Herbert Rübben (Hrsg.) Uroonkologie 5., vollständig überarbeitete Auflage
Herbert Rübben (Hrsg.)
Uroonkologie 5., vollständig überarbeitete Auflage
Mit 175 Abbildungen und 269 Tabellen
1 23
Prof. Dr. med. Herbert Rübben Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen
ISBN 978-3-642-01381-2 Springer Medizin Verlag Heidelberg Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 1994, 1997, 2001, 2007, 2009 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden.
Planung: Peter Bergmann, Heidelberg Projektmanagement: Ina Conrad, Heidelberg Lektorat: Ursula Illig, Stockdorf Einbandgestaltung: deblik Berlin Schemata: bitmap, Mannheim Zeichnungen: E. W. Hanns, Gundelfingen SPIN: 12640249 Satz: TypoStudio Tobias Schaedla, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier
2111 – 5 4 3 2 1 0
V
Inhaltsverzeichnis I
Grundlagen
1
Molekularbiologie und Genetik . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1 1.2
M.-O. Grimm, D. Wuttig, B. Wullich, W.A. Schulz Molekulare Grundlagen der Karzinogenese . . . . . . . . . 3 Molekularbiologische Untersuchungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2
Hinweise zur Studienplanung, Biometrie und klinischen Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . .17
6.3 6.4 6.5 6.6
Ernährung und Nahrungsergänzung . . . . . . . . . . . . . . 74 Lifestyle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Chemoprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Diskussion und Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
7
Grundlagen der Tumorchirurgie . . . . . . . . . . . . . .85
7.1 7.2 7.3
C. Börgermann, H. Rübben Geschichte der Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Die Rolle der Anästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Die Rolle der Operation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
8
Harnableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .91
K.-H. Jöckel, H. Hirche, M. Neuhäuser Typen und Ziele klinischer Studien . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Studienplanung und -organisation . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Dokumentation und biometrische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Anhang: Hinweise zur statistischen Beurteilung von Mittelwerten und Prozentangaben anhand von Vertrauensbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7
R.E. Hautmann, U.E. Studer Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Allgemeine Aspekte der Harnableitung . . . . . . . . . . . 91 Orthotoper Blasenersatz (Neoblase) . . . . . . . . . . . . . . . 95 Kontinente kutane Harnableitung (Pouch) . . . . . . . . 106 Inkontinente Harnableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Analsphinkterkontrollierte Harnableitungen . . . . . . 110 Palliative Harnableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
3
Lebensqualität in der Uroonkologie . . . . . . . . . .35
9
Grundlagen der Radioonkologie . . . . . . . . . . . . 117
3.1 3.2 3.3
T. Küchler, B. Bestmann Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Das Lebensqualitätskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
9.1 9.2
Diagnose-, Prognose- und Therapieaufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .43
9.3 9.4 9.5 9.6
2.1 2.2 2.3 2.4
4
4.1 4.2 4.3 4.4
5
5.1 5.2 5.3
I. Kausch, M. Hohenfellner, D. Jocham Wunsch nach Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Emotionale Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Anwesenheit von Angehörigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Aufklärung über Therapiestudien . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Moderne Bildgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .47 A. Bockisch, M. Forsting, L.S. Freudenberg, T. Loch, H. Rübben, J. Stattaus Sonographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Radiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
6
Grundlagen der Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . .73
6.1 6.2
Schmitz-Dräger BJ, Lümmen G, für den Arbeitskreis Prävention, Umwelt und komplementäre und alternative Medizin (AK KAM) von DGU und BDU Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Bedeutung der Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
M. Stuschke, M. Schenck Therapietechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Planung und Durchführung der konformalen Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Technische Hilfsmittel bei der 3D-Planung . . . . . . 119 Akkurate Zielvolumendefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Präzision der Lagerung und Positionierung . . . . . . . 120 Bewertung von Dosisverteilungen . . . . . . . . . . . . . . . 120
10
Grundlagen der systemischen Therapie . . . . . 123
10.1 10.2
Neue Konzepte der systemischen Therapie . . . . . . . 123 Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . 127 Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Immuntherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
10.3
11 11.1 11.2 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7
Supportive Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 M. Schenck Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Antiemetische Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Therapie und Prophylaxe der Obstipation . . . . . . . . 173 Ernährung während der Tumortherapie, enterale und parenterale Ernährung . . . . . . . . . . . . . 174 Tumorbedingte Anämie, Bluttransfusion und Erythropoetinsubstitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Fatigue bei Tumorerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Schmerztherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
VI
Inhaltsverzeichnis
12 12.1 12.2 12.3 12.4 12.5
13
13.1 13.2 13.3 13.4
14
Grundlagen der Palliativmedizin . . . . . . . . . . . 189
17
Uroonkologie beim älteren Patienten . . . . . . . 275
M. Kloke, J. Hense. M. Stahl Definition und Inhalte der Palliativmedizin . . . . . . . 189 Diagnose und Therapie von Tumorschmerzen . . . . 189 Diagnose und Therapie von Symptomen des Gastrointestinaltraktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Symptome des Respirationstraktes . . . . . . . . . . . . . . . 198 Palliative Sedierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
17.1 17.2 17.3 17.4 17.5 17.6
U. Wedding, C. Friedrich, S. Krege Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Komorbidität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Funktionelle Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Operatives Vorgehen im Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Chemotherapie im Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Strahlentherapie im Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
Betreuung des unheilbar kranken und sterbenden Patienten und seiner Angehörigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
18
Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
I. Kausch von Schmeling, M. Hohenfellner, D. Jocham Was erlebt der sterbende Patient? . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Aufgaben des medizinischen Personals . . . . . . . . . . 203 Betreuung der Angehörigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Soziale Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
18.1 18.2 18.3
O. Dombo, M. Goepel, G. Müller, U. Otto, H. Rübben, H. Sperling Allgemeine Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Inkontinenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Rehabilitation der sexuellen Dysfunktion . . . . . . . . . 305
14.1 14.2 14.3 14.4
M. Schenck, W. Senf Diagnose Krebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Krebs und Psyche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Psychoonkologische Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Phasen der Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
15
Komplementäre Therapieverfahren . . . . . . . . . 215
15.1 15.2 15.3 15.4 15.5 15.6 15.7 15.8 15.9 15.10 15.11 15.12
F. Saha, G. Sütfels, N. Altner, G. Dobos Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Ernährung und Nahrungsergänzung . . . . . . . . . . . . . 216 Mind-Body-Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Immunmodulatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Enzyme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Phytotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Homöopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Neuraltherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Akupunktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Nicht empfohlene Alternativverfahren . . . . . . . . . . . 247 Komplementäre Symptombehandlung . . . . . . . . . . . 248 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
16
Notfälle in der Uroonkologie . . . . . . . . . . . . . . . 269
16.1 16.2 16.3 16.4 16.5 16.6 16.7
II Tumoren des Erwachsenenalters
Psychoonkologie – ganzheitliche Betreuung von Tumorpatienten . . . . . . . . . . . . 207
T. Otto Harnverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Harnblasentamponade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Postrenales Nierenversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Urosepsis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Fournier-Gangrän . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Notfälle durch lokal destruierendes Tumorwachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Komplikationen im Rahmen der Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
19
19.1 19.2 19.3 19.4 19.5 19.6
Nebennierenrindenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . 317 S. Petersenn, A. Bockisch, H. Rübben, K. Mann Epidemiologie, Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Onkologische Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Therapie des lokal begrenzten Nebennierenrindenkarzinoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 Therapie des fortgeschrittenen Nebennierenrindenkarzinoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323
20
Malignes Phäochromozytom . . . . . . . . . . . . . . . 325
20.1 20.2 20.3 20.4 20.5
S. Petersenn, A. Bockisch, H. Rübben, K. Mann Epidemiologie, Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 Onkologische Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Therapie des malignen Phäochromozytoms . . . . . . 328 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
21 21.1 21.2 21.3 21.4 21.5 21.6 21.7
Nierenzellkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 G. Jakse, A. Heidenreich, M. Schenck Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Lokales Tumorrezidiv nach radikaler Tumornephrektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Metastasiertes Nierenzellkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . 347 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355
VII Inhaltsverzeichnis
22
22.1 22.2 22.3 22.4 22.5 22.6 22.7 22.8 22.9 22.10 22.11 22.12
23
23.1 23.2 23.3 23.4 23.5 23.6 23.7 23.8 23.9
24 24.1 24.2 24.3 24.4 24.5 24.6 24.7
Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 G. Jakse Epidemiologie, Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Onkologische Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 Therapie des Nierenbeckentumors . . . . . . . . . . . . . . . 382 Therapie des Harnleitertumors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 Therapie bei Einzelniere/Restniere . . . . . . . . . . . . . . . 384 Therapie bilateraler Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Therapie des In-situ-Karzinoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Therapie seltener Harnleitertumoren . . . . . . . . . . . . . 385 Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387
Harnblasenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 F. vom Dorp, A. Eisenhardt, P.J. Goebell, J. Gschwend, T. Jäger, G. Jakse, D. Jocham, A. Karl, S. Krege, G. Lümmen, T. Otto, A. Rettenmeier, C. Rödel, H. Rübben, M. Schenck, K.W. Schmid, C. Stief, M. Stöckle, D. Zaak Epidemiologie und Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . 395 Onkologische Kennzeichen (Definition von Tumorentitäten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 Diagnostik des Harnblasenkarzinoms . . . . . . . . . . . . 405 Therapie des oberflächlichen Urothelkarzinoms der Harnblase (Ta/T1 N0 M0) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 Therapie des Carcinoma in situ der Harnblase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Therapie des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase (T2–4 NX M0) . . . . . . . . . . . 430 Therapie des metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 Seltene Tumoren der Harnblase . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 Nachsorge des nichtinvasiven und des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459
Harnröhrenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 S. Madersbacher, M. Marszalek, U.E. Studer Epidemiologie, Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 Onkologische Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 Therapie des lokal begrenzten Harnröhrenkarzinoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 Therapie des fortgeschrittenen Harnröhrenkarzinoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Palliativtherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484
25
Prostatakarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485
Ch. Börgermann, F.K.-H. Chun, P. Fornara, M. Fröhner, M. Graefen, A. Haese, P. Hammerer, K. Heine, H. Huland, J. Köllermann, H. Loertzer, J. Luboldt, K. Miller, H. Rübben, T. Schlomm, M. Schostak, M. Schrader, R. Schwarz, A. Semjonow, S. Wagner, M. Wirth, J.M. Wolff 25.1 Epidemiologie, Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 25.2 Onkologische Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 25.3 Screening und Früherkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 25.4 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 25.5 Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537 25.6 Therapie bei isoliertem PSA-Anstieg . . . . . . . . . . . . . . 555 25.7 Therapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 25.8 Therapie des hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 25.9 Behandlung prostatakarzinomspezifischer Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598 25.10 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601
26
26.1 26.2 26.3 26.4 26.5 26.6 26.7 26.8 26.9 26.10 26.11 26.12 26.13
Maligne Hodentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637 P. Albers, J. Beyer, J. Claßen, K.-P. Dieckmann, J.T. Hartmann, M. Hartmann, A. Heidenreich, S. Krege, M.A. Kuczyk, F. Mayer, A.S. Merseburger, S. Seeber, R. Souchon, M. Stöckle Epidemiologie, Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637 Onkologische Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648 Therapie des Primärtumors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651 Therapie der testikulären intraepithelialen Neoplasie (TIN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656 Adjuvante Therapie beim Seminom CS I . . . . . . . . . 658 Adjuvante Therapie beim Nichtseminom CS I . . . . 670 Therapie des gering retroperitoneal metastasierten Seminom CS IIA/B . . . . . . . . . . . . . . . 676 Therapie des markernegativen Nichtseminoms CS IIA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681 Therapie der fortgeschrittenen Hodentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684 Therapie bei refraktären Tumoren und Rezidiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 703 Seltene Hodentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709
27
Peniskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739
27.1 27.2 27.3 27.4
I. Stancik, W. Höltl, M. De Santis, G. Jakse Epidemiologie, Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739 Onkologische Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 740 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 741 Therapie des lokal begrenzten Peniskarzinoms . . . 742
VIII
Inhaltsverzeichnis
27.5 27.6
Therapie des fortgeschrittenen Peniskarzinoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 742 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744
28
Retroperitoneale Weichteiltumoren . . . . . . . . 749
28.1 28.2 28.3 28.4 28.5 28.6
A. Eisenhardt, J. Schütte, M. Stuschke, G. Taeger Epidemiologie, Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 749 Onkologische Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 750 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 753 Therapie des lokal begrenzten Tumors . . . . . . . . . . . 756 Therapie bei fortgeschrittenen Tumoren . . . . . . . . . 760 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 760
III Tumoren des Kindes- und Jugendalters
32.5 32.6 32.7
Diagnostik und operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . 794 Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 795 Keimstrang-Stromatumoren und seltene gonadale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 796
33
Weichteilsarkome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 799
33.1 33.2 33.3 33.4 33.5 33.6 33.7 33.8 33.9
T. Klingebiel, E. Koscielniak Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 799 Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 799 Biologie und Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 800 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 800 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 802 Verlaufskontrollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 804 Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805 Rezidiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805 Spätfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805
34 29
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 767
29.1 29.2 29.3
B. Kremens Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 768 Lokalisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 769 Kooperative Therapieoptimierungsstudien . . . . . . . 769
30
Neuroblastom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771
30.1 30.2 30.3 30.4 30.5 30.6
B. Kremens, A. Eggert Epidemiologie, Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771 Onkologische Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 772 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 774 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 774 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 777 Palliativtherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 777
31
Nephroblastom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 779
31.1 31.2 31.3 31.4 31.5 31.6
B. Kremens Epidemiologie, Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 779 Onkologische Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 780 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 784 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 785 Therapiefolgen und Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787 Histologisch ungewöhnliche Nierentumoren bei Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787
32
32.1 32.2 32.3 32.4
Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 791 D. Schneider Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 791 Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 791 Pathologie und Biologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 792 Therapiestudien und klinische Versorgungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793
Selbsthilfegruppen und überregionale Verbände und Organisationen . . . . . . . . . . . . . 807 I. Kausch von Schmeling, M. Hohenfellner, D. Jocham
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809
IX
Mitarbeiterverzeichnis Prof. Dr. med. Peter Albers
Priv. Doz. Dr. med. Johannes Claßen
Dr. med. Andreas Eisenhardt
Klinik für Urologie Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf
Klinik für Strahlentherapie und Radiologische Onkologie St. Vincentius-Kliniken Karlsruhe Steinhäuserstr. 18 76135 Karlsruhe
Urologische Klinik St. Franziskus Hospital Maria Hilf GmbH Viersener Str. 450 41063 Mönchengladbach
Dr. phil. Nils Altner Kliniken Essen Mitte Knappschaftskrankenhaus Am Deimelsberg 34 a 45276 Essen
Dr. biol. hum. Beate Bestmann Referenzzentrum Lebensqualität Klinik für Allg. Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel Arnold-Heller-Str. 5 24105 Kiel
Prof. Dr. med. Paolo Fornara Dr. med. Maria De Santis 3. Medizinische Abteilung Zentrum für Onkologie und Hämatologie Kaiser Franz Josef Spital Kundratstraße 3 01100 Wien
Prof. Dr. med. Klaus-Peter Dieckmann Urologische Abteilung Albertinen Krankenhaus Süntelstraße 11 22457 Hamburg
Prof. Dr. med. Jörg Beyer Klinik für Innere Medizin – Hämatologie und Onkologie Vivantes Klinikum Am Urban Dieffenbachstraße 1 10967 Berlin
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Andreas Bokisch Klinik für Nuklearmedizin Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
Dr. med. Christof Börgermann Klinik für Urologie, Kinderurologie und urologische Onkologie Krankenhaus Düren Roonstr. 30 52351 Düren
Urologische Klinik Univ.-Klinikum Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52 20246 Hamburg
Prof. Dr. med. Michael Forsting Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie Universittsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
Priv. Doz. Dr. med. Lutz Freudenberg Prof. Dr. med. Gustav Dobos Klinik für Innere Medizin V, Naturheilkunde u. Integrative Medizin Kliniken Essen-Mitte / KnappschaftsKrankenhaus Am Deimelsberg 34 a 45276 Essen
Klinik für Nuklearmedizin Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
Dr. med. Christoph Alexander David Friedrich
Klinik und Poliklinik für Urologie Universitätsklinikum SchleswigHolstein (UK S-H), Campus Lübeck Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
Klinik für Altersmedizin und Frührehabilitation Universitätsklinik der RuhrUniversität Bochum Marienhospital Herne Widumer Str. 8 44627 Herne
Dr. med O. Dombo
Dr. med. Michael Fröhner
Westerwaldstraße 4a 34131 Kassel
Klinik und Poliklinik für Urologie Universitätsklinik »Carl Gustav Carus« Technische Universität Dresden Fletscherstraße 74 01307 Dresden
Priv. Doz. Dr. med. Christian Doehn
Prof. Dr. med. Angelika Eggert Dr. med. Felix Chun
Universitätsklinik und Poliklinik für Urologie Universitätsklinikum Halle Ernst-Grube-Straße 40 06120 Halle
Klinik für Pädiatrische Hämatologie / Onkologie u. Endokrinologie Universitätsklinkum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
Dr. med. Peter-Jürgen Goebell Urologische Klinik Universitätsklinikum Erlangen Krankenhausstr. 12 91054 Erlangen
X
Mitarbeiterverzeichnis
Prof. Dr. med. Mark Goepel
Prof. Dr. med. Richard Hautmann
Prof. Dr. med. Gerhard Jakse
Klinik für Urologie, Kinderurologie und Urologische Onkologie Klinikum Niederberg Robert-Koch-Str. 2 42549 Velbert
Klinik für Urologie und Kinderurologie Universitätsklinikum Ulm Prittwitzstr. 43 89075 Ulm
Rue Gorhez 345 B-4880 Aubel
Prof. Dr. med. Axel Heidenreich Priv. Doz. Dr. med. Markus Graefen Urologische Klinik Univ.-Krankenhaus Eppendorf Martinistr. 52 20251 Hamburg
Priv. Doz. Dr. med. Marc-Oliver Grimm Urologische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Fetscherstrasse 74 01307 Dresden
Prof. Dr. med. Jürgen Gschwend Urologische Klinik und Poliklinik Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München Ismaninger Str. 22 81675 München
Urologische Klinik Universitätsklinikum der RWTH Aachen Pauwelstr. 30 52057 Aachen
Dr. med. Karsten Heine Charitaskrankenhaus Urologische Klinik Uhlandstraße 7 97980 Bad Mergentheim
Prof. Dr. med. Dieter Jocham Urologische Klinik Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Lübeck Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
Priv. Doz. Dr. med. Ingo Kausch von Schmeling Klinik für Urologie Universitätsklinikum SchleswigHolstein Campus Lübeck – Haus 13 Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
Dr. med. Jörg Hense Innere Klinik und Poliklinik (Tumorforschung) Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen
Prof. Dr. med. Thomas Klingebiel Klinik für Kinderheilkunde III Klinikum der Johann Wolfgang Goethe Universität Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt a.M.
Herbert Hirche Viehauser Berg 147 45239 Essen
Priv. Doz. Dr. med. Alexander Haese
Univ.-Prof. Dr. med. Wolfgang Höltl
Urologische Klinik Univ.-Krankenhaus Eppendorf Martinistr. 52 20251 Hamburg
Urologische Abteilung Kaiser Franz Josef Spital Kundratstraße 3 A-1100 Wien
Prof. Dr. med. Peter Hammerer
Prof. Dr. med. Markus Hohenfellner
Städt. Klinikum Braunschweig Urologische Klinik Salzdahlumer Straße 90 38126 Braunschweig
Urologische Universitätsklinik Universitätsklinikum Heidelberg Im Neuenheimer Feld 110 69120 Heidelberg
Dr. med. Michael Hartmann
Prof. Dr. med. Hartwig Huland
Horstweg 2A 22391 Hamburg
Urologische Klinik Univ.-Krankenhaus Eppendorf Martinistr. 52 20251 Hamburg
Dr. med. A. Karl Urologische Klinik und Poliklinik Klinikum Großhadern LudwigMaximillians-Universität Marchioninistr. 15 81377 München
Dr. med. Marianne Kloke Klinik für Innere Medizin IV, Internistische Onkologie/Hämatologie Kliniken Essen-Mitte Huyssensstift Henricistr. 92 45136 Essen
Priv.-Doz. Dr. med J. Köllermann
Prof. Dr. med. Jörg T. Hartmann Med. Klinik und Poliklinik II Universitätsklinikum Tübingen Otfried-Müller-Str. 10 72076 Tübingen
Diplom-Gesundheitsökonom (BI) Dr. med. Tobias Jäger (FEBU) Rüttenscheider Stern 5 45130 Essen
Institut für Pathologie Universitätsklinikum HamburgEppendorf Martinistr. 52 20246 Hamburg
Prof. Dr. med. Ewa Koscielniak Pädiatrisches Zentrum, Olgahospital Klinikum Stuttgart Bismarckstraße 8 70176 Stuttgart
XI Mitarbeiterverzeichnis
Priv. Doz. Dr. med. S. Krege Klinik für Urologie Krankenhaus Maria Hilf Oberdießener Str. 94 47805 Krefeld
Univ. Doz. Dr. Stephan Madersbacher
Dr. med. Christian Niedworok
Abt. für Urologie und Andrologie Donauspital SMZO Langobardenstr. 122 A-1220 Wien
Klinik und Poliklinik für Urologie, Uroonkologie und Kinderurologie, Universitätsklinikum Essen, Hufelandstr. 55 45122 Essen
Klinik für Pädiatrische Hämatologie / Onkologie u. Endokrinologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
Prof. Dr. med. Klaus Mann
Prof. Dr. med. Thomas Otto
Abt. für Endokrinologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
Klinik für Urologie Städt. Kliniken Neuss/Lukaskrankenhaus GmbH Preußenstraße 84 41646 Neuss
Prof. Dr. med. Marcus A. Kuczyk
Dr. med. Martin Marszalek
Klinik für Urologie Eberhard Karls Universität Tübingen Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen
Abt. für Urologie und Andrologie Donauspital SMZO Langobardenstr. 122 A-1220 Wien
Prof. Dr. phil. Thomas Küchler
Priv. Doz. Dr. med. Frank Mayer
Referenzzentrum Lebensqualität Klinik für Allgemein- und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Campus Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel
Medizinische Klinik, Abteilung II Universitätsklinikum Tübingen Otfried-Müller-Str.10 72076 Tübingen
Prof. Dr. med. Bernhard Kremens
Prof. Dr. med. Tilmann Loch Klinik für Urologie Ev. Luth. Diakonissenanstalt Flensburg Knuthstr. 1 24939 Flensburg
Prof. Dr. med. Ullrich Otto Rehabiltationsabt. Urologie/Onkologie Klinik Quellental Wiesenweg 6 34537 Bad Wildungen
Prof. Dr. med. Stephan Petersenn Klinik für Endokrinologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen
Dr. med. Axel S. Merseburger Klinik für Urologie und Urologische Onkologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 30625 Hannover
Christian Rehme Klinik und Poliklinik für Urologie, Uroonkologie und Kinderurologie, Universitätsklinikum Essen, Hufelandstr. 55 45122 Essen
Prof. Dr. med. Kurt Miller Dr. med. Hagen Loertzer
Urologische Klinik Charité – Campus Benjamin Franklin Freie Humboldt-Universität zu Berlin Hindenburgdamm 30 12203 Berlin
Prof. Dr. med. Albert Rettenmeier
Zentrum Chirurgie, Abteilung Urologie Universitätsmedizin Göttingen Robert-Koch-Str. 40 37075 Göttingen
Priv. Doz. Dr. med. G. Lümmen
Dr. med. Guido Müller
Prof. Dr. med. Claus Rödel
Abt. für Urologie, Uroonkologie und Kinderurologie St. Josef Hospital Hospitalstraße 46 53840 Troisdorf
Klinik Quellental Wiesenweg 6 34537 Bad Wildungen
Strahlenklinik Klinikum der Johann Wolfgang Goethe Universität Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt a.M.
Priv. Doz. Dr. med. Hans-Joachim Luboldt Wallstraße 34 46535 Dinslaken
Prof. Dr. Markus Neuhäuser Rhein Ahr Campus Fachbereich Mathematik und Technik Südallee 2 53424 Remagen
Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
Prof. Dr. med. Herbert Rübben Klinik u. Poliklinik für Urologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
XII
Mitarbeiterverzeichnis
Dr. med. Felix Joyonto Saha
Priv. Doz. Dr. med. Mark Schrader
Prof. Dr. med. Rainer Souchon
Klinik für Innere Medizin V Naturheilkunde u. Integrative Medizin Kliniken Essen Mitte Evang. Huyssens Stiftung/Knappschaft gGmbH Am Deimelsberg 34 a 45276 Essen
Urologische Universitätsklinik Klinik Steglitz der FU Berlin Hindenburgdamm 30 12203 Berlin
MVZ Radioonkologie/Med. Genetik UKT Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen
Prof. Dr. med. H. Joachim Schütte
Priv. Doz. Dr. med. Herbert Sperling
Chefarzt der Abt. Onkologie/ Hämatologie Marienhospital Düsseldorf Rochusstraße 2 40479 Düsseldorf
Klinik f. Urologie Kliniken Maria Hilf GmbH Krankenhaus St. Franziskus Viersener Str. 450 41063 Mönchengladbach
Prof. Dr. med. Martin Schuler
Dr. med. Michael Stahl
Klinik für Tumorforschung Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
Klinik für Innere Medizin IV Internistische Onkologie/Hämatologie Kliniken Essen Mitte Evang. Huyssens-Stiftung Henricistr. 92 45136 Essen
Dr. med. Marcus Schenck Klinik für Urologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen
Dr. med. Thorsten Schlomm Urologische Klinik Univ.-Krankenhaus Eppendorf Martinistr. 52 20246 Hamburg
Dr. med. Martin Schostak Urologische Universitätsklinik Klinik Steglitz der FU Berlin Hindenburgdamm 30 12203 Berlin
Prof. Dr. rer.nat. Wolfgang Arthur Schulz Laborleiter der Urologischen Klinik Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf
Dr. med. Igor Stancik Klinik für Urologie Krankenhaus Hietzing Wolkersbergenstraße 1 A-1130 Wien
Dr. med. Rudolf Schwarz Prof. Dr. med. Kurt Werner Schmid Institut für Pathologie und Neuropathologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
Prof. Dr. med. Bernd Schmitz-Dräger Urologische Gemeinschaftspraxis Euro Med. Clinic Europa-Allee 1 90763 Fürth
Priv. Doz. Dr. med. Dominik Schneider Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Klinikum Dortmund GmbH Beurhausstraße 40 44137 Dortmund
Bereich Strahlentherapie Ambulanzzentrum GmbH des UKE Martinistr. 52 20246 Hamburg
Priv.-Doz. Dr. med. Jörg Stattaus Radiologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
Prof. Dr. med. Siegfried Seeber Klinik für Innere Medizin IV: Internistische Onkologie und Hämatologie Kliniken Essen Mitte Evang. Huyssens-Stiftung Henricistr. 92 45136 Essen
Prof. Dr. med. Christian Stief
Priv. Doz. Dr. med. Axel Semjonow
Prof. Dr. med. Michael Stöckle
Urologische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Münster Albert-Schweitzer Str. 33 48149 Münster
Klinik für Urologie Universitätskliniken des Saarlandes Kirrbergerstr. 1 66421 Homburg/Saar
Prof. Dr. med. Wolfgang Senf
Prof. Dr. med Urs Studer
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie LVR-Klinikum Essen Virchowstr. 174 45147 Essen
Urologische Abteilung Inselspital CH-3010 Bern
Urologische Klinik und Poliklinik Klinikum Großhadern LudwigMaximillians-Universität Marchioninistr. 15 81377 München
XIII Mitarbeiterverzeichnis
Prof. Dr. med. M. Stuschke
Prof. Dr. med. Bernd Wullich
Klinik f. Strahlentherapie Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
Klinik für Urologie u. Kinderurologie Universitätsklinikum Erlangen Krankenhausstr. 12 91054 Erlangen
Dr. Gerrit Sütfels
Dipl.-Chem. Daniela Wuttig
Goethestraße 80 40237 Düsseldorf
Urologische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden Fetscherstraße 74 01307 Dresden
Priv. Doz. Dr. med. Georg Täger Klinik für Unfallchirurgie Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55 45122 Essen
Dr. med. Frank vom Dorp Klinik f. Urologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen
Dr. med. Sigried Wagner Universitätsklinik und Poliklinik für Urologie Universitätsklinikum Halle Ernst-Grube-Straße 40 06120 Halle
Dr. med. Ulrich Wedding Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II Universitätsklinikum Jena Erlanger Allee 101 07747 Jena
Prof. Dr. med. Manfred Wirth Klinik u. Poliklinik für Urologie Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Fetscherstraße 74 01317 Dresden
Prof. Dr. med. Johannes M. Wolff Allgem. Krankenhaus Viersen Urologische Klinik Hoserkirchweg 63 41747 Viersen
Priv. Doz. Dr. med. Dirk Zaak Praxiszentrum traunstein, Urologie, Kinderurologie, Andrologie Urologische Gemeinschaftspraxis Wasserburger Str. 1 83278 Traunstein
I
I
Grundlagen
1
Molekularbiologie und Genetik
2
Hinweise zur Studienplanung, Biometrie und klinischen Epidemiologie – 17
3
Lebensqualität in der Uroonkologie – 35
4
Diagnose-, Prognose- und Therapieaufklärung – 43
5
Moderne Bildgebung – 47
6
Grundlagen der Prävention
7
Grundlagen der Tumorchirurgie – 85
8
Harnableitung – 91
9
Grundlagen der Radioonkologie – 117
10
Grundlagen der systemischen Therapie – 123
11
Supportive Maßnahmen – 169
12
Grundlagen der Palliativmedizin – 189
13
Betreuung des unheilbar kranken und sterbenden Patienten und seiner Angehörigen – 203
14
Psychoonkologie – ganzheitliche Betreuung von Tumorpatienten – 207
15
Komplementäre Therapieverfahren – 215
16
Notfälle in der Uroonkologie – 269
17
Uroonkologie beim älteren Patienten – 275
18
Rehabilitation – 283
– 3
– 73
1 Molekularbiologie und Genetik M.-O. Grimm, D. Wuttig, B. Wullich, W.A. Schulz
1.1
Molekulare Grundlagen der Karzinogenese – 3
1.2
Molekularbiologische Untersuchungsmethoden – 8
Durch die Entwicklung von »targeted drugs«, deren Wirksamkeit auf der Inhibition bedeutsamer biologischer Prozesse der Tumorzelle beruht, hat die Kenntnis molekularer Veränderungen solider Tumoren einen neuen Stellenwert im klinischen Alltag erhalten. Es ist erkennbar geworden, dass sich die »Molekulare Diagnostik« nicht nur zum Nachweis von Tumoren eignet, sondern uns darüber hinaus in die Lage versetzen wird, über den Genotyp das klinische Verhalten eines Tumors vorherzusagen. Dies kann z. B. für die Einschätzung der Prognose nach operativer Therapie, die Wahl einer Therapie (z. B. adjuvant) oder die Auswahl von »targeted drugs« genutzt werden. Die folgenden Abschnitte geben eine Übersicht über die molekularen Grundlagen von Krebserkrankungen. Darüber hinaus werden relevante molekularbiologische Techniken dargestellt. Spezifische molekulare Veränderungen und deren klinische Bedeutung sind den einzelnen Organkapiteln zugeordnet.
1.1
Molekulare Grundlagen der Karzinogenese
Für die neoplastische Transformation einer normalen Zelle sind zahlreiche genetische und epigenetische Veränderungen erforderlich. Die Zahl an Veränderungen ist nicht genau bekannt und variiert von Tumor zu Tumor. Systematische Sequenzanalysen von Tumor-DNA haben Schätzungen von 100–1000 Punktmutationen in einigen
Karzinomen ergeben; in anderen finden sich überwiegend chromosomale Aberrationen, Verluste, Zugewinne und Rearrangements. Dabei sind Tumorzellen aus molekularbiologischer Sicht durch folgende Charakteristika gekennzeichnet (Hanahan u. Weinberg 2000):
Selbstversorgung mit Wachstumssignalen,
Unempfindlichkeit gegenüber wachstumsinhibitorischen Signalen,
Umgehung der Apoptose,
Unbegrenztes replikatives Potenzial,
Fortwährende Angiogenese,
Gewebsinvasion und Metastasierung, Diese Eigenschaften werden durch Veränderungen in bestimmten Genen hervorgerufen. Dazu zählen die positiv regulierenden, d. h. proliferationsfördernden Protoonkogene, und die negativ regulierenden, proliferationshemmenden Tumorsuppressorgene. Bei beiden Gruppen handelt es sich um zelleigene Gene. Sie wirken als Bestandteile bestimmter zellulärer Regulationssysteme, besonders der Zellzyklusregulation.
1.1.1 Onkogene
Die sog. Protoonkogene wirken physiologisch positiv regulierend auf Wachstum, Proliferation und Differenzierung. Sie können für eine Reihe verschiedener Proteine,
4
1
Kapitel 1 · Molekularbiologie und Genetik
Tab. 1.1. Beispiele für Onkogene und deren Funktion Onkogen
Tumor
Aktivierungsmechanismus
Zelluläre Lokalisation
Biochemische Funktion
FGF1
Diverse solide Karzinome
Überexpression
Extrazellulär
Wachstumsfaktor
IGF2
Diverse Karzinome
Überexpression
Extrazellulär
Wachstumsfaktor
ERBB1
Diverse Karzinome
Überexpression, Mutation
Zellmembran
Tyrosinkinase
ERBB2
Bestimmte Karzinome
Überexpression
Zellmembran
Tyrosinkinase
KIT
Hodentumoren, Gastrointestinale Stromatumoren
Mutation
Zellmembran
Tyrosinkinase
RET
Schilddrüsen- und andere endokrine Karzinome
Mutation, Inversion
Zellmembran
Tyrosinkinase
MET
Niere und andere Karzinome
Mutation, Überexpression
Zellmembran
Tyrosinkinase
IGFRI
Leberzell- und andere Karzinome
Überexpression, Mutation (?)
Zellmembran
Tyrosinkinase
HRAS
Diverse Karzinome
Mutation
Innere Zell-membran
GTP-bindendes Protein
NRAS
Diverse Karzinome
Mutation
Innere Zellmembran
GTP-bindendes Protein
KRAS
Diverse Karzinome
Mutation
Innere Zellmembran
GTP-bindendes Protein
BRAF
Melanom, Kolon- und bestimmte andere Karzinome
Mutation
Innere Zellmembran, Zytoplasma
Tyrosinkinase
CTNNB1
Kolon- und Leberzellkarzinome, andere
Mutation
Innere Zellmembran, Zytoplasma, Zellkern
Zytoskelett, Transkriptionsaktivierung
MYC
Diverse Karzinome
Translokation, Überexpression, Mutation
Zellkern
Transkriptionsfaktor
CDK4
Bestimmte Karzinome
Überexpression, Mutation
Zellkern
Zellzyklus Regulation
BCL2
Follikuläres Lymphom und diverse Karzinome
Translokation, Überexpression
Mitochondrien
Apoptose Regulation
z. B. Wachstumsfaktoren, Wachstumsfaktorrezeptoren, Signaltransduktoren (G-Proteine), Proteinkinasen oder Transkriptionsfaktoren kodieren. Somatische Mutationen der Protoonkogene führen zu ihrer Aktivierung zum Onkogen und zur unkontrollierten Proliferation. Die Mutationen können Proteine mit veränderten Eigenschaften erzeugen oder zur Überproduktion eines unveränderten Onkoproteins führen. Eine nach Funktion der zugehörigen Proteine gegliederte Auswahl von Proto-Onkogenen findet sich in Tab. 1.1. Aktivierungen bestimmter Onkogene sind für manche Tumorentitäten charakteristisch und korrelieren mit dem klinischen Verlauf (z. B. NMYC beim Neuroblastom, BCR-ABL bei chronischer myeloischer Leukämie).
1.1.2 Tumorsuppressorgene
Eine Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen erfordert in der Regel Veränderungen beider Allele. Dies kann durch eine Kombination von Punktmutationen, Genverlusten
durch Chromosomenaberrationen oder einen epigenetischen Mechanismus, die DNA-Hypermethylierung, erfolgen (Jones u. Baylin 2002). Dabei treten bei sporadischen Tumoren die Veränderungen beider Allele voneinander unabhängig auf. Bei familiären Formen wird ein mutiertes Allel von einem Elternteil ererbt. Das mutierte Allel ist dabei auf der Ebene der einzelnen Zelle in der Regel rezessiv: erst wenn das verbleibende intakte Allel durch eine zweite – somatische – Mutation inaktiviert wird, kommt es zur Tumorentstehung. Eine Übersicht familiärer Krebssyndrome und zugehöriger Tumorsuppressorgene gibt Tab. 1.2. Die Deregulation von Protoonko- und Tumorsuppressorgenen im Tumor wird durch die ungehemmte Proliferation als charakteristisches Merkmal von entarteten Zellen verdeutlicht. An der Kontrolle der Proliferation ist eine Reihe von Faktoren beteiligt. Dazu gehören extrinsische, z. B. diffundierende Wachstumsinhibitoren und Signale von anliegenden Zellen (Zell-Zell-Kontakt) sowie intrinsische Faktoren. Diese Signale müssen entlang einer Signalkette zum Zellkern übertragen werden, wo die Replikationskontrolle stattfindet.
5 1.1 · Molekulare Grundlagen der Karzinogenese
Tab. 1.2. Einige vererbte Krebssyndrome beim Menschen Syndrom
Gen
Genlokus
Tumorlokalisation
Funktion
Retinoblastom
RB1
13q14
Auge, Knochen
Gatekeeper-Tumorsuppressor
Li-Fraumeni-Syndrom
TP53
17p13.1
Viele Organe
Caretaker-Tumorsuppressor
Hereditäres Melanom und Pankreaskarzinom
CDKN2A
9p21
Haut, Pankreas, andere
Gatekeeper-Tumorsuppressor
Familiäre Adenomatosis polyposis poli
APC
5q21
Kolon, Rektum, andere
Gatekeeper-Tumorsuppressor
Cowden-Syndrom
PTEN
10q23.3
Viele Organe
Gatekeeper-Tumorsuppressor
Von-Hippel-Lindau-Syndrom
VHL
3p25
Niere, Nebenniere, andere
Gatekeeper-Tumorsuppressor
Hereditäres Mamma- und Ovarialkarzinom
BRCA1, BRCA2
17q21, 13q12
Brust, Ovar
Caretaker-Tumorsuppressor
HNPCC
MLH1, MSH2, andere
3p21, 2p15-16
Kolon, Endometrium, Magen, andere
Caretaker-Tumorsuppressor
Tab. 1.3. Übersicht über Signalkaskaden bei Krebs Signalweg oder Netzwerk
Krebsarten
Onkogene im Signalweg
MAPK-Signalweg (kanonisch)
Viele
RAS, BRAF, (MYC)
PI3K-Signalweg
Viele
PI3K, AKT
TGFβ-Signalweg
Karzinome, bestimmte Sarkome und Leukämien
JAK/STAT-Signalweg
Bestimmte Karzinome, viele Leukämien und Lymphome
NFκB-Signalweg
Tumorsuppressorgene im Signalweg
Anmerkungen Vermittelt die Wirkung vieler Tyrosinkinaserezeptoren
PTEN, CTMP
Vermittelt die Wirkung vieler Tyrosinkinaserezeptoren
TGFβRII, SMAD2, SMAD4, RUNX
z. T. hemmend, z. T. fördernd bei der Tumorbildung
STAT3, STAT5(?)
STAT1(?), SOCS1
Vermittelt die Wirkung besonders von Zytokinrezeptoren
Bestimmte Leukämien, viele Karzinome
REL Proteine
CYLD
Wirkung stark abhängig vom zellulären Kontext
WNT-Signalweg
Besonders Karzinome im Gastrointestinaltrakt
WNT1, β-Catenin
APC, AXIN, SFRP
Beeinflusst auch durch E-Cadherin
SHH-Signalweg
Bestimmte Haut-, Gehirn und Lungentumoren
SHH(?), SMO, GLI1(?)
PTCH1, PTCH2, SUFU
Stimuliert Gewebevorläuferzellen
NOTCH-Signalweg
T-Zelllymphome, Karzinome
NOTCH1; JAG1(?)
NOTCH1
Wirkung extrem stark abhängig vom Zelltyp
In vielen dieser Kaskaden ( Tab. 1.3) sind Onkogene als positive, Tumorsuppressorproteine dagegen als negative Regulatoren (»gatekeeper«, »caretaker«) zu finden. »Gatekeeper« sind solche Proteine, die direkt die zelluläre Proliferation kontrollieren, während »caretaker« das Genom stabilisieren. Zu der ersten Gruppe gehören solche, die eine Rolle in der Zellteilung oder der Apoptose spielen, zu letzteren solche, die an Zellzyklus-»Checkpoints« oder DNA-Reparatur beteiligtsind (Kinzler u. Vogelstein 1997).
1.1.3 Modell der »Mehrschrittkarzinogenese«
Die Entwicklung eines Tumors beruht auf der Störung des komplexen Gleichgewichts von proliferationsfördernden und -hemmenden Signalen. Aktivierung von Onkogenen oder die Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen verschiebt das Gleichgewicht in Richtung Proliferation. Da die Zellproliferation und Zelldifferenzierung durch das Zusammenwirken mehrerer Signalwege reguliert werden, ist das Ungleichgewicht in Tumorzellen in der Regel das
1
6
Kapitel 1 · Molekularbiologie und Genetik
XOU!Tjhobmxfh Blujwjfsvoh
1
Opsnbmft Fqjuifm
Eztqmbtujtdif Lszquf
LSBT Nvubujpo
Gsýift Befopn
Wfsmvtu!efs UQ64!Gvolujpo
UHG.c.Bouxpsu Joblujwjfsvoh
Joufs. nfejåsft Befopn
Tqåuft Befopn
Nfubtubtf
Lbs{jopn
Abb. 1.1. Hypothetischer Ablauf der Karzinogenese beim kolorektalen Karzinom. (Nach Schulz 2007)
q26 q27 DEL5-7
q32
Dzdmjo!E 2-3-4
q38 DEL3
F3G
Dzdmjo!F
SC
Abb. 1.2. 3 Ebenen der Zellzyklusregulation: Die Abbildung zeigt den Übergang G1mS Die innere Schicht besteht aus dem RB1-Phophorylierungszklus, der die E2F-Aktivität bestimmt. Der RB1Zyklus ist von der zweiten Ebene, dem CDK/Zyklin-Zyklus, abhängig. Dieser wird seinerseits durch Phosphorylierung und Dephosphorylierung der CDK sowie die CDK-Inhibitoren reguliert (3. Ebene). (Nach Schulz 2007)
N Dzdmjo.B. [fstu÷svoh
Ergebnis zahlreicher genetischer Veränderungen, die sich nacheinander entwickeln. Beim kolorektalen Karzinom lassen sich genetische und morphologische Veränderungen bei der Entwicklung von normalem Epithel über benigne Vorstufen bis hin zum metastasierenden Karzinom einander zuordnen ( Abb. 1.1). Entsprechende Modelle sind auch für die Tumoren des Urogenitaltraktes vorgeschlagen worden.
1.1.4 Zellzyklusregulation
Die physiologische Abfolge der Zellzyklusphasen wird im Wesentlichen durch Phosphorylierung von Proteinen gesteuert. Eine Gruppe von Proteinkinasen bildet den Kern der Zellzyklusmaschinerie. Diese sog. CDK (»cyclin dependent kinases«, zyklinabhängige Proteinkinasen) stellen
F3G
H2
Dzdmjo.C. [fstu÷svoh Dzdmjo B,C
Q
T
SC
DEL3
H3
Dzdmjo!B
DED3
DED3 Dzdmjo!C
Dzdmjo!C
DED3 Q
Q
Heterodimere aus einer katalytischen Kinase- und einer regulatorischen Zyklinuntereinheit dar. Für die Aktivierung der Proteinkinaseeigenschaft müssen die CDK darüber hinaus selber phosphoryliert werden. Spezifische Kombinationen zwischen verschiedenen Zyklinen und Kinasen sind charakteristisch für jede Phase des Zellzyklus. Wenn die Zellen die G0-Phase verlassen, um in die G1-Phase des Zellzyklus einzutreten, werden D-Typ-Zykline (D1, D2 und D3) und etwas später Zyklin E synthetisiert. Dagegen sind die Zykline A und B für die Regulation der DNA-Synthese-Phase, der G2-Phase und der Mitose verantwortlich. Die D-Zykline komplexieren mit den katalytischen Kinase-Untereinheiten CDK4 und CDK6, Zyklin E mit der CDK2. Die Zyklin-A-mRNA-Expression steigt nachdem sich die Zyklin-E-CDK2-Komplexe gebildet haben und die Aktivierung von CDK1 durch Zyklin A und B erlaubt schließlich den Übergang in die Mitose ( Abb. 1.2).
1
7 1.1 · Molekulare Grundlagen der Karzinogenese
Q
Dzdmjo!E
SC
Dzdmjo!F
Dpsfqsfttps
IEBD
DEL5
DEL3
Q Q Q SC Q IBU
Lpblujwbups
F3G
F3G EQ2
EQ2
H10H
T
Abb. 1.3. Funktion von RB1 in der Zellzyklusregulation. Das hypophosphorylierte RB1-Protein bindet Transkriptionsfaktoren der E2F-Familie. Während der G1-Phase wird RB1 sukzessive durch die Zyklin-D-CDK4- und Zyklin-E-CDK2-Komplexe phosphoryliert, was zur
Freisetzung von E2F führt und damit durch Transkription von E2Fabhängigen Genen den Übergang in die S-Phase ermöglicht. DP1 ist ein Heterodimer-Partner von E2F. HDAC Histone Deacetylase; HAT Histone Acetyl Transferase. (Nach Schulz 2005)
Die CDK unterliegen einer negativen Regulation durch Inhibitorproteine (zyklinabhängige Kinasen, CKI). Es können zwei Klassen von CKI unterschieden werden: Die KIP/CIP-Familie ist eine Gruppe strukturell verwandter Proteine (p21, p27, p57), die alle in der Lage sind, verschiedene Zyklin-CDK Komplexe zu binden und zu inhibieren. In der Zelle ist ihr hauptsächliches Ziel wohl der Zyklin-E-CDK2-Komplex. Die Rolle der verschiedenen Proteine in vivo liegt daher in der Vermittlung der Zellantwort auf charakteristische mitogene und antimitogene Signale. Während z. B. p21 den durch p53 regulierten Zellzyklus-Arrest nach DNA-Schädigung vermittelt, löst p27 einen Zellzyklusarrest als Folge von Serumentzug, Kontaktinhibition oder Einwirkung von TGF-β aus. Die zweite Klasse von CKI, die vier verwandten Moleküle p15, p16, p18 und p19, werden als INK4-Proteine bezeichnet. Im Gegensatz zu den Proteinen der KIP/CIPFamilie sind die INK4 Proteine spezifische Inhibitoren der Zyklin-CDK-Komplexe Cyclin D-CDK4 und Cyclin D-CDK6. Die INK4 Proteine kompetieren im Gegensatz zur KIP/CIP-Familie in vivo mit den Zyklinen um CDKMonomere ( Abb. 1.3). Das p15INK4B-Protein spielt eine wichtige Rolle bei der Vermittlung der antimitogenen Wirkung von TGF-β. Das p16INK4A-Protein besitzt eine sehr lange Lebensdauer und akkumuliert daher allmählich über viele Zellzyklen hinweg. Diese Akkumulation wird als eine Ursache der mit der Seneszenz von Zellen einhergehenden verminderten Proliferationsfähigkeit angesehen (Evan u. Vousden 2001). Der Übergang von der G1- in die S-Phase des Zellzyklus ist derzeit am besten charakterisiert: Das RB1Protein bindet in seiner aktiven, d. h. hypophosphorylier-
ten Form Transkriptionsfaktoren der E2F-Familie. Diese Transkriptionsfaktoren aktivieren Gene, die für die DNAReplikation notwendig sind (wie DNA-Polymerase α, PCNA, Dihydrofolatreduktase u. a.). Während der G1Phase wird RB1 sukzessive durch die Zyklin D-CDK4oder Zyklin D-CDK6- und Zyklin E-CDK2-Komplexe phosphoryliert. Die Phosphorylierung von RB1 führt zur Freisetzung des Transkriptionsfaktors, was wiederum die Transkription von E2F-abhängigen Genen und den Übergang in die S-Phase ermöglicht ( Abb. 1.3; Sherr u. McCormick 2002). Defekte in der Regulation des Zellzyklus in Tumorzellen können unmittelbar durch Aktivierung von beteiligten Protoonkogenen wie Zyklin D1, Zyklin D2 oder CDK4 ( Tab. 1.1) oder durch Verluste der Funktion von beteiligten Tumorsuppressoren wie RB1 oder p16INK4A ( Tab. 1.2) entstehen. In manchen Tumoren sind sie Folge von Veränderungen in Signalkaskaden, die auf den Zellzyklus einwirken ( Tab. 1.3).
1.1.5 Zellzyklus-Checkpoints und Apoptose
Im Zellzyklus werden nicht nur Proliferationssignale integriert, sondern es wird auch sichergestellt, dass das genetische Material möglichst intakt weitergegeben wird. Um eine Anhäufung genomischer Fehler während der Zellteilung zu vermeiden, existieren sog. »Checkpoints« innerhalb des Zellzyklus aus denen heraus ggf. Reparaturmechanismen aktiviert werden können. Als Beispiel sei hier der p53-abhängige G1/S-Checkpoint genannt, der nach DNA-Schädigungen durch Bestrahlung oder
8
1
Kapitel 1 · Molekularbiologie und Genetik
Zytostatika die Zellen vermittelt durch p21CIP1 am Eintritt in die S-Phase hindert. Ein zweiter wichtiger Checkpoint verhindert den Eintritt von Zellen mit unvollständig replizierter DNA in die Mitose. In Tumorzellen führen Defekte in der Regulation des Zellzyklus nicht nur zu einer übersteigerten Zellproliferation, sondern beeinträchtigen auch die Funktion der Checkpoints. Darüber hinaus sind Proteine, die speziell an Checkpoints wirken wie z. B. p53, inaktiviert. Dies verursacht eine Anhäufung nicht-reparierter Fehler im Genom. Der Verlust von Checkpoints bietet damit eine Erklärung dafür, wie es in Tumorzellen zur Anhäufung einer Vielzahl von genetischen Veränderungen wie Punktmutationen oder Chromosomenaberrationen kommen kann. Bei der Entstehung mancher Tumoren kann diese Anhäufung jedoch auch unmittelbar durch defekte Mechanismen der DNA-Reparatur verursacht sein. Mutationen in Genen für Enzyme, die nach der DNA-Replikation fehlgepaarte Basen erkennen und den Defekt reparieren, sind besonders gut charakterisiert. Sie machen sich durch eine Veränderung der Länge von DNA-Sequenzen mit wiederholten einfachen Basenabfolgen, die als Mikrosatelliten bezeichnet werden, bemerkbar (Leach et al. 1993; Peltomaki et al. 1993). Störungen der Regulation der DNA-Methylierung, eines wichtigen epigenetischen Mechanismus der Genregulation, können ebenfalls die fehlerhafte Aktivierung oder Inaktivierung einer Vielzahl von Genen bewirken (Jones u. Baylin 2002; Schulz 1998). Neben Zellzyklusarrest kann an Checkpoints auch Apoptose induziert werden. Die Apoptose, eine Form des programmierten Zelltods, ist ein weiterer wichtiger Mechanismus, um die Entstehung fehlerhafter und schließlich maligner Zellen zu verhindern. Sie unterscheidet sich von der pathologischen Nekrose und findet sich physiologisch bei verschiedenen Entwicklungsprozessen in mehrzelligen Organismen wie z. B. der Entwicklung, Differenzierung und Reifung hämatopoetischer und immunkompetenter Zellen. Eine Apoptose kann über einen extrinsischen oder einen intrinsischen Signalweg initiiert werden; beide münden in eine gemeinsame »Exekutions«-Kaskade. Der intrinsische Signalweg, der z. B. durch DNA-Schäden aktiviert wird, erhöht die Permeabilität von Mitochondrien. Dies führt zur Bildung eines »Apoptosom«-Protein-Komplexes der seinerseits Exekutions-Caspasen aktiviert. Caspasen sind spezifische Proteasen. Der extrinsische Signalweg wird durch Membranrezeptoren, sogenannte »Todes-Rezeptoren« initiiert. Diese werden durch Zytokine oder Oberflächenproteine von zytotoxischen Immunzellen aktiviert. Die intrazellulären »DeathDomänen« des aktivierten Rezeptors lagern FADD-Ad-
aptorproteine in einem sog. »DISC«-Komplex an, der wiederum verschiedene Initiator-Caspasen aktiviert. Letztere initiieren proteolytisch die Exekutionskaskade. In dieser spalten die Effektor-Caspasen eine Vielfalt von Proteinen, so dass die morphologischen Kennzeichen der Apoptose eine Chromatinkondensation, Ausstülpungen der Zellmembran, eine internukleosomale DNAFragmentierung und eine Absonderung des Zellinhalts in Membranabschnürungen, sogenannten apoptotischen Körpern (»apoptotic bodies«) sind. Speziell spalten Caspasen Inhibitoren von intrazellulären DNasen, so dass auch die DNA fragmentiert wird. Nach dem Auftreten der apoptotischen Körper wird die sterbende Zelle schnell von ihren Nachbarzellen phagozytiert (Los et al. 2001; Castedo et al. 2004). Die Apoptose wird in beiden Signalwegen in mehreren Stufen reguliert. BCL-2 verhindert die Wirkung der verwandten proapoptotischen Proteine BAX und BAK an den Mitochondrien. Weiterhin erfolgt eine Regulation durch andere Mitglieder der BCL-2-Familie, die auf unterschiedliche Stress-Signale ansprechen. FLIP inhibiert den extrinsischen Signalweg an den Todesrezeptoren, während Inhibitoren der Apoptose (IAP), wie z. B. Survivin, Caspasen am »Apoptosom« inhibiert. IAP werden dagegen durch SMAC/Diablo antagonisiert, das bei der Permeabilitätsänderung der Mitochondrien freigesetzt wird. In Tumoren können sowohl der intrinsische als auch der extrinsische Apoptosesignalweg beeinträchtigt sein. Zu den häufigen Veränderungen zählen Verlust der Expression des Todesrezeptors TNFRSF6 (auch FAS oder Apo-1), Überexpression von BCL-2 oder Verlust der Expression von BAX sowie Überexpression von Survivin (Cory et al. 2003).
1.2
Molekularbiologische Untersuchungsmethoden
Molekularbiologische Untersuchungsmethoden werden im klinischen Alltag bereits in vielfältiger Weise vor allem für die Diagnostik von Infektionserkrankungen und Erbkrankheiten genutzt. Bei Krebserkrankungen wird molekulare Diagnostik bisher überwiegend bei hämatologischen Krebserkrankungen eingesetzt, doch erweitert sich der Anwendungsbereich laufend. Insbesondere im Bereich »individualisierter Medizin« gewinnen molekulare Untersuchungen zunehmend an Bedeutung, besonders erfolgreich bei der Behandlung von Mammakarzinomen. In den folgenden Abschnitten sollen deshalb wichtige Untersuchungsmethoden anhand klinisch-onkologischer Beispiele dargestellt werden.
9 1.2 · Molekularbiologische Untersuchungsmethoden
1.2.1 DNA- und RNA-Untersuchungen mittels
Polymerase-Kettenreaktion Für die Untersuchung von Nukleinsäuren (DNA und RNA) war die Entwicklung der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) durch Mullis 1985 von zentraler Bedeutung. Die PCR erlaubt die millionenfache Vervielfältigung eines bestimmten DNA-Abschnittes in wenigen Stunden und ist damit Ausgangspunkt für zahlreiche qualitative und quantitative Untersuchungsverfahren ( Abb. 1.4a). Dabei sind im Gegensatz zu den früher zumeist eingesetzten Blot-Techniken (Northern/Southern Blot) minimale Nukleinsäuremengen der zu untersuchenden Probe ausreichend. Bei DNA-Untersuchungen ist die PCR Voraussetzung für genetische Fingerprints, den Nachweis von Allelverlusten (»loss of heterozygosity«), Analysen genetischer Polymorphismen und die Detektion bekannter Mutationen (Mülhardt 2002). Für die Bestimmung der Konzentration bestimmter Gentranskripte (mRNA) oder microRNA, kleinen regulatorischen RNA-Molekülen, und zunehmend auch für die Analyse von Mutationen, Einzelnukleotidplymorphismen (SNP) und DNA-Kopiezahlveränderungen wird heute überwiegend die quantitative PCR verwendet (Mülhardt 2002). Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der PCR-Technik ( Abb. 1.4b), die anhand eines entsprechenden Standards und einer farbstoffmarkierten Sonde eine Quantifizierung des Zielmoleküls in der Probe erlaubt und sich durch eine hohe Präzision und Reproduzierbarkeit auszeichnet. Sogar sehr geringe Probenmengen von zehn Molekülen können noch sehr genau bestimmt werden. Die Verwendung der markierten Sonde ermöglicht durch den Einsatz verschiedener Farbstoffe weiterhin die Messung verschiedener Zielmoleküle in ein und demselben Reaktionsansatz, was z. B. für die gleichzeitige Messung verschiedener Genotypvarianten einer Mutation nützlich ist. Für die (quantitative) PCR stehen zunehmend automatisierte Verfahren zur Verfügung, die in Plattenformaten die simultane Messung von bis zu 384 Proben erlauben. Klinisch wird die PCR beispielsweise routinemäßig für den Nachweis von Mutationen im KRAS-Gen genutzt, um die Sensitivität von Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom gegenüber dem EGFR-Antikörper Cetuximab zu beurteilen. Dieses Medikament ist nur für solche Patienten zugelassen, die die Wildtyp-Variante dieses Gens besitzen (Amado et al. 2008). Im Bereich der mRNA-Analyse kann z. B. durch quantitative Bestimmung des BCR-ABL-Transkripts der Anteil residualer Tumorzellen während der Behandlung einer Chronischen myeloischen Leukämie (CML) abgeschätzt werden (Schüler u. Dölken 2005). Aufgrund ihrer hohen Sensiti-
vität eignet sich die quantitative PCR auch für molekulare Untersuchungen in Urinproben, die im Sinne einer nichtinvasiven Diagnostik und Prognostik bedeutsam sind.
1.2.2 Proteinnachweisverfahren
Die aus Onkogenen oder Tumorsuppressorgenen durch Translation entstehenden Proteine können strukturelle (z. B. bei Punktmutationen) oder quantitative Veränderungen (z. B. durch Genamplifikationen oder -verluste) aufweisen. Dies bedingt häufig eine Fehlfunktion dieser Proteine, wie sie beispielsweise in Tumorzellen auftreten. Strukturelle Veränderungen der Proteine können deren Metabolisierung beeinflussen und damit auch zu Veränderungen der Proteinmenge führen. Beispielsweise besitzt der Tumorsuppressor p53 – ein Zellzyklus- und Apoptoseregulator, der in vielen Tumoren dereguliert ist – in Folge von Punktmutationen im zugehörigen TP53-Gen häufig eine verlängerte Halbwertszeit, wodurch eine Proteinakkumulation bewirkt wird (Rosenblatt et al. 2008). Proteine können mittels Western-Blot, ELISA (»enzyme linked immuno-sorbent assay«) oder Immunhisto-/ Immunzytochemie nachgewiesen und (semi-)quantifiziert werden. All diese Techniken basieren auf dem Prinzip der Antigen-Antikörper-Wechselwirkung. Dabei wird das Protein mit einem Antikörper inkubiert, der spezifisch an ein (monoklonal) oder mehrere (polyklonal) Epitope des Proteins bindet. Dieser primäre Antikörper wird anschließend mit Hilfe eines weiteren Antikörpers und z. B. einer Farbreaktion detektiert, wobei die erhaltene Signalstärke Rückschlüsse auf die Proteinmenge zulässt (Rehm 2002). Der Western-Blot ermöglicht neben der (Semi-)Quantifizierung von Proteinen auch die Detektion posttranslationaler Modifikationen. Mit ELISA-Techniken kann die Proteinmenge sehr präzise und sensitiv bestimmt werden (Rehm 2002). ELISA-Assays werden routinemäßig zur Messung von Tumormarkern im Serum, wie dem Prostataspezifischen Antigen (PSA) beim Prostatakarzinom oder dem karzinoembryonalen Antigen (CEA) beim Kolonkazinom verwendet (Sanchez et al. 2004). Bei der Immunhistochemie werden Proteine in Gewebeschnitten (Zytochemie: Zellen) detektiert. Neben der semiquantitativen Bestimmung der Proteinexpression kann hiermit die Zuordnung zu bestimmten Zelltypen vorgenommen bzw. die Lokalisation des Proteins in intrazellulären Kompartimenten bzw. der extrazellulären Matrix untersucht werden (Rosenblatt et al. 2008). In der histopathologischen Routine wird die Immunhistochemie vor allem für die Bestimmung von Proliferationsmarkern (Ki67, PCNA) für die Prognostik oder die Abklärung unklarer histologischer Befunde verwendet. Beim Prostata-
1
Kapitel 1 · Molekularbiologie und Genetik
1. PCR-Zyklus
Forward-Primer
1 5’
5’
3’
3’
Synthese des komplementären DNA-Stranges 5’ 3’
einzelsträngige DNA-Matrize Primer-Annealing
Extension Denaturierung
2. PCR-Zyklus Reverse-Primer 3’ neu-synthetisierte DNA-Matrize
Reverse-Primer
5’
3’
3’
5’
5’ neu-synthetisierte DNA-Matrize
Forward-Primer
Forward-Primer
5’
3’
ursprüngliche DNA-Matrize
ursprüngliche DNA-Matrize Extension
Primer-Annealing Denaturierung
« ® ® ® ¬ ® ® ®
10
3. PCR-Zyklus Primer-Annealing und Extension
. . . Denaturierung
n. PCR-Zyklus
Reporter R
Forward-Primer
exponentielle Vervielfältigung
Quencher Quenching
Q
3’
5’
5’
3’ einzelsträngige DNA-Matrize
Primer- und Sonden-Annealing
Reporter R
Forward-Primer
Quencher Quenching
Q
3’
5’
5’
3’
Extension
Lichtemission Anregung
R Q
Forward-Primer 5’
3’ Extension
Abb. 1.4a, b. Prinzip der Polymerasekettenreaktion (PCR). a Die ersten Runden einer PCR mit einem DNA-Einzelstrang, der durch Denaturierung entsteht. Ausgehend von dem sequenzspezifischen »forward-primer« synthetisiert die DNA-Polymerase einen komplementären DNAStrang. Bei erneuter Denaturierung, Primeranlagerung (»annealing«) und Synthese (»extension«) dient der neu synthetisierte Strang selbst als Matrize (»template«) und wird ausgehend von dem sequenzspezifischen »reverse-primer« abgelesen. Da in jedem Zyklus (Denaturierung, »annealing«, »extension«) eine Verdoppelung der DNA-Moleküle stattfindet, erfolgt eine exponentielle Vervielfältigung des zwischen den Primern liegenden DNA-Abschnittes. Bei einer doppelsträngigen DNA als Original-Template finden die gleichen Reaktionen noch einmal für
den Gegenstrang statt. b Am Beispiel einer TaqMan-(Hydrolyse-) Sonde ist das Prinzip der quantitativen PCR dargestellt. Die sequenzspezifische Sonde bindet während der »Annealing«-Phase an die DNA-Matrize. Hydrolysesonden besitzen am 3’-Ende einen gebundenen Fluoreszenzfarbstoff, dessen emmittiertes Licht jedoch durch den »quencher« am 5’-Ende »abgefangen« wird. Bei der Extension wird die Hydrolysesonde durch die 3’-5’-Exonukleaseaktivität der DNA-Polymerase abgebaut, wodurch das »Quenching« aufgehoben wird und das durch den Fluoreszenzfarbstoff emmittierte Licht detektiert werden kann. Je höher die Menge an Ziel-DNA, desto mehr Moleküle des Fluoreszenzfarbstoffes werden freigesetzt. Dieser Zusammenhang wird zur Quantifizierung der Menge an Ausgangs-DNA-Molekülen verwendet
11 1.2 · Molekularbiologische Untersuchungsmethoden
karzinom dient hierzu eine Antikörper-Mischung gegen Proteine der normalen Basalzellen (Paner et al. 2008). Beim Mammakarzinom wird ein standardisiertes immunhistochemisches Verfahren zum Nachweis des HER2-Proteins zur Therapiewahl eingesetzt. HER2 (auch: ERBB2) kodiert für einen Wachstumsfaktor-Rezeptor aus der ERBB-Familie. Seine Überexpression korreliert beim Mammakarzinom mit einer ungünstigen Prognose und dem Ansprechen auf eine Kombinationstherapie, die einen Antikörper gegen das HER2-Protein (Herceptin) und Zytostatika (z. B. Taxol und Carboplatin) beinhaltet. Die Immunhistochemie wird durch eine DNA-insitu-Hybridisierung (FISH, s. u.) gesichert, welche die für die Überexpression verantwortliche Amplifikation des HER2-Gens nachweist (Dean-Colomb u. Esteva 2008). Viele Proteine agieren in der Zelle als Bestandteile größerer Komplexe, die durch Protein-Protein-Interaktionen entstehen. Solche Interaktionen lassen sich z. B. durch Ko-Immunpräzipitation nachweisen. Der Proteinkomplex wird dabei mit Hilfe eines Antikörpers, der spezifisch einen bekannten Interaktionspartner in dem Komplex bindet, angereichert. Die unbekannten Bindungspartner können anschließend über ihr Molekulargewicht oder ihre Enzymaktivität identifiziert werden (Bernot 2004; Rehm 2002). Unter in-vivo-ähnlicheren Verhältnissen, also innerhalb einer Zelle und mit eukaryotischen posttranslationalen Modifikationen der Proteine, können Protein-Protein- oder auch Protein-RNA-Interaktionen mit Hilfe des »Yeast-two-hybrid«-Systems (Y2H) untersucht werden (Bernot 2004). Durch die Interaktion der Bindungspartner wird dabei im Zellkern die Funktion eines Transkriptionsfaktors rekonstruiert, der dann die Transkription eines Reportergens induziert. Mit diesem System können sowohl in einem empirischen Ansatz mögliche Bindungspartner identifiziert als auch gezielt die Interaktion bestimmter Proteine überprüft werden. Weiterhin ermöglicht die Methode die Untersuchung von mehr als zwei Interaktionspartnern oder die Interaktion mit Membranproteinen. Die Fähigkeit isolierter Proteine (z. B. Transkriptionsfaktoren), an DNA (oder RNA) zu binden, wird in vitro im »elektrophoretic mobility shift assay« (EMSA, »Band-shift«-Verfahren) oder im »DNase footprinting assay« getestet. Das ESMAVerfahren beruht auf einer verringerten Wanderungsgeschwindigkeit von Protein-DNA (bzw. RNA)-Komplexen im Vergleich zu freier DNA im elektrischen Feld. Detektiert wird der Komplex aufgrund einer vorherigen (z. B. Biotin-) Markierung des DNA- bzw. RNA-Fragments (Lottspeich u. Zorbas 1998). Auch hier kann die Interaktion mit mehr als zwei Proteinen untersucht werden, wobei die gebundenen Proteine mit Hilfe spezifischer Antikörper detektiert werden können (»supershift as-
say«). Im »DNase footprinting assay« wird der Schutz der DNA vor enzymatischer Spaltung ausgenutzt, der durch die Bindung des Proteins hervorgerufen wird. Zum Nachweis eine DNA-Protein-Bindung in vivo wird die Chromatin-Immunopräzipation (ChIP) verwendet. Hierbei werden die proteinbindenen DNA-Bereiche nach Chromatinfragmentierung mit Hilfe eines spezifischen Antikörpers in einer Immunpräzipitation isoliert (Hampshire et al. 2007). Zur Identifikation von Proteinen kann neben den klassischen Methoden wie Western-Blot die MALDI-TOF MS (»Matrix assisted laser desorption/ionization-time of flight mass spectrometry«) eingesetzt werden. Hierfür wird ein isoliertes Protein mittels Endoproteasen verdaut und Peptidfragmente werden anhand deren Masse/Ladungsverhältnis aufgetrennt. Die Identität des Proteins kann unter Verwendung geeigneter Softwareprogramme durch den Vergleich mit Datenbankeinträgen erfolgen (Bernot 2004; Rehm 2002). Häufig wird jedoch direkt die Sequenz der einzelnen Fragmente mittels ESI (»electrospray ionization«) -MS/MS bestimmt (Bernot 2004). Eine Erweiterung der MALDI-TOF MS in Richtung funktionelle Analyse und Proteomics stellt die SELDI (»surface enhanced laser desorption ionization/time-offlight«)-Technik dar. Dabei werden komplexe Proteingemische bezüglich ihrer Eigenschaften (z. B. hydrophob, anionisch, kationisch, Bindung an immobilisierte Antikörper) auf Proteinchips separiert und anschließend analog zur MALDI-TOF MS analysiert. Da die MS-Spektren, die diese Technik liefert, gut reproduzierbar sind, eignet sich SELDI auch zum qualitativen Vergleich von Proteinspektren z. B. zwischen tumorhaltigem und tumorfreiem Untersuchungsmaterial mit geeigneten Softwareprogrammen und somit zur Erstellung z. B. prognose-relevanter Proteinspektren, ohne die Proteine notwendigerweise identifizieren zu müssen (Rehm 2002).
1.2.3 In-situ-Hybridisierungsverfahren
In-situ-Hybridisierungsverfahren (ISH) ermöglichen den Nachweis von Chromosomenaberrationen, Genveränderungen und RNA-Expression auf Einzelzellniveau. Durch den Einsatz von Fluoreszenzfarbstoffen (FISH) konnte die Empfindlichkeit und Auflösung dieser Methode deutlich erhöht werden. Das Prinzip besteht in der Hybridisierung markierter komplementärer Nukleinsäure-Stränge auf objektträgerfixierte Zellen (z. B. histologische Schnitte, Urinzytologie). Auf DNA-Ebene eignet sich die FISH besonders zum Nachweis von Genamplifikationen, numerischen Chromosomenveränderungen und Translokationen. Für den Nachweis von Translokationen wird
1
12
1
Kapitel 1 · Molekularbiologie und Genetik
dabei neben der Zielgensonde eine Zentromersonde des entsprechenden Chromosoms verwendet (Holling u. Kipp 2007; Kevin et al. 2007). Anwendung findet diese Technik beispielsweise in der pränatalen Diagnostik zum Nachweis einer Chromosom 21-Trisomie (Ogilvie 2003). Neuerdings werden mittels FISH-Methodik auch chromosomale Translokationen beim Prostatakarzinom nachgewiesen (Perner et al. 2007). Auf RNA-Ebene liegt der Vorteil der ISH in der Möglichkeit, Zellen, die eine bestimmte mRNA-Expression aufweisen, in einem Gewebeverband zu identifizieren. Wichtig ist dies z. B. in der Entwicklungsbiologie zur Verfolgung der Genaktivität während der Embryogenese. Neben der klassischen Zytogenetik und der FISHMethode bietet die Komparative Genomische Hybridisierung (CGH) eine weitere Möglichkeit zum Nachweis von numerischen chromosomalen Veränderungen. Bei dieser Methode werden z. B. normale und Tumor-DNA farblich unterschiedlich markiert. Eine automatisierte Detektion der verschiedenen (Fluoreszenz-) Signale erlaubt dann den Vergleich des gesamten Genoms von Tumor und Normalgewebe, d. h. also die Detektion von Genmaterialzugewinnen bzw. -verlusten (Pinkel u. Albertson 2004). Eine Weiterentwicklung, die Array-basierte CGH, ermöglicht eine höhere Auflösung (s. u.). Eine spezielle Hybridisierungstechnik wird bei der Messung der mRNA-Konzentration des Prostatatumormarkers PCA3 (»prostate cancer antigen 3«, auch: DD3) in Urinproben angewendet. Hier wird die Target-RNA zunächst spezifisch angereichert and amplifiziert und anschließend durch Hybridisierung detektiert (»APTIMA PCA3 assay«). Dieser Test kann eine Entscheidungshilfe zur Durchführung einer Rebiopsie bei Männern mit Verdacht auf Prostatakrebs darstellen (Haese et al. 2008; Groskopf et al. 2006).
1.2.4 Hochdurchsatzverfahren
Abb. 1.5. Prinzip der mRNA-Analyse mittels Microarrays. Aus einem Gewebe (z. B. Tumor) oder Zellen wird RNA isoliert, ggf. amplifiziert, markiert und nach Fragmentierung auf den Array hybridisiert. Die Arrays werden zur Entfernung unspezifischer Bindungen gewaschen und anschließend gefärbt, wobei in mehreren Stufen die Markierung der Probe verstärkt und mit einem Fluoreszenzfarbstoff versehen wird. Beim anschließenden Scannen der Chips wird die Stärke des Fluoreszenzsignals in den verschiedenen Punkten des Rasters in Graustufen wiedergegeben (umso heller, je höher Fluoreszenzsignal). Die Daten werden mit Hilfe geeigneten bioinformatischen Algorithmen ausgewertet. Die Expression der untersuchten Gene kann in einer sog. »heat map« dargestellt werden (gezeigt ist ein hypothetisches Beispiel). Die Spalten entsprechen dabei den verschiedenen Proben, die Zeilen den untersuchten Genen. Jeder Punkt der Farbmatrix repräsentiert die relative Expression eines Gens in einer Probe im Vergleich zum Mittelwert in allen Proben. Rote Punkte kennzeichnen
eine höhere, grüne eine niedrigere Expression als der Mittelwert. Die Proben können dann anhand der Ähnlichkeit ihrer Genexpression in verschiedene Cluster unterteilt werden (hierarchische Clusteranalyse), wobei in dem dargestellten Beispiel Patienten mit langem und solche mit kurzem Gesamtüberleben jeweils zusammen clustern. In einer weiterführende Analyse können dann die Gene identifizeirt werden, die für eine Vorhersage des Gesamtüberlebens genutzt werden können. Der dargestellte Ablauf entspricht dem Prinzip der sog. EinFarben-Microarrays (z. B. Affymetrix). Hierbei wird jede Probe, auch die ggf. vorhandene Referenzprobe auf extra Chips hybridisiert. Daneben existieren sog. Zwei-Farben-Arrays, bei denen Probe und Referenz, nachdem sie mit unterschiedlichen Fluoreszenzfarnstoffen markiert wurden, auf ein und denselben Array hybridisiert werden. Als ScanErgebnis ergibt sich hier eine Farbüberlagerung der beiden Fluoreszenzfarbstoffe, die dann eine Aussage der jeweiligen Target-mRNA in der Probe im Vergleich zur Referenz zulässt
Chip-Technologien ermöglichen parallel die Untersuchung einer großen Anzahl von Faktoren, z. B. Gentranskripten (mRNA). Dies spielt insbesondere in der Tumorforschung eine bedeutende Rolle, da Tumoren multifaktorielle Erkrankungen darstellen. Bereits seit einigen Jahren existieren Chip-Technologien zur Untersuchung von Nukleinsäuren. Je nach Plattform können damit DNA-, mRNA- oder microRNA-Proben untersucht werden. Hierbei sind auf einem Träger Oligonukleotidmoleküle bekannter Sequenz in einem geordneten Raster (»Array«) immobilisiert. Beispielsweise ist dabei eine Sequenz spezifisch für ein bestimmtes Gentranskript. Wird eine markierte Probe (z. B. Tumor-RNA) auf einem Chip hybridisiert, erfolgt eine spezifische Bindung von RNA-Fragmenten an die jeweils komplementären Sonden. Die Position des Signals der RNA-Markierung im Raster ermöglicht eine Aussage über die Identität des Transkripts, die Signalstärke über seine Expressionshöhe ( Abb. 1.5). Die Auswertung der erhaltenen Daten erfolgt mit Hilfe geeigneter SoftwareProgramme und liefert beispielsweise Genexpressionsmuster, die mit einem spezifischen histologischen Tumorsubtyp oder dem Überleben von Tumorpatienten assoziiert sind (Grimm et al. 2003, 2004). Für mRNA-Untersuchungen existieren sog. themenspezifische Arrays, mit denen beispielsweise alle apoptoserelevanten Gentranskripte untersucht werden. Mit anderen Arrays kann die Expression aller Gentranskripte, zum Teil auch ihrer verschiedenen Spleißvarianten, simultan bestimmt werden. Im Bereich der Onkologie wird der Array-basierte und durch die FDA zugelassene MammaPrint-Test, der die Expression von 70 an der Proliferation beteiligten
13 1.2 · Molekularbiologische Untersuchungsmethoden
Probe, z.B. Tumorgewebe
z.B.: HumanGenome U133-Plus 2.0-Array (Affymetrix)
schematisch
aus der Probe isolierte, markierte und amplifizierte mRNA
Chip mit in den Raum stehenden Oligonukleotidsonden
mRNA-Fragmentierung und -Hybridisierung
Bindung der mRNA-Fragmente an komplementären Sonden
Waschen, Färben, Scannen
« ® ® ¬ ® ® « ® ® ® ¬ ® ® ®
Unterscheidung von Tumoren von Patienten mit kurzem und langem Gesamtüberleben
bioinformatische Auswertung
Scan-Bild der Fluoreszenzintensität (hell: starkes Fluoreszenzsignal)
Heat-Map (rot: hohe Expression, grün: geringe Expression des betreffenden Gens)
1
14
1
Kapitel 1 · Molekularbiologie und Genetik
Genen analysiert, zur Abschätzung des Metastasierungsrisikos von Brustkrebspatientinnen eingesetzt. Vor allem Niedrigrisiko-Patientinnen, die auch ohne adjuvante Chemotherapie eine 10-Jahres-Überlebensrate von 96% haben, können durch diese Gensignatur identifiziert werden (Simon 2007; van de Vijver et al. 2002; van’t Veer et al. 2002). Für DNA-Analysen werden u. a. sog. »single nucleotide polymorphism« (SNP)-Arrays verwendet, die sowohl eine Genotypisierung verschiedener SNPs im Genom als auch eine genomweite DNA-Kopienzahlanalyse zulassen (Beaudet u. Belmont 2008). Des Weiteren wird auch die hochauflösende CGH (s. o.), die sog. Array-CGH, zur Detektion chromosomaler und genetischer Veränderungen eingesetzt (Beaudet u. Belmont 2008; Pinkel u. Albertson 2004; Snijders et al. 2003). Der AmpliChip-CYP450-Test ist ein SNP-Array zur Detektion von Genotypen in zwei Genen der Cytochrom P450-Familie. Da diese Gene an der Metabolisierung von etwa einem Viertel aller rezeptpflichtigen Medikamente beteiligt sind, kann mit Hilfe dieses AmpliChip-CYP450Tests patientenspezifisch die Metabolisierung eines Wirkstoffes und damit die Dosierung des Medikamentes abgeschätzt werden (www.roche.com). Für einige Fragestellungen bieten moderne Hochdurchsatztechniken zur Nukleinsäure-Sequenzierung eine Alternative zu Array-basierten Methoden. Diese Techniken, oft unter dem Begriff »deep sequencing« zusammengefasst, erlauben die gleichzeitige und schnelle Bestimmung der Sequenz von Hunderttausenden an kürzeren Nukleinsäuresequenzen ohne vorherige Klonierung. Dadurch wird es möglich, vollständige Genome eines Menschen (Wheeler et al. 2008) oder einer Tumorzelle (Ley et al. 2008) in kurzer Zeit und mit vertretbarem finanziellen Aufwand auf Variationen (Polymorphismen) und Mutationen zu analysieren. Auch für die Charakterisierung von RNA lässt sich diese Methode anwenden, z. B. um alle Spleißvarianten innerhalb einer Zelle oder eines Gewebes zu erfassen (Pan et al. 2008). Auch in der Proteinanalytik hat eine Entwicklung zur simultanen Untersuchung vieler Proteine und Proteinmodifikationen eingesetzt. Neben der bereits erwähnten SELDI-Technik existieren auch Protein-Biochips. Auf einem Array immobilisierte Antikörper können z. B. ähnlich wie bei den Arrays zur Nukleinsäureanalyse, zur Identifikation der in einem Gemisch enthaltenen Proteine genutzt werden. Weiterhin kann die Wechselwirkung von »small molecules« mit Proteinen in einem Hochdurchsatzmaßstab untersucht werden, was insbesondere in der Pharmaindustrie zum Screening potenzieller Wirkstoffe eingesetzt wird. Außerdem werden solche Biochips auch zur Untersuchung von Protein-Protein-
Wechselwirkungen verwendet (Bernot 2004; Albala u. Humphrey 2002). Eine wichtige Voraussetzung für Hochdurchsatzanalysen stellen geeignete bioinformatische Algorithmen zur Auswertung der erzeugten Datenmengen dar, so dass auch die Bioinformatik für molekularbiologische Untersuchungen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Im Bereich der funktionellen Proteinanalyse ermöglichen bioinformatische Methoden darüber hinaus auch die Identifikation von Sequenzhomologien eines Proteins zu anderen Proteinen desselben oder anderer Organismen und lassen damit Rückschlüsse auf die Funktion des Proteins sowie mögliche Protein-Protein- oder Protein-DNA-Wechselwirkungen zu (Bernot 2004; Albala u. Humphrey 2002). Neben den genannten Chip-Technologien kann auch die Immunhistochemie (s. o.) in Form sog. »tissue microarrays« – Paraffinblöcke, die Gewebestanzen hunderter Proben enthalten – als Hochdurchsatzmethode einsetzt werden. Dabei wird, anders als bei den oben beschriebenen Array-Verfahren, keine Vielzahl von Markern, sondern ein spezifischer Marker an einem großen Probenkollektiv untersucht (Kononen et al. 1998). In der Regel sind Array-basierte Hochdurchsatzanalysen kostenaufwändig, so dass sie meist an einer kleinen Stichprobe angewendet werden, um potenzielle Marker für eine spezifische Fragestellung zu identifizieren. Diese Marker werden anschließend mit Hilfe anderer Techniken, wie PCR oder Immunhistochemie an »tissue microarrays«, an einem großen Kollektiv validiert.
Literatur Albala JS, Humphrey-Smith I (2003) Protein arrays, biochips, and proteomics. The next phase of genomic discovery. Dekker, New York Amado RG, Wolf M, Peeters M, Van Cutsem E, Siena S, Freeman DJ, Juan T, Sikorski R, Suggs S, Radinsky R, Patterson SD, Chang DD (2008) Wild-Type KRAS Is Required for Panitumumab Efficacy in Patients With Metastatic Colorectal Cancer. J Clin Oncol 26: 1626–1634 Beaudet AL, Belmont JW (2008) Array-Based DNA Diagnostics: Let the Revolution Begin. Annu Rev Med. 59:113–129 Bernot A (2004) Genome, transcriptome and proteome analysis. John Wiley u. Sons, Hoboken Weinheim Castedo M, Perfettini JL, Roumier T, Andreau K, Medema R, Kroemer G (2004) Cell death by mitotic catastrophe: a molecular definition. Oncogene 23: 2825–2837 Cory S, Huang DC, Adams JM (2003) The Bcl-2 family: roles in cell survival and oncogenesis. Oncogene 22: 8590–8607 Cottrell SE (2004) Molecular diagnostic applications of DNA methylation technology. Clin Biochem 37: 595–604 Dean-Colomb W, Esteva FJ (2008) Her2-positive breast cancer: herceptin and beyond. Eur J Cancer 44: 2806–2812 Evan GI, Vousden KH (2001) Proliferation, cell cycle and apoptosis in cancer. Nature 411: 342–348 Grimm MO, Burchardt M, Schulz WA (2003) Perspektiven der molekularen Diagnostik dargestellt am Beispiel des Harnblasenkarzinoms. Urologe A 42: 650–659
15 Literatur
Grimm MO, Hartmann FH, Schulz WA (2004) Microarrays. Technik und Potenzial beim Prostatakarzinom. Urologe A 43: 653–658 Groskopf J, Aubin SMJ, Deras IL, Blase A, Bodrug S, Clark C, Brentano S, Mathis J, Pham J, Meyer T, Cass M, Hodge P, Macairan ML, Marks LS, Rittenhouse1 H (2006) APTIMA PCA3 molecular urine test: development of a method to aid in the diagnosis of prostate cancer. Clin Chem 52: 1089–1095 Haese A, de la Taille A, van Poppel A, Marberger M, Stenzl A, Mulders PFA, Huland H, Abbou CC, Remzi M, Tinzl M, Feyerabend S, Stillebroer AB, van Gils MPMQ, Schalken JA (2008) Clinical Utility of the PCA3 Urine Assay in European Men Scheduled for Repeat Biopsy. Eur Urol 54: 1081–1088 Halling KC, Kipp BR (2007) Fluorescence in situ hybridization in diagnostic cytology. Hum Pathol 38: 1137–1144 Hamilton A, Hortobagyi G (2005) Chemotherapy: what progress in the last 5 years? J Clin Oncol 23: 1760–1775 Hampshire AJ, Rusling DA, Broughton-Head VJ, Fox KR (2007) Footprinting: a method for determining the sequence selectivity, affinity and kinetics of DNA-binding ligands. Methods 42: 128-140 Hanahan D, Weinberg RA (2000) The hallmarks of cancer. Cell 100: 57–70 Harden SV, Sanderson H, Goodman SN, Partin AA, Walsh PC, Epstein JI, Sidransky D (2003) Quantitative GSTP1 methylation and the detection of prostate adenocarcinoma in sextant biopsies. J Natl Cancer Inst 95: 1634–1637 Jones PA, Baylin SB (2002) The fundamental role of epigenetic events in cancer. Nat Rev Genet 3: 415–428 Kinzler KW, Vogelstein B (1997) Cancer-susceptibility genes. Gatekeepers and caretakers. Nature 386: 761–763 Kolch W, Mischak H, Pitt AR (2005) The molecular make-up of a tumour: proteomics in cancer research. Clin Sci (London) 108: 369–383 Kononen J, Bubendorf L, Kallioniemi A, Barlund M, Schraml P, Leighton S, Torhorst J, Mihatsch MJ, Sauter G, Kallioniemi OP (1998) Tissue microarrays for high-throughput molecular profiling of tumor specimens. Nat Med 4: 844–847 Leach FS, Nicolaides NC, Papadopoulos N, Liu B, Jen J, Parsons R, Peltomaki P, Sistonen P, Aaltonen LA, Nystrom-Lahti M (1993) Mutations of a mutS homolog in hereditary nonpolyposis colorectal cancer. Cell 75: 1215–1225 Ley TJ, Mardis ER, Ding L, Fulton B, McLellan MD, Chen K, Dooling D, Dunford-Shore BH, McGrath S, Hickenbotham M, Cook L, Abbott R, Larson DE, Koboldt DC, Pohl C, Smith S, Hawkins A, Abbott S, Locke D, Hillier LW, Miner T, Fulton L, Magrini V, Wylie T, Glasscock J, Conyers J, Sander N, Shi X, Osborne JR, Minx P, Gordon D, Chinwalla A, Zhao Y, Ries RE, Payton JE, Westervelt P, Tomasson MH, Watson M, Baty J, Ivanovich J, Heath S, Shannon WD, Nagarajan R, Walter MJ, Link DC, Graubert TA, DiPersio JF, Wilson RK (2008) DNA sequencing of a cytogenetically normal acute myeloid leukaemia genome. Nature 456: 66–72 Li LC, Carroll PR, Dahiya R (2005) Epigenetic changes in prostate cancer: implication for diagnosis and treatment. J Natl Cancer Inst 97: 103–115 Linehan WM, Walther MM, Zbar B (2003) The genetic basis of cancer of the kidney. J Urol 170: 2163–2172 Los M, Stroh C, Janicke RU, Engels IH, Schulze-Osthoff K (2001) Caspases: more than just killers? Trends Immunol 22: 31–34 Lottspeich F, Zorbas H (1998) Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, Berlin Heidelberg Mülhardt C (2002) Der Experimentator: Molekularbiologie/Genomics. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, Berlin, 3. Auflage Ogilvie CM (2003) Prenatal diagnosis for chromosome abnormalities: past, present and future. Pathol Biol (Paris) 51: 156–160
Pan Q, Shai O, Lee LJ, Frey BJ, Blencowe BJ (2008) Deep surveying of alternative splicing complexity in the human transcriptome by high-throughput sequencing. Nat Genet 40: 1413–1415 Paner GP, Luthringer DJ, Amin MB (2008) Best practice in diagnostic immunohistochemistry: prostate carcinoma and its mimics in needle core biopsies. Arch Pathol Lab Med 132: 1388-1396 Peltomaki P, Aaltonen LA, Sistonen P, Pylkkanen L, Mecklin JP, Jarvinen H, Green JS, Jass JR, Weber JL, Leach FS (1993) Genetic mapping of a locus predisposing to human colorectal cancer. Science 260: 810–812 Perner S, Schmidt FH, Hofer MD, Kuefer R, Rubin M (2007) TMPRSS2ETS gene fusion in prostate cancer. Urologe A 46: 754–760 Pinkel D, Albertson DG (2005) Comparative genomic hybridisation. Annu Rev Genomics Hum Genet 6: 331–354 Rehm H (2002) Der Experimentator: Proteinbiochemie/Proteomics. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlin, 4. Auflage Rodland KD (2004) Proteomics and cancer diagnosis: the potential of mass spectrometry. Clin Biochem 37: 579–583 Rosenblatt R, Jonmarker S, Lewensohn R, Egevad L, Sherif A, Kälkner KM, Nilsson S, Valdman A, Ullén A (2008) Current status of prognostic immunohistochemical markers for urothelial bladder cancer. Tumour Biol 29: 311–322 Sanchez JC, Corthalis GL, Hochstrasser DF (2004) Biomedical applications of proteomics, John Wiley u. Sons, Weinheim Schüler F, and Dölken G (2005) Detection and monitoring of minimal residual disease by quantitative real-time PCR. Clin Chim Acta 363: 147–156 Schulz WA (1998) DNA methylation in urological malignancies. Int J Oncol 13: 151–167 Schulz WA (2007) Molecular biology of human cancers: An advanced student’s textbook. Springer, Berlin Heidelberg New York Sherr CJ, McCormick F (2002) The RB and p53 pathways in cancer. Cancer Cell 2: 103–112 Simon I (2007) MammaPrint®: Klassifizierung von Mamma-Tumoren durch Genexpressionsanalyse. Laborwelt 5: 27–29 Snijders AM, Pinkel P, Albertson DG (2003) Current status and future prospects of array-based comparative genomic hybridisation. Brief Funct Genomic Proteomic 2:37–45 van de Vijver MJ, He YD, van’t Veer LJ, Dai H, Hart AA, Voskuil DW, Schreiber GJ, Peterse JL, Roberts C, Marton MJ, Parrish M, Atsma D et al. (2002) A gene-expression signature as a predictor of survival in breast cancer. N Engl J Med 347: 1999–2009 van ‘t Veer LJ, Dai H, van de Vijver MJ, He YD, Hart AA, Mao M, Peterse HL, van der Kooy K, Marton MJ, Witteveen AT, Schreiber GJ, Kerkhoven RM et al. (2002) Gene expression profiling predicts clinical outcome of breast cancer. Nature 415:530–536 Vogelstein B, Fearon ER, Hamilton SR, Kern SE, Preisinger AC, Leppert M, Nakamura Y, White R, Smits AM, Bos JL (1988) Genetic alterations during colorectal-tumor development. N Engl J Med 319: 525–532 Wheeler DA, Srinivasan M, Egholm M, Shen Y, Chen L, McGuire A, He W, Chen YJ, Makhijani V, Roth GT, Gomes X, Tartaro K, Niazi F, Turcotte CL, Irzyk GP, Lupski JR, Chinault C, Song XZ, Liu Y, Yuan Y, Nazareth L, Qin X, Muzny DM, Margulies M, Weinstock GM, Gibbs RA, Rothberg JM (2008) The complete genome of an individual by massively parallel DNA sequencing. 452: 872–876
1
2 Hinweise zur Studienplanung, Biometrie und klinischen Epidemiologie K.-H. Jöckel, H. Hirche, M. Neuhäuser
2.1
Typen und Ziele klinischer Studien – 17
2.2
Studienplanung und -organisation – 22
2.3
Dokumentation und biometrische Auswertung – 26
2.4
Anhang: Hinweise zur statistischen Beurteilung von Mittelwerten und Prozentangaben anhand von Vertrauensbereichen – 29
2.1
Typen und Ziele klinischer Studien
Klinische Forschung und Grundlagenforschung sind in den letzten Jahren näher aneinander gerückt. Während moderne klinische Therapiestudien ohne Begleit- und Grundlagenforschung nicht mehr auskommen, richtet sich Letztere vermehrt auf menschenrelevante Ergebnisse aus. So lässt sich durch Therapiestudien der wechselseitige Nutzen von klinischer und experimenteller Krebsforschung belegen. Aus diesen Gründen ist es nur allzugut zu verstehen, dass sich kontrollierte klinische Studien als das wichtigste Instrument der klinischen Forschung durchgesetzt haben, um eine Behandlung auf ihre Effektivität und Unbedenklichkeit zu prüfen. Das Ziel solcher Studien ist die Erfassung von
prognostischen Faktoren,
Pharmakokinetik,
Verträglichkeit,
Wirksamkeit,
Nutzen-Risiko-Relation bzw. therapeutischem Index,
Lebensqualität. Daneben etablieren sich zunehmend Studienansätze aus der klinischen Epidemiologie, die epidemiologische Prinzipien und Methoden auf die Praxis der klinischen Medizin anwenden. Zu den Hauptaufgaben der klinischen Epidemiologie zählen (Beaglehole et al. 1993):
Definition von Normal- und pathologischen Werten,
Bestimmung der Genauigkeit diagnostischer Tests,
Charakterisierung der »natürlichen« Entwicklung von Krankheitsverläufen (»natural history«) und der Bedeutung prognostischer Faktoren,
Bestimmung der Effizienz etablierter Behandlungen,
Integration präventiver Ansätze in die klinische Praxis. Da sich dieses Buch primär an die in der Praxis tätigen onkologischen Urologen wendet, kann auf Fragen der Methodik der Epidemiologie nicht weiter eingegangen werden. Erwähnt werden soll aber, dass die moderne Epidemiologie, die sich als die Wissenschaft von der Verteilung der Erkrankungen und deren Determinanten in der Bevölkerung versteht, inzwischen über Methoden zur Deskription und Analytik verfügt, die einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der Entstehung urologischer Tumoren und deren Prävention leisten. Ein wesentliches Instrument hierfür sind Krebsregister, in der alle bösartigen Neubildungen einer definierten Region vollständig erfasst werden, um einerseits umfassend über das Krebsgeschehen zu informieren und andererseits analytische, an ätiologischen Fragen orientierte Studien zu ermöglichen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen experimentellen (meist randomisierten) und Beobachtungsstudien. Während bei einer experimentellen randomisierten Studie die Studiensubjekte (Patienten, Probanden) zufällig einem Behandlungsregime zugewiesen werden können, geht die Beobachtungsstudie
18
2
Kapitel 2 · Hinweise zur Studienplanung, Biometrie und klinischen Epidemiologie
von den auf das Studiensubjekt wirkenden Einflüssen aus, sei es eine bestimmte Therapie oder eine stattgefundene Exposition (z. B. die historische Arzneimitteleinnahme). Grundsätzlich ist die randomisierte Studie der Beobachtungsstudie überlegen (Pocock 1983): Durch die zufällige Zuteilung der Studiensubjekte zur Art der Behandlung (z. B. Placebo vs. Verum) wird sichergestellt, dass innerhalb der Grenzen des statistischen Zufalls beobachtete Unterschiede ausschließlich den Behandlungsarten, nicht aber konstituierenden Gruppenunterschieden (z. B. Prävalenz prognostischer Faktoren) zugeschrieben werden können. Andererseits sind Beobachtungsstudien vielfach kostengünstiger und stellen u. U. die einzig ethisch vertretbare Alternative dar: Interessiert man sich beispielsweise für die Auswirkung phenacetinhaltiger Medikamente auf die Entstehung von Blasen- und/oder Nierenzellkarzinomen, so verbietet sich ein prospektiv randomisierter Ansatz von vornherein. Darüber hinaus unterscheidet man zwischen einer retrospektiven und einer prospektiven Studienführung. Beide Studienkonzepte haben ihre Vorzüge und können wertvolle Informationen liefern, wenn man ihre Aussagemöglichkeiten kennt und vor diesem Hintergrund die Ergebnisse interpretiert. Retrospektive Studien sind ihrer Natur nach Beobachtungsstudien, während prospektive Studien sowohl randomisiert als auch als Beobachtungsstudien durchgeführt werden können. Wo immer möglich, sollten klinische Studien als randomisierte Studien durchgeführt werden. Eine Rolle zwischen randomisierten Studien und Beobachtungsstudien spielen nichtrandomisierte Studien, bei denen die Therapiewahl auf wenige Regimes eingeschränkt wird, die Wahl aber nicht dem Zufall überlassen ist. Sie werden in einigen Fällen verwendet, in denen die Randomisierung schwer durchsetzbar oder unmöglich ist, die äußeren Bedingungen aber kontrolliert dokumentiert werden sollen. Fälle, in denen die Randomisierung schwer durchsetzbar ist, sind z. B. Organtransplantationen, bei denen ein Spenderorgan nicht per Zufall zugeteilt werden kann. Ergebnisse aus diesen Studien sind vorsichtiger zu betrachten als randomisierte Studien, da unbekannte oder fehlerhaft beobachtete Einflüsse den Therapieeffekt systematisch verzerren können. Solche Fehlbeobachtungen und deren Auswirkungen müssen im Zusammenhang mit den Ergebnissen kritisch diskutiert werden. Da diese Störgrößen im Gegensatz zu historischen Vergleichen auf standardisierte Weise erhoben werden können, sind die Fehlerquellen deutlich eingeengt, und Ergebnisse können offensiver vorgetragen werden als Ergebnisse aus Studien mit historischen Kontrollen.
2.1.1 Retrospektive Studien
Retrospektive Studien gliedern sich in nichtvergleichende (Fallberichte, Fallserien) und vergleichende Untersuchungen. Vergleichende retrospektive Studien untersuchen Personengruppen, die sich z. B. im Erkrankungsstadium oder in der Behandlung unterscheiden; in der einfachsten Studiensituation wird nur dichotom nach Erkrankten (den Fällen) und Nichterkrankten (den Kontrollen) differenziert. Retrospektiv, d. h. zurückschauend, wird dann festgestellt, inwieweit sich der Krankheitsverlauf beider Gruppen unterscheidet und ob sich durch gewisse (prognostische) Faktoren der beobachtete unterschiedliche Krankheitsverlauf beschreiben lässt. So kann z. B. beim Blasenkarzinom der Einfluss von Infiltrationstiefe, Differenzierungsgrad und begleitendem Carcinoma in situ, aber auch Alter und Geschlecht des Patienten untersucht werden. Da diese Faktoren jedoch untereinander in der Regel in enger Wechselbeziehung stehen (z. B. sind schlecht differenzierte Blasenkarzinome in der Regel infiltrativ, gut differenzierte wachsen meist oberflächlich), bedarf es einer biometrischen Betreuung, um mit statistischen Verfahren diese Korrelationen herauszuarbeiten. In der Regel sind hohe Fallzahlen notwendig, um zu validen Aussagen zu gelangen. Ein weiterer Nachteil retrospektiver Studien liegt in der Unvollständigkeit der Daten: Nicht bei allen Patienten werden sämtliche – nachträglich als erforderlich erkannten – Untersuchungen in dem vereinbarten Zeitraster durchgeführt und dokumentiert (eingeschränkte Beobachtungsqualität). Ebenfalls ein Nachteil ist die Tatsache, dass Patienten für eine bestimmte Behandlung ausgesucht wurden (Selektion) und die Kriterien sich mit der Zeit und von Klinik zu Klinik ändern. Auch ändern sich die diagnostischen Möglichkeiten (Carter 1985), so dass z. B. ein T2Prostatakarzinom 1935 ein anderes ist als 2005 zu einer Zeit, in der mittels Sonographie, PSA und evtl. CT und MRT das Stadium besser festgelegt werden konnte. Rückschlüsse auf die Effizienz unterschiedlicher therapeutischer Verfahren sind nur in Ausnahmefällen möglich. Die Schlüsse gehen immer von beobachteten Wirkungen aus und zielen dann auf deren mögliche Ursachen (z. B. die therapeutischen Maßnahmen). Die Bedeutung vergleichender retrospektiver Analysen liegt in der Generierung von Hypothesen im Vorfeld kontrollierter Studien und in der Abschätzung der zu erwartenden Therapieeffekte (Rezidivhäufigkeit, Progressionsrate, Überlebensrate), aufgrund derer eine Stichprobenplanung erfolgen kann.
19 2.1 · Typen und Ziele klinischer Studien
2.1.2 Prospektive Studien
Wesentlich für eine prospektive klinische Studie sind die wissenschaftliche Qualität und die praktische Durchführbarkeit. Für die Praktikabilität sind nicht nur organisatorische, sondern auch ethische Erwägungen entscheidend. Die heute dafür geltenden Normen beruhen auf den Nürnberger Militärgerichtsurteilen von 1949, der Deklaration von Helsinki 1962 und deren aktueller revidierter Fassung von Seoul 2008. Das Wohl des Patienten und die Achtung vor dem Menschen sind oberste Prinzipien. Jedoch werden neben dem Abwägen von Bedeutung, Nutzen und Risiko ausdrücklich auch das Vorgehen nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen und die wissenschaftliche Kompetenz des Ausführenden als ethische Norm postuliert ( Tab. 2.1). Methodisch unzureichende Untersuchungen sind nicht nur wissenschaftlich wertlos, sondern auch unethisch. Eine Ethikkommission ist vor Studienbeginn einzuschalten. Die klinische Prüfung ist in Deutschland in § 4 Abs. 23 des Arzneimittelgesetzes (AMG) definiert. Maßnahmen zum Schutz der Patienten sind im § 40–42 beschrieben..
Umfassendere Richtlinien zur Good Clinical Practice (GCP) wurden durch die Europäische Union (Richtlinie 2001/20/EG) und die Internationale Harmonisierungskonferenz (ICH) zur Abstimmung der Regulatorien zwischen Japan, den USA und der EU (ICH Guideline for Good Clinical Practice, 1997) erlassen. Diese Richtlinien der GCP beinhalten auch die Forderung nach Standardarbeitsanweisungen (SOP), die den Ablauf einer klinischen Studie regeln, nachvollziehbar machen sowie die Umsetzung von GCP im Einzelnen sicherstellen sollen. Prospektive Studien werden üblicherweise in 4 Klassen unterteilt, die den 4 zeitlich aufeinander folgenden Phasen bei der klinischen Prüfung von Arzneimitteln entsprechen:
Phase-I-Studien Mit Phase-I-Studien sollten für ein neues Medikament Fragen zur Pharmakokinetik, Bioverfügbarkeit, Toxizität und nach einem akzeptablen Dosisbereich beantwortet werden ( Tab. 2.2). Die Untersuchungen werden an gesunden Freiwilligen oder im Rahmen der Onkologie auch bei Patienten mit weit fortgeschrittener Erkrankung durchgeführt, die mit bekannten Therapiemaßnahmen nicht mehr behandelbar sind (Leventhal et al. 1988).
Tab. 2.1. Ethische Forderungen für den klinischen Versuch Prinzipien
Normen
Phase-II-Studien
− Wohl des Patienten − Achtung vor dem Menschen − Gerechtigkeit/ Billigkeit
− Anerkannte wissenschaftliche Grundsätze − Kompetenz des Ausführenden − Abwägung von Bedeutung, Nutzen und Risiko − Abbruch bei Schadensverdacht − Wahrung der Persönlichkeitsrechte − Aufklärung und Einwilligung − Genehmigtes Stundenprotokoll
Sie dienen der Bestimmung der Ansprechraten bei einer therapeutischen Dosis im angestrebten Indikationsgebiet ( Tab. 2.2). Wirksamkeit und Verträglichkeit werden an einer kleinen Patientengruppe untersucht. Der Vergleich mit einer Kontrollgruppe (Standardtherapie oder Placebo) ist in onkologischen Phase-II-Studien selten (Leventhal et al. 1988). Das bloße Überschreiten einer minimal relevanten oder aus historischen Vergleichen bekannten
Tab. 2.2. Studienphasen I–IV Phase I
Phase II
Phase III
Phase IV
Design
− Einarmig − Geringe Fallzahlen
− Oft noch einarmig − Geringe Fallzahlen
− Standard ist Randomisation in Vergleichsgruppen − Repräsentative Fallzahlen
− Breite Anwendung nach der Zulassung − Große Fallzahlen
Zielgruppe
− Gesunde Probanden − Krebspatienten im Endstadium
− Patienten mit vorgesehener Indikation (eng umrissene E/A-Kriterien)
− Patienten mit vorgesehener Indikation, E/AKriterien nahe an späterer Therapiepraxis
− Unselektiertes Kollektiv der Patienten, an denen die Thearapie angewandt wird
Zielgrößen
− − − −
− Ansprechraten bei Patienten − Verträglichkeit
− Nachweis der Wirksamkeit − Aussagen zur Arzneimittelsicherheit − Nutzen/Risiko-Betrachtung
− Sicherheit von Arzneimitteln und Thearapie − Effektivität
Toxizität Bioverfügbarkeit Pharmakokinetik Dosierungsbereich
2
20
2
Kapitel 2 · Hinweise zur Studienplanung, Biometrie und klinischen Epidemiologie
Response-Rate wird als Indiz für Wirksamkeit gewertet. Randomisierte Vergleichsgruppen sind jedoch wünschenswert, da aufgrund einer Patientenselektion (z. B.: Es werden nur Patienten mit insgesamt guter Prognose in die Phase-II-Studie aufgenommen) eine falsche Einschätzung der Wirksamkeit nicht auszuschließen ist.
Phase-III-Studien Hier wird ein mit neuen Therapieverfahren behandeltes Kollektiv (oder mehrere Kollektive) einer Kontrollgruppe gegenübergestellt, die eine Standardtherapie (oder ein Placebo bzw. keine Therapie) erhält. Ziel ist, Unterschiede in der Zielgröße zwischen den Vergleichsgruppen auf eine unterschiedliche Wirkung der Therapien zurückzuführen ( Tab. 2.2). Diese Schlussweise ist aber nur gerechtfertigt, wenn die Patientengruppen bis auf den Behandlungsfaktor in allen übrigen bekannten und unbekannten Einflussgrößen vergleichbar sind. Eine Vergleichbarkeit lässt sich durch drei Forderungen sicherstellen (Harms 1998, Schuhmacher, 2008): 1. Strukturgleichheit ist die Forderung nach einer ausgewogenen Verteilung aller bekannten und unkontrollierbaren Einflussgrößen auf die Therapiegruppen. Bei den unbekannten Größen ist dies nur über eine streng zufällige Patientenzuteilung (Randomisation) auf die Studienarme zu erzielen. Bekannte Faktoren sollten vor der Randomisation dokumentiert sein und Patienten mit ausgewiesenen Risikofaktoren gleichmäßig auf die randomisierten Gruppen verteilt werden (Stratifikation). Eine Sonderform der Randomisation sind Doppelblindstrategien, die jedoch in der Onkologie nur selten Anwendung finden. Dies liegt zum einen an dem technischen Problem, die oft komplizierten (oder sogar multimodalen) Therapieschemata zu verblinden, zum anderen an der raschen »De-factoEntblindung« aufgrund der oftmals erheblichen und charakteristischen Nebenwirkungen. Auch bei der häufigen Anlage onkologischer Studien als Langzeitprojekte mit Überleben als Endpunkt erscheint eine dauerhafte Ungewissheit über die Therapie bedenklich. 2. Behandlungsgleichheit bedeutet die gleiche therapeutische Versorgung beider Gruppen, abgesehen von dem Zielkriterium, das untersucht werden soll. Jede systematische Abweichung von der Behandlungsgleichheit muss im Voraus festgelegt werden und wird damit Teil des zu untersuchenden Therapieeffekts. Eine im Nachhinein festgestellte ungleich häufige Anwendung erlaubter Begleittherapien in beiden Therapiegruppen hat Auswirkungen auf die Interpretation
der Studienergebnisse, vor allem wenn anzunehmen ist, dass diese Begleittherapien das Zielkriterium beeinflussen können. 3. Beobachtungsgleichheit schließlich zielt auf die gleiche Untersuchung beider Therapiegruppen und standardisierte Beurteilung der Ergebnisse. Bei einem »harten Endpunkt« wie der Überlebensrate oder einem im Labor feststellbaren Zielkriterium wie der PSAErhöhung ist die Beobachtungsgleichheit leicht zu verwirklichen. Aber auch bei Laborbefunden droht eine Verzerrungsgefahr, wenn z. B. eine einmalige Resektion mit einer langwährenden chemotherapeutischen Behandlung anhand der entsprechenden labortechnischen Überwachung des Verlaufs verglichen wird. Bei der Messung der Tumorresponse ist die Diagnostik so weit wie möglich zu standardisieren und idealerweise eine externe Beurteilung durch einen gegenüber der Therapie verblindeten Experten zu treffen. Da ein positives Ergebnis einer Phase-III-Studie meist zur Zulassung des betreffenden Arzneimittels bzw. der entsprechenden Therapie führen soll, ist bei der Auswahl des Studienkollektivs bereits auf die Repräsentationsgleichheit zu achten: Sie zielt auf die prinzipielle Generalisierbarkeit des Studienergebnisses ab, d. h. dass die Gesamtheit der Studienpatienten einen repräsentativen Querschnitt (Zufallsstichprobe aus der Zielpopulation) darstellt, auf die das Studienergebnis verallgemeinernd übertragen werden soll.
Phase-IV-Studien Phase-IV-Studien entsprechen den Kriterien von Phase-III-Studien und unterscheiden sich hiervon zunächst durch den Zulassungsstatus des jeweils verwendeten Arzneimittels. Während bislang vor allem vom Gesetzgeber der Zweck von Phase-IV-Studien hauptsächlich in der Erfassung auch seltener Nebenwirkungen und einer genaueren Abgrenzung des Anwendungsbereichs gesehen wurde, gehen die eigentlichen Forschungsmöglichkeiten im Rahmen der Phase IV darüber hinaus. Die Ergebnisse der Phase-I–III-Studien leiden noch weitgehend unter einer Einschränkung durch unvollständige Risikobeschreibung, durch mangelnde Repräsentativität und beschränkte Beobachtungsdauer, da sie in der Regel nur an einer relativ kleinen Anzahl von Patienten sowie zeitlich stark limitiert und ohne den umfassenden Vergleich mit evtl. vorhandenen Alternativtherapien durchgeführt werden. Dieser eingeschränkte Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Zulassung kann durch den Einsatz kontrollierter kli-
21 2.1 · Typen und Ziele klinischer Studien
nischer Prüfungen unter erweiterten Bedingungen und die Ergänzung durch weitergehende Verfahren bedeutsam verbessert werden. Hierbei findet das Methodenspektrum der klinischen Phase-I–III-Studien unter praktisch orientierten Aspekten Anwendung und wird durch die Hinzunahme von epidemiologischen Studienformen, wie der Kohortenstudie, der Fallkontrollstudie und der Anwendungsbeobachtung sinnvoll ergänzt (Rainer DelaHaye, 2006). Ein besonderes Interesse haben in letzter Zeit die sog. Anwendungsbeobachtungen erfahren. Man versteht unter einer Anwendungbeobachtung (AWB) eine Beobachtungsstudie, die bei weitestgehender Nichtbeeinflussung des Arzt-Patienten-Verhältnisses dazu geeignet ist, Erkenntnisse über zugelassene und registrierte Arzneimittel zu sammeln. Eine Präsidiumskommission der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS) hat hierzu Empfehlungen erarbeitet (Victor et al. 1997), die die AWB als ein Instrument zum wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn etabliert. Ziele von AWB sind das Gewinnen von Erkenntnissen über den Einsatz bereits zugelassener Arzneimittel oder anderer therapeutischer oder diagnostischer Ansätze, das Aufspüren seltener unerwünschter Ereignisse sowie die Erweiterung der Erkenntnisse zur Wirksamkeit (z. B. im Routineeinsatz). Anwendungsbeobachtungen können Wirksamkeitsnachweise durch kontrollierte Studien nicht ersetzen, aber Hinweise auf die Wirksamkeit im Einsatz außerhalb eines kontrollierten Studienplans liefern. Entscheidend ist, dass nach einem vorher definierten Studienplan vorgegangen wird, der dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand entspricht (Victor et al. 1997). Hierbei wird in ähnlicher Weise wie bei einer kontrollierten klinischen Studie vorgegangen, wobei Elemente wie genauer Dosierungsplan, Randomisierung und Aufklärung wegfallen. Wichtig hingegen ist eine Formulierung von Einschlusskriterien, die am Bestreben orientiert ist, eine größtmögliche Repräsentativität zu erreichen, sowie eine klare und eindeutige A-priori-Definition der biometrischen Auswertung der Studie. Die oben genannten Empfehlungen der GMDS wurden durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte weitestgehend übernommen und sind im Bundesanzeiger veröffentlicht. Klinische Studien zur Überprüfung z. B. neuer Indikationen, neuer Darreichungswege oder Kombinationen werden wie Studien für neue Arzneimittel angesehen. Da die Anforderungen an nicht-kommerzielle klinische Prüfungen durch die 12. AMG Novelle gestiegen sind, soll eine kurze Einführung in diese Thematik gegeben werden.
2.1.3 Nicht-kommerzielle klinische Prüfungen
Studien, die von Ärzten konzipiert und durchgeführt werden, nennt man »investigator-initiated trials« (IIT), »investigator sponsored trials« (IST) oder auch nichtkommerzielle klinische Prüfungen. Statt der pharmazeutischen Industrie übernimmt in diesen Fällen der Arzt selbst oder z. B. dessen Universitätsklinikum oder die Universität die Sponsorenschaft. Solche Studien sind oft nicht auf einzelne Arzneimittel ausgerichtet, sondern unterstützen die kontinuierliche Verbesserung der prophylaktischen, therapeutischen und diagnostischen Verfahren. Insbesondere im Bereich der Onkologie gibt es in Deutschland für viele Indikationen etablierte Studiengruppen, welche nicht-kommerzielle klinische Prüfungen initiieren. Für den Bereich der Uroonkologie findet man Studiengruppen auf: http://www.auo-online.de/. Die zahlreichen und bedeutsamen Fortschritte, die diese nicht-kommerziellen klinischen Prüfungen insbesondere in der Onkologie erzielt haben, zeigen, dass diese einen relevanten Beitrag zur Forschung und Krankenversorgung leisten. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Kinderonkologie und der seltenen Tumore.
Anforderungen an nicht-kommerzielle klinische Studien nach der 12. Novellierung des Arzneimittelgesetzes Durch die 12. AMG Novelle wurde festgelegt, dass alle interventionellen klinischen Prüfungen, in denen Arzneimittel getestet werden, unter das Arzneimittelgesetz fallen. Deshalb gelten für nicht-kommerzielle klinische Prüfungen (fast) die gleichen Anforderungen wie für kommerzielle. Die wesentlichen Änderungen sind im Folgenden für Prüfärzte, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, kurz zusammengefasst:
Jede Studie benötigt einen Sponsor.
Erstmals finden sich Begriffsdefinitionen, u. a. für Sponsor, Prüfer, Hauptprüfer und Leiter der Klinischen Prüfung.
Bei minderjährigen Patienten ist nicht länger ausschließlich der individuelle Nutzen gefordert, sondern es wird auch der Gruppennutzen berücksichtigt.
Bundesoberbehörde und Ethikkommission arbeiten voneinander unabhängig und gleichberechtigt.
Eine EU-Studien-Nummer (EudraCT-Clinical Number) ist vor Einreichung einer Studie bei der Ethikkommission und der Bundesoberbehörde (für onkologische Studien meist das Bundesinstitut für
2
22
Kapitel 2 · Hinweise zur Studienplanung, Biometrie und klinischen Epidemiologie
2
Arzneimittel und Medizinprodukte, kurz BfArM) zu beantragen. Der Prüfungsumfang der Ethikkommission ist erweitert worden (z. B. Eignung des Prüfers). Ein positives Ethikvotum ist zwingend. Der Genehmigungsantrag an die Bundesoberbehörde enthält ein umfangreiches Dossier, in dem umfassende Angaben zum Prüfpräparat verlangt werden, u. a. zu Qualität und Herstellung sowie Herstellungserlaubnis. Die Zustimmung der Bundesoberbehörde ist notwendig. Inspektionen sind durch die Bundesoberbehörde möglich und geplant. Definition von Dokumentations- und Meldepflichten. Genaue Vorgaben zur Meldung von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen und unerwünschten Ereignissen und Verdachtsfällen.
Ausführungen zum Datenschutz.
Abschlussbericht innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Studie an die Bundesoberbehörde und Ethikkommission. Zur Hilfestellung wird in Tab. 2.3 auf die relevanten Gesetze, Verordnungen und Meldevorschriften verwiesen. Es werden die Webseiten angegeben, damit stets der aktuelle Stand wiedergegeben wird.
2.2
Studienplanung und -organisation
Die wesentlichen Bestandteile des Protokolls (Prüfplans) einer kontrollierten klinischen Studie sind in Tab. 2.4 am Beispiel der innerhalb der AUO empfohlenen Standardstruktur aufgeführt und werden nachfolgend erläutert.
Tab. 2.3. Überblick über relevante Gesetze, Verordnungen und Meldevorschriften Das Arzneimittelgesetz (AMG) in der neuesten Novelle und die dazugehörigen GCP-Verordnungen
http://www.bundesrecht.juris.de/amg_1976/ http://www.bundesrecht.juris.de/gcp-v/
Eine EU-Studien-Nr. (EudraCT-Clinical Number) ist vor Einreichung einer Studie zu beantragen. Dort erhält man eine studienspezifische EU-Studien-Nr. und findet das Modul 1 für die Anmeldung der Studie beim BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) und bei der Ethikkommission.
http://eudract.emea.europa.eu/
Onkologische Studien sollten zudem im KrebsStudienRegister der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. registriert werden.
http://www.studien.de/
Weiteren Checklisten für die Genehmigung bei der Ethikkommission
http://www.ak-med-ethik-komm.de/formulare.html
Genehmigungsverfahren beim BfArM
http://www.bfarm.de
European Agency for the Evaluation of Medicinal Products (EMEA) Die EMEA fungiert als Netz, das die wissenschaftlichen Ressourcen der EU zur Sicherstellung der Beurteilung und Überwachung von Arzneimitteln in Europa bündelt. Dort findet man auch neue indikationsspezifische Guidelines und weitere Informationen zu klinischen Studien, z. B.:
http://www.emea.eu Guideline on the Evaluation of Anticancer Medicinal Products in Man http://emea.europa.eu/pdfs/human/ewp/020595en.pdf
Die ICH-Guidelines (z. B. GCP)
http://www.emea.europa.eu/htms/human/ich/ichefficacy.htm
Die meisten Ethikkommissionen fordern seit März 2008 einen Nachweis der GCP-Kenntnisse. Information über aktuelle Prüfarztkurse gibt es auf der Website des Netzwerks der Koordinierungszentren für Klinische Studien (KKS-Netzwerk)
www.kks-netzwerk.de
Deklaration von Helsinki
http://www.wma.net
Medizinproduktgesetz
http://bundesrecht.juris.de/mpg/index.html
Strahlenschutzverordnung – StrlSchV
http://bundesrecht.juris.de/strlschv_2001/
Bundesdatenschutzgesetz
http://bundesrecht.juris.de/bdsg_1990/
23 2.2 · Studienplanung und -organisation
Tab. 2.4. Checkliste zum Studienprotokoll
Tab. 2.4. Fortsetzung
Studienprotokoll
Studienprotokoll
Inhalt
Titelseite
9
Ethische, gesetzliche und administrative Regelungen
Abstrakt/Zusammenfassung
9.1
Deklaration von Helsinki/§ 40, § 42 AMG/ GCP-Leitlinien
9.2
Ethikvotum
9.3
Patienteninformation und Datenschutz
9.4
Behördliche Meldung/Hinterlegung
9.5
Qualifikation des Studienleiters/Prüferinformation
Inhalt
Inhaltsverzeichnis 1
Einführung und Begründung
2
Benennung der Verantwortlichen
3
Studienziele
4
Studiendesign
4.1
Art der Studie
9.6
Versicherung
4.2
Patientenzahl
9.7
Überwachung/Abbruch der Studie
4.3
Zeitplan
9.8
Datendokumentation/Referenzmaterial
5
Patientenauswahl
9.9
Monitoring
5.1
Einschlusskriterien
9.10
5.2
Ausschlusskriterien
Verwaltung der Prüfmedikationen/ Kodierung bei Blindstudien
6
Prüfmedikationen, Behandlungszuordnung und –plan
9.11
Referenzinstitutionen/»extramural review«
6.1
Prüfmedikation bzw. -therapie
9.12
Audits/Inspektionen
6.2
Vergleichsmedikation bzw. -therapie
9.13
Archivierung
6.3
Randomisation/Stratifikation/Blindung
9.14
Protokolländerungen (»amendments«)
6.4
Begleit-/Supportivmedikation
9.15
Publikation/Vertraulichkeitsbestimmung
6.5
Notfallmaßnahmen
9.16
Qualitätssicherung
6.6
Ausscheiden eines Patienten aus der Studie
10
Literaturverzeichnis
7
Untersuchungsmethoden und Beurteilungskriterien
11
Beteiligte Zentren/Unterschriften
7.1
Untersuchungszeitplan
7.2
Basisdokumentation
7.3
Erfassung der therapeutischen Effektivität
7.4
Erfassung und Meldung der Toxizität
7.5
Erfassung und Gewährleistung der Compliance
8
Datenmanagement und statistische Aspekte
8.1
Datenmanagement
8.2
Statistik/Fallzahlkalkulation/Zwischenauswertungen
Prüfplan Ein Prüfplan soll einem Gutachtergremium als Grundlage dienen, um über die Zulässigkeit und/oder Förderungswürdigkeit des geplanten Vorgehens zu befinden, aber auch, um Informationsgrundlage beim täglichen Vorgehen in der Praxis der klinischen Prüfung zu sein. Ein Prüfplan ist unter Berücksichtigung beider Zielgruppen zu schreiben. Er muss einerseits Menschen verständlich sein, die nicht unmittelbar mit der Fragestellung vertraut sind, andererseits »ohne viel suchen zu müssen« Hilfestellung in der klinischen Routine und zum Vorgehen bei überraschenden Ereignissen geben.
2
24
2
Kapitel 2 · Hinweise zur Studienplanung, Biometrie und klinischen Epidemiologie
Titelseite
Patientenauswahl
Die Titelseite sollte zumindest die vollständige Bezeichnung des Projektes, Namen und Anschrift des Studienleiters, des Sponsors sowie weiterer mit wichtigen Funktionen betrauter Personen bzw. Institutionen sowie ggf. kooperierender Studiengruppen enthalten. Darüber hinaus ist das Datum der Erstellung sowie ggf. eine Versionsnummer anzugeben.
Durch Festlegung von Ein- und Ausschlusskriterien wird die Zielpopulation charakterisiert, für die das Studienergebnis Gültigkeit hat. Mit ihnen werden Art, Stadium und ggf. histologischer Typ der zu behandelnden Tumorerkrankung festgelegt. Klinisch relevante Parameter, die berücksichtigt werden müssen, sowie wichtige Patientenmerkmale (z. B. Alter, Geschlecht) werden spezifiziert. Die Gruppe der geeigneten Patienten wird dadurch eingeschränkt, dass sich die Patienten nach der Aufkärung über Ziele, Methode und Therapieangebot der Studie sowie über alternative Behandlungsmöglichkeiten und eine eventuelle Randomisierung zur Teilnahme bereiterklären müssen. Bei der Auswahl der Selektionskriterien sollte der Gesichtspunkt der Repräsentativität beachtet werden. Je enger das zu rekrutierende Patientengut eingegrenzt wird, desto weniger ist das konkret in der Studie erhaltene Ergebnis verallgemeinerbar.
Benennung der Verantwortlichen Der Titelseite folgt die Benennung von Verantwortlichen für die Studienleitung, der Leitung der klinischen Prüfung, der Biometrie und des Monitorings. Alle Personen sind mit Name, Telefonnummer, Adresse und Unterschrift aufgeführt.
Einführung und Begründung In diesem Protokollteil ist die klinische bzw. therapeutische Situation und Problematik gemäß dem aktuellen Stand des Wissens unter Nennung der relevanten Publikationen darzustellen. Die Notwendigkeit der Studie muss im Sinne einer Nutzen-Risiko-Abschätzung überzeugend nachgewiesen werden.
Studienziel Das Studienziel bzw. die Studienziele sind kurz und prägnant, aber exakt definiert darzustellen. Wird das Ziel zunächst allgemein formuliert (z. B. »Überlegenheit einer Therapie A gegenüber Therapie B in der Behandlung des Tumors X«), so ist im Folgenden eine quantifizierbare Zielgröße (»Endpunkt«) festzulegen und deren Relevanz für das allgemein formulierte Ziel zu begründen. Dieser Zielparameter muss zum einen bei allen Patienten messbar, zum anderen von entscheidender Bedeutung für den klinischen Krankheitsverlauf (Phase III) bzw. für die weitere Entwicklung der Therapieform (Phase I/II) sein. Es ist grundsätzlich zwischen primären (konfirmatorischen) und sekundären (exploratorischen) Zielkriterien zu unterscheiden. In der Regel sollte nur ein primäres Zielkriterium definiert werden. Die Formulierung mehrerer primärer Zielkriterien führt zum statistischen Problem des multiplen Testens, dem in der Regel durch eine erhöhte Fallzahl Rechnung getragen werden muss.
Studiendesign Hier sollten Angaben zur Positionierung der Studie im Rahmen der Therapieentwicklung (Phase), zur Art der Kontrollgruppe, zur Art der Therapiezuordnung, zur Anzahl der Zentren und Patienten sowie zum zeitlichen Ablauf der Studie gemacht werden.
Prüf- und Vergleichsmedikationen bzw. -therapien Alle vorliegenden Erkenntnisse zu den Therapien sind zu beschreiben, soweit sie für die Studie relevant sind. Die Durchführung der Behandlung (Dauer, Dosierung und deren Anpassung, Applikationshinweise usw.) ist darzustellen, möglichst auch in Form eines Übersichtsschemas.
Randomisation/Stratifikation/Blindung Die Methode der Zuordnung der Patienten zu den Therapiearmen ist anzugeben. Bei randomisierten Studien sind Angaben zur Randomisationstechnik zu machen. Bekannte Faktoren (Stratifikationskriterien) können zur Festlegung von Patientengruppen unterschiedlicher Prognose, die dann getrennt randomisiert werden, herangezogen werden. Hierdurch werden die Ausprägungen dieser Faktoren gleichmäßig auf die Therapiearme verteilt. Bei nicht verblindeter Medikation stellt eine zentrale Randomisation (per Fax, Telefon, Internet) die Standardmethode dar, von der nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden sollte.
Begleit-/Supportivmedikation Erlaubte bzw. empfohlene oder ggf. nicht zulässige Begleitmedikationen sind mit Beschreibung ihrer Anwendung und den Bedingungen für ihren Einsatz aufzuführen. Auf die Verpflichtung zur Dokumentation der Begleitmedikation ist hinzuweisen, insbesondere, wenn sie unmittelbaren Einfluss auf Zielgrößen der Studien (z. B. Toxizitäten) haben kann.
25 2.2 · Studienplanung und -organisation
Notfallmaßnahmen Informationen zum Verhalten beim Auftreten bekannter oder vorhersehbarer Notfallprobleme sollten in möglichst detaillierter Form angegeben werden. In der Regel sollte eine Kontaktperson benannt werden, bei der in Notfällen rasch eine bestmögliche Beratung zu erhalten ist.
Ausscheiden eines Patienten aus der Studie Die Bedingungen, unter denen ein Patient aus der Studie bzw. dem protokollgemäßen Ablauf ausscheidet, sind auszuführen. Neben der genauen Dokumentation der Umstände des Abbruchs sind geeignete Maßnahmen festzulegen, die auch nach Ausscheiden aus der protokollgemäßen Behandlung gewährleisten, dass möglichst vollständige Daten zum weiteren Verlauf des Patienten erfasst werden, soweit die wichtigsten Zielkriterien der Studie tangiert sind. Es ist bereits zu Studienbeginn zu spezifizieren, welche Anschlussbehandlung der Patient nach Beendigung der Studie erhalten sollte.
Untersuchungsmethoden und Beurteilungskriterien Das Protokoll sollte einen Ablaufplan (möglichst in tabellarischer oder graphischer Form) enthalten, aus dem die Folge von Untersuchungsmaßnahmen in übersichtlicher Weise hervorgeht. Die zur Erfassung der therapeutischen Wirksamkeit dienenden Kriterien (insbesondere, soweit sie sich auf primäre Studienendpunkte beziehen) sind exakt zu definieren. Hierbei kann auf bestehende Bewertungsrichtlinien (z. B. Response-Kriterien der WHO) Bezug genommen werden. Alle erforderlichen Untersuchungen, Routinen, Befragungen und Prozeduren sind mit Art, Häufigkeit und Zeitpunkten zu beschreiben. Zentrale Dienstleistungen bzw. Qualitätskontrollen (Referenzlabor, -pathologie, »extramural review« von Befunden etc.) sind ggf. zu spezifizieren. Standards für die systematische Einteilung und Graduierung von Nebenwirkungen einer Chemotherapie stellen die Common Toxicity Criteria dar. Dabei handelt es sich um eine Einteilung der Nebenwirkungen. Die Erfassung der vermuteten Kausalität zwischen Behandlung und unerwünschtem Ereignis ist sinnvoll.
Datenmanagement und statistische Aspekte Es ist festzuhalten, von wem und in welcher Form die Datenerfassung und -verarbeitung vorgenommen und welche Qualitätssicherungsmaßnahmen ergriffen werden. Die für die biometrische Betreuung verantwortliche Person bzw. Einrichtung sollte ebenfalls benannt werden.
Sie muss über eine ausreichende Erfahrung in der Planung und Auswertung klinischer Studien verfügen. Die biometrische Planung ist ausführlich und nachvollziehbar darzustellen. Hierzu gehört zunächst die Formulierung der Studienhypothese(n). Anschließend ist die Fallzahlkalkulation unter Angabe zumindest der folgenden Parameter (ggf. mit Quellen) zu beschreiben:
Zielkriterium mit Definition,
zugrundegelegter klinisch relevanter (bzw. zu erwartender) therapeutischer Unterschied,
ggf. Streuung,
Fehler erster Art (α-Fehler),
Fehler zweiter Art (β-Fehler) bzw. »Power« der Studie,
errechnete Fallzahl. Die bei der Analyse zur Anwendung vorgesehenen Berechnungen und Testverfahren müssen spezifiziert werden (für den konfirmatorischen Teil auch mit Signifikanzniveau, einseitig oder zweiseitig), ebenso die Auswertbarkeitskategorien der Patienten und der Umgang damit. Konfirmatorischer und deskriptiver Teil der Auswertung sind festzulegen und abzugrenzen sowie die Strategie der Auswertung (»intention-to-treat«, »per-protocol« etc.). Insbesondere bei Langzeitstudien können ethische Aspekte die Durchführung von Zwischenauswertungen erforderlich machen. Zwischenauswertungen dürfen nur vorgenommen werden, wenn sie im Studienprotokoll vorgegeben sind. In diesen Fällen ist von einem erfahrenen Biometriker ein Studienplan zu erarbeiten, der die Kautelen einer solchen Zwischenauswertung prospektiv genau festlegt (biometrisches Design mit Adjustierung des α-Fehlers, Anzahl und Zeitpunkt der Interimsanalysen, Abbruchgrenzen; Fleming u. DeMets 1993) In adaptiven Designs können die Ergebnisse von Zwischenauswertungen genutzt werden, um Änderungen z. B. am Design der folgenden Studienphase(n) vorzunehmen (Bauer u. Köhne 1994; Bauer et al. 2001). In jedem Fall muss aber bei einer notwendigen Modifikation des ursprüglichen Studienprotokolls dieses vor der ersten Analyse durch ein sog. »amendment« entsprechend erweitert werden.
Ethische, gesetzliche und administrative Regelungen Der Protokolltext sollte die allgemeine Zusicherung enthalten, dass die Prüfung in Übereinstimmung mit den Richtlinien zur biomedizinischen Forschung am Menschen durchgeführt wird, d. h. unter Beachtung der Deklaration von Helsinki sowie des Arzneimittel/Medizinproduktegesetze/Strahlenschutzgesetz und der GCP- und ICH-Leitlinien. Eine klinische Prüfung eines Arzneimit-
2
26
2
Kapitel 2 · Hinweise zur Studienplanung, Biometrie und klinischen Epidemiologie
tels darf nur begonnen werden, wenn die zuständige Ethik-Kommission diese zustimmend bewertet und die zuständige Bundesoberbehörde diese genehmigt hat. Jeder Patient muss vor Aufnahme in die Studie umfassend über die Prüfung informiert werden. Die rechtlichen Grundsätze über Aufklärung und Einwilligung können jedoch nicht ohne Modifizierung auf eine kontrollierte klinische Studie übertragen werden. Hier hat sich die Aufklärung unter Darlegung objektiver Inhalte auf die Chancen und Risiken der vorgeschlagenen Therapieverfahren (der neu zu prüfenden und der etablierten) zu erstrecken, wobei die Vorstellungen der medizinischen Wissenschaft über Nutzen und Risiko der neuen Behandlung ebenso darzulegen sind wie die Unsicherheiten, mit denen diese Vorstellungen belastet sind. Es sind auch solche Erkenntnisse mitzuteilen, die mit einem geringen Gewissheitsgrad ausgestattet sind. Die Notwendigkeiten ergeben sich aus dem generellen Umstand, dass jetzt der Arzt dem Patienten nicht nur als Therapeut, sondern auch als Forscher gegenübertritt. Der Aufklärungsinhalt sollte im Rahmen einer Studie standardisiert sein. Die zur Dokumentation der Patienteninformation verwendeten Schriftstücke sind kurz zu beschreiben und im Anhang des Protokolls beizufügen. Hierbei sollte es sich in der Regel um ein Informationsblatt handeln, das in einer für den Patienten verständlichen Sprache abgefasst ist und diesem ausgehändigt wird, sowie um eine vorgefertigte Aktennotiz mit Unterschrift von Arzt und Patient (in Ausnahmefällen ersatzweise einem Zeugen), die in der Krankenakte verbleibt. Rückhaltlos sind die Patienten über eine Randomisation aufzuklären, d. h. es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Wahl zwischen den erläuterten Therapieverfahren nicht vom Arzt, sondern aus gutem Grund ausschließlich vom Zufall bestimmt wird. Darüber hinaus sind auch die Einwilligung zu den regelmäßigen Kontrolluntersuchungen, zur Weitergabe der dokumentierten Daten in anonymisierter Form zum Zwecke der wissenschaftlichen Auswertung sowie zur Einsichtnahme in die Krankenakte durch die Studie wissenschaftlich betreuende Monitoren bzw. Behörden erforderlich. Laut Arzneimittelgesetz muss der Leiter einer klinischen Prüfung bzw. Hauptprüfer über eine mindestens 2-jährige Erfahrung in der klinischen Forschung mit Arzneimitteln verfügen. Der Abschluss einer Patienten- bzw. Probandenversicherung ist bei Studien im Sinne des Arzneimittelgesetzes/Medizinproduktegesetz oder des Strahlenschutzgesetzes obligatorisch. Auch bei anderen klinischen Prüfungen wird der Abschluss einer analogen Versicherung empfohlen. Es ist im Prüfprotokoll zu erörtern, unter welchen Umständen ein Abbruch der gesamten Stu-
die in Erwägung gezogen werden sollte (z. B. ungenügende Patientenrekrutierung, unerwartet schwere Toxizität, Ergebnisse von Zwischenauswertungen oder neue Erkenntnisse von anderen Arbeitsgruppen). Bei großen Studienprojekten kann ein eigens hierfür geschaffenes Überwachungskomitee (Data Safety Monitoring Board) mit der Entscheidung über Abbruch oder Weiterführung der Studie betraut werden. Der protokollgemäße Ablauf der klinischen Prüfung sowie die Vollständigkeit, Korrektheit und Plausibilität der ausgefüllten Dokumentationsbogen sind durch ein Monitoring sicherzustellen. Der Monitor soll die beteiligten Zentren in allen Belangen der Studiendurchführung unterstützen. Seine Tätigkeit umfasst auch die komplette bis stichprobenartige Kontrolle von Daten in den Dokumentationsbogen und den Patientenakten auf Übereinstimmung (»source data verification«). Zusätzlich zu den im Rahmen des Monitorings ergriffenen Maßnahmen kann bei einer GCP-konformen Studie eine umfangreichere Qualitätskontrolle in Form eines Auditings veranlasst werden. Ein Audit kann durch den Sponsor der Studie oder durch eine Überwachungsbzw. Zulassungsbehörde veranlasst werden. Falls alle oder ein Teil der bei der klinischen Prüfung verwendeten Medikamente vom Hersteller als Prüfmuster zur Verfügung gestellt werden (insbesondere bei noch nicht auf dem Markt befindlichen Medikamenten), sind Ausgabe, Verwendung und Verbleib der Prüfmedikation exakt zu dokumentieren.
2.3
Dokumentation und biometrische Auswertung
2.3.1 Dokumentation
Die zur Sammlung aller protokollgemäß zu erhebenden Daten verwendeten Formulare (Dokumentationsbogen, »case report form«, CRF) müssen so beschaffen sein, dass sie eine zweifelsfreie Datenerfassung sowie die Durchführung der im Protokoll beschriebenen Analysen ermöglichen. Es ist grundsätzlich zu beachten, dass Daten, die für diese Zwecke irrelevant sind, nicht in die Dokumentationsbogen aufgenommen werden sollten, selbst wenn sie für den einzelnen Patienten und dessen weiteren Verlauf durchaus relevant sind. Solche Informationen gehören selbstverständlich ins Krankenblatt, aber nicht notwendigerweise in die Studiendokumentation. Die Erfassung von studienrelevanten Daten außerhalb der Papierform ist unter GCP nicht ausgeschlossen. Allerdings wird die Existenz eines vom Prüfarzt unterschriebenen Bogens gefordert, in den jede nachträgliche
27 2.3 · Dokumentation und biometrische Auswertung
Änderung unter Angabe von Namenskürzel, Datum und Änderungsgrund so eingetragen wird, dass der originale Eintrag leserlich bleibt. Dieses Vorgehen muss in einem elektronischen Prüfbogen nachgebildet sein. Derzeit ist die Verwirklichung der papierfreien Studie noch dadurch behindert, dass eine elektronische Unterschrift zwar gesetzlich ermöglicht wurde, sich aber noch keine Stelle zur Anerkennung elektronischer Signaturen etabliert hat. Dies kann sich jedoch in Kürze ändern. Im Folgenden soll die Anlage von Bögen zur
Patientenregistrierung,
Patientenaufnahme,
Therapie,
Nachsorge,
Abschlussdokumentation und
spezieller Dokumentation
die Basisinformation, die die Identität des Patienten betrifft (eindeutige Patientennummer, Alter, Geschlecht), die Anschrift der behandelnden Ärzte (Klinik, Praxis) sowie die wesentlichen Stratifikationskriterien, die zum Einschluss in die Studie führen, Diagnose und Therapie.
in knapper Form und anhand von 2 Beispielen ( Tab. 2.5 und 2.6) erläutert werden.
Nachsorgebogen
Patientenregistrierung Die Patientenregistrierung oder Randomisation sollte nach Möglichkeit kurz vor Beginn der Therapie erfolgen. Der Dokumentationsbogen zur Patientenregistrierung enthält
Aufnahmebogen Im Dokumentationsbogen zum Aufnahmebefund wird auf die Vorgeschichte, prognostische Faktoren und das Tumorstadium eingegangen ( Tab. 2.5).
Therapiebogen Bei der Therapiedokumentation werden alle relevanten Daten während der Behandlung erfasst. Diese Bögen müssen speziell den jeweils praktizierten Therapiemodalitäten angepasst werden.
Der Nachsorgezeitraum ist abhängig von den jeweiligen Zielgrößen der Studie. Häufige Zielgrößen sind: Tumorremission, krankheitsfreies Intervall und Überleben. Die für die Zielgrößen relevanten Nachsorgezeiträume und geforderten diagnostischen Maßnahmen müssen im Rahmen jeder Studie neu definiert werden.
Tab. 2.5. Aufnahmebogen Patienten-Nr. |__|__| in Jahren
männlich |__|__|__| cm |__|__|__| kg ECOG |__|
Alter Geschlecht Größe (cm) Gewicht (kg) Allgemeinzustand Primärtumor Lokalisation Größter Durchmesser Bidimensional messbar cT
Ta/Tis
LK-Metastasen Biopsie Staging Operation Andere Größter Durchmesser N
N0
Organmetastasen Biopsie Staging-Operation Andere Größter Durchmesser: M
M0
T1
weiblich
|__|__|__|mm
ja
nein
Zahl
T2
T3
T4
|__|__|__| mm
N1
Lokalisation
N2
|__|__|__|mm
M1
MX
N3
Nx
2
28
Kapitel 2 · Hinweise zur Studienplanung, Biometrie und klinischen Epidemiologie
Tab. 2.6. Abschlussdokumentation
2
Patienten Nr.: Registrierung/Randomisation Datum: Befund
TNM
T |__|
N |__|
M |__|
CR
PR
SD
PR CR = komplette Remission PR = partielle Remission DS = »stable disease« PR = Progression Studienabschluss:
Protokollgerecht
vorzeitiger Abbruch, Grund:
Patient gestorben Datum Ursache
Tumorfolge
Therapiekomplikation
andere Erkrankung ohne Tumor
andere Erkrankung bei bestehendem Tumor
unbekannte Ursache
Abschlussdokumentation In der Abschlussdokumentation ( Tab. 2.6) werden die wesentlichen Daten zum Befund, zur Therapie und zur Nachsorge zusammengefasst. Eine Abschlussdokumentation erfolgt, wenn der Patient z. B. bei Progression der Erkrankung die Studie verlässt oder der geforderte Nachsorgezeitraum (bei onkologischen Studien oftmals die Zeit bis zum Tod) erreicht ist.
Spezielle Dokumentationsbögen Hierunter fallen die Anlage von Bögen zur
histopathologischen Dokumentation,
Beurteilung einzelner Tumorläsionen und
Toxizität.
Jeder Test endet mit einer von zwei möglichen Aussagen:
Die Gruppen unterscheiden sich bezüglich des Zielkriteriums nur im Zufallsbereich, d. h. ein Unterschied lässt sich nicht nachweisen. Das muss nicht heißen, dass tatsächlich kein Unterschied besteht. Eine zu geringe Fallzahl und eine zu große Streuung können dafür verantwortlich sein, dass die sog. Nullhypothese nicht verworfen werden konnte.
Die Gruppen unterscheiden sich stärker, als dies der Zufall erwarten lässt. Bei der Interpretation ist mehr Gewicht auf die Größe des beobachteten Unterschieds, also auf die medizinische Relevanz, als auf die Signifikanz des Unterschieds zu legen, da Letztere bekanntlich mit wachsendem Stichprobenumfang zunimmt.
2.3.2 Biometrische Auswertung
Zu Beginn einer statistischen Auswertung werden die Daten mit Maßzahlen wie Mittelwert, Median, Häufigkeitsangaben, Standardabweichungen, Varianz, Spannweite, Quantilen, Vertrauensbereichen (Konfidenzintervallen), Korrelationskoeffizienten und Graphiken sorgfältig beschrieben (Harms 1998). Erst nach sorgfältiger deskriptiver Aufbereitung des Datenmaterials wird zur Durchführung der statistischen Tests übergegangen.
Im Ergebnisteil soll nicht nur mitgeteilt werden, ob das Ergebnis statistisch signifikant war oder nicht, sondern es sollen stets auch Vertrauensbereiche zu den statistischen Maßzahlen angegeben werden (Gardner u. Altman 1989). Ein üblicherweise berechneter 95%-Vertrauensbereich bedeutet dann, dass der angegebene Vertrauensbereich den tatsächlichen Wert (für die Grundgesamtheit) mit einer Sicherheit von 95% einschließt. Falls der 95%-Vertrauensbereich des Unterschieds zwischen den medianen
29 2.4 · Anhang: Hinweise zur statistischen Beurteilung von Mittelwerten und Prozentangaben
Überlebenszeiten zweier Gruppen 3–5 Monate beträgt, heißt das: Die Wahrscheinlichkeit dass dieser Vertrauensbereich die wahre Differenz einschließt, beträgt 95%. Grundsätzlich kann man zwei verschiedene Testansätze unterscheiden: Die häufig eingesetzten Verfahren, wie der χ2-Test und der t-Test, betrachten nur ein Zielmerkmal, wohingegen der Krankheitsprozess als multivariates Geschehen aufgefasst werden kann. Multivariate Auswertungsmethoden jedoch sind aus verschiedensten Gründen nur selten einsetzbar, wegen ungenügender Voraussetzungen, aber insbesondere auch wegen mangelnder Interpretierbarkeit der Ergebnisse. Deshalb werden häufig mehrere univariate Analysen durchgeführt und dabei die beobachteten Merkmale einzeln beurteilt. Doch ist darauf zu achten, dass die Anzahl der durchgeführten Tests gering bleibt, weil jeder weitere Test die Irrtumswahrscheinlichkeit der Globalaussage erhöht. Gegebenenfalls ist die Irrtumswahrscheinlichkeit für einen Einzeltest der Anzahl aller durchgeführten Tests anzupassen (sog. α-Adjustierung). Nach Abschluss der konfirmativen Statistik können zusätzliche deskriptive Analysen erfolgen, z. B., um neue Hypothesen zur Planung weiterer Studien zu generieren. In onkologischen Therapiestudien werden häufig die Überlebenskurven als primäre Zielkriterien herangezogen. Die Überlebenskurve stellt Wahrscheinlichkeiten dar, mit welchen Patienten zu bestimmten Zeitpunkten nach Aufnahme in die Studie noch leben. Dabei können auch Patienten berücksichtigt werden, über deren weiteres Schicksal nach einem bestimmten Zeitpunkt keine Informationen mehr vorliegen. Gründe für solche sog. zensierte Beobachtungen sind vielfältig: Patienten haben sich z. B. im Studienverlauf dem weiteren Untersuchungsprogramm unkontrolliert entzogen, oder sie haben das Ende der Beobachtungsdauer einer Studie überlebt. Diese Kurven werden in der Regel nach der Methode von Kaplan u. Meier (1958) ermittelt. Im Logrank-Test wird zu allen Zeitpunkten, an denen Todesfälle aufgetreten sind, jeweils ein Vergleich zwischen der beobachteten Anzahl von Todesfällen und der Anzahl von Toten durchgeführt, die man erwarten würde, wenn beide Behandlungen den gleichen Effekt auf die Überlebenszeit hätten (Peto et al. 1977). Diese Methodik ist nicht nur für Überlebenszeiten, sondern für jede Art von Zeitdauer bis zum Auftreten eines bestimmten Ereignisses anzuwenden (z. B. Eintritt der Progression, der Metastasierung, eines Rezidivs; aber auch des Erfolgs, der vollständigen Heilung oder dergleichen). Diese kurz gefasst Ausführungen zur statistischen Analyse dienen ausschließlich dazu, die Notwendigkeit einer studienangepassten Planung darzustellen.
2.4
Anhang: Hinweise zur statistischen Beurteilung von Mittelwerten und Prozentangaben anhand von Vertrauensbereichen
H. Hirche, K.-H. Jöckel 2.4.1 Zum Vertrauensbereich von Mittelwerten
Die üblicherweise verwendete Angabe von – x ±Sx– (Mittelwert ±Standardabweichung) macht bei symmetrisch verteilten Daten lediglich eine sinnvolle Aussage über den »Streubereich« der Einzelwerte um den gefundenen Mittelwert – x . Dieser Bereich wird auch als Toleranzbereich bezeichnet, da er eine Abschätzung der Lage zukünftiger Einzelwerte zulässt. Will man aber Aussagen über die Vertrauenswürdigkeit des gefundenen Mittelwerts – x machen, so ist – x ±Sx– ungeeignet, denn die Standardabweichung s der Einzelwerte ist vom Stichprobenumfang unabhängig und wird bei noch so großem Fleiß (sprich : Erhöhung der Fallzahl) ihre Größe nicht verändern: Erst die Berechnung des sog. Standardfehlers Sx– =s/√n für den Mittelwert – x (engl.: »SEM, »standard error of the mean«) liefert eine Maßzahl, die mit der Wurzel der zunehmenden Fallzahl immer kleiner wird ( Abb. 2.1). Der Irrtum ist immer noch weit verbreitet, dass die Angabe von – x ±Sx– insbesondere in Grafiken die »ehrlichere« Darstellung sei gegenüber der »geschönten« Verwendung der engeren Bereiche – x ±Sx–. Fassen wir zusammen: Will man eine Aussage über die Verteilung der gefundenen oder zukünftig zu erwarteten Einzelwerte machen, ist – x ±s zutreffend. Liegt jedoch das Hauptaugenmerk auf dem dargestellten Mittelwert – x, so verwendet man hierfür den Vertrauensbereich – x ±Sx–, der mit der Wurzel aus der steigenden Fallzahl immer
Abb. 2.1. Zum Vertrauensbereich von Mittelwerten
2
30
2
Kapitel 2 · Hinweise zur Studienplanung, Biometrie und klinischen Epidemiologie
enger wird und so die zunehmende Vertrauenswürdigkeit (engl. »confidence«) des empirisch gefundenen Mittelwerts rechnerisch und graphisch besser veranschaulicht. Gebräuchliche Vertrauensbereiche für den Mittelwert – x sind:
– x ±1Sx–: ca. 70% Sicherheit,
– x ±2Sx–: ca. 95% Sicherheit. Hinweis
I
I
Ist die Fallzahl, auf die sich die Berechnungen des Mittelwertes –x und des Standardfehlers S–x stützt, nicht viel kleiner als 20, so kann angenommen werden, dass der wahre, gesuchte Mittelwert mit den genannten Sicherheiten von ca. 70% bzw. ca. 95% innerhalb der beschriebenen Intervalle liegen wird.
Wichtig ist, dass das Histogramm des zugrunde liegenden Merkmals ein etwa symmetrisches Bild mit allenfalls wenigen extrem vom Mittelwert abweichenden Daten ergibt. Eine exakte Normalverteiltheit muss, um der Gültigkeit der Vertrauensbereiche willen, nicht gefordert werden (Tiku et al. 1986). (Für die exakte Berechnung von Vertrauensbereichen – x ±t(n–1)(1–α)×Sx mit der Sicherheit 1–α und dem von der Stichprobengröße n abhängigen Wert t(n–1) aus der sog. »t-Verteilung« muss auf ein Lehrbuch der Statistik verwiesen werden.)
mit zunehmender Fallzahl, auf die sich die Berechnung stützt, immer enger. Hinweis
I
I
Obgleich für die Bestimmung von Vertrauensbereichen für Prozentwerte sehr einfach zu handhabende Tabellen zur Verfügung stehen, ist es erstaunlich, wie in der Öffentlichkeit und in der Wissenschaft (!) immer wieder mit Prozentwerten argumentiert wird, ohne auch nur im Geringsten nach deren Vertrauenswürdigkeit zu fragen.
In den »wissenschaftlichen Tabellen« der Documenta Geigy werden z. B. für jede gewünschte Fallzahl von 2–100 und danach in immer größeren Schritten bis 1000 die »exakten Vertrauensgrenzen für Prozentwerte« wiedergeben. Diese sog. »zweiseitigen« Vertrauensbereiche sind für 95% und 99% ausgelegt. Der Begriff »zweiseitig« bedeutet, dass z. B. beim 95%-Vertrauensbereich der gesuchte wahre Wert in höchstens 2,5% der Fälle tiefer als die untere Schranke oder in 2,5% der Fälle noch höher als die obere Schranke des Vertrauensbereichs liegen könnte. Anstelle der abgedruckten Tabellen kann man auch folgende WebApplikation zur Berechnung von Konfidenzintervallen bei Prozentwerten benutzen: http://statpages.org/confint.html (Mit der freundlichen Genehmigung der Fa. Geigy, Basel werden Ausschnitte dieser Tabellen am Ende des Kapitels wiedergegeben; Abb. 2.5).
Ein Beispiel 2.4.2 Vertrauensbereiche für Prozentangaben
Die Aussage, man habe z. B. eine »80%-ige Heilungsrate«, ist relativ bedeutungslos, solange nicht gesagt wird, auf wie viele Fälle sich diese Aussage stützt. Wären es z. B. nur 10 Patienten, so lehrt uns die Erfahrung, dass unter den nächsten 10 gleichartig therapierten Patienten möglicherweise alle 10 oder vielleicht nur 4 oder weniger als geheilt gefunden werden. Stützt sich der Befund »80% Heilungsrate« dagegen auf 100 Patienten, so braucht man bei einer Wiederholung an 100 Patienten unter gleichen Bedingungen kaum mit bis zu 100 oder nach unten mit weniger als 40 Erfolgen zu rechnen. Die wirkliche Heilungsrate dürfte dann mit großer Sicherheit etwa zwischen 70% und 90% zu erwarten sein. Wir sehen: Auch bei Prozentangaben besteht der dringende Bedarf nach einem sog. Vertrauensbereich, innerhalb dessen der gesuchte wahre Prozentsatz mit einer bestimmten Sicherheit vermutet werden darf. Wie beim Vertrauensbereich eines Mittelwerts werden auch die Vertrauensbereiche für einen Prozentwert
Betrachten wir jetzt nochmals das oben genannte Beispiel einer anhand von 10 Patienten gefundenen »Heilungsrate 80%«. Die entsprechende Tabelle für n=10 Patienten, unter denen x=8 Heilungen gesehenen wurden, zeigt uns die 95%- bzw. 99%-Vertrauensbereiche für diesen gefundenen Prozentsatz von 80%: Wir erkennen die enorme Unsicherheit für die Aussage »80%-Heilung« (auf der Grundlage von nur 10 Patienten; Abb. 2.2). Gehen wir dagegen von 100 beobachteten Patienten aus, so zeigt die entsprechende Darstellung für n=100, dass nun die Vertrauensbereiche den gesuchten wahren Prozentsatz wesentlich enger eingrenzen ( Abb. 2.3). Auf diese Weise lassen sich ebenso einfach zwei beobachtete Prozentsätze auf ihren »echten« oder nur »vom Zufall vorgetäuschten« Unterschied prüfen.
Liegt von zwei gefundenen Prozentsätze auch nur einer der beiden im 95%-Vertrauensbereich des jeweils anderen, so wird z. B. ein entsprechender χ2-Test ebenfalls keinen signifikanten Unterschied auf dem 5%-Niveau finden, z. B. zwischen den Gruppen A, C, D in Abb. 2.4).
31 2.4 · Anhang: Hinweise zur statistischen Beurteilung von Mittelwerten und Prozentangaben
Abb. 2.2. 95%-Vertrauensbereich und 99%-Vertrauensbereich bei 10 untersuchten Patienten mit »Heilungsrate 80%«
Auch wenn die Verwendung dieser Vertrauensbereiche nicht immer einen vollständigen Ersatz für herkömmliche Tests auf Unterschiede darstellt, bietet ihre Anwendung insbesondere für den statistisch weniger Geübten eine leicht zugängliche und wertvolle Hilfe bei der Beurteilung der Aussagefähigkeit seiner Ergebnisse.
Literatur
Abb. 2.3. 95%-Vertrauensbereich und 99%-Vertrauensbereich bei 100 untersuchten Patienten mit »Heilungsrate 80%«
Abb. 2.4. Heilungserfolge in den Gruppen A, B, C, D und 95%Vertrauensbereiche
Überlappen sich dagegen die beiden Vertrauensbereiche überhaupt nicht, kann von einer Signifikanz des Unterschieds mit weit weniger als 5% Irrtumswahrscheinlichkeit ausgegangen werden (z. B. Gruppe A, B in Abb. 2.4).
Überlappungsbereiche, die zwischen diesen beiden Extremsituationen liegen, lassen nicht ohne Weiteres eine Aussage über Signifikanz oder Nichtsignifikanz des Unterschieds zu (z. B. zwischen den Gruppen B und C, D in Abb. 2.4). Hier muss ein entsprechender χ2-Test oder »Fishers exakter Test« die genaue Klärung bringen. Die graphische Darstellung von Vertrauensbereichen wird aber auch hier immer sehr nützlich sein.
Bauer P, Brannath W, Posch M (2001) Flexible two-stage designs: an overview. Methods of Information in Medicine 40: 117–121 Bauer P, Köhne K (1994) Evaluation of experiments with adaptive interim analyses. Biometrics 50: 1029–1041 Beaglehole R, Bonita R, Kjellström T (1993) Basic epidemiology. WHO, Genf BfArM (1998) Bekanntmachung über die Zulassung und Registrierung von Arzneimitteln (Empfehlungen zur Planung und Durchführung von Anwendungsbeobachtungen). Bundesanzeiger, Jhrg. 50, S. 16884 ff Carter SK (1985) Problems in the interpretation of clinical chometherapy trials. In: Veronesi U, Bonadonna G (eds) Clinical trials in cancer medicine. Orlando, pp 569–608 Ciba Geigy AG (Hrsg) Wissenschaftliche Tabellen Geigy, Teilband Statistik, Ciba Geigy AG, Basel 8.Auflage (1985) DelaHaye R, Herbold M (Hrsg.) (2006) Anwendungsbeobachtungen: Leitfaden für die praktische Durchführung, 2. Aufl. Editio Cantor Enghofer E (1994) Forschungsstandort Deutschland am Beispiel der Onkologie. Forum DKG 9:90–105 Fleming TR, DeMets DL (1993) Monitoring of clinical trials: Issues and recommendations. Contr Clin Trials 14:183–197 Gardner MJ, Altman DG (eds) (1989) Statistics with confidence – confidence intervals and statistical guidelines. British Medical Journal, London Harms V (1998) Biomathematik, Statistik und Dokumentation. Harms, Kiel ICH harmonised Tripartite Guideline (1996) Guideline for Good Clinical Practice: Recommended for Adoption at Stepp 4 of the ICH Process on 1 May 1996 by the ICH Steering Committee Kaplan EL, Meier P (1958) Nonparametric estimation from incomplete observations. J Am Stat Assoc 53:457–481 Leventhal BG, Wittes RE (1988) Research methods in clinical oncology. Raven Press, New York Peto R, Pike MC et al. (1977) Design and analysis of clinical trials requiring prolonged observation of each patient. Br J Cancer (Part I) 34:585–612; (Part II) 35:1–39 Pocock SJ (1996) Clinical trials – a practical approach. Wiley, Chichester Schumacher M, Schulgen G (2008) Methodik klinischer Studien, Methodische Grundlagen der Planung, Durchführung und Auswertung, Reihe: Statistik und ihre Anwendungen, 3. Aufl. Tiku ML, Tan WY, Balakrishnan N (1986) Robust Inference. Dekker, New York Victor N et al. (1997) Empfehlungen zur Durchführung von Anwendungsbeobachtungen. Informatik, Biometrie und Epidemiologie in Medizin und Biologie 28 (4)
2
32
Kapitel 2 · Hinweise zur Studienplanung, Biometrie und klinischen Epidemiologie
2
Abb. 2.5. Binominalverteilung, exakte Vertrauensgrenzen, n=2–25. (Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers: Ciba Geigy AG, Basel 1985 – Nachdruck nur mit Erlaubnis des Herausgebers)
33 2.4 · Anhang: Hinweise zur statistischen Beurteilung von Mittelwerten und Prozentangaben
Abb. 2.5. Fortsetzung
2
34
2
Kapitel 2 · Hinweise zur Studienplanung, Biometrie und klinischen Epidemiologie
3 Lebensqualität in der Uroonkologie T. Küchler, B. Bestmann
3.1
Einleitung
3.2
Das Lebensqualitätskonzept
3.3
Ausblick
3.1
– 35 – 35
– 41
Einleitung
Lebensqualität (LQ) ist nach der Überlebenszeit das wichtigste Behandlungsziel für Krebspatienten. Dies gilt von der Diagnosestellung an für den gesamten Krankheitsund Behandlungsverlauf. Für Patienten mit nicht malignen bzw. nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen sind Lebensqualität oder spezifische Aspekte davon primäre Therapieziele. Gesundheitsbezogene Lebensqualität ist heute mit naturwissenschaftlichen Methoden zuverlässig messbar. Es lassen sich so Auswirkungen von Krankheit und Therapie systematisch darstellen und vergleichen. Dies gilt insbesondere für die Uroonkologie, aber auch für das Gesamtgebiet »Urologie«. Aus den bisherigen 20 Jahren der Erfahrung der Lebensqualitätsmessung ist abzuleiten, dass dies von Patienten keineswegs als Belastung (»Noch mehr Diagnostik«), sondern als ein Teil der Humanisierung in der onkologischen Behandlung erlebt wird (»Endlich interessiert sich jemand mal dafür, wie es mir geht, nicht nur meinem Tumor«). Im Bereich wissenschaftlicher Studien in der Onkologie stellt die systematisch erfasste Lebensqualität – entweder als primärer oder sekundärer Endpunkt – zusammen mit der Überlebenszeit das wesentlichste Prüfkriterium dar. In der tagtäglichen klinischen Praxis ist die Verbesserung der Lebensqualität genuines Ziel aller medizinischen Bemühungen, und in allen Prozessen, die
im weitesten Sinne dem Managed-care-Konzept zuzuordnen sind, ist Lebensqualität ein wichtiger Parameter des Qualitätsmanagements. Mit dieser kurzen Einleitung ist ein sehr weites Feld umrissen, das gleichzeitig aber aufgrund seiner Vielseitigkeit eine Tendenz zur Unübersichtlichkeit hat. Im nachfolgenden Beitrag werden daher zunächst
das Konstrukt »Lebensqualität« insgesamt betrachtet,
die heute gültigen Messmethoden zusammengefasst,
organbezogene Lebensqualitätsstudien (-ergebnisse) vorgestellt und
Empfehlungen für die (deutsche) Uroonkologie in Bezug auf Lebensqualitätsfragen ausgesprochen. Dies geschieht in klarer Abgrenzung zu jenem inflationär/schlagwortartigen Gebrauch des Begriffes »Lebensqualität«, wie er sich vor allem in der Pharmawerbung in den letzten Jahren eingebürgert hat.
3.2
Das Lebensqualitätskonzept
Lebensqualität ist wenigstens ein philosophischer, ein politischer, ein ökonomischer, ein sozialwissenschaftlicher und neuerdings eben auch ein medizinischer Begriff. Je nach Perspektive geraten unterschiedliche Aspekte von Lebensqualität in den Blick. So ist z. B. aus rein philosophischer Sicht das allgemeine Verständnis von
36
3
Kapitel 3 · Lebensqualität in der Uroonkologie
Lebensqualität direkt von Platon und Aristoteles bis Kant in den Grundlagen gut nachvollziehbar und verweist letztlich auf den »richtig« handelnden Menschen. Das Lebensqualitätskonzept in der Medizin kommt deutlich bescheidener daher: Es nimmt (scheinbar) ausschließlich die gesundheitsbezogene Lebensqualität in den Blick und hat daher – sinnvollerweise – vor allem an behandlungsrelevanten Aspekten Interesse. Entsprechend standen in den letzten ca. 20 Jahren vor allem die Entwicklung von Messinstrumenten und die damit verbundenen Probleme im Vordergrund. Es mag überraschen, dass diese Entwicklung durchaus ohne eine Definition (bzw. mit Hunderten von Definitionen) von Lebensqualität auskam. Da jedoch gleichzeitig eine weitgehende (und weltweite) Einigkeit bezüglich der wesentlichen Bereiche von Lebensqualität (»domains«) bestand und weiterhin besteht (vgl. Konsensuskonferenz »Lebensqualität in der Onkologie« 1990), lässt sich diese praxisorientierte Entwicklung auch akademisch/wissenschaftlich rechtfertigen. Dem interessierten Leser sei zur Vertiefung z. B. der Vergleich der Konzepte von Küchler (1989) und Spilker (1996) empfohlen. Es ist an dieser Stelle jedoch auch auf eine Gefahr, die jedem Pragmatismus innewohnt, hinzuweisen: Dem Lebensqualitätskonzept könnte bald ein ähnliches Bonmot zuteil werden wie dem Intelligenzkonzept in den 1960-er Jahren: »Lebensqualität ist das, was Lebensqualitätsfragebögen messen«! Anders ausgedrückt: Waren noch vor 10 Jahren die Publikationen zum Thema überwiegend theoretisch/konzeptionell, so steht seitdem die Empirie im Vordergrund. Diese wünschenswerte Entwicklung darf jedoch nicht den Blick darauf verstellen, dass auch für langfristige Prozesse (also auch Jahrzehnte währende) der PDCA-Zyklus der Qualitätssicherung gilt, d. h. die konzeptuelle Grundlage der entwickelten Tools neu zu überprüfen.
3.2.1 Lebensqualität in der Uroonkologie
Auch im Bereich der Uroonkologie hat die Untersuchung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität mehr und mehr Bedeutung gewonnen. Sie ist mittlerweile ein etabliertes Beurteilungskriterium von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. Schon in den 1990-er Jahren wurde in der AUO eine AG »Lebensqualität« etabliert. Hier soll der Stand der Dinge in der Uroonkologie, bezogen auf Lebensqualitätsmessung (Instrumentenentwicklung) und Lebensqualitätsforschung bezogen auf das Prostatakarzinom, das Harnblasenkarzinom, das Nierenzellkarzinom und das Hodenkarzinom aktualisiert werden. Denn während die Lebensqualität für die Behandelnden u. a. auch
einen Beitrag zur Qualitätssicherung (Stichwort Ergebnisqualität) darstellt, ist sie für die Tumorpatienten nach der Überlebenszeit das wichtigste Behandlungsziel.
3.2.2 Instrumente zur Erfassung der
Lebensqualität Bevor die wichtigsten, international gebräuchlichen Instrumente zur Erfassung der Lebensqualität dargestellt werden, ist auf eine Selbstverständlichkeit hinzuweisen, die sich im Lichte der vorliegenden Literatur nicht immer als ganz selbstverständlich erweist: Die Auswahl eines klinischen Untersuchungsinstrumentes ist in erster Linie abhängig von der zu beantwortenden Fragestellung! Anders ausgedrückt: in dem Maße, in dem Lebensqualitätserhebungen »en vogue« kamen, war dies nicht immer auch mit echten Fragestellungen verbunden, sondern »Lebensqualität« wurde teilweise einfach der Vollständigkeit halber mit ins Studienprotokoll aufgenommen. Daher ist zu fordern, dass bei Einbeziehung von Lebensqualitätsparametern eine genuine Fragestellung und ein entsprechendes Studiendesign vorliegen. Hierbei lassen sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Fragestellungen benennen:
Lebensqualität stellt dann den primären Endpunkt einer Studie dar, wenn keine signifikanten Überlebenszeitunterschiede zu erwarten sind. Dies gilt in der Regel bei palliativen Ansätzen, ebenso dann, wenn die zu prüfende Therapie vor allem auf Befindlichkeits- (auch Verträglichkeits-) Optimierung zielt. Entsprechend lautet die generelle Fragestellung in diesem Bereich: Welche Aspekte der Lebensqualität werden durch die zu prüfende Therapie beeinflusst?
Sind hingegen Überlebenszeitunterschiede zu erwarten oder sind definierte Funktionsparameter Zielkriterien, kann Lebensqualität als sekundärer Endpunkt in die Studie aufgenommen werden. Die grundsätzliche Fragestellung bezieht sich dann auf die Relation von Überlebenszeit zu Lebensqualität (bzw. Funktionsverbesserung/Lebensqualität). Die – eigentlich selbstverständliche – Benennung expliziter Fragestellungen mit Lebensqualität als primärem bzw. sekundärem Endpunkt fehlt in vielen wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Dies ist nicht nur ein wichtiges Qualitätskriterium bei der Bewertung von Lebensqualitätsstudien (vgl. Efficace et al. 2003), sondern spielt auch bei Fallzahlüberlegungen eine zentrale Rolle. Die Fallzahlberechnung ist unter anderem abhängig vom primären Endpunkt und richtet sich nach der statistischen Power
37 3.2 · Das Lebensqualitätskonzept
(1-β-Fehler), mit der die Hauptfragestellung beantwortet werden soll. Stellt Lebensqualität den sekundären Endpunkt dar, ist zu diskutieren, ob eine geringere statistische Power (<0,80) akzeptabel ist, um die Fallzahlen in einem realistischen Rahmen zu halten. Sollte allerdings z. B. aufgrund der seltenen Inzidenz einer Tumorerkrankung die Power zu niedrig werden, ist zu empfehlen, entweder die Lebensqualitätuntersuchung ganz wegzulassen (viel Arbeit für alle Beteiligten, keine interpretierbaren Ergebnisse!) oder ein multizentrisches Studiendesign anzustreben. Die Übersicht fasst diese grundsätzlichen Fragestellungen zusammen.
Fragestellung/Hypothesen: Relation Überlebenszeit/Lebensqualität
Lebensqualität als primärer Endpunkt, wenn keine Überlebenszeitunterschiede zu erwarten sind. Fragestellung/Hypothesen: Welche Aspekte der Lebensqualität werden durch die zu prüfende Therapie beeinflusst?
Lebensqualität als sekundärer Endpunkt, wenn Überlebenszeit oder definierte Funktionsparameter Zielkriterien sind.
3.2.3 Reliables und valides
Lebensqualitätsmessinstrument Voraussetzung für die zuverlässige Erfassung der Lebensqualität ist die Verwendung eines geeigneten Messinstrumentes. Hierbei ist zu betonen, dass es keinen Goldstandard, also nicht »den einen« Fragebogen zur Messung der Lebensqualität gibt. Die Auswahl des geeigneten Fragebogens ist immer von der jeweiligen zu untersuchenden Fragestellung abhängig. Nichtsdestotrotz herrscht in der Onkologie weitgehend Konsens über bestimmte Minimalanforderungen an einen geeigneten Lebensqualitätsfragebogen. Er sollte:
tumorspezifisch sein,
vom Patienten selbst auszufüllen sein,
multidimensional sein, d. h. somatische, psychische und soziale Dimensionen der Lebensqualität erfassen,
vorwiegend aus Skalen und weniger aus Einzelitems bestehen,
ausreichende psychometrische Eigenschaften (vor allem Reliabilität, Validität und Sensitivität) besitzen,
möglichst kurz sein, in der Regel maximal 10–15 min Ausfüllzeit,
kulturell übergreifend anwendbar sein.
Ohne an dieser Stelle detailliert auf die Geschichte der Lebensqualitätsforschung eingehen zu wollen, sind doch zwei Aspekte hervorzuheben:
Ungefähr 1985 hat die Entwicklung von reliablen Instrumenten zur Erfassung der Lebensqualität begonnen; Ziel war es (z. B. in der EORTC Studygroup on Quality of Life), zu international vergleichbaren, also kulturell übergreifenden Instrumenten zu kommen, die gleichzeitig multidimensional und trotzdem patientenfreundlich, also kurz und verständlich sein sollten. Dieses Ziel ist heute erreicht.
Nahezu alle heute verwendeten Instrumente fokussieren die subjektiv erlebte Lebensqualität, werden also von den Patienten selbst ausgefüllt. Die grundlegenden methodischen Probleme, die mit einem solchen Ansatz verbunden sind, können ebenfalls heute als gelöst angesehen werden, auch wenn die methodische Entwicklung in diesem Bereich keineswegs abgeschlossen ist. Die genannten Voraussetzungen werden von einer ganzen Reihe von Instrumenten erfüllt, wobei drei Lebensqualitätsfragebögen im Zusammenhang mit onkologischen Studien hervorzuheben sind: Es sind dies der EORTC QLQ-C30 (Neil Aaronson et al. 1993), der SF 36 (Short Form 36, John Ware et al. 1992 bzw. für die deutsche Übersetzung und Testung Monika Bullinger 1995) sowie der FACT (Functional Assessment of Cancer Therapy, David Cella et al. 1993). In größtmöglicher Kürze lassen sich diese Instrumente wie folgt charakterisieren: Der EORTC QLQ-C30 stellt derzeit das Standardinstrument in Europa dar. Er liegt in standardisierter Übersetzung in derzeit 36 Sprachen vor. Er besteht aus einem Kernfragebogen (30 Fragen), der für alle Tumorentitäten gültig ist, und wird ergänzt durch diagnose- und/oder behandlungsspezifische Module. Im Bereich der Uro(onko)logie steht bisher allerdings lediglich für Studien im Bereich des Prostatakarzinoms ein deutschsprachiges validiertes Modul zur Verfügung (Bestmann et al. 2006). Die Entwicklung eines international validierten Prostatakarzinommoduls durch die EORTC ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Deutschsprachige Module für die Bereiche Nierenzell-, Harnblasen- und Hodenkarzinom befinden sich derzeit in verschiedenen Stadien der Entwicklung bzw. psychometrischer Überprüfung. Der FACT stellt derzeit das Standardinstrument im amerikanischen Sprachraum dar. Der Aufbau ist vergleichbar mit dem EORTC QLQ-C30. Die Anwendung in europäischen Studien ist allerdings aufgrund der kulturell verankerten Itemselektion (Beispiel: »Could you walk one block?«, eine Maßeinheit, die jeder Amerikaner, aber
3
38
Kapitel 3 · Lebensqualität in der Uroonkologie
FPSUD!RMR!D41
3
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!GBDU
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!TG!47
Fvspqåjtdift!!Tuboebsejotusvnfou jo!efs!Polpmphjf
Opsebnfsjlbojtdift!Tuboebse. jotusvnfou!jo!efs!Polpmphjf
Tuboebsejotusvnfou!gýs!ojdiu polpmphjtdif!Gsbhftufmmvohfo
Wpsufjm;!Lfsogsbhfcphfo!qmvt ejbhoptf.0cfiboemvohttqf{jgjtdif Npevmf
Wpsufjm;!Hsֈuf!Tbnnmvoh tqf{jgjtdifs!Npevmf
Wpsufjm;!Opsnxfsuf!gýs!Hftvoef
Abb. 3.1. Lebensqualitätsfragebögen: Stand der Instrumentenentwicklung
kaum ein Europäer zuverlässig einschätzen kann) nur begrenzt möglich. Der FACT bietet allerdings den Vorteil der größten Sammlung spezifischer Module, deren Reliabilität allerdings für den deutschen Sprachraum nur teilweise getestet worden ist. Der SF 36 wurde für Gesunde und für Patienten entwickelt. Er bietet den Vorteil von Normwerten für verschiedene Populationen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der nahe liegende Vergleich der Lebensqualität von z. B. Gesunden mit den Ergebnissen onkologischer Populationen aufgrund der radikal veränderten Bewertung von Lebensqualitätsaspekten bei Tumorpatienten grundsätzlich problematisch bleibt. Abb. 3.1 fasst den Stand der Instrumentenentwicklung zusammen.
3.2.4 Lebensqualität unter der Behandlung
eines Prostatakarzinoms Mit 32.000 Neuerkrankungen im Jahr 1998 stellt das Prostatakarzinom (PCA) in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Bronchialkarzinom den zweithäufigsten Tumor beim Mann dar (Robert Koch Institut 2001). Bei einem klinisch lokal begrenzten Prostatakarzinom werden mit kurativem Therapieansatz operativ durch die radikale Prostatektomie sowie konservativ durch die Strahlentherapie unterschiedliche Therapiemodalitäten angeboten. Derzeit ist keine Studie publiziert, welche die verschiedenen Formen der Therapie beim lokalisierten PCA randomisiert vergleicht, so dass die optimale Indikationsstellung für die eine oder andere Therapieform nicht festgeschrieben werden kann. Betrachtet man als Endpunkt lediglich die Überlebensraten, so zeigten retrospektive Untersuchungen für die operativen bzw. konservativen Therapieansätze beim lokal begrenzten Prostatakarzinom vergleichbare Ergebnisse (Middleton et al. 1995). Bisher stehen jedoch Daten zu den Überlebensraten und den unterschiedlichen the-
rapiebedingten Komplikationen lediglich aus retrospektiven Analysen zur Verfügung. Ferner beziehen sich die operativen Ergebnisse meist auf pathologische Stadien, während die Strahlentherapiedaten auf klinischen Stadieneinteilungen beruhen. Mehrere Autoren verglichen die posttherapeutische Lebensqualität bei bestrahlten und operierten Patienten lediglich retrospektiv, d. h. ein Vergleich mit einer prätherapeutischen Baseline existiert derzeit nicht. Diese Studien berichten übereinstimmend von höheren Raten an Harninkontinenz bei radikal prostatektomierten Patienten, während Irritationen der Harnblasen- und Darmfunktion häufiger bei bestrahlten Patienten dokumentiert worden sind (Davis et al. 2001; McCammon et al. 1999; Krupski et al. 2000). Litwin et al. (1999) beschreiben aus einer Auswertung der longitudinalen Datenbank CaPSURE eine Verbesserung der Sexualfunktion in allen Therapiegruppen im ersten Jahr nach abgeschlossener Therapie, jedoch im zweiten Jahr wieder eine Verschlechterung. Fulmer et al. fassten in einer prospektiven Studie verschiedene Bestrahlungsregimes als ein Kollektiv zusammen und verglichen dies mit den Subkollektiven unioder bilateral nerverhaltend operierter Patienten unter Berücksichtigung einer erhobenen Baseline. Die Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass nach initial schlechteren Werten auf dem »Sexual Function Score« operierte Patienten nach 18 Monaten sich auf das Niveau bestrahlter Patienten verbesserten. Daten über einen längeren Beobachtungszeitraum stehen derzeit noch nicht zur Verfügung (Fulmer et al. 2001). In Deutschland wurden vom »Referenzzentrum Lebensqualität in der Onkologie« (gefördert durch die Deutsche Krebshilfe e. V.) fünf retrospektive Studien zu einem relativ großen (n=1185) Patientenkollektiv zusammengefasst und mit Hilfe einer empirischen Metaanalyse evaluiert. Dabei konnte die Darstellung erster Ergebnisse zur Lebensqualität von Patienten mit einem Prostatakar-
39 3.2 · Das Lebensqualitätskonzept
zinom auch zwischen verschiedenen Behandlungsformen differenzieren. Die klinischen Ergebnisse dieser Metaanalyse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Insgesamt unterscheiden sich die Therapieoptionen wenig hinsichtlich des postoperativen Verlaufes der Lebensqualität. Die relativ schlechteren Ergebnisse der primären Strahlentherapie sind in dieser Studie wohl eher dem behandelten Kollektiv als dem Verfahren zuzuschreiben. Bemerkenswerterweise hat bei Unterscheidung in niedriges TNM-Stadium (T1–T2, N0, M0) und hohes TNM-Stadium (T3–T4, N1, M0/MX) dieses nur einen numerisch geringen Einfluss auf die subjektive Lebensqualität. Der PSA-Wert hat – bei grober Unterscheidung in hoch/niedrig – kaum Einfluss auf die postoperative Lebensqualität mit Ausnahme der Skala »Schlaflosigkeit« (= Beunruhigung?). Am deutlichsten sind Effekte einer adjuvanten Hormontherapie auf die Lebensqualität nachweisbar: Diejenigen Patienten, bei denen eine adjuvante Hormontherapie durchgeführt wurde (n=135), weisen in den Funktionsskalen statistisch und tendenziell auch klinisch signifikante Mittelwertsunterschiede in den Bereichen »role functioning«, »social functioning« und »global health« auf. Bei den Symptomskalen finden sich wieder höhere Mittelwerte für die Patienten mit adjuvanter Hormontherapie. Statistisch signifikant sind die Mittelwertsunterschiede der Skalen »constipation« und »financial difficulties«. Auf den Modulskalen zeigen sich statistisch signifikante Unterschiede auf den Skalen »Miktionsstörungen«, »Inkontinenz«, »Erektionsstörung«, »Probleme mit der Sexualität«, »Hitze« und »psychische Belastung« (p<0,05). Die Unterschiede bei »Inkontinenz«, »Probleme mit der Sexualität« und »Hitze« sind klinisch signifikant.
3.2.5 Krankheitsspezifische Messinstrumente
zum Messen der Lebensqualität bei PCA-Patienten In den USA stehen mit dem University of California, Los Angeles Prostate Cancer Index (UCLA PCI, Litwin et al. 1998) und dem Prostate Cancer Specific Quality of Life Instrument (PROSQOLI, Stockler et al. 1999) zwei validierte Fragebögen für Patienten mit einem Prostatakarzinom zur Verfügung. In Europa kommen gegenwärtig die prostataspezifischen Module QLQ-PR25 (Aaronson et al., EORTC) sowie speziell für den deutschsprachigen Raum das prostataspezifische Modul von Bestmann et al. unter Studien-
bedingungen zum Einsatz. Diese Module sind nach den Richtlinien (Guidelines for Developing Questionnaire Modules) der EORTC Quality of Life Study Group konzipiert worden (www.EORCT.be). Das PR25-Zusatzmodul ist gemäß dieser Richtlinien in der Pretest-Phase noch nicht abschließend validiert; zudem liegt es nicht in deutscher Sprache vor. Das prostataspezifische Modul von Bestmann et al. fragt die Komponenten Miktionsstörungen, Inkontinenz, Erektionsstörungen, Durchfall, Probleme mit der Sexualität, Probleme in der Partnerschaft, Schmerz, Hitze, Ernährungsprobleme und psychische Belastung ab und zeigte gute bis zufriedenstellende psychometrische Eigenschaften (Bestmann et al. 2006). Mit diesem validierten Instrument ist es möglich, besonders die Einflüsse unterschiedlicher Therapien und ihrer Komplikationsprofile auf die individuelle Lebensqualität aussagekräftig abzubilden. Ein als Goldstandard akzeptiertes Zusatzmodul für die Erfassung der Lebensqualität unter oder nach der Behandlung eines Prostatakarzinoms existiert derzeit nicht. Neuere Entwicklungen versuchen, entweder kürzere Fragebögen zu entwickeln, die einen teilweisen Verlust an sowohl Messgüte als auch an Detailinformation zugunsten von Praktikabilität in Kauf nehmen (z. B. Lebeau et al. 2005), oder es wird – gegenteilig – versucht, über ausführlichere Fragebögen mehr Details zu spezifischen Aspekten der jeweiligen Krankheit/Behandlung zu evaluieren (z. B. V. Rohde et al. zur Lebensqualität von Angehörigen von PCA-Patienten, Krebshilfe-Studie 2004–2006).
3.2.6 Lebensqualität unter der Behandlung
eines Nierenzellkarzinoms Das Nierenzellkarzinom ist mit einer Häufigkeit von 4–10 pro 100.000 männliche Einwohner der häufigste bösartige Tumor der Niere. Die Inzidenz ist bei Männern etwa doppelt so hoch wie bei Frauen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt für Männer bei ca. 65, für Frauen bei über 68 Jahren, es liegt also nahe am mittleren Erkrankungsalter an Krebs insgesamt (Robert Koch Institut 2004). Durch den breiten Einsatz moderner bildgebender Verfahren wie der Sonographie und der Computertomographie werden Nierenzellkarzinome zunehmend schon in frühen Stadien diagnostiziert. Dementsprechend seltener sind Nierenzellkarzinome zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits metastasiert. Die durchschnittliche relative 5-Jahres-Überlebensrate für Nierenkrebs liegt für Männer bei 65%, für Frauen bei 67%. Der kurative Therapieansatz besteht in einer radikalen Nephrektomie, neo- oder adjuvante Therapien kön-
3
40
3
Kapitel 3 · Lebensqualität in der Uroonkologie
nen die Prognose derzeit nicht wesentlich verbessern (vgl. Preiß et al. 2004). Beim metastasierten Nierenzellkarzinom gab es bis ca. 2000 keine allgemein akzeptierte Therapie (Boeckmann 2001), für die neueren Therapien (Interferon-α/Vinblastin) gibt es bisher keine Ergebnisse zur Lebensqualität. Die Ausprägung und Art der Symptomatik werden im Wesentlichen von der Tumorausdehnung bestimmt. Die klassischen Leitsymptome wie Hämaturie, Flankenschmerz und tastbarer Tumor (klassische Trias) finden sich nur bei einem kleinen Prozentanteil der Patienten.
letzten Dekaden kein eindeutiger Trend beschreiben. Die Prognose bei Harnblasenkrebs variiert stark nach dem Grad der Ausbreitung der Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose. Das Leit- und in ca. 80% der Fälle auch Initialsymptom ist die Hämaturie. Weitere Beschwerden sind Dysurie und Pollakisurie sowie Schmerzen im Blasen- und Perinealbereich. Aufgrund des Tumorwachstums sind darüber hinaus auch uni- und/oder bilaterale Obstruktion, konsekutiver Harnstau sowie Flankenschmerzen möglich.
3.2.7 Krankheitsspezifische Messinstrumente
3.2.9 Krankheitsspezifische Messinstrumente
zum Messen der Lebensqualität bei Patienten mit Nierenzellkarzinom
zum Messen der Lebensqualität bei Patienten mit Harnblasenkarzinom
Auch über die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Patienten mit Nierenzellkarzinom gibt es derzeit wenig gesicherte Erkenntnisse. Die meisten wissenschaftlichen Arbeiten untersuchen die Überlebenszeit, ggf. im Vergleich verschiedener Therapieregimes. Da es sich hierbei in der Regel um retrospektive Studien handelt (Boekmann 2001), ist bei der Interpretation der Ergebnisse der Selektionsbias zu berücksichtigen. Im Rahmen des Nationalen Tumorprojekts Nierenzellkarzinom (NTP-N) wurde die Wertigkeit einer medikamentösen Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms im palliativen Ansatz untersucht. In dieser prospektiven, offenen, multizentrischen, bewusst nicht randomisierten Studie wurde die Wirksamkeit zweier Therapieschemata (Interferon-α-2a und Interleukin-2 in mittlerer bzw. hoher Dosierung sowie zusätzlich 5-Fluorouracil) mit einer Kontrollgruppe verglichen. Hier wurde die gesundheitsspezifische Lebensqualität als sekundärer Endpunkt in das Studiendesign aufgenommen. Für die Erfassung wurde der EORTC QLQ-C30 mit einem diagnosespezifischen Modul eingesetzt. Ergebnisse hierzu und zu psychometrischen Eigenschaften des Nierenzellmoduls sind bisher leider noch nicht publiziert.
Zur Untersuchung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität sind derzeit verschiedene Fragebogenmodule (als diagnosespezifische Ergänzung zum EORTC QLQ-C30Kernfragebogen) in Vorbereitung. Von der EORTC werden derzeit zwei Blasenmodule (QLQ-BLS24 für oberflächliche Blasentumoren bzw. QLQ-BLM30 für muskelinvasive Blasentumoren) weiterentwickelt. Beide Module beschreiben die Dimensionen »Miktion«, »Darmfunktion« und »Sexualfunktion«. Das QLQ-BLM30 enthält darüber hinaus die Aspekte »Auswirkungen eines Urostomas«, »Notwendigkeit der Katheterisierung« sowie »body image« (EORTC Genitourinary Group, www.eortc.be/ gugroup). Das von Küchler und Biermann entwickelte Blasenmodul enthält die Dimensionen allgemeine Symptome, spezifische Symptome und Sexualität (Biermann et al. 1995). Leider sind für keins der vorhandenen Module bisher Ergebnisse zu psychometrischen Eigenschaften publiziert.
3.2.8 Lebensqualität unter der Behandlung
eines Harnblasenkarzinoms Nach dem Prostatakarzinom ist das Harnblasenkarzinom die zweithäufigste Tumorerkrankung im Urogenitaltrakt. In Deutschland erkranken jedes Jahr ca. 24.750 Menschen an Harnblasenkrebs (Robert Koch Institut 2004). Männer sind etwa 3-mal so häufig betroffen wie Frauen. In Hinblick auf die Inzidenz lässt sich aufgrund veränderter histopathologischer Malignitätskriterien in den
3.2.10 Lebensqualität unter der Behandlung
eines Hodentumors Hodentumoren stellen die häufigste bösartige Tumorerkrankung von erwachsenen jungen Männern dar. Der Inzidenzgipfel für Hodenkrebs liegt in der Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen, in der er der häufigste bösartige Tumor ist. Mit einem mittleren Erkrankungsalter von unter 34 Jahren und einer relativen 5-Jahres-Überlebensrate von 95% gehört das Hodenkarzinom zu den prognostisch günstigsten Tumorerkrankungen (Robert-Koch-Institut 2004). Die Behandlung besteht in der Regel – in Abhängigkeit von Histologie und klinischem Stadium – aus einer
41 3.3 · Ausblick
Kombination von Orchiektomie, Radio- und Chemotherapie. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass die einseitige Orchiektomie keinen Einfluss auf die Potenz hat, ist zumindest temporär mit therapieassoziierten Nebenwirkungen wie z. B. Einschränkungen in der Fertilität zu rechnen. Hinzu kommen »typische« Komplikationen der Radiatio bzw. Chemotherapie wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö etc.
3.2.11 Krankheitsspezifische Mess-
instrumente zum Messen der Lebensqualität bei Patienten mit Hodenkarzinom Die Darstellung eines Standes der Forschung ist schwierig, da Studien zur Lebensqualität von Patienten mit Hodenkarzinomen – nicht zuletzt aufgrund der geringen Inzidenz – (vgl. Robert Koch Institut 2004) rar sind. In einem Literatur-Review für die Jahre 1980–2003 konnten Fleer und Mitarbeiter 26 Studien identifizieren, die methodische Mindeststandards erfüllten (Fleer et al. 2004). Diese 26 Studien unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Qualität teilweise jedoch sehr stark. So ist im überwiegenden Teil der Untersuchungen das Studiendesign retrospektiv oder als Querschnittsstudie angelegt, lediglich zwei (!) Studien (Tamburini et al. 1989; Fossa et al. 2003) untersuchen die Lebensqualität prospektiv. Die Fallzahlen variieren innerhalb der 26 Studien zwischen n=11 und n=666. In etwa der Hälfte der Studien wurden Fragebögen verwendet, die entweder selbst entwickelt wurden oder für die keine Angaben zu psychometrischen Eigenschaften vorliegen. Lediglich in einer Studie (Fossa et al. 2003) kam ein modularer Ansatz (EORTC QLQ-C30 Kernfragebogen + diagnosespezifisches Zusatzmodul) zum Einsatz. Leider liegt dieses diagnosespezifische Zusatzmodul bisher nicht in deutscher Sprache vor. In Deutschland untersuchten Fegg et al. (2004) in einer historischen Kohorte das subjektive Befinden von n=474 Patienten mit Hodenkarzinomen anhand des QLS (»Questions on Life Satisfaction«, Henrich u. Herschbach 2000) sowie zweier selbstentwickelter diagnosespezifischer Fragebögen, über deren psychometrische Eigenschaften keine Informationen gegeben werden. Abschließend lässt sich also festhalten, dass es – zumindest im deutschsprachigen Raum – kein geeignetes und validiertes Fragebogeninstrument zur Messung der spezifischen gesundheitsbezogenen Lebensqualität für Patienten mit Hodenkarzinomen gibt. Hier besteht – nicht nur aus methodischer Sicht – noch erheblicher Forschungsbedarf.
3.3
Ausblick
Die Zahl der Lebensqualitätsstudien in der Uroonkologie wird weiter zunehmen. Dies umso mehr, als auch die Industrie das Thema zunehmend für sich entdeckt. Umso wichtiger ist, dass der hohe wissenschaftliche Standard aufrechterhalten wird. Für das Prostatakarzinom, teilweise auch für das Hodenkarzinom liegt bereits ein Fundus an »Lebensqualitätswissen« vor, auf dem sich aufbauen lässt. Für das Nierenzellkarzinom und insbesondere das Blasenkarzinom wird dies in den nächsten Jahren geschehen. Es wird weiterhin darum gehen, Lebensqualitätsdaten nicht nur mit Mortalitäts- und Morbiditätsdaten zu verbinden, sondern diese Daten auch mit ökonomischen Daten zu verknüpfen. Weiterhin wird es darum gehen, Langzeitüberlebende und deren gesundheitsbezogene Lebensqualität stärker in den Blick zu nehmen (Dahl et al. 2005). Am wichtigsten wird es jedoch sein, Lebensqualitätsmessungen in die Evaluation neuerer Therapieverfahren zu integrieren, sei es bei chirurgischen (neue/modifizierte Techniken), onkologischen (neue Substanzen/ Dosierungen), radiologischen (z. B. Protonenbeschleuniger) oder kombinierten (neo-)adjuvanten Therapieschemata. Denn nur auf diese Weise wird sich nachhaltig zeigen lassen, dass die Uroonkologie nicht nur einen Beitrag zur Kostensteigerung im Gesundheitswesen, sondern vor allem einen messbaren Beitrag zu einem echten Fortschritt bei Patienten mit potenziell lebensbedrohenden urologischen Erkrankungen leistet.
Literatur Aaronson NK, Ahmedzai S, Bergman B (1993) The European Organization for Research and Treatment of Cancer. QLQ C-30: A Quality of Life Instrument for use in International clinical Trials in Oncology. J Natl Cancer Inst 85: 365–376 Arbeitsgemeinschaft Bevölkerungsbezogener Krebsregister in Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch Institut (Hrsg) (2004) Krebs in Deutschland – Häufigkeiten und Trends. 4. überarbeitete, aktualisierte Ausgabe. Saarbrücken Atzpodien J, Kuechler T, Wandert T, Reitz M (2003) Rapid deterioration in quality of life during interleukin-2- and α-interferon-based home therapy of renal cell carcinoma is associated with a good outcome. British Journal of Cancer: 89, 50–54 Bestmann B, Rohde V, Siebmann JU, Galalae R, Weidner W, Kuchler T (2006) Validation of the German prostate-specific module. World J Urol Jan 19: 1–7 Biermann CW, Küchler T (1999) Lebensqualität in der urologischen Onkologie. Urologe [A] 38: 189–200 Biermann CW, Schmidt C, Kuechler T(1995) Development of a life quality questionnaire in bladder cancer surgery. British Journal of Urology 79: 411–413 Boeckmann W, Jakse G: Nierenzellkarzinom. In: Rübben H (Hrsg.): UroOnkologie, 3. vollständig überarbeitete Auflage, Springer Verlag 2001
3
42
3
Kapitel 3 · Lebensqualität in der Uroonkologie
Bullinger M (1995) German translation and psychometric testing of the SF-36 Health Survey: preliminary results from the IQOLA Project. International Quality of Life Assessment. Soc Sci Med 1995 Nov; 41 (10): 1359–1366 Cella DF, Tulsky DS, Gray G, Sarafian B, Linn E, Bonomi A, Silberman M, Yellen SB, Winicour P, Brannon J et al. (1993) The Functional Assessment of Cancer Therapy scale: development and validation of the general measure. J Clin Oncol Mar; 11 (3): 570–579 Dahl AA, Mykletun A, Fossa SD (2005) Quality of life in survivors of testicular cancer. Urol Oncol May–Jun; 23 (3): 193–200. Review Davis JW, Kuban DA, Lynch DF, Schellhammer PF (2001) Quality of life after treatment for localized prostate cancer: differences based on treatment modality. J Urol 166 (3): 947–952 Deutsche Krebsgesellschaft (1990): Konsensus-Konferenz: Erfassung von Lebensqualität in der Onkologie – Konzepte, Methodik und Anwendung 3: 7–10 Efficace F, Bottomley A, Osoba D, Gotay C, Flechtner H, D’haese S, Zurlo A (2003) Beyond the development of health-related quality-of-life (HRQOL) measures: a checklist for evaluating HRQOL outcomes in cancer clinical trials – does HRQOL evaluation in prostate cancer research inform clinical decision making? J Clin Oncol 21 (18): 3502–3511 EORTC Genitourinary Group, http: //www.eortc.be/gugroup Fegg MJ, Gerl A, Vollmer TC, Gruber U, Jost C, Meiler S, Hiddemann W (2003) Subjektive Quality of Life and sexual functioning after germ-cell tumour therapy. British Journal of Cancer 89 (12): 2002–2006 Fleer J, Hoekstra HJ, Sleijfer DT, Hoekstra-Weebers JEHM (2004) Quality of life of survivors of testicular germ cell cancer. Support Care Cancer 12: 476–486 Fossa SD, de Wit R, Roberts T, Wilkinson PT, de Mulder PHM, Mead GM, Cook P, de Prijk L, Stenning S, Aaronson NK, Bottomley A, Colette L (2003) Quality of Life in Good Prognosis Patients with Metastatic Germ Cell Cancer: A Prospective Study of the European Organization fro Research and Treatment of Cancer Genitourinary Group/ Medical Research Cuncil Testicular Cancer Study Group (30941/ TE20). J Clin Oncol 21 (6): 1107/1118 Fulmer BR, Bissonette EA, Petroni GR, Theodorescu D (2001) Prospective assessment of voiding and sexual function after treatment for localized prostate carcinoma: comparison of radical prostatectomy to hormonobrachytherapy with and without external beam radiotherapy. Cancer 91 (11): 2046–55 Henrich G; Herschbach P (2000) Articles – Questions on Life Satisfaction (FLZM) – A Short Questionnaire for Assessing Subjective Quality of Life, European journal of psychological assessment, Bd. 16, 3: 150–159 Krupski T, Petroni GR, Bissonette EA, Theodorescu D (2000) Quality-oflife comparison of radical prostatectomy and interstitial brachytherapy in the treatment of clinically localized prostate cancer. Urology 55 (5): 736–42 Küchler, Th., Schreiber, H. W (1989) »Lebensqualität in der Allgemeinchirurgie – Konzepte und praktische Möglichkeiten der Messung«, HÄB 43, 246–250 Lebeau T, Perrotte P, Valiquette L, Benard F, McCormack M, Saad F, Karakiewicz PI (2005) Validation of prostate cancer index and SF-12 short forms Can J Urol 12 (6): 2873–9 Litwin MS, Hays RD, Fink A, Ganz PA, Leake B, Brook RH (1998) The UCLA Prostate Cancer Index: development, reliability, and validity of a health-related quality of life measure. Med Care Jul; 36 (7): 1002–12 Litwin MS, Flanders SC, Pasta DJ, Stoddard ML, Lubeck DP, Henning JM (1999) Sexual function and bother after radical prostatectomy or
radiation for prostate cancer: multivariate quality-of-life analysis from CaPSURE. Cancer of the Prostate Strategic Urologic Research Endeavor. Urology 54 (3): 503–8 McCammon KA, Kolm P, Main B, Schellhammer PF (1999) Comparative quality-of-life analysis after radical prostatectomy or external beam radiation for localized prostate cancer. Urology 54 (3): 509–16 Middleton RG, Thompson IM, Austenfeld MS, Cooner WH, Correa RJ, Gibbons RP, Miller HC, Oesterling JE, Resnick MI, Smalley SR et al. (1995) Prostate Cancer Clinical Guidelines Panel Summary report on the management of clinically localized prostate cancer. The American Urological Association J Urol 154 (6): 2144–8 Preiß J, Dornoff W, Hagmann FG, Schmieder A (2004) Onkologie 2004/2005 – Interdisziplinäre Empfehlungen zur Therapie. 12. Auflage, Zuckschwerdt, München Wien New York Spilker B (ed) (1996) Quality of life and pharmacoeconomics in clinical trials. Lippincott-Raven Philadelphia Stockler MR, Osoba D, Corey P, Goodwin PJ, Tannock IK (1999) Convergent discriminitive, and predictive validity of the Prostate Cancer Specific Quality of Life Instrument (PROSQOLI) assessment and comparison with analogous scales from the EORTC QLQ-C30 and a trial-specific module. European Organisation for Research and Treatment of Cancer. Core Quality of Life Questionnaire. J Clin Epidemiol 52 (7): 653–66 Tamburini M, Filiberti A, Barbieri A, Zanoni F, Pizzocaro G, Barletta L, Ventafridda V (1989) Psychological aspects of testis cancer therapy: a prospective study. J Urol 142: 1487–1489 Ware JE Jr, Sherbourne CD (1992) The MOS 36-item short-form health survey (SF-36). I. Conceptual framework and item selection. Med Care 30 (6): 473–83
4 Diagnose-, Prognose- und Therapieaufklärung I. Kausch, M. Hohenfellner, D. Jocham
4.1
Wunsch nach Aufklärung – 43
4.2
Emotionale Verarbeitung
4.3
Anwesenheit von Angehörigen – 44
4.4
Aufklärung über Therapiestudien – 45
– 44
Die Diagnose eines malignen Tumors beruht in erster Linie auf Gewebeproben. Die Umfelddiagnostik durch Bildgebung und die eigentliche Operation sowie in jüngerer Zeit zunehmend auch molekulare Marker und Faktoren bzw. biologische Tumormerkmale erlauben die Abschätzung der Wirksamkeit therapeutischer Verfahren und damit letztlich der Prognose des Patienten. Im Zentrum des Aufklärungsgespräches steht die Mitteilung der Diagnose und Prognose. Trotz des Schocks, den die Diagnosestellung Krebs bewirkt, erwarten fast alle Betroffenen eine umfassende Aufklärung über die Erkrankung. Während noch in den 1960-er Jahren viele Ärzte ihre Patienten vor der Wahrheit schützen wollten und sie deshalb über Diagnose und Prognose im Unklaren ließen, ist inzwischen eine möglichst vollständige Aufklärung zur Regel geworden. Nichtsdestotrotz gibt es nach wie vor Vertreter der behutsamen Aufklärung mit dem Ziel, den Patienten vor potenziellem Schaden zu schützen, im Gegensatz zu Vertretern der umfassenden Aufklärung, mit dem primären Ziel, Menschenrechten gerecht zu werden. Weltweite Beobachtungen haben gezeigt, dass die Durchführung der Aufklärung eine Frage einerseits von Medizin und Ethik, andererseits aber auch von Kultur, Tradition und Altersgeneration der Ärzte und Patienten ist. Per Europaratsbeschluss besteht das verbindliche Recht des Patienten auf Autonomie und Information. Inzwischen sind das Recht des Patienten auf ausführliche
und offene Informationen inkl. des Rechts, die Diagnose zu erfahren, und die Pflicht des Arztes, diese mitzuteilen, in vielen Ländern (USA, Kanada, Skandinavien) gesetzlich verankert (Buckmann et al. 1996). Auch wenn die Aufklärung eine wichtige Voraussetzung für die Selbstbestimmung des Patienten ist, steht andererseits außer Frage, dass es durchaus inhuman sein kann, einem Menschen das Wissen von einer todbringenden Krankheit »aufzuzwingen« und ihn dadurch in einen Zustand der Hoffnungslosigkeit zu versetzen. Hinweis
I
I
Prinzipiell soll der Arzt prüfen, wie viel Information der Patient erhalten will und verkraften kann.
Eine Konfrontation des Kranken mit Information gegen seinen Willen ist nicht sinnvoll, da übermäßige Information vergessen wird oder zu emotionaler Überforderung führt.
4.1
Wunsch nach Aufklärung
Studien in Nordeuropa und Nordamerika zeigen, dass 85–95% der Patienten eine vollständige Offenheit von ihrem Arzt bezüglich Diagnose, Therapie und Prognose
44
4
Kapitel 4 · Diagnose-, Prognose- und Therapieaufklärung
wollen (Northouse et al. 1987, Meredith et al. 1996). Diese Daten wurden in einer deutschen Studie 1997 mit 537 Personen (Tumorpatienten, Laien, Pflegepersonal und Ärzte) bestätigt (Husebø 1997). Befragte Tumorpatienten sagten fast ohne Ausnahme, dass sie alles über Diagnose, Krankheit, Therapie und Prognose erfahren und dass sie Therapieentscheidungen entweder selbst oder gemeinsam mit dem Arzt treffen wollen. 98% der Patienten wollten keinen »sinnlosen« Therapien ausgesetzt werden. Interessant ist eine Studie von Slevin et al. (1990), die untersucht haben, ob Tumorpatienten nach fast »jedem Strohhalm greifen« würden. Die Antworten von Krebspatienten, onkologischem Krankenpflegepersonal, Onkologen, Hausärzten und gesunden Vergleichspersonen (insgesamt 1684 ausgewertete Teilnehmer) wurden ausgewertet. Es zeigte sich bei den Tumorpatienten, dass, wenn nur 1% Wahrscheinlichkeit einer Heilung besteht, die Bereitschaft zu einer auch sehr belastenden Behandlung vorhanden ist. Onkologen haben diese Bereitschaft bei etwa 10% Wahrscheinlichkeit einer Heilung angegeben und entsprechen hier den Minimalanforderungen von Statistiken bei klinischen Studien. Krankenpfleger lehnen, ähnlich wie gesunde Vergleichspersonen, eine Therapie »um jeden Preis« zu einem hohen Prozentsatz ab. Diese Untersuchung zeigt sehr eindrücklich, dass der Patient von der Situation geprägt wird, in der er sich befindet, und um sein Leben kämpft. Solange der Glaube besteht, geheilt werden zu können, ist die Bereitschaft, Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen, sehr hoch. Diagnose und Therapie müssen verständlich vermittelt werden, vor allen Dingen für den betroffenen Patienten. Eine Diagnose kann mehr schaden als nutzen, wenn der Arzt nicht hinterfragt, was der Patient sich bei dieser Diagnose vorstellt. Wenn der Arzt zu dem Patienten z. B. sagt: »Sie haben Krebs«, kann der Patient ohne weitere Erklärungen durch den Arzt keine folgerichtigen Konsequenzen für die Therapie und sein Leben ableiten. Er würde sicherlich die Diagnose Krebs mit unheilbarer Krankheit oder Tod verbinden (Husebø u. Klaschik 2006). Entsprechend ist es wichtig, dass der Arzt dem Patienten ermöglicht, die Konsequenzen seiner Krankheit und der Therapiemöglichkeiten zu verstehen. Hinweis
I
I
Wichtig für den Arzt ist es, zu wissen, dass kognitive Dissoziationsphänomene auftreten können. Durch Verdrängung oder Ausblenden des Krankseins kann der Patient je nach emotionaler Unterstützung zwischen Einsicht der Prognose und Unverständigkeit schwanken (Faller 1998).
4.2
Emotionale Verarbeitung
Aufklärung besteht aber nicht allein in der Mitteilung von Information. Die Informationsgabe setzt vielmehr einen komplexen Prozess der emotionalen Verarbeitung in Gang, der vom Arzt begleitet werden muss (Faller 1998). Oftmals haben die Patienten vor Diagnosemitteilung bereits zutreffende Ahnungen, in jedem Fall besteht ein besonders feines Gespür für Atmosphärisches und Unausgesprochenes (Köhle u. Simons 1989). Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass Patienten schon vor dem Aufklärungsgespräch ein erhebliches Vorwissen haben, das aus unterschiedlichen Quellen bezogen wird. Dieses Vorwissen oder auch unklare Vorstellungen stellen einen geeigneten Anknüpfungspunkt für den Arzt dar, um ein Aufklärungsgespräch zu beginnen. In Abhängigkeit davon, ob ein Arzt freundlich, einfühlsam und teilnehmend ist und sich für das Aufklärungsgespräch Zeit lässt, entwickelt sich zwischen Patient und Arzt eine vertrauensvolle Beziehung. Gerade kleine nonverbale Gesten oder Anmerkungen des Arztes werden von Patienten beim initialen Aufklärungsgespräch besonders bewertet. Die Ungewissheit bis zur endgültigen Diagnose ist für Patienten meist schwerer auszuhalten als die Gewissheit selbst. Sobald einem Menschen die Schwere seiner Erkrankung bewusst wird, können Energien und Hoffnungen mobilisiert und wirksam eingesetzt werden (Hammer u. Schubert 1993). Inwiefern der Patient die Krankheit bewältigen kann, hängt u. a. auch von der Durchführung der Aufklärung durch den Arzt ab. Dem Patienten sollte eine umfassende Information über alle relevanten Aspekte seiner Krankheit mit den entsprechenden Konsequenzen für das körperliche und seelische Wohlbefinden und auch sozialer Beziehungen vermittelt werden. Dazu gehören natürlich auch die verfügbaren therapeutischen Optionen mit entsprechenden Vor- und Nachteilen und ggf. auch die Information über klinische Studien (s. unten). Die Informationen über therapeutische Alternativen erlauben es, dass der Patient eine eigene Kontrolle auch gegen Angst und Unsicherheit entwickeln kann.
4.3
Anwesenheit von Angehörigen
Angehörige sollten so früh wie möglich in das Aufklärungsgespräch mit einbezogen werden. Die neuen und komplexen Informationen lassen sich gemeinsam besser verarbeiten und verstehen, und die gemeinsame Verarbeitung führt zur besseren Möglichkeit der Bewältigung für den Patienten, aber auch für Partner und Angehörige. Mit Hilfe der Informationen über Krankheitsausdehnung
45 Literatur
und Prognose wird unter Berücksichtigung der Wünsche des Patienten festgelegt, ob eine kurative oder palliative Behandlung durchgeführt wird. In der bereits genannten Studie von Husebø (1997) wurde angegeben, dass die häufig mit den Angehörigen anberaumten Aufklärungsgespräche nur in Anwesenheit des Betroffenen durchgeführt werden sollten, es sei denn, dieser hat vorher die Erlaubnis zu separaten Gesprächen erteilt. In einer anderen Untersuchung (Bensen u. Britton 1996) sagten 94% der Patienten, dass Angehörige nur nach einer Erlaubniserteilung durch den Patienten über die Krebserkrankung informiert werden sollten. Alle Patienten gaben an, dass ihre Angehörigen unter keinen Umständen das Recht hätten, vom Arzt zu verlangen, er solle Informationen vor dem Patienten verheimlichen. Der Patient selbst sollte entscheiden, ob Angehörige bei Informationsgesprächen dabei sein sollen oder nicht (Fitch et al. 1994). Frühzeitige gemeinsame Gespräche mit den Angehörigen sollten vorgeschlagen werden; diese bewähren sich fast immer. Sie können Kommunikationsproblemen innerhalb der Familie vorbeugen und die soziale Isolation des Patienten reduzieren. Eine getrennte Information von Patient und Angehörigen sollte niemals stattfinden, es sei denn in besonderen Situationen, wie z. B. Bewusstlosigkeit oder Gesprächsunfähigkeit. Für anstehende Therapieentscheidungen müssen bei schwerwiegenden operativen Eingriffen oder auch bei Chemotherapien und Bestrahlungen bleibende Schädigungen, potenzielle Komplikationen, aber auch Funktionseinbußen oder Entstellung des Körpers sowie Auswirkungen auf das seelische Befinden und Partnerschaft, Sexualität oder Berufstätigkeit angesprochen werden. Je eingehender man sich initial, gedanklich und emotional mit dem Problem auseinandersetzt, desto besser gelingt die Bewältigung. Überlebende einer Krebstherapie haben oftmals Angst vor dem Ende der Behandlung, die sie mit ihrem fortdauernden Überleben assoziieren. Die vielleicht stärkste und bedrohlichste Sorge ist die ständige Furcht vor einem Rezidiv (Logo et al. 2005).
4.4
Aufklärung über Therapiestudien
Anhand der Information über die Krankheitsausdehnung und -prognose wird unter Berücksichtigung des Wunsches der Patienten festgelegt, welche Behandlung durchgeführt werden soll. Generell stehen operative Maßnahmen, eine Chemotherapie, die Strahlentherapie und deren Kombination sowie innovative bzw. alternative Behandlungsverfahren zur Verfügung. Prinzipiell sollte die Behandlung präzise einem Standardprotokoll folgen
oder im Rahmen klinischer Therapiestudien durchgeführt werden. Heute ist es über das Internet verhältnismäßig leicht möglich, Zugang zu Standardtherapieprotokollen und genehmigten klinischen Studien national und international zu bekommen. Bestimmte innovative und erfolgversprechende Therapieverfahren sind aus Kostengründen oder Zulassungsgründen nur innerhalb von klinischen Studien verfügbar. Da der Patient das Anrecht auf eine umfassende Aufklärung hat (s. oben), gehört zur Aufklärung des Patienten die Darstellung derzeitiger klinischer Studien, an denen er potenziell teilnehmen kann, obligat dazu. Die Aufklärung über derartige Studien sollte aufgrund der Informationsflut nicht im Rahmen der Diagnoseaufklärung, sondern in einem gesonderten Gespräch stattfinden. Hier ist dem Patienten klar zu vermitteln, was für ihn der Nutzen gegenüber der Standardbehandlung ist. Potenzielle Risiken sowie rechtliche und finanzielle Aspekte sind zu thematisieren, ebenso, welche Einflüsse auf das tägliche Leben vorliegen bzw. mit welchen Zusatzbelastungen wie Untersuchungen, Befragungen oder Nebenwirkungen zu rechnen ist. Jeder behandelnde Arzt hat den Auftrag, sich regelmäßig z. B. im Internet oder Fachzeitschriften über die aktuelle Studienlandschaft zu informieren.
Literatur Benson J, Britten N (1996) Respecting the autonomy of cancer patients when talking with their families: qualitative analysis of semistructured interviews with patients. BMJ 313: 729–731 Buckman R (1996) Talking to patients about cancer. BMJ 313: 699–700 Faller H (1998) Krankheitsverarbeitung bei Krebskranken. Reihe Psychosoziale Medizin. Hrsg. Brähler E, Fikentscher E, Strauß B. Hogrefe-Verlag, Göttingen Fitch MI (1994) How much should I say to whom? J Palliat Care 10: 90–100 Hammer C, Schubert V (1993) Chronische Erkrankungen und ihre Bewältigung. Verlag RS Schulz, Starnberg Husebø S (1997) Communication, autonomy, and hope. How can we treat seriously ill patients with respect? Ann NY Acad Sci 809: 440–459 Husebø S, Klaschik E (2006) Palliativmedizin, 4. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Köhle K, Simons C (1989) Zum Umgang mit unheilbar Kranken. In: Uexküll T (Hrsg) Psychosomatische Medizin. Urban & Schwarzenberg, München Wien Baltimore Meredith C, Symonds P, Webster L, Lamont D, Pyper E, Gillis CR et al. (1996). Information needs of cancer patients in west Scotland: cross sectional survey of patients’ views. BMJ 313: 724–726 Northouse P, Northouse LL (1987) Communication and cancer: issues confronting patients, health professionals and family members. J Psychosoc Oncol 5: 17–45 Slevin ML, Stubbs L, Plant HJ, Wilson P, Gregory WM, Armes PJ et al. (1990) Attitudes to chemotherapy: comparing views of patients with cancer with those of doctors, nurses, and general public. BMJ 300: 1458–1460
4
5 Moderne Bildgebung A. Bockisch, M. Forsting, L.S. Freudenberg, T. Loch, H. Rübben, J. Stattaus
5.1
Sonographie – 47
5.2
Radiologie – 57
5.3
Nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie – 66
5.1
Sonographie
T. Loch 5.1.1 Einleitung
Die Sonographie hat sich in den letzten Jahren, nach einer Phase der Fokussierung auf Schnittbildtechniken wieder so stark entwickelt und in die Klinik eingebracht, dass selbst die Erwartungen von Ultraschalloptimisten übertroffen wurden. Durch den täglichen Einsatz dieser modernen Ultraschalltechniken in Klinik und Praxis ist eine zunehmende gerätetechnische und organerhobene Spezialisierung in den verschiedenen Fachbereichen eingetreten. So haben sich neben der aktuellen Schwarz-WeißBilddiagnostik, computergestützte farbkodierte, dopplersonographische Techniken, 3D-Anwendungen sowie Kontrastmitteltechniken insbesondere für spezielle Fragestellungen etabliert. Nichtsdestotrotz spielt die Erfahrung in der Sonographie eine entscheidende Rolle, denn nur der erfahrende Untersucher weiß die Sonomorphologie und Befundkonstellationen zu werten und erkennt differenzialdiagnostische Unterschiede. Die Sonographie in der Hand des behandelnden Klinikers kann entscheidend zur Bestätigung oder Ausschluss einer Verdachtsdiagnose beitragen.
Der klinisch praktisch angewendete Ultraschall als urologisches Werkzeug des akuten Notfalls und der Routinediagnostik erübrigt in vielen Fällen eine zusätzliche invasive Diagnostik oder begründet die rechtfertigende Indikation für eine Röntgenuntersuchung. Daher tritt zunehmend die konventionelle Röntgenuntersuchung als Primärdiagnostik in den Hintergrund. Es werden erst nach sonographischer Beurteilung in zweiter Linie spezielle Schnittbildtechniken angewandt, was zu einer effektiveren Diagnostik und Handlungsentscheidung führen kann. Der Ultraschall ist aus dem klinischen Alltag des Urologen nicht mehr wegzudenken. Die Anwendung im Alltag reicht von diagnostischer Bildgebung, über Biopsiesteuerung bis hin zu intraoperativen Steuerung von therapeutischen Maßnahmen. Auch ist sie eine der wenigen Untersuchungsmethoden, die nachweislich ohne Gefahr für den Untersucher und Untersuchten eingesetzt werden kann. So ist sie bei Schwangeren und frühkindlichen Störungen eine der wenigen Untersuchungen, die ohne Bedenken jederzeit anwendbar ist. Die im Folgenden vorgestellten Beispiele sind nur exemplarische Auszüge aus einer Vielzahl von klinischen und gerätetechnischen Anwendungsmöglichkeiten und Beispielen der Sonographie und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
48
Kapitel 5 · Moderne Bildgebung
5.1.2 Ultraschalleigenschaften und -technik
Grundsätzlich sieht man im Ultraschallbild Abbildungen von getroffenen und reflektierten Grenzschichten der mechanischen Ultraschallwellen. Diese Grenzschichten werden je nach Stärke des Durchtretens bzw. der Reflexion (Impedanzunterschied) im Bild in unterschiedlichen Graustufen dargestellt.
Gerätetechnik
5
Heutige Ultraschallgeräte sind meist Computerplattformen, die verschiedenste Ultraschallsonden elektronisch verwalten und steuern lassen. Sie sind in ein in der klinischen Routine anwendbares Äußeres gekleidet, das den hygienischen Ansprüchen Genüge tut und nur noch nach außen Ähnlichkeiten mit den Sonographiegeräten der ersten und zweiten Generation hat. So findet man in modernen Geräten die Möglichkeit Panoramabilder (Hintereinanderreihung von Einzelbildern) und auch dreidimensionale in Echtzeit, ja sogar vierdimensionale Rekonstruktionen zu generieren, die nach der Untersuchung weiter betrachtet oder aufgearbeitet werden können ( Abb. 5.1). Die Geräte lassen sich hinsichtlich der Schallaussendung, Geschwindigkeit des Bildaufbaus, Bildfolgefrequenz und der Art des Scannens unterscheiden. Im Wesentlichen gibt es mechanische und elektronische Abtastungen, die langsam und schnell vonstatten gehen kann. Bei schneller Bildgeneration spricht man von der Real-time-Sonographie, die heute in fast allen Geräten zu finden ist. Im Bereich der Schallkopftechnik gibt es mechanische Sektor-Scanner und elektronische Multi-Element-ArrayUltraschallwandler (Scanner), die in verschiedenen Formen zusammengesetzt sein können. Hier gibt es Phased Array als Sektor-Scan, Linear Array als Linear Scan und Curved Array als Konvex-Scan.
Schallfrequenz, Eindringtiefe und Auflösung Die Schallfrequenz bestimmt die Auflösung und Eindringtiefe. Niedrige Ultraschallfrequenzen haben aufgrund der Wellenlänge eine hohe Eindringtiefe, aber dadurch bedingt auch eine geringere Auflösung. Urologischer Ultraschall in höheren Frequenzen (über 7 bis 20 Megahertz [MHz]) hat eine geringere Eindringtiefe, dafür aber eine durch die hohe Schallwellendichte eine höhere Bildauflösung. Bildfehler werden in der Sonographie als Artefakte bezeichnet (z.B. Spiegelechos und Randschatten. Ein abdominaler Ultraschallkopf zur Untersuchung der Nieren und Nebennieren bzw. des Retroperitoneums benötigt Eindringtiefen von mindestens 15–18 cm. Damit sind vergleichsweise niedrige Frequenzen anwendbar,
Abb. 5.1. Transparenter dreidimensionaler Datensatz der Prostata und Teilen der Harnblase
die heutzutage zwischen 3,5 und 7 MHz liegen. Hochfrequente Schallköpfe zwischen 6 und 12 MHz werden für die Endosonographie eingesetzt. Hier beträgt die Eindringtiefe um 7 cm und die Auflösung bis zu wenigen Millimetern. Für Untersuchungen der Haut oder des Skrotums sind hochfrequente Schallköpfe notwendig mit hohen Auflösungen im Bereich über 7,5 MHz.
Wasservorlauf Zur besseren Platzierung und Ankopplung sind in vielen Fällen die Anbringung von Wasservorlaufstrecken oder Gel-Pads sinnvoll, da man mit diesen das Organ bzw. die untersuchenden Regionen in dem optimalen Focusbereich der Schallköpfe bringen kann. So erlaubt ein Wasservorlauf, insbesondere bei der Endosonographie, eine konstantere Ankopplung in der Ampulle des Rektums bei Bewegungen des Schallkopfes ( Abb. 5.2).
Orientierung Bei der Orientierung bzw. der Suche der Abdominalorgane erscheinen Abbildungsbereiche von mindestens 10 cm erforderlich, um die Orientierung in dem durchschallten Raum zu erlauben. Die Abbildungsbreite kann im übrigen aufgrund der relativ geringen Ultraschallgeschwindigkeit bei Real-time-Geräten nicht beliebig breit gewählt werden; vielmehr muss hier ein Kompromiss zwischen Linien-
49 5.1 · Sonographie
Vor der Untersuchung
Vor der Untersuchung
Patientenidentifikation
Kenntnisse der Anamnese
Information über sonographische Vorbefunde
körperliche Untersuchung
Lagerung des Patienten (optimal Beurteilung der zu untersuchenden Organe) a
Auftragen von Sonographiekopplungsmittel Geräteüberprüfung
Kontrolle des Dokumentationsmaterials
Sichtung und Auswahl des richtigen Schallkopfes
Kontrolle der Einstellung (möglichst die vom Hersteller empfohlene Grundeinstellung, die man im Wesentlichen nicht verändern sollte)
Patientenlagerung
Untersuchung im Abdominalbereich, Nierenregion
b
bzw. Retroperitoneums: Rückenlage. Rechts- und Linksseitenlage
Endosonographische Untersuchung: Links/Rechtsseitenlage, Steinschnittlage (eher nachteilig)
Interventionelle Sonographie der Nieren: ggf. Bauchlage mit entsprechender Unterpolsterung
Abb. 5.2a, b. Endosonographiesonde. a Leerer Wasservorlauf. b Gefüllter Wasservorlauf
Sonographische Schnittführungen
Transversal, longitudinal, sagittal
Subkostal, interkostal, schräger Flankenschnitt
dichte (Auflösungsvermögen), Eindringtiefe und Abbildungsbreite sowie Bildfrequenz gefunden werden, da sich die Faktoren gegenseitig beeinflussen und limitieren.
Untersuchungstechnische Hilfen
Einatmen und Ausatmen, Anhalten der Atmung
Steuerung interventioneller Maßnahmen Eine wesentliche Bedeutung des Ultraschalls liegt in der Steuerung von interventionellen Maßnahmen. So gehört die ultraschallgesteuerte perkutane Entlastung eines gestauten Nierenhohlystems oder die Einlage eines suprapubischen Harnblasenkatheters zu den Kernaufgaben in der urologischen Notfallversorgung. Moderne Ultraschallgeräte erlauben eine exakte Zielführung der Punktionsnadel mit Hilfe einer auf dem Bildschirm dargestellten Markierungen.
5.1.3 Untersuchungstechnik
Zu einer guten Ultraschalluntersuchung gehört eine Vorbereitung!
(nicht vergessen, das Atmen wieder zu erlauben), Füllung mit Flüssigkeit der Harnblase (natürliche bzw. über liegende Ableitung)
Positionswechsel des Patienten
Bei nicht Einstellbarkeit Rufen eines Erfahrenen
Dokumentation
Aufnahme von normalen anatomischen Befunden in 2 Ebenen, auch der Gegenseite, wenn Vorhanden
Aufnahme des krankhaften Befundes in den größten bzw. am besten beschreibenden Ebenen (transversal und longitudinal)
Klinisch sinnvolles Ausmessen von Distanzen zur Dokumentation
Schriftliche Befundung und Beurteilung sowie Kontrolle auf Datum und Zuordnung des Untersuchten und Untersuchers
5
50
Kapitel 5 · Moderne Bildgebung
5.1.4 Anatomie
5
Eine wesentliche Rolle in der Interpretation sonographischer Befunde spielt die Kenntnis der Anatomie und der Patho-Anatomie der untersuchten Organe. Ohne Kenntnis des Normalbefundes sind pathologische Veränderungen nicht einzuschätzen. Deshalb sollte man sich vor jeder Untersuchung über die differenzialdiagnostisch zu erwartende Ultraschallanatomie und Patho-Anatomie Gedanken machen, um dies als Grundlage für die Einordnung der dargestellten Sonomorphologie zu nutzen. Eine solide Kenntnis der Anatomie der untersuchten Organe über das hier dargestellte gehört zum Grundhandwerkszeug der Sonographie.
dorsal sollte man die Untersuchung der Niere durchführen. Ein kräftiges Anpressen der Ultraschallsonde kann bei der Oberbauchsonographie zu einer Verbesserung der Bildqualität führen. Die Ultraschalluntersuchungen
5.1.5 Organbezogene Techniken
Nieren Nieren sowie retroperitonealer Bereich der Nieren lassen sich sowohl in Rückenlage als auch in Halb- bzw. Seitenlage sowie in Bauchlage durchführen. Eine spezielle Vorbereitung ist nicht erforderlich ( Abb. 5.3). Bei Patienten in Rückenlage gelingt es von lateroventral bis dorsolateral ( Abb. 5.4) beide Nieren vollständig abzubilden. Gelingt dies nicht so können die Untersuchungsbedingungen verbessert werden, indem man die Patienten in eine Halbseitenlage bzw. Bauchlagerung führt. Ebenso ist ein Aufklappen des Patienten mit einer Gummirolle oder einem Kissen möglich, so dass die Distanz zwischen Rippenbogen und Beckenkamm vergrößert wird. Grundsätzlich kann man sagen, je mehr die Darmüberlagerung die Untersuchung behindert, desto weiter
Abb. 5.4. Nieren mit großen Konkrementen von dorsolateral untersucht und Niere mit Poltumor
Abb. 5.3. Normalbefund (transhepatisch) und Harnstauungsniere Niere (dorsolateral)
51 5.1 · Sonographie
der Nieren beinhaltet die Untersuchung in Längsschnitt und Querschnitt wie sie bei jedem Organ erforderlich ist. Hinweis
I
I
Der Untersucher sollte möglichst ein dreidimensionales Bild des Organs in seinem Geiste erstellen können, ausgehend vom unteren bis oberen Pol in beiden Ebenen.
Beurteilung der Niere
Vorhandensein, Form und Lage: Einzelniere, Malrotation, Hufeisenniere, Duplikationen
Hohlsystem: Weitstellung und Raumforderungen, Duplikationen
Parenchym: Verdacht auf Raumforderungen: Zysten, Abszess, Tumoren, Konkremente
Retroperitonealraum Hier wird die gleiche Technik wie bei der Nierensonographie angewandt. Bei entsprechender Technik gelingt es, die großen Gefäße, Aorta und Vena cava inferior in Längs- und Querschnitt bis zur Bifurkation darzustellen. Hier sollte auf mögliche Veränderungen, wie z. B. Verdrängung, Verlagerung, Kompression oder Kalibersprung geachtet werden. Um die Nierengefäße zu beurteilen, sollten die aus der Aorta abgehenden Äste des Truncus coeliacus, mesenterica superior, rechte und linke Nierenarterie sowie die aufzweigende Aorta betrachtet werden. Weiterhin können die Zuflüsse der Vena cava inferior dargestellt bzw. beurteilt werden. Hier können bei entsprechender Erfahrung und Technik möglicherweise Thromben erkannt werden. Wichtig erscheint hier, dass die Gefäßarchitektur eine gute Leitschiene zur Beurteilung und Orientierung des retroperitonealen Raumes bzw. der Patho-Anatomie erlaubt.
Dopplersonographie: Durchblutung, Durchblutungsveränderungen (mit und ohne Ultraschallkontrastmittel)
Die Beurteilung auch dopplersonographisch der Nierengefäße ( Abb. 5.5) gelingt besonders im Querschnittsbild von ventral oder dorsolateral. Bei Raumforderungen sollte die Aorta und Vena cava inferior Darstellung den Befund komplettieren.
Beurteilung des Retroperitonealraumes
Vorhandensein, Form und Lage beider Nebennieren, Harnleiter, Lymphknoten, Raumforderungen, Abszesse, Einblutungen
Dopplersonographisch: Durchblutung, Durchblutungsveränderungen (mit und ohne Ultraschallkontrastmittel) der Gefäße
Abb. 5.5. B-Bild und Powerdopplerbild der rechten Niere
5
52
Kapitel 5 · Moderne Bildgebung
Harnblase und paravesikaler Raum mit Prostata- und Samenblasen (suprapubisch)
5
Der suprapubische Ultraschall des kleinen Beckens mit Harnblase, Prostata und Samenblase gehört zu den Grunduntersuchungen der Urologie. Hier ist wohl die häufigste Fragestellung nach Restharn und grober Beurteilung der Prostata ( Abb. 5.6). Nichtsdestotrotz können Harnblasentumoren sowie distale Uretersteine mit entsprechender Technik erkannt werden. Die Untersuchung erfolgt in Rückenlage; es sind keine speziellen Vorbereitungen notwendig, die Blase sollte gefüllt sein. Im Idealfall bildet die gefüllte Harnblase eine hervorragende Wasservorlaufstrecke um die dahinter liegenden Organe der Prostata sowie Samenblasen, Uterus bzw. Adnexen zu untersuchen. Eine Dignitätsbeurteilung bzw. Beurteilung der Feinstruktur ist aufgrund der notwendigen niedrigen Frequenzen in dieser Untersuchungstechnik nicht möglich. Die Restharnmessung wird heute in der Regel mittels der Formel: Länge × Breite × Höhe × 0,5 (= Volumen eines ellipsoiden Körpers) gemessen. Hierzu wird zuerst die Blase in dem größten Durchmesser im Querschnitt dargestellt. Danach wird der Schallkopf in Sagittallinie (Mittellinie) so platziert, dass man ebenfalls den größten Durchschnitt der Harnblase erkennen kann. Beide Bilder werden dokumentiert und die entsprechende Höhe, Breite und Länge der Harnblase gemessen. In den meisten modernen Ultraschallgeräten erlaubt ein Programm eine automatische Volumenkalkulation.
Abb. 5.6. Transvesikale Darstellung der Prostata und Harnblase ohne wesentlichen Restharn
Weiterhin erlauben moderne Geräte auch Mehrfachmessungen von Organen in einem Bild (z. B. Harnblasenund Prostatavolumen in einem Bild).
Beurteilung der Harnblase
Vorhandensein
Form und Lage (Divertikel)
Füllung (Restharn)
Wandstärke
Raumforderungen (Fremdkörper, Tumoren, Steine) Beurteilung der Prostata und Samenblasen
Vorhandensein
Form und Lage
Größe
Zysten
Skrotalinhalt Die Untersuchung des Skrotalinhaltes ist eine beim Urologen häufig durchgeführte Untersuchung und erlaubt insbesondere mit hochfrequenter Auflösungen über 7 MHz eine sehr gute Darstellung des Hodenparenchyms sowie der Durchblutung durch farbkodierte Duplexsonographie ( Abb. 5.7). Nichtsdestotrotz sollte man sich bei der Sonographie nicht verführen lassen, eine Hodentorsion bei entsprechender Durchblutung auszuschließen. Hier kann nur
53 5.1 · Sonographie
die Freilegung letzte Sicherheit bringen. Optimale Frequenzen zu der Untersuchung liegen zwischen 7,5 und 12 MHz, die eine sehr gute Beurteilung von möglichen Raumforderungen bzw. Zysten oder Verkalkungen darstellen. Die heutigen modernen Schallköpfe benötigen für diese Untersuchung keine Wasservorlaufstrecken mehr, da sie im Nahbereich eine hervorragende Auflösung haben. Insbesondere mit der Farbdopplersonographie lässt sich entsprechend auch der Samenstrang bis inguinal untersuchen. Auch dient der hoch auflösende Schall zur Hodensuche bei Maldescensus testis. Hier ist die Sonographie bis zum Leistenkanal der Magnetresonanztomographie als gleichwertig anzusehen. In der Beurteilung von Hodentumoren hat die Sonographie neben den Tumormakern eine herausragende Bedeutung und ist wesentlich in der Indikationsstellung zur operativen Freilegung und ist wesentlich in der Beurteilung der Notwendigkeit eines intraoperativen histopathologischen Schnellschnittes.
Beurteilung des Skrotalinhaltes und der Hoden
Vorhandensein und Größe
Form und Lage
Hydrozele, Hernie, Spermatozele, Varikozele
Parenchym: Zysten, Verkalkungen, Raumforderungen
Durchblutung
Penis und Harnröhre Mit hochauflösenden Schallköpfen, von 7–20 MHz können Penis und Harnröhre optimal dargestellt werden. Hier können z. B. einer Enduratio penis plastica sowie die Durchblutung des Penis mit Power bzw. farbkodiertem Duplexsonographie beurteilt werden. Ebenfalls erlauben hochauflösende Schallköpfe 3D-Rekonstruktionen sowie das Aufzeichnen von Panoramabildern des Penis und der gesamten Harnröhre. Es lassen sich mit entsprechender Technik sogar Strikturen der Harnröhre darstellen.
Beurteilung des Penis
Vorhandensein
Form und Lage
Raumforderungen (Tumoren, Steine)
Wandschichten (Verkalkungen)
Durchblutung
Harnröhre
5.1.6 Endosonographie
Eine wesentliche Rolle in der urologischen Bildgebung spielt die Endosonographie. Hier hat der transrektale Ultraschall (TRUS) eine herausragende Rolle und gehört sicherlich zu den am meisten durchgeführten Untersuchungen. Diese Form der Bildgebung erlaubt eine exakte hochauflösende Beurteilung der umgebenden Organe,
Abb. 5.7. Dopplersonographisches Bild des linken Skrotalinhaltes (Normalbefund)
5
54
Kapitel 5 · Moderne Bildgebung
sogar eine postoperative Anastomosenkontrolle nach radikaler Prostatektomie. Mit dieser Technik lassen sich gezielt Gewebeproben zur Diagnostik entnehmen bzw. interventionelle Therapieverfahren steuern. Es werden Schallköpfe mit Frequenzen zwischen 6 und 12 MHz zur Untersuchung der Prostata eingesetzt. Moderne Systeme erlauben eine Darstellung der untersuchten Region in mehreren Ebenen. Die am häufigsten genutzten Ebenen sind die Transversal- (Querschnitt) und Longitudinalebene.
5
Prostata und Samenblasen Grundsätzlich sollte die Untersuchungstechnik die Prostata von apikal nach basal komplett abfahren sowie in der
Abb. 5.8. Schematische Darstellung der zonalen Anatomie der Prostata nach McNeal: Querschnitt in Höhe des Colliculus seminalis (Abb. 5.10, 5.11, 5.12, 5.15). PZ periphere Zone (dunkelblau), TZ Transitionalzone (mittelblau), periurethrales Stroma (hellblau)
Abb. 5.9. Prostatadarstellung: Tranversale und longitudinale Ebene mit automatischer Berechnung des Volumens nach Messung der Länge, Höhe und Breite
longitudinalen Ebene durch Betrachtung des Organs von links nach rechts untersuchen. Der TRUS eignet sich hervorragend zur Darstellung der zonalen Anatomie nach McNeal ( Abb. 5.8) und Messen der Größe der Prostata. Volumetrie. Es gibt verschieden Methoden der Volumetrie der Prostata. Die gebräuchlichste Art ist die Messung der größten Höhe und Breite im Querschnitt sowie der größten Länge im Längsschnitt (B×H×L×0,5), mit deren Hilfe das Volumen eines Ellipsoids (Prostata) eingeschätzt werden kann ( Abb. 5.9). Weitere Techniken sind die schrittweise Planimetrie, in der die Prostata in Querschnitten von apikal in 5 mm Schritten auf einem Stativ rasterartig abgefahren und volumetriert wird. Hierbei werden die exaktesten Volumendaten für die Prostata ermittelt. Diese Technik wird auch zur Brachytherapieplanung verwendet, um die exakten Volumina der Therapieplanung bzw. -durchführung zuzuführen. Diese Berechnungen können auch retrospektiv an dreidimensionalen Datensätzen durchgeführt werden.
Beurteilung der Prostata und Samenblasen
Beurteilung der Prostata und Samenblasen
Vorhandensein
Form und Lage (Asymmetrie, Gefäßnervenbündel)
Volumen (Gesamtdrüse, benigne Hyperplasie)
Zysten, Verkalkungen, Abszesse
Raumforderungen (Organüberschreitung, Größe)
Durchblutung
55 5.1 · Sonographie
Steuerung interventioneller Maßnahmen Biopsie Die Hauptdomäne des TRUS ist die ultraschallgesteuerte Biopsie der Prostata. Nach rektaler Tastuntersuchung führt man einen mit oder ohne Wasserlauf versehenden Ultraschallkopf in das Rektum ein. Moderne Ultraschallgeräte erlauben eine exakte Zielführung der Biopsienadel mit Hilfe einer auf dem Bildschirm dargestellten Markierung sogar simultan in 2 Ebenen ( Abb. 5.10). Die Gewebeentnahme kann in »real-time« als heller Reflex beobachtet werden. Die Lokalisationen der Gewebeentnahmen können elektronisch oder auch auf Papier exakt dokumentiert werden, um die histopathologischen Ergebnisse den Entnahmeorten zur möglichen Therapieplanung zuordnen zu können. Die ehemals als Standard angesehenen systematischen Sextantenbiopsie wird heute aufgrund von mangelnder Trefferquote meist durch 10–12 Gewebeentnahmen pro Patient und Sitzung ersetzt. Einen eindeutigen Standard gibt es hierbei derzeit nicht. In seltenen Fällen wurden sogar bis über 100 Gewebeentnahmen pro Sitzung entnommen, um möglichst viele Tumore entdecken zu können. Es ist jedoch in der Literatur belegt, dass mehr als 24 Biopsien in einer Sitzung keinen höheren diagnostischen Wert erbringen als Serien von 12. Entscheidend ist hier auch die Qualität der anatomischen Zuordnung.
Kontrolle von operativen Ergebnissen Das sonographisch ausgemessene Volumen der Prostata dient zur Entscheidung über das adäquate Operationsverfahren bzw. zum Einschätzen der Menge des zu entfer-
nenden Gewebes. Bei der transurethralen Resektion der Prostata (TUR-P) ist es möglich, mit Hilfe des transrektalen Ultraschalles eine Erfolgskontrolle durchzuführen. Die einfach darzustellende Resektionshöhle spiegelt das Ausmaß der Resektion wieder ( Abb. 5.11a–d).
Endourethrale und endovesikale Sonographie Die endoluminale Sonographie der Harnröhre und der Harnblase hat keine wesentliche Beachtung gefunden und ist damit nur bei Spezialindikationen gerechtfertigt. Das Einführen dieser Sonden entspricht in etwa einer Urethrozystoskopie und ist damit als relativ invasiv anzusehen. Nichtsdestotrotz erlaubt sie eine hochauflösende Darstellung der einzelnen Gewebeschichten der Harnröhre und der Schleimhaut der Harnblase.
Beckenbodensonographie Der Ultraschall des Beckenbodens (perineal, über den Introitus und vaginal) erlaubt die Beurteilung der weiblichen Anatomie und Patho-Anatomie. Insbesondere in der Beurteilung der Diagnostik und Therapie der unterschiedlichen Formen der Beckenbodenveränderungen kann die Sonographie neue und dynamische Veränderungen aufzeigen. Auch können dreidimensionale Rekonstruktionen, wie kaum ein anderes bildgebendes Verfahren Befunde dokumentieren und festhalten ( Abb. 5.12 und 5.13). Die Exploration der Möglichkeiten dieser modernen Bildgebung haben gerade erst begonnen, zeigen aber die enorme technische und qualitative Entwicklung des
Abb. 5.10. Prostatabiopsie: Darstellung der Eintrittsstelle der Biopsienadel transversal (heller Punkt) und longitudinal im Verlauf (heller Reflex)
5
56
Kapitel 5 · Moderne Bildgebung
5 a
b
c
d
Abb. 5.11a–d. Prostata im TRUS vor (a) und nach TUR-P (b, c). d Post-TUR-P radikales Prostatektomiepräparat
Abb. 5.12. 3D-Darstellung der entleerten Harnblase und weiblichen Harnröhre (sagittaler Schnitt)
Abb. 5.13. 3D-Darstellung der weiblichen Harnröhre (koronarer Schnitt)
57 5.2 · Radiologie
Abb. 5.14. Portables Ultraschallgerät, das in der Kitteltasche mitgeführt werden kann
Ultraschalls auf. Hier wird in naher Zukunft eine symptomorientierte Befundzuordnung möglich sein, die praktische Erkenntnisse für den klinischen Alltag zulassen wird.
Technische Innovationen Die meisten Ultraschallgeräte erlauben das gleichzeitige Andocken von mehreren Schallköpfen, so dass heutzutage ein Gerät für sämtliche Fragen der Urologie genutzt werden kann. Auf der andern Seite gibt es aber auch moderne ultraportable Ultraschallgeräte, die für spezielle Fragestellung schon fast in der Kitteltasche getragen werden können ( Abb. 5.14). Gerade bei den heute angebotenen komplexen, multimodalen Ultraschall-Computereinheiten sind Frequenzwechsel der individuellen Schallsonden bei fast allen Geräten möglich. Auch erlauben die meisten dieser Multifunktionsgeräte die Möglichkeit der farbkodierten Dopplersonographie in verschiedenen Color- und Powermodi. Im Bereich des transrektalen Schalles sind deutliche Weiterentwicklungen in den letzten Jahren erfolgt. Hier sind Techniken mit Kontrastmittel sowie Elastographie und computergestützte Bildauswertungen (C-TRUS/ ANNA) in der Literatur zu finden, die versuchen mit Hilfe dieser Techniken gezielte Gewebeentnahmen mit höherer Treffsicherheit zu erlauben. Exemplarisch versucht man insbesondere bei der jetzt auch netzwerkfähigen webbasierten computergestützten C-TRUS/ANNA-Auswertungen, anhand von Prostatektomiepräparaten gewonnene Krebsmuster in und bei unbekannten Patienten wiederzufinden ( Abb. 5.15) und diese dann ganz gezielt mit höheren Treffsicherheiten zu detektieren. Es ist möglich, lokal Bilder aufzunehmen, diese per Datenleitung an ein Rechenzentrum zu senden
Abb. 5.15. Farbig markierte C-TRUS/ANNA-Auswertung eines konventionellen TRUS-Bildes: Verdächtige Areale sind visuell nicht erkennbar
und die Ergebnisse ( Abb. 5.15) vor Ort zu einer qualitativ hochwertigen gezielten Prostatabiopsie zu nutzten. In der modernen computergestützten Sonographie liegt ein enormes Potenzial, das wir in den kommenden Jahren hinsichtlich Miniaturisierung und technischer Weiterentwicklungen mit Spannung erwarten dürfen.
5.2
Radiologie
J. Stattaus, M. Forsting, H. Rübben Dieser Abschnitt soll Grundlagen zur Technik, Methodik und Aussagekraft der radiologischen Schnittbildverfahren Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) darstellen. Er soll abgrenzen, was evidenzbasierte, tägliche Praxis und was Gegenstand der aktuellen klinischen Forschung ist. Nach einer Beschrei-
5
58
Kapitel 5 · Moderne Bildgebung
bung der verschiedenen Verfahren sollen allgemein die Einsatzmöglichkeiten für verschiedene Fragestellungen der Uroonkologie in der Gegenwart und der nahen Zukunft erörtert werden, wobei sich Überschneidungen mit den tumorspezifischen Kapiteln nicht komplett vermeiden lassen. Da sich in den letzten Jahren die radiologische Forschung in der Uroonkologie auf das Prostatakarzinom fokussiert, stellt dieser Tumor auch einen Schwerpunkt in den hier behandelten Arbeiten dar.
5
5.2.1 Radiologische Schnittbildgebung
Computertomographie
a
Seit der Einführung der Multidetektor-CT (MDCT) können standardmäßig hochauflösende Aufnahmen mit geringer Schichtdicke und kurzer Aufnahmezeit erzeugt werden. Für die klinische Routinediagnostik sind Schichtdicken von 5 mm für Thorax- und Abdomenuntersuchungen üblich, mit entsprechender Gerätetechnik können gleichzeitig ohne vermehrte Strahlenbelastung dünnere Schichten (1–2 mm) erzeugt werden, die eine dreidimensionale Reformatierung erlauben ( Abb. 5.16). Voraussetzung ist die intravenöse Gabe eines jodhaltigen Kontrastmittels (KM) und eine mehrphasige Untersuchung, bei der einzelne Serien jeweils in Atemstillstand aufgenommen werden. Die Injektion erfolgt automatisch mit einer Flussrate von 3 ml/s, verwendet werden 100–140 ml KM.
b
Hinweis
I
I
Standard in der CT-Untersuchung des Abdomens ist heute eine Multidetektor-CT mit nativer und venöser Kontrastmittelphase. Zur differenzierten Abklärung der Nieren ist ein erweitertes Protokoll zu empfehlen (arterielle, nephrographische und exkretorische Phasen).
Die Nativphase dient zum Nachweis von Verkalkungen sowie zur Bestimmung der Nativdichte einer Läsion und wird z. B. für die Differenzierung einer komplizierten Zyste von einem KM-affinen Tumor benötigt. In der arteriellen Phase werden die meist hypervaskularisierten Nierenzellkarzinome durch eine kräftige, inhomogene KM-Aufnahme erkennbar; allerdings können kleine Karzinome, die aufgrund ihres Enhancements nicht von der Nierenrinde differenziert werden können, unentdeckt blieben. Die arterielle Phase kann in Form einer CT-Angiographie zur Operationsvorbereitung hilfreich sein. In der regulären venösen Phase (60–70 s Startverzögerung) ergibt sich eine gute Kontrastierung in den Oberbauchorganen zur Läsionsabgrenzung sowie zur Differenzierung von Lymphknoten.
Abb. 5.16a, b. Computertomographie. a Großes Urothelkarzinom des Nierenbeckens (Pfeil). Ausgedehnte paraaortale Lymphknotenmetastasen. b Parakoronare Rekonstruktion: hilär und paraaortal konglomeratartiges Wachstum von Tumor und Lymphknotenmetastasen (Pfeil)
Für die dezidierte Abklärung der Nieren findet sich die Empfehlung, stattdessen eine spät-venöse oder nephrographische Phase (80–180 s Verzögerung) aufzunehmen (Sheth et al. 2001). So können bei homogener Kontrastierung des Nierenparenchyms solide und zystische Raumforderungen am sichersten abgegrenzt werden, außerdem sind Tumorthromben gegen das kontrastierte Kavalumen abzugrenzen. Ergänzend kann in der Ausscheidungsphase (nach etwa 10 min) ein intraluminaler Tumor hypodens gegen das kontrastierte Lumen des Harntraktes abgegrenzt werden. Bei der Suche nach pulmonalen Filiae gilt als Goldstandard die CT-Untersuchung des Thorax, da sich vor allem kleine Metastasen mit einer konventionellen Röntgen-Thorax-Untersuchung nur mit einer deutlich niedrigeren Sensitivität nachweisen lassen (Schmoll et al. 2004; Shuch et al. 2008). Allerdings ist der Preis für die hohe
59 5.2 · Radiologie
Sensitivität ein Verlust an Spezifität: Mit der MDCT werden oft kleine pulmonale Herde entdeckt, die in Abhängigkeit von Anzahl, Größe, Lage und Form gewertet werden sollten. Die alte Weisheit, dass ein Lungenrundherd bis zum Beweis des Gegenteils als maligne anzusehen ist, besitzt durch die moderne CT keine Gültigkeit mehr. Ein einzelner, nicht rundlicher Herd von 5 mm Größe entspricht statistisch gesehen höchstwahrscheinlich einem Granulom, wohingegen mehrere rundliche, subpleural gelegene Herde für Metastasen sprechen. Manchmal kann allerdings nur eine Verlaufskontrolle nach 3–6 Monaten in der Differenzierung helfen. Zur Beurteilung einer CT-Staging-Untersuchung gehört auch die Suche nach ossären Metastasen. Die CT zeigt dabei eine geringere Sensitivität als die Knochenszintigraphie, eignet sich aber aufgrund ihrer hohen Ortsauflösung besser zur Verlaufsbeurteilung bekannter Knochenmetastasen unter Therapie (Hricak et al. 2007). Zu beachten ist, dass eine zunehmende Sklerosierung einer Knochenmetastase oder auch das Neuauftreten von osteoblastischen Herde unter Chemotherapie nicht als Progression fehlgedeutet werden darf, wenn die übrigen Tumormanifestationen auf die Therapie ansprechen. Diese als »osteoblastic response« bezeichnete Heilungsreaktion von zuvor okkulten Metastasen ist für das Prostatakarzinom, aber auch für andere Tumoren beschrieben (Stattaus et al. 2008).
a
b
Konventionelle Magnetresonanztomographie Die MRT ist die bildgebende Methode mit dem höchsten Weichteilkontrast und bietet so die Möglichkeit, verschiedene Gewebsarten zu differenzieren. Im Gegensatz zur CT werden keine Röntgenstrahlen verwendet, sondern elektromagnetische Wellen ausgewertet, die unter dem Einfluss eines starken Magnetfeldes nach Anregung durch einen Hochfrequenzimpuls vom Körper des Patienten abgegeben werden. Verschiedene Gewebe lassen sich aufgrund ihres unterschiedlichen Wassergehaltes in den sog. T1- oder T2-gewichteten Bildern mit verschiedenen Graustufen darstellen. Eine hohe Sensitivität für pathologische Gewebsveränderungen hat die STIR-Sequenz (»short tau inversion recovery«), eine spezielle Form der T2-Wichtung mit Fettunterdrückung. Grundsätzlich werden langsamere konventionelle Spinecho- oder Turbo-Spinecho- (SE, TSE) und schnelle Gradientenecho-Sequenzen (GE) unterschieden. Das allgemein verwendete Gadolinium-haltige Kontrastmittel verteilt sich wie das jodhaltige Röntgenkontrastmittel im gesamten Extrazellularraum und sorgt für eine T1-Signalerhöhung ( Abb. 5.17). Der Einsatz geeigneter Oberflächenspulen, die über der Untersuchungsregion auf dem Patienten platziert
c Abb. 5.17a–c. Fortgeschrittenes Blasenkarzinom. a T2-Wichtung axial: exophytisches Tumorwachstum (Pfeile), ausgehend von der Blasenrückwand. b T1-Wichtung axial nach Kontrastmittelgabe: semizirkuläre Tumorausbreitung. c T1-Wichtung koronar nach Kontrastmittelgabe: Tumorausdehnung in Blasendach und -boden
werden, führt zu einer Signalverstärkung, die genutzt wird, um den Weichteilkontrast und die Bildauflösung zu steigern. Dies beinhaltet z. B. bei der Prostata-MR üblicherweise die zusätzliche Verwendung einer Endorektalspule. Auch eine erhöhte Magnetfeldstärke führt zu einer besseren Bildqualität: mehrere Studien konnten nachweisen, dass bei 3 Tesla (T) im Vergleich zu 1,5 T die Bildqualität steigt (Kim u. Park 2008). Es wurde auch gezeigt, dass bei einer 3-T-Prostata-MR ohne Endorektalspule die Bildqualität einer 1,5-T-Untersuchung mit
5
60
5
Kapitel 5 · Moderne Bildgebung
Endorektalspule erreicht wird; alternativ kann also aus Gründen der besseren Patientencompliance auf die Endorektalspule ohne Qualitätseinbußen bei 3 T verzichtet werden (Kim u. Park 2008). Ein grundsätzlicher Nachteil gegenüber der CT ist die längere Messzeit, die eine stärkere Anfälligkeit gegenüber Bewegungsartefakten (Atmung, Darmperistaltik) bedingt. Die beste MR-Bildgebung mit SE-Sequenzen ist in unbewegten Organen wie dem Hirnschädel möglich, für den Thorax und den Oberbauch hingegen werden schnelle GE-Sequenzen in Atemanhaltetechnik verwendet, die immer einen Kompromiss in Auflösung und Kontrast darstellen. Im kleinen Becken ist durch Gabe von Spasmolytika und mit entsprechende hochauflösenden SE-Sequenzen eine weitgehend bewegungsfreie Darstellung mit einer Ortsauflösung im Submillimeterbereich zu erreichen, die für das lokale Tumorstaging von Prostata- und Blasenkarzinom verwendet werden kann (Beyersdorff et al. 2008; Hricak et al. 2007).
a
Kontrastmitteldynamik (DCE-MRI) DCE-MRI (»dynamic contrast enhanced magnetic resonance imaging«) bedeutet eine wiederholte Aufnahme von einer oder mehreren MR-Schichten während der gleichzeitigen i.v. Gabe von Kontrastmittel, um das Anreicherungsverhalten von Tumoren (Kontrastmitteldynamik) erfassen zu können. Neben der Darstellung von Signalintensitätszeitkurven werden parametrische Analysen durchgeführt. Die bekannteste klinische Anwendung ist die Mamma-MRT, bei der Karzinome aufgrund ihres charakteristischen Anreicherungsverhaltens detektiert werden. Auch das Prostatakarzinom weist meist eine Hypervaskularisation mit frühem Wash-in- und Wash-out-Phänomen auf ( Abb. 5.18). Die dynamische MR zeigt eine Sensitivität von 70–75% im Tumornachweis (Haider et al. 2008; Ocak et al. 2007; Sciarra et al. 2007). Eine Studie ermittelte im Vergleich zur 14-fach-Stanzbiopsie sogar eine Sensitivität von 93% und eine Spezifität von 96% im Nachweis klinisch signifikanter Karzinome (Hara et al. 2005). Dem Nachweis entgehen allerdings meist Tumoren in der zentralen Zone aufgrund der dort vorliegenden physiologischen Hypervaskularisierung, weswegen sich
Abb. 5.18a–c. Prostatakarzinom pT3a in der peripheren Zone rechts apexnah. a T2-Wichtung mit umschriebener Signalabsenkung (Pfeil). b DCE-MRI mit korrelierend vermehrter KM-Anreicherung. Nachweis zipfliger Ausläufer in das umgebende Fettgewebe passend zu extrakapsulärer Tumorausbreitung. c Farbkodierte Auswertung der DCEMRI mit Nachweis des Tumorareals
b
c
61 5.2 · Radiologie
die meisten Studien auf Tumoren der peripheren Zone beschränken. Falsch-positive Befunde werden z. B. bei Prostatitisfällen oder nach Biopsie beschrieben. Für das Blasenkarzinom konnte die DCE-MRI mit einer Treffsicherheit von 85% oberflächliche von muskelinvasiven Tumoren differenzieren sowie organüberschreitendes Wachstum mit 82% Treffsicherheit entdecken (Tekes et al. 2005). Im Nachweis eines Tumorrezidivs nach Strahlentherapie zeigte die DCE-MRI eine hohe Sensitivität bei mäßiger Spezifität (Dobson et al. 2001). Hinweis
I
I
Die Kontrastmitteldynamik (DCE-MRI) verspricht eine Sensitivität von 70–80% im Nachweis des Prostata- und Blasenkarzinoms. Anders als die Mamma-MRT hat die Methode aber noch keine allgemeine Verbreitung gefunden.
Die KM-Dynamik wird im Rahmen klinischer Studien auch zur Beurteilung des Therapieansprechens bei Behandlung mit Angiogenese-Inhibitoren verwendet. Erste Ergebnisse zeigen, dass beim metastasierten NCC unter Therapie mit dem Angiogenese-Inhibitor Sorafenib eine Reduktion der Gefäßpermeabilität mit einem besseren Ansprechen korreliert (Flaherty et al. 2008). Außerdem erwies sich eine initial hohe Gefäßpermeabilität als Prädiktor für das spätere Therapieansprechen. Ähnliche Ergebnisse ergaben sich auch mit anderen Tumoren und anderen Angiogenese-Inhibitoren, so dass die dynamische MR verspricht, als frühe Entscheidungshilfe in der Steuerung der Antiangiogenese-Therapie dienen zu können.
MR-Lymphographie Bei der MR-Lymphographie wird ein spezifisches Kontrastmittel (Ferumoxtran-10, Sinerem, Guerbet) verwendet, das kleine superparamagnetische Eisenoxid-Partikel (USPIO) enthält. Diese Partikel werden nach intravenöser Injektion von Makrophagen aufgenommen und in das normale Lymphgewebe transportiert. Nach 24–36 h wird das T2-Signal in gesunden Lymphknoten deutlich reduziert, nicht aber in tumorbefallenen Lymphknotenarealen. Erste Phase-II-Studien (Deserno et al. 2004; Harisinghani et al. 2003) mit exzellenten Ergebnissen der MR-Lymphographie erweckten viel Hoffnung, insbesondere für das Primärstaging des Prostata- und Blasenkarzinoms. Kumuliert für verschiedene Tumorentitäten zeigten sich eine Sensitivität von 91% und eine Spezifität von 96% im Nachweis von Lympknotenmetasen im Vergleich zu 63% bzw. 92% für die native MRT (Bellin u. Roy
2007). Allerdings wurde der Antrag auf die europäische Zulassung des Eisenoxid-Kontrastmittels für Tumorerkrankungen des Beckens bei der European Medicines Agency (EMEA) vom Hersteller im Dezember 2007 wieder zurückgezogen. Grund war der Hinweis der EMEA, dass mit den vorgelegten Daten von 271 Patienten die Wirksamkeit von Sinerem bei der Verbesserung der Lymphknotendarstellung nicht zuverlässig nachgewiesen worden sei. Eine Marktzulassung erscheint somit gegenwärtig unwahrscheinlich, und weitere klinische Studien sind nicht angekündigt.
MR-Spektroskopie Die MR-Spektroskopie (MRS) erlaubt eine voxelbasierte spektrale Zerlegung des MR-Signals und eine nichtinvasive Quantifizierung bestimmter Metaboliten wie Kreatin, Cholin und Citrat aufgrund Ihrer charakteristischen Peaks im Spektrogramm. Das Prostatakarzinom weist eine erhöhte Cholinkonzentration bei erniedrigter Citratkonzentration auf, so dass insbesondere ein erhöhter Cholin-Citrat-Quotient als Kriterium in der MRS verwendet wird ( Abb. 5.19). In aktuellen Studien zeigte sich eine Sensitivität von 80–85% im Nachweis des Prostatakarzinoms (Sciarra et al. 2007; Testa et al. 2007). Allerdings scheint eine deutliche Abhängigkeit vom Malignitätsgrad zu bestehen: die Sensitivität der MRS betrug bei einem Gleason-Score von 3+3 nur 44%, bei einem Score von 4+4 aber 89% (Zakian et al. 2005). Berücksichtigt werden sollte allerdings, dass die MRS eine komplizierte Untersuchung darstellt, für deren Durchführung und Auswertung spezielles Knowhow seitens der MR-Physik und ein nicht unerheblicher Zeitaufwand erforderlich sind. Aus diesen Gründen ist sie bisher auch nur in wenigen Zentren als Routinemethode etabliert.
Diffusions-MRT Die Diffusions-MRT, etabliert in der Frühdiagnostik des Apoplex, macht sich die gestörte Diffusion freier Wassermoleküle in pathologischen Gewebsveränderungen zu Nutze und wird seit kurzem vermehrt für die Tumordetektion im Rahmen klinischer Studien evaluiert. Neben der visuellen Auswertung einer Signalanhebung in der Diffusionsbildgebung kann eine parametrische Analyse erfolgen: der ADC-Wert (»apparent diffusion coefficient«) zeigt dabei niedrigere Werte in Tumorgewebe als im gesunden Gewebe. Die Methode verspricht Vorteile vor allem in der zentralen Zone der Prostata, so dass insgesamt eine Sensitivität bzw. Treffsicherheit von 80% im Karzinomnachweis erreicht werden konnte (Haider et al.
5
62
Kapitel 5 · Moderne Bildgebung
2007; Mazaheri et al. 2008). Im Nachweis von Knochenmetastasen des Prostatakarzinoms konnte die DiffusionsMRT eine mit der Cholin-PET vergleichbare Sensitivität erreichen (Luboldt et al. 2008). Im Gegensatz zu DCE-MRI und MRS, die technisch auf eine Untersuchungsregion limitiert sind, kann mit der Diffusions-MRT der ganze Körper untersucht werden. Aufgrund dieser Einsatzmöglichkeit und der Bildcharakteristik werden bereits Parallelen zur PET gezogen. Einschränkend ist aber festzustellen, dass bisher nur erste Erfahrungen mit dieser Methode vorliegen und die Zukunft zeigen muss, wie zuverlässig der ADC-Wert Dignitätsaussagen für verschiedene Tumorentitäten zulässt.
5
Ganzkörper-MRT Durch die simultane Verwendung mehrerer Oberflächenspulen sowie eine automatische Tischverschiebung ist es in den letzten Jahren technisch möglich geworden, den ganzen Körper MR-tomographisch in einer Untersuchung auf Metastasen zu durchsuchen. Verwendet werden dabei je nach Fragestellung unterschiedliche Protokolle, die meist native T1- oder STIR-Sequenzen, KM-verstärkte Sequenzen sowie ggf. diffusionsgewichtete Sequenzen enthalten und den gesamten Körperstamm (meist ohne die Extremitäten) abschnittsweise in unterschiedlichen Schichtorientierungen abbilden. Die Ganzkörper-MRT zeigte in mehreren großen Studien für verschiedene Tumoren sogar eine mit der PET/CT vergleichbare Aussagekraft (Antoch et al. 2003; Ohno et al. 2008). Ein Vorteil der PET/CT liegt in der Entdeckung kleiner Lungenmetastasen oder kleiner stoffwechselaktiver Lymphknotenmetastasen, ein Vorteil der Ganzkörper-MR im sensitiveren Nachweis kleiner Knochen(marks)metastasen. Für urologische Tumoren liegen nur kleinere Fallserien vor. Für das Prostatakarzinom konnte die Ganzkörper-MR im Vergleich zur Knochenszintigraphie signifikant mehr Knochenmetastasen entdecken (Ketelsen et al. 2008), außerdem klinisch relevante Zusatzinformationen wie eine etwaige extraossäre Tumorausbreitung, Wirbelkörperfrakturen oder Spinalkanalstenosen aufweisen.
a
b
5.2.2 Einsatz der verschiedenen Methoden 1H-MR-Spektroskopie
Abb. 5.19a, b. Dreidimensionale einer gesunden Prostata bei 7 T. a Koronare T2-Wichtung der Prostata, voxelweise überlagert mit den entsprechenden Spektralanalysen (nominale Voxelgröße 4×4×4 mm³). b MR-Spektrum mit Cholin-, Polyamin- und Kreatin-Peaks sowie negativem Citrat-Peak. (Mit freundlicher Genehmigung von Tom Scheenen et al., Department of Radiology, Radboud University Medical Center, Nijmegen, Niederlande und Erwin L. Hahn Institut für Magnetresonanz, Essen)
für das Tumorstaging Tumordetektion Detektion des Nierenzellkarzinoms. Das klarzellige Nierenzellkarzinom (NCC) weist in etwa 80% der Fälle ein Mischbild aus hypervaskularisierter Weichteilkomponente und zystisch-nekrotischen Anteilen auf (Zhang
63 5.2 · Radiologie
et al. 2007). Ist dieses Erscheinungsbild zu beobachten, ist mit einem Chancenverhältnis (Odds Ratio) von größer 20 ein klarzelliges NCC anzunehmen. Das papilläre NCC hingegen zeigt sich meist als homogene, hypovaskularisierte Raumforderung. Mit einer mittleren Volumenverdopplungszeit von 500 Tagen wächst das NCC relativ langsam (Lee et al. 2008). Dies gilt zumindest für asymptomatische Tumoren, die zufällig durch ein CT entdeckt werden; erst Tumoren ab etwa 4 cm Größe wachsen signifikant schneller. Daraus ergibt sich, dass kleine Nierenläsionen unklarer Dignität über 1–2 Jahre kontrolliert werden müssen, um aufgrund eines fehlenden Größenwachstums einen benignen Prozess postulieren zu können. Eine Metaanalyse befasste sich mit der Frage, ob sonographisch eine echoreiche, nicht verkalkte Raumforderung zuverlässig als Angiomyolipom diagnostiziert werden kann (Farrelly et al. 2008). Da mehr als 50% der betrachteten Nierenzellkarzinome ebenfalls echoreich waren, empfehlen die Autoren, solche Ultraschallbefunde weiter mit einer CT zum Ausschluss eines Malignoms abzuklären. Detektion des Prostatakarzinoms. Für diese Fragestellung stehen mit DCE-MRI, Diffusions-MRT und MRSpektroskopie ( Kap. 5.2.1) drei funktionelle Methoden zur Verfügung, die eine verbesserte Abgrenzung des Prostatakarzinoms gegenüber der konventionellen T2-Bildgebung versprechen. In Tab. 5.1 ist der aktuelle Stand der Forschung zusammengefasst. Berücksichtigt sind die Ergebnisse von ausgewählten Studien, die mehr als 20 Patienten mit Prostatakarzinom umfassen, bei denen der Goldstan-
dard das Prostatektomiepräparat ist und die entweder eine Angabe der Treffsicherheit (Accuracy) oder eine ROC (»receiver operating characteristic«)-Analyse enthalten. Die Daten zeigen, dass das Prostatakarzinom in der T2-Wichtung mit einer mittleren Treffsicherheit von etwa 0,70 (0,61–0,83) abzugrenzen war. Durch die Verwendung einer zusätzlichen funktionellen MR-Methode war die Treffsicherheit signifikant auf etwa 0,80 zu steigern (0,74–0,91). Eine Limitation stellen sehr kleine Tumoren dar, die in der kompletten Aufarbeitung des Prostatektomiepräparates nachgewiesen werden, der MRT aber oft entgehen: in einer Studie wurden Tumoren ab einer Größe von 0,3 cm3 in 80%, kleinere Tumoren nur in etwa 25% der Fälle entdeckt (Girouin et al. 2007). In einigen Studien wurden deshalb kleine Tumoren (unterhalb 0,3– 0,5 cm3) als nicht signifikante Tumoren aus der Auswertung ausgeschlossen (Engelbrecht et al. 2003; Heijmink et al. 2007). Wenn die TRUS-gesteuerte Biopsie zum Vergleich herangezogen wird, lag in 2 aktuellen Studien die Treffsicherheit der funktionellen MRT mit 0,85–0,90 sogar höher (Hara et al. 2005; Tanimoto et al. 2007). Die moderne MRT ist also in der Lage, mit einer hohen Treffsicherheit das Prostatakarzinom zu detektieren und wird deshalb vielfach für die Karzinomsuche bei begründetem Tumorverdacht und negativer Stanzbiopsie empfohlen (Beyersdorff u. Hamm 2005; Hara et al. 2005; Hricak et al. 2007). Bei Tumornachweis in der MRT können zur Diagnosesicherung gezielte Biopsien aus der vermuteten Lokalisation unter Ultraschallkontrolle oder auch direkt unter MR-Kontrolle entnommen werden (Lattouf et al. 2007; Pondman et al. 2008). Eine andere
Tab. 5.1. MR-Lokalisation des Prostatakarzinoms. Treffsicherheit der verschiedenen MR-Methoden. Autor/Jahr
Patientenzahl
T2w
DCE-MRI
Scheidler et al. 1999
53
0,68–0,73
Engelbrecht et al. 2003
36
0,64
0,89
Futterer et al. 2006
34
0,68
0,91
Graser et al. 2007
106
0,78–0,83
Heijmink et al. 2007
46
0,68
Haider et al. 2007
49
0,81
Testa et al. 2007
26
61%
Mazaheri et al. 2008
38
–
Westphalen et al. 2008
28
0,69
Diffusion
MRS 0,77–0,80
0,80
0,87 76% 0,81
0,74 0,76
Angegeben sind die Treffsicherheit (accuracy; in %) bzw. der AUC-Wert (0,00–1,00) auf Basis mehrerer ausgewerteter Regionen (Läsionen, Sextanten) pro Patient. Die Fläche unter der ROC-Kurve (»area under the curve«, AUC) stellt dabei ein Maß für die Treffsicherheit dar: eine AUC von 1,0 entspricht einer Sensitivität und Spezifität von jeweils 100%; die Werte sind also annähernd vergleichbar.
5
64
Kapitel 5 · Moderne Bildgebung
Einsatzmöglichkeit ergibt sich durch das Aufkommen von Surveillance-Strategien (»watchful waiting«) für den sog. »nicht signifikanten« Prostatatumor (<0,5 cm3). Im Rahmen dieser Strategien könnte der MRT die Aufgabe zufallen, größere oder aggressive Tumorareale auszuschließen. Die bisherigen Arbeiten zum prognostischen Wert der MRT zeigten allerdings widersprüchliche Ergebnisse (Cabrera et al. 2008; Shukla-Dave et al. 2007). Hinweis
5
I
I
Die moderne Prostata-MRT, die hochauflösende T2Bildgebung und funktionelle MR-Methoden kombiniert, besitzt eine Treffsicherheit von 80% in der Detektion des Prostatakarzinoms.
Der Vielzahl an veröffentlichten Studien mit positiven Ergebnissen und der zumindest in der radiologischen Literatur verbreiteten Empfehlung, die Prostata-MRT zur Tumorlokalisation einzusetzen, steht allerdings noch eine deutliche Skepsis von großen Teilen der urologischen Fachgemeinde gegenüber. Tatsächlich liegen gegenwärtig keine Leitlinien zu ihrem Einsatz vor, und es gibt keine Standardisierung der verschiedenen funktionellen MR-Methoden.
Lokale Tumorausbreitung (T-Staging) Die Multidetektor-CT und die moderne MRT können beide eine Auflösung im Submillimeterbereich erreichen, wobei die CT die höhere Ortsauflösung, die MRT aber den höheren Weichteilkontrast bietet. Für das Nierenzellkarzinom sind beide Verfahren als gleichwertig anzusehen und können präoperativ eine korrekte T-Klassifizierung in über 90% der T1- und T2-Stadien leisten. Ein Problem stellt die Beurteilung einer perirenalen Fettgewebsinfiltration dar, da Tumorausbreitung und Ödem nicht sicher unterschieden werden können (Hallscheidt et al. 2007). Allerdings konnte eine Arbeit auch bei dieser Frage eine Treffsicherheit von 95% durch 1mm-MDCT-Schichten zeigen (Catalano et al. 2003). Der MR werden traditionell Vorteile in der Ausdehnungsbeurteilung eines etwaigen Tumorthrombus in der V. cava attestiert, allerdings kann auch die CT mit einer spätvenösen Phase einen Kavazapfen zuverlässig erfassen. Während die CT für das lokale Staging beim Prostatakarzinom keine Bedeutung besitzt, wurde die MRT vielfach mit dieser Fragestellung eingesetzt, allerdings mit sehr widersprüchlichen Ergebnisse hinsichtlich der Erkennung eines kapselüberschreitenden Wachstums (Hricak et al. 2007). Auch wenn in einer aktuellen Studie (Bloch et al. 2007) die Tumorausdehnung insgesamt mit einer Treffgenauigkeit von etwa 90% erfasst werden
konnte, sollte daran nicht eine Entscheidung für oder gegen eine kurative Operation abgeleitet werden. Dennoch können hochauflösende MR-Aufnahmen dem Operateur helfen, die Entscheidung für oder gegen eine Resektion des neurovaskulären Bündels (Hricak et al. 2004) zu treffen oder im Bereich eines vermuteten Kapseldurchbruchs einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu wählen.
Lymphknotenbefall (N-Staging) In der Detektion von Lymphknotenmetastasen hat sich trotz des technischen Fortschritts der letzten Jahrzehnte bei CT und MRT nicht viel geändert: Das althergebrachte Kriterium, dass ein Lymphknoten ab einer gewissen Größe als maligne einzustufen ist, wird weiterhin allgemein angewandt. Problematisch sind dabei Metastasen oder Metastaseninseln in kleinen Lymphknoten sowie (post-)entzündlich vergrößerte Lymphknoten. Meist wird ein Querdurchmesser von 10 mm oder mehr als pathologische Vergrößerung angesehen, womit für verschiedene Tumorentitäten eine unterschiedlich hohe Treffsicherheit erreicht wird. Für den Hodentumor wird z. B. eine Sensitivität von 70%, also eine Rate von 30% falsch-negativen Befunden beschrieben (Schmoll et al. 2004). Beim Prostatakarzinom ergab eine Metaanalyse von 24 Studien (Hovels et al. 2008) sehr schlechte Werte mit einer Sensitivität von nur 42% für die CT und nur 39% für die MRT sowie einer Spezifität von 82% für beide Modalitäten. Durch eine Reduktion des 10-mm-Schwellenwertes ist die Sensitivität zu erhöhen, gleichzeitig nehmen aber die falsch-positiven Befunde zu, was eine weitere präoperative Abklärung bedingt. Oyen et al. bewerteten jeden Lymphknoten, der einseitig asymmetrisch auf mindestens 6 mm vergrößert war, als suspekt, und sicherten die Diagnose mittels einer CT-gesteuerten Feinnadelpunktion (Oyen et al. 1994). Insgesamt ergaben sich in dieser Studie 78% Sensitivität bei 97% Spezifität für das CT-Staging mit einer Steigerung der Spezifität auf 100% durch die Biopsie. Insgesamt ist das Lymphknotenstaging mittels CT klinisch etablierter Standard für den Hodentumor und das Nierenzellkarzinom. Die Aussagekraft beim Prostatakarzinom hingegen ist insgesamt limitiert. Hier erscheint die CT nur bei fortgeschritteneren Stadien mit einem höheren Metastasierungsrisiko sinnvoll und wird z.B. in den USA bei einem PSA-Wert >20 ng/ml empfohlen (Hricak et al. 2007). Da die MR-Lymphographie ( Kap. 5.2.1) aufgrund einer fehlenden Zulassung des KM nicht klinisch verfügbar ist und sich andere MR-Methoden noch in der frühen klinischen Forschung befinden, bietet die MR aktuell keinen validen Vorteil gegenüber der CT. Sie sollte nur bei manifesten Kontraindikationen gegen die JodKM-Gabe zum Einsatz kommen (Schmoll et al. 2004).
65 5.2 · Radiologie
Fernmetastasierung (M-Staging) Da hämatogene Metastasen der urologischen Malignome zunächst in der Lunge auftreten, sollte die Suche nach pulmonalen Filiae bei den lokal fortgeschrittenen Tumorstadien zum Standard gehören, insbesondere vor einer aufwändigen Lokaltherapie des Primärtumors. Aufgrund der deutlich höheren Sensitivität ist hier die CT des Thorax der Thorax-Röntgenaufnahme vorzuziehen, auch wenn die Abgrenzung zu Granulomen nicht immer gelingt ( Kap. 5.2.1). Eine hohe Treffsicherheit besitzt die CT-Thorax auch im Restaging: Neu aufgetretene kleine Lungenrundherde sind als Metastasen zu werten und werden in bis zu 70% der Fälle im Röntgen-Thorax übersehen (White et al. 1999). Die CT-Untersuchung des Abdomens hat in diesem Kontext die Aufgabe, neben der bereits erwähnten Lymphknotendiagnostik auch Metastasen der Leber oder anderer Organe zu erkennen. Seit der Einführung der MDCT sprechen keine technische Gründe mehr gegen die kombinierte CT-Untersuchung von Thorax und Abdomen, da die verschiedenen Kontrastmittelphasen in den verschiedenen Regionen zeitgerecht aufgenommen werden können.
Niereninsuffizienz nicht zu unterschätzen. Über die Indikationsstellung zur KM-Gabe und die Vorbereitung von Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion gibt es zwar keinen abschließenden Konsens, aber weitgehende Einigkeit bezüglich einiger Kernpunkte (Thomsen u. Morcos 2006). Hinweis
I
I
CT: Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion sollte vor der Gabe von Jod-KM eine ausreichende Hydratation erfolgen, nephrotoxische Medikamente sollen abgesetzt werden und die KM-Menge soll möglichst gering gehalten werden.
Kontrastmittel und Niereninsuffizienz
Die wichtigste prophylaktische Maßnahme zur Vermeidung einer Nierenschädigung ist eine Hydratation vor der KM-Gabe. Empfohlen wird die Gabe von 100 ml/h über 4–10 h, entweder intravenös (NaCl 0,9%) oder durch orale Flüssigkeitszufuhr. Über die additive Gabe zusätzlicher Substanzen wie Acetylcystein gibt es widersprüchliche Daten, so dass darauf meist verzichtet wird. Nephrotoxische Medikamente (insbesondere Metformin, Aminoglykosidantibiotika, nicht-steroidale Antirheumatika) sollen 24 h zuvor abgesetzt werden. Die KM-Menge sollte soweit möglich reduziert, wiederholte KM-Gaben in kurzem Zeitabstand sollten vermieden werden. Während früher bei eingeschränkter Nierenfunktion die MRT als Alternative zur CT empfohlen wurde, gilt dies heute nicht mehr. Die allgemein verwendeten MRKontrastmittel enthalten als Wirksubstanz die seltene Erde Gadolinum, die gelöst toxisch wirkt und deswegen stabil in einem Chelatkomplex gebunden sein soll. Gadolinium-KM (Gd-KM) galten lange Zeit als ungefährlich, bis erstmal im Jahr 2006 der Zusammenhang zwischen der Gabe von Gd-KM und dem Auftreten einer fibrosierenden Systemerkrankung bei Dialysepatienten hergestellt wurde.
Das in der CT verwendete jodhaltige KM ist nephrotoxisch und kann in ungünstigen Fällen eine KM-induzierte Nephropathie bzw. ein akutes Nierenversagen auslösen. Das entsprechende Risiko steigt mit dem Ausmaß einer vorbestehenden Niereninsuffizienz, mit der Menge des verwendeten KM und bei vorbestehenden Komorbiditäten wie Diabetes mellitus. Die KM-Gabe sollte deswegen gerade bei urologischen Patienten, bei denen häufiger eine Niereninsuffizienz zu erwarten ist, nur nach Bestimmung eines Serumkreatininwertes erfolgen. Heute wird die rechnerische Bestimmung der GFR aus Kreatinin, Body-Mass-Index und Alter als noch zuverlässiger angesehen, um z.B. bei älteren, schlanken Frauen mit grenzwertig hohen Kreatininwerten das Ausmaß der
Nephrogene systemische Fibrose (NSF). Dieses Krankheitsbild, früher als nephrogene fibrosierende Dermopathie bezeichnet, beschreibt Hautveränderungen mit zunächst Papeln und Plaques, dann Indurationen, die die Gelenkbeweglichkeit beeinträchtigen und schließlich zu Kontrakturen führen. Die Beteiligung der Gd-KM an der Krankheitsentstehung darf inzwischen als erwiesen gelten, u. a. weil Ablagerungen von freiem Gadolinium in den betroffenen Arealen nachzuweisen waren (Morcos u. Thomsen 2008; Shellock u. Spinazzi 2008). Belegt ist auch ein Zusammenhang mit der Verwendung von sog. linear-strukturierten Gd-KM-Präparaten, denn bei dem Großteil der etwa 200 bioptisch gesicherten NSF-Fälle
Hinweis
I
I
Bei fortgeschrittenen Tumorstadien, definiert in Abhängigkeit von der Tumorentität und der geplanten Therapie, sind CT Thorax und Abdomen (ggf. als Kombinationsuntersuchung) Standard im Nachweis bzw. Ausschluss einer Fernmetastasierung.
Die Ganzkörper-MR stellt eine interessante Alternative dar, wurde aber bisher im Bereich der Uroonkologie kaum eingesetzt.
5
66
5
Kapitel 5 · Moderne Bildgebung
wurde Gadodiamid (Omniscan), seltener auch Gadopentetat (Magnevist) verwendet. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ordnete 2007 an, dass beide Präparate nicht mehr bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionseinschränkung angewendet werden dürfen. Der »Aktualisierte Stand zur Anzahl von Berichten über NSF-Risiko« des BfArM vom 12.12.2008 zeigt, dass bei einmaliger und alleiniger Gabe der modernen makrozyklischen Gd-KM (Gadovist, Dotarem, ProHance), die eine stabilere Gadoliniumbindung besitzen, bisher keine NSF-Fälle belegt sind. Allerdings erscheint das Auftreten einer NSF auch hier nicht ausgeschlossen, so dass gegenwärtig keine generelle Empfehlung für Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz gegeben werden kann. Sollte die KMGabe zur Abklärung einer relevanten Fragestellung erforderlich sein, muss eine Risikoabwägung im Einzelfall erfolgen. Empfohlen wird in diesen Fällen die Verwendung der stabileren, makrozyklischen Gd-KM, die Gabe einer möglichst niedrigen KM-Menge, die Vermeidung wiederholter KM-Gaben und eine kurz nach der MRUntersuchung durchzuführende Dialyse (Morcos u. Thomsen 2008). Hinweis
I
I
MR: Bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung (GFR <30 ml/min/1,73 m2) sind linear aufgebaute Gd-KM kontraindiziert. Wenn die KM-Gabe nach kritischer Prüfung notwendig erscheint, sollten stattdessen makrozyklische Gd-KM in einfacher Dosis verwendet werden. Direkt anschließend ist eine Dialyse durchzuführen.
5.3
Nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie
L.S. Freudenberg, A. Bockisch Nuklearmedizinische Untersuchungen basieren auf den Tracerprinzip, d h. den Patienten wird eine kleine Menge eines radioaktiv markierten Pharmakons appliziert, gefolgt von einer Messung der Verteilung der Radioaktivität mit einem hochempfindlichen Detektorsystem. Dieses Untersuchungsprinzip ermöglicht eine nichtinvasive Visualisierung von Stoffwechselvorgängen und wird oft mit dem Term »molecular imaging« gleichgesetzt. In der Urologie ist die Knochenszintigraphie mit 99mTc-markierten Phosphonaten seit mehr als 30 Jahren die am häufigsten durchgeführte nuklearmedizinische Untersuchung (Larson u. Schöder 2008). In den letzten
15 Jahren hat die Bildgebung insbesondere durch den zunehmenden klinischen Einsatz der Positronenemissionstomographie (PET) einen Schub erfahren, der durch die Einführung der kombiniert metabolisch-anatomische Bildgebung (PET/CT) noch weiter verstärkt wurde (Townsend 2008). Dabei ist die PET/CT insbesondere bei Tumoren des Urogenitalsystems eine wertvolle Ergänzung, da viele Tracer renal ausgeschieden werden und so eine Interpretation der PET-Aufnahme allein erschweren oder unmöglich machen (Bouchelouche u. Oehr 2008). Dies führt unter anderem dazu, dass der an häufigsten genutzte onkologische Tracer – die 18F-Fluor-Desoxyglukose – bei uroonkologischen Fragestellungen nur in speziellen Fragestellungen zum Einsatz kommt (Takahashi et al. 2007). Hier sind andere PET-Tracer (Überblick in Larson u. Schöder 2008) erfolgversprechender, wie zahlreiche aktuelle Studien zeigen. Dabei kristallisiert sich in den letzten 2 Jahren heraus, dass insbesondere die kombinierte PET/CT-Bildgebung zu einer Steigerung von Sensitivität und Spezifität der PET-Diagnostik führt. So wurden in letzter Zeit vor allem PET/CT-Untersuchungen mit den Tracern 11C- und 18F-Cholin (Beheshti et al. 2008; Schiavina et al. 2008; Schilling et al. 2008; Giovaccini et al. 2008; Igerc et al. 2008; Scattoni et al. 2007) sowie 11C-Acetat (Albrecht et al. 2007; Vavere et al. 2008) bei zahlreichen Fragestellungen im Staging, im Restaging und der Rezidivdiagnostik des Prostatakarzinoms eingesetzt. Während in der Primärdiagnostik keine überzeugenden Daten vorliegen, zeigt sich, dass die Ergebnisse der 11C- und 18F-Cholin-PET in der Rezidivdiagnostik mit einer Sensitivität von bis zu 86% (Husarik et al. 2008) am vielversprechendsten sind (Husarik et al. 2008; Schilling et al. 2008). Dabei besitzt 11C-Cholin gegenüber 18FCholin den Vorteil nicht renal ausgeschieden zu werden, es kommt also zu keiner störenden Harnaktivität in der Harnblase. Neben den Fortschritten auf dem Gebiet der Gerätetechnik und der Optimierung vorhandener Tracer, wurden in den letzten Jahren zahlreiche neue PET-Tracer entwickelt, die in ersten klinischen Studien interessante Perspektiven für die Uroonkologie bieten Überblick in Larson u. Schöder 2008; Townsend 2008). Als einer der zahlreichen zukünftig potenziell interessanten Tracer sei hier 124I-cG250 genannt. Der Antikörper cG250 bindet an die Carboanhydrase IX, ein Enzym das über den Hypoxie-induzierbaren Faktor 1α in hellzelligen Nierenkarzinomen überexprimiert wird. Divgi et al. (2007) untersuchten in einer Phase-I-Studie 26 Patienten präoperativ mit 124I-cG250-PET/CT und zeigten bei der Korrelation mit den postoperativen histologischen Ergebnissen, dass hellzellige Nierenkarzinome
67 Literatur
mit einer Sicherheit von 94% erkannt werden konnten. Ein negatives Ergebnis wies mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine harmlosere Tumorart hin. Andere Tracer befinden sich noch im Entwicklungsstadium bzw. werden derzeit am Zell- oder Tiermodell überprüft (Mitsuoka et al. 2008; Colabufo et al. 2008; Garrison et al. 2007). Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass auch in der Uroonkologie zunehmend diagnose- und therapierelevante Parameter wie Neovaskularisierung, Tumorhypoxie und Apoptose mit der PET(/CT) in vivo dargestellt werden. Darüber hinaus kann mit geeigneten radioaktiv markierten Substraten oder Liganden auch die Bildgebung für Reportergene erfolgen, indem Enzyme oder Rezeptorsystem markiert werden. Dadurch können sowohl Ausmaß und Lokalisation als auch die Dauer einer Genexpression im Rahmen zukünftiger gentherapeutischer Interventionen in vivo gemessen werden. Einen Ausblick auf diese Möglichkeiten bildet die Arbeit von Burton und Mitarbeitern (2008): Diese verwenden zur Darstellung von Lymphknotenmetastasen bei Prostatakarzinompatienten einen prostataspezifischen adenoviralen Vektor, der peritumoral appliziert wird und zu einer Expression von Reportergenen in den Metastasen führt, die dann wiederum via PET visualisiert werden können. Insofern ist die Entwicklung auf diesem Gebiet noch lange nicht abgeschlossen und bleibt spannend. Aber auch in der konventionellen nuklearmedizinischen Bildgebung sind in den letzten 2 Jahren Neuerungen zu verzeichnen. Sie betreffen in erster Linie das Wächterlymphknotenkonzept, das ja erstmals durch R. Cabanas 1977 für Patienten mit Peniskarzinom beschrieben wurde. In der Uroonkologie wird derzeit insbesondere bei Prostatakarzinompatienten zunehmend die Wächterlymphknotenbiopsie durchgeführt (Weckermann et al. 2007a, b; Meinhardt et al. 2008; Brenot-Rossi et al. 2008; Jeschke et al. 2008); aber auch beim Blasen- oder Peniskarzinom wird über den Einsatz der Methode diskutiert (Liedberg et al. 2006; Heyns et al. 2008; Hadway et al. 2007). Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen sind dabei neben methodischen Fragen (Weckermann et al. 2007a; Meinhardt et al. 2008; Brenot-Rossi et al. 2008) auch die Etablierung der metabolisch-anatomische Bildgebung: Analog zum PET/CT findet auf Basis der Gammakameratechnik die SPECT/CT (Single-PhotonEmissions-Computertomographie/CT) eine zunehmende Verbreitung (Townsend 2008). Erste Studien am Prostata-, Blasen- und Peniskarzinom unterstützen die Vermutung, dass von dem Einsatz der SPECT/CT eine deutliche Verbesserung der Wächterlymphknotendarstellung zu erwarten ist (Krengli et al. 2006; Warncke et al. 2007; Sherif et al. 2006; Leijte et al. 2008). Darüber hinaus sind die Ergebnisse der Wäch-
terlymphknotenbiopsie und deren onkologische Sicherheit Gegenstand von aktuellen wissenschaftlichen Projekten (Jeschke et al. 2008; Weckermann et al. 2007b, c). Dabei ist jedoch anzumerken, dass, auch wenn die Sensitivität der Methode gut und die Rate der falsch-negativen Befunde akzeptabel ist, die endgültige Beurteilung des klinischen Stellenwerts durch prospektive randomisierte Studien noch aussteht. Neben der diagnostischen Anwendung von Radiopharmaka bietet die Nuklearmedizin durch entsprechend geeignete Tracer auch die Möglichkeit zur gezielten Radionuklidtherapie. In der Uroonkologie hat dieses Therapiekonzept bei der palliativen Therapie von ossären Metastasen bereits jetzt ihren klinischen Stellenwert. Auch aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Radionuklidtherapie erfolgreich zur palliativen Schmerztherapie eingesetzt werden kann (Ricci et al. 2007; Nilsson et al. 2007; Baczyk et al. 2007; Dolezal et al. 2007), ohne dass signifikante Nebenwirkungen zu erwarten sind (Ricci et al. 2007; Baczyk et al. 2007; Dolezal et al. 2007). Dabei sind die Unterschiede zwischen den einzelnen verwendeten Tracern oft marginal (Baczyk et al. 2007). Es gibt darüber hinaus Hinweise, dass neben der effektiven Behandlung von Schmerzen, eine Kombination mit einer Chemotherapie auch zu einem verlängerten Überleben führen kann wie aktuell für den Tracer 153Sm-EDTMP gezeigt werden konnte (Ricci et al. 2007). Somit ist auch hier die Entwicklung nicht abgeschlossen. Zudem bleibt abzuwarten, ob das therapeutische Prinzip des »molecular targeting« – also der gezielten Radionuklidtherapie – zukünftig auf weitere uroonkologische Felder ausgedehnt werden kann: Die aus München berichteten Therapieansätze mit 211Astatin (Willhauck et al. 2008) bzw. 188Rhenium (Willhauck et al. 2007) nach lokalem adenoviralen Gentransfer mit dem Ziel einer prostataspezifischen Expression von Natrium/Jodid-Symportern stellen hierfür vielversprechende Ansätze dar.
Literatur Literatur zu Kap. 5.1 Cosgrove D (2006) Developments in ultrasound. lmaging 18: 82–96 Emamian SA, Nielsen MB, Pedersen JF, Vtte L (1993) Kidney dimensions at sonography: correlation with age, sex, and habitus in 665 adult volunteers. AJR Am J Roentgenol 160(1): 83–86 Fenster A, Downey DB, Cardinal HN (2001) Three-dimensional ultrasound imaging. Phys Med Biol 46(5): 67–99 Gu Fl (1990) lmaging techniques for the diagnosis of renal tumors. Proc Chin Acad Med Sci Peking Union Med Coll 5(2): 75–78 Gunther P, Schenk J P, Wunsch R, Holland-Cunz S, Kessler U, Troger J, Waag KL (2006) Acute testicular torsion in children: the role of sonography in the diagnostic workup. Eur Radiol 16: 2527–2532 Heynemann H, Jenderka KV et al. (2004) Neue Techniken der Urosonographie. Urologe A 43:1362–1370
5
68
5
Kapitel 5 · Moderne Bildgebung
Heynemann H, Tuma J (2006) Die Sonographie der Niere aus urologisch-nephrologischer Sicht. Praxis 95:729–35 Hili CR, Bamber Je, ter Haar GR (2004) Physical principles of medical ultrasonics, 2nd ed. John Wiley & Sons Kessler TM, Gerber R, Burkhard FC, Studer UE, Danuser H (2006) Ultrasound assessment of detrusor thickness in men – can it predict bladder outlet obstruction and replace pressure flow study? J Urol 175: 2170–2173 Konstantinos S, Alevizos A, Anargiros M, Constantinos M, Athanase H, Konstantinos B, Michail E, Fragiskos S (2006) Association between testicular microlithiasis, testicular cancer, cryptorchidism and history of ascending testis. Int Braz J Urol 32: 434–438 Kremkau FW (2006) Diagnostic ultrasound: principles and instruments, 7th ed. Elsevier/Saunders, Philadelphia Lee DI, Bagley DH, Liu J (2001) Experience with endoluminal ultrasonography in the urinary tract. J Endourol 15: 67–74 Loch AC, Bannowsky A, Baeurle L, Grabski B, König B, Flier G, SchmitzKrause O, Paul U, Loch T (2007) Technical and anatomical essentials for transrectal ultrasound of the prostate. World J Urol 25(4): 361–6 Loch T, Schneider G (2006) Innovative imaging in urology: fascination and future: Yesterday, today, and tomorrow. Urologe A 45 4:59–73 Loch T (2007) Computerized transrectal ultrasound (C-TRUS) of the prostate: detection of cancer in patients with multiple negative systematic random biopsies. World J Urol 25(4): 375–80 Mandavia DP, Aragona J, Chan L, Chan D, Henderson SO (2007) Ultrasound training for emergency physicians – a prospective study. Acad Emerg Med 7:1008–14 Meckler U, Wermke W (1997) Niere. In: Meckler U, Wermke W (Hrsg.) Sonographische Differentialdiagnostik. Systemischer Atlas. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, S. 264–69 Millner R et al. (1987) Ultraschalltechnik – Grundlagen und Anwendung. Physik-Verlag, Weinheim Morey AF, McAninch JW (2000) Sonographic staging of anterior urethral strictures. J Urol 63: 1070–1075 O’Neill WC (2000)Hydronephrosis.ln: O’Neill WC (editor). Atlas of renal Ultrasonography. Saunders, Philadelphia; pp 109–18 Sakamoto H, Shichizyou T, Saito K, Okumura T, Ogawa Y, Yoshida H, Kushima M (2006) Testicular microlithiasis identified ultrasonographically in Japanese adult patients: prevalence and associated conditions. Urology 68: 636–641 Siemer S, Uder M, Humke U et al. (2000) Stellenwert der Sonographie in der Frühdiagnostik des Nierenzellkarzinoms. Urologe A 39: 149–153 Szabo TL (2004) Diagnostic ultrasound imaging – inside out. Elsevier, Boston Tuma J, Dietrich C. Niere (2006) In: Dietrich C (Hrsg.). Ultraschall-Kurs. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, S. 219–48 Tuma J, Schwarzenbach HR. Die Sonographie bei Nierenkolik. Schweiz Rundsch Med Prax 2004; 93(43):1767–1774. Tunn R, Schaer G, Peschers U, Bader W, Gauruder A, Hanzal E, Koelbl H, Koelle D, Perucchini D, Petri E, Riss P, Schuessler B, Viereck V (2005) Updated recommendations on ultrasonography in urogynecology. Int Urogynecol J Pelvic Floor Dysfunct 16: 236–41 Wink WH, Lagerveld BW, Laguna MP, de la Rosette JJ, Wijkstra H (2006) Cryotherapy for renal-cell cancer: diagnosis, treatment, and contrast-enhanced ultrasonography for follow-up. J Endourol 20: 456–458
Literatur zu Kap. 5.2 Antoch G, Vogt FM, Freudenberg LS, Nazaradeh F, Goehde SC, Barkhausen J et al. (2003) Whole-body dual-modality PET/CT and wholebody MRI for tumor staging in oncology. Jama 290: 3199–3206
Bellin MF, Roy C (2007) Magnetic resonance lymphography. Curr Opin Urol 17: 65–69 Beyersdorff D, Hamm B (2005) MRT zur Problemlösung beim Nachweis des Prostatakarzinoms. Rofo 177: 788–795 Beyersdorff D, Zhang J, Schoder H, Bochner B, Hricak H (2008) Bladder cancer: can imaging change patient management? Curr Opin Urol 18: 98–104 Bloch BN, Furman-Haran E, Helbich TH, Lenkinski RE, Degani H, Kratzik C et al. (2007) Prostate cancer: accurate determination of extracapsular extension with high-spatial-resolution dynamic contrast-enhanced and T2-weighted MR imaging – initial results. Radiology 245: 176–185 Cabrera AR, Coakley FV, Westphalen AC, Lu Y, Zhao S, Shinohara K et al. (2008) Prostate cancer: is inapparent tumor at endorectal MR and MR spectroscopic imaging a favorable prognostic finding in patients who select active surveillance? Radiology 247: 444–450 Catalano C, Fraioli F, Laghi A, Napoli A, Pediconi F, Danti M et al. (2003) High-resolution multidetector CT in the preoperative evaluation of patients with renal cell carcinoma. AJR Am J Roentgenol 180: 1271–1277 Deserno WM, Harisinghani MG, Taupitz M, Jager GJ, Witjes JA, Mulders PF et al. (2004) Urinary bladder cancer: preoperative nodal staging with ferumoxtran-10-enhanced MR imaging. Radiology 233: 449–456 Dobson MJ, Carrington BM, Collins CD, Ryder WD, Read G, Hutchinson CE et al. (2001) The assessment of irradiated bladder carcinoma using dynamic contrast-enhanced MR imaging. Clin Radiol 56: 94–98 Engelbrecht MR, Huisman HJ, Laheij RJ, Jager GJ, van Leenders GJ, Hulsbergen-Van De Kaa CA et al. (2003) Discrimination of prostate cancer from normal peripheral zone and central gland tissue by using dynamic contrast-enhanced MR imaging. Radiology 229: 248–254 Farrelly C, Delaney H, McDermott R, Malone D (2008) Do all non-calcified echogenic renal lesions found on ultrasound need further evaluation with CT? Abdom Imaging 33: 44–47 Flaherty KT, Rosen MA, Heitjan DF, Gallagher ML, Schwartz B, Schnall MD et al. (2008) Pilot study of DCE-MRI to predict progression-free survival with sorafenib therapy in renal cell carcinoma. Cancer Biol Ther 7: 496–501 Futterer JJ, Heijmink SW, Scheenen TW, Veltman J, Huisman HJ, Vos P et al. (2006) Prostate cancer localization with dynamic contrastenhanced MR imaging and proton MR spectroscopic imaging. Radiology 241: 449–458 Girouin N, Mege-Lechevallier F, Tonina Senes A, Bissery A, Rabilloud M, Marechal JM et al. (2007) Prostate dynamic contrast-enhanced MRI with simple visual diagnostic criteria: is it reasonable? Eur Radiol 17: 1498–1509 Graser A, Heuck A, Sommer B, Massmann J, Scheidler J, Reiser M et al. (2007) Per-sextant localization and staging of prostate cancer: correlation of imaging findings with whole-mount step section histopathology. AJR Am J Roentgenol 188: 84–90 Haider MA, Chung P, Sweet J, Toi A, Jhaveri K, Menard C et al. (2008) Dynamic contrast-enhanced magnetic resonance imaging for localization of recurrent prostate cancer after external beam radiotherapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 70: 425–430 Haider MA, van der Kwast TH, Tanguay J, Evans AJ, Hashmi AT, Lockwood G et al. (2007) Combined T2-weighted and diffusion-weighted MRI for localization of prostate cancer. AJR Am J Roentgenol 189: 323-328 Hallscheidt P, Noeldge G, Schawo S, Bartling S, Kauffmann G, Pfitzenmaier J et al. (2007) Fortschritte im Staging des Nieren-
69 Literatur
zellkarzinoms mittels hochauflösender Bildgebung. Rofo 179: 1236–1242 Hara N, Okuizumi M, Koike H, Kawaguchi M, Bilim V (2005) Dynamic contrast-enhanced magnetic resonance imaging (DCE-MRI) is a useful modality for the precise detection and staging of early prostate cancer. Prostate 62: 140–147 Harisinghani MG, Barentsz J, Hahn PF, Deserno WM, Tabatabaei S, van de Kaa CH et al. (2003) Noninvasive detection of clinically occult lymph-node metastases in prostate cancer. N Engl J Med 348: 2491–2499 Heijmink SW, Futterer JJ, Hambrock T, Takahashi S, Scheenen TW, Huisman HJ et al. (2007) Prostate cancer: body-array versus endorectal coil MR imaging at 3 T – comparison of image quality, localization, and staging performance. Radiology 244: 184–195 Hovels AM, Heesakkers RA, Adang EM, Jager GJ, Strum S, Hoogeveen YL et al. (2008) The diagnostic accuracy of CT and MRI in the staging of pelvic lymph nodes in patients with prostate cancer: a meta-analysis. Clin Radiol 63: 387–395 Hricak H, Choyke PL, Eberhardt SC, Leibel SA, Scardino PT (2007) Imaging prostate cancer: a multidisciplinary perspective. Radiology 243: 28–53 Hricak H, Wang L, Wei DC, Coakley FV, Akin O, Reuter VE et al. (2004) The role of preoperative endorectal magnetic resonance imaging in the decision regarding whether to preserve or resect neurovascular bundles during radical retropubic prostatectomy. Cancer 100: 2655–2663 Ketelsen D, Rothke M, Aschoff P, Merseburger AS, Lichy MP, Reimold M et al. (2008) Nachweis ossärer Metastasen des Prostatakarzinoms – Vergleich der Leistungsfähigkeit der Ganzkörper-MRT und der Skelettszintigrafie. Rofo 180: 746–752 Kim CK, Park BK (2008) Update of prostate magnetic resonance imaging at 3 T. J Comput Assist Tomogr 32: 163–172 Lattouf JB, Grubb RL, 3rd, Lee SJ, Bjurlin MA, Albert P, Singh AK et al. (2007) Magnetic resonance imaging-directed transrectal ultrasonography-guided biopsies in patients at risk of prostate cancer. BJU Int 99: 1041–1046 Lee JY, Kim CK, Choi D, Park BK (2008) Volume doubling time and growth rate of renal cell carcinoma determined by helical CT: a single-institution experience. Eur Radiol 18: 731–737 Luboldt W, Kufer R, Blumstein N, Toussaint TL, Kluge A, Seemann MD et al. (2008) Prostate carcinoma: diffusion-weighted imaging as potential alternative to conventional MR and 11C-choline PET/CT for detection of bone metastases. Radiology 249: 1017–1025 Mazaheri Y, Shukla-Dave A, Hricak H, Fine SW, Zhang J, Inurrigarro G et al. (2008) Prostate cancer: identification with combined diffusionweighted MR imaging and 3D 1H MR spectroscopic imaging – correlation with pathologic findings. Radiology 246: 480–488 Morcos SK, Thomsen HS (2008) Nephrogenic systemic fibrosis: more questions and some answers. Nephron Clin Pract 110: c24–31; discussion c32 Ocak I, Bernardo M, Metzger G, Barrett T, Pinto P, Albert PS et al. (2007) Dynamic contrast-enhanced MRI of prostate cancer at 3 T: a study of pharmacokinetic parameters. AJR Am J Roentgenol 189: W192 Ohno Y, Koyama H, Onishi Y, Takenaka D, Nogami M, Yoshikawa T et al. (2008) Non-small cell lung cancer: whole-body MR examination for M-stage assessment – utility for whole-body diffusion-weighted imaging compared with integrated FDG PET/CT. Radiology 248: 643–654 Oyen RH, Van Poppel HP, Ameye FE, Van de Voorde WA, Baert AL, Baert LV (1994) Lymph node staging of localized prostatic carcinoma with CT and CT-guided fine-needle aspiration biopsy: prospective study of 285 patients. Radiology 190: 315–322
Pondman KM, Futterer JJ, Ten Haken B, Schultze Kool LJ, Witjes JA, Hambrock T et al. (2008) MR-Guided biopsy of the prostate: an overview of techniques and a systematic review. Eur Urol 54: 517–527 Scheidler J, Hricak H, Vigneron DB, Yu KK, Sokolov DL, Huang LR et al. (1999) Prostate cancer: localization with three-dimensional proton MR spectroscopic imaging – clinicopathologic study. Radiology 213: 473–480 Schmoll HJ, Souchon R, Krege S, Albers P, Beyer J, Kollmannsberger C et al. (2004) European consensus on diagnosis and treatment of germ cell cancer: a report of the European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCCG). Ann Oncol 15: 1377–1399 Sciarra A, Panebianco V, Salciccia S, Osimani M, Lisi D, Ciccariello M et al. (2008) Role of dynamic contrast-enhanced magnetic resonance (MR) imaging and proton MR spectroscopic imaging in the detection of local recurrence after radical prostatectomy for prostate cancer. Eur Urol 54: 589–600 Shellock FG, Spinazzi A (2008) MRI safety update 2008: part 1, MRI contrast agents and nephrogenic systemic fibrosis. AJR Am J Roentgenol 191: 1129–1139 Sheth S, Scatarige JC, Horton KM, Corl FM, Fishman EK (2001) Current concepts in the diagnosis and management of renal cell carcinoma: role of multidetector ct and three-dimensional CT. Radiographics 21 Spec No: S237–254 Shuch B, La Rochelle JC, Pantuck AJ, Belldegrun AS (200) The staging of renal cell carcinoma. Curr Opin Urol 18: 455–461 Shukla-Dave A, Hricak H, Kattan MW, Pucar D, Kuroiwa K, Chen HN et al. (2007) The utility of magnetic resonance imaging and spectroscopy for predicting insignificant prostate cancer: an initial analysis. BJU Int 99: 786-793 Stattaus J, Hahn S, Gauler T, Eberhardt W, Mueller SP, Forsting M et al. (2008) Osteoblastic response as a healing reaction to chemotherapy mimicking progressive disease in patients with small cell lung cancer. Eur Radiol 19: 193–200 Tanimoto A, Nakashima J, Kohno H, Shinmoto H, Kuribayashi S (2007) Prostate cancer screening: the clinical value of diffusion-weighted imaging and dynamic MR imaging in combination with T2-weighted imaging. J Magn Reson Imaging 25: 146–152 Tekes A, Kamel I, Imam K, Szarf G, Schoenberg M, Nasir K et al. (2005) Dynamic MRI of bladder cancer: evaluation of staging accuracy. AJR Am J Roentgenol 2005; 184: 121–127 Testa C, Schiavina R, Lodi R, Salizzoni E, Corti B, Farsad M et al. (2007) Prostate cancer: sextant localization with MR imaging, MR spectroscopy, and 11C-choline PET/CT. Radiology 244: 797–806 Thomsen HS, Morcos SK (2006) Contrast-medium-induced nephropathy: is there a new consensus? A review of published guidelines. Eur Radiol 16: 1835–1840 Westphalen AC, Coakley FV, Qayyum A, Swanson M, Simko JP, Lu Y et al. (2008) Peripheral zone prostate cancer: accuracy of different interpretative approaches with MR and MR spectroscopic imaging. Radiology 246: 177–184 White PM, Adamson DJ, Howard GC, Wright AR (1999) Imaging of the thorax in the management of germ cell testicular tumours. Clin Radiol 54: 207–211 Zakian KL, Sircar K, Hricak H, Chen HN, Shukla-Dave A, Eberhardt S et al. (2005) Correlation of proton MR spectroscopic imaging with gleason score based on step-section pathologic analysis after radical prostatectomy. Radiology 234: 804–814 Zhang J, Lefkowitz RA, Ishill NM, Wang L, Moskowitz CS, Russo P et al. (2007) Solid renal cortical tumors: differentiation with CT. Radiology 244: 494–504
5
70
Kapitel 5 · Moderne Bildgebung
Literatur zu Kap. 5.3
5
Albrecht S, Buchegger F, Soloviev D et al. (2007) (11)C-acetate PET in the early evaluation of prostate cancer recurrence. Eur J Nucl Med Mol Imaging 34: 185–196 Baczyk M, Czepczyński R, Milecki P, Pisarek M, Oleksa R, Sowiński J (2007) 89Sr versus 153Sm-EDTMP: comparison of treatment efficacy of painful bone metastases in prostate and breast carcinoma. Nucl Med Commun 28: 245–50 Beheshti M, Vali R, Waldenberger P, Fitz F, Nader M, Loidl W, Broinger G, Stoiber F, Fogelman I, Langsteger W (2008) Detection of bone metastases in patients with prostate cancer by F-18 fluorocholine and F-18 fluoride PET-CT: a comparative study. Eur J Nucl Med Mol Imaging [Epub 5.05.2008] Bouchelouche K, Oehr P (2008) Positron emission tomography and positron emission tomography/computerized tomography of urological malignancies: an update review.J Urol 179: 34–45 Brenot-Rossi I, Rossi D, Esterni B, Brunelle S, Chuto G, Bastide C (2008) Radioguided sentinel lymph node dissection in patients with localised prostate carcinoma: influence of the dose of radiolabelled colloid to avoid failure of the procedure. Eur J Nucl Med Mol Imaging 35(1): 32–8 Burton JB, Johnson M, Sato M, Koh SB, Mulholland DJ, Stout D, Chatziioannou AF, Phelps ME, Wu H, Wu L (2008) Adenovirus-mediated gene expression imaging to directly detect sentinel lymph node metastasis of prostate cancer. Nat Med [Epub 11.07.2008] Colabufo NA, Abate C, Contino M, Inglese C, Niso M, Berardi F, Perrone R (2007) PB183, a sigma receptor ligand, as a potential PET probe for the imaging of prostate adenocarcinoma. Bioorg Med Chem Lett15: 1990–3 Divgi CR, Pandit-Taskar N, Jungbluth AA, Reuter VE, Gönen M, Ruan S, Pierre C, Nagel A, Pryma DA, Humm J, Larson SM, Old LJ, Russo P (2007) Preoperative characterisation of clear-cell renal carcinoma using iodine-124-labelled antibody chimeric G250 (124I-cG250) and PET in patients with renal masses: a phase I trial. Lancet Oncol 8: 304–10 Dolezal J, Vizda J, Odrazka K (2007) Prospective evaluation of samarium-153-EDTMP radionuclide treatment for bone metastases in patients with hormone-refractory prostate cancer. Urol Int 78: 50–7 Garrison JC, Rold TL, Sieckman GL, Figueroa SD, Volkert WA, Jurisson SS, Hoffman TJ (2007) In vivo evaluation and small-animal PET/CT of a prostate cancer mouse model using 64Cu bombesin analogs: side-by-side comparison of the CB-TE2A and DOTA chelation systems. J Nucl Med 48: 1327–37 Giovacchini G, Picchio M, Coradeschi E, Scattoni V, Bettinardi V, Cozzarini C, Freschi M, Fazio F, Messa C (2008) [(11)C]Choline uptake with PET/CT for the initial diagnosis of prostate cancer: relation to PSA levels, tumour stage and anti-androgenic therapy. Eur J Nucl Med Mol Imaging 35: 1065–73 Hadway P, Smith Y, Corbishley C, Heenan S, Watkin NA (2007) Evaluation of dynamic lymphoscintigraphy and sentinel lymph-node biopsy for detecting occult metastases in patients with penile squamous cell carcinoma. BJU Int 100: 561–5 Heyns CF, Theron PD (2008) Evaluation of dynamic sentinel lymph node biopsy in patients with squamous cell carcinoma of the penis and palpable inguinal nodes. BJU Int [Epub 10.04.2008] Husarik DB, Miralbell R, Dubs M, John H, Giger OT, Gelet A, Cservenyàk T, Hany TF (2008) Evaluation of [(18)F]-choline PET/CT for staging and restaging of prostate cancer. Eur J Nucl Med Mol Imaging 35: 253–63 Igerc I, Kohlfürst S, Gallowitsch HJ, Matschnig S, Kresnik E, GomezSegovia I, Lind P (2008) The value of 18F-choline PET/CT in pati-
ents with elevated PSA-level and negative prostate needle biopsy for localisation of prostate cancer. Eur J Nucl Med Mol Imaging 35: 976–83 Jeschke S, Beri A, Grüll M, Ziegerhofer J, Prammer P, Leeb K, Sega W, Janetschek G (2008) Laparoscopic radioisotope-guided sentinel lymph node dissection in staging of prostate cancer. Eur Urol 53: 126–32 Krengli M, Ballarè A, Cannillo B, Rudoni M, Kocjancic E, Loi G, Brambilla M, Inglese E, Frea B (2006) Potential advantage of studying the lymphatic drainage by sentinel node technique and SPECT-CT image fusion for pelvic irradiation of prostate cancer. Int J Radiat Oncol Biol Phys 15: 66: 1100–4 Larson SM, Schöder H (2008) Advances in positron emission tomography applications for urologic cancers.Curr Opin Urol 18: 65–70 Leijte JA, Olmos RA, Nieweg OE, Horenblas S (2008) Anatomical mapping of lymphatic drainage in penile carcinoma with SPECT-CT: implications for the extent of inguinal lymph node dissection. Eur Urol [Epub 19.05.2008] Liedberg F, Chebil G, Davidsson T, Gudjonsson S, Månsson W (2006) ntraoperative sentinel node detection improves nodal staging in invasive bladder cancer. J Urol 175: 84–8 Meinhardt W, Valdés Olmos RA, van der Poel HG, Bex A, Horenblas S (2008) Laparoscopic sentinel node dissection for prostate carcinoma: technical and anatomical observations. BJU Int [Epub 10.04.2008] Mitsuoka K, Miyoshi S, Kato Y, Murakami Y, Utsumi R, Kubo Y, Noda A, Nakamura Y, Nishimura S, Tsuji A (2008) Cancer detection using a PET tracer, 11C-glycylsarcosine, targeted to H+/peptide transporter. J Nucl Med 49: 615–22 Nilsson S, Franzén L, Parker C, Tyrrell C, Blom R, Tennvall J, Lennernäs B, Petersson U, Johannessen DC, Sokal M, Pigott K, Yachnin J, Garkavij M, Strang P, Harmenberg J, Bolstad B, Bruland OS (2007) Bone-targeted radium-223 in symptomatic, hormone-refractory prostate cancer: a randomised, multicentre, placebo-controlled phase II study. Lancet Oncol 8(7): 587–94 Ricci S, Boni G, Pastina I, Genovesi D, Cianci C, Chiacchio S, Orlandini C, Grosso M, Alsharif A, Chioni A, Di Donato S, Francesca F, Selli C, Rubello D, Mariani G (2007) Clinical benefit of bone-targeted radiometabolic therapy with combined with chemotherapy in patients with metastatic hormone-refractory prostate cancer. Eur J Nucl Med Mol Imaging 34: 1023–30 Scattoni V, Picchio M, Suardi N et al. (2007) Detection of lymph-node metastases with integrated [(11)C] choline PET/CT in patients with PSA failure after radical retropubic prostatectomy: results confirmed by open pelvic-retroperitoneal lymphadenectomy. Eur Urol 52: 423–429 Schiavina R, Scattoni V, Castellucci P, Picchio M, Corti B, Briganti A, Franceschelli A, Sanguedolce F, Bertaccini A, Farsad M, Giovacchini G, Fanti S, Grigioni WF, Fazio F, Montorsi F, Rigatti P, Martorana G (2008) (11)C-choline positron emission tomography/ computerized tomography for preoperative lymph-node staging in intermediate-risk and high-risk prostate cancer: comparison with clinical staging nomograms. Eur Urol 54: 392–401 Schilling D, Schlemmer HP, Wagner PH, Böttcher P, Merseburger AS, Aschoff P, Bares R, Pfannenberg C, Ganswindt U, Corvin S, Stenzl A (2008) Histological verification of (11)C-choline-positron emission/computed tomography-positive lymph nodes in patients with biochemical failure after treatment for localized prostate cancer. BJU Int [Epub am 10.04.2008] Sherif A, Garske U, de la Torre M, Thörn M (2006) Hybrid SPECT-CT: an additional technique for sentinel node detection of patients with invasive bladder cancer. Eur Urol 50: 83–91
71 Literatur
Takahashi N, Inoue T, Lee J, Yamaguchi T, Shizukuishi K (2007) The roles of PET and PET/CT in the diagnosis and management of prostate cancer. Oncology 72: 226–33 Townsend DW (2008) Dual-modality imaging: combining anatomy and function.J Nucl Med 49: 938–55 Vāvere AL, Kridel SJ, Wheeler FB, Lewis JS (2008) 1-11C-acetate as a PET radiopharmaceutical for imaging fatty acid synthase expression in prostate cancer. J Nucl Med 49: 327–34 Warncke SH, Mattei A, Fuechsel FG, Z’Brun S, Krause T, Studer UE (2007) Detection rate and operating time required for gamma probe-guided sentinel lymph node resection after injection of technetium-99m nanocolloid into the prostate with and without preoperative imaging. Eur Urol 52: 126–32 Weckermann D, Holl G, Dorn R, Wagner T, Harzmann R (2007a) Reliability of preoperative diagnostics and location of lymph node metastases in presumed unilateral prostate cancer. BJU Int 99: 1036–40 Weckermann D, Dorn R, Holl G, Wagner T, Harzmann R (2007b) Limitations of radioguided surgery in high-risk prostate cancer. Eur Urol 51: 1549–56 Weckermann D, Dorn R, Trefz M, Wagner T, Wawroschek F, Harzmann R (2007c) Sentinel lymph node dissection for prostate cancer: experience with more than 1,000 patients. J Urol 177: 916–20 Willhauck MJ, Sharif Samani BR, Gildehaus FJ, Wolf I, SenekowitschSchmidtke R, Stark HJ, Göke B, Morris JC, Spitzweg C (2007) Application of 188rhenium as an alternative radionuclide for treatment of prostate cancer after tumor-specific sodium iodide symporter gene expression. J Clin Endocrinol Metab 92: 4451–8 Willhauck MJ, Samani BR, Wolf I, Senekowitsch-Schmidtke R, Stark HJ, Meyer GJ, Knapp WH, Göke B, Morris JC, Spitzweg C (2008) The potential of (211) Astatine for NIS-mediated radionuclide therapy in prostate cancer.Eur J Nucl Med Mol Imaging 35: 1272–81
5
6 Grundlagen der Prävention Schmitz-Dräger BJ, Lümmen G, für den Arbeitskreis Prävention, Umwelt und komplementäre und alternative Medizin (AK KAM) von DGU und BDU
6.1
Einleitung
6.2
Bedeutung der Prävention – 73
6.3
Ernährung und Nahrungsergänzung – 74
6.4
Lifestyle
6.5
Chemoprävention – 79
6.6
Diskussion und Schlussfolgerung – 81
6.1
– 73
– 77
Einleitung
Die »Reparaturmedizin« stößt in den letzten Jahren zunehmend an ihre Grenzen. Einerseits wirken sich medizinische Fortschritte in der Behandlung fortgeschrittener Tumoren kaum mehr messbar auf die Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung aus. Zum anderen sind mit neuen Therapiekonzepten in der Regel hohe Kosten verbunden. Durch das Vermeiden von Erkrankungen könnte die Prävention sowohl die krankheitsbedingte als auch die therapiebezogene Morbidität und Mortalität senken. Theoretisch sind Einsparungen bei den Therapiekosten denkbar. Seit Jahren wird daher von Medizin und Politik die Bedeutung der Prävention für die moderne Medizin betont. Der Begriff der Prävention umschreibt generell alle Handlungen, die einer möglichen Gefahr vorbeugen sollen. Im Rahmen dieses Beitrages wird ausschließlich auf die Primärprävention urologischer Tumoren eingegangen. Darunter fallen Maßnahmen, die ergriffen werden, ohne dass Symptome oder Beschwerden vorliegen. Da es sich somit um die Behandlung gesunder Menschen handelt, gelten naturgemäß andere Ansprüche in Hinblick auf Risiken und Nebenwirkungen als für die Behandlung erkrankter Personen. Soweit als möglich wurde im Rahmen der vorliegenden Analyse auf prospektive Kohortenstudien oder die
– noch spärlich – vorliegenden interventionellen Studien zurückgegriffen.
Ansatzpunkte für präventive Strategien in der Uroonkologie
Ernährung
Lifestyle – Bewegung – Rauchen – Alkohol – Körpergewicht
Chemoprävention – 5-α-Reduktasehemmer – COX-2-Hemmer – Selektive Östrogenrezeptormodulatoren (SERM)
6.2
Bedeutung der Prävention
Bislang führt die Prävention onkologischer Erkrankungen, insbesondere in Deutschland, ein eher stiefmütterliches Dasein. Dem erklärten politischen Willen steht eine fehlende finanzielle Ausstattung von Präventionsprogrammen gegenüber. Dabei wird das Potenzial präventiver Maßnahmen allgemein hoch eingeschätzt. Eine
74
6
Kapitel 6 · Grundlagen der Prävention
konservative Kalkulation von Becker aus dem Jahre 2001 schätzt, dass konsequentes Nichtrauchen und eine Ernährungsumstellung die tumorbedingte Mortalität um etwa 20% senken könnten. Hinzu kämen weitere synergistische Effekte bei den Krankheitsbildern des Diabetes mellitus und der kardiovaskulären Erkrankungen. Weitere Effekte könnten über eine Chemoprävention erzielt werden. Um gezielt präventiv tätig werden zu können, ist eine Risikoanalyse die Grundvoraussetzung. Umfangreiche epidemiologische Studien konnten in den vergangenen Jahren Risikofaktoren für das Entstehen urologischer Tumoren identifizieren. Allerdings ist die Datenlage teilweise kontrovers. Die Ursachen dafür ist vielfältig; so dürften Studiendesign, Studiengröße, sog. »confounding factors«, Nachbeobachtungsintervalle und schließlich genetische Faktoren, z. B. in Form von Polymorphismen, einen Einfluss auf das Ergebnis der entsprechenden Studien haben.
6.3
Ernährung und Nahrungsergänzung
6.3.1 Prostatakarzinom
Auf der Grundlage epidemiologischer Fallkontrolluntersuchungen und von Migrationsstudien ergaben sich Hinweise darauf, dass die Ernährung in der Entstehung des Prostatakarzinoms eine wesentliche Rolle spielt. Diese Beobachtungen wurden vielfach in prospektiven Kohortenstudien weiter verfolgt, um insbesondere den Wert einzelner Nahrungsbestandteile isoliert bewerten zu können (u. a. Schmitz-Dräger et al. 2001). Aus diesen Untersuchungen kristallisierten sich mehrere Nahrungsbestandteile heraus, die einen Einfluss auf die Entstehung urologischer Tumoren haben könnten.
Radikalfänger (Selen) Unter anderem aufgrund seiner Eigenschaften als Radikalfänger wird schon seit langem ein präventiver Effekt von Selen bei Tumorerkrankungen vermutet. Neuere In-vitro Untersuchungen weisen darauf hin, dass beim Prostatakarzinom ein weiterer Mechanismus in Form der Inhibition der Androgenrezeptoraktivität eine Rolle spielen könnte (Morris et al. 2005). Mehrere Fallkontroll- und Kohortenstudien zeigten einen Zusammenhang zwischen dem Serum- oder Gewebespiegel von Selen und dem Risiko, an einem Prostatakarzinom zu erkranken (van den Brandt et al. 2003). Die Einnahme von Selen wurde in bislang einer prospektiv randomisierten Placeobo-kontrollierten Interventionsstudie überprüft (Clark et al. 1996). In dieser Untersuchung an 963 Männern mit Hautkrebs wurde eine Reduktion
der Prostatakarzinominzidenz in der Verumgruppe um 63% nachgewiesen. Allerdings ist dieses Ergebnis nur eingeschränkt verwertbar, da das Auftreten eines Prostatakarzinoms kein primäres Zielkriterium dieser Studie darstellte und nur eine sehr kleine Zahl der Probanden an einem Prostatakarzinom erkrankte. Im Rahmen einer Metaanalyse von 20 Studien zur Frage eines Zusammenhangs zwischen der Selenkonzentration in Serum, Plasma oder Nagelproben fanden Brinkman et al. (2006) Hinweise auf eine inverse Korrelation zum Auftreten eines Prostatakarzinoms. Zusammenfassend waren diese Ergebnisse Anlass, diese Beobachtungen in weiteren qualitativ hochwertigen großen prospektiven Studien zu überprüfen, die jedoch aktuell noch nicht abgeschlossen sind (Costello 2001; Klein 2004).
Vitamine Vitamin C Für die isolierte Einnahme von Vitamin C hat sich, auch in jüngeren Untersuchungen, kein Zusammenhang mit dem Auftreten eines Prostatakarzinoms nachweisen lassen (Gaziano et al. 2008).
Vitamin D Auch für Vitamin D ergaben sich zahlreiche experimentelle Hinweise auf einen Zusammenhang mit der Entstehung des Prostatakarzinoms. Vitamin D entsteht in der Haut aus seinen Vorstufen unter Einwirkung von UV-Strahlen. Der Vitamin-D-Serumspiegel wird durch verschiedene Faktoren moduliert: So kann die Zufuhr von Kalzium (z. B. in Milch oder Milchprodukten) den Vitamin-D-Serumspiegel ebenso erniedrigen wie eine fehlende UV-Exposition in Folge der Jahreszeit (Winter, kalte Klimazonen), Life style/Beruf (Daueraufenthalt in geschlossenen Räumen, Kleidung) oder eine dunkle Hautfarbe in Kombination mit den vorgenannten Faktoren. Allerdings sind die vorliegenden epidemiologischen Untersuchungen widersprüchlich. Insbesondere im europäischen Raum ist der Zusammenhang zwischen der Einnahme von Vitamin D und dem Auftreten eines Prostatakarzinoms umstritten (Tavani et al. 2005). Die aktuelle Datenlage weist jedoch darauf hin, dass ein Vitamin-D-Defizit z. B. in Zusammenhang mit dunkler Hautpigmentierung und geringer UV-Exposition (farbige US-Amerikaner) in der Tat einen Risikofaktor darstellt. Daneben könnten Vitamin-D-Rezeptor-Polymorphismen das Auftreten eines Prostatakarzinoms beeinflussen. Auf dieser Grundlage wurde inzwischen eine interventionelle randomisierte Phase-I/II-Studie initiiert, deren Ergebnisse bislang noch ausstehen (Pachianathan et al. 2004).
75 6.3 · Ernährung und Nahrungsergänzung
Giovannucci et al. (2006) untersuchten im Rahmen der amerikanischen Health Professional Follow-Up Study den Einfluss der Kalzium-Zufuhr auf das Prostatakarzinom. Die vorgelegte Zwischenauswertung nach 16 Jahren und mehr als 3500 Fällen eines Prostatakarzinoms zeigte keinen Zusammenhang zwischen Kalziumaufnahme und dem Auftreten eines Prostatakarzinoms insgesamt und dem Nachweis eines lokal begrenzten Tumors. Demgegenüber war eine hohe Kalziumaufnahme in der Gruppe der Männer mit einem metastasierten Karzinom signifikant gehäuft.
Vitamin E Die Datenlage für die Zufuhr von Vitamin E und dem Auftreten eines Prostatakarzinoms ist umfangreich, ein klarer Zusammenhang ergibt sich jedoch nicht. Im Rahmen von Subgruppenanalysen bei Rauchern fand sich jedoch in mehreren großen Kohortenstudien eine inverse Korrelation zwischen der Vitamin-E-Einnahme und dem Auftreten eines Prostatakarzinoms (Schmitz-Dräger et al. 2001). Dieser Zusammenhang wurde auch in einer interventionellen Studie bestätigt (ATBC 1994). Auch wenn die Inzidenz eines Prostatakarzinoms in dieser Studie kein primäres Zielkriterium war, kann der Wert einer Nahrungsergänzung mit Vitamin E zur Prophylaxe eines Prostatakarzinoms beim Raucher unter Berücksichtigung der gesamten Datenlage als bewiesen akzeptiert werden. Diese Bewertung wird durch die Ergebnisse einer jüngst veröffentlichten Kohortenstudie an 29.361 Männern weiter unterstützt (Kirsh et al. 2006). Weitere Aufschlüsse über die Bedeutung einer Nahrungsergänzung mit Vitamin E in der Prävention des Prostatakarzinoms werden von der laufenden SELECTStudie für das Jahr 2009/2010 erwartet (Klein 2004).
Kombinationen Im Rahmen einer doppelblinden, Placebo-kontrollierten kanadischen Studie (SU.VI.MAX) wurden 5141 Männer randomisiert, täglich entweder ein Placebo oder ein Kombinationspräparat aus Vitamin C, Vitamin E, β-Karotin, Selen und Zink über 8 Jahre einzunehmen (Meyer 2005). Im Beobachtungszeitraum wurden 103 Prostatakarzinome diagnostiziert. Insbesondere Männer mit einem normalen Serum-PSA (<3 ng/ml) profitierten deutlich von der Einnahme des Kombinationspräparates (»hazard ratio«: 0,52; 95%-CI: 0,29–0,92).
Spurenelemente Eine umfangreiche Metaanalyse zur Frage eines Zusammenhangs der Aufnahme verschiedener Spurenelemente
konnte den lange berichteten Zusammenhang zwischen Zinkzufuhr und Prostatakarzinom nicht nachweisen (Navarro Silvera et al. 2007).
Phytoöstrogen wirkende sekundäre Pflanzenstoffe Die Rolle sekundärer Pflanzenstoffe (z. B. Phytoöstrogene) in der Prävention des Prostatakarzinoms war Gegenstand etlicher Fallkontrollstudien und Kohortenstudien. Eine Vielzahl von epidemiologischen Untersuchungen weist darauf hin, dass Männer mit hohem Anteil von Obst und Gemüse in der Ernährung weniger häufig an einem Prostatakarzinom erkranken (Cohen et al. 2000). Als wesentliche Komponenten werden in der Literatur insbesondere Isoflavonoide und Lignane genannt. Allerdings ist die Datenlage in Bezug auf die wirksamen Nahrungsbestandteile inhomogen. So lassen die kürzlich publizierten Daten der EPIC-Studie (Gonzalez 2006) keinen Zusammenhang zwischen Obst- und Gemüsekonsum und dem Auftreten eines Prostatakarzinoms erkennen. Demgegenüber könnte das in Tomaten und Tomatenprodukten enthaltene Isoflavonoid Lykopen einen präventiven Wert bei der Entstehung des Prostatakarzinoms haben (Fraser et al. 2005; Tab. 6.1). Trotz der eindeutigen Ergebnisse aus 2 großen Kohortenstudien – die Health Professional Follow-up Study wurde erst kürzlich reevaluiert – spricht die Bewertung der Datenlage insgesamt eher dafür, dass vermutlich nicht ein einzelner Stoff, sondern eine Kombination sekundärer Pflanzenstoffe wirksam ist. Dies könnte auch das negative Ergebnis einer kürzlich publizierten Kohortenstudie an 29.361 Männern erklären (Kirsh et al. 2006a). Die vorliegenden Ergebnisse waren Anlass zu einer großen aktuell noch laufenden prospektiven Interventionsstudie, in der nunmehr Sojaextrakte untersucht werden. Die Ergebnisse werden für Anfang der nächsten Dekade erwartet.
Fleischverzehr Der Zusammenhang zwischen Fleischverzehr und dem Auftreten eines Prostatakarzinoms war jahrelang umstritten. Im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie an fast 30.000 Männern konnten Cross et al. (2005) keinen Zusammenhang zwischen dem Verzehr an Fleisch generell oder »rotem« bzw. »hellem« Fleisch und dem Auftreten eines Prostatakarzinoms nachweisen. Allerdings scheint die Zubereitung eine wichtige Rolle zu spielen. Entsprechend war der Verzehr von scharf angebratenem Fleisch mit einem um 40% erhöhten Risiko eines Prostatakarzinoms korreliert. Dabei ergaben sich aus dieser
6
76
Kapitel 6 · Grundlagen der Prävention
Tab. 6.1. Der Einfluss des Verzehrs an Tomaten/Tomatenprodukten und des Serumlykopenspiegels auf das Prostatakarzinomrisiko. (Nach Schmitz-Dräger et al. 2001)
6
Autor/Jahr
Studientyp
Le Marchand et al. 1991
Fallkontrollstudie
Tzonou et al. 1999
Fallkontrollstudie
Gegenstand
n
RR
p
95%-CI
− 1619/1618
− n.s.
− Tomatenprodukte
− 320/246
− 0,70
− <0,005
− Obst/Gemüse
Cohen et al. 2000
Fallkontrollstudie
− 628/602
− 0,65
− 0,01
− 0,45–0,94
Norish et al. 2000
Fallkontrollstudie
− 317/480
− n.s.
− 0,76
− 0,50–1,17
Mills et al. 1989 7th-day-Adventists
Kohortenstudie
− 14.000
− 0,60
− 0,02
− 0,37–0,97
Giovannucci et al. 1995 (HPFS)
Kohortenstudie
− Tomaten − Tomatensauce
− >47.000
− 0,74 − 0,66
− ,03 − ,001
− 0,58–0,93 − 0,49–0,90
Giovannucci et al. 2002 (HPFS Update)
Kohortenstudie
− Tomaten − Tomatensauce
− >47.000
− 0,84 − 0,77
− 0,003 − <0,001
− 0,73–0,96 − 0,66–0,90
Hsing et al. 1990
Fallkontrollstudie
− Serumlykopen
− 206
− n.s.
Nomura et al. 1997
Eingebettete Fallkontrollstudie
− Serumlykopen
− 284
− n.s.
Gann et al. 1999 (PHS)
Eingebettete Fallkontrollstudie
− Plasmalykopen
− 1156
− 0,75
− 0,12 (trend)
− 0,54–1,06
Kirsh et al. 2006
Kohortenstudie
− Tomaten(produkte) + − familiäre Belastung (Lykopin)
− 29.361
− n.s.
− n.s. − 0,04
− n.s.
Studie Hinweise darauf, dass vermutlich heterozyklische Amine als Karzinogene wirken.
Milch und Milchprodukte Der Verzehr von Milch und Milchprodukten wurde vielfach in Zusammenhang mit der Entwicklung des Prostatakarzinoms gebracht. Neuere Untersuchungen, die den Verbrauch von Milch und Milchprodukten in 38 Ländern weltweit mit der Prostatakarzinominzidenz korrelieren, fanden keinen signifikanten Zusammenhang (Zhang u. Kesteloot 2005). Dem stehen die Ergebnisse einer Metaanalyse aus 11 Fallkontrollstudien von Qin et al. (2004) gegenüber, die eine Korrelation zwischen Milchkonsum und einem Prostatakarzinom berichteten (OR: 1,68; 95%-CI: 1,34–2,12).
Fette Auch der Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Fetten und dem Auftreten eines Prostatakarzinoms ist nach wie vor umstritten. Theoretisch scheint ein solcher Zusammenhang über den Cholesterin-AndrogenMetabolismus plausibel. Zuletzt haben jedoch größere Kohortenstudien keinen Zusammenhang nachweisen können (Moyad 2002). Dabei ist jedoch die Erfassung der Fettzufuhr und insbesondere die Zuordnung zu den ver-
schiedenen Typen (gesättigt/ungesättigt) problematisch. Dennis et al. (2004) weisen in ihrer Arbeit auf die methodischen Probleme in den epidemiologischen Studien hin. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Laaksonen et al. 2004) könnten das Risiko eines Prostatakarzinoms möglicherweise deutlich absenken, wie eine große finnische Kohortenstudie zeigt. Für Ω3 Fettsäuren fand eine aktuell vorgelegte Cochrane-Analyse eine Studie, die eine deutlich verminderte Inzidenz aufzeigte (RR: 0,43; 95%-CI: 0,22–0,83), während in einer weiteren Untersuchung ein fast verdoppeltes Risiko für ein fortgeschrittenes Prostatakarzinom berichtet wurde (RR: 1,98; 95%-CI: 1,34–2,93; MacLean et al. 2006). Hinweis
I
I
Umfangreiche prospektive Kohortenstudien haben in den letzten Jahren die Ergebnisse älterer Untersuchungen in Frage gestellt. Als akzeptiert gilt derzeit, dass Raucher durch den Konsum von Vitamin-Ehaltigen Nahrungsmitteln das Risiko eines Prostatakarzinoms senken können. Die sog. Phytoöstrogene, Selen sowie Tomaten und Tomatenprodukte sind mögliche Kandidaten für eine Prävention. Die Diskussion um die Bedeutung von Fleischkonsum und Fettzufuhr ist aufgrund neuerer Untersuchungen wieder offen.
77 6.4 · Lifestyle
6.3.2 Harnblasenkarzinom
Selen In der niederländischen Kohortenstudie (Zeegers et al. 2002) fand sich ein Zusammenhang zwischen dem Selenspiegel und dem Auftreten eines Harnblasenkarzinoms. Bei Personen mit hohem Selenspiegel war das Risiko um 30–40% erniedrigt.
eine schwedische Kohortenstudie bei Frauen mit hohem Obstkonsum eine Risikoreduktion beobachtete (Rashidkhani et al. 2005a), fand sich in der Netherlands Cohort Study kein Hinweis auf einen Zusammenhang (van Dijk et al. 2005). In der oben genannten schwedischen Studie ergab sich für Alkoholkonsum eine positive Korrelation mit der Inzidenz von Nierentumoren (Rashidkhani et al. 2005b). Hinweis
Spurenelemente
I
I
Die bislang vorgelegten Studien zur Frage eines präventiven Wertes zielen ausschließlich auf Nahrungsmittel und ihre Inhalte. Es ist bislang unklar, ob die Einnahme von Nahrungsergänzungspräparaten vergleichbare Wirkungen hat.
Eine umfangreiche Metaanalyse zur Frage eines Zusammenhangs der Aufnahme verschiedener Spurenelemente und dem Auftreten von Tumoren ergab deutliche Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Arsen und dem Auftreten von Harnblasentumoren (Navarro-Silvera et al. 2007). 6.4
Lifestyle
Obst und Gemüse Zeegers et al. (2004) und Steinmaus et al. (2000) kamen in Metaanalysen zu dem Schluss, dass weniger der Gemüsekonsum, wohl aber der Obstverzehr, das Risiko eines Harnblasenkarzinoms senkt. In der belgischen Harnblasenkarzinom-Fallkontrollstudie (Kellen et al. 2006) wurde diese Einschätzung bestätigt. Darüber hinaus ergaben sich in dieser Studie Hinweise darauf, dass Raucher durch Obstkonsum ihr Karzinomrisiko senken können. Hinweis
I
I
Für das Harnblasenkarzinom ergeben sich Hinweise auf einen präventiven Wert von Selen und Obstkonsum.
Fett und Fleisch Eine Metaanalyse von Steinmaus et al. (2000) zeigte eine Korrelation zwischen der Fettzufuhr und dem Auftreten von Harnblasentumoren auf (RR: 1,37, 95%-CI: 1,16, 1,62), während der Verzehr von Fleisch nicht mit einem erhöhten Risiko verbunden war (RR:1,08, 95%-CI: 0,82–1,42). Cohen et al. (2000) weisen darauf hin, dass der in mehreren Studien beobachtete Zusammenhang zwischen Fleischverzehr und Blasentumoren sich vermutlich über die Wirkung von über die Pyrolyse entstandenen heterozyklischen Aminen, bekannten Harnblasenkarzinogenen, erklärt.
6.3.3 Nierenzellkarzinom
Die Datenlage zum Thema Nierenzellkarzinom und Ernährung ist spärlich und teilweise kontrovers. Während
6.4.1 Sport und Bewegung
Seit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert verkürzt sich die Zeit, in der es notwendig ist, körperlich zu arbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Zweifellos hat sich die körperliche Aktivität für große Teile der Bevölkerung in den Industrienationen in den Freizeitbereich verlagert. Diese »gesetzte« Lebensweise birgt Risiken. Adipositas, Osteoporose, Diabetes mellitus und koronare Herzerkrankungen sind Beispiele für Krankheiten, die stark durch die Lebensweise beeinflusst sind. Auch für die Onkologie existiert eine gute Datenbasis dahingehend, dass Sport einen präventiven Stellenwert besitzt. Zwischenzeitlich liegen mehrere Untersuchungen vor, die sich mit dem Einfluss von Sport und Bewegung auf die Entstehung urologischer Tumoren, insbesondere beim Prostatakarzinom, auseinandersetzen. Mehrere Übersichtsarbeiten, die bis zu 28 Studien zu diesem Thema zusammenfassen, kommen zu dem Schluss, dass Bewegung und Sport das Risiko eines Prostatakarzinoms möglicherweise absenken kann (Oliveiria u. Lee 1997; Friedenreic u. Thune 2001; Sommer et al. 2004). Allerdings wurde in diesen Übersichten auf die zweifelhafte Qualität etlicher Studien hingewiesen. In der Netherlands Cohort Study, in der mehr als 58.000 Männer über fast 10 Jahre verfolgt wurden, fand sich kein Zusammenhang zwischen Sport und Prostatakarzinom (Zeegers et al. 2005). Demgegenüber liegen Daten vor, die darauf hinweisen, dass ausgeprägte sportliche Aktivität die Inzidenz von Harnblasentumoren erhöht. Wannamethee et al. (2001) berichteten über eine Kohortenstudie bei 7500 Probanden, die über 18 Jahre verfolgt wurden. Ausge-
6
78
Kapitel 6 · Grundlagen der Prävention
prägte sportliche Aktivität war mit einem leicht erhöhten Risiko (OR 1,2) korreliert. Für Nieren- und Hodentumoren ist die Datenlage kontrovers, so dass ein wesentlicher Einfluss von Bewegung und Sport auf die Inzidenz dieser beiden Tumoren nicht zu erwarten ist.
6.4.2 Rauchen
6
Die Datenlage zur Korrelation zwischen Rauchen und dem Auftreten eines Prostatakarzinoms ist kontrovers. Eine kürzlich erfolgte Aktualisierung der Daten aus der ATBC-Studie zeigte ein geringgradig erhöhtes Risiko für Raucher (SIR: 1,10, 95%-CI: 1,04–1,18; Malila et al. 2006). Der Zusammenhang zwischen Rauchen und Harnblasenkarzinom ist demgegenüber allgemein akzeptiert (Überblick in Zeegers 2004). Das relative Risiko liegt zwischen 2,5 und 3. Dieses Risiko scheint, nach neueren Erkenntnissen, durch Genpolymorphismen bei Phase-Iund -II-Entgiftungsenzymen moduliert zu werden. Für GSTP1 und NAT2 darf ein Zusammenhang zwischen bestimmten Polymorphismen und dem Risiko eines Harnblasenkarzinoms bei Rauchern als gesichert gelten (Cao et al. 2005; Marcus 2000). Eine Zusammenfassung der Daten aus der Nurses Health Study und der Health Professionals Follow-up Study ergab für das Nierenzellkarzinom eine signifikante Korrelation zwischen der Inzidenz und dem Rauchen (Flaherty et al. 2005).
6.4.3 Alkohol
Für das Prostatakarzinom scheint, nach derzeitigem Kenntnisstand, der Alkoholkonsum kein wesentlicher Risikofaktor zu sein: In einer dänischen Kohortenstudie an über 12.000 Männern, die für mehr als 12 Jahre beobachtet wurden, konnte kein Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und der Inzidenz eines Prostatakarzinoms nachgewiesen werden (Albertsen u. Gronbaek 2002). Auch für das Harnblasenkarzinom fand sich in zwei jüngeren, sorgfältig aufgearbeiteten Kohortenstudien kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Inzidenz und dem Alkoholkonsum (Djousse et al. 2004; Zeegers et al. 2001). Dem stehen die Ergebnisse einer Übersichtsarbeit von Zeegers et al. (2004) gegenüber, in der – zumindest für Männer – ein Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und dem Auftreten von Harnblasentumoren beobachtet wurde. Allerdings war das relative Risiko der Alkoholkonsumenten nur gering erhöht. Eine große Kohortenstudie an 34.637 Frauen zeigte, das die Einnahme von mehr als 3 g Alkohol/Tag das
Risiko, an einem Nierenzellkarzinom zu erkranken, halbierte (RR 0,52; CI 0,29–0,92; Nicodemus et al. 2004). Hinweis
I
I
Der Zusammenhang zwischen Rauchen und dem Auftreten von Harnblasentumoren ist akzeptiert, für das Nierenkarzinom wahrscheinlich. Die Rolle des Alkoholkonsums in der Prävention urologischer Tumorerkrankungen bleibt unklar.
6.4.4 Körpergewicht
Das Körpergewicht ist eng mit der Kalorienzufuhr und damit auch weitgehend mit der Fettaufnahme korreliert. Ein erhöhter Body Mass Index (BMI) wurde vielfach als Risikofaktor für ein Prostatakarzinom beschrieben (Engeland et al. 2003). Zumindest für jüngere Männer ist dies nicht unbestritten. So zeigte eine auf Daten des Surveillance, Epidemiology, and End Results (SEER) Krebsregisters beruhende Analyse für Männer zwischen 40 und 64 Jahren eine inverse Korrelation zwischen Prostatakrebsinzidenz und dem BMI (Porter u. Stanford 2005). Zu einem ähnlichen Resultat kamen Bradbury et al. (2005) bei der Auswertung der Daten aus der General Practice Research Database. Auch Giovannucci et al. (2003) bestätigten diese Beobachtung. In dieser Analyse aus der Health Professionals Follow-up Study war ein hoher BMI auch bei Männern mit familiärer Belastung mit einem verminderten Prostatakarzinomrisiko korreliert Eine Untersuchung von Freedland et al. (2006) zeigt jedoch, dass das Prostatagewicht von Patienten mit radikaler Prostatektomie mit dem BMI korreliert ist, während der PSA-Wert bei den adipösen Patienten niedriger lag. Möglicherweise muss daher mit einem Selektionsbias gerechnet werden, der dadurch zustande kommt, dass übergewichtige Männer wegen des niedrigen PSA-Wertes weniger häufig biopsiert werden. In der Baseler Kohortenstudie zeigte sich über 17 Jahre kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem BMI und der Mortalität an einem Prostatakarzinom (Eichholzer et al. 2006). Allerdings war die Zahl der eingegangenen Prostatakarzinomtodesfälle relativ klein. Für das Nierenzellkarzinom wurden kürzlich Ergebnisse aus der EPIC-Studie vorgelegt (Pischon et al. 2006). Dabei fand sich eine hochsignifikante Korrelation zwischen dem BMI und dem Auftreten eines Nierenkarzinoms bei Frauen (RR: 2,25; 95%-CI: 1,14–4,44; p-trend: 0,009). Bei Männern stellte demgegenüber ein geringer Hüftumfang einen signifikanten Risikofaktor für einen Nierentumor dar.
79 6.5 · Chemoprävention
6.5
Chemoprävention
Der Terminus »Chemoprävention« ist nicht eindeutig definiert. Es fragt sich, ob man darunter lediglich die Einnahme nicht natürlicher Substanzen subsumiert, oder ob auch natürlich vorkommende Substanzen unter den Begriff der Chemoprävention fallen können. Für die vorliegende Betrachtung haben sich die Autoren darauf verständigt, den Begriff Chemoprävention auf nicht natürlich vorkommende Substanzen oder Substanzgruppen anzuwenden. Eine Datenlage zur Primärprävention liegt lediglich für die Chemoprävention des Prostatakarzinoms vor. Die Datenlage für das Harnblasenkarzinom betrifft ausschließlich die Sekundärprävention und ist in Kap. 25 als »adjuvante Therapie« abgehandelt.
6.5.1 5-α-Reduktasehemmer
Auf der Grundlage experimenteller und klinischer Beobachtungen wurde 1993 das Prostate Cancer Prevention Trial (PCPT) initiiert (Thompson et al. 2003). Dabei wurde der präventive Effekt des 5-α-Reduktase-Typ-IIHemmers Finasterid in einer prospektiv randomisierten Doppelblindstudie untersucht. In die Studie wurden 18.882 gesunde Männer über 55 Jahre mit negativem Tastbefund und einem PSA-Wert unter 3,0 ng/ml aufgenommen. Die Randomisation erfolgte in einen Kontrolloder einen Behandlungsarm, in denen die Probanden entweder ein Placebo oder 5 mg Finasterid über einen Zeitraum von 7 Jahren erhielten. Bei PSA-Anstieg, auffälligem Tastbefund und am Ende der Studie erfolgte eine Prostatabiopsie. Die Studie wurde wegen Erreichen des Studienziels bereits 1 Jahr vor dem geplanten Ende abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt fanden sich in der Finasteridgruppe 24,1% weniger Prostatakarzinome (p<0,0001). Kritik an den Ergebnissen ergab sich jedoch aus der Tatsache, dass sich im Verumarm signifikant mehr Tumoren mit einem Gleason-Score von 7–10 fanden (Scardino 2003). Nach Korrektur für Alter, Rasse, Familienanamnese und PSA-Wert ergab sich in Hinblick auf den Nachweis eines Gleason-7–10-Karzinoms ein relatives Risiko von 1,28 zu Ungunsten der Finasteridgruppe (p =0,005). Die Ergebnisse der PCPT-Studie wurden in den folgenden Jahren umfangreichen Nachuntersuchungen unterworfen. Dabei ergab sich, dass die beobachtete Differenz mit größter Wahrscheinlichkeit einzig auf die Verminderung des Prostatavolumens unter Finasterid zurückzuführen ist (Unger et al. 2004; Klein u. Thompson 2004; Klotz et al. 2007; Sarvis u. Thompson 2008).
Hinweis
I
I
Finasterid ist somit die erste Substanz, für die eine präventive Wirkung beim Prostatakarzinom bewiesen ist.
Aktuell läuft eine Folgestudie mit dem 5-α-ReduktaseTyp-I- und -II-Hemmer Dutasterid (REDUCE-Trial) bei Männern mit erhöhtem PCA-Risiko (Andriole et al. 2004).
6.5.2 »Non-steroidal antiinflammatory drugs«
(NSAID)/COX-2 Hemmer Experimentelle und epidemiologische Untersuchungen weisen auf einen präventiven Effekt der »non-steroidal antiinflammatory drugs« (NSAID) hin. NSAID inhibieren die Cyclooxygenasen (COX), Enzyme, die die Umwandlung von Arachidonsäure in die Prostaglandine (PG) katalysieren. Die Expression der Cyclooxygenase (COX)-2, eines zentralen COX-Isoenzymes, erfolgt als Reaktion auf verschiedene Stimuli, wie Entzündung, Zytokine oder Wachstumsfaktoren. COX-2-vermittelte Reaktionen können, über die Bildung von sog. »reactive oxygen species« (ROS), direkt die DNA oxidieren. Darüber hinaus ist Prostaglandin E2, ein Stoffwechselprodukt des COX-2abhängigen Arachidonsäuremetabolismus, über verschiedene Mechanismen in Tumorentstehung und Progression involviert. In-vitro-Untersuchungen haben gezeigt, dass COX-2 -Inhibitoren die Zellproliferation vermindern, die Apoptose steigern und in die Zellzyklusregulation eingreifen. Schließlich wurde in mehreren epidemiologischen Studien eine verminderte Prostatakarzinominzidenz bei Männern unter NSAID-Medikation beobachtet (Roberts et al. 2004). In einer neueren Untersuchung wiesen Beauchamps et al. (2005) eine Cyclooxygenase-inhibierende Substanz in Olivenöl nach, die als Oleocanthal identifiziert wurde. Es wird spekuliert, ob die niedrige Prostatakarzinominzidenz in den Mittelmeerländern u. U. auch auf den Konsum von Olivenöl zurückzuführen ist. Mahmud et al (2004) berichteten die Ergebnisse einer Metaaanalyse zur Frage des Einflusses von Aspirin auf die Inzidenz des Prostatakarzinoms. Die Auswertung von 5 retrospektiven und 7 prospektiven Studien ergab, insbesondere für die prospektiven Untersuchungen, eine signifikante Senkung des Karzinomrisikos um etwa 15%. Auf dieser Grundlage wurde eine umfangreiche doppel-blinde, prospektiv randomisierte Studie zur Frage des präventiven Wertes des COX-2-Hemmers Rofecoxib initiiert (ViP-trial). Wegen signifikant gehäufter kardio-
6
80
Kapitel 6 · Grundlagen der Prävention
vaskulärer Ereignisse in der Behandlungsgruppe bei einer Einnahme des Medikamentes über mehr als 1,5 Jahre wurde die Studie vorzeitig abgebrochen (Thomas 2005).
6.5.3 Selective estrogen receptor modulators
(SERM)
6
Selektive Östrogenrezeptormodulatoren (SERM) wirken als Östrogenrezeptorenagonisten und könnten somit hormonsensitive Tumoren beeinflussen. Toremifen ist eine der Substanzen, die aktuell auf ihren präventiven Wert bei Mammakarzinom und Prostatakarzinom untersucht werden. In einer Doppelblindstudie wurden 514 Männer mit »high-grade prostatic intraepithelial neoplasia« (=PIN ohne Prostatakarzinomnachweis) randomisiert, über 1 Jahr entweder Toremifen 20 mg, 40 mg, 60 mg oder ein Placebo einzunehmen (Price et al. 2005). Alle Patienten wurden nach 6 und 12 Monaten rebiopsiert. Eine klare DosisWirkungsbeziehung konnte nicht nachgewiesen werden, denn insbesondere in der Gruppe von Patienten, die 20 mg Toremifen eingenommen hatten, wurde in den Rebiopsien signifikant weniger Tumoren als in der Placebo-Gruppe nachgewiesen. Die Reduktion betrug nach 6 und 12 Monaten 24,4% bzw. 31,2% (p<0,05). Die Anzahl von Tumoren, die durch eine 1-jährige Gabe von Toremifen 20 mg verhindert wurde, wurde für die Studienpopulation mit 6,8 je 100 behandelter Männer geschätzt.
6.5.4 Statine
Moyad regte kürzlich eine Untersuchung des präventiven Wertes von Statinen bei urologischen Tumorerkrankungen an (Moyad 2004a, b). Neben bestehenden experimentellen Hinweisen argumentiert Moyad dahingehend, dass für die Statine ein präventiver Effekt bei kardiovaskulären Erkrankungen belegt ist. Insbesondere beim Prostatakarzinom versterben jedoch viele Männer nicht am Tumorleiden, sondern an begleitenden kardiovaskulären Krankheiten. Durch Gabe von Statinen könnte ein Teil dieser Todesfälle vermieden werden. Außerdem stellt sich die Frage, ob möglicherweise zusätzliche Effekte durch die Regulierung des Fettstoffwechsels generiert werden könnten. Untersuchungen aus der jüngeren Zeit, die auf einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und Prostatakarzinom hinweisen, werden in diesem Zusammenhang zitiert (Hsieh et al. 2003; Strom et al. 2005). Zur präventiven Wirkung der Statine beim Prostatakarzinom wurden zwischenzeitlich weitere wichtige Studien vorgelegt. Bonovas und Mitarbeiter (2008) konnten in einer Metaanalyse von Untersuchungen zu diesem As-
pekt keinen Hinweis auf eine Senkung des PCA-Risikos nachweisen. Allerdings bleibt zu hinterfragen, ob ggf. verschiedene Statine unterschiedliches präventives Potenzial aufweisen. Die Autoren selbst weisen auf die Problematik dieser Analyse in Hinblick auf Einnahmedauer und Nachbeobachtungszeit hin. In einer großen Kohortenstudie an über 62.000 Veteranen (Farwell et al. 2008) fand sich hingegen ein reduziertes Krebsrisiko der StatinVerbraucher sowohl insgesamt als auch für verschiedene Tumorentitäten inkl. des Prostatakarzinoms. Diese Studie war in der o. g. Metaanalyse noch nicht berücksichtigt. In diesem Zusammenhang sollten auch die Ergebnisse einer europäischen Metaanalyse von 20 Fall-Kontroll-Studien erwähnt werden (Taylor et al. 2008). In dieser Analyse ergab sich eine Senkung des relativen Risikos für Mamma-, Bronchial-, Kolon- und das Prostatakarzinom, jedoch war diese Reduktion lediglich für das Kolonkarzinom signifikant. Alle Autoren stimmen dahingehend überein, dass sie eine prospektive Überprüfung der Zusammenhänge in einem geeigneten Studiendesign empfehlen.
6.5.5 Andere Substanzen
In den letzten Jahren haben sich für verschiedene weitere Substanzen Hinweise auf einen präventiven Wert beim Prostatakarzinom ergben. Dazu zählen z. B. Liganden des Peroxisomen-Proliferator-aktivierten Rezeptors γ (PPAR-γ), die in vitro und im Tiermodell die Entstehung von Mammakarzinomen beeinflussen und in menschlichen Liposarkomzellen eine Redifferenzierung induzieren. In Analogie zu den SERM werden derzeit selektive PPAR-Modulatoren (SPARM) entwickelt mit dem Ziel, spezifische Gene bzw. Genprodukte, die in einem Zusammenhang mit der Karzinogenese stehen, zu beeinflussen. Weitere Ansätze, die derzeit experimentell geprüft werden, bestehen in einer Inhibition der induzierbaren Stickoxidsynthetase (iNOS), der Aktivierung von Phase-II-Entgiftungsenzymen (Gluthation-S-Tranferasen, N-Acetyl-Transferasen u. a) sowie der Modulation von Zellzyklus- oder Apoptoseregulatoren. In diese Untersuchungen werden auch Pflanzenextrakte einbezogen (Malik 2005). Hinweis
I
I
Durch die langfristige Einnahme eines 5-α-Reduktasehemmers wird die Inzidenz eines Prostatakarzinoms um mindestens 25% gesenkt. Weitere Kandidaten einer Chemoprävention sind u. a. selektive Östrogenrezeptormodulatoren (SERM).
81 Literatur
6.6
Diskussion und Schlussfolgerung
Generell erscheint das Prostatakarzinom besonders für den Einsatz präventiver Strategien geeignet. Gründe dafür sind u. a. die hohe Inzidenz sowie die Tatsache, dass auch ein Hinausschieben der Erkrankung um nur einige Jahre eine aufwändige Behandlung vielfach überflüssig macht. Ein Effekt auf hoch differenzierte Tumoren könnte dazu führen, dass sich eine aufwändige und invasive Therapie dieser Tumorentität, für die der Nutzen einer Behandlung vielfach fragwürdig erscheint, möglicherweise erübrigt. Über neuere Ergebnisse aus der Tumorbiologie, aber auch durch die bekannten epidemiologischen Untersuchungen konnten in den vergangenen Jahren eine Reihe von Substanzen identifiziert werden, die insbesondere für eine Prävention des Prostatakarzinoms geeignet scheinen. Einige neuere Studien haben dazu geführt, dass die Rolle der Ernährung auf die Entstehung eines Prostatakarzinoms nicht mehr so hoch eingestuft wird wie noch vor wenigen Jahren. Weitgehend unklar bleibt auch der Wert von Nahrungsergänzungspräparaten, obwohl eine Untersuchung dieser Präparate auf ihren präventiven Wert, nicht zuletzt wegen der Möglichkeiten einer standardisierten Einnahme, höchst wünschenswert wäre. Nach wie vor gilt, dass unter Berücksichtigung von Risiken und Konsequenzen, die eine Erkrankung wie das Prostatakarzinom für den Einzelnen mit sich bringt, und dem persönlichen Aufwand einer Umstellung der Ernährung der mit Präventionsstudien verbundene hohe Aufwand gerechtfertigt ist. Andere Ansätze dürfen demgegenüber heute aufgrund der Datenlage als evidenzbasiert (Cochrane level I) gelten, allen voran der Einsatz des 5-α-Reduktasehemmers Finasterid, für den der präventive Effekt gesichert ist. Qualitativ hervorragende laufende Studien werden unser Wissen auf diesem Gebiet in den nächsten Jahren wesentlich erweitern. Nach wie vor stößt die Chemoprävention auf erhebliche Widerstände, die einen breiten Einsatz auch mittelfristig behindern dürften. Neben der gesellschaftlichen Akzeptanz ist das Fehlen einer Finanzierung das zentrale Problem. Obwohl sich Politiker aller Parteien eine Förderung der Prävention auf die Fahnen geschrieben haben, bleibt die Prävention auf absehbare Zeit eine Frage der persönlichen Initiative und dürfte damit auf eine entsprechend zahlungskräftige Klientel beschränkt bleiben. Für Medikamente wie das Finasterid könnte man in begrenztem Umfang auf Mitnahmeeffekte setzen, wenn im Rahmen der medikamentösen Behandlung einer gutartigen Prostatavergrößerung das individuelle Karzinomrisiko eines Patienten berücksichtigt wird.
In den zurückliegenden Jahren hat die Präventionsmedizin tiefgreifende Veränderungen erfahren. Dazu gehört eine gewisse Abkehr von organbezogenen Ansätzen hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung des Organismus. Präventive Ansätze in der Uroonkologie werden künftig auch unter dem Aspekt ihrer Wirkung auf weitere wichtige Volkskrankheiten beurteilt werden (Moyad 2002). Die Zukunft gehört einer individualisierten Prävention. Über eine individuelle Risikoanalyse werden geeignete Maßnahmen identifiziert und angeboten. Dieser individualisierte Zugang schließt auch die Berücksichtigung genetischer Eigenschaften ein. Unter Berücksichtigung evidenzbasierten Wissens und medizinethischer Vorgaben wird künftig die Untersuchung insbesondere von Phase-II-Entgiftungsenzymen erfolgen. Über eine Untersuchung der SNP können Risiken identifiziert und der Interessent gezielt beraten werden. Auf dieser Grundlage kann dann der Betroffene entscheiden, ob er die Risiken der Erkrankung oder evtl. den persönlichen Aufwand, die Kosten und Nebenwirkungen präventiver Maßnahmen tragen will.
Literatur Albertsen K, Gronbaek M (2002) Does amount or type of alcohol influence the risk of prostate cancer? Prostate 52 (4): 297–304 Alpha-Tocopherol, Beta Carotene Cancer Prevention Study Group (1994) The effect of vitamine E and beta carotene on the incidence of lung cancers and and other cancers in male smokers. N Engl J Med 300: 1029–35 Andriole G, Bostwick D, Brawley O, Gomella L, Marberger M, Tindall D, Breed S, Somerville M, Rittmaster R; REDUCE Study Group (2004) Chemoprevention of prostate cancer in men at high risk: rationale and design of the reduction by dutasteride of prostate cancer events (REDUCE) trial. J Urol 172: 1314–7 Beauchamp GK, Keast RS, Morel D, Lin J, Pika J, Han Q, Lee CH, Smith AB, Breslin PA (2005) Phytochemistry: ibuprofen-like activity in extra-virgin olive oil. Nature 437: 45–6 Becker N (2001) Epidemiologic aspects of cancer prevention in Germany. J Cancer Res Clin Oncol Jan 127 (1): 9–1 Bonovas S, Filioussi K, Sitaras NM (2008) Statin use and the risk of prostate cancer: A metaanalysis of 6 randomized clinical trials and 13 observational studies. Int J Cancer 123(4):899–904 Bradbury BD, Wilk JB, Kaye JA (2005) Obesity and the risk of prostate cancer (United States). Cancer Causes Control Aug; 16 (6): 637–41 Brinkman M, Reulen RC, Kellen E, Buntinx F, Zeegers MP (2006) Are men with low selenium levels at increased risk of prostate cancer? Eur J Cancer 42(15): 2463–71 Cao W, Cai L, Rao JY, Pantuck A, Lu ML, Dalbagni G, Reuter V, Scher H, Cordon-Cardo C, Figlin RA, Belldegrun A, Zhang ZF (2005) Tobacco smoking, GSTP1 polymorphism, and bladder carcinoma. Cancer Dec 1; 104 (11): 2400–8 Clark LC, Combs GF Jr, Turnball BW et al. (1996) Effects of selenium supplementation for cancer prevention in patients with carcinoma of the skin: a randomized controlled trial. Nutritional Prevention of Cancer Study Group. JAMA 276: 1957–63 Cohen JH, Kristal AR, Stanford JL. Fruit and vegetable intakes and prostate cancer risk. J Natl Cancer Inst 2000; 92: 61–8
6
82
6
Kapitel 6 · Grundlagen der Prävention
Costello AJ (2001) A randomized, controlled chemoprevention trial of selenium in familial prostate cancer: Rationale, recruitment, and design issues. Urology 57 (4 Suppl 1): 182–4 Cross AJ, Peters U, Kirsh VA, Andriole GL, Reding D, Hayes RB, Sinha R (2005) A prospective study of meat and meat mutagens and prostate cancer risk. Cancer Res 65: 11779–84 Dennis LK, Snetselaar LG, Smith BJ, Stewart RE, Robbins ME (2004) Problems with the assessment of dietary fat in prostate cancer studies. Am J Epidemiol Sep 1; 160 (5): 436–44 Djousse L, Schatzkin A, Chibnik LB, D’‘Agostino RB, Kreger BE, Ellison RC (2004) Alcohol consumption and the risk of bladder cancer in the Framingham Heart Study. J Natl Cancer Inst Sep 15; 96 (18): 1397–400 Eichholzer M, Bernasconi F, Jordan P, Stahelin HB (2005) Body mass index and the risk of male cancer mortality of various sites: 17year follow-up of the Basel cohort study. Swiss Med Wkly Jan 8; 135 (1–2): 27–33 Engeland A, Tretli S, Bjorge T (2003) Height, body mass index, and prostate cancer: a follow-up of 950000 Norwegian men. Br J Cancer Oct 6; 89 (7): 1237–1242 Farwell WR, Scranton RE, Lawler EV, Lew RA, Brophy MT, Fiore LD, Gaziano JM (2008) The association between statins and cancer incidence in a veterans population. J Natl Cancer Inst 100(2):134-9 Flaherty KT, Fuchs CS, Colditz GA, Stampfer MJ, Speizer FE, Willett WC, Curhan GC (2005) A prospective study of body mass index, hypertension, and smoking and the risk of renal cell carcinoma (United States). Cancer Causes Control Nov 16 (9): 1099–106 Fraser ML, Lee AH, Binns CW (2005) Lycopene and prostate cancer: emerging evidence. Expert Rev Anticancer Ther 5 (5): 847–54 Freedland SJ, Platz EA, Presti JC Jr, Aronson WJ, Amling CL, Kane CJ, Terris MK (2006) Obesity, serum prostate specific antigen and prostate size: implications for prostate cancer detection. J Urol 175 (2): 500–504 Friedenreich CM, Thune I (2001) A review of physical activity and prostate cancer risk. Cancer Causes Control 12 (5): 461–75 Gaziano JM, Glynn RJ, Christen WG, Kurth T, Belanger C, Macfadyen J, Bubes V, Manson JE, Sesso HD, Buring JE (2008) Vitamins E and C in the Prevention of Prostate and Total Cancer in Men: The Physicians‘ Health Study II Randomized Controlled Trial. JAMA [Epub ahead of print] Giovannucci E, Liu Y, Stampfer MJ, Willett WC (2006) A prospective study of calcium intake and incident and fatal prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 15(2): 203–10 Giovannucci E, Rimm EB, Liu Y, Leitzmann M, Wu K, Stampfer MJ, Willett WC (2003) Body mass index and risk of prostate cancer in U.S. health professionals. J Natl Cancer Inst 95 (16): 1240–4 Gonzalez CA (2006) The European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC). Public Health Nutr 9 (1A): 124–6 Hsieh LJ, Carter HB, Landis PK, Tucker KL, Metter EJ, Newschaffer CJ, Platz EA. (2003) Association of energy intake with prostate cancer in a long-term aging study: Baltimore Longitudinal Study of Aging (United States). Urology 61: 297–301 Kellen E, Zeegers M, Paulussen A, Van Dongen M, Buntinx F (2006) Fruit consumption reduces the effect of smoking on bladder cancer risk. The Belgian case control study on bladder cancer. Int J Cancer 118 (10): 2572–8 Kirsh VA, Hayes RB, Mayne ST, Chatterjee N, Subar AF, Dixon LB, Albanes D, Andriole GL, Urban DA, Peters U; PLCO Trial (2006) Supplemental and dietary vitamin E, beta-carotene, and vitamin C intakes and prostate cancer risk. J Natl Cancer Inst 98: 245–54 Kirsh VA, Mayne ST, Peters U, Chatterjee N, Leitzmann MF, Dixon LB, Urban DA, Crawford ED, Hayes RB (2006) A prospective study of
lycopene and tomato product intake and risk of prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 15: 92–8 Klein EA, Thompson IM (2004) Update on chemoprevention of prostate cancer. Curr Opin Urol 14: 143–9 Klein EA. Selenium and vitamin E cancer prevention trial. Ann N Y Acad Sci 1031: 234–241 Klotz L, Saad F; PCPT-MTOPS Consensus Panel (2007) PCPT, MTOPS and the use of 5ARIs: a Canadian consensus regarding implications for clinical practice. Can Urol Assoc J 1(1): 17–21 Laaksonen DE, Laukkanen JA, Niskanen L, Nyyssonen K, Rissanen TH, Voutilainen S, Pukkala E, Hakkarainen A, Salonen JT (2004) Serum linoleic and total polyunsaturated fatty acids in relation to prostate and other cancers: a population-based cohort study. Int J Cancer 111 (3): 444–450 MacLean CH, Newberry SJ, Mojica WA, Khanna P, Issa AM, Suttorp MJ, Lim YW, Traina SB, Hilton L, Garland R, Morton SC (2006) Effects of omega-3 fatty acids on cancer risk: a systematic review. JAMA 295 (4): 403–15 Mahmud S, Franco E, Aprikian A (2004) Prostate cancer and use of nonsteroidal anti-inflammatory drugs: systematic review and meta-analysis. Br J Cancer 90: 93–9 Malik A, Afaq F, Sarfaraz S, Adhami VM, Syed DN, Mukhtar H (2005) Pomegranate fruit juice for chemoprevention and chemotherapy of prostate cancer. Proc Natl Acad Sci USA 102: 14813–8 Malila N, Virtanen MJ, Virtamo J, Albanes D, Pukkala E (2006) Cancer incidence in a cohort of Finnish male smokers. Eur J Cancer Prev 15 (2): 103–7 Marcus PM, Hayes RB, Vineis P, Garcia-Closas M, Caporaso NE, Autrup H, Branch RA, Brockmoller J, Ishizaki T, Karakaya AE, Ladero JM, Mommsen S, Okkels H, Romkes M, Roots I, Rothman N Cigarette smoking, N-acetyltransferase 2 acetylation status, and bladder cancer risk: a case-series meta-analysis of a gene-environment interaction. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 9 (5): 461–7 Meyer F, Galan P, Douville P, Bairati I, Kegle P, Bertrais S, Estaquio C, Hercberg S (2005) Antioxidant vitamin and mineral supplementation and prostate cancer prevention in the SU.VI.MAX trial. Int J Cancer 116: 182–186 Morris JD, Pramanik R, Zhang X, Carey AM, Ragavan N, Martin FL, Muir GH (2006) Selenium- or quercetin-induced retardation of DNA synthesis in primary prostate cells occurs in the presence of a concomitant reduction in androgen-receptor activity. Cancer Lett 239(1): 111–22 Moyad MA (2002) Dietary fat reduction to reduce prostate cancer risk: controlled enthusiasm, learning a lesson from breast or other cancers, and the big picture. Urology 59 (4 Suppl 1): 51–62 Moyad MA (2004) Why a statin and/or another proven heart healthy agent should be utilized in the next major cancer chemoprevention trial: part I. Urol Oncol 22: 466–71 Moyad MA (2004) Why a statin and/or another proven heart healthy agent should be utilized in the next major cancer chemoprevention trial: part II. Urol Oncol 22: 472–77 Navarro Silvera SA, Rohan TE (2007)Trace elements and cancer risk: a review of the epidemiologic evidence. Cancer Causes Control 18(1): 7–27 Nicodemus KK, Sweeney C, Folsom AR (2004) Evaluation of dietary, medical and lifestyle risk factors for incident kidney cancer in postmenopausal women. Int J Cancer 108 (1): 115–121 Oliveria SA, Lee IM (1997) Is exercise beneficial in the prevention of prostate cancer? Sports Med 23 (5): 271–8 Packianathan S, Mehta RG, Mehta RR, Hall WH, Boerner PS, Beckett LA, Vijayakumar S (2004) Designing a randomized phase I/II prostate cancer chemoprevention trial using 1alpha-hydroxy-
83 Literatur
24-ethyl-cholecalciferol, an analogue of vitamin D3. Cancer J 10: 357–367 Pischon T, Lahmann PH, Boeing H, Tjonneland A, Halkjaer J, Overvad K, Klipstein-Grobusch K, Linseisen J, Becker N, Trichopoulou A, Benetou V, Trichopoulos D, Sieri S, Palli D, Tumino R, Vineis P, Panico S, Monninkhof E, Peeters PH, Bueno-de-Mesquita HB, Buchner FL, Ljungberg B, Hallmans G, Berglund G, Gonzalez CA, Dorronsoro M, Gurrea AB, Navarro C, Martinez C, Quiros JR, Roddam A, Allen N, Bingham S, Khaw KT, Kaaks R, Norat T, Slimani N, Riboli E (2006) Body size and risk of renal cell carcinoma in the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC). Int J Cancer 118 (3): 728–738 Porter MP, Stanford JL (2005) Obesity and the risk of prostate cancer. Prostate 62 (4): 316–321 Price D, Stein B, Goluboff E, Sieber P, Bostwick D, Barnette KG, Steiner MS (2005) Toremifene for the prevention of prostate cancer among 514 men with high-grade prostatic intraepithelial neoplasia (PIN): results of a double-blind, placebo-controlled phase IIB trial. J Urol 173: abstract 690 Qin LQ, Xu JY, Wang PY, Kaneko T, Hoshi K, Sato A (2004) Milk consumption is a risk factor for prostate cancer: meta-analysis of case-control studies. Nutr Cancer 48 (1): 22–27 Rashidkhani B, Akesson A, Lindblad P, Wolk A (2005) Major dietary patterns and risk of renal cell carcinoma in a prospective cohort of Swedish women. J Nutr 135 (7): 1757–1762 Rashidkhani B, Lindblad P, Wolk A (2005) Fruits, vegetables and risk of renal cell carcinoma: a prospective study of Swedish women. Int J Cancer Jan 20; 113 (3): 451–5 Roberts EG, Vona-Davis L, Riggs DR, Jackson BJ, Hohseni H, Kandzari SJ, McFadden DW (2004) COX-2 inhibition and cancer: experimental findings and clinical correlates. W V Med J 100: 96–10 Sarvis JA, Thompson IM (2008) Prostate cancer chemoprevention: update of the prostate cancer prevention trial findings and implications for clinical practice. Curr Oncol Rep 10(6): 529–32 Scardino P (2003) The prevention of prostate cancer – the dilemma continues. N Engl J Med 349: 297–9 Schmitz-Dräger BJ, Eichholzer M, Beiche B, Ebert T (2001) Nutrition and Prostate Cancer. Urol Int 67: 1–11 Sommer F, Peters C, Klotz T, Michna H, Schoenenberger A, Engelmann U (2002) Sport und Bewegung in der Prävention urologischer Erkrankungen. Teil I: Uroonkologie und erektile Dysfunktion. Urologe B 42: 297–305 Steinmaus CM, Nunez S, Smith AH (2000) Diet and bladder cancer: a meta-analysis of six dietary variables. Am J Epidemiol 151 (7): 693–702 Strom SS, Wang X, Pettaway CA, Logothetis CJ, Yamamura Y, Do KA, Babaian RJ, Troncoso P (2005) Obesity, weight gain, and risk of biochemical failure among prostate cancer patients following prostatectomy. Clin Cancer Res 11: 6889–94 Tavani A, Bertuccio P, Bosetti C, Talamini R, Negri E, Franceschi S, Montella M, La Vecchia C (2005) Dietary intake of calcium, vitamin D, phosphorus and the risk of prostate cancer. Eur Urol 48: 27–33 Taylor ML, Wells BJ, Smolak MJ (2008) Statins and cancer: a meta-analysis of case-control studies. Eur J Cancer Prev 17(3): 259–68 Thomas LG (2005) Increased risk of cardiovascular events with coxibs and NSAIDs. Lancet; 365: 1538–9 Thompson IM, Goodman PJ, Tangen CM, Lucia MS, Miller GJ, Ford LG, Lieber MM, Cespedes RD, Atkins JN, Lippman SM, Carlin SM, Ryan A, Szczepanek CM, Crowley JJ, Coltman CA Jr (2003) The influence of finasteride on the development of prostate cancer. N Engl J Med 349: 215–24
Unger JM, LeBlanc M, Thompson IM, Coltman CA Jr (2004) The personyears saved model and other methodologies for assessing the population impact of cancer-prevention strategies. Urol Oncol 22: 362–8 van den Brandt PA, Zeegers MP, Bode P, Goldbohm RA (2003) Toenail selenium levels and the subsequent risk of prostate cancer: a prospective cohort study. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 12: 866–71 van Dijk BA, Schouten LJ, Kiemeney LA, Goldbohm RA, van den Brandt PA (2005) Vegetable and fruit consumption and risk of renal cell carcinoma: results from the Netherlands cohort study. Int J Cancer 117 (4): 648–54 Wannamethee SG, Shaper AG, Walker M (2001) Physical activity and risk of cancer in middle-aged men. Br J Cancer 85 (9): 1311–6 Zeegers MP, Dirx MJ, van den Brandt PA (2005) Physical activity and the risk of prostate cancer in the Netherlands cohort study, results after 9.3 years of follow-up. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 14 (6): 1490–5 Zeegers MP, Goldbohm RA, Bode P, van den Brandt PA (2002) Prediagnostic toenail selenium and risk of bladder cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 11 (11): 1292–7 Zeegers MP, Kellen E, Buntinx F, van den Brandt PA (2004) The association between smoking, beverage consumption, diet and bladder cancer: a systematic literature review. World J Urol 21 (6): 392–401 Zeegers MP, Volovics A, Dorant E, Goldbohm RA, van den Brandt PA (2001) Alcohol consumption and bladder cancer risk: results from The Netherlands Cohort Study. Am J Epidemiol 153 (1): 38–41 Zhang J, Kesteloot H (2005) Milk consumption in relation to incidence of prostate, breast, colon, and rectal cancers: is there an independent effect? Nutr Cancer 53 (1): 65–72
6
7 Grundlagen der Tumorchirurgie C. Börgermann, H. Rübben
7.1
Geschichte der Chirurgie – 85
7.2
Die Rolle der Anästhesie – 86
7.3
Die Rolle der Operation – 87
7.1
Geschichte der Chirurgie
Die operative Entfernung von Tumorgewebe ist das älteste Therapieverfahren für Tumorpatienten und bis heute der einzige kurative Therapieansatz solider Tumoren. Die ältesten Schriften zur chirurgischen Therapie von Tumoren reichen bis in das 16. Jahrhundert vor Christus zurück. Die modernde Ära der elektiven Tumorchirurgie begann 1809 mit der Entfernung eines Ovarialkarzinoms bei einer Patientin, die nach diesem Eingriff geheilt war und noch 30 Jahre überlebte. Diese Prozedur war die erste elektive abdominelle Operation und bildete den Grundstein für die Entwicklung der elektiven Tumorchirurgie. Die Einführung der Allgemeinnarkose und der antiseptischen Prinzipien verhalfen der Chirurgie zu neuen rasanten Entwicklungsschritten. John Collins Warren führte 1846 die erste Operation unter Äthernarkose durch und löste das Problem der operationsbedingeten Schmerzen. Die durch Joseph Lister vorgestellte Antisepsis reduzierte die Anzahl an Infektionen und die perioperative Mortalität. Tab. 7.1 zeigt ausgewählte Meilensteine in der Geschichte der chirurgischen Therapie. Die chirurgische Tumortherapie hat sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch verändert. Verbesserte operative Techniken und ein besseres Verständnis der Tumorentitäten führten zu einer wachsenden Anzahl er-
Tab. 7.1. Meilensteine der onkologischen Chirurgie Jahr
Chirurg
Ereigniss
1809
Ephraim McDowell
Erste elektive abdominelle Operation (Ovarektomie)
1846
John Collins Warren
Einführung der Äthernarkose
1867
Joseph Lister
Einführung der Antisepsis
1869
Gustav Simon
Nephrektomie
1887
Bernhard Bardenheuer
Radikale Zystektomie
1904
Hugh H. Young
Radikale Prostatektomie
folgreicher Tumorresektionen. Ein onkologischer tätiger Chirurg muss mit dem natürlichen Verlauf der jeweiligen Tumorentität und mit den Prinzipien der Diagnostik, operativen Therapie, Strahlentherapie, Chemotherapie, Immuntherapie und neuen Therapiemodalitäten vertraut sein. Er spielt eine zentrale Rolle in der Prävention, Diagnostik, Therapie, Palliation und Rehabilitation von Tumorpatienten.
86
Kapitel 7 · Grundlagen der Tumorchirurgie
7.2
7
Die Rolle der Anästhesie
Moderne Anästhesieverfahren haben die Sicherheit und Möglichkeiten von großen onkologischen Eingriffen drastisch erhöht. Es wird zwischen Techniken zur Regional- bzw. Lokalanästhesie sowie zur Allgemeinanästhesie unterschieden. Regionale Anästhesieverfahren schließen reversible Nervenblockaden durch die Applikation von Lokalanästhetika ein. Diese Substanzen verhindern die Aktivierung von Schmerzrezeptoren oder blockieren die Schmerzweiterleitung. Die Lokalanästhesie wird als Oberflächenanästhesie von Schleimhäuten, Leitungsanästhesie durch Blockade größerer Nervenstränge für ganze anatomische Regionen oder als sog. Feldblock durch die Umspritzung bzw. Unterspritzung von Arealen eingesetzt. Regionale Anästhesieverfahren spielen eine wichtige Rolle bei Diagnostik und Therapie von Tumorpatienten. Diese Techniken sollten von allen onkologisch-chirurgisch tätigen Ärzten beherrscht werden. Typische Substanzen für die Lokalanästhesie zeigt Tab. 7.2. Unter Epidural- oder Spinalanästhesie können auch größere chirurgische Prozeduren der unteren Körperpartie durchgeführt werden. Eine epidurale Anästhesie resultiert von der Applikation eines lokalen Anästhetikums in den extraduralen Raum innerhalb des Spinalkanals. Dabei können auch Katheter in den epiduralen Raum platziert werden, die die intermittierende Injektion von Lokalanästhetika während der Operation und postoperativ zur Schmerztherapie erlauben. Der große Vorteil der Epiduralanästhesie gegenüber der Spinalanästhesie ist, dass nicht die Dura punktiert werden muss und keine Fremdsubstanzen in die zerebrospinalen Flüssigkeiten gelangen. Die Spinalanästhesie ist die direkte Injektion eines Lokalanästhetikums in den Liquor des Spinalkanals. Die Punktion des Durasackes wird prinzipiell unterhalb des Conus medullaris, also unterhalb der Höhe des 2. Lenden-
wirbelkörpers durchgeführt. Ihre Ausbreitung kann durch die Wahl des Lokalanästhetikums sowie durch die Lagerung des Patienten bestimmt werden. Sie ist ein exzellentes Anästhesieverfahren für intraabdominelle Operationen, Operationen im Becken oder an der unteren Extremität. Bei den beiden letztgenannten Verfahren ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Anästhesiologie erforderlich.
7.2.1 Bestimmung des operativen Risikos
Wie bei jeder Therapie muss der potenzielle Nutzen einer chirurgischen Intervention bei Tumorpatienten gegen das Risiko der Operation an sich abgewogen werden. Die perioperative Mortalität ist von großer Bedeutung für therapeutische Entscheidungen und variiert in einem großen Umfang abhängig von den Patientensituationen. Die Inzidenz der perioperativen Morbidität und Mortalität ist eine komplexe Funktion der Grunderkrankung als Ursache für den operativen Eingriff, der Anästhesie, der operativen Komplikationen und des generellen Gesundheitsstatus des Patienten sowie dessen Fähigkeit, dem operativen Trauma zu wiederstehen. Dabei spielt die Allgemeinnarkose eine entscheidene Rolle. Neben der Wahl und der Durchführung eines geeigneten Anästhesieverfahrens hilft der Narkosearzt bei der präoperativen Risikoeinschätzung und ggf. Therapieoptimierung von Begleiterkrankungen, um das operative Risiko zu reduzieren. Ein Versuch, den physischen Status der Patienten zu klassifizieren und deren Operationsrisiko abzuschätzen, ist die sog. ASA-Klassifikation der American Society of Anaesthesiologists ( Tab. 7.3). Diese Einteilung korreliert gut mit der perioperativen Mortalität. Dabei werden die Patienten in 5 Gruppen aufgeteilt. Onkologische Patienten haben nicht selten eine medikamentöse Dauertherapie für andere Erkrankungen,
Tab. 7.2. Gebrächliche Lokalanästhetika Lidocain
Etidocain
Prilocain
Handelsname
Xylocain
Duranest
Xylonest
Maximaldosis [mg]
− 200 o. A. − 500 m. A.
− 300 o. A. − 300 m. A.
− 400 o. A. − 600 m. A.
Wirkungseintritt
Rasch
Rasch
Rasch
Wirkungsdauer [h]
1–2
3–6
Hauptanwendung
Alle Anästhesieformen
Peridural, periphere Nervenblockade, Infiltration
Mepivacain
Bupivacain
Articain
Scandicain
Carbostesin
Ultracain
− 300 o. A. − 500 m. A.
− 150 o. A. − 150 m. A.
− 300 o. A. − 500 m. A.
Langsam
Rasch
Rasch
1–2
1–2
3–5
1–2
Peridural, spinal, periphere Nervenblockade, Infiltration
Peridural, spinal, periphere Nervenblockade, Infiltration
Alle Anästhesieformen
Alle Anästhesieformen
87 7.3 · Die Rolle der Operation
Tab. 7.3. ASA-Klassifikation der American Society of Anaesthesiologists zur Klassifizierung des physischen Status eines Patienten ASAKlassifikation
Definition
ASA 1
Gesunder Patient
ASA 2
Patient mit leichter bis mäßiger Systemerkrankung, die jedoch die Aktivitäten des Patienten nicht beeinflusst (z. B. gut eingestellte Hypertonie, nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus)
ASA 3
Patient mit schwerer Systemerkrankung, die auch die normalen Aktivitäten des Patienten beinflusst (z. B. Angina pectoris, Leberzirrhose, chronische Niereninsuffizienz)
ASA 4
Patienten mit lebensbedrohlicher Systemerkrankung (z. B. Schockzustand, Leberinsuffizienz, Koma)
ASA 5
Moribunder Patient, der die nächsten 24 h wahrscheinlich nicht überlebt (z. B. rupturiertes Aortenaneurysma)
unabhängig von ihrem Tumor. Im Rahmen einer präoperativen Vorbereitung sollte eine genaue Medikamentenanamnese erfolgen und die Medikation ggf. angepasst werden. Tab. 7.4 gibt eine Empfehlung für gängige Begleitmedikationen.
7.3
Die Rolle der Operation
7.6.1 Tumorprävention
Glukokortikoide
Perioperative Substitution
Levodopa
6–12 h präoperativ absetzen
Lithiumsalze
24 h präoperativ absetzen
Nitrate
Nicht absetzen
MAO-Hemmer
2–3 Wochen präoperativ absetzen
Selektive SerotoninWiederaufnahmeInhibitoren
Nicht absetzen
Zustände, seien sie angeboren oder erworben, die mit einer hohen Inzidenz einer Karzinomentwicklung einhergehen und in nicht vital notwendigen Organen vorliegen, erfordern eine chirurgische Intervention. Alle operativ tätigen Onkologen sollten sich dieser Risikogruppen bewusst sein, die eine operative Intervention erfordern, um den Patienten vor einer malignen Erkrankung zu schützen. Dazu gehört in der Urologie der Kryptorchismus, der je nach Befund mit einer Orchidolyse und -pexie bzw. mit Entfernung des Resthodengewebes behandelt werden sollte, um entweder eine Tumorentstehung zu verhindern oder dessen frühzeitige Diagnostik und kurative Therapie, durch Verlagerung des Hodens in das Skrotalfach, zu ermöglichen. Ein weiteres Beispiel ist die Polyposis coli. Etwa 50% dieser Patienten entwickeln bis zum 40. Lebensjahr ein kolorektales Karzinom, im Alter von 70 Jahren haben alle Patienten einen Tumor entwickelt. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, bei Patienten mit der Mutation des entsprechenden Gens um das 20. Lebensjahr herum eine totale Kolektomie durchzuführen, um sie vor einer malignen Erkrankung und deren Folgen zu bewahren. Weitere Beispiele sind die Colitis ulcerosa, der familäre Brustkrebs oder die multiple endokrine Neoplasie (MEN II und III). Außerdem obliegt dem Onkologen die Verantwortung der Aufklärung über Risikofaktoren und Gesundheitsberatung. Diese sollte nicht beim Patienten enden, sondern nötigenfalls auch Familienangehörige einschließen. So geht die von-Hippel-Lindau-Erkrankung häufig mit Nierenzellkarzinomen einher. Diese Patienten und deren Angehörige bedürfen einer sorgfältigen Überwachung, um ggf. frühzeitig operativ tätig werden zu können. Auch Verwandte von Patienten, die an einem Prostatakarzinom erkrankt sind, sollten entsprechend frühzeitig untersucht werden.
Trizyklische Antidepressiva
3 Tage präoperativ absetzen
7.3.1 Tumordiagnose
Orale Kontrazeptiva
Einige Wochen präoperativ absetzen
Reserpin, Clonidin
Nicht absetzen
Eine wesentliche Domäne der onkologischen Chirurgie liegt in der Akquisition von Gewebe für eine exakte histologische Diagnose von Tumoren. Dabei kann man sich
Tab. 7.4. Empfehlungen zum Absetzen von Medikamenten in der präoperativen Phase Wiksubstanz
Absetzen vor der Operation
ACE-Hemmer
Nicht absetzen bei Hypertonie
Azetylsalizylsäure
7–10 Tage präoperativ absetzen
Sulfonylharnstoffe, Biguanide
Biguanide einige Tage vor der Operation absetzen
Metformin
2 Tage präoperativ absetzen
Antikonvulsiva
Nicht absetzen , evtl. Spiegelbestimmung
β-Blocker
Nicht absetzen bei KHK und Hypertonie
Cumarinderivate
Möglichst auf Heparin umstellen
Digitalisglykoside
Nicht absetzen
Disulfiram
Nicht absetzen
7
88
Kapitel 7 · Grundlagen der Tumorchirurgie
unterschiedlicher Techniken für die Biopsie von tumorsuspektem Gewebes bedienen:
Aspirationsbiopsie,
Nadelbiopsie
offene Gewebsgewinnung als Exzisions- bzw. Inzisionsbiopsie.
7
Die Aspirationsbiopsie ist die Aspiration von Zellen bzw. Gewebefragmenten durch eine Nadel, welche, via Ultraschall- oder Computertomographiekontrolle, in das tumorsuspekte Gewebe eingebracht wurde. Eine zytologische Analyse dieses Gewebes kann eine tendenzielle Diagnose auf das Vorliegen einer malignen Erkrankung geben. Dennoch sollten größere chirurgische Resektionen nicht ausschließlich auf der Basis einer Aspirationsbiopsie erfolgen. Bei Nadelbiopsien wird ein Gewebezylinder durch speziell aufgebaute Hohlnadeln gewonnen, die ebenfalls unter bildgebender Hilfestellung in die suspekte Läsion vorgebracht werden. In der Urologie wird die klassische Sextantenbiopsie der Prostata als Nadelbiopsie durchgeführt. Diese erfolgt transrektal unter sonographischer Führung. Die Zellzylinder sind in der Regel ausreichend, um eine eindeutige Diagnose des Tumortyps zu stellen. In speziellen Situationen können offene Biopsien erforderlich sein. Diese werden als Inzisionsbiopsie durchgeführt, bei denen ein kleiner Teil einer großen Tumormasse gewonnen wird. Inzisionsbiopsien sind häufig notwendig für die Diagnose großer Tumormassen, die aufwändige chirurgische Prozeduren für eine vollständige lokale Exzision erfordern würden und ggf. auch chemotherapeutisch angehbar sind. Die Behandlung von vielen viszeralen Karzinomen kann nicht unternommen werden ohne eine genaue histologische Diagnose durch eine offene Biopsie. Dennoch sollte man sich bewusst machen, dass eine Eröffnung des Tumorgewebes auch zu einer Tumorzellverschleppung führen kann. Des Weiteren kann eine inadäquat durchgeführte Biopsie die Chance einer nachfolgenden vollständigen und somit kurativen Resektion reduzieren. Demgegenüber steht die Exzisionsbiopsie, bei der das gesamte tumorsuspekte Gewebe entfernt wird. Exzisionsbiopsien haben damit nicht nur einen diagnostischen Charakter, sondern sind gleichzeitig eine kurative Therapie für die meisten Tumoren. Die Wahl, ob eine Inzisions- oder Resektionsbiopsie erfolgen sollte, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Bei unklarer Befundsituation sollte in jedem Fall auf ein verstümmelndes Vorgehen verzichtet werden. Bis heute ist kein Beweis für einen Vorteil Inzisions- oder Resektionsbiopsie bezüglich der Tumorzellverschleppung erbracht worden. Mehrere Studien, die diese beiden Biopsietypen beim malignen Melanom verglichen, zeigten keinen Unterschied.
In der folgenden Übersicht sind die Prinzipien der chirurgischen Biopsie zusammengefasst.
Prinzipien der chirurgischen Biopsie
Punktionsstellen und Schnitte sollten sorgfältig gewählt werden, so dass sie problemlos während einer nachfolgenden definitiven Therapie reseziert werden können.
Eine Tumorzellverschleppung ist unbedingt zu vermeiden. Große Hämatome nach einer Biopsie können zu einer Aussaat von Tumorzellen führen und müssen durch gründliche Blutstillung vermieden werden. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Biopsien von mehreren suspekten Arealen zur gleichen Zeit entnommen werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, das Instrumentarium nach potenziellem Tumorkontakt zu wechseln.
Die Technik der Biopsie sollte so gewählt werden, dass diese möglichst wenig invasiv für den Patienten ist, aber gleichzeitig dem Pathologen ein ausreichendes Gewebsstück zur Verfügung stellen kann.
Wenn die Ausrichtung der Biospien eine wesentliche Rolle spielt, sollten diese durch den Chirurgen entsprechend markiert werden, um dem Pathologen eine eindeutige Zuordnung und Diagnose zu ermöglichen. Ebenso sollte, ggf. in Absprache mit den Pathologen, auch eine unterschiedliche Gewebsaufbereitung bedacht werden. Bei einer generellen Fixierung mit Formalin gehen u. U. wertvolle Untersuchungsverfahren für die Diagnostik verloren. Die operative Entfernung von Gewebe spielt nicht nur eine Rolle in der Diagnose eines Tumors, sondern hat auch einen wesentlichen Anteil beim Tumorstaging. Dies ist für eine exakte und suffiziente Therapieplanung unabdingbar. Dafür sollte der operativ tätige Onkologe genau über den natürlichen Verlauf einer Tumorerkrankung sowie deren Metastasierungswege Bescheid wissen, um dem Pathologen die geeigneten Gewebsfragmente zur Verfügung zu stellen. Als Beispiel sei die StagingLymphadenektomie beim Prostatakarzinom zu nennen. Von dem Ergebnis wird wesentlich die weitere Therapieplanung beeinflusst, da bei einer bereits metastasierten Erkrankung die lokale Tumorsanierung in Frage gestellt werden muss. Nicht zuletzt kann die Positionierung von röntgendichten Clips während einer Biopsie Tumorbereiche markieren und so helfen, eine nachfolgend geplante Strahlentherapie durchzuführen.
89 7.3 · Die Rolle der Operation
7.3.2 Tumortherapie
Die Operation kann ein einfaches und sicheres Verfahren sein, um Patienten mit soliden Tumoren, wenn diese organbegrenzt sind, zu heilen. Unglücklicherweise weisen Patienten mit soliden Tumoren in einem erheblichen Prozentsatz bereits Mikrometastasen bei der Erstvorstellung auf. Eine erweiterte Resektion kann einen Teil dieser Patienten ebenfalls heilen, auch wenn die regionale Aussaat häufig ein Anzeichen für noch nicht diagnostizierbare Fernmetastasen ist. Die operative Therapie befindet sich durch Neuentwicklungen und steigende Effektivität auch nicht invasiver Maßnahmen in einem ständigen Wandel. Die Rolle der operativen Behandlung von Tumoren kann in 6 Bereiche aufgeteilt werden:
Definitive operative Entfernung des Primärtumors, Auswahl einer geeigneten lokalen Therapie und Abstimmung von operativen mit anderen adjuvanten Therapieformen. Dabei besteht die große Herausforderungen für den operativ tätigen Onkologen in der definitiven Therapie solider Tumoren, genau die Patinten zu identifizieren, die durch eine lokale Therapie geheilt werden können. Bei der Entwicklung und Auswahl der Behandlung muss diejenige Therapie favorisiert werden, die das beste Gleichgewicht zwischen lokaler Tumorkontrolle und dem Einfluss der Behandlung auf Morbidität und Lebensqualität hat. Nicht zuletzt muss man in einem interdiziplinären Konsens die adjuvanten Therapiemaßnahmen auswählen, die die lokale Tumorkontrolle sowie das langfristige Outcome der Patienten bei metastasierten Erkrankungen verbessern.
Operative Entfernung von Resttumorgewebe. Die Therapieform kann einerseits im Sinne einer zytoreduktiven Operation initial angewandt werden, setzt dann allerdings eine adäquate Nachbehandlung voraus. Andererseits dient sie zur Behandlung von Restbefunden, wie z. B. bei Hodentumorpatienten mit Restbefunden nach abgeschlossener Chemotherapie.
Operative Resektion von Metastasen mit dem Ziel einer kurativen Behandlung (z. B. pulmonale Metastasen bei Sarkomen, Lebermetastasen bei kolorektalen Tumoren). Der Wert der operativen Entfernung von lokalen Metastasen wird derzeit noch kontrovers diskutiert. Als generelles Prinzip gilt, dass Patienten mit solitären Metastasen, die einer operativen Resektion gut zugänglich sind, potenziell von dieser Therapie profitieren. Dies gilt insbesondere für Tumoren, die schlecht auf eine systemische Chemotherapie ansprechen. Beim Nierenzellkarzinom wird aufgrund der zytotoxischen Resistenz dieser Tumorentität derzeit im Rahmen von Studien die Effektivität einer Metastasenresektion überprüft.
Operation für die Behandlung von onkologischen Notfallsituationen. Hier gibt ist eine Vielzahl von Situationen, in die Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren geraten können, wie z. B. Hämorrhagien, Perforation von Hohlorganen, Entwicklung von Abszessen, Destruktion bzw. Behinderung von vital notwendigen Organen. Hier erfordert jede Situation ein individuelles Vorgehen.
Operationen im Rahmen der Palliativtherapie. Die operative Therapie ist häufig nötigt, um eine ausreichende Lebensqualität für den Patienten zu erreichen. Dazu zählen vor allem Eingriffe, die in schmerztherapeutischer Intention durchgeführt werden, beispielsweise die Lösung von intestinalen Obstruktionen oder die Beseitigung einer Harntransportstörung.
Operation für die Rekonstruktion und Rehabilitation. Hier sind Techniken gemeint, die den Patienten nach einer definitiven Tumortherapie wieder eine annehmbare Lebensqualität geben sollen. Dabei zählt die Fähigkeit, anatomische Defekte zu rekonstruieren, die substanziell die Funktion bzw. das kosmetische Erscheinungsbild verbessern.
7.3.3 Minimalinvasive Tumortherapie
In jüngerer Vergangenheit gewinnt die laparoskopische Tumorentfernung mehr und mehr an Bedeutung. So kann man zum heutigen Zeitpunkt sicherlich für kleine Nierenzellkarzinome den laparoskopischen Ansatz als onkologisch gleichwertig zur offenen Operation ansehen. Jedoch gilt dies zumindest derzeit noch nicht für alle Tumorentitäten. Beim Prostatakarzinom liegen derzeit widersprüchliche Daten bezüglich der onkologischen Radikalität sowie des Nebenwirkungsprofiles vor. Auch andere minimal ablative Verfahren, wie Kyroablation oder HIFU, haben einen festen Stellenwert in der onkologisch-chirurgischen Therapie erlangt. Während man hier sicherlich nicht von einem Standardverfahren bei einer kurativen Intention sprechen kann, so hat der Operateur doch ein Verfahren an der Hand, dem Patienten eine deutliche Tumorreduktion, ggf. auch Tumorfreiheit, zu verschaffen bei einer minimalen Morbidität.
7.6.2 Onkologische Chirurgie: onkologische
vs. funktionelles Ergebnisse In den letzten Jahren rückt die Bedeutung der funktionellen Ergebnisse nach einer radikal-onkologischen Operation mehr und mehr in den Blickpunkt.
7
90
7
Kapitel 7 · Grundlagen der Tumorchirurgie
Ein schon länger akzeptiertes Verfahren ist die organerhaltende Chirurgie bei kleinen Nierentumoren von weniger als 4 cm Durchmesser. Die onkologischen Ergebnisse sind denen der radikalen Nephrektomie vergleichbar und es gelingt funktionsfähiges Nierengewebe zu asservieren (Lee et al. 2000; Russo 2007; Uzzo et al. 2001; Delakas et al. 2002). Besondere Bedeutung bezüglich der funktionellen Ergebnisse in der Urologie haben die Radikaloperationen der Blase und der Prostata. Gefürchtete Komplikationen sind hier die Inkontinenz und Impotenz durch intraoperative Verletzung von Nerven- und Schließmuskelgewebe. Auch hier gehen die Bemühungen dahin, dass bei gleicher Tumorkontrolle die anatomischen Gegebenheiten besser respektiert werden. Maßgeblich dazu beigetragen haben die Verfeinerung der Operationstechniken, das bessere anatomische Verständnis vor allem der Nervenversorgung im kleinen Becken, die Verwendung einer optischen Vergrößerung im Rahmen der Operation und die Durchführung von intraoperativen Schnellschnitten zur Beurteilung der Absetzungsränder unter Schonung der umgebenen Strukturen (Walz et al. 2007; Liatsikos et al. 2008).
Literatur Delakas D, Karyotis I, Daskalopoulos G, Terhorst B, Lymberopoulos S, Cranidis A (2002) Nephron-sparing surgery for localized renal cell carcinoma with a normal contralateral kidney: a European threecenter experience. Urology 60(6): 998–1002 Lee CT, Katz J, Shi W, Thaler HT, Reuter VE, Russo P (2000) Surgical management of renal tumors 4 cm. or less in a contemporary cohort. J Urol 163(3): 730–736 Liatsikos E, Muhlstadt S, Kallidonis P, Rabenalt R, Do M, Burchardt M et al. (2008) Performance and functional outcome of endoscopic extraperitoneal radical prostatectomy in relation to obesity: an assessment of 500 patients. BJU 106(6): 718–722 Russo P (2007) Open partial nephrectomy: an essential operation with an expanding role. Curr Opin Urol 17(5): 309–315 Uzzo RG, Novick AC (2001) Nephron sparing surgery for renal tumors: indications, techniques and outcomes. J Urol 166(1): 6–18 Walz J, Graefen M, Huland H (2007) Basic principles of anatomy for optimal surgical treatment of prostate cancer. World J Urol 25(1): 31–38
8 Harnableitung R.E. Hautmann, U.E. Studer
8.1
Einleitung
8.2
Allgemeine Aspekte der Harnableitung – 91
8.3
Orthotoper Blasenersatz (Neoblase) – 95
8.4
Kontinente kutane Harnableitung (Pouch) – 106
8.5
Inkontinente Harnableitung – 108
8.6
Analsphinkterkontrollierte Harnableitungen – 110
8.7
Palliative Harnableitung
8.1
– 91
– 113
Einleitung
Harnableitung nach Zystektomie hat sich von der Ableitung des Harns und dem Schutz des oberen Harntraktes zur funktionellen und anatomischen Rekonstruktion, die dem natürlichen präoperativen Zustand so nahe als möglich kommt, entwickelt. Die Evolution lief über drei klar definierte Wege: der inkontinenten kutanen Harnableitung (Conduit), der kontinenten kutanen Harnableitung (Pouch) schlussendlich zur kontinenten Harnableitung zur intakten eigenen Harnröhre (Neoblase, orthotope Rekonstruktion). Während der letzten 20 Jahre hat sich die orthotope Rekonstruktion über das Stadium der experimentellen Chirurgie, über die Standardharnableitung an größeren urologischen Zentren bis zur bevorzugten Methode der Harnableitung bei beiden Geschlechtern entwickelt. In diesem Zeitraum wurde das Conduit zunehmend durch die orthotope Rekonstruktion verdrängt. Das Conduit ist dabei aber die Harnableitung geblieben, gegen die alle anderen Verfahren gemessen werden müssen. Im Jahr 2004 fand die letzte WHO-Consensus Conference on Bladder Cancer statt. In 10 Komitees wurden dabei die verschiedenen Aspekte des Harnblasenkarzinoms unter den Gesichtspunkten der evidenzbasierten Medizin diskutiert. Die beiden Autoren dieses Beitrages waren Mitglieder des Komitees »Harnableitung«. Die Richtlinien und Empfehlungen in diesem Beitrag kommen ganz wesentlich aus dem Konsensusreport.
Es muss zum Ausdruck gebracht werden, dass im Bereich der Harnableitung keine randomisierte kontrollierte Studie existiert. Konsequenterweise sind in beinahe allen Studien, und auch in diesem Beitrag, qualitativ anspruchsvolle retrospektive Studien die Entscheidungsgrundlage. Als Folge ist der Grad der Empfehlungen, der gegeben werden kann, überwiegend »expert opinion«, und umso mehr muss betont werden, dass die Information, welche diesem Bericht zugrunde liegt, der Konsensus einer Gruppe war. Nach Abschluss der Konsensusfindung wurde die Gruppe von ihrem Vorsitzenden gebeten, die Frequenz der verschiedenen Harnableitungsverfahren, so wie sie von den jeweiligen Gruppenmitgliedern zu Hause ausgeführt wird, offen zu legen. Die Häufigkeitsverteilung in Prozent der verschiedenen Harnableitungsverfahren nach 7.129 Zystektomien ist in Tab. 8.1 wiedergegeben. Die Häufigkeitsverteilung der Harnableitungsverfahren, wie sie von den Komiteemitgliedern ausgeführt wird, ist in perfekter Harmonie mit den Empfehlungen, die die Gruppe vorher als Konsensusreport erarbeitet hat (Hautmann et al. 2007).
8.2
Allgemeine Aspekte der Harnableitung
8.2.1 Patientenselektion
Das Ziel der Patientenberatung über eine Harnableitung muss es sein, diejenige Methode für den Patienten herauszufinden, die die größte onkologische Sicherheit
92
Kapitel 8 · Harnableitung
Tab. 8.1. Häufigkeitsverteilung der Harnableitungsverfahren der Mitglieder des Komitees »Harnableitung« der WHO Consensus Konferenz 2004. (Nach Hautmann et al. 2007) Ort
Anzahl Zystektomtien
Zeitraum
Neoblasen
Kontinenter kutaner Pouch
Conduit
UC/TUUC
Anal
Andere
Ann Arbor
643
02/95–09/04
45,1%
1,4%
53,5%
0,0%
0,0%
0,0
Bern
327
01/99–09/04
54,0%
3,0%
37,0%
0,0%
3,0%
k.A.
Dallas
228
01/99–09/04
30,0%
6,0%
64,0%
0,0%
0,0%
0,0
Kobe
87
02/89–09/04
46,0%
2,3%
10,3%
41,4%
0,0%
0,0
Los Angeles
1359
08/71–12/01
51,6%
25,8%
22,3%
0,0%
0,0%
0,3
Mansoura
3157
01/80-01/04
39,1%
3,5%
34,4%
0,0%
23,1%
0,0
Ulm
1209
01/86–09/04
66,2%
0,5%
22,6%
8,9%
1,5%
0,4
Gesamt
7129
46,9%
7,6%
32,7%
2,0%
10,6%
0,1
UC/TUUC Ureter-Haut-Fistel, Transuretero-/Ureterostomie, k.A. keine Angabe.
8
aufweist, die geringsten Früh- und Spätkomplikationen besitzt und die sich am einfachsten dem Lebensstil des Patienten anpasst und ihm damit die individuell beste Lebensqualität ermöglicht. Das Paradigma für die Auswahl einer Harnableitung hat sich dramatisch geändert. 2006 sind alle Zystektomiepatienten Kandidaten für einen orthotopen Blasenersatz, und wir müssen diejenigen Patienten ausfindig machen, bei denen eine orthotope Rekonstruktion weniger ideal ist. Der Anteil der Zystektomiepatienten, die einen orthotopen Blasenersatz erhalten, beträgt an großen urologischen Zentren rund 50% ( Tab. 8.1).
8.2.2 Metabolische Folgen der Harnableitung
Die Komplikationen und Behandlung von Stoffwechselstörungen, die bei Reservoirs aus Magen, Jejunum, Ileum und Kolon auftreten können, zeigt Tab. 8.2. Die metabolischen und gastrointestinalen Komplikationen bei ileokolischen Harnableitungen fasst Tab. 8.3 zusammen.
Metabolische Azidose Der primäre Mechanismus, der zur Azidose führt, ist die Ammoniumchloridreabsorption. Ionisierter Ammoniak und Chlorid werden von Ileum oder Kolon resorbiert, sobald sie damit in Kontakt kommen (Koch et al. 1991). Quantitativ ist die Hydrogenreabsorption unter gewissen Umständen minimal im Vergleich zur Bicorbonatsekretion und wird vielfach auch von der Ammoniakreabsorption übertroffen. Ammoniak kann frei über die Darmschleim-
haut diffundieren, und mit zunehmendem Urin-pH-Wert (z. B. im Fall eines Urininfektes) nimmt die Absorption sogar noch zu. Weitere Ursache einer möglichen metabolischen Azidose sind Elektrolytverschiebungen zwischen Serum und Reservoirinhalt. Namentlich bei Ileumreservoirs werden aus dem Urin Protonen in die Blutbahn aufgenommen, damit Natriumionen im Austausch in niedrig konzentrierten Urin abgegeben werden können, um einen isoosmolaren Zustand zu erreichen. Je hypoosmolarer der Urin ist, desto mehr NaCl wird vom Blut in den Urin abgegeben, und entsprechend viel Protonen (und Kaliumionen) werden kompensatorisch in die Blutbahn aufgenommen. Patienten mit Ileumreservoirs haben deshalb häufig eine hypo- oder normochlorämische Azidose, begleitet von einer Hypovolämie. Bei Patienten mit Dickdarmreservoirs wird primär NaCl aus dem Urin in das Serum rückresorbiert, im Austausch gegen Kalium und Bicarbonat. Deshalb besteht das Risiko einer hyperchlorämischen Azidose, oft begleitet von einer Hypervolämie und relativer Hypokaliämie. Patienten mit inkompletter Entleerung des Reservoirs und mit gestörter Nierenfunktion sind für all diese Probleme am empfänglichsten (Racioppi et al. 1999; Steven et al. 2000, Mills et al. 1999). Der Schlüssel zur erfolgreichen Behandlung der Azidose ist die richtige Diagnose mittels venöser Blutgasanalyse, Ausschluss eines Harnwegsinfektes und die Berücksichtigung eines Salzverlustsyndroms. Die korrekte Behandlung besteht in der Wiedereinlage eines transurethralen Katheters, um die Reabsorption aus dem Reservoir zu minimieren, in der Rehydrierung mit intravenösem Ringer-Laktat und in der Korrektur der Azidose mit Natriumbicarbonat. Meist genügt oral zugeführtes Natriumbicarbonat, aber die intestinale Gasbildung kann
93 8.2 · Allgemeine Aspekte der Harnableitung
Tab. 8.2. Komplikationen und Behandlung von Stoffwechselstörungen, die bei Reservoiren aus Magen, Jejunum, Ileum und Kolon auftreten können Segment
Komplikation
Behandlung
Magen
Hypochlorämische metabolische Alkalose, Hypokaliämie, Hypochlorämie, Magengeschwür, Dysurie-/Hämaturiesyndrom
H2-Blocker, Omeprazol, nicht bei Nierenfunktionsstörung verwenden
Jejunum
Hypochlorämische metabolische Azidose, Hyperkaliämie, Dehydratation, Azotämie
Natriumchlorid, Volumenersatz
Ileum
Metabolische Azidose, Hypovolämie durch Salzverlust, Hypokaliämie
Alkalisierende Medikamente Natriumbicarbonat Natrium und Kaliumcitrat
Kolon
Hyperchlorämische Azidose, Hypokaliämie, Wasserretention
Blockade des Chloridtransportes, Chlorpromazin, Nicotinsäure
Tab. 8.3. Zusammenfassung von metabolischen und gastrointestinalen Komplikationen bei ileolkolischen Harnableitungen Gastrointestinale Abnormalität
Behandlung
Verminderte Transitzeit
Anticholinergika und Spasmolytika, Opioide
Gestörter Mineralstoffwechsel, Hypokalzämie, Hypomagnesiämie
Mineralsubstitution
Gallensalzmalabsorption, Steatorrhö, Hypovitaminose A, D, E, K
Cholestyramin (4 g/Tag) Vitaminsubstitution
Hyperammoniakalische Enzephalopathie bei hepatischer Dysfunktion
Proteinrestriktion, Beseitigung der Obstruktion, Neomycin per oral, Lactulose
Vitamin B12
Vitamin B12-Ersatz
Osteomalazie/Osteoporose, metabolische Knochenstörungen
Alkalisierende Medikamente, Vitamin C, 1,25 Dihydroxivitamin D3, Kalziumersatz
Gallensteine, Harnsteine
Entsprechende medizinische/chirurgische Therapie
ein Problem darstellen. Die korrekte Dosis liegt in der Regel zwischen 2 und 6 g/Tag. Eine Alternative ist Natrium-/Kaliumzitrat, insbesondere bei Kolonreservoirs, aber der unangenehme Geschmack kann ein Problem darstellen. Die Natriumsupplementierung kann den Blutdruck erhöhen oder zur Flüssigkeitsretention und zum Lungenödem führen. Wenn eine Kochsalzbeladung nicht erwünscht ist, können Chlorpromacin oder Nicotinsäure eingesetzt werden, obwohl sie nicht ohne beträchtliche Nebenwirkungen sind (McDougal 1992).
enten ein unspezifisches Krankheitsgefühl beklagen wie Müdigkeit, Inappetenz, Völlegefühl, Sodbrennen oder Erbrechen. Azidose und Elektrolytstörungen sollten früh mittels venöser Blutgasanalyse ausgeschlossen werden. Normale Serum-pH- oder Bicarbonatwerte schließen eine schwere, kompensierte metabolische Azidose nicht aus. Am verlässlichsten ist die Berechnung des Basenexzesses. Eine einfache Art der Erfassung von Veränderungen des Flüssigkeitshaushaltes sind regelmäßige Kontrollen des Körpergewichtes (Mills et al. 1999).
Verändertes Sensorium Hypokaliämie Sie kommt meist bei Patienten mit Harnableitungen mittels Kolonsegmenten vor. Die Kaliumverminderung ist durch Kaliumverlust in den Darm (im Austausch gegen Natrium) bedingt. Das Säure-Basen-Gleichgewicht muss bei Patienten mit kontinenten Formen der Harnableitung regelmäßig überwacht werden, insbesondere in der frühen postoperativen Phase. Der verantwortliche Arzt sollte ein hohes Maß an Verdacht schöpfen, wenn Harnableitungspati-
Dieser Zustand kann Folge eines Magnesiummangels, einer Medikamentenintoxikation oder Störungen des Ammoniakstoffwechsels, insbesondere im Falle von Leberschäden, sein (McDougal 1992).
Vitamin B12-Mangel Die Vitamin-B12-Absorption findet vorwiegend im terminalen Ileum statt. Somit kann die Verwendung von Ileum, insbesondere, wenn gleichzeitig die Ileozökalklappe, wel-
8
94
8
Kapitel 8 · Harnableitung
che die Stuhlpassage reguliert, für die Reservoirkonstruktion verwendet wird, bei manchen Patienten zu einem chronischen Vitamin-B12-Mangel führen. Dessen Häufigkeit und klinische Signifikanz bei Neoblasenpatienten ist noch nicht bekannt. Die Vitamin-B12-Absorption nimmt im Alter und mit nachlassender Nierenfunktion zusätzlich ab. Der Aufbrauch der körpereigenen VitaminB12-Depots dauert 3–5 Jahre, im Falle einer partiellen Vitamin-B12-Absorptionsstörung kann diese Zeit länger als 10 Jahre dauern. In verschiedenen Patientenserien wird über eine Häufigkeit des Vitamin-B12-Mangels zwischen 0% und 33% berichtet (Sagalowsky et al. 2002; Yakout et al. 2003; Pfizenmaier et al. 2003). Ein Vorteil der Reservoirs, die komplett aus Kolon gebildet werden, ist, dass sie überhaupt keinen Einfluss auf den Vitamin-B12-Spiegel haben (Fujisawa et al. 2000). Werden mindestens 25 cm des terminalen Ileums und die Ileozökalklappe belassen und weniger als 60 cm Ileum reseziert, so ist die Wahrscheinlichkeit eines Vitamin-B12Mangels ebenfalls relativ gering (Studer et al. 1997). Den Nutzen des Vitamin-B12-Monitorings gegenüber einer Routinesubstitution kann man aus Kostensicht und von einem praktischen Standpunkt aus sehen. Da aber in Zukunft das Überleben der Blasentumorpatienten stetig zunehmen wird und gleichzeitig die Anzahl der Patienten mit kontinenten Reservoirs ebenfalls steigen wird, kommt diesem Aspekt steigende Bedeutung zu.
Vermindertes Längenwachstum/ Knochendemineralisierung Die Harnableitung kann bei Kindern einen nachhaltigen Wachstums- und Entwicklungsschaden zur Folge haben. Zahlreiche klinische Studien demonstrieren ein vermindertes Längenwachstum bereits nach Blasenaugmentation mit Ileum (Gros et al. 2000). Der Effekt der Harnableitung bzw. der chronischen Azidose auf die Knochendemineralisation ist am besten bei Kindern und bei Erwachsenen mit Osteomalazie nach Ureterosigmoideostomie untersucht (Siklos et al. 1980). Dabei kommt es zu einem Mineralverlust, der durch Osteoid ersetzt wird, was zu einer Reduktion der Knochenstärke führt.
Mukusbildung In der frühen postoperativen Phase muss der Dauerkatheter mehrfach täglich sorgfältig gespült werden, um eine Schleimtamponade des Reservoirs zu verhindern (Mansson et al. 2003). Gleichzeitig wird das Infektionsrisiko vermindert (Varol et al. 2004). Nach der Krankenhausentlassung scheiden Patienten mit guter Spontanmiktion und restharnfreier Entleerung den Schleim mit
dem Urin aus. Im Gegensatz dazu müssen Patienten mit inkompletter Reservoirentleerung oder diejenigen Patienten, die den intermittierenden sterilen Einmalkatheterismus (ISEK) durchführen, regelmäßig ihr Resevoir spülen, um den retinierten Schleim zu entleeren. Schleimansammlung kann bei manchen Neoblasenpatienten auch bei offensichtlich normalen Miktionsverhältnissen auftreten. Schleimbildung ist in der Regel ein Frühzeichen eines infizierten Reservoirs oder einer anderen Irritation der Harnableitung (Leibovitch et al. 1991). Eine Schleimtamponade wird bei bis zu 3% der Patienten berichtet (Hautmann u. Simon 1999). Die Ileumschleimhaut atrophiert im Laufe der Zeit, wenn sie mit Urin in Kontakt ist (Sandberg Tschopp et al. 1996); demgegenüber bleibt die Kolonmukosa intakt und behält ihre schleimsezernierende Fähigkeit bei (Mansson et al. 1985).
8.2.3 Langzeit-Follow-up
Das Langzeit-Follow-up von Patienten mit Harnableitung konzentriert sich zum einen auf die Tumornachsorge und zum anderen auf das funktionelle Ergebnis der Harnableitung (Ausschluss von Harnwegsinfekt und Restharn, funktionelle Kapazität und Kontinenz) sowie den Erhalt des oberen Harntrakts. Auf die Früherkennung und Behandlung metabolischer Störungen wurde bereits hingewiesen. Die Einhaltung eines Nachsorgeprotokolls versetzt sowohl den Kliniker als auch den Patienten in die einfache Situation, die erforderlichen Laboruntersuchungen und bildgebenden Verfahren jeweils termingerecht durchzuführen.
8.2.4 Lebensqualität nach radikaler
Zystektomie Die veröffentlichte Literatur über die Lebensqualität nach radikaler Zystektomie ist umfangreich. Die wissenschaftliche Qualität ist jedoch außerordentlich gering, und Fehler in der Patientenselektion und der angewendeten Methodologie sind häufig. Es gibt keine randomisierte kontrollierte Studie. Eine solche Studie wird häufig gefordert, ist aber wahrscheinlich sehr schwierig durchzuführen (Gerharz et al. 2005; Porter et al. 2005; Parkinson et al. 2004) und wird wahrscheinlich nie zustande kommen. Retrospektive Studien zeigen keinen Vorteil eines Harnableitungstyps gegenüber den anderen in Hinblick auf die Lebensqualität. Dies ist erstaunlich und widerspricht jeder Logik und urologischen Einschätzung (Yoneda et al. 2005). Ein wichtiger Grund für diese schwer verständliche Situation mag darin gesehen werden, dass die Patienten bereits präoperativ einem »method-to-patient-matching«
95 8.3 · Orthotoper Blasenersatz (Neoblase)
unterzogen worden sind und somit auf die Nachteile und Vorteile der unterschiedlichen Methoden zu gut vorbereitet sind. Es kann auch sein, dass bei der Aufklärung der Vorteil einer orthotopen Rekonstruktion dem Patienten zu enthusiastisch unterbreitet wird, während bei der Darstellung der übrigen Verfahren die Nachteile in übertriebener Form beschrieben werden. Das Hauptproblem liegt aber wohl darin, dass die verwendeten validierten Fragebögen zu wenig harnableitungsspezifisch sind und deshalb keinen Unterschied zeigen können.
sen ohne Nippelbildung/Refluxschutz sehr erleichtert (Studer et al. 1989, 1995; Abb. 8.2).
Der 3. gebräuchliche Typ eines Ileumreservoirs ist die Ileumneoblase, ein W-geformtes Reservoir, so wie
8.2.5 Nierenfunktion nach Harnableitung
Die Literatur liefert keine Hinweise, dass irgendein Typ der ureterointestinalen Anastomose Vorteile besitzt. Gesichert ist aber, dass Stenosen mit längerdauernder Abflussbehinderung die Niere irreversibel schädigen können. Bedacht werden muss ebenso, dass die Nierenfunktion im Langzeit-Follow-up immer abnehmen wird, zumindest als normale Folge des Alterungsprozesses. Es gibt derzeit keine Daten, dass Patienten mit einer kontinenten Rekonstruktion im Nachteil sind verglichen mit ConduitPatienten (Thoeny et al. 2002; Hautmann et al. 2007).
8.2.6 Harnwegsinfektion
Obwohl die Bakteriurie bei über der Hälfte der Patienten mit kutanen Harnableitungen beobachtet wird, tritt klinisch ein Harnwegsinfekt seltener auf, solange keine Obstruktion im Harnableitungssystem besteht. Die Harnwegsinfektion ist aber vor allen Dingen ein lästiges Problem im Langzeit-Follow-up der Conduit-Patienten. Bei Patienten mit kontinenten Harnreservoirs und Neoblasen ist die Harnwegsinfektion selten, solange eine restharnfreie Spontanmiktion erfolgt (Studer u. Zingg 1997; Studer et al. 2006; Hautmann et al. 2007).
8.3
a
b
Abb. 8.1a, b. Orthotoper Kock-Pouch mit Anschluss an die Harnröhre (a). Der efferente Nippel entfällt. b T-Pouch: Der afferente Antirefluxmechanismus durch ein 8–10 cm langes Ileumsegment wird nach Verschmälerung im distalen Anteil seromuskulär eingebettet. Nach dorsaler fortlaufender Naht werden abschließend die anliegenden kranialen Darmsegmente fortlaufend über dem getaperten Ileumanteil verschlossen. Die Harnleiter werden dann proximal in End-zu-SeitTechnik implantiert
Orthotoper Blasenersatz (Neoblase)
Weltweit werden die meisten orthotopen Ersatzblasen aus Ileum gebildet. Es gibt 3 hauptsächliche Techniken:
Der sog. Hemi-Kock, wurde von Skinner et al. (1991) popularisiert. Die jüngste Modifikation, der T-Pouch, ist technisch sehr komplex, zeitaufwändig und hat noch keine Verbreitung gefunden (Stein et al. 1998; Abb. 8.1).
Der 2. Typ eines Ileumreservoirs wurde von Studer beschrieben und hat den Vorteil eines langen afferenten Schenkels, der die ureteroilealen Anastomo-
Abb. 8.2. Ileale Ersatzblase nach Studer: Die Hinterwand der Darmersatzblase wird mittels fortlaufender Naht gebildet und das Reservoir nach Faltung quer verschlossen. Die Harnleiter werden ohne Refluxschutz in ein tubulär verbliebenes Segment der Ersatzblase implantiert
8
96
Kapitel 8 · Harnableitung
a
8 b
c
Abb. 8.3a–d. a Ausschaltung des 60–65 cm langen Ileumsegmentes 20 cm proximal der Bauhin-Klappe. Belassen je 3 cm langer tubulärer Segmente an den Enden des W. b Konstruktion der Neoblase. c Ileoureterostomie des tiefsten Punktes der Neoblase an die Harnröhre. d Ileoureterostomie als frei refluxive Anastomose zwischen Harnleiter und dem afferenten Limb
d
97 8.3 · Orthotoper Blasenersatz (Neoblase)
es von Hautmann (1988, 2001) beschrieben wurde. Der offenkundige Vorteil dieses Reservoirtyps ist die sehr gute Frühkontinenzrate als Folge des größten Volumens aller Reservoirs. Sowohl das Hinzufügen eines afferenten oder efferenten Schenkels für die Harnleiteranastomose wie auch ein Vorgehen mit/ ohne Antirefluxschutz ist möglich ( Abb. 8.3).
8.3.1 Patientenselektion
Patientenfaktoren: Pro Der primäre Patientenfaktor muss der Wunsch nach einer Neoblase sein. Der Patient muss motiviert sein, die anfangs und manchmal langwierigen Probleme zum Wiedererreichen der Harnkontinenz, vor allen Dingen der nächtlichen Kontinenz, auf sich zu nehmen. Die meisten Patienten akzeptieren bereitwillig eine initiale nächtliche Inkontinenz für den überzeugenden Vorteil, ein externes Stoma und einen Katheter zu vermeiden. Dies tun aber nicht alle Patienten, und realistische Erwartungen über das funktionelle Ergebnis sind sowohl für den Operateur als auch für den Patienten ausschlaggebend. Es darf aber andererseits nicht vergessen werden, dass der Druck, einen Ersatz für die Harnblase zu schaffen, daraus resultiert, dass Conduits, kontinente katheterisierbare Reservoirs und andere kutane Harnbleitungsformen weder funktionell noch aus Sicherheitsaspekten oder aus Bodyimage-Aspekten überzeugen konnten.
Patientenfaktoren: Kontra Es gibt immer noch eine Reihe von Patienten, die mit einem Conduit besser bedient sind. Für einen Patienten, dessen Motivation darin besteht, so rasch als möglich aus dem Krankenhaus entlassen zu werden und der möglichst keine weiteren Kontrollen will, kann keine Indikation zu einer orthotopen Rekonstruktion gesehen werden. Desgleichen sind hinfällige Patienten oder solche, die schon präoperativ Kontinenzprobleme haben oder voraussichtlich nicht mehr in der Lage sein werden, eine vernünftige Kontinenz zu entwickeln, mit einem Conduit weit besser bedient. Auch das Leben alter Menschen in sozialer Isolation oder fehlendes »body image« lassen einen orthotopen Blasenersatz als falsche Entscheidung erscheinen.
Argument gegen den orthotopen Blasenersatz; dies hat sich jedoch nicht bestätigt. Wohl liegt im Langzeitverlauf die Inzidenz beim Mann bei 5%. In der Mehrzahl handelt es sich aber um ein Carcinoma in situ der Harnröhre, welches mit toxischer BCG-Therapie organerhaltend behandelt werden kann (Varol et al. 2004). Weltweit hat die zunehmende Erfahrung mit der orthotopen Rekonstruktion dafür gesorgt, dass die Zahl der relativen Kontraindikationen immer kleiner wurde. Die Kenntnis, dass ein lokales Rezidiv die Neoblasenfunktion nicht stört, hat dazu geführt, dass auch bei extensiven Tumoren oder positiven, aber resektablen Lymphknoten, welche beide mit einem hohen Rezidivrisiko einhergehen, keine absolute Kontraindikation mehr besteht. Mittlerweile ist auch klar geworden, dass die Prognose eines lokalen Rezidivs gleichermaßen unerfreulich ist, ob der Patient mit einem Conduit oder einem orthotopen Blasenersatz versorgt wurde (Hautmann u. Simon 1999).
Absolute/relative Kontraindikationen für den orthotopen Blasenersatz Unverändert gilt als absolute Kontraindikation zur kontinenten Harnableitung, gleich welchen Typs, eine gestörte Nierenfunktion als Folge lang dauernder Obstruktion oder eine chronische Nierenfunktionseinschränkung mit einem Serumkreatinin über 200 μmol/l. Bei Serumkreatininwerten >150 μmol/l ist mit einer chronischen Azidose, welche zeitlebens substitutionsbedürftig ist (Natriumbicarbonat), zu rechnen. Auch eine schwere Leberfunktionsstörung ist eine Kontraindikation für den kontinenten Blasenersatz (Ammoniakmetabolismus). Patienten mit Darmerkrankungen, insbesondere entzündlicher Art, sind wahrscheinlich mit einem Conduit besser bedient. Klarerweise ist ein orthotoper Blasenersatz absolut kontraindiziert bei denjenigen Patienten, bei denen eine simultane Urethrektomie aufgrund der Biologie des Primärtumors besteht. Störung der Schließmuskelfunktion, rezidivierende Harnröhrenstrikturen, manuelle Unfähigkeit, einen möglichen ISEK durchführen zu können, und geistige Behinderung sind Argumente, die eine ernsthafte Überlegung im Hinblick auf die Indikation zur Neoblase erfordern. Dennoch muss man wissen, dass die Rolle der relativen Kontraindikationen und Komorbiditäten in den letzten 20 Jahren beständig abgenommen hat.
Onkologische Faktoren Das Grundprinzip ist: Die Prognose der zugrunde liegenden Karzinomoperation darf durch die Harnableitung nicht negativ beeinflusst werden. Initial war vor allen Dingen die Angst vor dem urethralen Rezidiv ein starkes
Gegenwärtige Praxis Trotz der Tatsache, dass der orthotope Blasenersatz eine nahezu ideale Methode der Harnableitung nach Zystektomie darstellt, erhalten viele Patienten, vor allen Dingen
8
98
Kapitel 8 · Harnableitung
jene, die nicht an großen urologischen Zentren behandelt werden, immer noch häufig ein Conduit. So lange diese Patienten ungünstige klinische Faktoren wie hohes Alter, hohe Komorbidität, extensive vorangegangene Tumortherapie, einen nicht kurativ resezierbaren Tumor, z. B. nach fehlendem Ansprechen auf die Chemotherapie, haben, ist dagegen nichts einzuwenden. Trotz des ausgesprochenen Wunsches vieler Patienten nach einer Neoblase können sich aus den oben genannten Gründen nicht alle Patienten dafür qualifizieren. Man muss wissen, dass für solche Patienten ein Conduit eine zumindest mittelfristig sichere und einwandfreie Harnableitung darstellt.
Tab. 8.4. Kapazität und Druckcharakteristik von Reservoirs Ileum Volumen – anfangs – später
Vorteil Vorteil
Kapazität Erste Kontraktion
Vorteil
Maximale Kontraktion
Vorteil
Autonome Kontraktionen: maximale Amplitude
Vorteil
Motorische Aktivität (errechnet)
8.3.2 Auswahl des Darmsegments, das für
den orthotopen Blasenersatz benutzt werden sollte
8
Kolon
10- bis 20-mal
Dehnbarkeit
Vorteil
Compliance
Vorteil
Volumen
Die Länge des benutzten Darmsegmentes, seine Oberfläche, die Dauer der Urinexposition, die Konzentration der Soluta, der pH-Wert, die Nierenfunktion und die Osmolalität spielen alle eine Rolle. Zwischen Ileum und Kolon besteht im Hinblick auf die Natriumresorption klinisch meist kein nennenswerter Unterschied, obwohl Kolonsegmente auch unter isoosmolaren Bedingungen weiter aktiv NaCl (und damit Wasser) rückresorbieren. Jedoch ist im Kolon die Chloridabsorption und Bicarbonatsekretion ausgeprägter und somit das Risiko einer Azidose größer und andauernd. Man darf nicht vergessen, dass die Chloridabsorption in einem Kolonreservoir lebenslänglich weitergeht. Aus diesen Gründen ist Ileum dem Kolon vorzuziehen, insbesondere dann, wenn das Risiko einer hyperchlorämischen Azidose, ganz besonders bei Vorliegen einer Niereninsuffizienz, reduziert werden soll. Jedoch sind die metabolischen Unterschiede zwischen Ileum und Kolon nur ein Aspekt, wenn eine orthotope Rekonstruktion geplant ist. Ein offensichtlicher Vorteil des Sigmas ist natürlich seine problemlose Zugänglichkeit und ein fehlendes Malabsorptionsrisiko nach seiner Resektion. Andererseits hat Kolon den entscheidenden Nachteil des hohen Druckes im Vergleich zu Reservoirs aus Ileum. Dies wird durch die meisten urodynamischen Untersuchungen bestätigt, zuletzt durch Koraitim et al. (2006). Wir empfehlen die Benutzung von Sigmareservoirs nur, wenn Ileum oder das rechte Kolon nicht verfügbar sind. Ein Problem ist, dass in den meisten veröffentlichten Serien über orthotopen Harnblasenersatz nur ein einziger Reservoirtyp verwendet wird. Lediglich Santucci et al. (1999) verfügten über Erfahrung mit 6 verschiedenen
Reservoirtypen bei kontinenter Harnableitung und berichten über bemerkenswerte Unterschiede in Bezug auf die Kontinenz und Urodynamik. Ihre Erfahrung ist, dass Neoblasen, die Magen oder Sigma enthalten, nur unter außergewöhnlichen Umständen benutzt werden sollten. Der Grund ist die hohe Inkontinenzrate. Durch die Daten in jüngerer Zeit werden diese schlechten Funktionsergebnisse bestätigt (Laguna et al. 2005). Klinisch signifikante Reservoirkontraktionen sind (willkürlich) definiert als solche, die 40 cm H20-Amplitudenhöhe überschreiten oder die bereits bei geringem Füllungsvolumen (weniger als 200 ml) auftreten. Das Auftreten solcher Kontraktionen wird bei tubulären Harnableitungen in 70% der Reservoirs, bei detubularisiertem Kolon in 10% und überhaupt nicht bei detubularisiertem Ileum beobachtet. Für unsere Begriffe ist das detubularisierte Ileumreservoir sowohl für die kontinente kutane Harnableitung wie auch den Blasenersatz die ideale Reservoirform. Tab. 8.4 gibt eine Übersicht über Vor- und Nachteile von Reservoirs, die aus Ileum bzw. Kolon geformt werden.
8.3.3 Antirefluxschutz bei orthotopem
Blasenersatz Alle Urologen wissen, dass ein Hochdruckreflux mit und ohne Infektion einen Nierenschaden verursacht. Aus diesem Grunde wurde dieses Prinzip auch auf die Harnableitung übertragen. Jedoch ist die Notwendigkeit
99 8.3 · Orthotoper Blasenersatz (Neoblase)
eines Antirefluxschutzes bei einem detubularisierten orthotopen Niederdruckreservoir nicht die gleiche wie bei einem Conduit, einem kontinenten kutanen Reservoir oder einer Ureterosigmoideostomie. Das Hauptproblem der Antirefluxtechnik liegt in seiner gehobenen chirurgischen Komplexität, die zu einer gesteigerten Komplikationsrate führt. In der Tat ist das Problem der Nierenfunktionsverschlechterung nach Harnableitung häufig in der Obstruktion der ureterointestinalen Anastomose zu sehen. In einer der wenigen prospektiven Studien haben Studer et al. (1996) eine frei refluxive End-zu-Seit-ureteroileale Anastomose bei einem afferenten isoperistaltischen Schenkel mit einem antirefluxiven Nippel verglichen. Eine ureteroileale Stenose mit konsekutiver Schädigung des oberen Harntraktes wurde in 13,5% beim Antirefluxnippel, aber nur in 3% bei Verzicht auf einen Antirefluxschutz und Benutzungen eines afferenten tubulären Segmentes beobachtet. Auch Minervini et al. (2005) haben in einer Langzeitstudie prospektiv gezeigt, dass der Verzicht auf einen Antirefluxmechanismus bei orthotopem Blasenersatz keinen schädlichen Effekt auf die Nierenfunktion hat. Als derzeitiger Stand lässt sich zusammenfassen, dass die Autoren sicher sind, dass eine einfache, frei refluxive ureteroileale End-zu-Seit-Anastomose in den afferenten Schenkel eines Niederdruckreservoirs in Kombination mit regelmäßigen Miktionsintervallen und engem Follow-up, welcher einen Harnwegsinfekt auszuschließen oder dessen Ursache zu behandeln erlaubt, die geringste Komplikationsrate hat. Offenkundig werden die theoretischen potenziellen Vorteile der konventionellen Antirefluxoperationen beim orthotopen Blasenersatz durch eine höhere Komplikationsrate und die entsprechenden Reoperationsraten übertroffen.
die beide ihre Grenzen haben. Vom Serumkreatinin ist bekannt, dass es erst nach einer signifikanten Reduktion der GFR zu steigen beginnt, und eine Dilation des oberen Harntraktes bedeutet nicht notwendigerweise eine reduzierte Nierenfunktion. Zusätzlich sind viele Studien retrospektiv angelegt und haben keine präoperativen Ausgangsdaten. Thoeny et al. (2002) haben in einer prospektiven Analyse Patienten nach orthotopem Blasenersatz mit Serumkreatinin und AUG präoperativ und regelmäßig postoperativ verfolgt. Sie fanden in ihrer prospektiven Studie Nierenfunktionsverschlechterungen nur, wenn ein präexistenter Nierenschaden bestand oder postoperativ eine Obstruktion hinzutrat. Die erste Studie eines LangzeitFollow-up solcher Patienten unter Messung der glomerulären Filtrationsrate mittels Isotopenclearance wurde von Minervini et al. (2005) publiziert. Die Autoren kommen zu der Schlussfolgerung, dass der Verzicht auf einen Antirefluxschutz beim orthotopen Reservoir (W-Neoblase) per se keinen nachteiligen Effekt auf die Nierenfunktion ausübt. Es bestand kein Unterschied zwischen einer Kontrollgruppe und den Neoblasenpatienten. Als Empfehlung kann derzeit gelten, dass eine Verschlechterung der Nierenfunktion nach orthotopem Blasenersatz bei Benutzung eines afferenten Schenkels nach 10 Jahren, wenn überhaupt, nur minimal sein kann. Dennoch ist ein enges Follow-up erforderlich, um frühestmöglich korrigierbare Ursachen, besonders eine ileoureterale Stenose, frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Diejenigen Patienten mit vorbestehendem Nierenschaden scheinen das höchste Risiko für eine postoperative Verschlechterung der Nierenfunktion zu tragen.
8.3.5 Kontinenz 8.3.4 Sicherheit des oberen Harntraktes
Die Langzeitsicherheit des oberen Traktes ist eine absolute Voraussetzung für eine erfolgreiche Rekonstruktion des unteren Harntraktes. Es gibt viele potenzielle Gründe für die Verschlechterung der Nierenfunktion nach Harnableitung: Druckübertragung aus dem Reservoir in den oberen Harntrakt (Reflux oder funktionelle Obstruktion), Steinbildung, Infektion, mechanische Obstruktion etc. Unglücklicherweise gibt es nur wenige Langzeitberichte über die Nierenfunktion nach orthotopem Blasenersatz. Zusätzlich ist in diesen wenigen Berichten keine präzise Bestimmung der Nierenfunktion vorgenommen worden, sondern man muss sich notgedrungen auf Serumkreatininwerte und Röntgenuntersuchungen stützen,
Die Kontinenz beim orthotopen Blasenersatz hängt zum einen von einem intakten Sphinktermechanismus ab. Er muss permanent in der Lage sein, den Druck in der Kontinenzzone über demjenigen zu halten, den das Reservoir produziert. Dieser Druck wird durch den zugrunde liegenden Darmanteil, seine Größe und seine Konfiguration nach dem Gesetzt von Laplace, nach dem Druck = Wandspannung/Radius ist, bestimmt. Die Kontinenz nimmt im Lauf der Zeit über einen Zeitraum von 6–12 Monaten postoperativ zu, indem die Größe und die Compliance des Reservoirs zunimmt und damit größere Volumina bei niedrigeren Drücken gespeichert werden können. Die Patienten müssen lernen, die Blase mit der Bauchpresse zu entleeren, indem sie den Beckenboden
8
100
Kapitel 8 · Harnableitung
Tab. 8.5. Orthotoper Blasenersatz: Tageskontinenz. (Nach Hautmann et al. 2007) Serie
Methode
Anzahl (n), Geschlecht
Kontinenz (%) G
8
O
S
Beobachtungszeit (Monate)
Alcini
Zäkoileal
30 (m)
100
21.2±14.8
Gburek
Ileal, Studer
62 (m); 4 (w)
88
k.A.
Abol-Enein
Ileal
353 (m), 97 (w)
93,3
Elmajian
Hemi-Kock
295 (m)
87
Stein
Hemi-Kock
34 (w)
85
Stein
Ileal, T Pouch
40
Lee
Ileal
Arai
6,7
k.A. 2
k.A.
12
3
k.A.
75
20
5
k.A.
101 (m), 29 (w)
67
20
13
k.A.
Ileal
12 (w)
58
33
3
k.A.
Hautmann
Ileal
k.A.
95
k.A.
Steven
Ileal
166 (m)
97
k.A.
Studer
Ileal
442 (m), 40 (w)
91
Ghoneim
Ileal
k.A.
92
k.A.
Kurzrock
Ileal
(m)
92
k.A.
Stenzl
k.A.
(w)
88
k.A.
El Bahnasawy
Ileal
100 (m)
50
k.A.
Lin
Gastrisch
8 (m)
47
63
Mills
Ileal, Studer
15 (w)
79
1
Steers
2238
86
26±18
Constantinides
50
91
30 (8–59)
50
9
Zäkoileal
19
5,3
Ileal
36
5,5
Nesrallah
Ileal
59
88
k.A.
Shaaban
Hemi-Kock
338 (m)
93,7
88
15 (w)
4,4
Beduk
7
1
32 (0,4–208)
k.A. 2
6
36 (12–69)
G gut, O ordentlich (1–2 Einlagen/Tag), S schlecht (>2 Einlagen/Tag oder DK), k.A. nicht angegeben.
relaxieren, allenfalls unter Zuhilfenahme der Bauchpresse (Casanova et al. 1993). Die objektive Bemessung der Kontinenz und der Vergleich zwischen verschiedenen Methoden und Reservoirtypen sind durch den Mangel an objektiven Messparametern sehr schwierig. Thüroff et al. haben 1996 eine Kontinenzklassifikation für orthotope Reservoirs im Rahmen der International
Continence Society entwickelt, die nützlich und hilfreich ist. Tagsüber wird eine perfekte Kontinenz bei ungefähr 90% der Patienten erreicht ( Tab. 8.5). Wichtig zu wissen ist, dass die Tageskontinenz bei älter werdenden Patienten 4–5 Jahre postoperativ wieder abnimmt (Madersbacher et al. 2002). Damit ist das Patientenalter zum Zeitpunkt der
101 8.3 · Orthotoper Blasenersatz (Neoblase)
Tab. 8.6. Orthotoper Blasenersatz: Enuresis nocturna. (Nach Hautmann et al. 2007) Serie
Methode
Anzahl (n), Geschlecht
Zufriedenstellende Kontinenz (%)
Beobachtungszeit (Monate)
Ghoneim
Hemi-Kock
k.A.
73
k.A.
Hautmann
Ileal
k.A.
66–93
k.A.
Studer
Ileal
442 (m), 40 (w)
79
32 (0,4–208)
Elmajian
Hemi-Kock
k.A.
k.A.
k.A.
El Bahnasawy
Ileal, Hautmann Hemi-Kock
100 (m)
50–73
12
Shaaban
Ileal
338 (m), 15 (w)
73
88
Steven
Ileal
166 (m)
75
12
85
36
Beduk
Ileozäkal
19
79
36
Ileal
36
90
36
Ileal, Hautmann
37
85
k.A.
Ileal, Studer
93
85
Stein
Ileal, T-Pouch
40
85
k.A.
Abol Enein
k.A.
k.A.
80
k.A.
Alcini
Ileozäkal
30 (m)
89
36
Lee
G gut, O ordentlich (1–2 Einlagen/Tag), S schlecht (>2 Einlagen/Tag oder DK), k.A. nicht angegeben.
Zystektomie und Anlage der Harnableitung ein relativer Faktor mit Bedeutung für oder gegen einen orthotopen Blasenersatz. Persistenz schwerer Inkontinenz nach orthotopem Blasenersatz ist ein schwer zu lösendes Problem. Abnehmende Patientenmotivation und fehlende Möglichkeiten tun das Ihre! Die einzig erfolgversprechende Methode ist ein künstlicher Schließmuskel. Periurethrale Kollageninjektionen sind, wenn überhaupt, von bescheidenem Erfolg und kurzer Dauer und können zu infiziertem Restharn führen. Die nächtliche Kontinenz ist deutlich schwieriger (6–12 Monate postoperativ) und nicht so sicher zu erreichen wie die Kontinenz am Tage. Auch die Instruktion der Patienten, die abendliche Flüssigkeitseinnahme zu limitieren, vor dem Schlafengehen die Neoblase zu entleeren, einen Wecker zu benutzen oder 1- bis 2-mal nachts aufzustehen, sind keine sicheren Erfolgsgaranten. In der Literatur variiert die nächtliche Enuresis von 0–67% ( Tab. 8.6). Die Mehrzahl der Serien berichtet eine nächtliche Inkontinenzrate von 20–30%. Eine Reihe von Patienten gibt den Kampf gegen die Inkontinenz auf und trägt über Nacht Vorlagen.
Faktoren, die zur nächtlichen Inkontinenz der Neoblasen beitragen (Hautmann et al. 2007, Studer u. Zingg 1997)
Verlust des Detrusorsphinkterreflexes (erhöht den
urethralen Verschlussdruck bei zunehmendem Blasendruck Wegfall des sensorischen Feedback-Mechanismus der Blase zum Gehirn, wenn die Neoblase voll ist (führt zur Überlaufinkontinenz) Fehlendes oder neues Gefühl der Blasenfüllung Der Verlust der sensorischen afferenten Innervation der Harnröhre kann zum Verlust des Schutzreflexes führen, wenn Urin in die proximale Harnröhre leckt Kontinenzabnahme im Alter Absinkender Muskeltonus während der Nacht Gesteigerte Urinproduktion während der Nacht Hyperosmotischer Urin wird durch Übertritt von freiem Wasser zu isoosmolarem Neoblasenharn (unter Volumenzunahme) Schließmuskelrelaxanzien wie Alkohol, Schlafmittel, Muskelrelaxanzien (Benzodiazepine) β-Blocker
8
102
Kapitel 8 · Harnableitung
Hyperkontinenz oder Retention ist eine mögliche unliebsame Folge nach orthotopem Blasenersatz. Entleerungsstörungen, die einen ISEK erfordern, kommen bei Männern in bis zu 10%, bei Frauen in bis zu 53% vor. Die Faktoren, die zur signifikant höheren Rate an Blasenentleerungsstörungen bei Frauen führen, sind weitgehend unklar. Die Mehrzahl der Untersucher glaubt aber, dass der Grund für die geringere Rate beim Mann in einer dorsalen Unterstützung der Neoblase, also der Vermeidung einer Pouchozele, besteht. Techniken, die die Pouchozelenbildung verhindern sollen, bestehen in der Interposition eines Omentums dorsal des Reservoirs und Suspension der Vagina. Alle diese Maßnahmen sind Versuche, aber mit relativ geringer Erfolgsgarantie.
8
Faktoren, die zur Entleerungsstörung der Neoblase beitragen (Hautmann et al. 2007)
Mechanische Obstruktion der Urethra durch prola-
bierende Neoblasenschleimhaut, Prostatagewebe, Anastomosenstriktur, Urethrastriktur Elongation des Neoblasenauslasses mit Knickbildung Neoblasenauslass nicht an der tiefsten Stelle des Reservoirs Funktionelle Obstruktion – erhaltender, aber dysfunktionaler Schließmuskel – unzureichende Relaxation des Beckenbodens während der Miktion Denervierte proximale Harnröhre mit konsekutiver Knickbildung Neoblase zu groß (»floppy bag«) Ineffektives Valsalva-Manöver, z. B. wegen Hernien
8.3.6 Nerverhaltende Zystektomie bei beiden
Geschlechtern Bei jüngeren Patienten mit Harnblasenkarzinom ist man in Analogie zur nerverhaltenden radikalen Prostatektomie versucht, die erektile Funktion zu erhalten. Bei zunehmender Erfahrung mit der Nerverhaltung bei der radikalen Prostatektomie und Kenntnis des Nervenverlaufs oberhalb der Prostatabasis kann diese Operation in bis zu 60% bei korrekter Indikation mit Erhalt der Erektionsfunktion ausgeführt werden. Vorraussetzung ist, dass der Tumor sicher organbegrenzt ist oder dass der Nerverhalt nur einseitig auf der nicht tumortragenden Seite ausgeführt wird. Die sexualitätserhaltende Zystektomie ist auch bei der Frau möglich (Schwellkörperfunktion, Vaginaldrü-
sen). Es fehlt aber zur Fortentwicklung dieser Technik das einfache Erfolgs-/Endorgan Erektion und eine relativ einfache Erfolgsbeurteilung. Die nervenerhaltende Chirurgie spielt auch eine entscheidende Rolle zur Kontinenzverbesserung, sind doch die Schließmuskeln von Mann und Frau z. T. durch autonome Nerven versorgt (Kessler et al. 2005).
8.3.7 Prostata-/samenblasenerhaltende/
sexualitätserhaltende Zystektomie beim Mann Es ist unbestreitbar ein löblicher Trend in der Onkochirurgie, die operative Morbidität zu minimieren und Organe anatomisch und funktionell zu erhalten oder zu ersetzen, ohne die tumorchirurgische Radikalität zu kompromittieren. In den letzten zwei Jahrzehnten hat eine kleine Anzahl von Autoren versucht, die Sexualfunktion des Mannes bei der Zystektomie zu erhalten. Die modifizierten Techniken reichen vom Zurücklassen der gesamten Prostata, Samenblasen und Ductus deferentes bis zur Resektion eines Prostataadenoms und Belassung der Kapsel. Der Ersatz der Harnblase erfolgt dann wie üblich mit einem orthotopen Reservoir, welches an die Prostatabasis, die Prostatakapsel oder den verbliebenen Prostatarest anastomosiert wird. Hautmann et al. haben 2005 eine Auswertung der Ergebnisse von 13 Zentren, die diese Operationstechnik favorisieren, durchgeführt. Einheitlich ist bei allen Gruppen ein ungewöhnliches Metastasierungsmuster. Während die lokale Rezidivrate im Bereich der erwarteten 10% liegt, ist das Auftreten von Fernmetastasen mehr als 2-mal so hoch, wie theoretisch zu erwarten wäre. Der präzise zugrunde liegende Mechanismus ist nicht voll verstanden. Man muss aber daran denken, dass die Manipulation an der Prostata bei noch vorhandenem Tumor in der Blase zur Einschwemmung von Tumorzellen mit konsekutiver Metastasenbildung führen könnte. Des Weiteren lässt sich ein theoretisches Risiko von 6% für ein zurückgelassenes bzw. übersehenes Prostatakarzinom errechnen. Während die Kontinenz am Tage bei konventioneller Zystektomie und prostataerhaltender Zystektomie kaum unterschiedlich ist, berichten einige, aber nicht alle Zentren mit sexualitätserhaltender Zystektomie über eine deutlich bessere nächtliche Kontinenz. Der größte Vorteil, den die sexualitätserhaltende Zystektomie aufweist, ist allerdings in der Tat der Erhalt der Sexualfunktion in einem viel höheren Prozentsatz als nach Standard oder nerverhaltender Zystektomie. Dies geschieht aber klarerweise auf Kosten einer 10–15% höheren onkologi-
103 8.3 · Orthotoper Blasenersatz (Neoblase)
schen Versagerrate. Aus diesem Grunde glauben wir, dass die prostataerhaltende Zystektomie aus onkologischen Gründen beim Urothelkarzinom nicht regelmäßig durchgeführt werden sollte, sondern nur hochselektionierten jungen Männern mit nicht urothelialen Tumoren zugute kommen sollte (Spitz et al. 1999). Es soll auch nicht verschwiegen werden, dass eine der führenden Gruppen der prostataerhaltenden Zystektomie wegen der schlechten onkologischen Ergebnisse dieses Verfahren inzwischen aufgegeben hat (Botto et al. 2004).
8.3.8 Erhalt der Sexualfunktion bei der Frau
Eine Tumorbeteiligung der vorderen Vaginalwand wird beim Harnblasenkarzinom in ungefähr 5% gesehen und kann in der Regel einfach bei der klinischen Untersuchung festgestellt werden. Dies bedeutet, dass bei der Mehrzahl der Frauen, die einer Zystektomie bedürfen, die vordere Vaginalwand bei der Zystektomie erhalten werden kann, ohne das onkologische Resultat zu beeinträchtigen. Man stellt sich vor, dass der Erhalt der vorderen Vaginalwand die sexuelle Funktion erhalten kann, das Risiko einer Neoblasen-Vaginal-Fistel vermindert und zu besserer Miktionsfähigkeit beiträgt.
8.3.9 Komplikationen
Üblicherweise werden Komplikationen nach Harnableitung, so auch beim orthotopen Blasenersatz, in Früh(<30 Tage) und Spätkomplikationen (>30 Tage) eingeteilt sowie in solche, die direkt oder nicht auf die Harnableitung zu beziehen sind. In der Literatur finden sich zahlreiche Mitteilungen über Komplikationen ( Tab. 8.7 und 8.8). Der Vergleich der Serien ist schwierig, da das Follow-up unterschiedlich ist, die Schwere der Komplikationen unterschiedlich bewertet wird und die retrospektive Datenauswertung ohnehin ihre Limitierungen aufweist. Nichtsdestoweniger kann man heute aber sehr gut die spezifischen und Gesamtkomplikationen in Dimension und Ausmaß benennen. Als generelle Richtlinie sind die allgemeinen und harnableitungsspezifischen Komplikationen der verschiedenen orthotopen Harnableitungsverfahren ähnlich denen, wie wir sie vom Conduit kennen (Hautmann et al. 2007).
8.3.10 Spezifische Komplikationen
Im Vergleich zum Conduit weist der orthotope Blasenersatz einige spezifische Komplikationen auf. Eine davon
ist der hohe Prozentsatz an Narbenhernien ( Tab. 8.8). Die Ursache hierfür muss man im Pressen sehen, was für die Entleerung der Neoblase erforderlich ist. Neoblasen-Darm-Fisteln und Neoblasen-Haut-Fisteln sind ebenfalls neue Komplikationen, aber sie sind selten. Das Fistelrisiko zwischen Neoblase und anderen Beckenorganen (Rektum, Vagina, Ileum) ist erhöht, aber immer noch deutlich geringer als nach Strahlentherapie. Die frühe und späte Reoperationsrate beträgt 3–7% bzw. 13–30%. Zu den verdrießlichen Komplikationen nach Harnableitung gehört die ureteroenterale Anastomosenstenose. Auf Überlegungen und Ergebnisse, Für und Wider einer antirefluxiven Anastomose wird hingewiesen ( Kap. 8.3.3). Die Literatur über die Le Duc-Technik zur Ileoureterostomie ist extensiv. Der Vorteil der Technik ist ihre einfache Durchführbarkeit. Die Obstruktionsrate beträgt aber 2–31% und die Refluxrate 0–15%. Die Mehrheit der ureteroenteralen Anastomosenstrikturen treten innerhalb der ersten 1–2 Jahre auf, unabhängig von der Art der gewählten Implantationstechnik. Als Ätiologie der Striktur wird in der Regel eine ureterale Ischämie angesehen. Schonende Mobilisation des Harnleiters und Resektion der distalen Harnleiterportion minimieren das Strikturrisiko. Der linke Harnleiter hat ein höheres Obstruktionsrisiko als Folge der Angulation und der Verlagerung auf die rechte Seite. Die Behandlung der Stenose ist nicht immer erfolgreich. Erfolgsraten nach Dilatation und Stenteinlage allein verglichen mit Inzision und Stenting sind 20–40% versus 40–60%. Die offene Harnleiterneueinpflanzung ist invasiv, hat aber eine hohe Erfolgsrate von ungefähr 90% (Abol-Enein u. Ghoneim 2001).
8.3.11 Reservoirruptur
In der Literatur finden sich zahlreiche Fallberichte und kleine Serien über Spontanrupturen kontinenter Harnableitungen (Hautmann et al. 2007). Selbst wiederholte Reservoirrupturen beim gleichen Patienten werden berichtet. Die häufigste Ursache ist die akute oder chronische Überdehnung des Reservoirs. Der Patient muss instruiert sein, dass er alle 3–4 h das Reservoir entleeren muss, auch wenn er deutlich längere Intervalle erreichen könnte und noch keinen Harndrang verspürt. Es ist besonders wichtig, dies den Patienten im Langzeit Follow-up mitzuteilen, damit sich die Reservoirkapazität im Laufe der Zeit nicht vergrößert. Deshalb ist das allmähliche Auftreten von zunehmenden Restharnmengen nicht passiv zu tolerieren, sondern die Ursache muss früh behoben werden, bevor das Reservoir überdehnt ist.
8
104
Kapitel 8 · Harnableitung
Tab. 8.7. Frühkomplikationen nach orthotopem Blasenersatz. (Nach Hautmann et al. 2007) Constantinides 2001
Lee 2003
Ureteroenterales Leck
4
0,8
Ureteroenterale Striktur
2
Urethroenterales Leck
2
Komplikationen
Stein 1997
Stein 1998
Parekh 2000, 2002
Shaaban 2003
Beduk 2003
Steven 2000
Studer 2006
Neoblasenbezogen 2,4
7,2 5,7–10,5
7,7
Urethroenterale Stenose
0,6 5,3–5,5
Neoblasenleck
2,9
2,4
Neoblaseninfarkt
0,6
Neoblasen-Vaginal-Fistel
1,6
Belassene Drainage/Stent
0,8
2,9
2,9
1,2
Allgemein
8
Darmparalyse
10
4,6
Akute Pyelonephritis
2
0,8
2,5
Sepsis Wundinfektion
3
1,2
2,4
1,5 0,6
0,8
Dünndarmobstruktion
1,6
0,8
Lymphozele
3 2
Lungenembolie
2
9,6
1,9
1,2
0,6
1,8
4,4
1,2
Anastomosenleckage
Tiefe Venenthrombose
2,7 5,8
2,5 2
1,2
7,1
3,6
Wunddehiszenz Abszess
2,6
0,8–2,4 2,9
1,2
1,9
1,2
3,3
Herzinfarkt
1,2
Arrhythmie
3,6
Pneumonie
4
Gastrointestinale Blutung
2
2,5
0,8
1,7 2,1
0,2
Postoperative Nachblutung
0,2
Cholezystitis Pankreatitis Tod Allgemein Azidose a
Hospitalisation erforderlich.
11
2,5
0–1,1
0,9
0
12,5
12
19
23,5 1,9a
8
105 8.3 · Orthotoper Blasenersatz (Neoblase)
Tab. 8.8. Spätkomplikationen nach orthotopem Blasenersatz. (Nach Hautmann et al. 2007) Constantinidis 2001
Lee 2003
Ureteroentererale Striktur
2
2,3
Ureteraler Reflux
8
Pyelonephritis
2
3,9
Urethroenterale Striktur
2
9,2
Neoblasen-Darm-Fistel
2
0,8
Reservoirsteine
2
0,8
Komplikationen
Parekh 2002
Beduk 2003
Steven 2000
Shaa-ban 2003
Gburek 1998
3
3,1
2
AbolEnein 2001
Studer 2006
Neoblasenbezogen
Hämaturie
4,2–7,9
2,7 3
13,8–15,8
3
3,9
3,6
1,9
2
16,3
16
2,9
24
33
50
0,8
Chronische Bakteriurie Nierensteine
2
Verschlechterung des oberen Harntraktes
3,8
Allgemein Dünndarmobstruktion Narbenhernie
4
3,8
1,2
4,6
10,2
11
7
3,6
Lungenembolie
0,6
0,2
0,8
1,8
4,4a
1,6
6–33
Azidose Vitamin B12-Mangel
2
0,8
Lymphozele
Diarrhö
3,7
1,2 4
Inguinalhernie a
2,8
4,5
Hospitalisation erforderlich.
Gemäß dem Gesetz von Laplace nimmt die Wandspannung trotz gleichbleibendem Reservoirdruck mit zunehmendem Radius zu (Wandspannumg = Druck x Radius). Die Häufigkeit der spontanen Pouch-/Neoblasenruptur beträgt in der Literatur 1,5–4,3% (Mansson et al. 1997; Desgrandchamps et al. 1997). Diagnose und Symptomatik sind delikat! Selbst der erfahrende Kliniker braucht ein hohes Maß von Vermutung, um die korrekte Diagnostik in die Wege zu leiten. Klassischerweise präsentiert sich der Patient mit akuten Bauchschmerzen oder mit einem akuten Abdomen. Ein Pouchogramm/Neoblasenzystogramm oder ein
Computertomogramm sollten durchgeführt werden. Das Pouchogramm zeigt häufig die Ruptur nicht! Freie abdominelle Flüssigkeit wird dagegen im CT sicher nachgewiesen. Ein konservativer Therapieversuch mit Dauerkatheterableitung, Antibiotika und Überwachung kann bei kleinem Kontrastmittelextravasat ggf. erlaubt sein. Septische Patienten, unkontrollierbarer Schmerz oder ein persistierend akutes Abdomen erfordern aber eine aggressive Therapie. Verzögerung bei der Diagnose kann zu einer lebensbedrohlichen Infektion mit Pouchnekrose und einer Fournier-Gangrän-ähnlichen Entzündung der Bauchdecken führen (Kyriakidis 1995).
106
Kapitel 8 · Harnableitung
8.4
Kontinente kutane Harnableitung (Pouch)
Nur weniger als 10% aller Harnableitungen nach radikaler Zystektomie erfolgen heute durch eine kontinente kutane Harnableitung ( Tab. 8.1). Die Hauptindikation muss dann gesehen werden, wenn die Entfernung der Harnröhre unumgänglich ist oder eine Inkontinenz vorbesteht. Gelegentlich bevorzugen Patienten den Pouch gegenüber einer orthotopen Rekonstruktion, weil sie das Risiko der vorübergehenden Inkontinenz beim orthotopen Blasenersatz und die lange Lernkurve bis zur Kontinenz scheuen.
8.4.1 Voraussetzungen
8
Wie bei allen kontinenten Rekonstruktionen ist ein voluminöses Niederdrucksystem Voraussetzung für ein erfolgreiches Funktionieren. Wie beim orthotopen Blasenersatz wird auch dies durch Detubularisierung erreicht. Das dynamische Verhalten wurde sehr ausführlich von Berglund und Kock (Berglund et al. 1984), Hinman (1988) und Colding-Jorgensen et al. (1993) beschrieben. Der Patient sollte eine weitgehend normale Nierenfunktion haben, da sonst das metabolische Risiko steigt. Der Auslassmechanismus sollte eine Leckage effektiv verhindern, aber dennoch eine einfache Katheterisierbarkeit garantieren. Das Reservoir sollte einfach zu konstruieren sein. Unzählige Methoden wurden vorgestellt, die meisten verschwanden aus der Literautur, meistens wegen zu hoher Komplexität. Die am häufigsten benutzten Methoden sind: der Orignal-Kock-Pouch und der Indiana-Pouch oder Variationen davon und Pouches, die die Appendix als Auslass haben. Das Stoma wird üblicherweise im rechten unteren Quadranten des Abdomens oder im Nabel platziert. Allen Pouch-Techniken ist gemeinsam, dass sie komplex und aufwändig sind, eine lange Lernkurve haben, und bei den meisten ist der anfängliche Enthusiasmus durch Berichte über hohe Komplikationsraten gedämpft worden. Bei dickem Mesenterium und fetten Bauchdecken ist die Nippelbildung häufig schwierig und die Fixation des efferenten Nippels an der Bauchdecke problematisch. Arrosion durch ein verwendetes Netz, Fistelbildung, Stenose, Nippelgleiten, Nippelprolaps sind bekannte Probleme, und Urinleckage oder ein schwieriger Katheterismus sind nicht selten. Selbst die Klinik mit der größten operativen Erfahrung hat nach vielen hunderten von Kock-Pouchen und einer Reihe von Modifikationen bei 239 Patienten immer noch eine Versagensrate des Auslassnippels von 15% (Skinner et al. 1989). Nach Langzeit-
Follow-up berichteten Jonsson et al. (2001) eine Revisionsrate von 31%, die erst bei den Patienten, die nach 1993 operiert wurden, auf 21% abfiel.
8.4.2 Appendix als Auslassmechanismus
Die Appendix als katheterisierbarer Auslass einer Vesikostomie wurde von Mitrofanoff (1980) beschrieben und von Riedmiller et al. (1990) auf die kontinente kutane Harnableitung übertragen. Die Vorteile dieser Technik liegen darin, dass die Katheterisierbarkeit und Kontinenzrate meist gut und die Fistelrate tief ist. Hauptnachteile sind, dass die Appendix manchmal fehlt oder zu klein oder die Mesoappendix zu kurz ist. Somit benötigt man Erfahrung mit Alternativlösungen. Die populärste Technik wird im Mainz-Pouch I benutzt. Gerharz et al. berichteten 2001, dass nur 3 von 118 Patienten, die eine Appendixnekrose erlitten, reoperiert werden mussten. Das Hauptproblem ist die Gefahr der Stomastenose, die in 19% beobachtet wurde.
8.4.3 Der Kock-Invaginationsnippel:
eine Technik der Vergangenheit Die Autoren möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass im Konsensusreport dieser Absatz von der Klinik geschrieben wurde, die weltweit die größte Erfahrung mit dem Kock-Invaginationsnippel hatte. Ein wichtiger Schritt in der Weiterentwicklung der Harnableitung in den letzten 25 Jahren war die Entwicklung eines zuverlässigen Kontinenzmechanismus (via katheterisierbares Stoma) bei gleichzeitigem Refluxschutz des oberen Harntraktes. Dies ist im kontinenten Reservoir wegen der Hochdrucksituation erforderlich. Der Kock-Invaginationsnippel ist eine Technik, die diesen Zielen entsprach (Skinner et al. 1992). Der Pionier der klinischen Anwendung des Invaginationsnippels war unbestritten Nils Kock. In seiner Erstbeschreibung 1973 berichtete Kock über 37 Patienten, die ein kontinentes detubularisiertes Reservoir aus Ileum hatten (Kock 1973). Kontinenz- und Antirefluxmechanismus des Ileumreservoirs garantierte der efferente und afferente Invaginationsnippel. Obwohl die Prinzipien des Kock-Reservoirs (kutan und orthotop) vernünftig sind, trat eine Fülle von Komplikationen auf, die umso häufiger waren, je geringer die chirurgische Erfahrung mit dieser Operationstechnik gewesen ist. Die häufigsten Komplikationen betrafen Antirefluxnippel oder Kontinenznippel. Trotz mehrfacher chirurgischer Modifikation blieb die Komplikationsrate hoch.
107 8.4 · Kontinente kutane Harnableitung (Pouch)
In der Ära des orthotopen Blasenersatzes reduzierte sich die Notwendigkeit der kontinenten kutanen Harnableitung und damit das Bedürfnis nach dem KockInvaginationsnippel als Kontinenzorgan. Die Erkenntnis, dass eine frei refluxive Ureteroenterostomie einem nippelgeschützten oberen Harntrakt beim orthotopen Blasenersatz mehr als ebenbürdig ist, machte auch den Invaginationsnippel als Antirefluxschutz überflüssig. Über seine Erfahrungen mit dem antirefluxiven Invaginationsnippel, wie von Kock beschrieben, berichten Stein et al. (1996) bei über 800 Patienten. Die häufigsten Probleme waren: 5% Steinbildung, induziert durch die Stapler der Nippel, Stenose des afferenten Nippels in 4% und Prolaps des afferenten Nippels in 1%. Zusammenfassende Bewertung Zusammenfassend ist klar, dass das Prinzip der Detubularisierung und anschließender Rekonfiguration, so wie ursprünglich von Goodwin 1959 für die Blasenaugmentation beschrieben (sog. Cup-patch-Technik; Goodwin et al. 1959) und von Kock für die Reservoirkonstruktion angewendet, beibehalten werden sollte. Klar ist aber auch, dass der Invaginationsnippel nach Kock so gut wie verlassen ist.
8.4.4 Nippelrevision und Nippelversagen
Die »Achillesferse« des Kock-Pouch ist der Invaginationsnippel. Komplikationen und Notwendigkeit der chirurgischen Revision des efferenten Invagionationsnippels werden bei mindestens 30% der Patienten mit einem kontinenten kutanen Kock-Reservoir beobachtet. Die Korrektur dieser Komplikationen ist technisch anspruchsvoll und erfordert vom Operateur viel Erfahrung mit einem Repertoir chirurgischer Techniken, um ein neues kontinentes katheterisierbares Stoma anzulegen. Für die Konstruktion eines kontinenten katheterisierbaren efferenten Schenkels stehen prinzipiell 3 Techniken zur Verfügung:
Appendix,
getapertes Ileum oder der sog. »serous-lined extramural tunnel«,
invaginiertes terminales Ileum/Ileozäkalklappe.
Diese Techniken führen zu einem katheterisierbaren Kontinenzmechanismus, haben aber alle erhebliche Limitierungen. Der ideale Auslassmechanismus sollte von einem einfach verfügbaren und chirurgisch leicht handhabbaren Darmsegment stammen und keine Zusatzmaßnahmen wie synthetisches Material etc. benötigen. Er sollte zuverlässige Kontinenz und leichte Katheterisierbarkeit auf Dauer gestatten. Er sollte auch gestatten, dass bei eventueller Revision nicht das gesamte Reservoir demontiert werden muss. Diesen Vorstellungen kommt die Appendix als Kontinenzmechanismus, so wie von Mitrofanoff (1980) beschrieben, am nächsten. Bei fehlender Appendix empfiehlt sich die Methode, wie sie von Yang (1993) und Monti et al. (1997) beschrieben wurde. Ein 2–3 cm langes Ileumsegment wird aufgeschnitten und in eine appendixähnliche Röhre rekonfiguriert, bei der die Schleimhautfalten längs, d. h. parallel zur Katheterisierungsrichtung laufen. Diese Technik ist dem sog. getaperten Ileum, bei welchem die Schleimhautfalten quer zur Katheterachse stehen und somit ein größeres Risiko einer via falsa beinhaltet ist, vorzuziehen. Invaginiertes terminales Ileum durch die Ileozäkalklappe ist eine 3. Möglichkeit. Das Prinzip entstammt der 1950 von Gilchrist et al. beschriebenen Operation. Die Technik ist einfach, aber vertraut hauptsächlich auf den passiven Widerstand und wird bei höheren Reservoirdrücken lecken. Das Prinzip eines »serous-lined extramural tunnel« wurde zuerst von Abol-Enein u. Ghoneim (1994) beschrieben. Diese Technik wurde ursprünglich zum Refluxschutz bei orthotopen Reservoirs benutzt. Die Kontinenz wird durch einen passiven Flap-valve-Mechanismus erreicht. Diese Kombination verhütet die Leckage auch bei höheren Drücken innerhalb des Reservoirs. Auch der T-Mechanismus kann schlussendlich als Ersatz für den efferenten Nippel verwendet werden und wurde als sog. Doppel-T-Pouch 2001 von Stein et al. beschrieben. Wie bereits einleitend bemerkt, haben die meisten rekonstruktiv tätigen Urologen den Kock-Pouch verlassen. Alternative, aber noch nicht perfekte Techniken für die Schaffung kontinenter kutaner katheterisierbarer Stomata wurden entwickelt, jedoch sind noch weitere Verbesserungen zu erwarten.
8.4.5 Komplikationen nach kontinenter
Allen 3 Techniken ist gemeinsam, dass die Kontinenz/ Kompetenz der Nippel/Auslassmechanismen auf dem Prinzip der sog. Flap-Technik beruhen, wie es Coffey 1911 für die submuköse Ureterimplantation beschrieb und auf dem auch das Mitrofanoff-Prinzip beruht (Coffey 1911).
kutaner Harnableitung (Pouch) Trotz zahlreicher technischer Verbesserungen im Bereich der kontinenten kutanen Harnableitung treten Komplikationen bei dieser generell älteren Gruppe von Patienten relativ häufig auf. Auf die allgemeinen Komplikationen
8
108
Kapitel 8 · Harnableitung
nach Harnableitung am Anfang dieses Kapitels wird verwiesen ( Kap. 8.2).
Steinbildung und Harnwegsinfektion
8
Eine Bakteriurie ist ein nahezu normaler Befund bei Patienten mit kontinenter kutaner Harnableitung und besteht bei mindestens 80% der Patienten (Akerlund et al. 1989). Als Infektquelle wird der saubere (nicht sterile) ISEK angeschuldigt, den die Patienten für die Entleerung des Reservoirs benötigen. Die Bakteriurie ist fast stets asymptomatisch, außer der Patient entwickelt Steine oder eine Infektion des oberen Harntraktes beim Vorliegen eines Refluxes. Eine chronische Bakteriurie, Harnstase, Schleimbildung und Fremdkörper (Stapler) sind die wichtigen ätiologischen Faktoren der Steinbildung im Reservoir. Die Behandlung gelingt in der Regel endoskopisch. 5% der Patienten mit einer kontinenten kutanen Harnableitung entwickeln im Lauf der Zeit eine parastomale Hernie (Lieskovsky et al. 1988). Parastomale Hernien können ein schwieriges chirurgisches Problem darstellen und werden am besten offen chirurgisch behoben.
Stomastenose In seiner Übersichtsarbeit fand Rowland (1995) erschwerten Katheterismus oder eine Stomastenose bei 18% der Patienten mit Appendixstoma, bei 9% mit einem Invaginationsnippel (Mainz-Pouch und Lund-Pouch) und nur 3% mit dem gestapelten und gefalteten Nippel des Indiana-Pouch. Eine ischämische Stenose des kutanen Stoma macht in der Regel eine offene chirurgische Revision erforderlich. Komplikationen in Abhängigkeit zum Kontinenzmechanismus bei Ileozäkalreservoirs (Mainz-Pouch I) wurde an einer großen Serie bei 193 Patienten aufgezeigt, bei denen der Nippel beim Umbilkus zu liegen kam (Gerharz et al. 1997). 172 Patienten (85,2%) hatten keine Stomakomplikationen. Bei 17 Patienten mit Appendixstoma wurden 23 Reinterventionen durchgeführt, wobei dies bei allen bis auf 2 Patienten infolge von Stomastenosen (15,6%) erfolgte, welche nach einer mittleren Beobachtungszeit von 20,4 Monaten auftraten. In 2 Fällen musste bei kompletter Appendixnekrose ein ilealer Nippel angelegt werden. Bei 13 von 109 Patienten (12,3%) mit Invaginationsnippel musste eine Zweitoperation nach einer mittleren Beobachtungszeit von 9,6 Monaten durchgeführt werden: Bei 4 Patienten infolge partieller/kompletter Nippelnekrose, bei 3 infolge Dislokation des Nippels von der Ileozäkalklappe, in 4 Fällen infolge Dehiszenz von der Faszie und bei 2 Patienten infolge Stomastenose (Gerharz et al. 1997).
Komplikationen des Antirefluxmechanismus Im Gegensatz zum orthotopen Blasenersatz ist bei der kontinenten kutanen Harnableitung die Notwendigkeit der Refluxprävention weniger umstritten und sollte durchgeführt werden. Eine Obstruktion des Antirefluxmechanismus wird in 5–8% von Rowland (1995) beobachtet. In seiner umfassenden Review-Arbeit wiesen 7,5% mit einer Ureterimplantation nach Le Duc eine Obstruktion auf, 10% mit der Ureterimplantationstechnik von Goodwin und 5% mit einer getunnelten Anastomose im Bereich der Tänie. Die meisten Stenosen treten in den ersten 2 Jahren auf. Man muss jedoch zur Kenntnis nehmen, dass auch später Stenosen auftreten, was eine lebenslage Kontrolle erforderlich macht. Die Mehrzahl der Patienten mit einer Obstruktion sind asymptomatisch, und es handelt sich um einen Zufallsbefund. Als häufigste Ursache einer stenosierten ureterointestinalen Anastomose oder eines afferenten Invaginationsnippels wird die Ischämie angesehen. Der entscheidende Fehler passiert bereits zum Zeitpunkt der Operation, wenn nicht genügend periureterales und Adenventitiagewebe erhalten wird und stattdessen das distale Harnleitersegment, das zur Reimplantation verwendet wird, bereits devaskularisiert oder zu lang ist. Die Primärbehandlung der Harnleiterstrikturen geschieht üblicherweise auf endoskopischem Weg. Die Ballondilatation wurde mit unterschiedlichem Erfolg angewendet und ist bei kurzstreckigen Stenosen erfolgversprechend. 75% der Stenosen können so behandelt werden. Erst nach Versagen endoskopischer Maßnahmen sollte die offene Revision angewendet werden, die in der Regel ein komplexer, aufwändiger und größerer chirurgischer Eingriff ist, vor allen Dingen, wenn es sich um eine linksseitige Stenose handelt.
8.5
Inkontinente Harnableitung
In Tab. 8.1 ist die Häufigkeitsverteilung der Harnableitungen, wie sie die Expertengruppe der WHO selbst durchführt, aufgelistet. Daraus erkennt man, dass an urologischen Zentren und Abteilungen mit gesteigertem Interesse an der Harnableitung 32,7% der Patienten ein Conduit erhalten. Damit ist das Conduit nach dem orthotopen Blasenersatz mit klarem Abstand die zweithäufigste Harnableitungsform. An dieser Stelle muss aber darauf hingewiesen werden, dass weltweit Conduits immer noch das am häufigsten gewählte Harnableitungsverfahren sind. Die Wahl der Harnableitung hängt stark vom Medizinsystem ab, in dem sich der Patient bewegt. Selbst in Schweden erhalten 64% aller Patienten nach einer Zys-
109 8.5 · Inkontinente Harnableitung
tektomie ein Conduit, 13% eine kontinente kutane Harnableitung und nur 21% einen orthotopen Blasenersatz. Bedingt durch das Kollegialsystem in den USA erhielten dort sogar 91% der Patienten nach einer Zystektomie, die in den Jahren 1988–1999 ausgeführt wurde, ein Conduit, wohingegen nur 6,4% eine Neoblase bekamen. Für den zentraleuropäischen Raum, in dem die operative Urologie fast ausschließlich an Krankenhausabteilungen mit Chefarztsystem ausgeführt wird, liegen die Häufigkeitsverteilungen der unterschiedlichen Harnableitungsverfahren deutlich näher an denen, die in Tab. 8.1 angegeben sind. Aber auch dann, wenn die Zystektomie innerhalb der größeren Zentren ausgeführt wird, bleibt das Conduit eine häufig gewählte Harnableitung, vor allen Dingen bei älteren Patienten, Risikopatienten und fortgeschrittenen Tumorstadien sowie manchmal in palliativer Intention.
8.5.1 Ureter-Haut-Fistel
Bei den Mitgliedern der WHO-Expertengruppe wird die Ureter-Haut-Fistel entweder gar nicht oder in geringem Umfang (insgesamt <2%) durchgeführt ( Tab. 8.1). Die Gründe hierfür sind in der hohen Strikturrate und der hohen Infektionsrate zu sehen. Die Strikturrate beträgt bei einem flachen Stoma 92%, und nur dann, wenn das Stoma evertiert werden kann, was in der Regel bei Harnleitern mit einem Durchmesser von >8 mm der Fall ist, beträgt sie 45%. Die fatalste Komplikation der intubierten UreterHaut-Fistel ist die Arrosion von Iliaca oder Aorta. Angesichts dieser Nachteile haben viele Urologen die Ureterokutaneostomie als eine verlassene Harnableitungsform angesehen. Dies ist aber nicht richtig. Eine ganze Reihe von Urologen sieht auch heute noch in der Ureter-HautFistel eine schnelle, wenig belastende und ausreichend lang funktionierende Lösung, insbesondere im Rahmen einer palliativen Situation. Die Patientenauswahl spielt eine entscheidende Rolle. Rainwater et al. konnte 1991 zeigen, dass bei Patienten mit Hydroureter und Verwendung eines Hautlappens die Stenoserate auf 4,5% abgesenkt werden konnte, was der Häufigkeit der Stomastenose beim Ileumconduit entspricht. Auch bei Solitär- oder funktionellen Einzelnieren kann die Ureter-Haut-Fistel indiziert sein (Claman et al. 1979). Verbesserungen der Technik der Ureter-Haut-Fistel, vor allen Dingen mit dem Ziel der Vermeidung der Stomastenose, beschrieb Rodeck mit dem dreieckförmigen Hautspickel, welcher in den gespaltenen distalen Harnleiter eingenäht wird (Rodeck 1981). Ebenso präsentierte Toyoda (1977) eine katheterlose Ureterostomie, die 2001
von Yoschimura et al. weiter verbessert wurde. Für die laparoskopische Zystektomie ist eine Ureter-Haut-Fistel natürlich ohnehin die einfachste Lösung, da sie keine weiteren operativen Schritte mehr erforderlich macht.
8.5.2 Conduit
Obwohl es sich weltweit immer noch um die am häufigsten gewählte Form der Harnableitung handelt, wurden in der letzten Dekade nur wenige Publikationen mitgeteilt. Vergleiche zwischen Zystektomieserien, die mittels Conduit, kontinenter kutaner Harnableitung und orthotopem Blasenersatz versorgt wurden, müssen mit Vorsicht gezogen werden, da es sich um unterschiedliche Patientenkollektive handelt. Die meisten Serien kommen aber zu dem Schluss, dass im Hinblick auf Komplikationen keine größeren Differenzen zwischen diesen Harnableitungsverfahren existieren (Gburek et al. 1998). Komplikationen im Langzeit-Follow-up nach Conduit sind häufig, wobei peristomale und Stomaprobleme, parastomale Hernien, Conduitstenosen und Verschlechterung des oberen Harntraktes die häufigsten sind. Unglücklicherweise korreliert die Häufigkeit des Auftretens dieser Komplikationen mit der Länge des Follow-up. In Studien beträgt die Häufigkeit bis zu 31%. Parastomale Hernien treten bei 10–15% der Patienten auf (Madersbacher et al. 2003). Beim erstmaligen Auftreten einer parastomalen Hernie ist eine Stomaneuanlage der Faszienkorrektur überlegen (Rubin et al. 1994). Neuere Techniken mit einer stomafernen Inzision und mit Faszienverschluss durch ein Vicrylnetz sind beschrieben und haben gute Ergebnisse gezeigt (Amin 2001). Erstaunlicherweise ist eine Conduitstenose nur nach Anlage eines Ileumconduits beschrieben und wurde noch nie beobachtet, wenn das gewählte Darmsegment aus einem anderen Darmabschnitt als dem Ileum stammte. Eine Verschlechterung des oberen Harntraktes wird in nahezu allen Conduitserien beschrieben und beträgt in der Regel bei einem Durchschnitts-Follow-up von 5 Jahren 35% (Singh et al. 1997; Madersbacher et al. 2003). Bei Patienten, die Madersbacher 15 Jahre verfolgt hat, verschlechterte sich der obere Harntrakt bei 50% der Patienten. Ein Jejunumconduit wird so gut wie nie angelegt, da es seit den Berichten aus den 1970-er Jahren eine ausgesprochen schlechte Reputation besitzt, weil es zum »Jejunumconduitsyndrom« kommt (Fontaine et al. 1997). Das Kolonconduit wird besonders bei Erwachsenen nach Hochdosisbestrahlung verwendet. Die Benutzung eines Ileumconduits bei diesen Patienten führt zu einer außerordentlich hohen Komplikationsrate (Leissner 2000). Die
8
110
Kapitel 8 · Harnableitung
Vorteile des Kolonconduits in dieser Lage sind vielfältig, insbesondere die Benutzung von nichtbestrahltem Gewebe (Stay-away-Prinzip).
8.6
Analsphinkterkontrollierte Harnableitungen
Harnableitungsverfahren, deren Kontinenz durch den Analsphinkter kontrolliert werden, kann man in 3 Kategorien einteilen:
ohne Stuhlableitung,
mit partieller Stuhlableitung,
mit vollständiger Stuhlableitung.
8.6.1 Analsphinkterkontrollierte Ersatzblasen
ohne Stuhlableitung
8
Ureterosigmoideostomie Präoperative Überlegungen Die korrekte Patientenselektion ist für den Erfolg der Ureterosigmoideostomie ausschlaggebend. Entscheidende Einflussfaktoren sind die Funktion des M. sphincter ani, Leber- und Nierenfunktion, Ausmaß der Harnstauung, vorausgegangene Strahlentherapie, Darmerkrankungen und Patientencompliance (Spirnak et al. 1986). Von höchster Bedeutung für den Erfolg ist eine ausreichende Funktion des M. sphincter ani. Die präoperative Kontinenztestung ist obligat: Der Patient muss in der Lage sein, bei Alltagsaktivitäten ein Einlaufvolumen von 400–500 ml für mindestens 1 h zu halten. Patienten mit neurogener Blase sind ungeeignet, da sie häufig eine Dysfunktion des M. sphincter ani aufweisen (Richie et al. 1986). Die präoperativen Untersuchungen müssen auch Darmerkrankungen ausschließen, die Kontraindikationen für die Verwendung des Sigma darstellen. So muss z. B. das Vorliegen von Kolonpolypen durch eine Koloskopie ausgeschlossen sein. Des Weiteren ist eine normale Nierenfunktion eine absolute Voraussetzung (McDougal u. Koch 1986). Beim Vorliegen einer Harnstauungsniere ist die Anlage einer antirefluxiven Ureterosigmoideostomie komplikationsträchtig. Auch eine vorausgegangene Strahlentherapie des Beckens ist ein Risikofaktor.
Darmvorbereitung Bei der Ureterosigmoideostomie spielt, anders als bei Dünndarmeingriffen, die Darmvorbereitung eine wesentliche Rolle. Vor dem Eingriff sollte eine ballaststoffarme Ernährung und eine antegrade Darmspülung mit 3 l Golitely- oder Fordtran-Lösung angewendet werden.
Vorteile Wear et al. (1973) haben im Vergleich zum Conduit der Ureterosigmoideostomie folgende Vorteile attestiert: sphinktergesteuerte Kontrolle der Miktion ohne ein externes Stoma und dessen Komplikationen; schlauchloses Verfahren und fehlender Auffangbeutel; kürzere Operationszeit und einfachere Technik; Möglichkeit, die Operation in mehreren Schritten auszuführen, intraperitoneale und extraintraperitoneale Zugangsmöglichkeit zur Harnleiterdarmanastomose; bessere Patientenakzeptanz bei Patient und Angehörigen.
Komplikationen Von den Frühkomplikationen ist die postoperative Anurie die ernsthafteste Gefahr für den Patienten nach einer nicht geschienten Ureterosigmoideostomie. Eine sofortige perkutane Entlastung ist entscheidend. Auch eine Sigma-Stuhl-Fistel muss vor dem Auftreten einer kotigen Peritonitis erkannt und behandelt werden (Anus praeter). Die Spätkomplikationen der Ureterosigmoideostomie sind häufig und gefürchtet: Eine der häufigsten und gefährlichsten Komplikationen ist die Pyelonephritis, die in den älteren Serien in bis zu 81% beschrieben wird (Coffey 1911) und die erst in jüngerer Zeit in die Größenordnung von 20% gebracht werden konnte (Zincke et al. 1975). Die Kombination von hoher Bakteriendichte im Stuhl und hohem Druck im Rektosigmoid während der Kontraktionswellen sind die wahrscheinlichen Ursachen der hohen Pyelonephritisfrequenz. Viele Autoren empfehlen deshalb eine initiale antibiotische Langzeitprophylaxe bei den Ureterosigmoideostomiepatienten (Duckett u. Gazak 1983). Eine Stenose der ureterokolischen Anastomose als Spätkomplikation wird in 32% der Patienten mit der Leadbetter-Technik (Truss et al. 1994) und in 49% mit anderen Anastomosentypen beschrieben. Auch in den letzten 2 Jahrzehnten ist die Häufigkeit einer Ureterobstruktion nach Ureterosigmoideostomie mit einem submukösen Tunnel in der Größenordnung von 13–40% immer noch sehr hoch (Hautmann et al. 2007). Inkontinenz nach konventioneller Ureterosigmoideostomie (mit nicht detubularisiertem Sigma) ist ein dramatisches soziales Problem. Häufige und regelmäßige Darmentleerungen, einschließlich 2-mal während der Nacht, sind obligat. Bei Patienten mit Enuresis wird Imipraminhydrochlorid vor dem Schlafengehen empfohlen (Ghoneim et al. 1981). In Tab. 8.9 sind die erreichbaren Tages- und Nachtkontinenzraten zusammengefasst. Karzinogenese
An der ureterointestinalen Anastomosenregion von Patienten mit Ureterosigmoideostomie kommt es zwischen
111 8.6 · Analsphinkterkontrollierte Harnableitungen
Tab. 8.9. Kontinenz nach Ureterosigmoideostomie. (Nach Hautmann et al. 2007) Untersucher
Jahr
Patienten (n)
Während des Tages
Während der Nacht
Zabbo u. Kay
1986
34
97%
88%
Mesrobian et al.
1988
40
83%
83%
Stockle et al.
1990
39
97%
92%
Wynant et al.
1991
19
95%
95%
Koo et al.
1996
27
92%
58%
Mottaz et al.
1996
26
88%
54%
6 und 29%, im Durchschnitt in 11%, zur Induktion einer Neoplasie (Zabbo u. Kay 1986; Wynant et al. 1991; Stewart et al. 1982). Verfolgt man die Patienten lange genug, so treten in bis zu 40% Polypen auf. Das Zeitintervall von der Anlage der Ureterosigmoideostomie bis zum Tumorauftritt beträgt in der Regel 10–20 Jahre (Range 5–50 Jahre). Harzmann et al. (1986) berichten eine 500fach gesteigerte Karzinominduktionsrate; wird die Harnableitung jedoch vor dem 25. Lebensjahr angelegt, so ist das Risiko 7.000-fach gesteigert. Der häufigste Tumortyp ist das Adenokarzinom (85%), gefolgt vom Transitionalzellkarzinom (10%). Siegelringkarzinom, undifferenziertes Karzinom, adenomatöse Polypen und Sarkom machen die verbleibenden 5% aus. Das Auftreten dieser Tumorentitäten wird am häufigsten für die Ureterosigmoideostomiepatienten berichtet. Sie kommen in sehr seltenen Fällen aber auch bei Patienten mit Ileum- und Kolonconduit, Blasenaugmentation und orthotopem Blasenersatz mit Ileum und Kolon vor (Duckett u. Gazak 1983). Die Pathogenese der Karzinogenese ist letztlich immer noch ungeklärt. Stewart et al. haben (1981) angenommen, dass Nitrate im Harn durch die Darmbakterien zu Nitrosaminen umgewandelt werden und als aktives Karzinogen funktionieren. Diese Annahme wurde 1989 von Shands in Frage gestellt, der nach hochdosierter Ascorbinsäurezufuhr eine drastische Reduktion der Nitrosamine erreichte, wobei allerdings die Tumorinduktion unverändert weiter lief. 1991 haben Kälble et al. gezeigt, dass die Tumorinduktion bei Ratten mit Ureterosigmoideostomie auch ohne Nitrosamininduktion auftritt.
Modifizierte Rektumblasen Augmented valved rectum Diese Operationstechnik wurde 1988 von Kock und Ghoneim entwickelt. Das Prinzip ist die funktionelle Isolation
einer Rektumblase durch eine Koloninvagination und einer Kapazitätserweiterung des Rektums durch einen Patch aus einem detubularisiertem Ileumsegment. 6–8 Wochen lang ist eine temporäre Kolostomie erforderlich. 3 Prinzipien spielen eine Rolle:
Die Invagination des kolorektalen Übergangs vermeidet effektiv die Regurgitation von Darminhalt in das proximale Kolon ohne Obstruktion des Fäkalstroms.
Die Rektumaugmentation mit dem Ileumpatch erweitert die Reservoirkapazität innerhalb von 6 Monaten auf das 4 bis 5-fache. Die intraluminalen Drücke bleiben gering und beweisen damit die ausreichende Compliance.
Die Implantation der Ureter im Bereich des Invaginationsventiles resultiert in einem effizienten Antirefluxschutz.
Sigma-/Rektumpouch (Mainz-Pouch II) Der Mainz-Pouch II ist eine weitere Niederdruckmodifikation der Ureterosigmoideostomie. 1993 wurde die Operationstechnik von Fisch et al. vorgestellt. Das Rektosigmoid wird antimesenterial eröffnet und 1-mal gefaltet, um die Niederdrucksituation zu erreichen. Die Harnleiter werden nach der Goodwin-Technik implantiert. Die Autoren berichten eine Tageskontinenz in 95% und eine Enuresis nocturna lediglich in 2%. Alle Patienten erhielten eine prophylaktische Alkalisierung.
Doppelt gefaltete Rektosigmoidblase Dies ist die Niederdruckmodifikation der Ureterosigmoideostomie, so wie sie von der Manssoura-Gruppe 1993 vorgestellt wurde. Hierbei wird das Rektosigmoid zum Erreichen der Niederdrucksituation 2-mal gefaltet. Die Harnleiterimplantation erfolgt nach dem bekannten Prinzip der »extramural serous-lined technique«, wie sie ebenfalls von Mansoura beschrieben wurde. Die Technik
8
112
Kapitel 8 · Harnableitung
wurde insgesamt bei wenigen Patienten mit kurzer und mittelfristiger Nachbeobachtung angewendet. Zusammenfassende Bewertung der analsphinkerkontrollierten Ersatzblasen ohne gleichzeitige Stuhlableitung
8
Tab. 8.1, in der die praktischen Erfahrungen der WHO-Konsensusgruppe »Harnableitung« zusammengefasst sind, liefert interessante Aufschlüsse. Die drei großen amerikanischen Zentren verfügen über überhaupt keine Erfahrung mit analer Harnableitung, d. h. sie machen sie nicht. Das gleiche muss über Asien gesagt werden. In den beteiligten 3 europäischen Zentren beträgt der Anteil analer Harnableitung 0, 1,5 und 3%. Der Gesamtanteil von 10% analen Harnableitungen am Kollektiv der Expertengruppe resultiert mit überwältigender Häufigkeit aus Afrika. Aber selbst dort macht die anale Harnableitung nur 23% der Gesamtharnableitungen aus. Obwohl mit einer Detubularisierung des Sigmas die funktionellen Ergebnisse insbesondere bezüglich Kontinenz drastisch verbessert und sich Mortalität und Morbidität der Ureterosigmoideostomie im Laufe des letzten Jahrhunderts signifikant reduziert haben, sind einige Komplikationen wie Azidose und auch das Risiko einer sekundären Neoplasie unabwendbar. Wohl hat die Interposition eines Ileumsegmentes zwischen Ureteren und Rektum tierexperimentell eine deutliche Reduktion der Karzinogenese zur Folge, der Eingriff ist aber komplex, und es fehlen Langzeitergebnisse. Die funktionelle Isolation des Reservoirs ist zweifelsohne von einer geringeren metabolischen Anfälligkeit begleitet, aber die Notwendigkeit einer temporären Kolostomie und das Risiko einer Stenose im Bereich des invaginierten Kolons verhindern eine breite Anwendung. Der Mainz-Pouch II ist sicherlich die technisch einfachste Variante mit guten funktionellen Langzeitergebnissen; die Problematik der Langzeitazidose mit ihren potenziellen Folgen und das Risiko sekundärer Neoplasien im Bereich der ureterointestinalen Anastomosen bleiben aber bestehen. In einer Übersichtsarbeit von Austen u. Kälble (2004) über das Auftreten von Zweittumoren bei verschiedenen Formen der Darmableitung des Harns zeigt sich grundsätzlich bei allen Operationstechniken ein erhöhtes Risiko für Zweittumoren. Selbst die Trennung von Stuhl und Urin, in dem der distale Teil des Kolon descendens an die Ampulle recti verlagert wird, scheint dieses Risiko nicht zu verringern (Austen u. Kälble 2004).
8.6.2 Analsphinkterkontrollierte Ersatzblasen
mit kompletter Stuhlableitung Rektumblase mit endständiger Kolostomie Die Technik wurde 1895 von Mauclaire im Tierexperiment erstmals als Blasenersatz beschrieben. Er hat den Fäkalstrom durch eine proximale terminale Kolostomie abgeleitet. Die Erfahrungen mit dieser Operationstechnik bei Menschen sind insgesamt sehr gering. Der Einsatz eines isolierten Rektumpouches als Blasenersatz nach der Zystektomie wurde überhaupt nur wegen einiger theoretischer Überlegungen propagiert: der Wunsch nach einer kontinenten Harnableitung, der Wegfall eines Auffangbeutels, die einfachere Handhabbarkeit einer Kolostomie gegenüber einer inkontinenten kutanen Harnableitung, die relative chirurgische Einfachheit und die Möglichkeit, die Operation in Einzelschritten auszuführen. Durch die Trennung von Harn- und Fäkalstrom ist das Risiko der aszendierenden Harnwegsinfektion sicher reduziert. Die Summe aller theoretischen Vorteile ist eine reduzierte Pyelonephritisrate und eine verminderte Azidose- und Harnstauungsrate. Glaubhafte Erfahrungsberichte von Ghoneim u. Ashamallah (1974) mit diesem Verfahren ergeben aber trotzdem, dass es in 30% zum Verlust der Nierenfunktion und in 40% zur Enuresis nocturna kommt. Ein nasses Urostoma kann denn heute auch problemloser mit dem neueren Urinbeutel versorgt werden, und die Patienten ziehen ein Urostoma einer Kolostomie heutzutage bei Weitem vor. Zusammengefasst handelt es sich bei der isolierten Rektumblase um ein Verfahren mit theoretischen Vorteilen, aber schlussendlich um ein Reservoir ohne nennenswerte Compliance und folglich mit einem hohen Maße an Enuresis. Des Weiteren sind alle Vorteile im Vergleich zu einer Ureterosigmoideostomie nur auf Kosten der notwendigen terminalen Kolostomie gewonnen.
Rektumblase mit perinealer Kolostomie Dieses Verfahren wurde 1898 von Gersuny mit dem Wunsch beschrieben, Stuhl- und Urinkontinenz zu garantieren. Auch über dieses Verfahren gibt es nur außerordentlich geringe fallberichtsartige Mitteilungen, die mehr als 25 Jahre zurückliegen (Hafez et al. 2001). Im Gegensatz zu älteren Berichten stört die Anlage der perinealen Kolostomie nicht die Kontinenzfunktion des M. sphincter ani für das Urinreservoir. Dennoch kommt es trotz funktionierenden Doppelsphinkters häufig zu unkontrollierten Urinabgängen beim Absetzen von Fäzes oder Flatus. Hauptgrund ist, dass das Sigmoid nicht als optimales Reservoir funktioniert und
113 8.7 · Palliative Harnableitung
keine afferenten Sensationen liefert, welche den Patienten auf die erforderliche Defäkation hinweisen. Funktionell haben die Patienten eine inkontinente perineale Kolostomie. Im Vergleich zum augmentierten »valved rectum« und der 2-fach gefalteten Rektosigmoidblase, die ohnehin klinisch gering eingesetzt werden, ist die Anwendung rektaler Reservoirs derzeit völlig verlassen. Dieser Trend wird sich durch die Verfügbarkeit des orthotopen Blasenersatzes bei Mann und Frau so wie durch die kontinente kutane Harnableitung weiter verstärken.
8.7
Palliative Harnableitung
Überlegungen über eine palliative Harnableitung müssen für Blasentumorpatienten in zwei Situationen angestellt werden:
Schwer oder nur unzulänglich kontrollierbare Tumorsymptome wie Hämaturie, Schmerz, Urämie bei Patienten, die wegen eines fortgeschrittenen Tumorstadiums oder wegen ihres schlechten Allgemeinzustandes nicht mehr zystektomiert werden können, erfordern gelegentlich eine Harnableitung. Bei derartigen Fällen ist eine perkutane Nephrostomie der Anlage einer Ureter-Haut-Fistel in der Regel überlegen, wegen der meist schlechten Prognose, kurzen Überlebensdauer der Patienten und der narkosefreien Applikationsmöglichkeit der perkutanen Nephrostomie.
Ist ein Patient zystektomierbar, aber ist seine Prognose schlecht, oder können, aus welchen Gründen auch immer, Darmsegmente nicht mehr benutzt oder ausgeschaltet werden, oder muss die Zystektomie schnellstmöglich aus medizinischen Gründen durchgeführt werden, erhält der Patient in der Regel eine palliative Harnableitung. In dieser Situation ist eine Ureter-Haut-Fistel einer perkutanen Nephrostomie deutlich überlegen und wird in der Regel die permanente Harnableitung sein, wenn die komplette Resektion des Tumors und der Blase möglich ist. Die Diskussion der Ureter-Haut-Fistel ist in Kap. 8.5.1 ausführlich nachzulesen. Die Möglichkeit, eine Nephrostomie auf perkutanem Weg anzulegen, war unbestritten für betroffene Patienten ein wesentlicher Fortschritt. Die Gründe sind offensichtlich, ist doch eine perkutane Nephrostomie im Vergleich zur offenen Nephrostomie oder Ureter-Haut-Fistel eine leicht durchführbare und sogar wiederholbare Maßnahme. Allen Berichten über die perkutane Nephrostomie bei Tumorpatienten ist gemeinsam, dass sie über eine
rasche und effektive Verbesserung der Nierenfunktion bei niedriger Morbidität berichten. Dennoch werden Komplikationsraten von bis zu 30% in der Literatur berichtet (Ekici et al. 2001). Die Überlebensdauer nephrostomierter Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom, Zervixkarzinom und Blasenkarzinom ist in der Literatur mit 12,2, 18 und 4,5 Monaten beschrieben. Die Empfehlung, auf die Vorzüge der einfachen perkutanen Nephrostomie zu verzichten und stattdessen eine sog. permanente Harnableitung anzulegen, gilt für Patienten mit einer Lebenserwartung von mehr als 1 Jahr. In diesem Sinne ist eine perkutane Nephrostomie eine sinnvolle Maßnahme bei fortgeschrittenem Blasenkarzinom. Zusammenfassende Bewertung Bei der palliativen Harnableitung ist eine (stentlose) Hautfistel die 1. Wahl bei Patienten, die eine Zystektomie, jedoch keine Harnableitung mit einem Darmsegment tolerieren. Obwohl in den letzten Jahrzehnten die Indikationsstellung zur Ureter-Haut-Fistel wegen ihrer hohen Komplikationsrate eher rückläufig war, haben Fortschritte in der Operationstechnik Hautfisteln für Blasentumorpatienten in einer palliativen Situation wieder eine Option werden lassen. Eine perkutane Nephrostomie ist die 1. Wahl bei Patienten mit kurzer Lebenserwartung.
8.7.1 Subkutaner nephrovesikaler
Ureterbypass Eine perkutane Nephrostomie ist oftmals die einzige palliative therapeutische Option bei Patienten mit extensiven, nicht resektablen, metastasierten Tumoren, bei denen eine innere Harnableitung mittels Stent nicht mehr gelingt. Der nephrovesikale subkutane Harnleiterbypass, die sog. Detourprothese, wurde u. a. von Heidenreich et al. (2004) beschrieben. Diese Technik besteht aus zwei 12-Charr-Polyurethanschläuchen, die unter Ultraschallund/oder fluoroskopischer Führung und unter Allgemeinnarkose als Nephrostomie und Zystostomie angelegt werden. Die Schläuche werden anschließend subkutan mit einem Metallschnellkonnektor miteinander verbunden. In der Erfahrung der Autoren ist der nephrovesikale Harnleiterbypass eine einfache, minimalinvasive und effektive Behandlungsmaßnahme bei Patienten mit Harnstauungsnieren infolge fortgeschrittener Tumorleiden. Die Patienten gewinnen eine bessere Lebensqualität, erhöhte Unabhängigkeit sowie verminderte Morbidität in ihrer finalen Lebensphase.
8
114
Kapitel 8 · Harnableitung
8.7.2 Double-barreled wet colostomy
8
Gelegentlich sieht man Tumorpatienten mit ausgeprägten Beckentumoren, die sowohl eine Stuhl- wie auch eine Harnableitung benötigen. Die meisten derartigen Patienten erhalten zwei Stomata, weil eine Durchmischung von Stuhl und Urin im Kolon vermieden werden muss (Geruch, Hautmazerierung). Die »double-barreled wet colostomy« ist ein Weg, mit einem Stoma auszukommen, bis zu welchem Urin und Stuhl getrennt abgeleitet und erst im Stomabeutel gemeinsam aufgefangen werden. Eine doppelläufige Kolostomie wird im linken Mittelbauch so angelegt, dass ein 15 cm langes Kolonsegment distal des Stoma blind übrig bleibt. Dieses wird verschlossen, und die beiden Harnleiter werden nicht refluxiv analog der Situation eines Kolonconduits implantiert. Die Anastomosen werden mit Pigtails gestentet. Ob der Beckentumor resezierbar ist oder nicht, spielt bei dieser Operationstechnik keine Rolle. Auch bei komplexen Beckenfisteln macht diese Operationstechnik gelegentlich Sinn. In Fällen, bei denen sowohl eine Harn- als auch Stuhlableitung erforderlich wird, sollte diese Operationstechnik als letzte Zuflucht in Erinnerung sein.
Literatur Abol-Enein H, Ghoneim MA (1994) A novel uretero-ileal reimplantation technique: the serous-lined extramural tunnel. A preliminary report. J Urol 151: 1193–1197 Abol-Enein H, Ghoneim MA (1998) A technique for creation of a continent urinary outlet: the serous-lined extramural ileal valve. Br J Urol 78: 791–796 Abol-Enein H, Ghoneim MA (2001) Functional results of orthotopic ileal neobladder with serous-lined extramural ureteral reimplantation: experience with 450 patients. J Urol 165: 1427–1432 Akerlund S, Berglund B, Kock NG et al. (1989) Voiding pattern, urinary volume, composition and bacterial contamination in patients with urinary diversion via a continent ileal reservoir. Br J Urol 63: 619–623 Amin SN, Armitage NC, Abercrombie JF et al. (2001) Lateral repair of parastomal hernia. Ann R Coll Surg Engl 83: 206–209 Austen M, Kälble T (2004) Secondary malignancies in different forms of urinary diversion using isolated gut. J Urol 172: 831–838 Berglund B, Kock NG, Myrvold HE (1984) Volume capacity and pressure characteristics of the continent ileostomy reservoir. Scand J Gastroenterol 19: 683–690 Carter MF, Dalton DP, Garnett JE (1994) The double-barreled wet colostomy: long-term experience with the first 11 patients. J Urol 152: 2312–2315 Casanova GA, Springer JP, Gerber E, Studer UE (1993) Urodynamic and clinical aspects of ileal low pressure bladder substitutes. Br J Urol 75: 728–735 Clamann M, Schapiro AE, Orecklin JR (1979) Cutaneous ureterostomy, the prefered diversion of the solitary functioning kidney. Br J Urol 51: 352–356 Coffey RC (1911) Physiologic implantation of the severed ureter or common bile-duct into the intestine. JAMA 61: 397
Colding-Jorgensen M, Poulsen AL, Steven K (1993) Mechanical characteristics of tubular and detubularized bowel for bladder substitution: theory, urodynamics and clinical results. Br J Urol 72: 586–593 Desgrandchamps F, Cariou G, Berthelemy Y et al. (1997) Spontaneous rupture of orthotopic detubularized ileal bladder replacement: report of 5 cases. J Urol 158: 798–800 Duckett JW, Gazak JM (1983) Complications of ureterosigmoidostomy. Urol Clin North Am 10: 473–481 Ekici S, Sahin A, Ozen H (2001) Percutaneous nephrostomy in the management of malignant ureteral obstruction secondary to bladder cancer. J. Endourol 15: 827–829 El Mekresh MM, Hafez AT, Abol-Enein H (1997) Double folded rectosidmoid bladder with a new ureterocolic antireflux technique. J Urol 157: 2085–2089 Fisch M, Wammack R, Muller SC (1993) The Mainz pouch II (sigma rectum pouch). J Urol 149: 258–263 Fontaine E, Barthelemy Y, Houlgatte A et al. (1997) Twenty-year experience with jejunal conduits. Urology 50: 207–213 Freeman JA, Tarter TA, Esrig D et al. (1996) Urethral recurrence in patients with orthotopic ileal neobladders. J Urol 156: 1615–1619 Fujisawa M, Nakamura I, Yamanaka N et al. (2000) Changes in calcium metabolism and bone demineralization after orthotopic intestinal neobladder creation. J Urol 163: 1108–1111 Gburek BM, Lieber MM, Blute ML (1998) Comparison of Studer ileal neobladder and ileal conduit urinary diversion with respect to perioperative outcome and late complications. J Urol 160: 721–723 Gerharz EW, Köhl UN, Melekos MC et al. (2001) Ten years experience with the submucosally embedded in situ appendix in continent cutaneous diversion. Eur Urol 40: 625–631 Gerharz EW, Köhl U, Weingärtner K, Melekos MD, Bonfig R, Riedmiller H (1997) Complications related to different continence mechanisms in ileocecal reservoir. J Urol 158: 1709–1713 Gersuny R (1989) Cited by Foges: Offizielles Protokoll der KK-Gesellschaft in Wien. Wien Klin Wochenschr 11: 990 Ghoneim, MA, Ashamallah A (1974) Further experience with the rectosigmoid bladder. Br J Urol 46: 511–519 Ghoneim MA, Shebab-El-Din AB, Ashamallah AK (1981) Evolution of the rectal bladder as a method for urinary diversion. J Urol 126: 737–740 Gilchrist RK, Merricks JW, Hamlin HH et al. (1950) Construction of substitute bladder and urethra. Surg Gynec Obst 90: 752–755 Goodwin WE, Winter CC, Barker WF (1959) Cup-patch technique of ileocystoplasty for bladder enlargement or partial substitution. Surg Gynecol Obstet 108: 240–244 Gros DA, Dodson JL, Lopatin UA (2000) Decreased linear growth associated with intestinal bladder augmentation in children with bladder exstrophy. J Urol 164: 917–920 Hafez AT, El-Shirbiny MT, Dawaba MS et al. (2001) Long-term outcome analysis of low pressure rectal reservoirs in 33 children with bladder exstrophy. J Urol 156: 2414–2417 Hautmann RE (1999) Complications and results after cystectomy in male in female patients with locally invasive bladder cancer. Eur Urol 33 Suppl 4: 23–24 Hautmann RE (2001) The ileal neobladder. Atlas Urol North Am 9: 85–99 Hautmann RE (2003) Urinary diversion: ileal conduit to neobladder. J Urol 169: 834–842 Hautmann RE, Simon J (1999) Ileal neobladder and local recurrence of bladder cancer: patterns of failure and impact on function in men. J Urol 162: 1963–1966 Hautmann RE, Egghart G, Frohneberg D et al. (1988) The ileal neobladder. J Urol 139: 39–42
115 Literatur
Hautmann RE, de Petriconi R, Gottfried HW, Kleinschmidt K, Mattes R, Paiss T (1999) The ileal neobladder: complications and functional results in 363 patients after 11 years of followup. J Urol 161: 422–427 Hautmann RE, Stein JP, FACS (2005) Neobladder with prostatic capsule and seminal-sparing cystectomy for bladder cancer: a step in the wrong direction. Urol Clin N Am 32: 177–185 Hautmann RE, Abol-Enein H, Hafez K, Hara I, Mansson W, Mills RD, Montie JD, Sagalowsky AI, Stein JP, Stenzl A, Studer UE, Volkmer BG (2007) Urinary diversion. Urology 69 (in press) Harzmann R, Kopper B, Carl P (1986) Cancer induction by urinary drainage or diversion through intestinal segments? Urologe A 25: 198–203 Heidenreich A, Ohlmann C, Braun M (2004) Palliative subkutane Harnableitung bei maligner Ureterobstruktion (Detour-System). Aktuelle Urol 35: 429–42 Hinman F Jr (1988) Selection of intestinal segments for bladder substitution: physical and physiological characteristics. J Urol 139: 519–523 Jonsson O, Olofsson G, Lindholm E et al. (2001) Long-time experience with the Kock ileal reservoir for continent urinary diversion. Eur Urol 40: 632–640 Kalble T, Tricker AR, Hoang J (1991) Effect of vitamin C on endogenous formation of Nitrosamines in ureterosigmoidostomy patients. Urol Int 46: 22–26 Kessler TM, Burkhard FC, Studer UE (2005) Clinical indications and outcomes with nerve-sparing cystectomy in patients with bladder cancer. Urol Clin North Am 32: 165–175 Kim KS, Susskind MR, King LR (1988) Ileocoecal ureterosigmoidostomy: an alternative to conventional ureterosigmoidostomy. J Urol 140: 1494–1498 Koch MO, McDougal WS, Thompson CO (1991) Mechanism of solute transport following urinary diversion through intestinal segments: an experimental study with rats. J Urol 146: 1390–1394 Koch MO, McDougal WS, Reddy PK (1991) Metabolic alterations following continent urinary diversion through colonic segments. J Urol 145: 270–273 Kock NG, Ghoneim MA, Lycke KG (1988) Urinary diversion to the augmented and valved rectum: preliminary results with a novel surgical procedure. J Urol 140: 1375–1379 Kock NG (1973) Continent ileostomy. Progr Surg 12: 180–185 Koraitim MM, Atta MA, Foda MK (2006) Orthotopic bladder substitution in men revisited: identification of continence predictors. J Urol Vol 167: 2081–2084 Kyriakis A (1995) Fournier’s gangrene following delayed rupture of an ileal neobladder (Hautmann). Br J Urol 76: 668 Laguna MP, Brenninkmeier M, Belon JA, Marrero R, Wijkstra H, de la Rosette J, Isorna S (2005) Long-term functional and urodynamic results of 50 patients receiving a modified sigmoid neobladder created with a short distal segment. J Urol 174: 963–967 Leibovitch IJ, Ramon J, Chaim JB et al. (1991) Increased urinary mucus production: a sequela of cystography following enterocystoplasty. J Urol 145: 736–737 Leissner J, Black P, Fisch M et al. (2000) Colon pouch (Mainz Pouch III) for continent urinary diversion after pelvic irradiation. Urology 56: 798–802 Lieskovsky G, Skinner DG, Boyd SD (1988) Complications of the Kock pouch. Urol Clin North Am 15: 195–205 Madersbacher S, Schmidt J, Eberle JM et al. (2003) Long-term outcome of ileal conduit diversion. J Urol 169: 985–990 Madersbacher S, Mohrle K, Burkhard F et al. (2002) Long-term voiding pattern of patients with ileal orthotopic bladder substitutes. J Urol 167: 2052–2057
Mansson W, Colleen S, Low K et al (1985) Immunoglobulins in urine from patients with ileal and colonic conduits and reservoirs. J Urol 133: 713–716 Mansson W, Bakke A, Bergmann B et al. (1997) Perforation of continent urinary reservoir. Scandinavian experience. Scand J Urol Nephrol 31: 529–532 Mansson W, Davidsson T, Konyves J et al. (2003) Continent urinary tract reconstruction – the Lund experience. BJU Int 92: 271–276 Mauclaire P (1895) De quelques essais de chirurgie experimental applicables des l’exstrophie de la vessie e de anus contre nature complexes. Ann Mal Org Genitourin 13: 1080–1081 McDougal WS (1992) Metabolic complications of urinary intestinal diversion. J Urol 147: 1199–1208 McDougal WS, Koch MO (1986) Accurate determination of renal function in patients with intestinal urinary diversions. J Urol 135: 1175–1178 Mills RD, Studer UE (1999) Metabolic consequences of continent urinary diversion. J Urol 161: 1057–1066 Minervini A, Boni G, Salinitri G, Mariani G, Minervini R (2005) Evaluation of renal function and upper urinary tract morphology in the ileal orthotopic neobladder with no antireflux mechanism. J Urol 173: 144–147 Mitrofanoff P (1980) Cystostomy continent transappendiculaire dans le traitement des vessies neurologiques. Chir Ped 21: 297–305 Monti PR, Lara RC, Dutta MA et al (1997) New techniques for construction of efferent conduits based on the Mitrofanoff principle. Urology 49: 112–114 Mottaz AE, Zingg EJ, Studer UE (1996) Ureterosigmoidostomy in adults: long term results. Prog Urol 6: 87–92 Osman Y, Abol-Enein H, Nabeeh A et al. (2004) Long-term results of a prospective randomized study comparing two different antireflux techniques in orthotopic bladder substitution. Eur Urol 45: 82–86 Parekh DJ, Gilbert WB, Koch MO, Smith JA Jr (2000) Continent urinary reconstruction versus ileal conduit: a contemporary singleinstitution comparison of perioperative morbidity and mortality. Urology 55: 852–855 Parkinson JP, Konety BR (2004) Health related quality of life assessments for patients with bladder cancer. J Urol 172: 2130–2136 Perry W, Allen LN, Stamp TC (1977) Vitamin D resistance in osteomalacia after ureterosigmoideostomy. N Engl J Med 297: 1110–1112 Porter MP, Penson DF (2005) Health related quality of life after radical cystectomy and urinary diversion for bladder cancer: a systematic review and critical analysis of the literature. J Urol 173: 1318–1322 Racioppi M, D’Addessi A, Fanasca A, Mingrone G, Capristo E, Benedetti G, Alcini A, Alcini E (1999) Acid-base and electrolyte balance in urinary intestinal orthotopic reservoir: ileocecal neobladder compared with ileal neobladder. Urology 54: 629–635 Rainwater LM, Leary FJ, Rife CC (1991) Transureteroureterostomy with cutaneous ureterostomy: a 25-year experience. J Urol 146: 13–15 Richie JP, Skinner DG (1986) Ureterointestinal diversion in Walsh PC, Gittes RF, Perlmutter AD et al. (eds) Campbell’s Urology, 5th edn. Saunders, Philadelphia, pp 2601–2619 Riedmiller H, Bürger R, Müller S et al. (1990) Continent appendix stoma. A modification of the Mainz pouch technique. J Urol 143: 1115–1117 Rodeck G (1981) Zur Technik der Ureterokutaneostomie. Aktuelle Urol 12: 274–277 Rowland RG (1995) Complications of continent cutaneous reservoirs and neobladder – series using contemporary techniques. AUA update series, vol XIX, lessons 25: 201–214 Rubin MS, Schoetz DJ Jr, Matthews JB (1994) Parastomal hernia. Is stoma relocation superior to fascial repair? Arch Surg 129: 413–418
8
116
8
Kapitel 8 · Harnableitung
Sagalowsky Ai, Frenkel EP (2002) Cobalamin profiles in pateints after urinary diversion. J Urol 167: 1696–1700 Sandberg Tschopp AB, Lippuner K, Jaeger P, Merz VM, Danuser H, Studer UE (1996) No evicence of osteopenia 5 to 8 years after ileal orthotopic bladder substitution. J Urol 155: 71–75 Santucci RA, Park CH, Mayo ME et al. (1999) Continence and urodynamic parameters of continent urinary reservoirs: comparison of gastric, ileal, ileocolic, right colon, and sigmoid segments. Urology 54: 252–257 Schoenberg MP, Walsh PC, Breazeale DR, Marshall FF, Mostwin JL, Brendler CB (1996) Local recurrence and survival following nerve sparing radical cystoprostatectomy for bladder cancer: 10-year followup. J Urol 155: 490–494 Schmidbauer J, Kratzik C, Kliniger HC, Remzi M, Lackner J, Marberger M, Nephrovesical subcutaneous ureteric bypass: long-term results in patients with advanced metastatic disease – improvement of renal function an quality of life. 50: 1073–1078 Shands C 3rd, McDougal WS, Wright EP (1989) Prevention of cancer at the urothelial enteric anastomotic site. J Urol 141: 178–181 Singh G, Wilkinson JM, Thomas DG (1997) Supravesical diversion for incontinence: a long-term follow-up. BJU Int 79: 348–353 Siklos P, Davie M, Jung RT (1980) Osteomalacia in ureterosigmoidostomy: healing by correction of the acidosis. Br J Urol 52: 61–62 Skinner DG (1992) Intussepted ileal nippel valve – development and present status. Scand J Urol Nephrol 142: 63–65 Skinner DG, Lieskovsky G, Boyd SD (1989) Continent urinary diversion. J Urol 141: 1323–1327 Skinner DG, Boyd SD, Lieskovsky G et al. (1991) Lower urinary tract reconstruction following cystectomy: experience and results in 126 patients using the Kock ileal reservoir with bilateral ureteroileal urethrostomy. J Urol 146: 756–760 Spirnak JP, Caldamone AA (1986) Ureterosigmoidostomy. Urol Clin North Am 13: 285–294 Spitz A, Stein JP, Lieskovsky G, Skinner DG (1999) Orthotopic urinary diversion with preservation of erectile and ejaculatory function in men requiring radical cystectomy for nonurothelial malignancy: a new technique. J Urol 161: 1761–1764 Stenzl A, Colleselli K, Poisel S, Feichtinger H, Pontasch H, Bartsch G (1995) Rationale and technique of nerve sparing radical cystectomy before an orthotopic neobladder procedure in women. J Urol 154: 2044–2049 Stein JP, Freeman JA, Esrig D et al. (1996) Complications of the afferent antireflux valve mechanism in the Kock ileal reservoir. J Urol 155: 1579–1584 Stein JP, Lieskovsky G, Ginsberg DA, Bochner BH, Skinner DG (1998) The T pouch: an orthotopic ileal neobladder incorporating a serosal lined antireflux technique. J Urol 159: 1836–1842 Stein JP, Lieskovsky G, Cote R et al. (2001) Radical cystectomy in the treatment of invasive bladder cancer: longterm results in 1054 patients. J Clin Oncol 19: 666–675 Steven K, Poulsen AL (2000) The orthotopic Kock ileal neobladder functional results, urodynamic features, complications and survival in 166 men. J Urol 164: 288–295 Stewart M, Hill MJ, Pugh RC (1981) The role of N-nitrosamine in carcinogenesis at the ureterocolic anastomosis. Br J Urol 53: 115–118 Stewart M, Macrae FA, Williams CB (1982) Neoplasia and ureterosigmoidostomy: a colonoscopy survey. Br J Surg 69: 414–416 Studer UE, Zingg JE (1997) Ileal orthotpic bladder substitutes. What we have learned from 12 years’ experience with 200 patients. Urol Clin North Am 24: 781–93
Studer UE, deKernion JB, Zimmern PE (1985) A model for bladder replacement plasty by an ileal reservoir – an experimental study in dogs. Urol Res 13: 243–247 Studer UE, Ackermann D, Casanova GA, Zingg EJ (1989) Three years’ experience with an ileal low pressure bladder substitute. Br J Urol 63: 43–52 Studer UE, Danuser H, Merz VW et al. (1995) Experience in 100 patients with an ileal low pressure bladder substitute combined with an afferent tubular isoperistaltic segment. J Urol 154: 49–56 Studer UE, Danuser H, Thalmann GN et al. (1996) Antireflux nipples or afferent tubular segments in 70 patients with ileal low pressure bladder substitutes: long-term results of a prospective randomized trial. J Urol 156: 1913–1917 Studer UE, Burkhard FC, Schumacher M, Kessler TM, Thoeny H, Fleischmann A, Thalmann GN (2006) Twenty years experience with an ileal orthotopic low pressure bladder substitute – Lessons to be learned. J Urol 176: 161–166 Thoeny HC, Sonnenschein MJ, Madersbacher S et al. (2002) Is ileal orthotopic bladder substitution with an afferent tubular segment detrimental to the upper urinary tract in the long term? J Urol 168: 2030–2034 Thuroff JW, Matthiason A, Andersen JT et al. (1996) The standardization of terminology and assessment of functional characteristics of intestinal urinary reservoirs. International Continence Society Committee on Standardization of Terminology. Subcommittee on Intestinal Urinary Reservoirs. Br J Urol 78: 516–523 Toyoda Y (1977) A new technique for catheterless cutaneous ureterostomy. J Urol 117: 276–278 Truss MC (1994) Supravesical diversion, 1st edn, chap 49. Lippincott, Philadelphia Turner WH, Danuser H, Moehrle K, Studer UE (1997) The effect of nerve sparing cystectomy technique on postoperative continence after orthotopic bladder substitution. J Urol 158: 2118–2122 Varol C, Studer UE (2004) Managing patients after an ileal orthotopic bladder substitution. BJU 93: 266–70 Varol C, Thalmann GN, Burkhard FC, Studer UE (2004) Treatment of urethral recurrence following radical cystectomy and ileal bladder substitution. J Urol 172: 937–42 Wear JB, Barquin OP (1973) Ureterosigmoidostomy. Long-term results. Urology 1: 192–200 Wynant HP, Morelle V, Fonteyne E et al. (1991) Ureterosigmoidostomy: reevaluation of a »forgotten« continent urinary diversion. Acta Urol Belg 59 (49): 103–7 Yakout H, Bissada NK (2003) Intermediate effects of the ileocecal urinary reservoir (Charleston pouch 1) on serum vitamin B12 concentrations: can Vitamin B12 deficiency be prevented? BJU int 91: 653–655 Yang W-H (1993) Yang needle tunnelling technique in creating antireflux and continent mechanisms. J Urol 150: 830–834 Yoneda T, Adachi H, Urakamji S, Kishi H, Shigeno K, Shiina H, Igawa M (2005) Health related quality of life after orthotopic neobladder construction and its comparison with normative values in the japanese population Yoshimura K, Maekawa S, Ichioka K et al. (2001) Tubeless cutaneous ureterostomy: the Toyoda method revisited. J Urol 165: 785–788 Zabbo A, Kay R (1986) Ureterosigmoidostomy and bladder exstrophy: a long-term followup. J Urol 136: 396–398 Zincke H, Segura JW (1975) Ureterosigmoidostomy: critical review of 173 cases. J Urol 113: 324–327
9 Grundlagen der Radioonkologie M. Stuschke, M. Schenck
9.1
Therapietechniken
9.2
Planung und Durchführung der konformalen Strahlentherapie – 118
9.3
Technische Hilfsmittel bei der 3D-Planung – 119
9.4
Akkurate Zielvolumendefinition – 119
9.5
Präzision der Lagerung und Positionierung – 120
9.6
Bewertung von Dosisverteilungen – 120
9.1
– 117
Therapietechniken
Bei der Teletherapie wird der Tumor mit von außen auf den Köper gerichteten Feldern ionisierender Strahlung behandelt. In der Regel wird heute Röntgenstrahlung einer Energie von 6–20 Millionen Elektronenvolt, die in einem Linearbeschleuniger erzeugt werden verwendet. Vom Tiefendosisverlauf sind Röntgenstrahlen für die Therapie tiefer gelegener Tumoren geeignet. In naher Zukunft wird in Deutschland auch die Strahlentherapie mit Protonen möglich sein, die es erlauben, die Energie noch selektiver im Tumor in der Tiefe des Körpers zu deponieren. Die Strahlungsfelder eines Linearbeschleunigers haben eine Größe von bis zu 40×40 cm und können mit Lamellenkollimatoren individuell eingegrenzt werden. Der Linearbeschleuniger ( Abb. 9.1 und 9.2) kann sich um eine Achse um 360° drehen. Zusätzlich kann der Therapietisch gedreht werden. Damit sind Einstrahlrichtungen aus den meisten Raumrichtungen möglich. Der Abstand des Ursprungs der Röntgenstrahlen zum Drehzentrum beträgt 100 cm. Bei der konventionell fraktionierten Strahlentherapie wird mit diesem Therapiegerät eine Dosis von 1,8– 2,0 Gy an 5 Tagen der Woche bis zu einer Gesamtdosis, die vom entsprechenden Tumortyp anhängt, appliziert. Neben der Teletherapie wird die Brachytherapie durchgeführt. Hierbei werden Strahler direkt in den Tumor oder die zu bestrahlende Köperhöhle eingebracht. Es handelt sich entweder um permanent im Körper verbleibende radioaktive Strahler, sog. Seeds, oder um
temporär eingebrachte Quellen. Als Strahler werden bei der Therapie des Prostatakarzinoms ohne Risikofaktoren 125Jod oder 103Palladium permanent eingebracht, die G-Strahlen einer mittleren Energie von 28 keV und 22 keV abgeben. Bei der Afterloadingtherapie wird ein Strahler mit hoher Dosisleistung ferngesteuert aus dem Strahlenschutzbehälter über einen Verbindungsschlauch in die zuvor gelegten Hohlnadeln im Tumor im Körper des Patienten ausgefahren und dann wieder zurückgezogen. Bei der Afterloadingtherapie kann die Aufenthaltszeit des Strahlers an jeder Halteposition innerhalb der Hohlna-
Abb. 9.1. Linearbeschleuniger für die Strahlentherapie mit orthogonaler Röntgenlinie zur Kontrolle der Tumorposition vor und auch während der Bestrahlung
118
Kapitel 9 · Grundlagen der Radioonkologie
der Teletherapie kombiniert (Hoskin et al. 2007; Sathya et al. 2005). Als Strahler wird 192Ir beim Afterloadingverfahren eingesetzt, ein G-Strahler mit einer mittleren Energie von 380 keV.
9.2
9
Abb. 9.2. Mit der orthogonalen Röntgenlinie des Linearbeschleunigers können vor Beginn einer Strahlentherapiefraktion Cone-beamComutertomogramme des Patienten in Behandlungsposition angefertigt werden. Ein sofortiger Abgleich mit der Sollposition des Patienten, festgehalten im Planungs-CT, ist möglich. Abweichungen können durch eine Tischverschiebung ausgeglichen werden
Abb. 9.3. Afterloadingtherapiegerät mit Hohlnadeln in einem Führungsraster zur Bestrahlung eines Prostatakarzinoms
deln individuell optimiert werden, was zu einer Optimierung der Dosisverteilung genutzt wird ( Abb. 9.3). Nach dem Ende der Afterloadingfraktion werden die Hohlnadeln entfernt, es verbleibt kein radioaktives Material im Körper des Patienten. Bei Prostatakarzinomen mit Risikofaktoren wird die Afterloadingtherapie in der Regel mit
Planung und Durchführung der konformalen Strahlentherapie
Die 3D-konformale Telestrahlentherapie nutzt einen 3D-Computertomographiedatensatz des Patienten in Behandlungsposition, in dem die Zielvolumina und kritischen Risikoorgane vom Arzt konturiert werden. Ziel der Strahlentherapie ist es, eine lokoregionale Tumorkontrolle ohne schwere Nebenwirkungen an den umgebenden Normalgeweben zu erreichen und damit die Grundlage für die Tumorheilung zu legen. Es soll die verschriebene Dosisverteilung möglichst eng an die Tumorausbreitung angepasst und die Dosis an den umgebenden Normalgeweben möglichst niedrig gehalten werden. Als ein erster Schritt bei der Bestrahlungsplanung wird die Behandlungsposition des Patienten festgelegt und Lagerungs- und Immobilisierungshilfen hergestellt. Nach der Lagerung und Immobilisierung werden Markierungen auf der Haut des Patienten und den Fixierungshilfen angebracht, um die Reproduzierbarkeit der täglichen Einstellung zu erhöhen. Danach wird ein 3DComputertomographiedatensatz und optional weitere unabhängige 3D-Bilddaten akquiriert, wie Magnetresonanztomographie- (MRT) und Positronenemissionstomographie- (PET) Daten. Dann werden die Zielvolumina und Risikoorgane in den fusionierten 3D-Datensätzen definiert und konturiert, die Orientierung und Form der Strahlenfelder ausgewählt und die Dosisverteilung berechnet, evaluiert und optimiert. Da sich die Prostata im Patient bewegen kann, können als Planungsgrundlage auch mehrerer CT-Datensatze zu unterschiedlichen Zeiten in Behandlungsposition verwendet werden. Bei der Planoptimierung werden dann Aufenthaltswahrscheinlichkeiten von Tumor und Normalgewebe an den verschiedenen Orten im Raum berücksichtigt. Nachdem der Bestrahlungsplan vom Radioonkologen und Medizinphysiker abgenommen wurde, werden die Einstellparameter an das Behandlungsgerät transferiert. Mit dem Therapiestrahl können Feldkontrollaufnahmen erzeugt werden, die die Anatomie bei der täglichen Bestrahlung im Strahlungsfeld abbilden. So können Abweichungen von Ist- und Sollposition anhand von knöchernen Grenzen, Weichteilkontrast, z. B. bei Lungentumoren, oder der Position von implantierten Goldmarkern überprüft werden. Die Aufbewahrungspflicht dieser Doku-
119 9.4 · Akkurate Zielvolumendefinition
Gftumfhvoh!!efs!!Cfiboemvohtqptjujpo Mbhfsvoh-! Jnnpcjmjtjfsvoh
NSU
DU
Tjnvmbujpo
QFU
Gvtjpo
Tusbimfouifsbqjf. jogpsnbujpottztufn
Lpouvsjfsvoh Sfqspev{jfsvoh!wpo Gftumfhvoh!efs!Tusbimfogfmefs wjsuvfmmf!Tjnvmbujpo
Pqujnjfsvoh!efs Eptjtwfsufjmvoh Fwbmvbujpo
Mbhfsvoh!voe!Fjotufmmvohfo bn!!Mjofbscftdimfvojhfs wpo!Gsblujpo!{v!Gsblujpo
Gfmelpouspmmcjme Abb. 9.4. Prozess der 3D-konformalen Strahlentherapie
4E.Cftusbimvohtqmbovoh
mentation beträgt 30 Jahre. Abb. 9.4 zeigt den gesamten Prozess der 3D-konformalen Strahlentherapie. Damit hängt die Güte der Strahlentherapie von der Richtigkeit der Zielvolumendefinition, der Reproduzierbarkeit der Patientenlagerung und Positionierung, der Konformalität der Dosisverteilung, der Dosierung und der optimalen Integration in multimodale Therapiekonzepte ab.
9.3
Technische Hilfsmittel bei der 3D-Planung
Im Zentrum der 3D-Bestrahlungplanung steht einer oder mehrere 3D-Bildatensätze, in denen Zielvolumina und Risikoorgane konturiert werden. Als Grundlage der Berechnung der Dosisverteilung im Patienten dient die mit dem CT gemessene 3D-Dichtematrix des Patienten. Zur Unterstützung von Konturierung der Zielvolumina, der Generation von Strahlenfeldanordnungen und dreidimensionalen Dosisverteilungen sowie der übersichtlichen Darstellung der Resultate sind die modernen Bestrahlungsplanungssysteme weit entwickelt. Gebräuchliche Darstellungen der räumlichen Dosisverteilung, die mit einer gewählten Feldanordnung, mit dem Linearbeschleuniger zu erzielen sind, ist die Darstellung von Isodosenlinien in axialen oder koronaren CT-Bildern. Wichtig zur Beurteilung der Dosisverteilung in den konturierten Strukturen sind auch die DosisVolumen-Histogramme (DVH), die zur Abschätzung des Risikos von Nebenwirkungen oder im Tumor zur Abschätzung der Effektivität der Therapie benötigt werden.
9.4
Akkurate Zielvolumendefinition
Das globale Ziel der Strahlentherapie ist die lokoregionale Tumorvernichtung ohne schwere Nebenwirkung. Um diesem Ziel sehr nahe zu kommen, ist eine möglichst genaue Kenntnis der Tumorausbreitung notwendig. Hierzu ist die Bewertung des gesamten klinischen Staging, der Operations- und Pathologieberichte notwendig. Zusätzlich ist auch eine Abschätzung des Metastasierungsrisikos in klinisch nicht befallenen regionalen Lymphknotenstationen sinnvoll. Die Konturierung und damit Definition des Zielvolumens ist der Kern der Bestrahlungsplanung. Die bildbasierte Konturierung des Zielvolumens im Planungs-CT und ggf. im fusionierten MRT und CT-Datensatz erlaubt prinzipiell eine sehr präzise, individuelle Konturierung des Tumorausbreitungsgebiets. In vielen klinischen Situationen gilt, je kleiner das Planungszielvolumen ist, desto leichter kann innerhalb der Toleranz umgebende Normalgewebe eine gesteigerte Gesamtdosis appliziert werden. Beispiele sind Dosiseskalationsstudien beim Prostatakarzinom. Während die Konturierung der Prostata bei der Strahlentherapie des Prostatakarzinoms relativ gut reproduzierbar ist, nimmt die Variabilität bei der Konturierung der Samenblasen deutlich zu (Valicenti et al. 1999; Fiorino et al. 1998; Cazzangia et al. 1998). Auch wird die Größe des Zielvolumens durch die quantitative Verwendung zusätzlicher Bildinformationen, z. B. aus MRT-Studien, beeinflusst. So führt die MRT-basierte Konturierung von Prostatakarzinomen zu kleineren Zielvolumina, da hier im Gegensatz
9
120
Kapitel 9 · Grundlagen der Radioonkologie
zum CT der periprostatische Gewebe dank des verbesserten Weichteilkontrasts von der Prostata abgegrenzt werden kann (Rasch et al. 1999; Debois et al. 1999). Die Beurteilung der Zielvolumina erfordert innerhalb einer Abteilung allerhöchste Aufmerksamkeit. Es sollten möglichst klare Anweisungen zur Konturierung in den verschiedenen klinischen Situationen existieren, die mit Hilfe der Kenntnis der eigenen Therapieergebnisse und neuer externer Evidenz ständig weiter optimiert werden. Das Planungszielvolumen besteht aus dem anatomisch definierten klinischen Zielvolumen und einem Saum zur Berücksichtigung von Lagerungsunsicherheiten und Organbewegungen ein. Mit modernen Verfahren der bildgeführten Strahlentherapie lassen sich diese Unsicherheiten minimieren.
9.5
9
Präzision der Lagerung und Positionierung
Die gute Reproduktion der täglichen Lage von Tumor und umgebenden Normalgewebe zum Strahlungsfeld ist ein wichtiger Faktor für die Qualität der Strahlentherapie. Markierungen auf der Haut des Patienten und der Lagerungshilfe sind insbesondere im Ganzkörperbereich zur Vorpositionierung sinnvoll, um den Patienten zum raumfesten Koordinatensystem auszurichten. Dabei sollten die Marken auf der Haut möglichst an Stellen liegen, die eine gute Relation zu darunter liegenden Skelettanteilen haben. Eine gute torsionsfreie Ausrichtung des Körpers in der Längsrichtung kann durch Anbringen von seitlichen and ventralen Marken erleichtert werden. Die Hohlorganfüllungen sollten zum Zeitpunkt des Planungs-CT der intendierten Füllung entsprechen. Mit dem Therapiestrahl können heute am Linearbeschleuniger Röntgenbilder im elektronischen Bilddetektionssystem erzeugt werden, mit denen die Patientenpositionierung anhand der Lage von Knochengrenzen zum Therapiestrahl überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden kann (deBoer et al. 2001; Yan 1998). In die Prostata implantierte Goldmarker erlauben die Kontrolle der Position der Prostata mittels orthogonaler Röntgenaufnahmen direkt (Kotte 2007). Alternativ kann die Position der Prostata über implantierte elektromagnetische Transponder in Seedgröße röntgenstrahlungsfrei zeitaufgelöst in Echtzeit registriert werden (Kupelian 2007). Die Ergebnisse klinischer Untersuchungen zeigen, dass zur Kompensation interner Bewegung der Prostata während der Therapie Sicherheitssäume von etwa 3 mm notwendig sind (Kotte 2007; Melancon et al. 2007; Poulsen et al. 2007). Darüber hinaus können heute mit dem Therapiestrahl oder mit einer orthogonalen Röntgenkette
Cone-Beam-Computertomographien mit ausreichendem Weichteilkontrast auf dem Therapietisch angefertigt werden, um die Lage einzelner Organe im Vergleich zur Sollposition unmittelbar vor der Bestrahlungsposition zu kontrollieren und Abweichungen gegebenenfalls zu korrigieren. Zur Erstellung dieser Computertomogramme rotiert der Linearbeschleuniger einmal um den Patienten.
9.6
Bewertung von Dosisverteilungen
Der Bestrahlungsplanung unterliegt immer ein Optimierungsproblem. Das Planungszielvolumen soll die verschriebene Dosis erhalten. Zusätzlich soll die Dosis-Volumenbelastung der kritischen Risikoorgane möglichst niedrig sein und innerhalb der Organtoleranzen liegen. Bei homogener Bestrahlung des Zielvolumens obliegt es dem Planer, den Dosisabfall außerhalb des Zielvolumens in den verschiedenen Raumrichtungen so zu gestalten, dass die Belastung der umgebenden Risikoorgane minimal ist. Durch Wahl diskreter Einstrahlrichtungen, z. B. von Gegenfeldern, ist es möglich, den Dosisabfall in ausgewählten Richtungen steiler in anderen als Konsequenz jedoch weniger steil zu gestalten. Bei gleicher Zielvolumendosis ist die Dosis-Volumenbelastung der umgebenden kritischen Risikoorgane zu bewerten und zu vergleichen. Eine akzeptable Dosisverteilung überschreitet die Toleranzen aller umgebenden Normalgewebe nicht. Mit der intensitätsmodulierten Strahlentherapie kann der Hochdosisbereich noch deutlich flexibler an eine Zielvolumen angepasst werden, als mit der 3D-konformalen Strahlentherapie mit homogenen Feldern. Insbesondere können konkav begrenzte Dosisverteilungen erzeugt werden, was z. B. zur Schonung des Rektums bei der Strahlentherapie von Prostatakarzinomen unter Einschluss der Samenblasen relevant sein kann.
Literatur Cazzaniga LF, Marinoni MAAA, Bossi A, Bianchi E, Cagna E, Cosentino D, Scandolaro L, Valli M, Frigerio M (1998) Interphysician variability in defining the planning target volume in the irradiation of prostate and seminal vesicles. Radiother Oncol 47: 293–296 De Boer HCJ, van Sörnsen De Koste JR, Senan SSS, Visser AG, Heijmen BJ (2001) Analysis and reduction of 3D systematic and random setup errors during simulation and treatment of lung cancer patients with CT-based external beam radiotherapy dose planning. Int J Radiat Oncol Biol Phys 49: 857–868 Debois M, Oyen R, Maes F, Verswijvel G, Gatti G, Bosmans H, Feron M, Bellon E, Kutcher G, van Poppel H, Vanuytsel L (1999) The contribution of magnetic resonance imaging to the three-dimensional treatment planning of localized prostate cancer. Int J Radiat Oncol Biol Phys 45: 857–865
121 Literatur
Fiorino C, Reni M, Bolognesi A, Cattaneo GM, Calandrino R (1998) Intra- and inter-observer variability in contouring prostate and seminal vesicles: implications for conformal treatment planning. Radiat Oncol 47: 285–292 Hoskin PJ, Motohashi K, Bownes P, Bryant L, Ostler P (2007) High dose rate brachytherapy in combination with external beam radiotherapy in the radical treatment of prostate cancer: initial results of a randomised phase three trial. Radiother Oncol 84: 114–120 Kotte ANTJ, Hofman P, Lagendij, JJW, van Vulpen M, van der Heide UA (2007) Intrafraction motion of the prostate during external-beam radiation therapy: analysis of 427 patients with implanted fiducial markers. Int J Radiat Oncol Biol Phys 69: 419–425 Kupelian P, Willoughby T, Mahadevan A, Djemil T, Weinstein G, Jani S, Enke C, Solberg T, Flores N, Liu D, Beyer D, Levine L (2007) Multi-institutional clinical experience with the Calypso system in localization and continuous real-time monitoring of the prostate gland during external radiotherapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 67: 1088–1098 Melancon AD, O’Daniel JC, Thang L, Kudchadker RJ, Kuban DA, Lee AK, Cheung RM, de Crevoisier R, Tuckerm SL, Newhauser W, Mohan R, Dong L (2007) Is a 3-mm intrafractional margin sufficient for daily image-guided intensity-modulated radiation therapy of prostate cancer? Radioth Oncol 85: 251–259 Poulsen PR, Muren LP, Hoyer M (2007) Residual set-up errors and margins in on-line image-guided prostate localization in radiotherapy. Radiother Oncol 85: 201–206 Rasch C, Barillot I, Remeijer P, Touw A, van Herk M, Lebesque JV (1999) Definition of the prostate in CT and MRI: a multi-observer study. Int J Radiat Oncol Biol Phys 43: 57–66 Sathya JR, Davis IR, Julian JA, Guo Q, Daya D, Dayes IS, Lukka HR, Levine M (2005) Randomized trial comparing iridium implant plus external-beam radiation therapy with external-beam radiation therapy alone in node-negative locally avanced cancer of the prostate. J Clin Oncol 23: 1192–1199 Valicenti RK, Sweet JW, Hauck WW, Hudes RS: Lee T, Dicker AP, Waterman FM, Anne PR, Corn BW, Galvin JL (1999) Variation of clinical target volume definition in three-demensional conformal radiation therapy for prostata cancer. Int J Radiat Oncol Biol Phys 44: 931–935 Yan D, Ziaja E, Jaffray D (1998) The use of adaptive radiation therapy to reduce setup error: a prospective clinical study. Int J Radiat Oncol Biol Phys 41: 715–720
9
10 Grundlagen der systemischen Therapie 10.1 Neue Konzepte der systemischen Therapie – 123 10.2 Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie – 127 10.3 Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Immuntherapie – 152
10.1
Neue Konzepte der systemischen Therapie
M. Schuler 10.1.1 Einleitung
Die Einführung sog. »zielgerichteter Medikamente« hat einen Paradigmenwechsel in der Systemtherapie maligner Erkrankungen ausgelöst. Voraussetzung hierfür waren die in den letzten 25 Jahren gesammelten Erkenntnisse der molekularbiologischen, molekulargenetischen und immunologischen Grundlagenforschung, die ein besseres Verständnis der pathogenetischen Prozesse im Rahmen der malignen Transformation und Tumorprogression sowie die Identifikation strategischer Zielstrukturen (»Targets«) ermöglichen. Auf diese Weise wurde ein neuer Ansatz der Entwicklung antineoplastischer Therapeutika angestoßen, der auf die Wirkung an spezifischen Molekülaktivitäten und nicht primär auf zelluläre Endpunkte (Wachstumshemmung, Zelltod) ausgerichtet ist. Obwohl hiermit teilweise hochspezifische Substanzen identifiziert werden konnten, ist weiterhin deren konventionelle toxikologische und pharmakologische präklinische und klinische Entwicklung erforderlich. Dabei zeigt sich häufig in der klinischen Prüfung, dass bei sehr
hoher Selektivität allenfalls eine Untergruppe ansonsten histologisch uniformer Tumoren auf das jeweilige Therapeutikum anspricht. Insofern kann am Ende klassischer klinischer Prüfungen zielgerichteter Therapeutika deren scheinbare Unwirksamkeit stehen, da die Studienkollektive oft das der Substanz entsprechende Tumorprofil nicht oder nur in geringer Zahl repräsentieren. Somit kommt in Ergänzung zu Histomorphologie und Immunhistochemie der weiteren molekularen und genetischen Charakterisierung von Tumorbiopsien eine entscheidende Bedeutung zu. Bislang bei soliden Tumoren klinisch wirksame und zugelassene, zielgerichtete Tumortherapeutika weisen entweder einen breiten Wirkansatz auf oder sie sind nur bei molekularpathologisch definierten Subgruppen von Tumoren effektiv. Im Folgenden werden die wesentlichen Prinzipien der zielgerichteten Tumortherapie zusammengefasst und mit Beispielen aus der Onkologie urologischer Tumoren belegt.
10.1.2 Hemmung von
Rezeptortyrosinkinasen Das klassische Resultat der Aktivierung zellulärer Onkogene ist die Deregulation der intrazellulären Übertragung von Signalen, die durch Wachstums- und Überlebensfaktoren induziert werden. Dies kann auf der Ebene der membrangebundenen Wachstumsfaktorrezeptoren erfol-
124
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
10 Abb. 10.1. Schema der Angriffspunkte monoklonaler Antikörper und niedermolekularer Inhibitoren in den durch Rezeptortyrosinkinasen aktivierten Signalübertragungswegen
gen, die beispielsweise aufgrund von Genamplifikationen überexprimiert sind (z. B. Her2/Neu) oder durch spezifische Mutationen eine endogene Aktivierung aufweisen (z. B. Mutationen des epidermalen Wachstumsfaktorrezeptors EGFR). Folge ist eine Signalübermittlung auch bei physiologischerweise subeffektiven Konzentrationen oder gar in Abwesenheit des jeweiligen Wachstumsfaktors. Nach heutigem Verständnis werden durch deregulierte Wachstumsfaktorrezeptoren zwei wesentliche Signalübertragungswege ( Abb. 10.1) aktiviert: der sog. Mitogen-aktivierte Proteinkinase(MAPK)-Weg und der Proteinkinase-B(AKT)-Signalweg. Der MAPK-Weg vermittelt vor allem Proliferations- und Wachstumssignale, während der AKT-Weg vornehmlich das Zellüberleben und den Zellstoffwechsel, aber auch Proliferation und Motilität beeinflusst. Ferner können deregulierte Wachstumsfaktorrezeptoren auch auf Transkriptionsfaktoren, wie die Signal-Transducer-and-Activator (STAT)-Familie oder die NF-κB-Familie sowie weitere Signalübertragungswege einwirken.
Der klassische pharmakologische Ansatz zur Hemmung deregulierter Wachstumsfaktorrezeptoren ist der Einsatz kleiner, zellpermeabler Moleküle, die die intrazelluläre Enzymaktivität der Rezeptoren (in der Regel Tyrosinkinasen) inhibieren. Dabei unterscheidet man Substanzen, die im katalytischen Zentrum der Tyrosinkinase kompetitiv, aber reversibel binden, von solchen Substanzen, die die Kinase durch irreversible Bindung blockieren. Zur ersten Gruppe gehören beispielsweise die EGFR-Inhibitoren Erlotinib und Gefitinib sowie der duale EGFR/Her2/Neu-Inhibitor Lapatinib. Erlotinib ist zur Therapie von Patienten mit Pankreaskarzinomen sowie mit rezidivierten nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen (NSCLC) zugelassen, wobei beim NSCLC vor allem eine Subgruppe von Patienten mit aktivierenden Mutationen des EGFR zu profitieren scheint. Sowohl Erlotinib als auch Gefitinib, das vor allem im ostasiatischen Raum ebenfalls erfolgreich bei Patienten mit NSCLC eingesetzt wird, wurden im Rahmen von Phase-II-Studien bei Patienten mit Urothel- und Nierenzellkarzinomen geprüft. Die klinische Aktivität bei unselektierten Patienten war moderat, so dass der Einsatz außerhalb klinischer Studien derzeit nicht empfohlen werden kann. In klinischer Entwicklung befinden sich derzeit eine Reihe irreversibler Inhibitoren des EGFR und von Her2/Neu, die in vitro eine deutlich höhere Potenz aufweisen. Es bleibt abzuwarten, ob sich dies in eine breitere klinische Effektivität umsetzt. Eine weitere therapeutische Strategie bei deregulierten Wachstumsfaktorrezeptoren ist der Einsatz monoklonaler Antikörper, die den jeweiligen Rezeptor extrazellulär binden und so mit dessen Signalübertragung interferieren. Beispiele hierfür sind Trastuzumab (anti-Her2/Neu), Cetuximab und Panitumumab (antiEGFR), die bereits zur Behandlung von Patientinnen mit Mammakarzinom bzw. Patienten mit kolorektalen Karzinomen oder Kopf-Hals-Tumoren zugelassen sind. Für Trastuzumab liegen positive Daten aus Phase-IIStudien bei Patienten mit Her2/Neu-überexprimierenden Urothelkarzinomen vor. Ebenso scheinen einzelne Patienten mit Urothel- oder Nierenzellkarzinomen von Cetuximab zu profitieren. Retrospektive Untersuchungen bei Patienten mit kolorektalen Karzinomen, die mit Cetuximab oder Panitumumab behandelt wurden, wiesen nach, dass nur Patienten mit Tumoren ohne Mutation des Onkogens K-ras von der Antikörpertherapie profitieren. Insofern bleibt zu prüfen, ob eine entsprechende Subgruppe von Patienten mit Urothelkarzinomen ebenfalls besser auf anti-EGFR-Kombinationstherapien anspricht. Der Einsatz dieser Antikörper außerhalb klinischer Prüfungen ist derzeit jedoch nicht gerechtfertigt.
125 10.1 · Neue Konzepte der systemischen Therapie
Zusammenfassende Bewertung Der klinische Einsatz von gegen Rezeptortyrosinkinasen gerichteteten Inhibitoren oder monoklonalen Antikörpern ist für Patienten mit urogenitalen Tumoren nicht etabliert. Bei der Beurteilung von Antikörpertherapien gegen Wachstumsfaktorrezeptoren ist zu berücksichtigen, dass zumindest ein Teil deren Wirkung durch immunologische Mechanismen, insbesondere die Antikörper-vermittelte zelluläre Zytotoxizität (ADCC), zurückgeführt werden kann. Im Gegensatz hierzu weisen kleine zellpermeable Moleküle wie Erlotinib, Gefitinib und Lapatinib diesen zweiten möglichen Effektormechanismus nicht auf, was helfen kann, die teilweise diskrepanten Studienergebnisse dieser beiden Modalitäten zu erklären.
10.1.3 Hemmung intrazellulärer
Signalübertragungsmoleküle Deregulationen der den Rezeptortyrosinkinasen nachgeschalteteten Schritte der intrazellulären Signalübertragung sind häufige Ereignisse in malignen Tumoren. Dies kann durch aktivierende Mutationen von Signalmolekülen oder durch inaktivierende Mutationen bzw. Verlust negativer Regulatoren, wie Tumorsuppressorgenen, erfolgen. Beispiele aktivierender Mutationen im MAPK-Weg betreffen die GTPase Ras (eine der häufigsten Mutationen, die etwa bei einem Drittel aller malignen Tumoren nachweisbar ist) oder die MAPK B-Raf. Ein typischer negativer Regulator des MAPK-Weges, der in Tumoren inaktiviert sein kann, ist der Tumorsuppressor NF1. Konsequenz ist die endogene Überaktivierung folgender Schritte des Signalweges, wie sie u. a. durch die Kinasen MEK und ERK vermittelt werden. Aberrationen im AKT-Signalweg finden sich u. a. durch aktivierende Mutationen der Phosphoinositid-3-Kinase (PI3K) und AKT. Weitaus häufiger ist allerdings der Verlust des negativen Regulators der PI3K, des Tumorsuppressors »Phosphatase and Tensin Homolog Deleted from Chromosome 10« (PTEN). Dies führt zu einer Überaktivierung der PI3K mit konsekutiver Stimulation der AKT, die eine Vielzahl weiterer Signal- und Regulatormoleküle reguliert. Ein prominentes Zielmolekül von AKT ist die Kinase »mammalian Target of Rapamycin« (mTOR), die durch die natürlichen Substanz Rapamycin und dessen Derivate im Komplex mit dem endogenen Bindungspartner »12 kD FK506-binding protein« (FKB12) spezifisch gehemmt wird. Weitere pathophysiologisch relevante Wege der Deregulation von mTOR, die Inak-
tivierung der Tumorsuppressorgenprodukte von TSC1 (Harmatin), TSC2 (Tuberin) und LKB1, finden sich bei der tuberösen Sklerose, der Lymphangioleiomyomatose sowie dem Peutz-Jeghers-Syndrom. Die Kinase mTOR ist zwar nur eines der vielen biologisch bedeutsamen Zielmoleküle von AKT, jedoch reguliert sie bedeutende zelluläre Funktionen wie die für die Proteinsynthese essenzielle Translation. Beispielhaft findet sich unter den urologischen Tumoren beim Nierenzellkarzinom gehäuft eine Überaktivierung des MAPK-Weges, während der Verlust des Tumorsuppressors PTEN mit konsekutiver AKT-Überaktivierung beim Prostatakarzinom quantitativ hoch relevant ist. Dem folgend wird der Inhibitor Sorafenib, der unter anderem als Hemmstoff der Raf-Kinasen entwickelt wurde, erfolgreich beim metastasierten Nierenzellkarzinom eingesetzt. Auch Inhibitoren von mTOR, wie Temsirolimus und Everolimus, zeigten sich beim metastasierten Nierenzellkarzinom effektiv, wobei in keiner der Zulassungsstudien der Nachweis einer Überaktivierung der MAPK- oder AKT-Wege für den Studieneinschluss erforderlich war. Es bleibt spekulativ, ob dies zu den relativ geringen Remissionsraten und moderaten klinischen Effekten, die in diesen Studien beobachtet wurden, beigetragen hat. Wichtig ist, dass beide Substanzklassen eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens und Gesamtüberlebens (Temsirolimus) dieser bislang medikamentös nicht in relevantem Umfang kontrollierbaren Erkrankung erzielen. Weitere pharmakologische Modulatoren der MAPK- (u. a. MEK-Inhibitoren) und AKT- (PI3K-Inhibitoren, AKT-Inhibitoren) Wege sowie anderer Signalkaskaden (z. B. Proteinkinase-C-Inhibitoren) sind bereits in klinischer Entwicklung und werden hoffentlich die aktuell verfügbaren mTORInhibitoren und Multikinaseinhibitoren klinisch sinnvoll ergänzen können.
10.1.4 Hemmung angiogenetischer
Signale Neben der Modulation von Signalwegen in der Tumorzelle wurde in den letzten Jahren die Bedeutung der Tumorstroma für die Progression maligner Erkrankungen in den Vordergrund gerückt. Hierzu zählen unter anderem mesenchymale Zellen, Immunzellen und das den Tumor versorgende Gefäßsystem. Der von Judah Folkman aufgestellten Hypothese folgend, dass eine Zerstörung der Tumorgefäße einen therapeutischen Einfluss auf die Erkrankung haben kann, wurden eine Reihe sog. »anti-angiogenetischer« Substanzen klinisch entwickelt. Am weitesten fortgeschritten sind hierbei der monoklo-
10
126
10
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
nale Antikörper Bevacizumab, der gegen den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) gerichtet ist und diesen neutralisiert, sowie die Multikinaseinhibitoren Sunitinib und Sorafenib, die mehrere Rezeptortyrosinkinasen (Sunitinib: VEGF-Rezeptor, PDGF-Rezeptor, c-Kit, Flt-3; Sorafenib: VEGF-Rezeptor, PDGF-Rezeptor) und intrazellulare Kinasen (Sorafenib: Raf-Kinasen) hemmen. Alle drei Substanzen sind in der Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms effektiv und zugelassen. Dies kann dadurch erklärt werden, dass auch beim sporadischen klarzelligen Nierenzellkarzinom häufig eine Inaktivierung des von-Hippel-Lindau Tumorsuppressors vorliegt, welcher ein negativer Regulator des Transkriptionsfaktors Hypoxie-induzierter Faktor-1α (HIF-1α) ist. HIF-1α Induziert wiederum pro-angiogenetische Faktoren wie VEGF, so dass diesen Faktoren in der Pathogenese des klarzelligen Nierenzellkarzinoms eine besondere Bedeutung zuzukommen scheint. Unklar ist, ob die Wirkung von Bevacizumab in der Tat auf der Hemmung der Tumorangiogenese beruht oder vielmehr den Aufbau der Tumorgefäße moduliert. Auffällig ist, dass Bevacizumab beim Nierenzellkarzinom in Kombination mit der Immunzytokin Interferon-α, aber auch alleine objektive Remissionen erzielen kann, während es in anderen Tumorerkrankungen, wie dem kolorektalen Karzinom oder bei Lungenkarzinomen nur in Kombination mit zytotoxischer Chemotherapie effektiv ist. Ebenso ist klinisch schwer zu differenzieren, ob die Multikinaseinhibitoren Sunitinib und noch mehr Sorafenib präferentiell indirekt über die Hemmung der Tumorangiogenese, oder auch durch direkte Wirkung in der Tumorzelle effektiv sind. Entsprechend der klinischen Effektivität dieses Behandlungsansatzes befindet sich aktuell eine Vielzahl weiterer Substanzen in klinischer Entwicklung. Dies umfasst rekombinante Rezeptorfusionsproteine, die ähnlich wie Bevacizumab zu einem Entzug sezernierter angiogenetischer Wachstumsfaktoren führen, sowie mehrere niedermolekulare Hemmstoffe von Rezeptortyrosinkinasen mit Aktivität gegen angiogenetische Rezeptoren.
wie weitere Streßreize ausgelöst werden. Entsprechend kommt es im Rahmen der malignen Transformation und Tumorprogression gesetzmäßig zur Hemmung der Apoptose, was sich nachteilig auf die Effektivität zytotoxischer Therapeutika auswirken kann. Essenzielle Effektoren der Apoptose sind spezifische Enzyme, die sog. Caspasen. Diese werden über zwei Signalwege aktiviert ( Abb. 10.2): Der extrinsische Signalweg beginnt mit der Bindung von sog. »Todesliganden« wie TRAIL oder FasL an spezifischer »Todesrezeptoren« der Tumornekrosefaktor (TNF)-Familie. Die RezeptorLiganden-Interaktion fördert die Bildung eines Komplexes, welcher die Aktivierung von Caspasen nach sich zieht. Der intrinsische Signalweg wird durch Stressreize, aber auch zytotoxische Therapeutika induziert. Insbesondere DNS-Strangbrüche aktivieren den Tumorsuppressor p53, der über das sog. BH3-Protein PUMA die pro- und anti-apoptotischen Mitglieder der BCL-2-Proteinfamilie moduliert. Zusätzlich gibt es p53-unabhängige Wege der intrinsischen Apoptoseaktivierung, die über weitere der mittlerweile 14 Mitglieder umfassenden Gruppe der BH3-Proteine vermittelt werden. Gemeinsam führt eine Aktivierung von BH3-Proteinen zu einem funktionellen Übergewicht pro-apoptotischer BCL-2-Proteine, wie
p53
10.1.5 Modulation von Apoptosesignalwegen
Ein breiter, aber zielgerichteter therapeutischer Ansatz besteht in der pharmakologischen Modulation von Signalwegen, die für den programmierten Zelltod (Apoptose) von Tumorzellen, aber auch Stromazellen, entscheidend sind. Apoptose kann alleine durch die Aktivierung von Onkogenen, aber auch durch Zytostatika, Strahlen, Entzug von Wachstums- und Überlebensfaktoren so-
Abb. 10.2. Signalwege des programmierten Zelltodes und therapeutische Ansatzpunkte (m aktivieren; hemmen)
127 10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie
BAK und BAX, was eine Permeabilisierung der äußeren Mitochondrienmembran nach sich zieht. Hierdurch werden Cytochrom c und weitere apoptogene Proteine aus den Mitochondrien freigesetzt und die Ausbildung des sog. Apoptosomkomplexes induziert, der wiederum Caspasen aktiviert. Mögliche therapeutische Angriffspunkte in diesen Signalwegen ist einerseits die Verwendung agonistischer Antikörper gegen »Todesrezeptoren« oder rekombinanter, aktivierter »Todesliganden«. Beide Prinzipien sind für das TRAIL-Liganden-Rezeptorsystem in klinischer Erprobung. Eine intrazelluläre pharmakologische Modulation der Signalwege kann auf der Ebene des Tumorsuppressors p53 erfolgen; hier sind beispielsweise mehrere pharmakologische Regulatoren des physiologischen Inhibitors von p53, der Ubiquitinligase MDM2, in klinischer Entwicklung. Ein weiteres attraktives Target sind die anti-apoptotischen BCL-2-Proteine. Oblimersen, ein Antisenseoligonukleotid gegen BCL-2, wurde bereits im Rahmen von Phase-III-Studien bei Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie und malignen Melanomen erprobt. Mehrere Antagonisten von BCL-2 und BCL-XL, wie z. B. ABT-737 und ABT-263, wurden präklinisch entwickelt. Zu ABT-263 liegen auch erste Ergebnisse aus Phase-IStudien vor. Weitere Zielmoleküle, die an der Regulation der Apoptose beteiligt sind, umfassen Mitglieder der »Inhibitor of Apoptosis« (IAP)-Familie, wie XIAP, cIAP1 und cIAP2. Für diese Proteine wurden verschiedene niedermolekulare Inhibitoren identifiziert, die in die klinische Entwicklung drängen. Zusammenfassende Bewertung Zielgerichtete Hemmstoffe der Angiogenese und des AKT-Signalweges sind wesentlicher Bestandteil des Behandlungsalgorithmus von Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom. Dem gegenüber befindet sich die therapeutische Modulation der apoptotischen Signaltransduktion noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Aufgrund des potenziell breiten, entitätsübergreifenden Wirkungsansatzes sind hiermit jedoch große Hoffnungen verbunden.
10.2
Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie
T. Jäger, S. Krege, H. Rübben Die Toxizität ist neben dem Ansprechen des Tumors und dem Überleben des Patienten das wichtigste Kriterium
zur Beurteilung einer Therapie. Daher bedarf es einer exakten Dokumentation von Nebenwirkungen der jeweiligen Therapie. Therapiebedingte Nebenwirkungen und Folgezustände können nur dann als solche erkannt werden, wenn die Ausgangssituation bekannt ist, d. h. dass alle relevanten Parameter bereits vor Beginn der Therapie überprüft und dokumentiert werden. Die Vermeidung von Nebenwirkungen erfordert genaue Kenntnis des jeweiligen Nebenwirkungsspektrums eines Chemotherapeutikums, der Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sowie der notwendigen Dosismodifikationen bei Einschränkung der verschiedenen Organsysteme, z. B. der Knochenmarkreserve. Bereits bei der Indikationsstellung zur Chemotherapie müssen der Allgemeinzustand und das Alter des Patienten sowie Vorbehandlungen berücksichtigt werden. Für einige Indikationsgebiete innerhalb der urologischen Onkologie wird die klassische Chemotherapie zugunsten targetspezifischer Therapeutika in Zukunft in den Hintergrund treten. Für das fortgeschrittene Nierenzellkarzinom ist dieser Paradigmenwechsel von kombinierten Immun-Chemotherapien hin zu modernen targetspezifischen Substanzen mit teilweise grundsätzlich anderen Nebenwirkungsprofilen bereits vollzogen ( Kap. 21.6.3).
10.2.1 Kriterien zur Beurteilung
von Nebenwirkungen Die grundsätzliche Graduierung der Nebenwirkungen erfolgt nach WHO-Kriterien ( Tab. 10.1). Prinzipiell müssen akute und chronische Nebenwirkungen voneinander unterschieden werden. Als akute Nebenwirkungen und Therapiefolgen sind Ereignisse zu verstehen, die innerhalb von 90 Tagen nach Beendigung der onkologischen Therapie auftreten können. Von chronischen Nebenwirkungen spricht man bei Ereignissen ab dem 91. Tag nach Beendigung der Therapie (Perez u. Brady 1993). Die meisten Klassifikationen erfassen akute Nebenwirkungen. Eine detaillierte Erfassung objektiv messbarer Parameter ist mit der NCI-Klassifikation möglich ( Tab. 10.2). Es wird zunehmend versucht, subjektive Parameter wie Allgemeinbefinden und Schmerzempfinden z. B. durch visuelle Analogskalen zu objektivieren, die individuelle Beurteilung fällt aber nach wie vor schwer, da der Begriff der Lebensqualität heterogenen Einflüssen unterliegt. Unverzichtbar wird die Beurteilung der Lebensqualität dort, wo die Chemotherapie überwiegend unter der Zielsetzung der Lebensqualitätsverbesserung eingesetzt
10
128
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Tab. 10.1. Graduierung der Nebenwirkungen nach WHO (Toxizitätsgrade)
10
Toxizitätsgrad
Defintion
Grad 0
Keine Nebenwirkungen
Grad 1
Geringe Nebenwirkungen ohne Einfluss auf Dosis und Dauer der Chemotherapie und ohne Einfluss auf den Allgemeinzustand
Grad 2
Mäßige Nebenwirkungen mit Verschlechterung des Allgemeinbefindens und/oder notwendiger Reduktion der Chemotherapeutika
Grad 3
Ausgeprägte Nebenwirkungen, die einen Abbruch oder eine Unterbrechung der Chemotherapie erforderlich machen
Grad 4
Schwere Nebenwirkungen, die eine stationäre Aufnahme bedingen
Grad 5
Tod durch Chemotherapie
wird. Dies trifft z. B. für die Therapie des hormonrefraktären Prostatakarzinoms zu. Von der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie (AUO) wurden inzwischen Lebensqualitätsbögen für die verschiedenen Tumorentitäten erstellt ( Kap. 3).
10.2.2 Kontraindikationen und Toxizität
Die häufigsten Faktoren, die bei einer Chemotherapie zu einer Dosisreduktion, einer Verlängerung des Zeitintervalls bis zur Verabreichung oder dem Unterlassen der Verabreichung der jeweiligen Chemotherapie führen, sind im Folgenden aufgeführt, sie sind als (relative) Kontraindikationen zu betrachten:
reduzierter Allgemeinzustand (WHO-Score >2),
Knochenmarkinsuffizienz,
Niereninsuffizienz,
Leberinsuffizienz,
Herzinsuffizienz,
Lungenfunktionsstörung,
vorausgegangene Chemotherapie,
vorausgegangene Strahlentherapie. Hinzu können Störungen weiterer Organsysteme kommen, wie z. B. Hörschäden, die eine Modifikation einer platinhaltigen Therapie erfordern. Tab. 10.3 gibt einen
Abb. 10.3. Nomogramm zur Bestimmung der Dosierung eines Zytostatikums
Überblick über die jeweiligen Toxizitäten, Wechselwirkungen und relativen Kontraindikationen der in der Uroonkologie gebräuchlichen Chemotherapeutika. Das Ausmaß der Organfunktion bestimmt in der Regel die Dosierung des Zytostatikums. Die normale Dosierung erfolgt anhand von Nomogrammen ( Abb. 10.3), wobei im Erwachsenenalter aufgrund der Pharmakokinetik der Medikamente eine Dosierung nach Körperoberfläche berechnet wird.
Myelotoxizität Myelotoxisch wirksame Substanzen führen zu einer verminderten Zellbildung im Knochenmark mit Proliferationsstörung hämatopoetischer Zellen. Die Panzytopenie ist definiert als Anämie, Leukozytopenie und Thrombozytopenie. Die Dosierung myelotoxischer Zytostatika erfolgt in Abhängigkeit von der im peripheren Blut gemessenen Leukozyten-, Granulozyten- und Thrombozytenzahl. Darüber hinaus müssen bei geplanter Chemotherapie Grad und Dauer der chemotherapiebedingten Myelosuppression bestimmt werden. Der Eintritt der Myelosuppression nach Gabe von Zytostatika ist substanzspezifisch unterschiedlich. In Tab. 10.4 werden Eintritt und Dauer der Knochenmarkinsuffizienz in Abhängigkeit vom verwandten Zytostatikum dargestellt.
129 10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie
Tab. 10.2. NCI-Toxizitätskriterien (höchste Toxizität während des Zyklus bewerten und markieren. (Nach NCI 1993) 0
1
2
3
4
Blutparameter/Blutbild Hämoglobin (g/100 ml)
Normal
10,0–normal
8,0–10,0
6,5–7,9
<6,5
Leukozyten (×109/l)
≥24,0
3,0–3,9
2,0–2,9
1,0–1,9
<1,0
Granulozyten (×109/l)
≥22,0
1,5–1,9
1,0–1,4
0,5–0,9
<0,5
Thrombozyten (×109/l)
Normal
75,0–normal
50,0–74,9
25,0–49,9
<25,0
Lymphozyten
≤2,0
1,5–1,9
1,0–1,4
0,5–0,9
<0,5
Andere Blutwerte
Keine
Geringe
Mäßige
Schwere
Lebensbedrohliche
Keine
Geringe, keine Transfusion
Erheblicher Blutverlust, 1–2 Transfusionen
Erheblicher Blutverlust, 3–4 Transfusionen
Massiver Blutverlust, >4 Transfusionen
Keine
Geringe, nicht behandlungsbedürftig
Mäßiggradige p.o. Antibiose
Schwere, i.v. antibiotische antimykotische oder stationäre Behandlung
Lebensbedrohliche
Übelkeit
Nicht vorhanden
Nahrungsaufnahme möglich
Reduzierte Nahrungsaufnahme, Essen jedoch möglich
Keine Nahrungsaufnahme möglich, behandlungsbedürftig
–
Erbrechen
Nicht vorhanden
1-mal/Tag
2- bis 5-mal/Tag
6–10-mal/Tag
>10-mal/Tag oder parenterale Substitution
Diarrhö
Nicht vorhanden
Vermehrt (2–3 Stühle/Tag)
Vermehrt (4–6 Stühle/Tag) oder nächtliche Stühle oder mäßige Krämpfe
Vermehrt (7–9 Stühle/Tag) oder Inkontinenz oder schwere Krämpfe
≥10 Stühle/Tag oder blutige Diarrhöen oder parenterale Substitution
Stomatitis
Keine Veränderung
Schmerzlose Ulzera, Erytheme oder mildes Wundsein
Schmerzhafte Erytheme, Ödeme oder Ulzera, feste Speise möglich
Schmerzhafte Erytheme, Ödeme oder Ulzera, Flüssignahrung erforderlich
Enterale oder parenterale Ernährung erforderlich
Ösophagitis/ Dysphagie
Nicht vorhanden
Schmerzlose Ulzera, Erytheme, geringes Wundsein
Schmerzhafte Erytheme, Ödeme oder Ulzera oder mäßige Dysphagie; in der Lage, ohne Analgetika zu essen
Keine feste Nahrungsaufnahme möglich oder benötigt Analgetika, um essen zu können
Enterale oder parenterale Ernährung oder kompletter Verschluss oder Perforation
Anorexie
Nicht vorhanden
Gering
Mäßig
Schwer
Lebensbedrohlich
Gastritis/Ulkus
Nicht vorhanden
Antazida
Erfordert forcierte Therapie oder konservative Therapie
Therapieresistent, erfordert operatives Vorgehen
Perforation oder Blutung
Blutungen (Klinische)
Infektion
Magen-Darm-Trakt
10
130
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Tab. 10.2. Fortsetzung 0
1
2
3
4
Dünndarmobstruktion
Nicht vorhanden
–
Intermittierend, keine Intervention
Intervention erforderlich
Operation erforderlich
Intestinale Fistel
Nicht vorhanden
–
–
Vorhanden
–
Andere gastrointestinale Erkrankungen
Keine
Geringe
Mäßige
Schwere
Lebensbedrohliche
Andere Schleimhauterkrankungen
Keine
Erythem oder geringer Schmerz, nicht behandlungsbedürftig
Fleckige und serosanguinöse Absonderungen oder Schmerzen oder Narkotikabedarf
Konfluent fibrinöse Mukositis oder Ulzeration oder Narkotika zur Schmerzbehandlung
Nekrose
Bilirubin
Normal
–
<1,5×N
1,5–3,0×N
>3,0×N
Transaminasen (SGOT/SGPT)
Normal
≤2,5×N
2,6–5,0×N
5,1–20,0×N
>20×N
Alkalische Phosphatase
Normal
≤2,5×N
2,6-5,0×N
5,1–20,0×N
>20,0×N
Klinisches Bild
Keine Änderung
–
–
Präkoma
Hepatisches Koma
Andere Lebererkrankungen
–
Geringe
Mäßiggradige
Schwere
Lebensbedrohliche
Kreatinin (Serum)
Normal
<1,5×N
1,5–3,0×N
3,1–6,0×N
>6,0×N
Proteinurie
Keine
− 1+ oder − <0,3 g% oder − <3 g/l
− 2-3+ oder − 0,3–1,0 g% oder − 3-10 g/l
− 4+ oder − >1,0 g% oder − >10 g/l
Nephrotisches Syndrom
Hämaturie
Keine
Nur mikroskopisch sichtbar
Beträchtlich, keine Gerinnsel
Beträchtlich + Gerinnsel
Beträchtlich, Transfusion erforderlich
(mg%)
Normal <20
21–30
31–50
>50
–
(mmol/l)
Normal <7,5
7,6–10,9
11–18
>18
Hämorrhagische Zystitis
Keine
Blut mikroskopisch sichtbar
Blut makroskopisch sichtbar
Blasenspülung erforderlich
Zystektomie oder Transfusion erforderlich
Nierenversagen
–
–
–
–
Dialyse erforderlich
Inkontinenz
Keine
Beim Husten, Niesen etc.
Spontan, Kontrolle möglich
Unkontrolliert
–
Dysurie
Keine
Geringer Schmerz
Schmerzen oder Brennen beim Wasserlassen, konrollierbardurch Pyridium
Nicht kontrollierbar durch Pyridium
–
Leber
10
Harntrakt
Harnstoff
131 10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie
Tab. 10.2. Fortsetzung 0
1
2
3
4
Harnverhaltung
Keine
Restharn >100 ml oder Katheter gelegentlich notwendig oder Schwierigkeiten beim Wasserlassen
Katheterisierung zur Entleerung erforderlich
Chirurgischer Eingriff (TUR oder Dilatation) erforderlich
–
Vermehrter Harndrang
Keiner
Vermehrter oder nächtlicher Harndrang bis zu 2-fach des Normalen
Vermehrt >2-fach des Normalen, jedoch weniger als stündlich
Starker Harndrang, stündlich oder mehr oder Katheterisierung erforderlich
–
Blasenkrämpfe
Keine
–
Vorhanden
–
–
Ureterobstruktion
Keine
Unilateral, kein Eingriff erforderlich
Bilateral, kein Eingriff erforderlich
Inkomplett bilateral, jedoch Stentimplantation, Nephrostomie oder Operation erforderlich
Komplette bilaterale Obstruktion
Fistel
Keine
–
–
Vorhanden
–
Niere/Blase sonstiges
–
Gering
Mäßggradig
Schwer
Lebensbedrohlich
Kein Haarverlust
Geringer Haarverlust
Ausgeprägter oder totaler Haarverlust
–
–
Dyspnoe
Keine (Änderung)
Asymptomatisch, mit Veränderungen im Lungenfunktionstest
Dyspnoe unter starker Belastung
Dyspnoe unter normaler Belastung
Ruhedyspnoe
pO2/pCO2
Keine Veränderung oder pO2 >85 und pCO2 ≤40
pO2 71–85, pCO2 41–50
pO2 61–70, pCO2 51–60
pO2 51–60, pCO261–70
pO2 ≤50 oder pCO2 ≥70
Lungenfunktion
>90% gegenüber des Ausgangswertes vor Behandlung
77–90% gegenüber vor Behandlung
51–75% gegenüber vor Behandlung
26–50% gegenüber vor Behandlung
≤25% gegenüber vor Behandlung
Lungenfibrose
Keine
Röntgenologische Veränderungen beschwerdefrei
–
Veränderungen mit Symptomen
–
Lungenödem
Keine
–
–
Röntgenologische Veränderungen und Gabe von Diuretika erforderlich
Intubation erforderlich
Pneumonie (nicht infektiöse)
Keine
Röntgenologische Veränderungen
Steroide erforderlich
Sauerstoff erforderlich
Assistierte Beatmung erforderlich
Pleuraler Erguss
Kein
Vorhanden
–
–
–
Alopezie
Lunge
10
132
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Tab. 10.2. Fortsetzung 0
1
2
3
4
Husten
Kein
Gering, Linderung durch nicht rezeptpflichtige Medikamente
Erfordert rezeptpflichtige Antitussiva
Unkontrollierter Husten
–
Lunge sonstiges
–
Gering
Mäßiggradig
Schwer
Lebensbedrohlich
Kardiovaskuläre Ereignisse
10
Arrhythmien
Keine
Asymptomatisch, flüchtig, nicht therapiebedürftig
Wiederkehrend oder persistierend, nicht therapiebedürftig
Therapiebedürftig
Monitoring erforderlich oder ventr. Tachykardie oder Fibrillation
Funktion
Unauffälig
Asymptomatisch, Abfall der linksventrikulären Ejektionsfraktion um <20% des Ursprungsvolumens
Asymptomatisch, Abfall der linksventrikulären Ejektionsfraktion ≥20% des Ursprungsvolumens
Geringe kongestive Herzinsuffizienz, auf Therapie ansprechend
Erhebliche kongestive Herzinsuffizienz, therapierefraktär
Ischämie
Keine
Unspezifische T-Wellen-Abflachung
Asymptomatische ST- und T-WellenVeränderung m Ischämie
Angina oder Infarktereignis
Akuter Infarkt
Perikard
Unauffällig
Asymptomatischer Erguss, keine Intervention erforderlich
Perikarditis (Reiben, Brustschmerzen, EKG-, Veränderungen)
Symptomatischer Erguss: Drainage erforderlich
Tamponade: Drainage dringend erforderlich
Sonstiges
–
Gering
Mäßiggradig
Schwer
Lebensbedrohlich
Hypertonie
Keine Änderung
Asymptomatisch, vorübergehender Anstieg um >20 mmHg (D) oder >150/100 mmHg bei vorherigen Normalwerten, nicht therapiebedürftig
Wiederkehrender oder persistierender Anstieg um >20 mmHg (D) oder >150/100 mmHg bei vorherigen Normalwerten, nicht therapiebedürftig
Therapie erforderlich
Hypertensive Krise
Hypotonie
Keine (Änderungen)
Nicht therapiebedürftig (inkl. vorübergehende Therapie der orthostatischen Hypotension)
Erfordert Flüssigkeitsersatz oder andere Therapie, jedoch keine stationäre Behandlung
Erfordert stationäre Behandlung: Normalisierung innerhalb 48 h nach Abbruch der Medikation
Erfordert stationäre Behandlung von mehr als 48 h nach Abbruch der Medikation
Phlebitis/Thrombose/Embolie
–
–
Oberflächliche Phlebitis (nicht lokal)
Tiefe Venenthrombose
(Zerebrale/hepatische/pulmonale/ andere Infarzierung) oder Lungenembolie
Ödeme
Keine
1+ oder nur abendliches Auftreten
2+ oder Auftreten während des gesamten Tages
3+
4+ generalisierte Anasarka
133 10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie
Tab. 10.2. Fortsetzung 0
1
2
3
4
Sensorium
Keine (Änderungen)
Milde Parästhesien, Verlust der tiefen Sehnenreflexe
Geringer oder mäßiger objektiver Verlust, mäßiggradige Parästhesien
Schwerer objektiver sensibler Verlust oder Parästhesien mit Funktionseinbußen
–
Motorik
Keine (Änderungen)
Subjektive Schwäche: klinisch ohne Befund
Objektive Schwäche ohne signifikante Funktionseinbußen
Objektive Schwäche, Funktionseinbußen
Paralyse
Bewusstsein
Klar
Leichte Somnolenz oder Agitiertheit
Mäßiggradige Somnolenz oder Agitiertheit
Starke Somnolenz, Agitiertheit, Dysorientierung oder Halluzinationen
Koma, Anfälle, toxische Psychose
Koordination
Normal
Leichte Dyskoordination, Dysdiadochokinese
Intentionstremor, Dysemtrie, undeutliche Sprache, Nystagmus
Lokomotorische Ataxie
Zerebelläre Nekrose
Gemütslage
Keine (Änderungen)
Leichte Ängstlichkeit oder Depression
Mäßiggradige Angstzustände oder Depression
Schwere Angstzustände oder Depressionen
Selbstmordabsichten
Kopfschmerzen
Keine
Leichte
Mäßige bis starke, jedoch vorübergehend
Anhaltende und starke
–
Neurologische Obstipation
Keine (Änderung)
Leichte
Mäßiggradige
Starke
Ileus >96 h
Gehör
Keine Änderung
Nur audiometrisch messbarer asymptomatischer Hörverlust
Tinnitus
Funktionsbedingter Hörverlust, Korrektur mir Hörhilfe
Nichtkorrigierbare Ertaubung
Sehvermögen
Keine Änderung
–
–
Symptomatischer subtotaler Sehverlust
Erblindung
Schmerzen
Keine Keine
Mäßiggradige negativer Einfluss auf sich selbst oder auf die Familie
Schwere, gefährdet sich oder andere
Verhaltensänderungen
Geringe Veränderungen, keine negative Konsequenzen für sich oder für die Familie
Unerträgliches psychotisches Verhalten
Schwindel/ Vertigo
Kein Einfluss auf den Alltag
–
Arbeitsunfähig
–
–
Geschmack
Normal
Leicht veränderter Geschmack, metallischer Geschmack
Deutlich veränderter Geschmack
–
–
Schlafstörungen
Keine
Gelegentliche Schlafstörungen, Einnahme von Tabletten
–
Schlafstörungen trotz Medikation
–
Neurologie Sonstiges
–
Gering
Mäßiggradig
Schwer
Lebensbedrohlich
Neurologie
10
134
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Tab. 10.2. Fortsetzung 0
1
2
3
4
Haut
Keine Veränderungen
Gestreute makulare oder papulöse Eruption oder asymptomatisches Erythem
Gestreute makuläre oder papulöse Eruption oder Pruritus oder andere assoziierende Symptome
Generalisierte makulöse Symptomatik, papulös oder vesikuläre Eruption
Exfoliative Dermatitis oder ulzerierende Dermatitis
Lokal
Keine
Schmerz
Schmerz und Schwellung mit Inflammation oder Phlebitis
Ulzeration
Plastische Chirurgie erforderlich
Allergie
Keine
Vorübergehendes Arzneimittelfieber, <38°C
Urtikaria, Arzneimittelfieber, ≥38°C leichter Bronchospasmus
Serrumkrankheit, Bronchospasmus, parenterale Medikation
Anaphylaxie
Dermatologie
Grippeähnliche Symptome
10
Fieber (nicht infektionsbedingt)
Kein
37,1–38,0°C
38,1–40,0°C
>40°C <24 h
>40°C <24 h oder Fieber verbunden mit Hypotension
Schüttelfrost
Kein
Geringer oder kurzer
Ausgeprägter und lang anhaltender
–
–
Myalgie/ Arthralgie
Keine
Geringe
Bewegungseinschränkung
Arbeitsunfähig
–
Schweiß
Normal
Gering und gelegentlich
Häufig und nassgeschwitzt, Nachtschweiß
Unwohlsein
Kein
Gering, keine Beeinträchtigung der täglichen Aktivitäten
Beeinträchtigt den normalen Tagesrhythmus oder Bettruhe <50% der täglichen Aktivität
>50% des Tages der normalen Wachzeit im Bett oder Stuhl
Bettlägerig oder nicht in der Lage, für sich selbst zu sorgen
Geringe
Mäßiggradige
Schwere
Lebensbedrohliche
–
Andere grippeähnliche Symptome Gewichtszunahme
<5,0%
5,0–9,9%
10,0–19,9%
≥20,0%
Gewichtsabnahme
<5,0%
5,0–9,9%
10,0–19,9%
≥20,0%
Hyperglykämie
− <116 mg/dl − <6,2 mmol/l
− 116–160 − 6,2–8,9
− 161–250 − 9,0–13,9
− 251–500 − 14,0–27,8
− >500 oder Ketoazidose − >27,8 oder Ketoazidosis
Hypoglykämie
− >64 mg/dl − >3,6 mmol/l
− 55–64 − 3,1–3,6
− 40–54 − 2,2–3,0
− 30–39 − 1,7–2,1
− <30 − <1,7
Amylase
Normal
<1,5×N
1,5–2,0×N
>2,1–5,0×N
>5,1×N
Hyperkalzämie
− <10,6 mg/dl − <2,65 mmol/l
− 10,6–11,5 − 2,65–2,87
− 11,6–12,5 − 2,88–3,12
− 12,5–13,5 − 3,13–3,37
− ≥13,5 − ≥3,37
Stoffwechsel
135 10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie
Tab. 10.2. Fortsetzung 0
1
2
3
4
Hypokalzämie
− >8,4 mg/dl − >2,1 mmol/l
− 8,4–7,8 − 2,1–1,95
− 7,7–7,0 − 1,94–1,75
− 6,9–6,1 − 1,74–1,51
− ≤6,0 − ≤1,50
Hypomagnesämie
− >1,4 mmol/l
− 1,4–1,2
− 1,1–0,9
− 0,8–0,6
− ≤0,5
Hyponatriämie
− Normal oder >135
− 131–135
− 126–130
− 121–125
− ≥120
Hypokaliämie
− Normal
− 3,1–3,5
− 2,6–3,0
− 2,1–2,5
− ≥2,0
Andere
−
Gering
Mäßiggradig
Schwer
Lebensbedrohlich
Fibrinogen
Normal
0,99–0,75×N
0,74–0,50×N
0,49–0,25×N
≤0,24×N
Prothrombinzeit
Normal
1,01–1,25×N
1,26–1,50×N
1,51–2,00×N
>2,00×N
Partielle Thromboblastinzeit
Normal
1,01–1,66×N
1,67–2,33×N
2,34–3,00×N
>3,00×N
Andere Blutgerinnungswerte
–
Gering
Mäßiggradig
Schwer
Lebensbedrohlich
Subaquale Blutungszeit
Normal
Verlängert >3 min
Libido
Normal
Herabgesetzte Funktion
–
Nicht mehr vorhanden
Potenz
Normal
Herabgesetzte Funktion
–
Nicht mehr vorhanden
Sterilität
–
–
Ja
–
Amenorrhö
Nein
Ja
–
–
Gynäkomastie
Keine
Geringe
Verstärkte und schmerzhafte
–
–
Hitzewallungen
Keine
Mild oder <1 pro Tag
Mehr und ≥1 pro Tag
Häufig, beeinträchtigt das normale Leben
–
CushingSyndrom
Normal
Gering
Verstärkt
–
–
Andere
–
Gering
Mäßiggradig
Schwer
Lebensbedrohlich
Konjunktivitis/ Keratitis
Keine
Erythem oder Chemosis, keine Steroide oder Antibiotika erforderlich
Steroide oder Antibiotika erforderlich
Cornealulzeration oder Sichttrübung
–
Trockenes Auge
Nein
–
Erfordert artifizielle Tränenflüssigkeit
–
Enukleation erforderlich
Glaukom
Keine (Änderung)
–
–
Ja
–
Andere
–
Gering
Mäßiggradig
Schwer
Lebensbedrohlich
Blutgerinnung
Endokrin
Auge
10
10 i.v.
i.v.
i.v. Instillation (Harnblase)
− Niereninsuffizienz, − Vorbestehende Hörschäden, − Polyneuropathie, − Knochenmarkinuffizienz
− Überempfindlichkeit, − Knochenmarkinsuffizienz, − Vorbestehende Neuropathie
− Vorbestehende Herzerkrankung, − Knochenmarkinsuffizienz, − Leberschäden
Oto- und nephrotoxische Arzneimittel. Komplexbildner (z. B. Penicillamin). Aluminiumhaltiges Infusionsbesteck.
Gleichzeitige Gabe von Erythromcin, AzolAntimykotika, Fluoxetin, Nefazodon, Nelfinavir und Ritonavir kann eine Toxizitätssteigerung von Docetaxel bewirken.
Vereinzelt in Kombination mit Cytarabin Gewebssterben im Bereich des Dickdarms mit massiven Blutungen und schweren Infektionen. Substanzen, die das Leberparenchym schädigen, können die Nebenwirkungen von Doxorubicin verstärken und eine Dosisänderung notwendig machen. Cyclophosphamid, Paclitaxel und andere Antracycline verstärken die kardio-
− Nephrotoxizität, − Ototoxizität, − Diarrhö, − Myelotoxizität
− Allergische Reaktionen (obligate Prophylaxe!), − Myelotoxizität, − Mukositis, − Neurotoxizität
− Kardiotoxizität, − Myelotoxizität, − Mukositis/Stomatitis, − Hepatotoxizität
Alkylierung. Intrazelluläre Aktivierung durch Abspaltung der Chlorliganden Neurotoxizität, (Monoaquound Diaquoform). DNS- Quervernetzung (»intraund interstrand-crosslinks«) und Punktmutationen. Hemmung der DNS-Reparatur. Auch Alkylierung von RNS und Proteinen.
Antimikrotubulärer Wirkstoff (Mechanismus vgl. Paclitaxel). Semisynthetisch hergestellt aus dem Grundstoff 10-De- Acetybaccatin III, einem Extrakt aus Nadeln der europäischen Eibe (Taxus baccata). Im Vergleich zu Paclitaxel ist die Wasserlöslichkeit besser und der tubulinpolymerisierende Effekt größer (deshalb ist die maximal tolerable Dosis geringer). Metabolismus in der Leber über CytochromP-450-abhängige Enzyme.
Interkalation. Aktivierung durch Reduktion in der Leber über NADPH-abhängige Enzymsysteme, z. B. Cytochrom-P450-Reduktase, Cytochrom-B5-Reduktase oder Xanthinoxidase. Bildung von Semichinonradikalen, die nach Reaktion mit Sauerstoff Superoxide, Wasserstoffperoxide und Hydroxylradikale generieren. Hemmung der Topoisomerase II. Hemmung der Tyrosinkinase.
Cisplatin (=DDP, CDDP)
Docetaxel
Doxorubicin (=DX, DOX; Adriamycin =ADM)
i.v.
− Knochenmarkinsuffizienz
Oto- und nephrotoxische Arzneimittel. Komplexbildner (z. B. Penicillamin). Aluminiumhaltiges Infusionsbesteck. Blockierung der aktivierten Carboplatinformen durch Thiole.
− Myelotoxizität
Alkylierung. Intrazelluläre Aktivierung durch Abspaltung der Cyclobutandicarboxylgruppen (Monoaquo- und Diaquoform). Behinderung der DNS-Synthese durch Brückenbildung an der DNS (»interstrand crosslinks«). Auch Reaktion mit RNS, Proteinen und Zellmembranen.
Carboplatin (=CARBO)
Lokal (Pleurodese)
− Vorbestehende Lungenerkrankungen − Eingeschränkte Lungenfunktion − Lebensalter >50 Jahre − Zustand nach mediastinaler, pulmonaler Bestrahlung
Bleomycin bildet mit 2- und 3-wertigen Kationen Chelatkomplexe. Es darf nicht in Lösungen, die solche Ionen (besonders Kupfer) enthalten, gemischt werden, ebenso nicht mit Lösungen, die essenzielle Aminosäuren, Riboflavin, Ascorbinsäure, Dexamethason, Aminophyllin oder Furosemid enthalten. Substanzen mit einer Sulfhydrylgruppe (z. B. Glutathion) inaktivieren Bleomycin.
− Pulmotoxizität, − Mukositis, − Dermatotoxizität, − (Pigmentation), − Kardiotoxizität, − (selten, − Perikarditis)
Es liegen mehrere Analoge des Glykopeptides vor, die intrazellulär durch NADH-/NADPH-abhängige Reduktionsprozesse und Komplexbildung mit Eisen aktiviert werden. Inaktivierung durch Hydrolasen, am langsamsten in der Haut, deshalb hier protrahierte Wirkung. Hemmung der DNS-Polymerase und der DNS- Reparatur. In höheren Konzentrationen Einzelund Doppelstrangbrüche der DNS. Membraneffekte.
Bleomycin (=BLEO)
Applikation
Relative Kontraindikation
Wechselwirkungen
Toxizität
Wirkungsmechanismus
Zytostatikum, (Abkürzung)
Tab. 10.3. Vorherrschende Toxizitäten und Kontraindikationen der in der Urologie verwandten Chemotherapeutika (Mod. nach Schmoll et al. 1996 und Sauer 2000)
136 Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
− Myelotoxizität, − Mukositis/ Stomatitis, − Diarrhö
Antimetabolit, Pyrimidinantagonist. Aktivierung durch Phosphorylasen und Kinasen zu 5-Fluorodeoxyuridin-Monophosphat (5-FdUMP), 5-Fluorodeoxyuridin-Triphosphat (5-FdUTP) und 5-FluorouridinTriphosphat (5-FUTP). Hemmung der Thymidylatsynthase. Modulation der Wirkung durch Folinsäure. Einbau als »falsche« Base in die RNS und DNS.
5-Fluorouracil (=5-FU)
− Myelotoxizität, − Mukositis/ Stomatitis, − allergische Reaktion
Mitoseblockung durch unklaren Mechanismus (DNS-Strangbrüche, Hemmung der Proteinsynthese in der späten S- und der frühen G2-Phase). Wahrscheinlich metabolische Aktivierung über das hepatische Cytochrom-P450-Enzymsystem. Hemmung Von Membrantransportvorgängen, insbesondere für Nucleoside, Hemmung der Topoisomerase II. Bildung freier Radikale.
Etoposid (=VP-16)
− Kardiotoxizität, − Hepatotoxizität, − Myelotoxizität
Die Substanz ist eine kovalente Verbindung aus Östradiol und Sickstofflost. Alkylierung, bevorzugte Interaktion mit den Proteinen der Zellmatrix. Teilweise Hydrolyse in der Leber und langsam auch in anderen Geweben zu Östradiol und Bis-ChlorethylCarbamat. Anreicherung im Prostatagewebe durch Bindungsprotein, das nicht dem Östrogenrezeptor entspricht. Der Antitumoreffekt beruht hauptsächlich auf der Muttersubstanz und weniger auf den Metaboliten oder der Östrogenwirkung. Störung und Integrität des intrazellulären Tubulusnetzwerks und Hemmung der Sekretion von Kollagenase. Dadurch evtl. Störung der Mitose und Verminderung des invasiven Potentials der Zellen.
Estramutinphosphat (=ECYT)
− Myelotoxizität, − Kardiotoxizität, − Hepatotoxizität
Interkalation. Aktivierung durch Reduktion in der Leber über NADPH-abhängige Enzymsysteme, z. B. Cytochrom-P450-Reduktase, Cytochrom-B5-Reduktase oder Xanthinoxidase. Bildung von Semichinonradikalen, die nach Reaktion mit Sauerstoff Superoxide, Wasserstoffperoxide und Hydroxylradikale generieren. Hemmung der Topoisomerase II. Hemmung der Tyrosinkinase.
Epirubicin (=EPI, epiDX)
Gleichzeitige Gabe von Brivudin bei Herpes zoster steigert Toxizität von 5-FU.
Etoposid, hier speziell Vepesid, darf nicht in Glukoselösungen oder gepufferten Lösungen mit einem pH-Wert >8 verdünnt werden, da es in diesem Milieu ausfällt.
Kalziumreiche Nahrung wie Milch oder Milchprodukte sowie Kalziumpräparate hemmen die Resorption.
Wegen chemischer Inkompatibilität sollte Epirubicin weder mit Heparin noch mit anderen Zytostatika in einer Infusion gemischt werden. Ebenso sollte Epirubicin nicht mit einer alkalischen Lösung zusammengebracht werden.
toxische Wirkung. Doxorubicin bindet an Heparin; es kann zu Ausfällungen und Wirkungsverlust beider Mittel kommen. Phenobarbital kann zu einer beschleunigten Plasmaclearance von Doxorubicin führen.
− Knochenmarkinsuffizienz
− Knochenmarkinsuffizienz, − Überempfindlichkeit
− Vorerkrankungen von Herz und Leber
− Vorbestehende Herzerkrankung, − Knochenmarkinsuffizienz, − Leberschäden
i.v.
i.v.
Oral i.v.
i.v.
10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie 137
10
Antimetabolit. Pyrimidinnukleosidanalogon (2’,2’Difluordeoxycytidin = dFdC). Wirkt vorwiegend zellzyklusphasenspezifisch in der S-Phase und blockiert den G1/S-Übergang. Intrazelluläre Aktivierung durch Umwandlung zum 5’-Triphosphat (dFdCTP) mit Hilfe von Nucleozidkinasen (z. B. Deoxicyti- Dinkinase). Selbstinduktion der Aktivierung. Terminierung der DNS-Kettenverlängerung. Störung der DNS-Synthese durch Hemmung von DNS-Polymerasen und Einbau als »falsche Base« in die DNS und RNS. Hemmung der Ribonucleotidreduktase. Induktion von Apoptose. Die zytostatische Wirkung ist abhängig von der intrazellulären Akkumulation der o.g. dFdC-Nucleotide. Eine maximale Akkumulation wird erreicht, wenn die Plasmakonzentration von dFdC mindestens 15–20 μmol/l beträgt. Dies wird mit einer Infusionsdosisrate von 10 mg/m2 KOF × min erreicht.
Oxazaphosphorinderivat. Alkylierung (s. auch Cyclophosphamid). Wie bei Cyclophosphamid ist die Aktivierung in der Leber obligat, es erfolgt aber eine langsamere Freisetzung der alkylierenden Metaboliten.
Antimetabolit, Folsäureantagonist. Zelluläre Aufnahme durch aktiven Membrantransport. Intrazelluläre Akkumulation in Form von Polyglutamaten. Spezifische Hemmung der Dihydrofolatreduktase. Hemmung der Purin-de-novo-Synthese. Antagonisierbar durch Tertrahydrofolsäurederivate.
Alkylierung. Aktivierung in praktisch allen Geweben durch Reduktion über das Cytochrom-P450Enzymsystem und andere Reduktasen bzw. nichtenzymatisch durch Säure- oder Basenkatalyse zum
Gemcitabin (=dFdC)
Ifosfamid (=IFO, IFX)
Methotrexat (=MTX)
Mitomycin C (=MMC)
Wirkungsmechanismus
Applikation
i.v.
i.v. (ZVK)
i.v., i.m., oral
i.v. (ZVK), lokal (Instillation)
Relative Kontraindikation − Knochenmarkinsuffizienz, − schwere Leber- und Nierenschäden
− Neuropathie, − Niereninsuffizienz, − Knochenmarkinsuffizienz, − schwerer Leberschaden
− Knochenmarkinsuffizienz, − Leberschädigung, − Niereninsuffizienz
− Knochenmarkinsuffizienz
Wechselwirkungen
Von Gemcitabin sind bislang keine klinisch signifikanten Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen bekannt.
Antidiabetika, eine (auch vorausgegangene) Gabe von Cisplatin kann die Toxizität auf Nieren, Blut und ZNS von Holoxan verstärken. Holoxan kann die Bestrahlungsreaktion der Haut verstärken.
Nichtsteroidale Antiphlogistika, Phenytoin, Barbiturate, Tetracycline, Chloramphenicol, Sulfonamide, p-Aminobenzoesäure, p-Aminohippursäure, Metamizol. Erhöhung der Wirkung oraler Antikoagulanzien. Die gleichzeitige Verabreichung von Folinsäurepräparaten kann die Wirksamkeit von Methotrexat beeinträchtigen und aufheben.
Vinkaalkaloide. Verstärkung der Knochenmarktoxizität durch Vitamin B2, B 6, B12, C, K1, Orotsäure, Cystein, Natriumdithionit.
Toxizität
− Flu-likeSyndrom, − Ödembildung, − Myelotoxizität (Hepatotoxizität), (Nephrotoxizität), − Mukositis
− Nephrotoxizität, − Neurotoxizität, − Myelotoxizität (Hepatotoxizität) − Myelotoxizität, − Hepatotoxizität, − Nephrotoxizität, − Mukositis/ Stomatitis, − Photosensitivität − Myelotoxizität
10
Zytostatikum, (Abkürzung)
Tab. 10.3. Fortsetzung
138 Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Interkalation mit der DNS und der Folge der Hemmung der DNS- und RNS-Synthese. Blockierung der Zellen in der G2-Phase. Hemmung der Topoisomerase II. Radikalbildung. Hemmung der Angiogenese.
Wirkstoff aus der Rinde der nordamerikanische Eibe (Taxus brevifolia). Halbsynthetische Herstellung unter Verwendung der Ausgangssubstanz 10-Deacetylbaccatin aus den Blättern von Taxus baccata. Antimikrotubuläre Wirkung: Störung der strukturellen Reorganisation der intrazellulären Mikrotubuli, dadurch dass deren Depolymerisation verhindert und die Aggregation freier Tubulieinheiten gefördert wird. Es kommt zur Akkumulation sehr stabiler, funktionsgestörter Tubuli. Durch die Störung im Bereich der Mikrotubuli können sich auch der Spindelapparat nicht ausbilden und eine regelrechte Mitose nicht ablaufen. Es kommt zur Akkumulation der Zellen in der G2/M-Phase und damit nicht mehr zum Übertritt in die G1-Phase. Induktion von Apoptose (z. T. p53-unabhängig). Das als Detergens verwendete polyäthoxylierte Rizinussöl (Cremophor EL) trägt wahrscheinlich mit zur Wirkung bei, indem es den Eintritt von Zellen in die Mitosephase blockiert bzw. die Aktivität des P170-Glykoproteins bei »multiple drug resistance« hemmt.
Mitosehemmer. Hemmung der intrazellulären Tubulinsynthese. Arretierung der Zellen in der Metaphase der Mitose. Störung der DNS- und RNS-Synthese. Insbesondere durch Vindesin Stimulation der Adenylatzyklase zur Bildung von »second messenger« (cAMP) und damit Hemmung der Zellteilung. Hemmung sekretorischer Zellleistungen (Albumin, Lipoprotein)
Mitoxantron (=MITOX, MIX)
Paclitaxel (=PAC)
Vinblastin (=VBL)
Chinon, bevorzugt unter anaeroben Bedingungen (bioreduktive Alkylierung). Deshalb besteht eine größere Sensitivität hypoxischer, azidotischer Zellpopulationen.
i.v.
i.v. (ZVK)
− Überempfindlichkeit, − Knochenmarkinsuffizienz, − Neuropathie, − schwere Herzschäden
− Knochenmarkinsuffizienz, − Neuropathie, − Darmtransportstörung
Erhöhung des Doxorubicinspiegels bei gleichzeitiger Gabe. Ketoconazol hemmt den CYPMetabolismus von Paclitaxel.
Bei Kombination mit Mitomycin innerhalb von Minuten bis zu mehreren Stunden nach Injektion von Vinkaalkaloiden Bronchospasmus und Atemnot möglich (bis zu 2 Wochen nach der letzten Mitomycingabe). Kombination von Bleomycin und Cisplatin: Raynaud-Syndrom (bei Patienten mit Hodentumor). Verminderte Blutspiegel von Phenytoin, erhöhte Krampfneigung. L-Asparaginase kann bei Verabreichung vor Vinblastinsulfat dessen hepatische Clearance vemindern.
− Allergische, − Reaktion (obligate Prophylaxe), − Myelotoxizität, − Neurotoxizität, − Kardiotoxizität
− − − −
Myelotoxizität, Neurotoxizität, Mukositis, Ileusgefahr
i.v. lokal (intrapleural, -peritoneal)
− Vorbestehende Herzschäden, − Knochenmarkinsuffizienz
Nicht mit Heparin oder anderen Medikamenten in einer Infusion mischen.
− Kardiotoxizität, − Myelotoxizität
10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie 139
10
140
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Die Dosis des Chemotherapeutikums wird den hämatologischen Parametern angepasst ( Tab. 10.5). Durch die Untersuchungen von Pizzo (1984) konnte gezeigt werden, dass der Grad der Granulozytopenie mit Auftreten schwerer infektiöser Komplikationen korreliert. Eine Granulozytopenie von weniger als 1000 pro mm3 verursacht bei 12% der Patienten eine fieberhafte Infektion. Ein Granulozytenabfall auf Werte von weniger als 100 Granulozyten pro mm3 führt sogar bei 30% der Patienten zu einem fieberhaften Infekt. Mit zunehmender
Tab. 10.4. Zeitliche Differenzen im Auftreten des Nadirs in Abhängigkeit vom verwandten Zytostatikum Substanz
10
Tag der maximalen Myelosuppression (»Nadir«)
Vinblastin
4–10
Doxorubicin
6–13
Epirubicin
6–13
Mitoxantron
6–13
Methotrexat
7–14
Ifosfamid
7–14
Gemcitabin
7–14
5-Fluorouracil
9–14
Docetaxel
10–12
Paclitaxel
10–12
Cisplatin
12–14
Carboplatin
12–14
Etoposid
16
Dauer der Granulozytopenie steigt zudem die Inzidenz der Sepsis bis auf 100% an. Aufgrund der nur kurzen Halbwertszeit der Granulozyten (6 h) sind Granulozytentransfusionen nur von begrenztem klinischem Nutzen. Die Myelotoxizität stellte lange Zeit bei vielen Therapien die limitierende Nebenwirkung dar. Mit der Möglichkeit, hämatopoetische Wachstumsfaktoren, die die Bildung der verschiedenen Blutzellen und ihre Ausreifung regulieren, gentechnologisch, d. h. rekombinant, herzustellen, konnte die Myelotoxizität als limitierender Faktor überwunden werden (Bronchud et al. 1988; Gabrilove et al. 1988). Bokemeyer (2002) zeigte einen Überlebensvorteil von Patienten unter Chemotherapie, bei denen der Hämoglobinwert unter Chemotherapie auf über 10,5 g/ dl eingestellt wurde, so dass der Therapieerfolg hierdurch auch diesbezüglich positiv zu beeinflussen ist. Zu den humanen koloniestimulierenden Faktoren der Hämatopoese gehören (Platzer 1990): GM-CSF, GCSF, M-CSF, SCF, IL-3, IL-6, IL-11, Erythropoetin und Thrombopoetin. Von klinischer Bedeutung sind heute:
G-CSF (z. B. Filgastim, Lenogastrim),
GM-CSF (z. B. Molgramostim),
Erythropoetin. Golde (1990) konnte unterschiedliche In-vivo-Effekte der hämatopoetischen Wachstumsfaktoren auf die entsprechenden Zielzellen nachweisen ( Tab. 10.6). Kuderer et al. zeigten in einer Metaanalyse von 14 randomisierten Studien mit Kontroll-/Placebo-Arm und prophylaktischer G-CSF-Gabe bei Standardchemotherapie (n=3091) einen signifikanten Rückgang febriler Neutropenien. Die Häufigkeit infektionsassoziierter Mortalität war unter
Tab. 10.5. Myelotoxisch wirksame Substanzen – Richtlinien zur Dosisreduktion Leukozyten/nl
>3000
2500–3000
2000–2500
<2000
Thrombozyten/nl
>150000
100000–150000
75000–100000
<75000
− − − − − − − − − − − − − −
100% der Solldosis
75% der Solldosis
50% der Solldosis
Verschiebung bis zur Überwindung des Nadir
Cisplatin Carboplatin Docetaxel Doxorubicin Etoposid Epirubicin 5-Fluorouracil Gemcitabin Ifosfamid Methotrexat Mitomycin C Mitoxantron Paclitaxel Vinblastin
141 10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie
G-CSF-Gabe ebenfalls signifikant reduziert. Die relative Dosisintensität war unter prophylaktischer G-CSF-Gabe signifikant höher als in der Kontrollgruppe (Kuderer et al. 2005). Inzidenz und Ausprägungsgrad der Mukositis konnte bei G-CSF-behandelten Patienten ebenfalls signifikant verringert werden (Gabrilove et al. 1988). Darüber hinaus konnte auch im Rahmen dieser Studie die Chemotherapie zeitgerecht bei allen Patienten verabreicht und die Gesamtzahl der Tage mit Neutropenie und behandlungsbedürftigem Fieber signifikant verkürzt werden. Von den genannten Interleukinen zeigt das IL-11 nach myelotoxischer Therapie einen positiven Effekt auf die Thrombozytenregeneration (Du u. Williams 1994). Aufgrund der hohen Nebenwirkungsrate konnte aber in Deutschland und Europa keine Zulassung erfolgen. Verbindliche Dosierungs- und Applikationsrichtlinien liegen bislang für die in Tab. 10.7 genannten Substanzen vor. Durch die Gabe von Depotpräparaten kann eine Verlängerung der Applikationsintervalle erzielt werden. Für Darbepoetin konnte ein Vorteil der Applikation im 3-wöchentlichen Intervall als Fixdosis (500 μg) gegenüber der
Tab. 10.6. Wachstumsfaktoren (+ stimuliert, ? mögliche Wirkung, – keine Wirkung) Ziel
EPO
G-CSF
GM-CSF
Erythropoese
+
–
–
Neutropoese
–
+
+
Eosinopoese
–
–
+
Monopoese
–
–
+
Lymphopoese
–
–
–
Thrombopoese
+
–
?
Thrombopoetin
gewichtsadaptierten wöchentlichen Gabe (2,25 μg/kg KG) nachgewiesen werden (Canon JL et al. 2005; Rizzo et al. 2002).
Nephrotoxizität Verschiedene Zytostatika können zu einer Nierenschädigung führen. Dabei werden akute Schäden wie z. B. nach Cisplatin und Methotrexat von verzögert eintretenden Schäden abgegrenzt. Akute Nierenschäden lassen sich zudem durch protektive Maßnahmen wie z. B. eine forcierte Diurese durch osmotische Diuretika bei Cisplatingabe vermeiden. Bei der Dosisberechnung von Chemotherapeutika mit renaler Ausscheidung oder renaler Toxizität muss die Nierenfunktion berücksichtigt werden (Carmichael 1992). Bei Nierenfunktionseinschränkungen sind Dosisreduktionen erforderlich. Die Dosismodifikation richtet sich nach der glomerulären Filtrationsrate, die abhängig vom Alter, Geschlecht und Körpergewicht des Patienten ist. Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) errechnet sich wie folgt: GFR (ml/min) = 140–Alter (Jahre) × Körpergewicht (KG)/72 × Serumkreatinin. Bei weiblichen Personen wird dieser Wert mit dem Faktor 0,8 multipliziert. Liegt die glomeruläre Filtrationsrate unter 60%, so sind Dosismodifikationen erforderlich ( Tab. 10.8).
Tab. 10.8. Dosierungsrichtlinie für Zytostatika bei Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) auf 10–60% der Sollgröße Substanz
Dosierung in % der errechneten Gesamtdosis
Bleomycin
75
Cisplatin
50
Tab. 10.7. Dosierungshinweise hämatologischer Wachstumsfaktoren
Carboplatin
75
Docetaxel
100
Wachstumsfaktor
Dosierung
Applikation
Doxorubicin
100
Epirubicin
100
G-CSF
5 μg/kg KG s.c. oder i.v.
Täglich, bis zur Überwindung der Nadirs
Etoposid
75
GM-CSF
5 μg/kg, maximal 10 μg/kg KG s.c.
Täglich, bis zur Überwindung der Nadirs
5-Fluorouracil
100
Ifosfamid
50
Erythropoetin
150 IE/kg KG s.c., Dosiseskalation bis 300 IE/kg KG s.c bei ausbleibendem Retikulozytenanstieg nach 2–4 Wochen
3-mal pro Woche
Mitomycin C
75
Methotrexat
50
Paclitaxel
100
Vinblastin
75
+
10
142
10
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Liegt die glomeruläre Filtrationsrate unter 10%, so ist eine Dosisanpassung auf 25–50% der errechneten Gesamtdosis vorzunehmen. Kontraindiziert sind dann Cisplatin, Streptozotocin und hochdosiertes Methotrexat. Das alleinige Serumkreatinin ist zur Beurteilung der Nierenfunktion nicht ausreichend, da erst bei einer Funktionseinschränkung von mehr als 50% ein Anstieg des Serumkreatinins zu verzeichnen ist (»kreatininblinder Bereich«). Unter Zugrundelegung der glomerulären Filtrationsrate (Normalwert: 93–156 ml/min) erfolgt die Dosierung renal ausgeschiedener oder potenziell nephrotoxisch wirksamer Chemotherapeutika bei einer glomerulären Filtrationsrate von mehr als 60% der Sollgröße in unveränderter, d. h. nicht reduzierter Form. Voraussetzung zur Durchführung einer zytostatischen Therapie mit renal ausgeschiedenen oder potenziell nephrotoxischen Substanzen ist der Ausschluss einer Harnwegsobstruktion. Abflusshindernisse müssen vor Einleitung einer Therapie beseitigt werden. Patienten mit Harnableitung unter Verwendung von Darmabschnitten (Neoblase, Pouches) können unter der Therapie über einen eingelegten Dauerkatheter abgeleitet werden, um eine erneute Resorption der nephrotoxisch und myelotoxisch wirksamen Substanzen aus dem Urin zu vermeiden (Fossa et al. 1990; Krege et al. 2003). Als protektive Maßnahme ist, wie bereits erwähnt, eine verstärkte Flüssigkeitszufuhr vor Einleitung der Therapie erforderlich. Abzugrenzen von einer Nierenschädigung durch das toxische Potenzial verschiedener Chemotherapeutika ist das akute Nierenversagen, das durch Tumorzerfall unter erfolgreicher Zytostatikatherapie auftreten kann (»rapid tumor lysis syndrome«).
Hepatotoxizität Für Chemotherapeutika, die in der Leber metabolisiert werden, wird bei eingeschränkter Leberfunktion (basierend auf der Bestimmung von Bilirubin und SGOT) eine Dosisreduktion empfohlen ( Tab. 10.9). Verbindliche Richtlinien liegen nicht vor.
Die Beurteilung der Leberfunktion erfolgt anhand des Serumbilirubins, der Serumtransaminasen SGOT/SGPT, der γ-GT und der alkalischen Phosphatase. Bei erhöhten Transaminasen müssen differenzialdiagnostische Erkrankungen wie Herzinfarkt, Muskelerkrankungen, hämolytische Anämien und diabetische Stoffwechselstörungen ausgeschlossen werden. Bei Erhöhung der alkalischen Serumphosphatase wird das Enzym LAP (Leucinaminopeptidase) bestimmt, das die Unterscheidung zwischen osteogener und biliärer Phosphaterhöhung ermöglicht.
10.2.3 Kardiotoxizität
Eine kardiovaskuläre Toxizität tritt in erster Linie bei Anwendung des Anthrazyklins Doxorubicin auf. Neuere Derivate wie Epirubicin und Mitoxantron können zwar ebenfalls eine Kardiomyopathie verursachen, besitzen jedoch eine größere therapeutische Breite. Bezüglich der durch Anthrazykline verursachten Kardiotoxizität unterscheidet man eine dosisunabhängige Frühform, die mit supraventrikulären Herzrhythmusstörungen, ST-Streckenveränderungen und sehr selten mit letalen ventrikulären Herzrhythmusstörungen einhergeht (Bristow et al. 1978). Subakut kann es in seltenen Fällen nach 3–4 Wochen zu dem prognostisch ungünstigen Perikarditis-Myokarditis-Syndrom kommen. Abzugrenzen von diesen frühen Veränderungen ist die dosisabhängige Spätform, bei der morphologische Veränderungen im Myokard nachzuweisen sind (Billingham et al. 1978). Diese treten ab einer kumulativen Dosis von 450 mg/m2 KOF auf. Auch steigt dann das Risiko einer Kardiomyopathie überproportional an. Zusätzliche Risikofaktoren können dies beschleunigen. Das Ausmaß der Herzinsuffizienz und der Belastungsdyspnoe wird nach den Kriterien der New York Heart Association (NYHA) beurteilt ( Tab. 10.10). Die kumulative Gesamtdosis darf für bestimmte Zytostatika nicht überschritten werden. Sie beträgt für Doxorubicin 450 mg/m2 KOF, für Epirubicin 900 mg/m2 KOF und für Mitoxantron 180 mg/m2 KOF.
Tab. 10.9. Dosismodifikation hepatisch metabolisierter Zytostatika bei eingeschränkter Leberfunktion (Angabe in % der Standarddosis, Ø auf Applikation verzichten). (Mod. nach Schmoll et al. 1996) Leberfunktion
Substanzen
Bilirubin (× oberer Normwert)
SGOT (IE)
Bilirubin (× oberer Normwert)
SGOT (IE)
1–1,5
<60
1–1,5
<60
1,5–2,5
60–180
1,5–2,5
60–180
2,5–5
>180
2,5–5
>180
143 10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie
Neben den Anthrazyklinen können auch andere Chemotherapeutika kardiale Nebenwirkungen hervorrufen. So kann es unter Cisplatin, Etoposid und 5-Fluorouracil zu Ischämien des Herzmuskels kommen; bei 5-Fluorouracil, Paclitaxel und Docetaxel wird das Auftreten von Arrhythmien beschrieben (La Bianca et al. 1982). Nach hochdosierter Gabe von Ifosfamid kann es ebenfalls zum Auftreten einer Herzinsuffizienz kommen. In der Diagnostik haben EKG, Thoraxröntgenaufnahmen und Laborwerte keinerlei prädiktiven Wert im Hinblick auf die Erfassung einer Kardiotoxizität. Sie dienen lediglich der Erfassung von Begleitrisikofaktoren. In der Verlaufskontrolle bewährt hat sich dagegen die Bestimmung der Ejektionsfraktion und der Ventrikelmotilität mittels Herzinnenraumszintigraphie oder Echokardiographie. Bei einer Auswurffraktion unter 45% in Ruhe oder bei Verminderung um mehr als 10% von Zyklus zu Zyklus sollte auf die Fortsetzung der Therapie verzichtet werden.
Pneumotoxizität Die Beurteilung der therapiebedingten Lungenerkrankungen ist schwierig. Differenzialdiagnostisch müssen oppor-
Tab. 10.10. Kriterien der New York Heart Association (NYHA) Klasse
Definition
I
Uneingeschränkte Belastbarkeit
II
Gewisse Einschränkung bei starker körperlicher Arbeit, aber der Patient kann ohne Atemnot ein Stockwerk Treppen steigen (oder 3 Häuserblocks weit gehen)
III
Gewisse Einschränkung bei alltäglichen Verrichtungen; Ersteigen eines Stockwerks (oder 3 Häuserblocks weit gehen) nur unter Schwierigkeiten
IV
Atemnot schon in Ruhe
tunistische Infekte, eine Lungenembolie (Hyperkoagulabilität bei Neoplasien) und das Auftreten tumorunabhängiger Lungenerkrankungen berücksichtigt werden. Bestimmte Risikokonstellationen begünstigen jedoch bei Anwendung bestimmter Chemotherapeutika das Auftreten von therapieassoziierten Lungenveränderungen ( Tab. 10.11). Die häufigsten Lungenveränderungen sind eine chronische Pneumonitis und Fibrose, eine Hypersensitivitätspneumonitis (exogen allergische Alveolitis) und das nichtkardiale Lungenödem. Eine chronische Pneumonitis wird bei einer Vielzahl von Zytostatika beobachtet. Die Symptomatik besteht in einer Belastungsdyspnoe, trockenem Husten und grippalen Allgemeinbeschwerden. Im Thoraxröntgenbild stellen sich diffuse retikuläre, teilweise auch alveoläre Infiltrate dar. An eine Hypersensitivitätspneumonitis muss bei akut auftretender Dyspnoe möglicherweise mit trockenem Husten, Fieber oder Myalgien gedacht werden. Im Thoraxröntgenbild stellen sich hierbei bihiläre, diffuse Infiltrate und evtl. begleitende Pleuraergüsse dar. Die Symptomatik tritt meistens unmittelbar oder wenige Tage nach der Verabreichung der Medikamente auf, häufig nach Beendigung einer Steroidgabe. Typischerweise finden sich im Differenzialblutbild vermehrt Eosinophile. Eine Hypersensitivitätspneumonitis wird in erster Linie durch Bleomycin und Methotrexat verursacht (Kreisman u. Wolkove 1992; Basser u. Green 1994). Ein Lungenödem kann im Zusammenhang mit der Verabreichung von Methotrexat beobachtet werden. Selten ist ein ARDS-ähnliches Krankheitsbild, das im Zusammenhang mit einer Bleomycintherapie vorkommen kann (Rosenow et al. 1992). Die Manifestation erfolgt in der Regel 6–12 Monate nach der Beendigung der Chemotherapie. Wichtigste diagnostische Maßnahmen im Zusammenhang mit der Pneumotoxizität stellen neben der klinischen Untersuchung die Lungenfunktionsprüfung, die Röntgenthoraxaufnahme und ggf. das CT der Thoraxorgane dar.
Tab. 10.11. Klinische Risikokonstellationen für das Auftreten von chemotherapieassoziierter Lungentoxizität. (Nach Cooper et al. 1986: Kreismann u. Wolkove 1992; Schmoll et al. 1996) Klinische Konstellation
Antineoplastische Substanz
Kumulative Dosis überschritten
Bleomycin, Busulfan, Carmustin (BCNU)
Fortgeschrittenes Lebensalter
Bleomycin
Beatmung/02-Gabe
Bleomycin, Cyclophosphamid, Mitomycin
Bestrahlungstherapie
Bleomycin, Busulfan, Mitomycin
Polychemotherapie
Carmustin, Mitomycin, Cyclophosphamid, Bleomycin, Methotrexat
10
144
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Neurotoxizität
10
Die Neurotoxizität stellt wie die Myelotoxizität einen therapielimitierenden Faktor vieler Chemotherapeutika dar (Kaplan u. Wiernik 1982). Leider gibt es hier im Gegensatz zur Prävention der Myelotoxizität noch keine geeigneten Gegenmaßnahmen. Somit ist die Neurotoxizität häufig lebensqualitätsbestimmend. Verschiedene neurologische Syndrome können durch Chemotherapeutika verursacht werden: eine akute oder chronische Enzephalopathie kann auftreten nach Cisplatin (selten), 5-Fluorouracil, Ifosfamid, Methotrexat (hauptsächlich bei hochdosierter Gabe, intrathekaler Gabe oder in Kombination mit Radiotherapie) und Vincristin. Zerebelläre Dysfunktionen werden im Zusammenhang mit 5-Fluorouracil genannt. Eine Dysfunktion der Hirnnerven kann durch Cisplatin und Vinkaalkaloide hervorgerufen werden. Beim Cisplatin ist hier besonders die Schädigung der Hörnerven zu nennen. Eine geringere Ototoxizität weist das Carboplatin auf. Entzündungen der Hirnnerven und des Rückenmarks können nach hochdosierter Methotrexatgabe auftreten bzw. wenn dieses in Kombination mit einer Radiotherapie verabreicht wird. Die häufigsten peripheren Neuropathien kommen vor bei Cisplatin, Etoposid, Methotrexat, Paclitaxel und den Vinkaalkaloiden (Vincristin > Vinblastin; Obstipation: Vinblastin > Vincristin). Diese können nach Beendigung der Therapie noch zunehmen. Die Rückbildung erfolgt sehr langsam, Restschäden können bleiben. Die Neurotoxizität der Vinkaalkaloide tritt schon ab einer sehr geringen Dosis (ab 6 mg) auf. Sie umfasst neben der peripheren Neuropathie auch autonome Veränderungen (Obstipation, Impotenz, Hypotension). Auch die Hirnnerven können in Mitleidenschaft gezogen werden (Rekurrens- und Fazialisparese, Optikusatrophie, Ptosis). Die Rückbildung erfolgt in Abhängigkeit von der kumulativen Dosis, teilweise sehr verzögert. Nach Verabreichung von Paclitaxel werden periphere und autonome Neuropathien beschrieben. Im Vordergrund stehen sensorische Störungen. Auch hier ist die Toxizität kumulativ. Bei Verwendung potenziell neurotoxischer Substanzen muss daher vor Einleitung der Therapie eine neurologische Untersuchung mit Beurteilung der Sensibilität durchgeführt werden. Ebenso sollten die Funktionen der Hirnnerven (Audiogramm vor Cisplatingabe obligat) erfasst werden.
Dermatotoxizität Haut- und Schleimhautreaktionen treten bei den meisten Chemotherapeutika auf (Bronner u. Hood 1983).
Man unterscheidet allergische Reaktionen (Cisplatin, Doxorubicin, Etoposid, 5-Fluorouracil, Methotrexat, Mitomycin C, Paclitaxel), toxische Erytheme (Bleomycin, Etoposid, Methotrexat), Hyperpigmentationen (Bleomycin, an den Schleimhäuten: Cisplatin, Doxorubicin, Etoposid), Photosensitivität (Bleomycin, 5-Fluorouracil, Methotrexat und Vinblastin) sowie Nagelveränderungen (Bleomycin, Doxorubicin, 5-Fluorouracil und Methotrexat). Das Ausmaß einer Mukositis wird durch die Leukozytendepression bestimmt, andererseits finden sich ausgeprägte Ulzera im Bereich der Schleimhäute auch ohne begleitende Granulozytopenie. Als Prophylaxe wird neben einer Hautpflege die Vermeidung von Schleimhautverletzungen (Vermeidung von Tabak, Alkohol, sehr heißen/kalten Speisen oder Getränken) sowie eine intensive Mundpflege (4-mal täglich 30 min) durchgeführt. Die Mundpflege beinhaltet 4-mal täglich durchgeführte Spülungen mit antiseptischen Lösungen (z. B. Hexoral) sowie die Entfernung vorhandener Speisereste und intensive Pflege der Zähne mit einer weichen Bürste. Zahlreiche Zytostatika (Cisplatin, Carboplatin, Doxorubicin, Methotrexat, Vinblastin, Etoposid, Bleomycin, Ifosfamid, Cyclophosphamid, 5-Fluorouracil, Mitomycin) führen nach systemischer Anwendung zu reversibler Alopezie. Eisgekühlte Kopfhauben können als Alopezieprophylaxe eingesetzt werden, verhindern den Haarausfall jedoch nicht vollständig.
Emesis Übelkeit und Erbrechen unter der Chemotherapie schränken die Lebensqualität der Patienten erheblich ein und können eine stationäre Aufnahme bedingen. Die verschiedenen Chemotherapeutika weisen eine unterschiedliche emetogene Potenz auf ( Tab. 10.12). Einzelheiten zur Therapie der chemotherapieinduzierten Emesis sind in Kap. 11 »Supportive Maßnahmen« aufgeführt. Ziel der antiemetischen Therapie ( Tab. 10.13) ist es, sowohl das akute Erbrechen als auch das verspätet einsetzende Erbrechen und das vor einem neuen Behandlungszyklus entstehende sog. antizipatorische Erbrechen zu verhindern. Die Verwendung der Antiemetika wird bei cisplatininduziertem Erbrechen unterschiedlich beurteilt. Fink et al. (1987) wiesen eine erhöhte Wirksamkeit von Ondansetron im Vergleich zu Metoclopramid bei akutem cisplatininduziertem Erbrechen nach. 73% der mit Ondansetron therapierten Patienten wiesen eine vollständige Kontrolle der Emesis auf im Gegensatz zu 41% der mit
145 10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie
Metoclopramid behandelten Patienten. Einen positiven Effekt hat außerdem Kortison. Eine neue Generation der antiemetisch wirksamen Substanzen bildet die Gruppe der Neurokin-1-RezeptorAntagonisten (NK1-Antagonisten). Diese verhindern die Bindung von Mediatoren wie beispielsweise Substanz P an den NK1-Rezeptor, der sowohl in der akuten wie auch in der verzögerten Phase der Emesis eine wichtige Rolle spielt. Während für die 5-HT3-Rezeptorantagonisten eine im Therapieverlauf nachlassende Wirkung beschrieben wird, bleibt die der NK1-Antagonisten auch nach mehreren Zyklen erhalten und kann so eine Protektion gegen Nausea und Emesis über mehrere Therapiezyklen gewährleisten (de Wit et al. 2003; Hesketh et al. 2003). In klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass die orale Gabe von Aprepitant in einem Kombinationsregime mit einem Serotoninrezeptorantagonisten plus Dexamethason akutes und verzögertes Erbrechen bei hoch emetogenen, auf Cisplatin basierenden Chemotherapien verhindern kann (Aapro et al. 2005)
Tab. 10.12. Chemotherapieinduziertes Erbrechen in Abhängigkeit vom verwendeten Zytostatikum (Toxizitätsgrade) Grad 1
Grad 2
Grad 3
Bleomycin Docetaxel Methotrexat Vinblastin
Carboplatin Doxorubicin Epirubicin Etoposid 5-Fluorouracil Ifosfamid Mitomycin Mitoxantron Paclitaxel
Cisplatin Estramustinphosphat
10.2.4 Beeinträchtigung der Fertilität
und Induktion von Zweittumoren Tab. 10.14 gibt eine Übersicht über die zytostatikabe-
dingte Keimzellschädigung. In der Urologie spielt die gonadale Toxizität in erster Linie bei den Hodentumorpatienten eine Rolle, da die anderen urologischen Tumoren eher im höheren Lebensalter auftreten. Erschwerend kommt hinzu, dass Hodentumorpatienten bereits zu 50–70% prätherapeutisch eine verminderte Fertilität aufweisen (Fossa et al. 1985). Nach Verabreichung einer Kombinationschemotherapie mit PVB oder PEB kommt es bei 70–90% der Patienten zu einer Azoospermie (Drasga et al. 1983). Nach 1–3 Jahren weisen jedoch 50–60% der Patienten wieder eine Spermatogenese auf (Fossa et al. 1985). Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die Anzahl und Art der verabreichten Chemotherapiekurse. So ist nach 2 Kursen einer PEB-Polychemotherapie keine längerdauernde Beeinträchtigung der Fertilität zu befürchten (Pont u. Albrecht 1997).
Tab. 10.14. Zytostatika, die mit unterschiedlicher Fertilitätseinschränkung assoziiert sind
Gesichert
Spermatotoxisch
Ovarielle Dysfunktion
Chlorambucil
Chlorambucil
Cyclophosphamid
Cyclophosphamid
Nitrosoharnstoff
Busulfan
Busulfan
CCNU
Procarbazin CCNU
Tab. 10.13. Substanzen in der Behandlung der Zytostatika induzierten Nausea und Emesis
Wahrscheinlich
Doxorubicin
Doxorubicin
Vinblastin
Vinblastin
Cytarabin
Procarbazin
Methotrexat
Methotrexat
5-Fluorouracil
5-Fluorouracil
6-Mercaptopurin
6-Mercaptopurin
Vincristin
Actinomycin D
Substanz
Handelsname
Dosierung/Applikation
Metoclopramid
Paspertin/MCP
10–30 mg/Tag i.v.
Dimenhydrinat
Vomex
10–30 mg/Tag i.v.
Triflupromazin
Psyquil
10–30 mg/Tag i.v.
Ondansetron*
Zofran
8–32 mg/Tag i.v. Bleomycin
Etoposid
Aprepitant
Emend
125 mg/Tag 1 p.o., 80 mg/Tag 2 und 3 p.o.
Etoposid
Nitrosoharnstoff
8–12 mg/Tag p.o.
Cisplatin
Unwahrscheinlich
Nicht bekannt
Dexamethason
* Vergleichbar zu Ondansetron sind die Substanzen Dolasetron, Granisetron, Tropisetron.
10
146
10
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Eine kumulative Cisplatindosis über 600 mg/m2 KOF führt dagegen zu einer bleibenden Infertilität (Petersen et al. 1994). Zytostatika sind prinzipiell mutagene Substanzen. So behindern Vinkaalkaloide die Ausbildung des für die Zellteilung benötigten Spindelapparates, Alkylanzien inhibieren die Reduplikation der DNA. Im Tierexperiment konnten mutagene Schädigungen an Keimzellen im Sinne von chromosomalen Translokationen induziert werden, die theoretisch vererbbar sind. Für den Menschen ließ sich diesbezüglich anhand bisher vorliegender Ergebnisse kein erhöhtes Missbildungsrisiko für die Nachkommen chemotherapierter Patienten im Vergleich zur Normalbevölkerung zeigen. Ebenso gibt es bisher keinen Anhalt für ein erhöhtes Tumorrisiko der Nachkommen ehemaliger Tumorpatienten (Thurber 1989). Andererseits besteht die Möglichkeit beim behandelten Patienten selbst, einen Zweittumor zu entwickeln. Größere Serien liegen im Zusammenhang mit dem Morbus Hodgkin vor, bei dem das Risiko einer therapieassoziierten sekundären akuten myeloischen Leukämie besteht. Allgemein wird die AML als häufigste Zweitneoplasie nach Chemotherapie betrachtet. Bei Hodentumorpatienten, die im Rahmen der Polychemotherapie Etoposid in einer Gesamtdosis >2 g erhielten, liegt das Risiko einer sekundären AML 3- bis 8-fach höher gegenüber der Normalbevölkerung (Nichols et al. 1993; Bokemeyer et al. 1994). Solide Zweitneoplasien stehen vorwiegend mit einer vorangegangenen Strahlentherapie im Zusammenhang.
genau geprüft werden, insbesondere auch, ob der Beginn der Behandlung nicht so weit aufgeschoben werden kann, bis das Kind lebensfähig ist und die Geburt eingeleitet werden kann (Sauer 2000).
10.2.5 Wechselwirkungen in der Anwendung
von Zytostatika Die Kombination von Zytostatika mit anderen Substanzen bedingt in der Regel eine vermehrte Toxizität. Substanzen mit additivem toxischem Potenzial zeigt Tab. 10.15. So hat die Kombination von Cisplatin mit Cephalosporinen oder Aminoglycosiden eine vermehrte Nephrotoxizität und Ototoxizität zur Folge. Ein weiterer unerwünschter Effekt in der Wechselwirkung von Zytostatika mit anderen Substanzen sind antagonistische Mechanismen, die die Wirkung des Zytostatikums abschwächen ( Tab. 10.16). Die Kombination mehrerer Chemotherapeutika oder Zufügen anderer Substanzen soll einen synergistischen Ef Tab. 10.15. Substanzen mit additivem toxischem Potenzial Zytostatikum
Additivum
Gesteigerte Toxizität
Bleomycin
Cyclophosphamid
Pneumotoxizität
Cisplatin/ Carboplatin
Vinblastin
Nephrotoxizität
Doxorubicin Methotrexat Ifosfamid
Zytostatika und Schwangerschaft
Metoclopramid
Macht eine Erkrankung während, insbesondere im frühen Schwangerschaftsstadium, eine chemotherapeutische Behandlung notwendig, so ist mit der Patientin im Einzelfall zu prüfen und abzuwägen, ob die Schwangerschaft abgebrochen werden sollte, oder ob die Risiken einer zunächst zuwartenden Haltung mit späterem Beginn der Chemotherapie vertretbar sind.
Furosemid
Hinweis
I
I
Als generelle Richtlinie kann folgendes gelten: Eine zytostatische Therapie ist im 1. Trimenon der Schwangerschaft kontraindiziert. Sofern eine gesicherte Indikation für eine zytostatische Behandlung besteht, muss der Patientin der Schwangerschaftsabbruch nahegelegt werden.
Amphotericin B
Doxorubicin
Cephalosporine
Nephrotoxizität +
Aminoglykoside
Ototoxizität
Mitoxantron
Kardiotoxizität
Epirubicin Cyclophosphamid Antrazykline 5-Fluorouracil
Interferon-α
Myelotoxizität
Amphotericin B Allopurinol Leucoverin Methotrexat
Alkohol
Hepatotoxizität
Cisplatin
Nephrotoxizität
Aminoglykoside
Im 2. und 3. Trimenon ist eine Fortsetzung der Schwangerschaft unter gewissen Umständen möglich. Dennoch muss auch hier die Indikation zur zytostatischen Therapie
Trimethoprim
Vinblastin
Etoposid
Pneumotoxizität
Mitomycin
Pneumotoxizität
147 10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie
fekt erzielen. Synergistische Wirkung wurde bei der Anwendung der in Tab. 10.17 aufgeführten Substanzen erzielt. Zytostatika können zu einer Wirkungsverstärkung oraler Antidiabetika, Antikoagulanzien und Narkotika führen. Dies kann zu lebensbedrohlichen Hypoglykämien, Blutungen oder einer Apnoe führen ( Tab. 10.18).
Tab. 10.17. Synergistischer Wirkmechanismus bei der Kombination mehrerer Substanzen Zytostatikum
Additivum mit synergistischer Wirkung
Doxorubicin
Amphotericin Verapamil
Etoposid
10.2.6 Applikationshinweise 5-Fluorouracil
Bei systemischer Applikation dürfen die Zytostatika aufgrund möglicher physikalischer und chemischer Unverträglichkeiten in der Regel nicht als Mischinfusion zubereitet werden. Die meisten Zytostatika führen zu einer starken lokalen Reaktion auch des Gefäßsystems, so dass die venöse Injektion von Chemotherapeutika über großlumige Zugänge erfolgen soll. Dies ist in der Regel durch Punktion zentral gelegener Gefäße wie der V. subclavia oder V. cava superior möglich. Die Applikation der Substanzen erfolgt über einen zentralen Venenkatheter. Die Lage des Applikationssystems wird radiologisch bzw. mittels EKG überprüft. Bei wiederholter systemischer Anwendung von Zytostatika kann die Implantation eines subkutan gelegenen Applikationssystems mit Zugang zu einem zentralvenösen Gefäß, in der Regel der V. subclavia, alternativ auch der V. brachiocephalica, durchgeführt werden ( Abb. 10.4). Die Punktion des leicht zu tastenden Reservoirs geschieht
Vincristin Vinblastin Amphotericin B Allopurinol Vincristin Vinblastin Kalziumfolinat Interferon
Ifosfamid
Cisplatin 5-Fluorouracil Barbiturate Allopurinol Glukokortikoide
Methotrexat
Amphotericin B Tetrazykline Sulfonamide Metamizol Trimethoprim Barbiturate Phenytoin Salicylate
Tab. 10.16. Antagonistische Mechanismen mit Abschwächung der Wirkung des Zytostatikums Zytostatikum
Additivum mit antagonistischer Wirkung
Cisplatin
Aluminiumkomplexbildner Metoclopramid
Carboplatin
Natriumthiosulfat
Doxorubicin
Barbiturate
Epirubicin
Barbiturate
5-Fluorouracil
Tamoxifen
Probenecid Mitoxantron
Verapamil Trizyklische Antidepressiva Mitomycin Vinblastin
N-Acetylcystein
Methotrexat
Bleomycin Vincaalcaloide Penicillin
Cisplatin Interferon Verapamil Nifedipin Tamoxifen Estramustinphosphat
Dipyridamol Ifosfamid
Diazepam
Zytostatikum
Additivum mit synergistischer Wirkung
Tab. 10.18. Implikationen einiger Chemotherapeutika mit Antidiabetika, Antikoagulanzien und Narkotika
Allopurinol
Zytostatikum
Substanz
Nebenwirkung
Glukokortikoide
Methotrexat
Antikoagulanzien
Blutung
Antidiabetika
Hypoglykämie
Paclitaxel
Doxorubicin
Vinblastin
Cisplatin
Etoposid
Ifosfamid
Antidiabetika
Hypoglykämie
Antikoagulanzien
Blutung
10
148
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Tab. 10.19. Spezielle Maßnahmen im Umgang mit einigen Zytostatika – Paravasate. (Mod. nach Barth u. Kloke 2003) Substanz
Maßnahme
Cisplatin
3 Tage lang 4-mal15–20 min Eisumschläge und Hochlagern der Paravasatstelle (Larson 1982; van Sloten Harwood et al. 1984) oder:
Paravasatstelle mit 4 ml einer Mischung aus 4 ml von 10%-igem Natriumthiosulfat (Na2S2O3)-Lösung und 6 ml Wasser für Injektionszwecke infiltrieren (Ignoffo u. Friedmann 1980; Leyden u. Sullivan 1983)
oder:
mit 1 ml Ascorbinsäure (50 mg/ml) infiltrieren (Ignoffo u. Friedmann 1980)
Doxorubicin und Epirubicin
10
3 Tage lang 4-mal 15–20 min Eisumschläge und Hochlagern der Paravasatstelle (Larson 1982; van Sloten Harwood et al. 1984) oder:
25–50 mg Hydrokortison pro geschätztem ml Paravasat subkutan oder intradermal injizieren (Bellone 1981; van Sloten Harwood et al. 1984)
oder:
Paravasatstelle mit 2 Ampullen (à 150 IE) Hyaluronidase (z. B. Kinetin), gelöst in 5 ml 0,9%-iger NaCl-Lösung, infiltrieren, danach Paravasatbereich mit 3 Ampullen Hyaluronidase, gelöst in ca. 20 ml 0,9%-iger NaClLösung, infiltrieren und aufschwemmen, dann weitere 3–4 Infiltrationen von ca. je 20 ml 0,9%-iger NaClLösung und zur Beschleunigung des Abflusses die betroffene Stelle hochlagern (Gallmeier 1979)
oder:
Paravasatbereich mit 5000 IE Heparin (z. B. Liquemin), gelöst in 5–20 ml 0,9%-iger NaCl-Lösung großflächig unter- und umspritzen, danach dasselbe mit 4 mg Dexamethason (z. B. Decadron-Phosphat, Fortecortin)
oder:
100 mg Hydrokortison (Köstering u. Nagel 1982; Wander u. Nagel 1985)
oder:
Paravasatbereich mit 5–20 ml 8,4%-iger (1 mol) Natriumhydrogenkarbonatlösung unter- und umspritzen, danach dasselbe mit 4 mg Dexamethason (z. B. Decadron-Phophat, Fortecortin)
oder:
100 mg Hydrokortison; 2-mal täglich 1% Hydrokortison-Creme (z. B. Cordes H); ca. 24 h mit Eisbeuteln abdecken; Umspritzungen, falls erforderlich, wöchentlich mehrmals wiederholen (Köstering u. Nagel 1982)
Estramustin
50–100 mg Hydrokortison infiltrieren; 1% Hydrokortison-Creme (z. B. Cordes H) mehrmals auftragen; 24 h lang Eispackungen auflegen
Etoposid/VP16
Paravasatstelle mit 1 ml Hyaluronidase (150 IE; z. B. Kinetin) infiltrieren und mäßige Wärmeanwendung (van Sloten Harwood u. Aisner 1984)
Mitomycin C
Paravasatbereich mit 5000 IE Heparin (z. B. Liquemin), gelöst in 5–20 ml 0,9%-iger NaCl-Lösung, großflächig unter- und umspritzen, danach dasselbe mit 4 mg Dexamethason (z. B. Decadron-Phophat, Fortecortin) oder:
100 mg Hydrokortison (Köstering u. Nagel 1982; Wander u. Nagel 1985)
oder:
Paravasatbereich mit 5–20 ml 8,4%-iger (1 mol) Natriumhydrogenkarbonatlösung unter- und umspritzen, danach dasselbe mit 4 mg Dexamethason (z. B. Decadron-Phophat, Fortecortin)
oder:
100 mg Hydrokortison; 2-mal täglich 1% Hydrokortison-Creme (z. B. Cordes H); ca. 24 h mit Eisbeuteln abdecken; Umspritzungen, falls erforderlich, wöchentlich mehrmals wiederholen (Köstering u. Nagel 1982)
oder:
Paravasatstelle mit 4 ml einer Mischung aus 4 ml von 10%-igem Natriumthiosulfat (Na2S2O3)-Lösung und 6 ml Wasser für Injektionszwecke infiltrieren (Ignoffo u. Friedmann 1980; Leyden u. Sullivan 1983)
oder:
mit 1 ml Ascorbinsäure (50 mg/ml) infiltrieren (Ignoffo u. Friedmann 1980)
Vinblastin
Paravasatstelle schwach erwärmen oder:
Paravasatstelle mit 1 ml Hyaluronidase (150 IE; z. B. Kinetin) infiltrieren und mäßige Wärmeanwendung (van Sloten Harwood u. Aisner 1984)
oder:
Paravasatstelle mit 2 Ampullen (à 150 IE) Hyaluronidase (z. B. Kinetin), gelöst in 5 ml 0,9%-iger NaCl-Lösung, infiltrieren, danach Paravasatbereich mit 3 Ampullen Hyaluronidase, gelöst in ca. 20 ml 0,9%-iger NaClLösung, infiltrieren und aufschwemmen, dann weitere 3–4 Infiltrationen von ca. je 20 ml 0,9%-iger NaClLösung und zur Beschleunigung des Abflusses die betroffene Stelle hochlagern (Gallmeier 1979)
oder:
Paravasatbereich mit 5000 IE Heparin (z. B. Liquemin), gelöst in 5–20 ml 0,9%-iger NaCl-Lösung großflächig unter- und umspritzen, danach dasselbe mit 4 mg Dexamethason (z. B. Decadron-Phophat, Fortecortin)
oder:
100 mg Hydrokortison (Köstering u. Nagel 1982; Wander u. Nagel 1985)
oder:
Paravasatbereich mit 5–20 ml 8,4%-iger (1 mol) Natriumhydrogenkarbonatlösung unter- und umspritzen, danach dasselbe mit 4 mg Dexamethason (z. B. Decadron-Phophat, Fortecortin)
149 10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie
über ein speziell dafür gefertigtes Punktionssystem. Ein venöses Portsystem kann bis zu 2000-mal punktiert werden. Die paravenöse Injektion einiger Zytostatika führt zu ausgeprägten Gewebereaktionen mit begleitender Rötung, Schwellung, Schmerzen und späterer Entwicklung von Nekrosen und ist daher als ernsthafte Komplikation zu betrachten. Treten Schmerzen oder eine Rötung auf und besteht der Verdacht auf ein Paravasat, so ist die weitere Injektion des Zytostatikums sofort zu beenden. Erfolgte die Applikation über einen peripheren Zugang, wird möglichst viel Flüssigkeit aspiriert und ggf. ein Antidot verabreicht. Tab. 10.19 gibt eine Übersicht über spezielle Maßnahmen im Umgang mit einigen Zytostatika.
Abb. 10.4. Venöser Port
10.2.7 Zubereitung und Entsorgung
von Zytostatika Die meisten Zytostatika greifen am Zellkern an. Dies führt in der Regel zu Veränderungen an der DNA und ihren Reparaturmechanismen. Somit sind die Substanzen potenziell karzinogen, teratogen und mutagen. Diese möglichen Gefahren müssen bei der Zubereitung der Substanzen bedacht werden, so dass nur mit der Chemotherapie geschultes Personal damit betraut werden darf. Eine gefahrlosere und kostengünstigere Möglichkeit ist die Zubereitung der applikationsfertigen Substanz durch den kooperierenden Apotheker. Falls die zentrale Zubereitung durch den Apotheker nicht gewährleistet ist, muss diese unter bestimmten Schutzmaßnahmen von speziell geschultem Personal vorgenommen werden. Zu den Schutzvorrichtungen gehören:
das Tragen von Handschuhen,
Mundschutz
Schutzbrille. Die Zubereitung der applikationsfertigen Lösung wird unter Beachtung der genannten Schutzmaßnahmen an einer Werkbank mit vertikalem Flow der Sicherheitsstufe II vorgenommen. In Tab. 10.20 werden Methoden der chemischen Inaktivierung für verschiedene Chemotherapeutika dargestellt.
Tab. 10.20. Chemische Inaktivierung verschiedener Zytostatika. (Nach Schaaf u. Schott 1984) Substanz
Maßnahme
Bleomycin
Verdünnung auf ca. 1%-ige Lösung. Zugabe von 1 g Ätznatron/100 ml. Nach 5 h mit Essig- oder Salzsäure neutralisieren.
Temperatur 900°C
Cisplatin
Behandeln mit verdünnter Salzsäure in Gegenwart von Aluminium (z. B. Bördel-Verschluss der Injektionsflasche). Die Substanz wird bis zum metallischen Platin reduziert.
Temperatur 700°C
Doxorubicin
Behandeln mit Chlorbleichlauge (Liquor Natrii hypochlorosi), die mit 10 Teilen Wasser verdünnt wurde. Die Oxidation des Wirkstoffmoleküls wird durch Entfärbung angezeigt.
Temperatur 700°C
Estramustin
Behandeln mit 5- bis 10%-iger methanolischer Natronlauge, 24 h bei Raumtemperatur.
Temperatur 1000°C
Etoposid
Keine Methode bekannt.
Temperatur 1000°C
5-Fluorouracil
a) Behandeln mit konzentrierter NaOH über mehrere Stunden. b) Verfahren analog bei Daunorubicin.
Temperatur 700°C
Ifosfamid
Geeignete Methoden werden noch entwickelt.
Keine Angaben
Methotrexat
Behandeln mit 1 nNaOH oder NH4OH-Lösung. Optimal wäre eine Autoklavierung dieser Lösung für 1 h bei 12,5 bar.
Temperatur 1000°C
Mitomycin
Behandlung mit starken Säuren, Zersetzung von Mitomycin bei pH-Wert 1.
Temperatur 1000°C
Mitoxantron
Pro Gramm Mitoxantron 20 g einer etwa 40%-igen Kalziumhypochloritlösung zusetzen (Abzug!).
Temperatur 1000°C
Vinblastin, Vincristin, Vindesin
Keine Methode bekannt. Vernichtung unproblematisch, da sehr temperaturlabil.
Temperatur 500°C
10
150
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
10.2.8 Chemotherapieprotokolle
Cisplatin, Methotrexat Indikation: metastasiertes Urothelkarzinom ( Tab. 10.21).
Methotrexat, Vinblastin, Doxorubicin (oder Epirubicin), Cisplatin Indikation: metastasiertes Urothelkarzinom ( Tab. 10.22).
Gemcitabin/Cisplatin Indikation: metastasiertes Urothelkarzinom ( Tab. 10.23).
Substanz
Dosierung
Applikation
Cisplatin
70 mg/m2 KOF
Tag 1
Methotrexat+
40 mg/m2 KOF
Tag 8, 15
+ am Folgetag nach MTX-Gabe jeweils um 8 und 14 Uhr 12 mg Folinsäure. Wiederholung nach 21 Tagen.
Tab. 10.22. Chemotherapieprotokoll für Methotrexat, Vinblastin, Doxorubicin (oder Epirubicin), Cisplatin Substanz
Dosierung
Applikation
Methotrexat+
30 mg/m2 KOF
Tag 1, 15, 22
Vinblastin
3 mg/m2 KOF
Tag 2, 15, 22
Carboplatin, Taxol
Doxorubicin*
30 mg/m2 KOF
Tag 2
Indikation: metastasiertes Urothelkarzinom ( Tab. 10.24).
Cisplatin
70 mg/m2 KOF
Tag 2
Mitoxantron
10
Tab. 10.21. Chemotherapieprotokoll für Cisplatin, Methotrexat
Indikation: hormonrefraktäres Prostatakarzinom ( Tab. 10.25).
Docetaxel Indikation: hormonrefraktäres Prostatakarzinom ( Tab. 10.26).
Cisplatin, Methotrexat, Bleomycin
+ Am Folgetag nach MTX-Gabe jeweils um 8 und 14 Uhr 12 mg Folinsäure. * Alternativ Epirubicin 45 mg/m2 KOF Wiederholung nach 28 Tagen.
Tab. 10.23. Chemotherapieprotokoll für Gemcitabin/ Cisplatin Substanz
Dosierung
Applikation
Gemcitabin
1250 mg/2 KOF
Tag 1, 8
Cisplatin
70 mg/m2 KOF
Tag 2
Wiederholung nach 21 Tagen.
Indikation: metastasiertes Peniskarzinom ( Tab. 10.27). Tab. 10.24. Chemotherapieprotokoll für Carboplatin, Taxol
Cisplatin, Etoposid, Bleomycin Indikation: Hodentumoren (alle Nichtseminome, fortgeschrittene Seminome; Tab. 10.28).
Substanz
Dosierung
Applikation
Taxol
175 mg/m2 KOF
Tag 1
Carboplatin
400 mg/m2
Tag 1
KOF
Wiederholung nach 21 Tagen.
Cisplatin, Etoposid, Ifosfamid Indikation: fortgeschrittene Germinalzelltumorstadien, chemotherapierefraktär, Pulmonalinsuffizienz ( Tab. 10.29).
Carboplatin Indikation: Seminom im klinischen Stadium I ( Tab. 10.30).
Tab. 10.25. Chemotherapieprotokoll für Mitoxantron Substanz
Dosierung
Applikation
Mitoxantron
14 mg/m2 KOF (höchste Gesamtdosis 160 mg)
Tag 1
Wiederholung nach 21 Tagen.
151 10.2 · Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Chemotherapie
Tab. 10.26. Chemotherapieprotokoll für Docetaxel Substanz Docetaxel
Dosierung
Applikation
2
75 mg/m KOF
Tag 1
Wiederholung nach 21 Tagen.
Tab. 10.27. Cisplatin, Methotrexat, Bleomycin Substanz
Dosierung
Applikation
Cisplatin
70 mg/m2 KOF
Tag 1
Methotrexat
40 mg/m2 KOF
Tag 8, 16
Bleomycin
30 mg
Tag 8, 16
Wiederholung nach 21 Tagen.
Tab. 10.28. Chemotherapieprotokoll für Cisplatin, Etoposid, Bleomycin Substanz
Dosierung mg/m2
Applikation
Cisplatin
20
Etoposid
100 mg/m2 KOF
Tag 1–5
Bleomycin
30 mg
Tag 1, 9, 16
KOF
Tag 1–5
Wiederholung nach 21 Tagen.
Tab. 10.29. Chemotherapieprotokoll für Cisplatin, Etoposid und Ifosfamid Substanz
Dosierung
Applikation
Cisplatin
20 mg/m2 KOF
Tag 1–5
Etoposid Ifosfamid
2
75 mg/m KOF 2
1200 mg/m KOF
Tag 1–5 Tag 1–5
Wiederholung nach 21 Tagen.
Tab. 10.30. Chemotherapieprotokoll für Carboplatin Monotherapie Substanz
Dosierung
Applikation
Carboplatin
Gemäß AUC, Carbo (mg) = AUCWert x (GFR + 25)
Tag 1
Wiederholung nach 28 Tagen.
10.2.9 Targetspezifische Therapie
Ziel der therapeutischen Überlegungen war es immer, eine möglichst spezifisch gegen den Tumor gerichtete Therapieform zu entwickeln, die es ermöglicht, das Tumorgewebe selektiv zu zerstören. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass eine Reihe von Proteinen gefunden worden sind, die von Tumorgewebe im Vergleich zu Normalgewebe überexprimiert werden. Antikörper, die spezifisch gegen diese Proteine gerichtet sind, könnten ein Ziel für hochselektive Formen der Tumorbehandlung darstellen. Generell muss aber beachtet werden, dass Antikörper insgesamt nur ein geringes Potenzial zur Tumorzellabtötung bieten. So ist bei vielen Patienten der Nachweis von Antikörpern gegen ihren Tumor erbracht worden, ein Einfluss auf den Krankheitsverlauf konnte aber nicht gezeigt werden. Die Möglichkeit der Herstellung großer Mengen hochaffiner, gegen den Tumor gerichteter Antikörper hat zur Applikation von Antikörpern zur Malignombehandlung geführt. So wurden humanisierte Antikörper (Rituximab) gegen das CD20-Molekül, das auf B-Zellen exprimiert wird, und Antikörper gegen den HER-2/neu-Rezeptor (Trastuzumab), der auf epithelialen Tumoren überexprimiert sein kann, zu zuverlässigen Medikamenten in der onkologischen Behandlung. Jeder dieser Antikörper für sich allein kann eine Tumorregression induzieren, und beide scheinen den Effekt einer zytostatischen Chemotherapie überadditiv zu verstärken, wenn die Chemotherapie kurz nach der Antikörpergabe erfolgt. Bei Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom konnte Atkins (2004) durch den gegen den VEGF-Rezeptor gerichteten Antikörper Bevacizumab einen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf nachweisen. Für das Prostatakarzinom scheinen die Tyrosinkinasen einen Angriffspunkt für eine targetspezifische Therapie zu bieten. Untersuchungen von Hofer, Di Lorenzo und Lara zeigten die Expression von PDGF-R, HER-2, c-Kit und EGF-R in 15–60% der Fälle. Durch die Inhibierung des PDGF-Rezeptors durch Glivec wurde von Rao (2005) ein positives Ansprechen des PSA-Wertes beschrieben. Die Expression von H-Ras in 40–80% der Fälle beim Harnblasenkarzinom ist derzeit Anlass zur Durchführung klinischer Studien unter der Fragestellung, ob auch hier durch eine antikörpergestützte Therapie ein positiver Einfluss auf den Krankheitsverlauf zu erzielen ist. Tab. 10.31 zeigt die derzeitigen individuellen Therapieoptionen in Abhängigkeit immunhistochemischer Expressionsanalysen. Ebenfalls wirksam könnte auch die Kopplung von Medikamenten, Toxinen, Isotopen, photodynamischen Substanzen und anderen tumorwirksamen Zusätzen sein.
10
152
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Tab. 10.31. Therapieoptionen nach immunhistochemischer Expressionsanalyse Exprimiertes Protein
Therapeutikum
VEGF-R
Bevacizumab
EGF-R
Iressa, Erbitux
c-Kit
Glivec
PDGF-R
Glivec
HER-2
Trastuzumab
H-Ras
BAY 43-9006
Radiokonjugate wie der 90Yttrium-gekoppelte und gegen das auf Lymphozyten exprimierte CD20-Molekül gerichtete Antikörper Ibritumomab-Tiuxetan (Zevalin) sind bereits zugelassen.
10.3
10
Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Immuntherapie
Chr. Doehn, D. Jocham 10.3.1 Vorbemerkungen und Klassifikationen
Die Nebenwirkungen einer Tumortherapie stellen neben dem Tumoransprechen, der Heilung und der Lebenserwartung einen wichtigen Parameter zur Beurteilung einer onkologischen Behandlung dar. Sie beeinflussen wesentlich die Lebensqualität eines Tumorpatienten. Die Kenntnis von Nebenwirkungen einer Therapie ist Voraussetzung für deren Behandlung und die Entscheidung inwieweit eine Fortführung der Therapie möglich ist. In diesem Kapitel werden Nebenwirkungen einer Immuntherapie des Prostatakarzinoms, Harnblasenkarzinoms und Nierenzellkarzinoms behandelt. Hierbei wird in erster Linie auf eine systemische mittels Antikörpern, Zytokinen, Tyrosinkinase-Inhibitoren, Inhibitoren des »mammalian target of rapamycin« (mTOR), Vakzine sowie intravesikale Therapie mit Bacille Calmette et Guérin (BCG) fokussiert. Es existieren verschiedene Klassifikationen von Nebenwirkungen einer onkologischen Therapie (Seegenschmidt et al. 1999). Hierbei werden klinische Symptome wie auch Laborbefunde bewertet. Die alte WHO-Klassifikation unterscheidet eine Nebenwirkung in mild, moderat und schwer. Demgegenüber unterscheiden die »Common Toxicity Criteria« (CTC) in ihrer zweiten und dritten Version (aus den Jahren 1999 bzw. 2003) zwischen milden,
moderaten, schweren, lebensbedrohlichen und zum Tode führenden Nebenwirkungen (www.ctep.cancer.gov). Eine Übersicht in deutscher Sprache ist auch unter www.onkologie2008.de abrufbar. Im Jahr 2003 wurden die »Common Terminology Criteria for Adverse Events« (CTCAE) eingeführt, die Nebenwirkungen durch Operationen oder Strahlentherapie sowie Langzeitnebenwirkungen stärker berücksichtigen und derzeit in der Version 3.0 aus dem Jahr 2006 verfügbar sind (www.ctep.cancer.gov).
10.3.2 Immuntherapie des Prostatakarzinoms
Die Immuntherapie des Prostatakarzinoms erfolgt derzeit in erster Linie mittels Antikörper, Tyrosinkinase-Inhibitoren oder Vakzineansätzen ( Tab. 10.32).
Antikörpertherapie des Prostatakarzinoms Antikörper sind nicht tumorspezifisch und können deshalb auch mit »normalen« Zellen reagieren. Es werden murine und humane Antikörper unterschieden. Nachteil der erstgenannten ist eine mögliche Induktion von Antikörpern durch den Empfänger mit der Folge der Inaktivierung und auch Gefahr einer anaphylaktischen Reaktion. Um dies zu verhindern, wurden chimäre (33% Humananteil) und humanisierte (90% Humananteil) Antikörper hergestellt. Ziel einer Antikörpertherapie beim Prostatakarzinom ist zumeist der Endothelin-Rezeptor und der endotheliale Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR).
Endothelin-Rezeptor-Antikörpertherapie Endotheline (ET) sind Faktoren, die u. a. den Gefäßtonus, die Schmerzleitung, die Hormonproduktion und die Zellproliferation beeinflussen. Die Endothelinfamilie besteht aus mehreren Isoformen (ET-1, ET-2, ET-3). Atrasentan (Xinlay) ist ein potenter Antagonist des Endothelin-ARezeptors. In einer dreiarmigen Studie wurden 288 Patienten mit einem hormonrefraktären Prostatakarzinom entweder mit Placebo oder mit 2,5 mg bzw. 10 mg Atrasentan (Xinlay) p.o. täglich behandelt (Carducci et al. 2003). In den beiden Atrasentangruppen kam es gegenüber Placebo zu einem häufigeren Auftreten von Kopfschmerzen (20% vs. 10%), Rhinitis (28% vs. 13%), peripheren Ödemen (34% vs. 14%) und Dyspnoe (16% vs. 3%). Die Mehrzahl der Ereignisse wurde jedoch als mild bis moderat eingestuft und konnte »symptomatisch« behandelt werden. Ein Patient musste die Studie aufgrund von Nebenwirkungen abbrechen (Carducci et al. 2003). In einer aktuellen randomisierten Phase-III-Studie wurden 467 von 941 Patienten mit einem nicht metastasierten hormonrefraktären Prostatakarzinom mit 10 mg
153 10.3 · Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Immuntherapie
Tab. 10.32. Neue Immuntherapeutika: Wirkmechanismus, Applikation und typische Nebenwirkungen Immuntherapeutikum
Wirkmechanismus
Applikation
Typische Nebenwirkungen
Atrasentan (Xinlay)
Endothelin-Antikörper
p.o.
Kopfschmerzen, Rhinitis, periphere Ödeme, Dyspnoe
Bevacizumab (Avastin)
VEGF-Antikörper
i.v.
Hypertonus, Proteinurie, Diarrhö
Cetuximab (Erbitux)
EGFR-Antikörper
i.v.
Akne, Fieber, Überempfindlichkeitsreaktionen, Asthenie
Erlotinib (Tarceva)
TKI gegen EGFR
p.o.
Müdigkeit, Diarrhö, Ödem, Hautausschlag
Gefitinib (Iressa)
TKI gegen EGFR
p.o.
Diarrhö, Hautausschlag, trockene Haut, Geschmacksveränderungen
GVAX
Allogene Vakzine
i.d.
Lokaler Juckreiz, Rötung, Schwellung
Imatinib (Glivec)
TKI: c-KIT, PDGFR, Bcr-Abl
p.o.
Müdigkeit, Diarrhö, Gewichtszunahme, Ödem, Hautausschlag, Myalgie
Onyvax-P
Allogene Vakzine
i.d.
Lokaler Juckreiz, Rötung, Schwellung; gastrointestinale Symptome
Panitumumab (Vectibix)
EGFR-Antikörper
i.v.
Hautausschlag, Asthenie, Diarrhö, Übelkeit, Stomatitis
Provenge
Autologe Vakzine
i.v.
Rigor, Fieber, gastrointestinale Symptome
Reniale
Autologe Vakzine
i.d.
Lokaler Juckreiz, Rötung, Schwellung
Sorafenib (Nexavar)
RAF-Kinase-Inhibitor
p.o.
Diarrhö, Hautausschlag, Hand-Fuß-Syndrom, Alopezie, Müdigkeit, Hypertonus, Neuropathie
Sunitinib (Sutent)
TKI gegen VEGF, PDGFR, KIT, FLT3, CSF-1R und RET
p.o.
Müdigkeit, Diarrhö, Stomatitis, Übelkeit, Erbrechen, Lymphopenie, Hautausschlag, Hypertonus
Temsirolimus (Torisel)
mTOR-Inhibitor
i.v.
Akne, Hautausschlag, Stomatitis, Asthenie, Übelkeit
Everolimus (Certican)
mTOR-Inhibitir
p.o.
Stomatitis, Hautausschlag, Müdigkeit, Asthenie, Diarrhö, Pneumonitis
VEGF vascular endothelial growth factor; EGFR endothelial growth factor receptor; TKI Tyrosinkinase-Inhibitor; mTOR mammalian target of rapamycin; p.o. per os; i.v. intravenös; i.d. intradermal
Atrasentan täglich und 474 Patienten mit Placebo behandelt (Nelson et al. 2008). In der Atrasentangruppe kam es bei 26,4% der Patienten zu einem nebenwirkungsbedingten Studienabbruch gegenüber 16,4% in der Placebogruppe. Zu den häufigsten Nebenwirkungen unter Atrasentan (im Gefolge jeweils erstgenannt), die sich statistisch signifikant von den Nebenwirkungen unter Placebo unterschieden, gehörten periphere Ödeme (49,4% vs. 21,1%), nasale Kongestion (39,4% vs. 11,1%), Kopfschmerzen (17,7% vs. 11,3%), Dyspnoe (15,6% vs. 9,6%) und Obstipation (14,5% vs. 21,5%, also unter Placebo häufiger!) (Nelson et al. 2008).
PSMA-Antikörpertherapie Es handelt sich beim PSMA (Prostataspezifisches Membranantigen) um ein Typ-II-Membranprotein, das überwiegend von Prostatazellen exprimiert wird. Der Antikörper J591 bindet an das extrazelluläre Epitop des Moleküls (Nanus et al. 2003). In einer Arbeit von Bander
et al. wurde der Antikörper an 177Lutetium gekoppelt und bei 35 Patienten mit einem hormonrefraktären Prostatakarzinom i.v. verabreicht. Es bestand eine dosislimitierende Myelotoxizität oberhalb einer Dosis von 75 mCi/ m2 (Bander et al. 2005). Neuere Arbeiten sind zu diesem Thema nicht verfügbar.
Tyrosinkinase-Inhibitoren beim Prostatakarzinom Gefitinib Gefitinib (Iressa) ist ein Inhibitor der intrazellulären Tyrosinkinase des EGF-Rezeptors. Hiermit verbunden sind eine Abnahme der Rezeptorphosphorylierung und eine potentielle Hemmung von Tumorzellproliferation, Angiogenese und Metastasierung. In einer randomisierten Phase-II-Studie wurde bei 40 Patienten mit einem metastasierten Prostatakarzinom Gefitinib (Iressa) in einer Dosierung von 250 mg bzw. 500 mg p.o. täglich verabreicht (Canil et al. 2005). Bis auf Müdigkeit waren
10
154
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
alle Nebenwirkungen 1. oder 2. Grades: Diarrhö (56%), Hautausschlag (39%), trockene Haut (33%), Geschmacksstörungen (22%), Anorexie (17%), Übelkeit (17%) und Stomatitis (11%). Es gab keine relevanten Unterschiede zwischen den beiden Dosierungen (Canil et al. 2005). In einer weiteren Studie an 58 Patienten mit einem nicht metastasierten hormonrefraktären Prostatakarzinom gehörten zu den häufigsten Nebenwirkungen Diarrhö (71%), Hautausschlag (57%), trockene Haut (36%), Übelkeit (31%), Akne (24%). Bei 11/58 Patienten wurde die Therapie nebenwirkungsbedingt abgebrochen (Small et al. 2007). In einer randomisierten Phase-II-Studie (Gefitinib plus Prednison versus Placebo plus Prednison) zeigte sich eine deutlich geringere Nebenwirkungsrate (Boccardo et al. 2008). Häufigste Nebenwirkungen waren Diarrhö (21,1%), Abdominalschmerz (15,8%) und Erythem (7,8%).
Imatinib
10
Imatinib (Glivec) ist ein weiterer Inhibitor von Tyrosinkinasen. In einer Phase-II-Studie wurden der Effekt und das Nebenwirkungsprofil bei 21 Patienten mit einem hormonsensiblen Prostatakarzinom und PSA-Anstieg untersucht (Rao et al. 2005). Die Patienten erhielten 2×400 mg Imatinib (Glivec) p.o. täglich. Es zeigten sich eine Neutropenie Grad 4 in 2 Fällen sowie 9 weitere Ereignisse Grad 3 (1×Neutropenie, 1×Tachykardie, 3×Hautausschlag, 1×Diarrhö, 1×Dyspepsie, 1×Hämaturie und 1×Sehstörungen. Es traten 42 Ereignisse Grad 2 (z. B. Müdigkeit und Diarrhö) und 102 Ereignisse Grad 1 (z. B. Müdigkeit und Ödeme) auf (Rao et al. 2005). In einer weiteren Studie an 20 Männern mit PSAAnstieg nach Primärtherapie traten zahlreiche Nebenwirkungen Grad 1–3 auf, die bei 11/20 Patienten zum Therapieabbruch führten (Lin et al. 2006). Die häufigsten Nebenwirkungen waren periorbitales Ödem (80%), Müdigkeit (60%), Hautausschlag (55%) und Diarrhö (40%). Hämatologische Nebenwirkungen betrafen Anämie (80%), Lymphopenie (70%), Leukopenie (50%) und Neutropenie (30%) (Lin et al. 2006). Auch in anderen Studien kam es nebenwirkungsbedingt bei einer relevanten Patientenzahl (z. B. 7/27 Patienten) zum Studienabbruch (Bajaj et al. 2007).
Vakzinetherapie des Prostatakarzinoms Das Prinzip einer Vakzinetherapie von Tumorerkrankungen beruht auf einem Zuführen von (Tumor)antigene(n) mit dem Ziel das Immunsystem zu aktivieren. Eine Vakzinetherapie erscheint beim Prostatakarzinom attraktiv, weil für diesen Tumor verschiedene tumorassoziierte Antigene bekannt sind (Ragde et al. 2004; Swindle et al. 2004). Zu den bekanntesten und wichtigsten gehören das
prostataspezifische Antigen (PSA), die prostatische saure Phosphatase (PAP) und das PSMA.
GVAX Die GVAX-Vakzine wird aus bestrahlten allogenen Prostatakarzinomzellen, die ex vivo mit dem GM-CSF-Gen transfiziert werden, hergestellt. In drei Phase-II-Studien an 41 Patienten mit einem hormonnaiven Prostatakarzinom und 55 Patienten mit einem hormonrefraktären Prostatakarzinom wurde GVAX intradermal verabreicht. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Juckreiz, Rötung und Schwellung an der Injektionsstelle. Es wurde weder eine dosislimitierende Toxizität noch Autoimmunität beobachtet (Simons et al. 2006). Bis 2008 wurde GVAX im Rahmen von zwei Phase-III-Studien bei Patienten mit einem Prostatakarzinom getestet. In der sog. VITAL-1 -Studie wurde die Vakzine alle 2 Wochen intradermal für insgesamt 24 Wochen (entsprechend 13 Impfdosen) verabreicht. Im Vergleichsarm wurde mit Docetaxel und Prednison alle 3 Wochen für 24 Wochen (entsprechend 9 Zyklen) behandelt. Diese Studie wurde aufgrund einer Zwischenanalyse im Oktober 2008 terminiert, weil der primäre Endpunkt als nicht ausreichend sicher erreichbar erschien (www.cellgenesys.com). In einer zweiten randomisierten Studie der Phase III (VITAL-II) wurde eine Kombination aus GVAX und Docetaxel mit Docetaxel und Prednison verglichen. Diese Studie hat im Juli 2005 begonnen und inkludierte Patienten mit einem hormonrefraktären Prostatakarzinom, messbaren Metastasen und tumorassoziierten Schmerzen. Diese Studie wurde wegen einer bis dato unerklärbar höheren Zahl an Todesfällen im Vakzinearm (67 vs. 47 Todesfälle) im August 2008 beendet (www.cellgenesys.com).
Onyvax-P Onyvax-P besteht aus einer Kombination von 3 allogenen Prostatakarzinomzelllinien. Die Vakzine wird zweimal alle 2 Wochen mit BCG als Adjuvans intradermal und anschließend in 4-wöchigen Abständen appliziert (Michael et al. 2005). In einer Phase-I-Studie wurden 60 Patienten mit einem hormonrefraktären Prostatakarzinom behandelt (Eaton et al. 2002). Sechs Patienten hatten grippeähnliche Symptome. Dalgleish et al. berichteten über 26 Patienten mit einem hormonrefraktären Prostatakarzinom ohne Knochenmetastasen. Nebenwirkungen waren von milder Natur und äußerten sich als Hautreaktionen (Rötung, Schwellung, Schmerz, Juckreiz) an der Injektionsstelle, gastrointestinale Beschwerden und grippeähnliche Symptome, die nach 1–2 Tagen wieder verschwanden (Eaton et al. 2002; Dalgleish et al. 2005). Weiterführende Ergebnisse aus Phase-IIB-Studien dürfen in absehbarer Zeit erwartet werden.
155 10.3 · Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Immuntherapie
Provenge Ein anderer Vakzineansatz (Provenge) besteht aus autologen dendritischen Zellen, beladen mit dem Fusionsprotein PA2024 (PAP gebunden an humanes GM-CSF), und wird dreimal i.v. appliziert (alle 2 Wochen). Provenge wurde in einer randomisierten Phase-III-Studie bei 127 Patienten mit einem metastasierten Prostatakarzinom geprüft (Small et al. 2006). Es wurden entweder 3 Vakzinierungen oder ein Placebo alle 2 Wochen i.v. verabreicht. Die Therapie war bei einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 3 Jahren insgesamt gut verträglich. Nebenwirkungen, die in der Vakzinegruppe signifikant häufiger (p<0,05) auftraten, waren Schüttelfrost (59,8% vs. 8,9%), Fieber (29,3% vs. 2,2%), Zittern (9,8% vs. 0%) und grippeähnliche Symptome (8,5% vs. 0%). Alle Nebenwirkungen traten zeitnah zur Infusionsgabe auf und zeigten sich in 70% der Fälle im Grad 1 oder 2. In der Vakzinegruppe traten folgende Grad 3 oder 4 Nebenwirkungen auf: Schüttelfrost (4,9%), Schwächegefühl (3,4%), Fieber (2,4%), Rückenschmerzen (2,4%), Arthralgien (1,2%), Dyspnoe (7,1%), Anämie (2,4%) und Verstopfung (3,4%). 95% der Patienten erhielten alle drei geplanten Infusionsgaben und kein Patient musste die Studie aufgrund von Nebenwirkungen abbrechen (Small et al. 2006). Weiterführende Ergebnisse aus Phase-III-Studien dürfen in absehbarer Zeit erwartet werden.
10.3.3 Immuntherapie des
Harnblasenkarzinoms Intravesikale Gabe von BCG BCG ist ein avirulenter Mycobacterium-bovis-Stamm. Seit den ersten intravesikalen Applikationen vor mehr als 30 Jahren wird BCG heute routinemäßig in der Rezidivprophylaxe des oberflächlichen Harnblasenkarzinoms eingesetzt. Intravesikal verabreichtes BCG adhäriert an der Blasenwand und führt zu einer lokalen Aktivierung verschiedener Zellen des Immunsystems. Die Zytokine Interleukin-2 (IL-2), IL-12 und Interferon-γ (IFN-γ) spielen bei diesem komplexen Vorgang eine wesentliche Rolle.
Standardschema In einem Induktionszyklus werden wöchentlich über insgesamt 6 Wochen je 2×108–3×109 BCG-Bakterien in Lösungsmittel intravesikal appliziert. Die Instillation sollte frühestens 2 Wochen nach Resektion beginnen. Bei einem früheren Beginn steigt das Risiko für Nebenwirkungen, insbesondere für eine Sepsis. Die Katheterisierung sollte möglichst atraumatisch erfolgen. Bei traumatischer Katheterisierung muss die BCG-Instillation um mindestens eine Woche verschoben werden. Der Patient sollte
nach der Instillation körperliche Ruhe einhalten, viel trinken und das Therapeutikum für 2 Stunden in der Blase behalten. Bei der Erhaltungstherapie wird nach den Kriterien der South Western Oncology Group (SWOG) jeweils ein halber Zyklus entsprechend 3 konsekutiven wöchentlichen Instillationen nach 3, 6, 12, 18, 24, 30 und 36 Monaten wiederholt (Lamm et al. 2000). Mit einer Erhaltungstherapie häufen sich lokale, nicht jedoch systemische Nebenwirkungen (Decobert et al. 2008).
Dosismodifikationen und Kombinationstherapien Um die Effektivität von BCG zu steigern oder/und um die Nebenwirkungen zu mildern, wurden verschiedene Ansätze überprüft. Dazu gehören Studien mit reduzierter BCG-Dosis (1/3-1/4-1/6-Dosis, nach Lamm sogar bis zu 1/100-Dosis) oder Kombinationen mit anderen Wirkstoffen. Eine Dosisreduktion ist mit einer deutlichen Abnahme von Nebenwirkungen bei vergleichbarer Wirksamkeit assoziiert. Dies gilt allerdings offenbar nur bis zur 1/3-Dosis. Martinez-Pineiro et al. untersuchten in einer randomisierten Phase-III-Studie die intravesikale Therapie mit einer BCG-Standarddosis versus einer 1/3Dosis bei 155 Patienten mit einem pT1G3-Tumor oder CIS der Harnblase ( Tab. 10.33). In dieser Studie lag die tatsächlich verabreichte Anzahl intravesikaler BCGInstillationen bei 10,5 (Standarddosis) bzw. 11,6 pro Patient (1/3-Dosis) (Martinez-Pineiro et al. 2005). In einer anderen spanischen Studie wurde die 1/3-Dosis mit einer 1/6-Dosis sowie Mitomycin C (MMC) 30 mg intravesikal verglichen (Ojea et al. 2007). Hierbei wurden 430 Patienten mit einem Urothelkarzinom der Harnblase und intermediärem Risiko eingeschlossen. Hinsichtlich der Nebenwirkungen war MMC besser verträglich als BCG. Zwischen der 1/3- und der 1/6-Dosis BCG bestand bezüglich der Nebenwirkungen kein relevanter Unterschied ( Tab. 10.33), so dass vor dem Hintergrund der genannten Studien die 1/3-Dosis einen guten Kompromiss zwischen erhaltener Wirksamkeit bei reduzierten Nebenwirkungen darstellt (Ojea et al. 2007). Ein anderer Ansatz betrifft die Kombination von BCG mit IFN-α (O’Donnell et al. 2004). Insgesamt 490 BCG-naive Patienten mit oberflächlichen Blasentumoren und Patienten mit Tumorrezidiven nach vorheriger BCG-Therapie wurden in einer multizentrischen PhaseII-Studie mit BCG plus IFN-α in 2 Armen behandelt, in denen ein Standard-BCG-Induktionszyklus mit simultanen IFN-Applikationen und dreimalige Erhaltungsgaben (nach 3, 9 und 12 Monaten) appliziert wurden. Beide Behandlungsarme unterschieden sich durch die BCG-Dosis im Induktionszyklus, wobei die BCG-Versager nur 1/3 bis 1/10 der normalen BCG-Dosis erhielten. Moderate
10
156
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Tab. 10.33. Lokale und systemische Nebenwirkungen einer intravesikalen BCG-Therapie in Abhängigkeit zur Dosierung (Standard versus 1/3-Dosis versus 1/6-Dosis).
10
BCG-Standarddosis (n=82) (Martinez-Pineiro et al. 2005)
1/3-BCG-Dosis (n=73) (Martinez-Pineiro et al. 2005)
1/3-BCG-Dosis (n=125) (Ojea et al. 2007)
1/6-BCG-Dosis (n=135) (Ojea et al. 2007)
Keine lokalen Nebenwirkungen
30,5%
52,1%
34,5%
36%
Lokale Nebenwirkungen Grad 1 oder 2
50%
37%
51,4%
56,8%
Lokale Nebenwirkungen Grad 3 oder 4
19,5%
11%
14,1%
7,3%
Keine systemischen Nebenwirkungen
84,1%
94,5%
88,8%
89,2%
Systemische Nebenwirkungen Grad 1 oder 2
15,9%
4,1%
11%
8,6%
Systemische Nebenwirkungen Grad 3 oder 4
0
1,4%
5%
2,2%
Nebenwirkungsbedingter Therapieabbruch
12,2%
9,6%
6%
1%
und schwere Nebenwirkungen waren fast ausschließlich lokal und in der BCG-Versager-Gruppe seltener (2,6%) als in der BCG-naiven Gruppe (5,4%) (O’Donnell et al. 2004). In der Publikation der Endergebnisse an 1007 Patienten, die BCG und IFN-α erhalten haben, wurden Nebenwirkungen leider nicht erwähnt (Joudi et al. 2006). Lokale und systemische Nebenwirkungen einer intravesikalen BCG-Therapie in Abhängigkeit zur Dosierung (Standard versus 1/3-Dosis versus 1/6-Dosis).
Tab. 10.34. Seltene Nebenwirkungen einer intravesikalen BCG-Therapie bei 2602 Patienten (Lamm et al. 1992) Nebenwirkung
Anzahl (%)
Fieber >39,5°C
75 (2,9%)
Hämaturie
24 (1%)
Granulomatöse Prostatitis
23 (0,9%)
Pneumonie/Hepatitis
18 (0,7%)
Kontraindikationen
Arthralgie
12 (0,5%)
Zu den Kontraindikationen einer BCG-Therapie gehören Schwangerschaft und Stillzeit, vorherige Überreaktion auf BCG, parallele immunsuppressive Therapie, Makrohämaturie, Harnwegsinfektion oder unklares Fieber. Patienten mit Aortenaneurysma oder prothetischem Material wie Gefäßprothesen, künstlichen Gelenken, künstlichen Herzklappen oder Herzschrittmacher sollten kein BCG erhalten. Eine entsprechende Infektion ist in Einzelfällen beschreiben, so dass sicherheitshalber eine therapeutische Alternative zum Einsatz kommen sollte.
Epididymitis
10 (0,4%)
Sepsis
10 (0,4%)
Hautausschlag
8 (0,3%)
Harnleiterobstruktion
8 (0,3%)
Schrumpfblase
6 (0,2%)
Nierenabszess
2 (0,1%)
Zytopenie
2 (0,1%)
Therapie lokaler Nebenwirkungen In einer Metaanalyse an 834 BCG-therapierten Patienten aus 6 auswertbaren Studien zeigten sich lokale bzw. systemische Nebenwirkungen bei 44% bzw. 19% der Patienten (Shelley et al. 2003). Diese treten oft nach der zweiten oder dritten Instillation auf und bessern sich nach wenigen Tagen. Ein häufiges Symptom der BCG-Therapie ist ein Temperaturanstieg, der bei etwa 3% der Patienten über 39,5°C beträgt. Bis zu 30% der Patienten zeigen
stärkere Nebenwirkungen, die eine medikamentöse Therapie erforderlich machen. So kommen beispielsweise Anticholinergika (bei irritativen Beschwerden), Antipyretika (bei Fieber) oder nichtsteroidale Antiphlogistika (bei Hautausschlag oder Arthralgie) zum Einsatz. Bei den Antibiotika haben sich Gyrasehemmer als sinnvoll erwiesen. Gyrasehemmer könnten auch prophylaktisch zum Einsatz kommen und somit die Nebenwirkungen abschwächen ( Tab. 10.35).
157 10.3 · Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Immuntherapie
Tab. 10.35. Lokale und systemische Nebenwirkungen einer intravesikalen BCG-Therapie und deren Behandlungsmöglichkeiten. (Nach Witjes et al. 2008) Lokale Nebenwirkungen
Grad
Therapieoptionen
BCG-Zystitis
1
Oxybutinin, Phenazopyridin, Propanthelin, NSAID
2
Oxybutinin, Phenazopyridin, Propanthelin, NSAID, falls Symptome >48 h Therapiepause und spätere Dosisreduktion, evtl. auch Fluorchinolon
Makrohämaturie
1–2
Urinkultur anlegen, Therapiepause, Kathetereinlage und Blasenspülung
Harnblasenkontraktur
≥2
Therapiepause, Hydrodistension, selten Zystektomie
Harnleiterobstruktion
≥2
Meist selbstlimitierend, Tumor als Ursache ausschließen, evtl. perkutane Nephrostomie oder Harnleiterstent
Symptomatische granulomatöse Prostatatitis
>2
Therapiepause, Gyrasehemmer in hoher Dosierung, Isoniazid + Rifampicin + Steroide + Fluorchinolone für 3 Monate
Epididym-Orchitis
>2
Therapiepause, Gyrasehemmer in hoher Dosierung, Isoniazid + Rifampicin für 3 Monate; bei Persistenz Orchiektomie
Systemische Nebenwirkungen
Grad
Therapieoptionen
Unwohlsein, Fieber
1
Evtl. Antipyretika
Persistentes Fieber >38,5°C/>48 h
≥2
Therapieabbruch, sofortige Diagnostik (Mikrobiologe), mindestens zwei antimikrobielle Substanzen (z. B. Gyrasehemmer, Isoniazid, Rifampicin)
Systemische BCG-Reaktion
4
Gyrasehemmer in hoher Dosierung Isonaizid + Rifampicin + Ethambutol für 6 Monate; frühzeitig Steroide in hoher Dosierung bis Asymptomatik; evtl. zusätzliches Antibiotikum gegen Enterokokken und/oder gramnegative Bakterien
Allergische BCG-Reaktion
1–2
Antihistaminika, NSAID, evtl. Therapiepause
3–4
Therapieabbruch, evtl. Isoniazid + Rifampicin + Steroide
NSAID non steroidal anti-inflammatory drugs
Therapie systemischer Nebenwirkungen Systemische Nebenwirkungen wie Pneumonie, Hepatitis oder Sepsis sind selten ( Tab. 10.33 und 10.34). Die BCGTherapie muss dann abgebrochen werden und eine Therapie mit Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol und Prednison vorgenommen werden. Die Therapiedauer beträgt dann 3 Monate ( Tab. 10.35).
10.3.4 Immuntherapie des
Nierenzellkarzinoms Das Nierenzellkarzinom ist einer Immuntherapie zugänglich. Zu den eingesetzten Präparaten gehören in erster Linie Zytokine, Antikörper, Tyrosinkinase-Inhibitoren, mTOR-Inhibitoren und Vakzineansätze ( Tab. 10.32). Bei der Zytokintherapie des Nierenzellkarzinoms kommen vor allem IFN-A sowie IL-2 zum Einsatz. Interferone werden s.c. (gelegentlich auch i.m.) verabreicht. Für das IFN-A
liegt die zugelassene Dosierung bei 18 Millionen Einheiten dreimal wöchentlich. In der Literatur wird die »optimale« Dosierung allerdings nicht selten mit 10 Millionen Einheiten dreimal wöchentlich angegeben (Coppin et al. 2005). IL-2 wird i.v. (als Bolus oder kontinuierlich) oder s.c. verabreicht. Die Wirksamkeit von IL-2 bei verschiedenen Applikationsformen ist gut belegt. Bei gleicher Applikationsform scheint eine höhere Dosierung bessere Therapieergebnisse zu erzielen (Yang et al. 2003). Nebenwirkungen einer Zytokintherapie werden symptomatisch behandelt. Gleichwohl müssen 30% der Patienten die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen unter- oder sogar abbrechen.
Adjuvante Zytokintherapie des nicht metastasierten Nierenzellkarzinoms Mehrere Phase-III-Studien konnten keinen günstigen Effekt auf das progressionsfreie Überleben bei Patienten mit
10
158
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
einem nicht metastasierten Nierenzellkarzinom nach radikaler Nephrektomie nachweisen (Pizzocaro et al. 2001; Clark et al. 2003; Messing et al. 2003; Atzpodien et al. 2005). In zwei Studien wurde IFN-α jeweils i.m. verabreicht. Bei 26% bzw. 30% musste die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen unter- oder abgebrochen werden (Pizzocaro et al. 2001; Messing et al. 2003). Clark et al. untersuchten den Effekt einer Hochdosistherapie mit IL-2 (versus unbehandelter Kontrolle) nach operativer Therapie des lokal fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms bei 69 Patienten (Clark et al. 2003). Eine Toxizität Grad 3 oder 4 wurde bei 88% der Patienten beobachtet: Hypotension (52%), Übelkeit oder Erbrechen oder Diarrhö (27%), Elektrolytverschiebungen wie Hypophosphatämie oder Hyponatriämie oder Hypokalziämie oder Hyperkaliämie (27%), Anorexie oder Müdigkeit oder Fieber (18%), Harnstoff- oder Kreatininanstieg (15%), Bilirubinanstieg (15%), Anämie oder Thrombozytopenie (12%), Lymphopenie (12%), kardiale Symptome wie Rhythmusstörungen (9%) und zentralnervöse Nebenwirkungen (9%) (Clark et al. 2003). In der Arbeit von Atzpodien et al. zur adjuvanten Therapie mittels IL-2, IFN-A und 5-FU werden keine Aussagen zu den Nebenwirkungen getätigt (Atzpodien et al. 2005).
10 Zytokintherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms In den letzten Jahren ist die Zytokintherapie des Nierenzellkarzinoms in den Hintergrund getreten. Aus diesem Grund werden die verschiedenen Kombinationen (insbesondere die klinisch nicht mehr relevanten Kombinationspartner wie 13-cis Retinolsäure) nunmehr deutlich verkürzt dargestellt. IFN-α-2a s.c. versus IL-2 i.v. versus IFN-α-2a s.c. plus IL-2 i.v. Negrier et al. randomisierten 425 Patienten mit einem metastasierten Nierenzellkarzinom in einen von drei Studienarmen: IFN-α-2a s.c. versus IL-2 i.v. versus IFN-α-2a s.c. plus IL-2 i.v. (Negrier et al. 1998). Patienten, die mit IL-2 behandelt wurden, erhielten einen zentralen Venenkatheter, ein Antibiotikum, Acetaminophen (1 g alle 4 h) und, falls nicht ausreichend, zur Fiebersenkung zusätzlich Indomethacin (25 mg alle 6 h). Cimetidin oder Misoprostol wurde zur Ulkusprophylaxe eingesetzt und Diphenhydramin gegen Juckreiz sowie Medikamente (nicht spezifiziert) gegen Diarrhö. Im Bedarfsfall wurden Antiemetika, Anxiolytika und Sedativa (jeweils nicht weiter spezifiziert) verabreicht. Eine Hypotension wurde zunächst mittels kolloidaler Lösungen und anschließend mit einem Vasopressor (meist Dopamin) behandelt. Die Nebenwirkungen wurden nach der WHO-Einteilung klassi-
fiziert. Die Therapie wurde bei Auftreten einer Hypotonie trotz Flüssigkeitszufuhr und Gabe von Vasopressoren oder Auftreten einer Toxizität Grad 3 oder 4 unterbrochen. Bei schweren persistenten oder lebensbedrohlichen Nebenwirkungen wurde die Therapie abgebrochen. In anderen Fällen wurde die Therapie nach Normalisierung (definiert als Grad 1 oder besser) in geplanter Dosierung fortgeführt. Eine Dosisreduktion erfolgte bei Wiederauftreten einer Grad-3- oder mehr Toxizität. Nebenwirkungen Grad 3 oder 4 sind in Tab. 10.36 dargestellt. IL-2 wurde in den ersten 10 Wochen bei 39% der Patienten entweder reduziert verabreicht oder abgesetzt. IFN-α-2a wurde bei 14% in Arm A und 28% in Arm C reduziert verabreicht oder abgesetzt (Negrier et al. 1998). IL-2-Hochdosis i.v. versus IL-2-Niedrigdosis i.v. versus IL-2-Niedrigdosis s.c. In einer dreiarmigen Studie von Yang et al. wurde IL-2 bei 283 Patienten mit einem metastasierten Nierenzellkarzinom verabreicht (Yang et al. 2003a). Nebenwirkungen sind in Tab. 10.37 aufgeführt. Es gab keine therapiebedingten Todesfälle.
Vakzinetherapie des Nierenzellkarzinoms In einer Studie der Phase III wurden an 55 deutschen Prüfzentren insgesamt 558 Patienten innerhalb von 20 Monaten (1997–1998) eingeschlossen (Jocham et al. 2004). Die Patienten der Vakzinegruppe erhielten 6 intradermale Applikationen einer autologen Tumorzellvakzine (Reniale) in 4-wöchigen Abständen einen Monat postoperativ beginnend. Lediglich bei etwa 1% der Patienten traten unerwünschte Ereignisse auf. Hierbei handelte es sich um Juckreiz oder Hautrötungen von geringem oder mittlerem Schweregrad (WHO Grad 1 und 2; Jocham et al. 2004). Die meisten Arbeiten zu Vakzinetherapien beim Nierenzellkarzinom wurden allerdings bei Patienten mit Metastasen vorgenommen (Doehn et al. 2004). Hierzu gehören DNS-basierte Vakzine, peptid- oder proteinbasierte Vakzine oder Antigen-gepulste dendritische Zellvakzinen. Ferner wurden Vakzineansätze vorgestellt, die transfiziert waren, um Zytokine (z.B. GM-CSF, IL-2, IL-12, IFN-γ, TNF-α) oder andere immunstimulatorische Moleküle (z. B. B7-1) zu sezernieren. Als Adjuvanzien wurden spezifische Zytokine (z. B. GM-CSF), Fremdproteine (z. B. Tetanustoxoid, KLH), Bakterien oder Viren (BCG, Corynebacterium parvum, Newcastle-diseaseVirus) und spezifische Helferproteine eingesetzt, um die Immunogenität der Tumorzellen zu erhöhen. Bei geringer Effektivität war das Nebenwirkungsprofil in diesen Studien prinzipiell günstig. Die Nebenwirkungen waren in erster Linie auf die adjuvant verabreichten Substanzen zurückzuführen (Doehn et al. 2004).
159 10.3 · Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Immuntherapie
Tab. 10.36. IFN-α s.c. versus IL-2 i.v. versus IFN- α s.c. plus IL-2 i.v.: Nebenwirkungen Grad 3 und 4 (Negrier et al. 1998) Nebenwirkung
IFN-α s.c. (n=147)
IL-2 i.v. (n=138)
IFN-α s.c. plus IL-2 i.v. (n=140)
Hypotension (resistent für Vasopressoren)
1%
68%
67%
Fieber
5%
43%
56%
Konstitutionell
5%
36%
38%
Übelkeit oder Erbrechen
5%
34%
31%
Diarrhö
1%
28%
25%
Anämie
6%
17%
16%
Pulmonale Symptome
7%
16%
15%
Renale Symptome
0
15%
16%
Neurologische Symptome
1%
12%
14%
Transaminasenanstieg
3%
11%
11%
Hautsymptome
0
10%
14%
Kardiale Symptome
1%
12%
6%
Infektion
1%
8%
9%
Thrombozytopenie
0
4%
7%
Kreatininanstieg
0
4%
5%
Gewichtsverlust
4%
2%
1%
Leukopenie
1%
1%
2%
Bilirubinanstieg
0
1%
2%
Tab. 10.37. IL-2 Hochdosis (HD) i.v. versus IL-2 Niedrigdosis (ND) i.v. versus IL-2 s.c.: Nebenwirkungen Grad 3 und 4 (Yang et al. 2003) Nebenwirkung Grad 3 und 4
IL-2 HD i.v. (n=285 Zyklen)
IL-2 ND i.v. (n=272 Zyklen)
IL-2 s.c. (n=181 Zyklen)
Thrombozytopenie
9,2%
1,5%
0
Bilirubinanstieg
3,2%
0,7%
0
Transaminasenerhöhung
3,2%
0,7%
0,6%
Übelkeit und Erbrechen
13,4%
8,5%
3.3%
Diarrhö
9,2%
3,7%
1,7%
Periphere Ödeme
0,4%
2,6%
0
Kreatininanstieg (≥8 mg/dl)
1,1%
2,6%
0,6%
Oligurie (≤80 ml/8 h)
12%
7,7%
1,1%
Pulmonale Symptome
4,2%
1,1%
0
Schüttelfrost
20,5%
9,9%
9,4%
Infektion
2,8%
2,6%
1,1%
Herzrhythmusstörungen
4,2%
1,5%
0
Hypotension
36,4%
2,9%
0
Bewusstseinsstörungen
2,5%
2,6%
1,7%
Orientierungsstörungen
10,2%
3,7%
0
10
160
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Die amerikanische Firma Antigenics hat im Jahr 2001 eine Phase-III-Studie zur adjuvanten Therapie des Nierenzellkarzinoms mittels einer autologen Hitzeschockproteinvakzine (HSPPC-96, Oncophage) nach Nephrektomie versus alleiniger Nephrektomie initiiert (Wood et al. 2008). Das rezidivfreie Überleben (primärer Endpunkt) lag bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 1,9 Jahren bei 75% in der Vakzinegruppe und 72,7% in der Vergleichsgruppe (p=0,390). Somit wurde der primäre Studienendpunkt nicht erreicht. Das Gesamtüberleben lag bei einer zusätzlichen Nachbeobachtungszeit von 17 Monaten bei 87,7% (Vakzinegruppe) gegenüber 86,8% in der Vergleichsgruppe (p=0,586). Lokale Nebenwirkungen waren häufig. Allerdings traten keine Grad-3- oder -4-Nebenwirkungen auf. Zwar wurde die Therapie bei 6% der Patienten der Vakzinegruppe abgebrochen, allerdings nur bei 0,9% wegen therapiebedingter Nebenwirkungen (Wood et al. 2008).
Multikinase-Inhibitoren
10
Die gegen verschiedene Signalwege wie VEGF, EGFR und mTOR gerichteten Substanzen wie Sunitinib, Sorafenib, Temsirolimus und Bevacizumab sind sowohl im Erstlinienansatz als auch Zweitlinienansatz aktiv und zeigen höhere Ansprechraten als eine Therapie mit Interferon-α. Aufgrund der mittlerweile erfolgten Zulassung der genannten Substanzen, bekommen Kriterien wie Erstlinien- bzw. Zweitlinientherapie, Prognosegruppen, Kombinationsmöglichkeiten der Substanzen sowie Nebenwirkungen, Lebensqualität, Applikationsart und Therapiekosten eine besondere Bedeutung. Die Gegenüberstellung der verschiedenen Studienergebnisse hinsichtlich der Nebenwirkungen soll hierbei – auch wenn streng wissenschaftlich genommen nicht ganz korrekt – die Übersichtlichkeit vereinfachen ( Tab. 10.38).
Sorafenib Sorafenib (Nexavar) ist ein Inhibitor von Serin- und Thyroininkinasen sowie Rezeptor-Tyrosinkinasen. Das Präparat wurde 2005 von der FDA und 2006 von der EMEA für die Zweitlinientherapie (also Versagen einer Zytokintherapie) bzw. für Patienten, die eine Zytokintherapie nicht tolerieren, zugelassen. Sorafenib (Nexavar) wird in einer Dosierung von 2×400 mg täglich oral verabreicht. Die Nebenwirkungen, wie sie in einer Phase-III-Studie bei Patienten mit einem metastasierten Nierenzellkarzinom in der Zweitlinientherapie aufgetreten sind, sind in Tab. 10.38 wiedergegeben (Escudier et al. 2007a). Neben den genannten Nebenwirkungen trat laut Packungsbeilage eine kardiale Ischämie mit 2,9% deutlich häufiger als
unter Placebo (0,4%) auf. Im Falle einer Dosisreduktion kann auf 600 mg (400 mg und 200 mg) bzw. 400 mg (2×200 mg) täglich reduziert werden. Behandlungsmöglichkeiten typischer Nebenwirkungen sind in Tab. 10.39 bis 10.41 aufgeführt.
Sunitinib Sunitinib (Sutent) ist ein Multikinase-Inhibitor, der oral verabreicht wird. Das Präparat wurde 2006 von der FDA und der EMEA für die Zweitlinientherapie des Nierenzellkarzinoms zugelassen. Sunitinib (Sutent) wird in einer Dosierung von 1×50 mg oral täglich verabreicht (4 Wochen Therapie gefolgt von 2 Wochen Pause). Eine Dosisreduktion auf 1×37,5 mg täglich ist beschrieben. In einer Phase-III-Studie wurde Sunitinib bei Patienten mit einem metastasierten klarzelligen Nierenzellkarzinom gegen Interferon-α getestet (Motzer et al. 2007). Die medikamentöse Therapie bestand entweder in einer Verabreichung von 50 mg Sunitinib p.o. täglich für 4 Wochen gefolgt von einer zweiwöchigen Pause oder Interferon-α in einer Dosierung von 3×9 Millionen Einheiten s.c. wöchentlich. Zu den Nebenwirkungen gehören insbesondere Diarrhö, Müdigkeit, Hautreaktionen und Myelosuppression. Die Grad-3- und -4-Nebenwirkungen der beiden Therapiearme sind in Tab. 10.38 wiedergegeben (Motzer et al. 2007). Im Falle einer Dosisreduktion kann diese in 12,5-mg-Schritten erfolgen. Behandlungsmöglichkeiten typischer Nebenwirkungen sind in Tab. 10.39 bis 10.41 aufgeführt.
mTOR-Inhibitoren Temsirolimus Temsirolimus (Torisel) ist ein Inhibitor der mTOR-Kinase. In einer randomisierten Phase-III-Studie wurde das Präparat bei 626 Patienten mit schlechter Prognose nach Motzer (erwartetes medianes Überleben ist 4,9 Monate) im Erstlinienansatz untersucht (Hudes et al. 2007). In dieser dreiarmigen Studie wurde Interferon-α allein (3×18 Millionen Einheiten wöchentlich s.c.) mit Temsirolimus plus Interferon- α (1×15 mg wöchentlich i.v. bzw. 3×6 Millionen Einheiten wöchentlich s.c.) bzw. Temsirolimus (1×25 mg wöchentlich i.v.) allein verglichen. Aufgrund der Ergebnisse zum progressionsfreien Überleben und Gesamtüberleben hat sich Temsirolimus in einer Dosierung von 1×25 mg wöchentlich i.v. durchgesetzt. Typische Nebenwirkungen sind Asthenie, Hautreaktionen, Hyperlipidämie sowie Anämie. Die Grad 3 und 4 Nebenwirkungen der beiden Monotherapiearme sind in Tab. 10.38 wiedergegeben (Hudes et al. 2007). Behandlungsmöglichkeiten typischer Nebenwirkungen sind in Tab. 10.39 bis 10.41 aufgeführt.
10
161 10.3 · Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Immuntherapie
Tab. 10.38. Nebenwirkungen Grad 3 und 4 einer Erstlinientherapie mit Sunitinib versus Interferon-α, einer Erstlinientherapie mit Temsirolimus versus Interferon-α, einer Erstlinientherapie mit Bevacizumab plus Interferon-α versus Plazebo plus Interferon-α sowie einer Zweitlinientherapie mit Sorafenib versus Plazebo (jeweils Phase-III-Studien) Nebenwirkungen Grad 3 und 4
Sunitinib vs. Interferon-α (Motzer et al. 2007)
Temsirolimus vs. Interferon-α* (Hudes et al. 2007)
Bevacizumab plus Interferon-α vs. Placebo + Interferon-α (Escudier et al. 2007ª)
Sorafenib vs. Placebo (Escudier et al. 2007b)
Sunitinib (n=375)
Temsirolimus (n=209)
Interferon-α (n=207)
Bevacizumab + Interferon-α (n=327)
Plazebo + Interferon-α (n=322)
Sorafenib (n=451)
Interferon-α (n=375)
Placebo (n=452)
Hypertonus (%)
8
1
k.A.
k.A.
3
<1
4
<1
Asthenie (%)
4
4
11
26
10
7
k.A.
k.A.
Müdigkeit (%)
7
12
k.A.
k.A.
12
8
5
4
Anorexie (%)
k.A.
k.A.
3
4
3
3
k.A.
k.A.
Diarrhö (%)
5
0
1
2
2
<1
2
1
Erbrechen (%)
4
1
2
2
k.A.
k.A.
1
1
Übelkeit (%)
3
1
2
4
k.A.
k.A.
<1
1
Obstipation (%)
k.A.
k.A.
0
1
k.A.
k.A.
1
1
Stomatitis (%)
1
1
1
0
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
Hand-Fuß-Syndrom (%)
5
0
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
6
0
Tumorschmerz (%)
k.A.
k.A.
5
2
k.A.
k.A.
3
2
Abdominalschmerz (%)
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
2
2
Knochenschmerz (%)
k.A.
k.A.
3
4
k.A.
k.A.
1
3
Kopfschmerzen (%)
1
0
1
0
2
1
<1
<1
Depression (%)
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
3
1
k.A.
k.A.
Dyspnoe (%)
k.A.
k.A.
9
6
<1
2
4
2
Husten (%)
k.A.
k.A.
1
0
k.A.
k.A.
<1
<1
Grippesymptome (%)
0
1
k.A.
k.A.
3
2
k.A.
k.A.
Fieber (%)
1
0
1
4
3
<1
k.A.
k.A.
Blutung (%)
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
3
<1
k.A.
k.A.
Proteinurie (%)
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
7
0
k.A.
k.A.
Anämie (%)
4
5
20
22
3
6
3
4
Leukopenie (%)
5
2
1
5
k.A.
k.A.
3
1
Lymphopenie (%)
12
22
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
13
7
Neutropenie (%)
12
7
3
7
4
2
5
2
Thrombozytopenie (%)
8
0
1
0
2
<1
k.A.
k.A.
Verlängerte INR (%)
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
5
7
Lipaseerhöhung (%)
16
6
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
12
7
Amylaseerhöhung (%)
5
3
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
1
3
Hypophosphatämie (%)
5
6
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
13
3
Hyponatriämie (%)
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
6
5
Hyperglykämie (%)
k.A.
k.A.
11
2
k.A.
k.A.
3
5
Hyperkaliämie (%)
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
5
3
Hyperkalziämie (%)
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
1
3
Hypokalziämie (%)
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
3
<1
Hyperurikämie (%)
12
8
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
Hyperbilirubinämie (%)
1
0
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
Transaminasenerhöhung (%)
5
4
1
4
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A. keine Angabe *auf die Darstellung des dritten Studienarmes (Temsirolimus plus Interferon-α ) wurden wegen fehlender klinischer Relevanz verzichtet
162
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Tab. 10.39. Therapiemanagement hämatologischer Nebenwirkungen unter Sorafenib, Sunitinib, Temsirolimus und Bevacizumab. (Nach Bhojani et al. 2008) Parameter
Monitoring
Therapie
Anämie
Blutbildkontrolle in den ersten 2 Monaten alle 2 Wochen, danach alle 4 Wochen
Erythropoetin bei Hb <10 g/dl; Transfusion bei Hb <8 g/dl
Kontrolle von TSH, T3/4
Bei Hypothyreose Levothyroxin (Dosierung in Abhängigkeit kardialer Begleiterkrankungen)
Neutropenie
Blutbildkontrolle 1–2× wöchentlich
Neutrophile Granulozyten <1,4/nl: Infektionsprophylaxe, Dosisreduktion, Therapieunterbrechung
Lymphopenie
Blutbildkontrolle 1–2× wöchentlich
Keine
Thrombozytopenie
Blutbildkontrolle 1–2× wöchentlich
Vermeidung von Verletzungen, Vermeidung von Thrombozytenaggregationshemmern, Dosisreduktion, Therapieunterbrechung
Tab. 10.40. Therapiemanagement gastrointestinaler Nebenwirkungen unter Sorafenib, Sunitinib, Temsirolimus und Bevacizumab. (Nach Bhojani et al. 2008)
10
Parameter
Supportive Maßnahmen
Medikation
Diarrhö
Vermeidung von übermäßig gewürzter oder fetter Nahrung und Koffein; Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution
Loperamid; Cholestyramin
Übelkeit/Erbrechen
Kleine Mahlzeiten; viel Trinken
Antiemetika
Dyspepsie
Keine Mahlzeiten vor dem Schlafen; Vermeidung von übermäßig gewürzter oder fetter Nahrung, Alkohol und Koffein
Antazida, H2-Blocker, Protonenpumpeninhibitoren
Anorexie
Keine
Megestrolazetat
Tab. 10.41. Therapiemanagement kutaner Nebenwirkungen unter Sorafenib, Sunitinib, Temsirolimus und Bevacizumab. (Nach Bhojani et al. 2008) Parameter
Supportive Maßnahmen
Medikation
Hautausschlag/ Epitheliolyse
Weite Kleidung; Vermeidung von Sonnenlicht und alkoholhaltigen Lotionen
− Grad 1–2: 1% Hydrokortisoncreme und/oder topische Harnstofftherapie − Grad 3: Prednison 2 Tage 25 mg/Tag, danach 10 mg/Tag − Grad 4: dermatologisches Fachkonsil
Hand-Fuß-Syndrom
Tragen dicker Handschuhe und Socken aus Wolle, heißes Wasser vermeiden
Melkfett; Kortikosteroide sind ohne nachgewiesene Wirkung; bei Grad-3-Toxizität Dosisreduktion oder -verzögerung
Mukositis/Stomatitis
Übliche Mundhygiene; Mundspülung; Vermeidung von übermäßigem Kauen
Ohne Pilzinfektion: Lidocainlösungen; mit Pilzinfektion: Fluconazol oder Clotrimazol
Juckreiz
Hautpflege; Vermeidung von Kratzen; Luftbefeuchtung und kühle Atmosphäre; Kein heißes Duschen; Verwendung milder Seife
Medikamente gegen Juckreiz (z. B. Benzocain, Dexpanthenol); H1-Blocker
Everolimus Everolimus (Certican) ist ein oral zu verabreichender mTOR-Inhibitor. In einer randomisierten Studie der Phase-III wurde Everolimus (1×10 mg täglich p.o.) mit Placebo in der Zweitlinientherapie des Nierenzellkarzi-
noms an 410 Patienten untersucht (Motzer et al. 2008). Grad-3- und -4-Nebenwirkungen von Everolimus (versus Placebo) waren Lymphopenie (15% vs. 5%), Hyperglykämie (12% vs. 1%), Anämie (9% vs. 5%) und Hypophosphatämie (4% vs. 0%). Stomatitis, Hautausschlag,
163 10.3 · Prophylaxe und Therapie von Komplikationen der Immuntherapie
Müdigkeit, Asthenie, Diarrhö und Pneumonitis traten in verschiedenen Schweregraden auf (Motzer et al. 2008). Das Präparat befindet sich derzeit im Zulassungsverfahren für die Zweitlinientherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms.
Monoklonale Antikörper gegen VEGF Bevacizumab Die Mehrzahl der klarzelligen Nierenzellkarzinome sind Folge eines Verlustes des von Hippel-Lindau (VHL) Tumorsuppressorgens. Eine Konsequenz besteht in der Hochregulation des Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF). In einer randomisierten Studie der PhaseIII wurde Bevacizumab (Avastin) in Kombination mit Interferon-α (10 mg/kg KG i.v. alle 2 Wochen bzw. 3×9 Mio. E pro Woche) gegenüber Placebo plus Interferon-α verglichen (Escudier et al. 2007b). Diese Kombination ist seitens der FDA und EMEA seit 2007 zur Therapie des Nierenzellkarzinoms zugelassen. An Grad-3- und -4-Nebenwirkungen traten Proteinurie (7% vs. 0%), Hypertonus (3% vs. <1%) und Blutung (3% vs. <1%) häufiger in der Bevacizumabgruppe auf ( Tab. 10.38). Weitere relevante Grad-3- und -4-Ereignisse in der Bevacizumabgruppe waren vier gastrointestinale Perforationen (1% vs. 0%) und 10 thrombembolische Ereignisse (3% vs. <1%). Es traten 8 Todesfälle (2%) in Zusammenhang mit unerwarteten Ereignissen bei Patienten auf, die Bevacizumab erhielten und 7 (2%) in der Placebogruppe. In beiden Gruppen waren die bekannten Interferon-assoziierten Nebenwirkungen am häufigsten vertreten (alle Grade): Fieber (45% vs. 43%), Blutungen (33% vs. 9%), Müdigkeit (33% vs. 27%), Asthenie (32% vs. 28%), Neutropenie (7% vs. 7%). Nebenwirkungen Grad 3 oder 4 sind in Tab. 10.38 dargestellt. Behandlungsmöglichkeiten typischer Nebenwirkungen sind in Tab. 10.39 bis 10.41 aufgeführt.
Monoklonale Antikörper gegen EGFR Rowinsky et al. führten bei 88 Patienten mit einem metastasierten Nierenzellkarzinom eine Zweitlinientherapie mit dem humanen monoklonalen Antikörper Panitumumab durch. Die Therapie erfolgte unter Verwendung verschiedener Dosierungen (1–2,5 mg/kg KG 1×wöchentlich i.v.). Von 76 getesteten Patienten war der Tumor immunhistologisch bei 91% positiv (Rowinsky et al. 2004). Die häufigste Nebenwirkung war ein Hautausschlag, der je nach Dosierung bei 68% bis 100% der Patienten auftrat. Diese Nebenwirkung war jedoch nicht dosislimitierend. Interessanterweise konnte eine Korrelation zwischen dem Auftreten von Hautreaktionen und
dem progressionsfreien Intervall beobachtet werden (Rowinsky et al. 2004). Motzer et al. therapierten im Rahmen einer PhaseII-Studie 55 Patienten mit einem metastasierten Nierenzellkarzinom mit dem EGFR-Antikörper Cetuximab (Erbitux) (Motzer et al. 2003). Die Patienten wurden nach einer Initialdosis (400 oder 500 mg/m2) mit einer wöchentlichen Gabe von 250 mg/m2 i.v. therapiert. Als Nebenwirkungen traten Akne (57%), Hautausschlag (44%), Fieber (35%) und Asthenie (31%) auf. In 22 Fällen trat eine Toxizität Grad 3 oder 4 auf. Die Autoren schlussfolgerten, dass die erzielten Ergebnisse hinsichtlich Effektivität keine Monotherapie mittels Cetuximab rechtfertigen würden (Motzer et al. 2003).
Kombinationstherapien und Sequenztherapien Kombinationstherapien werden bereits bei Bevacizumab plus Interferon-A und Sorafenib plus Interferon-α (unter Studienbedingungen) realisiert. Temsirolimus bzw. Sunitinib haben sich nicht als sinnvoll hinsichtlich einer Kombination mit Interferon-α erwiesen. Kombinationen von Sunitinib mit Temsirolimus oder mit Bevacizumab zeigen ebenfalls erhöhte Nebenwirkungsraten. Demgegenüber scheinen Kombinationen von Temsirolimus mit Sorafenib, Bevacizumab mit Temsirolimus bzw. Bevacizumab mit Sorafenib ein günstigeres Nebenwirkungsprofil (bei möglicherweise bestehender Notwendigkeit einer Dosisreduktion) zu besitzen. Derzeit aktive Studien müssen zur endgültigen Beurteilung der Nebenwirkungen von Kombinationstherapien und Sequenztherapien abgewartet werden. Zusammenfassende Bewertung Die Immuntherapie von Prostatakarzinom, Harnblasenkarzinom und Nierenzellkarzinom erfolgt in erster Linie mittels Antikörpern, Zytokinen, Tyrosinkinase-Inhibitoren, mTOR-Inhibitoren, Vakzine sowie mittels intravesikaler Therapie mit BCG. Neben Fieber, Müdigkeit und Abgeschlagenheit treten vor allem gastroenterologische, dermatologische und hämatologische Nebenwirkungen auf. Klinisch weniger fassbar ist die Bildung von Antikörpern gegen ein Immuntherapeutikum. Die derzeit zur Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms zugelassenen Substanzen haben teilweise spezifische und klinisch relevante Nebenwirkungen, die oftmals symptomorientiert beherrscht werden können. Erst bei Auftreten höhergradiger Nebenwirkungen oder bei Versagen der symptomorientierten Therapie wird eine Dosisreduktion oder ein Aussetzen der Therapie vorgenommen.
10
164
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Literatur Literatur 10.1 Astrinidis A, Henske EP (2005) Tuberous sclerosis complex: linking growth and energy signaling pathways with human disease. Oncogene 24(50): 7475–81 Hilger RA, Scheulen ME, Strumberg, D (2002) The Ras-Raf-MEK-ERK pathway in the treatment of cancer. Onkologie 25: 511–518 Meiler J, Schuler M (2006) Therapeutic targeting of apoptotic pathways in cancer. Curr Drug Targets 7: 1361–1369 Weis SM, Cheresh DA (2005) Pathophysiological consequences of VEGF-induced vascular permeability. Nature 437: 497–504 Wilhelm SM, Carter C, Tang L, Wilkie D, McNabola A, Rong, H (2004) BAY 43-9006 exhibits broad spectrum oral antitumor activity and targets the RAF/MEK/ERK pathway and receptor tyrosine kinases involved in tumor progression and angiogenesis. Cancer Res 64: 7099–7109
Literatur zu Kap. 10.2
10
Aapro M (2005) Optimising antiemetic therapy: what are the problems and how can they be overcome? Curr Med Res Opin 21 (6): 885–897 Atkins MB, Hidalgo M, Stadler WM, Logan TF, Dutcher JP, Hudes GR, Park Y, Liou SH, Marshall B, Boni JP, Dukart G, Sherman ML (2004) Randomized phase II study of multiple dose levels of CCI-779, a novel mammalian target of rapamycin kinase inhibitor, in patients with advanced refractory renal cell carcinoma. J Clin Oncol 22 (5): 909–918 Barth J, Kloke M (2003) Paravasation bei Zytostatika. In: Seeber S, Schütte J (Hrsg) Therapiekonzepte Onkologie, 4. Aufl. Springer 2003, Berlin Heidelberg New York Tokio, S 1708–1715 Basser RL, Green MD (1994) Pulmonary toxicities. In: Kirkwood JM, Lotze MT, Yasko JM (eds). Current cancer therapeutics. Current Medicine, Philadelphia, pp 272–278 Bellone JD (1981) Treatment of vincristin extravasation. JAMA 245: 343 Billingham ME, Mason GW, Bristow MR et al. (1978) Anthracycline cardiomyopathy monitored by morphological changes. Cancer Treat Pep 62: 865–872 Bokemeyer C, Oechsle K, Hartmann JT, Schoffski P, Schleucher N, Metzner B, Schleicher J, Kanz L. (2002) Treatment-induced anaemia and ist potential clinical impact in patients receiving sequential high dose chemotherapy for metastatic testicular cancer. Br J Cancer 87 (10): 1066–1071 Bokemeyer C, Schmoll HJ, Polivoda H (1994) Sekundäre Leukämien nach Etoposid-haltiger Chamotherapie. Dtsch Med Wochenschr 119: 707–713 Bowyer GW, Davies TW (1987) Methotrexate toxicity associated with an ileal conduit. Br J Urol 60: 592 Bristow MR, Thompson PD, Martin RP, Mason JW, Billingham ME, Hassison D (1978) Early anthracycline cardiotoxicity. Am J Med 65: 823–832 Bronchud MH, Scarffe JH, Thatcher N (1988) Phase I/II study of recombinant human granulocyte colonystimulating factor in patients receiving intensive chemotherapy for small cell lung cancer recombinant human granulocyte-macrophage colonystimulating factor in AIDS (letter). N Eng J Med 318: 579 Bronner A, Hood A (1983) Cutaneous complications of chemotherapeutic agents. J Am Acad Dermatol 9: 646–666 Canon JL (2005) Final Results of a Randomized, Double-Blind, ActiveControlled Trial of Darbepoetin alfa Administered Once Every 3 Weeks (Q3 W) for the Treatment of Anemia in Patients Receiving Multicycle Chemotherapy. Proc ASCO 23: 8284
Carmichael DJS (1992) Handling of drugs in kidney disease. In: Cameron S, Davison AM, Grünfeld JP, Kerr D, Ritz E (eds) Oxford textbook of clinical nephrology. Univ Press Oxford, pp 175–196 Cooper JAD Jr, White DA, Matthay RA (1986) Drug-induced pulmonary disease. Part 1: Cytotoxic drugs. Am Rev Respir Dis 133: 321–340 De Wit R, Herrstedt J, Rapoport B, Carides AD, Carides G, Elmer M, Schmidt C, Evans JK, Horgan KJ (2003) Addition of the oral NK1 antagonist aprpitant to standard antiemetics provides protection against nausea and vomiting during multiple cycles of cisplatinbased chemotherapy. J Clin Oncol 21(22): 4105–11 Di Lorenzo G, Autorino R, DArmiento FP, Mignogna C, De Laurentiis M, De Sio M, Darmiento M, Damiano R, Vecchio G, De Placido S (2004) Expression of proto-oncogene c-kit in high risk prostate cancer. Eur J Surg Oncol 30(9): 987–92 Di Lorenzo G, Autorino R, De Laurentiis M, Cindolo L, DArmiento M, Bianco AR, De Placido S (2004) HER-2/neu receptor in prostate cancer development and progression to androgen independence. Tumori 90(2): 163–70 Drasga RE, Einhorn LH, Williams SD, Patel DN, Stevens EE (1983) Fertility after chemotherapy for testicular cancer. J Clin Oncol 1: 179–183 Du XX, Williams DA (1994) Interleukin 11: a multifunctional growth factor derived from the hematopoitic microenvironment. Blood 83: 2023–2030 Fink U, Peters HD, Schmoll HJ (1987) Antiemetische Therapie. In: Schmoll H-J, Peter H-D, Fink U (Hrsg) Kompendium internistische Onkologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo, S 317–345 Fossa SD, Ous S, Abyholm T, Norman N, Loeb M (1985) Post-treatment fertility in patients with testicular cancer. II. Influence of cis-platinbased combination chemotherapy and of retroperitoneal surgery on hormone and sperm cell production. Br J Urol 57: 210–214 Fossa SD, Heilo A, Botinger O (1990) Unexpected high serum levels in cystectomiced bladder cancer patients with an ileals conduit treated intermediate doses of the drug. J Urol 143: 498 Gabrilove JL, Jakukowski A, Scher H (1988) Effect of granulocyte colony-stimulating factor on neutropenia and associated morbidity due to chemotherapy for transitional cell-carcinoma of the urothelium. N Engl J Med 318: 1414 Gallmeier WM (1979) Zytostatikum para: was tun? Münch Med Wochenschr 121: 11 Golde DW (1990) Hämatopoetine gleichen Abwehrschwäche aus. Oncol Rev 5/2: 6 Hesketh PJ, Grunberg SM, Gralla RJ, Warr DG, Roila F, de Wit R, Chawla SP, Carides AD, Ianus J, Elmer ME, Evans JK, Beck K, Reines S, Horgan KJ; Aprepitant Protocol 052 Study Group (2003) The oral neurokin-1 antagonist aprepitant for the prevention of chemotherapy-induced nausea and vomiting: a multinational, randomized, double-blind, placebo-controlled trial in patients receiving high-dose cisplatin– the Aprepitant Protocol 052 Study Group. J Clin Oncol 21(22): 4112–4119 Hesketh PJ, Van Belle S, Aapro M, Tattersall FD, Naylor RJ, Hargreaves R, Carides AD, Evans JK, Horgan KJ (2003) Differential involvement of neurotransmitters through the time course of cisplatin-induced emesis as revealed by therapy with specific receptor antagonists. Eur J Cancer 39(8): 1074–80 Hofer MD, Fecko A, Shen R, Setlur SR, Pienta KG, Tomlins SA, Chinnaiyan AM, Rubin MA (2004) Expression of the platelet-derived growth factor receptor in prostate cancer and treatment implications with tyrosine kinase inhibitors. Neoplasia 6(5): 503–12 Ignoffo RJ, Friedman A (1980) Therapy of local toxicities caused by extravasation of cancer chemotherapeutic drugs. Cancer Treat Rev 7: 17
165 Literatur
Kaplan RS, Wiernik PH (1982) Neurotoxicity of antineoplastic drugs. Semin Oncol 9: 103–130 Köstering H, Nagel G (1982) Prophylaxe und Therapie von Zystostatika-Hautnekrosen. Onkologie: 3: 317 Krege S (2003) Chemotherapy of advanced urological tumors. Onkologie Suppl 4: 13–7 Kreisman H, Wolkove N (1992) Pulmonary toxicity of antineiplastic therapy. In: Perry MC (ed) The chemotherapy source book. Williams & Wilkins, Baltimore, pp 598–619 Kuderer et al. (2005) Meta-analysis of prophylactic granulocyte-colony-stimulating-factor (G-CSF) in cancer patients receiving chemotherapy. Proc ASCO 2005; 23: #8117 Abstract La Bianca R, Beratta G, Cleric M et al. (1982) Cardiac toxicity of 5-fluorouracil: a study of 1083 patients. Tumori 68: 505–510 Lara PN Jr, Twardowski P, Quinn DI (2004) Angiogenesis-targeted therapies in prostate cancer. Clin Prostate Cancer 3 (3): 165–173 Larson DL (1982) Treatment of tissue extravasation by antitumor agents. Cancer 49: 1796 Leyden M, Sullivan J (1983) Full-Sickness skin-necrosis due to inadvertent interstitiell infusion of cis-platin. Cancer Treal Rep 67: 199 Miller RS, Freiha FS, Torti FM (1991) Surgical restaging of PTS with advanced TCC of the urothelium treated with CHV. Proc ASCO 10: 530 National Cancer Institute (NCI) (1993) Investigator’s handbook. A manual for participants in clinical trials of investigational agents. Cancer therapy evaluation program. Diversion of cancer treatment. National Cancer Institute, Bethesda/MD Nichols CR, Breeden ES, Loehrer PJ, Williams SD, Einhorn LH (1993) Secondary leukemia associated with a conventional dose of etoposide. J Natl Cancer Inst 85: 36–40 Perez CA, Brady LW (1993) Principles and practice of radiation oncology, 2nd edn. Lippincott, Philadelphia, pp 51–55 Petersen PM, Hansen SW, Giwercman A, Rorth M, Stakkebaek NE (1994) Dose-dependent impairment of testicular function in patients treated with cisplatin-based chemotherapy for germ cell cancer. Ann Oncol 5: 355–358 Pizzo PA (1984) Granulocytopenia and cancer therapy. cancer 54: 2649 Platzer E (1990) Human haemotopoetic growth factors. Eur J Haematol 42: 1 Pogothesis CJ, Dexeus FH, Sella A, Amato RJ, Kilbourn RG, Finn L, Gutterman JU (1990) Excalated therapy for refractory urothelial tumors: methotrexate-vinblastine-doxorubicin-cisplatin plus unglycosyleted recombinant human granulocyte macrophage colony-stimulating factor. J Natl Cancer Inst 828: 667 Pont J, Albrecht W (1997) Fertility after chemotherapy for testicular germ cell cancer. Fertil Steril 68: 1–5 Rao K, Goodin S, Levitt MJ, Dave N, Shih WJ, Lin Y, Capanna T, DoyleLindrud S, Juvidian P, DiPaola RS (2005) A phase II trial of imatinib mesylate in patients with prostate specific antigen progression after local therapy for prostata cancer. Prostate 62 (2): 115–22 Rizzo JD, Lichtin AE, Woolf SH (2002) Use of Epoetin in patients with cancer: evidence-based clinical practice guidelines of American Society of Clinical Oncology and the American Society of Hematology. J Clin Oncol 20: 1–25 Roberts JT, Fossa SD, Parmar MKB (1991) Results of medical research council phase II study of low dose cisplatin and methotrexate in the primary treatment of locally advanced transitional cell carcinoma of the bladder. Br J Urol 68: 162 Rosenow III EC, Meyers JL, Swensen SJ, Pisani RJ (1992) Drug-induced pulmonary disease- an update. Chest 102: 239–250 Sauer H (2000) In: Wilmanns W, Huhn D, Wilms K (Hrsg) Internistische Onkologie. Thieme, Stuttgart New York
Schaaf D, Schott E (1984) Entsorgung und Vernichtung von Zytostatikaabfällen. Krankenhauspharmazie 5. Jahrgang, Heft 10 Schmoll HJ, Höffken K, Possinger K (1996) Kompendium Internistische Onkologie, Teil 1. 2. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Sternberg CN, Yagoda A, Scher HI et al. (1986) Surgical staging and long term survival in patients with advanced transitional cell carcinoma (TCC) of the urothelium treated with M-VAC. Proc ASCO 5: 390 Thurber WA (1989) Offspring of childhood cancer survivors. J Assoc Pediatr Oncol Nurses 6: 17–19 Van Sloten Harwood K, Aisner J (1984) Treatment of chemotherapy extravasation: Current status. Cancer Treat Rep 68: 939 Wander HE, Nagel GA (1985) Mammakarzinome, 3. Aufl. Zuckschwerdt, München Bern Wien Wood AJJ (1998) Drug therapy. N Engl J Med 339: 746–754 World Health Organisation (1979) WHO handbook for reporting results of cancer treatment. World Health Organization Offset Publication No. 48, Geneva, Retrieved July 2004
Literatur zu Kap. 10.3 Atzpodien J, Schmitt E, Gertenbach U, Fornara P, Heynemann H, Maskow A, Ecke M, Woltjen HH, Jentsch H, Wieland W, Wandert T, Reitz M; German Cooperative Renal Carcinoma Chemo-Immunotherapy Trials Group (DGCIN) (2005) Adjuvant treatment with interleukin-2- and interferon-alpha2a-based chemoimmunotherapy in renal cell carcinoma post tumour nephrectomy: results of a prospectively randomised trial of the German Cooperative Renal Carcinoma Chemoimmunotherapy Group (DGCIN). Br J Cancer 92: 843–846 Bajaj GK, Zhang Z, Garrett-Mayer E, Drew R, Sinibaldi V, Pili R, Denmeade SR, Carducci MA, Eisenberger MA, DeWeese TL (2007) Phase II study of imatinib mesylate in patients with prostate cancer with evidence of biochemical relapse after definitive radical retropubic prostatectomy of radiotherapy. Urology 69: 526–531 Bander NH, Milowsky MI, Nanus DM, Kostakoglu L, Vallabhajosula S, Goldsmith SJ (2005) Phase I trial of 177lutetium-labeled J591, a monoclonal antibody to prostate-specific membrane antigen, in patients with androgen-independent prostate cancer. J Clin Oncol 23: 4591–4601 Bhojani N, Jeldres C, Patard JJ, Perrotte P, Suardi N, Hutterer G, Patenaude F, Oudard S, Karakiewicz PI (2008) Toxicities associated with the administration of sorafenib, sunitinib, and temsirolimus and their management in patients with metastatic renal cell carcinoma. Eur Urol 53: 917–930 Boccardo F, Rubagotti A, Conti G, Battaglia M, Cruciali G, Manganelli A, Ricci S, Lapini A (2007) Prednisone plus gefitinib versus prednisoen plus placebo in the treatment of hormone refractory prostate cancer: a randomized phase-II trial. Oncology 74: 223–228 Canil CM, Moore MJ, Winquist E, Baetz T, Pollak M, Chi KN, Berry S, Ernst DS, Douglas L, Brundage M, Fisher B, McKenna A, Seymour L (2005) Randomized phase II study of two doses of gefitinib in hormone-refractory prostate cancer: a trial of the National Cancer Institute of Canada-Clinical Trials Group. J Clin Oncol 23: 455–460 Carducci MA, Padley RJ, Breul J, Vogelzang NJ, Zonnenberg BA, Daliani DD, Schulman CC, Nabulsi AA, Humerickhouse RA, Weinberg MA, Schmitt JL, Nelson JB (2003) Effect of endothelin-A receptor blockade with atrasentan on tumor progression in men with hormone-refractory prostate cancer: a randomized, phase II, placebo-controlled trial. J Clin Oncol 21: 679–689
10
166
10
Kapitel 10 · Grundlagen der systemischen Therapie
Clark JI, Atkins MB, Urba WJ, Creech S, Figlin RA, Dutcher JP, Flaherty L, Sosman JA, Logan TF, White R, Weiss GR, Redman BG, Tretter CP, McDermott D, Smith JW, Gordon MS, Margolin KA (2003) Adjuvant high-dose bolus interleukin-2 for patients with high-risk renal cell carcinoma: a cytokine working group randomized trial. J Clin Oncol 21: 3133–3140 Coppin C, Porzsolt F, Awa A, Kumpf J, Coldman A, Wilt T (2005) Immunotherapy for advanced renal cell cancer. Cochrane Database Syst Rev 25: CD001425 Dalgleish AG, Quatan N, Michael A., Wushishi F, Pandha H (2007) Increased time to progression and sustained PSA velocity responses in a phase II trial in advanced metastatic prostate cancer following treatment with ONY-P1, an allogeneic whole cell vaccine. J Clin Oncol 23(16S): Abs 4726, 2005. Decobert M, LaRue H, Harel F, Meyer F, Fradet Y, Lacome L (2008) Maintenance bacillus Calmette-Guerin in high-risk nonmuscle invasive baldder cancer: how much is enough? Cancer 113: 710–715 Doehn C, Jocham D (2004) Vaccination immunotherapy-an update. Scand J Surg 93: 163–169 Eaton JD, Perry MJ, Nicolson S, Guckian M, Russel N, Whelan M, Kirby RS (2002) Allogeneic whole-cell vaccine: a phase I/II study in men with hormone-refractory prostate cancer. BJU Int 89: 19–26 Escudier B, Pluzanska A, Koralewski P, Ravaud A, Bracarda S, Szczylik C, Chevreau C, Filipek M, Melichar B, Bajetta E, Gorbunova V, Bay JO, Bodrogi I, Jagiello-Gruszfeld A, Moore N; AVOREN Trial investigators (2007a) Bevacizumab plus interferon alfa-2a for treatment of metastatic renal cell carcinoma: a randomised, double-blind phase III trial. Lancet 370: 2103–2111 Escudier B, Eisen T, Stadler WM, Szczylik C, Oudard S, Siebels M, Negrier S, Chevreau C, Solska E, Desai AA, Rolland F, Demkow T, Hutson TE, Gore M, Freeman S, Schwartz B, Shan M, Simantov R, Bukowski RM; TARGET Study Group (2007b) Sorafenib in advanced clear-cell renal-cell carcinoma. N Engl J Med 356: 125–134 Hudes G, Carducci M, Tomczak P, Dutcher J, Figlin R, Kapoor A, Staroslawska E, Sosman J, McDermott D, Bodrogi I, Kovacevic Z, Lesovoy V, Schmidt-Wolf IG, Barbarash O, Gokmen E, O’Toole T, Lustgarten S, Moore L, Motzer RJ; Global ARCC Trial (2007) Temsirolimus, interferon alfa, or both for advanced renal-cell carcinoma. N Engl J Med 356: 2271–2281 Jocham D, Richter A, Hoffmann L, Iwig K, Fahlenkamp D, Zakrzewski G, Schmitt E, Dannenberg T, Lehmacher W, von Wietersheim J, Doehn C (2004) Adjuvant autologous renal tumour cell vaccine and risk of tumour progression in patients with renal-cell carcinoma after radical nephrectomy: phase III, randomised controlled trial. Lancet 363: 594–599 Joudi FN, Smith BJ, O’Donnell MA; National BCG-Interferon Phase 2 Investigator Group (2006) Final results from a national multicenter phase II trial of combination bacillus Calmette-Guerin plus interferon alpha-2B for reducing recurrence of superficial bladder cancer. Urol Oncol 24: 344–348 Lamm DL, van der Meijden PM, Morales A, Brosman SA, Catalona WJ, Herr HW, Soloway MS, Steg A, Debruyne FM (1992) Incidence and treatment of complications of bacillus Calmette-Guerin intravesical therapy in superficial bladder cancer. J Urol 147: 596–600 Lamm DL, Blumenstein BA, Crissman JD, Montie JE, Gottesman JE, Lowe BA, Sarosdy MF, Bohl RD, Grossman HB, Beck TM, Leimert JT, Crawford ED (2000) Maintenance bacillus Calmette-Guerin immunotherapy for recurrent TA, T1 and carcinoma in situ transitional cell carcinoma of the bladder: a randomized Southwest Oncology Group Study. J Urol 163: 1124–1129 Lin AM, Rini BI, Weinberg V, Fong K, Ryan CJ, Rosenberg JE, Fong L, Small EJ (2006) A phase II trial of imatinib mesylate in patients
with biochemical relapse of prostate cancer after definitive local therapy. BJU Int 98: 763–769 Martinez-Pineiro JA, Martinez-Pineiro L, Solsona E, Rodriguez RH, Gomez JM, Martin MG, Molina JR, Collado AG, Flores N, Isorna S, Pertusa C, Rabadan M, Astobieta A, Camacho JE, Arribas S, Madero R; Club Urologico Espanol de Tratamiento Oncologico (CUETO) (2005) Has a 3-fold decreased dose of bacillus Calmette-Guerin the same efficacy against recurrences and progression of T1G3 and Tis bladder tumors than the standard dose? Results of a prospective randomized trial. J Urol 174: 1242–1247 Messing EM, Manola J, Wilding G, Propert K, Fleischmann J, Crawford ED, Pontes JE, Hahn R, Trump D; Eastern Cooperative Oncology Group/Intergroup trial (2003) Phase III study of interferon alfa-NL as adjuvant treatment for resectable renal cell carcinoma: an Eastern Cooperative Oncology Group/Intergroup trial. J Clin Oncol 21: 1214–1222 Michael A, Ball G, Quatan N, Wushishi F, Russell N, Whelan J, Chakraborty P, Leader D, Whelan M, Pandha H (2005) Delayed disease progression after allogeneic cell vaccination in hormone-resistant prostate cancer and correlation with immunologic variables. Clin Cancer Res 11: 4469–4478 Motzer RJ, Amato R, Todd M, Hwu WJ, Cohen R, Baselga J, Muss H, Cooper M, Yu R, Ginsberg MS, Needle M (2003) Phase II trial of antiepidermal growth factor receptor antibody C225 in patients with advanced renal cell carcinoma. Invest New Drugs 21: 99–101 Motzer RJ, Hutson TE, Tomczak P, Michaelson MD, Bukowski RM, Rixe O, Oudard S, Negrier S, Szczylik C, Kim ST, Chen I, Bycott PW, Baum CM, Figlin RA (2007) Sunitinib versus interferon alfa in metastatic renal-cell carcinoma. N Engl J Med 356: 115-124 Nanus DM, Milowsky MI, Kostakoglu L, Smith-Jones PM, Vallabahajosula S, Goldsmith SJ, Bander NH (2003) Clinical use of monoclonal antibody HuJ591 therapy: targeting prostate specific membrane antigen. J Urol 170: S84–S88 Negrier S, Caty A, Lesimple T, Douillard J-Y, Escudier B, Rossi J-F, Viens P, Gomez F (2000) Treatment of patients with metastatic renal carcinoma with a combination of subcutaneous interleukin-2 and interferon alfa with or without fluorouracil. J Clin Oncol 18: 4009–4015 Nelson JB, Love W, Chin JL, Saad F, Schulman CC, Sleep DJ, Qian J, Steinberg J, Carducci M; Atrasentan Phase 3 Study Group (2008) Phase 3, randomized, controlled trial of atrasentan in patients with nonmetastatic, hormone-refractory prostate cancer. Cancer 113: 2478–2487 O’Donnell MA, Lilli K, Leopold C; National Bacillus Calmette-Guerin/Interferon Phase 2 Investigator Group (2004) Interim results from a national multicenter phase II trial of combination bacillus Calmette-Guerin plus interferon alfa-2b for superficial bladder cancer. J Urol 172: 888–893 Ojea A, Nogueira JL, Solsona E, Flores N, Gómez JM, Molina JR, Chantada V, Camacho JE, Piñeiro LM, Rodríguez RH, Isorna S, Blas M, Martínez-Piñeiro JA, Madero R; CUETO Group (Club Urológico Español De Tratamiento Oncológico) (2007) A multicentre, randomised prospective trial comparing three intravesical adjuvant therapies for intermediate-risk superficial bladder cancer: low-dose bacillus Calmette-Guerin (27 mg) versus very low-dose bacillus CalmetteGuerin (13.5 mg) versus mitomycin C. Eur Urol 52: 1398–1406 Pizzocaro G, Piva L, Colavita M, Ferri S, Artusi R, Boracchi P, Parmiani G, Marubini E (2001) Interferon adjuvant to radical nephrectomy in Robson stages II and III renal cell carcinoma: a multicentric randomized study. J Clin Oncol 19: 425–431 Ragde H, Cavanagh WA, Tjoa BA (2004) Dendritic cell based vaccines: progress in immunotherapy studies for prostate cancer. J Urol 172: 2532–2538
167 Literatur
Rao K, Goodin S, Levitt MJ, Dave N, Shih WJ, Lin Y, Capanna T, DoyleLindrud S, Juvidian P, DiPaola RS (2005) A phase II trial of imatinib mesylate in patients with prostate specific antigen progression after local therapy for prostate cancer. Prostate 62: 115–122 Rowinsky EK, Schwartz GH, Gollob JA, Thompson JA, Vogelzang NJ, Figlin R, Bukowski R, Haas N, Lockbaum P, Li YP, Arends R, Foon KA, Schwab G, Dutcher J (2004) Safety, pharmacokinetics, and activity of ABX-EGF, a fully human anti-epidermal growth factor receptor monoclonal antibody in patients with metastatic renal cell cancer. J Clin Oncol 22: 3003–3015 Seegenschmidt MH, Müller RP, Höffken K, Junginger T, Sauer H (1999) Dokumentation von Nebenwirkungen in der Onkologie. Dtsch Ärztebl 96: A-489–A495 Shelley MD, Court JB, Kynaston H, Wilt TJ, Coles B, Mason M (2003) Intravesical bacillus Calmette-Guerin versus mitomycin C for Ta and T1 bladder cancer. Cochrane Database Syst Rev 3:CD003231 Simons JW, Sacks N (2006) Granulocyte-macrophage colony-stimulating factor-transduced allogeneic cancer cellular immunotherapy: the GVAX vaccine for prostate cancer. Urol Oncol 24: 419–424 Small EJ, Schellhammer PF, Higano CS, Redfern CH, Nemunaitis JJ, Valone FH, Verjee SS, Jones LA, Hershberg RM (2006) Placebocontrolled phase III trial of immunologic therapy with sipuleucel-T (APC8015) in patients with metastatic, asymptomatic hormone refractory prostate cancer. J Clin Oncol 24: 3089–3094 Small EJ, Fontana J, Tannir N, DiPaola RS, Wilding G, Rubin M, Iacona RB, Kabbinavar FF (2007) A phase-II trial of gefitinib in patients with non-metastatic hormone-refractory cancer. BJU Int 100: 765–769 Swindle PW, Tepes S, Clements J (2004) DC therapy for prostate cancer. Cytotherapy 6: 164–171 Witjes JA, Polou J, Soloway M, Lamm D, Brausi M, Spermon JR, Persad R, Buckley R, Akaza H, Colombel M, Bohle A (2008) Clinical practice recommendations for the prevention and management of intravesical therapy-associated adverse events. Eur Urol Suppl 7: 667–674 Wood C, Srivastava P, Bukowski R, Lacombe L, Gorelov AI, Gorelov S, Mulders P, Zielinski H, Hoos A, Teofilovici F, Isakov L, Flanigan R, Figlin R, Gupta R, Escudier B; C-100-12 RCC Study Group (2008) An adjuvant autologous therapeutic vaccine (HSPPC-96; vitespen) versus observation alone for patients at high risk of recurrence after nephrectomy for renal cell carcinoma: a multicentre, openlabel, randomised phase III trial. Lancet 372: 145–154 Yang JC, Sherry RM, Steinberg SM, Topalian SL, Schwartzentruber DJ, Hwu P, Seipp CA, Rogers-Freezer L, Morton KE, White DE, Liewehr DJ, Merino MJ, Rosenberg SA (2003) Randomized study of highdose and low-dose interleukin-2 in patients with metastatic renal cancer. J Clin Oncol 21: 3127–3132 www.cellgenesys.com (aufgerufen am 25.11.2008) www.ctep.cancer.gov (aufgerufen am 25.11.2008) www.onkologie2008.de (aufgerufen am 25.11.2008)
10
11 Supportive Maßnahmen M. Schenck
11.1 Einleitung
– 169
11.2 Antiemetische Therapie – 169 11.3 Therapie und Prophylaxe der Obstipation – 173 11.4 Ernährung während der Tumortherapie, enterale und parenterale Ernährung – 174 11.5 Tumorbedingte Anämie, Bluttransfusion und Erythropoetinsubstitution – 176 11.6 Fatigue bei Tumorerkrankungen – 178 11.7 Schmerztherapie
11.1
– 179
Einleitung
Unterstützende Maßnahmen sind in der Therapie eines krebskranken Menschen mindestens ebenso wichtig für den Erfolg der Therapie wie Operation, Chemotherapie, Immuntherapie oder Strahlentherapie. Unter »supportiv« versteht man die Unterstützung, häufig sogar die Multiplikation der eigentlichen tumorspezifischen Therapie. Der Tumorkranke ist als Individuum zu betrachten. Symptome wie Übelkeit und Erbrechen, Schmerzen, Obstipation, Anämie, Schwäche, Antriebslosigkeit, Veränderung der Persönlichkeit belasten den Patienten und die Angehörigen in einem ganz erheblichen Maße. Für den in der Onkologie tätigen Arzt ist nicht nur das Wissen um die eigentliche kurative oder palliative Therapie entscheidend, begleitende Maßnahmen, sowohl medikamentös als auch psychologisch, sind von weitreichender Bedeutung. Die Lebensqualität und individuelle Aufklärung über die Tumorsituation des Krebskranken sollte immer im Mittelpunkt ärztlichen Handels stehen. In Kap. 12 wird nochmals auf die Besonderheiten der Schmerztherapie unter palliativen Gesichtspunkten eingegangen.
11.2
Antiemetische Therapie
Übelkeit und Erbrechen sind bei Patienten mit fortgeschrittenen Tumorleiden mit in bis zu 70% der Fälle häufig. Diese Symptome belasten den Patienten erheblich und reduzieren den ohnehin schwierigen Allgemeinzu-
stand. Die Ursachen der Emesis sind vielfältig: gastrointestinal, metabolisch, toxisch, pharyngeal, psychosomatisch, (Hirn-)Metastasen, Arzneimittel (besonders Opioide) oder Schmerzen. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Arzt der chemotherapie- oder strahlentherapieinduzierten Emesis schenken. Die wichtigsten Informationen der Konsensusempfehlungen der MASCC (Multinational Association of Supportive Care in Cancer 2008) sind in Tab. 11.1 und 11.2 für häufige in der Urologie verwendete Chemotherapeutika zusammengefasst. Es gilt hier, die unterschiedlichen Chemotherapeutika in 4 verschiedene Emesisrisikogruppen einzugliedern und den Patienten dementsprechend suffizient prophylaktisch zu behandeln. Zur Prävention von akuter Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie mit hohem Emesisrisiko wird ein Kombinationsregime bestehend aus Einzeldosen eines 5-HT3-Antagonisten, Dexamethason und Aprepitant vor und bis zu 72 Stunden nach der Chemotherapie empfohlen. Die Dosierungen sind aus den Tab. 11.3 bis 11.5 zu entnehmen. Wichtig ist eine genügend hohe Dexamethason Dosierung (20 mg). Bei Cisplatin-haltiger Chemotherapie ist den Patienten, die zur Prävention von akuter Übelkeit und akutem Erbrechen eine Kombination aus Aprepitant, 5-HT3-Rezeptor-Antagonist und Dexamethason erhalten haben, zur Prävention von verzögerter Übelkeit und verzögertem Erbrechen die Kombination aus Dexamethason und Aprepitant zu geben, da diese Kombination der Dexamethason-Monotherapie überlegen ist.
170
Kapitel 11 · Supportive Maßnahmen
Tab. 11.1. Einstufung der Zytostatikasubstanzen in die Emesisrisikogruppen bei intravenöser Therapie (MASCC 2008)
11
Risiko-Level
Substanzen
4 = Hoch (bei >90% der Patienten)
− Cisplatin − Mechlorethamin − Streptozotocin
− Cyclophosphamid >1500 mg/m2 KOF − Carmustin − Dacarbazin
3 = Moderat (bei 30–90% der Patienten)
− − − − −
Oxaliplatin Cytarabin >1000 mg/m2 KOF Carboplatin Ifosfamid Cyclophosphamid ≤1500mg/ m2 KOF
− − − − −
Doxorubicin Daunorubicin Epirubicin Idarubicin Irinotecan
2 = Gering (bei 10–30% der Patienten)
− − − − − − − −
Paclitaxel Docetaxel Mitoxantron Topotecan Etoposid Pemetrexed Methotrexat 5-Fluorouracil
− − − − − − −
Mitomycin Gemcitabin Cytarabin <100 mg/m2 KOF Temsirolimus Bortezomib Cetuximab Trastuzumab
1 = Minimal (bei <10% der Patienten)
− − − −
Bleomycin Busulfan 2-Chlorodeoxy-adenosin Fludarabin
− − − −
Vincristin Vinblastin Vinorelbin Bevacizumab
Tab. 11.2. Einstufung der Zytostatikasubstanzen in die Emesisrisikogruppen, orale Therapie (MASCC 2008) Risiko-Level ( Tab. 11.1)
Substanzen
Hoch
− Hexamethylmelamin − Procarbazin
Moderat
− Cyclophosphamid − Etoposid − Temozolomid
Gering
− Capecitabin
Minimal
− Chlorambucil − Hydroxharnstoff − L-Phenylalanine mustard
− Vinorelbin − Imatinib
− 6-Thioguanin − Methotrexat − Gefitinib
Tab. 11.3. Dosierungsempfehlung für Serotonin Rezeptor (5-HT3) Antagonisten bei akuter Emesis (MASCC 2008) Substanz
i.v.
oral
Ondansetron (Zofran)
8 mg oder 0,15 mg/kg KG
16 mg (2-mal 8mg)
Granisetron (Kevatril)
1 mg oder 0,01 mg/kg KG
2 mg oder 1 mg
Dolasetron (Anemet)
100 mg oder 1,8 mg/kg KG
100 mg
Tropisetron (Navoban)
5 mg
5 mg
Palonosetron
0,25 mg
–
171 11.2 · Antiemetische Therapie
Tab. 11.4. Dosierungsempfehlungen für Dexamethason und Aprepitant (MASCC 2008) Substanz
Dosierung
Dexamethason Hohes Risiko
Moderates Risiko
Geringes Risiko
Akute Emesis
20 mg 1-mal
Verzögerte Emesis
8 mg 2-mal tgl. für 3–4 Tage
Akute Emesis
8 mg 1-mal
Verzögerte Emesis
8 mg tgl. für 2–3 Tage oder 4 mg 2-mal tgl.
Akute Emesis
4–8 mg 1-mal
Akute Emesis
125 mg oral, 1-mal
Verzögerte Emesis
80 mg oral, 1-mal an 2 Tagen
Aprepitant (Emend)
Tab. 11.5. Emesisrisiko bei der Strahlentherapie (MASCC 2008) Risikostufe
Behandlungsort
Antiemese
Hoch
Ganzkörperbestrahlung
5-HT3-Antagonist plus Dexamethason
Moderat
Oberes Abdomen
5-HT3-Antagonist
Gering
Untere Thoraxregion, Becken, ZNS, kraniospinale Achse
5-HT3-Antagonist
Minimal
HNO, Extremitäten, ZNS, Brust
Dopaminantagonist oder 5-HT3-Antagonist
Tab. 11.6. Therapieschema – hoch emetogene Chemotherapie (z. B. PEB). Wichtig ist die konsequente Vortführung der Antiemese noch bis zu 72 Stunden (Tag 6–8) nach der Chemotherapie (verzögertes Erbrechen) Tag 1
Tag 2
Tag 3
Tag 4
Tag 5
Fosaprepitant
115 mg i.v.
–
–
–
–
Aprepitant
(125 mg p.o.)
80mg
80mg
80mg
80mg
Dexamethason
20 mg
8mg
8mg
8mg
8mg
5-HT3 RA
i.v.
i.v.
i.v.
i.v.
i.v.
Seit Januar 2008 ist ein intravenös applizierbarer selektiver hochaffiner Human-Substanz-P-Neurokinin-1 -(NK1)-Rezeptorantagonist Fosaprepitant (IVEMEND 115mg) verfügbar. Fosaprepitant ist eine Vorstufe (Prodrug) von Aprepitant und wird nach intravenöser Anwendung rasch zu Aprepitant umgewandelt. Anwendungsgebiet besteht zur Prävention akuter und verzögerter Übelkeit und Erbrechen bei hoch emetogener, auf Cisplatin basierender Chemotherapie. IVEMEND wird als Teil einer Kombinationstherapie gegeben. IVEMEND ist eine lyophilisierte Vorstufe von Aprepitant zur intravenösen Anwendung, die Polysorbat 80 (PS80) enthält.
Aprepitant ist in Form von Kapseln zum Einnehmen erhältlich. IVEMEND (115 mg) kann anstelle von Aprepitant (125 mg) vor der Chemotherapie, nur an Tag 1 des Therapieschemas gegen Übelkeit und Erbrechen nach Chemotherapie (CINV, chemotherapy induced nausea and vomiting), als 15-minütige Infusion gegeben werden. Das 3-Tages-CINV-Therapieschema schließt IVEMEND (115 mg) 30 Minuten vor der Chemotherapie oder Aprepitant (125 mg) eine Stunde vor der Chemotherapie an Tag 1 sowie Aprepitant (80 mg) an den Tagen 2 und 3 ein, zusätzlich zu einem Kortikosteroid und einem 5-HT3Antagonisten. Folgendes Therapieschema in Tab. 11.6
11
172
11
Kapitel 11 · Supportive Maßnahmen
wird empfohlen, basierend auf klinischen Studien mit Aprepitant, zur Prävention von Übelkeit und Erbrechen bei emetogener Chemotherapie. In der Praxis hat sich bewährt, den NK1-Rezeptorantagonist einzusetzen, wenn bei der ersten Gabe der hoch emetogenen Chemotherapie festgestellt wurde, dass Dexamethason und ein 5-HT3 Rezeptorantagonist nicht ausreicht. Zur Prophylaxe von akuter Übelkeit und akutem Erbrechen bei moderat emetogener Chemotherapie (MEC) wird vom ersten Zyklus an ein 5-HT3-RezeptorAntagonist plus Dexamethason vor der Chemotherapie empfohlen. Bei der Prophylaxe von akuter Übelkeit und Erbrechen gibt es im Hinblick auf die Wirksamkeit keine klinisch relevanten Unterschiede zwischen den 5-HT3Rezeptor-Antagonisten, wenn diese gemäß den Richtlinien im ersten Zyklus der MEC verabreicht werden. Die empfohlene Dosis von Dexamethason zur Prophylaxe von akuter Übelkeit und akutem Erbrechen bei MEC ist die intravenöse Einmalgabe von 8 mg. Bei Patienten, die Substanzen mit geringem Emesisrisiko erhalten, wird eine Einzelsubstanz (z. B. eine niedrige Dosis eines Kortikosteroids) empfohlen. Patienten, die über mehrere Tage Cisplatin erhalten, sollten zur Prophylaxe von akuter Übelkeit und Erbrechen einen 5-HT3-Antagonisten plus Dexamethason und gegen verzögerte Übelkeit und Erbrechen Dexamethason erhalten. Bei antizipatorischer Übelkeit und antizipatorischem Erbrechen sollten psychologische Methoden angewendet werden. Alternativ oder zusätzlich zu psychologischen Methoden wird der Gebrauch von Benzodiazepinen empfohlen. Patienten, die eine hoch emetogene Strahlentherapie erhalten, sollten prophylaktisch mit einem 5-HT3Antagonisten plus Dexamethason behandelt werden. Bei Patienten, die eine moderat emetogene Strahlentherapie erhalten, sollte prophylaktisch ein 5-HT3-Antagonist gegeben werden. Patienten unter Strahlentherapie mit minimalem Emesisrisiko sollten eine Rescue-Behandlung mit einem Dopaminantagonisten oder einem 5HT3-Antagonisten erhalten.
Verantwortliche Strukturen für die Auslösung und Vermittlung von Emesis
Vestibularapparat
Zerebrale Kortex
Chemorezeptorentriggerzone (CTZ)
Brechzentrum
Vagale Afferenzen von Chemo- oder Mechanorezeptoren des Kopf-Hals-Bereiches, des Thorax, Abdomens oder Beckens
Das Brechzentrum koordiniert die komplexen reflektorischen Vorgänge, die über motorische und vagale Afferenzen zum Erbrechen führen. In den für die Emesis verantwortlichen Strukturen ist die Aktivierung oder Blockierung spezifischer Rezeptoren für die Auslösung oder Unterdrückung der Symptome entscheidend. Tab. 11.7 bis 11.9 zeigen die Lokalisation der unterschiedlichen Rezeptoren in den Organen und die spezifischen Wirkungen der Antiemetika. Die Kausaltherapie ist die Grundlage der Antiemese. Kleinere, appetitlich zubereitete Mahlzeiten sollte dem Kranken angeboten werden. Hier ist besonders auf Nahrung zu verzichten, die beim Patienten durch den Anblick oder Geruch selbst schon Übelkeit oder Erbrechen auslösen können. Antiemetika sind nach einem Zeit- und Stufenschema zu verabreichen. Die Applikation sollte möglichst initial rektal, subkutan oder intravenös erfolgen.
Basisantiemetika bezogen auf den Wirkort
Darm: Metoclopramid
CTZ: Haloperidol
Brechzentrum: Levomepromazin
Die Auswahl der Antiemetika in Bezug auf den vermeintlichen Wirkort ist in der Übersicht zusammengestellt.
Auswahl der Antiemetika in Bezug auf den vermeintlichen Wirkort
Zerebraler Kortex – Benzodiazepin (Larazepam) – Glukokortikoide (Dexamathason)
Chemorezeptorentriggerzone – D2-Antagonist (Haloperidol) – 5-HT3-Antagonist (Ondansetron, Granisetron, Tropisetron)
Brechzentrum – Acetylcholin-Antagonist (Scopolamin, Hyoscinbutylbromid) – H1-Antagonist (Dimenhydrinat) – 5-HT2-Antagonist (Levopromazin)
Gastrointestinaltrakt – 5-HT4-Antagonist, prokinetisch (Metoclopramid) – D2-Antagonist, prokinetisch (Domperidon) – 5-HT3-Rezeptorblockade, vagal (Ondansetron, Granisetron, Tropisetron) – Neurokinin-Typ1 (NK-1)-Rezeptor-Antagonist (Aprepitant, Fosaprepitant)
173 11.3 · Therapie und Prophylaxe der Obstipation
Tab. 11.7. Lokalisationen der unterschiedlichen Rezeptoren: muskarinerge Acetylcholinrezeptoren (mAch), Dopamin-Typ-2-Rezeptoren (D2), Histamin-Typ-1-Rezeptoren (H1), 5-Hydroxytryptamin 2-Rezeptoren (5-HT2), 5-Hydroxy-Tryptamin-3-Rezetoren (5-HT3) im Vestibularapparat, in der Chemorezeptorentriggerzone (CTZ), im Brechzentrum und im Magen-Darm-Trakt Lokalisation
mAch
D2
H1
5-HT2
Vestibularapparat
X
CTZ
X
X
X
Brechzentrum
X
X
X
5-HT3
X
Magen-Darm-Trakt
X
X
Tab. 11.8. Wirkungen von Antiemetika auf die CTZ und den Magen-Darm-Trakt Substanz
D2
5-HT3
5-HT4
Metoclopramid (Paspertin)
++
(+)
++
Domperidon (Motilium)
++
0
0
Alizaprid (Vergentan)
0
0
+++
Ondansetron (Zofran)
0
+++
0
Tab. 11.9. Wirkungen von Antiemetika auf die Rezeptoren des Vestibularapparates, des Brechzentrums und der CTZ Substanz
mAch
D2
5-HT4
5-HT3
Hyoscinbutylbromid (Buscopan)
+++
0
0
0
Haloperidol (Haldol)
0
+++
0
0
Promethazin (Atosil)
+
++
++
0
Levomepromazin (Neurocil)
++
++
+++
+++
11.3
Therapie und Prophylaxe der Obstipation
Tab.11.10. Ursachen der Obstipation beim Tumorpatienten
Die Obstipation ist neben der Emesis ein häufiges Symptom beim Tumorpatienten. Sie kann direkt tumorbedingt, durch mechanische Obstruktion oder eine fortschreitende Peritonealkarzinose, oder therapiebedingt, als Folge der Schmerztherapie mit Opioiden, antidepressiver Behandlung, regelmäßiger Gabe von Chemotherapeutika (besonders Vinkaalkaloide) oder die gesteigerte Gabe von Diuretika sein. Weitere Ursachen sind in der Tab. 11.10 zusammengestellt. Hinweis
I
I
Grundsätzlich führen alle Opioide zur Obstipation! Daher sollte immer ein Laxans bei Beginn der Therapie mit Opioiden verordnet und der Patienten mit seinen Angehörigen auf diese Tatsache hingewiesen werden. Neben der Obstipation treten fast immer Übelkeit, Inappetenz und Tenesmen auf.
Ursache
Beispiele
Tumorbedingt
− Mechanische Obstruktion − Peritonealkarzinose
Tumorassoziiert
− Immobilität, Schwäche − Geringe Flüssigkeitsaufnahme − Veränderung der Nahrungsaufnahme
Therapiebedingt
− − − − −
Begleiterkrankungen
− Divertikulose/Divertikulitis − Hämorrhoiden
Opioide Anticholinerg wirkende Sustanzen Antidepressiva Zytostatika (Vinkaalkaloide) Diuretika
Abgesehen von der prophylaktischen Gabe der entsprechenden Medikamente ist bei neu auftretenden Symtomen einer Verstopfung zu klären, ob es sich um eine passagere opioid bedingte Problematik handelt, oder ob die weiter
11
174
Kapitel 11 · Supportive Maßnahmen
Tab. 11.11. Untersuchung bei Obstipation und nachfolgende gezielte Behandlung Untersuchung
Diagnose
Therapie
Rektal-digitale Untersuchung
Rektum voll mit hartem Fäzes
− Applikation eines stuhlaufweichenden Suppositoriums (Gycerin Supp.) − Beginn mit oralen peristaltikfördernden und stuhlerweichenden Laxanzien
Rektum voll mit weichem Fäzes
− Applikation eines peristaltikfördernden Suppositoriums (Bisacodyl Supp.) − Beginn mit einem peristaltikfördernden Laxans
Rektum leer
− Ausschluss einer Obstruktion − Mikroklist, ggf. hoher Schwenkeinlauf − Orale Laxanzien (stuhlaufweichend und peristaltikfördernd)
− Obligat − Anamnese − Allgemeine körperliche Untersuchung − Fakultativ − Übersichtsröntgenaufnahme des Abdomens, ggf. mit Kontrastmittelgabe − Ggf. CT Abdomen/Becken
11
fortschreitende Tumorerkrankung zu einem Ileus führt oder geführt hat. Tab. 11.11 soll hier neben der Anamese und allgemeinen körperlichen Untersuchung gezielt bei der rektal-digitalen Untersuchung weiterhelfen. In Tab. 11.12 sind die vielseitigen Möglichkeiten der Laxanzien mit deren Hauptwirkprinzip zusammengestellt. Als Prophylaxe der opioidbedingten Obstipation hat sich das Macrogol bewährt; initial und in der Dauerprophylaxe reichen 1–2 Beutel pro Tag. Allerdings reagieren die Patienten sehr unterschiedlich auf Laxanzien, so dass nicht selten mit mehreren Präparaten »experimentiert« werden muss. Die Anwendung von Gastrografin, Prostigmin oder Takus sollte als Ultimo ratio verstanden werden, also der akuten Situation, wobei allerdings der mechanische Ileus unbedingt ausgeschlossen sein sollte. Weit fortgeschrittene Tumoren mit Peritonealkarzinose erfordern in der Palliation besondere Vorgehensweise: eine Kombination von Bifiteral, Laxoberal und Rhizinus fördert die Peristaltik und den weichen Stuhl, zusätzlich ist bei chronischer Übelkeit eine Medikation mit Haloperidol (3-mal 5 mg) und Dexamethason (initial 20 mg, dann 1-mal 2 mg tgl.) sinnvoll. Empfehlenswert für den Patienten, der noch ausreichend essen und trinken kann, ist eine regelmäßige auf 5–6 auf den Tag verteilte ballaststoffreiche Mahlzeiten, viel Flüssigkeit (1–1,5 l), ein propulsiv wirkendes Laxans (Bisacodyl) und ein osmotisch wirksames Laxans (Macrogol, Lactulose). Kann der Patient nicht mehr ausreichend Nahrung oder Flüssigkeit zu sich nehmen, sollte Paraffin und/oder Sennosid (1–2 Esslöffel) gegeben werden. Zusätzlich hilft ein zweites Bisacodyl-Suppositorium. Bleibt hier der Erfolg aus, sollte ein Mikroklysma oder der Einlauf versucht werden. Als weitere Möglichkeit gibt es die orale Gabe von Gastrografin (50–100 ml) oder die
intravenöse Gabe von Neostigmin/Ceruletid. Eine vorherige Überprüfung des Füllungszustandes der Rektumampulle ( Tab. 11.11) erfordert gegebenenfalls die manuelldigitale Ausräumung unter leichter Sedierung bei sehr hartem Stuhl/Skybala.
11.4
Ernährung während der Tumortherapie, enterale und parenterale Ernährung
Tumorerkrankungen und deren Therapie führen häufig zur Änderung der Ernährungsgewohnheiten. Entscheidend für die Lebensqualität während der Therapie und für die Prognose einer Erkrankung sind in einem erheblichen Maße der Gewichtsverlust und die Mangelernährung. Besonders therapiebedingte Nebenwirkungen, wie Schluckstörungen, Schluckauf, Mundsoor, Gastritis, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation oder Durchfälle, beeinflussen die Nahrungsaufnahme oder Nahrungsverwertung ganz erheblich. Als Anhaltspunkt für eine relevante Belastung des Ernährungszustandes gilt ein Gewichtsverlust um 5% innerhalb von 3 Monaten oder der 10%-ige Gewichtsverlust des Ausgangsgewichtes vor der Tumordiagnose. Ein Verlust von bis zu 40% der Körpermasse ist mit einem erheblichen Mortalitätsrisiko verbunden. Der Energiebedarf eines Tumorpatienten wird mit ca. 30 kcal/kg Körpergewicht geschätzt. Eine dauerhaft verminderte Nahrungsaufnahme unter 75% des rechnerischen Bedarfes zeigt ein signifikantes Nahrungsdefizit an. Bei Tumorpatienten ist die Lipidverwertung gegenüber der Normalsituation erhöht. Es gibt Hinweise, dass eine erhöhte Glukoseverwertung im Tumorgewebe stattfindet und somit dem Gesamtorganismus entzogen wird.
175 11.4 · Ernährung während der Tumortherapie, enterale und parenterale Ernährung
Tab. 11.12. Übersicht stuhlaufweichender und/oder peristaltikfördernder Laxanzien Wirkprinzip
Substanz
Dosierung
Wirkeintritt
Hinweise
12–24 h
Mit viel Flüssigkeit!
Hydragog durch Bindung von Wasser im Darm (Vermehrung der Stuhlmasse) Agiolax
10 g
Aufweichende Substanzen durch Osmose (Wasserresorption) Stimulation der Peristaltik Salinisch
Zucker
Natriumhydrogencarbonat
Glaubersalz
Natriumresorption
Natriumsulfat
10–20 g
2–4 h
Natrium Picosulfat (Laxoberal)
10–20 gtt.
2–4 h
Lactulose (Bifiteral)
2- bis 3-mal 15 ml
8–12 h
Sorbit (Microklist)
1 Klysma
1h
Lecicarbon
1 Supp.
0,5–1 h
Hyperhydratation
Meteroismus bei Pankreas-NPL oder hepatobiliäre Metastasen
Stimulierende Substanzen mit Förderung der Darmperistaltik und Elektrolytumkehr Phenolphtalein
Glycosid
Bisacodyl (Dulcolax)
Sennosid (Liquidipur)
1-mal 10 mg rektal
0,5 h
1-mal 10 mg p.o.
6–8 h
15 ml
10 h
Gleitmittel mit Erhöhung der Gleitfähigkeit ohne Osmose Paraffin (Agarol)
1–2 Esslöffel (5–10 mg)
12–36 h
Kombination mit Rhizinus sehr wirksam!
1–2 h
Cave: Hyperthyreose
Hyperosmolare Röntgenkontrastmittel, starke Wasserbindung Gastrografin
50–100 ml
Förderung der Peristaltik (Kontraktion der glatten Muskulatur) Neostigmin (Prostigmin)
2–4mg in 500 ml G5%
Ceruletid (Takus)
0,3μg/kg KG i.m., i.v.
Über 24 h geben
Füllsubstanz mit Wasserbindung und Durchdringen der Stuhlsäule Macrogol (Movicol)
1–2 Btl.
Empfohlen wird aus diesen Gründen eine fettbetonte und kohlenhydratreduzierte Ernährung: 1–1,5 g Eiweiß, 3–5 g Glukose und 1–1,5 g Fett pro kg Körpergewicht. Da ω6Fettsäuren proinflammatorische Wirkung über die Eicosanoidmediatoren vermitteln, sollten einfach ungesättigte Fettsäuren (Ölsäure), ggf. mittelkettige Triglyceride und ω3-Fette bevorzugt werden. Bei Kau- und Schluckstörungen sollten zuerst hochkalorische Trinknahrungen angeboten werden. Hierbei sollte besonders auf die Wünsche und das Verlangen des Krebskranken eingegangen werden: möglich ist das Einfrieren von z. B. geschälten Orangenscheiben, die der Kranke lutschen kann. Ebenso ist gefrorene Sahne oder Speiseeis erfolgreich, da häufig bei Läsionen im Mund-
6–8 h
Gut wirksam bei opioidbedingter Obstipation
bereich die kalte Nahrung als lindernd und angenehm empfunden wird. Genauso können orale Medikamente in eine Trägersubstanz gemischt werden, z. B. Aspirin in Sahne (ASS wird lokal schmerztherapeutisch bei Defekten im HNO-Bereich, die Sahne wirkt anhaftend und verlängert die Wirkpassage). Um den Appetit zu beeinflussen, können passager Dexamethason (4–8 mg, i.v., p.o., i.m.) täglich oder Anabolika (Nandrolon = Decadurabolin, 25–50 mg) alle 3–4 Wochen i.m. verabreicht werden. Bei Unmöglichkeit der oralen Nahrungsaufnahme sollte die enterale Sondenernährung (Nasensonde, transkutane Sonde = PEG) der parenteralen Ernährung vorgezogen werden. Hintergrund ist die schnell einsetzende Zottenatrophie im Dünn- und
11
176
Kapitel 11 · Supportive Maßnahmen
Dickdarm bei der frühen und länger andauernden parenteralen Ernährung.
Indikation für die künstliche Ernährung
Defekt im oberen Gastrointestinalbereich m enterale Ernährung – Mukositis unter Radio- oder Chemotherapie – Kau- oder Schluckstörungen bei HNO-Tumoren – Tumor- oder therapiebedingte Enge in Ösophagus/Magen/Duodenum – Gastroparese
Defekt im Dünndarmbereich m parenterale Ernährung – Inoperable Jejunalenge – Peritonealkarzinose – Mesenterialinfiltration – Kurzdarm
Bestehende oder drohende unzureichende Nahrungsaufnahme für einen mittel- bis langfristigen Zeitraum von mehr als 2–3 Wochen
11.5
11
Tumorbedingte Anämie, Bluttransfusion und Erythropoetinsubstitution
11.5.1 Bluttransfusion versus
Erythropoetingabe Anämien bei Krebspatienten können durch Blutverlust, Hämolyse oder unzureichende Blutbildung bedingt sein. Es lassen sich vier Ursachengruppen für eine verminderte Blutbildung abgrenzen:
unzureichend verstandene immunologische Mechanismen, die unter der Bezeichnung »Tumor-» oder »Infektanämie« subsumiert werden,
Verdrängung des Knochenmarks durch infiltrierende Krebszellen,
therapiebedingte Myelosuppression und
die ineffektive Erythropoese bei Krebserkrankungen des blutbildenden Systems (Myelodysplasien). Verschiedene Untersuchungen zeigen einen Zusammenhang zwischen Anämie und Lebensqualität. Niedrige Hämoglobinwerte korrelieren mit einer schlechteren Prognose bei Patienten unter Chemo- bzw. Radiotherapie. Die Anämie beeinflusst nicht nur die Lebensqualität negativ. Darüber hinaus fördert die insuffiziente Sauerstoffversorgung die Aggressivität des Tumors und vermindert die Effektivität einer Strahlen- bzw. Chemotherapie.
Tab. 11.13. Charakterisierung von Erythropoetin und des Erythropoetinrezeptors (HIF: »hypoxia-induced factor«; HAF: »hypoxia-associated factor«) Parameter
EPO
EPO-Rezeptor
Molekulargewicht
34 kD
66 kD
Chromosomaler Lokus
7q
19p
Sialinsäure
Ja
Nein
Produktion
Niere, Leber
Knochenmark, Gehirn, Endothelien
Regulation
Hypoxie
?
Promoter
HIF-1, HAF, NF-kB (?)
?
Für die Therapie der Anämie stehen zwei Optionen zur Verfügung: die Bluttransfusion und die Gabe von Erythropoetin (EPO). Der Vorteil der Bluttransfusion liegt darin, dass die Anämie schnell korrigiert wird. Sie ist die Therapie der Wahl ab einem Hb-Schwellenwert von 8 mg/dl. Nachteile sind das Infektionsrisiko, die Eisenüberladung, die nach 25–30 Infusionen nachweisbar ist, die Hemmung der Eythropoese sowie die nachlassende Wirksamkeit nach wiederholten Infusionen. Es stellt sich ein »Jojo-Effekt« ein, bei dem mit der Anzahl der Infusionen der Hb-Wert nach Bluttransfusion zunehmend schneller wieder abfällt. Erythropoetin stellt den ersten klinisch eingesetzten Wachstumsfaktor dar. EPO steht seit 1986 nach der erfolgreichen Sequenzierung und Klonierung des EPOGens als rekombinantes EPO für eine breite klinische Anwendung zur Verfügung. Es ist das zentrale Zytokin der Erythropoeseregulation, ein 34-kD-Glykoprotein, das in bis zu 90% in den Nieren und zu 10% in der Leber synthetisiert wird ( Tab. 11.13). EPO expandiert die Menge der unreifen Progenitorzellen vom Typ BFU-E (»erythroid burst forming unit«). Unter EPO-Einfluss werden diese Zellen in das Kompartiment der reiferen determinierten Progenitorzellen, den CFUE (»erythroid colony forming unit«), überführt, die dann unter EPO-Stimulation beschleunigt ausreifen. Zusätzlich wird deren Apoptose durch EPO verhindert, so dass mehr Erythrozyten ausreifen können. In geringerem Maße kann EPO auch die Megakaryozytopoese stimulieren. Im Hinblick auf die Erythropoetintherapie sind folgende Befunde von besonderer Bedeutung:
eine inadäquat niedrige Erythropoetinproduktion bei der »Tumoranämie« und der therapieassoziierten Anämie,
eine Hemmung der Erythropoetinwirkung bei der Tumoranämie und der Anämie durch Knochenmarkinfiltration und
177 11.5 · Tumorbedingte Anämie, Bluttransfusion und Erythropoetinsubstitution
Tab. 11.14. Indikation von Erythropoetin (MDS=myelodysplastisches Syndrom AA = aplastische Anämie). (Nach Dempke u. Schmoll 2001) Indikation
Effekt
Stellenwert
Chronische Niereninsuffizienz
− Hb-Anstieg
− Gesichert
Sepsis/Intensivmedizin
− Lebensqualität l
− Fraglich
Knochenmarkinsuffizienz (MDS, AA, HIV)
− Reduktion von Transfusionen − Stabilisierung des peripheren Blutbildes
− Experimentell
Stammzellmobilisation
− CD34-Ausbeute l
− Fraglich
Tumoroxygenierung
− Optimierung von Radiotherapie/Chemotherapie
− Gesichert
Tumoranämie
− Therapieansprechen l − Überlebensvorteil
− Gesichert − Fraglich
Chemotherapieinduzierte Anämie
− Reduktion von Transfusion
− Gesichert
Fatigue-Syndrom
− Lebensqualität l
− Experimentell
M. Crohn/Colitis ulcerosa
− Proinflammatorische Zytokine n
− Experimentell
ein vermindertes Ansprechen abnormer erythropoetischer Vorläuferzellen auf physiologische Erythropoetinkonzentrationen bei den Myelodysplasien.
11.5.2 Dosierungsschema von Erythropoetin
Bei Patienten mit »Tumoranämie«, infiltrationsbedingter Anämie oder therapiebedingter Anämie ist ein häufig angewandtes und erfolgreiches Therapieschema: 3 subkutane Erythropoetininjektionen von je 150 E/kg KG pro Woche (bei einem normgewichtigen Erwachsenen: 3-mal 10.000 E) mit Dosisverdopplung (3-mal 300 E/kg KG) bei Ausbleiben eines Hämoglobinanstiegs nach 4- bis 8-wöchiger Therapiedauer. Das gentechnisch modifizierte Erythropoetin Darbepoetin-α enthält 5 sialinsäurehaltige Kohlenhydratanteile im Vergleich zu 3 bei r-HuEPO. Die Serumhalbwertszeit und somit die Wirksamkeit wird dadurch auf etwa das dreifache verlängert. Darbepoetin-α hat denselben rezeptorvermittelten Wirkmechanismus wie r-HuEPO. Deshalb bewirkt eine einmalige Wochendosis von 2,25 μg/ kg KG s.c. einen vergleichbaren Hämoglobinanstieg.
11.5.3 Eisensubstitution und Erfolgskontrolle
der EPO-Gabe Zur Überwindung des bei Krebspatienten häufig vorliegenden funktionellen Eisenmangels wird die gleichzeitige Verabreichung eines Eisenpräparates empfohlen. Daher wird bei allen Patienten mit Serumferritinwerten unter 100 μg/l oder einer Transferrinsättigung <20% eine orale
Eisensubstitution mit 200–300 mg Fe2+/Tag empfohlen. Der Hämoglobinanstieg entwickelt sich bei einer erfolgreichen Erythropoetinbehandlung sehr langsam (nach 14 Tagen Hb-Anstieg ca. um >0,5 g/dl). Um das Ansprechen zu überprüfen, wird ein Therapieversuch von mindestens 2-monatiger Dauer empfohlen. Von den gegenwärtig klinisch eingesetzten Wachstumsfaktoren besitzt EPO das größte Indikationsspektrum, das nicht nur die Korrektur der renalen oder der Tumoranämie sowie die Verbesserung der Tumoroxygenierung beinhaltet, sondern auch eine Reihe neuerer Indikation umfasst ( Tab. 11.14). Im Auftrag der Agency for Healthcare Research and Quality, U.S. Department of Health and Human Services, wurden alle relevanten Studien mit Erythropoetin bei Krebsbehandlung analysiert. Es zeigte sich ein signifikanter Anstieg des Hämoglobinwertes durch die Erythropoetintherapie nach Chemotherapie bei ca. 50% der behandelten Patienten und eine Reduktion der Transfusionsfrequenz um 10 bis maximal 50%. In der letzten Zeit lösten Ergebnisse randomisierter, kontrollierter klinischer Studien, Metaanalysen und eines Cochrane-Reviews die Diskussion um folgende sicherheitsrelevante Aspekte aus:
erhöhtes Risiko venöser thromboembolischer Ereignisse bei Krebspatienten, die Erythropoese-stimulierende Arzneimittel (ESA) erhalten,
chronischer Niereninsuffizienz, wenn Hämoglobinkonzentrationen von 12 g/dl überschritten werden. Nach Überprüfung aller verfügbaren Daten schlussfolgerte der wissenschaftliche Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMEA und seine Pharmakovigilanz
11
178
Kapitel 11 · Supportive Maßnahmen
Arbeitsgruppe (PhVWP), dass der Nutzen dieser Arzneimittel in den zugelassenen Anwendungsgebieten das Risiko überwiegt. Die Gebrauchsinformationen der ESA wurden, soweit zutreffend, wie folgt geändert:
Die Anwendung von ESA soll ausschließlich bei Patienten mit symptomatischer Anämie im Zusammenhang mit einer Niereninsuffizienz oder mit nichtmyeloischen malignen Erkrankungen erfolgen.
Die niedrigste ESA-Dosis ist zu wählen, um die Hämoglobinkonzentration in einem Bereich zwischen 10 und 12 g/dl einzustellen. Eine Zusammenfassung der Empfehlungen veranschaulicht die Abb. 11.1. Zusammenfassende Bewertung
11
Kostenanalysen zeigen, dass die Erythropoetintherapie deutlich teurer ist als die Erythrozytentransfusion. Ökonomischen Überlegungen und finanzielle Ressourcen des Gesundheitssystems beeinfussen die Wahl zwischen den beiden Behandlungsoptionen entscheidend. Richtungsweisend für die Therapieoption sollte die individuelle Konstitution des Patienten sein. Da bei vielen Krebspatienten die Anämie erst in fortgeschrittenen Stadien auftritt, sind die Patienten auch wegen ihrer kurzen Lebenserwartung durch langfristige Transfusionsrisiken nicht gefährdet. Im Gegensatz dazu ist bei anderen Patienten die Anämie nur ein vorübergehendes therapieinduziertes Problem. Da hier meist keine oder nur sehr wenige Bluttransfusionen benötigt werden, ist das Risiko eines langfristigen Transfusionsschadens gering. Die Behandlung mit Erythropoetin wäre besonders bei Patienten mit langer Lebenserwartung und chronischer Transfusionsbedürftigkeit indiziert.
Abb. 11.1. Entscheidungshilfe zur Substitution von Erythrozytenkonzentraten oder Epo. (Nach EORTC 2008)
11.6
Fatigue bei Tumorerkrankungen
Fatigue bezeichnet ein Gefühl von körperlicher und geistiger Müdigkeit, das mit reduzierten Energiereserven und Muskelkraft einhergeht. Anhand einer Symptomcheckliste der Fatigue Coalition kann die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines Fatigue-Syndroms geprüft werden.
Diagnosekriterien des Fatigue-Syndroms (mindestens 6 der 11 Symptome müssen zutreffen)
Müdigkeit, Energiemangel, inadäquat gesteigertes Ruhebedürfnis
Gefühl der allgemeinen Schwäche, Gliederschwere
Konzentrationsstörungen
Motivationsmangel, Desinteresse an normalen Altagsaktivitäten Schlaflosigkeit, übermäßiges Schlafbedürfnis Schlaf wird als wenig erholsam erlebt Gefühl, sich zu jeder Aktivität zwingen zu müssen Ausgeprägte emotionale Reaktion auf die empfundene Erschöpfung (Niedergeschlagenheit, Frustation, Reizbarkeit)
Schwierigkeiten in der Bewältigung des Alltags
Störungen des Kurzzeitgedächnisses
Nach körperlicher Anstrengung lange andauerndes Unwohlsein
Mehr als 80% der Tumorpatienten erleben unter der Chemo- oder Strahlentherapie dieses Syndrom. Die Ursachen dieser Müdigkeit und Erschöpfung sind multifaktoriell und auch durch paraneoplastische Mechanismen bedingt. Es wird angenommen, dass der Tumor selbst Substanzen produziert (sog. »Asthenine«), die zu pathologischer Ermüdbarkeit, Kraftverlust und Schwäche führen. Eine Ursache des Fatigue-Syndroms stellt die An-
179 11.7 · Schmerztherapie
ämie dar, wobei ungeklärt ist, welcher Grad der Anämie mit der Fatigue assoziiert ist. In allen Abschnitten der Tumorbehandlung, wie Diagnostik, Therapie, Nachkontrollen und Palliation kommt der Fatigue eine für den Patienten besondere Rolle zu. Ein häufiges Syndrom ist der »Leistungsknick« vor der Diagnose der Tumorerkrankung. Unter der Therapie ist die Erschöpfung die Hauptbelastungsstörung. Neben durch Übelkeit und Erbrechen bedingter Mangelernährung spielen Stoffwechselveränderungen und besonders die Anämie, tumor- und therapiebedingt, eine wichtige Rolle. Nicht zu unterschätzen ist die Abgeschlagenheit und die Rezidivangst bei Patienten in der Nachsorge.
11.6.1 Therapieansätze beim Fatigue-Syndrom
Die Behandlung des Fatigue-Syndroms sollte sich auf die einzelnen Fatigue-bestimmenden Begleitfaktoren (Schmerzen, Anämie, Übelkeit, Schlafstörungen, Aktivitätslevel, Ernährung) konzentrieren. Ziel bleibt immer die Verbesserung der Lebensqualität.
Therapieoptionen beim Fatigue-Syndrom und individuelle Behandlungsstrategien
Patientenaufklärung
Anämiebehandlung
Schmerztherapie
Medikation überprüfen
Schlafregulierung
Ausgewogenene Ernährung
Psychoonkologie
Neustrukturierung des Alltags
Verteilung von Aktivitäten
Regelmäßige Ruhephasen
Entspannungstechniken
Kraftquellen erkennen und nutzen
Dosiertes körperliches Training
Isolation verlassen
Voraussetzung für die Therapie ist das Erkennen von Fatigue als Symtom der Tumorerkrankung mit eigenständigem Krankheitswert. Bereits beim Aufklärungsgespräch sollte der Arzt auf das Syndrom hinweisen. Psychoedukative Methoden spielen zur Verbesserung der Krankheitsverarbeitung eine wichtige Rolle. Patienten profitieren von regelmäßigem körperlichem Training (Ausdauer- und Krafttraining). Selbstverständlich ist die Korrektur der tumorbedingten Anämie (Zielwert Hb 9–11g/dl). Erkannt und Behandelt werden sollten
mögliche begleitende Stoffwechselstörungen, wie ein neu aufgetretener Diabetes mellitus (Steroiddiabetes), eine Schilddrüsendysfunktion oder Depressionen. Medikamentöse Hilfsmittel sollten konsequent und frühzeitig genutzt werden. Hier ist es wichtig, Stimulanzien wie Steroide oder Amphetamine einzusetzten, z. B. in der Therapie der Appetitlosigkeit oder beim kachektischen Tumorpatienten.
11.7
Schmerztherapie
11.7.1 Einleitung
Grundlage einer effizienten Tumorschmerztherapie ist die Diagnostik der auslösenden Ursache oder des schmerzauslösenden Mechanismus. Aufgrund der Ursachenvielfalt sollten folgende Fragen unbedingt zuerst berücksichtigt werden:
Ist der Patient adäquat über seine Erkrankung informiert?
Belastet die familiäre Situation den Krankheitsverlauf?
Wie wirken Sie als Arzt auf den Patienten? Besonders chronische Schmerzen bei Krebserkrankungen wirken stark depressiv und verringern die Lebensqualität nachhaltig. Eine adäquate Schmerztherapie ist die Grundlage der psychoonkologischen Versorgung. Fast 50% aller Tumorpatienten leiden bereits im Anfangsstadium ihrer Erkrankung unter Schmerzen. Ihr Anteil steigt im fortgeschrittenen Stadium auf 70–80%. ⅔ der Schmerzen sind unmittelbar tumorbedingt (Infiltration oder Kompression von Nervengewebe, Weichteilinfiltration, Knochenmetastasen). Ein geringerer Prozentsatz ist tumorassoziiert (Aszites, Lymphödem, Herpes zoster) oder tumortherapiebedingt (Stomatitis, periphere Neuropathie, Stumpf- oder Phantomschmerz). Wichtig ist die Berücksichtigung von vorbestehenden tumorunabhängigen Schmerzen (Migräne, Rheuma, degenerative Erkrankungen).
11.7.2 Schmerztypen
Die Differenzierung zwischen nozizeptiven und neuropathischen Schmerz ist aufgrund der Schmerzanamnese und der klinischen Untersuchung möglich, so dass nur in Einzelfällen zusätzliche bildgebende oder neurophysiologische Untersuchungen notwendig werden. ⅓ aller Tumorpatienten hat eine Kombination mehrerer Schmerzformen. Tab. 11.15 zeigt eine Übersicht über die möglichen Schmerztypen.
11
180
Kapitel 11 · Supportive Maßnahmen
Tab. 11.15. Übersicht Schmerztypen Schmerztyp
Schmerzursache
Attributierung
Lokalisation
Besonderheit
Nozizeptiv
Knochen, Weichteile
Dumpf, drückend, pochend, bohrend
Gut lokalisierbar
Dauerschmerz oft mit bewegungsabhängigem Durchbruchschmerz
Viszera
Dumpf, krampfartig; oft kolikartig
Schlecht lokalisierbar
Vegetative Begleitsymptome (Dermatome, Head-Zonen)
Ischämie
Hell, pochend
Extremität, auch viszeral möglich
Belastungs-abhängig; abhängig von Nahrungsaufnahme
Schädigung oder Irritation des Nervensystems
Einschießend, elektrisierend, brennend, heiß
Versorgungsgebiet der betroffenen Nervenstruktur
Meist mit neurologischen Störungen: z. B. Hypästhesie, Anästhesie, Parästhesie, Dysästhesie, Allodynie
Neuropathisch
11.7.3 Schmerzobjektivierung
11
Schmerzen bei Tumorpatienten unterliegen der subjektiven Wahrnehmung und werden durch psychische, soziale und spirituelle Aspekte verändert. Die Selbstbeurteilung der Schmerzen durch den Patienten ist einer der wichtigsten Parameter. Für die Erfassung von Schmerzen dienen numerische Skalen (Rating-Skala, NRS, 0 = kein Schmerz, 10 = stärkster vorstellbarer Schmerz). Sinnvoll ist die Festlegung eines Interventionspunktes (z. B. >3) auf der numerischen Skala, ab dem eine Therapie eingeleitet oder verändert wird. Schmerzmessung und -dokumentation sind bei der Ersteinstellung und im weiteren Therapieverlauf unabdingbar ( Tab. 11.16, 11.17 und Abb. 11.2).
11.7.4 Grundregeln der Schmerztherapie
Therapieziel ist eine langfristige Linderung durch eine Dauertherapie. Die individuelle Medikation sollte nach einem Schema erstellt werden. Kann die Einstellung der Schmerzen unter Ruhebedingungen stattfinden, folgt nach der sog. Titrationsphase, d. h. Ermittlung der individiuellen Bedarfsmenge eines Analgetikums, die Stabilisationsphase. Beim anhaltenden Schmerz dürfen die Einnahmeintervalle nicht länger als die Wirkdauer einer Substanz sein. Schmerzfreiheit sollte nicht mit Bewustseinseintrübung einhergehen. Eine ausführliche Beratung sollte vor Beginn der Schmerztherapie stattfinden. Begriffe wie Sucht, Abhängigkeit und Toleranzentwicklung sind hier besonders zu berücksichtigen. Zusätzlich sollten physiotherapeutische Verfahren wie Lymphdrainagen, Massagen, Wärme- oder Kältetherapie frühzeitig miteinbezogen werden.
Tab. 11.16. Minimalfragen zur Schmerzerfassung Frage
Beispiel
Wo?
Lokalisation und Ausstrahlung?
Wie?
Qualität und Intensität?
Wann?
Zeitlicher Verlauf?
Wodurch?
Modulierende Faktoren?
Warum?
Kausalzusammenhänge?
Begleitbeschwerden?
Zum Beispiel Übelkeit, Obstipation, Unruhe
Auf häufig wiederkehrende Nebenwirkungen der Opioide wie Obstipation, Müdigkeit, Desorientiertheit und Ödembildung sollte der Arzt hinweisen. Während der Einstellungsphase auf ein Opioid sollte auf das Führen eines Kraftfahrzeuges verzichtet werden. Kommen dem Arzt Zweifel über das Verständis des Patienten auf, ist es zu empfehlen, sich das Aufklärungsgespräch hinsichtlich der oben genannten Gefahren schriftlich bestätigen zu lassen.
11.7.5 Medikamentöse Schmerztherapie
Eine Einteilung der Schmerztherapie in kausale und palliative Maßnahmen ist üblich. Zu den kausalen Verfahren zählen die Chemo-/Hormontherapie, die Operation oder Bestrahlung. Palliative Maßnahmen konzentrieren sich auf die Linderung von Symptomen. Neben der reinen medikamentösen Therapie kommen auch die oben genannten kausalen Verfahren zum Einsatz. In allen Fällen sollte der Schmerztherapie eine Schmerzdiagnostik unter interdisziplinären Gesichtspunkten vorangehen.
181 11.7 · Schmerztherapie
Tab. 11.17. Mehrdimensionale Instrumente zur Schmerzerfassung Instrument
Erfasste Parameter
Anwendungsbereich
Brief Pain Inventory
− Schmerzlokalisation − Schmerzintensität im Verlauf − Schmerzbedingte Funktionseinbußen
− Klinischer Alltag − Forschung
Lebensqualitätsbögen (SF 36, EORTC QLQ-C30)
− Lebensqualität einschließich erkrankungsspezifischer Symptome und Schmerzen
− Forschung − Klinischer Alltag
Schmerzfragebögen (DGSS Fragebogen)
− − − − − − − −
− Klinischer Alltag − Forschung
MIDOS
− Schmerz − Zusätzliche Symptome − Allgemeinbefinden
− Dokumentationssystem Palliativ-medizin
Schmerztagebücher
− − − − − −
− Routinemäßig für die Einstellungsphase − Forschung
Schmerzlokalisation Schmerzausstrahlung Schmerzintensität/Charakter Schmerzverstärker/-linderer Entwicklung der Beschwerden Zusätzliche Beschwerden Lebensqualität Vorbehandlung
Schmerzintensität Nebenwirkungen Benötigte Zusatzmedikation Nachtschlaf Allgemeinbefinden Stimmungslage
Grundsätze der medikamentösen Schmerztherapie
Analgetika und Kotherapeutika werden nach festem Zeitschema verabreicht.
Die Medikation erfolgt nach dem WHO-Schema ( Abb. 11.3).
Eine Begleitmedikation mit Laxanzien und Antiemetika ist immer zu berücksichtigen.
Die Applikationsart muss individuell bei korrekter gastrointestinaler Funktion festgelegt werden. Beginn möglichst mit der oralen Applikation. Invasive Maßnahmen (Neurolysen, neurochirurgische Eingriffe) sind als letzte Therapieoption zu betrachten.
Äquianalgetische Dosierungen sind bei Opioiden zu berücksichtigen.
Keine Kombination von Analgetika mit gleicher Pharmakokinetik. Eine Kombination eines sauren, antiphlogistisch wirkenden Nichtopioids mit einem zentral wirkenden Prostaglandinsynthesehemmer wird empfohlen (Diclofenac und Metamizol). Nichtsteroidale Antiphlogistika sollten immer nur kurzfristig eingesetzt werden. Abb. 11.2. Eindimensionale Instrumente zur Schmerzerfassung
11
182
Kapitel 11 · Supportive Maßnahmen
Nichtopioidanalgetika (WHO-Stufe I)
Grundsätzlich hat immer eine Aufklärung des Patienten und der Angehörigen über Wirkung und Nebenwirkung der Analgetika zu erfolgen.
Ein Schmerzmedikamentenplan über die genaue zeitliche Einnahme ist dem Patienten bei der Entlassung aus der Klinik mitzugeben.
11
Die Therapie wird entsprechend der Schmerzart und Schmerzintensität stufenweise aufgebaut. In der Stufe I des WHO-Schemas wird ein Nichtopioidanalgetikum gegeben. Bei unzureichender Analgesie wird um ein Opioid der Stufe II (Opioide bei mäßig starken bis starken Schmerzen) ergänzt. Bestehen trotz Dosissteigerung weiterhin opioidsensible Schmerzen, wird das Opioid der Stufe II durch ein Opioid der Stufe III (Opioide bei starken bis stärksten Schmerzen) ersetzt. In allen drei Stufen ist die Gabe von Koanalgetika entsprechend der Pathophysiologie des vorherrschenden Schmerztyps empfehlenswert. Bei Ersteinstellung mit Opioiden können zunächst kurz wirkende Präparate zur Titration gegen den Schmerz eingesetzt werden. Nach Abschluss der Dosisfindung wird dann auf Retardformen umgestellt. Für nozizeptive Durchbruchschmerzen (plötzlich zumeist bewegungsabhängig auftretende Schmerzen bei ansonsten suffizienter Schmerzbehandlung) sollte eine schnell wirkende Zubereitung eines Analgetikums als zusätzliche Bedarfsmedikation zur Verfügung stehen. Ihre Dosis richtet sich nach der Höhe der regelhaften Tagesmedikation (z. B. 1/6 der Tagesdosis des oralen Morphins als Einzeldosis der zusätzlichen oralen Bedarfsmedikation).
Tuvgf!JJJ
Tuvgf!JJ
Tuvgf!J Qbsbdfubnpm Nfubnj{pm
Usbnbepm Dpefjo Ejizespdpefjo Ujmjejo
Npsqijo Izespnpsqipo Pyzdpepo Nfuibepo Cvqsfopsqijo Gfoubozm Ofvspjowbtjwf Wfsgbisfo
Ofvspmztf!!Qvnqfohftufvfsuf!Bobmhftjf !Pqjpjexfditfm
Boujqimphjtujlb
Njucfiboemvoh!pqjpjecfejohufs Ofcfoxjslvohfo
Dp.Bobmhfujlb0Dp.Uifsbqfvujlb0ovlmfbsnfej{jojtdif!Wfsgbisfo Qiztjlbmjtdif!Uifsbqjf0qtzdipmphjtdif!voe wfsibmufotuifsbqfvujtdif!Voufstuýu{voh Nfotdimjdif![vxfoevoh
Abb. 11.3. Modifiziertes WHO-Stufenschema
Substanzen dieser Gruppe werden meist bei leichten, nichtchronifizierten Schmerzen eingesetzt. Die Schmerzstärke wird in der visuellen (VAS) oder numerischen Analogskala (NAS) mit unter 30% angegeben. Paracetamol oder Metamizol haben Priorität bei nichtentzündlichen Schmerzen. Steht die antiphlogistische Komponente im Vordergrund, sollten nichtsteroidale Antirheumatika (NSAID) wie Ibuprofen, Diclofenac oder Indometacin eingesetzt werden. Die gleichzeitige Gabe von zwei NSAID sollte aufgrund der Toxizitätssteigerung unterbleiben. Zur Prophylaxe gastrointestinaler Beschwerden (NSAID-bedingte Ulzera) sind die Protonenpumpeninhibitoren (Omeprazol) besser wirksam als Antazida vom Typ der H2-Blocker. COX-2-Hemmer weisen als entscheidende Vorteile für den onkologischen Patienten keine thrombozytenaggregationshemmende Wirkung auf. Beim immunsupprimierten Patienten ist die antipyretische Wirkung der Nichtopioidanalgetika mit der Gefahr des verzögerten Erkennens von Infektionen zu berücksichtigen. Bei entsprechender Pathophysiologie können hier bereits um Koanalgetika ergänzend verabreicht werden. Wenn nach 24–36 h auch nach Maximaldosierung keine suffiziente Schmerzlinderung erreicht wird, muss auf die Stufe II umgestellt werden.
Opioidanalgetika (WHO-Stufen II und III) Mittelgradige Schmerzen entsprechen der VAS oder NAS von 30–50%. Es kann ein schwach wirksames Opioid allein oder in Kombination mit einem Nichtopioid gegeben werden. Alternativ kann mit einer niedrigen Dosis eines stark wirksamen Opioids therapiert werden. Muss im Laufe der Behandlung die Dosis des Opioids gesteigert werden, so steht dies zumeist im Zusammenhang mit dem Tumorwachstum und ist nur in Ausnahmefällen Ausdruck einer Toleranzentwicklung. Opioide führen regelhaft zu einer körperlichen Abhängigkeit mit Entzugsphänomenen bei abruptem Absetzen. Daher sollte die Reduktion stets schrittweise erfolgen. Während einer Therapie mit Agonisten kann die Gabe von Antagonisten (Naloxon) zu Schmerzen und Entzugssymptomen, die von Opioiden mit teilweise antagonistischen Wirkungen (z. B. Buprenorphin) zu erneuten Schmerzen führen. Eine lege artis durchgeführte Therapie induziert normalerweise keine psychische Abhängigkeit (Sucht). Eine bestehende Sucht erschwert eine suffiziente Schmerztherapie, stellt aber keine Kontraindikation dar. Bei intakten Metabolisierungs-/Eliminationswegen verursacht die orale Opioidgabe praktisch nie eine kli-
183 11.7 · Schmerztherapie
nisch relevante Atemdepression. Andererseits wirkt die Gabe eines Opioides bei schwerer Dyspnoe lindernd. Bei einer analgetisch suffizienten Therapie mit Opioiden ist zur Behandlung der Atemnot die Erhöhung der Opioiddosis erforderlich. Es gibt Hinweise, dass hierbei die subkutane Bolusgabe gegenüber der von oralen retardierten Opioiden überlegen ist. Die antitussive Wirkung erreicht bereits unterhalb der analgetisch effektiven Dosis ihr Maximum.
WHO-Stufe III Der Schmerz erreicht in dieser Stufe nach der VAS oder NAS 70–100%. Es werden stark wirksame Opioide eingesetzt. Auch hier sind die gleichzeitigen Gaben von Nichtopioiden sowie die Ergänzung mit Koanalgetika in Abhängigkeit vom Schmerztyp sinnvoll. Folgende Präparate haben sich bewährt: Morphin als nichtretardierte Form in wässriger Lösung oder als Tablette (Sevredol), als retardierte Substanzen (MST, MST
Tab. 11.18. Wirkprofil der Nichtopioide Präparat
Analgetisch
Antiphlogistisch
Antipyretisch
Spasmolytisch
Indometacin
+++
+++
++
0
Ibuprofen
+++
+
+
++
Diclofenac
++
++
+
0
Metamizol
+++
0
+++
+++
Paracetamol
++
0
++
0
Tab. 11.19. Übersicht der Nichtopioidanalgetika. Die Angaben gelten nur für Erwachsene (BFK = Bioverfügbarkeit, WE = Wirkeintritt, HWZ = Halbwertszeit) Präparat
Form
BFK
WE
HWZ
Elimination
Maximale Tagesdosis
Kommentar
AcetylsalizylSäure: ASS, Aspisol
p.o., i.m., i.v.
50%
30 min
20 min
Extrarenal Salizylsäure renal
4-mal 1000 mg
− − − −
Diclofenac: Voltaren
p.o., i.m., i.v., rektal
50%
30 min
2h
Hepatisch
3-mal 50 mg retard: 1-mal 150 mg 2-mal 75 mg
− »Ceilling effect«! − Cave: i.m. Gabe (erhöhte Nebenwirkungen) − Bei Durchbruchschmerzen
Naproxen: Proxen
p.o., rektal
99%
2h
12–15 h
Hepatisch
2-mal 500 mg retard: 1-mal 750 mg
− Bei neuropatischen oder ossären Schmerzen − Kardiotoxizität!
Piroxicam: Felden
p.o., i.m., rektal
99%
90 min
20 h
Hepatisch
1-mal 20 mg
Celecoxib: Celebrex
p.o.
80%
45 min
11 h
Hepatisch
2-mal 200 mg
− COX-2-Hemmer − Kardiotoxizität!
Paracetamol: Ben-u-ron: Perfalgan: Perfan
p.o., i.v., rektal
80%
30 min
4h
Hepatisch
4-mal 1000 mg
− 1. Wahl bei Kindern − Lebertoxizität! − Cave: Lebermetastasen!
Metamizol: Novalgin
p.o., i.v.
80%
30 min
4h
Hepatisch
6-mal 1000 mg
− s.c. Gabe möglich − Agranulozytose sehr selten
Indometacin: Amuno
p.o.
80%
60 min
6h
Hepatisch
3-mal 50 mg
Ibuprofen: Tabalon
p.o., rektal
90%
20 min
2h
Hepatisch
4-mal 600 mg
Bei akuten Schmerzen Magenulzera! Keine Dauertherapie! Cave: Niereninsuffizienz
− Von den NSAID die geringsten Nebenwirkungen
11
184
Kapitel 11 · Supportive Maßnahmen
Tab. 11.20. Übersicht der schwach wirksamen Opioide der Stufe II. Die Angaben gelten nur für Erwachsene (BFK = Bioverfügbarkeit, WE = Wirkeintritt, HWZ = Halbwertszeit) Präparat
Form
BFK
WE
HWZ
Elimination
Maximale Tagesdosis
Kommentar
Codein
p.o.,
80%
60 min
4h
Hepatisch, 10% Metabolite m Morphin
4-mal 60 mg
− Analgetische Potenz: 0,1 − Wirkung durch Umwandlung in Morphin
Dihydrocodein: DHC
p.o.,
20%
30 min
4h
Hepatisch, Metabolite m Dihydromorphin
4-mal 60 mg retard: 2-mal 120 mg
− Analgetische Potenz: 0,15 − Wirkung durch Umwandlung in Dihydromorphin
Tramadol: Tramal, Tramallong
p.o., rektal, s.c., i.m., i.v.
75%
60 min
6h
>75% Hepatisch, aktiv ist Desmethyltramadol (renal)
4-mal 100 mg retard: 2-mal 200 mg
− Analgetische Potenz: 0,2 − Konvulsionen bei hoher Dosierung oder in Kombination mit Antidepressiva
Dextropropoxyphen: Develin retard
p.o.,
70%
40 min
12 h
Hepatisch
3-mal 150 mg
− Analgetische Potenz: 0,1 − Cave: beim alten Menschen HWZ>50 h!
Pethidin: Dolantin
p.o., rektal, s.c., i.m., i.v.
40%
30 min
4h
Hepatisch, Metabolitepharmakologisch aktiv (Nor-pethidin m renal)
4-mal 50 mg
− − − −
Tilidin + Naloxon: Valeron N
p.o., i.m., s.c., i.v.
90%
30 min
5h
Hepatisch
4-mal 100 mg retard: 2-mal 200 mg
− Analgetische Potenz: 0,1 − Tilidin ist ein Prodrug − Nicht mit anderen Opioiden kombinieren (Naloxon inaktiviert!) − Keine spasmogene Wirkung
Pentazocin: Fortral
p.o., rektal, s.c., i.m., i.v.
20%
30 min
3h
Hepatisch
6-mal 100 mg
− Analgetische Potenz: 0,2 − Partialagonist/Antagonist
11
Continus, MST-Retard-Granulat, Capros, M-Long). Weitere Substanzen sind: Buprenorphin (Temgesic), Hydromorphon (Palladon) und Oxycodon (Oxygesic). Zur transdermalen Applikation wurde erstmals 1995 Fentanyl (Durogesic, seit 2004 Durogesic smat) zugelassen. Wirkprofile und Charakteristika der in der Schmerztherapie eingesetzten Substanzen sind in Tab. 11.18 bis 11.21 dargestellt.
Analgetische Potenz: 0,15 Serotoninsyndrom! Keine Dauertherapie Cave: Niereninsufizienz!
die bekannten und nicht seltenen Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Schwindelgefühl bis hin zur Übelkeit zu verhindern. Die Substanzen werden besonders in der Behandlung der neupathischen Schmerzen eingesetzt. Weitere Medikamente sind Pyrophosphate oder Bisphosphonate, die in der spezifischen Behandlung der ossären Schmerzen zum Einsatz kommen. Bei den Kotherapeutika werden Neuroleptika als Antiemetika und Laxanzien in der schon frühzeitig einsetzenden Obstipationsvorbeugung genommen.
11.7.6 Adjuvanzien
Koanalgetika und Kotherapeutika zählen zu den Adjuvanzien in der Schmerztherapie. Sie in Tab. 11.22 zusammengefasst. Zu den Koanalgetika gehören Antikonvulsiva und Antidepressiva. Die Substanzen sollten möglichst langsam aufdosiert (»eingeschlichen«) werden, um
11.7.7 Spezielle urologische Schmerztherapie
In der Urologie gibt es einige spezielle Anforderungen an den schmerztherapeutisch tätigen Arzt. In Tab. 11.23 wird die spezifische Therapie dargestellt.
185 11.7 · Schmerztherapie
Tab. 11.21. Übersicht der starkwirksamen Opioide der Stufe III. Die Angaben gelten nur für Erwachsene Präparat
Dosierung
Wirkdauer
Analgetische Potenz
Kommentar
Tramadol: Tramal
Initial: 0,02 mg/kg Kontinuierlich: 0,1 mg/kg/h
3–4 h
0,1
− Sedierend − Starke Emesis
Piritramid: Dipidolor
Initial: 0,05 mg/kg Kontinuierlich: 0,1 mg/kg/h
2–3 h
0,7
− Sedierend − Postoperatives Analgetikum
Morphinsulfat: MSI
Initial: 0,05 mg/kg Kontinuierlich: 5–10 mg/h
3–4 h
1
Morphinsulfat: Sevredol
Dosisfindung 10/20 mg
2–4 h
1
− Behandlung von Schmerzspitzen
Buprenorphin: Temgesic
Initial: 0,005 mg/kg
6–8 h s.l. 4–6 h i.v.
30
− Partieller Agonist-Antagonist − Doxapram als Antagonisierung
Hydromorphon: Dilaudid
Initial: 0,01 mg/kg
3–4 h
5 7,5 (oral)
− Cave: mit Atropin
Hydromorphon-ret.: Palladon
Dosisfindung 4/8/16/24 mg
12 h
7,5 (oral)
− Bei Niereninsuffizienz 1. Wahl
Levomethadon-HCL: L-Polamidon
Initial p.o.: 2,5–7,5 mg Initial i.v.: 2,5 mg
4–12 h
4
− Linksdrehendes Isomer von Methadon
Oxycodon: Oxygesic
Dosisfindung 5/10/20/40/80 mg
8–12 h
1,8
− Nicht teilen oder zermörsern
Fentanyl-Pflaster: Durogesic
Alle 3 Tage Pflaster Dosisfindung 12,5/25/50/75/100 μg/h
3 Tage
100
− Anhalten der Analgesie nach Entfernung ca. 18 h
Tab. 11.22. Koanalgetika und Kotherapeutika Schmerztyp
Besonderheiten
Präparat
Dosierung
Anmerkung
Dysästhesien
− Amitriptylin − Doxepin
− 25–75 mg − 25–100 mg
Einschleichend
Lanzierend, einschießend
− Gabapentin − Clonazepam − Carbamazepin
− Bis 2400 mg − 0,3–1mg − 200–1600 mg
Einschleichend
Hirndruck, zentraler Schmerz
− Dexamethason
− 32–96 mg
Blutzuckerkontrollen
Knochen
− − − −
− − − −
− Alle 3–4 Wochen − Täglich − Pro Woche
Kolon/Tenesmen
− Butylscopolamin
− 10–20 mg
Übelkeit/Erbrechen
− Metoclopramid − Domperidon − Haloperidol
− 30–60 mg − 30–120 mg − 2–5 mg
Appetitsteigernd, Stimmungssteigerung
− Dexamethason
− 8–24 mg
Kurzfristig
Obstipation
− Bisacodyl − Lactulose − Movikol
− 10–20 mg − 20–40 ml − 1 Btl/125 ml
Therapiebegleitend
Koanalgetika Neuropathischer Schmerz
Somatische Schmerzen
Pamidronat Clodronat Dexamethason Calcitonin
60–90 mg i.v. 2400 mg oral 4–8mg 100–200 IE
Kotherapeutika
11
186
Kapitel 11 · Supportive Maßnahmen
Tab. 11.23. Urologische Schmerztherapie Lokalisation
Metastasierung
Schmerzcharakter
Therapie
Besonderheiten
Blasenkarzinom
Weichteile
Drückend, Krämpfe
− Metamizol alle 4 h p.o. 40 gtt., i.v. als KI 2,5 g − Tramadol 100 mg alle 4–6 h + Antiemetikum (Vomex A)
− − − −
Nerveninfiltration, Blasenhinterwand, (N. obturatorius)
Dysästhesien bis Anästhesie im Oberschenkel, motorische Schwäche
− Amitriptylin 25–75 mg − Dexamethason 4–20 mg − Carbamazepin bis 1200 mg
− Ggf. neurochirurgische Intervention, frühzeitige Bildgebung
Knocheninfiltration
Dumpf, bohrend, gut lokalisierbar, bewegungsabhängig
− Ibuprofen 600 mg alle 4–6 h, Protonenpumpenhemmer, ggf. mit Paracetamol kombinieren (4-mal 1000 mg), ggf. Opioid (Pflaster)
− Bisphosphonate einsetzten − Möglichkeit der studiengestützen Chemotherapie bei hormonrefraktärem Karzinom bedenken − Strahlentherapie
Nervenwurzel, Rückenmarkkompression
Schneidend, scharf, Dysästhesien, Alodynie, Hypästhesie
− Dexamethason 8–40–96 mg + Opioid + Laxans + Protonenpumpenhemmer − Amitriptylin 25–75 mg
− Ggf. neurochirurgische Intervention, frühzeitige Bildgebung − Strahlentherapie
Weichteilinfiltration
Drückend, bohrend, Bewegungseinschränkung bei M.-iliopsoasInfiltration
− Metamizol alle 4 h p.o. 40 gtt., i.v. als KI 2,5 g − Tramadol 100 mg alle 4–6 h + Antiemetikum (Vomex A)
− Zusätzlich Massage, Krankengymnastik − Strahlentherapie
Knocheninfiltration
Dumpf, bohrend, gut lokalisierbar, bewegungsabhängig
− Metamizol alle 4 h p.o. 40 gtt., i.v. als KI 2,5 g − Tramadol 100 mg alle 4–6 h + Antiemetikum (Vomex A)
− Strahlentherapie
Nervenwurzel oder Rückenmarkkompression
Schneidend, scharf, Dysästhesien, Alodynie, Hypästhesie
− Metamizol alle 4 h p.o. 40 gtt., i.v. als KI 2,5 g − Tramadol 100 mg alle 4–6 h + Antiemetikum (Vomex A)
− Ggf. neurochirurgische Intervention, frühzeitige Bildgebung
Prostatakarzinom
Nierenzellkarzinom
11
Literatur Arbeitsgruppe Schmerz beim Bundesministerium für Gesundheit (1995) Leitlinien zur Tumorschmerztherapie Arbeitskreis Tumorschmerztherapie der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) und der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) (1996) Anleitung zur Tumorschmerztherapie bei Erwachsenen. Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (2000) Empfehlungen zur Tumorschmerztherapie Cella D (1998) Factors influencing quality of life in cancer patients: anemia and fatigue. Semin Oncol 25: Suppl 7: 43–6 Davis MP, Walsh D (2001) Methadone for relief of cancer pain: a review of pharmacokinetics, pharmacodynamics, drug interactions and protocols of administration. Support Care Cancer 9: 73–83
Tensemen Inkontinenz Transfusionspflichtige Hämaturie Spülung der Blase, ggf. mit Silbernitrat oder Formalin (Ultima ratio)
Dempke W, Schmoll HJ (2001) Neue Erythropoietin-Indikationen. Med Klin 96: 467–74 Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung zur Schmerztherapie (DIVS) (1999) Leitlinien zur Tumorschmerztherapie. Tumordiagnostik Therapie 20: 105–129 Dührsen U (2002) Gibt es Indikationen für Erythropoetin in der Onkologie? Dtsch Ärztebl 99: A 3470–3475 EAPC Expert Working Group (2001) Morphine and alternative opioids in cancer pain: the EAPC recommandation. Br J Cancer 84: 587–593 Erslev AJ (2000) Erythropoietin and anemia of cancer. Eur J Haematol 64: 353–358 Feldmann HJ (1999) Tumoroxygenierung und Hypoxie. Onkologe 5: 1000–1007
187 Literatur
Glaspy J, Bukowski R, Steinberg D, Taylor C, Tchekmedyian S, VadhanRaj S (1997) Impact of therapy with epoetin alfa on clinical outcomes in patients with nonmyeloid malignancies during cancer chemotherapy in community oncology practice. Procrit Study Group. J Clin Oncol 15: 1218–1234 Glaus A, Müller S (2000) Hämoglobin und Müdigkeit bei Tumorpatienten: untrennbare Zwillinge? Schweiz Med Wochenschr 130: 471–7 Husebo S, Klaschnik E (1998) Palliativmedizin. Springer, Berlin Heidelberg New York Illinger HJ, Bornmann L, Herdrich K (1995) Arzneimittelinteraktionen bei der Therapie maligner Erkrankungen. Asta Medica Oncology, Zuckerschwerdt. Link H, Bokemeyer C (2003) Therapie mit Erythropoetinen in der Onkologie. Onkologe 9: 473–481 MASCC – Consensus Conference 2008 – www.mascc.org Radbruch L, Loick G et al (2000) MIDOS. Elektronische Datenbank für Palliativstationen. Schmerz 214: 231–239 Rebmann U, Harzmann R (2001) Palliativmedizin in der Urologie. Verlag im Kilian, Marburg Rüffer JU (2004) Diagnostik und Besonderheiten des Fatigue-Syndroms. J Onkologie 04: 4–6. www.journalonko.de Seidenfeld J, Aronson N, Piper M, Flamm CR, Hasselblad V, Ziegler KM (2001) Uses of epoetin for anemia in oncology. AHRQ Publication No.01-E009 Evidence Report/Technology Assessment, Number 30 Epoetin and Oncology. Agency for Healthcare Research and Quality, U.S.Department of Health and Human Services, 2101 East Jefferson Street, Rockville, MD 20852. http://hstat.nlm.nih.gov/ hq/Hquest Vogelzang NJ, Breitbart W, Cella D (1997) Patient, caregiver, and oncologist perceptions of cancer-related fatigue: results of a tripart assessment survey. Sem Hematol 34: Suppl 2: 4–12 WHO (1996) Cancer pain therapy. WHO publishing, Geneve
Websites Chemotherapie – Emesis/Transfusion: www.mascc.org; www.dgho.de Enterale Ernährung: www.espen.org; www.dgem.de Schmerztherapie: www.stk-ev.de
11
12 Grundlagen der Palliativmedizin M. Kloke, J. Hense. M. Stahl
12.1 Definition und Inhalte der Palliativmedizin – 189 12.2 Diagnose und Therapie von Tumorschmerzen – 189 12.3 Diagnose und Therapie von Symptomen des Gastrointestinaltraktes
– 195
12.4 Symptome des Respirationstraktes – 198 12.5 Palliative Sedierung
12.1
– 199
Definition und Inhalte der Palliativmedizin
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definierte 1990 Palliativmedizin (PM) als die »umfassende und aktive Behandlung von Patienten, deren Erkrankung einer kurativen Therapie nicht mehr zugänglich ist und für die das Behandlungsziel die bestmögliche Lebensqualität für sie selbst und ihre Angehörigen ist« und räumte ihr höchste Priorität ein. Dies konnte auch auf dem Hintergrund erheblicher Fortschritte auf dem Gebiet der Schmerztherapie (u. a. durch Einführung der oralen retardierten Opioide) und einer stetigen Weiterentwicklung evidenzbasierter Strategien zur Symptomkontrolle (z. B. Konzepte bei terminal deliranten Zuständen, nicht operablen intestinalen Obstruktionen, Atemnotsyndromen etc.) geschehen. Ende 2002 modifizierte die WHO ihre Definition von Palliativmedizin dahingehend, dass sie bewusst den Aspekt der unvoreingenommenen und vorausschauenden Symptomerfassung und -analyse als unverzichtbaren methodischen Ansatz für eine umfassende palliativmedizinische Betreuung von Patienten aufnahm. Somit ist das wesentliche Ziel der Palliativmedizin die Rehabilitation des Patienten, d. h. Ermöglichung eines selbstbestimmten Lebens innerhalb der erkrankungsbedingten Grenzen. Dies soll erreicht werden durch
optimierte Schmerztherapie und Symptomkontrolle,
Kompetenz in wichtigen Fragen der Kommunikation und Ethik,
Integration psychischer, sozialer und spiritueller Bedürfnisse des Patienten und seiner Angehörigen in allen Phasen des Krankseins, des Sterbens und der Trauer,
Akzeptanz des Todes als Bestandteil des Lebens und Ermöglichung eines menschenwürdigen Lebens und Sterbens; explizite Ablehnung aktiver Sterbehilfe. Aus dieser Aufzählung wird deutlich, dass palliativmedizinische Kompetenz zwar besonders in weit fortgeschrittenen, grundsätzlich aber in allen Phasen einer inkurablen Tumorerkrankung gefordert ist. Sie bezieht die Optionen der Symptomkontrolle durch tumorspezifische und kausale Therapien explizit ein. Da diese jedoch Gegenstand der übrigen Kapitel dieses Buches sind, werden hier nur die rein symptomorientierten Maßnahmen zur Palliation der häufigsten Symptome dargestellt.
12.2
Diagnose und Therapie von Tumorschmerzen
12.2.1 Prävalenz und Ätiologie
In fortgeschrittenen Stadien leiden 80% aller Kebspatienten unter dauerhaften Schmerzen. Kennzeichen dieser Schmerzsyndrome sind ihr multilokuläres Auftreten (2/3 der Erkrankten mehr als eine Lokalisation) sowie ihre Multikausalität (häufig Mischsyndrome mit nozizeptiven
190
Kapitel 12 · Grundlagen der Palliativmedizin
und neuropathischen Anteilen). Auch für den tumorbedingten Schmerz gilt das biopsychosoziale Schmerzkonzept: Stets ist es der Mensch, der als solcher leidet. Wie wichtig diese ganzheitliche Annäherung an das nur durch die subjektive Wahrnehmung des Patienten messbare Symptom Schmerz ist, belegen die Untersuchungen von Bruera et al. (1995) und Fainsinger et al. (2008), die ungelöste psychosoziale Konflikte als einen wesentlichen negativen Prädiktor für das Gelingen einer Schmerztherapie identifizieren konnten.
12.2.2
Basis der Therapie dauerhafter Schmerzen sind
Schmerzanamnese und Therapieplanung
12
Ziel einer Schmerzanamnese ist eine vorläufige, ggf. noch durch bildgebende oder neurophysiologische Verfahren zu erhärtende, Schmerzdiagnose. Sie nimmt Bezug auf Lokalisation, Intensität auch mit Blick auf tageszeitliche Schwankungen oder Durchbruchschmerzen, Charakter, Auslöser, Chronizität sowie Ätiopathogenese. Die Verwendung validierter Patientenfragebogen ist empfehlenswert (z. B. Brief Pain Inventory). Für die Intensitätsmessung auch im Verlauf geeignet sind die visuelle Analogskala (Gerade von 10 cm Länge), die numerische Ratingskala (Zahlen von 0–10) sowie verschiedene Formen der verbalen Ratingskala (kein – leichter – starker – stärkst vorstellbarer Schmerz). Ausgangspunkt aller Skalen ist »kein Schmerz«, Endpunkt »stärkster vorstellbarer Schmerz«. Bei gegebener Indikation werden medikamentöse Schmerztherapie und ursachengerichtete Behandlungsoptionen (Radiatio, zytostatische Systemtherapien, palliative Operation) ebenso wie nicht pharmakologische Therapien (Physiotherapie, Stimulations- und Blockadeverfahren, Orthesen und Prothesen) zeitgleich eingeleitet.
12.2.3 Grundregeln der medikamentösen
Schmerztherapie Obwohl sie bereits vor 20 Jahren formuliert wurden, haben die im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation konzipierten Leitlinien zur Tumorschmerztherapie nach wie vor Gültigkeit.
Leitlinien zur Tumorschmerztherapie der WHO
Die perorale Applikation hat Priorität. Transder-
male Systeme sind nur zur Behandlung des stabilen Dauerschmerzes ohne tageszeitliche Schwankungen geeignet.
oral zu verabreichende Präparate mit langer Wirkdauer (retard). Aufgrund ihres deutlich verzögerten Wirkeintritts (Maximum erst nach 60–90 min!) werden zur Dosisfindung oder zur Behandlung von Durchbruchschmerzen schnell oder normal freisetzende Zubereitungen mit einem schnelleren Wirkeintritt eingesetzt. Die Gabe der Medikamente erfolgt nach einem festen Zeitschema. Mit dem Ziel der Schmerzprophylaxe richtet sich das Einnahmeintervall nach der Wirkdauer des jeweiligen Spezifikums. Die Therapie soll nach Möglichkeit stufenweise aufgebaut werden. So wird die Therapie mit Nichtopioidaanlgetika eingeleitet. Bei Insuffizienz werden sie um schwach wirkende Analgetika ergänzt. Diese werden in der Stufe III durch stark wirkende Opioide ersetzt. Koanalgetika sind per definitionem Substanzen ohne eigenanalgetische Wirkung, können aber in Abhängigkeit vom Schmerztyp allein oder in Ergänzung der Analgetika in allen Stufen eingesetzt werden. Häufige Nebenwirkungen werden prophylaktisch behandelt. Im Therapieverlauf sind Effektivität und Toxizität engmaschig zu kontrollieren.
12.2.4 Stufe I: Nichtopioidanalgetika
Alle Substanzen dieser Stufe wirken antipyretisch, was zu einem verzögerten Erkennen von Infektionen besonders beim immunsupprimierten Patienten führen kann. Paracetamol hat eine geringe analgetische Potenz; es geht Interaktionen mit zahlreichen palliativmedizinisch relevanten Substanzen ein. Metamizol ist oral, rektal und i.v. verfügbar. Es hat eine gute analgetische Potenz. Nachteilig ist seine kurze Wirkdauer von 4 h. Die allergischtoxische Agranulozytose ist ein sehr seltenes Ereignis. Letalität und Mortalität sind unter Metamizol sicher nicht größer als unter den nichtsteroidalen Antiphlogistika, zumal gerade viele urologische Patienten zu der Hochrisikogruppe für die Entwicklung gravierender Nebenwirkungen gehören: Die Inzidenz schwerwiegender Nebenwirkungen steigt in Abhängigkeit von vorbestehenen Risikokonstellation seitens der Organsysteme.
Magen-Darm-Trakt: Erhebliche Zunahme der Nebenwirkungen bei Gastritis-/Ulkusanamnese, höherem Alter, bei Kortikoid- oder ASS-Komedikation. Hier
191 12.2 · Diagnose und Therapie von Tumorschmerzen
ist die Indikation sorgfältig zu überprüfen und eine Prophylaxe mit einem PPI durchzuführen.
Niere: Erhebliche Zunahme der Nebenwirkungen bei höherem Alter, vorbestehender Nierenerkrankung, arterieller Hypertonie, Herzinsuffizienz, Flüssigkeitsdefizit, Gabe von Diuretika, ACE-Hemmern oder Gentamycin-Aminoglykosiden. Bereits eine einmalige Gabe kann bei Prädisponierten zum akuten Nierenversagen führen, wobei auch eine kumulative Toxizität möglich ist. Wichtig ist, dass schwerwiegende Nierenschädigung mit einem normalen Urinstatus vergesellschaftet sein kann.
Leber: Zunahme der Nebenwirkungen bei vorbestehender Schädigung, wobei hier eine synergistische Wirkung mit anderen Substanzen häufig ist.
ZNS (delirante Syndrome): Zunahme der Nebenwirkungen bei höherem Alter, Exsikkose und Fieber.
12.2.5 Stufen II und III: Opioidanalgetika
Wirkung und Nebenwirkung Opioide sind in der Therapie tumorbedingter Schmerzen unverzichtbar. Auch wenn sie keine Organtoxizität aufweisen, so haben besseres Wissen um die pharmakokinetischen und -dynamischen Eigenschaften der einzelnen Substanzen sowie um den Einfluss genetischer Variablen auf Verträglichkeit und Wirksamkeit von Opioiden zur Einsicht geführt, dass Morphin zwar Referenzsubstanz ist, im klinischen Alltag aber doch mehr als ein Opioid gebraucht wird. Sie stellen die Rationale für einen Opioidwechsel bei unzureichender Analgesie trotz erheblicher Dosissteigerung oder bei intolerablen Nebenwirkungen dar. Wesentliche Nebenwirkungen einer Opioidtherapie sind:
Übelkeit und Erbrechen (Inzidenz 60% initial, dauerhaft <20%) sind sowohl durch die zentrale Reizung der Chemotriggerzone der Area postrema (D2-Rezeptor) als auch durch Herabsetzung der propulsiven Magen-Darm-Aktivität bedingt. Von daher empfiehlt sich die prophylaktische Gabe von gleichzeitig zentral und peripher wirkenden Antiemetika für die ersten 10–14 Tage ( Kap. 12.3.1).
Obstipation tritt regel- und dauerhaft auf. Sie ist durch Aufhebung der Kontraktilität der Längs- und Tonuszunahme der Ringmuskulatur sowie eine deutliche Tonuserhöhung der Spinkteren gekennzeichnet. Sie wird prophylaktisch mit Osmolaxanzien oder Kombinationen behandelt ( Kap. 12.3.2).
Sedierung ist eine individuell höchst unterschiedlich ausgeprägte, zumeist initiale Nebenwirkung. Von daher ist auch kein grundsätzliches Fahrverbot, sondern die dokumentierte Aufklärung über eingeschränkte
Fahrtüchtigkeit mit dem Hinweis, dass unter stabiler Dosis sich der Patient vor Antritt der Fahrt selber Rechenschaft über seine Fahrtüchtigkeit ablegen muss, erforderlich. Obwohl die Atemdepression die gefürchteste aller Opioidwirkungen ist, wird sie vor allem bei oralen Therapien so gut wie nie beobachtet. Ursachen hierfür sind zum einen die rasche Tachyphylaxie der atemdepressorischen Potenz, zum anderen die »Antagonisierung« der atemantriebsmindernden Wirkung durch den Schmerz (therapeutische Nutzung in Kap. 12.4.1). Die beiden Seiten der körperlichen Gewöhnung sind einerseits die bessere Verträglichkeit durch Minderung der Nebenwirkungen mit Tachyphylaxie (Sedierung und Übelkeit), zum anderen das Auftreten eines Entzugssyndromes bei Therapieabbruch. Patienten, bei denen sich eine klinisch relevante Toleranz bezüglich der analgetischen Wirkung einstellt, stellen eine Rarität dar. Miktionsstörungen sind bei Patienten mit Prostatahypertrophie oder vorbestehenden (neurogenen) Blasenentleerungsstörungen nicht seltene Komplikationen, die gelegentlich sogar eine passagere Katheterisierung notwendig machen können. Ein medikamentöser Therapieversuch ist gerechtfertigt. Halluzinationen, »bad dreams«, einschießende Myoklonien, Pruritus sind selten und stellen eine sichere Indikation zum Opioidwechsel dar. Besonders bei langfristiger und/oder höchstdosierter Opioidtherapie kann sich ein hyperalgetischer Zustand ausbilden (mehr Opioid verursacht mehr Schmerzen). Ihm liegt ein komplexer Sensibilisierungsvorgang zugrunde, in dem NMDA- und GABA-Rezeptoren eine wichtige Rolle spielen. Inwieweit hier der Zugabe von modulierenden Substanzen (z. B. Ketamin, Clonidin) eine größere therapeutische Bedeutung als einem Opioidwechsel oder in seltenen Einzelfällen vielleicht sogar einer Opioidkombinationstherapie zukommt, ist Gegenstand der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion.
Schwache Opioide (WHO-Stufe II) Gemeinsames Kennzeichen der Substanzen dieser Gruppe (Codein, Dihydrocodein, Tilidin, Tramadol) ist die Existenz einer Höchstdosis. Die äquianalgetische Potenz der schwachen Opioide beträgt 10–20% der von oralem Morphin; somit gibt es einen Überlappungsbereich äquipotenter Dosierungen von starken und schwachen Opioiden (Beispiel: 30 mg Morphin p.o./Tag sind gleichwertig mit 150–300 mg Tramadol oder Tilidin/Tag). Von daher darf in Abhängigkeit von der Schmerzsituation
12
192
Kapitel 12 · Grundlagen der Palliativmedizin
und der Erfahrung des Behandlers in Einzelfällen diese Stufe übersprungen werden.
Tramadol hat über die μ-agonistischen Eigenschaften hinaus serotoninerge und noradrenerge Wirkung, die es möglicherweise bei neuropathischen Schmerzen besonderes geeignet erscheinen lässt. Im Gegenzug sollte aber eine Kombination mit einem Serotoninreuptakehemmer (z. B. Paroxetin) gemieden werden. Bei Niereninsuffizienz ist die Dosis anzupassen.
Tilidin/Naloxon ist vermutlich weniger obstipierend. Seine Wirksamkeit ist bei eingeschränkter Leberfunktion reduziert (Prodrug).
Codein und Dihydrocodein haben aufgrund ihrer stark obstipierenden Wirkung und geringen Wirkstärke in Deutschland faktisch keinen Stellenwert mehr in der Dauertherapie von Tumorschmerzen.
Starke Opioide (Stufe III)
12
Nach heutigem Wissensstand sind alle Opioide dieser Stufe gleich wirksam und gleich verträglich. Die aus Studien extrahierten äquianalgetische Dosen können im Einzelfall deutlich unter- oder auch überschritten werden. Sie stellen somit nur Orientierungshilfen dar ( Tab. 12.1).
Aus ökonomischen, historischen und praktischen Gründen ist Morphin weiterhin Erstlinien- und Referenzsubstanz. Es ist kommerziell in allen denkbaren Applikationsformen und galenischen Zubereitungen verfügbar. Hauptproblem ist die Existenz von zwei renal eliminationspflichtigen Metaboliten, von denen bei Niereninsuffizienz sich das im Vergleich zur Muttersubstanz potentere 6-Glucuronid mit zeitlicher Verzögerung im Liquor anreichern und das 3-Glucuronid zentral exzitatorisch und opioidantagonistisch wirken kann. Von daher ist seine Anwendung bei Niereninsuffizienz nicht empfehlenswert. Die orale Bioverfügbarkeit von Morphin von normal 30% ist bei Leberinsuffizienz deutlich gesteigert.
Hydromorphon hat keine aktiven Metaboliten, wird jedoch ausschließlich renal eliminiert, so dass bei Niereninsuffizienz eine Dosisanpassung notwendig werden kann. Bei Leberinsuffizienz ist die orale Bioverfügbarkeit (40%) gesteigert. Oral stehen normal und verzögert freisetzende Kapseln zur Verfügung. Neben der i.v. ist die s.c. Gabe gut möglich.
Fentanyl wird zur Dauertherapie bevorzugt als transdermales System ab 12 μg/h benutzt. Die langen An- und Abflutzeiten müssen ebenso berücksichtigt werden wie die Anwendungshinweise. Bei septischen Temperaturen ist die Resorption um 30% gesteigert. Bei Niereninsuffizienz ist eine Dosisanpassung zu
empfehlen. Indikation ist der stabile Dauerschmerz ohne tageszeitliche Schwankung. Neu auf dem Markt sind transmukosal (sublingual und bukkal sowie nasal) resorbierbare Fentanylzubereitungen. Sie sind alle zur Therapie des Durchbruchschmerzes zugelassen, aber aufgrund des Preises besonderer Indikation vorbehalten. Fentanyl eignet sich bei gegebener Indikation auch zur s.c. oder i.v. Gabe.
Die orale Zubereitungsform von Oxycodon hat einen normal und einen verzögert freisetzenden Wirkanteil. Als Wechselopioid qualifiziert es u. U. auch aufgrund seiner Bindung am μ- und κ-Rezeptor. Die fixe Kombination von Oxycodon mit Naloxon in einer Retardzubereitung hat die Obstipationsintensität deutlich gemindert. Aufgrund der begrenzten Eliminationskapazität der Leber liegt hier die zugelassene Tageshöchstdodis bei 40 mg Oxycodon mit 20 mg Naloxon.
L-Methadon wirkt μ- und δ-Opioidrezeptor-agonistisch und NMDA-Rezeptor-antagonistisch und hemmt die Serotoninwiederaufnahme im zentralen Höhlengrau. Die klinische Relevanz des somit gegenüber Morphin erweiterten Wirkspektrums bezüglich einer besseren Wirksamkeit bei neuropathischen Schmerzen ist aufgrund ausgedehnter klinischer Erfahrungen hoch wahrscheinlich. Auch gilt L-Methadon als geeignetes Opioid im Rahmen eines aufgrund einer raschen Opioiddosiseskalation notwendig werdenden Opioidrotation. Die orale Bioverfügbarkeit ist mit 80% sehr hoch. Problematisch erscheinen jedoch das hohe Interaktionspotenzial mit zahlreichen häufig verwandten Substanzen (s. Fachinformation) sowie die hochgradig individualisierte Aufsättigungs- und Verteilungskinetik (Metabolisierung über Cytochrom P450 2B5 und 3A4, hohe Plasmaeiweißbindung, hohe Lipophilie). Von daher ist eine sorgfältige und kontrollierte Dosisfindung bei Ersteinstellung oder Wechsel auf diese Substanz dringend empfehlenswert. Wenige Einschränkungen bei Leber- und Niereninsuffizienz. Die Eliminationsrate hängt jedoch stark vom Urin-pHWert ab.
Buprenorphin ist ein partieller μ-Rezeptoragonist, woraus zum einen der ab einer Tagesdosis von etwa 4 mg s.l. zu beobachtende Ceiling-Effekt resultiert. Zum anderen kann aber auch in Abhängigkeit der jeweiligen Dosis eine Entzugsymptomatik durch seine Zugabe zu einem μ-Agonisten provoziert werden. Aufgrund seiner Lipophilie eignet es sich zur transdermalen und transmukosalen (s.l.) Applikation. Bei Niereninsuffizienz werden bis zu 70% fäkal eliminiert. Bei Verwendung der Pflaster treten häufig Kontakekzeme auf.
193 12.2 · Diagnose und Therapie von Tumorschmerzen
Tab. 12.1. Umrechnungsfaktoren bei Wechsel von Morphin auf ein anderes Opioida
a
b c
Ausgangsopioid
Faktora
Zielopioid
Morphin p.o.
0,5
Oxycodon p.o. Hydromorphon p.o.
0,13–0,2
Hydromorphon p.o.
0,01
Fentanyl transdermalc
0,3b
L-Methadon p.o
0,03
Buprenorphin s.l.
Oxycodon p.o.
2
Morphin p.o.
Hydromorphon p.o.
5–7,5
Fentanyl transdermalc
100
L-Methadon p.o
3b
Buprenorphin s.l.
30
Die hier angegebenen Werte sind nur Näherungswerte. Bei Wechsel des Opioids wird die rechnerisch ermittelte Dosis um 30–50% reduziert und dann eine erneute Dosisfindung vorgenommen. Die Dosis von L-Methadon muss individuell gefunden werden. Eine transdermale Freisetzung von 25 μg/h entspricht 60–90 mg p.o. Morphin/Tag.
12.2.6 Koanalgetika bei definierten
Schmerztypen Definition Koanalgetika (Synonym Adjuvanzien) sind Substanzen, die keine eigene antinozizeptive Wirkung entfalten, sehr wohl aber bei definierten Schmerzsyndromen wirksam sind. Leider liegen für die Indikationen Tumorschmerz kaum Studien vor, so dass nahezu alle Empfehlungen aus Untersuchungen von Patienten mit nicht tumorbedingten chronischen Schmerzen extrapoliert wurden.
Neuropathische Schmerzen Es gibt keine Korrelation zwischen klinischem Bild und Schädigungsmuster (s. oben): Für den klinischen Alltag ist die Unterscheidung von Dauer- und paroxysmalem Schmerz hilfreich. Eine exakte Schmerzbeschreibung einschließlich der neurologischen Reiz- und Ausfallsymptome ist auch zur Bewertung des Therapieeffektes (Ansprechen nur einer Komponente ist nicht so selten) zwingend erforderlich. Besonders bei lange bestehenden Schmerzen überschreiten die pathologischen Veränderungen oft die primären Versorgungsgebiete des geschä-
digten neuronalen Substrates (Ausdruck einer stattgehabten Sensibilisierung).
Trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin Doxepin Clomipramin) sind bei dauerhaft brennend hell heißen Schmerz mit und ohne Dysästhesie, Hyperpathie, Hyperalgesie indiziert. Die koanalgetisch effektiven Dosen liegen bei 25 bis maximal 100 mg/Tag, wobei einschleichend dosiert werden muss. Wesentliche Kontraindikationen sind Herzrhythmusstörung und Engwinkelglaukom. Besonders bei alten Menschen nimmt die Sturzneigung infolge der orthostatischen Dysregulation erheblich zu. Venlafaxin und Duloxetin sind koanalgetisch im oberen Dosisbereich wirksam, diskutiert wird dieses auch für Mirtazapin.
Carbamazepin [ED 200–800 mg, TD bis 400–800 mg; (8–)12-stündliche Gabe] ist bei paroxysmalen Schmerzen (einschießend, stechend, dolchstoßartig) wirksam. Es hat eine ausgeprägte Hämato- und Hepatotoxizität. Wesentliche Kontraindikationen sind somit vorbestehende Hepatopathie, schwere Blutbildveränderungen und kardiale Erkrankungen. Es hat zahlreiche relevante Interaktionen.
Für Gabapentin [ED 300–900 mg; (6–)8-stündliche Gabe] und Pregabalin [ED 75–150 mg, 12-stündliche Gabe] sind keine relevanten Interaktionen oder Kontraindikationen beschrieben. Bei Niereninsuffizienz ist eine Dosisanpassung, bei Diabetes mellitus Blutzuckerkontrollen erforderlich. Beide wirken sowohl bei dysästhetischen als auch bei paroxysmalen Schmerzen. Eine zusätzliche anxiolytische Wirkung wird diskutiert. Schwere Blutbildveränderungen können unter beiden Substanzen auftreten.
Clonazepam [ED 0,5–1 mg in 8- bis 12-stündlicher Gabe, TD 2–4 mg] hat gegenüber den anderen Antikonvulsiva den Vorteil, dass es parenteral zur Verfügung steht. Als Benzodiazepin bewirkt es gleichzeitig Sedierung, Anxiolyse und Muskelrelaxation, Wirkungen, die in Abhängigkeit von der Gesamtsituation des Patienten gelegentlich auch erwünscht sein können.
Es gibt Hinweise auf eine koanalgetische Wirksamkeit der neueren Substanzen Oxcarbazepin und Lamotrigin bei individuell verändertem Nebenwirkungsspektrum. Valproinat ist zwar breit wirksam, aber auch neben- und wechselwirkungsträchtig, von daher niemals Erstlinienpräparat.
Muskelschmerzen Hauptursache von Muskelschmerzen sind durch Zwangs-/ Schonhaltung oder auch psychische Belastungen getriggerte Myogelosen. Hier kann auch in der Palliativmedizin
12
194
Kapitel 12 · Grundlagen der Palliativmedizin
die zeitlich limitierte Gabe von Benzodiazepinen (z. B. Tetrazepam, Clonazepam) hilfreich sein. Zu beachten ist jedoch die zusätzliche Reduktion der Kraft bereits (kachexie-, immobilitäts-)geschwächter Muskulatur. Schmerzhafte Muskelspastik ist die Folge einer neuronalen Schädigung. Sie bedarf der medikamentösen Therapie. Substanzen der 1. Wahl sind Myotonolytika wie z. B. Baclofen [ED 5–10 mg p.o., TD 15–60 mg in (8–)12-stündlicher Gabe]. Es ist auch wirksam bei Singultus. Alternativen sind Tizanidin [ED 2,4 mg TD 24 mg; (6–)8-stündlicher Gabe] oder Tolpiseron [ED 50 mg, TD 300 mg in 8-stündlicher Gabe]. Alle Substanzen müssen einschleichend dosiert werden. Die Balance zwischen Myotonolyse und Erhalt der Stehfähigkeit ist oft schwierig.
kabel ist aber auch der für fast alle Substanzen mögliche subkutane Weg, wobei die Liegedauer einer mit einem Transparentverband fixierten kleinkalibrigen Venenverweil-, Butterfly- oder auch Spezialkanüle mehrere Tage beträgt. Ihre Fixierung erlaubt eine gute Beobachtung. Steht eine analgetisch effektive Substanz nicht zur parenteralen/subkutanen Gabe zur Verfügung (z. B. Gabapentin, Carbamazepin oder Dexamethason), so ist nach Alternativen zu suchen (z. B. Clonazepam oder Ergenyl) und auf mögliche Entzugserscheinungen sorgfältig zu achten. Bei Wechsel des Applikationsweges sind die jeweiligen Bioverfügbarkeiten sowie ihre Modifikationen durch Organfunktionseinbußen zu berücksichtigen.
Wechsel des Opioids Koliken der Hohlorgane Bei diesem Schmerztyp ist Metamizol in Dosierungen >4 g/Tag wirksam, wobei schnelle i.v.-Gaben obsolet sind. Butylscopolamin [ED 10–20 mg s.c./i.v.) ist oral unwirksam und wird rektal bis zu 30% resorbiert. Es verursacht Obstipation, Tachykardie, Akkomodationsstörungen und Xerostomie. Vorsicht ist geboten bei Engwinkelglaukom und/oder Krampfneigung. Als transdermales System steht Scopolamin (1 Pflaster setzt 0,5 mg in 72 h frei) zur Verfügung. Kortikosteroide wirken vermutlich durch Reduktion des begleitenden Ödems indirekt analgetisch.
12
Knochenschmerzen Alle Bisphosphonate ab der 3. Generation wirken analgetisch bei Knochenschmerzen. Die Auswahl der Substanz richtet sich nach individuellen (Nierenfunktion?) sowie praktischen Überlegungen (orale Gabe, kurze oder lange Infusionsdauer). Eintritt der analgetischen Wirkung lange vor Nachweis einer Resklerosierung vermutlich durch Suppression von an der Nozizeption beteiligten Immunmediatoren.
12.2.7 Besondere Situationen
in der Schmerztherapie Wechsel des Applikationsweges Bei Schluckunfähigkeit oder schweren Resorptionsstörungen stehen als nicht invasive Applikationswege der rektale (zumeist nur kurzfristig gut akzeptiert) oder der transdermale (Beachtung der Trägheit dieses Systems) zur Verfügung. Bei vorhandenem stabilem venösem Dauerzugang (z. B. Port) kann dieses auch im ambulanten Bereich zur Schmerztherapie verwandt werden. Gut prakti-
Insuffiziente Analgesie trotz rascher Dosissteigerung und/oder intolerable Nebenwirkungen trotz adäquater Nebenwirkungsprophylaxe sind heute eine sichere Indikation zum Opioidwechsel. Hierbei stellen die aus Vergleichsstudien extrahierten Äquivalenzdosen nur Näherungswerte dar, die im Einzelfall deutlich unter- oder überschritten werden können. Von daher wird die rechnerisch ermittelte Dosis um 30–50% gesenkt, auf Einzeldosen entsprechend der Wirkdauer der neuen Substanz aufgeteilt und dann möglichst mit normal freisetzenden Zubereitungen des Wechselopioids die erforderliche Dosis neu titriert. Die Wahl des Wechselopioids kann sich derzeit nur an den Daten zur Indikationsbegrenzung bei Organfunktionen und auf die klinische Evidenz der Überlegenheit einzelner Substanz bei neuropathischen Schmerzen orientieren. Dennoch sind 70% aller Wechsel erfolgreich.
Durchbruchschmerzen Durchbruchschmerzen, definiert als unter ansonsten suffizienter Analgesie auftretende Schmerzen, können sowohl bewegungsinduziert – dann zumeist nozizepetiver Schmerztyp – als auch paroxysmal – dann zumeist neuropathischer Schmerztyp – auftreten. Während letzterer sich zumeist mit Antikonvulsiva gut einstellen lässt, erfordert der bewegungsabhängige Durchbruchschmerz die zusätzliche Gabe einer normal freisetzenden Zubereitung eines Opioids. Als Orientierung für die Dosierung der Bedarfsmedikation gilt: Tagesdosis retard Opioid : 6 = Einzeldosis der Bedarfsmedikation Bei der Verwendung von Fentaylzubereitungen ist eine individuelle Titration der Dosis entsprechend der Anwendungsvorschrift erforderlich, da sich hier keine Dosisrelation zur Basismedikation herstellen lässt.
195 12.3 · Diagnose und Therapie von Symptomen des Gastrointestinaltraktes
12.3
Diagnose und Therapie von Symptomen des Gastrointestinaltraktes
12.3.1 Nausea und Emesis
Zur Therapie von zytostatika-/radiotherapieinduzierter Nausea/Emesis wird auf die entsprechenden Leitlinien verwiesen. Sie sind nicht Gegenstand palliativmedizinischen Grundwissens.
Definition Nausea und Emesis sind zwei verschiedene Symptome mit jeweils eigenen Pathomechanismen, die jedoch gemeinsame Schnittstellen und Effektororgane aufweisen und sich wechselseitig verstärken können. Erbrechen ist ein komplizierter Vorgang, bei dem eine initiale Magenatonie von einer Retroperistaltik gefolgt wird. Erst die Kontraktion der Bauch- und Thoraxmuskulatur führt jedoch zum Vorgang des Erbrechens. Das Brechzentrum hat Afferenzen aus den Vestibulariskernen, dem Vagus, dem Kortex und der Chemotriggerzone am Boden des 4. Ventrikels. Die Chemotriggerzone erreichen Endound Exotoxine zum einen hämatogen, sie hat aber auch Afferenzen aus dem Nucleus tractus solitarii, dem Brechzentrum und übergeordneten kortikalen Strukturen. Deutlichste Hinweise auf die Pathogenese liefert die sorgfältige Anamnese, gestützt auf die Ergebnisse der klinischen Untersuchung, erweitert um wenige laborchemische Daten. Bildgebende Verfahren und laborchemische Untersuchungen dienen der Bestätigung der klinischen Verdachtsdiagnose.
Therapieprinzipien Wenn immer möglich, sollte eine kausale Therapie erfolgen, z. B. Korrektur der metabolischen Entgleisung, Radiatio des Neurocraniums, falls möglich Absetzen auslösender Medikamente, Opioidwechsel. Da auch für Nausea und Emesis das biopsychosoziale Modell Gültigkeit besitzt, müssen stets alle Therapieoptionen einschließlich der psychologischen Verfahren mit in Betracht gezogen werden. Die symptomatische Behandlung mit Medikamenten erfolgt pharmakologisch, d. h. die Auswahl der Substanz wird so getroffen, dass ihr Wirkprofil mit dem Pathomechanismus korreliert.
Klinisches Bild und pharmakologische Therapie
Eine Irritation der Area postrema durch hämatogene Exo- (Medikamente wie Zytostatika, Antibiotika, Opioide, Clonidin, Digoxin) oder Endotoxine
(Hyperkalziämie, Hyponatriämie, Urämie, Ammoniak) verursacht zumeist ganztägige Nausea. Oft ist das auslösende Agens eruierbar, weitere Hinweise geben zusätzliche Begleitsymptome/Nebenwirkungen. Wirksame Substanzen sind hier Haloperidol 0,5–1 mg in 8-stündlicher (besonders bei opioidinduzierter Genese), Metoclopramid 10–20 mg in 8-stündlicher (bei gleichzeitiger Hypomotilität im oberen Gastrointestinaltrakt), Promethazin 5–25 mg in 8-stündlicher Gabe oder Levomepromazin1–1,5 mg (zusätzlich auch sedierend, anxiolytisch und prokinetisch). 5-HT3-Blocker mit oder ohne Kortikosteroide sind bei zytostatika-/radiotherapeutisch induziertem Erbrechen entsprechend dem emetogenem Potenzial des jeweiligen Protokolls indiziert.
Gastrale/ösophageale Reizung durch Stressulkus/gastritis, Medikamente (NSAR ± Steroid) oder bei Refluxerkrankung (z. B. bei Obstiaption) führt dominant zu postprandialem Erbrechen mit präprandialer Übelkeit. Hier sind Protonenpumpenhemmer, ggf. in Kombination mit Prokinetika und/oder Sucralfat, wirksam.
Gastrointestinale Hypomotilität tritt auf bei einer zentralen Regulationsstörung (Hirndruck, Metastasen, Opioide), einer peripher neuronalen Schädigung (metabolisch/toxische/autonome/paraneoplastische Neuropathie) oder auch einer Deafferenzierung (Operation, Tumorinfiltration der Plexus/des Ganglion coelicaum). Reflektorisch wird sie beobachtet bei Entzündungen oder Peritonealkarzinose, mechanisch bei tumorbedingter Kompression. Sie ist Nebenwirkung zahlreicher Medikamente (z. B. Opioide, Sekretionshemmer, Anticholinergika). Nausea tritt bei diesen Patienten in der Regel nicht ganztägig, sondern in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme auf. Charakteristischerweise führt Erbrechen nach langem Intervall häufig zur Besserung der Symptome. Oft finden sich begleitend Obstipation und weitere Zeichen einer Neuropathie. Prokinetisch wirksam sind Metoclopramid 30–60 mg/Tag (präprandial), Domperidon 30 mg/Tag (präprandial), Erythromycinbase 600 mg/Tag (nur bei Magenentleerungsstörung, Bindung an Motilinrezeptoren).
Reizung der Vestibularkerne kann durch Exo-/Endotoxine, Tumorinfiltration, Doppelbilder oder auch eine schwere Ataxie hervorgerufen werden. Nausea/ Emesis sind hier zumeist bewegungsinduziert und bessern sich gelegentlich durch Erbrechen. Häufig besteht ein Begleitschwindel. Bei Doppelbildern oder Ataxie als Auslösern besteht oft während des Schlafes keine Nausea. Therapeutisch kann hier Dimenhydrinat (50–100 mg 8-stündlich p.o. rektal, i.v.) ein-
12
196
12
Kapitel 12 · Grundlagen der Palliativmedizin
gesetzt werden. Neben seiner sedierenden Wirkung muss bedacht werden, dass es die prokinetische Wirkung von Metoclopramid aufhebt.
Bei einer Reizung des Brechzentrums dominiert oft das Erbrechen, und es bestehen deutliche vegetative Begleitreaktionen. Oft lassen sich Triggermechanismen oder auch Medikamente (zumeist bei Überdosierung) ausmachen. Auch hier wirkt Dimenhydrinat.
Sind intrazerebrale Strukturen gereizt wie z. B. bei einer Meningiosis carcinomatosa oder bei intrazerebraler Druckerhöhung, so bestimmt ein schwallartiges (Nüchtern-)erbrechen bei oft fehlender Nausea das klinische Bild. Therapie der Wahl ist dann Dexamethason (hoch beginnen, z. B. 8 mg 8-stündlich und bis zur Erhaltungsdosis senken). Unterstützend wirken eine Oberkörperhochlagerung sowie die Restriktion eines möglichen Infusionsvolumens. Mannit und Diuretika sind wenig bis gar nicht wirksam und bringen nur die Gefahr zusätzlicher Elektrolytverschiebungen und verursachen Durstempfinden.
Psychisch getriggert werden Nausea und oder Emesis im Rahmen von Angststörungen oder auch antizipatorisch bei Chemotherapie. Zusätzliche Triggerfaktoren wie olfaktorische, gustatorische und sensorielle unangenehme Reize lassen sich oft ausmachen. Diese zumeist situationsgebundenen Symptome sind häufig therapierefraktär. Geeignete Substanzen sind hier die Benzodiazepine, bei deutlicher Somatisierung auch die Serotoninreuptakehemmer oder atypische Neuroleptika (z. B. Olanzapin).
hin zur mechanischen Obstruktion äußern sich primär als Obstipation. Aber auch eine Depression kann zu einer relevanten Obstipation führen. Neuronale Dysfunktion, z. B. Rückenmarkkompression, Plexopathie, autonome oder paraneoplastische Neuropathie dürfen als Ursache einer schwerwiegenden Motilitätsstörung nicht außer Acht gelassen werden, zumal sie Ursache für oft wechselnde Subileuszustände sind. Obstipation ist keineswegs ein harmloses Symptom, es kann Inappetenz, Übelkeit, Schmerzen, Erbrechen und Luftnot verursachen oder fördern und letztlich der Ausgangspunkt für einen Ileus oder eine Perforation sein.
Therapieprinzipien Herstellung alter Stuhlgewohnheiten, Erhöhung der Trinkmenge sowie Bewegungssteigerung sind zwar sinnvolle, nicht immer aber realisierbare Grundmaßnahmen. Gleiches gilt für die Sanierung von Hämorrhoiden oder anderen Pathologika im Analbereich sowie das Absetzen verursachender Medikamente. Ballaststoffreiche Nahrung oder Quellmittel sind nur indiziert, wenn die tägliche Trinkmenge auf mindestens 3 l erhöht wird, was für die meisten Tumorpatienten aber nicht möglich ist. Hausmittel wie sennesblätterhaltige Abführtees oder Früchtewürfel können gefährliche Elektrolytverschiebungen verursachen. Ist Obstipation eine regelhaft auftretende Nebenwirkung erforderlicher Medikamente, so muss die Therapie stets prophylaktisch erfolgen (Beispiel Opioide).
Therapie mit Laxanzien 12.3.2 Obstipation
Definition Die Prävalenz von Obstipation, definiert als harte und schmerzhafte Defäkation mit reduzierter Frequenz und/ oder Menge, beträgt 90% der Tumorpatienten mit und 40% ohne Opioidgabe. Eine akut aufgetretene Obstipation bedarf der sorgfältigen diagnostischen Abklärung zum Ausschluss einer spinalen Läsion oder Obstruktion.
Pathophysiologie Eingeschränkte körperliche Bewegung, veränderte Essund Trinkgewohnheiten, ungewohnte Defäkationsbedingungen verstärken die zumeist multifaktorielle Obstipation beim Tumorpatienten. Bei den metabolischen Entgleisungen sind in erster Linie Dehydrierung, Hyperkalziämie, Hypokaliämie sowie Urämie zu nennen. Anticholinerge Substanzen und Opioide hemmen Motilität und Sekretion. Strukturelle Veränderungen am Darm bis
Osmotisch wirkende Substanzen sind die Basis jeder laxativen Therapie. Macrogole sind isoosmolar, bei Ersteinnahme erfolgt der Wirkeintritt nach ca. 48 h, ansonsten nach 8–12 h. Sie werden unverändert ausgeschieden und haben die zur Flatulenz führende Laktulose abgelöst. Ist ihre alleinige Gabe insuffizient, werden ergänzend Irritanzien wie Natrium-Picosulfat oder Bisacodyl gegeben. Die durch diese Kombination mögliche Dosiseinsparung hilft, Nebenwirkungen wie Bauchkrämpfe und Diarrhoen zu verhindern. Die ergänzende Gabe von Gleitmitteln (Parafin) ist bei schlechter Bauchpressefunktion hilfreich. Rektale Laxanzien stellen nie eine Dauerlösung dar, stets sind parallel orale Laxanzien zu geben. In der Akutsituation sind bei gefülltem Rektum und hartem Stuhl Glycerin-Suppositioren, bei weichem Stuhl BisacodylSuppositorien zu bevorzugen. Nur bei leerem Rektum, aber gefülltem Kolon sind Klysmen oder hohe Einläufe indiziert. Experimentelle Ansätze stellen die Gabe von Erythromycin (Beschleunigung der Kolontransitzeit) und
197 12.3 · Diagnose und Therapie von Symptomen des Gastrointestinaltraktes
Misoprostol (Verkürzung der orozäkalen Transitzeit und Förderung der intestinalen Sekretion) dar. Obstipation ist keineswegs ein harmloses Symptom. Neben Übelkeit und Erbrechen verursacht es Schmerzen, Blähungen, Völlegefühl, Luftnot, Inappetenz und sekundär Gewichtsverlust. Als Komplikationen treten Pseudodiarrhö, Gewichtsverlust, Ileus, Perforation und Harnverhalt auf.
12.3.3 Ileus im weit fortgeschrittenen
Tumorstadium In fortgeschrittenen Stadien einer Tumorerkrankung kommt es bei ca. 3% aller onkologischen Patienten zum Ileus. In der Literatur beträgt seine Prävalenz bei Ovarialkarzinomen 42%, bei Kolonkarzinomen 24%. Bezüglich der Lokalisation ist bei ca. 2/3 der Patienten der Dünndarm, bei jedem 5. Patient Dünn- und Dickdarm betroffen. An der Pathogenese einer mechanischen Obstruktion sind nicht tumorbedingte Faktoren (z. B. Bridenbildung, Vovolusbildung) bei der Hälfte der Patienten mit gastrointestinalen Tumoren beteiligt, bei gynäkologischen Tumoren ist dieser Anteil geringer als 10%. Als neuronale Ursachen einer Darmlähmung kommen Tumorinfiltrationen des Plexus coeliacus und intrazerebrale Metastasierung ebenso in Frage wie eine paraneoplastische Neuropathie oder eine paraneoplastische Pseudoobstruktion. Eine Linitis carcinomatosa führt zu einem funktionellen Ileus. Leitsymptome des Ileus sind neben Schmerzen auch Übelkeit und vor allem Erbrechen bis hin zum Miserere. Im Gegensatz zum akuten Abdomen bei Peritonitis und Perforation oder beim akuten Briden- bzw. Ischämieileus treten bei der malignen Obstruktion Kreislaufdysregulationen selten auf, auch fehlt hier der akut lebensbedrohliche Charakter. Somit können zunächst antiödematöse (Kortikosteroide hochdosiert) und prokinetische (Prokinetika und Laxanzien) Maßnahmen zur Behebung der Darmlähmung angewandt werden. Bleiben diese ineffektiv, so müssen die operativen Optionen geprüft werden.
Relative Kontraindikation für ein operatives Vorgehen sind schlecht kontrollierte weitere Symptome, weitere asymptomatische ausgedehnte Tumormanifestationen, schlechter Allgemeinzustand, schlechter Ernährungszustand/Kachexie, vorausgegangene Radiatio im Abdomen/Becken.
Absolute Kontraindikation sind in situ nachgewiesene diffuse Metastasierung, Motilitätsprobleme durch diffuse Peritonealkarzinose, diffuse tastbare Tumormassen sowie ein massiver schnell nachlaufender Aszites.
Bei gegebener Inoperabilität müssen konservative Therapieregimes initiiert werden mit dem Ziel, dem Patienten die Lebensqualität zu erhalten. Da Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen und Koliken Folge der Überdehnung des Darmes durch Ingesta und intestinale Sekretion sind, kommt der antisekretorischen Therapie eine Schlüsselfunktion zu. Die antisekretorische Wirkung von Scopolamin und N-Butylscopolamin setzt nach 2–3 Tagen ein und ist mit allen Nebenwirkungen dieser Substanzgruppe behaftet. Alternativ mit vermutlich höherer antisekretorischer Potenz und einem Wirkbeginn nach 2–4 h ist Octreotid in Dosierungen ab 8-stündlich 100–200 μg s.c. oder i.v. wirksam. Es hat klinisch so gut wie keine Nebenwirkungen, ist allerdings mit dieser Indikation nicht zugelassen. Analgetisch sind parenteral appliziert Opioide bei Dauerschmerzen, u. U. ergänzt durch Metamizol oder N-Butylscopolamin oder auch Kortikoide bei Koliken indiziert. Als Antiemetika sind Substanzen mit fehlender prokinetischer Aktivität geeignet, z. B. Dimenhydrinat oder Haloperidol oder auch andere Neuroleptikaderviate. Besonders bei Refluxsymptomatik sollten Protonenpumpenhemmer und/oder Sucralfat zusätzlich geben werden. Es ist wichtig, für den Einzelfall zu titrieren, wo das Idealmaß des zu infundierenden Volumens liegt, das einerseits hoch genug ist, um Exsikkosesymptome (zumeist Opioidtoxizität bei reduzierter renaler Clearance) zu vermeiden, andererseits niedrig genug ist, um Erbrechen in einem tolerablen Rahmen (maximal 2-mal täglich) zu halten. Eine total perenterale Ernährung wird von keinem Patienten in dieser Situation toleriert. Die orale Nahrungskarenz erfordert zum einen eine hochfrequente und phantasiereiche Mundpflege (Lutschen gefrorener Obststückchen, Säfte etc.), zum anderen auch eine ausgezeichnete psychologische Begleitung (Stichworte: Verhungern, Verdursten, soziale Funktion der Mahlzeiten). Ist dem Patienten die Option, Flüssigkeiten zu sich zu nehmen, sehr wichtig, stellt die Anlage einer auf Ablauf gestellten perkutanen Gastrostomiesonde (großlumig!) oder in Einzelfällen auch einer Kaderfistel eine Alternative dar. Häufig lassen sich diese Verfahren bei den Patienten jedoch nicht durchführen (z. B. Peritonealkarzinose, ausgedehnter Aszites, Zustand nach Gastrektomie). Die dauerhafte Verwendung einer nasogastralen Sonde gilt heute als obsolet, da sich mit den oben genannten Maßnahmen Miserere zuverlässig verhindern lässt. Die Überlebenszeit kann bei guter Lebensqualität in dieser Situation wenige Tage bis mehrere Wochen, in Einzelfällen sogar Monate betragen.
12
198
Kapitel 12 · Grundlagen der Palliativmedizin
12.4
Symptome des Respirationstraktes
12.4.1 Dyspnoe
Definition Dyspnoe ist das subjektive Gefühl erschwerter Atmung (Lufthunger). Es korreliert nicht mit Atemfrequenz oder Laborparametern. Seine Prävalenz beträgt 48–60% aller Tumorpatienten und hängt stark von Tumorart (Bronchialkarzinome am häufigsten) und Erkrankungsstadium (70% in den letzten Lebenswochen, 80–90% in den letzten 24 h) ab.
Pathophysiologie, Klinik, Therapie
12
Dyspnoe ist beim Tumorpatienten zumeist multifaktoriell bedingt. Dennoch kann es sinnvoll sein, sich die zugrunde liegenden Pathomechanismen zu verdeutlichen, da sich hieraus Behandlungskonsequenzen ergeben können. Wie bei keinem anderen Symptom ist es bei der Dyspnoe wichtig, stets kausale Therapieoptionen (z. B. antibiotische Therapie, Eröffnung verlegter Atemwege, Blutstillung, Radiatio, Pleurapunktion, Pleurodese etc.) zu bedenken.
Eine Restriktions-/Diffusionsstörung wird verursacht durch Lungenmetastasen, Pneumektomie, Lungenemphysem, Strahlenfibrose, Silikose, Pneumonie, Pleuraerguss oder auch Lymphangiosis carcinomatosa. Sie ist durch eine Ruhe- und Belastungsdyspnoe sowie durch periphere Zyanose und Müdigkeit gekennzeichnet. Selbst das Sprechen ist oft schwierig. Bei chronischer Dyspnoe so ist eine Kombination aus Opioid, Benzodiazepin und/oder Neuroleptikum wirksam. Es gibt Hinweise, dass nicht retardierte Opioide u. U. auch die parenterale Applikationsweise antidyspnoeisch wirksamer sind. Das Dosisintervall wird von der Klinik bestimmt. Bei einem opioidvorbehandelten Patienten muss die Dosis zur Erzielung des antidyspnoeischen Effektes um mindestens 30% gesteigert werden. Beim opioidnaiven Patient beträgt die Morphinstartdosis 1–2,5 mg s.c., i.v., p.o. Benzodiazepine (und/oder Neuroleptika) sollten ergänzend angewandt werden. Typische Eingangsdosierungen sind hier z. B. Lorazepam Expedit ab 1–2,5 mg s.l. bzw. Promethazin ab 0,5 mg p.o. Glukokortikoide sind bei einer Lymphangiosis gelegentlich wirksam. Die Punktion eines relevanten Pleuraergusses sollte immer angestrebt werden. Bei ausreichender Lebenserwartung kann eine Pleurodese ein rasches Nachlaufen verhindern. In fortgeschrittenen Stadien ist die Anlage einer dauerhaften Pleurodrainage sinnvoll.
Dauerhafte Sauerstoffgaben sind selten effektiv und tragen oft zur Verschlechterung der Lebensqualität bei (trockene Schleimhäute, Durstgefühl, Gebundenheit an O2-Zufuhr). Sinnvoller ist eine der akuten Belastungssituation angepasste Gabe.
Eine Obstruktion entsteht infolge bronchialer Hypersekretion, Stimmbandparese, Bronchospastik sowie endo- oder exoluminärer Verlegung großer Atemwege. Sie weist ein verlängertes Exspirium auf und ist zumeist wenig belastungsabhängig. Zur antisekretorischen Therapie eignen sich Butylscopolamin ab 10–20 mg s.c., i.v. 8–12-stündlich, Scopolamin (1–2 transdermale Systeme alle 72 h wechseln) oder Glycopyrronium (0,2 mg s.c., i.v. 6-stündlich) Nur bei nachgewiesener Spastik sind inhalative und/ oder systemische β-Sympathomimetika mit und ohne Kortikosteroide indiziert. Da sie nicht nebenwirkungsarm sind, bedarf ihre Wirksamkeit der Überprüfung. Sauerstoffgaben sind nicht sinnvoll und gelegentlich sogar kontraproduktiv (CO2-Retention).
Ein Ventilations-/Perfusions-Mismatch bildet sich bei einer ausgeprägten Lungenmetastasierung, bei großen primären Lungentumoren oder auch bei Lungenembolie (n). Auffällig ist eine geringe bis fehlende Ruhe- im Gegensatz zu der ausgeprägten Belastungsdyspnoe. Wichtig ist es, die Aktivitäten des täglichen Lebens möglichst atemarbeitssparend zu planen und durchzuführen, da es unter Belastung zu einer Zunahme des Rechts-links-Shunt-Volumens kommt (in Ruhe 30, bei Belastung 70–80%). In diesen Fällen kann eine O2Gabe vor Belastung sinnvoll sein, sollte dennoch nicht automatisch erfolgen. Die medikamentöse Therapie erfolgt analog der einer restriktiven Ventilationsstörung.
Eine psychogene Dyspnoe ist zumeist mehr situationsals belastungsgekoppelt. Zusätzlich finden sich häufig Zeichen von Angst, Depression oder Somatisierung. Pyschotherapeutische (Kurz-)interventionen sind hier sehr hilfreich. Oft müssen jedoch Psychopharmaka eingesetzt werden. Hierbei ist zu bedenken, dass die anxiolytische Wirkung von Antidepressiva erst nach 2–3 Wochen vorhanden ist. Von daher müssen häufig zumindest initial Benzodiazepine eingenommen werden.
12.4.2 Husten
Definition Husten ist zunächst einmal ein Schutzreflex, der jedoch häufig chronifiziert. Seine Prävalenz beträgt in Abhängigkeit von der Tumorlokalisation/-entität 29–83%. Dauerhafter Husten verursacht Kopfschmerzen, Schlafstörung,
199 12.5 · Palliative Sedierung
Erbrechen und Würgen. Hämoptysen werden verstärkt, es kann zu einem Analprolaps kommen. Gefürchtete Komplikationen sind Pneumothorax, Rippenfrakturen sowie bronchiale Aspiration.
Pathophysiologie Der Schutzreiz wird durch Reizung von Afferenzen nicht nur im Kopf-/Halsbereich, sondern im Gastrointestinaltrakt ausgelöst. Intrathorakale Ursachen sind z. B. tracheobronchiale Fisteln (Husten beim Schlucken), extrathorakaler Leberabszess oder Zwerchfellinfiltration (gelegentlich gleichzeitig Singultus). Husten kann auch Zeichen einer Somatisierung sein.
Therapie Finden und Meiden von Auslösern sowie ausreichende Luftbefeuchtung sind basale Therapiemaßnahmen. Selbstredend müssen kausale Optionen wie die antiobstruktive und antisekretorische Behandlung ausgeschöpft werden. Für Opioide wurde eine antitussive Wirksamkeit bereits deutlich unterhalb der analgetisch erforderlichen Dosis nachgewiesen. Die antitussive Potenz der Opioide korreliert nicht mit ihrer Aktivität am μ-Rezeptor. Bei äquianalgetischer Dosierung sind Oxycodon, Hydrocodon, Codein und Dihydrocodein potenter als Morphin, Hydromorphon oder Fentanyl. Hier gilt es, die niedrigst wirksame Dosis zu finden.
12.4.3 Terminales Rasseln
Definition und Pathophysiologie Terminales Rasseln ist ein lautes, zumeist lageabhängiges Atemgeräusch, das durch Sekretretention in den großen Atemwegen bei insuffizienter Expektoration infolge von Bewusstseinseinschränkung oder Schwäche entsteht, selten auch durch Aspirationstracheitis. Mit einer Prävalenz von 70–90% ist es ein sicherer Prädiktor der Terminalphase.
Therapie Lagerungswechsel tragen oft erheblich zur Geräuschreduktion bei. Eine Reduktion des Infusionsvolumens wird ergänzt durch eine antisekretorische Therapie mit Glycopyrronium, Scopolamin oder N-Butylscopolamin. Diese Maßnahmen verhindern lediglich ein Nachlaufen des Sekretes, beseitigen bereits angeschopptes nicht. Trotzdem sollte die Indikation zum tracheobronchialen Absaugen zurückhaltend gestellt werden.
12.5
Palliative Sedierung
12.5.1 Definition
Die palliative Sedierung stellt eine therapeutische Maßnahme dar mit dem Ziel, trotz Ausschöpfens aller Therapieoptionen weiterhin unerträgliche physische und/oder psychische Symptome in einer terminalen oder finalen Erkrankungssituation durch Einschränkung des Bewusstseins zu behandeln. Sie kann geplant im Laufe sich stetig verschlechternder Symptome (z. B. chronische Dyspnoe, organische Psychosyndrome) oder ungeplant bei akuten, anderweitig nicht beherrschbaren Situationen (z. B. akute Blutung, Erstickungsanfall) eingeleitet werden. Sie bedarf des informierten Konsenses des zustimmungsfähigen Patienten bzw. der Person des Vertrauens und des Behandlungsteams. Eine personelle Begleitung des Patienten und seiner Angehörigen ist zwingend.
12.5.2 Besonderheiten
Eine palliative Sedierung führt nicht notwendigerweise zu einem Verlust der Sinneswahrnehmungen wie Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, Fühlen. Sie erlauben einen Zugang auch zu dem bewusstseinseingeschränkten Patienten, was für viele Angehörige die Situation erträglicher macht. Diese Art der Kommunikation kann auch einen entscheidenden Beitrag zur Wahl der zum Erreichen des Behandlungszieles erforderlichen Sedierungstiefe leisten. Es ist wichtig, dass vorbestehende Maßnahmen zur Symptomkontrolle (z. B. antiemetische und analgetische Maßnahmen) fortgesetzt und nach Möglichkeit Medikamente, deren Absetzen zu einem Entzugssyndrom führt, weiter gegeben werden.
12.5.3 Medikamentöse Sedierung
Im Wesentlichen stehen 3 Stubstanzgruppen zur Sedierung zur Verfügung, die nach Bedarf oder kontinuierlich, einzeln oder in Kombinationen appliziert werden können. Auswahlkriterien sind dabei sowohl das Wirkspektrum als auch mögliche Kontraindikation der Substanzen. Ist ein stabiler venöser Zugang vorhanden, so kann dieser genutzt werden, anderenfalls ist die subkutane Applikation Methode der Wahl.
Benzodiazepine wirken sedierend, anxiolytisch, muskelrelaxierend und in hohen Dosen auch myotonolytisch. Ihre antikonvulsive und koanalgetische Wirkung ist von besonderem Wert, wenn der Patient zuvor mit oralen Antikonvulsiva eingestellt war oder
12
200
12
Kapitel 12 · Grundlagen der Palliativmedizin
er trotz bestehender Krampfneigung krampfschwelllensenkende Substanzen (z. B. Haloperidol bei organischem Psychosyndrom) erhalten soll. Benzodiazepine verstärken die opioidinduzierte Atemdepression und sind so bei Dyspnoe unverzichtbar. Grundsätzlich sind alle Benzodiazepinderivate (Midazolam, Lorazepam, Clonazepam, Diazepam) anwendbar. Hier werden Wirkeintritt, Wirkdauer und Applikationsmodus die Wahl des Spezifikums bestimmen.
Neuroleptika wirken sedierend, anxiolytisch, antiemetisch und antipsychotisch. In Abhängigkeit von der Ausgangsposition können sich ihre krampfschwellensenkende Wirkung, ihre Fähigkeit extrapyramidal motorische Symptome zu verstärken oder auszulösen und die Muskelspastik verstärkende Potenz als problematisch erweisen. Von daher bedürfen diese Patienten sorgfältiger klinischer Überwachung. Geeignete Substanzen sind Levomepromazin, Prometazin, Haloperidol und Melperon.
Opioide wirken analgetisch, anxiolytisch, antidyspnoeisch und antitussiv. Ihre sedierende Wirkung ist begrenzt und unterliegt einer deutlichen Tachyphylaxie. Grundsätzlich eignen sich alle Opioide, wobei bei aktueller oder zu erwartender Niereninsuffizienz Morphin vermieden werden sollte. Frühzeichen einer Toxizität sind einschießende, sicher auch schmerzhafte Myoklonien. Die Erstgabe von Opioiden bei Einleitung einer Sedierung erfordert immer eine prophylaktische Antiemese und eine Kontrolle der Miktion (Harnverhalt ist eine häufige Nebenwirkung von Opioiden).
Literatur Literatur zu Kap. 12.1–12.2 Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (2000) Empfehlungen zur Tumorschmerztherapie Ballantyne J (2003) Chronic pain following treatment for cancer: the role of opioids. Oncologis 8.6: 567–575 Bruera E, Schoeller T, Wenk R et al. (1995) A prospective multicenter assessment of the Edmonton staging system for cancer pain. J Pain Symptom Manag 10.5: 348–355 Bruera E, Pereira J, Watanabe S et al. (1996) Opioid rotation in patients with cancer pain. A retrospective comparison of dose ratios between methadone, hydromorphone and morphine. Cancer 78: 852–857 Caraceni A, Portenoy RK, and a working group of the IASP force on cancer pain (1999) An international survey of cancer patients characteristic and syndromes. Pain 82: 263–274 Davis MP, Walsh D (2001) Methadone for relief of cancer pain: a review of pharmacokinetics, pharmacodynamics, drug interactions and protocols of administration. Support Care Cancer 9: 73–83 Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung zur Schmerztherapie (DIVS) (1999) Leitlinien zur Tumorschmerztherapie. Tumordiag Ther 20: 105–129
Expert Working Group of EAPC (1996) Morphine in cancer pain: modes of administration. Br Med J 312: 823–826 Expert Working Group of EAPC (2001) Morphine and alternative opioids in cancer pain: the EAPC recommandation. Br J Cancer 84: 587–593 Fainsinger RL, Nekolaichuk C (2008) A »TNM« classification system for cancer pain: the Edmonton Classification System for Cancer Pain (ECS-CP). Support Care Cancer 2008 16(6): 547–55 Foley KM (2003) Opioids and chronic neuropathic pain. N Engl J Med 348: 1279–1281 Grond S, Zech D, Schug SA et al (1991) Validation of the World Health Organisation guidelines for cancer pain relief during the last days and hours of life. J Pain Sympt Manag 6/7: 411–412 HE L. Fong J, von Zastrow M, Whistler JL (2002) Regulation of opioid receptor trafficking and morphine tolerance by receptor oligomerisation Cell 25.108: 271–282 Indelicato RA, Portenoy RK (2002) Opioid rotation in the management of refractory cancer pain. J Clin Oncol 20: 348–352 Itoh A , Noda Y, Mamiya T, Hasega T, Nabeshima T (1998) A therapeutic strategy to prevent morphine dependence and tolerence by coadministration of cAMP-related reagents with morphine. Meth Find Exp Clin Pharmacol 20.7: 619–625 Lotsch J, Starke C, Grosch S et al. ( 2002) The polymorphism A118G of the human mu-opioid receptor gene decreases the pupil constrictory effect of morphine-6-glucuronide but not that of morphine. Pharmacogenetics 12.1: 3–9 Lotsch J, Zimmermann M, Darimont J et al (2002) Does the A118G polymoprhism at the mu-opioid receptor gene protect against moprhin–6-glucuronide toxicity? Anesthesiology 97.4: 814–819 Mao J, Backil S, RuRong J Grewo L (2002) Chronic morphine induces downregulation of spinal glutamate transporters: implications in morphine tolerance and abnormal pain sensation. J Neurosci 18: 8312–8323 Menten J (2004) Opioid tolerance in advanced cancer patients: a selflimiting phenomen. Palliat Med 18.4: 310 Pasternak GW (2003) Insights into the genetics of mu-opioid analgesics: lessons from the clinic. Eur J Palliat Care 10.2 (Suppl) 37–38 Raith K, Hochhaus G (2003) Drugs used in the treatment of opioid tolerance and physical dependence: a review.Bull Cancer 90 (8–9) 795–806 Thompson CM, Wojno H, Greiner E et al (2002) Activation of G-proteins by morphine and codeine congeners: insights to the relevance of O- and N-demethylated metabolites at mu- and delta-opioid receptors. J Pharmacol Exp Ther 308.2: 547–554 Ueda H, Inoue M. Mizuno K (2003) New approaches to study the developement of morphine tolerance and dependence. Life Sci 72: 313–320 Radbruch L, Loick G et al (2000) MIDOS. Elektronische Datenbank für Palliativstationen. Schmerz 214: 231–239 Rowbotham MC, Twillin L, Davies PS er al. (2003) Oral opioid therapy for chronic peripheral and central neuropathic pain. N Engl J Med 348: 1223–1232 Tegeder I, Lotsch J, Geisslinger G (1999) Pharmacokinetics in liver disease.Clin Pharmacokinet 37.1: 17–40 Ventafridda V, Tamburini M, Caraceni A (1987) A validation study of the WHO method for cancer pain relief. Cancer 59: 850–856 World Health Organisation. Cancer pain relief. 2nd edn. 1996. WHO, Geneva Zykicz Z: Opioids: are there any differences between them? Eur J Palliat Care 2003 Abstracts of the 8th Congress of the EAPC, p 57
201 Literatur
Literatur zu Kap. 12.3 Bennett M, Cresswell H (2003) Factors influencing constipation in advanced cancer patients: a prospective study of opioid dose, dantron dose and physical functioning. Palliat Med 17 (5) 418–22 Bruera E, Moyano JR, Sala R, Rico MA, Bosnjak S, Bertolino M, Willey J, Strasser F, Palmer JL (2004) Dexamethasone in addition to metoclopramide for chronic nausea in patients with advanced cancer: a randomized controlled trial. J Pain Symptom Manage 28 (4) 381–388 Davis MP, Walsh D (2000) Treatment of nausea and vomiting in advanced cancer .Support Care Cancer 8 (6): 444–452 Fine PG (2002) Analgesia issues in palliative care: bone pain, controlled release opioids, managing opioid-induced constipation and nifedipine as an analgesic. J Pain Palliat Care Pharmacother. 16 (1): 93–97 Review Glare P, Pereira G, Kristjanson LJ, Stockler M, Tattersall M (2004) Systematic review of the efficacy of antiemetics in the treatment of nausea in patients with far-advanced cancer Support Care Cancer 12 (6): 432–40 Muir JC, von Gunten CF (2001) Abdominal cancer, nausea, and vomiting.J Palliat Med Fall 4 (3): 391–394 Tamayo AC, Diaz-Zuluaga PA (2004) Management of opioid-induced bowel dysfunction in cancer patients.Support Care Cancer 12 (9): 613–618 Schwarzer A, Nauck F, Klaschik E (2003/2004) Strong opioids and constipation Schmerz 2004 Mar 5; Palliat Med 17 (5): 418–422
Literatur zu Kap. 12.4 Ripamonti C, Fusco F (2002) Respiratory problems in advanced cancer, Support Care Cancer 10 (3) 204–216 LeGrand SB, Khawam EA, Walsh D, Rivera NI (2003) Opioids, respiratory function, and dyspnea. Am J Hosp Palliat Care 20 (1) 57–61 Dudgeon DJ. (2002) Managing dyspnea and cough. Hematol Oncol Clin North Am 16 (3) 557–77, viii Booth S, Anderson H et al (2004) the use of oxygen in the palliation of breathlessness. A report of the expert working group of the scientific committee of the association of palliative care. Resp Med 98: 66–77
Literatur zu Kap. 12.5 Braun TC, Hagen NA, Clark T (2003) Development of a clinical practice guideline for palliative sedation. J Palliat Med 6: 345–427 Chater S, Viola R, Paterson J, Jarvis (1998) Sedation for intractable distress in the dying – a survey of experts. Palliat Med 12: 255–269 Cherny NI, Portenoy RK (1994) Sedation in the management of refractory symptoms: Guidelines for evaluation and treatment. J Palliat Care 10: 31–38 Materstvedt LJ, Clark D, Ellershaw J, Forde R, Gravgaard AM, MullerBusch HC, Porta i Sales J, Rapin CH. (2004) Euthanasie und ärztlich unterstützter Suizid: eine Stellungnahme der Ethics Task Force der European Association for Palliat Care. Z Palliativmed 5: 102–106 Müller-Busch HC (2004) Sterbende sedieren? DMW 129: 701–704
12
13 Betreuung des unheilbar kranken und sterbenden Patienten und seiner Angehörigen I. Kausch von Schmeling, M. Hohenfellner, D. Jocham
13.1 Was erlebt der sterbende Patient? – 203 13.2 Aufgaben des medizinischen Personals – 203 13.3 Betreuung der Angehörigen – 204 13.4 Soziale Hilfen
13.1
– 205
Was erlebt der sterbende Patient?
Die Diagnose Krebs stellt gerade für den sterbenden Patienten eine Bedrohung dar, mit der nicht nur Tod, sondern Schmerzen und Hilflosigkeit sowie soziale Stigmatisierung verbunden werden. In Anlehnung an Weismann und Kübler-Ross wurden verschiedene Phasen beschrieben, die der Patient in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Sterben durchläuft. Nach anfänglichem Schock und Verleugnung folgen Wut und Auflehnung mit der nachfolgenden Phase der Depression und die des falschen Handelns, um schließlich in die Phase der Akzeptanz und des Annehmens zu münden (Kübler-Ross 1981; Weismann 1976). Dieses Modell stellt lediglich eine Orientierung dar. Tod und Sterben sind zu individuell, um einer solchen Gesetzmäßigkeit unterworfen werden zu können, so dass diese regelhaften Verläufe insgesamt eher die Ausnahme sind. Dennoch ist es wichtig, ein Gespür dafür zu entwickeln, wie der Patient von der Diagnose betroffen ist und wie er damit umgeht. Die Phasen des eigentlichen Krankheitsprozesses werden ausführlich in Kap. 14 dargestellt. Die Begleitung Sterbender beinhaltet die Aufgabe, die Lebensqualität des Patienten in allen Belangen durch medizinische, psychische und soziale Betreuung zu optimieren. Oftmals stehen für den Patienten psychosoziale Komponenten mehr im Vordergrund als körperliche Fak-
toren. Für die Lebensqualität des Patienten ist es jedoch wichtig, nicht nur das körperliche Wohlbefinden zu erhalten, z. B. durch adäquate Schmerztherapie, sondern auch die körperliche Integrität und das Selbstwertgefühl zu bewahren.
13.2
Aufgaben des medizinischen Personals
Es gibt Untersuchungen, die zeigen konnten, dass die Entwicklung einer Tumorerkrankung durch psychosoziale Unterstützung oder Gruppenbehandlung positiv beeinflusst werden kann (Barinaga 1989; Spiegel et al. 1989). Faller (1998) zeigte in einem Literaturüberblick über die bisherige Forschung zum Einfluss psychologischer Faktoren auf den somatischen Verlauf bei Krebserkrankungen, dass die Befundlage sehr uneinheitlich ist. Ein Großteil der vorliegenden Studien leide an ernsten methodischen Fehlern, die eine Interpretation der Ergebnisse erschweren oder unmöglich machen. Den Untersuchungen mit positiven Ergebnissen stehen ebenso viele mit negativen gegenüber. Versuche, Ergebnisse zu replizieren, fallen meist negativ aus. Zusammenfassend ergibt sich, dass aufgrund der Methodenkritik der Einfluss psychosozialer Variablen auf den Krankheitsverlauf, wenn er denn überhaupt existiert, eher gering ist und hinter dem Gewicht somatischer
204
13
Kapitel 13 · Betreuung des unheilbar kranken und sterbenden Patienten und seiner Angehörigen
Merkmale zurücktritt. Es ergeben sich am ehesten Hinweise darauf, dass eine aktive kämpferische Auseinandersetzung mit der Erkrankung günstig und eine starke emotionale Beeinträchtigung ungünstig im Hinblick auf die Überlebenszeit sind. Die wesentlichen Ziele der Begleitung sterbender Patienten sind die Symptomkontrolle, die Rehabilitation und die Kommunikation mit dem Patienten. Sowohl für betreuende Ärzte und Pflegepersonal als auch für den betroffenen Patienten treten hierbei schwerwiegende Probleme auf. Die Auseinandersetzung mit der Krebserkrankung ist für den Patienten eine Lebenskrise und keine psychische Krankheit. Eine Psychologisierung der Probleme wird vom Patienten oftmals abgelehnt (Hammer u. Schubert 1993). Patienten drängen zunächst eher auf eine Behandlung der somatischen Beschwerden und Nebenwirkungen denn die Verringerung ihrer psychosozialen Belastungen. Medizinische Betreuer haben hier die Aufgabe, dem Patienten zu verdeutlichen, dass eine psychosoziale Betreuung hilfreich und entlastend sein kann. Krebserkrankte brauchen stabile, tragfähige Beziehungen, aufrichtige Informationen und umfassendes Wissen sowie Hilfe bei den Entscheidungen. Dabei sollten gerade die behandelnden Ärzte Sicherheit und Kompetenz sowie Stabilität und Verlässlichkeit vermitteln (Hammer u. Schubert 1993). Die medizinische Versorgung bedarf hier deutlicher personeller und struktureller Verbesserung, gerade was die Kommunikation zwischen den Tumorzentren sowie den Fach- und Hausärzten und dem Pflegepersonal betrifft. Problematisch für das medizinische Personal ist insbesondere die emotionale Verarbeitung der Beziehung zu dem Patienten. Das medizinische Personal muss sich auf den Sterbenden einlassen, was oftmals als bedrohlich erlebt wird und zu Kränkung, Verunsicherung und Schuldgefühlen führen kann (Hartenstein 1996). Hierdurch bedingte Schutzmechanismen sind distanzierte Haltung gegenüber dem Sterbenden oder auch übertriebener therapeutischer Aktivismus. Die Haltung der »detached compassion« (losgelöstes Mitgefühl), die bei professionellen Helfern von Pattisson (1981) als Bewältigungsstrategie beschrieben wurde, kann im Rahmen gezielter Schulungen gelernt und entwickelt werden. Während beim Krankenpflegepersonal hier gezielt Fortbildungen angeboten und regelhaft wahrgenommen werden, sind vergleichbare berufsbegleitende Maßnahmen bei Ärzten als Bestandteil der Ausbildung eher selten zu finden. Im Extremfall kann das Ausbleiben solcher Weiterbildung als Folge der extremen Belastung zum Burn-out-Syndrom des Behandelnden führen.
13.3
Betreuung der Angehörigen
Menschen leben in einem sozialen Umfeld mit Freunden, Familie und ggf. beruflichem Umfeld. Dass Krebs und andere lebensbegrenzende Erkrankungen eine große Belastung sowohl für den Kranken als auch für das soziale Umfeld bedeuten, ist durch viele Studien bewiesen. Einerseits wird nicht nur der Patient, sondern auch das soziale Umfeld des Kranken durch die Diagnose betroffen, andererseits kommt ein Tumorpatient meist auch besser mit seiner Krankheit zurecht, wenn er einen Ehepartner oder eine Familie hat. Goodwin et al. (1987) konnten in einer großen populationsbasierten Studie zeigen, dass die nicht verheirateten Patienten eine signifikant kürzere Lebenszeit haben. Andererseits stellt die Familie in gewissen Situationen eine zusätzliche Belastung für den Erkrankten dar. Wenn ein Familienmitglied dem Tode nahe ist, ist das Gleichgewicht der Familie bedroht. Das Familiensystem wird sich gegen die Änderung wehren, um das alte Gleichgewicht wieder herzustellen. Diese Situation wird beispielhaft von Husebø u. Klaschik (2006) beschrieben: Ein Witwer erzählte mir nach dem Tode seiner Frau: »Ich bin sehr bitter darüber, dass meine Frau vom Arzt über ihre Situation aufgeklärt wurde. Dadurch hat er ihr ihre letzte Hoffnung genommen«. Kurz zuvor berichtete er aber auch, dass sich seine Frau durch diese Aufklärung offen mit ihrem Schicksal auseinandergesetzt hat, es annehmen konnte und würdevoll vom Leben und den Angehörigen Abschied genommen hat. Er selbst kam mit dieser Situation nicht zurecht. Wütend suchte er nach sinnlosen alternativen Therapien und konnte lange Zeit die tröstenden Bemühungen seiner Frau nicht ertragen.
Die Aufklärung ist die Grundlage für die Akzeptanz der Erkrankung und der Änderung, die sich in der Struktur der Familie ergibt, damit eine Familie mit der Diagnose und der Krankheitsentwicklung zurechtkommen kann. Werden diese Veränderungen nicht akzeptiert, versuchen entsprechende Familienmitglieder häufig, den notwendigen Informationsfluss zu den anderen zu unterbinden. Wird ein Familienmitglied durch ein Aufklärungsgespräch andererseits ausführlicher und offener informiert als der Patient selbst, kann die Kommunikation innerhalb der Familie problematisch werden durch Machtausübung oder Missbrauch, durch das Zurückhalten oder Geben von Informationen, Wahrheiten und Unwahrheiten (Husebø u. Klaschik 2006). Fest steht, dass Angehörige besser mit der Situation während der Erkrankung und nach dem Todesfall umgehen können, wenn sie frühzeitig in Gespräche mit dem
205 Literatur
Kranken und den Ärzten eingebunden werden (Haggmark u. Theorell 1987; Trijsburg et al. 1992). So wird heute allgemein empfohlen, Familien frühzeitig und umfassend am Aufklärungsprozess zu beteiligen. Das große Bedürfnis von Angehörigen, informiert und mitbeteiligt zu werden, wird vom medizinischen Personal oft zu wenig berücksichtigt. Ähnlich wie der Patient selbst brauchen Angehörige Anerkennung und Erklärung, da Ängste und Konflikte bestehen, die sich durch das Gefühl von Eifersucht, Inkompetenz, Wut, Trennungsangst oder Hilflosigkeit äußern können. Mit dem Patienten sollte am besten offen, gemeinsam mit seiner Familie, über den wahrscheinlichen Krankheitsverlauf gesprochen werden. Diese Gespräche können für den Arzt ebenso wie für Patienten und Familie ausgesprochen schwierig sein. In der Familie spielen Partner und Kinder eine besondere Rolle. Partner leiden ähnlich wie die Patienten selbst unter der Todesbedrohung und dem bedrückenden Gefühl, hilflos zusehen zu müssen (Cassileth 1985). Den Partnern fällt es oft schwer, sich die eigene Anspannung einzugestehen, nicht selten fordern sie sich »grenzenlose« Stärke und Belastbarkeit ab (Hammer u. Schubert 1993). Folgen können u. a. psychsomatische Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Depressivität sein. Kinder nehmen jede Veränderung in der Familie besonders aufmerksam wahr, sie spüren Angst, Unsicherheit und Bedrohung viel deutlicher als Erwachsene. Wenn sie sich mit ihren Befürchtungen und Ängsten nicht mitteilen können oder allein gelassen werden, sind sie auf ihre Phantasien angewiesen, die schlimmer sein können als die Realität (Hammer u. Schubert 1993). Zum normalen Denken eines Kindes gehört etwa die Konstruktion, dass Eltern krank seien, weil es, das Kind, »böse« gewesen sei. Je nach Entwicklungsstand können Kinder sehr unterschiedlich reagieren z. B. mit Regressionen, Isolation oder Aggression.
13.4
Soziale Hilfen
Viele Patienten wünschen sich, zu Hause sterben zu können. Wenn Angehörige bereit und in der Lage sind, die häusliche Pflege zu übernehmen, können ambulante Pflegedienste und verlässliche hausärztliche Betreuung die Belastung der Angehörigen in Grenzen halten. Die Teilnahme von Angehörigen an Pflege und Betreuung des Patienten ist wichtig für alle Beteiligten. Wilber hat in einer Untersuchung von 1988 zeigen können, dass Angehörige sowohl während der Erkrankung als auch in der Zeit danach besser mit dem Verlust zu-
rechtkommen können, wenn sie in die Pflege mit Unterstützung integriert wurden. In ähnlichen Beobachtungen wurde dokumentiert, dass Angehörige besser mit dem Leben während der Erkrankung und nach dem Todesfall umgehen, wenn sie frühzeitig praktische Aufgaben, wie Fürsorge und Pflege, übernehmen (Haggmark u. Theorell 1987; Trijsburg et al. 1992). Nicht jeder hat jedoch eine Familie bzw. eine Familie, die in der Lage ist, schwer kranke Patienten zu pflegen und zu betreuen. Häufig sind Angehörige auch physisch oder psychisch überlastet. Indikation für eine stationäre Behandlung sind eine unzureichende Symptomkontrolle, unzureichende Versorgung im häuslichen Bereich oder psychosoziale bzw. seelische Krisen des Patienten, die ambulant nicht überwunden werden können (Husebø u. Klaschik 2006). Auch im Krankenhaus ist es insbesondere für sterbende Patienten wichtig, von nahen Menschen umsorgt zu werden. Die stationäre Versorgung erfolgt prinzipiell entweder im Krankenhaus, z. B. auch auf Palliativstationen, die entweder in ein Krankenhaus integriert oder diesem angegliedert sind, oder in sog. Hospizen. In den USA ist der Anteil nicht onkologisch begründeter Pflegefälle in Palliativstationen mittlerweile auf ca. 40% gestiegen, und die Nachfrage nimmt kontinuierlich zu. Hospize machen sich zur Aufgabe, sterbende Menschen zu unterstützen, zu begleiten und zu pflegen, um dem Patienten eine möglichst hohe Lebensqualität zu gewährleisten. In Deutschland wurde eine Rahmenvereinbarung zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen, der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz sowie karitativen Organisationen, wie z. B. dem Roten Kreuz, abgeschlossen. Hier wurde festgelegt, was ein stationäres Hospiz ist, wer Anspruch auf die Leistungen hat, welcher Versorgungsumfang zu erbringen ist, welche Qualitätsanforderungen zu erfüllen sind und welche Vergütungsgrundsätze und Leistungen am Kranken zu gewährleisten sind. Nach dieser Vereinbarung sind stationäre Hospize stationäre Einrichtungen, in denen z. B. Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung palliativmedizinisch behandelt werden.
Literatur Barinaga M (1989) Can psychotherapy delay cancer deaths? Science 246: 448–449 Cassileth BR (1985) A psychological analysis of cancer patients and their next of kin. Cancer 55: 72–76 Faller H (1998) Krankheitsverarbeitung bei Krebskranken. Reihe Psychosoziale Medizin. Hrsg. Brähler E, Fikentscher E, Strauß B. Hogrefe, Göttingen. Goodwin JS, Hunt WC, Key CR, Samet JM (1987) The effect of marital status on stage, treatment, and survival of cancer patients. JAMA 258: 3125–3130
13
206
Kapitel 13 · Betreuung des unheilbar kranken und sterbenden Patienten und seiner Angehörigen
Haggmark C, Theorell T, Ek B (1987) Coping and social activity patterns among relatives of cancer patients. Soc Sci Med 25: 1021–1025 Hammer C, Schubert V (1993) Chronische Erkrankungen und ihre Bewältigung. Verlag RS Schulz, Starnberg Hartenstein R (1996) Betreuung von Sterbenden. In: Schmoll HJ, Höffken K, Possinger K (Hrsg) Kompendium Internistische Onkologie, 2. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York, S 1314–1320 Husebø S, Klaschik E (2006) Palliativmedizin, 4. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Kübler-Ross E (1981) Reifwerden zum Tode. Kreuz, Stuttgart Pattison EM (1981) Detached compassion and its distorsions in thanatology. In: Schoenberg B (ed) Education of the medical student in thanatology. Arnold, New York Spiegel D, Bloom JR, Kraemer HC, Gottheil E (1989) Effect of psychosocial treatment on survival of patients with metastatic breast cancer. Lancet 2: 888–891 Trijsburg RW, van Knippenberg FC, Rijpma SE (1992) Effects of psychological treatment on cancer patients: a critical review. Psychosom Med 54: 489–517 Weisman AD (1976) Appropriate and appropriated death. In: Shneidman ES (ed) Death: current perspectives. Mayfield, Palo Alto
13
14 Psychoonkologie – ganzheitliche Betreuung von Tumorpatienten M. Schenck, W. Senf
14.1 Diagnose Krebs
– 207
14.2 Krebs und Psyche – 207 14.3 Psychoonkologische Versorgung – 209 14.4 Phasen der Anpassung
– 211
»Die Medizin hat die Aufgabe, den Kranken nicht nur am Leben, sondern auch im Leben zu halten.« (Sellschopp 1989)
14.1
Diagnose Krebs
Trotz der Vielfältigkeit der Tumorerkrankungen und trotz moderner Therapiemethoden hält sich im Sprachgebrauch hartnäckig ein allgemeines Stereotyp »Krebs«, das, da assoziiert mit Vorstellungen wie »Aussatz unserer Zeit« (Dornheim 1983), mehr an mittelalterliche Seuchenzüge mit Siechtum und Ausgrenzung denken lässt, als an moderne Medizin. Wie bei keiner anderen lebensbedrohlichen Erkrankung, ausgenommen AIDS, kann die Diagnose Krebs über die reale körperliche Bedrohlichkeit hinaus allein durch den metaphorischen Überbau und die damit verbundenen persönlichen Unheilserwartungen psychotraumatisch wirken: Über die ängstigenden Krankheitserwartungen und die krankheits- und therapiebedingten Beeinträchtigungen hinaus erfährt der Betroffene durch das Stigma Krebs einen vielschichtigen psychosozialen Leidenskomplex. Die Forderung nach einer ganzheitlichen Betreuung von Tumorpatienten, die biologische, psychische und soziale Aspekte gleichgewichtig einbe-
zieht, wird deshalb nicht von ungefähr gerade in der Onkologie mit besonderem Nachdruck erhoben (Schwarz u. Stumpf 2000). Es ist die Realisierung der besonderen Belastungen, denen Tumorkranke und deren Angehörige ausgesetzt sind, und ebenso dessen, was die Arbeit mit Tumorkranken für Pflegende und onkologisch tätige Ärzte bedeutet (Herschbach 1991). Allgemein betrachtet bedeutet »ganzheitliche Betreuung von Tumorpatienten« das professionelle Zusammenwirken von Somatoonkologie und Psychoonkologie, wobei folgend die Perspektive der Psychoonkologie dargestellt wird.
14.2
Krebs und Psyche
Der Zusammenhang zwischen Krebs und Psyche wird in der öffentlichen Meinung (und leider auch in der Medizin) kontrovers diskutiert und interpretiert. Deshalb sollen einige Klärungen vorangestellt werden.
14.2.1 Krebspersönlichkeit
Im Zusammenhang mit psychologischen Erklärungsversuchen der malignen Neoplasien taucht heute immer noch die ungute Vorstellung auf, Krebs sei psychisch
208
Kapitel 14 · Psychoonkologie – ganzheitliche Betreuung von Tumorpatienten
(mit-)bedingt oder es besteht sogar die Überzeugung von einer Krebspersönlichkeit, die schicksalhaft zur Tumorerkrankung führe und den Krankheitsprozess weitertreibe (Wolf et al. 1995). Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es dem gegenüber keinerlei Anhalt für ein persönlichkeitsgebundenes Krebsrisiko (Schwarz 2004). Dieser Mythos führt lediglich dazu, dass kranke Menschen zusätzlich psychopathologisiert werden. Selbst für den am häufigsten postulierten Zusammenhang zwischen Depressivität und Krebs findet sich keine wissenschaftliche Evidenz (Watson et al. 1999; Weis et al. 2000). Wenn psychische Faktoren eine Rolle spielen, dann kann das lediglich als teilfaktorielles Geschehen in einem komplexen Bedingungsgefüge angenommen werden, über dessen Gesetzmäßigkeiten wir heute noch sehr wenig wissen. Allerdings lassen sich durchaus Verhaltensweisen mit einem erhöhten Krebsrisiko feststellen, die in einem Zusammenhang mit psychischen Verfassungen stehen. Paradigmatisch ist der süchtige Tabak- oder Alkoholgenuss.
14.2.2 Psychisches Leid versus psychische
Störung
14
Eine kurze Anmerkung verdient noch die häufige aber falsche Auffassung, dass eine Tumorerkrankung zwangsläufig zu einer psychischen Störung von Krankheitswert führen soll. Wenn krankheitswertige psychische Störungen auftreten, dann handelt es sich in der Regel um eine zusätzliche Erkrankung im Sinne einer Komorbidität, die unabhängig von der Krebserkrankung besteht, durch diese allerdings forciert oder ausgelöst worden sein kann. Verglichen mit der Normalbevölkerung leiden Tumorpatienten zwar häufiger an depressiven Beschwerden, jedoch ohne die Schwelle einer psychiatrischen Diagnose in den üblichen Klassifikationssystemen (v. a. Major Depression oder Dysthymie) zu überschreiten. Sie unterscheiden sich hinsichtlich anderer psychologischer und psychiatrischer Probleme nicht von der Normalbevölkerung (Van`t Spijker et al. 1997). Psychisches Leid, das einer psychosoziale Beratung oder auch Betreuung bedarf, tritt bei weit mehr als der Hälfte der Betroffenen im Verlauf einer Krebserkrankung auf. Die Realität einer Krebserkrankung führt in menschliche Extremsituationen, die der betroffene Kranke, seine Familie und sein psychosoziales Umfeld bewältigen müssen. Für die meisten Patienten hat die Diagnosemitteilung zunächst einen existenziell belastenden Effekt, der akuten psychologischen Disstress auslöst. Die Mehrzahl der Patienten überwindet dieses akute Stadium jedoch und adaptiert sich an die Herausforderungen ih-
rer Krankheit. Diese Prozesse, die durch die Tumorerkrankung ausgelöst sind und deren Ziel eine möglichst funktionale Anpassung an die veränderte körperliche, psychische und soziale Situation ist, werden unter dem Begriff Krankheitsbewältigung (Coping) zusammengefasst (Heim 1998). Bei einer substanziellen Minderheit von Patienten verlaufen diese Anpassungsprozesse dysfunktional, das Fortbestehen der psychischen Belastung durch die Tumorerkrankung kann dann zu einer dysfunktionalen Anpassungsreaktion mit depressiven, ängstlichen oder gemischten affektiven Störungen (Holland 1989) führen. Dann besteht allerdings die Gefahr eines chronifizierten Disstresses. Zusammen mit den biologisch-körperlichen Folgen der Krebserkrankung beeinflusst solcher Disstress dann die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Patienten (Ferrell u. Dow 1997; Larbig 1998).
14.2.3 Subjektive Krankheitstheorie
»Warum gerade ich?« Als Reaktion auf eine Krebserkrankung ist diese Frage nahezu unausweichlich. Sie findet bei weit über der Hälfte der Betroffenen eine Antwort in der Vorstellung, dass die Krebserkrankung einer psychischen Überlastung geschuldet ist, oft verbunden mit schuldhafter Verarbeitung und einer selbstanklagenden Tendenz (Zondermann et al. 1989). In der Auseinadersetzung mit der Krankheitsrealität und mit den Krankheitserwartungen kommt es zu solchen persönlichen Ursachenzuschreibungen im Sinne einer subjektiven Kausalität, die als ein Sinnstiftungsversuch zu werten sind. Die subjektive Realität ist mitgestaltet von den persönlichen Erfahrungen und dem persönlichen Lebensumfeld der Betroffenen. In die subjektive Sicht des jetzt Krebskranken fließen die Laienerklärungen des ehemals Gesunden ein. Und gerade bei einer Krebserkrankung haben Gesunde eine gewisse Neigung, solchermaßen Erkrankte als für ihr Unglück selbstverantwortlich zu betrachten. Das dient der Stärkung der Überzeugung, selber gefeit zu sein, führt aber zwangsläufig zu einer Viktimisierung der Betroffenen, so als gäbe es so etwas wie eine »Krebsinfektion«, was in manche Fällen sogar zur soziale Isolierungen Betroffener führen kann. Die Postulierung einer Krebspersönlichkeit als Folge persönlicher Schuld bietet einen allzu guten Nährboden für eine vermeintliche Sicherung gegen Krebs. Andererseits ist die subjektive Realität des Krebskranken ebenso wichtig und ernst zu nehmen wie die objektive Realität, sie ist ein zentraler Fokus für die psychoonkologische Versorgung.
209 14.3 · Psychoonkologische Versorgung
14.2.4 Naturgeschichte der Krankheit
– Lebensgeschichte des Kranken Jeder Arzt kennt Patienten, die trotz gelungener Behandlung und guter Prognose auf jede gute Nachricht mit Misstrauen und Vorwürfen reagieren, oder die auf Schmerzzuständen beharren, die klinisch nicht erklärbar sind, oder Patienten, die depressiv werden, obwohl ihr Leben gerettet ist und es ihnen aus medizinischer Sicht wieder gut geht. Um solche unverständlichen Verhaltensweisen und Verhaltensauffälligkeiten, welche die Beziehung zwischen medizinischem Personal und Patienten stark belasten können, zu verstehen, muss zwischen der objektiven (äußeren) Realität und der subjektiven (inneren) Realität des Kranken unterschieden werden. Hinweis
I
I
Objektive Realität meint die Naturgeschichte der Krankheit mit all ihren medizinischen und psychosozialen Folgen, subjektive Realität meint die subjektive Bedeutsamkeit, die der Kranke seiner Erkrankung auf dem Hintergrund seiner Lebensgeschichte erteilt.
An der folgenden Fallvignette soll erläutert werden, wie die spezifische psychoonkologische Kompetenz gefragt ist, wenn die Naturgeschichte der Krankheit mit der Lebensgeschichte des Kranken zu verbinden ist: Bei einer Patientin mit einem hoch differenzierten Liposarkom einer Gesäßhälfte mit Resektion im Bereich der rechten Glutealmuskulatur ist das von ihr geklagte Ausmaß an Schmerzen weder aus dem klinischen Befund noch aus der Medikation erklärbar. Sie verlangt immer stärkere Medikamente, die sie dann aber nicht zuverlässig einnimmt. Vorwurfsvoll fordert sie Termine in immer kürzeren Abständen, für die Onkologen wird sie zunehmend zur Belastung. Erst das ausführliche Gespräch kann zutage fördern, dass der Schmerz auch eine andere Ebene hat, die mit ihrer Lebensgeschichte zusammenhängt. Sie war immer stolz auf ihren als »makellos« erlebten Körper. In ihrer durch Kränkung und Entwertung belasteten Kindheit und Jugend hatte sie sich immer mit der geheimen Phantasie getröstet, dass sie einmal Tänzerin werde – was sie auch vorübergehend war, allerdings unter nicht sehr glücklichen Umständen –, um damit Aufmerksamkeit zu bekommen und bewundert zu werden, eine Phantasie, mit der sie sich auch als Erwachsene in seelischen Nöten und bei Krisen trösten konnte. Nach der Operation erlebt sie nicht nur tiefe Scham darüber, dass sie ihren Körper als unwiederbring-
lich beschädigt erlebt und sich deshalb entwerten muss, sondern sie kann auch nicht mehr auf die sie tröstende Phantasie, Tänzerin zu sein, zurückgreifen. Bedrohlich für sie ist dabei, dass sie nicht mehr auf einen Bewältigungsmechanismus bei Krisen zurückgreifen kann, der sich für ihr Leben bewährt hat.
Auf diesem Hintergrund hat das Schmerzerleben eine existenziell wichtige Funktion für die Patientin: es schützt sie vor der Scham. Auch vermeidet sie mit dem Schmerz, mit dem Arzt über sie beschämende Dinge sprechen zu müssen. Zudem hat das Schmerzerleben – so paradox das auch erscheinen mag – die sie tröstende Funktion ihrer ehemals narzisstischen Phantasie übernommen. Das Schmerzerleben ist zum Inhalt ihres Lebens geworden, wobei sie sich darüber gleichzeitig in der Phantasie – und sogar in der Realität – Aufmerksamkeit und Zuwendung sichern kann. Es ist übrigens in der Psychotherapie aus den genannten Gründen nicht gelungen, ihr die Schmerzen zu nehmen. Es war aber die Aufgabe des Psychoonkologen, in dieser Krise in der Arzt-Patient-Beziehung dadurch zu vermitteln, dass er versuchte, Verständnis für das Verhalten der Patientin zu erwirken.
14.3
Psychoonkologische Versorgung
An dieser Stelle können psychologisch und psychotherapeutisch geschulte Fachleute – als Psychoonkologen gekennzeichnet – Unterstützung bieten. Die Funktion des Psychoonkologen soll sich idealer Weise als Entlastung für alle Beteiligten auswirken, nicht nur für die Patienten und deren soziales Umfeld, sondern ebenso für die Behandlungsteams. Dass die psychische Belastung aller an der Behandlung und Betreuung von Tumorpatienten Beteiligten außerordentlich hoch sein kann, bedarf keiner besonderen Hervorhebung. Wir müssen davon ausgehen, dass diese emotionalen Belastungen in vielen Fällen zu einem Gefühl des »Ausgebranntseins« aufseiten des Behandlungsteams führen. Bei Partnern von Krebskranken sind Überlastungsreaktionen zu erwarten. Wir wissen, dass die durch ihre eigene emotionale Belastung komplizierten Unterstützungsversuche von Angehörigen von Patienten häufig als zusätzliche Belastung verstanden werden. Die Unterstützung des medizinischen Personales durch den Psychoonkologen erfolgt, neben der direkten Versorgung der Patienten, durch Balint-Arbeit, Teamberatung, Supervision, Fortbildung. Diese Begriffe kennzeichnen Konzepte und Programme, wie sie international angewendet werden und sich bewährt haben. Dadurch, dass das medizinische Personal im Sinne einer Therapeutischen Gemeinschaft einbezogen wird, werden auch
14
210
Kapitel 14 · Psychoonkologie – ganzheitliche Betreuung von Tumorpatienten
spezifische Belastungen geringer, die im Umgang mit Krebskranken bekannt sind und gefürchtet werden, dazu nur das Stichwort »Burn-out-Syndrom«. Die nachhaltige Wirkung psychoonkologischer Arbeit – auch wenn sie oft nicht messbar ist – erhöht die Sensibilität des medizinischen Personales für die besonderen Probleme der Tumorpatienten, was dann zur eigenen Entlastung und zur Entlastung der Patienten beiträgt. Bei den Patienten wird das Prinzip Hoffnung gestärkt, was zu besserer Compliance und zu besserer Akzeptanz der Behandlung führt, wodurch wiederum die Lebensqualität verbessert wird.
14.3.1 Psychoonkologische Perspektive
14
Trotz der klaren Notwendigkeiten, Aufgaben und der nachgewiesenen Wirksamkeit tut sich die Psychoonkologie manchmal schwer, sich ausreichend im Medizinbetrieb zu etablieren. Dafür sind nicht nur ökonomische Gründe wie Sparzwänge verantwortlich zu machen. Es bestehen auch Schwierigkeiten, die sich aus den Besonderheiten der psychoonkologischen Perspektive ergeben. Entscheidend für das Gelingen psychoonkologischer Versorgung ist, dass die spezifische psychoonkologische Perspektive verstanden, zumindest aber als spezifische Kompetenz anerkannt und akzeptiert wird. Gefahr kommt vor allem aus der Erwartung an die Psychoonkologen, dass sie für ihre Problemlösungen das somatische Modell der raschen Beseitigung von Störung übernehmen sollen. Etwa: Wenn der Psychoonkologe schon den Diagnoseschock mildern geholfen hat, so müsste das ebenso rasch möglich sein bei Verhaltensauffälligkeiten infolge von Depression und Angstzuständen während des Krankenhausaufenthaltes, oder bei Verzweiflung und Protest infolge von Körpergliedverlust, oder bei auftauchenden Partnerproblemen im Rahmen von Chemotherapie. Verstärkt wird diese Gefahr noch dadurch, dass in der Krise der Psychoonkologe auch einmal die Sicht des Patienten übernehmen wird, wenn er sich unter dem Aspekt der Lösungsfindung stärker mit dem Patienten identifizieren muss. Übernimmt der Psychoonkologe die Sicht des Patienten und bringt er das Anliegen des Patienten auch noch zur Sprache, dann kann ihm das selbst einmal ähnliche Etikettierungen einbringen wie zu »nerven« wie der »Problempatient.«
und einer eigenständigen psychoonkologischen Funktion mit einer spezifischen Kompetenz andererseits, kann es im Arbeitsfeld der Psychoonkologen zu Spannungen mit dem medizinischen Personal kommen – es muss sogar dazu kommen. Der Psychoonkologe als »Helfer« kann auch zum »Störenfried« werden, entgegen dem verständlichen Wunsch eines reibungslosen Stationsablaufes. Wie ist das zu verstehen? Die psychoonkologische Arbeit setzt ein bei der Aufklärung des Patienten durch den behandelnden Arzt. Hier haben Psychoonkologen in erster Linie eine Assistenzfunktion (Sellschopp 1989). Sie haben die Aufgabe, die Arzt-Patient-Beziehung zu unterstützen und zu fördern in der Rolle des »Assistenten«, der neben und hinter dem behandelnden Arzt steht, dem er im Gespräch mit dem Patienten die »Vorfahrt« lässt. Das hören Psychoonkologen zwar nicht so gerne, unbezweifelbar ist aber, dass der Glaube und das Vertrauen des Patienten in die Sicherheit des behandelnden Arztes vor allem anderen hilft, das Trauma der Diagnose und die Schwierigkeiten der Krankheit und deren Behandlung zu durchstehen. In gleicher Weise unterstützen die Psychoonkologen als Assistenten die Arbeit des Pflegepersonals. Schwergewicht haben dabei alle Hilfen, die die Krankheitsverarbeitung und die Compliance verbessern. Es gibt aber Situationen, in denen die Psychoonkologen aus der Assistenzfunktion heraustreten müssen, um auf ihre eigene Kompetenz zurückzugreifen. Das geschieht vor allem immer dann, wenn es zu Beziehungskrisen in der Arzt-Patient-Beziehung oder zwischen Patient und Pflegepersonal kommt. Beziehungskrisen zwischen Arzt und Patient resultieren oft allein schon aus der Tatsache, dass Fakten allein noch keine Wahrheit machen: Der Mensch ist nicht selbstverständlich in der Lage, sachlich vorgetragene und objektiv richtige Fakten angemessen in seine persönliche Lebenswirklichkeit zu übertragen. Und das gilt in besonderer Weise für Tumorkranke.
14.3.3 Beziehungskrise
Beziehungskrisen in der Arzt-Patient-Beziehung sind menschliche »Zwischenfälle«, die zu vermeiden eine der vordringlichen Aufgaben psychoonkologischer Versorgung ist, wie sich an der folgenden Fallvignette aus der Psychosomatischen Ambulanz aufzeigen lässt (Neuser u. Senf 1992):
14.3.2 Vom Helfer zum Störenfried
Dadurch, dass die Psychoonkologen zwischen zwei Funktionen eingespannt sind, einer Assistenzfunktion einerseits
Der Konsilschein fordert den psychoonkologischen Konsilarzt an für einen Patienten mit einer Krebserkrankung mit infauster Prognose. Wegen »schwerer
211 14.4 · Phasen der Anpassung
Depression und aggressiven Verhaltens« wurde um Mitbehandlung bzw. um geeignete Medikation gebeten. Bei der Vorbesprechung auf der Station kommen die zunehmend heftigen aggressiven Auseinandersetzungen mit dem Stationspersonal zur Sprache. Alle fühlen sich in die Konflikte des Patienten mit seiner Ehefrau hineingezogen: Man befürchtet, sie wolle ihn in seiner Krankheit verlassen. Auf der Station ist eine gespannte Stimmung zwischen Besorgnis und Entrüstung wahrzunehmen. Der Patient, Mitte 50, wirkt bei der vorsichtigen psychosomatischen Untersuchung keineswegs »schwer« depressiv oder gar »unkontrolliert« aggressiv, er ist sehr traurig, verzweifelt und wütend. Das Gespräch bringt seine Enttäuschung und Wut darüber zum Ausdruck, dass er wegen seines körperlichen Zustandes zu Recht befürchtet, sein Haus nicht mehr fertig sanieren zu können. »Mein Lebenswerk« für die zahlreichen Kinder, wie er es nennt. Der Konflikt mit seiner Frau entpuppt sich als eine tiefe Beschämung, sie »unbehaust zurückzulassen«. Die Vertiefung der psychosomatischen Untersuchung fördert ein wichtiges biographisches Detail zutage: Der Vater hatte die Mutter mit den zahlreichen Geschwistern »unerwartet plötzlich im Stich gelassen«. Als der Älteste hatte er »der Mutter geschworen, es dem Vater nie gleichzutun«. Bei dieser Erinnerung weint der Patient. Er spricht über seine Beschämung und Wut über sich selbst, »mich wie der Vater aus dem Staube zu machen«. Nach zwei weiteren therapeutischen Gesprächen fasst der Patient den Entschluss, sich mit aller ihm verbleibenden Kraft gemeinsam mit seiner Frau um die Fertigstellung des Hauses zu kümmern. Gleichzeitig kann er sich im Beisein seiner Frau der tiefen Traurigkeit und Beschämung stellen. Eine Medikation erübrigt sich, die aggressiven Auseinandersetzungen hören auf.
Was war geschehen? Der Patient hatte seine Trauer, Verzweiflung, Beschämung und Wut als begründete und sinnvolle Affekte über seinen körperlichen Zustand zur Sprache bringen und dann als berechtigt akzeptieren können, was dann auch seine Familie und das Stationspersonal nachvollziehen konnten. Das hat in seiner Krankheit zu einer deutlichen Erhöhung seiner Lebensqualität geführt.
wechsel vollzogen: Nicht mehr nur die Besserung der klinischen Symptomatik oder die Verlängerung des Lebens sind alleinige Bewertungskriterien für die Therapie. Bewertungskriterium ist ebenso die Art und Weise, wie der erkrankte Mensch seinen körperlichen Zustand bzw. seinen Zustand in oder nach einer medizinischen Behandlung subjektiv erlebt. Eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität zeigt eine aktuelle Übersicht über Studien zu den psychosozialen Belastungen und psychoedukativen Interventionen bei Prostatakarzinom (Fritsche et al. 2008). Die Interventionsstudien zeigten eine gute Wirksamkeit vor allem in Bezug auf eine bessere Krankheitsbewältigung bei den prostataspezifischen Problemen (Harninkontinenz, erektile Dysfunktion), mit einer Besserung der depressiven Symptome und der Verunsicherung, einer verbesserten partnerschaftlichen Kommunikation und einem verbesserten emotionale Befinden der Partnerinnen. Mit der psychoonkologischen Perspektive hat sich in der Bewertung onkologischer Therapie ein Paradigmawechsel vollzogen: Nicht mehr nur die Besserung der klinischen Symptomatik oder die Verlängerung des Lebens sind alleinige Bewertungskriterien für die Therapie. Bewertungskriterium ist ebenso die Art und Weise, wie der erkrankte Mensch seinen körperlichen Zustand bzw. seinen Zustand in oder nach einer medizinischen Behandlung subjektiv erlebt. Aus somatisch-medizinischer Sicht ist der Begriff der Lebensqualität manchmal zu sehr an einem gesellschaftlich verbreiteten Wunschbild eines weitgehend normalen Lebens orientiert. Ein Leben mit progredientem Krebs verliert aber immer an Lebensqualität, die an einem »normalen« Leben gemessen ist. Es fehlt in diesem Konzept die Dimension, dass das Leben auch sinnvoller werden kann, obwohl körperliche Verfassung und Funktionstüchtigkeit abnehmen und Schmerz, Trauer, Depression und Angst das Leben bestimmen. Es fehlt auch die Dimension, dass das Erlebnis, krebskrank gewesen zu sein, den Wunsch nach einer Veränderung der Werte und der Lebensgestaltung nach sich zieht. Auch hier liegt eine wesentliche psychoonkologische Perspektive, die sich an dieser Stelle mit philosophischen Fragen und Fragen der Ethik überschneidet.
14.4 14.3.4 Lebensqualität
Mit der psychoonkologischen Perspektive hat sich in der Bewertung onkologischer Therapie ein Paradigma-
Phasen der Anpassung
Die verschiedenen Krankheitsphasen fordern von Tumorpatienten spezifische Anpassung an die Krebserkrankung, die Kenntnis darum ist ein wichtiges Hilfsmittel für die Krankheitsbewältigung.
14
212
Kapitel 14 · Psychoonkologie – ganzheitliche Betreuung von Tumorpatienten
14.4.1 Prädiagnostische Phase
Anfangs werden häufig Symptome und Beschwerden verdrängt oder verleugnet und anderen Umständen zugeschrieben. Manchmal hat ein Patient schon eine lange, quälende Zeit hinter sich – seit den ersten »Ahnungen«. Die Angst vor der Diagnose verhindert oft den Weg zum Arzt und zur Früherkennung. In dieser Phase sollte der Arzt besonders auf verborgene Ängste und Befürchtungen des Patienten achten.
14.4.2 Diagnosephase
14
Die Phase der Ungewissheit und Unsicherheit nach einer Verdachtsdiagnose ist geprägt von Erwartungsangst. Der Patient befindet sich häufig in einem Zustand zwischen »Nicht-wahrhaben-wollen«, Panikstimmung, Verdrängung, Verleugnung und Verzweiflung, mit höchstem Angstniveau und innerer Erregung. Das Warten auf die Untersuchungsergebnisse wird zum Wechselbad zwischen Panik und Hoffnung. Wenn der Verdacht durch Laborergebnisse und Röntgenuntersuchungen erhärtet wird und weitere Untersuchungen notwendig sind, ist von Seiten des Arztes einfühlsame Aufklärung wichtig. Wenn sich die Verdachtsdiagnose bestätigt, setzt der Aufklärungsprozess ein. Es sind Informationen zu Erkrankung und Behandlungsmöglichkeiten (Arztgespräche, Informationsmaterial) für Patienten und Angehörige von Bedeutung. Überinformation zur Erkrankung kann den Patienten genauso verunsichern wie zuwenig Information oder Falschinformation. Die Mitteilung Krebs zu haben, ruft bei Patienten und Angehörigen unterschiedliche Belastungsreaktionen hervor (Larbig et al. 2000). Automatisch wird »Krebs« sowohl von Betroffenen als auch von ihrer Umwelt oft mit Vorstellungen von Isolation, Leiden und Tod in Zusammenhang gebracht. Dieses auch durch Vorurteile behaftete Denken kann für Krebskranke und deren nächste Bezugspersonen zu schwer wiegenden Kommunikationsproblemen führen. Viele Betroffenen erleben die Eröffnung der Befunde und der Diagnose als Schock. Bei der initialen Verarbeitung der Diagnose sind Abwehr und Verdrängungsstrategien wichtige Hilfsmittel bei der Krankheitsverarbeitung und im Bewältigungsprozess ( Tab. 14.1). Die Diagnosemitteilung verlangt vom Patienten eine große Anpassungsleistung (Coping-Anstrengung), um die neue unbekannte und bedrohliche Situation in das Leben zu integrieren. Man spricht hier auch von Anpassungskrise oder »Anpassungsstörung«, hierbei kann es zu Belastungsreaktionen kommen. Rationalisierungen wie: »Das wundert mich überhaupt nicht«, sind häufig. Immer wieder tauchen dieselben Fragen auf: »Wieso ich? Wie
Tab. 14.1. Mögliche emotionale Reaktionen auf eine Diagnosemitteilung − − − − − −
Schock, Angst, Zorn Verleugnen, Verdrängen Hilf- und Hoffnungslosigkeit Traurigkeit, Verzweiflung Innere Anspannung, Unruhe Schuldgefühle, Scham
− Erleichterung (oft nach langem beunruhigendem Warten auf die endgültige Diagnose) − Gefühl der Herausforderung
hätte ich verhindern können, dass es soweit kommt? Was habe ich falsch gemacht?«. Diese typischen Fragen sind Zeichen für die Auseinandersetzung und Verarbeitung der Erkrankung. Angst und Furcht erreichen ihren Höhepunkt bei der Diagnose, nehmen dann allmählich ab, um oft ersetzt zu werden von einem Gefühl von Hilflosigkeit und Mangel an Kontrolle bei Behandlungsbeginn. Nach der Verarbeitung des ersten Schocks der Diagnosestellung stellen sich häufig ein Informationsdrang und gewisser Optimismus ein, weil nun mit der Behandlung begonnen werden kann (Bischof et al. 1999).
14.4.3 Behandlungsphase
Die Therapie der Tumorerkrankung induziert bei dem Patienten die Hoffnung nach vollständiger Beseitigung der Krebserkrankung. Besonders die chirurgische Intervention weckt den Wunsch, »der Krebs wird vollständig herausgeschnitten«. Gerade wenn dieser Wunsch nicht oder nur teilweise erfüllt werden kann, sind unterstützende und begleitende Gespräche oder eine psychologische Betreuung notwendig. Hier sind die Alternativen zu besprechen, andere Formen der Behandlung wie kombinierte Therapieformen (Chemotherapie/Strahlentherapie/Immuntherapie) sollten dargestellt werden. Gerade hier kommen Unsicherheiten auf, besonders wenn die Heilungschancen gering sind oder keine heilende Therapie mehr möglich ist. Im Verlauf der Behandlung können sich Zukunftsängste entwickeln: Ängste vor Einsamkeit, vor Verlust des sozialen Umfelds und des Berufs, Angst vor Isoliertheit, vor Schmerzen, Identitätsverlust (Entstellung bzw. Auflösung des eigenen Körpers), vor Verlust der Selbstkontrolle und auch vor behandlungsbedingten Nebenwirkungen.
14.4.4 Nachsorgephase
Kontrolluntersuchung rufen die alten Ängste wieder wach. Fragen, wie »Hoffentlich ist alles in Ordnung, nur nicht mehr durch all das hindurchgehen müssen« tauchen wieder auf. Nach einer erfolgreichen Primär-
213 14.4 · Phasen der Anpassung
behandlung bleibt der weitere Verlauf für den Patienten mit Unsicherheiten verbunden. Die Betroffenen sehen sich durch Ängste und Unsicherheiten vor dem Tumorrezidiv (»Damokles-Syndrom«) oder einer möglichen Zweittumorerkrankung durch die Primärtherapie bedroht. Körperliche Beschwerden durch die Erkrankung und Behandlung kommen hinzu. Den Betroffenen wird der Verlust ihrer körperlichen Integrität deutlich vor Augen geführt. Häufig verändert sich das Körperbild und -erleben: zum Beispiel durch Leistungseinbußen und Begleiterscheinungen der Therapie (Fatigue), werden Alltagsaktivitäten eingeschränkt. Lebensentscheidende soziale Fragen werden gestellt:
Werde ich weiter meinen Beruf ausüben können?
Werde ich meine Familie versorgen können?
Wie wirkt sich die Erkrankung auf meine Partnerschaft und Sexualität aus? Die »Krebserkrankung« ist trotz häufiger Berichte in den Medien immer noch eine Erkrankung, über die man nicht gerne spricht: Befangenheit, Tabus, Angst vor Stigmatisierung und sozialem Rückzug können die Folge sein (Faller 1998). Umso mehr positive Nachrichten der Patient bei den Nachsorgeuntersuchungen bekommt, desto sicherer wird er sich seines Körpers wieder und Ängste nehmen ab. Eine Erleichterung beim Gang zum Arzt ist es, wenn der Patient einen nahestehenden Angehörigen oder Freund mitnimmt, um für die Zeit der beängstigenden Situation einen Vertrauten zur Seite zu haben. In der Zeit der Rehabilitation, z. B. in einer Rehabilitationsklinik, sollten Ziele der psychoonkologischen Rehabilitation im Sinne der Definition der individuellen Therapieziele definiert werden.
Ziele der psychoonkologischen Rehabilitation
Unterstützung bei der Problembewältigung in
Partnerschaft und Familie (beispielsweise Kommunikation, Rollenveränderungen, Sexualität) Verbesserung der psychischen Befindlichkeit (beispielsweise Angst, Depression, Selbstwerterleben) Reduktion funktioneller Störungen (beispielsweise sexuelle Störungen) Verbesserung der Krankheitsverarbeitung Stärkung personaler und sozialer Ressourcen Förderung der verbleibenden Gesundheit und der individuellen Ressourcen
Für viele Patienten ist die Zeit in einer Rehabilitationsklinik eine Zeit der Neuorientierung, in der Fragen auftauchen, die nicht nur die Erkrankung, sondern auch die bisherige Lebensführung oder die Identität betreffen. Hier
ist viel Gelegenheit sich mit anderen auszutauschen, aber auch die Zeit der Klinik und anstrengenden Behandlungen hinter sich zu lassen und wieder neue Kräfte zu tanken.
14.4.5 Progrediente Phase
Die Situation des Krebskranken im Progress lässt sich mit den 3 Metaphern: Kampf – Angst – Dunkel sehr treffend beschreiben. Beim Auftreten des Rezidivs oder der unumstößlichen Diagnose der fortschreitenden nicht heilbaren Erkrankung ist mit einer Reaktivierung des ersten Schocks der Diagnose und einem Gefühl der Ohnmacht und des Scheiterns zu rechnen. Depressive Symptome nehmen zu. In dieser Phase ist die Behandlung und Linderung der Symptome Depression und Tumorschmerz Priorität. Auch das Eingebundensein in die Familie ist von größter Bedeutung. Bei Fortschreiten der Erkrankung kann ein Aufenthalt in einem Hospiz oder die Betreuung durch ein ambulantes Hospiz eine weitere Unterstützung werden. Zusammenfassende Bewertung Die Diagnose einer Krebserkrankung führt in menschliche Extremsituationen, die der Kranke und seine Familie bewältigen müssen. Hier liegen die Versorgungsaufgaben für die Psychoonkologie, deren Notwendigkeit dadurch begründet ist, dass die Medizin die Aufgabe hat, den Kranken nicht nur am Leben, sondern auch im Leben zu halten. Unter diesem Anspruch hat sich die Psychoonkologie zu einem für die Behandlung von Krebskranken unentbehrlichen Bestandteil mit klar definierten Aufgabenbereichen entwickelt. Die Aufgabenbereiche für die Psychoonkologie sind die Unterstützung des medizinischen Personals durch Balint-Arbeit, Teamberatung, Supervision und Fortbildung, die psychosoziale Betreuung der Patienten durch Sozialberatung, Einbettung von Selbsthilfeinitiativen, Beratung von Angehörigen und Sterbebegleitung sowie die psychotherapeutische Betreuung von Problempatienten durch psychotherapeutische Krisenintervention bei akuten psychischen Krisen sowie Psychotherapie bei psychischer Erkrankung.
Literatur Bischof K (1999) Krebs-Gang. Haffmans Dornheim J (1983) Kranksein im dörflichen Alltag – Soziokulturelle Aspekte des Umganges mit Krebs, Bd. 57. Ludwig-Uhland-Institut, Tübingen Faller H (1998) Krankheitsbewältigung bei Krebskranken. Hogrefe, Göttingen Ferrell B, Dow KH (1997) Quality of life among long-term cancer survivors. Oncology 11:565–571
14
214
14
Kapitel 14 · Psychoonkologie – ganzheitliche Betreuung von Tumorpatienten
Fritsche K, Diederich D, Schulze-Seemann W (2008) Psychoonkologie des Prostatakarzinoms – Eine systematische Literaurübersicht. Z Psychosom Med Psychotger 54:327–328 Heim E (1998) Coping – Erkenntnisstand der 90er Jahre. PPmP Psychother Psychosom Med Psychol 48:321–337 Herschbach P (1991) Psychische Belastung von Ärzten und Krankenpflegekräften. VHC, Weinheim Holland JC (1989) Clinical course of cancer. In: Handbook of psychooncology. Oxford University Press, Oxford Larbig W (1998) Psychoonkologische Interventionen – Kritisches Review. PPmP Psychother Psychosom Med Psychol 48:381–389 Larbig W, Tschuschke V (eds) (2000) Psychoonkologische Interventionen, therapeutisches Vorgehen und Ergebnisse. Ernst Reinhardt, München Basel Neuser J, Senf W (1992) Psychosoziale Probleme in der Therapie des onkologisch-orthopädischen Patienten. Jahrbuch der Orthopädie 1991/91. Bierman, Köln Schwarz R (2004) Die »Krebspersönlichkeit« – Mythen und Forschungsresultate psychoneuro 30, 201–209 Schwarz R, Stump S (2000) Onkologische Erkrankungen. In: Senf W, Broda M (Hrsg.) Praxis der Psychotherapie. Integratives Lehrbuch: Psychoanalyse, Verhaltenstherapie, Systemische Therapie. Thieme, Stuttgart Sellschopp A (1989) Die gegenwärtige Lage der Psychonkologie. In: Brähler E, Dahme B, Klapp BF (Hrsg.) Psychosoziale Onkologie. Jahrbuch der medizinischen Psychologie Sellschopp A, Herschbach P (unter Mitarbeit von Pouget-Schors D) (2001) Psychoonkologie. In: Huber H, Hiddemann W, Bartram C (eds) Lehrbuch Klinische Onkologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Van’t Spijker A, Trijsburg RW, Duivenvoorden HJ (1997) Psychological sequelae of cancer-diagnosis: a meta-analytical review of 58 studies after 1980. Psychosom Med 59:280–293 Watson M, Haviland JS, Greer S, Davidson J, Bliss JM (1999) Influence of psychological response on survival in breast cancer: a population based cohort study. Lancet 354:1331–1336 Weis J, Blettner G, Schwarz R (2000) Psychoonkologische Versorgung in Deutschland: Qualität und Quantität. Zsch psychosom Med 46:4–17 Wolf Ch, Meyer PC, Richter D, Riehl-Emde A, Ritter-Landold C, Sieber M, Steiner R, Buddeberg C (1995) Causal attributions and coping with illness by breast cancer patients: results of a longitudinal study. Z Psychosom Med Psychoanal 41(4):356–69 Zondermann AB, Costa PT Jr, McCrae R (1989) Depression as a risk for cancer morbidity and mortality in a nationally representative sample J Am Med Ass 262:1191–1231
15 Komplementäre Therapieverfahren F. Saha, G. Sütfels, N. Altner, G. Dobos 15.1
Einleitung
– 215
15.2
Ernährung und Nahrungsergänzung – 216
15.3
Mind-Body-Medizin
– 230
15.4
Immunmodulatoren
– 235
15.5
Enzyme
15.6
Phytotherapie
– 239
15.7
Homöopathie
– 245
15.8
Neuraltherapie
15.9
Akupunktur – 246
15.10
Nicht empfohlene Alternativverfahren – 247
15.11
Komplementäre Symptombehandlung – 248
15.12
Zusammenfassung
15.1
Einleitung
– 239
– 245
– 253
15.1.1 Definition
Hinweis
I
I
Gemäß einer Definition des »National Center for Complementary and Alternative Medicine« der National Institutes of Health (NIH) in den USA handelt es sich bei alternativmedizinischen Therapieverfahren um Maßnahmen, die an Stelle der konventionellen Therapie durchgeführt werden. Demgegenüber werden komplementärmedizinische Therapien ergänzend zur konventionellen Therapie angewendet (http: //nccam.nih.gov).
Bei vielen alternativen und komplementären Therapieverfahren steht ein sicherer Wirkungsnachweis noch aus, der den wissenschaftlichen Grundlagen des etablierten Medizinsystems genügen würde. Ihre Anwendung stützt sich auf Erfahrungen, die für einige Therapiesysteme auf Jahrtausende zurückgeht. In den letzten Jahren sind jedoch einige auch für die Uroonkologie relevante Therapie- oder Präventivansätze evaluiert worden, die insbesondere im Bereich der Bewegungs- und Ernährungstherapie sowie der Mind-Body-Medizin als evidenzbasierte Verfahren zunehmend auch Anerkennung finden. Wei-
tere Therapieverfahren werden in Studien geprüft. Sollte sich entsprechend den Kriterien der »evidence based medicine« eine Wirksamkeit nachweisen lassen, wird sich theoretisch ein Wechsel vom komplementären Verfahren zur konventionellen Anwendung vollziehen. Unter integrativer Medizin versteht man die Kombination von konventionell bewährten Therapieverfahren mit komplementären Methoden, für die Wirksamkeitsnachweise vorliegen. In den USA wird das Konzept der »integrative medicine« an mehreren Universitätskliniken praktiziert. Dabei wird die konventionell bewährte Medizin (»mainstream medicine«) mit wissenschaftlich evaluierten naturheilkundlichen Verfahren (»complementary and alternative medicine«) und der »mind-body medicine« kombiniert angewendet. An die verwendeten Methoden wird dabei ein vergleichbarer wissenschaftlicher Anspruch gestellt. Damit ist »integrative Medizin« kein neuer Begriff für Naturheilkunde oder komplementäre Medizin, sondern eine Art des ärztlichen Handelns, die auf einer fachärztlichen Ausbildung basiert. Die Liste der als alternativ oder komplementär angesehenen Verfahren unterliegt ständigem Wandel. Im Bereich unkonventioneller Therapieverfahren erscheinen immer wieder neue Studiendaten oder Fallberichte über möglicherweise wirksame neue Ansätze, aber auch durch den Wechsel zu den konventionellen Verfahren nach ge-
216
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
sichertem Wirksamkeitsnachweis verändert sich die Liste der komplementären Therapiemöglichkeiten ständig. Dieses Kapitel wird sich darauf beschränken, solche Verfahren abzuhandeln, die bei uroonkologischen Erkrankungen eingesetzt werden. Bedingt durch die hohe Inzidenz des Prostatakarzinoms im Vergleich zu anderen Malignomen des Urogenitaltraktes liegen Erfahrungsberichte und Studien vor allem zu diesem Krankheitsbild vor. Bei den übrigen Karzinomen sind nur in Einzelfällen Studien anzutreffen, die eine Wirksamkeit von komplementären Methoden prüfen.
15.1.2 Inanspruchnahme von
komplementärmedizinischen Verfahren
15
In den USA lassen sich zunehmend größere Teile der Bevölkerung mit komplementärmedizinischen Methoden behandeln. Ihr Anteil stieg von 34% im Jahre 1990 auf 42% im Jahre 1997 (Eisenberg et al. 1998). Inzwischen werden in den USA Therapeuten und Ärzte, die komplementärmedizinische Verfahren anwenden häufiger kontaktiert als Hausärzte. Dabei wurden von den Patienten etwa 30 Milliarden Dollar aus der eigenen Tasche gezahlt (Yip et al. 2001). Trotz dieser hohen Zahl von Anwendungen existieren nur wenige verlässliche Daten zu Effektivität, Risiken sowie Kosten-Nutzen Analysen. Daher wurde in den USA 1992 an den National Institutes of Health das Office of Alternative Medicine und 1998 das National Center for Complementary and Alternative Medicine gegründet (http: //www.nccam.nih.gov). Das NCCAM fördert die Erforschung komplementärmedizinischer Verfahren jährlich mit 140 Mio. $. In Deutschland findet dagegen durch die DFG bislang keinerlei Förderung naturheilkundlicher Studien statt. Komplementärmedizinische Methoden werden also sehr häufig in Anspruch genommen, Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass nur wenige Patienten dieses ihrem behandelnden Arzt mitteilen (Eisenberg et al. 1998). Dies liegt oftmals in der vermuteten oder auch tatsächlich bestehenden Ablehnung dieser Verfahren durch den Arzt. Andererseits werden die häufig eingenommenen Vitamine, Spurenelemente oder auch Phytotherapeutika vom Patienten nicht als Medikamente angesehen, die dem Arzt mitgeteilt werden müssten. In Deutschland führt das Institut für Demoskopie Allensbach seit 1970 in mehrjährigen Abständen Befragungen zur Anwendung komplementärmedizinischer Verfahren und Verwendung von Naturheilmitteln durch. Seit der ersten Befragung zeigt sich eine stetige Zunahme der Nachfrage in diesem Bereich. In der Untersuchung von 2002 gaben 73% der Befragten an, Naturheilmittel zu
verwenden. Gleichzeitig äußerten sie den Wunsch nach einer stärkeren Verzahnung der sog. Schulmedizin mit der Naturheilkunde. 2005 wurde eine Umfrage durchgeführt, die nach dem Wunsch der Kombination von Schulmedizin und Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) fragte. 61% der Befragten wünschte eine solche Kombination, wohingegen nur 18% eine alleinige Therapie mit konventionell bewährten Verfahren bevorzugen würden. Bei den Patienten, die bereits mit TCM behandelt worden waren, wurde die Integration der Verfahren sogar von 89% der Probanden befürwortet. In einer Studie zur Inanspruchnahme von Naturheilverfahren durch Krebspatienten (440 Befragte) an den Tumorzentren in Essen betrug die Zahl der Anwender von mindestens einem komplementären Heilverfahren im Jahre 2002 bis zu 60% (abhängig u. a. von Geschlecht, Tumorstadium und Tumorentität). Führend unter den Komplementärverfahren sind Bewegungstherapie und die Einnahme von Vitaminen und Spurenelementen (Spahn et al. 2003). Unter den Patienten mit Prostatakarzinom nehmen bis zu 80% komplementäre/alternative Verfahren in Anspruch (Nam et al. 1999). Der hohen Nachfrage nach diesen Verfahren hat die »American Urological Association« mit Gründung einer Arbeitsgruppe für komplementäre und alternative Medizin Rechnung getragen, die eine Integration dieser Verfahren in Therapiekonzepte bei urologischen Erkrankungen herbeiführen soll (Fair 1999). Die Beweggründe für die Anwendung komplementärer Methoden sind vielfältig. Zum einen stehen Patienten diesen Verfahren positiv gegenüber, da sie als nebenwirkungsarm bis nebenwirkungsfrei angesehen werden, wohingegen die konventionelle Krebstherapie als belastend, nebenwirkungsreich und komplikationsträchtig gilt. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass sich die Lebensqualität durch eine naturheilkundliche Behandlung verbessern lässt. Andere Gründe liegen im fehlenden oder unzureichenden Ansprechen der Standardtherapie. Es besteht bei den Patienten die Hoffnung auf Linderung der Beschwerden oder Palliation, selten wird mit der Anwendung von Naturheilverfahren auch der Wunsch nach Heilung verbunden.
15.2
Ernährung und Nahrungsergänzung
15.2.1 Ernährung
Nach Daten der WHO wird in 10–70% aller Krebsfälle die Ernährung als möglicher (mit-)auslösender Faktor der Erkrankung angesehen. Dies beruht auf epidemiologischen Untersuchungen, die eine Korrelation zwischen
217 15.2 · Ernährung und Nahrungsergänzung
dem Auftreten einzelner Malignome und der bevorzugten Ernährung in den jeweiligen Ländern oder Bevölkerungsgruppen nachweisen konnten. Zudem gleicht sich das Krebsrisiko von Migranten nach einiger Zeit dem der Population des Einwanderungslandes an (Wirth et al. 2005). Während latente Formen des Prostatakarzinoms in Autopsiestudien weltweit gleich häufig nachgewiesen werden, liegt die Inzidenz manifester Karzinome in den USA um ein Vielfaches (5- bis 50-fach) über der in China oder Japan (Nelson et al. 2003). Innerhalb von einer Generation haben Immigranten aus China oder Japan in den USA das gleiche Prostatakarzinomrisiko wie die einheimische Bevölkerung. Daraus wurde die Hypothese abgeleitet, dass die typische US-amerikanische Ernährungsweise einen Promotor für die Entstehung manifester Karzinome darstellt, wohingegen die asiatische Ernährung mit ihrem deutlich höheren Anteil an Gemüse und Ballaststoffen bei gleichzeitiger Fleisch- und Fettreduktion einen protektiven Effekt aufweist. Aufgrund der vielen Einflussfaktoren bei epidemiologischen Untersuchungen ist es kaum möglich, einzelne Nahrungsinhaltsstoffe als krebsauslösend zu identifizieren. Es können jedoch Aussagen zu verschiedenen landes- oder bevölkerungstypischen Kostformen gemacht werden. Weitere Daten wurden aus Fütterungsversuchungen bei Tieren gewonnen, die eine erhöhte Zufuhr bestimmter Nahrungsanteile erhielten. Aus den Ergebnissen lassen sich Rückschlüsse auf möglicherweise malignombegünstigende Ernährungsformen ableiten. Gleichzeitig ergeben sich daraus Ernährungsempfehlungen zur Krebsprävention. Bei der manifesten Krebserkrankung ist in jedem Fall eine dem Stadium angemessene Ernährungstherapie sinnvoll. Dabei soll nicht nur die notwendige Energie zur Verfügung gestellt werden. Es sollen vielmehr alle notwendigen Substrate geliefert werden, um das Immunsystem zu fördern und zu stabilisieren. Ferner sollte bewusst die Aufnahme potenziell krankheitsbegünstigender Nahrungsmittel vermieden bzw. reduziert werden. Inzwischen werden diverse »Krebsdiäten« angepriesen. Für keine dieser Kostformen, die für sich beanspruchen, eine Karzinomerkrankung eindämmen oder verlangsamen zu können, gibt es einen Wirksamkeitsnachweis. Einzig für die Makrobiotik existieren Studien mit Hinweisen auf eine möglicherweise positive Wirkung. Gleichzeitig bestehen jedoch Risiken, da im Rahmen des Gedankengebäudes der Makrobiotik die konventionelle Therapie abgelehnt wird, was zum Abbruch oder verspäteten Beginn etablierter Therapieformen führen kann (Weiger et al. 2002). Bei stabilem Zustand des Patienten gelten die für die Prävention angegebenen Empfehlungen. Im Falle einer Progression der Erkrankung mit Verschlechterung des
Allgemeinzustandes ist die Ernährungstherapie für den Patienten individuell festzulegen. Bei der Diskussion über Ernährungsempfehlungen sollte nicht vergessen werden, dass auch bei Prostatakarzinompatienten eine der Haupttodesursachen eine kardiovaskuläre Erkrankung darstellt (Moyad 2003). Schon aus diesem Grunde sollten die Patienten motiviert werden, einen gesunden Lebensstil zu führen. Aktuelle Schätzungen ergeben, dass bei Einhalten der Ernährungsempfehlungen der großen onkologischen und ökotrophologischen Fachgesellschaften die Prostatakarzinom-Inzidenz – wie auch die des Mamma- und Kolonkarzinoms – um 60–70% reduziert werden könnte (Donaldson 2004). Als mögliche Faktoren, die das Entstehen einer malignen Erkrankung allgemein begünstigen, gelten eine zu hohe Kalorienzufuhr mit der Folge der Adipositas, eine übermäßige Zufuhr von Fleisch, tierischen Fetten und Alkohol sowie eine unzureichende Aufnahme von pflanzlichen Nahrungsmitteln, die reich an Vitaminen, Spurenelementen und sekundären Pflanzenstoffen sind.
Body-Mass-Index In der großen epidemiologischen Diet&Health-Studie war die Prostatakarzinom-Mortalität bei einem BodyMass-Index (BMI) von mehr als 35 kg/m2 im Vergleich zu Normalgewichtigen um den Faktor 2,1 erhöht. Außerdem traten signifikant mehr fatale Prostatakarzinome bei Probanden auf, die nach dem 18. Lebensjahr stark an Gewicht zugelegt hatten. Überraschenderweise waren aber die Prostatakarzinom-Inzidenz und der BMI negativ korreliert (Wright et al. 2007). Zwei weitere Studien zeigten eine positive Korrelation zwischen dem BodyMass-Index und dem Auftreten von Prostatakarzinomen (Andersson et al. 1997; Bradbury et al. 2005). Für das Blasenkarzinom gibt es Hinweise für ein erhöhtes Risiko ab einem BMI von 30 kg/m2 (Tripahti et al. 2002), aber die Datenlage ist inkongruent (Holick et al. 2007).
Nahrungsfette Die tumorfördernden Eigenschaften von Nahrungsfetten sind bereits eingehend untersucht worden. Im Tierexperiment konnten zum einen ein eigenständiger Fetteffekt unabhängig von der Energiedichte (Freedman et al. 1990) und zum anderen eine Erhöhung der Tumorinzidenz bei gesättigten und Omega-6-Fettsäuren beobachtet werden (Fay et al. 1997). Während mehrfach ungesättigte Fettsäuren keine Auswirkung auf die Tumorentstehung hatten, zeigten Omega-3 Fettsäuren einen geringen schützenden Effekt.
15
218
15
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Omega-3-Fettsäuren werden vor allem in Kaltwasserfischen wie Makrele, Lachs, Sardinen und Thunfisch oder in pflanzlichen Ölen aus Leinsamen und Sojabohnen gefunden. Eikosapentaen- (EPA) und Dokosahexaensäure (DHA) sind die wichtigsten Omega-3-Fettsäuren, die hauptsächlich in Fischen vorhanden sind. Diese können im menschlichen Organismus aus α-Linolensäure, der pflanzlichen Omega-3-Fettsäure, synthetisiert werden, allerdings nur in sehr geringem Umfang (Terry et al. 2004). Erste Hinweise auf einen protektiven Effekt von Omega-3-Fettsäuren auf die Inzidenz von Karzinomen erbrachte die Lyon-Heart-Studie (De Lorgeril et al. 1998). In-vitro-Studien zeigen neben antiinflammatorischen Effekten auch einen hemmenden Einfluss auf das Tumorzellwachstum durch Rezeptormodulation. Ferner konnte eine verstärkte AraC-Zytotoxizität auf Malignomzellen bei gleichzeitiger Protektion normaler Zellen gezeigt werden (Cha et al. 2005). Dass eine erhöhte Aufnahme von tierischen und gesättigten Fetten sowie eine zu hohe Gesamtfettzufuhr das Risiko am Prostatakarzinom zu erkranken erhöht, wurde mittlerweile durch mehrere Studien belegt (West et al. 1991; Meyer et al. 1999; Kim et al. 2000). Neuere Untersuchungen ergaben jedoch auch widersprüchliche Ergebnisse. So wurde in einer schwedischen Kohortenstudie über 11 Jahre nach Adjustierung für Alter und Gesamtenergiezufuhr kein Zusammenhang zwischen dem Prostatakrebs-Risiko und dem Verzehr von Fetten allgemein sowie gesättigten bzw. einfach-ungesättigten Fettsäuren gesehen. Ungeklärt bleibt ferner eine mögliche positive Assoziation mit dem Konsum von Omega-3-Fettsäuren, für die bislang eher ein tumorprotektiver Effekt angenommen worden war (Wallström et al. 2007). In einer Studie aus Jamaika, dem Land mit der höchsten Prostatakarzinom-Inzidenz, wurde ein relevanter Zusammenhang mit dem Omega-6-Gehalt (Linolensäure) bzw. der Omega-6/Omega-3-Ratio in der Erythrozytenmembran festgestellt (Ritch et al. 2007). In einer metaanalytischen Betrachtung von Terry et al. (2003) konnte für den Fischverzehr und die Aufnahme von Omega-3bzw. -6-Fettsäuren keine einheitliche Aussage getroffen werden. Die Health Professionals Follow-up Study zeigte ein um 24% vermindertes Risiko für fortgeschrittenen Prostatakrebs bei erhöhter Zufuhr von Omega-3-Fetten. Eine Risikoreduktion um 50% konnte für einen Fischkonsum von mehr als drei Portionen Fisch pro Woche beobachtet werden (Augustsson et al. 2003). Auch eine epidemiologische Untersuchung aus Japan fand einen protektiven Effekt bei regelmäßigem Fischverzehr (Iso et al. 2007). Auffällig ist auch die extrem geringe Prävalenz von Prostatakarzinomen in einer Autopsiestudie bei den
Inuit (Eskimos), die traditionell eine sehr fischreiche Diät einnehmen (Dewailly et al. 2003). Bezüglich des Blasenkrebs-Risikos konnte in einer Metaanalyse von 7 Fall-Kontrollstudien ein Anstieg um 45% bei hohem gegenüber niedrigem Fettverzehr dargestellt werden. In der einzigen Kohortenstudie zu diesem Thema wurde jedoch keine derartige Beziehung gefunden (Steinmaus et al. 2000). Auch in einer neueren prospektiven Studie bei Männern wurde kein erhöhtes Risiko durch einen hohen Fettverzehr (88 g/d vs. 53 g/d) gesehen (Michaud et al. 2000). Eine weitere Fall-Kontrollstudie aus Japan zeigte allerdings erneut eine inverse Assoziation zwischen Fettaufnahme und Blasenkrebs (Wakai et al. 2002).
Fleischkonsum und Molkereiprodukte Als weitere Empfehlung in der Krebsprävention gilt, dass der Verzehr von gepökeltem und geräuchertem Fleisch eingeschränkt werden sollte, das Kanzerogene enthält (Rauch) bzw. aus dem im Verdauungsprozess Kanzerogene gebildet werden (Leitzmann 1995). Kolonel (2001) berichtete in einer Übersichtsarbeit, dass 16 von 22 Studien (14 Fall-Kontroll- und 8 Kohortenstudien) einen Zusammenhang von häufigem Fleischkonsum mit einem erhöhten Prostatakrebs-Risiko nachweisen konnten. In mehreren aktuellen Untersuchung konnte nur noch eine Assoziation mit intensivem Verzehr von gut durchgebratenem bzw. weiterverarbeitetem Fleisch gefunden werden (Cross et al. 2005; Koutros et al. 2008; Rodriguez et al. 2006; Rohrmann et al. 2007). In der Kohortenstudie von Rohrmann et al. (2007) stellte der Gesamtverzehr von Fleisch sowie der Konsum von rotem Fleisch, ermittelt mit Ernährungsfragebögen, keinen weiteren Risikofaktor dar. Ein hoher Konsum von Molkereiprodukten scheint ebenfalls das Auftreten von Tumoren der Prostata zu fördern, wie in einer Metaanalyse (Gao et al. 2005) und in aktuelleren US-amerikanischen (Tseng et al. 2005; Rohrmann et al. 2007) und französischen Kohortenstudien (Kesse et al. 2006) gezeigt werden konnte. Auch in der großen europäischen Krebspräventionsstudie EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition; Allen et al. 2008) führte ein erhöhter Konsum von Eiweiß und Kalzium aus Molkereiprodukten zu einem um 20 bis 30% erhöhten Prostatakrebs-Risiko. Kalzium aus anderen Quellen als Molkereiprodukte scheint jedoch kein Risikofaktor zu sein.
Alkohol und Rauchen Für den Einfluss von Alkohol auf urologische Malignome existieren bislang nur wenige Hinweise. Ein direkter Zusammenhang mit Karzinomen im HNO-Bereich und im
219 15.2 · Ernährung und Nahrungsergänzung
Gastrointestinaltrakt ist jedoch gesichert, mit Mammakarzinomen sehr wahrscheinlich. Daher wird Alkohol generell als möglicher Promotor für maligne Erkrankungen angesehen (Eichholzer 2000). Die Frage, ab welcher Menge diese Wirkung einsetzt, ist nicht abschließend geklärt. Eine Metaanalyse (Bagnardi et al. 2001) ergab ab 25 g Alkohol pro Tag ein sehr hohes Risiko für Karzinome des Gastrointestinaltraktes, während bei urologischen Malignomen kein Zusammenhang festgestellt werden konnte. Für das Blasenkarzinom konnte in der Iowa Women’s Health-Studie eine erhöhte Inzidenz für Frauen mit einem täglichen Konsum von >4 g Alkohol gefunden werden (Tripathi et al. 2002). Zudem bestehen bekanntermaßen konsistente Zusammenhänge zwischen dem Rauchverhalten und der Blasenkarzinom-Inzidenz (Tripathi et al. 2002; Zeegers et al. 2004; Kellen et al. 2006).
Pflanzenreiche Kost Einer pflanzenreichen Kost werden protektive Effekte bei Krebserkrankungen durch eine verstärkte Zufuhr von Ballaststoffen, Vitaminen, Spurenelementen und sekundären Pflanzenstoffen zugeschrieben. Eine solche Kostform wird in den Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) allen Menschen nahegelegt. Für verschiedene Tumorerkrankungen, u. a. dem Mamma- und Kolonkarzinom, gibt es bereits Studien, die einen solchen schützenden Effekt darstellen konnten. Bereits 1991 wurde von Yu et al. in China, wo die Ernährung vorwiegend fettarm und pflanzenreich gestaltet ist, eine im Vergleich zu Nordamerika geringere Prostatakrebs-Inzidenz festgestellt. Neben der ostasiatischen Ernährung wird auch die traditionelle mediterrane Kost als tumorprotektiv angesehen. In epidemiologischen Untersuchungen und Autopsiestudien findet man in Spanien und Griechenland niedrigere Prostatakarzinomraten als bei Kaukasiern anderer Länder (Stamatiou et al. 2007; Itsiopoulos et al. 2008). Bei der Untersuchung des Ernährungsverhaltens und der Sonnenlichteinstrahlung bei Männern in 71 Ländern führte ein hoher Konsum von tierischen Produkten, Zucker und Alkohol zu einer erhöhten bzw. eine hohe Zufuhr von Getreideprodukte, Reis, Sojabohnen, pflanzlichen Ölen und Zwiebeln sowie eine erhöhte Sonnenlichteinstrahlung zu einer verringerten Prostatakrebs-Mortalität (Colli et al. 2006). Einige Studien zeigen jedoch auch widersprüchliche Ergebnisse. So konnte in einer neueren Kohortenstudie in Hawaii und Los Angeles anhand von Befragungen bezüglich der Ernährungsgewohnheiten an über 80.000 Männern (bei 4400 Prostatakrebs-Fällen) zwar gezeigt werden, dass ein starker Verzehr von Hülsen-
früchten zu einer leichten, aber signifikanten Risikoreduktion für das Prostatakarzinom führt, aber es konnten keine signifikanten Effekte für den Soja- bzw. Fleisch- und Fettkonsum dargestellt werden. Protektive Tendenzen wurden auch bezüglich der Omega-3-Fette beobachtet (Park et al. 2007, 2008). In der großen europäischen Studie zur Untersuchung des Einflusses von Ernährungsfaktoren auf die Krebsentstehung (EPIC-Studie) konnte anhand von Ernährungsfragebögen keine Assoziation zwischen pflanzenreicher Kost und dem Prostatakrebs-Risiko gefunden werden (Gonzalez 2006). Bis auf wenige Pilotstudien mit multimodalen Interventionen (Saxe et al. 2001) fehlen jedoch prospektive Daten. In der Tertiärprävention konnte die Übersichtsarbeit von Berkow et al. (2007) anhand von 17 berücksichtigten Studien eine Wirksamkeit einer pflanzenbasierten Ernährung aufzeigen. So konnte ein Rückgang der PSAAnstiegsgeschwindigkeit bei Prostatakarzinompatienten nach einer 6-monatigen Intervention beobachtet werden, in der vor allem eine Ernährungsänderung zur Vollwertkost iniziiert worden war (Nguyen et al. 2006). Auch für das Blasenkarzinom konnte in einigen epidemiologischen Untersuchungen (Michaud et al. 1999; Holick et al. 2005) und in der ATBC-Kohorte (Michaud et al. 2002) kein Zusammenhang zwischen einer pflanzenreichen Ernährung und der Inzidenz gefunden werden. In einer Übersichtsarbeit von Zeegers et al. (2004) erfolgte eine Bewertung mit einer leichten Risikoreduktion bei mäßiger Evidenz. Dies wird in einer kleinere Fall-Kontrollstudie aus Serbien bestätigt (Radosavljević et al. 2005). Zunehmend wird die Bedeutung der sekundären Pflanzeninhaltsstoffe (»phytochemicals«) erkannt. Es handelt sich dabei im Gegensatz zu den primären Pflanzenstoffen (Kohlenhydrate, Fette, Proteine) um Substanzen, die nur in geringer Konzentration vorkommen, jedoch pharmakologische Wirkungen aufweisen. Zu diesen Stoffen gehören beispielsweise die Karotinoide, von denen unterschiedliche Verbindungen bestehen. Substanzabhängig verleihen sie dem Gemüse seine Farbe, daher können von der Farbe Rückschlüsse auf die Inhaltsstoffe gezogen werden. Sauerstofffreie Karotinoide führen zu einer Färbung von gelb und orange bis rot, während die sauerstoffhaltigen Oxykarotinoide in dunkelgrünem Gemüse vorkommen (Leitzmann et al. 2003). Aus diesem Grunde kam es zur Empfehlung, vermehrt grüne und gelbe Gemüsesorten sowie Tomaten zu verzehren. Der protektive Effekt von grünem und gelbem Gemüse wurde erstmals in Japan nachgewiesen. Der tägliche Verzehr entsprechender Gemüsesorten führte zu einem geringeren Risiko für Prostata-, Magen-, Zervix- und Lungenkarzinome (Hirayama 1985).
15
220
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Viele Studien zeigen einen protektiven Effekt bei reichlichem Konsum von verarbeiteten Tomaten, die reich an Lycopen sind (Chan et al. 2006; Key et al. 2007; Graininger et al. 2008). Der Konsum von Kohlgemüse (Kreuzblütler) führte ebenfalls in mehreren Studien zu einem reduzierten Risiko für das Prostata- und Blasenkarzinom (Michaud et al. 1999; Giovannucci et al. 2003). So konnte in der Health Professionals Follow-up Study gezeigt werden, dass mit 5 oder mehr Portionen Kohlgemüse pro Woche im Vergleich zu einer wöchentlichen Portion eine Reduktion der Inzidenz um 10–20% erzielt werden konnte (Giovannucci et al. 2003). Für die tumorprotektive Wirkung scheint Phenethylisothiozyanat, ein schwefelhaltiges Glukosinolat, verantwortlich zu sein, indem es in vitro die Angioneogenese hemmt, die Apoptose induziert und zu einem Zellarrest führt (Hu et al. 2007; Xiao et al. 2007). Auch für Knoblauch konnte eine präventive Wirkung nachgewiesen werden (Fleischhauer 2001). Außerdem finden sich verschiedene Untersuchungen, die zeigen konnten, dass ein hoher Konsum von grünem Tee (ca. 1 l täglich) zu einer Reduktion der Prostatakarzinom-Inzidenz bzw. -mortalität führt (Jian et al. 2004; Kurahashi et al. 2008). Eine Studie an deutschen Vegetariern zeigte eine bis zu 50% verringerte Karzinominzidenz (Chang-Claude et al. 1992). Aktuellere Studien beschäftigen sich mit der präventiven Wirkung verschiedener Vitamine und Spurenelemente, diesbezügliche Ergebnisse werden weiter unten besprochen. Zusammenfassende Bewertung
15
Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle in der Primär-, wahrscheinlich aber auch in der Sekundär- und Tertiärprävention von urologischen Malignomen. Dabei hat sich eine pflanzenreiche Kost, z. B. im Sinne einer mediterranen Vollwertkost oder einer ostasiatischen Ernährungsweise, als tumorprotektiv erwiesen. Wichtig sind eine ausreichende Aufnahme von Ballaststoffen, Vitaminen, Spurenelementen und sekundären Pflanzenstoffen sowie eine reduzierte Zufuhr von tierischen Fetten und ein Verzicht auf Alkohol bzw. Nikotin. Ferner sollte auf die Erhaltung eines normalen Körpergewichts geachtet werden.
15.2.2 Vitamine und Spurenelemente
Die Mehrzahl der im Folgenden besprochenen Substanzen weist eine antioxidative Wirkung auf. Da oxidative Prozesse sowie freie Radikale zur Zell- und DNA-Schädigung und damit zur Initiation von Karzinomen führen können, kommt einer ausreichenden Versorgung des
Organismus mit antioxidativ wirkenden Substanzen und Radikalfängern bei der Prävention von Malignomen eine große Bedeutung zu. Ein weiterer Effekt der genannten Substanzen ist die Beeinflussung der Zelldifferenzierung, was ebenfalls Auswirkungen auf die Tumorentstehung bzw. -prävention haben kann. In der Anwendung von Vitaminen und Spurenelementen wird ferner die Möglichkeit der Verminderung von Nebenwirkungen und Komplikationen einer Chemooder Strahlentherapie aufgrund der Radikalfängereigenschaften diskutiert, andererseits bestehen möglicherweise auch Interaktionen mit den zytostatisch wirksamen Therapien. Eine Supplementation außerhalb der begrenzten onkologischen Therapiezeiten wird häufig von den behandelnden Ärzten mit naturheilkundlichem Hintergrund empfohlen bzw. noch häufiger von den Patienten selbstständig eingenommen. Solange die Einnahme im Bereich der empfohlenen Tagesdosen erfolgt, sind keine Nebenwirkungen oder Komplikationen zu erwarten. Mittlerweile bestehen aber auch Therapieschemata, die Antioxidanzien deutlich über den empfohlenen Tagesdosierungen verabreichen. Postuliert wird dabei, dass es zu einer deutlichen Verringerung der therapieassoziierten Nebenwirkungen kommen soll, was z. T. das Erreichen der notwendigen Zieldosis einer Chemo- oder Radiotherapie erst ermöglichen soll. Hierzu wird in den einzelnen Kapiteln gesondert Bezug genommen. Gründe für die Zunahme von Malignomen, insbesondere beim älter werdenden Mann, sind nicht nur genetische Faktoren, sondern könnten auch in der Alterung des Immunsystems und der ungenügenden Zufuhr antioxidativ wirksamer Stoffe mit der Nahrung zu finden sein. Einige der im folgenden besprochenen Stoffe sind essenziell für den Körper und die Immunabwehr und müssen deshalb in ausreichender Menge mit der Nahrung aufgenommen oder ergänzt werden, um dessen Funktion aufrecht zu erhalten oder zu verbessern. Unklar bleibt allerdings, ob eine Vitaminsubstitution in der Primär- und Sekundärprävention bei uroonkologischen Erkrankungen hilfreich ist. Für das Blasenkarzinom konnte keine Reduktion der Inzidenz durch Vitaminpräparate in epidemiologischen Untersuchungen gefunden werden (Holick et al. 2005). Eine unkontrolliert hohe Dosis an Multivitamin-Supplementen (>7-mal wöchentlich) führte in der Diet&Health-Studie des NIH mit einer Kohorte aus 295.344 Männern und über 10.000 Prostatakarzinom-Fällen sogar zu einem erhöhten Risiko für progrediente und fatale Verläufe, während ein »regulärer Multivitamingebrauch« keine relevanten Assoziationen ergab (Lawson et al. 2007). Die aktuelle Studienlage bezüglich der wichtigsten Vitamine und Spurenelemente bei uroonkologischen Erkrankungen wird im Folgenden ausführlich diskutiert.
221 15.2 · Ernährung und Nahrungsergänzung
Vitamin A Vitamin A wird entweder direkt über tierische Nahrungsmittel aufgenommen (Vorkommen vor allem in der Leber) oder aus gelb-orangen Pflanzenfarbstoffen, den Karotinoiden, gebildet. Hauptvertreter der Karotinoide ist das β-Karotin, aus dem durch Spaltung zwei Moleküle Vitamin A entstehen. Vom mit der Nahrung zugeführten Karotin wird nur etwa ein Drittel resorbiert und hiervon etwa die Hälfte zu Vitamin A gespalten (Leitzmann et al. 2003). Das resorbierte Vitamin A wird mit Fettsäuren verestert und in der Leber gespeichert. Das dort gespeicherte Vitamin A reicht für mehrere Monate bis maximal zwei 2 Jahre, auf den Speicher wird jedoch nur bei dauerhafter Unterversorgung zurückgegriffen. Der Tagesbedarf an Vitamin A schwankt abhängig von der Situation und beträgt etwa 1 mg (=3333 IE). Bei der Verwendung als adjuvante Therapie eines bestehenden Malignoms wurden höhere Dosierungen empfohlen. Im Rahmen von Studien wurden zum Teil 1,5 Mio. IE täglich bis zu einer kumulativen Gesamtdosis von 30 Mio. IE verabreicht (Kokron et al. 1982). Da die Spaltung von β-Karotin zu Vitamin A einer negativen Rückkopplung unterliegt, kann die Vitamin-A-Serumkonzentration nicht durch erhöhte Zufuhr von β-Karotin mit der Nahrung gesteigert werden, sondern nur durch direkte Aufnahme von Vitamin A. Überschüssige Karotinoide werden v. a. in der Haut abgelagert. Als Schwellenwert für die langfristige Einnahme, ab dem sich eine Hypervitaminose ausbildet, wurde 6,5 mg Vitamin A pro Tag festgestellt (Leitzmann et al. 2003). Vitamin A wird benötigt für den Sehvorgang sowie die Zelldifferenzierung, letzteres v. a. bei Epithel-, Knochen- und Bindegewebszellen. Ferner kommt ihm eine wichtige Rolle für das Immunsystem im Rahmen von Abwehrleistungen zu. Die Entwicklung von Zellveränderungen wie Metaplasien kann gehemmt werden. Eine Hypovitaminose führt zu Nachtblindheit, verringerter Sehschärfe, Epithelstörung (meist als Hyperkeratosen), erhöhter Infektanfälligkeit und Störung des Knochenwachstums im Kindesalter. Hypervitaminosen führen zu Hyperkeratosen, Haarausfall, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Gelenk- und Knochenschmerzen, Periostverdickungen und Transaminasenerhöhung. Bei Patienten mit manifesten Malignomen sollen diese Nebenwirkungen aufgrund des erhöhten Bedarfs erst in einem deutlich höheren Dosisbereich auftreten als bei Gesunden. Unter laufender Chemo- oder Strahlentherapie scheint der Bedarf deutlich erhöht zu sein (Scheef 1995). Die in den klinischen Studien applizierten Dosierungen betrugen bis zum Hundertfachen der Substitutionsbehandlung.
Kontraindikationen einer Vitamin-A-Substitution sind Schwangerschaft wegen der potenziell fruchtschädigenden Wirkung bei Überdosierung (maximale tägliche Aufnahme: 3 mg/Tag), schwere Leber- und Nierenschädigung, entgleister Diabetes mellitus, schwere Hypertonie und Glaukom. Untersuchungen in der Uroonkologie konnten keinen präventiven Effekt von β-Karotin-Supplementierung auf die Inzidenz des Prostatakarzinoms nachweisen (Hennekens et al. 1996; Omenn et al. 1996; Ambrosini et al. 2008). Eine weitere Studie zeigte sogar einen verstärkten Übergang von latenten Stadien zum klinisch manifesten Karzinom (Heinonen et al. 1998). Goodman et al. (2003) konnten keinen Zusammenhang zwischen der Inzidenz von Prostatakarzinomen und der prädiagnostischen Serumkonzentration von verschiedenen Karotinoiden nachweisen. Auch in der aktuellsten Untersuchung, der EPICStudie, konnte bei knapp 1000 Prostatakarzinom-Fällen im Vergleich zu entsprechenden Kontrollen kein Zusammenhang mit den Serumspiegeln von Retinol oder Karotinoiden festgestellt werden. Nur für Probanden mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom fand sich eine negative Korrelation mit dem Karotinoidspiegel (Key et al. 2007). Zusammenfassende Bewertung Die bislang durchgeführten Studien ergeben keinen Hinweis auf einen präventiven oder therapeutischen Effekt von Vitamin A oder β-Karotin bei Malignomen des Urogenitaltraktes. Bei der Bewertung von Studien muss beachtet werden, dass in den meisten Fällen β-Karotin und nicht Vitamin A verabreicht wurde. Wie bereits erwähnt, lässt sich über die Supplementierung von β-Karotin der Serumspiegel von Vitamin A nicht erhöhen, daher könnten Studien die eine Gabe von höher dosiertem Vitamin A untersuchen, sinnvoll sein. Bis solche Daten vorliegen, ist auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin A über die Nahrung in der Primärund Sekundärprävention zu achten. β-Karotin kommt vor allem in gelb-orangem Obst und Gemüse (Karotten, Orangen, Paprika) vor. Natürliche Retinolquellen (Vitamin A) sind Fisch, Leberprodukte, Eigelb und Milchprodukte. Bei der Zubereitung von Speisen ist zu beachten, dass eine verbesserte Aufnahme im Körper nach Erhitzen und Zugabe von Fett erfolgt (fettlösliches Vitamin). Von einer darüber hinaus gehenden Supplementierung sollte Abstand genommen werden.
Lycopen Lycopen ist ein Karotin, das v. a. in Tomaten und anderen roten Früchten und Gemüsesorten vorkommt und dort bis zu 90% der Karotinkonzentration ausmacht (Nel-
15
222
15
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
son et al. 2003). Es ist das Karotin mit der höchsten Konzentration im Blut und wird in der Prostata weiter angereichert (Clinton et al. 1996). Lycopen besitzt die höchste antioxidative Potenz unter den Karotinoiden und ist damit der wirksamste Radikalfänger. Es konnte eine entzündungshemmende, kardioprotektive und antikarzinogene Wirkung nachgewiesen werden. In vitro konnte das Wachstum von humanen Prostatakarzinomzellen inhibiert werden (Hall 1996). Mögliche Wirkmechanismen sind der Schutz vor Lipidperoxidation, Neutralisierung freier Radikale, Verhinderung einer DNA-Schädigung und Veränderungen des interzellulären Informationsaustausches über »gap junctions«. Die Progression im Zellzyklus von Mamma- und Endometriumkarzinomen konnte durch Lycopen inhibiert werden. Eine Ernährung, die reich an gekochten Tomaten bzw. Produkten aus Tomaten ist, führte in epidemiologischen Studien zu einer 30- bis 40%-igen Risikoreduktion für das Prostatakarzinom (Giovannucci et al. 1999; Clinton et al. 1996). Kirsh et al. (2006) fanden in einer neueren Untersuchung mit Ernährungsfragebögen nur eine verringerte Inzidenz bei Männern mit einer positiven Familienanamnese, jedoch nicht in der Gesamtbevölkerung. In der EPIC-Studie konnten nur in der Subgruppe mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom signifikant erniedrigte Lycopen-Serumspiegel festgestellt werden (Key et al. 2007). Bei Patienten mit inzidentem Prostatakarzinom fanden Chan et al. (2006) anhand von Ernährungsanalysen eine reduzierte Progressionsrate vor allem bei hohem Konsum von verarbeiteten Tomaten, eine leicht erhöhte Rate bei häufigem Verzehr von frischen Tomaten. In prospektiven Studien wurden Patienten vor Prostatektomie mit Tomatenprodukten bzw. Extrakten mit einem Lycopengehalt von 30 mg pro Tag über drei Wochen behandelt. Bei den Probanden führte dies im Vergleich mit der Kontrollgruppe zur Verdoppelung der Serumkonzentration und Verdreifachung der Konzentration von Lycopen in der Prostata. Oxidative Schäden an Lymphozyten und Prostata waren geringer ausgeprägt, die PSA-Werte sanken und sogar das Tumorvolumen konnte reduziert werden (Chen et al. 2001; Kucuk et al. 2001). Ähnliche Effekte wurden in einer neueren Untersuchung gesehen (Grainger et al. 2008). In einer brasilianischen Pilotstudie wurde bei 43 Patienten mit benigner Prostatahyperplasie und einem mittleren PSA-Wert von 6,5 ng/ml eine 10%-ige Reduktion des Serummarkers durch tägliche Einnahme von 50 g Tomatenpaste über 10 Wochen erreicht (Edinger et al. 2006). In einer kleinen randomisierten kontrollierten Studie mit 40 Probanden mit BPH konnte mittels einer 6-monatigen Supplementation mit 15 mg Lycopen täglich im Vergleich
zu Placebo eine Reduktion der PSA-Werte, der Prostatagröße und des International Prostate Symptom Score erzielt werden (Schwarz et al. 2008). In einer prospektiven randomisierten Studie (Vaishampayan et al. 2007) bei Prostatakarzinompatienten mit steigendem PSA-Wert wurde mittels eines Lycopen-Supplements (15 mg/Tag) in 95% der Fälle eine »stable disease« erzielt. Eine Reduktion des PSA-Werts konnte bei den 71 untersuchten Probanden jedoch nicht beobachtet werden. Zudem konnte kein additiver Effekt bei zusätzlicher Supplementation von SojaIsoflavonen erreicht werden. Im Tierversuch entwickelten Ratten, die mit Tomatenpulver gefüttert wurden, signifikant seltener ein Prostatakarzinom, während die mit reinem Lycopen gefütterte Gruppe das gleiche Risiko wie die unbehandelte Kontrolle aufwies (Boileau et al. 2003). Dies lässt darauf schließen, dass für die Wirkung des Lycopens weitere in der Tomate enthaltene Substanzen notwendig sind. Zusammenfassende Bewertung Aus den bislang publizierten Studien lässt sich ein präventiver und z. T. auch therapeutischer Effekt von Lycopen in Bezug auf das Prostatakarzinom ableiten. Untersuchungen zu anderen Tumoren im Urogenitaltrakt sind bislang nicht durchgeführt worden. Da sich jedoch auch bei anderen Malignomen eine präventive Wirkung nachweisen ließ, sollte den Patienten mit Malignomen des Urogenitaltraktes der regelmäßige Verzehr von gekochten Tomaten und anderen roten Gemüse- und Obstsorten empfohlen werden. Lycopen wird durch den Kochvorgang nicht zerstört, sondern im Gegenteil leichter resorbierbar, wodurch höhere Serumkonzentrationen erzielt werden als durch den Verzehr des rohen Gemüses. Überdosierungen oder gar Vergiftungserscheinungen sind nicht bekannt. In den genannten Untersuchungen hat sich eine tägliche Dosis von 15 mg Lycopen als wirksam erwiesen, das entspricht ungefähr 25 g Tomatenmark.
Vitamin C Vitamin C (L-Ascorbat) stellt ein sehr wirksames Antioxidans im menschlichen Organismus dar. Über eine Oxidation zu Dehydro-Ascorbat kann Vitamin C als Elektronendonator wirken, wodurch freie Radikale, z. B. reaktive Sauerstoffverbindungen im Rahmen einer Entzündungsreaktion, abgefangen werden können. Dies verhindert eines Schädigung der Zellmembranen und der DNA sowie die Oxidation von Lipiden und Proteinen. Ferner ist es zur Regeneration von oxidiertem Vitamin E erforderlich und steigert die Eisenresorption. Weiterhin
223 15.2 · Ernährung und Nahrungsergänzung
kommt Vitamin C eine wichtige Bedeutung bei vielen zellulären Prozessen zu, wie der Kollagensynthese, Hormonsynthese, Blutgerinnung und den Immunreaktionen (Levine et al. 1999). Der Bedarf ist erhöht bei verstärktem oxidativem Stress, wie er unter Chemo- und Radiotherapie, bei Infektionen, entzündlichen Erkrankungen und Rauchern vorkommt. Fast alle Lebewesen besitzen die Fähigkeit, Ascorbinsäure aus Glukose zu synthetisieren. Diese Fähigkeit ist den Primaten durch eine Mutation verloren gegangen. Die Aufnahme erfolgt beim Menschen im Duodenum und Jejunum über aktiven Transport. Das wasserlösliche Vitamin C kann nicht gespeichert werden und wird auch nicht an Plasmaproteine gebunden. Bei Gabe von Dosen über einem Gramm per os kommt es zum Überschreiten der Transportkapazität und zur bakteriellen Verstoffwechselung zu CO2 und organischen Säuren im Kolon. Daher kann es bei hohen Dosierungen zu Durchfall und abdominellen Schmerzen kommen. Es gibt aber auch Hinweise, dass bei erhöhtem Bedarf, z. B. im Rahmen einer Infektion oder Tumorerkrankung, deutlich größere Mengen Vitamin C vertragen und resorbiert werden können (Cathcart 1981). Die höchsten Konzentrationen finden sich in Obst und Gemüse (Zitrusfrüchte, Beeren, Acerolakirsche, Paprika und Kohlgemüse, v. a. Grünkohl und Sauerkraut). Da Vitamin C hitzelabil und lichtempfindlich ist, reduziert sich sein Gehalt mit zunehmender Lagerungsdauer und beim Kochen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt zur Prävention von Gefäß- und Tumorerkrankungen einen Plasmaspiegel von mindestens 0,05 mM (0,9 mg/dl). Der Tagesbedarf wird mit 100 mg angegeben, bezieht sich jedoch nur auf Gesunde (DGE 2000). Mayland et al. (2005) konnten ein ausgeprägtes Vitamin-CDefizit bei Tumorpatienten nachweisen. Hier wurde bei 70% der Probanden ein Plasmaspiegel <0,02 mM (0 38 mg/dl) gemessen, bei 30% sogar nur ein Wert <0,01 mM (0,19 mg/dl). Bei Kindern mit akuter Leukämie fand man eine deutlich reduzierte Vitamin-Aufnahme sowie geringe Plasmaspiegel. Dabei war vor allem die VitaminC-Aufnahme mit der Verträglichkeit der Chemotherapie korreliert (Kennedy et al. 2004). Von der WHO wird eine tägliche Aufnahme von 200 mg empfohlen. Ein 70 kg schweres Säugetier produziert allerdings täglich zwischen 2 g unter normalen Bedingungen und bis zu 15 g unter Stress. Aus dieser Erkenntnis leitet sich die Empfehlung in der orthomolekularen Medizin ab, hohe Dosen Vitamin C intravenös zu verabreichen (bis zu 10 g). Erstmalig wurde diese Therapie von dem zweifachen Nobelpreisträger Linus Pauling durchgeführt, der in seinen nicht placebokontrollierten
Studien eine Verlängerung der Überlebenszeit bei terminalen Karzinompatienten beobachtete (Cameron, Pauling 1978). Eine daraufhin durchgeführte placebokontrollierte Studie konnte diesen Effekt nicht nachweisen (Moertel et al. 1985). Diese Studie wird allerdings kontrovers diskutiert, da auch die Kontrollgruppe mit 2 g Vitamin C täglich oral (Verum: 7,5 g oral) behandelt wurde. Es wurde postuliert, dass die dabei erzielten Plasmakonzentrationen möglicherweise aufgrund der begrenzten Resorptionskapazität von oral verabreichtem Vitamin C in beiden Gruppen ähnlich gewesen sein könnten. Padayatty et al. (2004) zeigten, dass bei oraler Gabe von 1 g Ascorbat der Plasmaspiegel kurzfristig von 0,08 auf 0,18 mM angehoben werden kann, bei 6-mal täglich 3 g per os steigt er nur auf 0,22 mM. Bei Infusion mit 7,5 bzw. 15 g Vitamin C können Plasmaspiegel von maximal 2,38 bzw. 4,54 mM erreicht werden (Mühlhöfer et al. 2004; Pascoe 2008). In verschiedenen Untersuchungen konnte mittels hochdosierter Vitamin-C-Infusionen eine Wiederherstellung der endothelialen Funktion bei Hypertonikern (Sherman et al. 2000), Diabetikern (Ting et al. 1996) und Patienten mit Fettstoffwechselstörungen (Ting et al. 1997) sowie antiinflammatorische Effekte (Sakai et al. 1999; Du et al. 2003) erzielt werden. Bei Tumorpatienten zeigte sich in einer Anwendungsbeobachtung eine Verbesserung der Lebensqualität (Cameron 1991). In vitro wurden bei mikromolaren Konzentrationen zytotoxische Wirkungen auf Tumorzellen, aber nicht auf normale Zellen beobachtet (Riordan et al. 1995; Chen et al. 2005). In einer aktuellen Publikation wurde mittels intraperitonealer Ascorbat-Gabe in pharmakologischen Dosen das Wachstums eines aggressiven Tumor-Xenografts in Mäusen um 50% reduziert (Chen et al. 2008). In einer weiteren Untersuchung konnte durch orale Vitamin-C-Gaben das Metastasierungsverhalten von Lebertumoren bei Mäusen positiv beeinflusst werden (Taper et al. 2006). In vitro und im Tierversuch wurden auch antitumorale Wirkungen auf das Prostatakarzinom gefunden (Jamison et al. 2001). In der kanadischen Arbeitsgruppe um Levine und Miller wird aktuell die hochdosierte Ascorbat-Infusionstherapie neu evaluiert. In der gerade veröffentlichten Phase-I-Studie konnte die 3-mal wöchentliche Gabe von 1,5 g Vitamin C/kg Körpergewicht als optimale Dosis ermittelt werden. Allerdings wurde bei der geringen Fallzahl fortgeschrittener Tumorpatienten kein Anhalt für eine signifikante Tumorantwort gesehen, so dass derzeit eine Phase-II-Studie in der First-line-Therapie des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms in Kombination mit einer Chemotherapie geplant wird, wo aufgrund der hohen antioxidativen Kapazität von Vitamin C eine relevante Modifizierung von Toxizität und Therapieeffekt erwartet wird (Hoffer et al. 2008).
15
224
15
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Retrospektive epidemiologische Daten belegen eine verringerte Karzinominzidenz bei Vitamin-C-reicher Kost (Block 1991). In der prospektiven EPIC-Studie an fast 20.000 Probanden konnte eine Reduktion der Gesamtmortalität um 20% durch Erhöhung des AscorbinSerumspiegels um 0,02 mM (0,35 mg/dl) gesehen werden (Khaw et al. 2001). Von einer australischen Interventionsstudie mit β-Karotin- und Retinol-Supplementation bei Asbestexponierten wird berichtet, dass diese Behandlung nicht das Prostatakrebs-Risiko senken konnte, jedoch eine Vitamin-C-reiche Ernährung, vor allem mit Brokkoli und Paprika (Ambrosini et al. 2008). In einem systematischen Review von 11 Beobachtungsstudien konnte dagegen kein Zusammenhang zwischen dem Konsum von Zitrusfrüchten und dem Prostatakrebsrisiko gefunden werden (Bae et al. 2008). Prospektive epidemiologische Studien konnten ferner keine Korrelation zwischen Plasmaspiegeln der Ascorbinsäure und dem Auftreten von Prostatakarzinomen nachweisen (Willis et al. 2003; Berndt et al. 2005). Allerdings sind diese Daten zu diskutieren, da im Verlauf von Jahren nur zu wenigen Untersuchungszeitpunkten die Blutwerte bestimmt worden waren. Damit wurde lediglich eine Momentaufnahme abgebildet und nicht die über Jahre dauerhaft ausreichende Versorgung mit Vitamin C gemessen. Tumorpatienten weisen häufig einen Vitamin-CMangel auf, der sich unter Chemo- und Radiotherapie noch weiter verstärken kann – bis hin zu einem manifesten Skorbut (Fain et al. 1998; Mayland et al. 2005). Daher ist eine Substitution mit Tagesdosen von 1–2 g verteilt auf mehrere Einnahmen sinnvoll, um den krankheits- und therapiebedingten Mangel auszugleichen und Nebenwirkungen der Behandlung zu reduzieren. Gerade von Onkologen wird häufig eine Minderung der Wirksamkeit der Chemotherapie durch eine Vitamin-C-Supplementation postuliert. Dafür gibt es in wissenschaftlichen Untersuchungen keinen Anhalt. In verschiedenen Studien wurden sogar Hinweise gefunden, dass Ascorbat die zytotoxische Wirkung von Chemotherapeutika wie Cisplatin, 5-FU, Paclitaxel, Bleomycin und Doxorubicin verstärkt (Kurbacher et al. 1996; Prasad et al. 1979) und Resistenzen gegenüber Therapeutika verhindert (Tarumoto et al. 2004; Borad et al. 2005). Im Tierversuch konnte Vitamin C urotheliale Karzinome sogar für eine Chemotherapie mit Gemcitabine sensibilisieren (Kassouf et al. 2006). Aus Sicherheitsgründen wird jedoch dazu geraten, einen Abstand von mindestens 24 h vor und 3–4 Halbwertszeiten des Zytostatikums (1–3 Tage) nach der Chemotherapie einzuhalten. Im Rahmen einer palliativen onkologischen Behandlung sollte dem Patienten eine hochdosierte Infusionsbehandlung angeboten werden. Die Verträglichkeit
wird als gut eingestuft, wenn zuvor Kontraindikationen wie eine Niereninsuffizienz, eine Oxalatnephropathie, ein Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel oder eine Eisenüberladung ausgeschlossen wurden (Riordan et al. 2005). Unter diesen Voraussetzungen fand man weder in der historischen Untersuchung von Cameron et al. (1978) noch in einer aktuelleren Phase-I-Studie (Hoffer et al. 2008) relevante Nebenwirkungen bei Tumorpatienten. Zusammenfassende Bewertung In der Tumorprävention und -therapie sollte auf eine ausreichende Ascorbat-Zufuhr über die Nahrung geachtet werden. Dabei ist die Hitze- und Lagerungsinstabilität des Vitamins zu beachten. Für eine orale Vitamin-C-Supplementation konnten bislang keine präventiven Effekte nachgewiesen werden. Eine niedrig dosierte Einnahme scheint allerdings keine negativen Auswirkungen zu haben. Sie kann bei unzureichender Nahrungsaufnahme im Sinne eines pragmatischen Ansatzes sinnvoll sein. Im Einzelfall, vor allem bei fortgeschrittenen und/oder therapierefraktären Krankheitsverläufen, kann eine hochdosierte VitaminC-Infusionsbehandlung diskutiert werden. Hohe orale Gaben werden nur unzureichend resorbiert und sind deshalb nicht zu empfehlen.
Vitamin D Die für den Menschen wichtigste Form des Vitamin D (1,25-Dihydroxycholecalciferol, Vitamin D3) wird über mehrere Schritte aus körpereigenem Cholesterin synthetisiert. Für die Umwandlung von 7-Dehydrocholesterin zu Cholecalciferol ist der Einfluss von UV-B-Licht notwendig (photochemische Reaktion in der Haut), was auch den limitierenden Schritt für die Synthese darstellt. Nach Transport in die Leber erfolgt dort die Hydroxylierung zu 25-OH-D3, anschließend wird in der Niere eine weitere Hydroxylgruppe eingefügt (1,25-(OH)2-D3). Über negative Rückkoppelung wird die Überproduktion verhindert. Die Konzentration von 25-OH-D3 beträgt etwa das Tausendfache von 1,25-(OH)2-D3. Die Serumkonzentration von 1,25-(OH)2-D3 wird bestimmt durch die Aktivität der renalen 1-α-Hydroxylase. Da die Zufuhr mit der Nahrung nicht essenziell ist, handelt es sich nicht um ein Vitamin im eigentlichen Sinne. In der Nahrung findet sich Vitamin D v. a. in Fisch, Eigelb, Fleisch und Molkereiprodukten. Der Tagesbedarf liegt für Erwachsene bei 5 μg (=200 IU) pro Tag; Kinder, Schwangere und stillende Mütter benötigen etwa 10 μg. Von manchen Autoren wird
225 15.2 · Ernährung und Nahrungsergänzung
der Tagesbedarf als deutlich höher angegeben (bis zu 5.000 IU/Tag). Intoxikationserscheinungen erfolgen bei einer Einzeldosierung von 50 mg oder mehrmonatiger Tageszufuhr von 1 mg. Der Serumspiegel von Vitamin D3 wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Zum einen erfolgt die Aufnahme mit der Nahrung bzw. Nahrungsergänzungsmitteln. Eine weitaus größere Bedeutung kommt allerdings der UVB-Einstrahlung und damit dem Aufenthalt im Freien zu. Hier spielt außerdem die Hautpigmentierung eine wichtige Rolle, da Melanin UV-B-Strahlung herausfiltert. Daher wird ein Mangel an Vitamin D bei dunkelhäutigen Menschen, die in nördlichen Breitengraden leben häufiger festgestellt als bei der hellhäutigen Bevölkerung (Nesby-O`Dell et al. 2002). Mit zunehmendem Alter lässt die Fähigkeit zur photochemischen Reaktion der Haut nach, was zum erniedrigten Vitamin-D-Spiegel der älteren Bevölkerung beiträgt. Aufgrund seiner lipophilen Struktur wird Vitamin D im Fettgewebe gebunden, wodurch sich die verminderten Serumspiegel bei Übergewichtigen erklären (Nesby-O`Dell et al. 2002). Vitamin D führt zu einer gesteigerten Resorption von Kalzium und Phosphat aus dem Darm und zum verstärkten Einbau dieser Substanzen in den Knochen. Eine überhöhte Zufuhr mit der Nahrung bewirkt einen gegenteiligen Effekt und führt damit zur Demineralisation des Knochens sowie Hyperkalzämie und Hyperphosphatämie. Weitere Folgen sind eine erhöhte Konzentration dieser Substanzen im Urin und die Bildung von Nierensteinen. In Europa kann man häufig bei Kindern in den Wintermonaten und bei älteren Erwachsenen ganzjährig eine zu niedrige Vitamin-D-Serumkonzentration nachweisen (Zittermann 2003). Eine dauerhafte Unterversorgung führt bei Kindern zu Rachitis, bei Erwachsenen zu Osteomalazie. Neuerdings werden weitere Erkrankungen mit einem Vitamin-D-Mangel in Verbindung gebracht, wie z. B. Karzinome. Die Beobachtung, dass Prostatakarzinome in nördlichen Breitengraden gehäuft auftreten, lässt einen Zusammenhang der Inzidenz mit der UV-Exposition und dem damit geringeren Vitamin-D-Spiegel vermuten (Hanchette et al. 1992). Mittlerweile konnten mehrere Studien diese Überlegungen bestätigen. Inzwischen konnte eine Korrelation zwischen niedriger UV-B-Einstrahlung und erhöhter Mortalität für verschiedene Karzinome nachgewiesen werden (Grant 2002). In vitro wurde ein wachstumshemmender Effekt auf Prostatakarzinomzellen beobachtet (Schwartz et al. 1994; Peehl et al. 1994; Chen et al. 2000, 2008). Ferner konnte eine Verminderung der Invasivität (Schwartz et al. 1997) sowie eine Inhibition von Wachstum und Metastasierung im Tierversuch (Lokeshwar 1999) nachge-
wiesen werden. Letzteres ließ sich auch bei Nierenkarzinomzellen zeigen (Fujioka et al. 1998). Faktoren, die zu einer verringerten Synthese von Vitamin D führen, gehen einher mit einer erhöhten Inzidenz des Prostatakarzinoms (Schwartz et al. 1990). Ältere Patienten mit Prostatakarzinom wiesen in einer Untersuchung signifikant niedrigere Vitamin-D-Spiegel auf als die Kontrollgruppe (Corder et al. 1993). In Prostatakarzinomzellen ist die Aktivität der 1-α-Hydroxylase deutlich reduziert, was dazu führt, dass die Erhöhung des 25-OH-D3-Serumspiegels keine entsprechende Steigerung der intrazellulären Konzentration von 1,25-(OH)2-D3 zur Folge hat (Chen et al. 2003). Mehrere Studien zeigten einen Zusammenhang zwischen hoher Aufnahme von Calcium und dem Risiko an einem Prostatakarzinom zu erkranken. Eine mögliche Erklärung stellt die Suppression von Vitamin D3 durch hohe Kalzium-Serumspiegel dar (Giovannucci 2005). Im Rahmen einer Pilotstudie wurden 15 Patienten mit Prostatakarzinom nach abgeschlossener Lokaltherapie mit Tagesdosen von 2000 IU (50 μg) über mehrere Monate behandelt. Bei 8 Patienten kam es zur Abnahme des PSAWertes nach Einleitung der Therapie. Die Zeit bis zur Verdoppelung des PSA-Wertes verlängerte sich signifikant bei 14 Patienten (Woo et al. 2005). In verschiedenen Studien konnte eine Wirkungsverstärkung der Chemotherapeutika Paclitaxel (Hershberger et al. 2001) und Mitoxantrone (Ahmed et al. 2002) durch Kombination mit Vitamin D in vitro und im Tierversuch nachgewiesen werden. Aktuell befinden sich Vitamin-D-Analoga in Prüfung, die einen geringeren hyperkalzämischen Effekt aufweisen. Eines dieser Präparate, Doxercalciferol, konnte allerdings in Kombination mit Docetaxel die Ansprechrate beim metastasierten Prostatakarzinom nicht verbessern (Attia et al. 2008). Bei Patienten mit fortgeschrittenem hormonrefraktärem Prostatakarzinom konnte unter 12,5 μg 1α-OH-D2 p.o. täglich kein relevantes Ansprechen, allerdings bei 30% der Patienten eine »stable disease« erzielt werden (Liu et al. 2003). Die bislang erhobenen epidemiologischen Daten deuten darauf hin, dass ein Zusammenhang zwischen niedrigen Vitamin-D-Serumspiegeln und der Inzidenz des Prostatakarzinoms besteht. In einer neueren FallKontroll-Studie konnte allerdings ein erhöhtes Risiko für aggressive Prostatakarzinome in der Gruppe mit den höchsten Vitamin-D-Serumspiegeln gefunden werden, während ansonsten kein Assoziation mit dem Serumspiegel gesehen wurde (Ahn et al. 2008). Allerdings fehlen Untersuchungen, die den tatsächlichen Serumspiegel von Vitamin D über einen längeren Zeitraum bestimmen und mit der Häufigkeit des Prostatakarzinoms in der untersuchten Kohorte korrelieren.
15
226
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Zusammenfassende Bewertung Es kann bislang keine Empfehlung zur Supplementierung von Vitamin D ausgesprochen werden. Wie bereits erwähnt, besteht auch keine Einigkeit über die Höhe des Tagesbedarfes. Es können jedoch folgende Empfehlungen zur Prävention und bei manifestem Karzinom gegeben werden: Täglicher Aufenthalt im Freien und ausgewogene Ernährung mit Aufnahme von nicht entrahmten Milchprodukten. Eine darüber hinausgehende Verabreichung von Kalzium sollte nur in begründeten Fällen und nicht über eine Tagesdosis von 0,5–1 g hinaus erfolgen. Bei Supplementierung von Vitamin D3 sollten bei manifestem Karzinom Präparate verwendet werden, die 1,25-(OH)2-D3 enthalten wobei die oben angegebenen Dosierungsempfehlungen zu beachten sind.
Vitamin E
15
Bislang sind 8 Vitamin-E-Verbindungen bekannt, von denen α-Tocopherol die wichtigste darstellt. Vitamin E ist das bedeutendste fettlösliche Antioxidans in Zellmembranen und verhindert dort die Lipidperoxidation. Dabei wird es selbst oxidiert, die Regeneration erfolgt durch Vitamin C. Der Tagesbedarf beträgt 15 mg (~22,5 IU). Es wird ausschließlich in Pflanzen synthetisiert, die höchsten Konzentrationen finden sich in Pflanzenölen (v. a. Keimölen), Nüssen, Saaten, Getreide, Avocado sowie Milch und Eiern. Vitamin E wird über längere Zeit in Leber und Fettgewebe gespeichert, so dass Hypovitaminosen nur bei gestörter Fettresorption oder längerdauernder Mangelernährung auftreten. Hypervitaminosen sind nicht bekannt, da es über Leber und Niere ausgeschieden werden kann. Es wird geschätzt, dass ca. 15% der Männer mit der Diagnose Prostatakarzinom Vitamin E als Supplement einnehmen (Boon et al. 2003). In verschiedenen Studien fanden sich Hinweise darauf, dass Vitamin E die Proliferation unterschiedlicher Krebszelllinien inhibiert, darunter Prostata-, Bronchialund Mammakarzinomzellen (Übersicht bei Klein et al. 2003). Mögliche Mechanismen für diese Wirkung sind zum einen der antioxidative Effekt mit der Verhinderung von Membran- und DNA-Schädigung, zum anderen vermindert Vitamin E die Bildung von Nitrosaminen und Arachidonsäure, der im Rahmen von Entzündungsreaktionen eine wesentliche Bedeutung beikommt. Weiterhin konnte nachgewiesen werden, dass Vitamin E die Bildung des Androgenrezeptors inhibiert (Zhang et al. 2002). In vitro konnte bei Prostatakarzinom-Zellen ein ZellzyklusArrest unter Inkubation mit Vitamin E in physiologischer Dosis beobachtet werden (Venkateswaran et al. 2002).
In einer randomisierten, placebokontrollierten Untersuchung, in welcher der Effekt einer Supplementation von täglich 50 mg Vitamin E (~75 IU) und 20 mg β-Caroten auf die Inzidenz und Mortalität des Lungenkarzinoms bei rauchenden Männern untersucht werden sollte, zeigte sich eine statistisch signifikante Reduktion der Inzidenz des Prostatakarzinoms von 32% und eine um 41% geringere Mortalität bei den mit α-Tocopherol behandelten Probanden (Alpha-Tocopherol Beta-Carotene Cancer Prevention Study [ATBC], Heinonen et al. 1998). In einem postinterventionellen Follow-up näherte sich das relative Risiko allerdings wieder der unbehandelten Kontrollgruppe an, was als Hinweis gewertet wurde, dass sich die positiven Effekte von α-Tocopherol nach Beendigung der Einnahme wieder verringern (Virtamo et al. 2003). Dies würde die Notwendigkeit einer dauerhaften ausreichenden Zufuhr von Vitamin E implizieren. Eine andere Nachuntersuchung der ATBC-Studie stellte dar, dass durch hohe α-Tocopherol-Serumspiegel eine 20%ige Risikoreduktion für das Prostatakarzinom zu erzielen ist, nicht jedoch durch eine Tocopherol-reiche Ernährung (Weinstein et al. 2007). Auch bei Kirsh et al. (2006) wurde bei Männern mit bekannter Vitamin-E-Substitution ein verringertes Prostatakrebs-Risiko gesehen. Eine weitere Untersuchung konnte nachweisen, dass geringe α-TocopherolSerumspiegel mit einem erhöhten ProstatakarzinomRisiko korrelierten (Goodman et al. 2003). In der europäischen Krebspräventionsstudie (EPIC) konnte diese Korrelation bei dem Vergleich von 1000 Fällen mit den entsprechenden Kontrollen jedoch nicht bestätigt werden (Key et al. 2007). Die groß angelegte Diet&Health-Studie des NIH stellte anhand von Ernährungsfragebögen ebenfalls keinen Zusammenhang bezüglich einer VitaminE-Supplementation und dem Prostatakrebs-Risiko fest. Allerdings konnte ein Schutz vor fortgeschrittenen Prostatakarzinoms mittels α-Tocopherol-reicher Ernährung erreicht werden (Wright, Leitzmann et al. 2007). Die VITAL-Studie fand anhand von Fragebögen über die Einnahme von Vitaminpräparaten im US-Bundesstaat Washington keinen Zusammenhang zwischen der Vitamin-E-Substitution und dem Prostatakarzinom-Risiko. Dennoch zeigte sich auch hier, dass sich mittels einer Einnahme von >400 IU täglich im Vergleich zu keiner Vitamin-E-Einnahme eine signifikante Reduktion des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms erzielen ließ (Peters et al. 2008). In einer kleinen kontrollierten Untersuchung beobachteten Spaccarotella et al. (2008) eine Verbesserung der PSA-Werte bei Konsum von einem WalnussSupplement (75 g/Tag). Die große Multicenter-Studie (SELECT) an 32.400 Männern sollte die präventive Wirkung von 400 mg
227 15.2 · Ernährung und Nahrungsergänzung
Vitamin E (~600 IU) und 200 μg Selen als Monosubstanzen und in Kombination auf das Prostatakarzinom untersuchen. Die Untersuchung wurde jedoch 2008 aus Sicherheitsgründen gestoppt, weil es zu keinem relevanten Effekt und in der Vitamin-E-Gruppe sogar zu einem nicht signifikanten Anstieg der Inzidenz des Prostatakarzinoms kam (NCI 2008). In einem Review von 12 Studien befanden Alkhenizan et al. (2007), dass die Substitution von Vitamin E zu einer Reduktion der ProstatakarzinomInzidenz, nicht jedoch der Mortalität und der Inzidenz anderer Karzinome führt. Die Autoren empfehlen deshalb die Gabe von Vitamin E bei Hochrisikopatienten. Zusammenfassende Bewertung Bei Hochrisikopatienten kann neben einer Vitamin-Ereichen Kost (v. a. Keimöle, Nüsse, Saaten und Vollkornprodukte) eine Supplementierung von etwa 50 mg (~75 IU) pro Tag empfohlen werden. Eine Hochdosistherapie (>400 IU pro Tag) kann mit einem Anstieg der Prostatakrebs-Inzidenz verbunden sein, weshalb ein solcher Behandlungsansatz spätestens seit Veröffentlichung der Zwischenergebnisse der SELECT-Studie (NCI 2008) nicht mehr verfolgt werden sollte. Außerdem ist eine hochdosierte Gabe von Vitamin E mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko (Miller et al. 2005) sowie Blutungsereignissen assoziiert, weswegen Vitamin E 10–14 Tage vor einem operativen Eingriff, einer Prostatabiopsie bzw. einer Seeds-Implantation pausiert werden sollte (Fleshner 2002). Untersuchungen zur unterstützenden Tumortherapie und Tertiärprävention liegen nicht vor, so dass hier nur im Einzelfall entschieden werden kann. Allerdings sollte auch hier auf eine ausreichende Zufuhr über die Nahrung geachtet werden. Gleichzeitig muss auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin C geachtet werden, das für die Regeneration von oxidiertem Vitamin E benötigt wird. Möglicherweise schädigende Effekte durch oxidiertes Vitamin E ließen sich so wahrscheinlich vermeiden.
Selen Selen ist nach Eisen, Zink und Kupfer das vierthäufigste Spurenelement im Körper. Die Aufnahme erfolgt mit der Nahrung, wobei die Deutsche Gesellschaft für Ernährung eine tägliche Zufuhr von 30–70 μg, die Deutsche Krebshilfe bis 100 μg empfiehlt. Hauptlieferanten sind tierisches und pflanzliches Eiweiß wie Getreide, Fleisch, Fisch und Eier. Der Selengehalt in Pflanzen ist allerdings stark vom Selengehalt der Böden abhängig und unterliegt damit starken Schwankungen. Eine Übersäuerung der Böden sowie ein erhöhter Schwefelgehalt führt Selen in
eine nicht resorbierbare Form über. Pflanzen, die auf entsprechenden Böden wachsen, weisen daher nur einen geringen Gehalt an verwertbarem Selen auf. Deutschland gilt in dieser Beziehung eher als »Selenmangelgebiet«. Im menschlichen Organismus wird Selen vor allem in der Skelettmuskulatur gespeichert und liegt als Bestandteil von Proteinen vor. Die Selenoproteine enthalten meist Selenocystein oder Selenomethionin. Sie bilden mehrere Enzymgruppen. Die wichtigsten sind Glutathionperoxidasen. Ihre Funktion ist es, freie Radikale zu neutralisieren und damit eine Zellschädigung zu verhindern. Weitere Enzyme sind die Deiodasen, die im Schilddrüsenhormonstoffwechsel eine wesentliche Rolle spielen. Ferner finden sich Selenoproteine in Prostata, Hoden und Spermien. Experimentelle Studien zur Therapie von Prostatakarzinomen konnten eine signifikante Senkung des Wachstums und der Entwicklung von Lymphknotenmetastasen bei Mäusen nachweisen. Dieser Effekt ging einher mit einer Reduktion der Angiogenese (Corcoran et al. 2004). Die geschilderten Ergebnisse ließen sich allerdings nur mit anorganischem Selen und nicht mit organischen Verbindungen erzielen. Ferner traten sie nur bei Dosierungen auf, die über normale Ernährung nicht erreicht werden können (umgerechnet auf den Menschen 500–2500 μg pro Tag). Eine mögliche Erklärung der besseren Wirksamkeit von anorganischem Selen ist seine schnellere Bioverfügbarkeit. Das neben anorganischem Selen (Selenit und Selenat) im Handel befindliche Selenomethionin wird zunächst in Proteine eingebaut wie normales Methionin, wodurch das darin gebundene Selen erst durch den Abbau der entsprechenden Proteine dem Organismus zur Verfügung steht. Die molekularen Mechanismen der Prävention und der Beeinflussung von malignen Zellen bei gleichzeitiger Protektion der normalen Zellen sind vielfältig. Dong et al. (2004) wiesen nach, dass Selen zu einer Senkung des PSA über eine Inhibition der Signalübermittlung des Androgenrezeptors führt. In Zellkulturen induzierte Selen die Apoptose bei Prostatakarzinomzellen, nicht jedoch bei normalen Prostatazellen. Die Apoptose konnte verhindert werden durch Zugabe von Arachidonsäure, was auch den in anderen Studien nachgewiesenen Verbrauch von Selen im Rahmen von entzündlichen Prozessen bestätigt und eine Reduktion der Aufnahme von tierischen Fetten nahe legt (Gosh 2004). In einer Studie konnte anhand von transurethralen Prostataresektionen bei BPH gezeigt werden, dass sich bei Supplementierung Selen signifikant mehr in der Prostata anreichert als in der Kontrollgruppe (Gianduzzo et al. 2003). Ähnliche Daten ermittelte auch eine Untersuchung an Prostatakarzinompatienten. Hier konnte mittels
15
228
15
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Substitution von Selenomethionin sowohl der Selengehalt im Zehennagel als auch im Prostatagewebe signifikant gesteigert werden (Sabichi et al. 2006). Es existieren zahlreiche Hinweise darauf, dass Selen die Inzidenz von Karzinomen verschiedener Lokalisation vermindert, aber auch im Rahmen der Therapie nutzbringend sein kann. Eine 1983 publizierte epidemiologische Studie zeigte eine Korrelation von prädiagnostisch niedrigen Serum-Selenspiegeln mit einer erhöhten Inzidenz von Malignomen der Prostata und des MagenDarm-Traktes (Willett et al. 1983). Mehrere Studien bestätigten diese Ergebnisse mit einem zwei- (Yoshizawa et al. 1998) bis fünffach (Brooks et al. 2001) erhöhten Risiko, bei niedrigem Selengehalt im Blut bzw. Nagel an einem Prostatakarzinom zu erkranken. In der groß angelegten Nurses’ Health-Studie (Garland et al. 1995) und einer neueren Fall-Kontroll-Studie (Peters et al. 2007) konnte dieser Zusammenhang jedoch nicht beobachtet werden (Garland et al. 1995). Auch in der VITAL-Studie, einer aktuellen Kohorten-Untersuchung, konnte anhand von detaillierten Fragebögen über die Einnahme von Vitamin-Präparaten in den letzten 10 Jahre keine Assoziation zwischen einer Selen-Supplementation >50 μg täglich und dem Prostatakrebs-Risiko gefunden werden (Peters et al. 2008). Nur in der 1996 veröffentlichten Nutritional Prevention of Cancer Study wurden im Vergleich zur Kontrolle in der mit Selen behandelten Gruppe 67% weniger Prostatakarzinome diagnostiziert (Clark et al. 1996). Allerdings war der primäre Endpunkt der Untersuchung die Verhinderung von Hautkrebs, was nicht erreicht werden konnte. Die 2004 abgeschlossene Su.Vi.Max-Studie zur Primärprävention von kardiovaskulären und onkologischen Erkrankungen mittels einer niedrig dosierten Supplementation von Vitamin C, E, β-Karotin, Selen und Zink über 8 Jahre konnte bei Männern zwar eine Reduktion der Gesamtkarzinominzidenz von 31% und der Gesamtmortalität von 37% nachweisen (Hercberg et al. 2004), bezüglich der Verhinderung eines Prostatakarzinoms profitierte jedoch nur die Subgruppe mit einem normalen Ausgangs-PSA-Werts, so dass ein wegweisendes Ergebnis bezüglich einer Prophylaxe bei Risikopatienten weiterhin fehlt (Meyer et al. 2005). Die Wirksamkeit einer Selensupplementation in der Primärprävention bleibt weiterhin unklar. 2001 wurde eine groß angelegte prospektive Untersuchung begonnen, die SELECT-Studie, die an 35.000 Männer die präventive Wirkung einer Selensubstitution mit 200 μg täglich überprüfen sollte (Klein et al. 2001). Im Oktober 2008 wurde die Untersuchung aus Sicherheitsgründen beendet, weil sich zum einen keine Wirksamkeit bezüglich der Verhinderung von Prostatakarzinomen sowie zum anderen ein
nicht-signifikanter Anstieg der Diabetes-Erkrankungen zu verzeichnen war (NCI 2008). Für das Blasenkarzinom gibt es ebenfalls mehrere Studien, die eine negative Korrelation zwischen Selengehalt und Krebsrisiko darstellen (Zeegers et al. 2002; Brinkman et al. 2006). Allerdings bleibt die Kausalität unklar, da auch die Tumorerkrankung oder ein dadurch verändertes Verhalten zu einem erniedrigten Selen-Spiegel führen kann. Prospektive Untersuchungen mit SelenSubstitution in der Primär- oder Tertiärprävention fehlen aber weitgehend. Eine Phase-III-Untersuchung, ähnlich der SELCT-Studie, wurde Mitte 2007 in Großbritannien begonnen (SELENIB). Erste Ergebnisse sind ab 2011 zu erwarten. Da bei Krebspatienten in epidemiologischen Studien ein erniedrigter Serumspiegel vor Ausbruch der Erkrankung gehäuft festzustellen ist, wird im Sinne der Prävention oft empfohlen, auf eine ausreichende Selenzufuhr mit der Nahrung und gegebenenfalls mittels Supplementation bis zu 200 μg pro Tag zu achten. Es gibt sogar Therapieschemata, die im Rahmen der adjuvanten Therapie bei laufender Chemotherapie oder Radiatio bis zu 1000 μg täglich verabreichen, weil die ohnehin erniedrigten Selenspiegel durch die therapiebedingte Radikalbildung weiter reduziert werden (Schumacher 2000). Darunter soll es zu einer Reduktion der therapiebedingten Nebenwirkungen kommen, was eine Dosissteigerung in den therapeutisch angestrebten Bereich erst ermöglicht. Ferner konnte gezeigt werden, dass sich eine Zytostatikaresistenz mittels Selenzufuhr durchbrechen ließ (Caffrey et al. 1992). Im Bereich der Tumortherapie bzw. Tertiärprävention finden sich zwei kleinere randomisierte kontrollierte Studien, die eine Verlängerung der PSA-Verdopplungszeit mit einem gemischten Supplement aus u. a. organischem Selen (200 μg/Tag), Karotinoiden und Isoflavonen nachweisen konnten (Schröder et al. 2005; Kranse et al. 2005). Inwiefern der Effekt auch durch eine alleinige Substitution mit Selen zu erzielen ist, bleibt unklar. Zusammenfassende Bewertung Wir empfehlen in der Primärprophylaxe eine ausreichende Selenzufuhr über die Ernährung (Vollkornprodukte, Nüsse, Eier und Thunfisch). In der Sekundärund Tertiärprophylaxe des Prostatakarzinoms kann eine Supplementierung mit 200 μg anorganischem Selen (z. B. Natrium-Selenit) erwogen werden. Die Datenlage ist allerdings noch unzureichend. Es sollte dabei jedoch beachtet werden, dass hohe Selendosen toxisch sind. Die Angaben zu Schwellenwerten für Intoxikationen schwanken zwischen Tagesdosen von 800–2400 μg.
229 15.2 · Ernährung und Nahrungsergänzung
Zink Zink ist ein Spurenelement und dient als Kofaktor für 70 Enzyme im menschlichen Körper. Die empfohlene Tagesdosis liegt bei 11 mg. Die Zufuhr von größeren Mengen (150–450 mg täglich) führt zu toxischen Effekten. Das Interesse an der Erforschung von Zink als Supplement bei uroonkologischen Patienten wurde durch die Erkenntnis geweckt, dass im Vergleich zu normalen Prostatazellen in entsprechenden Karzinomzellen ein geringerer Zinkgehalt vorzufinden ist (Costello et al. 1998). Leider kann mittels Zinksupplementation wahrscheinlich aufgrund der negativen Rückkopplung mit dem intestinalen Absorptionsmechanismus kein Anstieg der Konzentration in der Prostata erzielt werden (Uzzo et al. 2002). Die klinische Studienlage bezüglich Zink und Prostatakarzinom ist widersprüchlich (Platz et al. 2001). Die Einnahme von weniger als 100 mg täglich scheint keinen Einfluss auf die Entstehung des Prostatakarzinoms zu haben, während eine tägliche Dosis von mehr als 100 mg das Auftreten von fortgeschrittenen Prostatakarzinomen zu fördern scheint. Die Zufuhr von Zink über Nahrungsmittel hat gemäß der aktuellen Studienlage keine negativen Auswirkungen (Leitzmann et al. 2003). Zink ist vor allem in Fisch, rotem Fleisch, Vollkornprodukten, Linsen, Ölsaaten und Nüssen enthalten. Zusammenfassende Bewertung Aufgrund der aktuellen Datenlage wird eine Zinksupplementation nicht empfohlen. Eine ausreichende Zinkzufuhr über die Nahrung sollte allerdings angestrebt werden (Fisch, Vollkorn, Ölsaaten und Nüsse).
Zusammenfassung Die aktuelle Datenlage liefert deutliche Hinweise auf den Zusammenhang zwischen Ernährung und Krebsentstehung. Der Versuch, aus den protektiv wirkenden Ernährungsformen die wirksamen Hauptsubstanzen zu isolieren und einer klinischen Prüfung zu unterziehen, erbrachte widersprüchliche Resultate. Untersuchungen wie ATBC (1994) und CARET (Omenn et al. 1996), die Mikronährstoffe in hohen Dosierungen prüften, welche zu erheblichen Steigerungen der Serumspiegel über die gewünschte Norm hinaus geführt haben, zeigten eine Erhöhung der Malignominzidenz. Es wird davon ausgegangen, dass ca. 100.000 sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe in der Natur vorkommen, dahingehend analysiert sind bislang erst 5% der Pflanzenwelt (Leitzmann et al. 2003). Daher ist es schwierig einzuschätzen, welche Substanzen tatsächlich eine protektive Wirkung entfalten. Die epidemiologischen Daten zu β-Karotinen zeigen einen protektiven Effekt, während Daten aus kontrollierten
Studien gegenteilige Ergebnisse brachten. Möglicherweise ist β-Karotin nicht das wirksame Agens, sondern nur ein Marker für die aufgenommene Menge an Pflanzenkost und die eigentlich wirksamen Pflanzeninhaltsstoffe sind andere. Sehr viel spricht auch für die Hypothese, dass nicht die Einzelsubstanzen die protektive Wirkung entfalten, was eine Substitution ermöglichen würde, sondern die komplexe Zusammensetzung mehrerer Pflanzenstoffe und die Aufnahme entsprechender Lebensmittel den gewünschten Effekt der Tumorprävention zur Folge hat. Aus der Betrachtung der oben diskutierten Einzelsubstanzen und Ernährungsformen, für die Hinweise auf eine präventive oder auch im Krankheitsfall therapeutische Wirkung vorliegen, ergeben sich einfache Empfehlungen für die Praxis. Es erscheint in diesem Zusammenhang nicht sinnvoll, einseitige Diäten zu propagieren, wie übermäßigen Verzehr von Tomaten, um möglichst viel protektives Lycopen aufzunehmen. Eine ausreichende Versorgung mit nahezu allen als wirksam erachteten Substanzen ist durch Umstellung der Ernährung auf die sog. »mediterrane Vollwertkost« zu erreichen. Hierbei handelt es sich um eine Kostform, die angelehnt ist an die Ernährungsgewohnheiten der Mittelmeerländer und um Inhalte der Vollwerternährung (Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte etc.) ergänzt wurde. Sie zeichnet sich aus durch einen hohen Gehalt an:
Obst und Gemüse (Vitamine, Spurenelemente, Lycopen, Ballaststoffe),
Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte (Phytoöstrogene, Spurenelemente, Vitamine),
Verwendung von fettem Seefisch (Omega-3-Fettsäuren, fettlösliche Vitamine),
reduzierte Aufnahme tierischer Fette, Fleisch und Wurst,
verminderte Aufnahme von Kaffee und Alkohol. Mit einer entsprechenden Kostform werden letztlich alle als wirksam geprüften oder vermuteten Nahrungsbestandteile aufgenommen. Prinzipiell sollte einer gesunden Kost eindeutig der Vorzug vor einer Supplementierung einzelner, als wirksam erachteter Stoffe gegeben werden. Für die Resorption der entsprechenden Vitamine, Spurenelemente etc. sind meist weitere Substanzen wie die sekundären Pflanzeninhaltsstoffe nötig. In den meisten Fällen ist es wohl auch eher das Vorhandensein der gesamten in der Nahrung befindlichen Stoffe, die zur entsprechenden Wirkung führen. Eine Substitution von Vitaminen und Spurenelementen ist nur bei unzureichender Nahrungsaufnahme sinnvoll. Empfehlungen in Anlehnung an die aktuelle Studienlage sind für das Prostata- und Blasenkarzinom in den folgenden Übersichten zu finden.
15
230
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Evaluierte Ernährungsempfehlungen beim Prostatakarzinom
Rotes Fleisch (v. a. stark verarbeitet) meiden
Molkereiprodukte meiden
Pflanzen-basierte Ernährung mit ausreichender
Zufuhr von – Tomatenprodukte (Lycopen) – Kohlgemüse (schwefelhaltige Glukosinolate, Vitamin A und C) – Vollkornprodukte und Nüsse (Selen, Vitamin E) – Soja- und Roggenvollkornprodukte (Isoflavonoide) – Knoblauch – Hülsenfrüchte Grüner Tee Ausreichender Fischkonsum Normalgewicht anstreben Gesättigte bzw. tierische Fette meiden (Empfehlung trotz inkongruenter Studienlage)
Evaluierte Ernährungsempfehlungen beim Blasenkarzinom
Alkohol und Nikotin meiden
Gesättigte bzw. tierische Fette meiden
Normalgewicht anstreben (Empfehlung trotz inkongruenter Studienlage)
Pflanzenbasierte Ernährung (Empfehlung trotz inkongruenter Studienlage)
Zusammenfassende Bewertung
15
Aus den bisherigen Ergebnissen leitet sich ab, dass zur Prävention von Malignomen eine Ernährungsform sinnvoll ist, die reich an Ballaststoffen, Vitaminen und möglichst wenig verarbeiteten Nahrungsmitteln ist sowie einen geringen Fettgehalt aufweist. Dies wird durch den World Cancer Research Fund (WRCF) und andere onkologische bzw. ernährungsmedizinische Gesellschaften als Basisdiät empfohlen:
normales Körpergewicht (BMI 19–25 kg/m²),
körperliche Aktivität (>30 min/Tag schnelles Gehen),
Verzicht auf energiedichte Nahrung und zuckerhaltige Getränke,
Überwiegend pflanzliche Ernährung (600 g Obst/ Gemüse und 3-mal tgl. Getreide/Hülsenfrüchte),
reduzierter Fleischkonsum (<500 g/Woche),
Vermeidung von Alkohol, Salz und Konservierungsmitteln,
Nahrungsergänzungsmittel nicht empfohlen,
Stillen von Säuglingen.
Eine mögliche Kostform stellt in diesem Zusammenhang die mediterrane Vollwerternährung dar. Allerdings muss angemerkt werden, dass die Datenlage bei urogenitalen Krebserkrankungen diesbezüglich noch unzureichend und zum Teil inkongruent ist. Speziell für das Prostatakarzinom kann in der Primär-, Sekundärund Tertiärprävention zusätzlich auf eine ausreichende Aufnahme von Lycopen (Tomatenprodukte), Isoflavonoide (Soja und Roggen) sowie Selen und Vitamin E (Nüsse und Vollkornprodukte) wert gelegt werden.
15.3
Mind-Body-Medizin
15.3.1 Einleitung
Die Diagnose Krebs, insbesondere eine Krebserkrankung im Bereich des Urogenitaltraktes, bringt einschneidende Veränderungen mit sich. Durch Symptome wie Pollakisurie oder Inkontinenz wird die Autonomie eines Menschen empfindlich gestört. Operationen im Bereich von Prostata, Hoden oder Blase können zu einer Störung oder auch zum Verlust von Libido und Sexualität führen. Betroffen sind also zentrale Anteile des Menschseins, in seiner biopsychosozialen und sinngebenden Ganzheit. Ferner spielen Angst, Stress, Verleugnung und aktivierte Partnerkonflikte eine Rolle (Kronenwetter et al. 2005). Es sind jedoch nicht immer nur Defizite, die durch eine Krankheit ausgelöst werden, es können auch neue Wege vom Patienten beschritten werden, die trotz objektiv nachteiliger Situation zu mehr Eigenständigkeit und subjektivem Wohlbefinden führen. Wie viel Veränderung oder wie viel Akzeptanz in der jeweiligen Situation erforderlich ist, wird der Patient im Verlauf der Erkrankung selbst ausloten – und dabei idealerweise die Unterstützung seines sozialen Netzes und seiner Therapeuten erfahren. Die Mind-Body-Medizin versteht sich als eine Medizin, die sich in dieser Hinsicht ganzheitlich um den Menschen bemüht und ihn gleichzeitig zu mehr Selbsthilfe aktiviert. Sie versteht sich nicht begrenzt auf psychosomatische Leiden im engeren Sinne, sondern fördert insbesondere die gesunden körperlichen, emotionalen und kognitiven Anteile bei bestehendem chronischen körperlichen Leiden wie z. B. Krebs. Dabei versteht sie sich ausdrücklich nicht als Alternative zur konventionell bewährten Medizin, sondern hält ergänzende Methoden bereit, die nach den individuellen Bedürfnissen des Patienten vom medizinischen Fachpersonal empfohlen und gemeinsam mit den Patienten erarbeitet werden, um
231 15.3 · Mind-Body-Medizin
diese gezielt bei der Mobilisierung ihrer Gesundheitsressourcen zu unterstützen. Damit werden die behandelnden Ansätze der modernen Medizin in Form der diagnostischen und chirurgischen Entwicklungen, der pharmakologischen Therapien sowie der hygienischen Standards um den partizipativen Ansatz ergänzt. In Ermangelung einer adäquaten deutschen Entsprechung hat mit der Einbeziehung der vor allem in Nordamerika entwickelten Erkenntnisse und Praktiken in die europäische Medizin auch der Begriff der Mind-Body-Medizin (MBM) Eingang in unseren Sprachgebrauch gefunden. Die National Institutes of Health (NIH 2006) in Washington D.C. definieren MBM wie folgt: »Mind-body medicine focuses on the interactions among the brain, mind, body, and behavior, and the powerful ways in which emotional, mental, social, spiritual, and behavioral factors can directly affect health. It regards as fundamental an approach that respects and enhances each person’s capacity for self-knowledge and self-care, and it emphasizes techniques that are grounded in this approach.«
Der Blick der Mind-Body-Medizin (MBM) konzentriert sich also auf das Zusammenspiel von Geist, Psyche, Körper und Verhalten und darauf, wie emotionale, mentale, soziale, spirituelle und verhaltensmäßige Faktoren direkten Einfluss auf die Gesundheit nehmen. Als grundlegend erachtet sie eine Herangehensweise, die persönliche Fähigkeiten wie Selbstbewusstsein und Selbstpflege respektiert und fördert, und betont Methoden, die in diesem Anspruch gründen.
15.3.2 Prinzipien und Methoden der MBM
Entspannung und Spannungsregulation Bei Tumorpatienten werden durch die emotionalen Belastungen im Rahmen der Erkrankung und die Tumortherapie an sich (mit z. T. längeren Klinikaufenthalten) biologische Rhythmen nachhaltig gestört. Entsprechend leiden Patienten häufig unter Schlaflosigkeit und Tagesmüdigkeit zugleich. Entspannungsverfahren können hier sehr hilfreich sein, um verloren gegangene Rhythmen wiederherzustellen, den Schlaf und die Tagesenergie zu verbessern. Auch bei leichteren Formen einer Angststörung sind diese Verfahren hilfreich. Durch die regelmäßige Anwendung eines Entspannungsverfahrens kann der Patient gezielt Einfluss auf die hypothalamischhypophysäre-adrenerge Stressachse nehmen. So ist langfristig über eine Reduktion der stressinduzierten Cortisolerhöhung eine Förderung von Selbstheilungsprozessen möglich.
Der Kardiologe Herbert Benson an der Harvard University, der in den frühen 1970er Jahren untersuchte, wie sich der Bluthochdruck durch Biofeedback und Transzendentale Meditation regulieren lässt, prägte den Begriff von der »relaxation-response« als der Gegenfunktion zur »fight- or flight-response«, d. h. der Stressreaktion (Benson 1976). Allgemein bekannt ist, dass unter Dauerstress der Organismus »verlernt« zu entspannen. Dies kann pathogene Prozesse begünstigen. Einige Mind-Body-Methoden konzentrieren sich deshalb darauf, die Entspannungsfähigkeit wiederzuerlangen. Bei der »relaxation-response« handelt es sich um einen Zustand der inneren Ruhe, der, wenn er täglich erreicht wird, deutliche Effekte auf den Krankheitsverlauf bei chronisch Kranken haben kann. Bei längerem und regelmäßigem Praktizieren der »relaxationresponse« über mehrere Wochen hinweg, kommt es zu einem verringerten Ansprechen von Katecholamine auf Endorganebene (Hofmann et al. 1982), was sich klinisch in Form einer erhöhten Stressresistenz zeigt. Die biochemischen Vorgänge der »relaxation-response« wurden im Ansatz erforscht. Es gibt Hinweise darauf, dass die Interaktion zwischen Stickoxid und Noradrenalin eine wichtige Rolle zu spielen scheint (Dusek et al. 2006). Klinisch zeigt sich dies u. a. in einer Verringerung von Herz- und Atemfrequenz und einer Senkung des Blutdrucks, in einer verminderten Muskelanspannung sowie in einem zunehmenden Gefühl von Gelassenheit.
Verfahren, die zum Erreichen einer »relaxation response« in der MBM auch bei onkologisch Erkrankten eingesetzt werden können
Progressive Muskelrelaxation
Autogenes Training
Diaphragmales Atmen
Visualisierung
Achtsamkeitspraxis
Meditation
Qigong und Taiji Chuan
Yoga
Beten
Wichtig ist dabei, ein Verfahren zu finden, mit dem sich der Patient wohl fühlt und mithilfe dessen er entspannen kann. Um Therapie-Effekte zu erzielen, ist zu Beginn eine tägliche 20–45 min andauernde Durchführung über einen Zeitraum von mindestens acht bis zehn Woche notwendig. Um den Therapieeffekt zu erhalten, ist dauerhaftes Ausüben erforderlich. Bei Entspannungsverfahren ist Vorsicht bei Patienten mit einer Anamnese psychotischer Episoden geboten.
15
232
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Achtsamkeit
15
Der Praxis von Achtsamkeit liegt die Lenkung der Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Augenblick zugrunde. Sie meint ein achtsames Da-Sein, ein Hier-Sein im Körper, in der aktuellen Stimmung und mit den gegenwärtig vorhandenen Gedanken. Dabei wird angestrebt, das Wahrnehmen von Körperempfindungen, Sinneseindrücken, Gefühlen und Gedanken mit einer nicht abwertenden, offen akzeptierenden, zugewandten Geisteshaltung zu verbinden. Das Konzept der Achtsamkeit weist über viele Kulturen hinweg eine lange Tradition auf. In der buddhistischen Vipassana-Meditation, im hinduistischen Yoga, im daoistischen Qigong, aber auch in der christlichen Kontemplation finden wir dieses grundlegende Element der Lebensführung. Achtsamkeit lässt sich daher auch als eine spirituelle Praxis verstehen. Spiritualität hat, da mittlerweile auch empirisch belegbar, als Gesundheitsressource sehr an Aufmerksamkeit gewonnen (Krupski et al. 2006). Bei der Bewältigung belastender Erlebnisse, Körperempfindungen oder Emotionen kann diese Methode – sofern Konzentration und äußere Stabilität vorhanden sind – einen wertvollen Beitrag leisten, mit der aktuellen Wirklichkeit umzugehen. Die Achtsamkeitspraxis umfasst formalisierte Elemente wie Body Scan, Sitzmeditation, Qigong- oder Yoga-Übungen, aber auch alltägliche Handlungen wie Zähneputzen, Gehen, Stehen, Duschen oder Abspülen können Teil einer Alltagspraxis werden, wenn sie mit bewusster Aufmerksamkeit und einer achtsamen Haltung ausgeführt werden. Neben einer entspannenden und antidepressiven Wirkung und der Erhöhung der Selbstwirksamkeit konnten auch positive psychoneuroimmunologische Wirkungen nachgewiesen werden (Davidson et al. 2003). Eine Pilotstudie mit Männern nach Prostatektomie bei Prostatakarzinom, in der über 4 Monate in einem Gruppensetting das achtsamkeitsbasierte Programm der Mindfulness-based Stressreduktion (MBSR) in Verbindung mit einer Umstellung auf vegetarische Ernährung praktiziert wurde, zeigte eine signifikante Reduzierung in der Zunahme des prostataspezifischen Antigens (Saxe et al. 2001).
Kognitive Umstrukturierung Stress lässt sich als Wahrnehmung einer Bedrohung des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens und die gleichzeitige Wahrnehmung der individuell unzureichenden Bewältigungsfähigkeit sehen. Die Annahme, dass die eigene Bewältigungsfähigkeit (Coping-Strategie) unzureichend sei, kann jedoch auf unrealistischen oder gar selbstschädigenden Gedanken beruhen. Die im Rahmen der Verhaltenstherapie entwickelten Methoden der kog-
nitiven Umstrukturierung zielen auf eine Abschwächung dieser selbstschädigenden Gedanken. Ziel ist es, den Patienten ein Neu- oder Umformulieren ihrer dysfunktionalen Bewertungsprozesse in funktionalere Bewertungsmuster zu ermöglichen. Gedankliche Katastrophisierungen, wie sie chronisch und zumal an Krebs Erkrankte nicht selten vornehmen, lösen im Gehirn den Impuls für körperliche, Adrenalinvermittelte Stressreaktionen aus, da der Organismus nicht zwischen einer extern verursachten Notsituation und einer kognitiv-induzierten Katastrophe unterscheidet. Hält der Stressreiz jedoch über einen längern Zeitraum an, was bei chronischen Erkrankungen nahe liegt, ist daher mit zusätzlichen Konsequenzen für Gesundheit und Lebensqualität zu rechnen. Mittels kognitiver Umstrukturierungen versucht man, diese aktiv zu vermeiden oder zu verändern. Ziel kann es sein, die Patienten in ihrer Selbstwirksamkeit zu stärken und sie damit aus der als stressvoll erlebten Hilflosigkeit zu führen. Eine kleine Studie Prostatakrebspatienten konnte zeigen, dass bereits durch ein telefonisch geführtes Training von Coping-Strategien eine Verbesserung der Lebensqualität, vor allem im Bereich Müdigkeit, Depression und Kraft, erreicht werden konnte (Campbell et al. 2007).
Bewegung Die allgemein gesundheitsfördernde Wirkung von regelmäßiger Bewegung ist unbestritten, auch eine deutlich protektive Wirkung im Bereich kardiovaskulärer Erkrankungen, Diabetes und Depression ist nachgewiesen. Körperliches Training gilt zudem für mehrere Krebsarten in der Primärprophylaxe als evidenzbasiert (Woll u. Bös 2004). Ein aktuelles Review stellt dar, dass etwa 40% der Krebsfälle durch regelmäßiges körperliches Training vermieden werden könnten. Besonders gut ist die Evidenz für das Mamma- und Kolonkarzinom, etwas weniger evaluiert auch für das Prostatakarzinom (Newton et al. 2008). Im Jahr 2001 wurde in einem Review bezüglich Bewegung und Prostatakrebs-Risiko unter Berücksichtigung von 24 Studien noch über eine inkonsistente Datenlage berichtet, die unter anderem durch methodisch Mängel bedingt sei (Friedenreich et al. 2001). Inzwischen gibt es einige neuere Veröffentlichungen. So konnte in einer Fall-Kontrollstudie bei chinesischen Männern mit Prostatakarzinom ein protektiver Effekt einer moderaten körperlichen Aktivität beobachtet werden (Jian et al. 2005). Bei Pierotti et al. (2005) aus Italien wurde nur ein Zusammenhang bei berufsbedingter, nicht jedoch bei Freizeitaktivität gefunden. Gemäß einer FallKontrollstudie mit knapp 1000 Prostatakrebspatienten bestand nur eine positive Korrelation bezüglich intensi-
233 15.3 · Mind-Body-Medizin
ver Aktivitäten sowie körperlicher Betätigung im Beruf und in der Freizeit, nicht jedoch im Haushalt (Friedenreich et al. 2004). In einer norwegischen Kohorten-Studie konnte ein Zusammenhang zwischen dem Ausmaß an körperlichen Freizeitaktivitäten und dem Risiko für ein fortgeschrittenes Prostatakarzinom bzw. der Mortalität durch Prostatakrebs, jedoch nicht ein Reduktion des Gesamtkrebsrisikos gesehen werden (Nilsen et al. 2006). Erstaunlich wirkt zunächst das Ergebnis der niederländischen Kohorten-Studie mit über 58.000 Männen zwischen 55 und 69 Jahre, die mehr als 9 Jahre nachverfolgt wurden. Hier konnte kein Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und dem Prostatakrebs-Risiko gefunden werden, allerdings muss die Trennschärfe der Gruppe mit <30 min zu >90 min täglich diskutiert werden. Ferner fanden die Niederländer, dass eine körperliche Aktivität von mehr als einer Stunde täglich bei adipösen Männern bzw. Probanden mit einer hochkalorischen Ernährung in dieser Altersgruppe zu einer erhöhten Krebsinzidenz führte. Diese Subgruppenanalyse beruht jedoch nur auf wenigen Fällen (Zeegers et al. 2005). Hinweis
I
I
Die Wirksamkeit eines körperlichen Trainings in der Prävention des Prostatakarzinoms kann durch eine Reduktion von IGF (»insulin-like growth factor«), einem erhöhten Sexualhormon-bindenden Globulin und einer vermehrten Bindung von Testosteron in der Muskulatur – bei erhöhten Testosteron-Serumkonzentrationen – erklärt werden (Newton u. Galvão 2008).
Bezüglich des Blasenkarzinoms wurde in der Iowa Women’s Health-Studie ein protektiver Effekt regelmäßiger Bewegung bei Frauen gefunden (Tripathi et al. 2002). In einer gemeinsamen Auswertung der Health Professionals- und Nurses’ Health-Studie konnte dieser Befund jedoch nicht bestätigt werden (Holick et al. 2007). Im Rahmen der Sekundär- und Tertiärprävention wurde in einer epidemiologischen Studie von Giovannucci et al. (2005) eine reduzierte Progressionsrate und Sterblichkeit bei Prostatakarzinompatienten gefunden, die ein intensives körperliches Training betrieben. Das intensive Training entspricht mehr als 29 metabolische Äquivalentstunden, also mehr als 10 Stunden Walking pro Woche. Symptomatisch ist Bewegungstherapie auch wirksam bei Fatigue oder Depression. So mehrt sich in jüngster Zeit die Evidenz dafür, dass körperliche Aktivität bei Depressivität auch als Alternative zu Psychopharmaka und Psychotherapie eingesetzt werden kann (Atlantis et al. 2004). Und moderates Ausdauertraining ist ein
evidenzbasiertes Verfahren zur Reduktion von Fatigue bei Krebspatienten wie mehrere Studien zeigen konnten (Conn et al. 2006). Bei Patienten mit Prostatakarzinom unter antiandrogener Therapie (Segal et al. 2003; Galvão et al. 2006) bzw. Radiatio (Windsor et al. 2004; Monga et al. 2007) konnte mittels einer dreimal wöchentlichen Bewegungsintervention signifikante Verbesserungen der Lebensqualität und teilweise auch der Fatigue-Symptomatik im Vergleich zur Kontrollgruppe gefunden werden. Bei Blasenkarzinompatienten ist eine vermehrte körperliche Aktivität signifikant mit einer besseren Lebensqualität assoziiert (Karvinen et al. 2007). Der Sportwissenschaftler Baumann gibt als spezifische Ziele der Sporttherapie beim Prostatakarzinom die Verbesserung der Harninkontinenz, Kräftigung des Beckenbodens, Minderung der erektilen Dysfunktion, das Erlernen beckenboden- und rückenfreundlicher Alltagstechniken, die Aneignung von entlastenden Atemund Haltungstechniken, die Steigerung der Körperwahrnehmung, Minderung der Fatigue-Symptomatik sowie die Verbesserung der Lebensqualität an (Baumann et al. 2008). Zum Erreichen dieser Ziele sind zum Teil auch strukturierte Programm, wie sie zum Beispiel durch Krebssportgruppen des Landessportbundes NRW (www. lsb-nrw.de) und der Deutschen Krebsgesellschaft (www. dkg.de) angeboten werden, bzw. ein individuelles Training mit einem Sporttherapeuten oder Krankengymnasten erforderlich. Eine Studie von Overgard et al. (2008) konnte darstellen, dass nach 12-monatiger physiotherapeutischer Behandlung 90% der Prostatakarzinompatienten, bei denen nach radikaler Prostatektomie eine Inkontinenz aufgetreten war, kontinent waren. Ähnliche Erfolge werden für die erektile Dysfunktion angegeben (Sommer 2002). Regelmäßiges Ausdauertraining hat zudem generell gesundheitsfördernde Wirkungen u. a. bei folgenden Erkrankungen: bei koronarer Herzkranzgefäßverengung, arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus, Depression, chronischem Rückenschmerz sowie bei Gonarthrose. Die Bewegung sollte dabei in moderatem Umfang in den Alltag integriert werden. Ein Trainingspensum von 3–5 Einheiten pro Woche erscheint angemessen. Empfohlene Sportarten sind Ausdauersportarten wie Walking, Fahrradfahren, Ergometertraining, Minitrampolin, Schwimmen und Joggen (Woll u. Bös 2004). Neu und wichtig für die praktische Umsetzung sind die Erkenntnisse, dass nicht nur Sport, sondern auch schon entsprechende Alltagsbewegungen positiv wirken können. Außerdem ist eine Fragmentierung möglich (z. B. drei mal zehn Minuten). Klare Zieldefinitionen sind hier hilfreich. Idealerweise beginnt der Patient mit
15
234
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
einem »Wunsch«-Sport. Die relativ geringe Compliance in der Bewegungstherapie ist hinreichend bekannt. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, dass sich Programme zur Veränderung des Lebensstils an den von Prochaska und DiClemente (1992) etablierten Stadien der Verhaltensänderung orientieren. Zum Bewegungsverhalten vgl. auch Adams & White (2003). Zusammenfassend gibt es eine gute Evidenz für Ausdauertraining in der Prävention und Behandlung von Tumorerkrankung. Hier liegen auch speziell Daten bezüglich Prostata- und Blasenkarzinom vor. Im aktuellen Review von Newton und Galvão (2008) wird folgendes Training für Tumorerkrankte empfohlen:
Kontinuierliches oder intermittierendes aerobes Ausdauertraining 3- bis 5-mal wöchentlich 20–60 min (55–90% der maximalen Herzfrequenz),
Krafttraining 1- bis 3-mal wöchentlich und
Flexibilitätsübungen 2- bis 3-mal wöchentlich. Zusammenfassende Bewertung Die Studienlage zeigt eine deutliche Evidenz für ein leichtes Ausdauertraining, das nach sehr moderatem Beginn letztendlich dreimal wöchentlich über 30–45 min betrieben werden sollte. Bei älteren Patienten oder relevanten Komorbiditäten sollte zumindest anfangs eine physikalische Trainingstherapie erfolgen.
Soziale Unterstützung
15
Mind-Body-Verfahren werden in der Regel im Gruppensetting (10–12 Personen) durchgeführt. Im stationären Setting handelt es sich häufig um offene Gruppen, in der tagesklinischen Behandlung eher um geschlossene Gruppen, die sich innerhalb eines Zeitraums von mehreren Wochen einmal pro Woche für einige Stunden treffen. Neben ökonomischen Gesichtspunkten sind in diesem Zusammenhang gruppendynamische Prozesse von Bedeutung. In einer Reihe von Studien konnte gezeigt werden, dass die Zugehörigkeit zu einer Gruppe die Morbidität bei den Gruppenmitgliedern verringert (z. B. Spiegel 2001). Zudem ist die Gruppe der ideale Lernort zur Stärkung der Selbstwirksamkeitserwartung, ein Parameter, der die Fähigkeit zur Gesundheitsverhaltensänderung wesentlich beeinflusst. Auch bei an Prostatakarzinom-Erkrankten konnte die unterstützende Wirkung eines Gruppensettings nachgewiesen werden (Kronenwetter et al. 2005).
Interdisziplinarität In den traditionellen europäischen und asiatischen Naturheilverfahren sind gesundheitsfördernde Behandlungs-
elemente fester Bestandteil der Medizin. Nicht-pharmakologische Therapien wie Ernährung, Bewegung und Entspannung finden wir in allen traditionellen Medizinsystemen. In der europäischen Naturheilkunde werden sie unter dem Begriff der Ordnungstherapie zusammengefasst, während im Kontext der integrativen Medizin nordamerikanischer Prägung der Begriff der Mind-Body-Medizin verwendet wird. Im Rahmen der sich etablierenden europäischen Integrativen Medizin finden diese ganzheitlichen Ansätze Eingang in die integrative Behandlung von Menschen mit unterschiedlichsten Erkrankungen mit dem Ziel der Stärkung ihrer Selbsthilfeaktivität (Dobos et al. 2006). Dabei kann es sich oft als sinnvoll erweisen, Lebensstilfaktoren wie Stressbewältigung, Bewegung, Ernährung und soziale Kontakte in ihrem Zusammenwirken zu thematisieren (Ornish et al. 2005). Zu Lebensstilmodifikationen beim Prostatakarzinom gibt es inzwischen mehrere Pilotstudien, allerdings insgesamt mit geringen Patientenzahlen. In der bekanntesten Untersuchung, dem Prostata Cancer Lifestyle Trial (Ornish et al. 2005) wurden 98 Prostatakarzinompatienten im Frühstadium (T1–2) randomisiert in zwei Gruppen eingeteilt. Während die Kontrollgruppe keine Intervention erhielt, wurden der Interventionsgruppe Lebensstilmodifikationen im Bereich Ernährung (vegane Diät, Supplementation mit Soja, Selen sowie Vitamin C und E), Bewegung (6-mal 30 min Walking/Woche) und Stressbewältigung (Yoga, Atemtechniken, progressiver Muskelentspannung und Meditation) nahe gebracht. Es konnte eine ungewöhnlich hohe Adhärenz erzielt und eine Reduktion des PSA-Werts bei denjenigen Probanden gefunden werden, die mehr als 89% der Lebensstilveränderungen umsetzten. Weiterhin wurde eine Verbesserung der Lebensqualität nach einem und zwei Jahren beobachtet, und es konnte die Anzahl der erforderlichen konventionellen Interventionen (Prostatektomie, Strahlen- oder Antiandrogentherapie) signifikant reduziert werden (Daubenmier et al. 2006; Frattaroli et al. 2008). Ferner zeigte die LEAD-Studie (Leading the way in Exercise And Diet; Demark-Wahnefried et al. 2006), dass auch Lebensstilveränderungen auch bei älteren Patienten (>65 Jahre) mit Prostatakrebs durchführbar sind. Allerdings kam es hier, am ehesten aufgrund von Rekrutierungsproblemen, zu unzureichenden Signifikanzen. Weitere Pilotstudien stammen von Saxe et al. (2001 und 2006), wo Prostatakrebspatienten mit einem Rezidiv 10 dreistündige Gruppensitzungen erhielten, in denen eine vegetarische und fettreduzierte Ernährungsform sowie ein Stressreduktionsprogramm in Anlehnung an die Mindfulness-based Stress Reduction (MBSR) von Kabat-Zinn vermittelt wurden. An 10 bzw. 14 Probanden
235 15.4 · Immunmodulatoren
erfolgte eine Präpost-Testung, die eine Reduktion der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit sowie bei einigen Probanden auch des absoluten PSA-Werts ergab. Eine kleine randomisierte kontrollierte Studie mit einem ähnlichen Programm bei 36 Prostatakarzinompatienten konnte eine Verbesserung der Lebensqualität sowie eine Verlängerung der PSA-Verdopplungszeit feststellen (Carmody et al. 2008). Größere randomisierte kontrollierte Studien zum Thema Lebensstilmodifikationen fehlen allerdings noch. Die vorhandenen Studien geben jedoch einen Einblick, dass Veränderungen der Lebensgewohnheiten – selbst bei älteren Patienten – möglich sind und zumindest eine Verbesserung der Tumormarker bzw. der Lebensqualität erzielen können. Im Bereich der Onkologie bilden solche Behandlungsansätze im klinischen Alltag noch die Ausnahme. An der Essener Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin haben Krebspatienten jedoch seit mehreren Jahren die Möglichkeit, im Rahmen einer teilstationären Behandlung bereits parallel zur zytostatischen Behandlung eine integrative Behandlung, die neben Mind-Bodyund ernährungsmedizinischen Komponenten auch naturheilkundliche, phytotherapeutische und physikalische Selbsthilfestrategien beinhaltet, wahrzunehmen (Spahn et al. 2003). Diese Behandlungsform erfordert eine engagierte interdisziplinäre Zusammenarbeit von betreuenden Ärzten, Ordnungstherapeuten, Pflegekräften, Psychoonkologen, Physiotherapeuten und ggf. Seelsorgern, wobei die Umsetzung sowohl stationär als auch teilstationärambulant durchgeführt werden kann. Ähnliche Programme werden in Deutschland außerdem an der Universitätsklinik für Hämatologie/Onkologie in Jena (Direktor: Prof. Dr. Klaus Höffken) sowie am Zentrum für naturheilkundliche Forschung der Technischen Universität in München (Leiter: PD Dr. Dieter Melchart) angeboten. Außerhalb der Einzugsgebiete dieser Zentren ist es in der Regel sinnvoll, dass der Patient gemeinsam mit seinem Hausarzt ein ambulantes Netzwerk aufbaut, um diese Therapieformen nutzen zu können. Die Zusammenarbeit mit einem integrativ arbeitenden naturheilkundlichen Kollegen sowie je nach Einzelfall mit Physiotherapeuten, Psychotherapeuten, Ernährungsberatern, Sporttherapeuten, Kunsttherapeuten, Atemtherapeuten oder Ergotherapeuten kann für den Patienten ggf. Ersatz für eine stationäre Mind-Body-medizinische bzw. ordnungstherapeutische Behandlung bieten. Ferner gibt es bereits in vielen Großstädten ambulante MBSR-Programme, allerdings in der Regel nicht speziell für Krebspatienten (www.mbsr-verband.de). Hilfreich in der Beratung und in der Vermittlung von Adressen sind die regionalen Krebsberatungsstellen.
Zusammenfassende Bewertung Sowohl für die Tumorprävention als auch für die Therapie und Rückfallprophylaxe liegen inzwischen gute Evidenzen für ein moderates Ausdauertraining vor. Außerdem findet man zunehmend Daten, die die Wirksamkeit von strukturierten Programmen, in denen Lebensstilmodifikationen in den Bereichen Ernährung, Bewegung, Entspannung und Stressregulation erzielt werden sollen, bei Prostatakarzinompatienten darstellen. Neben positiven Effekten auf den Krankheitsverlauf sind vor allem eine Verbesserung der Lebensqualität und eine Reduktion der krankheits- und therapiebedingten Nebenwirkungen zu erwarten. Wir empfehlen eine Anbindung von Tumorpatienten an strukturierte multimodale Programme, besonders bei unzureichenden Krankheitsbewältigungsstrategien und therapierefraktären Begleitsymptomen. Wenn keine strukturierten Programme in der Umgebung angeboten werden, sollte dies über ein Netzwerk von Einzelanbietern erfolgen, z. B. über Psychoonkologen, Entspannungs- und Physiotherapeuten sowie Krebssport- und MBSR-Gruppen.
15.4
Immunmodulatoren
15.4.1 Mistel
Die Mistel ist ein strauchartiges Gewächs, das als Halbschmarotzer vor allem auf Apfelbäumen, Tannen und Kiefern wächst. Während die Mistel mit ihren Wurzeln Nährstoffe und Wasser aus den Ästen des Wirtsbaums saugt, betreibt sie gleichzeitig mit ihren immergrünen Blättern Photosynthese. Die westeuropäische weißbeerige Mistel, Viscum album, wird seit der Zeit der antiken Griechen und Germanen als Heilpflanze eingesetzt. Erste Behandlungen bei onkologischen Patienten erfolgten in den 1920er-Jahren durch Ita Wegmann. Das Behandlungsregime wurde dann vor allem von den anthroposophisch arbeitenden Ärzten verbreitet. In den letzten Jahrzehnten ist die Mistel zu einem der bedeutendsten Heilmittel im Bereich der komplementären Tumortherapie avanciert. Anhand von präklinischen Untersuchungen werden als wichtigste Wirkmechanismen eine Aktivierung des Immunsystems, eine direkte antitumorale Wirkung und eine erhöhte Endorphin-Ausschüttung diskutiert. Das Mistelextrakt besteht aus verschiedenen Inhaltsstoffen. Von besonderer Bedeutung sind die Lektine und Viscotoxine, die je nach Wirtsbaum, Erntezeit und -verfahren in unterschiedlicher Konzentration im Extrakt vorkommen.
15
236
15
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Vor allem dem Mistellektin-1 (ML-1) wird eine immunmodulierende Wirkung zugeschrieben. Die Zytotoxizität eines Mistelextraktes konnte in vitro die molare Aktivität von Adriamycin um mehrere Potenzen übertreffen (Burger et al. 2001). Gleiches ließ sich auch für rekombinantes Mistellektin-1 in vitro und in vivo nachweisen (Burger et al. 1999). Mögliche Mechanismen sind die Inhibition der Proteinsynthese (Stirpe et al. 1980) sowie die Apoptoseinduktion über die CaspaseKaskade (Bantel et al. 1999). Im Rahmen der Immunmodulation durch Mistellektine werden antigenpräsentierende und phagozytierende Zellen sowie zytotoxische T-Zellen aktiviert und Zytokine wie TNF-α, IL-1 und IL-6 freigesetzt (Ribereau-Gayon et al. 1996; Büssing et al. 2008; Elluru et al. 2008; Fidan et al. 2008). Im Gegensatz zu Lektinen bewirken Viscotoxine die Induktion von Zellnekrose über eine Permeabilitätssteigerung der Zellmembran (Büssing et al. 1999). Sehr kontrovers diskutiert wurde die Untersuchung von Gabius et al. (2001), in der eine Stimulation des Wachstums von bestimmten Tumorzellkulturen unter Inkubation mit niedrigen Konzentrationen eines Mistelextrakts (<1 ng/ml) gefunden wurde. Diese Ergebnisse konnten von Büssing et al. (2005) sowie Maier und Fiebig (2002) widerlegt werden. Hier wurden wiederum wachstumshemmende Eigenschaften bei höheren Mistelkonzentrationen (30 μg/ml) gefunden. Im BALB/C-Mausmodell führt die dreimal wöchentliche subkutane Gabe von Mistelextrakten zu einem geringeren Wachstum und zu einer verminderten Metastasierung (Braun et al. 2002). Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Applikation von Mistelextrakten bei Kolonkarzinompatienten die perioperative Suppression der natürlichen Killerzellen verhindert (Schink et al. 2007). Bei Patienten mit HNO-Tumoren unter laufender Chemo- oder Radiotherapie wurde ein Schutz bzw. eine schnellere Erholung der Mikrozirkulation und der Immunfunktion anhand mikroskopischer und spektrometrischer Untersuchungen bei begleitender Behandlung mit einem Mistelextrakt beobachtet (Klopp et al. 2005). Eine proliferationsfördernde Wirkungen auf Tumorzellen durch Mistelextrakte konnten in aktuellen Studien nicht gefunden werden (Kelter et al. 2007). In der Regel erfolgt die Misteltherapie im Rahmen der Phytotherapie (Mistellektin-normierte Präparate) oder der Anthroposophie (Mistelgesamtextrakte von bestimmten Wirtsbäumen) zwei- bis dreimal wöchentlich mittels subkutaner Injektionen. Es gibt aber auch Strategien mit intraneoplastischen und intrakavitären Applikationen. Letztere wird vor allem beim Blasenkarzinom im Sinne einer intravesikalen Therapie angewandt. Für die Behandlung des Mammakarzinoms mit adjuvanter Misteltherapie liegen inzwischen ausreichend
validierte Daten mit 3 größeren randomisierten kontrollierten Studien vor, die eine Verbesserung zumindest der Lebensqualität zeigen konnten (Semiglasov et al. 2004; Piao et al. 2004). Ein Problem bleibt hier jedoch die unzureichende Verblindungsmöglichkeit der Misteltherapie aufgrund der typischen Hautreaktion an der Einstichstelle. Eine prospektive Kohortenstudie mit über 600 Patientinnen fand neben einer Verbesserung der Lebensqualität auch eine Reduktion der tumor- und therapiebedingten Nebenwirkungen wie Schmerz, Fatigue und Mukositis (Beuth et al. 2008). In retrolektiven Untersuchungen und einer Studie mit einer historischen Kontrollgruppe (Leroi 1977) konnten sogar eine Verlängerung der Überlebenszeit beim Mammakarzinom gefunden werden. Weitere positive Studien sind beim Kolon-, Bronchial-, Zervix- und Korpuskarzinom (Salzer et al. 1978; Lissoni et al. 1994; Cazacu et al. 2003; Grossarth-Matticek et al. 2007, 2008) sowie bei verschiedenen soliden Tumoren (Schierholz et al. 2003) veröffentlicht worden. Negative Ergebnisse gibt es für Kopf-Hals-Tumoren (Steuer-Vogt et al. 2001) und das Melanom (Kleeberg et al. 2004). Ein aktuelles Cochrane-Review (Horneber et al. 2008) fasst zusammen, dass die Evidenz für den Einsatz von Mistelextrakten zur Überlebensverlängerung bei Krebspatienten schwach ist, dass aber beim Mammakarzinom eine relativ gute Evidenz bezüglich einer Verbesserung der Lebensqualität vorliegt. Eine Review aus dem Jahr 2007 im Rahmen eines Evaluierungsprogramms der Komplementären Medizin durch die Schweizer Regierung konstatiert, dass es unter Berücksichtigung aller relevanter Studien bei Krebspatienten die beste Evidenz für die Verbesserung der Lebensqualität und Reduktion von Nebenwirkungen gibt und dass Tumorremissionen vor allem unter hochdosierten oder lokalen Misteltherapien in Kohortenstudien gefunden wurden (Kienle et al. 2007). Bei intrakraniellen Tumoren, hämatoonkologischen Erkrankungen und Patienten mit erhöhten oder hochnormalen Immunparametern (v. a. Leukozyten) sowie begleitenden Autoimmunerkrankungen ist eine Misteltherapie kontraindiziert. Mögliche Nebenwirkungen einer subkutanen Misteltherapie sind lokale Hautreizungen und leichte Anstieg der Körpertemperatur, die gemäß der anthroposophischen Lehre sogar gewünscht sind und eine Reaktionsfähigkeit des Organismus anzeigen sowie allergische Reaktionen und nur extrem selten toxische Symptome wie gastrointestinale Beschwerden, Bewusstseinsstörungen, Bradykardie, Blutdruckschwankungen oder Krampfanfälle. Büssing et al. (2008) konnten gerade bei Tumorpatienten mit moderater Lokalreaktion eine Verbesserung der Lebensqualität sowie der zytotoxischen T-Zellaktivität finden. Die Ent-
237 15.4 · Immunmodulatoren
wicklung eines Lymphoms im Punktionsbereich wurde in einem Einzelfall berichtet. Unter anderem deswegen gelten hämatoonkologische Erkrankungen als Kontraindikation. In einer ausführlichen Literatursuche konnten keine Daten gefunden werden, die eine Beeinträchtigung einer laufenden Radio- oder Chemotherapie nahelegen. Vielmehr liegen sogar präklinische Daten vor, die eine Wirksamkeitssteigerung von Paclitaxel zeigen konnten (Pae et al. 2001). Außerdem konnte in epidemiologischen und retrolektiven Untersuchungen eine Reduktion der therapiebedingten Nebenwirkungen gefunden werden (Beuth et al. 2008). Bezüglich urologischer Tumoren ist die Datenlage noch unzureichend. Es liegen tierexperimentelle Untersuchungen an Mäusen bzw. Ratten mit Blasenkarzinomen vor, die bei intravesikaler Applikation eines Mistelextrakts eine signifikante Verlängerung der Überlebenszeit bzw. eine relevante Wachstumshemmung zeigen konnten (Mengs et al. 2000; Elsässer-Beile et al. 2001). Bei Inkubation von Blasenkarzinomzellen in vitro konnte eine prolongierte Wachstumshemmung erzielt werden (Urech et al. 2006; Hunziker-Basler et al. 2007). Eine besonders ausgeprägte zytotoxische Aktivität wurde bei wässrigen Extrakten aus getrockneter Mistel, Iscucin Crataegi bzw. Tiliae, gefunden (Simões-Wüst et al. 2007). In einer nicht-kontrollierten Studie an 30 Patienten mit oberflächlichem Blasenkarzinom Stadium pTa und pT1 (G1–2) konnte nach transurethraler Resektion unter intravesikaler Applikation eines Mistelextrakts in insgesamt sechs wöchentlichen Sitzungen eine ähnliche Rezidivrate beobachtet werden wie in einer historischen Kontrollgruppe unter adjuvanter BCG-Instillation (Elsässer-Beile et al. 2005). In einer randomisierten kontrollierten Studie an 45 Patienten mit einem Blasenkarzinom im Frühstadium (pTa G1) konnte nach transurethraler Resektion unter einer subkutanen Mistellektin-Behandlung über 3 Monate keine Reduktion der Rezidivrate erzielt werden (Goebell et al. 2002). Zusammenfassende Bewertung Es gibt inzwischen einige wissenschaftliche Untersuchungen, die eine gute Evidenz der Misteltherapie in der komplementären Tumortherapie aufzeigen können. Dies gilt insbesondere für das Mammakarzinom. Bei uroonkologischen Erkrankungen ist die Datenlage aktuell noch unzureichend. In präklinischen Untersuchungen kann eine Hemmung des Tumorwachstums gefunden werden. Eine intravesikale Instillation von Mistelextrakten kann die Rezidivrate von Blasenkarzinomen positiv beeinflussen. Eine umfassende
wissenschaftliche Untersuchung fehlt diesbezüglich allerdings noch. Bei Patienten mit ausgeprägten Tumoroder Therapie-Nebenwirkungen (v. a. Erschöpfung, Schmerz und rezidivierende Entzündungen) kann ein subkutaner Behandlungsversuch unternommen werden, wobei Studiendaten nur für Kollektive mit Brustkrebs bzw. gemischten soliden Tumoren und nicht speziell für uroonkologische Patienten vorliegen. Es wurden bislang keine Hinweise für eine Beeinträchtigung der zeitgleich laufenden onkologischen Standardtherapie durch die Misteltherapie gefunden.
15.4.2 Thymuspeptide
Die Behandlung von Krebspatienten mittels Operation, Chemotherapie oder Radiatio führt zur Schwächung der Immunabwehr. Betroffen sind dabei v. a. Subpopulationen der T-Lymphozyten. Hier setzt die Überlegung an, dass die Gabe von Thymuspeptiden zur Normalisierung der T-Zell-Funktion führen könnte. Bei den verwendeten Präparaten handelt es sich meist um Peptidgemische aus Thymusdrüsen neugeborener Kälber. Thymuspräparate werden subkutan oder oral verabreicht. In vitro und in vivo wurde die Induktion der T-Zell-Reifung durch Thymuspeptide beobachtet (Kouttab et al. 1989). Im Tierexperiment mit Lewis-Lungenkarzinomzellen führte nach Tumorresektion die zusätzliche Applikation von Thymuspeptiden zu einer erhöhten Überlebensrate. Die Kombination von Resektion, Chemotherapie und Thymuspeptide erwies sich ebenfalls als überlegen im Vergleich zu Resektion und Chemotherapie allein (Klein et al. 1981). In einer ähnlichen Studie führte die Anwendung des Präparates Thymostimulin zu einer Verringerung der Metastasierung (Yagi et al. 1985). Neuere Untersuchungen konnten eine statistisch signifikante Reduktion experimenteller Lebermetastasen durch Thymuspeptide zeigen (Beuth et al. 1999, 2001). In einem Review kommen Bodey et al. zu dem Schluss, dass die Kombination von Chemotherapie mit Thymuspeptiden eine bessere Wirksamkeit zu haben scheint als Chemotherapie alleine und es zur Reduktion der toxischen Wirkung der Chemotherapie auf das hämatopoetische System kommt (Bodey et al. 2000). Die wenigen bislang durchgeführten kontrollierten Studien weisen meist eine kleine Anzahl an Probanden auf (Übersicht bei Stoll 2003). In einer neueren unkontrollierten Studie bei fortgeschrittenem Leberzellkarzinom konnte nur bei einer Subgruppe ein Ansprechen im Sinne einer verlängerten Überlebenszeit gefunden werden (Dollinger et al. 2008). Daher sind weitere kontrollierte Studien mit
15
238
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
größeren Fallzahlen nötig, bevor eine Empfehlung zu dieser Therapieform ausgesprochen werden kann. Zusammenfassende Bewertung Für uroonkologische Karzinome liegen keine Daten vor, weshalb außerhalb von Studien keine Therapie mit Thymuspeptiden empfohlen werden kann.
15.4.3 Leber-Milz-Extrakt (Faktor AF2)
S. Krege
15
Factor AF2 ist eine Injektionslösung, die pyrogenfreie Polypeptide, Glykopeptide, Glykolipide und Nukleide enthält, welche aus Leber und Milz junger Lämmer gewonnen werden (Leder 1990). Diesem Organextrakt werden immunstimulierende Wirkungen zugeschrieben (Baier 1991; Cramer 1993). Daneben gibt es Hinweise dafür, dass durch Factor AF2 die Nebenwirkungen einer Chemo- und Radiotherapie gesenkt werden (Lange 1987; Papadopoulos u. Wand 1989; Kindler 1997). Schließlich konnte in Zellkulturen, aber auch bei tumortragenden Mäusen eine Reduktion der Tumorzellvermehrung durch Faktor AF2 verzeichnet werden (Wagner u. Röllinghoff 1973; Leder et al. 1986). Die Wirkung der Substanz auf das Immunsystem soll über zwei Wege erfolgen. Einerseits werden Makrophagen gegen die Tumorzellen aktiviert, andererseits erfolgt eine Stimulation zytotoxischer T-Lymphozyten über die Aktivierung von T-Helferzellen. So steigert Faktor AF2 im In-vitro-Versuch die Sauerstoffaufnahme polymorphkerniger Leukozyten und in der Folge deren Phagozytoseaktivität (Cramer et al. 1993). In einem Versuch an Mäusen wurde diesen über 3 Wochen einmal wöchentlich je 1 mg Faktor AF2 zur Stimulation von Milzzellen injiziert. Diese wurden dann gewonnen und entweder alleine oder in Kombination mit Knochenmarkmakrophagen und Faktor AF2 zusammen mit Abelson-Lymphomzellen kultiviert. Das Proliferationsverhalten der Tumorzellen wurde durch Messung der für die Zellart spezifischen alkalischen Phosphatase verfolgt. Die Tumorzellen, die zusammen mit Milzzellen, Knochenmarkmakrophagen und Faktor AF2 kultiviert waren, wurden im Vergleich zur Kontrollgruppe innerhalb von 5 Tagen vollständig zerstört (Wagner u. Röllinghoff 1973). Einen ähnlichen Einfluss zeigte Faktor AF2 auf das Wachstum von methylcholanthreninduzierten Tumoren in der Maus. Außerdem wurde eine direkte Wachstumshemmung von Tumorzellen durch AF2 in vitro beobachtet (Leder et al. 1986).
Neben dieser tumorspezifischen Wirkung wird Faktor AF2 ein supportiver Effekt im Rahmen von Chemotherapien und Bestrahlungen zugeschrieben. In einer randomisierten Studie bei 50 Patienten mit fortgeschrittenem Mammakarzinom erhielten die Patientinnen eine Chemotherapie mit Adriablastin und Holoxan. Die Gabe von Faktor AF2 erfolgte randomisiert. 26 Patientinnen erhielten AF2 und wiesen eine signifikant geringere Leukozytopenie und gastrointestinale Nebenwirkungen auf. Dies bedingte auch, dass es in der Gruppe der Patientinnen, die Faktor AF2 erhielten, zu keinem Therapieabbruch kam, im Gegensatz zu 30% in der Gruppe ohne Faktor AF2 (Lange 1987). Ähnliches konnte in einer Studie an 30 Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom, die eine Chemotherapie mit Epirubicin und Cisplatin erhielten, beobachtet werden (Papadopulos u. Wand 1989). Daten zur Reduzierung von Strahlenschäden durch Faktor AF2 beziehen sich hauptsächlich auf Tierversuche (Ivanov et al. 1987). Bezugnehmend auf die Urologie wurde Faktor AF2 als Supportivum in der Behandlung des fortgeschrittenen Urothelkarzinoms untersucht. 106 Patienten mit einem fortgeschrittenen Urothelkarzinom erhielten eine Chemotherapie mit Cisplatin und Methotrexat. Die Gabe von Faktor AF2 erfolgte randomisiert. In der Gruppe ohne Faktor AF2 trat signifikant häufiger eine Knochenmarksuppression auf. Gastrointestinale Nebenwirkungen fanden sich in beiden Gruppen, obwohl Toxizitäten WHOGrad 3–4 häufiger in der Gruppe ohne Faktor AF2 zu verzeichnen waren. Das Gesamtansprechen hinsichtlich des Tumors betrug 38%, die mittlere Zeit bis zur Progression 20 Wochen und das mediane Überleben 31 Wochen, wobei sich keine signifikanten Unterschiede in beiden Gruppen ergaben (Krege et al. 2002). Zusammenfassende Bewertung Es konnte prospektiv ein gewisser supportiver Effekt von Faktor AF2 bestätigt werden. Bei den heute vorhandenen Wachstumsfaktoren GM-CSF und G-CSF bleibt der aktuelle Stellenwert der Substanz allerdings fraglich.
15.4.4 Probiotika
Verschiedene Untersuchungen der letzten Jahre zeigen die Bedeutung der Darmflora für das Immunsystem. Durch die Supplementation mit einem Lactobacillus-casei-Präparat konnte in einer japanischen randomisierten kontrollierten Studie eine 15%-ige Reduktion der Rezidivrate bei Blasenkarzinomen nach transurethraler Resektion und adjuvanter Instillationsbehandlung mit Epirubicin erreicht werden. Ein Einfluss aus der Gesamtüberleben
239 15.6 · Phytotherapie
oder die Therapie-bedingten Nebenwirkungen konnte allerdings nicht gefunden werden (Naito et al. 2008). Zusammenfassende Bewertung Eine Studie zeigt eine Reduktion der Rezidivrate bei Blasenkarzinomen. Für eine generelle Empfehlung sind aber weitere Untersuchungen erforderlich.
15.5
Enzyme
Die ersten Behandlungen von Krebskranken mit proteolytischen Enzymen wurden Anfang des 20. Jahrhunderts durchgeführt. Verwendung finden dabei vor allem die Pankreasenzyme Trypsin und Chymotrypsin sowie das Papaya-Extrakt Papain. Mittlerweile sind eine Reihe von Studien zur Pharmakologie und Wirkungsweise durchgeführt worden, mit zum Teil viel versprechenden Ergebnissen, dennoch muss diese Behandlungsform weiterhin als umstritten angesehen werden. Die Grundzüge der heute angewendeten Enzymtherapie wurden von Wolf und Ransberger entwickelt (Wolf et al. 1968). Auf molekularer Ebene sollen Enzyme die Oberflächenmoleküle von Zellen verändern, Immunkomplexe abbauen und das Immunsystem stabilisieren. Proteinasen spalten spezifisch bestimmte Aminosäuresequenzen in Proteinen auf, eine Kombination verschiedener Proteasen, wie sie in den im Handel befindlichen Enzympräparaten (z. B. Wobe-Mucos NEM, Wobenzym, Phlogenzym) vorliegt, soll synergistische Effekte aufweisen (Wrba 1995). Unter anderem soll CD44, dem als Adhäsionsmolekül für die Metastasierung eine besondere Bedeutung zukommt, durch Enzympräparate vermindert werden (Lehmann 1997; Harrach et al. 1994). Bei Tieren mit B16-Melanom zeigte sich unter Enzymtherapie eine Wachstumshemmung, reduzierte Metastasenbildung und Verlängerung der Überlebenszeit (Wald et al. 2001). Durch siebentägige orale Enzymtherapie wurde eine erhöhte Affinität von α2-Makroglobulin für TGF-B erzeugt. Dadurch verringerte Serumkonzentrationen von TGF-β könnten einen positiven Effekt auf Fibrosen und Karzinome haben, die mit hohen TGF-β-Konzentrationen einhergehen. Die Aussagekraft dieser Studie wird limitiert durch die niedrige Anzahl von nur zwei Probanden (Lauer et al. 2001). Bei einer größeren Studie an 52 Patienten mit rheumatoider Arthritis, Osteomyelofibrose, Herpes zoster und erhöhter TGF-β-Konzentration konnte eine signifikante Verringerung von TGF-β durch orale Enzymtherapie erzielt werden (Desser et al. 2001). Eine Verringerung der durch Strahlentherapie bedingten Nebenwirkungen mittels Einnahme von Enzy-
men konnte beobachtet werden (Stauder et al. 1991). Diese Ergebnisse wurden in einer später durchgeführten randomisierten Studie bestätigt, hier ließ sich eine signifikante Verringerung von strahlentherapiebedingter Mukositis, Hautreaktion und Dysphagie nachweisen (Gujral et al. 2001). In einer aktuellen randomisierten kontrollierten Untersuchung bei 69 Patienten mit HNO-Tumoren fand man keine verminderte Mukositisrate (Dörr et al. 2007). Ursächlich für den Schutz der Haut und Schleimhaut soll die Neutralisation von Radikalen sein, die im Rahmen der Strahlentherapie vermehrt gebildet werden. Auch die Nebenwirkungen unter Chemotherapie wurden durch Einnahme von Enzymen abgeschwächt, wie z. B. die Bleomycin-induzierte Fibrose (Schedler et al. 1990). In einer Kohortenstudie an Patienten mit multiplem Myelom konnte das Todesrisiko im Beobachtungszeitraum bei den Patienten, die länger als 6 Monate mit Enzymen behandelt wurden, um 60% gesenkt werden. Die Kontrollgruppe bestand aus Patienten, die weniger als 6 Monate mit Enzymen behandelt wurden. Nebenwirkungen der Enzymtherapie traten in verschiedenen Studien nur in 3% der Fälle auf und äußerten sich in leichten bis mittleren gastrointestinalen Beschwerden (Sakalova et al. 2001). Beim Mamma- bzw. Kolonkarzinom konnte eine postoperative Enzymtherapie im Rahmen von retrolektiven Kohortenstudien im Vergleich zur Kontrollgruppe eine signifikante Besserung fast aller therapieassoziierten Symptome beobachtet werden. Es ergaben sich beim Mammakarzinom auch Hinweise auf eine Verlängerung der rezidiv- und metastasenfreien Zeit, wobei die Beobachtungszeit zu kurz war, um definitive Aussagen zu treffen (Beuth et al. 2001; Popiela et al. 2001). Zusammenfassende Bewertung Bei verschiedenen Tumorerkrankungen konnten weniger Nebenwirkungen und z. T. Hinweise auf ein verlängertes Überleben unter einer Enzymtherapie beobachtet werden. Randomisierte kontrollierte Studie sowie Untersuchungen bei urologischen Malignomen sind jedoch bislang nicht durchgeführt worden. Deshalb empfehlen wir einen Behandlungsversuch nur bei ausdrücklichem Patientenwunsch und hohen erwarteten Nebenwirkungen der onkologischen Therapie.
15.6
Phytotherapie
Wie die Umfragen des Instituts für Demoskopie Allensbach gezeigt haben, werden Naturheilmittel sehr häufig angewendet. Die meisten Präparate sind freiverkäuflich und werden von Patienten meist als harmlos und neben-
15
240
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
wirkungsfrei angesehen, da sie natürlichen Ursprungs sind (Mörike et al. 2003). Mittlerweile ist bekannt, dass eine Reihe von Pflanzeninhaltsstoffen Wechselwirkungen mit konventionellen Pharmaka eingehen, die zur Wirkungsveränderung oder zu verstärkten Nebenwirkungen führen können. Die am häufigsten verwendeten Phytopharmaka sollen im Folgenden unter diesem Blickwinkel betrachtet werden. Da onkologische Patienten häufig zu naturheilkundlichen Präparaten greifen, wurde mittlerweile eine Datensammlung erstellt, die entsprechende Wechselwirkungen in diesem speziellen Bereich auflistet (Cassileth et al. 2003). In einem Review aus dem Jahr 2007 wurde festgestellt, dass es keine ausreichende Evidenz für Phytotherapeutika in der kurativen Behandlung des Prostatakarzinoms gebe (von Löw et al. 2007). Allerdings gibt es Einsatzmöglichkeiten von pflanzlichen Medikamenten zur Verbesserung der Lebensqualität beziehungsweise zur Reduktion von Nebenwirkungen der onkologischen Therapie.
15.6.1 Phytoöstrogene
15
Es wird vermutet, dass die geringere Prävalenz von Prostata- und Mammakarzinomen in asiatischen Ländern teilweise eine Folge des im Vergleich zu anderen Ländern deutlich höheren Verzehrs von Sojaprodukten ist. Sojabohnen enthalten in hoher Konzentration Isoflavonoide, sog. sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die einen schwachen östrogenartigen Effekt entfalten, weshalb sie als Phytoöstrogene bezeichnet werden. Die beiden Hauptverbindungen der Isoflavone stellen Genistein und Daidzein dar. Die Urin- und Plasmaspiegel dieser Substanzen liegen bei Japanern und Chinesen bis zu 100-mal höher als bei Amerikanern (Adlercreutz et al. 1993). Ferner konnte gezeigt werden, dass sich die Inzidenz des Prostatakarzinoms bei Asiaten, die ein geringeres Erkrankungsrisiko als US-Amerikaner haben, bei Immigration in die Vereinigten Staaten an das US-Niveau angleicht (Lee et al. 2003). Für diesen Effekt könnte unter anderem ein vermehrter Verzehr von Soja-Produkten in Asien (ca. 50 mg/Tag) im Vergleich zu den USA (2–3 mg/Tag) verantwortlich sein (Castle et al. 2002). Isoflavonoide hemmen Enzyme der Östrogen- und Androgensynthese (Evans et al. 1995), führen zu einer Down-Regulation des Androgen-Rezeptors (Bektic et al. 2004) und erhöhen die Synthese des sexualhormonbindenden Globulins, was zur Verminderung des freien Testosterons im Plasma führt (Mousavi et al. 1993). Die Enzyme Tyrosinkinase und Topoisomerase II werden gehemmt (Fair et al. 1997) und die Apoptose in Prostata-
karzinomzellen über Beeinflussung der Zelladhäsion induziert (Kyle et al. 1997). Santibanez (1997) und Hedlund (2003) beschrieben einen hemmenden Effekt auf das Wachstum von benignen und malignen Prostataepithelzellen. Dies wurde im Tierversuch bestätigt (Cohen et al. 2003). Bei Hedlund et al. (2003) wird die herausragende Bedeutung des Daidzein-Metaboliten Equol betont. Dieser Metabolit wird jedoch – in Abhängigkeit von der lokalen Darmflora – nicht in jedem Individuum gebildet. Insofern könnte sich die Situation bezüglich einer eventuellen Supplementation oder Ernährungsempfehlung komplex gestalten. In epidemiologischen Untersuchungen konnte ein protektiver Effekt auf das Prostatakarzinom durch höhere Aufnahme von Isoflavonoiden nachgewiesen werden. Der vermehrte Verzehr von Tofu führte (Sverson et al. 1989) ebenso wie eine sehr roggenhaltige Ernährungsform (Landström et al. 1998) zu einer geringeren Inzidenz. Roggen enthält ebenfalls Phytoöstrogene. Eine große Studie an über 12.000 Männern zeigte eine Risikoreduktion von 70% in Bezug auf das Prostatakarzinom bei den Probanden, die häufiger als einmal pro Tag Sojamilch zu sich nahmen (Jacobsen et al. 1998). Eine neuere epidemiologische Untersuchung an über 43.000 Japanern konnte darstellen, dass eine hoher Konsum an Isoflavonoid-haltigen Nahrungsmitteln zu einer reduzierten Inzidenz von lokalisierten Prostatatumoren, jedoch nicht der Gesamtinzidenz für Prostatakarzinome führt (Kurahashi et al. 2007). In großen Populationsbasierten Fall-Kontrollstudie aus China und Schweden konnte ein protektiver Effekt einer hohen Aufnahme von Phytoöstrogen-reichen Nahrungsmitteln (mehr als zweimal wöchentlich Sojaprodukte) festgestellt werden (Hedelin et al. 2006; Li et al. 2008). Dies scheint jedoch nicht für das Blasenkarzinom zu gelten, wo eine sojareiche Ernährung zu einer erhöhten Inzidenz führt (Su et al. 2004). Kontrollierte Studien, die in größerem Umfang Sojaprodukte zur Prävention oder Therapie bei urologischen Malignomen untersuchen, wurden bislang noch nicht durchgeführt. Bei 128 gesunden älteren Probanden konnte in einer randomisierten kontrollierten Studie über 12 Monate keine Reduktion der PSA-Level durch 83 mg Isoflavonen täglich erzielt werden (Adams et al. 2004). In einer 12-wöchigen Interventionsstudie bei 50 Prostatakarzinompatienten wurde bei Gabe von 80 mg gereinigte Isoflavone keine Toxizität, aber auch keine signifikante Veränderung der Steroidhormon-Spiegel gefunden (Kumar et al. 2007). Bei einer weiteren Studie der gleichen Arbeitsgruppe war zuvor unter 60 mg Soja-Isoflavon ein signifikanter Unterschied zur Kontrollgruppe bezüglich des Testos-
241 15.6 · Phytotherapie
teron- bzw. PSA-Spiegels gesehen worden (Kumar et al. 2004). Bei Patienten mit bekanntem Prostatakarzinom konnte in einer kleineren prospektiven, nicht-kontrollierten Studie durch Gabe eines Genistein-reichen Sojaextrakts nur in der Gruppe »watchful waiting« eine stabile Erkrankung mit gleichbleibendem bzw. fallendem PSA-Spiegel erreicht werden, während in der Gruppe der konventionell behandelten Patienten (Operation, Strahlen- oder Antiandrogentherapie) kein Effekt zu sehen war (deVere White et al. 2004). In einer weiteren kleinen nicht-kontrollierten Untersuchung konnte die PSAAnstiegsgeschwindigkeit bei biochemisch rekurrentem Prostatakarzinom mittels dreimal täglicher Gabe von Sojamilch (je 8 Unzen mit 47 mg Isoflavonoid) verlangsamt werden (Pendleton 2008). Bei 40 Patienten mit asymptomatisches Prostatakarzinomrezidiv konnte eine gute Compliance bezüglich einer Diät reich an Sojaprodukten (40 g täglich) und Lycopen (25 mg täglich) sowie eine entsprechende Bioverfügbarkeit bei Messung der Urin- bzw. Serumkonzentrationen gefunden werden. Ferner wurde eine Reduktion des PSA-Werts bei 34% der Probanden erzielt (Grainger et al. 2008). Zwei kleinere randomisierte doppelblinde placebokontrollierten Crossover-Studien mit einem Supplement konnten bei Prostatakarzinompatienten mit steigendem PSA-Wert eine Verzögerung der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit und eine Reduktion der Testosteronspiegel erzielen (Schröder et al. 2005; Kranse et al. 2005). Dabei handelte es sich um ein Getränk mit Karotinoiden, Isoflavonen und Grüntee-Extrakt sowie eine Margarine mit 200 μg organischem Selen, 1,5 g Phytosterol und 50 mg α-Tocopherol. Eine weitere kleinere Studie mit sojahaltigem Brot (50 g Soja täglich) wies gegenüber Brot ohne Sojazusatz eine signifikante Reduktion der PSA-Werte vor einer geplanten Prostatektomie nach (Dalais et al. 2004). Insgesamt war die Probandenzahl bei den prospektiven Untersuchungen sehr klein, so dass größer angelegte Studien weiteren Aufschluss geben müssen. Außerdem fehlen Studien zu harten klinischen Parametern wie Rezidivrate und Mortalität. Zusammenfassende Bewertung Aufgrund präklinischer und epidemiologischer Daten kann eine sojareiche Ernährung in der Prävention des Prostatakarzinoms hilfreich sein. Prospektive kontrollierte Untersuchungen fehlen jedoch. In der Tumortherapie und Tertiärprävention konnten kleinere kontrollierte Studien – wenn auch nicht ganz einheitlich – eine positive Beeinflussung der PSA-Werte durch Phytoöstrogen-reiche Kost oder Supplemente
darstellen. Größere Untersuchungen bzw. Studien mit harten Endpunkten sind aktuell nicht zu finden. Aus theoretischen Überlegungen lässt sich dennoch eine Empfehlung zur Steigerung des Verzehrs von Soja und anderen isoflavonoidhaltigen Lebensmitteln (z. B. Roggen-Vollkornprodukte) aussprechen. Die beschriebenen Effekte scheinen aber nur bei Zufuhr in größeren Mengen aufzutreten.
15.6.2 Sägepalme
Primäre Indikation für Extrakte aus Sägepalme (Serenoa repens, Sabal serrulatum) stellt die benigne Prostatahyperplasie (BPH) dar. Befragungen von Patienten mit Prostatakarzinom konnten jedoch ebenfalls einen häufigen Gebrauch bei dieser Patientengruppe nachweisen (Chan et al. 2005). In einer weiteren Untersuchung war die Einnahme von Sägepalmen-Extrakt die am häufigsten angewendete Therapieform aus dem Bereich der komplementären Therapieverfahren (Eng et al. 2003). Die Verwendung von Sägepalmen-Extrakten hat sich gemäß des Reviews der Cochrane Library bei der BPH als wirksam erwiesen. In kontrollierten Studien konnte eine Überlegenheit gegenüber Placebo gezeigt werden. Im Vergleich zu Finasterid war der Effekt vergleichbar, aber durch weniger Nebenwirkungen belastet (Wilt et al. 2002). Eine aktuelle randomisierte kontrollierte Studie konnte jedoch keinen entsprechenden Effekt nachweisen (Bent et al. 2006). Die in anderen Studien beobachteten Effekte bei BPH werden auf die Inhibition der 5-α-Reduktase zurückgeführt. Möglicherweise besteht hierin ein protektiver oder therapeutischer Effekt auf das Prostatakarzinom. In-vitroVersuche konnten eine Inhibition des Wachstums androgensensitiver LNCaP-Prostatakarzinomzellen ohne Beeinflussung der Apoptose zeigen (Hill et al. 2004). Eine weitere Studie konnte sowohl durch Sägepalmenextrakt als auch durch einen isolierten Wirkstoff (Myristolsäure) zytotoxische Effekte nachweisen (Iguchi et al. 2001). Ferner wurde neben vermindertem Zellwachstum eine Abnahme der COX2-Rezeptorexpression beschrieben. Möglicherweise entfaltet dies eine präventive Wirkung, da erhöhte COX2-Rezeptorexpressionen mit einer erhöhten Inzidenz des Prostatakarzinoms assoziiert werden (Goldmann et al. 2001). Die PSA-Sekretion wird durch die Einnahme von Sägepalmenextrakten nicht beeinflusst, so dass dieser Wert auch unter Sägepalmentherapie als Verlaufsparameter herangezogen werden kann (Habib et al. 2005). Interaktionen mit anderen Pharmaka sind bislang nicht beschrieben (Cassileth et al. 2003; Sparreboom et al. 2004).
15
242
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
In einer Kohorten-Studie im US-Bundesstaat Washington konnte keine Assoziation zwischen einem regelmäßigen Verzehr von Sägepalmen-Extrakten und der Inzidenz des Prostatakarzinoms ermittelt werden. Allerdings wurden hier die Männer mit einer Einnahme von mehr bzw. weniger als einmal wöchentlich verglichen. Die einmal wöchentliche Einnahme erscheint zu gering, als dass ein relevanter Effekt erzielt werden könnte (Bonnar-Pizzorno et al. 2006). Zusammenfassende Bewertung Es liegen keine epidemiologischen oder prospektiven Untersuchungen vor, die einen Hinweis auf die Wirksamkeit von Sägepalmenextrakten bei urologischen Malignomen ergeben (im Gegensatz zur vorhandenen Evidenz bei der BPH). Bei Miktionsbeschwerden kann allerdings ein Behandlungsversuch unternommen werden.
15.6.3 Cranberry
15
Die großfrüchtige Moosbeere oder Kranbeere, engl. Cranberry (Vaccinium macrocarpon), wird eingesetzt zur Prophylaxe und Therapie von Harnwegsinfektionen. In Deutschland finden oft auch Preiselbeeren Verwendung, dabei handelt es sich jedoch um eine andere Art (Vaccinium vitisidaea) der Heidelbeeren (Vaccinium). Die meisten Publikationen beziehen sich auf die Kranbeere. In einem Review konnten keine randomisierten Studien gefunden werden, die eine Wirksamkeit in der Therapie von Harnwegsinfekten geprüft haben (Japson et al. 2000). Ein weiterer Review, der Studien zur Prophylaxe von Harnwegsinfekten untersuchte, kam zu dem Schluss, dass es Hinweise auf eine prophylaktische Wirkung von Kranbeeren in Bezug auf Harnwegsinfektionen gibt (Jepson et al. 2004). Jüngere Studien prüften die Wirkung von Kranbeeren bzw. verschiedener Extrakte auf Karzinomzellen in vitro. Es konnten hierbei antiproliferative Effekte sowohl mit dem vollständigen Extrakt (Seeram et al. 2004), als auch mit einzelnen Fraktionen erzielt werden (Murphy et al. 2003; Ferguson et al. 2004). Prostatakarzinomzellen erwiesen sich bei den genannten Studien als besonders empfindlich. In einer randomisierten kontrollierten Studie konnten mittels Cranberry-Saft während einer Strahlentherapie beim Prostatakarzinom nicht die Häufigkeit von Beschwerden im unteren Urogenitaltrakt beeinflusst werden (Campbell et al. 2003). Interaktionen mit anderen Pharmaka konnten bislang nicht nachgewiesen werden (Sparreboom et al. 2004; Greenblatt et al. 2006).
Zusammenfassende Bewertung Eine Therapie mit Cranberry-Extrakten bei Tumoren im Urogenitaltrakt kann aktuell nicht empfohlen werden.
15.6.4 Ginseng
Von den verschiedenen Arten des Ginseng ist der asiatische Panax ginseng der am häufigsten verwendete. Ginseng wird in Korea, China und Japan traditionell angewendet als Mittel zur Kräftigung, zum Erhalt der Vitalität, als Immunstimulans, zur Vorbeugung vor Karzinomen und einer Vielzahl weiterer Erkrankungen und Befindlichkeitsstörungen. Der Begriff »Panax« leitet sich bezeichnenderweise vom griechischen Wort für Allheilmittel ab. Karzinompatienten wenden Ginseng in der Regel zur »Immunstimulation« und zur Besserung der Fatigue an. In einem Review wurden 16 doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Studien ausgewertet mit dem Ergebnis, dass sich keine Hinweise auf eine Wirksamkeit ergeben (Vogler et al. 1999). Andererseits ließen sich bei In-vitro-Untersuchungen an LNCaP-Zellen Wachstumshemmung und Apoptoseinduktion durch ein Ginsengextrakt erzeugen (Liu et al. 2000). Die Wachstumsinhibition konnte durch einzelne Inhaltsstoffe des Ginseng, die Ginsenoide Rg3 und Rh2, ausgelöst werden (Kim et al. 2004). Ein weiterer Review kommt zu dem Schluss, dass in Fall-Kontrollstudien ein organunspezifischer präventiver Effekt auf Karzinome nachzuweisen war (Yun 2003). Der präventive Effekt, der in experimentellen Versuchen und epidemiologischen Studien zu beobachten ist, lässt sich in kontrollierten Studien bislang nicht abbilden (Shin et al. 2000). Als weiteres Einsatzgebiet von Ginseng wird die Verabreichung an Patienten empfohlen, die sich einer Strahlentherapie unterziehen, da hier eine protektive Eigenschaft auf gesundes Gewebe erwartet wird (Lee et al. 2005). Ginsengextrakte führen zu einer geringen Hemmung verschiedener Enzymsysteme, u. a. CYP3A4. Da auch bei Ginsengpräparaten unterschiedliche Arten, Extraktionsverfahren etc. zur Anwendung kommen, sind die Auswirkungen auf den Metabolismus anderer Präparate produktspezifisch und lassen sich nicht verallgemeinern. Vorsicht geboten ist bei Patienten mit blutzuckersenkender Medikation, da der hypoglykämische Effekt verstärkt werden kann. Bei gleichzeitiger Einnahme von Monoaminooxidasehemmern sind manische Symptome berichtet worden. Weitere Nebenwirkungen oder Interaktionen beschränken sich auf Einzelfallberichte (Cassileth et al. 2003; Sparreboom et al. 2004).
243 15.6 · Phytotherapie
Zusammenfassende Bewertung
Zusammenfassende Bewertung
Für Ginsengpräparate liegt keine ausreichende Evidenz bei uroonkologischen Erkrankungen vor.
Grüner Tee scheint, zumindest in großen Mengen und über den Tag verteilt, einen protektiven Effekt bezüglich des Prostatakarzinoms zu haben. Einzelne prospektive Studien mit geringer Probandenzahl zeigen einen positiven Effekt in der Sekundärprävention und bei der Behandlung von urogenitalen Beschwerden.
15.6.5 Grüner Tee
Tee wird aus den Blättern der Pflanze Camellia sinensis gewonnen. Schwarz-, Grün- und Oolong-Tee werden durch unterschiedliche Verarbeitungsprozesse aus derselben Pflanze hergestellt. Dabei enthält gerade der grüne Tee viele Polyphenole, vor allem Epigallokatechingallat (EGCG). Untersuchungen in vitro konnten eine antitumoröse Wirkung durch Wachstumshemmung und Apoptose bei verschiedenen ProstatakarzinomZelllinien darstellen (Paschka et al. 1998; Adhami et al. 2003; Thomas et al. 2008). Aber auch im Mausmodell des Androgen-unabhängigen Prostatakarzinoms konnte eine Hemmung der Angiogenese und eine Induktion der Apoptose sowie ein signifikant geringeres Tumorvolumen durch Behandlung mit EGCG erreicht werden (Lee et al. 2008). In einer epidemiologischen Untersuchung wurde eine Risikoreduktion für das Prostatakarzinom bei täglichem Konsum von mehr als 500 g Tee beobachtet (Jain et al. 1998). Eine Kohortenstudie aus Südostasien stellte einen schützenden Effekt von täglich einem Liter Grüntee dar (Jian et al. 2004). In einer japanischen Kohorte führte der Konsum von grünem Tee dosisabhängig zu einer Reduktion des fortgeschrittenen, aber nicht des lokalisierten Prostatakarzinoms. Dabei wurde ein ca. 50% geringeres Risiko bei Männern gefunden, die täglich 5 oder mehr Tassen grünen Tee trinken im Vergleich zu der Gruppe, die weniger als eine Tasse am Tag zu sich nimmt (Kurahashi et al. 2008). Eine ebenfalls in Japan durchgeführte Studie aus dem Jahr 2006 hatte diesen Zusammenhang nicht darstellen können (Kikuchi et al. 2006). In einer randomisierten kontrollierten Studie bei 60 Probanden mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie der Prostata erreichten Bettuzzi et al. (2006) mit einem Supplement aus Grüntee-Katechinen (600 mg/Tag) eine signifikante Reduktion der urogenitalen Beschwerden bei komorbider BPH und tendenziell niedrigere PSA-Werte nach einem Jahr. Die Zweijahresergebnisse werden aktuell erwartet. Zwei sehr kleine klinische Untersuchung an 42 bzw. 19 Patienten mit Hormon-refraktärem Prostatakarzinom, die täglich 6 g Grüntee als Getränk bzw. 500 mg eines Grüntee-Extrakts erhielten, zeigten höchstens eine minimale klinische Wirkung (Jatoi et al. 2003; Choan et al. 2005).
15.6.6 Granatapfelsaft
Granatapfelsaft ist reich an polyphenolen Flavonoiden und wirkt als starkes Antioxidans und Inhibitor der Angiogenese. Das wichtigste Polyphenol heißt Punicalagin. In vitro konnte gezeigt werden, dass Granatapfelextrakte die Invasion von Prostatakarzinomzellen verhindern (Lansky et al. 2005). In einer Phase-II-Studie mit 48 Männern mit steigendem PSA-Wert nach Prostatektomie oder Radiotherapie konnte durch die tägliche Einnahme von 250 ml Granatapfelsaft über 2 Jahre eine Verlängerung der PSAVerdopplungszeit, eine Erhöhung der Apoptoserate sowie eine Reduktion der Zellproliferation erzielt werden (Pantuck et al. 2006). Daten aus randomisierten kontrollierten Studie liegen noch nicht vor. Zusammenfassende Bewertung Es gibt Hinweise auf eine Wachstumshemmung von Granatapfelsaft beim Prostatakarzinom, aber größer angelegte Untersuchungen fehlen noch.
15.6.7 Echinacea
Extrakte aus dem Sonnenhut, Echinacea, gehören zu den am häufigsten verwendeten Phytopharmaka überhaupt. Verwendung finden sie zur Immunstimulation. Die meisten klinischen Studien untersuchten die Wirkung in Prophylaxe und Therapie von Erkältungskrankheiten. Für diese Indikation wird Echinacea auch von Karzinompatienten eingesetzt, manchmal aber auch mit der Bestrebung, bei laufender Chemo- oder Radiotherapie das Immunsystem »zu stabilisieren«. In einem Cochrane-Review (Linde et al. 2005) kommen die Autoren zu dem Schluss, dass Hinweise auf eine therapeutische Wirksamkeit von Echinacea purpurea (Extrakte der oberirdischen Pflanzenteile) bei Erkältungskrankheiten existieren, wenn die Behandlung frühzeitig begonnen wird. Präventive Wirkungen konnten hingegen bislang nicht schlüssig bewiesen werden. Die Bewertung und Vergleichbarkeit der Studien ist einge-
15
244
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
schränkt, da keine Standardisierung der Präparate vorliegt. Es kommen sowohl verschiedene Echinacea-Arten (meist Echinacea purpurea, Echinacea pallidum, Echinacea angustifolia) als auch unterschiedliche Pflanzenteile zur Anwendung. Auch die Extraktionsverfahren, die einen wesentlichen Einfluss auf die Zusammensetzung der Extrakte haben, sind unterschiedlich. Echinacea-Extrakte hemmen die Aktivität verschiedener Enzymsysteme, vor allem CYP3A4, so dass eine Wechselwirkung mit Pharmaka, die über diesen Weg abgebaut werden, wahrscheinlich ist (Sparreboom et al. 2004). Zusammenfassende Bewertung Es gibt ausreichende Hinweise für die Wirksamkeit von Echinacea in der Frühphase akuter Infekte. Studien für die Behandlung von Krebspatienten sind allerdings rar und von unzureichender Qualität. Zu beachten sind Interaktionen am Enzym CYP3A4.
15.6.8 Johanniskraut
15
Bei Johanniskraut (Hypericum perforatum) handelt es sich um ein Phytopharmakon, das in Deutschland für milde und mittelschwere Formen der Depression verschreibungsfähig ist. Für diese Indikation wird es auch von Karzinompatienten oft nachgefragt. Der Wirksamkeitsnachweis ist schon länger bekannt (Linde et al. 2000). Eine aktuelle Metaanalyse konnte jedoch, bei entsprechend hoher Dosierung mit 900–1800 mg täglich, eine Überlegenheit gegenüber Placebo und eine vergleichbare Wirkung wie Standard-Antidepressiva bei allerdings besserer Verträglichkeit feststellen (Linde et al. 2008). Wie bei Echinacin unterscheiden sich auch hier die Qualitäten der pharmazeutischen Präparationen. Johanniskraut gehört zu den am besten untersuchten Pflanzen in Bezug auf Wechselwirkungen mit anderen Pharmaka. Durch Induktion einer Vielzahl von Enzymund Transportsystemen wird sowohl die Resorption als auch Abbau und Elimination anderer Medikamente verändert. Bei Chemotherapeutika resultiert dies meist in erhöhter Toxizität und verringerter Wirksamkeit (Sparrenboom et al. 2004; Cassileth et al. 2003). Von der Verwendung hypericumhaltiger Präparate während einer Chemotherapie ist daher dringend abzuraten. Wechselwirkungen mit weiteren Mitteln sind beschrieben bzw. nachgewiesen, wie trizyklische Antidepressiva, SSRI, Lipidsenker, Theophyllin, Ciclosporin, Tacrolimus, Digoxin, Warfarin, Triptane, Tamoxifen, Kontrazeptiva, Sympathomimetika, Anästhetika und Irinotecan (Cassileth et al. 2003; Mörike et al. 2003).
Zusammenfassende Bewertung Die Wirksamkeit bei Depressionen konnte in Metaanalysen dargestellt werden. Während einer Chemotherapie sollte aufgrund von Wechselwirkungen am CYP3A4-Enzym eine Behandlung mit Johanniskraut abgesetzt werden.
15.6.9 PC-Spes
In der Laienpresse wurde Ende der 1990er-Jahre häufig PC-Spes als Heilmittel bei Prostatakrebs angepriesen. Die Abkürzung PC steht für Prostatakarzinom, Spes ist das lateinische Wort für Hoffnung. In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass PCSpes das Wachstum von Prostatakarzinomzellen in vitro und in vivo hemmen konnte. Dies traf sowohl auf androgensensitive (de la Taille et al. 2000; Kubota et al. 2000) wie auf androgenunabhängige Karzinome zu (de la Taille et al. 2000). Klinische Studien konnten eine Wirksamkeit mittels Abfall des PSA-Wertes um über 50% dokumentieren (Oh et al. 2001; Small et al. 2000). Da sich Hinweise auf östrogenartige Effekte ergaben, wurde eine Phase-IIStudie begonnen, die PC-Spes gegen Diethylstilböstrol (DES) vergleichen sollte (Oh et al. 2004). Diese Studie musste vorzeitig abgebrochen werden, da zum damaligen Zeitpunkt die Kontamination von PC-Spes mit DES, Warfarin und Indometacin nachgewiesen wurde (Sovak et al. 2002). Eine Analyse der Studienmedikation von Oh et al. ergab ebenfalls eine Kontamination mit DES. Die Patienten der PC-Spes-Gruppe erhielten damit Tagesdosen von 0,3–94,2 μg/Tag. Die Auswertung der Daten bei Studienabbruch ergaben eine Wirksamkeit von PC-Spes, die der einer Behandlung mit 3 mg DES vergleichbar war. Eine Wirkung der Pflanzenextrakte lässt sich anhand dieser Ergebnisse nicht ausschließen. Aufgrund der Kontamination und fehlenden Standardisierung der eigentlichen Wirksubstanzen wurde das Präparat 2002 vom Markt genommen. Eine möglicherweise bestehende Wirksamkeit der in dem Präparat vorkommenden Pflanzen wird mittlerweile bei Einzelsubstanzen untersucht. Aus einer der Pflanzen (Scutellaria baicalensis) wurden 4 Wirkstoffe isoliert, die bei Nacktmäusen zur Wachstumsverlangsamung von Prostatakarzinomen führten (Bonham et al. 2005). Aktuell liegt eine kleinere Pilotstudie mit dem in Großbritannien unter strengen Produktionsvorschriften hergestellten PC-Spes2 vor. Beim hormonrefraktären Prostatakarzinom konnte eine Verlangsamung der PSAAnstiegsgeschwindigkeit gezeigt werden (Shabbir et al.
245 15.8 · Neuraltherapie
2008). Aufgrund der geringen Patientenzahl und initialer Dosisfindungsprobleme kann daraus jedoch noch kein weitreichendes Urteil gezogen werden.
Krankheitsbilder. Dieser Artikel kommt zum Schluss, dass die Effekte der homöopathischen Therapie höher als die von Placebo sind.
Zusammenfassende Bewertung
Zusammenfassende Bewertung
Die Anwendung von PC-Spes oder Nachfolgepräparate wird aufgrund der Kontaminationsgefahr nicht empfohlen. Standardisiertes PC-Spes2 aus Großbritannien sollte vorerst nur im Rahmen von klinischen Studien eingesetzt werden.
Nach wie vor ist die Homöopathie eine der umstrittensten Therapierichtungen. Eindeutige, wissenschaftlich abgesicherte Empfehlungen können daher, schon aufgrund fehlender Datenlage, nicht gegeben werden. Möglicherweise können homöopathische Arzneien eingesetzt werden, um therapiebedingte Nebenwirkungen abzumildern oder Begleiterscheinungen durch die Erkrankung wie Fatigue zu bessern. Diese Überlegung wird bislang allerdings durch keine Daten gestützt.
15.7
Homöopathie
In einer kontrollierten Studie konnte ein homöopathisches Komplexpräparat (Traumeel S) Schweregrad und Dauer einer Chemotherapieinduzierten Stomatitis bei Kindern nach Knochenmarktransplantation reduzieren (Oberbaum et al. 2001). Eine prospektive Beobachtungsstudie kam zu dem Schluss, dass eine homöopathische Therapie wirksam ist bei Begleiterscheinungen der Grunderkrankung und deren Therapie wie Hitzewallungen und Fatigue (Thompson et al. 2002). Bei Mammakarzinompatientinnen, die radiotherapeutisch behandelt wurden, konnte durch homöopathische Mittel eine signifikante Besserung des Hautbefundes im Rahmen einer doppelblinden, placebokontrollierten Studie erreicht werden (Balzarine et al. 2000). In einer präklinischen Studie konnte ein für das Prostatakarzinom spezifischer Effekt eines homöopathischen Sägepalmen-Präparats in vitro und in vivo dargestellt werden. Die Proliferationsrate von Prostatakarzinomzellen in vitro – im Gegensatz zu Brustkrebszellen – wurde signifikant verringert. Nicht wirksam waren die homöopathische Präparate Thuja occidentalis und Conium maculatum. Ferner wurde die Größe eines Prostatakrebstransplantats in Mäusen unter homöopathischer Behandlung signifikant reduziert (MacLaughlin et al. 2006). In einer weiteren Untersuchung wiesen homöopathische Präparate keine direkte antitumoröse Wirkung bei Prostatakarzinomzellen in vitro auf, jedoch konnte in einem kontrollierten randomisierten Tierversuch nach Injektion von Prostatakarzinomzellen in 100 Ratten eine Reduktion der Tumorinzidenz, -mortalität und -progression unter homöopathischer Medikation erzielt werden (Jonas et al. 2006). Kontrollierte klinische Studien bei der Behandlung uroonkologischer Patienten liegen nicht vor. 1997 veröffentlichten Linde et al. ein Review zu den bis zum damaligen Zeitpunkt publizierten kontrollierten homöopathischen Studien ohne Auswahl einzelner
15.8
Neuraltherapie
Der Beobachtung eines therapeutischen Effektes von Lokalanästhetika über die lokale Wirkung hinaus führte zur Suche nach Erklärungsmodellen und Kausalzusammenhängen. Diese finden sich in der Regulation gestörter Funktionen des vegetativen Nervensystems, in der Gatecontrol-Theorie nach Melzack und Wall, dem System der Grundregulation nach Pischinger und Heine, der Relationspathologie von Ricker und der Neuralpathologie von Speranski. Hier sei auf die weiterführende Literatur verwiesen (Badtke u. Mudra 1998; Fischer 1998; Dosch 1995; Barop 1996). Hauptindikation für die Neuraltherapie sind bei Malignomen die entsprechenden Begleitbeschwerden, allen voran Schmerzsyndrome. Hier wird vorwiegend lokal und in die zugehörigen Nervensegmente infiltriert. Ferner kommen Ganglien- und Plexusblockaden zum Einsatz. Die Lokalanästhesie führt über die Schmerzausschaltung zu einer Verringerung des Mukeltonus mit Lösung von Verspannungen. Damit wird der Teufelskreislauf aus Schmerz – Verspannung – Ischämie – zunehmender Schmerz sowie sich gegenseitig verstärkende vegetative Regelkreise durchbrochen. Ergebnis ist eine über die Wirkungsdauer des Lokalanästhetikums hinaus anhaltende Schmerzlinderung. Operationsnarben, die über längere Zeit Beschwerden verursachen im Sinne von Narbenschmerzen, Verhärtung oder Keloidbildung lassen sich durch Infiltration mit einem Lokalanästhetikum (Procain oder Lidocain) häufig bessern. In einer Untersuchung wurde beschrieben, dass Procain eine DNA-demethylierende Wirkung aufweist, was zur Aktivierung von Tumorsuppressorgenen führt. Bei dieser In-vitro-Untersuchung wurde außerdem eine
15
246
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Mitosehemmung auf die untersuchten Brustkrebszellen festgestellt (Villar-Garea et al. 2003). Die Behandlung des Malignoms selbst ist keine Indikation für die Neuraltherapie, es liegen auch keine Studien dazu vor, wie sich Überlebenszeit oder Lebensqualität unter Neuraltherapie verändern. Prinzipiell gehört die Neuraltherapie, v. a. bei tiefen Infiltrationen und Injektionen an Ganglien mit der einhergehenden Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung, in die Hand von erfahrenen Therapeuten. Unproblematisch und oft schnell wirksam sind dagegen subkutane Injektionen an Operationsnarben oder die Quaddelung bei lokalen Schmerzsyndromen.
Absolute Kontraindikationen gegen Neuraltherapie
Gerinnungsstörungen/Antikoagulation
Allergie gegen das Lokalanästhetikum
Kardiale Dekompensation
Leberfunktionsstörungen
Myasthenia gravis (kein Procain verwenden)
Gravidität (kein Lidocain verwenden)
Zusammenfassende Bewertung Die Neuraltherapie kann zur Linderung von lokalisierten Schmerzen, v. a. im Operationsbereich, eingesetzt werden. Eine Evidenz durch wissenschaftliche Studien liegt jedoch nicht vor.
15.9
15
Akupunktur
Bislang kommt die Akupunktur bei der Behandlung von Karzinompatienten als adjuvantes Verfahren zum Einsatz, um Schmerzsyndrome sowie andere Begleitsymptome der Grunderkrankung bzw. Therapie zu lindern ( Tab. 15.1). Die Konsensuskonferenz des National Institute of Health (NIH) befand, dass Akupunktur eindeutig zur Besserung von chemotherapieinduzierter Nausea und Erbrechen führt. Ferner kamen die Gutachter des NIH zu dem Schluss, dass Akupunktur wirksam ist bei der Bekämpfung von Schmerzen, die durch eine andere Grunderkrankung hervorgerufen werden. Gleichzeitig wird dem Verfahren eine sehr geringe Rate an unerwünschten oder schwerwiegenden Ereignissen bescheinigt. Die Wirkungsweise von Akupunktur wurde in letzter Zeit zunehmend untersucht. Mögliche Mechanismen sind die Freisetzung von Endorphinen und anderen Neurotransmittern im Zentralnervensystem (Han et al. 1982;
Tab. 15.1. Empfohlene Akupunkturpunkte für verschiedene Indikationen bei Tumorpatienten Indikationen
Empfohlene Akupunkturpunkte
Depressive Reaktion#
Herz 7, Perikard 6, Milz 6, Magen 36 und 40, Blase 15 und 20
FatigueSyndrom*
Magen 36, Milz 8 und 9, Dickdarm 11, Konzeptionsgefäß 4 und 6, Niere 3
Harnretention#
Konzeptionsgefäß 3, Milz 6 und 9, Blase 28 und 39
Knochenmetastasen*
Ashi-Punkte (lokale Schmerzpunkte), Punkte auf dem entsprechenden Meridian (v. a. Blasenmeridian bei Wirbelkörpermetastasen: Blase 36, 40 und 60)
Nausea*
Perikard 6, Magen 36, Milz 4 und 6, Blase 20 und 21 sowie Dickdarm 4 Elektrostimulationsakupunktur (10 Hz, 5–20 min) bei Perikard 6
Vasomotorische Symptome*
Gallenblase 34, Blase 15, 23 und 32, Lenkergefäß 20, Herz 7, Perikard 6, Leber 2 und Milz 6; Elektrostimulation mit 2 Hz zwischen Blase 23 und 32
Xerostomie*
Ohrakupunktur: Speicheldrüse II, Nullpunkt und ShenMen Körperakupunktur: Dickdarm 2 und 3
* Empfehlung aus klinischen Studien # Empfehlung gemäß Referenzkarten aus den Standardwerken der Traditionellen Chinesischen Medizin (nach Lehmann 1999)
Zhang et al. 1999), die Aktivierung der absteigenden schmerzhemmenden Bahnen, die sog. »diffuse noxious inhibitory control« (DNIC) über einen Gegenschmerzeffekt und die Regulation des vegetativen Nervensystems (Haker et al. 2000) sowie ein neuronales Remodelling (Weingarden et al. 2006). In einer Anwendungsuntersuchung in einer onkologischen Klinik in San Diego konnte bei 60% der Patienten eine mindestens 30%-ige Symptomreduktion durch Akupunktur beobachtet werden. Die angegebenen Beschwerden bestanden aus Schmerzen, Xerostomie, Nausea und Appetitlosigkeit (Johnstone et al. 2002a). Zur Indikation der Akupunktur bei chemotherapieinduziertem Erbrechen kamen die Autoren einer Metaanalyse zu dem Schluss, dass eine Akupressurbehandlung des Punktes Perikard 6 das Symptom Übelkeit signifikant reduziert. Elektroakupunktur erwies sich in derselben Untersuchung als wirksam in der Verringerung des akuten Erbrechens (Ezzo et al. 2005). Die Nadelung von Perikard 6 mit Elektrostimulation führte im Vergleich
247 15.10 · Nicht empfohlene Alternativverfahren
zur Sham-Akupunktur (Nadelung an keinem Akupunkturpunkt) zu einer signifikanten antiemetischen Wirkung im Rahmen einer Chemotherapie (Dundee et al. 1987). In einer größeren nicht-kontrollierten Untersuchung an 105 Tumorpatienten mit schwerwiegender Nausea, davon 29 Patienten mit Hodenkrebs, konnte mittels einmaliger Elektrostimulationsakupunktur am Punkt Perikard 6 in 97% der Fälle eine deutliche Beschwerdereduktion erzielt werden. Die antiemetische Medikation wurde beibehalten. Nach durchschnittlich 8 h traten bei vielen Patienten erneute Beschwerden auf (Dundee et al. 1989). Dann könnte, anderen Studien entsprechend, eine Selbstbehandlung mit manueller Akupressur (Dibble et al. 2000) oder mit Akupressur durch ein Armband (Aglietti et al. 1990) am selben Punkt hilfreich sein. Insgesamt liegt speziell für den Punkt Perikard 6 eine gute Evidenz aus 26 Studien mit mehr als 3300 Fällen vor (Lee et al. 2004). In dieser Metaanalyse enthalten sind die Daten von Shen et al. (2000), die an 105 Brustkrebspatientinnen in einer randomisierten kontrollierten dreiarmigen Studie zeigen konnten, dass eine Elektrostimulationsakupunktur über 5 Tage einer Sham-Akupunktur bzw. keiner Akupunktur überlegen war. Allerdings ergab auch die Sham-Akupunktur mit Sham-Stimulation signifikant weniger Emesis-Fälle als die Kontrollgruppe ohne zusätzliche Behandlung (Shen et al. 2000). Dies unterstreicht die Schwierigkeit von Akupunkturstudien, da es nicht möglich ist, eine echte Placebo-Kontrolle zu schaffen. Auch Akupunkturbehandlungen nach der traditionellen chinesischen Diagnostik zeigten in weiteren Untersuchungen im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikante antiemetische Effekte (Dang et al. 1998; Xia et al. 1986). Für die Schmerztherapie bei Tumorpatienten findet sowohl die Körper- als auch die Ohrakupunktur Verwendung (Spahn 2005). In einer randomisierten kontrollierten Studie konnte eine signifikante und anhaltende Schmerzreduktion durch Ohrakupunktur erreicht werden (Alimi et al. 2003). Auch für die Behandlung von Hitzewallungen unter antiandrogener Therapie liegen erste Pilotstudien vor (Hayes et al. 2005; Capodice et al. 2008; Frisk et al. 2008). Weiterhin ist eine erste Anwendungsbeobachtung für Akupunktur bei Mukositis zu finden (Johnstone et al. 2002b). Hierbei werden die Ohrakupunkturpunkte Speicheldrüse II, Nullpunkt und ShenMen sowie die Körperpunkte Dickdarm 2–3 verwendet. Die Ergebnisse einer Pilotstudie lassen es als lohnenswert erscheinen, den Einsatz von Akupunktur zur Besserung von Fatigue nach Chemotherapie weiter zu untersuchen (Vickers et al. 2004). Inwiefern Akupunktur zur Beeinflussung des Immunsystems bei Tumorpatienten führt, bedarf weitergehender Forschung. Bei Gesunden konnten
immunologische Effekte bereits nachgewiesen werden (Kou et al. 2005). Zusammenfassende Bewertung Die Anwendung der Akupunktur zur Linderung von (tumorbedingten) Schmerzen, Fatigue und therapiebedingter Nausea sowie bei Hitzewallungen unter Hormontherapie kann empfohlen werden. Kontraindikationen stellen Thrombozytopenie und Antikoagulation dar. Im Bereich von Körperarealen, die bestrahlt werden oder ein Lymphödem aufweisen, darf keine Akupunkturbehandlung durchgeführt werden.
15.10
Nicht empfohlene Alternativverfahren
Zur Behandlung von Malignomen werden immer wieder verschiedene Wirkstoffe empfohlen, die zum Teil »neu entdeckt« worden sind oder aber schon seit langer Zeit Verwendung finden. Auf die häufig genannten Behandlungsformen soll im Folgenden kurz eingegangen werden. Im Vordergrund steht, dass Therapeuten, die solche unseriösen Therapien propagieren, in der Regel eine konventionelle onkologische oder urologische Diagnostik und Therapie ablehnen.
Nicht empfohlene alternative Verfahren
Amygdalin (Laetril)
Birm (Dulcamara-Extrakt)
Essiac (Flor Essence)
Frischthymus-Extrakt
Galavit
Haifischknorpel
Krebsdiäten
Krebs-Mehrschritt-Therapie nach Ardenne
Neue Medizin nach Hamer
Orthomolekulare Medizin
PC-Spes ( Kap. 15.6.9)
Ukrain
Vitamine nach Dr. Rath Hinweise auf unseriöse Therapieverfahren
Einzigartige namengebundene Therapien
Therapien, bei denen eine konventionelle Diagnostik und Behandlung abgelehnt wird
Nicht in der Apotheke erhältlichen Arzneimittel
Ausländischen Arznei-/Nahrungsergänzungsmittel
Nur in speziellen Privatkliniken verabreichte Therapiekombinationen
15
248
15
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Häufig genannt wird Amygdalin (andere Bezeichnungen sind Laetril, Vitamin B17, Mandelonitril), ein aufgrund seines Cyanidanteils toxischer sekundärer Pflanzeninhaltsstoff, der aus bitteren Aprikosenkernen gewonnen wird und antitumoral wirken soll (Park et al. 2005). Eine klinische Studie an 178 Krebspatienten konnte keinen Wirksamkeitsnachweis erbringen. Hingegen wurden bei einigen Patienten nahezu letale Cyanidwerte im Serum und Symptome einer Cyanidvergiftung nachgewiesen (Moertel et al. 1982). Ferner finden sich Publikationen über Intoxikationen durch Einnahme frei verkäuflicher Präparate (O’Brian et al. 2005). Patienten sollte dringend von einer Amygdalin-Einnahme abgeraten werden. »BIRM« (»biological immune response modulator«) ist ein wässriger Extrakt aus den Wurzeln einer in Ecuador beheimateten Pflanze (Dulcamara), für das im Tierversuch ein wachstumshemmender Effekt auf Prostatakarzinomzellen gefunden wurde (Dandekar et al. 2003). Untersuchungen am Menschen liegen nicht vor, weshalb eine solche Therapie nicht empfohlen werden kann. Für Haiknorpel-Präparate konnte in vitro, im Tierversuch (Sheu et al. 1998) und bei gesunden Probanden (Berbari et al. 2000) eine hemmender Effekt auf die Angiogenese beobachtet werden, eine Phase-III-Studie bei Patienten mit fortgeschrittenen Karzinomen konnte diese Beobachtungen jedoch nicht bestätigen (Loprinzi et al. 2005). Es wurden sogar Hyperkalzämien als Nebenwirkung gesehen. Weiterhin wird vor der Einnahme von Ukrain, einem Schöllkraut-Derivat, wegen seines möglichen Gehalts an Zytostatika, unklaren toxischen Effekten und unzureichender Seriösität des Herstellers gewarnt. Galavit wird als Krebstherapeutikum im Internet vermarktet. Wirksamkeitsuntersuchungen sollen aus Russland stammen, was von der Arzneimittelkommission (2001) nicht nachvollzogen werden konnte. Zu dem bis 2002 in Deutschland erhältlichen Prostatakrebs-Therapeutikum PC-Spes Kap. 15.6.9.
15.11
Komplementäre Symptombehandlung
15.11.1 Schmerzen
Schmerz ist ein häufiges Symptom vor allem bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen. Ätiologisch sind Tumorprogress, onkologische Behandlungen, Infektionen, muskuloskelettale und neuropathische Schmerzen zu nennen. Die analgetische Behandlung nach dem WHO-Schema (Jadad et al. 1995) ist etabliert, wird aber oft nicht konsequent durchgeführt. Die moderne Schmerztherapie orientiert sich am biopsychosozialen Krankheitsverständnis
(Sutton et al. 2002). Dabei sind neben körperlichen immer auch seelische und soziale Faktoren bei der Schmerzentstehung und -bewältigung zu berücksichtigen. Nach der Gate-control-Theorie können absteigende kortikale Erregungen die Schmerztransmission auf Rückenmarksebene beeinflussen. Dabei spielen psychologische und psychosoziale Variablen wie Schmerzverständnis, Emotion, Stress und Kognition eine wichtige Rolle. Ein Review von Zaza et al. (2002) konnte darstellen, dass auch Tumorschmerzen regelmäßig durch Stimmungsschwankungen, Depression und Angst verstärkt werden. In der Therapie von tumorbedingten Schmerzen werden die genannten Faktoren jedoch oft nicht ausreichend berücksichtigt. Vernachlässigt werden häufig auch nichtmedikamentöse Maßnahmen, zu denen Wärmeauflagen, warme Bäder, TENS, eine moderates Bewegungstraining und andere physikalische Therapien gehören. Allerdings ist hier die Datenlage aktuell noch unzureichend. Für die Wirksamkeit von sanften Massagen in der Schmerztherapie bei Tumorpatienten gibt es eine erste Pilotstudie (Kutner et al. 2008) Bezüglich Akupunkturbehandlungen bei Tumorpatienten gibt es – im Vergleich zu anderen Schmerzerkrankungen – bisher nur wenig Daten. In zwei älteren Übersichtsarbeiten konnten bei insgesamt 339 behandelten Tumorpatienten mittels Akupunktur die Schmerzen um etwa 50% reduziert werden (Filshie et al. 1985 und 1990). In einer Beobachtung von Filshie und Thompson (2004) wurde eine Verbesserung der Analgesie durch Akupunktur bei gynäkologischen Krebserkrankungen erzielt. In einer randomisierten kontrollierten dreiarmigen Studie (traditionelle Akupunktur vs. Akupunktur + Injektion vs. Analgetika) bei Magenkarzinompatienten war der kurzfristige Effekt in der Analgetika-Gruppe am größten, während die analgetische Langzeitwirkung nach der 10-tägigen Behandlung in den beiden Akupunkturgruppen signifikant stärker ausgeprägt war (Dang et al. 1998). Eine weitere randomisierte kontrollierte Untersuchung konnte eine signifikante Schmerzreduktion durch Ohrakupunktur bei Krebspatienten darstellen (Alimi et al. 2003). Auch bei Knochenmetastasen kann man vor allem mit lokalen und meridianbezogenen Akupunkturbehandlungen eine deutliche Linderung der Schmerzen bewirken (Guo et al. 1995). Rico et al. (1982) benutzten spezielle Techniken bei therapierefraktären Schmerzen aufgrund von Wirbelkörpermetastasen: Entweder wurden 5 cm lateral der Medianlinie der beiden benachbarten Wirbelkörper Elektrostimulationsakupunkturen durchgeführt oder aber lokale Druckpunkte (sog. Ashi-Punkte) und die Punkte Blase 36, 40 und 60 genadelt. Damit konnte bei 60% der Probanden eine mehr als 75%ige Schmerzreduktion innerhalb von 7 Behandlungen erreicht werden. Eine Kontroll-
249 15.11 · Komplementäre Symptombehandlung
gruppe gab es leider nicht. Ferner scheint Ohrakupunktur bei metastasiertem Tumorleiden analgetisch wirksam zu sein (Dillon et al. 1999). Bei ausgeprägten oder therapierefraktären Schmerzen sowie bei deutlichen psychosozialen Einflüssen ist auch eine unterstützende psychologische Betreuung zu empfehlen. Hier hat sich für Krebspatienten vor allem die kognitive Verhaltenstherapie als wirksam erwiesen (Brietbart et al. 2004). Dabei sollen maladaptive Gedanken und Coping-Strategien, negative kognitive und emotionale Wahrnehmungen sowie Katastrophisieren verhindert und stattdessen positive Coping-Strategien mit dem Erleben von Schmerzkontrolle und Selbstwirksamkeit erlernt werden (Bishop et al. 2003). Ähnliche Effekte können auch durch Mind-Body-Techniken wie Achtsamkeits-basierte Verfahren (»mindfulness-based stress reduction«, MBSR), Yoga-Übungen sowie Imaginations- und Entspannungsverfahren erreicht werden (Kabat-Zinn et al. 1985; Syrjala et al. 1995; Keefe et al. 2005; Carson et al. 2007). Ferner gibt es erste Daten bezüglich der Wirksamkeit von Hypnose, zumindest kurzfristig im Rahmen von Interventionen wie Mammabiopsien (Montgomery et al. 2002). Zusammenfassende Bewertung Für die Schmerztherapie bei Tumorpatienten wird ein Vorgehen nach den WHO-Richtlinien unter Berücksichtigung von nicht-medikamentösen Verfahren empfohlen. Ziel ist neben einer ausreichenden Beschwerdelinderung das Vermeiden von maladaptivem Krankheitsverhalten und somit eine Verhinderung der Schmerzchronifizierung. Dazu sollten unterstützend psychologische Behandlungen und Strategien aus der Mind-Body-Medizin eingesetzt werden. Ferner sollten zusätzlich physikalische Therapien und Selbsthilfestrategien sowie ggf. auch Akupunktur Verwendung finden. Bei ausgeprägten bzw. therapierefraktären Schmerzen ist die Anbindung an strukturierte multimodale Programme bzw. Schwerpunktzentren sinnvoll.
15.11.2 Chemotherapie-induzierte Nausea
Zytostatika werden anhand ihres emetogenen Potenzials eingeteilt. Besonders emetogen wirken Platin-Präparate, Cyclophosphamid, Methotrexat und Doxo- bzw. Epirubicin. Cis- und Carboplatin sind häufig für eine verzögerte Nausea verantwortlich. Essenziell ist eine ausreichend dosierte prophylaktische Antiemetika-Gabe in Abhängigkeit vom erwarteten emetogenen Potenzial. Unterstützend können Kräutertees (Pfefferminz, Kümmel, Fenchel, Anis und Ingwer) sowie das Homöo-
pathikum Nux vomica (z. B. 5 Globuli D6 mehrmals täglich) mit guten Erfolgen in der Erfahrungsheilkunde angewandt werden. Eine Mischung verschiedener Kräuterextrakte (STW5, Iberogast), u. a. Bittere Schleifenblume, konnte zumindest bei Patienten mit Gastritis bzw. funktioneller Dyspepsie in kontrollierten Studien eine Reduktion von Übelkeit und gastrointestinalen Beschwerden vorweisen (Arnim et al. 2007; Raedsch et al. 2007). Die Anwendung von Ingwer bei der Zytostatika-induzierten Nausea wird zunehmend untersucht. Dabei soll das antiemetische Potenzial mit Metoclopramid vergleichbar sein (Sontakke et al. 2003). Eine ähnliche Wirksamkeit wurde bei der verzögerten Nausea in einer Studie bei gynäkologischen Tumorpatientinnen unter cisplatinhaltiger Chemotherapie gefunden (Manusirivithaya et al. 2004). In einer Phase-II-Studie bei Nausea/Vomitus trotz Behandlung mit einem 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten brachte die Gabe von 1 bzw. 2 g Ingwerpulver als Kapsel keinen zusätzlichen Effekt. Allerdings kam es zu einer Reduktion von verschiedenen therapiebedingten Nebenwirkungen und zu einer geringeren Erschöpfungsreaktion (Zick et al. 2008). Eine weitere Phase-II/III-Studie wurde gerade begonnen (Hickok et al. 2007). In einer aktuellen Untersuchung von Levine et al. (2008) konnte bei verzögerter Chemotherapie-induzierter Übelkeit eine signifikante Reduktion der Symptomatik sowie der gastrischen Dysrhythmie durch proteinreiche Ernährung mit reichlich Ingwer sowie einem zusätzlichen Protein-Ingwer-Getränk erzielt werden. In einem Review wurde zudem unter Berücksichtigung von fünf randomisierten kontrollierten Untersuchungen die Wirksamkeit von Ingwer bei postoperativem Erbrechen konstatiert (Chaiyakunapruk et al. 2006). In einer Cochrane-Metaanalyse von 11 Studien zeigte sich ein signifikanter antiemetischer Effekt von Akupunkturbehandlungen während einer zytostatischen Behandlung (Ezzo et al. 2006). Bei der Akupunktur wird vor allem der Punkt Perikard 6 – 3 Querfinger proximal der Mitte der volaren Handgelenksfalte – benutzt, der vom Patienten selbst auch mittels Akupressur (lokale Massage) behandelt werden kann. Dafür liegen, zumindest beim Mammakarzinom, erste kontrollierte Studien vor (Dibble et al. 2007; Molassiotis et al. 2007). Akupressur ist sogar noch effektiv, wenn pharmakologische Behandlungen versagt haben (Gardani et al. 2007). In einer neueren kontrollierten Studie bei pädiatrischen Tumorpatienten konnten mittels Akupunktur die Vomitus-Episoden sowie die antiemetische Medikation signifikant reduziert werden (Gottschling et al. 2008). Die Anwendung von chinesischen Kräutern zur Behandlung der Chemotherapie-induzierten Nausea wurde anhand der aktuellen Studienlage in einer Cochrane-Metaanalyse als fraglich eingestuft (Zhang et al. 2007).
15
250
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Ferner gibt es eine Studie, die einen Effekt von Hypnose bei der Chemotherapie-induzierten Emesis zeigt (Genuis 1995). Bei Kindern ist sogar eine Metaanalyse zu finden, die die Wirksamkeit der Hypnosetherapie anhand von 5 RCT bestätigt (Richardson et al. 2007). Eine sehr gute Evidenz liegt für Entspannungstechniken vor. Besonders gut ist die Datenlage für die Progressive Muskelentspannung und für Imaginationsübungen, die unter Anleitung durch einen Therapeuten und/oder als Eigenübung mit einer Audio-CD erlernt werden können (Lyles et al. 1982; Cotanch et al. 1987; Burish et al. 1991, 1992; Vasterling et al. 1993; Molassiotis 2000, 2002). Außerdem kann auch ein regelmäßiges Ausdauertraining zu einer Reduktion der Nausea-Intensität führen (Winningham et al. 1988; Lee et al. 2008). Dabei ist vor allem 4- bis 5-mal wöchentliches Walking wirksam (Mock et al. 1994). Zusammenfassende Bewertung Zur Prophylaxe und Therapie von Chemotherapie-induzierter Nausea sind neben einer ausreichend dosierten konventionellen Medikation Ingwer, Akupunktur, Akupressur und Entspannungstechniken sowie ein Ausdauertraining wirksam. Die Evidenz komplementärer Verfahren ist als gut einzustufen.
15.11.3 Chemotherapie-induzierte Mukositis
15
Eine Entzündung der Mund- und der Darmschleimhaut (Mukositis) bzw. Mundtrockenheit (Xerostomie) sind belastende Nebenwirkungen einer zytostatischen Behandlung. Häufige Auslöser sind 5-Fluorouracil (5-FU) – vor allem in Kombination mit Leukovorin –, Cisplatin, Vinblastin, Melphalan, Methotrexat, Docetaxel, Bleomycin, Doxorubicin, Chlorambucil und Cytarabin. Leider gibt es trotz zunehmender Forschungsbemühungen bislang keine überzeugend wirksame Therapie. Konventionelle Behandlungsstrategien mit Breitbandantibiotika, Antiseptika wie Chlorhexidin, topischen Antiinfektiva-Kombinationen wie PTA-Tabletten oder sogenannten »magic mouth wash« aus Lidocain, Benadryl und Aluminiumhydroxid werden gemäß aktueller Untersuchungen nicht mehr empfohlen (Dodd et al. 2000; Worthington et al. 2007). Hinweis
I
I
Vor einer anstehenden Chemotherapie sollte möglichst eine professionelle Zahnreinigung zur Verhinderung einer Mukositis durchgeführt werden (Borowski et al. 1994; Sonis et al. 1988).
Für eine chinesische Phytotherapie liegt in zwei Studien (Wang 2002; Huang et al. 2003) anhand der CochraneMetaanalyse eine gewisse Evidenz vor (Worthington et al. 2007). Allerdings besteht in beiden Untersuchungen eine hohe Gefahr des Bias. In einer kleinen Studie mit 40 Probanden konnte Honig schwere radiogene Mukositis-Fälle verhindern (Biswal et al. 2003). Eine relativ gute Evidenz liegt für das Lutschen von Eiswürfeln (Kryotherapie) während einer Bolustherapie mit 5-Fluorouracil (5-FU) vor. Hier gibt es inzwischen 9 Studien mit dem Nachweis eines prophylaktischen und lindernden Effekts (u. a. Mahood et al. 1991; Cascinu et al. 1994; Lilleby et al. 2006; Sorensen et al. 2006; Svanberg et al. 2007). Mit hochdosierter Allopurinol-Mundspüllösung (>5 mg/ml) ließ sich in drei kleineren Studien eine signifikante Reduktion der 5-FU-induzierten Mukositis erzielen (Clark et al. 1985; Tsavaris et al. 1988; Abbasi Nazari et al. 2007). In einer Studie mit einer deutlich geringeren Dosis (1 mg/ml) konnte dieser Effekt jedoch nicht gefunden werden (Loprinzi et al. 1990). Allopurinol verhindert über die Hemmung des Enzyms Orotidylat-Dekarboxylase die Bildung zytotoxischer Metaboliten von 5-FU. Zumindest bei der Therapie mit hochdosiertem Cytarabin konnten Mundspülungen mit eiskaltem Wasser alle 10 Minuten bis eine Stunde nach Ende der Infusion zu einer Reduktion der Mukositis Grad 2 und 3 führen (Mori et al. 2008). Zudem gibt es eine kleine Studie, in der Kindern unter Stammzelltransplantation von einer homöopathischen Mundspüllösung mit Traumeel S profitierten (Oberbaum et al. 2001). Zur Linderung der Beschwerden bei bestehender Mukositis kann unter anderem eine Salbe mit Vitamin E hilfreich sein (Wadleigh et al. 1992). Bereits 1999 konnten Rydholm und Strang eine Linderung von Mundtrockenheit, Dysphagie und Artikulationsstörungen bei Palliativpatienten mittels 10 Akupunktursitzungen nachweisen. In einer Prä-Post-Testung wurde bei 9 von 18 Patienten mit therapierefraktärer Xerostomie durch ein komplexes Akupunkturregime eine Linderung von mindestens 10 Punkten auf dem Xerostomie-Index erzielt (Johnstone et al. 2001). Die gleiche Arbeitsgruppe konnte im weiteren Verlauf bei deutlich vereinfachter kombinierter Ohr- und Körperakupunktur nach durchschnittlich fünf Behandlungen eine mediane Symptomreduktion von 9 Punkten auf dem Xerostomie-Index und eine anhaltende Beschwerdelinderung nach drei Monaten bei 26% der Patienten nachweisen (Johnstone et al. 2002). Dabei wurden die Ohrakupunkturpunkte ShenMen, Speicheldrüse II und Nullpunkt sowie ein Punkt zwischen Dickdarm 2 und 3 an der Radialseite des Zeigefingers unter gleichzeitiger Gabe einer
251 15.11 · Komplementäre Symptombehandlung
Lutschpastille verwendet. Bereits zuvor fanden Blom et al. (2000) einen signifikant erhöhten Speichelfluss nach Akupunktur bei Patienten mit Sjögren-Syndrom und Xerostomie anderer Genese. Bei Nachweis einer Soor-Mukositis empfiehlt sich jedoch in der Regel eine antimykotische Therapie mit Mundspüllösungen.
PNP. Eine größere vierarmige randomisierte Studie fand keinen Unterschied zwischen Akupunktur, Scheinakupunktur, Amitriptylin und Placebo, allerdings bei HIVinduzierter Neuropathie (Shlay et al. 1998). Inzwischen liegt auch eine positive Fallserie für Akupunktur bei Zytostatika-induzierten Polyneuropathien vor (Wong et al. 2006).
Zusammenfassende Bewertung
Zusammenfassende Bewertung
Es gibt wenige Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten für Therapie-bedingte Schleimhautstörungen. Zu Eiswürfeln und Allopurinol bei 5-FU sowie Kaltwasser-Mundspülungen bei Cytarabin liegen gute klinische Daten vor. Weitere Behandlungsmöglichkeiten sind Akupunktur, Vitamin-E-Salben, Honig und Traumeel-Lösungen bei allerdings noch unzureichender Studienlage.
Die Supplementation von Vitamin E kann präventiv und therapeutisch bei Zytostatika-induzierten Polyneuropathien eingesetzt werden. Auch für Akupunktur und Capsaicin-Salben liegen erste Daten vor, allerdings stammen die Daten aus Polyneuropathien anderer Genese.
15.11.5 Vasomotorische Symptome 15.11.4 Chemotherapie-induzierte
Polyneuropathie Polyneuropathien (PNP) sind eine häufige Nebenwirkung von Chemotherapien. Sie kommen in 20–40% der Fälle vor, besonders bei Behandlung mit Platin- oder Taxanpräparaten. Eine effektive pharmakologische Strategie in der Prävention und Behandlung besteht nicht (Visovsky et al. 2007). Ein möglicher Therapieansatz ist die Supplementation von Vitamin E. Es wurden niedrige Spiegel von Vitamin E bei Patienten mit cisplatininduzierter PNP gefunden (Siswanto et al. 2006). Eine Pilotstudie zur Supplementation wurde von Bove et al. (2001) veröffentlich. Inzwischen liegt auch eine randomisierte kontrollierte Studie bei Tumorpatienten unter cisplatinhaltiger Chemotherapie vor, die eine Reduktion der Neurotoxizität von 85 auf 30% unter 300 mg Vitamin E oral täglich zeigen konnte (bis 3 Monate nach Beendigung der Chemotherapie). Im Mausmodell wurde keine Beeinträchtigung der Wirksamkeit einer Chemotherapie durch Vitamin-E-Gaben gesehen (Pace et al. 2003). Zwei kleinere randomisierte kontrollierte Untersuchungen mit 600 mg Vitamin E (ohne Placebo) konnten ebenfalls signifikant die Cisplatin- bzw. Paclitaxel-induzierten Polyneuropathien reduzieren (Argyriou et al. 2006a/b). Aktuell läuft eine weitere Studie der Arbeitsgruppe um Pace. Für weitere komplementäre Verfahren wie Akupunktur (Phillips et al. 2004; Wong et al. 2006) oder Capsaicin-Salbe, einem Cheyennepfeffer-Extrakt (Donofrio et al. 1991; Biesbroeck et al. 1995), gibt es bisher nur Fallserien bzw. Studien bei diabetischer oder viraler
Vasomotorische Symptome wie Hitzewallungen und starkes Schwitzen sind eine häufige Nebenwirkung der antiandrogenen Therapie beim Prostatakarzinom. Für perimenopausale Hitzewallungen und entsprechende Beschwerden beim Mammakarzinom gibt es inzwischen eine gewisse Evidenz für die Wirksamkeit von Akupunktur (Deng et al. 2007; Frisk et al. 2008). Zwei kleine unkontrollierte Studien bei Prostatakarzinompatienten unter Hormontherapie geben den Hinweis, dass einmal wöchentliche Akupunktur auch noch mehrere Wochen nach Beendigung der Behandlung zu einer signifikanten Reduktion der Beschwerden und zu einer Verbesserung der Lebensqualität führen kann (Hayes et al. 2005; Capodice et al. 2008). Dabei scheinen traditionelle chinesische und Elektrostimulations-Akupunktur gleich wirksam zu sein. Es wurden sogar über 9 Monate anhaltende Effekte nach einer 12-wöchigen Behandlungsphase gefunden (Frisk et al. 2008). In einer größeren unkontrollierten Studie mit Mamma- und Prostatakarzinompatienten (n=194) unter Hormontherapie konnte mit 6 wöchentlichen Akupunktursitzungen in 79% der Fälle eine mindestens 50%ige Verbesserung der Beschwerden erzielt werden (Filshie et al. 2006). Hierbei wurde den Patienten zudem die Selbstakupunktur am Punkt Milz 6 gezeigt, wobei die Wirksamkeit bei einigen Probanden bis zu 6 Jahre nachverfolgt werden konnte. Weiterhin wurde bei Mammakarzinompatientinnen unter Hormontherapie in einer randomisierten kontrollierten Studie eine Reduktion der Beschwerden während einer Interventionsgruppe, in der Entspannungsverfahren geübt wurden, gefunden (Fenlon et al. 2008). Eine
15
252
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
vergleichende randomisierte kontrollierte Studie beobachtete eine durchschnittlich 50%-ige Reduktion der Vasomotor-Symptome bei Mammakarzinompatientinnen, die entweder Entspannungsverfahren erlernten oder Akupunktur erhielten (Nedstrand et al. 2006). In zwei vergleichenden Untersuchungen derselben Arbeitsgruppe bewirkten Elektrostimulationsakupunktur eine mehr als 50%ige, Entspannungstechniken eine 70%ige und eine Östradiol-Medikation eine 90%-ige Symptomreduktion bei postmenopausalen Frauen mit Hitzewallungen. Allerdings setze die Wirkung in der Östradiol-Gruppe deutlich früher ein (Wyon et al. 2004; Nedstrand et al. 2005). Ob die Ergebnisse bei postmenopausalen Frauen bzw. Patientinnen unter Hormontherapie im Rahmen einer Mammakarzinombehandlung auf Patienten mit Prostatakrebs übertragbar sind, bleibt aufgrund unzureichender Studienlage unklar. Allerdings bietet sich die Möglichkeit, Patienten, die zur Anwendung von alternativen Verfahren bzw. Selbsthilfestrategien motiviert sind, entsprechende Empfehlungen zu geben.
Reduktion der Harntraktsymptomatik erreicht (Preuss et al. 2001). Drei Cochrane-Metaanalysen (Wilt et al. 2000, 2002) fanden bei BPH eine moderate Wirksamkeit des Pollen-Extrakts Cernilton und eines Extrakts aus dem Afrikanischen Stinkholz (Pygeum africanum) bei allerdings insgesamt limitierter Studienqualität sowie eine mit Finasterid vergleichbare Wirksamkeit von Sägepalmenextrakten (Serenoa repens). Studien mit Phytotherapeutika bei Karzinompatienten sind aktuell nicht zu finden. In einer kleinen randomisierten kontrollierten Studie bei BPH-Patienten konnte mittels Akupunktur auf dem Nieren-Blasen-Meridian keine Reduktion der PSAWerte bzw. der urogenitalen Beschwerden erreicht werden (Johnstone et al. 2003). Zusammenfassende Bewertung Aktuell gibt es keine evaluierten Verfahren bei urogenitalen Symptomen nach einer konventionellen Therapie des Prostatakarzinoms. Bei Blasenentleerungsstörungen kann eine der BPH vergleichbare phytotherapeutische Behandlung versucht werden.
Zusammenfassende Bewertung Akupunktur, Akupressur und Entspannungstechniken können bei vasomotorischen Beschwerden im Rahmen einer Hormontherapie hilfreich sein. Es fehlen aber größere randomisierte kontrollierte Studien, die die Wirksamkeit für Prostatakrebspatienten bestätigen.
15.11.6 Urogenitaler Beschwerdekomplex
15
Nach der Behandlung des Prostatakarzinoms klagen die Betroffenen häufig über langfristige urogenitale Beschwerden. Nach radikaler Prostatektomie sind es vor allem sexuelle Funktionsstörungen und Kontinenzprobleme, nach dreidimensionaler Bestrahlung Darmfunktionsstörungen und nach Brachytherapie Reizerscheinungen im Urogenitaltrakt und Störungen der Sexualfunktion (Frank et al. 2007; Ferrer et al. 2008). Bislang fehlen diesbezüglich evaluierte Behandlungsstrategien. Auch in der komplementären Medizin finden sich kaum Studien zu diesem Thema. Im Bereich der Phytotherapie wurde durch Cranberry-Saft keine Linderung der Beschwerden erzielt, die durch eine Radiatio im Urogenitaltrakt ausgelöst wurden (Campbell et al. 2003). Bei der benignen Prostatahyperplasie (BPH) wurde in einer randomisierten kontrollierten Studie an 134 Probanden durch Einnahme eines phytotherapeutischen Kombinationspräparats aus Cernitin, Sägepalme, β-Sitosterol und Vitamin E eine
15.11.7 Depression, Angst und Erschöpfung
Depression, Angst und Erschöpfung sind häufige Nebenwirkungen einer Tumorerkrankung oder deren Behandlung. Akute Erschöpfungszustände treten in 30–98% der Patienten unter Strahlen- oder Chemotherapie auf (Vogelzang et al. 1997). Für die Hormontherapie beim Prostatakarzinom wurde ein vermehrtes Auftreten von anhaltenden Erschöpfungsreaktionen berichtet (Pirl et al. 2008). Nach Beendigung der onkologischen Therapie bestehen noch bei bis zu 20% der Patienten zum Teil erhebliche Einbußen der Leistungsfähigkeit (NCCN 2007). Fatigue-Syndrom. Gemäß den Diagnosekriterien kann oft ein Fatigue-Syndrom (»cancer-related fatigue«) diagnostiziert werden. Diagnostik- und Behandlungsmöglichkeiten sind bei Hausärzten, Internisten und Onkologen leider wenig bekannt (Stone et al. 2000). In der ICD10-Klassifikation werden 11 Diagnosekriterien für das Fatigue-Syndrom aufgezählt ( Kap. 8). Genannt werden Symptome wie ausgeprägte Müdigkeit und Schwäche, vor allem nach körperlicher Betätigung, sowie unzureichende Erholung im Schlaf und ausgeprägte emotionale Reaktionen. Im Rahmen der Diagnostik müssen zunächst behandelbare Ursachen einer Fatigue wie z. B. Anämie, Stoffwechselstörung, Mangelernährung oder Depression ausgeschlossen werden.
253 15.12 · Zusammenfassung
Inzwischen finden sich einige Studien, die Behandlungsmöglichkeiten für das Fatigue-Syndrom bei Krebserkrankten evaluiert haben. Verschiedene Untersuchungen zeigen eine Reduktion der Fatigue-Symptomatik mittels eines moderaten Ausdauertrainings (Mock et al. 1997 und 2005; Schwartz et al. 2001; Dimeo et al. 2008). Speziell bei Prostatakarzinompatienten wurde in einer kleinen randomisierten kontrollierten Studie ein protektiver Effekt einer 8-wöchigen Trainingstherapie (dreimal wöchentlich) begleitend zur laufenden Radiatio gefunden (Monga et al. 2007). In der randomisierten kontrollierten Untersuchung an 66 Prostatakrebspatienten unter Strahlentherapie konnte mittels eines moderaten Heimtraining im Vergleich zur Kontrolle eine Verminderung der Fatigue-Symptomatik sowie eine Verbesserung der Gehstrecke erzielt werden (Windsor et al. 2004). Als weitere Therapieansätze bei einer Tumor-assoziierten Fatigue wurden relaxierende Atemtechniken (Kim et al. 2005), psychoedukative Maßnahmen (Fawzy et al. 1990), verhaltenstherapeutische Interventionen (Given et al. 2002; Armes et al. 2007; Gielissen et al. 2007) und ein sog. »Energie-Konservierungsprogramm« (Barsevick et al. 2004) evaluiert. Desweiteren gibt es für die »mindfulness-based stress-reduction« (MBSR) zwei kleinere Studien, die einen positiven Effekt vorweisen können (Spahn et al. 2003; Carlson et al. 2005). Für andere multimodale Programme liegen ebenfalls Daten vor, die einen signifikanten Effekt in der Therapie des Fatigue-Syndroms fanden (Dimeo et al. 2004; Andersen et al. 2006). Ferner liegen inzwischen Daten vor, die die Wirksamkeit von Akupunktur beim Tumor-assoziierten Fatigue-Syndrom darstellen. Nach 6–8 Akupunktursitzungen konnte eine durchschnittlich 30%ige Beschwerdereduktion bei 37 Patienten mit schwerer Fatigue erreicht werden (Vickers et al. 2004). Molassiotis et al. (2007) zeigten in einer dreiarmigen randomisierten Studie, dass Verum-Akupunktur bezüglich der Symptomlinderung signifikant bessere Ergebnisse aufweist als Akupressur oder Schein-Akupunktur.
et al. (2008) aus Australien in 6-jähriger klinischer Erfahrung und in eigenen Untersuchungen eine deutliche Beschwerdereduktion durch regelmäßiges Ausdauertraining während und nach der konventionellen Therapie beobachten. Mittels Achtsamkeits-basierter Interventionen (»mindfulness-based stress reduction«; MBSR), die unter anderem Anleitungen zur Meditation und Yoga-Übungen beinhalten, konnten bei Krebspatienten Stimmungsschwankungen mit Depressionen und Angst signifikant reduziert werden (Carlson et al. 2001 und 2003). Die Studie aus dem Jahr 2003 schloss auch speziell Prostatakarzinompatienten ein. In einer weiteren unkontrollierten Studie konnte neben Stimmungsschwankungen auch Schlafstörung und Erschöpfung signifikant gesenkt werden (Carlson et al. 2005). In Nachuntersuchungen wurde auch noch nach 12 Monaten eine Reduktion der Kortisol-Spiegel, der proinflammatorischen Zytokine und des Blutdrucks beobachtet (Carlson et al. 2007). Bei Patientinnen mit Mammakarzinom konnten mittels subkutaner Misteltherapie Tumor- und Therapiebedingte Nebenwirkungen wie Erschöpfung und Stimmungsschwankungen reduziert und die Lebensqualität verbessert werden ( Kap. 15.4.1). Für uroonkologische Erkrankungen liegen keine derartigen Untersuchungen vor. Bei therapierefraktären Beschwerden kann eine Misteltherapie mit dem Patienten besprochen werden.
Depression und Angst. Bei Depression und Angst liegt inzwischen – zumindest für ansonsten gesunde Probanden – eine gute Evidenz für aerobes Ausdauertraining in der Prävention und Therapie vor (Martinsen 2008; Ströhle 2008). In einer Cochrane-Metaanalyse wurde eine signifikante Verbesserung der depressiven Symptomatik gefunden. Allerdings wurden hier auch weniger robuste Studien berücksichtigt (Mead et al. 2008). Bezüglich der Behandlung von Stimmungsschwankungen, Angstreaktionen und therapiebedingten Nebenwirkungen bei Prostatakarzinompatienten konnte die Gruppe um Newton
In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass vor allem Lebensstilmodifikationen im Bereich Ernährung und Bewegung zur Prophylaxe vor und zur Sekundärbzw. Tertiärprävention bei Tumorerkrankungen sinnvoll sind. Leider halten sich laut einer Untersuchung der American Cancer Society nur 5% der Krebspatienten an die drei Verhaltensweisen mit der höchstens Evidenz: körperliche Aktivität, pflanzenreiche Kost sowie Nikotinkarenz. Dabei kann gerade mit diesen Maßnahmen zumindest eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität, wahrscheinlich aber auch der Rezidivrate beim Pro-
Zusammenfassende Bewertung Wichtige Behandlungsmöglichkeiten von Fatigue, Depression und Angst sind Verhaltenstherapie, moderates Ausdauertraining sowie Strategien aus der Mind-Body-Medizin wie Entspannungsverfahren, Yoga und Achtsamkeitsmeditation (MBSR). Weiterhin gibt es Hinweise für die Wirksamkeit von Akupunktur und Misteltherapie.
15.12
Zusammenfassung
15
254
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Tab. 15.2. Evidenz und Plausibilität komplementärer Verfahren in der Uroonkologie Prävention
Therapie/Tertiärprävention
Therapie von Begleitsymptomen
Ernährungstherapie
Ia
IIb
Ia
− Lycopen (Nahrung)
III
Ib
–
− Vitamin E (Nahrung)
Ib
tt
–
− Selen (Nahrung) − Selen (Supplement)
tt Keine Empfehlung
tt IIa
– –
− Soja-Produkte
III
Ib
–
Mind-Body-Medizin
Ib
tt
Ib
− Ausdauertraining
III
Ib
Ib
− Entspannungsverfahren
–
t
Ib*
− Achtsamkeit (MBSR)
t
Ib
Ib
Mistel
–
III*
Ia*
Thymus
–
t
t
Leber-Milz-Extrakt
–
t
Ib
Enzyme
–
III*
IIb*
Homöopathie
–
–
t
Neuraltherapie
–
–
IV
Akupunktur
–
–
Ia*
Evidenzgrade nach den Kriterien der AHCPR 1992. Für einige Verfahren bestehen keine Untersuchungen der entsprechenden Qualität. Nach &JOTDIÊU[VOHEFS"VUPSFOFYJTUJFSUBCFSFJOFNJUUMFSF t CJTIPIF tt XJTTFOTDIBGUMJDIF1MBVTJCJMJUÊU – Keine Indikation * Bei soliden Tumoren (nicht speziell in der Uroonkologie untersucht)
15
stata- und Blasenkarzinom erreicht werden (Blanchard et al. 2008). Deshalb sollten die behandelnden Ärzte jedem Tumorpatienten zumindest diese Lebensstilveränderungen nahelegen und gegebenenfalls strukturierte Programme oder einzelne Kursangebote anbieten. Weiterhin können auch bei uroonkologischen Patienten Behandlungen der Mind-Body-Medizin, z. B. Entspannungstechniken und Achtsamkeits-basierte Stressreduktionsverfahren (MBSR), in der Sekundär- und Tertiärprävention hilfreich sein. Ferner gibt es verschiedene komplementäre Behandlungsstrategien für häufige Beschwerden von Tumorpatienten, z. B. Nausea, Schmerzen, Fatigue-Syndrom und vasomotorische Symptome. Die Tab. 15.2 soll eine Übersicht über Plausibilität und – wo vorhanden – Evidenzgrad (nach den Kriterien der Agency of Health Care Policy and Research [AHCPR] 1992) der dargestellten Therapieverfahren ermöglichen.
Literatur Literatur zu Kap. 15.1 Allensbach Umfrage 7016: Naturheilmittel 2002. Insititut für Demoskopie Allensbach, Januar 2002 Allensbach Umfrage: »Integrative Medizin und Traditionelle Chinesische Medizin – Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage zur Bekanntheit und Bedeutung«. Institut für Demoskopie Allensbach, August 2005 Eisenberg DM, Davis RB, Ettner SL et al. (1998) Trends in alternative medicine use in the United States, 1990–1997: results of a follow-up national survey. JAMA 280: 1569–1575 Fair W (1999) Back to the future – the role of complementary medicine in urology. J Urol 162: 411–420 Nam RK, Fleshner N, Rukovitch E et al. (1999) Prevalence and patterns of the use of complementary therapies among prostate cancer patients and epidemiological analysis. J Urol 161: 1521–1524 Spahn G, Harmaring A, Lüdtke R et al. (2003) Characteristics of german cancer patients using CAM: a survey in 441 cancer patients. FACT (8): 540 Yip I, Duran N (2001) The role of complementary medicine in the treatment of prostate cancer. Current Urol Rep 2: 231–236
255 Literatur
Literatur zu Kap. 15.2 Ahmed S, Johnson CS, Rueger RM, Trump DL (2002) Calcitriol (1,25dihydroxycholecalciferol) potentiates activitiy of mitoxantrone/ dexamethasone in an androgen independent prostate cancer model. J Urol 168: 756–761 Ahn J, Peters U, Albanes D et al. (2008) Serum vitamin D concentration and prostate cancer risk: a nested case-control study. J Natl Cancer Inst 100(11): 796–804 Alkhenizan A, Hafez K (2007) The role of vitamin E in the prevention of cancer: a meta-analysis of randomized controlled trials. Ann Saudi Med 27(6): 409–1 Allen NE, Key TJ, González CA, Khaw KT, Riboli E et al. (2008) Animal foods, protein, calcium and prostate cancer risk: the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition. Br J Cancer 98 (9): 1574–81 Ambrosini GL, de Klerk NH, Fritschi L et al. (2008) Fruit, vegetable, vitamin A intakes, and prostate cancer risk. Prostate Cancer Prostatic Dis 11(1): 61–6 Andersson SO, Wolk A, Bergstrom R et al. (1997) Body size and prostate cancer: a 20-year follow-up study among 135006 Swedish construction workers. J Natl Cancer Inst 89: 385–9 Attia S, Eickhoff J, Wilding G et al. (2008) Randomized, double-blinded phase II evaluation of docetaxel with or without doxercalciferol in patients with metastatic, androgen-independent prostate cancer. Clin Cancer Res 14(8): 2437–43 Augustsson K, Michaud DS, Rimm EB et al. (2003) A prospective study of intake of fish and marine fatty acids and prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 12: 64–7 Bae et al. (2008) Citrus fruits intake and prostate cancer risk: a quantitative systematic review. J Prev Med Pub Health 41(3): 159–64 Bagnardi V, Blangiardo M, La Vecchia C et al. (2001) A meta-analysis of alcohol drinking and cancer risk. Br J Cancer 85: 1700–1705 Berkow SE, Barnard ND, Saxe GA, Ankerberg-Nobis T (2007) Diet and survival after prostate cancer diagnosis. Nutr Rev 65(9): 391–403 Berndt SI, Carter BH, Landis PD et al. (2005) Prediagnostic plasma vitamin C levels and the subsequent risk of prostate cancer. Nutrition 21: 686–690 Block, G (1991) Vitamin C and cancer prevention: the epidemiologic evidence. Am J Clin Nutr 53 (1 Suppl): 270S–282S Boileau TW, Liao Z, Kim S et al. (2003) Prostate carcinogenesis in N-methyl-N-nitrosourea (NMU)-testosterone-treated rats fed tomato powder, lycopene, or energy-restricted diets. J Natl Cancer Inst 95(21): 1578–86 Boon H, Westlake K, Stewart M, Gray R, Fleshner N, Gavin A et al. (2003) Use of complementary/alternative medicine by men diagnosed with prostate cancer: prevalence and characteristics. Urology 62: 849–53 Borad MJ, Swift R et al. (2005) Efficacy of melphalan, arsenic trioxide, and ascorbic acid combination therapy (MAC) in relapsed and refractory multiple myeloma. Leukemia 19(1): 154–6 Bradbury BD, Wilk JB, Kaye JA (2005) Obesity and the risk of prostate cancer (United States). Cancer Causes Control 16: 637–41 Brinkman M, Buntinx F, Zeegers MP (2006) Use of selenium in chemoprevention of bladder cancer. Lancet Oncology 7 (9)766–774 Brooks JD, Metter, EJ, Chan DW et al. (2001) Plasma Selenium level before diagnosis and the risk of prostate cancer development. J Urol 166: 2034–2038 Caffrey PB, Renkel GD (1992) Selenite cytotoxicity in drug resistant and nonresistant human ovarian tumor cells. Cancer Res 52: 4812–4816 Cameron E (1991) Protocol for the use of vitamin C in the treatment of cancer. Med Hypotheses 36(3): 190–4
Cameron E, Pauling l (1978) Experimental studies designed to evaluate the management of patients with incurable cancer. Proc Natl Acad Sci USA 75(12): 6252 Cathcart RF (1981) Vitamin C, titrating to bowel tolerance, anascorbemia and acute induced scurvy. Medical Hypotheses 7: 1359–76 Chan JM, Holick CN, Leitzmann MF et al. (2006) Diet after diagnosis and the risk of prostate cancer progression, recurrence, and death (United States). Cancer Causes Control 17(2): 199–208 Chang-Claude J, Frentzel-Beyme R, Eilber U (1992) Mortality pattern of German vegetarians after 11 years follow-up. Epidemiology 3: 395–401 Chen TC (2008) 25-Hydroxyvitamin D-1 alpha-hydroxylase (CYP27B1) is a new class of tumor suppressor in the prostate. Anticancer Res 28(4A): 2015–7 Chen TC, Schwartz GG, Holick MF et al. (2000) The in vitro evaluation of 25-hydroxyvitamin D3 and 19-nor-1alpha,25-dihydroxyvitamin D2 as therapeutic agents for prostate cancer. Clin Cancer Res 6(3): 901–908 Chen L, Stacewicz-Sapuntzakis M, Duncan C et al. (2001) Oxidative DNA damage in prostate cancer patients consuming tomato sauce-based entrees as a whole-food intervention. J Natl Cancer Inst 93: 1872–1879 Chen TC, Wang L, Whitlatch LW et al. (2003) Prostatic 25-hydroxyvitamin D-1alphahydroxylase and its implication in prostate cancer. J Cell Biochem 88: 315–322 Chen Q, Espey MG, Levine M et al. (2005) Pharmacologic ascorbic acid concentrations selectively kill cancer cells: Action as a pro-drug to deliver hydrogen peroxide to tissue. Proc Natl Acad Sci USA 102: 13604–9 Chen Q, Espey MG, Levine M et al. (2008) Pharmacologic doses of ascorbate act as a prooxidant and decrease growth of aggressive tumor xenografts in mice. Proc Natl Acad Sci USA 105 (32): 11105–9 Clark LC, Combs GF, Turnbull BW, et al. (1996) Effects of selenium supplementation for cancer prevention in patients with carcinoma of the skin. A randomized controlled trial. Nutritional Prevention of Cancer Study Group. JAMA 276: 1957 Clinton SK, Emenhiser C, Schwartz SJ et al. (1996) Cis-trans lycopene isomers, carotenoids, and retinol in the human prostate. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 5(10): 823–33 Colli et al. (2006) International comparisons of prostate cancer mortality rates with dietary practices and sunlight levels. Urol Oncol 24(3): 184–94 Corcoran NM, Najdovska M, Costello AJ (2004) Inorganic selenium retards progression of experimental hormone refractory prostate ancer. J Urol 171: 907–910 Corder EH, Guess HA, Hulka BS et al. (1993) Vitamin D and prostate cancer: A prediagnostic study with stored sera. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2: 467–472 Costello LC, Franklin RB (1998) Novel role of zinc in the regulation of prostate citrate metabolism and ist implications in prostate cancer. Prostate 35: 285–296 Cross AJ, Peters U, Kirsh VA et al. (2005) A prospective study of meat and meat mutagens and prostate cancer risk. Cancer Res 65(24): 11779–84 Dewailly E, Mulvad G, Sloth Pedersen H et al. (2003) Inuit are protected against prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 12: 926–7 DGE (2000) Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Umschau/Braus, S. 139 Donaldson (2004) Nutrition and cancer: a review of the evidence for an anti-cancer diet. Nutr J 3: 19
15
256
15
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Dong Y, Lee, SO, Zhang H et al. (2004) Prostate Specific Antigen Expression is Down-Regulated by Selenium through Disruption of Androgen Receptor Signaling. Canc Res 64: 19–22 Du WD, Yuan ZR et al. (2003) Therapeutic efficacy of high-dose vitamin C on acute pancreatitis and its potential mechanism. World J Gastroenterol 9(11): 2565–9 Edinger MS, Koff WJ (2006) Effect of the consumption of tomato paste on plasma prostate-specific antigen levels in patients with benign prostate hyperplasia. Braz J Med Biol Res 39(8): 1115–9 Eichholzer M (2000) Ernährung und Krebs. Ther Umschau 57 (3): 146–151 Fain O, Mathieu E, Thomas M (1998) Scurvy in patients with cancer. BMJ 316(7145): 1661–2 Fay MP, Freedman LS, Clifford CK, Midthune DN (1997) Effect of different types and amounts of fat on the development of mammary tumors in rodents: a review. Cancer Res 57: 3979–88 Fleischhauer AT, Arab L (2001) Garlic and cancer: A critical review of the epidemiologic literature. J Nutr 131: 1032–1040 Fleshner NE (2002) Vitamin E and prostate cancer. Urol Clin North Am 29: 107–13 Freedman LS, Clifford C, Messina M (1990) Analysis of dietary fat, calories, body weight, and the development of mammary tumors in rats and mice: a review. Cancer Res 50: 5710–9 Fujioka t, Hasegawa M, Ishikura K et al. (1998) Inhibiton of tumor growth and angiogenesis by vitamin D3 agents in murine renal cell carcinoma. J Urol 160: 247–251 Gao X, LaValley MP, Tucker KL (2005) Prospective studies of dairy product and calcium intakes and prostate cancer risk: a metaanalysis. J Natl Cancer Inst 97 (23): 1768–77 Garland M, Morris JS, Stampfer MJ et al. (1995) Prospective study of toenail selenium levels and cancer among women. J Natl Cancer Inst 87: 497–505 Gianduzzo TR, Holmes EG, Tinggi U et al. (2003) Prostatic and peripheral blood selenium levels after oral supplementation. J Urol 170: 870–873 Giovannucci E (1999) Tomatoes, tomato-based products, lycopene, and cancer: review of the epidemiologic literature. J Natl Cancer Inst. 91(4): 317–31 Giovannucci E (2005) The epidemiology of vitamin D and cancer incidence and mortality: A review (United States). Cancer Causes Control 16(2): 83–95 Giovannucci E, Rimm EB, Liu Y et al. (2003) A prospective study of cruciferous vegetables and prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 12 (12): 1403–1409 Gonzalez CA (2006) The European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC). Public Health Nutr 9(1A): 124–6 Goodman GE, Schaffer S, Omenn GS et al. (2003) The association between lung and prostate cancer risk, and serum micronutrients. Results and Lessons Learned from ß-Carotene and Retinol Efficacy Trial. Cancer Epidemio Biomarkers Prev 12(6): 518–526 Gosh J (2004) Rapid induction of apoptosis in prostate cancer cells by selenium: reversal by metabolites of arachidonate 5-lipoxygenase. Biochem Biophy Res Com 315: 624–635 Grainger EM, Schwartz SJ, Wang S et al. (2008) A combination of tomato and soy products for men with recurring prostate cancer and rising prostate specific antigen. Nutr Cancer 60(2): 145–54 Grant WB (2002) An estimate of premature cancer mortality in the US due to inadequate radiation of solar ultraviolet-B radiation. Cancer 94: 1867–1875 Hall AK (1996) Liarozole amplifies retinoid-induced apoptosis in human prostate cancer cells. Anticancer Drugs 7(3)312–20
Hanchette CL, Schwartz GG (1992) Geographic patterns of prostate cancer mortality. Cancer 70: 2861–2869 Heinonen OP, Albanes D, Virtamo J et al. (1998) Prostate cancer and supplementation with alpha-tocopherol and beta-carotene: incidence and mortality in a controlled trial. J Natl Cancer Inst 90: 440–446 Hennekens CH, Buring JE, Manson JE et al. (1996) Lack of effect of long-term supplementation with beta carotene on the incidence of malignant neoplasms and cardiovascular disease. N Engl J Med 334(18): 1145–1149 Hercberg S, Galan P, Preziosi P et al. (2004) The SU.VI.MAX Study: a randomized, placebo-controlled trial of the health effects of antioxidnt vitamins and minerals. Arch Intern Med 164: 2335–2342 Hershberger PA, Yu WD, Medzelewski RA et al. (2001) Calcitriol (1,25dihydroxycholecalciferol) enhances paclitaxel antitumor activity in vitro and in vivo and accerlaters paclitaxel-induced apoptosis. Clin Cancer Res 7: 1043–1051 Hirayama T (1985) A large scale cohort study on cancer risks by diet – with special reference to the risk reducing effects of green-yellow vegetable consumption. Princess Takamatsu Symp 116: 41–53 Hoffer LJ, Levine M, Assouline S, Miller WH et al. (2008) Phase I clinical trial of i.v. ascorbic acid in advanced malignancy. Ann Oncol 19(11): 1969–74 Holick CN, De Vivo I, Giovannucci E et al. (2005) Intake of fruits and vegetables, carotenoids, folate, and vitamins A, C, E and risk of bladder cancer among women (United States). Cancer Causes Control 16(10): 1135–45 Holick CN, Giovannucci EL, Stampfer MJ, Michaud DS (2007) Prospective study of body mass index, height, physical activity and incidence of bladder cancer in US men and women. Int J Cancer 120(1): 140–6 Hu J, Straub J, Xiao D et al. (2007) Phenethyl isothiocyanate, a cancer chemopreventive constituent of cruciferous vegetables, inhibits cap-dependent translation by regulating the level and phosphorylation of 4E-BP1. Cancer Res 67(8): 3569–3573 Iso H, Kubota Y (2007) Nutrition and disease in the Japan Collaborative Cohort Study for Evaluation of Cancer (JACC). Asian Pac J Cancer Prev 8 Suppl: 35–80 Itsiopoulos C, Hodge A, Kaimakamis M (2008) Can the Mediterranean diet prevent prostate cancer? Mol Nutr Food Res [Epub ahead of print] Jamison JM, Gilloteaux J, Taper HS et al. (2001) Evaluation of the in vitro and in vivo antitumor activities of vitamin C and K-3 combinations against human prostate cancer. J Nutr 131(1): 158S–160S Jian L, Xie LP, Lee AH, Binns CW (2004) Protective effect of green tea against prostate cancer: a case-control study in southeast China Int J Cancer 108(1): 130–5 Kassouf W, Highshaw R, Nelkin GM et al. (2006) K3 sensitize human urothelial tumors to gemcitabine. J Urol 176: 1642–1647 Kellen E, Zeegers M, Paulussen A et al. (2006) Fruit consumption reduces the effect of smoking on bladder cancer risk. The Belgian case control study on bladder cancer. Int J Cancer 118(10): 2572–8 Kennedy DD, Tucker KL et al. (2004) Low antioxidant vitamin intakes are associated with increases in adverse effects of chemotherapy in children with acute lymphoblastic leukemia. Am J Clin Nutr 79: 1029–36 Kesse E, Bertrais S, Hercberg S et al. (2006) Dairy products, calcium and phosphorus intake, and the risk of prostate cancer: results of the French prospective SU.VI.MAX (Supplémentation en Vitamines et Minéraux Antioxydants) study. Br J Nutr 95(3): 539–45 Key TJ, Appleby PN, Allen NE, Riboli E et al. (2007) Plasma carotenoids, retinol, and tocopherols and the risk of prostate cancer in the Eu-
257 Literatur
ropean Prospective Investigation into Cancer and Nutrition study. Am J Clin Nutr 86(3): 672–81 Khaw K, Bingham S, Luben R et al. (2001) Relation between plasma ascorbic acid and mortality in men and women in EPIC-Norfolk prospective study: a prospective population study. Euroean Prospective Investigation into Cancer and Nutrition. Lancet 357(9257): 657–663 Kim DJ, Gallagher RP, Hislop TG et al. (2000) Premorbid diet in relation to survival from prostate cancer (Canada). Cancer Causes Control 11: 65–77 Kirsh VA, Hayes RB, Mayne ST et al. (2006) Supplemental and dietary vitamin E, beta-carotene, and vitamin C intakes and prostate cancer risk. J Natl Cancer Inst 98(4): 245–54 Kirsh VA, Mayne ST, Peters U et al. (2006) A prospective study of lycopene and tomato product intake and risk of prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 15(1): 92–8 Klein E, Lippman S, Thompson I et al. (2003) The Selenium an Vitamin E Cancer Prevention Trial. World J Urol 21: 21–27 Klein EA, Thompson IM, Lippman SM et al. (2001) SELECT: the next prostate cancer prevention trial. Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial. Journal of Urology 166(4): 1311–5 Koerber K, Männle T, Leitzmann C (2004) Vollwert-Ernährung, 10. Auflage, Haug-Verlag, Stuttgart Kokron O, Alth G, Cerni C et al. (1982) Ergebnisse einer vergleichenden Therapiestudie beim inoperablen Bronchuskarzinom. Onkologie 5: 20–22 Kolonel LN (2001) Fat, meat and prostate cancer. Epidemiol Rev 23: 72–81 Koutros S, Cross AJ, Sandler DP et al. (2008) Meat and meat mutagens and risk of prostate cancer in the Agricultural Health Study. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 17(1): 80–7 Kranse R, Dagnelie PC, Schröder FH et al. (2005) Dietary intervention in prostate cancer patients: PSA response in a randomized doubleblind placebo-controlled study. Int J Cancer 113(5): 835–40 Kucuk O, Sarkar F, Sakr W et al. (2001) Phase II randomized clinical trial of lycopene supplementation before radical prostatectomy. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 10: 861–868 Kurahashi et al. (2008) Green tea consumption and prostate cancer risk in Japanese men: a prospective study. Am J Epidemiol 167(1): 71–7 Kurbacher CM, Wagner U et al. (1996) Ascorbic acid (vitamin C) improves the antineoplastic activity of doxorubicin, cisplatin, and paclitaxel in human breast carcinoma cells in vitro. Cancer Lett 103(2): 183–9 Lawson KA, Wright ME, Leitzmann MF et al. (2007) Multivitamin use and risk of prostate cancer in the National Institutes of HealthAARP Diet and Health Study. J Natl Cancer Inst. 99(10): 754–64 Leitzmann C (1995) Ernährung und Krebs. In: Wrba (Hrsg) Kombinierte Tumortherapie. Hippokrates, Stuttgart Leitzmann C, Müller C, Michel P et al. (2003) Ernährung in Prävention und Therapie, 2. Auflage. Hippokrates, Stuttgart Leitzmann MF, Stampfer MJ, Wu K et al. (2003) Zinc supplement use and risk of prostate cancer. J Natl Cancer Inst 95: 1004–7 Levine M, Rumsey SC et al. (1999) Criteria and recommendations for vitamin C intake. JAMA 281 (15): 1415–23 Levy J, Bosin D, Feldman B et al. (1995) Lycopene is a more potent inhibitor of human cancer cell proliferation than either alphacarotene or beta-carotene. Nutr Cancer 24(3): 257–66 Liu G, Wilding G, Staab MJ et al. (2003). Phase II study of 1alphahydroxyvitamin D(2) in the treatment of advanced androgenindependent prostate cancer. Clin Cancer Res 9(11): 4077–83 Lokeshwar BL, Schwartz GG, Selzer MG et al. (1999) Inhibition of prostate cancer metastasis in vivo: a comparison of 1,25-dihyd-
roxyvitamin D (calcitriol) and EB 1089. Cancer Epidemiol Biomark Prev 8: 241–248 Mayland CR, Bennett MI, Allan K (2005) Vitamin C deficiency in cancer patients. Palliat Med 19(1): 17–20 Meyer F, Galan P, Hercberg S et al. (2005) Antioxidant vitamin and mineral supplementation and prostate cancer prevention in the SU.VI.MAX trial. Int J Cancer 116(2): 182–6 Meyer F. Bairati I, Shadmani R et al. (1999) Dietary fat and prostate cancer survival. Cancer Causes Control 10: 245–251 Michaud DS, Spiegelman D, Giovannucci E et al. (2000) Prospective study of dietary supplements, macronutrients, micronutrients, and risk of bladder cancer in US men. Am J Epidemiol 152: 1145–53 Michaud DS, Spiegelman D, Giovannucci EL et al. (1999) Fruit and vegetable intake and incidence of bladder cancer in a male prospective cohort. J Natl Cancer Inst 91(7): 605–13 Michaud DS, Virtamo J, Albanes D et al. (2002) Intakes of fruits and vegetables, carotenoids and vitamins A, E, C in relation to the risk of bladder cancer in the ATBC cohort study. Br J Cancer 87(9): 960–5 Miller ER, Pastor-Barriuso R, Dalal D et al. (2005) Meta-analysis: highdosage vitamin E supplementation may increase all-cause mortality. Ann Intern Med 142: 37–46 Moertel C, Fleming T et al. (1985) High-dose vitamin C versus placebo in the treatment of patients with advanced cancer who have had no prior chemotherapy. A randomized double-blind comparison. N Engl J Med 312(3): 137–141 Moyad, M (2003) The use of complementary/preventive medicine to prevent prostate cancer recurrence/progression following definitive therapy: Part I. Lifestyle changes. Curr Opin Urol 13(2): 137–145 Mühlhöfer A, Mrosek S, Biesalski HK et al. (2004) High-dose intravenous vitamin C is not associated with an increase of pro-oxidative biomarkers. Eur J Clin Nutr. 58(8): 1151–8 NCI (2008) Review of Prostate Cancer Prevention Study Shows No Benefit for Use of Selenium and Vitamin E Supplements. www.cancer. gov/newscenter/pressreleases/SELECTresults2008 (27.10.2008) Nelson PS, Montgomery B (2003) Unconventional therapy for prostate cancer: Good, Bad or questionable? Nature Rev 3: 845–858 Nesby-O`Dell S, Scanlon KS, Cogswell ME et al. (2002) Hypovitaminosis D prevalence and determinants among African American and white women of reproductive age: third National Health and Nutrition Examination Survey, 1988–1994. Am J Clin Nutr 76: 187–192 Nguyen JY, Major JM, Saxe GA et al. (2006) Adoption of a plant-based diet by patients with recurrent prostate cancer. Integr Cancer Ther 5(3): 214–23 Omenn GS, Goodman GE, Thromquist MD et al. (1996) Risk factors for lung cancer and for intervention effects in CARET, the BetaCarotene and Retinol Efficacy Trial. J Natl Cancer Inst 88(21): 1550–1559 Park SY, Murphy SP, Kolonel LN et al. (2008) Legume and isoflavone intake and prostate cancer risk: The Multiethnic Cohort Study. Int. J. Cancer 123: 927–932 Park SY, Murphy SP, Kolonel, LN et al. (2007) Fat and meat intake and prostate cancer risk: The Multiethnic Cohort Study. Int. J. Cancer 121: 1339–1345 Pascoe (2008) Die Vitamin C Hochdosis-Infusions-Therapie. Wissenschaftliche Broschüre. Firma Pascoe, Giessen, 3. Aufl. Peehl DM, Skowronski RJ, Leung GK et al. (1994) Antiproliferative effects of 1,25-dihydroxyvitamin D3 on primary cultures of human prostatic cells. Cancer Res 54: 805–810 Peters U, Foster CB, Chatterjee N et al. (2007) Serum selenium and risk of prostate cancer – a nested case-control study. Am J Clin Nutr 85(1): 209–17
15
258
15
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Peters U, Littman AJ, Kristal AR et al. (2008) Vitamin E and selenium supplementation and risk of prostate cancer in the Vitamins and lifestyle (VITAL) study cohort. Cancer Causes Control 19(1): 75–87 Prasad KN, Sinha PK et al. (1979) Sodium ascorbate potentiates the growth inhibitory effect of certain agents on neuroblastoma cells in culture. Proc Natl Acad Sci USA 76(2): 829–32 Radosavljević V, Janković S, Marinković J, Dokić M (2005) Diet and bladder cancer: a case-control study. Int Urol Nephrol 37(2): 283–9 Riordan HD, Casciari JJ, González MJ et al. (2005) A pilot clinical study of continuous intravenous ascorbate in terminal cancer patients. P R Health Sci J 24(4): 269–76 Riordan NH, Riordan HD, Meng X et al. (1995) Intravenous ascorbate as a tumor cytotoxic chemotherapeutic agent. Med Hypotheses. 44(3): 207–13 Ritch CR, Wan RL, Stephens LB et al. (2007) Dietary fatty acids correlate with prostate cancer biopsy grade and volume in Jamaican men. J Urol 177(1): 97–101 Rodriguez C, McCullough ML, Calle EE et al. (2006) Meat consumption among Black and White men and risk of prostate cancer in the Cancer Prevention Study II Nutrition Cohort. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 15(2): 211–6 Rohrmann S, Platz EA, Helzlsouer KJ et al. (2007) Meat and dairy consumption and subsequent risk of prostate cancer in a US cohort study. Cancer Causes Control 18(1): 41–50 Sabichi AL, Lee JJ, Taylor RJ et al. (2006) Selenium accumulation in prostate tissue during a randomized, controlled short-term trial of l-selenomethionine: a Southwest Oncology Group Study. Clin Cancer Res 12(7 Pt 1): 2178–84 Sakai A, Hirano T et al. (1999) Large-dose ascorbic acid administration suppresses the development of arthritis in adjuvant-infected rats. Arch Orthop Trauma Surg 199 (3–4): 121–6 Saxe G, Hebert J, Carmody J, Kabat-Zinn J et al. (2001) Can diet, in conjunction with stress reduction, affect the rate of increase in prostate-specific antigen after biochemical recurrence of prostate cancer? J. Urology 66: 2202–2207 Scheef W (1995) In: Wrba (Hrsg.) Kombinierte Tumortherapie, Hippokrates Verlag, Stuttgart Schröder FH, Roobol MJ, Boevé ER et al. (2005) Randomized, doubleblind, placebo-controlled crossover study in men with prostate cancer and rising PSA: effectiveness of a dietary supplement. Eur Urol. 48(6): 922–30 Schumacher K (2000) Therapie maligner Tumoren. Schattauer, Stuttgart Schwartz GG, Hulka BS (1990) Is vitamin D deficiency a risk factor for prostate cancer? Anticancer Res 10: 1307–1312 Schwartz GG, Oeler TA, Uskokovic MR, Bahnson RR (1994) Human prostate cancer cell lines: inhibition of proliferation by vitamin D analogs. Anticancer Res 14: 1077–1081; Cancer Causes Control 16: 83–95 Schwartz GG, Wang MH, Zhang M et al. (1997) 1α,25-Dihydroxyvitamin D (calcitriol) inhibits the invasiveness of human prostate cancer cells. Cancer Epidemiol. Biomark. Prev 6: 727–732 Schwarz S, Obermüller-Jevic UC, Hellmis E et al. (2008) Lycopene inhibits disease progression in patients with benign prostate hyperplasia. J Nutr 138(1): 49–53 Sherman DL, Keaney JF et al. (2000) Pharmacological concentrations of ascorbic cid are required for the beneficial effect on endothelial vasomotor function in hypertension. Hypertension 35 (4): 936–41 Spaccarotella KJ, Kris-Etherton PM, Stone WL et al. (2008) The effect of walnut intake on factors related to prostate and vascular health in older men. Nutr J 7: 13
Stamatiou K, Delakas D, Sofras F (2007) Mediterranean diet, monounsaturated: saturated fat ratio and low prostate cancer risk. A myth or a reality? Minerva Urologica e Nefrologica 59(1): 59–66 Steinmaus CM, Nunez S, Smith AH (2000) Diet and bladder cancer: a meta-analysis of six dietary variables. Am J Epidemiol 151: 693–702 Taper HS, Jamison JM, Gilloteaux J et al. (2004) Inhibition of the development of metastases by dietary vitamin C: K3 combination. Life Sci 75: 955–967 Tarumoto T, Nagai T et al. (2004) Ascorbic acid restores sensitivity to imatinib via suppression of Nrf2–dependent gene expression in the imatinib-resistant cell line. Exp Hematol 32 (4): 375–81 Terry P, Lichtenstein P, Feychting M et al. (2001) Fatty fish consumption and risk of prostate cancer. Lancet 357: 1764–6 Terry PD, Rohan TE, Wolk A (2003) Intakes of fish and marine fatty acids and the risks of cancers of the breast and prostate and of other hormone-related cancers: a review of the epidemiologic evidence. Am J Clin Nutr 77: 532–43 The α-Tocopheraol β-Carotene Cancer Prevention Study Group (1994) The effect of vitamin E and β-Carotene on the incidence of lung cancer and other cancers in male smokers. N Engl J Med 330: 1029–1035 Ting HH, Timimi FH et al. (1996) Vitamin C improves endotheliumdependent vasodilation in patients with non-insulin-dependent diabetes mellitus. J Clin Invest 97 (1): 22–8 Ting HH, Timimi FH, et al. (1997) Vitamin C improves endotheliumdependent vasodilation in forearm resistance vessels of humans with hypercholesterolemia. Circulation 95 (12): 2617–22 Tripathi A, Folsom AR, Anderson KE (2002) Risk factors for urinary bladder carcinoma in postmenopausal women. The Iowa Women’s Health Study. Cancer 95(11): 2316–23 Tseng M, Breslow RA, Graubard BI, Ziegler RG (2005) Dairy, calcium, and vitamin D intakes and prostate cancer risk in the National Health and Nutrition Examination Epidemiologic Follow-up Study cohort. Am J Clin Nutr 81(5): 1147–54 Uzzo RG, Leavis P, Hatch W et al. (2002) Zinc inhibits nuclear factorkappa B activation and sensitizes prostate cancer cells to cytotoxic agents. Clin Cancer Res 8: 3579–83 Vaishampayan U, Hussain M, Banerjee M, Kucuk O et al. (2007) Lycopene and soy isoflavones in the treatment of prostate cancer. Nutr Cancer 59(1): 1–7 Venkateswaran V, Fleshner NE, Klotz LH (2002) Modulation of cell proliferation and cell cycle regulators by vitamin E in human prostate carcinoma cell lines. J Urol 168: 1578–82 Virtamo J, Pientinen P, Huttunen JK et al. (2003) ATBC Study Group. Incidence of cancer and mortality following alpha-tocopherol and beta-carotene supplementation: a postintervention follow-up. JAMA 290: 476–485 Wakai K, Takashi M, Okamura K et al. (2002) Foods and nutrients in relation to bladder cancer risk: a case-control study in Aichi Prefecture, Central Japan. Nutr Cancer 38: 13–22 Wallström P, Bjartell A, Gullberg B, Olsson H, Wirfält E (2007) A prospective study on dietary fat and incidence of prostate cancer (Malmö, Sweden). Cancer Causes Control 18(10): 1107–21 Weiger W, Smith M, Pharm M et al. (2002) Advising Patients Who Seek Complementary and Alternative Medical Therapies for Cancer. Ann Inern Med 137: 889–903 Weinstein SJ, Wright ME, Albanes D et al. (2007) Serum and dietary vitamin E in relation to prostate cancer risk. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 16(6): 1253–9 West DW, Slattery ML, Robison LM et al. (1991) Adult dietary intake and prostate cancer risk in Utah: a case-control study with special emphasis on aggressive tumors. Cancer Causes Control 2(2): 85–94
259 Literatur
Willett WC, Polk BF, Morris JS et al. (1983) Prediagnostic serum selenium and risk of cancer. Lancet 2 (8243): 130–134 Willis MS, Wians FH (2003) The role of nutrition in preventing prostate cancer: a review of the proposed mechanism of action of various dietary substances. Clin Chim Acta 330(1–2): 57–83 Wirth M, Hakenberg O (2005) Prävention des Prostatakarzinoms. Dtsch Med Wochenschr 130 (36): 2002–2004 Woo TC, Choo R, Jamieson M et al. (2005) Pilot Study: Potential Role of Vitamin D (Cholecalciferol) in Patients With PSA Relapse After Definitive Therapy. Nutrition Cancer 51(1): 32–36 Wright ME, Chang SC, Leitzmann MF et al. (2007) Prospective study of adiposity and weight change in relation to prostate cancer incidence and mortality. Cancer 109(4): 675–84 Wright ME, Weinstein SJ, Leitzmann MF et al. (2007) Supplemental and dietary vitamin E intakes and risk of prostate cancer in a large prospective study. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 16(6): 1128–35 Xiao D, Singh SV (2007) Phenethyl isothiocyanate inhibits angiogenesis in vitro and ex vivo. Cancer Res 67(5): 2239–2246 Yoshizawa K, Willett WC, Morris SJ et al. (1998) Study of prediagnostic selenium level in toenails and the risk of advanced prostate cancer. J Natl Cancer Inst 90: 1219–1224 Yu H, Harris RE, Gao YT et al. (1991) Comparative epidemiology of cancers of the colon, rectum, prostate and breast in Shanghai, China versus the United States. Int J Epidemiol 20: 76–81 Zeegers MP, Goldbohm RA, Bode P et al. (2002) Prediagnostic toenail selenium and risk of bladder cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 11: 1292–1297 Zeegers MPA, Kellen E, Buntinx F, van den Brandt PA (2004) The association between smoking, beverage consumption, diet and bladder cancer: a systematic literature review. World J Urol 21: 392–401 Zhang Y, Ni J, Messing E et al. (2002) Vitamin E succinate inhibits the function of androgen receptor and the expression of prostatespecific antigen in prostate cancer cells. PNAS 11: 7408–7413 Zittermann A (2003) Vitamin D in preventive medicine: are we ignoring the evidence? Br J Nutr 89(5): 552–72
Literatur zu Kap. 15.3 Adams J, White M (2003) Are activity promotion interventions based on the transtheoretical model effective? A critical review. Br J Sports Med 37(2): 106–14 Atlantis E, Chow CM, Kirby A, Singh MF (2004) An effective exercisebased intervention for improving mental health and quality of life measures: a randomized controlled trial. Prev Med 39(2): 424–34 Baumann FT, Schüle K (2008) Bewegungstherapie und Sport bei Krebs. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln Benson H (1976) The relaxation response. Avon Books, New York Campbell LC, Keefe FJ, Scipio C et al. (2007) Facilitating research participation and improving quality of life for African American prostate cancer survivors and their intimate partners. A pilot study of telephone-based coping skills training. Cancer 109 (2 Suppl): 414–24 Carmody J, Olendzki B, Reed G et al. (2008) A Dietary Intervention for Recurrent Prostate Cancer After Definitive Primary Treatment: Results of a Randomized Pilot Trial. Urology [Epub ahead of print, April 2008] Conn VS, Hafdahl AR, Porock DC et al. (2006) A meta-analysis of exercise interventions among people treated for cancer. Support Care Cancer Daubenmier JJ, Weidner G, Ornish D et al. (2006) Lifestyle and healthrelated quality of life of men with prostate cancer managed with active surveillance. Urology 67(1): 125–30
Davidson RJ, Kabat-Zinn J, Schumacher J et al. (2003) Alterations in brain and immune function produced by mindfulness meditation. Psychosom Med 65(4): 564–70 Demark-Wahnefried W, Clipp EC, Cohen HJ et al. (2006) Lifestyle intervention development study to improve physical function in older adults with cancer: outcomes from project LEAD. J Clin Oncol 24(21): 3465–3473 Dobos G, Altner N, Lange S, Michalsen A, Musial F, Paul A (2006) Mind/ Body Medicine als Bestandteil der Integrativen Medizin. Bundesgesundheitsblatt Dusek JA, Chang BH, Benson H et al. (2005) Association between oxygen consumption and nitric oxide production during the relaxation response. Med Sci Monit 12(1): CR1–10 Frattaroli J, Weidner G, Ornish D et al. (2008) Clinical Events in prostate cancer lifestyle trial: results from two years of follow-up. Urology [Epub ahead of print] Friedenreich CM, Courneya KS, Elliott FG et al. (2004) Case-control study of lifetime total physical activity and prostate cancer risk. Am J Epidemiol 159(8): 740–9 Friedenreich CM, Thune I (2001) A review of physical activity and prostate cancer risk. Cancer Causes Control 12(5): 461–75 Galvão DA, Nosaka K, Taaffe DR et al. (2006) Resistance training and reduction of treatment side effects in prostate cancer patients. Med Sci Sports Exerc 38(12): 2045–52 Giovannucci EL, Lin, Y, Leitzmann MF et al. (2005) A prospective study of physical activity and incident and fatal prostate cancer. Arch Intern Med 165 (9): 1005–1010 Hoffman JW, Benson H, Arns PA et al. (1982) Reduced sympathetic nervous system responsivity associated with the relaxation response. Science 215(4529): 190–2 Holick CN, Giovannucci EL, Stampfer MJ, Michaud DS (2007) Prospective study of body mass index, height, physical activity and incidence of bladder cancer in US men and women. Int J Cancer 120(1): 140–6 Jian L, Shen ZJ, Lee AH, Binns CW (2005) Moderate physical activity and prostate cancer risk: a case-control study in China. Eur J Epidemiol 20(2): 155–60 Karvinen KH, Courneya KS, North S, Venner P (2007) Associations between exercise and quality of life in bladder cancer survivors: a population-based study. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 16(5): 984–90 Kronenwetter C, Weidner G, Ornish D et al. (2005) A qualitative analysis of interviews of men with early stage prostate cancer: the Prostate Cancer Lifestyle Trial. Cancer Nurs 28(2): 99–107 Krupski TL, Kwan L, Fink A et al. (2006) Spirituality influences health related quality of life in men with prostate cancer. Psychooncology 15(2): 121–31 Monga U, Garber SL, Thornby J et al. (2007) Exercise prevents fatigue and improves quality of life in prostate cancer patients undergoing radiotherapy. Arch Phys Med Rehabil 88(11): 1416–22 Newton RU, Galvão DA (2008) Exercise in prevention and management of cancer. Curr Treat Options Oncol 9 (2–3): 135–46 NIH, National Center for Complementary and Alternative Medicine, http: //nccam.nih.gov/health/backgrounds/mindbody.htm, Zugriff 12.1.06. Nilsen TI, Romundstad PR, Vatten LJ (2006) Recreational physical activity and risk of prostate cancer: A prospective populationbased study in Norway (the HUNT study). Int J Cancer 119(12): 2943–7 Ornish D, Scherwitz LW, Billings JH et al. (1998) Intensive lifestyle changes for reversal of coronary heart disease. JAMA 280(23): 2001–7
15
260
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Ornish D, Weidner G, Fair WR et al. (2005) Intensive lifestyle changes may affect the progression of prostate cancer. J Urol 174(3): 1065–9; discussion 1069–70 Overgard M, Angelsen A, Lydersen S et al. (2008) Does physiotherapist-guided pelvic floor muscle training reduce urinary incontinence after radical prostatectomy? A randomised controlled trial. European Urology 54: 438–448 Pierotti B, Altieri A et al. (2005) Lifetime physical activity and prostate cancer risk. Int J Cancer 114(4): 639–42 Prochaska JO, DiClemente C (1992) Stages of change in the modification of problem behaviors. Prog Behav Modif 28: 183–218 Saxe G, Hebert J, Carmody J, Kabat-Zinn J et al. (2001) Can diet, in conjunction with stress reduction, affect the rate of increase in prostate-specific antigen after biochemical recurrence of prostate cancer? J Urology 66: 2202–2207 Saxe G, Major JM, Nguyen JY et al. (2006) Potential attenuation of disease progression in recurrent prostate cancer with plant-based diet and stress reduction. Integr Cancer Ther 5(3): 206–13 Segal RJ, Reid RD, Courneya KS et al. (2003) Resistance exercise in men receiving androgen deprivation therapy for prostate cancer. J Clin Oncol 21(9): 1653–9 Sommer F: Das Beckenbodenprogramm. In: Sommer F, Graf C (Hrsg.) Sports meets medicine – Urologie und Sport. Cuvillier, Göttingen Spahn G, Lehmann N, Dobos GJ et al. (2003) Improvement of fatigue and role function of cancer patients after an outpatient integrative mind/body intervention. FACT 8: 540 Spiegel D (2001) Mind matters – group therapy and survival in breast cancer. N Engl J Med 345(24)1767–8 Tripathi A, Folsom AR, Anderson KE (2002) Risk factors for urinary bladder carcinoma in postmenopausal women. The Iowa Women’s Health Study. Cancer 95(11): 2316–23 Windsor PM, Nicol KF, Potter J (2004) A randomized, controlled trial of aerobic exercise for treatment-related fatigue in men receiving radical external beam radiotherapy for localized prostate carcinoma. Cancer 101(3): 550–7 Woll A, Bös K (2004) Wirkungen von Gesundheitssport. Bewegungstherapie und Gesundheitssport 20: 97–106 Zeegers MP, Dirx MJ, van den Brandt PA (2005) Physical activity and the risk of prostate cancer in the Netherlands cohort study, results after 9.3 years of follow-up. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 14(6): 1490–5
Literatur zu Kap. 15.4
15
Baier JE, Neumann HA, Gallati H, Ricken D (1991) Improvement of impaired mitogen-induced Interferon-gamma release of peripheral blood mononuclear Cells derived from tumor patients by Factor AF2 Res Exp Med 191: 281–289 Bantel E, Engels IH, Voelter W et al. (1999) Misteltoe lectin activates caspace-8/FLICE independently of death receptor signaling and enhances anticancer drug-induced apoptosis. Cancer Res 59: 2083–90 Beuth J, Schierholz JM, Ko HL et al. (2001) Application-dependent immunomodulating and antimetastatic efficacy of thymic peptides in BALB/c-mice. In Vivo 15(5): 403–406 Beuth J, Schierholz JM, Mayer G (1999) Immunomodulating and antimetastatic activity of thymic peptides in BALB/c mice. Anticancer Res 19(4B): 2993–2995 Beuth J, Schneider B, Schierholz JM (2008) Impact of complementary treatment of breast cancer patients with standardized mistletoe extract during aftercare: a controlled multicenter comparative epidemiological cohort study. Anticancer Res 28(1B): 523–7
Bodey B, Bodey B Jr, Siegel SE et al. (2000) Review of thymic hormones in cancer diagnosis and treatment. Int J Immunopharmacol 22(4): 261–273 Braun JM, Ko HL, Schierholz JM, Beuth J (2002) Standardized mistletoe extract augments immune response and down-regulates local and metastatic tumor growth in murine models. Anticancer Res 22(6C): 4187–90 Burger AM, Mengs U, Schüler JB et al. (1999) Recombinant msitletoe lectin (ML) is a potent inhibitor of tumor cell growth in vitro and in vivo. Proceedings of the American Association for Cancer Research 40: 399 Burger AM, Mengs U, Schüler JB et al. (2001) Anticancer activity of an aqueous mistletoe extract (AME) in syngenic murine tumor models. Anticancer Res 21: 1965–1968 Büssing A, Schietzel D, Schink M, Stein GM (2005) Keine Stimulation in vitro kultivierter Tumorzellen durch Mistellektin. In: Scheer R, Bauer R, Becker H et al. (Hrsg.) Fortschritte in der Misteltherapie. KVC-Verlag, Essen Büssing A, Tröger W, Stumpf C, Schietzel M (2008) Local reactions to treatments with Viscum album L. extracts and their association with T-lymphocyte subsets and quality of life. Anticancer Res 28(3B): 1893–7 Büssing A, Vervecken W, Wagner M et al. (1999) Expression of mitochondrial Apo2.7 molecules and Caspase-3 activation in human lymphocytes treated with the ribosome-inhibiting mistletoe lectins and the cell membrane permeabilizing viscotoxins. Cytometry 37(2): 133–9 Cazacu M, Oniu T, Lungoci C et al. (2003) The influence of isorel on the advanced colorectal cancer. Cancer Biother Radiopharm 18(1): 27–34 Cramer R, Dri P, Spessotto P, Mittenzwei H, Patriarca P (1993) Potentiation of human polymorphonuclear leukocytes respiratory burst and phagoxytosis by a standardized liver and spleen fraction of peptides. Drug Res 43: 686–689 Dollinger MM, Behrens CM, Lesske J et al. (2008) Thymostimulin in advanced hepatocellular carcinoma: a phase II trial. BMC Cancer 8: 72 Elluru SR, van Huyen JP, Delignat S et al. (2008) Induction of maturation and activation of human dendritic cells: a mechanism underlying the beneficial effect of Viscum album as complimentary therapy in cancer. BMC Cancer 8: 161 Elsässer-Beile U, Leiber C, Mengs U et al. (2005) Adjuvant intravesical treatment with a standardized mistletoe extract to prevent recurrence of superficial urinary bladder cancer. J Urol 174(1): 76–9 Elsässer-Beile U, Ruhnau T, Freudenberg N et al. (2001) Antitumoral effect of recombinant mistletoe lectin on chemically induced urinary bladder carcinogenesis in a rat model. Cancer 91(5): 998–1004 Fidan I, Ozkan S, Gurbuz I et al. (2008) The efficiency of Viscum album ssp. album and Hypericum perforatum on human immune cells in vitro. Immunopharmacol Immunotoxicol 30(3): 519–28 Gabius HJ, Darro F, Remmelink M et al. (2001) Evidence for stimulation of tumor proliferation in cell lines and histiotypic cultures by clinically relevant low doses of galactoside-binding mistletoe lectin, a component of proprietary extracts. Cancer Invest 19: 114–126 Goebell PJ, Otto T, Suhr J, Rübben H (2002) Evaluation of an unconventional treatment modality with mistletoe lectin to prevent recurrence of superficial bladder cancer: a randomized phase II trial. J Urol 168(1): 72–5 Grossarth-Maticek R, Ziegler R (2007) Prospective controlled cohort studies on long-term therapy of cervical cancer patients with a mistletoe preparation (Iscador). Forsch Komplementmed 14(3): 140–7
261 Literatur
Grossarth-Maticek R, Ziegler R (2008) Randomized and non-randomized prospective controlled cohort studies in matched pair design for the long-term therapy of corpus uteri cancer patients with a mistletoe preparation (Iscador). Eur J Med Res 13(3): 107–20 Horneber MA, Bueschel G, Huber R et al. (2008) Mistletoe therapy in oncology. Cochrane Database Syst Rev 2: CD003297 Hunziker-Basler N, Zuzak TJ, Eggenschwiler J et al. (2007) Prolonged cytotoxic effect of aqueous extracts from dried viscum album on bladder cancer cells. Pharmazie 62(3): 237–8 Ivanov VI, Turdyev AA, Aleksandrova IA et al. (1987) Liver microsomal lipids of mice irradiated and administered an extract turtle spleen. Radiobiologiia 27: 257 – 264 Kelter G, Schierholz JM, Fischer IU, Fiebig HH (2007) Cytotoxic activity and absence of tumor growth stimulation of standardized mistletoe extracts in human tumor models in vitro. Anticancer Res 27(1A): 223–33 Kienle GS, Kiene H (2007) Complementary cancer therapy: a systematic rfeview of prospective clinical trials on anthroposophic mistletoe extracts. Eur J Med Res 12: 103–119 Kindler M (1997) Factor AF2 als Begleitmaßnahme zur Chemotherapie – myeloprotektive und antiemetische Wirkung. J Oncol 29: 7–10 Kleeberg UR, Suciu S, Bröcker EB et al. (2004) Final results of the EORTC 18871/DKG 80-1 randomised phase III trial. rIFN-alpha2b versus rIFN-gamma versus ISCADOR M versus observation after surgery in melanoma patients with either high-risk primary (thickness >3 mm) or regional lymph node metastasis. Eur J Cancer 40(3): 390–402 Klein AS, Shoham J (1981) Effect of the thymic facot, thymostimulin (TP-1), on the survival rate of tumor-bearing mice. Cancer Res 41(8): 3217–3221 Klopp R, Schmidt W, Beuth J et al. (2005) Influence of complementary Viscum album (Iscador) administration on microcirculation and immune system of ear, nose and throat carcinoma patients treated with radiation and chemotherapy. Anticancer Res 25(1B): 601–10 Kouttab NM, Prada M, Cazzola P (1989) Thymomodulin: biological properties and clinical applications. Med Oncol Tumor Pharmacother 6(1): 5–9 Krege S, Hinke A, Otto T, Rübben H (2002) Bewertung des Komplementärtherapeutikums Factor AF2 als Supportivum in der Behandlung des Fortgeschrittenen Urothelkarzinoms Urologe A 41: 164–168 Lange OF (1987) Supportive Therapie mit xenogenen Peptiden bei Patienten mit metastasiertem Mammakarzinom unter aggressiver Chemotherapie (modifiziertes AC-Schema), eine prospektive rando- misierte Doppelblindstudie. Onkologie 10 (Suppl): 40–43 Leder GH, Fiebig HH, Widmer KH, Arnold H (1986) Colony inhibition of human tumor xenografts in vitro by Factor AF2. J Cancer Res Clin Oncol 111: 49 Leder GH, Leder O (1990) Morpholigical studies on the subchronic toxicity of a standardized liver- and spleen-extract. Drug Res 40: 187–189 Leroi R (1977) Postoperative Viscum album therapy after surgery of breast neoplasms. Helv Chir Acta 44 (3): 403–14 Maier G, Fiebig HH (2002) Absence of tumor growth stimulation in a panel of 16 human tumor cell lines by mistletoe extract in vitro. Anticancer Drugs 13: 373–9 Mengs U, Schwarz T, Bulitta M et al. (2000) Antitumoral effects of an intravesically applied aqueous mistletoe extract on urinary bladder carcinoma MB49 in mice. Anticancer Res 20: 3565–68 Naito S, Koga H, Yamaguchi A et al. (2008) Prevention of recurrence with epirubicin and lactobacillus casei after transurethral resection of bladder cancer. J Urol 179(2): 485–90
Pae HO, Oh GS, Seo WG et al. (2001) Mistletoe lectin synergizes with paclitaxel in human SK-hep1 hepatocarcinoma cells. Immunopharmacol Immunotoxicol 23(4): 531–40 Papadopulos I, Wand H (1989) Prüfung der Wirksamkeit von Factor AF2 auf die verbesserte Verträglichkeit des PE-Schemas (Epirubicin/Cisplatin) beim metastasierten Prostatakarzinom. Onkologie 12: 26–31 Piao BK, Wang YX, Beuth J et al. (2004) Impact of complementary mistletoe extract treatment on quality of life in breast, ovarian and non-small cell lung cancer patients. A prospective randomized controlled clinical trial. Anticancer Res 24(1): 303–9 Ribereau-Gayon G, Dumont S, Muller C et al. (1996) Mistletoe lectins I, II and III induce the production of cytokines by cultured human monocytes. Cancer Lett 109: 33–39 Salzer G et al. (1978) Prevention of recurrence of brandical carcinomas after surgery. Onkologie 1(6): 264–7 Schierholz JM et al. (2003) Komplementäre Tumortherapie mit standardisiertem Mistelgesamtextrakt. Wissenschaft & Forschung 35: 186–94 Schink M, Tröger W, Dabidian A et al. (2007) Mistletoe extract reduces the surgical suppression of natural killer cell activity in cancer patients. a randomized phase III trial. Forsch Komplementmed 14(1): 9–17 Semiglasov VF, Stepula VV, Mengs U et al. (2004) The standardised mistletoe extract PS76A2 improves QoL in patients with breast cancer receiving adjuvant CMF chemotherapy: a randomised, placebo-controlled, double-blind, multicentre clinical trial. Anticancer Res 24(2C): 1293–302 Simões-Wüst AP, Hunziker-Basler N, Zuzak J et al. (2007) Prolonged cytotoxic effect of aqueous extracts from dried Viscum album on bladder cancer cells. Forsch Komplementärmed 14 (supp 1): 28 (abstract) Steuer-Vogt MK, Bonkowsky V, Ambrosch P et al. (2001) The effect of an adjuvant mistletoe treatment programme in resected head and neck cancer patients: a randomised controlled clinical trial. Eur J Cancer 37(1): 23–31 Stirpe F, Legg RF, Onyon LJ et al. (1980) Inhibition of protein synthesis by a toxic lectin from Viscum album L. (mistletoe). Biochem J 190: 843–5 Stoll, G (2003) Immunologisch active Signalpeptice in der Komplementäronkologie- Abgrenzung, Wirkmechanismen, klinische Studien. Z Onkol 35(1): 37–50 Urech K, Buessing A, Thalmann G et al. (2006) Antiproliferative effects of mistletoe extract in urinary bladder carcinoma cell lines. Anticancer Res 26: 3049–56 Wagner H, Röllinghoff M (1973) Cell-mediated immunity in vitro against syngeneic mouse plasma tumor cells. Nature 291: 53–54 Yagi, M, Yamashita T, Tsubura E (1985) Effect of a thymic factor, thymostimulin, on growth and pulmonary metastases of Lewis lung carcinoma. Cancer Immunol Immunother 19(3): 198–204
Literatur zu Kap. 15.5 Beuth J, Ost B, Pakdaman A, et al. (2001) Impact of complementary oral enzyme application on the postoperative treatment results of breast cancer patients--results of an epidemiological multicentre retrolective cohort study. Cancer Chemother Pharmacol 47 (Suppl): S45–S54 Desser L, Holomanova D, Zavadova E et al. (2001) Oral therapy with proteolytic enzymes decreases excessive TGF-beta levels in human blood. Cancer Chemother Pharmacol. 47 (Suppl): S10–S15 Dörr W, Herrmann T et al. (2007) Efficacy of Wobe-Mugos E for reduction of oral mucositis after radiotherapy : results of a prospective,
15
262
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
randomized, placebo-controlled, triple-blind phase III multicenter study. Strahlenther Onkol 183(3): 121–7 Gujral M, Patnaik P, Kaul R et al. (2001) Efficacy of hydrolytic enzymes in preventing radiation therapy-induced side effects in patients with head and neck cancers. Cancer Chemother Pharmacol 47 (Suppl): S23–S28 Harrach T, Gebauer F, Eckert K et al. (1994) Bromelain proteases modulate the CD44 expression on human MOLT 4/8 leukaemia and SK-Mel 28 melanoma cells in vitro. Int J Oncol 5: 485 Lauer D, Müller R, Cott D et al. (2001) Modulation of growth factor binding properties of alpha2-macroglobulin by enzyme therapy Cancer Chemother Pharmacol 47 Suppl: S4–9 Lehmann P (1997) Immunomodulation by proteolytic enzymes. Nephrol Dial Transplant 11: 953 Popiela T, Kulig J, Hanisch J, Bock PR (2001) Influence of a complementary treatment with oral enzymes on patients with colorectal cancers--an epidemiological retrolective cohort study. Cancer Chemother Pharmacol 47 Suppl: S55–6 Sakalova A, Bock P, Dedik L et al. (2001) Retrolective cohort study of an additive therapy with an oral enzyme preparation in patients with multiple myeloma. Cancer Chemother Pharmacol. 47 (Suppl): S38–S44 Schedler M, Lind A, Schatzle W et al. (1990) Adjuvant therapy with hydrolytic enzymes in oncology: a hopeful effort to avoid bleomycin induced pneumotoxicity? J Cancer Res Clin Oncol 116: 697 Stauder G, Beaufort F, Steichhan P (1991) Strahlentherapeutische Nebenwirkungen bei Abdominalkrebspatienten und deren Reduktion durch hydrolytische Enzympräparate. Dtsch Zschr Onkol 23: 7 Wald M, Olejar T, Sebkova V et al. (2001) Mixture of trypsin, chymotrypsin and papain reduces formation of metastases and extends survival time of C57Bl6 mice with syngeneic melanoma B16. Cancer Chemother Pharmacol 47 (Suppl): S16–S22 Wolf M, Ransberger K (1968) Wirkung proteolytischer Enzyme auf die gegenseitige Wachstumsbeeinflussung von normalen und Tumorgeweben. Arch Geschwulstforsch 31: 317–331 Wrba H (1995) Krebstherapie mit proteolytischen Enymen. In: Kombinierte Tumortherapie, Hippokrates Verlag, Stuttgart, 2. Auflage 1995
Literatur zu Kap. 15.6
15
Adams KF, Chen C, Newton KM (2004) Soy isoflavones do not modulate prostate-specific antigen concentrations in older men in a randomized controlled trial. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 13(4): 644–8 Adhami VM, Ahmad N, Mukthar H (2003) Molecular targets for green tea in prostate cancer prevention. J Nutr 133 (Suppl 7): 2417S– 2424S Adlercreutz H, Honjo H, Higashi A et al. (1993) Plasma concentrations of phyto-oestrogens in Japanese men. Lancet 342: 1209–1210 Bektic J, Berger AP, Pfeil K et al. (2004) Androgen receptor regulation by physicological concentrations of the isoflavonoid genistein in androgen-dependent LNCaP cells is mediated by estrogen receptor beta. Eur Urol 45: 245–251 Bent S, Kane C, Shinohara K et al. (2006) Saw palmetto for benign prostatic hyperplasia. NEJM 354: 557–566 Bettuzzi S, Brausi M, Rizzi F et al. (2006) Chemoprevention of human prostate cancer by oral administration of green tea catechins in volunteers with high-grade prostate intraepithelial neoplasia: a preliminary report from a one-year proof-of-principle study. Cancer Research 66(2): 1234–40 Bonham M, Posakony J, Coleman I et al. (2005) Characterization of chemical constituents in Scutellaria baicalensis with antiandroge-
nic and growth-inhibitory activities toward prostate carcinoma. Clin Cancer Res 11(10): 3905–3914 Bonnar-Pizzorno RM, Littman AJ, Kestin M, White E (2006) Saw palmetto supplement use and prostate cancer risk. Nutr Cancer 55(1): 21–7 Campbell G, Pickles T, D’yachkova Y (2003) A randomised trial of cranberry versus apple juice in the management of urinary symptoms during external beam radiation therapy for prostate cancer. Clin Oncol (R Coll Radiol) 15(6): 322–8 Cassileth BR, Lucarelli CD (2003) Herb-drug interactions in oncology. Decker I, Hamilton London Castle EP, Thrasher JB (2002) The role of soy phytoestrogens in prostate cancer. Urol Clin North Am 29: 71–81 Chan JM, Elkin EP, Silva SJ et al. (2005) Total and specific complementary and alternative medicine use in a large cohort of men with prostate cancer. Urology 66(6): 1223–1228 Choan E, Segal R, Jonker D et al. (2005) A prospective clinical trial of green tea for hormone refractory prostate cancer: an evaluation of the complementary/alternative therapy approach. Urologic Oncology 23(2): 108–13 Cohen LA, Zhao Z, Pittman B et al. (2003) Effect of soy protein isolate and conjugated linoleic acid on the growth of Dunning R-3327AT-1 rat prostate tumors. Prostate 54: 169–178 Dalais FS, Meliala A, Wattanapenpaiboon N (2004) Effects of a diet rich in phytoestrogens on prostate-specific antigen and sex hormones in men diagnosed with prostate cancer. Urology 64(3): 510–5 de la Taille A, Buttyan R, Hayek O, et al. (2000) Herbal therapy PC-SPES: In vitro effects and evaluation of its efficacy in 69 patients with prostate cancer. J Urol 164: 1229–1234 deVere White RW, Hackman RM et al. (2004) Effects of a genistein-rich extract on PSA levels in men with a history of prostate cancer. Urology 63(2): 259–63 Eng J, Ramsum D, Verhoef M et al. (2003) A population-based survey of complementary and alternative medicine use in men recently diagnosed with porstate cancer. Integr Cancer Ther 2(3): 212–216 Evans BA, Griffiths K, Morton MS (1995) Inhibition of 5-alpha-reductase in genital skin fibroblasts and prostate tissue by dietary lignans and isoflavonoids. J Endocrinol. 147: 295–302 Fair WR, Fleshner NE, Heston W (1997) Cancer of the prostate: a nutritional disease. Urology 50: 840–848 Ferguson PJ, Kurowska E, Freeman DJ et al. (2004) A flavonoid fraction from cranberry extract inhibits proliferation of human tumor cell lines. J Nutr 134(6): 1592–1535 Goldmann WH, Sharma AL, Currier SJ et al. (2001) Saw palmetto berry extract inhibits cell growth and Cox-2 expression in postatic cancer cells. Cell Biol Int 25(11): 1117–1124 Grainger EM, Schwartz SJ, Wang S et al. (2008) A combination of tomato and soy products for men with recurring prostate cancer and rising prostate specific antigen. Nutr Cancer 60(2): 145–54 Greenblatt DJ, von Moltke LL, Perloff ES et al. (2006) Interaction of flurbiprofen with cranberry juice, grape juice, tea, and fluconazole: in vitro and clinical studies. Clin Pharmacol Ther 79(1): 125–33 Habib FK, Ross M, Ho CK et al. (2005) Serenoa repens (Permixon) inhibits the 5alpha-reductase activity of human prostate cancer cell lines without interfering with PSA expression. Int J Cancer 114(2): 190–194 Hedelin M, Klint A, Chang ET et al. (2006) Dietary phytoestrogen, serum enterolactone and risk of prostate cancer: the cancer prostate Sweden study (Sweden). Cancer Causes Control 17(2): 169–80 Hedlund TE, Johannes WU, Miller GJ (2003) Soy isoflavonoid equol modulates the growth of benign and malignant prostatic epithelial cells in vitro. Prostate 54: 68–78
263 Literatur
Hill B, Kyprianou N (2004) Effect of permixon on human prostate cell growth: lack of apoptotic action. Prostate 61(1): 73–80 Iguchi K, Okumura N, Usui S et al. (2001) Myristoleic acid, a cytotoxic component in the extract from Serenoa repens, induces apoptosis and necrosis in human postatic LNCaP cells. Prostate 47(1): 59–65 Jacobsen BK, Knutsen SF, Fraser GE (1998) Does high soy milk intake reduce prostate cancer incidence? The Adventist Health Study (United States). Cancer Causes Control 9: 553–557 Jain MG, Hislop GT, Howe GR et al. (1998) Alcohol and other beverage use and prostate cancer risk among Canadian men. Int J Cancer 78(6): 707–11 Jatoi A, Ellison N, Burch PA et al. (2003) A phase II trial of green tea in the treatment of patients with androgen independent metastatic prostate carcinoma. Cancer 97 (6): 1442–6 Jepson RG, Mihaljevic L, Craig J (2000) Cranberries for treating urinary tract infections. Cochrane Database Syst Rev. 2000 (2): CD 001322 Jepson RG, Mihaljevic L, Craig J (2004) Cranberries for preventing urinary tract infections. Cochrane Database Syst Rev. 2004 (2): CD 001321 Jian L, Xie LP, Lee AH, Binns CW (2004) Protective effect of green tea against prostate cancer: a case-control study in southeast China. Int J Cancer 108(1): 130–5 Kikuchi et al. (2006) No association between green tea and prostate cancer risk in Japanese men: the Ohsaki Cohort Study. Br J Cancer 95(3): 371–3 Kim HS, Lee EH, Ko SR et al. (2004) Effects of ginsenosides Rg3 and Rh2 on the proliferation of prostate cancer cells. Arch Pharm Res 27(4): 429–435 Kranse R, Dagnelie PC, Schröder FH et al. (2005) Dietary intervention in prostate cancer patients: PSA response in a randomized doubleblind placebo-controlled study. Int J Cancer 113(5): 835–40 Kubota T, Hisatake J, Hisatake Y et al. (2000) PC-SPES: A unique inhibitor of proliferation of prostate cancer cells in vitro and in vivo. Prostate 42: 163–171 Kumar NB, Cantor A, Allen K et al. (2004) The specific role of isoflavones in reducing prostate cancer risk. Prostate 59 (2): 141–7 Kumar NB, Krischer JP, Allen K et al. (2007) A Phase II randomized, placebo-controlled clinical trial of purified isoflavones in modulating steroid hormones in men diagnosed with localized prostate cancer. Nutrition & Cancer 59 (2): 163–8 und 169–75 Kurahashi et al. (2008) Green tea consumption and prostate cancer risk in Japanese men: a prospective study. Am J Epidemiol 167(1): 71–7 Kurahashi N, Iwasaki M, Inoue M et al. (2007) Soy product and isoflavone consumption in relation to prostate cancer in Japanese men. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 16(3): 538–45 Kyle E, Neckers L, Takimoto C et al. (1997) Genistein-induced apoptosis of prostate cancer cells is preceded by a specific decrease in focal adhesion kinase activity. Mol Pharmacol 51: 193–200 Landström M, Zhang JX, Hallmans G et al. (1998) Inhibitory effects of soy and rye diets on the development of Dunning R3327 prostate adenocarcinoma in rats. Prostate 36: 151–161 Lansky EP, Harrison G, Froom P et al. (2005) Pomgranate (Punica granatum) pure chemicals show possible synergistic inhibition of human PC-3 prostate cancer cell invasion across Matrigel. Invest New Drugs 23: 121–2 Lee MM, Gomez SL, Chang JS et al. (2003) Soy and isoflavone consumption in relation to prostate cancer risk in China. Cancer Epidemiol Biomarker Prev 12: 665–8 Lee SC, Chan WK, Lee TW et al. (2008) Effect of a prodrug of the green tea polyphenol (-)-epigallocatechin-3–gallate on the growth
of androgen-independent prostate cancer in vivo. Nutr Cancer 60(4): 483–91 Lee TK, Johnke RM, Allison RR, et al. (2005) Radioprotective potential of ginseng. Mutagenesis 20(4): 237–243 Li XM, Li J, Tsuji I, Nakaya N et al. (2008) Mass screening-based casecontrol study of diet and prostate cancer in Changchun, China. Asian J Androl 10(4): 551–60 Linde K, Barrett B, Wölkart K et al. (2006) Echinacea for preventing and treating the common cold. The Cochrane Database of Systematic Reviews (Issue 2006/1) Linde K, Berner MM, Kriston L (2008) St John’s wort for major depression. Cochrane Database Syst Rev (4): CD000448 Linde K, Mulrow CD (2000) St John’s wort for depression. Cochrane Database Syst Rev 2000 (2): CD000448 Liu WK, Xu SX, Che CT (2000) Anti-proliferative effect of ginseng saponins on human prostate cancer cell line Mörike K, Gleiter DH (2003) Pflanzliche Arzneimittel. Internist 44: 748–752 Mousavi Y, Adlercreutz H (1993) Genistein is an effective stimulator of sex hormone-binding globulin production in hepatocarcinoma human liver cancer cells and suppresses proliferation of these cells in culture. Steroids 58: 301–304 Murphy BT, MacKinnon SL, Yan X et al. (2003) Identification of triterpene hydroxycinnamates with in vitro antitumor activity from whole cranberry fruit (Vaccinium macrocarpon). J Agric Food Chem. 51(12): 3541–5 Pantuck AJ, Leppert JT, Zomorodian N (2006) Phase II study of pomegranate juice for men with rising prostate-specific antigen following surgery or radiation for prostate cancer. Clin Cancer Res 12(13): 4018–26 Paschka AG, Butler R, Young CY (1998) Induction of apoptosis in prostate cancer cell lines by the green tea component, (-)-epigallocatechin-3-gallate. Cancer Letters 130(1–2): 1–7 Pendleton (2008) Phase II trial of isoflavone in prostate-specific antigen recurrent prostate cancer after previous local therapy. BMC Cancer 8: 132 Santibanez JF, Navarro A, Martinez J (1997) Genistein inhibits proliferation and in vitro invasive potential of human prostatic cancer cell lines. Anticancer Res 17: 1199–1204 Schröder FH, Roobol MJ, Boevé ER et al. (2005) Randomized, doubleblind, placebo-controlled crossover study in men with prostate cancer and rising PSA: effectiveness of a dietary supplement. Eur Urol 48(6): 922–30 Seeram NP, Adams LS, Hardy ML et al. (2004) Total cranberry extract versus its phytochemical constituents: antiproliferative and synergistic effects against human tumor cell lines. J Agric Food Chem 52(9): 2512–7 Shabbir M, Love J, Montgomery B (2008) Phase I trial of PC-Spes2 in advanced hormone refractory prostate cancer. Oncol Rep 19(3): 831–5 Shin HR, Kim JY, Yun TK et al. (2000) The cancer-preventive potential of Panax ginseng: a review of human and experimental evidence. Cancer Causes Control 11(6): 565–576 Sovak M, Seligson AL, Konas M, et al. (2002) Herbal composition PCSPES for management of prostate cancer: Identification of active principles. J Natl Cancer Inst 94: 1275–1281 Sparreboom A, Cox MC, Acharya MR et al. (2004) Herbal remedies in the United States: potential adverse interactions with anticancer agents. J Clin Oncol 22(12): 2489–2503 Sun CL, Yuan JM, Wang XL et al. (2004) Dietary soy and increased risk of bladder cancer: a prospective cohort study of men in Shanghai, China. Int J Cancer 112(2): 319–23
15
264
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Sverson KJ, Noura AMY, Grove JS et al. (1989) A prospective study of demographics, diet and prostate cancer among men of Japanese ancestry in Hawaii. Cancer Res 49: 1857–1860 Thomas F, Patel S, Holly JM et al. (2008) Dihydrotestosterone sensitises LNCaP cells to death induced by epigallocatechin-3-gallate (EGCG) or an IGF-i receptor inhibitor. Prostate [Epub ahead of print] Vogler BK, Pittler MH, Ernst E (1999) The efficacy of ginseng. Asystematic review of randomised clinical trials. Eur J Clin Pharmacol 55 (8): 567–575 Von Löw EC, Perabo FG, Siener R, Müller SC (2007) Review. Facts and fiction of phytotherapy for prostate cancer: a critical assessment of preclinical and clinical data. In Vivo 21(2): 189–204 Wilt T, Ishani A, Mac Donald R (2002) Serenoa repens for benign postatic hyperplasia. Cochrane Database Syst Rev 2002 (3) Yun TK (2003) Experimental and epidemiological evidence on nonorgan specific cancer preventive effect of Korean ginseng and identification of active compounds. Mutat Res 523–524: 63–74
Literatur zu Kap. 15.7 Balzarini A, Felisi E, Martini A et al. (2000) Efficacy of homeopathic treatment of skin reactions during radiotherapy for breast cancer, A randomised, double-blind clinical trial. Brit Hom J 89(1): 8–12 Jonas WB, Gaddipati JP, Rajeshkumar NV et al. (2006) Can homeopathic treatment slow prostate cancer growth? Integr Cancer Ther 5(4): 343–9 Linde K, Clausius N, Ramirez G et al. (1997) Are the clinical effects of homeopathy placebo effects ? A meta-analysis of placebocontrolled trials. Lancet 350: 834–843 MacLaughlin BW, Gutsmuths B, Pretner E, Jonas WB et al. (2006) Effects of homeopathic preparations on human prostate cancer growth in cellular and animal models. Integr Cancer Ther 5(4): 362–72 Oberbaum M, YanivI, Ben-Gal Y et al. (2001) A randomized, controlled clinical trial of the homeopathic medication Traumeel S in the treatment of chemotherapy-induced stomatitis in children undergoing stem cell transplantation. Cancer 92(3): 684–690 Thompson EA, Reilly D (2002) The homeopathic approach to symptom control in the cancer patient: a prospective observational study. Palliative Med 16: 227–233
Literatur zu Kap. 15.8
15
Badtke G, Mudra I (1998) Neuraltherapie, Lehrbuch und Atlas, Ullstein Medical, Wiesbaden Barop H (1996) Lehrbuch und Atlas Neuraltherapie nach Huneke, Hippokrates, Stuttgart Dosch P (1995) Lehrbuch der Neuraltherapie nach Huneke, Haug, Heidelberg Fischer L (1998) Neuraltherapie nach Huneke, Hippokrates, Stuttgart Villar-Garea A, Fraga MF, Espada J et al. (2003) Procaine is a DNAdemethylating agent with growth-inhibitory effects in human cancer cells. Cancer Res 63(16): 4984–4989
Literatur zu Kap. 15.9 Aglietti A, Roila F, Tonato M et al. (1990) A pilot study of metoclopramide, dexamethasone, diphenhydramine and acupuncture in women treated with cisplatin. Cancer Chemother Pharmacol 26: 239–240 Alimi D, Rubino C, Pichard-Léandri E et al. (2003) Analgesic effect of auricular acupuncture for cancer pain: a randomized, blinded, controlled trial. J Clin Oncol 21(22): 4120–4126 Capodice et al. (2008) Results of a prospective pilot clinical trial administering acupuncture for hot flashes in patients undergoing hormonal therapy for prostate cance. J Urol 179 (Suppl 4): 184–5
Dang W, Yang J (1998) Clinical study on acupuncture treatment of stomach carcinoma pain. J Tradit Chin Med 18: 31–38 Dibble SL, Chapman J, Mack KA, Shih AS (2000) Acupressure for nausea: results of a pilot study. Oncol Nurs Forum 27: 41–47 Dundee JW, Ghaly RG, Fitzpatrick KT et al. (1987) Acupuncture to prevent cisplatin-associated vomiting. Lancet 1: 1083 Dundee JW, Ghaly RG, Fitzpatrick KT et al. (1989) Acupuncture prophylaxis of cancer chemotherapy-induced sickness. R Soc Med 82(5): 268–271 Ezzo J, Vickers A, Richardson A et al. (2005) Acupuncture-point stimulation for chemotherapy-induced nausea and vomiting. J Clin Oncol 28: 7188–7198 Frisk J, Spetz AC, Hjertberg H et al. (2008) Two Modes of Acupuncture as a Treatment for Hot Flushes in Men with Prostate Cancer-A Prospective Multicenter Study with Long-Term Follow-Up. Eur Urol. [Epub ahead of print] Haker E, Egekvist H, Bjerring P (2000) Effect of sensory stimulation (acupuncture) on sympathetic and parasympathetic activities in healthy subjects. J Auton Nerv Syst 79: 52–9 Han JS, Terenius L (1982) Neurochemical basis of acupuncture analgesia. Annu Rev Pharmacol Toxicol 22: 193–220 Hayes et al. (2005) Acupuncture for hot flashes in prostate cancer patients. JCO 23 (16, Suppl): 8160 Heine H (1988) Funktionelle Morphologie der Akupunkturpunkte. Akupunktur-Theorie und Praxis 1: 4 Johnstone PA, Polston GR, Niemtzow RC, Martin PJ (2002a) Integration of acupuncture into the oncology clinic. Palliat Med 16(3): 235–9 Johnstone PA, Niemtzow RC, Riffenburgh RH (2002b) Acupuncture for xerostomia: clinical update. Cancer 94(4): 1151–6 Kou W, Bell JD, Gareus I et al. (2005) Repeated acupuncture treatment affects leucocyte circulation in healthy young male subjects: a randomized single-blind two-period crossover study. Brain Behav Immune 19(4): 318–324 Lehmann HJ (1999) Akupunkturpraxis – Chinesische Standardtherapie mit Relevanzkarten. Urban&Fischer, München Lee A, Done ML (2004) Stimulation of the wrist acupuncture point P6 for preventing postoperative nausea and vomiting. Cochrane Database Syst Rev 3: CD003281 Melchart D, Streng A, Hoppe A et al. (2006) Akupunktur bei chronischen Schmerzen: Ergebnisse aus dem Modellvorhaben der Ersatzkassen. Dtsch Arztebl 2006 103(4): A 187–95 NIH Consensus Statement Online (1997) Acupuncture. 15(5): 1–34 Shen J, Wenger N, Glaspy J et al. (2000) Electroacupuncture for control of myeloablative chemotherapy-induced emesis: a randomized controlled trial. JAMA 284: 2755–2761 Spahn G (2005) Komplementäre Tumorschmerztherapie – welche Konzepte gibt es? Der Schmerz Suppl 1: S11 Vickers A, Straus D, Fearon B et al. (2004) Acupuncture for Postchemotherapy Fatigue: A Phase II Study. J Clin Oncol 22(9): 1731–1735 Weingarden H, Ring H (2006) Functional electrical stimulation-induced neural changes and recovery after stroke. Eura Medicophys 42: 87–90 Witt C, Brinkhaus B, Jena S et al. (2006) Wirksamkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Akupunktur – Ein Modellvorhaben mit der Techniker Krankenkasse. Dtsch Arztebl 103(4): A 196–202 Xia Y, Zhang D, Yang C et al. (1986) An approach to the effect on tumors of acupuncture in combination with radiotherapy or chemotherapy. J Tradit Chin Med 6: 23–26 Zhang X, Yuan Y, Kuang P et al. (1999) Effects of electro-acupuncture on somatostatin and pancreatic polypeptide in ischemic cerebrovascular diseases. J Tradit Chin Med 19: 54–8
265 Literatur
Literatur zu Kap. 15.10 Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (2001) Zur Anwendung des Präparates »Galavit« in der Krebstherapie. Dtsch Ärztebl 98(15): A1016 Dandekar DS, Lokeshwar VB, Cevallos-Arellano E, Soloway MS, Lokeshwar BL (2003) An orally active Amazonian plant extract (BIRM) inhibits prostate cancer growth and metastasis. Cancer Chemother Pharmacol 52: 59–66 Blackadar C (1993) Skeptics of oral administration of shark cartilage. J Natl Cancer Inst 85: 1961–1962 Loprinzi C, Levitt R, Barton D et al. (2005) Evalutation of shark cartilage in patients with advanced cancer: a North Central Cancer Treatment Group trial. Cancer 104(1): 176–182 O`Brian B, Quigg C, Leong T (2005) Severe cyanice toxicity from »vitamin supplements«. Eur J Emerg Med 12(5): 257–258 Park HJ, Yoon SH, Han LS et al. (2005) Amygdalin inhibits genes related to cell-cycle in SNU-C4 human colon cancer cells. World J Gastroenterol 1 (33): 5156–5161 Sheu J, Fu C, Tsai M et al. (1998) Effect of U-995, a potent shark cartilage-derived angiogenesis inhibitor, on anti-angiogenesis and anti-tumor activities. Anticancer Res 18: 4435–4441
Literatur zu Kap. 15.11 Abbasi Nazari et al. (2007) Allopurinol mouthwash for prevention or alleviation radiotherapy induced oral mucositis: a randomized, placebo-controlled trial. DARU 15(4): 227–230 Alimi D, Rubino C, Pichard-Leandri E et al. (2003) Analgesic effect of auricular acupuncture for cancer pain: a randomized, blinded, controlled trial. Clin Oncol 21: 4120–26 Andersen C, Adamsen L, Moeller T et al. (2006) The effect of a multidimensional exercise programme on symptoms and side-effects in cancer patients undergoing chemotherapy. Eur J Oncol Nurs 10 (4): 247–62 Argyriou AA, Chroni E, Koutras A et al. (2006a) Preventing paclitaxelinduced peripheral neuropathy: a phase II trial of vitamin E supplementation. J Pain Symptom Manage 32(3): 237–44 Argyriou AA, Chroni E, Koutras A et al. (2006b) A randomized controlled trial evaluating the efficacy and safety of vitamin E supplementation for protection against cisplatin-induced peripheral neuropathy: final results. Support Care Cancer 14: 1134–1140 Armes J, Chalder T, Addington-Hall J et al. (2007) A randomized controlled trial to evaluate the effectiveness of a brief, behaviorally oriented intervention for cancer-related fatigue. Cancer 110 (6): 1385–95 Arnim von U, Peitz U, Malfertheiner P et al. (2007) STW 5, a phytopharmacon for patients with functional dyspepsia: results of a multicenter, placebo-controlled double-blind study. Am J Gastroenterol 102(6): 1268–75 Barsevick AM, Dudley W, Beck S et al. (2004) A randomized clinical trial of energy conservation for patients with cancer-related fatigue. Cancer 100: 1302–1310 Biesbroeck R, Bril V, Hollander P et al. (1995) A double-blind comparison of topical capsaicin and oral amitriptyline in painful diabetic neuropathy. Advances in Therapy 12 (2): 111–120 Bishop SR, Warr D (2003) Coping, catastrophizing and chronic pain in breast cancer. J Behav Med 26: 265–81 Biswal BM, Zakaria A, Ahmad NM (2003) Topical application of honey in the management of radiation mucositis. A preliminary study. Supportive Care in Cancer 11(4): 242–8 Blom M, Lundeberg T (2000) Long-term follow-up of patients treated with acupuncture for xerostomia and the influence of additional treatment. Oral Dis 6: 15–24
Borowski B, Benhamou E, Pico JL et al. (1994) Prevention of oral mucositis in patients treated with high-dose chemotherapy and bone marrow transplantation: a RCT comparing two protocols of dental care. Eur J Cancer B Oral Oncol 30B: 93–97 Bove L, Picardo M, Pace A et al. (2001) A pilot study on the relation between cisplatin neuropathy and vitamin E. J Experim & Clin Cancer Res 20: 277–280 Brietbart W, Payne D, Passik SD (2004) Psychological and psychiatric interventions in pain control. In: Doyle D, Hanks NC, Calman K: Oxford Textbook of Palliative Medicine. 3rd ed. New York. Oxford University Press: 424–38 Burish TG, Jenkins RA (1992) Effectiveness of biofeedback and relaxation training in reducing the side effects of cancer chemotherapy. Health Psychol 11: 17–23 Burish TG, Snyder SL, Jenkins RA (1991) Preparing patients for cancer chemotherapy: Effect of coping, preparation and relaxation interventions. J Consult Clin Psychol 59: 518–525 Campbell G, Pickles T, D’yachkova Y (2003) A randomised trial of cranberry versus apple juice in the management of urinary symptoms during external beam radiation therapy for prostate cancer. Clin Oncol (R Coll Radiol) 15(6): 322–8 Capodice JL et al. (2008) Results of a prospective pilot clinical trial administering acupuncture for hot flashes in patients undergoing hormonal therapy for prostate cancer. J Urol 179 (Suppl 4): 184–5 Carlson LE, Garland SN (2005) Impact of mindfulness-based stress reduction (MBSR) on sleep, mood, stress and fatigue symptoms in cancer outpatients. Int J Behav Med 12(4): 278–85 Carlson LE, Speca M et al. (2003) Mindfulness-based stress reduction in relation to quality of life, mood, symptoms of stress, and immune parameters in breast and prostate cancer outpatients. Psychosom Med 65(4): 571–81 Carlson LE, Speca M, Faris P, Patel KD (2007) One year pre-post intervention follow-up of psychological, immune, endocrine and blood pressure outcomes of mindfulness-based stress reduction (MBSR) in breast and prostate cancer outpatients. Brain Behav Immun 21(8): 1038–49 Carlson LE, Ursuliak Z, Speca M et al. (2001) The effects of mindfulness meditation-based stress reduction program on mood and symptoms of stress in cancer patients: 6-month follow-up. Support Care Cancer 9: 112–123 Carson JW, Porter LS, Keefe FJ et al. (2007) Yoga for women with metastatic breast cancer: results from a pilot study. J Pain Symptom Manage 33 (3): 331–341 Cascinu S, Fedeli A, Fedeli SL, Catalano G (1994) Oral cooling (cryotherapy), an effective treatment for the prevention of 5-fluorouracilinduced stomatitis. European Journal of Cancer Part B, Oral Oncology 30B: 234–6 Cella D, Davis K, Breitbart W et al. 2001) Cancer-Related Fatigue: Prevalence of Proposed Diagnostic Criteria in a United States Sample of Cancer Survivors. J Clin Oncol 19: 3385–3391 Chaiyakunapruk N, Kitikannakorn N, Nathisuwan S et al. (2006) The efficacy of ginger for the prevention of postoperative nausea and vomiting: a meta-analysis. Am J Obstet Gynecol 194(1): 95–9 Clark PI, Slevin ML (1985) Allopurinol mouthwash and 5-FU induced oral toxicity. Eur J Surg Oncol 11: 267–268 Cotanch PH, Strum S (1987) Progressive muscle relaxation as antiemetic therapy for cancer patients. Oncol Nurs Forum 14: 33–37 Dang W, Yang J (1998) Clinical study on acupuncture treatment of stomach carcinoma pain. J Tradit Chin Med 18: 31–38 Deng G, Vickers A, Cassileth B et al. (2007) Randomized, controlled trial of acupuncture for the treatment of hot flashes in breast cancer patients. J Clin Oncol 25(35): 5584–90
15
266
15
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Dibble SL, Luce J, Cooper BA et al. (2007) Acupressure for chemotherapy-induced nausea and vomiting: a randomized clinical trial. Oncol Nurs Forum 34(4): 813–20 Dillon M, Lucas C (1999) Auricular stud acupuncture in palliative care patients. Palliat Med 13: 253–254 Dimeo FC, Schwartz S, Wesel N et al. (2008) Effects of an endurance and resistance exercise program on persistent cancer-related fatigue after treatment. Ann Oncol 19(8): 1495–9 Dimeo FC, Thomas F, Raabe-Menssen C et al. (2004) Effect of aerobic exercise and relaxation training on fatigue and physical performance of cancer patients after surgery. Support Care Cancer 12 (11): 774–9 Dodd MJ, Dibble SL, Miaskowski C et al. (2000) Randomized clinical trial of the effectiveness of 3 commonly used mouthwashes to treat chemotherapy-induced mucositis. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol Endod 90: 39–47 Donofrio et al. (1991) Treatment of painful diabetic neuropathy with topical capsaicin – a multicenter, double-blind, vehicle-controlled study. Archives of Internal Medicine 151 (11): 2225–2229 Ezzo J, Streitberger K, Schneider A (2006) Acupuncture-point stimulation for chemotherapy-induced nausea or vomiting. Cochrane Database of Systematic Reviews 2: CD002285 Fawzy FI, Cousins N, Fawzy NW et al. (1990) A structured psychiatric intervention for cancer patients. Arch Gen Psych 47: 720–5 Fenlon DR, Corner JL, Haviland JS (2008) A randomized controlled trial of relaxation training to reduce hot flashes in women with primary breast cancer. J Pain Symptom Manage 35(4): 397–405 Ferrer M, Suárez JF, Guedea F et al. (2008) Health-related quality of life 2 years after treatment with radical prostatectomy, prostate brachytherapy, or external beam radiotherapy in patients with clinically localized prostate cancer. Int J Radiat Oncol Biol Phys 72(2): 421–32 Filshie J (1990) Acupucnture for malignant pain. Acupunct Med 8 (2): 38–39 Filshie J, Bolton T, Browne D, Ashley S (2006) Acupuncture and self acupuncture for long-term treatment of vasomotor symptoms in cancer patients--audit and treatment algorithm. Acupunct Med 24(2): 92–4 Filshie J, Redman D (1985) Acupuncture and malignant pain problems. Eur J Surg oncol 11: 389–394 Filshie J, Thompson JW (2004) Acupuncture. In: Doyle D, Hanks NC, Calman K: Oxford Textbook of Palliative Medicine. 3rd ed. New York. Oxford University Press: 410–24 Frank SJ, Pisters LL, Davis J et al. (2007) An assessment of quality of life following radical prostatectomy, high dose external beam radiation therapy and brachytherapy iodine implantation as monotherapies for localized prostate cancer. J Urol 177(6): 2151–6 Frisk J, Carlhäll S, Hammar M et al. (2008) Long-term follow-up of acupuncture and hormone therapy on hot flushes in women with breast cancer: a prospective, randomized, controlled multicenter trial. Climacteric 11(2): 166–74 Frisk J, Spetz AC, Hjertberg H et al. (2008) Two Modes of Acupuncture as a Treatment for Hot Flushes in Men with Prostate Cancer-A Prospective Multicenter Study with Long-Term Follow-Up. Eur Urol. [Epub ahead of print] Gardani G, Cerrone R, Biella C (2007) A progress study of 100 cancer patients treated by acupressure for chemotherapy-induced vomiting after failure with the pharmacological approach. Minerva Med 98(6): 665–8 Genuis ML (1995) The use of hypnosis in helping cancer patients control anxiety, pain, and emesis: a review of recent empirical studies. Am J Clin Hypn 37: 316–325
Gielissen MF, Verhagen CA, Bleijenberg G (2007) Cognitive behaviour therapy for fatigued cancer survivors: long-term follow-up. Br J Cancer 97 (5): 612–8 Given B, Given CW, McCorkle R et al. (2002) Pain and fatigue management: Results of a nursing RCT. Oncol Nurs Forum 29 Gottschling S, Reindl TK et al. (2008) Acupuncture to alleviate chemotherapy-induced nausea and vomiting in pediatric oncology – a randomized multicenter crossover pilot trial. Klin Padiatr 220(6): 365–70 Guo R, Zhang L, Gong Y, Zhang B (1995) The treatment of pain in bone metastasis of cancer with the analgesic decoction of cancer and the acupoint therapeutic apparatus. J Tradit Chin Med 15: 262–264 Hayes RB et al. (2005) Acupuncture for hot flashes in prostate cancer patients. JCO 23 (Suppl 16): 8160 Hickok JT, Roscoe JA, Morrow GR, Ryan JL (2007) A phase II/III randomized, placebo-controlled, double-blind clinical trial of ginger (Zingiber officinale) for nausea caused by chemotherapy for cancer: a currently accruing URCC CCOP Cancer Control Study. Support Cancer Ther 4(4): 247–50 Huang GX, Zhao C, Han F et al. (2003) Clinical study in prophylactic use of chinesemedicine to prevent chemoradiotherapy induced mucositis in nasopharyngeal carcinoma. Ai Zheng 22(10): 1084–7 Jadad AR, Browman GP (1995) The WHO analgesic ladder for cancer pain management: stepping up the quality of ist evaluation. JAMA 274: 1870–1873 Johnstone PA, Bloom TL, Niemtzow RC et al. (2003) A prospective, randomized pilot trial of acupuncture of the kidney-bladder distinct meridian for lower urinary tract symptoms. J Urol 169(3): 1037–9 Johnstone PA, Niemtzow RC, Riffenburgh RH (2002) Acupuncture for xerostomia: clinical update. Cancer 94(4): 1151–6 Johnstone PA, Peng YP, May BC et al. (2001) Acupuncture for pilocarpine-resistant xerostomia following radiotherapy for head and neck malignancies. Int J Radiat Oncol Biol Phys 50(2): 353–7 Kabat-Zinn J, Lipworth L, Burney R (1985) The clinical use of mindfulness meditation for the self-regulation of chronic pain. J Behav Med 8: 163–190 Keefe FJ, Abernethy AP, Campbell LC (2005) Psychological approaches to understanding and treating disease-related pain. Annu Rev Psychol 56: 601–630 Kim S, Kim H (2005) Effects of a relaxation breathing exercise on fatigue in haemopoietic stem cell transplantation patients. J Clin Nurs 14: 51–55 Kutner JS, Smith MC, Corbin L et al. (2008) Massage therapy versus simple touch to improve pain and mood in patients with advanced cancer: a randomized trial. Ann Intern Med 149(6): 369–79 Lee J, Dodd MJ, Dibble SL, Abrams DI (2008) Nausea at the end of adjuvant cancer treatment in relation to exercise during treatment in patients with breast cancer. Oncol Nurs Forum 35(5): 830–5 Levine ME, Gillis MG, Koch SY et al. (2008) Protein and ginger for the treatment of chemotherapy-induced delayed nausea. J Altern Complement Med 14(5): 545–51 Lilleby K, Garcia P, Gooley T et al. (2006) A prospective, randomized study of cryotherapy during administration of high-dose melphalan to decrease the severity and duration of oral mucositis in patients with multiple myeloma undergoing autologous peripheral blood stem cell transplantation. Bone Marrow Transplantation 37(11): 1031–5 Loprinzi CL, Cianflone SG, Dose AM et al. (1990) A controlled evaluation of an allopurinol mouthwash as prophylaxis against 5-FUinduced stomatitis. Cancer 65: 1879–1882 Lyles JN, Burish TG, Krozely MG, et al. (1982) Efficiacy of relaxation training and guided imagery in reducing the adversiveness of cancer chemotherapy. J Consult Clin Psychol 50: 509–524
267 Literatur
Mahood DJ, Dose AM, Loprinzi CL et al. (1991) Inhibition of fluorouracil-induced stomatitis by oral cryotherapy. Journal of Clinical Oncology 9(3): 449–52 Manusirivithaya S, Sripramote M, Tangjitgamol S et al. (2004) Antiemetic effect of ginger in gynecologic oncology patients receiving cisplatin. Int J Gynecol Cancer 14(6): 1063–9 Martinsen EW (2008) Physical activity in the prevention and treatment of anxiety and depression. Nord J Psychiatry 62 Suppl 47: 25–9 Mead GE, Morley W, Campbell P et al. (2008) Exercise for depression. Cochrane Database Syst Rev 4: CD004366 Mock V, Barton Burke M, Sheeran P et al. (1994) A nursing rehabilitation program for women with breast cancer receiving adjuvant chemotherapy. Oncol Nurs Forum 21: 899–907 Mock V, Dow KH, Meares CJ et al. (1997) Effects of exercise on fatigue, physical functioning, and emotional distress during radiation therapy for breast cancer. Oncol Nurs Forum 24 (6): 991–1000 Mock V, Frangakis C, Davidson NE et al. (2005) Exercise manages fatigue during breast cancer treatment: a randomized controlled trial. Psychooncology 14 (6): 464–77 Molassiotis A (2000) A pilot study of the use of progressive muscle relaxation training in the management of post-chemotherapy nausea and vomiting. Eur J Cancer Care (Engl) 9: 230–234 Molassiotis A, Yung Hilary P, Yam Bernard MC et al. (2002) The effectiveness of progressive muscle relaxation training in managing chemotherapy-induced nausea and vomiting in Chinese breast cancer patients: A randomised control trial. Support Care Cance 10: 237–246 Molassiotis A, Helin AM, Dabbour R, Hummerston S (2007) The effects of P6 acupressure in the prophylaxis of chemotherapy-related nausea and vomiting in breast cancer patients. Complement Ther Med 15(1): 3–12 Molassiotis A, Sylt P, Diggins H (2007) The management of cancerrelated fatigue after chemotherapy with acupuncture and acupressure: a randomised controlled trial. Complement Ther Med 15(4): 228–37 Monga U, Garber SL, Thornby J et al. (2007) Exercise prevents fatigue and improves quality of life in prostate cancer patients undergoing radiotherapy. Arch Phys Med Rehabil 88(11): 1416–22 Montgomery GH, Weltz CR, Seltz M et al. (2002) Brief presurgery hypnosis reduces distress and pain in excisional breast biopsy patients. Int J Clin Exp Hypn 50: 17–32 Mori T, Hasegawa K, Okabe A et al. (2008) Efficacy of mouth rinse in preventing oral mucositis in patients receiving high-dose cytarabine for allogeneic hematopoietic stem cell transplantation. Int J Hematol [Epub ahead of print] National Comprehensive Cancer Network (NCCN) Clinical Practice Guidelines in Oncology: Cancer-related fatigue. Version 4.2007. www. nccn.org Nedstrand E, Wijma K, Wyon Y, Hammar M (2005) Applied relaxation and oral estradiol treatment of vasomotor symptoms in postmenopausal women. Maturitas 51(2): 154–62 Nedstrand E, Wyon Y, Hammar M, Wijma K (2006) Psychological wellbeing improves in women with breast cancer after treatment with applied relaxation or electro-acupuncture for vasomotor symptom. J Psychosom Obstet Gynaecol 27(4): 193–9 Newton RU, Galvão DA (2008) Exercise in prevention and management of cancer. Curr Treat Options Oncol 9 (2–3): 135–46 Oberbaum M, Yaniv I, Ben-Gal Y et al. (2001) A randomized, controlled clinical trial of the homeopathic medication TRAUMEEL S in the treatment of chemotherapy-induced stomatitis in children undergoing stem cell transplantation. Cancer 92(3): 684–90
Pace A, Savarese A, Picardo M et al. (2003) Neuroprotective effect of vitamin E supplementation in patients with cisplatin chemotherapy. J Clin Oncol 21: 927–931 Phillips KD, Skelton WD, Hand GA (2004) Effect of acupuncture administered in a group setting on pain and subjective peripheral neuropathy in persons with human immunodeficiency virus disease. Journal of Alternative and Complementary Medicine 10 (3): 449–455 Pirl WF, Greer JA, Goode M, Smith MR (2008) Prospective study of depression and fatigue in men with advanced prostate cancer receiving hormone therapy. Psychooncology 17(2): 148–53 Preuss HG, Marcusen C, Regan J et al. (2001) Randomized trial of a combination of natural products (cernitin, saw palmetto, B-sitosterol, vitamin E) on symptoms of benign prostatic hyperplasia (BPH). Int Urol Nephrol 33(2): 217–25 Raedsch R, Hanisch J, Bock P et al. (2007) Assessment of the efficacy and safety of the phytopharmacon STW 5 versus metoclopramide in functional dyspepsia--a retrolective cohort study. Z Gastroenterol 45(10): 1041–8 Richardson J, Smith JE, McCall G et al. (2007) Hypnosis for nausea and vomiting in cancer chemotherapy: a systematic review of the research evidence. Eur J Cancer Care (Engl) 16(5): 402–12 Rico RC, Trudnowski RJ (1992) Studies with electro-acupuncture. J Med 13: 247–251 Rydholm M, Strang P (1999) Acupuncture for patients in hospital-based home care suffering from xerostomia. J Palliat Care 15(4): 20–3 Schwartz AL, Mori M, Gao R et al. (2001) Exercise reduces daily fatigue in women with breast cancer receiving chemotherapy. Med Sci Sports Exerc 33 (5): 718–23 Shlay JC, Chaloner K, Max MB et al. (1998) Acupuncture and Amitriptyline for Pain Due to HIV-Related Peripheral Neuropathy. A Randomized Controlled Trial. JAMA 280 (18): 1590–1595 Siswanto et al. (2006) Patients with cisplatin-induced peripheral neuropathy are characterized by a low plasma level of vitamin E Annals of Oncology 17 (Suppl. 9): 298–298 Sonis S, kunz A (1988) Impact of improved dental services on the frequency of oral complications of cancer therapy for patients with non-head-and-neck malignancies. Oral Surg Oral Med Oral Pathol 65: 19–22 Sontakke et al. (2003) Ginger was an antiemetic in nausea and vomiting induced by chemotherapy – A randomized cross-over, double blind study. Indian Journal of Pharmacology 35 (1): 32–36 Sorensen JB, Skovsgaard T, Bork E et al. (2006) Prophylaxis of chemotherapy-induced oral mucositis: Double blind placebo-controlled randomized study of chlorhexidine versus placebo and with nonblinded randomized comparison to oral cooling (cryotherapy). Annals of Oncology 17 (Suppl. 9): 286 Spahn G, Paul A, Dobos G et al. (2003) Improvement of fatigue and role function of cancer patients after an outpatient integrative mind/body intervention. FACT 8: 540 Stone P, Richardson A, Ream E et al. (2000) Cancer-related fatigue: inevitable, unimportant and untreatable? AnnOncol 11: 971–975 Ströhle A (2008) Physical activity, exercise, depression and anxiety disorders. J Neural Transm [Epub ahead of print] Sutton LM, Porter LS, Keefe FJ (2002) Cancer pain at the end of life: a biopsychosocial perspective. Pain 99: 5–10 Svanberg A, Birgegård G, Ohrn K (2007) Oral cryotherapy reduces mucositis and opioid use after myeloablative therapy – a randomized-controlled trial. Supportive Care Cancer 15: 1155–1161 Syrjala KL, Donaldson GW, Davis MW et al. (1995) Relaxation and imagery and cognitive-behavioral training reduce pain during cancer treatment: a controlled clinical trial. Pain 63(2): 189–98
15
268
15
Kapitel 15 · Komplementäre Therapieverfahren
Tsavaris N, Caragiauris P, Kosmidis P (1988) Reduction of oral toxicity of 5-FU by allopurinol mouthwashes. Eur J Surg Oncol 14: 405–406 Vasterling J, Jenkins RA, Tope DM et al. (1993) Cognitive distraction and relaxation training for the control of side effects due to cancer chemotherapy. J Behav Med 16: 65–80 Vickers AJ, Straus DJ, Fearon B, Cassileth BR (2004) Acupuncture for postchemotherapy fatigue: a phase II study. J Clin Oncol 22(9): 1731–5 Visovsky C, Collins M, Abbott L, et al. (2007) Evidence-based interventions for chemotherapy-induced peripheral neuropathy. Clinical Journal of Oncology Nursing 11 (6): 901–913 Vogelzang NJ, Breitbart W, Cella D et al. (1997) Patient, caregiver, and oncologist perceptions of cancer-related fatigue. Semin Hematol 34(suppl 2): 4–12 Wadleigh RG, Redman RS, Graham ML et al. (1992) Vitamin E in the treatment of chemotherapy-induced mucositis. Am J Med 92: 481–484 Wang J (2002) Effect on Chinese herbs decoction gargling to treat and to prevent chemotherapy caused stomatitis. Chinese Nursing Research 16(10): 578–9 Wilke DJ, Kampbell J, Cutshall S et al. (2000) Effects of massage on pain intensity, analgesics and quality of life in patients with cancer pain: a pilot study of a randomized clinical trial conducted within hospice care delivery. Hosp J 15 (3): 31–53 Wilt T, Ishani A, Mac Donald R (2002) Serenoa repens for benign prostatic hyperplasia. Cochrane Database Syst Rev 3: CD001423 Wilt T, Ishani A, Mac Donald R et al. (2002) Pygeum africanum for benign prostatic hyperplasia. Cochrane Database Syst Rev 1: CD001044 Wilt T, Mac Donald R, Ishani A, Rutks I, Stark G (2000) Cernilton for benign prostatic hyperplasia. Cochrane Database Syst Rev 2: CD001042 Windsor PM, Nicol KF, Potter J (2004) A randomized, controlled trial of aerobic exercise for treatment-related fatigue in men receiving radical external beam radiotherapy for localized prostate carcinoma. Cancer 101(3): 550–7 Winningham ML, MacVicar MG (1988) The effect of aerobic exercise on patient reports of nausea. Oncol Nurs Forum 15: 447–450 Wong R, Sagar S (2006) Acupuncture treatment for chemotherapyinduced peripheral neuropathy--a case series. Acupunct Med 24(2): 87–91 Worthington HV, Clarkson JE, Eden TOB (2007) Interventions for preventing oral mucositis for patients with cancer receiving treatment. Cochrane Database Syst Rev 4: CD000978 Wyon Y, Wijma K, Nedstrand E, Hammar M (2004) A comparison of acupuncture and oral estradiol treatment of vasomotor symptoms in postmenopausal women. Climacteric 7(2): 153–64 Zaza C, Baine N (2002) Cancer pain and psychosocial factors: a critical review of the literature. J Pain Symtpom Manage 24: 526–542 Zhang et al. (2007) Chinese medicinal herbs to treat the side-effects of chemotherapy in breast cancer patients. Cochrane Database Syst Rev 2: CD004921 Zick SM, Ruffin MT, Lee J et al. (2008) Phase II trial of encapsulated ginger as a treatment for chemotherapy-induced nausea and vomiting. Support Care Cancer [Epub ahead of print]
Literatur zu Kap. 15.12 AHCPR Publication (1992) 92–0032: 100–107 Blanchard CM, Courneya KS, Stein K; American Cancer Society’s SCS-II (2008) Cancer survivors’ adherence to lifestyle behavior recommendations and associations with health-related quality of life: results from the American Cancer Society’s SCS-II. J Clin Oncol 26(13): 2198–204
16 Notfälle in der Uroonkologie T. Otto
16.1 Harnverhalt
– 269
16.2 Harnblasentamponade
– 269
16.3 Postrenales Nierenversagen 16.4 Urosepsis
– 270
– 270
16.5 Fournier-Gangrän
– 270
16.6 Notfälle durch lokal destruierendes Tumorwachstum 16.7 Komplikationen im Rahmen der Chemotherapie
Uroonkologische Notfälle treten erkrankungs- und/oder therapiebedingt auf. Häufig kommt erschwerend ein reduzierter Allgemeinzustand in Verbindung mit eingeschränkten Organreserven hinzu. Die Diagnostik von Symptomen, die auf eine Notfallsituation hinweisen, ist durch eine Chemotherapie oder supportive Behandlung (Schmerztherapie) erschwert, dies bedarf der Berücksichtigung.
– 272
Prognose des individuellen Patienten, dem Allgemeinzustand und biologischen Alter abhängig. Die Anlage eines suprapubischen Harnblasenkatheters bei Inoperabilität oder unter palliativen Gesichtspunkten ist möglich (Surange et al. 2001; Wrede-Seaman 2001).
16.2 16.1
Harnverhalt
Ein Harnverhalt tritt meist im Verlauf einer urologischen Tumorerkrankung, z. B. bei Prostata- oder Harnblasenkarzinom, auf, kann aber grundsätzlich durch alle Tumorerkrankungen im kleinen Becken ausgelöst werden. Opioidhaltige Analgetika, Schmerztherapie über Peridualkatheter können Ursache für einen Harnverhalt sein. Symptome sind Schmerzen, eine Überlaufinkontinenz und bei chronischem Harnverhalt ein Nierenversagen. Die sofortige Entlastung der Harnblase über einen Blasenkatheter ist obligat. Im Anschluss an die Notfallbehandlung erfolgt die weiterführende Diagnostik. Über die transurethrale Tumorresektion beim Harnblasenkarzinom oder die endoskopische Resektion der Prostata kann die Ursache eines Harnverhalts mittels minimal invasiver Maßnahmen beseitigt werden. Weitere operative Verfahren sind u. a. vom Tumorstadium, der
– 270
Harnblasentamponade
Einen Sonderfall des akuten Harnverhaltes stellt die Harnblasentamponade dar, d. h. ein durch eine Blutung und Ansammlung von Blutkoageln verursachter Harnverhalt mit konzentrisch der Harnblase anhaftenden Koageln. Diese können nicht über einen Harnblasenkatheter ausgespült werden. In diesem Fall muss die Harnblase endoskopisch von Blutkoageln durch transurethrale Elektroresektion befreit und die Blutungsquelle gestillt werden (Russo 2000; Zaak et al. 2003). Eine Blutung in die Harnblase kann durch einen Tumor (Urothelkarzinom der Harnblase, Adenokarzinom der Prostata oder in die Harnblase infiltrierende Dickdarm-/Zervixkarzinome) hervorgerufen werden, tritt aber auch im Rahmen einer Chemo- oder Radiotherapie auf. Unter der Behandlung mit alkylierenden Zytostatika (z. B. Cyclophosphamid) führt die Ausscheidung der Substanzen oder ihrer Abbauprodukte im Urin zu Blasenwandveränderungen, wodurch eine hämorrhagische
270
Kapitel 16 · Notfälle in der Uroonkologie
Zystitis hervorgerufen werden kann (Anderson 2003; Klastersky 2003; Luce u. Simons 1988). Aber auch die Wirkungen einer Zytostatikatherapie auf die Blutbildung und Gerinnung können zu Harnblasentamponaden und transfusionspflichtigen Blutungen in die Harnblase führen, die der sofortigen Stabilisation bedürfen.
16.3
Postrenales Nierenversagen
Ursache können eine subvesikale Obstruktion verursacht durch ein Prostatakarzinom, eine Obstruktion der Harnleiterostien auf Harnblasenwandniveau (z. B. durch Harnblasentumor), Tumoren im Harnleiter oder eine extrinsische Kompression des Harnleiters im Retroperitoneum (Lymphome, Metastasen, Fibrosen nach Radiotherapie) sein. Die Harnstauung führt zu einer druckbedingten Schädigung der Nieren mit konsekutiver Reduktion der Nierenfunktion, weshalb eine notfallmäßige Beseitigung der Harnstauung, gerade auch im Hinblick auf weitere Zytostatikagabe (Dosiserhalt), evident ist. Eine einfache Form der Harnableitung ist die Nierenfistelung. Vor dem Hintergrund des Erhalts der Lebensqualität ist eine innere Schienung des Harnleiters anzustreben. Eine Beseitigung des Abflusshindernisses (Tumors) ist im Rahmen eines endourologischen Eingriffs möglich. Eine offen operative Entfernung eines Tumors, z. B. im Retroperitoneum, muss für den einzelnen Patienten interdisziplinär unter Berücksichtigung von Allgemeinzustand, Tumorstadium und Lebensqualität diskutiert werden. Unter palliativer Zielsetzung bedarf die einseitige, nicht symptomatische Harnstauungsniere bei normaler kontralateraler Niere keiner Intervention (Hyppolite et al. 1995; Keidan et al. 1988; Zaak et al. 2003).
16.4
16
Urosepsis
Einen Sonderfall stellt die Urosepsis dar. Bei einem Harnwegsinfekt in Verbindung mit einer Harnstauung besteht die Gefahr einer Urosepsis. Gerade Tumorpatienten sind häufig immunsupprimiert, wodurch die Symptome wie Fieber laviert sind und der Verlauf letal enden kann. Bei Tumorpatienten mit Fieber, Infekt und Ektasie des Nierenbeckens muss eine Urosepsis ausgeschlossen werden. In Ergänzung zur antibiotischen Therapie ist die direkte Ableitung des Harns über eine Nierenfistel oder innere Harnleiterschienung ohne Verzögerung durchzuführen. In der besonderen Situation einer septischen Niere kann die notfallmäßige Nephrektomie erforderlich sein (Hoe et al. 1993; Hofmann 1990).
16.5
Fournier-Gangrän
Die Fournier-Gangrän ist ein lebensbedrohliches Krankheitsbild, welches sich aus jeder Hautläsion in der perinealen, genitalen und perianalen Region entwickeln kann. Einer der prädisponierenden Faktoren ist die Immunsuppression, aber auch Tumorerkrankungen im anogenitalen Bereich, die häufig exulzerierend wachsen und eine Eintrittspforte für Erreger bilden (Faber et al. 1998; Gurdal et al. 2003; Martinelli et al. 1998). Hierbei kommt es fast immer zu einer bakteriellen Besiedlung mit Fötor und septischen Wundverhältnissen. Es handelt sich bei der Fournier-Gangrän um eine Mischinfektion aus aeroben und anaeroben Erregern, die zu einer phlegmonösen Entzündung von Kutis, Subkutis, Faszie und Muskulatur führen, sog. Fasciitis necroticans (Edmondson et al. 1992). Die Entzündung breitet sich rasch entlang der Faszien schrankenlos aus und führt in 20% der Fälle zu septischem Schock mit Multiorganversagen (Korkut et al. 2003). Im Vordergrund der Behandlung steht die chirurgische Exzision sämtlicher betroffener Areale. Antibiotische, antithrombotische und intensivmedizinische Maßnahmen ergänzen die Therapie.
16.6
Notfälle durch lokal destruierendes Tumorwachstum
16.6.1 Peniskarzinom
Symptome fortgeschrittener Peniskarzinome im Stadium III und IV sind das Vorliegen ausgedehnter, exulzerierter Lymphknotenmetastasen in Verbindung mit organüberschreitenden Tumoren. Patienten dieser Stadien weisen eine 5-Jahres-Überlebensrate von 10% bis maximal 30% auf (Eisenberger et al. 1992). Die induktive, systemische Polychemotherapie mit Cisplatin, Methotrexat und Bleomycin ist palliativ ausgerichtet (Haas et al. 1999; Lümmen et al. 1997). Objektive Ansprechraten treten bei weniger als 30% der Patienten auf, und insbesondere Symptome wie Exulzerationen bilden sich unter Chemotherapie nicht zurück. Hinweis
I
I
Die Beseitigung des verjauchenden Befundes und Wiederherstellung der Lebensqualität stehen im Vordergrund.
Konzepte der neoadjuvanten Chemotherapie in Verbindung mit plastisch-chirurgischen Maßnahmen stellen
271 16.6 · Notfälle durch lokal destruierendes Tumorwachstum
ein aufwändiges, palliatives Behandlungskonzept für Patienten mit lokal destruierendem, lymphoregionär metastasiertem Peniskarzinom dar. Durch ausgedehnte Tumorresektionen entstehen Weichteildefekte in Projektion auf das Perineum, die Inguinalregion sowie den Unterbauch und den Mons pubis. Zur plastischen Deckung der Defekte eignet sich die Verwendung sog. myokutaner Lappen. In der plastisch-rekonstruktiven Chirurgie ausgedehnter Defekte finden die folgenden myokutanen Lappen Anwendung:
M.-rectus-abdominis-Lappen,
M.-tensor-fascia-latae-Lappen,
M.-gracilis-Lappen,
M.-glutaeus-maximus-Lappen. Die Tumorresektion und plastische Chirurgie in einer Sitzung ist notwendig. Präoperativ erfolgt eine Vorbehandlung mit Cotrimoxazol, alternativ Ciprofloxazin und Mitronidazol über 2 Wochen. Symptome sind:
ausgedehnte Leisten- und Perinealdefekte,
Fötor,
Schmerzen,
Immobilisation,
soziale Isolation. Die En-bloc-Resektion des Tumors erfolgt kombiniert mit einer ausgedehnten inguinalen und pelvinen Lymphadenektomie. Ein primärer Defektverschluss ist in der Regel möglich. Die Defektgröße kann nach En-bloc-Resektion bis zu 45×30 cm betragen. Die Operationszeit beträgt im Mittel 4,5 h (»range«: 45 min bis 7,2 h). Die Operationszeit zur Anlage jeweils eines Lappens beträgt 75 min (»range«: 40–110 min). Eine primäre Wundheilung besteht bei 90% der Patienten. Lappennekrosen sind bei Beachtung der operativen Voraussetzungen mit 5% selten. Die mediane Krankenhausverweildauer ist 15,8 Tage (»range«: 7–28 Tage). Ein Einfluss auf die Systemerkrankung ist nicht gegeben. Die notfallmäßige Deckung großer Weichteildefekte durch Verwendung myokutaner Schwenklappen, (wie Mm. tensor fasciae latae + rectus + glutaeus maximus) stellt ein sicheres Verfahren in der primären Versorgung auch kontaminierter oder strahlentherapierter Befunde dar ( Abb. 16.1 und 16.2).
16.6.2 Fraktur bei Knochenmetastasen
Urologische Tumoren wie das Prostata-, Harnblasen- und Nierenzellkarzinom können ossäre Metastasen bilden. Neurologische Symptome und Ausfallerscheinungen sind
Abb. 16.1. 37 Jahre alter Patient mit einem M.-tensor-fasciae-lataeLappen beidseits, Penisschafthautentfernung, Meshgraft-Deckung und partieller Penektomie
Abb. 16.2. 71 Jahre alter Patient mit M.-tensor-fasciae-latae-Lappen beidseits, M. -rectus-abdominis-Lappen und M.-glutaeus-maximus-Lappen bei ausgedehntem, tumorbedingtem Weichteildefekt (45×30 cm)
dringend hinsichtlich einer ossären Metastasierung mit möglicher Fraktur abzuklären. Die Diagnostik ist umgehend einzuleiten und hat interdisziplinär zu erfolgen. Das Therapieziel ist die Schmerzbeseitigung, Vermeidung und Beseitigung neurologischer Ausfälle und Lähmungen und die Wiederherstellung der Lebensqualität. Bei urologischen Tumoren erfordert dies die enge Zusammenarbeit von Urologen, Onkologen, Neuro-/ Unfallchirurgen und Strahlentherapeuten. Im Rahmen klinischer Studien zum hormonrefraktären Prostatakarzinom und Harnblasenkarzinom ist eine operative Intervention bedingt durch ossäre Metastasen bei bis zu jedem 5. Patienten notfallmäßig erforderlich ( Abb. 16.3). Der randomisierte Vergleich der definitiven Strahlentherapie mit dem primär operativen Vorgehen mit konsekutiver adjuvanter Strahlentherapie belegt
16
272
Kapitel 16 · Notfälle in der Uroonkologie
16.7
Komplikationen im Rahmen der Chemotherapie
Substanzspezifische Toxizitäten, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und therapiebedingte Modifikationen der Dosierung müssen neben dem Alter, dem Allgemeinzustand und der Vorbehandlung des Patienten bei der Diagnostik und Behandlung von Komplikationen im Rahmen der Chemotherapie berücksichtigt werden. Grundsätzlich sollten akute Nebenwirkungen der Zytostatika von Notfällen bei der Verabreichung der Chemotherapie unterschieden werden (Bart 2002; Keidan et al. 1988; Rübben 2000).
Abb. 16.3. 73 Jahre alter Patient mit ausgedehntem Beckenwandrezidiv eines Urothelkarzinoms der Harnblase mit Einbruch ins Becken und Azetabulum. Bei tumorbedingter Instabilität erfolgte notfallmäßig die operative Stabilisierung
Tab. 16.1. Therapie bei Spinalkanalkompression im Stadium M1. (Nach Patchell et al. 2005) Therapie bei Spinalkanalkompression im Stadium M1
Patienten (n)
Gehfähigkeit
Operation + Radiotherapie
50
42 (84%)
Radiotherapie
51
29 (57%)
Akute Nebenwirkungen
ANE-Syndrom
die Entscheidung zur notfallmäßigen operativen Stabilisierung bzw. Dekompression ( Tab. 16.1; Patchell et al. 2005).
16.6.3 Tumorbedingte Fisteln
16
Tumorbedingte Fisteln vom Harnleiter zu den Iliakalgefäßen oder ureterokolische Fistel oder arteriokolische Fisteln sind beschrieben. Die Beherrschung solcher Notfallsituationen stellt eine Herausforderung dar. Die Arbeitsgruppe um Eimer et al. (2008) hat die minimalinvasive, endoskopische Versorgung einer simultanen arterioureteralen, ureterokolischen wie arteriokolischen Fistel auf dem Boden eines Karzinoidsyndroms beschrieben. Zum Einsatz kommen Techniken der Embolisation gleichermaßen wie die Einlage von abdichtenden Gefäßstents, die eine Fistel zu den Iliakalgefäßen abdichten kann. Bei derartigen Eingriffen ist eine urologisch radiologische Kooperation Voraussetzung.
– Anorexie – Nausea – Erbrechen – Akut (innerhalb von 24 h) – Chronisch (wichtig: Konditionierung) Fieber unklarer Herkunft Knochenmarkdepression (Nadir) – Infektion – Blutungsneigung – Anämiezeichen Nephrotoxizität – Hämorrhagische Zystitis – Sekundäre Hyperurikämie Hepatotoxizität Kardiotoxizität – Herzrhythmusstörungen – Herzinsuffizienz Neurotoxizität – Periphere Polyneuropathie – Störungen der Darmmotilität – Zentralnervöse Störungen
16.7.1 Notfälle bei der Verabreichung
der Chemotherapie
Notfälle bei der Durchführung
Paravasat – Mit Gewebsnekrose – Mit Entzündung (seltener Gewebsnekrose)
Akute Kontamination – Direkte Wirkung auf Haut, Schleimhaut und Konjunktiven
273 16.7 · Komplikationen im Rahmen der Chemotherapie
– Perkutane Aufnahme
Entsorgung – Schutzmaßnahmen und Sicherheitsregeln wie bei der Zubereitung und Verabreichung – Flüssigkeits- und aerosoldichte Verpackung – Kennzeichnung – Separate Entsorgung wie Infektionsmüll
Extravasate und Paravasate sind besondere Notfälle von zentraler Bedeutung. Schwere Nekrosen nach Paravasation verursachen Doxorubicin, Epirubicin, Mitomycin und Vinblastin. Bei jeder Paravasation ist die Infusion direkt zu stoppen. Über den liegenden venösen Zugang wird möglichst viel Flüssigkeit aspiriert. Erst danach erfolgt die Aufschwemmung und Verdünnung des Paravasates mit isotonischer Kochsalzlösung. Anschließend sollten allgemeine Maßnahmen wie Hochlagerung, Ruhigstellung und Kühlung (nicht in allen Fällen, Ausnahmen sind Vinblastin/Vincristin und Etoposid!) der Extremität und die Infiltration des Paravasatgebietes mit Dexamethason und Heparin folgen. Neben den geschilderten allgemeinen und symptomorientierten Maßnahmen existieren für Zytostatika auch substanzspezifische Maßnahmen ( Tab. 16.2).
Tab. 16.2. Antidote bei Extravasation von Zytostatika Zytostatikum
Antidot
Dosierung
Methotrexat
Folsäure (3 mg/5 ml)
5 ml
Cyclophosphamid
Natriumsulfat (2,9%)
5 ml
Etoposid
Hyaluronidase (150 μg/ml) + Wärme
1 ml
Vinblastin/ Vincristin
Natriumbicarbonat 8,4% oder Hyaluronidase (150 μg/ml) + trockene Wärme 1 ml
5 ml
Mitomycin
Natriumthiosulfat (10%) oder
4 ml
Ascorbinsäure (50 mg/ml) oder
1 ml
Natriumbikarbonat 8,4%
5 ml
Doxorubicin/EpirubicinNatriumbikarbonal 8,4% + Dexamethason 1 Woche lang mit Dimethylsulfoxid (DMSO) bepinseln, evtl. lokale Infiltration von Hyaluronidase (150 μg/ml)
5 ml
Eine Dokumentation jedes Zytostatikazwischenfalls ist unabdingbar. Als Spätkomplikation können Narben und Kontrakturen auftreten, die der plastischen und funktionellen Korrektur bedürfen (Otto u. Rübben 1994; Peters u. Illinger 1987).
Literatur Anderson P (2003) Macroscopic haematuria and urological cancer. Br J Gen Pract 53: 242 Bart J (2002) Zytostatika-Herstellung in der Apotheke. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart Edmondson RA, Banerjee AK, Rennie JA (1992) Fournier’s gangrene: an aetiological hypothesis. Br J Urol 69: 543–544 Eimer C, Gerullis H, Schwartmann K, El Baz A, Otto T (2008) Synchronous arterioureteral, ureterocolic and arteriocolic fistula in a patient with metastasised carcinoid tumor – An upcoming problem for long term survivors of anticancer therapy. Current Urology 2: 110–112 Eisenberger MA (1992) Chemotherapy for carcinomas of the penis and urethra. Urol Clin N Am 19: 333 Faber HJ, Girbes AR, Daenen S (1998) Fournier’s gangrene as first presentation of promyelocytic leukemia. Leuk Res 22: 473–476 Gurdal M, Yucebas E, Tekin A, Beysel M, Aslan R, Sengor F (2003) Predisposing factors and treatment outcome in Fournier’s gangrene. Analysis of 28 cases. Urol Int 70: 286–290 Haas GP, Blumenstein BA, Gagliano RG, Russell CA, Rivkin SE, Culkin DJ, Wolf M, Crawford ED (1999) Cisplatin, Methotrexate and Bleomycin for the Treatment of Carcinoma of the penis: a Southwest Oncology Group Study. J Urol Jun 161: 1823–1825 Hoe JW, Tung KH, Tan EC (1993) Re-evaluation of indications for percutaneous nephrostomy and interventional uroradiological procedures in pelvic malignancy. Br J Urol 71: 469–472 Hofmann W (1990) Urosepsis and uroseptic shock. Z Urol Nephrol 83: 317–324 Hyppolite JC, Daniels ID, Friedman EA (1995) Obstructive uropathy in gynecologic malignangy. Detrimental effect of intraureteral stent placement and value of percutaneous nephrostomy. ASAIO J 41: M318–323 Keidan RD, Greenberg RE, Hoffman JP, Weese JL (1988) Is percutaneous nephrostomy for hydronephrosis appropriate in patients with advanced cancer? Am J Surg 156: 206–8 Klastersky J (2003) Side effects of ifosfamide. Oncology 65: 7–10 Korkut M, Icoz G, Dayangac M, Akgun E, Yeniay L, Erdogan O, Cal C (2003) Outcome analysis in patients with Fournier’s gangrene: report of 45 cases. Dis Colon Rectum 46: 649–652 Luce JK, Simons JA (1988) Efficacy of mesna in preventing further cyclophosphamide-induced hemorrhagic cystitis. Med Pediatr Oncol 16: 372–374 Lümmen G, Sperling H, Pietsch M, Otto T, Rübben H (1997) Behandlung und Verlauf von Patienten mit Plattenepithelkarzinom des Penis. Urologie (A): 36: 157–161 Martinelli G, Alessandrino EP, Bernasconi P, Caldera D, Colombo A, Malcovati L, Gaviglio MR, Vignoli GP, Borroni G, Bernasconi C (1998) Fournier’s gangrene: a clinical presentation of necrotizing fasciitis after bone marrow transplantation. Bone Marrow Transplant 22: 1023–1026 Otto T, Rübben H (1994) Chemotherapie – Hinweise zur Prophylaxe und Therapie von Komplikationen. In: Rübben H (Hrsg) Uroonkologie, 2. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Patchell RA, Tibbs PA, Regine WF, Payne R, Saris S, Kryscio RJ, Mohiuddin M, Young B (2005) Direct decompressive surgical resection in
16
274
Kapitel 16 · Notfälle in der Uroonkologie
the treatment of spinal cord compression caused by metastatic cancer: a randomised trial. Lancet 366 (9486): 643–648 Peters HD, Illinger HJ (1987) Sicherheitsbestimmungen und Maßnahmen bei der Kontamination. In: Schmoll HJ, Peters HD, Fink U (Hrsg) Kompendium internistische Onkologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Rübben H (Hrsg) (2000) Uroonkologie, 3. vollständig überarbeitete Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Russo P (2000) Urologic emergencies in the cancer patient. Semin Oncol 27: 284–98 Schmoll HJ, Peters HD, Fink U (1999) Kompendium internistische Onkologie, 3. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Surange RS, Jeygopal NS, Chowdhury SD, Sharma NK (2001) Bedside ultrasound: a useful tool for the on-call urologist? Int Urol Nephrol 32: 591–596 Wrede-Seaman LD (2001) Management of emergent conditions in palliative care. Prim Care 28:317–328 Zaak D, Hungerhuber E, Müller-Lisse U, Hofstetter A, Schmeller N (2003) Urological emergencies. Urologe A 42: 849–863
16
17 Uroonkologie beim älteren Patienten U. Wedding, C. Friedrich, S. Krege
17.1 Einleitung
– 275
17.2 Komorbidität
– 275
17.3 Funktionelle Kapazität
– 277
17.4 Operatives Vorgehen im Alter – 279 17.5 Chemotherapie im Alter – 280 17.6 Strahlentherapie im Alter – 281
17.1
Einleitung
Mit Ausnahme der Hodentumoren stellen urologische Malignome typische Erkrankungen des höheren Lebensalters dar. Das Spektrum dieser malignen Erkrankungen reicht dabei von sehr langsamen Verläufen ohne klinisch relevante Auswirkungen auf Morbidität oder Mortalität bis zu aggressiven Erkrankungen mit erheblichen Konsequenzen. In der Behandlung älterer Patienten gilt es, die Konsequenzen einer Therapie gegen den natürlichen Verlauf der Erkrankung unter Berücksichtigung der individuellen Belastbarkeit und Prognose sowie der Patientenpräferenzen abzuwägen. Wesentliche Fragen, die es vor einer Therapieentscheidung zu beantworten gilt, sind:
Ist die Tumorerkrankung für den Patienten in Bezug auf die Lebenserwartung limitierend?
Ist die Tumorerkrankung in Bezug auf die Lebensqualität des Patienten limitierend?
Verbessert die Therapie die Lebensqualität oder Lebenserwartung?
Stehen die Therapie(neben)wirkungen in einem angemessenen Verhältnis zum Therapienutzen?
17.2
Komorbidität
17.2.1 Bedeutung der Komorbidität
Mit zunehmendem Alter steigt die Prävalenz der Komorbiditäten an. In den Surveillance, Epidemiology and End-Result-Program (SEER)-Studien des National Institute on Aging (NIA) und des National Cancer Institute (NCI) betrug die Rate an Komorbiditäten bei den 55- bis 64-Jährigen 2,9, bei den 65- bis 74-Jährigen 3,4 und bei den >74-Jährigen 4,2. Ähnliche Daten wurden für Europa vom Eindhovener Krebsregister an 34.000 Tumorpatienten erhoben. Ein oder mehr Komorbiditäten waren bei 12% der <45-Jährigen, bei 28% der 45- bis 59-Jährigen und bei 53% der 60- bis 74-Jährigen nachzuweisen. Patienten mit einem Nierenzell-, Blasenund Prostatakarzinom gehörten zu den Tumorpatienten mit der höchsten Prävalenz an Komorbiditäten (54, 53 und 51%). Am häufigsten waren Herz-KreislaufErkrankungen (10–30%), chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen (3–25%), andere Krebserkrankungen (10–20%) und Diabetes mellitus (5–25%; Coebergh et al. 1999).
276
Kapitel 17 · Uroonkologie beim älteren Patienten
Tab. 17.1. Einfluss der Anzahl der Komorbiditäten auf die verbleibende Lebenserwartung in Jahren. (Nach Albertsen et al. 1996)
17
Anzahl der Komorbiditäten
Alter bei Diagnose 65
65
65
0
17,9
14,8
1,9
1
15,9
12,9
10,1
2
10,8
8,4
6,3
3
4,0
2,8
1,9
Komorbiditäten beeinflussen die verbleibende Lebenserwartung ( Tab. 17.1). Im Zusammenhang mit der zu behandelnden Tumorerkrankung ist zu ermitteln, welche Erkrankung die Prognose wirklich bestimmen wird (Konkurrenz der Todesursachen). Mit dem Alter nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass eine der Komorbiditäten die Prognose bestimmen wird. Eine mathematische Berechnung ist mit dem DEALE-Konzept (»eclining exponential approximation of life expectancy«) möglich, bei dem die Lebenserwartung invers zur Mortalitätsrate erfasst wird, wobei letztere die Summe aus altersspezifischer und krankheitsspezifischer Mortalität bildet (Welch et al. 1996). Weiterhin ist das Problem einer Interaktion zwischen Komorbiditäten und der Tumorerkrankung zu berücksichtigen. Für das Mammakarzinom konnte Folgendes nachgewiesen werden: Bei gleicher Schwere an Komorbiditäten überstieg die Mortalitätsrate von Patientinnen mit Mammakarzinom diejenige von Patientinnen ohne Mammakarzinom um 17% (Newschaffer et al. 1996). Um die Bedeutung der Komorbiditäten an einem urologischen Tumor zu verdeutlichen, sei das Prostatakarzinom angeführt. Tab. 17.1 gibt die altersabhängige Prävalenz und Art der Komorbiditäten bei Patienten mit Prostatakarzinom wieder. Albertsen et al. (1996) untersuchten die Aussagekraft von 3 Komorbiditätsindizes (Charlson-Index, ICED und Kaplan-Feinstein-Index) zum Überleben von 451 Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom im Alter zwischen 65 und 75 Jahren. Die Behandlung war in allen Fällen konservativ. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 15,5 Jahren lebten noch 40 Patienten (9%). 154 (43%) waren am Prostatakarzinom gestorben, 221 (48%) an anderen Ursachen, wobei bei 36/221 (8%) die Todesursache nicht ermittelt werden konnte (Albertsen et al. 1996). Alle 3 Indizes besaßen einen unabhängigen prädiktiven Wert für das Gesamtüberleben. Adjustierte man die Daten für Alter und Gleason-Score, ergab sich zu-
dem ein zwar geringer, aber doch signifikant prädiktiver Wert für das krankheitsspezifische Überleben. Eine Schlussfolgerung aus den Daten war, dass für über 70jährige Patienten mit Komorbiditäten (gemessen mittels des ICED-Score von 3, entsprechend 3 gut therapierte Erkrankungen bzw. 1 schlecht und 1 gut therapierte oder eingestellte oder 1 dekompensierte Erkrankung) und gut differenziertem Karzinom das kontrollierte Zuwarten der radikalen Prostatektomie überlegen ist (Kattan et al. 1997). Dies wurde bisher allerdings nicht in prospektiven Studien geprüft. Neuere Studien (Barry et al.2001; Froehner et al. 2003) kamen zu anderen Ergebnissen als Albertsen et al. (1996). So war die Überlebenswahrscheinlichkeit nach radikaler Prostatektomie selbst in der ungünstigsten Komorbiditätsklasse größer als die in der günstigsten Prognosegruppe in der von Albertsen et al. (1996) untersuchten Patientengruppe. Froehner et al. (2004) ermittelten, dass 4 der 19 im Charlson-Score aufgeführten Erkrankungen für eine Erhöhung der komorbiditätsspezifischen Mortalität bei Patienten nach radikaler Prostatektomie von signifikanter Bedeutung sind. Es waren schwere Herzinsuffizienz, periphere Gefäßerkrankung, chronische Lungenerkrankung und moderate bis schwere Nierenerkrankung (Froehner et al. 2004). Zu berücksichtigen ist hierbei das Zuweisungsverhalten zur kurativ intendierten, radikalen Operation. Da für die Prognose relevante einschränkende Komorbiditäten nur unterrepräsentiert zu finden sind, kann davon ausgegangen werden, dass die nur retrospektiv untersuchten Patienten eine positive Selektion erfahren haben.
17.2.2 Erfassung der Komorbiditäten
Zur Erfassung von Komorbiditäten stehen verschiedene Indizes zur Verfügung (Extermann 2000). Dabei sollten Anzahl und Schwere der Erkrankungen eingehen. Die vorhandenen Indizes sind nur zum Teil an geriatrischen Populationen oder für Tumorpatienten validiert.
Die gebräuchlichsten Indizes zur Erfassung von Komorbiditäten
Die ASA-Klassifikation (American Society of Anesthesiology Physical Status Classification) dient der anästhesiologischen Risikoabschätzung vor einem geplanten Eingriff; Wolters et al. 1996)
Der Charlson-Index erfasst 19 Erkrankungen in 4 Gruppen, denen jeweils ein relativer Risikofaktor
277 17.3 · Funktionelle Kapazität
zwischen 1 und 6 fest zugeordnet ist. Die relativen Risikofaktoren werden zu einem Summenscore addiert, aus dessen Höhe sich eine Risikogruppe ergibt, mittels derer die Prognose des Patienten eingeschätzt werden kann (Charlson et al. 1987).
Der ICED (Index of Coexisting Disease) gliedert sich in 2 Bereiche, einen krankheitsorientierten somatischen Bereich und einen funktionellen Bereich. Es werden 14 verschiedene medizinische Konditionen und 12 Funktionszustände erfasst. Jede Kategorie wird in 4 Schweregrade unterteilt. Dieser Index beantwortet Fragen in der Intensivmedizin (Greenfield et al. 1987).
Der Kaplan-Feinstein-Index fasst 12 Kategorien von Komorbiditäten zusammen, die das längerfristige Überleben des Patienten beeinträchtigen können. Jede Kategorie ist in 4 Schweregrade unterteilt (Kaplan u. Feinstein 1974).
Die Cumulative Illness Rating Scale existiert in einer speziellen Form für geriatrische Patienten (CIRS-G) und bewertet 14 Erkrankungsbereiche nach ihrem Schweregrad von 1–4.
Sowohl CIRS-G als auch der Charlson-Komorbiditätsindex sind bezüglich ihrer Interrater- und auch IntraraterReliabilität gut validiert. Außerhalb eines internistisch geprägten Umfelds erscheint der Charlson-Index aufgrund seiner strikten Definitionen der Erkrankungen praktikabler in der Durchführung.
17.3
Funktionelle Kapazität
Mit zunehmendem Alter weisen die Organsysteme des Menschen einen intra- wie interindividuell unterschiedlich stark ausgeprägten Funktionsverlust auf. Dieser Funktionsverlust ist sowohl auf zellulärer Ebene (z. B. oxidative Leistungsfähigkeit der Granulozyten) wie auch in der Leistungsfähigkeit des Gesamtorganismus nachweisbar, sofern die Leistungsgrenze erreicht wird. Unter Alltagsbedingungen zeigt sich aufgrund der Reserven des Gesamtorganismus trotz subklinischer Defizite keine relevante Beeinträchtigung. In der Situation erhöhter Anforderung, wie einer Tumortherapie, ob chirurgisch oder konservativ, werden diese funktionellen Defizite zur Limitation der Therapie. Dabei strebt das umfassende geriatrische Assessment (Comprehensive Geriatric Assessment, CGA) eine möglichst lückenlose Abbildung der Leistungsfähigkeit des älteren Organismus an. Die Domänen und zugehörigen Tesverfahren zeigt Tab. 17.2.
Tab. 17.2. Das umfassende geriatrische Assessment Domäne
Test
Alltagskompetenz
− Instrumentelle Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL) − Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL)
Kognition
− Mini Mental Status Examination (MMSE) − DemTect
Depression
− Geriatrische Depressionsskala (GDS)
Mobilität
− Timed-up&go-Test − Chair-rising-Test − Mobilitätstest nach Tinetti
Komorbidität
− Charlson-Index − Cumulative Illness Rating Scale (CIRS-G) − Index of Coexisting Diseases (ICED)
Ernährung
− Mini Nutritional Assessment (MNA)
Soziale Situation
− Erhebung der Versorgungsstruktur, Unterstützung
Lebensqualität
− Generische Instrumente: − SF 12/36 − EuroQOL − COOP-Charts − Tumorspezifische Instrumente: − QLQ-C30 mit Zusatzmodulen − FACT
17.3.1 Alltagskompetenz
Die Alltagskompetenz wird in zwei Bereiche differenziert. Die Grundversorgung körperlicher Bedürfnisse wird in den ADL nach Barthel erfasst. Dieser Index bewertet in einer 5-Punkte-Stufung die Bereiche Baden und Waschen mit jeweils 5 Punkten, Essen, Toilettenbenutzung, Treppensteigen, An- und Auskleiden sowie Stuhl- und Harnkontinenz mit jeweils 10 Punkten sowie Gehen und Transfer mit jeweils 15 Punkten. Aus dem sich ergebenden Summenwert zwischen 0 und 100 kann der Grundpflegebedarf abgeschätzt werden. Dabei ist aber zu beachten, dass der Test eine deutliche Tendenz oberhalb von 85 Punkten aufweist, die dazu führt, dass geringe Defizite nicht adäquat erfasst werden. Die einzelnen Bereiche können nur begrenzt gegeneinander aufgerechnet werden, so dass stets alle Bereiche einzeln berücksichtigt werden müssen. Werte unter 80 Punkten weisen auf einen relevanten täglichen Hilfsbedarf in der Grundversorgung des Betroffenen hin, d. h. Pflegebedürftigkeit. Die instrumentellen Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL) betreffen die Fähigkeit, einen Haushalt selbstständig
17
278
Kapitel 17 · Uroonkologie beim älteren Patienten
zu führen. Einkaufen, Telefonbenutzung, Kochen, Wäsche waschen, Benutzung von Transportmitteln, selbstständige Medikamenteneinnahme sowie Regelung der Geld- und Finanzangelegenheiten finden hierbei Berücksichtigung (Mahoney u. Barthel 1965; Lawton u. Brody 1988). Mit dem IADL-ADL-Konzept lässt sich die Lebensführung von der Selbstständigkeit im eigenen Haushalt bis zum fortgeschrittenen Grundpflegebedarf abbilden. Defizite in einer oder mehreren IADL-Domänen gehen mit einer Verdoppelung der 2-Jahres-Mortalität sowie einem 55%igen Risiko für die Entwicklung einer Demenz in den beiden Folgejahren einher, Defizite in einer ADL-Domäne führen zu einer Verdreifachung der 2-Jahres-Mortalität. Hinweis
I
I
Wesentlicher Bestandteil der ADL- und IADL-Bewertung ist nicht das potenzielle Leistungsvermögen des Betroffenen, sondern nur die tatsächlich erbrachte Leistung. Eine externe Validierung der Angaben ist bei Bedarf z. B. durch Angehörige notwendig.
17.3.2 Mobilität
Eingeschränkte Mobilität und Stürze stellen in der Geriatrie einen wichtigen Risikoindikator dar. Stürze spielen dabei nicht nur durch ihre unmittelbaren Konsequenzen mit Verletzungen im muskuloskelettalen Bereich eine Rolle, sondern dienen auch als Indikator für Gebrechlichkeit. So ist bei rezidivierenden Stürzen davon auszugehen, dass eine dauernde Immobilität droht. Die orientierende Bewertung des Risikos lässt sich dabei in zwei Bereiche gliedern: anamnestische Angaben (»Sind Sie in den letzten 8 Wochen gestürzt?«) sowie einfache Tests. Der Timed-up&go-Test misst die Zeit, die der Patient unter Nutzung seiner üblichen Hilfsmittel benötigt, um von einem Stuhl aufzustehen, 3 m zu gehen und
sich wieder zu setzen. Zeiten bis 10 s sind normal, Zeiten über 19 s weisen auf (I)ADL-relevante Defizite hin. Risikopersonen zwischen 11 und 20 s sollten frühzeitig entsprechend unterstützend therapiert werden, da bei einer Immobilisierung durch operative oder konservative Therapie durch den resultierenden Muskelabbau rasch die Grenze zur klinischen Relevanz erreicht wird (Podsiadlo u. Richardson 1991).
17.3.3 Kognition
Kognitive Defizite nehmen in ihrer Prävalenz mit zunehmendem Alter deutlich zu. So zeigen nur etwa 1% der unter 65-Jährigen eine Demenz, während bereits knapp 6% der Patienten zwischen 75 und 79 Jahren demenzielle Symptome aufweisen. Dabei lassen sich zwei Problemgruppen identifizieren. Die erste Gruppe mit mittleren und schweren Demenzsymptomen stellt in ihrer Erkennung kein eigentliches Problem dar. Wesentlich schwieriger ist die Einschätzung, wie weit fortgeschritten die Demenz in Bezug auf Krankheitsverständnis und Einwilligungsfähigkeit ist. Diese Entscheidung ist nur individuell unter Hinzuziehung entsprechender Fachkompetenz zu treffen. Die Gruppe der Patienten mit leichten demenziellen Veränderungen dagegen stellt eine diagnostische Herausforderung dar, da im unmittelbaren Patientenkontakt diese Defizite nicht mehr offensichtlich werden und von den Patienten, denen die Defizite in aller Regel bewusst sind, auch sehr geschickt hinter einer Fassade verborgen werden. Diese Patienten sind dabei besonders gefährdet, einen postoperativen Verwirrtheitszustand zu entwickeln, oder sie zeigen in ambulanten Therapiekonzepten erhebliche Complianceprobleme. Die zur raschen präinterventionellen Diagnostik zur Verfügung stehenden Tests sind in Tab. 17.3 dargestellt (Folstein et al. 1975; Kalbe et al. 2004; Watson et al. 1993).
Tab. 17.3. Stärken und Schwächen der Instrumente zur Kognitionstestung
17
Instrument
Stärke
Schwäche
Zeitbedarf
MMSE (Mini Mental State Examination)
Weit verbreitet, Standardinstrument, leichte bis mittelschwere Demenzformen
Unempfindlich in den Anfangsstadien einer Demenz, bildungsabhängig
10 min
DemTect
Differenzierung der leichten Einschränkungen, gute Patientenakzeptanz
Geringere Verbreitung als MMSE, mittelschwere und schwerere Demenzen können nicht differenziert werden
10 min
Clock Completion Test (Uhrentest)
Schnell und einfach durchzuführen, intuitiv verständlich
Unterschiedliche Auswertungs- und Bewertungsskalen
2 min
Der Zeitbedarf orientiert sich an einem leichtgradig eingeschränkten Patienten, die Zeiten verkürzen sich bei unbeeinträchtigten Patienten um bis zu 50%.
279 17.4 · Operatives Vorgehen im Alter
17.3.4 Depression
Depressionen gehören zu den relevant unterdiagnostizierten Erkrankungen älterer Patienten. Dabei führen sie direkt und mittelbar über sozialen Rückzug mit Vereinsamungstendenzen und den Verlust funktioneller Kapazität zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität. In der belastenden Situation der Konfrontation mit der Diagnose einer malignen Tumorerkrankung stellt eine resignative Haltung auf dem Boden einer Depression eine erhebliche Gefährdung des Therapieerfolgs dar. Zum einfachen Screening auf das Vorliegen einer Depression eignet sich die Kurzform der Geriatrischen Depressionsskala (GDS). Das Instrument besteht aus 15 Fragen und kann vom Patienten selbst ausgefüllt werden. Ab 6 bzw. 11 Punkten besteht Verdacht bzw. hochgradiger Verdacht auf das Vorliegen einer Depression, der eine weitergehende Abklärung und Therapie rechtfertigt (Sheikh u. Yesavage1986).
17.3.5 Ernährung
Ältere Patienten sind häufig nicht optimal ernährt. Dabei stehen Fehl- und Mangelernährung im Vordergrund. Man kann zwischen einer kalorischen und einer proteinbezogenen Mangelernährung unterscheiden. Es konnte mehrfach gezeigt werden, dass diese Mangelzustände Risikofaktoren für erhöhte Morbidität und Mortalität darstellen. Die laborchemische Bestimmung von Albumin, Cholesterin und Präalbumin in Verbindung mit dem BodyMass-Index (BMI) erfassen die Konsequenzen einer bereits bestehenden Malnutrition. Gerade bei Patienten mit geplanter Chemotherapie oder Radiotherapie im Bereich des Verdauungstrakts ist eine frühzeitige Erfassung präklinischer Defizite vor der Therapie sinnvoll, um behebbare Ursachen frühzeitig zu behandeln. Zur Erfassung eignet sich das Mini Nutritional Assessment, das in validierten Übersetzungen vorliegt. Hierbei werden sowohl der Ernährungszustand als auch Verhaltensmuster, die ein Risiko für Fehlernährung darstellen, erfasst und auf einer Skala zwischen 0 und 30 Punkten abgebildet. Bei weniger als 24 Punkten besteht das Risiko einer Mangelernährung, unter 17 Punkten ist von einer manifesten Mangelernährung auszugehen (Guigoz et al. 1994).
reichs im Unterschied zu jungen Patienten wird durch die begrenzten Kompensationsmöglichkeiten insbesondere funktioneller Art bestimmt. Bei Patienten mit relevanten Defiziten in den Bereichen ADL und IADL stellen die sozialen Bedingungen den bestimmenden Faktor für eine erfolgreiche Therapie außerhalb der Klinik dar. Da die Patienten selbst ihre sozialen Defizite häufig nicht thematisieren, kommt der aktiven Erfassung vor einer Therapieplanung eine besondere Bedeutung zu. So kann eine entsprechende Versorgung durch ambulante Pflegedienste oder in tagesklinischen Strukturen sinnvoll sein.
17.3.7 Geriatrisches Assessment
Da die vorstehend genannten Bereiche der konventionellen Anamneseerhebung und klinischen Untersuchung häufig entgehen, aber von prognostischer und therapeutischer Relevanz sind, wurde in der Geriatrie das systematische geriatrische Assessment etabliert. Es dient der strukturierten Erfassung der individuellen Ressourcen und Defizite eines Patienten. Die Anwendung des geriatrischen Assessments im Rahmen der Betreuung alter Patienten mit Krebserkrankungen führt zur Diagnose von Defiziten, die dem konventionellen Vorgehen entgangen wären, diese Veränderungen können in einer Änderung des Behandlungsplans resultieren. Sie sind darüber hinaus von prognostischer Bedeutung für die Lebensqualität, die Durchführbarkeit und Toxizität einer Therapie und für das Überleben. Nationale und internationale Fachgesellschaften empfehlen daher die Integration des strukturierten geriatrischen Assessments in die Betreuung alter Patienten mit Krebserkrankungen (Friedrich et al. 2003; Extermann et al. 2005). Aufgrund des zeitlichen Umfangs des Assessments ist ein zweistufiges Vorgehen sinnvoll. Im ersten Schritt werden über ein Screening diejenigen Patienten identifiziert, die auch im vollständigen Assessment keine Einschränkungen aufweisen, um nur jene Patienten einem vollständigen Assesssment zuzuführen, bei denen Defizite zu finden sein werden. Hierfür bietet sich die VES-13-Skala an, für die es Erfahrungen mit Prostatakarzinompatienten gibt (Mohile et al. 2007)
17.4 17.3.6 Soziale Unterstützung
Die Familienstrukturen innerhalb der Gruppe der alten Patienten sind sehr heterogen. Die Bedeutung dieses Be-
Operatives Vorgehen im Alter
Unter den urologischen Tumoren stellt insbesondere das muskelinvasive Harnblasenkarzinom eine besondere Herausforderung dar. Das operative Vorgehen ist aufwändig und mit einem relevanten Komplikationsrisiko
17
280
17
Kapitel 17 · Uroonkologie beim älteren Patienten
behaftet. Ältere Arbeiten zeigen, dass dieses Komplikationsrisiko mit steigendem Lebensalter zunimmt und aus dieser Überlegung häufig ein zurückhaltendes Vorgehen gewählt wird. Noch Mitte der 1980er-Jahre lag die Mortalität radikaler Zystektomien in der Gruppe der über 65-Jährigen mit 12% fast doppelt so hoch wie bei den bis 65 Jahre alten Patienten. Durch Verbesserungen im gesamten operativen und perioperativen Management konnte die Komplikationsrate seitdem deutlich auf Werte zwischen 0 und 4,5% gesenkt werden, trotz eines hohen Anteils an ASA-III-klassifizierten Patienten (Thomas u. Riddle 1982). Die postoperativen Komplikationen lagen in den publizierten Serien zwischen 28 und 64%. Dabei fällt auf, dass nur ein kleinerer Teil direkt im unmittelbaren Zusammenhang mit dem operativen Eingriff steht. Pneumonien, postoperative Verwirrtheitszustände, kardiovaskuläre Komplikationen und Harnwegsinfekte bilden dabei die wesentlichen Gruppen. In der Literatur sind sowohl Anstiege der Komplikationsraten mit steigendem Lebensalter in mehreren Serien beschrieben als auch erfolgreicher operativer Blasenersatz mittels Neoblase bei über 75-jährigen Patienten. Insgesamt zeigt sich, dass ältere Patienten in den Serien nicht mehr entsprechend der zu erwartenden Prävalenz der Erkrankung vorkommen, was auf eine zurückhaltendere Praxis gegenüber der radikalen Zystektomie im höheren Lebensalter schließen lässt. Inwieweit diese Zurückhaltung begründet ist, kann aus den aktuell verfügbaren Daten nicht geschlossen werden (Clark et al. 2005). In einer aktuellen Arbeit von Weizer et al. (2007) konnte gezeigt werden, dass der Karnofsky-Index des Patienten ein guter Prognosefaktor im Hinblick auf den Verlauf bei muskelinvasivem Harnblasenkarzinom und möglichen Therapien ist. Eine andere Problematik besteht bei der radikalen Prostatektomie. Durch die Intention des kurativen Eingriffs als langfristig prognoserelevante Operation kommt den konkurrierenden Begleiterkrankungen sowie funktionellen Defiziten eine besondere Rolle zu. Defizite in den IADL und Komorbiditäten weisen auf eine relevante Einschränkung der Lebenserwartung hin, so dass sie in die Therapieplanung frühzeitig mit einbezogen werden sollten (Fitzpatrick 2008; Kastner et al. 2006).
17.5
Chemotherapie im Alter
17.5.1 Systemische Therapie allgemein
Chemotherapie im Alter muss mehrere Faktoren berücksichtigen. So verändert sich die Verteilung der Kompartimente mit der Konsequenz eines um 15–20% größeren Fettanteils. Gleichzeitig führen Alterungsvorgänge an den verschiedenen Organsystemen zu einer verminderten Stoffwechselleistung insbesondere der Nieren, was bei der Dosisberechnung entsprechender Substanzen berücksichtigt werden muss. Komorbiditäten bedingen häufig vor Therapie bereits eine medikamentöse Behandlung, so dass Wechselwirkungen im Alter häufiger zu erwarten sind. Dies ist insbesondere deswegen von Bedeutung, weil der hepatische Metabolismus der meisten Substanzen im Alter nur unwesentlich verändert ist. Im Bereich der hämatologischen Toxizität ist das Regenerationspotenzial, bedingt durch eine Abnahme sowohl der Stammzellpopulation selbst als auch ihrer Regenerationsfähigkeit, im Alter reduziert. Daher sollte bei Patienten über 70 Jahren bei Therapieschemata mit einer CHOP-analogen Knochenmarktoxizität der Einsatz von Wachstumsfaktoren erwogen werden. Gastrointestinale Toxizitäten spielen vor dem Hintergrund einer häufig bestehenden subklinischen Mangelernährung eine relevante Rolle und sollten frühzeitig durch Supportivmaßnahmen angegangen werden. Neurotoxische Therapieschemata sollten bei Patienten mit vorbestehenden klinischen oder subklinischen Schäden nur vorsichtig und unter engmaschiger Kontrolle eingesetzt werden. Hierbei sind insbesondere Patienten mit Diabetes mellitus unter Taxan-/Platin-haltigen Regimes zu erwähnen. Hinweis
I
I
Zytostatische Therapien sind unter Berücksichtigung der Kontraindikationen auch bei älteren Patienten durchführbar. Bei der Durchführung und Planung der Therapie ist aber nicht nur die reine Toxizitätsklasse von Bedeutung, sondern auch ihre Konsequenz für die Lebensqualität und die Kompensationsfähigkeit des Patienten. In Verbindung mit der Therapiezielplanung können besser verträgliche, wenngleich auf das Überleben nicht so wirksame Therapien vorteilhaft sein (Wildiers et al. 2003).
17.5.2 Systemische Therapie
des Prostatakarzinoms Neben allgemeinen Hinweisen zur Durchführung einer Chemotherapie bei alten Patienten, finden sich nachfolgend Empfehlungen für einzelne im Alter häufig auftretende Tumorerkrankungen des Urogenitaltrakts.
Patienten mit Prostatakarzinom werden nicht optimal betreut, wenn das wesentliche Entscheidungskriterium das chronologische Alter des Patienten ist. Wesentlich
281 Literatur
ist die Erfassung der Komorbiditäten, des funktionellen Status und der weiteren Parameter des geriatrischen Assessments. Im Rahmen der endokrinen Therapie ist insbesondere der metabolischen Situation, der kardiovaskulären und der ossären Situation Rechnung zu tragen. Im Rahmen der systemischen Chemotherapie ist bei Vorliegen schwerer Komorbiditäten und funktioneller Einschränkungen mit einer erhöhten Toxizität und damit einem geringeren Behandlungsvorteil zu rechnen. Eine aktuelle Zusammenfassung erfolgte durch Droz et Chaladaj (2008).
17.5.3 Systemische Therapie
17.6
Strahlentherapie im Alter
Die Toxizität einer Radiotherapie ändert sich mit zunehmendem Lebensalter nur gering. In der Planung der Therapie spielen aber bei den meist ambulanten Therapiekonzepten soziale Aspekte wie das soziale Netzwerk und verfügbare Unterstützung eine wesentliche Rolle. Defizite im IADL-Bereich und gleichzeitig nicht ausreichend vorhandene Kompensation durch soziale Unterstützung sind dabei therapielimitierend. Toxizitäten bei Bestrahlungen mit abdominellen Feldern können analog der Chemotherapie vorbestehende nutritive Defizite durch verminderte Reserven klinisch relevant werden lassen (Ausili-Cefaro u. Olmi 2001).
des Nierenzellkarzinoms Zusammenfassende Bewertung
Die gegenwärtig empfohlenen systemischen Behandlungen des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms sind bisher nicht speziell bei alten Patienten geprüft worden. Retrospektive Analysen von Subgruppen der großen klinischen Studien für die neuen Substanzen Sorafenib (Nexavar), Sunitinib (Sutent), Temsirolimus (Torisel) und Bevacizumab (Avastin) sind nur bedingt aussagefähig. Sie legen nahe, dass die Effektivität der Therapie, sprich das progressionsfreie und das Gesamtüberleben bei jungen und alten Patienten, in der Regel solche älter als 65 Jahre, nicht unterschiedlich ist, und dass auch die Toxizitätsrate nicht wesentlich erhöht ist. Allerdings handelt es sich um selektionierte alte Patienten. Zudem sind die Daten für sehr alte, über 80-jährige Patienten sehr begrenzt. Eine aktuelle Zusammenfassung erfolgte durch Bellmunt et al. im Namen der Internationalen Gesellschaft für Geriatrische Onkologie (SIOG; Bellmunt et al. 2009).
17.5.4 Systemische Therapie des
Harnblasenkarzinoms Im Rahmen operativer Eingriffe bei alten, über 70-jährigen Patienten mit muskelinvasivem Harnblasenkarzinom ist der Performance-Status (ECOG- oder Karnofsky-Performance-Status) von herausragender Bedeutung für das Überleben (Weizer et al. 2007). Zur systemischen Chemotherapie bei alten Patienten gibt es nur sehr wenige Daten. Das klassische MVAC-Protokoll ist relativ toxisch, eine Kombinationschemotherapie, z. B. mit Cis- oder Carboplatin und Gemcitabine, oder eine Monochemotherapie, z. B. mit Carboplatin, Taxan oder Gemcitabine, ist, wenn die Indikation zur palliativen Chemotherapie gestellt wird, zu präferieren. Der Stellenwert neuer zielgerichteter Substanzen ist derzeit noch unklar (Bamias et al. 2006)
Die epidemiologischen Besonderheiten maligner urologischer Tumoren wie auch die demographische Entwicklung werden in den nächsten Jahren zu einer zunehmenden Anzahl betroffener Patienten führen. Gleichzeitig steigt die allgemeine Lebenserwartung kontinuierlich an, so dass auch ältere Patienten zunehmend unter kurativen Aspekten behandelt werden müssen. Die Integration eines systematischen geriatrischen Assessments kann dabei in zwei Bereichen die Entscheidungsfindung für ein optimales Vorgehen unterstützen. So gilt es, die Patienten zu erfassen, die trotz ihres kalendarischen Alters funktionell überdurchschnittlich leistungsfähig und belastbar sind und somit für aggressivere Therapiestrategien in Frage kommen. Eine zweite Gruppe stellen die Patienten mit relevanten tumorunabhängigen Einschränkungen dar. Diese funktionellen Einschränkungen sind nicht an ein bestimmtes Alter gebunden, sondern korrelieren nur mit dem Alter. So kann ein kalendarisch junger Patient funktionell »alt« sein und einer intensiveren Begleittherapie oder Umfeldanpassung bedürfen. Eine multidisziplinäre Begleitung dieser Patienten während einer Tumortherapie lässt eine relevante Verbesserung der Ergebnisse erwarten.
Literatur Albertsen PC, Fryback DG et al. (1996) The impact of co-morbidity on life expectancy among men with localized prostate cancer. J Urol 156: 127–132 Ausili-Cefaro G, Olmi P (2001) The role of radiotherapy in the management of elderly cancer patients in light of the GROG experience. Critl Rev Oncol Hematol 39: 313–317 Bamias A, Tiliakos I, Karali MD, et al. (2006) Systemic chemotherapy in inoperable or metastatic bladder cancer. Ann Oncol 17(4): 553–561
17
282
17
Kapitel 17 · Uroonkologie beim älteren Patienten
Barry MJ, Albertsen PC, Bagshaw MA et al. (2001) Outcomes for men with clinically nonmetastatic prostate carcinoma managed with radical prostatectomy, external beam radiotherapy, or expectant management: a retrospective analysis. Cancer 91: 2302–2314 Charlson ME, Pompei P, Ales KL et al. (1987) A new method of classifying prognostic comorbidity in longitudinal studies: development and validation. J Chronic Dis 40: 373–383 Clark PE, Stein JP, Groshen SG et al. (2005) Radical cystectomy in the elderly: comparison of survival between younger and older patients. Cancer 103: 546–552 Coebergh JW, Janssen-Heijnen ML et al. (1999) Serious co-morbidity among unselected cancer patients newly diagnosed in the southeastern part of the Netherlands in 1993–1996. J Clin Epidemiol 52: 1131–1136 Droz JP, Chaladaj A (2008) Management of metastatic prostate cancer: the crucial role of geriatric assessment. BJU Int 101 (Suppl 2): 23–9 Extermann M (2000) Measuring comorbidity in older cancer patients. Eur J Cancer 36: 453–471 Folstein MF, Folstein SE, Mc Mugh PR (1975) »Mini-Mental State«: a practical method for grading the cognitive state of patients for the clinician. J Psychiatr Res 12: 189–198 Extermann M, Aapro M, Bernabei R, et al. (2005) Use of comprehensive geriatric assessment in older cancer patients: recommendations from the task force on CGA of the International Society of Geriatric Oncology (SIOG). Crit Rev Oncol Hematol 55(3): 241–52 Fitzpatrick JM (2008) Management of localized prostate cancer in senior adults: the crucial role of comorbidity. BJU Int 101 (suppl 2): 16–22 Friedrich C, Kolb G, Wedding U, et al. (2003) Comprehensive geriatric assessment in the elderly cancer patient. Onkologie 26(4): 355–360 Froehner M, Koch FR, Litz R et al. (2003) Comparison of the American Society of Anesthesiologists Physical Status classification with the Charlson score as predictors of survival after radical prostatectomy. Urology 62: 698–701 Froehner M, Koch R, Litz R et al. (2004) Which conditions contributing to the Charlson score predict survival after radical prostatectomy? J Urol 171: 697–699 Greenfield S, Blanco DM et al. (1987) Patterns of care related to age of breast cancer patients. J Am Med Assoc 257: 2766–2770 Guigoz Y, Vellas B and Garry PJ (1994) Mini Nutritional Assessment: A practical assessment tool for grading the nutritional state of elderly patients. Facts and research in gerontology. Supplement 2: 15–59 Kalbe E, Kessler J, Calabrese P, Smith R, Passmore AP, Brand M, Bullock R (2004) DemTect: a new, sensitive cognitive screening test to support the diagnosis of mild cognitive impairment and early dementia. Int J Geriat Psychiat 19: 136–143 Kaplan MH, Feinstein AR (1974) The importance of classifying initial co-morbidity in evaluating the outcome of diabetes mellitus. J Chronic Dis 27: 387–404 Kastner C, Armitage J, Kimble A, Rawal J, Carter PG, Venn S (2006) The Charlson comorbidity score: a superior comorbidity assessment tool for the prostate cancer multidisciplinary meeting. Prostate Cancer Prostatic Dis 9 (3): 270–274 Kattan MW, Cowen ME et al. (1997) A decision analysis for treatment of clinically localized prostate cancer. J Gen Intern Med 12: 299–305 Lawton MP, Brody EM (1988) Instrumantal Activities of Daily Living (IADL) Scale – Self-rated version. Psychopharmacol Bull. 24: 789–792 Mahoney FI, Barthel DW (1965) Functional evaluation. The Barthel Index. Md State Med J 14/2: 61–65
Mohile SG, Bylow K, Dale W, et al. (2007) A pilot study of the vulnerable elders survey-13 compared with the comprehensive geriatric assessment for identifying disability in older patients with prostate cancer who receive androgen ablation. Cancer 109(4): 802–810 Newschaffer CJ, Bush TL et al. (1996) Does comorbid disease interact with cancer? An epidemiologic analysis of mortality in a cohort of elderly breast cancer patients. J Gerontol Biol Sci Med Sci 53: 372–378 Podsiadlo D, Richardson S (1991) The timed »Up and Go«: a test of basic functional mobility for frail elderly persons. J Am Geriatr Soc 39: 142–148 Sheikh JI, Yesavage JA (1986) Geriatric Depression Scale (GDS) – Recent evidence and development of a shorter version. Clin Gerontol 5: 165–73 Thomas DM, Riddle PR (1982) Morbidity and mortality in 100 consecutive radical cystectomies. Br J Urol 54: 716–719 Watson IJ, Arfken CL, Birge SJ (1993) Clock completion: An objective screening test for dementia. J Am Geriat Soc 41: 1235–1240 Weizer AZ, Joshi D, Daignault S, et al. (2007) Performance status is a predictor of overall survival of elderly patients with muscle invasive bladder cancer. J Urol 177(4): 1287–1293 Welch HG, Albertsen PC et al. (1996) Assessing competing risks in treating the elderly. Hosp Pract (Off Edn) 31: 155–156, 158–159, 162 Wildiers H, Highley MS, de Bruijn EA, van Oosterom AT (2003) Pharmacology of anticancer drugs in the elderly population. Clinical Pharmacokinetics 42: 1213–1242 Wolters U, Wolf T, Stutzer H (1996) ASA classifications and perioperative variables as predictors of postoperative outcome. Br J Anesth 77: 217–222
18 Rehabilitation O. Dombo, M. Goepel, G. Müller, U. Otto, H. Rübben, H. Sperling
18.1 Allgemeine Grundlagen – 283 18.2 Inkontinenz – 300 18.3 Rehabilitation der sexuellen Dysfunktion – 305
18.1
Allgemeine Grundlagen
G. Müller, O. Dombo, U. Otto 18.1.1 Wissenschaftliche Grundlagen
Historische Wurzeln Rehabilitation im Sinne einer »Wiederbefähigung« zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nach Krankheit, Operation oder Trauma ist bereits in den medizinischen Schulen und in Tempeln des antiken Griechenlands belegt. Zur Anwendung kamen rehabilitationstypische Anwendungen wie Heilgymnastik, Massagen, Hydrotherapien und spirituelle Methoden. Da im antiken Griechenland die Wiege der europäischen Medizin gesehen wird, können Medizin und Rehabilitation de statu nascendi als untrennbar verbunden gelten. In der Thermenkultur der Römer können wir heute gesundheitshygienische und präventivmedizinische neben Wohlfühlaspekten erkennen, auch hier fanden sich Massagen und gymnastische Übungen integriert. Erst mit der Renaissance wurden die antiken Vorbilder wiederentdeckt. Mit wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritten über Biomechanik, Physiologie und Elektrizität blühte im 19. Jahrhundert auch in Deutschland ein Rehabilitationswesen auf. Aus gesellschaftlichen Umwälzungen und Umwertungen, aus dem Bedarf an gesunden Arbeitskräften und aus der Notwendigkeit der Kriegsinvalidenversor-
gung heraus speisten sich wesentliche Impulse. Dabei war eine Abgrenzung von Erholungskuren mit im Vordergrund stehender Anwendung ortsgebundener Heilmittel und unspezifischer Umstimmungsreize zu eigentlicher medizinischer Rehabilitation nicht immer zu erkennen. Mit den weiteren Fortschritten der kurativen Medizin und der Veränderung der Lebenserwartung nahmen jedoch auch chronische Erkrankungen und Beeinträchtigungen zu, zu deren Linderung die Rehabilitationsmedizin in Ergänzung zur Akutmedizin ausgebaut wurde.
World Health Organization 1980: International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps Hand in Hand mit dem Paradigmenwechsel in der Medizin in den 1970-er Jahren zu einem biopsychosozialen Modell von Krankheit und Behinderung unter Berufung auf die Gesundheitsdefinition der WHO (1947) wurden in der Rehabilitation wie auch in der Onkologie die emotionalen, mentalen und sozialen Aspekte und Wechselwirkungen intensiver beachtet ( Abb. 18.1). Diese Entwicklung führte seit 1972 international unter Einbeziehung der weltweiten Fachgesellschaften und nach internationalen Konsensuskonferenzen unter dem Dach der WHO zur ersten international verbindlichen Definition von Behinderung und Rehabilitation: 1980 verabschiedete die WHO die International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps (ICIDH), die
284
Kapitel 18 · Rehabilitation
Cjpqtzdiptp{jbmft Npefmm!efs!JDG Hftvoeifjutqspcmfn )Hftvoeifjuttu÷svoh!pefs!Lsbolifju-!JDE*
L÷sqfsgvolujpofo voe!.tusvluvsfo
Blujwjuåufo
Vnxfmugblupsfo 5 nbufsjfmm 5 tp{jbm 5 wfsibmufotcf{phfo
Ufjmibcf
qfst÷omjdif!Gblupsfo 5!Bmufs-!Hftdimfdiu 5!Npujwbujpo 5!Mfcfottujm
Abb. 18.1. Biopsychosoziales Modell der ICF
von den meisten Mitgliedsstaaten anerkannt und somit Grundlage einer modernen internationalen Rehabilitationswissenschaft wurde. Objekt der Rehabilitation war Behinderung als Folge von Krankheit. Behinderung war der Oberbegriff für
Schädigung (»impairment«) als Verlust oder Normabweichung in der anatomischen oder physiologischen (auch mentalen) Struktur oder Funktion,
Fähigkeitsstörungen (»disabilities«) als Einschränkung oder Verlust von Fähigkeiten für als normal angesehene Aktivitäten,
(soziale) Beeinträchtigungen (»handicaps«) als Nachteil in der Ausübung sozialer Rollen in Folge von Schädigung und/oder Fähigkeitsstörungen. Der Rehabilitationsbegriff basierte auf dieser Klassifikation, berücksichtigte jedoch darüber hinausgehend auch Folge- und Begleitkrankheiten sowie Sekundärprozesse und Prävention, integrierte somit alle Maßnahmen zur Wiederbefähigung, Vorbeugung und Reintegration. Über eine Wiederbefähigung hinaus sollte auch damals schon eine soziale Integration angestrebt werden, die aktives Mitgestalten der unmittelbaren Umgebung und der Gesellschaft ermöglicht.
18
World Health Organization 2001: International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) – Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit Die ab 1993 durchgeführte internationale Revision der ICIDH führte im Mai 2001 zur Verabschiedung einer völlig neuen Klassifikation, der ICF. Die Endfassung der deutschen Übersetzung (Stand: Oktober 2004) ist unter
http://www.dimdi.de/static/de/classic/ICF/icf_dimdi_final draft_1.pdf abrufbar. Die ICF beruht auf dem Konzept der funktionalen Gesundheit. Funktionale Gesundheit ist dann gegeben, wenn
die körperlichen Funktionen (einschließlich der mentalen) und Strukturen allgemein anerkannten Normen entsprechen,
Aktivitäten ausgeübt werden oder werden könnten wie bei einem Menschen ohne Gesundheitsprobleme,
die Daseinsentfaltung in subjektiv wichtigen Lebensbereichen wie bei Nichtbehinderten möglich ist,
unter Berücksichtigung aller externen Umweltfaktoren und persönlichen Faktoren, die sich positiv oder negativ auswirken können. Die ICF ist als Ergänzung und Erweiterung zur ICD-10 entwickelt worden. Sie klassifiziert keine Menschen, sondern Komponenten der funktionalen Gesundheit bzw. Behinderung und ihre Kontextfaktoren. Das biopsychosoziale Modell von Gesundheitsstörungen wurde erheblich ausgeweitet, da nur durch dieses die Wechselwirkungen und Auswirkungen auf die funktionale Gesundheit beschrieben werden können. Die komplexe Struktur der mehrdimensionalen Klassifikation ergibt sich aus Abb. 18.2.
Der allgemeine Behinderungsbegriff der ICF bezieht sich auf Einschränkungen der Funktionsfähigkeit, der spezifischere Begriff von Behinderung auf die Einschränkung der Partizipation. Körperfunktionen werden gegliedert in:
mentale Funktionen (b110-b199),
Sinnesfunktionen und Schmerz (b210-b299),
Stimm- und Sprechfunktionen (b310-b399),
Funktionen des kardiovaskulären, hämatologischen, Atmungssystems (b410-b499),
Funktionen des Verdauungs-, des Stoffwechsel- und endokrinen Systems (b510-b599),
Funktionen des Urogenital- und reproduktiven Systems (b610-b699),
neuromuskuloskeletale und bewegungsbezogene Funktionen (b710-b799),
Funktionen der Haut und der Hautanhangsgebilde (b810-b899). Innerhalb jedes Funktionsbereiches erfolgen weitere Untergliederungen. Körperliche Funktionen werden nur mit einem ersten, dem allgemeinen Beurteilungsmerkmal kodiert ( Abb. 18.3). Körperstrukturen sind gegliedert in:
Strukturen des Nervensystems (s110-s199),
das Auge, das Ohr und mit diesen in Zusammenhang stehende Strukturen (s210-s299),
285 18.1 · Allgemeine Grundlagen
JDG
Lmbttjgjlbujpofo
Ufjm!3; Lpoufyugblupsfo
Ufjm!2; Gvolujpotgåijhlfju!voe!Cfijoefsvoh
L÷sqfsgvolujpofo voe!.tusvluvsfo Åoefsvoh!efs L÷sqfsgvolujpofo
Åoefsvoh!efs L÷sqfstusvluvsfo
Jufn.Fcfofo .2/ .3/ .4/!'!5/
Jufn.Fcfofo .2/ .3/ .4/!'!5/
Blujwjuåufo!voe Qbsuj{jqbujpo!)Ufjmibcf*
Vnxfmugblupsfo
Ufjmf
qfstpofocf{phfof Gblupsfo
Lpnqpofoufo
Mfjtuvoht. gåijhlfju
Mfjtuvoh
G÷sefsgblupsfo Cbssjfsfo
Lpotusvluf0 Cfsvsufjmvohtnfslnbmf
Jufn.Fcfofo .2/ .3/ .4/!'!5/
Jufn.Fcfofo .2/ .3/ .4/!'!5/
Jufn.Fcfofo .2/ .3/ .4/!'!5/
Epnåofo!voe!Lbufhpsjfo bvg!efo!voufstdijfemjdifo Fcfofo
Abb.18.2. Struktur der ICF
2/!Cfvsufjmvohtnfslnbm!)bmmhfnfjo* >!Tdixfsfhsbe!eft!Qspcmfnt Qspcmfn yyy/1
ojdiu wpsiboefo!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!)lfjo-!vofsifcmjdi!///*
yyy/2
mfjdiu bvthfqsåhu
)tdixbdi-!hfsjoh!///*
yyy/3
nåàjh bvthfqsåhu
)njuufm-!{jfnmjdi!///*
yyy/4
fsifcmjdi bvthfqsåhu
)ipdi-!åvàfstu!///*
yyy/5
wpmm bvthfqsåhu
)lpnqmfuu-!upubm!///*
yyy/9
ojdiu!tqf{jgj{jfsu
yyy/:
ojdiu!boxfoecbs
Lpejfsvoh!efs!L÷sqfstusvluvsfo 3/!Cfvsufjmvohtnfslnbm; Bsu!efs!Tdiåejhvoh
4/ Cfvsufjmvohtnfslnbm; Mplbmjtbujpo!efs!Tdiåejhvoh
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5 6 7 8 9 :
6 7 8
9 :
> > > > >
lfjof!Wfsåoefsvoh!efs!Tusvluvs ojdiu!wpsiboefo ufjmxfjtf!ojdiu!wpsiboefo {vtåu{mjdifs!Ufjm wpo!efs!ýcmjdifo!Gpsn bcxfjdifoe!)bcfssbou* > Ejtlpoujovjuåu > bcxfjdifoef!Mbhf > rvbmjubujwf!Tusvluvswfsåoefsvohfjotdimjfàmjdi!Botbnnmvoh!wpo Gmýttjhlfju >!ojdiu!tqf{jgj{jfsu >!ojdiu!boxfoecbs
>!nfis!bmt!fjof!Sfhjpo >!sfdiut >!mjolt >!cfjetfjujh >!gspoubm >!epstbm >!qspyjnbm >!ejtubm >!ojdiu!tqf{jgj{jfsu >!ojdiu!boxfoecbs
Abb. 18.3. 1. und allgemeines Beurteilungsmerkmal
Abb. 18.4. Beurteilung der Körperstruktur, 2. und 3. Merkmal
Strukturen, die an der Stimme und dem Sprechen beteiligt sind (s310-s399),
Strukturen des kardiovaskulären, des Immun- und des Atmungssystems (s410-s499),
mit dem Verdauungs-, Stoffwechsel- und endokrinen System in Zusammenhang stehende Strukturen (s510-s599),
mit dem Urogenital- und dem Reproduktionssystem im Zusammenhang stehende Strukturen (s 610s699),
mit der Bewegung in Zusammenhang stehende Strukturen (s710-s799),
Strukturen der Haut und Hautanhangsgebilde (s810s899).
Aktivitäten und Partizipation beziehen sich auf folgende Lebensbereiche:
Lernen und Wissensanwendung (d110-d199),
allgemeine Aufgaben und Anforderungen (d210-d299),
Kommunikation (d310-d399),
Mobilität (d410-d499),
Selbstversorgung (d510-d599),
häusliches Leben (d610-d699),
interpersonelle Interaktionen und Beziehungen d(d710-d799),
bedeutende Lebensbereiche (d810-d899),
Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben (d910-d999).
Auch sie können weiter spezifiziert werden. Zur Beurteilung stehen neben dem allgemeinen zwei weitere verschlüsselbare Merkmale zur Verfügung ( Abb. 18.4).
Aktivität ist die Durchführung einer Aufgabe oder Handlung, Partizipation ist die erlebte Einbeziehung und Teilhabe an einer Lebenssituation und stellt die subjektive Seite der (eigeschränkten) Leistung dar in Abhängigkeit
18
286
Kapitel 18 · Rehabilitation
von fördernden und hemmenden Faktoren. Was ein Individuum in seiner gegenwärtigen, tatsächlichen Umwelt tut, wird als Leistung beschrieben und als 1. Merkmal mit dem allgemeinen Schlüssel kodiert. Als 2. Merkmal wird die Leistungsfähigkeit ohne Hilfsmittel oder Assistenz beurteilt: Zu welcher maximalen Leistung ist eine Person unter Standardumweltbedingungen in der Lage, unabhängig davon, ob sie es tatsächlich tut. Optional können Leistungsfähigkeit mit Hilfsmitteln und Leistung ohne Hilfsmittel an 3. und 4. Stelle kodiert werden. Umweltfaktoren bilden die psychosozialen und materiellen Einflüsse auf die Behinderung ab und sind wesentliche Determinanten der Partizipation. Sie sind in folgende Bereiche gegliedert:,
Produkte und Technologien (e110-199),
natürliche und vom Menschen veränderte Umwelt (e210-299),
Unterstützung und Beziehungen (e310-e399),
Einstellungen (e410-e499),
Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze (e510e599). Sie werden mit dem 1. allgemeinen Schlüssel kodiert, jedoch bedeutet eine einfache Ziffer ein Hemmnis/eine Barriere, ein vorgestelltes »+« einen Förderfaktor. Umweltfaktoren sollen bei jeder Funktionsstörung und bei jeder eingeschränkten Aktivität/Partizipation geprüft und ggf. beurteilt werden.
18.1.2 Praktische Grundlagen
Klassifikation nach ICF ist in den Rehabilitationskliniken noch nicht üblich, jedoch haben sich Begrifflichkeiten und Berücksichtigung der Domänen der ICF bereits vielfach in den Rehabilitationskonzepten niedergeschlagen.
Gesetzliche Krankenversicherung Der Gemeinsame Bundesausschuss hat seine Rehabilitationsrichtlinien von 1972 im Frühjahr 2004 neu konzeptualisiert auf der Basis der ICF (Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 SGB V vom 16. März 2004, BAnz S. 6769). Rehabilitationsleistungen der Krankenkassen erfolgen, wenn die kurativen ambulanten Maßnahmen nicht ausreichen, einen Rehabilitationsbedarf abzuwenden. Anders als bei der Rentenversicherung, die – von Ausnahmen abgesehen – auf die berufliche Leistungsfähigkeit fokussiert, stehen hier auch die alleinige Linderung von Kranheitsbeschwerden und die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit im Vordergrund. Weitere Voraussetzungen sind die Rehabilitationsfähigkeit des Patienten und eine zu erwartende Verbesserung durch die Rehabilitation (»positive Rehabilitationsprognose«). Neben dem Wirtschaftlichkeitsgebot gelten die Prinzipien Rehabilitation vor Rente, Rehabilitation vor Pflege, ambulant vor stationär. Diese Richtlinien gelten nicht, wenn die Rehabilitation nicht von einem niedergelassenen Vertragsarzt initiiert wurde, also auch nicht für Anschlussheilbehandlungen (AHB) und Frührehabilitation.
Deutsche Rentenversicherung
18
Die Deutsche Rentenversicherung ist der größte Rehabilitationsträger in Deutschland. Nach SGB VI (§ 9, 10) sollen bei Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung Leistungen zur Rehabilitation dem entgegenwirken. Das Rahmenkonzept zur medizinischen Rehabilitation in der gesetzlichen Rentenversicherung des VDR (Verband deutscher Rentenversicherungsträger, jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund) stammt aus dem Jahr 1991. 2002 wurden von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Rahmenempfehlungen für die ambulante onkologische Rehabilitation formuliert. In einem Grundsatzpapier der Rentenversicherung zur ICF der WHO (Schuntermann 2003) wird die Bedeutung der ICF dargelegt, an deren Entwicklung die rehabilitationswissenschaftliche Abteilung des VDR und M.F. Schuntermann selbst wesentlich beteiligt waren. Vorschläge zur Implementation der ICF in das Versorgungssystem werden unterbreitet. Die standardmäßige
18.1.3 Gesetzliche Grundlagen
Im IX. Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX) werden Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen gesetzlich geregelt. Behinderung ist hier (§ 2, Abs. 1) die Beeinträchtigung der Teilhabe bei nicht altersbedingt und vorausssichtlich länger als 6 Monate körperlich, geistig oder seelisch beeinträchtigtem Funktionszustand. Unabhängig von der Ursache der Behinderung besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe (§ 4) mit dem Ziel, bestehende oder drohende Behinderung, Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedüftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, Verschlimmerung zu verhüten, Folgen zu mildern, andere Sozialleistungen zu vermeiden/zu mindern, die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gesellschaft zu sichern oder zu erleichtern, die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und eine möglichst selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.
287 18.1 · Allgemeine Grundlagen
Teilhabe basiert auf der Menschenrechtsdeklaration und integriert die subjektive Sicht der Betroffenen sowie die Kontextfaktoren. Rehabilitationsleistungen können von den gesetzlichen Krankenkassen, der Bundesagentur für Arbeit, den Unfallversicherungsträgern, den Rentenversicherungsträgern, von Kriegsopferfürsorge, Jugendhilfe und Sozialhilfe erbracht werden (§ 4). Rehabilitation hat Vorrang vor anderen Sozialleistungen (§ 8). Die Leistungsinhalte medizinischer Rehabilitation sind in § 26 explizit dargelegt worden und integrieren neben medizinischer Behandlung auch psychologische, psychotherapeutische und pädagogische Hilfen, Heil- und Hilfsmittelversorgung. Dabei sollen eigene Heilungskräfte und Selbsthilfepotenziale aktiviert werden. Die Verarbeitung von Krankheit und Behinderung soll unterstützt, eine seelische Stabilisierung erreicht, soziale Kompetenz und praktische Lebensbewältigung durch Training gefördert werden, der Rehabilitand zur Inanspruchnahme von Leistungen der medizinischen Rehabilitation angeleitet und motiviert werden. Die Einbeziehung der Umweltfaktoren führt zu Information und Beratung von Partnern, Angehörigen bis gelegentlich hin zu Arbeitskollegen und Vorgesetzten. Hat die gesetzliche Rentenversicherung bei der medizinischen Rehabilitation üblicherweise das Ziel, die berufliche Leistungsfähigkeit wiederherzustellen, zu bewahren oder zu verbessern, bestehen für onkologische Indikationen Ausnahmen: Sofern die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, können »Nach- und Festigungskuren wegen Geschwulsterkrankungen für Versicherte, Bezieher einer Rente sowie ihre Angehörigen« erbracht werden. Auch Kinderheilbehandlungen sind geregelt. Die Richtlinien dazu werden von der Deutschen Rentenversicherung Bund im Benehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung erlassen (SGB VI, Gesetzliche Rentenversicherung, § 31). Stationäre Rehabilitationsleistungen sollen »für längstens 3 Wochen« erbracht werden. Aber: »Sie können für einen längeren Zeitraum erbracht werden, wenn dies erforderlich ist, um das Rehabilitationziel zu erreichen« (SGB VI, § 15). Bei anerkannter berufsbedingter Krebsentstehung, beispielsweise bei Urothelkarzinomen, wird die Gesetzliche Unfallversicherung Träger der Rehabilitationsmaßnahmen (SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung, § 26). Rehabilitation über die Krankenkassen ist im SGB V (relevant sind besonders §§ 11, 40, 41 73) unter Bezugnahme auf SGB IX geregelt. Die wichtigen Anschlussheilbehandlungen sind in SGB V, § 112 erwähnt. Ebenso ist im Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen die Begrifflichkeit der ICF bereits integriert.
18.1.4 Formen der Rehabilitation
Sanatoriumsbehandlungen, die ausschließlich Erholung und Kräftigung zum Ziel haben, sterben in Deutschland ebenso wie die traditionelle Kur mit dem Ziel, präventiv die berufliche Leistungsfähigkeit zu erhalten, aus. Unspezifische Maßnahmen und Reize sollten Regulationsstörungen beseitigen, den Gesundheitszustand verbessern. In den Rehabilitationskliniken und speziell in der urologischonkologischen Rehabilitation werden hingegen gezielt und ganzheitlich die Folgen von Erkrankung und Behandlung mit dem Schwerpunkt funktionaler Beeinträchtigungen und Fähigkeitsstörungen behandelt unter Berücksichtigung der psychosozialen Aspekte und Kontextfaktoren, so dass z. B. Krankheitsbewältigung und gesundheitsbewusster Lebensstil zu den Rehabilitationszielen gehören. Hinweis
I
I
Die besten und umfassendsten Rehabilitionsmöglichkeiten bietet die stationäre Rehabilitation in spezialisierten Einrichtungen (Teichmann 2002; Kruck 2003; Delbrück 2003; Otto 2005). Im Vordergrund stehen stationäre Anschlussheilbehandlungen im Anschluss an eine Primärtherapie und spätere stationäre onkologische Nachsorgeheilverfahren, wenn weiterhin ein Rehabilitationsbedarf besteht.
Teilstationäre oder ambulante Rehabilitationsmaßnahmen können bisher den multidimensionalen, ganzheitlichen Ansatz einer stationären Behandlung noch nicht erfüllen, sie kommen insbesondere für wenig beeinträchtigte Patienten mit isolierten Funktionsstörungen in Betracht. Diese Patienten müssen insbesondere die erforderliche Mobilität aufweisen und bereits eine gute Belastbarkeit für die häuslichen Ansprüche besitzen.
18.1.5 Prinzipien der stationären Rehabilitation
Funktionsstörungen und körperlich-struktrurelle Veränderungen sollen durch Einsatz therapeutischer Maßnahmen behoben, verringert oder bestmöglich kompensiert werden. Aktivitäten und Leistungsfähigkeit des Rehabilitanden sollen bestmöglich gefördert werden, um die Teilhabe am beruflichen, familiären und sozialen/gesellschaftlichen Leben zu gewährleisten unter Berücksichtigung externer und intrapersonaler fördernder und hemmender Faktoren. Auch kann drohende Behinderung ein Behandlungsziel sein, beispielsweise bei Fehlverarbeitung einer Erkrankung, auch das Aufhalten oder Verlangsamen chronisch progredienter Erkrankungen. Dem Auftreten von Multimorbidität soll Rechnung getragen werden.
18
288
18
Kapitel 18 · Rehabilitation
Rehabilitation findet nicht nur in der Rehabilitationsklinik statt. Sie beginnt mit der zur Diagnose führenden Untersuchung und der Diagnosemitteilung, Beratung und Therapieentscheidung. Sie wird im Akutkrankenhaus und nach der stationären Rehabilitation zu Hause fortgeführt. Kooperation und Abstimmung aller Beteiligten sind für diesen Prozess erforderlich. Diagnostik und Assessment sind die Grundlage des Rehabilitationprozesses. An medizinischer Diagnostik erfolgen notwendige ergänzende, klärende Untersuchungen und Verlaufskontrollen. Im Vordergrund stehen die funktionale und psychosoziale Diagnostik. Dabei werden der bisherige Verlauf und diagnostische und therapeutische Ergebnisse der rehabilitationsrelevanten Erkrankungen erfasst und dokumentiert. Die Diagnostik wird zwar mit den etablierten Methoden der Medizin und Psychologie durchgeführt, jedoch auf rehabilitationsspezifische Fragestellungen angewandt: Inwieweit resultieren Fähigkeitsstörungen im Alltagsleben und im Beruf, welche Auswirkungen auf das Leistungsvermögen ergeben sich. Wo liegen eventuelle günstige Ressourcen (Förderfaktoren), wo die Hemmnisse/Barrieren für das jeweilige Individuum. Für Berufstätige muss eine spezielle Berufsanamnese mit Arbeitsplatzbeschreibung durchgeführt werden. Es ist anzustreben, mit geeigneten Assessmentinstrumenten eine zuverlässige reproduzierbare Quantifizierung der Funktionsstörungen und Beeinträchtigungen der Partizipation subjektiv und objektiv zu erreichen. Für die ICF müssen diese Instrumente teils noch entwickelt werden. Verlaufskontrollen und Abschlussbeurteilung sind erforderlich. Die Rehabilitationsziele ergeben sich aus der Diagnostik des funktionalen und morphologischen körperlichen Status, der Aktivitäten und Leistungsfähigkeit unter Einbeziehung aller Ressourcen und Barrieren in der Person des Rehabilitanden und seiner Umwelt. Sie können nur mit dem Rehabilitanden gemeinsam definiert werden, da sie entsprechend der subjektiven Wertigkeit zu Beginn des Rehabilitationsverfahrens schriftlich niedergelegt werden. Sie werden damit zum entscheidenden Kriterium für den Rehabilitationserfolg. Es ist durchaus möglich, dass ein erstrangiges Rehabilitationsziel im Verlauf des Rehabilitationsprozesses eine Umbewertung erfährt und zweitrangig wird, z. B. im Vergleich zu einem neu aufgetretenen Gesundheitsproblem. Der Rehabilitationsplan wird entsprechend den Rehabilitationszielen mit dem Rehabilitanden gemeinsam entwickelt, wobei die medizininschen und rehabilitationstypischen Maßnahmen geprüft werden müssen auf mögliche Kontraindikationen, persönliche Wünsche oder Abneigungen und aktuelle Belastbarkeit.
Die therapeutischen Maßnahmen sind insbesondere auch auf die individuellen Anforderungen des Rehabilitanden in Beruf oder Alltag abzustimmen. Die bisherigen Behandlungskonzepte sollen berücksichtigt werden. Das Ausmaß der Aktivitäten und Trainingsmaßnahmen darf weder über- noch unterfordern, die erforderlichen Ruhepausen müssen in den Plan integriert werden, so dass insbesondere in der onkologischen Rehabilitation eine individuelle Balance zwischen Trainingsanforderung und Roborierung auf der einen und Entspannung und Erholung auf der anderen Seite harmonisch hergestellt wird. Der Rehabilitationsprozess strebt die Wiederherstellung gestörter Funktionen, Training erhaltener Restfunktionen und Kompensationsmöglichkeiten irreversibler Gesundheitsschäden an unter Integration psychosozialer Maßnahmen zur Vermeidung von Anpassungsstörungen, Förderung von Krankheitsbewältigung, Förderung der Therapieakzeptanz, Ausgleich sozialer Nachteile und Förderung eines gesundheitsfördernden Lebensstils. Er beinhaltet beispielsweise neben eventueller Fortführung oder Einleitung adjuvanter Maßnahmen rehabilitationstypische Behandlungen wie Krankengymnastik, Ergotherapie, physikalische Therapie; Patientenschulung mit allgemeinen und indikationsspezifischen Vorträgen, Gesprächskreisen und Einzelgesprächen einschließlich Informationsvertiefung, Gesundheitstraining und Lebensführungsberatung, Verhaltensberatung zur Überwindung funktionaler und morphologischer Beeinträchtigungen; ärztliche und psychologische psychoonkologische Unterstützung bis hin zu psychiatrisch-psychotherapeutischer Mitbehandlung; Ernährungsberatung, Diätetik; Sozialberatung und Organisation sozialer Hilfen; bei Bedarf Hilfsmittelversorgung und Anleitung zum adäquaten selbstständigen Gebrauch, Schmerztherapie, Hirnleistungstraining. Für definierte Störungsbilder bestehen definierte Behandlungskonzepte, die individuell zugeschnitten werden müssen. In engmaschigen und regelmäßigen Verlaufskontrollen muss der Prozess verfolgt, müssen Komplikationen, Hemmnisse und Fortschritte erfasst und dokumentiert werden, spezifische Motivationsarbeit geleistet werden. Dazu dienen regelmäßige Einzelsprechstunden, Visiten, qualitätssichernde Chefarzt- und Oberarztsprechstunden, interdisziplinäre Rehabilitationskonferenzen u. a. Häufig sind invididuelle Anpassungen und Modifikationen erforderlich, um ein optimales Rehabilitationsergebnis zu erzielen einschließlich interkurrenter, weiterführender Diagnostik. Die informationellen, psychosozialen und edukativen Behandlungsangebote haben in der stationären Rehabilitation einen besonderen Stellenwert, ermöglichen sie doch oft erst die Bewältigung und das Wiedergewinnen eines ausreichenden affektiven und kognitiven Status, der das
289 18.1 · Allgemeine Grundlagen
Einordnen und Verarbeiten des Erlebten erstmals möglich macht, Perspektiven gibt, Zukunft und Handlungsspielräume eröffnet. Die Einbeziehung begleitender oder besuchender Angehöriger sowie der Vor- und Weiterbehandler stabilisiert die Kontinuität des rehabilitativen Prozesses. Die Abschlussuntersuchung bedeutet erneute Diagnostik und Assessment, führt zur Feststellung der Rehabilitationsergebnisse anhand der Rehabilitationsziele, zur abschließenden sozialmedizinischen Gesamtbeurteilung in Gutachtenqualität und zur abschließenden sozialmedizinischen und rehabilitationsmedizinischen Beratung, thematisiert weiteres mögliches therapeutisches und präventives Vorgehen, beinhaltet die Planung und Anregung weiterer Maßnahmen. Die Ergebnisse der Rehabilitation werden den Zuweisern und Weiterbehandlern in Form des Entlassungsberichtes schnellstmöglich zur Verfügung gestellt.
Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen Urologisch-onkologische Rehabilitationsmaßnahmen werden entweder im Anschlussheilverfahren von den behandelnden Ärzten im Akutkrankenhaus direkt mit der AHB-Rehabilitationsklinik unbürokratisch organisiert. Die AHB soll in der Regel 14 Tage nach Abschluss der Primärbehandlung angetreten werden. Spätere onkologische stationäre Heilbedhandlungen werden vom nachsorgenden niedergelassenen Urologen beim zuständigen Kostenträger beantragt. Dazu wird nach dem Entschluss zu einer Rehabilitation das einheitliche Formblatt »Einleitung von Leistungen zur Rehabilitation oder alternativen Angeboten« ausgefüllt und an die Krankenkasse zur Genehmigung weitergeleitet. Die Krankenkasse bzw. ihr medizinischer Dienst prüft den Antrag (auf Zuständigkeit und evtl. der Rehabilitation entgegenstehende Gründe auf der Grundlage der Begutachtungsrichtlinien »Vorsorge und Rehabilitation« des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen) und unterstützt den Patienten bei der erforderlichen Antragstellung. Der Vertragsarzt überprüft die Indikation und füllt den Vordruck »Verordnung von medizinischer Rehabilitation« aus. Nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vom 16. März 2004 wird für die Verordnung von Rehabilitation ein Qualifikationsnachweis des Vertragsarztes erwartet: Er erhält die Genehmigung, wenn er:
die Gebietsbezeichnung »Physikalische und Rehabilitative Medizin« besitzt oder
über die Zusatzbezeichnungen »Sozialmedizin« oder »Rehabilitationswesen« oder über die fakultative Weiterbildung »Klinische Geriatrie« verfügt oder
eine mindestens 1-jährige Tätigkeit in einer stationären oder ambulanten Rehabilitationseinrichtung nachweist oder
im Jahr vor Erteilung der Genehmigung mindestens 20 Rehabilitationsgutachten auch für andere Sozialleistungsträger (insbesondere Rentenversicherung) erstellt hat oder
an einer Fortbildung von 16 h mit Erfolg teilgenommen hat, die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und den Spitzenverbänden der Krankenkassen anerkannt ist. Gegenstand dieser Fortbildung sind die Handhabung dieser Richtlinien, insbesondere Grundlagen der ICF und Inhalte der verordnungsfähigen Leistungen der Rehabilitation. Die Inhalte der Fortbildung sind in einem Curriculum vorzugeben, auf das sich die Partner dieser Richtlinien verständigen. Vertragsärzte, die nicht über eine dieser Zusatzqualifikationen verfügen, dürfen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung nur noch innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr nach Inkrafttreten dieser Richtlinien verordnen.
Ambulante Nachsorge Rehabilitation setzt sich in der langjährigen ambulanten Nachsorge fort. Evidenz für die Wirksamkeit einer frühen Rezidiverkennung im Rahmen der Nachsorgediagnostik gibt es nur für Hoden- und Harnblasentumoren. Insofern setzen sich mehr und mehr die Bedeutung der Lebensqualität und Befindlichkeit der »ehemaligen« Tumorpatienten und die Erkennung individuellen Unterstützungsbedarfs im Sinne rehabilitationsmedizinischer Ziele als Leitlinien urologisch-onkologischer Nachsorge in der ambulanten Betreuung durch (Weißbach u. Dieckmann 2005; Schubert-Fritschle et al. 2005).
18.1.6 Qualitätsmanagement
SGB V § 135a Abs. 2 verpflichtet nicht nur Krankenhäuser (seit 1989) zur Qualitätssicherung, sondern seit 2003 (Gesundheitsmodernisierungsgesetz) auch niedergelassene Ärzte. Die gesetzliche Verpflichtung besteht auch für medizinische Versorgungszentren, Erbringer von Vorsorgeleistungen und Rehabilitationsmaßnahmen sowie für alle Einrichtungen mit einem Versorgungsvertrag nach § 111a. Die Verpflichtung beinhaltet die Beteiligung an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen zur Qualitätssicherung mit dem Ziel, die Ergebnisqualität zu verbessern, und die interne Einrichtung eines Qualitätsmanagements, das kontinuierlich weiter zu entwickeln ist. In § 137 SGB V
18
290
Kapitel 18 · Rehabilitation
werden die Anforderungen an ein Qualitätsmanagement spezifiziert. Vahlensieck hatte 2001 die Daten der urologischen Rehabilitation von Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern der Jahre 1997/1998 analysiert und kam zu dem Schluss, dass nur 17% der urologischen Rehabilitationskliniken wirklich urologisch geleitet waren, nur 25% hatten einen präsenten Urologen und nur 10% der Kliniken waren urologisch komplett ausgestattet (Flow, Sonographie, Röntgen, Urodynamik, Endoskopie). Um die Ergebnisqualität zu sichern, wurden strukturelle Voraussetzungen und Merkmale der Prozessqualität erarbeitet (Vahlensieck et al. 2005) Für die kooperierenden Rehabilitationseinrichtungen haben die Deutsche Rentenversicherung (1994) und auch die Krankenkassen Qualitätssicherungsprogramme entwickelt. Diese sehen u. a. für die Ergebnisqualität regelmäßige Nachbefragungen repräsentativer Rehabilitandenstichproben jeder Rehabilitationseinrichtung mittels Fragebögen vor, bei denen Beschwerden, Gesundheitsstatus und -veränderungen, Lebensqualitätsparameter, Behandlungsergebnisse, Zufriedenheit mit den spezifizierten Maßnahmen erfasst und im Vergleich mit anderen vergleichbaren Rehabilitationseinrichtungen anonymisiert quantifiziert dargestellt werden (»bench marking«). Die Qualität der Entlassungsberichte wird als Paradigma für die Prozessqualität in einem Peer-review-Verfahren beurteilt. Die zu erbringenden Leistungen sind von den Kostenträgern in einem Katalog spezifiziert und definiert worden und werden systematisch erfasst. Strukturrelevante Daten werden regelmäßig erfasst und kontrolliert. Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung des internen Qualitätsmanagements bestehen in einigen Rehabilitationskliniken bereits Qualitätsstandards, die über die Anforderungen der Kostenträger hinausgehen.
18.1.7 Urologisch-onkologische Rehabilitation
Allgemeine Rehabilitationsziele Tumornachsorge/Diagnostik
18
Diagnostik und Therapie einer urologisch-onkologischen Erkrankung werden heute prinzipiell von niedergelassenen Kollegen oder im Akutkrankenhaus durchgeführt. Auch die erforderlichen Nachsorgeuntersuchungen können in der Regel ambulant oder durch kurzfristige stationäre Aufnahme zum Re-Staging durchgeführt werden. In der Rehabilitation steht die Behandlung der Tumorerkrankung nicht im Vordergrund, kann jedoch in Absprache mit Vor- und Nachbehandlern fortgeführt oder eingeleitet werden. Die Rehabilitation konzentriert sich auf die Folgen und Auswirkungen maligner urogenitaler
Erkrankungen und deren Behandlung und soll somit die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbessern. Dennoch gehört ein möglichst genauer Aufnahmestatus zur Grundlage adäquater Rehabilitation. Sowohl für den Patienten als auch für den Rehabilitationsmediziner, für den Operateur und den betreuenden niedergelassen Urologen sind Kontrollen auf Tumoraktivität von entscheidender Bedeutung, wobei weiterführende Diagnostik, z. B. mittels NMR, oder nuklearmedizinische Untersuchungen nicht zum primären Aufgabenfeld der Rehabilitation gehören, im Einzelfall jedoch während einer Rehabilitation notwendig werden können. Im Rahmen der AHB-Verfahren wird die exakte Aufnahmediagnostik und Statusdokumentation mittlerweile auch zum Instrument der Qualitätssicherung für das zuweisende Krankenhaus.
Allgemeinbefinden Das Allgemeinbefinden nach urologisch-onkologischer Erkrankung und Therapie wird von sehr vielen Faktoren beeinflusst. Zu berücksichtigen sind beispielsweise Krankheitsverarbeitung, mitgeteilte Tumorprognose, perioperative Komplikationen, Behandlungsfolgen/postoperative Funktionsstörungen, Stoffwechselumstellung nach radikalen Operationen, Anämie, Schmerzen etc. Der vom Rehabilitanden selbst eingeschätzte allgemeine Gesundheitszustand integriert alle Dimensionen und Faktoren der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. In einer großen multizentrischen onkologischen Rehabilitationsstudie der Arbeitsgemeinschaft für Krebsbekämpfung der Träger der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung im Land Nordrhein-Westfalen (ARGE-Studie 2002) wurden exemplarisch für die urologisch-onkologische Rehabilitation 153 Patienten nach radikaler Prostatektomie monozentrisch während einer 3- bis 4-wöchigen stationären AHB und im weiteren Verlauf über 1 Jahr lang in Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Behandlern multidimensional untersucht, die Daten extern evaluiert. Die subjektive Globaleinschätzung für den allgemeinen Gesundheitszustand zeigte sich im Lebensqualitätsmessinstrument QLQ-C30 der EORTC von 48,5 auf 63,8 Punkte signifikant verbessert. Auch Parameter der allgemeinen somatischen Befindlichkeit konnten auf den Symptomskalen des QLQ-C30 für Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Appetitverlust, Übelkeit und Erbrechen, Schmerz, Luftnot, Schlafstörungen und Obstipation signifikant verbessert werden.
Komorbidität In der urologisch-onkologischen Rehabilitation ist das durchschnittliche Lebensalter der Rehabilitanden höher als sonst in der stationären Rehabilitation über die
291 18.1 · Allgemeine Grundlagen
Rentenversicherungsträger zur Wiederherstellung der beruflichen Leistungsfähigkeit üblich. Entsprechend ausgeprägter finden wir tumorunabhängige Begleiterkrankungen mit Auswirkungen auf die aktuelle Rehabilitation, die Lebensqualität und das Mortalitätsrisiko. Unverantwortlich erscheint uns ein fachspezifischer Scheuklappenblick, der Störungen außerhalb des eigenen Fachgebietes ignoriert. Was nützt die beste High-techNeoblase, wenn wir den Patienten aufgrund seiner unbehandelten Risikofaktoren durch ein kardiovaskuläres Ereignis verlieren? Oft ist auch erst eine Vorbehandlung der Begleiterkrankung erforderlich, um fachspezifische urologische Rehabilitation zu ermöglichen, beispielsweise bei schmerzhaften Blockierungen in der Wirbelsäule, bei sonst eingeschränkter Beweglichkeit oder Darmfunktions- und Stoffwechselstörungen. Jeder Rehabilitationsmediziner benötigt daher eine hohe allgemeinmedizinische Kompetenz. Zusätzlich halten wir ein interdisziplinäres Rehabiltationsteam unter Einbeziehung von Ärzten anderer Fachrichtungen für unentbehrlich. Datenlage. Etwa die Hälfte unserer Patienten erhält im Laufe einer Rehabilitationsmaßnahme eine konsiliarische nicht-urologische Vorstellung. Ungefähr 1/3 wird psychiatrisch oder psychologisch-psychotherapeutisch vorgestellt, etwa 1/3 bedarf einer orthopädischen Mitbehandlung, ca. 20% werden internistisch, je ca. 5% neurolgisch und gynäkologisch mitbehandelt. Bei ca. 1/3 unserer Rehabilitanden ist eine Überwachung des Blutdrucks und ggf. Adaptation einer antihypertensiven Medikation notwendig, ca. 14% leiden an kardiovaskulären Beschwerden, bei 6,6% muss ein Diabetes mellitus internistisch überwacht und optimiert werden. Patienten mit Co-Mor-
biditäten profitieren besonders von einer fachspezifischen stationären Anschlussheilbehandlung, wie eine aktuelle Studie der Urologischen Universitätsklinik Aachen zeigen konnte (Reiners et al. 2008).
Leistungsfähigkeit Am Beispiel der wegen Prostatakarzinoms radikal prostatektomierten Patienten hatten wir zeigen können, dass durch eine stationäre AHB sämtliche Parameter der körperlichen Leistungsfähigkeit (WHO-Performance-Index, Ärztlicher Therapiebedarf für Leistungseinschränkungen, QLQ-C30-Skala für funktionellen körperlichen Status, SF-36-Skala für körperliche Funktionsfähigkeit, Skala für körperliche Leistungsfähigkeit im Prostata-Zusatzmodul des QLQ und ergometrische Leistungsobjektivierung in Watt) signifikant gebessert werden (ARGE 2002).
Psychoonkologie Psychoonkologie in der Rehabilitation versteht sich als psychosoziale Unterstützung von an Krebs erkrankten Patienten. Hinweis
I
I
Durch die Diagnose Krebs, durch die meist erforderliche radikale Therapie und die möglichen Behandlungsfolgen entstehen häufig seelische Belastungen und soziale Veränderungen, die einen speziellen Unterstützungsbedarf begründen.
Die psychoonkologischen Aspekte bei Prostatakarzinom zeigt Abb. 18.5.
Lfoo{fjdifo!efs!qtzdijtdifo!Tjuvbujpo!efs!Qbujfoufo Bohtu
Ejbhoptf; 5. wps!Sf{jejw 5. wps!Bvthsfo{voh 5. wps!Wfsåoefsvoh 5. wps!Tjfdiuvn efs!tp{jbmfo!Spmmf 5. wps!Upe 5. wps!Wfsmbttfo.!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!voe!Gbnjmjf-!Cfsvg
!!!xfsefo
Gsfvoeftlsfjt
Usbvfs Efqsfttjpo Tfmctuxfsuwfsmvtu Cffjousådiujhvoh!efs!Hftdimfdiufsspmmf Jogpsnbujpotcfeýsgojt
Abb. 18.5. Psychoonkologische Aspekte bei Prostatakarzinompatienten
5. Cfmbtuvohtsfblujpo 5. sfblujwf!Efqsfttjpo
Qtzdipuifsbqjf; 5. Fjo{fmuifsbqjf0Qbbshftqsådif 5. Hsvqqfouifsbqjf 5. qtzdiptfyvfmmf!Cfusfvvoh
Lfoo{fjdifo!efs!Qtzdipuifsbqjf; 5. tvqqpsujw 5. fyqsfttjpotg÷sefsoe 5. lphojujw.jogpsnbujw
18
292
18
Kapitel 18 · Rehabilitation
Datenlage. Bereits 1991 wurden 66 Patienten, die wegen eines Prostatakarzinoms zur stationären urologisch-onkologischen Rehabilitation kamen, zu ihrer Befindlichkeit und zu ihren Erwartungen und Bedürfnissen an die Rehabilitation befragt. 56% gaben seelische Beeinträchtigungen, 55% reaktive Schlafstörungen an, ca. 30% in starker oder sehr starker Ausprägung. 50% der Befragten erwarteten speziell psychosoziale Unterstützung in der Rehabilitation, 70% wünschten Informationen zur Krankheitsbewältigung. Diese Ergebnisse wurden in der Folge an 1731 Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom überprüft: 38% erhielten auf ihren Wunsch hin psychoonkologische Einzelgespräche, im Durchschnitt hatte jeder Patient 1,2 Kontakte mit einem Psychotherapeuten. 1996 wurden 424 konsekutive Patienten in der stationären urologisch-onkologischen Rehabilitation, davon ca. 25% Frauen und knapp die Hälfte im AHB-Verfahren, nach Symptomen, Belastungsgefühl und Unterstützungsbedarf evaluiert. 43% litten aktuell und in Reaktion auf das Krankheitsgeschehen an Symptomen wie Schlafstörungen, Grübeln, Angst, bedrückte Stimmung, affektive Instabilität, Unruhe. 35% fühlten sich psychisch belastet. 14% waren sozial (beruflich, finanziell, familiär oder partnerschaftlich) belastet. 31% aller Patienten wünschten ein psychosoziales Unterstützungsgespräch, im AHBVerfahren 37%. 1998 wurden 50 konsekutive Patienten nach radikaler Prostatektomie im AHB-Verfahren mit der deutschen Version der Hospital Anxiety and Depression Scale untersucht. Eine psychiatrisch relevante Angst wiesen 4%, eine relevante Depression 6% auf. Im Lebensqualitätsinstrument SF-12 gaben 40% an, aufgrund seelischer Belastung in den Alltagsaktivitäten eingeschränkt zu sein. 64% berichteten Entmutigung und Traurigkeit, 12% in einer schweren Ausprägung. 83% litten an reaktiver Nervosität, 21% in schwerer Ausprägung. In der Beschwerdeliste von Zerssen, die körperliche und psychovegetative Befindlichkeitsstörungen erfasst, wiesen 15% dieser Patienten eine sichere Störung auf. Bei allen Erhebungen fiel eine Tendenz zur »übernormalen« Selbstdarstellung auf im Vergleich zu Normalstichproben der Bevölkerung oder zu aktuellen Kontrollgruppen. Von den 153 in der ARGE-Studie (2002) befragten Patienten hatten 33% während der stationären Rehabilitation psychoonkologische oder psychotherapeutische Einzelgespräche erhalten. In der Literatur wird die Prävalenz einer behandlungsbedürftigen Depression bei onkologischen Patienten auf durchschnittlich 20% geschätzt, tendenziell eher niedrig, da bereits etwa 1/3 aller Patienten eines Allgemeinkrankenhauses als psychisch behandlungsbedürftig angesehen werden muss (Zettl et al. 2005).
Zu den durchgeführten psychoonkologischen Maßnahmen und psychosozial wirksamen Faktoren gehören beispielsweise: psychologische Einzelberatungen zur Krankheitsbewältigung, supportive psychotherapeutische Einzelgespräche, Paar- und Angehörigenberatung durch Ärzte und Psychologen, psychoedukative und indikationsbezogene Vorträge mit anschließender Diskussion, ärztliche Lebensführungsberatung, Gesundheitstraining, allgemein psychoonkologische und indikationenspezifische Gesprächskreise, gesundheitsorientiertes und ressourcenaktivierendes Klinikmilieu, Psychotherapie, kognitives und Hirnleistungstraining, Ergotherapie, Kreativtherapie, Klinikseelsorge, Entspannungstechniken. Als Effekt lässt sich festhalten: Sämtliche psychosoziale Skalen des Lebensqualitätsmessinstruments QLQ-C30 der EORTC besserten sich in der ARGE-Studie (2002) signifikant während der postoperativen 3- bis 4-wöchigen stationären Rehabilitation, ebenso sämtliche Skalen des SF-36 mit Ausnahme der allgemeinen Gesundheitswahrnehmung. Das Gefühl, durch die bisherige Behandlung psychisch belastet zu sein, konnte signifikant reduziert werden. Der ärztlich festgestellte Therapiebedarf für Schlafstörungen, Ängstlichkeit, Depressivität, Krankheitsbewältigung, Informationsbedarf, krankheitsgerechtes Verhalten, Körperbildakzeptanz, Selbstwertgefühl und soziale Integration konnte jeweils signifikant vermindert werden. Die erreichten Verbesserungen waren in den Nachuntersuchungen im Wesentlichen stabil. Weitere statistisch relevante Verbesserungen wurden nach 6 Monaten noch für Depressivität und emotionale Rollenfunktion, nach 12 Monaten für die allgemeine Lebensqualität nachgewiesen, eine Verschlechterung für das psyschische Wohlbefinden nach 6 Monaten. Nicht geheilte Patienten mit fehlender PSA-Sanierung stellen sich (auch) für die soziale und kognitive Funktionsfähigkeit, für das seelische Wohlbefinden, die Vitalität und die allgemeine Lebensqualität signifikant weniger beeinträchtigt dar als geheilte Patienten. Die etablierten Fragebögen zur Lebensqualitätserfassung stellen allgemein die Fähigkeit zur Alltagsbewältigung dar. Die enorme psychische Beeinträchtigung durch die postoperative Harninkontinenz geht jedoch aus aktuellen Studien nur sehr unzureichend hervor (Krauß et al. 2006; Mehnert et al. 2006). Meist steht bei den Patienten zunächst die Beseitigung der postoperativen Harninkontinenz im Vordergrund. Ein Jahr postoperativ stellt die erektile Dysfunktion dann häufig das primäre, die Lebensqualität mindernde Problem dar (Davidson et al. 2007). Am Beispiel von radikal zystektomierten Patienten mit Urostomie-Anlage hatten Kulaksizoglu et al. (2002)
293 18.1 · Allgemeine Grundlagen
in einer Langzeituntersuchung gezeigt, dass die Funktionsskalen im QLQ 3 Monate nach der Operation am schlechtesten und erst nach 12 Monaten erholt waren, die Symptomskalen zeigten erst nach dem 12. Monat eine signifikante Verbesserung. Im April 2005 hatte T. Küchler (Kiel) auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie Hinweise auch auf eine verbesserte Überlebenszeit bei psychoonkologischer Intervention nur während des Klinikaufenthaltes bei Patienten mit malignen gastrointestinalen oder hepatopankreatischen Malignomen präsentiert. Dennoch sollte Psychoonkologie nicht als kurativ intendiertes Verfahren missverstanden werden.
Soziale Unterstützung Die Aufgaben des Sozialdienstes in Rehabilitationskliniken sind vielfältig. Im Vordergrund stehen beispielsweise Information, Beratung und Hilfestellung für sozialrechtliche Fragestellungen, z. B. zu Fragen des Krankengeldes, Übergangsgeldes, der Eigenbeteiligung und Zuzahlungen einschließlich der Härtefall- und Sonderbestimmungen, zu Leistungen der Sozialhilfe, des Härtefonds der Deutschen Krebshilfe oder der Pflegeversicherung, des Schwerbehindertenrechts, der Heil- und Hilfsmittelversorgung, Möglichkeiten der beruflichen Rehabilitation und weitere mögliche Rehabilitationsmaßnahmen. Jedoch beinhaltet das Spektrum auch die Vermittlung von Kontakt- und Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen für an Krebs erkrankte Menschen in Wohnortnähe, Organisation vorübergehender pflegerischer oder Haushaltshilfen oder eines Pflege- oder Hospizplatzes.
Berufliche Hilfen Aufgrund des durchschnittlich höheren Lebensalters der Rehabilitanden in der urologisch-onkologischen Rehabilitation haben die Fragen der beruflichen Leistungsfähigkeit nicht den Stellenwert, der ihnen sonst in der medizinischen Rehabilitation zukommt. Datenlage. Am Beispiel des Prostatakarzinoms finden sich bei Diagnosestellung 37,5% der betroffenen Männer erwerbstätig, bei Aufnahme zur AHB nur noch 27,3%, 12 Monate nach AHB nur noch 13,5%. Ungefähr 50% des Verlustes an Erwerbstätigkeit kommt durch Eintritt in den (auch vorzeitigen) Altersruhestand zustande, die andere Hälfte ist bedingt durch die Karzinomerkrankung und eventuelle Behandlungsfolgen (Seger 2002). Aktuell sehen wir einen deutlichen Trend, dass urologisch-onkologische Diagnosen bei zunehmend jüngeren, erwerbstätigen Patienten gestellt werden, so dass der Ein-
fluss einer stationären Rehabilitation auf die berufliche Reintegration einen noch zunehmenden Stellenwert haben wird. Für die noch Erwerbstätigen ist der Erhalt bzw. die Wiedergewinnung eines ausreichenden beruflichen Leistungsvermögens von zentraler Bedeutung. Trotz der Diagnose Krebs nehmen 74% der Patienten nach der Rehabilitation ihre Arbeit wieder auf (Herkommer et al. 2005). Auf der Basis von Verlauf und Entlassungsevaluation des Leistungsvermögens und seiner Einschränkungen wird regelmäßig in Zusammenarbeit mit dem Rehabilitanden eine sozialmedizinische Begutachtung durchgeführt, die das positive und negative Leistungsbild beschreibt und Bedingungen (z. B. Einschränkungen, Hilfmittel, besondere Arbeitsplatzgestaltung) für eine erfolgreiche Berufstätigkeit bei einer eventuellen bleibenden Behinderung entsprechend formuliert. Dabei werden auch bedarfsgerecht berufsfördernde Leistungen vorgeschlagen, von der stufenweisen Wiederaufnahme der Berufstätigkeit über Arbeitsplatzanpassung, Arbeitserprobung, Eingliederungshilfen bis zur Fortbildung, Berufsfindung und Umschulung. Gelegentlich kann auch eine zeitlich befristete Berentung vorgeschlagen werden.
Information Adäquate Information ist die Voraussetzung zu selbstbestimmter Entscheidung. Inadäquate Information kann zu schweren Fehlentscheidungen und heftigen psychischen Fehlreaktionen führen. Ärztliche Führung im »Informationsdschungel« (Delbrück 2003, S. 299) ist unverzichtbar. Datenlage. In einer Befragung von Patienten, die wegen eines Prostatakarzinoms ein stationäres onkologisches Rehabilitationsverfahren absolvierten, erwarteten 80% auch Information über unkonventionelle Heilmethoden, 76% zusätzliche Informationen zu Genese und Therapie des Karzinoms, 74% Informationen zur Behandlung von Funktionsstörungen infolge der Primärtherapie, 70% Informationen zur erfolgreichen Krankheitsbewältigung, jeweils knapp 50% zum Sozialrecht/zu sozialen Hilfen und zur sexualmedizinischen Rehabilitation. Zum Zeitpunkt der Therapieentscheidung fühlten 63% aller Männer mit Prostatakarzinom Entscheidungsstress, 1 Jahr nach der Primärtherapie immer noch 42% (Steginga et al. 2004). Wegen Prostatakarzinoms Unterstützung suchende Männer wiesen zu 38% psychischen Stress auf (Balderson u. Towell 2003). Da die Primärinformation häufig noch im Stadium des »akuten Schocks« erfolgt, wird sie oft nur partiell aufgenommen. In der stationären Rehabilitation haben
18
294
Kapitel 18 · Rehabilitation
Vorträge, Gesprächskreise, Einzelgespräche mit Ärzten, Psychologen und Sozialarbeitern auch die Aufgabe einer Nacharbeitung und Verarbeitung der Informationen im Sinne einer Konsolidierung, Einordnung, Bewertung, Erlebnisverarbeitung und Perspektivengewinnung. Gesundheitserzieherische und psychoedukative Gesichtspunkte werden nicht mit dem »erhobenen Zeigefinger«, sondern als attraktive Option, wieder selbst handelndes Subjekt zu werden, integriert. Im Rahmen der Ermutigung zur Partizipation können auch Kontakte zu Selbsthilfegruppen vermittelt werden, mit denen vielfach eine gute Zusammenarbeit besteht. Der ärztlich eingeschätzte Informationsbedarf der Rehabilitanden im AHB-Verfahren nach radikaler Prostatektomie wird auf einer Goal Attainment Scale (von 0= kein Informationsbedarf bis 6= sehr starker Informationsbedarf) durch die konzertierten Maßnahmen innerhalb von 3–4 Wochen von 3,03 auf 0,10 signifikant gesenkt.
Indikationsspezifische Rehabiliationsziele Therapeutische Prozesse werden im Bereich der Akutmedizin als »Fast-track«-Konzepte optimiert und zeitlich gestrafft (Gralla et al. 2008 und Heinzer et al. 2005). Diese Beschleunigung lässt sich auf die Beseitigung postoperativer Störungen jedoch nicht einfach übertragen. Vielmehr ist eine »fast-track« adaptierte Rehabilitation erforderlich, um im Rehabilitationsprozess eine »Entschleunigung« zu erreichen, und so postoperative Harninkontinenz und erektile Dysfunktion zu beseitigen und Krankheitsbewältigung zu ermöglichen. Damit werden eine Abgrenzung und eine Ergänzung der Rehabilitationsmedizin zur Akutmedizin deutlich. Auch beim lokal fortgeschrittenen Prostatakazinom werden operative Strategien verfolgt – insbesondere in Kombination mit modernen strahlentherapeutischen Möglichkeiten: radikale Prostatektomie mit adjuvanter Radiatio oder nach stattgehabter Radiatio (Kälble 2008). Dadurch ergeben sich zwangsläufig auch neue Anforderungen an die Anschlussheilbehandlung.
Harninkontinenz Prävention
18
Zwar hat die urologisch-onkologische Rehabilitation nicht wie die urologisch-onkologische Primärtherapie das Ziel, die Überlebenszeit nach einer malignen Erkrankung zu verlängern, sondern konzentriert sich auf die Lebensqualität nach Tumorerkrankung und -behandlung. Dennoch haben onkologische und allgemeine Gesundheitsprävention einen traditionell sehr hohen Stellenwert. Das Konzept der Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen hat auch in einer onkologischen Rehabilitationsklinik seinen Platz und findet zusätzlich seine onkologischen Entsprechungen: Viele Faktoren sind bekannt, die ein Erkrankungsrisiko modulieren. Sie werden im Gesundheitstraining systematisch bearbeitet. Neben zu vermeidenden toxischen (auch beruflichen) Einflüssen, z. B. bei Urothelkarzinomen, werden die Prinzipien gesunder Ernährung nach den Erkenntnissen der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) dargestellt, Nahrungsergänzungen mit Vitaminen, Spurenelementen u. a. kritisch diskutiert, der Einfluss von regelmäßiger Bewegung und von Ausdauersportarten (z. B. Sommer et al. 2002) wie auch der Aspekt der Selbstfürsorge und Psychohygiene hervorgehoben. Bezüglich alternativer komplementärmedizinischer Verfahren ist eine gesunde Skepsis bezüglich möglicher Nebenwirkungen, Schädigungen und finanziellen Risiken sicherlich angebracht, wenn auch nicht alle unkonventionellen Methoden per se wirkungslos sein müssen. Eine wissenschaftlliche Auseinandersetzung mit diesen Verfahren nach evidenzbasierten Maßstäben setzt jedoch erst langsam ein (z. B. Luboldt et al. 2002).
Die postoperative Harninkontinenz nach radikalchirurgischen Beckeneingriffen bleibt trotz verbesserter Operationstechniken durch die absolute Zunahme operativer Eingriffe wie radikale Prostatektomien und radikale Zystektomien ein gesellschaftlich relevantes Problem ( Kap. 18.2). Das Ausmaß der postoperativen Harninkontinenz sollte nicht nur mit einem Fragebogen erfasst oder durch die Angabe benötigter Vorlagen beschrieben werden (Bates et al.1998). Zu fordern ist die Quantifizierung des Urinverlusts mit einem 24-Stunden-VorlagenTest. Auch in neueren Arbeiten zur konservativen Therapie der männlichen Belastungsinkontinenz finden sich keine detaillierten Beschreibungen zum therapeutischen Konzept oder zur physiotherapeutischen Methode (Buse et al. 2007). Unspezifische gluteale Kneifübungen und Beckenbodengymnastik wie bei der Stressinkontinenz der Frau sind obsolet. Ein effektives Kontinenztraining muss sphinkterbezogen sein und die zu trainierenden Muskelfasertypen (»fast twitch«, »slow-twitch« und Intermediärtyp) entsprechend dem Grad der Inkontinenz berücksichtigen, je nachdem, ob eine kurzfristig höhere Kraftentwicklung (bei Grad I) oder eine Ausdauerkraftentwicklung (Grad II) oder überhaupt eine basale Tonisierung (Grad III) angestrebt wird ( Abb. 18.6). Das multimodale Kontinenztraining (Otto et al. 1997, 1998) sieht prinzipiell nach radikaler Prostatektomie bei Grad I ein reines physiotherapeutisches Training, ab Grad II die Berücksichtigung der zwangsläufig bei Veränderung des Harnblasenverschlusses konkomitierenden Blasendysfunktion und bei Grad III die Option der zusätzlichen Elektrostimulation vor ( Abb. 18.7).
295 18.1 · Allgemeine Grundlagen
Bevorzugt bei höhergradiger Inkontinenz kommt das endoskopische Video-Biofeedback-Sphinktertraining zum Einsatz, um ein optimales Training zu gewährleisten ( Abb. 18.8; Hoffmann et al. 2001). Dieses Basisschema wird individuell angepasst an die erhobenen, insbesondere urodynamischen und videoendoskopischen Befunde. Aufgrund verbesserter Operationstechniken und früherer Tumorstadien ist der Anteil nervschonender Operationen im eigenen Kollektiv im vergangenen 5-JahresZeitraum von 19 auf 42% gestiegen. Nach nervschonender
Bobupnjf!eft!Cfdlfot-!Qiztjpmphjf !efs!Cmbtf-!Mfsoqsp{fttf Npcjmjtbujpo!efs!hbo{fo!XT-!eft!Cfdlfotefs!Iýguhfmfolf-!efs!Cmbtf!voe!Cbvdipshbof Qspqsjp{fqujwf!Fslfoovoh!efs!Nvtlvmbuvs Ejggfsfo{jfsvoh!bhpojtujtdif-!boubhpojtujtdif!voe tzofshjtujtdif!Nvtlfmo Ejggfsfo{jfsvoh!Ibsos÷isf-!Sfluvn Ejtubmfs!vsfuisbmfs!Tqijolufs!)Tmpx.uxjudi.Gbtfso* Nn/!qvcpdpddzhfj!)Tmpx.uxjudi.!voe!Gbtu.uxjudi.Gbtfso* Qfst÷omjdif!Tusbufhjf;!Wfsibmufotåoefsvoh0Ýcvohtqsphsbnn
Abb. 18.6. Prinzipien des Kontinenztrainings
Abb. 18.8. Urethraler Sphinkter in der Videoendoskopie
Jolpoujofo{!JJ
Jolpoujofo{!JJJ
Lpoujofo{usbjojoh ,!boujdipmjofshf!Uifsbqjf
Lpoujofo{usbjojoh!, Fmflusptujnvmbujpo!, boujdipmjofshf!Uifsbqjf
Qfstjtufo{
Jolpoujofo{!J.JJ
Jolpoujofo{!J!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!Qfstjtufo{
Lpoujofo{!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!Lpnqmj{jfsfoef !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!Gblupsfo@
Vspezobnjl-!Wjefpdztuptlpqjf nju!Tqijolufsusbjojoh Jolpoujofo{!J.JJ
Qfstjtufo{
Lpoujofo{
Jnqmboubu. wfstpshvoh
Lpoujofo{usbjojoh
Lpoujofo{
Abb. 18.7. Multimodales Kontinenztraining
18
296
18
Kapitel 18 · Rehabilitation
Operation zeigen die Patienten eine deutlich bessere Lebensqualität und schnellere Kontinenzentwicklung (Hodzic et al. 2008). Nach radikaler Zystektomie erfordert die Neoblaseninkontinenz ein gesondertes Behandlungskonzept: Dabei wird für Patienten mit Neoblasen ein spezielles Gruppenprogramm angeboten, bei dem neben dem Sphinktertraining insbedondere neoblaseneduktative Maßnahmen unter intensiver Verwendung von Miktionsprotokollen mit Ein- und Ausfuhrbilanzen integriert sind. Bestandteile des Rehabilitationskonzepts für Neoblasen sind: vorsichtiger Kapazitätsaufbau der Neoblase unter unbedingter Vermeidung von Überdehnung, spezielles Sensibilitätstraining zur Förderung des Ersatzgefühls für die Neoblasenfüllung, spezielle Edukationsmaßnahmen zur Vermeidung nächtlicher Neoblasenenuresis, Neoblasenspülungen in Abhängigkeit von Verschleimung und muköser Obstruktionsgefahr bis hin zum Erlernen des intermittierenden Selbstkatheterismus, mukolytische Maßnahmen, Regulation der postoperativen häufigen Darmfunktionsstörungen einschließlich diätetischer Beratungen in Einzel- und Gruppenunterricht und Überwachung des Säure-Basen-Haushalts. Die Ileum-Neoblase ist als Reservoirersatz nach radikaler Zystektomie fest etabliert, jedoch auch mit einer nicht unerheblichen Komplikationsrate und postoperativen Funktionsstörungen verbunden. Wir verglichen unsere Patientenkollektive der Jahre 1998 und 2008. 1998 kamen 83 Patienten nach Anlage einer Ileum Neoblase zur stationären Anschlussheilbehandlung (AHB). 2008 behandelten wir 214 Patienten nach einem solchen Eingriff. Die Patienten nahmen an unserem speziellen differenzierten multimodalen Kontinenztraining teil. Das Miktionsvolumen betrug zur Entlassung im Durchschnitt 200 ml. Der durchschnittliche Urinverlust im 24-h-Vorlagen-Test wurde 2008 um 475 g gesenkt. Während 1998 sich überwiegend eine durch Bauchpresse hervorgerufene stakkatoartige Harnflusskurve zeigte, stieg 2008 der Anteil der Patienten mit vorwiegend detrusortypischer bogenförmiger Harnflusskurve auf 60% an. Die Harnwegsinfektionsrate beträgt nahezu unverändert etwa 60%. Auch der durchschnittliche »base excess« bei der Aufnahme ist mit etwa 3 mmol/l stabil. Die Rate an Spontanerektionen E 2–4 nach Porst ist 2008 mit 17% deutlich angestiegen (2% in 1998). Psychoonkologische Betreuung nehmen aktuell 45% in Anspruch. Durch die Perfektionierung der Operationstechniken und der fachspezifischen urologischen Rehabilitation haben sich in den letzten 10 Jahren die frühfunktionellen Ergebnisse verbessert. Dadurch erhöht sich stetig die Akzeptanz gegenüber diesem großen radikalchirurgischen Eingriff.
Viele Faktoren können die Inkontinenz nach radikaler Beckenoperation mitbedingen und unterhalten. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, eine exakte Ursachenanalyse bei verzögerter Kontinenzgewinnung durchzuführen. Dazu gehören beispielsweise urodynamische Druckflussstudien und Urethradruckprofile, Endoskopie, am besten mit gleichzeitigem Video-BiofeedbackSphinktertraining, gezielte Laboruntersuchungen und interdisziplinäre Abklärung neurologischer, orthopädischer und anderer Ursachen und Kofaktoren und resultierende spezifische Behandlungsmaßnahmen.
Hemmnisse der Kontinenzgewinnung
Patient findet den externen urethralen Sphinkter
nicht Dyskoordination mit akzessorischer Muskulatur Urodynamische Funktionsveränderungen Anastomosenstenose/subvesikale Obstruktion Infekte Begleiterkrankungen
Die kurz- und langfristige Effektivität dieses Vorgehens ist belegt. Durch reines Kontinenztraining konnte eine postoperative Harninkontinenz nach radikaler Prostatektomie, die durchschnittlich bereits über 7 Monate persistierte und überwiegend stark ausgeprägt war, bei 76% der Rehabilitanden innerhalb von 4 Wochen zu sozialer Kontinenz gebracht werden (1998). Eine eigene Studie zum Effekt einer blasenfunktionsstabilisierenden Medikation bei höhergradiger postoperativer Inkontinenz (zusätzlich zum Kontinenztraining) ergab signifikante Vorteile (n=120) für den Grad der Inkontinenz, das durchschnittliche Miktionsvolumen, den maximalen und mittleren Flow und die Miktionsfrequenz (Otto et al. 1999). Urodynamisch (n=42) fand sich eine Tendenz zu verbessertem maximalem Verschlussdruck bei erhöhtem Miktionsvolumen, signifikant fanden sich Füllungsvolumina bis zum ersten Harndrang, intravesikaler Druck beim ersten Harndrang, maximale Blasenkapazität und maximaler Flow verbessert. Wir konnten auch zeigen, dass die Elektrostimulation eine drittgradige Harninkontinenz schneller zur Besserung bringt, wohingegen eine erstgradige Inkontinenz an der Heilung gehindert wird ( Tab. 18.1; Dombo et al. 1997). In einer randomisierten prospektiven Untersuchung bei drittgradig inkontinenten Patienten konnte die signifikante Wirksamkeit der Elektrostimulation in Ergänzung zum Kontinenztraining in Abhängigkeit von der tatsächlichen Gerätenutzung beeindruckend bestätigt werden, wobei eine perineale Stimulation mit Oberflächenelektroden
297 18.1 · Allgemeine Grundlagen
Tab. 18.1. Kontinenztraining versus Kontinenztraining plus p.a.-Elektrostimulation Parameter
Monotherapie
Kombination
Signifikanzniveau
Grad I
+
–
p=0,0297
Grad III
+
++
p=0,0182
Tab. 18.2. Inkontinenzparameter drittgradig inkontinenter Patienten Parameter
Elektrostimulation Rektal applizierte Sonde
Perineale Stimulation mit Oberflächenelektroden
Ärztlicher Therapiebedarf (0–6)
4,65
1,55
Stamey-Grad (1–3)
2,3
1,0
Inkontinenzskala QT (0–10)
5,69
2,87
Pad-Test [ml/h]
81,8
48,4
Vorlagen tags
4,09
1,78
Vorlagen nachts
1,41
0,37
Miktionsfrequenz tags
7,3-mal
4,8-mal
Miktionsfrequenz nachts
2,5-mal
1,4-mal
Miktionsvolumen [ml]
189
267
Qmax [ml/s]
19,9
24,7
Qmed [ml/s]
9,2
12,1
QLQ-Zusatzmodul: »Probleme bei Miktion« (1–4)
2,81
2,21
QLQ-Zusatzmodul: »Schmerzen bei Miktion« (1–4)
1,75
1,39
signifikante Vorteile gegenüber einer rektal applizierten Sonde aufwiesen ( Tab. 18.2; Hoffmann et al. 2005). In den Jahren 2006 und 2007 kamen 4586 Patienten nach radikaler Prostatektomie zur stationären Anschlussheilbehandlung (AHB) in unsere Klinik und nahmen am speziellen physiotherapeutischen Kontinenztraining teil. Bei unzureichender Besserung der Harninkontinenz innerhalb der ersten zwei Wochen erfolgte eine weiterführende Diagnostik zum Ausschluss komplizierender Faktoren. Eine anticholinerge Medikation erhielten 46%, die Elektrostimulationsbehandlung setzten wir bei 5% ein. Aufgrund einer persistierenden Postprostatektomieinkontinenz erfolgte bei 6% eine Urodynamik und bei 21% eine Endoskopie mit videoassistiertem Biofeedback Sphinktertraining, wobei sich eine Anastomosenenge bei 2% zeigte (Müller u. Otto 2008). Insgesamt werden durch das multimodale Kontinenztraining sämtliche Inkontinenzparameter durch die stationäre Rehabilitation signifikant gebessert (ARGE 2002).
Duloxetin hat als balancierter Noradrenalin- und Serotonin-Wiederaufnahmehemmer eine sphinktertonisierende und detrusorstabilisierende Wirkung und ist zur Therapie der Harninkontinenz bei Frauen zugelassen, nicht jedoch zur Therapie der postoperativen Harninkontinenz des Mannes. Die Erfahrungen im »off-label use« sind jedoch sehr positiv, wobei Langzeitdaten auch nach Absetzen der Medikation fehlen (Schlenker et al. 2006). Neuere stammzelltherapeutische Verfahren können als individueller Heilversuch bei Patienten mit schwerer persistierender postoperativer Harninkontinenz (Grad III nach ICS) in der Hälfte der Fälle deutliche Besserungen herbeiführen (Otto et a. 2008). Bei der postoperativen Harninkontinenz sollten erst alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden. Die Möglichkeiten der Implantatversorgung bei persistierender postoperativer Harninkontinenz haben sich zwischenzeitlich rasant entwickelt (Gallistl et al. 2006; Rehder u. Gozzi 2007). Eine differenzierte Indikationsstellung ist jedoch
18
298
Kapitel 18 · Rehabilitation
anzuraten, da gerade Langzeitdaten für neuere Implantate noch fehlen.
Erektile Dysfunktion, Libido und Sexualität
18
Datenlage. In der ARGE-Studie litten 99% der Patienten an einer erektilen Dysfunktion (ED), 95% an einer kompletten. In einer Übersicht von 2100 konsekutiven Rehabilitanden nach radikalchirurgischer urologischer Beckenoperation fanden wir 2000 5,2% der Patienten nach RPE und 4,7% nach radikaler Zystektomie (ZE) in der Erektion unbeeinträchtigt, eine partielle ED bei 5,2% nach RPE und 2,7% nach ZE, so dass die Rate kompletter ED bei 88,6% nach RPE und 92,6% nach ZE lag. Präoperative sexuelle Aktivität mit geschlechtsverkehrsfähigen Erektionen gaben 76% der Patienten nach RPE, 65% nach ZE an mit altersabhängiger Abnahme. Bei 239 Patienten mit primärer Radiotherapie (RT) oder Hormonablation waren 62,3% prätherapeutisch geschlechtsverkehrsfähig. Auch bei beidseitiger Schonung des neurovaskulären Bündels ist die langfristige Wiederherstellung geschlechtsverkehrsfähiger Erektionen noch nicht optimal. Die Häufigkeit der ED nach nervschonender RPE wird zwischen 14 und 66% angegeben, nach Radiotherapie zeitabhängig bei 51–85% gefunden (Sperling u. Noldus 2003). Nur ca. 2/3 aller betroffenen Rehabilitanden haben einen sexualmedizinischen Beratungswunsch. 71% der beratenen Patienten führen dann erektionsfördernde Maßnahmen durch, die bei 69% zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führten. Im Laufe der Jahrzehnte haben wir gelernt, dass Akzeptanz und Erfolgsrate einer Methode auch von der Einstellung des verordnenden Arztes abhängen. Durch prophylaktische Maßnahmen sollen postoperativ sich noch entwickelnde ischämische Defizite im neurovaskulären Bündel und bei fehlender Oxygenierung konsekutiv auftretende Atrophie und Fibrose in den glatten Muskeln und im Endothel der Schwellkörper verhindert werden. Durch Schwellkörperinjektionstherapie mit Prostaglandin E1 3-mal/Woche (Montorsi et al. 1997) bzw. auch durch alleinige Gabe von Sildenafil oral, noch deutlicher bei Kombination (Montorsi et al. 2002) kann bei neuroprotektiv operierten Patienten die Rate postoperativer spontaner Erektionen signifikant verbessert werden. Durch eine fachspezifische urologische stationäre Rehabilitation wird der Therapiebedarf für »erektile Dysfunktion«, »Sexualitätsprobleme« und »Familien- und Partnerschaftsprobleme« signifikant vermindert. Im QLQ-Zusatzmodul Prostata finden sich in der Patientenselbsteinschätzung während der stationären Rehabilitation signifikante Verbesserungen im Leiden an der
reduzierten sexuellen Aktivität, am verminderten sexuellen Vergnügen, an reduzierter Libido und an sexualitätsbedingten Partnerschaftsproblemen (ARGE 2002). Auf dem 10-%-Niveau signifikant findet sich eine Tendenz zu höheren Erektionsfrequenzen und höherer sexueller Zufriedenheit. Es gibt Hinweise, dass auch ein frühzeitig begonnenes Schwellkörpertraining mit Vakuumerektionshilfen (VEH) günstige Effekte auf den Erhalt bzw. die Wiedergewinnung einer erektilen Funktion haben kann (Raina et al. 2002) und Sildenafil-Einnahme auch unter Androgendeprivation zu suffizienten Erektionen führen kann (Scholz u. Strum 1999). Aus grundsätzlichen Erwägungen muss eine Prophylaxe so früh wie möglich nach der Operation begonnen werden, jedoch werden optimale Methode, evtl. Dosis, Dauer der Prophylaxe und Einnahmeschemata derzeit noch kontrovers diskutiert. Bislang wurde die regelmäßige Einnahme eines PDE-5-Inhibitors nach nerv-schonender radikaler Prostatektomie propagiert. Die bedarfsweise Einnahme von Vardenafil scheint in der Effektivität jedoch nach jüngsten Studien zumindest gleichwertig zu sein (Montorsi et al. 2008). Langfristig nutzen Patienten eher ein Vakuumerektionshilfe (51%). SKAT (27%) und PDE-5-Hemmer (20%) werden langfristig weniger häufig angewandt (Herkommer et al. 2006; Salonia et al. 2008). Von den Patienten, die in unserer Rehabilitationklinik erfolgreich VEH testeten und ein solches Gerät rezeptiert bekamen, berichten in einer Nachbefragung nach einem Jahr noch 91% eine zufriedenstellende Anwendung. Details in Kap. 18.3.
Blasenfunktionsstörungen Notwendig sind spezielle Anamnese, Miktionsprotokoll, Uroflow, großer Urodynamikmessplatz, Sonographie und geeignete Röntgeneinheit, um eine entsprechende Diagnostik zu betreiben. Bei einem veränderten Harnblasenverschluss, sei es durch Obstruktion oder Verschlussinsuffizienz, kommt es regelhaft zu Veränderungen der dynamischen Blasenrezeptoren und der Funktionsregelkreise (Fall u. Lindström 1991). Leach et al. hatten 1987 nach urodynamischen Studien bei postoperativ stressinkontinenten Patienten eine häufige Blasenfunktionsstörung gefunden und 1996 auf die hohe klinische Relevanz einer anitcholinergen Behandlung hingewiesen. Durch ein multimodales Kontinenztraining werden in einem 3- bis 4-wöchigen stationären Rehabilitationsverfahren die Parameter der Blasenfunktion signifkant gebessert (ARGE 2002, Tab. 18.2). Auch die blasenfunktionsbezogenen Items im QLQ-Zusatzmodul Prostata bessern sich signifikant.
18
299 18.1 · Allgemeine Grundlagen
Subvesikale Obstuktion
Hormonausfallerscheinungen
24% unserer Rehabilitanden nach radikaler Prostatektomie weisen eingeschränkte maximale Harnflusswerte auf, davon die Hälfte de novo während der stationären Rehabilitation. Rund 10% entwickeln Hinweise auf eine progrediente subvesikale Obstruktion mit neu aufgetretener Einschränkung des maximalen Harnflusses auf <10 ml/s. 5% haben eine gesicherte schwere subvesikale Obstruktion, die bei der Hälfte bereits in der Rehabilitationsklinik behoben wird. Der ärztlich eingeschätzte Therapiebedarf (0–6) für subvesikale Obstruktion reduziert sich für das Gesamtkollektiv durch ein stationäres Rehabilitationsverfahren von 0,40 auf 0,06 signifikant (p=0,005; ARGE 2002).
Die neoadjuvante Androgensuppression ist deutlich rückläufig. Adjuvante Androgensuppression erfolgt zumindest vorübergehend oder auf Dauer bei 7,2% des Kollektivs nach RPE. Durch vegetativ stabilisierende Maßnahmen und durch das von Hoffmann et al. untersuchte Medroxyprogesteronacetat ( Tab. 18.3; Paul-Mellin-Preis 2002) kann durch die stationäre Rehabilitation sowohl der ärztlich eingeschätze Therapiebedarf als auch das subjektive Leiden an Schweißausbrüchen und Hitzewallungen (erfasst im QLQ-Zusatzmodul Prostata) signifikant reduziert werden. Auf der visuellen Analogskala (0–10) reduziert sich die Intensität der Hitzewallungen auf durchschnittlich 0,1 (ARGE 2002).
Anastomoseninsuffizienz Es besteht der Trend, dass durch die Verkürzung der postoperativen Verweildauer im Krankenhaus häufiger Patienten mit persistierender transurethraler Dauerkathetereinlage (DK) wegen Anastomoseninsuffizienz ins AHB-Verfahren kommen. Bisher konnten alle nach Erreichen einer suffizienten Dichtigkeit die Rehabilitationsklinik ohne DK verlassen.
Harnwegsinfekte Etwa 25% unserer Rehabilitanden nach radikaler Prostatektomie (RPE) bedürfen einer testgerechten Antibiose während der stationären AHB wegen bakteriellen Harnweginfekts. Der Therapiebedarf für das Gesamtkollektiv reduziert sich durch die stationäre Rehabilitation von 1,0 auf 0,07 (ärztliche Therapiebedarfseinschätzung 0–6) signifikant (p=0,002; ARGE 2002).
Lymphozelen und Lymphödeme Postoperative Lymphödeme finden wir nach RPE bei 3,9% der AHB-Patienten. Der für das Gesamtkollektiv niedrige Therapiebedarf (0–6) kann auf dem 5%-Niveau signifikant durch lymphtherapeutische Maßnahmen reduziert werden. Lymphozelen können im Verlauf spontan, durch die Mobilisierung und manchmal auch durch eine notwendige Lymphdrainage der unteren Extremität im Volumen zunehmen. Wir finden sie bei 4,6% der Patienten nach radikaler Beckenoperation. In der Regel sind sie gut rückläufig. Bei symptomatischen, gefäßkomprimierenden Lymphozelen sind Punktion, Drainage oder selten Marsupialisation erforderlich.
Radiogene Zystitis/Proktitis Der Einfluss einer Strahlentherapie auf die Lebensqualität ist im Ausmaß mit einer radikalchirurgischen Maßnahme zu vergleichen, wenn auch durch andere Effekte bedingt. Im Vordergrund stehen obstruktive und irritative LUTS (»lower urinary tract symptoms«), irritative Darmfunktionsstörungen und längerfristig auch erektile Dysfunktion. Die radiogen induzierten Reizerscheinungen sind potenziell dauerhafter und resistenter als postoperative Funktionsstörungen. Das Behandlungskonzept sieht neben physikalischen und psychosomatischen, vegetative Funktionen beeinflussenden Maßnahmen physiotherapeutische Übungsbehandlungen mit Integration ganzheitlich-osteopathischer Ansätze vor, beinhaltet eine entsprechende oral-systemische oder bevorzugt topische antiinflammatorische Medikation in Form von Instillationen, Klistieren oder Rektalschaumanwendungen. Eine Übersicht ist im Folgenden dargestellt.
Tab. 18.3. Therapie der Hitzewallungen mit Medroxyprogosteronacetat (1000 mg i.m.) nach hormoneller Therapie Parameter
Wert
Anzahl der Patienten
302
Alter (Jahre)
65
Monate nach Hormontherapie
17,1
Spezielle Schmerzen
Ansprechrate (%)
72,2
Narbenschmerzen, Sitz- und Unterleibsschmerzen werden durch die stationäre Rehabilitation jeweils signifikant reduziert.
− 1 Applikation
81,1
− 2 Applikationen
18,9
300
Kapitel 18 · Rehabilitation
Blasenfunktionsstörungen nach Radiotherapie
Irritative Symptomatik – Physiotherapie – Manuelle Sedierung – Medikamentöse Therapie: – Anticholinergika – Oxybutynin/Propiverin und Flavoxat – Antidepressiva – Vasopressinanaloga – Intravesikale Therapie: – Hamburger Cocktail – Farco-Tril – Uro-Stilloson – EMDA-Therapie
funktionsstörungen bis zum Ileus, Fisteln, Lymphozelen, Urinome, Infarzierungen) und Spätkomplikationen (Stomaausgangsstenosen, Implantationsstrikturen, Elongationen, Steinbildung, Herniationen/Prolaps, dekompensierte Megareservoirs, Nierenfunktionsminderung, metabolische Veränderungen, Risiko von Sekundärmalignomen) und die psychosexuellen Folgen.
18.2
Inkontinenz
M. Goepel 18.2.1 Einleitung
Obstruktive Symptomatik – – – – –
α-Rezeptorenblocker Hormontherapie Antiphlogistika Phytopharmaka Suprapubische Fistel
Urostomien
18
Sogenannte inkontinente oder nasse Urostomien wie Conduits oder Ureterokutaneostomien sind durch mögliche Undichtigkeiten der Stomaversorgung und Hautirritationen belastet. Hier steht eine optimale Stomatherapie im Vordergrund, bei der eine exakte Ursachenanalyse (z. B. Technik der Stomaversorgung, lage- und bewegungsabhängige Hautfaltenbildung, hauttypgerechte Versorgung), individuelles Training und Finden des optimalen Versorgungssystems Voraussetzungen zur Entwicklung einer zufriedenstellenden Lebensqualität darstellen. Die systematische Ausbildung des Rehabilitanden zum kompetenten Selbstversorger wird intensivst verfolgt, Angehörige werden ebenfalls beraten und angelernt. Die praktische und psychosoziale Bewältigung der Stomaanlage wird in Kleingruppen mit Ärzten und Psychologen bearbeitet. Analoges gilt für die kontinenten Harnableitesysteme wie supravesikale Pouch-Reservoirs (Kock-Pouch, Mainz-Pouch I, Indiana-Pouch) oder die transrektalen Harnableitungen (wie Ureterosigmoidostomie, Mainz-Pouch II bzw. Sigma-Rektum-Pouch, augmentierte Rektumblasen), bei denen Probleme des intermittierenden Selbstkatherismus, unwillkürlicher Urinverlust und intestinale Funktionsstörungen vorrangige Rehabilitationsziele werden können. Neben der Tumornachsorge geht es rehabilitationsmedizinisch insbesondere um die Vermeidung und Erkennung von Früh- (Thrombose, Embolie, Wundheilungsstörungen, Infekte, Pyelonephritiden, Sepsis, Darm-
Harninkontinenz bei Tumorpatienten entsteht als Therapiefolge, als direkte Tumorinfiltration des Kontinenzorgans oder als Infiltration oder Kompression der übergeordneten neuronalen Steuerungsstrukturen. Die weitaus häufigste Form ist dabei die postoperative Belastungsinkontinenz nach radikaler Prostatektomie oder Zystektomie bei organbegrenzten Tumoren von Prostata oder Harnblase. Je nach Autor und Untersuchungs- bzw. Auswertungsmodus schwanken hier die Häufigkeitsangaben beträchtlich (5–31%; Walsh et al. 2000; Fowler et al. 1993). Einflussfaktoren sind das Alter des Patienten bei Operation, eine prätherapeutische Bestrahlung, die Länge der membranösen Harnröhre vor und nach der Operation und eine zuvor stattgehabte transurethrale Resektion. Die multimodale Kontinenzstrategie (Otto et al. 1997, 1998) sieht prinzipiell nach radikaler Prostatektomie und radikaler Zystektomie mit kontinenter orthotoper Harnableitung bei Inkontinenz Grad I ein physiotherapeutisch geführtes Biofeedback-Training, ab Grad II die Implementierung von zusätzlicher Elektrostimulation oder minimal invasiven OP-Methoden (Advanceband, ProActBallone) und bei Grad III die Implantation eines artefiziellen Sphinkters vor ( Abb. 18.10). Dabei ist die für eine exakte Indikationsstellung unzureichende Gradeinteilung der PPI-Inkontinenz heute weitgehend ersetzt worden durch die Auswertung eines ICS-Trink- und Miktionsprotokolls (Sutherst et al. 1981) über mindestens 48 h. Liegt ein Harnverlust von weniger als 10% der Gesamtharnmenge in 24 h vor, kann erfolgreich konservativ therapiert werden. Bis zu einem Harnverlust von 25–30% der Gesamtharnmenge/24 h sind minimal invasive Methoden wie das Advanceband sehr erfolgreich (Gozzi 2007; Betz u. Goepel 2009), ab einem Harnverlust von 50% der Gesamtmenge kann die Indikation zur Sphinkterimplantation als sicher angesehen werden.
301 18.2 · Inkontinenz
18.2.2 Arten der Inkontinenz
18.2.3 Therapieziele
Harninkontinenz nach radikaler Prostatektomie und Zystektomie mit kontinenter Harnableitung ist eine Therapiefolge, die die Lebensqualität des Betroffenen mehr als die postoperative erektile Dysfunktion beeinträchtigen kann (Temml et al. 2000). Die häufigste Form der Inkontinenz bei Tumorpatienten ist die Belastungsinkontinenz nach radikaloperativen Maßnahmen wie der radikalen Prostatektomie (RPE) und Zystektomie (RZ), jedoch werden nach RPE auch neu aufgetretene Detrusorüberaktivitäten, Mischinkontinenzen und reduzierte Kontraktilitäten beschrieben (Ahlberg et al. 2002; Majoros 2006; Porena 2007). Die der Obstruktion oftmals zugrunde liegende Anastomosenstriktur wird in bis zu 30% der Fälle beschrieben (Huang 2006). Trotz der Etablierung des nerverhaltenden Vorgehens durch Walsh (1987) und der Beachtung strenger anatomischer Grenzen zur Schonung der Mikroanatomie des Kontinenzorgans ist die Belastungsinkontinenz in Abhängigkeit vom Alter des Patienten, vom Tumorstadium und der Erfahrung des Operateurs z. B. nach radikaler Prostatektomie in unterschiedlicher Höhe zu erwarten: Frühkontinenz 30–50% (3–24 Wochen), persistierende Inkontinenz nach 12 Monaten 2–14%. Endoskopische Operationsverfahen (EERP) und roboter-assistierte endoskopische Techniken erreichen in den Händen erfahrener Operateure gleiche oder niedrigere Inkontinenzraten (Martinez-Salamanca 2007). Die Genese der Belastungsinkontinenz ist multifaktoriell und verbunden mit der Länge der funktionellen Urethra postoperativ, der Funktion der neurovaskulären Bündel und des Blasenhalses (Chai et al. 1998; Cruz 1997). Selten sind die direkte Tumorinfiltration des Sphinkters oder Detrusors oder die Tumorinfiltration oder -kompression der neuronalen Steuerungsstrukturen auf pelviner, spinaler oder zerebraler Ebene. Dabei ist die Form der Inkontinenz abhängig von der jeweiligen (neurologischen) Läsionshöhe. Läsionen unterhalb des sakralen Miktionszentrums S2–4 sind als schlaffe Lähmungen des Detrusors und/oder Sphinkters zu klassifizieren und resultieren in einer Überlauf- oder Durchlaufinkontinenz. Läsionen auf der spinalen oder zerebralen Ebene führen zur Detrusorhyperreflexie oder zum Verlust der zerebralen Hemmung mit den entsprechenden verschiedenen Formen der Dranginkontinenz. Aus Platzgründen soll im Folgenden vor allem auf die Therapieformen und -ergebnisse der Drang- und Belastungsinkontinenz nach Tumoroperationen eingegangen werden.
Die Therapieziele der Rehabilitation bei Tumorpatienten richten sich nach der Effektivität der Primärtherapie und der generellen Lebenssituation und -erwartung des Patienten. Wenn die Heilung vom zugrundeliegenden Tumor gelungen oder mit einer uneingeschränkten Lebenserwartung postoperativ zu rechnen ist (R0/1-Resektion, N0 M0-Stadium, Markernegativität) und auch keine anderen Einschränkungen der Lebenserwartung oder -qualität aus der Tumortherapie oder der Ausgangssituation des individuellen Patienten resultieren, muss die Rehabilitation die vollständige und dauerhafte Beseitigung der Folgezustände – hier der Inkontinenz – zum Ziel haben. Ist die Lebenserwartung des Patienten eingeschränkt oder ist aufgrund von Risikofaktoren mit einer baldigen Tumorprogression zu rechnen, wird die Therapie von Folgezuständen der Operation auf ein individuell sinnvolles und notwendiges Maß zur Wiedererlangung einer möglichst hohen Lebensqualität für den Patienten ausgerichtet. Ein vom Prostatakarzinom geheilter und sonst gesunder, aber inkontinenter Patient wird sicher unter Einsatz aller therapeutischen Möglichkeiten incl. der Sphinkterimplantation rehabilitiert, während der multimorbide Patient nach Zystoprostatektomie im fortgeschrittenen Tumorstadium eher mit geringerem Aufwand rehabilitativ behandelt werden wird.
18.2.4 Therapieformen und Ergebnisse
Zur Rehabilitation einer posttherapeutischen Belastungsinkontinenz stehen eine Reihe von Maßnahmen zur Verfügung, die nachfolgend von nichtinvasiv nach invasiv beschrieben und bewertet werden sollen. Dabei können frührehabilitative Maßnahmen (direkt postoperativ bis 30 Tage p.o.) von rehabilitativen (30 Tage bis 6 Monate p.o.) und spätrehabilitativen Maßnahmen (>12 Monate p.o.) unterschieden werden. Die jeweilige Bewertung unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten ist schwierig, da oft keine prospektiv randomisierten Studien zu den einzelnen Verfahren vorliegen. Vereinzelt gibt es CochraneMetaanalysen in der Literatur, die zur Bewertung der Verfahren herangezogen werden können.
Konservative Therapie Die primäre konservative Therapie der Harninkontinenz nach radikaler Prostatektomie umfasst die Beckenbodengymanstik, die transanale Elektrostimulation, Biofeedback-Übungen und die transkutane elektrische Nervenstimulation. Alle Therapieformen zeigen Erfolge bei
18
302
18
Kapitel 18 · Rehabilitation
postoperativer Inkontinenz, nur einige der vorgelegten Studien sind randomisiert oder kontrolliert und haben oft kleine, heterogene Patientengruppen. Daneben fehlen häufig der definierte Endpunkt der Untersuchung und eine Messung des Langzeiterfolges. Da der Placebo-Effekt der Therapien bei dieser Indikation bis zu 40% betragen kann, ist die therapeutische Effektivität der einzelnen geprüften Maßnahme schwer beurteilbar. Filocamo prüfte die Effektivität des Beckenbodentrainings nach radikaler Prostatektomie an 300 Patienten. 150 Patienten erhielten ein Beckenbodentraining über sechs Monate. Nach 6 Monaten zeigte sich ein siginifikanter Unterschied zur Placebogruppe: In der Therapiegruppe waren 77% kontinent, in der Placebogruppe 32% (p<0,0001). Nach 12 Monaten zeigte sich 89% Kontinenz für Verum, 67% für Placebo (Filocamo 2005). Eine weitere Studie beschreibt den Effekt eines präoperativen Trainings auf das postoperative Ergebnis nach radikaler Prostatektomie (Siegel et al. 1997): Je 50 Patienten wurden in ein Beckenbodentraining versus mündlicher und schriftlicher Anweisungen zum Verhalten vor und nach Operation randomisiert. In der Therapiegruppe wurden 2-mal 45 min Biofeedback-Training 2–4 Wochen präoperativ plus tägliches Training zu Hause durchgeführt. In der postoperativen Auswertung nach 1, 2, 3, 4 und 6 Monaten wurden keine Unterschiede in der Anzahl der benutzten Vorlagen zwischen den Gruppen gefunden (Siegel et al. 1997). Das postoperative Training zeigte im Vergleich zur Patientengruppe ohne aktives Training (n=63) bei einer Anwendung 2-mal täglich 45 min über 4 Wochen mit unterstützender Elektrostimulation ebenfalls keine Unterschiede im 24-h-Vorlagentest (Shaker u. Hassouna 1998). Der Wert des Biofeedback-Trainings postoperativ additiv zum Beckenbodentraining wurde in 4 Studien untersucht. Die hierzu erstellte Analyse (Schmidt et al. 1999) zeigte einen modaraten Vorteil der Behandlungsgruppe gegenüber Placebo. Im direkten Vergleich zwischen Beckenbodentraining und additivem BiofeedbackTraining konnte kein Vorteil des Biofeedback-Trainings gefunden werden (Siegel et al. 2000). Weitere Untersuchungen beschäftigen sich mit dem Vergleich von Biofeedback-Training und Elektrostimulation. Opsomer randomisierte seine Patienten in eine Therapiegruppe mit Biofeedback-Training plus Elektrostimulation versus einer einzelnen Sitzung mit mündlichen Anweisungen für Beckenbodenübungen zu Hause. Der Vorlagentest nach 3 Monaten zeigte keine Unterschiede zwischen den Gruppen (Bosch u. Groen 2000). Yokoyama verglich die Elektrostimulation mit der Magnetfeldstimulation bei Patienten nach radikaler Prostatektomie. Bei sehr kleiner Gruppengröße (n=12) wurden
signifikante Vorteile für die Magnetfeldtherapie während der Trainingsphase (1,2 Monate) gesehen, während am Endpunkt der Studie (6 Monate) keine Differenz im Vorlagentest mehr messbar war (Rogers u. Scardino 1995).
Pharmakologische Therapie Im Vordergrund der pharmakologischen Therapie nach Radikaloperationen der Prostata stehen Detrusorüberaktivitäten direkt nach Katheterentfernung oder im weiteren Verlauf der postoperativen Situation. Es werden bis zu 50% neu entstandene Detrusorhyperaktivitäten nach RPE oder EERP beschrieben, die der Therapie mit Anticholinergika zugänglich sind. Aus Platzgründen wird auf eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Stoffgruppen Fesoterodin, Tolterodin, Darifenacin, Solifenacin, Propiverin, Trospiumchlorid und Oxybutynin verzichtet. Seit 2004 ist ein Medikament mit der Zulassung zur Therapie bei Belastungsinkontinenz eingeführt: der Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer Duloxetin. Obwohl keine Zulassung für die postoperative Belastungsinkontinenz beim Mann besteht, wird das Medikament vor allem nach radikaler Prostatektomie breit eingesetzt. Filocamo berichtete 2007 über eine prospektivrandomisierte Studie an 112 Patienten, wo 2×40 mg Duloxetin gegen Beckenbodentraining allein und in Kombination mit 2×40 mg Duloxetin berichtet wurde. Die Kombination war dem Einzelverfahren mit 78% gegenüber 62% für das Beckenbodentrainig allein signifikant überlegen (Filocamo 2007). Therapieabbrüche wegen Nebenwirkungen traten bei etwa 15% der Patienten auf. Bei der Belastungsinkontinenz der Frau zeigt sich, dass vor allem die höheren Inkontinenzgrade profitieren (Dmochowski et al. 2003). Als Nebenwirkungen sind eine initiale Übelkeit bei mehr als 20% der Patientinnen beschrieben, die durch eine einschleichende Dosierung geringer werden soll. Die Effektivität bei genuiner Belastungsinkontinenz der Frau liegt in einer Reduktion der Inkontinenzepisoden um 50–100% bei 51% vs. 37% unter Placebo und einer Steigerung des Miktionsintervalls um 20 min vs. 2 min unter Placebo (Dmochowski et al. 2003).
Operative Therapie Die operative Therapie einer Belastungsinkontinenz erfolgt nach unterschiedlichen Wirkprinzipien. Während alle die Harnröhre komprimierenden Verfahren (»bulking agents«, Reemex- und Argusschlinge, ProAct-Ballone, AMS Sphinkter) von einer Sphinkterinsuffizienz ausgehen und diesen durch Kompression der Harnröhre von außen zu ersetzen oder zu verstärken versuchen, beruht das Wirkprinzip des Advancebandes auf einer kompressionsfreien Rückverla-
303 18.2 · Inkontinenz
gerung des Sphinkters und der membranösen Harnröhre nach intrapelvin analog zur Theorie von Ulmsten und Papa Petros bei der Belastungsinkontinenz der Frau.
anästhesie notwendig, um die auf der Rektusfaszie positionierte Stellschraube zu erreichen. Die Erstbeschreiber dieses Verfahrens berichten über Kontinenzraten um 80% nach durchschnittlich 18 Monaten (Sousa-Escandom et al. 2004).
Perisphinktäre Injektionen (»bulking agents«) Die Sphinkterunterspritzung mit »bulking agents« ist die am meisten angewendete minimalinvasive Technik bei Belastungsinkontinenz nach radikaler Prostatektomie. Alle angewendeten Substanzen haben die gleichen Nachteile der Notwendigkeit der mehrmaligen Anwendung, der nachlassenden Wirkung mit der Zeit und niedriger Heilungsraten. Vorteile sind die leichte Anwendbarkeit und die Tatsache, dass weitergehende Therapien wie die ProAct- oder Sphinkterimplantation nicht erschwert werden. Negativen Einfluss auf das Ergebnis haben dabei eine prätherapeutische Bestrahlung, eine postoperative Narbenbildung an der vesikourethralen Anastomose sowie ein urethraler Verschlussdruck <30 cm H2O (Bugel et al. 1999). Bugel und Mitarbeiter untersuchten die Injektion von Makroplastique über 12 Monate und fanden eine Erfolgsrate von 40, 71, 33 und 26% nach 1, 3, 6 und 12 Monaten (1999). Der Effekt von neueren Injektionssubstanzen wie Zuidex oder Durasphere lässt sich bei der Postpostatektomieinkontinenz noch nicht beurteilen. Die Daten bei genuiner weiblicher Belastungsinkontinenz lassen hier allerdings bessere Ergebnisse erwarten (Chapple et al. 2005).
Rehabilitation durch Implantate Die Schlingenimplantation beim Mann unterstützt das Konzept der passiven Widerstandserhöhung im unteren Harntrakt zur Therapie bei postoperativer Belastungsinkontinenz. Dabei basiert das Konzept auf den Arbeiten von Kaufmann aus den 1970-er Jahren (Kaufmann 1970, 1972, 1973). Das Konzept war damals wegen hoher Komplikationsraten zugunsten des artefiziellen Scott-Sphinkters verlassen worden. Schaeffer und Stamey beschrieben eine Dacron-unterpolsterte bulbourethrale Schlingentechnik, die bei 64 Patienten in 56% zur Trockenheit und bei weiteren 8% zur Verbesserung der Symptomatik nach median 22,4 Monaten führte. 1/3 der Patienten benötigte eine Nachjustierung der Schlingenspannung, Patienten nach Bestrahlung wiesen schlechte Resultate auf (Schaeffer et al. 1998).
Argus-Schlinge Die Argus-Schlinge erinnert in der Implantationstechnik an die TVT-Methode bei der Frau, wobei hier eine individuelle Höhe der suburethralen Kompression durch intraoperative Messung des »leak-point pressure« einjustiert werden kann. Die Ergebnisse liegen bei über 70% Kontinenz und bei weiteren 10-15% messbaren Verbesserungen (Romano 2006).
In-Vance-Schlinge Verschiedene Autoren berichten über inkontinente männliche Patienten mit perinealer Schlinge mit Knochenverankerung. Nach einer mittleren Nachbeobachtung von 1 Jahr werden über 80% der Patienten als geheilt beschrieben (Madjar et al. 2001; Crivellaro 2008). Unter Verwendung eines Polypropylennetzes als Schlinge konnten nach 25 Monaten bei 36 Probanden 67% komplette Trockenheit (keine Vorlage) und bei weiteren 14% eine geringe Restinkontinenz (1 Vorlage/24 h) festgestellt werden. 80% der Untersuchten berichteten über minimalen oder fehlenden Leidensdruck. Eine postoperative urodynamische Untersuchung an 22 der Probanden zeigte keine Obstruktion und keine Effekte der Schlinge auf die Miktionsfunktion (Ulrich u. Comiter 2004).
ProAct-System Das ProAct-System ist ein neues Kontinenzimplantat, welches aus zwei am Blasenhals zu platzierenden und individuell befüllbaren Ballons besteht ( Abb. 18.9). Die Implantation erfolgt unter radiologischer Kontrolle von
Reemex-Schlinge Die Reemex-Schlinge ist ein adjustierbares perineales Schlingensystem, bei dem der Operateur den Kompressionsgrad des Bulbus urethrae individuell und nach der eigentlichen Operation den Erfordernissen des Patienten anpassen kann. Hierzu ist ein kleiner Eingriff in Lokal-
Abb. 18.9. ProAct-System
18
304
Kapitel 18 · Rehabilitation
einem perinealen Zugang aus. Huebner und Mitarbeiter aus Österreich beschrieben die Ergebnisse an 117 Patienten nach einer mittleren Nachbeobachtung von 13 Monaten. Nach einer mittleren Anzahl von 3 Volumenanpassungen pro Patient waren 67% der vorher inkontinenten Patienten trocken (1 Sicherheitsvorlage/Tag), 92% waren signifikant verbessert, und 8% waren symptomatisch unverändert. Die gemessene Lebensqualität stieg siginifikant, und der Vorlagentest reduzierte sich von 6 auf 1/24 h. Bei 32 Patienten musste eine Reimplantation wegen Komplikationen vorgenommen werden, die Erfolgsrate betrug hier 75% (Huebner u. Schlarp 2005).
Advanceband Gozzi und Mitarbeiter beschrieben als erste die Anwendung eines nicht-komprimierenden perinealen Bandes. Das Therapieprinzip ähnelt der Integraltheorie von Ulmsten und Papa Petros bei der Belastungsinkontinenz der Frau. Nach Freipräparation des Bulbus urethrae von perineal aus wird dieser soweit mobilisiert, dass das transobturatorisch eingelegte Band in der Lage ist, den Bulbus nach kranio-dorsal Richtung Becken zu verlagern. Hierdurch wird eine Repositionierung des Sphinkters und so sein optimierter Verschluss errreicht (Gozzi 2008, 2008 a). Eigene Erfahrungen zeigen zumindest die Gleichwertigkeit dieses Verfahrens mit den komprimierenden Systemen. Kontinenzraten von bis zu 70% und substanzielle Verbesserungen bei weiteren 15% sind bei exakter Patientenselektion erreichbar (Betz 2009).
Sphinkterimplantation
18
Der artefizielle Schließmuskel ist die effektivste, aber auch operativ aufwändigste Form der operativen Therapie bei Inkontinenz nach radikaler Prostatektomie und Zystektomie. Der artefizielle Sphinkter, primär von Scott (1978) beschrieben, hat die längsten Nachbeobachtungszeiten bei Postprostatektomieinkontinenz. Eine der größten Serien weltweit wurde von Schreiter und Mitarbeitern publiziert (Schreiter 1985). Während die Erfolgsrate und die Patientenzufriedenheit insgesamt sehr hoch ist (>90%), muss eine Revisionsrate wegen Fehlfunktion, Infektion oder Atrophie der Urethra von mehr als 20% erwähnt werden. Die durchschnittliche »Lebensdauer« des Systems liegt bei etwa 10 Jahren, so dass dann ebenfalls ein Systemaustausch notwendig wird (Schreiter 1985). Fulford und Mitarbeiter berichten jedoch, dass nach 10–15 Jahren mehr als 75% der Patienten mit einem funktionierenden System leben oder mit einem solchen zwischenzeitlich gestorben sind (Fulford et al. 1997). Mehr als die Hälfte der Patienten mit schwerer Inkontinenz nach RPE erhalten nachfolgend ein Sphinktersystem (Leach et al. 1996; Davidson et al. 1996). Die Erfolgs-
Abb. 18.10. Artefizieller Sphinkter
raten nach radikaler Prostatektomie liegen bei 60–87% (Perez u. Webster 1992; Gomha u. Boone 2002; Herschorn 2008), die Rate an kompletter Kontinenz (Vorlagenfreiheit) liegt bei bis zu 80% (Litwiller et al. 1996; Kuznetsov et al. 2000; Elliot u. Barrett 1998; Clemens et al. 2001; Gousse et al. 2001; Herschorn 2008). Revisionen erfolgen zur Korrektur nicht funktionierender Sphinkterteile (Cuff), zur Anpassung des Cuffs an die atrophierte Harnröhre oder zur Platzierung eines »Doppel-Cuffs« ( Abb. 18.10; Brito et al. 1993; Di Marco u. Elliot 2003). Die Erfolgsraten bei zuvor bestrahlten Patienten sind geringer (Perez u. Webster 1992; Gomha u. Boone 2002; Manunta et al. 2000). Zusammenfassende Bewertung Der Wert eines Beckenbodentrainings vor Radikaloperation an Blase oder Prostata bleibt zweifelhaft, eindeutige Vorteile werden nicht gesehen. Die Ergebnisse des postoperativen Beckenbodentrainings zeigen in prospektiv-randomisierten Untersuchungen den Wert der Methode. Die zusätzliche Anwendung von Biofeedback-Mechanismen führt nicht zu einer gesteigerten Kontinenzrate nach 3 und 6 Monaten, erhöht allerdings die Compliance der Patietnen zu den angewendeten Übungen. Die Indikation zur Elektrostimulation liegt in der Drang- und der Belastungsinkontinenz nach RPE. Bisher ungeklärt ist die Frage nach dem adäquaten Behandlungsprotokoll für die einzelne Indikation. Die aktuelle Datenlage ist nicht ausreichend, um den Wert der alleinigen Elektrostimulation zu bestimmen. Die
305 18.3 · Rehabilitation der sexuellen Dysfunktion
18.3 Magnetstimulation scheint bei Belastungsinkontinenz zumindest ebenbürtig zu sein. Sphinkterunterspritzungen sind unabhängig von der verwandten Substanz die am meisten angewendete minimalinvasive Technik bei Postprostatektomieinkontinenz. Alle Substanzen, für die valide Daten vorliegen, zeigen nur geringe Langzeiterfolge, aber akzeptable Sofortwirkungen, so dass die Sphinkterunterspritzung als Alternative zur konservativen Frührehabilitation durch Beckenbodengymnastik, Biofeedback-Training oder Elektrostimulation anzusehen ist. Komprimierende Schlingen- oder Ballonsysteme zeigen ebenso wie der artefizielle Sphinkter gute Ergebnisse bei persistierender Postprostatektomieinkontinenz. Ob eine Überlegenheit eines bestimmten Systems gegenüber anderen oder der komprimierenden gegenüber den nicht-komprimierenden Devices (z. B. Advanceband) besteht, bleibt abzuwarten. Wichtig für den Therapieerfolg sind die exakte präoperative Diagnostik und die richtige Indikationsstellung. Nicht komprimierende Schlingensysteme sind eine weitere Vorstufe zum artefiziellen Sphinktersystem. Allerdings ist bisher nicht definiert, für welche Patientengruppe dieses System am besten geeignet erscheint. Nach eigener Erfahrung sind die besten Ergebnisse bei Patienten mit Harnverlust unter 30% der Tages-Miktionsmenge zu erwarten. Das artefizielle Spinktersystem bleibt der Goldstandard für die schwere Belastungsinkontinenz nach Radikaloperation an Blase und Prostata. Dabei überwiegen die Langzeiterfolge und eine hohe Patientenzufriedenheit die Notwendigkeit eines periodisch notwendigen Systemwechsels.
Rehabilitation der sexuellen Dysfunktion
H. Sperling, H. Rübben Die Therapie der sexuellen Dysfunktion nach operativer oder radio-onkologischer Therapie hat in den letzten Monaten eine deutliche Richtungsänderung bezüglich des optimalen Therapiebeginns erfahren; Bedarfsmedikation und natürliche Restitution sind aufgrund der Patientenwünsche wieder in den Focus gerückt.
18.3.1 Ätiologie und Pathophysiologie
Die Ätiologie der erektilen Dysfunktion (ED) ist bei der operativen Therapie des Prostatakarzinoms und Blasenkarzinoms ganz überwiegend neurogen durch Läsion des Nerven-Gefäß-Bündels bedingt, wohingegen die ED nach Radiotherapie überwiegend vaskulär ist. Hieraus resultiert der unterschiedliche Zeitpunkt des Auftretens der ED nach der Therapie bei gleicher Häufigkeit ( Tab. 18.4). Tritt die ED nach der operativen Therapie sofort auf, so ist nach der Radiotherapie mit einer Latenz von bis zu 2 Jahren zu rechnen (Sperling u. Noldus 2003).
18.3.2 Aufklärung und Inanspruchnahme
der Therapie Aufklärung und Angebot bzw. Inanspruchnahme der Therapie sind von größter Wichtigkeit. Meyer et al. (2003) konnten zeigen, dass 3/4 der Patienten nach radikaler Prostatektomie mit konsekutiver ED hierdurch eine moderate bis schwere Einschränkung ihrer Lebensqualität empfinden.
Tab. 18.4. Häufigkeit der erektilen Dysfunktion nach radikaler Prostatektomie und Strahlentherapie. (Nach Sperling u. Noldus 2003) Autor
Patientenzahl
Nachbeobachtung (Monate)
Prostatektomie (%)
Strahlentherapie (%)
Sanchez
171
23
51
Potters
482
60
53
Siegel
315
Walsh
62
18
14
Stanford
1291
18
56–66%
Noldus
366
>12
39–87% (bilateral nerverhaltend: 50%)
85
18
306
Kapitel 18 · Rehabilitation
Interessant ist es weiterhin, dass trotz der Vielzahl von Therapieoptionen eine große Diskrepanz zwischen Angebot und Inanspruchnahme liegt. Van Randenborgh et al. (2002) zeigten bei 530 prostatektomierten Patienten, dass Leidensdruck bei 90% der Patienten mit ED vorliegt und 75% von ihrem behandelnden Urologen beraten wurden, eine Therapie erhielten jedoch letztendlich nur 25%. Dies zeigt auch eine französische Studie, die die Erwartungshaltung der Patienten und die tatsächliche Therapie untersucht. Beteiligt haben sich 535 Urologen und 2644 Patienten, dabei wurde nachgewiesen, dass die Urologen die Anspruchshaltung und den Wunsch der
Patienten nach Therapie unterschätzen (Chartier-Kastler et al. 2008). Diesbezüglich muss auch die Kontrolle der empfohlenen bzw. rezeptierten Therapie und deren Inanspruchnahme in das postoperative Patientenmanagement eingeschlossen werden. Herkommer et al. (2005) zeigten, dass hier ebenfalls eine große Diskrepanz besteht; über 90% der Urologen empfahlen ihren Patienten nach radikaler Prostatektomie einen PDE-5-Inhibitor, jedoch haben nur 40% dies auch getestet ( Tab. 18.5). Zusätzlich gibt es große Unterschiede in der Akzeptanz der zur Verfügung stehenden Therapieformen zwischen Patient und Arzt ( Abb. 18.11; Herkommer et al. 2005).
Tab. 18.5. Von Urologen empfohlene/rezeptierte bzw. von den Patienten mit Therapiewunsch tatsächlich getestete Therapieoptionen bei erektiler Dysfunktion nach radikaler Prostatektomie; Häufigkeit. (Nach Herkommer et al. 2005) Therapiemittel
Urologeneinschätzung: empfohlene/verordnete Hilfsmittel oder Medikamente
Patientenangaben: getestete Hilfsmittel oder Medikamente
PDE-5-Inhibitoren
92,8
39,2
MUSE
39,6
13,3
SKAT
95,7
24,5
Vakuumerektionshilfe
74,3
31,1
Schwellkörperimplantat
17,4
0,3
71 61-:
!Qbujfoufobohbcfo
61
!Vspmphfofjotdiåu{voh 49-5
48-4
51
&!!41
37-8 31-5
2:-9
31
21
18
2-8
4-7
1-:
1-4
1 Wblvvn. fsflujpotijmgf
TLBU
QEF.6.Joijcjupsfo
NVTF
Tdixfmml÷sqfs. jnqmboubu
Abb. 18.11. Patientenangaben versus Urologeneinschätzung zur langfristigen Verwendung von Medikamenten oder Hilfsmitteln zur Therapie der erektilen Dysfunktion nach radikaler Prostatektomie. (Nach Herkommer et al. 2005)
307 18.3 · Rehabilitation der sexuellen Dysfunktion
18.3.3 Erektile Rehabilitation Postoperative erektile Therapie
Nach der operativen Therapie kann die Restitution der Erektionsfähigkeit bis zu 24 Monate dauern (Rabbani et al. 2000). Dies sollte jedoch nicht abgewartet werden, da bei fehlender Oxygenierung der Corpora cavernosa eine zunehmende Fibrosierung der glatten Muskulatur im Sinne einer »Involutionsatrophie« eintritt (Montorsi et al. 1997). Tierexperimentelle Untersuchungen konnten nachweisen, dass die »Denervierung« der Corpora durch bilaterale Nervenresektion mit einer Abnahme der Stickoxidsynthetase und resultierendem Untergang der glatt-muskulären Zellen und des Endothels der Corpora einhergeht (Podlasek et al. 2001). Hierauf fußt auch das Konzept der Frührehabilitation, das initial von Montorsi mit der Schwellkörperinjektionstherapie untersucht wurde. Er konnte unter der Therapie mit Prostaglandin E1 3-mal/Woche intrakavernös bei 8/12 nerverhaltend operierten Patienten Spontanerektionen im weiteren Verlauf erreichen, im Gegensatz zu 3/15 Patienten ohne Therapie (p<0,01; Montorsi et al. 1997). Aufgrund der höheren Akzeptanz der PDE-5-Inhibitoren führte Montorsi 2002 eine Folgeuntersuchung dieses erfolgreichen Konzeptes durch. Hierbei wurde Sildenafil 3-mal/Woche zur Nacht allein versus PGE1 intrakavernös für 3 Monate und nachfolgender Sildenafil-Applikation untersucht. Unter alleiniger PDE-5-Inhibition konnten 21/40 Patienten Spontanerektionen erreichen, im Gegensatz zu 37/45 unter dem Kombinationsregime (p<0,01; Montorsi et al. 2002). Erwähnt werden muss hier auch die Vakuumpumpe, da bei Beginn der Anwendung 2–8 Wochen nach der Operation 60/74 Patienten erfolgreich den Geschlechtsverkehr unter Anwendung des Erektionshilfesystems ausüben konnten (Raina et al. 2002). Diese Ergebnisse sprechen für die Frührehabilitation, wobei sich die in der Bewertung der einzelnen Konzepte inklusive der Frührehabilitation durch die Patienten in den letzten 2 Jahren die wesentlichen Neuerungen bei der sexuellen Rehabilitation ergeben haben. Sind bis dato alle Studien in erster Linie unter dem Aspekt der Akzeptanz gegenüber einer wie auch immer gearteten Therapie bewertet worden, so sind jetzt Therapiebeginn und Anwendungsdauer mit in den Fokus gerückt. Montorsi und Mitarbeiter haben hierzu zwei Analysen einer Langzeitbeobachtung publiziert. In der ersten Analyse nach 12 Monaten zeigte sich, dass bei der postoperativen erektilen Funktion nach radikaler Prostatektomie und bilateralem Nerverhalt im IIEF-Score (International Index of Erectile Function) kein signifikanter Unterschied zwischen den Patienten zeigte, die keine spezifische Therapie zur Restitution der Erektionsfähig-
keine PGE1 bei Bedarf PDE5-Inhibitor bei Bedarf PDE5-Inhibitor jeden Tag oder jeden 2. Tag für 3 Monate Abb. 18.12. Erektion nach radikaler Prostatektomie – Medikation: Prophylaxe oder bei Bedarf?
Tab. 18.6. Gründe für den Therapieabbruch Grund
Patienten in %
Effekt unter der Erwartung
75,7%
Kein Interesse an Sexualität (Partnerin)
13,5%
Nebenwirkungen
0%
keit, intrakavernösem Prostaglandin bei Bedarf oder der kontinuierlichen Anwendung von PDE-5-Inhibitoren ergab ( Abb. 18.12). In der zweiten Analyse von 100 Patienten nach 18 Monaten wurden die Gründe für die Akzeptanz oder den Therapieabbruch untersucht. 49 Patienten (Gruppe 1) hatten nach der Operation entschieden, dass sie keine pharmakologische Rehabilitationsunterstützung durchführen wollen, die anderen 51 Patienten teilten sich in 39 Patienten mit Bedarfsmedikation (Gruppe 2) und 15 Patienten (Gruppe 3) mit kontinuierlicher PDE5-Inhibitor Applikation (täglich 50 mg Sildenafil, 10 mg Vardenafil oder 10 mg Tadalafil). Die Erektionsqualität der 3 Gruppen zeigte einen signifikanten Unterschied zwischen der Gruppe 1 (IIEF 19,4) und den beiden anderen Gruppen (IIEF: 22,5 resp. 23,5). Insgesamt haben 72,6% der Patienten die initial eingeleitete Therapie während der 18 Monate abgebrochen und nur 4 von 49 Patienten ohne Therapie im Verlauf eine Bedarfsmedikation begonnen. Die Gründe die zum Therapieabbruch führten sind in Tab. 18.6 dargestellt. Erstaunlich an dieser Untersuchung ist, dass bei präoperativ potenten Männern mit großem Interesse am Erhalt der erektilen Funktion und bilateral nerverhaltendem Vorgehen 49% von vornherein auf die medikamentöse Rehabilitation verzichtet haben (Salonia et al. 2008). In diesem Zusammenhang muss auch die zweite Arbeit dieser Arbeitsgruppe gesehen werden, die in einer Vergleichsuntersuchung zwischen Rehabilitationsmedi-
18
308
Kapitel 18 · Rehabilitation
kation und Bedarfsmedikation zeigen konnten, dass es keinen signifikanten Vorteil der nächtlichen PDE-5-Inhibitorapplikation gegenüber der Bedarfsapplikation nach nerverhaltender Therapie gibt (Montorsi et al. 2008). Hinweis
I
I
Im Gegensatz zu den in den letzten Jahren favorisierten Konzepten der schon fast imperativ angebotenen Frührehabilitation ist nun wieder ein Umdenken zur Bedarfsmedikation und der natürlichen Restitution zu verzeichnen. Hierbei ist es umso notwendiger den Patienten aktiv in die Therapieentscheidung zu integrieren, da die Vielfalt der Möglichkeiten individuelle Konzepte und auch persönliche Zeitfenster ermöglicht.
18.3.4 PDE-5-Inhibitoren
Der Erfolg der peripher konditionierenden PDE-5-Inhibitoren ist direkt vom Erhalt der kavernösen Nerven sowie dem Tumorstadium und dem Alter des Patienten abhängig. Die Dosis des angewandten Medikamentes und der Zeitraum zwischen Operation und erster Anwendung der Therapie sind mögliche weitere Einflussfaktoren (Zippe et al. 2000; Carson u. Lue 2005). Nach der Prostatektomie und auch der Strahlentherapie sind die PDE-5-Inhibitoren (Sildenafil, Tadalafil und Vardenafil) bei alterskorrelierten Untersuchungen weniger effektiv als bei anderen Ätiologien der ED (31% vs. 63%). Der Therapieerfolg nach PDE-5-Applikation korreliert si-
gnifikant mit der postoperativen Möglichkeit, spontan eine Tumeszenz des Penis aufzubauen, was für einen partiellen Nerverhalt spricht (Montorsi et al. 2004). Bei ein- oder beidseitig nerverhaltender Operation lassen sich diese Erfolgsraten für PDE-5-Inhibitoren auf bis zu 70% steigern (Sildenafil 71%, Tadalafil 69%, Vardenafil 72%; Zippe et al. 1998; Brock et al. 2002; Montorsi et al. 2004). Wichtig ist es, die Motivation der Patienten – auch nach einem negativen Erlebnis –, weitere Versuche zu wagen, zu unterstützen. Weber et al. (1999) konnten bei einer kleinen Anzahl von Patienten (n=35) zeigen, dass analog zu den sonstigen Erfahrungen mit PDE5-Inhibitoren nach bis zu 6 Applikationen von 100 mg Sildenafil die Erfolgsrate von 40% auf 80% gesteigert werden konnte und mehr als 30% der Patienten auch wieder spontan Erektionen erreichten ( Abb. 18.13; Heaton et al. 2002; Weber et al. 1999). Auch in der Langzeitanwendung zeigen PDE-5-Inhibitoren eine exzellente Wirkung. Sildenafil zeigte in einer 3-Jahres-Studie eine Effizienz von 71%, wobei 31% der Patienten eine Dosiserhöhung von 50 mg auf 100 mg durchgeführt haben. Die Hälfte der Studienabbrecher resultierte aus einer Restitutio ad integrum (Spontanerektion; Raina et al. 2002b).
18.3.5 Vakuumpumpe
Das Vakuumerektionshilfesystem (EHS) kann ebenfalls zur Frührehabilitation eingesetzt werden (Raina et al. 2002). Bei den Partnerinnen liegt die Akzeptanz mit
Fsgpmh!)&* 91 81 71 61 51 41 31
18
o>46
21
1 Abb. 18.13. Therapieerfolg nach Strahlentherapie und Sildenafil in Abhängigkeit von der Zeit. (Nach Weber et al. 1999)
2/ Xpdif
3/ Xpdif
4/ Xpdif
211!nh!Tjmefobgjm0!Xpdif
5/ Xpdif
6/ Xpdif
7/ tqpoubo Xpdif
309 Literatur
33/60 Frauen der erfolgreich therapierten Patienten etwas niedriger als bei anderen Untersuchungen zum EHS (Raina et al. 2002; Cookson u. Nadig 1993). Bei einer vergleichenden Untersuchung zwischen Sildenafil und EHS entschieden sich 33% der Patienten, die beide Therapieoptionen erfolgreich angewandt haben, für eine Fortführung der EHS-Therapie, wobei die Nebenwirkungen von Sildenafil, die Effektivität und die Kostensituation ausschlaggebend waren (Chen et al. 2002). Cave Aufgrund der Veränderungen in der Erstattung nach Inkrafttreten des GMG (Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung) zum 01.01.2004 sind alleinig noch die Erektionshilfesysteme zu Lasten der GKV über Heil- und Hilfsmittel rezeptierfähig (Schroeder-Printzen et al. 2005).
18.3.6 Schwellkörperautoinjektionstherapie
Prostaglandin E1 kann sowohl intrakavernös zur Schwellkörperinjektion (ICI) als auch transurethral (MUSE) angewendet werden. Intrakavernös ist die Effektivität deutlich höher als urethral (90% ICI versus 40% MUSE; Costabile et al. 1998; Rodriquez et al. 1997). Die intrakavernöse Applikation wird aufgrund der größeren Invasivität als Second-line-Option der medikamentösen Therapie der ED angesehen (Meulemann u. Mulders 2003). Bei PDE-5-Versagern ist die intrakavernöse Injektionstherapie häufig erfolgreich, Mydlo et al. (2005) zeigten, dass bei 68% ihrer Patienten durch die ICI von 15–20 μg PGE1 Erektionen erzielt werden konnten, die bei 36% im weiteren Verlauf sogar auf eine intermittierende Applikation wechseln konnten, da die zwischenzeitlichen Erektionen als zufriedenstellend betrachtet wurden (Mydlo et al. 2005). Bei jüngeren Männern ist bei der ICI zu beachten, dass geringere Dosen zur Anwendung kommen sollten, und bei Patienten mit starken lokalen Nebenwirkungen kann eine Veränderung des Mischungsverhältnisses mit mehr Flüssigkeit angewendet werden.
18.3.7 Schwellkörperimplantat
Schwellkörperimplantate sollten den Patienten bei einem Versagen aller medikamentösen Therapieoptionen und dem EHS angeboten werden. Dabei kann eine Latenz von bis zu 2 Jahren, um eine natürliche Restitution abzuwarten, eingehalten werden (McCullough 2002).
Spezifische Daten zum Erfolg der Implantate nach der Therapie des Prostatakarzinoms liegen nur in kleinen Fallzahlen vor. Hierbei lassen sich Zufriedenheitsraten von ca. 70% erreichen, dies liegt unter der Akzeptanz bei Patienten mit nicht operativ bedingter ED. Die mechanische Verlässlichkeit ist mit nahezu 90% in den ersten 5 Jahren hoch; wegen fehlender Zufriedenheit aufgrund mangelnder Penisgröße und/oder Sensibilitätseinschränkungen besteht jedoch die Notwendigkeit zur exakten präoperativen Aufklärung (Carson et al. 2000). Zusammenfassende Bewertung Die entscheidende Änderung des Rehabilitationskonzeptes bei einer erektilen Dysfunktion nach operativer oder Strahlentherapie ist, dass wieder auf die natürliche Restitution gewartet werden kann. Die Frührehabilitation zeigt im Vergleich zur Bedarfsmedikation keine signifikanten Vorteile, so dass dies mit dem Patienten eindeutig besprochen werden muss. Nichtsdestotrotz muss der Prävention, durch schonende Operations- und Bestrahlungstechniken der entscheidende Platz eingeräumt werden. Mit den PDE-5-Inhibitoren, der Schwellkörperinjektionstherapie und dem Vakuumerektionshilfesystem (EHS) stehen erfolgversprechende Optionen zur Verfügung, die sowohl der vom Patienten präferierten Applikationsform, dem Bedarfscharakter als auch wirtschaftlichen Überlegungen entsprechen. Es ist möglich jedem Patienten ein erfolgreiches, individuelles Therapiekonzept anzubieten, wenn es gelingt, die Lücke zwischen Angebot und Inanspruchnahme zu schließen.
Literatur Literatur zu Kap. 18.1 Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften AWMF (2003) Prinzipien onkologischer Rehabilitation – Interdisziplinäre Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft. Federführung: Arbeitsgemeinschaft Rehabilitation, Nachsorge und Sozialmedizin (ARNS) – (Informationszentrum für Standards in der Onkologie – ISTO). AWMF-Leitlinien-Register: Nr. 032/005. Online publication unter: http://leitlinien.org. Erstellt Dezember 1997, überarbeitet Oktober 2003 Arbeitsgemeinschaft für Krebsbekämfpung der Träger der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung im Lande NordrheinWestfalen, Sitz Bochum (Hrsg) (1992) Kampf dem Krebs. Heft 26: Urologische Tumoren – Nachsorgekliniken. Bochum Arbeitsgemeinschaft für Krebsbekämfpung der Träger der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung im Lande NordrheinWestfalen, Sitz Bochum (Hrsg) (2002) Stationäre Rehabilitation bei Mamma-, Magen- und Prostatacarcinom. Multicenter-Studie zur Identifikation von Prädiktoren für die individuelle Rehabilitationsdauer und den langfristigen Rehabilitationserfolg. Roderer, Regensburg
18
310
18
Kapitel 18 · Rehabilitation
Balderson N, Towell T (2003) The prevalence and predictors of psychological distress in men with prostate cancer who are seeking support. Br J Health Psychol 8 (Pt 2): 125–134 Bates TS, Wright MP, Gillatt DA (1998) Prevalence and impact of incontinence and impotence following total prostatectomy assessed anonymously by the ICS-male questionnaire. Eur Urol 33: 165– 169 Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation BAR (1994) Rehabilitation Behinderter: Schädigung – Diagnostik – Therapie – Nachsorge. Dtsch Ärzte-Verlag, Köln Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation BAR (2002) Rahmenempfehlungen zur ambulanten onkologischen Rehabilitation. Schriftenreihe der BAR, Frankfurt am Main Buse S, Reitz A, Haverkamp A, Hohenfellner M (2007) Konservative Therapie der männlichen Belastungsinkontinenz. Urologe 46: 240–243 Davidson BJ, Alan I, So S (2007) Larry Goldenberg: Quality of life, sexual function and decisional reget at 1 year after surgical treatment for localized prostate cancer. BJU Intern 100: 780–785 Delbrück H, Rübben H (Hrsg) (1993) Krebsnachsorge und Rehabilitation. Band 4: Prostatakarzinom. Zuckschwerdt, München Delbrück H. (2003) Krebsnachbetreuung – Nachsorge, Rehabilitation und Palliation. Springer, Berlin Heidelberg New York Deutsche Krebsgesellschaft DKG (1997) Qualitätssicherung in der Onkologie. Standards und Qualitätskriterien in der onkologischen Rehabilitation, Bd 7.1. Delbrück H (Hrsg) Krebsnachsorge und Rehabilitation. Zuckschwerdt, München DIMDI Köln (2004) Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit. Vorläufige Endfassung (final draft) der deutschen Version der ICF der WHO von 2001, erarbeitet von einem internationalen deutschsprachigen Arbeitskreis, koordiniert von Schuntermann, MF: online publication unter: http:// www. dimdi.de/static/de/classic/ICF/icf_dimdi_final draft_1.pdf Dombo O, Grosemans P, Hoffmann W, Otto U (1997) Rehabilitation der postoperativen Streßinkontinenz beim Mann nach radikaler Prostatovesikulektomie und Zystoprostatetkomie. Selbstverlag Klinik Quellental, Bad Wildungen Dombo O, Otto U (2005) Lebensqualität nach radikalchirurgischen urologischen Eingriffen im Becken und die Bedeutung der Rehabilitation. Urologe A 44 (1): 11–28 Gallistl H, Schlarp O, Hübner, WA (2006) Argus: Eine neuartige adjustierbare Schlinge in der Therapie der Postprostatektomieinkontinenz. Urologe 45: S43 Gralla O, Buchser M, Haas F et al. (2008) »Fast-track” bei laparoskopisch radikaler Prostatektomie. Urologe 47: 712–717 Heinzer H, Heuer R, Nordenflycht O et al. (2005) Radikale retropubische »Fast-track-Prostatektomie«. Erste Erfahrungen mit einem interdisziplinären, multimodalen Behandlungskonzept zur Beschleunignung der postoperativen Rehabilitation. Urologe 44: 1287–1294 Herkommer K, Fuchs TA, Hautmann RE, Volkmer BG (2005) Radikale Prostatektomie bei Männern unter 56 Jahren mit Prostatakarzinom. Eine Krankheitskostenanalyse. Urologe 44: 1183–1188 Herkommer K, Niespodziany S, Zorn C et al. (2006) Versorgung der erektilen Dysfunktion nach radikaler Prostatektomie in Deutschland. Einschätzung durch den Urologen vs. Patientenbefragung. Urologe 45: 336–342 Hodzic J, Jedrusic P, Reckwitz T et al. (2008) Impact of preoperative antiandrogene medication and nerve-sparing surgery on the outcome of radical prostatectomy. Int Urol Nephrol 40: 965–970 Hoffmann W, Liedke S, Otto U (1999) Prospektive Studie mit Medroxyprogesteronacetat. PCA-Journal 1/99
Hoffmann W, Liedke S, Otto U (2001) Video-endoscopic biofeedback sphincter training for therapy of postoperative urinary incontinence after radical surgery. ICI Abstrakt-Band 2001, Paris, p 53 Kälble T (2008) Behandlungsstrategien beim lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom. Urologe 47: 1403–1404 Krauß O, Ernst J, Kauschke M et al. (2006) Patienten nach Prostatektomie. Psychische Begleiterkrankungen, Behandlungsbedarf und Lebensqualität. Urologe 45: 482–488 Kruck P (2003) (im Auftrag der Deutschen Krebsgesellschaft und mit Beratung durch die Arbeitsgemeinschaften der Deutschen Krebsgesellschaft) Prinzipien der onkologischen Rehabilitation. Interdisziplinäre Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft. Federführung: Arbeitsgemeinschaft Rehabilitation, Nachsorge und Sozialmedizin (ARNS). Erstellt 1997, überarbeitet 2003, Überprüfung geplant: 2006. Online publication unter http://leitlinien.org Kulaksizoglu H, Toktas G, Kulaksizoglu IB, Aglamis E, Unluer E (2002) When should quality of life be measured after radical cystectomy? Eur Urol 42 (4): 350–355 Luboldt HJ, Otto T, Suhr J, Goebel PJ, Krege S, Rübben H (2002) Komplementärmedizin des Harnblasenkarzinoms. Ergebnisse der Studiengruppe des Westdeutschen Tumorzentrums. Urologe B 42, Heft 4: 293–296 Mehnert A, Lehmann C, Koch U (2006) Prävalenz und Diagnostik psychischer Störungen in der Onkologie. Onkologe 12: 18–26 Montorsi F, Brock G, Lee J et al. (2008) Effect of nightly versus on demand vardenafil on recovery of erectile function in men following bilateral nerve-sparing radical prostatecctomy. Eur Urol 54: 924–931 Montorsi F, Luigi G, Strambi L et al. (1997) Recovery of spontaneous erectile function after nerve-sparing radical retropubic prostatectomy with and without intracavernous injections of alprostadil: results of a prospective, randomized trial. J Urol 158: 1408–1410 Montorsi F, Salonia A, Barbieri L et al. (2002) The subsequent use of i.c. alprostadil and oral sildenafil is more efficacious than sildenafil alone in nerve sparing radical prostatectomy patients. J Urol 167 Suppl: 279 Müller G, Otto U (2008) Persistierende Postprostatektomieinkontinenz in der Rehabilitationsklinik. NRW-Urologenkongress Abstract V36 Otto T, Eimer C, Gerullis H (2008) Repair of iatrogenic sphincter damage and urinary incontinence by autologous skeletal muscle derived cells (MDC). J Urol Suppl 179: 484 abstract 1414 Otto U (2005) Phönix aus der Asche. Einführung zum Thema Rehabilitation in der Urologie. Urologe A, 44:1, S. 7–10 Otto U, Dombo O (2002) Patienten mit Prostatacarcinom. In: Arbeitsgemeinschaft für Krebsbekämpfung (Hrsg) Stationäre Rehabilitation bei Mamma-, Magen- und Prostatacarcinom. Multicenter-Studie zur Identifikation von Prädiktoren für die individuelle Rehabilitationsdauer und den langfristigen Rehabilitationserfolg. Roderer-Verlag, Regensburg. S 85–138 Otto U, Grosemans P, Hoffmann W, Dombo O (1998) Rehabilitation in der urologischen Onkologie. Urologe B Suppl 1: 35–40 Otto U, Hoffmann W, Grosemans P, Liedke S (1999) Einfluss von Trospiumchlorid auf die Harninkontinenz nach radikaler Prostatektomie. Ergebnisse einer prospektiven, randomisierten Studie. Vorgetragen in Dresden 1999 Raina R, Agarwal A, Zippe C (2002) Early use of vacuum constriction device following radical prostatectomy facilitates early sexual activity and potential return of erection. J Urol 167 Suppl: 279 Rehder P, Gozzi C (2007) Transobturator sling suspension for male urinary incontinence including post-radical prostatectomy. Eur Urol 52: 860–866
311 Literatur
Reiners S, Kirschner-Hermanns R, Jakse G (2008) Einfluss der Anschlussheilbehandlung auf die Harninkontinenz nach radikaler Prostatektomie. NRW-Urologenkongress Abstract V37 Salonia A, Gallina A, Zanni G et al. (2008) How much are patients interested in erectile dysfunction treatment after radical prostatectomy? Eur Urol 53: 462–464 Schlenker B, Gratzke C, Reich O et al. (2006) Preliminary results on the off-label use of duloxetine for the treatment of stress incontinence after radical prostatectomy or cystectomy. Eur Urol 49: 1075–1078 Schmid L, Delbrück H, Bartsch HH, Kruck P (2000) Zur Strukturqualität in der onkologischen Rehabilitation. Rehabilitation 39: 350 Schmid L, Zellmann K, Liedl B, Clemm C, Weber B (2003) Rehabilitation. In: Lieds B (Hrsg) Manual des Tumorzentrums München der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität: Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Band »Urogenitale Tumoren«, 3. überarb. Aufl. Zuckschwerdt, München, S 159–166 Scholz M, Strum S (1999) Letter to the editor. J Urol 161: 1914–1915 Schubert-Fritschle G, Weißbach L, Hölzel D (2005) Nachsorge oder keine Nachsorge – das ist hier die Frage! Urologe 44, Heft 9: 991–996 Schuntermann M (2003) Grundsatzpapier der Rentenversicherung zur Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Deutsche Rentenversicherung 1–2/2003, S 52–59 Schuntermann MF (1996) Die internationale Klassifikation der Impairments, Disabilities und Handicaps ICIDH – Ergebnisse und Probleme. Rehabilitation 35: S. 6–13 Seger W (2002) Sozialmedizinische Betrachtungen. In: Arbeitsgemeinschaft für Krebsbekämpfung (Hrsg.): Stationäre Rehabilitation bei Mamma-, Magen- und Prostatacarcinom. Roderer Verlag, Regensburg, S 145 Sommer F, Peters C, Klotz T, Michna H, Schoenenberger A, Engelmann U (2002) Sport und Bewegung in der Pravention urologischer Erkrankungen. Teil I: Uroonkologie und erektile Dysfunktion. Urologe B 42, Heft 4: 297–305 Sperling H, Noldus J (2003) Prostatakarzinom und erektile Dysfunktion. Welche Therapie wann? Urologe A 42:10: 1351–1356 Steginga SK, Occhipinti S, Dunn J, Gardiner RA, Yaxley J, Heathcote P (2004) Prospective study of men’s psychological and decisionrelated adjustment after treatment for localized prostate cancer. Urology 63 (4): 751–756 Teichmann JV (2002) Onkologische Rehabilitation: Evaluation der Effektivität stationärer onkologischer Rehabilitationsmassnahmen. Rehabilitation 41: S. 53–63 Vahlensieck W, Gäck M, Gleißner J, Liedke S, Otto U, Sauerwein D, Schindler E, Schultheis H, Sommer F, Templin R, Zellner M (2005) Struktur- und Prozessqualität der stationären urologischen Rehabilitation. Urologe A 44 (1): 51–56 Verband Deutscher Rentenversicherungsträger VDR, Hrsg. (2000) Das Qualitätssicherungsprogramm der gesetzlichen Rentenversicherung in der medizinischen Rehabilitation. Instrumente und Verfahren. DRV-Schriften, Bd 18 Weißbach L, Dieckmann KP (2005) Urologische Tumornachsorge – warum und wie? Urologe 44, Heft 9: 989–990 World Health Organization (1980) International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps (ICIDH), 1995 Dtsch Übersetzung von Matthesius R-G. Ullstein Mosby, Berlin World Health Organization (2001) International Classification of Functioning, Disability and Health. Genf (CH) Zettl S, Menges-Beutel A, Otto U (2005) Die Bedeutung der Psychoonkologie in der Rehabilitation in der urologischen Onkologie. Urologe A 44 (1): 29–32
Literatur zu Kap. 18.2 Ahlberg J, Edland C, Wikkelso C, Rosengren L, Fall M (2002) Neurological signs are common in patients with urodynamically verified idiopathic bladder overactivity. Neurourol Urodyn 21: 65–70 Betz D, Bartsch G, Bach P, Goepel M (2009) Results of Advance sling in men with post-prostatectomy incontinence. Eur Urol (in press) Bosch JL, Groen J (2000) Sacral nerve neuromodulationin the treament of patients with refractory motor urge incontinence: long-term results of a prospective longitudinal study. J Urol 163: 1219–1222 Brito CG, Mulcahy JJ, Mitchell ME, Adams MC (1993) Use of a doublecuff AM 800 urinary sphincter for severe stress incontinence. J Urol 149: 283–285 Bugel H, Pfister C, Sibert L, Cappele O, Khalaf A, Grise P (1999) Intraurethral Macroplastique injections in the treatment of urinary incontinence after prostatic surgery. Prog Urol 9: 1068–1076 Chai TC, Gray ML, Steers WD (1998) The incidence of a positive ice water test in bladder outlet obstructed patients: evidence for bladder neural plasticity. J Urol 160: 34–38 Chapple CR, Haab F, Cervigni M, Dannecker C, Fianu-Jonasson A, Sultan AH (2005) An open, multicentre study of NASHA/Dx gel (Zuidex) for the treatment of stress urinary incontinence. Eur Urol 48: 488–494 Clemens JQ, Schuster TG, Konnak JW, McGuire EJ, Faerber GJ (2001) Revision rate after artificial urinary sphincter implantation for incontinence after radical prostatectomy: actuarial analysis. J Urol 166: 1372–1375 Crivellaro S, Singla A, Aggarwal N, Frea B, Kocjancic E (2008) Adjustable continence therapy (ProACT) and bone anchored male sling: Comparison of two new treatments of post prostatectomy incontinence. Int J Urol 10:910–4 Cruz F, Guimaraes M, Silva C, Rio ME, Coimbra A, Reis M (1997) Desensitization of bladder sensory fibers by intravesical capsaicin has long lasting clinical and urodynamic effects in patients with hyperactive or hypertensive bladder dysfunction. J Urol 157: 585–589 Davidson PJ, van den Ouden D, Schroeder FH (1996) Radical prostatectomy: prospective assessment of mortality and morbidity. Eur Urol 29: 168–173 Di Marco DS, Elliot DS (2003) Tandem cuff artificial urinary sphincter as a salvage procedure following failed primary sphincter placement for the treatment of post-prostatectomy incontinence. J Urol 170: 1252–1254 Dmochowski RR, Miklos JR, Norton PA, Zinner NR, Yalcin I, Bump RC (2003) Duloxetine vs. placebo for the treatment of North American Women with stress urinary incontinence . J Urol 170: 1259 Elliot DS, Barrett DM (1998) Mayo-Clinic long-term analysis of the functional durability of ther AMS 800 artificial urinary sphincter: a review of 323 cases. J Urol 159: 1206–1208 Filocamo MT, Li Marzi V, Del Popolo G, Cecconi F, Marzocco M, Tosto A, Nicita G (2005) Effectiveness of early pelvic floor rehabilitation treatment for post-prostatectomy incontinence. Eur Urol 48: 734–8 Filocamo MT, Li Marzi V, Del Popolo G, Cecconi F, Villari D, Marzocco M, Nicita G (2007) Pharmacologic treatment in postprostatectomy stress urinary incontinence. Eur Urol 51: 1559–64 Fowler FJ jr, Barry MJ, Lu-Yao G, Roman A, Wasson J, Wennberg JE (1993) Patient-reported complicationsand follow-up treatment after radical prostatectomy. The National Medicare Experience: 1988–1990. Urology 42: 622–629 Fulford SC, Sutton C, Bales G, Hickling M, Stephenson TP (1997) The fate of the modern artificial urinary sphincter with a follow-up of morethan 10 years. Br J Urol 79: 713–716
18
312
18
Kapitel 18 · Rehabilitation
Gomha MA, Boone TB (2002) Artificial urinary sphincter for postprostatectomy incontinence in men who had prior radiotherapy : a risk and outcome analysis. J Urol 167: 591–596 Gousse AE, Madjar S, Lambert MM, Fishman IJ (2001) Artificial urinary sphincter for post-radical prostatectomy urinary incontinence: long-term subjective results. J Urol 166: 1755–1758 Gozzi C, Bauer RM, Becker AJ, Schorsch I, May F, Rehder P, Stief CG, Bastian PJ (2008) Functional retrourethral sling. A change of paradigm in the treatment of stress incontinence after radical prostatectomy. Urologe A 47:1224–8 Gozzi C, Becker AJ, Bauer R, Bastian PJ (2008a) Early results of transobturator sling suspension for male urinary incontinence following radical prostatectomy. Eur Urol 54: 960–1 Herschorn S (2008) The artificial urinary sphincter is the treatment of choice for post-radical prostatectomy incontinence. Can Urol Assoc J 2: 536–9 Huang G, Lepor H (2006) Factors predisposing to the development of anastomotic strictures in a single-surgeon series of radical retropubic prostatectomies. BJU Int 97: 255–8 Hubner WA, Schlarp O (2005) Treatment of incontinence after prostectomy using a new minimally invasive device: adjustable continence therapy. BJU Int 96: 587–594 Kaufmann JJ (1970) A new operation for male incontinence. Surg Gynecol Obstet 131: 295–299 Kaufmann JJ (1972) Surgical treatment of post-prostatectomy incontinence: use of the penile crura to compress the bulbous uethra. J Urol 107: 293–297 Kaufmann JJ (1973) Treatment of post-prostatecomy urinary incontinence using a silicone-gel prosthesis. Br J Urol45: 646–653 Kuznetsov DD, Kim HL, Patel RV, Sterinberg GD, Bakes GT (2000) Comparison of artificial urinary sphincter and collagen for the treatment of postprostatectomy incontinence. Urology 56: 600–603 Leach GE, Trockman B, Wong A, Hamilton J, Haab F, Zimmern PE (1996) Post-prostatectomy incontinence: urodynamic findings and treatment outcomes. J Urol 155: 1256–1259 Litwiller SE, Kim KB, Fone PD, White RW, Stone AR (1996) Post-prostatectomy incontinence andthe artificial urinary sphincter: a longterm study of patient-stisfaction and criteria for success. J Urol 156: 1975–1980 Madjar S, Jacoby K, Gilberti C (2001) Bone anchored sling for the treatment of post-prostatectomy incontinence. J Urol 165: 72–76 Majoros A, Bach D, Keszthelyi A, Hamvas A, Romics I (2006) Urinary incontinence and voiding dysfunction after radical retropubic prostatectomy (prospective urodynamic study). Neurourol Urodyn 25: 2–7 Manunta A, Guille F, Patard JJ, Lobel B (2000) Artificial sphincter insertion aftr radiotherapy: Is it worthwhile ? BJU Int 85: 490–492 Martinez-Salamanca JI, Allonga Almagro A (2007) Radical prostatectomy: open, laparoscopic and robotic. Actas Urol Esp 31: 316–27 Perez LM, Webster GD (1992) Successful outcome of artificial urinary sphincters in men with post-prostatectomy urinary incontinence despite adverse implantation features. J Urol 148: 1166–1170 Porena M, Mearini E, Mearini L, Vianello A, Giannantoni A (2007) Voiding dysfunction after radical retropubic prostatectomy: more than external urethral sphincter deficiency. Eur Urol 52: 38–45 Rogers E, Scardino PT (1995) A simple ileal substitue bladder after radical cystectomy: experience with a modification of the Studerpouch. J Urol 153: 1432–1438 Romano S, Metrebian SE, Vaz F, Muller V, D’Ancona CA, Costa DE, Souza FA, Nakamura F (2006) An adjustable male sling for treating urinary incontinence after prostatectomy: a phase III multicentre trial. BJU Int 97:533–9
Schaeffer AJ, Clemens JQ, Ferrari M, Stamey TA (1998) The male bulbourethral sling-procedure for post-radical prostatectomy incontinence. J Urol 159: 150–1515 Schmidt RA, Jonas U, Oleson KA (1999) Sacral nerve stimulation for treatment of refractory urinary urge incontinence. J Urol 162: 352–357 Schreiter F (1985) Bulbar artificial sphincter. Eur Urol 11: 294–299 Scott FB (1978) The artificial sphincter in the management of incontinence in the male. Urol Clin North Am 5: 375 Shaker HS, Hassouna M (1998) Sacral nerve root neuromodulation: an effective treatment for refractory urge incontinence. J Urol 159: 1516–1519 Siegel SW, Richardson DA, Miller KL (1997) Pelvic floor electrical stimulation for the treatment of of urge and mixed urinary incontinence in women. Urology 50: 934–940 Siegel SW, Catanzaro F, Dijkema HE (2000) Long-term results of a multicenter study on sacral nerve stimulation for treatment of urinary urge incontinence, urgence-frequency, and retention. Urology 56: Suppl.1, 87–91 Sousa-Escandón A, Rodríguez Gómez JI, Uribarri González C, MarquésQueimadelos A (2004) Externally readjustable sling for treatment of male stress urinary incontinence: points of technique and preliminary results. J Endourol 18: 113–8 Sutherst J, Brown M, et al. (1981) Assessing the severity of urinary incontinence in women by weighing perineal pads. Lancet 1(8230): 1128–30 Temml C, Haidinger G, Schmidbauer J et al. (2000) Urinary incontinence in both sexes: Prevalence rates and impact on quality of lifeand sexual life. Neurourol Urodyn 19: 259 Ulrich NF, Comiter CV (2004) The male sling for stress urinary incontinence: urodynamic and subjective assessment. J Urol 172: 204–206 Walsh PC (1987) Radical prostatectomy, preservation of sexual function, cncer control. The controversy. Urol Clin North Am 14: 663–673 Walsh PC, Marschke P, Ricker D, Burnett AL (2000) Patient reported urinary continence nad sexual function after anatomic radical prostatectomy.Urology 55: 58–61
Literatur zu Kap. 18.3 Brock G, Taylor T, Seger M, Vardenafil Prospect Group Canada (2002) Efficacy and tolerability of vardenafil in men erectule dysfunction following radical prostatectomy. Eur Urol Suppl 1: 152 Carson C, Lue T (2005) Phosphodiesterase type 5 inhibitors for erectile dysfunction. BJU 96: 257–280 Carson C, Mulcahy J. Govier F (2000) AMS 700CX study group. Efficacy, safety and patient satisfaction outcomes of the ams 700cx inflatable penile prosthesis: results of a long-term multicenter study. J Urol 164: 376–380 Chartier-Kastler E, Amar E, Chevallier D, Montaigne O, Coulange C, Joubert JM, Giuliano F (2008) Does management of erectile dysfunction after radical prostatectomy meet patients’ expectations? Results of a national survey (REPAIR) by the French Urological Association. J Sex Med 693–704 Chen J, Mabjeesh N, Greenstein A (2002) Sildenafil versus vacuum erection device: Patient preference. J Urol 166: 1779–1781 Cookson M, Nadig P (1993) Long-term results with vacuum constriction device. J Urol 149 290–294 Costabile R, Spevak M, Fishman I, Govier F, Hellstreom W, Shabsigh R, Nemo K, Rapport J,. Tam P, Weldon K, Gesundheit N (1998) Efficacy and safety of transurethral alprostadil in patients with erectile dysfunction following radical prostatectomy. J Urol 160: 1325–1328
313 Literatur
Heaton J, Dean J, Sleep D (2002) Sequential administration enhances the effect of apomorphine in men with erectile dysfunction. Int J Impot Res 14: 61–64 Herkommer K, Niespodziany S, Zorn C, Gschwend J, Volkmer B (2005) Versorgung der erektilen Dysfunktion nach radikaler Prostatektomie in Deutschland Einschätzung durch den Urologen vs. Patientenbefragung. Urologe, online Publikation 12–27 (Dezember) Meulemann E, Mulders P (2003) Erectile function after radical prostatectomy: A Review. Eur Urol 43: 95–102 McCullough A (2002) Prevention and management of erectile dysfunction after radical prostatectomy. Urol Clin North Am 28: 613–627 Meyer JP, Gillatt D, Lockyer R, MacDonagh R (2003) The effect of erectile dysfunction on the qaulity of life of men after radical prostatectomy. BJU 92: 929–931 Montorsi F, Luigi G,. Strambi L, Da Pozzo L, Nava L, Barbieri L, Rigatti P, Pizzini G, Miani A (1997) Recovery of spontaneous erectile function after nerve-sparing radical retropubic prostatectomy with and without early intracavernous injections of alprostadil: results of a prospective, randomized trial. J Urol 158: 1408–1410 Montorsi F, Salonia A, Barbieri L, Tommaso M, Zanoni M, Raber M, Bua L, Cestari A, GuazzoniG, Rigatti P (2002) The subsequent use of i.c. alprostadil and oral sildenafil is more efficacious than sildenafil alone in nerve sparing radical prostatectomy patients. J Urol 167 (Suppl): 279 Montorsi F, Nathan H, McCullough A (2004) Tadalafil in the treatment of erectile dysfunction following bilateral nerve sparing radical retropubic prostatectomy: a randomized, double-blind placebo controlled trial. J Urol 172: 1036–1041 Montorsi F, Brock G, Lee J, Shapiro J, van Poppel H, Graefen M, Stief C (2008) Effect of nightly versus on-demand vardenafil on recovery of erectile function in men following bilateral nerve-sparing radical prostatectomy. Eur Urol 924–931 Mydlo JH, Viterbo R, Crispen P (2005) Use of combined intracorporeal injection and a phosphodiesterase-5-inhibitor therapy for men with a suboptimal response to sildenaffil and /or vardenafil monotherapy after radical retropubic prostatectomy. BJU 95: 843–846 Noldus J, Michl U, Graefen M, Haese A, Hammerer P, Huland H (2002) Patient-reported sexual function after nerve-sparing radical retropubic prostatectomy. Eur Urol 42: 118–24 Podlasek C, Gonzalez C, Zelner D, Jiang H, McKenna K, McVary K (2001) Analysis of NOS isoform changes in a post radical prostatectomy model of erectile dysfunction. Int J Impot Res 13: 1–15 Rabbani F, Stapleton A, Kattan M, Wheeler T, Scardino P (2000) Factors predicting recovery of erections after radical prostatectomy. J Urol 164: 1929–1934 Raina R, Agarwal A, Zippe C (2002) Early use of vacuum constriction device following radical prostatectomy facilitates early sexual activity and potential return of erection. J Urol 167 (Suppl): 279 Raina R, Nelson D, Agarwal A, Lakin M, Klein E, Zippe C (2002b) Longterm efficacy of sildenafil citrate following radical prostatectomy: 3 year follow-up. J Urol Suppl 167: 279 Rodriguez Vela L, Gonzalvo Ibarra A, Bono Arino A, Benejam Gual J, Guesta Presedo J, Rioja Sanz L (1997) Erectile Dysfunction after radical prostatectomy etiopathology and treatment. Acta Urol Esp 21: 909–921 Salonia A, Gallina A, Zanni G, Briganti A, Dehó F, Saccà A, Suardi N, Barbieri A, Guazzoni G, Rigatti P, Montorsi F (2008) Acceptance of and discontinuitation rate from erectile dysfunction oral treatment in patients following bilateral nerve-sparing radical prostatectomy. Eur Urol 2008: 564–570 Schroeder-Printzen I, Schroeder-Printzen J, Hauck E, Weidner W (2005) Kosten einer Fertilitäts- und ED-Therapie. Urologe 44: 1179–1182
Sperling H, Noldus J (2003) Prostatakarzinom und Erektile Dysfunktion – welche Therapie wann? Urologe A 42: 1351–1356 Van Randenborgh H, Paul R, Breul J, Hartung R (2002) Do urologists treat erectile dysfuntion in patients after radical prostatectomy) Results of a questionnaire in 530 patients. J Urol 167 (Suppl): 282 Weber D, Bieri S, Kurtz J, Miralbell R (1999) Prospective pilot study of sildenafil for treatment of postradiotherapy erectile dysfunciton in patients with prostate cancer. J Clin Oncol 17: 3444–3449 Zippe C, Kedia A, Kedia K, Nelson D, Agarwal A (1998) Treatment of Erectile Dysfunction After Radical Prostatectomy With Sildenafil Citrate (Viagra). Urology 52: 963–966 Zippe C, Jhaveri F, Klein E, Kedia S, Pasqualotto F, Kedia A, Agarwal A, Montague D, Lakin M (2000) Role of viagra after radical prostatectomy. Urology 55: 241–245
18
II
II
Tumoren des Erwachsenenalters
19
Nebennierenrindenkarzinom
20
Malignes Phäochromozytom – 325
21
Nierenzellkarzinom
22
Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom – 371
23
Harnblasenkarzinom – 395
24
Harnröhrenkarzinom
25
Prostatakarzinom
26
Maligne Hodentumoren – 637
27
Peniskarzinom
28
Retroperitoneale Weichteiltumoren
– 317
– 331
– 477
– 485
– 739 – 749
19 Nebennierenrindenkarzinom S. Petersenn, A. Bockisch, H. Rübben, K. Mann
19.1 Epidemiologie, Ätiologie – 317 19.2 Onkologische Kennzeichen
– 317
19.3 Diagnostik – 319 19.4 Therapie des lokal begrenzten Nebennierenrindenkarzinoms – 320 19.5 Therapie des fortgeschrittenen Nebennierenrindenkarzinoms – 320 19.6 Nachsorge
19.1
– 323
Epidemiologie, Ätiologie
19.1.1 Epidemiologie
Die Inzidenz des seltenen Nebennierenrindenkarzinoms wird mit etwa 1–2/1 Mio./Jahr angegeben. Der häufig sehr aggressive Tumor führt zu etwa 0,2% aller Todesfälle aufgrund maligner Erkrankungen. Die Altersverteilung ist bimodal mit einem ersten Gipfel im Kindesalter und einem zweiten Gipfel in der 5.–6. Dekade. Frauen und Männer sind etwa im Verhältnis 1,5 : 1 betroffen.
Therapeutisch möglicherweise bedeutsam sind Alterationen des 11p15.5-Locus in sporadischen Nebennierenrindenkarzinomen mit konsekutiver Überexpression des IGF–2-Rezeptors. Auch das hereditäre BeckwithWiedeman-Syndrom, das u. a. durch Wilms-Tumoren, Hepatoblastomata und Nebennierenrindenkarzinome gekennzeichnet ist, wurde auf diesen Locus gemappt, auf dem u. a. die Gene für IGF–2, H19 und p57/Kip2 lokalisiert sind.
19.2
Onkologische Kennzeichen
19.1.2 Ätiologie, Risikofaktoren
19.2.1 Klassifikation
Die Pathogenese des Nebennierenrindenkarzinoms ist weitgehend ungeklärt. Sporadische Mutationen des p53Onkogens werden bei einem hohen Prozentsatz der Tumoren beobachtet. In einer Untersuchung brasilianischer Kinder mit einem isolierten Nebennierenrindenkarzinom fand sich zudem eine spezifische p53-Keimbahnmutation R337H. Bei dem hereditären Li-Fraumeni-Syndrom, charakterisiert durch verschiedene maligne Tumoren wie Mammakarzinom, Sarkome und bei etwa 1% der Patienten auch durch Nebennierenrindenkarzinome, werden ebenfalls Keimbahnmutationen von p53 beobachtet.
Die Einteilung nach Sullivan et al. (1978) weist eine gute Korrelation mit der Prognose auf ( Tab. 19.1). Die später vorgeschlagene Einteilung nach Lee et al. (1995) betont die Bedeutung von Fernmetastasen als Kriterium der Zuordnung zu Stadium IV, wie es auch bei den meisten anderen soliden Tumoren üblich ist. Hiermit wird der Verlauf der Erkrankung möglicherweise besser erfasst, mit der Mehrheit der Tumoren in Stadium I–III prinzipiell resezierbar, in Stadium IV jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht radikal operabel.
318
Kapitel 19 · Nebennierenrindenkarzinom
Tab. 19.1. Stadieneinteilung des Nebennierenrindenkarzinoms nach Sullivan et al. (1978) und nach Lee et al. (1995)
Tab. 19.2. Diagnostischer Score für das Nebennierenrindenkarzinom. (Nach Weiss et al. 1989)
Stadium
Sullivan et al. 1978
Lee et al. 1995
Kriterium
Grad
Punktwert
I
T1, N0, M0
T1, N0, M0
Kernatypien
Moderat bis stark
1
II
T2, N0, M0
T2, N0, M0
Mitosen
>5/50
1
III
T3, N0, M0 oder T1–2, N1, M0
T3–4, N0–1, M0 oder T1–2, N1, M0
Atypische Mitosen
Nachweisbar
1
Klare Zellen
<25% des Volumens
1
Tx, Nx, M1
Architektur
Diffuses Wachstum
1
Venen
Infiltration durch Tumor
1
Sinus
Infiltration durch Tumor
1
Tumorkapsel
Infiltration durch Tumor
1
Nekrosen
Nachweisbar
1
IV
T4, N0, M0 oder T3, N1, M0 oder Tx, Nx, M1
Unter Nutzung der TNM-Klassifikation: T1: Tumor <5 cm, T2: Tumor >5 cm, T3: Infiltration in das umgebende Fettgewebe, T4: Infiltration in benachbarte Organe, N1: Lymphknotenmetastasen, M1: Fernmetastasen.
Beurteilung: Punktwert 1–3 benigne, >3 maligne.
Hinweis
I
I
Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt insgesamt bei 38% (Stadium I: 60%, Stadium II: 58%, Stadium III: 24%, Stadium IV: 0%).
19.2.2 Histologische Einteilung
Cave
Nebennierenrindenkarzinome sind typischerweise durch ein hohes Tumorgewicht (meist >100 g) sowie bestimmte histopathologische Marker (hohe Mitoserate, atypische Mitosen, Kernpolymorphien, Gefäß- und Kapseleinbrüche, hohe Nekrosefrequenz, KI–67>5%) charakterisiert. Hinweis
I
I
Beweisend für ein Nebennierenrindenkarzinom in Abgrenzung zu einem Nebennierenrindenadenom sind einzig die organübergreifende Ausdehnung mit invasivem Wachstum in umliegende Organe sowie der Nachweis von Fernmetastasen.
19
trakts sowie Nierenzellkarzinome bedacht werden. Hinweise für ein Phäochromozytom oder ein neuroendokrines Karzinom ergeben sich bei positivem Nachweis von Chromogranin A in der Immunhistochemie, bei Nierenzellkarzinomen ist der Marker Vimentin negativ.
Metastasen finden sich in abnehmender Reihenfolge in Leber und Lunge, Lymphknoten und Peritoneum, Knochen, ZNS, Pleura, Nieren und kontralateraler Nebenniere. Differenzialdiagnostisch sind maligne Phäochromozytome sowie Metastasen anderer Tumoren zu diskutieren. Insbesondere bei ausgedehnt wachsenden Tumoren mit Infiltration mehrerer Organe kann die primäre Zuordnung des Karzinoms schwierig sein. Hier müssen auch neuroendokrine Karzinome des Gastrointestinal-
Eine Feinnadelpunktion zur differenzialdiagnostischen Abklärung wird bei Verdacht auf ein Nebennierenrindenkarzinom aufgrund der beschriebenen Verschleppung maligner Zellen entlang des Stickkanals sowie der unsicheren Beurteilung nicht empfohlen.
19.2.3 Etablierte prognostische Faktoren
Während auf histopathologischen Markern beruhende Scores wie der nach Weiss et al. (1989; Tab. 19.2) eine gewisse Korrelation mit der Dignität des NN-Tumors zeigen, ist die individuelle Zuordnung eines Tumors hiermit nur unsicher möglich. Bisher konnte kein geeigneter molekularer Marker identifiziert werden. Auch in den Empfehlungen einer internationalen Konsensuskonferenz wurde festgehalten, dass eine Differenzierung zwischen benignen und malignen adrenalen Tumoren anhand von Biopsiematerial meist nicht sicher möglich ist. Die besondere Bedeutung einer hohen Mitose-Rate >20 pro 50 Sichtfelder sowie der Zahl der von Metastasen befallenen Organen als unabhängige prädiktive Parameter für das Überleben des Patienten wurde kürzlich bestätigt.
319 19.3 · Diagnostik
19.3
Diagnostik
19.3.1 Basisdiagnostik
Anamnese und körperliche Untersuchung Die Anamnese konzentriert sich auf klinische Symptome aufgrund eines Hormonexzesses bei den etwa 60% funktionell aktiven Nebennierenrindenkarzinomen. Hinweis
I
I
Aufgrund der Dedifferenzierung des Tumors kann möglicherweise die Hormonausschüttung nur gering und damit die Klinik milde ausgeprägt sein.
Am häufigsten findet sich ein Hyperkortisolismus mit rascher Entwicklung von Muskelschwäche, Stammfettsucht, Hautatrophie, Stria rubrae, Hypertonus, Diabetes mellitus, Virilisierung und psychiatrischen Symptomen. Ein Androgenexzess führt bei der Frau zu Virilisierung sowie Menstruationsstörungen und Brustatrophie, ist beim Mann dagegen häufig asymptomatisch. Die seltenere autonome Östrogensekretion kann beim Mann eine Gynäkomastie und Hodenatrophie bedingen, bei der Frau Zyklusstörungen und Spannungsgefühl in der Brust. Der Exzess an Sexualhormonen steht bei Kindern häufig im Vordergrund mit Entwicklung einer Pubertas praecox. Der sehr seltene Hyperaldosteronismus ist durch einen Hypertonus verbunden mit einer Hypokaliämie charakterisiert. Hormoninaktive Nebennierenrindenkarzinome fallen meist erst durch die lokal verdrängende Wirkung des Tumors auf, so mit Schmerzen, Völlegefühl, Verdauungsstörungen, Übelkeit und Erbrechen. Eine B-Symptomatik mit Gewichtsverlust, Fieber und Schwäche wird dagegen selten berichtet. Der zu diesem Zeitpunkt meist sehr große Tumor lässt sich häufig bereits palpieren.
Hormondiagnostik Erhöhte Serumspiegel des Androgens DHEA-S weisen bei nachgewiesener Nebennierenraumforderung auf ein malignes Geschehen hin, bei Männern sind erhöhte Serumkonzentrationen von 17β-Östradiol verdächtig auf ein Nebennierenrindenkarzinom. Zur Diagnostik eines durch das Nebennierenrindenkarzinom bedingten Hyperkortisolismus werden der niedrig dosierte Dexamethasonhemmtest, das Cortisol im 24-h-Sammelurin und Cortisol in Serum oder Speichel um 24 h eingesetzt, die ACTH-Unabhängigkeit wird durch Bestimmung des ACTH im Plasma nachgewiesen. Bei klinischen Zeichen eines Hyperaldosteronismus werden Renin und Aldosteron bestimmt.
Auch bei klinisch hormoninaktiven Nebennierenrindenkarzinomen lässt sich gelegentlich eine autonome Hormonsekretion nachweisen. Dies gilt insbesondere für die autonome Sekretion von Östrogenen bei der Frau bzw. Androgenen beim Mann sowie für die Ausschüttung von weniger wirksamen Steroidvorstufen wie 17OHProgesteron oder Deoxykortikosteron. Aufgrund der Bedeutung als Verlaufsparameter sollten bei Verdacht auf ein Nebennierenrindenkarzinom daher weitere Steroide (17OH-Progesteron, Androstendion, Testosteron im Serum und soweit möglich 11-Deoxykortisol und Deoxykortikosteron im Serum) bestimmt werden. Ein differenzialdiagnostisch zu diskutierendes Phäochromozytom muss durch Bestimmung der Metanephrine im Plasma und/oder 24-h-Urin ausgeschlossen werden.
Bildgebung Eine Raumforderung der Nebenniere lässt sich mittels CT oder MRT (optimal als Chemical-shift-MRT) der Nebennierenregion nachweisen, wobei beide Verfahren unter Nutzung moderner Varianten eine ähnliche Aussagekraft besitzen. Die Tumorgröße besitzt eine besondere Bedeutung, da Raumforderungen >6 cm in 35–98% der in verschiedenen Studien untersuchten Tumoren einem Nebennierenrindenkarzinom entsprechen. Strukturelle Auffälligkeiten wie inhomogene Darstellung des Tumors, unregelmäßige Begrenzung, unregelmäßige Kontrastmittelaufnahme sowie Verkalkungen im CT weisen ebenfalls auf ein Nebennierenrindenkarzinom hin. Eine erhöhte Dichte >10 HU im »unenhanced« CT bzw. >35 HU und <50% »washout« im 10–15-mindelayed-contrast-enhanced-CT sind malignitätsverdächtig, da Nebennierenrindenadenome aufgrund eines höheren Fettanteils meist eine geringere Dichte besitzen. Eine lokale Infiltration des umliegenden Gewebes sowie Lymphknoten- oder Fernmetastasen sind deutliche Zeichen eines malignen Prozesses. Das 18FDG-PET besitzt nach den Ergebnissen retrospektiver Studien eine relativ gute Aussagekraft für die Differenzierung benigner und maligner Raumforderungen der Nebenniere, prospektive Studien stehen hierzu allerdings aus.
19.3.2 Ausbreitungsdiagnostik
Abdomielle Metastasen, insbesondere der Leber, aber auch von Lymphknoten und Peritoneum, lassen sich bei der bildgebenden Darstellung der Nebenniere miterfassen. Lungenmetastasen werden bevorzugt im CT des Thorax nachgewiesen, ZNS-Metastasen mittels CCT.
19
320
Kapitel 19 · Nebennierenrindenkarzinom
Knochenmetastasen werden mittels Skelettszintigraphie dargestellt, ggf. ergänzt um eine gezielte Bildgebung der betroffenen Region. Das 18FDG-PET kann die Ausbreitungsdiagnostik sinnvoll ergänzen. Der Tracer 123JodMetomidate wird spezifisch in den Nebennieren angereichert und erlaubte in einer ersten Untersuchung die Darstellung des Primärtumors und der Metastasen. Diese Substanz wird bisher erst in wenigen Zentren experimentell eingesetzt, erlaubt aber möglicherweise einen Fortschritt in der Diagnostik und hat zudem das Potential für eine spezifische Radionuklidtherapie dieser Tumoren.
Hinweis
I
I
Bei Patienten mit Stadium III oder Stadium II und hohem Risiko (s. oben, sowie bei Kapseleinbruch oder Verdacht auf intraoperative Tumoraussaat) sollte daher eine postoperative Strahlentherapie mit 50–60 Gy vorgenommen werden.
Unklar ist der Stellenwert einer adjuvanten Therapie mit Mitotane (s. unten) nach kompletter Tumorresektion, die aufgrund der ungünstigen Prognose unserer Ansicht nach bei sicherem Nebennierenrindenkarzinom jedoch immer erfolgen sollte.
19.3.3 Target-spezifische Diagnostik 19.4.3 Operative Therapie
Bisher gibt es keine etablierten therapeutisch relevanten molekularen Strukturen. Zu diskutieren ist mit der Verfügbarkeit von EGF- und VEGF-Rezeptor-Antagonisten der Nachweis dieser Rezeptoren, ohne dass hierzu bisher sichere Daten existieren. Weiterhin stellt die erhöhte Expression von IGF2-Rezeptoren möglicherweise eine interessante Zielstruktur dar, ohne dass Substanzen mit einem solchen Angriffspunkt bisher verfügbar wären.
19.4
Therapie des lokal begrenzten Nebennierenrindenkarzinoms
19.4.1 Therapieziele
Der operative Zugang erfolgt meist mittels eines transabdominellen, seltener eines thorakoabdominellen Zugangs. Bei Adhärenz oder Infiltration umliegender Organe kann eine En-bloc-Resektion mit Niere und Milz sowie eine partielle Hepatektomie und Pankreatektomie notwendig sein, verbunden mit einer ausgedehnten Lymphknotenresektion. Auch bei in die V. renalis oder V. cava reichenden Tumorzapfen sollte eine komplette Resektion angestrebt werden, in Einzelfällen auch unter Einsatz der HerzLungen-Maschine. Im Gegensatz zu der als Goldstandard anzusehenden minimal invasiven Operation von benignen Prozessen der Nebenniere besitzt diese Technik keinen Stellenwert bei der Operation des Nebennierenrindenkarzinoms.
Therapie der Wahl im Vergleich aller Therapieoptionen ist die komplette operative Tumorresektion in den Stadien I–III.
19.5
19.4.2 Therapiekonzept
19.5.1 Therapieziele
Hinweis
I
I
Aufgrund der Aggressivität des Tumors ist auch bei lokal begrenztem Nebennierenrindenkarzinom postoperativ eine adjuvante Therapie zu empfehlen.
Therapie des fortgeschrittenen Nebennierenrindenkarzinoms
Ziel der Therapie bei einem metastasierten Nebennierenrindenkarzinom ist die Stabilisierung unter Nutzung aller Therapiemodalitäten.
19.5.2 Therapiekonzept
19
Risikofaktoren für Lokalrezidive und spätere Metastasierung stellen insbesondere das Tumorstadium III, eine Tumorgröße >12 cm, eine hohe Mitosefrequenz sowie intratumorale Hämorrhagien dar. Daten des Deutschen NebennierenrindenkarzinomRegisters deuten auf eine bessere Prognose von Patienten mit Nebennierenrindenkarzinom Stadium III nach adjuvanter Radiatio hin.
Prinzipiell ist auch bei Nachweis von Fernmetastasen eine Resektion des Primarius zu versuchen, um hormonell bedingte und lokale Symptome zu mindern sowie die Tumorlast zu reduzieren und damit die Aussichten anderer Therapieverfahren zu verbessern. Hieran sollten sich unmittelbar eine lokale Strahlentherapie sowie eine kombinierte Chemotherapie anschließen.
321 19.5 · Therapie des fortgeschrittenen Nebennierenrindenkarzinoms
Neben der antitumoralen Therapie nimmt die antihormonelle Therapie bei hormonaktiven Nebennierenrindenkarzinomen einen wichtigen Stellenwert ein. Besonders ein begleitender Hyperkortisolismus geht mit einer erheblichen Morbidität und Verschlechterung der Lebensqualität einher. Zur Therapie eignen sich hier steroidsynthesehemmende Substanzen wie Ketoconazol und Metyrapon. Bei lebensbedrohlichen Komplikationen, die eine rasche Therapie notwendig machen, können mittels intravenöser Gabe von Etomidate sehr effektiv die Kortisonspiegel gesenkt werden. Die Therapie sollte von palliativen Maßnahmen zur Schmerzbehandlung begleitet werden.
19.5.3 Operative Therapie
Eine Debulking-Operation wird analog wie der operative Eingriff bei lokal begrenztem Nebennierenrindenkarzinom durchgeführt, ggf. ergänzt durch die Resektion lokaler Lymphknoten. Verlängerte Remissionsdauern wurden nach Resektion singulärer Leber-, Lungen- und ZNSMetastasen beschrieben. Hier kommt zudem eine Embolisationstherapie oder Thermoablation in Frage. Bei Lokalrezidiven ist eine erneute Resektion zu diskutieren. Auch wenn diese selten komplett gelingt, kann die Prognose hiermit nachweislich verbessert werden.
suchung legt nahe, dass die adjuvante lokale Bestrahlung des Tumorbetts die hohe Rate von Lokalrezidiven dieses Tumors deutlich reduzieren kann.
19.5.5 Chemotherapie
Adrenolytische Therapie Für o.p.-DDD (Mitotane) als Verwandtem des Insektizids DDT wird ein spezifisch adrenolytischer Effekt angenommen, der zu der Anwendung in der Therapie des Nebennierenrindenkarzinoms führte. Mitotane besitzt eine europaweite Zulassung zur Behandlung des Nebennierenrindenkarzinoms (Lysodren). Die Hormonausschüttung durch den Tumor kann mit Mitotane bei bis zu 85% der Patienten in signifikantem Maße reduziert werden. Erste Studien zeigten zudem objektive Ansprechraten des Tumors von etwa 35%. Folgestudien unter Anwendung aktuell gültiger WHO-Kriterien zur Beurteilung des Größenverlaufs fanden dagegen nur Remissionsraten von 19–23%, fast ausschließlich partiell mit Remissionsdauern von 2–82 Monaten ( Tab. 19.3). In einer großen multizentrischen Studie wurde kürzlich die Bedeutung einer adjuvanten Mitotane-Therapie unterstrichen. Eine retrospektive Multivarianzanalyse zeigt einen signifikanten Vorteil für ein rezidivfreies Überleben bei dieser Behandlung.
I
Hinweis 19.5.4 Radiotherapie
Bei metastasierter Erkrankung wurde ein positiver Effekt einer palliativen Strahlentherapie berichtet, insbesondere bei Knochenmetastasen. Möglicherweise sind auch Lokalrezidive durch eine Strahlentherapie günstig zu beeinflussen. Eine kürzlich erschienene retrospektive Unter-
I
Die unterschiedlichen Ergebnisse einer Mitotane-Therapie sind möglicherweise auch auf unterschiedliche Dosierungen und Wirkspiegel zurückzuführen.
Zwei neuere Studien konnten Remissionsraten von 56–67% über 2–190 Monate zeigen für Patienten mit einem Mito-
Tab. 19.3. Wirksamkeit einer Behandlung mit Mitotane bei Patienten mit Nebennierenrindenkarzinom Quelle
Therapie
n=Patienten, S=Stadium
CR
PR
Haq et al. 1994
o.p.-DDD-Spiegel <14 μg/ml
n=25, S=n.a.
0%
0%
Haq et al. 1994
o.p.-DDD-Spiegel >14 μg/ml
n=27, S=n.a.
30% (8)
26% (7)
Baudin et al. 2001
o.p.-DDD-Spiegel <14 μg/ml
n=7, S=IV
0%
0%
Baudin et al. 2001
o.p.-DDD-Spiegel >14 μg/ml
n=6, S=IV
17% (1)
50% (3)
Luton et al. 1990
o.p.-DDD 3–20 g
n=37, S=n.a.
0%
19% (7)
Decker et al. 1991
o.p.-DDD 3–6 g
n=36, S=n.a.
6% (2)
17% (6)
CR Komplette Remission, PR partielle Remission, SD stabile Erkrankung, PR progrediente Erkrankung.
SD
PD
Remissionsdauer
2–190 Monate
10–48 Monate 8% (3)
73% (27)
5–25 Monate 2–82 Monate
19
322
Kapitel 19 · Nebennierenrindenkarzinom
Tab. 19.4. Wirksamkeit einer Chemotherapie in Kombination mit Mitotane bei Patienten mit Nebennierenrindenkarzinom Quelle
Therapie
n=Patienten, S=Stadium
CR
PR
SD
PD
Remissionsdauer
Bukowski et al. 1993
Cisplatin 75–100 mg/m2 KOF (alle 3 Wochen, o.p.-DDD 4 g
n=37, S=n.a.
3% (1)
27% (10)
Bonacci et al. 1998
Etoposid 100 mg/m2 d1–3, Cisplatin 100 mg/ m2 KOF d1 (alle 4 Wochen, o.p.-DDD 3–9 g
n=18, S=n.a.
17% (3)
17% (3)
11% (2)
56% (10)
8–26 Monate
Berruti et al. 1998
Etoposid 100 mg/ m2 KOF d5–7, Doxorubicin 20 mg/ m2 KOF d1+8, Cisplatin 40 mg/ m2 KOF d2+9 (alle 4 Wochen, o.p.-DDD 1–6 g
n=28, S=n.a.
7% (2)
46% (13)
29% (8)
18% (5)
Median 24 Monate
Abraham et al. 2002
Etoposid 75 mg/ m2 KOF d1–3, Doxorubicin 10 mg/ m2 KOF d1–3, Vincristin 0,4 mg/ m2 KOF d1–3 (alle 3 Wochen, o.p.-DDD Serum >10 μg/ml
n=35, S=IV
3% (1)
20% (7)
Khan et al. 2000
Streptozocin 1 g/d d1–5 1. Zyklus, ab 2. Zyklus 2 g d1 (alle 3 Wochen), o.p.-DDD 1–4g
n=22, S=n.a.
5% (1)
27% (6)
1–36 Monate
Im Mittel 12 Monate
23% (5)
45% (10)
2–18 Monate
CR Komplette Remission, PR partielle Remission, SD stabile Erkrankung, PR progrediente Erkrankung.
tane-Spiegel >14 μg/ml, dagegen Remissionsraten von 0% der Patienten mit niedrigeren Spiegeln. Bei Wirkspiegeln über 20 μg/ml kommt es zu einem deutlichen Anstieg der Nebenwirkungsrate, insbesondere in Form neurologischer Störungen. Eine Anpassung der Dosierung unter Kontrolle der Mitotane-Spiegel erscheint daher unbedingt empfehlenswert, mit einem Zielbereich von 14–20 μg/ml. Während der ersten 2–3 Monate sind aufgrund der Akkumulation im Fettgewebe meist höhere Dosierungen bis zu 6 g/Tag notwendig, die dann nach Aufsättigung reduziert werden können. Nach zunächst monatlicher Spiegelkontrolle empfehlen wir in dieser kritischen Phase 2-wöchige Messungen, um dann nach stabiler Einstellung die Intervalle auszudehnen. Die Messung des MitotaneSpiegels ist im Rahmen der Therapie mit Lysodren kostenlos über die Fa. HRA Pharma Deutschland möglich. Hinweis
I
I
Aufgrund der adrenolytischen Wirkung ist immer eine Substitution mit Glukokortikoiden notwendig.
19
Da Mitotane zudem den Metabolismus vorwiegend synthetischer Glukokortikoide beschleunigen kann, sollte die Substitution mit Hydrokortison und entsprechend der Klinik in deutlich höherer Dosis erfolgen (Tagesdosis 35–50 mg). Abhängig von Elektrolytverschiebungen und Reninspiegeln sind zudem Mineralokortikoide zu substituieren.
An Nebenwirkungen ist regelmäßig ein relevanter Anstieg der GGT zu beobachten, ohne dass hieraus pathologische Konsequenzen zu befürchten sind, ebenso des LDL-Cholesterins, das nur schlecht durch Statine zu beeinflussen ist. Mitotane kann zudem zu gastrointestinalen Beschwerden, Hautausschlägen, verlängerter Blutungszeit, Leukopenie und Gynäkomastie führen, wobei nach spiegeladaptierter Dosierung im Verlauf eine Besserung auftreten kann. Unter anderem durch den therapiebedingten Anstieg verschiedener Bindungsglobuline kann es zur Störung anderer Hormonregelkreise kommen. Regelmäßige Kontrollen der Schilddrüsen- und Gonadenfunktion sind daher notwendig.
Klassische Chemotherapie Klassische Chemotherapeutika sind wenig effektiv in der Behandlung des Nebennierenrindenkarzinoms. So fanden sich in Studien mit einer relevanten Zahl von Patienten für Doxorubicin allein bzw. für die Kombination von Cisplatin und Etoposid Remissionsraten von unter 20%. Die Dreifachkombination von 5-FU bzw. Cyclophosphamid mit Doxorubicin und Cisplatin erbrachte nur geringfügig bessere Ergebnisse. Der Effekt ließ sich deutlich durch die gleichzeitige Einnahme von Mitotane verbessern ( Tab. 19.4). Wesentlich scheint dabei die Kombination mit Cisplatin zu sein, die isoliert oder ergänzt durch Etoposid Remissionsraten
323 Literatur
von mindestens 30% erlaubte. Die besten Ergebnisse wurden durch die Erweiterung um Doxorubicin als drittes Chemotherapeutikum mit einer Remissionsrate von 53% erzielt. Wird Cisplatin hierbei durch Vincristin ersetzt, sinkt die Remissionsrate auf 23%. Interessant ist auch die Kombination von Streptozotocin mit Mitotane mit einer Remissionsrate von 32%. Derzeit wird Streptozotocin und Mitotane in der internationalen FIRM-ACT-Studie mit der Kombination von Cisplatin, Etoposid, Doxorubicin und Mitotane verglichen. Eine Therapie mit dem EGF-Rezeptor-Inhibitor Erlotinib in Kombination mit Gemcitabine zeigte bei der Untersuchung sehr fortgeschrittener Nebennierenrindenkarzinome keine relevanten Effekte. Zur adjuvanten Chemotherapie liegen wesentlich weniger Daten vor. Erwähnenswert sind die Daten zum Einsatz von Streptozotocin und Mitotane bei 17 Patienten, die in Uppsala behandelt wurden, im Vergleich zu 11 in anderen Zentren des Landes behandelten Patienten ohne adjuvante Therapie. Krankheitsfreies Intervall und Überlebenszeit waren bei adjuvant behandelten Patienten signifikant verlängert. Das bei der Behandlung von Trypanosomen eingesetzte Suramin weist interessante Effekte auf, ist jedoch durch erhebliche Toxizität gekennzeichnet, die einen Einsatz nur in erfahrenen Händen unter Spiegelkontrolle und im Rahmen von Studien ratsam erscheinen lassen. Für das Pflanzentoxin Gossypol wurden enttäuschende Ergebnisse mit einer Remissionsrate von <20% berichtet.
19.6
Nachsorge
Aufgrund der schlechten Prognose mit einer hohen Rate an Lokalrezidiven und Fernmetastasen auch im Stadium I–II operierter Tumoren sind regelmäßige Staging-Kontrollen erforderlich, die in den ersten Jahren in 3-monatlichen Abständen erfolgen sollten. Bei frühzeitiger Detektion können erneute operative Maßnahmen diskutiert werden. Bei hormonaktiven Tumoren können die entsprechenden Marker als Verlaufsparameter genutzt werden, um frühzeitig Hinweise auf ein Rezidiv zu erhalten. Hinweis
I
I
Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung sollten die Patienten in spezialisierten Zentren behandelt und in ein Register eingeschlossen werden (www.nebennierenkarzinom.de). Auch ist eine Therapie im Rahmen von Studien anzustreben.
Literatur Abraham J, Bakke S, Rutt A et al. (2002) A phase II trial of combination chemotherapy and surgical resection for the treatment of metastatic adrenocortical carcinoma: continuous infusion doxorubicin, vincristine, and etoposide with daily mitotane as a P-glycoprotein antagonist. Cancer 94: 2333–2343 Allolio B, Hahner S, Weismann D et al. (2004) Management of adrenocortical carcinoma. Clin Endocrinol (Oxf ) 60: 273–287 Assie G, Antoni G, Tissier F et al. (2007) Prognostic parameters of metastatic adrenocortical carcinoma. J Clin Endocrinol Metab 92 (1): 148–54 Baudin E, Pellegriti G, Bonnay M et al. (2001) Impact of monitoring plasma 1,1-dichlorodiphenildichloroethane (o,p’DDD) levels on the treatment of patients with adrenocortical carcinoma. Cancer 92: 1385–1392 Becherer A, Vierhapper H, Potzi C et al. (2001) FDG-PET in adrenocortical carcinoma. Cancer Biother Radiopharm 16: 289–295 Berruti A, Terzolo M, Pia A et al. (1998) Mitotane associated with etoposide, doxorubicin, and cisplatin in the treatment of advanced adrenocortical carcinoma. Italian Group for the Study of Adrenal Cancer. Cancer 83: 2194–2200 Caoili EM, Korobkin M, Francis IR et al. (2000) Delayed enhanced CT of lipid-poor adrenal adenomas. AJR Am J Roentgenol 175: 1411–1415 Fassnacht M, Hahner S, Banfelder N et al. (2005) Diagnostik und Therapie des Nebennierenrinden-Karzinoms. DÄ 102: 1670–1675 Fassnacht M, Hahner S, Polat B et al. (2006) Efficacy of adjuvant radiotherapy of the tumor bed on local recurrence of adrenocortical carcinoma. J Clin Endocrinol Metab 91 (11): 4501–4 Hahner S, Stuermer A, Kreissl M et al. (2008) [123 I]Iodometomidate for molecular imaging of adrenocortical cytochrome P450 family 11B enzymes. J Clin Endocrinol Metab 93 (6): 2358–65 Khan TS, Imam H, Juhlin C et al. (2000) Streptozocin and o,p’DDD in the treatment of adrenocortical cancer patients: long-term survival in its adjuvant use. Ann Oncol 11: 1281–1287 Pena CS, Boland GW, Hahn PF et al. (2000) Characterization of indeterminate (lipid-poor) adrenal masses: use of washout characteristics at contrast-enhanced CT. Radiology 217: 798–802 Quinkler M, Hahner S, Wortmann S et al. (2008) Treatment of advanced adrenocortical carcinoma with erlotinib plus gemcitabine. J Clin Endocrinol Metab 93 (6): 2057–62 Saeger W (2000) Histopathological classification of adrenal tumours. Eur J Clin Invest 30 Suppl 3: 58–62 Schteingart DE, Doherty GM, Gauger PG et al. (2005) Management of patients with adrenal cancer: recommendations of an international consensus conference. Endocr Relat Cancer 12 (3): 667–80 Terzolo M, Ali A, Osella G et al. (2000) The value of dehydroepiandrosterone sulfate measurement in the differentiation between benign and malignant adrenal masses. Eur J Endocrinol 142: 611–617 Terzolo M, Angeli A, Fassnacht M et al. (2007) Adjuvant mitotane treatment for adrenocortical carcinoma. N Engl J Med 356 (23): 2372–80
19
20 Malignes Phäochromozytom S. Petersenn, A. Bockisch, H. Rübben, K. Mann
20.1 Epidemiologie, Ätiologie – 325 20.2 Onkologische Kennzeichen
– 326
20.3 Diagnostik – 326 20.4 Therapie des malignen Phäochomozytoms – 328 20.5 Nachsorge
20.1
– 329
Epidemiologie, Ätiologie
20.1.1 Epidemiologie
Die Inzidenz von Phäochromozytomen insgesamt wird mit 2,1–8/1 Mio./Jahr beziffert. Der Anteil maligner Phäochromozytome beträgt nach unterschiedlichen Studien 5–26%, wobei die relativ große Spannbreite wahrscheinlich auf einen Überweisungsbias der einzelnen Zentren zurückzuführen ist. Etwa 90% aller Phäochromozytome sind in den Nebennieren lokalisiert (ca. 10% beidseits, bei Kindern bis zu 30%), ca. 10% (bei Kindern bis zu 30%) extraadrenal vorwiegend paraaortal, seltener in der Blasenwand, im kleinen Becken sowie im Bereich von Thorax, Kopf und Hals. Bei 5–10% der Phäochromozytome finden sich multiple Lokalisationen.
20.1.2 Ätiologie, Risikofaktoren
Hinweise auf die Pathogenese maligner Phäochromozytome ergeben sich aus der Untersuchung hereditärer Tumorsyndrome. So finden sich bei der von-Hippel-LindauErkrankung (gekennzeichnet durch Hämangioblastome des ZNS, Angiome der Retina, Nierenzysten und -karzinome, Pankreaszysten sowie andere neuroendokrine
Tumoren) bei 10–25% der Patienten Phäochromozytome. Umgekehrt wurden bei 6–10% der zunächst als sporadisch eingestuften Phäochromozytome Mutationen des vHL-Gens nachgewiesen. Maligne Phäochromozytome finden sich bei etwa 3% der vHL-Patienten. Bei der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 2 lassen sich neben einem medullären Schilddrüsenkarzinom und einem primären Hyperparathyroidismus bei 50% der Patienten Phäochromozytome nachweisen. Umgekehrt werden Mutationen des RET-Onkogens bei 1–5% zunächst als sporadisch beurteilter Phäochromozytome gefunden. Maligne Phäochromozytome sind jedoch mit weniger als 3% der MEN2-Patienten mit Phäochromozytom sehr selten. Bei der Neurofibromatose 1, charakterisiert durch Neurofibrome, Optikusgliome, Irishamartome und typische Knochenveränderungen, werden bei etwa in 1% der Patienten Phäochromozytome beschrieben, von denen ca. 11% maligne sind. Besonders interessant sind Befunde von familären Paragangliomen des Halses, bei denen Mutationen der Succinat-Dehydrogenase-Untereinheiten B und D nachweisbar sind. Der Anteil maligner Formen ist hier mit 66–83% bei SDH-B-Mutationen sehr hoch, deutlich weniger mit <2% bei SDH-D-Mutationen. In einer retrospektiven Auswertung von 54 Patienten waren SDH-BMutationen signifikant und unabhängig mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Wir empfehlen daher bei
326
Kapitel 20 · Malignes Phäochromozytom
allen Patienten mit malignen Phäochromozytomen eine entsprechende genetische Diagnostik durchzuführen. Die Ätiologie des sporadischen Phäochromozytoms ist weitgehend unbekannt. Bei 20–24% der zunächst als sporadisch imponierenden Tumoren finden sich Keimbahnmutationen der oben beschriebenen Gene. Molekulare Faktoren, die zu einem malignen Phänotyp beitragen, konnten bisher nicht bzw. nur unzureichend charakterisiert werden. Im Vergleich zu benignen Formen finden sich beim malignen Phäochromozytom vermehrte Alterationen der Chromosomen 11, 6q und 17p.
20.2
Onkologische Kennzeichen
20.2.1 Klassifikation
Eine sinnvolle Stadieneinteilung ist für das maligne Phäochromozytom bisher nicht etabliert.
20.2.2 Histologische Einteilung
Die Nomenklatur sich aus chromaffinen Zellen ableitender Tumoren ist nicht einheitlich. Als Phäochromozytome werden aus chromaffinen Zellen der Nebennierenmarks entstehende Tumoren benannt. Sich von chromaffinen Zellen der sympathischen Ganglien (z. B. paraaortal, Zuckerkandl-Organ) ableitende Tumoren werden meist als Paragangliome bezeichnet. Dieser Begriff wird jedoch auch für Tumoren benutzt, die sich aus parasympathischen Zellen im Bereich des Glomus caroticum sowie jugulotympanisch, vagal oder laryngeal bilden. Seltene aus residualen chromaffinen Zellen in der Blasenwand, der Prostata, dem Leberhilus, dem Samenstrang oder den Ovarien entstehende Tumoren werden uneinheitlich als extraadrenale Phäochromozytome oder Paragangliome klassifiziert. Phäochromozytome der Nebenniere messen typischerweise 3–5 cm im Durchmesser und wiegen ca. 100 g. Histologisch lassen sich bei Phäochromozytomen und den vom Sympathikus ableitenden Paragangliomen die typischen chromaffinen Zellen nachweisen. Immunhistochemisch sind Phäochromozytome durch die Expression von Chromogranin A gekennzeichnet.
20.2.3 Etablierte prognostische Faktoren
20
Bei Tumoren >5 cm sowie bei extraadrenaler Lokalisation steigt das Risiko maligner Formen. Verschiedene histologische Marker (hohe Mitose- und Nekroserate, atypische
Mitosen mit Aneuplodie, Kapsel- und Gefäßinvasion, erhöhter MIB-1-Proliferationsindex, verminderte Dichte S100-positiver Zellen) wurden mit Malignität assoziiert, ohne dass hierdurch im Einzelfall eine sichere Aussage zur Dignität getroffen werden kann. Hinweis
I
I
Als sicher maligne können daher nur Tumoren mit infiltrierendem Wachstum in umliegende Organstrukturen oder bei Nachweis von Metastasen an Lokalisationen, an denen physiologisch keine chromaffinen Zellen beobachtet werden (Abgrenzung von benignen multilokulären Formen), charakterisiert werden.
Metastasen finden sich in absteigender Frequenz in Skelett, Leber, Lymphknoten, Lunge und Periteneum, seltener in ZNS, Pleura, Nieren, Haut, Muskulatur. Die 5-Jahres-Überlebensrate maligner Phäochromozytome beträgt etwa 30–50%, mit schlechterer Prognose bei Nachweis von Leber- oder Lungenmetastasen. Sichere molekularbiologische Marker konnten bisher nicht etabliert werden.
20.3
Diagnostik
20.3.1 Basisdiagnostik
Anamnese und körperliche Untersuchung Die klinische Ausprägung hängt bei Phäochromozytomen und sympathischen Paragangliomen von Art, Menge und Sekretionsmuster der produzierten Hormone sowie von der Katecholaminsensitivität des betroffenen Individuums ab. Daher findet sich keine gute Korrelation zwischen einzelnen Hormonspiegeln und dem Schweregrad des Hypertonus. Dieser ist bei 48% der Patienten paroxysmal und bei 29% anhaltend ausgeprägt, während sich bei 13% kein Hypertonus nachweisen lässt. Die häufigsten Symptome sind Kopfschmerzen (80%), Palpitationen (64%) und vermehrtes Schwitzen (57%). Diese Trias in Kombination mit einem Hypertonus besitzt eine Sensitivität von 90,9% und eine Spezifität von 93,8% für die Diagnostik des Phäochromozytoms. Als weitere Symptome können Angstgefühl und Sehstörungen, Schmerzen in Thorax und Abdomen, episodische Blässe, Tremor, Gewichtsverlust, Fieber, Übelkeit, Schwäche, Hyperglykämie und insbesondere bei vermehrter Dopaminausschüttung auch orthostatische Hypotonie und Polyurie auftreten sowie Beschwerden aufgrund von zerebro- und kardiovaskulären Folgeerkrankungen. Die Morbidität ist meist hormonell bedingt, lokale Symptome durch die Tumormasse oder Metastasen sind hingegen selten.
327 20.3 · Diagnostik
Im Gegensatz dazu fallen parasympathische Paragangliome durch ihre Lokalsymptomatik auf (Raumforderung im Halsbereich, Hörstörung bei Lokalisation im Gehörgang, Heiserkeit bei laryngealer Lokalisation), bei weniger als 1% findet sich eine klinisch relevante Hormonausschüttung. Bei 14–34% der benignen Phäochromozytome wird die Diagnose erst im Rahmen der Obduktion oder Abklärung zufällig entdeckter Nebennierenraumforderungen gestellt. Hinweis
I
I
Die Diagnose einer malignen Form wird häufig erst im Verlauf bei bis zu 15 Jahre nach Erstresektion auftretenden Metastasen gestellt.
Hormondiagnostik Die Diagnostik des Phäochromozytoms beruht auf dem Nachweis der erhöhten Katecholaminausschüttung. Hier hat sich die Messung der Metaboliten Metanephrin und Normetanephrin in Plasma und 24-h-Sammelurin bewährt, die eine höhere Sensitivität und Spezifität als die Bestimmung von Adrenalin und Noradrenalin im 24-h-Sammelurin aufweist. Insbesondere Normetanephrinwerte im Plasma über 126 pg/ml, gemessen mittels nunmehr verfügbarer Radioimmunassays, weisen mit hoher Genauigkeit auf ein Phäochromozytom hin. Hinweis
I
I
Die Untersuchung der Vanillinmandelsäure im Urin wurde aufgrund der Fehleranfälligkeit verlassen.
In Zweifelsfällen kann ergänzend die autonome Hormonsekretion im Clonidinhemmtest mit Bestimmung der Katecholamie oder auch der Metanephrine im Plasma bestätigt werden. Der Glukagonstimulationstest wurde aufgrund der Gefahr der hypertensiven Entgleisung weitgehend verlassen. Chromogranin A eignet sich als Verlaufsparameter bei malignen Formen.
Bildgebung CT und MRT besitzen beide eine sehr hohe Sensitivität zum Nachweis von adrenalen Phäochromozytomen von über 98% bei allerdings geringerer Spezifität von etwa 70%. Im MRT fallen Phäochromozytome typischerweise in der T2-Gewichtung hyperintens im Vergleich zur Leber auf. Zur Lokalisation extraadrenaler Formen eignen
sich die unten beschriebenen nuklearmedizinischen Verfahren, gefolgt von einer gezielten Bildgebung.
20.3.2 Ausbreitungsdiagnostik
Die Szintigraphie mit 123I-Metaiodobenzylguanidin (MIBG) erlaubt eine Ganzkörperdiagnostik bei Verdacht auf maligne Phäochromozytome mit einer Sensitivität von etwa 80% und hervorragender Spezifität von fast 100%. Der bisher in wenigen Zentren mögliche Einsatz von 124I-Metaiodobenzylguanidin in der PET-Diagnostik führt zu einer wesentlich besseren Bildqualität, die insbesondere bei Einsatz eines PET/CT eine präzisere Lokalisation der Metastasen ermöglicht. Diese Verfahren eignen sich auch zur Lokalisation extraadrenaler und multifokaler Phäochromozytome. Metastasen können auch mittels 111In-OctreotidSzintigraphie oder 18F-FDG-PET nachgewiesen werden. In einigen Studien wurden mit diesen Tracern in der MIBG-Szintigraphie nicht nachweisbare Metastasen detektiert. Neuere Verfahren wie 18F-Fluorodopa-PET und 68Ga-DOTATOC-PET müssen noch weiter evaluiert werden und sind nur in wenigen spezialisierten Zentren verfügbar. Allerdings ist die Überlegenheit von 68GaDOTATOC-PET im Vergleich zur Szintigraphie mit 111In-Octreotid allgemein akzeptiert. Bei malignen Formen sind ergänzende morphologische Untersuchungen von Thorax und Abdomen und bei Verdacht auch des ZNS notwendig sowie eine Skelettszintigraphie zum Ausschluss von Knochenmetastasen.
20.3.3 Targetspezifische Diagnostik
Nuklearmedizinische Verfahren unter Nutzung von MIBG oder Octreotid bzw. DOTATOC eignen sich nicht nur zur Lokalisation des Phäochromozytoms bzw. von Metastasen. Bei ausreichender Anreicherung in den malignen Strukturen sind diese Substanzen nach Koppelung an β-Strahler auch therapeutisch nutzbar. Eine kürzlich erschienene Publikation aus unserem Klinikum konnte eine relevante Expression des SomatostatinrezeptorSubtyp 3 in malignen Phäochromozytomen nachweisen. Demnach wären Liganden mit hoher Affinität für diesen Subtyp besonders für eine targetspezifische Diagnostik und Therapie geeignet. Hinweis
I
I
Die Therapie mit Radionukliden sollte bei malignen Phäochromozytomen diagnostisch evaluiert werden.
20
328
Kapitel 20 · Malignes Phäochromozytom
20.4
Therapie des malignen Phäochromozytoms
20.4.1 Therapieziele und Therapiekonzept
Als einzig potenziell kurative Maßnahme sollte die Resektion maligner Phäochromozytome und Paragangliome immer angestrebt werden. Bei Nachweis von Fernmetastasen sollte versucht werden, durch den interdisziplinären Einsatz internistischer und nuklearmedizinischer Therapieverfahren die Tumorproliferation zu kontrollieren.
Tag 1–3 Wochen vor dem Eingriff mit langsamer Steigerung typischerweise bis zu 100–200 mg täglich. Ziel ist ein Blutdruck <160/90 mm Hg, limitierend sind Nebenwirkungen wie Übelkeit, abdominelle Beschwerden, Schwellung der Nasenschleimhäute, Tachykardie, Hypotonie und orthostatische Dysregulation. Alternativ werden zunehmend kürzer wirksame selektive α1-Blocker wie Prazosin (2–5 mg alle 6–8 h) oder Doxazosin (2–16 mg 1-mal/Tag) eingesetzt, die eine postoperative Hypotension sowie Reflextachykardien vermeiden. Bei Tachykardien und anderen Herzrhythmusstörungen wird zusätzlich nach Beginn der α-Blockade ein β-Blocker appliziert.
20.4.2 Operative Therapie 20.4.3 Nuklearmedizinische Therapieverfahren
Während minimal invasive Zugänge bei der Resektion von benignen Phäochromozytomen die Methode der Wahl darstellen, erfolgt die Operation offensichtlich maligner Tumoren meist mittels offenem transabdominellem, thorakoabdominellem oder retroperitonealem Zugang. Hinweis
I
I
Von besonderer Bedeutung ist eine adäquate medikamentöse Vorbehandlung, um hypertensive Krisen, ausgelöst durch Anästhesie oder Tumormanipulation, zu vermeiden.
Die meiste Erfahrung existiert für eine unspezifische α-Blockade mit Phenoxybenzamin, begonnen mit 10 mg/
Wird mittels 123I-MIBG-Szintigraphie eine ausreichende Aufnahme des Tracers dokumentiert, kann eine Therapie mit 131I-MIBG erfolgen. Eine hochdosierte Ersttherapie ist anzustreben. Die Therapie kann wiederholt werden, wobei der Abstand zwischen den Therapien 3 Monate nur im Ausnahmefall unterschreiten sollte. Eine partielle Remission des Tumors wird bei etwa 1/3 der Patienten, eine partielle biochemische Remission bei bis zu 50% der Patienten beobachtet, meist transienter Natur mit Remissionslängen von 36 bzw. 26 Monaten ( Tab. 20.1). Nebenwirkungen sind transiente Verschlechterungen der Hypertonie sowie Blutbildveränderungen in Form milder Neutropenie bis zur Panzytopenie. Zum Schutz der Schilddrüse vor Aufnahme des 131I wird Iodid in mg-
Tab. 20.1. Ergebnisse der MIBG-Therapie bei malignen Phäochromozytomen
20
Quelle
Therapie
Patienten (n)
CR
PR
SD
PD
Castellani et al. 2000
131I-MIBG
9
0%
33% (3)
56% (5)
11% (1)
Krempf et al. 1991
131 I-MIBG (Einzeldosis 2,9–9,25 GBq, 2–11 Applikationen)
15
13% (2)
20% (3)
Lumbroso et al. 1991
131 I-MIBG (kumulative Dosis 100– 711 mCi)
9
0%
22% (2)
33% (3)
44% (4)
Sakahara et al. 1994
131I-MIBG
5
0%
40% (2)
40% (2)
20% (1)
10,7 GBq)
Shapiro et al. 1991
131I-MIBG (kumulative Dosis 111– 916 mCi)
28
0%
29% (8)
32% (9)
39% (10)
Troncone et al. 1991
131I-MIBG
5
20% (1)
20% (1)
40% (2)
20% (1)
Rose et al 2003
131I-MIBG
12
25% (3)
58% (7)
0% (0)
17% (2)
(Einzeldosis 3,7–7,4 GBq)
(kumulative Dosis 3,7–
(Einzeldosis 2,6–7,4 GBq)
Hochdosis (kumulative Dosis 386–1690 mCi)
CR komplette Remission, PR partielle Remission, SD stabile Erkrankung, PR progrediente Erkrankung.
Remissionsdauer
9–28 Monate
6–101 Monate
329 20.5 · Nachsorge
Mengen (z. B. Lugol-Lösung) verabreicht. Die Hochdosisapplikation nach prophylaktischer Stammzellseparation erbrachte in einer Studie bessere Ergebnisse, eine Stammzellreinfusion war nur bei 8% der Patienten notwendig. Der Stellenwert einer 90Y-DOTATOC-Therapie bei nachweislicher Bindung markierter Somatostatinanaloga in malignen Phäochromozytomen ist bisher ungeklärt. In einer vor kurzem erschienenen Publikation an 28 Patienten wurde erstmals nachgewiesen, dass Yttrium- und Luthetium-markiertes DOTATOC bei relativ guter Verträglichkeit zumindest eine Stabilisierung bei 71% erreichen konnten, teilweise bis zu mehr als 42 Monate andauernd. Aufgrund der eingeschränkten Effektivität aller Therapiemodalitäten sollte diese Möglichkeit evaluiert werden.
achten ist eine Dosisreduktion und/oder Verschiebung um 1 Woche bei hämatologischer oder neurologischer Toxizität. Bei Fehlen signifikanter Knochenmarktoxizität wurde in der Studie von Averbuch et al. (1988) eine Erhöhung der Dosis um 10% bis zur Knochenmarksuppression vorgenommen. Auch wurde die Applikation in dieser Studie bis zum Progress fortgeführt, im Gegensatz zu den meisten Folgestudien. Möglicherweise wirkt sich die kombinierte Behandlung mit 131I-MIBG günstig auf die Remissionsrate aus. Als Alternative ist einzig eine zeitweilige Remission nach Streptozotocin beschrieben.
Nachsorge
20.5
I
I
20.4.4 Radiotherapie
Hinweis
Eine Strahlentherapie eignet sich besonders zur palliativen Anwendung bei Knochenmetastasen, weiterhin können Embolisations- und Thermoablationsverfahren, insbesondere bei Leber- und letztere auch bei Knochenmetastasen, eingesetzt werden.
Da das maligne Potenzial dieser Tumoren erst nach vielen Jahren sichtbar werden kann, zudem Rezidive und Zweittumoren möglich sind, sollte eine lebenslange Nachsorge von Patienten mit Phäochromozytom mit Bestimmung der biochemischen Parameter in zunächst jährlichen Abständen erfolgen.
20.4.5 Chemotherapie
Für die Kombination von Cyclophosphamid, Vincristin und Dacarbazin wurden initiale Remissionsraten von 43–67% mit Remissionsdauern von 6–24 Monaten berichtet, bei allerdings sehr kleinen Patientenzahlen ( Tab. 20.2). Zu be-
Eine genetische Diagnostik ist aufgrund des hohen Prozentsatzes von Mutationen bei primär als sporadisch eingestuften Phäochromozytomen zu diskutieren. Abhängig hiervon kann das Malignitätspotenzial abgeschätzt werden, auch müssen Untersuchungen zum Nachweis weiterer Manifestationen des Tumorsyndroms erfolgen.
Tab. 20.2. Ergebnisse der Chemotherapie bei malignen Phäochromozytomen Quelle
Therapie
Patienten (n)
CR
PR
SD
PD
Remissionsdauer
Averbuch et al. 1988
− Cyclophosphamid 750 mg/ m2 KOF d1, Vincristin 1,4 mg/m2 KOF d1, − Dacarbazin 600 mg/m2 KOF d1+2 − (alle 3Wo)
14
14% (2)
43% (6)
36% (5)
7% (1)
7–34 Monate
Keiser et al. 1985
− Cyclophosphamid 750 mg/m2 KOF d1, Vincristin 1,4 mg/ m2 KOF d1, − Dacarbazin 600 mg/m2 KOF d1+2 − (alle 3–4Wo)
3
67% (2)
33% (1)
6–13 Monate
Noshiro et al. 1996
− Cyclophosphamid 750 mg/m2 KOF d1, Vincristin 1,4 mg/m2 KOF d1, − Dacarbazin 600 mg/m2 KOF d1+2 − (alle 3Wo)
2
50% (1)
50% (1)
18–24 Monate
Feldman et al. 1983
− Streptocotocin 2 g/Monat
1
100% (1)
CR komplette Remission, PR partielle Remission, SD stabile Erkrankung, PR progrediente Erkrankung.
18 Monate
20
330
Kapitel 20 · Malignes Phäochromozytom
Nicht komplett resezierbare Tumoren mit anhaltender Katecholaminausschüttung müssen dauerhaft mit α- und ggf. β-Blockern behandelt werden.
Literatur Amar L, Baudin E, Burnichon N et al. (2007) Succinate dehydrogenase B gene mutations predict survival in patients with malignant pheochromocytomas or paragangliomas. J Clin Endocrinol Metab 92: 3822–8 Averbuch SD, Steakley CS, Young RC et al. (1988) Malignant pheochromocytoma: effective treatment with a combination of cyclophosphamide, vincristine, and dacarbazine. Ann Intern Med 109: 267–273 Castellani MR, Chiti A, Seregni E et al. (2000) Role of 131I-metaiodobenzylguanidine (MIBG) in the treatment of neuroendocrine tumours. Experience of the National Cancer Institute of Milan. Q J Nucl Med 44: 77–87 Edstrom Elder E, Hjelm Skog AL, Hoog A et al. (2003) The management of benign and malignant pheochromocytoma and abdominal paraganglioma. Eur J Surg Oncol 29: 278–283 Eisenhofer G, Bornstein SR, Brouwers FM et al. (2004) Malignant pheochromocytoma: current status and initiatives for future progress. Endocr Relat Cancer 11: 423–436 Forrer F, Riedweg I, Maecke HR et al. (2008) Radiolabeled DOTATOC in patients with advanced paraganglioma and pheochromocytoma. Q J Nucl Med Mol Imaging 52:334–40 Hartley A, Spooner D, Brunt AM (2001) Management of malignant phaeochromocytoma: a retrospective review of the use of MIBG and chemotherapy in the West Midlands. Clin Oncol (R Coll Radiol) 13: 361–366 Mundschenk J, Dieterich KD, Kopf D et al. (2001) Phäochromozytom: Klinik, Diagnostik und Therapie. Dtsch Ärztebl 98: 2502–2510 Neumann HP, Bausch B, McWhinney SR et al. (2002) Germ-line mutations in nonsyndromic pheochromocytoma. N Engl J Med 346: 1459–1466 Rose B, Matthay KK, Price D et al. (2003) High-dose 131I-metaiodobenzylguanidine therapy for 12 patients with malignant pheochromocytoma. Cancer 98: 239–248 Shapiro B, Gross MD, Shulkin B (2001) Radioisotope diagnosis and therapy of malignant pheochromocytoma. Trends Endocrinol Metab 12: 469–475 Unger N, Pitt C, Lopez Schmidt et al. (2006) Diagnostic value of various biochemical parameters for the diagnosis of pheochromocytoma in patients with adrenal mass. Eur J Endocrinol 154: 409–417 Unger N, Serdiuk I, Sheu SY et al. (2008) Immunohistochemical localization of somatostatin receptor subtypes in benign and malignant adrenal tumours. Clin Endocrinol (Oxf ) 68: 850–7
20
21 Nierenzellkarzinom G. Jakse, A. Heidenreich, M. Schenck
21.1 Epidemiologie – 331 21.2 Pathologie – 334 21.3 Diagnostik – 337 21.4 Therapie
– 339
21.5 Lokales Tumorrezidiv nach radikaler Tumornephrektomie – 347 21.6 Metastasiertes Nierenzellkarzinom – 347 21.7 Nachsorge – 355
Mehr als 85% aller bösartigen Nierentumoren sind Nierenzellkarzinome. Sarkome, Nephroblastome, Lymphome und Metastasen anderer Organtumoren sind selten, aber differenzialdiagnostisch zu berücksichtigen.
21.1
Epidemiologie
Etwa 3% der bösartigen Tumoren sind Nierentumoren (Hock et al. 2002). In den Industriestaaten wird über eine steigende Inzidenz von Patienten mit Nierenzellkarzinom berichtet (Chow et al. 1999). Der Inzidenzgipfel liegt zwischen dem 5. und 7. Lebensjahrzehnt (Fischer et al. 1997). Die altersadaptierte Inzidenz in den USA beträgt derzeit etwa 10 pro 100.000 Personenjahre. Der jährliche Anstieg seit 1975 wird mit 2,3% für Männer und 3,1% für Frauen angegeben (Chow et al. 1999). Auf die Niere begrenzte Tumoren zeigen die höchste jährliche Anstiegsrate (3,7%). Diese Tatsache wird erklärt durch den zufällig im Rahmen von bildgebenden Untersuchungen gefundenen Tumor, die aus anderem Grund durchgeführt werden. Es kommt jedoch ebenso, wenn auch in geringerem Prozentsatz, zu einem Anstieg der lokal fortgeschrittenen (1,9%) und metastasierten (0,68%) Tumoren. Das relative Risiko, an einem Nierenzellkarzinom zu erkranken, beträgt für Männer 16,0 und 13,7 für Frauen und blieb über die letzten 10 Jahre stabil. Etwa 0,5% der
Patienten entwickeln einen Tumor der Gegenniere (Rabbani et al. 2002). Offenbar spielen demographische Faktoren eine Rolle, da in Skandinavien die Inzidenz am höchsten ist, während sie in Japan am geringsten ist. Unterstützt wird diese Tatsache durch die steigende Inzidenz bei Japanern, die in die USA einwandern (Paganini-Hill et al. 1988). Ebenso wurde eine Veränderung der Mortalitätsraten zwischen den nord- und südeuropäischen Ländern beobachtet. Während die jährliche altersadaptierte Todesrate in den letzten 20 Jahren im Norden um 0,7% sank, kam es zu einem signifikanten Anstieg von 1,4% im Süden.
21.1.1 Risikofaktoren
Mit zunehmender Industrialisierung einer Region steigt das Risiko ihrer Bewohner, an einem Nierenzellkarzinom zu erkranken, ohne dass bislang ein schädigendes Agens identifiziert werden konnte. Alter (allmählicher Anstieg ab der 4. Dekade), Tabakrauchen (2-fach höheres Risiko), Alkoholkonsum (für Frauen), Übergewicht, Rasse (höherer Inzidenzanstieg in den letzten 10 Jahren bei Afroamerikanern), regelmäßige Einnahme von Analgetika sowie Diuretika und Hypertonie werden als Risikofaktoren diskutiert (Chow et al. 1999; Benichou et al. 1998; McLoughlin et al. 1996; Paganini-Hill et al. 1988; Yuan et al. 1998). Eine Reduktion des Tabakrauchens in den westeuropäischen Län-
332
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
dern wird mit einer abnehmenden Mortalitätsrate in den 1990-er Jahren in Verbindung gebracht (Levi et al. 2004). Die ätiologische Bedeutung des Rauchens ist jedoch nicht abgesichert, da dazu kontroverse Ergebnisse aus Kohortenstudien vorliegen (Kantor 1977; Hunt et al. 2005). Übergewicht, durch den Body-Mass-Index (BMI) definiert, erhöht für Frauen das Risiko um das 4-fache, während dieser Faktor für Männer unerheblich scheint (Chow et al. 1999). Ebenso wird der Konsum von fetthaltigen Speisen und schwarzen Tees bei Japanern für eine erhöhte durch Nierenzellkarzinom bedingte Mortalitätsrate verantwortlich gemacht (Washio et al. 2005). Hormonelle Einflüsse wie Anzahl der Geburten, Einsetzen der Menarche oder Entfernung der Adnexe beeinflussen das Risiko, an einem Nierenzellkarzinom zu erkranken. Rezidivierende Harnwegsinfekte und Nierenentzündungen sollen über E.-coli-assoziierte Toxine Ursache für die Entstehung von Nierenzellkarzinomen sein (Parker et al. 2004). Ein erhöhter Blutdruck erhöht das Risiko, einen Nierentumor zu entwickeln, um das 2- bis 3-fache (Weikert et al. 2007). Diese Risikosteigerung ist unabhängig von Geschlecht, BMI oder Rauchen. Patienten mit schlecht kontrolliertem Blutdruck haben gegenüber jenen Patienten, bei denen durch antihypertensive Medikation der Blutdruck gut eingestellten, ist ein erhöhtes Risiko. Abhängig von der Dialysedauer entwickeln 10% (3 Jahre) bis 90% (>5 Jahre) der Patienten Nierenzysten, die mehr als 25% des Nierenparenchyms (oder ≥3 Zysten) einnehmen (Matson u. Cohen). Bei etwa 6% der terminal niereninsuffizienten Patienten treten von diesen Zysten ausgehende Nierenzellkarzinome auf (Bretan et al. 1986). Als Risikofaktoren für die Entwicklung von Nierentumoren wurde die Dauer der Dialyse, große Nieren und männliches Geschlecht identifiziert (Ishikawa et al. 1991; Matson u. Cohen 1990, Spiegel et al. 1991). Patienten mit erworbenen Nierenzysten haben auch nach erfolgreicher Nierentransplantation ein erhöhtes Risiko, in den Eigennieren ein Nierenzellkarzinom zu entwickeln (Ishikawa et al. 1991; Levine et al. 1991). Das Risiko wird mit 5- bis 100-fach angegeben (Ishikawa et al. 1991; Levine et al. 1991; Matson u. Cohen1990). Patienten haben nach Nierentransplantation aufgrund der Immunsuppression ein erhöhtes Risiko, einen bösartigen Tumor zu entwickeln (Diller et al. 2005; Barama et al. 2005). Etwa die Hälfte der Tumoren des Urogenitaltraktes sind Nierentumoren.
21.1.2 Genetik
Nierentumoren können familiär gehäuft auftreten, so dass bei den betroffenen Familien an eine hereditäre Disposi-
tion zu denken ist (Levinson et al. 1991). Etwa 1–4% aller Nierenzellkarzinome werden im Rahmen von anderen Syndromen diagnostiziert (Pavlovich u. Schmidt 2004).
Sporadische Nierenzellkarzinome Das klarzellige (konventionelle) Nierenzellkarzinom ist der häufigste Tumortyp. Es ist meist unilokulär im Bereich des Nierenkortex lokalisiert. Typischerweise lässt sich der Verlust oder die Inaktivierung von Allelen am kurzen Arm des Chromosoms 3 (3p) nachweisen. Mutationen am von-Hippel-Lindau-Gen (3p 25–26) finden sich bei etwa 22% der Patienten (Gimenez-Bachs et al. 2006). Patienten mit pT1- und pT2-Tumoren und Mutation des VHL-Gens haben ein längeres tumorfreies Überleben als Patienten ohne diese Veränderungen (Parker et al. 2005). Andere chromosomale Veränderungen lassen sich an den Chromosomen 9p, 14q, 17p und 10q nachweisen. Diese Veränderungen sind mit einer Verschlechterung der Prognose vergesellschaftet (Prestl et al. 2002). Sarkomatoide Veränderungen sind als zusätzlicher ungünstiger Faktor einzustufen (Moch et al. 2000). Das papilläre Nierenzellkarzinom ist häufig multifokal und bilateral. Es werden auf Basis der morphologischen Befunde Typ 1 und Typ 2 unterschieden. Trisomie 7 und 17 sowie Verlust des Y-Chromosoms sind typische Veränderungen (Kovacs et al. 1989). Der Verlust von 9p13 ist mit einer ungünstigen Prognose verbunden (Schraml et al. 2003). 5% der Nierenzellkarzinome sind von chromophober Charakteristik. Sie haben eine gute Prognose, da sie selten metastasieren. Diese Tatsache ist überraschend, da dieser Tumortyp zahlreiche Chromosomenverluste (1, 2, 6, 10, 13, 17, 21), p53-Mutationen und eine Kürzung der Telomere aufweist (Brunelli et al. 2004; Sukosd et al. 2001).
Familiäre Syndrome Es wurden mehrere vererbbare Formen des Nierenzellkarzinoms beschrieben, die mit entsprechenden genetischen Veränderungen assoziiert sind: von-Hippel-Lindau-Erkrankung, hereditäres papilläres Nierenzellkarzinom, hereditäres Leiomyomatosis-Nierenzellkarzinom, das BirtHogg-Dubé-Syndrom und die tuberöse Sklerose.
Von-Hippel-Lindau-Erkrankung Die von-Hippel-Lindau-Erkrankung ist eine autosomal dominant vererbbare Erkrankung mit hoher Penetranz (Reiter et al. 1993). Das VHL-Gen wurde an der Region 3p25–26 des Chromosoms 3 lokalisiert (Latif et al. 1993). Inaktivierung durch Punktmutation oder Allelverlust sind sowohl beim hereditären als auch beim sporadischen
333 21.1 · Epidemiologie
Nierenzellkarzinom zu beobachten. Eine Inaktivierung des Gens wird bei 80% der sporadischen Nierenzellkarzinome gefunden (Gnarra et al. 1994; Herman et al. 1994; Shuin et al. 1994). Angiome der Retina, Hämangioblastome des ZNS, Phäochromozytome (VHL Typ 2) und Pankreaskarzinome sind neben dem klarzelligen Nierenzellkarzinom die häufigsten Tumormanifestationen. Unterschiedliche Mutationen, Anwesenheit eines komplexen Genlokus oder die Modifikation des Gens oder Genprodukts werden für die unterschiedliche phänotypische Ausprägung der VHL-Erkrankung verantwortlich gemacht (Chen et al. 1991, 1995; Neumann et al. 1991). Eine partielle Deletion in Zellen der Keimbahn ist mit einer höheren Rate von Nierenzellkarzinomen assoziiert im Vergleich zum kompletten Verlust (Maranchie et al. 2004). Das durchschnittliche Lebensalter der Betroffenen ist 49 Jahre, und das Nierenzellkarzinom ist die häufigste Todesursache (Maher et al. 1991). Typischerweise ist das Nierenzellkarzinom bei diesen Patienten multifokal und bilateral (Walther et al. 1995; Poston et al. 1995). Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen.
Hereditäres papilläres Nierenzellkarzinom (HRPC) Bei Patienten mit diesem Syndrom treten nur Nierenzellkarzinome auf, jedoch sind diese multifokal und bilateral. Das HRPC-Gen wurde auf dem Chromosom 7 lokalisiert (Zbar et al. 1988, 1994). Die Ursache der Tumorentwicklung ist eine Missense-Mutation des METProtoonkogens der Region 7q31 (Schmidt et al. 1997). Es besteht eine hohe Penetranz, so dass fast alle Betroffenen im 5.–6. Dezennium ein papilläres Nierenzellkarzinom Typ 1 entwickeln. Das MET-Protoonkogen ist ebenso für die Entstehung des sporadischen Nierenzellkarzinoms verantwortlich.
Hereditäres LeiomyomatosisNierenzellkarzinom-Syndrom Die betroffenen Patienten entwickeln uterine und kutane Leiomyome. Das assoziierte Nierenzellkarzinom ist solitär und hat überwiegend ein papilläres Karzinom vom Typ 2. Das veränderte Gen auf Chromosom 1 ist verantwortlich für die Fumarathydratase des Krebszyklus (Tomlinson et al. 2002). Mehr als 90% der Betroffenen zeigen eine entsprechende Mutation (Toro et al. 2003). In einer finnischen Familie wurde die Assoziation mit Brust- und Blasenkarzinomen beobachtet (Launonen et al. 2001).
Birt-Hogg-Dubé-Syndrom Patienten mit diesem Syndrom fallen durch Tumoren der Haarfollikel auf, die besonders im Gesicht und Nacken lokalisiert sind. 20–30% der Patienten entwickeln Nieren-
tumoren. Es handelt sich dabei um chromophobe Nierenzellkarzinome, onkozytäre Nierenzellkarzinome und Onkozytome (Schmidt et al. 1997; Herring et al. 2001; Roth et al. 1993; Pavlovich et al. 2002, 2005). Das BHD-Gen ist am kurzen Arm des Chromosoms 17 lokalisiert und führt neben Nierenzellkarzinomen auch zu Lungenzysten (90%) und in der Folge häufig zu Pneumothorax (20%; Nickerson et al. 2002).
Tuberöse Sklerose Diese erbliche Erkrankung, welche durch chromosomale Veränderungen in einem von zwei Genen (TSC1, TSC2 auf 9q34 und 16p13) charakterisiert ist, geht bei etwa 40–80% der Betroffenen mit Angiomyolipomen der Niere und Nierenzysten einher (Cohen et al. 1979a, b, 2005; Glassberg 2002) Adenoma sebaceum, Hamartome des Gehirns, mentale Retardierung und Epilepsie können bei diesen Patienten das Krankheitsbild bestimmen. 2,5–4% der Patienten entwickeln Nierenzellkarzinome (Stillwell et al. 1987; Au et al. 1999). Die Häufung von multifokalen und bilateralen Nierenzellkarzinomen, vor allem bei jugendlichen Patienten, deutet auf eine wesentliche genetische Veränderung hin (Au et al. 1999; Washecka et al. 1991). Bis zu 80% der Tumoren treten bei Frauen auf, und 43% sind bilateral (Bjornsson et al. 1996; Weinblatt et al. 1987). Meistens handelt es sich um klarzellige Nierenzellkarzinome, aber eine sarkomatoide Differenzierung ist bei etwa 50% der Tumoren zu beobachten (Bjornsson et al. 1996). Eine Differenzierung zum epitheloidzelligen Angiomyolipom kann bei manchen Patienten irrtümlicherweise zur Diagnose Nierenzellkarzinom führen. Jimenez et al. (2001) zeigten eine Häufung von Onkozytomen bei Patienten mit tuberöser Sklerose, die ein Angiomyolipom der Niere aufwiesen. Dieser Unterschied ist zu Patienten ohne tuberöse Sklerose signifikant (27% versus 8%).
Familäres renales Onkozytom Es handelt sich um ein gehäuftes familäres Auftreten von multiplen renalen Onkozytomen. Der genetische Defekt wurde bisher nicht identfiziert, aber Veränderungen der Chromosome 1, 11 und Y wurden gesichert (Fuzesi et al. 1994; Neuhaus et al. 1997; Weirich et al. 1998).
Papilläres Nierenzellkarzinom und assoziierte Karzinome Nierenzellkarzinome sind mit Tumoren verschiedener anderer Lokalisationen assoziiert (Rabbani et al. 2000, 2002; Anderson et al. 1998). 17,8% der Patienten mit Nierenzellkarzinom haben einen vorangegangenen, gleichzeitigen oder nachfolgenden Tumor anderer Lokalisation
21
334
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
(Beisland et al. 2006). Ein signifikant erhöhtes Risiko für einen später auftretenden Tumor wurde bei Patienten mit papillärem Nierenzellkarzinom in den ersten 10 Jahren für die Lunge (2,21), Prostata (2,15), das Knochenmark (NonHodgkin-Lymphom; 4,2) und die Blase (23,8) nachgewiesen (Czenne 2003). Nach dem 11. Jahr wurde nur mehr für die Blase ein erhöhtes Risiko (5,4) festgestellt.
Andere Syndrome ohne identifiziertes ursächliches Gen Eine familiäre Häufung von Nierenzellkarzinomen wurde für Familien mit konstitutioneller Translokation von Chromosom 3 und 8 beschrieben (Cohen et al. 1979a, b). Untersuchungen an anderen Familien bestätigten diesen Befund, wobei auch andere Chromosomen involviert und das VHL-Gen durch Mutation inaktiviert sein kann (Kovacs et al. 1989, 1991; van Kessel et al. 1999; Bodmer et al. 2002). Das konventionelle Nierenzellkarzinom kann gehäuft im jugendlichen Alter, multipel und bilateral auftreten (Woodward et al. 2000). Eine spezfiische genetische Veränderung wurde noch nicht nachgewiesen. Bei Familien, die an papillärem Schilddrüsenkarzinom erkranken werden, treten auch gehäuft Nierentumoren auf (Malchoff et al. 2000). Da jedoch die Identifikation eines ursächlichen Gens bisher nicht gelang, ist die Sicherung der Assoziation mit dem Nierenzellkarzinom nicht möglich.
21.1.3 Natürlicher Verlauf
Kleine, zufällig entdeckteTumoren Die Inzidenz der Nierentumoren nimmt mit dem Alter zu (Rendon u. Jewett). Die größte Zunahme ist bei den kleinen, zufällig entdeckten Tumoren und im Alter von 70–90 Jahren zu beobachten (Chow et al. 1999). Diese Zunahme wirft die Frage auf, ob jeder kleine Nierentumor operativ behandelt werden muss, oder ob eine abwartende Strategie erlaubt ist. Bei der Mehrzahl der soliden, zufällig entdeckten Tumoren handelt es sich um Nierenzellkarzinome. 0–20% der Tumoren, die nur beobachtet wurden, hatten eine gutartige Histologie (Chawla et al. 2006). Sind die Tumoren kleiner als 1 cm, so sind etwa 45% gutartig (Frank et al. 2003). Mit zunehmender Größe nimmt der Prozentsatz der gutartigen Tumoren ab, so hatten nur mehr 30% der Tumoren mit einer durchschnittlichen Größe von 2,8 cm, die teilreseziert wurden, eine gutartige Histologie (Gill et al. 2003). Etwa 90% der kleinen Tumoren sind von Grad-1Histologie (Chawla et al. 2006). Nur 9% der Tumoren, die kleiner als 2 cm sind, weisen einen höheren Tumorgrad
auf (Frank et al. 2002). Kleine Tumoren sind häufiger papilläre Nierenzellkarzinome und seltener klarzellige Nierenzellkarzinome. Um die Prognose eines kleinen Tumors abschätzen zu können, ist derzeit nur die Tumorgröße ein verlässlicher Anhaltspunkt, da die Tumorbiopsie durch eine falsch negative Rate und die Fehlinterpretation des Tumorgrades bzw. Tumortyps belastet ist (Campbell et al. 1997; Dechet et al. 2003). Die Größe und damit das Wachstum können mit größter Genauigkeit computertomographisch bestimmt werden (Rendon u. Jewett). Die Wachstumsrate bei Tumoren <3 cm Ausgangsgröße beträgt bei einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 28–32 Monaten etwa 0,12 cm pro Jahr (Wehle et al. 2004; Volpe et al. 2004). Eine Metastasierung wurde bei asymptomatischen Patienten mit kleinen Nierentumoren, die prospektiv verfolgt wurden, nie diagnostiziert (Rendon u. Jewett). Eine Verzögerung der Therapie bis 15 Monate hat keinen Einfluss auf das anfänglich geplante therapeutische Konzept (Viterbo et al. 2005). Das Wissen um den natürlichen Verlauf von kleinen, zufällig entdeckten Tumoren sollte vor allem bei alten Patienten mit signifikanter Komorbidität das therapeutische Vorgehen beeinflussen.
Metastasierte Tumoren Etwa 20–30% der Patienten weisen zum Zeitpunkt der Diagnose Metastasen auf (DeKernion et al. 1990; Motzer et al. 2006). Der Verlauf des unbehandelten Nierenzellkarzinoms mit Metastasierung ist von mehreren Variablen wie Größe und Ausbreitung des Primärtumors, Anzahl und Lokalisation der Metastasen, Allgemeinzustand, Anämie, paraneoplastischen Symptomen etc. abhängig. Die Mehrzahl der Patienten stirbt innerhalb von 12 Monaten am progredienten Tumorleiden (Middleton 1967, Neves et al. 1988).
21.2
Pathologie
21.2.1 Pathohistologische Klassifikation
Als Ursprungsort des Nierenzellkarzinoms gelten die Zellen des proximalen Tubulus (klarzelliges und chromophiles Karzinom). Der distale Tubulus (chromophobes Karzinom) und die Sammelrohre (Duct-Bellini-Karzinom) sind selten Ausgangspunkt eines Karzinoms. Das seltene Duct-Bellini-Karzinom weist im klinischen Verlauf und im Ansprechen auf die medikamentöse Therapie eine enge Beziehung zum Übergangszellkarzinom der ableitenden Harnwege auf (Bander 1987; Thoenes et al. 1986; Störkel et al. 1997; Tab. 21.1).
335 21.2 · Pathologie
Tab. 21.1. WHO-Klassifikation der Nierenzellkarzinome Typ
Inzidenz
Chromosomen
− Klarzelliges Nierenzellkarzinom
70–80%
3p, 17
− Multilokuläres klarzelliges Nierenzellkarzinom − Papilläres Nierenzellkarzinom
VHL-Genmutation 10–15%
3q, 7, 12, 16, 17, 20, Y
− Chromophobes Nierenzellkarzinom
4–5%
1, 2, 6, 10, 13, 17, 21
− Sammelrohrnierenzellkarzinom
<1%
1q, 6p, 8p, 13q, 21q
− Medulläres Nierenzellkarzinom
<1%
− Onkozytom
3–7%
1, Y
− Andere seltene maligne Nierentumoren: − Xp11-Translokationskarzinom − Karzinom assoziiert mit Neuroblastom − Muzinöses und spindelzelliges Karzinom − Nicht klassifiziertes Nierenzellkarzinom
Die morphologischen Veränderungen der Zelle und des Zellkerns werden in die Tumorgrade G1–3 unterteilt (Thoenes et al. 1986), während man den Wachstumstyp als kompakt, azinär, tubulopapillär oder zystisch bzw. als aus diesen Qualitäten gemischt beschreibt. Sarkomatoide Tumoren werden als schlecht differenzierte Variante des jeweiligen Nierenzellkarzinomsubtyps eingestuft. Zytogenetisch sind die verschiedenen Tumoren durch spezifische Veränderungen charakterisiert. Das papilläre Nierenzellkarzinom wird aufgrund genetischer Veränderungen in Typ 1 und 2 unterteilt (Yang et al. 2003). Zusätzlich unterscheidet man Low- und High-grade-Tumoren. Der Typ-2-high-grade-Tumor hat eine signifikant schlechtere Prognose als der Typ-1- und der Low-gradeTyp-2-Tumor. Renale Onkozytome nehmen ebenso wie das DuctBellini-Karzinom ihren Ausgang von den Sammelrohren. Sie werden als benigne eingestuft, da sie nicht metastasieren. Sie können aber die Nierenkapsel durchbrechen oder – seltener – auch in große Gefäße vorwachsen (Thoenes et al. 1986; Kühn et al. 1991; Walther et al. 1995). Eine präoperative Diagnose aufgrund der Bildgebung ist leider nicht möglich, so dass abhängig von der Größe und Lage trotz benigner Histologie meist die Nephrektomie erfolgt (Tammela et al. 1991). Das renale tubuläre Adenom kann aufgrund von histologischen Kriterien nicht von einem Nierenzellkarzinom unterschieden werden. Eine Trisomie der Chromosomen 7 und 17 wurde nachgewiesen (Maloney et al. 1991; Walther et al. 1995; Weaver et al. 1989). Die Zuordnung nach Größe ist nicht möglich, so dass sich für die Praxis empfiehlt, auch kleine Tumoren als potenziel bösartig einzustufen und entsprechend zu behandeln.
TNM-Klassifikation Die anatomische Ausbreitung des Nierenzellkarzinoms wird nach den Kriterien des TNM-Sytems der UICC klassifiziert (Greene et al. 2002). Die Klassifikation nach Robson wird nur mehr selten in den USA verwendet und kann nicht in das TNM-System übertragen werden (Flocks u. Kadesky 1958; Robson et al. 1969).
T – Primärtumor
Tx Primärtumor kann nicht klassifiziert werden
T0 Kein Anhalt für Primärtumor
T1 Tumor auf die Niere begrenzt; <7 cm – T1a Tumor auf die Niere begrenzt; <4 cm in der größten Ausdehnung – T1b Tumor auf die Niere begrenzt; 4–7 cm in der größten Ausdehnung
T2 Tumor >7 cm in größter Ausdehnung, auf die Niere begrenzt
T3 Tumor breitet sich bis in die Hauptvene aus oder infiltriert das perirenale Fettgewebe oder die Nebenniere – T3a Tumor infiltriert Nebenniere und/oder perirenales Fettgewebe – T3b Tumor in der Nierenvene oder V. cava unterhalb des Zwerchfells nachweisbar – T3c Tumor infiltriert die Wand der V. cava oder Ausdehnung des Thrombus oberhalb des Zwerchfells
T4 Tumorausdehnung über die Gerota-Faszie hinaus
21
336
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
N – Regionale Lymphknoten
Nx Regionale Lymphknoten wurden nicht beurteilt
N0 Kein Anhalt für regionale Lymphknoten
N1 Metastase in einem Lymphknoten
N2 Metastase in mehr als einem Lymphknoten M – Fernmetatasen
Mx Metastasen wurden nicht beurteilt
M0 Kein Anhalt für Fernmetastasen
M1 Fernmetastasen vorhanden
Primärtumor (T-Kategorie) Tumorgröße, Infiltration des perirenalen Fettgewebes und Veneninvasion sind die wesentlichen prognostischen Parameter, welche präoperativ und am histologischen Präparat reproduzierbar die T-Kategorie bestimmen (Hermanek u. Schrott). Aufgrund der hervorragenden Prognose des unilateralen Tumors von weniger als 4 cm wurde dieser als T1a klassifiziert (Steiner et al. 2004). Diese Tumorgröße wurde auch lange Zeit als Grenze für die organerhaltende Nierentumorresektion akzeptiert (Hafez et al. 1999). Diese Grenze ist nicht unbestritten, da multivariate Analysen zeigen, dass erst bei Tumoren >5 cm bzw. 5,5 cm ein signifikanter Einfluss auf das krebsspezifische Überleben besteht (Ficarra et al. 2007; Kuczyk et al. 1998, 2005). Wird eine Tumornephrektomie durchgeführt, ist erst die Größe von >7 cm für das krebsspezifische Überleben relevant (Bedke et al. 2008). Eine zusätzliche Differenzierung für pT2-Tumoren (Größe >7 cm) ist wahrscheinlich durch den Ausschluss bzw. Nachweis der Kapselpenetration ohne gleichzeitige Infiltration des perirenalen Fettgewebes möglich, da sich die krebsspezifische 5-Jahres-Überlebenszeit signifikant unterscheidet (90,5% versus 73,8%; Jeong et al. 2006). Ein zusätzlicher prognostisch relevanter Parameter mit negativem Einfluss ist die Infiltration in das Nierenhohlsystem (Terrone et al. 2004; Uzzo et al. 2002). Die Tumorgröße hat auch Einfluss auf die T3-Kategorie, da pT3a-Tumoren von bis zu 7 cm eine signifikant günstigere Prognose (90% tumorfrei für 5 Jahre) als jene von >7 cm (73% für 5 Jahre) aufweisen (Siemer et al. 2004). Eine Kombination von Faktoren, wie z. B. perirenale Fettgewebsinfiltration und Gefäßinvasion ist prognostisch ungünstiger als ein Faktor alleine (Terrone et al. 2008). Die Integration von klinischen und histologisch nachweisbaren Faktoren hat möglicherweise eine zusätzliche prognostische Relevanz (Kim et al. 2006; Lam et al. 2008).
Die direkte Extension des Tumors in die Nebenniere wird als T3a eingestuft, da diese Tumorausbreitung gegenüber der isolierten Tumormetastase in die Nebenniere eine günstigere Prognose besitzt (Sagalowsky et al. 1994; Sardock et al. 1995). Die Ausdehnung des Tumorthrombus in der V. cava unterhalb des Zwerchfells hat wahrscheinlich keinen Einfluss auf das tumorspezifische Überleben, wenn man das entsprechende lokale Tumorstadium bzw. die Tumorgröße berücksichtigt (Kim et al. 2004a, b). Inwieweit sich der Tumorthrombus in der V. renalis in der prognostischen Relevanz vom Cavathrombus unterscheidet, wird kontrovers dargestellt (Kim et al. 2004a, b; Moinzadeh u. Libertino 2004). Prognostisch entscheidend sind die Thrombusausdehnung oberhalb des Diaphragmas und/oder der Nachweis einer Metastasierung (Kim et al. 2004a, b). Die Invasion in die Wand der V. cava ist von ebenso wesentlicher prognostischer Bedeutung und wichtiger als die Höhe des frei flottierenden Thrombus (Hatcher et al.). Metachron auftretende Nierenzellkarzinome sind selten. Als Faktoren für das tumorspezifische Überleben wurde die TNM-Klassifikation, die Tumordifferenzierung und das längere Intervall (>30 Monate) zwischen Primärtumor und metachronem Tumor identifiziert (Klatte et al. 2007). Aufgrund der jetzt an sehr großen Fallzahlen mit langer Nachsorgezeit erfassten prognostischen Faktoren ist zu erwarten, dass die T-Kategorie eine neuerliche Änderung erfahren wird. Das wiederum wird Auswirkung auf die gerade jetzt in Verwendung kommenden Nomogramme und Algorhythmen haben.
Lymphknotenmetastasen (N-Kategorie) Die lokale Ausdehnung des Lymphknotenbefalls hat signifkanten Einfluss auf das Überleben (Hermanek u. Schrott 1990). So ist der mikroskopische Befall bei unauffälligem makroskopischem Aspekt möglicherweise ohne Relevanz hinsichtlich des tumorfreien Überlebens (Blom et al. 1999). Jedoch ist der präoperativ vermutete Lymphknotenbefall, der sich durch die Lymphadenektomie bestätigt bei M0-Patienten ein ungünstiger unabhängiger prognostischer Faktor (Canfield et al. 2006). Dabei sind die Anzahl der befallenen Lymphknoten (≥4) und die Lymphknotendichte (≥60%) von prognostischer Relevanz (Terrone et al. 2006). Patienten mit Lymphknotenund Fernmetastasen haben eine schlechtere Prognose als Patienten mit Fernmetastasen alleine (Pantuck et al. 2001). Das Problem der bildgebenden Diagnostik des Lymphknotenbefalls ist derzeit nicht gelöst, daher ist die N0- oder N1-Kategorie ohne operative Exploration nicht sicher zu klassifizieren.
337 21.3 · Diagnostik
Fernmetastasen (M-Kategorie) Fernmetastasen gehen in der Regel mit anderen ungünstigen, durch den lokalen Tumor bestimmten Faktoren einher. Etwa 30% der Patienten haben zum Zeitpunkt der Diagnose Fernmetastasen. Bei weiteren 30–50% der Patienten kommt es nach erfolgter Tumornephrektomie zu einem späteren Zeitpunkt zur Metastasierung (Rafla 1970; deKernion u. Berry 1980; McNichols et al. 1981; Golimbu et al. 1994; Dineen et al. 1988). Das klarzellige Nierenzellkarzinom metastasiert häufiger als andere Tumortypen. Die Metastasen breiten sich vorwiegend hämatogen aus. Autopsieuntersuchungen zeigten, dass Metastasen in 4% der Tumoren auftreten, die kleiner als 3 cm sind (Hellsten et al. 1990). Die häufigsten Metastasenlokalisationen sind die Lunge (50–60%), der Knochen (30–40%), die Leber (30–40%) und das Gehirn (5–11%) (Ritchie u. Chisholm). In Sektionsstatistiken ist das Nierenzellkarzinom mit 11% nach dem Melanom die häufigste Ursache der Hirnmetastasierung (Pomer et al. 1995). Seltene Metastasierungsorte wie Schilddrüse, Herz, Milz oder Pankreas sind meist erst viele Jahre nach Primärmanifestation betroffen. Die mittlere Überlebenszeit von Patienten mit Fernmetastasen ist auf 6–9 Monate begrenzt, auch wenn 4,4% noch 3 und 2,7% 5 Jahre überleben.
21.3
Diagnostik
Beinödeme auf einen lokal fortgeschrittenen Tumor mit möglichem V.-cava-Thrombus hin.
21.3.3 Laboruntersuchungen
Bei ca. 60% der Patienten ist entweder eine Makrohämaturie oder eine Erythrozyturie zumindest periodisch nachweisbar (Tosaka et al. 1990). Bei 20–40% der Patienten lässt sich eine Anämie mit erniedrigtem Serumferritin und erniedrigter Eisenbindungskapazität nachweisen. Liegen Metastasen vor, sind etwa 2/3 der Patienten anämisch. Eine Polyglobulie wird bei 1–5% der Patienten beobachtet. Thrombozytopenie und Neutropenie werden ebenso nachgewiesen. Das Nierenzellkarzinom kann aufgrund seines Ursprungs zu endokrinologisch verursachten Laborveränderungen und entsprechenden klinischen Symptomen führen. Folgende pathologischen Serumbefunde können Ausdruck von paraneoplastischen Symptomen/Syndromen (10–40%) sein: Hyperkalziämie, erhöhte(s) alkalische Phosphatase, Prolaktin, Enteroglukagon, Parathormon, Renin, α-Fetoprotein, HCG, Insulin und IL-6. Eine Rückbildung dieser Veränderung ist nach kompletter Tumorentfernung zu beobachten. Diese Laborparameter können daher sinnvoll in der Verlaufsbeobachtung eingesetzt werden. Spezifische Serummarker für das Nierenzellkarzinom existieren nicht.
21.3.1 Anamnese 21.3.4 Bildgebende Untersuchungen
In den Frühstadien ist das Nierenzellkarzinom ein asymptomatischer Tumor. Die Patienten, die sich wegen Symptomen vorstellen, haben überwiegend schmerzlose Makrohämaturie, lokale Schmerzen oder einen tastbaren Tumor. Etwa 30% der Patienten berichten über Gewichtsverlust, Leistungsknick und rekurrierendes Fieber. Nur bei etwa 10% der Patienten erfolgt die Diagnose aufgrund der klassischen Trias von Flankenschmerz, Makrohämaturie und tastbarer Raumforderung. Da eine genetische Disposition für die Entstehung des Nierenzellkarzinoms verantwortlich sein kann, muss die Familienanamnese Bestandteil der Erstuntersuchung sein.
21.3.2 Klinische Untersuchung
Große, die Gerota-Faszie überschreitende Tumoren können als tastbare Raumforderung in der Flanke bzw. im Mittelbauch imponieren. Der klinische Nachweis einer nicht reponierbaren Varikozele deutet ebenso wie prominente Bauchwandvenen (Caput medusae) oder bilaterale
Raumforderungen der Niere werden durch bildgebende Untersuchungen bei entsprechenden Symptomen, bei der Tumorsuche bereits detektierten Metastasen oder zufällig bei aus anderen Gründen durchgeführten diagnostischen Maßnahmen erkannt. Die Aufgabe der Bildgebung ist es, sie näher zu klassifizieren, insbesondere gutartige Veränderungen wie Zysten, Pseudotumoren und Abszesse auszuschließen. Ebenso sollte eine Differenzierung zwischen primärem Nierenzellkarzinom, Angiomyolipom, Metastasen und Lymphomen angestrebt werden. Eine möglicherweise unterschätzte Dfferentialdiagnose stellt das multiple Myelom dar. Bei rechtseitigem Tumor und gleichzeitig vorhandenen osteolytischen Metastasen sollte daran gedacht werden (Choueiri et al. 2007). Die Bestimmung der Tumorgröße und der Nachweis der lokalen bzw. metastatischen Ausbreitung werden vom Kliniker als wesentliche Voraussetzung zur weiteren Therapieplanung vom Radiologen und Nuklearmediziner eingefordert. Die Ergebnisse der medikamentösen Tumortherapie orientieren sich nach Veränderungen der Metastasen,
21
338
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
die entsprechend der RECIST-Kriterien beurteilt werden. Welche Bildgebung optimal für die Beurteilung ist und welche radiologischen Kriterien eingesetzt werden, muss überprüft werden (Ficarra u. Novara 2008).
Sonographie Die Sonographie ist die führende Untersuchung zur Früherkennung von Nierentumoren. Ein Großteil der aysmptomatischen Nierentumoren wird bei der Ultraschalluntersuchung des Oberbauchs gefunden (Marberger 1988; Thompson u. Peek 1988). Wegen der geringen Prävalenz ist eine Screeninguntersuchung jedoch nicht indiziert (Tosaka et al. 1990; Aso u. Homma 1992). Solide Raumforderungen können ab einer Größe von 2 cm gut von Zysten unterschieden werden (Berg-Schlosser 1988, Tamela et al. 1991). Die meisten Tumoren imponieren als hyperechogen (kleine Tumoren) oder hypoechogen (große Tumoren). Die zusätzliche Gabe von Ultraschallkontrastmittel erhöht die diagnostische Sicherheit, vor allem bei hypovaskulären Tumoren (Filipas et al. 2003; Park et al. 2005; Tamai et al. 2005). Farbdoppler-kodierter Ultraschall kann mit großer Sicherheit pathologische Nierenveränderungen erkennen, ist aber in seiner Spezifität der CT-Untersuchung unterlegen (Riccabona et al. 1999). Obwohl die Qualität der Sonographie in den letzten Jahren signifkant zugenommen hat, wird zur weiteren Klassifizierung von soliden Raumforderungen und komplizierten Zysten immer eine weitere bilgebende Untersuchung mit CT oder MRT erforderlich sein.
Ausscheidungsurogramm Das Ausscheidungsurogramm hat in der Abklärung einer soliden oder zystischen Raumforderung der Niere keinen Platz mehr. Lediglich bei Verdacht auf einen Nierenbeckentumor kann das Ausscheidungsurogramm als zusätzliche diagnostische Maßnahme in Erwägung gezogen werden.
Computertomographie Eine qualitativ hochwertige Computertomographie erfordert eine Bildgebung vor und nach Bolusinjektion von Kontrastmittel. Die Einführung der Multi-detector-CT ermöglicht eine dynamische Aufnahme mit dünneren Schichten (etwa 1 mm) und Rekonstruktion des Tumors sowie zugehöriger Gefäße, wodurch die diagnostische Sicherheit erhöht und die operative Planung präziser wird. Letzteres ist für die Nierentumorresektion mit imperativer Indikation von besonderem Interesse und ersetzt die Angiographie.
Die Computertomographie mit moderner Technik, adäquater Kontrastmittelgabe und Berücksichtigung der unterschiedlichen Phasen der Kontrastmittelausscheidung kann in bis zu 100% eine solide Raumforderung nachweisen bzw. differenzieren. Angiomyolipome mit geringem Fettinhalt zeichnen sich durch homogenes und verlängertes Tumorenhancement aus (Kim et al. 2004a, b). Onkozytome können computertomographisch nicht von Nierenzellkarzinomen unterschieden werden. Die lokale Tumorausbreitung entsprechend der TNMKlassifikation kann mit der CT in einer Sicherheit von etwa 90% festgestellt werden (Kopka et al. 1997; Seth et al. 2001). Die Differenzierung des T3a-Stadiums ist jedoch wegen der häufig nur mikroskopischen Ausdehnung in das perirenale Fett schwierig und mit der Sensitivität von etwa 46% nicht ausreichend (Johnson et al. 1987). Ebenso ist die Invasion in andere Organe, die aufgrund des Fehlens des perirenalen Fettes diagnostiziert wird, mit einem falsch positiven Ergebnis von 15% belastet (Bectol 1997). Die Tumorinfiltration in die Nebenniere kann mit einer Spezifität von 76% ausgeschlossen werden (Gill et al. 1994, 2003, 2005). Wird die Nebenniere nicht dargestellt oder ist sie vergrößert, so wird im Rahmen der Nephrektomie die zusätzliche Adrenalektomie empfohlen. Die Ausdehnung von V.-cava-Thromben kann am besten mit dem kontrastverstärkten MRI erfolgen (Semelka et al. 1993). Ein Vergleich mit dem Dünnschicht-CT liegt nicht vor. Die computertomographische Diagnose von Lymphknotenmetastasen ist größenabhängig. Eine Differenzierung von hyperplastischen und metastatisch besiedelten Lymphknoten gelingt nicht mit der nötigen Sicherheit (Studer et al. 1990). Wird die Grenze mit 1 cm festgesetzt, ist die falsch negative Rate gering (4%), aber die falsch positive Rate steigt auf 43% (Fein et al. 1987; Studer et al. 1990).
Kernspintomographie Die Kernspintomographie ist in der diagnostischen Sicherheit dem CT vergleichbar. Die MRT muss mit gadoliniumverstärkten Sequenzen sowie T1- und T2-Gewichtung durchgeführt werden. Kleine Tumoren, komplexe Zysten oder hypovaskuläre Tumoren sind die Indikation für die MRT, wenn computertomographisch Unsicherheit besteht. Als nicht invasive Untersuchungsmethode ohne zusätzliche Kontrastmittelbelastung ist die MRT eine Untersuchungstechnik, die bei fortgeschrittenen Tumoren mit begleitender Niereninsuffizienz eingesetzt werden sollte. Die Ausdehnung des V.-cava-Thrombus gelingt mit der MRT am besten (Amedola et al. 1990; Goldfarb et al. 1990).
339 21.4 · Therapie
Differenzialdiagnosen bei soliden/zystischen Raumforderungen
Angiomyolipom Differenzialdiagnose: Angiome, Angiomyolipome mit Verkalkung, Nierenzellkarzinom
Lymphom Häufig multipel oder diffus; keine Unterscheidung zum Nierenzellkarzinom (Anamnese wichtig)
Zystische Tumoren Komplizierte Zysten (Bosniak-Klassifikation)
Pseudotumoren Angeborene Missbildungen, Hämatom, Hydrocalyx, entzündliche Tumoren, Gefäßläsionen, Infarkt
Angiographie, Kavographie Die Arteriographie und Kavographie haben aufgrund der modernen CT und MRT ihre frühere Bedeutung verloren. Die arterielle und venöse Gefäßversorgung kann durch CT (MRT) und anschließender 3D-Rekonstruktion angiographische Untersuchungen ersetzten. Lediglich im Rahmen der interventionellen Arteriographie zur Tumorembolisation wird die angiographische Gefäßdarstellung noch eingesetzt.
liden Tumoren sind möglicherweise gutartig (Gill et al. 2002). Die Computertomographie ergibt bei benignen Läsionen nur in 17% der Fälle die korrekte Diagnose (Remzi et al. 2007). Zur Sicherung der Diagnose ist die Biopsie im Vorfeld der ablativen Therapie erforderlich. Die CT-gesteuerte Stanzbiopsie ist wahrscheinlich die optimale Technik und der Feinnadelbiopsie oder Ultraschall-gesteuerten Biopsie vorzuziehen (Maturen et al. 2007; Reichelt et al. 2007; Volpe et al. 2007). Immunhistochemische und molekularbiologische Untersuchungen verbesseren das Ergebnis (Lane et al. 2008).
Biomarker Durch den Nachweis der Carboanhydrase IX im Gewebe von konventionellen Tumoren steht erstmals ein Marker zur Verfügung, der auch im Serum nachweisbar ist (Bui et al. 2003; Tunuguntla u. Jordal 2008; Zavada et al. 2003). Es besteht jedoch keine Korrelation zwischen der CA-IX-Expression und den RCC-Subtypen bezüglich TKategorie, Tumorgröße und -grad (Sandlund et al. 2007). Bei fortgeschrittenen und metastasierten Tumoren lassen sich ebenso wie bei Tumorrezidiv erhöhte Serumwerte nachweisen (Li et al. 2008).
21.4
Nuklearmedizinische Bildgebung und Funktionsdiagnostik Die Skelettszintigraphie mit 99Tc dient bei symptomatischen Patienten, bei Patienten mit erhöhter alkalischer Phopshatase und fortgeschrittenen Tumoren (T2–T4) zum Nachweis bzw. Ausschluss von Skelettmetastasen. Bei eingeschränkter Nierenfunktion und Einzelniere ist eine Nierenfunktionsszintigraphie angezeigt. Positronen-Emissions-Tomographie mit 18F-FDG wird zur Detektion von Lymphknotenmetastasen und Tumorrezidiven (Restaging) erfolgreich eingesetzt. Die Sensitivität wird mit 64–100% angegeben (Lawrentschuk et al. 2006). Kang et al. (2004) beschreiben in der größten bisher publizierten Serie eine Sensitivität von 75% und eine Spezifität von 100% für Lymphknotenmetastasen und lokale Rezidive. Neue Radiotracer und der CT-Fusions-PET werden die Einsatzmöglichkeiten dieser Bildgebung vor allem für das Tumorrezidiv erweitern.
Biopsie Perkutane ablative Verfahren werden zunehmend in der Therapie von kleinen Nierentumoren (≤4 cm) und/oder multimorbiden Patienten eingesetzt. Etwa 30% der so-
Therapie
Die Therapie des Nierenzellkarzinoms wurde in den letzten Jahren durch neue therapeutische Möglichkeiten, sowohl beim lokalisierten als auch beim metastasierten Tumor, komplexer. Dieser Entwicklung sollte man bei Erstellung des Therapieplanes für den individuellen Patienten Rechnung tragen.
21.4.1 Radikale Tumornephrektomie
Die radikale Tumornephrektomie ist durch Entfernung der tumortragenden Niere charakterisiert. Die Resektion erfolgt außerhalb der Gerota-Faszie, die Nebenniere wird nach Möglichkeit en bloc innerhalb der Gerota-Faszie entfernt, das anhaftende Peritoneum wird beim transperitonealen Zugang mitreseziert, und die Nierengefäße werden vor jeder extensiven Mobilisation ligiert (Robson et al. 1969). Das Konzept der radikalen Tumornephrektomie, wie von Robson et al. (1969) angegeben, wurde lang als Standard bei Nierentumorpatienten als optimale kurative Maßnahme empfohlen. Die Erfahrungen mit der organerhaltenden Tumorresektion, der zweifelhafte Wert der Nebennierenentfernung und die umstrittene Stellung der
21
340
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
Lymphadenektomie im therapeutischen Konzept führten zur Begrenzung der Indikation zur radikalen Tumornephrektomie. Adjuvante Therapiemaßnahmen wie Radio-, Chemooder Zytokintherapie führten zu keiner Verlängerung der tumorfreien oder gesamten Überlebenszeit (Clark et al. 2003; Pizzocaro et al. 1986). Die adjuvante Chemoimmuntherapie mit IFN-α, IL-2 und 5-FU ergab eine Verkürzung des Gesamtüberlebens im Vergleich zum Kontrollarm (Atzpodien et al. 1995, 1999a, b, 2003, 2005). Die Indikation zur radikalen Tumornephrektomie ist derzeit gegeben bei:
Tumoren >4–5 cm,
Tumoren, die sich wegen ihrer Lokalisation für eine Tumorresektion nicht eignen,
gleichzeitigem Befall von Nebenniere, Lymphknoten oder bei Thrombus in der V. cava.
Offen chirurgische Tumornephrektomie Der Zugangsweg ist transperitoneal, lumbal und thorakoabdominal. Die Zugangswege sollten dem Tumor (Größe, Lokalisation, Venenthrombus, Lymphknotenbefall) dem Patienten (Adipositas, Allgemeinzustand, Lungenfunktion) und der Erfahrung des Operateurs angepasst sein. Der transperitoneale Zugang (median oder querer Oberbauchschnitt) hat den Vorteil der Inspektion der übrigen Bauchorgane und frühen Darstellung der großen Gefäße (Aorta, V. cava). Der lumbale Interkostalschnitt war für den Urologen lange der gewohnte, extraperitoneale Zugang zur Niere, der besonders bei kleineren Tumoren eingesetzt wird. Der thorakoabdominelle Zugangsweg eignet sich für große Oberpoltumoren und Patienten mit V.-cava-Thrombus. Eine routinemäßige Drainage des Thorax ist dabei nicht erforderlich (Rosser et al. 2000). Die Morbidität der verschiedenen Inzisionen ist hinsichtlich postoperativer Schmerzen, Analgetikaverbrauch, Komplikationen und Entlassung nach Hause vergleichbar (Kumar et al. 1999; Repassy et al. 1999; Imamoglu et al. 2002). Milzverletzungen werden beim transperitonealen Vorgehen häufiger beschrieben, ohne zu einer Erhöhung der Morbidität oder Mortalität zu führen (Nurmi et al. 1985). Die Splenektomie ist mit oberen Poltumoren, fortgeschrittenem Tumorstadium und höherem Alter assoziiert (Cooper et al. 1996).
Laparoskopische (retroperitoneoskopische) Tumornephrektomie Die ideale Indikation für die laparoskopische Tumornephrektomie sind Tumoren, die innerhalb der Gerota-
Faszie liegen und keine Lymphknoten- oder Nebennierenmetastasen oder Venenthromben aufweisen. Der Zugangsweg ist transperitoneal oder retroperitoneoskopisch. Die Verwendung eines Handports verkürzt möglicherweise die Operationszeit, macht aber die Mobilisation des unteren Nierenpols notwendig, um zu den Gefäßen zu gelangen. Dieser Zugangsweg ist mit einer höheren Rate von Narbenhernien assoziiert (Nadler et al. et al. 2006; Simons et al. 1995). Der retroperitoneoskopische Zugang ist dem transabdominellen Zugang in der Effektivität vergleichbar, er ist aber wegen des begrenzten Raums für roboterassistierte Operationstechniken eher ungeeignet (Nambirjan et al. 2004). Ziel ist es in jedem Fall, wie beim offen chirurgischen Vorgehen, die Gefäße frühzeitig darzustellen und zu ligieren. Dieses Ziel wird nur mit dem transperitonealen Zugangsweg erreicht, ohne dass die tumortragende Niere wesentlich mobilisiert werden muss. Die Bergung des Präparates erfolgt über verschiedene kleine, der Größe des Präparats angepasste Schnitte (median, muskelschonend im Mittelbauch, Pfannenstiel- oder auch transvaginaler Schnitt). Ein Bergesack kann verwendet werden. Die anfangs durchgeführte Zerkleinerung des Präparates ist obsolet. Die Komplikationsdichte entspricht jener der offenen Nephrektomie. Schwere Komplikationen werden bei 3,3– 8,0%, bei einer Gesamtrate von 13,0–37,7% beobachtet (Dunn 2000; Janetschke et al. 2000; Ono et al. 1999; Stifelman et al. 2003). Schwere Komplikationen sind meist mit Gefäßverletzungen assoziiert, die dann auch die Konversion zu einem offenen Eingriff erforderlich machen (Simons et al. 1995). Übergewichtige Patienten (BMI >30) haben eine höhere Transfusionsrate und längere Operationszeit, während die übrigen Komplikationen vergleichbar sind (Anast et al. 2004). Die Rekonvalszenz ist kürzer, und die Aufnahme der gewohnten körperlichen Tätigkeit ist gegenüber der offen chirurgischen Operation früher möglich. Randomisierte Untersuchungen zu dieser Frage liegen jedoch nicht vor. Transabdominaler und retroperitoneoskopischer Zugang unterscheiden sich nicht in der Komplikationsdichte (etwa 10%), jedoch ist die Rekonvaleszenzzeit für den transabominalen Eingriff kürzer (Desai et al. 2005) Wurden anfänglich nur kleine Tumoren (T1–2) laparoskopisch operiert, werden mit zunehmender Erfahrung auch große (≤15 cm) und T3-Tumoren erfolgreich operativ versorgt. Das onkologische Ergebnis mit Nachsorgezeiten von 5 und mehr Jahren entspricht dem offen chirurgischen Vorgehen. Krebsspezifische 5-Jahres-Überlebenszeiten von 91–98% für pT1–2 N0 M0-Tumoren werden berichtet. Port-site-Metastasen dürften bei richtigem operativem
341 21.4 · Therapie
Vorgehen eine Rarität sein (Rassweiler et al. 1993; Stolle et al. 1998). Ebenso entspricht das lokale Rezidiv mit angegebenen 0,5% jenem Prozentsatz, der von der offenen Tumorchirurgie bekannt ist (Rassweiler et al. 1993).
Lymphadenektomie Das Lymphabflussgebiet der rechten Niere betrifft die para-, prä-, retro- und intraaortokavalen Lymphknoten. Links erfolgt der Lymphabfluss über die para-, prä- und retroaortalen Lymphknoten (Guiliani et al. 1990). Individuelle Variationen sind möglich und von der Tumorausdehnung abhängig. Dementsprechend werden die Grenzen für eine regionale und erweiterte radikale Lymphknotendissektionen angegeben (Blom et al. 1999; Herrlinger et al. 1991; Guilliani et al. 1990; Pizzocaro et al. 1986). Die Häufigkeit von Lymphknotenmetastasen ist abhängig vom Tumorstadium, der Histologie (Tumorgrad, sarkomatoide Variante) und der Ausdehnung der Lymphadenektomie (Pantuck et al. 2001). Wird bei makroskopisch und palpatorisch unauffälligen Lymphknoten eine regionale Lymphadenektomie durchgeführt, so liegt die Inzidenz der dabei nachgewiesenen Metastasen bei 1% (Blom et al. 1999). 43 von 272 Patienten in der Studie von Blom et al. hatten tastbare Lymphknoten, davon waren 7 (16%) metastastisch besiedelt. Die Ergebnisse dieser randomisierten Studie ( Tab. 21.2) ergaben keinen Unterschied in der Komplikationsdichte zwischen Patienten, die einer bzw. keiner Lymphadenektomie unterzogen wurden. Entsprechend den Ergebnissen dieser einzigen prospektiven, randomisierten Untersuchung der EORTC sollte bei palpatorisch und/oder in der Computertomographie unauffälligen Lymphknoten keine Lymphadenektomie durchgeführt werden (Blom et al. 1999). Liegen makroskopisch vergrößerte Lymphknoten vor und werden diese entfernt, so sind in etwa 10% tumorbefallen (Herrlinger et al. 1991). Die radikale Lymphadenektomie bei Patienten ohne Fernmetastasierung bei
makroskopisch und palpatorisch vergrößerten sowie histologisch nachgewiesenen Lymphknoten führt, abhängig vom Tumorstadium, zur Tumorfreiheit bei 30% der Patienten (Canfield et al. 2006). Die multivariate Analyse zeigt jedoch einen negativen Einfluss auf das Überleben, wenn mehr als 1 Lymphknoten befallen ist. Dies wird auch durch die Untersuchung von Terrone et al. (2006) bestätigt, die die Anzahl der befallenen Lymphknoten (≥4) und die Lymphknotendichte (≥60%) als prognostisch relevant einstufte. Ein positiver Effekt der nachfolgenden Immuntherapie ist vorstellbar, aber nicht durch prospektive Untersuchungen gesichert (Pantuck et al. 2001, 2003). Liegen bei Lymphknotenmetastasen gleichzeitig Fernmetastasen vor, so ist die Prognose ungünstig und die Lymphadenektomie von zweifelhaftem Wert (Pantuck et al. 2001, 2003).
Resektion der Nebenniere Die Exstirpation der Nebenniere im Rahmen der radikalen Tumornephrektomie wurde lange Zeit zur Sicherung der Radikalität durchgeführt (Robson et al. 1969). Die Inzidenz der Nebennierenmetastasen bei diesem Vorgehen beträgt 2,4–5,8% (Bülow et al. 1991; von Knobloch et al. 2000; Marberger 1988, Siemer et al. 2004; Thompson u. Peek 1988, Robey u. Schellhammer1986, Robson et al. 1969; Sagalowsky et al. 1994; Winter et al. 1990). Die Anwesenheit einer Nebennierenmetastase steigt mit dem Tumorstadium von 0–0,6% für T1–2-, 7,8% für T3- und 40% bei T4-Tumoren (Bülow et al. 1991; Tsui et al. 2000). Mehr als 80% der Patienten mit Nebennierenmetastasen haben pT3- oder pT4-Tumoren (Siemer et al. 2004). Eine direkte Assoziation mit oberen Poltumoren ist nicht gegeben (Bülow et al. 1991). Linksseitige Metastasen sind etwas häufiger (69%) zu beobachten (Sagalowsky et al. 1994). Die Mehrzahl (44–78%) der Patienten mit Nebennierenmetastasen weisen bereits Lymphknoten- und/ oder Fernmetastasen auf (Paul et al. 2001; Shalev et al.
Tab. 21.2. Häufigkeit retroperitonealer Lymphknotenmetastasen beim Nierenzellkarzinom in Abhängigkeit von der T-Klassifikation Autor
Patienten (n)
Gesamt (%)
pT1–2 M0 (%)
pT3–4 M0 (%)
Carl et al.
270
23,5
9,3
24,2
Gulliani
200
24,0
7,0
17,5
Herrlinger et al.
320
17,5
–
–
Blom et al.
229
1,0
–
–
43*
16,0
* Tastbar vergrößerte Lymphknoten.
21
342
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
1995; Sagalowsky et al. 1994; Kuzyk et al. 1998). Solitäre kontralaterale Nebennierenmetastasen treten in <1% auf und können simultan oder konsekutiv entfernt werden (von Knobloch et al. 2000) Es konnte gezeigt werden, dass die Computertomographie den metastatischen Befall der Nebenniere mit hoher Sicherheit nachweisen kann, wenn sich die Nebenniere in der Bildgebung darstellt (Gill et al. 1994, 2003, 2005; Kletscher et al. 1996; Tsui et al. 2000). Die Spezifität liegt nahe 100%, und der negative prädiktive Wert wird mit 95% angegeben (Tsui et al. 2000). Liegt eine isolierte Nebennierenmetastase vor, so ist durch die radikale Tumornephrektomie mit Adrenalektomie ein 5- und 10-Jahres-Überleben zu erzielen, welches dem Tumorstadium des Nierentumors ohne Nebennierenmetastase entspricht (Kuzcyk et al. 1989, 2005;). Inwieweit die Adrenalektomie bei gleichzeitiger Lymphknoten- und/oder Fernmetastasierung einen kurativen Effekt hat, kann aufgrund der derzeitigen Datenlage nicht abgeschätzt werden (Kuzcyk et al. 1989, 2005; Winter et al. 1990; Sagalowsky et al. 1994). Aufgrund der oben genannten Befunde ist die routinemäßige En-bloc-Adrenalektomie nur für folgende Indikationen gerechtfertigt:
Die Nebenniere ist in der Bildgebung tumorverdächtig.
Die Nebenniere ist in der Bildgebung nicht nachweisbar.
cT3-Tumor am oberen Nierenpol.
Linksseitige Tumoren, bei denen aufgrund der Lage das Zurücklassen der Nebenniere die Radikalität beeinträchtigen würde.
Die Lymphadenektomie verfolgt kurativen Ansatz.
V.-cava-Thrombus Bei 4–10% der Patienten wird ein Tumorthrombus in der V. cava nachgewiesen. 10–25% dieser Patienten haben Thromben, die bis oberhalb der Lebervenen oder höher reichen (Staehler et al. 1994; Stief et al. 1997). Bei 1% dieser Patienten reicht der Thrombus bis in den rechten Vorhof oder Ventrikel. Entsprechend der Ausdehnung des Thromubus in die V. cava werden 4 Typen unterschieden:
I = in Höhe der Nierenvene,
II = unterhalb der Lebervenen,
III = oberhalb des Zwerchfells,
IV = rechter Herzvorhof. Die diagnostische Abklärung inkludiert eine MRT und TEE (bei Vorhofthrombus). Eine Ausbreitungsdiagnostik mit Knochenszintigraphie und Thorax-CT ist sinnvoll,
obwohl die Anwesenheit von Metastasen das operative Vorgehen nicht beeinflussen. Der Zugangsweg ist abhängig von der Ausdehnung und reicht vom subkostalen oder thorakoabdominalen Schnitt bis zur medianen Sternotomie, wenn eine Eröffnung des Vorhofs oder ein Bypass mit und ohne Hypothermie geplant ist. Der differenzierte Einsatz der Kavotomie, Cava(teil)resektion, des Cavateilersatzes oder der Autotransplantation (linksseitiger Thrombus) sind in der Operationsplanung zu berücksichtigen. Bei supradiaphragmalen Thromben ist ein interdisziplinäres Vorgehen (Herzthoraxchirurgen) erforderlich. Daher sollten diese Operationen nur in Zentren mit entsprechender Erfahrung durchgeführt werden. Ein minimalinvasiver Zugang zum kardiopulmonalen Bypass ohne Notwendigkeit der Hypothermie und Kardioplegie wurde bei Patienten mit Vorhofthromben mit geringer Morbidität etabliert (Wotkowicz et al. 2006). Die postoperative Komplikationsrate steigt in Abhängigkeit von der Thrombushöhe von 8 auf 30% an und nimmt jedoch mit zunehmender Erfahrung des behandelnden Zentrums ab (Blute et al. 2004). Die Mortalität sollte nicht >5% betragen. Die 5- und 10-Jahres-Überlebenszeit hängt vom lokalen Tumorstadium und der Metastasierung ab (Kuzcyk et al. 1989, 2005; Moinzadeh u. Libertino 2004). Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt 15–20% bei Lymphknoten oder Fernmetastasen. Liegen beide Metastasenlokalisationen vor, überleben nur 4% der Patienten 5 Jahre (Boorjian et al. 2007). Hinsichtlich der prognostischen Relevanz der Höhe des Tumorthrombus liegen unterschiedliche Angaben vor. So haben Patienten mit einem Thrombus in der Nierenvene (66%) eine bessere Prognose (10 Jahre) als Patienten mit Ausdehnung oberhalb der Nierenvene (29%) (Blute et al. 2004; Moinzadeh u. Libertino 2004). Ein supradiaphragmaler Tumorthrombus ist ungünstiger als Thromben unterhalb davon (Kim et al. 2004a, b). Ebenso ist die Infiltration in die Venenwand prognostisch ungünstig (Hatcher et al. 1991).
21.4.2 Organerhaltende Therapie
Die organerhaltende Nierentumorresektion hat drei Gründe, die getrennt zu betrachten sind. Eine absolute Indikation zur Nierenerhaltung ist die Vermeidung der terminalen Niereninsuffizienz mit erforderlicher Dialyse. Der großzügige Einsatz der Bildgebung hat zur zunehmenden Diagnose kleiner Tumoren geführt (Jayson et al. 1998). Der Prozentsatz an kleinen Tumoren (T1–2) beträgt bis 90% (Moll et al. 1993; Tosaka et al. 1990; Ueda et al. 1991). Die Prognose nach radikaler Tumornephrektomie ist exzellent, aber der Verlust an funktionie-
343 21.4 · Therapie
rendem Nierengewebe erscheint unangemessen. Zufällig diagnostizierte Tumoren hatten bei gleicher Größe und identischem Tumorstadium eine bessere Prognose als symptomatische (Fergany et al. 2000; Moll et al. 1993). Die operative Erfahrung, die man bei Tumorresektion unter imperativer Indikation bekam, wurde auf die Patienten mit kleinen, zufällig entdeckten Nierentumoren mit gutem Erfolg übertragen.
Indikationen zur Nierentumorresektion
Absolut – – – –
Einzelniere Bilateraler Tumor Niereninsuffizienz Hereditärer Nierentumor mit bekannter Multifokalität und Rezidivrisiko
Relativ – Bekannte Erkrankung der Gegenniere, z. B. Urolithiasis – Erkrankungen mit zu erwartender Nierenínsuffizienz (Diabetes mellitus, Hypertonie)
Elektiv – Nierentumor <4 cm bei normaler Gegenniere
Die häufigste Indikation für die elektive, organerhaltende Tumorresektion sind peripher gelegene Tumoren kleiner als 4 cm. Die Größenlimitierung resultiert aus den vorliegenden Daten der elektiven Nierentumorchirurgie, die zeigte, dass die tumorfreie 5-Jahres-Überlebenszeit mehr als 95% beträgt und damit der radikalen Nephrektomie vergleichbar ist (McKierman et al. 2002; Lau et al. 2000). Patienten mit T1a-Tumoren haben vergleichbare tumorbezogene Überlebensraten von etwa 98% (Patard et al. 2004). Eine Erweiterung der Indikation auf größere Tumoren (bis 7 cm) wird diskutiert, da auch für diese Patienten ähnliche Überlebenszeiten wie nach radikaler Nephrektomie gezeigt wurden (Becker et al. 2006; Belldegrun et al. 1993; Leibovich et al. 2005; Patard et al. 2004; Thrasher et al. 1994). Ebenso wurde gezeigt, dass Patienten mit Tumoren von 4–7 cm nach Teilresektion eine bessere Nierenfunktion aufweisen als jene mit Nephrektomie (Dash et al. 2006; Lau et al. 2000). Die Unsicherheit in der präoperativen Beurteilung der mikroskopischen Tumorausbreitung in das Nierenparenchym und/oder perirenale Fett sollte jedoch diesen Eingriff (Tumoren >4 cm) derzeit als experimentell einstufen. So hatte 1 von 45 Patienten (mittlere Tumorgröße 4,8 cm) bereits nach einer mittleren Beobachtungszeit von 14 Monaten ein lokales Rezidiv (Dash et al. 2006).
Die Multifokalität wird als ein schwerwiegender Grund gegen die elektive Tumorresektion angeführt. Sie wird in Verbindung mit Tumorgröße, -stadium und zugrunde liegender Histologie diskutiert. Schlichter et al. (1999) zeigten, dass etwa 16% der Tumoren multifokal sind und präoperative Bildgebung diese Tumoren nur in 23% detektieren kann (Schlichter et al. 1999, 2000). Die elektive Tumorresektion wird unter der Vorstellung empfohlen, dass man nicht unnötigerweise funktionierendes Gewebe entfernen soll. In Langzeituntersuchungen von vergleichbaren Kohorten zeigte sich, dass Patienten 10 Jahre nach radikaler Nephrektomie ein signifikant höheres Risiko der Niereninsuffizienz (>2 mg/dl Kreatinin) als Patienten nach Tumorresektion aufweisen (Lau et al. 2000; McKiernan et al. 2002). Unklar bleibt jedoch, warum etwa 12% der Letzteren trotzdem eine Niereninsuffizienz entwickelten (Lau et al. 2000).
Offen chirurgische Nierentumorresektion Imperative Indikation Die operative Herausforderung für die Behandlung des Nierentumors zur Abwendung der drohenden Dialyse ist eine andere als jene bei elektiver Resektion, die abhängig von der Expertise und der Lokalisation durchgeführt wird. Das operative Vorgehen reicht von der simplen Enukleationsresektion bis zur ex situ »work bench surgery« mit Autotransplantation (Brkovic et al. 1994; Zincke u. Sen 1988). Dementsprechend ist die Auswahl der Patienten zu treffen, Kühlung des Organs und die Möglichkeit zur temporären Hämodialyse müssen bestehen. Die Komplikationsrate liegt bei etwa 35% (Campbell et al. 1997). Die häufigste Komplikation sind Harnfistel und temporäre Notwendigkeit der Hämodialyse (Brkovic et al. 1994; Ghavanamian et al. 2002). Die Komplikationsdichte nimmt mit der Erfahrung des Operateurs und der adäquaten Selektion der Patienten ab. Fergany et al. (2006) führten bei 400 Patienten eine Tumorresektion unter imperativer Indikation durch, aber nur 45% der Patienten hatten Tumoren >4 cm, und 46% der Patienten hatten ein Serumkreatinin von >1,4 mg/dl (Fergany et al. 2006). Die Komplikationsrate wurde mit 13% (hauptsächlich Harnleckagen) angegeben, und eine postoperative Hämodialyse war bei 3,5% der Patienten erforderlich. Lokale Tumorrezidive werden bei 3–12% der Patienten beobachtet, die wiederum operativ oder durch andere ablative Verfahren behandelt werden können (Brkovic et al. 1994; Novick1991; Fergan et al. 2006). Die mittlere Beobachtungszeit hat einen wesentlichen Einfluss auf diese Prozentangaben, da lokale Rezidive nach durchschnittlich 40 Monaten mit einer Spannbreite von 4–112 Monaten auftreten (Brkovic et al. 1994). Bei synchron bilateral
21
344
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
auftretenden Tumoren ist das Lokalrezidiv mit etwa 16% häufiger als bei Einzelnieren (5%) (Pahernik et al. 2007a, b). Stratifiziert man die Rate der Tumorrezidive nach Tumorgröße, so liegt sie nach 10 Jahren bei Tumoren ≤4 cm bei 16% und bei Tumoren ≥4 cm bei 31%. Es ist anzunehmen, dass die Mehrzahl dieser lokalen Rezidive auf eine inkomplette Resektion zurückzuführen ist, da die Rezidivrate nach elektiver Resektion nur etwa 1% beträgt. Anders verhält es sich bei primär multilokulärem Tumor und/oder prädisponierender hereditärer Erkrankung wie bei dem von-Hippel-Lindau-Syndrom. Die tumorfreie 5- und 10-Jahres-Überlebenszeit ist mit 81–88% und 64–71% relativ ähnlich den größen- und tumorstadienangepassten Überlebenszeiten nach radikaler Nephrektomie (Fergany et al. 2000; Ghavamian et al. 2002).
Elektive Indikation Abhängig von der Lokalisation und Größe wird man die einfache Enukleationsresektion oder Resektion mit einem Parenchymsaum oder die Nierenteilresektion durchführen. Die Frage, ob ein Parenchymsaum von >1 mm bis 1 cm mit dem Tumor entfernt werden muss, ist nicht durch eine randomisierte Untersuchung geklärt (Berdjis et al. 2006; Castilla et al. 2002; Piper et al. 2001; Sutherland et al. 2002). Bei entsprechender Selektion (Tumorgröße) scheint jedoch die Tumorenukleationsresektion äquivalente onkologische Ergebnisse zur Teilresektion zu geben (Lerner et al. 1996). Yossepowitch et al. (2008) zeigten an mehr als 1200 Patienten, dass ein mikroskopisch positiver Schnittrand (5,5%) keinen Einfluss auf das Risiko des Lokalrezidivs oder der Metastasierung hat. Mikroangiograpische Untersuchungen und histopathologische Aufarbeitung zeigten, dass bis zu einem Grenzbereich von 6 cm eine Infiltration der Pseudokapsel selten auftritt und daher die einfache Tumorresektion mit großer Wahrscheinlichkeit die Entfernung im Gesunden garantiert (Rosenthal et al. 1984). Bei einem medianen Tumordurchmesser von 5 cm beträgt die Anzahl der pT3- und G3-Tumoren 16% und 11%. Die tumorspezifische 5-Jahres-Überlebensrate von 96% entspricht jener von Patienten mit Tumoren ≤4 cm (Roos et al. 2008). Wird bei der Resektion das Nierenhohlsystem eröffnet, erfolgen der Verschluss und die Einlage eines DJKatheters zur inneren Harnableitung. Der Verschluss des Nierenparenchymdefektes ist variabel. Wir bevorzugen die Umstechung der Gefäße, Koagulation des Tumorgrundes mit Argon-Laser oder Infrarotkoagulator und die abschließende Deckung mit Fibrinkleber und Kollagenvlies. Die elektive Nierentumorresektion hat im Vergleich zur radikalen Tumornephrektomie eine höhere harntraktsbezogene Komplikationsrate.
Laparoskopische (retroperitoneoskopische) Nierentumorresektion Die laparoskopische oder retroperitoneoskopische Tumorresektion ist derzeit Zentren vorbehalten, da die Durchführung und Art der Ischämie ebenso wie die Blutstillung und Defektdeckung noch nicht standardisiert sind (Abukora et al. 2005; Jeschke et al. 2001). Die Ergebnisse großer Zentren legen jedoch nahe, dass diese Therapie operativ machbar ist und möglicherweise auch die onkologischen Ergebnisse jenen des offen chirurgischen Vorgehens vergleichbar sind. Der Zugangsweg ist sowohl retroperitoneoskopisch wie laparoskopisch, wobei ersterer Zugang die sofortige Darstellung der Nierenarterie ermöglicht, aber durch den eingeschränkten Raum auf Tumoren, die peripher und dorsal liegen, limitiert ist. Die Komplikationsrate beträgt 18,8% für zentral (Eröffnung des Hohlsystems) und 14,4% für peripher gelegene Tumoren. Reoperationen sind etwa bei 1,5% der Patienten erforderlich. (Frank et al. 2006). Ein positiver Schnittrand bleibt in etwa 1–3% der Fälle zurück (Gill et al. 1994, 2003, 2005; Frank et al. 2006). Im direkten Vergleich dazu wurde bei keiner der offenen Operation ein positiver Schnittrand festgestellt. Bei einer Nachsorgezeit von mindestens 3 Jahren wurde an der Cleveland Clinic bisher kein lokales Rezidiv bobachtet, obwohl 1 von 68 Patienten einen positiven Schnittrand aufwies (Moinzadeh et al. 2004). Der Schritt von der elektiven Indikation hin zum Eingriff mit imperativer Indikation wurde mit zunehmender Erfahrung vollzogen. Gill et al. (1994, 2003, 2005) berichten über 22 Patienten mit Tumoren bis 8 cm Größe. Eine Konversion zum offenen Vorgehen war bei 9% erforderlich. Schwere Komplikationen waren bei 15% und geringe Komplikation bei 32% der Patienten zu beobachten. Ein lokales Rezidiv war bei einer Beobachtungszeit von 2,5 Jahren noch nicht aufgetreten.
21.4.3 Komplikationen der operativen Therapie
Vergleich der offen chirurgischen radikalen Tumornephrektomie mit der offen chirurgischen Nierentumorresektion Der einzige randomisierte Vergleich beider Operationsmethoden bei gut für die Nierentumorresektion geeigneten bis zu 5 cm großen Tumoren wurde von van Poppel et al. (2007) publiziert. Dabei zeigte sich für die Nierentumorresektion ein signifikant höherer Blutverlust, ein höhere Komplikations- und Reoperationsrate (4.4% vs. 2.4%). Die Mortalität beträgt zwischen 0,2% und 2,0% bzw. 0,2% und 1,6% für radikale Tumornephrektomie bzw. Nierentumorresektion (Stephenson et al. 2004; Cor-
345 21.4 · Therapie
man et al. 2001). Der Prozentsatz der Komplikationen nimmt mit der Operationszeit zu und ist höher bei Einzelnieren. Alter, Einschätzung des Allgemeinzustandes durch ASA- oder Charlson-Score haben einen signfikanten Einfluss auf die postoperative Morbidität und Mortalität (Stephenson et al. 2004).
Vergleich der offen chirurgischen radikalen Tumornephrektomie mit der laparoskopischen radikalen Tumornephrektomie Die laparoskopische Tumornephrektomie ist in der Komplikationsdichte der offenen, transperitonealen Tumornephrektomie vergleichbar (Dunn et al. 2000). Blutverlust und Rekonvalsezenz sprechen jedoch für den laparoskopischen Eingriff. Dieser Vorteil gilt auch für größere bzw. T3-Tumoren. Anders verhält es sich beim lumbalen Zugang, der im Vergleich mit dem retroperitoneoskopischen Eingriff eine deutlich höhere Komplikationsdichte aufweist (Dillenburg et al. 2006).
Vergleich der offen chirurgischen Nierenteilresektion mit der laparoskopischen Nierenteilresektion Eine Metaanalyse der bisher publizierten Ergebnisse der laparoskopischen Nierenchirurgie ergab eine Komplikationsrate von etwa 10%, wobei die Nierenteilresektion mit 21% Komplikationen die Schwierigkeit dieses Eingriffs mit sich entwickelnder Technik demonstriert (Pareek et al. 2006). In spezialisierten Zentren sind die schwerwiegenden und nierenbezogenen Komplikationen bei laparoskopischem Vorgehen im Vergleich zum offen operativen Eingriff häufiger (11% vs. 2% und 5% vs. 0%; Gill et al. 1994, 2003, 2005, 2007). Insbesondere sind die verlängerte warme Ischämiezeit mit nachfolgenden Komplikationen assoziiert (Gill et al. 2007). Der Vorteil des geringeren Schmerzmittelbedarfs, des kürzeren Krankenhausaufenthalts und der kürzeren Rekonvaleszenz müssen in diesem Kontext gesehen werden, so dass die offen-chirurgische Operation weiterhin das bevorzugte Vorgehen darstellt.
Andere Verfahren wie »high intensity focused ultrasound« (HIFU), die Elektrochemotherapie oder die Magnetthermotherapie sind experimentell. Die nächsten Jahre werden entscheiden, welche dieser Therapieformen sich durchsetzen werden. Die Tumorgefäßembolisation wird in Verbindung mit der Radiofrequenzablation bei größeren Tumoren eingesetzt (Mahnken et al. 2004). Als eigenständige Maßnahme ist sie nur mehr selten bei weit fortgeschrittenen und metastasierten Tumoren indiziert. Drei Probleme sind allen Verfahren gemeinsam: Die erforderliche Punktion zur Sicherung der Diagnose und die Therapiekontrolle. Die Biopsie wird zum Zeitpunkt des therapeutischen Eingriffs durchgeführt. Eine Sicherung eines malignen Tumors gelingt in 60–95%. Etwa 30% der Biopsien sind nicht verwertbar (Vasudevan et al. 2006). Das heißt, dass solide Tumoren behandelt werden, die hinsichtlich ihrer Dignität häufig nicht ausreichend beurteilt werden können. Die Therapiekontrolle erfolgt durch Bildgebung (CT, MR). Die fehlende Kontrastmittelanreicherung, die Schrumpfung des Tumors oder vollständige Umwandlung in Narbengewebe werden als erfolgreiche Ablation gewertet. Regelmäßig durchgeführte Rebiopsien unterliegen ähnlichen Problemen wie die Erstbiopsie. Wie der natürliche Verlauf von kleinen Nierentumoren zeigt, beträgt die Wachstumsrate etwa 0,1 cm pro Jahr. Das heißt, dass das onkologische Ergebnis im Fall von minimalem Residualtumor erst nach mehreren Jahren beurteilt werden kann. Bestätigt sich die im Vergleich zur elektiven Resektion höhere Rezidivrate der ablativen Verfahren, so sollten sie nur bei Risikopatienten mit nachgewiesenem Tumorwachstum, multiplen Tumoren synchron und metachron (von-Hippel-Lindau-Syndrom) und Einzelniere mit Rezidiv nach offener Operation eingesetzt werden. Als Kontraindikationen sind derzeit Gerinnungsstörung und zentrale Tumoren definiert. Direkte Nähe zum Nierenbecken, den großen Gefäßen und Darm wird ebenfalls kritisch beurteilt.
Kryotherapie 21.4.4 Alternative ablative Verfahren
Minimal invasive Verfahren nehmen für sich in Anspruch, dass sie mit kleinstem Zugang möglichst schmerzfrei eine sichere Tumorfreiheit erreichen. Die Kryotherapie und Radiofrequenzablation wurden beim Nierenzellkarzinom bisher an ausreichend großen Patientenkollektiven angewendet, um eine Ausage über die Effektivität machen zu können.
Die Kryotherapie erfolgt über Sonden, die in den Tumor unter Sicht eingestochen werden. Es werden 2 GefrierAuftau-Zyklen durchgeführt. Der Gefriervorgang kann anhand des entstehenden Eisballs verfolgt werden. Der Zugang erfolgt nach laparoskopischer Tumorfreilegung oder perkutan mit MR- oder CT-Kontrolle. Die Tumoren haben eine durchschnittliche Größe von 2,3–3,2 cm (Gill et al. 1994, 2003, 2005; Cestari et al. 2004; Lawatsch et al. 2006; Shinglegon et al. 2001; Gupta et al. 2006). Eine anschließend erforderliche Tumornephrektomie ist wegen
21
346
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
Tab. 21.3. Ergebnisse der Kryotherapie Autor
Patienten (n)
Mittlere Tumorgröße
Rezidive (n)
Follow-up
Gill
36
2,3 cm
2
36 Monate
Cestari et al.
37
2,6 cm
1
21 Monate
Lawatsch et al.
59*
2,5 cm
2 (5,8%)
27 Monate
90
3,2 cm
7
30 Monate
20
2,5 cm
1
6 Monate
Laparoskopisch
MRT-gesteuert Shingleton et al. CT-gesteuert Gupta et al.
Tab. 21.4. Ergebnisse der CT-gesteuerten Radiofrequenzablation Autor
Patienten (n)
Mittlere Tumorgröße
Rezidive (n)
Follow-up
Gervais
79
3,2 cm
1
27,0 Monate
Mayo-Smith
32
2,6 cm
1
9,0 Monate
Su
35
2,2 cm
0
9,0 Monate
Aachen
17
3,1 cm
1
8,0 Monate
extensiver Vernarbung schwierig und mit einer signifikanten Morbidität assoziiert (Nguyen et al. 2008). Die CT- oder MR-gesteuerte Punktion erfolgt in lokaler Anästhesie und ist der laparoskopischen Technik wegen der guten Verfolgung des Gefriervorgangs und der geringen Komplikationsrate vorzuziehen (Atwell et al. 2008; Finley et al. 2008; Lawatsch et al. 2006). Mehrfachpunktionen sind möglich (Shingleton et al. 2001). Die bisher publizierten Ergebnisse zeigen nach einer Beobachtungszeit von 6–36 Monaten eine Rezidivrate von 5–10% ( Tab. 21.3), wobei Shingleton et al. (2001) Rezidivtumoren durch neuerliche Kyrotherapie behandelt haben.
Radiofrequenzablation Durch Sonden unterschiedlicher Konfiguration, die unter computertomographischer Kontrolle in den Tumor eingestochen werden, können Tumoren bis etwa 4 cm durch eine einmalige Punktion behandelt werden. Über die Sonden wird ein Stromkreis (375–480 kHz) geschlossen, der an der Sonde Hitze von mehr als 60°C erzeugt und zu einer Koagulationsnekrose führt. Der Punktionskanal kann am Ende der Behandlung koaguliert werden. Die Komplikationsdichte wird mit 9,1% angegeben und betrifft vor allem Blutung und akzidentelle Eröffnung des
Nierenhohlraumsystems (Gervais et al. 2005a, b; Mahnken et al. 2005, 2006). Die bisher behandelten Tumoren haben eine Größe von durchschnittlich 2,2–3,2 cm (Gervais et al. 2005a, b; Mayo-Smith 2003; Su et al. 2003, Mahnken et al. 2005). Die Rezidivrate nach kurzer Beobachtungszeit beträgt etwa 2,5% ( Tab. 21.4). Der Vergleich der onkologischen Ergebnisse von RFA und Nierenteilresektion bei T1aTumoren zeigt bei einer Mindestnachsorgezeit von 2 Jahren keinen Unterschied (Stern et al. 2007). Bei einer medianen Nachsorgezeit von 61 Monaten wird die Tumorkontrolle mit 91% und das krebsspezifische und metastasenfreie Überleben mit 100% angegeben (Levinson et al. 2008). Werden Tumoren behandelt, die eine durchschnittliche Größe von 5,2 cm aufweisen, so ist in 17% eine inkomplette Ablation zu erwarten (Ahrar et al. 2005). Eine Wiederholung der Radiofrequenzablation (RFA) ist jedoch möglich und kann erfolgreich sein. Bei größeren und gut vaskularisierten Tumoren wird durch eine prätherapeutische Embolisation die Größe der angestrebten Nekrose positiv beeinflusst (Mahnken et al. 2004). Da bei zentral gelegenen Tumoren und bei einer Größe von >3 cm der Ablationseffekt nicht mehr ausreichend ist, empfiehlt sich in dieser Situation ebenfalls eine prätherapeutische Embolisation.
347 21.6 · Metastasiertes Nierenzellkarzinom
21.4.5 Beobachtungsstrategie
Die Therapie von kleinen Tumoren basiert auf der Annahme, dass bösartige Tumore sofort behandelt werden müssen, da sie ein Risiko der lokalen Progression sowie Metastasierung aufweisen und das Nierenzellkarzinom nur durch die komplette Entfernung zu heilen ist. Tumoren von 2–3 cm weisen etwa bei 5% der Patienten synchrone Metastasen auf (Klatte et al. 2007; Kunkel et al. 2008). Eine Metaanalyse von Chawla et al. (2007) zeigte eine Vergrößerung von Nierentumoren von 0,09–0,86 cm (im Mittel 0,86 cm) pro Jahr. Ein Unterschied zwischen dem Wachstum eines Nierenzellkarzinoms und eines Onkozytoms war nicht nachweisbar. Ebenso waren initiale Tumorgröße oder zystische Tumorkomponenten kein Vorhersagekriterium (Chawla et al. 2007; Kunkel et al. 2007). Etwa 25–33% der malignen Tumoren zeigen über das Jahr beobachtet kein Wachstum (Kunkel et al. 2007). Der Einfluss von Tumorgrad und Tumortyp ist unbekannt. Hämaturie oder Symptome durch Metastasen werden in 1–5% der Fälle angegeben (Chawla et al. 2007; Sowery u. Siemens 2004). Die Ergebnisse einer prospektiven kanadischen Studie werden uns über die Sinnhaftigkeit der Beobachtungsstrategie Auskunft geben (Mattar et al. 2008).
21.4.6 Nomogramme und Algorhythmen
Die Möglichkeit der effektiven adjuvanten Therapie macht es erforderlich, dass man sich bei der Festlegung nicht nur an klinischen und/oder pathohistologischen Kriterien orientiert, sondern mathematische Modelle entwickelt, die eine Individualisierung erlauben. Für das konventionelle, nicht metastasierte Nierenzellkarzinom steht eine Stratifizierung in 3–5 prognostische Gruppen durch den SSIGN-Score (Stage, Size, Grade and Necrosis) zur Verfügung, der durch Ficarra et al. (2006) validiert wurde( Leibovich et al. 2003). In der dynamischen Version kann dieser Score auch benutzt werden um die Prognose zu unterschiedlichen Zeiten nach Operation zu beurteilen (Thompson et al. 2007). Für andere Tumortypen eignet sich das UISS (UCLA Integrated Staging System). Für die klinische Praxis werden sich jedoch die von Sorbellini et al. (2005) und Karakiewicz et al. (2007) entwickelten Nomogramme durchsetzen. Hier muss man berücksichtigen, dass die kontinuierliche Veränderung des TNM-Systems eine regelmäßige Adaptierung erforderlich macht. Ebenso ist die Definition neuer prognostischer Faktoren wie z. B. die mikroskopische Invasion von Gefäßen oder die Expression der Carbo-Anhydrase IX zu beachten (Dall ’Oglio et al. 2007; Sandlund et al. 2007).
Eine Risikostratifizierung ist essenziell für die Erprobung neuer Medikamente bei metastasierten Patienten ( Kap. 21.6.3).
21.5
Lokales Tumorrezidiv nach radikaler Tumornephrektomie
Ein lokales Tumorrezidiv ohne Berücksichtigung von nierenhilusnahen Lymphknotenmetastasen wird nach radikaler Tumornephrektomie bei bis zu 3% der Patienten beobachtet (Bruno et al. 2006; Schrodter et al. 2002; Wiesner et al. 2002). Asymptomatisch wird es bei 40–80% durch Computertomographie im Rahmen der Nachsorge entdeckt (Gogus et al. 2003; Itano et al. 2000; Schrodter et al. 2002). Überraschenderweise finden sich lokale Rezidive auch nach organbegrenzten Tumoren (Bruno et al. 2006). Liegt ein isoliertes Rezidiv vor, kann durch die Resektion des lokalen Rezidivs ohne zusätzliche Therapie bei etwa 50% der Patienten die langfristige Tumorfreiheit erzielt werden (51–62 Monate; Bruno et al. 2006; Itano et al. 2000; Schrodter et al. 2002; Wiesner et al. 2002). Obwohl es sich meist um eine operativ anspruchsvolle Intervention handelt, ist die operative Morbidität und Mortalität gering (Schrodter et al. 2002; Wiesner et al. 2002). Es besteht kein Unterschied im Überleben zwischen asymptomatischen und symptomatischen Patienten (Itano et al. 2000). Das Interval zwischen Tumornephrektomie und der Rezidivdiagnose sowie die Größe des Rezidivtumors haben signifikanten Einfluss auf das Ergebnis (Schrodter et al. 2002). Ob eine zusätzliche Therapie wie intraoperative Bestrahlung oder Zytokintherapie mit und ohne Chemotherapie den weiteren Krankheitsverlauf positiv beeinflussen, ist unklar (Fleischmann u. Kim 1991, Wiesner et al. 2002)
21.6
Metastasiertes Nierenzellkarzinom
21.6.1 Tumornephrektomie bei metastasiertem
Tumor Die Tumornephrektomie ist bei Patienten mit solitärer Metastase ist, mit gleichzeitiger oder konsekutiver Metastasenresektion indiziert (Middleton 1973; Tolia u. Whitmore 1975; Skinner et al. 1971). Dagegen war lange Zeit der Stellenwert der Tumornephrektomie bei Patienten mit multiplen Metastasen unklar. Nach Tumornephrektomie werden komplette Metastasenremissionen bei 1% und 4% der Patienten beobachtet (Flanigan et al. 2001; Freed et al. 1977; Marcus et
21
348
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
al. 1993). Tumorremissionen wurden überwiegend bei Lungenmetastasen beobachtet. Die Dauer der Tumorremission beträgt durchschnittlich 24 Monate (Flanigan et al. 2001). Wird eine zusätzliche Therapie mit Methoxyprogesteron durchgeführt (wahrscheinlich nicht wirksam), wurde eine komplette Tumorremission von 12% beobachtet (Montie et al. 1988). Neben der spontanen Remission wird die Reduktion der Tumormasse, die Vermeidung lokaler Komplikationen mit Verbesserung des Performancestatus als wesentlicher Grund für die Tumornephrektomie angeführt, so zeigten Pierorazio et al. (2007), dass die Reduktion der Tumormasse um 90% das Üerleben von 2,8 Monaten auf 11,6 Monate verlängerte. 2 randomisierte Untersuchungen der EORTC und SWOG haben jedoch gezeigt, dass bei gut selektionierten Patienten (Performancestatus 0–2), die Tumornephrektomie mit anschließender Interferon-α-Therapie zu einer signifikanten Verlängerung des Überlebens führt (Flanigan et al. 2001; Mikisch et al. 2001. Die mittlere Überlebenszeit war 11 (SWOG) und 17 (EORTC) Monate gegenüber 7,0 und 8,1 Monate für den Interferonarm ohne Nephrektomie. Wurden in der SWOG-Studie nur Patienten mit gutem Performancestatus berücksichtigt, so war die mittlere Überlebenszeit 17,4 Monate für den Nephrektomiearm gegenüber 11,7 Monate für den IFNArm. Nur 3 von 162 Patienten (EORTC und SWOG) erhielten wegen postoperativer Verschlechterung des Allgemeinzustandes die geplante Therapie nicht. Die operative Mortalität war mit 0,08% (SWOG) und 2,4% (EORTC) niedrig. Die Metastasenremission war in beiden Armen gleich, so dass die Verlängerung des Überlebens auf die Entfernung des Primärtumors zurückzuführen ist. Weiterhin gilt, dass die Tumornephrektomie auch bei lokal symptomatischen Patienten oder Patienten mit Hyperkalziämie, die medikamentös nicht beeinflusst werden kann, angezeigt ist (deKernion u. Berry 1980). Die Tumorembolisation kann hier als Alternative eingesetzt werden.
21.6.2 Metastasenresektion
Isolierte Metastase Etwa 1–3% der Patienten haben zum Zeitpunkt der Diagnose eine isolierte Metastase (O’Dea et al. 1978; Skinner et al. 1971; Tolia u. Whitmore 1975). Die Langzeitergebnisse bei kompletter Resektion sind mit bis 30% 5-JahreÜberleben ermutigend (Alves et al. 2003; Kierney et al. 1994; Skinner et al. 1991; Tolia et al. 1975). Die Resek-
tion von Lungenmetastasen führt zu einem 5-JahresÜberleben von >40% bei geringer operativer Morbidität (Fourquier et al. 1997). Ebenso sind Metastasen in den Extremitäten gut zugänglich für einen operativen Eingriff und mit einem 5-Jahres-Überleben von etwa 55% verbunden (Althausen et al. 1997; Durr et al. 1999). Eine ähnliche Überlebensrate wird durch die Resektion von Lebermetastasen und Pankreasmetastasen erreicht, die jedoch wegen der hohen Operationsmorbidtät nur bei sehr strenger Selektion angezeigt ist (Alves et al. 2003; Law et al. 2003; Stief et al. 1997). Die Radiofrequenzablation oder Kryotherapie ist bei Lebermetastasen und Metastasen anderer Lokalisationen ein alternatives und gut etabliertes Verfahren (Goering et al. 2002; de Baere et al. 2003). Leibovich et al. (2004) zeigten, dass die komplette Resektion von Metastasen (Lunge, Knochen, Leber) das Überleben um das 2-fache verlängert gegenüber Patienten, die nicht operativ versorgt werden. Metachrone isolierte Metastasen treten nach Nephrektomie in Intervallen von 6–89 Monaten auf (O’Dea et al. 1978). Sie sollten ebenso wie synchron auftretende Metastasen reseziert werden (Kierney et al. 1994; von Knobloch et al. 2000). Die Prognose für diese Patienten ist umso günstiger, je länger das Intervall zwischen Nephrektomie und Auftreten der Metastase ist. (O’Dea 1978, Volkmer u. Gschwend 2002). Treten Metastasen nach bereits durchgeführter Metastasenresektion auf, sollten diese ebenso entfernt werden, da diese Patienten wiederum lange rezidivfrei überleben.
Multiple und multilokuläre Metastasen Multiple Metastasen in der Lunge sind bei einseitigem oder beidseitigem Befall einer Resektion durch erfahrene Thoraxchirurgen mit geringer Morbidität und Erhalt der Lungenfunktion zugänglich (Tanguay et al. 1996). Die Möglichkeit der kompletten Resektion und die Anzahl der Metastasen haben möglicherweise Einfluss auf das tumorfreie Überleben (Pfannschmidt et al. 2002; Piltz et al. 2003). Die Metastasenresektion bei Beteiligung verschiedener Organe ist chirurgisch bei gut selektionierten Patienten mit geringer Morbidität machbar, der Einfluss auf das Überleben ist jedoch nicht nachgewiesen (Sella et al. 1993). Inwieweit die induktive Zytokintherapie mit partieller Rückbildung der Metastasen, gefolgt von Metastasenresektion, Einfluss auf das Überleben hat, ist ebenso unklar (Sella et al. 1993; Sherry et al. 1992; Tanguay et al. 1996). Tanguay et al. entfernten residuelle Lungenmetastasen nach IFN-Therapie und berichten über 66% Überleben bei einem medianen Follow-up von 4 Jahren.
349 21.6 · Metastasiertes Nierenzellkarzinom
21.6.3 Medikamentöse Tumortherapie
Es steht derzeit eine Vielzahl von verschiedenen Therapiemöglichkeiten zur Behandlung des Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom zur Auswahl. Viele davon sind bisher nur in Phase-II-Studien oder als Second-lineTherapie untersucht. Die Beurteilung der Ergebnisse ist ohne Angabe des Risikoprofils der behandelten Patienten nur mit Einschränkung möglich. In der Ära der Immuntherapie definierten Elson et al. (1988) und Forges et al. (1988) durch multivariate Analysen signifikante unabhängige Variablen, die das Überleben von Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom ohne vorherige Immuntherapie, vorhersagen. Die Anzahl der von Metastasen betroffenen Organe, die Metastasen (1 versus >1) aufweisen, Leber- und Lungenmetastasen, Intervall zwischen Operation und Metastasierung, Gewichtsverlust, Performancestatus (ECOG), BSG hatten dabei einen signifikanten Einfluss auf das Überleben mit Überlebenszeiten von 2 bis mehr als 18 Monaten. Ein ähnliches Scoringsystem wurde an der Mayo-Klinik für Patienten mit klarzelligem Nierenzellkarzinom entwickelt, wobei verschiedene Parameter unterschiedlich gewichtet wurden (Leibowitsch et al. 2005). Negrier et al. (1998) zeigten, dass sich durch die Einteilung in Risikogruppen Unterschiede im Überleben von weniger als 6 Monaten für hohes Risiko bis 67 Monaten für Patienten mit geringem Risiko unter Zytokintherapie ergeben. Die Einteilung in Risikogruppen hat sich auch bei der Beurteilung der tumorgezielten medikamentösen Therapie bereits bewährt, da die Patienten im Kontrollarm von randomisierten Studien üblicherweise mit Zytokinen behandelt werden. Motzer et al. (1999, 2002) definierten nach multivariater Analyse unabhängige Prognosefaktoren für Patienten unter Immuntherapie . Als Risikofaktoren gelten der HbWert, das LDH, der Kalziumwert, der Karnofsky-Index und die durchgeführte Nephrektomie. Aufgrund dieser Variablen erfolgte die Einteilung in Risikogruppen mit niedrigem (mediane Überlebenszeit 27 Monate), mittlerem (mediane Überlebenszeit 12 Monate) und hohem (mediane Überlebenszeit 6 Monate) Risiko. Diese Risikostratifizierung gilt auch für Patienten die nicht nephrektomiert sind und wurde durch Mekhail et al. (2005) validiert. Weiterhin zeigten Motzer et al. (2007), dass unter tumorgezielter medikamentöser Therapie das Intervall von Diagnose zu Therapie, ECOG-Performance-Status (≥1 versus ≤1) und der Kalzium-Serumwert (≤10 mg/dl versus ≥10 mg/dl) von prognostischer Relevanz sind. Eine Verbesserung der Risikostratifizierung durch Berücksichtigung von Biomarkern ist wünschenswert
(Kim et al. 2005). So zeigten Choueiri et al. (2007), dass Patienten mit VHL-Mutation eine höhere Remissionsrate unter tumorgezielter medikamentöser Therapie hatten als jene ohne Mutation (46% vs. 28%).
Tumorgezielte medikamentöse Therapie (»targeted therapy«) Der medikamentöse Eingriff in die Proliferation des Tumors erfolgt über Blockade von Wachstumsfaktoren, die an der Zelloberfläche lokalisiert sind, Hemmung von angiogenetischen Faktoren oder intrazellulären Informationskaskaden. Antikörper, »small molecules« und Antibiotika haben die therapeutischen Möglichkeiten wesentlich erweitert. Trotz der sehr positiven Ergebnisse, darf man jedoch nicht übersehen, dass eine komplette Remission durch diese Therapeutika selten erzielt wird, dass vorwiegend Patienten mit günstigem und mittlerem Risikoprofil von dieser Therapie profitieren, die Tumoren sich nach einer Phase der Proliferationshemmung durch Escape-Mechanismen entwickeln und es zum Fortschreiten der Erkrankung kommt. Daher werden diese neuen Medikamente in Kombination mit anderen Substanzen mit unterschiedlichen Angriffspunkten eingesetzt werden müssen. Zudem muss berücksichtigt werden, dass der Eingriff in den Metabolismus nicht nur Tumorzellen sondern auch gesunde Zellen trifft und daraus neue signifikante Toxizitätsprofile entstehen.
Monoklonale Antikörper Der EGF-Rezeptor (EGF-R) ist in >80% der Nierenzellkarzinome überexprimiert und mit Metastasierung und Angiogenese assoziiert (Lager et al. 1994). Die direkte Hemmung des EGF-R oder der Rezeptortyrosinkinase ist beim Nierenzellkarzinom nicht erfolgreich (Jermann et al. 2006). Anders verhält es sich bei der Hemmung der VEGFkontrollierten Angiogenese. HIF-1α, welches aufgrund der Mutationen des VHL beim sporadischen Nierenzellkarzinom nicht deaktiviert wird, führt zur Induktion von hypoxieabhängigen Genen, u. a. auch dem VEGF. Die vermehrte Expression von VEGF-R ist mit ungünstiger Prognose und Metastasierung beim Nierenzellkarzinom assoziiert. Bevacizumab ist ein rekombinanter monoklonaler Antikörper, welcher zirkulierendes VEGF neutralisieren soll. In einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Studie mit Bevacizumab 3 mg/kg KG oder 10 mg/kg KG/2wöchentlich wurde eine Verlängerung der progressionsfreien Zeit erreicht (Yang et al. 2003). Bei 4 von 116 Patienten wurde eine partielle Remission erzielt. Hy-
21
350
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
pertonus, Epistaxis, Proteinurie und Hämaturie waren typische Nebenwirkungen. Keine der Nebenwirkung erreichte Grad 4. Durch die Kombination von Bevacizumab (10 mg/kg 2-wöchentlich) mit Interferon-α (9 Mio. s.c. 3× wöchentlich) wurde in einer randomisierten Studie eine Verlängerung der progressionsfreien Zeit bei Patienten mit gutem und mittleren Risiko (10,2 Monate vs. 5,4 Monate) und eine höhere Remissionsrate (31% vs. 13%) gegenüber Interferon-α erzielt (Escudier et al. 2007). Die Abbruchsrate wegen Nebenwirkungen war bei Kombinationstherapie 28%; 3 von 327 Patienten verstarben in Folge der Therapie. Die Subgruppenanalyse der Patienten, die eine IFN-α-Dosierung von 3 oder 6 Millionen 3× wöchentlich erhielten zeigte, dass das progressionsfreie Überleben gleich, aber die Nebenwirkungsrate signifikant geringer war. Dementensprechend ist bei diesem Protokoll die niedrigere IFN-α-Dosierung zu empfehlen. Die Kombination von Bevacizumab und Erlotinib (EGFR-Inhibitor) wurde in einer randomisierten Studie untersucht (Bukowski et al. 2007). Es ergab sich kein Vorteil durch die Kombinationstherapie. Ebenso wurde die Kombination mit Sunitinib wegen zu hoher Toxizität abgebrochen (Hutson et al. 2008).
»Small molecules« Die Medikamente dieser Gruppe richten sich gegen intrazelluläre Informationswege, die für spezifische Zellfunktionen verantwortlich sind. Besonders interessant für die Klinik sind Medikamente, die mehrere Tyrosinkinasen für verschiedene durch den HIF-1α-Weg überexprimierte Gene hemmen. Eine weitere Möglichkeit ist die Störung des mTOR-Stoffwechselwegs. mTOR ist eine Serin-Threonin-Kinase, die wesentlichen Einfluss auf das Zellwachstum und die Zellproliferation hat. Über den HIF-α-Weg beeinflusst sie auch die Angiogenese. Eine Kombination von verschiedenen Angiogenesehemmern ist daher vorstellbar. Derzeit sind in Deutschland 2 Substanzen – Sunitinib, Temsirolimus – als Erstlinientherapie und 1 Substanz – Sorafenib – als Zweitlinientherapie zugelassen. Kombinationstherapien werden in Phase I und II überprüft. Sind aber wegen der möglicherweise hohen Toxizität kritisch zu bewerten. Sorafenib ist ein RAF-Kinaseninhibitor und hemmt die Autophosphorylierung von VEGF-Isoformen 2 und 3 sowie den PDGF-Rezeptor und c-KIT. Die Angriffspunkte sind sowohl die Tumorzellen als auch die Tumorgefäße (Ratain et al. 2006). In einer Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie wurde durch Sorafenib 2×400 mg täglich eine Verlängerung der progressionsfreien Zeit bei Patienten, die Immuntherapie-refraktär waren, gezeigt (5,5 Monate vs. 2,8 Monate). Mehr als 50% der Patienten hatten signifikante Nebenwirkungen wie Fatigue, Haute-
xanthem, Hand-Fuß-Syndrom, Schmerzen und Diarrhö. 31% entwickelten Grad-3/4-Hypertonus (Escudier et al. 2007). Eine Subgruppenanalyse zeigte, dass das Alter der Patienten (<70 versus ≥70) für den Therapieerfolg und das Nebenwirkungsprofil keine Rolle spielt (Eisen et al. 2008). In einer Phase-III-Studie konnnte gegenüber Interferon-α kein Vorteil hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens gezeigt werden (Szycylik 2007). Überraschenderweise konnte in einer Dosiseskalationsstudie bei einer Dosis von 1600 mg/Tag eine Tumorremissionsrate von 50% (15% CR) bei akzeptabler Toxizität erzielt werden (Amato et al. 2007). Sunitinib ist ein Thyrosinkinaseinhibitor und greift an den VEGF-Isoformen 2 und 3 an und hemmt den PDGFR. Nachdem in Phase-II-Studien die Toxizität überprüft und eine günstige Remissionsrate gesehen wurde, erfolgte die Phase-III-Studie bei Patienten mit günstigem und mittlerem Risikoprofil nach Motzer mit klarzelligem Nierenzellkarzinom ohne Vorbehandlung (Motzer et al. 1999 2002). IFN-α 9 Mio. IE/3×/Woche wurde mit Sunitinib 50 mg/1× tgl. verglichen (Motzer et al. 2007). Die mediane progressionsfreie Zeit war für Patienten unter Sunitinib mit 11 Monaten gegenüber 5 Monate für IFN deutlich verlängert. Ebenso war die objektive Remissionsrate mit 31% gegenüber 6% signifikant höher. Das Nebenwirkungsprofil war günstig, nur 8% bzw.13% beendeten die Behandlung wegen Toxizität. Die Lebensqualität der Patienten unter Sunitinib war signifikant besser als jene unter IFN-α. Axitinib ein selektiver Inhibitor der VEGF-Rezeptoren 1, 2 und 3 wurde in einer Dosis von 2×5 mg in einer Phase-II-Studie bei Zytokinrefraktären 52 Patienten eingesetzt (Rixe et al. 2007). Die Tumorremissionsrate wurde mit 44% (4% CR) angegeben. Die mediane Remissionsdauer war 23 Monate und die progressionsfreie Zeit betrug 15,7%. Ähnlich wie bei Sunitinib beschrieben, wurden CR erst nach 8–12 Monaten beobachtet. Das Nebenwirkungsprofil entspricht jenem anderer Tyrosinkinaseinhibitoren, wobei etwa 50% der Patienten über Grad-3/4 Toxizität berichteten. Der mTOR-Inhibitor Temsirolimus wurde in einer Phase-III-Studie gegenüber IFN-α und einer Kombination von Temsirolimus und IFN-α bei Patienten mit schlechter Prognose entsprechend der Kriterien von Motzer untersucht (Hudes et al. 2006). Das Gesamtüberleben war für Patienten, die mit Temsirolimus behandelt wurden, signifkant gegenüber IFN-α verlängert (median 10,9 Monate vs. 7,3 Monate). Grad-3-Asthenie (27%), Dyspnoe (8%) und Anämie (24%) waren die wesentlichen Nebenwirkungen. Der Kombinationsarm erbrachte keine Verlängerung des Überlebens, aber eine signifkant höhere Nebenwirkungsrate.
351 21.6 · Metastasiertes Nierenzellkarzinom
Everolimus ist ein oral einnehmbarer mTOR-Inhibitor der gegenüber Placebo in einer Phase-III-Studie bei Patienten geprüft wurde, die bereits mit Sorafenib oder Sunitinib oder beides erhalten hatten (Motzer et al. 2008). Die mediane progressionsfreie Zeit war 4,0 Monate gegenüber 1,9 Monate. 8% der Patienten entwickelten eine Grad-2/3-Pneumonitis. Stomatitis, Hautveränderungen und Fatigue waren die wesentlichen anderen Nebenwirkungen (40%, 25%, 20%). Das Nebenwirkungsprofil der Tyrosinkinasen-, VEGF-Rezeptor- und mTOR-Inhibitoren ist ähnlich, aber nicht vergleichbar mit jener der üblichen Zytostatika. Fatigue, Fuß-Hand-Dermatitis, Hypertonie und Blutungen stehen im Vordergrund und führen zur Dosisreduktion und Therapieabbbruch, obwohl Grad-3/4-Nebenwirkungen eher selten sind. Hypothyreose sind ebenso wie Kardiomyozytentoxizität häufige, aber unerwartete Nebenwirkungen, die erst durch exakte Analysen erfasst wurden und die weiter hinsichtlich präventiver Maßnahmen oder Patientenselektion zu überprüfen sind (Chu et al. 2007). Hirnmetastasen sprechen gut auf die Therapie an, es kommt jedoch zu einer Häufung von intrazerebralen Blutungen mit tödlichem Ausgang (Pouessel et al. 2008). Möglicherweise kann durch eine vorangehende Bestrahlung diese Komplikation kontrolliert werden (Unnithan et al. 2007). Werden die Substanzen als Zweitlinientherapie eingesetzt, so steigt die Nebenwirkungsrate signifikant an (Wood et al. 2008). Die Verlängerung der progressionsfreien Zeit wurde vorwiegend bei Patienten mit klarzelligem Nierenzellkarzinom gezeigt. Während Temsirolimus auch bei nichtklarzelligen Tumoren wirksam ist. Subgruppenanalysen zeigten jedoch, dass Tyrosinkinase-Inhibitoren ebenfalls wirksam sind (Chourieri et al. 2008; Schrader et al. 2008). Mit zunehmendem Anteil sarkomatoider Differenzierung nimmt die Effektivität der Tyrosinkinaseinhibitoren ab (Goshayan et al. 2008). Versagt ein Tyrosinkinaseinhibitor, mTOR-Inhibitor oder Antikörper, so kann mit einem Wechsel der Substanz wiederum eine Tumorremission erzielt werden (George et al. 2007; Sablin et al. 2007; Rini et al. 2007). Die mediane progressionsfreie Zeit kann bis zu 10 Monaten betragen (Tamasker et al. 2008). Für Interferon-α wurde gezeigt, dass die Nephrektomie vor Beginn der Zytokintherapie einen Überlebensvorteil bringt. Die Mehrzahl der Patienten, die mit Tyrosinkinase-Inhibitoren oder mTOR-Inhibitoren in randomisierten Studien behandelt wurden, hatten bereits eine Tumornephrektomie. Die Indikation und Notwendigkeit der Tumornephrektomie ist daher derzeit nicht beantwortet (Miller et al. 2008; Rini u. Campbell 2007).
Thalidomid ein Medikament, das wahrscheinlich antiangionetische Wirksamkeit und seinen Platz in der Behandlung der Lepra hat. Es wurde in mehreren PhaseII-Studien beim Nierenzellkarzinom eingesetzt (Amato 2000, 2003). Thalidomid wird in einer Dosis von bis zu 400 mg/Tag alleine oder in Kombination mit IFN-α, IL-2 oder Chemotherapie eingesetzt (Amato et al. 2006; Hernberg et al. 2003). Besonders ermutigend sind die Ergebnisse in der Kombination mit IL-2. Bei 19 von 51 Patienten wurde eine objektive Remission (komplette Remission:4, partielle Remission:15) erzielt (Amato et al. 2006). Die Toxizität der Therapie ist gering mit Grad-1und -2-Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, Hypotension und Neuropathie. Als Second-line-Therapie nach vorangegangener Zytokinbehandlung hat sich Thalidomid aufgrund geringer Effektivität bei hoher Toxizität nicht bewährt.
Immuntherapie Die Rationale der Immuntherapie des Nierenzellkarzinoms liegt die Beobachtung zugrunde, dass es nach Tumornephrektomie bei bis zu 4% der Patienten zur spontanen Rückbildung von Metastasen kommt. Diese Metastasenremission wird als Folge einer Immunreaktion interpretiert, obwohl es bei diesen sporadisch beobachteten Patienten nur selten messbaren Veränderungen von Immunparametern gekommen ist (Abubakr et al. 2005; Kawai et al. 2004).
Unspezifische zyokinbasierte Immuntherapie Die systemische Applikation von Interferonen und Interleukin-2 in unterschiedlicher Dosierung, Applikation, als Monotherapie und in Kombination miteinander oder mit Zytostatika ist in der Behandlung des Nierenzellkarzinoms gut etabliert. Die Möglichkeit, die Zytokine rekombinant herzustellen, hat zu einer weiten Verbreitung der Zytokintherapie geführt. Da Zytokine die Zellteilung hemmen (IFN-α) und immunmodulatorisch wirksam sind, sollte die dadurch induzierte Tumorremission frühestens 3 Monate (bei INF-α) nach Start der Therapie beurteilt werden (Muss 1987). Es besteht eine Dosis-Wirkungs-Beziehung für die zu erwartende Tumorremission; aber ebenso ist mit steigender Dosis und/oder veränderter Applikationsform eine Zunahme der Nebenwirkungen zu beobachten. Bei der Beurteilung der Ergebnisse sind Risikofaktoren und Risikogruppen zu berücksichtigen (Elson et al. 1988; Motzer et al. 1999, 2002). Zahlreiche Phase-II-Studien zeigten, dass durch die Zytokintherapie mit Interferonen und Interleukin-2 eine Tumorremission bei einer signifikanten Anzahl von Patienten mit tolerabler Toxizität erzielt wird (Aulitzky et al.
21
352
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
1989; Fyfe et al. 1996; Muss 1987). So wurde mit IFN-α eine Tumorremission abhängig von der Patientenselektion in bis zu 26% der Fälle erreicht (Sarna et al. 1987). Komplette Tumorremissionen sind selten zu beobachten. Die mediane Dauer der Remission wird mit 6–10 Monaten angegeben (Muss 1987). Jetzt liegen Ergebnisse von Phase-III-Studien vor, die den Stellenwert der unterschiedlichen Zytokintherapieprotokolle besser beurteilen lassen. Eine Phase-III-Studie, die IFN-γ gegenüber Placebo untersuchte, ergab eine komplette Tumorremissionsrate von 3,3% (Gleave et al. 1998). Diese Remissionrate entsprach exakt jener des Placebo-Arms, so dass IFN-γ nicht mehr in der Therapie des Nierenzellkarzinoms eingesetzt wird. IFN-α wurde gegenüber Medroxyprogesteron- oder Vinblastin-Monotherapie bei Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom eingesetzt (Pyrhonen et al. 1999). In beiden Studien konnte für den IFN-Arm eine Überlebensverlängerung nachgewiesen werden. Eine CochraneAnalyse der IFN-α-Therapie zeigte eine Verlängerung des Überlebens um 3,8 Monate (Coppin et al. 2004). Interessanterweise ist die Lebensverlängerung auch bei Patienten mit niedrigem Performancestatus (KarnofskyIndex: 60–70%) nachweisbar. IL-2 wird subkutan oder intravenös appliziert. Die Toxizität der Therapie ist bei i.v. Bolusapplikation deutlich höher als bei subkutaner Gabe (Rosenberg et al. 1993; West et al. 1987), so dass sich die s.c. Gabe als ambulante Therapie mit akzeptablem Nebenwirkungsprofil etabliert hat (Atzpodien et al. 1995, 1999a, b, 2003, 2005). Der randomisierte Vergleich von IL-2-Hochdosis-i.v.Therapie mit IL-2 s.c. und IFN-α ergab eine signifikant höhere Remissionsrate für den IL-2-Arm (23,2% versus 9,9%), was sich jedoch nicht in einere signifikanten Lebensverlängerung niederschlägt. Für IL-2 liegen keine Placebo-kontrollierten Studien vor, die das Überleben als primäres Studienziel haben; allerdings wird durch IL-2 bei bis zu 20% Patienten eine lang anhaltende komplette Remission induziert, wobei die IHC-Expression C-III als ein günstiger Prognosefaktor für ein langfristiges Ansprechen beschrieben ist. Es war das Ziel zahlreicher IFN-α-Studien, in Kombination mit anderen Substanzen die Effektivität zu verbessern. So war IFN-α in Kombination mit 13-cis-Retinsäure der alleinigen IFN-Therapie hinsichtlich progressionsfreier Zeit und Gesamtüberleben signifikant überlegen (Aass et al. 2005). Die Toxizität der Kombinationstherapie war jedoch beträchtlich. 22% der Patienten beendeten die Behandlung wegen der Nebenwirkungen. Ebenso ist IFN-α kombiniert mit Vinblastin der alleinigen Vinblastin-Therapie sowohl in der Remissionsrate
als auch dem Überleben (67 versus 37 Wochen) signifikant überlegen. Die Kombination von Vinblastin und IFN war jedoch der Immunochemotherapie mit IFN-α-, IL-2und 5-FU-Therapie signifikant unterlegen (Atzpodien et al. 1995, 1999a, b, 2003, 2005). Der Überlebensvorteil für die Immunchemotherapie wurde mit 9–11 Monaten angegeben. Neri et al. (2002) haben Gemcitabine mit IFN-α und IL-2 s.c. kombiniert und erzielten eine Responserate von 28%. Das durchschnittliche Überleben wird mit 20 Monaten angegeben. Sollten sich diese Ergebnisse bestätigen, ist das Protokoll wegen der geringen Toxizität (kein Grad 3 oder 4) attraktiv. Wird IFN-α mit IL-2 kombiniert; so werden in PhaseII-Untersuchungen Remissionsraten von 10–31% angegeben (Atzpodien et al. 1995, 1999a, b, 2003, 2005; Ravoud et al. 2002). Diese additive Wirkung wurde zumindest unter Berücksichtigung der Tumorresponse in der randomisierten CRECY-Studie bestätigt (Negrier et al. 2000). Die Tumorremissionsrate für IL-2, IFN-α und IFN-α plus IL-2 betrug 6,5%, 7,5% und 18,2%. Die progressionsfreie Zeit war verlängert, aber das Gesamtüberleben nicht signifkant unterschiedlich. Die Kombination mit inhaliertem IL-2 wird bei Lungenmetastasen als zusätzliche lokale Therapie mit guten objektiven Responseraten eingesetzt (Huland et al. 1992, 1997). IFN-α und IL-2 wurden in einem 8-wöchigen Therapieprotokoll mit 5-FU (Woche 5–8) kombiniert. Die Remissionsraten für diese Immunchemotherapie werden mit 35–48% angegeben (Atzpodien et al. 1995, 1999a, b, 2003, 2005, Hofmockel et al. 1996; Tourani et al. 1998). Werden die Ergebnisse nach prognostischen Gruppen (niedriges, mittleres und hohes Risiko) unterteilt, so beträgt das mediane Überleben 32 Monate, 18 Monate und 8 Monate und ist damit signifkant unterschiedlich (Atzpodien et al. 1995, 1999a, b, 2003, 2005). Der randomisierte Vergleich von IFN-α und IL-2 gegenüber IFN-α, IL-2 und 5-FU zeigte keinen Unterschied in der progressionsfreien Zeit und im Gesamtüberleben zwischen den beiden Gruppen (Negrier et al. 1998). Überraschend war die niedrige Remissionsrate von 8,2% für die Immunochemotherapie, was möglicherweise auf eine geringere Dosis und Intensität der Therapie zurückgeführt werden kann. Dem gegenüber stehen die Ergebnisse einer 3-armigen Studie, die IFN-α plus Vinblastin mit IFN-α, IL-2 plus 5-FU und IFN-α, IL-2, 5-FU plus 13-Cis-Retinsäure verglich (Atzpodien et al. 1995, 1999a, b, 2003, 2005). In allen Endpunkten war die IFN-α- und IL-2-basierte Immunchemotherapie der IFN-α- plus Vinblastin-Therapie überlegen: die Remissionsrate war 31% versus 20%, die progressionsfreie Zeit wurde um 2 Monate und die Überlebenszeit um 11 Monate verlängert.
353 21.6 · Metastasiertes Nierenzellkarzinom
Berücksichtigt man die sich teilweise widersprechenden Ergebnisse und die unterschiedlichen Patientenpopulationen, so ist derzeit IFN-α in Kombination mit IL-2 wahrscheinlich einer alleinigen IFN-α-Therapie überlegen und sollte zukünftig als Standardarm der medikamentösen Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms betrachtet werden. Die Toxizität der Behandlung ist bedeutend. An Grad-3- und -4-Nebenwirkungen werden Anorexie, Übelkeit und Erbrechen, Schüttelfrost und Hypotension beschrieben (Atzpodien et al. 1995, 1999a, b, 2003, 2005). Trotzdem ist bei guter Patientenselektion und entsprechender supportiver Therapie eine ambulante Durchführung der Therapie möglich und ein Therapieabbruch selten. Als Kontraindikationen zur Zytokintherapie gelten die Hirnmetastasierung, Zustand nach Transplantation, immunsuppresive Therapie aus anderen Gründen, floride Infekte, Schwangerschaft und Stillzeit.
Spezifische Immuntherapie Tykkä et al. (1978) behandelten Patienten bei metastasiertem Nierenzellkarzinom nach Tumornephrektomie mit autologen Tumorvakzinen und Candidaantigen als Adjuvans. Bei 6 von 16 Patienten wurde eine komplette Tumorremission mit tumorfreiem Langzeitüberleben erzielt (Talberg et al. 1985). Andere Arbeitsgruppen konnten diese Ergebnisse nicht reproduzieren (Fowler 1986). Die Kombination mit IFN-α und IL-2 wurde ebenfalls in einer prospektiven Studie mit gutem Erfolg eingesetzt (Pomer et al. 1995). Die Schwierigkeiten in der Tumoraufbereitung, die Fragen des Adjuvans und gesetzliche Restriktionen führten in Deutschland jedoch dazu, dass dieser Therapieansatz nicht weiter verfolgt wird. Aus autologem Tumormaterial können Komplexe von Heatshock-Proteinen (HSPPC-96) und Tumorantigenen gewonnen werden. Diese Komplexe induzieren zytolytische T-zellen. Bei 3 von 61 Patienten wurde durch diese individuelle Vakzine eine objektive Tumorremission erzielt (1 komplette Remission, 2 partielle Remissionen), die mediane progressionsfreie Zeit betrug etwa 4 Monate (Assikis et al. 2003). Derzeit liegt eine positiv randomisierte Vakzinestudie mit adjuvanter Zielsetzung vor (Jocham et al. 2004). In dieser Studie erhielten Patienten mit pT2–3 pN0–3 M0 nach Nephrektomie ein autologes Tumorlysat des Primärtumors intradermal verabreicht. Die so behandelten Patienten hatten nach 5 Jahren gegenüber der Kontrollgruppe eine signifikant längere tumorfreie Überlebenszeit mit einer Hazard-Ratio von 0,48. Eine Bestätigung dieser Ergebnisse durch weitere Studien liegt bisher noch nicht vor.
Den dentritischen Zellen kommt eine wichtige Funktion in der Antigenprozessierung, Antigenpräsentation und nachfolgender Interaktion mit den Zellen des Immunsystems zu (Berntsen et al. 2006). Es ist daher logisch, diese Zellen für die Immuntherapie auszunutzen. Da die Anzahl der bisher mit dem Nierenzelltumor assoziierten Antigene begrenzt ist, werden dentritische Zellen meist mit Tumorzelllysaten oder Tumorzellen in vitro beladen und mit einem Kostimulator meist intradermal appliziert. Bisherige Phase-II-Studien zeigten vereinzelt Tumorremissionen, im Wesentlichen aber meist nur eine Kranheitsstabilisierung (Höltl et al. 2002; Märten et al. 2003). Diese Ergebnisse von Phase-I/II-Studien unterscheiden sich aber nicht von jenen, die bereits von Talberg et al. (1985) mit autologen Tumorvakzinen erreicht wurden. Ein randomisierter Vergleich liegt nicht vor, daher ist diese Therapie weiterhin als experimentell einzustufen. Die vakzineinduzierte T-Zellantwort wird durch regulatorische T-Zellen gehemmt. Die Tregs können durch Toxine eliminiert werden. Erste Untersuchungen zeigen, dass dadurch wirklich die T-Zellantwort verbessert werden konnte (Dannull et al. 2005). Hier eröffnet sich möglicherweise ein neuer Weg, um die Vakzination zum klinischen Erfolg zu bringen. Tumorzelllysate werden auch zur Stimulation von Lymphozyten in Lymphknoten verwendet (Chang et al. 2003). Die anschließend aus den Lymphknoten gewonnenen Zellen werden in vitro mit IL-2 expandiert und wiederum in die Patienten rückinfundiert werden. Es wurden anhaltende komplette und partielle Tumorremissionen (9 von 39 Patienten) beschrieben. Eine Überprüfung dieser Ergebnisse steht aus. Autologe dentritische Zellen wurden mit Peptiden von MUC-1 beladen und führten bei gleichzeitiger IL-2Gabe bei 3 von 20 Patienten zur Tumorremission (Wierecky et al. 2006). Dieser therapeutische Ansatz hat den Vorteil der definierten Antigenpräsentation durch die dendritischen Zellen und der mehrfachen Wiederholbarkeit. Hier steht ebenso wie für die sehr positiven Ergebnisse von Chang et al. (2003) die Überprüfung durch andere Untersucher aus. Die adoptive Immuntherapie mit in vitro expandierten Immunzellen, die aus peripherem Blut (LAK-Zellen) oder dem autologen Tumor (TIL-Zellen) gewonnen und dann reinfundiert werden, galt lange Zeit als möglicher Durchbruch in der Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms (Belldegrun et al. 1989; Rosenberg et al. 1986, 1987, 1993). Randomisierte Studien zeigten jedoch keinen Vorteil gegenüber alleiniger Zytokintherapie (McCabe et al. 1991; Bajorin et al. 1990; Rosenberg
21
354
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
et al. 1986, 1987, 1993). Die Anreicherung von CD8tumorinfiltrierenden Zellen sollte zur Verbesserung der Ergebnisse führen (Taneja et al. 1994). Die Komplexität der Zellaufbereitung und die unzureichenden Ergebnisse führten dazu, dass diese Therapie nicht weiter verfolgt wurde (Figlin et al. 1997). Die positiven Effekte, die unter LAK- und TIL-Zelltherapie beobachtet wurden, werden vorwiegend den Zytokinen zugeschrieben (Negrier et al. 1998, 2000). Die allogene Stammzelltransplantation führt aufgrund einer Graft-versus-host-induzierten T-Zellantwort zur Tumorremission (Drachenberg u. Childs2003, Rini et al. 2000, 2002). Diese Therapie ist in der Behandlung der Leukosen etabliert. Die Morbidität und Mortalität sowie die notwendige HLA-Kompatibilität haben die Übertragung dieser Therapie auf Patienten mit soliden Krebserkrankungen bisher eingeschränkt. Die Dosisreduktion der Chemotherapieprotokolle zur Konditionierung des Knochenmarks führte zur Absenkung der Mortalität auf 10–20% (Drachenberg u. Childs 2003). Trotz der hohen Remissionsraten von etwa 45% ist es jedoch fraglich, ob dieser Therapieansatz weiter verfolgt werden sollte. Erst die Entwicklung von Medikamenten zur selektiven Immunsuppression könnte die akute GVH-Reaktion vermindern und die Toxizität der Behandlung tolerabel machen.
Adjuvante Therapie Durch die medikamentöse Therapie mit »small molecules« wurden in der neoadjuvanten Situation eindrucksvolle Tumorremissionen bei lokal fortgeschrittenen Tumoren erzielt, die eine komplette Tumorresektion ermöglichten (Baccala et al. 2007; Bex et al. 2008; di Silverio et al. 2008; Karakiewicz et al. 2008). Die induktive Therapie erhöht die die Morbidität im Vergleich zur primären Nephrektomie nicht (Margulis et al. 2008). Die Größenreduktion beträgt bis zu 54% (im Mittel 14,5%) der Ausgangsgröße (Rathmell et al. 2008). Bis zum Vorliegen entsprechender Studien ist jedoch der neoadjuvante Therapieansatz als individueller Heilversuch anzusehen. Die zytokinbasierte adjuvante Therapie hat keinen Vorteil hinsichtlich einer Verlängerung des progressionsfreien und krebsspezifischen Überlebens erbracht (Messing et al. 2003; Atzpodien et al. 2005). Möglicherweise kann bei Patienten mit gutem Risikoprofil durch aktive spezifische Immuntherapie ein positiver Effekt erzielt werden (Jocham et al. 2004). Phase-III-Studien mit Tyrosinkinase-Inhibitoren wurden initiiert. Eine entsprechende Risikostratifizierung war dabei neben der Effektivität der Substanzen eine wesentliche Voraussetzung (Galfiano et al. 2008; Zismann et al. 2002).
21.6.4 Chemotherapie
Die systemische Chemotherapie hat beim metastasierten Nierenzellkarzinom eine geringe Effektivität. Komplette Tumorremissionen sind selten, und partielle, kurzzeitige Tumorremissionen werden bei etwa 6–17% der Patienten erzielt (Amato 2000, 2003; 2000, 2002; Rini et al. 2000, 2002). Die bisher am häufigsten in Kombination mit Zytokinen eingesetzten Zystostatika sind 5-FU und Vinblastin, welche als Monochemotherapie nur eine geringe Ansprechrate von bis zu 15% aufweisen (Hrushesky et al. 1988, Murphy et al. 1994). Allerdings konnten diese relativ guten Ansprechraten in einer Phase-III-Studie von Vinblastin gegenüber Vinblastin und IFN-α mit nur 2% objektiver Tumorremission nicht nachvollzogen werden (Pyrhonen et al. 1996). Gemcitabine wurde in Phase-II-Studien in Kombination mit Zytokinen und/oder anderen Zytostatika (Capecitabine, 5-FU, Oxiplatin, Cisplatin) verwendet (de Mulder et al. 1996; Rohde et al. 1998; George et al. 2002; Rini et al. 2000, 2002; Waters et al. 2004). Objektive Remissionsraten waren in bis zu 21% erzielt worden. Taxane, als Monochemotherapie eingesetzt, waren ohne signifikanten Effekt (Bruntsch et al. 1994). Das klarzellige Nierenzellkarzinom wird deshalb häufig als chemoresistent bezeichnet (Stadler et al. 2003). Mögliche Gründe dafür sind die Niederregulierung der Topoisomerase-2 und die Überexpression von Gluthationtransferase. Ebenso dürften membrangebundene Faktoren wie das p-170 für die Resistenz verantwortlich sein. Anders dürfte es sich jedoch bei den sarkomatoiden Varianten und rasch progredienten Tumoren verhalten. So wurde mit der Kombination von Gemcitabine und Doxorubicin bei 10 von 18 Patienten eine objektive Tumorremissionen (2 komplette, 5 partielle Remsionen, 3-mal »mixed response«) erzielt (Nanus et al. 2004). Dazu ähnlich ist die Tatsache, dass Patienten mit Ductus-Bellini-Karzinom erfolgreich mit Chemotherapieprotokollen behandelt werden können, die üblicherweise beim Übergangszellkarzinom eingesetzt werden (Fakhrai et al. 2005; Milowsky et al. 2002; Peyromaure et al. 2003).
21.6.5 Radiotherapie
Die Radiotherapie hat sich als palliative Therapie bei Knochenmetastasen etabliert. Die Kombination von Immunchemotherapie und Radiotherapie führt bei Knochenmetastasen zu kompletten Tumorremissionen (Brinkmann et al. 2005). Dieser mögliche synergistische
355 Literatur
Effekt sollte bei nicht resektablen Knochenmetastasen ausgenutzt werden. Hirnmetastasen können abhängig von der Anzahl mit γ-Knife-Bestrahlung, Ganzhirnbestrahlung oder einer Kombination beider Methoden behandelt werden. Häufig handelt es sich jedoch nur um eine palliative Therapie mit einem medianen Überleben von etwa 6 Monaten (Andrews et al. 2004; Pomer et al. 1995). Ein signifikanter Überlebensvorteil konnte mit der Kombination von Ganzhirnbestrahlung mit der γ-Knife-Bestrahlung bei Patienten mit solitären Metastasen erzielt werden (Andrews et al. 2004).
21.7
Nachsorge
Durch die Nachsorge nach kurativer Therapie soll das lokale Tumorrezidiv und/oder die Metastasierung frühzeitig erkannt werden. In beiden Situationen kann durch Resektion und/oder medikamentöse Therapie ein positiver Effekt auf den weiteren Krankheitsverlauf erreicht werden. Die Art der Erstbehandlung (Nephrektomie oder Tumorresektion), prognostische Faktoren und zu erwartende Lokalisation des Tumorrezidivs beeinflussen die Art, Intensität und Dauer der Nachsorge. Verschiedene Parameter wie das TNM-System, der Tumortyp, der Tumorgrad, Tumorgröße, histologisch nachweisbare Nekrose und Gefäßinvasion, Symptome und Performancestatus ermöglichen die Erstellung von Nomogrammen oder die Gruppenbildung, die das Rezidivrisiko abbilden sollen (Cindolo et al. 2005; Kattan et al. 2001; Pantuck et al. 2001, 2003; Yaycioglu et al. 2001). Cindolo et al. (2005) zeigten an einem großen Krankengut, dass sowohl mit dem Nomogramm nach Kattan als auch der UISS-Gruppenbildung das Rezidivrisiko mit einem Korrelationsindex von etwa 0,7 vorhergesagt werden kann. Ähnlich gute Korrelationen (0,82) wurden von Sorbellini et al. (2005) mit dem am MSKCC entwickelten Nomogramm gezeigt. Die Nachsorge für Patienten nach elektiver lokaler Tumorresektion wird sich auf die betroffene Niere und die kontralaterale Niere konzentrieren, da das lokale Rezidiv in bis zu 10% auftreten kann (Hafez et al. 1999; van Poppel et al. 1991), während die Metastasierung in <1% zu beobachten ist und überwiegend in der Lunge auftritt. Die Nachsorge erfolgt durch Sonographie und Thoraxröntgenaufnahme, Eine CT-Untersuchung wird initial und dann in größeren Abständen bei erschwerten Sonographiebedingungen durchgeführt. Patienten mit hereditären Erkrankungen wie vonHippel-Lindau-Erkrankung, familiärer Häufung oder jugendlichen Alters werden lebenslang wegen des erhöhten
Risikos eines metachronen Nierentumors nachgesorgt (Klatte et al. 2007). Besonderheiten wie metachron auftretende Tumoren in anderen Organen sind bei der tuberösen Sklerose zu beachten. Ebenso sollte das signifikant erhöhte Risiko des Prostatakarzinoms bei Patienten mit sporadischem Nierenzellkarzinom die regelmäßige PSABestimmung veranlassen. Nach Tumornephrektomie wird die Nachsorge abhängig von prognostischen Faktoren oder entsprechend einem Nomogramm durchgeführt, welches das Rezidivrisiko anzeigt. Anfänglich erfolgt die Kontrolle 3-monatlich und wird nach 3 Jahren auf Intervalle von 6 Monaten und 1 Jahr (nach 5 Jahren) ausgedehnt. Das Zielgebiet der Nachsorge sind die häufigsten Metastasierungslokalisationen wie Lunge, Leber und Knochen. Thoraxröntgenaufnahme, Sonographie der Leber und des Abdomens und alkalische Phosphatase und bei Symptomen Knochenszintigraphie sind die empfohlenen Untersuchungen. Bei T3- und T4-Tumoren kann die Sonographie durch das CT alternierend ergänzt werden. Die Dauer der Nachsorge beträg für Patienten mit niedrigem Risiko zumindestens 5 Jahre (Lam et al. 2006), während Patienten mit höherem Risiko 10 Jahre und länger nachgesorgt werden sollen.
Literatur Aass N, De Mulder PHM, Mickisch GHJ, Mulders P, van Oosterom AT, van Poppel H, Fossa SD, de Prijck L, Sylvester RJ (2005) Randomized Phase II/III Trial of Interferon Alfa-2a with and without 13-cis-retinoic acid in patients with progressive metastatic renal cell carcinoma. The European Organisation for research and treatment of cancer Genito-Urinary Tract Cancer Group (EORTC 30951). J Clin Oncol 23: 4171–4178 Abukora F, Nambirajan T, Albqami N, Leeb K, Jeschke S, Gschwendtner M, Janetschek G (2005) Laparoscopic nephron sparing surgery: evolution in a decade. Eur Urol 47: 488–493 Ahrar K, Martin S, Wood CG, Wallace MJ, Gupta S, Madoff DC, Rao S, Tannir NM, Jonasch E, Pisters LL, Rozner MA, Kennamer DL, Hicks ME: Percutaneous radiofrequency ablation of renal tumors: technique, complications and outcome. J Vasc Interv Radiol 2005; 16: 679–688 Akubakr YA, Ia-Hsu C, Redman B (1994) Spontaneous remission of renal cell carcinoma: a casse report and immunological correlates. J Urol 152: 156–157 Alexander RB, Linehan WM (1993) Editorial comment. J Urol 150: 1390 Althausen P, Althausen A, Jennings LC, Mankin HJ (1997) Prognostic factors and surgical treatment of osseous metastases secondary to renal cell carcinoma. Cancer 80: 1103–9 Alves A, Adam R, Majno P et al. (2003) Hepatic resection fo metastatic renal tumors: is it worthwhile? Ann Surg Oncol 10: 705–710 Amato RJ, Morgan M, Rawat A (2006) Phase I/II study of thalidomide in combination with interleukin-2 in patients with metastatic renal cell carcinoma. Cancer 106 (7): 1498–1506 Amato RJ (2000) Chemotherapy for renal cell carcinoma. Semin Oncol 27: 177–186 Amato RJ (2003) Thalidomide therapy for renal cell carcinoma. Crit Rev Oncol Hematol 46: 59–65
21
356
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
Amato RJ, Harris P, Dalton M, et al. (2007) A phase II trial of intrapatient dose-escaleted sorafenib in patients (pts) with metastatic renal cell cancer /MRCG). Proc Am Soc Clin Oncol J Clin Oncol 25: 5026 Amedola MA, King IR, Pollack HM, Gefter W, Kressel HY, Wein AJ (1990) Staging of renal carcinoma using magnetic resonance imaging at 1.5 Tesla. Cancer 66: 40–44 Anast JW, Stoller ML, Meng MV, Master VA, Mitchell JA, Bassett WW, Kane CJ (2004) Differences in complications and outcomes for obese patients undergoing laparoscopic radical, partial or simple nephrectomy. J Urol 172 (6 Pt 1): 2287–91 Anderson CM, Pusztai L, Palmer JL, Cabanillas, F, Ellerhorst JA (1998) Coincident renal cell carcinoma and non Hodgkin’s lymphoma: the M.D. Anderson experience and review of the literature. J Urol 159: 714 Andrews DW, Scott CB, Sperduto PW et al. (2004) Whole brain radiation therapy with or without sterotactic readiosurgery boost for patients with one to three brain metastases. phase III results of the RTOG 9508 randomised trial. Lancet 363: 1665–1672 Andrews DW, Scott CB, Sperduto PW, Flanders AE, Gaspar LE, Schell MC, Werner-Wasik M, Demas W, Ryu J, Bahary JP, Souhami L, Rotman M, Mehta MP, Curran WJ Jr. (2004) Whole brain radiation therapy with or without stereotactic radiosurgery boost for patients with one to three brain metastases: phase III results of the RTOG 9508 randomised trial. Lancet 363 (9422): 1665–72 Angervall I, Wahlquist I (1978) Follow-up and prognosis of renal carcinoma in a series operates by perifascial nephrectomy combined with adrenalectomy and retroperitoneal lymphadenectomy. Eur Urol 4: 13 Aso Y, Homma Y (1992) A survery on incidental renal cell carcinoma in Japan. J Urol 147: 340–343 Assikis VJ, Daliani D, Pagliaro L et al. (2003) Phase II study of an autologous tumor derived heat shock protein-peptide complex vaccine (HSPPC-96) for patients with metastatic renal cell carcinoma (mRCC). Prog Am Soc Clin Oncol 22: 286 (Abstr 1552) Atwell TD, Farrell MA, Callstrom MR, Charboneau JW, Leibovich BC, Patterson DE, Chow GK, Blute ML (2007) Percutaneous cryoablation of 40 solid renal tumors with US guidance and CT monitoring: initial experience. Radiology 243: 267–283 Atwell TD, Farrell MA, Leibovich BC, Callstrom MR, Chow GK, Blute ML, Charboneau JW (2008) Percutaneous renal cryoablation: experience treating 115 tumors. J Urol 179: 2136–2141 Atzpodien J, Buer J, Sel S, Jansen J, Oevermann K (1999) Chemoimmunotherapy in the systemic treatment of advanced renal carcinoma. Urologe A 38 (5): 474–478 Atzpodien J, Hänninen EL, Kirchner H et al. (1995) Multiinstitutional home-therapy trial of recombinant interleukin-2 and I nterferon alfa-2 in progressive metastatic renal cell carcinoma. J Clin Oncol 13 (2): 497–501 Atzpodien J, Kirchner H, Hänninen EL et al. (1999) European studies of interleukin-2 in metastatic renal cell carcinoma. Semin Oncol 20 (Suppl 9): 22–26 Atzpodien J, Kirchner H, Jonas U et al. (2004) Interleukin-2 and interferon alfa-2a-bases immunotherapy in advances renal cell carcinoma: a prospective randomized trial of the German Cooperative renal carcinoma chemoimmunotherapy group. J Clin Oncol 22 (7): 1188–1194 Atzpodien J, Körfer A, Franks CR, Pliwoda H, Kirchner H: Home therapy with recombinant interleukin-2 and interferon-alpha-2b in advanced human malignancies. Lancet 1990; 335: 1509–1512 Atzpodien J, Royston R, Wandert T, Reitz M and DGCIN – German Cooperative Renal Carcinoma Chemo-Immunotherapy Trials Group
(2003) Metastatic renal carcinoma comprehensive prognostic system. B J of Cancer 88: 348–353 Atzpodien J, Schmitt E, Gertenbach U, Fornara P, Heynemann H, Maskow A, Ecke M, Wöltjen HH, Jentsch H, Wieland W, Wandert T, Reitz M, DGCIN- German Cooperative Renal Carcinoma ChemoImmunotherapy Trials Group (2005) Adjuvant treatment with interleukin-2 and interferon-alpha2a-based chemoimmunotherapy in renal cell carcinoma post tumour nephrectomy: results of a prospectively randomised trial of the German Cooperative Renal Carcinoma Chemoimmunotherapy Group (DGCIN). B J of Cancer 92: 843–846 Au, KS, Hebert A, Roach ES, Northrup H (1999) Complete inactivation of the TSC2 gene leads to formation of hamartomas. Am J Hum Genet 65: 1790 Aulitzky W, Gastl G, Aulitzky WE et al.: Successful treatment of metastatic renal cell carcinoma with a biologically active dose of IFN-γ. J Clin Oncol 1989; 7: 1875–1884 Baccala A Jr, Hedgepeth R, Kaouk J, Magi-Galluzzi C, Gilligan T, Fergany A (2007) Pathological evidence of necrosis in recurrent renal mass following treatment with sunitinib. Int J Urol 14: 1095–1097 Bajorin D, Sell KW,Richard JM et al. (1990) A kine-activated killer cells versus interleukin-2 alone in renal cell carcinoma [abstract 1106]. Proc Am Assoc Cancer Res 31: A 1106 Bander NH (1987) Monoclonal antibodies: state of the art. J Urol 137: 603–612 Barama A, St-Louis G, Nicolet V, Hadjeres R, Daloze P (2005) Renal cell carcinoma in kidney allografts: a case series from a single center. Am J Transplant 5 (12): 3015–8 Becker F, Siemer S, Hack M, Humke U, Ziegler M, Stöckle M (2006) Excellent long-term cancer control with elective nephron-sparing surgery for selected renal cell carcinomas measuring more than 4 cm. Eur Urol 49: 1058–1064 Bectol RE, Zagorie RJ (1997) Imaging approach to staging of renal cell carcinoma. Urol Clin North Am 24: 507–522 Bedke J, Pritsch M, Buse S, Jakobi H, Elsaesser KH, Pahernik S, Haferkamp A, Hofenfellner M (2008) Prognostic Stratification of localized renal cell carcinoma by tumor size. J Urol 180: 62–67 Beisland C, Talleraas O, Bakke A, Nordstein J (2006) Multiple primary malignancies in patients with renal cell carcinoma: a national population-based cohort study. BJU Int 698–702 Belldegrun A, Koo AS, Bochner B, Figlin R, de Kernion JB (1990) Immunotherapy for advanced renal cell cancer the role of radical nephrectomy. Eur Urol 18 (2): 42–45 Belldegrun A, Pierce W, Kaboo R et al. (1993) Interferon-alpha primed tumor infiltrating lymphocytes combined with interleukin-2 and interferon-alpha as therapy for metastatic renal cell cardinoma. J Urol 150: 1384–1390 Belldegrun A, Webb DF, Austin III HA, Steinberg SM, Linehans WM, Rosenberg SA (1989) Renal toxicity of interleukin-2 administration in patients with metastatic renal cell cancer: effect of pretherapy nephrectomy. J Urol 141–499–503 Benichou J, Chow W-H, McLaughlin JK, Mandel JS, Fraumeni JF Jr. (1998) Population attributable risk of renal cell cancer in Minnesota. Am J Epidemiol 14: 424–430 Berdjis N, Hackenberg OW, Zastrow S, Oehlschläger S, Novotny V, Wirth MP (2006) Impact of resection margin status after enphron sparing surgery for renal cell carcinoma. BJU International 97: 1208–1201 Berg-Schlosser V (1998) Radiologische Diagnostik maligner Nierentumoren. Dtsch Ärztebl 85: 390–394 Berntsen A, Geertsen PF, Svane IM (2006) Therapeutic dendritic cell vaccination of patients with renal cell carcinomas. Eur Urol 50: 34–43
357 Literatur
Bex A, Blank C, Horenblast S, Haaren J (2006) Downsizing of unresectable primary metastatic renal cell cancer by sunitinib. A retrospective study. ASCO GU 8; 394 Boorjian SA, Sengupta S, Blute ML (2007) Renal cell carcinoma: vena caval involvement. BJU Int 99: 1239–1244 Bjornsson J, Short MP, Kwiatkowski DJ, Henske EP (1996) Tuberous sclerosis-associated renal cell carcinoma. Clinical, pathological and genetic features. Am J Pathol 149: 1201 Blom JH, van Poppel H, Marechal JM, Jacqmin D, Sylvester R, Schroder FH, de Prijck L (1999) Radical nephrectomy with and without lymph node dissection: preliminary results of the EORTC randomized phase III protocol 30881. EORTC Genitourinary Group. Eur Urol 36: 570–575 Bloom DA, Kaufmann JJ, Smith RB (1981) Late recurrence of renal tubular carcinoma. J Urol 126: 546–648 Blute ML, Leibovich BC, Lohse CM, Cheville JC, Zincke H (2004) The Mayo Clinic experience with surgical management, complications and outcome for patients with renal cell carcinoma and venous tumour thrombus. BJU International 94: 33–41 Bodmer et al. (2002) Understanding familial and non-familial renal cell cancer. Hum Mol Genet 11:2489–2498 Brausi MA, Gavioli M, de Luca G, Verrini G, Peracchia GC, Simonini GL, Viola M (2007) Retroperitoneal lymph node dissection (RPLD) in conjunction with nephroureterectomy in the treatment of infiltrativi transitional cell carcinoma (TCG) of the upper urinary tract: Impact of Survival. Eur Urol 52: 1414–1420 Brenner H, Stegmaier C, Ziegler H (2005) Long-term survival of cancer patients in Germany achieved by the beginning of the third millennium. Ann Oncol 16 (6): 981–6 Bretan PN, Busch MP, Hricak H (1986) Development of a acquired renal cysts an renal cell carcinoma. Cancer 57: 1871–1879 Brinkmann OA, Bruns F, Gosheger G, Micke O, Hertle L (2005) Treatment of bone metasases and local recurrence from renal cell carcinoma with immunochemotherapy and radiation. World J Urol 23 (3): 185–90 Brkovic D, Riedasch G, Waldherr R, Röhl I, Staehler G (1994) Lokale Rezidive nach orgenerhaltender Nierentumorchirurgie. Urologe A 33: 104–109 Brunelli M, Eble JM, Zhang S, Martignoni G, Delahunt B, Cheng L (2004) Eosinophilic and classis chromophobe renal cell carcinomas have similar frequent losses of multiple chromosomes from among chromosomes 1, 2, 6, 10 and 17, and this pattern of genetic abnormality is not present in renal oncocytoma. Mod. Pathol 18: 161–169 Bruno JJ, Snyder ME, Motzer RJ, Russo P (2006) Renal cell carcinoma local recurrences: impact of surgical treatment and concomitant metastases on survival. BJU International 97: 933–938 Bruntsch U, Heinrich B, Kaye SB et al. (1994) Docetaxel (Taxotere) in advanced renal cell cancer. A phase II trial of the EORTC Early Clinical Trials Group. Eur J Cancer 30A: 1067–1067 Bülow H, Sebeikat D, Demetriou D (1991) Ist die Adrenalektomie bei der Tumornephrektomie immer erforderlich? Urologe A 30: 341–343 Campbell SC, Novick AC, Herts B, Fischler DF, Meyer J, Levin HS et al. (1997) Prospective evaluation of fine needle aspiration on small, solid renal masses: accuracy and morbidity. Urology 50: 25 Canfield SE, Kamat AM, Sanchez-Ortiz RF, Detry M, Swanson DA, Wood CG (2006) Renal cell carcinoma with nodal metastases in the absence of distant metastatic disease (clinical stage TxN1–2M0): the impact of aggressive surgical resection on patient outcome. J Urol 175 (3 Pt2): 864–9 Carini M, Seli C, Barbanti G, Iapini A, Turini D, Costatini A (1988) Sonservative surgical treatment of renal cell carcinoma: clinical experience and reappraisal of indications. J Urol 140: 725–731
Carl P, Klein U, Gebauer A, Schmiedt E (1977) The value of lymphography for the TNM classification of renal carcinoma. Eur Urol 3: 286–288 Castilla EA, Liou LS, Abrahams NA (2002) Prognostic importance of resection margin after nephron-sparing surgery for reanl cell carcinoma. Urology 60: 993–997 Cestari A, Guazzoni G, Dell’Acqua V, Nava L, Gardone G, Balconi G, Naspro R, Montorsi F, Rigatti P (2004) Laparoskopic cryoablation of solid renal masses: intermediate term followup. J Urol 173: 1267–1270 Chang AE, Li Q, Jiang G, Sayre DM, Braun TM, Redman BG (2003) Phase II trial of autologous tumor vaccination, anti-CD3-activated vaccine-primed lymphocytes, and interleukin-2 in stage IV renal cell cancer. J Clin Oncol 21 (5): 884–890 Chawla SN, Crispen PL, Hanlon AL, Greenberg RE, Chen DYT, Uzzo RG (2006) The natural history of observed enhancing renal masses: meta analysis and review of the world literature. J Urol 175: 425–431 Chen F, Kishida T, Yao M, Hustad T, Glavac D. Dean M, Gnarra JR, Orcutt ML, Duh FM, Glenn G, Green J, Hsia YE, Lamiell J, Li H, Wei MH, Schmidt L, Tory K, Kuzmin I, Stackhouse T, Latif F, Linehan WM, Lerman M, Zbar B (1995) Germline mutations in the Von HippelLindau disease tumor suppressor gene: correlations with phenotype. Human Mutation 5: 66–75 Chen WS, Farrow GM, Zincke H (1991) The incidence of multientricity in renal cell carcinoma. J Urol 146: 1221–1223 Choueiri TK, Garcia JA, Elson P, et al. (2007) Clinical factors associated with outcome in patients with metastatic clear-cell renal cell carcinoma treated with vascular endothelial growth factor-targeted therapy. Cancer 110: 543–550 Choueiri TK, Baz RC, McFadden CM, Khasawneh M, Karam MA, Kelly M, Hussein MA (2008) An association between renal cell carcinoma and multiple myeloma: a case series and clinical implications. BJU Int 101(6) 712–715 Choueiri TK, Plantade A, Elson P, Negrier S et al. (2008) Efficacy of sunitinib and sorafenib in metastatic papillary and chromophobe renal cell carcinoma. J Clin Oncol 26: 127–131 Chow WH, Devesa SS, Warren JL, Fraumeni JF (1999) Rising Incidence of renal cell cancer in the United States. Jama 281: 1628–31 Chu TM, Rupnick MA, Kerkela R, et al. (2007) Cardiotoxicity associated with tyrosine kinase inhibitor sunitinib. Lancet 370:2011–2019 Choyke PL, Glenn G, Walther MM et al. (2003) Hereditary renal cancers. Radiology 22: 33–46 Cindolo L, Patard JJ, Chiodini P, Schips L, Ficarra V, Tostain J, de La Taille A, Altieri V, Lobel B, Zigeuner RE, Artibani W, Guillé F, Abbou CC, Salzano L, Gallo C (2005) Comparison of predictive accuracy of four prognostic models for nonmetastatic renal cell carcinoma after nephrectomy: a multicenter European study. Cancer 104: 1362–71 Clark JI, Atkins MB, Urba WJ, Creech S, Figlin RA, Dutcher JP, Flaherty L, Sosman JA, Logan TF, White R, Weiss GR, Redman BG, Tretter CPG, McDermott D, Smith JW, Gordon MS, Margolin KA (2003) Adjuvant high-dose bolus interleukin-2 for patients with high-risk renal cell carcinoma: a cytokine working group randomized trail. J Clin Oncol 21 (6): 3133–3140 Cohen AJ, Frederick P, Berg S, Marchetto DJ, Tsai S, Jacobs SC, Brown RS (1979a) Hereditary renal-cell carcinoma associated with a chromosomal translocation. N Engl J Med 13: 592–5 Cohen AJ, Li FP, Berg S et al. (1979b) Hereditary renal cell carcinoma ssociated with a chromosome translocation. N Engl J Med 301: 592 Cohen D, Zhou M (2005) Molecular genetics of familial renal cell carcinoma syndromes. Clin Lab Med 25 (2): 259–77
21
358
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
Cooper CS, Cohen MB, Donovan JF (1996) Splenectomy complicating left nephrectomy. J Urol 155: 30–36 Coppin C, Porzsolt F, Awa A, Kumpf J, Goldman A, Wilt T (2004) Immunotherapy for advances renal cell cancer. Cochrane Database System Rev 3: CD001425 Corman JM, Penson DF, Hur K, Khuri SF, Daley J, Henderson W, Krieger JN (2001) Comparison of complications after radical and partial nephrectomy: results from the National Veterns Administration Surgical Quality Improvement Program. BJU Int 88 (1): 126 Crispen PL, Uzzo RG (2007) The natural history of untreated renal masses. BJU Int 99: 1203–1207 Czenne K, Hemminki K (2003) Familial papillary renal cell tumors and subsequent cancers: a nationwide epidemiological study from Sweden. J Urol 169: 1271–1275 Dall’Oglio MF, Antunes AA, Sarkis AS, Crippa A, Leite KR, Lucon AM, Srougi M (2007) Microvascular tumour invasion in renal cell carcinoma: the most important prognostic factor. BJU Int 100: 552–555 Dalla-Palma L, Pozzi-Mucelli F, di Donna A, Pozzi-Mucelli RS (1990) Cystic renal tumors: US and CT findings. Urol Radiol 12: 67–73 Dannull J, Su Z, Rizzieri D, Yang BK, Coleman D, Yancey D, Zhang A, Dahm P, Chao N, Gilboa E, Vieweg J (2005) Enhancement of vaccine-mediated antitumor immunity in cancer patients after depletion of regulatory T cells. J Clin Invest 115 (12): 3623–33 Dash A, Vickers AJ, Schachter LR Bach AM, Snyder ME, Russo P (2006) Comparison oft outcomes in elective partial vs radical nephrectomy for clear cell renal cell carcinoma of 4–7cm. BJU International 97: 939–945 De Baere T, Risse O, Kuoch V et al. (2003) Adverse events during radiofrequency treatment of 582 hepativ tumors. AJR Am J Roentgenol 181: 695–700 De Forges A, Rey A, Klink M, Ghosn M, Kramar A, Droz JP (1988) Prognostic factors of adult metastatic renal carcinoma: a multivariate analysis. Semin Surg Oncol 4 (3): 149–154 De Mulder PH, Weissbach L, Jakse G, Osieka R, Blatter J (1996) Gemcitabine: a phase II study in patients with advanced renal cancer. Cancer Chemother Pharmacol 37: 491–495 Dechet CB, Zincke H, Sebo TJ, King BF, LeRay AJ, Farrow GM et al. (2003) Prospective analysis of computerized tomography and needles biopsy with permanent sectioning to determine the nature of solid renal masses in adults. J Urol 169: 71 DeKernion JB, Berry D (1980) The diagnosis and treatment of renal cell carcinoma. Cancer 45: 1947–56 DeKernion JB, Huland H (1990) The operable renal cell carcinoma: Summary and conclusions. Eur Urol 2: 48–51 DeKernion JB, Ramming KP, Smith RB (1978) The natural history of metastatic renal cell carcinoma. a computer analysis. J Urol 120: 148–152 Desai MM, Strzempkowski B, Matin SF, Steinberg AP, Ng C, Meraney Am et al. (2005) Prospective randomized comparison of transperitoneal versus retrioperitoneal laparoscopic radical nephrectomy. J Urol 173: 38–41 Dexeus FH, Logothetics CJ, Sella A et al. (1991) Circadian infusion of floxuridin in patients with metastatic renal cell carcinoma. J Urol 146: 709–713 Dillenburg W., Dillenburg W, Poulakis V, Skriapas K, de Vries R, Ferakis N, Witzsch U, Melekos M, Becht E (2006) Retroperitoneoscopic versus open surgical radical nephrectomy for large renal cell carcinoma in clinical stage cT2 or cT3a: quality of life, pain and reconvalescence. Eur Urol 49: 314–323 Diller R, Gruber A, Wolters H, Senninger N, Spiegel HU (2005)Therapy and prognosis of tumors of the genitorurinary tract after kidney transplantation. Transplant Proc 37 (5): 2089–92
Dineen MK, Pastore RD, Emrich IJ, Huben RP (1988) Results of surgical treatment of renal cell carcinoma with solitary metastasis. Urol 140: 277–279 Di Silverio F, Sciarra A, Parente U, Andrea A, von Heland M, Panebianco V, Passariello R (2008) Neoadjuvant therapy with sorafenib in advanced renal cell carcinoma with vena cava extension submitted to radical nephrectomy. Urol Int 80:451–453 Drachenberg D, Childs RW (2003) Allogeneic hematopoetic stem cell transplantation for cytokine refractory renal cell carcinoma. Cancer Treat Res 116: 213–226 Dranoff G et al. (1983) Vaccination with irradiated tumor engineered to secrete murine granulozyte-macorphage colony-stimulating factor simulated potent, specific, and long-lasting anti-tumor immunity. Proc Natl Acad Sci USA 90 (8): 339 Dunn J (2000) Laparoscopic versus open radical nephrectomy: a 9-year experience. Urol 164: 1153–1159 Durr HR, Maier M, Pfahler M, Baur A, Refior HJ (1999) Surgical treatment of osseous metastases in patients with renal cell carcinoma. Clin Orthop 367: 283–290 Dutcher JP, Szczylik C, Tannir N et al. (2007) Correlation of survival with tumor histology, age, and prognostic risk group for previously untreated patients with advandes renal cell carcinoma (adv RCC) receiving temsirolimus (TEMSR) or interferon-alpha (IFN). Proc Am Soc Clin Oncol J Clin Oncol 25: 5033 Ebert T, Schnell D, Weissbach L (2005) Lymph node dissection in patients with renal cell carcinoma Urologe A 44 (6): 635–7 Eggener SE, Yossepowitch O, Pettus JA, Snyder ME, Motzer RJ, Russo P (2006) Renal cell carcinoma recurrence after nephrectomy for localized disease: predicting survival from time of recurrence. J Clin Oncol 24: 3101–3106 Elson PJ, Witte RS, Trump DI (1988) Prognostic factors for survival in patients with recurrent or metastatic renal cell carcinoma. Cancer Res 48: 7310–7313 Eschenbach AC von, Avallone A, Price J, Swanson D, Killion J, Stephenson R, Fidler IJ (1990) The biology of renal cancer the influence of nephrectomy. Eur Urol 18 (2): 40–41 Escudier B, Choueiri TK, Oudard S, Szczylik C, Negrier S, Ravaud A, Chevreau C, Vener P, Champagne P, Croteau D, Dupont E, Hariton C, Bukowski RM (2007) Prognostic factors of metastatic renal cell carcinoma after failure of immunotherapy: new paradigm from a large phase III trial with shark cartilage extract AE 941. J Urol 178: 1901–1905 Escudier B, Pluzanska A, Koralewski P et al. (2007) Bevacizumab plus interferon alfa-2a for treatment of metastatic renal cell carcinoma: a randomised, double-blind phase III trial. Lancet 370: 2103–2111 Fakhrai N, Haitel A, Balassy C, Zielinski CC, Schmidinger M (2005) Major response and clinical benefit following third-line treatment for Bellini duct carcinoma. Wien Klin Wochenschr 117: 63–65 Falchrai H, Shawlet DI, Gjerset R, Naviaux RK, Koziol J, Royston I, Sobol RE (1995) Cytokine gene therapy with interleukin-2 transduced fibroblasts: Effect of IL-2 dose on anti-tumor immunity. Hum Gene Ther 6: 591–601 Fein AB, Lee JKT, Balte DM et al. (1987) Diagnosis and staging of renal cell carcinoma: a comparison of MR imaging and CT. Am J Roentgenol 148 (4): 749–753 Fergany AF, Hafez KS, Novick AC (2000) Long-term results of nephron sparing surgery for localized renal cell carcinoma: 10-year followup. J Urol 163 (2): 442–5 Fergany AF, Saad IR, Woo L, Novick AC (2006) Open partial nephrectomy for tumor in a solitary kidney: experience with 400 cases. J Urol 175: 1630–1633
359 Literatur
Ficarra V, Martignoni, G, Lohse C, Novara G, Pea M, Cavalleri S, Artibani W (2006) External validation of the Mayo Clinic Stage. Size, Grade and Necrosis (SSIGN) score to predict cancer-specific survival using a European series of conventional renal cell carcinoma. J Urol 175: 1235–1239 Ficarra V, Galfano A, Mancini M et al. (2006) Reassesing the current TNM lymph node staging for renal cell carcinoma. Eur Urol 49: 324–331 Ficarra V, Novara G (2008) The new medical treatment of metastatic renal cell carcinoma: A good debut, a lot of open questions. Eur Urol 54: 252–255 Figlin RA, Pierce WC, Kaboo R, Tso CL, Moldawer N, Gitlitz B, deKernion J, Belldegrun A (1997) Treatment of metastatic renal cell carcinoma with nephrectomy, interleukin-2 and cytokine-primed or CD8(+) selected tumor infiltrating lymphocytes from primary tumor. J Urol 158: 740–745 Filipas D, Spix C, Schulz-Lampel D, Michaelis J, Hohenfellner R, Roth S, Thuroff JW (2003) Screening for renal cell carcinoma using ultrasonography: a feasibility study. BJU Int 91: 595–9 Finley DS, Beck S, Box G, Chu W, Deane L, Vajgrt DJ, McDougall EM, Clayman RV (2008) Percutaneous and laparoscopic cryoablation of small renal masses. J Urol 180: 492–498 Fischer CG, Wächter W, Fuenctecilla PE, Miller J, Weidner W, Dudeck J (1997) Urologische Tumore in Deutschland. Urologe A 36: 143–150 Flanigan RC, Salmon SE, Blumenstein BA, Bearman SI, Roy V, McGrath PC, Caton JR Jr, Munshi N, Crawford ED (2001) Nephrectomy followed by interferon alfa-2b compared with interferon alfa-2b alone for metastatic renal-cell cancer. N Engl J Med 345: 1655–9 Flanigan RC, Yonover PM (2001)The role of resection for patients with renal carcinoma. Curr Oncol Rep 3: 424–32 Fleischmann JD, Kim B (1991) Interleukin-2 immunotherapy followed by resection of residual renal cell carcinoma. J Urol 145: 938–41 Flocks RH, Kadesky MC (1958) Malignant neoplasmas of the kidney: an analysis of 353 patients followed 5 years or more. J Urol 79: 196 Fossa SD (2000) Interferon in metastatic renal cell carcinoma. Semin Oncol 27 (2): 187–193 Forges et al. (1988) Prognostic factors of adult metastatic renal carcinoma: a multivariate analysis. Semin Surg Oncol 4:149–154 Fourquier P, Regnard JF, Rea S, Levi JF, Levasseur P (1997) Lung metastases of renal cell carcinoma: results of surgical resection. Eur J Cardiothorac Surg 11: 17–21 Fowler JE Jr (1986) Failure of immunotherapy for metastatic renal cell carcinoma. J Urol 135: 22–25 Frank I, Blute ML, Cheville JC, Lohse CM, Weaver AL, Zincke H (2003) Solid renal tumors: an analysis of pathological features relates to tumor size. J Urol 170: 2217–2220 Frank I, Colombo JR, Rubinstein M, Desai M, Kaouk J, Indesbir S (2006) Laparoscopic partial nephrectomy for centrally located renal tumors: Frank I, Colombo JR, Rubinstein M, Desai M, Kaouk J, IS Gill. J Urol 175: 849–852 Freed SZ, Halperin JP, Gordon M (1977) Idiopathic regression of metastases from renal cell carcinoma. J Urol 118: 538–42 Fuzesi L, Gunawan B, Braun S et al. (1994) Renal oncocytoma with a translocation t (9; 11) (p23; q13). J Urol 152: 471–472 Fyfe GA, Fisher RI, Rosenberg SA et al. (1996) Long-term response data for 255 atients with metastatic renal cell carcinoma treated with high-does recombinant interleukin-2 therapy. J Clin Oncol 14: 2410–2411 Galfano A, Novara G, Iafrage M, Cavalleri S, Martignoni G, Gardiman M, D’Elia C, Patard JJ, Artibani, W, Ficarra V (2008) Mathematical models for prognostic prediction in patients with renal cell carcinoma. Urol Int 80: 113–123
Gansbacher B (1992) A Pilot study of immunization with IL-2 secreting allogeneic HIA-A2 matched renal cell carcinoma cells in patients with advances renal cell carcinoma. Hum Gene Ther 3 (6): 691–703 Gastl G, Finstad CL, Guarini A, Bosl G, Gilboa E, Bander NH, Gansbacher B et al. (1992) Retroviral vector-mediated lymphokine gene transfer into human renal cancer cells. Cancer Res 52 (22): 6229–6236 George CM, Volgelzang NJ, Rini BI, Geofffroy FJ, Kollipara P, Stadler WM (2002) A phase II trial of weekly intravenous gemcitabine and cisplatin with continuous infusion fluorouracil in patients with metastatic renal cell carcinoma. Ann Oncol 13: 116–120 Gervais DA, Arellano RS, McGovern FJ, McDougal WS, Mueller PR (2005a) Radiofrequency ablation of renal cell carcinoma: part 2, lessons learned with ablation of 100 tumors. AJR 185: 72–80 Gervais DA, Arellano RS, Mueller PR (2005b) Percutaneous radiofrequency ablation of renal cell carcinoma. Eur Radol 15: 960–967 Gervais DA, McGovern FJ, Arellano RS, McDougal WS, Mueller PR (2005) Radiofrequency ablation of renal cell carcinoma: Part I, Indications, Results, and Role in Patient Managemtn over a 6-Year Period and Ablation of 100 Tumors. AJR 185: 64–71 Ghavamian R, Cheville JC, Lohse CM, Weaver AL, Zincke H, Blute ML (2002) Renal cell carcinoma in the solitary kidney: an analysis of complications and outcome after nephron sparing surgery. J Urol 168 (2): 454–9 Gill IS, Martin SF, Desai MM, Kaouk JH, Steinberg A, Mascha E, Thornton J, Sherief MH, Strzempkowski B, Novick AC (2003) Comparative analysis of laparoscopic versus open partial nephrectomy for renal tumors in 200 patients. J Urol 170 (1): 64–8 Gill IS, McClennan BL, Kerbl K, Carbone JM, Wick M, Clayman RV (1994) Adrenal involvement from renal cell carcinoma: predictive value of computerized tomography: J Urol 152: 1082–1085 Gill IS, Remer EM, Hasan WA, Strzempkowski B, Spaliviero M, Steinberg AP, Kaouk JH, Desai MM, Novick AC (2005) Renal cryoablation: outcome at 3 years. J Urol 173: 1903–1907 Gill, IS, Kavoussi LR, Lane BR, Blute ML, Babineau D, Colombo Jr. JR, Frank I, Permpongkosol S, Weight CJ, Kaouk JH, Kattan W, Novick AC (2007) Comparison of 1,800 laparoscopic and open partial nephrectomy for single renal tumors. J Urol 178: 41–46 Gimenez-Bachs JM, Salinas-Sanchez AS, Sanchez-Sanchez F, LorenzoRomero JG, Donate-Moreno MJ, Pastor-Navarro H, Garcia-Olmo DC, Escribano-Martinez J, Virseda-Rodriguez JA (2006) Determination of vhl Gene Mutations in Sporadic Renal Cell Carcinoma. Eur Urol 49: 1051–1057 Giuliani I, Giberti C, Martorane G, Rovida S (1990) Radical estensive surgery for renal cell carcinoma: long-term results and prognostic factors. J Urol 143: 468–474 Glassberg KI (2002) Renal dysplasis and cystic disease of the kidney. In: Campbell’s Urology, 8. edn. Elsevier Science, pp1443–1495 Gleave ME, Elhilali M, Fradet Y et al. and the Canadian Urologic Oncology Group (1998) Interferon gamma-1b compared with placebo in metastatic renal-cell carcinoma. N Engl J Med 338: 1265–1271 Glenn GM, Linehan WM, Hosoe S et al. (1992) Screening for von Hippel-Lindau disease by DNA-polymorphism analysis. JAMA 267: 1226–31 Gnarra J, Tory K, Weng Y, Schmidt L, Wei MH, Li H, Latif F, Liu S, Chen F, Duh FM, Lubensky I, Duan DR, Florecne C, Pozzatti R, Walther MM, Bander NH, Grossmann HB, Brauch H, Pomer S, Brooks JD, Isaacs WB, Lermann MI, Zbar B, Linehan WM (1994) Mutations of the VHL tumor suppressor gene in renal carcinoma. Natur Genetics 7: 85–90 Gnarra JR, Tory K, Weng Y et al. (1994) Mutations fo the von HippelLindau tumor suppressor gene in renal carcinoma. Nat Genet 7: 85
21
360
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
Goepel M, Rübben H (1991) Adjuvant herapy in renal cancer. Word J Urol 9: 232–236 Goering JD, Mahvi DM, Niederhuber JE, Chicks D, Rikkers LF (2002) Cryoablation and liver resection for noncolorectal liver metastases. Am J Surg 183: 384–389 Gogus C, Baltaci S, Beduk Y, Sahinli S, Kupeli S, Gogus O (2003) Isolated local recurrence of renal cell carcinoma after radical nephrectomy: experience with 10 cases. Urology 61: 926–9 Goldfarb DA, Novk AC, Lorig R et al. (1990) Magnetic resonance imaging for assessment of vena caval tumor thrombi: a comparative study with venocavography and computerized tomography scanning. J Urol 144: 110–1104 Golimbu M, AlAskari S, Tessler A, Morale P (1994) Aggressive treatment of metastatic renal cancer. J Urol 136: 805–807 Golumbek PI et al. (1991) Treatment of established renal cancer by tumor cells engineered to secrete interleukin-4. Science 254 (5032): 713–716 Gofrit ON, Shapiro A, Pizov G, Landau EH, Katz R, Zorn KC, Pode D (2007) Does stage T3a renal cell carcinoma embrace a homogeneous group of patients? J urol 177: 1682–1686 Golshayan AR, George S, Heng DY, Elson P, Wood LS, Mekhail TM, Garcia JA, Aydin H, Zhou M, Bukowski RM, Rini BI (2009) Metastatic sarcomatoid renal cell carcinoma treated with vascular endothelial growth factor-targeted therapy.J Clin Oncol 27: 235–41 Gorge DG, Michaelson MD, Rosenberg JE, et al. (2007) Phase II trial of sunitinib in bevacizumab-refractory metastatic renal cell carcinoms (mRCC). Proc Am Soc Clin Oncol J Clin Oncol 25: 5035 Grigon DJ, Ayala AG, ElNaggar A et al. (1989) Renal cell carcinoma – a clinico pathologic and DNA flow cytometric analysis of 103 cases. Cancer 64: 2133–2140 Grossmann HB, Sommerfeld D, Konnak JW, Bromberg J (1994) Longterm assessment of renal function following nephrectomy for state I renal carcinoma. Br Urol 74: 279–282 Gupta A, Allaf ME, Kavoussi LR, Jarrett TW, Chan DYS, Su LM, Solomon SB (2006) Cumputerized tomography gruides percutaneous renal cryoablation with the patient under conscious sedation: initial clinical experience. J Urol 175: 447–453 Hafez KS, Fergary AF, Novick AC (1999) Nephron sparing surgery for localized renal cell carcinoma: impact of tumor size on patient survival, tumor recurrence and TNM staging. J Urol 162 (6): 1930–1933 Hansel DE (2006) Genetic alterations and histopathologic findings in familial renal cell carcinoma. Histol Histopathol 21 (4): 437–44 Hatcher PA, Anderson EE, Pauson DF et al. (1991) Surgical management and prognosis of renal cell carcinoma invading the vana cava. J Urol 145: 20–24 Hellsten S, Johnsen J, Berge T, Linell F (1990) Clinically unrecognized renal cell carcinoma. Eur Urol 18 (2): 2–3 Herman JG, Latif F, Weng Y, Lerman MI, Zbar B, Liu S, Samid D, Duan DSR, Gnarra JR, Linehan WM, Baylin SB (1994) Silencing of the VHL tumor-suprressor gene by DNA methylation in renal carcinoma. Genetics 91: 9700–04 Hermanek P, Schrott KM (1990) Evaluation of the new tumor, nodes and metastases classification of renal cell carcinoma. J Urol 144: 238–242 Hernberg M, Virkkunen P, Bono P, Ahtinen H, Maenpaa H, Joensuu H (2003) Interferon alfa-2b three times daily and thalidomide in the treatment of metatatic renal cell carcinomas. J Clin Oncol 21 (20): 3770–3776 Herring JC, Enqust EG, Chernoff A et al. (2001) Parenchymal sparing surgery in patients with hereditary renal cell carcinoma: 10-year experience. J Urol 165: 777–781
Herrlinger A, Schrott KM, Schott G, Sigel A (1991) What are the benefits of extendes dissection of the regional lymph nodes in the therapy of renal cell carcinoma? J Urol 146: 1224–1227 Hino O, Kobayashi T, Okimoto K (2006) Genetic and environmental factors in hereditary predisposition to tumors: a conceptual overview. EXS 96: 269–92 Hitt E (2003) Low-dose thalidomide adds minimal benefit to patients with renal cell carcinoma taking interferon. J Clin Oncol 21 (20): 370–3776 Hock LM, Lynch J, Balaji KC (2002) Increasing incidence of all stages of kidney cancer in the last 2 decades in the Unites States: an analysis of surveillance, epidemiology and end results program data. J Urol 167: 57–60 Hofmockel G, Langer W,Theiss M, Gruss A, Frohmuller HG (1996) Immunochemotherapy for metastatic renal cell carcinoma using a regimen of interleukin-2, interferon-α and 5-fluorouracil. J Urol 156 (1): 18–21 Höltl L, Zelle-Rieser C, Gander H, Papesh Ch, Ramoner R, Bartsch G, Rogatsch H, Barsoum AD, Coggin JH, Turnher M (2002) Immunotherapy of metastatic renal cell carcinoma with tumor lysate-pulsed autologous dentritic cells. Clin Cancer Res 8: 3369–3376 Horoszewicz JS, Murphy GP (1989) An assessment of the current use of human interferons in therapy of of urological cancers. J Urol 142: 173–1179 Hovsepian DM, Leva H, Amis ES Jr, Newhouse JH (1990) MR evaluation of renal space-occupving lesions: diagnostic criteria. Urol Radiol 12: 74–79 Hrushesky WJ, Von Roemeling R, Fraley EE, Rabatin JT (1988) Circadian-based infusional chrono-chemotherapy controls progressive metastatic renal cell carcinoma. Semin Surg Oncol 4: 110–115 Huang WC, Levey AS, Serio AM, et al. (2006) Chronic kidney disease after nehrectomy in patients with renal cortical tumours: a retrospective cohort study. Lancet Oncol 7: 735–740 Hunt JD, van der Hel OL, McMillan GP, Boffetta P, Brennan P (2005) Renal cell carcinoma in relation to cigarette smoking: meta-analysis of 24 studies. Int J Cancer 114: 101–118 Hudes G, Carducci M, Tomczak P, Dutcher J, Figlin R, Kapoor A, Staroslawska E, O’Toole T, Kong S, Moore L (2006) A phase 3, randomized, 3-arm study of temsirolimus (TEMSR) or interferon-alpha (IFN) or the combination of TEMSR + IFN in the treatment of first-line, poor-risk pathets with advanced renal cell carcinoma (advRCC). J Clin Oncol 24 (Abstr. LBA4) Huland E, Heinzer H, Mir TS, Huland H (1997) Inhales interleukin-2 in pulm,onary metastic renal-cell carcinoma: 6 years of expeience. Cancer J Sci Am 3: 98–105 Huland E, Huland H, Heinzer H (1992) Interleukin-2 by inhalation: local therapy for metastatic renal-cell carcinoma. J Urol 147: 344–348 Hulten I, Rosencrantz M, Seeman I, Wahlquist I, Ahren C (1969) Occurrence and localization of lymph node metastases in renal cell carcinoma. A lymphographic and histopathological investigation in connection with nephrectomy. Scand I Urol Nephrol 3: 129 Hutson TE (2008) Renal cell carcinoma: what does the future hold? BJU Int 102: 5–8 Iliopoulos O, Kibel A, Gray S, Laelin WG Jr. (1995) Tumor suppression by the human von Hippel-Lindau gene product. Natur Medicine 1 (8): 822–6 Imamoglu MA, Bakirta H, Sagnak L, Tuygun C, Ersoy H (2002) A comparison of two different incisional approaches in the surgical treatment of renal cell carcinoma. Int Urol Nephrol 33 (1): 7–11 Ishikawa I, Ishii H, Shinoda A, Tateishi K, Ben A, Suzuki K, Tsugawa R (1991) Renal cell carcinoma of the native Kidney after renal trans-
361 Literatur
plantation. a case report and review of the literature. Nephron 58: 354–358 Ishikawa I, Saito Yasuhito, Shikura N, Kitada H, Shinoda A, Suzuki S (1990) Ten-year prospective study on the development of renal cell carcinoma in dialysis patients. Am J Kidney Dis 5: 452–458 Itano NB, Blute ML, Spotts B, Zincke H (2000) Outcome of isolated renal cell carcinoma fossa recurrence after nephrectomy. J Urol 164: 322–5 Jakse G (1989) Operative Technik beim Nierentumor mit Cavathrombus. Aktuel Urol 20: V-X Janetschke G, Jeschke K, Peschel R, Strohmeyer D, Henning K, Bartsch G (2000) Laparoscopic surgery for T1 renal cell carcinoma. Eur Urol 38: 131–138 Jarret TW, Sweetser PM, Weiss GH, Smith AD (1995) Percutaneous management of transitional cell carcinoma of the renal collecting system: 9-year experience. J Urol 154: 1629–1635 Jayson M, Sanders H (1998) Increased incidence of serendipitously discovered renal cell carcinoma. Urology 51:203–205 Jeong IG, Jeong CW, Hong SK, Kwak C, Lee E, Lee SE.(2006) Prognostic implication of capsular invasion without perinephric fat infiltration in localized renal cell carcinoma.Urology. 67: 709–712 Jermann M, Stahel RA, Salzberg M et al. (2006) A phase II, open-label study of gefitinib (IRESSA) in patients with locally advance, metastatic, or relapsed renal-cell carcinoma. Cancer Chemother Pharmacol 57 (4): 533–539 Jeschke K, Peschel R, Wakonig J, Schellander L, Bartsch G, Henning K (2001) Laparoscopic nephron-sparing surgery for renal tumors. Urology 58: 688–692 Jimenez RE, Eble JN, Reuter VE, Epstein JI, Folpe AL, de Peralta-Venturina M, Tamboli P, Ansell ID, Grignon DJ, Young RH, Amin MB (2001) Concurrent angiomyolipoma and renal cell neoplasia: a study of 36 cases.Mod Pathol14: 157–63 Jocham D, Richter A, Hoffmann L, Iwig K, Fahlenkamp D, Zakrewski G, Schmitt E, Danneberg T, Lehmacher W, von Wietersheim J Doehn C (2004) Adjuvant autologous renal cell vaccine in patients with renal cell carcinaoma after radical nephrectomy : phase III, randomised controlled trial. Lancet 363: 594–599 Johnson CD, Donnick NR, Cohan RH et al. (1987) Renal adenocarcinoma: CT staging of 100 tumors. Am J Roentgenol 148 (1): 59–63 Kang DE, White RL, Zuger JH, Sasser HC, Teigland CM (2004) Clinical use of fluorodeoxyglucose F18 positron emission tomography for detection of renal cell carcinoma. J Urol 171: 1806–1809 Kantor AF (1977) Currant concepts in the epidemiology and etiology of primary renal cell carcinoma. J Urol 117: 415–417 Karakiewicz PI, Suardi N, Jeldres C, Audet P, Ghosn P, Patard JJ, Perrotte P (2008) Neoadjuvant sutent induction therapy may effectively downstage renal cell carcinoma atrial thrombi. Eur Urol 53: 845–848 Karakiewicz PI, Briganti A, Chun FK, Trinh QD, Perrotte P, Ficarra V, Cindolo L, de la Tialle A, Tostain J, Mulders PF, Salomon L, Zigeuner R, Prayer-Galetti T, Chautard D, Valeri A, Lechevallier E, Descotes JL, Lang H, Mejean A, Patard JJ (2007) Multi-institutional validation of a new renal cancer-specific survival nomogram. J Clin Oncol 25: 1316–1322 Karakiewicz PI, Trinh QD, Bhojani N, Bensalah K, Salomon L, de la Taille A, Tostain J, Cindolo L, Altieri V, Ficarra V, Schips L, Zigeuner R, Mulders PFA, Valeri A, Descotes JL, Mejean A, Patard JJ (2007) Renal cell carcinoma with nodal metastases in the absence of distant metastatic disease: prognostic indicators of disease-specific survival. Eur Urol 51: 1616–1624 Kattan MW, Reuter V, Motzer RJ, Katz J, Russo P (2001) A postoperative prognostic nomogram for renal cell carcinoma. J Urol 166 (1): 63–67
Kavoussi IR, Kerbl K, Capelouto CC, McDougall EM, Glayman RV (1993) Laparoscopic nephrectomy for renal neoplasms. Urology 42: 603–609 Kawai K, Saijo K, Oikawa T, Ohno T, Akaza H (2004) Enhancement of T cell proliferative response against autologous cancer cells of a metastatic renal cell carcinoma patient after unexplained regression. Int J Urol 12: 1130–1132 Kerbl K, Clayman RV, McDougall et al. (1994) Transperitoneal nephrectomy for benign disease of the kidney: a comparison of laparoscopic and open surgical techniques. Urology 43: 607–613 Kierney PC, van Heerden JA, Segura JW, Weaver AL (1994) Surgeon’s role in the management of solitary renal cell carcinoma metastases occurring subsequent to initial curative nephrectomy: an institutional review. Ann Surg Oncol 1: 345–52 Kim HL, Zisman A, Han KR, Figlin RA, Belldegrun AS (2004a) Prognostic signifi-cance of venous thrombus in renal cell carcinoma. Are renal vein and inferior cave involvement different ? J Urol 171: 588–591 Kim JK, Park SY, Shon JH, Cho KS (2004b) Angiomyolipoma with minimal fat: differentiation from renal cell carcinoma at biphasic helical CT. Radiology 230: 677–84 Kim HL, Seligson D, Liu X Janzen N, Bui MH, Yu H, Shi T, Belldegrun AS, Horvath S, Figlin RA (2005) Using tumor markers to predict the survival of patients with metastatic renal cell carcinoma. J Urol 173: 1496–1501 Klatte T, Patard JJ, Wunderlich H, Goel RH, Lam JS, Junker K, Schubert J, Böhm M, Allhoff EP, Kabbinavar FF, Crepel M, Cindolo L, de la Taille A, Tostain J, Mejean A, Soulie M, Bellec L, Bernhard JC, Ferriere JM, Pfister C, Albouy B, Colombel M, Zisman A, Belldegrun AS, Pantuck AJ (2007) Metachronous bilateral renal cell carcinoma: risk assessment, prognosis and relevance of the primary-free interval. J Urol 177: 2081–2087 Klatte T, Patard JJ, de Martino M, Bensalah K, Verhoest G, de la Taille A, Abbou CC, Allhoff EP, Carrierei G, Riggs SB, Kabbinavar FF, Belldegrun AS, Pantuck AJ (2008) Tumor size does not predict risk of metastatic disease or prognosis of small renal cell carcinomas. J Urol 179: 1719–1726 Kletscher BA, Quian J, Bostwick DG, Blute MI, Zincke H (1996) Prospective analysis of the incidence of ipsilateral adrenal metastasis in localized renal cell carcinoma. J Urol 155: 1844 Kopka L, Fischer U, Zoeller G, Schmidt C, Ringert RH, Grabbe E (1997) Dual-phase helical CT of the kidney: value of the corticomedullary and nephrographic phase for evaluation of renal lesions and preoperative staging of renal cell carcinoma. AJR Am J Roentgenol. 169: 1573–8 Kovacs G, Brusa P, de Riese W (1989) Tissue-specific expression of a constitutional 3; 6 translocation: development of multiple bilateral renal-cell carcinomas. Int J Cancer 43: 422–427 Kovacs G, Fuzesi L, Emanuel A, Kung F (1991) Cytogenetics of papillary renal cell tumors. Genes, chromosome & cancer 3: 249–255 Kuczyk M, Wegener G., Jonas U (2005) The therapeutic value of adrenalectomy in case of solitary metastatic spread originating from primary renal cell cancer. Eur Urol 48 (2): 252–7 Kuczyk MA, Köhn G, Höfner K, Machtens S, Bokermeyer C, Stief CG, Truss MC, Schäfers HJ, Hartmann JT, Jonas U (1998) Prognostische Relevanz des Kavathrombus beim Nierenzellkarzinom. Urologe A 37: 299–305 Kuhn FP, Altwein JE (1980) Nierenadenome: Dignität, Klinik und Therapie: Urol Int 35: 258–270 Kühn R, Bornhof Ch, Giedl J (1991) Klinik und Wertigkeit renaler Onkozytome. Urologe A 30: 357–340 Kumar S, Duque JL, Guimaraes KC, Dicanzio J, Loughlin KR, Richie JP (1999) Short and long-term morbidity of thoracoabdominal
21
362
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
incision for nephrectomy: a comparison with the flank approach. J Urol 162 (6): 1927–9 Kunkle DA, Crispen PL, Li T, Uzzo RG (2007) Tumor size predicts synchronous metastatic renal cell carcinoma: implications for surveillance of small renal masses. J Urol 177: 1692–1697 Kunkle DA, Greenberg RE, Chen DYT, Uzzo RG (2007) Clinical characteristics of enhancing renal masses which do not demonstrate interval growth. J Urol 177: 849–854 Lager DJ, Slagel DD, Palechek PL (1994) The experience of epidermal growth factor receptor and transforming growth factor alpha in renal cell carcinoma. Mod athol 7: 544–548 Lam CW, To KF, Tong SF (2006) Genome-wide detection of allelic imbalance in renal cell carcinoma using high-density single-nucleotide polymorphism microarrays. Clin Biochem 39 (3): 187–90 Lam JS, Klatte T, Patard JJ, Goel RH, Guille F, Lobel B, Abbou CC, de la Taille A, Tostain J, Cindolo L, Altieri V, Ficarra V, Artibani W, ParyerGaletti T, Schips L, Zigeuner R, Pantuck AJ, Figlin RA, Belldegrun AS (2007) Prognostic relevance of tumour size in T3a renal cell carcinoma: a multicentre experience. Eur Urol 52: 155–162 Lam JS, Klatte T, Kim HL, et al. (2008) Prognostic factors and selection for clinical studies of patients with kidney cancer. Crit Rev Ondol/ Hematol 65:235–262 Lane BR, Samplaski MK, Herts BR et al. (2008) Renal mass biopsy – a renaissance? J Urol 179: 20–27 Latif F, Tory K, Gnarra J, Yao M, Duh FM, Orcutt ML, Stackhouse T, Kuzmin I, Modi W. Geil L, Schmidt L, Zhou F, Li H, Wei MH, Chen F, Glenn G, Choyke P, McClellan MW, Weng Y, Duan DSR, Dean M, Glavac D, Richards FM, Crossey PA, Ferguson-Smith MA, Le Paslier D, Chumakov Ilya, Cohen D, Chinault AC, Maher ER, Linehan WM, Zbar B, Lerman MI (1993) Identification of the von Hippel-Lindau disease tumor suppressor gene. Science 260: 1317–20 Lau WK, Blute ML, Weaver AL, Torres VE, Zincke H (2000) Matched comparison of radical nephrectomy vs nephron-sparing surgery in patinets with unilateral renal cell carcinoma and noraml contralateral kidney. Mayo Clin Proc. 75: 1236–1242 Launonen V, Vierimaa O, Kiuru M, Isola J, Roth S, Pukkala E et al. (2001) Inherited susceptibility to uterine leiomyomas and renal cell cancer. Proc Natl Acad Sci USA 98: 3387 Law CH, Wei AC, Hanna SS et al. (2003) Pancreatic resection for metastatic renal cell carcinoma. Presentation, treatment, and outcome. Ann Surg Oncol 10: 922–926 Lawatsch EJ, Langenstroer P, Byrd GF, See WA, Quiroz FA, Begun FP (2006) Intermediate results of laparoscopic cryoablation in 59 patients at the Medical college of Wisconsin. J Urol 175: 1225–1229 Lawrentschuk N, Davis ID, Bolton DM, Scott AM (2006) Positron emission tomography (PET), immuno-PET and radioimmunotherapy in reanal cell carcinoma: a developing diagnostic and therapeutic relationship. BJU International 97: 916–922 Lebret T, Poulain JE, Moilinie V et al. (2007) Percutaneous core biopsy for renal masses. Indication, accuracy and results : J Urol 178: 1184–1188, Lee SE, Kim HH (1994) Validity of kidney-preserving surgery for localized renal cell carcinoma. Eur Urol 25: 204–208 Leibovich B, Blute MI, Cheville JC, Lohse CM, Frank I, Kwon ED, Weaver AL, Parker AS, Zincke H (2003) Prediction of progression after radical nephrectomy for patients with clear cell renal cell carcinoma. Cancer 97: 1663–1671 Leibovich BC, B lute ML, Cheville JC , Lohse CM, Weaver AL, Zincke H (2004) Nephron sparing surgery for appropriately selected renal cell carcinoma between 4 and 7 cm. Results in outcome similar to radical nephrectomy. J Urol 171: 1066–70
Leibovich BC, Cheville JC, Lohse CM, Zincke H, Frank I, Kwon ED, Merchan JR, Blute ML (2005) A scoring algorithm to predict survival for patients with metatatic clear cell carcinoma: a stratification tool for prospective clinical trials. JUrol 174: 1759–1763 Lendvay TS, Marshall FF (2003) The tuberous sclerosis complex and ist highly variable manifestations. J Urol 169: 1635–1642 Lerner et al. (1996) Disease outcome in patients with low stage renal cell carcinoma treated with nephron sparing or radical surgery. J Urol 155:1868–1873 Levens W, Rübben H, Ingenhag W (1989) Long-term interferon treatment in metastativ renal cell carcinoma. Eur Urol 16: 378–381 Levi F, Lucchini F, Negri E, La Vecchia C (2004) Declinino mortalità from kidney cancer in Europe. Ann Oncol 15 (7): 1130–5 Levine E, Slusher SL, Grantham JJ et al. (1991) Natural history of acquired renal cystic disease in dialysis patients. Am J Roentgenol 156: 501–506 Levine E (1992) Renal cell carcinoma in uremic acquired renal cystic disease: incidence, detection and management. Urologic Radiol 13: 203–210 Levinson AK, Johnson DE, Strong IC, Pathak S, Huff V, Saunders GF (1990) Familial renal cell carcinoma: hereditary or coincidental? J Urol 144: 849–851 Levinson AD, Su LM, Agarwal D, Sroka M, Jarrett TW, Kavoussi LR, Solomon SB (2008) Long-term oncological and overall outcomes of percutaneous radio frequency ablation in high risk surgical patients with a solitary small renal mass. J Urol 180: 499–504 Li G, Feng G, Gentil-Perret A, Genin C, Tostain J (2008) Serum carbonic anhydrase 9 level is associated with postoperative recurrence of conventional renal cell cancer. J Urol 180: 510–514 Li FP, Decker HJH, Zbar B, Stanton VP, Kovacs G, Seizinger BR, Aburatani H, Sandberg AA, Berg S, Hosoe S, Brown RS (1993) Clinical and genetic studies of renal cell carcinomas in a family with a constitutional chromosome 3; 8 translocation. Annals of Internal Medicien 118: 106–11 Licht MR, Novick AC, Goormastic M (1994) Nephron sparing surgery in incidental versus suspected renal cell carcinoma. J Urol 152: 39–42 Lien YHH, Kam I, Shanley PF, Schröter GPJ (1991) Metastatic renal cell carcinoma associated with acquired cystic kidney disease 15 years after successful renal transplantation. Am J Kidney Dis 6: 711–715 Lindblad P (2004) Epidemiology of renal cell carcinoma. Scand J Surg 93 (2): 88–96 Linehan WM, Grubb RL, Coleman JA, Zbar B, McClellan MW (2005) The genetic basis of cancer of kidney cancer: implications for genespecific clinical management. BJU Int J 95 (Suppl 2): 2–7 Ljungberg B, Stenlig R, Roos C (1986) Prognostik value of deoxyribonucleic acid analysis in state I renal cell carinoma. J Urol 136: 801–814 Ljungberg B, Holmberg G, Sjödin JG, Hietala SO, Stenling R (1990) Renal cell carcinoma in a renal cyst: a case report and review of the literature. J Urol 143: 797–799 Ljungberg B, Larsson P, Stenling R, Roos G (1991) Flow cytometric desyribonucleic acid analysis in stage I renal cell carcinoma. J Urol 146: 697–699 Ljunberg B, Hanbury DG, Kuczyk MA, et al. (2007) Renal cell carcinoma guidelines. Eur Urol 51: 1502–1510 Lonser R, Glenn G, Walther MM et al. (2003) Von Hippel-Lindau disease. Lancet 361: 2059–67 Lopez-Beltran A, Scarpelli M, Montironi R, Kirkali Z (2006) WHO classification of the renal tumors of the adults. European Urology 49: 798–805 Lucas SM, Stern JM, Adibi M, Zelster IS, Cadeddu JA, Raj GV (2008) Renal function outcomes in patients treated for renal masses
363 Literatur
smaller than 4 cm by ablative and exstirpative techniques. J Urol 179: 75–80 Maher ER, Iselius L, Yates JRW, Littler M, Benjamin C, Harris R, Sampson J, Williams A, Ferguson-Smith MA, Morton N (1991) Von HippelLindau disease: a genetic study. J Med Genet 28: 443–7 Mahnken HA, Tacke J (2006) Renal tumors. Recent results Cancer Res 167:123–133 Mahnken AH, Rhode D, Brkovic D, Günther RW, Tacke JA (2005) Percutaneous radiofrequency ablation of renal cell carcinoma: preliminary results. Acta Radiol 46: 208–214 Malek RS, Omess PJ, Benson RC Jr, Zinke H (1987) Renal cell carcinoma in von Hippel-Lindau-Syndrome. Am J Med 82: 236–240 Maloney KE, Norman RW, Lee CLY, Millard OH, Welch JP (1991) Cytogenetic abnormalities associated with renal cell carcinoma. J Urol 146: 692–696 Maranchie JK, Alfonso A, Albert P et al. (2004)Solid renal tumor severity in von Hippel-Lindau disease is related to germline delection length and location. Human Mutation 23: 40–6 Marberger M (1988) Organerhaltende Nierentumorexzision. Akt Urol 19 (2): 58–66 Marcus SG, Choyke PL, Reiter R, Jaffe GS, Alexander RB, Linehan WM, Rosenberg SA, Walther MM (1993) Regression of metastatic renal cell carcinoma after cytoreductive nephrectomy. J Urol 150: 463–6 Margulis V, Matin SF, Tannir N, Tamboli P, Swanson DA, Jonasch E, Woods CG (2008) Surgical morbidity associated with administration of targeted molecular therapies before cytoreductive nephrectomy or resection of locally recurrent renal cell Carcinoma. J Urol 180: 94–98 Marshall FF, Ferguson J, Reitz BA (1990) Operative management of renal cell carcinoma with suprahepativ intracaval neoplastic extension. Eur Urol 18 (2): 26–28 Marshall FF, Powell KC (1982) Lymphadenectomy for renal cell carcinoma: anatomical and therapeutic considerations. J Urol 128: 677–681 Marshall FF (1993) Editorial comment. J Urol 150: 323 Märten A, Renoth S, Heinicke T, Albers P, Pauli A, Mey U, Caspari R, Flieger D, Hanfland P, Von Ruecker A, Eis-Hubinger AM, Muller S, Schwaner I, Lohmann U, Heylmann G, Sauerbruch T, SchmidtWolf IG (2003) Allogenetic dendritic cells fudes with tumor cells: preclinical results and outcome of a clinical phase I/II triall in patients with metastatic renal cell carcinoma. Hum Gene Ther 14 (5): 483–494 Matson MA, Cohen EP (1990) Acquired cystic kidney disease: occurence, prevalence and renal cancers. Medicine 69 (4): 217–226 Mattar K, Bosiuk J, Finelli A, et al. (2008) Active surveillance of small renal masses : a prospective multic-centre Canadian traial. Eur J Urol 7(Suppl3): 309 Maturen KE, Nghiem HV, Caoili EM et al. (2007) Renal mass core biopsy: accuracy and impact on clinical management. Am J Roentgenol 188: 563–570 Mayo-Smith WW, Dupuy DE, Parikh PM, Pezzullo JA, Cronan JJ (2003) Image-guided percutaneous radiofrequency ablation of solid renal masses: techniques and outcomes of 38 treatment sessions in 32 consecutive patients. Am J Roentgenol 180:1503–1508 McCabe M, Stablein D, Hawkins MJ (1991) The modified Group C experience – phase III randomized trials of IL-2 versus IL-2/LAK in advanced renal cell cancer and advanced melanoma [abstract 714]. Proceedings of the American Society of Clinical Oncology 10: 213 McCune CS, Schapira DV, Henshaw EC (1981) Specific immunotherapy or advances renal cell carcinoma: evidence for the polyclonality of metastases. Cancer 47: 1984–1987
McDermott DF, Regan MM, Clark J et al. (2005) Randomized phase III trial of high-dose interleukin-2 versus subcutaneous IL-2 and interferon in patients with metastatic renal cell carcinoma. J Clin Oncol 23 (1): 133–141 McDonald JC, McDonald AD, Hughes JM, Rando RJ, Weill H (2005) Mortality from lung and kidney disease in a cohort of North American industrial sand workers: an update. Ann Occup Hyg 49 (5): 367–73 McLaughlin JK, Blot WJ, Devesa SS, Fraumeni JF Jr. (1996) Renal cancer. In: Schottenfeld D, Fraumeni JF Jr. (eds) Cancer Epidemiology and Prevention. 2nd edn. New York, NY: Oxford University Press, pp1142–1155 McKiernan J, Yossepowitch O, Kattan MW, Simmons R, Motzer RJ, Reuter VE, Russo P (2002) Partial nephrectomy for renal cortical tumors: pathologic findings and impact on outcome. Urology 60: 1003–9 McNichols DW, Segura JW, DeWeerd JH (1981) Renal cell carcinoma: long-term survival and late recurrence. J Urol 126: 17–23 Mekhail TM, Abou-Jawde RM, Boumerhi G, Malhi S, Wood L, Elson P, Bukowski R (2005) Validation and extension of the Memorial Sloan-Kettering prognostic factors model for survival in patients with previously untreated metastatic renal cell carcinoma. J Clin Oncol 23: 832–841 Mellemgaard A, Moller H, Olsen J, Jenson O (1991) Increased risk of renal cell carcinoma in obese women. J Natl Cancer Inst 83: 1581 Messing EM, Manola J, Wilding G, et al. (2003) Phase III study of interferon alfa-NL as adjuvant for respectable renal cell carcinoma: an Eastern Cooperative Oncology Group/Intergroup trial. J Clin Oncol 21:1214–1222 Mickisch GH, Garin A, van Poppel H, de Prijck L, Sylvester R; European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) Genitourinary Group (2001) Radical nephrectomy plus interferonalfa-based immunotherapy compared with interferon alfa alone in metastatic renal-cell carcinoma: a randomised trial. Lancet 358: 966–70 Middleton RG, Presto AJ (1973) Radical thoracoabdominal nephrectomy for renal cell cancer. J Urol 110: 36 Middleton RG (1967) Surgery for metastatic renal cell carcinoma. J Urol 97: 973–977 Milowsky MI, Rosmarin A, Tickoo SK, Papanicolaou N, Nanus DM (2002) Active chemotherapy for collecting duct carcinoma of the kidney: a case report und reviwe of the literature. Cancer 94: 111–116 Mittelmann A, Hubermann M, Puccio C et al. (1990) A phase I study of recombinant human interleukin-2 and alpha-interferon-2a in patients with renal cell cancer, colorectal cancer, and malignant melanoma. Cancer 66: 664–669 Miyao N, Masiumori N, Takahasi H et al. (1998) Lymph node metastasis in patients with carcinoma of the renal pelvis and ureter. Eur Urol 33: 180–185 Moch H, Gasser T, Amin MB, Torhorst J, Sauter G, Mihatsch MJ (2000) Prognostic utility of the recently recommended histologic classification and revised TNM staging system of renal cell carcinoma: a Wisss experience with 588 tumors. Cancer 89: 604–614 Moinzadeh A, Gill IS, Finelli A, Kaouk J, Desai M (2006) Laproscopic partial nephrectomy: 3-year follow-up. J Urol 175: 459–462 Moinzadeh A, Libertino JA (2004) Prognostic significance of tumor thrombus level in patients with renal cell carcinoma and venous tumor thrombus extension. Is all T3b the same. J Urol 171: 598–601 Moll V, Becht E, Zieler M (1993) Kidney preserving surgery in renal cell tumors: indications, technique and results in 152 patients. J Urol 150: 319–323
21
364
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
Möller JD, Esteve J, Möller H, Renrd H (1990) Cancer in the European Community and ist member states. Eur J Cancer 6 (11/12): 1167–1256 Montie JE, Novick AC (1988) Partial nephrectomy for renal cell carcinoma. J Urol 140: 129–130 Montie JE, Stewart BH, Straffon RA, Banowsky LHW, Hewitt CB, Montague DK (1977) The role of adjunctive nephrectomy in patients with metastatic renal cell carcinoma J Urol 117: 272–275 Motzer RJ, Mazumdar M, Bacik J, Berg W, Amsterdam A, Ferrara J (1999) Survival and prognosis stratification of 670 patients with advances renal cell carcinoma. J Clin Oncol 17 (8): 2530–2540 Motzer RJ, Bacik J, Murphy BA, Russo P, Pazumdar M (2002) Interferon-alfa as a comparative treatment for clinical trials of new therapies against advanced renal cell carcinoma. J Clin Oncol 20:289–296 Motzer RJ, Bacik J, Mariani T et al. (2002) Treatment outcome and survival with metastatic renal cell carcinoma of non-clear cell histology. J Clin Oncol 20 (9): 2376–2381 Motzer RJ, Bander NH, Nanus DM (1996) Renal cell carcinoma. N Engl J Med 335: 865–875 Motzer RJ, Mihcaelson MD, Redman BG et al. (2006) Activity of SU11248, a multitargeted inhibitor of vascular endothelial growth factor receptor and platelet-derived growth factor receptor, in patients with metastatic renal cell cardinoma. J Clin Oncol 24 (1): 16–24 Motzer RJ, Hutson TE, Tomczak P, Michaelson MD, Bukowski OR, Qudard S, Kim ST, Baum CM, Figlin RA (2007) Sunitinib versus interferon alfa in metastatic renal cell carcinoma. N Eng J Med 356: 115–124 Murphy BR, Rynard SM, Pennington KL, Grosh W, Loehrer PJ (1994) A phase II trial of vinblastine plus dipyrimadole in advanced renal celllcarcinoma. Am J Clin Oncol 17: 10–13 Muss HB (1987) Interferon therapy for renal cell carcinoma. Semin Oncol 14 (2): 34–42 Nadler RB, Loeb S, Clements JQ, Batler RA, Gonzalez CM, Vardi IY (2006) A prospective study of laparoscopic radical nephrectomy for T1tumors – Is transperitoneal, retroperitoneal or hand assited the best approach? J Urol 175: 1230–1234 Naito S, Kimiya K, Sakamoto N et al. (1991)Prognostic factors and value of adjunctive nephrectomy in patients with state IV renal cell carcinoma. Urology 37: 95–99 Nambirajan T, Jeschke S, Al-Zahrani H, Vrabes G, Leeb K, Janetschek G (2004) Prospective randomized controlled study : transperitoneal laparoscopic versus retroperitoneoscopic radical nephrectomy. Urology 64: 919–924 Nanus DM, Garino A, Milowsky MI, Larkin M, Dutcher JP (2004) Active chemotherapy for sarcomatoid and rapidly progressing renal cell carcinoma. Cancer 101 (7): 1545–51 Negrier S, Caty A, Lesimple T, Doullard JY, Escudier B, Rossi JF, Viens P, Gomez F for the Groupe Francais d’Immunothérapie, Fédération Nationale des Centres de Lutte Contre le Cancer (2000) Treatment of patients with metastatic renal carcinoma with a combination of subcutaneous interleukin-2 and interferon alfa with or without fluorouracil. J Clin Oncol 18: 4009–4015 Negrier S, Escudier B, Lasset C et al. (1998) Recombinat human interleukin-2, recombinant human interferon alfa-2a, or both in metastativ renal-cell carcinoma. N Engl J Med 338: 1272–1278 Neri B, Doni L, Gemelli MT, Fulignati C, Turrini M, Di Cello V, Dominici A, Maleci M, Mottola A, Ponichietti R, Raugei A, Valsuani G, Cini G (2002) Phase II trial of weekly intravenoud gemcitabine administratiojn with interferon and interleukin-2 immunotherapy for metastatic renal cell cancer. J Urol 168: 956–958
Neuhaus C, Dijkhuizen T, van den Berg E et al. (1997) Involvement of the chromosomal region 11q13 in renal oncocytoma: case report and literature review. Cancer Genet Cytogenes 94: 95–98 Neumann HPH, Wiestler OD (1991) Clustering of features of von Hippel-Lindau syndrome: evidence for a complex genetic locus. Lancet 337: 1052–54 Neves RJ, Zincke H, Taylor WF (1988) Metastatic renal cell cancer and radical nephrectomy: identification of prognostic factors and patient survival. J Urol 139: 1173–1176 Nguyen CT, Lane BR, Kaou, JH, Hegarty N, Gill IS, Novick AC, Camphell SC (2008) Surgical salvage of renal cell carcinoma recurrence after thermal ablative therapy. J Urol 180: 104–109 Nickerson ML, Warren MB, Toro JR et al. (2002) Mutations in a novel gene lead to kidney tumors, lung wall defects, and benign tumors of the hair follicle in patients with the Birt-Hogg-Dube syndrome. Cancer Cell 2: 157–64 Novick AC, Streem S, Montic JE, Pontes JE, Siegel S, Montague DK, Goormastic M (1989) Conservative surgery for renal cell carcinoma: a single-center experience with 100 patients. J Urol 141: 835–839 Novick AC (1991) Possibilities and limitations of partial nephrectomy for renal cell carcinoma. Curr Opin Urol 1: 30–3 Nurmi MJ, Puntala PV, Tyrkko JE, Antila LE (1985) Transabdominal and lumbar nephrectomy for renal adenocarcinoma. Scand J Urol Nephrol 19 (2): 129–31 O’Dea et al. (1978) The treatment of renal cell carcinoma with solitary metastasis. J Urol 120: 540–542 Ogan K, Cadeddu JA, Stifelman MD (2003) Laparoscopic radical nephrectomy: oncologic efficacy Urol Clin N Am 30: 543–550 Ogawa O, Habuchi T, Kaheki Y, Koshiba M, Sugiyana, Yoshida O (1952) Allelic losses at chromosome 17p in human renal cell carcinoma are inversely related to allelic losses at chromosome 3p1. Cancer Resaerch 52: 1881–85 Ono Y, Kinukawa T, Hattori R (1999) Laparoscopic radical nephrectomy for renal cell carcinoma : a five year experience. Urology 53: 280–286 Oosterwijk-Wakka C, Tiemessen DM, Bleumer I, de Vries IJ, Jongmans W, Adema GJ, Debruynce FM, de Mulder PH, Oosterwijk E, Mulders PE (2002) Vaccination of patients with metastatic renal cell carcinoma with autologous dendritic cells pulsed with autologous tumor antigens in combination with interleukin-2: a phase I study. J Immunother 25: 500–508 Paganini-Hill A, Ross RK, Henderson BE (1988) Epidemiology of renal cancer. In: Skinner DG, Lieskovksy G (eds) Treatment of genitourinary cancer, Saunders, Philadelphia Pahernik S, Roos F, Wiesner C, Thüroff JW et al. (2007a) Nephron sparing surgery for renal cell carcinoma in solitary kidney. Wold J Urol 25: 513–517 Pahernik S, Cudovic D, Roos F et al. (2007b) Bilateral synchronous sporadic renal cell carcinoma: surgical management, oncological and functional outcomes. BJU Int 100: 26–29 Pantuck AJ, Zisman A, Belldegrun AS (2001) Biology of renal cell carcinoma: chaning concepts in classification and staging. Semin Urol Oncol 19 (2): 72–79 Pantuck AJ, Zisman A, Dorey F, Chao DH, Han KR, Said J, Gitlitz B, Belldegrun AS, Figlin RA (2003) Renal cell carcinoma with retroperitoneal lymph nodes. Impact on survival and benefits of immunotherapy. Cancer 97: 2995–3002 Pantuck AJ, Zisman A, Dorey F, Chao DH, Han KR, Said J, Gitlitz BJ, Figlin RA, Belldegrun AS (2003) Renal cell carcinoma with retroperitoneal lymph nodes: role of lymph node dissection. J Urol 169: 2076–83
365 Literatur
Pareek G, Hedican SP Jason RG, Bruskewitz RC, Nakada SY (2006) MetaAanlysis of the complications of laparoscopic renal surgery: Comparison of procedures and techniques. J Urol 175: 1208–1213 Parek DJ, Lin WC, Herrell SD (2005) Optical spectroscopy characteristics can differentiate benign and malignant renal tissues: a potentially useful modality. J Urol 174: 1754–1758 Park BK, Kim SH, Choi HJ (2005) Characterization of renal cell carcinoma using agent detection imaging: comparison with gray-scale US. Korean J Radiol 6: 173–8 Parker JE, Cerhan JR, Lynch CF, Leibovich BC, Cantor KP (2004) History of urinary tract infection and risk of renal cell carcinoma. Am J Epidemiol 59:42–48 Patard JJ, Shvarts O, Lam JS, Pantuck AJ, Kim HL, Ficarra V, Cindolo L, Han KR, de la Taille A, Tostain J, Artibani W, Abbou CC, Lobel B, Chopin DK, Figlin RA, Mulder PF, Belldegrun AS (2004) Safety and efficacy of partial nephrectomy for all T1 tumors based on an international multicenter experience. J Urol 171: 2181–2185 Patard JJ (2006) Prognostic and biological significance of lymph node spreading in renal cell carcinoma. Eur Urol 49: 220–222 Paul R, Mordhorst J, Busch R et al. (2001) Adrenal sparing surgery during radical nephrectomy in patients with renal cell cancer: a new algorithm. J Urol 166: 59–62 Pavlovich CP, Grubb RL 3rd, Hurley K, Glenn GM, Toro J, Schmidt LS, Torres-Cabala C, Merino MJ, Zbar B, Choyke P, Walther MM, Linehan WM (2005) Evaluation and management of renal tumors in the Birt-Hogg-Dube syndrome. J Urol 173 (5): 1482–6. Erratum in: J Urol 174 (2): 796 Pavlovich CP, Schmidt LS (2004) Searching for the hereditary causes of nrel-cell carcinoma. Nat Rev Cancer 4: 381–393 Pavlovich CP, Walther MM, Eyler RA et al. (2002) Renal tumors in the Birt-Hogg-Dube syndrome. Am J Surg Pathol 26: 1542–1552 Perez-Farinos N, Lopez-Abente G, Pastor-Barriuso R (2006) Time trend and age-period-cohort effect on kidney cancer mortality in Europe, 1981–2000. BMC Public Health 6 (1): 199 Peyromaure M, Thiounn N, Scotte F, Vieillefond A, Debre B, Oudard S (2003) Collecting duct carcinoma of the kidney: a clinicopathological study of 9 cases. J Urol 170: 1138–1140 Pfannschmidt J, Hoffmann H, Muley T, Krysa S, Trainer C, Dienemann H (2002) Prognostic factors for survival after pulmonary resection of metastatic renal cell carcinoma. Ann Thorac Surg 74: 1653–1657 Pierorazio PM, McKiernan JM, McCann TR, Mohile S, Petrylak D, Benson MC (2007) Outcome after cytoreductive nephrectomy for metastatic renal cell carcinoma is predicted by fractional percentage of tumor volume removed. BJU Int 100: 755–759 Piltz S, Meimarakis G, Wichmann MW, Hatz R, Schiildberg FW, Fuerst H (2003) Long-term resultrs after pulmonary resection of renal cell carcinoma metastases. Ann Thorac Sorg 73: 1082–1087 Piper NY, Bishoff JT, Magee C (2001) Is a 1 cm margin necesssary during nephron-sparing surgery for renal cell carcinoma ? Urology 58: 849–852 Pizzocaro G, Piva I, Salvoni R, di Fronzo G, Ronchi E, Miodini P and the Lombardy Group (1986) Adjuvant medroxyprogesterone acetate and steroid hormone receptors in category Mo renal cell carcinoma. An interim report of a prospective, randomized study. J Urol 135: 18–21 Pizzocaro G, PÖiva L, Colavita M, Ferri S, Artusi R, Boracchi P, Parmiani G, Marubine E (2001) Interferon adjuvant to radical nephrectomy in Robson stages II and III renal cell carcinoma: a multicentric randomized study. J Clin Oncol 19 (2): 425–431 Pomer S, Schirrmacher V, Thiele R, Löhrke H, Brkovic D, Staehler G (1995) Tumor response and 4 year survival data of patients with advanced renal cell carcinoma treated with autologous tumor
vaccine and subcutaneous τ-II-2 and IFN-alpha 2b. Int J Oncol 6: 947–954 Ponti G, Ponz de LM, Losi L, Di Gregorio C, Benatti P, Pedroni M, Scarselli A, Riegler G, Lembo L, Pellacani G, Seidenari S, Rossi G, Roncucci L (2006) Different phenotypes in Muir-Torre syndrome: clinical and biomolecular characterization in two Italian families. Br J Dermatol 152 (6): 1335–8 Poppel H van, Bamelis B, Baert L(1997) Elective nephron-sparing surgery for renal cell carcinoma. Eur Urol 6: 8–12 Poston CD, Jaffe GS, Lubensky IA et al. (1995) Characterization of the renal pathology of a familial form of renal cell carcinoma associated with von Hippel-Lindau disease: clinical and molecular genetic implications. J Urol 153: 22–6 Pouessel D, Culine S (2008) High frequency of intracerebral hemorrhage in metastatic renal carcinoma patients with brain metastases treatd with tyrosine kinase inhibitors targeting the vascular endothelial growth factor receptor. Eur Urol 53: 376–381 Prestl JC Jr, Wilhelm M, Reuter V, Russo P, Motzer R, Waldmann F (2002) Allelic loss on chromosomes 8 and 9 correlates with clinical outcome in locally advanced clear cell carcinoma of the kidney. J Urol 167: 1464–1468 Provet J, Tessler A, Brown J, Golimbu M, Bosniak M, Morales P (1991) Partial nephrectomy for renal cell carcinoma: indication, results and implications. J Urol 145: 472–476 Pyrhonen S, Salminen E, Lethonen T, Nurmi M, Tammela T et al. (1996) Recxombinant interferon-alpha 2a with vinblastine vs. vinblastine alone in advances renal cell carcinoma. A phase III study. Am, Soc Clin Oncol 15: abstr 614 Pyrhonen S, Salminen E, Rutuu M, Lethonen T, Nurmi M, Tammely T (1999) Prospective randomized trial of interferon-alpha 2a plus vinblastine alone in patients with advanced renal cell cancer. J Clin Oncol 17: 2859–2867 Rabbani F, Grimaldi G, Russo P (1998) Multiple primary malignancies in renal cell carcinoma. J Urol 160: Rabbani F, Herr HW., Almahmeed T, Russo P (2002) Temporal change in risk of metachronous contralateral renal cell carcinoma: influence of tumor characteristics and demographie factors. J. Clinical Oncol 20 (9): 2370–5 Rabbani F, Reuter VE, Katz J, Russo P (2000) Second primary malignancies associated with renal cell carcinoma: influence of histological type. Urology 56: 399 Rafla S (1970) Renal cell carcinoma: natural history and results of treatment. Cancer 25: 26 Rainwater IM, Hosaka Y, Farrow GM, Lieber MM (1987) Well differentiated clear cell renal carcinoma: significance of nuclear deoxyribonucleic acid patterns studied by flow cytometry. J Urol 137: 15–20 Rassweiler J, Henkel IO, Potempa DM, Copcoat MJ, Miller D, Preminger GM, Alken P (1993) Transperitoneal laparoscopic nephrectomy: training, technique, ans results. J Endoruol 7: 505–515 Ratain MJ, Eisen T, Stadler WM, Flaherty KT, Kaye SB, Rosner GL, Gore M, Desai AA, Patnaik A, Xiong HQ, Rowinsky E, Abbruzzese JI, Xia C, Simantov R, Schwartz B, O’Dwyer J (2006) Phase II Placebo-Controlled randomized discontinuation trial of sorafenib in patients with metastatic renal cell carcinoma. J Clin Oncol 24 (16): 1–7 Rathmell K, Amin C, Wallen E, Pruthi R (2008) Neoadjuvant therapy with sorafenib for locally advanced renal cell carcinoma (RCC). ASCO A370 Ravaud A, Delva R, Gomez F et al. (2002) Sucutaneous interleukin-2 and interferon α in the treatment of patients with metastatic renal cell carcinoma – less efficacy compared to intravenous interlukin-2 and interferon α. Results of a multicenter Phase II
21
366
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
trial form the Groupe Francais d’Immunothérapie. Cancer 95 (11): 2324–2330 Ravaud A, Dilhuydy MS (2005) Interferon alpha for treatment of advances renal cancer. Expert Opin Biol Ther 5 (6): 749–762 Reichelt O, Gajdba M, Chyhrai A, Wunderlich H, Junker K, Schubert J (2007) Ultrasound-guides biopsy of homogenous solid renal masses. Eur Urol 52: 1421–1427 Reiter Re, Zbar B, Linehan WM (1993) Molecular genetic studies of renal carcinoma: potential biologic and clinical significance for genitourinary malignancy. In: Walsh PC, Retik AB, Vaughan ED, Stamey TA (eds) Cembell’s Urology; 3th ed. Sauders, Philadelphia, pp 1–15 Rendon RA, Jewett MAS (2006) Expectant management for the treatment of small renal masses. Urol Oncol 24: 62–67 Repassy DL, Becsi A, Tamas G, Weninger T (1999) Comparison of morbidity of lumbar flank approach and transperitoneal approach for radical nephrectomy. Acta Chir Hung 38 (3–4): 311–20 Riccabona M, Szolar D, Preidler K, Uggowitzer M, Kugler C, Dorfler O, Schreyer HH (1999) Renal masses–evaluation by amplitude coded colour Doppler sonography and multiphasic contrast-enhanced CT. Acta Radiol 40: 457–61 Rini BI, Vogelzang NJ, Dumas MC, Wade JL 3rd, Taber DA, Stadler WM (2000) Phase II trial of weekly intravenous gemcitabine with continuous infusion fluorouracil in patients with metastatic renal cell cancer. J Clin Oncol 18: 2419–2426 Rini BI, Zimmermann T, Stadler WM, Gajewski TF, Vogelzang NJ (2002) Allogeneic stem-cell transplantation of renal cell cancer after nonmyeloablative chemotherapy: feasibility, engraftment, and clinicl results. J Clin Oncol 20: 2017–24 Rini BI, Wilding GT, Hudes G, Stadler WM, Kim S, Tarazim JC, Bycott PW, Liau KF, Dutcher JP (2007) Axitinib (AG-013736:AG) in patients (pts) with metastatic renal cell cancer (RCC) refractory to sorafenib. J Clin Oncol 25(185): 5032 Rini BI, Campbell SC (2007) The evolving role of surgery for advanced renal cell carcinoma in the era of molecular targeted therapy. J Urol 177: 1978–1984 Ritchie AWS, Cisholm GD (1983) The natural history of renal carcinoma. Semin Oncol 10: 390–400 Ritchie AWS, Griffiths G, Cook P, Oliver RTD et al. (1998) Alpha interferon improves survival in patients with metastatic renal carcinoma – preliminary results of an MRC randomised controlled trial. Am Soc Clin Oncol abstr. 1194 Rixe O, Bukowski RM, Mihchaelson MD, Wilding G, Huded GR, Bolte O, Motzer RJ, Bycott P, Liau KF, Freddo J, Trask PC, Kim S, Rini BI (2007) Axinitib treatment in patients with cytokine-refractory metastatic renal-cell cancer: a phase II study. Lancet Oncol 8: 975–984 Robey EL, Schellhammer PE (1986) The adrenal gland and renal cell carcinoma: is ipsi lateral adrenalectomy a necessary component of radical nephrectomy? J Urol 135: 453–457 Robson CJ, Churchill BM, Anderson W (1969) The restuls of radical nephrectomy for renal cell carcinoma. J Urol 101: 297–301 Rohde D, De Mulder PH, Weissbach L, Osieka R, Blatter J, Jakse G (1996) Experimental and clinical efficacy of 2’,2’-difluorodeoxycytidine (gemcitabine) against renal cell carcinoma. Oncology 53: 476– 481 Rohde D, Thiemann D, Wildberger J, Wolff J, Jakse G (1998) Treatment of renal cell cancer patients with gemcitabine and interferons: antitumor activity and toxicity. Oncol Re5: 1555–1560 Roos FC, Pahernik S, Elsäßer A, Victor A, Brenner W, Thüroff JW (2008) Imperative organerhaltende Nierentumorchirurgie bei Einzelniere bzw. bilateralen Tumoren. Langzeitergebnisse. Der Urologe 7: 818–823
Rosenberg SA, Lotze MT, Muul LM et al. (1987) A progress report on the treatment of 157 patients with advanced cancer using lymphokine-activated killer cells and interleukin-2 or high-dose interleukin alone. N Engl J Med 316: 889–897 Rosenberg SA, Lotze MT, Yang JD et al. (1993) Prospective randomized trial of high dose interleukin-2 alone or in conjunction with lymphokine-activated killer cells for the treatment of patients with advanced cancers. J Nathl Cancer Inst 85: 622 Rosenberg SA, Spiess P, Lafreniere R (1986) A new approach to the adoptive immunotherapy of cancer with tumor-infiltrating lymphocytes. Science 233: 1318–1321 Rosenthal EI, Kraft R, Zingg EJ (1984) Organ-preserving surgery in renal cell carcinoma: tumor enucleation versus partial kidney resection. Eur Urol 10: 222–228 Rosser CJ, McCullough DL, Hall MC (2000) Thoracoabdominal radical nephrectomy: is a postoperative thoracotomy tube necessary? Urology 55 (6): 847–51 Roth JS, Rabinowitz AD, Benson M et al. (1993) Bilateral renal cell carcinoma in the Birt-Hogg-Dube syndrome. J Am Acad Dermatol 20: 1055–58 Ruiz JL, Vera C, Server G, Osca JM, Boronat F, Jimenez Cruz JF (1991) Renal cell carcinoma: late recurrence in 2 cases. Eur Urol 20: 167–169 Sablin MP, Bouaita L, Balleyguier G et al. (2007) Sequential use of sorafenib and sunitinib in renal cancer: retrospective analysis in 90 patients: Proc Am Soc Clin Oncol J Clin Oncol 25:5038 Sagalowsky AK, Kadesky KT, Ewatt DM et al. (1994) Factors influencing adrenal metastasis in renal cell carcinoma. J Urol 151: 1181–1184 Sanchez de la Muela P, Zudaire JJ, Robles JE et al. (1991) Renal cell carcinoma: vena cava invasion and prognostic factors. Eur Urol 19: 284–290 Sanchez Y, El-Naggar A, Pathak S, McNeill Killary A (1994) A tumor suppressor locus with 3p14-p12 mediates rapid cell death of renal cell carcinoma in vivo. Genetics 91: 3383–87 Sanchez Y, El-Naggar A, Pathak, S, Killary AM (1994) A tumor suppressor locus within 3p14-p12 mediates rapid cell death of renal cell carcinoma in vivo. Proc Natl Acad Sci USA 91: 3383 Sandlund J, Oosterwijk E, Grankvist K, Oosterwijk-Wakka J, Ljungberg B, Rasmuson T (2007) Prgnostic impact of carbonic anhydrase IX expression in human renal cell carcinoma. BJU Int 100: 556–560 Sardock DS, Settel AP, Resnick MI (1995) A new protocol for follow-up of renal cell carcinoma based pathological stage. J Urol 154: 28 Sarna G, Figlin R, de Kernion J (1987) Interferon in renal cell carcinoma. The UCLA experience. Cancer 59 (3 Suppl): 610–612 Satoh S, Tsuchiya N, Habuchi T, Ishiyama T, Seimo K, Katho T (2005) Renal cell and transitional cell carcinoma in Japanese population undergoing maintenance dialysis. J Urol 174: 1749–1753 Savage PD, Muss HB (1995) Renal cell cancer. In: De Vita VT, Hellman S, Rosenberg SA (eds) Biological Therapy of Cancer.Lippincott, Philadelphia, pp 373–387 Schendel DJ, Gansbacher B 1993) Tumor-specific lysis of human renal cell carcinomas by tumor-infiltrating lymphocytes: modulation of recognition through retroviral transduction of tumor cells with interleukin 2 complementary DNA and exogenous alpha interfern treatment. Cancer Res 53 (17): 4020–4025 Schlichter A, Wunderlich H, Junker K, Kosmehl H, Schubert J (1999) Limits for organ-preserving surgery in renal cell carcinoma. Urologe A. 1999 38:479-85 Schlichter A, Wunderlich H, Junker K, Kosmehl H, Schubert J (2000) Where are the limits of elective nephron-sparing surgery in renal cell carcinoma? Eur Urol 37: 517–520
367 Literatur
Schmidt L, Duh FM, Kishida T et al. (1997) Germline and somatic mutations in the tyrosine kinase domain of the MET proto-oncogene in papillary renal carcinomas. Nat Genet 16: 68–73 Schmidt LS, Warren MB, Nickerson ML et al. (2001) Birt-Hogg-Dube syndrome, a genodermatosis associated with spontaneous pneumothorax and kidney neoplasia, maps to thromosome 17p11.2. Am J Hum Genet 69: 876–882 Schrader AJ, Olbert PJ, Hegele A, Varga Z, Hofmann R (2008) Metastatic non-clear cell renal cell carcinoma: current therapeutic option: BJU Int 101(11): 1343–1345 Schraml P, Hergovich A, Hatz F, Amin MB, Lim SD, Krek W, Mihatsch MJ, Moch H (2003) Relevance of nuclear and cytoplasmic von hippel lindau protein expression for renal carcinoma progression. Am J Pathol 163:1013–1020 Schrodter S, Hakenberg OW, Manseck A, Leike S, Wirth MP (2007) Outcome of surgical treatment of isolated local recurrence after radical nephrectomy for renal cell carcinoma. J Urol 167: 1630–3 Sella A, Swanson DA, Ro JY, Putnam JB Jr, Amato RJ, Markowitz AB, Logothetis CJ (1993) Surgery following response to interferon-alphabased therapy for residual renal cell carcinoma. J Urol 49: 19–21 Semelka RC, Shoenut JP, Magro CM, Kroeker MA, MacMahon R, Greenberg HM (1993) Renal cancer staging: comparison of contrastenhanced CT and gadolinium-enhanced fat-suppressed spinecho and gradient-echo MR imaging. J Magn Reson Imaging 3:597–602 Shalev M, Cipolla B, Buille F, Staerman E, Lobel B (1995) Is ipsilateral adrenalectomy a necessary component of radical nephrectomy? J Urol 153: 1415 Sherry RM, Pass HI, Rosenberg SA, Yang JC (1992) Surgical resection of metastatic renal cell carcinoma and melanoma after response to interleukin-2-based immunotherapy. Cancer 69: 1850–1855 Sheth S, Scatarige JC, Horton KM et al. (2001) Current concepts in the diagnosis and management of renal cell carcinoma. role of multidetector CT and three-dimensional CT. Radiographics 21: 237 Shimizu M, Yokota J, Mori N et al. (1990) Introduction of normal chromosome 3p modulates the tumorgenicity of a human renal cell carcinoma cell line YCR. Oncogene 5: 185–194 Shingleton WB, Sewell PE (2001) Percutaneous cryoablation of renal tumors with magnetic resonance imaging guidance. J Urol 167: 1268–1270 Shuin T, Kondo K, Torigoe S et al. (1994) Frequent somatic mutations and loss of heterozygosity of the von Hippel-Lindau tumor suppressor gene in primary human renal cell carcinomas. Cancer Res 54: 2852–5 Shvarts O, Tsui KH, Smith RB, Kernion JB, Belldegrun A (2000) Blood loss and the need for transfusion in patients who undergo partial or radical nephrectomy for renal cell carcinoma. J Urol 164 (4): 1160–3 Siemer S, Lehmann J, Kamradt J et al. (2004) Adrenal metastases in 1635 patients with renal cell carcinoma. outcome and indication for adrenalectomy. J Urol 171: 2155–2159 Siminovitch JP, Montie JE, Straffon RA (1982) Lymphadenectomy in renal adenocarcinoma. J Urol 127: 1090 Simons J (1995) Phase I study of nun-replicating autologous tumor cell injections using cells prepared with or without GM-CSF gene transduction in patients with metastatic renal cell carcinoma. Hum Gene Ther 6: 347–368 Skinner DG, Colvin RB, Vermillon CD, Pfister RC, Leadbetter WI (1971) Diagnosis and management of renal cell carcinoma. Cancer 8: 1165–1177 Sorbellini M, Kattan MW, Snyder ME, Reuter V, Motzer R, Goetzl M, MCKiernan J, Russo P (2005) A postoperative prognostic nomo-
gram predicting recurrence for patients with conventional clear cell renal cell carcinoma. J Urol 173 (1): 48–51 Sowery RD,Siemens DR (2004) Growth characteristics of renal cortical tumors in patients manged by watchful waiting. Can J Urol 11: 2407–2410 Spiegel DM, Yuen-Ko JL, Hou SH, Brandt TD, Grant TH (1991) Incidence of renal cell carcinoma and natural history of acquired renal cystic desease in end-stage renal disease. Am J Nephrol 11: 166–167 Stadler WM, Huo D, George C, Yang X, Ryan CW, Karrison T, Zimmerman T, Vogelzang NJ (2003) Prognostic factors for survival with gemcitabine plus 5-fluorocil based regimens for metatstatic renal cancer. J Urol 170: 1141–1145 Staehler G, Drehmer I, Pomer S (1994) Tumorbefall der Vena cava beim Nierenzellkarzinom. Urologe A 33: 116–121 Steiner T, Knels R, Schubert J (2004) Prognostic significance of tumour size in patients after tumour nephrectomy for localised renal cell carcinoma. Eur Urol 46:327–330 Stephenson AJ, Hakimi AA, Snyder ME, Russo P. (2004) Complications of radical and partial nephrectomy in a large contemporary cohort. J Urol 171 (1): 130–4 Stief CG, Jahne J, Hagemann JH, Kuczyk M, Jonas U (1997) Surgery for metachronous solitary liver metastases of renal cell carcinoma. J Urol 158: 375–7 Stifelman MD, Handler T, Nieder AM, Del Pizzo J, Taneja S, Sosa RE, Shichman SJ (2003) Hand-assisted laparoscopy for large renal specimens: a multi-institutional study. Urology.61:78–82 Stillwell, TJ, Gomez MR, Kelalis PP (1987) Renal lesions in tuberous sclerosis. J Urol 138: 447 Stolle CA, Glenn G, Zbar B et al. (1998) Improved detection of germline mutations in the von Hippel-Lindau disease tumor suppressor gne. Human Mutation 12: 417–23 Störkel S, Ebie JN, Adlakha K et al. (1997) Classification of renal cell carcinoma: workgroup no. 1, Union Internationale Contre le Cancer (UICG) and the American Joint Committee on Cancer (AJCC). Cancer 80: 987–989 Störkel S, Thoenes W, Jacobi GH, Engelmann U, Lippold R (1990)Prognostic parameters of renal cell carcinoma. Eur Urol 18 (2): 36–37 Strohmeyer TG, Slamon DJ (1994) Proto-oncogenes and tumor suppressor genes in human urological malignancies. J Urol 151: 1479–1497 Studer UE,Scherz S, Scheidegger J, Kraft R, Sonntag R, Ackermann D, Zingg EJ (1990) Enlargement of regional nodes in renal cell carcinoma i soften not due to metastases. J Urol 144: 243–245 Su LM, Jarrett TW, Chan DY, Kavoussi LR, Solomon SB (2003) Percutaneous computed tomography –guided radiofrequency ablation of renal masses in high surgical risk patients.Preliminary results. Urology 61: 26–33 Sükösd F, Digon B, Fischer J, Pietsch T, Kovacs G (2001) Allelic loss at 10q23.3 but lack of mutation of PTEN/MMAC1 in chromophobe renal cell carcinoma. Cancer Genet Cytogenet 128: 161–163 Sutherland SE, Resnik MI, MacLennnan GT, Goldman HB (2002) Does the size of the surgical margin in partial nephrectomy for renal cell cancer really matter. J Urol 167: 61–64 Swanson DA, Borges PM (1983) Complications of transabdominal radical nephrectomy for renal cell carcinoma. J Urol 129: 704–707 Szczylik G, Demkow T, Stähler M et al. (2007) Randomized phase II traial of first-line treatment with sorafenib versus interferon in patients with advandes renal cell cardinoma. final results. Proc Am Soc Clin Onocl J Clin Oncol 25:5025 Takatera H, Maeda O, Toshirsugu O et al. (1986) Solitary later recurrence of renal cell carcinoma. J Urol 136: 799–801
21
368
21
Kapitel 21 · Nierenzellkarzinom
Talberg T, Tykkä H, Mahlberg K, Haltunnen P, Lehtonen I, Kalima I, Sama S (1985) Active specific immunotherapy with supportive measures in the treatment of palliatevely nephrectomized renal adenocarcinoma patients. A thirteen-year follow-up study. Eur Urol 11: 233–243 Tamai H, Takiguchi Y, Oka M, Shingaki N, Enomoto S, Shiraki T, Furuta M, Inoue I, Iguchi M, Yanaoka K, Arii K, Shimizu Y, Nakata H, Shinka T, Sanke T, Ichinose M (2005) Contrast-enhanced ultrasonography in the diagnosis of solid renal tumors. J Ultrasound Med. 24: 1635–40 Tammela ILJ, Leinomen ASS, Konturi MJ (1991) Comparison excretory urography, angiography, ultrasound and computed tomography for I category staging of renal cell carcinoma. Scand J Urol Neprhol 25: 283–286 Tamaskar H, Garcia JA, Elson P Wood L, Mekhail T, Dreicer R, Rini BI, Bukowski RM (2008) Antitumor effects of sunitinib of sorafenib in patients with metastatic renal cell carcinoma who received prior antiangiogenic therapy. J Urol 179: 81–86 Terrone C, Guercio S, De Luca S, et al. (2003) The nunmber of lymph nodes examined and staging accuracy in renal cell carcinoma. BJU Int 91: 37–40 Terrone C, Gontero P, Volpe A, Porpiglia F, Bollito E, Zattoni F, Frea B, Tizzani A, Fontana D, Scarpa RM, Rossetti SR (2008) Proposal of an improved prognostic classification for pT3 renal cell carcinoma: J Urol 180: 72–78 Taneja SS, Pierce WW, Figlin R, Belldegrun A (1994) Management of disseminated kidney disease. Urol Clin North Am 21: 625–637 Tanguay S, Swanson DA, Putnam JB (1996) Renal cell carcinoma metastatic to the lung: potential benefit in the combination to biological therapy and surgery. J Urol 156: 1586–1589 Tate R, Iddenden R, Harnden P, Morris E, Craigs C, Bennett C, Brook C, Haward RA, Forman D (2003) Increased incidence of renal parenchymal carcinoma in the Northern and Yorkshire region of England, 1978–1997. Eur J Cancer 39 (7): 961–7 Terrone C, Cracco C, Guercio S, Bollito E, Poggio M, Scoffone C, Tarabuzzi R, Porpiglia F, Scarpa RM, Fontana D, Rocca Rossetti S (2004) Prognostic value of the involvement of the urinary collecting system in renal cell carcinoma. Eur Urol 46: 472–6 Tomlinson IP, Alam NA, Rowan AJ, Barclay E, Jaeger EE, Kelsell D, Leigh I, Gorman P, Lamlum H, Rahman S, Roylance RR, Olpin S, Bevan S, Barker K, Hearle N, Houlston RS, Kiuru M, Lehtonen R, Karhu A, Vilkki S, Laiho P, Eklund C, Vierimaa O, Aittomäki K, Hietala M, Sistonen P, Paetau A, Salovaara R, Herva R, Launonen V, Aaltonen LA; Multiple Leiomyoma Consortium (2002) Germline mutations in FH predispose to dominantly inherited uterine fibroids, skin leiomyomata and papillary renal cell cancer. Nat Gent 30: 1–5 Thoenes W, Störkel S, Rumpelt HJ (1986) Histopathology of renal cell tumors (adenomas, oncocytomas and carcinomas): the basic cytological and histopathological elements and their use for diagnostics. Pathol Res Pract 181: 125–143 Thompson IM, Peek M (1988) Improvement in survival of patients with renal cell carcinoma – the role of the serendipitously detected tumor. J Urol 140: 187–190 Thompson RH, Leibovich BC, Lohse CM, Cheville JC, Zincke H, Blute ML, Frank I (2007) Dynamic outcome prediction in patients with clear cell carcinoma treated with radical nephrectomy: the DSSIGN score. J Urol 177:477–480 Thrasher JB, Robertson JE, Paulson DF (1994) Expanding indications for conservative renal surgery in renal cell carcinoma. Urology 43:160–168 Tolia BM, Whitmore WF Jr. (1975) Solitary metastasis from renal cell carcinoma. J Urol 114: 836–8
Toro JR, Nickerson ML, Wie MH et al. (2003) Mutations in the fumarate hydratase gene cause hereditary leiomyomatosis and renal cell cancer in families in north america. Am J Hum Genet 73: 95–106 Tosaka A, Ohya K, Yamada K, Ohashi H, Kitahara S, Sekine H, Takehara Y, Oka K (1990) Incidence and properties of renal massas and asymptomatic renal cell carcinoma detected by abdominal ultrasonogrpahy. J Urol 144: 1097–1099 Tourani JM, Pfister C, Berdah JF et al. (1998) Outpatient treatment with subcutaneous interleukin-2 and interferon alfa administration in combination with fluorouracil in patients with metastatic renal cell carcinoma: results of a sequential nonrandomized phase II study. Subutaneous Administration Propeukin Program Cooperative Group. J Clin Oncol 16: 2505–2513 Tsui KH, Shvarts O, Barbaric Z et al. (2000) Is adrenalectomy a necessary component auf radical nephrectomy; UCLA experience with 511 radical nephrectomies. J Urol 163: 437–441 Tunuguntla HSGR, Jorda M (2008) Diagnostic and prognostic molecular markers in renal cell carcinoma. J Urol 179: 2096–2102 Turna B, Frota R, Kamoi K, Lin YC, Aron M, Desai MM, Kaouk JH, Gill IS (2008) Risk factor analysis of postoperative complications in laparoscopic partial nephrectomy. J Urol 179: 1289–1295 Tykkä H, Oravisto KJ, Lehtonen T, Sarna S, Tallberg T (1978) Active specific immunotherapy of advanced renal cell carcinoma. Euro Urol 4: 250–258 Ueda T, Yasumasu T, Uozomi J, Naito S (1991) Comparison of clinical and pathological characteristics in incidentally detected and suspected renal carcinoma. Br J Urol 68: 470–472 Unnithan JS, Choueiri T, Garcia J, Dreicer R, Laura W, Bukowski R, Rini B (2007) Safety of VEGF-targeted tyrosine kinase inhibitors in patients (Pts) with metastatic remal cell carcinoma (mRCC) and central nervous system (CNS) metastases. J Clin Urol ASCO 25: 18S: 5047 Uzzo RG, Cherullo EE, Myles J, Novick AC (2002) Renal cell carcinoma invading the urinary collecting system: implications for staging. J Urol. 167: 2392–6 Uzzo RG (2005) Renal cell carcinoma: urologists in a new era. J Urol 174: 1723–1724 Valle L, Cascon A, Melchor L, Otero I, Rodriguez-Perales S, Sanchez L, Cruz Cigudosa J, Robledo M, Weber B, Urioste M, Benitez J (2005) About the origin and development of hereditary conventional renal cell carcinoma in a four-generation t (3; 8) (p14.1; q24.23) family. Eur J Hum Genet 13 (5): 570–8 van Kessel AG, Wijnhoven H, Bodmer D, Eleveld M, Kiemeney L, Mulders P, Weterman M, Ligtenberg M, Smeets D, Smits A (1999) Renal cell cancer: chromosome 3 translocations as risk factors. J Nat Cancer Inst 91:1159–1160 Van Poppel H, Claes H, Willemen P, Oyen R, Baert I (1991) Is there a place for conservative surgery of renal carcinoma? Br Urol 67: 129–133 van Poppel H, Da Pozzo L, Albrecht W, Matveev V, Bono A, Borkowski A, Marechal JM, Klotz L, Skinner E, Keane T, Claessen I, Sylvester R (2007) A prospective randomized EORTC Intergroup Phase 3 Study Comparing the Complications of Elective Nephron-Sparng Surgery and Radical Nephrectomy for Low-Stage Renal Cell Carcinoma. Eur Urol 51: 1606–1615 Volpe A, Panzarella T, Rendon RA, Haider MA, Kondylis FI, Jewett MA (2004) The natural history of incidentelly detected small renal masses. Cancer 100: 738–745 Volpe A, Kachura JR, Geddie WR, et al. (2007) Techniques, safety and accuracy of sampling of renal tumors by fine needle aspiration and core biopsy. J Urol 178:379–386
369 Literatur
Vasudevan A, Davies RJ, Shannon BA, Cohen RJ (2006) Incidental renal tumors: the frquency of benign lesions and the role of preoperative core biopsy. BJU International 97: 946–949 Viterbo R, Chawla S, Crispen P et al. (2005) Delayed management of incidentally detected renal masses does not limit or cimplicate treatment options. J urol 173: 23 A 82 Volkmer BG, Gschwend JE (2002) Value of metastases surgery in metastic renal cell carcinoma. Urologe A 41: 225–230 Volpe A, Panzarella T, Rendon RA, Haider MA, Kondylis FI, Jewett MAS (2004) The natural history of incidentally detected small renal masses. Cancer 100 (4): 738–745 von Knobloch R, Hegele A, Kälble T, Hofmann R (2000) Management of contralateral adrenal metastasis from renal cell carcinoma: possibility of inferior vena cava tumour thrombus. Scand J Urol Nephrol 34:109–113 Waers JS, Moss C, Hackett S et al. (2003) A phase II trial of gemcitabine (GEM) plus cepecitabine (CAPE) in patients with metastatic renal cell carcinoma (mRCC). Proc Am Soc Clin Oncol 22: 386 (Abstr 1549) Walther MM, Lubensky IA, Venzon D, Zbar B, Linehan WM (1995) Prevalence of microscopic lesions in grossly normal renal parenchyma from patients with von Hippel-Lindau disease, sporadic renal cell carcinomaand no renal disease: Clinical implications. J Urol 154: 2010–5 Washecka R, Hanna M (1991)Malignant renal tumors in tuberous sclerosis. Urology 4: 340–343 Washio M, Mori M, Sakauchi F, Watanabe Y, Ozasa K, Hayashi K, Miki T, Nakao M, Mikami K, Ito Y, Wakai K, Tamakoshi A, JACC Study Group (2005) Risk factors for kidney cancer in a Japanese population: findings from the JACC Study. J Epidemiol 15 (Suppl 2): s203–11 Waters JS, Moss C, Pyle L, James M, Hackett S, A’hern R, Gore M, Eisen T (2004) Phase II clinical trial of capecitabine and gemcitabine chemotherapy in patients with metastatic renal carcinoma. Brit J Cancer 91: 1763–1768 Weaver DJ, Michalski K, Miles J (1989) Cytogenetics of bileratal renal cell carcinoma. J Urol 142: 497–700 Wehle MJ, Thiel DD, Petrou SP, Young PR, Frank I, Karsteadt N (2004) Conservative management of incidental contrast enhancing renal masses as safe alternative to invasive therapy. Urology 64 (1): 49–52 Weight CJ, Kaouk JH, Hegarty NJ, Remer EM, O’Malley CM, Lane BR, Gill IS, Novick AC (2008) Correlation of radiographic imaging and histopathology following cryoablation and radio frequency ablation for renal tumors. J Urol 179: 1277–1283 Weikert S, Boeing H, Pischon T, Weikert C, Olsen A, Tjonneland A, Overvad K, Becker N, Linseisen J, Trichopoulou A, Mountokalakis T, Trichopoulos D, Sieri S, Palli D, Vineis P, Panico S, Peeters PHM, Bueno-de-Mesquita HB, Verschuren WMM, Ljungberg B, Hallmans G, Berglund G, Gonzales CA, Dorronsoro M, Barricarte A, Tormo MJ, Allen N, Roddam A, Bingham S, Khaw KT, Rinaldi S, Ferrari P, Norat T, Riboli E (2008) Blood pressure and risk of renal cell carcinoma in the european prospective investigation into cancer and nutrition. Am J Epidemiol 167: 438–446 Weinblatt ME, Kahn E, Kochen J (1987) Renal cell carcinoma in patients with tuberous sclerosis. Pediatrics 80: 898 Weirich G, Glenn G, Junker K et al. (1998) Familial renal oncocytoma: clinicopathological study of 5 families. J Urol 160: 335–340 West WH, Tauer KW, Yanelli IR, Marshall GD, Ott DW, Thurmann B, Oldham RK (1987) Constant-infusion of recombinant interleukin-2 in adoptive immunotherapy of advanced cancer. N Engl J Med 316: 898–905
Wierecky J, Müller M, Brossat P (2006) Dendritic cell-based cancer immunotherapy targeting MUC-1. Cancer Immunol Immunother 55 (1): 63–67 Wiesner C, Jakse G, Rohde D (2002) Therapy of local recurrence of renal cell carcinoma. Oncol Rep 9: 189–92 Winter P, Miersch WD, Vogel J, Jaeger N (1990) On the nedessity of adrenal extirpation combined with radical nephrectomy. J Urol 144: 842–844 Wirth M (1991) Stellenwert der Interferone, des Interleukin 2 und des Tumornekrosefaktors in der Therapie des Nierenzellkarzinoms. Urologe A 30: 77–80 Wood L, Bukowski RM, Dreicer R, Elson P, Garcia JA, Gilligan T, Mekhail T, Rini BR (2008) Temsiroslismus (TEM) in metastatic renal cell carcinoma (mRCC): Safetey and efficacy in patients previously treated with VEGF-targeted therapy. ASCO A353 Woodward ER et al. (2000) Familial clear cell renal cell carcinoma (FCRC): clinical features and mutation analysis of the VHL, MET, and CUL2 candidate genes. J Med Genet 37: 348–353 Woodward ER, Clifford SC, Astuti D, Affara NA, Maher ER (2000) Familial clear cell renal cell carcinoma (FCRC): clinical features and mutation analysis of the VHL, MET, and CUL2 candidate genes. J Med Genet 37: 348–353 Wotkowicz C, Libertino JA, Sorcini A, Mourtzinos A (2006) Management of renal cell carcinoma with vena cava and trial thrombus: minimal access vs median sternotomy with circulatory arrest. BJU Int 98: 289–297 Yang JC, Haworth L, Sherry RM, Hwu P, Schwarzentruber DJ, Topalian SL, Steinberg SM, Chen HX, Rosenberg SA (2003) A randomized trial of bevacizumab, an antivascular endothelial growth factor antibody, for metastatic renal cancer. N Engl J Med 349 (5): 427–434 Yaycioglu O, Roberts WW, Chan T, Epstein JI, Marshall FF, Kavoussi LR (2001) Prognostic assessment of nonmetastatic renal cell carcinoma: a clinically based model. Urology 58 (2): 141–145 Yossepowitsch O, Thompson RH, Leibovich BC, Eggener SE, Pettus JA, Kwon ED, Herr HW, Blute ML, Russo L (2008) Positive surgical margins at partial nephrectomy: predictors and oncological outcomes. J Urol 179: 2158–2163 Yuan J-M, Castealo JE, Gago-Dominguez M, Ross RK, Yu MC (1998) Hypertension, obesity and their medications in relatation to renal cell carcinoma. Br J Cancer. 77: 1508–1513 Zbar B, Tory K, Marino M et al. (1994) Hereditary papillary renal cell carcinomas. J Urol 151: 561 Zbar B, Glenn G, Lubensky IA et al. (1995) Hereditary papillary renal cell carcinoma: clinical studies in 10 families. J Urol 153: 907–12 Zincke H, Sen SE (1988) Experience with extracorporal surger and autotransplantation for renal cell and transitional cell cancer of the kidney. J Urol 140 (1): 25–27 Zisman A, Pantuck AJ, Wieder J, Chao DH, Dorey F, Said JW, deKernion JB, Figlin RA, Belldegrun AS (2002) Risk group assessment and clinical outcome algorithm to predict the natural history of patients with surgically resected renal cell carcinoma. J Clin Oncol 20: 4559–4566
21
22 Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom G. Jakse 22.1
Epidemiologie, Ätiologie – 371
22.2
Onkologische Kennzeichen – 373
22.3
Diagnostik – 376
22.4
Therapie
22.5
Therapie des Nierenbeckentumors – 382
22.6
Therapie des Harnleitertumors – 383
22.7
Therapie bei Einzelniere/Restniere – 384
22.8
Therapie bilateraler Tumoren – 385
22.9
Therapie des In-situ-Karzinoms – 385
22.10
Therapie seltener Harnleitertumoren – 385
22.11
Prognose – 386
22.12
Nachsorge
– 380
– 387
Etwa 10% der Tumoren des Harntraktes sind Nierenbecken- und Harnleitertumoren (Johansson u. Wahlqvist 1974; Skeet 1976). Mehr als 90% der bösartigen Tumoren sind Übergangszellkarzinome und entsprechen in ihrem Aufbau jenen Tumoren, die in der Blase anzutreffen sind (Almgaard et al. 1973; Batata et al. 1975; Bloom et al. 1970; Culp 1955; Das et al. 1990; Dufuour 1970; Fraley 1978). Das Verhältnis beträgt 1 : 1–3 : 20–60 (Nierenbecken: Harnleiter: Blase) (Chasko et al. 1981; McCredie et al. 1982). Nierenbecken- und Harnleitertumoren weisen spezifische Merkmale auf, die teilweise eine getrennte Betrachtung notwendig machen.
22.1
Epidemiologie, Ätiologie
Rund 7–18% der Nierentumoren sind Nierenbeckentumoren. Etwa 1.600 neue Nierenbeckentumoren werden pro Jahr in den USA geschätzt (Guinan et al. 1990). In Schweden und Norwegen liegt die Inzidenz des Nierenbeckenkarzinoms für Männer bei 1,2 bzw. 0,6 pro 100.000 Einwohnung (Pedersen 1969; Skeet 1976). Die Inzidenz bei Frauen ist in beiden Ländern mit 0,9 bzw. 0,4 pro 100.000 Einwohner geringer (Ekman 1990). Daraus resultiert eine Mann-zu-Frau-Relation von 2 : 1 bzw. 1,5 : 1. Die Inzidenz ist wahrscheinlich in den meisten westlichen Ländern ähnlich.
Ebenso dürfte es keinen rassischen Unterschied geben, da z. B. epidemiologische Daten aus Hawaii eine ähnliche Inzidenz für Japaner, Schwarze und Weiße ergeben (Stemmermann et al. 1990). Besondere Umstände sind dafür verantwortlich, dass im Rahmen der Balkannephropathie die Inzidenz von Nierenbeckentumoren um das 100- bis 200-fache größer ist als jene, welche in anderen Regionen Jugoslawiens beobachtet wird (Apostolov et al. 1975; Cracium u. Rosculescu 1970; Krogh et al. 1977; Markovic 1972). Besonders auffallend ist dabei, dass das Mann-zu-Frau-Verhältnis 1 : 1 beträgt und eine große Anzahl von bilateralen Tumoren (10%) beobachtet wird (Petkovics et al. 1971). Überraschenderweise ist diese Zunahme der Inzidenz von Nierenbecken- und Harnleitertumoren nicht begleitet von einer Zunahme der Übergangszellkarzinome der Harnblase. Eine ähnliche Häufung von Nierenbecken- und Harnleiterkarzinomen ist mit der endemisch auftretenden Blackfoot-Erkrankung in Taiwan assoziiert (Kang et al. 2004). Diese wird mit der Verschmutzung des Trinkwassers mit Arsen und anderen Schwermetallen in Verbindung gebracht. Verschiedene Umweltfaktoren wie Arylamine oder Nitrosamine, die für die Induktion von Nierenbeckenund Harnleitertumoren verantwortlich gemacht werden, schlagen sich in der Inzidenzrate und im Geschlechts-
372
22
Kapitel 22 · Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom
verhältnis nieder (Batata u. Grabstald 1976; Burkland u. Juzek 1966; Guérin et al. 1969; MacAlpine 1947; Say u. Hori 1974; Scott u. Boyd 1955). So ist das Geschlechtsverhältnis in der urbanen und der ländlichen Bevölkerung in Norwegen signifikant unterschiedlich mit einem Mann-zu-Frau-Verhälntis von 2,2 : 1 bzw. 4 : 1 (Petersen 1969). Der Einfluss von verschiedenen Kanzerogenen auf die Inzidenz wird durch den Bericht von Bengtsson et al. (1968) unterstrichen, der bei Phenacetin-Abusus ein Mann-zu-Frau-Verhältnis von 1 : 1,5 beobachtet. Es besteht kein Unterschied in der Inzidenz von rechts zu links. Etwa 1,2–5% der Tumoren sind synchron und bilateral (Hölmäng u. Johansson 2003; Kang et al. 2004; Petkovic 1978). Die Inzidenz der synchron bilateralen Tumoren ist mit der Exposition von Kanzerogenen assoziiert. Ebenso werden metachrone bilaterale Tumoren, die bei bis zu 6% auftreten, in den Gebieten mit Balkannephropathie oder Blackfoot-Erkrankung gehäuft beobachtet (Kang et al. 2003). Etwa 65% der Tumoren werden im Alter von 60–80 Jahren beobachtet. Tumoren unter dem Alter von 40 Jahren sind selten (Guinan at al. 1990; Mazeman 1972–1976). Hinweis
I
I
Für die Entstehung von Tumoren des oberen Harntraktes sind überwiegend die gleichen Faktoren verantwortlich wie für die Entstehung des Blasenkarzinoms ( Kap. 23, vor allem zur Beurteilung einer Berufserkrankung).
Es ist anzunehmen, dass bei 90% der Patienten kulturelle (Rauchen, Kaffee?) oder berufliche (chemische Karzinogene) Faktoren für die Entstehung der Erkrankung verantwortlich sind (Jensen et al. 1986; McCredie et al. 1982; Ross et al. 1989; Sorahan u. Sole 1990). Trotzdem ist weiterhin die Frage offen, warum Nierenbecken- und Harnleitertumoren im Verhältnis zum Blasenkarzinom seltener auftreten. Erklärungsversuche wie kurze Expositionszeit, hydrolysierende Enzyme oder geringe Oberfläche sind diskutiert, aber letztlich nie bewiesen worden (Gittes 1979). Aufgrund von epidemiologischen Studien konnte festgestellt werden, dass Rauchen eine signifikant höhere Korrelation zur Entstehung von Nierenbecken- und Uretertumoren hat als zur Entstehung des Urothelkarzinoms der Harnblase. So berichten 56% der männlichen und 40% der weiblichen Patienten mit Nierenbeckenund Harnleitertumoren in Dänemark über einen signifikanten Zigarettenkonsum (Jensen et al. 1988).
Das Risiko der Tumorenentstehung ist mit der Anzahl der Zigaretten pro Tag, Dauer oder Zigarettenpackungen pro Jahr signifikant korreliert (McLoughlin et al. 1992). 7 von 20 bzw. 4 von 10 Tumoren werden beim Mann bzw. bei der Frau durch Nikotinabusus verursacht. In dieser Untersuchung wurde auch gezeigt, dass mit der Beendigung des Zigarettenkonsums eine Verminderung des Tumorrisikos einhergeht. Ein zusätzlicher Risikofaktor ist die Arbeit in der chemischen, petrochemischen und Plastikindustrie. Darüber hinaus ist die Exposition durch Asphalt, Teer, Kohle und Koks ein signifikantes Risiko (Jensen et al. 1988). Chronische Infektion und Entzündung stellen Promotoren bei der Entwicklung des Plattenepithelkarzinoms und seltener des Adenokarzinoms dar, insbesondere bei gleichzeitigem Auftreten mit infizierten Nierensteinen (Galindo et al. 1976; McCollough u. Laughlin 1972; Utz u. McDonald 1957; Wagle et al. 1974). Weiterhin wurde beobachtet, dass bei Ureterdivertikeln bei 30–70% der davon Betroffenen Übergangszellkarzinome auftreten (Parker et al. 1989). 1965 haben Hultengren et al. erstmals einen Zusammenhang von Nierenbeckenkarzinomen und Analgetikanephropathie festgestellt. Bereits in den 1950-er Jahren wurde ein Zusammenhang bei Patienten mit chronischem Nierenversagen und Analgetikaabusus in der Schweiz beschrieben (Dubach 1964). Analgetika, die die Substanz Phenacetin enthalten, wurden ursächlich für die Papillennekrose mit konsekutiver Niereninsuffizienz verantwortlich gemacht (Gsell 1958). Es folgten weitere Berichte aus Australien, Österreich, der Schweiz und Deutschland (Bengtsson et al. 1968; Deichgräber u. Johansson 1975; Landmann-Kolbert et al. 1975; Porpaczy 1979; Rathert et al. 1975; Steffens u. Nagel 1988; Storey et al. 1977; Taylor 1972). In jedem dieser Länder können Analgetika ohne Verschreibung gekauft werden. Das Risiko, Tumoren des oberen Harntraks zu entwickeln, ist bei Phenacetin-Abusus um das 150-fache gesteigert. Die durchschnittliche Latenzzeit beträgt etwa 20–25 Jahre und ist dosisabhängig. 10% aller PhenacetinAbhängigen entwickeln im Laufe ihres Lebens urotheliale Tumoren. Obwohl einige Metaboliten des Phenacetins (Orthoaminophenole) den aromatischen Aminen ähnlich sind, ist die kanzerogene Wirkung bisher ungeklärt (Plavio et al. 1987; Rathert et al. 1975). Petersen et al. (1993) zeigten, dass 57% der Patienten mit Phenacetin-Abusus Mutationen von p53 aufweisen; dieser Prozentsatz entspricht jenem, den wir aus Untersuchungen an Blasentumoren kennen. Nach Verbot der Phenacetine in Schweden kam es dekadenbezogen zu einer signifikanten Abnahme der Inzidenz von bilateralen synchronen Nierenbecken- und Harnleitertumoren (Hölmäng u. Johansson 2003).
373 22.2 · Onkologische Kennzeichen
Seit den ersten Berichten von Petkovics et al. (1971) haben verschiedene Autoren versucht, den Zusammenhang zwischen der Balkannephropathie und der hohen Inzidenz von urothelialen Neubildungen des oberen Harntraktes zu erklären. Die häufigsten dafür verantwortlich gemachten Faktoren sind Schwermetalle, Silikate, Viren, Pilze, genetische und autoimmune Mechanismen (Apostolov et al. 1975; Parker et al. 1989; Krogh et al. 1977; Markovic 1992). Bisher gibt es nur ungenügende Hinweise dafür, dass ein spezifisches Gen oder ein Virus für die Tumorinduktion beim Urothelkarzinom des oberen Harntraktes verantwortlich ist (Burkland u. Juzek 1966; Fraley 1978). Jedoch konnten beim hereditären kolorektalen Krebs (Lynch-Syndrom I und II) Familien identifiziert werden, die Uretertumoren entwickeln (Lynch et al. 1979, 1990). Etwa 8% aller oberen Harntrakttumoren sind mit dieser Erkrankung assoziiert (Lynch u. Cohen 1995). Das Risiko, einen Tumor des oberen Harntrakts zu zu entwickeln, ist 14-fach höher im Vergleich zur Normalbevölkerung (Sijmons et al. 1998). Patienten mit dem »hereditary nonpolyposis colorectal cancer syndrome« (HNPCC) weisen meist eine Mutation des MMR-Gens hMSH2 oder hMLH1 auf (Peltomaki et al. 1997). Ebenso findet sich eine typische Mikrosatelliteninstabilität, die auch in 15% der sporadischen Kolonkarzinome nachweisbar ist (Dietmaier et al. 1997). Sporadische Tumoren des oberen Harntrakts zeigen in etwa 20% zwei Mikrosatelliteninstabilitäten, die identisch sind mit jenen, welche Patienten mit HNPCC in ihren extrakolonischen Tumoren aufweisen (Hartmann et al. 2002). Typischerweise sind die Tumoren häufiger bei Frauen, von geringerem Tumorstadium und niedrigerem Tumorgrad. Schließlich haben Patienten, die in ihren Tumoren typische Mikrosatelliteninstabilität aufweisen, häufiger extraurologische Tumoren inklusive Kolonkarzinomen (Blaszyk et al. 2002). Als Rarität ist das familiäre Auftreten von Harntrakttumoren zu verstehen, die unabhängig vom HNPCC beobachtet wurden (Kiemeney u. Schoenberg 1996). Nach Nierentransplantation beträgt die Karzinominzidenz etwa 2,7–17% und ist somit bis zu 100-mal höher als in der Normalbevölkerung (Hannibal et al. 1991; Pecqueux et al. 1990). Die Karzinome der Haut stehen dabei im Vordergrund. Es werden jedoch auch Tumoren der Niere, des Ureters und der Harnblase beschrieben. Die wesentlichen pathogenetischen Faktoren sind eine Schwächung der Immunüberwachung, direkte Zelleffekte der immunsuppressiven Therapie und die Potenzierung von Karzinogenen. Dabei entstehen nicht nur Tumoren in den eigenen Organen, sondern auch im Transplantat (Hannibal et al. 1991).
Besondere Beachtung sollten Patienten finden, die sich einer chronischen Heimdialyse unterziehen müssen, da das Tumorrisiko hier etwa 10% beträgt; vorwiegend werden Harntrakttumoren beobachtet (Pecqueux et al. 1990). Nach initialem Blasentumor entstehen in bis zu 3–13% der Fälle Tumoren des oberen Harntrakts, und diese sind wahrscheinlich Ausdruck einer vermehrten Karzinogenexposition. Die Tumoren können synchron oder asynchron auftreten. Sie sind als Folge einer panurothelialen Erkrankung oder als Implantationsmetastase bei assoziiertem vesikorenalem Reflux zu verstehen (Hafner et al. 2001). Bei oberflächlichen Übergangszellkarzinomen der Harnblase finden sich gleichzeitig etwa 2% Nierenbecken- und Harnleitertumoren (Palou et al. 2005). Patienten mit multiplen Tumoren und Tumor im Trigonum haben das höchste Risiko. Nach erfolgter Blasentumortherapie werden abhängig vom Risikoprofil und der Dauer der Nachsorge 1,7–26% Tumoren entdeckt (Herr et al. 1996, Solsona et al. 1997, Milan-Rodriguez et al. 2000). Patienten, die wegen eines oberflächlichen Tumors zystektomiert wurden, haben ein signifikant höheres Risiko als jene mit einem primär muskelinvasiven Tumor (Huguet-Perez et al. 2001). Hinweis
I
I
Aus den oben genannten Daten und der Langzeituntersuchung von Herr et al. (1996) resultiert die Empfehlung, Patienten mit einem oberflächlichen Blasentumor lebenslang hinsichtlich des oberen Harntrakts zu kontrollieren.
22.2
Onkologische Kennzeichen
Man unterscheidet primäre und sekundäre Tumoren des Nierenbeckens und des Harnleiters. Sekundäre Tumoren sind ausgesprochen selten. Primäre epitheliale Tumoren entstehen durchweg (95%) aus dem Urothel ( Tab. 22.1; Friedell et al. 1976; Grabstald et al. 1971; Jakse u. Marberger 1985; Johansson u. Wahlqvist 1974; Mazeman 1976). Weiter sind andere, seltene Tumoren wie das kleinzellige Karzinom oder das invertierte Papillom zu berücksichtigen; das Letztere muss, besonders wegen seines benignen Verlaufs, in die Differenzialdiagnose miteinbezogen werden (Bagley et al. 1990; Cramer et al. 1984; Essenfeld et al. 1990; Grainger et al. 1990; Kini et al. 1991; Mulkens et al. 1990). Primäre Adenokarzinome des Nierenbeckens sind eine Seltenheit; von etwa 35 Patienten wurde bisher in der Literatur berichtet (Jakse u. Marberger 1985).
22
374
Kapitel 22 · Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom
Tab. 22.1. Maligne epitheliale Nierenbeckentumoren Autor(en)
Patienten (n)
22
Übergangszellkarzinom
Plattenepithelkarzinom
(n)
(%)
(n)
(%)
Grabstald et al. (1971)
70
65
(93)
5
(7)
Jakse u. Marberger (1985)
43
41
(96)
2
(4)
Johannsson u. Wahlqvist (1974)
94
(92)
8
(8)
Mazeman (1972)
798
737
(92)
61
(8)
22.2.1 Klinische Klassifikation der
Nierenbecken- und Harnblasenkarzinome entsprechend der UICC-TNM-Klassifikation Die klinische Klassifikation folgt dem TNM-System.
T – Primärtumor
TX Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0 Kein Anhalt für Primärtumor
Ta Nichtinvasives papilläres Karzinom
Tis Carcinoma in situ
T1 Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe
T2 Tumor infiltriert Muskularis
T3 – Nierenbecken: Tumor infiltriert durch die Muskulatur in das peripelvine Fettgewebe oder Nierenparenchym – Harnleiter: Tumor infiltriert durch die Muskulatur in das periureterale Fettgewebe
T4 Tumor infiltriert Nachbarorgane oder durch die Niere in das perirenale Fettgewebe
N – Regionale Lymphknoten
NX Regionale Lymphknoten können nicht erfasst werden
N0 Keine regionalen Lymphknotenmetastasen
N1 Metastasen in einem einzelnen Lymphknoten 2 cm oder weniger im größten Durchmesser
N2 Metastase in einem einzelnen Lymphknoten (>2 cm, aber <5 cm) im größten Durchmesser, oder multiple Lymphknoten, keiner >5 cm im größten Durchmesser
N3 Metastase in Lymphknoten >5 cm im gößten Durchmesser
M – Fernmetastasen
MX Fernmetastasen können nicht erfasst werden
M0 Keine Fernmetastasen
M1 Fernmetastasen
Die Tumordifferenzierung wird entsprechend den Kriterien der WHO beurteilt, dabei werden Papillome von malignen Übergangszellkarzinomen getrennt (Bergqvest et al. 1965; Friedell et al. 1976; WHO 1973). Entsprechend den Erfahrungen verschiedener Autoren scheint jedoch das Papillom des Nierenbeckens oder Harnleiters eine Seltenheit zu sein (Akaza et al. 1987; Anderström et al. 1989; Batata et al. 1975; Bloom et al. 1970; Corrado et al. 1991; Eriksson u. Johansson 1976). Die WHO-Klassifikation von 1973 wurde 2004 einer bedeutenden Revision unterzogen, die es schwierig machen wird, die bisherige Literatur hinsichtlich der Therapie und Prognose mit der nun folgenden zu vergleichen ( Tab. 22.2). Über eine zunehmende Anzahl von Patienten mit Carcinoma in situ des Nierenbeckens oder Harnleiters, die unabhängig von oder synchron mit Blasenkarzinomen auftreten, wird in der Literatur berichtet (Foot u. Papanicolaou 1949; Gonzales u. Hashmat 1989; Hellsten et al. 1980; Melicow u. Hollowell 1952; Murphy et al. 1980; Stragies et al. 1980; Vuori et al. 1977). Diese Zunahme ist wahrscheinlich damit in Verbindung zu bringen, dass die exfoliative Harnzytologie eine exzellente Suchmethode für das Carcinoma in situ ist (Constantian u. DeGirolami 1973; Droller u. Freiha 1977; Ekman 1990; Leistenschneider u. Nagel 1979; Naib et al. 1963; Sarnacki et al. 1971; Studer et al. 1989; Zincke et al. 1976). Patienten mit invasivem Urothelkarzinom der Harnblase kombiniert mit Carcinoma in situ der Harnblase haben ein etwa 30%iges Risiko, auch ein Carcinoma in situ des distalen Harnleiters (Herr u. Whitmore 1987) zu entwickeln.
375 22.2 · Onkologische Kennzeichen
Tab. 22.2. Gegenüberstellung der WHO-Klassifikation der Nierenbecken- und Harnleitertumoren von 1973 und der Revision von 2004 WHO 1973
WHO 2004
Mittlere Dysplasie
Intraurotheliale Low-grade-Neoplasie
Mittlere Dysplasie
Intraurotheliale High-grade-Neoplasie (Cis)
Schwere Dysplasie Carcinoma in situ Papillom
Papillom
Grad 1
Papilläre urotheliale Neoplasie mit niedriger maligner Potenz; PUNLMP
Grad 1
Nicht invasives papilläres urotheliales Low-grade-Karzinom (LGPUC)
Grad 2 Grad 2
Nichtinvasives papilläres urotheliales High-grade-Karzinom (HGPUC)
Grad 3
Wie in experimentellen Untersuchungen als auch in humanen Studien nachgewiesen wurde, führen chronische Irritatation durch Infektion oder Steine zu Veränderungen wie Plattenepithel- oder glandulärer Metaplasie (Abeshouse u. Tankin 1956; Fagerstrom 1948; Gahagan u. Reed 1949; McColleough u. Laughlin 972; Richmond u. Robb 1967; Ward 1971). Trotzdem konnte eine Weiterentwicklung zu malignen Tumoren selten beobachtet werden (Gahagan u. Reed1949; Mc Collaugh u. Laughlin 1972; Richmond u. Robb 1971; Ward 1971). Andere Veränderungen, die mit chronischer Irritation in Verbindung gebracht werden, sind Cholesteatome oder Pyelitis bzw. Ureteritis glandularis (Naumann u. Sabatini 1953; Roll 1960). Ähnlich wie beim Blasenkarzinom besteht eine enge Korrelation zwischen Tumordifferenzierung und Tiefe der Infiltration (Grabstald et al. 1971; Davis et al. 1987). Darüber hinaus ist die Invasion des Nierenhilus hinsichtlich einer folgenden Fernmetastasierung von größerem Vorhersagewert als die Invasion in die Gefäße oder in das Nierenparenchym. Die Metastasen treten durchschnittlich nach 17 Monaten auf. Nemoto et al. (1989) zeigten, dass die Anzahl der S-Phase-Zellen (bestimmt durch BRDU-Markierung) mit dem invasiven Potenzial des Tumors korreliert. Blute et al. (1988) und Corrado et al. (1991) führten DNS-Analysen von Nierenbecken- und Harnleiterkarzi-
nomen durch. Patienten mit diploiden Tumoren haben ein signifikant längeres, tumorfreies Überleben als jene mit nondiploiden Tumoren. Wird jedoch eine Multivariatanalyse durchgeführt, so sind Tumorstadium und -grad von größerer Bedeutung. 23–46% der Nierenbeckenkarzinome sind zum Zeitpunkt der Diagnose multizentrisch (Culp 1955; Dufour 1970; McDonald u. Priestley 1944; Riches 1964). Die Multizentrizität korreliert mit dem Tumorgrad und der histologischen Struktur. Hochdifferenzierte papilläre Tumoren sind häufiger multizentrisch (ungefähr 35%), während solide anaplastische Tumoren fast durchweg solitär sind (Grabstald et al. 1971; Yousem et al. 1988). 2/3 der Uretertumoren sind im distalen Harnleiteranteil lokalisiert (Mazeman 1972; Williams u. Mitchell 1973). Multiple Tumoren finden sich bei 8–25% der Patienten. Tumoren des oberen Harntrakts sind häufiger höheren Tumorgrades (35% Grad 3) und fortgeschrittenen Tumorstadiums (33% pT2–4) im Vergleich zu Urothelkarzinomen der Harnblase (Stewart et al. 2005). Simultane Harnleiter- und Blasentumoren treten bei 29–52% der Patienten mit Nierenbeckentumoren auf, während asynchrone Blasenkarzinome bei 15% zu beobachten sind (Grabstald et al. 1971; Mazeman 1976). Vorangegangene Blasentumoren werden bei 12,5–50% der Patienten angegeben. Simultane Blasentumoren treten bei bis zu 21% der Patienten mit Harnleitertumoren auf, während etwa 40% zu einem späteren Zeitpunkt Nierenbecken-, Harnleiter- oder Blasentumoren entwickeln. Aufgrund dieser Beobachtungen ist es erlaubt, hinsichtlich des Ursprungs der multifokalen Tumoren zu spekulieren. Es gibt zumindest 4 Theorien, die die simultanen, aber auch asynchronen Urotheltumoren erklären:
lymphatische Ausbreitung,
direkte Ausbreitung entlang der Mukosa,
Implantation von malignen Zellen und schließlich
multizentrischer Ursprung per se im Sinne des »fieldchange disease«. Oldbring et al. (1989) beobachteten 10 Monate bis 13 Jahre nach initialem Blasentumor bei 11 Patienten (1,7%) Tumoren des oberen Harntrakts. Der initiale Tumor war bei 6 Patienten am ipsilarteralen Ostium, 9 hatten multiple Blasentumoren. De Torres Mateos et al. (1986) zeigten, dass Patienten mit Reflux ein 22-fach höheres Risiko hatten, einen Tumor des Harnleiters oder des Nierenbeckens zu entwickeln, als Patienten ohne Reflux. Shinka at al. (1988) konnten bei 2,3% der Patienten mit Blasentumoren Nierenbecken- und Uretertumoren beobachten. Diese Inzidenz erhöhte sich bei Arbeitern der Farbindustrie auf 13,2%. Shinka at al. (1988) zeigten auch eine Zunahme
22
376
22
Kapitel 22 · Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom
der Tumoren mit der Beobachtungszeit. Die Tumoren waren nur bei Patienten mit oberflächlichen Blasenkarzinomen zu beobachten. Der Differenzierungsgrad des oberen Harntraktturmors ist bei etwa 75% der Patienten mit jedem der vorausgegangenen oder gleichzeitigen Blasentumoren übereinstimmend (Sekine et al. 1991). McCarron et al. (1982) haben bei einer Vielzahl von Patienten neben dem sichtbaren Tumor urotheliale Dysplasien oder ein Carcinoma in situ beobachtet, so dass als Ursache die urotheliale Erkrankung favorisiert werden kann. Molekularbiologische Untersuchungen, die LOH, Mikrosatelliteninstabilität und p53-Mutation berücksichtigten, wurden von Hafner et al. (2001) an synchron und metachron multifokalen Tumoren des oberen Harntrakts und der Blase durchgeführt. 64% der Patienten hatten monoklonale Tumoren, als Hinweis dafür dass eine Tumorzellimplantation für die Entstehung multifokaler Tumoren oder Tumorrezidive verantwortlich ist. Aber ebenso wurden oligoklonale Tumoren entdeckt, was für die Feldkanzerisierung spricht. Ähnliche Befunde wurden auch von Takahashi et al. (2001) erhoben.
Identische p53-Mutationen in Nierenbeckentumoren und Blasenkarzinomen legt ebenso nahe, dass es sich um eine intraluminale Implantation und nicht um eine Migration der Tumorzellen handelt (Habuchi et al. 1993, Li u. Cannizzaro 1999). Die regionalen Lymphknoten sind bei etwa 30% der Patienten befallen. Etwas mehr als 50% haben zum Zeitpunkt der Diagnose (oder entwickeln im weiteren Verlauf) Fernmetastasen. Lunge, Knochen und Leber sind die häufigsten Metastasierungsorte bei Nierenbeckenund Harnleitertumoren ( Tab. 22.3). Das Auftreten der Metastasen ist tumorgrad- und tumorstadiumabhängig.
22.3
Die Makrohämaturie ist bei Nierenbeckentumoren das häufigste und zu etwa 75% das einzige Symptom ( Tab. 22.4). Eine Vergrößerung der Niere als das Resultat einer Abflussbehinderung oder einer Tumorextension in das perirenale Gewebe ist selten das Hauptsymptom des Nierenbeckenkarzinoms. Der kolikartige Schmerz wird durch Abgang von Blutkoageln verursacht, während die Hydronephrose, die lokale Tumorausbreitung oder die Knochenmetastasen einen dumpfen, ständigen oder lanzinierenden Schmerz zur Folge haben. Ein positives Psoaszeichen oder eine Varikozele sind bereits Ausdruck eines lokal fortgeschrittenen Tumors. Selten treten Miktionsprobleme auf, die entweder Folge von Infektion oder eines gleichzeitigen Blasentumors sind (Grabstald et al.1971). 44–90% der Patienten mit Harnleitertumoren haben eine Makrohämaturie oder kommen mit kolikartigen Schmerzen zur Diagnose (Batata et al. 1975; Cibert et al. 1960; Williams u. Mitchell 1973). Bei 3–50% der Patienten lässt sich eine vergrößerte Niere palpieren. Symptomatische Harnwegsinfekte mit Fieber und Pyonephrose sind selten. Bei Patienten mit Ausgussstein
Tab. 22.3. Metastasenlokalisation bei Patienten mit Tumoren des Nierenbeckens und Harnleiters Metastasenlokalisation
Das et al. (1990)a
Davis et al. (1987)
Huben et al. (1988)b
Leber
18
10 (40%)
5
Lymphknoten
17
25 (84%)
2
Lunge
15
1 (4%)
17 (58%)
Knochen
15
10 (40%)
12 (41%)
Andere
–
8 (32%)
1
a
11 Patienten hatten 3 oder mehrere Metastasen, 26 hatten 2 Lokalisationen.
b
8 Patienten hatten 2 Metastasenlokalisationen.
Diagnostik
Tab. 22.4. Symptome bei Nierenbeckenkarzinomen Autor(en)
Hämaturie
Schmerz
Tumor
Gesamt
(n)
(%)
(n)
(%)
(n)
(%)
(n)
Dufour (1970)
53
(95)
22
(40)
16
(30)
56
Guinan et al. (1990)
390
(64)
–
(34)
–
Jakse u. Marberger (1985)
37
(88)
19
(46)
5
(11)
42
Johansson u. Wahlqvist (1974)
75
(80)
12
(13)
7
(7)
94
Riches (1964)
245
(78)
166
(53)
22
(7)
315
377 22.3 · Diagnostik
und rezidivierenden Infekten ist auch an ein Nierenbeckenkarzinom (besonders Adeno- oder Plattenepithelkarzinom) zu denken (Mazeman 1972; Narumi u. Sabatini 1953). Obwohl es keine großen Unterschiede bei den Symptomen von Nierenbecken- und Uretertumoren gibt, sind Harnwegsinfekte häufiger mit Nierenbeckentumoren assoziiert (Resseguie et al. 1978). Gewichtsverlust, Schwäche, Fieber und Symptome von Metastasen sind in 2–7 % der Fälle zu beobachten (Guinan et al. 1990).
22.3.1 Untersuchungsmethoden
Die Diagnostik des Nierenbecken- und Harnleiterkarzinoms ist durch die Anamnese, die klinische Untersuchung, das Infusionsurogramm und die retrograde Pyelographie bei gleichzeitiger Entnahme von Spülflüssigkeit für die Urinzytologie charakterisiert. Die Ultraschalluntersuchung ist hilfreich bei der Differenzialdiagnose, während die Computertomographie hinsichtlich der Tumorausdehnung, der Lymphknoten- und der Fernmetastasen Auskunft geben kann. Das CT-Urogramm kombiniert die Vorteile des Infusionsurogramms mit der CT-Untersuchung.
Ausscheidungsurogramm Das Nierenbeckenkarzinom stellt sich charakteristischerweise als Füllungsdefekt im Ausscheidungsurogramm dar (Rabinowitz et al. 1972). Es ist jedoch mehreren differenzialdiagnostischen Überlegungen nachzugehen ( Tab. 22.5). Die häufigste Differenzialdiagnose ist der Harnsäurestein. Hilfreich ist die Ultraschalluntersuchung. Eine Harnwegobstruktion mit und ohne stumme Niere
wird bei etwa 30% (Nierenbecken) und 45% (Harnleiter) beobachtet. Letztere ist durch eine chronische Obstruktion verursacht, kann aber auch als Folge der Parenchymdestruktion oder Nierenveneninfiltration auftreten. Als Regel gilt, dass eine stumme Niere ein schlechtes prognostisches Zeichen ist. Füllungsdefekte im Harnleiter, Harnleiterdilatationen oder stumme Nieren finden sich bei 80% der Patienten. Die typischen Zeichen des Harnleitertumors sind zentrale oder randständige Füllungsdefekte. Ganz selten ist eine Einengung des Harnleiters infolge einer soliden Harnleiterwandinfiltration zu beobachten (Batata et al. 1975, Jakse u. Marberger 1985; Williams u. Mitchel 1973). Von Kunin u. Goodwin (1990) wird auf das »Bullit-andbodkin-Zeichen« verwiesen, dass differenzialdiagnostisch bei Patienten genutzt werden kann, die eine Einengung durch eine retroperitoneale Fibrose oder einen extraureteralen malignen Tumor wie z. B. Mammakarzinom oder Prostatakarzinom haben. Bei 11% der Patienten mit Uretertumoren ist das Urogramm »unauffällig«; hierfür muss hauptsächlich die inkomplette Darstellung des Harnleiters verantwortlich gemacht werden (Batata u. Grabstald 1976). Zahlreiche gutartige und bösartige Veränderungen müssen differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden ( Tab. 22.6). Die Endometriose des Ureters sollte bei Frauen besondere differenzialdiagnostische Beachtung finden (Heidegger u. Wächter 1990; Lucaro et al. 1988; Stillwell 1986). Eine andere gutartige Veränderung, die einseitig und beidseitig auftreten kann und zunehmend in der Literatur beschrieben wird, ist das invertierte Papillom, das auch maligne entarten kann (Grainger et al. 1990; Schultz u. Boyle 1988; Schulze et al. 1986; Stower et al. 1990).
Tab. 22.5. Differenzialdiagnose von Nierenbeckenkarzinomen Tumor
Stein
Anomalien
Andere
Nierenzellkarzinom
Harnsäurestein
Pseudotumor
Blutkoagel
M. Hodgkin
Xanthin
Ektope Papillen
Papillennekrose, Malakoplakie, Candidiasis, Cholesteatose, Pyelitis cystica
Plasmozytom
Adenin
Intrinsisch
Invertiertes Papillom Extrinsisch Retroperitoneale Lymphknoten
Aneurysma
Parapelvine Zysten
Varikosis
22
378
Kapitel 22 · Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom
Tab. 22.6. Differenzialdiagnose von Harnleiterkarzinomen Tumor
22
Stein
Anomalien
Andere
Harnsäure
Ureteritis cystica, Striktur, Granulom
Blutkoagel
Intrinsisch Fibroepitheliom Invertiertes Papillom Endometriose Extrinsisch Retroperitoneale Lymphknoten
Varikosis
Retroperitoneale Fibrose Metastasen
Retrograde Urographie Obwohl häufig bereits das i.v. Urogramm oder das CTUrogramm die Diagnose des Nierenbecken- oder Harnleitertumors ermöglichen, sollte man nicht zögern, die Diagnose durch die retrograde Pyelographie zu erhärten, wobei gleichzeitig Spülflüssigkeit aus dem Harnleiter und der Niere für die exfoliative Urinzytologie gewonnen wird (Leistenschneider u. Nagel 1979). Darüber hinaus kann man durch Verminderung der Kontrastmittelkonzentration und Aufnahme in verschiedenen schrägen Durchmessern bei fraglichen Läsionen zusätzliche Information erhalten (Andriole et al. 1988). Harnleitertumoren bei Patienten nach Zystektomie, die sich im Bereich der ureteroilialen Anastomose entwickeln, können am besten durch ein Loopogramm dargestellt werden (Smith et al. 1987; Soloway et al. 1972; Zincke et al. 1984).
Endoskopie Die Zystoskopie ist beim Urothelkarzinom des Nierenbeckens und des Harnleiters obligat. Die flexible Endoskopie ermöglicht es, den Harnleiter und das Nierenbecken mit geringer Morbidität zu untersuchen, wobei mit entsprechender Erfahrung die diagnostische Wertigkeit der Ureteroskopie signifikant verbessert wird (Falkenstein et al. 1975; Gittes 1976; Hertel u. Egger 1976; Leisinger u. Deyhle 1974; Trattner 1948; Wallace 1963). In 86–90% der Fälle kann der vorliegende Urotheltumor endoskopisch nachgewiesen werden (Blute et al. 1989). Bei suspekten Läsionen wird eine Biopsie entnommen. Da der Tumorgrad mit der Invasionstiefe korreliert, ist die Sicherheit in der Bestimmung des Tumorgrades
vor allem bei organerhaltendem Vorgehen wichtig. Durch die Biopsie kann der Tumorgrad bei Grad 1 und Grad 3 in etwa 95% richtig vorhergesagt werden (Skolarikos et al. 2003). Bei Grad-2-Tumoren kann die gleichzeitige Untersuchung der Spülflüsigkeit die Sensitivität und Spezifität diesbezüglich verbessern. Darüber hinaus erlaubt die Ureterorenoskopie die Selektion der Patienten, die für eine konservative Therapie geeignet sind (Aso et al. 1984; Huffman 1988). Die unklare Hämaturie ist die Hauptindikation für die Ureterenoskopie; diese weist eine hohe diagnostische Treffsicherheit auf (Bagley et al. 1990; Kumon et al. 1990).
Sonographie Spezifische sonographische Veränderungen werden von Sanders (1975) und Arger et al. (1979) beschrieben. Es ist jedoch unmöglich, einen Nierenbeckentumor von einem Blutkoagel oder anderen benignen Raumforderungen mit Sicherheit zu differenzieren (Ekman 1990). Die Sonographie ist aber hilfreich, um bei einem Füllungsdefekt im Nierenbecken oder Kelchsystem einen nicht schattengebenden Stein auszuschließen (Matthew 1985; Subramanyam et al. 1982).
Computertomographie, Kernspintomographie In der Literatur gibt es nur wenige Berichte über die Computertomographie beim Nierenbeckenkarzinom, und diese geben hinsichtlich der Kriterien Sensitivität und Spezifität dieser Untersuchungsmethode keine ausreichende Auskunft (Baron et al. 1982; Gatewood et al. 1982).
379 22.3 · Diagnostik
Mit der Computertomographie ist es möglich, in 86% ein Nierenbeckenkarzinom zu entdecken (Planz et al. 1996), wobei fortgeschrittene Tumoren in jedem Fall entdeckt werden können. Basierend auf einer kleinen Fallzahl wurde von Planz et al. (1996) der positive und negative Vorhersagewert für Fett- oder Parenchyminvasion mit 26% und 57% bzw. 100% und 66% angegeben. Diese enttäuschenden Prozentzahlen beruhen auf der Überschätzung des Tumorstadiums bei 36% der Patienten. Der Einsatz von modernen 4- und 8-MDCT-Skannern kann die Detektion von Tumoren des oberen Harntrakts verbessern (Caoili et al. 2005). Die statische Rekonstruktion der urographischen Phase muss jedoch durch axiale Bilder ergänzt werden. Die Bestimmung der Invasionstiefe ist jedoch weiterhin nur eingeschränkt möglich. Die virtuelle Ureteroskopie (CT-basierend) und die Kernspinurographie sind weitere diagnostische Maßnahmen, die hinsichtlich ihrer Validität an größeren Patientengruppen überprüft werden müssen (Takebayashi et al. 2000; NolteErnsting et al. 2001) Auch bei der Differenzialdiagnose wie Blutkoagel oder nichtschattengebender Stein ist die Computertomographie aussagekräftig (Kenney u. Stanley 1987; Narumi et al. 1989; Netto u. Almeida Claro 1990). Die Computertomographie bzw. Kernspintomographie wird obligaterweise zur Beurteilung der lokalen Tumorextension wie auch zum Nachweis oder Ausschluss der Metastasierung eingesetzt, wobei Letzteres das therapeutische Vorgehen (induktive Chemotherapie) beeinflusst. Durch Computertomographie und Kernspintomographie kann die organüberschreitende Ausdehnung von Harnleitertumoren mit großer Treffsicherheit nachgewiesen werden. Besonderen Wert haben diese Untersuchungen bei der Beurteilung des Harnleiterstumpfes und bei der Differenzialdiagnose der Harnleiterobstruktion (Baron et al. 1982; Milestone et al. 1990). Bei differenzialdiagnostischen Problemfällen kann die Computertomographie durch die Aspirationszytologie oder Stanzbiopsie von periureteralen Veränderungen ergänzt werden. Bei entsprechender Erfahrung liegt die diagnostische Treffsicherheit bei 90–100% (Freimann et al. 1978; Luciani et al. 1987).
Urinzytologie Die exfoliative Urinzytologie wird aus dem Spontanurin, aber auch aus der Nierenbeckenspülflüssigkeit gewonnen. Die Verwendung von nichtionischem, niedrigmolekularem Kontrastmittel reduziert die möglichen Artefakte signifikant (Andriole et al. 1988). Es ist festzuhalten, dass diese Untersuchungen selbst bei bester Auswertung
eine hohe Rate von falsch negativen Resultaten ergibt (22–67%; Eriksson u. Johansson 1976; Grace et al. 1967; Leistenschneider u. Nagel 1979; Sarnacki et al. 1971). Je besser der Tumor differenziert ist, umso geringer ist die Aussagekraft. Nur 20–40% bzw. etwa 55% der Grad-1bzw. Grad-2-Tumoren weisen eine positive Urinzytologie auf (Shinka et al. 1988; Zincke 1976). Darüber hinaus limitieren Makrohämaturie und/oder stumme Niere die Applikation dieser Technik. Die zytologische Untersuchung der Spülflüssigkeit aus dem Nierenbecken ist der des Spontanurins signifikant überlegen. Die Tumordiagnoserate lässt sich damit verdoppeln (Elliott et al. 1975; Leistenschneider u. Nagel 1979; Keeley et al. 1997). Ebenso kann die Art der Aufarbeitung der Spülflüssigkeit die Sensitivität signifikant erhöhen (Keeley et al. 1997). Wird die zytologische Untersuchung der Spülflüssigkeit mit der endoskopisch entnommenen Tumorbiopsie kombiniert, kann die Sensitivität und Spezifität bei als bioptisch Grad 2 eingestuften Tumoren signifikant verbessert werden (Skolarikos et al. 2003). Die retrograde Bürstenbiopsie kann eingesetzt werden, um differenzialdiagnostische Schwierigkeiten zu beseitigen, ist aber keineswegs als Routinemaßnahme anzusehen. Es wird über hervorragende Ergebnisse mit 90% Treffsicherheit berichtet (Brown et al. 1973; Gill et al. 1973; Sheline et al. 1989), aber mit der Abschilferung von Basalzellen sind auch falsch positive Resultate möglich. Bei der Primärdiagnostik von oberen Harntrakttumoren liegen mit Urinmarkern nur begrenzt Daten vor. Der BAT-stat-Test ist bei einer kleinen Gruppe von Patienten untersucht worden. Mit einer Sensitivität von 82% und Spezifität von 89% scheint dieser der Ureterspülzytologie signifikant überlegen zu sein (Walsh et al. 2001). NMP22 und Telomerase wurden ebenfalls nur an kleinen Kollektiven untersucht und waren in ihrer Sensitivität der Harnzytologie überlegen (Carpinito et al. 1996; Wu et al. 2000). Zusammenfassende Bewertung Anamnese, klinische Untersuchung, Urinanalyse, Urinzytologie, i.v.-Urogramm und retrograde Ureteropyelographie werden zur Beurteilung des Primärtumors eingesetzt. Eine Ureterorenoskopie erfolgt nicht routinemäßig. Die Zystoskopie dient dem Ausschluss eines begleitenden Blasentumors. Thoraxröntgenaufnahme, eine Sonographie (seltener CT oder MRT) des Retroperitoneums und der Leber sowie ein Skelettszintigramm bei Knochenschmerzen oder erhöhter alkalischer Phosphatase dienen der Erfassung von Lymphknoten- oder Fernmetastasen.
22
380
Kapitel 22 · Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom
22.4
Therapie
22.4.1 Radikaloperation (Nephroureterektomie)
22
Anstelle einer einfachen Nephrektomie wegen Nierenbeckentumor ist die gleichzeitige vollständige Entfernung des Harnleiters entscheidend. Das Tumorrezidiv im Harnleiterstumpf tritt in 4–64% der Fälle auf (Grabstald et al. 1971; Johansson u. Walqvist 1974; Johansson et al. 1976; Strong u. Pearse 1976), abhängig von Tumorstadium, Tumorgrad, Multiplizität und Länge des Restharnleiters (Mazeman 1972; Strong et al. 1976). Hinweis
I
I
Neben dem Tumorrezidiv im Harnleiter oder der Harnblase ist die regionale Tumorausbreitung für das Überleben des Patienten von Bedeutung. Aus diesem Grunde wird eine perifasziale Nephrektomie mit Ureterektomie, Resektion eines Blasenwandanteils sowie retroperitonealer regionärer Lymphadenektomie durchgeführt.
Charbit et al. (1991) führten bei 65 von 108 Patienten eine regionale Lymphadenektomie durch. Die Inzidienz der tumorpositiven Lymphknoten stieg mit dem Tumorstadium (pT1–4) von 20% auf 53% an. Miyao et al. (1998) wiesen darauf hin, dass die klinische Inspektion zur Beurteilung der Lymphknoten beim Urothelkarzinom nicht ausreicht, um den metastatischen Befall auszuschließen oder nachzuweisen. Mehr als 10% der Patienten mit pT1- und pT2-Tumoren hatten Lymphknotenmetastasen, darüber hinaus war der Lymphknotenbefall der einzige signifikante unabhängige prognostische Parameter hinsichtlich des Überlebens. Um die Ausdehnung der Inzision und die damit verbundene Morbidität zu vermindern, wurden verschiedene Techniken entwickelt (McDonald et al. 1952; Dell’Adami u. Breda 1976; Clayman et al. 1983; Abercrobmie et al. 1988; Giovansili et al. 2004). Dabei wird immer das Ureterostium transurethral umschnitten und der Harnleiter entweder nach oben oder nach Durchtrennung des Harnleiters durch die Blase transurethral nach außen gezogen. Die Extraktion des Harnleiters ist bei 5–20% der Patienten nicht möglich (Giovansili et al. 2004; Ubrig et al. 2004). Das postoperative Blasentumorrezidiv ist in Lokalisation und Frequenz gegenüber historischen Kontrollen nicht unterschiedlich (Salvador-Bayarri et al. 2002; Ubrig et al. 2004). Tumorimplantationen nach dieser Technik wurden beschrieben, so dass diese Technik sicherlich nicht bei Grad-3-, distalem Harnleitertumor, multifokalem Tumor oder bekanntem In-situ-Karzinom durchge-
führt werden sollte (Hetherington et al. 1986, Gomez et al. 1998). Neben der konventionellen offen chirurgischen Technik wird zunehmend über die laparoskopische und retroperitoneoskopische Technik der radikalen Nephroureterektomie berichtet (Bariol et al. 2004; Gill et al. 2000; El Fettouh et al. 2002; Hattori et al. 2003; Kawauchi et al. 2003). Die Morbidität ist verglichen mit den offen operativen Vorgehensweisen geringer, auch wenn die Operationszeit etwas länger ist (Rassweiler et al. 2004). Die onkologischen Ergebnisse werden als äquivalent beschrieben, auch wenn es keine randomisierte Studie dazu gibt (McNeill et al. 2004). Da es keine empfohlene Standardtechnik für die Resektion des distalen Harnleiters gibt, ist bei Harnleitertumor oder multifokalem Tumorbefall eine kombinierte laparoskopische (retroperitoneoskopische) Resektion der Niere mit offener Resektion des distalen Harnleiters der Vorzug zu geben (McNeill et al. 2004). Die Lymphadenektomie wird üblicherweise bei der laparoskopischen (retroperitoneoskopische) Nephroureterektomie nicht durchgeführt, daher sollte die Indikation vor allem bei Patienten mit niedrigem Tumorstadium (
I
I
Die Nephroureterektomie ist die Therapie der Wahl beim Uretertumor des proximalen und mittleren Harnleiterdrittels. Sie unterscheidet sich nicht von der Nephroureterektomie, die beim Nierenbeckenkarzinom durchgeführt wird.
22.4.2 Organerhaltende Operation
Die organerhaltende Therapie ist ggf. dann angezeigt, wenn es sich um eine Einzelniere handelt, da die Nachteile der Hämodialyse (besonders beim alten Patienten) bei fraglicher Prognose des Tumorleidens zu beachten sind. Des Weiteren sind Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und bilateralen Tumoren einer konservativen Therapie zu unterziehen. Petterson et al. (1981) haben bei Einzelnieren mit ausgedehntem Befall des Harnleiters und des Nierenbeckens den Harnleiter und das Nierenbecken reseziert, durch Autotransplantation die Niere ins kleine Becken gebracht und die Blase im Sinne einer Pyelovesikostomie anastomosiert.
381 22.4 · Therapie
Nach einer Nachbeobachtungszeit von bis zu 20 Jahren entwickelten 5 von 16 Patienten invasive Rezidive, an denen 4 Patienten starben. Einer der Patienten, bei dem die Operation erfolgreich (16/23) und eine Zystektomie erforderlich war, benötigte 7 Jahre später die Hämodialyse (Holmäng u. Johansson 2005). Von 11 Patienten hatten 4 Patienten ein lokales Rezidiv, welches bei 3 transurethral reseziert wurde. Nur bei einem Patienten wurde das Autotransplantat wegen eines Lokalrezidivs entfernt. Eine Alternative zur Autotransplantation ist der Harnleiterersatz durch Dünn- oder Dickdarmsegmente (Brkovic u. Jakse 2001). Dieses Vorgehen eignet sich besonders für Patienten, die wegen eines Blasenkarzinoms zystektomiert wurden oder werden. Die elektive Operation bei anscheinend oberflächlichen Tumoren wird noch immer kontrovers diskutiert (Bazeed et al. 1986; Mazeman 1972; Murphy et al. 1980, 1981; Zungri et al. 1990). Wichtige Fragen wie präoperative Feststellung der Tumorausbreitung, limitierte Erfahrung in der organerhaltenden Operation, Rezidivtumoren und das seltene Auftreten von bilateralen Tumoren erfordern eine kritische Diskussion, da die Ergebnisse der radikalen Nephroureterektomie, besonders bei oberflächlichen papillären, nicht invasiven Tumoren exzellent sind. Präoperativ ist trotz neuer bildgebender Verfahren (CT, MRT) die lokale Tumorausbreitung nicht exakt zu erfassen. Die Multiplizität der Tumorentstehung ist entsprechend den Untersuchungen von McCarron et al. (1982) nicht nur für die Blase, sondern auch für den oberen Harntrakt zutreffend. Es ist daher nicht überraschend, dass nach Exzision von Nierenbecken- oder Harnleiteranteilen (mit Ausnahme des distalen Harnleiters) in 50–60% der Fälle Rezidivtumoren auftreten (Huffmann 1988; Pettersoson et al. 1981; Wallace et al. 1981). 20–25% dieser Rezidive sind invasiver als der Primärtumor (Mazeman 1976). Im Krankengut von Maier et al. (1990) starben 3 von 11 Patienten mit pT2-Tumoren nach organerhaltender Therapie am progredienten Tumorleiden. Ein Patient entwickelte ein heterotopes Tumorrezidiv, welches durch Nephroureterektomie behandelt wurde. Dementsprechend sollte die Organerhaltung vor allem bei distalen muskelinfiltrierenden Tumoren auch in elektiver Situation an einem größeren Krankengut hinsichtlich Rezidiv und Überleben geprüft werden. Für die organerhaltende Therapie kommen auch endoskopische Techniken in Frage. Hierbei muss an folgende Risikofaktoren gedacht werden:
Risiko der Perforation und lokalen Tumorausbreitung,
inkomplette Exzision bei invasivem Tumorwachstum und
schlecht sichtbare Tumorgrenzen.
Unter Beachtung dieser Einschränkungen lässt sich bei etwa 5% der Patienten eine lokale Tumorexzision durchführen (Blute et al. 1989; Schilling et al. 1986; Schmeller u. Hofstetter 1989). Bei diesen Patienten kann mit dem Neodym:YAG-Laser der Tumorgrund und -rand koaguliert werden, ohne allerdings genau Aufschluss über die Tumorausbreitung zu haben. Möglicherweise bringt hier die Photobestrahlung mit dem Argonlaser einen weiteren Vorteil, da sie eine Kontakt- und eine Nichtkontaktbestrahlung ermöglicht und wegen der geringen Penetrationstiefe die Perforationsgefahr minimiert (Johnson 1992); entsprechend fehlt aber jegliche Leistung in der Tiefe. Jarrett et al. (1995) berichten über eine kombinierte endoskopische Tumorresektion und BCG-Instillation (n=19) bei 30 Patienten mit Urothelkarzinomen des Nierenbeckens. 4 von 10 Patienten mit G3-Tumor starben am Tumorleiden. Die Rezidivrate betrug 18% (G1), 33% (G2) und 50% (G3). Die Autoren schließen hieraus, dass Patienten mit G1-Tumor durchaus perkutan erfolgreich und ohne hohes Risiko der Tumorprogression oder des Rezidivs operiert werden können. Patienten mit erhöhtem Tumorgrad kann nur selektiv bei Niereninsuffizienz oder anderen Kontraindikationen zur Nephrektomie eine organkonservierende Therapie angeboten werden. Die BCG-Perfusion des oberen Harntraktes kann kurativ sein beim Carcinoma in situ, stellt aber eine in ihrer Wirkung meist zeitlich begrenzte Therapiealternative dar bei Patienten mit papillären Tumoren der oberen Harnwege, welche nicht einer kurativen radikalen Chirurgie zugeführt werden können (Thalmann et al. 2002). Reitelman et al. (1987) zeigten in einer retrospektiven Analyse, dass Patienten ohne vorangegangenen oder gleichzeitigen Blasentumor und mit gut differenziertem Harnleiter- oder Nierenbeckentumor nach Nephrourethrektomie zu 100% 5 Jahre überleben, während nur 50% der Patienten mit entdifferenziertem Tumor und/oder Blasentumor 5 Jahre überleben. Die Autoren kommen deshalb zu dem Schluss, dass eine organerhaltende Chirurgie nur bei Patienten mit gut differenzierten Tumoren und ohne Blasentumoren angezeigt ist.
22.4.3 Adjuvante Maßnahmen nach
organerhaltender Operation Die Rezidivrate nach endoskopischer Therapie von Tumoren des oberen Harntraktes beträgt bis zu >50% (s. oben). Es ist daher sinnvoll, Therapiemaßnahmen einzusetzen, die sich in der intravesikalen Therapie des oberflächlichen Blasenkarzinoms bewährt haben. Als Medikament werden Mitomycin und BCG eingesetzt (Eastham u. Huff-
22
382
22
Kapitel 22 · Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom
mann 1993; Keeley et al. 1997; Thalmann et al. 2002). Die Applikation erfolgt über eine perkutane Nephrostomie, retrograd eingeführten Ureterkatheter oder einliegenden DJ-Katheter. Um eine Paravasation zu verhindern, ist auf einen gesicherten Abfluss und geringen intraluminalen Druck zu achten. Wird ein DJ-Katheter verwendet, ist der effektive Reflux und Abfluss zu überprüfen. Die Toxizität kann vor allem bei BCG nicht unerheblich sein (Thalmann et al. 2002). Auf die mögliche Myelosuppression nach Applikation von Mitomycin ist zu achten. Die Dosierung und Kontaktzeit sind nicht standardisiert, und randomisierte Studien fehlen. Trotzdem kann man in Analogie zum oberflächlichen Blasenkarzinom bei entsprechendem Risikoprofil diese Therapie einsetzen.
22.4.4 Chemotherapie
Da es sich bei mehr als 95% der Nierenbecken- und Harnleitertumoren um Übergangszellkarzinome handelt, können die Erfahrungen, die mit der systemischen Chemotherapie beim Blasenkarzinom gewonnen wurden, auch auf diese Tumoren übertragen werden. Cisplatin-haltige Polychemotherapie kann ebenso wie beim Urothelkarzinom der Harnblase zu kompletten Tumorremissionen führen, die jedoch nur selten länger als 5 Jahre andauern (Das et al. 1990; Logothetis et al. 1990). Durch die Einführung neuer Substanzen wie Gemcitabine und den Taxanen erhofft man sich eine Verbesserung der Ergebnisse. Scher et al. (1987) und Jakse u. Schmid (1986) berichten über die induktive Chemotherapie bei jeweils einem Nierenbecken- bzw. Harnleitertumor. In beiden Fällen konnte eine partielle Tumorremission erzielt werden. Die induktive Chemotherapie ist besonders beim organüberschreitenden Nierenbecken- und Harnleitertumor zu überlegen, da zu einem sehr hohen Prozentsatz bei invasiven Karzinomen eine Metastasierung auftritt (s. oben) und die Nierenfunktion eine Limitierung für eine Cisplatin-haltige Polychemotherapie darstellt. Patienten, die Metastasen zum Zeitpunkt der Diagnose aufweisen, sollten einer Chemotherapie unterzogen werden.
22.4.5 Radiotherapie
Die postoperative Strahlentherapie vermindert die Lokalrezidivrate bei lokal fortgeschrittenen Tumoren, scheint aber die Überlebensrate nicht zu erhöhen (Brookland et al. 1985; Cozad et al. 1992; Maulard-Durdux et al. 1996). Möglicherweise wird durch systemische Chemotherapie mit anschließender kombinierter Radiochemotherapie
eine Verbesserung des rezidivfreien Überlebens erzielt (Czito et al. 2004).
22.5
Therapie des Nierenbeckentumors
Mazeman (1972, 1976) berichtet in seinem French Urological Association Report über 73 Patienten, die elektiv organerhaltend operiert wurden (65% aller Nierenbecken- und Harnleitertumoren). Von 23 Patienten mit Nierenbeckentumoren entwickelten 11 ein Tumorrezidiv im Nierenbecken oder Harnleiter. 8 von ihnen hatten einen Grad-1- oder Grad-2-Tumor. Die Austrian Urological Oncology Group (Maier et al. 1990) berichtete über 32 Patienten, die imperativ und elektiv organerhaltend offen operativ vesorgt wurden. 1 Patient entwickelte ein Tumorrezidiv, und 3 Patienten starben am Tumor. Vor der elektiven organerhaltenden Therapie ist die Ureterrenoskopie mit Entnahme der Spülflüssigkeit und Biopsie obligat (Keeley et al. 1997). Durch die Kombination beider Untersuchungen können Grad 1 und Grad 3 sicher voneinander differenziert werden (Skoliaris et al. 2003). Grad-1-Tumoren sind fast immer mit einem TaStadium assoziiert und daher einer endoskopischen oder offen chirurgischen organerhaltenden Maßnahme gut zugänglich (Jarret et al. 1995). Die elektive offene Entfernung sollte sich auf Patienten mit kleinem solitärem Grad-1-Tumor im freien Anteil des Nierenbeckens und unauffälligem Harnleiter beschränken. Wird endoskopisch ein kleiner papillärer Tumor diagnostiziert, kann auch in dieser Situation in gleicher Narkose die Tumorbiopsie und Lasertherapie durchgeführt werden. Die perkutane Abtragung von Nierenbeckentumoren beschränkt sich auf Patienten mit Einzelniere und Niereninsuffizienz mit drohender Hämodialyse. Die Tumorabtragung kann mit der elektrischen Schlinge oder dem Neodym:YAG- und/oder Holmiumlaser durchgeführt werden. Ein »second look« wird nach 2–7 Tagen durchgeführt. Adjuvante endoluminale Chemo- oder Immuntherapie soll das lokale Rezidiv und die endoluminale Implantation von Tumorzellen verhindern. Es gibt keine randomisierten prospektiven Untersuchungen dazu. Am häufigsten wurde BCG eingesetzt. Wenn man Berichte von mehr als 10 Patienten berücksichtigt, beträgt die Rezidivrate 16,7–33% (Patel u. Fuchs 1998; Clark et al. 1999; Jabbour u. Smith 2000). Die Rezidivrate nach perkutaner Tumorresektion ist abhängig vom Tumorgrad ( Tab. 22.7). Patienten mit Grad-1-Tumoren haben eine Rezidivrate von 5–33%,
22
383 22.6 · Therapie des Harnleitertumors
Tab. 22.7. Rezidivrate nach perkutan resezierten Nierenbeckentumoren Autor(en)
Rezidiv
Follow-up
Patienten (n)
G1
Goel et al.
15
3/15
Jabbour et al.
20
–
G2
5/20
G3
DOD
NUE
–
0
6
–
3
64 Monate 48 Monate
Patel et al.
26
2/11
3/11
–
45 Monate
Jarret et al.
34
2/11
3/9
5/10
56 Monate
Lee et al.
50
1/20
1/16
4/13
–
Liatsikos et al.
69
3/15
7/27
14/25
49 Monate
DOD »dead of disease« (krankheitsbezogene Sterblichkeit), NUE Nephroureterektomie.
trotzdem ist die Anzahl der Patienten, die später eine Nephroureterektomie benötigen, gering (Liatsikos et al. 2000). Da Grad-3-Tumoren meist mit einem fortgeschrittenen Tumorstadium assoziiert sind und damit eine komplette Tumorresektion nicht möglich ist, sollte auch bei imperativer Indikation dem Patienten die Nephroureterektomie angeboten werden. Bei reduziertem Allgemeinzustand und gravierender Komorbidität kann bei diesen Patienten primär auf die distale Ureterektomie verzichtet werden. Bei Grad-3-Tumoren ist die Rezidivrate nach perkutaner Resektion hoch (>50%) und der Prozentsatz der Patienten, die den Tumor überleben, gering (<50%). Zusätzlich verlieren die meisten Patienten ihre Niere durch eine später erforderliche Nephrektomie. Patienten mit Ta- und T1-Tumoren haben eine Rezidivrate von 12,5–30% (Jabbour et al. 2000; Patel et al. 1996). Das krebsspezifische Überleben beträgt >90% (Jabbour et al. 2000; Jarrett et al. 1995; Tab. 22.7). Transfusionpflichtige Hämaturie aus der Resektionsstelle ist die wesentliche Komplikation, die bei bis zu 31% der Patienten auftritt (Patel et al. 1996; Jabbour et al. 2000). Die Implantation von Tumorzellen in den Punktionskanal ist eine Rarität, so dass zusätzliche Maßnahmen wie die Bestrahlung des Operationsfeldes nicht obligat sein sollten (Patel et al. 1996; Sharma et al. 1994). Aufgrund der guten Ergebnisse der endoskopischen Therapie von niedrig malignen und oberflächlichen Tumoren nimmt die Anzahl der Berichte zu, die Ergebnisse über die ureterrenoskopische elektive Tumorablation berichten. Die Rezidivrate ist niedrig und der Erhalt der Niere bei der überwiegenden Anzahl der Patienten möglich (Elliott et al. 2001, Keeley et al. 1997; Daneshmand et al. 2003). Die tumorbedingten Todesfälle sollten selten sein, wenn die Patienten entsprechend selektioniert werden und in der Nachsorge bei Tumorrezidiv oder -progression die Nephroureterektomie durchgeführt wird
(Elliot et al. 2001). Die Verwendung des Nd:YAG- oder Holmiumlasers machen die Operation sicher und effektiv (Matsouka et al. 2003).
22.6
Therapie des Harnleitertumors
22.6.1 Distale Harnleitertumoren
Tumoren im kleinen Becken können durch komplette Resektion des distalen Harnleiters unter Mitnahme des periurethralen Gewebes und der regionalen Lymphknoten sowie einer Blasenmanschette entfernt werden. Eine Ureterneozystostomie ist dann entweder mit einer Psoashitch-Technik oder einem Boari-Lappen möglich. Die Resektion des distalen Harnleiters ist bei allen Tumorstadien sinnvoll (Aufderklamm u. Jakse 1982). So führten Anderström et al. (1989) bei 21 Patienten eine lokale Resektion durch, ohne dass einer dieser Patienten starb. Ob bei Patienten mit ausschließlich distalem Harnleitertumor entweder nierenerhaltend nur der distale Harnleiter mit Blasenmanschette reseziert wird, oder ob eine radikale Nephroureterektomie durchgeführt wird, scheint bezüglich tumorspezifischem Überleben keinen signifikanten Unterschied zu zeigen (Studer et al. 1989a, b; AUA 2006). In diesen Fällen sollte deshalb, wenn möglich, eine organerhaltende Therapie angestrebt werden. Für ein organerhaltendes Vorgehen beim distalen Harnleitertumor gibt es 3 Gründe:
Der distale Harnleitertumor tritt überwiegend als solitärer Tumor auf.
Ein urotheliales Tumorrezidiv tritt typischerweise unterhalb des Primärtumors auf, d. h. im Bereich der Blase.
Eine Nephrektomie hat bei dieser Lokalisation keinen nachweisbaren Vorteil.
384
Kapitel 22 · Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom
22.6.2 pTa/pT1–2-Harnleitertumoren
22
Ein solitärer Tumor des Stadium Ta/T1 ohne Hinweis auf Multiplizität ist an sich geeignet für eine organerhaltende Operation (Zungri et al. 1990). Der tumortragende Ureter kann mit 1 cm Sicherheitsabstand, der durch Schnellschnittuntersuchung überprüft wird, entfernt werden, die Kontinuität wird durch eine Endzu-End-Anastomose wieder hergestellt ( Abb. 22.1; Almgaard et al. 1973). Zungri et al. (1990) behandelten 35 Patienten mit Harnleitertumoren mit End-zu-End-Anastomose oder Neozystostomie nach Tumorresektion. Die 5-JahresÜberlebensrate war 100% bzw. 96% für Ta- und T1Tumoren. Ähnlich gute Ergebnisse wurden von anderen Autoren berichtet (Aufderklamm u. Jakse 1982; Ziegelbaum et al. 1987; Leitenberger et al. 1996). Durch die Entwicklung von ultradünnen Ureteroskopen und den Einsatz von Nd:YAG- und Holmiumlasern werden organerhaltende offen operative Eingriffe zunehmend durch das endoskopische Vorgehen ersetzt. Besonders geeignet sind kleine (<1 cm), papilläre, unilokuläre Tumoren, die sich bioptisch als G1Tumoren identenfizieren lassen und zytologisch negativ
sind. Bei diesen Tumoren ist das endoskopische Vorgehen auch bei normaler kontralateraler Niere gerechtfertigt. Die unmittelbare perioperative Morbidität ist gering. Ureterperforationen werden in etwa 5% beobachtet und können konservativ behandelt werden (Keeley et al. 1997; Martinez-Pinero et al. 1996; Elliot et al. 1996). Harnleiterstrikturen treten in bis zu 14% auf und sind mit der Verwendung der Lasertechnik seltener geworden (Schmeller u. Hofstädter 1989; Martinez-Pinero et al. 1996; Keeley et al. 1997). Bei Auftreten einer Striktur ist differenzialdiagnostisch immer an ein Tumorrezidiv zu denken und eine bioptische Klärung herbeizuführen. Mehr als 80% der Patienten mit einem solitären Tumor <1,5 cm sind nach einem endoskopischen Eingriff tumorfrei (Keeley et al. 1997). Die krebsspezifische 5-Jahres-Überlebensrate beträgt >95% für Grad-1-Tumoren und 80% für Grad-2-Tumoren (Elliott et al. 1996). Blasentumoren treten in etwa 30% nach durchgeführter endoskopischer Therapie auf und sind damit gleich häufig wie nach Nephroureterektomie zu beobachten. Die Frage der Rezidivprävention durch adjuvante Chemo- oder Immuntherapie ist ebenso wie beim Nierenbeckentumor ungelöst. Die Rezidivrate nach endoskopischer Resektion von Harnleitertumoren zeigt Tab. 22.8.
22.7
a
b
Abb. 22.1a, b. Ist eine End-zu-End-Anastomose nicht möglich, kommt eine Harnleiterneueinpflanzung im Psoas-hitch-Verfahren (a) bzw. mit fixiertem Boari-Lappen (b) in Betracht
Therapie bei Einzelniere/Restniere
Bei Patienten mit Einzelniere oder bekannter Kanzerogenexposition (Phenacetin-Abusus, endemische Nephropathie) muss eine organerhaltende Therapie in Betracht gezogen werden (Petkovics 1972). Es gibt mehrere operative Maßnahmen, die hier einzusetzen und individuell zu adaptieren sind. Die Autotransplantation der Niere und die intestinale Interposition, aber auch der Einsatz von Harnleiterprothesen kommen in Betracht.
Tab. 22.8. Rezidivrate nach endoskopischer Resektion von Harnleitertumoren Patienten (n)
Rezidiv
NUE
Follow-up
Schmeller u. Hofstetter
16
3/16
–
14 Monate
Keeley et al.
18
8/18
8
35 Monate
Martinez-Pineiro et al.
21
8/21
3
31 Monate
Elliot et al.
21
17/21
6
60 Monate
NUE = Nephroureterektomie.
385 22.10 · Therapie seltener Harnleitertumoren
22.8
Therapie bilateraler Tumoren
Petkovics (1972) behandelte 26 Patienten mit bilateralen Tumoren des oberen Harntrakts. Sein Bericht zeigt eindrücklich, dass die Therapiemaßnahmen individuell angepasst werden müssen und es keine aktuelle Richtlinien gibt. Die operative Therapie muss jedoch darauf abzielen, dass soviel als möglich vom oberen Harntrakt erhalten bleibt.
22.9
Therapie des In-situ-Karzinoms
Das In-situ-Karzinom des oberen Harntrakts ist entweder mit einem multifokalen Tumor des Nierenbeckens und Harnleiters assoziiert oder mit einem In-situ-Karzinom der Harnblase und dann häufig im distalen Harnleiterdrittel nachzuweisen. Nachdem sich die BCG-Therapie des In-situ-Karzinoms der Harnblase etabliert hatte, war es konsequent, diese Therapie auch auf obere Harntrakttumoren auszudehnen (Herr et al. 1996; Herr u. Whitmore 1987; Studer et al. 1989a, b). Der Nachweis des In-situ-Karzinoms erfolgt durch Spülzytologie und endoskopische Biopsie. Die BCGApplikation erfolgt entweder über perkutan eingelegte Nephrostomie oder DJ-Katheter. Die Dosis beträgt das bis zu 3-fache der Normaldosis (120 mg). Die Kontaktzeit wird mit 30 min bis zu 2 h angegeben ( Tab. 22.9; Thalmann et al. 2002; Irie et al. 2002). Als Indikation werden die Einzelniere, Niereninsuffzienz und Inoperabilität angegeben. Die Nebenwirkungen sind nicht unerheblich und können lebensbedrohlich sein (Thalmann et al. 2002). Die Nierenfunktion wird unter Beachtung des unbehinderten Abflusses nicht beeinträchtigt.
22.10
Therapie seltener Harnleitertumoren
22.10.1 Sekundärtumoren
Metastasen von anderen Primärtumoren sind häufig zu beobachten. Die häufigsten Orte des Primärtumors sind der Magen, die Prostata und die Brust (Recloux et al. 1988). Selten metastasiert ein Nierenzellkarzinom in den Harnleiter, so dass die von Deming u. Harvard (1970) vorgeschlagene Nephroureterektomie bei Nierenzellkarzinom nicht sinnvoll ist (Bazeed et al. 1986). Der linke Harnleiter ist häufiger betroffen, etwa 30% der Tumoren treten beidseits auf. Diese Tumoren sind umschriebene Knoten, die die Harnleiterwand infiltrieren und das Lumen einengen. Schmerz und Anurie sind die häufigsten Symptome, während die Hämaturie nur selten zu beobachten ist. Das Bullit-and-bodkin-Zeichen sowie Computertomographie und Aspirationszytologie ermöglichen die Diagnose ohne primär chirurgisches Vorgehen (Freimann et al. 1978; Kunin u. Goodwin 1990). Die Behandlung ist abhängig von der Leistungsfähigkeit des Patienten und der Ausdehnung des zugrundeliegenden Tumorleidens und richtet sich auch danach, ob eine effektive Chemooder Radiotherapie zur Verfügung steht (Recloux et al. 1988).
22.10.2 Harnleiterstumpfrezidive
Etwa 30% der Patienten, die einer simplen Nephrektomie wegen eines Nierenbeckentumors unterzogen werden, entwickeln einen Tumor im zurückbleibenden Harnleiterstumpf (Krog et al. 1991). Wenn die Nephrektomie aus anderen Gründen, z. B. Tuberkulose, Pyonephrose,
Tab. 22.9. Ergebnisse nach topischer BCG-Therapie des Carcinoma in situ des oberen Harntraktes Autor
Patienten (n)
Applikation
CR
Rezidiv
DOD
Thalmann
22
Perkutan
84%
53%
36%
Sharpe
11
Retrograd
8/11
?
Nonomura
11
Retrograd
9/11
2/9
Okubo
11
Retrograd
7/11
2/7
Hayashida
10
Retrograd
10/10
5/10
5/5
Irie
9
Retrograd
8/9
1/8
0
CR komplette Remission, DOD »dead of disease« (krankheitsbezogene Sterblichkeit)
0
22
386
22
Kapitel 22 · Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom
Nierenstein oder chronische Entzündung, erfolgt, liegt die Inzidenz bei bis zu 10%. Hämaturie und Schmerz sind die Hauptsymptome. Das Intervall bis zur Tumorentstehung kann bis zu 42 Jahre betragen. Etwa 50% dieser Tumoren sind solide oder Plattenepithelkarzinome als Folge von chronischer Entzündung oder Steinleiden. Bei Spendernephrektomie wurde bisher noch nie ein Harnleiterstumpftumor beobachtet; hier ist aber möglicherweise die Nachsorgezeit noch zu kurz (Kim et al. 2004). Die Symptome entstehen erst bei fortgeschrittenem Tumorleiden, da der Harnleiter meist vom Harnstrom ausgeschaltet ist. Als Therapie der Wahl erfolgt die Exzision des Harnleiterstumpfs mit einer Blasenmanschette.
22.11
Prognose
Die 5-Jahres-Überlebensraten nach radikal chirurgischem Vorgehen werden in Abhängigkeit von Tumorstadien mit 100% bis 0% angegeben ( Tab. 22.10). Eine exaktere prognostische Vorhersage ist jedoch nur bei Berücksichtigung von verschiedenen Variablen wie Alter, Geschlecht, Tumorgrad, -stadium etc. möglich (Johansson et al. 1976; Krogh 1991; Reitelman et al. 1987). Patienten mit Lymphknotenmetastasen haben eine ungünstigere Prognose. Mehr als 90% sterben an ihrem Tumorleiden (Charbit et al. 1991). Johansson et al. (1976) haben in einer multivariaten Analyse festgestellt, dass die Tiefe der Infiltration der wichtigste unabhängige prognostische Faktor für das Überleben ist. Davis et al. (1987) zeigten des Weiteren, dass die Infiltration in das Hilusgewebe von hohem prädiktivem Wert hinsichtlich einer später auftretenden Metastasierung ist. Krogh et al. (1977) konnten als prognostische Variable für das urotheliale Rezidiv die Lokalisation im Harnleiter nachweisen, während Enddifferenzierung und Infiltrationstiefe das Überleben signifikant beeinflussten.
Ebenso zeigten Miyakawa et al. (1994) in einer multivariaten Analyse, dass Tumorstadium und Tumorgrad signifikante prognostische Faktoren sind, während die DNA-Analyse keine Rolle spielte. Als zusätzlicher Faktor war der Bromdeoxyuridin-Markierungsindex von signifikanter Bedeutung, insbesondere konnte dadurch die Gruppe der G3-Tumoren in eine prognostisch günstigere (niedrigerer Markierungsindex) und eine ungünstige Gruppe (hoher Markierungsindex) differenziert werden. Das et al. (1990) beobachteten keinen Unterschied zwischen Nierenbecken- und Uretertumoren gleichen Tumorstadiums. Patienten mit gut differenziertem Tumor und niedrigem Tumorstadium, die konservativ operiert wurden, überlebten genauso lange wie Patienten mit radikaler Tumorchirurgie. Corrado et al. (1991) führten eine multivariate Analyse unter Berücksichtigung des DNA-Gehalts durch. Nur Tumorgrad, -stadium und weniger ausgeprägte DNAMuster waren prognostische Faktoren. Bei Tumoren des Stadiums pTa/pT1 spielte die DNA-Analyse keine Rolle mehr. Dahingegen zeigten Badalament et al. (1990), ebenfalls unter Berücksichtigung der DNA-Analyse, dass nur das Ausmaß der Operationen einen signifikanten Einfluss auf das tumorfreie Überleben hatte. Patienten, die radikal nephroureterektomiert wurden, hatten als einzigen prognostischen Faktor das Tumorstadium. Dahingegen ergab eine multivariate Analyse von Park et al. (2004), dass Patienten mit Uretertumor eine schlechtere Prognose hinsichtlich des Überlebens haben als Patienten mit Nierenbeckentumoren desselben Tumorstadiums und Tumorgrades. Der Befall der Lymphknoten ist relevant für die Dauer der progressionsfreien Zeit. Die Metastasierung ist verantwortlich für die reduzierte Überlebenserwartung bei fortgeschrittenen Tumoren, daher ist die Untersuchung von Genen, welche für Invasion und Metastasierung verantwortlich sind, von besonderem Interesse. Das Ausmaß des immunhistochemischen Nachweises von nukleärem p53 war in zwei Untersuchungen mit multivariaten Analysen mit Tumorprogression sowohl as-
Tab. 22.10. 5-Jahres-Überlebensraten von Patienten mit Nierenbecken- und Harnleitertumoren (Angaben in %)
a
Autoren
pTa
pT1
pT2
pT3
pT4
Akza et al. (1987)
100
84
72
60
31
Corrado et al. (1991)
82
82
73
58
18
a
Mufti et al. (1989)
90
95
85
38
Reitelman et al. (1987)
100
89
86
33
Dieser Wert addiert sich aus pT2 und pT3.
0
387 Literatur
soziiert als auch nicht assoziiert (Terrell et al. 1995; Nakanishi et al. 1996). Werden neben p53 zusätzliche Faktoren wie PCNA, nm23, bcl-2, p27 und nukleäre DNA untersucht, so sind lediglich PCNA (Shiina et al. 1996) und das Tumorstadium (Nakanishi et al. 1998, 2001) unabhängige Parameter, welche mit dem krebsspezifische Überleben assoziiert sind. HIF-1 ist verantwortlich für die intrazelluäre Sauerstoffhomeostase. Die Unterfraktion HIF-1α ist sowohl mit dem krebsspezifischen als auch mit dem Gesamtüberleben signfikant korreliert (Nakanishi et al. 2005). Die Gene der Rho-Familie sind assoziiert mit der Penetration von Gefäßwänden. RhoA-mRNA und RhoAProtein wurden vermehrt in schlecht differenzierten und muskelinvasiven Tumoren nachgewiesen. Das Ausmaß der Expression war neben dem Tumorstadium ein unabhängiger Parameter, welcher mit dem tumorfreien und Gesamtüberleben assoziiert war (Kamai et al. 2003). Selbes gilt auch für den Metalloproteinnase-1-Inhibitor (TIMP-1), der mit dem krebsspezifischen Überleben signifikant korreliert ist (Miyata et al. 2004). Während MMP-2 und MMP-9 zwar vermehrt mit höherem Tumorstadium exprimiert werden, lassen sie sich nicht als unabhängige Parameter nachweisen. Wird das Verhältnis von MMP-9 zu E-Cadherin-Expression in einem multivariaten Modell untersucht, so ist eine hohe Ratio als unabhängige Variable mit dem krebsspezifischen Überleben korreliert (Inoue et al. 2002), während die Expression von E-Cadherin alleine kein unabhängiger Prognosefaktor ist (Nakanishi et al. 1997). Hinweis
I
I
Aus der Vielzahl der Untersuchungen hat sich ähnlich wie beim Blasenkarzinom bisher jedoch kein Parameter etabliert, der in die klinische Routine aufgenommen wurde.
22.12
Nachsorge
Patienten mit Nierenbecken- oder Uretertumoren bedürfen lebenslanger Nachsorge, da ein urotheliales Rezidiv jederzeit und nach nicht vorhersehbarem Intervall auftreten kann (Hatch et al. 1987; Nagel u. Bargenda 1976). 26% der Patienten ohne vorangegangenen oder synchronen Blasentumor entwickeln in weiterer Folge ein Blasenkarzinom nach 0–14 Jahren. Uretertumoren entwickeln signifikant häufiger ein Rezidiv als Nierenbeckentumoren. Ebenso haben mulitfokale Tumoren signifikant häufiger Rezidive als solitäre (53% versus 35%), während der Tumorgrad keinen Einfluss hatte (Kroh et al. 1991).
Eine multivariate Analyse von Matsui et al. (2005) identfizierte zusätzlich das Tumorstadium und die Tumorgröße als unabhängige Variablen. Interessanterweise war das operative Vorgehen (Standard versus Retroperitoneoskopie) eine weitere unabhängige Variable. Der Nachweis von E-Cadherin, EGF-R und erbB2 wurden ebenso als unabhängige Variable identifiziert, welche wichtiger als die konventionellen klinischen und histologischen Parameter ist (Imai et al. 1995; Inoue et al. 2002). Aufgrund der hohen Rate von vesikalen Rezidiven ist eine perioperative und kurz dauernde (6 Monate) intravesikale Chemo- oder Immuntherapie zu diskutieren. Nach Harnleiterteilresektion entwickeln etwa 40% Rezidivtumoren in demselben Harnleiter, teilweise von höherem Grad und Tumorstadium (Charbit et al. 1991). Die Zystoskopie und die Abnahme der exfoliativen Urinzytologie sollte während der ersten 3 Jahre in kurzen Intervallen durchgeführt werden, da mehr als 85% der urothelialen Rezidive in dieser Periode auftreten. Die routinemäßige Durchführung einer Urographie wird kontrovers diskutiert (Hastie et al. 1991; Hatch et al. 1987; Strong u. Pearse 1976; Wallace 1963). Um eine organerhaltende operative Maßnahme zu ermöglichen, muss das Rezidiv im oberen Harntrakt möglichst frühzeitig diagnostiziert werden. Dem steht gegenüber, dass Tumorrezidive im oberen Harntrakt nur bei bis zu 10% der Patienten auftreten. Patienten mit einem vorangegangenen oder synchronen multiplen Blasentumor, mit ostiumnaher Lokalisation, mit iatrogen induziertem Reflux, bekannter Karzinogenexposition oder Carcinoma in situ der Harnblase haben ein erhöhtes Risiko, einen Tumor des oberen Harntraktes zu entwickeln (De Torres Mateo et al. 1986; Hatch et al. 1987; Herr u. Whitmore1987; Shinka et al. 1988). Bei diesen Risikopatienten sollte zumindest einmal jährlich ein i.v.-Pyelogramm durchgeführt werden, wobei besonders auf die komplette Darstellung des Nierenbeckenkelchsystems und des Harnleiters geachtet werden muss.
Literatur Abercrombie GF, Eardley I, Payne SR, Wlmsley BH, Vinnicombe J (1988) Modified nephro-ureterectomy. Long-Term follow-up with particular reference of subsequent bladder tumors. Br J Urol 61: 198–200 Abeshouse BS, Tankin LH (1956) Leukoplakia of the renal pelvis and the bladder. J Urol 76: 330 Akaza H, Koiso K, Nijma T (1987) Clinical evaluation of urothelial tumors of the renal pelvis and ureter based on a new classification system. Cancer 59: 1369–1375 Almgaard LE, Freedman D. Ljungqvist A (1973) Carcinoma of the ureter. Scand J Urol Nephrol 7: 165–167
22
388
22
Kapitel 22 · Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom
Anderström C, Johansson SL, Pettersson S, Wahlqvist L (1989) Carcinoma of the ureter: a clinoco-pathology study of 49 cases. J Urol 142: 280–283 Andriole GL, McClennan BL, Picus D, Becich MJ (1988) The effect of low-osmolar contrast material on he interpretation of urinary cytology specimens. J Urol 139: 177A, 59 Apostolov K, Spasic P, Bojanic N (1975) Evidence of a viral aetiology in endemic (Balkan) nephropathy. Lancet II: 1271 Arger PH et al. (1979) Ultrasonic assessment of renal transitional cell carcinoma: preliminary report AJR 132: 407 Aso Y, Ohtawara Y, Suzuki K et al. (1984) Usefulness of fiberoptiv pyeloureteroscope in the diagnosis of the upper urinary tract lesions. Urol Int 39: 55–357 Aufderklamm S, Jakse G (1982) Die Therapie distaler Harnleitertumoren. Aktuel Urol 13: 252 Badalament RA, O‘Toole RV, Kenworthy P et al. (1990) Prognostic factors in patients with primary transitional cell carcinoma of the upper urinary tract. J Urol 144: 859–863 Bagley DH, Rivas D (1990) Upper urinary ract filling defects: flexible ureteroscopic diagnosis. J Urol 143: 1196–1200 Bagley DH, McCue P, Blackstone AS (1990) Inverted papilloma of renal pelvis: flexible ureteroscopic diagnosis and treatment. Urology 36/4: 336–338 Bariol SV, Stewart GD, NcNeill SA, Tolley DA (2004) Oncological control following laparoscopic nephroureterectomy: 7-year outcome. J Urol 172: 1805–1808 Baron RL, McClennan BL, Lee JKT et al. (1982) Computed tomography of transitional-cell carcinoma of the renal pelvis ans ureter. Radiology 144: 125–130 Batata MA, Grastald H (1976) Upper urinary tract urothelial tujors. Urol Clin North Am 3: 79 Batata MA, Whitmore WF, Hilris BS, Tokita N, Grabstald H (1975) Primary carcinoma of the ureter: a prognostic study: Cancer 35: 1626–1632 Bazeed MA, Schärfe T, Becht E, Alen P, Thüroff JS (1986) Local excision of urothelial cancer of the upper urinary tract. Eur Urol 12: 89–95 Bengtsson U, Angervall L, Ekman M, Lehmann L (1968) Transitional cell tumors ot eh renal pelvis in analgesic abusers. Scand J Urol Nephrol 2: 3 Bergkvist A, Lungqvist A, Moberger G (1965) Classification of bladder tumors based on cellular pattern. Acta Chir Scand [Suppl] 130: 371 Blaszyk H, Wang L, Dietmaier W, Hofstaedter F, Burgart LJ, Cheville JC, Hartmann A (2002) Upper tract urothelial carcinoma: a clinicopathologic study including microsatellite instability analysis. Mod Pathol 15(8): 790–797 Bloom NA, Vidone RA, Lytton B (1970) Primary carcinoma of the ureter: a report of 102 new cases. J Urol 103: 590–598 Blute ML, Tsushima K, Farrow GM, Therneau TM, Lieber MM (1988) Transitional cell carcinoma of the renal pelvis: nuclear deoxyribonucleic acid ploidy studies by flow cytometry. J Urol 140: 944–949 Blute ML, Segura JW, Patterson DE, Benson RC, Zincke H (1989) Impact of endourology on diagnosis and management of upper urinary tract urothelial cancer. J Urol 141: 1298–1301 Brady LW, Gislason GH, Faust DS, Kazem I, Antoniades J, Davis JA (1986) Radiotherapy: a valuable adjunct in the mamangement of carcinoma of the ureter Brkovic D, Jakse G (2001) Die Therapie des Harnleitertumors. Urologe [A] 40: 456–459 Brookland RK, Richter MM (1985) The postoperative irradiation of transitional cell carcinoma of the renal pelvis and ureter. J Urol 133: 952
Brown RC, Hawtrey CE, Pixley EE (1973) Brus biopsy of the renal pelvis. AJR 119: 779 Burkland CE, Juzek RH (1966) Familial occurrence of carcinoma of the ureter. J Urol 96: 697 Butler WH, Barnes JM (1968) Carcinogenic action of ground nut meal containing aflatoxin in rats. Food Cosmet Toxicol 6: 135 Caoili EM, Cohan RH, Inampudi P, Ellis JH, Shah RB, Faerber GJ, Montie JE (2005) MDCT Urography of upper tract urothelial neoplasms. AJR 184: 18731881 Carpinito GA, Stadler WM, Briggmann JV, et al: (1996) urinary nuclear metrix protein as a marker for transitional cell carcinoma of the urinary tract. J Urol 156: 1280 Charbit L, Cendearu M-C, Mee S, Cukier J (1991) Tumors of the upper urinary tract: 10 years of experience. J Urol 146: 1243–1246 Chasko SB, Gray GF, McCarron JP (1981) Urothelial neoplasia of the upper urinary tract. Pathol Annu 16/2: 127–153 Cibert J, Rigondet G, Gibert J (1960) Tumeurs de l’uretère. Abouchements ectopiques de l’uretére. In: Urétérocèles. Paris, Masson Clark PE, Streem SB, Geisinger MA. (1999) 13-year experience with percutaneous management of upper tract transitional cell carcinoma. J Urol 161: 772–776 Clayman RV, Garske GL, Lange PH (1983) Total nephroureterectomy with ureteral intussusception and transurethral ureteral detachment and pull-through. Urology 21: 482–486 Constantin HM, DeGirolami E (1973) Urohelial tumors detected by cytology: new cell block technique. J Urol 109: 304 Corrado F, Ferri C, Mannini D et al. (1991) Transitional cell carcinoma of the upper urainary tract: evaluation of prognostiv factors by histopathology and flow cytometric analysis. J Urol 145: 1159–1163 Cozad SC, Smalley SR, Austenfeld M et al. (1992) Adjuvant radiotherapy in high stage transitional cell carcinoma of the renal pelvis and ureter. Int J Radiat Oncol Biol Phys 24: 742–745 Craciun EC, Rosculescu I (1970) On Danubian endemic familial nephropathy (Balken nephropathy). Some problems. Am J Med 49: 774 Carmer SF, Aukawa M. Cebelin M (1994) Neurosecretory granules in small cell invasive carcinoma of the gallbladder. Hum Pathol 15: 639 Culp OS (1955) Treatment of tumors of the renal pelvis and ureter. Trans Am Assoc Genitourin Surg 47: 692 Czito B, Zietman A, Kaufman D, Skowronski U, Shipley W (2004) Adjuvant radiotherapy with and without concurrent chemotherapy for locally advances transitional cell carcinoma of the renal pelvis and ureter. J Urol 172: 1271–1275 Daneshmand S, Quek ML, Huffmann JL (2003) Endocopic management of upper urinary tract transitional cell carcinoma: long-term experience. Cancer 98: 55 Demonstrates the efficacy of ureterocopic treatment of low grade upper tract transitional cell carcinoma. Also confirms the accuracy of ureteroscopic biopsies. Das AK, Carson CC, Bolick D, Pauson DF (1990) Primary carcinoma of the upper urinary tract. Cancer 66: 1919–1923 Davis BW, Hough AJ, Gardner WA (1987) Renal pelvic carcinoma: morphological correlates of metastatic behaviour. J Urol 137: 857–861 Deichgräber E, Johansson S (1975) Urothelial renal pelvic tumors in phenacetin abusers. Acta Radiol 16: 633 Deming L, Harvard BM (1970) tumors of the kidney. In: Campbell MF, Harrison JN (eds) Campbell’s urology, vol 2, 3rd edn. Saunders, Philidelphia De Torres Mateos JA, Banus Gassol JM, Redorta JP, Robles JM (1986) Vesicorenal reflux and upper urinary tract transitional cell carcinoma after transurethral resection of recurrent superficial bladder carcinoma. J Urol 138: 49–51
389 Literatur
Dietmaier W, Wallinger S, Bocker T, Kullmann F, Fishel, Ruschoff J (1997) Diagnostic microsatellite instability: definition and correlation with mismatch repair proetin expression. Cancer Res. 57: 4749–4756 Droller MJ, Freiha FS (1977) Lokalization cytology in urothelial carcinoma. Urology 9: 276 Dubach UC (1964) Kidney and drugs. Schweiz. Med Wochenschr 94: 1509–14. Dufour B (1970) Remarques sur 56 cas de tumours pyélo-calicielles. J Urol Nephrol 76: 3 Eastham JA, Huffmann JL (1993) Technique of Mitomycin C instillation in the treatment of upper urinary tract urothelial tumors. J Urol 150: 324–325 Ekman P (1990) Tumors of the upper urinary system: diagnostic procedures. I: Murphy G, Khoury S, Chateloin C, Denis L (eds )Recent advances in urological cancers. Dignosis and treatment. III: Upper tract, Paris, pp 151–154 El Fettouh HA, Rassweiler JJ, Schulze M et al. (2002) Laparoscopic radical nephroureterectomy. Results of an international multicenter study. Eur Urol 42: 447–452 Elliott DS, Segura JW, Lightner D, Petterson DE, Blute ML (2001) Is nephroureterectomy necessary in all cases of upper tract transitional cell carcinoma? Long-term results of conservative endourologic management of upper tract transitional cell carcinoma in individuals with a normal contralateral kidney. Urology 58 (2): 174–178 Elliott AY, Stein N, Fraley EE (1975) Techniques for cultivation of transitional epithelium from mammalian urinary bladder. In Vitro 5: 251 Eriksson O, Johansson S (1976) Urothelial neoplasms of the upper urainry tract. Acta Cytol 20: 20 Essenfeld H, Manivel JC, Benedetto P, Albores-Saavedra J (1990) Small cell carcinoma of the renal pelvis: a clinocopathological, morphological and immunohistochemical study of 2 cases. J Urol 144: 344–347 Fagerstrom DP (1948) Proliferative tumors of the ureter and renal pelvis, with further observations on the significance of epithelial cell nests. J Urol 59: 333 Falkenstein DB et al. (1975) Endoscopy of ureterointestinal conduis and retrograde pyelography. Gastrointest Endosc 22: 24 Fernandez Gomez JM, Barmadah SE, Perez GJ, Rabade Rey CJ, Rodriguez Martinez JJ (1998) Risk of tumor seeding after nephroureterectomy combined with endoscopic resection uf the ureteral meatus. Arch Esp Urol 51: 829–831 Firstater M (1960) Pelvic renal tumor: concervative surgery, repeated pyelectomy. J Urol 84: 36 Foot NC, Papanicolaou GN (1949) Early renal carcinoma in situ. JAMA 139: 356 Fraley EE (1978) Cancer or renal pelvis. In: Skinner DG, DeKernion JB (eds) Genitourinary cancer. Saunders, Philadelphia Freimann DB, Ring EJ, Oleaga JA, Carpiniello VC, Wien AJ (1978) Thin needle biopsy in the diagnosis of ureteral obstruction with malignancy. Cancer 12: 714–716 Friedell GH et al. (1976) Histopathology and classification of urinary bladder carcinoma. Urol Clin North Am 3: 53 Gahagan HO, Reed WK (1949) Squamous cell carcinoma of the renal pelvis. Three case reports and a review of the literature. J Urol 62: 139 Galindo I, Algaba F, Solé-Bacells F (1976) Adenocarcinomas pielocaliciales. An Fund Puigvert 6: 161 Garufe A, Priolo GD, Coppolino F, Giammusso B, Materazzo S (1993) Computer tomography evaluation of urothelial carcinomas of the upper urinary tract. Radiol Med Torino 86: 489–495
Gatewood OMB, Goldman SM, Marshall FF et al. (1982) Computerized tomography in the diagnosis of transitional-cell carcinoma of the kidney. J Urol 127: 876 Gerber G. Lyon E (1993) Endourological management of upper tract urothelial tumors. J Urol 150: 2–7 Gibson TE (1967) Local excision in ransitional cell tumors of the upper urinary tract. J Urol 97: 619 Gill IS, Sung GT, Hobart MG et al. (2000) Laparoscopic radical nephroureterectomy for upper tract transitional cell carcinoma: the Cleveland Clinic experience. J Urol 164: 1513–1522 Gill WB, Lu CT, Thomsen S (1973) Retrograde brishing: a new technique for abtaining histologic and cytologic material from ureteral, renal pelvic, and renal caliceal lesions. J Urol 109: 573 Giovansili B, Peyromaure M, Saighi D, Dayma T, Zerrib M, Debre B (2004) Stripping technique for endoscopic management of distal ureter during nephroureterectomy: experience of 32 procedures: Urology 64: 448–452 Gittes RF (1976) Operative nephroscopy. J Urol 116: 148 Gittes RF (1979) Tumors of the ureter and renal pelvis. In : Campbell MF, Harrison JH (eds) Campbell’s urology. vol 2. Saunders, Philalelphia Goel MC, Mahendra V, Roberts JG (2003) Percutaneous management of renal pelvic urothelial tumors: long-term follow-up. J Urol 169: 925–930 Gonzales J, Hashmat AI (1989) Severe hemorrhage secondary to primary, isolated in situ. Urology 34/1: 39–42 Grabstald H, Whitmore WF Jr, Melamed M (1971) Renal pelvic tumors. JAMA 218: 845 Grace DA, Taylor WN, Taylor JN, Winter CC (1967) Carcinoma of the renal pelvis: a 15-year review. J Urol 98: 566 Grainger R, Gikas PW, Grossmann HB (1990) Urothelial carcinoma occurring within an inverted papilloma of the ureter. J Urol 143: 802–804 Gsell O (1958) Primary chronic interstitial nephritis in relation to the misuse of phenacetine. Bull Schweiz Akad Med Wiss 14: 124–30. Guérin M, Chouroulinkor I, Rivière MR (1969) Experimental kidney tumors. In: Rouller C, Muller AF (eds) The kidney: morphology, biochemistry, physiology. vol 2. Acad Press, New York Guinan P, Randazzo R, Vogelzang N, Chmiel J, Sylvester J, Fremgen A and the Cancer Incidence and End Results Committee of the Illinois Division of the American Cancer Society (1990) Renal pelvic cancer: the Illinois experience and a review of the literature. In: Murphy G, Khoury S, Chateloin C, Denis L (eds) Recent advances in urological cancers. Diagnosis and Treatment. III Upper tract. Paris, pp 160–171 Habuchi T, Takahashi R, Yamada H, Kaheki Y, Sugiyama T, Yoshida O (1993) Lancet 342: 1087–1088 Hafner C, Knüchel R, Zanardo L, Diemaier W, Blaszyk H, Cheville J, Hofstaedter F, Hartmann A (2001) Evidence for oligoclonality and tumor spread by intraluminal seeding in multifocal urothelial carcinomas of the upper and lower urinary tract. Oncogene 20: 4910–4915 Hannibal D, Gross-Fengels W, Hesse U (1991) Maligne Tumoren der normotopen Nieren und Harnleiter nach Nierentransplantation. ROFO 154; 5: 546–549 Hartmann A, Zanardo L, Bocker-Edmonston T, Blaszyk H, Dietmaier W, Stoehr R, Cheville JC, Junker K, Wieland W, Knuchel R, Rueschoff J, Hofstaedter F, Fishel R (2002) Frquent micorsatellite instability in sporadic tumors of the upper urinary tract. Cancer Res 62: 6796–6802 Hastie KJ, Hamdy FC, Collins MC, Williams JL (1991) Upper tract tumours following cystectomy for bladder cancer. Is routine intravenous urography worthwhile? B J Urol 67: 29–31
22
390
22
Kapitel 22 · Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom
Hatch TR, Hefta TR, Barry JM (19897) Time-related recurrence rates in patients with upper tract transitional cell carcinoma. J Urol 140: 40–41 Hattori R, Ono Y, Gotoh M, Yoshino Y, Ohshima S. (2003) Retroperitoneoscopic nephroureterectomy for transitional cell carcinoma of the renal pelvis and ureter: Nagoya experience. J urol 169 [Suppl4]: 77 Hauser S, Studer U (2001) Therapie des Nierenbeckenkarzinoms. Urologe [A] 40: 452–455 Hayashida Y, Nomata K, Noguchi M, Eguchi J, Koga S, Ymashita S, Hayashi M, Kanatake H (2005) Long-term effects of BCG-perfusion therapy for treatment of transitional cell carcinoma in situ of the upper urinary tract. Urology 63: 1084–1088 Heidegger H, Wächter S (1990) Die Endometriose des Ureters. Zentrabl Gynäkol 112: 779–784 Hellsten S et al. (1980) Carcinoma in situ of the renal pelvis after cystectomy. Urol Int 35: 316 Herr HW, Cookson MS, Sloloway SM (1996) Upper tract tumors in patients with primary bladder cancer followed for 15 years. J Urol 156: 1286–1287 Herr HW, Whitmore WF (1987) Ureteral carcinoma in situ after successful intravesical therapy for superficial bladder tumors: incidence, possible pathogenesis and management. J Urol 138: 292 Hertel E, Egger B (1976) Die intraoperative Ureteropyeloskopie – ein Routineverfahren. Aktuel Urol 7: 343 Hetherington JW, Ewing R, Philip NH (1986) Modified nephroureterectomy: a risk of tumour implantation. Br J Urol 58: 368–370 Holmäng S, Johansson SL (2004) Synchronous bilateral ureteral and renal pelvic carcinomas: incidence, etiology, treatment and outcome. Cancer 101: 741–747 Holmäng S, Johansson SL (2005) Tumours of the ureter an renal pelvis treated with resection and renal autotransplantation: a study with up to 20 years of follow-up. BJU Int. 95: 1201–1205 Holtz F (1962) Papillomas and primary carcinoma of the ureter. report of 20 cases. J Urol 88: 380–385 Huben RP, Mounzer AM, Murphy GP (1988) Tumor grade and stage as prognostic variables in upper tract urothelial tumors. Cancer 62: 2016–2020 Huffman JL (1988) Ureteroscopic management of transitioncal cell carcinoma of the upper urinary tract. Endourology update. Urol Clin North Am 15: 419–423 Huguet-Perez J, Palou J, Millan-Rodriguez F, Salvador-Bayarri J, Villavicencio-Mavrich H, Vicente-Rodriguez J (2001) Upper tract transitional cell carcinoma following cystectomy for bladder cancer. Eur Urol 40: 318–323 Hultengren N, Lagergren C, Ljungqvist A (1965) Carcinoma of the renal pelvis in renal papillary necrosis. Acta Chir Sand [Suppl] 130: 314 Humphreys GA, Foot NC (1960) Survival of patients following nephrectomy for renal cell and transitional cell tumors of the kidney. J Urol 83: 815 Imai T, Kimura M, Takeda M, Tomita Y (1995) Significance of epidermal growth factor receptor and c-erbB-2 protein expression in transitional cell cancer of the upper urinary tract for tumour recurrence at the urinary bladder. Br J Cancer 71(1): 69–71 Inoue K, Kamada M, Slation JW, Fukata S, Yoshikawa C, Tamboli P, Dinney CPN, Shuin T (2202) The prognostic value of angiogenesis and metastasis-related genes for progression of transitional cell carcinoma of the renal pelvis and ureter. Clin Cancer Res 8: 1863–1870 Irie A, Iwamuara M, Kadowaki K, Ohkawa A, Uchida T, Baba S (2002) Intravesical instillation of Bacille Calmette-Guering for carcinoma in situ of the urothelium involving the upper urinary tract using
vesicoureteral reflux created by a double-pigtail catheter. Urology 59: 53–57 Jabbour ME, Desgrandchamps F, Cazin S et al. (2000) Percutaneous management of grade II upper urinary tract transitional cell carcinoma: the long-term outcome. J Urol 163: 1105–1107 Jabbour ME, Smith AD (2000) Primary percutaneous approach to upper urinary tract transitional cell carcinoma. Urol Clin North Am 27: 739–750 Jakse G, Marberger H (1985) Tumors of the renal pelvis. In: Culp DA, Loening SA (eds) Genitourinary oncology. Lea & Febiger, Philadelphia Jakse G, Schmid KW (1986) A case for preoperative chemotherapy in advanced urothelial cancer of the upper urinary tract. Eur Urol 12: 387 Jarrett TW, Sweetser PM, Weiss GH, Smith AD (1995) Percutaneous management of transitional cell carcinoma of the renal collecting system: 9-year experience. J Urol 154: 1629–1635 Jensen OM, Knudsen JB, McLaughlin JK, Soresen BL (1988) The Copenhagen case control study of renal pelvis and u reter cancer: role of smoking and occupational exposures. Int J Cancer 41: 557–561 Johansson S, Wahlqvist L (1974) A prognostic study of urothelial renal pelvic tumors. Cancer 43: 2525 Johansson S, Angervall L, Bengtsson U, Wahlqvist L (1974) Uroepithelial tumours of the renal pelvis associated with abuse of phnacetin-containing analgesics. Cancer 33: 743–753 Johansson S, Angervall L, Bengtsson U, Wahlqvist L (1976) A clinocopathologic and prognostic study of epithelial tumors of the renal pelvis. Cancer 37: 1376 Johnson GB, Grasso M (2005) Ureteroscopic management of upper urinary tract transitional cell carcinoma. Curr Opin Urol 15: 89–93 Johnson DE (1993) Treatment of distal ureteral tumors using endoscopic argon photoirradiation. Lasers Surg med 132: 490–493 Kakizoe T et al. (1980) Transitional cell carcinoma of the bladder in patients with renal pelvic and ureteral cancer. J Urol 124: 17 Kamai T, Kawakami S, Koga F, Arai G, Takagi K, Arai K, Tsujii T, Yoshida KI (2003) RhoA is associated with invasion and lymph node metastasis in upper urinary tract cancer. BJU Int. 91: 234–238 Kaufmann JJ, Walter PJ, Smith RB, Skinner DG (1979) Intracavitary mitomycin-C in the treatment of superficial urothelial tumors: a preliminary report. Trans Am Assoc Genitoruin Surg 71: 6 Kawauchi A, Fujito A, Ukumura O, Yoneda K, Mizutani Y, Miki T (2003) Hand assisted retrpitoneoscopic nephroureterectomy: comparison with the open procedure. J Urol 169: 890–894 Keeley FX, Kulp DA, Bibbo M et al. (1997) Diagnostic accuracy of ureteroscopic biopsy in upper tract transitional cell carcinoma. J Urol 157: 33–37 Keely FX Jr, Bibbo M, Bagley DH (1997) Ureteroscopic treatment and surveillance of upper urinary tract transitional cell carcinoma. J Urol 157: 1560–1565 Keely FX Jr, Kulp DA, Bibbo M, McCue PA, Bagley DH (1997) Diagnostic accuracy of ureteroscopic biopsy in upper tract ransitional cell carcinoma. J Urol 157: 33–37 Kenney PJ. Stanley RJ (1987) Compute tomo graphy of ureteral tumors. J Comput Assist Tomogr 11: 102–107 Kerbl K, Clayman RV (1993) Incision of the ureterovesical junction for endoscopic surveillance of transitional cell cancer of the upper urinary tract. J Urol 150: 1140–1143 Khang CH, Yu TJ, Hsieh HH, Yang JW, Shu K, Huang CC, Chiang PH, Shiue YL (2003) The development of bladder tumors and contralateral upper urinary tract tumors after primary transitional cell carcinoma of the upper urainry tract. Cancer 98: 1620–1626 Khang CH, Yu TJ, Hsieh HH, Yang JW, Shu K, Shiue YL (2004) Synchronous bilateral primary transitional cell carcinoma of the upper
391 Literatur
urinary tracts. ten patients with more than five years of follow-up. Urology 63(2): 380–382 Kiemeney LA, Schoenberg M (1996) Familial transitional cell carcinoma. J Urol 156: 867–872 Kim YJ, Jeon SH, Huih JS, Chang SG (2004) Long-term follow-up of ureteral stump tumors after nephrectomy for benign renal disease. Eur Urol 46: 748–752 Kim CK, Lin JI, Tseng CH (1984) Small cell carcinoma of urinary bladder. Ultra structural study. Urology 24: 384 Kimball FN, Ferris HW (1934) Papillomatous tumor of the renal pelvis associated with similar tumors of the ureter and bladder. J Urol 31: 257 Kini U, Shariff S, Thomas JA (1991) Mixes mesodermal tumours of the ureter. J Surg Oncol 46: 208–210 Krogh P, Hald B, Plestina R, Geovic S (1977) Balkan nephropathy and foodborne ochratoxin A: preliminary results of a survey of foodstuffs. Acta Pathol Micobiol Scand 85: 238 Krogh J, Kvist E, Rye B (1991) Transitional cell carcinoma of the upper urinary tract: prognostic variables and post-operative recurrences. Br J Urol 67: 32–36 Kumon H, Tsugawa M, Matsumura Y, Ohmori H (1990) Endoscopic diagnosis and treatment of chronic unilateral hematuria of uncertain etiology. J Urol 143: 554–558 Kunin M, Goodwin WE (1990) The encases ureter: bullet and bodkin pattern, a reliable radiographic sign. Br J Urol 66: 471–474 Landmann-Kolbert C, Ruthishauser G, Dubach UC (1975) PhenacetinAbusus und Harnwegstumore. Urologe (A) 14: 75 Leisinger HJ, Deyhle P (1974) Eine neue Methode zur Endoskopie und retrograden Pyelogrpahie beim Ielumconduit. Urologe (A) 13: 267 Leistenschneider W, Nagel R (1979) Lavage – Zytologie bei pathologischen Veränderungen in Nierenbecken und Harnleiter. Aktuel Uol 10: 35 Leitenberger A, Beyer A, Altwein JE (1996) Organ sparing treatment for ureteral carcinoma. Eur Urol 29: 272 Li M, Cannizzaro A (1999) Hum Pathol 30: 1197–1200 Liatsikos EN, Dinlenc CZ, Kapoor RK, Smith AD (2001) Transitional cell carcinoma of the renal pelvis: ureteroscopic and percutaneous approach. J Endourol 15: 377–383 Logothetis CJ, Dexeus FH, Finn L et al. (1990) A prospective, randomized trial comparing MVAC and CISCA chemotherapy for patients with metastatic urothelial tumors. J Clin Oncol 8: 1050 Lucero SP, Wise HA, Kirsh G, Devoe K, Hess ML, Kandawalla N, Drago JR (1988) Ureteric obstruction secondary to endometriosis. Report of three cases with a review of the literature. Br J Urol 61: 201–204 Luciani L, Scappini P, Pusiol T, Piscioli F (1987) The role of aspiration cytology in the management of ureteral obstruction in patients with known cancer. Cancer 59: 1936–1946 Lynch CF, Cohen MB (1995) Urinary system. Cancer (Phila). 75: 316– 329 Lynch HT et al. (1979) Familial factors in bladder carcinoma. J Urol 122: 458 Lynch HT, Ens JA, Lynch JF (1990) The Lynch syndrome II and urological malignancies. J Urol 143: 24–28 MacAlpine JB (1947) Papillomatous discase of the renal pelvis. B r J Urol 35: 113 Maier U, Mertl G, Pummer K et al. (1990) Organ-preserving surgery in patient with urothelial tumors of the upper urinary tract. Eurol Urol 18: 197–200 Maier U, Mertl G, Pummer K, Höltl W, Tomschi W, Mrstik C, Flamm J, Petritsch P, Pum H, Riddabona M, Kaufmann F, Studler G, Dittel E, Donner G (1990) Organ-Preserving Surgery in Patients with
Urothelial Tumors of the Upper Urinary-Tract. Eur Urol 18: 197– 200 Malden LT, Raghavan D, Eisinger D, Pearson BS (1988) Cancer of the upper urothelial tract. In: Raghavan D, MB BS (eds) The management of bladder cancer. Edward Arnold, Sydney, no 16, pp 300–316 Markovic B (1972) Endemic nephritis and urinary tract ancer in Yugoslavia, Bulgaria and Rumania J Urol 107: 212 Marshall VF (1952) The reation of the preoperative estimate of the pathologic demonstration of the extent of vesical neoplasm. J Urol 68: 714 Martinez-Pineiro JA, Garcia Matres MJ, Martinez-Pineiro L (1996) Endourological treatment of upper tract urothelial carcinomas: analysis of a series of 59 tumors. J Urol 156: 377–385 Martinez-Pineiro JA, Garcia Matres J; Martinez-Pineiro L (1996) Endourological treatment of upper tract urothelial carcinomas: analysis of a series of 59 tumors. J Urol 156: 377–385 Matsui Y, Utsunomiya N, Ichioka K, Ueda N, Yoshimura K, Terai A, Arai Y (2005) Risk factors for subsequent development of bladder cancer after primary transitional cell carcinoma of the upper urinary tract. Urology 65: 279–283 Matsuoka K, Iida S, Tomiyasu K, Inoue M, Noda S (2003) Transurethral endoscopic treatment of upper urinary tract tumors using a holmium: YAG laser. Lasers Surg Med 32: 336–340 Matthew DR (1985) Ultrasonography of the lower genitorurinary tract. Urologic Clin North Am 12/4: 645–656 Maulard-Durdux C, Dufour B, Hennequin C, Chretien Y, Vignes B, Droz D et al. (1996) Postoperative radiation therapy in 26 patients with invasive transitional cell carcinoma of the upper urinary tract: no impact on survival? J Urol 155: 115 Mazeman E (1972) Les tumours de la voie excrétrice urinaire supérieur. J Urol Nephrol [Suppl] 78 Mazeman E (1976) Tumors of the upper urinary tract (clyces, renal pelvis and ureter): 1118 cases. Eur Urol 2: 120–129 Mazeman E, Gilliot P (1989) Vesocorenal reflux and intravesical chemotherapy. Prog Clin Biol Res 303: 517–522 McCollough D, Lughlin AP (1972) Sqamous cell carcinoma of the renal pelvis. Am J Surg 124: 416 McCarron JP, Chasko SB, Gray GF (1982) Systematic mapping of nephroureterectomy specimens removed for urothelial cancer: pathologic findings and clinical correlations. J Urol 128: 243 McCredie M, Ford JM, Taylor JS, Stewart JS (1982) Analgesics and cancer of the renal pelvis in New South Wales. Cancer 49: 2617– 2625 McDonald HP, Ppchurch WE, Sturdevant CE (1952) Nephro-ureterectomy: a new technique. J Urol 67: 804 McDonald JR, Priestley JT (1994) Carcinoma of the renal pelvis. Histopahologic study of 75 cases with special reference to prognosis. J Urol 51: 245 McLaughlin JK, Silverman DT, Hsing AW, Ross RK, Schoenberg JB, Yu MC, Stemhagen A, Lynch CF, Blot WF, Fraumeni JF (1992) Cigarette smoking and cancers of the renal pelvis and ureter. Cancer Res 52: 524–257 McNeill A, Oakley N, Tolley DA, Gill SI (2004) Laparoskopc nephroureterectomy for upper tract transitional cell carcinoma: a critical appraisal. BJU Int 94: 259–263 Melicow MM, Hollowell JW (1952) Intraurothelial cancer: carcinoma in situ. Bowens disease of the urinary system: discussion of thirty cases. J Urol 68: 763 Milan-Rodriguez F, Chechile-Toniolo G, Salvador-Bayarri J, HuguetPerez J, Vicente-Rodriguez J (2000) Upper urinary tract tumors after primary superficial bladder tmors: prognostic factors and risk groups. J Urol 164: 1183
22
392
22
Kapitel 22 · Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom
Milestone B, Friedmann AC, Seidmon EJ, Radecke PD, Lev-Toaff AS, Caroline DF (1990) Staging of ureteral transitional cell carcinoma by CT and MRI. Urology 36/4: 346–349 Miyakawa A, Tachibana M, Nakashima J, Deguchi N, Baba S, Tazaki H (1994) Flow cytometric bromodeoxyuridine/deoxyribonucleic acid bivarate analysis for predicting tumor invasiveness of upper urinary tract urothelial cancer. J Urol 152: 76–80 Miyata Y, Kanda S, Nomata K. Hayashida Y, Kanetake H (2004) Expression of metalloproteinase-2, metalloproteinase-9, and tissue inhibitor of metalloproteinase-1 in transitional cell carcinoma of upper urinary tract: Correlation with tumor stage and survival. Urology 63: 602–608 Mufti GR, Gove JR, Badenoch DF et al. (1989) Transitional cell carcinoma of the renal pelvis and ureter. Br J Urol 63: 135–140 Mulkens TH, Vereycken JA, Van Nueten JC, Govaerts GC, De Schepper AM, Van Camp KO, Van Marck EA (1990) Bilateral ureteral inverted papillomas in association with bladder carcinoma: a case report and review of the literature. Urol Radiol 12: 154–156 Murphy DM, Zincke H, Furlow WL (1981) Management of high grade transitional cell cancer of the upper urinary tract. J Urol 125: 25–29 Murphy WM, Von Buedingen RP, Poley RW (1974) Primary carcinoma in situ of renal pelvis an ureter. Cancer 34: 1126 Nagel R, Bargenda B (1967) Primäre Nierenbeckentumoren. Urologe (A) 6: 74 Naib ZM, Powder JR, Young JD (1963) Cytologcial diagnosis of an early, grossly invisible transitional cell carcinoma of the renal pelvis. J Urol 89: 866 Nakanishi K, Kawai T, Aida S, Kasamatsu H, Aurues T, Ikeda T (2001) Expression of p27 (Kip1)protein in transitional cell carcinoma of the upper urinary tract. Mod Pathol 14(5): 371–376 Nakanishi K, Tominaga S, Kawai T, Torikata C, Aurues T, Ikeda T (1998) Expression of bcl-2 oncoprotein in transitional cell carcinoma of the upper urinary tract. Virchows Arch 432(5): 445–450 Nakanishi K, Kawai T, Torikata C (1996) Immunohistochemical evaluation of p53 oncoprotein in transitional cell carcinoma of the upper urinary tract. Hum Pathol 27(12): 1136–1140 Nakanishi K, Kawai T, Torikata C, Aurues T, Ikeda T (1997) E-cadherin expression in upper-urinary-tract carcinoma. Int J Cancer 74(4): 446–449 Nakanishi K, Hiroi S, Tominaga S, Aida S, Kasamatsu H, Matsuyama S, Masuyama T, Kawai T (2005) Expression of hypoxia-inducible factor-1alpha protein predicts survival in patients with transitional cell carcinoma of the upper urinary tract. Clin Cancer Res 11(7): 2583–2590 Narumi Y, Sato Tadayuki, Hori S et al. (1989) Sqamous cell carcinoma of the uroepithelium: CT evaluation. Radiology 173: 853–856 Naumann HN, Sabatini SA (1953) Cholestaetoma of kidney simulating sqamous cell carcinoma. J Urol 69: 467 Nemoto R, Hattori K, Sasaki A, Miyanaga N, Koiso K, Harada M (1989) Estimations of the S phase fraction in situ in transitional cell carcinoma of the renal pelvis and ureter with bromodeoxy-uridine labelling. Br J Urol 64: 339–344 Netto NR, Almeida Claro JF (1990) Ct scanning in the diagnosis of pevicalyceal filling defects. Arch Exp Urol 43/6: 683–685 Nolte-Ernsting CCA, Tacke J, Adam GB et al. (2001) Diuretic-enhanced gadolinium excretory MR urography: comparison of conventional gradient-echo sequences and echo-planar imaging. Eur Radiol 11: 18–27 Nonomura N, Ono Y, Nozawa M, Fukui T, Harada Y, Nishimura K, Takaha N, Takahara S,. Okuyama A (2000) Bacillus Calmette-Guerin perfusion therapy for the treatment of transitional cell carcinoma in situ of the upper urinary tract. Eur Urol 38 (6): 701–704
Ochsner MG, Brannan W, Pond HS, Collins HT (1974) Transitional cell carcinoma of the renal pevis und ureter. Urology 4: 392–396 Okubo K, Ichioka K, Terada N, Matsuta Y, Yoshimura K, Arai Y (2001) Intrarenal bacillus Calmette-Guerin therapy for carcinoma in situ of the upper urinary tract: long-term follow-up and natural course in cases of failure. BJU Int 88(4): 343–347 Oldbring J, Hellstein S, Lindholm K, Mikulowski P, Tribukait B (1989) Flow DNA analysis in the chararacterization of carcinoma of the renal pelvis and ureter. Cancer 64: 2141–2145 Orihuela E, Smith AD (1988) Percutaneous treatment of transitional cell carcinoma of the upper urinary tract. Endourology update. Uol Clin North Am 15: 425–431 Palou J, Rodriguez-Rubio F. Huguet J, Segarra J, Ribal MJ, Alcaraz A, Villavicencio H (2005) Multivariate analysis of clinical parameters of synchronus primary superficial bladder cancer and upper urinary tract tumor. J Urol 174: 859–861 Park S, Hong B, Kim CS, Ahn H (2004) The impact of tumor location on prognosis of transitional cell carcinoma of the upper urinary tract. J Urol 171: 621–625 Parker MD, Rebsamen S, Clark RL (1989) Muliple ureteral diverticula: a possible radio graphically demonstrable risk factor in development of transitional cell carcinoma. Urol Radiol 11: 45–48 Patel A, Soonawalla P, Shepherd SF et al. (1996) Long-term outcome aftger percutaneous treatment of transitional cell carcinoma of the renal pelvis. J urol 155: 868–874 Patel A, Fuchs GJ (1998) New techniques for the administration of topical adjuvant therapy after endoscopic ablation of uppe urinary tract transitional cell carcinoma. J urol 159: 71–75 Patel A, Soonawalla P, Shepherd FS, Dearnaley DP, Kellett MJ, Woodhouse CRJ (1996) Long-termin outcome after percutaneous treatment of transitional cell carcinoma of the renal pelvis. J Urol 155: 868–874 Pecqueux JC, Schwarz A, Dieckmann KP, Offermann G (1990) Cancer incidence in patients on chronic dialysis and in renal transport recipients. Urol Int 45: 290–292 Pedersen E (1969) The incidence of cancer in Norway. 1964–1966. Oslo. Norway. The Norwegian Cancer Society Peltomaki P, Vasen HF (1997) Mutations predisposing to hereditary nonpolyposis colorectal cancer: database and results of a collaborative study. The International Collaborative Group on Hereditary Nonpolyposis Colorectal Cancer: Gastroenterology 113: 1146–1158 Petersen I, Ohgaki H, Ludeke BI, Kleihues P (1993) p53 mutations in phenacitin associated human urothelial carcinomas. Carcinogenesis 14: 2119–2122 Petkovic S, Mutavdzic M, Petronic VL, Markovic V (1971) Tumors of the renal pelvis ureter: clinical and etiologic studies. J Urol Nephrol 77: 429 Petterson S, Aamot P, Brynger N, Johansson S, Nilson AE, Ranch T (1981) Extracorporal renal surgery, autotransplantation and calicovesicostomy for renal pelvic an ureteric tumors. Scand J Urol Nephrol [Suppl] 60: 33–35 Planz B, George R, Adam G, Jakse G, Planz K (1996) Computed tomography for detection and staging of transitional cell carcinoma of the upper urinary tract. Eur Urol im Druck Plavio DHB, Andersen JC, Falk E (1987) Transitional cell tumors of the renal pelvis and ureter associated with capillosclerosis indicating analgesic abuse. Cancer 59: 972–976 Porpaczy P (1979) Ursachen und Folgen langjähriger Einnahme phenacetinhaltiger Angalgetika aus der Sicht des Urologen. Wien Klein Wochenschr [Suppl] 91: 104 Rabinowitz JG et al. (1972) Renal pelvic carcinoma. Radiology 102: 551
393 Literatur
Ranch T, Granerus G, Henriksson C, Pettersson S (1989) Renal function after autotransplantation with direct pyelocystostomy. Long-term follow-up. Br J Urol 63: 233–238 Rassweiler JJ, Schulze M, Marrero R, Frede T, Redorta JP, Bassi PF (2004) Lapaorcopic nephroureterectomy for upper urinary tract transitional cell carcinoma: is it better than open surgery? Eur Urol 46: 690–697 Rathert P, Melchior H, Lutzeyer W (1975 Penaceton: a carcinogen for the urinary tract. J urol 113: 653 Recloux P, Weiser M, Piccart M, Sculier JP (1988) Ureteral obstruction in patients with breast cancer. Cancer 61: 1904–1907 Reitelmann C, Sawczuk IS, Olsson CA, Puchner PJ, Benson MC (1987) Prognostic variables in patients with transitional cell carcinoma of the renal pelvis and proximal ureter. J Urol 138: 1144– 1145 Resseguie JL, Nobrega G, Farrow GM, Timmons JW, Worobec TG (1978) Epidemiology of renal and ureteral cancer in Rochester. Minnesota, 1950–1974 with special reference to clinical and pathologic features. Mayo Clinic Proc 5: 503–510 Riches EW (1964) Tumours of the kidney and ureter. Churchill Livingstone, Edingburgh Richmond HG, Robb WAT (1967) Adenocarcinoma of the ureter secondary to ureteritis cystica. Br J Urol 39: 359 Röckelein G, Sebeikat D, Hecken-Emmel M (1989) Primäres Chondrosarkom des Ureters. Dtsch Med Wochenschr 49: 1868–1871 Roll WA (1960) Cystitis glandularis as a cause of hydronephrosis. J Urol 84: 76 Ross RK, Paganini-Hill A, Landolph J, Gerkins V, Henderson BE (1989) Analgesics, cigarette smoking, an other risk factgors for cancer of the renal pelvis und ureter. Cancer Res 49: 1045–1048 Rosvanis TH, Rohner TJ, Abt AB (1989) Transitional cell carcinoma in an ileal conuit. Cancer 63: 1233–1236 Salvador-Bayarri J, Rodriguez-Villamil L, Imperatore V, Redorta JP, Villavicenciop-Mavrich H, Vicente-Rodriguez J (2002) Bladder neoplasms after nephrotureterectomy: does the surgery of the lower ureter, transurethral resection or open surgery, influence the evolution? Eur Urol 41: 30–33 Sanders RC (1975) Renal ultrasound. Radiol Clin North Am 13: 417 Sarnacki CT et al. (1971) urinary cytology and the clinical diagnosis of urinary tract malignancy. A clinicopathologic study of 1400 patients. J Urol 106: 761 Say CC, Hori JM (1974) Transitional cell carcinoma of the renal pelvis. J Urol 112: 438 Scher HI, Yagoda A, Herr HW et al. (1987) Neoadjuvant M-Vac (methotrexate, vinblastine, doxorubicin and cisplatin) for extravesical urinary tract tumors. J Urol 139: 475–477 Schilling A, B öwerung R, Keiditsch E (1986) Use of the neodymiumYAG laser in the treatment of ureteral tumors and urethral condylomata acuminate. Eur Urol 12 [Suppl] 1: 30–33 Schmeller NT, Hofstetter AG (1989) Laser treatment of ureteral tumors. J Urol 141: 840–843 Schultz RE, Boyle DE (1988) Inverted papilloma of the upper urinary tract. Urology 28: 58–61 Scott WW, Boyd HL (1955) A study of the carcinogenic effect of betanaphthylamine on the normal and substituted isolated simoid loop bladder of dogs. J Urol 70: 6 Sekine H, Fukui I, Yamada T, Kihara K, Ishizaka K, Ohshima H (1991) Clinicopathological study of upper urinary tract tumors associated with bladder tumors. Eur Urol 19: 19–23 Sharma NK, Nicol A, Powell CS (1994) Tract infiltration following percutaneous resection of renal pelvic transitional cell carcinoma. Br J urol 73: 597–598
Sharpe JR, Duffy G, Chin JL (1993) Intrarenal bacillus Calmette-Guerin therapy for upper urinary tract carcinoma in situ. J Urol 149 (3): 459–460 Sheline M, Amendola MA, Pollack HM, Banner MP, de las Morenas W, Wein AJ (1989) Fluoroscopically guided retrograde brush biopsy in the diagnosis of transitional cell carcinoma of the upper urinary tract: results in 45 paitents: AJR 153: 313–316 Shiina H, Igawa M, Nagami H, Yagi H, Urakami S, Yoneda T, Shirakawa H, Ishibe T, Kawanishi M (1996) Immunohistochemical analysis of proliferating cell nuclear antigen, p53 protein and nm23 protein, and nucklear DNA content in transitional cell carcinoma of the bladder. 78(8): 1762–1764 Shinka T, Uekado Y, Aoshi H, Hirano A, Ohkawa T (1988) Occurrence of uroepithelial tumors of the upper urinary tract after the initial diagnosis of bladder cancer. J Urol 140: 745–748 Sijmons RH, Kiemeney LA, Witjes JA, Vasen HF (1998) Urinary tract cancer and hereditary nonpolyposis colorectal cancer: risks and screening options. J Urol 160: 466–470 Skeet RG (1976) Epidemiology of urogenital tumors. I: Williams DI, Chisholm GD (eds) Scientific foundations of urology, vol. 2 Heinemann, London Skinner DG (1978) Technique of nephroureterectomy with regional lymph node dissection. Urol Clin North Am 5: 253 Skolarikos A, Griffiths TRL, Powell PH, Thomas DJ, Neal DE, Kelly JD (2003) Cytologic analysis of ureteral washings is informative in patients with grade 2 upper tract TCC considering endoscopic treatment. Urology 61: 1146–1150 Smith AD, Orohuela E, Crowley AR (1987) Percutaneous management of renal pelvic tumors: a treatment option in selected cases. J Urol 137: 852–856 Smithb AY, Vitale PJ, Lowe BA, Woodside JR (1987) Treatment of superficial papillary transitional cell carcinoma of the ureter by vesicoureteral reflux of mitomycin C. J Urol 138: 1231–1233 Soloway MS, Myers GH, Burdick JF, Malmgren RA (1972) Ileal conduit exfoliative cytology in the diagnosis of recurrent cancer. J Urol 107: 835–839 Solsona E, Iborra I, Ricos JV, Dumont R, Casanova JL, Calabuig C (1997) Upper urinary tract involvement in patients with bladder carcinoma in situ (Tis): its impact on management. Urology 49: 347 Sorahan T, Sole G (1990) Coarse fishing and urothelial cancer: a regional case-control study. Br J Cancer 62: 138–141 Steffens J, Nagel R (1988) Tumours of the renal pelvis and ureter observations in 170 patients. Br J Urol 61: 277–283 Stemmermann GN, Yoshizawa CN, Nomura AMY, Kolonel LN (1990) Urothelial cancer in white and Japanese patients in Hawai: pathology. J urol 144: 44–46 Stewart GD, Bariol SV, Grigor KM Tolley DA, McNeill SA (2005) A comparison of the pathology of transitional cell carcinoma of the bladder and upper urinary tract. BJ Int 95: 791–793 Stillwell TJ (1986) Endometriosis of ureter. Urology 28: 81–85 Storey BG, Mahony JF, Stewaart JH (1977) Carcinoma of the upper urinary tract associated with analgesic nephropathy. Br J Urol 49: 242 Stower MJ, JacIver AG, Gingell JC, Clarke E (1990) Inverted papilloma of the ureter with malignant change. Br J Urol 65: 13–16 Stragier M et al. (1980) Pimary carcinoma in situ of renal pelvis and ureter. Br J Urol 52: 401 Streem SB (1995) Percutaneous management of upper-tract transitional cell carcinoma. UJrol Clin North Am 22/1: 221 Strong DW, Pearse HD (1976) Recurrent urothelial tumors following surgery for transitional cell carcinoma of the upper urinary tract. Cancer 38: 2178
22
394
22
Kapitel 22 · Nierenbecken- und Harnleiterkarzinom
Strong DW, Pearse HD, Tank ES, Hodges CV (1976) The ureteral stump after nephroureterectomy. J Urol 115: 654 Studer UE, Casanova G, Kraft R, Zingg EJ (1989a) Percutaneous Bacillus Calmette-Guerin perfuision of the upper urinary tract for carcinoma in situ. J Urol 142: 975 Studer UE, Casanova G, Kraft R, Zingg EJ (1989b) Percutaneous BCG perfusion of the upper urinary tract for carcinoma in situ. EORTC GU Group Monograph 6: 207–212 Subramanyam BF, Raghavendra BN, Madamba MR (1982) Renal transitional-cell carcinoma: sonographic and pathologic correlation. J Clin Ultrasound 10: 203–210 Takebayashi S, Hosaka M, Kubota Y et al. (2000) Computerised tomogrpahic ureteroscopy for diagnosing ureteral tumours. J Urol 163: 42–46 Takahashi T, Kakehi Y, Mitsumori K, Akao T, Terachi T, Kato T, Ogawa O, Habuchi T (2001) J Urol 165: 672–677 Tasca A, Zattoni F (1990) The case for a percutaneous approach to transitional cell carcinoma of the renal pelvis. J Urol 143: 902–905 Taylor SJ (1972) Analgesics and carcinoma of the kidney. Br J Urol 44: 126 Terrell RB, Cheville JC, See WA, Cohen MB (1995) Histopathological features and p53 nuclear protein staining as predictors of survival and tumor recurrence in patients with transitional cell carcinoma of the renal pelvis. J Urol 154(4): 1348–1350 Thalmann GN, Markwalder R, Walter B, Stuider UE (2002) Long-term experience with Bacillus Calmette-Guerin therapy of upper urinary tract transitional cell carcinoma in patients not eligible for surgery. J Urol 168: 1381–1385 Theodorakis J, Klammert R, Kriegmair M (1994) Laserkoagulationsbehandlung von Urotheltumoren des oberen Urogenitaltrakts mit dem Nd: -YAG Laser. Urologe [A] 33: 303–307 Tomera KM, Leary FJ, Zincke H (1982) Pyeloscopy in urothelial tumors. J Urol 127: 1088 Trattner HR (1948) Instrumental visualization of the renal pelvis and its communications. J Urol 60: 817 Union Inernational Contre le Cancer (1978) TNM-classification of malignant tumors, 5rd. edn. Harmer MH (ed) Union International Contre le Cancer, Geneva Ubrig B, Boening M, Waldner M, Roth S (2004) Transurethral approach to the distal ureter in nephroureterectomy: transurethral extraction vs. »Pluck« technique with long-term follow-up. Eur Urol 46: 741–747 Utz DC, McDonald JR (1957) Squamous cell carcinoma of the kidney. J Urol 78: 540 Vuori J, Alfthan O, Oravisto KJ, Mäkinen J (1977) Carcinoma in situ of the renal pelvis. Scand J urol Nephrol 11: 85 Wagle DC, Moore RH, Murphy GP (1974) Squamous cell carcinoma of the renal pelvis. J Urol 111: 453 Wallace DMA, Wallace DM, Whitfield HN, Hendry WF, Wickham JEA (1981) The late results of conservative surgery for upper tract urothelial carcinomas. Br J Urol 53: 537–541 Wallace FJ (1963) Fiberoptiv endoscopy. J Urol 90: 324 Walsh IK, Keane PF, Ishak LM, Flessland KA (2001) The BTA stat TEST: A tumor marker for the detection of upper tract transitional cell carcinoma. Urology 58: 532–535 Walzer Y, Soloway MS (1983) Should the follow-up of patients with bladder cancer include routine excretory urography? J Urol 130:672 Ward AM (1971) Glandular neoplasia within the urinary tract. The aetiology of adenocarcinoma of the urothelium with a review of the litgerature. Virchows Arch Pathol Anat 352: 296
William BC, Mitchell JP (1973) Carcinoma of the renal pelvis: a review of 43 cases. Br J Urol 45: 370–376 Woodhouse CRJ, Kellet MJ, Bloom HJG (1996) Percutaneous management of renal surgery and local radiotherapy in the management of renal pelvic transitional cell carcinoma. Br J urol 58: 245–249 World Health Organization (1973) Histological typing of urinary bladder tumours. Mostofi FK, Sobin LH, Torlone H (eds). Word Health Organization, Geneva Wu WJ, Liu LT, Huang CN et al. (2000) The clinical implications of telomerase activity in upper tract urothelial cancer and washings. BJU Int 86: 213 Yousem DM, Gatewood OMB, Goldman SM, Marshall FF (1988) Synchronous und metachronous transitional cell carcinoma of the urinary tract: pevlance, incidence, and radiographic detection. Radiology 167: 613–618 Ziegelbaum M, Novick AC, Streem SB et al. (1987) Conservative surgery for transitional cell carcinoma of the renal pelvis. J Urol 138: 1146–1149 Zincke H et al. (1976) Significance of urinary cytology in the early detection of transitional cell cancer of the upper urinary tract. J Urol 116: 871–874 Zincke H. Garbeff PJ, Beahrs JR (1984) Upper urinary tract transitional cell carcinoma after radical cystectomy for bladder cancer. J Urol 131–50–52 Zungri E, Chéchile G, Algabe F, Diaz I, Vilá F, Castro C (1990) Treatment of transitional cell carcinoma of the ureter: is the controversy justified? Eur Urol 17: 276–280
23 Harnblasenkarzinom F. vom Dorp, A. Eisenhardt, P.J. Goebell, J. Gschwend, T. Jäger, G. Jakse, D. Jocham, A. Karl, S. Krege, G. Lümmen, T. Otto, A. Rettenmeier, C. Rödel, H. Rübben, M. Schenck, K.W. Schmid, C. Stief, M. Stöckle, D. Zaak
23.1 Epidemiologie und Risikofaktoren – 395 23.2 Onkologische Kennzeichen (Definition von Tumorentitäten) – 400 23.3 Diagnostik des Harnblasenkarzinoms – 405 23.4 Therapie des oberflächlichen Urothelkarzinoms der Harnblase (Ta/T1 N0 M0)
– 412
23.5 Therapie des Carcinoma in situ der Harnblase – 421 23.6 Therapie des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase (T2–4 NX M0)
– 430
23.7 Therapie des metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase – 444 23.8 Seltene Tumoren der Harnblase – 452 23.9 Nachsorge des nichtinvasiven und des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase – 459
23.1
Epidemiologie und Risikofaktoren
T. Jäger, A. Rettenmeier, H. Rübben Das Harnblasenkarzinom zählt zu den häufigsten malignen Tumorerkrankungen weltweit. Verschiedene Untersuchungen belegen die Altersabhängigkeit und das tendenziell höhere Erkrankungsrisiko für das männliche Geschlecht. Noch immer sterben jährlich weltweit über 130.000 Menschen an diesem Tumor. Neben einer genetischen Disposition ist eine Reihe von karzinogenen Substanzen identifiziert. An erster Stelle der karzinogenen Noxen steht der Zigarettenrauch, aber auch Personen mit beruflich bedingter Exposition gegenüber verschiedenen Substanzen haben ein erhöhtes Risiko, an einem Harnblasenkarzinom zu erkranken. Hierunter fallen aromatische Amine, deren karzinogenes Potenzial eindeutig belegt ist. Daher ist das Harnblasenkarzinom für bestimmte Berufe als Berufserkrankung anerkannt. Chronisch entzündliche Veränderungen der ableitenden Harnwege können ebenfalls zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko führen, genauso wie eine medizinisch erforderliche Therapie: So sind der langjährige Phenacetin-Gebrauch, aber auch der Einsatz einer Strahlentherapie mit einem erhöhten Tumorrisiko vergesellschaftet.
Aufgrund der regional variierenden Belastung des Trinkwassers durch chlorierte Nebenprodukte, aber auch Giftstoffe wie Arsen, ist eine Beteiligung bei der Harnblasenkarzinomentstehung nicht ausgeschlossen. Andere in Verdacht gekommene Nahrungsmittel wie Kaffee oder künstliche Süßstoffe induzieren das Wachstum maligner Blasentumoren hingegen nicht, nach dem Deutschen Reinheitsgebot gebrautes Bier ebenfalls nicht. Es wird davon ausgegangen, dass 50% der durch ein Harnblasenkarzinom verursachten Todesfälle bei Männern und 25% bei Frauen – das sind in Deutschland ca. 2700 Fälle pro Jahr – vermeidbar wären (Becker et al. 1997).
23.1.1 Epidemiologie
Das Harnblasenkarzinom ist häufig Die Inzidenz von Blasenkrebs variiert weltweit stark mit den höchsten Erkrankungsraten in hoch entwickelten Ländern. Die weltweit standardisierte Inzidenz beträgt derzeit 10,1 pro 100.000 Personen für Männer und 2,5 pro 100.000 Personen für Frauen (Ferlay et al. 2004). In Deutschland erkranken jährlich über 29.000 Menschen an Harnblasenkrebs (geschätzte Zahl des RobertKoch-Institutes für 2004). Etwa 4000 Personen hiervon sterben pro Jahr an der Erkrankung, weltweit waren dies
laut WHO im Jahr 2000 über 132.000 Personen. Die Prävalenz innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraums beträgt weltweit rund 1 Mio. Menschen (Parkin et al. 2001). Männer sind mehr als doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 71 Jahren für Männer und bei 74 Jahren für Frauen (Robert-Koch-Institut 2008), wobei neuere Untersuchungen gezeigt haben, dass Frauen, bedingt durch eine spätere Diagnosestellung, eine schlechtere Prognose aufweisen (Micheli et al. 1998; Coleman et al. 1999; Ries et al. 1999).
trägt, während diese Zahl bei unter 65-Jährigen lediglich bei 6,4 liegt (Ries et al. 2000; Pashos et al. 2002).
Das Harnblasenkarzinom ist eine schwerwiegende Erkrankung Der jährliche Verlust an Lebensjahren, verursacht durch Harnblasenkarzinome, beträgt in Deutschland 64.700 Lebensjahre, wobei 41.800 Lebensjahre auf Männer und 22.900 Lebensjahre auf Frauen entfallen ( Abb. 23.2). Wfsmvtu!bo!Mfcfotfsxbsuvoh Qsp{fou
Das Harnblasenkarzinom ist altersabhängig Vor dem 40. Lebensjahr werden Harnblasenkarzinome nur selten beobachtet. Ab dem 50. Lebensjahr nimmt die Erkrankungshäufigkeit sprunghaft zu. So beträgt die Inzidenz in Deutschland für Männer im Alter von 50–54 Jahren 2,8 Fälle pro 100.000 und steigt bei der Gruppe der über 80-Jährigen auf über 110 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Bei Frauen liegen die Erkrankungszahlen für die selben Altersgruppen bei 1,0 bzw. 31 pro 100.000 Einwohner (Epidemiologie von Krebserkrankungen 2004– 2006) ( Abb. 23.1). Erhebungen auf dem amerikanischen Kontinent zeigten, dass die Inzidenz bei über 65-jährigen Personen insgesamt 111 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner be-
211
G
G N
86 N
G
61
G N
N Nåoofs Gsbvfo Nåoofs Gsbvfo
36
2:71
N Tbbsmboe G N EES G
µ76
µ81
G N
µ86
G N
G N G
G N
N
µ91 µ96 µ:1 Ejbhoptf{fjusbvn
Abb. 23.2. Verlust an Lebensjahren durch Blasentumorerkrankungen. (Quelle: Robert-Koch-Institut)
9,0
300
8,0
250
(2001-2003)
7,0
6,0
5,0
200
150 4,0
100
3,0
Fälle/100 000
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Standardisierte Mortalitätsrate
396
2,0
1,0
50
0 0
0,0 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 Kalenderjahr West
a
West
Ost Männer Frauen
25 Alter (Jahre)
75
100
Ost Männer Frauen
Männer Frauen
50
Männer Frauen
b
Abb. 23.1a, b. Mortalität (a) und Inzidenz (b) bezogen auf das Harnblasenkarzinom in Deutschland. (Quelle: Krebsatlas der Bundesrepublik Deutschland, aktualisierte Internetfassung des Deutschen Krebsforschungsinstitutes)
397 23.1 · Epidemiologie und Risikofaktoren
23.1.2 Ätiologie und Risikofaktoren
Ätiologisch ist das Harnblasenkarzinom gut untersucht. Die Suche nach Risikofaktoren dient der Identifizierung tumorverursachender Substanzen (Karzinogene). Die Identifizierung der Karzinogene ermöglicht einen präventiven Ansatz und eine günstige Beeinflussung berufsbedingt gefährdeter Personengruppen. Der ersten Mitteilung in 1895 von Ludwig Rehn über ein erhöhtes Blasentumorrisiko bei Arbeitern in der Farbindustrie, die berufsbedingt Umgang mit Fuchsin hatten, folgten bis heute zahlreiche Publikationen zur chemischen Karzinogenese bei Ratten und Mäusen (Babaya et al. 1987; Irving et al. 1984; Ito 1984; 1988; Linn u. Rübben 1995; Shibata Ma et al. 1989). Erschwert wird die Identifikation der Karzinogenese durch das lange Zeitintervall zwischen Exposition und Auftreten des manifesten Karzinoms, das im Mittel 24 Jahre beträgt. Wegen wahrscheinlich anderer Lebensumstände erkranken weiße Amerikaner mit einer Inzidenz von 18, für schwarze beträgt diese 9, während Amerikaner indianischer Abstammung nur mit einer Inzidenz von 2,6 erkranken (Ries et al. 2000; Pashos et al. 2002). Die Karzinogene wirken auf das gesamte Urothel. Abb. 23.3 zeigt eine Korrelation zwischen urothelialer Oberfläche und der Häufigkeit eines Urothelkarzinoms. Im Grundsatz treten Urothelkarzinome in den gesamten ableitenden Harnwegen zufällig, d. h. gleichmäßig verteilt auf. Die Auflösung dieses vermeintlichen Widerspruchs zur Beobachtung, dass die meisten Urothelkarzinome Blasenkarzinome sind, erklärt sich durch die Verteilung der urothelialen Oberfläche: Etwa 4% finden sich im Nierenbecken, 3% im Harnleiter und 93% in der Harnblase. Es gibt jedoch bemerkenswerte Ausnahmen. Besteht neben der allgemeinen Karzinogenexposition zusätzlich oder auch allein eine lokale Schädigung des Urothels, kommt es zu einer überproportionalen Häufung von Urothelkarzinomen, z. B. bei der Phenacetinniere oder der Balkannephropathie im Nierenbecken oder bei der Bilharziose, bei Dauerkatheterträgern oder einer Cyclophosphamidzystitis in der Harnblase ( Abb. 23.4). Eine zweite wichtige Ausnahme bezieht sich auf die Transportkapazität der Harnwege. Eine Störung der Urodynamik, z. B. eine Harnleiterobstruktion, führt zu einer verlängerten Verweildauer des Urins und mit diesem des Karzinogens. Dies gibt dem zunächst inaktiven Karzinogen die Möglichkeit, vollständig zu metabolisieren, und den karzinogenaktiven Metaboliten Zeit, lokal wirksam zu werden. Experimentell konnte gezeigt werden, dass dilatierte obere Harnwege in gleicher Häufigkeit Karzinome unter chemischer Karzinogenexposition ausbilden wie die Harnblase selbst.
Abb. 23.3. Häufigkeit der Urothelkarzinome in Korrelation zur urothelialen Oberfläche
Abb. 23.4. Zusätzlicher Einfluss lokal wirksamer Noxen auf die durch aromatische Amine oder Nitrosamine bedingte Karzinogenese
Eine andere wichtige Erkenntnis ist der experimentelle Nachweis, dass Karzinogene, die üblicherweise als urothelspezifisch galten, offensichtlich in vielen Organen Karzinome induzieren können. So treten unter chemischer Karzinogenexposition nach Harnleiterdarmimplantation Karzinome in ähnlicher Häufigkeit und Geschwindigkeit auf wie in einer unausgeschalteten Harnblase (Deutz et al. 1988). In der ausgeschalteten Harnblase entwickeln sich keine Karzinome ( Abb. 23.5). Diese Beobachtungen sind von Bedeutung in der Nachsorge von Patienten mit Urothelkarzinomen; sie erfordern auch eine Kontrolle der modernen Harnableitungssysteme mit Speicherfunktion wie Neoblasen, Ileozäkalpouch und Ureterosigmoideostomie.
23
398
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
23
Abb. 23.5. Einfluss der Harnstauung auf die Häufigkeitsverteilung der Urothelkarzinome im Harntrakt und Nachweis der fehlenden »Urothelspezifität« der mit dem Urin transportierten Karzinogene. Diese führen im Darm und in der Harnleiterdarmimplantation unter einer chemischen Karzinogenese mit N-Butyl-N-4-hydroxy-butyl-nitrosamin (BBN) in einem hohen Prozentsatz (43%) zu Adenokarzinomen
Aromatische Amine Der erste experimentelle Beweis, dass aromatische Amine Blasentumoren verursachen, wurde von Hueper et al. bereits 1938 erbracht; nach Fütterung von 2-Naphthylamin an Hunde entwickelten sich Transitionalzelltumoren der Harnblase. Dieses Ergebnis veranlasste die chemische Industrie vor allem in Großbritannien, epidemiologische Studien durchzuführen. Zahlreiche Substanzen wie 2-Naphthylamin, Auramin, Fuchsin oder Benzidin wurden als karzinogen identifiziert; Intensität und Dauer ihrer Exposition korrelieren positiv mit dem Erkrankungsrisiko. Nicht nachgewiesen werden konnte ein Karzinomrisiko bei der Herstellung oder Verwendung von Anilin (Case u. Pearson 1954). Konsekutiv erfolgte in den nächsten Jahren das Verbot der angeschuldigten Agenzien (Ohkawa et al. 1982).
Für den Menschen gesicherte Blasenkarzinogene aus der Gruppe der aromatischen Amine (Vineis et al. 1997)
2-Naphthylamin
Benzidin
4-Aminobiphenyl
Dichlorbenzidin
Orthodianisidin
Phenacetin
Chlornaphazin
Cyclophosphamid 44-Methylen-2-chloranilin Auramin Magenta Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
Diese Blasenkarzinogene werden über Gastrointestinaltrakt, Lunge und Haut aufgenommen. So konnte z. B. eine 7-mal höhere Blasentumorinzidenz nach Exposition von 2-Naphtylamin im Vergleich zu nichtexponierten Personen belegt werden (Schulte et al. 1986). Eine Untersuchung aus den 1950-er Jahren an in der Gummiindustrie tätigen britischen Arbeitern erbrachte den Nachweis eines 200-fach erhöhten Harnblasenkarzinomrisikos. Dies wurde ebenfalls auf den in diesem Industriezweig erfolgten Einsatz von 2-Naphthylamin zurückgeführt (Case et al. 1954). Von Interesse sind Azofarbstoffe, die unter Bakterieneinwirkung so gespalten werden, dass Benzidin freigesetzt wird. Dies ist einer der Gründe für die hohe Inzidenz von Blasentumoren bei den japanischen Kimonomalern, die ihre Pinsel ablecken und somit Azofarbstoffe enteral aufnehmen. Ein weiterer Risikofaktor ist Acrylnitrit in der Kunststoffindustrie (Collins u. Acquavella 1998). Insgesamt geht man heute davon aus, dass etwa 25% der Harnblasenkarzinome durch beruflich bedingten Kontakt zu karzinogen wirksamen Substanzen hervorgerufen werden (Johansson et al. 1997; Sadetzki et al. 2000; Zheng et al. 1992).
Versorgungsrechtliche Aspekte Um betroffenen Patienten die Anerkennung einer berufsbedingten Karzinominduktion zu ermöglichen, ist eine diesbezügliche Anamnese notwendig sowie bei berechtigtem Verdacht die Meldung an die Berufsgenossenschaft verpflichtend. Trotz strenger Kontrolle des Arbeitsplatzes muss man auch heute beruflich induzierte Blasentumoren erwarten. Offensichtlich sind nicht alle Karzinogene bekannt, oder ihre Exposition ist nicht gänzlich unterbunden; ein Grund ist die Latenzzeit zwischen der Einwirkung der Noxe und der Entwicklung eines Karzinoms, die 10–40 Jahre betragen kann. Besonders gefährdet sind Beschäftigte in folgenden Industriebereichen bzw. Berufen:
Farbindustrie,
gummiverarbeitende Industrie (Kabel u. a.),
Gasproduktion in der Kohleindustrie,
Kammerjäger,
Laboratoriumsangestellte,
Aluminiumindustrie,
399 23.1 · Epidemiologie und Risikofaktoren
Textilfärbung, Textilindustrie, Druckindustrie, Kimonomaler, Friseure, Strahlenindustrie, Kunststoffindustrie.
Medikamentöse Therapie Drei Medikamente konnten eindeutig mit der Ausbildung von Blasenkarzinomen in Verbindung gebracht werden:
Chlornaphazin, ein Polyzythämietherapeutikum, das dem 2-Naphthylamin chemisch verwandt ist. Die Verwendung erfolgte bis 1963.
Phenacetin führt (neben der Entwicklung einer interstitiellen Nephritis, Phenacetinnephropathie) zu einer erhöhten Inzidenz der Urothelkarzinome, die sich hauptsächlich im oberen Harntrakt manifestiert. Bis zu 10% der Patienten mit einer Phenacetinnephropathie entwickeln ein Urothelkarzinom (McCredie et al. 1983) vorwiegend im Nierenbecken und Harnleiter (Gowa et al. 1980). Das aktive Karzinogen ist ein Stickstoffhydroxylmetabolit des Phenacetins, das chemisch die Struktur eines aromatischen Amins aufweist.
Cyclophosphamid führt über eine symptomatische oder asymptomatische chemische Zystitis zu einem erhöhten Blasentumorrisiko (Pearson u. Soloway 1978; Fairchild et al. 1979), so dass etwa 5% der mit Cyclophosphamid behandelten Patienten Harnblasenkarzinome mit überwiegend schlechter Prognose entwickeln (Baker et al. 1987; Pedersen-Bjergaard et al. 1988). Seit Einführung der Zystitisprophylaxe durch Mesna ist möglicherweise das Blasentumorrisiko zu vernachlässigen. Bei Patienten, die über einen längeren Zeitraum mit Cyclophosphamid therapiert wurden, sollte jedoch regelmäßig eine urinzytologische Untersuchung vorgenommen werden.
Zigarettenkonsum Viele retrospektive und prospektive Studien haben ein eindeutig erhöhtes Blasentumorrisiko für Zigarettenraucher nachgewiesen. Das relative Risiko beträgt im Vergleich zu einem Nichtraucher zwischen 2 : 1 und 6 : 1 (Cole 1971; Kunze et al. 1986; Brennan et al. 2000). Bei Männern werden 50–60% der Harnblasentumoren auf das Zigarettenrauchen zurückgeführt, bei Frauen etwa 25% (Marcus et al. 2000). Die Dauer des Zigarettenkonsums, die Anzahl an Zigaretten pro Tag sowie ein frühes Einstiegsalter scheinen den größten Einfluss auf das individuelle Risiko zu haben. Nach Beendigung des Zigarettenkonsums sinkt das Erkrankungsrisiko ab, er-
reicht aber auch nach einer Abstinenz von 25 Jahren nicht das der nichtrauchenden Population. Für Pfeifenund Zigarrenraucher konnte bisher kein erhöhtes Risiko nachgewiesen werden. Die Analyse des Zigarettenrauches erbrachte den Nachweis vor allem von 2-Naphthylamin (Hoffmann et al. 1969; Hecht et al. 1976; Patrianakos u. Hoffmann 1979): Entscheidenden Einfluss auf die Karzinomentstehung haben polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (Vineis et al. 1997; Brennan et al. 2000). Es existieren keine gesicherten Erkenntnisse über die Wirkung fortgesetzten Zigarettenkonsums bei klinisch bekanntem Blasentumor. Es ist anzunehmen, dass bei Patienten mit oberflächlichen Tumoren der Verzicht auf weiteren Nikotinabusus einen günstigen Einfluss auf den Krankheitsverlauf nehmen könnte.
Chronische Entzündung Bei vielen Infekten spielt die Bildung von Nitrosaminen, deren Karzinogenität experimentell gut belegt ist, eine wesentliche Rolle. Ob chronischer Infekt und Nitrosamine synonym zu verwenden sind, ist nicht geklärt. Jedenfalls führen chronische Infekte unterschiedlicher Lokalisation zu einer Häufung von Plattenepithel-, Adeno- und Urothelkarzinomen. Grund hierfür scheint die vermehrte Bildung von Nitrosaminen zu sein, die als Umbaustoff oder Endprodukt entzündlicher Reaktionen anfallen.
Unspezifischer chronischer Harnwegsinfekt, Steinleiden, Fremdkörper Eine erhöhte Inzidenz des Blasenkarzinoms fand sich bei Patienten mit chronischen Harnwegsinfekten, besonders dann, wenn diese mit Blasensteinen oder Dauerkatheterableitung vergesellschaftet waren (Wynder u. Goldsmith 1977). Die Tumoren sind gewöhnlich Plattenepithelkarzinome. Bei paraplegischen Patienten mit einer permanenten Katheterableitung fanden Olson u. De Vere Whita (1979) bei 5 von 100 Patienten und Kaufmann et al. (1977) bei 6 von 62 Patienten diffuse Plattenepithelkarzinome der Blase, wobei 5 der 6 Patienten eine Katheterableitung seit mehr als 10 Jahren hatten.
Bilharziose Die Bilharziose ist in weiten Teilen Afrikas und in arabischen Ländern endemisch. Sie wird durch einen von in Süßwasser lebenden Schnecken ausgeschiedenen Erreger, den Schistosomen verursacht. In der Akutphase der Infektion mit Schistosoma haematobium bilden sich in der Blase granulomatöse Polypen, die das Bild eines Tumors
23
400
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
nachahmen. Diese Veränderungen sind jedoch bei effektiver Therapie der Bilharziose reversibel. Kommt es zu einer chronischen Infektion, entstehen über epitheliale Hyperplasie, Dysplasie und plattenepitheliale Metaplasie Plattenepithelkarzinome (Morrison u. Cole 1982; Hicks et al. 1977). Ätiologisch wird eine infektbedingte Nitrosaminbildung postuliert (Mostafa et al. 1994). In Ägypten sind schätzungsweise 16% aller Blasenkarzinome durch Bilharziose induziert (Bedwaui et al. 1998).
Balkannephropathie Ein gehäuftes Auftreten von Urothelkarzinomen wurde aus bestimmten Regionen Jugoslawiens, Rumäniens, Bulgariens und Griechenlands in Verbindung mit der Balkannephropathie berichtet (Petkovic et al. 1971). 90% aller Tumoren treten im oberen Harntrakt und 10% bilateral auf. Tierexperimentell war das für die Entstehung der Balkannephropathie ursächliche Mykotoxin Ochratoxin A von Pilzen der Aspergillus- und Penicillingattung nicht harnblasenkarzinogen (Huff et al. 1991; PetkovaBocharova et al. 1991), so dass die Ursache der Karzinomentstehung nicht geklärt ist.
Chronisch interstitielle Nephritis (Phenacetinniere) Das Risiko der langjährigen Phenacetineinnahme wurde bereits mit den aromatischen Aminen besprochen (s. oben). Offensichtlich führt die gleichzeitig induzierte interstitielle Nephritis zu einer Häufung karzinogener Metaboliten in Nierenbecken und Harnleiter und erklärt daher das überproportional häufige Auftreten von Nierenbecken- und Harnleiterkarzinomen in dieser Population.
Nahrungsmittel Kaffee und künstliche Süßstoffe (Saccharin, Cyclamat) führen insgesamt zu keinem erhöhten Risiko, ein Harnblasenkarzinom zu entwickeln (Johansson et al. 1997; Donato et al. 1998). Wird jedoch der Raucherstatus mit in die Analyse einbezogen, so ergibt sich für Nichtraucher oder Nicht-mehr-Raucher sehrwohl ein erhöhtes Karzinomrisiko durch vermehrten Kaffee- und Koffeingenuss (Kurahashi et al. 2008). Ein weiterer Risikofaktor könnte ein vermehrter Bierkonsum sein, was auf die Beobachtung von Probert et al. (1998) in Südengland zurückgeht. Diese Beobachtung konnte nicht in Ländern nachvollzogen werden, in denen die Bierproduktion dem deutschen Reinheitsgebot unterliegt. Des Weiteren wird derzeit die Bedeutung von chloriertem Wasser auf die Harnblasenkarzinomentstehung untersucht (Wigle 1998; Cantor et al. 1998). Maßgebliche Bedeutung haben hier chemische Begleitkomponenten wie Arsen, dessen Konzentration im Trinkwasser zwischen 0,01 μg/l und 180 μg/l schwankt (Karagas et al. 1998). Weitere Risikofaktoren stellen die chlorierten Nebenprodukte im Trinkwasser dar, die durch die Reaktion zwischen Chlor und organischen Abbauprodukten entstehen. Für das im Trinkwasser enthaltene Nitrat wird ein kanzerogenes Potenzial angenommen, weil es endogen zu Nitrit reduziert und durch Nitrosierung in kanzerogene N-Nitroso-Verbindungen übergehen kann. Ob ein tatsächlicher Zusammenhang zwischen Nitratexposition und Harnblasenkarzinomen besteht, lässt sich aus den bisherigen Studien jedoch nicht ableiten. Schätzungen in den USA, Spanien, Italien und Deutschland gehen von 15% Harnblasenkarzinomen und 7% Harnblasenkarzinomtoten, induziert durch Trinkwasserbelastung, aus (Smith et al. 1998; Otto et al. 2004).
23.2
Bestrahlung Die Strahlentherapie allein oder in Kombination mit einer systemischen Chemotherapie führt zum gehäuften Auftreten von Harnblasenkarzinomen. Das relative Risiko eines Zweitmalignoms beträgt 1,58 nach extensiver Strahlentherapie.
Nahrungsmittel Neue Untersuchungen belegen erstmals einen protektiven Effekt von Sauermilch- und Joghurtprodukten im Bezug auf die Entstehung von Harnblasentumoren (Larsson et al. 2008). Durch den Konsum von Obst und Gemüse konnte weder eine protektive Wirkung erzielt werden noch wurde ein hierdurch erhöhtes Tumorrisiko gefunden (Larsson et al. 2008). Die häufig angeschuldigten
Onkologische Kennzeichen (Definition von Tumorentitäten)
F. vom Dorp, K.W. Schmid, H. Rübben Etwa 95% aller Blasentumoren gehen vom Urothel aus, wobei generell zwischen einem papillären und einem soliden Tumorwachstum unterschieden wird (Raghavan et al. 1995; Riede et al. 1995). Rund 5% entfallen auf Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome. Das Adenokarzinom der Harnblase ist mit 0,2–2% aller Blasentumoren sehr selten (Anderström et al. 1983; Jakse et al. 1979). Adenokarzinome entstehen aus Resten des Urachus im Bereich des Blasendaches (Urachuskarzinom) oder aus periurethralen und periprostatischen Drüsen (Riede et al. 1985). Weiterhin werden für die Entstehung des Adenokarzinoms chronisch-entzündliche
401 23.2 · Onkologische Kennzeichen (Definition von Tumorentitäten)
Veränderungen des Urothels als Ursache der metaplstischen Veränderung der Urothelzelle diskutiert. Während das Urothelkarzinom eine panurotheliale Erkrankung darstellt und ebenso als multiple Läsion imponieren kann, ist das Adenokarzinom der Blase meist ein solitärer Tumor, wobei die Prognose ähnlich dem Urothelkarzinom im Wesentlichen durch die Infiltrationstiefe und den Differenzierungsgrad bestimmt wird. Die 5-Jahres-Überlebensrate ist mit 18–33% niedrig (Anderström et al. 1983; Jakse et al. 1979). Ursache der schlechten Prognose ist ein meist weit fortgeschrittenes Stadium durch invasives Wachstum. Ebenso selten in den westlichen Industrienationen sind Plattenepithelkarzinome der Harnblase. Die Häufigkeit dieser Tumorentität beträgt 3–6% (Johnson et al. 1976; Patterson et al. 1988; Quilty und Duncan 1986; Sen et al. 1985). Risikofaktoren hinsichtlich der Entstehung eines Plattenepithelkarzinoms sind chronisch-entzündliche Veränderungen der Harnblase, Harnröhrenstrikturen, Blasensteine sowie langjährige Einlage von Fremdkörpern (Dauerkatheter). In Gebieten mit endemischem Vorkommen der Bilharziose ist der Zusammenhang zum Plattenepithelkarzinom gesichert (Gonheim et al. 1985). Der Anteil der Plattenepithelkarzinome macht hier bis zu 70% aus (Silverman et al. 1992). Mehr als 80% der Plattenepithelkarzinome wachsen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose muskelinvasiv und sind mittelgradig bis schlecht differenziert. Die 5-Jahres-Überlebensrate ist mit 5–26% niedrig (Gonheim et al. 1985; Aghaji u. Mbonu 1989; Quilty u. Duncan 1986). Das Urothelkarzinom der Harnblase tritt hinsichtlich der Tumorbiologie und der Progressionsrate in zwei unterschiedlichen Formen auf. Zum Zeitpunkt der Erstdiagnose zeigen 80% aller Tumoren ein oberflächliches, pa-
Abb. 23.6. T-Klassifikation beim Harnblasenkarzinom
pilläres Wachstum. 10–15% dieser Tumoren entwickeln im weiteren Krankheitsverlauf eine Progession mit muskelinvasivem Tumorwachstum. Demgegenüber steht eine zweite Gruppe von Tumoren, die bei Erstdiagnose bereits muskelinfiltrierend sind und eine deutlich schlechtere Prognose aufweisen. Die Ausbreitung (TNM) und der Differenzierungsgrad von Blasentumoren werden in Anlehnung an die UICC (2002) klassifiziert ( Abb. 23.6).
23.2.1 TNM-Klassifikation
T – Tumorausbreitung
Tx Tumor kann nicht beurteilt werden
T0 Kein Anhalt für Primärtumor
Ta Nichtinvasiver papillärer Tumor
TIS Carcinoma in situ
T1 Tumor infiltiert subepitheliales Bindegwebe
T2 Tumor infiltriert die Muskulatur
T3
T4
– T2a Tumor infiltriert oberflächliche Muskulatur (innere Hälfte) – T2b Tumor infiltriert äußere Muskulatur (äußere Hälfte) Tumor infiltriert perivesikales Fettgewebe – T3a Mikroskopisch – T3b Makroskopisch (extravesikaler Tumor) Tumor infiltriert Prostata oder Uterus oder Vagina oder Becken-/Bauchwand – T4a Tumor infiltriert Prostata oder Uterus oder Vagina – T4b Tumor infiltriert Becken- oder Bauchwand
23
402
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Regionäre Lymphknoten sind die iliakalen und pelvinen Lymphknoten unter der Bifurkation der A. iliaca communis.
23
N – Regionäre Lymphknoten
NX Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0 Kein Anhalt für regionäre Lymphknoten
N1 Metastase in solitärem Lymphknoten ≤2 cm in größter Ausdehnung
N2 Metastase in solitärem Lymphknoten >2 cm, aber ≤5 cm in größter Ausdehnung oder multiple Lymphknoten <5 cm.
N3 Metastasen in Lymphknoten >5 cm in größter Ausdehnung
Fernmetastasen finden sich vor allem in Lunge, Leber und Knochen.
M – Fernmetastasen
MX Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
M0 Keine Fernmetastasen
M1 Fernmetastasen
Abb. 23.7. Histopathologisches Grading (WHO-Klassifikation)
High-grade-Tumor. Findet sich in einem noch nicht
23.2.2 Histopathologisches Grading
Die neue WHO-Klassifikation versucht dieser tumorbiologischen Trennung Rechnung zu tragen, wobei die genetische Stabilität bzw. Instabilität des Tumors zu einer Einteilung in sog. Low-grade- und High-grade-Tumoren führt. Im Bereich der papillären Tumoren werden ausgehend von der neuen Klassifikation 3 Kategorien unterschieden. Papilläre hochdifferenzierte Tumoren sind nicht mehr als maligne einzustufen. Sie erhalten den Namen »papilläre urotheliale Neoplasie mit niedrig malignem Potenzial«, sog. PUNLMP ( Abb. 23.7, 23.8). Kommt es zu einer Textur- oder einer Schichtungsstörung des Urothels, ist aber dennoch eine deutliche zytologische Übereinstimmung zu normalem Urothel erkennbar, so werden diese Tumoren als »nichtinvasive Low-grade-Karzinome« definiert. Sowohl PUNLMP als auch nichtinvasive Low-grade-Karzinome sind genetisch stabile Tumoren. Tritt eine weitere Schichtungsstörung hinzu, so wird aus dem nichtinvasiven Low-grade- ein nichtinvasiver
komplett schichtungsgestörten Tumor bereits ein einziges Areal, das eine deutliche Kernpolymorphie zeigt, so ist dieser Tumor per definitionem ein Carcinoma in situ. Die Festlegung, welcher Tumor ein Low-grade- oder ein High-grade-Tumor ist, ist sicherlich an die histologische Morphologie gebunden, jedoch gewinnen genetische Analysen von Tumorsuppressorgenen, wie z. B. p53 und pRB (Retinoblastom), aber ebenso Expressionsmuster von Cytokeratin 20 und Ki67 immer mehr an Bedeutung. Es konnte gezeigt werden, dass zytogenetische Alterationen signifikant häufiger in frühinvasiven pT1-Tumoren als in hochdifferenzierten pTa-Tumoren auftraten. Diese waren insbesondere in folgenden Loci vorhanden: 1q+, 2q-, 5p+, 8p-, 8q+, 10q-, 11p, 11q-, 17p- und 17q+ (Richter et al. 1997; Simon et al. 1998). Da es jedoch keine publizierten Daten gab, die eindeutig histologisch belegten, dass ein pT1-Tumor an exakt derselben Stelle eines vormals inkomplett resezierten pTa-Tumors entstand, könnten eben diese zytogenetischen Veränderungen in pT1-Karzinomen zu einem Set genetischer Alterationen gehören, welches unterschiedlich zu dem hochdifferenzierter pTa-Tumoren ist. Die Arbeitsgruppe um Zhaou untersuchte daraufhin chromosomale Veränderungen in nichtinvasiven papillären Urotheltumoren (pTa), die jedoch ein hohes
403 23.2 · Onkologische Kennzeichen (Definition von Tumorentitäten)
a
b
c
d
Abb. 23.8a–d. Histopathologisches Grading a PUNLMP (Textur erhalten). b WHO-Grad I/»low grade« (Textur verändert). c Carcinoma in situ. d Zytologie CIS
Maß an Kernpolymorphie aufweisen und als pTa G3Karzinome eingestuft wurden (Zhaou et al. 1999). Mittels vergleichender genomischer Hybridisierung (»comparative genomic hybridization«, CGH) wurden in allen Tumoren Verluste von DNA-Sequenzen in 9q13-33 (44%), 9p (38%), Y (24%), 18q12-21 (13%), 2q35-qter (10%) und 11p12-pter (10%) gefunden. Zugewinne von DNASequenzen fanden sich am häufigsten in 17q (14%), 20q (13%), 1q21-22 (11%). In der Korrelation zur Histopathologie war zwischen G1- und G2-Tumoren ein geringer, aber statistisch signifikanter Anstieg zytogenetischer Alterationen zu verzeichnen. Eine weitaus größere Differenz zeigte sich beim Vergleich von G2- und G3-Tumoren. DNA-Zugewinne in 7q und 17q waren signifikant häufiger in G2- als in G1-Tumoren. Nahezu alle Alterationen waren deutlich häufiger in G3-Karzinomen zu finden und erreichten Signifikanz für 2q-, 5p+, 5q-, 6q-, 8p-, 10q-, 18q- und 20q+.
Hochdifferenzierte Urothelkarzinome zeigen demnach wenige zytogenetische Alterationen und sind durch eine gentische Stabilität gekennzeichnet, wohingegen pTa G3-Tumoren und auch das Carcinoma in situ signifikant höhere genetische Alterationen zeigen und somit genetisch bereits in die Gruppe der invasiven Karzinome gehören (Rosin et al. 1995). Eine besondere Herausforderung stellen Patienten mit einem pT1-Urothelkarzinom dar, die etwa 10–20% aller Urothelkarzinome ausmachen und üblicherweise konservativ mittels transurethraler Resektion behandelt werden. 20–30% dieser Patienten weisen im weiteren Verlauf eine lokale Progression zu einem muskelinfiltierenden Tumor auf. Um den Patientenkreis einengen zu können, die von einer frühen Zystektomie profitieren, untersuchte die Arbeitsgruppe um Richter chromosomale Veränderungen von 54 pT1-Urothelkarzinomen mittels CGH. 15 von 54 pT1-
23
404
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Karzinomen wiesen eine Progression auf. Das Progressionsrisiko war signifikant assoziiert mit der Anzahl von Deletionen, nicht jedoch mit der Gesamtzahl genetischer Alterationen oder dem histologischen Grading (Richter et al. 1999). Zugewinne der Genloci 3p22-24, 5p, Deletionen in 4p11-15, 5q15-23, 6q22-23, 10q24-26 und 18q12-23 waren signifikant mit einem erhöhten Progressionsrisiko verbunden. Vor allem die Alterationen in 5p+ und 6q sind von besonderem Interesse, da diese in vorangegangenen Studien vermehrt in muskelinvasiven Tumoren der Stadien pT2–4 gefunden wurden (Richter et al. 1998). Das Carcinoma in situ ist eine flache, nichtpapilläre intraepitheliale Läsion, und es gibt Hinweise, dass das Carcinoma in situ eine »Vorläuferlasion« des Urothelkarzinoms ist (Spruck et al.1994). Tyrkus et al. konnten bereits 1992 zeigen, dass Carcinomata in situ chromosomale Aberrationen zeigen, welche denen invasiver Karzinome sehr ähnlich sind. Entsprechend dieser Annahme wird in der neuen histopathologischen Klassifikation das Carcinoma in situ neben den invasiven Tumoren ebenso als genetisch instabiler und damit High-grade-Tumor eingestuft. Hartmann et al. untersuchten genetische Alterationen verschiedener Loci auf Chromosom 9 und 17 sowie Häufigkeit und Art von p53-Mutationen in 33 Carcinomata in situ und Dysplasien Grad II. Deletionen auf Chromosom 9 und 17 zeigten nahezu gleiche Häufigkeit für das Carcinoma in situ (Chromosom 9: 86%; Chromosom 17: 84%). Derartige genetische Alterationen wurden in Dysplasien Grad II deutlich seltener angetroffen (75 bzw. 53%). Eine ähnliche Verteilung der genetischen Alterationen in geringerer Ausprägung deuten an, dass die Grad-II-Dysplasie einen Vorläufer des Carcinoma in situ darstellt.
23.2.3 Prognostische Faktoren
Die wesentlichen prognostischen Faktoren für das Urothelkarzinom sind Infiltrationstiefe und Differenzierungsgrad des Tumors. Dabei besteht ein enger Zusammenhang zwischen Infiltrationstiefe und Differenzierungsgrad des Tumors: Oberflächliche Urothelkarzinome sind in mehr als 60% hochdiffernziert (Differenzierungsgrad G1), im Gegensatz zu muskelinvasiv wachsenden Karzinomen, die in aller Regel mäßig oder schlecht differenziert sind ( Tab. 23.1) Patienten mit nichtinvasiven Tumoren (pTa) entwickeln unabhängig vom Differenzierungsgrad in 0,7% der Fälle eine Metastasierung. Bei Infiltration der Lamina propria ist mit einer Metastasierung in 14–23% der Fälle zu rechnen ( Tab. 23.2). Bei der Mehrzahl der Patienten mit Low-risk-Tumoren (pTa G1–2, pT1 G1–2) entwickelt sich eine Metasta-
sierung nicht primär, sondern ist die Folge einer lokalen Tumorprogression. Das Auftreten einer lokalen Tumorprogression verschlechtert die Prognose vor allem der Patienten mit pT 1G3-Tumoren. Das Tumorrezidiv hat einen gesicherten Einfluss auf das Überleben der Patienten mit einem pT1 G3-Urothelkarzinom. Wie die Daten des Essener Harnwegstumorregisters (RUTT 1985) zeigen, scheint sich die Tumorbiologie von Patienten mit oberflächlichem pTa G1–2-Urothelkarzinom deutlich von derjenigen der Patienten mit einem pT1 G3-Urothelkarzinom zu unterscheiden. Dies wird in einer niedrigeren Metastasierungsrate und vor allem in einer verminderten Progressionsrate des lokalen Rezidivs deutlich. Beide Parameter besitzen im positiven Falle zusätzlich keinen signifikanten Einfluss auf die 5-JahresÜberlebensrate der Patienten. Die Arbeitsgruppe um Denzinger und Kollegen untersuchten Risikofaktoren für das frühinvasive T1 G3Urothelkarzinom. 105 Patienten gingen in die Untersuchung ein. 45% der Patienten zeigten multiple Tumoren, 73% der Tumoren waren >3 cm und in 46% der Fälle zeigte sich ein begleitendes Carcinoma in situ. 51% der Patienten entschieden sich für eine frühe Zystektomie. Die Analyse des klinischen Verlaufes ergab, dass das begleitenden Carcinoma in situ in der Gruppe der verzögert zystektomierten Patienten mit einem signifikant schlechteren tumorspezifischen Überleben korreliert war. Patienten mit T1 G3-Urothelkarzinom und begleitendem Carcinoma in situ, sollten demnach frühzeitig der Zystektomie zugeführt werden (Denzinger 2008).
Tab. 23.1. Zusammenhang zwischen Infiltrationstiefe und Differenzierungsgrad urothelialer Blasenkarzinome (n=2812; Angaben in %) G0/1
G2
G3
Gesamt
pTa
65
32
3
100
pT1
13
48
39
100
pT2/3a
2
34
64
100
pT3b–4
–
15
85
100
Tab. 23.2. Häufigkeit der Metastasierung in Abhängigkeit von Infiltrationstiefe und Differenzierungsgrad (RUTT 1985) Stadium
Patienten (n)
Metastasen (%)
pTa G1–2
196
0,7
pT1 G1–2
59
13,9
pT1 G3
31
22,1
405 23.3 · Diagnostik des Harnblasenkarzinoms
23.3
Diagnostik des Harnblasenkarzinoms
F. vom Dorp, M. Schenck, D. Zaak, H. Rübben Die Biologie des Urothelkarzinoms erklärt den unterschiedlichen Krankheitsverlauf bei Patienten mit demselben Tumorstadium. Die Diagnostik sichert einerseits das Vorliegen der Erkrankung und verfolgt des Weiteren das Ziel, Patienten mit unterschiedlicher Prognose voneinander abzugrenzen und diese einer stadien- und prognoseorientierten Therapie zuzuführen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, galt das Hauptaugenmerk wissenschaftlicher Bemühungen der Identifizierung und Etablierung molekularbiologischer Markersysteme, die sowohl zur Primärdiagnostik, aber ebenso zur Nachsorge von Blasentumorpatienten Gegenstand zahlreicher Studien wurden. Abb. 23.9 zeigt eine schematische Darstellung der Diagnostik des nichtinvasiven und fortgeschrittenen Harnblasenkarzinoms.
Abb. 23.9. Schematische Darstellung der Diagnostik des nichtinvasiven und fortgeschrittenen Harnblasenkarzinoms
23.3.1 Anamnese
Die Anamnese beinhaltet zunächst die Frage, ob Veränderungen des Miktionsverhaltens, wie Hämaturie, Dysurie, Strang- oder Pollakisurie, auffällig wurden. Ferner sollte in die Anamnese die Frage nach einem bereits bekannten Blasentumor eingebunden werden, um den Primär- vom Rezidivtumor abzugrenzen. Die Frage nach Risikofaktoren, z. B. einer beruflich bedingten Kanzerogenexposition oder einem Nikotinabusus, bietet vorrangig die Möglichkeit, über den Entzug entsprechender Kanzerogene den Verlauf der Tumorerkrankung günstig zu beeinflussen.
23.3.2 Zystoskopie und fraktionierte
Gewebeentnahme Goldstandard in der Diagnostik und Nachsorge von Blasentumorpatienten ist die Zystoskopie, die mit einer Sensitivität von >90% Tumoren der Harnblase detektiert (Sharma et al. 1999). Herr untersuchte 2002 die Sensitivität der zystoskopiosch-zytologischen Diagnose in Korrelation zum histopathologischen Befund an 144 papillären Ta/T1-Tumoren. Im Rahmen der Zystoskopie wurden 93% aller histologischen Ta G1-Urotheltumoren bereits makroskopisch als solche erkannt. Durch die urinzytologische Untersuchung wurde die Sensitivität auf 99% gesteigert. Ta G3-Tumoren wurden in 59% aller Fälle im Rahmen der Zystoskopie korrekt beurteilt, die Urinzytologie steigerte die Genauigkeit auf 78%. T1-Tumoren wurden in 60% makroskopisch korrekt beurteilt, durch die kombinierte Urinzytologie wurde die Sensitivität auf 100% gesteigert (Herr et al. 2002). Die Arbeitsgruppe um vom Dorp kam zu ähnlichen Ergebnissen Es wurden 65 Patienten mit zystoskopisch gesichertem Urothelkarzinom untersucht. Alle Patienten wurden mit fraktionierter Resektion therapiert. Die makroskopische Tumorbeurteilung wurde vor der Resektion dokumentiert, im Anschluss an die Resektion wurde die urinzytologische Untersuchung ohne Kenntnis des pathologischen Befundes durchgeführt. 54 Patienten (83%) wiesen in der Histologie ein nichtinvasives Urothelkarzinom auf. 43 Patienten zeigten ein Low-grade-Urothelkarzinom, 11 Patienten zeigten ein High-grade-Urothelkarzinom. Die verbleibenden 11 (17%) Patienten zeigten T1-Befunde, in 7 Fällen pT1 G2, in 4 Fällen pT1 G3. 51 von 54 Patienten (94%) mit nichtinvasiven Karzinomen wurden makroskopisch als solche erkannt. Befunde wurden makroskopisch als T1-Karzinome gewertet. Die korrespondierende Zytologie war bei allen Patienten mit Low-grade-Karzinomen unauffällig, wohingegen die High-grade-Karzinome positive Zytolo-
23
406
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
gien aufwiesen. Alle Patienten mit T1-Befunden wurden zytologisch als positiv eingestuft, 3 Patienten (27%) mit pT1 G3-Karzinomen wurden makroskopisch als invasive Karzinome gewertet (vom Dorp 2009, unpublizierter Datensatz). Neben der Tumordetektion wird mittels fraktionierter Gewebeentnahme die Diagnose histopathologisch gesichert. Im Rahmen der transurethralen Resektion werden der exophytische Tumoranteil, die Tumorbasis und Anteile der Muskulatur getrennt zur histologischen Untersuchung eingesendet. Nur so kann sicher unterschieden werden, ob ein oberflächlicher (Ta, T1, Tis) oder ein muskelinvasiver Tumor vorliegt. Drei kontrollierte Studien untersuchten den Einfluss der Endoskopie mit 5-Aminolävulinsäure (5-ALA) auf die Residualtumorrate des nicht-muskelinvasiven Urothelkarzinoms. Nach Diagnose eines Harnblasentumors und Randomisierung erfolgte entweder eine TUR unter Weißlicht oder eine Resektion unter fluoreszenzkontrollierten Bedingungen mit 5-ALA. Zur Evaluierung der Residualtumorrate wurde 4–6 Wochen spaäter eine Nachresektion durchgeführt. In allen drei Studien konnte eine signifikante Reduktion der Residualtumorrate unter der fluoreszenzgestützten Resektion gegenüber der klassischen Weißlichtendoskopie um 20% nachgewiesen werden, wobei abschließend noch nicht klar ist, ob gerade im Kollektiv der papillären nichtinvasiven Karzinome dies einen tatsächlichen Vorteil bedeutet (Kriegmaier 2002; Filbeck 1999; Riedl 2001). Grossman und Kollegen untersuchten ein ähnliches Kollektiv. Verglichen wurde die Tumordetektion unter Weißlicht bzw. unter Endokopie mit Hexaminolävulinsäure (HAL). 192 Patienten wurden in die Untersuchung aufgenommen. Von 218 pTa-Tumoren detektierte die HAL-Zystoskopie 207 und die Weißlichtendoskopie 181. Von 22 T1-Tumoren wurden mittels HAL-Zystoskopie 21 und mittels Weißlichtendoskopie 19 Tumoren detektiert (Grossman 2007).
23.3.3 Urinzytologie und uringebundene
Markersysteme Die Urinzytologie kann sowohl an einer spontan gelassenen Urinprobe als auch als Spülzytologie im Rahmen der Zystoskopie durchgeführt werden. Ziel urinzytologischer Diagnostik ist die Detektion und Charakterisierung von High-grade-Risikotumoren. Die Sensitivität für dieses Tumorspektrum beträgt 75–80% für den ehemaligen G2und 85–95% für den ehemaligen G3-Tumor (Rübben et al. 1979; Koss et al. 1985; Gregoire et al. 1997). Insbesondere für die Diagnostik des Carcinoma in situ, das durch
flaches und intraepitheliales Wachstum nicht selten der zystoskopischen Diagnostik entgeht, zeigt die Urinzytologie eine exzellente Treffsicherheit von 95–100%. Die Arbeitsgruppe um Mian und Kollegen untersuchten eine Gruppe von 35 Patienten mit Carcinoma in situ. Die urinzytologische Dteketionsrate lag bei 100% und nach einer Therapie mit BCG wurden urinzytologisch immerhin 82% aller Rezidive detektiert (Mian et al. 2005). Die Sensitivität zytologischer Diagnostik zeigt eine ausgesprochene Korrelation zum Differenzierungsgrad des Tumors, wobei die Treffsicherheit mit zunehmender Entdifferenzierung ansteigt. Die Detektion nichtinvasiver Low-grade-Tumoren kann und muss nicht das Ziel urinzytologischer Diagnostik sein. 1685 untersuchte Patienten mit ehemaligen pTa G1- und pTa G2-Urothelkarzinomen des Essener Harnwegstumorregisters zeigen eine exzellente 5-Jahres-Überlebensrate von 96%. Das Tumorrezidiv hat keinen negativen Einfluss auf die Progressionsrate des Karzinoms (RUTT 1985). Die äußerst geringe Progressionsrate und die sehr gute zystoskopische Detektierbarkeit dieser Tumoren machen ein zusätzliches Markersytem für diese Tumorentität überflüssig. Darüber hinaus postulieren die Arbeitsgruppen um Soloway und Gofrit »Watchful-waiting«-Strategien für nichtinvasive Low-grade-Karzinome. Bei alle Patienten, die im Rahmen dieser Studien untersucht wurden, wurde der Tumor zystoskopisch evaluiert und erst nach einer mittleren Beobachtungszeit von 12–15 Monaten reseziert. Kein Patient zeigte einen Tumorprogress (Soloway 2003; Gofrit 2006). Neben einer exzellenten Detektionsrate mittelgradig differenzierter und entdifferenzierter Tumoren zeichnet sich die urinzytologische Diagnostik durch eine sehr hohe Spezifität aus, d. h. die Anzahl falsch positiver Befunde ist gering (Murphy et al. 1997; Koss et al. 1985; Glas et al. 2003). Die neue WHO-Klassifikation sieht die Einteilung nichtinvasiver Urothelkarzinome in genetisch stabile Low-grade- bzw. genetisch instabile High-grade-Tumoren vor. Die Urinzytologie wird sich dieser Klassifikation anpassen, wobei eine besondere Herausforderung die Beurteilung der ehemaligen G2-Urothelkarzinome darstellt. Vom Dorp und Kollegen untersuchten 61 Patienten mit histologisch gesichertem G2-Urothelkarzinom (44mal pTa G2, 17-mal pT1 G2), die urinzytologisch reevaluiert wurden. Kriterien zur urinzytologischen Beurteilung waren allen voran die Hyperchromasie und die Anisokaryose. Neben der zytologischen Diagnose wurden zur Objektivierung pro Präparat 50 für die zytologische Diagnostik entscheidende Zellkerne zytometrisch bezüglich des maximalen Kernumfangs, der Kernfläche und des maximalen Kerndurchmessers analysiert.
407 23.3 · Diagnostik des Harnblasenkarzinoms
Bei der zytologischen Diagnostik zeigte sich, dass die Gruppe der 44 nichtinvasiven pTa G2-Karzinome eine zytologisch heterogene Entität darstellt. 20 der 44 Tumoren wurden zytologisch als low grade beurteilt, 24 Tumoren zeigten deutliche Kernveränderungen im Sinne von High-grade-Tumoren. Unterstrichen wurde dies ebenso durch die Zytometrie. Maximaler Kerndurchmesser und -umfang sowie die maximale Kernfläche waren zwischen High- und Low-grade-Befunden signifikant unterschiedlich. Patienten mit zytologischem Highgrade-Befund zeigten im Follow-up eine deutlich höhere Rezidivneigung. Alle pT1 G2-Tumoren wurden zytologisch als High-grade-Tumoren eingestuft, immerhin 5 von 17 Patienten entwickelten ein invasives Karzinom. Die Urinzytologie ist ein exzellentes diagnostisches Mittel zur Risikoabschätzung von Tumoren der Harnblase (vom Dorp 2009, unpublizierter Datensatz). Um die diagnostische Genauigkeit im hochdifferenzierten Tumorspektrum zu steigern, wurden zahlreiche uringebundene Markersysteme entwickelt und sowohl zur Primärdiagnostik als auch zur Tumornachsorge in mannigfaltigen Studien getestet. Große Beachtung fand vor allem die Detektion des »bladder tumor antigen« (BTA), das bei Patienten mit Blasentumoren im Urin als Schnelltest nachgewiesen werden kann. Der BTA-Stat- bzw. der BTA TRAK-Test detektieren ein dem Komplementfaktor H verwandtes Protein im Urin. Dieses Protein weist eine hohe Sequenzhomologie zum normalen Komplemetfaktor H auf (Kinders 1998). Sarosdy et al. (1997) untersuchten den BTA-Stat-Test im Vergleich zur Urinzytologie. Der BTA-Stat-Test erreichte eine Sensitivität von 57% für G1-Tumoren, 56% für G2Tumoren und 95% für G3-Tumoren bei einer Spezifität von 95%. Diese jedoch wurde deutlich vermindert, wenn in die Kontrollgruppe Patienten mit Harnwegsinfekten, Urolithiasis oder einer BPH einberechnet wurden. Die Spezifität wird in diesen Fällen bis auf 33% reduziert. Dies und die Tatsache, dass immerhin nahezu 50% aller
G2-Tumoren durch den Einsatz des BTA-Stat-Tests übersehen werden, lässt den klinischen Einsatz dieses Markersystems als nicht sinnvoll erscheinen ( Tab. 23.3). Die Arbeitsgruppen um Wiener et al. (1997) und Heicappel et al. (2000) kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Die Spezifität des BTA-Tests sinkt bei Patienten mit zahlreichen benignen urologischen Begleiterkrankungen, da der Test den normalen Komplementfaktor H ebenso detektiert, so dass vor allem solche Begleiterkrankungen, die mit einer Hämaturie einhergen, falsch positive Resultate liefern. Ein weiteres uringebundenes Markersystem, der NMP-22-Test, basiert auf dem Nachweis des »nuclear matrix protein«. Dieses Protein ist Bestandteil des Mitoseapparates und somit am Vorgang der Zellteilung beteiligt (Compton et al. 1993). Es konnte gezeigt werden, dass bei Patienten mit einem Urothelkarzinom signifikant höhere Werte als in gesunden Konntrollgruppen nachgewiesen werden konnten. Die Arbeitsgruppe um Poulakis et al. (2001) untersuchte die diagnostische Genauigkeit des NMP-22-Tests an 406 Patienten mit histologisch gesichertem Urothelkarzinom der Harnblase. Der NMP-22-Test erreichte eine Sensitivität von 82% für die Erkennung des G1-Tumors, 89% für die Detektion des G2- und 94% für die Detektion des G3-Tumors. Die Spezifität, bestimmt in einer Kontrollgruppe aus 333 Individuen, erbrachte einen Wert von 68%. Diese steigt an, wenn Patienten mit Harnwegsinfekten und Dysplasien aus dem Kollektiv herausgenommen werden. In zahlreichen weiteren Studien wurde eine Sensitivität zwischen 47 und 100% erreicht (Soloway et al. 1996; Wiener et al. 1998; Ramakumar et al. 1999; Gutierrez Banos et al. 2001). Eine neue Möglichkeit zur Detektion von Urothelkarzinomen im Urin ist die Floureszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) und die Mikrosatellitenanalyse (Mao et al. 1996; Steiner et al. 1997). Hierzu werden fluoreszierende zentromerische und lokusspezifische DNA-Proben eingesetzt, um Urothelzellen mit chromosomalen Anomalien zu detektieren, z. B. Aneuploidie oder Verlust der Hete-
Tab. 23.3. Validität verschiedener Markersysteme in der Detektion des Urothelkarzinoms. (Nach Sarosdy et al. 1997; Wiener et al. 1997; Poulakis et al. 2001; Halling et al. 2002; Sarosdy et al. 2002) Markersystem
Sensitvität (%)
Spezifität (%)
G1
G2
G3
BTA-Stat-Test
48–59
50–58
63–95
33–100
NMP–22
52–82
45–89
50–94
68–70
UroVysion
36–55
76–78
94–96
94–96
Zytologie
63
80
90
23
408
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
rozygotie. Die Urinproben werden ähnlich der Zytologie aufgearbeitet und nach Inkubation mit den entsprechenden Markern fluoreszenzmikroskopisch ausgewertet. Die Arbeitsgruppe um Halling et al. (2002) erzielte Sensitivitäten von 36% für G1-Tumoren, 76% für G2- und 96% für G3-Tumoren. Die Spezifität betrug 96%. Sarosdsy et al. (2002) erzielten vergleichbare Resultate. In einer Untersuchung an 399 Patienten, die im Zeitraum von 1991–1996 aufgrund eines histopathologisch gesicherten Urothelkarzinoms der Harnblase behandelt wurden, wurde die diagnostische Genauigkeit der Urinzytologie ermittelt. Die Untersuchung ergab eine Sensitivität für G1-Tumoren von 63%, G2-Tumoren wurden mit einer Sensitivität von 80% und G3-Tumoren mit einer Sensitivität von 90% detektiert. Die Sensitivität über alle Differenzierungsgrade lag bei 77% (vom Dorp et al.; unpublizierter Datensatz). Ein weiteres Protein, das zur Detektion von Urotheltumoren eingesetzt wird, ist Survivin. Hierbei handelt es sich um ein Antiapoptoseprotein, das von zahlreichen bösartigen Tumoren wie auch den Urothelkarzinomen exprimiert wird (Altieri et al. 2003). Die bislang durchgeführten Studien waren durch geringe Fallzahlen gekennzeichnet. Es werden eine Sensitivität von 100% und eine Spezifität von 100% bzw. 87% erreicht (Smith et al. 2001; Sharp et al. 2002). In Studien mit höheren Fallzahlen wird sich die Validität dieses Testverfahrens beweisen müssen. Zytokeratine sind Zytoskelettproteine, deren Expression in Urothelkarzinomen in zahlreichen Studien bestimmt wurde. Hierbei handelt es sich um Zytokeratin 8, 18, 19, 20. Mit dem UBC-Test und dem Cyfra 21-1 stehen Urintestverfahren zur Verfügung, die Zytokeratin 8, 18 und ein Fragment von Zytokeratin 19 im Urin detektieren. Die Detektion von Zytokeratin 20 bleibt der Immunhistochemie bzw. der RT PCR vorbehalten. In bislang publizierten Studien wird über eine Sensitivität, stratifiziert über die Differenzierungsgrade, von 13–60% für G1-, 42–79% für G2- und und 35–75% für G3-Tumoren berichtet (Boman et al. 2002; Schroeder et al. 2004; Mungan et al. 2000).
23.3.4 Molekularbiologische Aspekte in der
Diagnostik von Urothelkarzinomen Die therapeutischen Optionen im fortgeschrittenen bzw. metastasierten Tumorstadium sind trotz der Möglichkeit der Chemotherapie gering. In solchen Fällen ist man bemüht, neue Entwicklungen im Bereich der Molekularbiologie zu nutzen, um Therapiealternativen zu erhalten. Von Bedeutung ist hier die Expression von Wachstumsfaktorrezeptoren, wie z. B. die Expression des Rezeptors für den »epidermal growth factor«, den »vascu-
lar endothelial growth factor« oder die Expression von HER-2/neu. Die Expressionsanalyse dieser Faktoren kann die Diagnostik des Urothelkarzinoms komplettieren, da bei einer deutlichen Überexpression die Möglichkeit einer zielgerichteten, sog. Targettherapie, besteht. Die Arbeitsgruppe um Neal machte 1985 erstmals die Beobachtung, dass bei Blasenkarzinomen eine Überexpression des EGF-Rezeptors vorliegt. Diese Untersuchungen konnten in der Folgezeit bestätigt werden. Eine EGF-Rezeptor-Überexpression geht einher mit einem verkürzten rezidivfreien Überleben und mit einem verkürzten Gesamtüberleben (Neal 1985). Ebenso korreliert die EGF-Rezeptor-Expression mit einem schlechteren Differenzierungsgrad und mit einem fortgeschrittenerem klinischen Stadium (Neal 1990; Chow 1997). Das HER-2/neu-Onkogen kodiert für ein transmembranäres Glykoprotein, das zu der bereits angesprochenen EGF-Rezeptor-Familie gehört. Initial wurde die klinische Bedeutung einer HER-2-Überexpression für invasive Mammakarzinome beschrieben, die mit einer schlechten Prognose korrelierten. Die HER-2/neu-Expression in Urothelkarzinomen ist zahlreich untersucht, die Ergebnisse sind jedoch insgesamt als heterogen zu bezeichnen. Die Arbeitsgruppe um Gandour-Edwards untersuchte 39 Blasentumorpräparate auf eine Expression von HER-2/ neu. Es konnte gezeigt werden, dass entdifferenzierte und muskelinvasive Urothelkarzinome in 71% eine deutliche Expression von HER-2/neu-aufwiesen. Die Arbeitsgruppe um Krüger untersuchte 2002 138 Zystektomiepräparate. 57 dieser Tumoren (41%) zeigten eine deutliche HER-2/neu-Überexpression. Eine Korrelation zwischen HER-2-Überexpression und dem Lymphknotenstatus konnte nicht gefunden werden. Patienten mit HER-2-Überexpression zeigten ein signifikant kürzeres krankheitsbezogenes Überleben (p=0,034). Neben den Wachstumsfaktorrezeptoren sind ebenso Onkogene an der Entstehung des Urothelkarzinoms beteiligt. Onkogene der Ras-Familie scheinen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung und der Progression von Harnblasenkarzinomen zu spielen. Zur Familie der RasOnkogene zählen H-, K- und N-Ras. Alle kodieren für dasselbe p21-Genprodukt. H-Ras-Mutationen treten häufiger auf als solche von K- oder N-Ras. Eine Mutation von H-Ras wurde erstmals in der humanen Harnblasenkarzinomzelllinie T24 detektiert. Die initial hohen Erwartungen bezüglich der H-RasMutationsrate wurden zunächst nicht erfüllt. In den ersten Analysen unkultivierter Blasentumoren wiesen nur etwa 10% eine Mutation des H-Ras-Gens auf (Fujita et al. 1985). Jüngere Untersuchungen zeigten jedoch eine signifikant höhere Mutationsrate. Fitzgerald und Kollegen berichteten, dass H-Ras-Mutationen in 44% aller Urinsedimente
409 23.3 · Diagnostik des Harnblasenkarzinoms
mit Urothelkarzinomen nachgewiesen werden können. Die Arbeitsgruppe um Czerniak konnte H-Ras-Mutationen im Codon 12 in 45% aller untersuchten Blasentumorpräparate nachweisen. Przybojewska et al. (2000) zeigten mittels Polymerasekettenreaktion (PCR), dass H-Ras Mutationen in 84% aller untersuchten Tumoren vorlagen. Burger und Kollegen untersuchten 2008 den Einfluss des FGFR-3-Status auf das Progressionsverhalten von High-grade-Urothelkarzinomen. Von 37 Patienten mit T1 G3-Urothelkarzinomen, zeigten 8 Patienten eine Tumorprogression zu muskelinvasivem Wachstum. Alle 8 progredienten Patienten zeigten mit den FGFR3-Wildtyp-Status, 29 Patienten mit FGFR3-Mutation zeigten einen entgegengesetzten klinischen Verlauf (Burger 2008). Die Arbeitsgruppe um Szarvas und Kollegen untersuchte die prognostische Bedeutung des AngiopoetinTie2-Systems für Patienten mit Harnblasenkarzinomen. Angiopoetine sind angiogenetische Modulatoren, die an den Tie2-Tyrosinkinaserezeptor binden, der vor allem in Endothelzellen exprimiert wird. Angiopoetin 1 fördert die Reifung neuer Blutgefäße, wohingegen Angiopoetin 2 einen gegenteiligen Effekt hat. In Gegenwart des »vascular endothelial growth factor« (VEGF), potenziert Angiopoetin 2 die Angiogenese, in Abwesenheit zeigt sich ein gegenteiliger Effekt. An einem Tumorkollektiv von 113 Patienten konnte gezeigt werden, dass in der multivariaten Analyse die hohe Tie2-Expression ein unabhängiger prognostisch günstiger Faktor für das tumorspezifische und das metastasenfreie Überleben darstellt (p=0,003, p=0,0029). Die hohe Expression von Angiopoetin 2 war ein unabhängiger prognostischer Faktor für das Tumorrezidiv (p=0,001; Szarvas 2008). Für Patienten mit metastasierter Erkrankung ist die Prognose der Erkrankung eingeschränkt; die Therapie der Wahl in der ersten Linie ist die Kombinationschemotherapie bestehend aus Gemcitabin und Cisplatin. Im Zuge der Individualisierung der onkologischen Therapie wird derzeit intensiv nach Prognosemarkern gesucht, die das Ansprechen oder das Nichtansprechen auf die systemische Chemotherapie vorhersagen. DNA-Reparaturenzyme spielen offensichtlich eine Rolle für die Wirksamkeit der systemischen Chemotherapie. Das »Excision-repair-cross-complementing-1«-Enzym (ERCC1) scheint prognostische Bedeutung für die platinhaltige Systemtherapie zu besitzen. Olaussen und Kollegen untersuchten die Bedeutung von ERCC1 bei 761 Patienten mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom. Nach R0-Resektion wurden die Patienten randomisiert in einen Kontroll- bzw. Chemotherapiearm mit Cisplatin. Nach Studienende wurde eine retrospektive immunhistochemische Analyse des Tumormaterials auf die Expression von ERCC1 durchgeführt und mit dem klinischen Ver-
lauf korreliert. Es konnte gezeigt werden, dass die ERCC1 negativen Patienten im Falle der adjuvanten Chemotherapie einen signifikanten 5 Jahres- Überlebensvorteil von 47% vs. 39% der nicht chemotherapierten Patienten aufwiesen (Olaussen et al. 2006). Erste Ergebniosse liegen auch bereits zum fortgeschrittenen Urothelkarzinom vor. Hier scheint der ERCC 1 Status prognostische Bedeutung zu besitzen. Bellmunt und Kollegen untersuchten ein Kollektiv von 57 Patienten. Patienten mit ERCC1-negativem Status wiesen im Vergleich zur Gruppe mit deutlich positiver ERCC 1 Expression ein signifikant verlängertes Gesamtüberleben von 25 vs. 15 Monaten auf. In dieser Untersuchung konnte noch keine Aussage bezüglich des Einflusses von ERCC1 auf die systemische Chemotherapie getroffen werden (Bellmunt 2007).
23.3.5 Ausscheidungsurogramm
und Sonographie Die Ausscheidungsurographie wird zur Abklärung einer Mikro- oder Makrohämaturie durchgeführt, gehört aber ebenso zur präoperativen Diagnostik bei gesichertem Tumor der Harnblase, da in 3% aller Fälle urotheliale Zweittumoren des oberen Harntraktes auftreten. Diese werden als Füllungsdefekte der Harnleiterpassage sichtbar. Des Weiteren lässt sich durch das Urogramm und durch die Sonographie ein Aufstau der oberen Harnwege ausschließen. Bei gefüllter Blase können mittels perkutaner Sonographie exophytische Blasentumoren detektiert werden. Ab einem Durchmesser von 2,5 cm erlaubt die Sonographie den Nachweis pelviner und lumbaler Lymphknotenmetastasen sowie ferner den Nachweis einer hepatischen Filiarisierung.
23.3.6 Bimanuelle Palpation
Die bimanuelle Palpation wird in Narkose durchgeführt. Sofern der Patient nicht außergewöhnlich adipös oder im kleinen Becken voroperiert ist, lässt sich anhand dieser Methode eine Fixation des Tumors im kleinen Becken (Stadium T4b) ausschließen.
23.3.7 Ausbreitungsdiagnostik des
fortgeschrittenen, muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms Etwa 20–30% aller Patienten mit einem Urothelkarzinom weisen bei der Erstdiagnose einen fortgeschrittenen, d. h. muskelinvasiven Tumor auf (T2–4 N0/+ M0/+). In diesen
23
410
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Tab. 23.4. Histologie und lokales Tumorstadium bei 367 Patienten mit fortgeschrittenem Urothelkarzinom. (Nach Walmeroth et al. 1999) Histologie
23
Lokales Tumorstadium pT2
pT3a
pT3b
pT4
TCC
11
27
61
138
Plattenepithelkarzinom
1
4
5
18
Adenokarzinom
1
0
2
1
Kleinzelliges Karzinom
1
1
0
4
Sarkomatoides Karzinom
0
1
3
2
Fällen ist eine weiterführende Diagnostik durchzuführen, um das therapeutische Procedere festzulegen. Die Arbeitsgruppe um Walmeroth untersuchte im Rahmen einer Autopsiestudie das Auftreten von Metastasen bei 367 Patienten mit muskelinvasivem Harnblasenkarzinom ( Tab. 23.4). Metastasen wurden in 251 Patienten (68%) gefunden, wobei sich kein statistischer Unterschied zwischen der Metastasierungstendenz verschiedener histologischer Tumorentitäten zeigte (Walmeroth et al. 1998). Lymphknotenmetastasen wurden bei 215 Patienten (59%) nachgewiesen, die in 92% einem perivesikalen bzw. einem pelvinen Lymphknotenbefall entsprachen. Metastasen in retroperitonealen, abdominalen, thorakalen oder zervikalen Lymphknoten waren in 96% aller Fälle mit einem ausgedehnten Befall der perivesikalen oder pelvinen Lymphknoten assoziiert. Es ergab sich eine signifikante Korrelation zwischen dem Vorliegen von Lymphknotenmetastasen und dem Vorhandensein von Fernmetastasen. Diese lagen zu 47% in der Leber, zu 45% in der Lunge, zu 32% im Skelettsystem, zu 19% im Peritoneum und in 16% der Fälle im Bereich der Pleura vor. Sonstige Metastasen wurden im Bereich der Niere und Nebenniere sowie im Intestinum entdeckt. Bei 36% der Patienten, die in kurativer Absicht einer radikalen Zystektomie unterzogen wurden, lag eine Organmetastasierung vor.
23.3.8 Präoperatives Lymphknoten-Staging
– Detektion des Sentinel-Lymphknotens Hinweis
I
I
Der Lymphknotenstatus bei Patienten mit muskelinvasivem Urothelkarzinom gilt als wesentlicher Prognosefaktor für das Überleben des Patienten (Otto et al. 1999).
Die Arbeitsgruppe um Stein et al. (2003) untersuchten 1054 Patienten, von denen 244 Patienten einen positiven Lymphknotenbefund aufweisen auf 5-/10-Jahres-Rezidivfreiheit und 5- und 10-Jahres-Überleben. Es zeigte sich ein signifikanter Überlebensvorteil für die 810 Patienten mit negativem Lymphknotenbefund. 78 bzw. 75% zeigten ein rezidivfreies 5-/10-Jahres-Überleben, die 5- und 10Jahres-Überlebensrate lag bei 69 bzw. 48%. Im Gegensatz hierzu zeigte die Gruppe mit positivem Lymphknotenbefund eine rezidivfreie 5-/10-Jahres-Überlebensrate von 35 bzw. 34% und ein 5-/10-Jahres-Überleben von 30 bzw. 23% (p<0,0001). Signifikante prognostische Relevanz besaß des Weiteren das histopathologische Tumorstadium. Patienten mit organbegrenztem Tumor und positivem Lymphknotenstatus zeigten ein rezidvfreies 5-/10-Jahres-Überleben von 46 und 44%, hingegen Patienten mit extravesikalem Tumorwachstum und positivem Lymphknotenstatus von 30% (p=0,003). Zusätzlich war die Anzahl positiver Lymphknoten von prognostischer Bedeutung. Bei Nachweis einer lymphogenen Metastasierung in 8 oder weniger Lymphknoten betrug das rezidivfreie 10-Jahres-Überleben 40%, verglichen mit nur 10% bei Nachweis einer lymphogenen Metastasierung in mehr als 8 Lymphknoten (p=0,002). Im Rahmen der radikalen Zystektomie werden die regionalen Lymphknoten der Fossa obturatoria entfernt, wobei letztlich nicht geklärt ist, ob diese Lymphknotendissektion das Überleben der Patienten verbessert oder lediglich das Staging komplettiert. Die derzeitigen radiologischen Techniken zur Detektion von Lymphknotenmetastasen zeigen keine ausreichende Treffsicherheit. So erbrachte eine Studie an 164 Patienten, bei denen die Indikation zur radikalen Zystektomie gestellt wurde, dass von 19 histopathologisch gesicherten positiven Lymphknoten lediglich 2 durch präoperative Computertomographie detektiert werden konnten (Voges et al. 1989).
411 23.3 · Diagnostik des Harnblasenkarzinoms
Durch Einsatz der Positronenemissionstomographie (PET) erhält der Beurteiler neben der Morphologie ebenso Aufschluss über die Vitalität durch Visualisierung metabolischer Prozesse. Vorteil der PET-Technik ist die Tatsache, dass die wichtigsten biochemischen Atome – Kohlenstoff (11C), Sauerstoff (15O), Stickstoff (13N) und Flour (18F) – als Radionuklide zur Verfügung stehen. Um den Einsatz der PET-Technik im Rahmen des nichtinvasiven Lymphknotenstagings zu untersuchen, führte die Arbeitsgruppe von Bachor et al. (1999) eine Studie an 64 Patienten durch. Von 21 Patienten mit histologisch gesichertem positivem Lymphknotenbefund wurden mittels PET 14 korrekt identifiziert. Von 43 Patienten ohne lymphogene Metastasierung wurden durch PET 37 als solche erkannt. Dies ergibt eine Sensitivität von 67% und eine Spezifität von 86%. Die Arbeitsgruppe von Simms et al. (2001) untersuchte die Wertigkeit der 99mTechnetium-C595-Immunszintigraphie zur Detektion und zum Staging von Patienten mit Harnblasenkarzinomen. C595 ist ein IgGAntikörper, der Epitope des urothelialen MUC1 erkennt. MUC1 ist ein Glykoprotein, das auf einer Vielzahl epithelialer Oberflächen, u. a. auch auf dem Urothel, nachzuweisen ist. In bösartigen Tumoren der Brust, des Kolons und der Harnblase wird MUC1 falsch glucosyliert, so dass es sich strukturell von nicht onkologisch verändertem MUC1 deutlich unterscheidet. Von 20 Patienten mit histopathologisch gesichertem Tumor der Harnblase wurden durch die Immunszintigraphie 16 korrekt identifiziert. In 3 Fällen zeigt die Immnunszintigraphie einen auffälligen Lymphknotenbefund, der durch anschließende Lymphknotendissektion bestätigt werden konnte. Das durch Cabanas (1977) erstmals eingeführte Konzept des anatomisch definierten »sentinel node« besagt, dass die lymphatische Drainage eines Tumors zunächst zu einem für jeden Patienten individuellen Lymphknoten verläuft und sich von dort aus auf weitere Lymphknoten ausbreitet. Der Tumorstatus des »sentinel node« wäre somit repräsentativ für das gesamte Lymphknotenareal. Sherif et al. (2001) untersuchten 13 Patienten, bei denen aufgrund eines muskelinvasiven bzw. entdifferenzierten oberflächlichen (T1 G3-)Urothelkarzinoms die Indikation zur radikalen Zystektomie gestellt wurde. Vor der radikalen Zystektomie wurde eine radioaktive Tracersubstanz transurethral an 4 Stellen in die Tumorumgebung injiziert, und im Anschluss daran wurde eine Szintigraphie durchgeführt. Bei 11 Patienten konnte ein Sentinel-Lymphknoten detektiert werden, der in 8 Fällen präoperativ szintigraphisch dargestellt werden konnte, in 3 Fällen wurde der »sentnel node« durch präoperative Injektion eines Farbstoffes bzw. durch eine handgeführte
γ-Kamera identifiziert. 4 Patienten zeigten einen positiven Sentinel-Lymphknoten, wobei alle weiteren entfernten Lymphknoten, im Median 8, tumorfrei waren. Nur einer der positiven Sentinel-Lymphknoten war in der Fossa obturatoria lokalisiert, die verbleibenden 3 Lymphknoten waren in der Blasenumgebung oberhalb der Bifurkation der V. iliaca communis und in der Beckenregion medial der Fossa obturatoria lokalisiert. Weitere Untersuchungen an größeren Patientenkollektiven müssen Aufschluss darüber geben, ob die derzeitigen anatomischen Grenzen der Lymphknotendissektion noch adäquat sind.
23.3.9 Diagnostik von Organmetastasen
Etwa 50% der Fernmetastasen bei fortgeschrittenem Urothelkarzinom treten in der Leber auf. Die Sonographie der Leber zeigt eine fast 100%ige Sensitivität zur Detektion von Raumforderungen bei einer Spezifität von 75% (Vlachos et al. 1990). Neben der Sonographie stellt die Computertomographie mit einer hohen Treffsicherheit ein probates diagnostisches Mittel dar (Kuroda et al. 2002), das vor allem bei sonographisch unklaren Raumforderungen eingesetzt werden sollte. Mit 45% stellt die Lunge ein ebenso häufiges Metastasierungsziel dar. Die Arbeitsgruppe von Kuroda et al. (2002) untersuchte 351 Patienten, die einer radikalen Zystektomie unterzogen wurden. Bei 8 Patienten wurden Lungenmetastasen nachgewiesen, die in 7 Fällen durch eine Röntgenuntersuchung des Thorax korrekt detektiert wurden. Patienten, die in kurativer Absicht therapiert werden, sollten zum Ausschluss einer ossären Metastasierung eine Knochenszintigraphie erhalten, die mit einer Sensitivität von 95% bei einer Spezifität von 85% ossäre Metastasen darstellen kann (Pedrazzini et al. 1996).
23.3.10 Pathologische Diagnostik
Die pathologische Diagnostik umfasst zunächst eine genaue Beschreibung des beurteilten pathologischen Materials, wie Tumorzahl und Tumorlokalisation, die größte Tumorausdehnung und der makroskopische Tumortyp, Zystektomie oder Blasenteilresektat, mitentfernte Organe sowie die Länge von entfernten Ureteren und Urethraanteilen. Folgende Strukturen werden eingebettet:
urethrale Resektionsfläche sowie Resektionsflächen der Ureteren, bei Blasenteilresektionen die seitlichen Resektionsflächen,
beide Ureterostien,
23
412
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
23
Trigonum, rechte und linke Seitenwand, Blasenscheitel, alle tumorösen oder tumorverdächtigen Läsionen jeweils mit gesamter Wand,
beim Mann jeweils 3 Blöcke aus dem rechten und linken Prostatalappen sowie die prostatische Harnröhre,
sämtliche Lymphknoten getrennt nach Stationen.
23.3.11 Pathologische Begutachtung
und Dokumentation Der pTNM-Formel wird »y« vorangesetzt, wenn eine präoperative Radiatio und/oder Chemotherapie vorangegangen ist. Bei Vorliegen mehrerer synchroner Karzinome wird bei der pTNM-Klassifikation der am weitesten fortgeschrittene Tumor berücksichtigt und der pT-Kategorie entweder »m« für multipel oder die Zahl synchroner Karzinome in Klammern hinzugefügt. Dabei werden papilläre Karzinome (invasiv und nichtinvasiv) und nichtpapilläre invasive Karzinome gezählt. Das Vorkommen zusätzlicher In-situ-Karzinome wird durch den Zusatz »is« angezeigt. Fakultativ kann das Vorkommen ausschließlich von Mikrometastasen (2 mm) durch Zusatz von »mi« zu pN oder pM angegeben werden. Isolierte (disseminierte) Tumorzellen in Knochenmarkbiopsien werden mit »i« gekennzeichnet (UICC 1993).
23.4
Therapie des oberflächlichen Urothelkarzinoms der Harnblase (Ta/T1 N0 M0)
G. Lümmen, D. Jocham, A. Karl, C. Stief, H. Rübben 23.4.1 Therapieziele
In der Behandlung des oberflächlichen Harnblasenkarzinoms wird ein tumorfreies Überleben, möglichst unter Erhalt einer funktionsfähigen Harnblase, angestrebt.
Blasenkarzinom auf der WHO-Klassifikation von 1973. Aus diesem Grund wird in diesem Kapitel die alte Klassifikation verwendet. Durch die transurethrale Resektion des Blasentumors (TUR-B) wird eine Diagnosestellung möglich bei gleichzeitig kompletter Resektion des Tumors. Zeigt die histopathologische Beurteilung eine Infiltration oder einen mäßiggradig (G2) oder schlecht differenzierten (G3) Tumor oder ist die Resektion zystoskopisch nur fraglich vollständig, erfolgt eine Nachresektion nach 1–4 Wochen, wenn nicht ohnehin die Indikation zur Zystektomie gegeben ist. Im Anschluss an eine TUR-B wird die intravesikale Fruehinstillation innerhalb der ersten 24 h empfohlen. Die Wirksamkeit einer adjuvanten intravesikalen Therapie beschränkt sich auf die Reduktion der Rezidivhäufigkeit um 20 bis maximal 40% und eine Verlängerung des rezidivfreien Intervalls. Eine Senkung des Progressionsrisikos ist für die intravesikale Chemotherapie nicht belegt. Eine intravesikale BCG-Behandlung führt zu einer geringen Senkung des Progressionsrisikos. Zur Rezidivprophylaxe gibt es kein Zytostatikum der 1. Wahl; üblich sind in Deutschland Mitomycin-C und Doxorubicin sowie zur Immuntherapie die BCG-Stämme Connaught, Tice und RIVM. Die Indikation zur Rezidivprophylaxe stellt sich in der Regel nicht bei vollständig resezierten primären pTa G1Karzinomen. Bei diesen Tumoren besteht nahezu kein Risiko einer Tumorprogression oder Metastasierung, die Prognose der Patienten wird durch das Auftreten eines Rezidivs nicht verschlechtert. Patienten mit häufig rezidivierenden pTa-Tumoren oder pT1 G1–2-Tumoren sollten einer adjuvanten Behandlungsmaßnahme zugeführt werden. Patienten mit einem primären pT1 G3-Karzinom oder rezidivierenden pT1 G2-Tumoren weisen ein hohes Risiko der Tumorprogression und Metastasierung auf. Aus diesem Grund sollten diese Patienten bei Nichtansprechen der Instillationsbehandlung innerhalb von 3 Monaten der radikalen Zystektomie zugeführt werden.
23.4.3 Transurethrale Tumrorresekion (TUR)
Indikationen 23.4.2 Therapiekonzept
Die Therapiekonzepte sind abhängig vom Tumorstadium und dem Differenzierungsgrad des Tumors, die zusammengenommen die Progressionswahrscheinlichkeit des Tumors bedingen. Trotz der 2004 geänderten WHOKlasssifikation zur Tumordifferenzierung beruht die Mehrzahl der klinischen Studien zum oberflächlichen
Die Indikation zur transurethralen Tumorresektion besteht beim Primärtumor und beim Tumorrezidiv einerseits als kurativer Ansatz und andererseits in der Bestimmung des lokalen Tumorstadiums. Bei der TUR werden der Exophyt, die Tumorbasis inklusive Blasenwandmuskulatur und die Tumorränder getrennt reseziert und histopathologisch aufgearbeitet. Dies ermöglicht eine Beurteilung des Tumors sowie der benachbarten Areale
413 23.4 · Therapie des oberflächlichen Urothelkarzinoms der Harnblase (Ta/T1 N0 M0)
im Hinblick auf eine Tumorinfiltration und begleitende Dysplasien. Zeigt die histopathologische Beurteilung eine Infiltration oder einen mäßiggradig (G2) oder schlecht differenzierten (G3) Tumor oder ist die Resektion nach Einschätzung des Operateurs zystoskopisch fraglich vollständig, erfolgt eine Nachresektion nach 1–4 Wochen, wenn nicht ohnehin die Indikation zur Zystektomie gegeben ist.
Therapieresultate Die Therapieresultate einer alleinigen TUR lassen Unterschiede im Hinblick auf die 5-Jahres-Überlebensrate, Metastasierungs-, Progressions- und Rezidivrate in Abhängigkeit von Infiltrationstiefe und Differenzierungsgrad des Tumors erkennen ( Tab. 23.5 bis 23.7). Patienten mit oberflächlichen Blasentumoren stellen demzufolge kein einheitliches Kollektiv dar, sondern weisen in Abhängigkeit von Infiltrationstiefe und Differenzierungsgrad des Tumors eine deutlich unterschiedliche Prognose auf. Die korrigierten Überlebensraten der Patienten mit nichtinvasiven oder gut- bis mittelgradig differenzierten Tumoren (Ta G1–2, T1 G1–2) liegen 5 Jahre nach TUR zwischen 81 und 96%. Eine ungünstigere Prognose zeigen Patienten mit T1 G3-Karzinomen ( Tab. 23.5). Die Ergebnisse der Untersuchungen beruhen auf der Tumorgradeinteilung G1–3 nach der WHO-Klassifikation von 1973. Bei der Mehrzahl der Low-risk-Tumoren (Ta G1) entwickelt sich eine Metastasierung nicht primär, sondern ist Folge einer lokalen Tumorprogression. Das zentrale Problem dieser Patientengruppe ist das progrediente Rezidiv, das nach alleiniger TUR bei 4% liegt. Bei T1 G1–2 -Tumoren steigt die Rate der progredienten Rezidive auf 19% ( Tab. 23.5). Mit Ausnahme der Patienten mit einem Ta G1–2-Tumor verschlechtert das Auftreten eines Rezidivs und/oder einer Progression des Tumors die Prognose der Patienten, vor allem in der Gruppe der T1 G3-Tumoren ( Tab. 23.6 und 23.7). Im Rahmen des Harnwegstumorregisters Essen ist der Langzeitverlauf nach alleiniger transurethraler Resektion von T1 G3-Harnblasenkarzinomen dokumentiert. Die Überlebenskurve der Abb. 23.10 zeigt, dass nach 3 Jahren 40% der Patienten verstorben sind. Dies bedeutet, dass sich das Schicksal der Patienten innerhalb der ersten 2–3 Jahre nach Diagnosestellung entscheidet ( Abb. 23.10). Stratifiziert man die Therapieergebnisse nach den verschiedenen Altersgruppen, so findet sich kein signifikanter Unterschied. Bei der höheren Lebenserwartung jüngerer Patienten (≤60 Jahre) muss das Risiko einer tumorbedingen Todesrate von mehr als 30% besonders kritisch bewertet werden.
Tab. 23.5. Korrigierte 5-Jahres-Überlebensraten und Progression von Patienten mit primären oberflächlichen Blasenkarzinomen in Abhängigkeit von Infiltrationstiefe und Differenzierungsgrad nach TUR (RUTT 1985) Stadium
Patienten (n)
5-Jahres-Überlebensrate (%)
Progression (%)
pTa G1–2
1685
96
4,1
pT1 G1–2
596
81
18,8
pT1 G3
437
64
31,4
Tab. 23.6. Korrigierte 5-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit oberflächlichen Harnblasenkarzinomen (pTa/pT1) in Abhängigkeit von der Tumorprogression Stadium
Patienten (n)
5-Jahres-Überlebensrate (%) Progression Ja
Nein
pTa G1–2
1685
93
95
pT1 G1–2
485
79
83
pT1 G3
365
39
68
Tab. 23.7. Korrigierte 5-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit oberflächlichem Harnblasenkarzinom in Abhängigkeit von der Rezidivhäufigkeit Stadium
Patienten (n)
5-Jahres-Überlebensrate (%) Rezidiv Ja
Nein
pTa G1–2
1685
94
94
pT1 G1–2
485
80
81
pT1 G3
365
53
73
Abb.23.10. Harnblasenkarzinom T1 G3 (n=404): korrigiertes Überleben nach alleiniger TUR
23
414
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Prognosefaktoren für Rezidiv und Progression der Erkrankung nach TUR-B
23
Zur Einschätzung der Rezidiv- und Progressionswahrscheinlichkeit nach TUR-B eines oberflächlichen Blasenkarzinoms hat die EORTC ein Punktesystem mit Risikotabelle an Hand von 2596 Patienten mit Ta/T1-Tumoren, die in insgesamt 7 Studien behandelt wurden, entwickelt. Das Punktesystem orientiert sich an den 6 klinischen und pathologischen Faktoren mit dem jeweils höchsten Signifikanzwert: Anzahl der Tumoren (singulär, 2 bis 7 oder >8), Tumordurchmesser (<3 cm oder ≥3 cm), Rezidivrate in einem definiertem Zeitraum (≤1 Rezidiv/Jahr, >1 Rezidiv/Jahr), T-Stadium (Ta,T1), begleitendes CIS und Tumorgrad (G1–3 nach WHO 1973). Die Anzahl der Punkte ermöglicht eine Risikoabschätzung für die Wahrscheinlichkeit eines Rezidives bzw. einer Progression nach 1 und 5 Jahren und teilt die Patienten in niedrig, intermediär und hoch Risikogruppen ein (Sylvester et al. 2006). Die EORTC gibt eine Rezidivwahrscheinlichkeit für den Zeitpunkt 5 Jahre nach Erstdiagnose bei nicht-muskelinvasiven Karzinomen mit 31–78% an, wobei die Wahrscheinlichkeit für eine Progression bei <1–45% liegt.
Indikation zur Re-TUR Die hohe Rate positiver Nachresektionen ist bekannt (Brausi et al. 2002). Herr berichtet 2005 über eine Residualtumorrate bei der TUR-B Nachresektion von 15–53% und ein höheres Tumorstadium bis zur Muskelinvasion in 4–29% der Fälle. Eine systematische Literaturrecherche von Miladi et al. zu diesem Thema zeigt, dass eine Nachresektion in 9–49% der analysierten Fälle zu einem verbesserten klinischen Staging führt. Die Residualtumorrate lag in diesem Kollektiv bei 26–83%, wobei ein Upstaging von T1-Tumoren hin zu einem muskelinvasiven Stadium in 2–28% der Fälle beobachtet wurde (Miladi et al. 2003). Neuere Daten belegen, dass eine Re-TUR bei T1-Tumoren sowie bei Ta-Tumoren, bei denen eine komplette Tumorresektion in der Erstresektion nicht möglich war, zu einer Zunahme des rezidiv- und progressionsfreien Überlebens führt (Divrik et al. 2006; Jahnson et al. 2005). Die Rezidivrate nach alleiniger TUR-B im Vergleich zur TUR-B mit RE-TUR liegt nach 3 Jahren bei 61% bzw. 32% (Grimm et al. 2003). Die Indikation zur Nachresektion nach 4–6 Wochen besteht bei Blasentumoren mit einem hohen Rezidiv- und Progressionsrisiko (T1-Tumoren, multiple Ta G3-Tumoren, Carcinoma in situ) und bei multiplen, großen Tumoren, starker Blutung während der Resektion, und einer Blasenperforation (Brausi et al. 2002; Schwaibold et al. 2006).
Photodynamische Diagnostik (PDD) und Therapie Die Fluoreszenzzystoskopie bzw. photodynamische Diagnostik (PDD) mit 5-Aminolävulinsäure (5-ALA) oder dem mittlerweile zugelassenen Hexylaminolävulinat (HAL, Hexvix) führt zu einer höheren Entdeckungsrate oberflächlicher Blasentumoren, insbesondere Carcinomata in situ (CIS; Jocham et al. 2008). Ausgehend von einer europäischen Phase-III-Studie, in der die Detektion aller oberflächlichen Läsionen (Ta, T1, CIS) unter Weißlicht mit 78% signifikant unter der mit HAL-PDD entdeckten Läsionen von 97% lag (Schmidbauer et al. 2004), zeigte eine amerikanische Phase-III-Studie ein etwas anderes Bild. In dieser Studie war die Detektion der Ta- und T1-Tumoren unter Weißlicht gegenüber HAL-PDD nicht signifikant unterlegen. Es zeigte sich eine signifikant höhere CIS-Detektion unter HAL-PDD im Vergleich zur Weißlichtzystoskopie von 92% zu 68% (Grossmann et al. 2007; Fradet et al. 2007). Die Rate der CIS-Befunde lag in dieser Studie bei 29,6%. Die Rate der begleitenden CIS-Befunde unter Weißlicht liegt bei 9,4%, wie erst kürzlich in der EORTC-Analyse zur Vorhersage von Tumorrezidiv und Tumorprogression veröffentlicht wurde (Sylvester et al. 2006). Ein begleitendes CIS stellt einen ungünstigen Prognosefaktor dar, mit einer 1- und 5-Jahres Progressionswahrscheinlichkeit von 29% und 74% (Sylvester et al. 2006). Bisher konnte allerdings durch den Einsatz der photodynamischen Diagnostik kein positiver Einfluss auf die Progression und das Überleben der Patienten festgestellt werden (Jocham et al. 2008). Bezogen auf die Rezidivfreiheit, konnte in 3 von 5 kleinen randomisierten klinischen Studien ein Unterschied zwischen PDD und Weißlichtzystoskopie von 40–88% vs. 28–64% festgestellt werden (Denzinger et al. 2007; Babjuk et al. 2005; Daniltchenko et al. 2005). Zwei erst kürzlich vorgestellte Arbeiten konnten keinen Unterschied bezüglich der Rezidivfreiheit feststellen (Alken et al. 2007; Penkoff et al. 2007). In der randomisierten, doppel-blind, placebokontrollierten Phase-III-Studie von Penkoff et al. in der die 5-ALAFluoreszenzzystoskopie mit der Weißlichtzystoskopie und anschließender Resektion verglichen wurde, ergab sich eine signifikant erhöhte Detektionsrate an Tumoren. Insbesondere zeigte sich eine signifikant erhöhte Entdeckungsrate an zusätzlichen CIS von 54% vs. 0% durch die Fluoreszenzzystoskopie. Dies hatte keinen Einfluss auf das 12-Monate rezidivfreie Überleben der Patienten, das im Weißlichtarm bei 70% und im Fluoreszenzarm bei 62% lag. Auch eine Stratifizierung nach Risikogruppen ergab keinen signifikanten Unterschied bezüglich des rezidivfreien Überlebens. Der Einsatz der PDD zur Detektion von CIS ist unbestritten und einer Randombiopsie signifikant überlegen
415 23.4 · Therapie des oberflächlichen Urothelkarzinoms der Harnblase (Ta/T1 N0 M0)
(Jocham et al. 2008). Eine Indikation besteht insbesondere bei einer positiven G3-Zytologie ohne Nachweis eines exophytischen Tumors oder in Kombination mit einem histologischen G1-Befund eines oberflächlichen Blasentumors zum Ausschluss eines begleitenden CIS. Inwieweit ein genereller Einsatz der PDD Einfluss auf die Rezidivrate und ggf. auch Progressionsrate der oberflächlichen Blasentumoren nehmen kann, sollte in weiteren Studien mit längerer Nachbeobachtung überprüft werden. Der Einsatz eines Photosensitizers wie z. B. 5-ALA kann in Kombination mit einem Lasersystem auch in therapeutischer Absicht eingesetzt werden. Durch die Laserbehandlung wird der Tumor mittels thermischer Prozesse zerstört. Die Laserapplikation erfolgt endoskopisch transurethral. Bisher sind nur wenige klinische Daten zum Einsatz eines Photosensitizers in Kombination mit einem Laser bekannt und diese Therapieoption sollte als Zweitlinientherapie für Patienten mit multiplen Komorbiditäten, die für eine operative Intervention nicht in Frage kommen, vorbehalten bleiben (Berger et al. 2003; Manyak u. Ogan 2003).
23.4.4 Intravesikale Instillationstherapie
Die adjuvante Behandlung nach TUR sollte das Tumorrezidiv und ggf. die Tumorprogression verhindern. Adjuvante Therapiemaßnahmen können eine Chemo- oder Immuntherapie sein. Zur Rezidivprophylaxe durch eine lokale Chemo- bzw. Immuntherapie wurden theoretische und experimentelle Grundlagen gelegt. Für die Erklärung der Rezidivhäufigkeit stehen 3 Hypothesen in der Diskussion:
Koinzidenz superfizieller Karzinome mit Präneoplasien (Dysplasien, Carcinoma in situ),
iatrogen bedingte Tumorzellaussaat während der TUR und intraepitheliale Implantation,
fortgesetzte Exposition (bekannte oder unbekannte Karzinogene). Während der Entzug einer unbekannten Karzinogenexposition unmöglich ist, gibt es klinische und experimentelle Belege, dass sich sowohl die Chemo- als auch die Immuntherapie dazu eignen, intraepitheliale Neoplasien (Dysplasien) zu behandeln und die Tumorzellimplantation während der TUR zu reduzieren. Die intravesikale Chemotherapie wirkt über die Zerstörung zirkulierender Tumorzellen und verhindert so die Implantation ins Urothel. Zusätzlich führt die Therapie zu einer direkten Zerstörung kleiner Tumorreste (Urdaneta et al. 2008). Die Wirkung des Immunstimulanz BCG resultiert aus der Interaktion zwischen verschiedenen Immunzell-
komponenten. Durch die Bindung und Interaktion von BCG an benignes und malignes Urothel kommt es zu einer Ausschüttung proinflammatorischer Mediatoren und einer reduzierten Tumorproliferation. Darüber kommt es zu einer direkten und indirekten Aktivierung immunkompetenter Zellen mit antitumoralem Potenzial (Böhle et al. 2006).
Intravesikale Chemotherapie Indikationen Die Indikation zur Rezidivprophylaxe stellt sich in der Regel nicht bei vollständig resezierten primären pTa G1Karzinomen. Patienten mit häufig rezidivierenden pTaTumoren oder pT1 G1–2-Tumoren können einer intravesikalen Chemotherapie zugeführt werden. Patienten mit einem primären pT1 G3-Karzinom oder rezidivierenden pT1 G2-Tumoren weisen ein hohes Risiko der Tumorprogression und Metastasierung auf. Bei diesen Patienten kann alternativ zur BCG-Therapie eine intravesikale Chemotherapie mit z. B. MitomycinC indiziert sein. Wegen der hohen Progressionswahrscheinlichkeit sollten diese Patienten bei Nichtansprechen der Instillationsbehandlung innerhalb von 3 Monaten der radikalen Zystektomie zugeführt werden. TUR und adjuvante intravesikale Chemotherapie Die prinzipielle Wirksamkeit für intravesikal angewandte Chemotherapeutika konnte schon früh durch die topische Anwendung von Thiotepa, Mitomycin, Doxorubicin und Epodyl in der Behandlung nicht komplett resezierter, oberflächlicher Harnblasentumoren erbracht werden. Die Rate kompletter Remissionen beträgt für Thiotepa 47–55%, für Mitomycin 35–74%, für Doxorubicin 20–70% und für Epodyl 30–59% (Koontz et al. 1981; Mishina et al. 1975; Edsmyr et al. 1984; Fitzpatrick et al. 1979;). Es besteht kein signifikanter Unterschied der Rezidivhäufigkeit in Abhängigkeit vom verwandten Chemotherapeutikum. Ein Chemotherapeutikum der 1. Wahl zur Rezidivprophylaxe oberflächlicher Blasenkarzinome lässt sich aus den vorhandenen Daten nicht ableiten. Neuere Ergebnisse zur intravesikalen Gabe von Gemcitabine sind in Phase-I- und -II-Studien vielversprechend. Hier zeigten auch BCG-refraktäre Tumoren ein Ansprechen (Serretta et al. 2004; Dalbagni et al. 2002). Auch der intravesikale Einsatz von Docetaxel als Zweitlinientherapie wurde kürzlich in einer Phase-I-Studie überprüft und zeigte ein Ansprechen bei 56% der Patienten (McKiernan et al. 2006). Die Wirksamkeit einer adjuvanten intravesikalen Chemotherapie im Vergleich zur alleinigen transureth-
23
416
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
ralen Tumorresektion ist durch zahlreiche prospektiv randomisierte Studien untersucht worden. Die Untersuchungen der EORTC, des MRC und der Essener Arbeitsgruppe (Krege et al. 1996) haben einen signifikanten Vorteil der Chemorezidivprophylaxe gezeigt. Das Intervall bis zum Auftreten des ersten Rezidivs ist im Rahmen der topischen Chemotherapie im Vergleich zur alleinigen transurethralen Tumorresektion verlängert (Solsona et al. 1999; Okamura et al. 2002). In einer randomisierten Untersuchung der EORTC erfolgte der Vergleich einer frühzeitigen Instillation (am Tag der Resektion) mit der verzögerten Instillation (7–15 Tage nach Tumorresektion). In einem 2. randomisierten Vergleich wurde die kurzzeitige Instillationsbehandlung über 6 Monate mit der 12-monatigen Behandlung verglichen ( Tab. 23.8). Bei einer mittleren Nachsorgezeit von 4 Jahren erfolgte eine Auswertung der Zielgrößen Zeit bis zum Rezidiv, Tumorprogression und Überleben. Erwartungsgemäß war kein Einfluss einer wie auch immer gearteten Instillationsbehandlung auf die Tumorprogression und das Überleben erkennbar. Ebenso war die Entwicklung von Fernmetastasen durch die intravesikale Behandlung nicht beeinflusst. Das Rezidivverhalten konnte durch den frühzeitigen Instillationsbeginn signifikant günstig beeinflusst werden. In diesem Fall ist eine Fortführung der Instillationsbehandlung über 6 Monate hinaus nicht erforderlich (Bouffioux et al. 1995; Pawinski et al. 1996). Bereits 1996 erfolgte im Rahmen einer Metaanalyse der EORTC und des MRC anhand randomisierter Studien ein Vergleich zwischen der alleinigen transurethralen Tumorresektion und einer zusätzlichen adjuvanten topischen Behandlung bezogen auf Tumorprogression, Fernmetastasen, Überleben und tumorbedingtem Tod. Hinsichtlich dieser Zielgrößen zeigt die Metaanalyse keinen Einfluss einer topischen Therapie im Vergleich zur alleinigen TUR (Pawinski et al. 1996). Die Applikation des Chemotherapeutikums sollte als sog. Frühinstillation erfolgen, d. h., falls operationstechnisch möglich, im direkten Anschluss an die TUR oder zumindest in den ersten 24 h postoperativ. Eine Metaanalyse der EORTC zur Frühinstillation wertet 7 randomisierte Studien mit 1476 Patienten, in der die alleinige TUR mit einer TUR und anschließender einmaliger Instillation (Epirubicin, Mitomycin C, Thiotepa oder Pirarubicin) verglichen wurde, aus. Die Rezidivrate konnte durch die Frühinstillation von 48% auf 37% gesenkt (p≤0,0001) werden. Damit reduziert die Frühinstillation das relative Rezidivrisiko um 39% gegenüber einer alleinigen TUR. Dies traf primär sowohl für Patienten mit solitären wie multiplen Tumoren zu. Im weiteren Verlauf zeigte sich in der Patientengruppe mit multiplen Tumo-
ren jedoch eine mit 65% deutlich höhere Rezidivrate als 36% bei Patienten mit solitären Befunden (Sylvester et al. 2004). Eine Frühinstillation wird bei allen Patienten mit papillären nichtinvasiven Blasentumoren empfohlen (EORTC-Guidlines 2008). Berücksichtig werden muss, dass der Effekt einer alleinigen Frühinstillation auf die Senkung der Rezidivrate nach Solsona und Mitarbeitern in den ersten 2 Jahren auftritt, bei längerer Nachbeobachtung der Behandlungsgruppen ist die Rezidivrate gleich hoch (Solsona et al. 1999). Auch pharmakologische Besonderheiten von Mitomycin C können Einfluss auf die Rezidivrate nehmen. Die Arbeitsgruppe um Au (Au et al. 2001) konnte zeigen, dass eine Mitomycin-C-Dosis von 40 mg, eine vollständige Harnblasenentleerung vor Applikation und eine Urinalkalisierung im Vergleich zur Mitomycin-C-Dosis von 20 mg die rezidivfreie Zeit um 15 Monate verlängern kann ( Tab. 23.9). Bei Patienten mit intermediärem Risikoprofil, sollte die adjuvante intravesikale Chemotherapie fortgeführt werden. Trotz umfangreicher Studienlage kann keine klare Aussage über die Dauer und Intensität der Therapie gemacht werden (Sylvester et al. 2008). Im Rahmen einer randomisierten Phase-IV-Studie wurde der Effekt einer
Tab. 23.8. Vergleiche frühzeitig vs. verzögert und langfristig vs. kurzfristige Therapie. (Nach Bouffioux et al. 1995) Mitomycin/ Doxorubicin
Patienten (n)
Rezidivrate
Nachsorge (Monate)
Früh, kurza
160
0,23
48
Früh, langb
150
0,25
48
Verzögert, kurzc
154
0,33
48
d
153
0,22
48
Verzögert, lang a
Sofortiger Instillationsbeginn, 6 Monate Therapie Sofortiger Instillationsbeginn, 12 Monate Therapie c 7–14 Tage nach TUR-Beginn, 6 Monate Therapie d 7–14 Tage nach TUR-Beginn, 12 Monate Therapie b
Tab. 23.9. Einfluss der Mitomycin-Dosis, Alkalisierung und Blasenentleerung auf die rezidivfreie Zeit. (Nach Au et al. 2001)
a
Patienten (n)
Zeit bis Rezidiv (Monate)
MMC [40 mga]
119
44
MMC [20 mg]
111
29
6-mal wöchentlich, Alkalisierung, Blasenentleerung
417 23.4 · Therapie des oberflächlichen Urothelkarzinoms der Harnblase (Ta/T1 N0 M0)
Langzeittherapie mit Mitomycin C (über 3 Jahre) mit den Kurzzeittherapien BCG (über 6 Wochen) oder Mitomycin C (über 6 Wochen) auf die Rezidivrate oberflächlicher Blasenkarzinome mit intermediärem oder hohem Risikoprofil untersucht. Von insgesamt 459 Patienten, die kurzfristig mit BCG oder Mitomycin C behandelt wurden, hatten die Patienten nach einem Jahr eine Rezidivrate von 25 bzw. 26% im Vergleich zu 10% der Patienten, die eine Langzeit-Mitomycin-C-Therapie erhalten hatten. Nach 3 Jahren betrug die Rezidivfreiheit nach Kurzzeit-BCG 66%, nach Kurzzeit-Mitomycin-C 69% und nach Langzeit-Mitomycin 86%. Dies entsprach einem signifikanten Anstieg (Friedrich et al. 2007). Eine prospektiv randomisierte Studie aus Griechenland verglich die Wirksamkeit einer BCG-Erhaltungstherapie mit einer Hochdosis (80 mg) Epirubicin-Erhaltungstherapie bei Patienten mit intermediärem Risiko eines oberflächlichen Blasenkarzinoms. Die Behandlung begann 2 Wochen nach TUR-B für jeweils 6 Wochen gefolgt von 3-wöchentlichen Instillationen in den Monaten 3, 6, 12, 18, 24, 30 und 36. Insgesamt konnten 212 Patienten ausgewertet werden und das krankheitsfreie Überleben betrug in der BCG-Gruppe 23,2 Monate und in der Epirubicin-Gruppe 23,3 Monate. Die Epirubicin-Therapie zeigte bei besserer Verträglichkeit die gleiche Effektivität wie die BCG-Therapie (Moutzouris et al. 2007).
Intravesikale Chemotherapie und Hyperthermie oder elektromotiver Transport Eine mögliche Verbesserung besteht in der Kombination von intravesikaler Chemotherapie und Hyperthermie auf 42–43°C. Die Kombinationsbehandlung verbessert das 2-Jahre-krankheitsfreie Intervall im randomisierten Vergleich von 32 auf 80% (Colombo et al. 2001; Tab. 23.10). Über vergleichbare Daten berichtet die Arbeitsgruppe um van der Heijden (van der Heijden et al. 2004), die ein 2-Jahres-krankheitsfreies Intervall von 75% angeben. Eine weitere mögliche Verbesserung besteht in der Kombination intravesikaler Chemotherapie und einem elektromotiven Transport (EMDA). Im Vergleich zum passiven Transport von Mitomycin C erzielte der aktive elektromotive Transport signifikant höhere komplette Remissionsraten (Di Stasi et al. 2003). Im Rahmen einer
Tab. 23.10. Einfluss der Hyperthermie (HT) auf die Wirkung der intravesikalen Chemotherapie. (Nach Colombo et al. 2001) Patienten (n)
2-Jahre-NED (%)
MMC
41
32
MMC + HT
43
80
randomisierten Studie verglichen Di Stasi und Mitarbeiter 2006 eine BCG-Therapie mit einer sequenziellen Therapie mit BCG und Mitomycin-C-EMDA bei insgesamt 212 Patienten. In beiden Therapiearmen schloss sich eine Erhaltungstherapie an. Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 88 Monaten betrug die Rezidivrate zwischen der sequenziellen Therapie und der BCG-Monotherapie 42% versus 58%, die Progressionsrate 9,3% versus 21,9% und die krankheitsspezifische Mortalität 5,6% versus 16,2%. Diese positiven Ergebnisse sollten in weiteren prospektiven Studien überprüft werden.
Immuntherapie Indikationen Patienten mit einem primären pT1 G3-Karzinom oder rezidivierenden pT1 G2-Tumoren weisen ein hohes Risiko der Tumorprogression und Metastasierung auf. Bei diesen Patienten kann eine BCG-Therapie sinnvoller sein als eine Chemotherapie. Wegen der hohen Progressionswahrscheinlichkeit sollten diese Patienten bei Nichtansprechen der Instillationsbehandlung innerhalb von 3 Monaten der radikalen Zystektomie zugeführt werden. Therapieresultate Vergleichbar zur intravesikalen Chemotherapie ist für die Immuntherapeutika BCG und α-Interferon die prinzipielle Wirksamkeit dieser Substanzen nach Instillation in therapeutischer Absicht, d. h. bei noch vorhandenem Tumor, geprüft worden. Durch BCG-Behandlung lassen sich zu 59–83% komplette Remissionen nachweisen; die Rate kompletter Remissionen nach Instillation von α-Interferon beträgt konzentrationsabhängig bis zu 40% (Morales et al. 1981; Brosman 1982; Schmitz-Dräger et al. 1986). Der Einsatz von Interferonen als adjuvantes Immuntherapeutikum hat sich beim oberflächlichen Blasenkarzinom bisher nicht durchgesetzt. Schon früh haben kontrollierte Studien zur intravesikalen Therapie mit BCG eine Senkung der Rezidivrate im Vergleich zur alleinigen TUR gezeigt. Die Rezidivhäufigkeit kann durch die Anwendung von BCG um 20–32% gesenkt werden ( Tab. 23.11). Die Datenlage bezüglich einer Senkung der Progression der Erkrankung durch eine intravesikale BCG-Therapie war lange Zeit kontrovers und konnte erst durch Metaanalysen der vorhandenen Studien geklärt werden (Shelley et al. 2001; Böhle et al. 2003; Shelley et al. 2004). Zwei weitere Metaanalysen konnten eine Senkung der Rezidiv- und Progressionsrate durch eine intravesikale Immuntherapie mit BCG im Vergleich zur alleinigen TUR oder TUR mit nachfolgender intravesikaler Che-
23
418
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Tab. 23.11. Resultate einer Immuntherapie mit BCG zur Rezidivprophylaxe oberflächlicher Harnblasenkarzinome (pTa/pT1) im Vergleich zur alleinigen transurethralen Tumorresektion
23
Substanzen
Patienten (n)
Rezidive (%)
Nachsorge (Monate)
Autoren
TUR allein
38
43
67
Sarosdy u. Lamm 1989
BCG-Pasteur
48
20
TUR allein
43
95
24
Pinsky et al. 1985
BCG-Pasteur
43
75
TUR allein
74
45
12
Aso et al. 1995
Lactobacillus casei
71
21
motherapie belegen, sofern eine Erhaltungstherapie mit BCG durchgeführt wurde (Sylvester et al. 2002; Böhle et al. 2004). In der Metaanalyse der EORTC, in die 24 randomisierte Studien eingeschlossen waren, wurden 260 von 2658 BCG-therapierten Patienten progredient (9,8%) im Vergleich zu 304 von 2205 Kontrollpatienten (13,8%). Dies entsprach einer signifikanten Abnahme der Progressionswahrscheinlichkeit von 27% (Sylvester et al. 2002). Dieser Vorteil einer BCG-Therapie im Vergleich zur intravesikalen Chemotherapie mit Mitomycin C bestand nur, wenn die BCG-Therapie als Erhaltungstherapie durchgeführt wurde. Dabei entwickeln die Patienten allerdings eine signifikant höhere Nebenwirkungsrate (Sylvester et al. 2002). In der ersten großen prospektiv randomisierten Untersuchung der Southwestern Oncology Group durch Lamm et al. (2000) zur Erhaltungstherapie mit BCG über insgesamt 36 Monate entwickelten 26% der Patienten unter Erhaltungstherapie schwerwiegende Nebenwirkungen, so dass nur 16% der Patienten die Therapie über 36 Monate durchführen konnten (Lamm et al. 2000). Die Dauer der Erhaltungstherapie ist bisher nicht belegt. Zwei Metaanalysen von Böhle und Mitarbeiter zeigen, dass eine Erhaltungstherapie mit BCG mindestens 1 Jahr durchgeführt werden sollte, um eine Überlegenheit gegenüber Mitomycin C bezogen auf Rezidiv- und Progressionssenkung nachweisen zu können (Böhle et al. 2003, 2004). Die Nebenwirkungen der BCG-Therapie können erheblich sein, bis hin zur tödlich verlaufenden Sepsis. Während nahezu alle Patienten eine Zystitis entwickeln, sind schwerwiegende Nebenwirkungen in ca. 5% der Fälle beschrieben. Diese können sowohl symptomatisch als auch spezifisch mit Tuberkulostatika in nahezu allen Fällen behandelt werden (van der Meijden et al. 2003). Interessanterweise reduzierte die kombinierte Gabe von BCG und 200 mg Ofloxacin oder Placebo die
Rate der mittleren und schweren Nebenwirkungen in der Ofloxacin-Gruppe und verbessert so die Compliance der BCG-Therapie (Colombel et al. 2006). Auf der Suche über eine Dosisreduktion die Toxizität einer BCG-Therapie bei gleicher Wirksamkeit zu reduzieren, verglichen eine spanische Arbeitsgruppe 27 mg BCG (ein Drittel der Standarddosis) mit 13,5 mg BCG und Mitomycin C bei Patienten mit intermediärem Risikoprofil eines oberflächlichen Blasenkarzinoms. Dabei zeigt sich, dass 27 mg BCG die minimal effektive Dosis ist. Die Toxizität war in beiden BCG-Behandlungsgruppen vergleichbar (Ojea et al. 2007). Die Arbeitsgruppe um Martinez-Pineiro erarbeitete an Hand von vier prospektiv randomisierten Phase-IIIStudien zum Einsatz von BCG beim oberflächlichen Blasenkarzinom Prognosefaktoren zur Rezidiv- und Progressionswahrscheinlichkeit nach BCG-Behandlung. In diese multivariate Analyse flossen die Verläufe von 1491 Patienten mit hohem und intermediärem Risikoprofil eines oberflächlichen Blasenkarzinoms ein. Als signifikant unabhängige Risikofaktoren für das Auftreten eines Rezidivs wurden ermittelt: weibliches Geschlecht, frühere Rezidive, Multifokalität und begleitendes CIS. Als signifikant unabhängige Risikofaktoren für das Auftreten einer Progression wurden ermittelt: Alter (Alter über 60 Jahre hat eine schlechtere Prognose), frühere Rezidive, G3Tumoren, T1-Stadium und Rezidiv bei erster Zystoskopie (Fernandez-Gomez et al. 2008). Vergleicht man dies mit der Arbeit von Sylvester et al. 2006 zur Einschätzung der Rezidiv- und Progressionswahrscheinlichkeit oberflächlicher Blasenkarzinome, hat eine BCG-Therapie, wie zu erwarten, keinen Einfluss auf die Prognosefaktoren. Kommt es bei einem oberflächlichen Blasenkarzinom mit hohem Progressionsrisiko (pTa/pT1 G3) oder einem Carcinoma in situ nach einem 6-wöchigen BCG-Kurs nicht zu einer kompletten Remission, muss die Zystektomie diskutiert werden. Die Durchführung eines zweiten
419 23.4 · Therapie des oberflächlichen Urothelkarzinoms der Harnblase (Ta/T1 N0 M0)
Tab. 23.12. Einfluss eines zweiten BCG-Kurses auf die Rate kompletter Remissionen (CR) oberflächlicher Harnblasenkarzinome (pTa/pT1/Tis). (Nach Kavoussi et al. 1988) Stadium
Patienten (n)
CR nach1. Kurs BCG (%)
Therapieversager (n)
CR nach 2. Kurs BCG (%)
pTa/pT1
55
36
29
65
Tis
32
37
18
71
BCG-Kurses kann in bis zu 2/3 der Fälle zu einer kompletten Remission führen ( Tab. 23.12; Kavoussi et al. 1988). Die Datenlage zeigt insgesamt, dass durch eine BCGTherapie radikale Therapiemaßnahmen in Form einer Zystektomie mit Harnableitung hinausgezögert werden können. Letztlich wird nur eine prospektiv randomisierte Studie, die die radikale Zystektomie und die BCG-Instillation vergleicht, deutlich zeigen, welchen Stellenwert radikale Zystektomie und BCG-Therapie bei der Behandlung des oberflächlichen Hochrisikotumors haben. Zusammenfassende Bewertung In Übereinstimmung mit der EORTC können zur BCGTherapie folgende Aussagen festgehalten werden (van der Meijden et al. 2003):
Obwohl es bereits viele Kenntnisse über den immunmodulierenden Wirkmechanismus von BCG gibt, ist der exakte Wirkmechanismus in seiner gesamten Komplexität noch nicht bekannt.
Die intravesikale Anwendung ist anderen Applikationsformen überlegen.
BCG ist den Zytostatika in der Rezidivprophylaxe bei höherem Nebenwirkungsspektrum geringfügig überlegen.
In einer Metaanalyse ist ein geringer, aber signifikanter Einfluss auf die Tumorprogression belegt.
Eine Erhaltungstherapie ist effektiver, ohne dass ein optimales Schema existiert.
Applikationshinweise zur topischen Chemo- und Immuntherapie Die Chemotherapeutika können zur Rezidivprophylaxe oberflächlicher Harnblasenkarzinome (pTa/pT1) in folgender Dosierung angewandt werden: Mitomycin 20–40 mg/20 ml NaCl, Doxorubicin 30–50 mg/50 ml NaCl, Epirubicin 30–80 mg/30 ml NaCl. Die Instillation sollte für 1–2 h in der Blase belassen werden. Die bislang zugelassenen Medikamente zur intravesikalen Chemotherapie sind Mitomycin und Doxorubicin; Epirubicin ist zur intravesikalen Therapie nicht zugelassen.
Empfohlen wird, falls operationstechnisch möglich, die intravesikale Zytostatikaapplikation im direkten Anschluss an die TUR als Frühinstillation (EORTC-Guidlines 2008). Bei ausgedehnter Resektion oder Verdacht auf Blasenperforation ist eine Frühinstillation nicht indiziert, da eine Extravasation von z. B. Mitomycin C zu schweren und langwierigen Komplikationen mit extravesikaler Nekrose, sekundärer Perforation und distaler Harnleiterstenose führen kann (Nieuwenhuijzen et al. 2003; Oehlschlager et al. 2003). Eine Fortsetzung der intravesikalen Therapie ergibt sich bei Patienten mit pTa G3, pT1 G2–3 und pTis (falls keine Zystektomie geplant ist), rasch rezidivierenden pTa G2–3und pT1-Tumoren, Multifokalität des Tumors und Tumoren >3 cm (Tolley et al. 1996; Hinotsu et al. 1999). Die Anwendung erfolgt in der Regel, falls möglich, direkt im Anschluss an die TUR (spätestens nach 24 h), danach zunächst wöchentlich (oder alle 2 Wochen); anschließend in monatlichen Intervallen. Die Gesamtbehandlungsdauer sollte 6 Monate nicht übersteigen. Nur bei verzögertem Beginn der Therapie sollte die Behandlung über 12 Monate fortgeführt werden (Bouffioux et al. 1995). Die Applikationshinweise zur adjuvanten Immuntherapie oberflächlicher Blasentumoren mit BCG gestalten sich wie folgt:
Connaught 120 mg/50 ml NaCl, Pasteur 120 mg/50 ml NaCl,
Tice 50 mg/10 ml H2O, RIVM 108 U/50 ml NaCl. Die Applikation erfolgt frühestens 7 Tage nach durchgeführter TUR-B und dann wöchentlich über insgesamt 6 Wochen. Bei einer sich anschließenden Erhaltungstherapie über 3 Jahre erfolgen die Applikationen über jeweils 3 Wochen einmal wöchentlich in den Monaten 3, 6, 12, 18, 24, 30 und 36 (Lamm et al. 2000).
23.4.5 Radikale Zystektomie
Indikationen Das oberflächliche Blasenkarzinom ist keine generelle Indikation zur radikalen Zystektomie. Eine radikale Zystektomie sollte vor dem Hintergrund fehlender prospek-
23
420
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
tiv randomisierter Studien Patienten mit einem hohen Risiko der Tumorprogression vorbehalten bleiben. Dies sind Patienten mit rasch rezidivierenden T1 G2-Tumoren und Patienten mit T1 G3-Tumoren und/oder Carinoma in situ, die unter einer topischen Therapie nach vollständiger TUR innerhalb von 3 Monaten nicht in eine komplette Remission zu überführen sind.
Therapieresultate Insgesamt ist die Datenlage zur Zystektomie beim oberflächlichen Harnblasenkarzinom im Vergleich zur TUR und adjuvanter topischer Therapie hinsichtlich des tumorfreien Überlebens nicht eindeutig. Das krankheitsspezifische 5-Jahres-Überleben lag nach Einsatz einer konsequenten Erhaltungstherapie mit BCG bei 80 bzw. 88% (Serretta et al. 2004; Patard et al. 2001), wobei in einzelnen Untersuchungen wie von Thalmann et al. (2004) über eine mit 69% deutlich geringere 5-JahresÜberlebensrate berichtet wurde. Hinsichtlich der Zystektomie sind die Daten ebenfalls variabel. Die Untersuchungen von Stein et al. (2001) belegen bei 402 Patienten, die mit oberflächlichen Harnblasenkarzinomen zystektomiert wurden, ein 5-Jahreskrankheitsfreies Überleben von 83% bei einer perioperativen Mortalität von 2,8%. Malkowicz et al. (1990) führten die radikale Zystektomie bei 81 oberflächlichen Harnblasenkarzinomen durch, die durch transurethrale Tumorresektion und eine topische Therapie nur unzureichend therapiert werden konnten. Die korrigierte 5-Jahres-Überlebensrate für Patienten mit pTa-Tumoren betrug 100%, für pT1-Tumoren 80%, für pT1-Tumoren mit begleitendem Carcinoma in situ 78% und für Patienten mit primärem Carcinoma in situ 85%. Die operativ bedingte Mortalitätsrate lag bei 3%. Eine primäre lymphogene Metastasierung bei oberflächlichen Harnblasenkarzinomen (pT1/Tis) ist mit weniger als 5% selten (Smith u. Whitmore 1981). Stöckle et al. (1986) untersuchten im Rahmen einer retrospektiven Analyse den Einfluss der radikalen Zystektomie nach Erstnachweis eines oberflächlichen Harnblasenkarzinoms pT1 auf die 5-Jahres-Überlebensrate. Hierbei zeigt sich eine korrigierte 5-Jahres-Überlebensrate von 89% bei 55 Patienten mit histologisch nachgewiesenen Harnblasenkarzinomen pT1. Die im Rahmen der radikalen Zystektomie durchgeführte pelvine Lymphadenektomie zeigte nur bei 2% der Patienten eine generalisierte Erkrankung mit einem Lymphknotenbefall. Stöckle et al. korrelierten daraufhin die 5-Jahres-Überlebensrate nach Zystektomie und Erstnachweis eines Harnblasenkarzinoms pT1 mit den Resultaten einer verzögerten Zystektomie, die nach Auftreten eines Rezidivs eines pT1-Harnblasenkarzinoms durch-
geführt wurde. Auf diese Gruppe entfielen 18 Patienten. Die korrigierte 5-Jahres-Überlebensrate betrug nur 60%. Über vergleichbare Ergebnisse berichtet Herr (2001), der den Einfluss einer frühzeitigen Zystektomie (innerhalb der ersten 2 Jahre nach Erstdiagnose eines T1 G3Tumors) mit einer verzögerten Zystektomie (nach 2 Jahren nach Erstdiagnose) hinsichtlich des Überlebens verglich. Patienten, die nach initialer BCG-Therapie ein oberflächliches Harnblasenkarzinomrezidiv entwickelt hatten, überlebten nach einer medianen Nachsorge von 96 Monaten nach frühzeitiger Zystektomie in 92% der Fälle im Vergleich zu 56% der verzögert zystektomierten Patienten. Diejenigen Patienten, die nach initialer BCGTherapie einen Tumorprogress entwickelt hatten, zeigten eine Überlebensrate von 69% der früh zystektomierten gegenüber 26% der verzögert zystektomierten Patienten. Wenn nicht bei einem Patienten mit einem oberflächlichen Blasenkarzinom, der in die Hochrisikogruppe bezogen auf die Progression fällt, eine sofortige Zystektomie angestrebt wird, stellt sich auf dem Boden der heutigen Datenlage die Indikation zur Zystektomie nach BCGTherapie bei mindestens einem der folgenden Befunde (Soloway et al. 2002; Raj et al. 2007):
Auftreten von muslkelinvasivem Tumor
T1 G3-Rezidiv/Persistenz nach 3 und 6 Monaten
Rezidiv oder Persistenz von CIS
Tumor an schlechter Lokalisation (vorderer Blasenhals)
Urothelkarzinom in prostatischen Ductus oder Stroma Nach Herr et al. sollte ein BCG Versagen erst nach einem Zeitraum von 6 Monaten deklariert werden (Herr et al. 2003). Bei Tumorpräsenz nach 3-monatiger BCG Therapie, konnte in verschiedenen Studien ein komplettes Ansprechen in 50% der Fälle, sowohl bei papillären als auch bei CIS, demonstriert werden (Herr et al. 2003; Sylvester et al. 2005) Diesem Konzept widerspricht Solsona et al., die ein BCG-Versagen bereits nach 3-monatiger Therapie postulieren und auf ein signifikant schlechteres Outcome nach diesem Zeitraum hinweisen (Solsona et al. 2000). In einer kürzlich publizierten Studie von Lerner et al. konnte gezeigt werden, dass ein Verfehlen eines kompletten Ansprechens auf eine BCG-Induktionstherapie mit einem signifikant erhöhtem Risiko für Patienten mit CIS und Ta/T1-Tumoren einhergeht (Lerner et. al 2008). Indikationen zur sofortigen Zystektomie bestehen bei (Soloway et al. 2007)
der mikropapillären Variante des Urothelkarzinoms (Häufigkeit 0,7%, immer G3, 5-Jahres-Überlebensrate 25%) sowie bei
lymphovaskulärer Invasion des Primärtumors.
421 23.5 · Therapie des Carcinoma in situ der Harnblase
Soloway erwägt bei diesen beiden Befunden sogar den Einsatz einer neoadjuvanten Chemotherapie, aufgrund der schlechten 5-Jahres-Überlebensraten.
23.4.6 Blasenteilresektion
Bei der Blasenteilresektion wird der Blasentumor mit einer umgebenden Blasenmanschette, die gesamte Blasenwand miterfassend, durch Schnittoperation entfernt. Die 5-Jahres-Überlebensrate nach Blasenteilresektion beträgt für pTa-Tumoren annähernd 100%, für pT1-Tumoren 79% (Brannan et al. 1978; Cummings et al. 1978). Eine aktuelle Arbeit belegt diese Daten, in der das 5-Jahre-krankheitsfreie Überleben für Patienten mit einem maximal pT1-Tumor mit 100% angegebenen wird (Holzbeierlein et al. 2004). Aufgrund der verbesserten transurethralen Resektionstechnik und der zu erwartenden Rezidivhäufigkeit, die durch die Blasenteilresektion nicht eingeschränkt werden kann, besteht heute nahezu keine Indikation für diese Therapiemaßnahme. Allenfalls bei Patienten, die aus anästhesiologischen Gründen für eine radikale Zystektomie nicht in Frage kommen, kann die Indikation zur Blasenteilresektion beim solitären Tumor am Blasendach oder als Divertikulektomie beim Divertikelkarzinom gestellt werden.
23.4.7 Strahlentherapie
und Radiochemotherapie Das Konzept einer organerhaltenden Therapie mit Hilfe einer TUR-B und nachfolgender Strahlentherapie oder Radiochemotherapie hat sich bisher nicht durchgesetzt. Zur alleinigen Strahlentherapie des oberflächlichen Blasenkarzinoms (T1-Tumoren) mit 55–57,5 Gy berichteten Quiliy und Duncan 1986 über 190 Patienten mit insgesamt schlechten Ergebnissen: Die Ansprechrate lag bei 48%, die lokale Tumorkontrolle bei 28% und das 5-Jahres-Gesamtüberleben bei 61%. Eine prospektiv randomisierte Multicenterstudie verglich bei insgesamt 128 Patienten mit T1 G3-Tumoren eine radikale Strahlentherapie (60 Gy) mit einer konservativen intravesikalen Therapie (BCG/MMC). Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 44 Monaten entwickelten 69% der strahlentherapierten und 71% der konservativ therapierten Patienten ein Rezidiv und 59% versus 48% der Patienten entwickelten einen Progress (Harland et al. 2007). Im Gegensatz zu diesen schlechten Daten berichtet die Erlangener Arbeitsgruppe um Sauer und Rödel über positive Daten. Im Rahmen eines multimodalen Konzeptes werden die Patienten nach TUR-B, die möglichst als R0-Resektion erfolgen sollte, mit einer Radiochemothe-
rapie (Cisplatin oder Carboplatin) behandelt. Sollte in der TUR-Nachresektion nach Strahlentherapie noch ein Residuum sein, so wird der Patient zystektomiert. Mit diesem Konzept erzielte die Arbeitsgruppe bei T1 G3-Tumoren (84 Patienten) eine 5- und 10-Jahres-Progressionsrate von 13% und 29%. Die krankheitsspezifische Überlebensrate nach 5 und 10 Jahren betrug 81% und 70%. Bei über 80% der Patienten konnte mit diesem Verfahren die Blase erhalten werden (Weiss et al. 2006). Diese positiven monozentrischen Daten sollten im Rahmen einer randomisierten Studie evaluiert werden. Hierzu liegt ein Studienprotokollvorschlag bereits vor (Weiss et al. 2008).
23.5
Therapie des Carcinoma in situ der Harnblase
G. Jakse, G. Lümmen 1952 beschrieben Melicow u. Hollowell erstmals exophytische Blasenkarzinome, die in unmittelbarer Umgebung Urothelveränderungen aufwiesen, die als In-situ-Karzinom bezeichnet wurden. In weiterer Folge zeigten Melicow und Hollowell, dass In-situ-Karzinome multifokal in der Harnblase auftreten können. Schließlich waren es Melick u. Naryka (1968) und Melamed et al. (1960), die in Langzeituntersuchungen an kanzerogen exponierten Chemiearbeitern nachwiesen, dass In-situ-Karzinome nach unterschiedlicher Latenzzeit der Ursprung von soliden oder papillären Blasenkarzinomen sind.
23.5.1 Definition
Das Karzinoma in situ der Harnblase ist ein nichtinvasives, nichtpapilläres (flaches) Urothelkarzinom (UICC 2002). Mikroskopisch ist es durch Zellen mit großen, irregulären hyperchromatischen Kernen charakterisiert, die die gesamte Dicke des Urothels, aber auch nur Teile davon einnehmen (Epstein et al. 1998). Das In-situKarzinom entspricht in seinem morphologischen Aussehen naxh einem Urothelkarzinom von hohem Malignitätsgrad. Es gibt keine Subklassifizierung entsprechend unterschiedlicher Tumorgrade. Die mittlere Dysplasie ist zum Teil und die schwere Dysplasie vollständig in das Insitu-Karzinom aufgegangen (Norming et al. 1992). Diese Veränderung der Definition erschwert die Beurteilung der bisherigen Literatur erheblich.
Primäres In-situ-Karzinom: Kein vorangegangener oder gleichzeitiger exophytischer oder invasiver Blasentumor.
23
422
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Sekundäres In-situ-Karzinom: Nach Resektion eines sichtbaren Tumors in der Nachsorge diagnostiziert.
Assoziiertes In-situ-Karzinom: Wird gleichzeitig mit einem sichtbaren papillärem oder solidem Blasenkarzinom diagnostiziert. Es sind dabei nicht die Ausläufer oder Randbezirke des sichtbaren Tumors gemeint. Das In-situ-Karzinom muss gegenüber der Dysplasie abgegrenzt werden, da die Bedeutung für die Entwicklung des In-situ-Karzinoms oder des Ta/T1-Tumors und die diagnostische Sicherheit unklar ist. Kiemeney et al. (1994) zeigten, dass Patienten mit In-situ-Karzinom oder Dysplasie in der systematischen Blasenbiopsie eine höhere Tumorprogressionsrate haben als Patienten mit normaler Histologie, wobei das Risiko bei Patienten mit In-situKarzinom am höchsten war. Ähnlich konnten Cheng et al. (1999) nachweisen, dass im Falle einer unbehandelten Dysplasie in etwa 19% ein In-situ-Karzinom oder invasives Karzinom entsteht. Im Gegensatz dazu war es in einer Serie von 1500 Patienten mit oberflächlichen Tumoren nicht möglich, den Einfluss der Dysplasie auf die Tumorprogression nachzuweisen (Milan-Rodriguez et al. 2000). Der Grund für die kontroversen Ergebnisse liegt wahrscheinlich in der diagnostischen Unterscheidung von Dysplasie und In-situ-Karzinom. So zeigten Sharkey u. Sarosdy (1979), dass der lokale Pathologe und der Review-Pathologe in einem hohen Prozentsatz unterschiedlicher Meinung sind. Dieser Unsicherheit trägt die neue Klassifikation des In-situ-Karzinoms Rechnung, da die mittlere (zum Teil) und schwere Dysplasie als In-situKarzinom bezeichnet werden.
23.5.2 Inzidenz
5–19% der Patienten mit einem oberflächlichen Urothelkarzinom weisen ein begleitendes In-situ-Karzinom auf (Kaasinen et al. 2003; Palou et al. 2001). Nur eine geringe Anzahl der In-situ-Karzinome werden als primäre Tumoren diagnostiziert. Die Mehrzahl der Tumoren wird assoziiert mit High-grade-T1-Tumoren bei systematisch entnommener Biopsie und sichtbarer Schleimhautveränderung entdeckt. Das primäre In-situ-Karzinom wird in 17–30% dieser Patienten diagnostiziert (Orozco et al. 1994; Kaasinen et al. 2003; Jakse et al. 2001; Griffiths et al. 2002; De Reijke et al. 2005), während es sich um ein sekundäres und assoziiertes In-situ-Karzinom bei bis zu 42% bzw. Jakse et al. 1980% der Patienten handelt (Herr u. Donat 1999; Kurth et al. 1995; Bollina et al. 1996; Wijkström u. Kaasinen 2999; Witjes et al. 1998). Es besteht eine direkte Korrelation des sekundären In-situKarzinoms mit Tumordifferenzierung und Invasionstiefe
des initialen Tumors (Orozco et al. 1994). Die Inzidenz steigt mit dem Tumorgrad des exophytischen Tumors von 6–35% auf 58–65% für Grad-1+2- und Grad-3-Tumoren (Bollina et al. 1996; Wijkström u. Kaasinen 1999). Das sekundäre In-situ-Karzinom wird in der Nachsorge durch Nachweis von Tumorzellen in der Urinzytologie mit nachfolgender systematischer Biopsie entdeckt. Durch die photodynamisch assistierte Zystoskopie wird sich möglicherweise die Anzahl der so entdeckten Insitu-Karzinome erhöhen.
23.5.3 Klinische Präsentation
Patienten mit primären In-situ-Karzinomen haben als Leitsymptom Pollakisurie, Dysurie und Schmerzen, die suprapubisch oder perineal lokalisiert werden (Jakse et al. 19809). Eine Makrohämaturie ist bei 25% und eine Mikrohämaturie bei 17% als einziges Symptom nachweisbar. Jedoch haben 70% der Patienten mit In-situ-Karzinom eine Mikrohämaturie, dieser Befund ist vor allem für die Nachsorge von Bedeutung. Häufig führen die uncharakteristischen Symptome zur Verzögerung der Diagnosestellung. Die häufigsten Fehldiagnosen sind chronische Prostatitis und interstitielle Zystitis. So haben 23% der Männer und 1,3% der Frauen, die wegen einer interstitiellen Zystitis behandelt werden, ein In-situ-Karzinom (Shariat et al. 2005; Utz u. Zincke 1974). Die durchschnittliche Beschwerdedauer bis zur Diagnose beträgt etwa 23 Monate (Jakse et al. 1980). 20–30% der Blasenkarzinompatienten haben zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits muskelinvasive Tumoren. Viele dieser Patienten berichten über länger dauernde Beschwerden, die jenen gleichen, über die Patienten mit In-situ-Karzinomen berichten. Aus diesem Grund ist bei Patienten mit den oben angeführten Beschwerden der frühzeitige diagnostische Einsatz der Urinzytologie und Zystoskopie gerechtfertigt. Es aber zu beachten, dass das In-situ-Karzinom als unspezifische entzündliche Veränderung imponieren kann oder sich ohne zystoskopisch sichtbare Veränderungen darstellt (Jakse 1999; Kurth et al. 1995). Die photodynamisch assistierte Zystoskopie kann bei diesen Patienten wesentliche zusätzliche Information liefern (Schmidbauer et al. 2004).
23.5.4 Diagnostik
Die Zystoskopie zeigt typischerweise umschriebene, gerötete, einzelne oder multiple, etwas erhabene Blasenschleimhautbezirke (Kurth et al. 1995). Zaak et al. (2002) führten die Fluoreszenzzystoskopie mit anschließender
423 23.5 · Therapie des Carcinoma in situ der Harnblase
Biopsie von fluoreszenzpositiven Bezirken durch. Die Rate von Dysplasien Grad 2 und In-situ-Karzinomen, die durch die normale Weißlicht-Zystoskopie entdeckt wurden, erhöhte sich um 30% bzw. 53%. Ähnliche Ergebnisse wurden von Schmidbauer et al. publiziert (2004). Die Blasenspülflüssigkeitl, zur Gewinnung eines urinzytologischen Präparates entnommen, zeigt bei mehr als 90% der Patienten mit In-situ-Karzinom Tumorzellen (Brown 2000; Kausch u. Bohle 2001; Lokeswhar u. Soloway 2001; Williams et al. 1996). Dieser hohe Prozentsatz ist jedoch nur zu erreichen, wenn unzureichende Präparate durch neue Proben ersetzt werden (Witjes et al. 1992). Bei 8% der Patienten mit positiver Urinzytologie werden bei endoskopisch unauffälligem Befund In-situ-Karzinome bioptisch nachgewiesen (Jakse et al. 1980). Dieser Prozentsatz wird durch die photodynamisch assistierte Zystoskopie um etwa 25% erhöht (Schellhammer et al. 1995; Zaak et al. 2002). Die Untersuchung des Spontanurins sollte jenen Gruppen vorbehalten werden, die aufgrund ihrer beruflichen Exposition ein signifikantes Blasenkarzinomrisiko haben und sich regelmäßig zur Screeninguntersuchung vorstellen. Es besteht Unklarheit, ob die Untersuchung des Spontanurins oder die Blasenspülflüssigkeit bessere Ergebnisse bringt. Die meisten Untersucher sind sich jedoch einig, dass bei Blasenspülflüssigkeit die Anzahl der Zellen höher und die Klarheit des Präparates besser ist (Esposti u. Zajicek 1972; Koss et al. 1985; Murphy et al. 1981), so dass die Entnahme der Blasenspülflüssigkeit bei erforderlicher Zystoskopie die Methode der Wahl ist. Ob der Einsatz von Urinmarkern als ergänzende Untersuchung die Anzahl der Patienten erhöht, die an einem In-situ-Karzinom erkrankt sind und durch die Urinzytologie detektiert werden, muss in entsprechend konzipierten Studien überprüft werden (Lokeshwar et al. 2005; Lotan u. Roehrborn 2003). Wegen der geringen Anzahl von In-situ-Karzinompatienten war durch die bisherigen Untersuchungen eine diesbezügliche Ausagen nicht möglich (Ramakumar et al. 1999). HA-Haase, BLCA-4, Telomerase und Urovysion weisen eine hohe Sensitivität auf und sind daher besonders für diese Untersuchungen geeignet (Lokeshwar et al. 2005; Lotan u. Roehrborn 2003). Die Diagnose des In-situ-Karzinoms wird durch die Blasenschleimhautbiopsie gestellt. Diese kann in Form der Zangenbiopsie erfolgen. Es werden die zystoskopisch auffallenden Areale und Stellen beidseits der Ureterostien, das Trigonum sowie Hinter- und Vorderwand biopsiert, um das Ausmaß des In-situ-Karzinoms abzuschätzen. Der Pathologe ist über den klinischen Verdacht zu informieren, da es durch geringe Adhärenz der Tumorzellen zur teilweisen Ablösung des Urothels kommen kann und dann eine sog. »denuding cystitis« bei positiver
Urinzytologie den Verdacht auf das Vorliegen eines Insitu-Karzinoms nahe legt. Bei diesen Patienten muss zur Sicherung der Diagnose neuerlich eine Biopsie durchgeführt werden. Da das In-situ-Karzinom begleitend im oberen Harntrakt und der Urethra auftreten kann, ist eine diesbezügliche weiterführende Diagnostik erforderlich. Etwa 25–40% der Patienten mit In-situ-Karzinom der Harnblase weisen einen Befall der prostatischen Harnröhre auf (Farrow et al. 1977; Kurth et al. 1995). Die Abklärung der prostatischen Harnröhre erfolgt durch die Resektionsbiopsie, die bei 5 und 7 Uhr vom Blasenhals bis zum Kollikulus entnommen wird. Die Zangenbiopsie ist in der Sensitivität und der Beurteilung der möglichen Invasion nicht ausreichend. Es gibt keine systematische Untersuchung hinsichtlich der Inzidenz von In-situ-Karzinomen der weiblichen Harnröhre. Man kann jedoch indirekt aus der Anzahl von Urethrarezidiven nach Zystektomie schließen, dass bei Patienten mit Carzinoma in situ am Blasenhals auch ein In-situ-Karzinom in der Urethra vorliegt. Coloby et al. (1994) fanden bei 47 Zystourethrektomiepräparaten in 7% einen urethralen Tumor. Bei allen Präparaten war auch das Trigonum befallen. Ähnliche Ergebnisse wurden von Stein et al. (2003) berichtet. Ali-El-Dein et al. (2004) diagnostizierten nach einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 36 Monaten ein urethrales Rezidiv bei 11 Frauen mit In-situ-Karzinom nach Zystektomie und orthotopen Blasenersatz. Es sollte daher bei Frauen unbedingt eine Biopsie am Blasenhals entnommen werden, um eine Information über die Ausdehnung des Insitu-Karzinoms in die Harnröhre zu erhalten. Die Untersuchung des oberen Harntrakts erfolgt durch das Ausscheidungsurogramm und die Entnahme der Urinzytologie über einen Ureterkatheter (Solsona et al. 2000). Ob die urinzytologische Untersuchung des oberen Harntrakts nur bei jenen Patienten erforderlich ist, die einen unauffälligen bioptischen Befund in Blase und Harnröhre aufweisen, ist ungeklärt. Weiterführende Untersuchungen wie Computertomographie des Abdomens oder Knochenszintigraphie sind beim In-situ-Karzinom der Harnblase nicht erforderlich, ausgenommen sind Patienten mit muskelinvasiven Blasenkarzinomen oder Invasion in die Prostata.
23.5.5 Therapie
Das primäre und sekundäre In-situ-Karzinom, welches auf die Harnblase beschränkt ist, ist die Domäne der intravesikalen Immuntherapie mit BCG. Die TUR von sichtbaren In-situ-Karzinomarealen ohne zusätzliche intravesikale Instillationstherapie führt nur in der Aus-
23
424
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
nahme zur kompletten Tumorentfernung (Wolf et al. 1994). Bei assoziierten In-situ-Karzinomen wird der exophytische Tumor die Therapieentscheidung beeinflussen. Das In-situ-Karzinom ist bei diesen Patienten als negativer prognostischer Faktor zu werten und beeinflusst die Entscheidung in Richtung aggressive Therapie. Es gibt jedoch keinen randomisierten Vergleich von sofortiger Zystektomie und intravesikaler Therapie, so dass hier die Entscheidung immer individuell sein wird.
Intravesikale Chemotherapie Verschiedene Zytostatika wie MMC, Adriamycin, Epirubicin wurden zur Behandlung des In-situ-Karzinoms eingesetzt. Komplette bioptisch und zytologisch nachgewiesene Tumorremissionen wurden bei bis zu 70%der Patienten beschrieben (De Reijke et al. 2005). Die Remissionsdauer wird mit durchschnittlich 20 Monaten angegeben. Die Toxizität der Behandlung ist akzeptabel und jener bei intravesikaler Instillationsbehandlung zur Rezidivprophylaxe eines oberflächlichen Blasenkarzinoms vergleichbar. Ein Wechsel des Zytostatikums bei fehlendem Ansprechen oder bei Rezidiv ist möglich. Welches Zytostatikum das effektivste ist, kann aufgrund fehlender randomisierter Studien mit genügender Patientenzahl nicht angegeben werden (Schwalb et al. 1992; Shariat et al. 2001; Ali-El-Dein et al. 2004; Jauhiainen et al. 1986; Solsona et al. 1991). Die intravesikale Chemotherapie kann auch bei Patienten eingesetzt werden, die auf intravesikale BCGTherapie nicht mit einer kompletten Tumorremission reagieren. Unter der Vorstellung, dass durch eine initiale Chemotherapie die Wirksamkeit von BCG verstärkt wird, wurde die alternierende MMC- und BCG-Instillation in einer randomisierten Untersuchungen überprüft (Kaasinen et al. 2003). Es fand sich jedoch kein Unterschied in der Rate an kompletten Remissionen (75% MMC+BCG vs. 83% BCG allein). Ebenso war der Prozentsatz an Patienten mit länger dauernder (56 Monate) Tumorremission nicht signifikant unterschiedlich (45 vs. 55%). Eine Studie mit BCG plus Epirubicin versus BCG allein ist aufgrund der geringen Fallzahl nicht aussagekräftig, jedoch muss man annehmen, dass die alternierende Chemo- und BCG-Therapie der alleinigen Behandlung mit BCG nicht überlegen ist (Ali-El-Dein et al. 2004).
Intravesikale Immuntherapie mit BCG Die intravesikale Immuntherapie mit 6 Instillationen von BCG führt in bis zu 80% der Patienten zur kompletten Tumorremission. Der randomisierte Vergleich zwischen TUR und TUR plus intravesikaler BCG-Instillationsthe-
rapie (6 Instillationen) zeigte, dass bei einer Mindestbeobachtungszeit von 3 Jahren 65% der Patienten im BCGArm tumorfrei waren, während alle im Kontrollarm ein Tumorrezidiv entwickelt hatten (Herr et al. 1986). Obwohl es sich um eine Studie mit geringer Fallzahl handelt (46 Patienten), ist dieses hoch signifikante Ergebnis die unbestrittene Grundlage für die Indikation zur intravesikalen BCG-Therapie bei Patienten mit In-situ-Karzinom. Abgesehen von dem holländischen BCG-Stamm RIVM ergeben alle derzeit im Handel befindlichen BCGStämme vergleichbare Ergebnisse (Withjes et al. 1992; Vegt et al. 1995). Kommt es nach der ersten Serie von 6 Instillationen nicht zur kompletten Remission, kann durch einen zweiten Instillationszyklus bei etwa 50% der Patienten eine Remission erzielt werden (Jakse et al. 2001). Es besteht kein Unterschied hinsichtlich primärem und sekundärem In-situ-Karzinom. Langzeitergebnisse zeigten, dass es nach initialer kompletter Remission in bis 40% der Fälle zu einem Tumorrezidiv kommt (De Jager et al. 1991; Jakse et al. 2001; Herr et al. 1986). Um Tumorrezidive zu verhindern, wird die Auffrischung durch BCG-Instillationen nach 3 bzw. 6 Monaten für insgesamt 3 Jahre empfohlen. Diese Empfehlung basiert auf den Ergebnissen einer randomisierten Untersuchung von Lamm et al. (2000), die zeigte, dass die sog. Maintenance-Therapie der Therapie mit 6 Instillationen sowohl in der Anzahl von kompletten Respondern als auch in der Zeit des tumorfreien Überlebens signifikant überlegen ist (Lamm et al. 2000). Der Grund dafür ist u. a. die Erhöhung der Rate an kompletten Tumorremissionen von 55% nach dem Induktionszyklus auf 84% unter Erhaltungstherapie. Einschränkend ist festzuhalten, dass nur 16–30% der Patienten diese Behandlung bis zum Ende der 3 Jahre tolerieren (Lamm et al. 1992; Van der Meijden et al. 2001, 2003). Eine Metaanalyse von Sylvester et al. (2002) zeigte, dass die BCG-Therapie die Tumorprogressionsrate im Vergleich zu intravesikaler Chemotherapie oder anderer Immuntherapie um 35% reduziert. Berücksichtigt man jedoch die objektiven Zahlen von 12% gegenüber 16% und die kurze Beobachtungszeit, so muss sich dieser Vorteil erst nach Evaluierung von Langzeitstudien bestätigen. Ebenso ist die sequenzielle Therapie von Chemotherapie und BCG der BCG-Maintenance-Therapie unterlegen. Nach einer mittleren Beobachtungszeit von 56 Monaten waren 55% der Patienten, die mit BCG behandelt wurden, tumorfrei, während dies nur bei 45% der Patienten, die mit BCG und MMC behandelt wurden, der Fall war (Kaasinen et al. 2003). Die Nebenwirkungen von BCG sind im Vergleich zur intravesikalen Chemotherapie ausgeprägter. Schwerwie-
425 23.5 · Therapie des Carcinoma in situ der Harnblase
Tab. 23.13. Intravesikale Chemotherapie: Vergleich von MMC mit BCG Studie
BCG
Chemotherapie
Medianes Follow-up (Jahre)
BCG versus MMC (Malmstrom)
23/41
14/42
5,3
BCG versus Adriamycin (Lamm)
26/64
8/67
5,4
BCG versus Epirubicin (De Reijke)
37/84
16/84
5,6
gende Nebenwirkungen der BCG-Therapie, wie BCGitis, abszedierende Entzündung in Niere und Hoden oder Ausbildung einer Schrumpfblase, werden bei weniger als 5% der Patienten beobachtet (Lamm et al. 1992). Das Ausmaß der lokalen und systemischen Reaktion korreliert nicht mit der Ansprechrate. Die Nebenwirkungen werden vor allem anfänglich und während der frühen Phase der Maintenance-Therapie beobachtet (Saint et al. 2001; Margia et al. 2002). Bis zu 20% der Patienten beenden wegen der Nebenwirkungen diese Behandlung frühzeitig, wobei etwa 2/3 der Patienten dies während der ersten 6 Monate tun (Van der Meijden et al. 2003). Boehle et al. (2003) weisen daraufhin, dass die zystitischen Beschwerden bei BCG häufiger als bei Mitomycin auftreten, dass dies aber unabhängig von der Erhaltungstherapie zu beobachten ist. Um die Toxizität der Behandlung zu reduzieren, wurde die Dosis von BCG auf die Hälfte bzw. 1/3 der Standarddosis gesenkt. Zwei randomisierte Studien mit kleinen Patientenzahlen ergaben kontroverse Ergebnisse. Die Studie von Martinez-Pinero et al. (2002) zeigte einen Trend zu einer höheren Rate von Tumorprogression und tumorassoziertem Tod, während Bassi et al. (2005) bei einer Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren für Patienten mit der reduzierten Dosis eine signifikant höhere Rate (62%) von Rezidivfreiheit gegenüber der Standarddosis (33%) beobachtete.
Intravesikale Chemotherapie und BCG: randomisierter Vergleich Es wurde in mehreren randomisierten Studien versucht, zu klären, ob die intravesikale Chemotherapie oder BCGTherapie effektiver hinsichtlich Tumorremission und bleibender Tumorfreiheit ist. Es gibt jedoch nur zwei Studien, die eine ausreichende Patientenzahl aufweisen. Lamm et al. (1991, 1992, 2000) zeigten, dass durch BCG eine höhere Rate von kompletten Remissionen (70%) im Vergleich zu Adriamycin (34%) zu erzielen ist (Thalmann et al. 2002). 45% der Patienten mit kompletter Remission nach BCG blieben bei einer Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren tumorfrei, während dies nur bei 18% der Patienten nach Adriamycin der Fall war.
De Reijke et al. (2005) verglichen BCG mit Epirubicin. Beide Gruppen erhielten eine Erhaltungstherapie. Die komplette Remissionsrate war mit 65% für BCG und 56% für Epirubicin nicht signifikant unterschiedlich. Patienten mit Tumorremission hatten durchschnittlich nach 5,1 Jahren und 1,4 Jahren ein Tumorrezidiv nach BCG und Epirubicin. Nach einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 64 Monaten waren 56% im BCG-Arm und 33% im Epirubicin-Arm tumorfrei. Die 5-Jahres-Rezidivfreiheit war mit 55% gegenüber 26% signifikant besser für Patienten, die mit BCG behandelt wurden. MMC wurde in Studien mit geringerer Fallzahl untersucht und zeigte keinen Vorteil der Chemotherapie gegenüber BCG ( Tab. 23.13; Studer et al. 1989; Sylvester et al. 2006).
BCG-Versager Etwa 30% der Patienten werden unter BCG-Therapie nicht tumorfrei, und etwa 40% entwickeln zu einem späteren Zeitpunkt ein Tumorrezidiv. Für die erste Gruppe von Patienten kann durch einen zweiten Zyklus eine Tumorremission in 50% erreicht werden (Melamed et al. 1960). Anders verhält es sich bei Patienten, die wegen eines frühen Rezidivs eine neuerliche BCG-Therapie erhalten. 11 von 15 Patienten sprachen auf die neuerliche Behandlung nicht an und entwickelten ein muskelinvasives oder extravesikales Rezidiv (Morgia et al. 2002). Zytostatika oder andere Immuntherapeutika werden als Zweitlinientherapie eingesetzt. Für Valrubicin, Gemcitabine und Interferon-α werden Remissionsraten von 21% (Kurth et al. 1995) und 45% berichtet (Steinberg et al. 2000; Williams et al. 1996; Dalbagni et al. 2002). Die damit zu erreichenden Tumorremissionsraten von weniger als 50% rechtfertigen diese Therapie aber nur bei Patienten, die nicht für die Zystektomie geeignet sind.
Andere Immuntherapieformen Intravesikal instilliertes IFN-α führt in einer Dosis von 100 Mio. IE bei 43% der Patienten zur Tumorremission (Cheng et al. 1999). Nach 12 Monaten waren jedoch nur
23
426
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
mehr 21% der Patienten rezidivfrei. Obwohl es keine randomisierte Vergleichsuntersuchung gibt, kann angenommen werden, dass Interferon-α keinen Platz in der Therapie des In-situ-Karzinoms hat. Bropirimine, ein oraler Immunmodulator, wurde in einer randomisierten Studie mit BCG eingesetzt. Nach einem maximalen Follow-up von 3 Jahren waren 87% der Patienten mit kompletter Tumorremission nach BCG tumorfrei im Vergleich zu 64% im Bropirimine-Arm (Van Gils-Gielen et al. 1995). Obwohl Bropirimine beim In-situ-Karzinom effektiv ist, wird es aufgrund des Nebenwirkungsprofils nicht eingesetzt (Nseyo et al. 1998).
Photodynamische Therapie Durch die intravenöse oder intravesikale Instillation von Photosensitizern und anschließender Bestrahlung mit einer dem Photosensitizer in der Wellenlänge angepassten Laserquelle ist die Zerstörung von In-situ-Karzinomen und exophytischen Tumoren möglich. Nseyo et al. (1998) behandelte 36 Patienten mit i.v. Porfimer und anschließender Bestrahlung der gesamten Blase mit einem Argonlaser bei 630 nm Wellenlänge. Alle Patienten hatten ein In-situ-Karzinom und 2 vorangegangene und fehlgeschlagene intravesikale Chemo- und Immuntherapien inklusive BCG. Nach 12 Monaten waren 53% der Patienten ohne Rezidiv (Jakse et al. 2001). 17% starben während dieser Zeit am Tumor. Eine Schrumpfblase oder Dysurie/Pollakisurie wurde bei 19% bzw. 94% der Patienten festgestellt. Nach intravesikaler Instillation von 5-Aminolevulinsäure und anschließender Bestrahlung mit einem KTP-Laser (633 nm) konnte bei 5 von 10 Patienten mit In-situ-Karzinom bei einer Nachsorgezeit von 19–34 Monaten eine Tumorfreiheit erzielt werden (Berger et al. 2003). Die Anzahl der Behandlungen, die zur Tumorfreiheit führte, und die zusätzlich erforderlichen TUR sind aus der Publikation nicht zu erkennen. Alle Patienten hatten zumindest ein Tumorrezidiv oder waren BCG-Versager. Die lokale Toxizität war zu vernachlässigen. Diese Ergebnisse müssen an einem größeren Krankengut und im randomisierten Vergleich mit intravesikaler BCG-Therapie bestätigt werden.
Zystektomie Indikationen Die Zystektomie ist bei der Mehrzahl der Patienten zum Zeitpunkt der Erstdiagnose nicht erforderlich. Es wird angenommen, dass dadurch etwa 50% der Patienten unnötig die Blase verlieren. Leider sind klare Indikationen wegen fehlender randomisierter Studien nicht definiert.
Es wird immer eine individuelle patientenangepasste Entscheidung bleiben, jedoch gibt es gute Hinweise, welche die Indikation zur Zystektomie nahelegen. Wurde die Zystektomie bei primären In-situ-Karzinomen ohne Vorbehandlung durchgeführt, so wurde bei 3 von 15 Patienten bereits ein infiltrierender Tumor nachgewiesen, jedoch starb keiner der Patienten am Karzinom (Farrow et al. 1977). Zusätzlich lag ein Befall der prostatischen Harnröhre bei 37% und der Harnleiter bei 57% der Zystektomiepräparate vor. Die Präparate von Patienten, die wegen eines In-situ-Karzinoms mit assoziiertem Ta/ T1-Tumor zystektomiert werden, weisen in 20–30% bereits einen fortgeschrittenen Tumor (pT2 und mehr) auf. Diese Ergebnisse sollten jedoch nur mit Einschränkung berücksichtigt werden, da die Art der Vorbehandlung und die Anzahl der vorangegangenen Rezidive unbekannt ist.
High-grade-T1-Karzinom mit assoziiertem In-situ-Karzinom Das High-grade-T1-Karzinom ist in bis zu 50% von einem In-situ-Karzinom begleitet. Das In-situ-Karzinom hat bei diesen Patienten einen signifikanten Einfluss auf die Tumorprogression. Die Tumorprogressionsrate bei intravesikaler Chemotherapie wird mit etwa 80% innerhalb von 5 Jahren angegeben (Studer et al. 1989). Die intravesikale BCG-Therapie kann die Tumorprogression im 1. Jahr verhindern, ob dies für 5 Jahre ebenso gilt, ist unklar (Sylvester et al. 2002). Die Dauer der BCG Therapie und die initiale Tumorfreiheit, durch 2. TUR abgesichert, sind von entscheidender Bedeutung (Jakse et al. 2004). Griffiths et al. (2002) und Davis et al. (2002) berichteten, dass eine BCG-Therapie ohne Erhaltungstherapie nicht erfolgreich ist. Im Gegensatz dazu wurde von Pansadoro et al. (2002) an 81 Patienten mit einer Nachsorgezeit von durchschnittlich 76 Monaten gezeigt, dass bei BCGErhaltungstherapie die Progressionsrate nur 15% beträgt und 6% der Patienten am Tumor sterben. Wird eine konservative Therapie verfolgt, ist der Zeitpunkt zur Änderung der Therapie von enormer Bedeutung. Herr et al. (2003) zeigten, dass bei Vorliegen einer negativen Zytologie und einer negativen Biopsie nach 6 Monaten das Risiko der Tumorprogression innerhalb von 5 Jahren bei 11% liegt. Bei multifokalem T1-Tumor und diffusem In-situKarzinom ist wegen des Risikos der Unterschätzung der Tumorausbreitung die primäre Zystektomie angezeigt. Ebenso ist bei Persistenz des In-situ-Karzinoms, positiver Zytologie oder Rezidiv des T1-Tumors bei erster Kontrolle nach 3–6 Monaten die Indikation zu Zystektomie gegeben, da die Tumorprogressionsrate innerhalb eines Jahres zwischen 3 und 43% beträgt (Herr et al. 2003).
427 23.5 · Therapie des Carcinoma in situ der Harnblase
Extravesikale Tumormanifestation In-situ-Karzinome der prostatischen Harnröhre werden bei 20–40% der Patienten diagnostiziert (Shariat et al. 2005; Griffieths et al. 2002; Solsona et al. 1991). Häufig liegt bei diesen Patienten gleichzeitig ein Befall der Harnleiter vor (Jakse et al. 1989). Die TUR der prostatischen Harnröhre und anschließende BCG-Therapie ist mit einem hohen Rezidivrisiko mit Metastasierung belastet (Schellhammer et al. 1995; Herr u. Donat 1999). Das Risiko der Tumorprogression ist für Patienten mit Befall der Drüsengänge geringer (11%) als für Patienten mit Stromainvasion (100%). Ein asymptomatischer Harnleiterbefall ist bei 10–30% der Patienten zu diagnostizieren und häufig beidseitig, daher ist bei diesen Patienten eine Resektion des distalen Harnleiters keine Alternative zur Zystektomie (Jakse et al. 1989; Saint et al. 2001).
BCG-Versager Bei 50% der Patienten mit In-situ-Karzinom kann bei fehlender Tumorremission nach dem 1. BCG-Zyklus durch einen 2. Zyklus, der unmittelbar angeschlossen wird, eine komplette Remission erzielt werden (Jakse et al. 2001). Anders verhält es sich bei Patienten, die wegen eines frühen Rezidivs eine neuerliche BCG-Therapie erhalten. 11 von 15 Patienten sprachen auf die neuerliche Behandlung nicht an und entwickelten ein muskelinvasives oder extravesikales Rezidiv (Merz et al. 1995). Entsprechend der oben genannten Ergebnisse ist die Zystektomie indiziert bei
diffusem, symptomatischem In-situ-Karzinom,
In-situ-Karzinom mit assoziiertem multilokulärem High-grade-T1-Tumor,
Patienten mit Befall der Prostata oder/und dem distalen Harnleiter,
bei Persistenz nach geplantem 2. Zyklus der BCGTherapie,
bei frühem Rezidiv oder positiver Zytologie und/ oder In-situ-Karzinom zum Zeitpunkt der 6-MonatsKontrolle.
Zystektomie und Harnableitung Bei radikaler Zystektomie sollten mehrere Fakten beachtet werden. Eine Erhaltung der erektilen Funktion durch ein- oder beidseitige Erhaltung des neurovaskulären Bündels ist vor allem bei Patienten ohne begleitendes oder mit nur unifokalem T1-Karzinom wegen des geringen Risikos, einen positiven Schnittrand zu hinterlassen, möglich. Lymphknotenmetastasen sind bei Patienten mit primären In-situ-Karzinomen extrem selten, trotzdem sollte auch bei diesen Patienten eine sorgfältige Lympha-
denektomie mit Einschluss der Lymphknoten im Bereich der A. iliaca communis erfolgen. Wird bereits präoperativ die Diagnose eines In-situ-Karzinoms der prostatischen Harnröhre gestellt, ist die Mitenfernung der Harnröhre in derselben Operation oder zu einem späteren Zeitpunkt zu planen. Das Rezidiv in der Harnröhre nach Zystektomie ohne gleichzeitige Urethrektomie wird mit etwa 15% angegeben. Die distalen Harnleiter sind bei etwa 30% der Patienten ebenfalls von Dysplasie oder In-situ-Karzinom befallen, daher ist eine Schnellschnittuntersuchung des Harnleiterschnittrandes obligat und auch ein partieller oder totaler Harnleiterersatz einzuplanen. Die Art der Harnableitung erfolgt entsprechend der üblichen Kriterien. Zusätzlich sind jedoch noch andere Faktoren zu beachten. Bei Durchführung eines orthotopen Blasenersatzes ist beim Mann zumindest ein negativer Schnittrand der prostatischen Harnröhre zu fordern. Bei Frauen stellt die positive Biopsie am Blasenhals eine Kontraindikation dar, da diese Patientinnen in einem hohen Prozentsatz ein In-situ-Karzinom der Harnröhre aufweisen und daher in der Folge ein Urethrarezidiv entwickeln.
Extravesikales In-situ-Karzinom Nierenbecken und Harnleiter
Das In-situ-Karzinom des oberen Harntrakts ist entweder mit einem multifokalen Tumor des Nierenbeckens und Harnleiters assoziiert oder mit einem In-situ-Karzinom der Harnblase und dann häufig im distalen Harnleiterdrittel nachzuweisen (Herr u. Whitmore 1987). Nachdem sich die BCG-Therapie des In-situ-Karzinoms der Harnblase etabliert hatte, war es konsequent, diese Therapie auch auf obere Harntraktstumoren auszudehnen (Herr u. Whitmore 1987, Studer et al. 1989). Der Nachweis des In-situ-Karzinoms erfolgt durch Spülzytologie und endoskopische Biopsie. Die BCG-Applikation erfolgt entweder über perkutan eingelegte Nephrostomie oder DJ-Katheter. Die Dosis beträgt das bis zu 3-fache der Normaldosis (120 mg). Die Kontaktzeit wird mit 30 min bis zu 2 h angegeben (Thalmann et al. 2002; Irie et al. 2002; Tab. 23.14). Die negative Urinzytologie wird als komplette Tumorremission gewertet. Als Indikation werden die Einzelniere, Niereninsuffzienz und Inoperabilität angegeben. Die Nebenwirkungen sind nicht unerheblich und können lebensbedrohlich sein (Thalmann et al. 2002). Die Nierenfunktion wird unter Beachtung des unbehinderten Abflusses nicht beeinträchtigt. Der Einsatz von MMC oder Epirubicin beschränkt sich auf anekdotische Mitteilungen (Herr u. Whitmore 1987).
23
428
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Tab. 23.14. BCG-Applikation bei In-situ-Karzinom des oberen Harntrakts
23
Studie
Patienten (n)
Applikation
Komplette Remission
Rezidiv
DOD
Follow-up
Thalmann
22
Perkutan
86%
53%
41%
50 Monate (8–137)
Sharpe
11
Retrograd
8/11
?
36 Monate
Nonomura
11
Retrograd
9/11
2/9
0
Okubo
11
Retrograd
7/11
2/7
Hayashida
10
Retrograd
10/10
5/10
5/5
51 Monate (12–134)
Irie
9
Retrograd
8/9
1/8
0
36 Monate (8–97)
Prostatische Harnröhre Drei unterschiedliche Ausdehnungen des In-situ-Karzinoms können vorliegen. Die Beschränkung auf das Epithel und die Ausdehnung in die Prostatagänge bedeutet bei entsprechender Anpassung der Therapie keine Verschlechterung der Prognose. Die Invasion in das Stroma bedeutet eine T4-Situation und damit trotz Zystektomie eine entsprechend reduzierte 5-Jahres-Überlebenszeit. Das In-situ-Karzinom der prostatischen Harnröhre ist häufig mit dem Befall der Harnleiter assoziiert, daher ist eine Organerhaltung in dieser Situation sehr kritisch zu sehen. Die konservative Therapie des In-situ-Karzinoms der prostatischen Harnröhre mit TUR und BCG-Instillation wird beschrieben, ist aber durch eine hohe Rate von Tumorrezidiven belastet (Kurth et al. 1995). Die Zystektomie bei Tumrorezidiv ist dann nur mehr bei etwa der Hälfte der Patienten kurativ (Milan-Rodriguez et al. 2000a).
23.5.6 Prognose
Etwa 70% der Patienten entwickeln ohne therapeutische Intervention einen papillären oder soliden Tumor (Wolf et al. 1994). Patienten mit Ta/T1-Tumor und assoziiertem In-situ-Karzinom, die nur mit TUR behandelt werden, entwickeln in etwa 50% innerhalb von 5 Jahren ein muskelinvasives Blasenkarzinom. Bei Ta/T1-Tumoren ist das begleitende In-situ-Karzinom der wichtigste prognostische Faktor nach der Tumordifferenzierung, der für die Tumorprogression und den Tod durch den Tumor verantwortlich ist (Milan-Rodriguez et al. 2000b). Nach erfolgreicher BCG-Therapie kommt es innerhalb von 5 Jahren bei etwa 40% zu einem Tumorrezidiv (Kaasinen et al. 2003; Jakse et al. 2001). Jakse et al. (2001) zeigten, dass 60% der Patienten mit In-situ-Karzinom nach kompletter Remission in 60% für 5 Jahre tumorfrei sind. 21% der Patienten mit Tumorrezidiv sterben am Tumor. Über
ähnliche Ergebnisse berichteten Kaasinen et al. (2003). 14% der Patienten entwickelten innerhalb von 5 Jahren ein T1- oder muskelinvasives In-situ-Karzinom, und 7% starben am Tumor (Kaasinen et al. 2003).
Prognostische Faktoren Es gibt derzeit keine prognostischen Faktoren, die – in prospektiven Studien überprüft – es ermöglichen, zum Zeitpunkt der Diagnose ein Ansprechen auf die intravesikale Therapie und die bleibende Tumorremission vorherzusagen.
Klinische Präsentation Patienten mit unifokalem asymptomatischem In-situKarzinom stehen in der »natürlichen Geschichte« erst am Anfang der Erkrankung im Vergleich zu jenen, die mit multilokulärem In-situ-Karzinom mit irritativen Beschwerden oder mit Ta/T1-Tumor diagnostiziert werden. Eine prognostische Unterscheidung in Patienten mit Ta/ T1-Tumor bringt möglicherweise eine zusätzliche Information (Orozco et al. 1994). Dementsprechend sollte eine entsprechende Unterteilung in 3 Gruppen vor allem bei der Planung und Analyse von Therapiestudien berücksichtigt werden (Jakse et al. 1989, 2004; Kiemeney et al. 1994; Koss et al. 1985; Ramakumar et al. 1999). Da Patienten mit zunehmendem Alter sich mit aggressiveren exophytischen Tumoren präsentieren, ist es nicht überraschend, dass jüngere Patienten (<65 Jahre gegenüber 70- und 75-Jährigen) eine günstigere Prognose aufweisen (Melick u. Naryka 1968; Melicow 1952; Melicow u. Hollowell 1952). Etwa 25% der Patienten präsentieren sich asymptomatisch (Jakse et al. 1989). 40–75% weisen irritative Symptome unterschiedlicher Ausprägung auf (Takashi et al. 1998; Cheng et al. 1999; Glashan 1990; Norming et al. 1992). Ähnlich wie Riddle et al. (1975) zeigten Norming et al. (1992), dass bei symptomatischen Patienten die
429 23.5 · Therapie des Carcinoma in situ der Harnblase
Tumorprogressionsrate signifikant höher (64%) ist als bei asymptomatischen (44%; Bollina et al. 1996). Diesen Einfluss auf die Progressionsrate konnten jedoch Cheng und Takashi nicht bestätigen (Takashi et al. 1998; Cheng et al. 1999). Bei der Mehrzahl der Patienten mit In-situ-Karzinom ist eine Mikrohämaturie nachweisbar. Etwa 50% der Patienten präsentieren sich mit Makrohämaturie (Takashi et al. 1998; Cheng et al. 1999). Ähnlich wie für die irritativen Symptome ist die prognostische Bedeutung kontrovers, da es Untersuchungen gibt, welche die Makrohämaturie mit einem geringeren oder keinem Einfluss auf das tumorfreie Überleben assoziieren (Takashi et al. 1998; Cheng et al. 1999).
Pathologie Riddle et al. (1975) zeigten in einer retrospektiven Untersuchung, dass 8% der Patienten mit unifokalen In-situKarzinomen ohne adäquate intravesikale Therapie progredient wurden, während dieser Prozentsatz für Patienten mit 2 und mehr In-situ-Karzinomarealen 78% betrug. Andere Autoren konnten diese prognostische Bedeutung nicht reproduzieren, es muss jedoch betont werden, dass die Anzahl der Patienten und die unterschiedliche Therapie eine sichere Aussage unmöglich machen (Takashi et al. 1998; Cheng et al. 1999; Loasa et al. 2000; Van GilsGielen et al. 1995). Das multifokale In-situ-Karzinom wird unterschiedlich definiert. Es wird mit mehr als 2 oder zumindest 4 In-situ-Karzinomarealen beschrieben. Etwa 50–70% der Patienten haben mindestens 2 In-situ-Karzinomareale (Milan-Rodriguez et al. 2000; Loasa et al. 2000; Takashi et al. 1998; De Reijke et al. 2005; Riddle et al. 1995; Rintala et al. 1995). 25–45% weisen zumindest 3 und etwa 20% mehr als 4 Karzinomareale auf (Jakse et al. 2001; Cheng et al. 1999; Van Gils-Gielen et al. 1995). Für die Therapie und Prognose ist es wichtig zu wissen, dass sich ein multifokales und diffuses In-situKarzinom häufig in den Harnleiter und die prostatische Harnröhre ausdehnt. So zeigten Farrow et al. (1977) an Zystektomiepräpaten, dass 40% der Patienten einen Befall der Harnröhre aufwiesen. Ebenso konnten Herr u. Whitmore (1987) zeigen, dass das In-situ-Karzinom bei etwa 30% der Patienten sich im Harnleiter und da vorwiegend im distalen Drittel nachweisen lässt.
Molekularbiologie Norming et al. (1992) zeigten durch eine DNA-Analyse, dass es 3 Gruppen von Patienten mit unterschiedlicher Prognose gibt: Das Rezidivrisiko innerhalb von 5 Jahren ist 6%, 57% und 80% abhängig von einer aneuploiden Zelllinie, mehreren aneuploiden Zelllinien als Folge der
Therapie und bereits anfangs bestehender multipler aneuploider Zelllinien. Die Technik der DNA-Zytophotometrie ist jedoch nicht weit verbreitet, und die Untersuchung wurde nicht bei Patienten mit BCG-Therapie durchgeführt. Eine Bestätigung dieser Ergebnisse durch andere Untersucher fehlt daher. Die immunhistochemische Untersuchung von p53 wurde als prognostischer Marker bei In-situ-Karzinom ebenso wie T1-Karzinomen evaluiert. Eine Überexpression wird von p53 wird als Marker für eine schlechte Prognose gewertet (Ick et al. 1997; Sarkis et al. 1994). Bei persistierendem In-situ-Karzinom mit gleichzeitiger p53Überexpression nach BCG-Therapie ist in einem hohen Prozentsatz mit einer Tumorprogression zu rechnen (Ick et al. 1997). Dieser Befund wurde auch von Ovesen et al. (1997) erhoben, wobei die Progressionsrate 90% gegenüber 37% für p53-negative Patienten betrug. Die Analyse von 138 p53-Publikationen ergab, dass die Ergebnisse wegen unterschiedlicher Techniken, Antikörper und Definition von p53-Positivität nur begrenzt vergleichbar sind und daher die Bestimmung von p53 als Prognoseparameter zur Therapieplanung nicht gerechtfertigt ist (Schmitz-Dräger et al. 2000). Der Verlust der E-cadherin-Expression wird ebenso mit einem erhöhtem Tumorprogressionsrisiko in Verbindung gebracht (Shariat et al. 2001). Entsprechende prospektive Untersuchungen zur Bestätigung dieses Befundes fehlen. Wird p53 mit weiteren molekularen Markern kombiniert, sollte sich eine Erhöhung des prognostischen Aussagewertes ergeben. So haben Shariat et al. (2005) gezeigt, dass Patienten mit p21- und p53-Überexpression das höchste Progressionsrisiko hatten im Vergleich zu Patienten mit p21-Überexpression allein. Zu unterscheiden sind entsprechend dem Markerprofil 2 Risikogruppen. Patienten mit geringem Risiko haben ein unifokales In-situ-Karzinom, eine einzige aneuploide Zelllinie, das p53 wird nicht überexprimiert, Oberflächen- und tumorassoziierte Antigene sind ebenso wie Proliferationsmarker normal exprimiert (Jakse 1999).
Einfluss der BCG-Therapie Nach 5 Jahren sind etwa 60% der Patienten nach kompletter Tumorremission weiterhin tumorfrei (Jakse et al. 2001; De Reijke et al. 2005) 33–39% entwickelten nach einer medianene Beobachtungszeit von bis zu 7,6 Jahren ein Tumorrezidiv in der Blase (Jakse et al. 2001, De Reijke et al. 2005). Ein extravesikales Rezidiv wird in etwa 15% beobachtet (Jakse et al. 2001). Es besteht kein Unterschied im Ansprechen auf die BCG-Therapie in Bezug auf die Art des In-situ-Karzinoms (Jakse et al. 2001; Takashi et al. 1998).
23
430
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Aber Kaasinen et al. (2003) berichteten, dass Patienten mit assoziiertem In-situ-Karzinom die höchste und jene mit primärem In-situ-Karzinom die niedrigste Progressionsrate aufwiesen. Ähnliche Ergebnisse wurden von anderen Autoren auch für das sekundäre In-situ-Karzinom beschrieben, wobei die Progressionsrate bei etwa 60% liegt (Losa et al. 2000; Ovesen et al. 1997; Orozco et al. 1994). Dementsprechend ist das Risiko des tumorassozierten Todes für die Patienten mit sekundären und assoziierten In-situ-Karzinomen erhöht gegenüber Patienten mit primärem In-situ-Karzinom (Orozco et al. 1994). Das assoziierte T1-Karzinom zeichnet sich ebenfalls durch eine höhere Progressions- und Todesrate aus (Griffiths et al. 2002; Ovesen et al. 1997). Solsona et al. (2000) behandelten 111 Patienten mit Insitu-Karzinomen und 80 mit T1-Tumoren. Der wichtigste prognostische Parameter für die zu erwartende Tumorprogression war das Untersuchungsergebnis nach 3 Monaten. Nur 11% der Patienten mit kompletter Tumorremission entwickelten einen muskelinavsiven Tumor, während das bei 66% der Nonresponder der Fall war. Ähnliche Ergebnisse wurden von Van Gils-Gielen et al. (1995) berichtet (Jakse 1999). Entsprechend diesen Ergebnissen ist auch die Anzahl der Zystektomien bei Respondern geringer (etwa 10%) als bei Nonrespondern (etwa 50%) (De Jager et al. 1991; Van Gils-Gielen et al. 1995). Wird ein Tumorrezidiv innerhalb von 9 Monaten beobachtet, muss ein muskelinvasiver und ein extravesikaler Tumor ausgeschlossen werden (Solsona et al. 1997).
Extravesikaler Tumor Das In-situ-Karzinom der Harnblase ist häufig der Ausdruck einer panurethralen Erkrankung. Etwa 50% der Patienten haben bereits abhängig von der Dauer der Erkrankung und einem begleitenden exophytischen Tumor einen Befall von Harnröhre und/oder Harnleiter (Farrow et al. 1977; Solsona et al. 1996, 1997). Liegt ein In-situKarzinom des oberen Harntrakts vor, so ist ein Tumorbefall der prostatitischen Harnröhre bei bis zu 68% der Patienten zu erwarten (Solsona et al. 1996, 1997). Nach erfolgreicher BCG-Therapie entwickeln im Falle eines Tumorrezidivs 55% einen extravesikalen Tumor (Solsona et al. 1997). Herr u. Whitmore (1987) beobachteten ein Tumorrezidiv im oberen Harntrakt bei 29% der Patienten mit BCG-induzierter kompletter Tumorremission.
23.5.7 Nachsorge
Zahlreiche Untersuchungen haben nachgewiesen, dass Patienten mit In-situ-Karzinom der Harnblase trotz initial erfolgreicher konservativer Therapie ein hohes Risiko
des Tumorrezidivs in der Blase, aber vor allem extravesikal haben. Ebenso ist bei Zystektomie ein Rezidiv im oberen Harntrakt und bei orthotopem Blasenersatz zusätzlich in der Urethra möglich. Dementsprechend muss bei diesen Patienten eine lebenslange Nachsorge mit Urinzytologie, Zystoskopie und Bildgebung des oberen Harntrakts erfolgen (Van der Meijden et al. 2005). Die Intervalle der Nachsorge sind wegen der Aggressivität des Tumors anfänglich in 3-monatlichen und ab dem 5. Jahr in halbjährlichen Abständen angezeigt.
23.6
Therapie des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase (T2–4 NX M0)
F. vom Dorp, P.J. Goebell, C. Rödel, J. Gschwend, M. Stöckle, H. Rübben 23.6.1 Einleitung
12% der Harnblasenkarzinome wachsen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose muskelinvasiv, ohne Lymphknotenoder Fernmetastasen. Die Therapie dieser Tumoren unterliegt einer kurativen Zielsetzung und beinhaltet:
Entfernung des lokalen Tumors,
Verhinderung von Rezidiv, Progression und Metastasierung,
Wiederherstellung oder Erhaltung der Lebensqualität. Folgende Maßnahmen werden unter der genannten Zielsetzung geprüft:
radikale Zystektomie nach bilateraler pelviner Lymphadenektomie,
transurethrale Resektion,
Strahlentherapie,
multimodale organerhaltende Therapiekonzepte,
Blasenteilresektion,
systemische Chemotherapie.
23.6.2 Radikale Zystektomie
Patienten mit muskelinvasiven Tumoren der Harnblase stellen insgesamt ein heterogenes Kollektiv dar. Immerhin besteht bei ca. 50% der Patienten auch mit pathologischem N0-Status ein hohes Risiko für das Bestehen von okkulten Lymphknotenmetastasen bzw. Organmetastasen (RUTT 1985).
431 23.6 · Therapie des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase (T2–4 NX M0)
Patienten mit lymphogen- bzw. hämatogen filiarisierter Erkrankung zeigen eine deutlich eingeschränkte Prognose mit Langzeitüberlebensraten von <10% (RUTT 1985). Diese eigenen Ergebnisse decken sich mit den von Smith publizierten Daten. Hier wird bei Lymphknotenpositivem Status über eine 5-Jahres-Überlebensrate von 6,7% berichtet (Smith et al. 1981). Eine sehr kontrovers diskutierte Thematik ist die Bedeutung der Lymphknotendissektion im Rahmen der radikalen Zystektomie. Hat die Entfernung von Lymphknoten ausschließlich diagnostischen Wert oder gar therapeutischen Charakter und prognostische Relevanz? Während bei Patienten mit lokal begrenzten Prostatakarzinomen und günstigem PSA-Status <10 ng/ml teilweise ganz auf die Lymphadenektomie verzichtet wird, stellt sie beim Harnblasenkarzinom aber auch z. B. bei kolorektalen Karzinomen einen integralen Bestandteil des operativen Vorgehens dar. Stein publizierte 2001 die größte Zystektomieserie mit 1054 Patienten. Aus dieser Gruppe zeigten 246 Patienten einen positiven Lymphknotenstatus. Letzterer hatte signifikanten Einfluss auf das 5- bzw. 10-Jahres-Gesamtüberleben und das rezidivfreie Überleben. 35% bzw. 34% waren nach 5 bzw. 10 Jahren rezidivfrei. Das Gesamtüberleben lag nach 5 Jahren bei 31%, nach 10 Jahren bei 23%. Eine genauere Betrachtung dieser Subgruppe zeigte jedoch, dass Patienten mit <5 befallenen Lymphknoten einen signifikanten Überlebensvorteil aufwiesen als das Kollektiv mit >5 befallenen Lymphknoten. Die prognostische Bedeutung des positiven Lymphknotenstatus wird durch die Tatsache unterstrichen, dass 52% der Patienten im weiteren klinischen Verlauf hämatogene Metastasen entwickelten (Stein et al. 2001). Die Arbeitsgruppe um Leissner berichtete 2004 über die Ergebnisse einer prospektiven Untersuchung zum lymphogenen Metastasierungsmuster im Rahmen der radikalen Zystektomie. 290 Patienten gingen in die Untersuchung ein. Die Begrenzungen für die extendierte Lymphadenektomie waren kranial der Abgang der A. mesenterica inferior, laterale Begrenzung war der N. genitofemoralis und die distale Begrenzung war der Beckenboden. Es konnte gezeigt werden, dass kein einheitliches Metastasierungsmuster zu erkennen war. Die prozentuale Verteilung reichte von 14% positiver Lymphknoten der Fossa obturatoria bis immerhin knapp 3% paracavaler positiver Lymphknoten. Etwa 25% der Patienten zeigten Lymphknotenmetastasen, die außerhalb der Grenzen einer limitierten Lymphknotendissektion lagen, so dass gefolgert wurde, allen Patienten im Rahmen der Zystektomie eine ausgedehnte Lymphadenektomie zukommen zu lassen (Leissner et al. 2004). Die bislang zur Verfügung stehenden Daten zur Bedeutung der Lymphadenektomie beim high grade
Urothelkarzinom stammen aus retrospektiven Analysen. Es werden teils ältere Serien mit aktuelleren verglichen, wobei die Interpretation der Daten teilweise als problematisch einzustufen ist. Diese Tatsache wurde durch die Arbeitsgruppe um Suttmann und Kollegen 2007 sehr treffend beschrieben (Suttmann et al. 2007). Die dänische Arbeitsgruppe um Poulsen beschrieb 1998 einen Überlebensvorteil für Patienten, bei denen im Rahmen der radikalen Zystektomie eine ausgedehnte Lymphkotendissektion vorgenommen wurde. Es wird über 194 Patienten berichtet, von denen 68 eingeschränkt und 126 ausgedehnt lymphadenektomiert wurden. Ein Vorteil ergab sich für die Patienen, welche einen organbegrenzten Tumor ≤pT3a und tumorfreie Lymphknoten aufwiesen. 90% der ausgedehnt lymphadenektomierten Patienten waren im Vergleich zu 71% der eingeschgränkt lymphadenektomierten Patienten nach 5 Jahren rezidivfrei. Bei genauerer Betrachtung der Daten fällt jedoch auf, dass in der Gruppe der ausgedehnt lymphadenektomierten Patienten der Anteil nichtinvasiver Karzinome deutlich höher war. Es bleibt zumindest zu diskutieren ob der Vorteil für das rezidivfreie Überleben teilweise zumindest durch das günstigere T-Stadium zu erklären ist (Poulsen et al. 1998). Leissner berichtet 2003 über den Einfluss der Lymphadenektomie bei 484 Patienten mit radikaler Zystektomie. Die Zahl der entfernten Lymphknoten schwankte zwischen 1 und 46 Lymphknoten mit einem Mittelwert von 14,3. Es wurde zur weiteren Analyse ein Grenzwert zwischen 14 und 15 Lymphknoten festgelegt. Bezüglich des Einflusses der Lymphadenektomie auf die Prognose konnte gezeigt werden, dass die Patienten mit ≤14 Lymphknoten (n=202) eine signifikant schlechtere Prognose aufwiesen als die Patienten bei denen mehr als 15 Lymphknoten entfernt wurden (n=119). Die untersuchten Patientenkollektive waren homogen und es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich Tund N-Stadium. Der Überlebensvorteil blieb auch in der Gruppe der pT3–4 Tumoren und /oder pN1–2-Tumoren konstant. Der Einfluss einer durchgeführten adjuvanten Chemotherapie war zwischen dem 2. und 5. Jahr der Nachbeobachtung zu sehen, dieser war jedoch statistisch nicht signifikant (Leissner et al. 2003). Dhar und Studer publizierten 2007 eine retrospektive Untersuchung zweier Zystektomiekollektive aus Cleveland und Bern. Das Cleveland Kollektiv umfasste 336 Patienten mit eingeschränkter Lymphadenektomie, das Berner Kollektiv umfasste 322 Patienten mit extendierter Lymphadenektomie. Eingeschlossen wurden solche Patienten, die ein pT2–3 N0/+-Urothelkarzinom der Harnblase zeigten. Die Analyse zeigte signifikante Vorteile bezüglich des rezidivfreien 5- Jahres Überlebens für die Patienten mit extendierter Lymphadenektomie. Bei
23
432
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
pT2 pN0-Tumoren war das rezidivfreie 5-Jahres-Überleben mit 77% in der extendierten Gruppe vs. 67% in der limitierten Gruppe signifikant verlängert. Entsprechende Daten für pT3 pN0-Tumoren lagen bei 57% vs. 23% zugunsten der extendierten Patientengruppe. Im Kollektiv der pT3 pN0–2-Tumoren war das 5-Jahres-rezidivfreie Überleben in der extendiert lymphadenektoimierten Patientengruppe mit 49% vs. 19% in der Gruppe der eingeschränkt lymphdenektomierten Patienten signifikant verlängert (Dhar et al. 2007). Hinweis
I
I
Die extendierte Lymphadenektomie scheint anhand der vorliegenden Daten ein korrekteres Staging und auch eine Prognoseverbesserung für Patienten mit organbegrenzten, invasiven Karzinomen der Harnblase zu erbringen. Es bleibt abzuwarten, ob die Ergebnisse der derzeit noch rekrutierenden prospektiven Studie der AUO zur limitierten vs. extendierten Lymphadenektomie neue Erkenntnisse über den Stellenwert der der Lymphknotendissektion im Rahmen der radikalen Zystektomie liefert.
Die radikale Zystektomie erfolgt in erster Linie in kurativem Ansatz. In manchen Fällen dient sie dem Erhalt oder der Verbesserung der Lebensqualität, wie etwa bei tumorbedingter Beeinträchtigung der Blasenspeicheroder -entleerungsfunktion, bei rezidivierenden schweren Blutungen oder tumorbedingten Schmerzen. Im Rahmen der Zystektomie werden entfernt:
beim Mann: Harnblase, Prostata, Samenblasen, proximale Samenleiter und distale Harnleiter sowie ggf. die Harnröhre,
bei der Frau: Harnblase mit Harnröhre, Uterus, Ovarien und ventrales Scheidendrittel sowie distaler Harnleiter. Vor allem durch die Einführung der orthotopen Ersatzblase, aber auch durch das bessere Verständnis der Biologie des Blasenkarzinoms, kann dieses Vorgehen modifiziert werden. Grundsätzlich orientiert sich die Höhe der Resektion der Harnleiter am Ergebnis der histologischen Untersuchung im Schnellschnitt. Der Absetzungsrand sollte tumorfrei und frei von Carcinoma in situ sein. Die Höhe der Resektion ist aber auch von der Form der geplanten Harnableitung abhängig. Ist eine Neoblase geplant, sollten die Harnleiter sorgfältig und möglichst wenig mobilisiert und weitgehend orthotop implantiert werden, um Durchblutungsstörungen und damit Anastomosenengen vorzubeugen (Miller
et al. 1991; Studer et al. 1996). Die Technik des afferenten Segmentes (»chimney«), z. B. bei der Studer-Neoblase und dem orthotopen Mainz-Pouch, ermöglicht auch den partiellen bis hin zum totalen, auch beidseitigen Ureterersatz im Sinne eines Ileum-Ureter-Ersatzes, sollte der/ die Ureter(en) tumorbefallen oder sonstig (z. B. nach Radiatio) geschädigt sein. Bei der Entfernung der Harnblase wird die A. glutealis beim Absetzen geschont, um Glutealnekrosen zu vermeiden. Das Peritoneum wird umschnitten und auf der Harnblase belassen. Es folgt dann, falls nicht im Rahmen der Lymphknotendissektion bereits durchgeführt, die Durchtrennung des vorderen Blasenpfeilers. Die Integrität des Rektums bedarf bei der Präparation der Harnblase der besonderen Beachtung. Der Denonvilliers-Raum mit dem vorderen und hinteren Blatt grenzt das Rektum von der Harnblase ab und entspricht der bei der Präparation zu wählenden Gewebeschicht. Kann die Harnröhre erhalten bleiben, empfiehlt sich die Präparationstechnik wie bei der radikalen Prostatektomie, um nicht nur die Möglichkeit einer kontinenten Harnableitung unter Nutzung der Harnröhre (Neoblase) anzustreben, sondern auch, um die Voraussetzung für einen Potenzerhalt zu schaffen. Gleiches gilt für den Erhalt der neurovaskulären Bündel bei der Frau, die dorsolateral und paravaginal gelegen sind. Prospektiv randomisierte Studien zu Rezidiven, die ihren Ausgang von einem Tumor im verbliebenen GefäßNerven-Bündel nach nervenschonender radikaler Zystoprostatektomie haben, liegen nicht vor. In einer Studie von 76 Patienten durch Brendler et al. (1990) wird die lokale Rezidivrate mit 7,5% angegeben. Im Rahmen einer Autopsiestudie zu diesem Thema wurde bei 6 von 10 Autopsiefällen ein Rezidiv festgestellt (Prichett et al. (1988). Beim Mann ist die Mitnahme der Prostata und Samenblasen bei Tumorbefall obligat; sie erscheint aber auch bei tumorfreien Biopsien sinnvoll, um das Urothel in diesem Bereich vollständig zu entfernen und lokalen Rezidiven und der Entwicklung des Prostatakarzinoms vorzubeugen. Einige Autoren empfehlen eine Adenomenukleation oder -resektion oder Belassen der dorsalen Prostatakapsel, vor allem, um dem Erektionsverlust entgegenzuwirken (Schilling et al. 1990; Schubert (1988). Bei der Frau orientiert sich die Entfernung der ventralen Scheide an Infiltrationstiefe und Lokalisation des Tumors; die Entfernung eines gesunden Uterus erfolgt nach Rücksprache mit der Patientin; bei jüngeren Patientinnen sollte zumindest ein Ovar belassen werden (Chang et al. 2002). Die Schonung der Harnröhre bei der Frau erfolgt bei Wunsch nach einer orthotopen Ersatzblase nach den gleichen Grundsätzen wie beim Mann (Stenzl et al. 1994).
23
433 23.6 · Therapie des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase (T2–4 NX M0)
Zusammenfassende Bewertung
Zusammenfassende Bewertung
Unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden operativen Technik mit der Möglichkeit eines orthotopen Blasenersatzes stellt die radikale Zystektomie ein effektives und sicheres Verfahren zur lokalen Kontrolle muskelinvasiver, nicht metastasierter Harnblasenkarzinome dar.
Die Prognose von Patienten mit einem Lokalrezidiv ist mit einer mittleren Überlebenszeit zwischen 4 und 12 Monaten als schlecht anzusehen (Hautmann et al. 1999). Einheitliche Therapieempfehlungen fehlen (Stenzl et al. 2002; Clark et al. 2004).
Lokales Rezidiv
Harnröhrenrezidiv
Ein lokales Rezidiv ist definiert als erneutes Tumorwachstum kaudal der Bifurkation der Iliakalgefäße im Weichteilgewebe des kleinen Beckens oder den pelvinen Lymphknoten, die ihren Ausgang nicht von verbliebenen Anteilen des Harntrakts (Ureter, Urethra) nehmen. Ein Lymphknotenbefall oberhalb der Bifurkation der Iliakalgefäße und in den Leistenlymphknoten ist hiervon abzugrenzen (Pisters et al. 1996; Schuster et al. 2001). Risikofaktoren sind neben dem pathologisch gesicherten Tumorstadium, mikroskopischem oder makroskopischem Residualtumor und dem Differenzierungsgrad auch das Vorliegen von Lymphknotenmetastasen zum Zeitpunkt der Zystektomie. Durch frühe Diagnosestellung, frühe radikale Zystektomie, verbesserte Selektion von Patienten mit einem erhöhten Progressionsrisiko und verbesserte neoadjuvante oder adjuvante Behandlungskonzepte ist die Lokalrezidivrate in den letzten Jahren zurückgegangen Schuster et al. (2001). Die lokale Rezidivwahrscheinlichkeit beträgt 7–11% ( Tab. 23.15). Verbleibende tumorbefallene Lymphknoten können Ausgangspunkt für ein lokales Rezidiv sein, weshalb eine ausgedehnte Lymphadenektomie von einigen Autoren dringend empfohlen wird (Stein et al. 2003; Bochner et al. 2001; Fleischmann et al. 2005; Hautmann et al. 1999). Ungeklärt ist zurzeit jedoch, welche Auswirkungen dies langfristig auf die Rate der Lokalrezidive hat und inwieweit hierdurch auch die Überlebenszeit verbessert werden kann. Ist der Absetzungsrand zur Harnröhre nicht tumorfrei, ist eine Indikation zur Urethrektomie gegeben.
Die Einbeziehung der Harnröhre in die Tumornachsorge ist obligat, auch wenn das Risiko eines Rezidivtumors in der Harnröhre nach Zystektomie unterschiedlich beurteilt wird ( Tab. 23.16). Die Wahrscheinlichkeit eines Harnröhrenrezidivs nach Zystektomie beträgt 4–11%. Vor allem durch Arbeiten wie die von Bardot u. Montie (1991) konnte eine weitere Risikogruppe definiert werden: Patienten mit einem Tumorbefall der prostatischen Harnröhre entwickelten in 11% der Fälle ein Urethrarezidiv, Patienten ohne Befall der prostatischen Harnröhre wiesen in 1–4% der Fälle eine Urethrarezidiv auf. Die Autoren kamen zu der Schlussfolgerung, dass bei solitärem, blasenhalsfernem Tumor und histologisch nachgewiesener unauffälliger prostatischer Harnröhre das Risiko eines Urethrarezidivs geringer ist. Diese Ergebnisse werden auch von anderen Autoren bestätigt (Stein et al. 2005; Sevin et al. 2004). Von einigen Autoren ist auch ein multifokales Carcinoma in situ in der Harnblase als Indikation zur kompletten Harnröhrenresektion angegeben (Hassan et al. 2004; Liedberg et al. 2003).
Einfluss der Zystektomie auf die Überlebensrate Da die Wahrscheinlichkeit der Metastasierung mit der Infiltrationstiefe korreliert, werden die Therapieergebnisse in Abhängigkeit von der intraoperativen Tumorausdehnung dargestellt. Aufgrund verbesserter operativer, intensivmedizinischer und anästhesiologischer Techniken konnte die operativ bedingte Mortalitätsrate auf 1,5–3,9%
Tab. 23.15. Lokale Tumorkontrolle nach Zystektomie von T2–4-Karzinomen Literatur
Literatur
Patienten (n)
Urethrarezidiv (%)
Stein et al. (2005)
768
7 (5a und 18b)
10,1
Varol et al. (2004)
371
4
214
10,7
Hassan et al. (2004)
196
0,5
507
7,9
Yossepowitch et al. (2003)
214
2
Patienten (n)
Lokales Rezidiv (%)
Simon et al. (2005)
959
Yossepowitch et al. (2003) Madersbacher et al. (2003) Stein et al. (2001)
Tab. 23.16. Urethrarezidiv nach Zystektomie (pT2–3)
1054
7,3
a
Prostatische Harnröhre histologisch unauffällig der prostatischen Harnröhre
b Tumorbefall
434
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
gesenkt werden; die korrigierte 5-Jahres-Überlebensrate für Patienten mit muskelinvasivem Harnblasenkarzinom pT2 beträgt im Rahmen neuerer Studien über 89% (Freiha 1980; Brannan et al. 1981; Skinner et al. 1998; Lebret et al. 2000; Kulkarni et al. 2003), bei Patienten mit einem pT3a nahezu 79%. In einer retrospektiven Analyse, die das tumorspezifische Überleben von Patienten untersuchte, die entweder eine Ileumneoblase erhielten oder mit einem Ileumconduit behandelt worden waren, zeigte sich deutlich, dass die Option einer Neoblase auch dazu führen kann, dass zu einem früheren Zeitpunkt eine radikale Zystektomie erfolgt, was unmittelbar auch zu einer verbesserten Überlebensrate der Patienten beiträgt (Hautmann et al. 1998). In einer vergleichbaren retrospektiven Analyse zum Langzeitüberleben von Patienten, die am Memorial Sloan Kettering Cancer Center zystektomiert worden waren, konnte gezeigt werden, dass eine frühe Zystektomie beim muskelinvasiven Harnblasenkarzinom ebenfalls zu einem deutlichen Überlebensvorteil beiträgt ( Tab. 23.17; Gschwend et al. 2003). Im Rahmen dieser retrospektiven Analysen wird deutlich, dass bei blasenwandüberschreitenden Tumoren (>pT3b) die Langzeitüberlebensrate deutlich eingeschränkt ist. Hierfür könnte das Vorhandensein von Mikrometastasen verantwortlich sein (Gudemann 2000). Der nicht randomisierte Vergleich zwischen früher und verzögerter Zystektomie belegt nicht eindeutig den Stellenwert der frühen Zystektomie. Hier wurde eine Negativselektion der verzögert zystektomierten Patienten vorgenommen. Patienten, die im Rahmen eines primär organerhaltenden Vorgehens erfolgreich behandelt worden sind, haben im Rahmen dieser Auswertung keine Berücksichtigung gefunden. Eine prospektive Analyse radikal zystektomierter Patienten mit lokal fortgeschrittenen Tumoren ohne Lymphknotenbefall (pT3b, pN0, pM0) belegt eine Heilungsrate von 60% (Otto et al. 2001). Demgegenüber sinkt diese bei positiven Lymphknoten auf 20%. Die 5-Jahres-Überlebensrate für Patienten mit Tumorinfiltration in die tiefe Blasenmuskulatur (T3) beträgt 20–36%. 75–94% der Pati-
enten mit T4-Tumoren sterben innerhalb von 5 Jahren an den Folgen des Urothelkarzinoms. Der hohe Prozentsatz von 18 bzw. 44% manifester Metastasen in den Stadien T3 und T4 ist für den fehlenden kurativen Ansatz lokaler Therapiemaßnahmen verantwortlich (Smith et al. 1981). Die Angaben zur Lymphknotenmetastasierung wurden an radikalen Zystektomie- und Lymphadenektomiepräparaten erhoben. Hingewiesen werden muss auf die Selektion von Patienten im Rahmen dieser Studie. Patienten mit lokalen inoperablen Tumoren oder manifesten Fernmetastasen waren primär von der Untersuchung ausgeschlossen. Demgegenüber wurden auch Patienten eingeschlossen, die einem operativen Eingriff noch zugeführt werden konnten. In der Regel wird die Zystektomie im Falle fortgeschrittener Blasentumorstadien unter palliativer Zielsetzung durchgeführt; die Rate an grundsätzlichen Komplikationen dieses Eingriffs ist unter dieser Zielsetzung deutlich erhöht.
Komplikationen fortgeschrittener Blasenkarzinome T3/4
Blutung/Blasentamponade
Einschränkung der Blasenfunktion mit – Pollakisurie infolge Kapazitätsverlust – Algurie – Inkontinenz
Infiltration benachbarter Organe – Harnröhre – Prostata – Nervenplexus – Darm
Ziel der palliativen Zystektomie ist die Verbesserung des Allgemeinzustandes, die lokale Tumorkontrolle, die Beseitigung bzw. Verhinderung tumorbedingter Komplikationen sowie eine den Bedürfnissen des Patienten angepasste Form der Harnableitung.
Tab. 23.17. Krankheitsspezifisches Überleben nach radikaler Zystektomie bei muskelinvasivem Urothelkarzinom der Harnblase Tumorstadium
Patienten (n)
5-Jahres-Überlebensrate (korrigiert %)
10-Jahres-Überlebensrate (korrigiert %)
374
78,9±2,51
72,9±3,14
>pT3b
312
36,8±2,84
33,3±2,86
N0
493
66,7±2,34
61,7±2,65
N+
193
31,2±3,76
27,7±3,73
435 23.6 · Therapie des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase (T2–4 NX M0)
23.6.3 Therapiestrategien zum Blasenerhalt
Kennzeichen einer verbesserten Lebensqualität, wie verminderte Invasivität des chirurgischen Eingriffs, keine zusätzliche Harnableitung und ein Erhalt normaler Sexualfunktion, sind die hauptsächlichen Argumente für ein blasenerhaltendes Vorgehen. Der Versuch einer blasenerhaltenden Therapie muskelinvasiver Harnblasenkarzinome ist jedoch nur gerechtfertigt, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit einer lokalen Heilung mit funktionell nicht eingeschränkter Harnblase besteht und die Überlebensraten im Vergleich zur primären Zystektomie nicht verschlechtert werden.
Transurethrale Resektion muskelinvasiver Tumoren Die 5-Jahres-Überlebensrate muskelinvasiver T2-Karzinome beträgt nach alleiniger TUR 45–70% ( Tab. 23.18). Studien mit Überlebensdaten, die einen Zeitraum von 10 Jahren analysiert haben, stellen eher eine Seltenheit dar, die 10-Jahres-Überlebensraten werden hier mit 74,5% leicht höher berichtet (Solsona et al. 1998). Die allgemeine 5-Jahres-Überlebensrate für T3a-Tumoren wurde mit 20–43% ermittelt. Durch die Verbesserung des Blasenersatzes mittels Ileumneoblase und anderer kontinenter orthotoper Harnableitungen muss das Vorgehen einer »radikalen« TUR erneut überprüft werden. So müssen alle Versuche, die Blase zu erhalten, auch den Einsatz und die Toxizität kombinierter Therapieverfahren einschließlich chemound radiotherapeutischer Verfahren berücksichtigen. Hierbei spielt vor allem die Kombination einer transurethralen Resektion mit modernen Therapiekonzepten eine entscheidende Rolle (Solsona et al. 1998), deren integraler Bestandteil die Radiotherapie ist, da Urothelkarzinome strahlensensibel sind. Die Arbeitsgruppe um Solsona untersuchte die Effektivität der transurethralen Resektion plus 3 Zyklen einer cisplatinbasierten Chemotherapie im Vergleich zur radikalen Zystektomie bei muskelinvasivem Harn-
Tab. 23.18. Allgemeine 5-Jahres-Überlebensrate nach TUR muskelinfiltrierender Harnblasenkarzinome (T2 NX MX) Literatur
Patienten (n)
5-Jahres-Überlebensrate (%)
Herr (1987)
37
70
Henry et al. (1988)
28
63
RUTT (1985)
175
45
blasenkarzinom. Die 5- bzw. 10-Jahres-Ergebnisse dieser nicht randomisierten Phase 2 Studie zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Therapiearmen. Das 5- bzw. 10-Jahres-Überleben war in der Gruppe der transurethralresezierten und chemotherapierten Patienten 64.5% bzw. 59.8%. Die Ergbenisse legen nahe, dass die komplette transurethrale Resektion plus cisplatinbasierter Chemotherapie eine Therapiealternative für das muskelinvasive Harnblasenkarzinom ist (Solsona et al. 2008) Zusammenfassende Bewertung Die transurethrale Resektion bleibt als Behandlungsmethode bei hochselektionierten Patienten, wenn eine Zystektomie oder eine alternative Therapie durch Komorbidität nicht durchführbar ist. Die starke Einschränkung der Heilungsrate muss berücksichtigt werden.
Historische Entwicklungen zur Radiotherapie des Blasenkarzinoms Seit den 70-er Jahren des vorherigen Jahrhunderts wurde die Radiotherapie als Alternative zur Zystektomie vor allem in Großbritanien und den Niederlanden eingesetzt. In den bis 1987 publizierten, retrospektiven Analysen lagen die 5-Jahres-Überlebensraten nach Radiotherapie etwa 10–15% unterhalb derjenigen nach primärer Zystektomie ( Tab. 23.19; Miller et al. 1973; Goffinet et al. 1975; Morrison 1975; Greiner et al. 1977; Blandy et al. 1980; Goodman et al. 1981; Shipley et al. 1985; Yu et al. 1985; Villar et al. 1987). Für die Interpretation dieser Daten sind jedoch folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Die Studien unterliegen einem Selektionsbias: RT-Serien enthalten auch funktionell inoperable Patienten, während Operationsserien nur operable Patienten (mit besserer Prognose) einschließen.
Die Stadienverteilung ist nicht vergleichbar: Sie bezieht sich auf pT-Kategorien in Operationsserien gegenüber cT-Kategorien bei der RT. Wegen des Understaging-Errors sind die Daten der RT-Serien tendenziell schlechter, inbesondere für die Kategorie T2.
Die Radiotherapie wurde als alleinige Maßnahme eingesetzt, nicht als integraler Bestandteil eines multimodalen Konzepts. Insbesondere erfolgte initial keine möglichst komplette transurethrale Resektion. Die Kombination mit einer Chemotherapie war bis 1985 nicht üblich. Ein konsequentes Restaging mit SalvageZystektomie für Non-Responder wurde nicht durchgeführt.
23
436
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Tab. 23.19. 5-Jahres-Überlebensraten nach alleiniger Radiotherapie in historischen Serien mit mehr oder minder kompletter TURBT; eine Salvage-Zystektomie erfolgte oft nur in Ausnahmefällen (in Klammern die jeweiligen Patientenzahlen)
23
Autoren
Dosis (Gy)
cT2
cT2–3
cT3
cT4
Miller u. Johnson (1973)
70
–
–
20% (109)
13% (128)
Goffinet et al. (1975)
70
43% (68)
–
28% 128
8% (65)
Morrison (1975)
55
–
–
33% (40)
–
Greiner et al. (1977)
70
–
28% (195)
–
10% (30)
Blandy et al. (1980)
55
–
34% (352)
–
9% (258)
Goodman et al. (1981)
50
–
38% (450)
–
7% (110)
Shipley u. Rose (1985)
68
–
39% (37)
–
6% (18)
Yu et al. (1985)
60–66
42% (62)
–
30% (195)
23% (41)
Villar et al. (1987)
58–64
–
36% (57)
–
18% (10)
Tab. 23.20. Randomisierte Studien zur präoperativen Radiotherapie vor geplanter Zystektomie versus Radiotherapie (und SalvageZystektomie) Studie
Therapie
Patienten (n)
Stadium
5-Jahres-Überleben (%)
M.D. Anderson Hospital (Miller 1977)*
50 Gy + radikale Zystektomie
35
T3
46*
60 Gy (+ Salvage-Zystektomie)
32
T3
22*
40 Gy + radikale Zystektomie
98
T3
39
60 Gy (+ Salvage-Zystektomie)
91
T3
28
40 Gy + radikale Zystektomie
88
T3
29
95
T3
23
40 Gy + radikale Zystektomie
37
T2–4
27
60 Gy (+ Salvage-Zystektomie)
35
T2–4
40
U.K. Co-op Group (Horvich et al. 1995) National Danish Trial (Sell et al. 1991) National Bladder Cancer Group (Shipley 2000)
* Nur in der M.D.-Anderson-Studie war der Unterschied signifikant
Ein direkter Vergleich von primärer Zystektomie und Radiotherapie erfolgte bislang nicht. Allerdings wurde in 4 randomisierten Studien eine präoperative Radiotherapie mit sofortiger Zystektomie mit einer alleinigen Radiotherapie plus Salvage-Zystektomie verglichen ( Tab. 23.20; Miller 1977; Horwich et al. 1995; Sell et al. 1991). Tendenziell waren die Ergebnisse für die sofortige Zystektomie besser. In den 1980-er Jahren wurde die radikale Zystektomie deutlich verbessert, die präoperative Radiotherapie vor geplanter Zystektomie ist daher keine sinnvolle Therapieoption mehr. Ebenso ist die postoperative Radiotherapie allenfalls bei R1- oder R2-Resektionen indiziert.
Moderne Therapiestrategien zum Organerhalt: transurethrale Resektion plus kombinierte Radiochemotherapie Hinweis
I
I
Der Versuch einer blasenerhaltenden Therapie ist nur gerechtfertigt, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit einer lokalen Heilung mit funktionell nicht eingeschränkter Harnblase besteht und die Überlebensraten im Vergleich zum Standardverfahren nicht verschlechtert werden.
437 23.6 · Therapie des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase (T2–4 NX M0)
Fsmbohfs Qspuplpmm;!Sbejpdifnpuifsbqjf!eft!Cmbtfolbs{jopnt Sbejpuifsbqjf; 39!y!2-9!Hz 6-5:!Hz!Cpptu Difnpuifsbqjf; Djtqmbujo!31!nh0n³0e 6.GV!711!nh0n³0e
Xpdif
2!!!!!!!!!!!3!!!!!!!!!!!4!!!!!!!!!!!5!!!!!!!!!!!6!!!!!!!!!!!7
Abb. 23.12. Erlanger Protokoll zur Radiochemotherapie des Blasenkarzinoms
Abb. 23.11. Multimodale organerhaltende Therapie des Blasenkarzinoms
Weder die transurethrale Tumorresektion (TUR) alleine noch die ausschließliche Radio- oder Chemotherapie können ausreichend gute lokale Kontrollraten erreichen, um eine echte Alternative zur primären Zystektomie darstellen zu können (Rödel 2004). Die Resultate lassen sich jedoch deutlich verbessern, wenn alle drei Behandlungsbausteine optimiert aufeinander abgestimmt werden ( Abb. 23.11).
Bausteine der multimodalen Behandlung des Blasenkarzinoms Initiale transurethrale Resektion Der Tumor sollte möglichst komplett entfernt werden. Dies gelingt bei den meisten der als T2 klassifizierten Tumoren. Um die Resektionsqualität beurteilen zu können, ist eine differenzierte TUR erforderlich, bei der auch Proben vom Resektionsgrund und Resektionsrand entnommen werden. Ist aufgrund der Infiltrationstiefe eine R0Resektion möglich, sollte diese immer angestrebt werden. Dies kann bedeuten, dass eine Nachresektion nötig wird. Neben der R0-Resektion als wichtigstem prognostischem Faktor sind folgende Parameter mit einem günstigen Ansprechen und weiteren Krankheitsverlauf assoziiert:
frühes Tumorstadium (T1/T2),
unifokales Tumorwachstum,
Tumorgröße <5 cm,
Fehlen einer lymphatischen oder vaskulären Infiltration (L0, V0),
Fehlen einer ureteralen Obstruktion,
Fehlen eines begleitenden Carcinoma in situ.
Radiotherapie Harnblasenkarzinome sind radiosensible Tumoren. Bei makroskopischen Tumoren erreicht man mit Strahlendosen von etwa 55 Gy eine komplette Remission in etwas 50% der Fälle. Für die adjuvante Situation sind mindestens 50 Gy anzustreben. Nach dem Erlanger Konzept beginnt die Strahlentherapie 2–4 Wochen nach TUR ( Abb. 23.12). Sie erfolgt mit 6–10-MV-Photonen in Vierfeldertechnik mit individuell kollimierten Feldern in konventioneller Fraktionierung ( Abb. 23.13). Die Gesamtdosis auf das Zielvolumen 2. Ordnung (Primärtumor plus pelvines Lymphabflussgebiet) beträgt 45–50 Gy, anschließend erfolgt eine kleinvolumige Aufsättigung der Primärtumorregion bis 55,80 Gy nach R0Resektion sowie bis mindestens 59,40 Gy nach R1/2Resektion.
Simultane Chemotherapie Der Einsatz der Chemotherapie hat zwei Rationale: Zum einen soll durch die additive oder gar radiosensibilisierende Wirkung von Substanzen wie Cisplatin und 5-Fluorouracil eine lokal höhere Remissions- und Kontrollrate erreicht werden. Zum anderen erhofft man sich, die zum Diagnosezeitpunkt bei muskelinvasiven Tumoren in bis zu 50% der Fälle vorhandene okkulte Tumorzellstreuung möglichst effektiv behandeln zu können. Der bislang einzige randomisierte Vergleich ergab eine signifikante Verbesserung der lokalen Kontrolle, wenn die Radiotherapie beim Blasenkarzinom mit einer Cisplatin-haltigen Chemotherapie kombiniert wurde (Coppin et al. 1996). Auch die Erfahrungen an der Universität Erlangen der vergangenen 20 Jahre zeigte eine zunehmend verbesserte Ansprechrate und lokale Kontrolle, wenn die RT mit Carboplatin, Cisplatin bzw. Cisplatin und 5-Fluorouracil kombiniert wurde ( Tab. 23.21; Rödel et al. 2002).
23
438
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
23
Abb. 23.13. Isodosenverteilung bei Bestrahlung eines Blasentumors mit pelvinem Lymphabflussgebiet (Zielvolumen 2. Ordnung) mit einer Vierfelder-Boxtechnik und individueller Kollimation der Bestrahlungsfelder
Tab. 23.21. Erlanger Daten zur organerhaltenden Therapie des Blasenkarzinoms. (Nach Rödel et al. 2002) Behandlungszeitraum
Patienten (n)
T-Kategorie
Radiotherapie/ simultane Radiochemotherapie
Rate an kompletter Remission pCR (%)
5-JahresÜberleben (%)
5-JahresÜberleben mit Blase (%)
1982–1985
126
T1 (high risk) – T4
RT allein
61
40
37
1985–1993
95
T1 (high risk) – T4
RT plus Carboplatin
66
45
40
1985–1993
145
T1 (high risk) – T4
RT plus Cisplatin
82
62
47
1993–2000
49
T1 (high risk) – T4
RT plus 5-FU/Cisplatin
87
65
54
Restaging mit bioptischer Sicherung des Therapieergebnisses und ggf. Salvage-Operation Die Sicherung des Therapieergebnisses durch eine Restaging-TUR hat zentrale Bedeutung für die weitere Therapieplanung. Insbesondere Non-Responder, also solche Patienten, die nach RT/RCT noch muskelinvasiven (>pT1) Tumor aufweisen, können so frühzeitig erkannt und einer Salvage-Operation zugeführt werden. Die Salvage-Zystektomie ist nach den Erlanger Erfahrungen bei etwa 25–30% der Patienten indiziert: Sie ist integraler Bestandteil des Gesamtbehandlungskonzeptes und darf bei operationsfähigen und -willigen Patienten nicht verzögert werden.
In den amerikanischen Serien des Massachusetts General Hospital, Boston, und in den RTOG-Serien erfolgt die Restaging-TUR nach einer RCT-Induktionsphase bis ca. 40 Gy ( Tab. 23.22). Patienten mit kompletter Remission erhalten eine konsolidierende RCT bis ca. 60 Gy, anderenfalls wird die frühzeitige Operation indiziert. In Erlangen dagegen erfolgt die Restaging-TUR erst 4–6 Wochen nach Abschluss der gesamten RCT. Theoretische Vorteile des amerikanischen Konzeptes sind die frühestmögliche Selektion und definitive operative Behandlung der Non-Responder. Das Erlanger Konzept hat demgegenüber den tumorbiologischen Vorteil des Verzichts auf eine sog. Split-course-Behandlung, verbunden mit der
23
439 23.6 · Therapie des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase (T2–4 NX M0)
Tab. 23.22. Massachusetts General Hospital (MGH) und RTOG-Serien zur organerhaltenden Radiochemotherapie des Blasenkarzinoms Serie
Patienten (n)
T-Kategorie
Induktionsbehandlung
Neoadjuvante Therapie
Simultane RCT
Rate an kompletter Remission pCR (%)
KonsolidierungsRCT nach pCR (± adjuvante Chemotherapie)
5-JahresÜberleben (%)
5-JahresÜberleben mit Blase (%)
52
43
MGH 1986–1993a
106
T2–4a
Maximale TUR 2 Zyklen MCV
39,6 Gy in 1,8 Gy plus Cisplatin
66
25,2 Gy in 1,8 Gy plus Cisplatin
52
43
RTOG 85–12 1986–1988b
42
T2–4a
TUR (nicht aggressiv)
40 Gy in 2 Gy plus Cisplatin
66
24 Gy in 2 Gy plus Cisplatin
52
42
RTOG 88–02 1988–1990c
91
T2–4a
TUR (nicht aggressiv) 2 Zyklen MCV
39,6 Gy in 1,8 Gy plus Cisplatin
75
25,2 Gy in 1,8 Gy plus Cisplatin
62 (4 Jahre)
44 (4 Jahre)
RTOG 89–03 1990–1993d
126
T2–4a
Maximale TUR plus 2 Zyklen MCV versus keine CT
39,6 Gy in 1,8 Gy plus Cisplatin
61 versus 55
25,2 Gy in 1,8 Gy plus Cisplatin
49 versus 48
36 versus 40
MGH 1993–1994e
18
T2–4a
Maximale TUR
42,5 Gy in 1,25 und 1,5 Gy bid plus 5-FU und Cisplatin
78
22,5 Gy in 1,25 and 1,5 Gy bid plus 5-FU und Cisplatin, 3 Zyklen adjuvant MCV
83 (3 Jahre)
78 (3 Jahre)
RTOG 95–06 1995–1997f
34
T2–4a
Maximale TUR
24 Gy in 3 Gy bid plus 5-FU und Cisplatin
67
20 Gy in 2,5 Gy bid plus 5-FU und Cisplatin
83 (3 Jahre)
66 (3 Jahre)
RTOG 97–06 1997–1999g
47
T2–4a
Maximale TUR
40,8 Gy in 1,8 und 1,6 Gy bid plus Cisplatin
74
24 Gy in 1,5 Gy bid plus Cisplatin, 3 Zyklen adjuvant MCV
61 (3 Jahre)
48 (3 Jahre)
a
Kachnic et al. (1997); b Tester et al. (1993); c Tester et al. (1996); d Shipley et al. (1998); e Zietman et al. (1998); f Kaufman et al. (2000); g Hagan et al. (2003).
höheren Wahrscheinlichkeit, eine vollständige Tumorregression auch bei langsam ansprechenden Tumoren zu erreichen. Bei Patienten mit lediglich oberflächlichem Resttumor (pTa, pTis, evt. pT1) erscheint es ausreichend, eine komplette TUR durchzuführen, ggf. mit zusätzlicher intravesikaler Chemo- oder Immuntherapie, und anschließend konsequent nachzubeobachten (Zietman et al. 2001).
Rezidiv (pTa/pTis), 5% einen oberflächlichen T1-Tumor, 11% ein muskelinvasives Rezidiv und 3% ein lokoregionäres Lymphknotenrezidiv entwickelten (Rödel et al. 2002). Die Salvage-Zystektomie hat bei Patienten mit muskelinvasivem Rezidivtumor kurativen Charakter, die 5-Jahres-Überlebensraten liegen bei 50% und damit in der Größenordung der Überlebensraten nach primärer Zystektomie.
Konsequente, lebenslange Nachsorge Wegen des Risikos von Rezidiven im erhaltenen Organ und der guten Prognose dieser Rezidive bei konsequenter Therapie ist eine regelmäßige zystoskopische Kontrolle erforderlich (in den beiden ersten Jahren alle 3 Monate, dann halbjährlich). Eine retrospektive Untersuchung der Erlanger Daten zeigt, dass nach initial kompletter Remission des Tumors 9% der Patienten ein nichtinvasives
Langzeiterfahrungen mit der organerhaltenden multimodalen Therapie des Blasenkarzinoms Die umfangreichsten Erfahrungen mit einem konsequent umgesetzten Konzept aus initialer transurethraler Resektion des Tumors mit anschließender RT/RCT und Salvage-Zystektomie für Non-Responder stammen aus Boston und Erlangen. Die zusammenfassenden Tab. 23.23 und
440
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
23.24 belegen die mit diesen Konzepten erreichbaren hohen kompletten Remissionsraten zwischen 60% und 85% sowie 5-Jahres-Überlebensraten zwischen 40% und 65%. Etwa 80% der überlebenden Patienten behalten ihre eigene, funktionsfähige Blase. Trotz unterschiedlicher Radiotherapieschemata und Kombinationen mit Zytostatika können aus diesen Serien folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:
Die simultane RCT ist der alleinigen RT bezüglich der lokalen Kontrolle überlegen. Wahrscheinlich verbessern sich dadurch auch die Überlebensraten für Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren. Medikament der 1. Wahl ist Cisplatin, das nach den Erlanger Erfahrungen dem Carboplatin eindeutig überlegen ist.
Eine Intensivierung der simultanen RCT unter Einsatz von Cisplatin und 5-Fluorouracil ist durchführbar und zeigt hohe komplette Remissionsraten. Die Überlegenheit gegenüber der Cisplatin-Monotherapie ist jedoch nicht erwiesen.
Die Intensivierung der Chemotherapie im Sinne einer neoadjuvanten Chemotherapie vor kombinierter RCT hat sich in einer randomisierten Studie als nicht sinnvoll erwiesen (Shipley et al. 1998). Akute Nebenwirkungen der RT/RCT betreffen vor allem die radiogene Zystitis, die Proktitis und die Diarrhö, schwere akute Nebenwirkungen (Grad 3–4) sind jedoch selten (<5–10%). Eine Reduzierung der Chemotherapie im 2. Kurs ist in etwa 15% der Fälle nötig, ein toxizitätsbedingter Abbruch der RT ist eine Rarität. Schwere radiogene Spätfolgen, insbesondere eine Schrumpfblase oder Darmstenose, wurden im Erlanger Patientkollektiv nur in 2% bzw. 1,5% der Fälle beobachtet (Rödel et al. 2002). Die gute Lebensqualität nach Organerhalt durch eine RT/RCT ist in Nachuntersuchungen bestätigt (Henningsohn et al. 2002). Zusammenfassende Bewertung Die Kombination von TUR und Radiochemotherapie ermöglicht eine hohe Aussicht auf Blasenerhalt bei niedriger Komplikationsrate. Die Überlebensraten sind im nicht randomisierten Vergleich denen der primären Zystektomie ebenbürtig. Voraussetzung dieses Konzeptes ist jedoch ein eingespieltes interdisziplinäres Team, das die jeweiligen Bausteine der multimodalen Behandlung mit hoher Qualität und zeitlich aufeinander abgestimmt einsetzt. Integraler Bestandteil ist dabei die Salvage-Zystektomie bei Non-Respondern und bei invasiven Rezidiven. Ideale Kandidaten für den Organerhalt sind Patienten mit frühen Tumorstadien und unifokalen Tumoren, bei denen die initiale TUR eine R0-Situation ermöglicht.
23.6.4 Blasenteilresektion bei muskelinvasiven
Tumoren Vergleichbar mit der transurethralen Tumorresektion ist die Datenlage zur Blasenteilresektion solitärer, muskelinvasiver Harnblasenkarzinome (Shipley et al. 2002). Auch dieses Vorgehen sollte einer Gruppe hoch selektionierter Patienten vorbehalten bleiben. Ziel einer Blasenteilresektion ist neben dem Erhalt der Blasenfunktion, der Kontinenz und des neurovaskulären Bündels auch die lokale Tumorkontrolle. Die 5-Jahres-Überlebensraten sind hierbei vergleichbar mit denen der Zystektomie, wenn stringente Selektionskriterien angewandt werden (Stein et al. 2001). Ebenso zeigt der Vergleich historischer Serien, dass stadienabhängige 5-Jahres-Überlebensraten vergleichbar mit denen der Zystektomie sind ( Tab. 23.23 und 23.24). Die Blasenteilresektion bietet den Vorteil eines präziseren Stagings und erlaubt deshalb eine bessere Selektion derjenigen Patienten, die einer adjuvanten Therapie zugeführt werden sollten. Ebenso wie Patienten nach einer TUR behalten Patienten nach Blasenteilresektion ein lebenslanges Risiko eines Rezidivs. Patienten mit einem begleitenden Carcinoma in situ oder multifokalem Tumorbefall haben ein erhöhtes Risiko für ein Rezidiv. Zusammenfassende Bewertung Da Patienten mit einem begleitenden Carcinoma in situ oder positiven Lymphknoten ein erhöhtes Risiko für eine Tumorprogression haben, sollte diesen Patienten eine Blasenteilresektion nicht empfohlen werden.
23.6.5 Chemotherapie bei muskelinvasiven
Tumoren Patienten mit einem muskelinvasiven Urothelkarzinom haben trotz lokaler Tumorkontrolle nach radikaler Zystektomie ein erhöhtes Risiko für ein systemisches Fortschreiten der Erkrankung. Etwa die Hälfte der Patienten
Tab. 23.23. Stadienabhängige 5-Jahres-Überlebensrate nach Blasenteilresektion (Angaben in %) Literatur
pT2
pT3a
pT3b
Gesamt
Sweeney et al. 1992
55
16
19
35
Schoborg et al. 1979
29
50
12
42
Novick u. Stewart 1976
–
53
20
46
Cummings et al. 1978
80
45
6
60
Holzbeierlein et al. 2004
100
–
67
69
441 23.6 · Therapie des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase (T2–4 NX M0)
haben zum Zeitpunkt der initialen Diagnose bereits okkulte regionale oder Fernmetastasen. Bei systemischer Erkrankung beträgt das Langzeitüberleben <10%, die mediane Überlebenszeit liegt bei 14 Monaten. Mit einer systemischen Chemotherapie wird versucht, die ungünstige Prognose des Urothelkarzinoms günstig zu beeinflussen. Dabei kann die systemische Chemo-
therapie als neoadjuvantes oder adjuvantes Konzept in Kombination mit einer chirurgischen Behandlung oder induktiv durchgeführt werden. Bei der neoadjuvanten Chemotherapie wird versucht, einen lokal fortgeschrittenen Tumor in seiner Masse zu verkleinern und so in einen operablen Zustand zu bringen oder mögliche Mikrometastasen präoperativ zu vernichten. Eine adjuvante
Tab. 23.24. Übersicht der Studien, auf denen die Ergebnisse der Metaanalyse der Advanced Bladder Cancer Trial Group (ABC) zur neoadjuvanten Chemotherapie basieren (ABC 2003) Literatur
Lokale Behandlung
Chemotherapie Schema
Dosis (mg/m2)
Zyklen (Dauer)
Neoadjuvante Studien Wallace et al. 1991
Bestrahlung
− Cisplatin
− 100
3 Zyklen (alle 3 Wochen)
Martinez-Pineiro et al. 1995
Zystektomie
− Cisplatin
− 100
3 Zyklen (alle 3 Wochen)
Abol-Enein et al. 1997
Zystektomie
− Carboplatin − Methotrexat − Vinblastin
− 300 − 50 − 4
2 Zyklen (alle 4 Wochen)
Raghavan 1991
Bestrahlung
− Cisplatin
− 100
2 Zyklen (alle 3 Wochen)
Malmström et al. 1996
Bestrahlung oder Zystektomie
− Cisplatin − Doxorubicin
− 70 − 30
2 Zyklen (alle 3 Wochen)
Cortesi et al. (unveröffentlicht)
Zystektomie
− − − −
Cisplatin Methotrexat Vinblastin Epirubicin
− − − −
70 30 3 40
3 Zyklen (alle 4 Wochen)
Bassi et al. 1999
Zystektomie
− − − −
Cisplatin Methotrexat Vinblastin Doxorubicin
− − − −
70 30 3 30
4 Zyklen (alle 4 Wochen)
International Collaboration 1999
Bestrahlung oder kombinierte Bestrahlung mit Zystektomie oder Zystektomie
− Cisplatin − Vinblastin − Methotrexate
− 100 − 4 − 30
3 Zyklen (alle 3 Wochen)
Sengeløv et al. 2002
Bestrahlung oder Zystektomie
− Cisplatin − Methotrexat
− 100 − 250
3 Zyklen (alle 3 Wochen)
Sherif et al. 2002
Zystektomie
− Cisplatin − Methotrexat
− 100 − 250
3 Zyklen (alle 3 Wochen)
Natale et al. 2001
Zystektomie
− − − −
− − − −
70 30 3 30
3 Zyklen (alle 4 Wochen)
Bestrahlung oder Zystektomie (selektioniert)
− Cisplatin
− 100
3 Zyklen (alle 2 Wochen)
Bestrahlung oder Zystektomie
− Methotrexat − Leucovorin: neoadjuvant − + adjuvant Methotrexat
− 100 − 15 − 100
6 Zyklen (alle 2 Wochen) + 9 Zyklen (alle 4 Wochen)
Cisplatin Methotrexat Vinblastin Doxorubicin
Begleitende Chemotherapie Coppin et al. 1996 Perioperative Chemotherapie Shearer et al. 1988
23
442
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Chemotherapie kann nach Zystektomie eines organüberschreitenden Urothelkarzinoms (T3b/T4) oder histologisch nachgewiesenen, aber entfernten positiven regionären Lymphknoten sinnvoll sein. Von einer induktiven Chemotherapie spricht man bei manifesten Metastasen. Sowohl das neoadjuvante Therapiekonzept als auch der Stellenwert der adjuvanten Chemotherapie sind derzeit umstrittener Gegenstand von Metaanalysen und prospektiv randomisierten Studien. Die Ergebnisse der induktiven Chemotherapie sind bisher bescheiden. Trotz des Einsatzes verschiedener Chemotherapieregimes konnten in den letzten 20 Jahren keine wesentlichen Verbesserungen durch die induktive Chemotherapie erzielt werden. Bei multifokaler Metastasierung ist eine definitive Heilung allenfalls in Ausnahmefällen zu erwarten. Hoffnungen werden in eine neue Substanzgruppe, sog. targetspezifische Medikamente, gesetzt.
Neoadjuvante Chemotherapie Patienten mit lokal fortgeschrittenem Blasentumor oder okkulter lymphogener Metastasierung eines Urothelkarzinoms profitieren wenig von einer radikalen Zystektomie aufgrund ihres erhöhten Risikos für ein systemisches Fortschreiten der Erkrankung. Das neoadjuvante Chemotherapiekonzept vor einer lokalen operativen Tumorsanierung hat einerseits die präoperative Reduktion des Tumorbefundes zum Ziel und dient andererseits der lokalen Kontrolle bei bereits bestehender okkulter Lymphknotenmetastasierung vor allem dann, wenn lediglich von Mikrometastasen ausgegangen werden muss. Dies ist deshalb von Bedeutung, da etwa die Hälfte aller Patienten mit einem invasiven Harnblasenkarzinom bereits zum Diagnosezeitpunkt okkulte Metastasen besitzen (Soloway et al. 1981; Fagg et al. 1984; Raghavan et al. 1984). Bislang liegen 11 randomisierte Studien zur neoadjuvanten Chemotherapie mit einer Gesamtzahl von mehr als 3000 Patienten vor, ohne dass der Stellenwert dieser Behandlungsform eindeutig geklärt ist. Im Rahmen einer Metaanalyse unter der Leitung des Medical Research Council (MRC) sind die Ergebnisse dieser randomisierten Studien verglichen und zusammenfassend analysiert worden ( Tab. 23.24; ABC 2003, 2005a). Die cisplatinbasierte Polychemotherapie ist hierbei der Monotherapie deutlich überlegen (p=0,044). Die Daten basieren letztlich auf 2688 individuellen Patientendaten aus 10 randomisierten, kontrollierten Studien, was zum Zeitpunkt der Analyse 88% aller Individuen in kontrollierten Studien entsprach. Die Analyse sah keine signifikanten Unterschiede durch die Einflussgrößen Alter, Geschlecht, Allgemeinzustand, Nierenfunk-
tion oder pathologisches Stadium und Tumorgrad auf das Gesamtüberleben. Im Vergleich zur Kontrollgruppe bestand ein 5-Jahres-Überlebensvorteil von 5% bei einer signifikanten relativen Risikoreduktion um 11% (Hazard-Ratio 0,89; 95%-KI 0,81–0,98) zugunsten der Patienten, die eine Chemotherapie erhielten. Dieser absolute Vorteil liefert die zurzeit beste Abschätzung des Effekts der neoadjuvanten Chemotherapie über alle Subgruppen. Dennoch muss die klinische Interpretation dieses Vorteils differenziert betrachtet werden, da die Prognose in den einzelnen Subgruppen unterschiedlich zu bewerten ist. So zeigt sich z. B., dass nach 5 Jahren durch die neoadjuvante Chemotherapie das Überleben von 55% auf 60% bei Patienten des klinischen Stadiums T1–2, bei Patienten mit Stadium T3 von 40% auf 45% und bei Patienten mit klinischem Stadium T4 von 25% auf 30% verbessert werden konnte. Aufgrund der grenzwertigen Unterschiede kommen die Autoren aber zu dem Schluss, dass derzeit eine routinemäßige Anwendung nicht empfohlen werden kann.
Adjuvante Chemotherapie Die adjuvante Chemotherapie hat zum Ziel, den Erfolg vorangegangener in kurativer Absicht durchgeführter lokaler Maßnahmen zu konsolidieren. Ihr Einsatz im Anschluss an eine radikale Zystektomie und Lymphadenektomie bei fortgeschrittenem Lokalbefund oder positiven Lymphknoten wird weiterhin kontrovers diskutiert. In den letzten 25 Jahren wurde in zahlreichen randomisierten Studien eine lokale Therapie mit adjuvanter Chemotherapie mit einer alleinigen lokalen Therapie verglichen (Richards et al. 1983; Einstein et al. 1984; Skinner et al. 1990; Bono et al. 1997; Studer et al. 1994; Freiha et al. 1996). In den zahlenmäßig kleinen Untersuchungen ist lediglich für Patienten mit minimaler Lymphknotenmetastasierung ein geringer Überlebensanteil anzunehmen. In einer von Pamar und Mitarbeiten durchgeführten systematischen Untersuchung publizierter Daten kamen die Autoren zu dem Schluss, dass es keine ausreichende Evidenz gibt, dass die adjuvante Chemotherapie das Leben von Patienten mit invasivem Blasenkarzinom verbessern könne (Parmar et al. 1999). Zu der berechtigten Kritik der Autoren zählte, dass die einzelnen Studien zu klein waren, um signifikante Unterschiede in den Therapiearmen zu zeigen. Hinzu kam, dass einige statistische Methoden fragwürdig erschienen. Einige Studien definierten die Endpunkte der Analyse nicht klar oder lieferten keine ausreichenden Details der Überlebensanalysen, sondern fokussierten auf Subgruppenanalysen, die wiederum auf einer sehr kleinen Anzahl von Patienten basierten.
23
443 23.6 · Therapie des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase (T2–4 NX M0)
Aus diesem Grunde initiierte der Medical Research Council (MRC) eine Metaanalyse mit dem Ziel, den Effekt der adjuvanten Chemotherapie beim invasiven Harnblasenkarzinom zu evaluieren. Hierzu wurden individuelle Patientendaten aus insgesamt 6 Studien analysiert (491 Patienten). Diese Gruppe repräsentierte zum Zeitpunkt der Analyse 90% aller Patienten, die in solchen randomisierten Studien therapiert wurden, welche eine Cisplatin-basierte
Polychemotherapie im Vergleich zu einer Kontrollgruppe untersuchten ( Tab. 23.25 und 23.26). Dennoch war die kombinierte Analyse der Daten dieser Studien hinsichtlich der Aussagekraft mit nur 491 Patienten und 283 verstorbenen Patienten limitiert. Die »overall hazard ratio« aller Studien von 0,75 deutet einen absoluten Überlebensvorteil von 9% nach 3 Jahren an (95%-KI=1–16%). Einen absoluten Überlebensvorteil
Tab. 23.25. Übersicht der Studien, auf denen die Ergebnisse der Metaanalyse der Advanced Bladder Cancer Trial Group (ABC) zur adjuvanten Chemotherapie basieren (ABC 2005a) Studie
Lokale Behandlung
Chemotherapie Schema
Dosis (mg/m2)
Zyklen (Dauer)
Skinner et al. 1990
Zystektomie
− Cisplatin − Adriamycin − Cyclophosphamid
− 100 − 60 − 600
3 Zyklen (4 Wochen)
Bono et al. 1997
Zystektomie
− Cisplatin − Methotrexat
− 70 − 40
4 Zyklen
Studer et al. 1994
Zystektomie
− Cisplatin
− 90
2 Zyklen (4 Wochen)
Freiha et al. 1996
Zystektomie
− Cisplatin − Vinblastin − Methotrexat
− 100 − 4 − 30
4 Zyklen (3 Wochen)
Stöckle et al. 1995
Zystektomie
− − − −
Cisplatin Methotrexat Adriamycin Vinblastin
− n.b.
3 Zyklen
Otto et al. (unveröffentlicht)
Zystektomie
− − − −
Cisplatin Methotrexat Vinblastin Epirubicin
− − − −
3 Zyklen (4 Wochen)
70 30 3 45
Tab. 23.26. Ergebnisse aus der Metaanalyse der Advanced Bladder Cancer Trial Group (ABC). Die Ergebnisse aus der Analyse zur adjuvanten Chemotherapie beziehen sich auf 3 Jahre Nachbeobachtung, diejenigen der Analyse zur neoadjuvanten Chemotherapie auf einen Nachbeobachtungszeitraum von 5 Jahren. (ABC 2003, 2005a, b) Endpunkt
Patienten/Ereignisse (n)
Absoluter Vorteil (95%-KI)
Absolute Veränderung (%)
Signifikanz
Neoadjuvante Cisplatin-haltige Kombinationschemotherapie Gesamtüberleben
2433/1430
5% (2%–9%)
45 auf 50
p=0,022
Rezidivfreies Überleben
2629/1681
9% (5%–12%)
45 auf 54
p<0,001
Adjuvante Chemotherapie Gesamtüberleben
491/283
9% (1%–16%)
50 auf 59
p=0,019
Rezidivfreies Überleben
383/239
12% (4%–19%)
50 auf 62
p=0,004
KI = Konfidenzintervall.
444
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
von 11% wurde für diejenigen Studien nachgewiesen, die eine kombinierte Cisplatin-haltige Chemotherapie verwandten (95%-KI=3–18%). Die Metaanalyse war in der Lage, wesentlichen Kritikpunkten vorangegangener Studien einzelner Zentren zu begegnen: die Verwendung unangemessener und nicht standardisierter Testverfahren, das Fehlen von Gesamtüberlebensraten und die Überbetonung von Subgruppenanalysen basierend auf zu kleinen Patientenkollektiven. Ebenso zeigt diese Studie kein Ungleichgewicht hinsichtlich bekannter prognostischer Faktoren wie Alter, pathologisches Stadium oder Tumorgrad zwischen den Studienarmen der zusammenfassenden Untersuchung individueller Patientendaten. Die Autoren der Metaanalyse betonen, dass es selbst bei Einschluss aller derzeit verfügbaren Studien mit diesem Therapieregime nicht möglich gewesen wäre, die 900 Ereignisse zu inkludieren, die notwendig sind, um verlässlich einen 9%-igen absoluten Überlebensvorteil mit 80% Treffsicherheit (»power«) auf einem 5%-Signifikanzniveau zu detektieren. Die Autoren folgerten deshalb, dass die adjuvante Chemotherapie derzeit kein Standardverfahren darstellt (ABC 2005b).
Mit der systemischen Polychemotherapie werden inzwischen Tumorremissionsraten in bis zu 70% erzielt. Das mediane Überleben beträgt jedoch auch heute nur etwa 14 Monate. Das initiale Ansprechen des Tumors auf die Chemotherapie und die Länge des tumorspezifischen Überlebens werden in erster Linie durch den Allgemein-
Tab. 23.27. Gebräuchliche Chemotherapieschemata beim fortgeschrittenen Harnblasenkarzinom Chemotherapieschema
Dosierung
Medikamentengabe
MVAC – 28-Tages-Zyklus Methotrexat
30 mg/m2 KOF
Tag 1, 15, 22
Vinblastin
3 mg/m2 KOF
Tag 1, 15, 22
2 KOF
Tag 2
2 KOF
30 mg/m
Tag 2
Cisplatin
70 mg/m2 KOF
Tag 1
Methotrexat
40 mg/m2 KOF
Tag 1, 8, 15
Cisplatin
70 mg/m
Doxorubicin CM – 21-Tages-Zyklus
Gemcitabin, Cisplatin – 21-Tages-Zyklus 1250 mg/m2 KOF
Gemcitabin
23.7
Therapie des metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase
Cisplatin
70
mg/m2 KOF
Tag 1, 8 Tag 2
Paclitaxel, Carboplatin – 21-Tages-Zyklus
S. Krege, T. Otto, H. Rübben
Paclitaxel
80 mg/m2 KOF
Tag 1, 8, 15
Carboplatin
AUC 6
Tag 1
23.7.1 Therapieoptionen
Bis zu 50% der Patienten mit einem Urothelkarzinom der Harnblase entwickeln nach radikaler Zystektomie abhängig von der histologisch gesicherten Tumorausdehnung in der Blase bzw. dem Lymphknotenstatus ein lokales Rezidiv und/oder Fernmetastasen. Das Überleben von Patienten mit einem fortgeschrittenen Harnblasenkarzinom ist gering. Eigene Daten von Patienten mit metastasiertem Harnblasenkarzinom, die Mitte der 1980-er Jahre erhoben wurden, ergaben ein Langzeitüberleben von weniger als 10% ( Abb. 23.14; RUTT 1985). Trotz des Einsatzes verschiedener Chemotherapie-Regime konnten auch in den letzten 20 Jahren keine wesentlichen Verbesserungen erzielt werden. Zahlreiche Zytostatika wurden in Form von Monooder Polychemotherapieprotokollen getestet. Dabei zeigten sich die Kombinationstherapien der Monochemotherapie überlegen. Die gebräuchlichen Chemotherapieschemata beim fortgeschrittenen Harnblasenkarzinom zeigt Tab. 23.27.
\&^ 211
91
71
51
31 O,-!N, 225
q!>!1-111 1 2
3
4
5
Kbisf
Abb. 23.14. Natürlicher Verlauf metastasierter Harnblasenkarzinome. (Nach RUTT 1985)
445 23.7 · Therapie des metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase
zustand des Patienten und die Metastasenlokalisation bestimmt. Bei multifokaler Metastasierung ist eine definitive Heilung allenfalls in Ausnahmefällen zu erwarten. Derzeitiges Standardschema in der Behandlung des metastasierten Urothelkarzinoms ist die Kombination Gemcitabin/Cisplatin. In Phase-II-Studien zeigten die Taxane ermutigende Ergebnisse mit einer hohen Rate an kompletten und partiellen Remissionen, so dass auch Hoffnung auf eine Verlängerung des Überlebens besteht. In einer ersten randomisierten Phase-III-Studie, Gemcitabin/Cisplatin versus Gemcitabin/Cisplatin/Paclitaxel wurden die hohen Ansprechraten mit Paclitaxel bestätigt, allerdings ergab sich für die Dreierkombination kein Vorteil im Gesamtüberleben. Ebenso erhofft man sich eine Verbesserung durch die Kombination von Chemotherapeutika mit einer neuen Substanzklasse, den targetspezifischen Medikamenten. Die Metastasenchirurgie kann differenziert bei symptomatischen Patienten und nach chemotherapieinduzierter Tumorremission eingesetzt werden.
23.7.2 Chemotherapieschemata
In frühen Untersuchungen zur Chemotherapie des metastasierten Urothelkarzinoms der Harnblase waren Cis-
platin und Methotrexat besonders wirksam. Polychemotherapien erwiesen sich gegenüber Monotherapien als erfolgreicher. Ende der 1980-er Jahre etablierte sich das MVACSchema, eine Kombination von Methotrexat, Vinblastin, Doxorubicin und Cisplatin, als wichtigstes Polychemotherapieprotokoll beim fortgeschrittenen Harnblasenkarzinom. Dieses Schema geht zurück auf eine 1989 publizierte Studie von Sternberg et al. Von 121 Patienten erreichten 72% eine Tumorrückbildung. Eine komplette Remission war bei 36% der Patienten zu verzeichnen, wobei dies bei 11% der Patienten nur durch eine zusätzliche operative Residualtumorresektion gelang. Einen Rückfall nach kompletter Remission erlitten 68% der Patienten. Das mediane Überleben betrug 38 Monate. Die 2- bzw. 3-Jahres-Überlebensrate lag bei 68% und 55% (Sternberg et al. 1989). Diese guten Ergebnisse konnten in weiteren Studien nicht immer reproduziert werden (Logothetis et al. 1990; Loehrer et al. 1992; Von der Maase et al. 2000; SiefkerRadtke et al. 2002; Dreicer et al. 2004; Bamias et al. 2004, Sternberg et al. 2006). Hier lag das Gesamtansprechen zwischen 36 und 65%, die komplette Remissionsrate zwischen 9 und 35%. Eine Übersicht über die Ansprechraten Cisplatin- bzw. Methotrexat-haltiger Kombinationschemotherapien gibt Tab. 23.28.
Tab. 23.28. Übersicht über Cisplatin- bzw. Methotrexat-haltige Kombinationschemotherapien beim metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase Literatur
Substanzen
Patienten (n)
CR (%)
PR (%)
Hillcoat et al. 1989
CM
53
9
36
30
12
44
De Mulder et al. 1990 Mead et al. 1998
MV
93
7
12
De Mulder et al. 1990
CMV
21
4
31
88
10
36
67
10
33
55
25
21
121
26*
36
Logothetis et al. 1990
55
35
30
Loehrer et al. 1992
120
13
25
Von der Maase et al. 2000
153
12
34
Siefker-Radtke et al. 2002
86
21
30
Dreicer et al. 2003
44
13
23
Bamias et al. 2004
83
23
31
Sternberg et al. 2006
129
9
41
Mead et al. 1998 Khandekar et al. 1985
CisCA
Logothetis et al. 1990 Sternberg et al. 1989
MVAC
* Durch alleinige Chemotherapie erzielte komplette Remissionen.
23
446
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Letztendlich ergab MVAC trotz der nicht wieder erreichten Ergebnisse der Daten vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center (MSKCC) im Vergleich zu anderen Kombinationen die besten Ergebnisse. Eine Verbesserung der Remissionsraten des konventionellen MVAC-Protokolls konnte durch eine Steigerung der Intensität erzielt werden. In einer EORTCStudie wurde Standard-MVAC (n=129) versus Hochdosis-MVAC (n=134) randomisiert verglichen. Die Gesamtansprechrate war mit 62% (21% CR, 41% PR) in der Hochdosisgruppe signifikant besser verglichen mit 50% (9% CR, 41% PR) im Standardarm. Die Unterschiede hinsichtlich der kompletten Remissionen und der Gesamtansprechrate unterschieden sich signifikant zugunsten des Hochdosis-MVAC-Schemas. Auch das progressionsfreie Überleben mit 8,2 Monaten für die Standard-MVAC-Gruppe und 9,1 Monaten für die Hochdosisgruppe erreichte Signifikanzniveau, nicht aber das Gesamtüberleben mit 14,9 und 15,1 Monaten für die Standard- bzw. Hochdosisgruppe Das 2- bzw. 5-Jahres-Überleben betrug für die Standarddosierung 26 und 13%, für die hohe Dosierung 37 und 22% (Sternberg et al. 2006). Als besonders aktiv in der Therapie solider Tumoren erwiesen sich die Taxane bzw. Gemcitabin. Daher wurden diese Substanzen auch beim metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase überprüft ( Tab. 23.29). Die Kombination von Cisplatin mit Paclitaxel wurde in 3 Phase-IIStudien überprüft. Das Gesamtansprechen lag zwischen 50% und 72%. Das mediane Gesamtüberleben erreichte allerdings auch nur maximal 13 Monate (Murphy et al. 1996; Burch et al. 2000; Dreicer et al. 2000). Ersetzte man Cisplatin durch Carboplatin, ergab sich in 5 Studien ein Gesamtansprechen zwischen 21% und 65%. Das mediane Überleben lag in 4 Studien unter 10 Monaten, lediglich in einer Studie wurde es mit über 20 Monaten angegeben (Vaughn et al. 1998; Redman et al. 1998; Zielinski et al. 1998; Small et al. 2000; Friedland et al. 2004). Die Kombination von Cisplatin und Docetaxel wurde in 3 Studien untersucht. Das Gesamtansprechen lag zwischen 52% und 62%. Das mediane Gesamtüberleben betrug 8–14 Monate (Sengelov et al. 1998; Dimopoulos et al. 1999; Garcia del Muro et al. 2002). Zur Kombination von Cisplatin und Gemcitabin liegen 3 Studien vor, die Gesamtansprechraten zwischen 29% und 42% zeigten. Das mediane Gesamtüberleben lag bei 13 Monaten (Moore et al. 1999; Von der Maase et al. 1999; Kaufman et al. 2000). In 3 Studien wurde Carboplatin mit Gemcitabin kombiniert. Das Gesamtansprechen lag zwischen 50% und 59%, das mediane Überleben zwischen 10 und 16 Monaten (Shannon et al. 2001; Nogue-Aliguer et al. 2003; Bamias et al. 2006). Dogliotti
et al. führten eine randomisierte Studie Gemcitabin/Cisplatin versus Gemcitabin/Carboplatin durch. Es zeigte sich eine Unterlegenheit von Carboplatin gegenüber Cisplatin sowohl hinsichtlich des Ansprechens (OR/CR: 42/2 vs. 63/14%) als auch des medianen Überlebens (10 vs. 13 Monate) (Dogliotti et al. 2007). Als Platinderivat wurde außerdem Oxaliplatin eingesetzt, besonders bei Patienten mit schlechter Nierenfunktion. Theodore et al. führten eine monozentrische Studie mit Gemcitabin und Oxaliplatin an 30 Patienten durch. Das Ansprechen lag bei 47%, das mediane Gesamtüberleben bei 15 Monaten (Theodore et al. 2006). In einer anderen Studie mit 46 Patienten, davon 50% mit ungünstigen Prognosekriterien, die ebenfalls Gemcitabin/Oxaliplatin erhielten, betrug die Ansprechrate 48%, das mediane Gesamtüberleben aber nur 6 Monate (Carles et al. 2007) Neben den Kombinationen von Cisplatin bzw. Carboplatin mit den neuen Substanzen wurden diese auch untereinander kombiniert. So ergaben sich in 4 Studien zur Kombination von Paclitaxel und Gemcitabin Gesamtansprechraten zwischen 40% und 69% und ein medianes Gesamtüberleben zwischen 12 und 16 Monaten (Meluch et al. 2001; Sternberg et al. 2001; Kaufman et al. 2004; Li et al. 2005). In 3 Studien wurden Docetaxel und Gemcitabin kombiniert. Hier betrugen die Ansprechraten 17%, 33% und 52%. Das mediane Überleben wurde mit 8, 13 und 15 Monaten angegeben (Gitlitz et al. 2003; Dreicer et al. 2004; Ardavanis et al. 2005). Eine neue Kombination war die von Gemcitabin mit dem neuen Folsäureantagonisten Pemetrexed. Die Ansprechraten in 2 Phase-II-Studien waren aber mit 20 und 32% enttäuschend, das mediane Gesamtüberleben lag zwischen 10 und 13 Monaten (von der Maase et al. 2006; Dreicer et al. 2008). Neben den Zweifachkombinationen wurden auch Dreifachkombinationen geprüft: Die Kombination von Cisplatin, Paclitaxel und Gemcitabin ergab Gesamtansprechraten von 43% und 78% sowie ein medianes Gesamtüberleben von 15 und 24 Monaten (Bellmunt et al. 2000; Lorusso et al. 2005). Für die Kombination von Carboplatin, Paclitaxel und Gemcitabin wurden Ansprechraten von 43% und 68% und ein Überleben von 11 und 15 Monaten ermittelt (Hussain et al. 2001; Hainsworth et al. 2005). Die Kombination von Cisplatin, Docetaxel und Gemcitabin erbrachte ein Ansprechen von 66% bei einem Gesamtüberleben von 16 Monaten (Pectasides et al. 2002), die Kombination von Cisplatin, Paclitaxel und Ifosfamid 68% und 20 Monate (Bajorin et al. 1998), schließlich die Kombination von Methotrexat, Paclitaxel und Gemcitabin 57% und 18 Monate (Law 2004).
447 23.7 · Therapie des metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase
Tab. 23.29. Übersicht über Phase-II-Studien zur Kombinationschemotherapie mit Taxanen und Gemcitabin beim metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase Substanzen
Autor(en)
Patienten (n)
Ansprechen gesamt (%)
CR (%)
Überleben median (Monate)
Cisplatin, Paclitaxel
Murphy et al. 1996
20
72
22
k. A.
Burch et al. 2000
29
72
34
13
Dreicer et al. 2000
52
50
8
11
Vaughn et al. 1998
20
50
10
9
Redman et al. 1998
35
51
20
10
Zielinski et al. 1998
20
65
40
>20
Small et al. 2000
29
21
0
9
Carboplatin, Paciltaxel
Cisplatin, Docetaxel
Cisplatin, Gemcitabin
Carboplatin, Gemcitabin
Friedland et al. 2004
33
24
9
10
Sengelov et al. 1998
25
60
26
14
Dimopoulos et al. 1999
66
52
12
8
Garcia del Muro et al. 2002
32
62
23
8
Moore et al. 1999
37
41
11
k. A.
Von der Maase et al. 1999
38
42
18
13
Kaufman et al. 2000
37
29
8
k. A.
Dogliotti et al. 2007
80
63
14
13
Shannon et al. 2001
17
59
18
11
Nogue-Aliguer et al. 2003
41
56
15
10
Bamias et al. 2006
60
50
12
16
Dogliotti et al. 2007
110
42
2
10
Oxaliplatin/Gemcitabin
Theodore et al. 2006
30
47
3
15
Carles et al. 2007
46
48
3
6
Paclitaxel, Gemcitabin
Meluch et al. 2001
54
54
7
14
Sternberg et al. 2001
40
60
28
12
Kaufman et al. 2004
55
40
9
12
Li et al. 2005
36
69
42
16
Gitlitz et al. 2003
27
33
7
13
Dreicer et al. 2004
29
17
3
8
Ardavanis et al. 2005
31
52
13
15
Docetaxel, Gemcitabin
Pemetrexed/Gemcitabin
von der Maase et al. 2006
64
20
3
10
Dreicer et al. 2008
46
32
2
13
Cis/Pac/Gem
Bellmunt et al. 2000
58
78
28
24
Lorusso et al. 2005
85
43
12
15
Carbo/Pac/Gem
Hussain et al. 2001
49
68
32
15
Hainsworth et al. 2005
60
43
12
11
Cis/Doce/Gem
Pectasides et al. 2002
35
66
29
16
Cis/Pac/Ifo
Bajorin et al. 2000
44
68
23
20
MTX/Pac/Gem
Law et al. 2004
21
57
28
18
Gem/Cis/Eto
Tsukamoto et al. 2006
31
68
19
13
Cis/Pac/5Fu
Lin et al. 2007
44
68
25
17
23
448
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Tab. 23.30. Randomisierte Phase-III-Studien zu Polychemotherapien beim metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase Literatur
Schema
Patienten (n)
CR (%)
PR (%)
Medianes Überleben (Monate)
Bamias et al. 2004
MVAC
83
23
31
14
Docetaxel, Cisplatin
91
13
24
9
MVAC versus
44
13
23
15
Paclitaxel, Carboplatin
41
3
26
14
MVAC
151
12
34
15
Gem/Cis
164
12
37
14
Gem/Cis
315
10
36
13
312
15
42
16
versus
23 Dreicer et al. 2004
versus
Von der Maase et al. 2005
versus
Bellmunt et al. 2007
versus Gem/Cis/Pac
Aktuelle Phase-II-Studien zur Kombination von 3 Chemotherapeutika wurden von Lin et al. und Tsukamoto et al. publiziert. 31 Patienten wurden mit der Kombination Gemcitabin, Cisplatin und Etoposid behandelt. Das Gesamtansprechen lag bei 68% (CR=19%), das mediane Gesamtüberleben betrug aber nur 13 Monate (Tsukamoto et al. 2006). Die Kombination von Cisplatin/ Paclitaxel und 5-Fluorouracil mit 44 Patienten ergab eine Ansprechrate von 68% (CR=25%) mit einem medianen Gesamtüberleben von 17 Monaten. Die Hälfte der Patienten wies viszerale Metastasen auf (Lin et al. 2007). In Phase-II-Studien ( Tab. 23.29) zeigten sich besonders hohe Remissionsraten und eine deutliche Überlebensverlängerung von mehr als 20 Monaten mit den Dreifachkombinationen von Cisplatin, Paclitaxel und Ifosfamid (Bajorin et al. 2000) oder Gemcitabin (Bellmunt et al. 2000), so dass man annehmen kann, dass die Kombination von Cisplatin und Paclitaxel die Basis für weitere Polychemotherapieprotokolle darstellen wird. Bisher gibt es 3 abgeschlossene randomisierte PhaseIII-Untersuchungen, die MVAC gegen Polychemotherapieprotokolle mit Taxanen bzw. Gemcitabin überprüft haben ( Tab. 23.30). So war die Kombination von Cisplatin und Docetaxel mit einer Remissionsrate von 37% und einem medianen Überleben von 9 Monaten dem MVAC-Schema mit einer Remissionsrate von 54% und einem medianen Überleben von 14 Monaten signifikant unterlegen (Bamias et al. 2004). Ebenso ergab die Kombination Paclitaxel/Carboplatin eine geringere Remissionsrate im Vergleich zum MVAC-Schema, wobei sich das Überleben nicht unterschied (Dreicer et al. 2004).
Tab. 23.31. Myelosuppression und Mukositis Grad 3–4 unter MVAC und Gem/Cis. (Nach Von der Maase et al. 2000) Nebenwirkung
MVAC (%)
Gem/Cis (%)
Grad 3
Grad 4
Grad 3
Grad 4
Anämie
16
2
24
4
Neutropenie
17
65
41
30
Thrombopenie
8
13
29
29
Mukositis
18
4
1
0
Von der Maase et al. (2005) verglichen die klassische Standardtherapie MVAC mit der Kombination Gemcitabin plus Cisplatin (Gem/Cis). 202 Patienten mit T4b und/ oder positiven Lymphknoten und/oder Fernmetastasen wurden für eine Therapie mit 6 Zyklen MVAC randomisiert, 203 Patienten entsprechend für Gem/Cis. Bei einer medianen Nachbeobachtung von 19 Monaten betrugen die Remissionsraten 46% für MVAC und 49% für Gem/ Cis; die mediane Zeit bis zur Progression jeweils 7 Monate für MVAC und Gem/Cis sowie das mediane Überleben 15 Monate für MVAC und 14 Monate für Gem/Cis. Insgesamt zeigten sich keine signifikanten Unterschiede (Von der Maase et al. 2005). Die Nebenwirkungen der Taxane und Gemcitabin sind geringer ausgeprägt im Vergleich zum MVAC-Schema. So konnten in der Studie von Von der Maase et al. 63% der Gem/Cis-Zyklen ohne Dosisreduktion gegeben werden im Vergleich zu nur 37% der MVAC-Zyklen. Die Toxizität unterschied sich in erster Linie hinsichtlich der Myelotoxizität und der Mukositisrate ( Tab. 23.31). Auf-
449 23.7 · Therapie des metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase
grund der ausgeprägten Neutropenie trat unter MVAC in 14% neutropenisches Fieber und in 12% eine Sepsis auf. Unter Gem/Cis kamen entsprechende Nebenwirkungen nur in 2% bzw. 1% vor. Hinsichtlich der Lebensqualität zeigte sich eine signifikant geringere Abgeschlagenheit (Fatigue) der Patienten unter Gem/Cis (Von der Maase et al. 2000). Aktuell abgeschlossen wurde eine Phase-III-Studie der EORTC, in der 627 Patienten für die Kombination Gemcitabin/Cisplatin (GC) versus Gemcitabin/Cisplatin/Paclitaxel (GCP) randomisiert wurden. Das Ansprechen war unter GCP mit 57% (CR=15%) signifikant höher im Vergleich zu GC mit 46% (CR=10%). Kein signifikanter Unterschied ergab sich für das Gesamtüberleben mit 16 Monaten für GCP und 13 Monaten für GC (Hazard Ratio 0,86, p=0,10). Allerdings ergab eine Subgruppenanalyse, in die nur die 512 Patienten mit einem primären Urothelkarzinom der Harnblase eingingen, ein signifikant längeres Gesamtüberleben für GCP (Hazard Ratio 0,81, p=0,03). Die Rate an Grad-III/IV-Neutropenien war unter GCP höher, an Grad-III/IV-Thrombopenien unter GC höher (Bellmunt et al. 2007).
23.7.3 Prognostische Faktoren
Der Erfolg der Therapie von Patienten mit metastasiertem Harnblasenkarzinom wird wesentlich vom Allgemeinzustand des Patienten bestimmt. In Studien zur MVAC-Therapie erwiesen sich ein niedriger KarnofskyIndex, das Vorhandensein viszeraler Metastasen und eine Erhöhung der alkalischen Phosphatase als für das Überleben prognostisch ungünstig (Geller et al. 1991; Dodd et al. 1999; Bajorin et al. 1999; Von der Maase et al. 2005). In der Studie von Bajorin et al. hatten ein KarnofskyIndex <80% und das Vorhandensein viszeraler Metastasen einen ungünstigen Vorhersagewert im Hinblick auf das Ansprechen des Tumors und das Überleben der Patienten. Bei Unterteilung des Patientenkollektivs in 3 Risikogruppen (0, 1 oder 2 ungünstige Prognosefaktoren) unterschied sich das mediane Überleben mit jeweils 33, 13 und 9 Monaten signifikant (p=0,0001; Bajorin et al. 1999). In der Studie von Von der Maase et al. zeigten Patienten ohne Metastasen in Lunge, Leber oder Knochen ein medianes Gesamtüberleben von 18 Monaten und eine 5-Jahres-Überlebensrate von 21% im Vergleich zu Patienten mit entsprechenden Metastasen von 10 Monaten und 7%. Für Patienten mit einem Karnofsky-Index zwischen 80 und 100 lag das mediane Gesamtüberleben
bei 16 Monaten und die 5-Jahres-Überlebensrate bei 16% im Vergleich zu Patienten mit einem KarnofskyIndex unter 80 mit 8 Monaten und einer aufgrund der niedrigen Patientenzahl nicht berechenbaren 5-JahresÜberlebensrate (Von der Maase et al. 2005). Die Prognosefaktoren wurden auch in einer Studie von Bellmunt et al. zur Dreierkombination mit Paclitaxel, Cisplatin und Gemcitabin bestätigt. Das mediane Überleben der Patienten ohne, mit einem oder zwei ungünstigen Prognosefaktoren betrug 32, 18 und 11 Monate (Bellmunt et al. 2002).
23.7.4 Second-line-Therapie
Anfang der 1990-er Jahre wurden bei einem Rezidiv nach oder Versagen unter MVAC-Therapie Taxan- und/ oder Gemcitabin-haltige Schemata eingesetzt. Nachdem sich durch die Studie von Von der Maase die Kombination Gemcitabin/Cisplatin als neuer Standard etablierte, ist ungeklärt, wie eine Second-line-Therapie aussehen soll. Daten zur MVAC-Theraopie als Second-line-Therapie fehlen. Lorenzo et al. (2004) setzten die Kombination Oxaliplatin plus Fluorouracil (FOLFOX-4), welche sich beim Kolonkarzinom bewährt hat, nach Versagen einer Therapie bestehend aus Gemcitabin plus Cisplatin beim Urothelkarzinom ein. Von 16 auswertbaren Patienten zeigten 3 ein Ansprechen (19%) (Lorenzo et al. 2004). In einer weiteren Studie wurde die Kombination Gemcitabin plus Ifosfamid in der Second-line-Therapie gewählt. 34 mit Cisplatin oder Taxanen vorbehandelte Patienten gingen in die Studie ein. Die Remissionsrate lag bei 21%. Eine signifikante Anzahl von Patienten zeigte eine symptomatische Verbesserung (Pectasides et al. 2001) Albers et al. führten einen randomisierten Vergleich 6 Zyklen Gemcitabin/Paclitaxel versus einer MaintenanceBehandlung mit diesen Substanzen durch. Hier zeigte sich, dass im Median nur 4,6 Zyklen in der Gruppe mit geplanten 6 Zyklen versus 5,6 Zyklen in der MaintenanceGruppe verabreicht wurden. Response-, Progressionsund Überlebensrate unterschieden sich nicht signifikant (Albers et al. 2008). Das Konzept einer Maintenancetherapie schient bei der ungünstigen Patientenselektion im Second-line-Ansatz nicht sinnvoll. Hoffnung wird zudem in die neueren Substanzen Pemetrexed aus der Gruppe der Antimetabolite und Vinflunin, ein Vincaalkaloid, gesetzt (Paz-Ares et al. 2003; Bui et al. 2003). Bei 47 Patienten wurde mit Pemetrexed ein Ansprechen von 28% erzielt (3-mal CR). Das mediane Gesamtüberleben betrug 10 Monate (Sweeney et al. 2006). Daten vom MSKCC erbrachten nur ein Anspre-
23
450
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
chen bei einem von 12 Patienten (8%). Die Studie wurde dann vorzeitig abgebrochen (Galsky et al. 2007). Unter Vinflunin wurden bei 51 Patienten ein Gesamtansprechen von 18% und ein medianes Gesamtüberleben von 7 Monaten erzielt. Erwähnenswert ist, dass 19% Ansprechen bei Patienten erzielt wurde, bei denen die cisplatinbasierte Therapie weniger als 12 Monate zurücklag, sowie 20% bei Patienten mit viszeralen Metastasen (Culine et al. 2006). Gerade abgeschlossen wurde eine Phase-III-Studie, in der Vinflunin mit »best supportive care« verglichen wurde. In die Studie gingen 370 Patienten ein. Die Ansprechrate war unter Vinflunin signifikant höher (p<0,0001), ebenso waren das progressionsfreie Überleben (p<0,001) und das Gesamtüberleben mit 6,9 versus 4,3 Monaten (p=0,04) signifikant verlängert (Bellmunt et al. 2008). Schließlich sei eine Studie der ECOG erwähnt, in der das Epothilon Ixabepilon in der Second-line-Therapie beim metastasierten Urothelkarzinom eingesetzt wurde. Bei 45 Patienten betrug das Ansprechen 12%, das mediane Gesamtüberleben 8 Monate. Signifikante Toxizitäten waren Neutropenie und Neuropathie (Dreicer et al. 2007).
der Lokalisation, die auf eine vorhergehende Chemotherapie angesprochen hatten und ein Rezidiv mit gleicher Lokalisation wie zuvor oder solitär an nur einer anderen Lokalisation aufwiesen. Das progressionsfreie Intervall sollte mindestens 3 Monate betragen, und die Metastasen sollten komplett resektabel sein. Dementsprechend wurden bei 22 Patienten Lungen-, Lymphknoten-, Hirnund subkutane Metastasen reseziert. In die Auswertung gingen außerdem 9 Patienten ein, bei denen primär eine Metastasenresektion erfolgte. 4 dieser 9 Patienten erhielten eine adjuvante Chemotherapie. Das mediane Überleben nach Metastasenresektion betrug 23 Monate, die mediane Zeit bis zum Progress allerdings nur 7 Monate. Die 5-Jahres-Überlebensrate ab dem Zeitpunkt der Metastasenresektion lag bei 33%. Die oben genannten Selektionskriterien waren letztendlich nicht bei allen Patienten erfüllt, so hatten nur 12 der 22 Patienten ein 3-Monats-Intervall zwischen Chemotherapie und Metastasenresektion. Es zeigte sich, dass weder dieses Selektionskriterium noch der Umstand, ob die Metastasen primär oder nach Chemotherapie reseziert wurden oder ob solitäre bzw. multiple Metastasen entfernt wurden, sich hinsichtlich des Überlebens der Patienten unterschieden (Siefker-Radtke et al. 2004).
23.7.5 Metastasenchirurgie
Cave
Der Stellenwert der Metastasenchirurgie ist nicht abschließend geklärt. Die exzellenten Ergebnisse der MVAC-Studie von Sternberg et al. aus dem Jahr 1989 mit einem Gesamtansprechen von 72% und einer kompletten Remissionsrate von 36% beinhalteten, dass 11% der kompletten Remissionen durch eine Residualtumorresektion nach Beendigung der Chemotherapie erzielt wurden. Das mediane Überleben in dieser Studie betrug 38 Monate. Von den 30 operierten Patienten lebte 1/3 noch nach 5 Jahren (Sternberg et al. 1989). Sweeney et al. berichteten über 11 Patienten mit ausschließlich lymphogenen Metastasen, die ein deutliches Ansprechen auf eine Chemotherapie gezeigt hatten. Sie wurden im Anschluss an die Chemotherapie einer Resektion der Restbefunde unterzogen. Bei 9 Patienten fand sich aktiver Resttumor. Das mediane progressionsfreie und das krankheitsspezifische Überleben betrugen 7 und 14 Monate. Das progressionsfreie und krankheitsspezifische 4-Jahres-Überleben betrug 27% und 36%. Aktiver Tumor in maximal 2 Lymphknoten war mit einem signifikant besseren krankheitsspezifischen Überleben korreliert (Sweeney et al. 2003). Siefker-Radtke et al. selektierten Patienten mit einem metastasierten Urothelkarzinom, unabhängig von
Im Rahmen einer klinischen Phase-II-Untersuchung an der Essener Universitätsklinik wurde dagegen bei 70 Patienten mit metastasiertem Urothelkarzinom, die nicht ausreichend auf eine Chemotherapie angesprochen hatten, eine operative Resektion sämtlicher Tumorresiduen durchgeführt. Hier stand die Vorbeugung oder Beseitigung von Symptomen aufgrund der Metastasen im Vordergrund. Bei einer perioperativen Mortalität von 6% und einer mittleren Krankenhausverweildauer von 25 Tagen haben weniger als 10% der Patienten länger als 1 Jahr überlebt. Der Allgemeinzustand gemessen nach WHO-Kriterien konnte allerdings bei Patienten mit symptomatisch metastasierter Harnblasenkarzinomerkrankung durch die Metastasenresektion bei 2/3 der Patienten im Vergleich zum präoperativen Zustand gebessert werden (Otto et al. 2001). Unter Aspekten der symptomatischen Therapie verdient die Peritonektomie bei parietaler Peritonealkarzinose Beachtung. Bei 32 Patienten an der Essener Kli-
In den genannten Studien zur Metastasenresektion wurden nur Patienten mit einem guten Ansprechen auf eine Chemotherapie einer Metastasenresektion unterzogen. Ziel war’es, eine Erhöhung der Rate an kompletten Remissionen und damit eine mögliche Überlebensverlängerung zu erreichen.
451 23.7 · Therapie des metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase
nik konnten Symptome wie Aszites und/oder Schmerzen operativ beseitigt werden (Otto et al. 2002). Somit scheint es Patienten zu geben, deren Überleben durch eine Metastasenresektion verlängert werden kann. Die Selektionskriterien sind bisher nicht eindeutig. Sicher ist, dass bei symptomatischen Patienten die Möglichkeit der Verbesserung der Lebensqualität besteht.
23.7.6 Neue Therapieansätze
In den letzten Jahren gewinnen molekulare Therapieansätze bei malignen Tumoren zunehmend an Bedeutung. Im Unterschied zur konventionellen Chemotherapie, bei der alle Zellen einer Toxizität ausgesetzt sind, versucht man, bei den molekular orientierten Therapieansätzen selektiv das Wachstum von Tumorzellen zu hemmen. Durch die Verabreichung von Antikörpern oder Enzyminhibitoren werden spezielle Rezeptoren am/im Tumor besetzt. Die wichtigsten molekularen Targets beim Harnblasenkarzinom sind der EGF-Rezeptor, der bei 50% der Harnblasenkarzinome exprimiert wird, sowie der Her2/ neu-Rezeptor. Dennoch gibt es auch weiterhin nur wenige Studien zu targetspezifischen Therapien beim Harnblasenkarzinom. In einer Phase-II-Studie der Cancer and Leukaemia Group B (CALGB) erhielten 27 Patienten ohne vorhergehende Chemotherapie eine Kombination von Gemcitabin und Cisplatin mit dem am EGF-Rezeptor angreifenden Tyrosinkinaseinhibitor Gefitinib. Das Ansprechen betrug bei 25 auswertbaren Patienten 36%, das mediane Überleben 11,1 Monate und war somit nicht besser als unter der alleinigen Chemotherapie. Die Studie wurde gestoppt wegen dosislimitierender Toxizitäten (eine Grad-V-Infektion, eine Grad-V-Kardiotoxizität, drei Grad-IV-Hämatotoxizitäten; Philips et al. 2007). Trastuzumab (Herceptin) ist ein monoklonaler Antikörper gegen den HER-2/neu-Rezeptor. Dieser wurde bei Patienten mit fortgeschrittenem Urothelkarzinom untersucht. Von 109 Patienten, die eine Kombinationschemotherapie mit Paclitaxel, Carboplatin und Gemcitabin erhielten, wiesen 59 (54%) eine Überexpression von HER-2/neu am Tumorgewebe auf. 44 dieser 59 Patienten erhielten daraus resultierend zusätzlich Herceptin. Das Ansprechen betrug 57%, das mediane Überleben 14,1 Monate. Ob sich letztendlich ein Vorteil gegenüber der alleinigen Chemotherapie ergibt, ließe sich nur durch eine Phase-III-Studie klären. Zu erwähnen in der vorliegenden Phase-II-Studie ist eine hohe Rate an Kardiotoxizität, wenn diese auch nicht über Grad II hinausging (Hussain et al. 2007).
Weitere Phase-II-Studien zeigten weniger erfolgversprechende Ergebnisse. Die Substanz ZD1839 (Iressa), die an der intrazytoplasmatischen Domäne der Tyrosinkinase von EGFR/HER-1 bindet, wurde in einer Monotherapiestudie bei Patienten mit fortgeschrittenem Urothelkarzinom und Tumorprogression nach chemotherapeutischer Vorbehandlung untersucht. Es konnte nur bei einem von 27 dokumentierten Patienten ein partielles Ansprechen beobachtet werden, und nach 6 Monaten war lediglich nur einer von 27 Patienten progressionfrei (Petrylak et al. 2003). Ein weiterer Tyrosinkinase-Inhibitor, der an EGF/ HER-2-Rezeptoren bindet, ist das Lapatinib. Bei 59 Patienten mit progredientem, fortgeschrittenem Urothelkarzinom nach Cisplatin-haltiger Chemotherapie erfolgte eine Second-line-Behandlung mit dieser Substanz. Ein Ansprechen im Sinne einer partiellen Remission zeigte nur ein Patient (2%), bei 18 Patienten (31%) konnte eine Stabilisierung der Erkrankung erzielt werden. Die mediane Überlebenszeit betrug 17,9 Wochen (Wülfing et al. 2005). Auch der VEGF-Rezeptor, der eine zentrale Rolle in der Tumorangiogenese hat, stellt einen Angriffspunkt bei den neuen targetspezifischen Therapien dar. Es laufen Studien mit dem Tyrosinkinaseinhibitor Sorafenib und dem Antikörper Bevacizumab in Kombination mit platinhaltigen Chemotherapien. Zum Sunitinib liegen die Ergebnisse einer Phase-II-Studie als Second-lineTherapie vor. Bei 3/28 Patienten konnte eine partielle Remission, bei 11/28 ein stable disease erzielt werden (Gallagher et al. 2008) Erste Daten zu Inhibitoren der Farnesyltransferasen, die die Ras-Signaltransduktion steuern, sowie zu dem Proteasom-Inhibitor Bortezomib sind enttäuschend (Rosenberg et al. 2005; Winquist et al. 2005; Rosenberg et al. 2008). In der Kombination von Gemcitabin und dem Farnesyltransferase Inhibitor SCH66336 als Second-line-Schema konnte ein Ansprechen von 32% erzielt werden. Die Nebenwirkungen waren gering. Dennoch bleibt auch hier zu fragen, welchen Anteil dem Target bei der Ansprechrate zukommt (Theodore et al. 2005). Zusammenfassende Bewertung Mit den targetspezifischen Substanzen ergeben sich gegenüber der konventionellen Chemotherapie völlig neue Therapiestrategien. Hier steht die Forschung allerdings am Anfang. Der Einsatz dieser Substanzen, allein oder in Kombination mit einer Chemotherapie, ist bisher nur in Studienprotokollen sinnvoll und gerechtfertigt.
23
452
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
23.8
Seltene Tumoren der Harnblase
T. Otto, A. Eisenhardt
optionen: häufigere Kontrolluntersuchungen, Einstellen des Rauchens, Reduzierung der Exposition gegenüber schädlichen Chemikalien.
23.8.1 Aktuelle Entwicklungen
Operative Behandlung
23 In den letzten 18 Monaten haben sich hinsichtlich der Prävention und operativen Behandlung auch seltener Harnblasenkarzinome aktuelle Aspekte ergeben:
Prävention Der Mensch ist in der Lage, Umweltgifte im Stoffwechsel umzuwandeln und auszuscheiden. Wie stark diese Fähigkeit ist, hängt von genetischen Faktoren ab. Drei Gene, hOGG1, NAT2 und GSTM1, tragen zur Metabolisierung und Verstoffwechslung solcher Substanzen bei. Hier gibt es genetische Varianten, und bei den Trägern dieser Varianten ist die erforderliche Stoffwechselaktivität eingeschränkt oder gar nicht vorhanden. Solche Personen können demzufolge krebserregende Stoffe weniger schnell abbauen und ausscheiden, so dass diese länger im Körper verbleiben. Die Arbeit von Garcias et al. 2005 belegt dass Träger dieser Genvarianten ein erhöhtes Risiko für Harnblasenkrebs haben. Bei Trägern der NAT2-Variante erhöht sich das Risiko gegenüber der Normalform um 40% (insbesondere bei Rauchern), bei Trägern der GSTM1-Variante erhöht sich das Risiko um ca. 50%. Eine weitere Risikosteigerung erfahren Personen, die beide Varianten tragen. Nach Angaben der Autoren können diese Genvarianten die Entstehung von 30% aller Harnblasenkarzinome erklären. Basierend auf diesen Erkenntnissen hat die spanische Arbeitsgruppe unter Berücksichtigung der Familienanamnese bei 1158 erstdiagnostizierten Harnblasenkarzinomen im Vergleich zu 1244 Kontrollpatienten ein deutlich erhöhtes Blasentumorrisiko für langsame Acetylierer (NAT2 langsam versus NAT2 schnell) mit 4,76 versus 1,17 ermittelt. Für Träger der GSTM1-Variante ist das Risiko 4,21 versus 2,91 erhöht (Garcia-Rojo et al.2008) Im Rahmen einer taiwanesischen Untersuchung an 300 Patienten mit Urothelkarzinom und 300 Kontrollen besteht für den Genotyp hOGG1 Ser/Cys ein erhöhtes Risiko (OR=1,6). Das höchste Risiko besteht für Raucher mit den Genotypen hOGG1 Ser/Cys und hOGG1 Cys/ Cys (OR=2,7; Wang et al. 2007). Diese Genveränderungen können durch einfach durchführbare Gentests nachgewiesen werden und solche Personen entdeckt werden, die – genetisch bedingt – ein erhöhtes Risiko für Harnblasenkrebs aufweisen. Bei positivem Befund gibt es praktisch relevante Handlungs-
Standard in der Behandlung lokal fortgeschrittener, seltener Harnblasenkarzinome ist zum jetzigen Zeitpunkt die offene radikale Zystektomie (El-Mekresh et al. 2007). Eine Darmspülung ist im randomisierten Vergleich nicht erforderlich und vereinfacht das präoperative Vorgehen im Sinne des »fast track« (Abdi et al. 2007). Die Bedeutung der radikalen Zystektomie als Behandlungsverfahren ist durch verbesserte perioperative Bedingungen gestiegen. So hat die Arbeitsgruppe um Chang zeigen können, dass bei einem Patientenkollektiv von 304 zystektomierten Patienten die perioperative Mortalität 0,3% beträgt (1 von 304). Schwerwiegende Komplikationen (WHO >Grad III) sind bei 4,9% (15 von 304 Patienten) aufgetreten. Dies macht deutlich, dass es sich bei diesem operativen Verfahren um eine sichere Methode handelt. Einfluss auf Komplikationen und Mortalität hat die Erfahrung des Operateurs. Insbesondere Zentren mit <10 Zystektomien pro Jahr weisen eine signifikant höhere Komplikations- und Mortalitätsrate auf (Barbieri et al. 2007).
Metastasenchirurgie Die Postulate von Sir Stephan Paget (1989) haben auch 120 Jahre später nach wie vor Gültigkeit. Eine Metastasenchirurgie ist dann indiziert, wenn Metastasenresiduen nach effektiver Systembehandlung vorhanden sind oder metastasenbedingte Symptome operativ beseitigt werden können. Eine Ausnahme in diesem Zusammenhang stellen solitäre Metastasen bei zuvor entferntem Primärtumor dar (Otto et al. 2008).
23.8.2 Plattenepithelkarzinom
Plattenepithelkarzinome entsprechen 5% der Harnblasenkarzinome. Aufgrund der späten Symptomatik sind Plattenepithelkarzinome in aller Regel fortgeschritten. Risikofaktoren sind chronische Entzündungen, wie ein über viele Jahre liegender Harnblasenkatheter oder Blasensteine. Die extrem seltene Variante des Buschke-Löwenstein-Riesenkondyloms stellt einen hochdifferenzierten Tumor dar, bei dem die Prognose nach vollständiger operativer Entfernung günstiger zu beurteilen ist. Akzeptierte Behandlung des Plattenepithelkarzinoms ist die radikale Zystektomie. Eine gesichert wirksame Che-
453 23.8 · Seltene Tumoren der Harnblase
Tab. 23.32. Chemotherapieschemata beim Plattenepithelkarzinom der Harnblase Therapieschema
Dosierung
Applikation
5-Fluoruracil, Mitomycinc, perkutane Strahlentherapie (NIGRO-Schema) 5-Fluoruracil
1000 mg/m2 KOF 2
Mitomycin C
10 mg/m KOF
Strahlentherapie
45 Gy
i.v.
Tag 1–4
i.v.
Tag 1, 29 2,5-Gy-Einzeldosen
Cisplatin/Methotrexat/Bleomycin (nur bei fehlender pulmonaler Belastung) Cisplatin Methotrexat Bleomycin
100 mg/m2 KOF
i.v.
Tag 4
2 KOF
i.v.
Tag 1, 15
2
i.v.
Tag 1, 4, 8, 11, 15, 18
40 mg/m
10 mg/m KOF
Wiederholung Tag 22; 2 Zyklen; ggf. Radiotherapie und/oder Operation Paclitaxel/Carboplatin/Pudnison Paclitaxel
80 mg/m2 KOF
i.v.
Tag 1, 8, 15
Carboplatin
AUCG
i.v.
Tag 2
Pudnison
20 mg
oral
Je 12 h und 6 h vor Pachitaxel-Gabe
motherapie ist nicht beschrieben, so dass die Indikation zur systemischen Chemotherapie zurückhaltender gestellt werden sollte als beim Urothelkarzinom ( Tab. 23.32). Abzugrenzen vom Plattenepithelkarzinom sind Urothelkarzinome mit Plattenepithelmetaplasien. Hier sollte eine Klärung mit dem Pathologen erreicht werden, da Urothelkarzinome mit Plattenepithelmetaplasien zu behandeln sind wie reine Urothelkarzinome. Ein möglicher Differenzierungsfaktor stellt der Verlust von CD 44v6 dar (Jezkowski et al. 1998).
23.8.3 Adenokarzinom
Das primäre Adenokarzinom der Harnblase ist mit 0,2–2% aller Blasentumoren sehr selten und bedeutet 2 Neuerkrankungen/10 Mio. Einwohner. Patienten, die in ihrer Kindheit wegen einer Blasenexstrophie behandelt wurden, haben Adenokarzinome entwickelt. Die Cystitis cystica, die Cystitis glandularis oder die glanduläre Metaplasie der Schleimhaut finden sich in Kombination mit einem Adenokarzinom, sind jedoch als entzündliche oder metaplastische Reaktionen der Harnblasenschleimhaut zu deuten und nicht als Präkanzerose. Im Gegensatz zu Urothelkarzinomen wachsen Adenokarzinome der Harnblase solitär, was operationstechnisch berücksichtigt werden muss (Möglichkeit der blasenerhaltenden, sog. Blasenteilresektion). Ist der Tumor metastasierend, so ist die Prognose ungünstig und eine
Abb. 23.15. Metastase eines Ovarialkarzinoms in der Harnblasenwand. Typisch sind reaktive Urothelveränderungen (Pfeile)
systemische Chemotherapie basierend auf Mitomycin C, 5-FU und Doxorubicin keine generelle Therapieempfehlung. Bei metastasierter Erkrankung existiert auch hier kein Standardverfahren, so dass wir ein targetorientiertes Vorgehen empfehlen. Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind Adenokarzinome ausgehend von Metastasen oder in die Harnblase von außen einbrechenden Tumoren ( Abb. 23.15). Wie beim Plattenepithelkarzinom gibt es auch beim Adenokarzinom keine standardisierte wirksame Chemotherapie, so dass die Indikation zur systemischen Chemo-
23
454
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Tab. 23.33. Chemotherapieschemata beim Adenokarzinom der Harnblase Therapieschema
Dosierung
Applikation
600 mg/m2 KOF
Wöchentlich
5-Fluoruracil-Monotherapie 5-Fluoruracil
23
Dosissteigerung ggf. bis zur Toxizitätsgrenze (Leukozyten <2000/μl; Stomatitis, Enteritis) 5-Fluoruracil/Cisplatin 5-Fluoruracil
750 mg/m2 KOF
Tag 2–7
Cisplatin
50 mg/m2
Tag 1, 2, 22, 23
KOF
Wiederholung Tag 29; Fortsetzung der Therapie bei Ansprechen nach 3 Zyklen, sonst Beendigung 5-Fluoruracil/Mitomycin/Folinsäure MMC
8 mg/m2 KOF
Tag 1
5-FU
370 mg/m2 KOF
Tag 1–5
Folinsäure
20 mg/m2 KOF
Tag 1–5
therapie beim Adenokarzinom der Harnblase im metastasierten Stadium zurückhaltender zu stellen ist als beim Urothelkarzinom ( Tab. 23.33). Die Therapie der Siegelringzellkarzinome unterscheidet sich nicht von der des typischen Adenokarzinoms; hier muss jedoch mit einer ungünstigeren Prognose bei gleichem Ausbreitungsstand gerechnet werden. Analog zum Urothelkarzinom hat das TNM-Stadium entscheidende Bedeutung für die Prognoseeinschätzung. Die Arbeitsgruppe um El-Mekresh hat eine Fünfjahresüberlebensarte von 55% bei 185 Patienten mit primärem Adenokarzinom der Harnblase entwickelt (El-Mekresh et al. 2007).
23.8.4 Urachuskarzinom
Von den primären Adenokarzinomen der Harnblase stellen Urachuskarzinome eine Sonderform dar. Nur etwa 0,3% der Harnblasenkarzinome sind Urachuskarzinome. Die Makrohämaturie oder ein palpabler abdomineller Tumor sind Primärsymptome. Zur Abgrenzung von einem urachusunabhängigen Adenokarzinom der Harnblase dient die Tatsache, dass der Tumor am Blasendach liegt, der Urachus bzw. Rudimente des Urachus mit dem Tumor verbunden sind und dass die übrige Blasenschleimhaut frei von Dysplasien oder proliferativen Erkrankungen ist ( Abb. 23.16). Die Therapie des Urachuskarzinoms ist die Blasenteilresektion mit Resektion des gesamten Urachus und der Bauchwand unter Einschluss des Nabels. Obwohl eine primäre Fernmetastasierung selten ist, ist die Prog-
nose ungünstig, und 5-Jahres-Überlebensraten von 20% werden selten überschritten. Ein gesicherter zusätzlicher Effekt durch eine Strahlen- oder Chemotherapie konnte bislang in der Literatur nicht sicher belegt werden (Beck et al. 1970; Jakse et al. 1979; Kramer et al. 1979; Wheeler et al. 1954).
23.8.5 Malignes Melanom
Eine absolute Rarität stellen Melanome in der Harnblase dar. Abb. 23.17 zeigt einen der seltenen photodokumentierten zystoskopischen Befunde eines malignen Melanoms in der Harnblase. Neben der operativen Exzision bietet sich bei metastasierter Erkrankung und Versagen einer DITC, Interferon Therapie ein individualisiertes targetspezifisches Konzept an. Die Prognose ist ungünstig; eine Heilung darf nicht erwartet werden.
23.8.6 Phäochromozytom
Phäochromozytome der Harnblase sind selten und können, anders als das Urothelkarzinom, in allen Altersgruppen vorkommen. Typisch sind Blutdruckkrisen bei der Miktion oder bei abdomineller Palpation. Die biochemische Diagnostik entspricht derjenigen bei adrenalen Phäochromozytomen. Vor der Operation ist eine α-adrenerge Blockade, z. B. mit Phenoxybenzamin, anzuraten, bis der Blutdruck normalisiert ist. Eine β-adrenerge Blockade, z. B. mit Propranolol, empfiehlt sich, wenn Tachykardien oder Arrhythmien beobachtet werden.
455 23.8 · Seltene Tumoren der Harnblase
a
a
b
b Abb. 23.17a, b. Malignes Melanom in der Harnblase. a Zystoskopischer Befund einer Melanommetastase. b Korrespondierender histopathologischer Befund, der durch eine ausgeprägte lymphozytäre Infiltration des Tumors gekennzeichnet ist (S100 IHCH×400)
23.8.7 Neuroendokrine Tumoren/kleinzellige c Abb. 23.16a–c. Urachuskarzinom. a CT-Befund: typische Lokalisation am Blasendach. b Histopathologischer Befund des muskelinvasiven Adenokarzinoms. c Zystektomiepräparat
Die Therapie ist die offene Blasenteilresektion, bei der der Tumor umstochen wird, um Blutdruckkrisen zu vermeiden. Die transurethrale Resektion ist wegen der Ausschwemmung von Katecholaminen nicht indiziert.
Karzinome Eine weitere Besonderheit sind kleinzellige Harnblasenkarzinome ( Abb. 23.18). Eine primäre Chemotherapie mit Paclitaxel, Carboplatin wird empfohlen. Bei Versagen ist auch hier ein individualisiertes targetspezifisches Konzept angeraten Die typische Form der neuroendokrinen Harnblasentumoren ist wie in der Prostata das kleinzellige Karzinom. Es lässt sich immunhistochemisch durch den Nachweis der neuronenspezifischen Enolase charakterisieren. Die Prognose dieses Tumors ist ungünstig,
23
456
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
auch wenn eine radikale Zystektomie durchgeführt wird. Derzeit wird versucht, eine systemische Chemotherapie zu prüfen, die sich an den Schemata anderer kleinzelliger Karzinome, vor allen Dingen des kleinzelligen Bronchialkarzinoms, orientiert ( Tab. 23.34). Alternativ ist die Applikation von Pachitaxel und Carboplatin indiziert ( Tab. 23.32). Die weitere Charakterisierung ist durch den Nachweis von Synaptophysin und Chormogranin möglich (Hailemariam et al. 1998). Ein interessanter chemotherapeutischer Ansatz in der Behandlung metastasierter neuroendokriner Tumoren ist die Behandlung nach dem OPEC-Schema bei 4 von 8 Patienten zu einer objektiv messbaren Remission geführt. Die Therapie erfolgt mit
Vincristin 1,4 mg/m2 KOF Tag 1,
Cisplatin 40 mg/m2 KOF Tag 1 und Tag 2,
Etoposid 100 mg/m2 KOF Tag 1 und Tag 2 und
Cyclophosphamid 600 mg/m2 KOF Tag 1.
Wiederholt wird die Behandlung nach 3 Wochen.
23
a
Der Remissionsgrad wird bestimmt vor dem geplanten 3. Zyklus.
23.8.8 Malignes Lymphom der Harnblase b Abb. 23.18a, b. Kleinzelliges Harnblasenkarzinom. a Resektat. b Histologischer Befund (HE×100)
Eine günstige Prognose weisen primäre maligne Lymphome der Harnblase auf. Durch TUR-B mit anschließender induktiver Chemotherapie (Doxorubicin, Vincristin, Cyclophosphamid, Prednison, Etoposid und Metho-
Tab. 23.34. Chemotherapieschemata bei neuroendokrinen Harnblasentumoren/kleinzellige Karzinomen Therapieschema
Dosierung
Applikation
Adriamycin/Cyclophosphamid/Vincristin (nach Seeber 1977) A. Adriamycin (Doxurubicin)
60 mg/m2
C. Cyclophosphamid
250 mg/m2
O. Vincristin
2 mg/m2 KOF
KOF KOF
ACO I i.v.
Tag 1
p.o.
Tag 2–5
i.v.
Tag 1, 8
Vincristin bei Patienten >60 ≤65 Jahre maximal 1,5 mg; bei Patienten >65 Jahre maximal 1 mg
Wiederholung Tag 22 oder sobald die Toxizität es ermöglicht
Adriamycin/Cyclophosphamid/Vincristin (nach Seeber 1977)
ACO II
A. Adriamycin (Doxorubicin)
60 mg/m2 KOF
i.v.
Tag 1
C. Cyclophosphamid
750 mg/m2
i.v.
Tag 1, 2
O. Vincristin
1,5 mg/m2 KOF
i.v.
Tag 1, 8, 15
KOF
Altersabhängige Dosisreduktion von Vincristin s. ACO I
Wiederholung Tag 22 oder so früh wie möglich
457 23.8 · Seltene Tumoren der Harnblase
trexat) konnte eine Heilung erreicht werden (Nishida et al. 1998; Mourad et al. 1998; Gallardo et al. 1998). Chemotherapeutische Konzepte leiten sich aus der Therapie einer extranodulären Manifestation der Erkrankung ab.
23.8.9 Gutartige Tumoren der Harnblase
Gutartige Tumoren der Harnblase sind das Leiomyom, das Hämangiom sowie extrem selten Neurofibrome im Rahmen einer Neurofibromatose (M. Recklinghausen). Naturgemäß ist die Therapie die organerhaltende Resektion, d. h. transurethral oder als Blasenteilresektion. Eine Zystektomie sollte nur bei ausgedehntem Befall der Harnblase durchgeführt werden. ( Abb. 23.19).
23.8.10 Neue molekularpathologische
pektiv randomisierte First-line-Studie beim metastasierten Urothelkarzinom (Gemcitabine, Cisplatin ± Sorafenib, Ansprechpartner ist die AUO oder die Studienleiterin Fr. PD Dr. S. Krege,
[email protected]). Die bislang einzige Untersuchung zur Therapie mit mTOR-Inhibitoren beim metastasierten Harnblasenkarzinom wird von unserer Arbeitsgruppe im Second-line-Ansatz mit Temsirolimus durchgeführt (klinische Phase-II-Studie, Studienleiter: Prof. Dr. Th. Otto,
[email protected]). Eine sog. targetgesteuerte Therapie bietet sich an bei immunhistochemischer Überexpression von
HER-2/neu,
EGF-R,
c-Kit,
Somatostatinrezeptoren,
H-ras,
VEGF,
COX-2,
MMP.
Therapieansätze Als mögliche spezifische Therapieansätze stehen bei nachgewiesener Überexpression der genannten Rezeptoren für die Anwendung zur Verfügung:
Herceptin (Trastuzumab),
Erbitux (Cetuximab),
Glivec (Imatinib),
Sandostatin (Octreotid),
ISIS2503,
Bevacizumab,
Celecoxibl.
Prinomastat.
Neue Behandlungsoptionen bieten sich über die Hemmung der Rezeptor-Tyrosinkinasen an. Die targetspezifische Therapie verspricht einen positiven Einfluss auf die induktive wie perioperative Behandlung des fortgeschrittenen Urothelkarzinoms. Valide Studien sind konzipiert. Die Therapie von Sorafenib im Second-line-Ansatz bei DDP-Versagern ist bei 27 Patienten geprüft worden. Das mediane progressionsfreie Überleben beträgt 2,2 Monate bei fehlender objektiver Remission (Dreicer et al. 2008). Im Gegensatz dazu zeigt sich in der Second-line-Therapie mit Sunitinib bei 3/28 Patienten eine partielle Remission und bei 11/28 Patienten ein stable disease. Ein Patient ist therapiebedingt verstorben, was den experimentellen Charakter der Behandlung unterstreicht (Gallagher et al. 2008). Im Rahmen der AUO (Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie) erfolgt eine pros-
Voraussetzung ist eine Definition von Hochrisikopatienten durch die immunhistochemische Bestimmung der genannten biologischen Parameter, ggf. in Kombination mit einer systemischen Chemotherapie ( Abb. 23.20 bis 23.23).
Abb. 23.19. Leiomyom der Harnblase
Abb. 23.20. Darstellung einer immunhistochemisch ermittelten positiven Expression für den »epidermal growth factor receptor« (EGFR)
23
458
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Herceptin (Trastuzumab)
Einschlusskriterien:
23
Abb. 23.21. Darstellung einer immunhistochemisch ermittelten positiven Expression für den »vascular endothelial growth factor« (VEGF)
– Vorliegen einer Systemerkrankung oder Vorliegen eines nicht operablen Primärtumors – Immunhistochemisch nachgewiesene Überexpression von HER-2/neu Ausschlusskriterien: Manifeste Herzinsuffizienz Applikation: 1×/Woche i.v. Dosierung: initiale Infusion 4 mg/kg KG 2. und folgende Infusionen 2 mg/kg KG Dauer der Therapie: 6 Wochen, danach Reevaluation Nebenwirkungen: vergleichbar den Zytokinen mit Fieber, Schüttelfrost, Myalgie etc. Cave: Kardiotoxizität, d. h. keine Kombination mit z. B. Mitoxantron Geeignete Kombination von Herceptin mit – Docetaxel 36 mg/m2 KOF i.v. 1×/Woche und – Prednison 20 mg/Tag oral
Erbitux (Cetuximab)
Einschlusskriterien:
Abb. 23.22. Darstellung einer immunhistochemisch ermittelten positiven Expression für HER-2/neu
– Vorliegen einer Systemerkrankung oder Vorliegen eines nicht operablen Primärtumors – Immunhistochemisch nachgewiesene Überexpression von EGF-R Applikation: 1×/Woche i.v. Dosierung: initiale Infusion 400 mg/m2 KOF 2. und folgende Infusionen 250 mg/m2 KOF Dauer der Therapie: 6 Wochen, danach Reevaluation Nebenwirkungen: Hautausschlag, Akne Geeignete Kombination mit: – 5FU oder – DDP oder – Carboplatin oder – Taxan
Glivec (Imatinib)
Einschlusskriterien:
Abb. 23.23. Darstellung einer Überexpression für HER-2/neu im Rahmen einer Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) zur Bestätigung einer immunhistochemisch ermittelten positiven Expression für HER-2/neu
– Vorliegen einer Systemerkrankung oder Vorliegen eines nicht operablen Primärtumors – Immunhistochemisch nachgewiesene Überexpression von c-kit
459 23.9 · Nachsorge des nichtinvasiven und des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase
23.9
Dosierung:
400 mg/Tag oral, d. h. 4×1 Kapsel
Dauer der Therapie: 4 Wochen; längstens bis zum Progress
Nachsorge des nichtinvasiven und des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase
F. vom Dorp, M. Schenk, H. Rübben
Nebenwirkungen: Ödembildung, Alopezie; die Nebenwirkungen sind vergleichbar den Zytokinen mit Fieber, Schüttelfrost, Myalgie etc.
Cave: Kardiotoxizität, Hepatotoxizität
Geeignete Kombination von Imatinib mit – Docetaxel 36 mg/m2 KOF i.v. 1×/Woche und – Prednison 20 mg/Tag oral – Alternativ zu Docetaxel kann Paclitaxel in einer Dosierung von 80 mg/m2 KOF i.v. 1×/Woche appliziert werden
Sandostatin (Octreotid)
Einschlusskriterien:
– Vorliegen einer Systemerkrankung oder Vorliegen eines nicht operablen Primärtumors – Immunhistochemisch nachgewiesene Überexpression von Somatostatinrezeptoren 1.–14.Tag je 2×1 Ampulle 0,05 mg s.c. 8. Tag Monatsdepot 20 mg i.m., Wiederholung nach 1 Monat Dauer der Therapie: bis zum Progress Nebenwirkungen: gastrointestinale Nebenwirkungen, Pankreatitis, Abdominalschmerzen, diabetogene Stoffwechselstörung Geeignete Kombination von Octreotid mit – Docetaxel 36 mg/m2 KOF i.v. 1×/Woche und – Prednison 20 mg/Tag oral – Alternativ zu Docetaxel kann Paclitaxel in einer Dosierung von 80 mg/m2 KOF i.v. 1×/Woche appliziert werden
Rechtliche Voraussetzungen im Rahmen der Kostenübernahme von alternativen Therapiemethoden. Die Frage der Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen ist vom Bundesverfassungsgericht (Az.: 1BvR 347/98) beantwortet worden. »Krankenkassen dürfen ihren Mitgliedern alternative Behandlungsmethoden nicht vorenthalten. Voraussetzung für die Kostenübernahme ist, dass es keine anerkannten schulmedizinischen Behandlungsmethoden mehr gebe und dass es sich um eine lebensbedrohliche oder tödlich verlaufende Erkrankung handle«.
23.9.1 Nichtinvasives Blasenkarzinom
Die Nachsorge von Patienten mit nichtinvasiven Urothelkarzinomen erfolgt risikoadaptiert. Patienten mit Low-grade-Urothelkarzinomen werden nach initialer Resektion zur ersten Nachsorgezytoskopie nach einem dreimonatigen Intervall gesehen. Das Ergebnis der ersten TUR nach 3 Monaten ist ein wesentlicher prognostischer Faktor (Sylvester et al. 2006). Die Nachsorge erfolgt mittels Zytologie und Zystoskopie. Die nachfolgenden Intervalle können bei unauffälliger Zytologie auf ein 6-monatiges Intervall verlängert werden. Durch die regelhaften zytologisch-zystoskopischen Kontrollen ist die frühzeitige Progressionsdetektion gewährleistet. Unterstützt wird dieses Vorgehen durch »Watchful-waiting«-Konzepte bei kleinen nichtinvasiven Lowgrade-Tumoren mit negativer Urinzytologie. Gofrit und Kollegen führten ein derartiges Konzept bei 28 Patienten durch. Die mittlere Beobachtungszeit dieser kleinen Tumoren war 13,5 Monate. Alle resezierten Tumoren waren nach der Beobachtungszeit weiterhin nichtinvasiv, in 23 Fällen G1- und in 7 Fällen G2-Karzinome (Gofrit et al. 2006). Die Daten von Soloway aus 2003 zeigten ähnliche Resultate (Soloway et al. 2003). Die Nachsorge von Patienten mit einem muskelinvasiven Urothelkarzinom der Harnblase ist abhängig vom histopathologischen Tumorstadium und von der Wahl der Harnableitung nach radikaler Zystektomie. Das Risiko der Tumorprogression nach radikaler Zystektomie korreliert deutlich mit dem histopathologischen Tumorstadium. Madersbacher et al. (2003) berichten in einer Zystektomieserie mit insgesamt 507 ausgewerteten Patienten über ein rezidivfreies 5-JahresÜberleben von 76% der Patienten im Stadium pT1, 74% im Stadium pT2, 52% im Stadium pT3 und 36% im Stadium pT4. Das 5-Jahres-Gesamtüberleben sank von 63% im Stadium pT1 auf 32% im Stadium pT4. In dem Kollektiv der organbegrenzten und lymphknotennegativen Tumoren (≤pT2, N0) wurden die günstigsten 5- bzw. 10-Jahres-Überlebensraten von 73% bzw. 58% im Vergleich zu 56% bzw. 49% im Kollektiv der nicht organbegrenzten, aber dennoch lymphknotennegativen Tumoren erreicht. Patienten mit positivem Lymphknotenstatus zeigten einen wesentlich schlechteren klinischen Verlauf. Das re-
23
460
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
zidivfreie 5-Jahres-Überleben und das Gesamtüberleben betrug 33% bzw. 26% (Madersbacher et al. 2003). Stein et al. (2001) berichten in einer Zystektomieserie von 1054 Patienten über ein rezidivfreies 5- bzw. 10Jahres-Überleben im Kollektiv der organbegrenzten und lymphknotennegativen Tumoren (pT0–pT3a N0) von 85% bzw. 82% und über ein 5- bzw. 10- ahres-Gesamtüberleben von 78% bzw 56%. Im Kollektiv der pT3b- und pT4-Tumoren im lymphknotennegativen Status werden 58% bzw. 55% und 47% bzw. 27% erzielt, im lymphknotenpositiven Stadium über ein rezidivfreies 5- bzw. 10Jahres-Überleben von 35% bzw. 34% und über ein 5- bzw. 10-Jahres-Gesamtüberleben von 31% bzw. 23% (Stein et al. 2001). Mögliche Ursache für die günstigeren Daten der Patienten mit organbegrenzten Tumoren könnte im Vergleich beider Studien der höhere Anteil an pT0-, pTa- und pTis-Tumoren in der von Stein et al. (2001) publizierten Serie sein. Hinsichtlich der erhobenen onkologischen Daten scheint die Unterscheidung zwischen dem organbegrenzten und dem nicht organbegrenzten Tumorstadium entscheidend zu sein. Dies steht ebenso in Einklang zu der von Dalbaghni et al. (2001) publizierten Zystektomieserie. Das Auftreten eines Lokalrezidivs bzw. von Fernmetastasen ist ebenso an das histopathologische Stadium gebunden. Das isolierte Lokalrezidiv tritt im Stadium ≤pT2 N0 in 3–6% aller Fälle auf und steigt auf 11–13% im nicht organbegrenzten Tumorstadium. Fernmetastasen entwickeln 13–25% aller Patienten mit einem organbegrenzten Tumor im Vergleich zu 32–37% im nicht organbegrenzten Tumorkollektiv. Etwa 52% aller Patienten mit lymphknotenpositivem Stadium entwickeln Fernmetastasen. Etwa 80% aller Metastasen entwickeln sich innerhalb der ersten 3 Jahre nach Zystektomie. Neben dem Risiko eines Lokalrezidivs bzw. einer Fernmetastasierung besteht nach radikaler Zystektomie ebenso das Risiko eines urethralen Rezidives. Clark et al. (2004) berichten über 47 Patienten aus einer Zystektomieserie von 1054 Patienten, die aufgrund eines Urethrarezidives therapiert wurden. 42% dieser Patienten wurden innerhalb des ersten Jahres nach Zystektomie diagnostiziert. 46 Patienten wurden ausgewertet. 5 Patienten erhielten eine prophylaktische Urethrektomie aufgrund des initialen histologiuschen Befundes, 28 Patienten zeigten ein symptomatisches Rezidiv, 13 Patienten wurden aufgrund einer positiven Spülzytologie detektiert. Das mediane Überleben nach Diagnose betrug 28 Monate. Patienten mit oberflächlichem Rezidiv (pTa, PTis) zeigen ein signifikant besseres Gesamtüberleben mit 58,5 Monaten versus 17,1 Monaten bei invasivem Wachs-
tum. Es zeigte sich kein Unterschied zwischen dem symptomatischen und dem zytologisch detektierten Rezidiv (Clark et al. 2004). In der Studie von Lin et al. (2003) zeigte sich ebenso kein signifikanter Überlebensvorteil für Patienten, die einer regelmäßigen Nachsorge mittels Spülzytologie unterzogen wurden. Nach erfolgter Zytsektomie entwickeln ca. 2–3% der Patienten ein Rezidiv in den ableitenden Harnwegen. Kenworthy et al. (1996) berichten aus einer Zystektomieserie von 430 Patienten, dass bei 11 Patienten (2,6%) ein Rezidiv im Median 40 Monate nach Zystektomie in den ableitenden Harnwegen auftrat. Es zeigte sich eine signifikante Korrelation (p=0,001) zu einem positiven Harnleiterabsetzungsrand. Balaji et al. (1999) berichten über ähnliche Daten. Von 529 Patienten entwickelten 16 (3%) nach Zystektomie ein Rezidiv im oberen Harntrakt. 58% der Befunde waren lokal fortgeschritten, in 5 Fällen zeigten sich bilaterale Befunde. Das mediane Überleben nach Diagnosestellung betrug 10 Monate. Insgesamt ist die Inzidenz eines Rezidivs im oberen Harntrakt als gering zu bezeichnen. Hinweis
I
I
In der Nachsorge von Patienten mit muskelinvasivem Urothelkarzinom ist neben der onkologischen Nachsorge ebenso in Abhängigkeit von der gewählten Harnableitung eine regelmäßige Kontrolle der Nierenfunktion und des Säure-Basen-Haushaltes erforderlich.
Miyake et al. (2004) untersuchten 48 Männer nach Zystektomie. 30 Patienten erhielten eine Neoblase aus Kolonanteilen, 18 Patienten erhielten eine Ileumneoblase. Es zeigte sich, dass die Patienten mit einer Ileumneoblase signifikant höhere Serumkaliumspiegel aufwiesen. Eine metabolische Azidose wurde bei 7 von 18 Patienten mit einer Ileumneoblase (38,9%) im Vergleich zu 8 von 30 Patienten (26,7%), die eine Ersatzblase aus Kolonanteilen erhielten. In beiden Gruppen war dies mit einem Anstieg des Serumkreatininspiegels vergesellschaftet. Aufgrund einer deutlichen metabolischen Azidose erhielten jeweils 3 Patienten aus beiden Gruppen eine Therapie mit Natriumbikarbonat (Myake et al. 2004). Fujisawa et al. (2000) untersuchten 33 Männer nach Zystektomie und Anlage einer Ersatzblase aus Darmanteilen. Es konnte gezeigt werden, dass bei nahezu ausgegllichenem Elektrolythaushalt dennoch eine Demineralisierung des Knochens im Bereich des Femurhalses eintrat (Fujisawa et al. 2000).
461 Literatur
Zusammenfassende Bewertung Hinsichtlich der Nachsorge kann Folgendes festgehalten werden: Das Risiko eines Rezidivs korreliert mit dem histopathologischen Stadium. Die größte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Lokalrezidives bzw. einer Fernmetastasierung besteht innerhalb der ersten 36 Monate nach Zystektomie.
Regelmäßie Nachsorge in 3-monatlichen Intervallen: – körperliche Untersuchung, – Bestimmung der Serumelektrolyte und des Serumkreatinins, – Blutgasanalyse, – Urinsediment, Urinzytologie, – Sonographie von Leber, Nieren, Retroperitoneum, – Röntgen der Thoraxorgane, Urogramm jährlich, – CT von Abdomen/Becken bei lymphknotenpositivem Befund.
Nachsorge nach Strahlentherapie: – zystoskopische Kontrolle alle 3–4 Monate, im 3. bzw. 4. Jahr alle 6 Monate.
Literatur Literatur zu Kap. 23.1 Babaya K, Takahashi S, Momose H et al. (1987) Effects of single chemotherapeutic agents in development of urinary bladder tumor induced by N-butyl-N-(4-hydroxybutyl) nitrosamine (BBN) in rats Urol Res 15: 329–334 Baker GL, Kahl LE, Zee BC, Stolzer BL, Agarwal AK, Medsger TA (1987) Malignancy following treatment of rheumatoid arthritis with cyclophosphamide. Long-term case-result follow-up study. Am J Med 83: 1–9 Becker N, Deek E (2003) (Hrsg) Krebsatlas der Bundesrepublik Deutschland Springer, Berlin Heidelberg New York Bedwani R, Renganathan E, El Kwhsky F et al. (1998) Schistosomiasis and the risk of bladder cancer in Alexandria, Egypt. Br J Cancer 77(7): 1186–1189 Brennan P, Bogillot O, Cordier S, Greiser E, Schill W, Vineis P et al. (2000) Cigarette smoking and bladder cancer in men: a pooled analysis of 11 case-control studies. Int J Cancer 86: 289–294 Becker N, Holzmeier S; Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg (2004–2006), Abteilung Epidemiologie von Krebserkrankungen Cantor KP, Lynch CF, Hildesheim ME, Dosemeci M, Lubin J, Alavanja M, Craun G (1998) Drinking water source and chlorination byproducts. I. Risk o bladder cancer (see comments). Epidemiology 9(1): 21–28 Case RAM Pearson JT (1954) Tumours of the urinary bladder in workmen engaged in the manufacture and use of certain dyestuff intermediates in the British chemical industry. Part II: Further consideration of the role of aniline and of the manufacture of auramine and magenta (fuchsine) as possible causative agents Br J Ind Med 11: 213 Cole P (1971) Coffee-drinking and cancer of the lower urinary tract. Lancet i: 1335
Coleman M, Babb P, Damiecki P, Grosclaude P, Honjo S, Jones J, Knerer G, Pitard A, Quinn M, Scoggett A, De Stavoua B (1999) Cancer survival trends in England and Wales, 1971–1995: Deprivation and NHS Region. Stationary Office, London Collins J, Acquavella JF (1998) Review and meta-analysis of studies of acrylonitrile workers. Scand J Work Environment Health 24 (Suppl 2): 71–80 Deutz FJ, Rübben H, Küpper W, Hofstädter F (1988) Morphologie der Harnblase und des Darms nach Harnleiter-Sigmaimplantation unter Karzinogenexposition. 9. Symposium Experimentelle Urologie, Aachen 16.–18.6.1988 Donato F, Boffetta P, Fazioli R, Gelatti U, Porru S (1998) Reliability of data on smoking habit and coffee drinking collected by personal interview in a hospital-based case-control study. Eur J Epidemiol 14(3): 259–267 Fairchild WV, Spence CR, Solomon HD, Gangai MP (1979) The incidence of bladder cancer after cyclophosphamide therapy. J Urol 122: 163 Ferlay J, Bray F, Pisani P, Parkin DM (2004) GLOBOCAN 2002: cancer incidence, mortality and prevalence worldwide. IARC CancerBase No. 5 Version 2.0. Lyon:IARC Gonwa TA, Corbett WT, Schey HM, Buckalew VM (1980) Analgesic associated nephropathy and transitional cell carcinoma of the urinary tract. Ann Intern Med 93: 249 Hecht SS, Tso TC, Hoffmann D (1976) Selective reduction of tumorgenicity of tobacco smoke. IV Approaches to the reduction of N-nitrosamines and aromatic amines. Proceedings of Third World Conference o smoking and health. Dept Health Education and Welfare Publ No (NIH) 76: 535 Hicks RM, Walters CL, El Sebai I, El Asser AB, El Merzabani M, Grough TA (1977) Demonstration of nitrosamines in human urine. Preliminary observations on a possible aetiology for bladder cancer in association with chronic urinary tract infection. Proc R Soc Med 70: 413 Hoffmann D, Masuda Y, Wynder EL (1969) Alpha-naphthylamine and beta-naphthylamine in cigarette smoke. Nature 221: 254 Hueper WC, Wiley FH, Wolfe HD (1938) Experimental production or bladder tumours in dogs by administration of beta-naphthylamine. J Indust Hyg Toxiol 20/1: 46 Huff JE (1991) Carcinogenicity of ochratoxin A in experimental animals. IARC Sci Publ 115: 229–224 Irving CC, Murphy WM, Damil DS (1984) Comparative carinogenicity of N-Butyl-N-(3 carboxypropyl)- Nitrosamin and N-Butyl-N(4 hydroxybutyl) nitrosamine for the urinary bladder of (C5BL/6xDBA/2)F1 mice. JNCI 73/3: 753–756 Ito N (1984) Histogenesis of urinary bladder tumors induced by nitrosamine in rats. J Cancer Res Clin Oncol 108: 169–173 Ito N (1988) Early changes caused by nitrosamine in the bladder epithelium of different animal species. Jpn J Cancer Res 79(4): 413–417 Johansson SL, Cohen SM (1997) Epidemiology and etiology of bladder cancer. Semin Surg Oncol 13: 291–298 Karagas MR, Tosteson TD, Blum J, Morris JS, Baron JA, Klaue B (1998) Design of an epidemiologie study of drinking water arsenic exposure and skin and bladder cancer risk in a U.S. population. Environmental Health Perspectives 106 (Suppl 4): 1047–1050 Kaufmann JM, Fam B, Jacobs SC, Gabrilondo F, Yalla S, Kane JP, Rossier AB (1977) Bladder cancer and squamous metaplasia in spinal cord injury patients. J Urol 118: 967 Kunze E, Calude J, Frentzel-Beyme R (1986) Associalion of cancer ot the lower urinary tract with consumption of alcoholic beverages – a case control study. Carcinogenesis 7: 163
23
462
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Kurahashi N, Inoue M, Iwasaki M, Sasazuki S, Tsugane S for the Japan Public Health Center (JPHC) Study Group (2008) Coffee, green tea, and caffeine consumption and subsequent risk of bladder cancer in relation to smoking status: a prospective study in Japan. Cancer Sci [Epub ahead of print] Larsson SC, Andersson SO, Johansson JE, Wolk A (2008) Cultured milk, yoghurt, and dairy intake in relation to bladder cancer risk in a prospective study of Swedish women and men. Am J Clin Nutr 88(4): 1083–7 Larsson SC, Andersson SO, Johansson JE, Wolk A (2008) Friut and vegetable consumption and risk of bladder cancer: a prospective cohort study. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 17(9): 2519–22 Linn JFJ, Rübben H (1995) Die Wirkung von Keyhole-Limpet-Haemocyanin auf chemisch induzierte Blasentumore bei Ratten. Vergleich subkutaner vs. intraversikaler Applikation vs. Kontrollgruppe. 12. Symposium für experimentelle Urologie. 18.03.1995, Berlin Marcus PM, Hayes RB, Vineis P, Garcia-Closas M, Caporaso NE, Autrup H et al. (2000) Cigarette smoking, N-acetyltransferase 2 acetylation status, and bladder cancer risk: a case-series meta-analysis of a gene-environment interaction. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 9: 461–467 McCredie M, Stewart JH, Ford JM (1983) McLennan RA; Phenacetincontaining analgesics and cancer of the bladder or renal pelvis in women. Br J Urol 55: 220–224 Micheli A, Mariotto A, Giorgio Rossi A, Gatta G, Muti P (1998) Eurocare Working Group, The prognostic role of gender in survival of adult cancer patients. Eur J Cancer 14: 2271–2278 Morrison AS, Cole P (1982) Urinary tract. In: Schottenfeld D, Fraumeni FJ, Saunders WB (eds) Cancer epidemiology and prevention. Saunders, Philadelphia, p 925 Mostafa MH, Helmi S, Badawi AF, Tricker AR, Spiegelhalder B, Preussmann R (1994) Nitrate, nitrite and volatile N-nitroso compounds in the urine of Schistosoma haematobium and Schistosoma mansoni infected patients. Carcinogenesis 15: 619–625 Norpoth K, Woitowitz HJ (1994) Beruflich verursachte Tumoren. Dtsch. Ärzte-Verlag, Köln, S 25–31 Ohkawa T, Fujinaga T, Doi J, Ebisuno S, Takamatsu M, Nakamura J, Kido R (1982) Clinical study on occupational uroepithelial cancer in Wakayama City. J Urol 128: 520 Olson CA, De Vere White RW (1979) Cancer of the bladder In: Javadpour N (ed) Principles and management of urologic cancer. Williams & Wilkins, Baltimore, p 337 Otto T, Rübben H (2004) Prävention des Harnblasenkarzinoms. Urologe A 43: 562–564 Parkin DM, Bray F, Ferley J, Pisani P (2001) Estimating the world cancer burden: Globocan 2000. Int J Cancer 94 (2): 153–156 Pashos CL, Botteman MF, Laskin BL, Redaelle A (2002) Bladder cancer; Epidemiology, Diagnosis and Management Cancer Practice 10 (6): 311–322 Patrianakos C, Hoffmann D (1979) Chemical studies on tobacco smoke. LXIV On the analysis of aromatic amines in cigarette smoke. J Anal Toxicol 3: 150 Pearson RM, Soloway MS (1978) Does cyclophosphamide induce bladder cancer? Urology 4: 437 Pedersen-Bjergaard J, Ersboll J, Hansen VL et al. (1988) Carcinoma of the urinary bladder after treatment with cyclophosphamide for non-Hodgkin lymphoma. N Engl J Med 318: 1028– 1032 Petkova-Bocharova T, Castegnaro M (1991) Ochratoxin A in human blood in relation to Balkan endemic nephropathy and urinary tract tumors in Bulgaria. IARC Sei Publ 115: 135–137
Petkovic S, Multavdzik M, Petronic V, Marcovic V (1971) Tumours of the renal pelvis and ureter: clinical and aetiologic studies. J Urol Nephrol (Paris) 77: 429 Probert JL, Persad RA, Greenwood RP, Gillatt DA, Smith PJ (1998) Epidemiology of transitional cell carcinoma of the bladder: profile of an urban population in the south-west of England. Br J Urol 82 (5): 660–666 Ries LAG, Kosary CL, Hankey BF, Miller BA, Clegg LX, Edwards BK (eds) (1999) SEER Cancer Statistics Review, 1973–1996. National Cancer Institute, Bethesda Md, NIH Pub. No. 99–2789 Ries LAG, Eisner MP, Kosary CL, Hankey BF, Miller BA, Clegg L et al. (2000) SEER Cancer Statistics Review, 1973–1997. Bethesda, Md: National Cancer Institute Robert-Koch-Institut (Hrsg.) und Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V., Berlin (2008) »Krebs in Deutschland 2003–2004«, 6. überarbeitete Auflage Sadetzki S, Bensal D, Blumstein T, Novikov I, Modan B (2000) Selected risk factors for transitional cell bladder cancer. Med Oncol 17: 179–182 Schulte PA, Ringen K, Hemstreet GP (1986) Risk factors for bladder cancer in cohort exposed to aromatic amines, Cancer 58: 2156 Shibata MA et al. (1989) The role of BBN in F344 rats. J Toxicol Environ Health 26 (3): 255–265 Smith AH, Goycolea M, Haque R, Biggs ML (1998) Marked increase in bladder and lung cancer mortality in a region of Northern Chile due to arsenic in drinking water. Am J Epidemiol 147(7): 660–669 Vineis P, Pirastu R (1997) Aromatic amines and cancer. Cancer Causes Control 8: 346–355 Wigle DT (1998) Safe drinking water: a public health challenge. Chron Dis Can 19 (3): 103–107 Wynder EL, Goldsmith R (1977) The epidemiology of bladder cancer: a second look. Cancer 40: 1246 Zheng W, McLaughlin JK, Gao YT, Silverman DT, Gao RN, Blot WJ (1992) Bladder cancer and occupation in Shanghai, 1980–1984. Am J Ind Med 21: 877–885
Literatur zu Kap. 23.2 und 23.3 Aghaji AE, Mbonu OO (1989) Bladder tumors in Enugu, Nigeria. Br J Urol 64: 399 Altieri DC (2003) Survivin, versatile modulation of cell division and apoptosis in cancer. Oncogene 22: 8581–8589 Anderström C, Johansson SL, van Schulz L (1983) Primary adenocarcinoma of urinary bladder. Cancer 52: 1273 Bachor R, Kotzerke J, Reske SN (1999) Lymph node staging of bladder neck carcinoma with positron emission tomography. Urologe A 38: 46–50 Bellmunt J, Paz-Ares L, Cuello M, Cecere FL, Albiol S, Guillem V, Gallardo E, Carles J, Mendez P, de la Cruz JJ, Taron M, Rosell R, Baselga J (2007) Gene expression of ERCC1 as a novel prognostic marker in advanced bladder cancer patients receiving cisplatin-based chemotherapy. Annals Oncol 18: 522–528 Boman H, Hedelin H, Jacobsson S, Holmang S (2002) Newly disgnosed bladder cancer: the relationship of initial symptoms, degree of microhematuria and tumor marker status. J Urol 168: 1955–1959 Burger M, van der Aa MNM, van Oers JMM, Brinkmann A, van der Kwast TH, Steyerberg EC, Stoehr S, Kirkels WJ, Denzinger S, Wild PJ, Wieland WF, Hofstaedter F, Hartmann A, Zwarthoff EC (2008) Prediction of progression of non-muscle-invasive bladder cancer by WHO 1973 and 2004 grading and by FGFR3 mutation status:aprospective study. Eur Urol 54: 835–844 Chow NH, Liu HS, Lee E (1985) Epidermal growth factor receptors in human bladder cancer: comparison of superficial and invasive tumors. Lancet 366–138
463 Literatur
Compton DA, Cleveland DW (1993) NuMA is required for proper cpmpletion of mitosis. J Cell Biol 120: 947–957 Czerniak B, Cohen GL, Etkind P, Deitch D, Simmons H, Herz F, Koss LG (1992) Concurrent mutations of coding and regulatory sequences of the H-Ras gene in urinary bladder carcinomas. Hum Pathol 23: 1199 Denzinger S, Fritsche HM, Otto W, Blana A, Wieland WF, Burger M (2008) Early versua deferred cystectomy for initial high risk pT1G3 urothelial carcinoma of the bladder: Do risk factos define feasibility of bladder-sparing approach? Eur Urol 53: 146–152 Filbeck T, Pichlmeier U, Knüchel R, Wieland WF, Roessler W (2002) Do patients profit from 5-aminolevulinic acid-induced fluorescence diagnosis in transurethral resection of bladder carcinoma? Urology 60: 1025–1028 Filbeck T, Roessler W, Knüchel R et al. (1999) 5-aminolevulinic acidinduced fluorescence endoscopy applied at secondary transurethral resection after conventional resection of primary superficial bladder tumors. Urology 53: 77–81 Fitzgerald JM, Ramchurren N, Rieger K, Leveque P, Silverman M, Libertino JA, Summerhayes EC (1995) Identification of H-Ras mutations in urine sediments complements cytology in detection of bladder tumors. J Natl Cancer Inst 87: 129 Fujita J, Srivastava SK, Kraus MH, Rhim JS, Tronick SR, Aronson SA, (1985) Frequencey of molecular alterations affecting ras protoonkogenes in human urinary tract tumors. Proc Ntl Acad Sci 82, 3849 Gandour Edwards R, Lara PN, Folkins AK, LaSalle JM, Beckett L, Li Y, Meyers FJ, DeVere-White R (2002) Does Her2-neu expression provide prognostic information in patients with advanced urothelial carcinoma? Cancer, 1009–1015 Ghonheim MA, Ashamallah AK, Awaad HK, Whitemore WF Jr (1985) Randomized trial with cystectomy with preoperative radiotherapy for carcinoma of the bilharzial bladder. J Urol 134: 266 Glas AS, Roos D, Deutekom M, Zwinderman AH, Bossuyt PMM, Kurth KH (2003) Tumor markers in the diagnosis of primary bladder cancer. A systemic review. J Urol 169: 1975–1982 Gofrit ON, Pode D, Lazar A, Katz R, Shapiro A (2006) Watchful waiting policy in recurrent TaG1 bladder tumors. Eur Urol 49: 303–306 Gregoire M, Fradet Y, Meyer F, Tetu B, Bois R, Bedard G, Charrois R, Naud A (1997) Diagnostic accuracy of urinary cytology and desoxyribonucleic acid flow cytometry and cytology on bladder washings during follow-up for bladder tumors. J Urol 157: 1660–1664 Gutierrez Banos JL, del Henar Rebollo Rodrigo M, Antolin Huarez FM, Garcia BM (2001) Usefulness of the BTA stat test for the diagnosis of bladder cancer. Urology 57: 658–689 Halling KC, King W, Sokolova IA (2002) A comparison of BTA stat, hemoglobin dipstick, telomerase and Vysis UroVysion for the detection of urothelial carcinoma in urine. J Urol 167: 2001–2006 Heicappel R, Müller M, Fimmers R et al. (2000) Qualitative determination of urinary human complement factor H-related protein (hcfHrp) in patients with bladder cancer, healthy controls, and patients with benign urologic disease. Urol Int 65: 181–184 Herr HW, Donat SM, Dalbagni G (2002) Correlation of cystoscopy with histology of recurrent papillary tumors of the bladder. J Urol 168: 978–980 Jakse G, Jakobi GH, Altwein JE (1979) Das Adenokarzinom der Harnblase. Urologe A 18: 86 Johnson DE, Schoenwald MB, Ayala AG, Miller LS (1976) Sqamous cell carcinoma of the bladder. J Urol 115: 542 Kinders R, Jones T, Root R, Bruce C, Murchinson H, Corey M, Williams L, Enfield D, Hass GM (1998) Complement factor H or a related protein is a marker for transitional cell cancer of the bladder. Clin Can Res 4: 2511–2520
Koss LG, Deitch D, Ramanathan R, Sherman AB (1985) Diagnostic value of cytology of voided urine. Acta Cytol 29: 810–816 Kosuda S, Kison PV, Greenough R (1997) Prelimenary assesment of flourine-18 fluorodeoxyglucose positron emission tomography in patients with bladder cancer. E J Nuc Med 26: 615–620 Kriegmair M, Zaak D, Rothenberger KH et al. (2002) Transurethral resection for bladder cancer using 5-aminolevulinic acid induced fluorescence endoscopy versus white light endoscopy. J Urol 168: 475–478 Krüger S, Weitsch G, Büttner H, Matthiensen A, Böhmer T, Marquardt T, Sayk F, Feller AC, Böhle A (2002) Her2 overexpression in muscleinvasive urothelial carcinoma of the bladder: prognostic implications. Int J Cancer 102, 514–518 Kuroda M, Meguro N, Maeda O (2002) Stage specific followup strategy after cystectomy for carcinoma of the bladder. Int J Urol 9,129–133 Lipponen P, Eskelinin M (1994) Expression of epidermal growth factor receptor in bladder cancer as related to established prognostic factors. Cancer 69: 1120–1125 Mao L, Schoenberg MP, Scicchitano M et al. (1996) Molecular detection of primary bladder cancer by microsatellite analysis. Science 271: 659–662 Mian C, Lodde M, Comploij E, Palermo S, Mian M, Maier K, Pycha A (2005) The value of ImmunoCyt/uCyt+ test in the detection and follow-up of carcinoma in situ of the urinary bladder. Anticancer Res 25: 3641–3644 Mungan NA, Vriesema JL, Thomas CM, Kiemeney LA, Witjes JA (2000) Urinary bladder cancer test: a new urinary tumor marker in the follow-up of superficial bladder cancer. Urology 56: 787–792 Murphy WM (1990) Current status of urinary cytology in the evaluation of bladder neoplasms. Hum Pathol 21: 886–896 Murphy WM, Rivera-Ramirez I, Medina CA, Wright NJ, Waijsman Z (1997) The bladder tumor antigen (BTA) test compared to voided urine cytology in the detection of bladder neoplasms. J Urol 158: 2102–2106 Neal DE, Marsh C, Bennett MK, Abel PD, Hall RR, Sainsbury JR, Harris AL (1985) Epidermal growth factor receptors in human bladder cancer: comparison of invasive and superficial tumours. Lancet 16: 366–8 Neal DE, Sharples DE, Smith K (1990) The epidermal growth factor receptor and the prognisis in bladder cancer. Cancer 49, 1619–1625 Olaussen KA, Dunant A, Fouret P, Brambilla E, Andre F, Haddad V, Taranchon E, Filipits M, Pirker R, Popper HH, Stahel R, Sabatier L, Pignon JP, Tursz T, Le Chevalier T, Soria J-C (2006) DNA repair by ERCC1 in non-small-cell lung cancer and cisplatin-based adjuvant chemotherapy. N Engl J Med 355(10): 983–991 Otto T, Rübben H (1999) Lymphknotenmetastasen beim Harnblasenkarzinom. Ist die radikale Zystektomie indiziert? Urologe A 38: 323–325 Patterson JM, Ray EH, Mendiondo OA, Medina WD, Gee WF (1988) A new treatment for invasive sqamous cell bladder cancer: the nigro regimen: preoperative chemotherapy and radiation therapy. J Urol 140: 379 Pedrazzini A, Gelber R, Isley M (1996).: First repeated bone scan in the observation of patients with operable breast cancer. J Clin Oncol 4: 389–394 Poulakis V, Witzsch U, De Vries HM (2001) A comparison of nuclear matrix protein-22 and bladder tumor antigen tests with voided urinary cytology in detecting and following bladder cancer: the prognostic value of false-positive results. BJU Int 88: 692–701 Przbojewska B, Jagiella A, Jalmuzna P (2000) H-Ras, K-Ras and N-Ras gene activation in in human bladder cancers. Cancer Genet Cytogenet 123: 73
23
464
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Quilty PM, Duncan W (1986) Primary radical radiotherapy for T3 transitional cell cancer of the bladder: an analysis of survival and control. Int J Radiat Oncol Biol Phys 12: 853 Raghavan D, Huben R, (1995) Management of bladder cancer Curr Probl Cancer 19: 1–64 Ramakumar S, Bhuiyan J, Besse JA, Roberts SG, Wollan PC, Blute ML, O’Kane DJ (1999) Comparison of screening methods in the detection of bladder cancer. J Urol 161: 388–394 Richter J, Jiang F, Görög J, Sartorius G, Moch H, Egenter C, Gasser T, Mihatsch M, Sauter G (1997) Marked genetic differences between pTa and pT1 papillary bladder cancer detected by comparative genomic hybridization. Cancer Res 57: 2860–2864 Richter J, Beffa L, Wagner U, Schraml P, Gasser T, Moch H, Mihatsch M, Sauter G (1998) Patterns of chromosomal imbalances in advanced urinary bladder cancer detected by CGH. Am J Pathol 153: 1615–1621 Richter J, Wagner U, Schraml P, Maurer R, Alund G, Knönagel H, Moch H, Mihatscg MJ, Gasser TC, Sauter G (1999) Chromosomal imbalances are associated with a high risk of progression in early invasive (pT1) urinary bladder cancer. Cancer Res 59: 5678–5691 Riede UN, Schaefer HE (1995) Allgemeine und spezielle Pathologie Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York Riedl CR, Daniltchenko D, Koenig F et al. (2001) Fluorescence endoscopy with 5-aminolevulinic acid reduces early recurrence rate in superficial bladder cancer. J Urol 165: 1121–1123 Rosin MP, Caims P, Epstein JI, Schoenberg MP, Sidransky D (1995) Partial allelotype of carcinoma in situ of the human bladder. Cancer Res 55: 5213–5216 Rübben H, Bubenzer J, Bokenkamp K, Lutzeyer W, Rathert P (1979) Grading of transitional cell tumors of the urinary tract by urine cytology Urol Res 7: 83–91 RUTT (Registry of Urinary Tract Tumors) (1985) Harnwegstumorregister. Jahresbericht Sarosdy MF, Hudson MA, Ellis WJ et al. (1997) Improved detection of recurrent bladder cancer using the Bard BTA stat test. Urology 50: 349–353 Sarosdy MF, Schellhammer P, Bokinsky G et al. (2002) Clinical evaluation of a multi-target fluorescent in situ hybridization assay for detection of bladder cancer. J Urol 168: 1950–1954 Schroeder GL, Lorenzo Gomez MF, Hautmann SH, Friedrich MG, Ekici S, Huland H, Lokeshwar VB (2004) A side-by-side comparison of cytology and biomarkers, HA-HAse, hematuria detection, BTA STAT, UBC-Rapid for bladder cancer detection. J Urol 172: 1123–1126 Sen SE, Malek RS, Farrow GM, Lieber MM (1985) Sarcoma and carcinosarcoma of the bladder in adults J Urol 133: 29–30 Sharma S, Zippe CD, Pandrangi Let al. (1999) Exclusion criteria enhance the specificity and positive predictive value of NMP22 and BTA stat. J Urol 162: 53–57 Sharp JD, Hausladen DA, Maher MG, Wheeler MA, Altieri DC, Weiss RM (2002) Bladder cancer detection with urinary survivin, an ihibitor of apoptosis. Front Biosci 7: E36-E41 Sherif A, De la Torre M, Maömström PU et al. (2001) Lymphatic mapping and detection of sentinel nodes in patients with bladder cancer. J Urol 166: 812–815 Silverman DT, Hartge P, Morrison AS, Devesa SS (1992) Epidemiology of bladder cancer Hematol Oncol Clin North Am 3: 421–428 Simms MS, Perkins AC, Price MR et al. (2001) 99mTechnetium-C595 radioimmunoscintigraphy: a potential staging tool for bladder cancer. BJU Int 88: 686–691 Simon R, Bürger H, Brinkschmidt C, Böcker W, Hertle L, Terpe H (1998) Chromosomal aberrations associated with invasion in papillary superficial bladder cancer. J Pathol 185: 345–351
Smith SD, Wheeler MA, Plescia J, Colberg JW, Weiss RM, Altieri DC (2001) Urine detection of survivin and diagnosis of bladder cancer. JAMA 285: 324–328 Soloway MS, Briggman V, Carpinito GA, Chodak GW, Church PA, Lamm DL, Lange P, Messing E, Pasciak RM, Reservitz GB, Rukstalis DB, Sarosdy MF, Stadler WM, Thiel RP, Hayden CL (1996) Use of a new tumor marker, urinary NMP22, in the detection of occult or rapidly recurring transitionasl cell carcinoma of the urinary tract following surgical treatment. J Urol 156: 363–367 Soloway MS, Bruck DS, Kim SS (2003) Expectant management of small, recurrent, noninvasive papillary bladder tumors. J Urol 170: 438–441 Spruck CH, Ohneseit PE, Gonzalez Zolueta M, Esrig D, Miyao N, Tsai YC, Lerner SP, Schmutte C, Yang SA, Cote R (1994) Two molecular pathways to transitional cell carcinoma of the bladder. Cancer Res 54: 784–788 Stein JP, Cai J, Groshen S et al. (2003) Risk factors for patients with pelvic lymph node metastases following radical cystectomy with en bloc pelvic lymphadenectomy: the concept lymph node density. J Urol 170: 35–41 Steiner G, Schoenberg MP, Linn JF et al. (1997) Detection of bladder cancer recurrence by microsatellite analysis of urine. Nat Med 3: 621–624 Szarvas T, Jäger T, Tötsch M, vom Dorp F, Kempkensteffen C, Kovalszky I, Romics I, Ergün S, Rübben H (2008) Angigenic switch of angiopoetins-Tie2 system and ists prognostic value in bladder cancer. Clin Cancer Res14: 8253–8262 Tyrkus M, PowellI, Fakr W (1992) Cytogenetic studies of carcinoma in situ of the bladder: prognostic implications. J Urol 148: 44–46 Vlachos L, Trakads S, Gouliamos A et al. (1990) Comparative study between ultrasound, computed tomography, intra-arterial digital substraction angiography and magnetic resonanz imaging the differentiation of tumors of the liver. Gastrointest Radiol 15: 102–106 Vom Dorp F, Hess J, Börgermann C, Rübben H (2009) Zystoskopischzytologische Einschätzung von Urothelkarzinomen der Harnblase (unpublizierter Datensatz) Vom Dorp F, Tschirdewahn S, Börgermann C, Rübben H (2009) Zytologisch-zytometrische Einteilung von G2 Urothelkarzinomen in low grade und high grade Karzinome (unpublizierter Datensatz) Walmeroth A, Wagner U, Moch H et al. (1999) Patterns of metastasis in muscle-invasive bladder cancer (pT2–4): An autopsie study on 367 patients. Urol Int 62: 69–75 Wiener HG, Vooijs GP, Hof-Grootenboer BV (1993) Accuracy of urinary cytology in the diagnosis of primary and recurrent bladder cancer. Acta Cytol 37: 163–169 Wiener HG, Mian CH, Haitel A et al. (1998) Can urine bound diagnostic tests replace cystoscopy in the management of bladder cancer? J Urol 159: 1876–1880 Wittekind CH, Meyer HJ (2002) International Union against cancer. TNM Klassifikation maligner Tumoren, 6. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Zhao J, Richter J, Wagner U, Roth B, Schraml P, Zellweger T, Ackermann D, Schmid U, Moch H, Mihatsch MJ, Gasser TC, Sauter G (1999) Chromosomal imbalances in noninvasive papillary bladder neoplasms (pTa). Cancer Res 59: 4685–4661
Literatur zu Kap. 23.4 Alken P, Siegsmund M, Gromoll-Bergmann K, Daffner P, Fenner W, Spelz J (2007) A randomized controlled multicentre trial to compare the effects of transurethral resection of bladder carcinomas under 5-ALA induced fluorescence light to conventional white light. Eur. Urol. Suppl 6(2): 171
465 Literatur
Aso Y, Akaza H, Kotake T, Tsukamoto T, Imai K, Naito S (1995) Preventive effect of a lactobacillus casei preparation on the recurrence of superficial bladder cancer in a double-blind trial. The BLP Study Group. Eur Urol 27 (2): 104–109 Au JL, Badalament RA, Wientjes MG, Young DC, Warner JA, Venema PL, Pollifrone DL, Harbrecht JD, Chin JL, Lerner SP, Miles BJ (2001) International Mitomycin C Consortium. Methods to improve efficacy of intravesical mitomycin C: results of a randomized phase III trial. J Natl Cancer Inst Apr 18; 93 (8): 597–604 Babjuk M, Soukup V, Petrík R, Jirsa M, Dvorácek J (2005) 5-aminolaevulinic acid-induced fluorescence cystoscopy during transurethral resection reduces the risk of recurrence in stage Ta/T1 bladder cancer. BJU Int 96(6): 798–802 Babjuk M, Oosterlinck W, Sylvester R, Kaasinen E, Böhle A, Palou J (2008) Guidlines on TaT1 (non-muscle invasive) bladder cancer. European Association of Urology Berger AP, Steiner H, Stenzl A, Akkad T, Bartsch G, Holtl L (2003) Photodynamic therapy with intravesical instillation of 5-aminolevulinic acid for patients with recurrent superficial bladder cancer: a single-center study. Urology 61(2): 338–341 Böhle A, Jocham D, Bock PR (2003) Intravesical bacillus CalmetteGuerin versus mitomycin C for superficial bladder cancer: a formal meta-analysis of comparative studies on recurrence and toxicity. J Urol 169(1): 90–5 Böhle A, Bock PR (2004) Intravesical bacille Calmette-Guérin versus mitomycin C in superficial bladder cancer: formal meta-analysis of comparative studies on tumor progression. Urology 63(4): 682–6 Böhle A, Suttmann H, Brandau S (2006) Wirkmechanismen der intravesikalen BCG-Immuntherapie des oberflächlichen Harnblasenkarzinoms. Urologe 45: 629–636 Bouffioux C, Kurth KH, Bono A et al. (1995) Intravesical adjuvant chemotherapy for superficial transitional cell bladder carcinoma: results of 2 European Organization for Research and Treatment of Cancer randomised trials with mitomycin C and doxorubicin comparing early versus delayed instillations and short-term versus long-term treatment. J Urol 153: 934–941 Brannan W, Fuselier HA, Ochsner M, Randrup ER (1981) Critical evaluation of 1-stage cystectomy – reducing morbidity and mortality. J Urol 125: 640 Brausi M, Collette L, Kurth K, van der Meijden AP, Oosterlinck W, Witjes JA, Newling D, Bouffioux C, Sylvester RJ (2002) EORTC GenitoUrinary Tract Cancer Collaborative Group. Variability in the recurrence rate at first follow-up cystoscopy after TUR in stage Ta T1 transitional cell carcinoma of the bladder: a combined analysis of seven EORTC studies. Eur Urol 41: 523–531 Brosmann SA (1982) Experience with bacillus calmette-guérin in patients with superficial bladder cancer. J Urol 128: 27 Colombel M, Saint F, Chopin D, Malavaud B, Nicolas L, Rischmann P (2006) The effect of ofloxacin on bacillus Calmette-Guerin induced toxicity in patients with superficial bladder cancer: results of a randomized, prospective, double-blind, placebo controlled, multicenter study. J Urol 176: 935–939 Colombo R, Brausi M, Da Pozzo L, Salonia A, Montorsi F, Scattoni V, Roscigno M, Rigatti P (2001) Thermo-chemotherapy and electromotive drug administration of mitomycin C in superficial bladder cancer eradication. a pilot study on marker lesion. Eur Urol 39(1): 95–100 Cummings KB, Mason JT Correa RJ Jr (1978) Segmental resection in the management of bladder carcinoma. J Urol 119: 56 Dalbagni G, Russo P, Sheinfeld J, Mazumdar M, Tong W, Rabbani F, Donat MS, Herr HW, Sogani P, dePalma D, Bajorin D (2002) Phase I trial of intravesical gemcitabine in bacillus Calmette-Guerin-
refractory transitional-cell carcinoma of the bladder. J Clin Oncol 20(15): 3193–3198 Daniltchenko DI, Riedl CR, Sachs MD, Koenig F, Daha KL, Pflueger H, Loening SA, Schnorr D (2005) Long-term benefit of 5-aminolevulinic acid fluorescence assisted transurethral resection of superficial bladder cancer: 5-year results of a prospective randomized study. J Urol 174(6): 2129–33 Denzinger S, Burger M, Walter B, Knuechel R, Roessler W, Wieland WF, Filbeck T (2007) Clinically relevant reduction in risk of recurrence of superficial bladder cancer using 5-aminolevulinic acid-induced fluorescence diagnosis: 8-year results of prospective randomized study. Urology 69(4): 675–9 Di Stasi SM, Giannantoni A, Stephen RL, Capelli G, Navarra P, Massoud R, Vespasiani G (2003) Intravesical electromotive mitomycin C versus passive transport mitomycin C for high risk superficial bladder cancer: a prospective randomized study. J Urol 170 (3): 777–782 Di Stasi SM, Giannantoni A, Giuriole A (2006) Sequential BCG and electromotive mitomycin versus BCG alone for high-risk superficial bladder cancer: a randomised controlled trial. Lancet Oncol 7: 43–51 Divrik RT, Yildirim U, Zorlu F, Ozen H (2006) The effect of repeat transurethral resection on recurrence and progression rates in patients with T1 tumors of the bladder who received intravesical mitomycin: a prospective, randomized clinical trial. J Urol 175(5): 1641–4 Edsmyr F, Berlin T, Bomann J et al. (1984) Intravesical therapy with adriamycin in patients with superficial bladder tumors. Eur Urol 6: 132 Fernandez-Gomez J, Solsona E, Unda M, Martinez-Piñeiro L, Gonzalez M, Hernandez R, Madero R, Ojea A, Pertusa C, Rodriguez-Molina J, Camacho JE, Isorna S, Rabadan M, Astobieta A, Montesinos M, Muntañola P, Gimeno A, Blas M, Martinez-Piñeiro JA; Club Urológico Español de Tratamiento Oncológico (CUETO) (2008) Prognostic factors in patients with non-muscle-invasive bladder cancer treated with bacillus Calmette-Guérin: multivariate analysis of data from four randomized CUETO trials. Eur Urol 53(5): 992–1001 Fitzpatrick JM, Khan O, Oliver RTD, Riddle PR (1979) Long-term follow-up in patients with superficial bladder tumors of the bladder. J Urol 51: 545 Fradet Y, Grossman HB, Gomella L, Lerner S, Cookson M, Albala D, Droller MJ; PC B302/01 Study Group (2007) A comparison of hexaminolevulinate fluorescence cystoscopy and white light cystoscopy for the detection of carcinoma in situ in patients with bladder cancer: a phase III, multicenter study. J Urol 178(1): 68–73 Friedrich MG, Pichlmeier U, Schwaibold H, Conrad S, Huland H (2007) Long-term intravesical adjuvant chemotherapy further reduces recurrence rate compared with short-term intravesical chemotherapy and short-term therapy with Bacillus Calmette-Guérin (BCG) in patients with non-muscle-invasive bladder carcinoma. Eur Urol 52(4): 1123–29 Grimm MO, Steinhoff C, Simon X, Spiegelhalder P, Ackermann R, Vogeli TA (2003) Effect of routine repeat transurethral resection for superficial bladder cancer: a long-term observational study. J Urol 170(2 Pt 1): 433–7 Grossman HB, Gomella L, Fradet Y, Morales A, Presti J, Ritenour C, Nseyo U, Droller MJ; PC B302/01 Study Group (2007) A phase III, multicenter comparison of hexaminolevulinate fluorescence cystoscopy and white light cystoscopy for the detection of superficial papillary lesions in patients with bladder cancer. J Urol 178(1): 62–7 Harland SJ, Kynaston H, Grigor K et al. (2007) A randomized trial of radical radiotherapy for the management of pT1G3NxM0 transitional cell carcinoma of the bladder. J Urol 178: 807–813
23
466
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Herr HW, Sogani PC (2001) Does early cystectomy improve the survival of patients with high risk superficial bladder tumors? J Urol 166 (4): 1296–1299 Herr HW, Dalbagni G (2003) Defining bacillus Calmette-Guerin refractory superficial bladder tumors. J Urol 169: 1706 Herr HW (2005) Surgical factors in the treatment of superficial and invasive bladder cancer. Urol Clin North Am 32(2): 157–64 Hinotsu S, Akaza H, Ohashi Y, Kotake T (1999). Intravesical chemotherapy for maximum prophylaxis of new early phase superficial bladder carcinoma treated by transurethral resection: a combined analysis of trials by the Japanese Urological Cancer Research Group using smoothed hazard function. Cancer 86 (9): 1818–1826 Holzbeierlein JM, Lopez-Corona E, Bochner BH, Herr HW, Donat SM, Russo P, Dalbagni G, Sogani PC (2004). Partial cystectomy: a contemporary review of the Memorial Sloan-Kettering Cancer Center experience and recommendations for patient selection. J Urol. 172 (3): 878–881 Jahnson S, Wiklund F, Duchek M, Mestad O, Rintala E, Hellsten S, Malmström PU (2005) Results of second-look resection after primary resection of T1 tumour of the urinary bladder. Scand J Urol Nephrol 39(3): 206–10 Jocham D, Stepp H, Waidelich R (2008) Photodynamic diagnosis in urology: state-of-the-art. Eur Urol 53(6): 113848 Kavoussi LR, Torrence RJ, Gillen DP et al. (1988) Results of 6 weekly intravesical bacillus calmette-guérin instillations on the treatment of superficial bladder tumors. J Urol 139: 935 Koontz WW Jr, Prout GR Jr, Smith W, Frable WJ, Minnis JE (1981) The use of intravesical thio-tepa in the management of non-invasive carcinoma of the bladder. J Urol 125 (3): 307–12 Krege S, Giani G, Meyer R, Otto T, Rübben H (1996) A randomized multicenter trial of adjuvant therapy in superficial bladder cancer: transurethral resection only versus transurethral resection plus mitomycin C versus transurethral resection plus bacillus Calmette-Guerin. Participating clinics. J Urol 156(3): 962–6 Lamm DL, Blumenstein BA, Crissman JD, Montie JE, Gottesman JE, Lowe BA, Sarosdy MF, Bohl RD, Grossman HB, Beck TM, Leimert JT, Crawford ED (2000) Maintenance bacillus Calmette-Guerin immunotherapy for recurrent TA, T1 and carcinoma in situ transitional cell carcinoma of the bladder: a randomized Southwest Oncology Group Study. J Urol 163(4): 1124–1129 Lerner SP, Tangen CM, Sucharew H, Wood D, Crawford ED (2008) Failure to achieve a complete response to induction BCG therapy is associated with increased risk of disease worsening and death in patients with high risk non-muscle invasive bladder cancer. Urol Oncol [Epub ahead of print] Malkowicz SB, Nichols P, Lieskovsky G, Boyd SD, Huffmann J, Skinner DG (1990) The role of radical cystectomy in the management of high grade superficial bladder cancer (PA, P1, PIS and P2). J Urol 144: 641 Manyak MJ, Ogan K (2003) Photodynamic therapy for refractory superficial bladder cancer: long-term clinical outcomes of single treatment using intravesical diffusion medium. J Endourol 17(8): 633–639 McKiernan JM, Masson P, Murphy AM et al. (2006) Phase I trial of intravesical docetaxel in the management of superficial bladder cancer refractory to standard intravesical therapy. J Clin Oncol 24: 3075–3080 Miladi M, Peyromaure M, Zerbib M, Saighi D, Debre, B (2003) The value of a second transurethral resection in evaluating patients with bladder tumours. Eur Urol 43: 241 Mishina T, Oda K, Murata S, Ooe H, Mori Y, Takahashi T (1975) Mitomycin C bladder instillation therapy for bladder tumors. J Urol 114: 217
Morales A, Ottenhof P, Emerson L (1981) Treatment of residual, noninfiltrating bladder cancer with bacillus calmette-guérin. J Urol 125: 649 Moutzouris G, Lykourinas M, Malovrouvas D, Tsolo C, Michail E, Gezerlis I, Melekos M, Dimitriadis I, Greek Bladder Cancer Study Group (2007) Prospective, randomized, comparative study of high dose intravesical Epirubicin versus BCG for prophylaxis in intermediate risk superficial bladder tumors. Eur. Urol Suppl. 6 (2): 171 Nieuwenhuijzen JA, Bex A, Horenblas S (2003) Unusual complication after immediate postoperative intravesical mitomycin C instillation. Eur Urol 43 (6): 711–712 Oehlschlager S, Loessnitzer A, Froehner M, Hakenberg OW, Manseck A, Wirth MP (2003) Distal ureteral stenosis after early adjuvant intravesical mitomycin C application for superficial bladder cancer. Urol Int 70(1): 74–746 Ojea A, Nogueira JL, Solsona E, Flores N, Gómez JM, Molina JR, Chantada V, Camacho JE, Piñeiro LM, Rodríguez RH, Isorna S, Blas M, Martínez-Piñeiro JA, Madero R; CUETO Group (Club Urológico Español De Tratamiento Oncológico) (2007) A multicentre, randomised prospective trial comparing three intravesical adjuvant therapies for intermediate-risk superficial bladder cancer: low-dose bacillus Calmette-Guerin (27 mg) versus very low-dose bacillus CalmetteGuerin (13.5 mg) versus mitomycin C. Eur Urol 52(5): 1398–406 Okamura K, Ono Y, Kinukawa T, Matsuura O, Yamada S, Ando T, Fukatsu T, Ohno Y, Ohshima S (2002) Nagoya University Urological Oncology Group. Randomized study of single early instillation of (2«R)-4’-O-tetrahydropyranyl-doxorubicin for a single superficial bladder carcinoma. Cancer 94 (9): 2363–2368 Patard J, Moudouni S, Saint F, Rioux-Leclercq N, Manunta A, Guy L, Ballanger P, Lanson Y, Hajri M, Irani J, Guille F, Beurton D, Lobel B; Bernard Lobel and The members of the Groupe Necker (2001) Tumor progression and survival in patients with T1G3 bladder tumors: multicentric retrospective study comparing 94 patients treated during 17 years. Urology 58(4): 551–556 Pawinski A, Sylvester R, Kurth KH et al. (1996) A combines analysis of European organization for research and treatment of cancer, and medical research council randomized clinical trials for the prophylactic treatment of stage TaT1 bladder cancer. J Urol 156: 1934–1941 Penkhoff H, Steiner H, Dajc-Sommerer E, Bugelnig J, Horstmann M, Lüftenegger W, Scholz M, Hobisch A, Stenzl A (2007) Transurethral detection and resection of bladder carcinomas under white or 5-ALA induced fluorescence light: Results of the first doubleblind-placebo controlled clinical trial. J Urol Suppl 177(4): 358 Pisnky CM, Camacho FJ, Kerr D et al. (1985) Intravesical administration of bacillus Calmette-Guérin in patients with recurrent carcinoma of the urinary bladder: report of a prospective, randomised trial cancer treatment. Report 69: 1 Quilty PM, Duncan W (1986) Treatment of superficial (T1) tumors of the bladder by radical radiotherapy. Br J Urol 58: 147–152 Raj GV, Herr H, Serio AM, Donat SM, Bochner BH, Vickers AJ, Dalbagni G (2007) Treatment paradigm shift may improve survival of patients with high risk superficial bladder cancer. J Urol 177(4)1283–6 Sarosdy MF, Lamm DL (1989) Long term results of intravesical bacillus calmette-guérin therapy for superficial bladder cancer. J Urol 142: 719 Schmidbauer J, Witjes F, Schmeller N, Donat R, Susani M, Marberger M; Hexvix PCB301/01 Study Group (2004) Improved detection of urothelial carcinoma in situ with hexaminolevulinate fluorescence cystoscopy. J Urol 171(1): 135–8 Schmitz-Dräger B, Ebert T, Ackermann R (1986) Intravesical treatment of superficial bladder carcinoma with interferons. World J Urol 3: 218
467 Literatur
Schwaibold HE, Sivalingam S, May F, Hartung R (2006) The value of a second transurethral resection for T1 bladder cancer. BJU Int 97(6): 1199–201 Serretta V, Pavone C, Galuffo A et al. (2004) A phase I-II study on intravescal gemcitabine in superficial bladder papillary tumors. J Urol 171 Suppl: 272 Serretta V, Pavone C, Ingargiola GB, Daricello G, Allegro R, Pavone-Macaluso M (2004) TUR and adjuvant intravesical chemotherapy in T1G3 bladder tumors: recurrence, progression and survival in 137 selected patients followed up to 20 years. Eur Urol 45(6): 730–736 Shelley MD, Kynaston H, Court J, Wilt TJ, Coles B, Burgon K, Mason MD (2001). A systematic review of intravesical bacillus Calmette-Guerin plus transurethral resection vs transurethral resection alone in Ta and T1 bladder cancer. BJU Int 88(3): 209–216 Shelley MD, Wilt TJ, Court J, Coles B, Kynaston H, Mason MD (2004) Intravesical bacillus Calmette-Guerin is superior to mitomycin C in reducing tumour recurrence in high-risk superficial bladder cancer: a meta-analysis of randomized trials. BJU Int 93(4): 485–490 Smith JA Jr, Whitemore WF Jr (1981) Regional lymph node metastasis from bladder cancer. J Urol 126: 591 Soloway MS, Sofer M, Vaidya A (2002) Contemporary management of stage T1 transitional cell carcinoma of the bladder. J Urol 167(4): 1573–83 Soloway MS, Lee CT, Steinberg GD, Ghandi AA, Jewett MA (2007) Difficult decisions in urologic oncology: management of high-grade T1 transitional cell carcinoma of the bladder. Urol Oncol 25(4): 338–40 Solsona E, Iborra J, Ricós JV, Monrós JL, Casanova J, Dumont R (1999) Effectiveness of single immediate Mitomycin C instillation in patients with low risk superficial bladder cancer: short and long-term followup. J Urol 161: 1120–1123 Solsona E, Iborra I, Dumont R, Rubio-Briones J, Casanova J, Almenar S (2000) The 3-month clinical response to intravesical therapy as a predictive factor for progression in patients with high risk superficial bladder cancer. J Urol 164: 685 Stein JP, Lieskovsky G, Cote R, Groshen S, Feng AC, Boyd S, Skinner E, Bochner B, Thangathurai D, Mikhail M, Raghavan D, Skinner DG (2001) Radical cystectomy in the treatment of invasive bladder cancer: long-term results in 1,054 patients. J Clin Oncol 19 (3): 666–675 Stöckle M, Alken P, Engelmann U, Jacobi GH, Riedmiller H. Hohenfellner R (1986) Radikale Zystektomie – Oft zu spät? Aktuel Urol 17: 234 Sylvester RJ, van der Meijden AP, Lamm DL (2002) Intravesical bacillus Calmette-Guerin reduces the risk of progression in patients with superficial bladder cancer: a meta-analysis of the published results of randomized clinical trials. J Urol 168(5): 1964–1970 Sylvester RJ, Oosterlinck W, van der Meijden AP (2004) A single immediate postoperative instillation of chemotherapy decreases the risk of recurrence in patients with stage Ta T1 bladder cancer: a meta-analysis of published results of randomized clinical trials. J Urol 171(6 Pt 1): 2186–90 Sylvester RJ, van der Meijden AP, Witjes JA, Jakse G, Nonomura, N., Cheng C et al. (2005) High-grade Ta urothelial carcinoma and carcinoma in situ of the bladder. Urology 66: 90 Sylvester RJ, van der Meijden AP, Oosterlinck W, Witjes JA, Bouffioux C, Denis L, Newling DW, Kurth K (2006) Predicting recurrence and progression in individual patients with stage Ta T1 bladder cancer using EORTC risk tables: a combined analysis of 2596 patients from seven EORTC trials. Eur Urol 49(3): 466–5. Sylvester RJ (2007) Intravesical chemotherapy in non-muscle-invasive bladder cancer: what schedule and duration of treatment? Eur Urol 52(4): 951–3
Sylvester RJ, Oosterlinck W, Witjes JA (2008) The schedule and duration of intravesical chemotherapy in patients with non-muscle-invasive bladder cancer: a systematic review of the published results of randomized clinical trials. Eur Urol 53(4): 709–19 Thalmann GN, Markwalder R, Shahin O, Burkhard FC, Hochreiter WW, Studer UE (2004) Primary T1G3 bladder cancer: organ preserving approach or immediate cystectomy? J Urol 172(1): 70–75 Tolley DA, Parmar MK, Grigor KM, Lallemand G, Benyon LL, Fellows J, Freedman LS, Grigor KM, Hall RR, Hargreave TB, Munson K, Newling DW, Richards B, Robinson MR, Rose MB, Smith PH, Williams JL, Whelan P (1996) The effect of intravesical mitomycin C on recurrence of newly diagnosed superficial bladder cancer: a further report with 7 years of follow up. J Urol 155(4): 1233–1238 Urdenata G, Solsona E, Palou J (2008) Intravesical chemotherapy and BCG for the treatment of bladder cancer: evidence and option. Eur Urol 7(Suppl. 7): 542–547 Van der Meijden AP, Sylvester RJ, Oosterlinck W, Hoeltl W, Bono AV; EORTC Genito-Urinary Tract Cancer Group (2003) Maintenance Bacillus Calmette-Guerin for Ta T1 bladder tumors is not associated with increased toxicity: results from a European Organisation for Research and Treatment of Cancer Genito-Urinary Group Phase III Trial. Eur Urol 44 (4): 429–434 Weiss C, Wolze C, Engehausen DG et al. (2006) Radiochemotherapy after transurethral resection for high-risk T1 bladder cancer: an alternative to intravesical therapy or early cystectomy? J Clin Oncol 24: 2318–2324 Weiss C, Ott O, Wittlinger M, Krause SF, Fietkau R, Sauer R, Rödel C (2008) Treatment options for high-risk T1 bladder cancer – Status quo and future perspectives of radiochemotherapy. Strahlenther Onkol 9: 443–449
Literatur zu Kap. 23.5 Ali-El-Dein B, Abdel-Latif M, Ashamallah A, Abdel-Rahim, Ghoneim MA (2004) Local urethral recurrence after radical cystectomy and orhototopic bladder substitution in women: a prospective study. J Urol 171: 275–278 Bassi PF, De Marco V, De Lisa A, Mancini M, Pinto F, Bertoloni R, Longo F (2005) Non-invasive diagnostic tests for bladder cancer: a review of the literature. Urol Int 75: 193–200 Bassi P, Spinadin R, Carando R, Balta G, Pagano F (2000) Modified induction course: a solution to side effects? Eur Urol 37 (Suppl 1): 31–32 Berger AP, Steiner H, Stenzl A, Akkad T, Bartsch G, Holtl L (2003) Photodynamic therapy with intravesical instillation of 5–aminolevulinic acid for patients with recurrent superficial bladder cancer: a single-center study. Urology 61: 338–341 Boehle A, Jocham D, Bock PR (2003) Intravesical bacillus CalmetteGuerin versus mitomycin C for superficial bladder cancer: a formal meta-analysis of comparative studies on recurrence and toxicity. J Urol 169: 90–95 Bollina PR, Akhtar NR, Labiad AM, Grigor KM (1996) Random mucosal biopsies in superficial bladder carcinoma: when and in which patients. Eur Urol 30 (Suppl 2): 232, Abstract 86 Brown FM (2000) Urine cytology. It is still the gold standard for screening? Urol Clin North Am 27: 25–37 Cheng L, Cheville JC, Neumann RM, Leibovich BC, Egan KS, Spotts BE, Bostwick DG (1999) Survival of patients with carcinoma of the urinary bladder. Cancer 85: 2469–2474 Cheng L, Cheville JC, Neumann RM, Bostwick DG (1999) Natural history of urothelial dysplasia of the bladder. Am J Surg Pathol 23: 443–447
23
468
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Coloby PJ, Kakizoe T, Tobisu KI, Sakamotot MI (1994) Urethral involvement in female bladder cancer paitnets: mapping of 47 consecutive cysto-urethrectomy specimens. J Urol 152: 1438 Dalbagni G, Russo P, Sheinfeld J, Mazumdar M, Tong W, Rabbani F, Donat MS, Herr HW, Sogani P, dePalma D, Bajorin D (2002) Phase I trial of intravesical gemcitabine in bacillus Calmette-Guerin refractory transitional cell carcinoma of the bladder. J Clin Oncol 20: 3193–3198 Davis JW, Sheth SI, Diviak MJ, Schellhammer PF (2002) Superficial bladder cardinoma treated with b acillus Calmette-Guérin: Progression-free disease specific survival with minimum 1–year follow-up. J Urol 167: 494–501 De Jager R, Guinan P, Lamm D, Khanna O, Brosman S, De Kernion J, Williams R, Richardson C, Muenz L, Reitsma D, Hanna MG (1991) Long-term complete remission in bladder carcinoma in situ with intravesical Tice bacillus Calmette Guerin. Urol 38: 507–513 D’Hallewin MA, Bezdetnaya L, Guillemin F (2002) Fluorescence detection of bladder cancer: a review. Eur Urol 42: 417–425 De Reijke TM, Kurth KH, Sylvester RJ, Hall RR, Brausi M, van de Beek K, Landsoght KEJ, Carpentier P (2005) Bacillus Calmette-Guerin versus epirubicin for primary, secondary or concurrent carcinoma in situ of the bladder: Results of a European Organization for the Research and Treatment of Cancer Genito-Urinary Group phase III trial (30906). J Urol 173: 405–409 Epstein JI, Amin MB, Reuter VR, Mostofi FK and the Bladder Consensus Conference Committee (1998) The World Health Organization/ International Society of Urological Pathology consensus classification of urothelial (transitional cell) neoplasms of the urinary bladder. Am J Surg Pathol 22: 1435–1448 Esposti PL, Zajicek J (1972) Grading of transitional cell neoplasms of the urinary bladder from smears of bladder washings: a critical review of 326 tumours. Acta Cytol 16: 529–537 Farrow GM, Utz DC, Rife CC (1977) Clinical observations on 69 cases of in situ carcinoma of the urinary bladder. Cancer Res 37: 2794–2802 Glashan RW (1990) A randomized controlled study of intravesical α–2b-interferon in carcinoma in situ of the bladder. J Urol 144: 658–661 Griffiths TRL, Charlton M, Neal DE, Powell PH (2002) Treatment of carcinoma in situ with intravesical bacillus Calmette-Guerin without maintenance. J Urol 167: 2408–2412 Herr HW (2003) Tumor progression and survival of patients with high grade, non invasive papillary (Ta G3) bladder tumors: 15 year outcome. J Urol 163: 60–62 Herr HW, Donat SM (1999) Prostatic tumor relapse in patients with supraficial bladder tumors: 15–year outcome. J Urol 161: 1854–1857 Herr HW, Whitmore WF (1987) Ureteral carcinoma in situ after successful intravesical therapy for superficial bladder tumors: incidence, possible pathogenesis and management. J Urol 138: 292–294 Herr HW, Pinsky CM, Whitmore WF, Sogani PC, Oettgen HF, Melamed MR (1986) Long-term effect of intravesical bacillus Calmette-Guerin on flat carcinoma in situ of the bladder. J Urol 135: 265–276 Ick K, Schultz M, Stout P, Fan K (1997) Significance of p53 overexpression in urinary bladder transitional cell carcinoma in situ before and after bacillus Calmette-Guerin treatment. Urol 49: 541–547 Irie A, Iwamuara M, Kadowaki K, Ohkawa A, Uchida T, Baba S (2002) Intravesical instillation of Bacille Calmette-Guering for carcinoma in situ of the urothelium involving the upper urinary tract using vesicoureteral reflux created by a double-pigtail catheter. Urology 59: 53–57 Jakse G, Hofstaedter F, Leitner G et al. (1980) Carcinoma in situ der Harnblase. Eine diagnostische und therapeutische Herausforderung. Urologe A 19: 93–993
Jakse G, Algaba F, Malmstrom P-U, Oosterlinck W (2004) A second-look TUR in T1 transitional cell carcinoma: Why ? Eur Urol 45: 539–546 Jakse G (1999) Carcinoma in situ. In: Hall RR (ed) Clinical management of bladder cancer. Arnold, London pp 149–170 Jakse G, Hall R, Bono A, Hoeltl W, Carpentier P, Spaander JP, van der Meijden APM, Sylvester R and members of the EORTC GU Group (2001) Intravesical BCG in patients with carcinoma in situ of the urinary bladder: long-term results of EORTC GU Group phase II protocol 30861. Eur Urol 40: 144–150 Jakse G, Hofstaeder F, Marberger H (1980) Wert der Harnblasenzytologie und Quadrantenbiopsie bei oberflächlichen Blasenkarzinomen. Urologe A 19: 92–99 Jakse G, Putz A, Feichtinger J (1989) Cystectomy: the treatment of choice in patients with carcinoma in situ of the urinary bladder? Eur J Surg Noncol 15: 211–216 Jauhiainen K, Sotarauta M, Permi J, Alfthan O (1986) Effect of mitomycin C and doxorubicin instillation on carcinoma in situ of the urinary bladder: a Finnish Multicenter Study. Eur Urol 12: 32–37 Kaasinen E, Wijkstrom H, Malmstrom PU, Hellsten S, Duchek M, Mestad O, Rintala E (2003) Alternating mitomycin C and BCG instillations versus BCG alone in treatment of carcinoma in situ of the urinary bladder: a Nordic study. Eur Urol 43: 637–645 Kausch I, Bohle A (2001) Bladder cancer. II. Molecular aspects and dignosis. Eur Urol 39: 498–506 Kiemeney LALM, Witjes JA, Heijbroeck RP, Debruyne FMJ, Verbeek ALM (1994) Dysplasia in normal looking urothelium increases the risk of tumor progression in primary superficial bladder cancer. Eur J Cancer 30A, 1621–1625 Koss LG, Deitch G, Ramanathan R et al. (1985) Diagnostic v alue of cytology of voided urine. Acta Cytol 29: 810–814 Kurth KH, Schellhammer PF, Okajima E, Akdas A, Jakse G, Herr HW, Calais da Silva F, Fukushima S, Nagayama T (1995) Current methods of assessing and treting carcinoma in situ of the bladder with or without involvement of the prostatic urethra. Int J Urol (Suppl 2): 8–22 Lamm DL, Blumenstein BA, Crissman JD, Montie JE, Gottesman JE, Lowe BA, Sarosdy MF, Bohl RD, Grossman HB, Beck TM, Leimert JT, Crawford ED (2000) Maintenance BCG immunotherapy for recurrent Ta, T1 and CIS transitional cell carcinoma of the bladder: a randomized SWOG study. J Urol 163: 1124–1129 Lamm DL, Blumenstein BA, Crawford ED, Montie JE, Scardino P, Grossman HB et al. (1991) A randomized trial of intravesical doxorubicin and immunotherapy with BCG for transitional cell carcinoma of the bladder. N Engl J Med 325: 1205–1209 Lamm DL, van der Meijden APM, Morales A, Brosman SA, Catalona WJ, Herr HW, Soloway MS, Steg A, Debruyne FMJ (1992) Incidence and treatment of complications of bacillus Calmette-Guerin intravesical therapy in superficial bladder cancer. J Urol 147: 596–600 Landmann J, Chang Y, Kavaler E, Droller MJ, Liu BCS (1998) Sensitivity and specificity of NMP–22, telomerase, and BTA in the detection of human bladder cancer. Urology 52: 398–420 Lokeswhar VB, Soloway MS (2001) Current bladder tumor tests: does their projected utility fulfil clinical necessity? J Urol 165: 1067– 1077 Lokeshwar VB, Bono AV, Schmitz-Drager B, Droller MJ, Fradet Y, Goebell P, Getzenberg RH, Grossman HB, Habuchi T, Hautmann SH, Hemstreet GP, Marberger M, Messing E, Murphy W, Schalken JA (2005) Bladder tumor markers beyond cytology. SIU Consensus Conference. Losa A, Hurle R, Lembo A (2000) Low dose bacillus Calmette-Guerin for carcinoma in situ of the bladder: long-term results. J Urol 163: 68–72
469 Literatur
Lotan Y, Roehrborn CG (2003) Sensitivity and specificity of commonly available bladder tumor markers versus cytology: results of a comprehensive literature review and meta-analysis. Urol 61: 109–118 Malmstrom PU, Wijkstrom H, Lundholm C, Wester K, Busch C, Norlen BJ et al. (1999) 5 year follow up of a randomized prospective study comparing mitomycin C and bacillus Calmette-Guerin in patients with superficial bladder cancer. J Urol 161: 1124–1127 Martinez-Pineiro JA, Flores N, Isorna S, Solsona E, Sebastian JL, Pertusa C, Rioja LA, Martinez-Pineiro L, Vela R, Camacho JE, Nogueira JL, Pereira I, Resel L et al. (2002) Long-term follow up of a randomized prospective trial comparing a standard 81 mg dose of intravesical bacilli Calmette-Guerin with a reduced dose of 27 mg in superficial bladder cancer. BJU Int 89: 671–680 Melamed MR, Koss LH Ricci A, Whitmore WF (1960) Cytohistological observation on developing carcinoma of the urinary bladder in man. Cancer 13: 67–74 Melick WF, Naryka JJ (1968) Carcinoma in situ of the bladder in workers exposed to xenylmine: diagnosis by ultraviolet light cystoscopy. J Urol 99: 178–182 Melicow MM (1952) Histological study of vesical urothelium intervening between gross neoplasma in total cystectomy. J Urol 68: 261–279 Melicow MM, Hollowell JW (1952) Intraurothelial cancer; carcinoma in situ, Bowens’s disease of urinary system; discussion of 30 cases. J Urol 68: 763–772 Merz VW, Marth D, Kraft R, Ackermann DK, Zingg EJ, Studer UE (1995) Analysis of early failures after intravesical instillation therapy with bacillus Calmette-Guerin for carcinoma in situ of the bladder. Br J Urol 75: 180–184 Millan-Rodriguez F, Chechile-Toniolo G, Salvador-Bayarri J, Palou J, Vicente-Rodriquez J (2000) Multivariate analysis of the prognostic factors of primary superficial bladder cancer. J Urol 163: 73–78 Millan-Rodriguez F, Chechile-Toniolo G, Salvador-Bayarri J, Palou J, Algaba F, Vicente-Rodriquez J.(2000) Primary superficial bladder cancer risk groups according to progression, mortality and recurrence. J Urol 164: 680–684 Morgia G, Falsaperla M, Madonia M, Vacirca F, La Pira G, De Grande G, Nicololosi D, Raciti G, Capizzi G, Serrao A, Torrisi B (2002) Use of BCG in immunotherapy of superficial bladder cancer: multicentric investigation on safety and compliance. UroOncol 2: 129–135 Murphy WM, Crbtree WN, Jukkola AF, Soloway MS (1981) The diagnostic value of urine versus bladder washing in patients with bladder cancer. J Urol 1981: 126–320 Nonomura N, Ono Y, Nozawa M, Fukui T, Harada Y, Nishimura K, Takaha N, Takahara S, Okuyama A (2000) Bacillus Calmette-Guerin perfusion therapy for the treatment of transitional cell carcinoma in situ of the upper urinary tract. Eur Urol 38: 701–705 Nseyo UO, Shumaker B, Klein EA, Sutherland K for the Bladder Phototofrin Study Group (1998) Photodynamic therapy using porfimer sodium as an alternative to cystectomy in patients with refractory transitional cell carcinoma in situ of the bladder. J Urol 160: 39–44 Norming U, Tribukait B, Gustafson H, Nyman CR, Wang NN, Wijkstrom H (1992) Deoxyribonucleic acid profile and tumor progression in primary carcinoma in situ of the bladder: a study of 63 patients with grade 3 lesions. J Urol 147: 11–15 Orozco RE, Martin AA, Murphy WM (1994) Carcinoma in situ of the urinary bladder. Clues to host involvement in human carcinogenesis. Cancer 74: 115–122 Ovesen H, Horn T, Steven K (1997) Long-term efficacy of intravesical bacillus Calmette-Guerin for carcinoma in situ: relationship of progression to histological response and p53 nuclear accumulation. J Urol 157: 1655–1659
Palou J, Salvador J, Parada R, Chechile G, Millan F, Vicente J (2001) Carcinoma in situ of the prostatic urethra: the role of intravesical BCG. Urol Integr Invest 6: 165–170 Pansadoro V, Emiliozii P, de Paula F, Scarpone P, Pansadoro A, Sternberg CN (2002) Long-term follow-up of G3T1 transitional cell carcinoma of the bladder treated with intravesical bacille Calmette-Guérin: 18–year experience, Urology, Volume 59, Issue 2: 227–231 Ramakumar S, Bhuijan J, Besse JA, Roberts SG, Wollan PC, Blute ML (1999) Comparison of screening methods in the detection of bladder cancer. J Urol 161: 388–394 Riddle PR, Chisholm GD, Trott PA, Pugh RC (1975) Flat carcinoma in situ of bladder. Br J Urol 47: 829–833 Rintala E, Jauhiainen K, Rajala P, Ruutu M, Kaasinen E, Alfthan O and the Finnbladder Group (1995) Alternating mitomycin C and bacillus Calmette-Guerin instillation therapy for carcinoma in situ of the bladder. J Urol 154: 2050–2053 Saad F, Clarke N, Colombel M (2006) Natural history and treatment of bone complications in prostate cancer. Eur Urol 49) 429–440 Saint F, Irani J, Patard JJ, Salmon L, Hoznek A, Zammattio S, Debois H, Abbou CC, Chopin DK (2001) Tolerability of bacille CalmetteGuerin maintenance therapy for superficial bladder cancer. Urol 57: 883–888 Sarkis AS, Dalbagni G, Cordon-Cardo C, Melamed J, Zhang ZF, Sheinfeld J, Fair WR, Herr HW, Reuter VE (1994) Association of p53 nuclear overexpression and tumor progression in carcinoma in situ of the bladder. J Urol 152: 388–392 Sarosdy MF, Manyak MJ, Sagalowsky AI, Belldegrun A, Benson MC, Bihlre W, Caroll PR, Ellis WJ, Hudon M, Sharkey FE (1998) Oral bropirimine immunotherapy of bladder carcinoma in situ after prior intravesical bacille calmette-guérin. Urology 51: 226–231 Sauter G, Algabe F, Amin M, Busch C, Cheville J, Gasser T et al. (2004) Non invasive urothelial neoplasias. WHO classification of noninvasive papillary urothelial tumors. In: Eble JN, Sauter G, Epstein JI, Stesterhenn I (eds) Wordl Health Organization classification of tujors. Pathology and genetics: Tumors of the urinary system and male genital organs. IARCC Press, Lyon, pp 89–157 Schmidbauer J, Witjes F, Schmeller N, Donat R, Susani M, Marberger M (2004) Improved detection of urothelial carcinoma in situ with hexaminolevulinate fluorescence cystoscopy. J Urol 171: 135–138 Schellhammer PF, Lagoda LE, Moriatry RP (1995) Intravesical bacillus Calmette-Guérin for treatment of superficial transitional cell carcinoma of the prostatic urethra in association with carcinoma of the bladder. J Urol 153: 53–56 Schmitz-Draeger BJ, Goebell PJ, Ebert T, Fradet Y (2000) p53 immunohistochemistry as a prognostic marker in bladder cancer. Playground for urology scientists? Eur Urol 38: 691–700 Schwalb DM, Herr HW, Sogani PC, Russo P, Sheinfeld J, Fair WR (1992) Upper tract disease following intravesical BCG for superficial bladder cancer: five year follow-up. J Urol 147 (Suppl): 273A, 237 Shariat SF, Pahlavan S, Baseman AG, Brown RM, Green AE, Wheeler TM, Lerner SP (2001) E-cadherin expression predicts clinical outcome in carcinoma in situ of the urinary bladder. Urol 57: 60–65 Sharkey FE, Sarosdy MF (1997) The significance of central pathology review in clinical studies of transitional cell carcinoma in situ. J Urol 157: 68–70 Shariat SF, Zippe C, Ludecke G, Boman H, Sanchez-Carbayo M, Casella R et al. (2005) Nomograms including nuclear matrix protein 22 for prediction of disease recurrence and progression in patients with Ta, T1 or CIS transitional cell carcinoma of the bladder. J Urol 173(5): 1518–1525
23
470
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Shariat SF, Kim J, Raptidis G, Ayala GE, Lerner S (2003) Association of p53 and p21 expression with clinical outcome in patients with carcinoma in situ of the urinary bladder. Urol 61: 1140–1145 Sobin LH, Wittekind Ch (2002) Union Internationale Contre le Cancer. TNM Classification of malignant tumors, 6th edition. Wiley-Liss, New York Solsona E, Iborra I, Ricos JV, Dumont R, Casanova JL, Calabuig C (1997) Upper urinary tract involvement in patients with bladder carcinoma in situ (Tis): its impact on management. Urol 49: 347–352 Solsona E, Iborra I, Dumont R, Rubio-Briones J, Casanova J, Almenar S (2000) The 3–month clinical response to intravesical therapy as a predictive factor for progression in patients with high risk superficial bladder cancer. J Urol 164: 685–689 Solsona E, Iborra I, Ricos JV, Monros JL, Dumont R, Almenar S (1996) Extravesical involvement in patients with bladder carcinoma in situ: biological and therapy implications. J Urol 155: 895–900 Solsona E, Iborra I, Ricos JV, Monros JL, Dumont R, Casanova J, Calabuig C (1991) Carcinoma in situ associated with superficial bladder tumor. Eur Urol 19: 93–96 Stein JP, Cote RK,. Freeman JA, Esrig D, Elmajian DA, Groshen S et al: Indications for lower urinary tract reconstruction in women after cystectomy for bladder ance: a pathological review of female cystectomy specimens. J Urol 154: 1329 Steinberg G, Bahnson R, Brosman S, Middleton R, Wajsman Z, Wehle M (2000) Efficacy and safety of valrubicin for the treatment of bacillus Calmette-Guerin refractory carcinoma in situ of the bladder. J Urol 163: 761–767 Studer UE, Casanova G, Kraft R, ZinggEJ (1989) Percutaneous Bacillus Calmette-Guerin perfuision of the upper urinary tract for carcinoma in situ. J Urol 142: 975 Sylvester RJ, van der Meijden APM, Oosterlinck W, Witjes JA, Bouffioux C, Denis L, Newling DWW, Kurth Kh (2006) Predicting recurrence and progression in individual patients with stage T1 T1 bladder cancer using EORTC risk tables: a combined analysis of 2596 patients from seven EORTC trials. Eur Urol 49: 466–477 Sylvester RJ, van der Meijden APM, Lamm DL (2002) Intravesical bacillus Calmette-Guérin reduces the risk of progression in patients with superficial bladder cancer: a meta-analysis of the published results of randomized clinical trials. J Urol: 168: 1964–1970 Sylvester RJ, van der Meijden APM, Lamm DL (2002) Intravesical bacillus Calmette-Guerin reduces the risk of progression in patients with superficial bladder cancer: a meta-analysis of the published results of randomized clinical trials. J Urol 168: 1964–1970 Takashi M, Katsuno S, Yuba H, Ohshima S, Wakai K, Ohno Y (1998) Possible factors affecting response to intravesical bacillus CalmetteGuerin (Tokyo 172 strain) therapy for carcinoma in situ of the bladder: a multivariate analysis. Int Urol and Neph 30: 713–722 Thalmann GN, Markwalder R, Walter B, Studer UE (2002) Long-term experience with bacillus Calmette-Guerin therapy of upper urinary tract transitional cell carcinoma in patients not eligible for surgery. J Urol 168: 1381–1385 Utz DC, Zincke H (1974) The masquerade of bladder cancer in situ of the bladder. The case for surgical management. Urol Clin N Am 7: 533–542 Van der Meijden APM, Sylvester R, Oosterlinck W, Solsona E, Bohele A, Lobel B, Rintale E for the EAU Working Party on Non Muscle Invasive Bladder Cancer (2005) EAU Guidelines on the Diagnosis and Treatment of Urothelial Carcinoma in Situ. Eur Urol 48: 363–371 Van der Meijden APM, Brausi M, Zambon V, Kirkels W, de Balincourt C, Sylvester R (2001) Intravesical instillation of epirubicin, bacillus Calmette-Guerin and bacillus Calmette-Guerin plus isoniazid for intermediate and high risk Ta, T1 papillary carcinoma of the
bladder: a European Organization for Research and Treatment of Cancer Genito-Urinary Group randomized phase III trial. J Urol 166: 476–481 Van der Meijden APM, Sylvester RJ, Oosterlinck W, Hoeltl W, Bono AV (2003) Maintenance bacillus Calmette-Guerin for Ta T1 bladder tumors is not associated with increased toxicity: Results from a European Organization for Research and Treatment of Cancer Genito-Urinary Group phase III trial. Eur Urol 44: 429–434 Van Gils-Gielen RJM, Witjes WPJ, Caris CTM, Debruyne FMJ, Witjes JA, Oosterhof GON (1995) Risk factors in carcinoma in situ of the urinary bladder. Urol 45: 581–586 Vegt PD, Witjes JA, Witjes WP, Doesburg WH, Debruyne FM, van der Meijden AP (1995) A randomized study of intravesical mitomycin C, bacillus Calmette-Guerin Tice and bacillus Calmette-Guerin RIVM treatment in pTa-pT1 papillary carcinoma and carcinoma in situ of the bladder. J Urol 153: 929–933 Wijkström H, Kasinen E (1999) The urothelial cancer group of the Nordic Association of Urology: a Nordic study comparting intravesical instillations of alternating mitomycin C and BCG with BCG alone in carcinoma in situ of the urinary blader. J. Urol Suppl A: 1107: 286 Williams RD, Gleason DM, Smith AY, Zinner NR, Sagalowsky AI, Montie JE, Brosman SA, Marks LS, Brito G, Boxer RJ, Blank BH, Neri R, Rudeen J (1996) Pilot study of intravesical alpha-2b interferon for treatment of bladder carcinoma in situ following BCG failure. J Urol 155 (Supplement), 494A, Abstract 735 Witjes JA, Kiemneney LALM, Verbeek ALM et al. (1992) Random biopsies and the risk of recurrent superficial bladder cancer: a prospective study in 1026 patients. Wordld J Urol 10: 231–234 Witjes JA, van der Meijden APM, Collette L, Sylvester R, Debruyne FMJ., van Aubel A., Witjes WPJ (1998) Long-term follow-up of an EORTC randomized prospective trial comparing intravesical bacille Calmette-Guérin-RIVM and Mitomycin C in superficial bladder cancer. Urol 52: 403–410 Witjes WPJ., Konig M, Boeminghaus FP, Hall RR, Schulman CC, Zurlo M, Fittipaldo A, Riggi M, Debruyne FMJ for the European Bropirimine Study Group (1999) Results of a European comparative randomized study comparing oral bropirimine versus intravesical BCG treatment in BCG naïve patients with carcinoma in situ of the urinary bladder. Eur Urol 36: 576–581 Wolf H, Melsen F, Pedersen SE, Nielsen KT (1994) Natural history of carcinoma in situ of the urinary bladder. Scand J Urol Nephrol 157: 147–151 Zaak D, Hungerhuber E, Schneede P, Stepp H, Frimberger D, Corvin S, Schmeller N, Kriegmair M, Hofstetter A, Knuechel R (2002) Role of 5-aminolevulinic acid in the detection of urothelial premalignant lesions. Cancer 95: 1234–1238
Literatur zu Kap. 23.6 ABC: Advanced Bladder Cancer Meta-analysis Collaboration (2003) Neoadjuvant chemotherapy in invasive bladder cancer: a systematic review and meta-analysis. Lancet 361: 1927–1934 ABC: Advanced Bladder cancer Meta Analysis Collaboration (2005a) Adjuvant chemotherapy in invasive bladder cancer: a systemic review and meta-analysis of individual patient data. Eur Urol 48: 189–201 ABC: Advanced Bladder Cancer Meta-analysis Collaboration. (2005b) Neoadjuvant chemotherapy in invasive bladder cancer: update of systemic review and meta-analysis of individual patient data. Advanced bladder cancer (ABC) Meta-analysis collaboration Eur Urol 48: 202–206 Abol-Enein H, El-Mekresh M, El-Baz M, Ghoneim MA (1997) Neoadjuvant chemotherapy in the treatment of invasive transitional
471 Literatur
bladder cancer. A controlled prospective randomised study. British J Urol 79: 174 Bardot F, Montie JE (1991) Urethral recurrence after cystoprostatectomy. J Urol 145: 501 Bassi P, Pappagallo GL, Sperandio P et al. (1999) Neoadjuvant MVAC chemotherapy of invasive bladder cancer: results of a multicenter phase III trial. J. Urol 161: 264A Blandy JP, England HR, Evans SJ et al. (1980) T3 bladder cancer–the case for salvage cystectomy. Br J Urol 52: 506–510 Bochner BH, Herr HW, Reuter VE (2001) Impact of separate versus en bloc pelvic lymph node dissection on the number of lymph nodes retrieved in cystectomy specimens. J Urol 166: 2295–2296 Bono AV, Benvenuti C, Gibba A, Guazzeri S, Cosciani-Cunico S, Anselmo G et al. (1997) Adjuvant chemotherapy in locally advanced bladder cancer. Final analysis of a controlled multicentre study. Acta Urol Ital 11: 5–8 Brannan W, Fuselier HA Jr, Ochsner M, Randrup ER (1981) Critical evaluation of 1-stage cystectomy–reducing morbidity and mortality. J Urol 125: 640–642 Brendler CB, Steinberg GD, Marshall FF, Mostwin JL, Walsh PC (1990) Local recurrence and survival following nerve-sparing radical cystoprostatectomy. J Urol 144: 1137–11340 Chang SS, Cole E, Cookson MS, Peterson M, Smith JA Jr. (2002) Preservation of the anterior vaginal wall during female radical cystectomy with orthotopic urinary diversion: technique and results. J Urol 168: 1442–1445 Clark PE, Stein JP, Groshen SG, Miranda G, Cai J, Lieskovsky G, Skinner DG (2004) The management of urethral transitional cell carcinoma after radical cystectomy for invasive bladder cancer. J Urol 172: 1342–1347 Coppin CM, Gospodarowicz MK, James K et al. (1996) Improved local control of invasive bladder cancer by concurrent cisplatin and preoperative or definitive radiation. The National Cancer Institute of Canada Clinical Trials Group. J Clin Oncol 14: 2901–2907 Cortesi E: Italian Randomised Trial of Neoadjuvant MVEC in Locally Advanced Bladder Cancer. (unpublished) Cummings KB, Mason JT, Correa RJ Jr, Gibbons RP (1978) Segmental resection in the management of bladder carcinoma. J Urol 119: 56–58 Dhar NB, Klein EA, Reuther AM et al. (2007) Outcome after radical cystectomy with limited or extended pelvic lymph node dissection. J Urol 179: 873–878 Einstein AB, Shipley W, Coombs J, Cummings KB, Soloway MS, Hawkins I, for the National Bladder Cancer Cooperative Group (1984) Cisplatin as adjunctive treatment for invasive bladder carcinoma: Tolerance and toxicities. Urology 23: 110–117 Fagg SL, Dawson Edwards P, Hughes MA, Latief T, Rolfe EB, Fielding JW (1984) Cis-diamminedichloroplatinum (DPP) as initial treatment of invasive bladder cancer. Br. J Urol 56: 296–300 Fleischmann A, Thalmann GN, Markwalder R, Studer UE (2005) Prognostic implications of extracapsular extension of pelvic lymph node metastases in urothelial carcinoma of the bladder. Am J Surg Pathol 29: 89–95 Freiha FS (1980) Complications of cystectomy. J Urol 123: 168–169 Freiha F, Reese J, Torti FM (1996) A randomised trial of radical cystectomy versus radical cystectomy plus cisplatin, vinblastine and methotrexate chemotherapy for muscle invasive bladder cancer. J Urol 155: 495–500 Goffinet DR, Schneider MJ, Glatstein EJ et al. (1975) Bladder cancer: results of radiation therapy in 384 patients. Radiology 117: 149–153 Goodman GB, Hislop TG, Elwood JM et al. (1981) Conservation of bladder function in patients with invasive bladder cancer treated by
definitive irradiation and selective cystectomy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 7: 569–573 Greiner R, Skaleric C, Veraguth P (1977) The prognostic significance of ureteral obstruction in carcinoma of the bladder. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2: 1095–1100 Gschwend JE, Dahm P, Fair WR (2002) Disease specific survival as endpoint of outcome for bladder cancer patients following radical cystectomy. Eur Urol 41: 440–448 Gudemann CJ, Weitz J, Kienle P, Lacroix J, Wiesel MJ, Soder M, Benner A, Staehler G, Doeberitz MV (2000) Detection of hematogenous micrometastasis in patients with transitional cell carcinoma. J Urol 164: 532–536 Hagan MP, Winter KA, Kaufman DS et al. (2003) RTOG 97–06: initial report of a phase I-II trial of selective bladder conservation using TURBT, twice-daily accelerated irradiation sensitized with cisplatin, and adjuvant MCV combination chemotherapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 57: 665–672 Hassan JM, Cookson MS, Smith JA Jr, Chang SS (2004a) Urethral recurrence in patients following orthotopic urinary diversion. J Urol 172: 1338–1341 Hassan JM, Cookson MS, Smith JA Jr, Johnson DL, Chang SS (2004b) Outcomes in patients with pathological carcinoma in situ only disease at radical cystectomy. J Urol 172: 882–884 Hautmann RE, Paiss T (1998) Does the option of the ileal neobladder stimulate patient and physician decision toward earlier cystectomy? J Urol 159: 1845–18450 Hautmann RE, Simon J (1999) Ileal neobladder and local recurrence of bladder cancer: patterns of failure and impact on function in men. J Urol 162: 1963–1966 Henningsohn L, Wijkstrom H, Dickman PW et al. (2002) Distressful symptoms after radical radiotherapy for urinary bladder cancer. Radiother Oncol 62: 215–225 Henry K, Miller J, Mori M, Loening S, Fallon B (1988) Comparison of transurethral resection to radical therapies for stage B bladder tumors. J Urol 140: 964–967 Herr HW (1987) Conservative management of muscle-infiltrating bladder cancer: prospective experience. J Urol 138: 1162–1163 Holzbeierlein JM, Lopez-Corona E, Bochner BH, Herr HW, Donat SM, Russo P, Dalbagni G, Sogani PC (2004) Partial cystectomy: a contemporary review of the Memorial Sloan-Kettering Cancer Center experience and recommendations for patient selection. J Urol 172: 878–881 Horwich A, Pendlebury S, Dearnaley DP (1995) Organ conservation in bladder cancer. Eur J Cancer Suppl 31: 208 International Collaboration of Trialists on behalf of the Medical Research Council Advanced Bladder Cancer Working Party, EORTC Genito-urinary Group, Australian Bladder Cancer Study Group, National Cancer Institute of Canada Clinical Trials Group, Finnbladder, Norwegian Bladder Cancer Study Group and Club Urologico Espanol de Tratamiento Oncologico (CUETO) group. (1999) Neoadjuvant cisplatin, methotrexate, and vinblastine chemotherapy for muscle-invasive bladder cancer: a randomised controlled trial. Lancet 354: 533–540 Kachnic LA, Kaufman DS, Heney NM et al. (1997) Bladder preservation by combined modality therapy for invasive bladder cancer. J Clin Oncol 15: 1022–1029 Kaufman DS, Winter KA, Shipley WU et al. (2000) The initial results in muscle-invading bladder cancer of RTOG 95–06: phase I/II trial of transurethral surgery plus radiation therapy with concurrent cisplatin and 5-fluorouracil followed by selective bladder preservation or cystectomy depending on the initial response. Oncologist 5: 471–476
23
472
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Kulkarni JN, Pramesh CS, Rathi S, Pantvaidya GH (2003) Long-term results of orthotopic neobladder reconstruction after radical cystectomy. BJU Int 91: 485–488 Lebret T, Herve JM, Yonneau L, Barre P, Lugagne PM, Butreau M, Molinie V, Botto H (2000) Study of survival after cystectomy for bladder cancer. Report of 504 cases Prog Urol 10: 553–560 Leissner J, Ghonheim MA, Abol-Enein H et al. (2004) Extended radical lymphadenectomy in patients with urothelial bladder cancer:results of a prospective multicenter study. J Urol 171: 139–144 Leissner J, Allhoff EP, Hohenfellner R et al. (2003) Stellenwert der pelvinen Lymphadenektomie für Therapie und Prognose des Harnblasenkaruzinoms. Aktuel Urol 34: 392–397 Liedberg F, Chebil G, Davidsson T, Malmstrom PU, Sherif A, Mansson W (2003) Transitional cell carcinoma der Prostata im Zystoprostatektomiepräparat. Aktuelle Urol 34: 333–336 Madersbacher S, Hochreiter W, Burkhard F, Thalmann GN, Danuser H, Markwalder R, Studer UE (2003) Radical cystectomy for bladder cancer today–a homogeneous series without neoadjuvant therapy. J Clin Oncol 21: 690–696 Malmstrom P-U, Rintala E, Wahlqvist R et al. (1996) Five year follow-up of a prospective trial of radical cystectomy and neoadjuvant chemotherapy: Nordic Cystectomy Trial 1. J Urol 155: 1903–1906 Martinez-Pineiro JA, González M, Arocena F et al. (1995) Neoadjuvant cisplatin chemotherapy before radical cystectomy in invasive transitional cell carcinoma of the bladder: a prospective randomised phase III study. J Urol 153: 964–973 Miller K, Wenderoth UK, de Petriconi R, Kleinschmidt K, Hautmann R (1991) The ileal neobladder. Operative technique and results. Urol Clin North Am.18: 623–630 Miller LS (1977) Bladder cancer (1977) superiority of preoperative irradiation and cystectomy in clinical stages B2 and C. Cancer 39: 973–980 Miller LS, Johnson DE (1973) Megavoltage irradiation for bladder cancer: alone, postoperative, or preoperative? Genitourin Cancer 10: 771–782 Morrison R (1975) The results of treatment of cancer of the bladder – a clinical contribution to radiobiology. Clin Radiol 26: 67–75 Natale RB, Grossman HB, Blumenstein B et al. (2001) SWOG 8710 (INT-0800) Randomized phase III trial of neoadjuvant MVAC + cystectomy versus cystectomy alone in patients with locally advanced bladder cancer. Proceedings of the American Society of Clin Oncol 20: 3 Novick AC, Stewart BH (1976) Partial cystectomy in the treatment of primary and secondary carcinoma of the bladder. J Urol 116: 570–574 Otto T, Börgermann C, Krege S, Rübben H (2001) Radical cystectomy +/-adjuvant chemotherapy in bladder cancer: A randomized phase III study. J Urol 165: 279 Parmar Mahesh KB, Burdett S (1999) Neoadjuvant and adjuvant chemotherapy. In: Hall R, editor. Clinical management of bladder cancer 1 ed. London: Arnold; 249–263 Pisters LL, Westney L (1996) The management of locally recurrent invasive bladder cancer following radical cystectomy. Semin Urol Oncol 14: 112–119 Poulsen AL, Horn T, Steven K (1998) Radical cystectomy: extending the limits of pelvic lymph node dissection improves survival of patients with bladder cancer confined to the bladder wall. J Urol 160: 2015–2019 Pritchett TR, Schiff WM, Klatt E, Lieskovsky G, Skinner DG (1988) The potency-sparing radical cystectomy: does it compromise the completeness of the cancer resection? J Urol 140: 1400–1403
Raghavan D (1991) In: Wallace DMA, Raghavan D, Kelly KA et al. (eds) Neo-adjuvant (pre-emptive) cisplatin therapy in invasive transitional cell carcinoma of the bladder. Br J Urol 67: 608–615 Raghavan D, Pearson B, Coorey G (1984) Intravenous cis-platinum for invasive clinically non metastatic bladder cancer: safety and feasibiltiy of a new approach. Med J Aust 140: 276–278 Richards B, Bastable JRG, Freedman L, Glashan RW, Harris G, Newling DWW et al. (1983) Adjuvant chemotherapy with doxorubicin, and 5-florouracil in T3, NX, MO bladder cancer treated with radiotherapy. Br J Urol 55: 386–391 Rödel C (2004) Current status of radiation therapy and combined-modality treatment for bladder cancer. Strahlenther Onkol 180: 701–709 Rödel C, Grabenbauer GG, Kuhn R et al. (2002) Combined-modality treatment and selective organ preservation in invasive bladder cancer: long-term results. J Clin Oncol 20: 3061–3071 RUTT (Registry of Urinary Tract Tumors) (1985) Harnwegstumorregister. Jahresbericht. Verh Dtsch Ges Urol 37: 665 Schilling A, Friesen A (1990) Transprostatic selective cystectomy with an ileal bladder. Eur Urol 18: 253–257 Schoborg TW, Sapolsky JL, Lewis CW Jr. (1979) Carcinoma of the bladder treated by segmental resection. J Urol 122: 473–475 Schubert J (1988) Status and trends of curative therapeutic procedures in localized prostate cancer. Z Urol Nephrol 1988 81: 525–532 Schuster TG, Smith DC, Montie JE (2001) Pelvic recurrences post cystectomy: current treatment strategies. Semin Urol Oncol 19: 45–50 Sell A, Jakobsen A, Nerstrom B et al. (1991) Treatment of advanced bladder cancer category T2 T3 and T4a. A randomized multicenter study of preoperative irradiation and cystectomy versus radical irradiation and early salvage cystectomy for residual tumor. DAVECA protocol 8201. Danish Vesical Cancer Group. Scand J Urol Nephrol Suppl 138: 193–201 Sengeløv L, von der Maase H, Lundbech F et al. (2002) Neoadjuvant chemotherapy with cisplatin and methotrexate in patients with muscle invasive bladder tumors. Acta Oncologia 41: 447–56 Sevin G, Soyupek S, Armagan A, Hoscan MB, Dilmen C, Tukel O (2004) What is the ratio of urethral recurrence risk after radical cystoprostatectomy for bladder cancer? Int Urol Nephrol 36: 523–527 Shearer RJ, Chilvers CED, Bloom HJG, Bliss JM, Horwich A, Babiker A (1988) Adjuvant chemotherapy in T3 carcinoma of the bladder a prospective trial: preliminary report. Br J Urol 62: 558–564 Sherif A, Rintala E, Mestad O et al. (2002) Neoadjuvant cisplatinmethotrexate chemotherapy of invasive bladder cancer. Nordic Cystectomy Trial 2. Scandinavian Journal Urology and Nephrology 6: 419–425 Shipley WU, Rose MA, Perrone TL et al. (1985) Full-dose irradiation for patients with invasive bladder carcinoma: clinical and histological factors prognostic of improved survival. J Urol 134: 679–683 Shipley WU, Winter KA, Kaufman DS et al. (1998) Phase III trial of neoadjuvant chemotherapy in patients with invasive bladder cancer treated with selective bladder preservation by combined radiation therapy and chemotherapy: initial results of Radiation Therapy Oncology Group 89–03. J Clin Oncol 16: 3576–3583 Shipley WU, D’Amico AV, Zietman AL et al. (2000) Radiation oncology update. Urol Oncol 6: 29–30 Shipley WU, Kaufman DS, Zehr E, Heney NM, Lane SC, Thakral HK, Althausen AF, Zietman AL (2002) Selective bladder preservation by combined modality protocol treatment: long-term outcomes of 190 patients with invasive bladder cancer. Urology 60: 62–67 Simon J, Gschwend JE, Volkmer BG (2005) Lokalrezidiv nach radikaler Zystektomie bei Harnblasenkarzinom. Urologe A 44: 375–81 Skinner DG, Daniels JR, Russel CA, Lieskovsky G, Boyd SD, Krailo M et al. (1990) Adjuvant chemotherapy following cystectomy be-
473 Literatur
nefits patients with deeply invasive bladder cancer. Semi Urol 8: 279–284 Skinner DG, Stein JP, Lieskovsky G, Skinner EC, Boyd SD, Figueroa A, Jones P, Cote R, Groshen S (1998) 25-year experience in the management of invasive bladder cancer by radical cystectomy. Eur Urol 33 Suppl 4: 25–26 Smith JA Jr., Whitmore WF Jr (1981) Regional lymphnode metastases from bladder cancer. J Urol 126: 591 Soloway MS, Ikard M, Ford K (1981) Cis-diamminedichloroplatinum (II) in locally advanced and metastatic urothelialcancer. Cancer 47: 476–480 Solsona E, Iborra I, Ricos JV et al. (1998) Feasibility of transurethral resection for muscle infiltrating carcinoma of the bladder: longterm follow-up of a prospective study. J Urol 159: 95–98 Solsona E, Climent MA, Iborra I, Collado A, Rubio J, Ricos JV, Casanova J, Calatrava A, Monros JL (2008) Bladder preservation in selected patients with muscle-invasive bladder cancer by complete transurethral resection of the bladder plus systemic chemotherapy: long-term follow-up of a phase II nonrandomized comparative trial with radical cystectomy. Eur Urol [Epub ahead of print] Stein JP, Lieskovsky G, Cote R, Groshen S, Feng AC, Boyd S, Skinner E, Bochner B, Thangathurai D, Mikhail M, Raghavan D, Skinner DG (2001) Radical cystectomy in the treatment of invasive bladder cancer: long-term results in 1,054 patients. J Clin Oncol 19: 666–675 Stein JP, Cai J, Groshen S, Skinner DG (2003) Risk factors for patients with pelvic lymph node metastases following radical cystectomy with en bloc pelvic lymphadenectomy: concept of lymph node density. J Urol 170: 35–41 Stein JP, Clark P, Miranda G, Cai J, Groshen S, Skinner DG (2005) Urethral tumor recurrence following cystectomy and urinary diversion: clinical and pathological characteristics in 768 male patients. J Urol 173: 1163–1168 Stenzl A, Janetschek G, Bartsch G, Hofer C, Hartung R (1994) Report of experience in reconstruction of the lower urinary tract in the man and woman Urologe A 33: 9–14 Stenzl A, Bartsch G, Rogatsch H (2002) The remnant urothelium after reconstructive bladder surgery. Eur Urol 4: 124–131 Studer UE, Bacchi M, Biedermann C, Jaeger P, Kraft R, Mazzucchelli L et al. (1994) Adjuvant Cisplatin Chemotherapy following cystectomy for bladder cancer: Results of a prospective randomised trial. J Urol 152: 81–84 Studer UE, Danuser H, Hochreiter W, Springer JP, Turner WH, Zingg EJ (1996) Summary of 10 years’ experience with an ileal low-pressure bladder substitute combined with an afferent tubular isoperistaltic segment. World J Urol 14: 29–39 Stöckle M, Meyenburg W, Wellek S, Voges GE, Rossman M, Gertenbach U et al. (1995) Adjuvant polychemotherapy of non-organg confined bladder cancer after radical cystectomy revisited: long term results of a controlled prospective study and further clinical experience. J Urol 153: 47–52 Suttmann H, Kamradt J, Lehmann J et al. (2007) Improving prognosis of patients after radical cystectomy. Part I: the role of lymph node dissection. BJU 10(6): 1221–1224 Sweeney P, Kursh ED, Resnick MI (1992) Partial cystectomy. Urol Clin North Am 19: 701–711 Tester W, Porter A, Asbell S et al. (1993) Combined modality program with possible organ preservation for invasive bladder carcinoma: results of RTOG protocol 85–12. Int J Radiat Oncol Biol Phys 25: 783–790 Tester W, Caplan R, Heaney J et al. (1996) Neoadjuvant combined modality program with selective organ preservation for invasive
bladder cancer: results of Radiation Therapy Oncology Group phase II trial 8802. J Clin Oncol 14: 119–126 Varol C, Thalmann GN, Burkhard FC, Studer UE (2004) Treatment of urethral recurrence following radical cystectomy and ileal bladder substitution. J Urol 172: 937–942 Villar A, Munoz J, Aguilo F et al. (1987) External beam irradiation for T1, T2–3 and T4 transitional cell carcinoma of the urinary bladder. Radiother Oncol 9: 209–215 Wallace DMA, Raghavan D, Kelly KA et al. (1991) Neo-adjuvant (Preemptive) Cisplatin Therapy in Invasive Transitional Cell Carcinoma of the Bladder. British Journal of Urology 67: 608–615 Yossepowitch O, Dalbagni G, Golijanin D, Donat SM, Bochner BH, Herr HW, Fair WR, Russo P (2003) Orthotopic urinary diversion after cystectomy for bladder cancer: implications for cancer control and patterns of disease recurrence. J Urol 169: 177–181 Yu WS, Sagerman RH, Chung CT et al. (1985) Bladder carcinoma. Experience with radical and preoperative radiotherapy in 421 patients. Cancer 56: 1293–1299 Zietman AL, Grocela J, Zehr E et al. (2001) Selective bladder conservation using transurethral resection, chemotherapy, and radiation: management and consequences of Ta, T1, and Tis recurrence within the retained bladder. Urology 58: 380–385 Zietman AL, Shipley WU, Kaufman DS et al. (1998) A phase I/II trial of transurethral surgery combined with concurrent cisplatin, 5-fluorouracil and twice daily radiation followed by selective bladder preservation in operable patients with muscle invading bladder cancer. J Urol 160: 1673–1677
Literatur zu Kap. 23.7 Albers P et al. (2008) Randomized phase III trial of 2nd line Gemcitabine/Paclitaxel chemotherapy in patients with advanced bladder cancer: temporary versus maintenance treatment (AUO trial AB 20/99). J Clin Oncol 26: 5030 Ardavanis A, Tryfonopoulos D, Alexopoulos A et al. (2005) Gemcitabine and docetaxel as first-line treatment for advanced urothelial carcinoma: a phase II study. Br J Cancer 92: 645–650 Bajorin DF, Dodd PM, Mazumbar M et al. (1999) Long-term survival in metastatic transitional-cell carcinoma: prognostic factors predicting outcome of therapy. J Clin Oncol 17: 3173–3181 Bajorin DF, McCaffrey JA, Dodd PM et al. (2000) Ifosfamide, paclitaxel and cisplatin for patients with advanced transitional cell carcinoma of the urothelial tract: final report of a phase II trial evaluating two dosing schedules. Cancer 88: 1671–1678 Bajorin DF, McCaffrey JA, Dodd PM et al. (2000) Ifosfoamide, paclitaxel, and cisplatin for patients with advanced transitional cell carcinoma of the urothelial tract: a final report of a phase II trial evaluating two dosing schedules. Cancer 88: 1671–1678 Bamias A, Aravantinos G, Deliveliotis C (2004) Docetaxel and cisplatin with granulocyte colony-stimulating factor (G-CSF) versus MVAC with G-CSF in advanced urothelial carcinoma: a multicenter, randomised, phase III study from the Hellenic Cooperative Oncology Group. J Clin Oncol 22: 220–228 Bamias A, Moulopoulos LA, Koutras A et al. (2006) The combination of gemcitabine and carboplatin as first-line treatment in patients with advanced urothelial carcinoma. A Phase II Study of the Hellenic Cooperative Oncology Group. Cancer 106: 297–303 Bellmunt J, Guillem V, Paz-Ares L et al. (2000) Phase I-II study of paclitaxel, cisplatin, and gemcitabine in advanced transitional-cell carcinoma of the urothelium. Spanish Oncology Genitourinary Group. J Clin Oncol 18: 3247–3255 Bellmunt J, Albanell J, Paz-Ares L et al. (2002) Pretreatment prognostic factors for survival in patients with advanced urothelial tumors
23
474
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
treated in a phase I/II trial with paclitaxel, cisplatin and gemcitabine. Cancer 95: 751–757 Bellmunt J, von der Maase H, Mead GM et al. (2007) Randomized phase III study comparing paclitaxel/cisplatin/gemcitabine (PCG) and gemcitabine/cisplatin (GC) in patients with locally advanced (LA) or metastatic (M) urothelial cancer without prior systemic therapy; EORTC 30987/Intergroup Study. J Clin Oncol (Meeting Abstracts) 25: LBA 5030 Bellmunt J et al. (2008) Randomized phase III trial of Vinflunine plus best supportive care versus best supportive care alone as 2nd line therapy after a platinum containing regimen in advanced TCC. J Clin Oncol 26: 5028 Bui A, Theodore C, Culine S et al. (2003) Preliminary results of a phase II study testing intravenous (iv) vinflunine (VFL) as second line therapy. In patients with advanced transitional cell cancer (TCC) of the bladder. J Clin Oncol 22: 391 (abstr 1571) Burch PA, Richardson RL, Cha SS et al. (2000) Phase II study of paclitaxel and cisplatin for advanced urothelial cancer. J Urol 164: 1538–1542 Carles J, Esteban E, Climent M et al. (2007) Gemcitabine and oxaliplatin combination: a multicenter phase II trial in unfit patients with locally advanced or metastatic urothelial cancer. Ann Oncol 18: 1359–1362 Culine S, Theodore C, DeSantis M et al. (2006) A phase II study of vinflunine in bladder cancer patients progressing after first-line platinum-containing regimen. Br J Cancer 94: 1395–1401 DeMulder PH, Debruyne FM, Keizer HJ et al. (1990) Randomized phase II study of methotrexate (M), cisplatin (C) and methotrexate, cisplatin and vinblastine (V) in patients with advanced transitional carcinoma of the bladder. Eur Urol 18 (suppl 1): 5 Dimopoulos MA, Bakoyiannis C, Georgoulias V et al. (1999) Docetaxel and cisplatin combination chemotherapy in advanced carcinoma of the urothelium:. A multicenter phase II study of the Hellenic Cooperative Oncology Group. Ann Oncol 10: 1385–1388 Dodd PM, McCaffrey JA, Herr H et al. (1999) Outcome of postchemotherapy surgery after treatment with methotrexate, vinblastine, doxorubicin and, cisplatin in patients with unresectable or metastatic transitional cell. carcinoma. J Clin Oncol 17: 2546– 2551 Dogliotti L, Carteni G, Siena S et al. (2007) Gemcitabine plus cisplatin versus gemcitabine plus carboplatin as first-line chemotherapy in advanced transitional cell carcinoma of the urothelium: results of a randomised phase II trial. Eur Urol 52: 134–141 Dreicer R, Manola J, Roth BJ et al. (2000) Phase II study of cisplatin and paclitaxel in advanced carcioma of the urothelium: an Eastern Cooperative. Oncology Group Study. J Clin Oncol 18: 1058–1061 Dreicer R, Manola J, Roth BJ et al. (2004) Phase III trial of methotrexate, vinblastine, doxorubicin and cisplatin versus carboplatin and paclitaxel in patients with advanced carcinoma of the urothelium. Cancer 100: 1639–1645 Dreicer R, Li S, Manola J et al. (2007) Phase 2 trial of epothilone B analog BMS-247550 (ixabepilone) in advanced carcinoma of the urothelium (E3800): a trial of the Eastern Cooperative Oncology Group. Cancer 110: 759–763 Dreicer R, Li H, Cooney MM et al. (2008) Phase 2 trial of pemetrexed disodium and gemcitabine in advanced urothelial cancer (E4802) A trial of the Eastern Cooperative Oncology Group. Cancer 112: 2671–2675 Friedland DM, Dakhil S, Hollen C et al. (2004) A phase II evaluation of weekly paclitaxel plus carboplatin in advanced urothelial cancer. Cancer Invest 22: 374–382
Gallagher DJ et al. (2008) Final results of a phase II study of sunitinib in patients with relapsed or refractory urothelial cancer. J Clin Oncol 26: 5082 Galsky MD, Mironov S, Iasonos A et al. (2007) Phase II trial of pemetrexed as second-line therapy in patients with metastatic urothelial carcinoma. Invest New Drugs 25: 265–270 Garcia del Muro X, Marcuello E, Guma J et al. (2002) Phase II multicenter study of docetaxel plus cisplatin in patients with advanced urothelial cancer. Br J Cancer 86: 326–330 Geller NL, Sternberg CN, Penenberg D et al. (1991) Prognostic factors for survival of patients with advanced urothelial tumors treated with. Methotrexate, vinblastine, doxorubicin, and cisplatin chemotherapy. Cancer 67: 1525–1531 Gitlitz BJ, Baker C, Chapman Y et al. (2003) A phase II study of gecitabine and docetaxel therapy in patients with advanced urothelial carcinoma. Cancer 98: 1863–1869 Hainsworth JD, Meluch AA, Litchy S et al. (2005) Paclitaxel, carboplatin, and gemcitabine in the treatment of patients with advanced transitional cell carcinoma. Of the urothelium. Cancer 103: 2298–2303 Hillcoat BL, Raghavan D, Matthews J et al. (1989) A randomised trial of cisplatin versus cisplatin plus methotrexate in advanced cancer of the urothelial tract. J Clin Oncol 7: 706–709 Hussain M, Vaishampayan U, Du W et al. (2001) Combination paclitaxel, carboplatin and gemcitabine is an active treatment for advanced urothelial cancer. J Clin Oncol 19: 2527–2533 Hussain M, Petrylak DP, Dunn R et al. (2005) Trastuzumab, paclitaxel, carboplatin and, gemcitabine in advanced HER2-positive urothelial carcinoma: Results of a multi-center phase II NCI trial. J Clin Oncol 23: 379 (abstract 4507) Hussain MH, MacVicar GR, Petrylak DP et al. (2007) Trastuzumab, paclitaxel, carboplatin, and gemcitabine in advanced human epidermal growth factor receptor-2/neu-positive urothelial carcinoma: results of a multicenter phase II National Cancer Institute trial. J Clin Oncol 25: 2218–2224 Kaufman DS, Raghavan D, Carducci M et al. (2000) Phase II trial of gemcitabine plus cisplatin in patients with metastatic urothelial cancer. J Clin Oncol 18: 1921–1927 Kaufman DS, Carducci MA, Kuzel TM et al. (2004) A multi-institutional phase II trial of gemcitabine plus paclitaxel in patients with locally. advanced or metastatic urothelial cancer. Urol Oncol 22: 393–397 Khandekar JD, Elson PJ, DeWys WD et al. (1985) Comparative activity and toxicity of cis-diamminedichloroplatinum (DDP) and a combination of doxorubicin, cyclophosphamide and DDP in disseminated transitional cell carcinomas of the urinary tract. J Clin Oncol 3: 539–545 Krege S, Rembrink V, Börgermann Ch et al. (2001) Docetaxel and ifosfamide as second line treatment for patients with advanced or metastatic urothelial cancer after failure of platinum chemotherapy: a phase II study. J Urol 165: 67–71 Law LY, Lara PN, Meyers FJ et al. (2004) Platinum-free combination chemotherapy in patients with advanced or metastatic transitional cell. Carcinoma. Cancer 100: 82–88 Li J, Juliar B, Yiannoutsos C et al. (2005) Weekly paclitaxel and gemcitabine in advanced transitional-cell carcinoma of the urothelium:. A phase II Hoosier Oncology Group study. J Clin Oncol 23: 1185–1191 Lin CC, Hsu CH, Huang CY et al. (2007) Phase II trial of weekly paclitaxel, cisplatin plus infusional high dose 5- fluorouracil and leucoverin for metastatic urothelial carcinoma. J Urol 177: 84–89 Loehrer Sr PJ, Einhorn LH, Elson PJ et al. (1992) A randomized comparison of cisplatin alone or in combination with methotrexate, vin-
475 Literatur
blastine and doxorubicin in patients with metastatic urthelial carcinoma: a kooperative group study. J Clin Oncol 10: 1066–1073 Logothetis CJ, Dexeus FH, Finn L et al. (1990) A prospective randomized trial comparing MVAC and CISCA chemotherapy for patients with metastatic urothelial tumors. J Clin Oncol 8: 1050–1055 Lorenzo G, Autorino R, Giordano A et al. (2004) FOLFOX-4 in pretreated patients with advanced transitional cell carcinoma of the bladder. Jpn J Clin Oncol 34: 747–750 Lorusso V, Crucitta E, Silvestris N et al. (2005) Randomised, open-label, phase Ii trial of paclitaxel, gemcitabine, and cisplatin versus cisplatin as first-line. chemotherapy in advanced transitional cell carcinoma of the urothelium. Oncol Rep 13: 283–287 Mead GM, Russell M, Clark P et al. (1998) A randomised trial comparing methotrexate and vinblastine (MV) with cisplatin, methotrexate and vinblastine (CMV) in advanced transitional cell carcinoma: results and a report on prognostic factors in a Medical Research Council study. MRC Advanced Bladder Cancer Working Party. Br J Cancer 78: 1067–1075 Meluch AA, Greco FA, Burris HA et al. (2001) Paclitaxel and gemcitabine chemotherapy for advanced transitional-cell carcinoma of the urothelial tract: a phase II trial of the Minnie Pearl Cancer Research Network. J Clin Oncol 19: 3018–3024 Moore MJ, Winquist E, Murray N et al. (1999) Gemcitabine plus cisplatin, an active regime in advanced urothelial cancer: a phase II trial of the. National Cancer Institute of Canada Clinical Trials Group. J Clin Oncol 17: 2876–2881 Nogue-Aliguer M, Carles J, Arrivi A et al. (2003) Gemcitabine and carboplatin in advanced transitional cell carcinoma of the urinary tract. Cancer 97: 2180–2186 Otto T, Krege S, Suhr J, Rübben H (2001) Impact of surgical resection of bladder cancer metastases refractory to systemic therapy on performance status: a phase II trial. Urology 57: 55–59 Otto T, Suhr J, Krege S, Goebell PJ, Wishahi M, Bier UW, Kimmig R, Rübben H (2002) Surgical treatment of disseminated peritoneal metastases from urological cancer: results from a prospective study. BJU Int 90: 823–827 Pagliaro LC, Millikan RE, Tu SM et al. (2002) Cisplatin, gemcitabine and ifosfamide as weekly therapy: a feasibility and phase II study. Of salvage treatment for advanced transitional-cell carcinoma. J Clin Oncol 20: 2965–2970 Paz-Ares L, Bezares S, Tabernero JM et al. (2003) Review of a promising new agent – pemetrexed disodium. Cancer 97 (Suppl 8) 2056–2063 Pectasides D, Aravantinos G, Kalofonos H et al. (2001) Combination chemotherapy with gemcitabine and ifosfamide as second-line treatment in metastatic. urothelial cancer. A phase II trial conducted by the Hellenic Cooperative Oncology Group. Ann Oncol 12: 1417–1422 Pectasides D, Glotsos J, Bountouroglou N et al. (2002) Weekly chemotherapy with docetaxel, gemcitabine and cisplatin in advanced transitional cell urothelial cancer: a phase II trial. Ann Oncol 13: 243–250 Petrylak DP, Faulkner JR, van Veldhuizen PJ et al. (2003) Evaluation of ZD 1839 for advanced transitional cell carcinoma of the urothelium: A Southwest Oncology Group Trial. Proc Am Soc Clin Oncol 22: 403 Philips G, Sanford B, Halabi S et al. (2008) A phase II trial of cisplatin, fixed dose-rate gemcitabine and gefitinib for advanced urothelial carcinoma: results of the Cancer and Leukemia Group B 90102. BJU Int 101: 20–25 Rosenberg JEMH, Seigne JD et al. (2005) A phase II trial of R115777, an oral farnesyl transferase inhibitor, in patients with advanced
urothelial tract transitional cell carcinoma. Cancer 103: 2035– 2041 Rosenberg JE, Halabi S, Sanford BL et al. (2008) Phase II study of bortezomib in patients with previously treated advanced urothelial tract transitional cell carcinoma: CALGB 90207. Ann Oncol 19: 946–950 RUTT (Registry of Urinary Tract Tumors) (1985) Harnwegstumorregister. Jahresbericht. Verh Dtsch Ges Urol 37: 665 Sengelov L, Kamby C, Lund B et al. (1998) Docetaxel and cisplatin in metastatic urothelial cancer: a phase II study. J Clin Oncol 16: 3392–3397 Shannon C, Crombie C, Brooks A et al. (2001) Carboplatin and gemcitabine in metastatic transitional cell carcinoma of the urothelium: effective treatment. Of patients with poor prognostic features. Ann Oncol 12: 947–952 Siefker-Radtke AO, Millikan RE, Tu SM et al. (2002) Phase III trial of fluorouracil, interferon alpha 2b, and cisplatin versus methotrexate, vinblastine, doxorubicin, and cisplatin in metastatic or unresectble urothelial cancer. J Clin Oncol 20: 1361–1367 Siefker-Radtke AO, Walsh GL, Pisters LL et al. (2004) Is there a role for surgery in the management of metastatic urothelial cancer?. The M.D. Anderson experience. J Urol 171: 145–148 Small EJ, Lew D, Redman BG et al. (2000) Southwest Oncology Group Study of paclitaxel and carboplatin for advanced transitional-cell carcinoma: the importance of survival as a clinical trial end point. J Clin Oncol 18: 2537–2544 Sternberg CN, Yagoda A, Scher HI et al. (1989) Methotrexate, vinblastine, doxorubicin and cisplatin for advanced transitional cell carcinoma of the urothelium: efficacy and patterns of response and relapse. Cancer 64: 2448–2458 Sternberg CN, Calabro F, Pizzocaro G et al. (2001) Chemotherapy with an every 2-week regimen of gemcitabine and paclitaxel in patients with transitional cell carcinoma who have received prior cisplatin-based therapy. Cancer 92: 2993–2998 Sternberg CN, deMulder PH, Schornagel JH et al. (2006) Seven year update of an EORTC phase III trial of high-dose intensity MVAC chemotherapy and G-CSF versus classic M-VAC in advanced urothelial tract tumours. Eur J Cancer 42: 50–54 Sweeney P, Millikan R, Donat M et al. (2003) Is there a therapeutic role for post-chemotherapy retroperitoneal lymph node dissection. In metastatic transitional cell carcinoma of the bladder? J Urol 169: 2113–2117 Sweeney CJ, Roth BJ, Kabbinavar FF et al. (2006) Phase II study of pemetrexed for second-line treatment of transitional cell cancer of the urothelium. J Clin Oncol 24: 3451–3457 Theodore C, Geoffrois L, Vermorken JB et al. (2005) Multicenter EORTC study 16997. Feasibility and phase II trial of farnesyl transferase inhibitor and gemcitabine combination in salvage treatment of advanced urothelial tract cancers. Eur J Cancer 41: 1150–1157 Theodore C, Bidault F, Bouvet-Forteau N et al. (2006) A phase II monocentric study of oxaliplatin in combination with gemcitabine (GEMOX) in patients with advanced/metastatic transitional cell carcinoma (TCC) of the urothelial tract. Ann Oncol 17: 990–994 Tsukamoto T, Yonese J, Ohkubo Y, Fukui I (2006) Phase I/II study of a combined gemcitabine, etoposide, and cisplatin chemotherapy regimen for metastatic urothelial carcinoma. Cancer 106: 2363–2368 Vaughn DJ, Malkowicz B, Zoltick B et al. (1998) Paclitaxel plus carboplatin in advanced carcinoma of the urothelium: an active and tolerable outpatient. Regime. J Clin Oncol 16: 255–260. Redman BG, Smith DC, Flaherty L et al. (1998) Phase II trial of paclitaxel and carboplatin in the treatment of advanced urothelial carcinoma:. J Clin Oncol 16: 1844–1848
23
476
23
Kapitel 23 · Harnblasenkarzinom
Von der Maase H, Andersen L, Crino L et al. (1999) Weekly gemcitabine and cisplatin combination therapy in patients with transitional cell carcinoma. Of the urothelium: a phase II trial. Ann Oncol 10: 1461–1465 Von der Maase H, Hansen SW, Roberts JT et al. (2000) Gemcitabine and cisplatin versus methotrexate, vinblastine, doxorubicin and cisplatin in advanced or metastatic bladder cancer: results of a large, randomised, multinational, multicenter phase III study. J Clin Oncol 18: 3068–3077 Von der Maase H, Lehmann J, Gravis G et al. (2006) A phase II trial of pemetrexed plus gemcitabine in locally advanced and/or metastatic transitional cell carcinoma of the urothelium. Ann Oncol 17: 1533–1538 Winquist E, Moore MJ, Chi KN et al. (2005) A mulitnomial phase II study of lonafarnib (SCH 66336) in patients with refractory urothlial cancer. Urol Oncol 23: 143–149 Wülfing C, Machiels J, Richel D et al. (2005) A single arm, multicenter, open label, phase II study of lapatinib as 2-line treatment of patients with locally advanced/metastatic transitional cell carcinoma of the urothelial tract. J Clin Oncol 23: 422 (abstract 4677) Murphy BA, Johnson DR, Smith J et al. (1996) Phase II trial of paclitaxel and cisplatin for metastatic or locally unresectable urothelial cancer. J Clin Oncol 15 (suppl) 245a (abstr 617) Zielinski CC, Schnack B, Grbovic M et al. (1998) Paclitaxel and carboplatin in patients with metastatic urothelial cancer: results of a phase II trial. Br J Cancer 78: 370–374
Literatur zu Kap. 23.8 Abdi H et al. (2007) Randomized clinical trial of bowel preparation versus no preparation before ileal urinary diversion. Eur Urol 6(2): 291 Barbieri CE et al. (2007) Association of procedure volume with radical cystectomy outcomes in a nationwide database. J Urol 177(4): 1513 Beck et al. (1970) Gallardo et al. (1998) El-Mekresh M et al. (2007) Survival predictors among 2730 cases of radical cystectomy. Eur Urol 6(2): 12 Garcia-Closas M et al. (2006) Lancet 366: 649–659 Garcia-Rojo D. et al. (2008) Risk of bladder cancer associated with family history of cancer: Do low penetrance polymorphism account for the increased risk? J Urol 179(4): 936 Hailemariam et al. (1998) Jakse et al. (1979) Jezkowski et al. (1998) Kramer et al. (1979) Mourad et al. (1998) Nishida et al. (1998) Otto T (2008) Metastasenchirurgie urologischer Tumore: In engen Grenzen erfolgreich. URO-NEWS 9: 2–4 Otto T (2009) Targeted Therapy in der Uro Onkologie. DZO (in press) Paget S (1889) The distribution of secondary growths in cancer of the breast. Lancet 1: 571–573 Seeber (1977) Wang Y et al. (2007) Polymorphism in DNA repair genes, cigarrete smoking and the risk of urothelial cancer. J Urol 177(4): 234 Wheeler et al. (1954)
Literatur zu Kap. 23.9 Balaji KC, Mc Guire M, Grotas J, Grimaldi G, Russo P (1999) Upper tract recurrences following radical cystectomy: an analysis of prognostic factors, recurrence pattern and stage at presentation. J Urol 162: 1603–1606
Clark PE, Stein JP, Groshen S, Miranda G, Cai J, Lieskovsky G, Skinner DG (2004) The management of urethral transitional cell carcinoma after radical cystectomy for invasive bladder cancer. J Urol 172: 1342–1347 Dalbagni G, Genega E, Hashibe N (2001) Cystectomy for bladder cancer: a contemporary series. J Urol 165: 1111–1116 Fujisawa M, Nakammura I, Yamanaka N, Gotoh A, Hara I, Okada H, Arkawa S, Kamidono S (2000) Changes in calcium metabolism and bone demineralization after orthotopic intestinal neobladder creation. J Urol 163: 1108–1111 Gofrit ON, Pode D, Lazar A, Katz R, Shapiro A (2006) Watchful waiting policy in recurrent TaG1 bladder tumors. Eur Urol 49: 303–306 Kenworthy P, Tanguay S, Dinney CP (1996) Thre risk of upper tract recurrence following cystectomy in patients with transitional cell carcinoma involving the distal ureter. J Urol 155: 504–505 Lin DW, Herr HW, Dalbagni G (2003) Value of urthral wash cytology in the retained male urethra after radical cystoprostatectomy. J Urol 169: 961–963 Madersbacher S, Hochreiter W, Burkhard F, Thalmann GN, Danuser H, Markwalder R, Studer U (2003) Radical cystectomy for bladder cancer today- a homogenous series without neoadjuvant therapy. J Clin Oncol 21: 690–696 Miyake H, Hara S, Eto H, Arkawa S, Kamidono S, Hara I (2004) Significance of renal function in changes in acid-base metabolism after orthotopic bladder replacement: colon neobladder compared with ileal neobladder. Int J Urol 11: 83–87 Soloway M, Bruck DS, Kim SS (2003) Expectant management of small recurrent, non-invasive papillary bladder tumors. J Urol 170: 438– 441 Stein JP, Lieskovsky G, Cote R, Groshen S, Feng AC, Boyd S, Skinner E, Bochner B, Thangathurai D, Mikhail M, Raghavan D, Skinner DG (2001) Radical Cystectomy in the treatment of invasive bladder cancer: Long term results ion 1054 patients. J Clin Oncol 19: 666–675 Sylvester RJ, van der Meijden AP, Oosterlinck W, Witjes A, Bouffioux C, Denis L, Newling DW, Kurth K (2006) Predicting recurrence and progression in individual patients with stage TaT1 bladder cancer using EORTC risk tables: a combined analysis. Eur Urol 49: 466–477
24 Harnröhrenkarzinom S. Madersbacher, M. Marszalek, U.E. Studer
24.1 Epidemiologie, Ätiologie – 477 24.2 Onkologische Kennzeichen
– 478
24.3 Diagnostik – 480 24.4 Therapie des lokal begrenzten Harnröhrenkarzinoms – 481 24.5 Therapie des fortgeschrittenen Harnröhrenkarzinoms – 483 24.6 Nachsorge
– 483
24.7 Palliativtherapie
24.1
– 484
Epidemiologie, Ätiologie
24.1.1 Epidemiologie
Das Harnröhrenkarzinom ist ein seltener Tumor mit einem Altersgipfel über dem 70. Lebensjahr, dieser Tumor kann jedoch in jedem Lebensalter auftreten (Donat et al. 2002). Anhand der National Cancer Institut Surveillance, Epidemiology, and End Results Database (SEER) errechneten Swartz et al (2006) eine jährliche Inzidenz von 4,3 Männer und 1,5 Frauen pro eine Million Einwohner. Die höchste Inzidenz wurde in der Altersgruppe der 75- bis 84-Jährigen beobachtet: 32 Männer und 9,5 Frauen pro eine Million Einwohner erkranken an diesem seltenen Tumor pro Jahr. Eine Sonderform stellt das Harnröhrenkarzinomrezidiv nach radikaler Zystektomie beim Mann dar (Freeman et al. 1996; Varol et al. 2004; Stein et al. 2005). Das Risiko hierfür lag in älteren Zystektomieserien mit heterotoper Harnableitung (Ureterokutaneostomie oder Ileumconduit) bei bis zu 18%. Nach orthotopen Blasenersatz ist das Risiko, bedingt durch eine bessere Patientenselektion mittels prä- oder intraoperativer Harnröhrenbiopsien und möglicherweise auch wegen des regelmäßigen Urindurchflusses, viel niedriger, in den rezenten Serien um 5% (Freeman et al. 1996; Varol et al. 2004; Stein et al. 2005).
24.1.2 Ätiologie und Pathogenese
Beim Mann ist die prädisponierende Rolle einer chronischen Irritation der Harnröhre gut belegt (Donat et al. 2002). Eine ursächliche Noxe wie eine Infektion (auch eine STD), ein Trauma oder eine Urethrastriktur wurde bei 35–79% der Patienten mit einem Harnröhrenkarzinom identifiziert. Die Rolle der humanen Papillomaviren (HPV) ist umstritten. Bei der Frau werden als ätiologische Faktoren ebenfalls chronische Irritationen (auch nach Irradiatio), chronische Harnwegsinfekte und proliferative Läsionen wie Karunkel, Papillome, Adenome und Leukoplakie diskutiert (Donat et al. 2002). Ein kausaler Zusammenhang war jedoch konklusiv nie nachweisbar. HPV, vor allem der Typ 16, wurden gehäuft in weiblichen Plattenepithel- und Urothelkarzinomen der Harnröhre gefunden. Hinweis
I
I
Risikofaktoren für das Harnröhrenrezidiv nach radikaler Zystektomie sind die Multifokalität des Primärtumors, Carcinoma in situ und beim Mann eine Mitbeteilung der prostatischen Harnröhre.
478
Kapitel 24 · Harnröhrenkarzinom
24.2
Onkologische Kennzeichen
24.2.1 Klassifikation
Die Stadienenteilung nach dem TNM-System basiert auf der Tiefeninvasion des Primärtumors sowie dem Vorliegen von Lymphknoten- oder Fernmetastasen ( Tab. 20.1).
24
Tab. 24.1. TNM-Klassifikation des Hanröhrenkarzinoms Tx
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
Ta
Nicht invasiver papillärer oder polypoider Tumor oder verruköses Karzinom
Tis
Carcinoma in situ
T1
Tumor infiltriert das subepitheliale Bindegewebe
T2
Tumor infiltriert eines der folgenden Organe: Corpus spongiosum, Prostata, periurethrale Muskulatur
T3
Tumor infiltriert eines der folgenden Organe: Corpus cavernosum, außerhalb der Prostatakapsel, vordere Vagina, Blasenhals
T4
Tumor infiltriert irgendein anderes Nachbarorgan
Urothelkarzinom der Harnröhre (prostatische Harnröhre) Tis-pu
Carcinoma in situ, prostatische Urethra betroffen
Tis-pd
Carcinoma in situ, prostatiche Drüseneingänge betroffen
T1
Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe
T2
Tumor infiltriert eines der folgenden Organe: Prostatastroma, Corpus spongiosum, periurethrale Muskulatur
T3
Tumor infiltriert eines der folgenden Organe: Corpus cavernosum, über Prostatakapsel hinaus, Blasenhals (extraprostatisches Wachstum)
T4
Tumor infiltriert andere Nachbarorgane (Infiltration der Blase)
Regionäre Lymphknoten (N) Nx
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
Kein Anhalt für regionäre Lymphknotenmetastasen
N1
Metastase eines einzigen Lymphknotens, 2 cm oder kleiner in größter Ausdehnung
N2
Metastase eines einzigen Lymphknotens, Größe 2–5 cm, oder multiple Lymphknotenmetastasen, keiner größer als 5 cm
N3
Metastase im Lymphknoten größer als 5 cm
Fernmetastasen (M) Mx
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
M0
Kein Anhalt für Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
24.2.2 Histologische Einteilung
Die Tumoren der Harnröhre werden bei beiden Geschlechtern nach Lokalisation und Zelltyp unterteilt ( Abb. 24.1). Beim Mann ist am häufigsten die bulbäre Harnröhre (60%) betroffen, gefolgt von der penilen (30%) und der prostatischen (10%) Harnröhre (Donat et al. 2002). Der histologische Subtyp hängt von der Tumorlokalisation ab ( Abb. 24.1):
penile Harnröhre: 90% Plattenepithellkarzinome, 10% Urothelzellkarzinome;
bulbäre Harnröhre: 80% Plattenepithelkarzinome, 10% Urothelzellkarzinome und 10% Adenokarzinome bzw. undifferenzierte Tumoren;
prostatische Urethra: 90% Urothelkarzinome und 10% Plattenepithelkarzinome. Das primäre Harnröhrenkarzinom wächst initial oberflächlich ulzerierend oder papillär und dehnt sich frühzeitig invasiv infiltrierend in die Umgebung aus, z. T. auch endoluminal pilzartig ins Harnröhrenlumen prolabierend. Per continuitatem werden periurethrale Strukturen wie das Corpus spongiosum, Corpus cavernosum, Blasenhals und Perineum infiltriert. Durch sein lokal aggressives Verhalten kommt es in weiterer Folge zum Gewebezerfall und ausgedehnten Fistelbildungen. Die Metastasierung erfolgt primär lymphogen. Dabei liegt die erste Drainagestation der vorderen Harnröhre in den oberflächlichen und tiefen Leistenlymphknoten. Vom proximalen Harnröhrenanteil erfolgt der Lymphabfluss primär ins kleine Becken, und zwar zu den obturatorischen, iliakalen und präsakralen Lymphknoten. Zum Diagnosezeitpunkt bestehen bei etwa 40% der Patienten palpable inguinale Lymphknoten, die in 90% maligne verändert sind. Der Prozentsatz von Lymphknotenmetastasen bei Befall der hinteren Harnröhre ist deutlich höher als bei distalen Karzinomen. Bei der Frau ist der histologische Subtyp ebenfalls von der Lokalisation abhängig ( Abb. 24.1; Donat et al. 2002). Im Allgemeinen sind Tumoren der distalen Urethra weniger ausgedehnt und höher differenziert, histologisch prädominieren Plattenepithelkarzinome. Tumoren der proximalen Harnröhre sind niedriger differenziert und weisen meist ein lokal fortgeschrittenes Stadium auf. Bei diesen Tumoren herrschen histologisch Urothelkarzinome vor (60%), gefolgt von Plattenepithelkarzinomen (20%), Adenokarzinomen (10%), undifferenzierten Karzinomen/Sarkomen (8%) und Melanomen (2%). Das Metastasierungsmuster der weiblichen Harnröhre ist dem der männlichen ähnlich. Die distale Harnröhre
479 24.2 · Onkologische Kennzeichen
Abb. 24.1a, b. Anatomie der männlichen (a) und weiblichen (b) Harnröhre in Relation zur Histologie eines Harnröhrenkarzinoms. (Mod. nach Donat et al. 2002)
und die Labien drainieren primär zu den Leistenlymphknoten, die proximale Harnröhre zu den iliakalen und obturatorischen Lymphknoten. Etwa 1/3 aller Frauen weisen zum Diagnosezeitpunkt palpable inguinale Lymphknotenmetastasen auf, bei 20% sind die pelvinen Lymphknoten befallen, und etwa 15% entwickeln im Laufe der Erkrankung Metastasen.
24.2.3 Etablierte prognostische Faktoren
Die Prognose ist von der Lokalisation und vom Tumorstadium abhängig. Während beim Mann ein Langzeitüberleben bei Tumoren in der Fossa navicularis und oberflächlichen Läsionen der prostatischen Harnröhre in etwa 90% möglich ist, überleben nur etwa 30% der Patienten mit penilen Tumoren oder invasiven Tumoren in der prostatischen Harnröhre ( Tab. 20.2). Die Prognose von Patienten mit invasiven Tumoren in der bulbären Harnröhre ist infaust, weniger als 20% zeigen ein Langzeitüberleben ( Tab. 20.2). Frauen können
im Frühstadium zu 80% geheilt werden, im fortgeschrittenen Stadium ist dies nur bei 30–50% der Fall ( Tab. 20.2). Die Prognose von Männern mit einen Harnröhrenrezidiv nach radikaler Zystektomie hängt entscheidend vom Tumorstadium ab. Während Patienten mit einem Carcinoma in situ und orthotoper Harnableitung mittels einer speziellen BCG-Therapie (siehe unten) bis zu 80% erfolgreich therapiert werden können, ist die Prognose jener mit einem invasiven Harnröhrenrezidiv schlecht. Clark et al (2004) berichteten über 47 Patienten mit einem Harnröhrenrezidiv: bei einem medianen Follow-up von 26 Monaten waren 36 Patienten (76%) verstorben. In dieser Serie (Clark et al. 2004) überlebten Männer mit einem oberflächlichen Harnröhrenrezidiv (pTa oder CIS) durchschnitllich 58,5 Monate im Vergleich zu nur 17,1 Monaten (p=0,017) mit einem invasiven Rezidiv. Zur Prognose des Harnröhrenrezidivs der Frau nach orthotopen Harnblasenersatz kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgrund der dürftigen Datenlage keine Aussage gemacht werden (Stein et al. 2007).
24
480
Kapitel 24 · Harnröhrenkarzinom
Tab. 24.2. Prognose des Harnröhrenkarzinoms. (Mod. nach Donat et al. 2002) Lokalisation
Therapie
Patienten (n)
Überleben
Fossa navicularis
Partielle Penektomie
12
n=11 (92%)
Penil
Partielle oder totale Penektomie
100
n=34 (34%)
Membranös
Totale Penektomie
64
n=10 (16%)
Mann
24
Urethrektomie Zystoprostatektomie Prostatisch Öberflächlich
Transurethral
45
n=39 (87%)
Invasiv
Zystoprostatektomie
78
n=29 (37%)
Radiotherapie
140
n=94 (67%)
Operation
24
n=20 (83%)
Radiotherapie mit Operation
5
n=4 (80%)
Radiotherapie
157
n=54 (34%)
Radiotherapie mit Operation
39
n=21 (54%)
Urethrektomie Frau Früh
Fortgeschritten
24.3
Diagnostik
Die klinische Symptomatik ist – abhängig von der Lokalisation und Größe des Tumors – sehr variabel und uncharakteristisch. Dies führt häufig zur verzögerten Diagnosestellung, die im Durchschnitt erst 5–6 Monate nach dem Auftreten der ersten Symptome erfolgt. Fast alle Patienten sind jedoch zum Diagnosezeitpunkt symptomatisch. Neben der infravesikalen Obstruktion stehen Mikro/ Makrohämaturie und dysurische Beschwerden im Vordergrund, eine charakteristische klinische Symptomatik existiert nicht. Der Befall der prostatischen Harnröhre mit Umgebungsinfiltration ist durch eher uncharakteristische und die Ursache oft maskierende perineale Schmerzen, Abszessbildung oder sekundäre Fistulierung gekennzeichnet. Die meisten Frauen werden wegen einer urethralen Blutung, Dysurie, obstruktiven Miktionsbeschwerden oder eines palpablen Tumors im Harnröhrenbereich vorstellig.
24.3.1 Basisdiagnostik
Die Basisdiagnostik umfasst eine klinische Untersuchung (am besten unter Regionalanästhesie oder All-
gemeinnarkose) mit Urethrozystoskopie, selektiver Urinzytologie (spontan und als Spülzytologie) und eine (bimanuelle) Palpation des äußeren Genitale, der Leistenregion (palpable Lymphknoten?), der Harnröhre, der Harnblase, des Rektums und des Perineums, um die lokale Ausdehnung des Tumors abzuschätzen. Transurethrale und perineale Biopsien sind transrektalen Nadelbiopsien vorzuziehen, um einer möglichen Tumorverschleppung vorzubeugen. Wird eine Beteiligung des Rektums vermutet, werden eine Rektosigmoidoskopie sowie eine Kontrastmitteldarstellung zur Operationsplanung empfohlen.
24.3.2 Ausbreitungsdiagnostik
Der Lokalstatus (Tumorinvasion des Corpus spongiosum und Corpus cavernosum) kann mittels hochauflösenden 10-MHz-Ultraschall und MRI beurteilt werden. Bei der Frau ist ein transvaginaler Ultraschall zur Beurteilung des Lokalstatus hilfreich. Eine Weichteilinfiltration (z. B. Beckenboden), Lymphknoten- und Fernmetastasen werden mittels CT, Knochenscan und Kernspintomographie evaluiert.
481 24.4 · Therapie des lokal begrenzten Harnröhrenkarzinoms
24.4
Therapie des lokal begrenzten Harnröhrenkarzinoms
24.4.1 Therapieziele
Das oberste Behandlungsziel ist die lokoregionäre Kontrolle des Karzinoms gepaart mit einem optimalen funktionellen und kosmetischen Ergebnis (Smith et al. 2007).
werden. Meist liegt jedoch ein lokal fortgeschrittenes Stadium vor, welches ein radikalchirurgisches Vorgehen mit vorderer Beckenexenteration und Penektomie und ggf. mit Resektion des urogenitalen Diaphragmas sowie eine Symphysenresektion bzw. Resektion des Ramus inferior ossis pubis notwendig macht (Donat et al. 2002; Dinney et al. 1994; Gheiler et al. 1998; Davis et al. 1999).
Prostatische Urethra 24.4.2 Therapiekonzept
Die Primärtherapie des lokal begrenzten Harnröhrenkarzinoms ist die chirurgische Entfernung, wobei die Ausdehnung des Eingriffs von der Tumorlokalisation und dem Tumorstadium abhängt (Smith et al. 2007).
24.4.3 Operative Therapie
Distale Urethra Mann Oberflächliche, papilläre Tumoren können mittels transurethraler Resektion und (Laser)koagulation behandelt werden. Die Diskussion in diesem Zusammenhang muss immer vor dem Hintergrund eines hohen Lokalrezidivrisikos und einer hohen Strikturrate erfolgen (Donat et al. 2002; Dinney et al. 1994; Gheiler et al. 1998; Davis et al. 1999, Smith et al. 2007). Tumoren die das Corpus spongiosum infiltrieren und distal gelegen sind, erfordern eine partielle Penektomie mit einem Sicherheitsabstabd von 2 cm vom sichtbaren oder palpablen Tumor (Donat et al. 2002; Dinney et al. 1994; Gheiler et al. 1998; Davis et al. 1999; Smith et al. 2007). Manche Autoren ziehen einen peniserhaltenden Eingriff bzw. eine Aufbauplastik mit partieller Urethrektomie und/oder der Anlage einer perinealen Urethrostomie vor (Smith et al. 2007). Auch in diesem Fall müssen die kosmetischen und psychologischen Vorteile gegenüber dem höheren Lokalrezidivrisiko abgewogen werden. Falls der Tumor die proximale penile Harnröhre involviert, ist meist eine totale Penektomie unumgänglich. Smith et al (2007) berichteten über 18 Patienten mit einem distalen Harnröhrenkarzinom. Anhand eines – basierend auf Tumorlokalisation und Tumorstadium – risikostratifizierten chirurgischen Vorgehens wurde bei keinem Patienten ein Lokalrezidiv beobachtet. Der durchschnittlichen Follow-up in dieser Untersuchung war mit 26 Monate relativ kurz.
Membranöse Urethra Kleine, oberflächliche Tumoren können mittels transurethraler Resektion, Koagulation oder evtl. mittels Exzision und nachfolgender End-zu-End-Anastomose behandelt
Primärkarzinome in der prostatischen Urethra sind selten und können histologisch Urothel- oder Adenokarzinome darstellen. Die Diagnose wird mit einer transurethralen und transrektalen Biopsie gestellt. Liegt ein Urothelkarzinom vor, muss der gesamte Urogenitaltrakt vor der Therapieentscheidung abgeklärt werden. Oberflächliche Läsionen können transurethral behandelt werden wobei eine adjuvante konventionelle intravesikale Chemo- oder Immuntherapie (BCG) im Falle eines hochdifferenzierten Urothelkarzinoms oder eines Carcinom in situ sinnvoll erscheint (Canda et al. 2004). Meistens liegt jedoch ein infiltratives Tumorstadium mit einer Beteiligung des Blasenhalses vor. In diesem Fall ist eine Zystoprostatektomie, meist mit einer Urethrektomie, angezeigt (Donat et al. 2002; Dinney et al. 1994; Gheiler et al. 1998; Davis et al. 1999).
Harnröhrenrezidiv nach radikaler Zystoprostatektomie Da das Urothelkarzinom eine panurotheliale Erkrankung darstellt, muss nach radikaler Zystoprostatektomie und in situ belassener Harnröhre neben dem oberen Harntrakt auch die Urethra engmaschig nachkontrolliert werden. Dabei kommt der Lavagezytologie die größte Bedeutung zu (Varol et al. 2004). In Abb. 24.2 ist die Technik der urethralen Lavagezytologie der Berner Universitätsklinik dargestellt (Varol et al. 2004). Bei suspekter (auch bei denudierender Zystitis) oder positiver Zytologie muss eine systematische Biopsie der gesamten Urethra sowie jeglicher suspekter Areale erfolgen. Parallel dazu muss der obere Harntrakt mittels intravenöser Urographie (IVU) evaluiert werden. In historischen Serien wurde eine Harnröhrenrezidivrate nach radikaler Zystektomie von bis zu 18% angegeben. Rezente Arbeiten beschreiben zwar nach wie vor eine relativ hohe Rate (bis zu 10%) nach heterotoper Harnableitung, jedoch ein deutlich geringeres Risiko nach orthotopen Harnblasenersatz. Die Ursache hierfür ist nicht vollständig geklärt, möglicherweise spielen die Länge des Follow-ups (in vergleichenden Serien meist kürzer für die orthotope Harnableitung) und ein verbessertes prä- und intraoperati-
24
482
Kapitel 24 · Harnröhrenkarzinom
Bis dato galt bei Patienten mit einem Harnröhrenrezidiv die totale Urethrektomie mit konsekutiver Umwandlung des orthotopen Blasenersatzes in eine heterotope Harnableitung als Therapie der Wahl (Freeman et al. 1996; Clark et al. 2004). Kürzlich konnte nachwiesen werden, dass ein isoliertes Carcinoma in situ der Harnröhre in 80% der Fälle mit einer speziellen intraurethralen BCG-Perfusionstherapie erfolgreich behandelt werden kann (Varol et al. 2004). Mittels eines modifizierten 14-F-transurethralen Dauerkatheter wird die Harnröhre unter leichtem Katheterzug (200 ml) zunächst mit 100 ml BCG-Lösung (gleiche Konzentration wie bei der konventionellen intravesikalen Therapie) unter einem hydrostatischen Druck von 20 cm H20 über 75 min perfundiert ( Abb. 24.2). Danach wird der Katheter entfernt, 25 ml der BCG-Lösung in die Harnröhre instilliert und eine Penisklemme für 25 min angelegt; dieser Vorgang wird einmal wiederholt. Dieses Regime wird wöchentlich für 6 Wochen durchgeführt. Patienten mit einem papillären oder invasiven Karzinom profitierten von dieser intraurethralen BCG-Perfusionstherapie nicht und sollten deshalb primär urethrektomiert werden.
24
Distale Urethra Frau Abb. 24.2a, b. a Technik der Harnröhrenzytologie zum Screening eines Harnröhrenrezidivs nach radikaler Zystektomie. Ein 14-F-Nelathon-Einmalkatheter wird transurethral eingeführt und die Harnröhre mit 2×50 ml 0,9% NaCl gespült. Sämtliche Spülflüssigkeit wird gewonnen und zytologisch analysiert. b Technik der intraurethralen BCGPerfusion. (Mod. nach Varol et al. 2004)
ves Staging eine Rolle. In großen klinischen Serien betrug das Risiko für ein Harnröhrenrezidiv nach orthotopen Blaseneratz unter 5% (Varol et al. 2004; Stein et al. 2005). Die Mehrzahl (50–60%) der Patienten mit einem Harnröhrenrezidiv wurde durch eine Makrohämaturie auffällig, etwa 30% durch eine positive Zytologie. Das mediane Zeitintervall bis zum Auftreten des Harnröhrenrezidivs beträgt etwa 2 Jahre (Varol et al. 2004; Stein et al. 2005). Histopathologische Risikofaktoren für ein Harnröhrenrezidiv nach radikaler Zystektomie sind multifokale, niedrig differenzierte Tumoren, Carcinoma in situ und eine Mitbeteilung der prostatischen Harnröhre. Allerdings eignen sich diese Kriterien nicht für eine Patientenselektion für eine primäre Urethrektomie, da ein Großteil von Patienten von einem orthotopen Blasenersatz ausgeschlossen werden würden, die nie an einem Harnröhrenrezidiv erkranken würden (Varol et al. 2004).
Meist reicht eine lokale Exzision (ggf. mit Resektion der bedeckenden, vorderen Vaginalwand) aus, da diese Tumoren häufig oberflächlich und gut differenziert sind.
Proximale Urethra Frau Da diese Tumoren häufig invasiv und lokal fortgeschritten sind, ist eine Zystourethrektomie inkl. pelviner Lymphadenektomie unter Mitnahme der vorderen Vaginalwand (vordere Exenteration) angezeigt (Dalbagni et al.1998; DiMarco et al. 2004). Eine inguinale Lymphadenektomie ist bei negativem inguinalem Palpationsbefund nicht erforderlich.
Harnröhrenrezidiv nach radikaler Zystektomie Durch den zunehmenden Einsatz des orthotopen Blasenersatzes nach radikaler Zystektomie wegen eines invasiven Urothelkarzinoms auch bei der Frau, wurden erste kleine Serien zum Harnröhrenrezidivs publiziert (Ali-ElDein et al. 2004; Akkad et al. 2006). Ali-El-Dein (2004) berichteten über ein sehr geringes Harnröhrenrezidivrisiko bei 145 Patientinnen mit einem medianen Follow-up von 56 Monaten: Nur 2 Patientinnen (1,4%) entwickelten ein Harnröhrenrezidiv, beide Patienten hatten als Kardinalsymptom eine Makrohämaturie und die Tumoren warem im transvaginalen Ultraschall gut sichtbar.
483 24.6 · Nachsorge
Akkad et al. untersuchten 85 Frauen nach orthotopen Harnblasenersatz. Bei vier Frauen (4,7%) trat nach durchschnittlich 56 Monaten ein Harnröhrenrezidiv auf: eine Patientin wurde durch eine Makrohämaturie auffällig, die anderen drei wurden im Zuge der Nachsorge mittels Zytologie und Zystoskopie entdeckt. Alle Patientinnen hatten urspünglich multifokale oder Rezidiv-Blasentumoren. In einem rezenten Übersichtsartikel schlossen Stein et al (2007) dass – sofern die Patientinnen sorgältig selektioniert werden – der orthotope Harnblasenersatz nach radikaler Zystektomie auch bei der Frau eine onkologisch sichere Operation mit einem geringen Harnröhrenrezidivrisiko darstellt. Besteht ein isoliertes Harnröhrenrezdiv ohne Fernmetastasten, umfasst die Therapie ist in der Regel eine Urethrektomie mit Konversion der Harnableitung.
24.5
Therapie des fortgeschrittenen Harnröhrenkarzinoms
24.5.1 Therapieziele
Ist eine radikalchirurgische Sanierung primär nicht möglich, so kommen multimodale Therapieansätze zum Einsatz mit dem Ziel, eine maximale Lokalkontrolle zu erreichen und um eine Systemisierung zu verhindern bzw. zu verzögern.
Wir unterstützen die Ansicht von Herr, primär eine radikalchirurgische Intervention mit einer intraoperativen Brachytherapie und nachfolgenden Polychemotherapie entsprechend dem prädominanten Tumoranteil anzuwenden (Donat et al. 2002). Zunehmend gewinnt bei den therapeutischen Überlegungen eine inguinale und/oder pelvine Lymphadenektomie an Bedeutung, denn das Vorliegen von Lymphknotenmetastasen beeinflusst die Prognose nicht automatisch negativ. Eine frühzeitige radikale inguinale und ggf. ausgedehnte pelvine Lymphadenektomie ermöglicht eine lokale Tumorkontrolle, und damit wird auch in dieser prognostisch ungünstigen Gruppe ein Langzeitüberleben möglich. Im Gegensatz zum Peniskarzinom sind palpable Leistenlymphknoten meist positiv, eine perkutane Biopsie sichert die Diagnose. Einheitlich wird der prophylaktischdiagnostischen Lymphadenektomie kein Vorteil in Bezug auf das Überleben des Patienten beigemessen. Die Einsatzmöglichkeit einer systemischen Chemotherapie richtet sich nach dem prädominanten histologischen Subtyp des Tumors. Naturgemäß ist das Ansprechen einer Chemotherapie beim Vorliegen eines Plattenepithelkarzinoms beschränkt. Liegt ein primäres Urothelkarzinom vor, kommen Schemta zum Einsatz, die auch sonst für das Urothelkarzinom angewandt werden. Insgesamt beschränken sich die Ergebnisse auf Fallberichte. Allen gemein ist die kurze mittlere Dauer des Ansprechens. Ein Einsatz sollte deshalb nur bei gesicherter Metastasierung und nur bei regional kontrollierbaren Tumoren erfolgen.
24.5.2 Therapiekonzepte
Einheitliche Therapieschemata für Patienten mit lokal fortgeschrittenen Harnröhrenkarzinomen existieren nicht. Bei diesen Tumoren kommen alle drei Pfeiler der Tumortherapie zum Einsatz, wobei dem radikalchirurgischen Vorgehen nach allfälliger induktiver Chemotherapie die größte Bedeutung zukommt. Obwohl anektotische Berichte über eine erfolgreiche kombinierte Therapie (Strahlen- und Chemotherapie) des invasiven Urothelkarzinoms der prostatischen und bulbären Urethra existieren, so sind Langzeitdaten kaum publiziert (Milosevic et al. 2000). Die meisten Patienten rezidivieren am Blasenhals, in der Harnblase, im kleinen Becken oder entwickeln Fernmetastasen. Fortgeschrittene Tumoren in der distalen Urethra können mittels perkutaner Strahlentherapie behandelt werden, wenn der Patient eine chirurgische Intervention als Therapie der 1. Wahl ablehnt. Dies kann jedoch zu rezidivierenden Urethrastrikturen und einem chronischen Penisödem führen. Eine neoadjuvante Chemotherapie, ggf. mit einer Bestrahlung und nachfolgender Resektion, ist eine Option.
24.6
Nachsorge
Die Nachsorge richtet sich nach dem Tumorstadium, der Lokalisation und der Primärtherapie, es existieren keine generellen, akzeptierten Nachsorgeempfehlungen. Im Falle eines organ erhaltenden (Urethra) Vorgehens sind regelmäßige Nachkontrollen inkl. Zystoskopie und Lavagezytologie der Harnröhre, neben einer Evaluation des gesamten, verbleibenden Urogenitaltrakts, angezeigt. Die klinische Untersuchung muss auch eine Palpation der Leistenregion inkludieren. Die Frequenz der Nachkontrollen orientiert sich nach denen beim Urothelkarzinom der Harnblase, in der Literatur werden initial 3- bis 6-monatliche Intervalle empfohlen. Nach radikalchirurgischen Maßnahmen bei lokal fortgeschrittenen Tumoren zielt die Nachsorge primär auf den Lokalstatus bzw. auf das Vorliegen von Fernmetastasen ab (klinische Untersuchung, digital-rektale oder vaginale Untersuchung, Palpation der Leistenregion, Bildgebung).
24
484
Kapitel 24 · Harnröhrenkarzinom
24.7
24
Palliativtherapie
Ist ein kurativer Ansatz nicht möglich, steht eine Palliation mit begleitender, adäquater Schmerztherapie und ggf. einer palliativen Chemo- oder Radiotherapie im Vordergrund. Bei ausgedehnten zerfallenden Prozessen im kleinen Becken erfolgt die Harnableitung in der Regel über eine suprapubische Harnableitung. Als Ultima ratio ist bei einer tumorbedingten Arrodierung der Harnblase die Anlage einer Ureterkutaneostomie oder eine perkutane Nephrostomie notwendig. Ein Ileumconduit ist bei prognostisch günstigen Fällen mit einem längeren Überleben angezeigt. Zusammenfassende Bewertung Das Harnröhrenkarzinom ist ein seltener Tumor mit einem Altersgipfel in der 6.–7. Dekade. Eine typische klinische Symptomatik existiert nicht, aus diesem Grund kommt es meist zu einer Diagnoseverzögerung um mehrere Monate. Bei älteren Patienten mit einer Harnröhrenstriktur, Blutungen per urethram, perinealen Schmerzen oder einer Harnröhrenfistel muss das Harnröhrenkarzinom in die Differenzialdiagnose mit aufgenommen werden. Die Histologie hängt von der Primärtumorlokalisation ab, bei beiden Geschlechtern sind Plattenepithelkarzinome vorherrschend, gefolgt von Übergangszellkarzinomen und Adeno- bzw. undifferenzierten Tumoren. Die Primärdiagnostik umfasst eine klinische (inkl. Leistenregion) und bimanuelle Untersuchung und endoskopische Evaluation in Narkose mit systematischen Biopsien. CT, MRI, Knochenscan und hochauflösender Ultraschall komplettieren das Tumorstaging. Die Primärtherapie hängt vom Tumorstadium und der Tumorlokalisation ab. Bei kleinen, oberflächlichen Tumoren reicht meist eine lokale Exzision, Resektion und Koagulation aus, bei infiltrativem Wachstum ist in der Regel ein radikalchirurgisches Vorgehen (Urethrektomie, meist kombiniert mit einer radikalen Zystektomie) angezeigt. Eine prophylaktische inguinale/ pelvine Lymphadenektomie wird nicht empfohlen. Palpable Leistenlymphknoten sind – im Gegensatz zum Peniskarzinom – meist positiv. In diesem Fall ist eine Lymphadenektomie (inguinal und ggf. pelvin), sofern ein kuratives Lokalstadium vorliegt, angezeigt. Bei lokal inkurablen Tumoren und/oder Lymphknoten- oder Fernmetastasen kommen multimodale Therapiekonzepte zum Einsatz, wobei sich die Wahl der Chemotherapieschemata nach dem prädominanten histologischen Subtyp richtet.
Literatur Akkad T, Gozzi C, Deibl M, Müller T, Pelzer AE, Pingerra GM, Bartsch G, Steiner H (2006) Tumor recurrence in the remnant urothelium of females undergoing radical cystectomy for transitional cell carcinoma of the bladder: long-term results from a single center. J Urol 175: 1268–1271 Ali-El-Dein B, Abdel-Latif M, Ashamallah A, Abdel-Rahim M, Ghoneim MA (2004) Local urethral recurrence after radical cystectomy and orthotopic bladder substitution in women: a prospective study. J Urol 171: 275–278 Canda AE, Tuzel E, Mungan MU, Yorukoglu K, Kirkali Z (2004) conservative Management of mucosal prostatic urethral involvement in patients with superficial transitional cell carcinoma of the bladder. Eur Urol 45: 465–470 Clark PE, Stein JP, Grohsen SG, Miranda G, Cai J, Lieskovsky G, Skinner DG (2004) The management of urethral transitional cell carcinoma after radical cystectomy for invasive bladder cancer. J Urol 172: 1342–1347 Dalbagni G, Zhang ZF, Lacombe L, Herr HW (1998) Female urethral carcinoma: an analysis of treatment outcome and a plea for a standardized management strategy. Br J Urol 82: 835–841 Davis JW, Schellhammer PF, Schlossberg SM (1999) Conservative surgical therapy for penile and urethral carcinoma. Urology 53: 386–392 DiMarco DS, DiMarco CS, Zincke H, Webb MJ, Bass SE, Slezak JM, Lightner DJ (2004) Surgical treatment for local control of female urethral carcinoma. Urol Oncol 22: 404–409 Dinney CP, Johnson DE, Swanson DA, Babaian RJ, von Eschenbach AC (1994) Therapy and prognosis for male anterior urethral carcinoma: an update. Urology 43: 506–514 Donat SM, Cozzi PJ, Herr HW (2002) Surgery of penile and urethral carcinoma. In: Walsh PC, Retik AB, Vaughan ED, Wein AJ (eds) Campbell’s Urology. 8th edn. Saunders, Philadelphia, pp 2983– 2991 Freeman JA, Tarter TA, Esrig D, Stein JP, Elmajian DA, Chen SC, Groshen S, Lieskovsky G, Skinner DG (1996) Urethral recurrence in patients with orthotopic ileal neobladders. J Urol 156: 1615–1619 Gheiler EL, Tefilli MV, Tiguert R, de Oliveira JG, Pontes JE, Wood Jr DP (1998) Management of primary urethral cancer. Urology 52: 487–493 Milosevic MF, Warde PR, Banerjee D, Gospodarowicz MK, McLean M, Catton PA, Catton CN (2000) Urethral carcinoma in women: results of treatment with primary radiotherapy. Radiother Oncol 56: 29–35 Smith Y, Hadway P, Ahmed S, Perry MJ, Corbishley CM, Watkin NA (2007) Penile-preserving surgery for male distal urethral carcinoma. BJU Int 100: 82–87 Stein JP, Clark P, Miranda G, Cai J, Groshen S, Skinner DG (2005) Urethal tumor recurrence following cystectomy and urinary diversion: clinical abd pathological characteristics in 768 male patients. J Urol 173: 1163–1168 Stein JP, Penson DF, Wu SD, Skinner DG (2007) Pathological guidelines for orthotopic urinary diversion in women with bladder cancer: a review of the literature. J Urol 178: 756–760 Swartz MA, Porter MP, Lin DW, Weiss NS (2006) Incidence of primary urethral carcinoma in the United States. Urology 68: 1164–1168 Varol C, Thalmann GN, Burkhard FC, Studer UE (2004) Treatment of urethral recurrence following radical cystectomy and ileal bladder substitution. J Urol 172: 937–942
25 Prostatakarzinom Ch. Börgermann, F.K.-H. Chun, P. Fornara, M. Fröhner, M. Graefen, A. Haese, P. Hammerer, K. Heine, H. Huland, J. Köllermann, H. Loertzer, J. Luboldt, K. Miller, H. Rübben, T. Schlomm, M. Schostak, M. Schrader, R. Schwarz, A. Semjonow, S. Wagner, M. Wirth, J.M. Wolff
25.1
Epidemiologie, Ätiologie – 485
25.2
Onkologische Kennzeichen – 500
25.3
Screening und Früherkennung – 512
25.4
Diagnostik – 521
25.5
Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms – 537
25.6
Therapie bei isoliertem PSA-Anstieg – 555
25.7
Therapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms – 563
25.8
Therapie des hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms
25.9
Behandlung prostatakarzinomspezifischer Komplikationen – 598
25.10
Nachsorge
25.1
Epidemiologie, Ätiologie
– 580
– 601
A. Haese, H. Huland 25.1.1 Einleitung
Über die vergangenen Jahrzehnte hat sich das Prostatakarzinom (PCA), trotz auffälliger Diskrepanz in der Inzidenz, über ethnische Grenzen hinweg weltweit zu einem der dominierenden Malignome des Mannes entwickelt. Sowohl in den Hoch- wie auch in Niedrigrisikopopulationen der Welt stieg bzw. steigt die Inzidenz deutlich an, eine Tendenz, die sich durch die zunehmende Lebenserwartung noch fortsetzen dürfte [1]. Die Größe des Anstieges in der Inzidenz des Prostatakarzinoms findet sich bei keiner anderen Tumorerkrankung des Menschen. Faktoren, die diese einmalige Entwicklung ermöglichten, sind zum einen die hohe Prävalenz des Prostatakarzinoms. Darüber hinaus hat die Entdeckung und klinische Anwendung des prostataspezifischen Antigens (PSA) in die Früherkennung des Prostatakarzinoms an diesem Trend einen herausragenden Anteil, ergänzt durch bessere Diagnosemöglichkeiten und genauere Dokumentation von Prostatakarzinomfällen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich Anstiege der Inzidenz
dieser Größenordnung für das Prostatakarzinom oder andere Malignome wiederholen werden. Eine in der Onkologie besondere Eigenschaft des Prostatakarzinoms ist die Existenz von Karzinomen, die in Autopsien gefunden werden und keinen Einfluss auf die Lebenserwartung des Trägers haben, sog. klinisch insignifikante Karzinome [2, 3]. Diese stellen die Majorität aller Prostatakarzinome dar und sind mit gegenwärtig zur Verfügung stehenden Mitteln der Früherkennung nicht sicher von solchen zu unterscheiden, die das Leben des Trägers langfristig gefährden. Zu den wenigen etablierten Risikofaktoren dieser Tumorentität gehören das Alter, die Ethnizität und die positive Familienanamnese [4]. Die große Variabilität in der Inzidenz des Prostatakarzinoms in verschiedenen Teilen der Welt und der z. T. dramatische Anstieg der Inzidenz des Prostatakarzinoms in Personengruppen, die von Ländern mit niedriger Inzidenz in Länder mit hoher Inzidenz emigrierten, legen darüber hinaus einen signifikanten Einfluss von Umwelt- und Ernährungsfaktoren in der Initiierung und Progression des Prostatakarzinoms nahe. Insbesondere dem Gebiet der Ernährung und der hormonellen Faktoren, ebenso wie der inflammatorischen oder infektiösen Ursachen in der Karzinogenese wird ein Schwerpunkt der Forschung gewidmet.
486
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Aus der Fülle an potenziellen Einflüssen, die bezüglich Inzidenz, Mortalität oder Progression des Prostatakarzinoms untersucht wurden, zeigt sich jedoch nur in den wenigsten Fällen eine Tendenz, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine definitive Risikoeinschätzung erlaubt. Für nahezu alle untersuchten Parameter gibt die Literatur ein uneinheitliches Bild ab, so dass eindeutige Empfehlungen nur schwer gegeben werden können. Daher existiert zum gegenwärtigen Zeitpunkt für das Prostatakarzinom auch keine sichere Form der Prävention, etwa in Form bestimmter Ernährung, Veränderungen der Lebensführung oder der Vermeidung bestimmter Risikofaktoren.
25.1.2 Epidemiologie
Inzidenz und Prävalenz Das Prostatakarzinom stellt insbesondere angesichts der steigenden Lebenserwartung in den westlichen Industrienationen ein wachsendes Gesundheitsproblem dar. Im Jahre 1998 wurden in der Bundesrepublik Deutschland über 39.000 Neuerkrankungen und über 11.000 Todesfälle erfasst. Nur 7 Jahre später, im Jahre 2007 werden nach Angaben des Robert-Koch-Instituts über 58.000 Neuerkrankungen erwartet. Bei den zum Tode führenden Krebserkrankungen steht das Prostatakarzinom mit 10,1% an dritter Stelle. Autopsiestudien zufolge liegt die Häufigkeit oder Prävalenz des Prostatakarzinoms in allen untersuchten Populationen weit über der Rate der jährlich registrierten Neuerkrankungen, der Inzidenz. Entsprechend kann bei
42% aller Männer in der 5. Lebensdekade und 64% der Männer in der 7. Lebensdekade ein »Autopsiekarzinom« oder – im Sprachgebrauch des klinisch tätigen Urologen – ein »klinisch insignifikantes« Prostatakarzinom entdeckt werden [2, 3]. Trotz hoher Karzinomprävalenz liegt das Risiko, ein klinisch relevantes Prostatakarzinom zu entwickeln, bei lediglich 9%, nur 3% der Patienten sterben »ursachenspezifisch« an ihrem Tumor. Dieses geringe Risiko, gemessen an der Prävalenz, bedeutet dennoch in Relation zur Population eine hohe karzinomspezifische Sterblichkeit. Allein in Deutschland lag der prostatakarzinomassoziierte Tod mit 10,2/100.000 per anno im Jahr 2000 (dies entspricht ca. 12.000 Männer, die pro Jahr am Prostatakrebs sterben) an 3. Stelle hinter der Mortalität des Kolonkarzinoms (12,5/100.000) sowie des Bronchialkarzinoms (26,8/100.000). Eine der auffälligsten epidemiologischen Beobachtungen ist die unterschiedliche Inzidenz des Prostatakarzinoms zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen sowohl innerhalb einer geographisch definierten Region, z. B. den USA, aber auch in unterschiedlichen Regionen der Welt. So zeigt der Vergleich der Population mit der höchsten zur niedrigsten Inzidenz eine bis zu 40-fach höhere Inzidenz: Von 1988–1992 fanden sich die höchsten altersadjustierten Raten in der US-Bevölkerung von 140/100.000, verglichen mit 3/100.000 in China [1]. In der Europäischen Union verursachte das Prostatakarzinom im Jahre 1998 über 144.000 Neuerkrankungsfälle und über 56.000 Todesfälle. Aber auch innerhalb Europas finden sich deutliche Unterschiede der Inzidenz
Tab. 25.1. Inzidenz und Mortalität in ausgewählten Ländern der Europäischen Union. (Nach [5]) Population
Inzidenz (n)
Altersadjustierte Rate pro 100.000
Mortalität (n)
Altersadjustierte Rate pro 100.000
EU-Gesamt
14.4504
67,5
56.035
25,5
Belgien
5566
95,4
1846
30,59
Dänemark
1627
53,9
1009
32,1
Deutschland
30.911
77,21
11417
26,65
Frankreich
28.135
87,10
9239
27,08
Finnland
3087
121,84
777
31,02
Großbritannnien
21.056
60,97
9470
26,41
Italien
19.258
52,78
7109
19,12
Niederlande
6594
85,74
2383
30,25
Österreich
3667
89,49
1139
27,21
Portugal
3210
55,23
1653
27,92
Schweden
6610
114,95
2480
37,71
Spanien
10.659
45,33
5742
23,76
487 25.1 · Epidemiologie, Ätiologie
und Mortalität. So ist z. B. die Inzidenz in Schweden und Finnland etwa doppelt so hoch wie der EU-weite Durchschnitt. Bezogen auf den EU-Mittelwert sind die Inzidenzen in Spanien, Portugal und Italien dagegen unterdurchschnittlich [5] ( Tab. 25.1). Auch die geographischen Niedrigrisikopopulationen im asiatischen Raum und auf dem indischen Subkontinent erfahren eine analoge Entwicklung der Inzidenz. Besonders deutlich zeigte sich dies in Singapur und Japan, wo sich die Inzidenz im Beobachtungszeitraum 1978–1982 von 6,6 und 6,7/100.000 auf 14,4 und 14,1 im Zeitraum 1993–1997 mehr als verdoppelte. Geringer, aber immer noch deutlich war der Anstieg der Inzidenz im gleichen Beobachtungszeitraum in Hong Kong (+38%), Shanghai (+66%), den Philippinen (+49%) und Indien (+10%) [6]. Diese Differenz ist umso auffälliger, wenn man berücksichtigt, dass die Prävalenz der klinisch insignifikanten oder Autopsiekarzinome nach gegenwärtigem Wissensstand in den meisten Populationen vergleichbar sein dürfte.
I
Hinweis
I
Trotz der weiten Variation in der Inzidenz bleibt ein Trend offensichtlich: Ob Niedrig- oder Hochrisikopopuation, die Inzidenz stieg in allen untersuchten Krebsregistern an.
Die Gründe für die auffälligen ethnischen und länderspezifischen Unterschiede in der Inzidenz sind unklar. Mehrere, möglicherweise ineinandergreifende Erklärungen werden hierfür angeführt:
Einerseits umfasst die Inzidenz die symptomatischen Prostatakarzinome ebenso wie die asymptomatischen, die etwa im Rahmen der Früherkennung entdeckt wurden. Die weite Verbreitung des PSA-Testes zur Früherkennung in mehreren industrialisierten Nationen könnte daher als Erklärung für die unterschied-
liche Inzidenz dienen [7]. Die intensivste Form der Früherkennung, das PSA-basierte Screening, welches in den USA weit verbreitet ist, dürfte den größten Einfluss auf die Inzidenz haben [8]. Da das Prostatakarzinom eher ein langsam proliferierender Tumor mit langer Latenzzeit und die Prävalenz mit >50% in der Altersgruppe über 70 Jahre außerordentlich hoch ist, kann intensives Screening diese klinisch zu einem großen Teil insignifikanten Karzinome entdecken und die Inzidenz deutlich erhöhen. Dies zeigt sich an den deutlichen Anstiegen der Inzidenz seit der Einführung des PSA-Tests.
Andererseits stellt die akkurate Dokumentation der Karzinomfälle einen Unsicherheitsfaktor dar. So wird etwa vermutet, dass die deutlich niedrigere Inzidenz auf dem afrikanischen Kontinent im Vergleich zur schwarzen US-Population auf geringeren Meldezahlen beruht. Erst aktuellere Zahlen suggerieren, dass das Prostatakarzinom in Nigeria das häufigste Malignom darstellt, verantwortlich für 11–15% aller Karzinome der dortigen männlichen Bevölkerung [9].
Schließlich ist die Qualität der medizinischen Versorgung von Bedeutung: Wie berichtet ist die Inzidenz des Prostatakarzinoms bereits vor der Verfügbarkeit des PSA-Tests kontinuierlich angestiegen. Zumindest teilweise kann diese Beobachtung auf die Zunahme an transurethralen Resektionen der Prostata mit zurückgeführt werden [10]. Aktuelle Zahlen aus den USA (»surveillance, epidemiology and end results«; SEER-Daten) zeigen, dass die Inzidenz im Jahre 1992 mit 190/100.000 in der weißen und 277/100.000 in der schwarzen US-Bevölkerung ein Maximum erreicht hat und bis zum Jahre 2004 abfallenden Tendenz aufwies. Allerdings ist die Inzidenz trotz dieser fallenden Tendenz noch höher als vor der Einführung des PSA-Tests [11, 12] ( Abb. 25.1).
361 Qsptubub
311
261
Mvohf!voe!Cspodivt
211 Lpmpo!voe!Sfluvn
61
Ibsocmbtf
3112
2:::
2::8
2::4
2::2
2:9:
2:98
2:96
2:94
2:92
2:8:
2:88
2:86
2::6
Opo.Ipehljo!Mznqipn
1
Abb. 25.1. Inzidenz ausgewähler Malignome (US-SEER Daten) im Zeitraum 1975–2001
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Mortalität
Entwicklung klinischer und pathologischer Charakteristika der diagnostizierten Prostatakarzinome Im Rahmen der zunehmenden Inzidenz des Prostatakarzinoms vor allem im Zusammenhang mit der Einführung des PSA in der Früherkennung zeigt sich besonders in den USA, aber mit etwa 5-jähriger Latenz auch in Europa eine wesentliche Veränderung der klinischen und pathologischen Eigenschaften derselben. Die früher vorwiegend diagnostizierten Prostatakarzinome wurden entweder durch die rektale Palpation auffällig oder waren klinisch symptomatisch etwa im Sinne von subvesikaler Obstruktion und/oder Schmerzen bei lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Stadium, oder sie wurden gefunden im Rahmen einer transurethralen Resektion der Prostata bei benigner Prostatahyperplasie (BPH). Das durchschnittliche Alter zum Diagnosezeitpunkt lag deutlich über 70 Jahre. Vor allem durch die Einführung der PSA-Bestimmung zeigte sich ein markanter Wechsel des Karzinomprofiles. Die heute diagnostizierten Karzinome sind überwiegend nicht palpabel, in der Mehrzahl pathologisch organbegrenzt, von niedrigerem Malignitätsgrad, kleinerem Karzinomvolumen und PSA-Wert. Auch das Alter der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose ist deutlich niedriger. Entsprechend werden lokal fortgeschrittene oder zum Zeitpunkt der Diagnose bereits metastasierte Prostatakarzinome zunehmend seltener diagnostiziert.
211
Mvohf!voe!Cspodivt
91 71 Nbhfo 51
Qsptubub
31
Lpmpo!voe!Sfluvn Mfcfs Qbolsfbt
3111
2::6
2::1
2:96
2:91
2:86
2:81
2:76
2:71
2:66
2:56
2:51
1
2:46
Mfvlånjf Abb. 25.2. Mortalität ausgewähler Malignome (US-SEER Daten) im Zeitraum 1930–2001
2:41
25
mittels PSA noch nicht abgeschlossen sind. Dennoch bleiben das PSA wegen der weiten Verbreitung in der Früherkennung und die Verbesserung der operativen und strahlentherapeutischen Therapie als die wahrscheinlichen Faktoren, die die Überlebensrate günstig beeinflusst haben.
Da durch Früherkennung und Screening auch Prostatakarzinome entdeckt werden, die die Lebenserwartung des Trägers nicht beeinträchtigen könnten, und da die Früherkennung in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich gehandhabt wird, stellt die Mortalität einen möglichen Endpunkt dar, die Bedeutung des Prostatakarzinoms genauer zu evaluieren. Generell zeigt sich auch im internationalen Vergleich, dass die Mortalität die Inzidenz widerspiegelt, wenn auch die Unterschiede weniger ausgeprägt sind. Dies bedeutet, das etwa seit Anfang der 1970-er Jahre ein deutlicher Anstieg der Mortalität registriert wurde. Die deutlichsten Aufwärtstrend der Mortalität im Beobachtungszeitraum 1973–1977 zu 1988–1992 fanden sich in Japan und Singapur (>50%) sowie Hong Kong, Dänemark und England (>30%), Ländern, in denen das Screening weniger verbreitet ist [1]. Die internationale Variation der Mortalität ist geringer ausgeprägt als die der Inzidenz und beläuft sich auf 34,3/100.000 in der schwarzen US-Bevölkerung (Maximum) bis zu 2,l8/100.000 in Hong Kong (Minimum). Dem kontinuierlichen Anstieg der Mortalität mit einem Maximum im Jahre 1992 (USA) folgte ein signifikanter Abfall in Großbritannien (–2,0%/Jahr seit 1991), den USA (–5,1%/Jahr seit 1994; Abb. 25.2), Österreich (–2,1%/Jahr seit 1991), Kanada (–2,9%/Jahr seit 1991), Italien (–2,1%/Jahr seit 1988), Frankreich (–1,9%/Jahr seit 1988), Deutschland (–3,6%/Jahr seit 1994), Australien (–4,9%/Jahr seit 1994) und Spanien (–1,8/Jahr seit 1994). Ein nicht signifikanter Trend abnehmender Mortalität wird in den Niederlanden (–1,9%/Jahr seit 1994), Irland (–0,9%/Jahr seit 1988) und Schweden (–0,2%/Jahr seit 1991) beobachtet [13]. Die Ursache dieser Entwicklung ist noch nicht belegt, da die entsprechenden Studien zum Screening des Prostatakarzinoms (ERSPC in Europa, PLCO in den USA)
2:61
488
489 25.1 · Epidemiologie, Ätiologie
Ätiologie, Risikofaktoren Familienanamnese und Prostatakarzinom Vergleichbar mit dem Kolon und dem Mammakarzinom findet sich auch beim Prostatakarzinom eine familiäre Häufung von Karzinomfällen [14]. Familiäre Häufung von Prostatakarzinomen beschreibt das gehäufte Auftreten von Prostatakarzinomen innerhalb genetisch verwandter Familienmitglieder. Hierbei müssen jedoch zusätzliche nicht genetisch determinierte Einflussgrößen in Betracht gezogen werden, etwa die gemeinsame Umgebung, ähnliche Ernährung und – betrachtet man die hohe Inzidenz des Prostatakarzinoms – auch eine Zufallskomponente. Eine Häufung ist evident, wenn die Inzidenz innerhalb genetisch verwandter Männer höher ist als in der männlichen Vergleichspopulation [15]. Hierbei ist zwischen dem familiären und dem hereditären Prostatakarzinom zu unterscheiden: Die gängige Definition des familiären Prostatakarzinoms ist das Auftreten bei zwei erstgradig Verwandten (Vater, Bruder, Sohn) oder bei einem erstgradig und mindestens zwei zweitgradig Verwandten (Onkel, Neffe, Großvater). Etwa 10–20% aller Prostatakarzinome in der Gesamtpopulation können als familiäre Prostatakarzinom angesehen werden [15]. Aus der Gruppe der familiären Prostatakarzinome kann eine Subgruppe isoliert werden, die hereditären Prostatakarzinome [16]. Sie werden charakterisiert durch
drei oder mehr erstgradig Verwandte mit Prostatakarzinom oder
drei aufeinanderfolgende Generationen mit Prostatakarzinom oder
zwei Geschwister mit Prostatakarzinomdiagnose in jungem Alter (z. B. <55 Jahre). Es wird vermutet, dass hereditäre Prostatakarzinome etwa 5–10% aller Prostatakarzinome der Gesamtpopulation ausmachen, wahrscheinlich aber einen überproportional großen Anteil bei jüngeren Patienten ( Tab. 25.2).
Alter Der höchste Risikofaktor für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms ist das Alter. Das Prostatakarzinom ist in Patienten unter 40 Jahren eine ausgesprochene Seltenheit, die Inzidenz steigt aber mit zunehmendem Patientenalter rapide an. So beträgt die Wahrscheinlichkeit, ein Prostatakarzinom in der Altersgruppe unter 40 Jahre nur 1 : 19.299, aber schon 1 : 45 in der Altersgruppe 40–59 Jahre und 1 : 7 für Männer im Alter von 60–79 Jahre. 1 von 6 oder etwa 17% aller Neugeborenen wird im Laufe seines Lebens an einem Prostatakarzinom erkranken [18, 19].
Ethnische Herkunft Wie in Kap. 27.1.2 (»Epidemiologie«) bereits angedeutet, ist die ethnische Herkunft einer der etabliertesten Risikofaktoren für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms. Die detailliertesten Daten hierzu liefert das SEERProgramm des National Cancer Institutes der USA [11]. Hiernach weist die schwarze US-Bevölkerung die mit Abstand höchste Inzidenz und Mortalität auf, während die Bewohner der Inselgruppe von Hawaii, die indianische Bevölkerung und besonders die chinesischstämmigen Amerikaner die US-amerikanische Niedrigrisikopopulation darstellen. Eine Übersicht gibt Tab. 25.3. Die für die schwarze US-Bevölkerung berichteten Inzidenzen galten lange als die höchsten der Welt. Allerdings fand sich in der jamaikanischen Bevölkerung 1994 eine noch höhere Inzidenz (304/100.000/Jahr) als in den USA. Mögliche ähnliche genetische Faktoren und/oder Ernährungsmuster dürften eine Rolle spielen [20, 21]. Darüber hinaus wird in der schwarzen US-Bevölkerung über eine zum Zeitpunkt der Diagnose höhere Anzahl an aggressiveren, lokal weiter fortgeschrittenen Prostatakarzinomen mit initial höheren PSA-Werten berichtet als in der weißen Bevölkerung. Insbesondere in den jüngeren Patientengruppen beider Kohorten fand
Tab. 25.2. Relatives Risiko der Diagnose eines Prostatakarzinoms bei positiver Familienanamnese. (Nach [17]) Population
Relatives Risiko (95%-Konfidenzintervall)
Bruder mit Prostatakarzinom (altersunabhängig)
3,4 (3,0–3,8)
Vater mit Prostatakarzinom (altersunabhängig)
2,2 (1,9–2,5)
Ein betroffener erstgradig Verwandter (altersunabhängig)
2,6 (2,3–2,8)
Ein betroffener zweitgradig Verwandter (altersunabhängig)
1,7 (1,1–2,6)
Ein betroffener erstgradig Verwandter, Alter bei Diagnose <65 Jahre
3,3 (2,6–4,2)
Ein betroffener erstgradig Verwandter, Alter bei Diagnose >65 Jahre
2,4 (1,7–3,6)
Zwei oder mehr betroffene erstgradig Verwandte (altersunabhängig)
5,1 (3,3–7,8)
25
490
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Nahrungsenergieaufnahme und Übergewicht Tab. 25.3. Prostatakarzinom: SEER-Inzidenz und US-Mortalität 1988–1992
25
Population
Inzidenz pro 100.000/Jahr
Mortalität pro 100.000/Jahr
Schwarze US-Bevölkerung
180,6
53,7
US-Chinesen
46,0
6,6
US-Filipino
69,8
13,5
US-Hawaiianer
57,2
19,9
US-Japaner
88,0
11,7
Indianische Bevölkerung
52,5
16,2
Weiß – Gesamt
134,7
24,1
Weiß – hispanisch
92,8
15,9
Weiß – nicht hispanisch
137,9
24,4
sich auch ein schlechteres progressionsfreies Überleben der schwarzen Bevölkerung. Diese Daten suggerieren zum einen die Tatsache aggressiverer Tumoren in der schwarzen US-Bevölkerung [22, 23]. Nicht ganz ausgeschlossen ist aber auch eine unterschiedliche Wahrnehmung und/oder unterschiedlicher Zugang zu medizinischer Versorgung [24]. Vergleichbare Daten zu ethnischer Variation sind innerhalb eines Landes der Europäischen Union im Allgemeinen – oder Deutschland im Speziellen – nicht verfügbar.
Ernährung Über die Hauptfaktoren der Karzinogenese hinaus ist eines der augenfälligsten Merkmale des Prostatakarzinoms der deutliche Anstieg der Inzidenz bei Asiaten, die in den US-amerikanischen Kulturkreis migrieren [25–27]. Da der genetische Hintergrund unverändert bleibt, liegt es nahe, dass das veränderte Environment einen Einfluss auf die Karzinogenese ausübt. Zu den bestimmenden Einflussgrößen der Umgebung zählen beispielsweise veränderte Ernährung, Veränderung der körperlichen Aktivität und deren Folgen (Adipositas) oder der Einfluss von Schadstoffen. Unterschiedliche Ernährung bzw. unterschiedliche Nahrungsinhaltsstoffe stellen einen etablierten Ansatz zur Erklärung der geographisch unterschiedlichen Inzidenz des Prostatakarzinoms dar. Hierbei wurden sowohl Ernährungsfaktoren beschrieben, die das Risiko eines Prostatakarzinoms erhöhen, als auch solche, welche sich auf die Genese des Prostatakarzinoms protektiv auswirken könnten.
Energieaufnahme in Form von Kalorien gilt als potenzielle Einflussgröße auf die Genese des Prostatakarzinoms und anderer Malignome [28]. In Tierversuchen konnte beständig gezeigt werden, dass durch Nahrungsaufnahme mit reduzierter kalorischer Energie die Tumorlast – neben anderen Malignomen auch beim Prostatakarzinom – im Vergleich zu solcher ohne kalorische Beschränkung reduziert werden konnte [27, 29, 30]. Zahlreiche Studien haben daher Nahrungsenergieaufnahme und ihren Einfluss auf das Prostatakarzinomrisiko untersucht, allerdings konnten diese Studien zusammengenommen kein kohärentes Ergebnis liefern [31]. Die biologischen Mechanismen, die den Zusammenhang zwischen Adiposits und Prostatakarzinom bedingen, sind nicht eindeutig definiert. Es werden mehrere Möglichkeiten postuliert. Zum einen wird diskutiert, ob Änderungen des hormonellen Environments, insbesondere der Androgene, die Karzinogenese beeinflussen könnten. Die Adipositas ist zwar eher mit niedrigerer Testosteron- und höherer Östrogenkonzentration assoziiert, was auf den ersten Blick protektiv wirken dürfte. Demgegenüber steht aber eine niedrigere Konzentration an Sexualhormon bindendem Globulin (SHBG), wodurch der relative Anteil des freien Testosterons erhöht wird [32]. Weitere hormonelle Faktoren stellen die mit der Adipositas assoziierte Insulinresistenz und der Hyperinsulinismus dar, ferner der »insulin-like growth factor 1« (IGF-1). In einer Metaanalyse sind erhöhte Serumkonzentrationen an IGF-1 mit einem höheren Risiko für Prostatakarzinomrisiko sowohl bezüglich Inzidenz als auch mit weiter fortgeschrittenen Stadien aufgezeigt worden. Das von den Adipozyten synthetisierte Hormon Leptin, welches auf Prostatakarzinomzellen einen spezifischen Rezeptor aufweist, fördert die Angiogenese, darüber hinaus stimuliert Leptin das Wachstum von hormonunabhängigen Zelllinien in vitro. Die Serumkonzentration von Leptin scheint ebenfalls mit großvolumigeren und aggressiveren Prostatakarzinomen assoziiert zu sein [33–35]. Die Korrelation von Energieaufnahme und Karzinomrisiko ist aber kritisch zu werten, da die Energiebilanz nicht nur von der Menge an zugenommener Nahrungsenergie, sondern auch von der Verhaltensweise des Individuums beeinflusst wird. Dies heißt z. B., dass sowohl Männer mit hoher körperlicher Aktivität als auch Männer, die bei niedriger körperlicher Aktivität übermäßig viel Nahrung zu sich nehmen, hohe Energieaufnahmen haben. Dennoch ist die Energiebilanz in beiden Patientengruppen unterschiedlich und damit möglicherweise auch der Einfluss auf das Prostatakarzinom. In einer prospektiven Studie konnte eine positive Korrelation zwischen Energieaufnahme und fortgeschrit-
491 25.1 · Epidemiologie, Ätiologie
tenem Prostatakarzinom vorwiegend in schlankeren und weniger in adipösen Patienten gefunden werden [36]. Dieses Ergebnis suggeriert, dass Patienten, die trotz einer relativ hohen Energiezufuhr nicht übergewichtig sind, möglicherweise ein metabolisches oder hormonelles Profil aufweisen, das ein höheres Risiko der Prostatakarzinomprogression bewirkt. Der Nachweis eines solchen Risikoprofils ist jedoch bisher nicht beschrieben. Wenn übermäßige Energiezufuhr per se das Risiko des Prostatakarzinoms erhöhen würde, dann würde es auf der Hand liegen, dass die Adipositas das Prostatakarzinomrisiko erhöht. Allerdings liefern zahlreiche prospektive Studien z. T. konträre Ergebnisse bezüglich der Assoziation zwischen einem erhöhten Body-Mass-Index (BMI) und der Prostatakarzinominzidenz, so dass hierzu eine definitive Aussage derzeit nicht möglich ist [37]. Eine schwedische Studie zeigte, dass nach 18-jährigem Follow-up Männer mit einem höheren BMI ein statistisch signifikant erhöhtes Risiko hatten, ein Prostatakarzinom zu entwickeln [38]. Eine niederländische Studie, in der über 58.000 Patienten über 6,3 Jahre nachgesorgt wurden, fand dagegen keine Assoziation zwischen erhöhtem BMI und Prostatakarzinominzidenz [39]. Eine weitere Studie konnte ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen erhöhter Inzidenz lokaler, fortgeschrittener oder metastatischer Prostatakarzinome und Adipositas nachweisen, vielmehr zeigte sich sogar, dass ein hoher BMI in jungen Jahren (3. Lebensdekade) mit einem reduzierten Risiko, ein lokal fortgeschrittenens oder metastasiertes Prostatakarzinom zu entwickeln, assoziiert war. Schlüssigere Daten zeigen eine höhere Wahrscheinlichkeit, bei erhöhtem Körpergewicht ein aggressives Prostatakarzinom zu entwickeln bzw. an einem Prostatakarzinom zu sterben. So berichten 2 Fallstudien über ein höheres Risiko eines aggressiveren Prostatakarzinoms bei Patienten mit einem höheren im Vergleich zu solchen mit normalem BMI [40, 41]. Eine weitere Studie zeigte ein 34% höheres Risiko der prostatakarzinomspezifischen Mortalität für Patienten mit einem extrem hohen BMI von >35 kg/m2 Körperoberfläche im Vergleich zu Patienten mit normalem BMI [28]. 2 longitudinale Studien mit zusammen über 800.000 Teilnehmern zeigten, dass Patienten mit einem höheren BMI (>30 kg/m2) ein um 27% und 21% statistisch signifikant höheres Risiko aufwiesen, an einem Prostatakarzinom zu sterben [28, 42]. Es kann daher gefolgert werden, dass die Adipositas eine Assoziation zur Progression und möglicherweise zur Mortalität des Prostatakarzinoms hat, aber die Inzidenz des Prostatakarzinoms nicht beeinflusst. Das wirft die Frage auf, ob die Detektion eines Prostatakarzinoms bei adipösen Patienten erschwert wird. Diese Vermutung wird durch Beobachtungen gestützt, die zeigen, dass in
altersstratifizierten Patienten das Prostatavolumen mit zunehmendem BMI signifikant zunimmt, so dass möglicherweise die Prostatabiopsie ein Karzinom leichter verfehlen kann [43]. Ebenfalls möglich ist eine Korrelation des PSA-Wertes mit dem BMI. Eine Studie an 2779 Patienten zeigte, dass in alters- und ethnizitätsstratifizierten Patienten mit normaler digital-rektaler Palpation (DRU) der mittlere PSA-Wert mit zunehmendem BMI signifikant abnahm [44]. Extrapoliert man dies auf die gegenwärtig PSA-gesteuerte Biopsiestrategie, würden adipöse Patienten mit einem Karzinom aufgrund eines niedrigeren PSA-Wertes später biopisert und damit die Karzinome zu einem späteren Zeitpunkt erkannt werden. Nahrungsfett und spezifische Fettsäuren
Fettaufnahme, insbesondere in Form von tierischem Fett, gilt als beeinflussbarer Risikofaktor für das Prostatakarzinom. Diese Hypothese wird durch die Beobachtung gestützt, dass die Pro-Kopf-Aufnahme von Fett mit Inzidenz und Mortalität des Prostatakarzinoms korreliert [45, 46]. Eine Assoziation zwischen fettreichen Nahrungsmitteln, insbesondere tierischen Ursprungs, wie etwa Fleisch oder Milchprodukte, und der Prostatakarzinominzidenz wird in mehreren Fallkontrollstudien in internationalen Populationen beschrieben [47]. Exemplarisch zeigte eine Fallkontrollstudie eine Assoziation zwischen einer an hochgesättigten Fettsäuren reichen Ernährung und weiter fortgeschrittenen Stadien des Prostatakarzinoms sowohl bei Amerikanern afrikanischen, kaukasischen, chinesischen als auch japanischen Ursprungs [48]. Andere Studien zeigen eine positive Assoziation von Nahrungsmitteln, die reich an tierischem Fett waren, insbesondere mit der Inzidenz lokal fortgeschrittener oder metastatischer Prostatakarzinome, sowohl bei Afroamerikanern als auch in der kaukasischen US-Bevölkerung [49]. Eine geringere Anzahl an Studien zeigten eine schwache Korrelation für das Gesamtfett oder für Fett tierischen Ursprungs in der Nahrung und Inzidenz des Prostatakarzinoms. Schließlich wird in mehreren Studien ein höheres Risiko für fortgeschrittene Karzinome berichtet, wonach das relative Risiko sich zwischen 1,6- und 2,9-fach bei Patienten mit hochkalorisch-fettreicher Ernährung im Vergleich zu Patienten mit normaler Nahrungsaufnahme erhöht [48–50]. Es findet sich aber kein einheitliches Bild, da andere Fallkontrollstudien und prospektive Kohortenstudien die Assoziation von erhöhtem Prostatakarzinomrisiko mit Gesamtfett oder gesättigten Fettsäuren nicht nachweisen konnten [51, 52]. Die Bedeutung einzelner Fettsäuren in der Nahrung für die Genese und Progression des Prostatakarzinoms ist unterschiedlich. Die α-Linolensäure, eine ω3-
25
492
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
polyungesättigte Fettsäure, erhöht das Risiko des Prostatakarzinoms. Diese Fettsäure ist beispielsweise in Pflanzenöl, wie Sojaöl, und in geringerer Menge in Gemüse sowie in Fleisch und Milchprodukten enthalten [50, 53, 54]. Fisch mit erhöhtem Fettgehalt, wie etwa Lachs oder Thunfisch, sind reich an langkettigen ω3-polyungesättigten Fettsäuren, wie z. B. Eicosapentaensäure oder Docosahexaensäure. Erstaunlicherweise haben die beiden letzteren keine (Eicosapentaensäure) oder eine inverse (Docosahexaensäure) Assoziation zur Prostatakarzinomentstehung gezeigt [55, 56]. Dies steht im Gegensatz zur α-Linolensäure. Da die α-Linolensäure ein Vorläufer der langkettigen ψ3 Fettsäuren Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure ist, ist die positive Assoziation der α-Linolensäure und die negative Assoziation von Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure zum Prostatakarzinom unklar. Möglicherweise liegt ein Grund darin, dass nur ein kleiner Anteil der α-Linolensäure in die langkettigen ω3-Fettsäuren umgewandelt wird und andere Abbauprodukte die ProstataKarzinogenese fördern. Die essenzielle Fettsäure Linolsäure, eine ω6-Fettsäure, die in Pflanzen und Sojaöl häufig gefunden wird, ist ein Vorläufer der Arachidonsäure und damit ein Vorläufer der proinflammatorischen Prostaglandin-2-Substanzklasse. Eine Assoziation zwischen Aufnahme [50, 57] oder im Serum zirkulierender Konzentration [53, 54] von Linolsäure und Prostatakarzinomrisiko konnte bisher nicht beobachtet werden. Gleiches gilt für die Nahrungsaufnahme oder die zirkulierende Konzentration der Arachidonsäure [53, 54], dem unmittelbaren Vorläufer der Prostaglandine. Auch in diesem Fall fand sich in prospektiven Studien keine Assoziation zum Prostatakarzinom. Fleisch
Die in vielen Studien beschriebene Assoziation zwischen Prostatakarzinominzidenz und tierischem Fett wird möglicherweise nicht nur durch den Fettanteil, sondern auch durch andere Bestandteile von Nahrung tierischen Ursprunges verursacht. Fleisch in roher und zubereiteter Form beinhaltet neben Fett und Protein auch Spurenelemente wie Eisen, ferner zugeführte Stoffe wie Nitrate und Substanzen, die bei der Zubereitung, etwa durch Kochen oder Grillen, entstehen. Die Aufnahme von Fleisch ist mit der Mortalitätsrate des Prostatakarzinoms positiv assoziiert [45, 46]. In mehreren Kohortenstudien fand sich eine Assoziation von sog. rotem Fleisch (Fleisch von z. B. Rindern, Schweinen, Lamm, Wild) mit einem höheren Risiko der Diagnose eines Prostatakarzinoms [50, 53, 58–60]. Eine weitere Fallkontrollstudie zeigte eine Assoziation von rotem Fleisch mit fortgeschrittenen Prostatakarzinomstadien sowohl in der schwarzen als auch der kaukasischen US-Bevölkerung
[49]. Allerdings finden sich auch mehrere Studien, die keine signifikante Assoziation von Fleischaufnahme und erhöhter Inzidenz oder Mortalität des Prostatakarzinoms nachweisen können [61, 62]. Bisher gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Aufnahme von Geflügelfleisch das Risiko für ein Prostatakarzinom zu erhöhen scheint [49, 59, 60, 62, 63]. Dies suggeriert, dass vorwiegend das rote Fleisch einen relevanten Einfluss auf die Prostatakarzinominzidenz und Mortalität haben dürfte. Schließlich könnten auch Substanzen von Bedeutung sein, die während der Zubereitung des Fleisches durch Erhitzen entstehen können. Dies gilt insbesondere für heterozyklische Amine; Komponenten, die sich während der Hochtemperaturphase des Kochens oder Bratens von Fleisch und Fisch durch die Verbindung von Aminosäuren mit Kreatin bilden [64]. Entsprechend konnte eine Fallkontrollstudie keine konsistente Assoziation für die Aufnahme von heterozyklischen Aminen zeigen, allerdings ein 1,7-fach höheres Risiko eines Prostatakarzinomnachweises bei Patienten, die durchgebratenes Fleisch aßen, im Vergleich zu solchen, die solches nicht aufnahmen oder andere Koch- und Zubereitungsmethoden anwandten [65]. Milchprodukte und Kalzium
Die höhere Aufnahme von Milchprodukten ist mit dem höheren Risiko von Prostatakarzinom in zahlreichen epidemiologischen Studien assoziiert worden. Auch in Fallkontrollstudien fand sich, dass Männer, die höhere Mengen von Milch und anderen Milchprodukten zu sich nahmen, ein höheres Risiko aufwiesen, ein Prostatakarzinom zu entwickeln [45, 46, 66]. Das relative Risiko war allerdings zwischen einzelnen Studien unterschiedlich ausgeprägt. Manche Studien fanden zwischen Patienten, die viel im Vergleich zu solchen die wenig Milch und Milchprodukte zu sich nahmen ein 2-fach oder höheres Risiko [67–69], andere ein 1,5- bis 2-fach erhöhtes Risiko [70, 71], weitere ein 1,3- bis 1,4-fach erhöhtes Risiko der Prostatakarzinominzidenz [49, 72]. Insgesamt scheint aber eine positive Assoziation bezüglich Milchprodukten und Prostatakarzinom vorzuliegen. Diese These wird durch eine aktuelle Metaanalyse von Fallkontrollstudien gestützt [73]. Der Mechanismus, der der Assoziation zwischen Milchprodukten und Prostatakarzinom zugrunde liegt, ist unklar. Eine Hypothese ist, dass das über die Milch aufgenommene Kalzium selbst das Agens ist, welches das Risiko erhöht. Dies wird durch Fallkontrollstudien [74, 75] und prospektive Studien [72, 76, 77] mit einer positiven Assoziation zwischen Kalziumaufnahme und Prostatakarzinomrisiko, insbesondere für fortgeschrittene
493 25.1 · Epidemiologie, Ätiologie
Stadien, unterstützt [74, 76]. Das Prostatakarzinomrisiko mag noch höher sein, wenn Kalzium in einer Dosierung von 1.500 oder 2.000 mg pro Tag aufgenommen wird. Wiederum finden sich auch Studien, die keine [78, 79] oder nur eine sehr schwache [49] Assoziation zwischen Kalziumaufnahme und Prostatakarzinomrisiko aufzeigen, so dass auch hier kein einheitliches Bild besteht. Sicherlich ist die Hypothese einer kalziuminduzierten Prostatakarzinogenese klärungsbedürftig, da Kalzium zu den häufigsten Nahrungsbeimengungen und Nahrungsmittelergänzungen gehört. Pflanzliche Nahrung und Nahrungsinhaltsstoffe
Früchte und pflanzliche Nahrungsprodukte enthalten ein breites Spektrum an Phytochemikalien. Manche dieser Substanzen können gegen Malignome im Allgemeinen oder gegen das Prostatakarzinom speziell protektiv wirken. Diese Substanzen sind z. B. Antioxidanzien, denen hohes Interesse gilt, Vitamine und Spurenelemente sowie weitere bioaktive Komponenten. Eine hohe Obst- und/ oder Gemüseaufnahme ist bei mehreren Karzinomtypen, z. B. dem Kolonkarzinom, als protektiv beschrieben worden. Auf die Inzidenz des Prostatakarzinoms scheint eine an Obst oder Gemüse reiche Kost jedoch weniger Einfluss zu haben. Obwohl Früchte und Gemüse ein breites Spektrum potenziell vorteilhafter Komponenten enthalten, ist die Untersuchung von Gesamtfrucht- und -gemüseaufnahme ein möglicherweise zu einfacher Weg, die Vorteile dieser Nahrungsgruppe aufzuarbeiten, da der protektive Effekt häufig von einer spezifischen Komponente des Nahrungsmittels abstammen dürfte. Solche Komponenten finden sich gehäuft in speziellen Pflanzen bzw. Pflanzenfamilien. 4 botanische Familien von Gemüsen sind von besonderer Bedeutung – z. B. wurden protektive Einflüsse auf das Prostatakarzinom basierend auf tomatenähnlichen Produkten, kohlartigen Pflanzen, Soja und anderen Gemüsen sowie knoblauch- und zwiebelähnlichen Pflanzenfamilien berichtet. Jede dieser 4 Gruppen hat typische charakterisierende Nahrungsinhaltstoffe. Tomaten sind eine besonders reiche Quelle von Lykopenen, die effektive Antioxidanzien darstellen [80]. Lykopen ist das am höchsten konzentrierte Karotenoid im Plasma [81] und im Gewebe [82] der Prostata. Die Bioverfügbarkeit von Lykopenen wird dabei deutlich erhöht durch das Erhitzen mit Pflanzenöl [83]. Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil gekochte Tomaten, insbesondere als Soße, eher als rohe Tomaten am beständigsten mit einem reduzierten Risiko des Prostatakarzinoms assoziiert zu sein scheinen [84]. Unterstützt wird die Hypothese eines protektiven Effekts von Lykopenen durch mehrere Studien, die die
zirkulierende Konzentration von Lykopenen in Relation zum Prostatakarzinomrisiko untersuchten. Diese zeigten, dass eine höhere Konzentration an Lykopenen das Prostatakarzinomrisiko zu senken scheint [85–89]. Allerdings war die Assoziation in einer der Studien eher schwach [88] und in einer weiteren Studie nur minimal [89]. In der letzteren Studie war die Serumkonzentration an gemessenen Lykopenen allerdings deutlich niedriger als in den Studien, die einen protektiven Effekt zeigten [89]. Dies suggeriert, dass eine relativ hohe Konzentration von Lykopenen erforderlich ist, um einen protektiven Effekt auf die ProstataKarzinogenese zu erzielen. Kohlartige Gemüse, z. B. Brokkoli oder Rotkohl, sind von Interesse, da sie Glukosinolate enthalten. Dies sind organische Substanzen, die zu Folgeprodukten metabolisiert werden, die als natürliche Pestizide und als Abwehrstoffe gegen Pflanzenfresser bedeutsam sind. Sie induzieren Phase-I- und Phase-II-detoxifizierende Enzyme, z. B. die Glutathion-S-Transferase. Bei höherer Aktivität dieser Enzyme können Zellgifte mit potenziell mitogenem Effekt rascher aus dem Körper eliminiert werden. Ob dieser Mechanismus für das Prostatakarzinom ursächlich relevant ist, ist unbekannt. Es finden sich allerdings mehrere Studien, die eine inverse Assoziation zwischen der Aufnahme kohlartiger Pflanzen und Prostatakarzinomrisiko zeigen [90–94], aber auch Studien, die keinen solchen Effekt nachweisen konnten. Die Variabilität der Ergebnisse kann u. a. daran liegen, dass die Menge und Art des Kohlgemüses, welches in einer bestimmten Studienkohorte gegessen wird, variiert. Ebenso dürften Natur und Ausmaß der Exposition des Kohlgemüses – wie auch jeder anderen Nahrungsquelle – mit potenziell karzinogenen Substanzen während des Wachstums der Pflanze (z. B. Pestizide) die diskrepanten Ergebnisse zum Teil miterklären. Sojaprodukte spielen eine weitere wichtige Rolle. Die Aufnahme von Sojaprodukten ist in asiatischen Ländern deutlich höher als in der westlichen Welt. Die asiatischen Länder wiederum weisen eine deutlich niedrigere Prostatakarzinomrate auf mit der folgenden Hypothese, dass Sojaprodukte das Risiko der Entstehung eines Prostatakarzinoms reduzieren. Häufige Phytoöstrogene, die in Soja enthalten sind, sind Genistein und Daidzein, welche Apoptose induzieren, und hormonmetabolisierende Enzyme, z. B. 5αReduktase und 17-α-Hydrosteroid-Dehydrokinase, inhibieren können und darüber hinaus antioxidative Eigenschaften aufweisen [95]. Die Anzahl von Studien, die die Relation von Phytoöstrogenen und Sojaprodukten mit dem Prostatakarzinom assoziiert haben, ist aber gering. Nur eine große Fallkontrollstudie fand eine inverse Assoziation zwischen Sojanahrungsaufnahme und Prostata-
25
494
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
karzinomrisiko [92], während andere Studien dies nicht belegen konnten [96].
Anwendung von Vitamin E trotz des möglichen protektiven Effektes insbesondere in diesem Patientenkollektiv streng zu prüfen.
Vitamin E
25
Zu den in den vergangenen Jahren populärsten protektiven Substanzen zur Prävention von Prostatakarzinomen zählte Vitamin E. Verursacht wurde dies durch die Analyse der Alpha-Tocopherol β-Karotin- (ATBC)- Studie an finnischen Rauchern. Diese randomisierte Studie konnte zwar keinen Vorteil einer Nahrungsergänzung mit 50 mg Vitamin E (α-Tocopherol) auf das Hauptstudienergebnis Lungenkarzinom beweisen [97]. Allerdings fand sich im Vergleich zur Placebo-Gruppe eine 32%-ige Reduktion der Prostatakarzinominzidenz und eine 41%-ige Reduktion der Prostatakarzinommortalität in der α-TocopherolGruppe. Das Risiko des Prostatakarzinoms nahm relativ früh in der Studienphase ab und suggerierte, dass Vitamin E die Promotion oder Progression des Prostatakarzinoms unterdrückt [98]. Allerdings zeigte das Follow-up der Patienten der genannten Studie nach weiteren 6 Jahren nur noch eine – nicht mehr signifikante – Reduktion der Prostatakarzinominzidenz, was die Wertigkeit der ersten Publikation relativiert [99]. In einer weiteren Kohortenstudie konnte der Zusatz von Vitamin E als Nahrungsergänzung in Form von mindestens 100 IU/pro Tag mit einem um 54% niedrigeren Risiko von metastasierten Prostatakarzinomen nachgewiesen werden. Allerdings war dieser Vorteil nur bei Patienten erkennbar, die zum Zeitpunkt der Studie rauchten oder kurz davor das Rauchen aufgegeben hatten [100]. In einer anderen Studie waren männliche Raucher mit niedrigen Prästudienserumkonzentrationen von Vitamin E mit einem erhöhten Risiko von letalem Prostatakarzinom assoziiert [101]. Insbesondere aufgrund der Ergebnisse der ATBC-Studie wird gegenwärtig das α-Tocopherol in der Prävention von Prostatakarzinom zusammen mit Selen in der SELECT-Studie untersucht. Dieses günstige Gesamtbild wird durch Ergebnisse einer aktuellen randomisierten Doppelblindstudie über einen 7-Jahres-Zeitraum getrübt. Diese Studie zeigte keine Reduktion von Prostatakarzinominzidenz oder -mortalität bei Patienten, die 400 IE Vitamin E pro Tag zu sich nahmen, wohl aber ein erhöhtes Risiko kardialer Komplikationen mit notwendiger Hospitalisierung [102]. Es sollte daher die Empfehlung zur Vitamin-ESubstitution im Rahmen der Prävention nicht uneingeschränkt gelten. Insgesamt scheint auch der protektive Effekt bei Rauchern ausgeprägter zu sein als bei Nichtrauchern. Da Erstere ein höheres Risikoprofil kardiovaskulärer Begleiterkrankungen aufweisen, die evtl. durch Vitamin-E-Substitution verstärkt werden könnten, ist die
Vitamin A, Retinol und β-Karotin
Das fettlösliche Vitamin A wird aus tierischer Quelle in Form von Retinol, aus pflanzlicher Quelle vor allem als Provitamin A in Form von β-Karotin aufgenommen. Epithelzellen benötigen für die reguläre Zelldifferenzierung Retinoide, darüber hinaus weisen Retinoide antioxidative Eigenschaften auf [103]. In-vitro-Experimente an Prostatakarzinomzelllinien zeigten einen protektiven Effekt sowohl für Karotenoide als auch für Retinol. Epidemiologische Studien, die über die Nahrungsaufnahme [62, 104, 105] und über Serumplasmaspiegel [87–89, 106] sowie randomisierte Studien mit einem β-Karotin-Arm [98] den Einfluss von β-Karotin und anderen Karotinoiden auf die ProstataKarzinogenese untersuchten, zeigten dagegen wiedersprüchliche Ergebnisse. Nur 3 von 12 Fallkontrollstudien zeigten einen statistisch signifikanten Einfluss auf das Prostatakarzinomrisiko [91, 107, 108], 2 dieser 3 Studien fanden ein erhöhtes Prostatakarzinomrisiko mit höherer Aufnahme von β-Karotin bzw. Kryptoxanthin [107, 108], die 3. dagegen ein erniedrigtes Risiko durch höhere Aufnahme von Zeaxanthin [91]. 2 Studien aus der Schweiz [101] und Japan [89] zeigen keine Assoziation von Serum-β-Karotin und prostatakarzinomspezifischer Mortalität. Im β-Karotin-Arm der ATBC-Studie fand sich sogar eine statistisch signifikante Erhöhung von Prostatakarzinomen im Stadium II–IV [98]. So bleibt die Evidenz für einen protektiven Effekt der Retinoide auf In-vitro-Experimente beschränkt, während epidemiologische Studien gegenwärtig keinen protektiven Einfluss nachweisen können. Vitamin C
Vitamin C, oder Ascorbinsäure kann durch Reduktion freier Radikale im Tiermodell die Zellen vor Schädigung bewahren. Experimentelle Studien zeigen, dass Vitamin-C- und Vitamin-K-Kombinationen auf DU 145Prostatakarzinomzelllinien toxisch wirken. Andere Studien zeigen einen hemmenden Einfluss auf hormonunabhängige Prostatakarzinomzelllinien [109–111]. Allerdings erfuhren die von den experimentellen Studien gewonnenen Erkenntnisse in klinischen Studien keine Bestätigung: So zeigten sowohl Kohortenstudien als auch 11 von 12 Fallkontrollstudien keine Assoziation von Prostatakarzinom und Prostatakarzinomrisiko [112]. Es scheint daher gerechtfertigt, festzustellen, dass Vitamin C auf das Prostatakarzinomrisiko keinen Einfluss zu haben scheint.
495 25.1 · Epidemiologie, Ätiologie
Vitamin D
Das Hormon Vitamin D3 ist als aktive Form das 1,25Dihydroxyvitamin D3-Calcitriol. Es ist in der Lage, in vitro die Proliferation von Prostatakarzinomzelllinien zu unterdrücken [113], so dass eine Rationale für Vitamin D als karzinomprotektive Substanz besteht. Dennoch haben epidemiologische Studien zur Assoziation zwischen Vitamin D und dem Prostatakarzinom bisher keine eindeutigen Ergebnisse liefern können. Die Verbindung zwischen der höheren Inzidenz des Prostatakarzinoms in Skandinavien und Vitamin D könnte in einer reduzierten Sonnenlichtexposition und der damit verminderten UVStrahlung, die für die Umwandlung des Vitamin D in seine aktive Form notwendig ist, bestehen, so dass hypothetisch ein Vitamin-D-Mangel die Karzinogenese fördern würde. 2 Studien aus Skandinavien stützen diese Hypothese, indem sie eine inverse Relation zwischen zirkulierendem 25(OH) Vitamin D und Prostatakarzinomrisiko [114, 115] zeigen. In den USA, wo der Vitamin D-Mangel eine Seltenheit ist, ist jedoch keine Assoziation von erhöhter Konzentration an Vitamin D mit reduzierter Inzidenz nachgewiesen worden [116–118]. In einer Fallkontrollstudie aus Großbritannien, wo der Vitamin-D-Mangel etwas häufiger auftritt, war regelmäßigere Sonnen- und UV-Exposition mit einem reduzierten Risiko des Prostatakarzinoms assoziiert [119]. Von den bisher 4 Studien, die die Nahrungsergänzung durch Vitamin D und die Inzidenz des Prostatakarzinoms untersuchten, konnte jedoch keine einen protektiven Effekt nachweisen [74–76, 120]. Insgesamt bleibt also die Bedeutung des Vitamin D auf die ProstataKarzinogenese unklar.
127] und beschrieben eine inverse Assoziation von Selenkonzentration und Prostatakarzinominzidenz. Diesen Studien, die Selen einen protektiven Effekt zuschreiben, steht jedoch eine finnische Studie (ebenfalls ein Land mit niedriger Selenversorgung) gegenüber, die keine Relation zwischen Prostatakarzinom und Selenspiegel im Serum zeigt [128]. Eine mögliche Erklärung für diese Diskrepanz ist die etwa 3-fach höhere zirkulierende Selenkonzentration der Patienten der US-Studie, die einen protektiven Effekt zeigte. Die Bedeutung des Selens als präventive Substanz wird derzeit mit Vitamin E zusammen in der SELECTStudie evaluiert. Zink
Die höchsten Konzentrationen an Zink im Körper finden sich in der Prostata [129]. Zink zählt zu den essenziellen Spurenelementen. Es ist Bestandteil mehrerer Enzyme, beispielsweise der RNA-Polymerase und der Glutathionperoxidase [130]. In vitro inhibiert Zink das Wachstum von hormonsensitiven und hormoninsensitiven Prostatakarzinomzelllinien [131, 132]. Studien, die die Zinkaufnahme über die Nahrung oder als Ergänzung zur Nahrung untersuchten, erbrachten Ergebnisse, die teilweise einen moderaten protektiven Effekt [52, 133, 134], teilweise aber auch keine Assoziation [51, 135, 136] oder sogar ein erhöhtes Risiko bei Zinksupplementierung in supraphysiologischen Dosierungen zeigten [137]. Insbesondere das erhöhte Risiko bei hochdosierter Zinkaufnahme suggeriert Zurückhaltung bei der Zinksusbstitution.
Selen
Lebensführung
Selen ist ein Spurenelement, welches über Getreide, Fleisch, Fisch und Eier aufgenommen wird, dessen Konzentration in den genannten Nahrungsmitteln aber von der Konzentration im Nährboden abhängt, auf dem das entsprechende Nahrungsmittel gewachsen ist. Selen ist in Selenocystein, der Aminosäure im aktiven Zentrum des Enzyms Glutathionperoxidase, enthalten, wodurch Selen eine wichtige Rolle beim Schutz der Zellmembranen vor oxidativer Zerstörung spielt. Selen wurde bei Hautkrebspatienten, die in einer Umgebung mit niediger Selenversorgung lebten, in einer Dosis von 200 μg/Tag über 10 Jahre substituiert. Zwar fand sich kein Einfluss auf das Hautkrebsrisiko, wohl aber eine 65%ige Reduktion von lokalisierten und fortgeschrittenen Prostatakarzinomen bei den Patienten, die in den Selenarm randomisiert wurden [121]. Folgestudien untersuchten die Konzentration von Selen in Fingernägeln (als Marker für die Selenaufnahme über Jahre) [122–124] sowie in Plasma und Serum [125–
Die Rolle körperlicher Aktivität auf die Entstehung und Progression des Prostatakarzinoms ist nicht sicher belegt. So berichten Studien sowohl über einen mäßigen protektiven Einfluss bei moderater körperlicher Aktivität [138–140] als auch einen karzinomfördernden Effekt bei intensiver körperlicher Aktivität in der Jugend [141] oder eine fehlende Assoziation zwischen körperlicher Aktivität und dem Prostatakarzinom [142, 143]. Gründe für diese diskrepanten Ergebnisse sind z. B. die Schwierigkeit, körperliche Aktivität zu objektivieren, d. h. die möglicherweise unterschiedliche Bedeutung moderater im Vergleich zu intensiver körperlicher Aktivität zu erfassen. Körperliche Aktivität über einen längeren Zeitraum zuverlässig zu erfragen und die Wahrscheinlichkeit unterschiedlicher Effekte der körperlichen Aktivität in Abhängigkeit vom Lebensalter bilden weitere Schwierigkeiten in der Auswertung. Bezüglich des Rauchens und der Assoziation zur Prostatakarzinominzidenz kann der Großteil aller Ko-
25
496
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
hortenstudien keine nachweisbare Assoziation belegen [144–146]. Dagegen zeigten mehrere Kohortenstudien eine Korrelation zwischen Rauchen und metastatischem und letalem Prostatakarzinom [147, 148]. Dabei scheint das Rauchen die Agressivität des Prostatakarzinoms, gemessen an weiter fortgeschritenen Stadien und niedrigerer Differenzierung, zum Zeitpunkt der Diagnose zu fördern [149, 150]. Schließlich scheint das Rauchen die Zeit bis zum Eintreten des hormonrefraktären Status nach Initiierung der Hormontherapie zu verkürzen [151]. Die im Rauch enthaltenen Karzinogene dürften in der Inzidez möglicherweise eine weniger wichtige Rolle spielen als z. B. beim Bronchial- oder Urothelkarzinom, dennoch scheint ein gewisser karzinomfördernder Effekt bei der Progression vorzuliegen. Der Alkoholkonsum schießlich ist in über 60 Studien als wahrscheinlich nur unwesentlicher Faktor auf die ProstataKarzinogenese identifiziert worden [152].
Hormone Die Androgene des Mannes werden in den Hoden und der Nebenniere sowie in peripheren Geweben synthetisiert. Testosteron und Dihydrotestosteron sind die wichtigsten Androgene des Mannes, wobei Testosteron das dominierende Hormon in der Zirkulation und Dihydrotestosteron (DHT) das dominierende intrazelluläre Hormon ist. In der Prostata wird Testosteron – neben anderen Synthesewegen – durch irreversible Konvertierung durch die 5α-Reduktase Typ 2 zu DHT synthetisiert. In der Prostata wird die Funktion des DHT durch den Androgenrezeptor (AR) umgesetzt. DHT bindet an den AR und formt den DHT-AR-Komnplex, der an prostatische DNA bindet und die Transkription von Genen mit androgensensiblen Elementen in ihren Promoterregionen induziert. Trotz der zentralen Rolle der Androgene auf die Prostata und die ProstataKarzinogenese spiegelt die epidemiologische Datenlage ein uneinheitliches Bild wider. So zeigte von 12 prospektiven Studien, die die Rolle der Serumandrogenkonzentration untersuchten [153–164], nur 1 Studie [159] eine signifikante Assoziation von erhöhtem Serumtestosteron zur Prostatakarzinominzidenz. Einer der Gründe für die uneinheitlichen Ergebnisse dürfte methodologischer Natur sein, etwa zu geringe Fallzahlen, relativ geringe Unterschiede in der Serumkonzentration von Fällen und Kontrollen (10–15% Diferenz), zirkadiane Variation und eine signifikante Intra- und Interassayvariation. Darüber hinaus ist unklar, ob ein einzelnes Hormon (Testosteron) für die ProstataKarzinogenese verantwortlich ist, oder ob eine hormonelle Imbalance, also das Missverhältnis mehrerer Hormone, das Prostatakarzinom
initiiert bzw. dessen Initiierung und/oder Progression fördert. So sinken die Konzentrationen von Testosteron, DHT und freiem Testosteron mit zunehmenden Alter ab, während Konzentrationen vpm Estradiol und Sexhormon bindendem Globulin mit zunehmendem Alter ansteigen [165, 166], parallel zum Anstieg der Prostatakarzinominzidenz etwa ab dem Alter von 50 Jahren. Möglicherweise beeinflussen hormonelle Änderungen auch die Progression von latenten zu klinisch signifikanten Prostatakarzinomen. Ein weiteres methodologisches Problem ist die Tatsache, dass die meisten Serumproben für genannte Studien von Patienten im Alter zwischen und 40 und 50 Jahren stammen, einer Lebenszeit, in der in Autopsiestudien schon bei 30–50% aller Männer Prostatakarzinome oder Prostatakarzinomvorstufen histologisch nachweisbar sind [2]. Dies bedeutet, dass andere Zeiträume (z. B. in der 3–4 Dekade) mit deren Hormonprofilen für die ProstataKarzinogenese bedeutsam sein könnten. Schließlich ist nicht klar, ob die Serumandrogenkonzentration auch die androgene Aktivität auf Gewebsebene widerspiegeln und damit den eigentlichen Ort der ProstataKarzinogenese oder Progression. Es ist bisher keine epidemiologische Studie publiziert, die die intraprostatische Androgenaktivität mit dem Prostatakarzinom auf Gewebsebene untersucht hat [32].
Infektion, Entzündung Entzündungen spielen eine Rolle in der Initiation zahlreicher Krebserkrankungen, einschließlich Leber, Lunge, Ösophagus, Magen und Urothelkarzinom der Harnblase. Oxidative Schädigungen der DNA und anderer zellulärer Komponenten sind eine Begleiterscheinung akuter, chronischer oder rezidivierender Entzündungen. Körpereigene Entzündungszellen bilden bei der Infektabwehr eine Reihe toxischer Verbindungen, wie z. B. Superoxid, Wasserstoffperoxid oder Stickoxide, die direkt oder indirekt zu DNA-Schäden führen können. Einen maßgeblichen Auslöser solcher Entzündungen stellen Infektionen dar, die u. a. durch bakterielle oder virale Erreger ausgelöst werden können. Die Beteiligung von Entzündungsprozessen bzw. Infektionen wird in der Pathogenese des Prostatakarzinoms schon seit längerem diskutiert. Daten einer Metaanalyse von 11 Fallkontrollstudien zeigen ein statistisch signifikant erhöhtes Prostatakarzinomrisiko von 1,57 bei Patienten mit Prostatitisanamnese [167], wobei auch hier zahlreiche Unsicherheitsfaktoren erkennbar sind, insbesondere die Tatsache, dass asymptomatische Prostatitis nicht erkennbar ist, oder unterschiedliche Angaben über die Art der Prostatitis. Schließlich werden Patienten, die an einer symptomatischen Prostatitis leiden, wahrschein-
497 25.1 · Epidemiologie, Ätiologie
licher urologisch untersucht, so dass die Wahrscheinlichkeit der Prostatakarzinomentdeckung erhöht sein dürfte (sog. »detection bias«). Trotz dieser Unsicherheitsfaktoren ist die Tatsache, dass epidemiologische Studien darauf hindeuten, dass die Einnahme von Antioxidanzien oder antiinflammatorischen Medikamenten das Risiko der Prostatakrebserkrankungen zu vermindern scheint, ein indirekter, aber ebenfalls schlüssiger Hinweis auf eine infektiöse (Mit-)genese des Prostatakarzinoms [168, 169]. Weitere Daten zur Unterstützung einer infektiösen Genese an der Prostatakarzinomentstehung liegen in einer erhöhten Prostatakarzinominzidenz bei Männern, die sexuell übertragbare Erkrankungen wie z. B. Syphilis oder Gonorrhö in der Anamnese aufweisen [170–172]. So wird in einer Metaanalyse aus über 20 Fallkontrollstudien ein relatives Risiko (RR) des Prostatakarzinoms von 1,44 für die Anamnese einer sexuell übertragbaren Erkrankung, ein RR von 2,3 für die Anamnese der Syphilis und ein RR von 1,34 für die Anamnese der Gonorrhö angegeben [170]. Eine Schwierigkeit dieser Studien ist die retrospektive Natur. Weiterhin können diese Studien nicht den kausalen Zusammenhang zwischen den sexuell übertragbaren Erkrankungen und dem Prostatakarzinom belegen. Letztere könnten auch die Folge androgen induzierter Libido und eines entsprechenden Lebensstils darstellen. Studien zum Nachweis verschiedener Viren, die sexuell übertragen werden, wie z. B. Papillomaviren, Herpes simplex und CMV, in Prostatakarzinomgeweben weisen unterschiedlichste Ergebnisse auf: Epidemiologische Studien zum Nachweis von humanen Papillomaviren, insbesondere den onkogenen Typen HPV 16, 18 und 33, finden nur im Fall von HPV 33 eine schwache Assoziation zum Prostatakarzinom [173]. Andere Studien finden sowohl für HPV 16, 18 als auch HPV 33 eine Assoziation mit erhöhtem Prostatakrebsrisiko [174], während weitere Studien [175] keinerlei Zusammenhang aufzeigen können. Ähnlich weit auseinander reichende Ergebnisse gibt es zu humanen Polyomaviren (BK-Virus und JV-Virus), [176, 177] zu humanem Herpesvirus 8, Herpes-simplexVirus 2 [178] und HCMV [179]. Alle diese Studien basieren entweder auf PCR-Nachweismethoden aus meist nicht cryofixiertem Gewebe oder auf dem Nachweis von Antiköpern im Serum relativ kleiner Patientenkollektive. Eine Validierung der jeweiligen Ergebnisse mit Hilfe einer unabhängigen Methode an einem größeren Patientenkollektiv wurde in keiner der Studien ausreichend durchgeführt. Neben diesen wissenschaftlich unzureichenden Studien über virale Infektionen im Prostatakarzinom sind die in der Literatur am besten belegten Daten, die eine Infektionstheorie bei der Entstehung von Prostatakrebs
stützen, aus genetischen Linkage-Studien hervorgegangen: Die Prädispositionsgene RNASEL und MSR1 kodieren für Proteine, die wichtige Funktionen innerhalb der Signaltransduktionswege zur viralen Abwehr aufweisen [180–182]. Für MSR1, »macrophage scavenger receptor«, wurden 5 Varianten innerhalb des MSR1-Gens aufgefunden, die mit einer erhöhten Anfälligkeit für Prostatakarzinome assoziiert sind [183]. Aber auch im Fall des Prädispositionsgens MSR1 gibt es Studien, die diese Ergebnisse nicht unterstützen. Jedoch zeigen MSR-/-Mäuse eine erhöhte Anfälligkeit für virale Infektionen auf, wie z. B. Picornaviren oder Vacciniaviren [184]. Schließlich zeigen aktuelle Analysen, dass die Ejakulationsfrequenz sich umgekehrrt proportional zum Prostatakarzinomrisiko verhält: Patienten mit reduzierter Ejakulationsfrequenz weisen ein höheres Risiko auf als solche mit höherer Ejakulationsfrequenz [185]. Indirekt kann dies bedeuten, dass die Ejakulation zu einer verbesserten Drainage von infektiösen Agenzien und Karzinogenen aus der Prostata führt und sich somit protektiv auf die ProstataKarzinogenese auswirkt.
Genetische Risikofaktoren und Prädispositionsgene Vergleichbar zu anderen Malignomen ist das Prostatakarzinom eine Erkrankung, in der die Initiierung des Malignoms aus einer Interaktion von genetischen und nichtgenetischen Faktoren resultieren dürfte. Die Identifikation von Genen, die für das Prostatakarzinom ursächlich verantwortlich sind, gestaltet sich jedoch trotz Segregationsanalysen von Prostatakarzinomfamilien, die die Existenz von einem oder mehreren hereditären Prädispositionsgenen suggerieren, als schwierig [186–193]. Mehrere potenzielle Genloci wurden durch genomweite Linkage-Analyse in Hochrisikofamilien identifiziert; deren Bestätigung blieb in Folgestudien jedoch oft aus. Darüber hinaus wurden einige dieser Prädispositionsgene durch »positional cloning« charakterisiert, Followup-Studien konnten jedoch bisher nicht zeigen, dass einer dieser Loci zu einer signifikanten Zahl von Karzinomfällen in Hochrisikofamilien beiträgt. Das Ziel der LinkageAnalyse ist es, den chromosomalen Abschnitt, auf dem sich das Prädispositionsgen befindet, zu identifizieren, allerdings konnte bisher keines der potenziellen Gene in den entsprechenden Regionen universelle klinische Bedeutung erreichen. Im Folgenden werden Genloci, die in Hochrisikofamilien identifiziert wurden, beschrieben. Eine Zusammenfassung liefert Tab. 25.4. Die Erkenntnis, dass Prostatakarzinome in Familien gehäuft auftreten, führte zur Sammlung von Daten aus Familien mit multiplen Prostatakarzinomen in der Anamnese mit dem Ziel, durch Linkage-Studien Prädispo-
25
498
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.4. Mögliche Prädispositionsgene für das Prostatakarzinom
25
Gen
Lage
Potenzielles Gen
Möglicher Phänotyp
Kommentar
HPC 1
1q24–25
RNASEL
− Jüngeres Alter bei Diagnose (<65 Jahre) − Höherer Gleason Score − Fortgeschrittenes Stadium bei Erstdiagnose
Hinweise auf Verbindung am deutlichsten in Familien mit >5 betroffenen Mitgliedern und jüngerem Alter bei Diagnose
PCAP
1q42.2–43
Nicht bekannt
Jüngeres Alter bei Diagnose (<65 Jahre)
Hinweise auf Verbindung am deutlichsten in europäischen Familien
HPCX
Xq27–28
Nicht bekannt
Nicht bekannt
Höheres relatives Risiko für Männer mit betroffenen Brüdern als für Männer mit betroffenen Vätern, an einen PCA zu erkranken
HPC20
20q13
Nicht bekannt
Späteres Alter bei Erstdiagnose
Hinweise auf Verbindung am deutlichsten in Familien mit wenigen betroffenen Mitgliedern und höherem Alter bei Diagnose
ELAC2/HPC2
17p
Nicht bekannt
Nicht bekannt
Seltene Polymorphismen in HPC-Familien
8p
8p22
MSR1
Nicht bekannt
8q in PCA häufig deletiert
sitionsgene für das Prostatakarzinom zu identifizieren. Trotz breiter Kooperation, die in der Etablierung des Internationalen Konsortiums für Prostatakarzinomgenetik (International Consortium for Prostate Cancer Genetics, ICPCG) kulminierte, zeigte sich die zuverlässige Identifikation von Prädispostionsgenen für das Prostatakarzinom schwierig und erbrachte uneinheitliche Ergebnisse. In einer Übersicht von 8 Linkage-Studien mit insgesamt über 4500 Prostatakarzinomfällen von fast 1300 Blutsverwandten fanden sich mehrere methodologische Unterschiede, etwa unterschiedliche Populationen oder Einschlusskriterien in die jeweilige Studie, die für diese inkonsistenen Ergebnisse mitverantwortlich sein können [194]. Im Folgenden werden die Gründe hierfür besprochen. Linkage-Studien werden in Hochrisikofamilien durchgeführt, also Familien, in denen multiple Fälle einer bestimmten Erkrankung auftreten. Linkage-Analysen liefern die statistische Evidenz, dass ein bestimmter chromosomaler Abschnitt ein Prädispositionsgen für die bereffende Krankheit trägt. Dabei vergleicht die Linkage-Analyse den Genotyp des Betroffenen mit dem des nicht betroffenen Individuums. So verbindet die LinkageAnalyse die Erkrankung mit spezifischen Markern in bekannten chromosomalen Abschnitten. Da das Prostatakarzinomrisiko sowohl vom Alter bei der Diagnose bei betroffenen Verwandten als auch von der Anzahl ber betroffenen Verwandten abhängt, kann mangelnde Information über die familiäre Prostatakarzinomanamnese die Genauigkeit der Analyse limitieren. Zusätzlich ist das
Prostatakarzinom ein Malignom des älteren Mannes, damit ist die Identifizierung von älteren Angehörigen und das Sammeln von DNA schwierig, da die Betroffenen bereits gestorben sein könnten, ohne dass ein vorliegendes Prostatakarzinom erkannt wurde. Eine universell akzeptierte Definition des hereditären Prostatakarzinoms liegt ebenfalls nicht vor, was bedeutet, dass verschiedene Linkage-Studien unterschiedliche Patienten in ihre Analyse aufnahmen [194]. Verbreitet ist die Definition der Johns Hopkins University, die folgende Kriterien für das hereditäre Prostatakarzinom umfasst [16]:
drei oder mehr erstgradig Verwandte (Vater, Bruder, Sohn) oder
drei aufeinanderfolgende Generationen und/oder
mindestens zwei betroffene Verwandte mit Alter bei Diagnose von <55 Jahren. Patienten müssen nur eines dieser Kriterien erfüllen, um im Kontext von familiären Analysen als Patienten mit einem hereditären Prostatakarzinom betrachtet zu werden. Die Validität dieser Kriterien konnte im klinischen Gebrauch allerdings noch nicht bestätigt werden. Ein zusätzliches Problem ist die hohe Rate an sporadischen Prostatakarzinomen, die die dominierende Variante aller Prostatakarzinome ausmacht. Da das Risiko eines Mannes, an einem Prostatakarzinom zu erkranken, etwa 1 : 6 beträgt, ist es wahrscheinlich, dass Patienten der Studie sowohl sporadische als auch hereditäre Pros-
499 25.1 · Epidemiologie, Ätiologie
tatakarzinome haben können [195]. Mit anderen Worten können Patienten, die keine Prädispositionsgene erben, dennoch ein – sporadisches – Prostatakarzinom entwickeln. Da es gegenwärtig kein klinisches oder pathologisches Korrelat gibt, welches diese sporadischen vor hereditären Prostatakarzinomen zu differenzieren in der Lage ist, wird dies die Genauigkeit der Analyse erschweren. Ebenfalls fehlen Daten, die den Phänotyp oder den klinischen Verlauf eines Prostatakarzinoms zu spezifischen Genloci korrelieren. Um die nicht schlüssigen Ergebnisse der LinkageStudien zu klären, kombinierte die ICPCG genomweite Linkage-Daten von 1233 Familien, die von 10 Gruppen zusammengetragen wurden. Zunächst wurde das gesamte Set von 1233 Familien untersucht. Hierbei wurden 5 potenzielle Regionen identifiziert, die einen LODScore (»logarithm of the odd«) zwischen 1,87 und 3,3 aufwiesen. Diese waren zu finden auf 5q12, 8p21, 15q11, 17q21, und 22q12, also auf Abschnitten, die vorher nicht als potenzielle Regionen für Prädispositionsgene erkannt worden waren. In der Hoffnung, dass homogenere Familiensubgruppen die Identifizierung erleichtern könnten, wurden Subgruppen der 1233 Familien analysiert. So fand sich in 269 Familien mit mindestens 5 betroffenen Mitgliedern eine signifikante Linkage auf 22q12 (LODScore 3,57) und potenzielle Linkage auf 1q25, 8q13, 13q14, 16p13 und 17q21. In einer zweiten Subgruppe von insgesamt 606 Familien, in denen ein Prostatakarzinom unterhalb des Alters von 65 Jahren diagnostiziert wurde, fanden sich Linkages auf 3p24, 5q35, 11q22, und Xq12 [196]. Hereditäres Prostatakarzinom 1 (HPC)
Das Ergebnis einer genomweiten Untersuchung bei 91 Hochrisikopatienten entsprechend den Hopkins-Kriterien demonstrierte einen hauptprädisponierenden Prostatakarzinomlokus auf 1q24, welcher als HPC1 bezeichnet wurde [180]. In 35% der 91 Hochrisikofamilien fand sich ein Nachweis des HPC1. Diese Subgruppe war charakterisiert durch mehr als 5 betroffene Familienmitglieder und ein durchschnittliches Alter zum Diagnosezeitpunkt von weniger als 65 Jahren. Die weitere Evaluierung zeigte darüber hinaus einen höheren Gleason-Score und ein weiter fortgeschrittenes Tumorstadium zum Diagnosezeitpunkt. Mehrere Studien an 41, 59 und 92 Familien konnten die initialen Ergebnisse bestätigen und zeigen, dass bei Patienten, die der Hopkins-Definition entsprachen bzw. in denen das Karzinom vor dem 67. Legensjahr diagnostiziert wurde oder in denen die Anzahl der betroffenen Fammilienmitglieder sehr hoch war, die Linkage zum 1q24 besteht [197, 198]. Zusammengefasste Daten von
772 Familien aus den USA, Australien, Großbritannien, Finnland, Norwegen und Schweden konnten ebenfalls eine Linkage auf 1q24 bestätigen [199]. Das RNASEL-Gen auf 1q25 könnte die molekulare Basis für den prädisponierenden Prostatakarzinomlokus HPC1 darstellen. RNASEL ist eine Endoribonuklease innerhalb des Interferonsignalweges zur Abwehr viraler Infektionen. Keimbahnmutationen des RNASEL-Gens wurden mit der Prostatakrebsentstehung insbesondere in Assoziation mit 1q24 in Verbindung gebracht. Eine finnische Studie an Prostatakarzinompatienten zeigte eine Stoppmutation, E265X in 4,3% aller Männer mit familiärem Prostatakarzinom, verglichen mit nur 1,8% in der Kontrollgruppe [200]. Im Widerspruch dazu steht allerdings eine schwedische Studie, die die Prävalenz der Stoppmutation untersuchte und keine signifikanten Unterschiede zwischen 780 Kontrollen (1,9% Prävalenz), 1204 sporadischen Prostatakarzinomen (1,9% Prävalenz) und 350 familiären Prostatakarzinomen (1,4%) Prävalenz) nachweisen konnte [201]. Eine Deletion (471DAAAG), die zu einem »frame shift« und präterminalem Stoppcodon führt, wurde in 4% von Ashkenazi-Individuen gefunden; die Häufigkeit dieser Mutation war bei Patienten mit HPC größer (6,9%) als in Kontrollen (2,4%) [202]. Zusätzlich ist eine Missense-Variante von RNASEL (1365G>A; R462Q), die eine 3-fach verringerte enzymatische Aktivität besitzt, mit Prostatakrebs assoziiert. Eine Kopie des mutierten Allels erhöht das Prostatakrebsrisiko um 50%, während homozygote Mutationen ein 2-fach erhöhtes Risiko mit sich bringen. Diese Missense-Mutation konnte in 13% unselektierter Prostatakrebsfälle einer großen Geschwisterstudie aufgefunden werden. Somit unterstützen mehrere genetische und epidemiologische Fallstudien die Theorie eines RNASEL-Prostatakrebsprädispositionsgens, während andere diesen Zusammenhang nicht belegen können. Neben Populationsunterschieden könnten auch andere, noch nicht identifizierte Faktoren den augenscheinlichen Einfluss von RNASEL-Mutationen auf die Entstehung des Prostatakarzinoms beeinflussen. Prostate Cancer Predisposing Locus (PCAP)
In einer genomweiten Untersuchung an 49 Hochrisikofamilien wurde ein Prädispositionslokus für das Prostatakarzinom auf 1q42 identifiziert [203], das vom HPC1Lokus auf 1q24 abgegrenzt wurde [180]. Die Verbindung zum Prostatakarzinom wurde in einer weiteren europäischen Studie bestätigt [204], allerdings finden sich auch Studien, die die Verbindung zwischen PCAP und Prostatakarzinomfamilien nicht nachweisen konnten [205, 206].
25
500
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Hereditäres Prostatakarzinom X (HPCX)
25
Ein weiterer Prädispositionslokus wurde anhand eines Kollektivs von Hochrisikofamilien aus den USA, Finnland und Schweden auf dem X-Chromosom (Xq27–28) lokalisiert [207]. Epidemiologische Studien zeigten ein höheres relatives Risiko, an einem Prostatakarzinom zu erkranken, für Männer mit betroffenen Brüdern im Vergleich zu solchen mit betroffenem Vater [208]. Dieses Ergebnis unterstützt die Hypothese eines Prädispositionsgens auf dem X-Chromosom. Mehrere Folgestudien haben die Existenz des HPCX-Lokus weiter untermauert [209–211]. ELAC2/HPC2
Das für eine zinkabhängige Phosphodiesterase kodierende humane ELAC2-Gen wurde als Prostatakarzinomsuszeptibilitätsgen bezeichnet, daher wird das ELAC2-Gen auch »hereditary prostate cancer gene 2« (HPC2) genannt. Das ELAC2/HPC2-Prädispositionsgen auf Chromosom 17p wurde nach einer genomweiten Untersuchung von Hochrisikofamilien geklont. 2 Keimbahnmutationen wurden in diesen Familien mit multiplen Prostatakarzinomen identifiziert [212]. 2 häufigere Polymorphismen des ELAC2/HPC2-Gens wurden intensiv auf ihre potenzielle Rolle in der ProstataKarzinogenese studiert. Hierbei zeigte sich, dass Männer, die beide Polymorphismen tragen (Ser>Leu Codon 217 und Ala>Thr Codon 541), ein moderat erhöhtes Prostatakarzinomrisiko aufweisen (OR 2,4, 95%-KI, 1,1–5,3) [213]. Zahlreiche Folgestudien konnten jedoch keine signifikante Assoziation von ELAC2/HPC2 nachweisen, so dass die potenzielle Rolle von ELAC2/HPC2 als Prädispositionsgen für das Prostatakarzinom ungesichert ist [214]. HPC20
Ein weiterer Prädispositionslokus auf Chromosom 20, genannt HPC20 [215, 216], zeigte sich bei Patienten, in deren Familien weniger als 5 Fälle von Prostatakarzinom auftraten mit einem relativ gesehen späteren Alter zum Zeitpunkt der Erstdiagnose. Dies sind deutlich unterschiedliche Charakteristika im Vergleich zum HPC1-Prädispositionsgen. Eine schwache Assoziation von HPC20 wurde in 2 unabhängigen Studien nachgewiesen [217, 218], eine von der ICPCG durchgeführte Linkage-Analyse an 1234 Patienten konnte die Verbindung zwischen dem hereditären Prostatakarzinom und Markern auf 20q13 aber nicht bestätigen [219]. 8p-Loci
Deletionen des Chromosoms 8p treten in Prostatakarzinomen häufig auf, daher wurden zahlreiche Studien durchgeführt, die Tumorsuppressorgene auf dieser Re-
gion lokalisieren sollten. Hierbei konnten in mehreren genomweiten Untersuchungen moderate Hinweise auf eine Verbindung von Prostatakarzinom zu Markern, die sich auf 8q befinden, nachgewiesen werden [220–222]. Hierzu gehören Varianten im Makrophagenrezeptor-1Gen (MSR1), lokalisiert auf 8p22 [181, 223], und dem LZTS1-Gen, ebenfalls auf 8p22, letztere aber eher in einer Assoziation mit sporadischen Prostatakarzinomen [224]. Tab. 25.4 fasst die möglichen Prädispositionsgene zusammen, die in Familien mit multiplen Fällen von Prostatakarzinomen nachgewiesen wurden. Wie beschrieben sind die Daten teilweise widersprüchlich. Es ist wahrscheinlich, dass einzelne dieser Prädispositionsgene für die ProstataKarzinogenese in bestimmten Subgruppen verantwortlich sind. Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass ein einziges Prädispositionsgen für die Genese aller Prostatakarzinome verantwortlich ist, so dass das Prostatakarzinom auch in dieser Hinsicht eine große Heterogenität aufweist.
25.2
Onkologische Kennzeichen
T. Schlomm, F.K.-H.Chun, M. Graefen, H. Huland, J. Köllermann Ein Therapieansprechen beim Prostatakarzinom wird an Endpunkten, wie dem biochemischen Rezidiv, der Reduktion lokaler oder distaler Metastasen und dem prostatakarzinomspezifischen Überleben festgemacht. Etablierte prognostische Faktoren des Prostatakarzinoms sollten daher möglichst genau mit dem Stadium der Erkrankung und der Lebenserwartung korrelieren. Lokalisierte Prostatakarzinome zeigen erwartungsgemäß eine deutlich bessere Prognose als lokal oder systemisch fortgeschrittene Tumoren. Ein exaktes Staging ist deshalb unabdingbare Voraussetzung für eine stadiengerechte Therapie, zumal das lokalisierte Prostatakarzinom durch die in Kap. 25.5 erwähnten lokalen Therapieformen kurativ behandelt werden kann. Das exakte präoperative Staging ist daher eines der Hauptziele vor der Initiierung einer Therapie eines Prostatakarzinoms. Da das Prostatakarzinom in frühen Stadien keine Beschwerden verursacht, wurden noch vor einigen Jahren die meisten Tumoren erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt. In diesen Fällen liegt bereits ein so ausgedehntes Tumorstadium vor, dass dem Patienten durch den Tumor oder seine Metastasen Symptome entstehen. In solchen Fällen ist eine Therapie mit kurativem Ansatz in der Regel nicht mehr möglich. Durch den verbreiteten Einsatz der Serumbestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) seit Ende
501 25.2 · Onkologische Kennzeichen
der 1980-er Jahre ist es zu einem deutlichen Anstieg der Inzidenz des Prostatakarzinoms gekommen [2], und die tumorbedingte Mortalität ist gesunken [3]. Prostatakarzinome werden durch den Einsatz der regelmäßigen Serumdiagnostik häufiger in prognostisch günstigeren, potenziell heilbaren Frühstadien entdeckt. Dies sind im Wesentlichen Tumoren, die lokal auf die Prostata beschränkt sind. Dies führt jedoch dazu, dass heutzutage wahrscheinlich viele Patienten ein höheres Risiko haben, an ihren Komorbiditäten zu sterben als am Karzinom [3]. Das vieldiskutierte Schlagwort heißt hier »overtreatment«. Neben Autopsiestudien hat auch der aktuelle Prostate Cancer Prevention Trial (PCPT) aufgedeckt, dass die Prävalenz des PCA höher liegt als durch alleiniges PSAScreening bisher vermutet [4, 5]. Das Risiko eines Mannes, während seines Lebens an einem PCA zu erkranken, liegt demnach bei 1 : 6, wobei das Risiko, an einem PCA zu sterben, bei 1 : 30 liegt [1, 5]. Zudem weisen in Screening-Populationen 20–30% der PCA-Patienten ein insignifikantes PCA auf [6]. Diese Tumoren zeigen häufig einen indolenten klinischen Verlauf, so dass es fraglich ist, ob in diesen Fällen eine invasive Therapie gerade bei älteren Patienten von Nutzen ist [6, 7] ( Kap. 25.1).
25.2.1 Klassifikation
Eine prätherapeutische Einteilung der Prostatakarzinome in lokalisierte (meist heilbare) und fortgeschrittene (meist inkurable) Tumoren erfolgt durch eine individuelle Abschätzung aller vorhandenen klinisch-pathologischen Parameter (präoperativer PSA-Wert, digital-rektale Untersuchung, Befund der transrektalen Ultraschalluntersuchung und die histologische Analyse der Prostatastanzbiopsien). Die Stadieneinteilung (Staging) des Adenokarzinoms der Prostata erfolgt gemäß der TNM- Klassifikation, welche zuletzt 2002 geändert wurde. Im Rahmen dieser Klassifikation werden die lokale Ausdehnung des Primärtumors (T-Stadium), der regionäre Lymphknotenbefall (N-Stadium) und das Vorliegen potenzieller Fernmetastasen (M-Stadium) beurteilt. Es wird zwischen einer klinischen Stadieneinteilung (cTNM) auf der Basis der digital-rektalen Untersuchung, des PSA-Wertes und bildgebender Verfahren sowie einer pathologischen Klassifizierung (pTNM) anhand des endgültigen histologischen Befundes des Prostatektomiepräparates unterschieden. Der Sinn des Stagings liegt in der Möglichkeit, Patienten individuell einer entsprechenden Therapieform zuzuführen (klinisches Staging) oder prognostische Aussagen zu treffen (pathologisches Staging).
TNM-Klassifikation (2002) T Lokale Ausdehnung des Primärtumors
Tx Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0 Kein Hinweis auf Primärtumor
T1 Klinisch inapparenter Primärtumor, nicht palpabel oder durch bildgebende Verfahren nachweisbar – T1a Inzidenteller Tumor: histologisch in 5% des Resektionsgewebes – T1b Inzidenteller Tumor: histologisch in 5% des Resektionsgewebes – T1c Tumor identifiziert durch Nadelbiopsie bei erhöhtem PSA-Wert
T2 Primärtumor beschränkt auf Prostata – T2a Tumor befällt ≤50% eines Seitenlappens – T2b Tumor befällt >50% eines Seitenlappens – T2c Tumor befällt beide Seitenlappen
T3 Primärtumor überschreitet die Prostatakapsel – T3a Extrakapsulärer Tumor – T3b Tumor infiltriert die Samenblase(n)
T4 Primärtumor ist fixiert oder infiltriert benachbarte Strukturen
N Regionäre Lymphknoten
NX Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0 Kein Anhalt für regionäre Lymphknotenmetastasen
N1 Regionärer Lymphknotenbefall M
Fernmetastasen MX Fernmetastasen können nicht beurteilt werden M0 Kein Anhalt für Fernmetastasen M1 Vorliegen von Fernmetastasen – M1a Extraregionärer Lymphknotenbefall – M1b Knochenmetastasen – M1c Andere Manifestationen
Klinisches Stadium Die digital-rektale Untersuchung (DRU) dient zur Grobabschätzung der lokalen Tumorausdehnung eines Prostatakarzinoms (cT-Stadium). Die klinische Einteilung des DRUBefundes kann nach den Klassifikationen nach Jewett oder der TNM erfolgen. Die Interpretation der rektal-digitalen Befunderhebung unterliegt jedoch starken untersucherabhängigen Schwankungen. So konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass die DRU häufig falsch-negative Vorhersagen für ein lokalisiertes Prostatakarzinom liefert.
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
25
PSA Der Anteil der PSA-entdeckten Tumoren (T1c) macht mittlerweile den überwiegenden Anteil der neu entdeckten Prostatakarzinome aus. Obwohl das Tumorvolumen mit der Höhe des PSA-Spiegels korreliert, ist der SerumPSA-Wert jedoch zu ungenau für ein individuelles präoperatives Staging [9, 10]. Weiterhin wird in sog. »Screeningpopulationen« eine sinkende Korrelation des PSA zum Tumorvolumen beobachtet [11]. Verbessert man die Sensitivität des PSA-Wertes bei der Krebsfrüherkennung durch Senkung des Grenzwertes von 4,0 ng/ml auf 2,5 ng/ml, so finden sich in den so entdeckten Patientenkollektiven bis zu 26% Tumoren mit einem Tumorvolumen von <0,5 cm2 [6]. Diese sog. insignifikanten Karzinome gelten zunehmend als klinisch unbedeutend und bei älteren Patienten als nicht behandlungsbedürftig [6]. Andererseits zeigen Verlaufsbeobachtungen an gescreenten Bevölkerungspopulationen, wie in der sog. Göteborger Studie, dass ein hoher Anteil signifikanter Prostatakarzinome normale PSA-Werte hat, selbst wenn der Grenzwert sehr niedrig angesetzt wird. Dies wird aus Studien deutlich, die in einer randomisierten Population nahezu 10.000 Männer im Alter von 50–66 Jahre untersuchten. In diesem Kollektiv konnte bei 25% der Männer mit einem sicher nachgewiesenen Prostatakarzinom ein PSA-Wert zwischen 3 und 4 ng/ml festgestellt werden [12]. Im Rahmen des Prostate Cancer Prevention Trials konnte bei 11–30% der untersuchten Männer mit einem PSA-Wert zwischen 0,1–4 ng/ml ein Prostatakarzinom in der Prostatabiopsie diagnostiziert werden [1, 2].
25.2.2 Histopathologie
Die histopathologische Diagnostik ist obligat in der Diagnose des Prostatakarzinoms und liefert darüber hinaus essenzielle Zusatzinformationen zur individuellen Patientenberatung. Der folgende Text gibt eine Übersicht über Wertigkeit und Grenzen der histopathologisch erhebbaren karzinomrelevanten Parameter an Biopsie und Prostatektomiepräparat.
Histopathologie von Prostatastanzbiopsien Histologische Klassifikation Adenokarzinome mit Ursprung vom azinären Prostataepithel stellen mit 95% die große Mehrheit der malignen Prostatatumoren dar. Varianten des Adenokarzinoms mit duktaler, muzinöser oder Sigelringzellkomponente sollten im histologischen Bericht erwähnt werden, da Berichte über eine negative prognostische Relevanz dieser Varianten vorliege [1–4]. Von größerer klinischer Relevanz sind jedoch das sehr seltene kleinzellige neuroendokrine Prostatakarzinom sowie das ebenfalls äußerst seltene sarkomatoide Prostatakarzinom. Beide Entitäten sind durch eine äußerst ungünstige Prognose charakterisiert, mit einem medianen Überleben von unter drei Jahren [5, 6].
Grading des Prostatakarzinoms Das histologische Grading korreliert am signifikantesten mit dem klinischen Verlauf und ist daher ein essenzieller Parameter zur Therapieplanung und individuellen Prognoseabschätzung ( Abb. 25.3) [7, 8].
PSA-freies Überleben
Partin et al. bewerteten die DRU an 565 Patienten [8]. Hier bestätigte sich der klinische Verdacht eines auf die Prostata begrenzten Karzinoms in 52% der Fälle. Hingegen wiesen 31% respektive 17% entgegen dem Tastbefund ein extrakapsuläres Wachstum, eine Samenblaseninfiltration bzw. Lymphknoteninfiltration auf. Ein organüberschreitender Tastbefund (cT4) bestätitgte sich nur in 36%. Insgesamt ergab sich dadurch für die alleinige DRU bei einer Sensitivität von 52% eine Spezifität von 81%.
1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0
≤ 3+3
3+4
4+3 ≥ 4+4 0
a
20
40 60 80 100 Monate nach Prostatektomie
120
1,0 PSA-freies Überleben
502
Gleason 4: 0% 0,8
Gleason 4: 1-25%
0,6
Gleason 4: 26-50%
0,4 Gleason 4: 51-75% 0,2
Gleason 4: 76-100%
0,0 b
0
2
4 6 Jahre nach Prostatektomie
8
Abb. 25.3a, b. PSA-rezidivfreies Überleben in Abhängigkeit zum Gleason-Summenwert (a, n=3252). b Prozentualer Gleason-4-Anteil (n= 2252). Daten Urologische Klinik, Universitätsklinikum HamburgEppendorf
503 25.2 · Onkologische Kennzeichen
Unter den vielen konkurrierenden Grading-Systemen hat sich weltweit das von D. Gleason vorgeschlagene System durchgesetzt (Gleason-Grading) [9]. Es basiert rein auf dem histomorphologischen Bild und beschreibt die durch den histologischen Architekturverlust zunehmende Entdifferenzierung des Tumors in 5 Abstufungen (Muster 1–5; Abb. 25.4a). Aufgrund der häufigen parallelen Präsenz mehrerer Wachstumsmuster, wird die Summe (Score) aus dem primären (vorherrschenden) und dem sekundären (zweithäufigsten) Muster ermittelt. Liegt nur ein Wachstumsmuster vor, wird das entsprechende Muster verdoppelt. Es können so theoretisch Summenwerte zwischen 2 (1+1) und 10 (5+5) vergeben werden. Basierend auf langjährigen Verlaufsbeobachtungen haben sich 4 klinisch relevante Gruppen herauskristallisiert.
Gleason-Grading
Gleason 2–4: Diese Tumoren sind zumeist in der Transitionalzone lokalisiert und werden daher in der Regel nur im Rahmen einer transurethralen Resektion gewonnenen Material diagnostiziert. Die Prognose ist ausgezeichnet [10].
Gleason 5–6: Auch die Prognose dieser Tumoren ist günstig. Dies konnte selbst bei Vorliegen eines organüberschreitenden Wachstums und Resektionsrandbefall gezeigt werden [11].
Gleason 7: Der Nachweis einer Gleasonmuster-4Komponente geht mit einer deutlichen Prognoseverschlechterung einher. Hierbei spielt die Menge der Gleason-4-Anteile eine große prognostische Rolle, so dass zwischen einer Gleason-Summe von 3+4=7 (7a) und 4+3=7 (7b) differenziert werden muss ( Abb. 25.3b) [7].
Gleason 8–10: Hier handelt es sich meistens um hoch-aggressive Tumoren, die vielfach zum Zeitpunkt der Diagnosestellung schon eine lokal- oder systemische Ausbreitung aufweisen.
Trotz der jahrzehntelangen praktischen Anwendung und der zentralen Bedeutung des Gleason-Gradings für die Therapieplanung und Prognoseabschätzung bestehen Einschränkungen im klinischen Alltag: Das System wurde in den 1960er-Jahren im Wesentlichen an transurethral gewonnenem Prostataresektatmaterial entwickelt. Seit dieser Zeit haben sich eine Vielzahl von Fortentwicklungen ergeben, wie z. B. die Einführung der Immunhistochemie, randomisierte Prostatastanzbiopsien, die komplette Aufarbeitung der Prostatekomiepräparate sowie eine Stadienverschiebung hin zu kleinen und gut differenzierten Tumoren.
Insbesondere an Biopsien ist das Grading limitiert durch:
eine teils deutliche Interobservervariabilität,
das Problem des »undergrading« im Vergleich zum korrespondierenden radikalen Prostatektomiepräparat,
das Vorhandensein von mehr als zwei Differenzierungsmustern, dem im originären Gleason-Grading keine Rechnung getragen wird
eine fehlende Standardisierung in der Befundformulierung. Mit dem Ziel Verbesserungen im Bereich der genannten Schwachpunkte zu erzielen, wurden in einer Konsensuskonferenz im Jahre 2005 Empfehlungen für ein modifiziertes Gleason-Grading erarbeitet [12] ( Abb. 25.4b). Die wesentlichen Änderungen des modifizierten Gleason-Gradings an Stanzbiopsien sind:
Ein Gleason-Summenwert sollte für jede tumorbefallene Biopsie erstellt werden.
Einen Summenwert von 1+1=2 sollte (unabhängig vom Untersuchungsmaterial) nur in extrem seltenen Fällen diagnostiziert werden. Die meisten derartigen Fälle der Vergangenheit würden heutzutage als Adenose/AAH (atypische adenomatöse Hyperplasie) gewertet werden.
Auch die Gleason-Summenwerte 3–4 sollten in Biopsaten nur sehr zurückhaltend angegeben werden. Per Definition sollte der Karzinomherd in diesen Fällen scharf begrenzt sein. Dieses Detail kann jedoch in Biopsaten nicht eindeutig beurteilt werden. Deshalb empfiehlt es sich die Summenwerte 3–4 vorwiegend den Untersuchungen von Resektionsmaterial oder radikalen Prostatektomien vorzubehalten.
»Tumoreinzelzellen« (»individual cells«) gehören nicht zu Gleason-3-Mustern.
Die große Mehrheit kribriformer Muster, die in der Vergangenheit dem Gleason-Muster 3 zugeordnet wurden, sollten zukünftig als Gleason-Muster 4 gewertet werden.
Bei Nachweis von dominierend niedrig differenzierten Tumoranteilen, sollten kleine Anteile gut differenzierten Tumors (<5%) nicht berücksichtigt werden.
Umgekehrt sollen auch geringe Anteile niedrig differenzierten Tumors (<5%) in Biopsien als Sekundärmuster in das Grading eingehen. Das gilt auch für die seltenen Fälle, in denen dieser Anteil ein tertiäres Gleason-Muster darstellt. Beispiel: Primäres Muster 3 und sekundäres Muster 4 mit einem kleinen tertiären Anteil Gleason 5 sollten als 3+5=8 und nicht 3+4=7 befundet werden. In radikalen Prostatektomiepräparaten wird die Gleason-Summe wie bisher nur anhand des primären und sekundären Musters ermittelt. Jedoch müssen hochgradige Tumoranteile
25
504
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Muster 1: Umschriebener Tumorherd mit dicht beieinander liegenden, gut voneinander abgrenzbaren, gleichförmigen rund bis ovalären mittelgroßen Drüsenazini Muster 2: Wie Muster 1, weitgehend umschriebener Tumorherd, jedoch am Rand bereits mit minimaler Infiltrationstendenz. Die Drüsen sind weniger dicht beieinander und weniger gleichförmig konfiguriert als im Muster 1 Muster 3: Tumordrüsen mit deutlicher Variation in Größe und Form. Drüsen typischerweise kleiner als im Muster 1 und 2, und infiltrativem Wachstum zwischen benignen Drüsen. Kribriformer Herde klein und glatt begrenzt
25
Muster 4: Verschmolzene mikroazinäre Drüsen, nicht voneinander abgrenzbar mit schlecht entwickelten Drüsenlumina. Große kribriforme Drüsen mit unregelmäßiger Randkontur, hypernephromatoides Wachstumsmuster.
a
b
Muster 5: Keine oder minimale drüsige Differenzierung. Wachstum solide, in Strängen oder als Einzelzellen. Komedokarzinom mit zentraler Nekrose, umgeben von papillären, kribriformenoder soliden Tumormassen
Abb. 25.4a, b. Gleason-Grading-System. a Schematisches Originaldiagramm. b Modifiziertes Gleason-Grading
unabhängig von ihrer Ausdehnung als tertiäre Muster im Befund erwähnt werden.
Der prozentuale Anteil an Gleason-Muster-4/5-Anteilen sollte angegeben werden. Da die meiste klinische Erfahrung sowie die klinischen Nomogramme auf der ursprünglichen Gleason-Befundung basieren, wird in Zukunft eine klinische Validierung auch des modifizierten Schemas unumgänglich sein. In der Übergangsphase sollte, wenn das neue Gleason-Grading angewendet wird, das unbedingt im Befund erwähnt werden. Weitere klinisch relevante histomorphologische Parameter in Prostatabiopsaten werden im Folgenden abgehandelt.
Lokalisation und Ausbreitung des Tumors:
Eine ausgedehnte Karzinominfiltration in Biopsien der Prostatabasis geht häufig mit extraprostatischem Wachstum und ipsilateralem Schnittrandbefall einher [13].
Die Verteilung des Karzinombefalls in den verschiedenen Biopsien ist essenziell zur Planung einer nervenschonenden Operation.
Bei Patienten mit Nachweis karzinomverdächtiger Läsionen ist die Kenntnis der Entnahmeregion in der Prostata hilfreich für die Entnahme gezielter Rebiopsien zur Verlaufskontrolle.
Tumormenge/Anzahl positiver Stanzbiopsien Die Ausdehnung des Tumorbefalls in den Biopsien korreliert sowohl mit anderen negativ prognostischen Faktoren, als auch mit einigen direkten und indirekten Anzeichen einer Tumorprogression [14–18]. Sie sollte daher entweder linear (Länge) oder als prozentualer Anteil für jede tumorbefallene Stanze angegeben werden.
Perineurale Invasion ( Abb. 25.5a) Die Datenlage zur prognostischen Bedeutung des perineuralen Tumorwachstums ist widersprüchlich. Während einige Studien einen Zusammenhang mit organüberschreitendem Wachstum, Lymphknotenbefall und Rezidivhäufigkeit feststellten [19–23], konnte das von anderen Untersuchern nicht bestätig werden. Angesichts dieser Sachlage sollte die einfach festzustellende perineurale Infiltration im Befund erwähnt werden.
Vaskuläre Invasion ( Abb. 25.5b) Angesichts der Tatsache, dass die Gefäßinvasion in Prostatektomiepräparaten offensichtlich ein unabhängiger prognostischer Faktor ist [24–26], liegt es nahe, dies auch für einen vaskulären Befall in den Stanzbiopsien anzunehmen. Allerdings ist dieser hier nur sehr selten feststellbar. Eine systematische Fahndung nach Gefäßbeteiligung muss außerdem immunhistologisch bestätigt werden um letztere von Fixierungsartefakten zu unterscheiden.
505 25.2 · Onkologische Kennzeichen
a
b
c
d
Abb. 25.5a–d. Prostatabiopsie. a Perineurale Tumorinfiltration. b Lymphangioinvasion (D2-40 Markierung). c Tumorinfiltration von miterfasstem periprostatischem Fettgewebe. d Prostatische intraepitheliale Neoplasie (PIN) mit Darstellung der fragmentierten Basalzellschicht (Ma903Markierung). Unten links: Gleiches Areal mit starker Positivität für AMACR
Organüberschreitendes Tumorwachstum In Routinebiopsien sind gelegentlich periprostatisches Fett bzw. Samenblasengewebe mit Tumorbefall als Zeichen mindestens eines pT3-Stadium erkenntlich ( Abb. 25.5c).
Intraepitheliale prostatische Neoplasie Die prostatische intraepitheliale Neoplasie (PIN) ist der präkanzeröse Endpunkt einer Proliferation des sekretorischen Prostataepithels. In diesem proliferativen Kontinuum unterscheidet man 2 Formen: niedriggradige- (»low grade«) und hochgradige (»high grade«) PIN, um dem zunehmenden Ausmaß maligner Merkmale wie Fragmentation der Basalzellschicht, nukleären Atypien und Anstieg der proliferativen Aktivität Ausdruck zu geben. In den späten 1990-Jahren veröffentlichte Studien berichteten, dass Kontrollbiopsien bei Patienten mit High-grade-PINLäsionen in etwa 50% der Fälle den Nachweis eines Karzinoms ergaben. Nach neueren Untersuchungen scheint der Nachweis jedoch zumindest umschriebener high grade
PIN-Läsionen im Vergleich zu Biopsien mit unauffälligem Prostatagewebe nicht mit einer erhöhten Karzinomnachweisrate in Verlaufsbiopsien verbunden zu sein [27]. Ob Zusatzinformationen wie Angaben zur Ausdehnung und/ oder immunhistochemische Eigenschaften (z. B. AMACRPositivität) den karzinomprädikativen Wert verbessern können wird derzeit diskutiert ( Abb. 25.5d).
Atypische kleindrüsige Proliferate Der Nachweis atypischer kleindrüsiger Proliferate (»atypical small acinar proliferation« = ASAP) in Prostatabiopsien stellt ein diagnostisches Problem dar. Trotz moderner histopathologischer und immunhistochemischer Aufarbeitung ist ein solcher Befund zwar karzinomverdächtig, ein definitiver Karzinomnachweis ist jedoch nicht möglich. Verlaufsbiopsien bei derartigen Patienten ergeben jedoch in bis zu 60% einen Karzinomnachweis, weshalb eine Re-Biopsie dringend empfohlen werden soll [28–31].
25
506
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Prognostische Parameter im histopathologischen Befund von Stanzbiopsien der Prostata
Mit Karzinom assoziierte Läsionen
25
– ASAP = atypische, kleindrüsige Proliferate: karzinomverdächtige Drüsen, deren Malignität nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann – HGPIN = »high grade prostatic intraepithelial neoplasia«, optional: Angaben zur Ausdehnung (fokal vs. multifokal, Anzahl befallener Stanzen; uni oder bilateraler Befall)
Adenokarzinom der Prostata – Histologische Klassifikation – Gleason-Summe – Lokalisation und Ausbreitung des Tumors – Tumorausdehnung intraprostatisch – Ausmaß des Tumorbefalls – Lymphovaskuläre Invasion – Perineurale Invasion (wird nur erwähnt, wenn festgestellt) – T-Stadium – Organüberschreitendes Wachstum (wahrscheinlich pT3a) – Samenblasenbefall (wahrscheinlich pT3b)
Radikale Prostatektomie Am radikalen Prostatektomiepräparat stellt die Ermittlung der exakten Tumorausdehnung (pT-Stadium) einen wichtigen Prognosefaktor dar. Organüberschreitendes Wachstum ist hierbei definiert als Tumorausdehnung in das periprostatische Fettgewebe (pT3a) und/oder Infiltration der Samenblase(n) (pT3b). Der Nachweis einer Fettgewebsinfiltration konnte in mehreren Untersuchungen mit einer Prognoseverschlechterung assoziiert werden. Hierbei können durch die genauere Angabe des Ausmaßes der Fettinfiltration Subgruppen mit unterschiedlicher prognostischer Relevanz stratifiziert werden [32, 33]. Die korrekte Ermittlung der Ausdehnung der Fettgewebsinfiltration ist jedoch erschwert durch das Fehlen einer durchgängigen, histologisch klar definierten Prostatakapsel. Während in einigen Regionen eine fibröse oder fibromuskuläre kapselartige Abgrenzung nachweisbar ist, fehlt diese an anderen Stellen gänzlich. Hier können benigne Prostatadrüsen bis unmittelbar an den Organrand heranreichen. Aufgrund dieser anatomischen Gegebenheit bestehen deutliche untersucherabhängige Unterschiede in der Beurteilung eines extraprostatischen Tumorwachstums. Eine detaillierte Darstellung dieser Problematik findet sich bei Epstein et al. [32].
Am verlässlichsten kann die Diagnose eines extraprostatischen Tumorwachstums in der dorsolateralen sowie dorsomedialen Region der Prostata gestellt werden, wo ein extraprostatisches Tumorwachstum eindeutig anhand der Infiltration des hier nachweisbaren periprostatischen Fettgewebes belegbar ist. Erschwert wird die Diagnose in Fällen, in denen das extraprostatische Wachstum eine desmoplastische Bindegewebsreaktion des periprostatischen Gewebes induziert und so vielfach eine fehlende Fettgewebsinfiltration vortäuscht. Die hierdurch entstehenden Organkonturänderungen stellen eine zusätzliche Hilfe bei der Erkennung derselben dar. Neben den genannten Schwierigkeiten in der Diagnose des extraprostatischen Wachstums bestehen auch Uneinigkeiten hinsichtlich der Angabe der Ausdehnung [32, 33]. Als einfache, zwar subjektive, aber im klinischen Alltag praktikable Methode wurde die Unterteilung in »fokal« versus »nicht-fokal« vorgeschlagen, wobei »fokal« dem Nachweis einiger weniger extraprostatischer Tumordrüsen entspricht. Die tumoröse Infiltration der Samenblasen (Stadium pT3b), definiert als Tumorinfiltration der muskulären Samenblasenwand gilt als signifikanter negativer Prognosemarker [34]. Berichtete 5-Jahres-Progressionsfreiheitsraten von 5–60% weisen auf das Vorhandensein prognoserelevanter Subgruppen bei Samenblasenbefall hin. So konnte gezeigt werden, dass nur der Befall des extraprostatischen Samenblasenanteils mit einer deutlichen Prognoseverschlechterung einhergeht. Wohingegen der Befall lediglich des intraprostatischen Samenblasenanteils hingegen nicht mit einer Prognoseverschlechterung einher zu gehen scheint. Es wird daher von einigen Autoren diskutiert, ein Stadium pT3b nur im Falle eines Befalls des extraprostatischen Samenblasenanteils anzugeben [35]. Weitere klinisch relevante histolomorphologische Parameter am radikalen Prostatektomiepräparat werden im Folgenden besprochen.
Resektionsrandstatus Die Farbmarkierung des chirurgischen Resektionsrandes stellt eine wesentliche Hilfestellung für die korrekte histologische Randbeurteilung dar. Ein positiver (tumorbefallener) Resektionsrand (R1-Status) kann so als direkter Kontakt der Tumorzellen mit dem farbmarkierten Präparaterand definiert werden ( Abb. 25.6). Die prognostische Relevanz eines positiven Resektionsrandes wurde in zahlreichen Untersuchungen gezeigt [11, 32]. Im Gegensatz zu anderen Tumorentitäten gilt ein Tumorwachstum bis knapp an den farbmarkierten Resektionsrand heran nicht als tumorbefallener Resektionsrand, auch wenn die Distanz weniger als 0,1 mm beträgt [36, 37].
507 25.2 · Onkologische Kennzeichen
Lokalisation des Randbefalls: Ein positiver Randbefund in der Apexregion scheint, verglichen mit der Lokalisation am Blasenhals oder posterolateral mit einer schlechteren Prognose einher zu gehen [42].
Ausdehnung des Randbefalls: Verschiedene Untersuchungen konnten eine Bedeutung der Ausdehnung des Randbefalls (z. B. Anzahl der Gewebeblöcke mit Randbefall, Befall in Millimetern, »fokal« versus »ausgedehnt«) hinsichtlich der Prognose zeigen [32, 43–45].
Tumorlokalisation
Abb. 25.6. Positiver chirurgischer Resektionsrand: Adenokarzinom der Prostata mit Kontakt zum grün farbmarkierten chirurgischen Resektionsrand (Pfeile)
Karzinome der Transitionalzone gelten als prognostisch günstiger, verglichen mit denen der peripheren Zone [46]. Unter Berücksichtigung des pT-Stadiums, des Lymphknotenstatus sowie der Gleason-Summenwerte konnte jedoch eine unabhängige prognostische Relevanz nicht aufgezeigt werden [46].
Tumorvolumen Trotz der vermeintlich klaren histologischen Kriterien existieren potenzielle Fehlerquellen, die zu einem falschpositiven Randbefund führen können: Durch postoperative Manipulationen (z. B. Clipentfernung oder Entfernung von chirurgischem Nahtmaterial) können artifizielle Einrisse im Präparaterand gesetzt werden, in die sekundär Farbstoff läuft, so dass es hier fälschlicherweise zur Diagnose eines positiven Resektionsrandes kommt. Eine weitere potenzielle Fehlerquelle liegt in der verwendeten Apexpräparationstechnik im Rahmen der histologischen Präparataufarbeitung. Bei Anfertigung lediglich eines sehr dünnen Schnittes der Apexabsetzungsregion in koronarer Schnittführung (,,shave margin«) ist der Tumornachweis in diesem Schnitt als positiver Rand definiert. Tatsächlich kann der Tumor aber noch wenige Millimeter vom Resektionsrand entfernt sein, abhängig von der gewählten Dicke des angefertigten Schnittes. Die Aufarbeitung der Apexregion in sagittaler Schnittführung eliminiert diese Fehlerquelle. Trotz der allgemein anerkannten prognostischen Relevanz des Resektionsrandstatus, existieren histologische Kofaktoren mit Einfluss auf die prognostische Wertigkeit:
Malignitätsgrad: Bei Karzinomen mit einer GleasonSumme 6 ist ein Randbefall offensichtlich von geringer prognostischer Relevanz [11].
pT-Stadium: Einige Untersuchungen konnten zeigen, dass ein positiver Resektionsrand, bei pT2 Tumoren ohne prognostische Relevanz ist [38] oder zumindest mit einem deutlich geringeren Progressionsrisiko behaftet ist, verglichen zu R1-Patienten mit organüberschreitendem Tumorwachstum [39–42].
Es besteht eine positive Korrelation des Tumorvolumens sowohl mit dem Gleason-Grading, dem pT-Stadium, als auch dem Progressionsrisiko [47]. Unklarheiten bestehen jedoch in der täglichen Routine hinsichtlich der Angabe des Tumorvolumens im Einzelfall (prozentualer Tumoranteil am Gesamtorgan, maximaler Durchmesser des Indextumors oder Bestimmung des dreidimensionalen Tumorvolumen in cm3 [48–54]. Unklar ist weiterhin, ob das Tumorvolumen einen unabhängigen prognostischen Parameter darstellt [48, 53, 55–59]. Angesichts dieser noch offenen Fragen erscheint es sinnvoll, zumindest semiquantitative Aussagen zum Tumorvolumen zu treffen [35]. In unserer Klinik erfolgt zur weiteren prospektiven Abklärung der Bedeutung des Tumorvolumens für jeden Patienten die Erstellung einer Tumorkartierung am Prostatektomiepräparat. Dies erlaubt die einfache individuelle Bestimmung des Tumordurchmessers am Indextumor sowie die Bestimmung des prozentualen Tumoranteils am Gesamtorgan ( Abb. 25.7).
Gleason-Grad 4/5 Stamey et al. führten das Tumorvolumen und den prozentualen Anteil an niedrig differenzierten GleasonGrad-Anteilen (Gleason-Grade 4/5) als Näherungswert an die Tumorausdehnung ein [48]. Sie zeigten, dass das Tumorvolumen und der Anteil an niedrig differenzierten Tumoranteilen (Gleason-Grade 4/5) unabhängig mit dem biochemischen Rezidiv assoziiert sind. Eine aktuelle Arbeit mit 780 Patienten bestätigt die Ergebnisse von Stamey [60]. Das planimetrische erfasste Gesamt-Tumorvolumen sowie der prozentual Anteil von Gleason-4/5Anteilen waren statistisch unabhängige Prädiktoren für
25
508
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Apex li
Apex re LA1 RA1 LP1 RP1
Samenblase re
Samenblase li
25
LA2 RA2 LP2 RP2
D. deferens li
LA3 RA3 LP3 RP3
D. deferens re
LA4 RA4 LP4 RP4
Basis li
Abb. 25.7. Tumorkartierung nach histologischer Untersuchung des vollständig eingebetteten radikalen Prostatektomiepräparates (Karzinom = rot).
Basis re
LA5 RA5 LP5 RP5
Pathologie UKE
einen positiven chirurgischen Absetzungsrand und das biochemische Rezidiv. Darüber hinaus verbesserten beide Parameter jeweils die prädiktive Genauigkeit des Gesamtmodells statistisch signifikant.
Gefäßbefall In mehreren Untersuchungen konnte die Bedeutung des tumorösen Gefäßbefalls als unabhängiger Prognosefaktor im Prostatektomiepräparat gezeigt werden [24–26]. Dies gilt jedoch vornehmlich für große (≥4 mm3) und lokal fortgeschrittene Tumoren. Die Wertung der Ergeb-
2 cm
nisse ist auch hier aufgrund der nicht standardisierten Untersuchungsmethoden (z. B. unterschiedliche Zahl an untersuchten Schnittpräparaten, unterschiedliche Antikörper, Untersuchung unterschiedlicher Risikogruppen) erschwert. Somit stehen abschließende Aussagen zur Wertigkeit des Gefäßbefalls noch aus.
Perineurales Tumorwachstum Die sorgfältige histologische Untersuchung des Prostatektomiepräparates ergibt in den allermeisten Fällen den Nachweis perineuralen Tumorwachstums. Dennoch liegen
509 25.2 · Onkologische Kennzeichen
Untersuchungen vor, die von einer prognostischen Relevanz des perineuralen Tumorwachstums berichten [61, 62]. In Multivariatanlysen konnte jedoch keine unabhängige prognostische Relevanz gezeigt werden [24, 63–65].
Routinemäßig am Prostatektomiepräparat erhebbare Parameter von prognostischer Relevanz
histologischer Tumortyp
Gleason-Grad
extraprostatisches Tumorwachstum mit Aussagen zur Ausdehnung
Samenblasenbefall
Randstatus mit ergänzendem Kommentar zu
Ausdehnung, Lokalisation und Begleitkonstellation (in Areal mit extraprostatischem Wachstum oder iatrogen) Tumorlokalisation Tumorgröße Gefäßbefall Tumorausdehnung (pTNM)
Lymphknotenbefall Die generelle negative prognostische Relevanz tumorbefallener pelviner Lymphknoten gilt als allgemein akzeptiert [66]. Unklar ist jedoch, ob mittels zusätzlicher Parameter eine Stratifizierung der lymphknotenpositiven Patienten anhand zusätzlicher Parameter in prognostisch relevante Subgruppen möglich ist. Eine Gleason-Graduierung der Metastasen ist diesbezüglich, wie in einer Untersuchung von Chen et al. gezeigt nicht von Relevanz [67]. Widersprüchliche Daten liegen hinsichtlich der Anzahl befallener Lymphknoten, der Metastasengröße und dem Vorhandensein eines die Lymphknotenkapsel überschreitenden Metastasenwachstums vor [66, 68–71]. Aufgrund der unklaren Datenlage wird im Allgemeinen nur eine Angaben zur Anzahl der tumorbefallenen Lymphknoten gemacht. Zusammenfassende Bewertung Die gründliche histopathologische Routineuntersuchung von Biopsie und Prostatektomie kann zahlreiche Parameter liefern, die zu einer genaueren Tumorcharakterisierung und somit einer genaueren Risikobeurteilung beitragen können. Durch Integration dieser Faktoren in bestehende Nomogramme ist auch eine verbesserte Risikoabschätzung für den individuellen Patienten möglich [72, 73]. Weitere Anstrengungen insbesondere in der Standardisierung der histologischen Präparatebeurteilung sind jedoch wünschenswert, um den Informationsgewinn zu optimieren.
25.2.3 Vorhersagemodelle: klinische
Entscheidungshilfen Ein exaktes präoperatives Staging ermöglicht die Planung einer adäquaten stadiengerechten Therapie. Zudem sind Modifikationen der gewählten Therapiemaßnahme wie z. B. die ein- bzw. beidseitige Nerverhaltung bei radikaler Prostatektomie sicherer plan- und durchführbar [31]. Einen wesentlichen Beitrag zur genaueren Risikostratifizierung hat die Einführung von prädiktiven statistischen Modellen (z. B. Nomogramme, Partin-Tables oder neuronale Netzwerke) geleistet. Sie basieren auf einer Kombination von leicht zugänglichen und standardisierten klinischen und pathologischen Parametern (präoperativer PSA-Wert, Gleason-Grad in der Biopsie, klinisches Stadium). Unterschiedliche Modelle haben sich fest in der klinischen Routine bewährt. Sie sind in der Lage, unterschiedliche Endpunkte vom Biopsieergebnis bis hin zum karzinombedingten Tod vorherzusagen. Jedoch haben auch diese Methoden durch mehrere Fehlerquellen ihre Limitation erreicht. So kommt es z. B. häufig zu einem Unter- oder Übergrading bzw. -staging der Tumoren in den Prostatabiopsien. Weiterhin sinkt der prädiktive Wert dieser Modelle gerade in Screeningpopulationen durch die sinkende Korrelation des PSA zum Tumorvolumen. Hier erwartet man einen deutlichen Fortschritt in der Therapieplanung durch die Etablierung molekularer Marker. In einer jüngeren Studie konnte bereits gezeigt werden, dass durch eine Kombination von klinischen und molekularen Daten in Nomogrammen eine bessere Vorhersagekraft erzielt werden kann [33]. Trotz der Vorteile eines Vorhersagemodells können diese nicht dazu dienen, die klinische Einschätzung zu ersetzen. Im Gegenteil, der Kliniker stellt die Wertigkeit der Vorhersagen in den komplexen Zusammenhang aller Vor- und Nachteile unter Berücksichtigung von Komorbidität, Alter oder natürlicher Lebenserwartung. Im Speziellen haben sich sog. Nomogramme bewährt, welche auf multivariaten Regressionsmodellen basieren. Specht et al. konnten zeigen, dass Nomogramme genauere Vorhersagen treffen können als Experten [34]. Dieses Ergebnis wird noch deutlicher, wenn klinische Vorhersagen durch weniger geschulte Kliniker berücksichtigt würden. Zusätzlich sind Kliniker, im Gegensatz zu Computern, nicht in der Lage, systematisch und kumulativ Risikocharakteristika so zu betrachten, dass eine Quantifizierung des Risikos des jeweiligen Outcome für jeden neuen Fall möglichst exakt vorgenommen werden könnte. Die klinische Arbeit nachhaltig beeinflusst haben die sog. Partin-Tafeln zur Abschätzung des präoperativen pathologischen Stadiums. Als Basis für die Vorhersage dienen dabei die Informationen von präoperativem PSA-
25
510
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Wert, klinischem Stadium und bioptischem GleasonGrad, die an 4133 Patienten nach radikaler Prostatektomie gewonnen wurden [35]. Die Validierungsanalyse zeigte eine allgemeine prädiktive Genauigkeit von 72,4% sowie von 67,3% für die Vorhersagen eines organbegrenzten Stadiums, von 59,6% für ein extraprostatisches Wachstum, von 79,6% für eine Samenblaseninfiltration und von 82,9% für eine Lymphknoteninfiltration. Graefen et al. und Augustin et al. demonstrierten in ihren externen Validierungsstudien, dass die Anwendbarkeit und prädiktive Genauigkeit der Partin-Tafeln eine gute Übereinstimmung mit den Originalarbeiten ergab [36, 37]. Hieraus kann abgeleitet werden, dass die Anwendung der Partin-Tafeln bei europäischen Patienten ohne Einbuße in der prädiktiven Genauigkeit sicher und zuverlässig ist. Trotz der weiten Verbreitung und der guten prädiktiven Genauigkeit der Partin-Tafeln oder anderer Vorhersagemodelle werden verbesserte Vorhersageparameter benötigt, um noch genauere Vorhersagen treffen zu können.
25.2.4 Molekulare Biomarker beim
Prostatakarzinom Einleitung Durch die oben vorgestellten klinischen Nomogramme konnten große Fortschritte im klinischen Management des Prostatakarzinoms erzielt werden. Die prädiktive Signifikanz dieser Modelle wird jedoch durch die zugrundeliegenden klinischen Parameter limitiert. Die niedrige Spezifität des PSA, subjektive Festlegung des klinischen Stadiums sowie die Gleason-Klassifizierung von Prostatabiopsien stellen gerade in präoperativen Nomogrammen unsichere Variablen dar. Weiterhin geben auch die besten klinischen Nomogramme keine Informationen über den natürlichen Krankheitsverlauf des Prostatakarzinoms, um z. B. Patienten mit klinisch indolenten Tumoren zu identifizieren. Das Ziel von molekularen Markern ist es, das biologische Verhalten eines Tumors auf den Ebenen vorherzusagen auf denen die biologischen Prozesse einer Zelle gesteuert werden (Genom, Epigenom, Transkriptom, Proteom). Die zugrundeliegende Hypothese ist, dass biologische Prozesse, die zu einem relevanten Tumorprogress (Metastasierung, Tod) führen, auf molekularer Ebene detektierbar sind. Nach heutigem Wissensstand setzt z. B. der klinisch signifikanteste Schritt einer Tumorerkrankung, die Metastasierung, eine komplexe Abfolge von zellulären Prozessen wie Invasion, Überleben in der Blutoder Lymphbahn, Extravasation, Adhäsion, Proliferation und Vaskularisierung voraus. Es bestehen Hinweise, dass die Fähigkeit zur Metastasierung bereits im Primärtumor
ausgebildet wird und hier auch detektiert werden kann [38–40]. Es gilt nun, diese molekularen Prozesse zu identifizieren und für die klinische Routine zu nutzen.
Identifikation von Biomarkern Ein guter prognostischer Marker sollte reproduzierbar mit robusten, allgemein zugänglichen Nachweismethoden gemessen werden können und eine stabile Assoziation zur biologischen Charakteristik des Tumors aufweisen. Zur Ermittlung ihrer klinischen Signifikanz müssen die potenziellen Marker multivariat an Patientenkollektiven mit adäquatem Follow-up und einer suffizienten Zahl von klinisch bedeutenden Ereignissen (Rezidiv, Metastasen, Tod) auf die Vorhersage der relevanten Endpunkte (Therapieresponse, Rezidiv und krankheitsspezifisches Überleben) getestet werden. Die meisten molekularen Tumorstudien wurden auf DNA- (molekulare Zytogenetik) und Proteinebene (Immunhistochemie) durchgeführt, da diese Methoden gut an langzeitasseviertem Gewebe durchführbar sind. Die großen Projekte der Genomforschung, allen voran das humane Genomprojekt, machten die Entwicklung neuer Technologien zur Hochdurchsatzanalyse biologischer Proben erforderlich. In erster Linie handelte es sich hierbei um Methoden zum Screening nach neuen chromosomalen und Genexpressionsmarkern: DNAMicroarrays sind heute aus der Forschung nicht mehr wegzudenken. Nach einer der ersten Studien mit Prostatagewebe [3] sind mehr als 40 Publikationen erschienen, die DNA-Microarrays für die Analyse klinischer Prostataproben nutzten, darunter normales Prostatagewebe, PIN, Tumoren mit verschiedenen Gleason Einteilungen und BPH [4–8]. Trotz der Heterogenität der Tumoren zeichnen sich hieraus Konsensus-Signaturen von differenziell exprimierten Genen ab, die gegenwärtig näher funktionell charakterisiert und auf ihren Zusammenhang mit der Bildung und Progression des Prostatakarzinoms überprüft werden. Im Jahre 2005 gelang die Identifizierung der TMPRSS2/ERG-Genfusion, die sich inzwischen als eine der wichtigsten Genveränderungen beim Prostatakarzinom herausgestellt hat [9]. Durch die Fusion gerät die Expression des onkogenen Transkriptionsfaktors ERG unter die Kontrolle des androgenregulierten TMPRSS2Gens, das für eine Serinprotease kodiert. Zwischen 40 und 60% der Prostatakarzinompatienten tragen das Fusionsgen [9], dessen Expression mit einer ungünstigen Prognose assoziiert ist [10]. TMPRSS2/ERG kann mit Recht als eine der spektakulärsten Entdeckungen in der klinischen Forschung der letzten Jahre angesehen werden. Dass diese Entdeckung vollständig auf einer in-
511 25.2 · Onkologische Kennzeichen
telligenten Analyse von genomweiten Microarray-Daten beruht zeigt, dass sich die Genomforschung längst weg von »fishing expeditions« in ihrer Anfangsphase und hin zu einer zentralen Bedeutung für die biomedizinische Forschung entwickelt hat. In ähnlicher Weise wurden mit DNA-Arrays auch Veränderungen in der Kopienzahl (Amplifikationen/Deletionen) von ganzen Chromosomen oder chromosomalen Regionen bei Prostatakarzinompatienten nachgewiesen [11, 12]. Am Beispiel der TMPRSS2/ERG-Genfusion wird deutlich, dass die Entdeckungen neuer molekularer Veränderungen alleine keinen Fortschritt im klinischen Management von Tumorerkrankungen hervorbringen. Erst die klinische Validierung kann zeigen, ob ein Fortschritt im klinischen Alltag zu erwarten ist. Die TMPRSS2/ERGGenfusion wird derzeit erfolgreich in zahlreichen Studien als potenzieller neuer diagnostischer und prognostischer Serum und Urinmarker untersucht [13]. In jüngerer Zeit ist es durch die Array-Technologie möglich geworden auch kleinere Amplifikationen von chromosomalen Regionen und Genen zu identifizieren. Derartige Befunde lassen sich wiederum mit Hilfe unabhängiger Microarray-Datensätze validieren [14]. Schließlich setzt sich – bedingt durch die Daten aus der Genomforschung – die Erkenntnis durch, dass Spleißvarianten [15] und miRNAs bei der Tumorentstehung und -progression wichtige Rollen spielen. Neben der Nukleinsäureexpression hat die Proteinanalytik von biologischen Proben in jüngerer Zeit erheblich an Dynamik gewonnen [16]. So ist es durch die Technologie der Proteinarrays möglich, die Expression und Modifikation von Proteinen in Patientenproben quantitativ zu bestimmen. Erste Anwendungen haben diese Methoden bereits bei der Detektion von Tumor-spezifischen Proteinen in Patientenseren gefunden [17]. In Zukunft wird sich das Spektrum der Anwendungen auf die Analyse des Aktivierungsstatus zentraler Signaltransduktionswege in Gewebeproben ausweiten [18]. Durch die Entwicklung neuester Sequenziertechnologien rückt die Möglichkeit der Sequenzierung ganzer Genome in greifbare Nähe. Es kann erwartet werden, dass viele molekulare Analysen, z. B. Mutationsscreening, Kopienzahl-Variation, Promotermethylierung sowie Gen-, Splicing- und miRNA-Expressionsprofilierung, in einigen Jahren nur noch mit Hilfe der Hochdurchsatzsequenzierung durchgeführt werden. Dies wird eine wesentlich verbesserte standardisierte Probenanalytik ermöglichen, die für die Gewinnung quantitativer Daten auf dem Weg zu einer Systembiologie des Prostatakarzinoms dringend erforderlich ist. Limitationen erreichen diese modernen Hochdurchsatzmethoden durch die aufwändige Interpretation ihrer
enormen Datenmengen und die Notwendigkeit von speziell asserviertem Probenmaterial. Prospektiv für diese Analysetechniken asservierte Tumorkollektive sind jedoch von der Tumoranzahl limitiert und verfügen meist über ein kurzes Follow-up.
Klinische Validierung von Biomarkern Für eine aussagekräftige klinische Validierung ist es notwendig, molekulare Veränderungen an statistisch robusten Patientenkollektiven auf ihre Korrelation mit klinisch relevanten Endpunkten zu testen. Die klinischen Endpunkte müssen klar definiert sein und den zu erwartenden Verlauf der Prostatakarzinomerkrankung mit und ohne Therapie widerspiegeln. Im vergangenen Jahrzehnt wurden, wie schon Oben beschrieben, bereits zahlreiche statistische Vorhersagemodelle (Nomogramme, neuronale Netzwerke, Partin-Tabellen) zur Vorhersage nahezu aller relevanten klinischen Endpunkte vom Biopsieergebnis bis hin zum karzinombedingten Tod entwickelt (zusammengefasst in [19]). Diese Modelle zeigen je nach untersuchtem Endpunkt eine Vorhersagegenauigkeit (»predictive accuracy«) von 73–84% [19]. Hierbei konnten sich als unabhängige Variablen einzig klassische klinisch-pathologische Parameter (PSA, PSA Dynamik, Tumorstadium und Gleason-Grading) durchsetzen. Die prädiktive Signifikanz dieser Modelle wird jedoch durch die zugrundeliegenden klinischen Parameter limitiert. Weiterhin geben auch die besten klinischen Nomogramme keine Informationen über den natürlichen Krankheitsverlauf des Prostatakarzinoms, um z. B. Patienten mit klinisch indolenten Tumoren zu identifizieren. Hier erwarten wir einen deutlichen Fortschritt in der Therapieplanung durch die Nutzung neuer molekularer Marker. Voraussetzung hierfür ist jedoch die Fähigkeit der entsprechenden Marker die Vorhersagegenauigkeit bereits etablierter Vorhersagemodelle auch tatsächlich zu verbessern. Für die entsprechenden Untersuchungen ist es erforderlich, molekulare Veränderungen an tausenden Patientenproben zu untersuchen, wozu es standardisierter Analysemethoden und umfangreicher Biobanken bedarf. Hier hat sich die Tissue-microarrayTechnik (TMA) als wertvolles Werkzeug durchgesetzt [20–23]. Diese Technik erlaubt simultane Analysen von mehreren tausend paraffinfixierten Tumorproben mittels Immunhistochemie oder FISH-Analysen in einem einzelnen Experiment. Hierdurch kann auf sehr große Tumorkollektive mit langem Follow-up zurückgegriffen werden. Weiterhin wird durch die standardisierten und simultanen Analysen eine sehr gute Vergleichbarkeit garantiert.
25
512
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Klinisch relevante molekulare Biomarker beim Prostatakarzinom
25
Über 10.000 publizierte Studien haben bisher zahlreiche viel versprechende molekulare Marker für das Prostatakarzinom hervorgebracht von denen sich jedoch bisher keiner in der klinischen Routine durchgesetzten konnte. Erklärungen für dieses ernüchternde Ergebnis sind die zu geringen Stichprobengrößen und fehlendes Follow-up der meisten molekularen Studien, nicht standardisierte Versuchsprotokolle und subjektive Auswertekriterien [24]. Die meisten Studien weisen nur kleine Patientenkollektive (n<100 Patienten) auf und wenige Studien haben die identifizierten molekularen Daten mit klinischen Endpunkten korreliert [24]. Selbst viel versprechende Biomarker aus hochpublizierten Studien wurden weder von den Autoren noch von anderen Gruppen an größeren Patientenkollektiven weiterverfolgt. Es ist zudem sehr wahrscheinlich, dass viele wichtige Prozesse in der Tumorbiologie des Prostatakarzinoms noch nicht vollständig entschlüsselt sind. Hier setzen wir große Hoffnungen in die Entwicklung neuer Methoden, welche uns neue Einblicke in das molekulare Netzwerk von Tumorerkrankungen geben werden. Die große Herausforderung der nächsten Jahre besteht daher in der sinnvollen klinischen Validierung dieser Datenmengen an großen Patientenkollektiven mit klinisch relevanten Endpunkten.
25.3
Screening und Früherkennung
Ch. Börgermann, H. Loertzer, H.-J. Luboldt, P. Fornara Hinweis
I
I
Populations basiertes Screening zur Detektion eines Prostatakarzinoms ist definiert als eine Untersuchung asymptomatischer, aber potenziell gefährdeter Männer. Prostatakarzinomscreening wird normalerweise im Rahmen von Studien angeboten und durchgeführt. Dabei geht die Initiative zur Untersuchung vom Untersucher selbst aus. Im Gegensatz dazu geht die Initiative zur Früherkennung, auch opportunistischen Screening genannt, vom Patienten aus. Der Stellenwert des Screenings beim Prostatakarzinom ist derzeit, im Gegensatz zu anderen Tumorentitäten, nicht bewiesen.
Die Effektivität des Screening beim Prostatakarzinom ist derzeit unbewiesen. International besteht Übereinstimmung darüber, dass die Effektivität nur dann bewiesen ist, wenn ein kausaler Zusammenhang zwischen Frühdetektion und Verminderung der Sterblichkeit schlüssig mit
akzeptabler Lebensqualität und Kosteneffektivität festgestellt werden kann. Zur Evaluation der Effektivität des Prostatakarzinom-Screenings werden 2 große randomisierte Studien durchgeführt. In den USA die PLCO (Prostate, Lung, Colorectal and Ovary) Studie und in Europa die ERSPC (European Randomized Screening for Prostate Cancer) Studie (De Koning et al. 2002). Abschließende Ergebnisse dieser beiden Studien bezüglich des Unterschiedes der Mortalitätsrate des Prostatakarzinoms zwischen dem Screening- und Kontrollarm stehen aus. Folglich kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend entschieden werden, ob Populations basiertes Screening des Prostatakarzinoms sinnvoll sein wird. Dennoch besteht weitgehender Konsens, dass man heutzutage gut informierten Männern die Früherkennung des Prostatakarzinoms mittels PSA-Test (prostataspezifisches Antigen) und digital-rektaler Untersuchung nicht verweigern sollte (Schmid et al. 2004).
25.3.1 Aktueller Stand der Früherkennung
Das Prostatakarzinom ist eine Erkrankung des höheren Lebensalters und tritt selten vor dem 50. Lebensjahr auf (Pienta 1997). In den USA ist das Prostatakarzinom mit 33% die häufigste neu diagnostizierte Tumorentität und die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache (10%) bei Männern. Pro Jahr werden etwa 230.000 neue Fälle diagnostiziert und 30.000 Patienten sterben an ihrem Prostatakarzinom (American Cancer Society 2005). In Deutschland finden sich vergleichbare Zahlen, jährlich sterben etwa 12.000 Patienten an einem Prostatakarzinom (Statistisches Bundesamt 2009). In Zukunft wird die Problematik der Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms dramatisch zunehmen. Bis zum Jahr 2050 wird der Anteil der über 60-Jährigen in der Bevölkerung auf 28 Millionen anwachsen (37%) und somit doppelt so hoch sein wie heutzutage. Hinweis
I
I
Problematik der Früherkennung
Eine kurative Behandlung des Prostatakarzinoms ist ausschließlich im organbegrenzten Stadium möglich (Walsh et al. 1994). Da das Prostatakarzinom erst in fortgeschrittenen, zumeist metastasierten Stadien, durch eine klinische Symptomatik evident wird, muss die Früherkennung dieses zuvor im lokal begrenzten Stadium detektieren. Andernfalls würden die Patienten trotz aggressiver Therapie in kurativer Intention einen Progress erleiden.
513 25.3 · Screening und Früherkennung
Eine Besonderheit dieser Tumorentität ist seine Erscheinungsform als latenter bzw. insignifikanter Tumor, der den Patienten zu Lebzeiten nicht beeinträchtigt. Ein heilender Therapieansatz würde für diese Patienten eine Übertherapie bedeuten.
Das Prostatakarzinom hat unbehandelt einen langsamen natürlichen Verlauf, so dass nur Männer mit einer Lebenserwartung von 10–15 Jahren von einer kurativen Therapie profitieren würden (Aus et al. 1995).
Somit gehen alle Bemühungen in der Karzinomdiagnostik dahin, lokal begrenzten Tumoren bei asymptomatischen Männern mit einer Mindestlebenserwartung von 10–15 Jahren zu erkennen. Dabei sollen die latenten Karzinome nicht diagnostiziert werden. Nach interdisziplinärem Konsens (Fachgesellschaften 2002) wird eine jährliche Früherkennungsuntersuchung mittels digital-rektaler Untersuchung und Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) ab dem 50. Lebensjahr empfohlen, bei positiver Familienanamnese ab dem 45. Lebensjahr. Dabei sollen Serum-PSA-Werte ab einem Schwellenwert größer 4 ng/ml bzw. suspekte rektale Tastbefunde weiter durch eine sonographisch gesteuerte Sextantenbiopsie abgeklärt werden ( Abb. 25.8).
25.3.2 Untersuchungsverfahren in der
Früherkennung des Prostatakarzinoms Digital-rektale Untersuchung Die digital-rektale Untersuchung (DRU) der Prostata ist ein grundlegendes und kostengünstiges Untersuchungsverfahren in der Früherkennung des Prostatakarzinoms. Sie wird seit Einführung der gesetzlichen Früherkennung in Deutschland 1971 empfohlen. Allerdings muss die Leistungsfähigkeit der DRU kritisch hinterfragt werden. So beschreibt Smith (Smith et al. 1995) die Interuntersuchervariabilität selbst in ausschließlich urologischer Hand als allenfalls ausreichend. Es werden maximal 10–15% der Prostatakarzinome mit einem PSA-Wert kleiner als 4 ng/ ml durch die DRU entdeckt (Luboldt et al. 2000a). Trotz der geringen Detektionsrate ist gerade für PSA-Werte von kleiner als 4ng/ml der Positiv-Prädiktive-Wert ausreichend hoch, da diese Karzinome zum größten Teil die Kriterien eines klinisch signifikanten Tumors erfüllen und ohne die digital-rektale Untersuchung übersehen würden (Carvalhal et al. 1999). Ein weiters Manko ist, dass bei suspekten Tastbefunden, unabhängig vom PSA-Wert, bereits rund 40% der Karzinome die Organgrenze überschreiten
Abb. 25.8. Diagnosealgorithmus beim Prostatakarzinom
(Luboldt et al. 2000b) und somit potenziell nicht mehr kurativ therapierbar sind. Andere Autoren geben sogar Zahlen für ein organüberschreitendes Wachstum von bis zu 70% an (Catalona et al. 1993; Gann et al. 1995). Im Rahmen der ERSPC-Studie wurde initial die Indikation zur Biopsie bei PSA-Werten von größer als 4 ng/ml bzw. bei suspektem Tast- oder transrektalem Ultraschallbefund (TRUS) gestellt. Dabei wären bei 10.523 Männern im Screeningarm 57 (12,1%) Karzinome nicht entdeckt worden, wenn man auf die DRU bei PSA-Werten kleiner als 3 ng/ml verzichtet hätte. Eine gleichzeitige Absenkung des PSA-Schwellenwertes zur Biopsie auf 3ng/ml würde zu 43 (9,1%) neu entdeckten Karzinomen führen. ( Tab. 25.5). Aufgrund dieser Beobachtung wurde im Februar 1997 das Protokoll dahingehend verändert, dass die Biopsieindikation ab einem PSA-Wert von 3ng/ml gestellt
25
514
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.5. DRU im PSA-Bereich <4 ng/ml
25
PSA (ng/ml)
PPW (%)
Detektionsrate (%)
Sensitivität
Spezifität
0–0,9
4
0,2
21
94
1,0–1,9
10
0,3
24
92
2,0–2,9
11
1,1
14
91
3,0–3,9
33
4,8
39
98
Von 10.523 Patienten des Screeningarms hatten 7055 einen PSA-Wert von <4 ng/ml. Es wurden 473 Prostatakarzinome gefunden. Würde man bei einem PSA-Wert von <3 ng/ml auf die DRU/TRUS verzichten, so würden 57 Karzinome nicht entdeckt. Eine gleichzeitige Absenkung des PSA-Schwellenwertes auf 3 ng/ml würde 43 zusätzlich entdeckte Prostatakarzinome bedeuten. Dies führt zu einer drastischen Reduktion der falsch-negativen Biopsieindikationen.
Tab. 25.6. Biopsieindikation und Karzinomfindung: PSASchwellenwert 4,0 (n=8612) und 3,0 ng/ml (n=7943). (Nach Schröder et al. 2001) Variable
DRU/TRUS + PSA 4 ng/ml
PSA 3 ng/ml, keine DRU/TRUS
p
A: Männer (n)
8612
7943
–
B: DRU/TRUS (n)
8612
1302
<0,001
C: Biopsien PSA 3,0–3,9 ng/ml (n)
642
534
0,07
D: Biopsien gesamt (n)
2365
1552
<0,001
Diagnostizierte Karzinome E: PSA 3,0– 3,9 ng/ml (n)
41
96
0,32
F: gesamt (n)
430
377
0,47
PPW – gesamt (F/D)
18,2
24,3
<0,001
PPW – PSA 3,0– 3,9 ng/ml (E/C)
6,4
18,0
<0,001
wurde, ohne dass eine DRU oder ein TRUS durchgeführt wurde. Dabei blieb die Detektionsrate mit 5,0 bzw. 4,7 in beiden Screeningregimen nahezu konstant. Der PPW stieg von 18,2% auf 24,3% im neuen Screeningregime an. Die Anzahl der Biopsien um ein Prostatakarzinom zu identifizieren sank von 5,2 auf 3,4 (Schröder et al. 2001). Die Ergebnisse sind in Tab. 25.6 zusammengefasst. In einer von Nagler erschienen Arbeit wurde gezeigt, dass die DRU für viele Männer eine ernsthafte Barriere für die Teilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung zum Prostatakarzinom darstellt. Während die Bereitschaft für ein ausschließlich PSA-basiertes Screening bei 100% lag, entschieden sich nur noch 78% der Patienten
für das Screening, wenn dieses eine DRU beinhaltete (Nagler et al. 2005) Zusammenfassende Bewertung Eine endgültige Bewertung des Stellenwertes der digital-rektalen Untersuchung im Rahmen der Früherkennung beim Prostatakarzinom kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gegeben werden. Dennoch erscheint in Anbetracht der aktuellen Datenlage die DRU für Männer mit PSA-Werten kleiner als 1ng/ml entbehrlich. Auf der einen Seite ist der PPW mit 4% sehr niedrig und auf der anderen Seite würde man vielen Männern, die für sie als abschreckend empfundene Untersuchung, ersparen. Dem steht die klinische Erfahrung gegenüber, dass einzelne Patienten eben doch von der DRU profitieren.
Transrektaler Ultraschall Die Untersuchung der Prostata mit Hilfe des transrektalen Ultraschalls ist aufwändiger und kostenintensiver im Vergleich zur DRU. Des Weiteren ist er nicht flächendeckend verfügbar. Der Enthusiasmus, dass der der transrektale Ultraschall durch Darstellung echoarmer Areale in der Prostata die Früherkennung des Prostatakarzinoms verbessern kann, hat sich nicht bestätigt. Mehrere Studien konnten in der Vergangenheit die Unfähigkeit des TRUS, lokalisierte Prostatakarzinome zu identifizieren, belegen (Ellis et al. 1994; Flanigan et al. 1994). Der limitierende Faktor des TRUS ist einerseits, dass die meisten echoarmen Areale keinen Tumor repräsentieren und andererseits, dass 50% der nicht tastbaren Karzinome von mehr als 1 cm Durchmesser nicht sichtbar sind (Carter et al. 1989). Mit der Weiterentwicklung des Ultraschalls werden in jüngerer Vergangenheit Versuche unternommen, die Sensitivität und Spezifität des TRUS zu verbessern. Ein Ansatz ist die kontrastmittelverstärkte Dopplersonographie, der sog. Power-TRUS. Tab. 25.7 gibt einen Überblick über den Power-TRUS im Vergleich zum konventionellen B-Bild.
515 25.3 · Screening und Früherkennung
Tab. 25.7. Sensitivität und Spezifität des Power-TRUS im Vergleich zum konventionellen TRUS in der Unterscheidung zwischen Prostatakarzinom und benigner Prostatahyperplasie (BPH) Autor/Jahr
Sensitivität [%]
Spezifität [%]
n
Konventionelles B-Bild
77
60
Halpern/2005
70
80
301
Frauscher/2003
53
72
72
Halpern/2001
65
80
251
Bogers/1999
85
80
18
Bree/1998
54
78
17
Die Daten zeigen eine leichte Verbesserung der Spezifität, so dass dieses Verfahren zurzeit keinen signifikanten Vorteil gegenüber der konventionellen Sonographie besitzt, zumal seine Durchführung aufwändiger ist. Ein weiterer Ansatz ist der durch Loch (Loch et al. 2000, 2004) publizierte cTRUS. Hier werden mit Hilfe der artifiziellen neuronalen Netzwerkanalyse (ANNA) transrektale Ultraschallbilder mit den korrespondierenden postoperativen histopathologischen Großflächenschnitten korreliert. Dadurch ist ein Computer in der Lage, subvisuelle Informationen durch farbliche Markierungen sichtbar zu machen. Der Autor erreicht damit eine Karzinomtrefferrate von 97%. Dieses Verfahren wird allerdings zurzeit nur monozentrisch eingesetzt und zwar nur zur Durchführung einer Biopsie. Ob der cTRUS die Früherkennung des Prostatakarzinoms im Rahmen der Primärdiagnostik verbessern kann, ist zurzeit nicht untersucht und scheint aufgrund des technischen Aufwandes nicht praktikabel. Ein weitere Versuch, die Ergebnisse zu verbessern, ist die Elastographie. Hier kann der TRUS Gewebe unterschiedlicher Elastizität farblich kodieren. In der Theorie würde man in Tumorarealen eine verminderte Elastizität erwarten. Bisher sind die Ergebnisse enttäuschend (Eggert et al. 2008) Unabdingbar ist die transrektale Sonographie für die Bestimmung des Prostatatvolumens, da weder die digitale Größenschätzung noch die Volumetrie durch transvesikale Sonographie genügend genau sind (Blanc et al. 1998; Roehrborn et al. 2001). Mit Hilfe des Prostatavolumens kann der PSA-Prostatavolumenqotient, kurz PSA-Dichte, berechnet werden, der als Hilfsparameter in der Diskreminierung zwischen Prostatakarzinom und BPH dienen kann. Die wichtigste Rolle kommt dem TRUS bei der Stanzbiopsie der Prostata zu. Er ermöglicht zum einen eine
systematische Entnahme der Stanzzylinder als auch die Punktion suspekter Areale. Zusammenfassende Bewertung Der transrektale Ultraschall (TRUS) stellt in seiner heutigen Form kein sinnvolles Instrument in der Früherkennung des Prostatakarzinoms dar, da seine Sensitivität und Spezifität in der Entdeckung von Tumoren zu gering ist. Die besondere Bedeutung des TRUS liegt in der exakten Bestimmung des Prostatavolumens und der sonographisch gesteuerten Stanzbiopsie der Prostata.
Stanzbiopsie der Prostata Eine stanzbioptische Abklärung der Prostata ist nach den bestehenden Leitlinien bei auffälliger DRU und/oder einer unklaren PSA-Erhöhung über 4 ng/ml indiziert, insofern die mögliche Diagnosestellung hinsichtlich Lebenserwartung und Lebensqualität zu therapeutischen Konsequenzen führt. Allgemeiner, international etablierter Standard ist die Durchführung einer transrektalen, ultraschallgesteuerten Stanzbiopsie der Prostata. Dabei werden in Abhängigkeit des Organvolumens mindestens je 3 Biopsien aus verschiedenen Stellen beider Prostataseitenlappen entnommen (Brawer et al. 1997). Die Entnahme muss unter Antibiotikaschutz erfolgen, bevorzugt mit einem Gyrasehemmer. Beschriebene Komplikationen stellen die Hämaturie (bis zu 58%), die nach maximal 12 Tagen abklingt, die Hämospermie (in ca. 28% der Fälle), die bis zu 1 Monat persistiert und uroseptische Zustände (4% der Fälle) dar (Collins et al. 1993). Die teilweise praktizierte Technik der perinealen Biopsie der Prostata ist in ihrer diagnostischen Sicherheit in etwa gleichwertig (Vis et al. 2002). Für die Durchführung der Prostatabiopsie wird die Anzahl der zu entnehmenden Proben kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite will man alle klinisch signifikanten Tumoren diagnostizieren, auf der anderen Seite sollen latente Karzinome nicht aufgedeckt werden. Vashi et al. 1998 publizierte ein Modell zur Schätzung der notwendigen Anzahl von Biopsiezylindern. Zunächst erfolgte die Definition eines potenziell lebensbedrohlichen Tumors. Diese basiert auf dem Patientenalter und der Tumorverdopplungszeit ( Tab. 25.8). Mit Hilfe des aus der Tabelle ermittelten Tumorvolumens kann mit Tab. 25.9 die notwendige Anzahl von Biopsien geschätzt werden, um mit 90% Sicherheit ein potenziell lebensbedrohliches Prostatakarzinom in Abhängigkeit von Prostatavolumen und Tumorvolumen zu detektieren. Die o. g. Methode zur Bestimmung der notwendigen Anzahl von Biopsien erscheint im klinischen Alltag als zu
25
516
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.8. Lebensbedrohliches Tumorvolumen zum Zeitpunkt der Diagnose in Abhängigkeit von Patientenalter und Tumorverdopplungszeit. (Nach Vashi et al. 1998) Verdopplungszeit (Jahre)
Alter
50
55
60
65
70
75
3
0,05
0,1
0,3
0,6
1,3
2,3
4
0,2
0,4
0,8
1,5
2,5
3,9
6
1,0
1,5
2,4
3,5
5,0
6,7
25 Tab. 25.9. Prostatabiopsie in Abhängigkeit von Tumor- und Drüsenvolumen. Anzahl der erforderlichen Stanzzylinder, um mit 90% Sicherheit ein potenziell lebensbedrohliches Prostatakarzinom zu diagnostizieren. (Nach Vashi et al. 1998) Prostatavolumen (ml)
Tumorvolumen (ml)
0,1
0,3
0,5
0,75
1
1,5
2,0
3,0
10
10
6
5
4
3
3
2
2
20
20
12
9
7
6
5
4
18
14
11
9
7
18
14
12
17
30 40 50 60 80
kompliziert. Einerseits muss man mit zwei unterschiedlichen Tabellen arbeiten, andererseits ist es nahezu unmöglich, die erwartete Tumorverdopplungszeit zu schätzen. Zur Lösung dieses Problems schlägt der Autor die Schätzung der Anzahl der Biopsiezylinder in Abhängigkeit von Patientenalter und Prostatavolumen vor. Dabei geht man von einer Tumorverdopplungszeit von 4 Jahren, wie sie für organbegrenzte Stadien des Prostatakarzinoms am häufigsten angetroffen werden, aus. Aus Tab. 25.10 geht hervor, dass nur die wenigsten Patienten eine klassische Sextentenbiopsie benötigen. Junge Patienten benötigen durchweg mehr Biopsiezylinder, alte hingegen kommen z. T. mit deutlich weniger Biopsien aus. Einen ähnlichen Weg beschreitet eine Wiener Arbeitsgruppe: Sie unterscheidet Prostatavolumina von <50 ml, 50–60ml, 60–70ml und >70ml und schätzt für jede Lebensdekade die erforderliche Biopsieanzahl. In diesem »Wiener-Nomogramm« werden 6–18 Stanzzylinder gefordert (Remzi et al. 2005). In den meisten Zentren werden heutzutage mindestens 10 Stanzzylinder bei den Patienten entnommen, die für eine kurative Therapie in Frage kommen.
5,0
8
3
2
2
6
5
3
2
9
8
6
4
3
15
11
9
7
5
4
17
13
11
9
6
4
18
15
11
8
6
Zusammenfassende Bewertung Die Indikation zur Stanzbiopsie der Prostata ist bei tumorsuspektem Tast- oder Ultraschallbefund bzw. bei suspekten PSA-Werten gegeben. Die mit transrektalem Ultraschall geführte Stanzbiopsie der Prostata ist heute der sog. Goldstandard zur Diagnostik eines Prostatakarzinoms. Dabei sollte sich die Anzahl der entnommenen Stanzzylinder an einem risikoadaptierten Konzept orientieren, in aller Regel sollten nicht weniger als 10 Zylinder entnommen werden.
Prostataspezifisches Antigen Das prostataspezifische Antigen hat mit seiner routinemäßigen Einführung Ende der 1980er-Jahre in der Prostatakarzinomdiagnostik die Früherkennung revolutioniert. Die PSA-Bestimmung in der Früherkennung führt zu einer Stadienverschiebung der entdeckten Karzinome (Hoedemaeker et al. 2000). Vor Einführung des PSA wurden 2/3 aller Karzinome im organüberschreitenden Stadium ohne kurative Therapieoption entdeckt. Aktuell werden 2/3 der Tumoren organbeschränkt mit gutem bis
25
517 25.3 · Screening und Früherkennung
Tab. 25.10. Biopsieanzahl in Abhängigkeit von Alter und Prostatavolumen. Schätzung der Anzahl von Biopsiezylindern unter der Voraussetzung einer Tumorverdoppelungszeit von 4 Jahren. (Nach Vashi et al. 1998) Tumorvolumen (ml)
Prostatavolumen (ml)
50
55
60
65
70
75
10
8
5
4
3
2
2
20
15
10
7
5
4
3
30
23
15
10
7
5
4
20
13
9
7
5
50
17
11
8
6
60
20
13
10
7
18
13
9
40
Bo{bim!efs!Nåoofs)&*
80
o!>!22767 61 51 41 31 21 1 2 ! ! 3 ! ! 4 ! ! 5 ! ! 6 ! ! 7 ! ! 8 ! ! 9 ! ! : ! ! 21! ?21 QTB!)oh0nm* 77&
22& 34& !Vobvggåmmjh!)o>839* !Qsptubujujt!)o>236* !Qsptubublbs{jopn!)o>373* Abb. 25.9. Ergebnisse beim PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakarzinomen
mittelgradigem Grading diagnostiziert (Catalona et al. 1995; Luboldt et al. 1999). In den USA, dem ersten Land, das PSA-Tests in der Früherkennung einsetzte, wurde eine Abnahme der prostatakarzinombedingten Mortalität seit 1991 beobachtet. Ob diese Mortalitätssenkung nur
auf eine verbesserte Therapie oder tatsächlich auf eine frühere Diagnose in organbegrenzten Statdien zurückzuführen ist, ist bis zur Auswertung der großen Screeningstudien nicht zu entscheiden (De Koning et al. 2002). 80–85% der Patienten weisen in großen untersuchten Kollektiven einen PSA-Wert unter 4 ng/ml auf, 10–15% zwischen 4–10 ng/ml und 2–5% über 10 ng/ml ( Abb. 25.9). Hinweis
I
I
Da der PSA-Wert ein organspezifischer und kein tumorspezifischer Wert ist, wird seine Höhe nicht nur durch ein Prostatakarzinom bestimmt. Neben dem Malignom kann die PSA-Konzentration im Serum durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden:
pharmakologisch (Finasteride, LHRH-Analoga, Antiandrogene),
prostatische Erkrankungen (akute/chronische Prostatitis, BPH, Harnverhaltung),
urologische Manipulation (Prostatastanzbiopsie, digital-rektale Untersuchung) (Price et al. 2001).
Bei Werten zwischen 4 und 10 ng/ml können in der Biopsie etwa 20–25% Prostatakarzinome gefunden werden. Etwa 2/3 aller Biopsien in diesem PSA-Bereich sind unauffällig bzw. weisen Charakteristika einer benignen Prostatavergrößerung auf. Bei ca. 11% kann die Elevation des PSAWertes über eine Prostatitis erklärt werden ( Abb. 25.9). Die Karzinomfindung liegt bei Werten unter 4 ng/ml bei bis zu 6%, zwischen 4 und 10 ng/ml bei 2025% und über 10 ng/ml steigt dieser Wert parallel zur Organüberschreitung auf 30–50% an (Schröder et al. 2000; Luboldt et al. 1999; Tab. 25.11).
518
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.11. Karzinomfindungsrate in Abhängigkeit des PSAWertes. (Nach Schröder et al. 2000)
25
PSA (ng/ml)
Karzinomfindungsrate (%)
0,0–0,9
0,2
1,0–1,9
1,3
2,0–2,9
2,2
3,0–3,9
6,3
4,0–9,9
21,7
>10,0
52,1
Tab. 25.12. PSA-Wert und Tumorstadium. (Nach Carter 1999) PSA (ng/ml)
Anteil pT2 (%)
2,5–4,0
78–83
4,1–6,0
74–81
6,1–8,0
71–78
8,1–10,0
67–75
>10,0
49–57
2/111/111
Qbujfoufo!{vs!Gsýifslfoovoh
QTB.Uftu
311/111
Qbujfoufo!nju!QTB!?5!oh0nm
Cjpqtjf
61/111
Qsptubublbs{jopnf
Sbejlbmf!Qsptububuflupnjf
23/611
Qbujfoufo!qspgjujfsfo!wpo lvsbujwfs!Uifsbqjf
Abb. 25.10. Effizienz der Früherkennungsuntersuchung in Deutschland
Tab. 25.12 zeigt den Anteil der organbegrenzten und
damit kurativ therapierbaren Tumoren in Abhängigkeit des PSA-Wetes. Neuere Daten deuten darauf hin, dass die Chance ein Prostatakarzinom kurativ behandeln zu können bis zu einem PSA-Wert von 9 ng/ml gleich bleibt und sich dann verschlechtert (Stamey et al. 2004). Obwohl die PSA-basierte Früherkennung mit großem Erfolg eingesetzt wird, wird ihr Sinn kontrovers diskutiert. Stamey kritisiert die in den letzten 20 Jahren immer weiter abnehmende Korrelation zwischen PSA und dem Vorliegen eines Prostatakarzinoms. Obwohl aus Obduktionsserien bekannt ist, dass bis zu 80% der 70-
Jjährigen ein latentes Prostatakarzinom aufweisen streben in den USA jährlich von 100.000 Männern über 65 Jahre nur 226 an einem Prostatakarzinom. Es wird eine zunehmende Diagnose klinisch insignifikanter Karzinome befürchtet (Brawer et al. 1997). Andere Autoren hingegen erwarten die Abnahme der Korrelation zum Prostatakarzinom zugunsten des Prostatavolumens, da heutzutage typischerweise kleine organbegrenzte Tumoren gefunden werden. Die Forderung an die Früherkennung ist aber, dass gerade diese kleinen Tumoren gefunden werden, um den Patienten einer kurativen Therapie zuführen zu können (Catalona et al. 2005). Andererseits zeigt eine Skandinavische Studie, dass nach 12 Jahren 19,3% aller radikal prostatektomierten und 26% aller untherapierten Patienten eine Fernmetastasierung aufweisen (Bill-Axelson et al. 2008). Das bedeutet, dass fast 75% der ausschließlich beobachteten Patienten nach 12 Jahren noch keinen Schaden durch ihr Prostatakarzinom erlitten haben und der Vorteil für die radikale Prostatektomie nur 7% beträgt. Dies untermauert auf der einen Seite die Befürchtung, dass viele insignifikante Karzinome gefunden und auch therapiert werden, auf der anderen Seite profitieren aber eben doch knapp 10% der Patienten von der Therapie. Für die PSA-basierte Früherkennung kann aus oben Dargestelltem folgendes Zahlenbeispiel abgeleitet werden: Von 1 Mio. Männern die sich einer PSA-Abnahme unterziehen haben 200.000 einen Wert größer als 4 ng/ml und müssen nach den bestehenden Leitlinien durch eine Prostatabiopsie weiter abgeklärt werden. Hier erwartet man eine Fallfindungsrate von etwa 25%, also 50.000 diagnostizierte Prostatakarzinome. Selbst unter der Annahme, dass diese Patienten alle erfolgreich kurativ behandelbar wären, würden nur 25% also 12.000 Männer gegenüber keiner Therapie profitieren. Anders ausgedrückt würde nur gut 1% aller Männer von der Durchführung des PSATests profitieren ( Abb. 25.10).
Kritikpunkte an der PSA-basierten Früherkennung
Anzahl unnötiger PSA-Bestimmungen
Anzahl unnötiger Biopsien
Anzahl unnötiger Behandlungen, da das Prostatakarzinom trotzdem progredient wird oder auch ohne Behandlung stabil bleibt
Eine Studie zur aktiven Beobachtung von Patienten mit stanzbioptisch nachgewiesenem Prostatakarzinom zeigt mögliche Ansätze, um die Anzahl unnötiger Behandlungen und ggf. auch unnötige Diagnostik zu reduzieren.
519 25.3 · Screening und Früherkennung
Tab. 25.13. Spezifität und Sensitivität in Abhängigkeit von der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit. (Nach Loeb et al. 2007) PSA-Anstiegsgeschwindigkeit (ng/ml/Jahr)
Spezifität (%)
Sensitivität (%)
0,75
89
52
0,5
88
68
0,4
92
62
Dabei wurden 299 Patienten mit gesicherter Diagnose eines Prostatakarzinoms mit niedrigem Risiko nicht therapiert sondern aktiv beobachtet. Die Patienten waren älter als 70 Jahre, der Gleason-Score war kleiner 7, das PSA kleiner 15 ng/ml und das klinische Tumorstadium maximal cT2b. Ein Progress wurde u. a. über einer PSAVerdopplungszeit von weniger als 2 Jahren definiert. Nach einer mittleren Beobachtungszeit von 55 Monaten betrug das krankheitsspezifische Überleben 99% und 60% der Patienten zeigten keinen Progress und wurden weiter aktiv nachbeobachtet (Klotz 2004). Diese Ergebnisse veranlassten den Autor, eine neue Studie zu initiieren. Hierbei wurde der Progress über eine PSA-Verdopplungszeit von 3 Jahren definiert, um eine größere Sicherheit für die Patienten zu erreichen. Auf die Früherkennung angewendet könnte dementsprechend die Dynamik des PSA-Wertes helfen Biopsien zu sparen und Lebensqualität zu verbessern. Die o. g. 60% der Patienten, die in der Beobachtungsgruppe verblieben, hätten, wenn man als Kriterium für die Stanzbiopsie eine PSA-Verdopplungszeit von weniger als zwei Jahren fordern würde, keine Biopsie erhalten, würden deshalb Ihre Diagnose nicht kennen und damit in der Lebensqualität profitieren. Die Arbeitsgruppen von Cater und Potter beschrieben schon 2000, dass 95% aller Männer ohne Prostatakarzinom einen PSA-Anstieg von weniger als 0,75 ng/ml/ Jahr haben (Potter et al. 2000). In einer aktuelleren Arbeit konnte die Arbeitsgruppe an knapp 1000 Männern mit einem Verlaug von fast 10 Jahren ein prostatakarzinomfreies Überleben von 92% nachweisen, wenn die Velocity unter 0,35 ng/ml/Jahr lag. Oberhalb dieses Schwellenwertes sank das prostatakarzinomfreie Überleben auf 54% (Carter et al. 2006). Berger et al. (2007) zeigte an einer Gruppe von 4800 Männern einen jährlichen PSA-Anstieg von 0,3 ng/ml/ Jahr über 10 Jahre vor der Diagnose eines Prostatakarzinoms. Er identifizierte zur Unterscheidung zwischen Prostatakarzinom und -hyperplasie eine PSA-Anstiegsgeschwindigkeit von 0,5 ng/ml/Jahr mit der Betsen-Trennschärfe. Aus der ERSPC-Studie wurde an 6844 Männern Spezifität und Sensitivität für eine PSA-Anstiegsgeschwin-
digkeit von 0,4 ng/ml/Jahr, 0,5 ng/ml/Jahr und 0,75 ng/ ml/Jahr bestimmt. Dabei erscheint die Anstiegsgeschwindigkeit von 0,5 ng/ml/Jahr, bei allen Nachteilen, der günstigste Kompromiss zu sein Tab. 25.13 (Loeb et al. 2007). Hinweis
I
I
Der Einsatz der PSA-Wertveränderung über die Zeit gibt einen Anhalt dafür, wie aggressiv ein Prostatakarzinom ist. Ein intelligenter Einsatz könnte also schon vor der invasiven Diagnostik helfen, zwischen den Patienten zu unterscheiden, die frühzeitig therapiert werden sollten bzw. denjenigen, die voraussichtlich ein klinisch insignifikantes Karzinom aufweisen. Die aktuelle Literatur legt einen Schwellenwert von 0,5 ng/ ml/Jahr nahe.
Dem Problem, dass bereits beim ersten Arztkontakt 20% aller Männer mit suspekten PSA-Werten von größer als 4 ng/ml auffallen, könnte man durch eine Herabsetzung des Einstiegsalters zur Früherkennung begegnen. In einer eigenen Serie von etwa 14.000 Männern konnten wir zeigen, dass im Alterssegment unter 45 Jahren weniger als 1% aller Männer einen PSA-Wert von 4ng/ml oder mehr aufweisen. Daraus ergäbe sich zusätzlich der Vorteil, dass von allen Männern ein PSA-Basiswert bekannt wäre und sich die PSA-Dynamik immer auf einen niedrigen Ausgangswert beziehen könnte. Würde man die Erstuntersuchung mit 40 Jahren anbieten, hätten 98% aller untersuchten Männer einen PSA-Wert von <1 ng/ml und gleichzeitig würde man 10 Jahre gegenüber dem heutigen Früherkennungsstandard zur Bewertung der Velocity gewinnen. Hinweis
I
I
Eine Absenkung des Einstiegsalters in die Früherkennung des Prostatakarzinoms auf 40 Jahre kann helfen langfristig besser potenziell aggressive Karzinome zu identifizieren. Gleichzeitig könnte eine Unterscheidung des Einstiegsalters nach familiärer Belastung verzichtet werden.
25
520
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Die Anzahl unnötiger PSA-Bestimmungen könnte über eine Verlängerung des Untersuchungsintervalls von derzeit einem Jahr erreicht werden. Bei der Anwendung eines Screeningtests erhöht sich die Inzidenz. Ist der Test effizient, dann werden die Tumoren früher, das heißt in einem präklinischen Stadium gefunden. Die gewonnene Zeit vom Zeitpunkt des positiven Tests bis zur ohne Test zu erwartenen klinischen Diagnose heißt »lead time«. Die gefundenen Karzinome werden, wenn der Test effizient ist, ebenfalls in einem früheren Stadium diagnostiziert und haben biologisch weniger aggressive Eigenschaften. Nach einer effizienten Screeningrunde kommt es zu einer Verminderung der klinischen Inzidenz. Karzinome, die zwischen 2 Testrunden klinisch auffallen, heißen Intervallkarzinome. Kommen Intervallkarzinome häufig vor, dann ist das Intervall zu lang, werden überhaupt keine Intervallkarzinome gesehen, dann kann angenommen werden, dass der Zeitraum zwischen zwei Früherkennungsuntersuchungen entweder adäquat oder zu kurz ist. Die »lead time« beim Prostatakarzinom ist lang und beträgt etwa 5–10 Jahre. Bei jährlicher Früherkennung treten keine Intervallkarzinome auf. Generell zeigen sich in wiederholten Screeningrunden günstigere prognostische Faktoren ( Tab. 25.14). Im Rahmen der ERSPC Studie wurden 8350 Patienten in einer ersten Runde untersucht. Eine Biopsie wurde ab einem Schwellenwert von 3 ng/ml durchgeführt. Dabei wurden 412 Prostatakarzinome diagnostiziert. In einem Intervall von 48 Monaten fielen 18 Intervallkarzinome auf, die alle im Tumorstadium T1 bzw. T2 waren und damit kurativ therapierbar (van der Cruijsen-Koeter IW et al. 2003). Schröder et al. (2008) untersuchten das Risiko innerhalb von 4 Jahren mit dem PSA-Wert auf mehr als 3 ng/ml anzusteigen. Für Werte <1ng/ml betrug das Risiko 0,9%, für 1–1,9 ng/ml 9,3% und für 2–2,9 ng/ml 48,6%. Eine ältere Arbeit kommt zu vergleichbaren Ergebnissen: Bei 312 Männern wurde die Tab. 25.14. Prognostische Faktoren – ERSPC. (Nach Schröder et al. 2001; in Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich medizinischer Fachgesellschaften (2002): S3-Leitlinie: PSA-Bestimmung in der Prostatakarzinomdiagnostik – Früherkennung des Prostatakarzinoms)
Wahrscheinlichkeit untersucht innerhalb von 2 Jahren einen PSA-Wert von 4,1–5 ng/ml zu erreichen. Während für Ausgangswerte von <2 ng/ml das Risiko bei 0–4% lag, stieg dieses für Ausgangswerte von 2,1–3 ng/ml auf 27% und für 3,1–4 ng/ml auf 36% an (Carter et al. 1997). Zusammenfassende Bewertung Ein optimales Intervall für die Früherkennung durch PSA-Test kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht festgelegt werden. Dennoch erscheint in Anbetracht der Datenlage eine jährliche Untersuchung nicht mehr sinnvoll. Eine risikoadaptierte Verlängerung des Intervalls würde über weniger durchgeführte PSA-Bestimmungen und Biopsien neben einer Kosteneinsparung auch zur Vermeidung einer unnötigen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen. Nach den vorliegenden Daten ist es vertretbar, das Untersuchungsintervall für PSA-Werte von kleiner 2 ng/ml auf 2 Jahre zu verlängern.
Es existieren verschiedene molekulare Zustandsformen des PSA im Serum. Im klinischen Alltag wird mit kommerziellen Assays routinemäßig das sog. totale PSA (tPSA) angegeben, das sich aus dem im Serum nicht gebundenem freien PSA (fPSA) und einem PSA-Antichymotrypsin-Komplex (PSA-ACT) zusammensetzt (Stenman et al. 1991). PSA-ACT und weitere gebundene Anteile des PSA werden in ihrer Gesamtheit als komplexiertes PSA (cPSA) bezeichnet. Neuerliche Entwicklungen zeigen eine verbesserte Effektivität des cPSA gegenüber dem tPSA in der Früherkennung (Brawer et al. 2000). Trotz einer deutlichen Reduktion an Biopsien hat der Einsatz von PSA-Isoformen oder PSA-Normierungen bis heute noch nicht routinemäßigen Einsatz in der Prostatakarzinomdiagnostik gefunden. Dazu zählen die f/tPSA-Ratio (Catalona et al. 1998), PSA-Dichte (Benson et al. 1992), altersadaptierte Normwerte (Oesterling et al. 1993), PSA-Anstiegsgeschwindigkeit (Carter et al. 1993), Bestimmung des humanen Kallikrein 2 (Lilja 2001) und komplexierten PSA (cPSA) (Brawer et al. 2000). Hinweis
I
I
Runde 1 (%)
Runde2 (nach 4 Jahren) (%)
Mögliche Zukunft der PSA-basierten Früherkennung
T1c
51,0
70,8
Risikoadaptierte Verlängerung des Screeningin-
T2
28,6
22,1
T3–4
19,0
7,1
Gleason-Score 7
34,6
22,5
M+
0,6
0,0
tervalls auf 2 Jahre bei einem Ausgangswert von <2 ng/ml
Erstuntersuchung der Männer mit 40 Jahren
Biopsieindikation anhand der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit, z. B. 0,5 ng/ml/Jahr
521 25.4 · Diagnostik
Bildgebung Hinweis
I
I
Bildgebende Diagnostik durch computertomographische, magnetresonanztomographische oder nuklearmedizinische Verfahren kann bis heute nicht mit ausreichender Sicherheit die Diagnose eines Karzinoms vorhersagen. Daher ist eine Anwendung in der Früherkennung des Prostatakarzinoms nicht gerechtfertigt (Brawer et al. 1997).
– T1b Zufälliger histologischer Befund in mehr als 5% des entnommenen (resezierten) Gewebes
(im amerikanischen System A2) – T1c Tumor durch Biopsie diagnostiziert
T2 Tumor auf Prostata begrenzt – T2a Tumor infiltriert die Hälfte eines Lappens oder weniger
(im amerikanischen System B1) – T2b Tumor infiltriert mehr als die Hälfte eines Lappen
In der zweiten Jahreshälfte 2009 wird voraussichtlich die S3-Leitlinie Prostatakarzinom der Fachgesellschaften publiziert werden. Grundlage für das Kapitel Früherkennung ist die in diesem Kapitel diskutierte Literatur. Diese ist dann über die Internetseite der AWMF abrufbar.
(im amerikanischen System B2) – T2c Tumor infiltriert in beide Lappen
(im amerikanischen System B3)
T3 Überschreitung der Organkapsel – T3a Extrakapsuläre Ausbreitung
(im amerikanischen System C1/C2) – T3b Samenblaseninfiltration
(im amerikanischen System C2) 25.4
Diagnostik
T4 Tumor ist fixiert oder infiltriert benachbarte Strukturen
P. Fornara, A. Semjonow, S. Wagner Der Weg zur Diagnose eines Prostatakarzinoms und dessen Staging ( Kap. 25.4.1) führen über verschiedene diagnostische Schritte:
Anamnese,
klinische Untersuchung (z. B. die digital-rektale Untersuchung; DRU),
Blut- und Laborscreening – Tumormarker (z. B. prostataspezifisches Antigen; PSA),
histologische Sicherung (z. B. durch die Prostatastanzbiopsie, die Lymphadenektomie),
bildgebende Untersuchungsverfahren.
(im amerikanischen System C3)
N – Lymphknoten
NX Regionale Lymphknoten nicht beurteilbar
N0 Keine regionalen Lymphknoten befallen
N1 Regionaler Lymphknotenbefall (im amerikanischen System D1)
M – Metastasen
Mx Nicht beurteilbar
M0 Keine Fernmetastasen
M1 Fernmetastasen vorhanden (im amerikanischen System D2)
25.4.1 TNM-Klassifikation der UICC (2002)
in Beziehung zum amerikanischen System nach Whitmore-Jewett
25.4.2 Basisdiagnostik
Anamnese und klinische Untersuchung T – Primärtumor
TX Keine Beurteilung möglich
T0 Kein Anhalt für Primärtumor (im amerikanischen System A0)
T1 Klinisch nicht erkennbarer Tumor – T1a Zufälliger histologischer Befund in 5% oder weniger des resezierten Gewebes
(im amerikanischen System A1)
Im ersten Kontakt mit dem Patienten und dem Arzt erfolgen in der Regel eine Anamneseerhebung und eine klinische Untersuchung. Für die weitere Koordinierung aller sinnvollen diagnostischen Maßnahmen stellen die Anamnese und die Untersuchung die primäre Grundlage dar. Eine nicht streng schematisierte, sondern individuell angepasste Anamneseerhebung ist dabei unerlässlich. Im Allgemeinen empfiehlt es sich aber, die Anamnese strukturiert in Erfassung der aktuellen Beschwerden, der Vorgeschichte sowie der Familien- und Sozialanamnese zu untergliedern.
25
522
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Relevante Begleit- und Vorerkrankungen in der Krankenvorgeschichte stellen einen essenziellen Teil der Anamneseerhebung dar. Nur so können Beschwerden und Symptome richtig eingeordnet und evtl. erforderliche spezielle diagnostische Schritte eingeleitet werden. Beim Prostatakarzinom ist eine familiäre Prädisposition bekannt. So sollte auf die Erhebung der Familienanamnese großen Wert gelegt werden. Vervollständigt wird die Anamnese mit Fragen nach Beruf und sozialem Umfeld, im Sinn einer kurzen Sozialanamnese. In der Regel werden die aktuellen Beschwerden vom Patienten konkret und detailliert beschrieben. Durch gezielte Fragen gelingt es dem Untersucher, das Ausmaß der Beschwerden, ihren Charakter und die Dauer herauszuarbeiten. Urologisch relevante Symptome werden unterteilt in:
Miktionsstörungen,
Schmerzen,
Veränderung der Genitalien,
Urin- und Ejakulationsveränderungen,
Funktionsstörungen. Die typischen Prostatabeschwerden werden als perinealer Druck oder Spannung beschrieben. Defäkations- und Ejakulationsschmerzen in Verbindung mit dysurischen Beschwerden kommen selten vor und sind Zeichen einer akuten Entzündung oder eines beginnenden Abszesses der Prostata. Dabei ist die rektale Palpation hochgradig schmerzhaft, und der Analsphinkter wird spastisch kontrahiert. Die beiden häufigsten Erkrankungen der Prostata – das Prostatakarzinom und die Prostatahyperplasie – sind üblicherweise nicht mit Prostataschmerzen verbunden.
Digital-rektale Untersuchung (DRU) Die DRU stellt eines der einfachsten, schonendsten und günstigsten Untersuchungsverfahren dar. Mit dieser Untersuchung können Prostatakarzinome der peripheren Zone festgestellt werden, die der Transitionalzone werden mit dieser Untersuchungstechnik nicht entdeckt. Durch den rektalen Untersuchungsbefund werden ca. 2–5% aller Prostatakarzinome erkannt. Leider sind bereits bis zu 50% davon lokal fortgeschritten und demnach nicht mehr kurativ zu behandeln (Hammerer et al. 2002). Bei der Untersuchung sollte im Rahmen der Inspektion auch auf äußere Merkmale, wie z. B. Marisken, Fissuren oder Hämorrhoiden sowie Analfisteln, geachtet werden. Die typische und gängigste Untersuchungslage des Patienten bei der digital-rektalen Untersuchung ist die rechte Seitenlage mit stark abgewinkelten Beinen oder im Stehen mit vorgebeugter Hüfte bzw. auf der Untersuchungsliege aufstützenden Ellbogen. Bei der Untersuchung sollte auf eine vorsichtige Technik (langsa-
mes Einführen des Fingers, ausreichendes Gleitmittel) geachtet werden. Bei der Palpation der Prostata können naturgemäß nur die dorsalen Anteile der Drüse beurteilt werden. In dieser Zone befinden sich jedoch 70% der möglichen Prostatakarzinome. Eine normale Prostata tastet sich walnussgroß, flach, angedeutet herzförmig und ist seitlich abgrenzbar. In der Mittellinie ist als Trennung der beiden Seitenlappen in Längsrichtung ein Sulkus palpabel. Die Konsistenz ist eher gummiartig und vergleichbar mit der angespannten Thenarmuskulatur unterhalb des Daumengrundgelenkes. Eine druckschmerzhafte Prostata weist auf einen entzündlichen Prozess hin. Bei einer benignen Prostatahyperplasie findet sich eine prallelastische, nach lateral ausladende, dennoch abgrenzbare Drüse. In einigen Fällen kann der Sulkus verstrichen sein. Ein Knoten oder eine schlecht bzw. nicht abgrenzbare Prostata sind karzinomverdächtig und weiter abzuklären. Hierbei ist der Tastbefund typischerweise holzhart. Fortgeschrittene Neoplasien der Prostata palpieren sich höckrig, lassen sich nach lateral nicht eindeutig abgrenzen, die Verschiebemöglichkeit der Rektumwand über der Prostata kann partiell oder gänzlich aufgehoben sein. Beim Herausgehen mit dem Finger sollte auch die Rektumhinterwand palpiert werden, damit ein evtl. dort liegendes Karzinom nicht unbemerkt bleibt. Blutspuren am Finger können auf eine Rektumneoplasie hinweisen. Diese muss dann umgehend rektoskopisch abgeklärt werden. Die diagnostische Wertigkeit der DRU wird stark durch die Erfahrung des Untersuchers und durch die Präselektion des Krankengutes (die Prävalenz der Prostatakarzinome steigt im Überweisungskrankengut) beeinflusst. Die Genauigkeit der digitalen-rektalen Untersuchung allein war in multizentrischen Studien mit 23% an nicht ertastbaren Karzinomen unbefriedigend (Cooner et al.1993). Beim pathologischen Tastbefund nimmt erwartungsgemäß die Trefferquote bei der Diagnose des Prostatakarzinoms deutlich zu. Im Falle eines positiven Tastbefundes der Prostata liegt in 40% der Fälle ein Karzinom zugrunde. Ein derber Knoten in der Prostata ist wiederum in 72% der Fälle karzinombedingt. Bei einem suspekten digitalen-rektalen Tastbefund steigt das Risiko eines großen intrakapsulären Prostatakarzinoms (T2b-c) 2-fach und das Risiko einer extrakapsulären Tumorausbreitung (T3) sogar 3- bis 9-fach an (Coley et al. 1997). Bei negativer digital-rektaler Untersuchung und bei einem PSA >4 ng/ml werden im Durchschnitt 8,5 Prostatabiopsien (6-fach-Stanze) oder 40,8 transrektale Ultraschalluntersuchungen (TRUS) benötigt, um ein Prostatakarziom
25
523 25.4 · Diagnostik
zu entdecken (Cooner et al. 1990). Im PSA-Grauwertbereich von 4–10 ng/ml reduziert sich in der Regel die Anzahl der notwendigen Biopsien (6,1) und der notwendigen TRUS (18). Nur noch 2,7 Biopsien und 3,2 TRUS werden bei einem PSA-Wert >10 mg/l benötigt. Durch die Erhöhung der empfohlenen Biopsiezahl von 10 auf 14 kann in der Regel das Karzinom früher gefunden werden. Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung wird die digital-rektale Untersuchung in Kombination mit der PSAWertbestimmung, nicht selten auch mit einer transrektalen Ultraschalluntersuchung (TRUS) durchgeführt. Der dadurch positive prädiktive Wert erreicht 60%, wenn diese 3 Methoden positiv sind (Babaian et al. 1992, Tab. 25.15). Für eine Stadieneinteilung ist die digital-rektale Untersuchung nicht geeignet und erreicht eine Übereinstimmung zum histopathologischen Staging bestenfalls in nur 61% der Fälle (Cooner 1993). Eine Samenblaseninfiltration kann ebenfalls nicht sicher nachgewiesen bzw. ausgeschlossen werden. Zusammenfassende Bewertung Zur Erkennung eines Prostatakarzinoms hat die digitalrektale Untersuchung eine Sensitivität zwischen 38 und 40% und eine Spezifität zwischen 84 und 96%. Um ein Prostatakarzinom in einem Frühstadium (T1) zu diagnostizieren, ist aber die digital-rektale Untersuchung nicht geeignet. Der positive Tastbefund ist (zu) häufig Zeichen der extrakapsulären Ausbreitung des Tumors.
Tumormarker Tumormarker sind Substanzen, die entweder von der Tumorzelle selbst produziert werden oder deren Produktion durch das Tumorwachstum stimuliert wird. Diese Stoffe können mit Hilfe von Enzymimmunoassays, spezifischen Radioimmunoassays oder immunhistochemischen Verfahren mit teilweise sehr hoher Sensitivität und Spezifität gemessen werden. Um die Wertigkeit eines Tumormarkers beurteilen zu können, muss man ihn an den Kriterien eines idealen Tumormarkers messen. Die idealen Eigenschaften des Tumormarkers beinhalten die Differenzierungsmöglichkeit zwischen physiologisch und pathologisch und wiederum zwischen einem benignen und einem malignen Tumor. Im Idealfall sollte der Tumormarker eine hohe Sensitivität und Spezifität bei standardisierter, reproduzierbarer, einfacher, vergleichbarer und möglichst ökonomischer Bestimmungsmethode besitzen. In der Diagnostik sollte der Marker eine Früherkennung, die Definition von Risikogruppen sowie eine
Tab. 25.15. Positive prädiktive Werte. (Nach Ellis u. Brawer 1994)
a b
DRua
PSA >4
TRUS
PPWb (%)
+
–
–
6,4
–
–
+
9,1
–
+
–
19,6
–
+
+
26,6
+
+
+
45,2
DRE = Asymmetrie, Induration oder holzhart positver prädiktiver Wert
Tumorlokalisation ermöglichen. Ebenso wäre eine Korrelation zum Tumorstadium sowie zum Malignitätsgrad wünschenswert. Im Verlauf hingegen sollte die Substanz in der Lage sein, durch ihre Veränderungen die Effektivität einer primären radikalen Therapie sowie aber auch anderer lokaler oder systemischer Therapieformen anzuzeigen. Darüber hinaus sollte die Erkennung einer Tumorprogression möglich sein (Fornara et al. 1990). Derzeit gibt es den idealen Tumormarker in der Medizin nicht, so auch nicht für das Prostatakarzinom. In vielen Punkten kommt aber das prostataspezifische Antigen (PSA) den Anforderungen an einen idealen Tumormarker sehr nahe. Die American Society for Clinical Oncology hat in ihren Leitlinien 2003 über das PSA treffend formuliert: In no other malignancy has a tumor marker so profoundly affected diagnosis, staging and management. (American Cancer Society Guidelines 53: pp 27–43)
Prostataspezifisches Antigen (PSA) Das prostataspezifische Antigen (PSA) ist einer der besten, möglicherweise der beste Tumormarker überhaupt, über den wir derzeit verfügen (Babaian et al. 2006; Loeb et al. 2006; Ryan et al. 2006). Nach der erstmaligen Isolierung aus Seminalflüssigkeit (Hara et al. 1971) hat seit der breiten klinischen Anwendung Ende der 1980-er Jahre das PSA die Diagnose und das Management des Prostatakarzinoms revolutioniert. Nahezu ausnahmslos werden klinisch-diagnostische und therapeutische Entscheidungen u. a. von diesem Wert abhängig gemacht. PSA ist eine chymotrypsinartige Serinprotease mit einem Molekulargewicht von 33 kD, die hauptsächlich in den Epithelzellen der Azini und Ducti der Prostatadrüse synthesiert wird (Bombardieri et al. 1990). Es gehört zur Kallikreinfamilie und weist eine Strukturhomologie von
524
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.16. Molekulare Formen des PSA und ihr Anteil am Gesamt-PSA im Seminalplasma bzw. Serum. (Nach Fornara u. Semjonow 2002)
25
Molekulare PSA-Form
Seminalplasma
Serum
Freies aktives, intaktes PSA
Etwa 50%
Je nach Erkrankung
Freies inaktives, intaktes PSA
Etwa 20%
5–50%
Nicked PSA (frei, inaktiv)
Etwa 30%
Geringer Anteil
α1-Antichymotrypsin-PSA
Nicht nachweisbar
50–90%
α2-Makroglobulin-PSA
Spuren
12–17%
Inter-α-Trypsininhibitor-PSA
Bis zu 1%
α1-Proteaseinhibitor-PSA
3–4%
Protein-C-Inhibitor-PSA
Bis zu 5%
Nicht nachweisbar
ProPSA
Nicht nachweisbar
Bis zu 25% des freien PSA
78% zum humanen Kallikrein 2 (hK2) auf. PSA liegt zunächst als nichtaktive Präkursorform (proPSA) vor. Die sezernierte Präkursorform des PSA wird extrazellulär durch das Enzym hK2 gespalten, und es entsteht das aktive PSA-Molekül mit 237 Aminosäuren (Kumar et al. 1997). Im Seminalplasma spaltet PSA die gelformenden Proteine Seminogelin I und II sowie Fibronectin, die aus den Samenblasen stammen. Es dient der Verflüssigung des Ejakulats und zur Erhöhung der Spermienmotilität (Lilja et al. 1987). Lange Zeit ging man davon aus, dass das PSA streng prostataspezifisch sei, doch geringe Mengen des Glykoproteins können im Endometrium (Clements et al. 1994) und in Mammatumoren (Yu et al. 1994), im normalen Brustgewebe und in Frauenmilch und somit auch im Serum von Frauen (Yu et al. 1995), in Nebennierentumoren und Nierenzellkarzinomen (Levesque et al. 1995) sowie paraurethralen und paraanalen Drüsen (Kaschimoda et al. 1990) nachgewiesen werden. Das PSA aus nicht prostatischen Quellen ist allerdings um Größenordnungen kleiner, so dass in praxi das PSA weiterhin als organspezifischer Marker gilt (Polascik et al. 1999). Während im Seminalplasma der überwiegende Teil des PSA ungebunden vorliegt, kommt es im Serum zur Reaktion mit Proteaseninhibitoren, so dass eine Vielzahl von PSA-Komplexen ( Tab. 25.16) existiert. Inwieweit die Bestimmung dieser PSA-Formen zur Verbesserung der Aussagekraft beitragen kann, ist derzeit Gegenstand intensiver Forschung und Diskussion, aber letztlich noch unklar. Da das prostataspezifische Antigen ein organspezifischer und kein tumorspezifischer Marker ist, kann die
PSA-Konzentration durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden (Price et al. 2001):
pharmakologisch (5α-Reduktasehemmer, LHRHAnaloga, Antiandrogene),
prostatische Erkrankungen (akute/chronische Prostatitis, benigner Prostatahyperplasie; BPH),
urologische Manipulation (Prostatastanzbiopsie, digital-rektale Untersuchung, transurethraler Katheter). Für die Diagnostik und Verlaufskontrolle ist zu beachten, dass pro Gramm BPH-Gewebe 0,12–0,31 ng/ml PSA in das Serum abgegeben werden. Tatsächlich haben 41% der BPH-Patienten ein PSA zwischen 4 und 10 ng/ml und bis zu 33% >10 ng/ml (Ellis et al. 1993). Pro Gramm Karzinomgewebe werden hingegen bis zu 10-mal höhere Mengen PSA in das Serum abgegeben. Wird die Gewebsschranke zwischen dem Drüsenlumina und dem Gefäßsystem durchbrochen (durch Biopsie, Zystoskopie, TUR-P, Prostatitis, Prostatamassage oder Orgasmus), steigt ebenfalls die Serumkonzentration: nach einer TUR-P bis auf das 35-fache, nach einer Biopsie hängt der Anstieg von der Anzahl der entnommenen Stanzen ab. Bei einer Prostatitis werden nicht selten Spiegel von 80 ng/ml gemessen. Variabel und individuell unterschiedlich scheint der Effekt der digital-rektalen Untersuchung und der sexuellen Aktivität zu sein. Eine zeitnahe Abnahme des Blutes zur PSA-Bestimmung nach der digitalen-rektalen Untersuchung verfälscht das Ergebnis jedoch nicht (Schellhammer et al. 1993; Oesterling et al. 1994). Nach wenig invasiven Maßnahmen (z. B. digitale oder sonographische rektale Prostatauntersuchung) genügt in der Regel eine Wartezeit von einer Woche (Ornstein et al. 1997).
525 25.4 · Diagnostik
Nachweismethoden
Zum Nachweis des prostataspezifischen Antigens stehen mehrere Testsysteme zur Verfügung. Obwohl den meisten Assays zur PSA-Bestimmung das gleiche Prinzip zugrunde liegt, kann es zwischen den Ergebnissen, die die verschiedenen Messverfahren aus ein und derselben Probe erhalten, zu differierenden Ergebnissen kommen. Verantwortlich dafür sind u. a. unterschiedlich verwendete PSA-Antikörper, der Testaufbau und die Assaykalibration (Semjonow et al. 2002). Im Detail:
Die verwendeten Antikörper gehen/gehen keine Kreuzreaktionen mit strukturell ähnlichen Proteinen ein.
Die verwendeten Antikörper reagieren äquimolar/ nicht äquimolar mit freien und gebundenen PSAFormen (äquimolar bedeutet, dass die Antikörper in gleichem Ausmaß mit freiem und gebundenem PSA reagieren; es wird keine molekulare PSA-Form durch den betreffenden Assay über- bzw. unterbestimmt, und der Gesamt-PSA- Wert wird nicht verfälscht).
Testaufbau: – kompetitiv oder Sandwich, – unterschiedliche Inkubationszeiten, – verschiedene Adjuvanzien.
Kalibration (abhängig von der verwendeten Standardsubstanz).
Chargenunterschiede. Vor dem Hintergrund dieser Abweichungen zwischen den PSA-Tests, die selbst bei der Anwendung des gleichen Messprinzips auf Geräten unterschiedlicher Firmen auftreten können, ist es obligat, die Messmethode bei jedem Befund anzugeben. Werte für eine Probe, die mit unterschiedlichen Tests ermittelt wurden, können daher nur bedingt miteinander verglichen werden. Verlaufswerte eines Patienten sollten daher unbedingt mit der gleichen PSA-Messmethode angefertigt werden. Ebenso sollte der Referenzbereich bzw. die Referenzwerte der eingesetzten Methode bekannt sein, da der gebräuchliche Grenzwert von 4 ng/ml keine Allgemeingültigkeit für alle PSA-Bestimmungsverfahren hat (Semjonow et al. 2002). Die Qualität eines Laborsbefundes hängt jedoch nicht nur von der Durchführung der Messung, sondern entscheidend auch von den Schritten ab, die der eigentlichen Messung vorgeschaltet sind. Dabei kann eine Reihe von Faktoren noch vor der Analyse die PSA-Konzentration im Serum bzw. in der Blutprobe verändern. Das Wissen um diese präanalytischen Faktoren ist bei der Bewertung des erhaltenen Laborwertes von großer Bedeutung. Wichtige patientenabhängige Einflussgrößen, die die Veränderung des PSA-Wertes in vivo hervorrufen können, sind in Tab. 25.17 zusammengefasst. Neben phy-
siologischen Einflüssen wie Alter, Rasse usw. führen verschiedene therapeutische und diagnostische Maßnahmen sowie bestimmte Erkrankungen zu teilweise erheblichen Veränderungen des PSA-Wertes. Eine Übersicht über die Stabilität des PSA und seiner molekularen Form, freies PSA gibt Tab. 25.18. Wichtig für die Praxis sind Kenntnisse darüber, in welchem Zeitraum durch Zentrifugation die Trennung des Serums oder Plasmas von Blutkuchen spätestens nach der Blutentnahme zu erfolgen hat, ohne dass es zu verfälschten Messergebnissen kommt. Falsch-positive Ergebnisse können z. B. aus veralteten, nicht zeitgerecht zentrifugierten Blutproben resultieren, da das freie PSA instabiler als das Gesamt-PSA ist und somit eine deutlich geringere Halbwertszeit aufweist. Cut-off-Wert
Je niedriger der PSA-Grenzwert definiert wird, umso weniger Karzinome werden übersehen, desto mehr Gesunde werden öfters fälschlicherweise als krank eingestuft ( Tab. 25.19). Die meisten Autoren empfehlen einen Cutoff Wert von 4 ng/ml (Fornara et al. 2002; Boergermann et al. 2006). Die Karzinomfindung liegt bei Werten <4 ng/ ml bei ca. 10%, zwischen 4 und 10 ng/ml bei 20–25%, bei Werten >10 ng/ml steigt parallel zu diesem Wert das Karzinomrisiko weiter an. Die Chance, ein Prostatakarzinom kurativ behandeln zu können, ist vom PSA-Wert bei Diagnosestellung abhängig. Das Dilemma besteht also nach wie vor darin, möglichst früh, also bei einem relativ niedrigen PSA-Wert, ein Karzinom zu diagnostizieren, um es auch kurativ behandeln zu können, ohne allerdings den kritischen Schwellenwert (Cut-off-Wert) so niedrig zu legen, dass daraus eine unverhältnismäßig hohe Anzahl unnötiger Biopsien entsteht. Bis zu einem PSA-Wert von 9 ng/ml bleibt die Chance einer kurativen Therapie gleich und verschlechtert sich dann mit steigendem PSA-Wert (Boergermann et al. 2006). Um diesem, für einen organ- und nicht tumorspezifischen, Marker, typischen Dilemma zu entgehen, wurden verschiedene Ansätze vorgeschlagen, um die Spezifizität des PSA-Tests zu verbessern. Hierbei wird test- bzw. patientenspezifisch versucht, die Aussagekraft zu verbessern. Patientenspezifische Ansätze sind die Relation zwischen dem PSA-Wert und morphometrischen bzw. volumetrischen Daten der Prostata, wie die PSA-Dichte und die altersabhängigen PSA-Werte. Testspezifisch ist es dagegen möglich, durch eine aufmerksame Beobachtung der PSA-Dynamik in der Zeit (PSA-Anstiegsgeschwindigkeit, PSA-Verdoppelungszeit) oder aber durch Anwendung anderer molekularer PSA-Formen [freies (fPSA) und komplexiertes (c-PSA) PSA] den gemessenen PSA-Wert besser zu interpretieren.
25
526
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.17. Patientenabhängige Einflussgrößen auf die Konzentration des Gesamt-PSA und des Quotienten aus f-PSA und Gesamt-PSA (f-PSA%). (Nach Strohmaier et al. 2002, mod. nach Lein 2002; aus Fornara u. Semjonow 2002) Einflussgröße
Gesamt-PSA
Quotient aus f-PSA und GesamtPSA (f-PSA%)
Alter l
l
Unterschiedliche Angaben
Prostatagröße l
l
l bei großen Drüsen (>40 ml) ist Differenzierung benigne/maligne mit f-PSA% schlechter möglich
Rasse
Niedrigere Konzentrationen bei Asiaten
niedrigere Konzentration bei Afroamerikanern
Tageszeit
Keine zirkadiane Rhythmik
Analytische und biologische Variation
Etwa 10–30%
Fettarme Ernährung
Kein Einfluss
Ejakulation
kontroverse Angaben: 48 h sexuelle Abstinenz vor PSA-Bestimmung ist möglicherweise sinnvoll
Fahrradfahren
l möglich, wenig aussagekräftige Untersuchungen
Physiologische Einflussgrößen
25
Etwa 15%
Therapeutische und diagnostische Eingriffe Rektale Untersuchung, Prostatamassage
l in bis zu 10–15% der Fälle
Transrektaler Ultraschall
l in ca. 10% der Fälle
Prostatabiopsie
l
Urethrozystoskopie, transurethraler Katheter
l Einfluss meist gering
Hyperthermie/Thermotherapie der Prostata
l
Transurethrale Prostataresektion
n
Strahlentherapie des Beckens (nichturologischer Erkrankungen)
n
Pathologische Einflussgrößen Chronische Leberfunktionsstörung
(n)
Kontrovers: ja/nein
Akute Leberfunktionsstörung
l
Diabetes mellitus
Nicht bekannt
Niereninsuffizienz/Dialyse
Wahrscheinlich kein Einfluss
Keine endgültige Aussage möglich
Prostatitis/Prostatainfarkt
l
(Möglich)
Akuter, schmerzhafter Harnverhalt
l
Medikamente 5α-Reduktasehemmer (Finasterid)
n im Mittel 50%, starke individuelle Abweichungen
α-Blocker (Terazosin)
Kein Einfluss
Androgenentzug
n
Intravesikale BCG-Instillation
l
Andere Medikamente
Einfluss nicht nachgewiesen
Gering
527 25.4 · Diagnostik
Tab. 25.18. Stabilität von freiem (f-PSA) und Gesamt-PSA. (Mod. nach Luboldt u. Doehn 2002; Cartledge et al.1999) Lagerungstemperatur
Blut
Zimmertemperatur
Serum
f-PSA
Gesamt-PSA
2–6 h
24 h
f-PSA 5,5–12 h
7 Tage
+4°C
24 h
7–14 Tage
–20°C
2 Jahre
2 Jahre
≤–70°C
Stabil
Stabil
Tab. 25.19. Bedeutung des PSA-Screeningschwellenwertes. (Nach Labrie et al. 1985) PSA-Schwellenwert für positiven Befund (ng/ml)
Männer BRD 50–70 Jahre 9,46 Mio. falsch-positive Befunde
>3
1,42 Mio. (15%)
>4
0,85 Mio. (9%)
>5
0,57 Mio. (6%)
>10
Zu spät
0,19 Mio. (2%)
Tab. 25.20. Altersgrenzen des PSA-Spiegels. (Nach Oesterling et al. 1995) Alter (Jahre)
PSA-Obergrenze (ng/ml)
40–49
2,5
50–59
3,5
60–69
4,5
70–79
6,5
Tab. 25.21. Präoperativer PSA-Wert und Tumorausdehnung. (Nach Partin et al. 1990) PSA (ng/ml)
Pathologisches Stadium Organbegrenzt (%)
Extraprostatisch (%)
0–2,8
82,4
17,6
2,9–10
50,9
49,1
10,1–20
20,7
79,3
20,1–30
31,2
68,8
PSA-Dichte
Der Quotient aus dem Gesamt-PSA-Wert und dem Prostatavolumen wird als PSA-Dichte bezeichnet. Die Erkenntnis, dass malignes Prostatagewebe, verglichen
mit identischem Volumen gutartigen Gewebes, bis zu 10-mal höhere PSA-Mengen in das Serum abgibt, sollte eine Unterscheidung zwischen Karzinom und Prostatahyperplasie anhand eines zum Prostatavolumen korrigierten PSA-Wertes möglich machen (Benson et al. 1992). In den vergangenen Jahren wurde die Wertigkeit der PSA-Dichte in zahlreichen Studien untersucht, wobei sich stark unterschiedliche Ergebnisse zeigten. Zum Teil können diese Unterschiede auf die Untersuchungs- und der Geräteabhängigkeit der Volumenbestimmung der Prostata zurückgeführt werden. Insgesamt ist in der täglichen Praxis die Bedeutung und die Wertigkeit der PSA-Dichte aufgrund der möglichen Fehlerquellen und der fraglichen Reproduzibilität gering (Remzi et al. 2003). Altersabhängige PSA-Referenzwerte
Mit zunehmendem Alter nimmt die Masse des BPHGewebes zu und führt zu einer entsprechenden Erhöhung des PSA-Serumspiegels ( Tab. 25.20; Oesterling et al. 1995). Durch die Anwendung altersspezifischer PSAWerte kann die Sensivität bei der Karzinomdiagnostik insbesondere bei jüngeren Patienten erhöht werden. Allerdings nimmt auch die Zahl der negativen Biopsien zu. Aufgrund der altersspezifisch dynamisch angepassten Referenzbereiche ist die Chance, ein organbegrenztes Prostatakarzinom zu finden, höher ( Tab. 25.21; Partin et al. 1990). Bei älteren Patienten trägt eine erhöhte Spezifität zur Vermeidung unnötiger Biopsien bei, jedoch führt dies womöglich auch dazu, dass eine bestimmte Anzahl von Karzinomen in dieser Patientengruppe nicht entdeckt wird. So werden z. B. bei einem PSA-Grenzwert von 6,5 ng/ml in der Altersgruppe der 70- bis 75-Jährigen bis zu 70% der Karzinome übersehen (Catalona et al. 1995; Luboldt et al. 2002). Die in der Literatur angegebenen, teilweise stark voneinander differierenden Referenzbereiche resultieren z. T. aus der Vielfalt der verwendeten PSA-Assays und der Dyshomogenität der untersuchten Kollektive (Semjonow et al. 2002).
25
528
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Molekulare PSA-Formen: freies PSA (f-PSA) und komplexiertes PSA (c-PSA)
25
Der überwiegende Teil (80%) des Gesamt-PSA (t-PSA) im Serum besteht aus komplexiertem PSA (c-PSA), eine kleinere Fraktion (20%) bildet das freie PSA (f-PSA). Eine testspezifische Möglichkeit, die Aussagekraft des PSA zur Differenzierung zwischen Prostatakarzinom und BPH zu erhöhen, besteht in der Analyse und Korrelation der prozentualen Anteile verschiedener molekularer PSA-Formen (Stenman et al. 1991), da Prostatakarzinompatienten tendenziell einen geringeren Anteil an fPSA am Gesamt-PSA im Serum als Patienten mit einer benignen Prostatahyperplasie aufweisen. Ursächlich für diese Veränderung zwischen den verschiedenen Anteilen molekularer PSA-Formen im Serum beim Karzinom und benigner Prostatahyperplasie können verschiedene Auslöser sein. Zum Beispiel könnte eine gesteigerte Synthese des Akute-Phase-Proteins α1-Antichymotrypsin in den Tumorzellen für die vermehrte Komplexbildung des PSA verantwortlich sein (Björk et al. 1994). In mehreren Studien konnte nachgewiesen werden, dass mit Hilfe des Quotienten aus f-PSA und t-PSA (fPSA%) eine Verbesserung der PSA-Spezifität möglich ist. Eine prospektive multizentrische Studie ergab, dass bei Patienten mit einem PSA-Wert im Graubereich (4–10 ng/ ml) 20% der Biopsien eingespart werden können, wenn das f-PSA nicht >25% des tPSA ausmacht (Catalona et al. 1997). In diesen Studien konnten 95% der Prostatakarzinome erfasst werden. Über den Einfluss des Alters auf den f-PSA/t-PSA-Quotient ist keine endgültige Aussage möglich (Lein et al. 2002). Durch die Abhängigkeit vom Prostatavolumen kommt es zu einer deutlichen Verschiebung der Sensivität und der Spezifität des f-PSA-Wertes. Bei einem Prostatavolumen >40 mm3 ist mit Hilfe des Quotienten keine Differenzierung zwischen den Patienten mit einem Prostatakarzinom und einer BPH möglich (Stephan et al. 1997). Ein Zusammenhang zwischen der Höhe des PSA% und der Tumoraggressivität scheint ebenfalls zu bestehen (Carter et al. 1997). Derzeit besteht die Hauptanwendung des freien PSA in der Indikationssicherung zur Biopsie bzw. Rebiopsie bei Patienten mit unauffälligem Tastbefund und einem Gesamt-PSA-Wert im Graubereich. Patienten mit akuter oder chronischer Prostatitis haben einen ähnlich geringeren bzw. niedrigeren f-PSA-Anteil am Gesamt-PSA als Patienten mit einem Prostatakarzinom (Jung et al. 1998), d. h. dass das f-PSA bei diesen Patienten falsch-positiv sein kann. Auch ist zu beachten, dass Manipulationen an der Prostata zu einer stärkeren Erhöhung der freien PSAFraktion im Vergleich zum Gesamt-PSA führen (Lein et al. 2002; Strohmaier et al. 2002). Eine Blutabnahme und Manipulation an der Prostata kann über diese ar-
tifizielle Erhöhung (falsch-negativ) des freien PSA und damit des Quotienten (f-PSA/tPSA) zum Übersehen eines Prostatakarzinoms führen. Daher sollte vor erneuter PSA-Bestimmung (z. B. nach Biopsie) eine Wartezeit von mindestens 3 Wochen eingehalten werden. Das f-PSA hat eine niedrige Stabilität, was bei unsachgemäßer Handhabung der Probe zu präanalytischen Problemen führen kann ( Tab. 25.18). Das komplexierte PSA (c-PSA) ist der proteinaseinhibitorgebundene Teil des Gesamt-PSA und entspricht der überwiegenden PSA-Fraktion im Serum. Aus analytischen Überlegungen heraus liegt es nahe – wenn man die Möglichkeit der Auswahl hat –, den Parameter zu messen, der in der größten Konzentration vorliegt. Darüber hinaus ist das c-PSA stabiler als das ungebundene f-PSA, so dass präanalytische Fehler eine geringere Rolle spielen. Diese Tatsache allein lässt die Bestimmung des c-PSA vielversprechend erscheinen, zudem auch mehrere Hinweise vorliegen, dass im niedrigen PSA-Konzentrationsbericht <4 ng/ml die Diagnostik des Prostatakarzinoms durch das c-PSA verbessert werden kann. Da bekanntlich ca. 30% der Patienten mit einem Prostatakarzinom zum Zeitpunkt der Diagnose PSA-Werte im Referenzbereich aufweisen, ist dieser Aspekt von Vorteil (Fischer et al. 2005). Allerdings ist es noch verfrüht, ein abschließendes Urteil zur Validität der c-PSA-Bestimmung im niedrigen PSA-Konzentrationsbereich zu geben. Ebenso verfrüht ist ein Urteil darüber, ob die alleinige Bestimmung des c-PSA-Werts den Quotienten aus f-/t-PSA ersetzen kann. Bisher konnte aber gezeigt werden, dass der Quotient c-/t-PSA alternativ für den Quotienten f-/t-PSA eingesetzt werden kann (Roddam et al. 2005; Stephan et al. 2005). PSA-Anstiegsgeschwindigkeit (»velocity«) und PSAVerdopplungszeit
Diese Methode zur Verbesserung der PSA-Spezifität basiert auf der Analyse der Veränderungen der PSA-Werte über einen definierten Zeitraum. Die Ermittlung der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit stützt sich idealerweise auf die Messung von 3 PSA-Serumspiegeln innerhalb einer 2-Jahres-Periode. Ein Anstieg von 0,75 ng/ml/Jahr (Tandem-R-PSA-Test – Hybritech), unabhängig vom Ausgangswert, ist ein Hinweis auf ein mögliches Prostatakarzinom. In Studien konnte gezeigt werden, dass die Bestimmung der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit zur Verbesserung der Früherkennung des Prostatakarzinoms führt (Eggener et al. 2005; Nadler et al. 2005; Perrin 2006). Die Bedeutung der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit bei einem PSA >4 ng/ml wird allerdings von Schröder et al. (2006)
529 25.4 · Diagnostik
kontrovers diskutiert. So fand er in seinem Patientenkollektiv bei >4 ng/ml keinen Informationsgewinn durch die Bestimmung der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit. Eine große Beobachtungstudie von Carter al. (2005) konnte zeigen, dass Männer mit einer PSA-Anstiegsgeschwindigkeit von 0,06–0,16 ng/ml/Jahr extrem selten ein Prostatakarzinom entwickeln, da diese Anstiegsgeschwindigkeit altersentsprechend ist. Theoretisch kann allerdings die Möglichkeit nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass ein wenig aggressives Prostatakarzinom übersehen wird. Ein höheres Risiko hinsichtlich eines Prostatakarzinoms haben Männer, die eine PSA-Antiegsgeschwindigkeit von >0,75 ng/ml/Jahr aufweisen. Idealerweise sollte ein individueller PSA-Verlauf für jeden Patienten erstellt und die Intervalle zwischen den Messungen in Abhängigkeit des Ausgangswertes individuell festgelegt werden. Bei Männern zwischen 40 und 49 Jahren sollte bei einer PSA-Anstiegsgeschwindigkeit >0,7 ng/ml/Jahr eine weiterführende Diagnostik überlegt werden, da bei dieser PSA-Anstiegsgeschwindigkeit in dieser Altersgruppe das Prostatakarzinomrisiko bis zu 15-fach erhöht ist. Neben der diagnostischen Bedeutung ist die PSAAnstiegsgeschwindigkeit auch von prognostischem Wert. D’Amico et al. (2005) konnten an 1095 Patienten nachweisen, dass ein schneller Anstieg des PSA-Wertes mit einer ungünstigen Prognose einhergeht. Bei einem PSAAnstieg >2 ng/ml/Jahr im Jahr vor der Diagnose steigt deutlich das Risiko, an den Folgen des Tumorleidens zu sterben ( Abb. 25.11). Eine günstigere Prognose haben hingegen Männer, die vor radikaler Prostatovesikulektomie eine PSA-Anstiegsgeschwindigkeit <2,0 ng/ml/Jahr aufwiesen.
Abb. 25.11. PSA-Verlauf in Jahren vor der Diagnosestellung. (Nach Daten aus Carter et al. 2005)
Die prognostische Bedeutung lässt sich auch anhand der Korrelation zum Gleason-Score (D’Amico et al. 2006) nachweisen. Ein ungünstiger Gleason-Wert (GleasonScore von 8–10) fand sich bei Patienten mit einer PSAVelocity von >1,8 ng/ml/Jahr doppelt so häufig wie bei solchen mit einer PSA-Anstiegsgeschwindigkeit <1,8 ng/ ml/Jahr. Auch zur Beurteilung der Prognose beim hormonrefaktären Prostatakarzinom (HRMPC) kann die Bestimmung der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit herangezogen werden. Rozhansky et al. (2006) konnte an 213 Männern mit einem HRMPC zeigen, dass diese bei einer PSA-Antiegsgeschwindigkeit >0,01 ng/ml/Monat eine signifikant niedrigere Lebenserwartung aufwiesen. So lag therapieunabhängig die 2-Jahres-Überlebensrate bei Patienten mit einer PSA-Anstiegsgeschwindigkeit >0,01 ng/ml bei nur 16% und bei Patienten ≤0,01 ng/ml bei 44%. Hinweis
I
I
Die Bestimmung der individuellen PSA-Anstiegsgeschwindigkeit ist derzeit möglicherweise die beste Methode für die Früherkennung des Prostatakarzinoms. Darüber hinaus ermöglicht die Anstiegsgeschwindigkeit zumindest annähernd die Beurteilung des individuellen Risikoprofils.
Die PSA-Verdopplungszeit definiert den Zeitraum, in der sich ein PSA-Wert verdoppelt (Schmidt et al. 1993). Zur Ermittlung der PSA-Verdopplungszeit benötigt man im günstigsten Fall nur 2 PSA-Messungen. Die PSAVerdopplungszeit, die im Wesentlichen nichts anderes als eine andere arrhythmetische Form der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit ist, ist ein entscheidender Verlaufsparameter. Nachteil bei dieser Methode ist, dass unmittelbare Entscheidungen anhand einer einzelnen Messung nicht getroffen werden können. Die PSA-Verdopplungszeit dient als Verlaufsparameter für Patienten, die sich in der regelmäßigen Kontrolle befinden oder aber einen nicht abklärungsbedürftigen Ausgangs-PSAWert haben. Insbesondere bei Männern mit PSA-Werten, die im Referenzbereich liegen, kann die zeitabhängige PSAVeränderung hilfreich sein (Benecchi 2006). Grundvoraussetzung für die korrekte Anwendung beider Methoden ist die Bestimmung aller PSA-Werte unter gleichen patienten- und laborspezifischen Voraussetzungen und Bedingungen. Die PSA-Anstiegsgeschwindigkeit kann eine valide Hilfe im Rahmen der Früherkennung des Prostatakarzinoms sein. Es kann davon ausgegangen werden, dass Patienten mit einem Anstiegswert von 0,75 ng/ml/Jahr
25
530
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
in bis zu 60% der Fälle ein Karzinom aufweisen. Möglicherweise muss die Anstiegsgeschwindigkeit bei jungen Patienten sowie bei Risikogruppen (familiäre Prädisposition) auf einen Wert von 0,5 ng/ml/Jahr korrigiert werden. Neben der diagnostischen Bedeutung im Rahmen der Primärdiagnostik kommt der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit eine zunehmende Rolle als prognostischer Faktor zu. Hinweis
25
I
I
Patienten mit einer raschen Anstiegsgeschwindigkeit von 1,8–2,0 ng/ml/Jahr vor der Diagnose des Prostatakarzinoms weisen überproportional häufig eine ungünstigere Prognose auf als Patienten mit einem geringen bzw. langsameren Anstieg vor der Primärdiagnose bzw. der Therapie.
Tab. 25.22. PSA-Teststreifen; Validität in Abhängigkeit vom PSA-Bereich. (Nach Loertzer et al. 2005) PSA (ng/ml)
Beurteilung (%) Falsch-positiv
0 ≤2
15
2≤3
29
3≤4
67 Falsch-negativ
4≤5
25
5≤6
6
6≤8
12
8≤10
6
10
2
Qualitative Analyseverfahren (PSA-Schnelltest)
Ziel eines Früherkennungsprogramms ist es, möglichst viele Erkrankungen in einem Stadium zu erkennen, in dem eine kurative Behandlung noch möglich ist. Da die Bereitschaft der Männer in Deutschland sehr gering ist (14%), an einer Prostatakarzinomfrüherkennung teilzunehmen (Becker et al. 2002), könnte u. a. die Verfügbarkeit eines einfachen, nicht invasiven, schnell und ubiquitär durchführbaren Tests zu einer höheren Akzeptanz der Früherkennung beitragen. Unter diesem Gesichtspunkt wäre eine PSA-Schnelltestmethode wünschenswert. Allerdings muss sie bestimmten qualitativen Anforderungen genügen, um eine korrekte Früherkennung des Prostatakarzinoms zu ermöglichen. Der PSA-Streifentest beruht auf einer rein qualitativen Messmethode, die einer Testphasen-Immunochromatographie mit einem starren Grenzwert von 4 ng/ml entspricht. Der Vorteil dieser Methode zeichnet sich dadurch aus, dass bei diesem Test in wenigen Minuten das Ergebnis vorliegt, die Durchführung sehr einfach ist (kein Laborpersonal, Kapillarblut) und kein Equipment (keine Messgeräte, keine Spezialvorrichtung) notwendig ist. Es reicht der Teststreifen allein. Der Teststreifen erfüllt zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht einmal die Minimalanforderungen an eine Untersuchungsmethode (Lein et al. 2002; Loertzer et al. 2005). Es werden im Bereich der Grenzwerte des Teststreifens (PSA: zwischen 4 und 5 ng/ml) 25% der möglichen Prostatakarzinome nicht entdeckt ( Tab. 25.22). Bei Patienten, deren PSA-Wert unter dem festgesetzten Grenzwert von 4 ng/ml oder im sog. Graubereich (zwischen 4 und 10 ng/ml) liegt, reicht die rein qualitative (positiv versus negativ) Bestimmung des PSA-Wertes nicht aus. So gehen wichtige Informationen, wie z. B. PSA-Anstiegsge-
schwindigkeit oder grenzwertige Serumkonzentrationen, verloren. Für quantitative laborsmedizinische Untersuchungen ist zur Qualitätssicherung seit 2002 eine interne und externe Qualitätssicherung vorgeschrieben (Richtlinie der Bundesärztekammer vom 1.1.2002). So gibt es für die quantitative Bestimmung des PSA-Wertes (GesamtPSA) einen verfahrensabhängigen Sollwert, eine maximal zulässige Unpräzision (9%), eine maximal zulässige Unrichtigkeit (13%) und eine maximal zulässige Abweichung des Einzelwertes (31%). Die Qualitätssicherung ist jedoch für die qualitative PSA-Bestimmung (PSAStreifentest) nicht vorgeschrieben, d. h. es gibt kein Erfordernis der Qualitätsüberprüfung der angebotenen PSA-Teststreifen. Im Einzelnen sprechen gegen die Anwendung dieser Testmethode derzeit folgende Gründe (Lein et al. 2002; Loertzer et al. 2005):
keine analytische Zuverlässigkeit (insbesondere im PSA-Graubereich),
positive Testergebnisse müssen quantitativ verifiziert werden,
falsch-negative Testergebnisse führen zu Diagnoseverzögerung oder zur falschen Sicherheit,
die PSA-Anstiegsgeschwindigkeit kann nicht beurteilt werden,
eine genauere Einschätzung der PSA-Konzentration ist nicht möglich,
Interpretationsfehler,
keine Beratung,
keine Qualitätskontrolle.
531 25.4 · Diagnostik
Hinweis
I
I
Aus diesen Gründen und insbesondere wegen der nicht tolerablen analytischen Unzuverlässigkeit im entscheidenden Bereich zwischen 3 und 5 ng/ml muss zum jetzigen Zeitpunkt von der Verwendung solcher Testverfahren abgeraten werden.
Bedeutung des PSA in der Früherkennung Definitionen
Screening: Untersuchung und Klassifikation asymptomatischer Personen (Gesundenuntersuchung) nach der Wahrscheinlichkeit, die Erkrankung zu haben.
Populationsscreening: Organisierte Untersuchung einer großen Gruppe (z. B. das seit 1971 gesetzliche Krebsfrüherkennungsprogramm in Deutschland).
Krebsfrüherkennung (»case-finding«): Suche nach der Erkrankung bei der betreffenden Person, durchaus mit Screeningtests (eine Prostatakarzinomfrüherkennungsuntersuchung geht vom Untersuchten selbst aus).
Um eine Methode zum Screening einsetzen zu können, ist eine hohe Spezifität und Sensivität des Testsystems von entscheidender Bedeutung. Da es sich beim PSA um einen prostatagewebespezifischen und nicht um einen prostatakarzinomspezifischen Marker handelt, kommt der Definition des Normalwertes eine entscheidende Bedeutung zu, da auch gesunde Männer PSA im Blut haben. Das PSA erfüllt zumindest teilweise die Wunschvorstellung an einen idealen Tumormarker. Eine PSAbasierte Früherkennung scheint auf alle Fälle besser als vor der PSA-Ära möglich zu sein, da nun mit dem PSA ein qualitativ hochwertiges Früherkennungsinstrument endlich verfügbar ist. Die Bestimmung des PSA ist nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für die Gesellschaft von Bedeutung. Durch Früherkennung erwartet man eine Reduktion der prostatakarzinomspezifischen Mortalität. Initial kommt es jedoch zwangsläufig durch den überproportionalen Anstieg der neu detektierten Fälle zu einer Zunahme der diagnostizierten Prostatakarzinome. Darüber hinaus fällt ein nicht zu unterschätzendes Ausmaß an nachgeschalteter Ausschluss- und Umfelddiagnostik an. All diese Kosten müssen geschultert werden und letztlich mit dem tatsächlich erreichten Ziel – die Reduzierung der prostatakarzinomspezifischen Mortalität – in Relation gesetzt werden.
Obwohl derzeit noch nicht definitiv klar ist, ob durch die breite Anwendung des PSA in der Früherkennung eine Senkung der prostataspezifischen Mortalität für die untersuchte Population tatsächlich möglich ist, ist sicherlich das Vorenthalten der Information über diese diagnostische Möglichkeit heute weder denkbar noch ethisch bzw. juristisch vertretbar. Der behandelnde Arzt befindet sich heute aber – da eine PSA-Bestimmung zur Früherkennung keine rückerstattungsfähige Leistung der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) ist – in einem Spannungsfeld zwischen seiner Fürsorgepflicht und der Tatsache, dass medizinisch sinnvolle Untersuchungen nach dem derzeitigen GKV-Katalog nicht vergütet werden. Der Spagat zwischen Arzthaftung und Leistungsgrenze ergibt sich insbesondere aus der Tatsache, dass die GKVLeistungen nach dem Sozialrecht definiert sind und das ärztliche Selbstverständnis sich nach ethischen Grundlagen und nach medizinischem Mindeststandard definieren. Grundsätzlich hat das medizinisch Erforderliche Vorrang vor wirtschaftlichen Grenzen (Abs. 1 SGB V). Allerdings umfasst die Versorgungspflicht des Vertragsarztes keine Leistungen außerhalb des Leistungskataloges (§ 3, Abs. 1 BMV-Ärzte). Prinzipiell muss aber berücksichtigt werden, dass das Arzthaftungsrecht schärfere Anforderungen als das Sozialrecht stellt. Im Falle einer juristischen Auseinandersetzung wird daher der Arzt grundsätzlich verantwortlich gemacht für das, was er getan oder unterlassen hat, ungeachtet etwaiger sozialrechtlicher Aspekte. Es besteht demnach absolute Aufklärungspflicht über die Möglichkeit einer PSA-gesteuerten Früherkennung des Prostatakarzinoms, gerade weil der Leistungskatalog der GKV den medizinischen Standard unterschreitet. Im Übrigen kommt es im Falle einer Auseinandersetzung zu einer Umkehr der Beweislast, wenn sich der Patient nicht oder ungenügend aufgeklärt fühlt, da die Beweislast nicht wie bei Arzthaftpflichtfragen (Behandlungsfehler) beim Patienten liegt, sondern beim aufklärenden Arzt. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ein optimales Intervall der PSA-Untersuchungen für die Früherkennung nicht allein zeitlich festgelegt werden, sondern hängt entscheidend vom Ausgangs-PSA-Wert ab. Bei einem AusgangsPSA von <1 ng/ml liegt z. B. das Risiko nur bei 0,01%, dass nach 4 Jahren der PSA-Wert >3 ng/ml ist. Das Risiko steigt auf knapp 1% bei einem Ausgangs-PSA-Wert von <2 ng/ml. In Anbetracht der Datenlage kann daher das jährliche Sreeningintervall für Männer mit derart niedrigen PSA-Konzentrationen verlängert werden (Börgermann et al. 2006).
25
532
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
PCA-3-Test
25
In letzter Zeit beginnt sich ein neues Testverfahren zu etablieren bei der Detektion des Prostatakarzinoms. Es handelt sich dabei um den sog. PCA-3-Test. Dieser Test ist ein einfach durchzuführender Harntest, der die m-RNAExpression eines spezifischen Gens misst und die Vorhersage eines Prostatakarzinoms ermöglicht. PCA-3 ist ein prostataspezifisches Gen, dass in PCA-Zellen hochgradig überexprimiert wird. Bei dem in Europa kommerziell zur Verfügung stehendem genbasierten Urintest PROGENSAPCA-3 wird die mRNA- Expression des PCA3-Gens und des PSA-Gens aus der Prostatazelle quantifiziert. Die PSA-mRNA gilt als Maß für die Menge an Prostatazellen aus der jeweiligen Patientenprobe. Der PCA3-Score berechnet sich aus (PCA3- mRNA/PSA-mRNA)×1000. Ein PCA3-Score-Schwellenwert von 35 ist am besten geeignet, das Ergebnis der Biopsie vorherzusagen (Haese et al. 2007; Nakanishi et al. 2008; Marks et al. 2007). Nakanishi et al. (2008) wiesen nach, dass das Prostatakrebs-Gen 3 zur Detektion und Stadieneinteilung des PCA genutzt werden kann. Dieser genbasierte Urintest PROGENSA PCA-3 kann ein wertvolles Instrument für »active surveillance« bei Patienten mit niedrig gradig differenziertem bzw. sog. insignifikanten Karzinomen sein. Die PCA-3-Scores korrelieren mit dem Tumorvolumen und Gleason-Score. Einen besonderen prädiktiven Wert stellt der PCA-3-Test bei der Erfassung von Tumoren mit kleinem Volumen dar.
Bildgebung Transrektale Ultraschalluntersuchung (TRUS) Voraussetzung für die transrektale Ultraschalluntersuchung (TRUS) sind Sonographiegeräte mit hohem Auflösungsvermögen unter Verwendung von biplanaren Sonden mit hohen Frequenzen (5–7 MHz). Die TRUS ist ein valides diagnostisches Instrument zur Bestimmung der Volumetrie der Prostata, Hilfestellung zur Sicherung der Diagnose oder zur Verlaufsüberwachung. Die normale Prostata zeichnet sich durch ein homogenes Binnenecho aus. Multiple Verkalkungen sind Anzeichen von abgelaufenen Entzündungen. Echoarme Zonen werden als mögliches Zeichen einer Malignität gewertet, da man in diesen in ca. 20–30% der Fälle maligne Zellen nachweisen kann. Diese echoarmen Zonen sind aber keinesfalls beweisend. Trotz hochauflösender Ultraschallsonden ist die TRUS der digital-rektalen Untersuchung nicht überlegen. In der Untersuchung von Andriole et al. (1988) war bei 10 von 75 Patienten (13%) bei tastbarer Induration die TRUS falsch-positiv. Dies entsprach einem positiven Prädiktionswert von 37%.
Lee et al. (1989) halten dagegen die TRUS für geeignet zum Nachweis eines nicht tastbaren Prostatakarzinoms und zur ultraschallgesteuerten Biopsie. Durch den Einsatz moderner hochauflösender Ultraschallköpfe postulieren verschiedene Autoren eine sonographische Detektion des Prostatakarzinoms im Transrektalschall für gegeben (Loch et al. 2000). In den letzten Jahren konnte aber durch eine Vielzahl von Studien belegt werden, dass das Erscheinungsmuster des Prostatakarzinoms in der Mehrzahl zwar hypoechogen, aber ebenso auch iso- oder hyperechogen sein kann. Die Häufigkeit des nicht-hypoechogenen Prostatakarzinoms wird derzeit in der Literatur mit 35% angegeben (Loch et al. 2000). Das Dilemma besteht darin, dass die Detektion und Darstellung der hypoechogenen Läsion in der Prostata bei der sonographischen Untersuchung entscheidend von der Fähigkeit des Untersuchers und von der Qualität des Ultraschallgerätes abhängig ist (Fleshner et al. 1999). Hinweis
I
I
Der häufigste Befund des Prostatakarzinoms bei der transrektalen Sonographie ist ein echoarmes, oft unregelmäßig begrenztes Areal, das zumeist im Bereich einer hypoechogenen Zone lokalisiert wird.
Als weitere Malignitätskriterien im Transrektalschall sind das Überragen des auffälligen Areals über die als heller Saum gut nachweisbare Prostatakapsel anzusehen sowie die Penetration eines suspekten Bereiches in den echoreicheren Rektumwall hinein. Finden sich zusätzlich hypoechogene Strukturen an der Übergangszone, die vom umgebenden Gewebe deutlich abgrenzbar sind, so kann auch hier ein Prostatakarzinom vorliegen, obwohl die Übergangszone ohnehin schon eine strukturgemischte Echodichte aufweist (Loch 2004). Ein sehr einfaches und weiteres Kriterium ist die Lappenasymmetrie. Die unterschiedliche Größenzunahme der Prostata deutet auf ein Prostatakarzinom hin, ist aber nicht beweisend für eine Malignität. Die Lappenasymmetrie lässt sich am besten in der Mittellinie und in der Transversalabschnittführung erkennen. Die Sensivität der transrektalen Sonographie zur Erfassung des kapselüberschreitenden Wachstums wird mit 30–90% angegeben (Tarcan et al. 1997). Die Spezifität wird mit 50–94% angezeigt (Ekici et al. 1999; Hammerer 2004). Die diagnostische Sicherheit und die Qualität der transrektalen Ultraschalluntersuchung hängen stark von der individuellen Erfahrung des Untersuchers ab (Littrup 2001).
533 25.4 · Diagnostik
Durch transrektale Sonographie ist im Gegensatz zur DRU die Beurteilung einer Samenblaseninfiltration durch das Prostatakarzinom möglich. Hierbei zeigen sich ein aufgehobener Samenblasenwinkel sowie ein homogenes Echomuster, das sich von der Prostata direkt in die Samenblase fortsetzt. Die diagnostische Sicherheit bezüglich einer Samenblaseninfiltration erreicht in der Literatur bis 95% (Ekici et al. 1999; Hammerer et al. 2004). Die farbkodierte Power-Duplexsonographie ist eine neue Ultraschalltechnologie zur Detektion des Prostatakarzinoms. Durch die Anwendung eines Ultraschallkontrastmittels (Echosignalverstärker) bei der farbkodierten Duplexsonographie kann die Früherkennung des Prostatakarzinoms verbessert werden (Halpern et al. 2005; Clements 2002). So konnten Pepe et al. (2003) zeigen, dass die Sensivität der farbkodierten Dopplersonographie mit Echosignalverstellbarkeit bei 92,3% lag, wobei nur die alleinige digital-rektale Untersuchung oder der transrektale Ultraschall eine Detektion von 66% jeweils erbrachten und die Kombination beider Varianten 80%. Eine weitere Möglichkeit zur Erhöhung der diagnostischen Treffsicherheit des transrektalen Ultraschalls ist die Auswertung des Ultraschallbildes mit Hilfe eines Computers (C-TRUS). Die C-TRUS-Auswertung basiert auf subvisuellen graustufendifferenzierten Bildinformationen. Die vom Computer markierten suspekten Areale werden bioptiert. Die C-TRUS-Analyse liefert Daten, die mit dem menschlichen Auge nicht erkennbar sind, und kann Graustufenformationen ausnutzen, die mit dem nicht sichtbaren Anteil kombiniert werden können (Loch 2004). Um die Wertigkeit der C-TRUS im klinischen Alltag zu definieren, bedarf es jedoch noch weiterer klinischer Studien.
Real-time-Elastographie und PCA Detektion Die große Vielfalt von Eigenschaften elastischen Gewebes und die Differenz der Elastizität von Tumoren zum umgebenden Gewebe hat Anlass zur Entwicklung von Untersuchungstechniken zur Elastizität gegeben. Die Elastographie, primär durch Ultraschall, gegenwärtig durch MRT-Untersuchungen präsent, hat sich in den letzten Jahren stark etabliert. Die klinischen Daten beziehen sich auf Untersuchungen beim Mammakarzinom, Prostatakarzinom sowie dynamische Untersuchungen des Skelettmuskels durch intravaskuläre elastische Differenzierung von Gefäßplaques. Vorteile der Ultraschallelastographie sind die allgegenwärtige Verfügbarkeit sowie die Kosteneffektivität. MR-elastographie bietet die verbesserte Rekonstruktion sowie die Möglichkeit die potenziellen anisotropischen Eigenschaften der Gewebe zu berechnen oder abzuschätzen.
Es existieren 3 verschiedene Arten der Elastizitätsuntersuchung (Garra et al. 2007).
Elastographie: Durch Kompression wird eine Gewebebewegung erzielt und man erhält damit eine Einschätzung der Belastung des Gewebes.
Mittels Sonoelastographie unter Benutzung des Dopplereffektes erhält man ein Abbild der Gewebebewegung in Antwort auf extern generierte Vibrationen. Durch das Verfolgen einer Transversalwellenausbreitung durch das Gewebe erhält man elastische Module.
Ein anderes Verfahren, die Elastizität zu untersuchen, ist die Magnetresonanzelastographie. Zur Anwendung kommt die Elastographie bereits vor und nach der Therapie des PCA mit HIFU (Curiel et al. 2005; Souchon et al. 2003). Salomon et al. 2008 untersuchten die Sensitivität und Spezifität der Ultraschall-real-time-Elastographie zur besseren Vorhersage von Prostatakarzinomen bei einem selektionierten Patientenklientel. Die Sensitivität und Spezifität betrug bei einer totalen Anzahl suspekter Areale von 439 um ein PCA zu detektieren 75,4% und 76,7%. Derzeit eignet sich diese Methode noch nicht als Standardmethode sowohl bei der Diagnostik des PCA oder als Kontrollmethode einer Therapieoption.
Prostatabiopsie Eine Biopsie der Prostata muss bei jedem Verdacht auf ein Prostatakarzinom durchgeführt werden und dient der Sicherung der Diagnose. Die sonographisch gesteuerte Biopsie ist die Domäne der transrektalen Sonographie der Prostata. Prinzipiell kann sonographisch gesteuert transrektal und perineal bioptiert werden, wobei der Trend heute eindeutig zugunsten der transrektalen Biopsie geht. Zur präoperativen Vorbereitung einer sonographisch gesteuerten Mehrfachbiopsie sollten eine Darmvorbereitung (z. B. Practo Clyss) sowie eine Antibiotikaprophylaxe mit einem oral verabreichten Gyrasehemmer erfolgen. Durch die intrarektale Applikation eines Lokalanästhetikums enthaltenden Gels vor der Biopsie kann diese für den Patienten nahezu schmerzfrei gestaltet werden. Durch die Verwendung der heute üblichen dünnen Biopsienadeln (18 Gg) und von Sprungfederbiopsiegeräten sowie durch die präoperative Vorbereitung sind infektiöse und hämorragische Komplikationen sehr selten geworden (<2%; Djavan et al. 2005). Die begleitende, jedoch geringfügige Hämaturie in 60% der Fälle und die bekannte Hämatoospermie in 10% der Fälle sind häufige Nebenwirkungen und sollten bei der Aufklärung unbedingt angesprochen werden (Djavan et al. 2001).
25
534
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Prinzipiell unterscheidet man zwischen einer gezielten Biopsie und einer systematischen Biopsie. Bei der systematischen Biopsie wird die Prostata in mehreren Bereichen nach einem bestimmten Muster bioptiert. Die heute noch durchgeführte 6-fach-Prostatastanzbiopsie nach Hodge et al. (1989) wird zunehmend als Standardtechnik von den 10-, 12- oder 14-fach-Biopsien bei minimaler Veränderung der Morbidität abgelöst. Die Aussagekraft der Biopsie wird somit entscheidend verbessert (Djavan et al. 2005; Gore et al. 2001). Sonographisch suspekte Bereiche, die außerhalb eines verwendeten Biopsieschemas liegen, sollten gesondert bioptiert werden. Kawakami et al. (2006) hatte durch Anwendung der 10-fach-Biopsie eine Detektionsrate eines pT1c-Tumors von 82% und eines pTa2-Tumors von 91%. Weiterhin konnte durch die Anwendung eines dreidimensionalen Biopsieverfahrens (transrektal und transperineal) bei gleicher Biopsieanzahl die Detektionsrate auf 88% bei pT1c-Tumoren und 100% bei pT2c-Tumoren erhöht werden. Durch die Anwendung der C-TRUS mit der Auswertung verschiedener Graustufen konnte Loch (2004) ebenfalls eine vergleichbare Treffsicherheit beim Prostatakarzinom erreichen. Keetch et al. (1994) fanden bei 19% nach primär negativen 6-fach-Biopsien bei der Zweitbiopsie Karzinomgewebe. Bei der 3. Biopsie waren es immerhin 8% und bei der 4. Biopsie noch 4%. Insgesamt sind Serienbiopsien nicht sinnvoll, denn 96% der Karzinome werden bei den ersten beiden Biopsien entdeckt. Ein ähnliches Ergebnis konnten Roehrborn et al. (1996) erzielen, indem sie bei 23% nach primär negativer Biopsie in der Zweitbiopsie ein Karzinom finden konnten. Dies zeigt, dass eine relevante Anzahl von Karzinomen mit der 1. Biopsie nicht diagnostiziert wird. Die Durchführung einer 2. Prostatastanzbiopsie bei gesicherter Indikation und negativer Erstbiopsie ist gegenwärtig nicht nur sinnvoll, sondern als Standard anzusehen. Es gibt jedoch keine gezielten Untersuchungen, mit welchem Standard (z. B. die Anzahl der Proben) die 2. Biopsie durchgeführt werden sollte. Es ist natürlich möglich, dass sich die zunächst nicht entdeckten Karzinome in der Transitionalzone befinden könnten. Untersuchungen zu dieser Fragestellung fanden Tumoren in den Transitionalzonen in 14–61% (Bazinet et al. 1996; Onder et al. 1998). Das ausschließliche Vorhandensein von Tumoren in der Transitionalzone wurde jedoch mit nur 1,9–9,8% beschrieben (Kojima et al. 2000; Fleshner et al. 2002). Durch die zusätzliche Entnahme von 3–4 Biopsien aus den lateralen Arealen der Prostata zu der 6-fach-Biopsie kann die Sensivität der Technik deutlich verbessert werden (Norberg et al.1997).
Urethrozystoskopie Eine Durchführung der Urethrozystoskopie vor einer radikalen Prostatovesikulektomie kann in mehrfacher Hinsicht nützlich sein:
assoziierte vesikale pathologische Befunde auszuschließen (z. B. Urothelkarzinom),
urethrale Pathologien auszuschließen sowie ggf.
die Operabilität zu überprüfen (mögliche Infiltration der Harnblase). Die simultane rektale Palpation ermöglicht die Erhöhung des Voraussagewertes eines organbegrenzten Tumors. So kann eingeschätzt werden, ob der Blasenhals infiltriert und das Verumontanum fixiert ist (Bressel 1998). Zur Diagnose bzw. Früherkennung des Prostatakarzinoms dient die Urethrozystoskopie nicht.
25.4.3 Ausbreitungsdiagnostik
Bildgebende Untersuchungsverfahren Die bildgebenden Untersuchungsverfahren entwickeln sich in einem rasanten Tempo weiter, wie man an der Entwicklung einerseits der Ultraschallgeräte und andererseits der Farbkernspintomographie erkennt. Realität ist aber auch, dass die bildgebenden Verfahren zum jetzigen Zeitpunkt im Screening, in der Diagnostik und Verlaufskontrolle des Prostatakarzinoms leider immer noch wenig sensitiv und zu unspezifisch sind; dies gilt hauptsächlich im Hinblick auf die Stadieneinteilung (Hammerer et al. 2004). Die diagnostische Zuverlässigkeit des Computertomogramms, bezogen auf das T-Stadium, erreicht lediglich 56% (Bretan et al. 1987). Die Kernspintomographie (MRT) liefert vergleichbare Ergebnisse ( Tab. 25.23 und 25.24; Rifkin et al. 1990). Durch den Einsatz endorektaler Sonden wird die Sensitivität und Spezifität der Ergebnisse dieser beiden Untersuchungsmethoden nicht entscheidend verbessert (Cornud et al. 2006). Zur Suche von Mikrometastasen oder sehr kleinen Lymphknotenmetastasen eignet sich das CT nicht. Aufgrund der extrem niedrigen Rate falsch-positiver Diagnosen errechnet sich aber eine Spezifität von nahezu 100% (Altwein et al. 1994). Der sinnvolle Einsatz der CToder MRT-Untersuchung ist nur dann gegeben, wenn prognostische Faktoren wie ein erhöhtes PSA oder Tumorvolumen bzw. histopathologische Kriterien (Anzahl der positiven Stanzen, Gleason-Score) Lymphknotenmetastasen erwarten lassen. Zur Detektion von ossären Metastasen eignet sich die Knochenszintigraphie (Smith et al. 1987). Voraussetzung ist allerdings das Vorliegen osteoblastischer Lä-
535 25.4 · Diagnostik
sionen. Ihre Spezifität bei soliden Herden (»hot spots«) und ihre Sensivität bei osteolytischen Metastasen sind ein dauerhaftes Problem. Zur weiteren Abklärung der »hot spots« kann eine konventionelle röntgenologische Aufnahme des Knochens hilfreich sein. Bei unklarem Befund hilft eine Computertomographie bzw. eine Kernspintomographie weiter. Liegt der PSA-Wert über 10 ng/ml, ist eine Knochenszintigraphie unentbehrlich (Haukaas et al. 1997). Bei der Diagnostik des PCA hat sich neben den traditionellen Staging-Untersuchungen (CT-Abdomen, -Becken und Knochenszintigraphie) die Positronenemissionstomographie (PET) durchgesetzt (Kanda et al. 2008). Die Darstellung der Verteilung einer radioaktiv markierten Substanz im Organismus ist die Grundlage dieser Methode. So werden nicht nur die Struktur, sondern vor allem biochemische und physiologische Vorgänge abgebildet (funktionelle Bildgebung). Die Wertigkeit der PET bei einem langsam wachsenden Tumor wie dem Prostatakarzinom ist noch umstritten (Farsad et al. 2005; Trabulsi et al. 2006). Mittels Choline-PET erfolgt die Lokalisation des Primärtumors sowie eines Rezidivs eines PCA. Im Vergleich mit den präoperativen PSA-Werten konnten bei niedrigen PSA -Werten (2,3 ng/ml oder niedriger) keine sog. »hot spots« mit (11)C-Choline-PET nachgewiesen werden. Zur Detektion von Knochenmetastasen bei Patienten mit
Tab. 25.23. Sensitivität und Spezifität des MRT bei der Stadieneinteilung des operablen Prostatakarzinoms (n=194). (Nach Rifkin et al. 1990) MRT-Stadium
Histopathologisches Stadium pT2
pT3
Gesamt
T2
47
26
73
T3
35
86
121
Gesamt
82
112
194
PCA eignet sich (18)F-Fluorocholine (FCH) als auch (18) Fluorid PET/CT (Beheshti et al. 2008). FCH-PET/CT ist bei der frühen Detektion von Knochenmetastasen beim PCA überlegen. Bei Patienten mit FCH negativen, verdächtigen sklerotischen Läsionen, wird ein zweites, zum Knochen hinführendes Agent (z. B. (18)F-Fluorid) empfohlen. (11) C-Cholin-PET/CT hat eine niedrige Sensitivität für das perioperative Lymphknotenstaging bei Patienten mit Intermediate-risk«- und »High-risk«-PCA, sie ist ein wertvolles Instrument um Rezidive des Prostatakarzinoms zu detektieren; aber der geringe positive prediktive Wert sollte hier zu einer kritischen Interpretation der Ergebnisse führen (Schilling et al. 2008; Schiavina et al. 2008). PET gehört derzeit zu den teuersten bildgebenden Verfahren (PET: ca. 1000 Euro, PET/CT: bis zu 1700 Euro) in der modernen Medizin. Farasd et al. (2005) kommt aufgrund der hohen falsch-negativen Ergebnisse zu der Empfehlung, die PET/CT nicht als Routineuntersuchung beim Prostatakarzinom anzuwenden. In Einzelfällen kann allerdings der gezielte Einsatz der PET-Untersuchung einen Informationsgewinn darstellen.
25.4.4 Targetspezifische Diagnostik
Die hundertprozentige Erkennung des Prostatakarzinoms sowie auch Markierung von möglichen Krebszellen ist die Zukunftsvision vieler Wissenschaftler. Ziel dieser Forschung ist es, einen Botenstoff zu finden, der sich an die Oberflächenmembran der Tumorzelle bindet und diese dadurch markiert ( Abb. 25.12). Dies bietet die Möglichkeit, Botenstoffe oder zytotoxische Substanzen zu binden, die die Krebszelle selektiv zerstören. Ayala et al. (2006) wiesen eine höhere Konzentration von Bysitin bei der perineuralen Invasion von Prostatakarzinomen an der Zellmembran der Prostata nach. Die Arbeitsgruppe konnte ebenfalls zeigen, dass dieser Stoff ein wichtiges therapeutisches Hilfsmittel zur Behand-
Tab. 25.24. Ergebnisse des MRI bei 174 Patienten mit pelviner Lymphadenektomie. (Nach Rifkin et al. 1990) MRT-Stadium
Histopathologisches Stadium der Lymphknoten
Lymphknoten
Positiv
Negativ
Gesamt
Positiv
5
6
11
Negativ
15
148
163
Gesamt
20
154
174
25
536
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Npmfdvmbs!Ejwfstjuz
Ubshfu
2!Qspufjo Qspgjmjoh
25
Sfqpsufs!Tztufnt
Cjoejoh sfbhfou
3!Ijhi!Bggjojuz Sfbhfout
Tjhobm
Qmbugpsn
6!Sfqpsufs Tztufnt
5!Jogfdujpvt!Ejtfbtf Ejbhoptujdt 4!Hfopnf!Ejbhoptujdt Abb. 25.12. Schematische Darstellung der Targetdiagnostik
lung des Prostatakarzinoms mit neuronaler Invasion darstellt. STEAP ist ein Protein mit unklarer Funktion, das besonders bei Patienten mit Prostatakarzinom gebildet wird. Ebenfalls kann dieses Protein bei anderen Tumorzellarten (Pankreas, Kolon, Brust und Hoden, Zervix, akute lymphatische Leukämie) nachgewiesen werden (Hubert et al. 1999; Yang et al. 2001; Porkka et al. 2002). Alves et al. (2006) konnten zeigen, dass STEAP ein Tumorantigen ist, das die CD8+-T-Lymphozyten stimuliert. Die Ergebnisse lassen hoffen, dass mit Hilfe des STEAP die Antitumor-CD8+-T-Zellen markiert werden können, um durch Bindung von Medikamenten eine direkte Tumortherapie durchzuführen. Mistry et al. (2005) sieht in dem Proteinkomplex Stathmin ein Target zur Diagnose und Therapie des Prostatakarzinoms. Dieser gehört zu den tubulusdestabilisierenden Proteinen, welches die Dynamik der Polymerisation und der Depolymerisation reguliert. Somit kann Einfluss auf den G2-M-Pfadzyklus der Tumorzelle genommen und der Teilungszyklus gestört werden. Die Diagnostik und Therapie mit Targetproteinen ist ein visionärer Bereich mit großer Zukunft, so dass viele Firmen in diese zukunftsweisende Diagnostik investieren: die Firmen Progenics Pharmaceuticals und Cytogen Coorporation beispielsweise in den letzten 4 Jahren 4,7 Mio. US-Dollar. Im Rahmen eines Innovationforschungsprojekts wird derzeit an dem prostataspezifischen Membranenantigen (PSMA), das auf der Oberfläche von Prostatakrebszellen anzufinden ist, intensiv geforscht. Auf diesen Antikörpern könnte ein Antigen, das mit einem diagnostischen Molekül oder einem Medikament beladen ist, direkt an der Tumorzelle ansetzen, diese markieren oder selektiv zerstören.
Trotz dieser tendenziell positiven Ergebnisse und ermutigenden Teilerfolge befinden sich die Diagnostik und Therapie mit Targetmolekülen derzeit noch in der präklinischen experimentellen Phase. Zusammenfassende Bewertung Die Wertigkeit des Screenings lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sicher beurteilen. Zur Früherkennung des Prostatakarzinoms ist die Bestimmung des PSA-Wertes das derzeit beste Untersuchungsverfahren. Es ist daher sinnvoll, neben der rektalen Untersuchung die Bestimmung des PSA von Männern im Alter zwischen dem 40. und 75. Lebensjahr durchzuführen. Die ultraschallgesteuerte 10-fach-Prostatastanzbiopsie sollte immer bei positivem rektalem Befund erfolgen und dient zur Abklärung eines pathologischen PSAWertes. Bei negativem rektalem Tastbefund und bei einem PSA-Wert unter dem im Altersstadium angegebenen Normwert sowie bei negativer PSA-Velocity kann auf eine Biopsie der Prostata verzichtet werden. Die PSA-Velocity und auch Bestimmung von freiem PSA sowie des komplexen PSA und die Quotienten des freien PSA führten zur Erhöhung der Trennschärfe zwischen einer Prostatahyperplasie und eines Prostatakarzinoms. Für die Optimierung des Prostatakarzinomscreenings sollten für jeden Mann zwischen 35 und 65 Jahren eine individuelle PSA-Velocity erstellt und anhand des Verlaufes die weitere Diagnostik festgelegt werden. In der Praxis hat sich die Bestimmung der PSA-Dichte als nicht hilfreich erwiesen. Im Ausbreitungsdiagnostikum korreliert das PSA mit dem T-Stadium, ersetzt aber nicht die rektale Untersuchung, die TRUS sowie die histologische Aufarbeitung des Prostatektomiepräparates. CT und MRT haben bei der Primärdiagnostik nahezu keinen Stellenwert. Bei der Diagnostik von Lymphknotenmetastasen korrelieren der Gleason-Score, die Biopsie und PSA eng mit der Metastasenhäufigkeit, so dass bei günstigem Gleason-Score und niedrigem PSA eine radikale Lymphadenektomie des kleinen Beckens vor geplanter kurativer Therapie entfallen kann. CT und MRT können ansonsten die Lymphknotendissektion nicht ersetzen. In der Diagnostik von Fernmetastasen ist die Knochenszintigraphie das Standardverfahren, kann aber bei einem PSA <10 ng/ml entfallen, da bei diesen Werten eine Knochenmetastasierung extrem selten ist. Die Diagnostik mit Targetmolekülen befindet sich zum jetzigen Zeitpunkt noch in einem experimentellen Stadium und bedarf weiterer klinischer Studien zur Definition ihrer Wertigkeit.
537 25.5 · Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms
25.5
Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms
M. Wirth, M. Fröhner Unter einem lokal begrenzten Prostatakarzinom ist ein Tumor zu verstehen, der potenziell einer kurativen Therapie zugänglich ist. Dies trifft auf die klinischen Stadien T1–3 N0 M0 zu. Für diese Patienten stehen als allgemein anerkannte Therapieoptionen die radikale Prostatektomie, die externe oder interstitielle Strahlentherapie sowie eine konservative Therapie (teilweise auch mit verzögert durchgeführter kurativer Therapie) zur Verfügung. Alle diese Therapien können mit einer hormonellen Behandlung kombiniert werden (EAU-Guidelines 2008). Neben diesen Verfahren werden Therapien wie die HIFU- oder Kryotherapie angeboten, die jedoch bisher nicht ausreichend evaluiert sind und daher als experimentell anzusehen sind. Zur Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms liegen verschiedene Leitlinien vor, die einer ständigen Überarbeitung unterliegen. Die gegenwärtig aktuellste und umfangreichste Leitlinie ist wahrscheinlich diejenige der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) aus dem Jahr 2007 (EAU-Guidelines 2008). Diese Leitlinie kann im Internet unter www.uroweb.org eingesehen werden.
25.5.1 Therapieziele
Ziel der Behandlung des lokal begrenzten Prostatakarzinoms ist neben der Vermeidung tumorbedingter Todesfälle auch die Verhinderung progressionsbedingter Komplikationen. Diese Ziele müssen gegenüber den zu erwartenden Komplikationen abgewogen werden. Die Chance einer langfristigen Kontrolle und Heilung des Prostatakarzinoms ist bei frühzeitiger Erkennung des Tumors am größten. Damit kommt der Früherkennung eine entscheidende Bedeutung zu. Aufgrund der Häufigkeit der Erkrankung, dem Überwiegen älterer Patienten, dem zumeist langsamen natürlichen Verlauf und der therapieassoziierten Komplikationen ist jedoch ein generelles Prostatakarzinomscreening als Mittel zur frühen Diagnose bisher nicht allgemein akzeptiert.
25.5.2 Therapiekonzept
Zur Behandlung des frühen Prostatakarzinoms steht eine Vielzahl an Therapieoptionen zur Verfügung, wobei die radikale Prostatektomie als Standardtherapie gilt. Andere Therapien werden an deren Ergebnissen gemessen (Jani u. Hellmann 2003; Noldus u. Huland 2003). Vorausset-
zung für eine erfolgreiche Therapie des frühen Prostatakarzinoms ist eine sorgfältige Patientenauswahl. Hierfür sind eine gute Abschätzung des lokalen Tumorstadiums, die Beurteilung der wahrscheinlichen Aggressivität des Tumors und die voraussichtliche weitere Lebenserwartung von zentraler Bedeutung. Auch die persönlichen Präferenzen des betroffenen Patienten haben aufgrund der verschiedenartigen Therapiemöglichkeiten heute ein besonderes Gewicht.
Diagnostik und Staging Die Einschätzung des lokalen Tumorstadiums basiert beim Prostatakarzinom auf der rektalen Tastuntersuchung, die durch die Befunde der PSA-Bestimmung, der Prostatabiopsie (Zahl und Lokalisation der positiven Biopsien, Anteil der Tumorinvasion in den Biopsiezylindern, Gleason-Score) ergänzt werden (EAU-Guidelines 2008). Die transrektale Ultraschalluntersuchung hat große Bedeutung für die Placierung der Biopsienadel. Zur Beurteilung des lokalen Tumorstadiums ist sie jedoch nur bedingt geeignet. Sie ist relativ untersucherabhängig und liefert nur begrenzte Informationen über die rektale Tastuntersuchung hinaus (EAU-Guidelines 2008). Verschiedene Algorithmen wurden zur Vorhersage des postoperativen Tumorstadiums basierend auf präoperativ verfügbaren Parametern vorgeschlagen. Partin et al. (1997, 2001) entwickelten Nomogramme basierend auf dem präoperativen PSA-Wert, dem klinischen Tumorstadium und dem Biopsie-Gleason-Score. Diese »Partin tables« erlangten breite Akzeptanz, obwohl darauf basierende Vorhersagen für individuelle Patienten weiterhin mit großen Unsicherheiten behaftet sind. Verschiedene Nomogramme sind auch im Internet verfügbar (beispielsweise auf der Website des Memorial Sloan Kettering Cancer Centers: www.mskcc.org), bei denen der Nutzer aus den (prä- und auch postoperativen) Daten des einzelnen Patienten verschiedene Endpunkte wie die Rezidivwahrscheinlichkeit berechnen kann. Die Beurteilung des lokalen Tumorstadiums mittels MRT wird in aktuellen Leitlinien als Option genannt (EAU-Guidelines 2008). Die Spezifität dieser Untersuchung ist hoch, bei jedoch nur mäßiger Sensitivität (Hersh et al. 2004). Hier sind in Zukunft möglicherweise technische Verbesserungen zu erwarten (Hersh et al. 2004; Hricak 2006). Eine MRT-Untersuchung der Prostata sollte derzeit nur durchgeführt werden, wenn ein klinisch relevantes Risiko einer Organüberschreitung besteht und aus einem entsprechenden Befund therapeutische Konsequenzen abgeleitet werden sollen (beispielsweise Verzicht auf eine operative Behandlung). Wenn ein Patient nach entsprechender Information auch bei möglicherweise
25
538
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
in der Bildgebung nachweisbarer Organüberschreitung nicht auf eine kurativ angelegte Therapie des Prostatakarzinoms verzichten möchte, wird eine MRT-Untersuchung das weitere Vorgehen kaum beeinflussen und ist bei klinisch gegebener Operabilität verzichtbar. Bei der Beurteilung des Lymphknotenstatus wird empfohlen, Patienten mit einer geringen Wahrscheinlichkeit eines Lymphknotenbefalls (PSA-Wert unter 20 ng/ ml, klinisches Stadium bis cT2, Gleason-Score bis 6) keiner weiteren Diagnostik zuzuführen. Eine korrekte Bestimmung des Lymphknotenstatus ist nur durch die pelvine Lymphadenektomie möglich. CT und MRT erwiesen sich in einer aktuellen Metaanalyse als unzulänglich (Hövels et al. 2008). Als neue Methode könnte das hochauflösende MRT mit magnetischen Nanopartikeln Bedeutung bei der Erkennung von Lymphknotenmetastasen gewinnen. Die injizierbaren Nanopartikel werden dabei von Makrophagen in den Lymphknoten aufgenommen (Malmström 2005). Eine anschließende Bewertung des Verfahrens ist jedoch gegenwärtig noch nicht möglich. Trotz der vielversprechenden initialen Resultate erscheint eine Marktzulassung des Verfahrens gegenwärtig unwahrscheinlich (Stattaus u. Forsting 2008). Generell sollte vor Durchführung jeglicher bildgebender Diagnostik beim frühen Prostatakarzinom abgewogen werden, ob der erzielbare Befund das therapeutische Vorgehen beeinflusst werden wird. Anderenfalls sollte beispielsweise vor der Lymphadenektomie auf eine MRTBildgebung verzichtet werden (Malmström 2005; EAUGuidelines 2008). Die Standardmethode zum Nachweis einer Knochenmetastasierung ist die Skelettszintigraphie. Beim frühen Prostatakarzinom ist ein pathologischer Befund jedoch selten. Häufig sind falsch-positive Befunde, welche unnötige weitere Diagnostik nach sich ziehen. Daher wird eine Skelettszintigraphie bei Patienten mit gut oder mäßig differenzierten Tumoren und einem PSA-Wert unter 20 ng/ml als überflüssig angesehen. Demgegenüber ist die Anfertigung einer Skelettszintigraphie unabhängig von der Höhe des PSA-Wertes bei Patienten mit gering differenziertem oder lokal fortgeschrittenem Tumor zu erwägen. Bei der Abklärung verdächtiger szintigraphischer Befunde ist das MRT dem konventionellen Röntgen überlegen (Tombal et al. 2005). Die Positronenemissionstomographie ist nur für Spezialfragestellungen zu erwägen, von einem Routineeinsatz ist derzeit dringend abzuraten (Malmström 2005; EAU-Guidelines 2008).
Natürlicher Verlauf der Erkrankung Das lokal begrenzte gut oder mäßig differenzierte Prostatakarzinom nimmt unbehandelt in vielen Fällen einen
protrahierten, relativ gutartigen Verlauf. In einer Untersuchung von Johansson und Mitarbeitern (Johansson et al. 2004) wurden 223 Patienten mit überwiegend gut oder mäßig differenziertem klinisch organbegrenztem Prostatakarzinom ohne kurative Behandlung im Mittel 21 Jahre nachbeobachtet. Das mittlere Alter der Patienten lag zum Diagnosezeitpunkt bei 72 Jahren, 48% der Tumoren waren anlässlich einer transurethralen Resektion diagnostiziert worden. Dabei zeigte sich, dass auch diese prognostisch relativ günstigen Tumoren in ihrer überwiegenden Mehrheit klinisch progredient wurden, wenn nur lange genug zugewartet wurde. Nach 20 Jahren Nachbeobachtung waren nur noch 36% der Patienten ohne Tumorprogression. Das prostatakarzinomspezifische Überleben, das nach 15 Jahren noch bei 79% lag, betrug nach 20 Jahren Nachbeobachtungszeit nur noch 54%. Patienten mit einer voraussichtlichen langen Lebenserwartung, insbesondere, wenn diese 15 Jahre überschreitet, haben also ein hohes Risiko, auch an einem gut oder mäßig differenzierten Prostatakarzinom schließlich zu versterben, wenn keine kurative Therapie erfolgt. Die Resultate dieser Studie sind jedoch nicht ohne weiteres auf mittels PSA-Screening diagnostizierte Tumoren übertragbar. Hier ist mit einem vorgezogenen Diagnosezeitpunkt (»lead time«) und einer möglichen Überdiagnose klinisch insignifikanter Tumoren eher zu rechnen, die das Leben der betroffenen Patienten definitionsgemäß nicht bedrohen sollten (Johansson et al. 2004). Für Patienten, bei denen durch PSA-Screening ein Prostatakarzinom mit einem Gleason-Score von 6 diagnostiziert wurde, wurde das tumorspezifische 15Jahres-Überleben bei konservativer Therapie auf 90% oder höher geschätzt (Parker et al. 2004).
Patientenselektion Auch ohne kurative Therapie verstirbt wahrscheinlich der überwiegende Teil der Patienten mit primär klinisch lokal begrenztem Prostatakarzinom an konkurrierenden Ursachen und nicht am Prostatakarzinom selbst (Barry et al. 2001; Johansson et al. 2004; Bill-Axelson et al. 2008). Eine angemessene Lebenserwartung und nur geringfügige Komorbidität gelten als Voraussetzung für eine radikale Prostatektomie (Meraney et al. 2005). Prinzipiell gilt das auch für alle anderen auf Heilung gerichteten Therapieverfahren des frühen Prostatakarzinoms. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Abschätzung der Langzeitprognose. Hinsichtlich dem Auftreten perioperativer Komplikationen ist der Einfluss der Begleiterkrankungen eher gering (Dillioglugil et al. 1997), wenn auch in sehr großen Stichproben durchaus demonstrierbar (Alibhai et al. 2005). Insgesamt ist die radikale Prostatektomie ein
539 25.5 · Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms
relativ risikoarmer Eingriff. In sehr großen Serien werden in großen Zentren praktisch keine perioperativen Sterbefälle mehr beobachtet (Kundu et al. 2004). Sinnvollerweise wird für eine kurative Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms eine Lebenserwartung von mindestens 10 Jahren gefordert (Catalona et al. 1999a; EAU-Guidelines 2008). Eine weitere traditionell oft diskutierte Grenze für die Indikationsstellung zu einer kurativen Therapie ist ein Patientenalter von 70 Jahren (Lepor 2000). Wegen der in vielen Teilen der Welt zunehmenden Lebenserwartung muss diese starre Altersgrenze jedoch kritisch gesehen werden. Demgegenüber verlängern sich durch eine zunehmend frühere Erkennung der Erkrankung durch PSA-Testung die Zeiträume verbleibender Lebenserwartung, die erforderlich sind, um von einer kurativen Therapie des Prostatakarzinoms profitieren. Es wurde geschätzt, dass durch ein Prostatakarzinomscreening mit einer vorgezogenen Diagnose (»lead time«) von mehr als 10 Jahren zu rechnen ist (Draisma et al. 2003; Parker 2004). Um dieses Problem vor einer Therapieentscheidung zu lösen, ist daher von entscheidender Bedeutung, durch bessere tumorbezogene und klinische Parameter die Patienten zu identifizieren, die tatsächlich von einer Behandlung profitieren. Hierfür existieren bisher jedoch keine allgemein akzeptierten Kriterien. Verschiedene Autoren untersuchten den prognostischen Einfluss von Begleiterkrankungen bei konservativ behandelten Patienten (Albertsen et al. 1996, 1998), nach radikaler Prostatektomie (Barry et al. 2001; Sweat et al. 2002; Walz et al. 2007) und nach Strahlentherapie (Fowler et al. 1996; Barry et al. 2001; Walz et al. 2007). Die am häufigsten in diesem Zusammenhang benutzte Komorbiditätsklassifikation ist der Charlson-Score, der sich aus 19 nach Schweregraden gewichteten Einzelerkrankungen zusammensetzt (Charlson et al. 1987). Er ist in der Praxis leicht und gut reproduzierbar anzuwenden. Allgemein gilt, dass die Komorbidität ein unabhängiger prognostischer Faktor beim lokal begrenzten Prostatakarzinom ist. Dennoch ist dieses Wissen nicht problemlos in die klinische Entscheidungsfindung überführbar. Einfach ist die Therapieentscheidung bei Patienten mit schweren Begleiterkrankungen, welche eine kurative The-
rapie in der Regel ausschließen. Patienten, die prinzipiell für eine kurative Therapie geeignet wären, haben auch bei Vorliegen von Begleiterkrankungen noch eine hohe Wahrscheinlichkeit, die nächsten 10 Jahre zu überleben. Tab. 25.25 gibt die 10-Jahres-Gesamtüberlebensraten nach radikaler Prostatektomie stratifiziert nach dem Charlson-Score und Altersgruppen an. Bei der problematischen Subgruppe der Patienten jenseits des 70. Lebensjahres, die für eine radikale Prostatektomie geeignet erscheinen, scheint die prognostische Bedeutung der Komorbidität vermindert zu sein (Froehner et al. 2008). Möglicherweise ist der Charlson-Score in dieser Altersgruppe anderen Komorbiditätsklassifikationen vorzuziehen (Froehner et al. 2009a). Zur Abschätzung der weiteren Lebenserwartung bei Kandidaten für eine radikale Prostatektomie oder Strahlentherapie wurde ein einfach anzuwendendes Nomogamm vorgeschlagen, bei dem basierend auf dem Alter des Patienten und der Komorbidität (Charlson-Score) die 10-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit bestimmt werden kann (Walz et al. 2007). Allerdings weist die zugrunde liegende Strahlentherapiepopulation im Vergleich zu anderen Untersuchungen eine sehr ungünstige Überlebensrate auf (Froehner 2008). In unserem eigenen Krankengut stimmten die vorhergesagten Überlebensraten nach radikaler Prostatektomie recht gut mit den vorhergesagten (Walz et al. 2007) überein, mit Ausnahme der über 70-jährigen Patienten ohne Komorbidität. Diese hatten eine signifikant höhere 10-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit, als vom Nomogramm vorhergesagt (88 versus 75%; Froehner et al. 2009b). Insgesamt können Komorbiditätsklassifikationen gegenwärtig nur ein Aspekt bei der Therapieentscheidung sein, sie sind ausschließlich im Verbund mit tumorassoziierten Faktoren und den Präferenzen des aufgeklärten Patienten anwendbar.
Active Surveillance und Watch-and-wait-Strategie In der Vergangenheit war ein abwartendes Vorgehen (»watchful waiting«) zumeist auf Patienten im hohen Lebensalter sowie auf solche mit signifikanten Begleiterkrankungen oder fortgeschrittenem Prostatakarzinom
Tab. 25.25. 10-Jahres-Überlebensraten nach radikaler Prostatektomie insgesamt und getrennt in drei Altersgruppen stratifiziert nach dem Charlson-Score. (Nach Froehner et al. 2009b) Kategorie
<60 Jahre
60–69,9 Jahre
≥70 Jahre
Alle Patienten
Charlson-Score 0
92%
86%
88%
88%
Charlson-Score 1+
83%
83%
62%
80%
25
540
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
beschränkt. Erst bei progressionsbedingten Komplikationen wurden (palliative) Therapiemaßnahmen eingeleitet. Moderne primär nicht operative oder strahlentherapeutische Behandlungsstrategien dagegen zielen auch auf Patienten mit längerer Lebenserwartung und schließen spätere kurative Interventionen nicht aus (Allaf u. Carter 2004). Ziel dieser »active surveillance« genannten Strategie ist es, durch eine sorgfältige Verlaufskontrolle einen Tumorprogreß zu einem Zeitpunkt zu erkennen, an dem eine kurative Behandlung noch möglich ist. Ältere Patienten mit aller Voraussicht nach niedrigmalignen, nicht tastbaren Tumoren (Gleason-Score maximal 6, kein Gleason-Muster 4 oder 5, maximal 3 von 12 Biopsiezylindern positiv mit jeweils weniger als 50% Tumoranteil, PSA-Dichte unter 0,15 ng/ml/cm3, Stadium T1c) erscheinen hierfür geeignet (Allaf u. Carter 2004). Bei sorgfältiger Patientenauswahl und Verlaufskontrolle (PSA-Kontrolle und Tastuntersuchung alle 3–6 Monate, jährliche oder zweijährliche Kontrollbiopsie) sind möglicherweise durch ein zunächst abwartendes Vorgehen mit kurativer Intention ähnliche Heilungsraten zu erreichen wie mit einer primär aggressiven Therapie (Carter et al. 2003; Allaf u. Carter 2004; Klotz 2004; van den Bergh et al. 2008). Es wird vermutet, dass mit einer solchen Strategie bei frühzeitiger Erkennung des Prostatakarzinoms bis zu zwei Dritteln der Patienten eine kurative Therapie mit ihren möglichen Folgen erspart werden können (Parker 2004). In zwei Studien wurden unter »active surveillance« sehr hohe tumorspezifische Überlebensraten berichtet (99% nach 8 Jahren (Klotz 2006) beziehungsweise 100% nach 10 Jahren (van den Bergh et al. 2008). Die Mehrzahl der primär nur beobachteten Prostatakarzinompatienten benötigt später eine Zweittherapie, es wurde daher der Begriff »vorübergehend verzögerte Therapie« für diese Therapieoption vorgeschlagen (Carter et al. 2003). Da ohne kurative Therapie im Laufe der Zeit die Mehrzahl auch der in einem frühen Stadium diagnostizierten Prostatakarzinome progredient wird (Allaf u. Carter 2004), ist ein konservatives Vorgehen insbesondere bei jüngeren Patienten mit einem beträchtlichen Risiko verbunden. In einer Studie aus Schweden mit 223 definitiv konservativ geführten und über einen langen Zeitraum beobachteten Patienten fand sich eine deutliche Zunahme der prostatakarzinomassoziierten Sterblichkeit jenseits des 15. Jahres der Nachbeobachtung (Johansson et al. 2004). Vor allem bei jüngeren Patienten birgt eine frühe kurative Intervention nur begrenzte Risiken, dagegen kann eine bewusste Verzögerung der Therapie die zunächst noch vorhandene Chance auf Heilung ungenutzt verstreichen lassen (Sweat et al. 2002).
25.5.3 Radikale Prostatektomie
Ergebnisse Die radikale Prostatektomie gilt als Standardtherapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms. Sie ist in einer randomisierten Studie dem »watchful waiting« hinsichtlich des prostataspezifischen Überlebens und bei unter 65jährigen Patienten auch hinsichtlich des Gesamtüberlebens überlegen (Bill-Axelson et al. 2008). Vor der weiten Verbreitung des PSA-Tests zur Früherkennung des Prostatakarzinoms und der Verfeinerung der Operationstechnik durch Walsh (Walsh u. Donker 1982) war die radikale Prostatektomie ein gefährlicher Eingriff mit einer geringen Effizienz hinsichtlich einer kompletten Tumorkontrolle (Catalona et al. 1999a; Scardino 2000). Bezüglich des operativen Vorgehens bestehen zurzeit keine prospektiv randomisierten Untersuchungen, die die radikale Prostatektomie über den retropubischen, retroperitonealen oder laparoskopischen Zugang vergleichen. In erfahrenen Händen erscheinen die Ergebnisse mittels der verschiedenen Operationsmethoden wahrscheinlich vergleichbar. Die retropubische und die laparoskopische Technik offerieren im Gegensatz zur perinealen Technik die Möglichkeit einer Lymphadenektomie in gleicher Sitzung. Dies ist über den perinealen Zugang praktisch nicht möglich. Die laparoskopische radikale Prostatektomie besitzt eine längere Lernkurve als die offen-chirurgischen Verfahren. Die histopathologische Aufarbeitung der operativ entfernten Prostata liefert prognostisch wertvolle Informationen. Das Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen oder einer Samenblaseninvasion sind besonders ungünstige Faktoren. Epstein et al. (1996) beobachteten bei 721 Patienten mit klinisch als organbegrenzt eingeschätztem Tumor eine 100%-ige 10-Jahres-Progressionsrate bei Patienten mit positiven Lymphknoten und eine 73%-ige 10-Jahres-Progressionsrate im Falle einer Samenblaseninvasion. Bei Patienten ohne diese Faktoren sind der Gleason-Score im Prostatektomiepräparat, die Ausdehnung der Kapselpenetration und der Status der operativen Absetzungsränder unabhängige prognostische Faktoren (Epstein et al. 1996). Der PSA-Wert bei Diagnosestellung ist ein weiterer unabhängiger Prädiktor eines Tumorrezidivs nach radikaler Prostatektomie (Kupelian et al. 1996). Kattan und Mitarbeiter entwickelten Nomogramme, welche basierend auf dem präoperativen PSA-Wert, dem (postoperativen) Gleason-Score, der Kapselinvasion, dem Status der operativen Absetzungsränder sowie dem Samenblasenund Lymphknotenstatus die Rezidivgefahr nach radikaler Prostatektomie vorherzusagen helfen (Kattan et al. 1999; Stephenson et al. 2005).
541 25.5 · Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms
Aktuelle Serien mit radikaler Prostatektomie erreichen tumorspezifische 10-Jahres-Überlebensraten von über 90%. Die Rate positiver Absetzungsränder zeigt Tab. 25.26 auf. Tab. 25.27 gibt einen Überblick über tumorspezifische 10-Jahres-Überlebensraten, stratifiziert nach dem Gleason-Score. Eine große retrospektive Studie mit Langzeit-Follow-up (n=2311) ergab bei Patienten mit einem Gleason-Score von 2–4 eine tumorspezifische 15-
Jahres-Überlebensrate von 94%, bei einem Gleason-Score von 5–6 lag sie bei 84%, bei einem Gleason-Score von 7 bei 61% und bei einem Gleason-Score von 8–10 bei 46% (Barry et al. 2001). Diese Ergebnisse unterstreichen die herausragende prognostische Bedeutung des GleasonScores. Allerdings wurden die Patienten in der zitierten Studie (Barry et al. 2001) in den Jahren zwischen 1971 und 1984 operiert, also vor der PSA-Ära.
Tab. 25.26. Rate positiver Absetzungsränder nach radikaler Prostatektomie, Literaturübersicht Autoren
n
Zugangsweg
Positive Absetzungsränder
Hull et al. 2002
1000
Retropubisch
13%
Freedland et al. 2002
324 490
Retropubisch
43% (Veterans-Affairs-Center) 20% (Tertiary-Care-Center)
Sofer et al. 2002
734
Retropubisch
29%
Pettus et al. 2004
498
Retropubisch
20%
Swindle et al. 2005
1389
Retropubisch
7% (pT2) 23% (pT3) insgesamt 13%
Twelker et al. 2006
2029
Retropubisch
9% (pT2) 25% (pT3)
Martis et al. 2007
100
Retropubisch
15%
Touijer et al. 2008
818
Retropubisch
11%
Sullivan et al. 2000
79
Perineal
11%
Jakse et al. 2000
125
Perineal
18%
Bremer et al. 2001
200
Perineal
12%
M. de la Riva et al. 2004
115
Perineal
42%
Martis et al. 2007
100
Perineal
14%
Türk et al. 2001
145
Laparoskopisch
20% (pT2) 69% (pT3) insgesamt 44%
Guillonneau et al. 2002
1000
Laparoskopisch
7% (pT2a) 19% (pT2b) 30% (pT3a) 34% (pT3b)
Manon et al. 2003
100
Laparoskopisch (Da Vinci)
15%
Baumert et al. 2004
100
Laparoskopisch
13% (pT2) 32% (pT3)
Secin et al. 2005
325
Laparoskopisch
12%
Rassweiler et al. 2006
5824
Laparoskopisch
11% (pT2) 33% (pT3)
Stolzenburg et al. 2008
2000
Laparoskopisch
10% (pT2) 34% (pT3)
Mottrie et al. 2007
184
Laparoskopisch (Da Vinci)
16%
Touijer et al. 2008
612
Laparoskopisch
11%
25
542
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.27. Tumorspezifische 10-Jahres-Überlebensraten nach radikaler Prostatektomie, stratifiziert nach dem Gleason-Score
25
Autoren, Jahr
n
Gleason-Score
Tumorspezifisches 10-Jahres-Überleben
Zincke et al. 1994a1
1143
2–3 4–6 7–10
93% 91% 85%
Zincke et al. 1994b1
3170
2–3 4–6 7–10
95% 90% 82%
Oefelein et al. 19971, 3
116
7 8–10
90% 78%
Iselin et al. 19992,3
1242
2–4 5–6 7 8–10
95% 95% 68% 53%
Barry et al. 20011
1063
2–4 5–6 7 8–10
94% 92% 76% 64%
Hull et al. 20021
1000
2–4 5–6 7 8–10
100% 98% 99% 82%
Lau et al. 20022
407
8–10
85%
Dahm et al. 20032,3
461
2–6 7 8–10
85% 75% 60%
Bianco et al. 20032
1045
2–6 7 8–10
98% 95% 72%
Fröhner 20072
1255
2–6 7 8–10
95% 97% 79%
Boorjianet al. 20091
8054
2–6 3+4=7 4+3=7 8–10
98% 97% 96% 94%
1
Gleason-Score in der Biopsie Gleason-Score im Prostatektomiepräparat 3 Daten aus Graphik entnommen 2
Patienten, die in jüngerer Zeit behandelt wurden, erreichen bessere Tumorkontrollraten auch bei hohem Gleason-Score. So war in einer Studie mit 1000 Patienten, die zwischen 1983 und 1998 operiert wurden, die 10Jahres-Überlebensrate in der Gleason-Score-8–10-Subgruppe 82% und die Wahrscheinlichkeit, 10 Jahre ohne Rezidiv zu überleben, 40% (Hull et al. 2002). Betrachtet man nur den Gleason-Score, so lagen die progressionsfreien 10-Jahres-Überlebens-Raten bei 88% bei einem Gleason-Score von 2–4, bei 79% bei einem
Gleason-Score von 5–6 und bei 57% bei einem GleasonScore von 7. Für einen Gleason-Score von 8–10 wurde ein progressionsfreies 5-Jahres-Überleben von 49% ermittelt (10-Jahres-Daten waren nicht verfügbar; Lau et al. 2002). Im Falle eines histopathologisch organbegrenzten Tumors mit einem Gleason-Score von 8–10 konnte in einer aktuellen radikalen-Prostatektomie-Serie eine exzellente tumorspezifische 10-Jahres-Überlebensrate von 96% erreicht werden (Lau et al. 2002). Hinsichtlich des progressionsfreien 10-Jahres-Überlebens wurden fol-
543 25.5 · Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms
gende Raten registriert: 92% im Stadium pT1–2 N0, 71% im Stadium pT3a N0, 37,4% im Stadium pT3b N0, und 7% im Stadium pN+ (Lau et al. 2002). Die Bedeutung der operativen Erfahrung für die langfristige Tumorkontrolle wurde bei der radikalen Prostatektomie in einer aktuellen Studie mit 7765 Patienten demonstriert. Bei den erfahrensten Chirurgen wurden dabei beim histopathologisch organbegrenzten Tumor biochemische 5-Jahres-Rezidivfreiheitsraten von fast 100% beobachtet. Während beim histopathologisch organbegrenzten Tumor die Ergebnisse auch nach mehr als 1000 durchgeführten Operationen noch ein leichter Anstieg der Heilungsraten mit weiterer Erfahrung (bis nahezu 100%) zu verzeichnen war, wurde bei den histopathologisch organüberschreitenden Tumoren nach etwa einer chirurgischen Erfahrung von 500 Eingriffen ein Plateau bei 70% erreicht, das möglicherweise dem Maximum der in diesem Stadium chirurgisch noch möglichen Heilungsrate entspricht (Vickers et al. 2008). Werden bei der pelvinen Lymphadenektomie Lymphknotenmetastasen gefunden, so ist der Nutzen einer radikalen Prostatektomie unklar. Ohne adjuvante Therapie erleiden fast alle Patienten mit positiven Lymphknoten nach radikaler Prostatektomie ein Rezidiv (Pound et al. 1997; Zwergel et al. 2004). Dennoch wird die operative Entfernung der Prostata mit anschließender adjuvanter Hormontherapie von manchen Autoren befürwortet, da zumindest einzelne Patienten davon zu profitieren scheinen. In einer Matched-pair-Analyse anhand von 158 Patienten mit histologisch nachgewiesenen pelvinen Lymphknotenmetastasen hatten die radikal prostatektomierten (und adjuvant hormonell behandelten) Patienten im Vergleich zu den nur hormonell behandelten Patienten ein besseres Gesamtund prostatakarzinomspezifisches Überleben (Ghavamian et al. 1999). Auch kann die Entfernung der tumortragenden Prostata Vorteile hinsichtlich einer besseren lokalen Tumorkontrolle bieten (Frohmüller et al. 1995).
Zugangswege Die radikale Prostatektomie kann über einen retropubischen, perinealen, oder einen (trans- oder extraperitonealen) laparoskopischen Zugang durchgeführt werden. Am häufigsten wird der offene retropubische (auf Millin zurückgehende) Zugang genutzt (Jani u. Hellmann 2003; Routh u. Leibowich 2005). Die Autoren der größten Serien mit Langzeitverlaufsdaten operierten über diesen Zugangsweg. In den vergangenen Jahren erlangte zunächst die konventionelle laparoskopische radikale Prostatektomie zunehmende Verbreitung (Basillote et al. 2004), die zunehmend auch unter Einsatz des »Da-Vinci«Robotersystems durchgeführt wird (Menon et al. 2005).
In den USA wurde die konventionelle laparoskopische Operationstechnik durch den roboterassistierten Eingriff mittlerweile fast vollständig verdrängt. Diese Technik ist eine konsequente Fortentwicklung der Laparoskopie. Der Einsatz des »Da-Vinci«-Systems kann die Operationsergebnisse der laparoskopischen radikalen Prostatektomie verbessern, ihr Einsatz ist jedoch in Europa wegen der damit verbundenen hohen Kosten bisher auf wenige Zentren beschränkt. Bei diesem Robotersystem ruht der Kopf des Chirurgen zwischen Kopfsensoren auf beiden Seiten des Stereobildbetrachters. Die Steuerung der Instrumente erfolgt über Handgriffe in der Computerkonsole (»Master«). Diese sind mit Gelenken ausgerüstet, die mit ihren 7 Freiheitsgraden der menschlichen Hand ähnlich sind. Durch die genaue Ausrichtung der in der Anzeige sichtbaren Instrumentenspitzen an den »Masters« wird eine natürliche und vorhersagbare Bewegung der Instrumente gewährleistet und die Hand/Augen-Koordination sowie das natürliche Gefühl einer offenen Operation für den Operateur erhalten. Insgesamt erscheinen die Kosten der robotergestützten laparoskopischen radikalen Prostatektomie wegen der teuren Verbrauchsmaterialien und der durch die längere Dauer des Eingriffs erhöhten Operationsaalkosten signifikant höher als die der offenen retropubischen radikalen Prostatektomie (Anderson et al. 2005). Allerdings unterscheiden sich die Operationszeiten mittlerweile in Zentren mit einer hohen Operationsfrequenz nur noch unwesentlich. Zentren mit großer Erfahrung und einem ausgewählten Patientengut berichten bei der robotergestützten laparoskopischen radikalen Prostatektomie über sehr gute Ergebnisse, die mit denen großer offen operierter Patientenserien vergleichbar sind. In einer Studie anhand von nerverhaltend operierten auswertbaren Patienten 910 Patienten mit einem minimalen Follow-up von 1 Jahr berichteten 79% der Patienten über eine für einen Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion. Hinsichtlich der Harnkontinenz waren 1110 Patienten auswertbar, von diesen trugen 93% 0–1 Inkontinenzvorlage (Badani et al. 2007). Die operativen Ergebnisse der herkömmlichen laparoskopischen radikalen Prostatektomie scheinen in erfahrenen Zentren denen der offenen Operation vergleichbar zu sein, wenn auch randomisierte Studien fehlen (Tooher et al. 2006) und beim laparoskopischen Vorgehen bisher noch keine Langzeitergebnisse verfügbar sind (Trabulsi u. Guillonneau 2005). Im Gegensatz zu Eingriffen an der Niere gibt es gegenwärtig keinerlei Hinweise für die Überlegenheit der Laparoskopie bei der radikalen Prostatektomie (Lepor 2004). Demgegenüber gibt es durchaus Nachteile des laparoskopischen Zugangs (Lepor 2004). Die konventionelle laparoskopische radikale Prostatektomie war in einer großen nicht-randomisierten Ver-
25
544
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
gleichsstudie aus dem Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York mit sehr erfahrenen Operateuren hinsichtlich der Wiedererlangung der Kontinenz der offenen retropubischen Prostatektomie deutlich unterlegen (Touijer et al. 2008). Auch eine kleinere vergleichende europäische Multicenter-Studie zeigte für die laparoskopische Operation ungünstigere Kontinenzergebnisse als die offenen Verfahren (Keller et al. 2005). Der Analgetikaverbrauch ist nach laparoskopischer Operation nicht geringer (Lepor 2004). In einer Stichprobe von 2702 Medicare-Patienten war zudem das Risiko einer Zweitbehandlung (Odds Ratio 3,67) sowie das einer Anastomosenstriktur (Odds Ratio 1,40) nach minimalinvasiver Operation signifikant erhöht (Hu et al. 2008). Lepor (2005) vertrat die Ansicht, dass der einzige wirkliche Vorteil des laparoskopischen Zugangs die Vergrößerung des Operationsgebietes darstellt, ein Vorteil, dem jedoch der Nachteil des Verlusts des intraoperativen Tastsinns entgegensteht und der durch den Einsatz von Lupenbrillen auch beim offenen Zugang zu erreichen ist. Auch unter Berücksichtigung der langen Lernkurve vertrat Lepor (2004) die Ansicht, dass es für erfahrene Chirurgen keinen wirklich zwingenden Grund gibt, zum laparoskopischen Verfahren zu wechseln. Auch aus Sicht des Patienten ist keines der beiden Verfahren eindeutig zu bevorzugen. Für den Erfolg der Operation ist auch heute noch die Erfahrung des Operateurs wichtiger als der Zugangsweg. Insgesamt scheint sich jedoch die konventionelle laparoskopische radikale Prostatektomie nicht durchzusetzen. Inwieweit die Robotertechnik wirkliche Vorteile auch gegenüber der offenen Operation erbringt, ist noch nicht abschließend geklärt. Einige Untersuchungen scheinen darauf hinzudeuten (Menon et al. 2005; Tewari et al. 2006; Rodriguez et al. 2009). Der Enthusiasmus bezüglich der neuen Operationstechniken kann jedoch auch nicht erfüllbare Erwartungen bei den Patienten wecken. In einer aktuellen Untersuchung waren Patienten nach roboterassistierter Operation weniger zufrieden, als diejenigen, die über einen konventionellen offen-retropubischen Zugang operiert wurden (Schroeck et al. 2008).
Rolle der Lymphadenektomie Die Kriterien zur Durchführung einer pelvinen Lymphadenektomie vor der radikalen Prostatektomie sind umstritten (Meraney et al. 2005; Schumacher et al. 2005). Auch die Ausdehnung des Lymphknotendissektionsgebietes ist Gegenstand von Kontroversen. Während bei einer Vielzahl anderer epithelialer Tumoren ein therapeutischer Effekt einer ausgedehnten Lymphadenektomie nachge-
wiesen werden konnte, steht der endgültige Beweis beim Prostatakarzinom noch aus (Schumacher et al. 2005). Mehrere Untersuchungen zu einer ausgedehnteren Lymphadenektomie konnten zeigen, dass auch außerhalb der Standardlymphadenektomieregion, insbesondere im Bereich der Arteria iliaca interna, Lymphknotenmetastasen auftreten können (Wawroschek et al. 2003; Schumacher et al. 2005). Eine sorgfältige Präparationstechnik vorausgesetzt, scheint die Komplikationsrate durch eine ausgedehnte Lymphadenektomie nicht erhöht zu sein (Schumacher et al. 2005). Da bei solitärem Lymphknotenbefall auch ohne adjuvante Hormontherapie langfristige Heilungen möglich sind, erscheint es nachvollziehbar, dass Patienten von einer ausgedehnteren Lymphadenektomie profitieren können. Zur definitiven Beurteilung sind jedoch längere Verlaufsbeobachtungen erforderlich. Dasselbe gilt für die Identifizierung von SentinelLymphknoten unter Einsatz von Gamma-Sonden nach vorheriger Injektion eines Radionuklids in die Prostata (Wawroschek et al. 2003; Jeschke et al. 2005). Eine Möglichkeit zur Stratifizierung der Patienten entsprechend ihres Lymphknotenmetastasen-Risikos und damit zur Indikationsstellung zur Lymphadenektomie sind Nomogramme oder Tabellen, die anhand des PSA-Wertes, des Gleason-Scores und des klinischen Tumorstadiums die Wahrscheinlichkeit eines Lymphknotenbefalls angeben (Partin et al. 1997 2001; Briganti et al. 2006).
Komplikationen Die perioperative Mortalität wird mit 0–2,1 angegeben (EAU-Guidelines 2008), wobei erfahrene Zentren selbst bei mehreren Tausend operierten Patienten keinen perioperativen Todesfall mehr beobachteten (Kundu et al. 2004; Twelker et al. 2007; EAU-Guidelines 2008). Schwere postoperative Komplikationen (kardiale, pulmonale, respiratorische, vaskuläre Komplikationen, Blutungen, Reoperationen, Nierenversagen, Schock) und Spätkomplikationen (Blasenhalsobstruktion, Strikturen, Fisteln, Abszesse, inkontinenztherapiebezogene Komplikationen) treten bei Chirurgen mit einer hohen Operationsfrequenz seltener auf (Begg et al. 2002). Typische perioperative Komplikationen sind (Häufigkeitsangaben laut den Leitlinien der EAU (EAU-Guidelines 2008):
größere Blutung (1–11,5%),
Rektumverletzung (0–5,4%),
tiefe Venenthrombose (0–8,3%),
Lungenembolie (0,8–7,7%). Im eigenen Krankengut (3052 Patienten zwischen 12/1992 und 06/2008) traten folgende Komplikationen auf: Rek-
545 25.5 · Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms
tumverletzung in 0,5%, Rektumfistel in 0,0%, Harnleiterverletzung in 0,1%, tiefe Beinvenenthrombose in 3,0%, Lungenembolie in 0,6%. Die 30-Tage-Sterblichkeit lag bei 0,1%. Späte Komplikationen der radikalen Prostatektomie sind:
Lymphozelenbildung (1–3%),
Anastomosenstenose (0,5–14,6%),
Urinleck oder Urinfistel (0,3–15,4%),
Harnleiterobstruktion (0–0,7%),
Harnröhrenstriktur (2–9%) sowie
Harninkontinenz ( Tab. 25.28) und
erektile Impotenz ( Tab. 25.29). Die Implantation eines artifiziellen Sphinkters ist in etwa 1% erforderlich (Scardino 2000; Lepor 2004). Ältere Patienten haben eine geringere Chance der Erholung der sexuellen Potenz nach radikaler Prostatektomie, und eine einseitige Nerverhaltung ist weniger effektiv als die bilaterale Nerverhaltung (Catalona et al. 1999b, Loeb et al. 2008). Bei einer sorgfältigen Patientenselektion (PSA un-
ter 10 ng/ml, Gleason-Score unter 8, klinisches Stadium T1–2) sind die Resultate der nerverhaltenden radikalen Prostatektomie hinsichtlich der Rate der positiven Absetzungsränder und der Wahrscheinlichkeit eines biochemischen Rezidivs denen der herkömmlichen Operationstechnik vergleichbar (Sofer et al. 2002).
Prognoseabschätzung bei radikaler Prostatektomie Der Gleason-Score des Prostatektomiepräparates ist der aussagefähigste Prädiktor eines Rezidivs nach radikaler Prostatektomie. Er ist mit nahezu allen anderen klinischen und histopathologischen Parametern korreliert (Lopez-Beltran et al. 2005). Weiterhin sind der präoperative PSA-Wert, kapselüberschreitendes Tumorwachstum, Samenblasenbefall, der Status der Absetzungsränder und das Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen gut abgesicherte und statistisch unabhängige Faktoren zur Vorhersage eines PSA-Rezidivs nach radikaler Prostatektomie (Hull et al. 2002; Noldus u. Huland 2003; Salo-
Tab. 25.28. Inzidenz von Inkontinenz nach radikaler Prostatektomie: durch Operateure berichtete Daten, Literaturübersicht Autoren
n
Definition der Kontinenz
Inkontinenz
Steiner et al. 1991
593
Kein Urinverlust bei moderater Aktivität
8%
Leandri et al. 1992
398
Kein Urinverlust bei moderater Aktivität
5%
Zincke et al. 1994
1728
Weniger als 3 Einlagen pro Tag
3%
Geary et al. 1995
458
Keine Einlagen
20%
Eastham et al. 1996
581
Kein Urinverlust bei moderater Aktivität
9%
Catalona et al. 1999b
1325
Keine Einlagen
8%
Gray et al. 1999
167
Keine Einlagen
20%
Walsh et al. 2000
64
Keine Einlagen
7%
Wei et al. 2000
482
Kein Problem mit Urinträufeln oder Urinverlust
12%
Olsson et al. 2001
228
Keine Einlagen
22%
Cohn et al. 2002
295
Keine Einlagen
10%
Thiel 2004
180
Keine Einlagen
21%
Bianco et al. 2005
1746
0–1 Einlagen
5%
Rassweiler et al. 2006
5824
Keine Einlagen
15%
Bandani et al. 2007
5824
0–1 Einlagen
7%
Stolzenburg et al. 2008
1530
Keine Einlagen
8%
Carini et al. 2008
488
Keine Einlagen
6%
Loeb et al. 2008
3458
Keine Einlagen
7%
25
546
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.29. Erholung der sexuellen Potenz nach beidseitig nerverhaltender radikaler Prostatektomie
25
Autoren
n
Erholung der sexuellen Potenz
Quinlan et al. 1991
291
76%
Catalona et al. 1999b
798
68%
Rabbani et al. 2000
181
55%
Walsh et al. 2000
701
86%
Huland 2001
3662
56%
Cohn et al. 2002
201
71%
Thiel 2004
24
71%
Rassweiler et al. 2005
58243
52%
Bianco et al. 2005
7584
70%
1142
5
93%
Loeb et al. 2008
3458
6
62%
Stolzenburg et al. 2008
6297
33–78%
Rodriguez et al. 2009
588
90%
Menon et al. 2007
1
89% beidseitiger Nerverhalt keine Unterteilung in ein- und beidseitiger Nerverhalt angegeben 3 Zahl der nerverhaltend operierten Patienten nicht separat angegeben 4 72% beidseitiger Nerverhalt 5 100% beidseitiger Nerverhalt, z. T. mit »Veil-of-Aphrodite-Technik« 6 unilateraler oder bilateraler Nerverhalt in den meisten Fällen 7 ein- oder beidseitiger Nerverhalt, unterteilt nach verschiedenen Techniken des Nerverhalts 8 74% beidseitiger Nerverhalt 2
mon et al. 2003; Bonkhoff 2005;Stephenson et al. 2005). Zur Rolle des Tumorvolumens liegen widersprüchliche Ergebnisse vor (Noldus u. Huland 2003; Salomon et al. 2003; Kikuchi et al. 2004; Bonkhoff 2005). Basierend auf den genannten unabhängigen Prognosefaktoren wurden prä- und postoperative Tabellen und Nomogramme zur Prognoseabschätzung entwickelt (Partin et al. 1997; Kattan et al. 1998; Han et al. 2003; Stephenson et al. 2005). Als unabhängige Prädiktoren der prostatakarzinomspezifischen Sterblichkeit wurden in einer Untersuchung mit 5509 Patienten und einem medianen Follow-up von 10,6 Jahren folgende histopathologische Parameter identifiziert: Gleason-Score, DNA-Ploidie des Tumors, Stadium pT3, positive Lymphknoten, positive Absetzungsränder (Siddiqui et al. 2006). Eine andere Untersuchung identifizierte die im Prostatektomiepräparat nachweisbare Lymphgefäßinvasion als unabhängigen Prädiktor des prostatakarzinomspezifischen Überlebens bei allerdings
kurzer Nachbeobachtungszeit (im Mittel 3,7 Jahre; Cheng et al. 2005). In einer prospektiven Studie war die präoperative PSA-Anstiegsgeschwindigkeit der beste (tumorbezogene) Überlebensprädiktor nach radikaler Prostatektomie (D’Amico et al. 2004b). Ein weiterer unabhängiger Prädiktor des Gesamtüberlebens in der zitierten prospektiven Screeningstudie war das histopathologische Tumorstadium, nicht jedoch der Gleason-Score (D’Amico et al. 2004b). Hinsichtlich des Gesamtüberlebens nach radikaler Prostatektomie wurden Gleason-Score, Komorbidität (Charlson-Score) und Alter des Patienten als unabhängige Prognosefaktoren identifiziert (Barry et al. 2001; Sweat et al. 2002). Eine Studie fand als unabhängige Prognosefaktoren den Gleason-Score, das Alter, das Tumorstadium (positive Lymphknoten), nicht jedoch die Komorbidität (Charlson-Score) (Tewari et al. 2004). Um die Vielzahl an mittlerweile verfügbaren prognostischen Informationen beim frühen Prostatakarzinom zusammenzufassen, wurde eine Vielzahl von prognostischen Nomogrammen entwickelt und mit viel Enthusiasmus propagiert (Shariat et al. 2008). Obwohl die statistische Vorhersagekraft von Nomogrammen der Abschätzung durch den Arzt oft überlegen ist, können sie die kritische Abwägung der Befunde durch erfahrene Ärzte und das Gespräche zwischen Arzt und Patient lediglich ergänzen, jedoch keineswegs ersetzen (Briganti et al. 2008).
Neoadjuvante Hormontherapie vor radikaler Prostatektomie Vor gut 40 Jahren berichtete Scott über seine Erfahrungen mit einer vor einer radikalen Prostatektomie vorgenommenen Orchiektomie bei 31 Patienten (Scott 1964). Basierend auf seinen Beobachtungen empfahl er dieses Vorgehen als Therapiestandard (Scott 1964). In neuerer Zeit wurde die neoadjuvante Hormontherapie vor radikaler Prostatektomie in einer Vielzahl randomisierter Studien untersucht. In der Mehrzahl der Studien wurde eine kombinierte Androgenblockade für 3 Monate appliziert, gefolgt von der radikalen Prostatektomie. Dadurch konnte eine Prostatagrößenreduktion um 30–50%, eine Reduktion der Inzidenz positiver Absetzungsränder um 18 bis 37% sowie ein scheinbares »downstaging« in einem Drittel der Fälle erreicht werden (Tyrrell 1999). Die langfristigen klinischen Effekte der neoadjuvanten Hormontherapie vor radikaler Prostatektomie waren jedoch insgesamt enttäuschend (Scolieri et al. 2000; Soloway et al. 2002; Aus et al. 2002; Klotz et al. 2003). Ob eine längerfristige neoadjuvante Behandlung nützlich ist, kann gegenwärtig noch nicht abschließend beurteilt
547 25.5 · Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms
werden. Ein weiterer Rückgang des PSA-Wertes ist bis zu 8 Monate nach Therapiebeginn nachweisbar (Gleave et al. 2000). Weiterhin führt eine 8-monatige neoadjuvante Therapie zu einer weiteren Tumorregression (Gleave et al. 2001). Positive Langzeitergebnisse fehlen jedoch bisher. Für das auf den ersten Blick sinnvolle Therapiekonzept einer neoadjuvanten Hormontherapie beim klinisch organüberschreitenden Tumor (cT3) sind nur wenige Studien mit jeweils geringer Fallzahl verfügbar. Eine Studie dokumentierte eine niedrigere Inzidenz positiver Absetzungsränder in dieser Situation (Lee et al. 1996). In einer randomisierten Studie zeigte sich ein Trend zugunsten einer geringeren klinischen Progressionsrate im Stadium C durch eine Kombination von neoadjuvanter und adjuvanter endokriner Therapie, verglichen mit lediglich adjuvanter Therapie. Das Follow-up war jedoch zu kurz für aussagefähige Ergebnisse (Homma et al. 1999). Zusammenfassende Bewertung Insgesamt gibt es gegenwärtig keine Belege für einen Nutzen einer neoadjuvanten Hormontherapie, weder hinsichtlich der Tumorkontrolle, noch hinsichtlich der perioperativen Komplikationsrate. Von einer Routineanwendung ist daher abzuraten (EAU-Guidelines 2008; Shelley et al. 2008).
Adjuvante Hormontherapie nach radikaler Prostatektomie Der Nutzen einer adjuvanten Hormontherapie nach radikaler Prostatektomie ist nur bei relativ weit fortgeschrittener Erkrankung belegt (Wirth et al. 2007, 2008). Beim lokal fortgeschritten Prostatakarzinom kann eine adjuvante Therapie mit 150 mg Bicalutamid die objektive Tumorprogression verzögern (McLeod et al. 2006). So konnte in einer kleinen randomisierten Studie ein Überlebensvorteil zugunsten einer adjuvanten Hormontherapie bei Patienten mit positiven Lymphknoten nach
radikaler Prostatektomie gegenüber einer Behandlung bei klinischer Progression gezeigt werden (Messing et al. 1999, 2006). Eine retrospektive Studie lässt eine adjuvante hormonelle Therapie auch bei Samenblaseninvasion vorteilhaft erscheinen (Zincke et al. 2001). Kein Überlebensvorteil fand sich für eine adjuvante Hormontherapie bei Patienten mit lymphknotennegativen Tumoren der Stadien pT3–pT4 (Wirth et al. 2004). Tab. 25.30 gibt einen Überblick über prospektiv randomisierte Studien zur adjuvanten Hormontherapie nach radikaler Prostatektomie. Die aktuellen Leitlinien der EAU geben keine generelle Empfehlung hinsichtlich einer adjuvanten Hormontherapie nach radikaler Prostatektomie (EAU-Guidelines 2008). Bisher gibt es keine klaren Hinweise aus randomisierten Studien für eine Unterlegenheit einer hormonellen Behandlung erst bei Eintritt eines PSA-Rezidivs gegenüber einer sofortigen postoperativen Therapie selbst bei Patienten mit hohem Progressionsrisiko. Jedoch sind die bisher verfügbaren Daten (Messing et al. 1999, 2006; Zincke et al. 2001) geeignet, die Möglichkeit einer adjuvanten Hormontherapie bei Samenblasenbefall oder Lymphknotenmetastasen mit den Patienten zu besprechen. Zumindest sollte mit dem Beginn einer Behandlung nicht bis zur klinisch fassbaren Progression gewartet werden, da bei einem derart späten Therapiebeginn hier ein Überlebensnachteil wahrscheinlich ist (Messing et al. 1999, 2006).
Adjuvante Strahlentherapie nach radikaler Prostatektomie Über lange Zeit konnte ein möglicher Nutzen einer adjuvanten Strahlentherapie nur anhand retrospektiver Untersuchungen eingeschätzt werden. Mittlerweile liegen erste Ergebnisse randomisierter Studien zur adjuvanten Strahlentherapie nach radikaler Prostatektomie vor. In einer Studie wurden dabei 1005 Patienten in Stadium pT3 R0–1 ohne Lymphknotenmetastasen nach radikaler Prostatektomie entweder in einen Arm mit
Tab. 25.30. Adjuvante Hormontherapie nach radikaler Prostatektomie: Überblick über prospektiv randomisierte Studien Autoren
Stadien
Art der Hormontherapie
Progression
Überleben
Messing et al. 1999, 2006
pN+
Orchiektomie oder LHRHAnaloga
Vorteil für adjuvante Therapie
Vorteil für adjuvante Therapie
Prayer-Galetti et al. 2000
Stadium C
LHRH-Analoga
Vorteil für adjuvante Therapie
Keine Daten verfügbar
Wirth et al. 2004
pT3–4 pN0
Flutamid
Vorteil für adjuvante Therapie
Kein Unterschied
Wirth et al. 2001, 2005; Mc Leod et al. 2006
T1b–T4 N0–1 M0
Bicalutamid
Vorteil für adjuvante Therapie
Kein Unterschied
25
548
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
adjuvanter Strahlentherapie (60 Gy konventionelle Bestrahlung über einen Zeitraum von 6 Wochen) oder mit kontrolliertem Zuwarten randomisiert, das mediane Follow-up lag bei 5 Jahren. In der Gruppe der zunächst beobachteten Patienten wurde eine Sekundärtherapie zum Zeitpunkt eines biochemischen oder klinischen Rezidivs offeriert. Eingeschlossen wurden Patienten mit mindestens einem der folgenden Risikofaktoren für ein lokales Therapieversagen: Kapselperforation, Samenblaseninfiltration, positiver Absetzungsrand (Bolla et al. 2005). Durch die adjuvante Bestrahlung konnte die Wahrscheinlichkeit einer biochemischen 5-JahresRezidivfreiheit von 53% auf 74% angehoben werden (p<0,0001). Weiterhin konnte das Risiko, innerhalb von 5 Jahren ein Lokalrezidiv zu erleiden, durch adjuvante Strahlentherapie von 15% auf 5% gesenkt werden (p<0,0001). Schwere Nebenwirkungen waren sehr selten. Eine spätere Analyse zeigte, dass von einer adjuvanten Strahlentherapie bisher lediglich Patienten mit positiven Absetzungsrändern profitierten, bei denjenigen mit negativem Absetzungsrand war kein Unterschied hinsichtlich der biochemischen Progression nachweisbar (van der Kwast et al. 2007). Zur Beurteilung der Metastasierungsrate und der prostatakarzinomspezifischen Sterblichkeit reichte das Follow-up noch nicht aus (Bolla et al. 2005; van der Kwast et al. 2007). Auch Wiegel und Mitarbeiter konnten in einer randomisierten Studie anhand von 385 Patienten im Stadium pT3 (R1 oder R0) zeigen, dass eine adjuvante Strahlentherapie mit 60 Gy die biochemische Rezidivrate senken kann (von 46 auf 28% nach 5 Jahren, p=0,0015) (Wiegel et al. 2007). In einer weiteren randomisierten Studie anhand von 425 Patienten konnte eine adjuvante Strahlentherapie mit 60–64 Gy im Tumorstadium pT3 N0 M0 sowohl das Risiko eines PSA-Rezidivs als auch eines klinischen Rezidivs signifikant vermindern ohne jedoch einen nachweisbaren Effekt auf das metastasenfreie und das Gesamtüberleben zu haben (Thompson et al. 2006). Trotz der vorliegenden randomisierten Studien ist es gegenwärtig nicht möglich, eine generelle Empfehlung zugunsten einer adjuvanten Strahlentherapie bei den genannten Risikogruppen auszusprechen. Bisher ist nicht geklärt, ob eine verzögerte Therapie bei Auftreten eines PSA-Rezidivs nicht gleichwertig ist, wenn ein PSAGrenzwert von 0,5 bis maximal 1 ng/ml als Therapieindikation genutzt wird (Bolla et al. 2005). Weiterhin umfasst die Gruppe der pT3-Tumoren ein sehr heterogenes Spektrum, bei ansonsten günstigen Parametern (PSA-Wert, Gleason-Score) kann die Rezidivwahrscheinlichkeit hier unter 10% liegen (Han et al. 2003), eine generelle adjuvante Strahlentherapie würde bei solchen Niedrigrisikopatienten eine Überbehandlung darstellen.
Zusammenfassende Bewertung Bis weitere Informationen, insbesondere über den Einfluss einer adjuvanten Strahlentherapie auf das tumorspezifische Überleben, vorliegen, sollte die Indikation individuell entsprechend dem jeweiligen Rezidivrisiko gestellt werden. Über die Wirksamkeit einer zusätzlichen Hormontherapie vor, während oder nach einer adjuvanten Strahlentherapie ist bisher nichts bekannt. Im Rahmen eines multimodalen Therapiekonzeptes kann sie bei Hochrisikopatienten (beispielsweise hoher Gleason-Score plus Samenblasenbefall) jedoch erwogen werden. Aufgrund der gegenwärtigen Datenlage erscheint es sinnvoll, schwerpunktmäßig Patienten mit hohem lokalen Progressionsrisiko (insbesondere mit positiven Absetzungsrändern) die Möglichkeit einer adjuvanten Strahlentherapie anzubieten (Gaswindt et al. 2008).
PSA-Anstieg nach radikaler Prostatektomie Definition des PSA-Rezidivs Das alleinige PSA-Rezidiv (nach radikaler Prostatektomie oder nach einer Form der Strahlentherapie) ist heute die am häufigsten anzutreffende Form des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms (Freedland u. Moul 2007). Es gibt jedoch bisher keine allgemein akzeptierte Definition für das PSA-Rezidiv nach radikaler Prostatektomie (Sandler u. Eisenberger 2007). Nach kompletter operativer Entfernung der Prostata wurde der Grenzwert für ein biochemisches Tumorrezidiv in der Vergangenheit meistens zunächst entsprechend der Nachweisgrenze der verwendeten Testsysteme bei 0,2 ng/ml angesetzt (Wirth u. Engelhard 2005; Sandler u. Eisenberger 2007). Neuerdings wird dieser Grenzwert allerdings in Frage gestellt, da er den weiteren klinischen Verlauf nur unzureichend vorhersagt (Ward u. Moul 2005; Sandler u. Eisenberger 2007). So war in einer Studie das tumorspezifische 10-Jahres-Überleben bei Patienten mit PSARezidiv nach radikaler Prostatektomie nahezu identisch mit demjenigen von solchen ohne PSA-Rezidiv (Jhaveri et al. 1999). Andere Autoren fanden, dass die Hälfte der Patienten mit einem PSA-Rezidiv und einem PSA-Wert bis 0,29 ng/ml keine klinische Progression ihrer Erkrankung erleben (Amling et al. 2001). Die aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Urologie geben einen Grenzwert von 0,4 ng/ml als Kriterium für ein Tumorrezidiv nach radikaler Prostatektomie an (EAU-Guidelines 2008). Noch ist jedoch nicht klar, ob dieser Wert allgemein akzeptiert wird, da in aktuellen Publikationen (Nguyen et al. 2008; Eggener et al. 2008; Trock et al. 2008) weiterhin der traditionelle niedrigere Grenzwert von 0,2 ng/ml Verwendung findet.
549 25.5 · Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms
Prognose des PSA-Rezidivs Nach radikaler Prostatektomie sind nach einer 10-jährigen Nachbeobachtung in jüngeren Serien etwa 25–30% der Patienten von einem PSA-Rezidiv betroffen (nach der Rezidiv-Definition von 0.2 ng/ml), in älteren Studien lag diese Rate höher ( Tab. 25.31). Insbesondere die PSAVerdopplungszeit ist ein geeigneter Prädiktor des tumorspezifischen Überlebens nach radikaler Prostatektomie und kann in diesem Zusammenhang nach Ansicht der Autoren als Surrogatparameter in Studien Verwendung finden (Ward u. Moul 2005). Die Erkrankung nimmt nach Eintritt eines PSA-Rezidivs nicht selten einen langsamen Verlauf, insbesondere bei Niedrigrisikopatienten (Freedland et al. 2005). So lag in einer großen aktuellen Studie die tumorspezifische Überlebensrate 10 Jahre nach dem Eintritt des PSARezidivs bei 73% und nach 15 Jahren bei 55% (Freedland et al. 2005). Unabhängige Prädiktoren der prostatakarzinomspezifischen Sterblichkeit bei PSA-Rezidiv nach radikaler Prostatektomie sind Gleason-Score (bis 7 versus 8–10), PSAVerdopplungszeit (unter 3 versus 3,0–8,9 versus 9,0–14,9 versus 15 und mehr Monate) und rezidivfreies Intervall nach Operation (bis 3 versus über 3 Jahre; Freedland et al. 2005). Die Prognose bei Stratifizierung nach diesen Parametern schwankt beträchtlich. So lag das mediane Überleben bei Patienten der ungünstigsten Risikogruppe (GleasonScore 8–10, PSA-Verdopplungszeit unter 3 Monaten, rezidivfreies Intervall nach Operation maximal 3 Jahre) bei 3 Jahren, während bisher kein Patient der Serie mit einer PSA-Verdopplungszeit von über 15 Monaten und mehr als 3 Jahren rezidivfreiem Intervall nach Operation am Prostatakarzinom verstarb (Freedland et al. 2005). In Abhängigkeit von der PSA-Verdopplungszeit, dem Gleason-Score (und dem rezidivfreien Intervall schwankte die geschätzte tumorspezifische 10-Jahres-Überlebensrate nach PSA-Rezidiv in dieser Studie außerordentlich (zwischen 98% bei einem PSA-rezidivfreien Intervall länger als 3 Jahre, einem Gleason-Score unter 8 und einer PSA-Verdopplungszeit von 15 Monaten oder länger und lediglich 1% bei einem PSA-rezidivfreien Intervall von 3 Jahren oder kürzer, einem Gleason-Score von 8–10 und einer PSA-Verdopplungszeit von unter 3 Monaten; Freedland et al. 2005). Dies zeigt die große biologische Variabilität dieser Tumorkategorie.
Diagnostische Parameter und Bildgebung beim PSA-Rezidiv Zur Abschätzung des möglichen Nutzens lokaler oder systemischer Therapieverfahren ist beim PSA-Rezidiv die Unterscheidung wahrscheinlicher lokaler von systemischen Ursachen für den Anstieg des PSA-Wertes
Tab. 25.31. 10-Jahres-PSA-Rezidivrate nach radikaler Prostatektomie, Literaturübersicht Ohori et al. 1994
500
27%
Trapasso et al. 1994
601
53%
Zincke et al. 1994
3170
48%
Pound et al. 1997
1623
32%
Gretzer et al. 2002
2497
23%
Hull et al. 2002
1000
25%
Roehl et al. 2004
3478
32%
Bianco et al. 2005
1746
23%
Stephenson et al. 2005
1881
21%
Nguyen et al. 2008
1923
28% (bei initialem Screening entdeckt) 13% (in späteren Screeningrunden entdeckt)
Ohori et al. 1994
500
27 %
von großer Bedeutung. Patienten mit Lokalrezidiv haben typischerweise ein längeres rezidivfreies Intervall (mindestens 2 Jahre), einen Gleason-Score von maximal 7, einen organbegrenzten Tumor und eine PSA-Anstiegsgeschwindigkeit von weniger als 0,75 ng/ml/Jahr. Für die Bestimmung der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit sollte daher das PSA in dreimonatlichen Abständen bestimmt werden (Sandler u. Eisenberger 2007). Gegenüber dem Wert der genannten klinischen Prognoseparameter ist der Nutzen bildgebender Diagnostik mittels Computertomographie, Magnetresonanztomographie oder Skelettszintigraphie beim PSA-Rezidiv sehr begrenzt (Ward u. Moul 2005). Mit Ausnahme von Ausgangsaufnahmen zur Verlaufskontrolle sollten diese Untersuchungen nur bei PSA-Werten über 10–20 ng/ml oder einer schnellen PSA-Verdopplungszeit (weniger als 6 Monate) beziehungsweise einer raschen PSA-Anstiegsgeschwindigkeit (über 0,5 ng/ml/Monat) vorgenommen werden (Ward u. Moul 2005). Die Positronenemissionstomographie (als alleinige Untersuchung oder in Kombination mit der Computertomographie; PET-CT) ist bei der Diagnostik des PSARezidivs wenig aussagekräftig und sollte daher nur in begründeten Spezialfällen durchgeführt werden (EAUGuidelines 2008, Wolff et al. 2008). Obwohl ein beträchtlicher Teil der Patienten mit PSA-Rezidiv im PET-CT auffällige Befunde zeigt (Krause et al. 2008), ist die klinische Bedeutung dieser Befunde weitgehend unklar. Insbesondere im niedrigen PSA-Bereich ist mit falschpositiven Befunden zu rechnen (Schilling et al. 2008).
25
550
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Bei einem unkritischen Einsatz der sehr teuren Positronenemissionstomographie können durch falsch-positive oder scheinbar lokalisierte Befunde zusätzliche nutzlose Diagnostik und Therapie und damit beträchtliche Kosten ohne therapeutischen Gewinn für die Patienten induziert werden.
Lokale Strahlentherapie beim PSA-Rezidiv
25
Für eine erfolgreiche Strahlentherapie ist beim PSARezidiv nach radikaler Prostatektomie eine frühzeitige Therapie erforderlich. Die aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Urologie empfehlen eine Strahlendosis von 64–66 Gy und einen prä-strahlentherapeutischen PSA-Wert von maximal 1,5 ng/ml (EAUGuidelines 2008). Eine lokale Strahlentherapie kann bei einem PSARezidiv nach radikaler Prostatektomie – eine sorgfältige Patientenselektion vorausgesetzt – den PSA-Wert bei bis zu 60% der Patienten unter die Nachweisgrenze senken. Nach erfolgter lokaler Strahlentherapie ist ein Absinken des PSA unter sie Nachweisgrenze ein unabhängiger Prädiktor des langfristigen Therapieerfolges beim PSARezidiv. Die Wahrscheinlichkeit, langfristig einen PSAWert von 0 zu erreichen war bei Patienten, bei denen die Strahlentherapie bei einem PSA von maximal 0,5 ng/ml vorgenommen wurde, signifikant erhöht (Wiegel et al. 2008). Gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Strahlentherapie eines PSA-Rezidivs sind Faktoren, die ein ausschließlich lokales Rezidiv wahrscheinlich machen: ein positiver Absetzungsrand, fehlende Samenblaseninvasion, eine PSA-Verdopplungszeit von über 10 Monaten, ein niedriges PSA vor Strahlentherapiebeginn und ein Gleason-Score von maximal 6 (Hayes et al. 2005). Demgegenüber war allerdings in einer aktuellen retrospektiven Studie anhand von 635 Patienten mit biochemischem Rezidiv nach radikaler Prostatektomie bei Patienten mit einer PSA-Verdopplungszeit von weniger als 6 Monaten ein besseres tumorspezifisches Überleben zu verzeichnen, wenn diese Patienten innerhalb von 2 Jahren nach Rezidiveintritt bestrahlt wurden (Trock et al. 2008). Dieses Ergebnis überrascht, da es sich dabei um Patienten mit hoher Wachstumskinetik handelt, die eigentlich verdächtig auf das Vorliegen einer systemischen, durch lokale Maßnahmen nicht mehr beeinflussbaren Erkrankung sind. Bevor allgemeine Empfehlungen abgeleitet werden können, sind weitere Untersuchungen, insbesondere prospektive Studien erforderlich.
Hormontherapie beim PSA-Rezidiv Neben einer lokalen Strahlentherapie bei Patienten mit eher lokalem Rezidiv steht als Therapieoption – vorzugs-
weise bei Patienten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eines systemischen Progresses – auch die sofortige Hormontherapie als Option zur Verfügung. In einer retrospektiven Studie konnte bei Patienten mit einem PSARezidiv eine frühzeitige Hormontherapie (definiert als Therapiebeginn bei einem PSA von 5 ng/ml oder 10 ng/ ml) bei Hochrisikopatienten (Gleason-Score 8–10 oder PSA-Verdopplungszeit von 12 Monaten oder kürzer oder ungünstiger (inkurabler) histopathologischer Befund) das Auftreten von klinisch manifesten Metastasen signifikant verzögern (Moul et al. 2004). Ein genauer Grenzwert, wann eine »frühe« Hormontherapie spätestens begonnen werden muss, um den gewünschten Effekt zu haben, kann aus den Ergebnissen der zitierten Studie (Moul et al. 2004) nicht abgeleitet werden. Wahrscheinlich ist jedoch, dass ein Abwarten unter engmaschiger klinischer Überwachung und PSAKontrolle bis zu einem PSA-Wert von 5 ng/ml nicht mit gravierenden negativen Folgen verbunden ist. In einer aktuellen randomisierten EORTC-Studie anhand von 939 Patienten mit lokal nicht kurablem Prostatakarzinom der Stadien T0–4 N0–2 M0 schienen sogar nur Patienten mit hohem Ausgangs-PSA (über 50 ng/ml) und einer PSA-Verdopplungszeit von unter 12 Monaten von einer sofortigen Hormontherapie zu profitieren, während bei weniger aggressiven Tumoren auch eine verzögerte Behandlung gerechtfertigt erschien (Studer et al. 2008). Für die Identifikation von Risikopatienten wurden auch Nomogramme und Tabellen vorgeschlagen. Mittels eines Nomogramms von Porter und Mitarbeitern kann basierend auf den Parametern pT-Stadium, GleasonScore, Status der Absetzungsränder und Alter des Patienten das tumorspezifische Sterberisiko abgeschätzt werden (Porter et al. 2007). Auch die von Freedland und Mitarbeitern erstellte Tabelle (Freedland et al. 2005) ist für die Prognoseabschätzung gut geeignet, wenn die erforderlichen Parameter (PSA-Verdopplungszeit, Länge des rezidivfreien Intervalls und Gleason-Score) bekannt sind. Bisher konnte insgesamt nicht gezeigt werden, dass ein Überlebensvorteil bei sofortiger gegenüber einer verzögert begonnenen Hormontherapie besteht. Gegenwärtig liegt zur Anwendung systemischer Therapien beim PSA-Rezidiv kein allgemein akzeptierter oder evidenzbasierter Therapiestandard vor (Sandler u. Eisenberger, 2007). Falls eine Hormontherapie gewünscht wird, können prinzipiell aufgrund der in den meisten Fällen langsamen Progression nebenwirkungsreduzierte Formen der Hormontherapie (antiandrogene Monotherapie oder intermittierende Androgenblockade) beim PSA-Rezidiv zum Einsatz kommen (Sandler u. Eisenberger 2007).
551 25.5 · Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms
Zusammenfassende Bewertung Etwa 25–30% aller Patienten entwickeln nach radikaler Prostatektomie ein PSA-Rezidiv, von diesen Rezidiven sind etwa 30% klinisch signifikant im Sinne einer möglicherweise lebensbedrohlichen Erkrankung. Ein Großteil der Patienten mit lokalem Rezidiv können durch eine frühzeitige lokale Strahlentherapie teilweise dauerhaft geheilt werden. Eine lebensverlängernde Wirkung ist für ein solches Vorgehen jedoch noch nicht nachgewiesen worden. Bei Patienten mit einer systemischen Erkrankung und hohem Progressionsrisiko kann durch eine frühzeitige hormonelle Behandlung das Eintreten klinisch manifester Metastasen verzögert werden, jedoch steht auch hier der Nachweis für eine Lebensverlängerung durch eine frühzeitige Therapie noch aus.
25.5.4 Strahlentherapie
Externe Strahlentherapie In neuerer Zeit erfuhr die externe Strahlentherapie des Prostatakarzinoms wesentliche technische Veränderungen (Peschel u. Colberg 2003). Obwohl aussagefähige Langzeitstudien fehlen, deuten einzelne Ergebnisse darauf hin, dass gute Langzeitergebnisse erzielt werden können (Scardino 2000; Jani u. Hellmann 2003). So erreichte eine Langzeitstudie eine tumorspezifische 10-JahresÜberlebensrate nach externer Strahlentherapie von etwa 90%, das 10-Jahres-Gesamtüberleben lag allerdings nur bei etwa 50%, was die Aussagekraft sehr einschränkt (Ziethman et al. 2004). Valide randomisierte Studien, die externe Strahlentherapie und radikale Prostatektomie vergleichen, fehlen bisher. Die externe Strahlentherapie des Prostatakarzinoms erfolgt mit einem Linearbeschleuniger, wobei heute die dreidimensional geplante konformale Strahlentherapie als Standard angesehen wird. Dabei wird das Zielvolumen gewöhnlich über 4–7 Strahlenfelder behandelt. Die umliegenden Risikoorgane (Blase, Rektum) überlagern sich dabei im Zielvolumen nicht und werden in den Strahlenfeldern individuell ausgeblendet (Stuschke et al. 2004). Die Strahlendosis wird bei konventioneller Fraktionierung mit Einzeldosen von 1,8–2,0 Gy pro Tag an fünf Tagen pro Woche ambulant appliziert (Stuschke et al. 2004). Damit dauert die Therapie insgesamt 7–8 Wochen. Zu den Vorteilen der externen Strahlentherapie zählen ihre Anwendbarkeit ohne Narkose und den damit verbundene Risiken. Weiterhin wurden Harninkontinenz und erektile Dysfunktion im Vergleich zur (nicht nerverhaltenden) radikalen Prostatektomie seltener beschrieben (Jani u. Hellmann 2003). Die Potenzerhaltungswahr-
scheinlichkeit entspricht bei moderner Bestrahlungstechnik in etwa derjenigen der nerverhaltenden radikalen Prostatektomie oder der interstitiellen Brachytherapie (Peschel u. Colberg 2003). Die genannten Vorzüge werden durch das fehlende histopathologische Staging und die radiogene Schädigung des Rektums (insbesondere bei Dosiseskalation) aufgewogen (Jani u. Hellmann 2003; Peschel u. Colberg 2003). Weiterhin werden die möglichen Vorteile der externen Strahlentherapie hinsichtlich des Potenzerhalts durch die häufig angewandt neoadjuvante und/oder adjuvante Hormontherapie relativiert (Peschel u. Colberg 2003). Ein weiteres Problem der Strahlentherapie ist die Gefahr der Induktion von Zweittumoren im Bestrahlungsgebiet. So war in einer populationsbasierten Studie das Risiko, ein Rektumkarzinom zu entwickeln, nach Strahlentherapie der Prostata signifikant auf das 1,7-fache erhöht (Baxter et al. 2005). Um beim klinisch organbegrenzten Prostatakarzinom eine mit der radikalen Prostatektomie vergleichbare Tumorkontrollrate zu erreichen, gilt eine Strahlendosis von mindestens 72 Gy als erforderlich (Kupelian et al. 2004). In einer randomisierten Studie, die Strahlendosen von 70 und 78 Gy verglich, konnte durch die höher dosierte Bestrahlung die Tumorkontrollrate nach 5 Jahren von 69% auf 79% angehoben werden. Wenn auch dieser Unterschied in der Gesamtstichprobe knapp das Signifikanzniveau verfehlte, zeigte sich in der Untergruppe der Risikopatienten mit einem PSA über 10 ng/ml ein signifikanter Vorteil für die höher dosierte Bestrahlung (5-Jahre-Tumorkontrollrate 48 versus 75%, p=0,01; Pollack et al. 2000). Eine weitere randomisierte Studie verglich Strahlendosen von 70,2 und 79,2 Gy bei Patienten mit klinisch organbegrenztem Prostatakarzinom und einem PSA-Wert von unter 15 ng/ml. Dabei lag die biochemische Rezidivrate nach 5 Jahren bei 61,4% für die konventionelle Dosis gegenüber 80,4% für die höher dosierte Therapie (p<0,001). Dabei trat bei 1% der konventionell bestrahlten und bei 2% der mit 79,2 Gy bestrahlten Patienten eine Rektum- oder Harntraktmorbidität der RTOG-Grade 3 oder höher auf (Zietman et al. 2005). Die Möglichkeit, durch eine intensitätsmodulierte Therapie höhere Strahlendosen auf das Zielorgan zu applizieren, ist jedoch bei einem mobilen Organ wie der Prostata mit der Gefahr verbunden, die Sicherheitsabstände zu reduzieren. Neurere sog. »bildgesteuerte« (»image-guided«) Therapieverfahren können helfen, dieses Problem zu lösen und die Strahlentherapie des Prostatakarzinoms weiter zu verbessern (Lohr et al. 2007). Als neue Form der Strahlentherapie des Prostatakarzinoms hat die Therapie mit schnellen Protonen in den
25
552
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
vergangenen Jahren Aufmerksamkeit erlangt. Es handelt sich dabei um eine vielversprechenden kostenintensive und bisher nicht in randomisierten Studien gegenüber der konformalen Strahlentherapie getestete Therapie, deren allgemeiner Einsatz bis zum Vorliegen derartiger Studien nicht empfohlen werden kann (Nguyen et al. 2008).
Low-dose-Brachytherapie
25
Hierbei handelt es sich um die permanente Implantation von Strahlungsquellen (»seeds«) in die Prostata über perineal eingeführte Hohlnadeln. Dabei stehen als Radionuklide Jod-125 (Halbwertszeit 60 Tage) und Palladium103 (Halbwertszeit 17 Tage) zur Verfügung (Dicker et al. 2000; Deger et al. 2001). Voraussetzung für akzeptable Ergebnisse bei der interstitiellen Brachytherapie ist eine geeignete Patientenauswahl. Nur dann sind die Tumorkontrollraten potenziell mit denen der radikalen Prostatektomie und der externen Strahlentherapie vergleichbar (Wirth u. Hakenberg 1999; Jani u. Hellmann 2003; Wirth et al. 2002; Peschel u. Colberg 2003; Stübinger et al. 2008). Im Vergleich mit der externen Strahlentherapie hat die interstitielle Brachytherapie den Vorzug einer exakteren Dosisbeschränkung auf die Prostata und daher einer Schonung umliegender Gewebe (neurovaskuläres Bündel, Rektum, Blase) bei gleichzeitiger Erhöhung der intraprostatischen Strahlendosis. Die Potenzerhaltungsrate erreicht diejenige der nerverhaltenden radikalen Prostatektomie (Peschel u. Colberg 2003). Die wesentlichen Nachteile der interstitiellen Brachytherapie liegen in der unsicheren Dosisverteilung innerhalb der Prostata und der Unterlegenheit bei aggressiveren Tumoren (Wirth u. Hakenberg 1999; Jani u. Hellmann 2003; D’Amico et al. 1998; Peschel u. Colberg 2003). Generell sind schwerwiegende Komplikationen nach interstitieller Brachytherapie selten, allerdings wird die Nebenwirkungsrate gelegentlich auch unterschätzt (Peschel und Colberg 2003). In Deutschland wird die interstitielle Brachytherapie bei Patienten mit kleinen Prostatavolumen (unter 50 ml) und einen Niedrigrisiko-Tumor (klinisches Stadium maximal T2a N0 M0, Gleason-Score unter 7, nur ein Zylinder bei einer Sextantenbiopsie positiv und PSA unter 10 ng/ml) empfohlen. Weiterhin sollten keine signifikanten obstruktiven Symptome vorliegen (IPSS maximal 8, Uroflow über 15 ml/s, Restharn unter 50 ml) (Wirth et al. 2002) Die aktuelle Empfehlungen der EAU sind ähnlich: klinisches Tumorstadium maximal T2a, Gleason-Score maximal 6 basierend auf einer ausreichenden Zahl an Biopsien, PSA maximal 10 ng/ml, Prostatavolumen maximal 50 ml, guter IPSS-Score (EAUGuidelines 2008).
High-dose-Brachytherapie Unter High-dose-rate-(HDR)-Brachytherapie wird – im Gegensatz zur permanenten, interstitiellen Brachytherapie – die kurzzeitige Applikation einer lokalen Strahlenquelle in Afterloading-Technik, kombiniert mit einer Dosisaufsättigung durch externe Bestrahlung verstanden. Als vorübergehend appliziertes Radionuklid kommt dabei Iridium-192 (Halbwertszeit 74 Tage; Deger et al. 2001) zum Einsatz. Während bei der permanenten interstitiellen Brachytherapie die Dosisrate relativ gering ist, liegt sie bei der HDR-Brachytherapie tausendfach höher. Der Vorteil der HDR-Brachytherapie liegt in der Dosiseskalation bei guter Anpassung der Bestrahlung an das Zielgebiet. Demgegenüber stehen die technische Aufwändigkeit und Invasivität des Verfahrens und die bisher noch nicht verfügbaren Langzeitdaten (Morton 2005). Weiterhin ist mit starken fibrosierenden Gewebsveränderungen im Becken zu rechnen, die eine spätere operative Therapie erschweren (Stephenson et al. 2004). Potenzielle Kandidaten für eine HDR-Brachytherapie sind Patienten mit ausgedehnten Karzinomen (cT2b-3) und mäßig beziehungsweise schlecht differenzierten Tumoren (Morton 2005). Gegenwärtig laufen Studien, die die HDR-Therapie mit der herkömmlichen externen Strahlentherapie bei diesen Risikopatienten vergleichen (Morton 2005). Erste Daten lassen eine gewisse Verminderung des PSA-Progressionsrisikos gegenüber einer alleinigen externen Standard-Strahlentherapie möglich erscheinen (Hoskin 2008).
Komplikationen Die Nebenwirkungsraten von radikaler Prostatektomie und Strahlentherapie unterscheiden sich hinsichtlich des zu erwartenden Spektrums, nicht jedoch in Hinblick auf die Gesamthäufigkeit. Im Gegensatz zur Operation können nach Strahlentherapie Schäden verzögert und noch nach vielen Jahren auftreten. In einer EORTC-Studie wurden die späten Nebenwirkungen der Strahlentherapie des Prostatakarzinoms systematisch untersucht (Ataman et al. 2004). In dieser Untersuchung erhielten die Patienten eine Beckenbestrahlung mit 50 Gy, gefolgt von einer Aufsättigung der Prostataregion auf 70 Gy. Das mediane Follow-up zur Toxizitätsbeurteilung lag bei 42 Monaten. Die Gesamttoxizität (Grad 2 und höher) betrug 22,8%, die Gesamtharntrakttoxizität 15,9%, die Gesamtdarmtoxizität 9,8%. Nach ihrer Häufigkeit geordnet traten die folgenden Nebenwirkungen auf: Proktitis (8.2%), Harntraktstriktur 7,2%, Harninkontinenz (5,3%), Zystitis (5,3%), Hämaturie (4,8%), chronische Diarrhoe (3,7%), Beinödem 1,6%, Dünndarmstenose (0,5%). Die Rate therapieassoziierter
553 25.5 · Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms
Todesfälle lag bei 1% und damit sogar eher höher als in den aktuellen Serien zur radikalen Prostatektomie in großen Zentren (Augustin et al. 2003; Kundu et al. 2004; Bhandari et al. 2005).
teilung reicht die Datenlage gegenwärtig jedoch nicht aus. Es wird daher weiterhin empfohlen, den Einsatz neoadjuvanter Hormontherapie vor Brachytherapie auf Studien zu beschränken (Wirth et al. 2002; Shelley et al. 2008).
Kombinierte Radiochemotherapie
Adjuvante Hormontherapie bei externer Strahlentherapie und interstitieller Brachytherapie
Ein frühzeitiger Einsatz einer Chemotherapie als neoadjuvante oder adjuvante Therapie in Zusammenhang mit einer geplanten Operation oder Strahlentherapie des Prostatakarzinoms ist als experimentell anzusehen und sollte nur im Rahmen von Studien erfolgen. Es liegen Daten vor, die die Durchführbarkeit einer solchen Therapie belegen, zur Beurteilung ihrer Effektivität ist es jedoch zu früh (Gleave u. Kelly 2005). Beachtet werden muss, dass eine derartige Therapie das Risiko beträchtlicher Toxizität birgt (Rosenthal et al. 2008).
Neoadjuvante Hormontherapie bei externer Strahlentherapie und interstitieller Brachytherapie Bei der externen Strahlentherapie wird von einigen Autoren eine hormonelle Vorbehandlung empfohlen, um das Zielvolumen zu vermindern und auf diese Weise die Komplikationsrate zu senken (EAU-Guidelines 2008). Neben der gewünschten Verkleinerung des Zielgebietes durch neoadjuvante Hormontherapie vor externer Strahlentherapie konnte eine Studie auch einen Überlebensvorteil für eine derartige Behandlung bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Tumor nachweisen. In dieser Untersuchung wurden 456 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Tumor (Stadien cT2–4 N1–2 M0) eingeschlossen, das mediane Follow-up lag bei 8,6 Jahren (Pilepich et al. 2001). Die neoadjuvante Therapie begann 2 Monate vor der Strahlentherapie und wurde bis zum Therapieende fortgesetzt. Dabei fand sich in der Untergruppe der Patienten mit niedrigem Gleason-Score (2–6) ein signifikanter Vorteil für die neoadjuvante Hormontherapie hinsichtlich Tumorprogression und Gesamtüberleben (Pilepich et al. 2001). Die Autoren einer aktuellen systematischen Übersichtsarbeit kommen zu dem Schluss, dass eine neoadjuvante Hormontherapie vor Strahlentherapie einen signifikanten klinischen Vorteil insbesondere bei Patienten mit einem Gleason-Score von 2–6 bietet (Shelley et al. 2008). Bei der interstitiellen Brachytherapie fand eine retrospektive Untersuchung eine erhöhte Gesamtsterblichkeit bei neoadjuvant hormonell behandelten im Vergleich zu hormonnaiven Patienten, ohne dass anhand des Datenmaterials die Ursache dieses Phänomens geklärt werden konnte (Beyer et al. 2005). Für eine abschließende Beur-
Besser abgesichert als nach radikaler Prostatektomie ist der Nutzen einer adjuvanten Hormontherapie nach externer Strahlentherapie. Tab. 25.32 gibt einen Überblick über randomisierte Studien. Bolla und Mitarbeiter demonstrierten, dass eine adjuvante Therapie mit LHRHAnaloga, die ab dem Beginn der Strahlentherapie gegeben wird, das tumorspezifischen und das Gesamtüberleben gegenüber Patienten, die nur mit Strahlentherapie behandelt wurden, verbessert (Bolla et al. 1997, 2002). Vorherige Studien fanden einen ähnlichen, jedoch weniger ausgeprägten Effekt. So fanden Granfors und Mitarbeiter eine signifikant höhere 10-Jahres-Gesamtüberlebensrate bei Patienten mit Tumoren der Stadien T1–4 N0–1, wenn sie mit Strahlentherapie und Orchiektomie behandelt wurden, verglichen mit einer alleinigen Strahlentherapie (Granfors et al. 1998). Die Überlebensdifferenz war vermutlich wesentlich auf einen positiven Effekt bei Patienten mit Lymphknotenmetastasen zurückzuführen. Bei Patienten ohne Lymphknotenmetastasen war kein signifikanter Unterschied feststellbar, möglicherweise auch aufgrund der relativ geringen Stichprobe (Granfors et al. 1998). Es ist jedoch auch vorstellbar, dass ein Großteil der Niedrigrisikopatienten ohne Lymphknotenbefall durch alleinige Strahlentherapie kontrolliert werden und daher nicht von einer zusätzlichen Therapie profitieren kann. Pilepich et al. (1997, 2003) fanden bei Patienten der Tumorstadien C und D1 ein signifikant verbessertes tumorspezifisches und Gesamtüberleben durch eine adjuvante Hormontherapie. Dabei begann diese Hormontherapie (LHRH-Analoga) in der letzten Strahlentherapiewoche im Behandlungsarm und zum Zeitpunkt eines Tumorrezidivs im Beobachtungsarm (Pilepich et al. 1997, 2003). Insgesamt scheinen Hochrisikopatienten mit lokal fortgeschrittenen Tumoren im Falle einer Strahlentherapie von einer adjuvanten Hormontherapie zu profitieren, während die Unterschiede in früheren Tumorstadien eher gering ausfallen. Bisher gibt es allerdings keine Ergebnisse randomisierter Studien, die bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom eine Strahlentherapie (mit oder ohne adjuvante Hormontherapie) mit einer alleinigen Hormontherapie vergleichen (Wirth et al. 2008). Nach interstitieller Brachytherapie ist die Datenlage hinsichtlich einer adjuvanten Hormontherapie weniger
25
554
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.32. Adjuvante Hormontherapie nach externer Strahlentherapie: Überblick über prospektiv randomisierte Studien
25
Autoren, Jahr
Stadien
Regime
Progression
Überleben
Bolla et al. 1997, 2002
T1–T4 N0-x
LHRH-Analoga
Vorteil für adjuvante Therapie
Vorteil für adjuvante Therapie
Pilepich et al. 1997; Lawton et al. 2001; Pilepich et al. 2003
Stadium C oder D1
LHRH-Analoga
Vorteil für adjuvante Therapie
Vorteil für adjuvante Therapie
Granfors et al. 1998
T1–4 N0–1
Orchiektomie
Vorteil für adjuvante Therapie
Vorteil für adjuvante Therapie in N1-Subgruppe
Hanks et al. 2000, 2003
T2b–T4, PSA<150 ng/ml
LHRH-Analoga plus Flutamid
Vorteil für adjuvante Therapie
Vorteil für adjuvante Therapie in Subgruppe mit GleasonScore 8–10
D’Amico et al. 2004a
Gleason-Score 7+, cT3–4 oder PSA ≥10 ng/ml
LHRH-Analoga
Vorteil für adjuvante Therapie
Vorteil für adjuvante Therapie
Wirth et al. 2001; Tyrrell et al. 2005; Mc Leod et al. 2006
T1b–T4 N0–1 M0
Bicalutamid
Vorteil für adjuvante Therapie
Vorteil für adjuvante Therapie
D’Amico et al. 2008
T1b–2, PSA >10 ng/ml, Gleason-Score 7–10 oder radiologisch Organüberschreitung
LHRH-Analoga plus Flutamid
Nicht angegeben
Vorteil für adjuvante Therapie
eindeutig. Günstige mittelfristige Tumorkontrollraten wurden bei Hochrisikopatienten (Stadium ≥T2b oder Grad 3 oder PSA ≥20 ng/ml) beobachtet, die mit einer HDR-Brachytherapie und adjuvanter Hormontherapie behandelt wurden (Oh et al. 2006). Bei interstitieller Brachytherapie dagegen fand sich in einer Studie mit Langzeit-Followup kein Vorteil für eine adjuvante Hormontherapie (Potters et al. 2005). Die Indikation zur generellen adjuvanten Hormontherapie nach Strahlentherapie des Prostatakarzinoms wurde von d’Amico und Mitarbeitern nach Auswertung einer randomisierten Studie anhand von 206 Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom mit hohem Progressionsrisiko in Frage gestellt. Die Patienten hatten entweder 6 Monate adjuvante Hormontherapie nach Bestrahlung oder eine alleinige Strahlentherapie erhalten. Obwohl sich eine reduzierte Gesamtsterblichkeit im adjuvanten Therapiearm zeigte (Hazard-Ratio 1,8, p=0,01), ergab eine Subgruppenanalyse, dass dieser Vorteil auf Patienten ohne mäßige oder schwere Begleiterkrankungen beschränkt war. Bei Patienten mit derartigen Komorbiditäten zeigte sich tendenziell sogar ein Nachteil für die adjuvante Therapie (d’Amico et al. 2008). Obwohl dieses Ergebnis in weiteren Studien geprüft werden muss, sollte es Anlass geben, die Indikation zur Hormontherapie beim frühen Prostatakarzinom weiterhin kritisch zu prüfen.
25.5.5 Experimentelle Therapien
Als experimentelle Therapien des lokalbegrenzten Prostatakarzinoms werden gegenwärtig hauptsächlich die Therapie mit hochdosiertem fokussiertem Ultraschall (»high-intensity focused ultrasound«, HIFU), die Kryotherapie und die Radiofrequenzablation »(radiofrequency interstitial tumour ablation«, RITA) untersucht. Dabei liegen im Vergleich zu anderen experimentellen Therapieverfahhren zur Kryotherapie relativ viele Daten vor. Sie kann als Therapiealternative bei aufgrund von Begleiterkrankungen inoperablen Patienten oder bei solchen mit voraussichtlich kurzer weiterer Lebenserwartung erwogen werden kann (EAU-Guidelines 2008). In einer aktuellen Metaanalyse des Cochrane-Instituts kommen die Autoren jedoch zu dem Ergebnis, dass wegen der sehr schlechten Datenlage auf diesem Gebiet eine valide Wirksamkeitsbeurteilung gegenwärtig unmöglich ist. Empfohlen wurde, in Frage kommende Patienten über dieses Problem aufzuklären (Shelley et al. 2007). Die Kryotherapie ist insgesamt weiterhin als experimentelle Therapie mit ungesicherter Wirksamkeit anzusehen. Zur Therapie mit hochdosiertem fokussiertem Ultraschall liegen ebenfalls lediglich kurzfristige onkologische Daten vor, die bei dem hochselektionierten Niedrigrisikokollektiv, das dieser Therapie zugeführt wird, nicht
555 25.6 · Therapie bei isoliertem PSA-Anstieg
aussagefähig sind. Bisher wurden lediglich Fallserien, jedoch keinerlei vergleichende Studien publiziert (Rebillard et al. 2008). Da die langfristige Effektivität aller drei Therapieverfahren bisher noch nicht ausreichend untersucht ist, sollten sie nur im Rahmen von klinischen Studien zur Anwendung kommen. Die Gefahr schwerer Nebenwirkungen (hier vor allem rektourethrale Fisteln) ist auch bei diesen Therapien gegeben (Ahmed et al. 2008). Zusammenfassende Bewertung Die Standardtherapie für das lokal begrenzte Prostatakarzinom ist die radikale Prostatektomie. Daneben sind die externe und interstitielle Strahlentherapie etablierte Therapieverfahren mit kurativer Intention. Daneben besteht mit der »Active-Surveillance«-Strategie die Möglichkeit zur verzögerten kurativen Intervention mit dem Ziel, einem Teil der Patienten die Therapiennebenwirkungen zu ersparen. Der Begriff »watchful waiting« wird demgegenüber für eine palliative Therapie vor allem bei Patienten mit voraussichtlich kurzer weiterer Lebenserwartung verwendet. Nach radikaler Prostatektomie besteht die Möglichkeit einer adjuvanten Strahlentherapie, die die Rate an PSA- und lokalen Rezidiven bei Risikopatienten vermindern kann, eine Lebensverlängerung ist bisher nicht belegt. Eine neoadjuvante Hormontherapie ist nur für die externe Strahlentherapie ausreichend nachgewiesen. Eine adjuvante Hormontherapie kommt überwiegend nach Strahlentherapie zum Einsatz, nach radikaler Prostatektomie ist sie in erster Linie im Falle positiver Lymphknoten zu erwägen. Vom Einsatz nicht ausreichend validierter experimenteller Therapien ist beim frühen Prostatakarzinom dringend abzuraten.
25.6
Therapie bei isoliertem PSA-Anstieg
25.6.1 PSA-Anstieg nach Radiatio
M. Graefen, T. Schlomm, R. Schwarz, H. Huland Nach alleiniger perkutaner Bestrahlung oder Brachytherapie eines klinisch lokalisierten Prostatakarzinoms werden Rezidivraten von 40–60% beschrieben [1, 2]. Hochgerechnet auf die USA bedeutet dies, dass schätzungsweise 30.000 Männer pro Jahr in den USA ein Rezidiv erleben, welches sich üblicherweise durch einen steigenden PSAWert manifestiert. Ohne eine sog. Salvage-Therapie, also eine weitere lokale Therapie bei Rezidivnachweis, beträgt der mediane Zeitraum vom Nachweis des biochemischen Rezidivs bis zur Entwicklung einer klinischen Progression
ca. 3 Jahre [3]. Hierbei haben Patienten mit einer kurzen PSA-Verdopplungszeit und einem niedrig differenzierten Karzinom das höchste Risiko einer frühen Metastasenbildung und karzinomspezifischen Mortalität [4, 5]. Die Therapieoptionen für Patienten mit einem biochemischen Rezidiv nach einer primären strahlentherapeutischen Behandlung beinhalten ein abwartendes Management, eine Hormontherapie sowie eine zusätzliche lokale Therapie. Zu den lokalen Therapieoptionen zählen die radikale Salvage-Prostatektomie, die radikale SalvageZystoprostatektomie, die Salvage-Kryotherapie oder die Salvage-Brachytherapie. Ein abwartendes Management ist möglich bei Patienten mit einer begrenzten Lebenserwartung und/oder einem niedrigen Risiko einer Tumorprogression und Ausbildung von Fernmetastasen. Solche Patienten sind in der Regel durch ein gut- oder mittelgradig differenziertes Karzinom in der Biopsie und eine niedrige PSA-Verdopplungszeit nach Rezidivnachweis charakterisiert [6]. Die überwiegende Zahl der Patienten mit einem PSAAnstieg nach einer Strahlentherapie wird heutzutage noch mit einer androgenablativen Therapie behandelt, welche jedoch einen eher palliativen Charakter hat. Die Entwicklung eines sog. hormonrefraktären Stadiums ist das Ziel, sofern der Patient nur lang genug lebt [7]. Die Hormontherapie kann sofort bei Nachweis des Rezidivs oder verzögert eingeleitet werden. Der Vorteil der sofortigen Hormontherapie ist eine niedrige Progressionsrate im Vergleich zu einer verzögerten Gabe der Therapie, der Vorteil der verzögerten Gabe hingegen ist die geringere Nebenwirkungsrate. Die Nebenwirkungsrate kann durch Modifikationen der Hormontherapie, wie beispielsweise eine intermittierende Gabe oder die alleinige Gabe eines Antiandrogens gemindert werden; eine detaillierte Darstellung der Hormontherapie erfolgt in Kap. 25.7.2. Eine lokale Salvage-Therapie bedeutet im Gegensatz zur Hormontherapie eine definitive Heilungschance. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass es sich bei dem nachgewiesen Rezidiv tatsächlich um ein alleiniges lokales Rezidiv handelt, ohne dass zeitgleich auch eine Metastasierung des Karzinoms vorliegt. Der geeignete Kandidat für eine lokale Salvage-Therapie sollte deshalb ein Patient ohne größere Komorbidität mit einer langen Lebenserwartung sein, und der Tumor sollte initial in einem lokal kurablen Stadium gewesen sein [6]. Weiterhin sollte der Patient als Nebenwirkung der initialen Strahlentherapie keine größeren Beschwerden bezüglich einer Strahlenzystitis oder -proktitis aufweisen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass im Falle einer erfolgten Lymphadenektomie vor initialer Strahlentherapie diese ohne den Nachweis einer lymphogenen Filialisierung war [6, 8].
25
556
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Bei Patienten mit einem ansteigenden PSA-Wert nach Strahlentherapie und negativer Bildgebung (Knochenszintigramm, MRT) kann in 60–70% der Fälle eine lokale Persistenz des Tumors in Prostatabiopsien nachgewiesen werden [9, 10]. Die Indikation zur Therapie eines potenziellen Lokalrezidivs ergibt sich aus der Tatsache, dass ein unkontrolliertes Lokalrezidiv nach Bestrahlung einen signifikanten Risikofaktor für eine Progression sowie eine erhöhte tumorspezifische Mortalität darstellt [11, 12]. Zusätzlich können sich aus einem Lokalrezidiv lokale Komplikationen durch Blasenobstruktion, rezidivierende Hämaturie – oder auch chronische Schmerzen entwickeln [13]. Da zum jetzigen Zeitpunkt keine kurative systemische Therapie des Lokalrezidivs nach Strahlentherapie existiert, stellt die lokale Salvage-Therapie die einzige therapeutische Option mit kurativem Potenzial dar.
Diagnostik des Lokalrezidivs nach Strahlentherapie Die sichere Diagnostik eines alleinigen Lokalrezidivs ist nur schwer möglich. Therapieserien, die biochemische rezidivfreie 5-Jahres-Überlebensraten von lediglich 30–40% nach Salvage-Therapie aufweisen, zeigen, dass diese hohe Rezidivrate auf einem bereits zum Zeitpunkt der SalvageTherapie lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Tumorstadium basiert [14–17]. In vielen radikalen SalvageProstatektomieserien ist der Samenblaseninfiltrationen oder die Lymphknotenmetastasierung deutlich erhöht. Dies zeigt, dass bereits die schlechte Patientenselektion die niedrige Heilungsrate von Salvage-Prostatektomieserien mitbegründet [14, 15, 18–23]. Die exakte Identifikation eines PSA-Rezidivs wird zusätzlich erschwert durch das Phänomen des sog. »PSA bounce«, welches sich auch noch nach Jahren nach Strahlentherapie einstellen kann und durch eine fluktuierende PSA-Erhöhung charakterisiert ist. Üblicherweise normalisiert sich diese temporäre PSA-Erhöhung nach 12–18 Monaten [24, 25]. Somit verbleibt das Problem, das Rezidiv genau zu definieren. Die im Jahre 1999 von der American Society for Therapeutic Radiology and Onkology (ASTRO) vorgeschlagene Leitlinie zur Definition eines PSA-Rezidivs hatte lange Zeit weltweite Anerkennung gefunden [26]. Gemäß dieser Definition musste der Patient zunächst ein PSA-Nadir erreichen und im Anschluss 3 konsekutive PSA-Anstiege aufweisen. Im Januar 2005 kam es auf einer Konsensuskonferenz in Phoenix zu einer Neudefinition des Rezidivs: Aktuell wird ein Rezidiv definiert, wenn ein Anstieg von 2 ng/ml oder mehr über dem Nadir gemessen wurde [67]. Das Datum des Rezidivs wird mit der Bestimmung des PSA-Wertes festgelegt und nicht wie
in der Vordefinition zurückdatiert. Problematisch bleibt hierbei, dass ein großer Anteil der Patienten bei Rezidivnachweis entsprechend den genannten Kriterien bereits eine systemische Progression erfahren hat. Der mediane Zeitpunkt bis zum PSA-Nadir nach externer Bestrahlung beträgt 18–36 Monate, und er kann nach Brachytherapie noch deutlich später eintreten [26–28]. Mehrere Arbeitsgruppen zeigen, dass die Mehrzahl der Patienten mit einem Rezidiv nach Strahlentherapie erst 5 Jahre nach der primär erfolgten Therapie oder noch später einer Salvage-Therapie zugeführt werden [8, 29]. Eine Ursache hierfür liegt in einer Zeitverzögerung, welche im Praxisalltag durch die Anwendung der ASTRO-Kriterien zum Rezidivnachweis entstehen kann; eine solche Verzögerung der Initiierung einer SalvageTherapie wiederum führt konsekutiv zu einer verminderten rezidivfreien Überlebensrate [8, 29]. Dies war auch einer der Gründe für eine Neudefinition des Rezidivs, es bleibt abzuwarten ob diese Neudefinition eine effektivere Indikation zur Salvage-Therapie erreichen kann. Die Biopsie nach einer strahlentherapeutischen Therapie kann bei einer Frühdiagnose des Lokalrezidivs hilfreich sein. Dennoch wird eine routinemäßige Biopsie innerhalb der ersten 2 Jahre nach der Therapie nicht empfohlen, da der Nachweis von aktiven Karzinomzellen in der Biopsie nur sehr schwach mit einer tatsächlichen Tumorprogression korreliert [26]. Histologische Veränderungen nach einer Strahlentherapie können auch zeitlich versetzt auftreten. So konnte gezeigt werden, dass ungefähr 1/3 der Patienten innerhalb der ersten 2 Jahre nach einem initial positiven Biopsieergebnis zu einem späteren Zeitpunkt eine negative Biopsie aufweisen [30]. Eine Übersicht der Inzidenz einer positiven Biopsie findet sich in Tab. 25.33. Die Interpretation einer Biopsie nach Strahlentherapie muss in dem entsprechenden klinischen Kontext erfolgen. Deutliche Therapieeffekte im bestrahlten Prostatagewebe wurden von Crook et al. beschrieben [31]. Eine positive Biopsie muss nicht zwingend mit einem Lokalrezidiv korrelieren, da sich der endgültige Therapieeffekt im histologischen Bild häufig erst nach einem entsprechenden zeitlichen Intervall abzeichnet. Gleichzeitig müssen negative Prostatabiopsien nach Strahlentherapie mit Vorsicht interpretiert werden, da eine falsch-negative Rate aufgrund histomorphologischer Besonderheiten bei bis zu 19% der Patienten gezeigt werden konnte [6, 31]. Hinweis
I
I
Hieraus wird deutlich, dass eine positive Biopsie nicht bedeuten muss, dass ein Rezidiv vorliegt und eine negative Biopsie hingegen ein Rezidiv nicht ausschließt.
557 25.6 · Therapie bei isoliertem PSA-Anstieg
Tab. 25.33. Positive Prostatabiopsierate nach Strahlentherapie Literatur
Patienten (n)
Biopsiezeitpunkt nach Radiotherapie
Positive Biopsie (%)
Scardino u. Wheeler [32]
140
6–36 Monate
32
Kabalin et al. [33]
27
5,2 Jahre
93
Borghede et al. [34]
131
18 Monate
25
Crook et al. [31]
498
Median 13–55 Monate
27
Zelefsky et al. [35]
252
Mehr als 2,5 Jahre
27
Pollack et al. [36]
168
2 Jahre
30
Klar belegt ist in der Literatur, dass im Falle des Rezidivnachweises eine Salvage-Therapie zu einem möglichst frühen Zeitpunkt bei einem möglichst niedrigen PSAWert erfolgen soll [14, 15, 17, 29]. Als Alternative zu den ASTRO-Kriterien wurde zur Indikationstellung einer Salvage-Therapie eine Prostatabiopsie bei tendenziell steigendem PSA-Wert innerhalb der ersten 1–2 Jahre nach Therapie empfohlen [8]. Die Initiierung einer Salvage-Therapie wurde befürwortet, wenn sich keine histologischen Therapieeffekte der vorangegangenen Bestrahlung in dem Biopsiepräparat nachweisen lassen [8]. Alternativ wurde ein PSA-cutoff-Wert von 2 ng/ml als Definition eines Rezidivs und damit zur Indikationsstellung einer Salvage-Therapie vorgeschlagen [37]. Ob eine Änderung der Definition tatsächlich zu einer früheren Initiierung einer SalvageTherapie führt, ist bislang noch nicht gezeigt worden. Eindeutig belegt ist jedoch die Tatsache, dass im Falle eines Rezidivs eine frühe Intervention für die Prognose entscheidend ist. Ein weiteres Problem stellt die Differenzierung zwischen einem alleinigen Lokalrezidiv, einem Lokalrezidiv mit zeitgleich bestehender Filialisierung und einer alleinigen Filialisierung dar. Es ist offensichtlich, dass nur die Patienten mit einem alleinigen Lokalrezidiv Kandidaten für eine lokale Salvage-Therapie sind. Da die genannten Formen des Rezidivs meist in Form eines isolierten PSA-Anstieges diagnostiziert werden und die Indikation zur Salvage-Therapie früh gestellt werden sollte, können bildgebende Verfahren zu diesem relevanten Zeitpunkt keine spezifischen Daten zum Ausschluss einer Mikrometastasierung geben. Deshalb muss in der Regel auf Charakteristika des PSA-Rezidivs zurückgegriffen werden, um eine Differenzierung zwischen einem »PSA-bounce« und einem tatsächlichen Rezidiv sowie einem lokalen und systemischen Rezidiv zu vornehmen zu können.
PSA-Nadir Es gibt in der Literatur keine definierten PSA-Nadirwerte nach erfolgter Strahlentherapie. Der Therapieerfolg ist jedoch eindeutig mit den Charakteristika des PSA-Nadirs verbunden. PSA-Nadirwerte <0,5 ng/ml sind mit einer sehr guten Prognose assoziiert [31, 38, 39]. Ein Rezidiv ist in der Regel mit höheren Nadirwerten verbunden. Crook und Mitarbeiter konnten zeigen, dass Patienten mit einem Lokalrezidiv einen medianen PSA-Nadir von 1,1 ng/ ml erreichten, wohingegen Patienten mit einem systemischen Progress in dieser Untersuchung lediglich einen medianen PSA-Nadir von 2,2 ng/ml aufwiesen [31]. Sartor et al. wiesen nach, das ein PSA-Nadir zwischen 1 und 4 ng/ml mit einem Lokalrezidiv korreliert [40].
Zeit bis zum PSA-Nadir Die Zeit bis zum PSA-Nadir kann Hinweise für die Differenzierung zwischen einem lokalen und systemischen Rezidiv geben [31]. Patienten, welche langfristig eine Tumorkontrolle durch die Strahlentherapie zeigen, weisen in der Regel einen längeren Zeitrahmen bis zum Auftreten des PSA-Nadirs auf. Dieser liegt näherungsweise bei 2 Jahren [31]. Patienten, die im weiteren Verlauf ein Lokalrezidiv bekamen, hatten eine mittlere Zeit bis zum PSA-Nadir von 17 Monaten, wohingegen Patienten mit einem systemischen Progress im Allgemeinen den PSANadir nach 10–12 Monaten erreichten [3, 31]. In einer aktuellen multivariaten Analyse jedoch war die Zeit bis zum Erreichen des PSA-Nadirs kein unabhängiger Prädiktor zur Vorhersage einer Fernmetastasierung [6].
PSA-Verdopplungszeit Während Patienten ohne Rezidiv einen PSA-Nadir erreichen und danach mit ihrem PSA-Wert auf diesem niedrigen Niveau verbleiben, erleben Patienten mit einem Rezidiv im weiteren Verlauf einen erneuten Anstieg des PSA-Wertes. In der Literatur konnte mehrfach gezeigt
25
558
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
werden, dass die Anstiegsgeschwindigkeit oder PSA-Verdopplungszeit deutlich höher ist bei Patienten mit einem systemischen Rezidiv (PSA-Verdopplungszeit <6 Monate) im Vergleich zu solchen mit einem Lokalrezidiv (PSAVerdopplungszeit >6 Monate) [6, 40].
Bildgebung vor lokaler Salvage-Therapie
25
Vor Durchführung einer lokalen Salvage-Therapie muss das Vorliegen einer Metastasierung ausgeschlossen werden. Hierzu sollten ein Knochenszintigramm und eine Bildgebung des Beckens per Computertomographie oder Kernspintomographie erfolgen. Grundsätzlich bleibt jedoch die Wertigkeit der Bildgebung aufgrund ihrer geringen Spezifität limitiert. Zur Bedeutung der Kernspintomographie zur Beurteilung der lokalen Tumorausbreitung sowie des Lymphknotenstatus nach erfolgter primärer Radiatio liegen bislang nur Daten einer retrospektiven Analyse von 45 Patienten vor. Hier wurde das Ergebnis eines vor Prostatektomie durchgeführten Kernspintomogramms zur Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung mit dem tatsächlichen Tumorstadium verglichen [41]. Es konnte eine gute Vorhersagegenauigkeit für die Einschätzung des Tumorstadiums mit einer korrekten Einschätzung zwischen 76 und 87% der Fälle gefunden werden. Der positive Lymphknotenstatus wurde jedoch nur bei 7% der Patienten korrekt identifiziert, so dass Ergebnisse der Kernspintomographie weiterhin nur näherungsweise das pathologische Stadium vorhersagen können [41].
Radikale Salvage-Prostatektomie Von den zur Verfügung stehenden Salvage-Therapieoptionen liegen Studienergebnisse bislang nur für die radikale Salvage-Prostatektomie vor, die eine Tumorkontrolle für 10 Jahre und mehr nach erfolgter Operation für einen substanziellen Anteil der Patienten zeigen konnten ( Tab. 25.34). Die progressionsfreie Überlebensrate 10 Jahre nach erfolgter radikaler Salvage-Prostatektomie liegt zwischen 30% und 43% [14, 15] und die tumorspezifische 10-Jahres-Überlebensrate zwischen 70% und 77% [14, 42]. Im Vergleich hierzu ist die Datenlage zur Tumorkontolle nach einer erfolgten Salvage-Kryotherapie oder Salvage-Brachytherapie limitiert, da häufig Langzeitergebnisse fehlen und die berichteten Patientenzahlen relativ gering sind [43–47]. In einer der größten Salvage-Prostatektomieserien wurden Tumorkontrollraten 5 Jahre nach erfolgter radikaler Salvage-Prostatektomie berichtet, welche sich dem progressionsfreien Überleben nach primärer radikaler Prostatektomie annähern [15]. Die rezidivfreie 5-JahresÜberlebensrate lag in dieser Studie bei 77% für organbegrenzte Tumoren, bei 71% für Tumoren mit extrakapsulärer Extension und bei 24% Patienten mit einer Samenblaseninfiltration. Paparel et al. [68] konnten bei 146 Patienten Risikofaktoren für ein Rezidiv nach erfolgter Salvage- Prostatektomie analysieren. Die 5-Jahres-Rezidivfreiheitsrate definiert mit einem PSA-Wert unter 0,2 ng/ml, lag bei 54% (CI 95%, 44–63%). Ein Lokalrezidiv wurde im Verlauf lediglich bei einem Patienten diagnostiziert. Die karzi-
Tab. 25.34. Ergebnisse der radikalen Salvage-Prostatektomie Literatur
Patienten (n)
Follow-up (Monate)
Organbegrenzt (%)
Samenblaseninfiltration (%)
PSA rezidivfrei (%)
Amling et al. [15]
108
Nicht verfügbar
39
Nicht verfügbar
432
Gheiler et al. [18]1
40
36,1
39,5
28,9
47
Garzotto u. Wajsman [48]1
29
63,6
28
Nicht verfügbar
69
Rogers et al. [17]
40
39,3
20
49
47
Pontes et al. [22]1
43
12–120
30
58,2
25,6
Ahlering et al. [49]
34
53,5
35
Nicht verfügbar
Nicht verfügbar
13
Nicht verfügbar
38,5
46,2
Nicht verfügbar
Link u. Freiha [50]
14
18
30,8
54
46
Neerhut et al. [51]
16
20
25
62,5
883
Paparel et al. [68]
146
46
44
38
53 (nach 5 Jahren)
Stein et al.
1
[23]1
Einschließlich Zystoprostatektomie Aktuarisches rezidivfreies 10-Jahres-Überleben 3 Metastasenfreies Überleben, kein PSA-Follow-up 2
559 25.6 · Therapie bei isoliertem PSA-Anstieg
nomspezifische 5-Jahres-Überlebensrate lag bei 96% (CI 95%, 98–89%). Der wichtigste Faktor, der mit einem karzinombedingtem Tod assoziiert war, war der PSA-Wert vor Salvage-Prostatektomie und der Biopsie-Gleasongrad. Es konnte gezeigt werden, dass die Salvage-Prostatektomie eine ausgezeichnete lokale Tumorkontrolle gewährleistet. Fasst man die größten bislang publizierten SalvageProstatektomienserien zusammen, liegt die Wahrscheinlichkeit des rezidivfreien Überlebens 5 Jahre nach Therapie zwischen 47% und 65% und 10 Jahre nach Therapie zwischen 30% und 43% [14, 15, 18, 29, 42]. Die tumorspezifischen Überlebensraten werden 5 Jahre nach erfolgter Operation bei 90–93% gesehen bzw. 10 Jahre nach der Operation bei 73–77% [14, 15, 29, 42]. Eine Ursache für die relativ geringen PSA-rezidivfreien Überlebensraten im Langzeitverlauf liegt in der schwierigen Patientenselektion. 60–70% der Patienten werden in einem nicht organbegrenzten Tumorstadium einer radikalen Salvage-Prostatektomie zugeführt. Hierbei spielt auch das lange Zeitintervall zwischen initialer Bestrahlung und der Initiierung der Salvage-Prostatektomie eine Rolle.
In den oben erwähnten Prostatektomieserien lag das zeitliche Intervall zwischen Strahlentherapie und radikaler Salvage-Prostatektomie zwischen 3,5 und 5 Jahren. Weiterhin wiesen zwischen 30% und 50% der Patienten bereits vor Initiierung der Salvage-Therapie einen PSA-Wert >10 ng/ml auf. Bei Patienten mit einem PSAWert <10 ng/ml zum Zeitpunkt der radikalen SalvageProstatektomie konnte in ca. 2/3 der Fälle ein organbegrenzter Tumor diagnostiziert werden, und das progressionsfreie Überleben dieser Patienten liegt 5 Jahre nach Therapie bei ca. 70% [14, 15, 18]. Trotz der bei guter Indikationsstellung hohen Effektivität der radikalen Salvage-Prostatektomie und der ungünstigen Prognose des Lokalrezidivs nach Strahlentherapie hat die Salvage-Prostatektomie bisher relativ wenig Verbreitung gefunden. In der Literatur finden sich aktuell dazu ca. 600 Fälle. Die Hauptursache hierfür liegt in der hohen Morbidität dieses Eingriffs. So wurden aus erfahrenen Zentren Inkontinenzraten von 58–65% sowie größere Komplikationen zwischen 33% und 50% berichtet [17, 22, 52]. Tab. 25.35 zeigt die Komplikationen der radikalen Salvage-Prostatektomie.
Tab. 25.35. Komplikationen der radikalen Salvage-Prostatektomie Literatur
Patienten (n)
Blutverlust
Operationszeit (h)
Rektumverletzung (%)
Blasenhalssklerose (%)
Inkontinenz (%)
Mador et al. [55]
4
1700 ml
4,8
50
0
0
Thompson et al. [56]
5
Unbekannt
Unbekannt
0
20
80
Rainwater u. Zincke [57]
30
1219 ml
3,57
0
17
10
Neerhut et al. [51]
16
900 ml
4,4
19
25
25
Link u. Freiha [50]
14
1000 ml
3,1
0
9
73
Stein et al. [23]
13
1100 ml
3,52
7,7
15
64
Zincke [58]
32
1500 ml
6
19
27
Ahlering et al. [49]
34
Unbekannt
Unbekannt
0
0
64
Pontes et al. [22]
43
Unbekannt
3–6
9
11
46
Rogers et al. [17]
40
910 ml
4,4
15
28
58
Garzotto u. Wajsman [48]
29
1160 ml
6,9
22
67
Gheiler et al. [18]
30
1100 ml
3,7
3,3
16,7
50
Amling et al. [15]
108
Unbekannt
Unbekannt
6
21
51
Vaidya u. Soloway [59]*
6
680 ml
3,25
0
0
16,6
Vallancien et al. [60]*
7
387 ml
3,2
0
0
29
992 ml
3,7
6,6 (27/411 Patienten)
18 (64/352 Patienten)
45 (152/336 Patienten)
Im Mittel
* Laparoskopische Salvage Prostatektomieserie
25
560
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Wichtig zu beachten ist hierbei jedoch, dass jüngere Salvage-Prostatektomieserien eine Abnahme der Komplikationen aufweisen. Dies ist das Resultat einer verbesserten Operationstechnik, aber auch einer deutlich rückläufigen Strahlenfibrosierung durch verbesserte strahlentherapeutische Techniken. In aktuellen Serien konnte deshalb auch gezeigt werden, dass sich sowohl Krankenhausaufenthalt, Transfusionsrate und Operationszeit den Charakteristika einer primären radikalen Prostatektomie annähern [8, 53] ( Tab. 25.35). Die Rate größerer Komplikationen konnte in den großen Salvage-Prostatektomieserien von ca. 30% auf ca. 13% gesenkt werden. Die Wahrscheinlichkeit einer Rektumverletzung lag bei ca. 3%, einer Harninkontinenz bei ca. 30% und das Risiko einer Anastomosenstriktur bei ca. 20% [15, 18, 29, 42]. Auch über die Möglichkeit einer nervschonenden Salvage-Prostatektomie wird in der Literatur berichtet, dieses Verfahren sollte jedoch nur hochselektionierten Patienten mit guter erektiler Funktion vorbehalten bleiben [8]. Während insgesamt die Komplikationsraten in den jüngeren Salvage-Prostatektomieserien deutlich zurückgegangen sind, bleibt die Inkontinenzrate mit 30–50% relativ hoch [8]. Hierfür wird eine strahlentherapieinduzierte Sphinkterdysfunktion mitverantwortlich gemacht. Auch die Rate von Anastomosenstrikturen liegt mit ca. 20% deutlich über der Strikturrate nach primärer Prostatektomie. Veränderungen der Operationstechnik können hier möglicherweise eine Verringerung der Strikturrate erwarten lassen, Langzeitdaten stehen hier jedoch noch aus [8]. Die Verbesserung der Operationstechnik sowie eine Verringerung der Begleitschäden durch die Bestrahlung haben insgesamt in den letzten Jahren zu einem verbesserten Ergebnis der Salvage-Prostatektomie geführt. Allein aufgrund des Anstieges der primären Strahlentherapie wird in den nächsten Jahren zunehmend die Notwendigkeit einer Durchführung der Salvage-Prostatektomie diskutiert werden müssen. Die idealen Kandidaten für eine solche Therapie sind Patienten mit einem niedrigen PSA-Wert nach Bestrahlung (<10 ng/ml), einem klinischen Stadium ≤T3a sowie Patienten ohne Metastasennachweis in der präoperativen Staginguntersuchung. Ebenso entscheidend für ein akzeptables und funktionelles Ergebnis ist eine sorgfältige Evaluation der Miktionssituation. Patienten mit einer Strahlenzystitis, bereits präoperativ bestehenden Strikturen oder einer Inkontinenz sollten, sofern hier ein Therapiewunsch nach einer lokalen Therapie besteht, eher einer Salvage-Zystoprostatektomie mit entsprechender Harnableitung zugeführt werden. Entscheidend ist hierbei eine sorgfältige Evaluierung und Aufklärung der Patienten.
Hinweis
I
I
Die Salvage-Prostatektomie sollte Operateuren vorbehalten sein, die eine große Erfahrung mit der primären radikalen Prostatektomie haben, um die potenzielle Komplikationsrate möglichst gering zu halten.
Salvage-Kryotherapie Die Salvage-Kryotherapie wurde als minimalinvasive Alternative mit einem potenziellen geringeren Komplikationsrisiko zur Salvage-Prostatektomie eingesetzt. Initial wurde hierzu flüssiger Stickstoff mit Kryoapplikatoren unter Ultraschallsteuerung und gleichzeitiger Applikation eines Wärmekatheters in der Harnröhre eingesetzt. Unter Anwendung dieser Technik wurde bei einem großen Teil der Patienten eine hohe Rate von Blasen- und Darmsymptomen, perinealen Schmerzen sowie Abgang von nekrotischem Prostatagewebe berichtet [54]. Die Inkontinenzrate nach einer Kryotherapie mit flüssigem Stickstoff lag bei ca. 70% [54]. Ein weiteres Potenzial für Komplikationen liegt in der Tatsache, dass zusätzlich operative Eingriffe aufgrund einer therapierefraktären Hämaturie, von urethrorektalen Fisteln, einer Ostiitis pubis, von persistierenden perinealen Schmerzen oder weiteren Komplikationen des Harntraktes bei ca. 5% der Patienten zu erwarten sind [16]. Kleinere, gasbetriebene Applikatoren mit Argon- und Heliumgas werden in jüngeren Serien eingesetzt und führen zu einer Verringerung der beschriebenen Komplikationen [44, 45]. Langzeitergebnisse über Therapien mit modernen Applikationsformen stehen jedoch noch aus. Weiterhin fehlen Langzeitdaten bezüglich der Tumorkontrolle dieser Verfahren. Ein Vergleich der Therapieeffektivität einer Salvage-Kryotherapie und einer Salvage-Prostatektomie ist schwierig, da beispielsweise die Rezidivdefinition nach den verschiedenen Therapien unterschiedlich ist. Eine retrospektive Studie, bei der Patienten nach dem prätherapeutischen PSA-Wert und dem Gleason-Grad in der Biopsie verglichen wurden, konnte eine deutliche Überlegenheit der Salvage-Prostatektomie gegenüber der Salvage-Kryotherapie zeigen: Zum gleichen Zeitpunkt wurde nach Salvage-Kryotherapie eine Progressionsrate von 67% gegenüber einer Progressionsrate von 29% nach Salvage-Prostatektomie dokumentiert [8]. Über eine geringe Komplikationsrate nach partieller Kryoablation bei Rezidiv nach Strahlentherapie berichtet eine aktuelle Arbeit von Eisenberg und Shinohara [69]. Allerdings wurden nur 15 Patienten analysiert und die Rezidivfreiheitsrate definiert nach der aktuellen ASTRO-Definition lag nach 3 Jahren bereits bei 50%. Eine Rezidivfreiheitsrate von 51% nach 2 Jahren erzielte Clarke et al. bei 58
561 25.6 · Therapie bei isoliertem PSA-Anstieg
Patienten mit Lokalrezidiv nach Strahlentherapie [70]. Ein prätherapeutischer PSA-Wert <10 ng/ml war hier der wichtigste Parameter für eine spätere Tumorkontrolle. Eine Übersicht über die Ergebnisse und Komplikationen der Salvage-Kryotherapie ist in Tab. 25.36 und 25.37 dargestellt. Hinweis
I
I
Aufgrund dieser Ergebnisse und der Tatsache, dass langfristige onkologische Ergebnisse der Salvage-Kryotherapie noch ausstehen, muss zum jetzigen Zeitpunkt davon ausgegangen werden, dass die Tumorkontrolle durch die Salvage- Prostatektomie höher ist.
Salvage-HIFU-Therapie Als weitere Salvage-Therapie-Massnahme wird auch der hochfokussierte Ultraschall diskutiert. Die Datenlage muss auch hier noch als präliminär betrachtet werden und eine abschließende Beurteilung steht noch aus. In einer Serie von Zacharakis et al. zeigte sich bei 31 Patienten mit einem mittleren Follow-up von 7 Monaten als Nebenwirkung in 36% eine Striktur oder eine interventionsbedürftige Verlegung der Harnwege aufgrund von nekrotischem Gewebe [71]. Dysurie und Harnwegsinfekte fanden sich bei 26% sowie eine Inkontinenz bei 7% der Patienten. 6% der Patienten erlitten eine rektrourethrale Fistel. Die Hälfte der Patienten hatte nach 7 Monaten einen PSA-Wert von unter 0,2 ng/ml.
Tab. 25.36. Ergebnisse aktueller Salvage-Kryotherapieserien Literatur
Patienten (n)
Follow-up
PSA rezidivfrei (%)
Zeitpunkt
Definition PSARezidiv (ng/ml)
Izawa et al. [43]
131
4,8 Jahre
40
5 Jahre aktuarisch
2 über Nadir
− Präoperativ Hormontherapie (nein/ja)
76/19
48/22
− Präoperativ PSA (<10 ng/ml/>10 ng/ml)
95/30
57/23
− PräoperativGleason (≤8/>8)
95/30
46/31
− PräoperativStadium (
50/75
90/69
Chin et al. [44]
118
Mittleres Follow-up
>0,5
− Präoperativ Hormontherapie (nein/ja)
–
− Präoperativ PSA (<10 ng/ml/>10 ng/ml)
47/71
43/38
− Präop Gleason (≤8/>8)
67/48
42/33
− Präop Stadium (
48/70
45/32
Ghafar et al. [45]
38
21 Monate
74
2 Jahre
0,3 über Nadir
Han et al. [61]
18
12 Monate
74
12 Monate
>0,4
19 Monate
40
Tab. 25.37. Komplikationen der Salvage-Kryotherapie Literatur
Patienten (n)
Harnverhalt/ Striktur (%)
Nekrose, Abgang (%)
Inkontinenz (%)
Impotenz (%)
Perineale Schmerzen (%)
Rektourethrale Fisteln (%)
Miller et al. [62]
33
7,2
15,4
10,3
Nicht berichtet
Nicht berichtet
0
Bales et al. [63]
23
55
40,9
73
100
77,3
0
Pisters et al. [64]
150
44
22
73
72
18
1
Long et al. [65]
18
55
27
83
89
37
11
De la Taille et al. [66]
43
10
5
9
Nicht berichtet
26
0
Chin et al. [44]
118
8,5
5,1
20,3
Nicht berichtet
Nicht berichtet
3,3
Han et al. [61]
18
3,3
11
11
86
5,6
0
25
562
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Murat und Mitarbeiter berichten in einer aktuellen Arbeit über 167 Patienten, bei denen insgesamt 194 HIFU-Behandlungen nach Rezidiv durchgeführt wurden. Das mittlere Follow-up lag bei 18 Monaten. Die 3- Jahres-Rezidivfreiheitsrate bei der Niedrigrisikokonstellation lag bei 53%, in der intermediären Risikogruppe bei 42% und in der Hoch-Risiko-Gruppe bei 25%. 11% der Patienten benötigten eine Sphinkterimplantation aufgrund einer Harninkontinenz. Im Vergleich zur Salvage-Prostatektomie erscheint somit die Komplikationsrate der HIFU höher bei geringer Tumorkontrollrate.
Salvage-Brachytherapie Die Brachytherapie wurde ebenfalls von einigen Untersuchern als potenzielle Salvage-Option bei Rezidiv nach perkutaner Bestrahlung untersucht [46, 47]. In der Serie von Grado et al. wurden bei 37 von 49 Patienten Palladium-Seeds und bei 12 Patienten Jod-125-Seeds implantiert. Die biochemische Rezidivfreiheit 5 Jahre nach Therapie lag bei 34% (Rezidivdefinition: 2 konsekutive Anstiege nach 1 Nadir) [47]. Die Komplikationen umfassten Symptome des unteren Harntraktes, insbesondere innerhalb der ersten 3 Monate nach Therapie. Diese wurden durch die Gabe von α-Blockern behandelt. Bei 14% der Patienten war eine transurethrale Resektion der Prostata aufgrund einer persistierenden Obstruktion erforderlich, und 6% der Patienten waren nach transurethraler Resektion inkontinent geworden. Weitere Komplikationen waren Hämaturie (4%), Dysurie (6%), rektale Ulzerationen (4%) sowie rektale Blutungen, welche die Anlage eines Kolostomas erforderten (2%). Beyer berichtete in einer Arbeit über 17 Patienten, welche entweder Jod-125-Seeds (15 Patienten) oder Palladium-103-Seeds (2 Patienten) erhielten [46]. Das PSA-rezidivfreie Überleben lag 5 Jahre nach erfolgter Therapie unter Anwendung der ASTRO-Kriterien zur Rezidivdefinition bei 53%. Eine Harninkontinenz entwickelte sich im weiteren Verlauf bei 24% der Patienten. Einschränkend muss gesagt werden, dass diese beiden Serien aus der Ära einer konventionellen Strahlendosisapplikation stammen und die Technik der SeedEinlage nicht dem heutigen Standard entspricht. Es ist zu erwarten, dass durch die Anwendung konformaler strahlentherapeutischer Techniken und einer verbesserten Einlagetechnik der Seeds zukünftig eine geringere Morbidität bei Salvage-Brachytherapie resultieren wird.
Zusammenfassende Bewertung Bei 40–60% der Patienten wird nach primärer Strahlentherapie langfristig ein Rezidiv diagnostiziert. Beim überwiegenden Anteil handelt es sich um ein asymptomatisches biochemisches Rezidiv, welches allein durch einen PSA-Anstieg definiert ist. Als häufigste Definition werden die ASTRO-Kriterien angewandt, welche nach einem PSA-Nadir einen Anstieg um mehr als 2 ng/ml als Rezidivnachweis fordern. Prinzipiell stehen als therapeutische Optionen ein abwartendes Beobachten bei einem sehr langsamen PSA-Anstieg, eine Hormontherapie und weitere lokale Therapiemaßnahmen zur Verfügung. Die Indikation zur jeweiligen Therapieform muss von der Tumorsituation sowie der Komorbidität und der individuellen Lebenserwartung des Patienten abhängig gemacht werden. Die radikale Salvage-Prostatektomie kann bei geeigneter Patientenselektion zu exzellenten Langzeitheilungsraten führen. Durch verbesserte Operationstechniken und geringere Strahlenschäden durch verbesserte strahlentherapeutische Techniken ist die Komplikationsrate dieses operativen Eingriffes in den letzten Jahren deutlich geringer geworden. Jedoch sind insbesondere Anastomosenstrikturen und Harninkontinenz deutlich häufiger beschrieben als nach einer primären radikalen Prostatektomie. Nahezu 1/3 der Patienten muss mit diesen langfristigen Komplikationen rechnen. Ein großes Problem stellt der relativ späte Therapiezeitpunkt der radikalen Salvage-Prostatektomie dar. Ein Großteil der Patienten wird erst in einem nicht mehr organbegrenzten Tumorstadium der Salvage-Therapie zugeführt. Insbesondere Patienten mit einer insgesamt hohen tumorunabhängigen Lebenserwartung, niedrigem PSA-Wert sowie hohem Risiko eines tumorspezifischen Todes sollten als Kandidaten für eine SalvageProstatektomie in Erwägung gezogen werden. Eine Salvage-Kryoablation oder eine Salvage-HIFUTherapie stellen eine Alternative zur operativen Therapie dar. Die Heilungsraten liegen derzeit unter denen der Salvage-Prostatektomie. Das Komplikationspotenzial umfasst Inkontinenz, Strikturen, perineale Schmerzen und Fistelbildung. Die Salvage-Brachytherapie wurde bislang nur selten angewandt und kann derzeit nur in Ausnahmefällen empfohlen werden.
25.6.2 PSA-Anstieg nach Prostatektomie
Der PSA-Anstieg nach operativer Therapie ist in Kap. 25.5.4 (Abschn. PSA-Rezidiv nach radikaler Prostatektomie«) beschrieben.
25
563 25.7 · Therapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms
25.7
Therapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms
J.M. Wolff, C. Börgermann, P. Hammerer, K. Heine Durch die frühere Erkennung werden Prostatakarzinome immer häufiger im lokal begrenzten Stadium entdeckt und entsprechend therapiert. Die Nachbehandlungszeit hat sich verlängert, im zu behandelnden Klientel sind zunehmend jüngere Männer vertreten, die andere Ansprüche an eine Therapie stellen. Sie möchten eine effektive, möglichst nebenwirkungsarme, »minimalinvasive« und einfach durchzuführende Therapie unter Erhaltung der Lebensqualität. Die Ansprüche an die Hormontherapie haben sich auch aus Sicht des behandelnden Urologen verändert. Ziel ist die möglichst lange Erhaltung der Hormonsensitivität des Tumors und die Prävention und/oder Verzögerung der Entwicklung eines hormonrefraktären Stadiums. Seit den 1940-er Jahren ist die testikuläre Androgensupression der Goldstandard in der Behandlung des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms (Huggins u. Hodges 1941). Die primäre Hormonablation ist chirurgisch oder medikamentös möglich. Als Therapieform des fortgeschrittenen PCA ist sie rein palliativ. Zwar sprechen 80% der Patienten zunächst auf einen Androgenentzug an, dies jedoch bei der Mehrzahl nur vorübergehend. Der spätere Tumorprogress ist unvermeidbar. Dies geschieht bei Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom meist innerhalb von 12–33 Monaten (Denis u. Murphy 1993). Ist das Stadium des hormonrefraktären PCA erreicht, beträgt die Überlebenszeit, abhängig vom klinischen Erscheinungsbild, im Durchschnitt 1 Jahr ( Tab. 25.38). Derzeit ist unklar, ob eine Hormontherapie kontinuierlich oder intermittierend und ob sie als einfache oder maximale Abdrogendeprivation erfolgen sollte.
Geschichte Erstmals wurde im Jahre 1895 die Wirksamkeit der chirurgischen Kastration als Form der Androgenblockade bei 11 Patienten mit benigner Prostatahyperplasie gezeigt (White 1895). Die Androgenablation als Therapieform des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms wurde 1941 beschrieben, Huggins wurde für dieses revolutionäre Therapiekonzept 1966 der Nobelpreis verliehen ( Abb. 25.13). 1 Jahr später beschrieb Riba die subkapsuläre beidseitige Orchiektomie, bei der aus ästhetischen Gründen nur das hormonaktive Gewebe entfernt wird. In den 1950-er Jahren wurde erstmals für Patienten mit fortgeschrittenem PCA, die sich einer Orchiektomie oder Östrogentherapie unterzogen, ein Überlebensvorteil nachgewiesen. Im Vergleich zu unbehandelten Patienten hatten sie zusätzlich eine höhere Lebensqualität (Nesbit u. Plumb 1946; Nesbit u. Baum 1950). Die Ergebnisse der prospektiven VACURG-Studien (Veterans Administration Cooperative Urological Research Group), die den Einfluss der Androgenblockade auf den natürlichen Verlauf des PCA untersuchten, führten zur Erstellung der Richtlinien für den Einsatz der Orchiektomie und Östrogengabe in der Behandlung des PCA (VACURG 1967a, b; Bailar u. Byar 1970; Byar 1973). Die antiandrogene Wirkung von Cyproteronacetat ist seit 1962 bekannt, über den klinischen Einsatz beim PCA wurde erstmals 1966 berichtet (Scott u. Schirmer 1966). 1980 behandelten Labrie et al. (1982) erstmalig einen Prostatakarzinompatienten mit einem LHRH-Agonisten (Luteinisierendes-HormonReleasing-Hormon-Analogon). In der Folge wurden
Tab. 25.38. Geschätzte mittlere Überlebensraten bei Patienten mit hormonrefraktärem Prostatakarzinom (HRPC) mit PSA-Anstieg. (Nach EAU-Guidelines 2008) Klinische Symptomatik
Metastasenlast
Geschätztes mittleres Überleben
Nein
Keine
24–27 Monate
Nein
Geringe
16–18 Monate
Nein
Hohe
9–12 Monate
Ja
Geringe
14–16 Monate
Ja
Hohe
9–12 Monate
Abb. 25.13. »Für seine Entdeckungen zur Hormonbehandlung von Prostatakrebs« – der Nobelpreisträger C.B. Huggins
564
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
LHRH-Analoga und Antiandrogene in den unterschiedlichsten Indikationsbereichen untersucht. Das therapeutische Konzept der maximalen Androgenblockade wurde ebenfalls von Labrie et al. (1982) etabliert. Sie testeten ein LHRH-Analogon in Kombination mit einem Antiandrogen an 10 Patienten mit fortgeschrittenem PCA (9-mal Stadium D2, 1-mal Stadium C). 9 der 10 Patienten zeigten objektive und subjektive Ansprechraten mit Abnahme der Knochenschmerzen, Abnahme der Saure-PhosphataseSpiegel und Verbesserung des Allgemeinzustandes. 1993 konnten Akakura et al. erstmals am ShionogiTiermodell eine verzögerte Androgenresistenzentwicklung bei intermittierender Hormontherapie versus kontinuierlicher Ablation zeigen. Die ersten klinischen Daten über die Anwendung am Menschen wurden 1995 von Goldenberg et al. publiziert.
25.7.1 Grundlagen der antiandrogenen
Therapie Das Wachstum der Prostatazellen ist androgenabhängig. Die körpereigenen Hormone Testosteron, Dehydroepiandrosteron und Androstendion vermitteln ihren wachstumsfördernden Einfluss auf die Prostatazelle über den Androgenrezeptor. Die Produktion der Androgene erfolgt zu 90% in den Leydig-Zellen der Hoden, 10% werden zusätzlich durch die Nebennierenrinde freigesetzt. Die Ausschüttung der Androgene unterliegt hierbei hypothalamischem und hypophysärem Einfluss. Luteinisierendes-Releasing-Hormon (LHRH, auch Gonadoliberin, Gonadotropin-Releasing-Hormon, GnRH genannt) wird dabei im Hypothalamus gebildet und bewirkt die Bildung und Freisetzung der Gonadotropine LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon) aus dem Hypophysenvorderlappen. Durch LH werden die Leydig-Zwischenzellen zum Wachstum angeregt und Androgene synthetisiert. FSH fördert beim Mann die Spermiogenese, zusätzlich vergrößern sich die testikulären Samenkanälchen, und es kommt zu einer vermehrten Bildung von Testosteron in den Sertoli-Zellen. Auch die Freisetzung der adrenalen Androgene erfolgt hypothalamus- bzw. hypophysenkontrolliert. Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) wird ebenfalls im Hypothalamus gebildet und bewirkt am Hypophysenvorderlappen die Freisetzung von adrenokortikotropem Hormon (ACTH). ACTH wiederum fördert die Synthese und Freisetzung von Kortikoiden der Nebennierenrinde, u. a. die Freisetzung von Androgenen aus der Zona reticularis.
Abb. 25.14. Schematische Darstellung der männlichen Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse
Sämtliche genannten Mechanismen resultieren in einer Androgenausschüttung, die wiederum über Rückkopplungsmechanismen (negatives Feedback) die Hypothalamus-Hypophysen-Achse kontrolliert ( Abb. 25.14). Testosteron gelangt frei und zu einem geringen Teil auch an Transportproteine gebunden in die Prostatazelle, nachdem es zuvor mit dem in der Zellmembran befindlichen Androgenrezeptor einen Komplex gebildet hat. Dort wird es zum aktiveren Metaboliten Dihydrotestosteron umgewandelt, vermittelt durch die beiden Isoenzyme 5αReduktase I und II. Seit der Pionierarbeit von Hodges und Huggins (Huggings u. Hodges 1941), die die Androgenabhängigkeit des Prostatakarzinoms nachwiesen, ist die Ausschaltung der körpereigenen Androgenwirkung im fortgeschrittenen Stadium noch immer Goldstandard. Dass auch die Karzinogenese des PCA androgenabhängig ist, verdeutlicht die Tatsache, dass Eunuchen und Männer mit defekter 5α-Reduktase kein Prostatakarzinom entwickeln (Wu u. Gu 1991; Thompson et al. 2003; Wilson et al. 1993). Auch im Tiermodell konnte nachgewiesen werden, dass Androgene zur Karzinogenese benötigt werden (Gelmann 2002; Noble 1977). Im Folgenden soll auf die Möglichkeiten der Ausschaltung der Androgenwirkung eingegangen werden.
25.7.2 Möglichkeiten der Hormonablation
Bilaterale Orchiektomie Die komplette Ausschaltung der testikulären Androgenproduktion geschieht durch die chirurgische Entfernung
565 25.7 · Therapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms
beider Hoden (inkl. Adnexe) bzw. des subkapsulären Hodenparenchyms. Vorteil der subkapsulären Orchiektomie ist das geringere psychische Trauma, das eine Komplettentfernung des gesamten Skrotalinhaltes nach sich zieht. Kritiker dieser Methode postulieren, dass es durch den Eingriff nicht zu einer vollständigen Ausschaltung der testikulären Hormonproduktion käme, da die Tunica albuginea und die Leydig-Zellen nicht in toto entfernt würden. Nichtsdestotrotz gilt auch die beidseitige subkapsuläre Orchiektomie als psychisch belastendere Form der Androgenablation im Vergleich zur medikamentösen Kastration (s. unten). Die chirurgische Kastration ist die kostengünstigste Form der Hormonablation. Der Eingriff ist schnell und ambulant durchführbar, er resultiert innerhalb von 12 hin einem Testosteronwert im Kastrationsbereich (Maatman et al. 1985). Als Nebenwirkungen sind chirurgischerseits Schwellungen und Nachblutungen zu nennen, deshalb ist es vorteilhaft, für einige Tage eine Wunddrainage einzulegen. Zusätzlich kann es zu Wundheilungsstörungen kommen. Die physiologische Wirkung des Androgenentzugs fächert sich in eine Reihe von Nebenwirkungen auf, die unter dem Begriff des Androgenentzugssyndroms zusammengefasst werden. Dazu gehören Hitzewallungen, Libidoverlust, Verlust der Sexualfunktion, Verlust an Muskelmasse und körperlicher Leistungsfähigkeit. Auch der Knochenstoffwechsel wird beeinträchtigt, es entwickelt sich eine Osteoporose mit daraus resultierendem erhöhtem Frakturrisiko. Aufgrund der Irreversibilität des Eingriffs steht diesen Patienten eine intermittierende Androgenblockade mit weitaus günstigerem Nebenwirkungsprofil als Therapieform nicht mehr zur Verfügung. Zudem wurden die psychologischen Auswirkungen einer bilateralen Orchiektomie jahrelang unterschätzt, Clark et al. (2001) konnte zeigen, dass die Mehrheit der Patienten die chemische Kastration bevorzugt. Die chirurgische Kastration sollte nicht als Standardverfahren zur Ausschaltung der Androgene gelten. Wir haben es zunehmend mit jüngeren Patienten zu tun, die physisch und häufig auch sexuell aktiv sind. Sie haben eine Lebenserwartung, die über 10 Jahren liegt, die Lebensqualität spielt eine immer größere Rolle. Orchiektomie und LHRH-Analoga sind in ihrer Wirkung äquieffektiv (Chadwick et al. 1991), deshalb ist die medikamentöse Hormonablation bei jüngeren Patienten zu bevorzugen. Die chirurgische Orchiektomie sollte Patienten mit ausgeprägter Metastasierung und/oder Schmerzsymptomatik, hohem Risiko einer Rückenmarkkompression oder Blasenhalsobstruktion vorbehalten bleiben (Debruyne 2002), da eine transiente Testosteronerhöhung
(»flare up«) durch LHRH-Gabe in einer Beschwerdeverschlechterung resultiert, der plötzliche Testosteronabfall durch chirurgische Kastration hingegen die Schmerzsymptomatik und den Allgemeinzustand des Patienten erheblich verbessern kann. Seit Februar 2008 wird der LHRHAntagonist Abarelix in Deutschland vertrieben, auch er ist aufgrund seiner Wirkungsweise in der Lage, den Testosteronspiegel schnell und ohne »flare up« zu senken.
Medikamentöse Androgendeprivation Die nichtchirurgische Androgendeprivation kann durch Hemmung der Testosteronproduktion oder durch Blockade der Androgenrezeptoren bei erhaltener Testosteronproduktion erfolgen. Die Hemmung der Androgenproduktion gelingt dabei durch den Einsatz von LHRH-Agonisten –Antagonisten und Östrogenen. Antiandrogene hingegen hemmen die Wirkung der Androgene an den Zielzellen durch Blockade des Androgenrezeptors, so dass Testosteron keine Rezeptorantwort auslösen kann. 5α-Reduktasehemmer beeinflussen die Konversion von Testosteron zu seinem wesentlich aktiveren Metaboliten Dihydrotestosteron.
LHRH-Agonisten Das Luteinisierende-Releasing-Hormon (LHRH) wurde 1971 entdeckt. Es ist ein kurzlebiges Dekapeptid, das pulsatil vom Hypothalamus sezerniert wird und eine Halbwertszeit von 2–5 min hat. Die Tatsache, dass eine ständige Ausschüttung von LHRH die Hypophyse desensibilisert und die Gonadotropinausschüttung hemmt, hat zur schrittweisen Modifikation in der chemischen Struktur des LHRH geführt. Seit 1980 sind LHRH-Analoga im klinischen Gebrauch, nachdem Labrie erstmalig einen Patienten mit Prostatakarzinom behandelte. Seitdem ist die Grundstruktur hin zu lang wirksamen Präparaten weiterentwickelt worden, so dass sie inzwischen als Depotspritzen zur subkutanen Anwendung zur Verfügung stehen. LHRH-Analoga binden als sog. Superagonisten mit höherer Affinität an den LHRH-Rezeptor. Die ständige Rezeptorstimulation führt nach kurzer Zeit zur Herunterregulierung der hypophysären Rezeptorenzahl. Dadurch nimmt die FSH- und LH-Freisetzung aus dem Hypophysenvorderlappen ab, die testikuläre Testosteronproduktion sinkt. Allerdings kommt es zu Beginn der Behandlung mit einem LHRH-Agonisten zu einer vermehrten LH- und FSH-Ausschüttung. Dieses initiale Flare-up-Phänomen dauert in der Regel 10–20 Tage, kann die LH-Spiegel verzehnfachen, die FSH-Spiegel verfünffachen und somit die Testosteronproduktion anregen (Weckermann u. Harzmann 2004).
25
566
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Dieser Anstieg des Testosteronspiegels ist in der Lage, das Prostatakarzinomwachstum anzuregen und karzinomabhängige Symptome zu verschlechtern. Dies macht die vorübergehende Gabe eines Antiandrogens (Beginn vor LHRH-Gabe bis maximal 4 Wochen danach) notwendig, was die Auswirkungen des Flare-up verhindert bzw. abmildert. Dieses Verfahren erhöht zusätzlich die Kosten des im Vergleich zur Orchiektomie an sich schon kostenintensiveren Therapieregimes. Nach Gabe des LHRHAnalogons ist der Testosteronspiegel innerhalb von 2–3 Wochen auf Kastrationsniveau gesunken Eine medikamentöse Kastration mittels LHRH-Agonisten ist der Orchiektomie äquieffektiv. Vogelzang et al. (1995) fanden bei 283 Patienten, die mit LHRH-Analoga oder Orchiektomie behandelt wurden, nahezu gleiche Ansprechraten (82 versus 77%), gleiche Überlebensraten (119 versus 136 Wochen) und gleiche Progressionsraten (Zeit bis zum Progress 52 versus 53 Wochen). Die Prostate Cancer Trialists Collaborative Group konnte in 11 Studien, in denen ein LHRH-Analogon benutzt wurde, und in 17 Studien, bei denen die Orchiektomie als Verfahren der Hormonablation gewählt wurde, keine Unterschiede bezüglich Überleben und Ansprechraten feststellen (PCTCG 2000). LHRH-Analoga gehören zu den bestuntersuchten Präparaten. Seit Jahren werden zur Ausschaltung der testikulären Hormone standardmäßig LHRH-Analoga eingesetzt, die chirurgische Kastration sollte speziellen Indikationen vorbehalten sein (s. oben). Andere Nebenwirkungen als die durch die Androgenablation bedingten sind nicht beschrieben. Da inzwischen Präparate zur Verfügung stehen, die ihren Wirkstoff verzögert freisetzen (3-Monats- bzw. Jahresdepot), wächst auch die Patientenzufriedenheit. Sollten diese langwirksamen LHRHAnaloga zu Einsatz kommen, muss immer daran gedacht werden, dass ein Wechsel des Regimes hin zu einer intermittierenden Behandlung erschwert ist. Zur Frage, ob die Wahl des LHRH-Analogons einen Einfluss auf die Therapieergebnisse hat, wurde durch Fossa (2005) eine interessante Beobachtung gemacht: Bei 2 Patienten kam es nach Behandlung mit 11,25 mg Leuprorelin zu einer insuffizienten Androgensupression. Erst nach Wechsel des LHRH-Analogons (Goserelin) kam es zum erwünschten Abfall der Adrogenkonzentration (Fossa 2005). Hierbei handelt es sich jedoch nur um einen Fallbericht.
LHRH-Antagonisten Eine neue Therapieform stellen die LHRH-Antagonisten dar. Sie blockieren sofort und kompetitiv die hypophysären LHRH-Rezeptoren. Die LH-Konzentration sinkt innerhalb von 8–24 h um 51–84%, die FSH-Konzentrati-
on um 17–42% (Weckermann u. Harzmann 2004). Es kommt zu einem schnellen, reversiblen Abfall der Gonadotropine und Androgene ohne Auslösung eines Flareup-Phänomens. Auf eine Begleitmedikation mit einem Antiandrogen zur Flare-up-Prophylaxe kann deshalb verzichtet werden. 2001 wurde der Antagonist Abarelix in einer randomisierten Phase-III-Studie (n=242) mit Leuprorelin verglichen (McLeod et al. 2001). Am 15. Tag nach Injektion fand sich bei 75% der Patienten in der Abarelix-Gruppe, aber nur bei 10% der Patienten in der Leuprorelin-Gruppe ein Testosteronspiegel im Kastrationsbereich. Als Nebenwirkung wurde eine Histaminfreisetzung beschrieben. Koch et al. (2003) beschrieben ebenfalls allergische Reaktionen als Hauptnebenwirkung einer Abarelix-Therapie bei 81 Männern mit fortgeschrittenem PCA, 2 von ihnen mussten die Therapie deswegen abbrechen. Die objektive Ansprechrate lag an Tag 85 bei 88%, 90% der Patienten beschrieben eine Schmerzreduktion. Laut der Fachinformation des Herstellers Plenaxis scheint es jedoch nur bei 62–71% der Patienten innerhalb eines Jahres zu einer medikamentösen Kastration mit Testosteronspiegeln <0,5 ng/ml zu kommen. Abarelix wurde in den USA im November 2003 von der FDA unter bestimmten Auflagen zugelassen. Wegen der beobachteten schweren allergischen Reaktionen müssen Patienten in einem Programm betreut werden und mindestens 30 min nach Medikamentenapplikation beobachtet werden. Es wird seit Februar 2008 auch in Deutschland vertrieben. Als neuer LHRH-Antagonist, der keine gravierenden allergischen Reaktionen auslöst, wurde Degarelix entwickelt. Durch direkte Bindung und Blockade der anterioren hypophysären LHRH-Rezeptoren kommt es zu einem schnellen Abfall von FSH und LH und damit zu einer chemischen Kastration mit Testosteronspiegeln <0,5 ng/ml innerhalb von drei Tagen. Van Poppel et al. und Gittelman et al. berichteten über mehr als 2000 Patienten, die mit Degarelix behandelt wurden. Keiner von ihnen beklagte systemische allergische Früh- und/ oder Spätreaktionen. Klotz et al. untersuchten 2 verschiedene Dosierungen von Degarelix und veröffentlichten die Ergebnisse im Sommer 2008 im British Journal of Oncology. Beide Dosierungen (240/80 und 240/160 mg) waren der Standardtherapie mit dem LHRH-Analogon Leuprolid in Bezug auf die Testosteronspiegel im Kastrationsbereich gleichwertig. Der Vorteil der Behandlung liegt im schnelleren Erreichen chemischen Kastration und in der Vermeidung des Flare-up-Syndroms. LHRH-Analoga und -Antagonisten senken im Gegensatz zur chirurgischen Kastration auch den FSH-Spiegel, dieser ist nach beidseitiger Orchiektomie sogar erhöht. Da FSH-Rezeptoren in Prostatakarzinomzellen vermehrt
567 25.7 · Therapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms
exprimiert sind, liegt die Vermutung nahe, dass zirkulierendes FSH das Karzinomwachstum fördern könnte. In vitro konnte man an androgenunabhängigen PC-3Zellen eine erniedrigte Apoptoserate und eine erhöhte Proliferation durch exogene FSH-Stimulation nachweisen (Ben-Josef et al. 1999). Bisher ist es in klinischen Studien nicht gelungen, diesen Einfluss des FSH-Spiegels auf das Karzinom zu bestätigen. Die Nebenwirkungen entsprechen ebenfalls – testosteronentzugsbedingt – denen der chirurgischen Kastration. Es bleibt abzuwarten, welche Rolle die Antagonisten im Rahmen der Behandlung des fortgeschrittenen PCA spielen werden.
Östrogene Östrogene waren die ersten Substanzen, die alternativ zur Orchiektomie in der Hormontherapie des metastasierten PCA zum Einsatz kamen. Sie wirken durch negatives Feedback an der Hypophyse, es kommt zum Absinken der LH-Serumspiegel und folglich auch der Testosteronspiegel. Innerhalb von drei bis neun Wochen befinden sich die Testosteronspiegel im Kastrationsbereich. Zur Wirksamkeit trägt eine Konzentrationserhöhung von sexualhormonbindendem Globulin (SHGB) und damit eine Abnahme weniger frei vorliegender Hormonwirkformen bei. Es gibt Hinweise, dass sie zusätzlich direkt zytotoxisch wirken. Therapielimitierend waren bisher kardiovaskuläre Komplikationen, die dosisabhängig auftreten. In einer früheren EORTC-Studie wurde von einer Mortalitätsrate von 11% bei 185 Patienten berichtet, die täglich 3 mg Diethylstilbestrol (DES) einnahmen (De Voogt et al. 1986). Östrogene spielen derzeit aufgrund der erheblichen Kardiotoxizität keine wesentliche Rolle in der Therapie des PCA, jedoch scheinen sie in niedriger Dosierung eine Renaissance zu erleben (Moul u. Zlotta 2005). Hedlund u. Hendricksson (2000) beschrieben eine geringere Nebenwirkungsrate bei parenteralem Einsatz von Östrogenen. Sie verabreichten zunächst 2-wöchentlich 240 mg Polyestradiolphosphat, dann monatlich. Die Kontrollgruppe erhielt eine maximale Androgenblockade mit LHRH-Analoga + Flutamid. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 18,5 Monaten waren die Nebenwirkungsrate kardiovaskulärer Ereignisse und die Überlebensrate in beiden Therapiearmen nahezu identisch. Die EORTC 30805-Studie konnte zeigen, das die tägliche Gabe von 1 mg DES im Vergleich zur Orchiektomie äquieffektiv ist (Robinson et al. 1995). Die potenziellen Vorteile der Östrogenbehandlung sind deutlich geringere Behandlungskosten, geringere Beeinträchtigung des Knochenstoffwechsels und das sel-
tenere Auftreten von Hitzewallungen (26 versus 66% LHRH + Flutamid; Hedlund u. Hendricksson 2000). Derzeit hat die parenterale Östrogengabe in Deutschland praktisch keinen Stellenwert, alle Präparate wurden vom Markt genommen.
Steroidale und nichtsteroidale Antiandrogene Eine Monotherapie mit Antiandrogenen stellt aufgrund des immer jünger werdenden Patientenguts eine gute Alternative zu den bisherigen Hormontherapien dar. Antiandrogene binden ohne eigene intrinsische Aktivität an den Androgenrezeptor und blockieren so die Wirkung von Testosteron und dem aktiveren Metaboliten Dihydrotestosteron. Die Prostatazelle wird so dem Einfluss der körpereigenen Geschlechtshormone entzogen. Die Testosteronproduktion wird durch die Rezeptorblockade dabei nicht gehemmt, das Androgenentzugssyndrom (s. oben) tritt deshalb bei der Behandlung mit Antiandrogenen nicht auf. Jüngere, sexuell aktive Patienten profitieren von einer solchen Behandlung, da Libidoverlust und erektile Dysfunktion nicht drohen. Eine Ausnahme bilden hierbei die steroidalen Antiandrogene, da sie einen weiteren Wirkmechanismus besitzen (s. unten), der den Testosteronspiegel senkt. Die in Tablettenform verabreichten Antiandrogene werden aufgrund ihrer chemischen Grundstruktur in steroidale und nichtsteroidale Antiandrogene unterschieden. Das steroidale Antiandrogen Cyproteronacetat (CPA), ein Progesteronderivat, hat neben einer antiandrogenen auch eine starke gestagene Wirkung. Durch die zusätzliche gestagene Wirkung unterscheidet sich Cyproteronacetat grundlegend von den nichtsteroidalen Antiandrogenen. Es hemmt die Freisetzung des luteinisierenden Hormons (LH) und damit auch die Testosteronproduktion in den Leydig-Zellen (De Voogt 1992). Das Serumtestosteron fällt rasch auf 25% des Ausgangswertes ab, eine Senkung auf Kastrationsniveau gelingt nicht. Wie auch die nichtsteroidalen Antiandrogene bindet es kompetitiv an den Androgenrezeptor und verhindert, dass Testosteron und DHT eine Signalkaskade aktivieren können. In der EORTC 30761-Studie kam es bei 14% der Patienten zu kardiovaskulären Komplikationen (Denis et al. 1993). Schroder et al. (2000) haben Flutamid mit CPA in einer prospektiv randomisierten Studie miteinander verglichen. Sie konnten die Rate an kardiovaskulären Nebenwirkungen nicht bestätigen, es waren jedoch auch keine Patienten mit koronarer Herzerkrankung in die Studie eingeschlossen. Durch Senkung des Testosteronspiegels kam es zu Libidoverlust und erektiler Dysfunktion, welche nach einer medianen Zeit von 8–12 Monaten auftraten. CPA kann in einer Dosierung von 50–100 mg/Tag
25
568
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Ejbssi÷ Mfcfsgvolujpottu÷svohfo Ýcfmlfju!voe0 pefs!Fscsfdifo Iju{fxbmmvohfo
Gmvubnje!, MISI.Bobmphpo!)o>518* Cjdbmvubnje!, MISI.Bobmphpo!)o>512*
Ojfsfowfstbhfo Ifs{jotvggj{jfo{
25
Abb. 25.15. Therapieabbrüche unter Bicalutamid + LHRH versus Flutamid + LHRH. (Mod. nach Schellhammer 2002)
zur Prophylaxe von Hitzewallungen nach Androgenblockade mit einem LHRH-Analoga oder einer Orchiektomie eingesetzt werden (Goldenberg u. Bruchovsky 1991), ebenso kann es zur Flare-up-Prophylaxe bei LHRH-Analogatherapie zum Einsatz kommen. Nichtsteroidale Antiandrogene, wie Bicalutamid, Flutamid und Nilutamid (in Deutschland nicht zugelassen), wirken rein antiandrogen und hemmen peripher, aber auch zentral Androgenrezeptoren. Dadurch kommt es über Rückkopplungsmechanismen zur erhöhten LHRHProduktion und damit zu einer erhöhten Testosteronproduktion. Ein Teil dieses erhöhten Testosterons wird peripher in Östrogen umgewandelt, was zu den charakteristischen Nebenwirkungen der Antiandrogene wie Gynäkomastie und Mastodynie (Tyrell et al.1998, Boccardo et al. 1999, Iversen et al. 2000) führt. Durch vorherige Mamillenbestrahlung oder Gabe von Tamoxifen (10 mg/ Tag) können diese Nebenwirkungen abgeschwächt werden (Serels u. Melman 1998). Sehstörungen und Alkoholunverträglichkeit treten häufig bei der Therapie mit Nilutamid auf. Unter Flutamidtherapie kommt es wesentlich häufiger zu Diarrhö, Leberfunktionsstörungen und gastrointestinalen Beschwerden als unter der Therapie mit dem besser verträglichen Bicalutamid (Schellhammer 2002, McLeod 1997). Die Lebertoxizität von Flutamid tritt in 4–6% der Fälle auf, klinisch manifestiert sie sich im Anstieg der Transaminasen, Nausea und Malaise. Wysowski u. Fourcroy (1996) publizierten Daten von 46 Fällen von schwerem Leberversagen unter Flutamid-Therapie im Zeitraum von 1989–1994, 20 davon verliefen tödlich. In einer von Schellhammer et al. 1997 durchgeführten Studie (s. unten) war die Diarrhörate bei Bicalutamid + LHRHAgonist statistisch signifikant niedriger als bei Flutamid plus LHRH-Agonist (12 versus 26%; p<0,001). Insgesamt war die Häufigkeit eines Absetzens der Therapie wegen
1
6
21
26
31
36
41
Qbujfoufo{bim!)o*
eines unerwünschter Nebenwirkungen bei Bicalutamid plus LHRH-Agonist niedriger (10%) als bei Flutamid + LHRH-Agonist (16%) ( Abb. 25.15).
5α-Reduktasehemmer Die Beobachtung, dass Männer mit angeborenem Defekt der 5α-Reduktase kein Prostatakarzinom entwickeln, hat zum Einsatz von 5α-Reduktasehemmern bei der Hormontherapie des PCA geführt. 5α-Reduktase ist ein intrazelluläres Enzym, das Testosteron in der Prostatazelle zu Dihydrotestosteron umwandelt. Es liegt dort in 2 Formen vor: 5α-Reduktase I und II. Verschiedene Untersuchungen konnten zeigen, dass beide Isoformen im menschlichen Prostatagewebe vorhanden sind (Rennie et al. 1983; Hudson 1987; Le Goff et al. 1989), die Verteilung zwischen Stroma und Epithel jedoch unterschiedlich ist. Vorwiegend im Prostataepithel ist das Isoenzym I lokalisiert, während im Stroma beide Isoformen vorkommen (Bruchovsky et al. 1969, 2000). Iehlé et al. (1999) untersuchten die Verteilung der 5α-Reduktase I und II in der normalen Prostata, bei der benignen Prostatahyperplasie und beim PCA. Sie sahen eine vergleichbare Verteilung beider Isoenzyme in allen Zonen (Transitionalzone, periphere und zentrale Zone) der normalen Prostata, hingegen einen Anstieg der Typ-I- und -II-Reduktase im BPH-Gewebe. Interessanterweise war im PCA-Gewebe mehr 5α-Reduktase I als II nachzuweisen ( Abb. 25.16). Bruchovsky et al. (1996, 2000); Thigpen et al. (1993) und Thomas et al. (2003) kamen zu gleichen Ergebnissen. Als Monotherapeutika haben sich 5α-Reduktasehemmer in der Behandlung des Prostatakarzinoms bisher nicht durchgesetzt, da sie in Studien keine objektiven Ansprechraten zeigen konnten. In 2 Studien aus den Jahren 1992 und 1995, in denen Finasterid bei Patienten mit Lokalrezidiv oder metastasiertem PCA eingesetzt
569 25.7 · Therapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms
1-6
6b.Sfevlubtf!J
4-1
6b.Sfevlubtf!JJ
3-6
1-5
3-1
1-4
2-6 1-3
Q[!.!Qfsjqifsf![pof U[!.!Usbotjujpot{pof D[!.![fousbm{pof CQI!.!Cfojhof!Qsptububizqfsqmbtjf QDB!.!Qsptubublb{jopn !Njuufm
2-1 1-6
1
1 D[ CQI QDB )o>5* )o>28* )o>21*
Ð Õ Í Õ Ô
Q[ U[ )o>7* )o>:*
Opsnbmf!Qsptubub
Q[ U[ )o>7* )o>:*
D[ CQI QDB )o>5* )o>28* )o>21*
Ð Õ Í Õ Ô
1-2
Opsnbmf!Qsptubub
+q=1-16!wfstvt!opsnbmf!Qsptubub
Abb. 25.16. Verteilung der Isoformen von 5α-Reduktase in der normalen Prostata, bei der benignen Prostatahyperplasie und beim Prostatakarzinom. (Mod. nach Iehlé et al. 1999)
wurde, kam es zwar zu einer Stabilisierung bzw. Senkung des PSA-Spiegels, nicht jedoch zu einem objektiven klinischen Ansprechen (Presti et al.1992; Andriole et al. 1995). Zur Erhaltung der Potenz wurde zusätzlich zu einer LHRH-Analogagabe Finasterid gegeben. Fleshner u. Trachtenberg (1995), Ornstein et al. (1996) und Brufsky et al. (1997) behandelten 55 Patienten mit dieser Kombination. Es zeigten sich biochemische Ansprechraten zwischen 72 und 95% bei Erhaltung der sexuellen Funktion in 55–86% der Fälle. Derzeit wird geprüft, ob Finasterid bzw. Dutasterid zur Vorbeugung eines Prostatakarzinoms eingesetzt werden können. Die PCPT-Studie umfasste 18.882 Männer, sie wurden randomisiert und 7 Jahre lang entweder mit 5 mg/Tag Finasterid oder Placebo behandelt. Probanden der Finasterid-Gruppe entwickelten lediglich in 18,4% der Fälle ein Prostatakarzinom, während 24,4% der Männer in der Placebo-Gruppe betroffen waren. Die Inzidenzrate zur Entwicklung eines Prostatakarzinoms lag somit 24,8% niedriger (p<0,001). Jedoch wurden im Finasterid-Arm häufiger entdifferenzierte Karzinome gefunden (6,4% versus 5,1% im Placebo-Arm; p=0,005), was initial zu der Theorie führte, dass Finasterid höhergradige Prostatakarzinome (Gleason-Score 7–10) induziert. Verschiedene Theorien zur Erklärung dieses Phänomens wurden publiziert, abschließend lässt sich sagen, dass es sich am ehesten um ein Detektionsbias gehandelt hat (Thompson et al. 2003). Zur weiteren Klärung einer Wirksamkeit von 5αReduktasehemmern bei der Chemoprävention von Prostatakarzinomen wurde die REDUCE-Studie (Reduction by
Dutasteride of Prostate Cancer Events) initiiert. Es bleibt abzuwarten, welchen Stellenwert 5α-Reduktasehemmer erreichen.
25.7.3
Therapiestrategien
Bei der Hormontherapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms gibt es Unterschiede in Bezug auf die Dauer des Hormonentzugs. Wie schon beschrieben, resultiert die chirurgische Kastration in einem dauerhaften, irreversiblen Hormonentzug. Die medikamentöse Form des Hormonentzugs kann prinzipiell ebenfalls als Dauertherapie erfolgen, jedoch kann den Patienten auch eine intermittierende Androgenblockade angeboten werden. Weitere Therapiestrategien sind die Monotherapie, die maximale Androgenblockade und die Tripletherapie ( Abb. 25.17).
Maximale Androgenblockade (MAB) Durch die alleinige Kastration sinkt der zirkulierende Testosteronspiegel um 90% des Ausgangswertes. Die Androgenproduktion findet aber nicht ausschließlich testikulär statt, 5–10% werden in den Nebennieren gebildet. Das nach Kastration durch die Nebenniere gebildete Testosteron bzw. Dihydrotestosteron scheint in der Lage zu sein, stimulierend auf das Wachstum von besonders hormonempfindlichen Prostatakarzinomzellen einzuwirken. Hieraus ergibt sich die Rationale der maximalen Androgenblockade – die zusätzliche Ausschaltung ad-
25
570
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Lpoujovjfsmjdif!Boesphfocmpdlbef Ipsnpouifsbqjf!)IU*!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!Ipsnposfgsbluåsft QDB!)ISQD* Joufsnjuujfsfoef!Boesphfocmpdlbef
IU
Uifsbqjf. qbvtf
IU!
Uifsbqjf. qbvtf
IU
ISQD
Usjqmfuifsbqjf!)MISI.Bobmphpo!,!Boujboesphfo!,!6b.Sfevlubtfifnnfs*
25 Abb. 25.17. Schematische Darstellung der Therapiestrategien beim virginell metastasierten Prostatakarzinom
Usjqmf. uifsbqjf
Fsibmuvoht. uifsbqjf!nju 6b.Sfevlubtf. ifnnfs
Usjqmf. uifsbqjf
Fsibmuvoht. uifsbqjf!nju 6b.Sfevlubtf. ifnnfs
Usjqmf. uifsbqjf
ISQD
Abb. 25.18. Prozentuales Überleben Bicalutamid versus Flutamid (jeweils in Kombination mit LHRH-Agonist). (Nach Schellhammer et al. 1997)
renaler Androgene zur Komplettierung der Hormondeprivation und damit zur Verhinderung eines weiteren Tumorwachstums. Labrie et al. (1982) führten das Konzept der MAB ein, 1989 wurde erstmals ein Vorteil für Patienten mit metastasiertem PCA, die ein solches Therapieregime gegenüber der alleinigen Kastration erhielten, beschrieben (Crawford et al. 1989). Crawford et al. untersuchten in einer randomisierten Studie 603 Patienten, die entweder mit Leuprorelin (1 mg/Tag) + Flutamid (3×250 mg/Tag) oder mit Leuprorelin + Placebo behandelt wurden. Im Leuprorelin + Flutamid-Arm waren sowohl das progressionsfreie (Median 16,5 versus 13,9 Monate; p=0,039) als auch das Gesamtüberleben (35,6 versus 28,3 Monate; p=0,035) statistisch signifikant besser als im Leuprorelin + Placebo-Arm. Aufgrund der Antiandrogenmedikation kam es im Leuprorelin + Flutamid-Arm nicht zu einem Flare-up-
Phänomen. Kontrovers wird diskutiert, ob die Prävention des Flare-up für den Unterschied in der Überlebenszeit verantwortlich ist, da die Testosteronspiegel nur für wenige Wochen erhöht waren. Besonders stark scheinen Patienten von der MAB zu profitieren, wenn lediglich eine minimale Metastasierung vorliegt und sich die Patienten in gutem Allgemeinzustand befinden. Bei dieser Patientengruppe nahm die Überlebenszeit im Mittel um 19 Monate im Vergleich zur alleinigen chemischen Kastration mit Leuprorelin zu. Es handelt sich jedoch nur um kleine Subgruppen von je 41 Patienten pro Studienarm. Die EORTC 30853- und PONCAP-Studie konnten diese Ergebnisse bestätigen (Denis et al. 1990; Boccardo et al. 1993). Beide wiesen einen signifikanten Überlebensvorteil im Kombinationsarm (Goserelin + Flutamid) versus Orchiektomie nach.
571 25.7 · Therapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms
Tab. 25.39. Einzelstudien zur maximalen Androgenblockade Studie
Form der Hormonablation
Karzinomspezifisches Überleben
Unterschied im Gesamtüberleben
Zeit bis zur Progression
Crawford et al. 1989
Leuprorelin + Placebo versus Leuprorelin + Flutamid
Keine Angaben
28,3 versus 35,6 Monate
13,9 versus 16,5 Monate
Dijkman et al. 1997
Orchiektomie + Nilutamid versus Orchiektomie + Placebo
37 versus 29,8 Monate
16% zugunsten MAB
21,2 versus 14,7 Monate
Denis et al. 1998
Orchiektomie versus Goserelin + Flutamid
29 versus 42 Monate
27 versus 34 Monate
Keine Angaben
Schellhammer et al. (1997) verglichen in einer prospektiv randomisierten, doppelblinden Studie mit 813 Patienten mit ossär metastasiertem Prostatakarzinom die beiden Antiandrogene Bicalutamid (50 mg/Tag) und Flutamid (3×250 mg/Tag), jeweils in Kombination mit einem LHRH-Analogon. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 160 Wochen war die Zeit bis zu Progression und die Überlebenszeit in der LHRH-Analogon + Bicalutamid-Gruppe länger als in der LHRH-Analogon + Flutamid-Gruppe. Während die mediane Zeit bis zum Progress in der Bicalutamid-Gruppe bei 97 Wochen lag, betrug sie in der Flutamid-Gruppe lediglich 77 Wochen (statistisch nicht signifikant, HR 0,93 (95%-KI 0,79–1,10; p =0,41). Die mediane Überlebenszeit betrug in der Bicalutamid-Gruppe 180 gegenüber 148 Wochen in der Flutamid-Gruppe, auch dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant (HR 0,87; 95%-KI 0,72–1,05; p=0,15; Abb. 25.18). Dies ist bisher die einzige Studie, in der 2 nichtsteroidale Antiandrogene als Bestandteile einer maximalen Androgenblockade verglichen wurden. Weitere Studien, die einen Vorteil in den Endpunkten Gesamtüberleben, karzinomspezifisches Überleben und Zeit bis zur Progression nachweisen konnten, sind in Tab. 25.39 dargestellt. Die 1998 publizierte, 1387 Patienten umfassende Arbeit von Eisenberger et al. ist eine der größten randomisierten Studien zur Kombinations- versus Monotherapie im Rahmen der Hormontherapie des Prostatakarzinoms. Chirurgisch kastrierte Patienten mit metastasiertem PCA erhielten zusätzlich Flutamid (3×250 mg/Tag) oder Placebo. Nach Auswertung der Daten zeigte sich ein Trend in Richtung eines Überlebensvorteils für Patienten mit Flutamid (ca.10%). Dies war jedoch statistisch nicht signifikant (HR 0,91% für das Sterberisiko unter Flutamid versus Placebo; 90%-KI 0,81–1,01; p=0,14). In einer Vielzahl weiterer Studien konnte für die maximale Androgenblockade ebenfalls kein eindeutiger Überlebensvorteil gefunden werden, z. T. wird ihnen eine fehlerhafte Statistik angelastet. Diese widersprüchlichen Ergebnisse machten Metaanalysen notwendig, die als Ziel hatten, die Wirksamkeit
der MAB beim fortgeschrittenen PCA zu überprüfen (Debruyne et al. 1996; Klotz u. Newman 1996; Caubet et al. 1997; Bennet et al. 1999). Zur weiteren Klärung des Stellenwertes der MAB hat die Prostate Cancer Trialists Collaborative Group 2000 eine Metaanalyse der Studien zur MAB versus Monotherapie veröffentlicht. Sie ist die derzeit vollständigste Bewertung, es wurden 27 Studien mit insgesamt 8275 Patienten ausgewertet. Im Gesamtkollektiv zeigte sich hinsichtlich des Gesamtüberlebens kein signifikanter Vorteil für die maximale Androgenblockade im Vergleich zur alleinigen Kastration. Allerdings scheint die Wahl des Antiandrogens bezüglich der Effektivität der MAB Einfluss zu haben. Während nichtsteroidale Antiandrogene das Mortalitätsrisiko signifikant senkten, wurde unter dem steroidalen Cyproteronacetat ein Risikoanstieg ermittelt. Alle Metaanalysen zeigten einen Überlebensvorteil für die MAB im Vergleich zur Monotherapie, wenn ein nichtsteroidales Antiandrogen verwendet wurde ( Abb. 25.19). In 4 der veröffentlichten Studien war dieser Überlebensvorteil statistisch signifikant Debruyne et al. 1996; Klotz u. Newman 1996; Caubet et al. 1997; Bennet et al. 1999). Auch in der PCTCG-Metaanalyse ( Abb. 25.20) wird ein Gesamttrend in Richtung eines verbesserten Überlebens bei Patienten unter MAB (25,4 versus 23,6% bei alleiniger Kastration) postuliert. Auch hier war der Unterschied statistisch nicht signifikant. Nachdem eine Auswertung der einzelnen Antiandrogene erfolgt war, konnte gezeigt werden, dass die Kombination mit den nichtsteroidalen Antiandrogenen Flutamid und Nilutamid mit einer statistisch signifikanten, 8%-igen Senkung des Sterberisikos verglichen mit alleiniger Kastration verbunden war (95%-KI 3–13%; p=0,005). Dies resultiert in einer absoluten Verbesserung des 5-Jahres-Überlebens von 2,9% (Klotz 2001). Samson et al. publizierten 2002 ähnliche Daten einer Metaanalyse, in denen 27 randomisierte Studien (n=7987) zum Thema Monotherapie versus MAB ausgewertet wurden. In 20 Studien wurde ein nichtsteroidales
25
572
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Antiandrogen (n=6085) verwendet [12 Studien mit Flutamid (n=4583), 8 Studien mit Nilutamid (n=1502)]. Bicalutamid wurde in keiner der Studien verabreicht. Weitere 7 Studien verwendeten das steroidale Antiandrogen Cyproteronacetat (n=1902). Die von Samson et al. durchgeführte Metaanalyse fand keinen statistisch signifikanten Unterschied im 2-Jahres-Gesamtüberleben zwischen
25
Nfubbobmztfo!efs!Ýcfsmfcfotebufo NBC!wt/!bmmfjojhf!Lbtusbujpo )Tuboe!3112* Tuvejf QDUDH;!jothftbnu!)o>9326* QDUDH;!Ojmvubnje!)o>2862* QDUDH;!Gmvubnje!)o>5914* QDUDH;!Ojmvubnje!,!Gmvubnje!)o>7665* QDUDH;!DQB!)o>2772* Dbvcfu!2::8;!OTBB!QDUDH!)o>4843* Dbvcfu!2::8;!OTBB!)QI*!)o>2:89* Dbvcfu!2::8;!OTBB!)MI*!)o>3468* Lmpu{!2::7;!OTBB!)o>6126* Efcsvzof!2::7;!Ojmvubnje!)o>22:2* Cfoofuu!2:::;!Gmvubnje!)o>5239*
[vhvotufo efs!NBC
1-6
[vhvotufo!efs bmmfjojhfo Lbtusbujpo
2-1
3-1
Ib{bse!Sbujp!voe!:6&!Lpogjefo{joufswbmm +3q=1-16-!++3q=1-112 QDUDH!!Qsptubuf!Dbodfs!Usjbmjtutµ!Dpmmbcpsbujwf!Hspvq DQB!!Dzqspufspobdfubu OTBB!!!ojdiutufspjebmft!Boujboesphfo QI!!Nfuipef!{vs!Cfsfdiovoh!eft!Sjtjlprvpujfoufo!bvg efs!Hsvoembhf!eft!q.Xfsuft!voe!efs![bim!efs!Upeftgåmmf MI!!Nfuipef!{vs!Cfsfdiovoh!eft!Sjtjlprvpujfoufo!bvg!efs Hsvoembhf!wpo!Tufscfubgfmo!voe!efs!Ýcfsmfcfotxbistdifjomjdilfju Ib{bse!Sbujp!!!Sjtjlprvpujfou
Mono- und Kombinationstherapie, jedoch zeigte sich ein signifikanter Vorteil im Gesamtüberleben für Patienten mit Kombinationstherapie nach 5 Jahren Nachbeobachtungszeit (HR 0,871; 95%-KI 0,805–0,942). 3 der Studien, in denen ein signifikanter Vorteil für die MAB gefunden wurde, berichten über einen Anstieg der medianen Überlebenszeit zwischen 3,7 und 7 Monaten. Die Ergebnisse waren unabhängig vom gewählten nichtsteroidalen Antiandrogen (Nilutamid bzw. Flutamid), für Cyproteronacetat konnte auch hier ein Nachteil im Überleben festgestellt werden. Der kleine Vorteil einer MAB im Gesamtüberleben nach 5 Jahren muss gegen eine höhere Nebenwirkungsrate bzw. geringere Lebensqualität im Vergleich zur Monotherapie abgewogen werden. Auch die höheren Therapiekosten müssen in der Wahl des Therapieverfahrens berücksichtigt werden (Samson et al. 2002). Unter Einsatz des steroidalen Antiandrogens Cyproteronacetat war ein statistisch signifikanter Anstieg des Sterberisikos um 13% verglichen mit alleinigen Kastration (95%-KI 0–27; p=0,04) zu verzeichnen, d. h. die 5-Jahres-Überlebensrate ist um 2,8% verringert.
Die Rolle von Bicalutamid im Rahmen der maximalen Androgenblockade
Abb. 25.19. Daten der Metaanalysen zur MAB versus alleinige Kastration. (Nach Klotz 2001)
Wie oben beschrieben, war die Studie von Schellhammer et al. (1997) bisher die einzige Studie, in der 2 nichtsteroidale Antiandrogene im Rahmen einer MAB verglichen wurden und die einen Trend in Richtung eines verbesserten Gesamtüberlebens für Bicalutamid + LHRH
QDUDH!)38!Tuvejfo-!o>9386-!wfstupscfo!6:43!Qbujfoufo* 9!Tuvejfo!nju!Ojmvubnje; 23!Tuvejfo!nju!Gmvubnje; 8!Tuvejfo!nju!DQB; Wpsufjm!NBC;!6 Wpsufjm!NBC;!8 Wpsufjm!NBC;!2 Hmfjdixfsujh;!2 Hmfjdixfsujh;!5 Hmfjdixfsujh;!1 Obdiufjm!NBC;!3 Obdiufjm!NBC;!2 Obdiufjm!NBC;!7 Ýcfsmfcfo!)&* 211 :1
Boesphfocmpdlbef Nbyjnbmf!Boesphfocmpdlbef!)NBC*
91 81 71 61 51
q>1/15
41 31 21 1
Abb. 25.20. Daten der PCTCG-Metaanalyse (2000)
2
3
4 [fju!jo!Kbisfo
5
6
573 25.7 · Therapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms
gegenüber Flutamid+LHRH zeigte. Die Rolle der Kombinationsbehandlung mit Bicalutamid im Vergleich mit der alleinigen Kastration zu untersuchen galt damals als unethisch, ein direkter Vergleich konnte nicht erfolgen. Blackledge et al. haben 1996 den Einfluss von Bicalutamid in verschiedenen Dosierungen auf den PSA-Wert beim PCA untersucht, die Ergebnisse sind in Abb. 25.21 dargestellt. Um den Stellenwert einer Medikation mit Bicalutamid im Rahmen der maximalen Androgenblockade weiter zu untersuchen, werteten Klotz et al. (2004) die Daten der Studie von Schellhammer et al. (1997) in Verbindung mit den Daten der PCTCG-Metaanalyse aus dem Jahr 2000 aus. Ziel war es, einen Schätzwert des voraussichtlichen Vorteils einer Kombinationsbehandlung mit Bicalutamid versus alleinige Kastration zu berechnen. Daten verschiedener Studien sind nur bedingt vergleichbar, deshalb wurde ein statistisch validiertes Verfahren angewandt, das diesen Vergleich ermöglicht. Hierfür werden die in
Bcobinf!QTB!)&*
65-4
21
83-2
95-5
41
61
:2-9
211
:4-8
261
:5-9
311
Cjdbmvubnjeeptjt!)nh*
!:7-4
!::-3
!Lbtusbujpo 61!nh!, MISI. Bobmphpo
Abb. 25.21. Abnahme des PSA-Wertes bei unterschiedlichen Bicalutamiddosierungen. (Mod. nach Blackledge et al. 1996)
den beiden Studien ermittelten Hazard Ratios miteinander multipliziert, um die Hazard Ratio der Kombinationsbehandlung mit Bicalutamid versus alleinige Kastration abschätzen zu können ( Abb. 25.22). Durch Anwendung dieses Analyseverfahrens kommen Klotz et al. (2004) zu dem Schluss, dass die Kombinationstherapie mit Bicalutamid gegenüber der alleinigen Kastration einen Überlebensvorteil bietet (98,5% Wahrscheinlichkeit). Der Überlebensvorteil beträgt demnach 20% (Harzard Ratio 0,8; 95%-KI 0,66–0,98; Abb. 25.23). Patienten mit einem minimal metastasierten Krankheitsstadium scheinen den größten Nutzen aus einer maximalen Androgenblockade zu ziehen. Abschließend lässt sich zur maximalen Androgenblockade festhalten, dass die bisher vorliegenden Daten der Einzelstudien und Metaanalysen auf einen kleinen Überlebensvorteil unter einer Kombinationsbehandlung mit einem nichtsteroidalen Antiandrogen im Vergleich zur alleinigen Kastration hinweisen. Jedoch scheint dieser Effekt erst nach 2 Jahren zum Tragen zu kommen. Klotz et al. konnten in der oben beschriebenen, 2004 publizierten Studie, die die Daten der PCTCG 2000 mit denen der Studie von Schellhammer et al. (1997) auswertete, zeigen, dass die maximale Androgenblockade mit Bicalutamid (50 mg) das Sterberisiko im Vergleich zur alleinigen medikamentösen Kastration um 20% reduziert. Es sind weitere Studien notwendig, um den Stellenwert der Bicalutamid-gestützten maximalen Androgenblockade abschließend bewerten zu können.
Alternativen zur maximalen Abdrogenblockade Seit der Einführung der PSA-Wertbestimmung in die Routinediagnostik werden Prostatakarzinome immer früher diagnostiziert (De Angelis et al. 2000; Partin et al. 1990). Lagen in der Vor-PSA-Ära bei ca. 33% der Män-
Lmpu{!3115
Tdifmmibnnfs!2::8
QDUDH!3111
Ib{bse!Sbujp!)IS* Lpncjobujpotcfiboe. mvoh!nju!Cjdbmvubnje wfstvt!bmmfjojhf Lbtusbujpo )1-9*
IS Lpncjobujpotcfiboemvoh nju!Cjdbmvubnje!wfstvt Lpncjobujpotcfiboemvoh nju!Gmvubnje!!!!!!!!)1-98*
IS Lpncjobujpotcfiboemvoh nju!Cjdbmvubnje wfstvt bmmfjojhf!Lbtusbujpo )1-:3*
>
+
Abb. 25.22. Vereinfachte Darstellung der Formel zur Berechnung der Hazard Ratio. (Nach Klotz et al. 2004)
25
574
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
211 .31& 91 71
25
Abb. 25.23. Senkung des Sterberisikos unter Bicalutamidtherapie – kombinierte Datenanalyse der PCTCG 2000-Studie und der Studie von Schellhammer et al. (1997)
Tufscfsjtjlp 51 cf{phfo!bvg bmmfjojhf 31 Lbtusbujpo )&* 1
ner bei Diagnosestellung bereits Fernmetastasen vor, so stellten sich in den letzten Jahren nur ca. 7% der Männer mit einer Fernmetastasierung vor (Daten des TumorZentrums München). Dieser Stadienshift, d. h. dass mehr Tumoren in frühen, organbegrenzten und damit potenziell kurablen Tumorstadien erkannt (Stephenson 2002) werden, hat das Patientenbild verändert. In der urologischen Praxis stellen sich zunehmend jüngere Männer vor, bei denen aufgrund einer PSA-Werterhöhung stanzbioptisch ein Karzinom nachgewiesen wurde. Nach potenziell kurativer Therapie kommt es jedoch häufig im Verlauf zur Metastasenentwicklung, die Patienten werden einer systemischen Hormontherapie zugeführt. Bisher galt die kontinuierliche Hormonablation als Standard (LHRH oder chirurgisch). Jüngere Patienten mit virginell metastasiertem PCA stellen jedoch andere Anforderungen an eine Behandlung. Die hohen Nebenwirkungsraten einer chemischen oder chirurgischen Kastration (Osteoporose, Verlust an Muskelmasse, Stimmungsschwankungen, Schweißausbrüche, sexuelle Dysfunktion) machen alternative Therapien zur Steigerung der Lebensqualität notwendig. In Frage kommt eine Monotherapie mit einem Antiandrogen unter Vermeidung der typischen Nebenwirkungen eines Testosteronentzugs (Androgenentzugssyndrom) oder ein intermittierender Hormonentzug.
Monotherapie mit Antiandrogenen Das Antiandrogen Bicalutamid ist derzeit das bestuntersuchte Antiandrogen, große Studien zu Nilutamid und Flutamid fehlen. Bicalutamid hat ein im Vergleich zur Kastration günstigeres Nebenwirkungsprofil. Die optimale Dosierung für die Monotherapie beträgt 150 mg/Tag (Kolvenbag u. Nash 1999), erst in dieser Dosierung ist es der Orchiektomie äquieffektiv (Tyrrell et al. 1998b; Iversen et al. 2000). Boccardo et al. et al. (1999) untersuchten an 220 Patienten Flutamid (150 mg/Tag) versus Flutamid (3×250 mg/Tag)+ LHRH-Analogon (Goserelin). Allerdings hatte die Hälfte der Patienten keine Metastasen.
bmmfjojhf!Lbtusbujpo Lpncjobujpo!nju!Gmvubnje Lpncjobujpo!nju Cjdbmvubnje!61!nh QDUDH!3111!!!!!!!!!!!Tdifmmibnnfs!2::8
Zwischen den beiden Patientengruppen gab es nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 38 Monaten bezüglich der progressionsfreien und der Gesamtüberlebensrate keine signifikanten Unterschiede. Jedoch war die Lebensqualität bei geringeren Nebenwirkungen im BicalutamidArm wesentlich besser (Boccardo et al. 1999). Iversen et al. (2000)verglichen ebenfalls die Bicalutamid-Monotherapie mit der Kastration. Hierzu wurden die Daten aus 2 Studien ausgewertet, in denen lokal fortgeschrittene PCA-Patienten (M0) entweder mit 150 mg Bicalutamid-Monotherapie oder alleiniger Kastration behandelt wurden. Von 480 Patienten erhielten 320 150 mg Bicalutamid-Monotherapie, 138 wurden medikamentös kastriert und weitere 22 chirurgisch. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 6,3 Jahren lag die Mortalität bei 56%. Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied bezüglich der Gesamtüberlebensrate zwischen beiden Verfahren der Hormonablation (Hazard Ratio 1,05). Auch die Progressionszeit differierte nicht. Iversen et al. (2000) sahen jedoch statistisch signifikante Vorteile einer Bicalutamid-Monotherapie bezüglich der Lebensqualität (sexuelles Interesse p=0,029, körperliche Leistungsfähigkeit p=0,046). Eine weitere Studie zur Bicalutamid-Monotherapie wurde von Fourcade et al. (1998) durchgeführt. 235 Patienten mit metastasiertem PCA wurden einer Bicalutamid-Monotherapie mit 150 mg/Tag oder einer maximalen Androgenblockade (Kastration + Nilutamid) zugeführt. Es zeigten sich keine Unterschiede in den objektiven Ansprechraten und der Progressionszeit. Auch wurde die Bicalutamid-Monotherapie besser toleriert (Fourcade et al. 1998). Auch Tyrell et al. (1998b) fanden bei 1453 randomisierten Patienten (M0 oder M1) keine Unterschiede im Gesamtüberleben oder der Zeit bis zur Progression bei M0-Patienten gegenüber der Kastration. Jedoch schien die Kastration bessere Ergebnisse im fortgeschritteneren M1-Stadium zu liefern (Hazard Ratio für Bicalutamid-
575 25.7 · Therapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms
Monotherapie 1,3), obwohl der Überlebensvorteil nur 6 Wochen betrug (Tyrell et al. 1998b). In einer Analyse verschiedener randomisierter Studien, die Bicalutamid 150 mg an metastasierten Patienten untersuchten, beschrieben Kaisary et al. (2001) einen möglichen Vorteil für Bicalutamid, wenn der PSA-Spiegel <400ng/ml liegt oder <5 ossäre Metastasen vorliegen. Die Bicalutamid-Monotherapie in einer Dosierung von 150 mg/Tag ist in vielen Ländern bereits als Alternative zur Kastration für Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Prostatakarzinom zugelassen (nicht in Deutschland!).
Intermittierende Androgenblockade (IAB) Trotz der hohen initialen Ansprechrate von ca. 80% auf den Androgenentzug erleiden etwa 50% der Patienten mit einem metastasierten Prostatakarzinom innerhalb von 2 Jahren einen Progress. Die mittlere progressionsfreie Überlebenszeit liegt dann bei 12–33 Monaten, das mittlere Gesamtüberleben beträgt 23–37 Monate. Auch die Maximierung der Androgensuppressionstherapie verlängert die Zeit bis zur Progression nur um 3–6 Monate. Die Überlebenszeit beträgt dann meist weniger als 12 Monate (Mahler u. Dennis 1995). Die intermittierende Androgenblockade verläuft nach folgendem Prinzip: Einem 6–9 Monate andauernden Zyklus mit Hormontherapie folgt dabei eine Therapiepause unterschiedlicher Länge, in der der PSA-Wert überwacht wird. In dieser Phase normalisiert sich der Testosteronwert, dadurch sinken die testosteronentzugbedingten Nebenwirkungen, die Lebensqualität der behandelten Patienten steigt (Goldenberg et al. 1995; Bruchovsky et al. 2000). Der PSA-Abfall verläuft dabei biphasisch: Resultierend aus der initialen Blockade der androgengesteuerten PSA-Synthese und Apoptose kommt es zu einem schnellen Abfall, gefolgt von einem weiteren, langsameren Abfall des PSA-Wertes, der tumorregressionsbedingt entsteht. Kommt es zu einem Anstieg des PSA-Wertes über einen bei Therapiebeginn festgelegten Grenzwert, wird erneut mit der Hormontherapie begonnen. Die meisten Arbeitsgruppen legen als Grenzwert 10 ng/ml fest, die Form der Androgenablation (DES, MAB, LHRH-Analoga) variiert (D’Ancona u. Debruyne 2005) Der potenzielle Vorteil einer intermittierenden Androgenblockade (IAB) scheint die Verlängerung der Zeit bis zur Entwicklung der nahezu unvermeidlichen Androgenunabhängigkeit (Tunn et al. 2000). Am Tiermodell konnten Langeler et al. (LNCAP-Zellen) und Akakura et al. (Shionogi-Zellen) 1993 eine verzögerte Androgenresistenzentwicklung bei intermittierender Hormontherapie versus kontinuierlicher Ablation zeigen. Die ersten klinischen Daten wurden 1995 von Goldenberg et al.
publiziert, die eine geringere Nebenwirkungsrate und einen Anstieg der Lebensqualität vor allem während der Therapiepausen nachwiesen. Bislang belegen Daten der AUO Studie 17/95, dass die intermittierende Hormontherapie in Bezug auf progressionsfreies und Gesamtüberleben der kontinuierlichen Gabe nicht unterlegen ist. Die intermittierende Therapie scheint jedoch Vorteile bei der Lebensqualität zu bieten. Auch hier muss die Abschlussauswertung abgewartet werden, bevor allgemeingültige Therapieempfehlungen ausgesprochen werden können. Die Heterogenität der bisher publizierten, meist Phase-II-Studien machen eine Interpretation schwierig. Bisher ist nicht abschließend geklärt, ob die Resistenzentwicklung durch intermittierende Hormonbehandlung beim Menschen verzögert werden kann. Auch ist unklar, welche Patientengruppen (lokal fortgeschritten versus metastasiert) am meisten von dieser Therapieform profitieren. Ob es aus onkologischer Sicht sinnvoll ist, eine wirksame Therapie zu beenden und abzuwarten, bis ein weiterer Progress eintritt, bleibt offen. Die IAB ist Gegenstand noch laufender Phase-III-Studien. Erst dann kann eine Empfehlung zum Einsatz der IAB getroffen werden. In diesen Studien muss geklärt werden, welche Form der initialen Androgenblockade (LHRH-Monotherapie, MAB, Antiandrogenmonotherapie) die beste ist, wie lange der initiale Hormonentzug dauern sollte, und es müssen Grenzwerte festgelegt werden, wann ein weiterer Therapiezyklus begonnen werden muss.
Tripletherapie Die Tripletherapie kann als eine Form der intermittierenden Androgenblockade fortgeführt werden. Nach einem Therapiezyklus schließt sich hier keine komplette Therapiepause an, sondern der schon während des Hormontherapiezyklus zusätzlich gegebene 5α-Reduktasehemmer wird als Medikation fortgeführt. Dieses Therapiekonzept hat sich bisher nicht durchsetzen können, Befürworter versprechen sich jedoch eine weitere mutmaßliche Verzögerung einer Hormonresistenzentwicklung. Strum et al. (1999) untersuchten randomisiert 59 Patienten, die jeweils einer MAB zugeführt. Eine Gruppe erhielt zusätzlich einen 5α-Reduktasehemmer während der Therapiephase und während der »Therapiepause«. Im Tripletherpiearm konnten die therapiefreien Phasen von 19 auf 34 Monate verlängert werden (p=0,013), die PSA-Velocity sank von 4,6 auf 1,0ng/ml/Jahr (p=0,00013). Leibowitz u. Tucker (2002) werteten retrospektiv 110 Patienten (klinisches Stadium T1–3 M0) aus, die sich einer Tripletherapie unterzogen. Alle lehnten eine lokale Therapie des Prostatakarzinoms ab und wurden daraufhin mit einem LHRH-Agonisten (alle 28 Tage Leuprorelin
25
576
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.40. Daten zur Tripletherapie – PSA-Werte vor und nach Behandlung. (Nach Leibowitz u. Tucker 2002) Mittelwert (ng/ml)
Range (ng/ml)
Patienten (n)
Mediane Nachbeobachtungszeit (Monate)
Alle Patienten vor Tripletherapie
13,2
0,39–100
110
0
Alle Patienten Off-Treatment
1,3
0–11
110
36
Patienten Off-Treatment ≥12 Monate
1,6
0–11
85
42
Patienten Off-Treatment ≥24 Monate
1,88
0–11
57
55
25 Tab. 25.41. Nebenwirkungsprofile. (Nach Hedlund u. Hendricksson 2000) Medikament
Hitzewallungen (%)
Gynäkomastie (%)
Nausea und Diarrhö (%)
Flutamid
10–15
40–50
5–30 (4–6% Lebertoxizität)
Bicalutamid
10–15
50–70
3–5
LHRH-Analoga
50–75
13
5
Orchiektomie
50–75
13
0
Östrogene
17–30
40–80
4–16
7,5 mg oder Goserelin 3,6 mg) plus einem Antiandrogen (täglich Flutamid 750 mg oder Bicalutamid 150 mg) und zusätzlich Finasterid (täglich 5 mg) für eine mediane Zeit von 13 Monaten behandelt. Der Induktionstherapie folgte eine Aufrechterhaltung durch Finasteridgabe (Therapiepause = Off-Treatment). Vor Behandlung lag der mittlere PSA-Spiegel bei 13,2±1,2 ng/ml (0,39–100 ng/ml), unter Tripletherapie sank der Spiegel bei allen Patienten ≤0,1 ng/ml. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 36 Monaten blieb dieser PSA-Spiegel bei 105 von 110 Patienten stabil (95%). Weitere Daten sind in Tab. 25.40 zusammengefasst. Zum Zeitpunkt der Publikation (2001) musste kein Patient einem 2. Zyklus Tripletherapie zugeführt werden. Weitere Daten fehlen.
25.7.4 Langzeitnebenwirkungen
der Hormontherapie und deren Management Wie an anderer Stelle schon beschrieben, kommt es testosteronentzugsbedingt zu einer Reihe von charakteristischen Nebenwirkungen, die unter dem Begriff Androgenentzugssyndrom zusammengefasst werden. Es äußert sich in körperlicher Schwäche, Stimmungsschwankungen, Gewichtszunahme, Libidoverlust, erektiler Dysfunktion, Anämie, Hitzewallungen und Osteoporose. Bei Verwen-
dung der intermittierenden Androgenblockade sind diese teilweise reversibel, bei Behandlung mit Antiandrogenen treten sie teilweise gar nicht auf. Spezifische Nebenwirkungen können auch von der Antiandrogentherapie im Rahmen einer maximalen Androgenblockade resultieren. Abhängig vom Medikament können dies u. a. Leberfunktionsstörungen, gastrointestinale Beschwerden sein ( Tab. 25.41). An dieser Stelle soll näher auf ausgewählte Folgen des Androgenentzugs und deren Behandlung eingegangen werden.
Hitzewallungen Etwa 80% der Patienten entwickeln unter Testosteronentzug im Rahmen einer Hormontherapie Hitzewallungen und Schweißausbrüche. Es handelt sich um eine der am meisten als störend empfundenen Nebenwirkungen, die die Lebensqualität stark einschränkt. Durch Gabe von Megestrolacetat oder Cyproteronacetat gelingt es, die Häufigkeit der Episoden zu senken. Loprinzi et al. konnten 1994 in einer placebokontrollierten Studie auftretende Hitzwallungen durch Gabe vom Megestrolacetat (2×20 mg/Tag q4 wk) signifikant um 85% senken (p<0,001). Zu ähnlichen Ergebnissen führt die Medikation mit Cyproteronacetat (Cervenakov et al. 2000). Mit dem Antidepressivum Venlafaxin gelingt ebenfalls eine
577 25.7 · Therapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms
lvnvmbujwf!Jo{jefo{!)&* 61 Psdijflupnjf 51
)5*
)8* )9*
41 )22*
31 )31*
)24*
)41*
21 )5:* )51* )273* )262*
1 1
2
3
)253* 4
)225*
)99*
5 6 [fju!)Kbisf*
)65*
lfjof!Psdijflupnjf )31* )47*
7
8
9
)24*
:
Abb. 25.24. Kumulative Inzidenz osteoporosebedingter Frakturen bei Patienten mit Prostatakarzinom bei Behandlung mit oder ohne Orchiektomie. (Nach Daniell 1997)
Reduktion der Hitzewallungen, zusätzlich können gleichzeitig unter Therapie auftretende Depressionen behandelt werden (Quella et al. 1999).
gekommen, hat eine Bestrahlung keinen Effekt mehr. Bei hohem Leidensdruck könnten unter diesen Umständen chirurgische Verfahren angewandt werden.
Erektile Dysfunktion
Osteoporose und skelettale Ereignisse
Unter Hormontherapie treten häufig Störungen der Sexualfunktion auf. Falls diese nicht präexistent sind und auf Patientenseite der Wunsch zur Behandlung besteht, kommen verschiedene Möglichkeiten in Frage. Als medikamentöse Option stehen Phosphodiesterase-5-Hemmer zur Verfügung. Falls das nicht ausreicht, kommen invasivere Verfahren, wie SKAT oder die Implantation einer Penisprothese in Frage. Eine weitere Alternative wäre die Überführung des Patienten hin zu einem anderen Therapieregime (IAB, Antiandrogenmonotherapie), da eine Normalisierung des Serumtestosterons in einer erhöhten Libido und Sexualfunktion resultieren kann.
Neben dem Hypogonadismus ist die Hormontherapie des Prostatakarzinoms die häufigste Ursache für die Osteoporose beim Mann. Durch den Hormonentzug kommt es zum Verlust an Knochensubstanz, die Knochendichte verhält sich dabei wie die von postmenopausalen Frauen. Kürzlich präsentierten Shahinian et al. (2005) Daten zum Risiko, im Rahmen einer Hormontherapie des Prostatakarzinoms eine Knochenfraktur zu erleiden. Sie untersuchten >50.000 Männer, die entweder hormontherapiert wurden oder die keine Hormontherapie erhielten. 1 Jahr nach Diagnosestellung und Beginn der Hormontherapie hatten diese Patienten bereits ein erhöhtes Risiko, eine Fraktur zu erleiden. Dabei erhöht sich das Frakturrisiko mit der Dauer der Hormonablation dosisabhängig (Shahinian et al. 2005). Das Risiko für Patienten, unter antiandrogener Therapie eine osteoporotisch bedingte Schenkelhalsfraktur zu erleiden, ist 5-mal höher als bei altersentsprechenden Kontrollgrupppen ohne Therapie (Smith 2002; Oefelein et al. 2001). Die Knochendichte nimmt schon nach 9 Monaten in der LWS und im Bereich der Hüfte um 4,7 bzw. 2,7% ab. Männer ohne Hormontherapie entwickeln lediglich einen Knochendichteverlust von 0,5–1% pro Jahr (Higano 2003). Daniell (1997) untersuchte 235 Patienten, 13,6% der orchiektomierten Patienten entwickelten eine Fraktur (versus 1,1% ohne Orchiektomie, p<0,001; Abb. 25.24). Alle Patienten mit Prostatakarzinom haben ein erhöhtes Risiko skelettaler Komplikationen, sei es durch Entwicklung ossärer Metastasen oder osteoporosebedingt. Eine Vielzahl von Studien weisen nach, dass Patienten vom Einsatz von Bisphosphonaten bei Hormonablation
Gynäkomastie Es scheint, als würde es unter der maximalen Androgenblockade zu einer höheren Inzidenz an Gynäkomastie (50%) als bei der Monotherapie mit einem LHRHAnalogon (25%) und auch bei der Orchiektomie (10%) kommen (Potosky et al. 2001, Kolvenbag et al. 2001). Häufiger kommt die Gynäkomastie bei Patienten vor, die hochdosiert mit Bicalutamid behandelt werden. Im Zusammenhang mit dem Auftreten der Brustdrüsenschwellung berichten die Patienten über eine Mastodynie. Zur Prophylaxe einer Gynäkomastie kann eine Radiatio der Mamillenregion vor Therapiebeginn erfolgen. Alternativ soll die Medikation mit dem Antiöstrogen Tamoxifen möglich sein (Serels u. Melman 1998). Problematisch hierbei könnte eine Interaktion mit der Hormontherapie sein, falls DES oder Östrogenen eingesetzt werden sollten. Ist es bereits zur Gynäkomastie
25
578
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Njuumfsf Wfsåoefsvoh tfju!Uifsbqjf. cfhjoo!)&*
C jdbmvubnje 261 nh MIS I.Bobmphpo
5 3 1 .3 .5 .7
Wfsåoefsvoh!efs!Lopdifoejdiuf!)&*
Abb. 25.26. Knochendichte unter Therapie mit Zoledronat versus Placebo
9 6/38
7
![pmfespobu !Qmbdfcp
4/27
5
3/29 2/28
3
2/19
1 .3 .5
.3/14
.7
Xjscfmtåvmf jn!Mvncbm. cfsfjdi
.9
.3/24
.3/84 Pcfstdifolfm. Uspdiboufs ibmt
61 56 51
.2/67 Xbse. Esfjfdl
.3/94 Iýguf hftbnu
![pmfespobu!5!nh!!!!!! !Qmbdfcp .33!&
46 41 36 31
.51!&
26 21
q!>!1-139
6 Abb. 25.27. Senkung der Rate an skeletalen Ereignissen beim Prostatakarzinom: Zoledronat versus Placebo
:7++
59++ 83++ Obdicfpcbdiuvoht{fju!)Xpdifo*
tjhojgjlbou!cfj!Wfshmfjdi!efs!Wfsåoefsvohfo!{xjtdifo!cfjefo!Hsvqqfo; +!!!!.!q!>!1-1113 ++!!.!q!>!1-1112
Abb. 25.25. Erhalt der Knochendichte (Lendenwirbelsäule) unter Therapie mit 150 mg Bicalutamid
Boufjm!efs!Qbujfoufo!)&* nju!Tlfmfuulpnqmjlbujpofo
25
35+
1
Bmmf!Lpnqmjlbujpofo
und Osteoporose profitieren (Orwoll et al. 2000; Smith et al. 2001, 2002; Diamond et al. 2001). Zusätzlich können komplementäre Maßnahmen wie Vitamin-D- und Kalziumsubstitution sowie körperliche Aktivität zum Einsatz kommen. Interessant war die Beobachtung von Sieber et al. (2004), die die Knochendichte bei 103 Patienten unter-
q!>!1-139 Qbuipmphjtdif!Gsbluvsfo
suchten, die entweder Bicalutamid (150 mg/Tag; n=51) oder LHRH-Analoga (n=52) im Rahmen der Hormontherapie des PCA erhielten. Sie konnten zeigen, dass es unter Einsatz von Bicalutamid zum Anstieg der Knochendichte kam, während diese bei Therapie mit LHRHAnaloga erwartungsgemäß sank (Sieber et al. 2004; Abb. 25.25).
579 25.7 · Therapie des virginell metastasierten Prostatakarzinoms
[pmfespobu!5!nh
Qmbdfcp
1
211
599!Ubhf
!!!!!!!!!!!!!!!!!!432!Ubhf
311
411
q>!1-11:
511
611
[fju!bc!Uifsbqjfcfhjoo!)!Ubhf*
Abb. 25.28. Dauer bis zum Auftreten von Skelettkomplikationen beim Prostatakarzinom: Zoledronat versus Placebo
Bezüglich des Einflusses von Bisphosphonaten auf skelettale Ereignisse untersuchten Dearnaley u. Sydes (2001) die Wirkung von Clodronat. Sie konnten zeigen, dass das mediane Überleben im Clodronat-Arm 7 Monate länger war als im Kontrollarm (34 versus 27 Monate). Das Zeitintervall bis zum Auftreten einer ossären Filialisierung war ebenfalls verlängert (26 versus 20 Monate). Nach einem mittleren Follow-up von 59 Monaten zeigte sich zwar ein deutlich verbessertes Gesamtüberleben, dies war aber statistisch nicht signifikant. Lediglich eine deutlich verringerte Progressionsrate war nachweisbar. Das Bisphosphonat Zoledronsäure wurde in mehreren Studien hinsichtlich seiner Wirksamkeit beim Prostatakarzinom untersucht. Zoledronat scheint nicht nur den Verlust der Knochendichte zu verhindern, sondern diese sogar zu erhöhen ( Abb. 25.26). Im Kontrollkollektiv kam es zum Verlust an Knochendichte um ca. 3%, unter Zoledronat war ein Anstieg um bis zu 5% nachweisbar (Smith et al. 2001). Die Behandlung war für die Patienten gut verträglich. Pamidronat führte im Kollektiv lediglich zum Knochensubstanzerhalt (Smith et al. 2003). Da Patienten unter Androgendeprivation besonders frakturgefährdet sind, können sie von einer Therapie erheblich profitieren. So gelang unter der Therapie mit Zoledronat die Reduktion von Skelettkomplikationen, zusätzlich traten Skelettkomplikationen später auf ( Abb. 25.27 und 25.28; Saad et al. 2002). Saad et al. (2002) publizierten Daten einer randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie zur Effektivität von Zoledronat beim Prostatakarzinom. Die Patienten erhielten über einen Zeitraum von 15 Monaten im Abstand von 3 Wochen 4 mg bzw. 8 mg Zoledronat oder Placebo in einer 15-minütigen Infusion verabreicht, additiv täglich Kalzium und Vi-
tamin D. Kritisch anzumerken ist, dass im 8-mg-Arm die Niereninsuffizienzrate erheblich höher war, weswegen diese Gruppe mit 4 mg fortgeführt werden musste. Die Rate an skelettalen Ereignissen war im 4-mg-Arm signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe (33% versus 44%). Es fand sich jedoch kein Unterschied zwischen Placebo und der 8/4-mg Gruppe bezüglich des Auftretens skelettaler Ereignisse (44% versus 38%). Ebenso lag die Rate pathologischer Frakturen in der 4-mg-Gruppe signifikant niedriger (13%), während zwischen Kontrollgruppe und 8/4-mg-Gruppe kein Unterschied zu verzeichnen war (22 versus 14,9%). Zudem verlängerte das Medikament den mittleren Zeitraum bis zum Auftreten der ersten behandlungsbedürftigen Knochenprobleme um mehr als 5 Monate. Ein weiterer Vorteil für die Patienten waren geringere Knochenschmerzen, was auch schon für Pamidronat in einer Dosierung von z. B. 30–60 mg wöchentlich (Coleman et al. 1997; Lipton et al. 1994) bzw. Clodronat (Heidenreich et al. 2001) gezeigt werden konnte. Gegenüber anderen Bisphosphonaten, die lediglich palliative Effekte zeigten, scheint Zoledronat als einziges Präparat dauerhaft klinische Vorteile bei fortgeschrittenem Prostatakarzinom zu bieten. Aufgrund dieser Ergebnisse ist die prophylaktische Gabe von Zoledronat bei Patienten mit Prostatakarzinom auch ohne Knochenmetastasen zu erwägen ( Tab. 25.42), vor einem unkritischen Einsatz ist jedoch zu warnen. Es sollten weitere Studien, vor allem auch Kosten-NutzenAnalysen, erfolgen, bevor weitere Empfehlungen zur Anwendung von Bisphosphonaten ausgesprochen werden. Der in verschiedenen Studien beschriebene antitumoröse Effekt (in vitro und in vivo) wird derzeit weiter untersucht.
Anämie Anämische Patienten sind, schweregradabhängig, in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt. Tab. 25.43 verdeutlicht einige Symptome, die durch eine Anämie ausgelöst werden können. Unter Hormontherapie tritt häufig eine leichte normochrome, normozytäre Anämie auf, jedoch können Patienten unter maximaler Androgenblockade auch schwerere Formen entwickeln. Strum et al. (1997) sahen eine solche schwere Anämie bei 13% der Patienten mit MAB-Regime. Diese Form der Anämie ist nach Absetzen der Therapie potenziell reversibel, die Blutwerte normalisieren sich normalerweise innerhalb von 3–6 Monaten. Zur Behandlung der unter Androgenblockade auftretenden Anämie kann die Gabe von Erythropoetin sinnvoll sein.
25
580
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.42. Bisphosphonaten im Rahmen der Schmerztherapie: Dosierungsempfehlung, Wirkung und Nebenwirkungen Zoledronat
25
Wirkung
Hemmung der osteoklasteninduzierten Knochenresorption
Dosierung
4 mg in 100 ml NaCl i.v. alle 4 Wochen
Wichtigste Nebenwirkungen
Grippeähnliche Symptome, Knochenschmerz, Nierenfunktionsstörung, Blutbildveränderungen, gastrointestinale Beschwerden, selten Osteonekrosen im Kieferbereich
Wirkung
Hemmung der osteoklasteninduzierten Knochenresorption
Tab. 25.43. Mögliche anämiebedingte Symptome Organsystem
Symptom
Herz-Kreislauf-System
− Belastungsdyspnoe mit verminderter Belastbarkeit und körperlicher Schwäche − erhöhte Herzarbeit mit daraus resultierender Herzhypertrophie, -dilatation und erhöhtem Sauerstoffverbrauch
ZNS
− Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, verminderte kognitive Funktionen, Fatigue
Magen-Darm-Trakt
− Appetitlosigkeit − Gewichtsverlust − Muskelschwäche
Genitale
− Libidoverlust
Haut und Schleimhäute
− Blässe − Kältegefühl
25.8
Therapie des hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms
K. Miller, H. Rübben 25.8.1 Biologische Kennzeichen
Entstehungsmechanismen Für die Entwicklung des Prostatakarzinoms vom hormonsensitiven zum hormonrefraktären Stadium sind Veränderungen des Androgenrezeptors von ausschlaggebender Bedeutung (Übersicht bei (Edwards u. Bartlett 2005a, b). Der Androgenrezeptor liegt intrazytoplasmatisch, Testosteron und Dihydrotestosteron sind die wesentlichen Liganden. Testosteron wird in der Zelle zu Dihydrotestosteron umgewandelt, Dihydrotestosteron hat eine 10-fach höhere Affinität zum Rezeptor als Testosteron. Aktivierung des Androgenrezeptor durch seine Liganden führt zur Gen Transkription, Translation und schließlich zum Wachstum und zur Teilung der Karzinomzelle ( Abb. 25.29). Durch die Hormonblockade wird dieser Mechanismus auf der Ebene des Androgenrezeptors unterbrochen.
Die Überlegung, dass Veränderungen des Androgenrezeptors dazu führen, dass die Hormonblockade unwirksam wird ist nahe liegend. Amplifikationen des Androgenrezeptorgens (20%) und konsekutive Überexpression des Proteins (80%) werden bei hormonrefraktären Tumoren gefunden (Edwards et al. 2003). Die Überexpression kann dazu führen, dass Antiandrogene von Antagonisten zu Agonisten des Androgenrezeptors werden (Chen et al. 2004). Das Antiandrogen Entzugs Phänomen (s. unten) lässt sich dadurch erklären. Aber nicht alle Formen des hormonrefraktären Stadiums lass sich durch Amplifikation und Überexpression erklären. Ein weiterer Mechanismus ist die Sensibilisierung des Androgenrezeptors für zirkulierendes Dihydrotestosteron durch Phosphorylierung über verschiedene Signaltransduktionswege ( Abb. 25.30). Neben den MAPK-, AKT- und PKC-Signaltransduktionswegen scheint die Überexpression des Antiapoptosegens bcl-2 bei der Genese des hormonrefraktären Prostatakarzinoms (HRPCA) eine Rolle zu spielen (McDonnell et al. 1992). Bcl-2 wirkt über eine Kontrolle der Mikrotubulusfunktion in der Tumorzelle. Hierdurch kann die gute Wirksamkeit von Taxanen erklärt werden (s. unten), die über eine Phosphorylierung von Bcl-2 die
581 25.8 · Therapie des hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms
Abb. 25.29. Wirkung von Testosteron (T) und Dihydrotestosteron (DHT) in der Prostatakarzinomzelle. (Nach Edwards u. Bartlett 2005)
Abb. 25.30. Phosphorylierung (P) des Androgenrezeptors durch MAPK, AKT und PKC Signaltransduktionswege. (Nach Edwards u. Bartlett 2005)
Apoptose der Tumorzelle wieder in Gang setzen können (Haldar et al. 1997). Außer Veränderungen des Androgenrezeptors sind sog. Androgenrezeptorkofaktoren bei der Entwicklung der Hormonresistenz von Bedeutung. Kofaktoren sind Proteine, die über direkte oder Multikomplexbindungen die Aktivität des Androgenrezeptors erhöhen oder blockieren können. Schließlich kann es zu Entwicklungen
von Signaltransduktionswegen für die Zellproliferation kommen, die vom Androgenrezeptor unabhängig sind (Edwards u. Bartlett 2005). Die Komplexität der Regulationsmöglichkeiten des Androgenrezeptors legt nach der derzeitigen experimentellen Evidenz eine Multi-step-Genese der Entwicklung zum hormonrefraktären Stadium nahe. Die relevanten Schritte können für unterschiedliche Tumoren und für
25
582
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
unterschiedliche Zellklone im gleichen Tumor verschieden sein. Für zukünftige Therapieansätze ist es wesentlich, die »treibenden« Signaltransduktionswege zu identifizieren und mit entsprechenden Molekülen zu modifizieren. Erste Ansätze dazu sind gemacht. Der Ausdruck HRPC wird heute zunehmend durch CRPC (kastrationsrefraktäres Prostatakarzinom) ersetzt. Die Studien zu Abiraterone ( Kap. 25.7.2, Abschnitt »Abiraterone«) haben gezeigt, dass auch im vermeintlich hormonrefraktären Stadium eine Hormonabhängigkeit bleibt (Schroder 2008). Offensichtlich sind die Prostatakarzinomzellen in der Lage, Testosterone intrazellulär aus anderen Steroidmolekülen (z. B. Cholesterin!) zu synthetisieren. Die Blockade der entsprechenden Enzyme stellt eine neue therapeutische Möglichkeit dar (Attard et al. 2008), die derzeit in klinischen Studien geprüft wird.
Definition und Prognose Das hormonrefraktäre Stadium des Prostatakarzinoms ist nicht einheitlich definiert. In der Vor-PSA-Ära war es die klinische Symptomatik unter Hormontherapie, die den Beginn des hormonrefraktären Stadiums anzeigte. Heute ist es der PSA-Anstieg (3×) unter Hormonthera-
pie (Testosteron im Kastrationsbereich), der jedoch in sehr unterschiedlichen Tumorsituationen auftreten kann. Das reicht vom nicht klinisch metastasierten Karzinom (z. B. bei adjuvanter Hormontherapie) bis zum diffus im Knochen metastasierten Tumor mit wieder beginnender Schmerzsymptomatik. Entsprechend unterschiedlich ist die Prognose dieser Patienten. Smith et al. (2005) evaluierten 201 Patienten ohne klinische Metastasen. Nach 2 Jahren war das mediane Gesamtüberleben nicht erreicht. Das mediane knochenmetastasenfreie Überleben lag bei 907 Tagen. Die signifikanten Prognosefaktoren für das Gesamtüberleben in der multivariaten Analyse waren der PSA-Ausgangswert und die PSA-Anstiegsgeschwindigkeit (ng/ml/Jahr) bzw. die Verdopplungszeit. Auf der anderen Seite lag das mediane Überleben von symptomatischen Patienten mit hoher Tumorlast in früheren Phase-II-Studien zwischen 8 Monaten (Falcone et al. 1999) und 12 Monaten (Culine et al. 1998). Um die verschiedenen Prognoseparameter in der Praxis zu nutzen, wurde 2002 erstmals ein Nomogram veröffentlicht (Smaletz et al. 2002). Die folgenden Prognoseparameter wurden inkorporiert und quantifiziert: Alter, Karnofsky-Index, Hämoglobin, PSA, LDH, alkalische Phosphatase. 2003 wurde ein weiteres Nomogramm vor-
Qvoluf Kb Wjt{fsbmf!Fslsbolvoh
Ofjo
Hmfbtpo.Tdpsf Mfjtuvohtgåijhlfju QTB.Xfsu MEI Bmlbmjof!Qiptqibubtf Iånphmpcjo Hftbnuqvolu{bim Ýcfsmfcfotxbistdifjomjdilfju!23!Npobuf Ýcfsmfcfotxbistdifjomjdilfju!35!Npobuf Nfejbof!Ýcfsmfcfot{fju!)Npobuf*
Abb. 25.31. Nomogram zur Prognoseabschätzung von Patienten mit HRPCA. (Nach Halabi et al. 2003)
583 25.8 · Therapie des hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms
gestellt (Halabi et al. 2003), als zusätzliche Variable enthält es den Gleason-Score und das Vorhandensein von Weichteilmetastasen ( Abb. 25.31). Der PSA konnte wegen inkompletter Dokumentation nicht verwendet werden. Beide Nomogramme sind nützlich, um sich einen Eindruck von der Prognose eines Patienten mit hormonrefraktärem Prostatakarzinom zu verschaffen. Sie reflektieren die Tumor- bzw. Metastasenlast (PSA, LDH, AP) und die Auswirkungen auf den Patienten [Leistungsfähigkeit (»performance index«), Hb] und können bei der Entscheidung sekundäre Hormontherapie versus frühe Chemotherapie helfen (s. unten). Einschränkend ist zu vermerken, dass nicht alle heute bekannten Parameter eingegangen sind. Die PSA-Verdopplungszeit (»doubling time«, DT), kürzlich als Prognoseparameter veröffentlicht (Scotte et al. 2005), wurde nicht berücksichtigt. Das Nomogramm stammt weiterhin aus einer Zeit, als ein Einfluss auf das Gesamtüberleben beim HRPCA durch keine Therapie gezeigt werden konnte. Diese Situation hat sich durch die Phase-IIIErgebnisse der Taxotere-Chemotherapie jedoch geändert (s. unten). Heute müssten Responseparameter auf die Chemotherapie in ein solches Nomogramm inkorporiert werden, um den Effekt der Therapie mitzuberücksichtigen. Allerdings bleibt nach der multivariaten Analyse der TAX 327-Studie (Tannock et al. 2004) trotz der Chemotherapie der Einfluss der meisten prognostischen Faktoren bestehen (s. unten).
Neueste Daten aus einer der großen Phase-III-Studien (TAX 327) zur Taxotere basierten Chemotherapie zeigen jedoch keinen Zusammenhang zwischen dem Gesamtüberleben und der PSA-Reduktion > 50% (Roessner, de Wit et al. 2005). Die Autoren führen nur »einen Teil« des Effekts von Taxotere auf das Überleben auf die PSAResponse zurück. Sie konnten allerdings zeigen, dass die Patienten mit dem quantitativ größten Effekt auf das PSA auch hinsichtlich des Gesamtüberlebens am meisten profitierten. Damit muss zumindest für die Chemotherapie mit Taxotere die PSA-Response (Reduktion >50%) als relevanter Endpunkt und Prognoseparameter in Frage gestellt werden. Für die praktische Anwendung ist jedoch der zweite Aspekt wichtig: Je tiefer das PSA nach der Therapie mit Taxotere fällt, desto größer ist der Überlebensbenefit für den Patienten. Studien mit neuen Substanzen wie den Endothelinantagonisten (Atrasentan, ZD 4054) weisen darauf hin, dass trotz fehlender PSA-Response ein Überlebensvorteil erzielt werden kann. Die Bewertung der PSA-Response als Surrogat für relevante Endpunkte (Gesamtüberleben) kann in der Zukunft nicht mehr pauschal, sondern nur spezifisch für unterschiedliche Medikamentenklassen erfolgen.
25.8.2 Therapiemöglichkeiten
Sekundäre Hormonmanipulation Kriterien für den Therapieerfolg Traditionelle Messparameter für den Therapieerfolg bei metastasierten Tumorerkrankungen sind komplette oder partielle Response messbarer Läsionen, z. B. nach den RECIST Kriterien. Das Problem beim Prostatakarzinom (> 80% Knochenmetastasen) ist die schlechte Quantifizierbarkeit dieser Metastasenform. Aus diesem Grund ist man seit der PSA-Verfügbarkeit beim hormonrefraktären Prostatakarzinom dazu übergegangen, die PSA-Response als Endpunkt zu verwenden. In den meisten Phase-II aber auch Phase-III-Studien wird eine Reduktion des PSA auf ≤50% des Ausgangswertes als PSA-Response bezeichnet. Dies gilt unabhängig von der Art der eingesetzten Therapie. Smith et al. (Smith et al. 1998) konnten im Rahmen einer Phase-II-Studie mit Estramustine und Etoposid zeigen, dass eine PSA-Reduktion >50% acht Wochen nach Therapiebeginn mit einem signifikant verbessertem medianen Gesamtüberleben (91 versus 38 Wochen) assoziiert war. Diese Daten suggerieren, dass die PSA-Response ein Surrogat Parameter für das Gesamtüberleben sein könnte.
Der PSA-Anstieg unter LHRH-Therapie bzw. nach Orchiektomie bei Testosteronwerten im Kastrationsbereich ist das erste Anzeichen des hormonrefraktären Prostatakarzinoms. Hormonrefraktär heißt in dieser Situation jedoch nicht komplett hormoninsensitiv. Weitere hormonelle Manipulationen können effektiv sein. Es besteht eine Reihe von Möglichkeiten der sekundären, tertiären etc. Hormontherapie (Übersicht bei Ryan u. Small 2005). Die Grundlagen der Wirkung dieser Hormonmanipulationen sind nicht völlig geklärt ( Kap. 25.8.1). Die Frage, ob nach den Zeichen der Progression die Testosteronablation fortgeführt werden soll, wird generell bejaht, ohne dass hierfür eine gute Datenlage besteht. Die retrospektive Auswertung einer ECOG-Studie zeigt einen geringen Überlebensvorteil für die Patienten, die die Hormonablation fortsetzten (Taylor et al. 1993). Die Forderung der Autoren nach einer prospektiven Bestätigung dieser Hypothese wurde jedoch nie erfüllt. Andere Arbeiten zeigen – bei geringer Patientenzahl – keinen Überlebenvorteil (Hussain et al. 1994). Theoretische Grundlage des Fortsetzens der Testosteronsuppression ist der Gedanke, dass weiterhin hormon-
25
584
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.44. Ergebnisse der sekundären Homonmanipulation mit Antiadrogenen. Nach (Kojima et al. 2004). First-line-Therapie
Second-line-Therapie
Effektivität (%)
Dauer der PSA-Response
AS
MAB + CMA
1/1 (100%)
12
MAB + FLT
1/5 (20%)
27
MAB + BLC
4/7 (51%)
11
MAB + FLT
2/6 (33%)
21,5±7,7
MAB + BLC
6/17 (38%)
5±3
MAB + CMA
0/0 (0%)
MAB + BLC
2/4 (50%)
8±5,6
MAB + FLT
5/10 (50%)
4±4,3
21/53 (40%)
8,8±8,2
MAB + CMA
25
MAB + FLT
MAB + BLC Gesamt Second-line-Therapie
Third-line-Therapie
Effektivität (%)
Dauer der PSA-Response
MAB + CMA
MAB + BCL
2/3 (67%)
6±2,8
MAB + FLT
MAB + BCL
0/4 (0%)
MAB + BLC
MAB + FLT
3/10 (30%)
4,3±1,5
5/17 (29%)
5,0±2,0
Gesamt
AS einfache Androgenblockade (LHRH-Analogon), MAB maximale Androgenblockade (LHRH-Analogon + Antiandrogen), CMA Cyproteronazetat, FLT Flutamid, BCL Bicalutamid, Effektivität PSA-Reduktion >50% (PSA-Response)
sensitive Zellklone existieren, deren Wachstum durch die fortgesetzte Suppression unterdrückt wird. In der Praxis ist zu bedenken, dass die meisten LHRH-Analaga nach Absetzen einen Wirkungsüberhang von vielen Monaten haben. Testosteronkontrollen können diesen Wirkungsüberhang quantifizieren.
Antiandrogene Die Wirkungsweise von Antiandrogenen ist in Kap. 25.7 beschrieben. Die Blockade des Rezeptors führt zu einem Ausschalten des von den Nebennieren produzierten Testosterons im Rahmen der kompletten Androgenblockade. Je nachdem, ob primär mit einer einfachen (LHRHAnalogon/Orchiektomie) oder einer kompletten Androgenblockade (LHRH-Analogon/Orchiektomie plus Antiandrogen) therapiert wurde, ist die einfachste sekundäre Hormonmanipulation das Hinzufügen, Weglassen bzw. Wechseln des Antiandrogens. Der überraschende Effekt, dass das Absetzen des Antiandrogens zu einem PSA-Abfall führt, konnte als »Antiandrogen-withdrawal-Phänomen« (Antiandrogenentzugseffekt) zum ersten Mal von Kelly u. Scher (1993) für Flutamid beschrieben und später auch für Bicalutamid gezeigt werden (Nieh 1995). Der Antiandrogenentzugseffekt beruht auf Veränderungen
des Androgenrezeptors ( Kap. 25.1.1), die aus dem Antiandrogen einen Agonisten machen können. Die Häufigkeit des Antiandrogenentzugseffekts (PSA-Response) wird zwischen 11% (Small et al. 2004) und 36% (Kojima et al. 2004) beschrieben. Kojima et al. (2004) haben die verschiedenen Möglichkeiten der sekundären Hormonmanipulation durch Antiandrogene an einer allerdings kleinen Zahl von 70 Patienten systematisch evaluiert. Während die Quantität der Effekte aus dieser Arbeit aufgrund der heterogenen Gesamtgruppe (unterschiedliche Stadien des HRPCA) und der kleinen Subgruppen nur eingeschränkt verwertbar ist, konnten doch einige wesentliche Zusammenhänge gezeigt werden: Der Effekt einer sekundären Antiandrogentherapie (Wechseln des Antiandrogens) korreliert nicht mit dem Ansprechen auf das Absetzen des First-line-Antiandrogens. Der Versuch einer Second-line-Antiandrogentherapie ist also auch nach Ausbleiben eines Antiandrogenentzugseffekts gerechtfertigt. Die Responder auf sekundäre Hormonmanipulationen zeigten ein signifikant längeres Gesamtüberleben als die Non-Responder. Die einzelnen Schritte und Ergebnisse sind in Tab. 25.44 schematisch dargestellt.
585 25.8 · Therapie des hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms
Miyake et al. (2005) konnten an 55 Patienten mit HRPCA (unterschiedliche Stadien mit und ohne Knochenmetastasen) eine PSA-Responserate von 45% mit einer medianen Dauer von 6 Monaten beim Wechseln des Antiandrogens (Flumatid als Second-line-Therapie nach Bicalutamid als First-line-Therapie) zeigen. Patienten ohne Knochenmetastasen und mit >1 Jahre Dauer der hormonsensitiven Phase hatten eine signifikant höhere Responserate.
Östrogene Während Östrogene in der primären Hormontherapie des Prostatakarzinoms zunächst breit eingesetzt und wegen kardiovaskulärer Nebenwirkungen wieder nahezu komplett verlassen wurden, ist ihre Wirkung beim hormonrefraktären Prostatakarzinom nur spärlich untersucht. Die wenige Daten aus Phase-II-Studien sind jedoch so gut, dass das komplette Verschwinden der für das Prostatakarzinom zugelassenen Östrogene (Fosfestrol, Diethlylbestrol, Polyestradiolphopshat) vom deutschen Arzneimittelmarkt bedauerlich ist. Orlando et al. (2000) fanden unter Fosfestrol 2×100 mg an einer Serie von 38 Patienten (73% symptomatisch) eine PSA-Ansprechrate von 78%. Die mediane Zeit bis zur Progression war 7 Monate. PSA-Responder zeigt ein signifikant längeres Überleben als Non-Responder (13 versus 7 Monate). Nebenwirkungen umfassten Gynäkomastie und Venenthrombosen (8%). In einer weiteren Phase-II-Studie mit 1 mg DES (Diethylstilbestrol) zeigt sich eine PSA-Response bei 43% von 21 Patienten (Smith et al. 1998). Die 2-Jahres-Überlebensrate lag bei 63%. Östrogene können z. T. noch über internationale Apotheken bezogen werden und sind eine gute Option der Second-line-Hormontherapie nach Versagen der primären Hormontherapie. Neben der östrogenen Wirkung auf das Testosteron über die Hypothalamus-Hypophysen-Achse wurde die Rolle des Östrogenrezeptors beim Prostatakarzinom experimentell untersucht (Übersicht bei Harkonen u. Makela 2004). Beide Subtypen des Östrogenrezeptors (α und β) konnten an Prostatakarzinomzellen nachgewiesen werden. Ihre Bedeutung für die Entstehung und Progression von Prostatakarzinomen ist derzeit spekulativ. Der Einsatz von Antiöstrogenen und Aromataseinhibitoren hat in Phase-II-Studien nicht zu klinisch verwertbaren Ergebnissen für das hormonrefraktäre Prostatakarzinom geführt (Ryan u. Small 2003).
auf dem Stickstofflostanteil, der zu einer Interaktion mit dem Mikrotubulussystem der Zelle führt. Die Dosierung in den durchgeführten Studien lag zwischen 560 mg und 1260 mg/Tag, verteilt auf 2–3 Gaben (Kitamura 2001). Lange Zeit war es als First-line-Monotherapie quasi der Standard beim hormonrefraktären Prostatakarzinom. Durch die Möglichkeit anderer sekundärer Hormontherapien und das ungünstige Nebenwirkungsprofil (kardiovaskulär, gastrointestinal) hat es in den letzen Jahren an Bedeutung verloren. Untersuchungen zur Einschränkung der Resorption von EMP durch kalziumhaltige Nahrung (Milchprodukte!) (Gunnarsson et al. 1990) blieben dabei weitgehend unbeachtet (Kitamura 2001). Dass durch optimale Einnahme Bedingungen und eine damit verbundene niedrigere Dosierung das Wirkungs-/Nebenwirkungs-Verhältnis klinisch verbessert werden kann, ist für das hormonrefraktäre Prostatakarzinom bisher nicht durch Daten belegt. In einer prospektiven monozentrischen Studie (Hirano et al. 2005) an 34 Patienten mussten 5 (15%) die Therapie wegen ausgeprägter gastrointestinaler Nebenwirkungen abbrechen. Die Dosierung von EMP lag bei 560 mg/Tag. 7 Patienten (24%) zeigten eine PSA-Reduktion von >50%. Das tumorspezifische 2-Jahres-Überleben der Responder lag bei 83%, das der Non-Responder bei 44%. Es gab keine Prognosefaktoren, die eine Responsevorhersage ermöglichten. Ähnliche Daten mit PSA-Anprechraten um 20% sind aus früheren EORTC-Studien (Denis 1998) und in neueren Phase-II-Studien (Cordia et al. 2005) berichtet worden. Die Daten zeigen, dass ein kleiner Teil der Patienten von der Monotherapie profitieren kann, dafür jedoch eine erhebliche gastrointestinale Toxizität in Kauf genommen werden muss. In der Kombinationstherapie mit Taxanen sah Estramustinphosphat zunächst vielversprechend aus. In vielen Phase-II-Studien (Petrylak et al. 1999) waren die PSA-Responseraten höher als mit Taxotere-Monotherapie. Obwohl ein direkter randomisierter Vergleich nicht vorliegt, suggerieren die Daten aus den großen Phase-III-Studien (Petrylak et al. 2004; Tannock et al. 2004), dass die Zugabe von Estramustinphosphat zur Taxan-Therapie die Gesamtüberlebensrate nicht verbessert. Auf die eingeschränkte Aussage der PSA-Response nach Therapie mit Taxotere wurde bereits oben hingewiesen. Dies erklärt u. a., warum sich die besseren Responseraten der Kombinationstherapie nicht auf verbesserte Überlebensraten ausgewirkt haben.
Estramustinphosphat Estramustinphosphat (EMP) ist eine Mischung aus Hormon- und Chemotherapeutikum. Die hormonelle Wirkung beruht auf dem Östrogenanteil, die zytotoxische
PC-SPES PC-SPES war als sog. Nahrungsergänzungsmittel von 1996–2002 verfügbar (Smith u. Nelson 2005). Es enthielt
25
586
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
eine Mischung aus 8 chinesischen Kräutern, aber auch Östrogenanteile (Diethylstilbestrol) (Guns et al. 2002) und Warfarin. Phase-II-Studien mit meist kleinen Patientenzahlen zeigten PSA-Ansprechen, Schmerzreduktion und Verbesserung der Lebensqualität (Pfeifer et al. 2000). In einer randomisierten Phase-II-Studie PC-SPES versus 3 mg Diethylstilbestrol (DES) lag die PSA-Ansprechrate in der PC-SPES-Gruppe bei 40%, in der DES-Gruppe bei 24%. Der bessere Effekt von PC-SPES wird spekulativ auf zusätzliche Wirkung der Östrogen enthaltenden Kräuter zurückgeführt (Oh et al. 2004). PC-SPES wurde 2002 hauptsächlich wegen des Warfarin-Anteils vom Markt genommen. Über das »Nachfolgepräparat« Prostasol liegen keine verwertbaren Daten vor.
Die PSA-Responserate lag in der Gruppe mit alleinigem Antiandrogenentzug bei 11%, in der Gruppe mit simultanem Ketoconazol bei 27%. Von den 108 Patienten, die sekundär Ketoconazol erhielten, sprachen 31% mit dem PSA an. Die medianen Gesamtüberlebensraten waren für beide Gruppen nicht signifikant unterschiedlich (15,3 versus 16,7 Monate), was durch die sekundäre Ketoconazol-Therapie bei der Mehrzahl der Patienten im Arm mit Antiandrogenentzug (108/132) erklärbar ist. Die Toxizität Grad 3 und 4 lag im Arm mit alleinigem Androgenentzug bei 7%, im primären Ketoconazol-Arm bei 21%. Die Datenlage unterstützt den Einsatz von Ketoconazol im Rahmen der sekundären Hormontherapie.
Ketoconazol
Aminogluthetimid
Ketoconazol ist ein oral verfügbares Breitbandantimykotikum. Die Wirkung beim Prostatakarzinom beruht auf einer Blockade der Steroid- und damit der Androgengenese in der Nebenniere durch Inhibition von Cytochrom P450Enzymen. Die Wirkung beim hormonrefraktären Prostatakarzinom ist seit langer Zeit bekannt (Eichenberger u. Trachtenberg 1988). In einer Dosierung von 3×400 mg zeigten 30 von 48 Patienten eine PSA-Response (Reduktion >50%) mit einer mittleren Responsedauer von 3,5 Monaten. Die aufgetretenen Nebenwirkungen waren akzeptabel: Nebenwirkungen Grad 1 und 2: Nausea, Fatigue, Ödeme, Hepatotoxizität und Hautveränderung kamen bei 10,4, 6,25, 6,25, 4,2 und 4,2% der Patienten vor. Mit der etwas niedrigeren Dosierung von 3×300 mg konnten Wilkinson u. Chodak (2004) ähnliche Ergebnisse erzielen: Die PSA-Response lag bei 61,8%. Die Toxizität der niedrigeren Dosierung unterschied sich jedoch nicht eindeutig von der mit höherer Dosierung. Die Abbruchrate wegen Nebenwirkungen lag bei 15,8%. In einer noch niedrigeren Dosierung von 800 mg/Tag zeigt Ketoconazol in einer randomisieren Phase-II-Studie PSA-Responseraten von 61% (Cordia et al. 2005). In dieser Studie traten keine Nebenwirkungen Grad 3/4 mit Ketoconazol auf. In einer Phase-III-Studie an 260 Patienten wurde Ketoconazol in einer Dosierung von 3×400 mg/Tag (plus 40 mg Hydrokortison) mit dem Antiandrogenentzugseffekt verglichen (Small et al. 2004). Bei 132 unter kompletter Androgenblockade progressiven Patienten wurde im einen Studienarm das Antiandrogen abgesetzt, im anderen Arm erhielten 128 Patienten zusätzlich dazu Ketoconazol. Die Patienten, bei denen nur das Antiandrogen abgesetzt wurde, konnten sekundär Ketoconazol erhalten (de facto 108/132 Patienten). Verglichen wurde somit Ketoconazol simultan versus Ketoconazol verzögert zum Antiandrogentzug.
Aminogluthetimid unterdrückt – ähnlich wie Ketoconazol – die adrenale Steroidproduktion. Es ist z. B. von der FDA zur Therapie des Cushing-Syndroms zugelassen. Aminogluthetimid ist beim hormonrefraktären Prostatakarzinom nur spärlich untersucht, konnte jedoch in einer Phase-II-Studie in Zusammenhang mit dem Antiandrogenentzugssyndrom PSA-Reduktionen von >80% bei der Hälfte der Patienten aufweisen. Die Dosierung betrug 4×250 mg/Tag. Die Verfügbarkeit von Ketoconazol, das besser untersucht ist und häufiger eingesetzt wird (Ryan u. Small 2003), hat offensichtlich dazu geführt, dass Aminogluthetimid weder in Studien weiter geprüft noch in der Praxis breit verwendet wird. Inwieweit »Kreuzresistenz bzw. -effektivität« zu Ketoconazol besteht, ist nicht berichtet. Der Einsatz beim hormonrefraktären Prostatakarzinom ist im Sinne eines Heilversuchs gerechtfertigt. Wie bei Ketoconazol ist die Substitution von Hydrokortison (30 mg/Tag) erforderlich.
Kortikosteroide Kortikosteroide können beim hormonrefraktären Prostatakarzinom eine PSA-Response bewirken. Der vermutete Wirkmechanismus ist, dass durch das negative Feedback auf die Nebenniere die Produktion von adrenalem Testosteron reduziert oder unterdrückt wird (Tannock et al. 1989). Die Wirkung scheint nicht dosisabhängig zu sein, die Dauer liegt bei 3–4 Monaten ( Tab. 25.45). Durch die vielfältigen Möglichkeiten der sekundären Hormontherapie und der Chemotherapie spielt die Monotherapie mit Kortikosteroiden in der Praxis heute keine wesentliche Rolle mehr.
Abiraterone Abiraterone (Attard et al. 2008), ein CYP17-Inhibitor hat beim chemonaiven kastrationsrefraktären Prostata-
587 25.8 · Therapie des hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms
Tab. 25.45. Wirkung von Kortikosteroiden beim Prostatakarzinom Studie
Therapie
Patienten (n)
PSA-Response – PSAReduktion >50% (%)
Tannock et al. 1996
Prednison 10 mg/Tag
81
22
Sartor et al. 1998
Prednison 10 mg/Tag
29
34
Kantoff et al. 1999
Hydrokortison 30 mg morgens/10 mg abends
116
22
Small et al. 2000
Hydrokortison 40 mg/Tag
231
16
Kelly et al. 1995
Hydrokortison 25 mg morgens/15 mg abends
30
20
Weitzman et al. 2000
Dexamethason 0,75 mg 2–3×/Tag
38
61
karzinom in einer Phase-II-Studie eine PSA-Response bei mehr als 60% der Patienten gezeigt (Bono et al. 2008). Darüber hinaus war auch in der Second-line-Indikation nach Docetaxel (s. unten) eine klinisch relevante Aktivität zu verzeichnen. Die Substanz wird derzeit in Phase-IIIStudien geprüft.
Chemotherapie Bis in die 1990-er Jahre galt das Prostatakarzinom als chemoresistenter Tumor (Eisenberger et al. 1985). Zwar wurden zahlreiche Substanzen getestet, die objektiven Responseraten waren jedoch minimal, und ein Einfluss auf das Überleben konnte nicht gezeigt werden. Die Phase-III-Studie Mitoxantron/Prednison versus Prednison bei symptomatischen Patienten (Tannock et al. 1996) zeigte dann zumindest eine bessere Palliation im Mitoxantron-Arm, so dass der Einsatz dieser Substanz in vielen Ländern zum Standard wurde.
Mitoxantron Mitoxantron gehört zu Gruppe der Anthrazykline und hat Strukturähnlichkeiten mit Doxrubicin, im Vergleich zu dieser Substanz aber eine reduzierte Kardiotoxizität (Fox 2004). Mitoxantron hat in der Monotherapie (Otto et al. 1996) und in der Kombination mit Cisplatin (Osborne et al. 1992) in Phase-II-Studien mäßige Aktivität beim hormonrefraktären Prostatakarzinom gezeigt. Die Phase-III-Studie Mitoxantron/Prednison versus Prednison allein (Tannock et al. 1996) mit 161 symptomatischen Patienten zeigte in der Palliation (Schmerzreduktion) einen signifikanten Vorteil für den Mitoxantron-Arm. Ein Überlebensvorteil wurde nicht gefunden. Die Ergebnisse dieser Studie haben zur Zulassung von Mitoxantron für das symptomatische hormonrefraktäre Prostatakarzinom geführt.
Die Daten wurden in einer weiteren Phase-III-Studie bestätigt (Kantoff et al. 1999). Auch hier fanden sich keine Unterschied im Gesamtüberleben (12,3 versus 12,6 Monate). Die Toxizität wurde als gering bis mäßig beschrieben, eine Kardiotoxizität fand sich bei 5 von 130 Patienten, die primär oder nach Crossover Mitxantron erhielten. Weitere Daten zur Toxizität von Mitoxantron sind aus den Phase-III-Studien gegen Docetaxel ersichtlich (s. unten).
Taxane Taxane stammen aus der Rinde der pazifischen Eibe (Paclitaxel) bzw. den Nadeln der europäischen Eibe (Docetaxel). Paclitaxel wurde in den 1970-er, Docetaxel in den 1980-er Jahren entwickelt. Beide Substanzen werden bei verschiedenen Tumorarten eingesetzt (Mammakarzinom, Bronchialkarzinom). Taxane wirken, wie beschrieben ( Kap. 25.8.1), über eine Phosporylierung von Bcl-2 am Mikrotubulus der Tumorzelle. Zwischen Docetaxel und Paclitaxel bestehen Unterschiede in der Molekülstruktur und der Pharmakokinetik. Docetaxel ist experimentell bei der Bcl-2-Phosphorylierung ( Kap. 25.8.1) 100-fach wirksamer als Paclitaxel (Haldar et al. 1997). Inwieweit diese Unterschiede beim hormonrefraktären Prostatakarzinom eine klinisch relevante Rolle spielen, ist nicht klar. Nach Untersuchungen in Phase-II-Studien wurde Paclitaxel in der Phase III beim hormonrefraktären Prostatakarzinom nicht weiter untersucht. Docetaxel hat in der Monotherapie in Phase-I/IIStudien PSA-Ansprechraten um 40% und in der Kombination mit Estramustinphosphat PSA-Ansprechraten bis 80% gezeigt (Übersicht bei Petrylak 2000). Dabei wurden mediane Überlebensraten von bis zu 27 Monaten erzielt (Picus u. Schultz 1999), während bis zu diesem Zeitpunkt das mediane Überleben bei vergleichbaren Patientengruppen bei ca. 1 Jahr gelegen hatte.
25
588
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.46. Patientencharakteristika I der TAX 327-Studie. (Nach Tannock et al. 2004)
25
Docetaxel 3-wöchentlich
Docetaxel wöchentlich
Mitoxantron
Randomisierte Patienten (n)
335
334
337
Ausschluss* (%)
12
12
12
Medianes Alter
68 (42–92)
69 (36–92)
68 (43–86)
Karnofsky-Index ≥80 (%)
88
87
86
Schmerzen PPI 2/AS 10 (%)
45
45
46
− Prostatektomie
19
24
21
− Radiotherapie
52
44
51
− Estramustin
19
18
21
− 1
9
8
6
− 2
68
72
69
− >2
23
21
25
Med. PSA (ng/ml)
114
108
123
7
42
40
42
8–10
31
31
28
k. A.
26
29
30
Knochen
90
91
92
Viszeral
22
24
22
Vorbehandlung (%)
Hormonelle Manipulationen (%)
Gleason-Score (%)
Metastasen (%)
* Patienten wurden in die Intent-to-treat-Analyse mit einbezogen
Die ermutigenden Phase-II-Ergebnisse führten schließlich zu 2 großen Phase-III-Studien. In der dreiarmigen TAX 327-Studie wurde Docetaxel in 2 Schematas (75 mg/ m2 KOF 3-wöchentlich bzw. 30 mg/m2 KOF wöchentlich für 5 von 6 Wochen) mit Mitoxantron 12mg/m2 KOF verglichen. In allen 3 Armen erhielten die Patienten darüber hinaus 2×5 mg Prednison/Tag (Tannock et al. 2004). Insgesamt wurden 1006 Patienten randomisiert. Die Patientencharakteristika sind in Tab. 25.46 zusammengefasst. Knapp die Hälfte der Patienten hatte Symptome, über 90% Knochenmetastasen, der mediane Ausgangs-PSAWert lag zwischen 108 und 123 ng/ml. Der primäre Endpunkt der Studie war das Gesamtüberleben. Sekundäre Endpunkte waren PSA-Ansprechrate, objektive Tumorremission, Schmerzreduktion und Verbesserung der Lebensqualität (gemessen mit FACT-P).
Die Studie wurde wie geplant nach 535 »events« (Todesfällen) ausgewertet, das mediane Follow-up zu diesem Zeitpunkt betrug 20,7 bzw. 20,8 Monate. Es waren maximal 10 Zyklen Chemotherapie im 3-wöchentlichen Docetaxel- und im Mitoxantron-Arm geplant, 5 Zyklen im wöchentlichen Docetaxel-Arm. Eine sekundäre Docetaxel-Therapie nach Progression unter Mitoxantron war möglich. In der Kaplan-Meier Analyse zeigte sich ein signifikanter Überlebensvorteil des 3-wöchentlichen Docetaxel-Arms gegenüber dem Mitoxantron-Arm (18,9 versus 16,5 Monate medianes Überleben; Abb. 25.32). Das mediane Überleben im wöchentlichen Docetaxel-Arm lag bei 17,4 Monaten und war gegenüber Mitoxantron nicht signifikant überlegen. Die Ergebnisse der wesentlichen sekundären Endpunkte sind in Tab. 25.47 zusammengefasst.
589 25.8 · Therapie des hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms
Tab. 25.47. Sekundäre Endpunkte der TAX 327-Studie. (Nach Tannock et al. 2004). Docetaxel 3-wöchentlich
Docetaxel wöchentlich
Mitoxantron
− Anzahl (n)
153
154
157
− Response Rate (%)
35
31
22
− p-Wert (versus Mitoxantron)
0,01
0,07
− Anzahl (n)
291
282
300
− PSA-Responserate (%)
45
48
32
− p-Wert (versus Mitoxantron)
0,0005
<0,0001
− Anzahl (n)
141
134
137
− Responserate (%)
12
8
7
− p-Wert (versus Mitoxantron)
0,1
0,5
Schmerzreduktionrate*
PSA-Responserate*
Tumor-Responserate*
Überlebenswahrscheinlichkeit
* Patienten mit Schmerzen, PSA ≤20 ng/ml oder mit messbarer Erkrankung bei Studienbeginn
Doxetaxel wöchentlich
Doxetaxel alle 3 Wochen
Mitoxantron
Patienten (n) Doxetaxel alle 3 Wochen Doxetaxel wöchentlich Mitoxantron
Monate 335 296 217 104 37 5 334 297 200 105 29 4 337 297 192 95 29 3
Abb. 25.32. Kaplan-Meier-Analyse der TAX 327-Studie
Auf den in dieser Studie erstmals gezeigten fehlenden Zusammenhang zwischen Überleben und der PSAAnsprechrate wurde bereits Kap. 25.8.3 hingewiesen: die höchste PSA-Ansprechrate (48%) zeigte sich im wöchentlichen Docetaxel-Arm, der beim Gesamtüberleben dem Mitoxantron-Arm nicht signifikant überlegen war. Bei der Auswertung der Lebensqualität zeigten sich die beiden Docetaxel-Schemata der Mitoxantron-Therapie signifikant überlegen ( Tab. 25.48). Die Nebenwirkungen der verschiedenen Arme sind in Tab. 25.49 und 25.50 detailliert dargestellt.
Die TAX 327-Studie zeigte zum ersten Mal einen Überlebensvorteil für eine Therapie beim hormonrefraktären Prostatakarzinom. Der Überlebenvorteil war auch für Subgruppen konsistent (Alter <65 Jahre versus ≥65 Jahre, Schmerzen versus keine Schmerzen, Karnofsky-Index ≤70% versus ≥80%). In der multivariaten Analyse waren die prognostischen Faktoren ( Kap. 25.8.2) Weichteilmetastasen, hohe alkalische Phosphatase, niedriges Hämoglobin und hoher Gleason-Score negative prognostische Faktoren. Umgekehrt war der alleinige PSA-Anstieg als Zeichen der Progression ein günstiger prognostischer Faktor. Bei der Bewertung des relativ geringen Überlebensvorteils ist zu bedenken, dass nach Progression unter Mitoxantron-Therapie eine sekundäre Docetaxel-Therapie möglich war. Die sekundäre Docetaxel-Therapie nach Mitoxantron zeigt hohe Ansprechraten (Oudard et al. 2005), was den Überlebensvorteil zwischen den Therapiearmen der TAX 327-Studie reduziert haben kann. Erwähnenswert ist, dass umgekehrt kaum Patienten auf die sekundäre Mitoxantron-Therapie nach Docetaxel ansprechen (Oh et al. 2005). Insgesamt traten in der TAX 327-Studie im 3-wöchentlichen Docetaxel-Arm 26%, im wöchentlichen Docetaxel-Arm 29% und im Mitoxantron-Arm 20% schwere unerwünschte Nebenwirkungen auf. Die hämatologische Toxizität war mit dem 3-wöchentlichen Schema erwartungsgemäß höher als mit dem wöchentlichen, febrile Neutropenien waren aber auch hier selten.
25
590
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.48. Lebensqualitätsdaten der TAX 327-Studie. (Nach Tannock et al. 2004). Response wurde als Zugewinn von >16 Punkten im FACT-P-Lebensqualitätsbogen gegenüber dem Ausganswert definiert
25
Docetaxel 3-wöchentlich
Docetaxel wöchentlich
Mitoxantron
Evaluierbare Patienten (n)
278
270
267
Response (95%-KI) (%)
22 (17–27)
23 (18–28)
13 (9–18)
p-Wert im Vergleich zu Mitoxantron
0,009
0,005
Tab. 25.49. Hämatologische Toxizität Grad 3 und 4 der TAX 327-Studie (alle Angaben in Prozent) Docetaxel 3-wöchentlich
Docetaxel wöchentlich
Mitoxantron
Behandelte Patienten (n)
332
330
335
Anämie
5,0
5,0
2,0
Neutropenie
32,0
1,5
22,0
Neutropenische Infektion
3,0
0,0
0,9
Febrile Neutropenie
2,7
0,0
1,8
Septisch bedingter Tod
0,0
0,3
0,3
Tab. 25.50. Nichthämatologische Toxizität Grad 3 und 4 der TAX 327-Studie (alle Angaben in Prozent) Toxizität
Docetaxel 3-wöchentlich
Docetaxel wöchentlich
Mitoxantron
Alle Nebenwirkungen
Nebenwirkungen Grad 3 und 4
Alle Nebenwirkungen
Nebenwirkungen Grad 3 und 4
Alle Nebenwirkungen
Nebenwirkungen Grad 3 und 4
Alopezie
65
k. A.
50
k. A.
13
k. A.
Fatigue
53
4,5
49
5,5
35
5,1
Nausea
41
2,7
36
2,4
36
1,5
Diarrhö
32
2,1
34
4,8
10
1,2
Sensorisch
30
1,8
24
0,9
7
0,3
Nagelveränderungen
30
n. a.
37
n. a.
7
n. a.
Konstipation
25
2,1
17
1,5
17
0,6
Stomatitis
20
0,9
17
0,3
8
0,0
Unruhe
10
0,6
21
0,3
1
0,0
Periphere Ödeme
19
0,6
12
0,6
1
0,0
Erbrechen
17
1,5
22
2,1
14
1,5
Anorexie
17
1,2
21
0,3
14
0,3
Dyspnoe
15
2,7
14
1,5
9
0,9
Epistaxis
6
0,3
17
0,6
2
0,0
591 25.8 · Therapie des hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms
Die Ergebniss der zweiten großen Phase-III-Studie (SWOG 9916) waren mit denen der TAX 327-Studie konsistent. In den 2 Armen wurde die Kombination Docetaxel 60 mg/m2 KOF (3-wöchentlich) und Estramustinphosphat (3×280 mg an den Tagen 1–5 des Zyklus) gegen die Standardtherapie Mitoxatron 12 mg/m2 KOF plus Prednison 2x5 mg untersucht (Petrylak et al. 2004). Insgesamt wurden 770 Patienten randomisiert, von denen 674 auswertbar waren. Das mediane Überleben im Docetaxel-Arm war signifikant länger (17,5 versus 15,6 Monate). Während der Studie wurde eine prophylaktische Antikoagulation mit Warfarin und Asprin per Amendment eingeführt, um das höhere Thromboserisiko durch Estramustinphosphat zu reduzieren. Die deskriptive Auswertung der beiden Gruppen mit und ohne Antikoagulation zeigt eine geringfügige Reduktion der thrombembolischen Komplikationen durch die Prophylaxe. Die Anzahl schwerer unerwünschter Nebenwirkungen war im Mitxantron-Arm niedriger als im Docetaxel-Arm. Das Nebenwirkungsprofil entsprach ansonsten dem der TAX 327-Studie. Obwohl ein direkter randomisierter Vergleich mit einer größeren Phase-III-Studie fehlt, suggerieren die Daten aus der TAX 327- und der SWOG 9916-Studie, dass die Kombination von Docetaxel und Estramustinophosphat keinen Vorteil gegenüber der Monotherapie mit Docetaxel bringt. Das 3-wöchentliche Schema mit 75 mg/m2 KOF kann nach der Datenlage als Standardschema gelten. Das wöchentliche Schema mit 35 mg/ m2 KOF kann bei älteren Patienten alternativ eingesetzt werden. Die Zugabe von 2×5 mg Prednison scheint ebenfalls keine Vorteile zu bringen und ist verzichtbar. Unabhängig davon muss bei allen Docetaxel-Schemata eine Prämedikation mit Dexamethason erfolgen (2×8 mg/Tag am Tag vor und am Tag der Chemotherapie). Die optimale Anzahl der Zyklen ist derzeit offen. In der TAX 327-Studie erhielten die Patienten im Mittel 9 Zyklen. Die chronische Toxizität (z. B. Nagelablösungen und periphere Neuropathie) steigt mit der Anzahl der Zyklen. Diese Beobachtung hat zur Prüfung eines intermittierenden Chemotherapieschemas in einer Phase-IIStudie geführt (AUO AP 33/02) um damit die Toxizität zu reduzieren (Miller et al. 2005). 75 Patienten wurden mit einem wöchentlichen Doctaxel-Schema (35 mg/m2 KOF) und Estramustinphosphat 3×140 mg (Tag 1–3 des Zyklus) behandelt. Nach 3 Zyklen (1. Sequenz) wurde die Therapie ausgesetzt, bis der PSA-Wert wieder auf den 2-fachen Wert des Nadirs (niedrigster erreichter Wert während oder nach den 3 Zyklen) angestiegen war. Anschließen wurden erneut 3 Zyklen gegeben (2. Sequenz). Primärer Endpunkt war die PSA-Ansprechrate im 2. Zyklus. Ein PSA-Ansprechen
in der 2. Sequenz wurde bei 80% der Patienten gefunden. Die durchschnittliche Dauer der Therapiepause lag bei 12 Wochen. Das mediane Überleben entsprach mit 18,5 Monaten dem der großen Phase-III-Studien. Die Daten aus dieser Phase-II-Studie zeigen, dass ein erneutes Ansprechen auf Docetaxel erfolgt, auch wenn die Therapie unterbrochen wird. Aufgrund der unterschiedlichen Schemata ist ein Vergleich der Toxizität mit z. B. den Phase-III-Daten (TAX 327, SWOG 9916) schwierig. Eine Phase-III-Studie intermittierende versus kontinuierliche Chemotherapie wurde im Sommer 2005 begonnen (AUO AP 40/04 »PRINCE«, vgl. http://www. auo-online.de/index_ie.asp). Die Möglichkeit der intermittierenden Chemotherapie erleichtert die Indikationsstellung zur Chemotherapie vor allem bei asymptomatischen Patienten. Nach 3 Zyklen ist eine solide Abschätzung der Therapieeffektivität einerseits (quantitative PSA-Reduktion, Kap. 25.8.3) und der Nebenwirkungen andererseits möglich. Damit kann entschieden werden, ob es sinnvoll ist, die Therapie fortzusetzen. Der in der PhaseII-Studie festgelegte Wiedereinstiegspunkt Verdopplung des PSA-Nadirs wurde zunächst willkürlich gewählt. Erfahrungen mit individuellen Heilversuchen haben gezeigt, dass ein Wiederansprechen auf Docetaxel auch nach einer längeren Pause mit weiterem Ansteigen des PSA-Wertes möglich ist.
Andere Chemotherapeutika Ältere Anthrazykline wie Doxorubicin und Epirubicin wurden in Phase-II-Studien untersucht und zeigten PSAAnsprechraten zwischen 30 und 60% in der Monotherapie oder in der Kombination mit Estramustinphosphat (Übersicht bei Heidenreich et al. 2001). Die Kardiotoxizität dieser Substanzen ist erheblich. Sie spielen heute allenfalls bei individuellen Heilversuchen in der Secondline-Chemotherapie noch eine Rolle. Vinorelbin gehört zur Gruppe der Vinkaalkaloide, die über eine Hemmung der Mikrotubulussynthese wirken. Vinorelbin (30 mg/m2 KOF an Tag 1 und 8) wurde in der Kombination mit Aminogluthetimid und HydroKortison gegen Aminogluthetimid und Hydrokortison allein an 414 Patienten prospektiv randomisiert geprüft (Abratt et al. 2004). Während sich signifikante Vorteile in der Chemotherapiegruppe bei der PSA-Ansprechrate, Palliation (Schmerzreduktion) und dem progressionsfreien Überleben zeigten, wurde kein Vorteil beim Gesamtüberleben gefunden. Häufigste Nebenwirkung war die Neutropenie (25,6% Grad 3/4). Durch die Verfügbarkeit der Taxane spielt Vinorelbin in der Praxis heute keine wesentliche Rolle mehr. Daten zur Second-line-Therapie mit Vinorelbin nach Taxan-Chemotherapie liegen nicht vor.
25
592
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.51. Vergleich von Patientencharakteristika und Ergebnissen der sekundären Hormontherapie mit Ketoconazol und der Chemotherapie mit Doctaxel. (Nach Ryan u. Eisenberger 2005)
25
Sekundäre Hormontherapie
Chemotherapie
Studie
CALGB 9583
SWOG 9916
TAX 327
Therapie
Ketoconazol + AAWD versus AAWD
Docetaxel + Estramustin versus M/P
Docetaxel + Prednison versus M/P
Autor
Small
Petrylak
Tannock
Patienten (n)
260
770
1,006
Medianes Patientenalter (Jahre)
72
70
68
Medianer PSA-Wert
58
84
112
Knochenmetastasen (%)
84
88
91
Viszerale Metastasen (%)
6, Leber
6
23
Notwendigkeit der Opioidanalgesie (%)
29
36
45
Überleben im überlegenen Studienarm (Monate)
15,3
17,5
18,9
Überleben im unterlegenen Studienarm (Monate)
16,7
15,6
17,4
Epothilone sind Tubulin polymerisierende Substanzen, die wie die Taxane am Mikrotubulus angreifen und experimentell Aktivität gegen Taxan-sensititve und -resistente Tumormodelle gezeigt haben. Ixabepilone (BMS-247550) wurde an 48 Patienten (davon 42 auswertbar) mit HRPCA als primäre Chemotherapie untersucht (Phase II). 33% zeigten ein PSA-Ansprechen. Nebenwirkungen Grad 3 (Neuropathie, Neutropenie) wurden bei 16 Patienten, Grad-4-Nebenwirkungen (Neutropenie) bei 3 Patienten dokumentiert. Die auf den experimentellen Daten basierende Möglichkeit, Epothilone in der Second-line-Therapie nach Taxanen oder als Altnernative bei Nichtansprechen auf Taxane einzusetzen, hat in klinischen Studien bisher keinen Niederschlag gefunden. Umgekehrt zeigten Patienten, die in einer Phase-II-Studie primär mit Ixabepilon behandelt wurden, in 61% eine PSA-Response auf die sekundäre Therapie mit Taxanen (Rosenberg et al. 2005). Ein sekundäres Ansprechen auf Taxane ist jedoch auch nach primärer Taxan-Therapie beschrieben worden (s. oben), so dass die Epothilone derzeit für die klinische Praxis keine Rolle spielen. Satraplatin ist ein oral verfügbares Platinderivat. In einer abgebrochenen randomisierten Studie zeigt Satraplatin Aktivität in der primären Therapie des hormonrefraktären Prostatakarzinoms (Sternberg et al. 2003). Die Daten der Satraplatin Phase-III-Studie (SPARC) liegen inzwischen vor. Der geringe Vorteil im progressionsfreien
Überleben bewirkte keinen signifikanten Vorteil beim Gesamtüberleben. Die Daten wurden von der FDA als nicht ausreichend für eine Zulassung bewertet.
Indikation: sekundäre Hormontherapie und Chemotherapie Wie bereits angesprochen, wird heute die Mehrzahl der Patienten mit hormonrefraktärem Prostatakarzinom durch PSA-Anstieg diagnostiziert. Die Patienten sind meist asymptomatisch. Die Frage sekundäre Hormontherapie versus Chemotherapie sollte durch eine prospektiv randomisierte Studie (Ketoconazol versus Docetaxel) geklärt werden (Walczak 2003). Diese Studie wurde 2005 wegen schlechter Rekrutierung eingestellt. Die Frage der Indikationsstellung kann also derzeit nicht auf der Basis von Phase-III-Evidenz beantwortet werden. Der Vergleich der Studien CALGB 9583, SWOG 9916 und TAX 327 ( Tab. 25.51) gibt indirekte Hinweise. Bei vergleichbaren Patientencharakteristika wurden mit sekundärer Hormontherapie (Ketoconazol) und Chemotherapie (Docetaxel) vergleichbare Überlebensraten erzielt. Nicht dokumentiert ist allerdings, wie viele Patienten nach Ketoconazol eine Chemotherapie mit Taxanen erhielten, die ja das Überleben beinflusst haben könnte. Die derzeit zur Verfügung stehenden Entscheidungskriterien für die Frage sekundäre Hormontherapie versus frühe Chemotherapie können also nur an der individuel-
593 25.8 · Therapie des hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms
len prognostischen Einschätzung des einzelnen Patienten festgemacht werden ( Kap. 25.8.2). Bei asymptomatischen Patienten mit günstigen prognostischen Kriterien, z. B. nach Maßgabe der Nomogramme (Smaletz et al. 2002; Halabi et al. 2003; Kap. 25.8.2), ist der Versuch einer sekundären Hormontherapie gerechtfertigt. Unter 4-wöchentlichen PSA-Kontrollen kann der Effekt schnell abgeschätzt werden. Bei asymptomatischen Patienten mit ungünstigen prognostischen Kriterien ist eine frühe Chemotherapie zu überlegen. Da es keine prognostischen Kriterien für das individuelle Ansprechen und die individuelle Toxzität gibt, sollte man mindestens 3 Zyklen geben, um diese Parameter abschätzen zu können. Die Möglichkeit der intemittierende Therapie (s. oben) erleichtert die Indikationsstellung. Die intermittierende Therapie ist bisher jedoch nicht durch Phase-III-Daten abgesichert und muss als individueller Heilversuch klassifiziert werden. Bei symptomatischen Patienten ist wegen des guten palliativen Effekts die frühzeitige Chemotherapie mit Docetaxel indiziert. Zu bedenken ist, dass bei lokalisierten Knochenschmerzen eine Schmerzbestrahlung vor der Chemotherapie sinnvoll ist.
Second-line-Therapie nach Chemotherapie mit Taxanen Eine effektive Second-line-Therapie nach Progression unter Chemotherapie mit Docetaxel steht nicht zur Verfügung (Übersicht bei Berthold et al. 2005). Auf die Phase-II-Daten mit Epothilonen und Satraplatin wurde oben eingegangen. Wurden vor der Chemtherapie nicht alle Möglichkeiten der sekundären Hormonmanipulation ausgeschöpft (z. B. Ketoconazol), ist ein Therapieversuch mit Hormonen auch nach Chemotherapie gerechtfertigt. Abiraterone ( Kap. 25.7.2, Abschnitt »Abiraterone«; Attard et al. 2008; Bono et al. 2008) hat bei CRPC-Patienten nach Taxan-Chemotherapie in 40% der Fälle eine PSA-Response gezeigt. Eine Phase-III-Studie in dieser Indikation ist unterwegs. Bei diffusen Knochenschmerzen kann eine Behandlung mit Radioisotopen (Strontium-89, Samarium-159, Rhenium-188) zur Schmerzreduktion führen. Die Therapie mit Radioisotopen kann wiederholt werden. Rhenium-188 hat in einer Phase-II-Studie bei ca. 30% der Patienten zu einer Reduktion des PSA-Wertes geführt (Berthold et al. 2005), ein Einfluss auf das Überleben ist nicht nachgewiesen.
Immuntherapie Der Versuch, Tumoren durch verschiedenartig aufbereitete Tumorzellvakzine oder durch mit Tumorzellantigenen beladene dendritische Zellen immunogen zu machen, um
eine effektive zelluläre Immunantwort hervorzurufen, hat bei unterschiedlichen Tumorarten über Jahrzehnte keine verwertbaren Ergebnisse gebracht. 2005 wurden beim hormonrefraktären Prostatakarzinom erstmalig Daten vorgestellt (Small et al. 2005), die einen Fortschritt auf diesem Gebiet andeuten. Erste Phase-I/II-Ergebnisse mit Provenge, einem Konstrukt aus dendritischen Zellen, die mit einem Fusionsprotein aus prostatischer alkalischer Phosphatase (PAP) und Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-Stimulationsfaktor (GMCSF) beladen werden, wurden 2000 berichtet (Small et al. 2000). Von 31 behandelten Patienten zeigten 3 eine >50%ige PSA-Reduktion, weitere 3 zeigten eine Reduktion zwischen 25 und 49%. Fieber als häufigste Nebenwirkung trat bei 15% der Patienten auf. Insgesamt waren die Nebenwirkungen dieser Therapie gering. Die Ergebnisse der darauffolgenden Phase-III-Studie wurden 2005 erstmals berichtet (Small et al. 2005). 127 Patienten wurden in einem 2 : 1-Schema in einen Behandlungsarm mit der Vakzine (APC8015, Provenge) bzw. in einen Placebo-Arm randomisiert. Der primäre Endpunkt war die Zeit bis zur Progression. Zum Zeitpunkt der berichteten Analyse standen Gesamtüberlebensdaten nach 36 Monaten zur Verfügung. Während sich beim primären Endpunkt kein signifikanter Unterschied fand, zeigte sich ein signifikanter Gesamtüberlebensvorteil für den Vakzinearm (25,9 versus 22,0 Monate, p=0,02). Obwohl die Interpretation dieser Ergebnisse noch umstritten ist, wurde doch zum ersten Mal mit einer Immuntherapie ein Überlebensvorteil gezeigt. Die Ergebnisse der Phase-III Studien mit Provenge stehen aus. Zwei Phase-III-Studien (Vital-1 und Vital-2) mit einem alternativen Vakzinierungspräparat (GVAX) wurden allerdings inzwischen wegen erhöhter Todesraten im experimentellen Therapiearm bzw. wegen Wirkungslosigkeit abgebrochen.
Bisphosphonate Knochenmetastasen sind der wesentliche Morbiditätsfaktor beim hormonrefraktären Prostatakarzinom. Bisphosphonate sind Osteoklastenhemmstoffe, die seit langer Zeit bei Tumoren mit osteoklastischen Metastasen (z. B. Mammakarzinom) eingesetzt wurden. Angesichts der überwiegend osteoblastischen Metastasen beim Prostatakarzinom wurde der Einsatz von Bisphosphonaten lange Zeit für nicht sinnvoll erachtet. Experimentelle Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass es auch bei den Knochenmetastasen des Prostatakarzinoms zu einer Aktivierung der Osteoklasten kommt (Berruti et al. 2001). Dadurch war die Rationale für einen Einsatz von Bisphosphonaten auch bei den osteoblastischen Metastasen des Prostatakarzinoms gegeben.
25
594
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Zoledronsäure
25
Zoledronsäure ist bisher das einzige Bisphosphonat, das in einer klinischen Phase-III-Studie Wirksamkeit beim Prostatakarzinom gezeigt hat ( Tab. 25.52). In dieser Studie wurden 643 Patienten mit zunächst mit 4 bzw. 8 mg Zoledronsäure oder mit Placebo behandelt. Aufgrund der renalen Nebenwirkungen wurde per Amendment der 8-mg-Arm gestoppt und nur die 4-mg-Dosierung weitergeführt. Ebenso wurde die Infusionszeit von 5 auf 15 min erhöht. Eingeschlossen wurden unter Hormontherapie progrediente Patienten mit Knochenmetastasen. Die Infusion wurde alle 3 Wochen für 15 Monate gegeben. Alle Patienten erhielten 500 mg Kalzium und 400–500 IE Vitamin D/Tag. Primärer Endpunkt war die Reduktion des Anteils an Patienten mit mindestens einer Skelettkomplikation. Als Skelettkomplikation waren definiert: pathologische Frakturen, Notwendigkeit von chirurgischen oder radiotherapeutischen Maßnahmen, Spinalkanalkompression, starke Knochenschmerzen mit Notwendigkeit der Änderung der medikamentösen Therapie. Die Therapie mit Zoledronsäure führte zur einer absoluten Reduktion der Skelettkomplikationen um 11% im Vergleich zu Placebo (44 versus 33%, p=0,02, relative Reduktion 25%). Am ausgeprägtesten war der Effekt bei den pathologischen Frakturen, hier betrug die relative Reduktion 40%. Weiterhin wurde die Zeit bis zum ersten Auftreten eines skelettalen Ereignisses signifikant verlängert: Die mediane Zeit für Placebo betrug 321 Tage, die für Zoledronsäure >420 Tage. Der Unterschied in der Schmerzreduktion nach 15 Monaten war statistisch nicht signifikant. Die häufigsten Nebenwirkungen aus dieser Studie sind in Tab. 25.53 zusammengefasst. Die aseptische Kieferosteonekrose im Zusammenhang mit der Bisphosphonattherapie wurde 2003 erstmals systematisch veröffentlicht (Marx 2003). Das Risiko ist mit Zoledronsäure höher als mit anderen Bisphosphonaten.
Das Risiko steigt mit der zeitlichen Exposition: Behandlungszeiträume von 4–12 Monaten ergaben eine Häufigkeit von 1,5%, bei Langzeitanwendungen von 37–48 Monaten steigt die Häufigkeit auf 7,7% (Bamias et al. 2005). Nahezu alle Patienten mit Osteonekrose hatten Zahnextraktionen oder Zahnersatz (Bamias et al. 2005). Die Notwendigkeit von Zahnextraktionen muss als Kontraindikation für die Therapie von Bishphosphonaten angesehen werden, Patienten mit Zahnersatz müssen ent-
Tab. 25.53. Nebenwirkungen der Therapie mit Zoledronsäure im Vergleich zu Placebo. (Nach Saad et al. 2002) Nebenwirkung
Zoledronsäure 4 mg
Placebo
Patienten: n (%)
Patienten: n (%)
Übelkeit
77 (36,0)
77 (37,0)
Obstipation
72 (33,6)
72 (34,6)
Fatigue
70 (32,7)
53 (25,5)
Myalgie
53 (24,8)
37 (17,8)
Emesis
46 (21,5)
43 (20,7)
Schwäche
45 (21,0)
40 (19,2)
Anorexie
43 (20,1)
36 (17,3)
Fieber
43 (20,1)
27 (13,0)
Ödeme
41 (19,2)
27 (13,0)
Schwindel
38 (17,8)
24 (11,5)
Diarrhö
36 (16,8)
32 (15,4)
Gewichtsverlust
36 (16,8)
26 (12,5)
Anämie
57 (26,6)
37 (17,8)
Serumkreatinin erhöht
32 (15,2)
24 (11,5)
Tab. 25.52. Phase-III-Studien zur Bisphosphonattherapie von Knochenmetastasen des Prostatakarzinoms Studie
Patienten (n)
Studienpopulation
Studienarme
Outcome
Zometa 039 – Lipton et al. 2002
643
Asymptomatisch, androgenunabhängig
Zoledronsäure versus Placebo
Signifikante Reduktion skelettaler Ereignisse
032/INT 05 – Small et al. 2003
350
Symptomatisch, androgenunabhängig
Pamidronat versus Placebo
Keine signifikante Veränderung im Hinblick auf Schmerzen, Analgetikaverbrauch und skelettale Ereignisse
NCIC Pr06 – Ernst et al. 2003
204
Symptomatisch, androgenunabhängig
Mitoxantrone und Prednison ± Clodronat
Keine signifikante Veränderung im Hinblick auf palliative Response
NCIC = National Cancer Institute of Canada
595 25.8 · Therapie des hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms
sprechend sorgfältig überwacht werden (Oralhygiene!). Es existiert keine effektive kausale Therapie für die Kieferosteonekrose. Bei Therapiezeiträumen von >2 Jahren ist das Risiko gegen den Benefit der Bisphosphonattherapie sorgfältig abzuwägen. In Anbetracht der derzeitigen medianen Überlebenszeit von Patienten mit hormonrefraktärem Prostatakarzinom ist das Problem der Langzeitexposition hier jedoch eher selten. Zoledronsäure gehört bei Patienten mit Knochenmetastasen und hormonrefraktärem Prostatakarzinom zur Standardtherapie (Grad-A-Empfehlung in den EAU Guidelines; Aus et al. 2005).
Targetspezifische Therapie Grundlagen Der Versuch, gezielter als mit Chemotherapeutika in tumorspezifische Stoffwechselvorgänge therapeutisch einzugreifen, hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Das Blockieren von Wachstumsfaktorrezeptoren wie dem »epidermal growth factor receptor« (EGFR) oder die Blockade der Tumorangiogenese über Hemmung des »vascular endothelial growth factor receptor« (VEGFR) sind zwei typische Beispiele ( Tab. 25.54). Dabei können solche Rezeptoren über zwei grundsätzliche Wege gehemmt werden:
mit Antikörpern (»MAB«), die den Rezeptor anstelle des natürlichen Liganden blockieren, oder
durch sog. »small molecules«, die die Aktivierung des Rezeptors über die Hemmung der hierfür erforderlichen Tyrosinkinase verhindern.
Zahlreiche dieser Substanzen wurden beim hormonrefraktären Prostatakarzinom in Phase-I- und -II-Studien untersucht. Die Ergebnisse der überwiegenden Mehrzahl dieser Studien waren jedoch nicht so konklusiv, dass Phase-III-Studien nachfolgten. Die wenigen Ergebnisse aus größeren randomisierten Studien sind unten detaillierter beschrieben ( Tab. 25.55). Keine der Mono- oder Kombinationstherapien spielt derzeit eine Rolle für die klinische Routine.
Angiogenesehemmer Die Idee, die für die Tumorentwicklung essenzielle Blutgefäßneubildung und nicht den Tumor selbst zu blockieren, wurde bereits sehr lange verfolgt (Folkman 1985), bevor sie vor wenigen Jahren in den Mittelpunkt des onkologischen Interesses gelangte. Die dann entstandene Euphorie ist verflogen, zwischenzeitlich sind jedoch erste Substanzen wie Bevacizumab für die Behandlung von soliden Tumoren (Kolonkarzinom) zugelassen: in PhaseIII-Studien konnte ein Überlebensvorteil in der Kombination mit Chemotherapie gezeigt werden. Eine PhaseIII-Studie (Docetaxel plus Bevacizumab versus Doctaxel) beim hormonrefraktären Prostatakarzinom ist unterwegs (s. unten). Thalidomid war ursprünglich als Sedativum entwickelt worden und hatte Ende der 1950er-Jahre zu katastrophalen Nebenwirkungen mit Entwicklungsstörungen der fetalen Extremitätenentwicklung geführt. Diese Entwicklungsstörung wurde auf die Hemmung der Blutgefäßneubildung in den sich entwickelnden Extremitäten des Fetus zurückgeführt. D’Amato et al. (1994) konnten zeigen, dass Thalidomid über Beeinflussung des »ba-
Tab. 25.54. Targetspezifische Therapie, Übersicht über den Stand der klinischen Studien. Antisense-Targets in Studien zur Prostatakrebstherapie. (Nach Smith u. Nelson 2005) Targetgen
Rationale
Status
c-myc
Protoonkogen, fördert Proliferation
Klinisch: AVI 4146
bcl-2
Antiapoptotikum, fördert Überleben
Klinisch: Oblimersen (g3139)
PKC-α
Fördert Proliferation
Klinisch: ISIS 3521
Raf-1
Fördert Proliferation
Klinisch: ISIS 5132
Bcl-xL
Antiapoptotikum, fördert Überleben
Präklinisch
HSP-27
Resistenz gegen Androgenablation, induziert Apoptose
Präklinisch
Androgenrezeptor
Inhibiert androgenunabhängige Aktivität
Präklinisch
MMP9
Angiogenese
Präklinisch
c-met
Growth-factor-Rezeptor
Präklinisch
MDM2
Onkogen, fördert Überleben und Proliferation
Präklinisch
HSP »heat shock protein«; MMP Matrixmetalloproteinase; PKC Proteinkinase C
25
596
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.55. Targetspezifische Therapie, Übersicht über den Stand der klinischen Studien. Blockade von Wachstumsfaktorrezeptoren. (Nach Smith u. Nelson 2005)
25
Target
Arzneistoff
Untersuchung
HER-2/neu
Trastezumab
Phase I, II: Kombinations-Trials; Indikation: Mammakarzinom
EGF-Rezeptor-Tyrosinkinase
Gefitinib
Phase I, II: Kombinations-Trials, Indikation: nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom
PDGF-Rezeptor
Imatinib
Phase I, II: Kombinations-Trials, Indikation: chronische myeloische Leukämie
PDGF-Rezeptor-Tyrosinkinase
SU101
Phase I, II
Trk
CEP-701
Phase I, II
Farnesyltransferase
R115777
Phase I, II
EGF-Rezeptor
ABX-EGF: humaner monoklonaler Antikörper
Phase I
EGF-Rezeptor
C225 humaner muriner chimerer monoklonaler Antikörper
Phase I
EGF-Rezeptor-Tyrosinkinase
Phase I
EGF »epidermal growth factor«; PDGF »vascular endothelial growth factor«; Trk Tropomyosinrezeptorkinase
sic fibroblastic growth factor« (bFGF) die Angiogenese hemmt. Beim hormonrefraktären Prostatakarzinom wurde Thalidomid in einer Dosiseskalationsstudie untersucht. In der Dosierung von 200 mg zeigte es mäßige Aktivität (PSA-Ansprechrate 18%), während sich bei höherer Dosierung keine Aktivität fand (Figg et al. 2001). Thalidomid wurde dann in einer randomisierten Phase-IIStudie an 75 Patienten in der Kombination mit Docetaxel untersucht (Dahut et al. 2004). Dabei wurden im einen Arm 200 mg Thalidomid mit 30 mg/m2 KOF Docetaxel (wöchentliches Schema), im anderen Arm eine Monotherapie mit Docetaxel (30 mg/m2 KOF) gegeben. Es zeigte sich ein Trend zu einer höheren PSA-Ansprechrate (53 versus 37%) sowie einer verlängerten progressionsfreien Zeit (5,9 versus 3,7 Monate) zugunsten des Kombinationsarms. Die Studie war nicht auf einen Vergleich des Gesamtüberlebens ausgelegt, trotzdem ist das mediane Gesamtüberleben im Kombinationsarm mit 28,5 Monaten bemerkenswert. Die Nebenwirkungen dieser Studie sind in Tab. 25.56 zusammenfasst. Es zeigte sich insgesamt wenig Grad-3-Toxizität, die Unterschiede zwischen den Armen waren gering. Wichtig ist das häufige Auftreten von thromboembolischen Komplikationen im Kombinationsarm (18%, keine solche Komplikationen im Monotherapiearm). Nach Einführen einer Prophylaxe mit Low-dose-Heparin kam es zu keiner weiteren Thrombose im Kombinationsarm.
Die Kombination Docetaxel plus Thalidomid hat nach den Phase-II-Daten Potenzial, Phase-III-Daten liegen derzeit nicht vor. Eine Thromboseprophylaxe sollte durchgeführt werden, wenn diese Kombinationstherapie in einem individuellen Heilversuch eingesetzt wird.
Endothelin-1-Antagonisten Endothelin-1 ist ein starker Vasokonstriktor. 1995 wurde zum ersten Mal beschrieben, dass es in Prostatakarzinomzellen produziert wird und dass die Plasmalevel bei Prostatakarzinompatienten erhöht sind (Nelson et al. 1995). Endothelin erhöht die Aktivität der alkalischen Phosphatase im Knochen und ist möglicherweise für den osteoblastischen Phänotyp von Knochenmetastasen beim Prostatakarzinom verantwortlich. Der Endothelinrezeptorsubtyp-A-Antagonist Atrasentan wurde in mehreren Studien untersucht (Übersicht bei Nelson 2005). In der größten bisher publizierten 3-armigen, randomisierten Phase-II-Studie an 288 Patienten mit HRPCA wurden 2 Dosen von Atrasentan (2,5 und 19 mg) gegen Placebo getestet. Die Zeit bis zur PSA- bzw. klinischen Progression wurde durch 10 mg Atrasentan signifikant verlängert. Daten zum Überleben wurden nicht beschrieben, ebenso sind Daten aus den durchgeführten PhaseIII-Studien bisher nicht publiziert. Die Informationen aus diesen Studien müssen für eine endgültige Beurteilung abgewartet werden. Für die klinische Praxis spielt Atrasentan derzeit keine Rolle.
25
597 25.8 · Therapie des hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms
Tab. 25.56. Nebenwirkungen der Kombinationstherapie Docetaxel + Thalidomid im Vergleich zur Docetaxel-Monotherapie. (Nach Dahut et al. 2004) Docetaxel (n=25) Grad 1–2
Docetaxel + Thalidomid (n=49) Grad 3
n
%
Fatigue
22
Ödeme
n
Grad 1–2 %
Grad 3
n
%
n
%
88
41
84
2
4
11
44
24
49
Hitzewallungen
7
28
11
22
Augentrockenheit
4
16
17
35
Allergische Reaktionen
5
20
8
16
1
2
Myalgien/Athralgien
5
20
16
33
Psychiatrische Beeinträchtigungen
11
22
Bewusstseinstrübung
2
4 1 (Grad 5)
2
9
18
7
14
Gesamter Körper
Depression
1
4
1
4
4
8
Mundtrockenheit
6
24
27
55
Übelkeit/Erbrechen
15
60
18
37
Diarrhö
11
44
1
4
10
20
Konstipation
11
44
2
8
30
61
11
22
1
2
Magen-Darm-Trakt
Kardiovaskuläres/pulmonales System Pleuraerguss
6
24
Perikarderguss
2
8
1
4
Thrombosea ZNS Verwirrtheit
8
32
21
43
Wahrnehmungsstörungen
12
48
1
4
37
76
Muskuläre Schwäche
2
8
1
4
3
6
Stoffwechselstörungen und andere Blutwertanomalien Hyperglykämie
4
16
7
28
4
8
Bilirubin erhöht
1
4
2
8
1
2
2
4
1
2
3
6
2
4
4
8
4
8
AST/ALT erhöht Anämie
2
8
Neutropenie
1
4
Thrombozytopenie a Tiefe Venenthrombose/Lungenembolie
1
1
4
4
598
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Die randomiserte Phase-II-Studie mit dem spezifischen Endothelin-A-Antagonisten ZD4054 zeigte einen signifikanten Vorteil beim Gesamtüberleben gegen Placebo. Phase-III-Studien mit dieser Substanz sind unterwegs.
Suramin
25
Suramin wurde in einer Phase-III-Studie in der Kombination mit 40 mg Hydrokortison gegen Hydrokortison allein an 460 Patienten geprüft (Small et al. 2000). Suramin ist ein polysulfonierter Naphtylharnstoff, der auf verschiedenen Wegen in den Stoffwechsel der Tumorzelle eingreift: Hemmung von Wachstumsfaktoren wie dem »basic fibroblastic growth factor« sowie Degradation der Proteinkinase C, Topoisomerase II und von Glykosaminglykanen. Suramin zeigte signifikante Vorteile in der Palliation (Schmerzverbesserung 43 versus 29%), in der PSAAnsprechrate (33 versus 16%) sowie in der Zeit bis zur Progression. Ein Überlebensvorteil wurde nicht gefunden. Die häufigsten schweren (Grad 3/4) Nebenwirkungen waren Ödeme (11%), Asthenie (8%), Anämie (7%) und Dyspnoe (4%). Bei den leichteren Nebenwirkungen waren Hautauschläge am häufigsten (57%). Suramin hat derzeit für die klinische Praxis keine Bedeutung.
Calcitriol Das Potenzial von Vitamin D bei der Prävention des Prostatakarzinoms wurde für die Behandlung der hormonrefraktären Situation in Studien umgesetzt. Hochdosiertes Vitamin D (Calcitriol, 0,5 μg/kg KG) wurde mit einem wöchentlichen Docetaxel-Schema (36 mg/m2 KOF) kombiniert. In dieser Phase-II-Studie fand sich eine PSAAnsprechrate von 81% (Beer et al. 2003), das mediane Überleben lag bei 19,5 Monaten. Es lag damit in einem Bereich, der auch mit der Docetaxel-Montherapie in Phase-III-Studien erzielt wurde (Petrylak et al. 2004). Da Ende 2003 diese Daten noch nicht bekannt waren, wurde eine randomisiert Studie mit 250 Patienten initiiert (ASCENT), die die Kombination Docetaxel plus Calcitriol gegen Docetaxel-Monotherapie vergleich sollte. Erste Interimsdaten aus dieser Studie wurden 2005 berichtet (Beer et al. 2005). Beim primären Endpunkt der Studie (PSA-Response) zeigte sich lediglich ein nicht signifikanter Trend zugunsten der Kombination (58 versus 49%). Es fand sich jedoch bei noch nicht »reifen« Daten ein Überlebensvorteil zugunsten der Kombination (23,5 versus 16,4 Monate). Weiterhin waren im Kombinationsarm die Nebenwirkungen z. T. signifikant reduziert. Die Phase-III-Studie (ASCENT II) Docetaxel ± Calcitriol wurde 2007 vom DSMB wegen vermehrter Todesfälle im experimentellen Behandlungsarm (Docetaxel + Calcitriol) abgebrochen.
25.9
Behandlung prostatakarzinomspezifischer Komplikationen
M. Schostak, K. Miller Komplikationen durch das Wachstum eines fortgeschrittenen Prostatakarzinoms gliedern sich in 2 Bereiche:
lokale Infiltration/Kompression/Verdrängung: subvesikale Obstruktion, Harnleiterobstruktion, Rektumkompression,
metastasenbedingte Komplikationen: insbesondere ossäre Komplikationen und
Schmerzen.
25.9.1 Lokale Infiltration/Kompression/
Verdrängung Subvesikale Obstruktion Die Obstruktion durch ein Prostatakarzinom unterscheidet sich in Diagnostik und operativer Therapie nicht wesentlich von der durch ein Prostataadenom ausgelösten Obstruktion. Bei einem virginellen, d. h. bislang unbehandelten Prostatakarzinom und fehlender Dringlichkeit ist die Androgendeprivation eine wesentlich wirksamere medikamentöse Therapieoption als die medikamentöskonservative Therapie der benignen Prostatahyperplasie. Der Hormonentzug führt zu einer Volumenreduktion des Organs und zu einer Minderung der Beschwerden [1, 2]. Mittelfristig ist das Risiko für eine persistierende oder neu entstehende karzinombedingte Obstruktion jedoch relativ groß [1, 3]. Dies gilt insbesondere bei prätherapeutisch hohen IPSS-Scorewerten [4] und/ oder einem Prostatavolumen >50 cm3 [5]. Bei fehlender Dinglichkeit sollte zunächst die Wirkung der Hormonablation abgewartet werden, bevor operative Maßnahmen erwogen werden. Die transurethrale Elektroresektion kommt als elektive Alternative in Betracht. Obwohl der Eingriff technisch prinzipiell der TUR-P bei Vorliegen einer benignen Prostatahyperplasie gleicht, sind die Komplikationswahrscheinlichkeit und die Mortalität dennoch erhöht [6]. Einige Autoren empfehlen daher, die Resektion auf eine sog. Miktionsrinne zu begrenzen [7]. Alternativ wäre eine transurethrale oder besser eine suprapubische Dauerkathetereinlage die am wenigsten invasive Sofortlösung. Rezidivierende Infekte, konsekutive Harnröhrenstrikturen [8] und die Notwendigkeit regelmäßiger Wechsel der Katheter sind dabei zu bedenken. Eine weitere Möglichkeit ist die Einlage eines Memotherm-Stents in die prostatische Harnröhre. Besonderer Vorteil ist die Sofortwirkung und die geringe Invasivi-
599 25.9 · Behandlung prostatakarzinomspezifischer Komplikationen
tät, Nachteile sind eine mögliche Dislokation und/oder Schmerzen sowie der relativ hohe Preis des Stents [9]. Wenn ein lokal fortgeschrittenes, virginelles Prostatakarzinom keinen ausreichenden Effekt durch eine primäre Androgendeprivation erfährt und/oder zeitgleich zusätzliche Probleme des Harntraktes wie z. B. eine Harnleiterobstruktion oder eine schmerzhafte Infiltration des Blasenbodens bestehen, sollte eine (vordere) Exenteration als eine Alternative durchaus erwogen werden. Neuere Serien zeigen eine vertretbare Morbidität sowie eine sehr gute Lebensqualität nach dem Eingriff. Als wichtigstes Risiko ist eine Rektumperforation in bis zu 13% der Fälle zu nennen [10, 11].
Harnleiterobstruktion Die Ursache einer Harnleiterobstruktion bei bestehendem Prostatakarzinom können völlig unterschiedlich sein: Kompression durch tumoröse Lymphknoten, lokale Infiltration des Trigonums, postaktinisch/postoperativ usw. Vor Beginn jeder Maßnahme ist es empfehlenswert, den Funktionsanteil der betreffenden Niere zu bestimmen. Der aktuelle Goldstandard in der Chemotherapie des hormonrefraktären Karzinoms ist Docetaxel (Taxotere). Diese Substanz wird fast nicht renal eliminiert. Insofern kann bei geringer oder fehlender Symptomatik trotz Chemotherapie evtl. auf eine (operative) Therapie einer einseitigen Obstruktion verzichtet werden. Ist die funktionstragende Niere gestaut oder besteht eine erhebliche Symptomatik, so sollten folgende Regeln beachtet werden:
Liegt eine isolierte distale Harnleiterobstruktion bei unauffälligter Miktion und guter Prognose des Patienten vor, so ist eine einfache, extravesikale Ureteroneozystostomie nach Dreikorn/Röhl die effektivste und am wenigsten invasive Maßnahme. Besteht eine ausreichende Blasenkapazität in Fällen einer längerstreckigen oder weiter proximal liegenden Stenose, so sollte eine Psoas-Hitch-Plastik durchgeführt werden.
Besteht eine Kombination aus Harnleiter- und subvesikaler Obstruktion oder weiteren lokalen Symptomen wie einer Rektumkompression bei insgesamt gutem Allgemeinzustand und wenigstens mittlerer Prognose, so kann eine (vordere) Exenteration mit Anlage eines Ileumconduits eine gute Alternative bieten [10, 11].
Ist der Allgemeinzustand schlecht und/oder die Prognose sehr begrenzt, empfiehlt sich eine Dauerversorgung mit Langlieger-(Tumor-)Stents. Chronische Infektionen mit Verstopfung des Katheters und konsekutiv häufige Wechsel sind die Nachteile dieser Methode. Die von einigen Autoren in den letzten
Jahren propagierten Nickel-Titan-Stents [12] oder extraanatomische Stents [13] haben sich bislang nicht durchgesetzt.
Rektumkompression Eine isolierte Rektumkompression mit den Symptomen einer Obstruktion kann zu einem mechanischen Ileus führen. Bei manifestem Darmverschluss muss ein doppelläufiger (Colon-transversum-) Anus praeter angelegt werden. Ist die Dringlichkeit eher relativ und das Prostatakarzinom virginell, so kann der Effekt einer Androgendeprivation abgewartet werden. Bei mangelnder Wirkung und/ oder weiterer lokaler Progredienz bei ansonsten guter Prognose ist die vollständige Exenteration mit Anlage eines endständigen Anus praeter und Harnableitung vor allem dann angezeigt, wenn lokale Symptome (Schmerzen) bestehen [14, 15]. Alternativ zur Operation kommt – bei fehlenden lokalen Symptomen und nicht manifestem Ileus – eine Chemotherapie mit Docetaxel (Taxotere) in Betracht. Diese Therapie sollte vor allem dann gewählt werden, wenn zusätzlich symptomatische Fernmetastasen bestehen.
25.9.2 Sekundärkomplikation durch ossäre
Metastasen Rückenmarkkompression Massive Schmerzen, Sensibilitätsstörungen, Paresen oder Dysfunktionen sind alarmierende Leitsymptome einer beginnenden Rückenmarkkompression in Folge der ossären Metastasierung des Prostatakarzinoms. Besteht dieser Verdacht, ist eine sofortige, absolute Bettruhe bis zum Abschluss der Diagnostik indiziert. Die Diagnostik sollte neben der neurologischen Untersuchung vor allem in bildgebenden Verfahren bestehen: spinales CT bzw. MRT. Je nach Ausmaß der Infiltrationen bzw. der Kombination von Infiltrationen mit Instabilität der Wirbelsäule muss interdisziplinär (Neurochirurgie, Traumatologie, Urologie, Strahlentherapie) diskutiert und entschieden werden, welches Verfahren für den Patienten die größte Effektivität und Behandlungsgeschwindigkeit verspricht. Mögliche posttherapeutische Konsequenzen müssen dabei besonders kritisch bewertet werden. Unterschieden werden sollte zwischen Symptomen, die durch eine mangelhafte Stabilisierung der Wirbelsäule auftreten, und solchen, die unmittelbar durch eine Kompression oder Infiltration des Wirbelkanals hervorgerufen werden, da diese differenzialtherapeutisch orthopädisch stabilisiert oder neurochirurgisch dekomprimiert werden können.
25
600
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Knochenkomplikationen
25
Das Prostatakarzinom metastasiert in 75% der Fälle ossär [16]. Nicht nur osteoklastische Metastasen mit Befall der Compacta können die Stabilität des betroffenen Knochens beeinträchtigen, sondern auch osteoblastische Metastasen. Ursache ist die massive Störung der verschiedenen Steuerungsfaktoren des Auf- und Abbaus innerhalb des Knochens. Bei plötzlich neu aufgetretenen oder stark progredienten Schmerzen in Extremitäten muss immer an (drohende) pathologische Frakturen gedacht werden und sofort eine entsprechende Diagnostik eingeleitet werden. Eine lang andauernde Androgendeprivation bedingt darüber hinaus in vielen Fällen eine Osteoporose, welche in sich ebenfalls eine Frakturgefahr birgt. Townsend beschrieb 1997 in der Zeitschrift Cancer eine 9%-ige Frakturrate nach LHRH-Therapie. In 1/3 dieser Fälle handelt es sich um osteoporosebedingte Frakturen, in 9% bestanden pathologische Frakturen und 40% waren durch ein Trauma bedingt. Keine dieser Frakturen wurde vom Urologen primär erkannt [17]. Die Behandlung einer Fraktur erfolgt vordringlich operativ, die Technik richtet sich dabei nach der Lokalisation. Bei drohender Fraktur muss in Abwägung der Stabilität erörtert werden, ob eine Radiatio allein, nach Möglichkeit in Kombination mit der Gabe von Bisphosphonaten (insbesondere Zoledronsäure) [18], oder eine Radiatio in Kombination mit einer stabilisierenden Maßnahme wie etwa einem Korsett zum Ziel führt.
– 2 = mittelgradige Schmerzen, – 3 = schwere Schmerzen, – 4 = unerträgliche Schmerzen.
Visuelle/numerische Analogskala (VAS/NAS-Score). Die Skala reicht dabei bis von 0 = keine Schmerzen bis 10 = stärkste vorstellbare Schmerzen.
Schmerztherapie Allgemeines Die WHO geht davon aus, dass die Hälfte aller Tumorpatienten inadäquat therapiert wird. Demgegenüber zeigt sich, dass bei Anwendung der anerkannten Therapiehierarchie in über 90% ein befriedigendes Analgesieniveau erreicht werden kann. In der Übersicht werden die Grundprinzipien der Schmerztherapie nach WHO dagestellt [21].
Grundprinzipien der Schmerztherapie nach WHO
Kausal: Vor der »eigentlichen Schmerztherapie«,
Intrazerebrale Metastasen Hirnmetastasen bei Prostatakrebs sind selten. Eine stereotaktische Punktion sollte daher zum Ausschluss eines Zweittumors immer erörtert werden. Standardtherapie ist eine sofortige, hochdosierte Gabe von Kortison und eine 3D-geplante perkutane Radiotherapie [19]. Dies führt zu subjektiven Ansprechraten von 80%.
25.9.3 Schmerzen
Schmerzscores Starke chronische Schmerzen gehören insbesondere beim Prostatakarzinom zum typischen Bild der fortgeschrittenen, metastasierten Erkrankung. Zur Beurteilung der Wirksamkeit einer Schmerztherapie ist die sorgfältige Einteilung und Dokumentation der Schmerzsymptomatik obligat. Folgende zwei Scores sind besonders gut geeignet, das Schmerzniveau von Tumorpatienten zu erfassen [20]:
Schmerzscore des National Cancer Institutes: – 0 = keine Schmerzen, – 1 = geringe Schmerzen,
der systemisch-medikamentösen Inhibition der Schmerzkonduktion, steht – wenn möglich – die Modifikation des pathologischen Prozesses: kausale oder palliative Operation, Strahlentherapie und Chemotherapie. Oral-systemisch: Die orale bzw. transdermale Pharmakotherapie ist in über 80% suffizient. Parenteral-systemisch: In ca. 10%, vor allem in der stationären Therapie, ist einer subkutanen oder intravenösen Applikation der Vorzug zu geben. Parenteral-lokal: Bei unzureichender Effektivität oder intolerablen Nebenwirkungen der Analgesie müssen alternative Applikationswege gewählt werden. Nur in Einzelfällen ist ein invasives Management mit rückenmarknahen Analgetika indiziert, meist im Zusammenhang mit operativen Eingriffen oder in der Terminalphase. Neurodestruktiv: Die neuroablative Chirurgie und neurolytische Verfahren sind nicht obsolet, jedoch nur sehr selten indiziert. Bei richtiger Indikation sollten neurodestruktive Verfahren nicht nur als »Therapie der letzten Wahl« angesehen werden.
Begleitend sollten therapeutische Lokalanästhesie, Krankengymnastik, Massagen, Wärmeanwendungen, reflextherapeutische und psychologische Interventionen zur Schmerzbehandlung mit einbezogen werden. Die in der Übersicht genannten Grundsätze helfen bei der Therapieplanung [21].
601 25.10 · Nachsorge
»Goldene Regeln« der Schmerztherapie
Ausführliche Patientenedukation
Immer das einfachste Verfahren zuerst
Möglichst arztunabhängige ambulante Versorgung
Individuelle Dosistitration initial und bei Schmerzverstärkung
Zur Dosiserhöhung die Einzeldosierung und nicht das Intervall verändern
Basismedikamente retardiert nach Zeitschema
Schmerzdurchbruchsmedikation nichtretardiert nach Bedarf
Jahr 2000: 175.000; Robert-Koch-Institut 2000; SchubertFritschle et al. 2005). Der Stellenwert der Tumornachsorge korreliert direkt mit dieser Entwicklung. Nachsorge ist integraler Bestandteil ärztlicher Fürsorge. Bevor man jedoch Empfehlungen zur Durchführung von Nachsorge ausspricht, gilt es, die Ziele derselben zu definieren. Primäre Ziele sind:
verbesserte Lebensqualität der Patienten durch Deckung von Kommunikationsbedarf und Überwachung des Heilungserfolges;
Entdeckung des Rezidivs zum frühest möglichen Zeitpunkt.
Bei intolerablen Nebenwirkungen ausreichende adjuvante Medikation oder Medikamentenwechsel
Bei therapierefraktären Schmerzen ist eine interdisziplinäre Kooperation anzustreben
Verwendung von Opioiden, Nichtopioiden und Koanalgetika nach dem sog. WHO-Stufenschema
WHO-Stufenschema Die »WHO-Stufen« [21] sind aus »pädagogischen« Gesichtspunkten heraus entwickelt worden, vereinfachen stark, haben jedoch eine deutliche Verbesserung der Versorgungsqualität von Tumorpatienten zur Folge gehabt! In der Übersicht wird ein nach WHO adaptiertes, modernes Schema dargestellt.
WHO-Stufenschema
Stufe 1: Nichtopioid ± Koanalgetikum
Stufe 2: Schwaches Opioid ± Nichtopioid ± Koanalgetikum (kann ggf. wegfallen)
Stufe 3: Starkes Opioid ± Nichtopioid ± Koanalgetikum
Stufe 4: Parenterale Applikation (Beratung durch Schmerztherapeut sinnvoll)
Stufe 5: Neurodestruktive Verfahren (nur für ausgesuchte Einzelfälle)
25.10
Nachsorge
M. Schrader, K. Miller Die steigende Differenz zwischen Inzidenz (Neuerkrankungen in Deutschland im Jahr 2004: 58.000 Männer) und Mortalität des Prostatakazinoms (Sterbefälle im Jahr 2000: ca. 11.000) bedingt eine zunehmende Prävalenz erkrankter bzw. geheilter Patienten (5-Jahres-Prävalenz –»Patient lebt und ist innerhalb der letzen 5 Jahre erkrankt« – im
Die Effizienz und Effektivität von Nachsorge wird jedoch nicht allein am Erreichen der primären Ziele gemessen sondern darüber hinaus an den sekundären Zielen:
Verlängerung des tumorspezifischen Überlebens;
Senkung der krankheitsspezifischen Morbidität. Diese Ziele sind identisch mit den Zielen der primären Therapie. Im Gegensatz zur Vielzahl evidenzbasierter Leitlinien für die Diagnostik und Therapie von Tumoren liegen entsprechende Handlungsanweisungen für die Nachsorge jedoch nur für wenige Tumorentitäten vor, bisher jedoch nicht für das Prostatakarzinom (Jeffery et al. 2002; Rojas et al. 2002; Schubert-Fritschleet al. 2005).
25.10.1
Kommunikationsinhalte der Nachsorge
Untersuchungen von Kerr al. (2003) zeigten, dass bei der Nachsorge eine strukturierte ärztliche Kommunikation für die Lebensqualität der Patienten entscheidend ist. Der individuelle Kommunikationsbedarf eines Patienten ist – abhängig von seiner Persönlichkeit, dem klinischen Stadium der Erkrankung sowie dem zeitlichen Intervall zur Primärtherapie – höchst unterschiedlich. Gefordert sind, neben der ärztlichen Kompetenz der »sprechenden Medizin«, detailliertes Wissen über krankheits- und therapiebedingte Symptome sowie die Wahrnehmung psychischer Belastung und sozialer Hilfebedürftigkeit. Die Delegation dieses Segmentes der Nachsorge von Urologen an andere Fachdisziplinen ist aufgrund der notwendigen Kenntnis krankheitsspezifischer Aspekte des Prostatakarzinoms nicht sinnvoll. Im Einzelfall kann jedoch eine ergänzende psychoonkologische Intervention für einen Patienten sehr hilfreich sein. Der Informationsbedarf der Patienten mit den sich hieraus ergebenden Diskussionspunkten ist in Tab. 25.57 zusammengestellt.
25
602
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.57. Kommunikationsinhalte in der ärztlichen Nachsorge von Patienten mit Prostatakarzinom: (Nach Schubert-Fritschle et al. 2005) Fragestellung
Diskussionspunkte
Eigenbeitrag zur Risikoreduktion
Geringer Eigenbeitrag möglich. Hinweis auf laufende Studien zu Nahrungsergänzungsmitteln beim Prostatakarzinom (Chan et al. 2005; Cook et al. 2005; Rayman 2005; Thompson et al. 2005).
Lebenserwartung in der Normalbevölkerung
Altersspezifische und tumorspezifische Lebenserwartung in Bezug setzen (Hinweise bei Robert Koch-Institut 2000). Tumorspezifische Morbidität in Relation zu Komorbidität bewerten.
Stadienspezifische Prognose
Angaben zum tumorspezifischen Überleben unter Zuhilfenahme von Nomogrammen. Angabe der 5- und 10-Jahres-Überlebensraten nach: − radikaler Prostatektomie (Diblasio et al. 2003; Graefen et al. 2002; Ramsden et al. 2004; Stephenson et al. 2005) − Strahlentherapie (Kattan et al. 2001; Kattan et al. 2000) − Surveillance (Bill-Axelson et al. 2005)
Prognose ab Rezidiv
Überlebenskurven (Robert Koch-Institut 2000; Smaletz et al. 2002)
Klinischer Handlungsbedarf
Diagnose von krankheits- und therapiebedingter Symptomatik und Diskussion der Behandlungsmöglichkeiten. Gezielt angesprochen werden sollten: Inkontienz-, Potenz-, Partnerschafts-, Miktionsprobleme und Schmerzen.
Psychoonkologischer Interventionsbedarf
Diagnose psychischer Hilfebedürftigkeit und Vermittlung der Intervention.
Schmerzkontrolle
Versorgungskompetenz am Lebensende herausstellen und Ängste vor langer schwerer Krankheit abbauen, ggf. Einschaltung eines Schmerztherapeuten.
Alternative Therapieformen
Betonung des evidenzbasierten Versorgungsangebots der Schulmedizin; Verweis auf die häufig unsichere Datenlage bei »alternativen Therapienangeboten«.
Soziale Hilfestellung
Sozialrechtlich verankerte Hilfen aufzeigen.
Kommunikationsebene Angehörige
Bedarfsabhängig informieren, medizinische und pflegerische Hilfe organisieren, Angehörige in die Versorgung einbinden.
25
25.10.2
Bedeutung des PSA-Verlaufs
Die Verbesserung der Risiko- und Stadienklassifikation durch Nomogramme bedingt, dass adjuvante Therapiemaßnahmen in vielen Fällen unabhängig vom Nachweis eines Rezidivs eingeleitet werden. Die Bestimmung des PSA-Serumspiegels bleibt jedoch der zentrale Parameter bei der Beurteilung der Therapieeffektivität und der Adjustierung adjuvanter Maßnahmen. Die Bewertung des PSA-Serumspiegels muss im Kontext mit der durchgeführten lokalen Therapie erfolgen: radikale Prostatektomie (RP), externe Bestrahlung (RT), Brachytherapie, Kryotherapie oder hochintensiver fokussierter Ultraschall (HIFU). Nach radikaler Prostatektomie hat ein Absinken des PSA-Wertes in den nicht messbaren Bereich einen hohen prognostischen Wert im Hinblick auf Kuration. Hierbei wird als Nachweisgrenze ein Serumspiegel von <0,2 ng/ ml angegeben (Boccon-Gibod et al. 2004). Sinkt der PSAWert nicht in diesen Bereich ab, ist von verbliebenem Prostatagewebe oder von residuellem Karzinomgewebe
auszugehen. Bei der Differenzialdiagnose ist die Berücksichtigung der prä- bzw. postoperativen Risikoklassifikation mit Hilfe von Nomogrammen hilfreich (Diblasio et al. 2003; Kattan et al. 2003; Ramsden et al. 2004; Stephenson et al. 2005). Eine retrospektive Studie an 545 radikal prostatektomierten Männern von Shen et al. (2005) demonstrierte, dass die Bestimmung des PSA Nadirs mittels ultrasensitivem PSA-Nachweisverfahrens einen hohen prädiktiven Wert für ein biochemisches Rezidiv hatte. Bei Männern mit einem PSA-Nadir von <0,01 ng/ml war die Rate der Patienten mit biochemischem Rezidiv signifikant niedriger als bei Männern mit einem PSA Nadir von 0,01 ng/ ml (p<0,01), <0,02 ng/ml (p<0,025) oder 0,04 ng/ml (p<0,01) ( Abb. 25.33). Die multivariate Regressionsanalyse zeigte, dass der PSA-Nadir von 0,01 ng/ml (p<0,05), <0,02 ng/ml (p<0,05) oder 0,04 ng/ml (p<0,01) einen hohen unabhängigen prädiktiven Wert für ein biochemisches Rezidiv hatte. Die Verwendung ultrasensitiver PSA-Detektionsverfahren in der Nachsorge kann somit hilfreich sein.
603 25.10 · Nachsorge
Boufjm!efs!Qbujfoufo!nju!cjpdifn/!Sf{jejw!)&*
211
91
71
51
31
1 = 1 -1 2
1 -1 2 = 1 -1 3 QTB!Obejs!)oh0nm*
.1 -1 5
Abb. 25.33. Biochemisches Rezidiv in Abhängigkeit vom erreichten PSA-Nadir
Bei Männern mit einem PSA-Nadir von <0,01 ng/ml war die Rate der Patienten mit biochemischem Rezidiv signifikant niedriger (Rezidivrate RR 4,02%) als bei Männern mit einem PSA-Nadir von 0,01 ng/ml (RR 12,0%, p<0,01), <0,02 ng/ml (RR 15,79%, p<0,025) oder 0,04 ng/ ml (RR 89,29%, p<0,01). Steigt der PSA-Wert aus dem nicht messbaren Bereich nach radikaler Prostatektomie auf 0,2 ng/ml gefolgt von mindestens einem subsequenten Anstieg, handelt es sich definitionsgemäß um ein biochemisches Rezidiv (Boccon-Gibod et al. 2004). Pound et al. (1999) zufolge werden bei 34% der Patienten mit einem PSA-Anstieg >0,2 ng/ml nach radikaler Prostatektomie innerhalb von durchschnittlich 8 Jahren Metastasen des Prostatakarzinoms nachgewiesen, wenn keine adjuvante Therapie erfolgt. Die mittlere Überlebenszeit dieser Patienten beträgt nach dem ersten Auftreten von Metastasen und Einleitung einer Hormontherapie 5 Jahre. Pound et al. (1999) zeigten hierbei, dass die Dauer des zeitlichen Intervalls bis zum biochemischen Rezidiv einen hohen prognostischen Wert für das Auftreten von Fernmetastasen und damit die Differenzierung von lokalem und systemischem Rezidiv hatte. Hinweis
I
I
Die klinische Relevanz des singulär betrachteten biochemischen Rezidivs ist individuell schwer prognostizierbar.
Partin et al. beschrieben 1994 erstmalig, dass die PSAAnstiegsgeschwindigkeit in Kombination mit dem Gleason-Score und dem pathologischen Stadium des Primärtumors einen hohen prognostischen Wert bei der Differenzierung eines lokalen versus systemischen Rezidivs hatte (Partin et al. 1994). In einer retrospektiven Studie zeigten Freedland et al. (2005), dass die Zeit bis zum biochemischen Rezidiv (>3 Jahre versus ≤3 Jahre) in Zusammenschau mit der PSA-Verdopplungszeit (≤3 Monate; 3–8,9 Monate; 9,0–14,9 Monate; ≥15 Monate) und dem Gleason-Score des Primärtumors (<8 versus ≥8) eine differenziertere Aussage bezüglich des prostatakarzinomspezifischen Überlebens bzw. der Differenzierung eines lokalen versus systemischen Rezidivs erlaubte ( Tab. 25.58). Die genannten Parameter geben somit eine wichtige Hilfestellung bei der Planung der adjuvanten Therapie (Freedland et al. 2005). Hinweis
I
I
Um eine entsprechende Risikoabschätzung vornehmen zu können, sollte der PSA-Wert während der ersten beiden Jahre alle 3–4 Monate, danach halbjährlich bestimmt werden.
Die Beurteilung des PSA-Serumspiegels nach primär kurativer Strahlentherapie unterscheidet sich wesentlich von der Beurteilung nach radikaler Prostatektomie. Nach Brachy- und perkutaner Strahlentherapie sinkt der PSAWert im Gegensatz zur radikalen Prostatektomie sehr langsam auf ein stabiles niedriges Niveau (Nadir). Die fortbestehende PSA-Produktion wird mit der fehlenden Apoptose der benignen Prostataepithelanteile erklärt, der zögerliche Abfall mit der tardierten postmitotischen Apoptose langsam proliferierender maligner Zellen. Der Nadir nach Strahlentherapie wird erst nach durchschnittlich >18 Monaten erreicht. Als »Bounce-Phänomen«, das in etwa 1/3 der Fälle nach 18–19,5 Monaten auftritt und ein biochemisches Rezidiv vortäuschen kann, wird der vorübergehende PSA-Anstieg um mehr als 0,1 ng/ml nach Brachytherapie bzw. kombinierter Radiatio bezeichnet (Akyol et al. 2005; Ciezki et al. 2005). Ursächlich ist u. a. die Entwicklung einer Strahlenprostatitis. Gemäß den Leitlinien der American Society for Therapeutic Radiology and Oncology (ASTRO) aus dem Jahre 1997 kann von einem Rezidiv des Prostatakarzinoms nach Strahlentherapie erst ausgegangen werden, wenn die PSA-Werte kontinuierlich ansteigen, ausgehend vom Nadir (ASTRO 1997). Entsprechend dieses Konsensus sollte der PSA-Wert während der ersten beiden Jahre alle 3–4 Monate, danach halbjährlich bestimmt werden.
25
604
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Tab. 25.58. Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des tumorspezifischen Überlebens 5, 10 bzw. 15 Jahre nach radikaler Prostatektomie in Abhängigkeit vom Gleason-Score des Primärtumors, dem Intervall bis zum biochemischen Rezidiv und der PSA-Verdopplungszeit. (Nach Freedland et al. 2005) Risikoabschätzung (95%-KI) (%)
PSA-Verdopplungszeit (Monate)
Rezidiv >3 Jahre nach radikaler Prostatektomie
Rezidiv ≤3 Jahre nach radikaler Prostatektomie
Gleason-Score <8
Gleason-Score <8
Gleason-Score ≥8
Gleason-Score ≥8
Wahrscheinlichkeit des tumorspezifischen Überlebens 5 Jahre
25
≥15,0
100 (98–100
99 (98–99)
99 (96–100)
98 (90–100)
9,0–14,9
99 (70–100)
98 (75–100)
97 (76–100)
94 (63–99)
3,0–8,9
97 (81–100)
94 (74–99)
91 (67–98)
81 (46–95)
<3,0
92 (70–98)
83 (52–96)
74 (37–93)
51 (19–82)
Wahrscheinlichkeit des tumorspezifischen Überlebens 10 Jahre ≥15,0
98 (96–100)
96 (93–98)
93 (80–98)
86 (61–96)
9,0–14,9
95 (75–99)
90 (58–98)
85 (49–97)
69 (30–92)
3,0–8,9
84 (62–94
68 (37–89)
55 (25–82)
26 (7–62)
<3,0
59 (29–83)
30 (10–63)
15 (3–53)
1 (<1–55)
Wahrscheinlichkeit des tumorspezifischen Überlebens 15 Jahre ≥15,0
94 (87–100)
87 (79–92)
81 (57–93)
62 (32–85)
9,0–14,9
86 (57–97)
72 (35–92)
59 (24–87)
31 (7–72)
3,0–8,9
59 (32–891)
30 (10–63)
16 (4–49)
1 (>1–51)
<3,0
19 (5–51)
2 (<1–26)
<1 (<1–26)
<1 (<1–2)
Der Zeitpunkt des Rezidivs ist als die Mitte des Zeitintervalls zwischen Nadir und dem ersten von drei kontinuierlich ansteigenden PSA-Werten definiert. Zum PSA-Rezidiv nach Kryotherapie gibt es keine einheitliche Definition. Es werden Anstiege um 0,2 ng/ ml nach Erreichen des Nadirs oder aber PSA-Werte von 0,5 bzw. 0,4 ng/ml mit zwei subsequenten Anstiegen um >0,2 ng/ml diskutiert (De La Taille et al. 2000; Ellis 2002; Koppie et al. 1999). Die Definitionen von Grenzwerten bzw. des biochemischen Rezidivs nach hochintensivem fokusiertem Ultraschall (HIFU) sind umstritten. Gelet et al. (2001) definieren drei konsekutiv ansteigende PSA-Werte als Rezidiv. Eine Angabe zum Nadir bzw. zu Grenzwerten erfolgte in dieser Studie nicht. Dass die Diskussion um entsprechende Grenzwerte noch nicht abgeschlossen ist, zeigte eine europäische Multicenterstudie: Therapieversagen wurde nur durch ein positives Ergebnis bei einer Kontrollbiopsie definiert (Thuroff et al. 2003).
25.10.3
Bildgebende Diagnostik
Transrektaler Ultraschall (TRUS) Die diagnostische Akkuratheit des alleinigen TRUS zum Nachweis eines Lokalrezidivs ist limitiert. Die bioptische Sicherung eines Lokalrezidivs bei PSA-Anstieg erfolgt jedoch mit Hilfe des transrektalen Ultraschalls, was diesem Verfahren einen gewissen Stellenwert bei der Nachsorge zukommen lässt. Die Angaben zur Sensitivität des TRUS schwanken hierbei zwische 67 und 90%, die zur Spezifität zwischen 29,1 und 66,0% (Connolly et al. 1996; Foster et al. 1993; Leventis et al. 2001; Scattoni et al. 2003).
Computertomographie (CT) Detektion des Lokalrezidivs Die Sensitivität und Spezifität der Computertomographie zum Nachweis eines Lokalrezidivs ist gering. So konnte nur bei 8 von 22 Patienten mit bioptisch gesichertem
605 25.10 · Nachsorge
Rezidiv im Bereich des Prostatabettes durch die CTUntersuchung ein solches diagnostiziert werden (Kramer et al. 1997). Kane et al. (2003) zeigten, dass sich bei 86 Patienten mit biochemischem Rezidiv (durchschnittlicher PSA-Wert zum Zeitunkt der CT: 27,4 ng/ml) innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren nur bei 14% computertomographisch ein Hinweis für ein Rezidiv fand. Alle Patienten mit computertomographischem Hinweis auf ein Rezidiv wiesen hierbei eine hohe PSA-Velocity (>0,5 ng/ ml/Monat) auf.
Detektion von Metastasen Bei der Detektion von Lymphknotenmetastasen schwanken die Angaben für die Sensitivität zwischen 27 und 75%, für die Spezifität zwischen 66 und 100% (Hricak et al. 2003).
Magnetresonanztomographie (MRT) Detektion des Lokalrezidivs Die MRT mittels endorektaler Spule ist bei der Detektion eines Lokalrezidivs der konventionellen MRT-Untersuchung mittels Ganzkörperspule überlegen (Nachweisrate bei stanzbioptisch gesichertem Rezidiv: 77% versus 36%; Huch Boni et al. 1996). Die MRT mit endorektaler Spule weist eine hohe Sensitivität und Spezifität beim Nachweis eines lokalen Rezidivs nach radikaler Prostatektomie auf. In einer Untersuchung an 31 Patienten mit biochemischem Rezidiv wurde bei einem PSA-Wert von 0,4 ng/ml (0,4–11 ng/ml, mittlerer PSA-Wert 1,4 ng/ml) im MRT ein Rezidiv diagnostiziert, welches anschließend stanzbioptisch gesichert wurde (Sensitivität 100%, 95%-KI 89–100%, Spezifität 100%, 95%-KI 69–100%, κ 1,0, p <0,001; Silverman et al. 1997). Weitere Studien bestätigten, wenn auch mit tendenziell schlechteren Ergebnissen, die hohe Akkuratheit dieser Untersuchung bei der Detektion des Lokalrezidivs (Sella et al. 2004).
Detektion von Metastasen Bei der Detektion von Lymphknotenmetastasen unterscheiden sich die Detektionsraten der MRT- und SpiralCT-Untersuchung nicht signifikant (Hricak et al. 2003). Bei der Detektion von Knochenmetastasen weist die MRT jedoch gegenüber der CT und der Knochenszintigraphie eine höhere Sensitivität und Spezifität auf. Die Ganzkörperskelettuntersuchung mittels MRT hat sich jedoch trotz ihrer Überlegenheit aufgrund der schlechteren Verfügbarkeit sowie des zeitlichen Aufwandes der Untersuchung zur Detektion von Knochenmetastasen bisher nicht durchgesetzt (Hricak et al. 2003).
Ganzkörperskelettszintigraphie (GKSZ) Die GKSZ ist bei der Tumornachsorge analog zur primären Ausbreitungsdiagnostik nur beim Vorliegen einer entsprechenden Klinik – Knochenschmerzen oder neurologische Ausfälle – oder Risikokonstellation (PSAAnstiegsgeschwindigkeit >0,5 ng/ml/Monat) indiziert. So zeigte eine multivariate retrospektive Analyse, dass ein positiver Knochenszintigrammbefund bei Patienten ohne Androgendeprivation nur bei PSA-Werten >40–45 ng/ml oder bei einem sehr raschen Anstieg von PSA (>5,0 ng/ ml/Monat) hoch ist. In den anderen Fällen lag die Wahrscheinlichkeit für einen positiven Befund bei unter 5% (Cher et al. 1998). Analog zu dieser Untersuchung fand sich in einer retrospektiven Studie von Kane et al. (2003) nur bei 4,5% der Patienten mit einem PSA-Wert <10 ng/ml ein positives Untersuchungsergebnis. Wiederum hatte die PSA-Anstiegsgeschwindigkeit einen hohen prädiktiven Wert für das Vorliegen positiver Befunde. Bei lediglich 2 von 67 Patienten mit positivem GKSZ-Befund fand sich eine PSA-Anstiegsgeschwindigkeit von <0,5 ng/ml/ Monat (Kane et al. 2003). In einer weiteren Untersuchung betrug der niedrigste PSA Wert mit Nachweis von Knochenmetastasen unter Androgendeprivation 7,0 ng/ml (Gomez et al. 2004).
Positronenemissionsszintigraphie (PET) Anders als bei den vorgenannten morphologisch bildgebenden Verfahren werden bei der PET Stoffwechselvorgänge visualisiert. Die relativ geringe glykolytische Aktivität von Prostatakarzinomzellen implizierte, dass neben dem in der Diagnostik am häufigsten verwendeten PETTracer -[18F] 2-Fluor-2-deoxyglucose (FDG) nicht an den Glukosestoffwechsel gebundene Substanzen evaluiert wurden. Eine abschließende Bewertung des Stellenwertes dieses Verfahrens sowie der untersuchten Tracer ist in der Nachsorge wie auch Primärdiagnostik des Prostatakarzinoms zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich. Beim Prostatakarzinom wurden folgende Tracer in vivo eingesetzt:
[18F] 2-Fluor-2-deoxyglucose (FDG),
[11C] Acetat,
11C- oder 18F-markierte Aminosäuren und Cholinderivate. Die 18-Fluoro-2-Deoxyglucose-PET ist aufgrund der mangelnden Sensitivität wie auch Spezifität in der Nachsorge zur Detektion eines Lokalrezidivs nicht hilfreich (Hofer et al. 1999). Gleiches gilt für die Diagnostik von Lymphknoten- und Knochenmetastasen (Chang et al. 2003; Yeh et al. 1996).
25
606
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Untersuchungen zur [11C] Acetat-PET zeigten im Vergleich zur FDG-PET nahezu übereinstimmend eine höhere Sensitivität bei der Beurteilung des lokoregionären sowie systemischen Status der Erkrankung (Kato et al. 2002; Oyama et al. 2001; Fricke et al. 2003). So zeigten Fricke et al. bei 25 Patienten mit bioptisch gesichertem lokalem oder systemischem Rezidiv eine höhere Sensitivität der [11C] Acetat-PET (Nachweisrate 83%) im Vergleich zum FDG-PET (Nachweisrate 75%). In einer weiteren Studie an 47 Patienten konnte diese hohe Detektionsrate jedoch nicht reproduziert werden (Nachweisrate 30%; Oyama et al. 2003). Der diagnostische Wert der [11C] Acetat-PET in der Nachsorge des Prostatakarzinoms ist gegenwärtig somit nicht evidenzbasiert. Eine weitere untersuchte Substanz ist 11Carbon-Cholin ([11C] Cholin) (Hara et al. 1998). Die Zunahme der Phospolipidsynthese in malignem Gewebe wird hierbei mit Hilfe von [11C] Cholin visualisiert, welches in entsprechenden Arealen unabhängig vom Glukosestoffwechsel der Zellen akkumuliert (De Jong et al. 2002; Hara et al. 1998). Die Datenlage zur Wertigkeit der [11C] CholinPET in der Nachsorge ist leider auch 9 Jahre nach der Erstpublikation unklar. Picchio und Mitarbeiter verglichen bei 100 Patienten mit PSA-Anstieg nach primär kurativer Therapie die Ergebnisse der [17]-Cholin-PET mit der [18]-Fluoro2-Deoxyglucose-PET und konventioneller Bildgebung (Picchio et al. 2003; Wirth et al. 2005). Von den 16 Fällen mit Lokalrezidiv, die mit Hilfe der konventionellen Bildgebung diagnostiziert wurden, zeigten 8 Patienten einen positiven Befund in der [17]-Cholin-PET sowie 6 in der [18]-Fluoro-2-Deoxyglucose-PET. Im Gegensatz dazu wurde bei 2 Patienten ein Lokalrezidiv aufgrund eines alleinigen positiven [17]-Cholin-PET-Ergebnisses diagnostiziert, bei 4 falsch-positiven Untersuchungsergebnissen. Bei 43% der Patienten mit biochemischem Rezidiv fanden sich im [17]-Cholin-PET Hinweise für ein lokales oder systemisches Rezidiv. Interessant hierbei war der prognostische Wert der Untersuchung: alle bis auf einen Patienten, die ein negatives [17]-Cholin-PET hatten, waren auch 1 Jahr nach der Untersuchung ohne Hinweis auf eine Tumorprogression. Eine positive [11C] Cholin-PET sagte bei 38% der Patienten eine Tumorprogression in den nächsten 12 Monaten voraus. Eine Studie von Heinisch et al. (2005) demonstrierte, dass die [11C] Cholin-PET in der Nachsorge in Zukunft durchaus einen Stellenwert haben könnte. Bei Patienten mit einem biochemischen Rezidiv (PSA Wert <5 ng/ml) nach radikaler Prostatektomie oder Radiotherapie konnte bei 7 von 17 Patienten (41%) ein richtig positiver PETBefund erhoben werden (falsch-positiv 1/17; Heinisch et al. 2005).
Eine weitere Arbeit von De Jong et al. (2003) zeigte für die präoperative Ausbreitungsdiagnostik von Patienten (n=67) mit Prostatakarzinom, dass die [11C] CholinPET eine hohe Sensitivität (80%), Spezifität (96%), und Akkuratheit (93%) bei der Evaluation des Lymphknotenstatus aufweist. Arbeiten, die diese exzellenten Ergebnisse auch für die Nachsorge demonstrieren, stehen gegenwärtig allerdings noch aus.
Immunszintigraphie Ein weiteres bildgebendes Verfahren, welches gegenwärtig in Deutschland nicht zugelassen ist, ist die Immunszintigraphie mit Indium-111 (111In) markierten monoklonalen Antikörpern gegen das prostataspezifische Membranantigen (PSMA): ProstaScint-scan. In der größten Serie mit 255 Patienten nach radikaler Prostatektomie fand sich bei 72% mit PSA-Werten <4,0 ng/ml (im Mittel 1,1 ng/ml) eine positive Anreicherung, bei 31% der Patienten in der Prostataloge, bei weiteren 12% zusätzlich in den regionalen Lymphknoten und bei 29% außerhalb der Prostatalymphknotenregion (Raj et al. 2002). In einer Untergruppe von 60 Patienten mit einem verifizierten Lokalrezidiv detektierte das Verfahren ein Lokalrezidiv (Sensitivität 76%, Spezifität 54%, positiver prädiktiver Wert 89%). Jüngste Untersuchungen verweisen darauf, das der Stellenwert dieses Verfahrens für die Planung der adjuvanten Therapie im Vergleich zu klinischen Parametern (PSA-Anstiegsgeschwindigkeit, Gleason-Score des Primärtumors) untergeordnet ist (Wilkinson et al. 2004). Unabhängig hiervon kann es jedoch individuell zur Therapieplanung zur Diskriminierung eines lokalen versus systemischen Rezidivs genutzt werden.
Literatur Literatur zu Kap. 25.1 1. Hsing AW, Devesa SS (2001) Trends and patterns of prostate cancer: what do they suggest? Epidemiol Rev 23: 3–13 2. Franks LM (1954) Latent carcinoma of the prostate. J Pathol Bacteriol 68: 603–616 3. Sakr WA, Grignon DJ, Crissman JD, Heilbrun LK, Cassin BJ, Pontes JJ et al. (1994) High grade prostatic intraepithelial neoplasia (HGPIN) and prostatic adenocarcinoma between the ages of 20–69: an autopsy study of 249 cases. In Vivo 8: 439–443 4. Society AC (2003) Cancer facts and figures 2003, Atlanta, GA. 2003 5. www.euro.who.int/HEN/Syntheses/prostate/20040521_1?language =German 6. Sim HG, Cheng CW (2005) Changing demography of prostate cancer in Asia. Eur J Cancer 41: 834–845, 7. Potosky AL, Miller BA, Albertsen PC, Kramer BS (1995) The role of increasing detection in the rising incidence of prostate cancer. Jama 273: 548–552
607 Literatur
8. Hankey BF, Feuer EJ, Clegg LX, Hayes RB, Legler JM, Prorok PC et al. (1999) Cancer surveillance series: interpreting trends in prostate cancer–part I: Evidence of the effects of screening in recent prostate cancer incidence, mortality, and survival rates. J Natl Cancer Inst 91: 1017–1024 9. Osegbe DN (1997) Prostate cancer in Nigerians: facts and nonfacts. J Urol 157: 1340–1343 10. Potosky AL, Kessler L, Gridley G, Brown CC, Horm JW (1990) Rise in prostatic cancer incidence associated with increased use of transurethral resection. J Natl Cancer Inst 82: 1624–1628 11. Ries LAG, Eisner MP, Kosary CL, Hankey BF, Miller BA, Clegg L et al. (2004) SEER Cancer Statistics Review 1975–2001. 2004 12. Stephenson RA, Smart CR, Mineau GP, James BC, Janerich DT, Dibble RL (1996) The fall in incidence of prostate carcinoma. On the down side of a prostate specific antigen induced peak in incidence – data from the Utah Cancer Registry. Cancer 77: 1342–1348 13. Baade PD, Coory MD, Aitken JF (2004) International trends in prostate-cancer mortality: the decrease is continuing and spreading. Cancer Causes Control 15: 237–241 14. Morganti G, Gianferrari L, Cresseri A, Arrigoni G, Lovati G (1956) Clinico-statistical and genetic research on neoplasms of the prostate. Acta Genet Stat Med 6: 304–305 15. Stanford JL, Ostrander EA (2001) Familial prostate cancer. Epidemiol Rev 23: 19–23 16. Carter BS, Bova GS, Beaty TH, Steinberg GD, Childs B, Isaacs WB et al. (1993) Hereditary prostate cancer: epidemiologic and clinical features. J Urol 150: 797–802 17. Zeegers MP, Jellema A, Ostrer H (2003) Empiric risk of prostate carcinoma for relatives of patients with prostate carcinoma: a meta-analysis. Cancer 97: 1894–1903 18. Siesling S, van Dijck JA, Visser O, Coebergh JW (2003) Trends in incidence of and mortality from cancer in The Netherlands in the period 1989–1998. Eur J Cancer 39: 2521–2530 19. Jemal A, Tiwari RC, Murray T, Ghafoor A, Samuels A, Ward E et al. (2004) Cancer statistics 2004. CA Cancer J Clin 54: 8–29 20. Glover FE, Jr., Coffey DS, Douglas LL, Russell H, Cadigan M, Tulloch T et al. (1998) Familial study of prostate cancer in Jamaica. Urology 52: 441–443 21. Glover FE, Jr., Coffey DS, Douglas LL, Cadogan M, Russell H, Tulloch T et al. (1998) The epidemiology of prostate cancer in Jamaica. J Urol 159: 1984–1986; discussion 1986–1987 22. Powell IJ, Banerjee M, Novallo M, Sakr W, Grignon D, Wood DP et al. (2000) Prostate cancer biochemical recurrence stage for stage is more frequent among African-American than white men with locally advanced but not organ-confined disease. Urology 55: 246–251 23. Hoffman RM, Gilliland FD, Eley JW, Harlan LC, Stephenson RA, Stanford JL et al. (2001) Racial and ethnic differences in advancedstage prostate cancer: the Prostate Cancer Outcomes Study. J Natl Cancer Inst 93: 388–395 24. Merrill RM, Lyon JL (2000) Explaining the difference in prostate cancer mortality rates between white and black men in the United States. Urology 55: 730–735 25. Haenszel W, Kurihara M (1968) Studies of Japanese migrants. I. Mortality from cancer and other diseases among Japanese in the United States. J Natl Cancer Inst 40: 43–68 26. Yu H, Harris RE, Gao YT, Gao R, Wynder EL (1991) Comparative epidemiology of cancers of the colon, rectum, prostate and breast in Shanghai, China versus the United States. Int J Epidemiol 20: 76–81 27. Kritchevsky D (1999) Caloric restriction and experimental carcinogenesis. Toxicol Sci 52: 13–16
28. Calle EE, Rodriguez C, Walker-Thurmond K, Thun MJ (2003) Overweight, obesity, and mortality from cancer in a prospectively studied cohort of U.S. adults. N Engl J Med 348: 1625–1638 29. Thompson HJ, Jiang W, Zhu Z (1999) Mechanisms by which energy restriction inhibits carcinogenesis. Adv Exp Med Biol 470: 77–84 30. Mukherjee P, Sotnikov AV, Mangian HJ, Zhou JR, Visek WJ, Clinton SK (1999) Energy intake and prostate tumor growth, angiogenesis, and vascular endothelial growth factor expression. J Natl Cancer Inst 91: 512–523 31. Platz EA (2002) Energy imbalance and prostate cancer. J Nutr 132: 3471S–3481S 32. Hsing AW (2001) Hormones and prostate cancer: what’s next? Epidemiol Rev 23: 42–58 33. Hsing AW, Chua S, Jr., Gao YT, Gentzschein E, Chang L, Deng J et al. (2001) Prostate cancer risk and serum levels of insulin and leptin: a population-based study. J Natl Cancer Inst 93: 783–789 34. Chang S, Hursting SD, Contois JH, Strom SS, Yamamura Y, Babaian RJ et al. (2001) Leptin and prostate cancer. Prostate 46: 62–67 35. Stattin P, Soderberg S, Hallmans G, Bylund A, Kaaks R, Stenman UH et al. (2001) Leptin is associated with increased prostate cancer risk: a nested case-referent study. J Clin Endocrinol Metab 86: 1341–1345 36. Platz EA, Leitzmann MF, Michaud DS, Willett WC, Giovannucci E (2003) Interrelation of energy intake, body size, and physical activity with prostate cancer in a large prospective cohort study. Cancer Res 63: 8542–8548 37. Nomura AM (2001) Body size and prostate cancer. Epidemiol Rev 23: 126–131 38. Andersson SO, Wolk A, Bergstrom R, Adami HO, Engholm G, Englund A et al. (1997) Body size and prostate cancer: a 20-year follow-up study among 135006 Swedish construction workers. J Natl Cancer Inst 89: 385–389 39. Schuurman AG, Goldbohm RA, Dorant E, van den Brandt PA (2000) Anthropometry in relation to prostate cancer risk in the Netherlands Cohort Study. Am J Epidemiol 151: 541–549 40. Spitz MR, Strom SS, Yamamura Y, Troncoso P, Babaian RJ, Scardino PT et al. (2000) Epidemiologic determinants of clinically relevant prostate cancer. Int J Cancer 89: 259–264 41. Rohrmann S, Roberts WW, Walsh PC, Platz EA (2003) Family history of prostate cancer and obesity in relation to high-grade disease and extraprostatic extension in young men with prostate cancer. Prostate 55: 140–146 42. Rodriguez C, Patel AV, Calle EE, Jacobs EJ, Chao A, Thun MJ (2001) Body mass index, height, and prostate cancer mortality in two large cohorts of adult men in the United States. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 10: 345–353 43. Freedland SJ, Platz EA, Presti JC, Jr., Aronson WJ, Amling CL, Kane CJ et al. (2006) Obesity, serum prostate specific antigen and prostate size: implications for prostate cancer detection. J Urol 175: 500–504; discussion 504, 44. Baillargeon J, Pollock BH, Kristal AR, Bradshaw P, Hernandez J, Basler J et al. (2005) The association of body mass index and prostate-specific antigen in a population-based study. Cancer 103: 1092–1095 45. Armstrong B, Doll R (1975) Environmental factors and cancer incidence and mortality in different countries, with special reference to dietary practices. Int J Cancer 15: 617–631 46. Rose DP, Boyar AP, Wynder EL (1986) International comparisons of mortality rates for cancer of the breast, ovary, prostate, and colon, and per capita food consumption. Cancer 58: 2363–2371 47. Kushi L, Giovannucci E (2002) Dietary fat and cancer. Am J Med 113 Suppl 9B: 63S-70S
25
608
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
48. Whittemore AS, Kolonel LN, Wu AH, John EM, Gallagher RP, Howe GR et al. (1995) Prostate cancer in relation to diet, physical activity, and body size in blacks, whites, and Asians in the United States and Canada. J Natl Cancer Inst 87: 652–661 49. Hayes RB, Ziegler RG, Gridley G, Swanson C, Greenberg RS, Swanson GM et al. (1999) Dietary factors and risks for prostate cancer among blacks and whites in the United States. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 8: 25–34 50. Giovannucci E, Rimm EB, Colditz GA, Stampfer MJ, Ascherio A, Chute CC et al. (1993) A prospective study of dietary fat and risk of prostate cancer. J Natl Cancer Inst 85: 1571–1579 51. Andersson SO, Wolk A, Bergstrom R, Giovannucci E, Lindgren C, Baron J et al. (1996) Energy, nutrient intake and prostate cancer risk: a population-based case-control study in Sweden. Int J Cancer 68: 716–722 52. Key TJ, Silcocks PB, Davey GK, Appleby PN, Bishop DT (1997) A casecontrol study of diet and prostate cancer. Br J Cancer 76: 678–687 53. Gann PH, Hennekens CH, Sacks FM, Grodstein F, Giovannucci EL, Stampfer MJ (1994) Prospective study of plasma fatty acids and risk of prostate cancer. J Natl Cancer Inst 86: 281–286 54. Harvei S, Bjerve KS, Tretli S, Jellum E, Robsahm TE, Vatten L (1997) Prediagnostic level of fatty acids in serum phospholipids: omega-3 and omega-6 fatty acids and the risk of prostate cancer. Int J Cancer 71: 545–551 55. Norrish AE, Jackson RT, Sharpe SJ, Skeaff CM (2000) Men who consume vegetable oils rich in monounsaturated fat: their dietary patterns and risk of prostate cancer (New Zealand). Cancer Causes Control 11: 609–615 56. Godley PA, Campbell MK, Gallagher P, Martinson FE, Mohler JL, Sandler RS (1996) Biomarkers of essential fatty acid consumption and risk of prostatic carcinoma. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 5: 889–895 57. Schuurman AG, van den Brandt PA, Dorant E, Brants HA, Goldbohm RA (1999) Association of energy and fat intake with prostate carcinoma risk: results from The Netherlands Cohort Study. Cancer 86: 1019–1027 58. Veierod MB, Laake P, Thelle DS: Dietary fat intake and risk of prostate cancer (1997) a prospective study of 25,708 Norwegian men. Int J Cancer 73: 634–638 59. Le Marchand L, Kolonel LN, Wilkens LR, Myers BC, Hirohata T (1994) Animal fat consumption and prostate cancer: a prospective study in Hawaii. Epidemiology 5: 276–282 60. Michaud DS, Augustsson K, Rimm EB, Stampfer MJ, Willet WC, Giovannucci E (2001) A prospective study on intake of animal products and risk of prostate cancer. Cancer Causes Control 12: 557–567 61. Mills PK, Beeson WL, Phillips RL, Fraser GE (1989) Cohort study of diet, lifestyle, and prostate cancer in Adventist men. Cancer 64: 598–604 62. Hsing AW, McLaughlin JK, Schuman LM, Bjelke E, Gridley G, Wacholder S et al. (1990) Diet, tobacco use, and fatal prostate cancer: results from the Lutheran Brotherhood Cohort Study. Cancer Res 50: 6836–6840 63. Schuurman AG, van den Brandt PA, Dorant E, Goldbohm RA (1999) Animal products, calcium and protein and prostate cancer risk in The Netherlands Cohort Study. Br J Cancer 80: 1107–1113 64. Nagao M: A new approach to risk estimation of food-borne carcinogens–heterocyclic amines–based on molecular information. Mutat Res 431: 3–12 65. Norrish AE, Ferguson LR, Knize MG, Felton JS, Sharpe SJ, Jackson RT (1999) Heterocyclic amine content of cooked meat and risk of prostate cancer. J Natl Cancer Inst 91: 2038–2044
66. Grant WB (1999) An ecologic study of dietary links to prostate cancer. Altern Med Rev 4: 162–169 67. Talamini R, La Vecchia C, Decarli A, Negri E, Franceschi S (1986) Nutrition, social factors and prostatic cancer in a Northern Italian population. Br J Cancer 53: 817–821 68. Mettlin C, Selenskas S, Natarajan N, Huben R (1989) Beta-carotene and animal fats and their relationship to prostate cancer risk. A case-control study. Cancer 64: 605–612 69. La Vecchia C, Negri E, D’Avanzo B, Franceschi S, Boyle P (1991) Dairy products and the risk of prostatic cancer. Oncology 48: 406–410 70. Talamini R, Franceschi S, La Vecchia C, Serraino D, Barra S, Negri E (1992) Diet and prostatic cancer: a case-control study in northern Italy. Nutr Cancer 18: 277–286 71. De Stefani E, Fierro L, Barrios E, Ronco A (1995) Tobacco, alcohol, diet and risk of prostate cancer. Tumori 81: 315–320 72. Chan JM, Stampfer MJ, Ma J, Gann PH, Gaziano JM, Giovannucci EL (2001) Dairy products, calcium, and prostate cancer risk in the Physicians’ Health Study. Am J Clin Nutr 74: 549–554 73. Qin LQ, Xu JY, Wang PY, Kaneko T, Hoshi K, Sato A (2004) Milk consumption is a risk factor for prostate cancer: meta-analysis of case-control studies. Nutr Cancer 48: 22–27 74. Kristal AR, Cohen JH, Qu P, Stanford JL (2002) Associations of energy, fat, calcium, and vitamin D with prostate cancer risk. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 11: 719–725 75. Chan JM, Giovannucci E, Andersson SO, Yuen J, Adami HO, Wolk A (1998) Dairy products, calcium, phosphorous, vitamin D, and risk of prostate cancer (Sweden). Cancer Causes Control 9: 559–566 76. Giovannucci E, Rimm EB, Wolk A, Ascherio A, Stampfer MJ, Colditz GA et al. (1998) Calcium and fructose intake in relation to risk of prostate cancer. Cancer Res 58: 442–447 77. Rodriguez C, McCullough ML, Mondul AM, Jacobs EJ, FakhrabadiShokoohi D, Giovannucci EL et al. (2003) Calcium, dairy products, and risk of prostate cancer in a prospective cohort of United States men. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 12: 597–603 78. Berndt SI, Carter HB, Landis PK, Tucker KL, Hsieh LJ, Metter EJ et al. (2002) Calcium intake and prostate cancer risk in a long-term aging study: the Baltimore Longitudinal Study of Aging. Urology 60: 1118–1123 79. Tavani A, Gallus S, Franceschi S, La Vecchia C (2001) Calcium, dairy products, and the risk of prostate cancer. Prostate 48: 118–121 80. Sies H, Stahl W (1995) Vitamins E and C, beta-carotene, and other carotenoids as antioxidants. Am J Clin Nutr 62: 1315S-1321S 81. Kaplan LA, Stein EA, Willett WC, Stampfer MJ, Stryker WS (1987) Reference ranges of retinol, tocopherols, lycopene and alpha- and beta-carotene in plasma by simultaneous high-performance liquid chromatographic analysis. Clin Physiol Biochem 5: 297–304 82. Clinton SK, Emenhiser C, Schwartz SJ, Bostwick DG, Williams AW, Moore BJ et al. (1996) cis-trans lycopene isomers, carotenoids, and retinol in the human prostate. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 5: 823–833 83. Stahl W, Sies H (1992) Uptake of lycopene and its geometrical isomers is greater from heat-processed than from unprocessed tomato juice in humans. J Nutr 122: 2161–2166 84. Giovannucci E, Rimm EB, Liu Y, Stampfer MJ, Willett WC (2002) A prospective study of tomato products, lycopene, and prostate cancer risk. J Natl Cancer Inst 94: 391–398 85. Gann PH, Ma J, Giovannucci E, Willett W, Sacks FM, Hennekens CH et al. (1999) Lower prostate cancer risk in men with elevated plasma lycopene levels: results of a prospective analysis. Cancer Res 59: 1225–1230 86. Lu QY, Hung JC, Heber D, Go VL, Reuter VE, Cordon-Cardo C et al. (2001) Inverse associations between plasma lycopene and other
609 Literatur
carotenoids and prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 10: 749–756 87. Vogt TM, Mayne ST, Graubard BI, Swanson CA, Sowell AL, Schoenberg JB et al. (2002) Serum lycopene, other serum carotenoids, and risk of prostate cancer in US Blacks and Whites. Am J Epidemiol 155: 1023–1032 88. Huang HY, Alberg AJ, Norkus EP, Hoffman SC, Comstock GW, Helzlsouer KJ (2003) Prospective study of antioxidant micronutrients in the blood and the risk of developing prostate cancer. Am J Epidemiol 157: 335–344 89. Nomura AM, Stemmermann GN, Lee J, Craft NE (1997) Serum micronutrients and prostate cancer in Japanese Americans in Hawaii. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 6: 487–491 90. Schuurman AG, Goldbohm RA, Dorant E, van den Brandt PA (1998) Vegetable and fruit consumption and prostate cancer risk: a cohort study in The Netherlands. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 7: 673–680 91. Cohen JH, Kristal AR, Stanford JL (2000) Fruit and vegetable intakes and prostate cancer risk. J Natl Cancer Inst 92: 61–68 92. Kolonel LN, Hankin JH, Whittemore AS, Wu AH, Gallagher RP, Wilkens LR et al. (2000) Vegetables, fruits, legumes and prostate cancer: a multiethnic case-control study. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 9: 795–804 93. Kristal AR, Lampe JW (2002) Brassica vegetables and prostate cancer risk: a review of the epidemiological evidence. Nutr Cancer 42: 1–9 94. Giovannucci E, Rimm EB, Liu Y, Stampfer MJ, Willett WC (2003) A prospective study of cruciferous vegetables and prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 12: 1403–1409 95. Morrissey C, Watson RW (2003) Phytoestrogens and prostate cancer. Curr Drug Targets 4: 231–241 96. Severson RK, Nomura AM, Grove JS, Stemmermann GN (1989) A prospective study of demographics, diet, and prostate cancer among men of Japanese ancestry in Hawaii. Cancer Res 49: 1857–1860 97. The effect of vitamin E and beta carotene on the incidence of lung cancer and other cancers in male smokers. The Alpha-Tocopherol, Beta Carotene Cancer Prevention Study Group. N Engl J Med 330: 1029–1035 98. Heinonen OP, Albanes D, Virtamo J, Taylor PR, Huttunen JK, Hartman AM et al. (1998) Prostate cancer and Supplementation with alpha-tocopherol and beta-carotene: incidence and mortality in a controlled trial. J Natl Cancer Inst 90: 440–446 99. Virtamo J, Pietinen P, Huttunen JK, Korhonen P, Malila N, Virtanen MJ et al. (2003) Incidence of cancer and mortality following alphatocopherol and beta-carotene Supplementation: a postintervention follow-up. Jama 290: 476–485 100. Chan JM, Stampfer MJ, Ma J, Rimm EB, Willett WC, Giovannucci EL (1999) Supplemental vitamin E intake and prostate cancer risk in a large cohort of men in the United States. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 8: 893–899 101. Eichholzer M, Stahelin HB, Gey KF, Ludin E, Bernasconi F (19) Prediction of male cancer mortality by plasma levels of interacting vitamins: 17-year follow-up of the prospective Basel study. Int J Cancer 66: 145–150 102. Lonn E, Bosch J, Yusuf S, Sheridan P, Pogue J, Arnold JM et al. (2005) Effects of long-term vitamin E Supplementation on cardiovascular events and cancer: a randomized controlled trial. Jama 293: 1338–1347 103. Sporn MB, Roberts AB (1984) Role of retinoids in differentiation and carcinogenesis. J Natl Cancer Inst 73: 1381–1387 104. Giovannucci E, Ascherio A, Rimm EB, Stampfer MJ, Colditz GA, Willett WC: Intake of carotenoids and retinol in relation to risk of prostate cancer. J Natl Cancer Inst 87: 1767–1776
105. Daviglus ML, Dyer AR, Persky V, Chavez N, Drum M, Goldberg J et al. (1996) Dietary beta-carotene, vitamin C, and risk of prostate cancer: results from the Western Electric Study. Epidemiology 7: 472–477 106. Hsing AW, Comstock GW, Abbey H, Polk BF (1990) Serologic precursors of cancer. Retinol, carotenoids, and tocopherol and risk of prostate cancer. J Natl Cancer Inst 82: 941–946 107. Jain MG, Hislop GT, Howe GR, Ghadirian P (1999) Plant foods, antioxidants, and prostate cancer risk: findings from case-control studies in Canada. Nutr Cancer 34: 173–184 108. Oishi K, Okada K, Yoshida O, Yamabe H, Ohno Y, Hayes RB et al. (1988) A case-control study of prostatic cancer with reference to dietary habits. Prostate 12: 179–190 109. Menon M, Maramag C, Malhotra RK, Seethalakshmi L (1998) Effect of vitamin C on androgen independent prostate cancer cells (PC3 and Mat-Ly-Lu) in vitro: involvement of reactive oxygen species-effect on cell number, viability and DNA synthesis. Cancer Biochem Biophys 16: 17–30 110. Maramag C, Menon M, Balaji KC, Reddy PG, Laxmanan S (1997) Effect of vitamin C on prostate cancer cells in vitro: effect on cell number, viability, and DNA synthesis. Prostate 32: 188–195 111. Jamison JM, Gilloteaux J, Venugopal M, Koch JA, Sowick C, Shah R et al. (1996) Flow cytometric and ultrastructural aspects of the synergistic antitumor activity of vitamin C-vitamin K3 combinations against human prostatic carcinoma cells. Tissue Cell 28: 687–701 112. Chan JM, Giovannucci EL (2001) Vegetables, fruits, associated micronutrients, and risk of prostate cancer. Epidemiol Rev 23: 82–86 113. Lokeshwar BL, Schwartz GG, Selzer MG, Burnstein KL, Zhuang SH, Block NL et al. (1999) Inhibition of prostate cancer metastasis in vivo: a comparison of 1,23-dihydroxyvitamin D (calcitriol) and EB1089. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 8: 241–248 114. Ahonen MH, Tenkanen L, Teppo L, Hakama M, Tuohimaa P (2000) Prostate cancer risk and prediagnostic serum 25-hydroxyvitamin D levels (Finland). Cancer Causes Control 11: 847–852 115. Tuohimaa P, Tenkanen L, Ahonen M, Lumme S, Jellum E, Hallmans G et al. (2004) Both high and low levels of blood vitamin D are associated with a higher prostate cancer risk: a longitudinal, nested case-control study in the Nordic countries. Int J Cancer 108: 104–108 116. Corder EH, Guess HA, Hulka BS, Friedman GD, Sadler M, Vollmer RT et al. (1993) Vitamin D and prostate cancer: a prediagnostic study with stored sera. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2: 467–472 117. Braun MM, Helzlsouer KJ, Hollis BW, Comstock GW (1995) Prostate cancer and prediagnostic levels of serum vitamin D metabolites (Maryland, United States). Cancer Causes Control 6: 235–239 118. Gann PH, Ma J, Hennekens CH, Hollis BW, Haddad JG, Stampfer MJ (1996) Circulating vitamin D metabolites in relation to subsequent development of prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 5: 121–126 119. Luscombe CJ, Fryer AA, French ME, Liu S, Saxby MF, Jones PW et al. (2001) Exposure to ultraviolet radiation: association with susceptibility and age at presentation with prostate cancer. Lancet 358: 641–642 120. Chan JM, Pietinen P, Virtanen M, Malila N, Tangrea J, Albanes D et al. (2000) Diet and prostate cancer risk in a cohort of smokers, with a specific focus on calcium and phosphorus (Finland). Cancer Causes Control 11: 859–867 121. Clark LC, Combs GF, Jr., Turnbull BW, Slate EH, Chalker DK, Chow J et al. (1996) Effects of selenium Supplementation for cancer prevention in patients with carcinoma of the skin. A randomized controlled trial. Nutritional Prevention of Cancer Study Group. Jama 276: 1957–1963
25
610
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
122. Helzlsouer KJ, Huang HY, Alberg AJ, Hoffman S, Burke A, Norkus EP et al. (2000) Association between alpha-tocopherol, gammatocopherol, selenium, and subsequent prostate cancer. J Natl Cancer Inst 92: 2018–2023 123. Yoshizawa K, Willett WC, Morris SJ, Stampfer MJ, Spiegelman D, Rimm EB et al. (1998) Study of prediagnostic selenium level in toenails and the risk of advanced prostate cancer. J Natl Cancer Inst 90: 1219–1224 124. Vogt TM, Ziegler RG, Graubard BI, Swanson CA, Greenberg RS, Schoenberg JB et al. (2003) Serum selenium and risk of prostate cancer in U.S. blacks and whites. Int J Cancer 103: 664–670 125. Nomura AM, Lee J, Stemmermann GN, Combs GF, Jr. (2000) Serum selenium and subsequent risk of prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 9: 883–887 126. Brooks JD, Metter EJ, Chan DW, Sokoll LJ, Landis P, Nelson WG et al. (2001) Plasma selenium level before diagnosis and the risk of prostate cancer development. J Urol 166: 2034–2038 127. Li H, Stampfer MJ, Giovannucci EL, Morris JS, Willett WC, Gaziano JM et al. (2004) A prospective study of plasma selenium levels and prostate cancer risk. J Natl Cancer Inst 96: 696–703 128. Knekt P, Aromaa A, Maatela J, Alfthan G, Aaran RK, Hakama M et al. (1990) Serum selenium and subsequent risk of cancer among Finnish men and women. J Natl Cancer Inst 82: 864–868 129. Mawson CA, Fischer MI (1952) The occurrence of zinc in the human prostate gland. Can J Med Sci 30: 336–339 130. Prasad AS (1995) Zinc: an overview. Nutrition 11: 93–99 131. Iguchi K, Hamatake M, Ishida R, Usami Y, Adachi T, Yamamoto H et al. (1998) Induction of necrosis by zinc in prostate carcinoma cells and identification of proteins increased in association with this induction. Eur J Biochem 253: 766–770 132. Liang JY, Liu YY, Zou J, Franklin RB, Costello LC, Feng P (1999) Inhibitory effect of zinc on human prostatic carcinoma cell growth. Prostate 40: 200–207 133. Kristal AR, Stanford JL, Cohen JH, Wicklund K, Patterson RE (1999) Vitamin and mineral Supplement use is associated with reduced risk of prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 8: 887–892 134. Platz EA, Helzlsouer KJ, Hoffman SC, Morris JS, Baskett CK, Comstock GW (2002) Prediagnostic toenail cadmium and zinc and subsequent prostate cancer risk. Prostate 52: 288–296 135. West DW, Slattery ML, Robison LM, French TK, Mahoney AW (1991) Adult dietary intake and prostate cancer risk in Utah: a case-control study with special emphasis on aggressive tumors. Cancer Causes Control 2: 85–94 136. Kolonel LN, Yoshizawa CN, Hankin JH (1988) Diet and prostatic cancer: a case-control study in Hawaii. Am J Epidemiol 127: 999–1012 137. Leitzmann MF, Stampfer MJ, Wu K, Colditz GA, Willett WC, Giovannucci EL (2003) Zinc Supplement use and risk of prostate cancer. J Natl Cancer Inst 95: 1004–1007 138. Albanes D, Blair A, Taylor PR (1989) Physical activity and risk of cancer in the NHANES I population. Am J Public Health 79: 744–750 139. Hartman TJ, Albanes D, Rautalahti M, Tangrea JA, Virtamo J, Stolzenberg R et al. (1998) Physical activity and prostate cancer in the Alpha-Tocopherol, Beta-Carotene (ATBC) Cancer Prevention Study (Finland). Cancer Causes Control 9: 11–18 140. Lund Nilsen TI, Johnsen R, Vatten LJ (2000) Socio-economic and lifestyle factors associated with the risk of prostate cancer. Br J Cancer 82: 1358–1363 141. Polednak AP: College athletics, body size, and cancer mortality. Cancer 38: 382–387
142. Liu S, Lee IM, Linson P, Ajani U, Buring JE, Hennekens CH (2000) A prospective study of physical activity and risk of prostate cancer in US physicians. Int J Epidemiol 29: 29–35 143. Lacey JV, Jr., Deng J, Dosemeci M, Gao YT, Mostofi FK, Sesterhenn IA et al. (2001) Prostate cancer, benign prostatic hyperplasia and physical activity in Shanghai, China. Int J Epidemiol 30: 341–349 144. Doll R, Peto R, Wheatley K, Gray R, Sutherland I (1994) Mortality in relation to smoking: 40 years’ observations on male British doctors. Bmj 309: 901–911 145. Lotufo PA, Lee IM, Ajani UA, Hennekens CH, Manson JE (2000) Cigarette smoking and risk of prostate cancer in the physicians’ health study (United States). Int J Cancer 87: 141–144 146. Hiatt RA, Armstrong MA, Klatsky AL, Sidney S (1994) Alcohol consumption, smoking, and other risk factors and prostate cancer in a large health plan cohort in California (United States). Cancer Causes Control 5: 66–72 147. Hsing AW, McLaughlin JK, Hrubec Z, Blot WJ, Fraumeni JF Jr (1991) Tobacco use and prostate cancer: 26-year follow-up of US veterans. Am J Epidemiol 133: 437–441 148. Coughlin SS, Neaton JD, Sengupta A (1996) Cigarette smoking as a predictor of death from prostate cancer in 348,874 men screened for the Multiple Risk Factor Intervention Trial. Am J Epidemiol 143: 1002–1006 149. Daniell HW (1995) A worse prognosis for smokers with prostate cancer. J Urol 154: 153–157 150. Roberts WW, Platz EA, Walsh PC (2003) Association of cigarette smoking with extraprostatic prostate cancer in young men. J Urol 169: 512–516; discussion 516 151. Oefelein MG, Resnick MI (2004) Association of tobacco use with hormone refractory disease and survival of patients with prostate cancer. J Urol 171: 2281–2284 152. Dennis LK (2000) Meta-analysis for combining relative risks of alcohol consumption and prostate cancer. Prostate 42: 56–66 153. Nomura A, Heilbrun LK, Stemmermann GN, Judd HL (1988) Prediagnostic serum hormones and the risk of prostate cancer. Cancer Res 48: 3515–3517 154. Barrett-Connor E, Garland C, McPhillips JB, Khaw KT, Wingard DL (1990) A prospective, population-based study of androstenedione, estrogens, and prostatic cancer. Cancer Res 50: 169–173 155. Hsing AW, Comstock GW: Serological precursors of cancer (1993) serum hormones and risk of subsequent prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2: 27–32 156. Comstock GW, Gordon GB, Hsing AW (1993) The relationship of serum dehydroepiandrosterone and its sulfate to subsequent cancer of the prostate. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2: 219–221 157. Carter HB, Pearson JD, Metter EJ, Chan DW, Andres R, Fozard JL et al. (1995) Longitudinal evaluation of serum androgen levels in men with and without prostate cancer. Prostate 27: 25–31 158. Nomura AM, Stemmermann GN, Chyou PH, Henderson BE, Stanczyk FZ (1996) Serum androgens and prostate cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 5: 621–625 159. Gann PH, Hennekens CH, Ma J, Longcope C, Stampfer MJ (1996) Prospective study of sex hormone levels and risk of prostate cancer. J Natl Cancer Inst 88: 1118–1126 160. Guess HA, Friedman GD, Sadler MC, Stanczyk FZ, Vogelman JH, Imperato-McGinley J et al. (1997) 5 alpha-reductase activity and prostate cancer: a case-control study using stored sera. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 6: 21–24 161. Vatten LJ, Ursin G, Ross RK, Stanczyk FZ, Lobo RA, Harvei S et al. (1997) Androgens in serum and the risk of prostate cancer: a nested case-control study from the Janus serum bank in Norway. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 6: 967–969
611 Literatur
162. Dorgan JF, Albanes D, Virtamo J, Heinonen OP, Chandler DW, Galmarini M et al. (1998) Relationships of serum androgens and estrogens to prostate cancer risk: results from a prospective study in Finland. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 7: 1069–1074 163. Heikkila R, Aho K, Heliovaara M, Hakama M, Marniemi J, Reunanen A et al. (1999) Serum testosterone and sex hormone-binding globulin concentrations and the risk of prostate carcinoma: a longitudinal study. Cancer 86: 312–315 164. Mohr BA, Feldman HA, Kalish LA, Longcope C, McKinlay JB (2001) Are serum hormones associated with the risk of prostate cancer? Prospective results from the Massachusetts Male Aging Study. Urology 57: 930–935 165. Harman SM, Metter EJ, Tobin JD, Pearson J, Blackman MR (2001) Longitudinal effects of aging on serum total and free testosterone levels in healthy men. Baltimore Longitudinal Study of Aging. J Clin Endocrinol Metab 86: 724–731 166. Leifke E, Gorenoi V, Wichers C, Von Zur Muhlen A, Von Buren E, Brabant G (2000) Age-related changes of serum sex hormones, insulin-like growth factor-1 and sex-hormone binding globulin levels in men: cross-sectional data from a healthy male cohort. Clin Endocrinol (Oxford) 53: 689–695 167. Dennis LK, Lynch CF, Torner JC (2002) Epidemiologic association between prostatitis and prostate cancer. Urology 60: 78–83 168. Nelson JE, Harris RE (2000) Inverse association of prostate cancer and non-steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs): results of a case-control study. Oncol Rep 7: 169–170 169. Clark LC, Dalkin B, Krongrad A, Combs GF, Jr., Turnbull BW, Slate EH et al. (1998) Decreased incidence of prostate cancer with selenium Supplementation: results of a double-blind cancer prevention trial. Br J Urol 81: 730–734 170. Dennis LK, Dawson DV (2002) Meta-analysis of measures of sexual activity and prostate cancer. Epidemiology 13: 72–79 171. Hayes RB, Pottern LM, Strickler H, Rabkin C, Pope V, Swanson GM et al. (2000) Sexual behaviour, STDs and risks for prostate cancer. Br J Cancer 82: 718–725 172. Taylor ML, Mainous AG 3rd, Wells BJ (2005) Prostate cancer and sexually transmitted diseases: a meta-analysis. Fam Med 37: 506–512 173. Adami HO, Kuper H, Andersson SO, Bergstrom R, Dillner J (2003) Prostate cancer risk and serologic evidence of human papilloma virus infection: a population-based case-control study. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 12: 872–875 174. Dillner J, Knekt P, Boman J, Lehtinen M, Af Geijersstam V, Sapp M et al. (1998) Sero-epidemiological association between humanpapillomavirus infection and risk of prostate cancer. Int J Cancer 75: 564–567 175. Strickler HD, Burk R, Shah K, Viscidi R, Jackson A, Pizza G et al. (1998) A multifaceted study of human papillomavirus and prostate carcinoma. Cancer 82: 1118–1125 176. Das D, Shah RB, Imperiale MJ (2004) Detection and expression of human BK virus sequences in neoplastic prostate tissues. Oncogene 23: 7031–7046 177. Zambrano A, Kalantari M, Simoneau A, Jensen JL, Villarreal LP (2002) Detection of human polyomaviruses and papillomaviruses in prostatic tissue reveals the prostate as a habitat for multiple viral infections. Prostate 53: 263–276 178. Korodi Z, Wang X, Tedeschi R, Knekt P, Dillner J (2005) No serological evidence of association between prostate cancer and infection with herpes simplex virus type 2 or human herpesvirus type 8: a nested case-control study. J Infect Dis 191: 2008–2011 179. Samanta M, Harkins L, Klemm K, Britt WJ, Cobbs CS (2003) High prevalence of human cytomegalovirus in prostatic intraepithelial neoplasia and prostatic carcinoma. J Urol 170: 998–1002
180. Smith JR, Freije D, Carpten JD, Gronberg H, Xu J, Isaacs SD et al. (1996) Major susceptibility locus for prostate cancer on chromosome 1 suggested by a genome-wide search. Science 274: 1371–1374 181. Xu J, Zheng SL, Komiya A, Mychaleckyj JC, Isaacs SD, Hu JJ et al. (2002) Germline mutations and sequence variants of the macrophage scavenger receptor 1 gene are associated with prostate cancer risk. Nat Genet 32: 321–325 182. Dejager S, Mietus-Snyder M, Friera A, Pitas RE (1993) Dominant negative mutations of the scavenger receptor. Native receptor inactivation by expression of truncated variants. J Clin Invest 92: 894–902 183. Schaid DJ, Buetow K, Weeks DE, Wijsman E, Guo SW, Ott J et al.: Discovery of cancer susceptibility genes (1999) study designs, analytic approaches, and trends in technology. J Natl Cancer Inst Monogr: 1–16 184. Seppala EH, Ikonen T, Autio V, Rokman A, Mononen N, Matikainen MP et al. (2003) Germ-line alterations in MSR1 gene and prostate cancer risk. Clin Cancer Res 9: 5252–5256 185. Giles GG, Severi G, English DR, McCredie MR, Borland R, Boyle P et al. (2003) Sexual factors and prostate cancer. BJU Int 92: 211–216 186. Ostrander EA, Stanford JL (2000) Genetics of prostate cancer: too many loci, too few genes. Am J Hum Genet 67: 1367–1375 187. Conlon EM, Goode EL, Gibbs M, Stanford JL, Badzioch M, Janer M et al. (2003) Oligogenic segregation analysis of hereditary prostate cancer pedigrees: evidence for multiple loci affecting age at onset. Int J Cancer 105: 630–635 188. Gong G, Oakley-Girvan I, Wu AH, Kolonel LN, John EM, West DW et al.: Segregation analysis of prostate cancer in 1,719 white, African-American and Asian-American families in the United States and Canada. Cancer Causes Control 13: 471–482 189. Verhage BA, Baffoe-Bonnie AB, Baglietto L, Smith DS, BaileyWilson JE, Beaty TH et al. (2001) Autosomal dominant inheritance of prostate cancer: a confirmatory study. Urology 57: 97–101 190. Schaid DJ, McDonnell SK, Blute ML, Thibodeau SN (1998) Evidence for autosomal dominant inheritance of prostate cancer. Am J Hum Genet 62: 1425–1438 191. Carter BS, Beaty TH, Steinberg GD, Childs B, Walsh PC (1992) Mendelian inheritance of familial prostate cancer. Proc Natl Acad Sci U S A 89: 3367–3371 192. Gronberg H, Damber L, Damber JE, Iselius L (1997) Segregation analysis of prostate cancer in Sweden: support for dominant inheritance. Am J Epidemiol 146: 552–557 193. Cui J, Staples MP, Hopper JL, English DR, McCredie MR, Giles GG (2001) Segregation analyses of 1,476 population-based Australian families affected by prostate cancer. Am J Hum Genet 68: 1207–1218 194. Easton DF, Schaid DJ, Whittemore AS, Isaacs WJ (2003) Where are the prostate cancer genes?–A summary of eight genome wide searches. Prostate 57: 261–269 195. Jemal A, Murray T, Samuels A, Ghafoor A, Ward E, Thun MJ (2003) Cancer statistics 2003. CA Cancer J Clin 53: 5–26 196. Xu J, Dimitrov L, Chang BL, Adams TS, Turner AR, Meyers DA et al. (2005) A combined genomewide linkage scan of 1,233 families for prostate cancer-susceptibility genes conducted by the international consortium for prostate cancer genetics. Am J Hum Genet 77: 219–229 197. Cooney KA, McCarthy JD, Lange E, Huang L, Miesfeldt S, Montie JE et al. (1997) Prostate cancer susceptibility locus on chromosome 1q: a confirmatory study. J Natl Cancer Inst 89: 955–959 198. Hsieh CL, Oakley-Girvan I, Gallagher RP, Wu AH, Kolonel LN, Teh CZ et al. (1997) Re: prostate cancer susceptibility locus on chromosome 1q: a confirmatory study. J Natl Cancer Inst 89: 1893–1894
25
612
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
199. Xu J (2000) Combined analysis of hereditary prostate cancer linkage to 1q24–25: results from 772 hereditary prostate cancer families from the International Consortium for Prostate Cancer Genetics. Am J Hum Genet 66: 945–957 200. Rokman A, Ikonen T, Seppala EH, Nupponen N, Autio V, Mononen N et al. (2002) Germline alterations of the RNASEL gene, a candidate HPC1 gene at 1q25, in patients and families with prostate cancer. Am J Hum Genet 70: 1299–1304 201. Wiklund F, Jonsson BA, Brookes AJ, Stromqvist L, Adolfsson J, Emanuelsson M et al. (2004) Genetic analysis of the RNASEL gene in hereditary, familial, and sporadic prostate cancer. Clin Cancer Res 10: 7150–7156 202. Rennert H, Bercovich D, Hubert A, Abeliovich D, Rozovsky U, BarShira A et al. (2002) A novel founder mutation in the RNASEL gene 471delAAAG, is associated with prostate cancer in Ashkenazi Jews. Am J Hum Genet 71: 981–984 203. Berthon P, Valeri A, Cohen-Akenine A, Drelon E, Paiss T, Wohr G et al. (1998) Predisposing gene for early-onset prostate cancer, localized on chromosome 1q42.2–43. Am J Hum Genet 62: 1416– 1424 204. Cancel-Tassin G, Latil A, Valeri A, Mangin P, Fournier G, Berthon P et al. (2001) PCAP is the major known prostate cancer predisposing locus in families from south and west Europe. Eur J Hum Genet 9: 135–142 205. Berry R, Schaid DJ, Smith JR, French AJ, Schroeder JJ, McDonnell SK et al. (2000) Linkage analyses at the chromosome 1 loci 1q24– 25 (HPC1) 1q42.2–43 (PCAP), and 1p36 (CAPB) in families with hereditary prostate cancer. Am J Hum Genet 66: 539–546 206. Whittemore AS, Lin IG, Oakley-Girvan I, Gallagher RP, Halpern J, Kolonel LN et al. (1999) No evidence of linkage for chromosome 1q42.2–43 in prostate cancer. Am J Hum Genet 65: 254–256 207. Xu J, Meyers D, Freije D, Isaacs S, Wiley K, Nusskern D et al. (1998) Evidence for a prostate cancer susceptibility locus on the X chromosome. Nat Genet 20: 175–179 208. Lesko SM, Rosenberg L, Shapiro S (1996) Family history and prostate cancer risk. Am J Epidemiol 144: 1041–1047 209. Lange EM, Chen H, Brierley K, Perrone EE, Bock CH, Gillanders E et al. (1999) Linkage analysis of 153 prostate cancer families over a 30-cM region containing the putative susceptibility locus HPCX. Clin Cancer Res 5: 4013–4020 210. Peters MA, Jarvik GP, Janer M, Chakrabarti L, Kolb S, Goode EL et al. (2001) Genetic linkage analysis of prostate cancer families to Xq27–28. Hum Hered 51: 107–113 211. Farnham JM, Camp NJ, Swensen J, Tavtigian SV, Albright LA (2005) Confirmation of the HPCX prostate cancer predisposition locus in large Utah prostate cancer pedigrees. Hum Genet 116: 179–185 212. Tavtigian SV, Simard J, Teng DH, Abtin V, Baumgard M, Beck A et al. (2001) A candidate prostate cancer susceptibility gene at chromosome 17p. Nat Genet 27: 172–180 213. Camp NJ, Tavtigian SV (2002) Meta-analysis of associations of the Ser217Leu and Ala541Thr variants in ELAC2 (HPC2) and prostate cancer. Am J Hum Genet 71: 1475–1478 214. Severi G, Giles GG, Southey MC, Tesoriero A, Tilley W, Neufing P et al. (2003) ELAC2/HPC2 polymorphisms, prostate-specific antigen levels, and prostate cancer. J Natl Cancer Inst 95: 818–824 215. Cunningham JM, McDonnell SK, Marks A, Hebbring S, Anderson SA, Peterson BJ et al. (2003) Genome linkage screen for prostate cancer susceptibility loci: results from the Mayo Clinic Familial Prostate Cancer Study. Prostate 57: 335–346 216. Berry R, Schroeder JJ, French AJ, McDonnell SK, Peterson BJ, Cunningham JM et al. (2000) Evidence for a prostate cancer-susceptibility locus on chromosome 20. Am J Hum Genet 67: 82–91
217. Bock CH, Cunningham JM, McDonnell SK, Schaid DJ, Peterson BJ, Pavlic RJ et al. (2001) Analysis of the prostate cancer-susceptibility locus HPC20 in 172 families affected by prostate cancer. Am J Hum Genet 68: 795–801 218. Zheng SL, Xu J, Isaacs SD, Wiley K, Chang B, Bleecker ER et al. (2001) Evidence for a prostate cancer linkage to chromosome 20 in 159 hereditary prostate cancer families. Hum Genet 108: 430–435 219. Schaid DJ, Chang BL (2005) Description of the International Consortium For Prostate Cancer Genetics, and failure to replicate linkage of hereditary prostate cancer to 20q13. Prostate 63: 276–290 220. Xu J, Gillanders EM, Isaacs SD, Chang BL, Wiley KE, Zheng SL et al. (2003) Genome-wide scan for prostate cancer susceptibility genes in the Johns Hopkins hereditary prostate cancer families. Prostate 57: 320–325 221. Janer M, Friedrichsen DM, Stanford JL, Badzioch MD, Kolb S, Deutsch K et al. (2003) Genomic scan of 254 hereditary prostate cancer families. Prostate 57: 309–319 222. Xu J, Zheng SL, Hawkins GA, Faith DA, Kelly B, Isaacs SD et al. (2001) Linkage and association studies of prostate cancer susceptibility: evidence for linkage at 8p22–23. Am J Hum Genet 69: 341–350 223. Xu J, Zheng SL, Komiya A, Mychaleckyj JC, Isaacs SD, Chang B et al. (2003) Common sequence variants of the macrophage scavenger receptor 1 gene are associated with prostate cancer risk. Am J Hum Genet 72: 208–212 224. Hawkins GA, Mychaleckyj JC, Zheng SL, Faith DA, Kelly B, Isaacs SD et al. (2002) Germline sequence variants of the LZTS1 gene are associated with prostate cancer risk. Cancer Genet Cytogenet 137: 1–7
Literatur zu Kap. 2.2.1, 2.2.3 und 2.2.4 1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Thompson IM, Ankerst DP, Chi C, Goodman PJ, Tangen CM, Lucia MS, Feng Z, Parnes HL, Coltman CA, Jr. (2006) Assessing prostate cancer risk: results from the Prostate Cancer Prevention Trial. J Natl Cancer Inst 98: 529–534 Thompson IM, Pauler DK, Goodman PJ, Tangen CM, Lucia MS, Parnes HL, Minasian LM, Ford LG, Lippman SM, Crawford ED, Crowley JJ, Coltman CA, Jr. (2004) Prevalence of prostate cancer among men with a prostate-specific antigen level < or =4.0 ng per milliliter. N Engl J Med 350: 2239–2246 Dhanasekaran SM, Barrette TR, Ghosh D, Shah R, Varambally S, Kurachi K, Pienta KJ, Rubin MA, Chinnaiyan AM (2001) Delineation of prognostic biomarkers in prostate cancer. Nature 412: 822–826 Lapointe J, Li C, Higgins JP, van de Rijn M, Bair E, Montgomery K, Ferrari M, Egevad L, Rayford W, Bergerheim U, Ekman P, DeMarzo AM, Tibshirani R, Botstein D, Brown PO, Brooks JD, Pollack JR (2004) Gene expression profiling identifies clinically relevant subtypes of prostate cancer. Proc Natl Acad Sci USA 101: 811–816 Yu YP, Landsittel D, Jing L, Nelson J, Ren B, Liu L, McDonald C, Thomas R, Dhir R, Finkelstein S, Michalopoulos G, Becich M, Luo JH (2004) Gene expression alterations in prostate cancer predicting tumor aggression and preceding development of malignancy. J Clin Oncol 22: 2790–2799 Tomlins SA, Mehra R, Rhodes DR, Cao X, Wang L, Dhanasekaran SM, Kalyana-Sundaram S, Wei JT, Rubin MA, Pienta KJ, Shah RB, Chinnaiyan AM (2007) Integrative molecular concept modeling of prostate cancer progression. Nat Genet 39: 41–51 Schlomm T, Hellwinkel OJ, Buness A, Ruschhaupt M, Lubke AM, Chun FK, Simon R, Budaus L, Erbersdobler A, Graefen M, Huland H, Poustka A, Sultmann H (2008) Molecular Cancer Phenotype in Normal Prostate Tissue. Eur Urol
613 Literatur
8.
9.
10.
11.
12.
13. 14.
15.
16.
17.
18.
19. 20.
21.
22.
Schlomm T, Luebke AM, Sultmann H, Hellwinkel OJ, Sauer U, Poustka A, David KA, Chun FK, Haese A, Graefen M, Erbersdobler A, Huland H (2005) Extraction and processing of high quality RNA from impalpable and macroscopically invisible prostate cancer for microarray gene expression analysis. Int J Oncol 27: 713–720 Tomlins SA, Rhodes DR, Perner S, Dhanasekaran SM, Mehra R, Sun XW, Varambally S, Cao X, Tchinda J, Kuefer R, Lee C, Montie JE, Shah RB, Pienta KJ, Rubin MA, Chinnaiyan AM (2005) Recurrent fusion of TMPRSS2 and ETS transcription factor genes in prostate cancer. Science 310: 644–648 Mosquera JM, Perner S, Genega EM, Sanda M, Hofer MD, Mertz KD, Paris PL, Simko J, Bismar TA, Ayala G, Shah RB, Loda M, Rubin MA (2008) Characterization of TMPRSS2-ERG fusion high-grade prostatic intraepithelial neoplasia and potential clinical implications. Clin Cancer Res 14: 3380–3385 Visakorpi T, Kallioniemi AH, Syvanen AC, Hyytinen ER, Karhu R, Tammela T, Isola JJ, Kallioniemi OP (1995) Genetic changes in primary and recurrent prostate cancer by comparative genomic hybridization. Cancer Res 55: 342–347 Kamradt J, Jung V, Wahrheit K, Tolosi L, Rahnenfuehrer J, Schilling M, Walker R, Davis S, Stoeckle M, Meltzer P, Wullich B (2007) Detection of novel amplicons in prostate cancer by comprehensive genomic profiling of prostate cancer cell lines using oligonucleotide-based arrayCGH. PLoS ONE 2: e769 Morris DS, Tomlins SA, Montie JE, Chinnaiyan AM (2008) The discovery and application of gene fusions in prostate cancer. BJU Int Buness A, Kuner R, Ruschhaupt M, Poustka A, Sultmann H, Tresch A (2007) Identification of aberrant chromosomal regions from gene expression microarray studies applied to human breast cancer. Bioinformatics 23: 2273–2280 Thorsen K, Sorensen KD, Brems-Eskildsen AS, Modin C, Gaustadnes M, Hein AM, Kruhoffer M, Laurberg S, Borre M, Wang K, Brunak S, Krainer AR, Torring N, Dyrskjot L, Andersen CL, Orntoft TF (2008) Alternative splicing in colon, bladder, and prostate cancer identified by exon-array analysis. Mol Cell Proteomics Loebke C, Sueltmann H, Schmidt C, Henjes F, Wiemann S, Poustka A, Korf U (2007) Infrared-based protein detection arrays for quantitative proteomics. Proteomics 7: 558–564 Miller JC, Zhou H, Kwekel J, Cavallo R, Burke J, Butler EB, Teh BS, Haab BB (2003) Antibody microarray profiling of human prostate cancer sera: antibody screening and identification of potential biomarkers. Proteomics 3: 56–63 Haller F, Lobke C, Ruschhaupt M, Cameron S, Schulten HJ, Schwager S, von Heydebreck A, Gunawan B, Langer C, Ramadori G, Sultmann H, Poustka A, Korf U, Fuzesi L (2008) Loss of 9p leads to p16(INK4A) down-regulation and enables RB/E2F1-dependent cell cycle promotion in gastrointestinal stromal tumours (GISTs). J Pathol 215: 253–262 Chun FK, Karakiewicz PI, Huland H, Graefen M (2007) Role of nomograms for prostate cancer in 2007. World J Urol 25: 131–142 Fleischmann A, Schlomm T, Huland H, Kollermann J, Simon P, Mirlacher M, Salomon G, Chun FH, Steuber T, Simon R, Sauter G, Graefen M, Erbersdobler A (2008) Distinct subcellular expression patterns of neutral endopeptidase (CD10) in prostate cancer predict diverging clinical courses in surgically treated patients. Clin Cancer Res 14: 7838–7842 Kollermann J, Schlomm T, Bang H, Schwall GP, von Eichel-Streiber C, Simon R, Schostak M, Huland H, Berg W, Sauter G, Klocker H, Schrattenholz A (2008) Expression and prognostic relevance of annexin a3 in prostate cancer. Eur Urol 54: 1314–1323 Schlomm T, Iwers L, Kirstein P, Jessen B, Kollermann J, Minner S, Passow-Drolet A, Mirlacher M, Milde-Langosch K, Graefen M,
Haese A, Steuber T, Simon R, Huland H, Sauter G, Erbersdobler A (2008) Clinical significance of p53 alterations in surgically treated prostate cancers. Mod Pathol 23. Schlomm T, Kirstein P, Iwers L, Daniel B, Steuber T, Walz J, Chun FH, Haese A, Kollermann J, Graefen M, Huland H, Sauter G, Simon R, Erbersdobler A (2007) Clinical significance of epidermal growth factor receptor protein overexpression and gene copy number gains in prostate cancer. Clin Cancer Res 13: 6579–6584 24. Schlomm T, Erbersdobler A, Mirlacher M, Sauter G (2007) Molecular staging of prostate cancer in the year 2007. World J Urol 25: 19–30
Literatur zu Kap. 25.2.2 1.
2. 3.
4.
5.
6.
7.
8.
9. 10.
11.
12.
13.
14.
Randolph TL, Amin MB, Ro JY, Ayala AG (1997) Histologic variants of adenocarcinoma and other carcinomas of prostate: pathologic criteria and clinical significance. Mod Pathol 10: 612–629 Grignon DJ (2004) Unusual subtypes of prostate cancer. Mod Pathol 17: 316–327 Ro JY, Grignon DJ, Ayala AG, Fernandez PL, Ordonez NG, Wishnow KI (1990) Mucinous adenocarcinoma of the prostate: histochemical and immunohistochemical studies. Hum Pathol 21: 593–600 Parwani AV, Kronz JD, Genega EM, Gaudin P, Chang S, Epstein JI (2004) Prostate carcinoma with squamous differentiation: an analysis of 33 cases. Am J Surg Pathol 28: 651–657 Shannon RL, Ro JY, Grignon DJ, Ordonez NG, Johnson DE, Mackay B, Tetu B, Ayala AG (1992) Sarcomatoid carcinoma of the prostate. A clinicopathologic study of 12 patients. Cancer 69: 2676–2682 Helpap B, Kollermann J (1999) Undifferentiated carcinoma of the prostate with small cell features: immunohistochemical subtyping and reflections on histogenesis. Virchows Arch 434: 385–391 Han M, Partin AW, Pound CR, Epstein JI, Walsh PC (2001) Longterm biochemical disease-free and cancer-specific survival following anatomic radical retropubic prostatectomy. The 15-year Johns Hopkins experience. Urol Clin North Am 28: 555–565 Partin AW, Kattan MW, Subong EN, Walsh PC, Wojno KJ, Oesterling JE, Scardino PT, Pearson JD (1997) Combination of prostatespecific antigen, clinical stage, and Gleason score to predict pathological stage of localized prostate cancer. A multi-institutional update. Jama 277: 1445–1451 Gleason DF (1966) Classification of prostatic carcinomas. Cancer Chemother Rep 50: 125–128 Epstein JI (1996) The diagnosis and reporting of adenocarcinoma of the prostate in core needle biopsy specimens. Cancer 78: 350–356 Epstein JI, Partin AW, Sauvageot J, Walsh PC (1996) Prediction of progression following radical prostatectomy. A multivariate analysis of 721 men with long-term follow-up. Am J Surg Pathol 20: 286–292 Epstein JI, Allsbrook WC, Jr., Amin MB, Egevad LL (2005) The 2005 International Society of Urological Pathology (ISUP) Consensus Conference on Gleason Grading of Prostatic Carcinoma. Am J Surg Pathol 29: 1228–1242 Amin M, Boccon-Gibod L, Egevad L, Epstein JI, Humphrey PA, Mikuz G, Newling D, Nilsson S, Sakr W, Srigley JR, Wheeler TM, Montironi R (2005) Prognostic and predictive factors and reporting of prostate carcinoma in prostate needle biopsy specimens. Scand J Urol Nephrol Suppl 20–33 Freedland SJ, Aronson WJ, Terris MK, Kane CJ, Amling CL, Dorey F, Presti JC, Jr. (2003) The percentage of prostate needle biopsy cores with carcinoma from the more involved side of the biopsy as a predictor of prostate specific antigen recurrence after radical prostatectomy: results from the Shared Equal Access Regional Cancer Hospital (SEARCH) database. Cancer 98: 2344–2350
25
614
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
15. Kattan MW, Eastham JA, Wheeler TM, Maru N, Scardino PT, Erbersdobler A, Graefen M, Huland H, Koh H, Shariat SF, Slawin KM, Ohori M (2003) Counseling men with prostate cancer: a nomogram for predicting the presence of small, moderately differentiated, confined tumors. J Urol 170: 1792–1797 16. Freedland SJ, Csathy GS, Dorey F, Aronson WJ (2002) Percent prostate needle biopsy tissue with cancer is more predictive of biochemical failure or adverse pathology after radical prostatectomy than prostate specific antigen or Gleason score. J Urol 167: 516–520 17. Gancarczyk KJ, Wu H, McLeod DG, Kane C, Kusuda L, Lance R, Herring J, Foley J, Baldwin D, Bishoff JT, Soderdahl D, Moul JW (2003) Using the percentage of biopsy cores positive for cancer, pretreatment PSA, and highest biopsy Gleason sum to predict pathologic stage after radical prostatectomy: the Center for Prostate Disease Research nomograms. Urology 61: 589–595 18. Koh H, Kattan MW, Scardino PT, Suyama K, Maru N, Slawin K, Wheeler TM, Ohori M (2003) A nomogram to predict seminal vesicle invasion by the extent and location of cancer in systematic biopsy results. J Urol 170: 1203–1208 19. Anderson PR, Hanlon AL, Patchefsky A, Al-Saleem T, Hanks GE (1998) Perineural invasion and Gleason 7-10 tumors predict increased failure in prostate cancer patients with pretreatment PSA <10 ng/ml treated with conformal external beam radiation therapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 41: 1087–1092 20. Beard CJ, Chen MH, Cote K, Loffredo M, Renshaw AA, Hurwitz M, D’Amico AV (2004) Perineural invasion is associated with increased relapse after external beam radiotherapy for men with lowrisk prostate cancer and may be a marker for occult, high-grade cancer. Int J Radiat Oncol Biol Phys 58: 19–24 21. Quinn DI, Henshall SM, Brenner PC, Kooner R, Golovsky D, O’Neill GF, Turner JJ, Delprado W, Grygiel JJ, Sutherland RL, Stricker PD (2003) Prognostic significance of preoperative factors in localized prostate carcinoma treated with radical prostatectomy: importance of percentage of biopsies that contain tumor and the presence of biopsy perineural invasion. Cancer 97: 1884–1893 22. Sebo TJ, Cheville JC, Riehle DL, Lohse CM, Pankratz VS, Myers RP, Blute ML, Zincke H (2001) Predicting prostate carcinoma volume and stage at radical prostatectomy by assessing needle biopsy specimens for percent surface area and cores positive for carcinoma, perineural invasion, Gleason score, DNA ploidy and proliferation, and preoperative serum prostate specific antigen: a report of 454 cases. Cancer 91: 2196–2204 23. Vargas SO, Jiroutek M, Welch WR, Nucci MR, D’Amico AV, Renshaw AA (1999) Perineural invasion in prostate needle biopsy specimens. Correlation with extraprostatic extension at resection. Am J Clin Pathol 111: 223–228 24. van den Ouden D, Hop WC, Kranse R, Schroder FH (1997) Tumour control according to pathological variables in patients treated by radical prostatectomy for clinically localized carcinoma of the prostate. Br J Urol 79: 203–211 25. de la Taille A, Rubin MA, Buttyan R, Olsson CA, Bagiella E, Burchardt M, Wellisch OM, Katz AE (2000) Is microvascular invasion on radical prostatectomy specimens a useful predictor of PSA recurrence for prostate cancer patients? Eur Urol 38: 79–84 26. McNeal JE, Yemoto CE (1996) Significance of demonstrable vascular space invasion for the progression of prostatic adenocarcinoma. Am J Surg Pathol 20: 1351–1360 27. Epstein JI, Herawi M (2006) Prostate needle biopsies containing prostatic intraepithelial neoplasia or atypical foci suspicious for carcinoma: implications for patient care. J Urol 175: 820–834
28. Iczkowski KA, Bassler TJ, Schwob VS, Bassler IC, Kunnel BS, Orozco RE, Bostwick DG (1998) Diagnosis of “suspicious for malignancy” in prostate biopsies: predictive value for cancer. Urology 51: 749–757; discussion 757–748 29. Iczkowski KA, MacLennan GT, Bostwick DG (1997) Atypical small acinar proliferation suspicious for malignancy in prostate needle biopsies: clinical significance in 33 cases. Am J Surg Pathol 21: 1489–1495 30. Epstein JI, Potter SR (2001) The pathological interpretation and significance of prostate needle biopsy findings: implications and current controversies. J Urol 166: 402–410 31. Helpap B, Kollermann J, Oehler U (2001) Limiting the diagnosis of atypical small glandular proliferations in needle biopsies of the prostate by the use of immunohistochemistry. J Pathol 193: 350–353 32. Epstein JI, Pizov G, Walsh PC (1993) Correlation of pathologic findings with progression after radical retropubic prostatectomy. Cancer 71: 3582–3593 33. Wheeler TM, Dillioglugil O, Kattan MW, Arakawa A, Soh S, Suyama K, Ohori M, Scardino PT (1998) Clinical and pathological significance of the level and extent of capsular invasion in clinical stage T1–2 prostate cancer. Hum Pathol 29: 856–862 34. Epstein JI, Partin AW, Potter SR, Walsh PC (2000) Adenocarcinoma of the prostate invading the seminal vesicle: prognostic stratification based on pathologic parameters. Urology 56: 283–288 35. Epstein JI, Amin M, Boccon-Gibod L, Egevad L, Humphrey PA, Mikuz G, Newling D, Nilsson S, Sakr W, Srigley JR, Wheeler TM, Montironi R (2005) Prognostic factors and reporting of prostate carcinoma in radical prostatectomy and pelvic lymphadenectomy specimens. Scand J Urol Nephrol Suppl 34–63 36. Epstein JI (1990) Evaluation of radical prostatectomy capsular margins of resection. The significance of margins designated as negative, closely approaching, and positive. Am J Surg Pathol 14: 626–632 37. Epstein JI, Sauvageot J (1997) Do close but negative margins in radical prostatectomy specimens increase the risk of postoperative progression? J Urol 157: 241–243 38. Ohori M, Wheeler TM, Kattan MW, Goto Y, Scardino PT (1995) Prognostic significance of positive surgical margins in radical prostatectomy specimens. J Urol 154: 1818–1824 39. Babaian RJ, Troncoso P, Bhadkamkar VA, Johnston DA (2001) Analysis of clinicopathologic factors predicting outcome after radical prostatectomy. Cancer 91: 1414–1422 40. Freedland SJ, Aronson W, Presti JC, Jr., Kane CJ, Terris MK, Elashoff D, Amling CL (2003) Should a positive surgical margin following radical prostatectomy be pathological stage T2 or T3? Results from the SEARCH database. J Urol 169: 2142–2146 41. Kupelian P, Katcher J, Levin H, Zippe C, Klein E (1996) Correlation of clinical and pathologic factors with rising prostate-specific antigen profiles after radical prostatectomy alone for clinically localized prostate cancer. Urology 48: 249–260 42. Salomon L, Anastasiadis AG, Antiphon P, Levrel O, Saint F, De La Taille A, Cicco A, Vordos D, Hoznek A, Chopin D, Abbou CC (2003) Prognostic consequences of the location of positive surgical margins in organ-confined prostate cancer. Urol Int 70: 291–296 43. Watson RB, Civantos F, Soloway MS (1996) Positive surgical margins with radical prostatectomy: detailed pathological analysis and prognosis. Urology 48: 80–90 44. Weldon VE, Tavel FR, Neuwirth H, Cohen R (1995) Patterns of positive specimen margins and detectable prostate specific antigen after radical perineal prostatectomy. J Urol 153: 1565– 1569
615 Literatur
45. D’Amico AV, Whittington R, Malkowicz SB, Loughlin K, Schultz D, Schnall M, Tempany CM, Tomaszewski JE, Renshaw A, Wein A (1996) An analysis of the time course of postoperative prostatespecific antigen failure in patients with positive surgical margins: implications on the use of adjuvant therapy. Urology 47: 538–547 46. Augustin H, Hammerer PG, Blonski J, Graefen M, Palisaar J, Daghofer F, Huland H, Erbersdobler A (2003) Zonal location of prostate cancer: significance for disease-free survival after radical prostatectomy? Urology 62: 79–85 47. McNeal JE (1992) Cancer volume and site of origin of adenocarcinoma in the prostate: relationship to local and distant spread. Hum Pathol 23: 258–266 48. Stamey TA, McNeal JE, Yemoto CM, Sigal BM, Johnstone IM (1999) Biological determinants of cancer progression in men with prostate cancer. JAMA 281: 1395–1400 49. Chen ME, Johnston D, Reyes AO, Soto CP, Babaian RJ, Troncoso P (2003) A streamlined three-dimensional volume estimation method accurately classifies prostate tumors by volume. Am J Surg Pathol 27: 1291–1301 50. Humphrey PA, Vollmer RT (1997) Percentage carcinoma as a measure of prostatic tumor size in radical prostatectomy tissues. Mod Pathol 10: 326–333 51. Noguchi M, Stamey TA, McNeal JE, Yemoto CE (2000) Assessment of morphometric measurements of prostate carcinoma volume. Cancer 89: 1056–1064 52. Renshaw AA, Chang H, D’Amico AV (1997) Estimation of tumor volume in radical prostatectomy specimens in routine clinical practice. Am J Clin Pathol 107: 704–708 53. Renshaw AA, Richie JP, Loughlin KR, Jiroutek M, Chung A, D’Amico AV (1999) Maximum diameter of prostatic carcinoma is a simple, inexpensive, and independent predictor of prostate-specific antigen failure in radical prostatectomy specimens. Validation in a cohort of 434 patients. Am J Clin Pathol 111: 641–644 54. Wise AM, Stamey TA, McNeal JE, Clayton JL (2002) Morphologic and clinical significance of multifocal prostate cancers in radical prostatectomy specimens. Urology 60: 264–269 55. Carvalhal GF, Humphrey PA, Thorson P, Yan Y, Ramos CG, Catalona WJ (2000) Visual estimate of the percentage of carcinoma is an independent predictor of prostate carcinoma recurrence after radical prostatectomy. Cancer 89: 1308–1314 56. Ramos CG, Roehl KA, Antenor JA, Humphrey PA, Catalona WJ (2004) Percent carcinoma in prostatectomy specimen is associated with risk of recurrence after radical prostatectomy in patients with pathologically organ confined prostate cancer. J Urol 172: 137–140 57. Ohori M, Abbas F, Wheeler TM, Kattan MW, Scardino PT, Lerner SP (1999) Pathological features and prognostic significance of prostate cancer in the apical section determined by whole mount histology. J Urol 161: 500–504 58. Palisaar RJ, Graefen M, Karakiewicz PI, Hammerer PG, Huland E, Haese A, Fernandez S, Erbersdobler A, Henke RP, Huland H (2002) Assessment of clinical and pathologic characteristics predisposing to disease recurrence following radical prostatectomy in men with pathologically organ-confined prostate cancer. Eur Urol 41: 155–161 59. Salomon L, Levrel O, Anastasiadis AG, Irani J, De La Taille A, Saint F, Vordos D, Cicco A, Hoznek A, Chopin D, Abbou CC (2003) Prognostic significance of tumor volume after radical prostatectomy: a multivariate analysis of pathological prognostic factors. Eur Urol 43: 39–44 60. Chun FKH, Briganti A, Jeldres C, Gallina A, Erbersdobler A, Schlomm T, Currlin E, Ahyai SA, Salomon G, Isbarn H, Walz J,
61.
62.
63.
64.
65.
66.
67.
68.
69.
70.
71.
72.
73.
Eichelberg C, Steuber T, Haese A, Heinzer H, Bénard F, Huland H, Graefen M, PI K (2007) Tumor volume and high grade tumor volume are the best predictors of pathologic stage and biochemical recurrence after radical prostatectomy. ASCO Prostata Cancer Symposium, abstract 329 Ravery V, Boccon-Gibod LA, Meulemans A, Dauge-Geffroy MC, Toublanc M, Boccon-Gibod L (1994) Predictive value of pathological features for progression after radical prostatectomy. Eur Urol 26: 197–201 Endrizzi J, Seay T (2000) The relationship between early biochemical failure and perineural invasion in pathological T2 prostate cancer. BJU Int 85: 696–698 Ito K, Nakashima J, Mukai M, Asakura H, Ohigashi T, Saito S, Tachibana M, Hata J, Murai M (2003) Prognostic implication of microvascular invasion in biochemical failure in patients treated with radical prostatectomy. Urol Int 70: 297–302 Ng JC, Koch MO, Daggy JK, Cheng L (2004) Perineural invasion in radical prostatectomy specimens: lack of prognostic significance. J Urol 172: 2249–2251 Merrilees AD, Bethwaite PB, Russell GL, Robinson RG, Delahunt B (2008) Parameters of perineural invasion in radical prostatectomy specimens lack prognostic significance. Mod Pathol Schlomm T, Borgermann C, Heinzer H, Rubben H, Huland H, Graefen M (2008) Role of lymphnode dissection in prostate cancer. Urologe A (in print) Cheng L, Slezak J, Bergstralh EJ, Cheville JC, Sweat S, Zincke H, Bostwick DG (1999) Dedifferentiation in the metastatic progression of prostate carcinoma. Cancer 86: 657–663 Sgrignoli AR, Walsh PC, Steinberg GD, Steiner MS, Epstein JI (1994) Prognostic factors in men with stage D1 prostate cancer: identification of patients less likely to have prolonged survival after radical prostatectomy. J Urol 152: 1077–1081 Steinberg GD, Epstein JI, Piantadosi S, Walsh PC (1990) Management of stage D1 adenocarcinoma of the prostate: the Johns Hopkins experience 1974 to 1987. J Urol 144: 1425–1432 Cheng L, Bergstralh EJ, Cheville JC, Slezak J, Corica FA, Zincke H, Blute ML, Bostwick DG (1998) Cancer volume of lymph node metastasis predicts progression in prostate cancer. Am J Surg Pathol 22: 1491–1500 Griebling TL, Ozkutlu D, See WA, Cohen MB (1997) Prognostic implications of extracapsular extension of lymph node metastases in prostate cancer. Mod Pathol 10: 804–809 Graefen M, Karakiewicz PI, Cagiannos I, Klein E, Kupelian PA, Quinn DI, Henshall SM, Grygiel JJ, Sutherland RL, Stricker PD, de Kernion J, Cangiano T, Schroder FH, Wildhagen MF, Scardino PT, Kattan MW (2002) Validation study of the accuracy of a postoperative nomogram for recurrence after radical prostatectomy for localized prostate cancer. J Clin Oncol 20: 951–956 Kattan MW, Wheeler TM, Scardino PT (1999) Postoperative nomogram for disease recurrence after radical prostatectomy for prostate cancer. J Clin Oncol 17: 1499–1507
Literatur zu Kap. 25.3 American Cancer Society (2005) Cancer Facts & Figures. www.cancer. org/downloads/STT/CAFF2005f4PWSecured.pdf Aus G, Hugosson J, Norlen L (1995) Long-term survival and mortality in prostate cancer treated with noncurative intent. J Urol 154: 460–465 Benson MC, Whang IS, Olsson CA, McMahon DJ, Cooner WH (1992) The use of prostate specific antigen density to enhance the predictive value of intermediate levels of serum prostate specific antigen. J Urol 147: 817–821
25
616
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Berger AP, Deibl M, Steiner H, Bektic J, Pelzer A, Spranger R, Klocker H, Bartsch G, Horninger W (2005) Longitudinal PSA changes in men with and without prostate cancer: assessment of prostate cancer risk. Prostate 64: 240–245 Bill-Axelson A, Holmberg L, Filen F, Ruutu M, Garmo H, Busch C et al. (2008) Radical prostatectomy versus watchful waiting in localized prostate cancer: the Scandinavian prostate cancer group-4 randomized trial. J Natl Cancer Inst 100(16): 1144–1154 Blanc M, Sacrini A, Avogadro A, Gattamorta M, Lazzerini F, Gattoni F, Cretti F (1998) Prostatic volume: suprapubic versus transrectal ultrasonography in the control of benign prostatic hyperplasia. Radiol Med 95: 182–187 Brawer M. K, Cheli CD, Neaman I.E, Goldblatt J, Smith C, Schwartz MK, Bruzek DJ, Morris DL, Sokoll LJ, Chan DW, Yeung KK, Partin AW, Allard WJ (2000) Complexed prostate specific antigen provides significant enhancement of specificity compared with total prostate specific antigen for detecting prostate cancer. J Urol 163: 1476–1480 Brawer MK, Chetner MP (1997) In: Walsh PC, Retik A, Stamey TA, Vaughan EJ (eds) Campell’s urology, 7th edn. Saunders, Philadelphia, pp 2506–2518 Carter HB, Epstein JI, Chan DW, Fozard JL, Pearson JD (1997) Recommended prostate-specific antigen testing intervals for the detection of curable prostate cancer. JAMA 277(18): 1456–1460 Carter HB, Ferrucci L, Kettermann A, Landis P, Wright EJ, Epstein JI et al. (2006) Detection of life-threatening prostate cancer with prostate-specific antigen velocity during a window of curability. J Natl Cancer Inst 98(21): 1521–1527 Carter HB, Hamper UM, Sheth S, Sanders RC, Epstein JI, Walsh PC (1989) Evaluation of transrectal ultrasound in the early detection of prostate cancer. J Urol 142: 1008–1010 Carter HB, Pearson JD (1993) PSA velocity for the diagnosis of early prostate cancer. A new concept. Urol Clin North Am 20: 665–670 Carvalhal GF, Smith DS, Mager DE, Ramos C, Catalona WJ (1999) Digital rectal examination for detecting prostate cancer at prostate specific antigen levels of 4 ng./ml. or less. J Urol 161: 835–839 Catalona W. J, Partin AW, Slawin KM et al. (1998) Use of the percentage of free prostate-specific antigen to enhance differentiation of prostate cancer from benign prostatic disease: a prospective multicenter clinical trial. JAMA 279: 1542–1547 Catalona WJ, Loeb S (2005) The PSA era is not over for prostate cancer. Eur Urol 48: 541–545 Catalona WJ, Partin AW, Slawin KM, Brawer MK, Flanigan RC, Patel A et al. (1998) Use of the percentage of free prostate-specific antigen to enhance differentiation of prostate cancer from benign prostatic disease: a prospective multicenter clinical trial. JAMA 279(19): 1542–1547 Catalona WJ, Smith DS, Ratliff TL, Basler JW (1993) Detection of organconfined prostate cancer is increased through prostate-specific antigen-based screening. JAMA 270: 948–954 Catalona WJ, Smith DS, Wolfert RL, Wang TJ, Rittenhouse HG, Ratliff TL, Nadler RB (1995) Evaluation of percentage of free serum prostate-specific antigen to improve specificity of prostate cancer screening. JAMA 274: 1214–1220 Collins GN, Lloyd SN, Hehir M, McKelvie GB (1993) Multiple transrectal ultrasound-guided prostatic biopsies–true morbidity and patient acceptance. Br J Urol 71: 460–463 De Koning HJ, Liem MK, Baan CA, Boer R, Schroder FH, Alexander FE (2002) Prostate cancer mortality reduction by screening: power and time frame with complete enrollment in the European Randomised Screening for Prostate Cancer (ERSPC) trial. Int J Cancer 98: 268–273
Eggert T, Khaled W, Wenske S, Ermert H, Noldus J (2008) Impact of elastography in clinical diagnosis of prostate cancer. A comparison of cancer detection between B-mode sonography and elastography-guided 10-core biopsies. Urologe A 47(9): 1212–1217 Ellis WJ, Chetner MP, Preston SD, Brawer MK (1994) Diagnosis of prostatic carcinoma: the yield of serum prostate specific antigen, digital rectal examination and transrectal ultrasonography. J Urol 152: 1520–1525 Fachgesellschaften (2002) Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich medizinischer Fachgesellschaften. S3-Leitlinie: PSA-Bestimmung in der Prostatakarzinomdiagnostik (Früherkennung des Prostatakarzinoms).www.awmf-online.de. 2002 Flanigan RC, Catalona WJ, Richie JP et al. (1994) Accuracy of digital rectal examination and transrectal ultrasonography in localizing prostate cancer. J Urol 152: 1506–1509 Gann PH, Hennekens CH, Stampfer MJ (1995) A prospective evaluation of plasma prostate-specific antigen for detection of prostatic cancer. JAMA 273: 289–294 Hoedemaeker RF, Rietbergen JB, Kranse R, Schroder FH, van der Kwast TH (2000) Histopathological prostate cancer characteristics at radical prostatectomy after population based screening. J Urol 164: 411–415 Klotz L (2004) Active surveillance with selective delayed intervention: using natural history to guide treatment in good risk prostate cancer. J Urol 172: S48-S50 Lilja H (2001) Role of hK2: free PSA, and complexed PSA measurements in the very early detection of prostate cancer. Eur Urol 39 Suppl 4: 47–48 Loch T, Eppelmann U, Lehmann J, Wullich B, Loch A, Stockle M (2004) Transrectal ultrasound guided biopsy of the prostate: random sextant versus biopsies of sono-morphologically suspicious lesions. World J Urol 22: 357–360 Loch T, Leuschner I, Genberg C, Weichert-Jacobsen K, Kuppers F, Retz M, Lehmann J, Yfantis E, Evans M, Tsarev V, Stockle M (2000) Improvement of transrectal ultrasound. Artificial neural network analysis (ANNA) in detection and staging of prostatic carcinoma. Urologe A 39: 341–347 Loeb S, Roehl KA, Catalona WJ, Nadler RB (2007) Prostate specific antigen velocity threshold for predicting prostate cancer in young men. J Urol 177(3): 899–902 Luboldt H, Rübben H (2000) PSA – Fruherkennung des Prostatakarzinoms. Urologe A 39: 22–26 Luboldt HJ, Altwein JE, Bichler KH et al. (1999) Early recognition of prostate carcinoma. Initial results of a prospective multicenter study in Germany. Project Group for Early Detection DGU-BDU Laboratory diagnosis Professional Circle. Urologe A 38: 114–123 Luboldt HJ, Husing J, Altwein JE et al. (2000) Early detection of prostatic carcinoma in urologic practice with digital rectal examination and prostate-specific antigen. Early Detection Project Group. Urologe A 39: 330–333 Nagler HM, Gerber EW, Homel P, Wagner JR, Norton J, Lebovitch S, Phillips JL (2005) Digital rectal examination is barrier to population-based prostate cancer screening. Urology 65: 1137–1140 Oesterling JE, Jacobsen SJ, Chute CG, Guess HA, Girman CJ, Panser L. A, Lieber MM (1993) Serum prostate-specific antigen in a community-based population of healthy men. Establishment of age-specific reference ranges. JAMA 270: 860–864 Pienta KJ (1997) Etiology epidemiology and prevention of carcinoma of the prostate. In: Walsh PC, Retik A, Stamey TA, Vaughan EJ (eds) Campell’s urology, 7th edn. Saunders, Philadelphia, pp 2489–2496
617 Literatur
Potter SR, Carter HB (2000) The role of prostate-specific antigen velocity in prostate cancer early detection. Curr Urol Rep 1: 15–19 Price CP, Allard J, Davies G, Dawnay A, Duffy MJ, France M, Mandarino G, Ward AM, Patel B, Sibley P, Sturgeon C (2001) Pre- and post-analytical factors that may influence use of serum prostate specific antigen and its isoforms in a screening programme for prostate cancer. Ann Clin Biochem 38: 188–216 Remzi M, Fong YK, Dobrovits M, Anagnostou T, Seitz C, Waldert M et al. (2005) The Vienna nomogram: validation of a novel biopsy strategy defining the optimal number of cores based on patient age and total prostate volume. J Urol 174(4 Pt 1): 1256–1260 Roehrborn CG, Sech S, Montoya J, Rhodes T, Girman CJ (2001) Interexaminer reliability and validity of a three-dimensional model to assess prostate volume by digital rectal examination. Urology 57: 1087–1092 Roobol MJ, Roobol DW, Schroder FH (2005) Is additional testing necessary in men with prostate-specific antigen levels of 1.0 ng/mL or less in a population-based screening setting? (ERSPC, section Rotterdam). Urology 65: 343–346 Schmid HP, Riesen W, Prikler L (2004) Update on screening for prostate cancer with prostate-specific antigen. Crit Rev Oncol Hematol 50: 71–78 Schroder FH, Carter HB, Wolters T, van den Bergh RC, Gosselaar C, Bangma CH et al. (2008) Early detection of prostate cancer in 2007. Part 1: PSA and PSA kinetics. Eur Urol 53(3): 468–477 Schröder FH, Roobol-Bouts M, Vis AN, van der KT, Kranse R (2001) Prostate-specific antigen-based early detection of prostate cancer – validation of screening without rectal examination. Urology 57: 83–90 Schröder FH, Van DC-KI De Koning HJ, Vis AN, Hoedemaeker RF, Kranse R (2000) Prostate cancer detection at low prostate specific antigen. J Urol 163: 806–812 Smith DS, Catalona WJ (1995) Interexaminer variability of digital rectal examination in detecting prostate cancer. Urology 45: 70–74 Stamey T. A, Caldwell M, McNeal JE, Nolley R, Hemenez M, Downs J (2004) The prostate specific antigen era in the United States is over for prostate cancer: what happened in the last 20 years? J Urol 172: 1297–1301 Statistisches Bundesamt (2009) www.destatis.de/basis/d/gesu/gesutab20.php Stenman UH, Leinonen J, Alfthan H, Rannikko S, Tuhkanen K, Alfthan O (1991) A complex between prostate-specific antigen and alpha 1-antichymotrypsin is the major form of prostate-specific antigen in serum of patients with prostatic cancer: assay of the complex improves clinical sensitivity for cancer. Cancer Res 51(1): 222–226 Van der Cruijsen-Koeter IW van der Kwast TH, Schroder FH (2003) Interval carcinomas in the European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer (ERSPC)-Rotterdam. J Natl Cancer Inst 95: 1462–1466 Vashi AR, Wojno KJ, Gillespie B, Oesterling JE (1998) A model for the number of cores per prostate biopsy based on patient age and prostate gland volume. J Urol 159: 920–924 Vis AN, Kranse R, Roobol M, van der Kwast TH, Schroder FH (2002) Serendipity in detecting disease in low prostate-specific antigen ranges. BJU Int 89: 384–389 Walsh PC, Partin AW, Epstein JI (1994) Cancer control and quality of life following anatomical radical retropubic prostatectomy: results at 10 years. J Urol 152: 1831–1836
Literatur zu Kap. 25.4 Altwein JE (1994) Is hormone therapy indicated in localised carcinoma of the prostate? In: Murphy G, Khoury S, Chatelain C, Denis I. (eds)
4th International Symposium on Recent Advances in Urological Cancer. S.C.I. Jersey, pp 293 Alves PM, Faure O, Graff-Dubois S et al. (2006) STEAP, a prostate tumor antigen, is a target of human CD8 (+) T cells. Cancer Immunol Immunother. Cancer Immunol Immunother 55(12): 1515–1523 American Society for Clinical Oncology (2003) American Cancer Society Guidelines 53: 27–43 Andriole GI, Kavoussi LR, Torrence RJ et al. (1988) Transrectal ultrasonography in the diagnosis and staging of carcinoma of the prostate. J Urol 140: 758–760 Ayala GE, Dai H, Li R et al. (2006) Bystin in perineural invasion of prostate cancer. Prostate 66: 266–272 Babaian RJ, Mettlin C, Krane R et al. (1992) The relationship of prostatespecific antigen to digital rectal examination and transrectal ultrasogography. Cancer 69 (5): 1195–1200 Babaian RJ, Naya Y, Cheli C (2006) The detection and potential economic value of complexed prostate specific antigen as a first line test. J Urol 175: 897–901; discussion 901 Bazinet M, Karakiewitz PI, Aprikian AG et al. (1996) Value of systematic transition zone biopsies in the early detection of prostate cancer. J Urol 155: 605–6 Becker n (2002) Epidemiologie. In: Höffken K, Kolb G, Wedding U (Hrsg) Geriatrische Onkologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio, S. 1–28 Beheshti M, Vali R, Waldenberger P et al. (2008) Detection of bone metastases in patients with prostate cancer by 18F fluorocholine and 18F fluoride PET-CT: a comparative study. Eur J Nucl Med Mol Imaging 35(10): 1766–74 Benechi L (2006) PSA velocity and PSA slope. Prostate Cancer Prostatic Dis 9: 169–172 Benson MC, Whang IS, Pantuck A et al. (1992) Prostate specific antigen density: a means of distinguishing benign prostatic hypertrophy and prostate cancer. J Urol 147: 815–6 Björk T, Hulkko S, Bjartell A et al. (1994) Alpha-1-antichymotrypsin production in PSA-producing cells is common in prostate cancer but rare in benign prostatic hyperplasia. Urol 43: 427–437 Borgermann C, Sieverding M, Fornara P et al. (2006) PSA 2010 – Aufbruch in eine neue Ära der Früherkennung des Prostatakarzinom. Urologe A (Suppl 4): 127–133 Bombardieri EE (1990) Zirkulierende Tumormarker beim Prostatakarzinom. In Staehler G, Fabricius PG: Das Prostatakarzinom. Springer, Berlin, pp 9–20 Bressel M (1989) Radikale retropubische Prostatektomie (RRP). In: Sommerkamp H, Altwein JE (Hrsg) Prostatakarzinom – Spektrum der kurativen Therapie. Karger, Basel, S 146–173 Bretan PN, Williams RD (1987) Imaging techniques in the diagnosis und pelvic stging of prostatic cancer. In: Bruce AW, Trachtenberg J (eds) Adenocarcinoma of the prostate. Springer, Berlin Heidelbeg, New York, pp 83–106 Bundesärztekammer (2003) Mitteilungen: Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung quantitativer laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen. Deutsches Ärzteblatt 100, Ausgabe 50, Seite A-3335/B-2775/C-2595 (Anlage 1a-d) Carter HB, Partin AW, Luderer AA et al. (1997) Percentage of free prostate-specific antigen in sera predicts aggressiveness of prostate cancer a decade before diagnosis. Urology 49: 379–384 Carter HB, Ferrucci L, Metter JE (2005) PSA velocity and risk of prostate cancer death in the Baltimore longitudinal study of aging. AUA Abstract 951 Cartledge JJ, Thompson D, Verril H et al. (1999) The stability of free and bound prostate-specific antigen. BJU Int 84: 810–814
25
618
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Catalona WJ, Partin AW, Slawin KM et al. (1997) A multicenter clinical trial evaluation of free PSA in the differentiation of prostate cancer from benign disease. J Urol 157: 111 Catalona WJ, Smith DS, Wolfert RL et al. (1995) Evaluation of percentage of free serum prostate-specific antigen to improve specificity of prostate cancer screening. JAMA 274: 1214–1220 Clements J,Muktar A (1994) Glandular kallikreins and prostate-specific antigen are expressed in the human endometrium. J Clin Endocr Metab 78: 1536 Clements R (2002) The role of transrectal ultrasound in diagnosing prostate cancer. Curr Urol Rep 3: 194–200 Coley CM, Barry MJ, Fleming C et al. (1997) Early detection of prostate cancer. Ann Intern Med 126: 394–406 Cooner EH, Mosley BR, Rutherford CL JR et al. (1990) Prostate cancer detection in a clinical urological practice by ultrasonography, digital rectalexamination and prostate specific antigen. J Urol 143: 1146–1154 Cooner WH (1993) Prostate-specific antigen coordinated with digital rectal examination and transrectal ultrasonography in the detection of prostate cancer. World J Urol 11: 214–7 Cornud F. Bellin MF. Portalez D. (2006) MRI and staging evaluation of prostate cancer. J Radiol 87: 228–43 Curiel L, Souchon R, Rouvière O et al. (2005) Elastography for the follow-up of high-intensity focused ultrasound prostate cancer treatment: initial comparison with MRT. Ultrasound Med Biol 31 (11): 1461–68 D’Amico AV, Cullen J, Chen Y et al. (2006) Prostate-Specific Antigen Velocity and the Odds of Identifying Prostate Cancer at Biopsy. AUA: 523 D’Amico AV, Renshaw AA, Sussman B et al. (2005) Pretreatment PSA velocity and risk of death from prostate cancer following external beam radiation therapy. JAMA 294: 440–7 Djavan B, Milani S, Remzi M (2005) Prostate biopsy: who, how and when. An update. Can J Urol 12 Suppl 1: 44–8; discussion 99–100 Djavan B, Waldert M, Zlotta A (2001) Safety and morbidity of first and repeat transrectal ultrasound guided prostate needle biopsies: results of a prospective European prostate cancer detection study. J Urol 166: 856–60 Eggener SE, Roehl KA, Catalona WJ. (2005) Predictors of subsequent prostate cancer in men with a prostate specific antigen of 2,6 to 4,0 ng/ml and an initially negative biopsy. Urol 174: 500–504 Ekici S, Ozen H, Agildere M (1999) A comparison of transrectal ultrasonography and endorectal magnetic resonance imaging in the local staging of prostatic carcinoma. BJU Int 83: 796–800 Ellis WJ, Brawer NK (1993) PSA in benign prostatic hyperplasia and prostatic intraepithelial neoplasia. Urol Clin North Am 20: 621–625 Ellis WK. Brawer NK (1994) The significance of isoechoic prostatic carcinoma. J Urol 152: 2304–2307 Farsad M, Schiavina R, Castellucci P et al. (2005) Detection and localization of prostate cancer: correlation of (11)C-choline PET/ CT with histopathologic step-section analysis. J Nucl Med 46: 1642–1649 Fischer K, Loertzer H, Fornara P (2005) The use of complexed PSA for the early detection of prostate cancer. Anticancer Res 25: 1591–1596 Fleshner N, Klotz L (2002) Role of »saturation biopsy« in the detection of prostate cancer among difficult diagnostic cases. Urology 60: 93–97 Fleshner NE, O’Sullivan M, Premdass C et al. (1999) Clinical significance of small (less than 0.2 cm3) hypoechoic lesions in men with normal digital rectal examinations and prostate-specific antigen levels less than 10 ng/mL. Urology 53: 356–358
Fornara P, Fabricius PG (1990) Diagnostische Wertigkeit des prostataspezifischen Antigens beim Prostatakarzinom. In: Staehler G, Fabricius PG (Hrsg) Prostatakarzinom. Springer, Berlin Heidelberg New York, S 21–27 Fornara P, Semjonow A (Hrsg) (2002) PSA: Der Weg zum Befund – Präanalytik und Analytik des prostataspezifischen Antigen. Zuckschwerdt, München Garra BS (2007) Imaging and estimation of tissue elasticity by ultrasound. Ultrasound Q 23(4): 255–268 Gore JL, Shariat SF, Miles BJ (2001) Optimal combinations of systematic sextant and laterally directed biopsies for the detection of prostate cancer. J Urol 165: 1554–9 Haese A, de la Taille A, van Poppel H et al. (2008) Clinical utility of the PCA3 urine essay in European men scheduled for repeat biopsy. Eur Urol 54(5):1081–88 Halpern EJ. Ramey JR. Strup SE et al. (2005) Detection of prostate carcinoma with contrast-enhanced sonography using intermittent harmonic imaging. Cancer 104: 2373–2383 Hammerer P, Augustin H, Blonski J et al. (2004) Einfluss der transrektalen Endosonographie auf die klinische Stadieneinteilung des nicht palpablen Prostatakarzinoms Eine Kontroverse zum TNMSystem. Urologe A 43: 307–12 Hammerer P, Luboldt HJ, Fichtner J et al. (2002) Abklärung suspekter Befunde durch Biopsie. Folgeuntersuchungen bei negativer Biopsie. In: Leitlinie PSA-Bestimmung in der Prostatakarzinomdiagnostik (Früherkennung des Prostatakarzinoms). Leitlinien der deutschen Urologen, AWMF-Leitlinien-Register Nr. 043/036, S 33–36 Hara M, Koyanagi Y, Inoue T et al. (1971) Some physico-chemical characteristics of Gamma-seminoproteing, an antigenic component specific for human seminal plasma. Jpn J Legal Med 25 322–324 Haukaas S, Roervik J, Halvorsen OJ et al. (1997) When is bone scintigraphy necessary in the assessment of newly diagnosed, untreated prostate cancer? Br J Urol 79: 770–776 Hodge KK, McNeal JE, Stamey TA (1989) Ultrasound guided transrectal core biopsies of the palpably abnormal prostate. J Urol 142: 66–70 Hubert RS, Vivanco I, Chen E et al. (1999) STEAP: a prostate-specific cellsurface antigen highly epressed in human prostate tumors. Proc Natl Acad Sci USA 96: 14523–8 Jung K, Meyer A, Lein M et al. (1998) Ratio of free-to-total prostate specific antigen in Serum cannot distinguish patients with prostate cancer from those with chronic inflammation of the prostate. J. Urol 159: 1595–1598 Kanda T, Nakagomi K, Goto S, Torizuka T (2008) Visualization of prostate cancer with 11C-choline positron emission tomography (PET): localization of primary and recurrent prostate cancer. Hinyokika Kiyo. May; 54(5):325–32 Kashimoda, S. et al. (1990) Extraprostatic localization of prostate acid phosphatase and prostate- specific antigen: distribution in cloacogenic glandular epithelium and sex-dependent expression in human anal gland. Hum. Pathol 21: 1108–1111 Kawakami S, Hyochi N, Yonese J et al. (2006) Three-dimensional combination of transrectal and transperineal biopsies for efficient detection of stage T1c prostate cancer. Int J Clin Oncol 11: 127–132 Keetch DW, Catalona WJ, Smith DS (1994) Serial prostatic biopsies in men with persistently elevated serum prostate specific antigen values. J Urol 151: 1571–4 Kojima Y, Nonomura N, Nose T et al. (2000) Transition zone biopsy in the detection of prostate cancer. Eur Urol 37: 675–679 Kumar A, Mikolajczyk SD, Goel AS et al. (1997) Expression of pro form of prostate-specific antigen by mammalian cells and ist conversi-
619 Literatur
on to mature, active form by human kallikrein 2. Cancer Res 57: 3111–3114 Lee E, Torp-Pederson ST, Littrup PJ et al. (1989) Hypoechoic lesions of the prostate: clinical relevance of tumor size, digital rectal examination and prostate specific antigen. Radiology 170: 29–32 Lein M, Jung K, Elgeti Uet al. (2000) Ratio of alpha 1-antichymotrypsin–prostate specific antigen to total prostate specific antigen in prostate cancer diagnosis. Anticancer Res 20: 4997–5001 Lein M (2002) Freies PSA – patientenabhängige Einflussgrößen. In: Fornara P, Semjonow A (Hrsg) PSA: Der Weg zum Befund – Präanalytik und Analytik des prostataspezifischen Antigens. Zuckschwerdt, München, S 16–22 Levesque MA, Hu H, Costa MD et al. (1995) Prostate specific antigen expression by various tumors. Clin Lab Anal 9: 123–128 Lilja H, Oldbring J, Rannewik G et al. (1987) Seminal vesicle-secreted proteins and their reactions during gelation and liquefaction of human semen. J Clin Invest 80: 281–285 Littrup PJ (2001) Imaging and prostate cancer chemoprevention: Current diagnosis and future directions. Urology 57 (4 Suppl 1): 121–3 Loch T (2004) Computergestützter transrektaler Ultraschall (C-TRUS) in der Diagnostik des Prostatakarzinoms. Urologe A 43: 1377–84 Loch T, Leuschner I, Genberg C et al. (2000) Improvement of transrectal ultrasound. Artificial neural network analysis (ANNA) in detection and staging of prostatic carcinoma. Urologe A 39: 341–7 Loeb S, Roehl KA, Antenor JAV et al. (2006) Baseline prostate-specific antigen compared with median prostate-specific antigen for age group as predictor of prostate cancer risk in men younger than 60 years old. Urology 67: 316–320 Loeb S, Roehl KA, Catalona WJ, Nadler RB (2007) Prostate specific antigen velocity threshold for predicting prostate cancer in young men. J Urol 177(3): 899–902 Loertzer H, Fischer K, Fornara P (2005) PSA quick test in capillary blood. Anticancer Res 25: 1659–62 Luboldt HJ, Doehn C (2002) Aufbereitung, Transport und Lagerung der Probe. In: Fornara P, Semjonow A (Hrsg) PSA: Der Weg zum Befund – Präanalytik und Analytik des Prostata-spezifischen Antigens. Zuckschwerdt, München, S 28–32 Marks LS, Botswick DG (2008) Prostate cancer specificity of PCA3 gene testing: examples from clinical practice. Rev Urol 10(3): 175–81 Mikolajczyk SD (2004) Serum pro-prostate specific antigen preferentially detects aggressive prostate Cancers in men with 2 to 4 ng/ml prostate specific antigen. J Urol 171: 2239–44 Mistry SJ, Bank A, Atweh GF (2005) Targeting stathmin in prostate cancer. Mol Cancer Ther 4: 1821–9 Nadler RB et al. (2005) Use of 2,6 ng/ml postate specific antigen prompt for biopsy in men older than 60 years. J Urol 174: 215–217 Nakanishi H et al. (2008) PCA-3 molecular urine assay correlates with prostate cancer tumour volume: implication in selecting candidates for active surveillance. J Urol 179:804–9 Nakanishi H, Groskopf J, Fritsche HA et al. (2008) PCA3 molecular urine essay correlates with prostate cancer tumour volume: implication in selecting candidates for active surveillance. J Urol 179(5): 1804–09 Norberg M, Egevad L, Holmberg L (1997). The sextant protocol for ultrasound-guided core biopsies of the prostate underestimates the presence of cancer. Urology 50: 562–6 Oesterling JE (1991) Prostate specific antigen: a critical assessment of the most useful tumor marker for adenocarcinoma of the prostate. J Urol 145: 907–923 Oesterling JE, Rice RC, Genski WJ et al. (1994) Effect of cystoscopy, prostate biopsy, and transurethral resection of prostate on serum
prostate-specific antigen cocentration. In: Murphy G, Khoury S, Chatelain C, Denis L (eds) Proceedings of the 4th International Symposium on recent advances in urologcal cancer. Scientific Communication International, Jersey, pp 99–109 Oesterling JE, Kumamoto Y, Tsukamoto T et al. (1995) Serum prostatespecific antigen in a community-based population of healthy Japanese men: lower values than for similarly aged white man. BJU 75: 347–353 Onder AU, Yalcin V, Arar O et al. (1998) Impact of transition zone biopsies in detection and evaluation of prostate cancer. Eur Urol 33: 542–8 Ornstein DK, Rao GS, Smith DS et al. (1997) Effect of digital rectal examination and needle biopsy on serum total and percentage of free prostate specific antigen levels. J Urol 157: 195–198 Partin AW, Carter HB, Chan DE et al. (1990) Prostate specific antigen in the staging of localzed prostate cancer influence of tumor differentiation, tumor volume and benign prostatic hyperplasia. J Urol 143: 474–752 Pepe P, Patane D, Panella P et al. (2003) Does the adjunct of ecographic contrast medium Levovist improve the detection rate of prostate cancer? Prostate Cancer Prostatic Dis 6: 159–62 Perrin P (2006) PSA Velocity and Prostate Cancer Detection: The absence of evidence is not the evidence of absence. Eur Urol 49: 418–419 Polascik TJ, Oesterling JE, Partin AW (1999) Prostate specific antigen: a decade of discovery–what we have learned and where we are going. J Urol 162: 293–306 Porkka KP, Helenius MA, Visakorpi T (2002) Cloning and characterization of a novel six-trans-membrane protein STEAP2, expressed in normal and malignant prostate. Lab Invest 82: 1573–82 Price CP, Allard J, Davies G et al. (2001) Pre- and post-analytical factors that may influence use of serum prostate specific antigen and its isoforms in a screening programme for prostate cancer. Ann Clin Biochem 38: 188–216 Remzi M, Djavan B, Wammack R et al. (2003) Can total and transition zone volume of the prostate determine whether to perform a repeat biopsy? Urology 61: 161–6 Rifkin MD, Zerhoni EA, Gatsornis CA et al. (1990) Comparison of magnetic resonance imaging and ultrasonography in staging early prostate cancer. N Engl J Med 323: 621–626 Roddam AW, Duffy MJ, Hamdy FC et al. (2005) On-behalf-of-theNHS-Prostate-Cancer-risk-Management-Programme: Use of prostate-specific antigen (PSA) isoforms for the detection of prostate cancer in men with a PSA level of 2–10 ng/ml: systemataic review and metaanalysis. Eur Urol 48 386–99; discussion 398–9 Roehrborn CG, Pickens GJ, Sanders JS (1996) Diagnostic yield of repeated transrectal ultrasound-guided biopsies stratified by specific histopathologic diagnoses and prostate specific antigen levels. Urology 47: 347–52 Rozhansky F, Chen MH, Cox MC et al. (2006) Prostate-specific antigen velocity and survival for patients with hormone-refractory metastatic prostate carcinoma. Cancer 106 (1): 63–7 Ryan CJ, Small EJ (2006) Prostate cancer update: 2005. Curr Opin Oncol 18: 284–288 Salomon G, Köllerman J, Thederan I et al. (2008) Evaluation of prostate cancer detection with ultrasound real-time elastography: a comparison with step section pathological analysis after radical prostatectomy. Eur Urol 54(6): 1354–62 Schellhammer PF, Wright GL (1993) Biomolecular and clinical characteristics of PSA and other candidate prostate tumor markers. Urol Clin Am 20: 597–606
25
620
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Schiavina R, Scattoni V, Castellucci P et al. (2008) (11)C-choline positron emission tomography/computerized tomography for preoperative lymph-node staging in intermediate-risk and high-risk prostate cancer: comparison with clinical staging nomograms. Eur Urol 54(2): 392–401 Schilling D, Schlemmer HP, Wagner PH et al. (2008) Histological verification of 11C-choline-positron emission/computed tomographypositive lymph nodes in patients with biochemical failure after treatment for localized prostate cancer. BJU Int 102(4): 446–51 Schmid HP, McNeal JE, Stamey TA (1993) Observations on the doubling time of prostate cancer. The use of serial prostate-specific antigen in patients with untreated disease as a measure of increasing cancer volume. Cancer 71: 2031–2040 Schröder FH et al. (2006) Does PSA velocity predict prostate cancer in pre-screened populations? Eur Urol 49: 460–5 Semjonow, A, Oberpenning F, Weining C et al. (2002) Unterschiede zwischen PSA-Bestimmungsverfahren. In Fornara P, Semjonow A (Hrsg): PSA: Der Weg zum Befund – Präanalytik und Analytik des prostataspezifischen Antigens. Zuckschwerdt, München Smith JA, Middleton RG (1987) Methods of definitive local therapy. In: Smith JA, Middleton RG (eds) Clinical management of prostatic cancer. Year Book Medical, Chicago, pp 54–84 Souchon R, Rouvière O, Gelet A et al. (2003) Visualisation of HIFU lesions using elastography of the human prostate in vivo: preliminary results. Ultrasound Med Biol 29(7): 1007–15 Stenman UH, Leinonen J, Alfthan H et al. (1991) A complex between prostate-specific antigen and alpha1-antichymotrypsin is the major from prostate-specific antigen in serum of patients with prostatic cancer: assay of the complex improves clinical sensitivity for cancer. Cancer Res 51: 222–226 Stephan C, Lein M, Jung K et al. (1997) The influence of prostate volume on the ratio of free to total prostate specific antigen in serum of patients with prostate carcinoma and benign prostate hyperplasia. Cancer 79: 104–9 Stephan C, Schnorr D, Loening SA et al. (2005) Use of Prostate-Specific Antigen (PSA) Isoforms for the Detection of Prostate Cancer in Men with a PSA Level of 2–10 ng/ml: Systematic Review and Meta-Analysis. Eur Urol 48: 386–99 Strohmaier WL (2002) Gesamt-PSA – patientenabhängige Einflußgrößen. In: Fornara P, Semjonow A (Hrsg) PSA: Der Weg zum Befund – Präanalytik und Analytik des prostataspezifischen Antigens. Zuckschwerdt, München, S 1–15 Tarcan T, Ozveri H, Biren T (1997) Evaluation of prostate specific antigen density and transrectal ultrasonography-guided biopsies in 100 consecutive patients with a negative digital rectal examination and intermediate serum prostate specific antigen levels. Int J Urol 4 (4): 362–7 Trabulsi EJ, Merriam WG, Gomella LG (2006) New imaging techniques in prostate cancer. Curr Urol Rep 7: 175–80 UICC (2002) TNM-Klassifikation maligner Tumoren, 6. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York, S 162–165 Yang D, Holt GE, Velders MP et al. (2001) Murine six-transmembrane epithelial antigen of the prostate, prostate stem cell antigen, and prostate-specific membrane antigen: prostate-specific cellsurface antigens highly expressed in prostate cancer of transgenic adenocarcinoma mouse prostate mice. Cancer Res 61: 5857–60 Yu H, Diamandis EP (1995) Measurement of prostate specific antigen level in the serum of females and prostatectomized males with an ultrasensitive immunoassay technique. J Urol 153: 1004 Yu H, Diamandis EP, Sutherland DJA (1994) Immunoreactive prostatespecific antigen levels in female and male breast tumors and its
association with steroid hormone receptors and patient age. Clin Biochem 27: 75–78
Literatur zu Kap. 25.5 Ahmed S, Lindsey B, Davies J: Salvage cryosurgery for locally recurrent prostate cancer following radiotherapy. Prostate Cancer Prostatic Dis 2005;8: 31–35 Ahmed HU, Ishaq A, Zacharakis E, Shaw G, Illing R, Allen C, Kirkham A, Emberton M: Rectal fistulae after salvage high-intensity focused ultrasound for recurrent prostate cancer after combined brachytherapy and external beam radiotherapy. BJU Int 2008 [Epub ahead of print] Albertsen PC, Hanley JA, Gleason DF, Barry MJ: Competing risk analysis of men aged 55 to 74 years at diagnosis managed conservatively for clinically localized prostate cancer. JAMA 1998,280: 975–980 Allaf M E, Carter HB: Update on watchful waiting for prostate cancer. Curr Opin Urol 2004;14: 171–174 American Society for Therapeutic Radiology and Oncology Consensus Panel: Consensus statement: guidelines for PSA following radiation therapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 1997;37: 1035–1041 Amling CL, Bergstralh EJ, Blute ML, Slezak JM, Zincke H.: Defining prostate specific antigen progression after radical prostatectomy: what is the most appropriate cut point? J Urol 2001;165:1146–1151 Anderson JK, Murdock A, Cadeddu JA, Lotan Y: Cost comparison of laparoscopic versus radical retropubic prostatectomy. Urology 2005;66: 557–560 Ataman F, Zurlo A, Artignan X, van Tienhoven G, Blank LE, Warde P, Dubois JB, Jeanneret W, Keuppens F, Bernier J, Kuten A, Collette L, Pierart M, Bolla M: Late toxicity following conventional radiotherapy for prostate cancer: analysis of the EORTC trial 22863. Eur J Cancer 2004;40: 1674–1681 Augustin H, Hammerer P, Graefen M, Palisaar J, Noldus J, Fernandez S, Huland H: Intraoperative and perioperative morbidity of contemporary radical retropubic prostatectomy in a consecutive series of 1243 patients: results of a single center between 1999 and 2002. Eur Urol 2003;43: 113–118 Aus G, Abrahamsson PA, Ahlgren G, Hugosson J, Lundberg S, Schain M, Schelin S, Pedersen K: Three-month neoadjuvant hormonal therapy before radical prostatectomy: a 7-year followup of a randomized controlled trial. BJU Int 2002;90: 561–566 Badani KK, Kaul S, Menon M: Evolution of robotic radical prostatectomy: assessment after 2766 procedures. Cancer. 2007;110: 1951–1958 Barry MJ, Albertsen PC, Bagshaw MA, Blute ML, Cox R, Middleton RG, Gleason DF, Zincke H, Bergstralh EJ, Jacobsen SJ. Outcomes for men with clinically nonmetastatic prostate carcinoma managed with radical prostatectomy, external beam radiotherapy, or expectant management: a retrospective analysis. Cancer 2001;91: 2302–2314 Basillote JB, Ahlering TE, Skarecky DW, Lee DI, Clayman RV: Laparoscopic radical prostatectomy. Review and assessment of an emerging technique. Surg Endosc 2004;18: 1694–1711 Baumert H, Fromont G, Adorno Rosa J, Cahill D, Cathelineau X, Vallancien G: Impact of learning curve in laparoscopic radical prostatectomy on margin status: prospective study of first 100 procedures performed by one surgeon. J Endourol 2004;18: 173–176 Baxter NN, Tepper JE, Durham SB, Rothenberger DA, Virnig BA: Increased risk of rectal cancer after prostate radiation: A populationbased study. Gastroenterology 2005;128: 819–824 Begg CB, Riedel ER, Bach PB, Kattan MW, Schrag D, Warren, JL, Scardino PT: Variations in morbidity after radical prostatectomy. N Engl J Med 2002;346: 1138–1144
621 Literatur
Beyer DC, McKeough T, Thomas T: Impact of short course hormonal therapy on overall and cancer specific survival after permanent prostate brachytherapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2005;61: 1299–1305 Bhandari A, McIntire L, Kaul SA, Hemal AK, Peabody JO, Menon M: Perioperative complications of robotic radical prostatectomy after the learning curve. J Urol 2005;174: 915–918 Bianco FJ Jr, Wood DP Jr, Cher ML, Powell IJ, Souza JW, Pontes JE: Tenyear survival after radical prostatectomy: specimen Gleason score is the predictor in organ-confined prostate cancer. Clin Prostate Cancer 2003;1: 242–247 Bianco FJ Jr, Scardino PT, Eastham JA: Radical prostatectomy: longterm cancer control and recovery of sexual and urinary function (“trifecta”). Urology 2005;66(5 Suppl): 83–94 Bill-Axelson A, Holmberg L, Filén F, Ruutu M, Garmo H, Busch C, Nordling S, Häggman M, Andersson SO, Bratell S, Spångberg A, Palmgren J, Adami HO, Johansson JE; Scandinavian Prostate Cancer Group Study Number 4: Radical prostatectomy versus watchful waiting in localized prostate cancer: the Scandinavian prostate cancer group-4 randomized trial. J Natl Cancer Inst 2008 20;100: 1144–54 Bolla M, Gonzalez D, Warde P, Dubois JB, Mirimanoff RO, Storme G, Bernier J, Kuten A, Sternberg C, Gil T, Collette L, Pierart M: Improved survival in patients with locally advanced prostate cancer treated with radiotherapy and goserelin. N Engl J Med 1997;337: 295–300 Bolla M, Collette L, Blank L, Warde P, Dubois JB, Mirimanoff RO, Storme G, Bernier J, Kuten A, Sternberg C, Mattelaer J, Lopez Torecilla J, Pfeffer JR, Lino Cutajar C, Zurlo A, Pierart M: Long-term results with immediate androgen suppression and external irradiation in patients with locally advanced prostate cancer (an EORTC study): a phase III randomised trial. Lancet 2002;360: 103–106 Bolla M, van Poppel H, Collette L, van Cangh P, Vekemans K, Da Pozzo L, de Reijke TM, Verbaeys A, Bosset JF, van Velthoven R, Maréchal JM, Scalliet P, Haustermans K, Piérart M, for the European Organization for Research and Treatment of Cancer: Postoperative radiotherapy after radical prostatectomy: a randomised controlled trial (EORTC trial 22911). Lancet 2005;366: 572–578 Bonkhoff H: Prognosefaktoren des Prostatakarzinoms. Pathologe 2005;26: 433–443 Brehmer B, Borchers H, Kirschner-Hermanns R, Biesterfeld S, Jakse G: Perioperative morbidity of the extended radical perineal prostatectomy. Eur Urol 2001;40: 139–143 Briganti A, Chun FK, Salonia A, Zanni G, Scattoni V, Valiquette L, Rigatti P, Montorsi F, Karakiewicz PI: Validation of a nomogram predicting the probability of lymph node invasion among patients undergoing radical prostatectomy and an extended pelvic lymphadenectomy. Eur Urol 2006;49: 1019–1026 Briganti A, Karakiewicz PI, Joniau S, Van Poppel H. The Motion: Nomograms Should Become a Routine Tool in Determining Prostate Cancer Prognosis. Eur Urol 2008 [Epub ahead of print] Carini M, Masieri L, Minervini A, Lapini A, Serni S: Oncological and functional results of antegrade radical retropubic prostatectomy for the treatment of clinically localised prostate cancer. Eur Urol 2008;53: 554–561 Carter CA, Donohue T, Sun L, Wu H, McLeod DG, Amling C, Lance R, Foley J, Sexton W, Kusuda L, Chung A, Soderdahl D, Jackman S, Moul J: Temporarily deferred therapy (watchful waiting) for men younger than 70 years and with low-risk localized prostate cancer in the prostate-specific antigen era. J Clin Oncol 2003;21: 4001–4008 Catalona WJ, Ramos GR, Carvalhal GF: Contemporary results of anatomic radical prostatectomy. CA Cancer J Clin 1999a;49;282–296
Catalona WJ, Carvalhal GF, Mager DE, Smith DS: Potency, continence and complication rates in 1,870 consecutive radical retropubic prostatectomies. J Urol 1999b;162: 433–438 Charlson ME, Pompei P, Ales KL, MacKenzie CR: A new method of classifying prognostic comorbidity in longitudinal studies: development and validation. J Chron Dis 1987;40: 373–383 Cheng L, Jones TD, Lin H, Eble JN, Zeng G, Carr MD, Koch MO: Lymphovascular invasion is an independent prognostic factor in prostatic adenocarcinoma. J Urol 2005;174: 2181–2185 Chun J, Pruthi RS: Is neoadjuvant hormonal therapy before radical prostatectomy indicated? Urol Int 2004;72: 275–80 Cohn JH, el-Galley R: Radical prostatectomy in a community practice. J Urol 2002;167: 224–228 Dahm P, Silverstein AD, Weizer AZ, Crisci A, Vieweg J, Paulson DF. When to diagnose and how to treat prostate cancer in the “not too fit” elderly. Crit Rev Oncol Hematol 2003;48: 123–131 D’Amico AV, Whittington R, Malkowicz SB, Schultz D, Blank K, Broderick GA, Tomaszewski JE, Renshaw AA, Kaplan I, Beard CJ, Wein A: Biochemical outcome after radical prostatectomy, external beam radiation therapy, or interstitial radiation therapy for clinically localized prostate cancer. JAMA 1998;280: 969–974 D’Amico AV, Manola J, Loffredo M, Renshaw AA, DellaCroce A, Kantoff PW: 6-Month androgen suppression plus radiation therapy vs radiation therapy alone for patients with clinically localized prostate cancer. JAMA. 2004a;292: 821–827 D’Amico AV, Chen MH, Roehl KA, Catalona WJ: Preoperative PSA velocity and the risk of death from prostate cancer after radical prostatectomy. N Engl J Med 2004b;351: 125–135 D’Amico AV, Chen MH, Renshaw AA, Loffredo M, Kantoff PW. Androgen suppression and radiation vs radiation alone for prostate cancer: a randomized trial. JAMA 2008;299: 289–295 Deger S, Böhmer D, Roigas J, Türk I, Budach V, Loening S.A: Brachytherapie des lokalen Prostatakarzinoms. Urologe A 2001;40: 181–184 Dicker AP, Lin CC, Leeper DB, Waterman FM: Isotope selection for permanent prostate implants? An evaluation of 103Pd versus 125I based on radiobiological effectiveness and dosimetry. Semin Urol Oncol 2000;18: 152–159 Draisma G, Boer R, Otto SJ, van der Cruijsen IW, Damhuis RA, Schröder FH, de Koning HJ: Lead times and overdetection due to prostatespecific antigen screening: estimates from the European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer. J Natl Cancer Inst 2003;95: 868–878 Eastham JA, Kattan MW, Rogers E, Goad JR, Ohori M, Boone TB, Scardino PT: Risk factors for urinary incontinence after radical prostatectomy. J Urol 1996;156: 1707–1713 EAU-Guidelines 2008: Heidenreich A, Aus G, Abbou CC, Bolla M, Joniau S, Matveev V, Schmid HP, Zattoni F: Guidelines on prostate cancer. Website: http: //www.uroweb.org/fileadmin/tx_eauguidelines/ Prostate%20Cancer.pdf (zuletzt besucht: 31.12.2008) Eggener SE, Vickers AJ, Serio AM, Donovan MJ, Khan FM, Bayer-Zubek V, Verbel D, Cordon-Cardo C, Reuter VE, Bianco FJ Jr, Scardino PT: Comparison of models to predict clinical failure after radical prostatectomy. Cancer 2008 [Epub ahead of print] Epstein JI, Partin AW, Sauvageot J, Walsh PC: Prediction of progression following radical prostatectomy. A multivariate analysis of 721 men with long-term follow-up. Am J Surg Pathol 1996;20: 286–292 Fowler JE, Terrell FL, Renfroe DL: Co-Morbidities and survival of men with localized prostate cancer treated with surgery or radiation therapy. J Urol 1996;156: 1714–1718 Freedland SJ, Wieder JA, Jack GS, Dorey F, deKernion JB, Aronson WJ: Improved risk stratification for biochemical recurrence after
25
622
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
radical prostatectomy using a novel risk group system based on prostate specific antigen density and biopsy Gleason score. J Urol 2002;168: 110–115 Freedland SJ, Humphreys EB, Mangold LA, Eisenberger M, Dorey FJ, Walsh PC, Partin AW: Risk of prostate cancer-specific mortality following biochemical recurrence after radical prostatectomy. JAMA 2005;294:433–439 Freedland SJ, Moul JW: Prostate specific antigen recurrence after definitive therapy. J Urol 2007;177:1985–1991 Frohmüller HG, Theiss M, Manseck A, Wirth MP: Survival and quality of life of patients with stage D1 (T1–3 pN1–2 M0) prostate cancer. Radical prostatectomy plus androgen deprivation versus androgen deprivation alone. Eur Urol 1995;27: 202–206 Fröhner, M.: Die prognostische Bedeutung der Komorbidität bei der radikalen Prostatektomie. Habilitationsschrift, Technische Universität Dresden, 2007 Froehner M: Life expectancy estimation by nomogram. J Clin Oncol 2008a;26: 690 Froehner M, Koch R, Litz RJ, Hakenberg OW, Oehlschlaeger S, Wirth MP. Interaction between age and comorbidity as predictors of mortality after radical prostatectomy. J Urol 2008b;179: 1823–1829 Froehner M, Koch R, Litz RJ, Hakenberg OW, Oehlschlaeger S, Wirth MP: Survival analysis in men undergoing radical prostatectomy at an age of 70 years or older. Urol Oncol 2009a (im Druck) Froehner M, Koch R, Litz RJ, Wirth MP: Nomogram underestimates 10year survival in healthy men selected for radical prostatectomy at an age of 70 or more years. Urology 2009b (im Druck) Ganswindt U, Stenzl A, Bamberg M, Belka C: Adjuvant radiotherapy for patients with locally advanced prostate cancer – a new standard? Eur Urol 2008;54: 528–542 Geary ES, Dendinger TE, Freiha FS, Stamey TA: Incontinence and vesical neck strictures following radical retropubic prostatectomy. Urology 1995;45: 1000–1006 Ghavamian R, Bergstralh EJ, Blute ML, Slezak J, Zincke H: Radical retropubic prostatectomy plus orchiectomy versus orchiectomy alone for pTxN+ prostate cancer: a matched comparison. J Urol 1999;161: 1223–1227 Gleave ME, La Bianca SE, Goldenberg SL, Jones EC, Bruchovsky N, Sullivan LD: Long-term neoadjuvant hormone therapy prior to radical prostatectomy: evaluation of risk for biochemical recurrence at 5-year follow-up. Urology 2000;56: 289–294 Gleave ME, Goldenberg SL, Chin JL, Warner J, Saad F, Klotz LH, Jewett M, Kassabian V, Chetner M, Dupont C, Van Rensselaer S; Canadian Uro-Oncology Group: Randomized comparative study of 3 versus 8-month neoadjuvant hormonal therapy before radical prostatectomy: biochemical and pathological effects. J Urol 2001;166: 500–506 Gleave M, Kelly WK: High-risk localized prostate cancer: a case for early chemotherapy. J Clin Oncol. 2005;23: 8186–8191 Granfors T, Modig H, Damber JE, Tomic R: Combined orchiectomy and external radiotherapy versus radiotherapy alone for nonmetastatic prostate cancer with or without pelvic lymph node involvement: a prospective randomized study. J Urol 1998;159: 2030–2034 Gray M, Petroni GR, Theodorescu D: Urinary function after radical prostatectomy: a comparison of the retropubic and perineal approaches. Urology 1999;53: 881–890 Gretzer MB, Trock B, Han M, Walsh PC: A critical analysis of the interpretation of biochemical failure in surgically treated patients using the American Society for Therapeutic Radiation and Oncology criteria. J Urol 2002;168: 1419–1422 Guillonneau B, Cathelineau X, Doublet JD, Baumert H, Vallancien G. Laparoscopic radical prostatectomy: assessment after 550 procedures. Crit Rev Oncol Hematol 2002;43: 123–133
Han M, Pound CR, Potter SR, Partin AW, Epstein JI, Walsh PC: Isolated local recurrence is rare after radical prostatectomy in men with Gleason score 7 prostate cancer and positive surgical margins: Therapeutic implications. J Urol 2001;165: 864–866 Han M, Partin AW, Zahurak M, Piantadosi S, Epstein JI, Walsh PC: Biochemical (prostate specific antigen) recurrence probability following radical prostatectomy for clinically localized prostate cancer. J Urol 2003;169: 517–523 Hanks GE, Lu J, Machtay M, Venkatesan V, Pinover W, Byhardt R, Rosenthal SA: RTOG Protocol 92-02: A phase III trial of the use of longterm androgen suppression following neoadjuvant hormonal cytoreduction and radiotherapy in locally advanced carcinoma of the prostate. Proc ASCO 2000;19: 327a (abstract) Hanks GE, Pajak TF, Porter A, Grignon D, Brereton H, Venkatesan V, Horwitz EM, Lawton C, Rosenthal SA, Sandler HM, Shipley WU; Radiation Therapy Oncology Group: Phase III trial of long-term adjuvant androgen deprivation after neoadjuvant hormonal cytoreduction and radiotherapy in locally advanced carcinoma of the prostate: the Radiation Therapy Oncology Group Protocol 92-02. J Clin Oncol. 2003;21: 3972–3978 Hayes SB, Pollack A: Parameters for treatment decisions for salvage radiation therapy. J Clin Oncol 2005;23:8204–8211 Hersh MR, Knapp EL, Choi J: Newer imaging modalities to assess tumor in the prostate. Cancer Control 2004;11: 353–357 Hoskin P: High dose rate brachytherapy for prostate cancer. Cancer Radiother 2008;12: 512–514 Hövels AM, Heesakkers RA, Adang EM, Jager GJ, Strum S, Hoogeveen YL, Severens JL, Barentsz JO: The diagnostic accuracy of CT and MRI in the staging of pelvic lymph nodes in patients with prostate cancer: a meta-analysis. Clin Radiol 2008;63: 387–395 Hricak H: New horizons in genitourinary oncologic imaging. Abdom Imaging 2006;31: 182–187 Hu JC, Wang Q, Pashos CL, Lipsitz SR, Keating NL: Utilization and outcomes of minimally invasive radical prostatectomy. J Clin Oncol 2008;26: 2278–2284 Huland H: Radical prostatectomy: options and issues. Eur Urol 2001;39(suppl. 1): 3–9 Hull GW, Rabbani F, Abbas F, Wheeler TM, Kattan MW, Scardino PT: Cancer control with radical prostatectomy alone in 1000 consecutive patients. J Urol 2002;167: 528–534 Iselin CE, Robertson JE, Paulson DF: Radical perineal prostatectomy: oncological outcome during a 20-year period. J Urol. 1999;161: 163–168 Jani AB, Hellmann S: Early prostate cancer: clinical decision making. Lancet 2003;361: 1045–1053 Jakse G, Manegold E, Reineke T, Borchers H, Brehmer B, Wolff JM, Mittermayer C: Die erweiterte, radikale perineale Prostatektomie. Urologe A 2000;39: 455–462 Jeschke S, Nambirajan T, Leeb K, Ziegerhofer J, Sega W, Janetschek G: Detection of early lymph node metastases in prostate cancer by laparoscopic radioisotope guided sentinel lymph node dissection. J Urol 2005;173: 1943–1946 Jhaveri FM, Zippe CD, Klein EA, Kupelian PA: Biochemical failure does not predict overall survival after radical prostatectomy for localized prostate cancer: 10-year results. Urology 1999;54:884– 890 Johansson JE, Andren O, Andersson SO, Dickmann PW, Holmberg L, Magnuson A, Adami HO: Natural history of early, localized prostate cancer. JAMA 2004;291: 2713–2719 Kattan MW, Wheeler TM, Scardino PT: Postoperative nomogram for disease recurrence after radical prostatectomy for prostate cancer. J Clin Oncol 1999;17: 1499–1507
623 Literatur
Keller H, Schmeller N; Janetschek G: Urinary continence after retropubic perineal, and laparoscopic radical prostatectomy: prospective study. Eur Urol Suppl 2005;4, No. 3: 103 Khan MA, Partin AW: Management of high-risk populations with locally advanced prostate cancer. Oncologist 2003;8: 259–269 Kikuchi E, Scardino PT, Wheeler TM, Slawin KM, Ohori M: Is tumor volume an independent prognostic factor in clinically localized prostate cancer? J Urol 2004;172: 508–511 Klotz LH, Goldenberg SL, Jewett MAS, Fradet Y, Nam R, Barkin J, Chin J, Chatterjee S; Canadian Uro-Oncology Group: Long-term followup of a randomized trial of 0 versus 3 months of neoadjuvant androgen ablation before radical prostatectomy. J Urol 2003;170: 791–794 Klotz L: Active surveillance with selective delayed intervention for favorable risk prostate cancer. Urol Oncol 2006;24: 46–50 Krause BJ, Souvatzoglou M, Tuncel M, Herrmann K, Buck AK, Praus C, Schuster T, Geinitz H, Treiber U, Schwaiger M: The detection rate of [(11)C]Choline-PET/CT depends on the serum PSA-value in patients with biochemical recurrence of prostate cancer. Eur J Nucl Med Mol Imaging 2008;35:18–23 Kundu SD, Roehl KA, Eggener SE, Antenor JA, Han M, Catalona WJ: Potency, continence and complication rates in 3.477 consecutive radical retropubic prostatectomies. J Urol 2004;172: 2227–2231 Kupelian P, Katcher J, Levin H, Zippe C, Klein E: Correlation of clinical and pathologic factors with rising prostate-specific antigen profiles after radical prostatectomy alone for clinically localized prostate cancer. Urology 1996;48: 249–260 Lau WK, Bergstralh EJ, Blute ML, Slezak JM, Zincke H: Radical prostatectomy for pathological Gleason 8 or greater prostate cancer: influence of concomitant pathological variables. J Urol 2002;167: 117–122 Lawton CA, Winter K, Murray K, Machtay M, Mesic JB, Hanks GE, Coughlin CT, Pilepich MV: Updated results of the phase III radiation therapy oncology group (RTOG) trial 85-31 evaluating the potential benefit of androgen suppression following standard radiation therapy for unfavorable prognosis carcinoma of the prostate. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2001;49: 937–946 Leandri P, Rossignol G, Gautier JR, Ramon J: Radical retropubic prostatectomy: morbidity and quality of life. Experience with 620 consecutive cases. J Urol 1992;147: 883–887 Lee F, Siders DB, McHugh TA, Solomon MH, Mayman DM: Neoadjuvant androgen ablation therapy prior to radical prostatectomy: Results of a 3-year follow-up. Endocr Relat Cancer 1996;3: 171–177 Lepor H: Selecting candidates for radical prostatectomy. Rev Urol 2000;2: 182–189 Lepor H, Nieder AM, Fernandino MN: Intraoperative and postoperative complications of radical retropubic prostatectomy in a consecutive series of 1000 cases. J Urol 2001;166: 1729–1733 Lepor H: Radical prostatectomy: status and opportunities for improving outcomes. Cancer Invest 2004;22: 435–444 Loeb S, Roehl KA, Helfand BT, Catalona WJ: Complications of open radical retropubic prostatectomy in potential candidates for active monitoring. Urology 2008;72: 887–891 Lohr F, Boda-Heggemann J, Wenz F, Wiegel T: Bildgesteuerte Strahlentherapie des Prostatakarzinoms. Aktuelle Urol 2007;38: 386–391 Lopez-Beltran A, Mikuz G, Luque RJ, Mazzucchelli R, Montironi R: Current practice of Gleason grading of prostate carcinoma Virchows Arch 2006;448: 111–118 Malmström PU: Lymph node staging in prostatic carcinoma revisited. Acta Oncol 2005;44: 593–598 Martinez de la Riva SI, Lopez-Tomasety JB, Marrero Dominguez R, Santamaria Blanco P: Perineal radical prostatectomy as monotherapy: ten-year experience. (Article in Spanish) Arch Esp Urol 2004;57: 397–411
Martis G, Diana M, Ombres M, Cardi A, Mastrangeli R, Mastrangeli B: Retropubic versus perineal radical prostatectomy in early prostate cancer: eight-year experience. J Surg Oncol 2007;95: 513–518 McLeod DG, Iversen P, See WA, Morris T, Armstrong J, Wirth MP; the Casodex Early Prostate Cancer Trialists’ Group: Bicalutamide 150 mg plus standard care vs standard care alone for early prostate cancer. BJU Int 2006;97: 247–254 Menon M, Shrivastava A, Sarle R, Hemal A, Tewari A: Vattikuti Institute Prostatectomy: a single-team experience of 100 cases. J Endourol 2003;17: 785–790 Menon M, Shrivastava A, Tewari A: Laparocopic radical prostatectomy: conventional and laparoscopic. Urology 2005;66(Suppl 5A): 101–104 Menon M, Shrivastava A, Kaul S, Badani KK, Fumo M, Bhandari M, Peabody JO: Vattikuti Institute prostatectomy: contemporary technique and analysis of results. Eur Urol 2007;51: 648–657 Meraney AM, Haese A, Palisaar J, Graefen M, Steuber T, Huland H, Klein EA: Surgical management of prostate cancer: advances based on a rational approach to the data. Eur J Cancer 2005;41: 888–907 Merrick GS, Wallner KE, Butler WM: Prostate cryotherapy: more questions than answers. Urology 2005;66: 9–15 Messing EM, Manola J, Sarosdy M, Wilding G, Crawford ED, Trump D: Immediate hormonal therapy compared with observation after radical prostatectomy and pelvic lymphadenectomy in men with node-positive prostate cancer. New Engl J Med 1999: 341: 1781–1788 Messing EM, Manola J, Yao J, Kiernan M, Crawford D, Wilding G, di’SantAgnese PA, Trump D; Eastern Cooperative Oncology Group study EST 3886: Immediate versus deferred androgen deprivation treatment in patients with node positive prostate cancer after radical prostatectomy and pelvic lymphadenectomy. Lancet Oncol 2006;7: 472–47 Morton GC: The emerging role of high-dose-rate brachytherapy for prostate cancer. Clinical Oncology 2005;17: 219–227 Mottrie A, Van Migem P, De Naeyer G, Schatteman P, Carpentier P, Fonteyne E: Robot-assisted laparoscopic radical prostatectomy: oncologic and functional results of 184 cases. Eur Urol 2007;52: 746–750 Moul JW, Wu H, Sun L, McLeod DG, Amling C, Donahue T, Kusuda L, Sexton W, O’Reilly K, Hernandez J, Chung A, Soderdahl D: Early versus delayed hormonal therapy for prostate specific antigen only recurrence of prostate cancer after radical prostatectomy. J Urol 2004;171:1141–1147 Nguyen PL, Trofimov A, Zietman AL: Proton-beam vs intensity-modulated radiation therapy. Which is best for treating prostate cancer? Oncology (Williston Park) 2008;22: 748–754 Nguyen PL, Chen MH, Catalona WJ, Alexander BM, Roehl KA, Loeb S, D’Amico AV: Biochemical recurrence after radical prostatectomy for prevalent versus incident cases of prostate cancer: implications for management. Cancer 2008;113:3146–3152 Noldus J, Huland H: Die operative Therapie des Prostatakarzinoms. Onkologie 2003,26: 6–12 Oefelein MG, Smith ND, Grayhack JT, Schaeffer AJ, McVary KT: Longterm results of radical retropubic prostatectomy in men with high grade carcinoma of the prostate. J Urol 1997;158: 1460–1465 Oh WK: Neoadjuvant therapy before radical prostatectomy in high-risk localized prostate cancer: defining appropriate endpoints. Urol Oncol 2003;21: 229–234 Oh RJ, Yoshioka Y, Tanaka E, Shiomi H, Sumida I, Isohashi F, Suzuki O, Konishi K, Kawaguchi Y, Nakamura S, Kato M, Inoue T: High-doserate brachytherapy combined with long-term hormonal therapy for high-risk prostate cancer: results of a retrospective analysis. Radiat Med 2006;24: 58–64
25
624
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Ohori M, Goad JR, Wheeler TM, Eastham JA, Thompson TC, Scardino PT: Can radical prostatectomy alter the progression of poorly differentiated prostate cancer? J Urol 1994;152: 1843–1849 Olsson LE, Salomon L, Nadu A, Hoznek A, Cicco A, Saint F, Chopin D, Abbou CC: Prospective patient-reported continence after laparoscopic radical prostatectomy. Urology 2001;58: 570–572 Ornstein DK, Oh J, Herschman JD, Andriole GL: Evaluation and management of the man who has failed primary curative therapy for prostate cancer. Urol Clin North Am 1998;23: 591–601 Partin AW, Kattan MW, Subong EN, Walsh PC, Wojno KJ, Oesterling JE, Scardino PT, Pearson JD: Combination of prostate-specific antigen, clinical stage and Gleason score to predict pathologic stage of localized prostate cancer. A multi-institutional update. JAMA 1997;277: 1445–1451 Partin AW, Mangold LA, Lamm DM, Walsh PC, Epstein JI, Pearson JD: Contemporary update of prostate cancer staging nomograms (Partin tables) for the new millenium. Urology 2001;58: 843–848 Peschel RE, Colberg JM: Surgery, brachytherapy, and external beam radiotherapy for early prostate cancer. Lancet Oncology 2003;4: 233–241 Pettus JA, Weight CJ, Thompson CJ, Middleton RG, Stephenson RA: Biochemical failure in men following radical retropubic prostatectomy: impact of surgical margin status and location. J Urol 2004;172: 129–132 Pilepich MV, Winter K, John MJ, Mesic JB, Sause W, Rubin P, Lawton C, Machtay M, Grignon D: Phase III radiation therapy oncology group (RTOG) trial 86–10 of androgen deprivation adjuvant to definitive radiotherapy in locally advanced carcinoma of the prostate. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2001;50: 1243–1252 Pollack A, Zagars GK, Smith LG, Lee JJ, von Eschenbach AC, Antolak JA, Starkschall G, Rosen I: Preliminary results of a randomized radiotherapy dose-escalation study comparing 70 Gy with 78 Gy for prostate cancer. J Clin Oncol 2000;18: 3904–3911 Porter CR, Gallina A, Kodama K, Gibbons RP, Correa R Jr, Perrotte P, Karakiewicz PI: Prostate cancer-specific survival in men treated with hormonal therapy after failure of radical prostatectomy. Eur Urol 2007;52:446–452 Potters L, Morgenstern C, Calugaru E, Fearn P, Jassal A, Presser J, Mullen E: 12-year outcomes following permanent prostate brachytherapy in patients with clinically localized prostate cancer. J Urol 2005;173: 1562–1566 Pound CR, Partin AW, Epstein JI, Walsh PC: Prostate-specific antigen after anatomic radical retropubic prostatectomy: patterns of recurrence and cancer control. Urol Clin North Am 1997;24: 395–406 Pound CR, Partin AW, Eisenberger MA, Chan DW, Pearson JD, Walsh PC: Natural history of progression after PSA elevation following radical prostatectomy. JAMA 1999;281: 1591–1597 Prayer-Galetti T, Zattoni F, Capizzi A, Dal Moro F, Pagano F on behalf of the study group: Disease free survival in patients with pathological »C stage” prostate cancer at radical retropubic prostatectomy submitted to adjuvant hormonal treatment. Eur Urol 2000;38(Suppl 4): 504 (abstract) Pilepich MV, Caplan R, Byhardt RW, Lawton CA, Gallagher MJ, Mesic JB, Hanks GE, Coughlin CT, Porter A, Shipley WU, Grignon D: Phase III trial of androgen suppression using goserelin in unfavourable prognosis carcinoma of the prostate treated with definitive radiotherapy – report of RTOG protocol 85–31. J Clin Oncol 1997;15: 1013–1021 Pilepich MV, Winter K, Lawton C, Krisch RE, Wolkov H, Movsas B, Hug E, Asbell S, Grignon D: Androgen suppression adjuvant to radiotherapy in carcinoma of the prostate. Long-term results of phase III RTOG trial 85–31. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2003;57(suppl. 2): S172–S173 (abstract)
Quinlan DM, Epstein JI, Carter BS, Walsh PC: Sexual function following radical prostatectomy: influence of preservation of neurovascular bundles. J Urol 1991;145: 998–1002 Rabbani F, Stapleton AM, Kattan MW, Wheeler TM, Scardino PT: Factors predicting recovery of erections after radical prostatectomy. J Urol 2000;164: 1929–34 Rassweiler J, Seemann O, Schulze M, Teber D, Hatzinger M, Frede T: Laparoscopic versus open radical prostatectomy: a comparative study at a single institution. J Urol 2003;169: 1689–1693 Rassweiler J, Stolzenburg J, Sulser T, Deger S, Zumbe J, Hofmockel G, John H, Janetschek G, Fehr JL, Hatzinger M, Probst M, Rothenberger KH, Poulakis V, Truss M, Popken G, Westphal J, Alles U, Fornara P: Laparoscopic radical prostatectomy – the experience of the German laparoscopic working group. Eur Urol 2006;49: 113–119 Rebillard X, Soulié M, Chartier-Kastler E, Davin JL, Mignard JP, Moreau JL, Coulange C; Association Francaise d’Urologie: High-intensity focused ultrasound in prostate cancer; a systematic literature review of the French Association of Urology. BJU Int. 2008;101: 1205–1213 Rodriguez E Jr, Finley DS, Skarecky D, Ahlering TE: Single institution 2-year patient reported validated sexual function outcomes after nerve sparing robot assisted radical prostatectomy. J Urol 2009;181: 259–263 Roehl KA, Han M, Ramos CG, Antenor JA, Catalona WJ: Cancer progression and survival rates following anatomical radical retropubic prostatectomy in 3,478 consecutive patients: long-term results. J Urol. 2004;172: 910–914 Rosenthal SA, Bae K, Pienta KJ, Sobczak ML, Asbell SO, Rajan R, Kerlin KJ, Michalski JM, Sandler HM: Phase III multiinstitutional trial of adjuvant chemotherapy with paclitaxel, estramustine, and oral etoposide combined with long term androgen suppression therapy and radiotherapy versus long term androgen suppression plus radiotherapy alone for high risk prostate cancer: preliminary toxicity analysis of RTOG 99. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2008 [Epub ahead of print] Routh JC, Leibovich BC: Adenocarcinoma of the prostate: epidemiological trends, screening, diagnosis, and surgical management of localized disease. Mayo Clin Proc 2005;80: 899–907 Salomon L, Levrel O, Anastasiadis AG, Irani J, De La Taille A, Saint F, Vordos D, Cicco A, Hoznek A, Chopin D, Abbou CC: Prognostic significance of tumor volume after radical prostatectomy: a multivariate analysis of pathological prognostic factors. Eur Urol 2003,43: 39–44 Sandler HM, Eisenberger MA: Assessing und treating patients with increasing prostate specific antigen following radical prostatectomy. J Urol 2007;178:S20–24 Schilling D, Schlemmer HP, Wagner PH, Böttcher P, Merseburger AS, Aschoff P, Bares R, Pfannenberg C, Ganswindt U, Corvin S, Stenzl A: Histological verification of 11C-choline-positron emission/ computed tomography-positive lymph nodes in patients with biochemical failure after treatment for localized prostate cancer. BJU Int 2008;102:446–451 Schroeck FR, Krupski TL, Sun L, Albala DM, Price MM, Polascik TJ, Robertson CN, Tewari AK, Moul JW: Satisfaction and regret after open retropubic or robot assisted laparoscopic radical prostatectomy. Eur Urol 2008;54: 785–793 Schumacher M, Burkhard FC, Studer UE: Stellenwert der pelvinen Lymphadenektomie beim klinisch lokalisierten Prostatakarzinom. Urologe (A) 2005;44: 645–651 Secin FP, Karanikolas N, Kuroiwa K, Vickers A, Touijer K, Guillonneau B: Positive surgical margins and accessory pudendal artery preservation during laparoscopic radical prostatectomy. Eur Urol
625 Literatur
2005;48: 786–792. Shariat SF, Karakiewicz PI, Suardi N, Kattan MW: Comparison of nomograms with other methods for predicting outcomes in prostate cancer: a critical analysis of the literature. Clin Cancer Res 2008;14: 4400–4407 Shelley M, Wilt TJ, Coles B, Mason MD: Cryotherapy for localised prostate cancer. Cochrane Database Syst Rev. 2007;(3): CD005010 Shelley MD, Kumar S, Wilt T, Staffurth J, Coles B, Mason MD: A systematic review and meta-analysis of randomised trials of neo-adjuvant hormone therapy for localised and locally advanced prostate carcinoma. Cancer Treat Rev 2008 [Epub ahead of print] Siddiqui SA, Sengupta S, Slezak JM, Bergstralh EJ, Leibovich BC, Myers RP, Zincke H, Blute ML: Impact of patient age at treatment on outcome following radical retropubic prostatectomy for prostate cancer. J Urol 2006;175: 952–957 Scardino PT: The Gordon Wilson Lecture. Natural history and treatment of early stage prostate cancer. Trans Am Clin Climatol Assoc 2000;111: 201–241 Scolieri MJ, Altman A, Resnick ML: Neoadjuvant hormonal ablative therapy before radical prostatectomy: a review. Is it indicated? J Urol 2000;164: 1465–1472 Scott WW: An evaluation of endocrine therapy plus radical prostatectomy in the treatment of advanced carcinoma of the prostate. J Urol 1964;91: 97–102 See W, Iversen P, Wirth M, McLeod D, Garside L, Morris T: Immediate treatment with bicalutamide 150 mg as adjuvant therapy significantly increases the risk of PSA progression in early prostate cancer. Eur Urol 2003;44: 512–517 Stattaus J, Forsting M: Bedeutung der radiologischen Bildgebung für die Lymphknotenchirurgie urologischer Malignome. Urologe 2008 [Epub ahead of print] Steiner MS, Morton RA, Walsh PC: Impact of anatomical radical prostatectomy on urinary continence. J Urol 1991;145: 512–514 Stephenson AJ, Scardino PT, Bianco FJ Jr, DiBlasio CJ, Fearn PA, Eastham JA: Morbidity and functional outcomes of salvage radical prostatectomy for locally recurrent prostate cancer after radiation therapy. J Urol 2004;172: 2239–2243 Stephenson AJ, Scardino PT, Eastham JA, Bianco FJ Jr, Dotan ZA, DiBlasio CJ, Reuther A, Klein EA, Kattan MW: Postoperative nomogram predicting the 10-year probability of prostate cancer recurrence after radical prostatectomy. J Clin Oncol 2005;23: 7005–7012 Stephenson AJ, Eastham JA: Role of salvage radical prostatectomy for recurrent prostate cancer after radiation therapy. J Clin Oncol 2005;23: 8198–8203 Stolzenburg JU, Rabenalt R, Do M, Kallidonis P, Liatsikos EN: Endoscopic extraperitoneal radical prostatectomy: the University of Leipzig experience of 2000 cases. J Endourol 2008;22: 2319–2325 Stübinger SH, Wilhelm R, Kaufmann S, Döring M, Hautmann S, Jünemann KP, Galalae R: Brachytherapie des Prostatakarzinoms. Urologe A 2008;47: 284–290 Studer UE, Collette L, Whelan P, Albrecht W, Casselman J, de Reijke T, Knönagel H, Loidl W, Isorna S, Sundaram SK, Debois M; EORTC Genitourinary Group: Using PSA to guide timing of androgen deprivation in patients with T0–4 N0–2 M0 prostate cancer not suitable for local curative treatment (EORTC 30891). Eur Urol 2008;53:941–949 Stuschke M, Budach V, Böhmer D: Strahlentherapie des Prostatakarzinoms. Deutsches Ärzteblatt 2004;101: 2690–2694 Sullivan LD, Weir MJ, Kinahan JF, Taylor DL: A comparison of the relative merits of radical perineal and radical retropubic prostatectomy. BJU Int 2000;85: 95–100 Sofer M, Hamilton-Nelson KL, Schlesselman JJ, Soloway MS: Risk of positive margins and biochemical recurrence in relation to nervesparing radical prostatectomy. J Clin Oncol 2002;20: 1853–1858
Soloway MS, Pareek K, Sharifi R, Wajsman Z, McLeod D, Wood DP Jr, Puras-Baez A; The Lupron Depot Neoadjuvant Prostate Cancer Study Group. Neoadjuvant androgen ablation before radical prostatectomy in cT2bNxMo prostate cancer: 5-year results. J Urol 2002;167: 112–116 Sweat SD, Bergstralh EJ, Slezak J, Blute ML, Zincke H: Competing risk analysis after radical prostatectomy for clinically nonmetastatic prostate adenocarcinoma according to clinical Gleason score and patient age. J Urol 2002;168: 525–529 Swindle P, Eastham JA, Ohori M, Kattan MW, Wheeler T, Maru N, Slawin K, Scardino PT: Do margins matter? The prognostic significance of positive surgical margins in radical prostatectomy specimens. J Urol 2005;174: 903–907 Tewari A, Hasan M, Devine G, Menon M: What actually determines the mortality in men with prostate cancer? J Urol 2004;171 suppl.; 124 )abstract) Tewari A, El-Hakim A, Leung RA: Robotic prostatectomy: a pooled analysis of published literature. Expert Rev Anticancer Ther 2006 Jan;6: 11–20 Thiel R: Die radikale retropubische Prostatektomie – Goldstandard beim Prostatakarzinom? Urologe A 2004;43: 38–42 Thompson IM Jr, Tangen CM, Paradelo J, Lucia MS, Miller G, Troyer D, Messing E, Forman J, Chin J, Swanson G, Canby-Hagino E, Crawford ED: Adjuvant radiotherapy for pathologically advanced prostate cancer: a randomized clinical trial. JAMA 2006;296: 2329–2335 Tollefson MK, Leibovich BC, Slezak JM, Zincke H, Blute ML: Long-term prognostic significance of primary Gleason pattern in patients with Gleason score 7 prostate cancer: impact on prostate cancer specific survival. J Urol 2006;175: 547–551 Tombal B, Rezazadeh A, Therasse P, Van Cangh PJ, Vande Berg B, Lecouvet FE: Magnetic resonance imaging of the axial skeleton enables objective measurement of tumor response on prostate cancer bone metastases. Prostate 2005;65: 178–187 Touijer K, Eastham JA, Secin FP, Romero Otero J, Serio A, Stasi J, Sanchez-Salas R, Vickers A, Reuter VE, Scardino PT, Guillonneau B: Comprehensive prospective comparative analysis of outcomes between open and laparoscopic radical prostatectomy conducted in 2003 to 2005. J Urol 2008;179: 1811–1817 Trabulsi EJ, Guillonneau B: Laparoscopic radical prostatectomy. J Urol 2005;173: 1072–1079. Trapasso JG, DeKernion JB, Smith RB, Dorey F: The incidence and significance of detectable levels of serum prostate specific antigen after radical prostatectomy. J Urol 1994;152: 1821–1825 Trock BJ, Han M, Freedland SJ, Humphreys EB, DeWeese TL, Partin AW, Walsh PC. Prostate cancer-specific survival following salvage radiotherapy vs observation in men with biochemical recurrence after radical prostatectomy. JAMA 2008;299:2760–2769 Türk I, Deger IS, Winkelmann B, Roigas J, Schönberger B, Loening SA: Die laparoskopische radikale Prostatektomie. Erfahrungen mit 145 Eingriffen. Urologe A 2001;40: 199–206 Twelker L, Hakenberg O, Fröhner M, Oehlschläger S, Leike S, Manseck A, Wirth M: Positive Resektionsränder nach retropubischer radikaler Prostatektomie – Häufigkeiten und Lokalisation. Urologe A 2006;45 (Suppl. 1): S71 (Abstract) Twelker L, Fröhner M, Oehlschläger S, Leike S, Wirth M: Komplikationen bei retropubischer radikaler Prostatektomie bei Patienten über 70 Jahre. Urologe A 2007;46 (Suppl. 1): S42 (Abstract) Tyrrell CJ: Adjuvant and neoadjuvant hormonal therapy for prostate cancer. Eur Urol 1999;36: 549–558 Tyrrell CJ, Payne H, See WA, McLeod DG, Wirth MP, Iversen P, Armstrong J, Morris C; ‘Casodex’ Early Prostate Cancer Trialists Group:
25
626
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Bicalutamide (‘Casodex’) 150 mg as adjuvant to radiotherapy in patients with localised or locally advanced prostate cancer: results from the randomised Early Prostate Cancer Programme. Radiother Oncol. 2005;76: 4–10 van den Bergh RC, Roemeling S, Roobol MJ, Aus G, Hugosson J, Rannikko AS, Tammela TL, Bangma CH, Schröder FH: Outcomes of Men with screen detected prostate cancer eligible for active surveillance who were managed expectantly. Eur Urol 2008 [Epub ahead of print] Van der Kwast TH, Bolla M, Van Poppel H, Van Cangh P, Vekemans K, Da Pozzo L, Bosset JF, Kurth KH, Schröder FH, Collette L; EORTC 22911: Identification of patients with prostate cancer who benefit from immediate postoperative radiotherapy: EORTC 22911. J Clin Oncol 2007;25: 4178–86 Vickers AJ, Bianco FJ, Gonen M, Cronin AM, Eastham JA, Schrag D, Klein EA, Reuther AM, Kattan MW, Pontes JE, Scardino PT: Effects of pathologic stage on the learning curve for radical prostatectomy: evidence that recurrence in organ-confined cancer is largely related to inadequate surgical technique. Eur Urol 2008;53: 960–966 Walsh PC, Donker PJ: Impotence following radical prostatectomy: Insight into etiology and prevention. J Urol 1982;128: 492–497 Walsh PC, Marschke P, Ricker D, Burnett AL: Patient-reported urinary continence and sexual function after anatomic radical prostatectomy. Urology 2000;55: 58–61 Walz J, Gallina A, Saad F, Montorsi F, Perrotte P, Shariat SF, Jeldres C, Graefen M, Bénard F, McCormack M, Valiquette L, Karakiewicz PI. A nomogram predicting 10 year life expectancy in candidates for radical prostatectomy or radiotherapy for prostate cancer. J Clin Oncol 2007;25: 3576–3581 Ward JF, Moul JW: Biochemical recurrence after definitive prostate cancer therapy. Part I: Defining und localizing biochemical recurrence of prostate cancer. Curr Opin Urol 2005;15:181–186 Wawroschek F, Vogt H, Wengenmair H, Weckermann D, Hamm M, Keil M, Graf G, Heidenreich P, Harzmann R: Prostate lymphoscintigraphy and radio-guided surgery for sentinel lymph node identification in prostate cancer. Technique and results of the first 350 cases. Urol Int 2003;70: 303–310 Wei JT, Dunn RL, Marcovich R, Montie JE, Sanda MG: Prospective assessment of patient reported urinary continence after radical prostatectomy. J Urol 2000;164: 744–748 Wiegel T, Bottke D, Willich N, Piechota H, Siegmann A, Stoeckle M, Ruebe C, Hinke A, Hinkelbein W, Miller K: Phase III results of adjuvant radiotherapy (RT) versus wait-and-see (WS) in patients with pT3 prostate cancer following radical prostatectomy (RP)(ARO 96-02/ AUO AP 09/95). ASCO Annual Meeting Proceedings Part I. Vol 25, No. 18S (June 20 Supplement), 2007: 5060 Wiegel T, Lohm G, Bottke D, Höcht S, Miller K, Siegmann A, Schostak M, Neumann K, Hinkelbein W: Achieving an undetectable PSA after radiotherapy for biochemical progression after radical prostatectomy is an independent predictor of biochemical outcomeresults of a retrospective study. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2008 [Epub ahead of print] Wirth MP, Hakenberg OW: Brachytherapy for prostate cancer. Urol Int 1999;63;87–91 Wirth M, Tyrrell C, Wallace M, Delaere KP, Sanchez-Chapado M, Ramon J, Hetherington J, Pina F, Heynes CF, Borchers TM, Morris T, Stone A: Bicalutamide (Casodex) 150 mg as immediate therapy in patients with localized or locally advanced prostate cancer significantly reduces the risk of disease progression. Urology 2001;58: 146–51 Wirth MP, Herrmann T, Alken P, Kovacs G, Hakenberg OW, Müller H, Ahlemann L, Schalkhäuser K: Empfehlungen zur Durchführung der
alleinigen, permanenten, interstitiellen Brachytherapie beim lokal begrenzten Prostatakarzinom. Urologe (A) 2002;41: 369–373 Wirth MP, Weissbach L, Marx FJ, Heckl W, Jellinghaus W, Riedmiller H, Noack B, Hinke A, Froehner M: Prospective randomized trial comparing flutamide as adjuvant treatment versus observation after radical prostatectomy for locally advanced, lymph node-negative prostate cancer. Eur Urol 2004;45: 267–270 Wirth MP, See WA, McLeod DG, Iversen P, Morris T, Carroll K; Casodex Early Prostate Cancer Trialists’ Group: Bicalutamide 150 mg in addition to standard care in patients with localized or locally advanced prostate cancer: results from the second analysis of the early prostate cancer program at median followup of 5.4 years. J Urol 2004;172: 1865–1870 Wirth M, Tyrrell C, Delaere K, Sanchez-Chapado M, Ramon J, Wallace DM, Hetherington J, Pina F, Heyns C, Borchers T, Morris T, Armstrong J; ‘Casodex’ Early Prostate Cancer Trialists’ Group: Bicalutamide (‘Casodex’) 150 mg in addition to standard care in patients with nonmetastatic prostate cancer: updated results from a randomised double-blind phase III study (median follow-up 5.1 y) in the early prostate cancer programme. Prostate Cancer Prostatic Dis 2005;8: 194–200 Wirth MP, Engelhardt FM: PSA-Rezidiv nach primär kurativer Therapie – lokal oder systemisch? Wann ist eine kurative Zweittherapie noch möglich? Urologe A 2005;44:997–1004 Wirth MP, Hakenberg OW, Froehner M: Antiandrogens in the treatment of prostate cancer. Eur Urol 2007;51: 306–313 Wirth MP, Hakenberg OW, Froehner M: Adjuvant hormonal treatment – the bicalutamide early prostate cancer program. Front Radiat Ther Oncol. 2008;41: 39–48 Wolff I, Grimm MO, Wirth M: Lymphadenektomie beim limitierten Lymphknotenrezidiv des Prostatakarzinoms nach kurativer Lokaltherapie. Urologe A 2008;47:1436–1440 Zietman AL, DeSilvio ML, Slater JD, Rossi CJ Jr, Miller DW, Adams JA, Shipley WU: Comparison of conventional-dose vs high-dose conformal radiation therapy in clinically localized adenocarcinoma of the prostate: a randomized controlled trial. JAMA 2005;294: 1233–1239 Zincke H, Oesterling JE, Blute ML, Bergstralh EJ, Myers RP, Barrett DM: Long-term -(15 years) results after radical prostatectomy for clinically localized (stage T2c or lower) prostate cancer. J Urol 1994a;152: 1850–1857 Zincke H, Oesterling JE, Blute ML, Bergstralh EJ, Myers RP, Barrett DM: Long-term (15 years) results after radical prostatectomy for clinically localized (stage T2c or lower) prostate cancer. J Urol 1994b;152: 1850–1857 Zincke H, Lau W, Bergstralh, Blute ML: Role of early adjuvant hormonal therapy after radical prostatectomy for prostate cancer. J Urol 2001;166: 2208–2215 Zwergel U, Lehmann J, Wullich B, Schreier U, Remberger K, Zwergel T, Stoeckle M: Lymph node positive prostate cancer: longterm survival data after radical prostatectomy. J Urol 2004; 171: 1128–1131
Literatur zu Kap. 25.6 1. Jemal A, Murray T, Ward E et al.: Cancer statistics, 2005. CA Cancer J Clin 2005; 55 (1): 10–30 2. Moul JW: Prostate specific antigen only progression of prostate cancer. J Urol 2000; 163 (6): 1632–1642 3. Lee WR, Hanks GE, Hanlon A: Increasing prostate-specific antigen profile following definitive radiation therapy for localized prostate cancer: clinical observations. J Clin Oncol 1997; 15 (1): 230–238
627 Literatur
4. D’Amico AV, Cote K, Loffredo M, Renshaw AA, Schultz D: Determinants of prostate cancer-specific survival after radiation therapy for patients with clinically localized prostate cancer. J Clin Oncol 2002; 20 (23): 4567–4573 5. Pinover WH, Horwitz EM, Hanlon AL, Uzzo RG, Hanks GE: Validation of a treatment policy for patients with prostate specific antigen failure after three-dimensional conformal prostate radiation therapy. Cancer 2003; 97 (4): 1127–1133 6. Touma NJ, Izawa JI, Chin JL: Current status of local salvage therapies following radiation failure for prostate cancer. J Urol 2005; 173 (2): 373–379 7. Grossfeld GD, Li YP, Lubeck DP, Broering JM, Mehta SS, Carroll PR: Predictors of secondary cancer treatment in patients receiving local therapy for prostate cancer: data from cancer of the prostate strategic urologic research endeavor. J Urol 2002; 168 (2): 530–535 8. Stephenson AJ, Eastham JA: Role of salvage radical prostatectomy for recurrent prostate cancer after radiation therapy. J Clin Oncol 2005; 23 (32): 8198–8203 9. Zelefsky MJ, Leibel SA, Kutcher GJ, Kelson S, Ling CC, Fuks Z: The Feasibility of Dose Escalation with Three-Dimensional Conformal Radiotherapy in Patients with Prostatic Carcinoma. Cancer J Sci Am 1995; 1 (2): 142 10. Zagars GK, Pollack A, von Eschenbach AC: Prostate cancer and radiation therapy–the message conveyed by serum prostate-specific antigen. Int J Radiat Oncol Biol Phys 1995; 33 (1): 23–35 11. Fuks Z, Leibel SA, Wallner KE et al.: The effect of local control on metastatic dissemination in carcinoma of the prostate: long-term results in patients treated with 125I implantation. Int J Radiat Oncol Biol Phys 1991; 21 (3): 537–547 12. Kaplan ID, Prestidge BR, Bagshaw MA, Cox RS: The importance of local control in the treatment of prostatic cancer. J Urol 1992; 147 (3 Pt 2): 917–921 13. Holzman M, Carlton CE, Jr., Scardino PT: The frequency and morbidity of local tumor recurrence after definitive radiotherapy for stage C prostate cancer. J Urol 1991; 146 (6): 1578–1582 14. Bianco FJ, Jr., Scardino PT, Stephenson AJ, Diblasio CJ, Fearn PA, Eastham JA: Long-term oncologic results of salvage radical prostatectomy for locally recurrent prostate cancer after radiotherapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2005; 62 (2): 448–453 15. Amling CL, Lerner SE, Martin SK, Slezak JM, Blute ML, Zincke H: Deoxyribonucleic acid ploidy and serum prostate specific antigen predict outcome following salvage prostatectomy for radiation refractory prostate cancer, Vol. 161, 1999 J Urol) 16. Izawa JI, Ajam K, McGuire E et al.: Major surgery to manage definitively severe complications of salvage cryotherapy for prostate cancer. J Urol 2000; 164 (6): 1978–1981 17. Rogers E, Ohori M, Kassabian VS, Wheeler TM, Scardino PT: Salvage radical prostatectomy: outcome measured by serum prostate specific antigen levels. J Urol 1995; 153 (1): 104–110 18. Gheiler EL, Tefilli MV, Tiguert R et al.: Predictors for maximal outcome in patients undergoing salvage surgery for radio-recurrent prostate cancer. Urology 1998; 51 (5): 789–795 19. Brenner PC, Russo P, Wood DP, Morse MJ, Donat SM, Fair WR: Salvage radical prostatectomy in the management of locally recurrent prostate cancer after 125I implantation. Br J Urol 1995; 75 (1): 44–47 20. Link P, Freiha FS, Stamey TA: Adjuvant radiation therapy in patients with detectable prostate specific antigen following radical prostatectomy. J Urol 1991; 145 (3): 532–534 21. Moul JW, Paulson DF: The role of radical surgery in the management of radiation recurrent and large volume prostate cancer. Cancer 1991; 68 (6): 1265–1271
22. Pontes JE, Montie J, Klein E, Huben R: Salvage surgery for radiation failure in prostate cancer. Cancer 1993; 71 (3 Suppl): 976–980 23. Stein A, Smith RB, deKernion JB: Salvage radical prostatectomy after failure of curative radiotherapy for adenocarcinoma of prostate. Urology 1992; 40 (3): 197–200 24. Hanlon AL, Pinover WH, Horwitz EM, Hanks GE: Patterns and fate of PSA bouncing following 3D-CRT. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2001; 50 (4): 845–849 25. Rosser CJ, Kuban DA, Levy LB et al.: Prostate specific antigen bounce phenomenon after external beam radiation for clinically localized prostate cancer. J Urol 2002; 168 (5): 2001–2005 26. Cox JD, Gallagher MJ, Hammond EH, Kaplan RS, Schellhammer PF: Consensus statements on radiation therapy of prostate cancer: guidelines for prostate re-biopsy after radiation and for radiation therapy with rising prostate-specific antigen levels after radical prostatectomy. American Society for Therapeutic Radiology and Oncology Consensus Panel. J Clin Oncol 1999; 17 (4): 1155 27. Kuban DA, Thames HD, Levy LB et al.: Long-term multi-institutional analysis of stage T1-T2 prostate cancer treated with radiotherapy in the PSA era. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2003; 57 (4): 915–928 28. Shipley WU, Thames HD, Sandler HM et al.: Radiation therapy for clinically localized prostate cancer: a multi-institutional pooled analysis. Jama 1999; 281 (17): 1598–1604 29. Stephenson AJ, Scardino PT, Bianco FJ, Jr., DiBlasio CJ, Fearn PA, Eastham JA: Morbidity and functional outcomes of salvage radical prostatectomy for locally recurrent prostate cancer after radiation therapy. J Urol 2004; 172 (6 Pt 1): 2239–2243 30. Crook JM, Perry GA, Robertson S, Esche BA: Routine prostate biopsies following radiotherapy for prostate cancer: results for 226 patients. Urology 1995; 45 (4): 624–31; discussion 631–2 31. Crook J, Malone S, Perry G, Bahadur Y, Robertson S, Abdolell M: Postradiotherapy prostate biopsies: what do they really mean? Results for 498 patients. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2000; 48 (2): 355–367 32. Scardino PT, Wheeler TM: Local control of prostate cancer with radiotherapy: frequency and prognostic significance of positive results of postirradiation prostate biopsy. NCI Monogr 1988 (7): 95–103 33. Kabalin JN, Hodge KK, McNeal JE, Freiha FS, Stamey TA: Identification of residual cancer in the prostate following radiation therapy: role of transrectal ultrasound guided biopsy and prostate specific antigen. J Urol 1989; 142 (2 Pt 1): 326–331 34. Borghede G, Aldenborg F, Wurzinger E, Johansson KA, Hedelin H: Analysis of the local control in lymph-node staged localized prostate cancer treated by external beam radiotherapy, assessed by digital rectal examination, serum prostate-specific antigen and biopsy. Br J Urol 1997; 80 (2): 247–255 35. Zelefsky MJ, Fuks Z, Hunt M et al.: High dose radiation delivered by intensity modulated conformal radiotherapy improves the outcome of localized prostate cancer. J Urol 2001; 166 (3): 876–881 36. Pollack A, Zagars GK, Starkschall G et al.: Prostate cancer radiation dose response: results of the M. D. Anderson phase III randomized trial. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2002; 53 (5): 1097–1105 37. Kuban DA, Thames HD, Shipley WU: Defining recurrence after radiation for prostate cancer. J Urol 2005; 173 (6): 1871–1878 38. Zietman AL, Tibbs MK, Dallow KC et al.: Use of PSA nadir to predict subsequent biochemical outcome following external beam radiation therapy for T1–2 adenocarcinoma of the prostate. Radiother Oncol 1996; 40 (2): 159–162 39. Critz FA, Williams WH, Holladay CT et al.: Post-treatment PSA < or = 0.2 ng/mL defines disease freedom after radiotherapy for prostate cancer using modern techniques. Urology 1999; 54 (6): 968–71
25
628
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
40. Sartor CI, Strawderman MH, Lin XH, Kish KE, McLaughlin PW, Sandler HM: Rate of PSA rise predicts metastatic versus local recurrence after definitive radiotherapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 1997; 38 (5): 941–97 41. Sala E, Eberhardt SC, Akin O et al.: Endorectal MR imaging before salvage prostatectomy: tumor localization and staging. Radiology 2006; 238 (1): 176–183 42. Ward JF, Sebo TJ, Blute ML, Zincke H: Salvage surgery for radiorecurrent prostate cancer: contemporary outcomes. J Urol 2005; 173 (4): 1156–60 43. Izawa JI, Madsen LT, Scott SM et al.: Salvage cryotherapy for recurrent prostate cancer after radiotherapy: variables affecting patient outcome. J Clin Oncol 2002; 20 (11): 2664–2671 44. Chin JL, Pautler SE, Mouraviev V, Touma N, Moore K, Downey DB: Results of salvage cryoablation of the prostate after radiation: identifying predictors of treatment failure and complications. J Urol 2001; 165 (6 Pt 1): 1937–41; discussion 1941–1942 45. Ghafar MA, Johnson CW, De La Taille A et al.: Salvage cryotherapy using an argon based system for locally recurrent prostate cancer after radiation therapy: the Columbia experience. J Urol 2001; 166 (4): 1333–7; discussion 1337–1338 46. Beyer DC: Permanent brachytherapy as salvage treatment for recurrent prostate cancer. Urology 1999; 54 (5): 880–883 47. Grado GL, Collins JM, Kriegshauser JS et al.: Salvage brachytherapy for localized prostate cancer after radiotherapy failure. Urology 1999; 53 (1): 2–10 48. Garzotto M, Wajsman Z: Androgen deprivation with salvage surgery for radiorecurrent prostate cancer: results at 5-year followup. J Urol 1998; 159 (3): 950–4; discussion 954–955 49. Ahlering TE, Lieskovsky G, Skinner DG: Salvage surgery plus androgen deprivation for radioresistant prostatic adenocarcinoma. J Urol 1992; 147 (3 Pt 2): 900–902 50. Link P, Freiha FS: Radical prostatectomy after definitive radiation therapy for prostate cancer. Urology 1991; 37 (3): 189–192 51. Neerhut GJ, Wheeler T, Cantini M, Scardino PT: Salvage radical prostatectomy for radiorecurrent adenocarcinoma of the prostate. J Urol 1988; 140 (3): 544–9 52. Lerner SE, Blute ML, Zincke H: Critical evaluation of salvage surgery for radio-recurrent/resistant prostate cancer. J Urol 1995; 154 (3): 1103–1109 53. Dillioglugil O, Leibman BD, Leibman NS, Kattan MW, Rosas AL, Scardino PT: Risk factors for complications and morbidity after radical retropubic prostatectomy. J Urol 1997; 157 (5): 1760–7 54. Perrotte P, Litwin MS, McGuire EJ, Scott SM, von Eschenbach AC, Pisters LL: Quality of life after salvage cryotherapy: the impact of treatment parameters. J Urol 1999; 162 (2): 398–402 55. Mador DR, Huben RP, Wajsman Z, Pontes JE: Salvage surgery following radical radiotherapy for adenocarcinoma of the prostate. J Urol 1985; 133 (1): 58–60 56. Thompson IM, Rounder JB, Spence CR, Rodriguez FR: Salvage radical prostatectomy for adenocarcinoma of the prostate. Cancer 1988; 61 (7): 1464–1466 57. Rainwater LM, Zincke H: Radical prostatectomy after radiation therapy for cancer of the prostate: feasibility and prognosis. J Urol 1988; 140 (6): 1455–1459 58. Zincke H: Radical prostatectomy and exenterative procedures for local failure after radiotherapy with curative intent: comparison of outcomes. J Urol 1992; 147 (3 Pt 2): 894–899 59. Vaidya A, Soloway MS: Salvage radical prostatectomy for radiorecurrent prostate cancer: morbidity revisited. J Urol 2000; 164 (6): 1998–2001
60. Vallancien G, Gupta R, Cathelineau X, Baumert H, Rozet F: Initial results of salvage laparoscopic radical prostatectomy after radiation failure. J Urol 2003; 170 (5): 1838–1840 61. Han KR, Cohen JK, Miller RJ et al.: Treatment of organ confined prostate cancer with third generation cryosurgery: preliminary multicenter experience. J Urol 2003; 170 (4 Pt 1): 1126–30 62. Miller RJ, Jr., Cohen JK, Shuman B, Merlotti LA: Percutaneous, transperineal cryosurgery of the prostate as salvage therapy for post radiation recurrence of adenocarcinoma. Cancer 1996; 77 (8): 1510–1514 63. Bales GT, Williams MJ, Sinner M, Thisted RA, Chodak GW: Shortterm outcomes after cryosurgical ablation of the prostate in men with recurrent prostate carcinoma following radiation therapy. Urology 1995; 46 (5): 676–680 64. Pisters LL, Perrotte P, Scott SM, Greene GF, von Eschenbach AC: Patient selection for salvage cryotherapy for locally recurrent prostate cancer after radiation therapy. J Clin Oncol 1999; 17 (8): 2514–2520 65. Long JP, Fallick ML, LaRock DR, Rand W: Preliminary outcomes following cryosurgical ablation of the prostate in patients with clinically localized prostate carcinoma. J Urol 1998; 159 (2): 477–484 66. De La Taille A, Benson MC, Bagiella E et al.: Cryoablation for clinically localized prostate cancer using an argon-based system: complication rates and biochemical recurrence. BJU Int 2000; 85 (3): 281–286 67. Roach M 3rd, Hanks G, Thames H Jr, Schellhammer P, Shipley WU, Sokol GH, Sandler H. Defining biochemical failure following radiotherapy with or without hormonal therapy in men with clinically localized prostate cancer: recommendations of the RTOG-ASTRO Phoenix Consensus Conference. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2006; 65(4): 965–74 68. Paparel P, Cronin AM, Savage C, Scardino PT, Eastham JA: Oncologic outcome and patterns of recurrence after salvage radical prostatectomy. Eur Urol 2009; 55(2): 404–411 69. Eisenberg ML, Shinohara K: Partial salvage cryoablation of the prostate for recurrent prostate cancer after radiotherapy failure. Urology 2008 [Epub ahead of print] 70. Clarke HS Jr, Eskridge MR, El-Zawahry AM, Keane TE: Salvage cryosurgical ablation of the prostate for local recurrence after radiation therapy: improved outcomes utilizing a capromab pendetide scan and biopsy algorithm. Can J Urol. 2007;14 Suppl 1: 24–7 71. Zacharakis E, Uddin Ahmed H, Ishaq A, Scott R, Illing R, Freeman A, Allen C, Emberton M: The feasibility and safety of high-intensity focused ultrasound as salvage therapy for recurrent prostate cancer following external beam radiotherapy. BJU Int 2008 [Epub ahead of print] 72. Murat FJ, Poissonnier L, Rabilloud M, Belot A, Bouvier R, Rouviere O, Chapelon JY, Gelet A: Mid-term results demonstrate salvage highintensity focused ultrasound (hifu) as an effective and acceptably morbid salvage treatment option for locally radiorecurrent prostate cancer. Eur Urol 2008 [Epub ahead of print]
Literatur zu Kap. 25.7 Andriole G, Lieber M, Smith J et al.: Treatment with finasteride following radical prostatectomy for prostate cancer Urology 1995; 45: 491–497 Akakura K, Bruchovsky N; Goldenberg SL et al.: Effects of intermittant androgen suppression on androgen-dependent tumors. Apoptosis and serum prostate specific antigen Cancer 1993; 71: 2782–2790 Bailar JD, Byar DP Estrogen treatment for cancer of the prostate. Early results with 3 doses of diethylstilbestrol and plazebo. Cancer 1970; 26: 257
629 Literatur
Ben-Josef E, Yang SY, Ji TH et al.: Hormone refractory prostate cancer cells express functional follicle-stimulating hormone receptor (FSHR) J Urol 1999; 161: 970–976 Bennett CL, Tosteson TD, Schmitt B, Weinberg PD, Ernstoff MS, Ross SD Maximum Androgen-Blockade with medical or surgical castration in advanced prostate cancer: A metaanalysis of nine published randomised controlled trials and 4128 patients using Flutamide. Prostate Cancer and Prostatic Diseases 1999; 2: 4–8 Blackledge G, Kolvenbag G, Nash A: Bicalutamide: a new antiandrogen for use in combination with castration for patients with advanced prostate cancer. Anti Cancer Drugs 1996; 1: 27–34 Boccardo F, Pace M, Robagotti A et al.: Goserelin acetate with or without flutamide in the treatment of patients with locally advanced or metastatic prostate cancer. Eur J Cancer 1993; 29: 1088–1093 Boccardo F, Rubagotti A et al.: Bicalutamide monotherapy versus flutamide plus goserelin in prostate cancer patients: results of an Italian Prostate Cancer Project study. J Clin Oncol. 1999 Jul; 17 (7): 2027–2038 Brufsky A, Fontaine-Rothe P, Berlane K et al.: Finasteride and Flutamide as potency sparing androgenablative therapy for advanced adenocarcinoma of the prostate Urology 1997; 49: 913–920 Bruchovsky N, Sadar MD, Akakura K, Goldenberg SL et al.: Characterisation of gene expression in stroma and epithelium of human prostate. J Steroid Biochem Mol Biol 1996; 59: 397–404 Bruchovsky N, Klotz LH, Sadar M et al.: Intermittent androgen suppression for prostate cancer: Canadian Prospective Trial and related observations. Mol Urol 2000; 4: 191–199 Byar DP: Proceedings: The Veterans Administration Cooperative – Urological Research Group’s studies of cancer of the prostate. Cancer 1973: 32: 1126 Caubet JF, Tosteson TD, Dong EW, Naylon EM, Whiting GW, Ernstoff MS, Ross SD: Maximum androgen blockade in advanced prostate cancer: a metaanalysis of published randomized controlled trials using non-steroidal antiandrogens. Urology 1997; 49: 71–78 Cervenakov I, Kopecny M, Jancar M et al.: »Hot flush«,an unpleasant symptom accompanying antiandrogen therapy of prostatic cancer and its treatment by cyproterone acetate. Int Urol Nephrol 2000: 32: 77–79 Chadwick DJ, Gillatt DA, Gingell JC: Medical or surgical orchidectomy: the patients choice. BMJ 1991; 302 (6776): 572 Clark JA, Wray NP, Ashton CM: Living with treatment decisions: Regrets and quality of life among men treated for metastatic prostate cancer. J Clin Oncol 2001; 19: 72–80 Coleman RE, Ourohit OP, Vinholes JJ, Zekri J: High-dose pamidronate: clinical and biochemical effects in metastatic bone disease. Cancer 1997; 80: 1652–1660 Crawford ED, Eisenberger MA, McLeod D et al.: A controlled trial of leuprolide with and without flutamide in prostatic carcinoma. New Engl J Med 1989; 321: 419–424 D’Ancona FC, Debruyne FM: Endocrine approaches in the therapy of prostate carcinoma. Hum Reprod Update 2005; 11 (3): 309–317 Daniell HW: Osteoporosis after orchiectomy for prostate cancer J Urol 1997; 157 (2): 439–444 De Angelis G, Brandt B, Schmidt HP, Semjonow A: Vom Antigen zum Tumormarker. Urologe A 2000; 39: 309–312 Dearnaley DP, Sydes MR: Preliminary evidence that oral clodronate delays symptomatic progression of bone metastases from prostate cancer: first results of the MRC pro5 trial. Proc Am Soc Clin Oncol 2001; 20: 174a Debruyne FM, de Gery A, Hucher M, Godfroid N: Maximum Androgen Blockade with Nilutamide Combined with Orchiectomy in Advanced Prostate Cancer: An Updated Metaanalysis of 7 Randomised
Placebo-Controlled Trials (1191 Patients). Eur Urol 1996; 30 (Suppl 2): 264 Abs. 990 Debruyne F: Hormonal therapy of prostate cancer Semin Urol Oncol 2002; 20: 4–9 Denis L, Keuppens F, Smith P et al.: Maximal androgen blockade: final analysis of EORTC phase III trial 30853. Eur Urol 1998; 33: 144–151 Denis L, Murphy GP: Overview of phase III trials on combined antiandrogen treatment in patients with metastatic prostate cancer. Cancer 1993; 72: 3888–3895 Denis L, Robinson M, Mahler C et al.: Orchidectomy versus Zoladex plus Eulexin in patients with metastatic prostate cancer (EORTC 30853). J Steroid Biochem Mol Biol 1990; 37: 951 De Voogt HJ, Smith PH, Pavone-Macaluso M et al.: Cardiovascular side effects of diethylstilbestrol, cyproterone acetate, medroxyprogesterone acetate and estramustine phosphate used for the treatment of advanced prostatic cancer: results from the EORTC 30761 and 30762 J Urol 1986; 135: 303–307 De Voogt HJ: The position of cyproterone acetate (CPA), a steroidal anti-androgen, in the treatment of prostate cancer. Prostate Suppl 1992; 4: 91 Diamond TH, Winters J, Smith A et al.: The antiosteoporotic efficacy of intravenous pamidronate in men with prostate carcinoma receiving combined androgen blockade. Cancer 2001; 92: 1444–1450 Dijkman GA, Janknegt RA, Reijke TA, Debruyne F: Long term efficacy and safety of nilutamide plus castration in advanced prostate cancer and the significance of early PSA normalization. J Urol 1997; 158: 160–163 Eisenberger MA, Blumenstein BA, Crawford ED et al.: Bilateral orchiectomy with or without flutamide for metastatic prostate cancer. New Engl J Med 1998; 339: 1036–42 Fleshner NE, Trachtenberg J: Combination finasteride and flutamide in advanced carcinoma of the prostate: effective therapy with minimal side effects J Urol 1995; 154: 1642–1645 Fossa SD: Are all LH-RH analogues equally effective in prostate cancer? Tidsskr Nor Laegeforen 2005; 125: 2493–2495 Fourcade RO, Chatelain C, Poterre M: An open multicentre study to compare the effect and safety of casodex (bicalutamide)150mg monotherapy with castration plus nilutamide in metastatic prostate cancer Eur Urol 1998; 33 (Suppl 1)88: Abstract 349 Gelmann EP: Molecular biology of the androgen receptor. J Clin Oncol 2002; 20: 3001–3015 Gittelman M, Pommerville PJ, Persson BE, Jensen J-K, Olesen TK A 1-year, open-label, randomized phase II dosefinding study of degarelix, a novel gonadotropin-releasing hormone (GnRH) receptor blocker, in the treatment of prostate cancer in North America. J Urol 2008 (in press) Goldenberg SL, Bruchovsky N: Use of cyproterone acetate in prostate cancer. Urol Clin North Am 1991; 18: 111 Goldenberg SL, Bruchovsky N, Gleave ME et al.: Intermittant androgen suppression in the treatment of prostate cancer: a preliminary report Urology 1995; 45: 839–844 Hedlund PO, Hendriksson P: Parenteral estrogen versus total androgen ablation in treatment of advanced prostate carcinoma: effects on overall survival and cardiovascular mortality. The Scandinavian Prostatic Cancer Group (SPCG)-5 Trial Study Urology 2000; 55: 328–333 Heidenreich A, Hofmann R, Engelmann U: The use of bisphosphonate for the palliative treatment of painful bone metastasis due to hormone refractory prostate cancer. J Urol. 2001; 165 (1): 136–140 Higano CS: Side effects of androgen deprivation therapy: monitoring and minimizing toxicity. Urology. 2003; 61 (2 Suppl 1): 32–38
25
630
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Huggins C, Hodges CV: Studies on prostatic cancer. I. The effect of castration, of estrogen and of androgen injection on serum phosphatases in metastatic carcinoma of the prostate. J Urol 1941; 167: 948–952 Hudson RW: Comparism of nuclear activities in the stromal and epithelial fractions of human prostatic tissue. J Steroid Biochem 1987; 26: 349–353 Iehlé C, Radvanyi F, Diez de Medina SG et al.: Differences in steroid 5α-reductase iso-enzymes expression between normal and pathological human prostate tissue. J Steroid Biochem Mol Biol 1999; 68: 189–195 Iversen P, Tyrell CJ, Kaisary AV et al.: Bicalutamide monotherapy compared with castration in patients with nonmetastatic locally advanced prostate cancer: 6.3 years of followup. J Urol. 2000 Nov; 164 (5): 1579–1582 Kaisary AV, Iversen P, Tyrrell CJ et al.: Is there a role for antiandrogen monotherapy in patients with metastatic prostate cancer? Prostate Cancer Prostatic Dis. 2001; 4 (4): 196–203 Klotz LH, Newman T: Does maximal androgen blockade (MAB) improve survival? A critical appraisal of the evidence. Canad J Urol 1996; 3: 24–50 Klotz L: Combined androgen blockade in prostate cancer: meta-analyses and associated issues. Br J Int 2001; 87: 806–813 Klotz L, Schellhammer P, Carroll K: A re-assessment of the role of combined androgen blockade for advanced prostate cancer. BJU Int 2004; 93: 1177–1182 Koch M, Steidle C, Brosman S, Centeno A, Gaylis F, Campion M, Garnick MB for the abarelix study group: An open-label study of abarelix in men with symptomatic prostate cancer at risk of treatment with LHRH agonists. Urology 2003; 62: 877–882 Kolvenbag GJ, Nash A: Bicalutamide dosages used in the treatment of prostate cancer. Prostate 1999,39: 47 Kolvenbag GJ, Iversen P, Newling DW: Antiandrogen monotherapy: a new form of treatment for patients with prostate cancer. Urology 2001; 58 (Suppl 2A): 16–23 Labrie F, Dupont A, Berlanger A: New hormonal therapy in prostate carcinoma: combined treatment with an LH-RH agonist and antiandrogen. J Clin Invest Med 1982; 5: 267–275 Langeler EG, van Uffelen CJ, Blankenstein MA et al.: Effect of culture conditions on androgen sensitivity of the human prostatic cancer cell line LNCaP. Prostate 1993; 23 (3): 213–23 Le Goff JM, Martin PM, Ojasoo T, Raynaud JP: Non-michaelian behaviour of 5α-reductase in human prostate. J Steroid Biochem 1989; 33: 155–163 Leibowitz RL,Tucker SJ: Treatment of Localized Prostate Cancer With Intermittent Triple Androgen Blockade: Preliminary Results in 110 Consecutive Patients Oncologist, Apr 2001; 6: 177–182 Lipton A, Glover D, Harvey H et al.: Pamidronate in the treatment of bone metastases: results of 2 dose ranging trials in patients with breast and prostate cancer. Ann Oncol 1994; 5: S31–35 Loprinzi CL, Michalak JC, Quella SK et al.: Megestrolacetate for the prevention of hot flashes. N Engl J Med 1994; 331: 347–352 Maatman TJ, Gupta MK, Montie JE: Effectiveness of castration versus intravenous estrogen therapy in producing rapid endocrine control of metastatic cancer of the prostate. J Urol 1985; 133: 620 Mahler C, Denis L: Hormone refractory disease. Semin Surg Oncol 1995; 11: 77 McLeod D: Tolerability of nonsteroidal antiandrogens in the treatment of advanced prostate cancer. Oncologist 1997; 2: 18–27 McLeod D, Zinner N, Tomera K et al.: A phase 3, multicenter, openlabel, randomised study of abarelix versus leuprolide acetate in men with prostate cancer. Urology 2001; 58: 756
Moul JW, Zlotta AR: Hormonal therapy options for prostate-specific antigen only reccurence of prostate cancer after previus local therapy. BJU Int 2005; 95: 285–290 National Comprehensive Cancer Network. Clinical Practice Guidelines in Oncology – Prostate Cancer V.1. 2008 Nesbit RM, Baum WC: Endocrine control of prostatic carcinoma, clinical and statistical survey of 1,818 cases. JAMA 1950; 143: 1317–1320 Nesbit RM, Plumb RT: Prostatic carcinoma, follow-up on 795 patients treated prior to endocrine era and comparison of survival rates between these and patients treated by endocrine therapy. Surg 1946; 20: 263 Noble RL: The development of prostatic adenocarcinoma in Nb rats following prolonged sex hormone administration. Cancer Res 1977; 37: 1929–1933 Oefelein MG, Ricchuiti V, Conrad W et al.: Skeletal fracture associated with androgen suppression induced osteoporosis: the clinical incidence and risk factors for patients with prostate cancer. J Urol 2001; 166 (5): 1724–1728 Ornstein DK, Rao HS, Johnson B et al.: Combined finasteride and flutamide therapy in men with advanced prostate cancer Urology 1996; 48: 901–905 Orwoll E, Ettinger M, Weiss S, Miller P et al.: Alendronate for the treatment of osteoporosis in men. N Engl J Med. 2000; 343 (9): 604–610 Partin A, Carter HB, Chan DW et al.: Prostate specific antigen in the staging of localized prostate cancer: Influence of tumor differentiation, tumor volume and benign hyperplasia. J Urol 1990; 143: 747–752 PlenaxisTM (abarelix for injectable suspension) Product description. Available at: http: //www.fda.gov/Cder/foi/label/2003/021320lbl. pdf. Accessed 21 August 2008 Potosky AL, Knopf K, Clegg LX et al.: Quality-of-life outcomes after primary androgen deprivation therapy: results from the Prostate Cancer Outcomes Study. J Clin Oncol 2001; 19: 3750–3757 Presti JC, Fair WR, Andriole G et al.: Multicenter, randomized, doubleblind, placebo controlled study to investigate the effect of finasteride on stage D prostate cancer J Urol 1992; 148: 1201–1204 Prostate Cancer Trialists Collaborative Group (PCTCG): Maximum androgen blockade in advanced prostate cancer: an overview of the randomised trials. Lancet 2000; 355: 1491–1498 Quella SK, Loprinzi CL, Sloan J et al.: Pilot evaluation of venlafaxine for the treatment of hot flashes in men undergoing androgen ablation therapy for prostate cancer. J Urol 1999; 162: 98–102 Rennie PS; Bruchovsky N, McLoughlin MG, Batzhold FH, Dustan-Adams EE: Kinetic analysis of 5 α-reductase isoenzymes in benign prostatic hyperplasia. J Steroid Biochem 1983; 19: 169–173 Riba LW: Subcapsular castration for carcinoma of the prostate J Urol 1942; 48: 384–387 Robinson MR, Smith P, Richards B et al.: The final analysis of the EORTC Genito-Urinary Tract Cancer Co-Operative Group phase III clinical trial (protocol 30805) comparing orchidectomy, orchidectomy plus cyproterone acetate and low dose stilboestrol in the management of metastatic carcinoma of the prostate. Eur Urol. 1995; 28 (4): 273–283 Saad F, Gleason DM, Murray R et al.: A randomized, placebo-controlled trial of zoledronic acid in patients with hormone-refractory metastatic prostate carcinoma. J Natl Cancer Inst. 2002; 94; 1458–68 Samson DJ, Seidenfeld J, Schmitt B et al.: Systematic Review and MetaAnalysis of Monotherapy Compared with Combined Androgen Blockade for Patients with Advanced Prostate Carcinoma CANCER 2002; 95 (2): 361–376 Schellhammer PF: An evaluation of bicalutamide in the treatment of prostate cancer. Expert Opin Pharmacother 2002; 3: 1313–1328
631 Literatur
Schellhammer PF, Sharifi R, Block NL et al.: Clinical benefits of bicalutamide compared with flutamide in combined androgen blockade for patients with advanced prostatic carcinoma: final results of a multicentre, doubleblind, randomised trial. Br J Urol 1997; 80: 278 Schroder FH, Collette L, de Reijke TM: Whelan Ppp Prostate cancer treated by anti-androgens: is sexual function preserved? EORTC Genitourinary Group. European Organization for Research and Treatment of Cancer. Br J Cancer. 2000 Jan; 82 (2): 283–290 Scott WW, Schirmer HK: A new oral progestational steroid effective treatment prostatic cancer. Trans Am Assoc Genito Urin Surg 1966; 58: 54–62 Serels S, Melman A: Tamoxifen as treatment for gynecomastia and mastodynia resulting from hormonal deprivation. J Urol. 1998 Apr; 159 (4): 1309 Shahinian VB, Kuo YF, Freeman JL et al.: Risk of fracture after androgen deprivation for prostate cancer N Eng J Med 2005; 352 (2): 154–164 Sieber PR, Keiller DL, Kahnoski RJ et al.: Bicalutamide 150 mg maintains bone mineral density during monotherapy for localized or locally advanced prostate cancer. J Urol 2004 171 (6 Pt 1): 2272–6, quiz 2435 Smith MR, McGovern FJ, Zietman AL et al.: Pamidronate to prevent bone loss during androgen-deprivation therapy for prostate cancer. N Engl J Med. 2001; 345 (13): 948–955 Smith MR: Osteoporosis during androgen deprivation therapy for prostate cancer. Urology. 2002; 60 (3 Suppl 1): 79–85 Smith M. et al.: Randomised controlled trial of zoledronic acid to prevent boneloss in men receiving androgen deprivation therapy for nonmetastatic prostate cancer. The Journal of Urology 2003; 169: 2008–2012 Stephenson RA: Prostate cancer trends in the era of prostate-specific antigen. An update of incidence, mortality and clinical factors from the SEER database. Urol Clin North Am 2002; 29: 173–181 Strum SB, McDermed JE, Scholz MC et al.: Anaemia associated with androgen deprivation in patients with prostate cancer receiving combined hormone blockade. Br J Urol 1997; 79: 933–941 Strum S, McDermed J, Madsen L et al.: Intermittent androgen deprivation (IAD) with finasteride (F) given during the induction and maintenance periods results in prolonged time off IAD in patients with localized prostate cancer Proc Am Soc Clin Oncol 1999; 18: 1363a Thigpen AE, Silver RI, Guileyardo JM et al.: Tissue distribution and ontogeny of steroid 5α-reductase Isoenzyme expression. J Clin Invest 1993; 92: 903–910 Thomas LN, Douglas RC, Vessey JP et al.: 5 α-reductase type 1 immunostaining is enhanced in prostate cancer tissue compared to BPH epithelium. J Urol 2003; 170: 2019–25 Thompson IM, Goodman PJ, Tangen CM, Lucia MS, Miller G, Ford LG et al.: The influence of finasteride on the development of prostate cancer. N Engl J Med 2003; 349: 215–224 Tunn UW, Bruchovsky N et al.: Intermittent androgen deprivation Urologe A 2000; 39 (1): 9–13 Tyrrell CJ, Denis L, Newling D et al.: Casodex 10–200 mg daily, used as monotherapy for the treatment of patients with advanced prostate cancer. An overview of the efficacy, tolerability and pharmacokinetics from three phase II dose-ranging studies. Casodex Study Group. Eur Urol. 1998a; 33 (1): 39–53 Tyrell CJ, Kaisary AV, Iversen P et al.: A randomized comparison of Casodex (bicalutamide) 150mg monotherapy versus castration in treatment of metastatic and locally advanced prostate cancer Eur Urol 1998b; 33: 447–456
Van Poppel H, Tombal B, de la Rosette M, Persson B-E, Jensen J-K, Kold Olesen T Degarelix: a novel gonadotrophin-releasing hormone (GnRH) blocker – results from a one-year, multicentre, randomised, phase 2 dosefinding study in the treatment of prostate cancer. Eur Urol 2008; 54: 805–15 Veterans Administration Cooperative Urological Research Group (VACURG): Carcinoma of the prostate: Treatment comparisons. J Urol 1967a; 98: 516 Veterans Administration Cooperative Urological Research Group (VACURG): Treatment and survival of patients with cancer of the prostate. Surg Gynecol Obstet 1967b; 124: 1011 Vogelzang NJ, Chodak GW, Soloway MS et al.: Goserelin versus orchiectomy in the treatment of advanced prostate cancer: final results of a randomized trial. Zoladex Prostate Study Group. Urology 1995; 46 (2): 220–226 Weckermann D, Harzmann R: Hormone Therapy in Prostate Cancer: LHRH Antagonist versus LHRH Analogues Eur Urol 2004; 46: 279–284 White JW: The results of double castration in hypertrophy of the prostate. Ann Surg 1895; 22: 1 Wilson JD, Griffin JE, Russell DW: Steroid 5-α-reductase 2 deficiency. Br J Cancer 1993; 14: 739–744 Wu CP, Gu FL: The prostate in eunuchs. Prog Clin Biol Res 1991; 370: 249–255 Wysowski DK, Fourcroy JL: Flutamide hepatotoxicity. J Urol 1996; 155 (1): 209–212
Literatur zu Kap. 25.8 Abratt, R. P., D. Brune et al. (2004) Randomised phase III study of intravenous vinorelbine plus hormone therapy versus hormone therapy alone in hormone-refractory prostate cancer. Ann Oncol 15 (11): 1613–21 Attard, G., A. H. M. Reid, et al. (2008) Phase I clinical trial of a selective inhibitor of CYP17, abiraterone acetate, confirms that castrationresistant prostate cancer commonly remains hormone driven. J Clin Oncol JCO.2007.15.9749 Aus, G., C. C. Abbou et al. (2005) EAU guidelines on prostate cancer. Eur Urol 48 (4): 546–51 Bamias, A., E. Kastritis et al. (2005) Osteonecrosis of the jaw in cancer after treatment with bisphosphonates: incidence and risk factors. J Clin Oncol 23 (34): 8580–7 Beer, T. M., K. M. Eilers et al. (2003) Weekly high-dose calcitriol and docetaxel in metastatic androgen-independent prostate cancer. J Clin Oncol 21 (1): 123–8 Beer, T. M., C. W. Ryan et al. (2005) Interim results from ASCENT: A double-blinded randomized study of DN-101 (high-dose calcitriol) plus docetaxel vs. placebo plus docetaxel in androgenindependent prostate cancer (AIPC) J Clin Oncol 23: Abs. No 4516 Berruti, A., L. Dogliotti et al. (2001) Metabolic bone disease induced by prostate cancer: rationale for the use of bisphosphonates. J Urol 166 (6): 2023–31 Berthold, D. R., C. N. Sternberg et al. (2005) Management of Advanced Prostate Cancer After First-Line Chemotherapy. J Clin Oncol 23 (32): 8247–8252 Chen, C. D., D. S. Welsbie et al. (2004) Molecular determinants of resistance to antiandrogen therapy. Nat Med 10 (1): 33–9 Cordia, C., H. Ohlmann et al. (2005) Ketokonazol/hydrocortisone versus estramustinphosphate in the management of PSA progression following primary androgen deprivation for metastatic prostate cancer. J Clin Oncol 23: Abs. No. 4668 Culine, S., J. Kattan et al. (1998) Evaluation of estramustine phosphate combined with weekly doxorubicin in patients with androgenindependent prostate cancer. Am J Clin Oncol 21 (5): 470–4
25
632
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
Dahut, W. L., J. L. Gulley et al. (2004) Randomized phase II trial of docetaxel plus thalidomide in androgen-independent prostate cancer. J Clin Oncol 22 (13): 2532–9 D’Amato, R. J., M. S. Loughnan et al. (1994) Thalidomide is an inhibitor of angiogenesis. Proc Natl Acad Sci U S A 91 (9): 4082–5 Denis, L. (1998) European Organization for Research and Treatment of Cancer (EORTC) prostate cancer trials, 1976–1996. Urology 51 (5A Suppl): 50–7 Edwards, J. and J. M. Bartlett (2005) The androgen receptor and signaltransduction pathways in hormone-refractory prostate cancer. Part 1: Modifications to the androgen receptor. BJU Int 95 (9): 1320–6 Edwards, J. and J. M. Bartlett (2005) The androgen receptor and signaltransduction pathways in hormone-refractory prostate cancer. Part 2: Androgen-receptor cofactors and bypass pathways. BJU Int 95 (9): 1327–35 Edwards, J., N. S. Krishna et al. (2003) Androgen receptor gene amplification and protein expression in hormone refractory prostate cancer. Br J Cancer 89 (3): 552–6 Eichenberger, T. and J. Trachtenberg (1988) Effects of high-dose ketoconazole in patients with androgen-independent prostatic cancer. Am J Clin Oncol 11 Suppl 2: S104–7 Eisenberger, M. A., R. Simon et al. (1985) A reevaluation of nonhormonal cytotoxic chemotherapy in the treatment of prostatic carcinoma. J Clin Oncol 3 (6): 827–41 Ernst, D. S., I. F. Tannock et al. (2003) Randomized, double-blind, controlled trial of mitoxantrone/prednisone and clodronate versus mitoxantrone/prednisone and placebo in patients with hormonerefractory prostate cancer and pain. J Clin Oncol 21 (17): 3335–42 Falcone, A., A. Antonuzzo et al. (1999) Suramin in combination with weekly epirubicin for patients with advanced hormone-refractory prostate carcinoma. Cancer 86 (3): 470–6 Figg, W. D., W. Dahut et al. (2001) A randomized phase II trial of thalidomide, an angiogenesis inhibitor, in patients with androgenindependent prostate cancer. Clin Cancer Res 7 (7): 1888–93 Folkman, J. (1985) Angiogenesis and its inhibitors. Important Adv Oncol: 42–62 Fox, E. J. (2004) Mechanism of action of mitoxantrone. Neurology 63 (12 Suppl 6): S15–8 Gunnarsson, P. O., T. Davidsson et al. (1990) Impairment of estramustine phosphate absorption by concurrent intake of milk and food. Eur J Clin Pharmacol 38 (2): 189–93 Guns, E. S., S. L. Goldenberg et al. (2002) Mass spectral analysis of PCSPES confirms the presence of diethylstilbestrol. Can J Urol 9 (6): 1684–8; discussion 1689 Halabi, S., E. J. Small et al. (2003) Prognostic model for predicting survival in men with hormone-refractory metastatic prostate cancer. J Clin Oncol 21 (7): 1232–7 Haldar, S., A. Basu et al. (1997) Bcl2 is the guardian of microtubule integrity. Cancer Res 57 (2): 229–33 Harkonen, P. L. and S. I. Makela (2004) Role of estrogens in development of prostate cancer. J Steroid Biochem Mol Biol 92 (4): 297–305 Heidenreich, A., R. von Knobloch et al. (2001) Current status of cytotoxic chemotherapy in hormone refractory prostate cancer. Eur Urol 39 (2): 121–30 Hirano, D., S. Minei et al. (2005) Prospective study of estramustine phosphate for hormone refractory prostate cancer patients following androgen deprivation therapy. Urol Int 75 (1): 43–9 Hussain, M., M. Wolf et al. (1994) Effects of continued androgen-deprivation therapy and other prognostic factors on response and survival in phase II chemotherapy trials for hormone-refractory
prostate cancer: a Southwest Oncology Group report. J Clin Oncol 12 (9): 1868–75 Kantoff, P. W., S. Halabi et al. (1999) Hydrocortisone with or without mitoxantrone in men with hormone-refractory prostate cancer: results of the cancer and leukemia group B 9182 study. J Clin Oncol 17 (8): 2506–13 Kelly, W. K. and H. I. Scher (1993) Prostate specific antigen decline after antiandrogen withdrawal: the flutamide withdrawal syndrome. J Urol 149 (3): 607–9 Kelly, W. K., H. I. Scher et al. (1995) Suramin and hydrocortisone: determining drug efficacy in androgen-independent prostate cancer. J Clin Oncol 13 (9): 2214–22 Kitamura, T. (2001) Necessity of re-evaluation of estramustine phosphate sodium (EMP) as a treatment option for first-line monotherapy in advanced prostate cancer. Int J Urol 8 (2): 33–6 Kojima, S., H. Suzuki et al. (2004) Alternative antiandrogens to treat prostate cancer relapse after initial hormone therapy. J Urol 171 (2 Pt 1): 679–83 Lipton, A., E. Small et al. (2002) The new bisphosphonate, Zometa (zoledronic acid), decreases skeletal complications in both osteolytic and osteoblastic lesions: a comparison to pamidronate. Cancer Invest 20 Suppl 2: 45–54 Marx, R. E. (2003) Pamidronate (Aredia) and zoledronate (Zometa) induced avascular necrosis of the jaws: a growing epidemic. J Oral Maxillofac Surg 61 (9): 1115–7 McDonnell, T. J., P. Troncoso et al. (1992) Expression of the protooncogene bcl-2 in the prostate and its association with emergence of androgen-independent prostate cancer. Cancer Res 52 (24): 6940–4 Miller, K., C. Wülfing et al. (2005) Weekly docetaxel plus estramustine for hormone-refractory prostate cancer (HRPC) with intermittent repetition: Preliminary results of a multicenter Phase II study (AUO AP33/02) J Clin Oncol 23: Abs. No. 4613 Miyake, H., I. Hara et al. (2005) Clinical outcome of maximum androgen blockade using flutamide as second-line hormonal therapy for hormone-refractory prostate cancer. BJU Int 96 (6): 791–5 Nelson, J. B. (2005) Endothelin receptor antagonists. World J Urol 23 (1): 19–27 Nelson, J. B., S. P. Hedican et al. (1995) Identification of endothelin-1 in the pathophysiology of metastatic adenocarcinoma of the prostate. Nat Med 1 (9): 944–9 Nieh, P. T. (1995) Withdrawal phenomenon with the antiandrogen casodex. J Urol 153 (3 Pt 2): 1070–2; discussion 1072–3 Oh, W. K., P. W. Kantoff et al. (2004) Prospective, Multicenter, Randomized Phase II Trial of the Herbal Supplement, PC-SPES, and Diethylstilbestrol in Patients With Androgen-Independent Prostate Cancer. 10.1200/JCO.2004.10.195. J Clin Oncol 22 (18): 3705–3712 Oh, W. K., J. Manola et al. (2005) Response to second-line chemotherapy in patients with hormone refractory prostate cancer (HRPC) receiving two sequences of mitoxantrone (M) and taxanes (T) J Clin Oncol 23: Abs. No. 4616 Orlando, M., M. Chacon et al. (2000) Low-dose continuous oral fosfestrol is highly active in ’hormone-refractory’ prostate cancer. Ann Oncol 11 (2): 177–81 Osborne, C. K., B. A. Blumenstein et al. (1992) Phase II study of platinum and mitoxantrone in metastatic prostate cancer: a Southwest Oncology Group Study. Eur J Cancer 28 (2–3): 477–8 Otto, T., K. Rembrink et al. (1996) Therapy of hormone refractory prostate carcinoma with mitoxantrone. A clinical phase II study. Urologe A 35 (2): 142–5 Oudard, S., E. Banu et al. (2005) Multicenter randomized phase II study of two schedules of docetaxel, estramustine, and pred-
633 Literatur
nisone versus mitoxantrone plus prednisone in patients with metastatic hormone-refractory prostate cancer. J Clin Oncol 23 (15): 3343–51 Petrylak, D. P. (2000) Docetaxel (Taxotere) in hormone-refractory prostate cancer. Semin Oncol 27 (2 Suppl 3): 24–9 Petrylak, D. P., R. Macarthur et al. (1999) Phase I/II studies of docetaxel (Taxotere) combined with estramustine in men with hormonerefractory prostate cancer. Semin Oncol 26 (5 Suppl 17): 28–33 Petrylak, D. P., C. M. Tangen et al. (2004) Docetaxel and estramustine compared with mitoxantrone and prednisone for advanced refractory prostate cancer. N Engl J Med 351 (15): 1513–20 Pfeifer, B. L., J. F. Pirani et al. (2000) PC-SPES, a dietary supplement for the treatment of hormone-refractory prostate cancer. BJU Int 85 (4): 481–5 Picus, J. and M. Schultz (1999) Docetaxel (Taxotere) as monotherapy in the treatment of hormone-refractory prostate cancer: preliminary results. Semin Oncol 26 (5 Suppl 17): 14–8 Roessner, R., R. de Wit et al. (2005) Prostate-specific antigen (PSA) response as a surrogate endpoint for overall survival (OS): Analysis of the TAX 327 Study comparing docetaxel plus prednisone with mitoxantrone plus prednisone in advanced prostate cancer. J Clin Oncol: Abstr. No: 4554 Rosenberg, J. E., M. D. Galsky et al. (2005) A retrospective evaluation of second-line chemotherapy response in hormone-refractory prostate carcinoma. Cancer 106 (1): 58–62 Ryan, C. J. and M. Eisenberger (2005) Chemotherapy for HormoneRefractory Prostate Cancer: Now It’s a Question of When? J Clin Oncol 23 (32): 8242–6 Ryan, C. J. and E. J. Small (2003) Role of secondary hormonal therapy in the management of recurrent prostate cancer. Urology 62 Suppl 1: 87–94 Ryan, C. J. and E. J. Small (2005) Secondary hormonal manipulations in prostate cancer. Curr Oncol Rep 7 (3): 228–33 Saad, F., D. M. Gleason et al. (2002) A randomized, placebo-controlled trial of zoledronic acid in patients with hormone-refractory metastatic prostate carcinoma. J Natl Cancer Inst 94 (19): 1458–68 Sartor, O., M. Weinberger et al. (1998) Effect of prednisone on prostatespecific antigen in patients with hormone-refractory prostate cancer. Urology 52 (2): 252–6 Schroder, F. H. (2008) Progress in understanding androgen-independent prostate cancer (AIPC): a review of potential endocrinemediated mechanisms. Eur Urol 53(6): 1129–37 Scotte, F., E. Banu et al. (2005) Prostate-specific antigen doubling-time (PSA DT) before onset of chemotherapy as survival predictor for hormone refractory prostate cancer (HRPC) patients. J Clin Oncol 23: Abs. No. 4551 Smaletz, O., H. I. Scher et al. (2002) Nomogram for overall survival of patients with progressive metastatic prostate cancer after castration. J Clin Oncol 20 (19): 3972–82 Small, E. J., P. Fratesi et al. (2000) Immunotherapy of Hormone-Refractory Prostate Cancer With Antigen-Loaded Dendritic Cells. J Clin Oncol 18 (23): 3894–3903 Small, E. J., S. Halabi et al. (2004) Antiandrogen Withdrawal Alone or in combination with Ketoconazole in Androgen-Independant Prostate Cancer Patients: A Phase III Trial (CALGB 9583) J Clin Oncol 22 (6): 1026–1033 Small, E. J., M. Meyer et al. (2000) Suramin therapy for patients with symptomatic hormone-refractory prostate cancer: results of a randomized phase III trial comparing suramin plus hydrocortisone to placebo plus hydrocortisone. J Clin Oncol 18 (7): 1440–50 Small, E. J., P. F. Schellhammer et al. (2005) Results of a Placebo-Controlled Phase III Trial of Immunotherapy with APC8015for Patients
with Hormone Refractory Prostate Cancer (HRPC) J Clin Oncol 23: Abs. No. 4500 Small, E. J., M. R. Smith et al. (2003) Combined analysis of two multicenter, randomized, placebo-controlled studies of pamidronate disodium for the palliation of bone pain in men with metastatic prostate cancer. J Clin Oncol 21 (23): 4277–84 Smith, D. C., R. L. Dunn et al. (1998) Change in serum prostate-specific antigen as a marker of response to cytotoxic therapy for hormone-refractory prostate cancer. J Clin Oncol 16 (5): 1835–43 Smith, D. C., B. G. Redman et al. (1998) A phase II trial of oral diethylstilbesterol as a second-line hormonal agent in advanced prostate cancer. Urology 52 (2): 257–60 Smith, M. R., F. Kabbinavar et al. (2005) Natural history of rising serum prostate-specific antigen in men with castrate nonmetastatic prostate cancer. J Clin Oncol 23 (13): 2918–25 Smith, M. R. and J. B. Nelson (2005) Future therapies in hormonerefractory prostate cancer. Urology 65 (5 Suppl): 9–16; discussion 17 Sternberg, C. N., J. Hetherington et al. (2003) Randomized phase III trial of a new oral platinum, satraplatin (JM-216) plus prednisone or prednisone alone in patients with hormone refractory prostate cancer. Proc Am Soc Clin Oncol 22: page 395, 2003 (abstr 1586) Tannock, I., M. Gospodarowicz et al. (1989) Treatment of metastatic prostatic cancer with low-dose prednisone: evaluation of pain and quality of life as pragmatic indices of response. J Clin Oncol 7 (5): 590–7 Tannock, I. F., R. de Wit et al. (2004) Docetaxel plus prednisone or mitoxantrone plus prednisone for advanced prostate cancer. N Engl J Med 351 (15): 1502–12 Tannock, I. F., D. Osoba et al. (1996) Chemotherapy with mitoxantrone plus prednisone or prednisone alone for symptomatic hormoneresistant prostate cancer: a Canadian randomized trial with palliative end points. J Clin Oncol 14 (6): 1756–64 Taylor, C. D., P. Elson et al. (1993) Importance of continued testicular suppression in hormone-refractory prostate cancer. J Clin Oncol 11 (11): 2167–72 Weitzman, A. L., G. Shelton et al. (2000) Dexamethasone does not significantly contribute to the response rate of docetaxel and estramustine in androgen independent prostate cancer. J Urol 163 (3): 834–7 Wilkinson, S. and G. Chodak (2004) An evaluation of intermediatedose ketoconazole in hormone refractory prostate cancer. Eur Urol 45 (5): 581–4; discussion 585
Literatur zu Kap. 25.9 1. Smith JA Jr, Janknegt RA, Abbou CC and de Gery A: Effect of androgen deprivation therapy on local symptoms and tumour progression in men with metastatic carcinoma of the prostate. Eur Urol. 31 Suppl 3: 25–9, 1997 2. Krupski T, Bissonette EA, Petroni GR and Theodorescu D: The impact of prostate volume following neoadjuvant androgen deprivation on quality of life and voiding symptoms in patients undergoing permanent prostate brachytherapy. Eur Urol. 43: 467–72, 2003 3. Oefelein MG: Prognostic significance of obstructive uropathy in advanced prostate cancer. Urology. 63: 1117–21, 2004 4. Terk MD, Stock RG and Stone NN: Identification of patients at increased risk for prolonged urinary retention following radioactive seed implantation of the prostate. J Urol. 160: 1379–82, 1998 5. Wang H, Wallner K, Sutlief S, Blasko J, Russell K and Ellis W: Transperineal brachytherapy in patients with large prostate glands. Int J Cancer. 90: 199–205, 2000
25
634
25
Kapitel 25 · Prostatakarzinom
6. Thorpe AC, Cleary R, Coles J, Vernon S, Reynolds J and Neal DE: Deaths and complications following prostatectomy in 1400 men in the northern region of England. Northern Regional Prostate Audit Group. Br J Urol. 74: 559–65, 1994 7. Mazur AW and Thompson IM: Efficacy and morbidity of »channel« TURP. Urology. 38: 526–8, 1991 8. Santucci RA and McAninch JW: Urethral reconstruction of strictures resulting from treatment of benign prostatic hypertrophy and prostate cancer. Urol Clin North Am. 29: 417–27, viii, 2002 9. Gottfried HW, Gnann R, Brandle E, Bachor R, Gschwend JE and Kleinschmidt K: Treatment of high-risk patients with subvesical obstruction from advanced prostatic carcinoma using a thermosensitive mesh stent. Br J Urol. 80: 623–7, 1997 10. Leibovici D, Kamat AM, Pettaway CA, Pagliaro L, Rosser CJ, Logothetis C and Pisters LL: Cystoprostatectomy for effective palliation of symptomatic bladder invasion by prostate cancer. J Urol. 174: 2186–90, 2005 11. Shekarriz B, Upadhyay J and Pontes JE: Salvage radical prostatectomy. Urol Clin North Am. 28: 545–53, 2001 12. Kulkarni RP and Bellamy EA: A new thermo-expandable shape-memory nickel-titanium alloy stent for the management of ureteric strictures. BJU Int. 83: 755–9, 1999 13. Loertzer H, Jurczok A, Wagner S and Fornara P: Prosthetic pyelovesical and pyelocutanous bypass. A palliative therapy concept in tumor-induced chronic hydronephprosis. Urologe A 42: 1053–9, 2003 14. Leibovici D, Pagliaro L, Rosser CJ and Pisters LL: Salvage surgery for bulky local recurrence of prostate cancer following radical prostatectomy. J Urol. 173: 781–3, 2005 15. Kamat AM, Huang SF, Bermejo CE, Rosser CJ, Pettaway CA, Pisters PW, Guitreau DP and Pisters LL: Total pelvic exenteration: effective palliation of perineal pain in patients with locally recurrent prostate cancer. J Urol. 170: 1868–71, 2003 16. Coleman RE: Skeletal complications of malignancy. Cancer 80: 1588–94, 1997 17. Townsend MF, Sanders WH, Northway RO, Graham SD, Jr.: Bone fractures associated with luteinizing hormone-releasing hormone agonists used in the treatment of prostate carcinoma. Cancer. 79: 545–50, 1997 18. Heidenreich A: Bisphosphonates in the management of metastatic prostate cancer. Oncology. 65 Suppl 1: 5–11, 2003 19. Fervenza FC, Wolanskyj AP, Eklund HE and Richardson RL: Brain metastasis: an unusual complication from prostatic adenocarcinoma. Mayo Clin Proc. 75: 79–82, 2000 20. De Conno F, Caraceni A, Gamba A, Mariani L, Abbattista A, Brunelli C, La Mura A and Ventafridda V: Pain measurement in cancer patients: a comparison of six methods. Pain. 57: 161–6, 1994 21. Steinberger M and Beyer A: Cancer pain: case report, diagnosis and therapy. Dtsch Med Wochenschr. 130: 1449–56; quiz 1457–60, 2005
Literatur zu Kap. 25.10 Akyol F, Ozyigit G, Selek U et al. (2005) PSA bouncing after short term androgen deprivation and 3D-conformal radiotherapy for localized prostate adenocarcinoma and the relationship with the kinetics of testosterone. Eur Urol 48 (1): 40–5 Bill-Axelson A, Holmberg L, Ruutu M et al. (2005) Radical prostatectomy versus watchful waiting in early prostate cancer. N Engl J Med 352 (19): 1977–84 Boccon-Gibod L, Djavan WB, Hammerer P et al. (2004) Management of prostate-specific antigen relapse in prostate cancer: a European Consensus. Int J Clin Pract 58 (4): 382–90
Chan JM, Gann PH, Giovannucci EL (2005) Role of diet in prostate cancer development and progression. J Clin Oncol 23 (32): 8152–60 Chang CH, Wu HC, Tsai JJ et al. (2003) Detecting metastatic pelvic lymph nodes by 18F-2-deoxyglucose positron emission tomography in patients with prostate-specific antigen relapse after treatment for localized prostate cancer. Urol Int 70 (4): 311–5 Cher ML, Bianco FJ Jr, Lam JS et al. (1998) Limited role of radionuclide bone scintigraphy in patients with prostate specific antigen elevations after radical prostatectomy. J Urol 160 (4): 1387–91 Ciezki JP, Reddy CA, Garcia J et al. (2005) PSA kinetics after prostate brachytherapy: PSA bounce phenomenon and its implications for PSA doubling time. Int J Radiat Oncol Biol Phys Connolly JA, Shinohara K, Presti JC, Jr. et al. (1996) Local recurrence after radical prostatectomy: characteristics in size, location, and relationship to prostate-specific antigen and surgical margins. Urology 47 (2): 225–31 Cook ED, Moody-Thomas S, Anderson KB et al. (2005) Minority recruitment to the Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial (SELECT) Clin Trials 2 (5): 436–42 De Jong IJ, Pruim J, Elsinga PH et al. (2002) Visualization of prostate cancer with 11C-choline positron emission tomography. Eur Urol 42 (1): 18–23 de Jong IJ, Pruim J, Elsinga PH et al. (2003) Preoperative staging of pelvic lymph nodes in prostate cancer by 11C-choline PET. J Nucl Med 44 (3): 331–5 De La Taille A, Benson MC, Bagiella E et al. (2000) Cryoablation for clinically localized prostate cancer using an argon-based system: complication rates and biochemical recurrence. BJU Int 85 (3): 281–6 Diblasio CJ, Kattan MW (2003) Use of nomograms to predict the risk of disease recurrence after definitive local therapy for prostate cancer. Urology 62 Suppl 1: 9–18 Ellis DS (2002) Cryosurgery as primary treatment for localized prostate cancer: a community hospital experience. Urology 60 (2 Suppl 1): 34–9 Foster LS, Jajodia P, Fournier G, Jr. et al. (1993) The value of prostate specific antigen and transrectal ultrasound guided biopsy in detecting prostatic fossa recurrences following radical prostatectomy. J Urol 149 (5): 1024–8 Freedland SJ, Humphreys EB, Mangold LA et al. (2005) Risk of prostate cancer-specific mortality following biochemical recurrence after radical prostatectomy. Jama 294 (4): 433–9 Fricke E, Machtens S, Hofmann M et al. (2003) Positron emission tomography with 11C-acetate and 18F-FDG in prostate cancer patients. Eur J Nucl Med Mol Imaging 30 (4): 607–11 Gelet A, Chapelon JY, Bouvier R et al. (2001) Transrectal high intensity focused ultrasound for the treatment of localized prostate cancer: factors influencing the outcome. Eur Urol 40 (2): 124–9 Gomez P, Manoharan M, Kim SS et al. (2004) Radionuclide bone scintigraphy in patients with biochemical recurrence after radical prostatectomy: when is it indicated? BJU Int 94 (3): 299–302 Graefen M, Karakiewicz PI, Cagiannos I et al. (2002) Validation study of the accuracy of a postoperative nomogram for recurrence after radical prostatectomy for localized prostate cancer. J Clin Oncol 20 (4): 951–6 Hara T, Kosaka N, Kishi H (1998) PET imaging of prostate cancer using carbon-11-choline. J Nucl Med 39 (6): 990–5 Heinisch M, Dirisamer A, Loidl W et al. (2005) Positron emission tomography/computed tomography with F-18-fluorocholine for restaging of prostate cancer patients: meaningful at PSA <5 ng/ml? Mol Imaging Biol: 1–6
635 Literatur
Hofer C, Laubenbacher C, Block T et al. (1999) Fluorine-18-fluorodeoxyglucose positron emission tomography is useless for the detection of local recurrence after radical prostatectomy. Eur Urol 36 (1): 31–5 Hricak H, Schoder H, Pucar D et al. (2003) Advances in imaging in the postoperative patient with a rising prostate-specific antigen level. Semin Oncol 30 (5): 616–34 Huch Boni RA, Meyenberger C, Pok Lundquist J et al. (1996) Value of endorectal coil versus body coil MRI for diagnosis of recurrent pelvic malignancies. Abdom Imaging 21 (4): 345–52 Institut RK (1997) Consensus statement: guidelines for PSA following radiation therapy. American Society for Therapeutic Radiology and Oncology Consensus Panel. Int J Radiat Oncol Biol Phys 37 (5): 1035–41 Jeffery GM, Hickey BE, Hider P (2002) Follow up strategies for patients treated for non-metastatic colorectal cancer. Cochrane Database of Systematic Reviews Kane CJ, Amling CL, Johnstone PA et al. (2003) Limited value of bone scintigraphy and computed tomography in assessing biochemical failure after radical prostatectomy. Urology 61 (3): 607–11 Kato T, Tsukamoto E, Kuge Y et al. (2002) Accumulation of [11C]acetate in normal prostate and benign prostatic hyperplasia: comparison with prostate cancer. Eur J Nucl Med Mol Imaging 29 (11): 1492–5 Kattan MW, Eastham J (2003) Algorithms for prostate-specific antigen recurrence after treatment of localized prostate cancer. Clin Prostate Cancer 1 (4): 221–6 Kattan MW, Potters L, Blasko JC et al. (2001) Pretreatment nomogram for predicting freedom from recurrence after permanent prostate brachytherapy in prostate cancer. Urology 58 (3): 393–9 Kattan MW, Zelefsky MJ, Kupelian PA et al. (2000) Pretreatment nomogram for predicting the outcome of three-dimensional conformal radiotherapy in prostate cancer. J Clin Oncol 18 (19): 3352–9 Kerr J, Engel J, Schlesinger-Raab A et al. (2003) Communication, quality of life and age: results of a 5-year prospective study in breast cancer patients. Ann Oncol 14 (3): 421–7 Koppie TM, Shinohara K, Grossfeld GD et al. (1999) The efficacy of cryosurgical ablation of prostate cancer: the University of California, San Francisco experience. J Urol 162 (2): 427–32 Kramer S, Gorich J, Gottfried HW et al. (1997) Sensitivity of computed tomography in detecting local recurrence of prostatic carcinoma following radical prostatectomy. Br J Radiol 70 (838): 995–9 Leventis AK, Shariat SF, Kattan MW et al. (2001) Prediction of response to salvage radiation therapy in patients with prostate cancer recurrence after radical prostatectomy. J Clin Oncol 19 (4): 1030–9 Oyama N, Akino H, Suzuki Y et al. (2001) FDG PET for evaluating the change of glucose metabolism in prostate cancer after androgen ablation. Nucl Med Commun 22 (9): 963–9 Oyama N, Miller TR, Dehdashti F et al. (2003) 11C-acetate PET imaging of prostate cancer: detection of recurrent disease at PSA relapse. J Nucl Med 44 (4): 549–55 Partin AW, Pearson JD, Landis PK et al. (1994) Evaluation of serum prostate-specific antigen velocity after radical prostatectomy to distinguish local recurrence from distant metastases. Urology 43 (5): 649–59 Picchio M, Messa C, Landoni C et al. (2003) Value of [11C]cholinepositron emission tomography for re-staging prostate cancer: a comparison with [18F]fluorodeoxyglucose-positron emission tomography. J Urol 169 (4): 1337–40 Pound CR, Partin AW, Eisenberger MA et al. (1999) Natural history of progression after PSA elevation following radical prostatectomy. Jama 281 (17): 1591–7
Raj GV, Partin AW, Polascik TJ (2002) Clinical utility of indium 111capromab pendetide immunoscintigraphy in the detection of early, recurrent prostate carcinoma after radical prostatectomy. Cancer 94 (4): 987–96 Ramsden AR, Chodak G (2004) An analysis of risk factors for biochemical progression in patients with seminal vesicle invasion: validation of Kattan’s nomogram in a pathological subgroup. BJU Int 93 (7): 961–4 Rayman MP (2005) Selenium in cancer prevention: a review of the evidence and mechanism of action. Proc Nutr Soc 64 (4): 527–42 Robert Koch-Institut (RKI) (2000) Dachdokumentation Krebs Rojas MP, Telaro, E., Russo A (2002) Follow up strategies for patients treated for early breast cancer. Cochrane Database of Systematic Reviews Scattoni V, Roscigno M, Raber M et al. (2003) Multiple vesico-urethral biopsies following radical prostatectomy: the predictive roles of TRUS, DRE, PSA and the pathological stage. Eur Urol 44 (4): 407–14 Schubert-Fritschle G, Weissbach L, Holzel D (2005) Aftercare or not– that is the question!. Urologe A 44 (9): 991–6 Sella T, Schwartz LH, Swindle PW et al. (2004) Suspected local recurrence after radical prostatectomy: endorectal coil MR imaging. Radiology 231 (2): 379–85 Shen S, Lepor H, Yaffee R et al. (2005) Ultrasensitive serum prostate specific antigen nadir accurately predicts the risk of early relapse after radical prostatectomy. J Urol 173 (3): 777–80 Silverman JM, Krebs TL (1997) MR imaging evaluation with a transrectal surface coil of local recurrence of prostatic cancer in men who have undergone radical prostatectomy. AJR Am J Roentgenol 168 (2): 379–85 Smaletz O, Scher HI, Small EJ et al. (2002) Nomogram for overall survival of patients with progressive metastatic prostate cancer after castration. J Clin Oncol 20 (19): 3972–82 Stephenson AJ, Scardino PT, Eastham JA et al. (2005) Postoperative nomogram predicting the 10-year probability of prostate cancer recurrence after radical prostatectomy. J Clin Oncol 23 (28): 7005–12 Thompson IM, Tangen CM, Klein EA et al. (2005) Phase III prostate cancer prevention trials: are the costs justified? J Clin Oncol 23 (32): 8161–4 Thuroff S, Chaussy C, Vallancien G et al. (2003) High-intensity focused ultrasound and localized prostate cancer: efficacy results from the European multicentric study. J Endourol 17 (8): 673–7 Wilkinson S, Chodak G (2004) The role of 111indium-capromab pendetide imaging for assessing biochemical failure after radical prostatectomy. J Urol 172 (1): 133–6 Wirth MP, Engelhardt FM (2005) PSA recurrence after primary curative therapy – local or systemic? When is a second curative therapy still possible? Urologe A 44 (9): 997–1004, 1006–7 Yeh SD, Imbriaco M, Larson SM et al. (1996) Detection of bony metastases of androgen-independent prostate cancer by PET-FDG. Nucl Med Biol 23 (6): 693–7
25
26 Maligne Hodentumoren P. Albers, J. Beyer, J. Claßen, K.-P. Dieckmann, J.T. Hartmann, M. Hartmann, A. Heidenreich, S. Krege, M.A. Kuczyk, F. Mayer, A.S. Merseburger, S. Seeber, R. Souchon, M. Stöckle 26.1
Epidemiologie, Ätiologie – 637
26.2
Onkologische Kennzeichen
26.3
Diagnostik
26.4
Therapie des Primärtumors – 651
26.5
Therapie der testikulären intraepithelialen Neoplasie (TIN)
26.6
Adjuvante Therapie beim Seminom CS I
26.7
Adjuvante Therapie beim Nichtseminom CS I
26.8
Therapie des gering retroperitoneal metastasierten Seminom CS IIA/B
26.9
Therapie des markernegativen Nichtseminoms CS IIA
26.10
Therapie der fortgeschrittenen Hodentumoren
26.11
Therapie bei refraktären Tumoren und Rezidiven
26.12
Nachsorge
26.13
Seltene Hodentumoren – 709
26.1
Epidemiologie, Ätiologie
– 641
– 648 – 656
– 658 – 670 – 676
– 681
– 684 – 697
– 703
A. Heidenreich, K.-P. Dieckmann 26.1.1 Einleitung
Der testikuläre Keimzelltumor (KZT) repräsentiert den häufigsten bösartigen Tumor in der Altersgruppe der 20- bis 40-jährigen Männer. Die Altersverteilung des KZT unterscheidet sich von den übrigen soliden Neoplasien des Menschen dahingehend, dass ein erster Altersgipfel zwischen dem 25. und 35. Lebensjahr, ein zweiter geringerer Gipfel nach dem 80. Lebensjahr auftritt. In den vergangenen 30–40 Jahren hat sich eine Vielzahl von klinischen Untersuchungen mit der Analyse von Risikofaktoren beschäftigt, die in die Entwicklung und Progression der KZT involviert sind. Als wesentliche Parameter haben sich der Maldescensus testis und junges Alter herauskristallisiert; hormonelle Alterationen wie ein Östrogenüberschuss in der Fetalzeit oder ein Testosteronmangel während der Pubertät werden noch kontrovers diskutiert.
26.1.2 Epidemiologie
Inzidenzentwicklung Der testikuläre Keimzelltumor (KZT) repräsentiert zwar nur 1% aller soliden Malignome des Mannes, stellt jedoch den häufigsten bösartigen Tumor in der Altersgruppe der 20- bis 40-jährigen Männer dar. Die Inzidenz der KZT zeigt eine geographische, ethnische, altersabhängige und sozioökonomische Abhängigkeit, die in den vergangenen Jahren zunehmend aufgeklärt werden konnte. Über die vergangenen 40 Jahre betrachtet, hat sich die Inzidenz der KZT in fast allen westlichen Ländern der Erde nahezu verdoppelt (Huyge et al. 2003). Obwohl der KZT geographisch unabhängig eine seltene Tumorerkrankung darstellt, variieren die altersadaptierten Inzidenzraten signifikant zwischen 1/100.000 in Asien und Afrika bzw. amerikanischen Schwarzafrikanern und 10,3/100.000 und 9,2/100.000 in der Schweiz oder Dänemark – den Ländern mit den weltweit höchsten Hodentumorinzidenzen ( Tab. 26.1). Kindliche testikuläre KZT sind noch seltener als KZT bei Erwachsenen und weisen eine altersjustierte Inzidenzrate von 0,5–2/100.000 Kindern auf, die in den vergangenen 50 Jahren im Wesentlichen stabil blieb.
638
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Tab. 26.1. Altersadaptierte Inzidenzraten (pro 100.000) des testikulären Keimzelltumors in ausgewählten Ländern
26
Land
Inzidenz
Schweiz (Graubünden)
10,3
Dänemark
9,2
Schweiz (Zürich)
8,9
Norwegen
8,0
Deutschland (Saarland)
6,1
USA (Seer, Kaukasier)
5,4
Tschechien
5,2
Schweden
4,8
Australien (New South Wales)
4,7
Großbritanien (England und Wales)
4,6
Niederlande
4,0
Kanada
3,8
Peru (Lima)
2,9
Finnland
2,5
Kolumbien (Kali)
1,7
Hongkong
1,3
Indien (Bombay)
0,9
USA (Seer, Schwarzafrikaner)
0,7
China (Shanghai)
0,7
Uganda (Kayndondo)
0,7
Algerien (Setif )
0,2
Die Ursachen für die signifikante Steigerung der Inzidenz sind bisher weitgehend unklar und erschöpfen sich in noch zu beweisenden Hypothesen. Umweltbelastung, Ernährung und körperliche Aktivität scheinen einen wesentlichen Einfluss auszuüben, wie entsprechende Kohortenstudien verschiedener Geburtsjahrgänge in Norwegen und Dänemark aus den Jahren 1935–1949 eindrucksvoll belegen (Moller et al. 1995; Wanderas et al. 1995). Die Inzidenz der Hodentumoren unter den zwischen 1935 und 1939 sowie 1945 und 1949 geborenen Männern lag signifikant über derjenigen der während des 2. Weltkriegs zwischen 1940 und 1944 geborenen Männer. Man hat diese Entwicklungen auf eine geringere Umweltbelastung durch Kraftfahrzeuge, eines vermehrten Konsum von Gemüse und Getreideprodukten sowie eine erhöhte körperliche Aktivität während der für die Ausbildung
testikulärer Anomalien ersten 8 Wochen der Schwangerschaft zurückgeführt.
Alter Ein erster geringer Altersgipfel wird im Alter von unter 5 Jahren mit einer signifikanten Abnahme der Inzidenz auf 0,1/100000 Kinder im Alter von 5–14 Jahren beobachtet (McKiernan et al. 1999). Der maximale Altersgipfel wird im Alter von 15–44 Jahren beschrieben; ein letzter minimaler Altersgipfel wird noch einmal bei den über 60-Jährigen beschrieben.
Histologie, Seitenverteilung und Bilateralität Keimzelltumoren machen ca. 90–95% aller Hodentumoren aus, dabei stellen Seminome ca. 60% und Nichtseminome ca. 40% der malignen KZT (Parkin et al. 1998). Über den Verlauf der letzten 50 Jahre hat sich die Inzidenz der Seminome unter den 25- bis 64-Jährigen signifikant erhöht, während diese unter den 15- bis 24Jährigen nahezu konstant blieb. Die nichtseminomatösen KZT hingegen zeigen ihren Altersgipfel im Alter von 15–24 Jahren und weisen im gleichen Zeitintervall einen Inzidenzanstieg von nahezu 130% auf (Oesterlind 1986). Die überwiegende Mehrzahl der KZT entwickelt sich unilateral mit einer leichten Bevorzugung der linken Seite mit 58% gegenüber der rechten Seite mit 42% (Pottern et al. 1985). Aufgrund der umfangreichen Biopsiestudien ist bekannt, dass ca. 5% der Patienten mit einem unilateralen KZT eine kontralaterale testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN) aufweisen, die bei 70% innerhalb der nachfolgenden 7 Jahre zu einem manifesten KZT ausreifen kann (Giwercman et al. 1988; Rorth et al. 2000). Histologisch findet sich bei der überwiegenden Zahl der metachron auftretenden bilateralen KZT ein klassisches Seminom im klinischen Stadium I.
26.1.3 Ätiologie
Auf dem Boden von Kohortenstudien wurde eine Vielzahl von Faktoren identifiziert, die mit der Entwicklung des KZT assoziiert sein können und die sich im Wesentlichen auf eine genetische Prädispostion bzw. endogene oder exogene prä- und postnatale Einflussgrößen konzentrieren.
Risikofaktoren Zu den gesicherten Risikofaktoren in der Entwicklung des testikulären KZT gehören der Maldescensus testis
639 26.1 · Epidemiologie, Ätiologie
Tab. 26.2. Risikofaktoren der Keimzelltumoren auf der Basis einer EBM-basierten Analyse Sicher
Wahrscheinlich
Maldescensus testis
− Sub-, Infertilität
Kontralateraler KZT
− Zweieiige Zwillinge
− Jahreszeit der Geburt
− Alter der Mutter
Positive Familienanamnese
− Hodenatrophie
− Mumpsorchitis
− Nausea, Emesis während der Schwangerschaft
Gonadale Dysgenesie
− Niedriges Geburtsgewicht − Milchprodukte, fettreiche Diät − Große Körpergröße − Niedriges Geburtgewicht, Frühgeburt
− − − − − −
− Skrotales Trauma − Leistenhernie − Exogene Östrogenzufuhr außer DES
(Giwercman et al. 1987; Swerdlow et al. 1997), der bereits erlebte kontralaterale KZT und eine positive Familienanamnese. Als weitere wahrscheinliche Risikofaktoren wurden die Subfertilität, zweieiige Zwillingspaare und die Hodenatrophie identifiziert ( Tab. 26.2). Der Maldescensus testis repräsentiert den klassischen Risikofaktor der KZT-Entwicklung schlechthin und ist auf dem Boden einer aktuellen Metaanalyse von 20 Fallkontrollstudien mit einem 4,8-fach erhöhten Erkrankungsrisiko, unabhängig von der anatomischen Fehllage des Hodens und dem Alter bei der korrigierenden Orchidopexie, assoziiert (Dieckmann et al. 2004). Ungefähr 10% der Kinder mit einem testikulären Maldescensus werden einen KZT entwickeln. Auch wenn der Zusammenhang zwischen Maldescensus und KZT unbestritten ist, sind die ursächlichen Faktoren noch unklar, und es wird eine multimodale Pathogenese aus genetischen Alterationen sowie Umwelt- und Lifestylefaktoren verantwortlich gemacht. Die männliche Subfertilität wurde in allen großen Studien als Risikofaktor für die Entwicklung eines testikulären KZT identifiziert (Haughey et al. 1989; Jacobsen et al. 2000; Swerdlow et al. 1989). Unklar bleibt jedoch, ob die Subfertilität einen eigenständigen kausalen Risikofaktor darstellt oder ob Subfertilität und KZT lediglich eine gemeinsame ätiologische Grundlage aufweisen. Letzteres ist wahrscheinlich, nachdem eine Metaanalyse von 61 zwischen 1938 und 1990 durchgeführten epidemiologischen Studien nicht nur eine signifikant steigende Inzidenz des testikulären KZT, sondern parallel eine signifikante Abnahme von Spermienanzahl und Ejakulatvolumen hat dokumentieren können (Carlesen et al. 1992). Andere in der Vergangenheit analysierte Parameter wie Vasektomie, skrotales und/oder testikuläres Trauma, inguinale Leistenhernie und Erhöhung der intratestiku-
Unklar
Kein Risikofaktor − Nikotin
Hodentorsion, Varikozele Frühe Pubertät Glatzenbildung, Akne HIV Hoher sozialer Status Beruf Bauer, Fischer, Förster
lären und/oder der skrotalen Temperatur konnten auf dem Boden von epidemiologischen Fallkontroll- und Kohortenstudien nicht als Risikofaktoren bestätigt werden (Dieckmann et al. 2004; Garner et al. 2005; Huyghe et al. 2003).
Pränatale Risikofaktoren Nachdem der testikuläre KZT eine Erkrankung des jungen Mannes darstellt und bereits beim Feten TIN-Zellen nachgewiesen werden konnten, hat eine Vielzahl von Fallkontrollstudien den Einfluss möglicher exogener und endogener Einflussgrößen untersucht. Es zeigt sich, dass ein niedriges Geburtsgewicht <3000 g bzw. eine Frühgeburtlichkeit ≥2 Wochen in den verschiedenen Studien konstant mit einem um ca. 50% erhöhten Risiko der KZT-Entwicklung verbunden ist (Coupland et al. 2004; Richiardi et al. 2003; Weir et al. 2000). Ursächlich scheinen erhöhte intrauterine Östrogenkonzentrationen, insbesondere während der testikulären Entwicklungsphase im 1. Trimenon, zu sein. Weitere Hinweise auf den möglichen Einfluss erhöhter intrauteriner Östradiolkonzentrationen ergeben sich durch die Beobachtung eines signifikant erhöhten Erkrankungsrisikos der Söhne von Erstgebärenden im Vergleich zu Mehrfachgebärenden (Prener et al. 1992; Wanderas et al. 1998; Westergaard et al. 1998), des ersten Sohnes im Vergleich zu den nachfolgenden männlichen Nachkommen (Richiardi et al. 2004) und des erhöhten Erkrankungsrisikos von dizygoten Zwillingen. Andere Risikofaktoren mütterlicherseits wie Geburtsalter, Nausea und Emesis während der Schwangerschaft, Nikotinabusus, Berufsanamnese oder exogene Östrogenzufuhr außer Diethylbestrol (DES) weisen nur inkonsistente Resultate auf, so dass keine sicheren Schlussfolgerungen gezogen werden können (Dieckmann et al. 2004; Garner et al. 2005; Huyghe et al. 2003).
26
640
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Patientenabhängige Risikofaktoren
Berufsexposition
Die ethnische Zugehörigkeit stellt einen Risikofaktor dahingehend dar, dass Schwarzafrikaner ein signifikant geringeres Erkrankungsrisiko als Männer kaukasischen Ursprungs aufweisen (Garner et al. 2005; Huyghe et al. 2003). Auch wenn die ursächlichen Faktoren noch nicht sicher identifiziert sind, scheinen intrauterin erhöhte Konzentrationen von Androstendion und Testosteron bei schwarzafrikanischen Müttern verantwortlich involviert zu sein (Troisi et al. 2003). Während widersprüchliche Resultate bezüglich der Assoziation des Body-Mass-Index und dem Erkrankungsrisiko existieren, zeigen die Mehrzahl der klinischen Studien ein ca. 1,5-fach erhöhtes Risiko der Hodentumorerkrankung mit zunehmender Körpergröße. Auch hier werden in erster Linie hormonelle Faktoren (verzögerter Pubertätseintritt bei niedrigen Testosteronserumspiegeln sowie erhöhte IGF-Konzentrationen) verantwortlich gemacht (Akre et al. 2000; Richiardi et al. 2003).
Obwohl eine Vielzahl von klinischen Studien einen Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und dem Erkrankungsrisiko eines KZT hergeleitet haben, konnte kein Beruf als klassischer Risikofaktor identifiziert werden (Dieckmann et al. 2004; Garner et al. 2005). Im Allgemeinen wurde ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Männer mit hohem sozialem Status gegenüber Personen mit einem handwerklichen Beruf identifiziert (Pearce et al. 1987; Swerdlow et al. 1988; United Testicular Cancer Study Group 1994). Die Häufung der KZT in den genannten Berufsgruppen wird insbesondere auf eine mangelhafte körperliche Aktivität und verschiedene diätetische Besonderheiten zurückgeführt. Andererseits existieren eine Reihe von Studien, die einen Zusammenhang zwischen dem Erkrankungsrisiko und handwerklich orientierten Berufen wie Bauer, Fischer und Förster vermuten lassen (Pearce et al. 1987; Swerdlow et al. 1988). Zurückgeführt wird das erhöhte Erkrankungsrisiko gerade in diesen Berufsgruppen auf den Umgang mit Pestiziden und Düngemitteln, deren Bestandteile eine chemische Strukturverwandtschaft mit den endogenen Östrogenen aufweisen. Diesbezüglich wurde ein erhöhtes Erkrankungsrisiko ebenfalls für Kinder nachgewiesen, die in Gegenden mit einer Nitratkonzentration im Grundwasser aufgewachsen sind (Moller 1997).
Diätetische Risikofaktoren Ein Zusammenhang zwischen der Diät und der Entwicklung eines KZT wird in vielen epidemiologischen Studien beschrieben. Ähnlich anderen hormonell beeinflussten Malignomen, scheint eine fettreiche Ernährung, insbesondere die verstärkte Aufnahme von Milchprodukten, mit einem signifikant erhöhten Erkrankungsrisiko einherzugehen (Davies et al. 1996; Ganmaa et al. 2002; Moller et al. 1995; Wanderas et al. 1995). Die besondere Relevanz dieser Beobachtung wird insbesondere dadurch unterstützt, dass die in den vergangenen 50 Jahren steigende KZT-Inzidenz in Entwicklungsländern eng mit der vermehrten Aufnahme von Milchprodukten vergesellschaftet ist (Armstrong et al. 1975; Sharpe et al. 1993; Sigurdson et al. 1999). Neben dem reinen Fettgehalt der Milchprodukte könnten auch Kontaminationen mit Östrogenen, Gestagenen und Antibiotika ursächlich in die Tumorentstehung involviert sein. Aufgrund der zeitlichen Entwicklung des KZT als Tumor des jungen Mannes müssen die diätetischen Faktoren bereits im jungen Kindesalter wirksam werden, um eine Auswirkung auf die postpubertäre Tumorentwicklung auszuüben. Diesbezüglich haben 3 Fallkontrollstudien einen deutlichen Zusammenhang zwischen der täglichen Kalorienzufuhr und der KZT-Inzidenz herstellen können (Davies et al. 1996; Garner et al. 2003; Sigurdson et al. 1999); in einer Studie konnte sogar eine Korrelation zwischen den nationalen geographischen Variationen des Käseverzehrs und der Hodentumorinzidenz dargestellt werden (Ganmaa et al. 2002).
Genetische Faktoren Obwohl nur ungefähr 1,5% aller testikulären KZT eine familiäre Häufung aufweisen, konnte in einer Vielzahl von Fallkontroll- und Erfassungsstudien eine familiäre Prädisposition mit einem signifikant erhöhten Erkrankungsrisiko von Brüdern, Söhnen und Zwillingsbrüdern erkrankter Männer attestiert werden. Dabei scheint das Erkrankungsrisiko bei Brüdern um den Faktor 6–10, das Erkrankungsrisiko bei Söhnen um den Faktor 4–6 erhöht zu sein (Cannon-Albright et al. 1994; Heimdahl et al. 1996; Westergaard et al. 1996). Bis dato wurde durch die Testicular Cancer Linkage Group eine genetische Prädisposition mit dem Locus Xq27 in Verbindung gebracht (Rapley et al. 2000).
Mortalität Trotz der signifikanten Steigerung der Inzidenz der testikulären KZT ist die altersabhängige Mortalität in allen industrialisierten Ländern signifikant von 1,4/100.000 in den Jahren 1950–1974 über 1,0/100.000 in der Zeit von 1974–1979 (Brown et al. 1986) auf aktuell 0,4/100.000 abgesunken. Ursächlich für diese Entwicklung ist die Einführung einer effektiven systemischen Chemotherapie Ende der 1970-er Jahre.
641 26.2 · Onkologische Kennzeichen
26.2
Onkologische Kennzeichen
A. Heidenreich, K.-P. Dieckmann 26.2.1 Präsentation
In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ist der Keimzelltumor durch eine schmerzlose Vergrößerung des betroffenen Hodens, teilweise verbunden mit einem ipsilateralen Schweregefühl, auffällig. Bei 30–40% der Patienten kann eine leichte Schmerzhaftigkeit vorliegen, die zu der oftmals gestellten Fehldiagnose einer Epididymitis führt. Nur bei ca. 10% der Patienten präsentiert sich der KZT mit einer akut einsetzenden Schmerzsymptomatik durch Einblutungen in den Tumor oder eine begleitende Orchitis bzw. Epididymitis. Hinweis
I
I
Somit ist jede schmerzlose Vergrößerung des Hodens prinzipiell tumorverdächtig und bedarf einer weitergehenden Abklärung.
Bis zu 20% der Patienten präsentieren sich mit Zeichen oder Symptomen einer systemischen Metastasierung, die in Tab. 26.3 zusammengefasst sind. Trotz der zum Teil eindrücklichen Symptomatik ist die mittlere zeitliche Verzögerung von 8–40 Tagen zwischen dem Erstsymptom und der Erstdiagnose immer wieder überraschend. Dabei scheint das, meist durch den Patienten verursachte, Verzögerungsintervall durchaus mit dem Ausmaß der Metastasierung zu korrelieren: In den klinischen Stadien I, II und III betrug
das Intervall 75, 101 und 134 Tage (Bosl et al. 1981). Allerdings scheinen Unterschiede zwischen seminomatösen und nichtseminomatösen KZT zu existieren, die Beachtung finden müssen. Während bei seminomatösen KZT durchaus lange und indolente Verläufe beobachtet werden können und das Intervall zwischen Erstsymptom und Diagnose keinen Einfluss auf das Erkrankungsstadium und das tumorspezifische Überleben ausübt, gestaltet sich die Sachlage bei nichtseminomatösen KZT (NSKTZ) anders (Dieckmann et al. 1987; Moul et al. 1990; Sandermann 1979). Das symptomatische Intervall für NSKZT in den Stadien I–IIB betrug 8,5–9,7 Wochen im Vergleich zu 26,4 Wochen für die Stadien IIC und III. Auch zeigt sich eine Verdopplung der tumorspezifischen Mortalität von 8% auf 16%, wenn die Therapie innerhalb der ersten 6 symptomatischen Monate aufgenommen wird im Vergleich zu einer späteren Therapie (Nikzas et al. 1990). In einer ähnlichen Untersuchung konnte ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Therapieerfolg und dem zwischen Erstsymptom und Diagnose gelegenen Zeitintervall aufgezeigt werden (Oliver 1985): Das symptomatische Intervall betrug 2 Monate, 4 Monate bzw. 7 Monate bei Patienten mit einer Langzeitheilung, einem Rezidiv mit nachfolgender erfolgreicher Salvage-Therapie bzw. einer letalen Metastasierung.
26.2.2 Körperliche Untersuchung
Die bimanuelle testikuläre Palpation beginnt immer mit dem vermeintlich unbetroffenen Gegenhoden. Im Rahmen der vorsichtig durchzuführenden testikulären Palpation fällt eine derbe, nicht druckdolente Raumforderung
Tab. 26.3. Symptomatische Präsentation als Zeichen einer möglichen systemischen Metastasierung Symptom
Ursache
Inguinale Lymphadenopathie
Tumorinfiltration von Nebenhoden, Samenstrang, Skrotum
Lumbalgie, Ischialgien
Retroperitoneale Lymphadenopathie
Lumbalgie, Flankenschmerz
Retroperitoneale Lymphadenopathie mit Harnabflussstörung
Kopfschmerz, Übelkeit, Erbrechen
Azotämie bei Harnstauungsniere oder Kompression der A. renalis
Husten, Dyspnoe
Lungenmetastasen
Hämoptysis
Metastatische Beteiligung der Bronchien
Neurologische Symptome
Hirnmetastasen
Ödem der unteren Extremitäten
Retroperitoneale Lymphadenopathie mit Kompression der V. cava inferior
26
642
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
mit meist unregelmäßiger, knotiger und höckriger Oberflächenkontur des Hodens auf. Die Palpation umfasst ebenfalls die Strukturen des Nebenhodens und des Samenstranges, nachdem 10–15% der Patienten eine Infiltration der genannten Strukturen aufweisen können. Das normale Hodenparenchym lässt sich in aller Regel von dem Tumor differenzieren. Nur bei großen, den gesamten Hoden durchsetzenden Tumoren imponiert der tumortragende Hoden als homogene, derbe, nahezu holzharte Tumorformation. Bei bis zu 30% der Patienten findet sich eine begleitende Hydrozele, die bei starker Ausprägung die testikuläre Palpation unmöglich machen kann, so dass in diesen Fällen auf eine sonographische Diagnostik zurückgegriffen werden muss. Cave Eine transskrotale Punktion der Hydrozele mit nachfolgender Aspiration zur besseren körperlichen Untersuchung wie mancherorts empfohlen verbietet sich aufgrund der Verletzungsgefahr des Hodens mit potenziell atypischer Metastasierung.
Es schließt sich die Palpation der inguinalen und der iliakalen Lymphknotenstationen an, insbesondere bei Patienten mit Voroperationen von Hoden und Nebenhoden, da die klassischen retroperitonealen Lymphabflusswege nicht mehr existent sein können und der Abfluss über die primären Lymphabflusswege des Skrotums nach inguinal und iliakal erfolgt. Die Palpation der supraklavikulären Lymphknoten sollte bei allen Patienten erfolgen, da diese bei bis zu 5% der Patienten als primäres Zeichen einer juxtaregionären Metastasierung an der Mündungsstelle des Ductus thoracicus in den Angulus venosus vergrößert sein können. Die abdominelle Palpation kann nur bei sehr schlanken Patienten mit einer ausgedehnten »bulky disease« einen positiven Palpationsbefund erheben. Die Inspektion und Untersuchung des Brustdrüsenkörpers detektiert bei ca. 5% der Patienten eine uni- oder bilaterale Gynäkomastie als Zeichen einer überschießenden Östrogenproduktion oder eines Androgendefizits.
26.2.3 Differenzialdiagnose
Jegliche skrotale Raumforderung sollte bis zum Beweis des Gegenteils als maligner testikulärer Tumor betrachtet werden, auch wenn eine Vielzahl intraskrotaler Erkrankungen differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden müssen.
Differenzialdiagnose schmerzhafter intraskrotaler Raumforderungen
Akute Epididymitis
Hodentorsion, Torsion der Appendix testis
Leistenhernie
Skrotales Trauma
Hydrozele, Varikozele
Orchitis, granulomatöse Orchitis
Neurogene Orchidopathie
Bei ca. 20–30% der Patienten wird der Hodentumor mit einer akuten Epididymitis verwechselt, da sich bei fortgeschrittener Entzündung aufgrund der Ausbildung eines ödematösen, harten, auf den Hoden übergreifenden inflammatorischen Geschehens eine palpatorische Differenzierung nicht mehr vornehmen lässt. Die Samenstrangblockade mit 1% Scandicain erleichert die testikuläre Palpation; letztendlich hilft in den meisten Fällen jedoch nur die testikuläre Sonographie weiter. Wegweisend für einen Keimzelltumor ist eine intratestikulär gelegene, hypodense Raumforderung; bei Vorliegen einer Epididymoorchitis kann jedoch auch die Sonographie einen malignen Tumor nur schwer ausschließen, so dass im Zweifelsfall eine inguinale Freilegung erfolgen sollte.
26.2.4 Testikuläre Sonographie
Die testikuläre Sonographie mit einem 7,5–10-MHzSchallkopf gilt heute als Standard in der primären lokalen Diagnostik, die in über 98% der Fälle einen testikulären KZT sicher identifizieren kann. Die Sonographie unterscheidet dabei zwischen intra- und extratestikulären Raumforderungen sowie zwischen soliden und zystischen Tumoren. In aller Regel stellen sich die Keimzelltumoren als hypodense oder gemischte intratestikuläre Raumforderungen innerhalb der Tunica albuginea dar ( Abb. 26.1). In seltenen Fällen eines Burned-out-Tumors sind sonographisch Narben und Verkalkungen im Hoden einzige Hinweise auf das mögliche Vorliegen eines Keimzelltumors. Unter den zystischen Prozessen muss zwischen der benignen Hodenzyste, der Epidermoidzyste und der Epidermiszyste als Variante des maturen Teratoms unterschieden werden. Während die Hodenzyste das charakteristische Phänomen der dorsalen Schallverstärkung aufweist, ist die Epidermoidzyste durch das Bild einer rundlichen, glatt begrenzten zystischen Raumforderung mit Binnenechos gekennzeichnet ( Abb. 26.2).
643 26.2 · Onkologische Kennzeichen
nen bei ca. 1% der Patienten vorkommenden synchronen Zweittumor zu identifizieren.
26.1.5 Tumormarker
Abb. 26.1. Typischer multifokaler isodenser Keimzelltumor des Hodens mit kleineren hypodensen Arealen, Histologie: klassisches Seminom
Abb. 26.2. Zystischer Hodentumor mit dorsaler Schallverstärkung und multiplen Binnenechos, im Randsaum sichtbare Mikrolithiasis, Histologie: Epidermoidzyste ohne TIN
Als Hinweis für Frühformen des Keimzelltumors im Sinne der testikulären intraepithelialen Neoplasie (TIN) ist das durch intratubuläre Mikroverkalkungen hervorgerufene Bild des »Schneegestöbers« zu deuten. Es finden sich kleinherdige, meist diffus über den gesamten Hoden verteilte, echoreiche Läsionen ohne dorsalen Schallschatten. Insbesondere bei der Assoziation der Mikroverkalkungen mit einer Sub- oder Infertilität oder einer Hodenatrophie besteht ein hohes Risiko von bis zu 40% bezüglich des Vorliegens einer TIN, so dass eine Hodenbiopsie angestrebt werden sollte. Der kontralaterale Hoden wird immer in die sonographischen Untersuchungen miteinbezogen, um gerade bei minimalen Veränderungen des intratestikulären Echomusters einen Vergleich vornehmen zu können und ei-
Die Bestimmung der Tumormarker α-Fetoprotein (AFP), der β-Untereinheit des humanen Choriogonadotropins (β-HCG) und der Lactatdehydrogenase (LDH) sind für die Stadienzuordnung, das Therapiemonitoring und die Verlaufskontrolle wichtig. Ihre Sensitivität hängt von der zugrunde liegenden Histologie des Primärtumors, der Metastasenlast und der Aktivität der Tumorzellen ab. Bei metastasierten Keimzelltumoren ist die Höhe der Tumormarker nach inguinaler Ablatio testis für die Prognosezuordnung und damit die Therapieplanung von entscheidender Bedeutung. Bei der Beurteilung der postoperativen Markerverläufe ist die Halbwertszeit des AFP von 5–7 Tagen und die des β-HCG von 24–36 h zu berücksichtigen; ein fehlender halbwertszeitgerechter Abfall präoperativ erhöhter Konzentrationen deutet auch bei negativer bildgebender Stagingdiagnostik auf das Vorliegen von okkulten Mikrometastasen hin. Um adäquate Aussagen bezüglich des halbwertszeitgerechten Markerabfalls treffen zu können, sollten diese ein- bis zweimal präoperativ bestimmt werden. Eine Erhöhung der Tumormarker AFP und β-HCG findet sich bei 80% der metastasierten und bei 57% der Nichtseminome im klinischen Stadium I. Eine AFPErhöhung deutet immer auf Anteile eines embryonalen Karzinoms, eines Dottersacktumors oder von Mischtumoren hin; reine Seminome und reine Chorionkarzinome produzieren kein AFP. Eine Erhöhung des β-HCG ist bei ca. 20% der seminomatösen KZT aufgrund von synzytiotrophoblastären Riesenzellen nachweisbar und korreliert nicht mit der Prognose. Eine AFP-Erhöhung deutet auf nichtseminomatöse Tumoranteile hin und findet sich nie bei einem reinen Seminom, so dass in entsprechenden Fällen eine histopathologische Nachbegutachtung des Orchiektomiepräparates notwendig ist. Ungefähr 80% der embryonalen Karzinome und alle Patienten mit einem Chorionkarzinom zeigen eine Erhöhung der β-HCG-Serumspiegel. Die Ursachen einer falsch-positiven Erhöhung von AFP oder β-HCG zeigt Tab. 26.4. Die LDH ist ein indirekter und unspezifischer Marker der Tumorzellmasse und weist bei 8% der Patienten im klinischen Stadium I, bei 32% und bei 81% der Patienten mit metastasiertem KZT im Stadium II bzw. III erhöhte Serumkonzentrationen auf. Die Bestimmung der plazentaren alkalischen Phosphatase, die als Marker des Seminoms angesehen wurde,
26
644
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Tab. 26.4. Ursachen einer falsch-positiven Erhöhung von AFP oder β-HCG AFP
β-HCG
Maligne und benigne Lebererkrankungen (Karzinom, Zirrhose, Zustand nach Hepatitis)
Hypergonadotroper Hypergonadismus, Hypophysentumoren, Homologie zwischen LH und HCG
Medikamentös bedingte Leberzellschädigung
Dialysepflichtige Niereninsuffizienz durch fehlende Elimination des physiologischen HCG
Karzinome anderer Lokalisation: Pankreas, Gastrointestinaltrakt, Lunge
Serum- und Frischzellentherapie
Tumorlyse
Kokainabusus
Serum- und Frischzellentherapie mit Ausbildung von heterophilen Antikörpern gegen Fremdeiweiß
26 hat sich als nicht valider Parameter in der Diagnostik erwiesen und ist entsprechend der aktuellen Leitlinien der europäischen Konsensusgruppe (Schmoll et al. 2004) verzichtbar. Das Gleiche gilt für die neuronenspezifische Enolase, die weder in der Primärdiagnostik noch im Follow-up eine Rolle spielt.
26.1.2 Molekularbiologische Aspekte
bei der Entstehung und Behandlung von Keimzelltumoren F. Mayer, A.S. Merseburger, M.A. Kuczyk, J.T. Hartmann Einleitung Keimzelltumoren (KZT) sind eine heterogene Gruppe von Neoplasien, die von Keimzellen abstammen. Die Mehrzahl der KZT entsteht in den Gonaden, deutlich seltener finden sie sich primär extragonadal. In diesem Fall treten sie vorwiegend entlang der Mittellinie des Körpers auf (Mostofi 1973; Bokemeyer et al. 2002). Dieses Verteilungsmuster wird auf die Migrationsroute der primordialen Keimzellen vom Dottersack als Ort ihrer primären Entstehung zur Gonadenanlage während der Embryogenese zurückgeführt (Looijenga u. Oosterhuis 1999; Chaganti u. Houldsworth 2000). Nach Manifestationsalter, Histologie und klinischem Verhalten werden 3 große Gruppen von Keimzelltumoren unterschieden:
die infantilen Keimzelltumoren von Neugeborenen und Kleinkindern,
die Keimzelltumoren von postpubertären Jugendlichen und jungen Erwachsenen und schließlich
die sog. spermatozytischen Seminome bei älteren Männern (Oosterhuis u. Looijenga 2005).
Im Folgenden wird auf die Keimzelltumoren der Jugendlichen und jungen Erwachsenen eingegangen. Diese werden für klinische Belange in zwei Gruppen unterteilt: Seminome und Nichtseminome. Seminome stellen histologisch einheitliche Tumoren dar, deren Zellen in zahlreichen Charakteristiken der normalen primordialen Keimzelle bzw. dem Gonozyten entsprechen (Ulbright 1993; Rajpert-De Meyts et al. 2003). Nichtseminome dagegen sind heterogen und können aus verschiedenen histologischen Subtypen zusammengesetzt sein, welche sämtliche Gewebe der Embryogenese repräsentieren können. Zellen eines embryonalen Karzinoms stellen das undifferenzierte Stammzellkompartiment dar. Sie können in extraembryonales Gewebe im Sinne von Dottersacktumoren oder Chorionkarzinomen oder in embryonales Gewebe aller Keimblätter wie Kutis oder Knorpelgewebe als reife oder unreife Teratome differenzieren (Ulbright 1993). Die Unterscheidung von reifen und unreifen Teratomanteilen ist schwierig und nicht immer unzweifelhaft möglich.
Embryonaler Ursprung von Keimzelltumoren Anfang der 1970-er Jahre wurde erstmals ein sog. »Carcinoma in situ« des Hodens beschrieben (Skakkebaek 1972). Mittlerweile ist das »Carcinoma in situ«, in Deutschland als testikuläre intratubuläre Neoplasie (TIN) bezeichnet, als die obligate Vorläuferläsion aller KZT des erwachsenen Mannes akzeptiert (Gondos u. Migliozzi 1987). Mehrere phänotypische Eigenschaften unterstützen die Annahme, dass die primordiale Keimzelle bzw. der Gonozyt die Ursprungszelle der prämalignen TINZelle ist (Gondos 1993; Rajpert-De Meyts et al. 2003). Die primordialen Keimzellen migrieren von der Allantois entlang der Mittellinie des Körpers in Richtung des gonadalen Blastems, welches sie in der 6./7. Gestationswoche erreichen. Ab diesem Zeitpunkt werden sie als
645 26.2 · Onkologische Kennzeichen
Gonozyten bezeichnet, biologisch sind sie aber weiterhin mit den primordialen Keimzellen identisch (Looijenga u. Oosterhuis 1999; Chaganti u. Houldsworth 2000). Gonozyten können im Hoden von Neugeborenen und Kleinkindern bis zum Ende des 1. Lebensjahres identifiziert werden (Wylie 1999). Wenn KZT tatsächlich aus transformierten primordialen Keimzellen oder Gonozyten entstehen, müsste die Tumorentstehung ihren Ursprung bereits während oder kurz nach Abschluss der intrauterinen Entwicklung nehmen. Kürzlich konnten jedoch aus adultem Hoden pluripotente Stammzellen isoliert werden, aus denen somatisches Gewebe differenziert wurde. Allerdings waren hierfür artefizielle Kulturbedingungen notwendig, unter denen die Zellen einige Eigenschaften der Gonozyten wie z. B. die Oct3/4-Expression wiedererlangen (Conrad et al. 2008). Die Befunde deuten darauf hin, dass pluripotente Zellen auch im adulten Hoden gefunden werden können; demzufolge müsste zumindest die Initiierung von Nichtseminomen theoretisch auch in dieser Lebensphase möglich sein. Die Pluripotenz der primordialen Keimzellen wird durch den Transkriptionsfaktor Oct3/4 erhalten. Eine Ausschaltung von Oct3/4 resultiert sowohl im humanen als auch im Mausmodell in einer Differenzierung. Oct3/4 hat sich mittlerweile als ein guter diagnostischer Parameter etabliert, der Nachweis ist durch eine einfache Immunhistochemie möglich (de Jong et al. 2005).
Genetische Veränderungen bei KZT und ihren Vorläufern KZT zeichnen sich durch eine Reihe genetischer Veränderungen aus. Bereits die Zellen der TIN sind durchgehend aneuploid (Oosterhuis et al. 1997). Zu diesem Zeitpunkt – also vor einem invasiven Tumorwachstum außerhalb der Tubuli seminiferi – ist der Chromosomensatz etwa tetraploid. Während der Progression in ein Seminom oder ein Nichtseminom werden ganze Chromosomen und/oder Teile von Chromosomen verloren, so dass schließlich ein hypertriploider Chromosomensatz bei Seminomen und ein hypotriploider Chromosomensatz bei Nichtseminomen resultieren. Sämtlichen invasiven KZT sind verschiedene chromosomale Veränderungen gemeinsam. Die konsistenteste von diesen Veränderungen ist eine Überrepräsentation von bestimmten Abschnitten des kurzen Armes auf Chromosom 12, die prinzipiell bei allen invasiven Tumoren vorliegt. In 80% der Fälle wird die Überrepräsentation durch die Ausbildung eines Isochromosoms i12p erreicht. Bei einem Teil der verbleibenden 20% liegt eine Amplifikation bestimmter Abschnitte von 12p vor (Sandberg et al. 1996; Mostert et al. 1998). Da sich die
Überrepräsentation von 12p erst nach Ausbildung eines invasiven Wachstumsverhaltens nachweisen lässt, wurde ein Zusammenhang mit der Fähigkeit der Keimzellen postuliert, außerhalb ihrer natürlichen Umgebung ohne direkten Kontakt zu Sertoli-Zellen zu überleben (Rosenberg et al. 2000; Ottesen et al. 2003). Weitere häufige zytogenetische Veränderungen sind Verluste der Chromosomen 4; 5, 11, 13, 18 und Y sowie Zugewinne der Chromosomen 7, 8, und X. Unterschiede zwischen Seminomen und Nichtseminomen finden sich bezüglich der Chromosome 15, 17, 19 und 22. Das Nebeneinander von gemeinsamen und unterschiedlichen genetischen Veränderungen bei Seminomen und Nichtseminomen spricht wie auch das Auftreten von Mischformen für den gemeinsamen Ursprung beider Entitäten.
Biologische Grundlage der Chemotherapieempfindlichkeit von KZT Die außergewöhnliche Empfindlichkeit von KZT gegenüber Chemotherapie reflektiert vermutlich die Eigenschaften der Ursprungszelle – primordiale Keimzelle bzw. Gonozyt – und der von diesen Zellen abstammenden frühen embryonalen Zellen. Aus einem teleologischen Blickwinkel erscheint es von übergeordneter Bedeutung, dass die genetische Information von Stammzellen intakt bleibt. Entsprechend werden bereits geringe DNA-Schäden durch Tod der geschädigten Zelle eliminiert, um eine Vervielfältigung des Schadens durch Teilung und Weitergabe an die folgenden Zellgenerationen zu vermeiden. Auf diese Weise werden unumgängliche Fehler bei der DNA-Reparatur vermieden (Cairns 2002). Die bei der zytostatischen Behandlung von KZT eingesetzen Substanzen, allen voran Cisplatin als die Wichtigste, wirken direkt oder indirekt über eine Schädigung der DNA. Man geht davon aus, dass Cisplatin die Tumorzelle durch Aktivierung eines Zelltodprogramms, also durch Apoptose, abtötet. In Bezug auf KZT wurde in diesem Zusammenhang das p53-Protein als die entscheidende Determinante betrachtet. 50% aller Malignome weisen inaktivierende p53-Mutationen auf (Hainaut et al. 1997). Die Mehrzahl dieser Mutationen sind Missense-Mutationen, die in einem trunkierten Protein mit veränderter oder eingeschränkter Funktion und verlängerter Halbwertszeit resultieren. p53 kann einen G1/S-Phase-Arrest über die Transaktivierung des Zielgens p21 vermitteln. Involviert in diesen Arrest sind die zyklinabhängige Kinase 4 (cdk4), das Retinoblastomgenprodukt RB sowie die Wachstumsfaktoren E2F1 und 2. Alternativ kann p53 einen apoptotischen Zelltod über den mitochondrialen Apoptoseweg einleiten. Hierbei sind u. a. BAX, ein proapoptotisches Mitglied
26
646
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
der BCL2-Familie, Cytochrom c, APAF-1, Kaspase 9 und letztlich Effektorkaspasen beteiligt. p53-Mutationen wurden bei KZT bislang kaum gefunden. Gleichzeitig wurden die meisten KZT bei immunhistochemischen Untersuchungen als p53-positiv eingestuft (Zusammenstellung bei Kersemaekers et al. 2002). Entsprechend sehen zahlreiche Autoren in dem hohen Gehalt an Wildtyp-p53 die Erklärung für das gute Therapieansprechen bei KZT. Die experimentellen Belege der Hypothese beziehen sich vorrangig auf Experimente an der von einer Maus stammenden P19-Teratokarzinomzelllinie (Lutzker et al. 2001; Lutzker u. Levine 1996). Dagegen korrelierte bei humanen Linien der p53-Status nicht mit der Chemotherapieempfindlichkeit (Burger et al. 1997, 1999). Auch bei der Untersuchung von humanen Tumorproben zeigten weder die p53-Expression noch der Mutationsstatus eine Korrelation mit dem Therapieansprechen (Kersemaekers et al. 2002). Der Nachweis von p53-Mutationen in einer Serie von rezidivierten KZT ist in diesem Zusammenhang schwer zu interpretieren, da sämtliche Mutationen in reifen Teratomen bzw. sekundären NichtKeimzelltumoren nachgewiesen wurden – Entitäten, die unabhängig von p53 eine intrinsische Chemotherapieresistenz aufweisen (Houldsworth et al. 1998). Andererseits zeigt die Korrelation zwischen p53 und Apoptose ohne Nachweis von p21 die Funktionalität von p53 bei KZT und unterstreicht die Weichenstellung weg von einem Zellzyklusarrest, der z. B. Reparaturvorgängen Zeit geben könnte, hin zur Apoptose (Mayer et al. 2003). Diese Weichenstellung könnte durch die Expression von endogenen kleinen RNA (miRNA), speziell den miRNA372 und miRNA-373, vermittelt werden, welche die sonst übliche p53-vermittelte Aktivierung zyklinabhängiger Kinasen mit nachfolgendem Zellzyklusarrest, unterdrückt (Voorhoeve et al. 2006). Der p53-Gehalt der KZT ist folglich nicht intrinsisch erhöht, der Reaktionsweg in Richtung Apoptose ist aber intakt und die Zellen können den Weg bei zellulärem Stress aktivieren. Der Stellenwert der Zellzykluskontrolle für den Cisplatin-induzierten Zelltod in Zelllinien von KZT ist gut untersucht: Nach Cisplatin-Behandlung arretieren die Zellen in G2/M und sterben aus dieser Zellzyklusphase heraus ab. Dabei findet nicht nur Ausführung der Apoptose in dieser Phase statt, sondern auch Schadenserkennung und Initiierung der Apoptose. Die Zellen sind bei Behandlung in G2/M empfindlicher als in G1/S. Die Abhängigkeit der Cisplatin-induzierten Apoptose von der G2/M-Phase ist – wie später noch diskutiert wird – gut vereinbar mit der Annahme, dass das DNA-Mismatch-Repair-System (MMR) den Cisplatin-induzierten DNA-Schaden erkennt und die Apoptose einleitet (Mueller et al. 2006).
Eine vollständige Reparatur von DNA-Schäden vor Einleitung des Apoptoseprogramms verhindert die Wirkung eines Zytostatikums mit Ansatz an der DNA. KZT wurde die Fähigkeit zur effektiven Reparatur von Cisplatin-induzierten DNA-Schäden durch den »nucleotide excision repair pathway« (NER) abgesprochen, der Defekt wurde nach In-vitro-Untersuchungen auf niedrige Werte von Xeroderma-pigmentosum-group-A-Protein (XPA) zurückgeführt. XPA ist üblicherweise nicht geschwindigkeitsbestimmend, es ist jedoch quasi als Gerüst für die korrekte Anordnung der verschiedenen NER-Komponenten essenziell für einen reibungslosen Ablauf der Reparatur (Koberle et al. 1997, 1999). Allerdings fehlen auch hier die klinischen Korrelationen zwischen XPA-Gehalt und Ansprechen (Honecker et al. 2003), auch neue experimentelle Befunde sprechen gegen eine Rolle von XPA bei der Bestimmung der Therapieempfindlichkeit der KZT (Koberle et al. 2008). Bei der Analyse von verschiedenen Mitgliedern der BCL-2-Familie wurde – wiederum in vitro – die hohe Empfindlichkeit der KZT gegenüber Etoposid, neben Cisplatin die am häufigsten eingesetzte Substanz bei der Behandlung von KZT, durch ein deutliches Überwiegen von proapoptotischem BAX gegenüber dem antiapoptotischen BCL-2 erklärt (Chresta et al. 1996). Eine weitere Eigenschaft, die die Therapieempfindlichkeit der KZT begünstigt, ist das Fehlen von einigen Transportproteinen, welche Zytostatika vor Erreichen des Zellkerns als Ort ihrer Wirkungsentfaltung aus der Zelle entfernen können. So weisen invasive KZT keine Expression von MRP2 oder BCRP auf, auch das LRP wird nicht exprimiert (Mayer et al. 2003). Es ist davon auszugehen, dass die Empfindlichkeit der invasiven KZT gegenüber Cisplatin-basierter Chemotherapien nicht durch einen einzelnen Faktor zu erklären ist. Sie scheint vielmehr Folge multipler Einflüsse, welche die Apoptoseinduktion auf zahlreichen Ebenen begünstigen.
Mögliche Resistenzmechanismen gegenüber Cisplatin Resistenzmechanismen gegenüber der Wirkung von Cisplatin können auf allen Schritten der intrazellulären Abläufe nach Zytostatikaexposition beginnend mit der CisplatinAufnahme in die Zelle bis hin zur Ausführung der Apoptose durch Effektorkaspasen angreifen. Um die Diskussion der Vielzahl möglicher Faktoren zu vereinfachen, werden im Folgenden vier verschiedene Gruppen unterschieden. Die 1. Gruppe umfasst Faktoren, die die intrazelluläre Cisplatin-Konzentration reduzieren, so dass primär weniger DNA-Schäden durch Cisplatin gesetzt werden. Die 2. Gruppe umfasst Faktoren, die für eine vollständige Revision der gesetzten Schäden sorgen, bevor die Zelle weitere Konsequenzen aus den Veränderungen zieht. Die
647 26.2 · Onkologische Kennzeichen
3. Gruppe umfasst Mechanismen, die die Erkennung der gesetzten Schäden verhindert, so dass es trotz Entstehung toxischer DNA-Addukte nicht zum Zelluntergang kommt. Die Trennung der zweiten und dritten Gruppe ist nach derzeitigem Wissensstand etwas arbiträr, da verschiedene Reparaturmechanismen sowohl effektiv reparieren als auch eine Apoptose einleiten können. Vermutlich dominiert unter jeweils gegebenen Umständen jedoch die eine oder andere Funktion, so dass die getrennte Diskussion legitim erscheint (Bernstein et al. 2002). In der 4. Gruppe schließlich kann sich Resistenz ausbilden, wenn trotz Schadenserkennung und Initiierung des Apoptoseprogramms dessen Ausführung durch Überwiegen von antiapoptotischen Einflüssen bzw. Defekte innerhalb der Apoptosekaskade verhindert wird.
Guppe 1: Reduktion der intrazellulären Cisplatin-Konzentration Die intrazelluläre Konzentration von Cisplatin kann durch eine verringerte Aufnahme, eine vermehrte Ausschleusung oder eine Entgiftung durch Konjugation erfolgen. Cisplatin ist ein Substrat von organischen Kationenentransportern (OCT), über welche es in die Zellen gelangt. Zusammenhänge zwischen diesen Transporten, der intrazellulären Akkumulation von Cisplatin und der Zytotoxizitäten wurden beschrieben (Kitada et al. 2008). Desweiteren werden ein Kupfertransporter und Na-KATPasen mit der intrazellulären Akkumulation und Resistenzentwicklung in Verbindung gebracht (Kishimoto et al. 2006). Untersuchungen zu KZT in dieser Hinsicht liegen bislang jedoch nicht vor. Wenngleich Cisplatin kein Substrat für P-Glykoprotein, das Genprodukt des sog. »multidrug resistance gene« (MDR), ist, zeigen andere ATP-abhängige Transportproteine der »ATP-binding cassette superfamily of transporters« (ABC-Transporter) sehr wohl Affinität für Cisplatin (Borst et al. 2000; Konig et al. 1999; Konig et al. 1999). Entsprechend kann die Überexpression dieser Pumpen Cisplatin-Resistenz vermitteln (Konig et al. 1999). Mit Ausnahme von MRP1 weisen immunhistochemischen Analysen zufolge die invasiven Komponenten von KZT überwiegend geringe Spiegel der ABC-Transporter PgP, MRP2 und BCRP auf. Die Überexpression des »major vault protein« oder »lung resistance protein« LRP erreicht den gleichen Effekt, nämlich die Elimination des aktiven Cisplatin vor Erreichen der DNA, auf eine andere Art (Scheffer et al. 1995). Nur in einzelnen chemotherapierefraktären Tumoren wurde eine deutliche Expression von MRP2 und LRP nachgewiesen, so dass bislang offen bleiben muss, ob Zytostatikaexportpumpen klinisch relevante Resistenzmechanismen darstellen (Mayer et al. 2003).
In engem Zusammenhang mit der Aktivität der ABCTransporter steht die Fähigkeit der Zellen, Zytostatika z. B. mit Glutathion zu konjugieren, da die konjugierten Substrate effizienter exportiert werden. Die Erhöhung des Gehaltes an Metallothionin oder Glutathion sowie die Überexpression der Glutathion-S-Transferase (GST) sind somit weitere potenzielle Resistenzmechanismen. Zumindest an Zelllinien wurde eine erhöhte GST-Aktivität mit einer Resistenz gegenüber Cisplatin korreliert (Masters et al. 1996).
Gruppe 2: Erhöhung der Kapazität der DNA-Reparatur Hat Cisplatin die DNA erreicht und die toxischen DNAAddukte gebildet, können im Rahmen einer Resistenzentstehung die Schäden revidiert werden, bevor die Zelle weitere Schritte in Richtung Apoptose unternommen hat. Verantwortlich für die Reparatur der Cisplatin-induzierten Schäden ist der NER (Reed 1998). Nach aktueller Datenlage dürften Alterationen an diesem Reparaturmechanismus bei KZT klinisch keine Relevanz besitzen (Honecker et al. 2003; Koberle et al. 2008).
Gruppe 3: Beeinträchtigte Schadenserkennung bzw. Störung der Schnittstelle zwischen Schadenserkennung und Apoptosekaskade Im Gegensatz zum NER vermag ein anderer DNA-Reparaturmechanismus, der »DNA mismatch repair pathway« (MMR), die Cisplatin-induzierten DNA-Schäden nicht effizient zu beseitigen. Vielmehr scheint er nach Erkennung der Schäden die Brücke zur Apoptoseeinleitung zu bilden. Prinzipiell entfernt der MMR Nukleotide, die durch DNA-Polymerasen im Doppelstrang irregulär eingebaut wurden. Ebenso werden Schleifen, die durch ein »Verrutschen« von DNA-Polymerasen während der Replikation von repetitiven Sequenzen letztlich unweigerlich mit einer gewissen Häufigkeit entstehen, korrigiert. Defekte des MMR zeigen sich somit in einer größeren Variabilität von solchen repetitiven Sequenzen, den sog. Mikrosatelliten. Folglich können funktionelle Defizite des MMR an einer Instabilität der Mikrosatelliten abgelesen werden. Der Verlust bzw. Defekte von MMR-Faktoren wurden mit einem besseren Ansprechen auf Topoisomerase-I-Inhibitoren wie Topotecan oder Irinotecan korreliert (Jacob et al. 2001). Gleichzeitig wird den identischen Störungen des MMR eine Resistenzvermittlung gegenüber Cisplatin, Alkylanzien, Methotrexat und dem Topoisomerase-IIInhibitor Doxorubicin zugesprochen (Aebi et al. 1996, 1997; Lage u. Dietel 1999). Die Resistenzentwicklung kann durch zwei unterschiedliche Szenarien erklärt werden. Einige MMR-Faktoren, vorrangig MLH1 und MSH2, können, wie oben
26
648
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
erwähnt, bei frustraner Schadensreparatur die Brücke zur Apoptoseinduktion schlagen. Somit führt der Ausfall der entsprechenden Faktoren direkt zu einem Ausbleiben der Apoptose und zur Resistenz (Lage u. Dietel 1999; Hardman et al. 2001). Alternativ könnte die Akkumulation von Mutationen durch die Mikrosatelliteninstabilität die Ausbildung eines resistenten Phänotyps als Selektionseffekt unter dem Selektionsdruck einer Behandlung erlauben (Fink et al. 1998). Sowohl MMR als auch die Stabilität einiger Mikrosatellitensequenzen wurden in mehreren Serien von KZT untersucht. Dabei zeigten sich stabile Mikrosatellitensequenzen als Ausdruck eines funktionstüchtigen MMR (Huddart et al. 1995; Faulkner u. Friedlander 2000; Lothe et al. 1995; Devouassoux-Shisheboran et al. 2001). Mikrosatelliteninstabilität in mehreren Loci wurde lediglich bei refraktären Tumoren beschrieben (Mayer et al. 2002; Velasco et al. 2004; Honecker et al. 2009). Der einzige weitere Parameter, für den bei Tumorpatienten eine Korrelation mit einem resistenten Phänotyp beschrieben wurde, ist die B-raf-Mutation V600E, die häufig gleichzeitig mit einer Mikrosatelliteninstabilität gefunden wurde (Honecker et al. 2009). Diese Befunde zeigen eine Korrelation zwischen Chemotherapieresistenz und dem Auftreten einer Mikrosatelliteninstabilität bei KZT. Die klinische Relevanz sollte in prospektiven Studien bestätigt werden.
Gruppe 4: Verhinderung der vollständigen Ausführung der Apoptosekaskade Ist der Cisplatin-induzierte DNA-Schaden einmal erkannt, wird ein Apoptoseprogramm aktiviert. Welcher Weg dabei beschritten wird, ist Gegenstand kontroverser Diskussion. In einem mitochondrialen Apoptoseweg können Defekte einzelner Komponenten wie Verlust von Kaspasen bzw. die Überexpression antiapoptotischer Proteine der BCL-2-Familie eine Resistenz gegenüber Cisplatin auf diesem letzten Schritt der Zytostatikawirkung induzieren. Hohe Spiegel von BCL-2 konnten mit einer ungünstigen Prognose bei akuter myeloischer Leukämie, Neuroblastomen und Urothelkarzinomen korreliert werden (Antonsson u. Martinou 2000). Auch in vitro erreicht die Inhibition von Kaspasen eine größere Resistenz gegenüber verschiedenen proapoptotischen Stimuli. Bis auf In-vitro-Daten zur Beeinflussung der Aktivität von Etoposid durch die BCL-2Familie finden sich diesbezüglich keine Informationen zu KZT. Andere Autoren sehen eher in einem todesrezeptorvermittelten Zelluntergang Ansatzpunkte für eine Resistenzentwicklung, die Einschätzung beruht bislang auch in diesem Fall nur auf In-vitro-Daten (Spierings et al. 2003a).
Intrinsische Therapieresistenz bei reifen Teratomen Reife Teratome entsprechen den komplett somatisch differenzierten Geweben der embryonalen bzw. fetalen Entwicklung. Im Gegensatz zu den übrigen histologischen Komponenten von Keimzelltumoren sprechen sie nicht auf Chemotherapie an. Auf zellulärer Ebene wurden hierfür zahlreiche Erklärungsmöglichkeiten gefunden: Teratome exprimieren verschiedene ABC-Transporter und verfügen über hohe GST-Spiegel. Im Gegensatz zu den invasiven Komponenten verfügen sie über hohe p21- und RB-Spiegel, so dass bei ihnen auf zellulären Stress und p53-Induktion nicht mit Apoptose, sondern mit einem Zellzyklusarrest reagiert werden dürfte (Spierings et al. 2003b; Strohmeyer et al. 1991). Antiapoptotische Faktoren der BCL-2-Familie werden bei Teratomen im Vergleich mit den invasiven Komponenten vermehrt gefunden. Entsprechend dürfte der resistente Phänotyp der reifen Teratome Folge multipler Faktoren sein. Die Expression dieser Resistenzmarker auch ohne vorangegangene Exposition gegenüber Zytostatika ist vermutlich Ausdruck der somatischen Differenzierung der Zellen. Es ist anzunehmen, dass eine Zelle, die die somatischen Eigenschaften gesunder Körperzellen teilt, durch eine systemische Therapie welcher Art auch immer nicht spezifisch abzutöten ist, ohne dabei auch gesunde Zellen zu schädigen. Die komplette Resektion der reifen Teratome dürfte somit auch in Zukunft Mittel der Wahl bleiben.
26.3
Diagnostik
S. Krege, R. Souchon 26.3.1 Tastbefund
Patienten mit einem Hodentumor stellen sich mit den Symptomen einer schmerzlosen Vergrößerung des Hodens oder tastbaren Knoten vor. Eventuell besteht auch nur ein Schweregefühl im Hodensack. Tatsächlich kann die Diagnose bei 97% der Hodentumoren anhand des Tastbefundes gestellt werden, so dass dies der erste Schritt der Diagnostik sein muss. Beurteilt werden die Größe des Hodens, seine Oberfläche und die Konsistenz. Nebenhoden und Samenstrang werden in die Untersuchung einbezogen. Ebenso sollten die inguinalen und supraklavikulären sowie die axillären und zervikalen Lymphknoten palpiert werden. Als möglicher Ausdruck einer ausgedehnten lymphogen Metastasierung beim Hodentumor kann klinisch
649 26.3 · Diagnostik
eine Vergrößerung supraklavikulärer Lymphknoten erfasst werden. Bei bereits fortgeschrittenen Tumoren klagen Patienten oftmals neben allgemeinen Tumorsymptomen wie Abgeschlagenheit und Gewichtsabnahme über Rückenschmerzen. Bei tiefer abdominaler Palpation lassen sich evtl. retroperitoneale Metastasen, insbesondere bei Lymphomkonglomeraten (= «bulky disease«) tasten.
Erkrankungen mit HCG- und β-HCG-Erhöhung
Gonadale und extragonadale Keimzelltumoren
Chorionkarzinom 100%
Blasenmole
Magenkarzinom
Pankreaskarzinom
Hepatozelluläres Karzinom
Urothelkarzinom
Benigne Zysten
26.3.2 Skrotale Sonographie
In palpatorisch unklaren Fällen ist die hochauflösende skrotale Sonographie mit einem 5–10-MHz-Schallkopf indiziert (Hamm 1997). Hiermit lassen sich intra- von extratestikulären Läsionen abgrenzen, ebenso sind zystische von soliden Prozessen zu differenzieren. Das Reflexmuster der meisten Tumoren ist hyporeflexiv oder gemischt. Immer sollte im Vergleich und zur Abklärung eines Zweittumors auch der kontralaterale Hoden mitbeurteilt werden. Wichtig ist der Vergleich mit der Gegenseite besonders dann, wenn der betroffene Hoden in seiner Gesamtheit von Tumor ausgefüllt ist und ein homogenes Reflexmuster bietet. Zur Festlegung der Dignität des Tumors bedarf es dennoch der histologischen Untersuchung. Bei der Sonographie des kontralateralen Hodens bietet sich in bis zu 40% das Bild von über den Hoden verteilten Mikroverkalkungen, sog. Sternhimmelphänomen. Besonders häufig ist dieses Phänomen in hypotrophen Hoden zu finden. Diese Mikroverkalkungen können ein Hinweis auf das Vorliegen einer testikulären intraepithelialen Neoplasie (TIN) sein (Holm et al. 2003). Zur Darstellung intratestikulärer Prozesse eignet sich ebenso die Magnetresonanztomographie (MRT) (NaglerReus et al. 1995). Doch ist diese entbehrlich, da auch hiermit keine ausreichend sichere Dignitätszuordnung möglich ist. Diese ist allein durch die Freilegung bzw. Entfernung des Hodens mit nachfolgender histologischer Beurteilung möglich.
26.3.3 Tumormarker
2/3 der Hodentumoren produzieren Tumormarker. Spezifisch für den Hodentumor sind α-Fetoprotein (AFP) und humanes β-Choriongonadotropin (β-HCG; Salesi et al. 2002). AFP wird allerdings nur von Nichtseminomen produziert. Ergibt die Histologie des Tumorpräparates ein reines Seminom, ist aber das AFP erhöht, so wird der Tumor im Weiteren als Nichtseminom behandelt. AFP und β-HCG können allerdings auch bei anderen Erkrankungen erhöht sein ( Tab. 26.4).
Dies sollte anamnestisch abgeklärt werden. Beim Seminom wird der plazentaren alkalischen Phosphatase (PLAP) eine gewisse Indexfunktion zugewiesen. In der DATECA-Studie wurde dieser Marker bei 95% der Seminome immunhistochemisch nachgewiesen (Jacobsen u. Norgaard Pedersen 1986). Der Normwert bei Nichtrauchern beträgt 100 U/l. Bei Rauchern kann dieser Marker unspezifisch erhöht sein. Der Stellenwert der PLAP ist nicht abschließend geklärt. Die Laktatdehydrogenase (LDH) ist ein unspezifischer Marker. Dieser hat jedoch eine Bedeutung für die Prognose des Tumors und findet daher bei der Zuordnung zur Prognoseklassifikation Berücksichtigung (IGCCCG 1997). Des Weiteren eignet er sich für die Verlaufskontrolle. AFP und β-HCG haben Bedeutung bei der Diagnosesicherung (Canil u. Tannock 2002). Insbesondere kann bei primär extragonadalen Befunden bei erhöhten Markern auf die histologische Sicherung verzichtet und unmittelbar mit einer Chemotherapie begonnen werden. Ergibt die Bildgebung im Rahmen der Ausbreitungsdiagnostik unauffällige Befundkonstellationen, fallen aber prätherapeutisch erhöhte Marker nach Entfernung des tumortragenden Hodens nicht in den Normbereich ab (Normwert für AFP bis 8,5 ng/ml, für β-HCG bis 2 mU/ ml), so muss von einer okkulten Metastasierung ausgegangen werden (May et al. 2004). Wichtig sind die Marker zudem im Rahmen des Therapiemonitorings bzw. in der Nachsorge (Mazumdar et al. 2001). Steigen sie unter einer antineoplastischen Therapie an, ist von einer Progression auszugehen. Abzugrenzen hiervon sind lediglich kurzfristige Anstiege unmittelbar nach Beginn einer Chemo- oder Radiotherapie. Diese Anstiege sind begründet in einer therapeutisch induzierten Freisetzung durch Tumorzerfall. Ein Anstieg in der Nachsorge weist auf einen Erkrankungsrückfall hin. Bei minimalem Anstieg über den Normwert und unauffälligen Befunden in der Bildgebung sollte abgeklärt werden, ob heterophile Antikörper vorliegen. Die Tumormarker sollten zweimal vor der Hodenfreilegung bzw. Ablatio testis bestimmt werden, um korrekte
26
650
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Ausgangswerte für die Berechnung der Halbwertszeiten zu haben. Ebenso sind mehrfache Bestimmungen nach der Semikastration erforderlich, um zu prüfen, ob die Tumormarker entsprechend ihren unterschiedlichen Halbwertszeiten zeitentsprechend abfallen und den Normbereich erreichen. Erst anhand der dann erreichten Marker wird das Stadium festgelegt, also z. B. der letzte Marker vor Beginn einer Chemotherapie. Auch sind ihre Bestimmungen vor jeder weiteren Therapiemaßnahme, bei einer Chemotherapie vor jedem Zyklus, erforderlich. Auch sollten die Marker in der Nachsorge regelmäßig bestimmt werden, unabhängig davon, ob sie primär erhöht waren, da auch Tumormetastasen primär markernegativer Tumoren zur Expresssion von Markern fähig sein können.
26.3.4 Blickdiagnose, Biopsie
Die explorative Freilegung des tumortragenden Hodens erfolgt über einen Inguinalschnitt. Der Hoden wird aus dem Skrotum hervorluxiert. Nach Umlegen mit einem Tuch werden die Hodenhüllen eröffnet und das tumortragende Areal inzidiert. Die Diagnose ist dann meist eine Blickdiagnose. Besteht eine Unsicherheit bezüglich der Dignität, wird eine Probe zur Schnellschnittuntersuchung geschickt. Der Hoden wird samt Samenstrang in Höhe des inneren Leistenringes abgesetzt. In der gleichen Narkose kann vom Gegenhoden über eine Skrotalinzision eine offene Biopsie entnommen werden, da in 5% der Fälle im kontralateralen Hoden eine Präkanzerose, die sog. testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN), vorliegt (Dieckmann u. Loy 1996). Besonders hoch ist das Risiko bei einem Patientenalter unter 30 Jahren und einem Hodenvolumen unter 12 ml. Eine aktuelle Studie konnte zudem zeigen, dass durch eine Doppelbiopsie an zwei unterschiedlichen Stellen des Hodens eine höhere Rate an TIN-positiven Fällen ermittelt werden konnte als durch nur eine Biopsie, was die These widerlegt, dass die TIN ubiquitär im Hoden verteilt ist (Dieckmann et. al 2007).
26.3.5 Ausbreitungsdiagnostik
Neben der Histologie und der Bestimmung der Tumormarker bedarf es der bildgebenden Ausbreitungsdiagnostik, um den Patienten mit einem Hodentumor stadienund prognosegerecht zu klassifizieren (IGCCCG 1997; Sobin u. Wittekind 2002). Im Falle einer für den Hodentumor typischen lymphogenen systemischen Progression sind die infradiaphragmalen paraaortalen und parakavalen Lymphknoten
als erste Stationen betroffen. Sie werden mittels eines Computertomogrammes (CT) des Abdomens beurteilt. Das Becken sollte aber auch in das CT einbezogen werden. Einziges Kriterium, das zur Festlegung des Befundes eines Lymphknotens als maligne herangezogen wird, ist die Größe des Lymphknotens (Krug et al. 1999). Lymphknoten >1 cm gelten als malignitätsverdächtig. Trotz modernster Techniken sind die Ergebnisse des CT in bis zu 30% falsch-negativ und in ca. 20% falsch-positiv. Eine Verbesserung der Vorhersage positiver Lymphknoten lässt sich durch Einbeziehen der Lokalisation der Befunde, Charakteristika des Primärtumors und Markerhöhe erzielen (Nicolai et al. 2004). Eine Sonographie des Retroperitoneums ist für das Staging unzureichend. Sie weist im Vergleich zum CT eine geringere Sensitivität und Treffsicherheit auf. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) von Abdomen/Becken bringt keinen zusätzlichen diagnostischen Gewinn und ist daher nur bei Kontraindikation gegen die intravenöse Applikation von Kontrastmittel einzusetzen. Derzeit wird kontrovers diskutiert, ob die Sensitivität der für das Staging als unverändert obligat angesehenen CT oder die einer Positronen-Emissionstomographie (PET) höher ist für die Detektion einer retroperitonealen gering ausgeprägten Lymphknotenmetastasierung und somit zur Differenzierung des Stadiums I gegenüber dem Stadium IIA (Lassen et al. 2003). Zu beachten ist, dass auch die PET zu falsch-negativen Befunden führen kann, beispielsweise bei differenzierten Teratomen, zu falschpositiven bei entzündlichen Reaktionen, und nicht in der Lage ist, Mikrometastasen nachzuweisen (Lassen et al. 2003). Einen gesicherten Stellenwert hat die PET in der Beurteilung von Residualtumoren beim Seminom erlangt (DeSantis et al. 2003). Beim Nichtseminom dagegen war die Vorhersagekraft enttäuschend (Huddart et al. 2008). Beim Abdomen-CT ist differenzialdiagnostisch vor allem die Möglichkeit eines falsch-negativen Befundes bei der Beurteilung von Lymphknoten zu beachten. So können pulmonale/pleurale Veränderungen <1 cm im Thorax-CT zu falsch-positiven Bewertungen Anlass geben (Meyer u. Conces 2002). Bei unauffälligen Verhältnissen im Retroperitoneum ist die Wahrscheinlichkeit für pulmonale Filiae äußerst gering (White et al. 1999). Daher reicht bei Seminomen und Vorliegen dieser Konstellation eine Thoraxröntgenuntersuchung in der Ausbreitungsdiagnostik aus. Bei Vorliegen eines tumorsuspekten pathologischen abdominalen Befundes dagegen sollte ein Thorax-CT angefertigt werden. Skelettszintigraphie und Schädel-CT sind nur bei Vorliegen einer fortgeschrittenen Erkrankung (»intermediate« und »poor prognosis« nach IGCCCG 1997) oder bestehender klinischer Symptomatik indiziert.
651 26.4 · Therapie des Primärtumors
26.3.6 Fertilitätsdiagnostik
Etwa die Hälfte der Patienten mit einem Hodentumor weist bereits vor jedweder therapeutischen Intervention eine Einschränkung im Spermiogramm auf (Kliesch 2003). Durch Chemotherapie oder Bestrahlung wird eine zusätzliche Schädigung verursacht, wobei eine Erholung auf die Ausgangssituation in Abhängigkeit von der Anzahl der Chemotherapiezyklen bzw. der Bestrahlungsdosis zu erwarten ist. So ist z. B. nach einer adjuvanten Chemotherapie mit 1–2 Zyklen Carboplatin beim Seminom oder 2 Zyklen PEB beim Nichtseminom oder einer adjuvanten Bestrahlung mit 20 Gy beim Seminom eine Erholung der Spermiogenese nach 1–2 Jahren erfolgt. Bei umfangreicherer Chemotherapie, insbesondere einer Hochdosischemotherapie, ist dagegen eine dauerhafte Schädigung der Spermiogenese zu erwarten. Unbedingt sollte daher vor Einleitung einer Therapie eine Basisdiagnostik in Form der Bestimmung der Hormonparameter (FSH, LH, Testosteron) und, falls dem Patienten möglich, eines Spermiogrammes erfolgen (Schmoll et al. 2004). Ist bereits sicher, dass aufgrund des Therapieausmaßes eine bleibende Einschränkung der Spermiogenese auftreten wird, sollte der Patient über die Möglichkeit einer Kryokonservierung aufgeklärt werden (Kliesch et al. 2000). Vor einer retroperitonealen Lymphadenektomie, sei es primär oder sekundär, muss der Patient über die Komplikation einer retrograden Ejakulation aufgeklärt werden. Insbesondere trifft dies bei Residualtumorresektionen zu. Daher sollte auch in solchen Fällen, falls nicht durch eine vorhergehende Chemotherapie sowieso die Spermiogenese minimiert wurde, über eine Kryokonservierung gesprochen werden. Diese Patienten sind zudem über die Möglichkeit einer testikulären Spermienextraktion aus dem Resthoden zu informieren (Schmidt et al. 2004).
26.4
Therapie des Primärtumors
K.-P. Dieckmann, A. Heidenreich 26.4.1 Therapieziele
Das vorrangige Therapieziel bei der Behandlung des Primärtumors ist die komplette Resektion des Tumors in kurativer Intention. Das zweite Ziel der Primärtumortherapie ist die diagnostische Sicherung der Verdachtsdiagnose Keimzelltumor (Kliesch 2004; Winter et al. 2005). Die histologische Untersuchung des Primärtumors liefert die therapeutisch entscheidende Weichenstellung zwi-
schen Seminom und Nichtseminom. Histologische Detailbefunde, wie z. B. Gefäßinvasion des Tumors oder die Infiltration des Rete testis, verschaffen Informationen zur Prognoseabschätzung und zur Planung der weiteren Behandlungsschritte (Wittekind 2008; Mikuz 2008). Drittes Ziel ist in ausgewählten Fällen die Wiederherstellung der äußerlichen Integrität des Genitales unter kosmetischästhetischen Gesichtspunkten.
26.4.2 Therapiekonzept
Die Behandlung des Primärtumors steht grundsätzlich am Beginn jeglicher Hodentumortherapie. Dieser Therapieschritt umfasst therapeutische und diagnostische Aspekte in gleicher Weise (Weissbach 1999). Sobald die Operationswunde der Primärtherapie verheilt ist und die Histologie des Tumors gesichert ist, kann die weitergehende Therapie, wie z. B. Strahlentherapie oder Chemotherapie erfolgen. Die Hodentumoroperation ist entgegen früherer Ansicht keine Notfalloperation. Die Ablatio testis kann als elektiver Eingriff zeitlich geplant werden. Die Intervention erfolgt zumeist unter stationären Bedingungen; auch ein ambulantes Vorgehen ist prinzipiell möglich. Eine Therapieverzögerung von zwei bis drei Wochen führt nicht zu einer Kompromittierung der Prognose (Harding et al. 1995; Hernes et al. 1996). Zwar zeigten ältere Daten, dass die Länge des diagnostischen Intervalls mit der Gesamtprognose korreliert (Nikzas et al. 1990), jedoch war die Datenlage nie unwidersprüchlich (Bell et al. 2006; Dieckmann 2007). Die heutige effiziente Therapie kann etwaige verzögerungsbedingte Prognoseeinbußen ausgleichen (Moul 2007). Dennoch bleibt es selbstverständlich, dass unnötige Verzögerungen der Behandlung zu vermeiden sind (Huyghe et al. 2007). Die Primärbehandlung ändert sich vollständig, wenn es sich um einen extrem weit fortgeschrittenen Hodentumor handelt, wie z. B. bei Atmungsinsuffizienz infolge ausgedehnter pulmonaler Metastasierung oder bei symptomatischen Hirnmetastasen (Krege et al. 2008). In dieser Situation würde die Ablatio testis mit Abwarten der Histologie eine unnötige und vital gefährdende Zeitverzögerung der Chemotherapie bedeuten. Die Diagnose Hodentumor muss unter diesen Umständen klinisch gestellt werden, z. B. anhand des skrotalen Palpationsbefundes, der Markererhöhung und des Metastasenmusters (Winter et al. 2005). Die Chemotherapie beginnt dann ohne jegliche Verzögerung. Die Entfernung des Primärtumors erfolgt erst nach Eintreten einer Metastasenregression (Geldart et al. 2002; Albers et al. 2005; Ramani et al. 2008).
26
652
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
26.4.3 Operative Therapie
Inguinale Ablatio testis
26
Die operative Entfernung des tumortragenden Hodens wird heute als »inguinale Ablatio testis« bezeichnet (Kliesch 2004). Die älteren Begriffe »Semikastration« und »Orchiektomie« sind sprachlich unpräzise und sollten nicht mehr verwendet werden. Der Eingriff beginnt mit einer Inzision im Verlaufe der Hautspaltlinien in der Leiste knapp kranial des Leistenbandes (Daneshmand u. Skinner 2003; Pont u. Höltl 2005). Die Lokalisation des Hautschnittes ist identisch mit dem Zugang zur Operation der Leistenhernie. Nach Durchtrennung der subkutanen Fettgewebsschicht wird der äußere Leistenring dargestellt. Der Funiculus spermaticus wird mit einem Tourniquet oder mit einer weichen Darmklemme gedrosselt, um eine Tumorzellaussaat zu verhindern. Dieses tumorchirurgische Prinzip wurde 1906 von Chevassu eingeführt (Goldstein u. Waterhouse 1983) und wird daher gelegentlich auch als »Chevassu-Manöver« bezeichnet. Nun kann der Skrotalinhalt hervorgebracht werden. Zu diesem Zweck muss das Gubernaculum testis durchtrennt werden. Beim Lösen des Samenstranges aus Skrotum und Leiste müssen die Fasern des M. cremaster, die in den Samenstrang einmünden, vorsichtig abgelöst und koaguliert oder ligiert werden. Ist die Diagnose des Hodentumors zu diesem Zeitpunkt noch unsicher, so kann nun eine histologische Schnellschnittuntersuchung durchgeführt werden (Wittekind 2008; Leroy et al. 2003; Krege et al. 2008). Die Tunica vaginalis des Hodens wird zu diesem Zweck eröffnet, der Hoden wird komplett freigelegt. Die Tunica albuginea testis wird in querer (radiärer) Richtung parallel zum Verlauf der unter der Tunica erkennbaren Blutgefäße eröffnet. Aus dem darunter zum Vorschein kommenden Tumor wird nun eine Gewebsprobe zur Schnellschnittuntersuchung entnommen. Die Gefrierschnittuntersuchung besitzt eine Sensitivität von über 90% zur Erkennung von malignen Prozessen (Steiner et al. 2003; Elert et al. 2002). Weniger gut gelingt hierbei die Differenzialdiagnose zwischen Seminom und nichtseminomatösen Keimzelltumoren, allerdings ist diese Unterscheidung für intraoperative Entscheidungen auch ohne Konsequenz. Um eine Tumorzellkontamination zu vermeiden, wird die Tunica albuginea wird mit fortlaufender Naht verschlossen, und der Hoden wird mit einem Operationstuch umhüllt. Die Ablatio testis wird fortgesetzt durch Eröffnung des Leistenkanals. Nach Spaltung der Externusaponeurose wird der Samenstrang freipräpariert bis hin zur Umschlagsfalte des Peritoneums. Um ausreichenden Zugang zum inneren Leistenring zu gewinnen, muss häufig der M. obliquus internus in seinem kaudalen An-
Abb. 26.3. Operationssitus bei inguinaler Ablatio testis. Notabene: inguinale Inzision; der Samenstrang ist mit einer Darmklemme gesichert; Samenstrangsgefäßbündel und Ductus deferens werden selektiv mit Overholt-Klemmen abgesetzt
teil gespalten werden. Das Samenstrangsgefäßbündel und der Ductus deferens werden selektiv abgesetzt (Albers u. Dieckmann 1998; Abb. 26.3). Das Gefäßbündel sollte besonders sorgfältig verschlossen werden, vorzugsweise mit Umstechung und zusätzlicher Ligatur, weil durch Abgleiten eines venösen Astes aus einer »einfachen« Ligatur ausgedehnte retroperitoneale Nachblutungen als Komplikation auftreten können. Der Eingriff wird durch schichtweisen Wundverschluss beendet.
Skrotale Orchiektomie Gelegentlich kommen Patienten zur Behandlung, bei denen der tumortragende Hoden (zumeist in einer fachfremden Institution) bereits durch Skrotalschnitt entfernt worden ist. Dieser Operationszugang ist im Ausnahmefall durch anatomische Besonderheiten (z. B. Riesentumor) gerechtfertigt (Al-Assiri et al. 2005). Prinzipiell ist dieses Vorgehen jedoch – forensisch gesehen – als fehlerhaft zu bewerten (Daneshmand u. Skinner 2003). Beim skrotalen Zugang gelingt es nicht, den Samenstrang zu entfernen. Dieser erste Streckenabschnitt der lymphatischen Metastasierung, in dem gelegentlich schon lymphogene Tumorabsiedlungen nachweisbar sind (Leibovitch et al. 1995), verbleibt somit im Körper. Darüber hinaus werden durch die subinguinale Inzision (»scrotal violation«) neue, irreguläre Lymphbahnen eröffnet. Dementsprechend wurden nach skrotaler Orchiektomie atypische Tumorrezidive am Skrotalansatz
653 26.4 · Therapie des Primärtumors
oder in der Leiste beobachtet (Albers et al. 1998; Harding et al. 1995; Leibovitch et al. 1995; Markland et al. 1973). Zur Prophylaxe solcher Rezidive wurde früher die Hemiskrotektomie durchgeführt (Boileau u. Steers 1984; Johnson u. Babaian 1980; Leibovitch et al. 1995). Aufgrund der heute verfügbaren effektiven Systemtherapie besteht keine generelle Indikation mehr zu diesem Korrektureingriff (Ozen et al. 1988; Capelouto et al. 1995). Der operative Fehler kann durch adjuvante Chemotherapie ausgeglichen werden, beim Nichtseminom durch 2 Zyklen des PEB-Schemas und beim Seminom durch 1–2 Zyklen Carboplatin. Trotz der inadäquaten Operation ist die Gesamtprognose nur selten kompromittiert (Ashdown et al. 2004).
Organerhaltende Tumorresektion Die lokale Exzision des Tumors aus dem Hoden unter Erhaltung des Organs wird seit 1982 (Seppelt 1982) zunehmend häufiger beschrieben (Richie 1984; Yossepowitch u. Baniel 2004). Der Eingriff wird im angelsächsischen Sprachraum meist als »partielle Orchiektomie« bezeichnet, im deutschen Sprachraum wird der Begriff »Enukleationsresektion« bevorzugt. Bei gutartigen Tumoren ist dieser Eingriff grundsätzlich indiziert (Heidenreich et al. 1996). Bei malignen Neubildungen ist die organerhaltende Tumorentfernung nur für Solitärhoden angezeigt (Buse et al. 2003; Mottet et al. 2004; Albers 2006; Krege et al. 2008). Unter funktionellen Aspekten ist die Organerhaltung sinnvoll, sofern der Tumor unifokal und kleiner als etwa 2 cm ist und sofern der Herd nicht zentral im Bereich des Rete testis lokalisiert ist. Fragwürdig wird der Eingriff, wenn bei präexistenter Atrophie postoperativ eine nur minimale Restgröße des Organs resultiert. Eine kritische untere Grenzgröße ist jedoch bisher nicht klar definiert (Weissbach u. Schaefer 2008). Undienlich ist der Eingriff, wenn bereits präoperativ ein subnormaler Serumtestosteronspiegel vorliegt (Kliesch 2004). Die testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN) findet sich bei jedem Keimzelltumor im umliegenden Hodengewebe (Huyghe et al. 2005), und aus dieser Präkanzerose entwickeln sich nachwachsende Keimzelltumoren im Residualhoden. Diesem Risiko muss durch engmaschige Überwachung oder adjuvante Radiatio Rechnung getragen werden. Die Operationsstrategie verfolgt das Ziel der geringstmöglichen Organschädigung. Zu diesem Zweck ist es sinnvoll, perioperativ den testikulären Metabolismus durch Kühlung des Hodens herab zu setzen. Hierfür geeignet sind gekühlte Flüssigkeiten, die nach intraoperativer Exposition steril in Kontakt zum Organ gebracht
werden. Hilfreich ist auch eine vorbereitende präoperative Kühlung des Hodens durch externe Kühlpackungen. Die Freilegung des Organs erfolgt wie bei der Ablatio testis. Nach vollständiger Exposition sowie nach Drosselung des Samenstranges wird der Tumor durch Palpation und nötigenfalls durch intraoperative Sonographie lokalisiert. Die Tunica albuginea wird seitlich in der Äquatorebene des Hodens bzw. über dem Herdbefund quer (radiär) inzidiert. Die Ventralseite des Hodens sollte wegen der dort in kaudo-kranialer Richtung verlaufenden Hauptarterie nicht tangiert werden (Colpi et al. 2005). Eine Lupenbrille kann nützlich sein zur sicheren Identifizierung der intratestikulären Gefäße (Weissbach u. Schaefer 2008). Der Tumorknoten wird mit einem Sicherheitsabstand von 3–5 mm komplett exzidiert. Zur Diagnostik der peritumoralen TIN sowie zur Dokumentation des freien Schnittrandes müssen mindestens zwei Biopsien aus dem Wundbett entnommen werden. Die Konservierung dieser Gewebsproben erfolgt in Stieve-Lösung (alternativ: Bouin-Lösung). Die onkologischen Ergebnisse der Enukleationsresektion sind exzellent, sofern die Indikationseinschränkungen beachtet werden. Lokalrezidive treten nur auf, wenn auf die adjuvante Radiatio verzichtet wird (Dieckmann u. Loy 1993; Kazem u. Danella 1999; Heidenreich et al. 2001).
Hodenprothese Unter ästhetisch-rekonstruktiven Gesichtspunkten kann eine Hodenprothese in das Skrotalfach eingelegt werden. Die Implantation ist technisch simpel; die Prothese wird lose in das leere Skrotalfach eingefügt. Um eine Dislokation zu vermeiden, wird eine einengende Naht am oberen Skrotalpol angelegt. Die Hersteller bieten Silikon-Hodenimplantate in 3 unterschiedlichen Größen an. Es gibt auch Implantate, die mit Kochsalzlösung intraoperativ gefüllt werden müssen (Turek et al. 2004). Der Operateur wählt die erforderliche Größe anhand der individuellen anatomischen Verhältnisse. In ca. 1–6% aller Fälle kommt es zum infektionsbedingten Prothesenverlust (Boy u. Carl 2002). Daher ist eine perioperative Antibiotikatherapie, z. B. mit einem Breitspektrum-Cephalosporin der dritten Generation, sinnvoll. Etwa zwei Drittel aller Implantat-Empfänger äußert sich zufrieden mit dem kosmetischen Ergebnis (Incrocci et al. 1999). Auch wenn nur ca. 20% aller Patienten eine Prothese wünschen, so muss jeder Operateur im Aufklärungsgespräch auf die Möglichkeit des Implantates hinweisen (Chapple u. McPherson 2004). Dauerhafte Gesundheitsschäden durch Permeation von Silikon aus Hodenprothesen sind bisher nicht nachgewiesen (Bodiwala et al. 2007). Die Implantation ist
26
654
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
grundsätzlich auch zu einem späteren Zeitpunkt durchführbar, jedoch sind die kosmetischen Ergebnisse wegen der zwischenzeitlich eintretenden Schrumpfung der Skrotalhaut unbefriedigender (Weissbach et al. 1979).
26.4.4 Kontralaterale Hodenbiopsie
26
Ein kontralateraler Zweittumor entwickelt sich im Langzeitverlauf bei 4–6% aller Patienten (Hentrich et al. 2005; Geczi et al. 2003; Osterlind et al. 1991). Das relative Risiko eines Zweittumors ist gegenüber der gesunden männlichen Bevölkerung um den Faktor 25–35 erhöht (Leeuwen et al. 1993; Fossa et al. 2005). Demensprechend findet sich die Präkanzerose TIN in 4,9–8,7% (Dieckmann et al. 2007; Hoei-Hansen et al. 2003) im kontralateralen Hoden. Die Keimzelltumoren gehen ausnahmslos aus der Präneoplasie TIN hervor (Dieckmann et al. 2005a; HoeiHansen et al. 2005). Die klinische TIN-Diagnostik, d. h. Hodenbiopsie mit immunhistologischer Gewebsuntersuchung, erreicht eine Sensitivität von über 95%. Da auf diese Weise die Früherkennung eines kontralateralen Zweittumors problemlos realisierbar ist, wurde die routinemäßige kontralaterale Hodenbiopsie empfohlen (HoeiHansen et al. 2005; Dieckmann 2000; Weissbach 1999; Maase 2005). Die Biopsie ist ein minimaler chirurgischer Eingriff mit geringem Komplikationsrisiko (Dieckmann et al. 2005b). Der Eingriff liefert außerdem wertvolle Information über die Spermatogenese im Resthoden und ermöglicht somit eine Fertilitätsprognose. Besonders bedeutungsvoll ist der Nachweis der Abwesenheit von TIN (»negative Biopsie«). Diese Patienten haben in der Nachsorge ein vernachlässigbares Risiko eines zweiten Hodentumors, da falsch-negative Ergebnisse nur in 0,5% der Fälle vorkommen (Dieckmann u. Loy 2003). Andererseits weisen Hodentumoren heute eine außergewöhnlich gute Heilungschance auf. Selbst ausgedehnte Metastasen können durch multidisziplinäre Therapie zur Heilung gebracht werden (Heidenreich et al. 2004; (El-Helw u. Coleman 2005; Feldman et al. 2008). Der spezifische Vorteil der Früherkennung ist daher beim Hodentumor geringer als bei anderen Krebserkrankungen. Folgerichtig wurde von vielen Autoren der Wert der routinemäßigen kontralateralen Biopsie in Zweifel gezogen (Heidenreich u. Moul 2002; Herr u. Sheinfeld 1997; Hentrich et al. 2005; Fossa et al. 2005). Eine wissenschaftlich begründete Entscheidung für oder gegen die Biopsie lässt sich wohl kaum finden. Die klinische Indikationsstellung muss daher individuell in Absprache mit dem Patienten getroffen werden.
Als Kompromiss für den klinischen Alltag schlug die Europäische Konsensuskonferenz die Beschränkung der kontralateralen Biopsie auf Hochrisikopatienten vor (Krege et al. 2008). Dies sind Patienten, die jünger als 40 Jahre sind sowie diejenigen, die eine Atrophie des Gegenhodens aufweisen. Die TIN ist bei diesen Patienten signifikant häufiger anzufinden als bei denen ohne diese Merkmale (Maase et al. 1987; Harland et al. 1998; Dieckmann et al. 2007; Kliesch et al. 2003). Die kontralaterale Biopsie wird üblicherweise im Rahmen der inguinalen Ablatio testis durchgeführt (Dieckmann 2000). Der Hoden wird mit der Hand fixiert, die Skrotalhaut wird gestrafft. Die Inzision sollte 1–1,5 cm lang sein und in querer Richtung parallel zu den Hautspaltlinien erfolgen. Die Hodenhüllen werden schichtweise mit dem Skalpell gespalten, bis das Cavum serosum testis eröffnet ist. Die Tunica vaginalis wird mit Halteklemmchen gesichert. Eine knappe Inzision der Tunica albuginea des Hodens erfolgt an der Lateralseite möglichst im Bereich des oberen Hodenpols. Dort ist die Gefahr von Gefäßverletzungen am geringsten. Nach Eröffnen der inneren Hodenkapsel quillt das bräunlich-gelbe Hodenparenchym hervor. Eine etwa reiskorngroße Gewebsprobe wird mit der Schere abgehoben und unverzüglich in den Transportbehälter transferiert ( Abb. 26.4). Die Tunicainzision wird mit resorbierbarem Nahtmaterial verschlossen. Eine zweite Biopsie wird nun in gleicher Weise aus einer zweiten Tunicainzision an der Lateralseite des Hodens entnommen. Die TIN ist innerhalb des Hodens fokal angeordnet (Prym u. Lauke
Abb. 26.4. Chirurgischer Situs bei Hodenbiopsie. Notabene: das hervorquellende Hodenparenchym wird mit der Schere abgehoben und direkt in den Transportbehälter transferiert
655 26.4 · Therapie des Primärtumors
1994; van Casteren et al. 2008). Daher wird die Sensitivität der Diagnostik durch Doppelbiopsie nachweislich gesteigert, ohne dass eine bleibende Schädigung des Hodens resultiert (Kliesch et al. 2003; Dieckmann et al. 2007). Wichtig ist die Konservierung der Gewebsproben in Stieve-Lösung oder in Bouin-Lösung. Formalinfixierung bewirkt tiefgreifende Schrumpfungsartefakte, so dass die histologische Beurteilung erheblich behindert wird. Mechanische Traumatisierungen des Biopsates bewirken Zerstörungen der feingeweblichen Strukturen, wie etwa Rupturen der Tubuli seminiferi. Ein behutsamer Umgang mit den Biopsaten ist unerlässlich.
Bilaterale Hodenbiopsie bei extragonadalem Keimzelltumor Etwa 10% der Patienten mit primär retroperitonealen Keimzelltumoren entwickeln trotz Heilung durch Chemotherapie einen manifesten Hodentumor im späteren Verlauf (Hartmann et al. 2001). Auch bei mediastinalen Keimzelltumoren sind gelegentlich metachrone Hodentumoren beobachtet worden. Wahrscheinlich geht ein großer Anteil der retroperitonealen Keimzelltumoren ursprünglich vom Hoden aus, und nur ein kleinerer Anteil der sog. primär retroperitonealen Tumoren ist tatsächlich extragonadal entstanden. Im Unterschied dazu handelt es sich bei den mediastinalen Keimzelltumoren überwiegend um tatsächlich primär extragonadal aus versprengten Keimzellen entstandene Tumoren. Die biologischen Prozesse, die zur Regression eines testikulären Tumors führen (sog. »ausgebrannter Hodentumor«) bei gleichzeitiger Proliferation der Metastasen im Retroperitoneum, sind unklar (Prym 1927; Casella et al. 1999; Fabre et al. 2004). Tatsächlich findet sich bei 28–34% aller Patienten mit retroperitonealem Keimzelltumor bioptisch eine TIN in einem oder in beiden Hoden (Fossa et al. 2003; Scholz et al. 2002). Bereits 1961 beschrieben Azzopardi et al. atypische intratubuläre Zellen bei 13 von 17 Patienten mit extragonadalem Keimzelltumor. Der damals beschriebene Befund entspricht morphologisch exakt der heutigen Definition der TIN-Zellen. Chemotherapie kann die TIN in maximal 60% eradizieren (Christensen et al. 1998). Somit persistiert für ca. 11–14% aller Patienten mit retroperitonealem Keimzelltumor – auch nach Chemotherapie – das Risiko eines späteren Hodentumors, wobei das Risiko für Nichtseminom-Patienten signifikant höher ist als das für Seminom-Patienten (Hartmann et al. 2001). Die frühzeitige Identifizierung dieser Patienten mit Hodentumor-Risiko ist durch TIN-Dia-
gnostik möglich. Die europäische Konsensuskonferenz weist ausdrücklich auf diese diagnostische Möglichkeit hin, allerdings ohne eine klare Empfehlung abzugeben (Krege et al. 2008). Hinweis
I
I
Da die TIN-Diagnostik technisch-einfach, hochsensitiv und komplikationsarm ist, sollte unter klinisch-praktischen Gesichtspunkten bei jedem Patienten mit primär retroperitonealem Keimzelltumor die Hodenbiopsie angestrebt werden (Krupienski et al. 1997). Verzicht auf die TIN-Diagnostik würde bedeuten, wertvolle Information zu ignorieren und bewusst etwaige spätere Therapienebenwirkungen in Kauf zu nehmen.
Dieser Aspekt ist bedeutsam, weil alle Patienten mit extragonadalem Keimzelltumor bereits zur primären Therapie eine intensive Chemotherapie akzeptieren müssen. Da beide Hoden betroffen sein können, empfiehlt sich die bilaterale Biopsie. Die operative Vorgehensweise entspricht der Methodik der kontralateralen Hodenbiopsie. Der zeitliche Beginn der Chemotherapie wird durch den operativen Eingriff allenfalls um wenige Tage verzögert, und eine Einbuße der Remissionschance ist nicht zu erwarten.
26.4.5 Kryokonservierung
Bei vielen Hodentumorpatienten ist die Familienplanung am Zeitpunkt der Erkrankung noch nicht abgeschlossen. Eine Faustregel besagt, dass ein Drittel aller Hodentumorpatienten bereits bei Erkrankungsbeginn infertil ist. Ein weiteres Drittel erfährt durch die Behandlung einen Schaden der Samenqualität, erholt sich aber nach Abschluss der Therapie. Das letzte Drittel erleidet aufgrund der Therapie einen permanenten Niedergang der Fertilität (Huyghe et al. 2004; Kliesch 2003; Brydoy et al. 2005; Lambert u. Fisch 2007). Therapiebedingte Beeinträchtigungen der Fertilität entstehen zunächst durch den Verlust einer Gonade im Rahmen der Ablatio testis. Die zytostatische Chemotherapie, insbesondere Cisplatin, ist stark gonadotoxisch. Nach 3 Zyklen der üblichen PEB-Therapie kann in 50–60% der Fälle mit einer Erholung der Spermatogenese nach mehreren Jahren gerechnet werden, wobei die prätherapeutische Samenqualität mit der Erholungschance korreliert (Brydoy et al. 2005; Lampe et al. 1997; Paduch 2006). Nach vier oder mehr Zyklen Chemotherapie ist nur ausnahmsweise mit einer Erholung der Samenbildung zu rechnen (Huddart et al. 2005; Taksey et al. 2003).
26
656
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Dagegen besteht nach einer adjuvanten Chemotherapie mit zwei Zyklen des PEB-Schemas eine hohe Wahrscheinlichkeit der Restitution der Spermatogenese (Magelssen et al. 2005; Kliesch 2003). Auch nach abdominaler Radiatio ist wegen der Streustrahlung mit einer Störung der Spermatogenese zu rechnen, wenngleich dieser Effekt gering ist angesichts der heute üblichen niedrigen Strahlendosis und der geringen Feldgröße im Stadium 1. Ausgeprägter wird die gonadale Toxizität der Strahlentherapie im Stadium IIa,b, weil das Strahlenfeld nach iliakal hin verlängert ist. Eine Beeinträchtigung der Fertilität kann auch durch Verlust des Ejakulationsreflexes eintreten, wenn die postsynaptischen sympathischen Nervenfasern im Retroperitoneum operativ verletzt worden sind (Lambert u. Fisch 2007). Im individuellen Fall kann bei Beginn der Therapie nicht mit letzter Sicherheit vorhergesagt werden, wie das Fertilitätspotenzial am Ende der Therapie sein wird (Spermon et al. 2003). Daher stimmen alle aktuellen Leitlinien darin überein, dass dem Patienten frühzeitig die Möglichkeit der Sperma-Deponierung angeboten werden sollte (Albers et al. 2005; Paduch 2006; Krege et al. 2008). In Norwegen machen derzeit ca. 44% aller Hodentumorpatienten Gebrauch vom Angebot der Deponierung; in USA liegt diese Quote bei 25% (Magelssen et al. 2005). Für Deutschland gibt es keine vergleichbaren Zahlen. Weniger als 10% aller Samendepots von Hodentumorpatienten werden später tatsächlich für eine Fertilisierung genutzt. Etwa zwei Drittel aller Fertilisierungsversuche mit Kryosperma führen zu einer Schwangerschaft (Magelssen et al. 2005). Technisch gesehen erfolgt die Deponierung heute in flüssigem Stickstoff bei –196°C (Bolten et al. 2005; Schmidt et al. 2007). Üblicherweise werden 2–3 Ejakulate asserviert, angereichert und eingefroren. Die technischen Voraussetzungen für die Kryosperma-Deponierung sind nicht in jeder urologischen Klinik gegeben, jedoch gibt es heute in jeder größeren Stadt Reproduktionsmedizinische Institute, in denen die Sperma-Abgabe möglich ist. Auch Patienten mit einer deutlichen Oligozoospermie sollten die Kryokonservierung vornehmen lassen. Zwar tritt durch den Auftauprozess eine signifikante Einbuße der Samenqualität ein, doch kann eine Schwangerschaft mit den heutigen Möglichkeiten der In-vitro-Fertilisierung (»ICSI«) auch bei minimaler Spermienzahl induziert werden (Bolten et al. 2005). Der auftaubedingte Qualitätsverlust ist bei Hodentumor-Patienten und gesunden Männern gleich groß (Magelssen et al. 2005). Die Deponierung sollte nach der Ablatio testis, also nach Sicherung der Diagnose, aber vor Beginn der weitergehenden Therapie erfolgen. Die postoperative Sper-
maqualität unterscheidet sich kaum von der präoperativen Qualität, denn der erkrankte Hoden trägt zumeist wenig zur Samenqualität bei, und das aktuelle Ejakulat wird überwiegend aus den Samenspeichern gespeist (Höppner et al. 1986; Sibert et al. 1999). Die Kosten der Kryospermadeponierung müssen vom Patienten selbst getragen werden, wobei eine »Einfriergebühr«, eine jährliche »Lagerungsgebühr« sowie eine etwaige »Auftaugebühr« berücksichtigt werden müssen. Kosten können aber gespart werden, wenn das individuelle Depot verworfen wird, sobald das Ausbleiben einer posttherapeutischen Sterilität erkennbar ist. In eugenischer Hinsicht ist die Verwendung von Kryosperma beim Hodentumor unbedenklich. Die Rate von kongenitalen Fehlbildungen unterscheidet sich nicht von der natürlichen Inzidenz solcher Ereignisse (Kliesch et al. 2000; Schmidt et al. 2007).
26.5
Therapie der testikulären intraepithelialen Neoplasie (TIN)
K.-P. Dieckmann, A. Heidenreich
26.5.1 Therapieziele
Bleibt eine diagnostisch gesicherte testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN) unbehandelt, so wird die Präkanzerose früher oder später in einen invasiven Hodentumor übergehen. Nach 5 Jahren beträgt die Manifestationsrate ca. 50%, nach 7 Jahren etwa 70% (Hoei-Hansen et al. 2005). Nur in wenigen Einzelfällen kann die Krebsentwicklung ausbleiben. Das primäre Ziel der Therapie ist daher die Verhinderung des Tumorausbruchs.
26.5.2 Therapiekonzept
Die TIN ist häufig mit einer schweren gonadalen Dysfunktion verbunden. Diese Konstellation wird von Skakkebaek (2004) als »testicular dysgenesis syndrome« beschrieben. Die Therapie der TIN verfolgt daher neben der Beseitigung der Tumorgefahr eine bestmögliche Erhaltung der gonadalen Funktionen Spermatogenese und Testosteronproduktion. Therapeutische Optionen sind prinzipiell die Orchiektomie, Chemotherapie oder Strahlentherapie (Dieckmann et al. 2001). Bei der Differenzialindikation ist die onkologische Gesamtsituation zu beachten sowie die anatomisch-topographische Situation der TIN (z. B. bilaterale TIN bzw. Einzelhoden).
657 26.5 · Therapie der testikulären intraepithelialen Neoplasie (TIN)
26.5.3 Therapiemodalitäten
Eine abwartende Strategie mit sorgfältiger Beobachtung ist in ausgewählten Fällen möglich, denn im Regelfall ist die Latenzzeit zwischen TIN-Diagnose und Krebsentwicklung lang (Schmoll et al. 2004; Souchon et al. 2006). Allerdings ist das Abwarten nur dann sinnvoll, wenn vom Patienten dringender Kinderwunsch geäußert wird und wenn außerdem im Spermiogramm zumindest eine minimale Spermienzahl nachweisbar ist. Darüber hinaus sollte der Patient bereit sein zur engmaschigen Kontrolle mit regelmäßiger Sonographie und Selbstuntersuchung. Diese Bedingungen werden nur von wenigen Patienten erfüllt werden können, denn überwiegend betrifft die TIN atrophische Hoden, und die Spermienqualität ist zumeist äußerst gering. Allerdings sollte angesichts der modernen Fertilisierungstechniken auch bei minderwertiger Samenqualität der Versuch einer Kryospermadeponierung unternommen werden ( Kap. 26.4.6; Kliesch et al. 1997; Schmid et al. 2007). Für die weitere Therapieplanung muss zunächst die onkologische Gesamtsituation berücksichtigt werden (Dieckmann et al. 2001). Ist beispielsweise bei fortgeschrittenem Tumorstadium eine systemische Chemotherapie indiziert, so sind hinsichtlich der TIN zunächst keine spezifischen Maßnahmen erforderlich. Die Chemotherapie entfaltet auch gegenüber der TIN eine signifikante zytotoxische Wirkung. In vielen Fällen ist die TIN nach Chemotherapie nicht mehr nachweisbar. Allerdings kommt es innerhalb von 5 Jahren in 21% zum TINRezidiv, nach 10 Jahren beträgt die Rezidivquote bereits 42% (Christensen et al. 1998). Als Grund für die unzureichende Effektivität der Chemotherapie wird eine primäre Resistenz der TIN-Zellen gegenüber Cisplatin diskutiert. Möglicherweise ist auch eine verringerte intratestikuläre Bioverfügbarkeit der Zytostatika infolge der Blut-HodenSchranke verantwortlich (Dieckmann u. Loy 1995). Zur Erkennung der möglichen Therapieversager sollte etwa 1 Jahr nach Abschluss der Chemotherapie eine histologische Kontrolle, möglichst in Form einer Doppelbiopsie, erfolgen (Krege et al. 2008). Falls die Gesamtsituation keine Chemotherapie erfordert, so muss in der weiteren Therapieplanung berücksichtigt werden, ob die TIN in einem Einzelhoden vorliegt oder ob bei zwei vorhandenen Hoden einer oder beide von TIN befallen sind. Am häufigsten ist die Situation des TIN-Befalls im Einzelhoden. Ein typisches Beispiel ist die kontralaterale TIN bei Hodentumor. Als Standardtherapie kommt die lokale Bestrahlung mit 20 Gy in Betracht. Durch die Radiatio werden die TIN-Zellen zerstört, ebenso alle Keimzellen. Erhalten bleiben aber die Leydig-Zellen und
Abb. 26.5. Histologischer Schnitt, Hämatoxylin- und Eosinfärbung, original ×100. Kontrollbiopsie nach Radiatio des Hodens mit 20 Gy. Notabene: Innerhalb der Tubuli seminiferi sind nur noch Sertoli-Zellen nachzuweisen. TIN-Zellen und alle Keimzellen sind eradiziert. Im Interstitium zwischen den Tubuli finden sich Leydig-Zellen (oben links)
die äußere Integrität des Hodens (Giwercman et al. 1991; Heidenreich et al. 1995; Sedlmayer et al. 2001). Histologisch findet sich bei Kontrollbiopsien das Bild eines Sertoli-cell-only-Syndroms ( Abb. 26.5). Zwar wird der Patient durch diese Behandlung irreversibel steril, aber die Testosteronproduktion durch die Leydig-Zellen bleibt erhalten. Somit ist eine organerhaltende Therapie möglich. Bei 25% aller Patienten kommt es im weiteren Verlauf trotz der morphologisch erhalten gebliebenen Leydig-Zellen zu einem klinisch relevanten Androgendefizitsyndrom (Dieckmann u. Loy 1998). Regelmäßige Kontrollen des Hormonspiegels sind daher erforderlich. Im Falle eines erkennbaren Testosteronmangels sollte eine entsprechende Substitutionstherapie erfolgen. Um die endokrine Leistungsfähigkeit des Hodens nachhaltiger zu schonen, wurde die Strahlendosis versuchsweise herabgesetzt. Es kam jedoch bereits bei 16 Gy zu Therapiefehlschlägen, so dass die Standarddosis für die TIN-Therapie bei 20 Gy belassen werden musste (Petersen et al. 2002; Classen et al. 2003). In dieser Dosis ist die Radiatio ist onkologisch effektiv, wenngleich bisher 3 Fälle mit Tumorentwicklung trotz Bestrahlung berichtet wurden (Dieckmann et al. 2002). Eine routinemäßige Kontrollbiopsie ist nach Radiatio nicht erforderlich. Besteht eine bilaterale TIN, so kann in gleicher Weise bestrahlt werden. Eine solche Konstellation kann z. B. bei primär infertilen Patienten vorkommen oder bei Patienten mit retroperitonealen Keimzelltumoren. Besteht eine unilaterale TIN bei gesundem Gegenhoden, so ist die Ablatio testis auf der betroffenen Seite die Therapie der Wahl (Buchler et al. 2008). Eine Bestrahlung
26
658
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
ist in dieser Situation kontraindiziert, weil die Abschirmung des gesunden Hodens nicht möglich ist (Classen et al. 1998).
26.6
Adjuvante Therapie beim Seminom CS I
R. Souchon, S. Krege, J. Claßen, M. Stöckle 26.6.1 Therapieziele
Klinische Aufgabe und therapeutischer Anspruch
26
Vorangestellte Klarstellung: Das spermatozytäre Seminom ist keine Variante eines Seminoms. Die Arbeitsgruppe um Looijenga und Oosterhuis erbrachte durch Genexpressions- und weitere Untersuchungen am Genom spermatozytärer Seminome den konklusiven Nachweis, dass es sich bei dieser Tumorentität um germinale Keimzellmalignome vom Typ III handelt, die aus primären Spermatozyten hervorgeht, eine gegenüber Seminomen und Nichtseminomen unterschiedliche Pathogenese aufweist und somit keine Variante eines Seminoms darstellt. Um Fehlinterpretationen und falsche Zuordnungen zu den Seminomen zu vermeiden, wird für diese Tumorart die Bezeichnung »Spermatozytom« anstelle von »spermatozytäres Seminom« von der Arbeitsgruppe vorgeschlagen (Looijenga et al. 2006, 2007). Nach Orchiektomie ist für diese Tumorentität keine adjuvante Therapie erforderlich. Die besondere klinische Herausforderung für die Therapie früher Stadien der testikulären Keimzellneoplasien erwächst aus deren ansteigender Inzidenz in industrialisierten Ländern mit Verdopplung der altersabhängigen Inzidenzraten innerhalb von 2 Jahrzehnten (Ferlay et al. 2001; Huyghe et al. 2003; McGlynn et al. 2003; Purdue et al. 2005; Statistisches Landesamt Saarland 2002) und in der für maligne Organtumoren unvergleichbar hohen Kurabilität. Die hohe Heilungschance ist begründet in biologischen Eigenschaften von Seminomzellen. Gegenüber Nichtseminomen weisen diese eine sehr hohe Sensitivität gegenüber einer Radiotherapie auf. Gemeinsam mit den Nichtseminomen sind sie auch sehr empfindlich gegenüber Platin-basierten Zytostatika. Therapeutisch besteht bei den seminomatösen – ebenso wie bei den nichtseminomatösen – Tumoren der Anspruch, unter Bewahrung heute erreichbarer Heilungsraten von nahezu 100% die rückfallfreie Überlebensrate zu steigern sowie die therapieassoziierte Morbidität und vor allem Langzeitfolgen zu minimieren bzw. zu verhindern. Ein weiteres Bemühen zielt auf eine an das Risiko des Betroffenen adaptierte Behandlung mit
maximal möglicher Individualisierung im onkologischen Vorgehen. Die in nahezu 100% erreichbare Heilung der Patienten hat dazu geführt, dass tatsächliche oder vermutete therapieassoziierte psychische und somatische Spätfolgen in den Blickpunkt des Forschungsinteresses rücken. Hierzu liegt inzwischen eine Vielzahl von Untersuchungsergebnissen mit Quantifizierungen einzelner Erkrankungs- und therapieassoziierter absoluter und relativer Risikoerhöhungen (»excess absolute risk« und »excess relative risk«) vor. So besteht für die Patienten, die ihre maligne testikuläre Tumorerkrankung länger als ein Jahr überleben, unabhängig von ihrem Primärtumorstadium ein gegenüber der Normalbevölkerung gering erhöhtes Risikos eines vorzeitigen Versterbens aus nicht Tumorerkrankung-spezifischen Gründen wie Infektions-, intestinalen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Fossa et al. 2007). Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Induktion von Sekundärneoplasien zu, die durch eine – im Stadium CS I stets adjuvante, d. h. also nicht zur Kuration zwingend erforderliche – tumorspezifische Therapie ausgelöst bzw. gefördert werden und deren kausaler Induktionseffekt sich in den »excess risks« widerspiegelt. In einer aktualisierten Analyse der MRC/EORTC-Studie mit 1477 adjuvant therapierten (Ch=573; RT=904) Patienten lag die Rate von neuen Malignomen nach Chemotherapie bei 1,1% (n=7; 2 [0,3%] davon kontralaterale Hodentumoren) bzw. nach Radiotherapie bei 2,8% (n=25; 15 [1,7%] davon kontralaterale Hodenmalignome) nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 6,5 Jahren (Oliver et al. 2008). Die erhöhten Risiken gelten auch für die Induktion einer akuten Leukämie als systemischer Sekundärneoplasie nach adjuvanter (Carboplatin-)Chemo-, aber auch nach Radiotherapie (Fossa 2008; Howard et al. 2008; Oliver et al. 2008; Powles et al. 2008). Für andere Spätfolgen wie beispielsweise sexuellen Funktionsstörungen oder chronischem Fatigue-Syndrom sowie sonstigen weiteren Einschränkungen der Lebensqualität infolge somatischer und/oder mentaler Morbidität ist eine exakte Differenzierung zwischen Erkrankungs- und therapiebedingter Ursache häufig nicht ausreichend möglich.
Klinische Besonderheit des Stadium CS I Knapp 50% aller malignen Hodentumoren werden im klinischen Stadium I diagnostiziert; bei Patienten mit Seminomen liegt zum Zeitpunkt der Diagnose bei 70–80% ein Stadium CS I vor. Definitionsgemäß liegt eine auf den Hoden begrenzte Erkrankung vor (Sobin u. Wittekind 2002), wenn durch Bildgebungsdiagnostik, also Compu-
659 26.6 · Adjuvante Therapie beim Seminom CS I
tertomographie (CT), Sonographie (US) oder im Einzelfall optional eingesetzter Magnetresonanz-(MRT) oder Positronenemissionstomographie (PET bzw. PET-CT) keine extratestikulären Tumormanifestationen festzustellen sind. Dennoch besteht bereits bei 12–32% der Patienten mit in diesem Frühstadium entdecktem Seminom eine klinisch okkulte Metastasierung, die in >95% im retroperitonealen Lymphabflussgebiet manifestiert ist (Huddart u. Kataja 2008; McGlynn et al. 2003; Warde u. Gospodarowicz 2005). Eine Metastasierung in nicht vergrößerten Lymphknoten entgeht jedoch einem schnittbilddiagnostischen Nachweis. Aktuell erreichte beachtliche technologische Fortschritte mit resultierenden erheblichen Steigerungen in Auflösung und Detailanalyse in der Bildgebungsdiagnostik und die neu erwachsene Möglichkeit einer biologisch funktionalen Stoffwechseldiagnostik, wie sie die PET darstellt, führten nicht zu einer relevanten Verringerung des prozentualen Anteils von Tumoren, die zum Diagnosezeitpunkt als auf den Hoden begrenzt beurteilt wurden, jedoch klinisch unentdeckt bereits metastasiert sind. Bezüglich der klinisch entscheidenden Abgrenzung des Stadium I vom Stadium IIA wird derzeit kontrovers diskutiert, ob die Sensitivität durch eine PET gegenüber der weiterhin als obligat angesehenen CT verbessert werden kann (Albers et al. 1999; Huddart u. Kataja 2008; Lassen et al. 2003; Schmoll et al. 2004; Spermon et al. 2002). Bei einer computertomographischen Dignitätsbeurteilung der Lymphknoten unter Beschränkung auf morphologische und Größenparameter ergeben sich jedoch als zu hoch angesehene Raten von falsch-negativen Befunden. Diese Rate kann durch den kombinierten Einsatz weiterer Bildgebungsverfahren und die Ausweitung der Beurteilungskriterien gesenkt werden (Krug 1997; Krug et al. 1999; Lashley u. Lowe 1998; Leibovitch et al. 1995; 1998; White et al. 1997). Zusammenfassende Bewertung
der Therapieziele Da keine primäre Prävention zur Verhinderung der komplexen multifaktoriellen und -konditionalen Karzinogenese eines germinalen Keimzellmalignoms existiert, besteht das Therapieziel für Patienten mit einem Seminom im Stadium CS I in der definitiven Kuration unter Vermeidung bzw. Verminderung therapieassoziierter Morbidität und Langzeitfolgen. Bei Patienten, bei denen synchron zur Diagnose eines testikulären Seminoms eine TIN kontralateral festgestellt wird und somit ein erhöhtes Risiko für einen kontralateralen Tumor besteht, kommt die Verhinderung eines metachronen
invasiven Zweitmalignoms als weiteres Ziel hinzu. Ob für das Erreichen dieser Ziele eine adjuvante Therapie im Einzelfall notwendig ist, hängt von individuellen Faktoren ab und ist bei der Erstellung des Therapiekonzeptes anhand der individuell vorliegenden prognostischen Faktoren für einen Erkrankungsrückfall zu berücksichtigen.
26.6.2 Therapiekonzept
Evidenz für die Behandlungsstrategien Das heutzutage geforderte interdisziplinäre Vorgehen in der Tumormedizin allgemein und für die Behandlung von Hodentumoren in besonderem Maße basiert auf dem Grundprinzip der Eindeutigkeit und Nachvollziehbarkeit von medizinischen Informationen aus methodisch hochwertigen aktuellen Therapiestudien. Für die Behandlungsstrategien bei testikulären Keimzellmalignomen allgemein, aber auch differenziert nach Erkrankungsstadium und histologischem Subtyp (Mostofi u. Sesterhenn 1998; Sobin u. Wittekind 2002), und insbesondere für das Seminom liegen prospektive randomisierte Studien vor. Für die Therapie des Seminoms im Stadium CS I daraus abgeleitete Bewertungen von Behandlungsoptionen und Therapiemodalitäten sind in den letzten Jahren kontinuierlich präzisiert worden und auf sehr hohem Evidenzniveau, den »levels of evidence« (LoE) IA/B–IIA/B entsprechend der Klassifikation vom Oxford Centre for Evidence based Medicine, abgesichert (Deutsche Krebsgesellschaft 2002; Krege et al. 2001; Krege et al. 2008a; Oxford Centre for Evidence based Medicine 2001; Schmoll et al. 2004; Souchon et al. 2000).
Limitationen für die individuelle Risikoabschätzung Eine an den jeweiligen Befundkonstellationen ausgerichtete Individualisierung einer adjuvanten Behandlungsstategie ist beim Seminom nur eingeschränkt möglich: 4 von 5 Patienten mit Seminom im Stadium CS I sind auch ohne adjuvante Behandlung durch die Orchiektomie definitiv geheilt. Sie benötigen keine weitere onkologische Therapie, sondern wären im Gegenteil den Risiken möglicher unerwünschter therapieassoziierter Folgen ausgesetzt. Eine Zuordnung, welcher Patient von einer Mikrometastasierung betroffen ist und einer adjuvanten Therapie bedarf, ist derzeit nur näherungsweise möglich. Ursache für diese Schwierigkeit ist das Fehlen prospektiv evaluierter valider und reproduzierbarer objektiver pro-
26
660
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
gnostischer Faktoren und sonstiger unabhängiger prognostischer Parameter (beispielsweise spezifische Tumormarker) für eine okkulte Metastasierung ( Kap. 26.1), mit denen das individuelle Risiko der Rückfallwahrscheinlichkeit nach operativer Therapie einer auf den Hoden beschränkten Seminomerkrankung zuverlässig genug abgeschätzt werden kann (UICC 2006).
Konzeptionelle Zielsetzung
26
Bei der Festlegung des individuellen onkologischen Konzeptes für Patienten mit Seminom im Stadium CS I stehen folgende Zielsetzungen und Aspekte im Blickpunkt: Da nahezu alle Patienten von ihrer Erkrankung geheilt werden können, müssen insbesondere therapieassoziierte Akut- und Spätfolgen, insbesondere Langzeittoxizitäten und eine Induktion von Zweitneoplasien, ohne Kompromittierung bisher erreichter Kurationsraten so gering als möglich gehalten werden. In dieser Absicht wurde die Intensität der adjuvanten Therapie in den letzten Jahren erheblich reduziert. Daneben gilt es, dem individuell unterschiedlichen Rückfallrisiko der Patienten Rechnung zu tragen. Demgegenüber spielt eine weitere häufige Zielsetzung onkologischer Therapien, eine Intensivierung der Therapie vorzunehmen bei Patienten, die nur unzureichend auf bisher etablierte Behandlungsmaßnahmen ansprechen, beim Seminom in den Frühstadien keine Rolle, da sie mit den derzeitigen Therapieverfahren in >99% geheilt werden.
Verfahren zur individuellen Risikoabschätzung Nur eine frühzeitige Erkennung individueller Risikofaktoren bietet eine Chance, zu weiteren Verbesserungen zu kommen. Sie ist beim Seminom trotz verbesserter Bildgebungsdiagnostik weiterhin in klinisch noch nicht ausreichendem Maße möglich. Alle Erkenntnisse über mögliche Risikofaktoren wurden retrospektiv aus der Analyse von Surveillance-Studien gewonnen. Als prognostische Parameter konnten dabei nur wenige patienten- oder tumorbezogene Größen untersucht werden. Insbesondere molekulare Marker wurden beim Seminom bisher nicht auf ihre prädiktive Wertigkeit zur Identifikation von Risikogruppen untersucht. Der Stellenwert neuer morphologischer oder funktioneller Bildgebungsdiagnostik wie der PET zur Identifikation von Risikogruppen ist ebenfalls ungeklärt (Fitzgerald et al. 2004; Warde u. Gospodarowicz 2005). Prospektive Studien sind in jüngster Zeit begonnen worden; erste Auswertungen liegen vor (Aparicio et al. 2003; 2005), mature Ergebnisse sind jedoch erst in den nächsten Jahren zu erwarten.
Prognosefaktoren Die Kenntnis von Risikofaktoren und darauf aufgebaute Abschätzungen der Prognose sind für medizinische Entscheidungsprozesse von zentraler Bedeutung. In den letzten Jahren wurden mittels retrospektiver Analysen von lokoregionalen und systemischen Rückfällen bei Patienten in Surveillance-Protokollen unterschiedliche Faktoren auf ihre prognostische Bedeutung evaluiert (Choo et al. 2005; Daugaard et al. 2003; Horwich et al. 1992; UICC 2006; von der Maase et al. 1993, 1998, 1999; Warde et al. 1995, 1997, 1998a,b, 2002, 2005; Weissbach et al. 1999). In den einzelnen Untersuchungen waren Patientenalter, Tumorgröße, Invasion der Rete testis und Lymphgefäßinvasion mit dem Rezidivrisiko korreliert. In einer gemeinsamen Auswertung der größten Surveillance-Studien wurden die Tumorgröße (>4 cm) und eine Infiltration der Rete testis als signifikante prognostische Parameter herausgestellt (Warde et al. 2002, 2005). Noch unklar ist die prognostische Bedeutung des Patientenalters (<34 Jahre) und des Vorliegens einer vaskulären Tumorinfiltration (Schmoll et al. 2004; Warde et al. 2002). Für Patienten mit Seminom CS I erfolgte bisher jedoch keine prospektive Untersuchung auf Risikofaktoren für einen Erkrankungsrückfall (UICC 2006). Somit gelten weiterhin die auf der Basis der o. a. retrospektiven Daten in einer Metaanalyse identifizierten Risikofaktoren, also die Tumorgröße (< vs. >4 cm) und tumoröse Rete-testisInfiltration, als die relevanten Parameter (Warde et al. 2002, 2005). Aktuell sind Zweifel an der Berechtigung der Tumorgröße als Risikofaktor beim Seminom aufgetaucht, jedoch liegen valide Daten noch nicht vor. Weiterhin steht eine Überprüfung der Validität dieser Risikofaktoren in prospektiven Untersuchungen aus. Dementsprechend sind – unverändert – beim Seminom für das Stadium CS I eine Tumorgröße von >4 cm und eine tumoröse Rete-testis-Infiltration als klinisch relevante Risikofaktoren für einen Erkrankungsrückfall etabliert (Krege et al. 2008a; UICC 2006). Aufgrund des Fehlens einer prospektiven Überprüfung bleibt weiterhin unklar, ob diese eine ausreichend genaue Trennung zwischen den erstellten Risikogruppen zulassen. In der Praxis hat sich eine Orientierung an jeweils vorliegenden individuellen Risikokonstellationen als hilfreich erwiesen für eine Identifizierung, welchem Patient postoperativ eine adjuvante antineoplastische Therapie mit welcher Dringlichkeit angeboten werden sollte (Huddart u. Kataja 2008; Krege et al. 2008a; Warde et al. 2005). Trotz der nicht prospektiv abgesicherten Validität der o. a. beiden Risikofaktoren wird das Konzept einer darauf aufgebauten risikoadaptierten Strategie international empfohlen (beispielsweise von der European Germ Cell Cancer Consensus Group (EBCCCG), der European Society of
661 26.6 · Adjuvante Therapie beim Seminom CS I
Medical Oncology (ESMO) u. a. m. (Huddart u. Kataja 2008; Krege et al. 2008a; Mottet et al. 2008; Warde et al. 2005). Ein niedriges Rückfallrisiko (besteht bei 40% der Patienten) ist definiert durch einen Primärtumor kleiner als 4 cm und fehlende tumoröse Rete-testis-Invasion. Bei dieser Konstellation beträgt die 5-Jahres-Rückfallwahrscheinlichkeit 12–16%. Für diese Patienten wird postoperativ – in Abänderung früherer Empfehlungen—derzeit die Surveillance-Strategie, also das aktive Beobachten und Behandeln erst bei dokumentiertem Rückfall empfohlen (s. u.). Diese Empfehlung ist allerdings verknüpft mit der Forderung nach einer zu gewährleistenden Zusammenarbeit (Compliance) des Patienten und regelmäßiger Durchführung von Kontrolluntersuchungen (s. u.; Huddart u. Kataja 2008; Krege et al. 2008a; Warde et al. 2005). Bei intermediärem Risiko (besteht bei 40% der Patienten), definiert durch das Vorhandensein von einem der beiden Risikofaktoren, beträgt die 5-Jahres-Rückfallwahrscheinlichkeit 15–16% (Huddart u. Kataja 2008; Warde et al. 2005). Eine Hochrisikokonstellation (besteht bei 20% der Patienten) ist definiert durch einen Primärtumor >4 cm und eine tumoröse Rete-testis-Infiltration. Da hier die 5-Jahres-Rückfallwahrscheinlichkeit bei 30–35% liegt (Aparicio et al. 2003, 2005; Huddart u. Kataja 2008; von der Maase 1999; Warde et al. 2002), sollte dem darüber aufgeklärten Patienten die Entscheidung zugunsten einer Surveillance-Strategie oder einer adjuvanten Therapie in Form einer Radio- oder – alternativ – einer CarboplatinChemotherapie überlassen werden (Huddart u. Kataja 2008; Krege et al. 2008a; Warde et al. 2005).
Entscheidungsparameter Da alle Patienten mit Seminom im Stadium CS I unabhängig von ihrem individuellen Risikoprofil infolge der hohen Radio- und Chemosensitivität mit den heutigen Therapiekonzepten geheilt werden, rücken sekundäre, als gleichberechtigt angesehene therapieassoziierte Faktoren immer stärker in den Mittelpunkt des Interesses. Es sind dies mögliche therapieinduzierte Späteffekte, wie eine (möglicherweise dosisabhängige) Induktion von sekundären Neoplasien oder anhaltende physische oder psychische Störungen (Dahl et al. 2005; Fossa et al. 2007; Hentrich et al. 2008; Jones et al. 2005; Majewski et al. 2005; Oldenburg et al. 2006; Rüther et al. 2000; Schairer et al. 2007; Thorsen et al. 2005; Travis et al. 2005; van den Belt-Dusebout et al. 2007; Zagars et al. 2004). In einer landesweiten Studie der Niederländer mit einer Nachbeobachtungszeit von 17,6 Jahren wurde – neben dem
bekannten – erhöhten Risiko (»absolute excess risks«, AER) bezüglich einer Sekundärneoplasie nach infradiaphragmaler Radiotherapie auch nach Chemotherapie ein erhöhtes Risiko nachgewiesen (van den Belt-Dusebout et al. 2007). Die Höhe dieser Risiken entspricht dabei dem durch Rauchen induzierten Krebsrisiko. Einschränkend ist darauf hinzuweisen, dass in dieser Analyse von Langzeiteffekten zwischenzeitlich erfolgte Modifikationen bei der adjuvanten Radio- und der Chemotherapie nur in geringem Umfang Berücksichtigung finden. Aktuell sind auch nach adjuvanter CarboplatinTherapie testikuläre und nicht-testikuläre Sekundärneoplasien beobachtet worden sind (Fossa 2008, Mitteilung beim ESMO European International Symposium on Testicular Cancer 15.–16.05.2008; Howard et al. 2008; Powles et al. 2008). In einer prospektiven Untersuchung nach adjuvanter Carboplatin-Therapie wurde nach einer mittleren Beobachtungszeit von 9 Jahren ein erhöhtes Risiko für kontralaterale testikuläre Malignome, nicht jedoch für nichttestikuläre Neoplasien nachgewiesen (Powles et al. 2008).
Konzeptionelle Alternativen Über 6 Jahrzehnte hinweg stellte die adjuvante perkutane Radiotherapie der retroperitonealen Lymphabflussgebiete nach Orchiektomie den alleinigen Therapiestandard dar. Die Empfehlung zur postoperativen adjuvanten Radiotherapie berücksichtigte zum einen das lymphographisch und später durch Rezidivanalysen bei nicht adjuvant therapierten Patienten gesicherte, primär nahezu ausschließlich lymphogene Ausbreitungsmuster in die retroperitonealen paraaortalen/parakavalen Lymphabflussgebiete (Borski 1973; Busch et al. 1965; Mason et al. 1991; Ray et al. 1974; Weissbach u. Boedefeld 1987) und zum anderen die hohe Strahlensensibilität der Seminomzellen mit der darin begründeten hohen Wirksamkeit der lokalen Bestrahlungsbehandlungen (Bamberg et al. 1999; Cabot u. Berkson 1939; Classen et al. 2004; Fossa et al. 1999; Horwich 2004; Jones et al. 2005). Verbesserungen in der Bildgebungsdiagnostik und die Beobachtung von Späteffekten, die als radiogene Langzeitbehandlungsfolgen bewertet wurden (Majewski et al. 2005; Travis et al. 1997; 2005; Zagars et al. 2004) führten in den späten 1980-er Jahren zum alternativen Konzept einer sich an die therapeutische Ablatio testis anschließenden Surveillance-Strategie (Germa-Lluch et al. 1993; Horwich et al. 1992; von der Maase et al. 1993; Warde et al. 1997). Bei diesem Konzept bleiben therapeutische Maßnahmen auf Patienten mit einem Erkrankungsrückfall beschränkt. Grundlage dieser Strategie ist das Wissen, dass für 80–85% der Patienten mit Seminom im Stadium
26
662
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
CS I jede postoperative onkologische Behandlung eine Übertherapie darstellt. Aufgrund identischer Überlebensraten im Vergleich zu derjenigen von adjuvant bestrahlten Patienten wird eine Surveillance-Strategie heutzutage als akzeptable alternative Option angesehen (Deutsche Krebsgesellschaft 2002; Krege et al. 2008a; Schmoll et al. 2004; von der Maase 1999; Warde u. Jewett 1998; Warde et al. 2002, 2005). In einigen Zentren entwickelte sich das Konzept der Surveillance zur bevorzugten Strategie gegenüber einer adjuvanten Radiotherapie (Warde u. Gospodarowicz 2005). Als dritte Option hat sich in den letzten Jahren die eine adjuvante systemische Chemotherapie mit Carboplatin etabliert. Für diese Option liegen zwischenzeitlich ausreichende Daten und Langzeit-Ergebnisse vor (Mead et al. 2008; Oliver et al. 2008), so dass dieser Ansatz nicht mehr als experimentell bewertet wird Ansatz (Aparicio et al. 2003, 2005; Dieckmann et al. 2000; Krege et al. 1997, 2008a; Mason u. Jones 1997; Mead et al. 2008; Oliver et al. 2001, 2008; Schmoll et al. 2004). Maßgeblich hierfür ist die die prospektive randomisierte MRT TE 19-/ EORTC 30982-Studie, mit der erstmalig auf dem sehr hohen Evidenzniveau LoE IB nachgewiesen wurde, dass eine Chemotherapie mit Carboplatin eine gleichwertige Alternative zur adjuvanten Radiotherapie oder zur Surveillance darstellt (Mead et al. 2008; Oliver et al. 2005b, 2008; Oxford Center for EbM 2001). Bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 6,5 Jahren betrug die 5-Jahres-Rückfallrate nach Applikation von einem Zyklus Carboplatin (AUC 7) 4% (Oliver et al. 2008). Damit war sie statistisch nicht signifikant unterschiedlich zu der von 4,1% nach adjuvanter Radiotherapie. Inwieweit sich diese als neu eröffnete Alternative bewertete adjuvante Therapieoption als gleichwertig auch im weiteren Langzeitverlauf erweist, bleibt abzuwarten (Loehrer u. Bosl 2005; Oliver et al. 2008; Warde u. Gospodarowicz 2005). Frühere Studien hierzu erbrachten vergleichsweise höhere Rückfallraten (Dieckmann et al. 1996). Der in der letzten Dekade erreichte Gewinn an Möglichkeiten mit derzeit 3 differenten, jedoch bezogen auf die Kurationsaussichten als gleichwertig beurteilten Optionen für Patienten mit Seminom im Stadium I führt zu einem Dilemma bei einer Beratung und Empfehlung für das individuell mutmaßlich optimale Vorgehen. Die derzeit empfohlene risikoorientierte Strategie erfordert die Beachtung von individuellen Risikofaktoren und von Nachsorgemöglichkeiten. Dieser Aspekt wurde berücksichtigt in den aktuellen Empfehlungen nationaler und internationaler interdisziplinärer evidenzbasierter Leitlinien mit der Forderung nach einer auf den Einzelfall abgestimmten Aufklärung und Entscheidung über die individuelle Vorgehensweise (Deutsche Krebsgesellschaft
2002; Huddart u. Kataja 2008; Krege et al. 2001, 2008a; Mason u. Jones 1997; Schmoll et al. 2004). Als Hilfestellung hierzu werden die einzelnen Optionen hinsichtlich ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile im direkten Vergleich miteinander dargestellt.
Problematik von Prüfungen auf Äquivalenz Die mit den verschiedenen adjuvanten Therapien bisher erreichten hohen Heilungs- und niedrigen Rückfallraten ließen erwarten, dass sehr geringe Unterschiede in den Erkrankungsrückfallraten nicht zu statistisch feststellbaren Unterschieden bei den Überlebensraten führen. Diese Einschätzung hat sich bestätigt. Somit ist der Parameter »krankheitsspezifisches Überleben« (DSS) beim Seminom im Stadium CS I für eine Beurteilung von Effekten unterschiedlicher antineoplastischer Therapien nur begrenzt geeignet. Aus methodischen Gründen zu fordernde prospektive Äquivalenzstudien zur Aufdeckung kleiner Differenzen bei den verschiedenen Therapiekonzepten müssen sehr lange Zeitspannen von Nachbeobachtungen erfassen. Sie bedürfen möglicherweise auch unterschiedlicher Follow-up-Strategien. In jedem Fall werden für solche Studien große Patientenkollektive benötigt. All diese Faktoren begründen, dass Resultate von Studien zur Prüfung auf Äquivalenz erst nach vielen Jahren vorliegen. Für die adjuvanten Optionen bei Patienten mit Seminom hat das klinisch eine hohe Relevanz. Die medianen Nachbeobachtungszeiten zur Ermittlung der Rückfallraten betragen für die heute klinisch angewandten Optionen Radiotherapie und Surveillance mehr als 11 Jahre, für die Carboplatin-Therapie in den großen Studien 6,5 bzw. 7 Jahre (Mead et al. 2008; Oliver et al. 2008). Sie umfassen damit ein zeitliches Spektrum, innerhalb dessen die überwiegende Anzahl von Rückfällen zu erwarten und eingetreten ist. Beachtenswert ist jedoch, dass – im Gegensatz zu den Nichtseminomen – entsprechend den Ergebnissen einer gepoolten Analyse (Mead et al. 2008) in 1,4% auch Spätrückfälle, definiert als erneute Tumormanifestation mehr als 2 Jahre nach abgeschlossener initialer Behandlung, nach mehr als 10 Jahren beobachtet worden sind (Baniel et al. 1995; Mead et al. 2008; Oldenburg et al. 2006; Warde et al. 1995, 1997; Warde u. Gospodarowicz 2005). Diese treten überwiegend retroperitoneal auf. Das Risiko für einen Spätrückfall und deren Lokalisation wird maßgeblich beeinflusst von der Primärtherapie (Mead et al. 2008). (In jedem Fall sollte bei Verdacht auf ein Spätrezidiv dieses vor der definitiven Therapie histologisch gesichert werden.) Somit sind die Nachbeobachtungszeiträume, insbesondere für die adjuvante Carboplatin-Therapie, wohl
663 26.6 · Adjuvante Therapie beim Seminom CS I
weiterhin noch nicht ausreichend für valide vergleichende Beurteilungen von Langzeit- oder unerwünschten Spätfolgen der einzelnen unterschiedlichen Therapiemodalitäten (Loehrer u. Bosl 2005).
26.6.3 Therapieoptionen
Watch-and-wait-Strategie (Surveillance-Strategie) Die Surveillance-Strategie basiert auf dem primären Verzicht auf jegliche postoperative onkologische Behandlung nach Orchiektomie. Somit werden durch eine adjuvante Therapie induzierte Akut- und Spätfolgen, insbesondere eine therapieassoziierte Induktion von Zweitneoplasien, vermieden. Diese Strategie hat sich als ausreichend sicher für 80–85% der Patienten erwiesen. Bei Patienten, die einen Rückfall erleiden, werden mit dieser Strategie die bisher erreichten Kurationsraten nicht kompromittiert, da das krankheitsspezifische Überleben mit fast 100% dem der adjuvant behandelten Patienten entspricht ( Tab. 26.5; Aparicio et al. 2003, 2005; Choo et al. 2005; Daugaard et al. 2003; Francis et al. 2000; Germa-Lluch et al. 1993; Horwich et al. 1992; Mead et al. 2008; Oldenburg et al. 2008; Ramakrishnan et al. 1992; von der Maase et al. 1993; Warde et al. 1998a,b,c, 2002, 2005, Warde u. Gospodarowicz 2005). Hierin liegt die Attraktivität des Surveillance-Konzeptes, zumal »lediglich« bei 60–65% der mit den beiden etablierten Risikofaktoren belasteten Patienten ein Rückfall auftritt mit dem Erfordernis zur erneuten onkologischen
Therapie. Somit scheint eine auf der Unterteilung nach Prognosefaktoren basierende risikoadaptierte Strategie attraktiv. Allerdings ist der Nachweis, dass mit diesen beiden Risikofaktoren eine ausreichend gute Trennschärfe für Hoch- versus Intermediär- versus Niedrigrisikogruppen vorliegt, noch nicht erbracht. Ein solcher Nachweis ist jedoch zu fordern bei der Implementierung von Prognosefaktoren in ein risikoadaptiertes Behandlungskonzept. Einen ersten Ansatz hierzu unternimmt die Spanish Germ Cell Cancer Group mit 2 prospektiven Studien (Aparicio et al. 2003, 2005). Sollte ein lokoregional begrenzter Rückfall auftreten, stellt eine kurative Radiotherapie eine geeignete Therapie dar (Mead et al. 2008). In allen anderen Fällen wird eine systemische Chemotherapie erforderlich. In einer kanadischen Studie war der Anteil der Patienten, die wegen ihres Rückfalls eine systemische Chemotherapie benötigen, nicht größer als der der adjuvant zu bestrahlenden Patienten (Warde u. Gospodarowicz 2005). Die klinische Problematik der Surveillance-Strategie besteht in folgenden Punkten: Vom Arzt erfordert sie eine besondere Kompetenz in Hinblick auf die Qualität und Stringenz der Nachsorge. Vom Patienten sind ein Verständnis und eine daraus erwachsene hohe Compliance notwendig, um ein frühzeitiges Erkennen eines Rückfalls zu ermöglichen. Wird dieser erst spät diagnostiziert, werden zumeist intensivere, in der Mehrzahl interdisziplinär durchzuführende Behandlungen erforderlich. Demzufolge erfordert dieses Konzept regelmäßig durchzuführende Kontrollen unter Einsatz der CT.
Tab. 26.5. Ergebnisse der Watch-and-wait-Strategie beim Seminom im Stadium CS I
a b
Autor/Jahr
Patienten (n)
Medianes Follow-up (Monate)
Rezidive (%)
DSSa (%)
Horwich 1992a
103
62
16,5 (n=17)
100
Ramakrishnan 1992
72
44
18,1
100
Germa-Lluch 1993
45
34
11,1
100
von der Maase 1993
261
48
18,8
98,9
Francis 2000
120
62 (2–260)
15 (n=18)
100
Daugaard 2003
394
60
17,5 (n=69)
100
Aparicio 2003b
143
52 (14–92)
16,1 (n=23)
100
Aparicio 2005b
100
34 (12–72)
6 (n=6)
100
Warde 2005
421
97
15,2 (n=64)
100
Choo 2005
88
121
19,3 (n=17)
100
DSS: »disease specific survival« = krankheitsspezifisches Überleben Nur Patienten ohne Risikofaktoren nach Warde et al. (2002)
26
664
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Des Weiteren bedarf es weiterer Langzeitnachbeobachtungen, da Rückfälle auch länger als 10 Jahre nach Primärtherapie auftreten können (Baniel et al. 1995; Oldenburg et al. 2006; Warde et al. 1995, 1997; Warde u. Gospodarowicz 2005). Diese Strategie der »Nichttherapie« bedeutet keinesfalls, dass diese Patienten keiner ionisierenden Strahlung ausgesetzt werden müssen: Aus der für eine effektive Überwachung benötigten Vielzahl von CT-Untersuchungen (Krege et al. 2008b) und damit verbundener kumulierter Strahlenexposition erwächst ein Risiko von radiogenen sekundären Neoplasien (Brenner u. Hall 2007; Logue et al. 2003; Nathan u. Rustin 2003). Nicht zuletzt setzt diese Strategie eine logistische und technisch-apparative Durchführbarkeit von kostenintensiver CT-Diagnostik voraus. Zu berücksichtigen ist auch, dass die für ein Watchand-wait-Konzept benötigten optimalen Follow-upStrategien noch nicht definiert sind. Empfehlungen zur Untersuchungsfrequenz und dem Ausmaß dabei jeweils einzusetzender Diagnosikverfahren sind abgeleitet aus retrospektiven Analysen von Rückfällen und nicht prospektiv validiert (z. B. Empfehlungen in Krege et al. 2008b). Aufgrund der höheren Wahrscheinlichkeit für einen Erkrankungsrückfall kann für diese Patienten die psychische Belastung erhöht sein (Fossa et al. 1994).
Zusammenfassende Bewertung der Surveillance-Strategie anhand aktueller Daten aus klinischen Studien
Vorteil: – 80–85% der Patienten benötigen nach der Orchiektomie über die Nachsorge hinaus keine weitere onkologische Therapie, da sie keinen Rückfall erleiden werden. – Therapieinduzierte Nebenwirkungen und Spätfolgen entfallen.
Nachteile:
– Die Rezidivrate beträgt ohne Berücksichtigung von bestehenden Risikofaktoren 13–16%, bei niedrigem Risiko 12%, bei intermediärem 15–16%, bei hohem 32%; Rückfälle treten in >90% retroperitoneal/hoch iliakal auf; sie können vereinzelt (1,4%) auch spät, d. h. >2 Jahre nach abgeschlossener Primärtherapie, auftreten (in Einzelfällen später als 10 Jahren nach Diagnose des Primärtumors), so dass die Nachsorge mit kostenintensiver Bildgebungsdiagnostik über eine lange Zeitspanne erfolgen muss. – Bei diesen Patienten ist bei einem Rückfall die notwendige Therapie intensiver (3/4 der
Patienten benötigen eine höher dosierte und ausgedehntere Strahlentherapie, ¼ eine Chemotherapie). – Aufgrund des höheren Rezidivrisikos besteht möglicherweise eine höhere psychische Belastung. – Die Nachsorge ist bei Verzicht auf ein risikoadaptiertes Vorgehen umfangreicher und kostenintensiv (zusätzliche CT-Untersuchungen).
Radiotherapie Die adjuvante perkutane Radiotherapie mit Photonen des Linearbeschleunigers (Primärenergie >10 MV), appliziert in Einzeldosen von 2,0 Gy über dorsoventrale Stehfelder, stellt beim Seminom CS I eine etablierte Therapiemodalität mit Heilungsraten von 95–98% dar. Sie zielt auf eine Devitalisierung okkulter Mikrometastasen lokoregional. Ihre hohe Wirksamkeit gründet sich im Metastasierungsverhalten von testikulären Keimzellmalignomen mit primärer Tumorzellverschleppung in die lokoregionalen paraaortalen/-kavalen Lymphabflussgebiete in 97% der Fälle – nur in etwa 3% erfolgt eine primäre hämatogene Metastasierung – und in der vor ca. 100 Jahren erkannten hohen Strahlensensibilität von Seminomzellen. Die adjuvante Bestrahlungsbehandlung wurde in den zurückliegenden Jahren optimiert. Dies gelang durch die erfolgreiche Einführungen neuer reduzierter Volumenund Dosiskonzepte, deren Wirksamkeit ebenfalls mit hoher Evidenz, LoE IB bzw. IIA, abgesichert ist ( Tab. 26.6; Classen et al. 2001, 2004; Fossa et al. 1999; Jones et al. 2005; Mead et al. 2008; Oliver et al. 2005a, b, 2008). Wesentliche Gründe für die Begrenzung des zu bestrahlenden Volumens auf die Paraaortalregion waren die hohe radiogene Belastung des kontralateralen Hodens bei Mitbestrahlung der iliakalen und inguinalen Lymphgebiete und die darin begründete Sorge, hierduch eine dauerhafte Beeinträchtigung der Fertilität zu induzieren (Bamberg et al. 1999; Barth u. Hums 1990; Fossa et al. 1993, 1999; Schmidberger u. Bamberg 1995; Thomas 1996). Eine Beschränkung des Bestrahlungsvolumens auf die infradiaphragmale paraaortale/-kavale Lymphabflussregion ist ohne Kompromittierung der Kurationsraten ausreichend und gewährleistet eine deutliche Reduktion radiogener Nebenwirkungen (Classen et al. 2001, 2004; Fossa et al. 1999; Jones et al. 2005; Oliver et al. 2005b, 2008). Der Äquieffektivitätsnachweis einer auf die Paraaortalregion begrenzten Radiotherapie gegenüber einer zuvor üblichen mit zusätzlicher Erfassung auch der Iliakalre-
26
665 26.6 · Adjuvante Therapie beim Seminom CS I
Tab. 26.6. Ergebnisse der adjuvanten Radiotherapie unter Beschränkung auf die infradiaphragmale paraaorto/-kavale Lymphabflussregion beim Seminom im Stadium CS I Autor/Jahr
Patienten (n)
Untersuchungszeitraum
Medianes Follow-up (Monate)
Rezidive (%)
DSS (%)
Fossa 1999
236
1989–1993
54
3,8 (n=9) [nach 3 Jahren]
99,3 [nach 3 Jahren]
Logue 2003
431
1988–2000
62
3,5 (n=15) [nach 5 Jahren]
98 [nach 5 Jahren]
Classen 2004
675
1991–1994
61 (1–121)
5,1 (n=26) [nach 8 Jahren]
99,6 [nach 8 Jahren]
Jones 2005 (MRC TE 18-Trial)
625
1995–1998
61
3,0*–3,6° (n =21) [nach 5 Jahren] (*30 Gy-, 20 Gy-Gruppe)
>99 [nach 5 Jahren]
Jones 2005 (MRC TE 19-Trial)
469
1996–2001
30
2,5°–3,2* (n =15) [nach 2 Jahren] (*30 Gy-, 20 Gy-Gruppe)
k.A.
Oliver 2008
690
1996–2001
60
4 (n=32) [nach 5 Jahren]
98,9
Oliver 2008
904
1996–2001
78
4 (n=37) [nach 6,5 Jahren]
99
Mead 2008
236
1989–1993
144
4 (n=10) [nach 5 Jahren; 9 nach 3, 1 nach 7,5 Jahren]
99
544 (RT: 20 Gy)
1995–1998
72
3 (n=16) [nach 7 Jahren]
99
550 (RT: 30 Gy)
1995–1998
72
5 (n=27) [nach 7 Jahren]
99
904 (RT: 20 oder 30Gy)
1996–2001
76
4 (n=37) [nach 6,4 Jahren]
99
k.A. keine Angaben.
gion gelang im wesentlichen durch 2 prospektive Studien, dem MRC TE 18-/EORTC 30942-Trial der Testis Cancer Clinical Studies Group des britischen National Cancer Research Institute in Kooperation mit der EORTC und der Seminom-CS I-Studie der Interdisziplinären Hodentumor Arbeitsgruppe der Deutschen Krebsgesellschaft (Bamberg et al. 1999; Classen et al. 2004; Fossa et al. 1999; Jones et al. 2005; Mead et al. 2008; Oliver et al. 2008). Die Feldbegrenzungen in beiden Studien differieren. So sind in der MRC TE 18-/EORTC 30942- und der nachfolgenden MRC TE 19-/EORTC 30982-Studie die Feldgrenzen kranial durch den Intervertebralraum Th10/11, kaudal durch die Grundplatte des LWK 5 und ipsilateral unter Einbeziehung des Nierenhilus definiert. In der deutschen Studie waren die Feldgrenzen kaudal durch die Grundplatte des LWK 4 und lateral durch die seitlichen Enden der lumbalen Querfortsätze festgelegt (Fossa et al. 1999; Jones et al. 2005; Souchon et al. 2000). Ein Verzicht auf die Mitbestrahlung iliakaler Lymphabflussgebiete war mit einer <2% betragenden und klinisch nicht als relevant beurteilten Erhöhung der pelvinen Rückfallrate verbunden (Bamberg et al. 1999; Classen et al. 2004; Fossa et al.
1999; Jones et al. 2005; Oliver et al. 2005b; Schmoll et al. 2004). Ob nach skrotalen oder inguinalen Voroperationen eine Modifikation der Bestrahlungsvolumina erforderlich ist, ist weiterhin wegen fehlender valider Daten unklar (Capelouto et al. 1995; Logue et al. 2003). In den MRC/ EORTC-Studien wurde die Einbeziehung der ipsilateralen iliakalen Lymphregion nach inguinalen Operationen empfohlen (Jones et al. 2005; Oliver et al. 2005b). In den deutschen Leitlinien wird diese Maßnahme für nicht (Deutsche Krebsgesellschaft e. V. 2002) bzw. für »vielleicht« nicht (Schmoll et al. 2004) erforderlich angesehen, ist aber in einigen Ländern übliche Praxis. Die zur Eradikation klinisch okkulter lokoregionaler Metastasen benötigte Gesamtdosis wurde ebenfalls im Laufe der letzten Jahre gesenkt (Classen et al. 2001, 2004; Fossa et al. 1999; Jones et al. 2005; Oliver et al. 2005b). In den MRC TE 18- und TE 19-/EORTC 30942-/30982-Studien wurden Gesamtdosen von 20 Gy gegenüber 30 Gy prospektiv und randomisiert geprüft. In den Studien der deutschen Interdisziplinären Hodentumor Arbeitsgruppe war die Gesamtdosis mit 26 Gy angesetzt worden. Da
666
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
in den prospektiven MRC TE 18- und TE 19-/EORTCStudien eine Randomisierung zwischen den alternativen Gesamtdosen erfolgte und hierbei eine Äquieffektivität nachgewiesen wurde, liegt für die untersuchte Fragestellung der benötigten Gesamtdosis aufgrund des Studiendesigns ein höheres Evidenzniveau gegenüber dem der deutschen Studie vor. Damit ist der derzeitige Standard entsprechend dem Vorgehen in den MRC TE 18- und TE 19-/EORTC 30942-/30982-Studien definiert und so im aktuellen Europäischen Konsensus festgelegt (Krege et al. 2008). Aufgrund der Ergebnisse der MRC TE 18- und TE 19-/EORTC 30942-/30982-Studien wurde die zuvor in den deutschen Leitlinien empfohlene Dosis von 26 Gy auf 20 Gy abgesenkt (Jones et al. 2005; Krege et al. 2001; Souchon et al. 2000; Schmoll et al. 2004).
nomischen Translokationen gegenüber einer Vergleichsgruppe von gesunden Männern. Diese Beobachtung ist ein klarer Hinweis auf zugrundeliegende chromosomale Instabilitäten bei Patienten mit seminomatösen Keimzellmalignomen (Schmidberger et al. 2001). Dem kann die aktualisierte Analyse von Langzeitüberlebenden mit Hodentumoren, die mindestens 1 Jahr ihren Tumor überlebt hatten und bei denen metachron eine Sekundärneoplasie in Form eines soliden Malignoms aufgetreten ist, gegenübergestellt werden. Die hodentumorspezifische Behandlung erfolgte im Zeitraum von 1943–2001. Das altersabhängige relative Risiko (RR) für diese Patienten betrug nach Radiotherapie 2,0, nach Chemotherapie 1,8 und war bei einer Kombination von Radio- und Chemotherapie mit 2,9 am höchsten. Eine Differenzierung nach Art der Radiotherapie, primärem Tumorstadium und Höhe der applizierten Dosis erfolgte in dieser Auswertung nicht (Fossa et al. 2007; Schairer et al. 2007; Travis et al. 2005).
Radiogene Toxizitäten Die erfolgreichen Reduktionen der Bestrahlungvolumina und der zu applizierenden Gesamtdosis begrenzen radiogene Akuttoxizitäten auf ein Minimum. Toxizitätsgrade >WHO 2 treten unter Anwendung heute üblicher Bestrahlungstechniken praktisch nicht mehr auf (Bamberg et al. 1999; Classen et al. 2004; Fossa et al. 1999; Jones et al. 2005; Oliver et al. 2005b, 2008; Schmidberger u. Bamberg 1994). Als mögliche Langzeitfolgen nach Radiotherapie werden eine radiogene gonadale Toxizität, Obliterationen/Fibrosierungen in kleinen Gefäßen, Begünstigungen altersabhängiger Einschränkungen der Nierenfunktion sowie psychische und physische Alterationen kontrovers diskutiert (Fossa et al. 2002; Joos et al. 1997; Majewski et al. 2005; Petersen et al. 1998; Thorsen et al. 2005). Zur Höhe dieser Risiken liegen bei Berücksichtigung moderner Radiotherapieverfahren und bei Beschränkung auf das Stadium CS I erste Daten vor (Fossa et al. 2007; Gatta et al. 2006; Hentrich et al. 2008; Howard et al. 2008; Oliver et al. 2008; Schairer et al. 2008; van den Belt-Dusebout et al. 2007). Da die meisten Patienten in jungem Alter an einem Hodentumor erkranken, ist das Ausmaß möglicher radiogener Induktionen von nichtgerminalen Zweitneoplasien von herausragendem Interesse (Loehrer und Bosl 2005; Oliver et al. 2005b, 2008; Schmoll et al. 2004; Travis et al. 2005; Warde et al. 2002). Beachtenswert dabei ist, dass die Mehrzahl der beobachteten Sekundärmalignome außerhalb der Bestrahlungsregion auftreten (Bamberg et al. 1999; Classen et al. 2004; Jones et al. 2005; Oliver et al. 2005b, 2008; Schairer et al. 2007; Warde et al. 2002). Vor einer Radiotherapie durchgeführte radiobiologische Untersuchungen bei Patienten mit Seminom ergaben eine deutlich erhöhte Frequenz von spontanen ge-
Zusammenfassende Bewertung der adjuvanten Radiotherapie anhand der Daten aktueller Studien
Vorteile: – Die möglichen Akutnebenwirkungen sind mild bis moderat. – Die Rezidivrate beträgt 3–4%. Rezidive treten nur außerhalb des Bestrahlungsvolumens auf. – In der Nachsorge kann auf eine CT-Untersuchung des Abdomens verzichtet werden.
Nachteile: – Die Radiotherapie bedeutet für ca. 80–85% der Patienten eine Übertherapie, da dieser Teil der Patienten auch ohne adjuvante Radiotherapie rezidivfrei bleiben würde. – Es besteht ein gegenüber der übrigen Bevölkerung erhöhtes kumulatives Risiko von soliden Zweitmalignomen nach Radiotherapie. Allerdings liegen keine Daten über die Höhe dieser Risiken bei heutiger adjuvanter Radiotherapie mit reduzierten Dosen und Zielvolumina vor.
Monotherapie mit Carboplatin Carboplatin als Monochemotherapie stellt eine therapeutische Alternative zur adjuvanten Bestrahlungstherapie dar und wird nicht mehr als als experimentelles Vorgehen bewertet (Dieckmann et al. 2000; Horwich et al. 1992b; Horwich 2008; Huddart u. Kataja 2008; Krege et al. 1997, 2008a; Mason u. Jones 1997; Mead et al. 2008; Oliver et al. 1990, 1994, 2001, 2005a, 2008; Schmoll et al. 2004; Steiner
667 26.6 · Adjuvante Therapie beim Seminom CS I
Tab. 26.7. Ergebnisse der adjuvanten Carboplatin-Therapie beim Seminom im Stadium CS I Autor/Jahr
Patienten (n)
Chemotherapie – Zyklen und Dosierung
Rezidive
Medianes Follow-up (Monate)
Kührer 1991
37
2×400 mg/m2
2,7
18
Krege 1997
43
2×400 mg/m2
0
28
Dieckmann 2000
93
1×400 mg/m2
8 (8,6%)
48
32
2
2×400 mg/m
0
45
Reiter 2001
107
2×400 mg/m2
0
74 (5–145)
Oliver 2001
146
1×AUC 7; q 21
1 (0,7%)
52
57
2×AUC 7; q 21
2 (3,5%)
128
2
108
2×400mg/m
2 (1,9%)
60 (6–134)
a
60
2×400mg/m2
2 (3,3%)
52 (14–92)
Aparicio 2005a
214
2×AUC 7; q 21
7 (3,3%)
34 (12–72)
Oliver 2008
573
1× <=>AUC 7; q 21
29 (5%)
78
Oliver u. Mead 2008
347
1× =/>AUC 7, q 21
9 (3,9%)
60
Steiner 2002 Aparicio 2003
a Patienten
mit 1–2 Risikofaktoren nach Warde et al. 2002)
et al. 2002). Ausgangspunkt hierfür war der Nachweis der Wirksamkeit von Carboplatin in der Therapie von Seminomen im Metastasierungsstadium (Schmoll et al. 1993; Tab. 26.7). Als prinzipieller Vorteil der Carboplatin-Therapie wird der systemische Therapieansatz mit Erfassung möglicher Mikrometastasen auch außerhalb des lokoregionalen Lymphabflussgebietes angesehen. Weitere Vorteile sind die kürzeren Behandlungszeiten mit Beschränkung der Therapie auf 1 Behandlungstag (heutiger Standard: 1x Carboplatin AUC 7, s. u.) und die im Vergleich zur Bestrahlungstherapie von Therapiezentren unabhängige Applikationsmöglichkeit. Bezüglich des systemischen Therapieansatzes wurde erwartet, dass damit die bei dem modifizierten Bestrahlungsbehandlungskonzept mit Beschränkung auf die retroperitonealen paraaortalen/-kavalen Lymphabflussgebiete in ca. 1,6% beobachteten iliakalen und inguinalen lymphonodulären Rückfälle sowie extralymphatische Mikrometastasierungen verhindert werden. Unklar waren die für eine ausreichende therapeutische Effektivität benötigte Anzahl der Behandlungszyklen und die Gesamtdosis. Eine Analyse der Daten von 837 Patienten aus PhaseII-Studien mit adjuvanter Carboplatin-Therapie bewertete Rückfall- und tumorspezifische Todesraten, kontralaterales Auftreten eines testikulären Keimzellmalignoms sowie
die Inzidenz sekundärer anderer Neoplasien. In diesen Studien wurden differente Dosierungskonzepte (400 mg/ m2 KOF versus AUC 7) angewandt und entweder 1 oder 2 Zyklen Carboplatin appliziert. Die Nachbeobachtungszeiten erfassten bis zu 10 und 20 Jahre und lagen im Mittel bei 75 Monaten (Oliver et al. 2005a). Die Rückfallraten nach 1 Zyklus, dosiert mit 400 mg/m2 und somit etwa einer Dosierung nach AUC 5 entsprechend, lagen bei 8,6% gegenüber ca. 3–4% bei allen anderen Therapiekonzepten – einschließlich alternativer adjuvanter Radiotherapie – und dokumentieren eine markante Dosis-WirkungsBeziehung beim Einsatz von Carboplatin. Auf eine mögliche Äquivalenz von adjuvanter Radiound Carboplatin-Therapie im direkten Vergleich wurde in 2 großen Studien prospektiv und randomisiert geprüft. Die Ergebnisse der MRT TE 19-/EORTC 30982-Studie mit einem 6,5-jährigen Follow-up sind aktuell vorgetragen worden (Oliver et al. 2008); die Daten der deutschen interdisziplinären ARO/AUO-Studie der GTCSG sind ausgewertet. Beide Studien unterscheiden sich bezüglich der Dosisintensität und der Zyklusanzahl der adjuvanten Carboplatin-Therapie. In der deutschen Studie wurde die Carboplatin-Therapie in Form von 2 Zyklen, dosiert mit 400 mg/m2, appliziert. In der internationalen MRT TE 19-/EORTC 30982-Studie wurde Carboplatin mit nur einem Kurs und der Dosierung nach AUC 7 verabreicht (Oliver et al. 2005b, 2008).
26
668
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Nach einer mittleren Nachbeobachtungsperiode von 6,5 Jahren ergaben sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Rückfallrate, des tumorfreien Intervalls und des Überlebens. Die Rückfälle waren nach Carboplatin-Therapie überwiegend retroperitoneal gegenüber pelvinen nach Radiotherapie. Die Anzahl sekundärer kontralateraler testikulärer Malignome war nach Carboplatin- gegenüber einer Radiotherapie geringer: 0,3% versus 1,7% (Oliver et al. 2008), die von nicht-testikulären Zweitmalignomen ebenfalls: 0,8% versus 1,1%. In der internationalen MRC TE 19-/EORTC 30982Studie sind die überwiegend in den regionalen Lymphabflussgebieten retroperitoneal aufgetretenen Rückfälle (Dieckmann et al. 1996; Mead et al. 2008; Oliver et al. 2005a, b, 2008), der Verzicht auf Bildgebungsdiagnostik wie CT-Untersuchungen des Retroperitoneums in Kenntnis bevorzugter Manifestationen von Spätrezidiven im Becken (Logue et al. 2003) und die mittlere Nachbeobachtungszeit von lediglich 6,5 Jahren kritisch zu bewerten. Carboplatin eliminiert das Rückfallrisiko nicht, sondern reduziert es für einen individuellen Patienten bestenfalls von 15% auf 3–5%, bezogen auf einen Zeitraum von 5 bzw. 6,5 Jahren. In welchem Umfang noch Spätrezidive auftreten und Carboplatin deren Manifestation zeitlich nur verschiebt, ist unbekannt. Da nach einer Carboplatin-Therapie nahezu alle Rückfälle retroperitoneal auftreten, kann – ebenso wie bei der Surveillance-Strategie – auf ein kontinuierliches Kontrollieren des Retroperitoneums nicht verzichtet werden (Krege et al. 2008b). Zudem sollten Kosten-NutzenAspekten berücksichtigt werden. Häufigkeit und klinisches Ausmaß von Langzeiteffekten und mögliche Induktion von metachron auftretenden Zweitneoplasien von Carboplatin stehen besonders im Blickpunkt und im Vergleich zur Radiotherapie (Loehrer u. Bosl 2005; Horwich 2008; Mead et al. 2008; Oliver et al. 2008; Travis et al. 1997, 2005; Zagars et al. 2004). Da sich unter Berücksichtigung der mit 5 bzw. 6,5 Jahren relativ kurzen Nachbeobachtungszeit in den MRC/EORTC-Studien die Effektivität der CarboplatinTherapie gegenüber der einer heute üblichen Radiotherapie hinsichtlich der Tumorkontrolle und hinsichtlich therapieassoziierter Spätfolgen im bisher auswertbaren Langzeitverlauf als gleichwertige erwies, wurde sie in den aktuellen Empfehlungen als gleichwertige Alternative für die adjuvante Therapie des Seminoms im Stadium CS I angesehen (Mead et al. 2008; Krege et al. 2008). Wie bereits für die alternativen Optionen der Surveillance und der Radiotherapie herausgestellt muss auch für diese Therapieoption eine optimale Follow-up-Strategie noch definiert werden. Dazu wird auch die Rolle von MRT und CT weiter untersucht werden (Fitzgerald et
al. 2004; Warde u. Gospodarowicz 2005). Hierzu liegen aktualisierte Empfehlungen der EGCCCG vor (Krege et al. 2008b). Eine aktuelle Studie der Spanish Germ Cell Cancer Group prüft prospektiv den Einsatz einer adjuvanten Carboplatin-Therapie gegenüber einer SurveillanceStrategie unter Stratifizierung nach individuellen Risikofaktoren, die den oben genannten retrospektiv evaluierten Prognosefaktoren entsprechen (Warde et al. 2002). Eine Carboplatin-Chemotherapie (2 Zyklen, dosiert nach AUC 7) erhielten nur Patienten, die der Hochrisikogruppe zugeordnet werden (Aparicio et al. 2003, 2005). In den bisher vorliegenden Auswertungen war die mediane Nachbeobachtungszeit noch zu kurz, um Spätrückfälle oder Langzeitfolgen zu erfassen. Ebenso steht eine Validierung des Modells eines risikoadaptierten Vorgehens noch aus.
Zusammenfassende Bewertung der adjuvanten Carboplatin-Therapie anhand aktueller Daten aus klinischen Studien
Vorteile: – Die möglichen Akutnebenwirkungen sind mild bis moderat. – Potenzielle Erfassung von Mikrometastasen auch außerhalb des Bestrahlungsfeldes. – Ambulante, kurzzeitige, von Bestrahlungseinrichtungen ortsunabhängige Therapie ist möglich. – Die Rezidivrate beträgt bei ausreichender Dosierung 3–4%, bei Rete-testis-Infiltration allerdings 9% und ist in diesen Fällen höher im Vergleich zu der nach Radiotherapie. – Rezidive treten nahezu ausschließlich retroperitoneal auf (im Bereich des Bestrahlungsvolumens adjuvanter Radiotherapie) und sind dann ggf. auch mit einer Second-line-Radiotherapie zu kurieren.
Nachteile: – Die Carboplatin-Therapie bedeutet für ca. 80–85% der Patienten eine Übertherapie, da diese auch ohne adjuvante Chemotherapie rezidivfrei bleiben. – Die Carboplatin-Therapie eliminiert das Rückfallrisiko nicht und erfordert eine kontinuierliche langzeitige Bildgebungskontrolle des lokoregionalen Lymphabflusses. – Es besteht ein Risiko zytostatikainduzierter Zweitmalignome und kardiovaskulärer Spätfolgen. – Es liegen erste Daten über die Risikohöhe bei adjuvanter Carboplatin-Therapie vor; diese sind nicht ungünstiger als die für die adjuvante Radiotherapie.
669 26.6 · Adjuvante Therapie beim Seminom CS I
26.6.4 Nachsorge (Follow-up)
Beim Seminom CS I sind nach therapeutischer Orchiektomie bei allen 3 postoperativen Optionen (adjuvante Therapie oder Surveillance) regelmäßig und über viele Jahre durchzuführende Kontrollen unter Einsatz bildgebender Diagnostikverfahren erforderlich (Empfehlungen hierzu Krege et al. 2008b; De Giorgi et al. 2006; van As et al. 2008). Allerdings hat die aktuelle Analyse von Rückfällen in den prospektiven TE 10-, TE 18- und TE 19Studien des Medical Research Council nach adjuvanter Radio-/Chemotherapie Diskussionen über Zeitdauer und Ausmaß von Nachsorgeuntersuchungen beim adjuvant therapierten Seminom CS I neu belebt (Mead et al. 2008): In lediglich in 4 Fällen traten Rückfälle später als 3 Jahre nach Abschluss der Primärtherapie auf. Ihre Lokalisation war abhängig von der Behandlungsart und nach adjuvanter Carboplatin-Therapie überwiegend retroperitoneal manifestiert. Da mittels CT lediglich 1 Rezidiv 3 Jahre nach adjuvanter Chemotherapie entdeckt worden war, halten die Autoren eine regelmäßige Fortsetzung von CT-Untersuchungen des Abdomens länger als 2 Jahre für diese Patientengruppe für nicht erforderlich. Ebenso sprechen sich die Autoren aufgrund der sehr niedrigen Rückfallrate und insbesondere der mit 1,4% sehr selten auftretenden Spätrückfälle gegen eine Langzeit-Nachbeobachtung zur (frühzeitigen) Erkennung eines Rezidivs bei den adjuvant therapierten Patienten aus (Mead et al. 2008). Indirekt bestätigt wurde diese Einschätzung auch durch eine Untersuchung der German Testicular Cancer Study Group (GTCSG) mit dem Nachweis, dass nur jeder 6. Rückfall nach adjuvant radiotherapiertem Seminom CS I mittels CT festgestellt wird (Classen et al. 2006). CT-Untersuchungen als genaueste bildgebende Diagnostikverfahren sind obligater Bestandteil der Nachsorge. Ihre regelmäßige Durchführung wird weiterhin als unverzichtbar beurteilt. Aktuell wird empfohlen, die CT-Untersuchungsintervalle und mit CT zu überprüfenden Regionen (Retroperitoneum, Becken) von der postoperativ eingeschlagenen Behandlungsoption abhängig zu machen (Krege et al. 2008b). Der Einsatz der CT ist jedoch mit einer relevanten radiogenen Belastung verbunden (Brenner und Hall 2007). Vor diesem Hintergrund wurde aktuell unter Federführung des britischen National Cancer Research Network (NCRC) eine internationale prospektive randomisierte Studie initiiert, bei der Alternativen zum standardmäßigen Einsatz der CT bei Patienten unter Surveillance evaluiert werden. Das erfolgt in der Studie durch Minderung der Anzahl der CT-Untersuchungen und Vergrößerung der größere Untersuchungsintervalle oder durch den Einsatz einer MRT statt CT (Trial of Imaging and Schedule in Semi-
noma Testis, »TRISST-Trial; Dr. Joffe, P. Pollock: Kontakt:
[email protected]). Während Bestimmungen der spezifischen Tumormarker AFP und β-HCG als obligat bei der SurveillanceStrategie und in der Nachsorge beurteilt werden, haben sich Kontrollen des unspezifischen Markers LDH bei der Surveillance als nicht ausreichend erwiesen (Ackers und Rustin 2006). Zusammenfassende Bewertung Da weiterhin ein prospektiver randomisierter Vergleich zwischen den 3 Optionen Surveillance, adjuvante Radio- oder Carboplatin-Therapie unter Berücksichtigung eines längeren Follow-up und der hinsichtlich des Bestrahlungsvolumens und der Gesamtdosis reduzierten Radiotherapie (20 Gy, begrenzt auf den lokoregionalen Lymphabfluss) aussteht (Mottet et al. 2008), wird ein am Vorliegen bzw. Fehlen von etablierten Risikofaktoren (Tumorgröße > vs. < 4 cm, Rete-testis-Infiltration ja vs. nein) individuell orientiertes Vorgehen international empfohlen (Huddart u. Kataja 2008; Krege et al. 2008a). Bezogen auf den wichtigsten onkologischen Parameter, das Überleben (»overall survival«; OS), werden mit den 3 Optionen: Surveillance, adjuvante perkutane Radiotherapie der lokoregionalen paraaortalen/-kavalen Lymphabflussregion oder einer adjuvanten Carboplatin-Chemotherapie identische Ergebnisse erreicht. Die Rezidivraten für die einzelnen Optionen liegen die Surveillance-Strategie (»watch and wait«) – ohne Berücksichtigung individueller prognostischer Faktoren – bei 13–16% und sind für die adjuvanten Therapieverfahren, Radio- oder systemische Chemotherapie mit Carboplatin, identisch mit 3 und 4% (Krege et al. 2008a) (Chemotherapie entsprechend dem Protokoll der MRT TE19-/EORTC 30982-Studie mit Applikation von 1 Zyklus Carboplatin mit einer Dosierung entsprechend AUC 7). Wegen der Äquieffektivität beider adjuvanter Therapien bezüglich der Reduktion der Rückfallraten sollten nicht die Art der Therapie, sondern andere Faktoren wie die Raten akuter Nebenwirkungen, Spättoxizitäten, Wunsch des betroffenen Patienten und/oder sozioökonomische Faktoren die maßgeblichen Entscheidungskriterien bilden (Krege et al. 2008a). Tritt unter einer Surveillance-Strategie oder nach adjuvanter Carboplatin-Chemotherapie ein begrenzter lokoregionaler Rückfall auf, stehen alternativ eine perkutane Radio- oder eine systemische Chemotherapie nach dem BEP-Schema (Bleomycin, Etoposid und Cisplatin) bzw. (bei Verzicht auf Bleomycin aufgrund
26
670
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
von pulmonalen Funktionseinschränkungen) dem PESchema bei weiterhin kurativem Behandlungsansatz als Therapieoptionen zur Verfügung. Bei ausgedehntem lokoregionalen Rückfall oder systemischer Tumorausbreitung ist eine Kombinationschemotherapie nach den o. a. Schemata erforderlich. Um dem Patienten im Stadium CS I eine Entscheidung über das von ihm gewünschte Vorgehen zu ermöglichen, ist er über seine individuelle Risikokonstellation und die jeweiligen Vor- und Nachteile der einzelnen Optionen, insbesondere auch über mögliche therapieassoziierte Spätfolgen aufzuklären (Krege et al. 2008a).
26 26.7
Adjuvante Therapie beim Nichtseminom CS I
P. Albers 26.7.1 Therapieziele
Adjuvante Therapien werden Patienten empfohlen, wenn nach kompletter Entfernung des Primärtumors ein Progress- oder Rezidivrisiko besteht. Je nach Höhe des Rezidivrisikos wird die entsprechende adjuvante Therapie ausgewählt, so dass sowohl Überwachungsstrategien wie auch potenziell toxische Therapieansätze in Frage kommen. Das Ziel adjuvanter Therapien ist die langfristige, rezidivfreie Heilung des Patienten. Das Sekundärziel ist, diese Heilung durch möglichst geringe therapieassoziierte Nebenwirkungen zu erreichen. Bei Hodentumorpatienten besteht die Besonderheit, dass alle Patienten im Stadium I potenziell heilbar sind. Damit muss die Qualität jeder Form von adjuvanter Therapie nach Entfernung des Primärtumors (z. B. Ablatio testis) nicht nur an der Rezidivrate, sondern auch an der Langzeittoxizität gemessen werden. Neuere Daten zur Langzeittoxizität und zu Sekundärmalignomen bei Hodentumorpatienten mit Nachbeobachtungszeiten von häufig über 20 Jahren nach primärer Therapie zeigen, dass zumindest bei der Anwendung höher dosierter Formen von Radio- und/oder Chemotherapie erhebliche Langzeitfolgen der lange zurückliegenden Therapie zu erwarten sind (Travis et al. 1997; Kollmannsberger et al. 1998; Boyer u. Raghavan 1992; Bokemeyer et al. 1996; Bokemeyer u. Schmoll 1993; Nuver et al. 2005; Zagars et al. 2004). Das relative Risiko für Sekundärmalignome liegt für eine vorausgegangene Radiotherapie bei 2,6, für eine Chemotherapie ab 3 cisplatinhaltigen Zyklen
bei 2,1 (van den Belt-Dusebout et al. 2007). Vor diesem Hintergrund müssen adjuvante Therapien in Frühstadien des Hodentumors möglichst auf die Patienten beschränkt bleiben, die ein im Verhältnis zu den zu erwartenden Spätfolgen höheres Rezidivrisiko haben. Rezidive nach Primärtherapie des Hodentumors werden in nahezu allen Fällen mit einer Kombinationschemotherapie und häufig auch nachfolgender Operation der Residuen behandelt. Die adjuvante Therapie muss also zumindest eine geringere Therapielast als die Therapie des Rezidivs haben. Theoretisch addieren sich dann zur akuten Therapielast der adjuvanten Therapie die unnötigen Langzeitfolgen bei den Patienten, bei denen eine adjuvante Therapie nicht erforderlich gewesen wäre. Darauf konzentrieren sich heutzutage die Bemühungen, die Patienten vor einer adjuvanten Therapie aufgrund ihrer Tumorparameter genau für die jeweilig adjuvante Therapie zu selektieren. Hinweis
I
I
Bei Hodentumoren bestehen grundsätzlich 3 Möglichkeiten der adjuvanten Therapie: die Surveillance-Strategie, die adjuvante Chemotherapie und – historisch begründet – die operative Therapie mit ggf. nachfolgender Chemotherapie.
26.7.2 Therapiekonzept
Entscheidend für die Auswahl der adjuvanten Therapieform ist die Ermittlung des Rezidivrisikos des einzelnen Patienten. Aus Überwachungsstudien nach Ablatio testis ist für Patienten ohne Analyse von Risikoparametern für ein Rezidiv des Tumors im klinischen Stadium I des Nichtseminoms ein Rezidivrisiko von 28% bekannt. Diese aus einer Übersicht von mehreren Serien mit mindestens 100 Patienten in Surveillance-Strategien (insgesamt 1672 Patienten) generierte Rezidivhäufigkeit kann noch näher analysiert werden. Die mediane Zeit bis zum Rezidiv beträgt nur 5 Monate. Über 80% der Rezidive treten im 1. Nachsorgejahr auf, und nur insgesamt weniger als 5% der Rezidive werden nach mehr als 2 Jahren diagnostiziert ( Tab. 26.8). 60% dieser Rezidive werden im Retroperitoneum und 25% in der Lunge nachgewiesen. 10% der Rezidive werden über eine isolierte Erhöhung der Serumtumormarker diagnostiziert. Auch in aktuellen prospektiven Serien (z. B. aus Kanada; Duran et al. 2007) beträgt die krebsspezifische Überlebensrate bei adäquater Rezidivtherapie etwa 99%, so dass die nicht-risikoadaptierte Überwachungsstrategie bei guter »Compliance« eine valide Therapiealternative darstellt.
671 26.7 · Adjuvante Therapie beim Nichtseminom CS I
Grundsätzlich gibt es 2 Möglichkeiten, die Rezidivrate von 28% durch bessere Selektion zu senken:
verbesserte Bildgebung und
histopathologische sowie molekulare Prognosefaktoren. Könnte man im Idealfall die Patienten identifizieren, die kein Rezidivrisiko hätten, dann würde man diesen Patienten jegliche Form von adjuvanter Therapie ersparen. Im Bereich der Bildgebung gab es 2 unterschiedliche Ansätze, um dieses Ziel zu erreichen. Leibovitch et al. (1998) konnten durch eine Reevaluation von Staginguntersuchungen durch spezialisierte Radiologen in Kombination mit histopathologischen Prognosefaktoren eine wesentlich verbesserte Vorhersage der Patienten erreichen, die damit ein Rezidivrisiko von etwa 10% haben (»low-risk group«; Leibovitch et al. 1998). Eine andere Möglichkeit besteht theoretisch in der Verwendung mo-
Tab. 26.8. Ergebnisse der Surveillance-Strategie bei Patienten im klinischen Stadium I des Nichtseminoms (Serien mit >100 Patienten) Autor/Jahr
Patienten (n)
Rezidive (%)
Freedman et al. (1987)
259
70 (29)
Swanson et al. (1989)
100
31 (31)
Sturgeon et al. (1992)
105
37 (35)
Read et al. (1992)
373
100 (27)
Fossa et al. (1994)
102
22 (22)
Gels et al. (1995)
154
42 (27)
Sogani et al. (1998)
105
27 (26)
Sharir et al. (1999)
170
48 (28)
Duran et al. (2007)
305
77 (25)
Gesamt
1672
454 (27)
derner Bildgebungsmöglichkeiten, wie z. B. der Positronenemissionstomographie. Leider haben alle bisherigen Untersuchungen zum besseren Staging der Patienten im Frühstadium der Erkrankung keine Verbesserung gegenüber dem konventionellen Staging durch Computertomographien nachweisen können (Albers et al. 1999a; Hain et al. 2000; Lassen et al. 2003; De Wit et al. 2005). Durch die Analyse verschiedener histopathologischer Prognosefaktoren ist es möglich geworden, zwei Risikogruppen für ein Rezidiv der Erkrankung im klinischen Stadium I zu definieren. Die so selektierte Low-riskGruppe hat ein Rezidivrisiko von 13%, die High-riskGruppe hat ein Rezidivrisiko von 64%. Für diese Analyse ist eine Kombination mehrerer Risikofaktoren notwendig, die sich in den letzten 15 Jahren etabliert haben. Im Vordergrund steht der Risikofaktor »vaskuläre Invasion« des Primärtumors. Ergänzt wird dieser Faktor durch den prozentualen Anteil embryonalen Karzinoms am Primärtumor und die Proliferationsrate des Tumors. Eine Metaanalyse aller verfügbaren Serien zu Risikofaktoren wurde von Vergouwe et al. (2003) publiziert, und eine prospektive Evaluation fand im Rahmen der Analyse der prospektiven Studie der German Testicular Cancer Study Group im klinischen Stadium I (AUO Trial 01/94) statt (Albers et al. 2003). Basierend auf diesen Untersuchungen ergeben sich nun Therapieoptionen, die sich am Risikoprofil orientieren. Im nationalen und internationalen Konsens zur Therapie von Hodentumoren wird die risikoadaptierte Strategie in der Therapie des Hodentumors favorisiert und den nicht auf Risikofaktoren basierenden Therapiemöglichkeiten übergeordnet. Patienten, die zu einer Low-riskGruppe gehören, wird im Stadium I eine SurveillanceStrategie angeboten, Patienten, die der High-risk-Gruppe zugeordnet werden, wird die adjuvante Chemotherapie mit 2 Zyklen Cisplatin, Etoposid und Bleomycin ( Tab. 26.9) angeboten. Nur wenn es Kontraindikationen für die jeweilige Therapieform gibt oder wenn der Patient ausdrücklich eine andere Therapie wünscht, kann auf die
Tab. 26.9. PEB-Regime (»Indiana-PEB«) Substanz
Dosierung 2 KOF
Applikationsweise
Applikationstage
30-min-Infusion
Tage 1–5
Cisplatin
20 mg/m
Etoposid
100 mg/m2 KOF
1-h-Infusion
Tage 1–5
Bleomycin
30 IU
Bolus
Tage 1, 8, 15
− Wiederholung Tag 22
− Wiederholung ohne Rücksicht auf die Leukozytenzahl am Tag 22 − Thrombozyten sollten >80.000 am Tag 22 sein − Keine primäre G-CSF-Gabe, aber sekundäre G-CSF-Prophylaxe
26
672
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
26
Abb. 26.6. Management des Nichtseminoms CS (EGCCCG). (Nach Schmoll et al. 2004)
jeweils andere Option oder auf eine nervenerhaltende, diagnostische retroperitoneale Lymphadenektomie (RLA) ausgewichen werden ( Abb. 26.6). Mit dieser Strategie sind – wie bisher – Heilungsraten von über 98% zu erreichen, allerdings werden im Unterschied zu den Empfehlungen aus den 1980-er Jahren (primäre RLA oder primäre Chemotherapie) nur noch etwa 50% der Patienten einer aktiven adjuvanten Therapie unterzogen. Das Therapiekonzept für die Frühstadien der nichtseminomatösen Hodentumoren hat sich damit grundlegend verändert, und es bedeutet für die Gesamtzahl der Patienten eine deutliche Reduktion der Therapielast ohne Einschränkung der Überlebensrate.
26.7.3 Therapieoptionen
Surveillance-Strategie Die Arbeitsgruppe um M. Jewett aus Kanada publizierte 2007 die bislang größte prospektive Studie zur nicht risikoadaptierten Überwachungsstrategie. Von 305 Patienten erlitten nach einem medianen Nachsorgezeitraum von 6,3 Jahren 77 ein Rezidiv (25%). In der Gruppe von Patienten, die in der zweiten Hälfte der Studienzeit eingeschlossen wurde (1993–2004), lag die Rezidivrate aufgrund der modernen Bildgebung bei nur noch 19%. Zwei Patienten verstarben in dieser Serie aufgrund mangelnder Compliance am Tumor, damit lag die krebsspezifische Überlebensrate bei 98,7%. Bis auf 3 Rezidive (4%) traten alle Rezidive innerhalb von 2 Jahren auf (Median 7 Monate). Damit kann die Überwachungsstrategie bei guter
Compliance als valide Therapieoption auch unter Verzicht einer Risiko-Adaptation empfohlen werden (Duran et al. 2007). In Europa wird die Überwachungsstrategie bevorzugt den Patienten empfohlen, die ein besonders niedriges Rezidivrisiko haben. Ausgehend von einem allgemeinen Rezidivrisiko im Stadium CS I ohne Risikoadaptation von 28% kann die Rezidivrate durch Selektion auf etwa 10% gesenkt werden. In den 90-er Jahren des letzten Jahrhunderts hat der Medical Research Council (MRC) die ersten prospektiven Überwachungsstudien zur Identifikation von Risikofaktoren durchgeführt (Freedman et al. 1987). Die multivariate Analyse ergab 4 Risikofaktoren für ein Rezidiv der Erkrankung:
die venöse vaskuläre Invasion des Primärtumors,
die lymphatische vaskuläre Invasion,
die Anwesenheit von embryonalem Karzinom und
die Abwesenheit von Dottersackanteilen. Eine auf diesen Risikofaktoren basierende Studie des MRC ergab, dass 48% der Patienten mit wenigstens 3 dieser Risikofaktoren ein Rezidiv erlitten, wobei die venöse vaskuläre Invasion der wichtigste Risikofaktor war. Dies wurde in mehreren darauf folgenden retrospektiven und prospektiven Studien international bestätigt (Albers et al. 1997; Cullen et al. 1996; de Riese et al. 1994; Heidenreich et al. 1998; Klepp et al. 1997; Moul et al. 1994; Ondrus et al. 1998; Pont et al. 1996; Studer et al. 2000; Aparicio et al. 2005). Die Rezidivrate von Patienten ohne einen dieser Risikofaktoren lag zwischen 14 und 22%.
673 26.7 · Adjuvante Therapie beim Nichtseminom CS I
Die größte prospektive Studie zu Risikofaktoren, die von der German Testicular Cancer Study Group durchgeführt wurde, zeigte, dass eine Kombination von vaskulärer Invasion, embryonalem Karzinomanteil >50% und einer Proliferationsrate (MIB-1) >70% eine Hochrisikogruppe vorhersagen kann, die ein Rezidivrisiko von 64% hat (allein mit vaskulärer Invasion 53%). Im Umkehrschluss konnte gezeigt werden, dass Patienten ohne vaskuläre Invasion und mit einer niedrigen Proliferationsrate <70% nur ein Rezidivrisiko von 13% haben (allein ohne vaskuläre Invasion 23%). Damit konnte eine Niedrigrisikogruppe definiert werden, für die mit einem Rezidivrisiko von nun 13% eine Surveillance-Strategie sicherer möglich ist als ohne Analyse von Risikofaktoren (Albers et al. 2003). Möglich wurde die Empfehlung der Surveillance-Strategie, weil der MRC bereits 1992 nachweisen konnte, dass die überwachten Patienten insgesamt keine schlechteren Überlebensraten hatten als die Behandelten (98%; Read et al. 199). Im Falle eines Rezidivs unter Überwachung wird der Patient je nach Prognosegruppe für metastasierte Patienten mit 3 oder 4 Zyklen Chemotherapie behandelt (Good- oder Intermediate-prognosis-Patient nach IGCCCG) und bei einem nachweisbaren Residualtumorvolumen auch operiert. Die Surveillance-Strategie umfasst regelmäßige Tumormarkerkontrollen (soweit primär Tumormarker nachweisbar waren) und regelmäßige bildgebende (meist computertomographische) Kontrollen. Die Frequenz der Bildgebung orientiert sich am Rezidivverhalten der Tumoren und ist in den ersten 2 Jahren intensiviert (z. B. 3-monatlich) mit nachlassender Frequenz bis zum 5. Nachsorgejahr. Tumormarkerkontrollen werden im 1. Jahr monatlich empfohlen, auch hier kann nach dem 2. Jahr die Frequenz reduziert werden.
Adjuvante Chemotherapie Die adjuvante Chemotherapie wird entsprechend der oben genannten Risikoklassifikation den Patienten angeboten, die ein Rezidivrisiko von über 50% haben. Dies trifft bereits auf Patienten zu, die nur eine vaskuläre Invasion des Primärtumors aufweisen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine lymphovaskuläre oder venöse Invasion des Tumors handelt. Neben dem MRC hat sich die österreichische Hodentumorgruppe als eine der ersten konsequent der klinischen Erprobung der adjuvanten Chemotherapie bei Hochrisikopatienten gewidmet. Bereits 1996 hat sie über die ersten 42 Patienten berichtet, die mit 2 Zyklen PEB behandelt worden waren (Pont et al. 1996). Es wurden 2 Rezidive und 1 tumorbedingter Todesfall aufgeführt.
Im gleichen Jahr berichtete Michael Cullen über die ersten 114 Hochrisikopatienten, die im Rahmen einer MRC-Studie das gleiche Regime erhielten. 93 Patienten hatten ein medianes Follow-up von über 2 Jahren und 2 dieser Patienten hatten ein nachweisbares Rezidiv (1,8%), auch hier starb 1 Patient tumorbedingt (Cullen et al. 1996). Klepp et al. (1997), Ondrus et al. (1998) sowie Hendry et al. (2000) bestätigten diese Daten mit je 32, 18 und 60 High-risk-Patienten. Allerdings wurden hier 3 Zyklen PEB gewählt, was der Therapie von metastasierten Tumoren entspricht. Studer et al. publizierten Daten zur adjuvanten Therapie von 59 Hochrisikopatienten mit 2 Zyklen PEB. Dabei war das hohe Risiko definiert mit vaskulärer Invasion oder embryonalem Karzinom oder pT2 (UICC 1992). Bei 2 Rezidiven lag das tumorspezifische Überleben nach 93 Monaten bei 100% (Studer et al. 2000). Das M. D. Anderson Cancer Center publizierte seine Ergebnisse bei 99 Hochrisikopatienten 2004. Die Hochrisikogruppe war hier etwas anders definiert: vaskuläre Invasion oder >80% embryonales Karzinom oder AFP >80 ng/dl. Interessanterweise wurde in dieser Serie Cisplatin durch Carboplatin ersetzt, und es wurde kein Rezidiv berichtet (Amato et al. 2004). Eine griechische Arbeitsgruppe konnte diese Ergebnisse nicht bestätigen. Unter Verwendung von Carboplatin AUC 5 (oder 400 mg/ m2 KOF) wurden bei 52 Patienten (davon 22 High-riskPatienten und 30 markerpositive Patienten) 2 extensive Rezidive gesehen, beide Patienten haben die Erkrankung nicht überlebt (Pectasides et al. 2003). Ähnlich wie bei fortgeschrittenen Tumoren sollte auf Cisplatin in der Therapie nicht verzichtet werden. Eine verminderte Alopezierate (nur etwa 20%) kann man mit dem Verzicht auf Etoposid erreichen. Stattdessen hat der MRC in einer prospektiven Studie bei 115 Patienten mit Hochrisikoprofil Vincristin im sog. BOP-Schema eingesetzt. Nach einem Follow-up von 70 Monaten wurden 2 Rezidive gesehen, kein Patient starb tumorbedingt. Allerdings fiel eine relativ hohe Rate an Neurotoxizität auf (22% WHO I, 5% WHO II), so dass die Autoren folgerten, dass das BOP-Regime zwar bezüglich Effektivität gleichwertig, die Toxizität jedoch bis auf die verminderte Alopezierate nicht geringer sei, so dass BOP keine bessere Alternative zu BEP sei (Dearnaley et al. 2005). Die einzige Studie zur adjuvanten Chemotherapie mit 2 Zyklen BEP bei Hochrisikopatienten mit einem Follow-up von über 10 Jahren wurde aus Frankreich publiziert. In der Zeit von 1987–1997 wurden 40 Hochrisikopatienten (mit vaskulärer Invasion und/oder Anteil embryonalen Karzinoms) mit 2 Zyklen BEP behandelt. Es fand sich kein Rezidiv, und Langzeittoxizitäten waren nicht messbar (Chevreau et al. 2004; Tab. 26.10).
26
674
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Tab. 26.10. Adjuvante Chemotherapie bei Hochrisikopatienten mit Nichtseminomen im Stadium I
26
Autor/Ort/Jahr
Amato 2004
Chevreau 2004
Pectasides 2003
Definition Hochrisikopatienten
− AFP >80 ng/dl − ECA >80% − VI+
− VI+ und/oder − Nachweis von ECA
− VI+ und/oder − Nachweis von ECA
Behandlung
2×BEP
2×BEP
2×Carbo-Eto-Bleo
Medianes Follow-up (Monate)
38 (9–69)
113 (63–189)
112 (10–174)
Rezidive
0%
0%
2/30 M+, beide Patienten DOD
Da immerhin in den meisten Serien etwa 50% der Patienten unnötigerweise chemotherapiert wurden, sind Daten über die Langzeittoxizität der adjuvanten Chemotherapie wesentlich. Inzwischen wurden einige Studien publiziert, die sich dieser Problematik gewidmet haben. Die Berichte über späte Nephrotoxizität, Neurotoxizität, vaskuläre Toxizität und erhöhte Serumtriglyzeride differenzieren nicht zwischen den verschiedenen Dosisstufen, und insbesondere die adjuvante Chemotherapie mit 2 Zyklen BEP wird nicht im Speziellen untersucht (Nuver et al. 2005). Ähnliches gilt für die Entwicklung von Zweitmalignomen, für die es nur Daten aus Chemotherapiestudien mit höheren Kumulativdosen, besonders für Etoposid, gibt (Kollmannsberger et al. 1998; Travis et al. 2005; van den Belt-Dusebout et al. 2007). Aufgrund der Altersstruktur der Patienten ist die Fertilität nach Therapie ein wichtiger Faktor. Nur wenige Patienten wurden mit vollständiger Ejakulatanalyse im Langzeitverlauf nach 2 Zyklen BEP untersucht. Cullen et al. (1996) berichten über 24 von 114, Pont et al. (1996) über 18 von 42 und Studer et al. (2000) über 27 von 59 Patienten, die nach der Chemotherapie eine Ejakulatanalyse durchführen ließen, die jeweils keine gravierenden Pathologien zeigte. Langzeitdaten einer ausreichenden Patientenzahl fehlen, um die Einflüsse auf die Fertilität vollständig beurteilen zu können. Da insgesamt angenommen werden kann, dass die Langzeittoxizität dosisabhängig ist, wurde vereinzelt versucht, die adjuvante Chemotherapie auf 1 Zyklus PEB zu reduzieren (Oliver et al. 1992). Corti Ortiz et al. (1997) berichten über 18 Patienten mit einem medianen Follow-up von 47 Monaten, und Schefer et al. (2000) haben 42 Hochrisikopatienten mit 1 Zyklus PEB therapiert. In der Schweizer Serie zeigte sich 1 Rezidiv mit Tod unter Salvage-Therapie. Oliver et al. (2004) berichteten über 46 High-risk-Patienten, von denen 3 ein Rezidiv erlebten, alle konnten durch Salvage-Therapie geheilt werden. Die German Testicular Cancer Study Group hat in einer großen Phase-III-Studie 382 Patienten zwischen RLA
und 1 Zyklus PEB randomisiert. Von den 174 auswertbaren Patienten mit 1 Zyklus PEB haben nur 2 Patienten nach einem medianen Follow-up von über 50 Monaten ein Rezidiv erlitten, das durch Salvage-Chemotherapie bzw. Operation geheilt werden konnte. Allerdings gehörten in dieser Serie, die nicht risikoadaptiert war, nur 43% der Patienten der Hochrisikogruppe an (Albers et al. 2008). Sollten sich diese Ergebnisse im Langzeitverlauf bestätigen, dann wäre 1 Zyklus PEB eine möglicherweise attraktive adjuvante Therapie für Hochrisikopatienten. Um dies herauszufinden, werden derzeit Patienten mit vaskulärer Invasion in der deutschen GTCSG-Studie (AUO 10/94) zwischen 1 und 2 Zyklen PEB als adjuvanter Therapie bei Hochrisikopatienten randomisiert. Erste Hinweise auf eine suffiziente Langzeitwirkung eines Zyklus PEB bei Hochrisikopatienten zeigte die Berner Gruppe in einer Langzeitbeobachtung ihrer Patienten, die im Jahr 2000 erstmals publiziert wurde (Westermann et al. 2008). Auch die schwedisch-norwegische Arbeitsgruppe konnte im Jahr 2008 Langzeitergebnisse einer prospektiven Erfassung von 157 Patienten publizieren, die mit Hochrisikoparametern lediglich einen Zyklus PEB als adjuvante Chemotherapie erhielten. Die Rezidivrate lag bei einem medianen Nachsorgezeitraum von 5,2 Jahren bei 3,5% (Tandstad et al. 2008).
Diagnostische retroperitoneale Lymphadenektomie (RLA) Die diagnostische RLA im Stadium I des Nichtseminoms hat aufgrund der Datenlage zur risikoadaptierten Therapie an Bedeutung verloren. Die Entfernung der retroperitonealen Lymphabflusswege hat Bedeutung bei Patienten, die die nach den Leitlinien empfohlene Standardtherapie ablehnen oder bei denen Kontraindikationen zur Durchführung der eigentlich vorgesehenen Therapie vorliegen. Die Vorteile der RLA liegen im sofortigen, korrekten Staging des Retroperitoneums, das in 90% die primäre Metastasenstation darstellt (Sharir et al. 1999; Donohue
675 26.7 · Adjuvante Therapie beim Nichtseminom CS I
et al. 1993, 1995; Baniel et al. 1994). Die Nachsorge nach diesem Staging wird vereinfacht, weil sie sich auf Röntgenuntersuchungen des Thorax beschränken kann. Die German Testicular Cancer Study Group (GTCSG) hat die Komplikationsraten der primären RLA bei 237 Patienten publiziert, die von 1995–2000 in 7 Zentren operiert wurden. Die antegrade Ejakulation konnte in 93,2% erhalten werden, nur 0,5% der Patienten hatten ein Rezidiv im Retroperitoneum, und die Gesamtkomplikationsrate lag bei 17%. Dabei entfielen 3% auf »major complications« (chylöser Aszites, Pulmonalarterienembolie, Dünndarmileus; Heidenreich et al. 2002). Dies entspricht in etwa den Daten der Indiana-Serien zu Komplikationen der primären RLA. In der prospektiv randomisierten Phase III Studie der GTCSG, in der die RLA gegen 1 Zyklus PEB geprüft wurde, zeigt sich eine relativ hohe Rate an sog. »Infield«-Rezidiven (7/13 Rezidivpatienten im RLA-Arm der Studie bei 174 Patienten). Dies betont, dass auch die primäre RLA, falls in Ausnahmefällen indiziert, nur in Zentren durchgeführt werden sollte, die eine »In-field«Rezidivrate von <1% dokumentieren können (Albers et al. 2008). Als Alternative zur offenen Operation wurde seit Anfang der 1990-er Jahre die diagnostische, laparoskopische RLA (L-RLA) eingeführt. Einige wenige Zentren können inzwischen Langzeitdaten vorweisen. Die Gruppe aus dem Johns Hopkins Cancer Center berichtete über 29 Patienten, bei denen in 41% tumorpositive Lymphknoten gefunden wurden. Die Zahl der entfernten Lymphknoten lag zwischen 14±2 bei lymphknotenpositiven und 25±3 bei lymphknotennegativen Patienten. Alle lymphknotenpositiven Patienten wurden adjuvant chemotherapiert (Nelson et al. 1999). Dieses Konzept wird nahezu von allen Gruppen verfolgt, die laparoskopisch operieren, so dass die laparoskopische Technik aus diesem Grund nur als diagnostische Methode beurteilt werden kann. Die ersten Daten zur onkologischen Effektivität der laparoskopischen RLA wurden in einer aus 4 Institutionen bestehenden Multizenter Studie aus USA publiziert; 10 von 120 Patienten wurden bei minimalem Lymphknotenbefall lediglich überwacht und erlitten nach einem noch sehr kurzen Nachsorgezeitraum von 12 Monaten kein Rezidiv (Nielsen et al. 2007). Eine deutsche Gruppe berichtete über 34 Patienten in 7 Jahren, bei denen im Fall tumorpositiver Lymphknoten die Operation gestoppt wurde. Es fand keine Lymphadenektomie statt, die Patienten wurden sofort adjuvant chemotherapiert. Bei lymphknotennegativen Patienten wurden im Mittel 12 (4–23) Lymphknoten entfernt, 4 der 34 Patienten (12%) hatten Ureterläsionen (Rassweiler et al. 2000). Im Rahmen der GTCSG-Studie wurden im
Mittel 18,5 (9–57) Lymphknoten entfernt (Heidenreich et al. 2002). Die größte Serie laparoskopischer Operationen wurde von Janetschek et al. berichtet (2000). 73 Patienten wurden von 1992–1999 (Update Oktober 2001 mit 96 Patienten, Update Oktober 2005 mit 104; AUA News September/Oktober 2005) im klinischen Stadium I einer L-RLA unterzogen. Nur 1 Patient hat ein retroperitoneales Rezidiv erlitten, wobei allerdings wiederum alle lymphknotenpositiven Patienten adjuvant chemotherapiert worden waren (Janetschek et al. 2000, 2001). Aus chirurgischer Sicht erwähnenswert ist, dass bei den laparoskopischen Techniken i. Allg. weder die ipsilateralen sympathischen Nerven erhalten werden konnten, noch wird die Region dorsal der großen Gefäße von Lymphgewebe befreit, wie dies bei den offenen Techniken Standard geworden ist. Die Operationszeiten liegen in erfahrenen Zentren bei etwa 3 h (258–291 min; Janetschek 2001), dies entspricht in etwa der durchschnittlichen Dauer der offenen Operation (Heidenreich et al. 2002). Es muss betont werden, dass die laparoskopische Operation keine komplette Entfernung des potenziell von Metastasen betroffenen Lymphknotengewebes der entsprechenden betroffenen Seite gewährleistet und damit eine reine Staging-Operation darstellt. Ihre Vorteile beschränken sich auf die Vermeidung einer größeren Narbe und eine schnelle Rekonvaleszenz bei ansonsten ähnlichen operationsspezifischen Parametern. Die Vorteile der reduzierten Nachsorge im Retroperitoneum und die Vermeidung von Spätrezidiven im ipsilateral vom Lymphgewebe vollständig befreiten Retroperitoneum sind mit der L-RLA im Vergleich zur offenen RLA nicht gegeben. Patienten die sich operieren lassen, weil sie z. B. aus Fertilitätsgründen auf jede Form der Chemotherapie verzichten möchten, kann nicht zur L-RLA geraten werden, weil bislang alle mikrometastasierten Patienten – bis auf 10 Patienten der amerikanischen Serie – im Gegensatz zur offenen Operation adjuvant chemotherapiert worden sind. Die berichteten Daten für beide Operationstechniken haben jedoch übereinstimmend gezeigt, dass die Operation dann an Qualität gewinnt und die Nebenwirkungsrate sich verringert, wenn sie in Zentren durchgeführt wird, die eine Mindestmenge dieser Operationen pro Jahr (etwa 20 retroperitoneale Operationen einschließlich Residualtumorresektionen) nachweisen können. Letztlich ist die Frage, ob laparoskopisch oder offen operiert werden soll, angesichts der Erfolge der risikoadaptierten Therapie in den Hintergrund getreten. Die meisten Patienten im Stadium I benötigen bei gründlicher Analyse der histopathologischen Risikofaktoren und bei einer guten Bildgebung kein chirurgisches Staging mehr.
26
676
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
26.8
Therapie des gering retroperitoneal metastasierten Seminom CS IIA/B
R. Souchon, J. Claßen, M. Stöckle, S. Krege 26.8.1 Therapieziele
Klinische Aufgabe und therapeutischer Anspruch
26
Testikuläre Seminome metastasieren typischerweise lymphogen und lediglich in etwa 3% hämatogen (Borski 1973; Busch et al. 1965; Ray et al. 1974; Weissbach u. Boedefeld 1987). Bei lymphogener Tumorzellverschleppung in die lokoregionalen Abflussgebiete sind bei rechtsseitigem Tumorsitz neben den iliakal-kommunen auch die retroperitonealen para- und präkavalen, interaortokavalen und präaortalen Lymphknoten bis in Höhe der A. mesenterica inferior betroffen. Bei linksseitigem Tumor erfolgt die Ausbreitung in die paraaortalen und kranial der A. mesenterica inferior gelegenen präaortalen Lymphknoten bis in Höhe der Nierengefäße (Ray et al. 1974; Weissbach u. Boedefeld 1987). Nach inguinaler oder skrotaler Operation in der Vorgeschichte können jedoch auch die ipsilateralen inguinalen und pelvinen Lymphknoten befallen sein. Dies wird erstmalig in der derzeit gültigen TNM-Klassifikation der UICC berücksichtigt, bei der – in Abänderung früherer Klassifikationen – diese Lymphstationen dann ebenfalls dem regionalen Lymphabfluss zugeordnet werden (Sobin u. Wittekind 2002). Bei testikulären Keimzellmalignomen besteht im Stadium der lokoregionalen Metastasierung – im Gegensatz zu den meisten anderen Organmalignomen – eine nahe bei 100% liegende Heilungschance, so dass ausnahmslos die Kuration das Therapieziel ist. Die bei lokoregionaler Erkrankungsausbreitung geeignete Therapiemodalität wird abhängig gemacht von der mit Bildgebungsverfahren ermittelten Tumorzelllast. Ein Befall von weniger als 5 Lymphknoten oder ein bzw. mehrere Lymphomkonglomerate, die jeweils nicht größer als 2 cm sein dürfen, ist definiert als Stadium CS IIA. Sind mehr als 5 Lymphknoten betroffen oder besteht ein Lymphomkonglomerat von 2–5 cm im maximalen Durchmesser oder eine extranodale Ausbreitung, liegt ein Stadium CS IIB vor (Sobin u. Wittekind 2002). In diesen beiden Stadien wird das Ausmaß der retroperitonealen Metastasierung als vergleichsweise gering angesehen, so dass für diese Stadien lokale Therapien zur Eradikation ausreichend sind. Für testikuläre Seminome stellt die lokoregionale perkutane Radiotherapie die Standardtherapie in den Stadien CS IIA und B dar. Sie ist begründet in der hohen Strah-
lensensibilität von Seminomzellen (Bamberg et al. 1999; Classen et al. 2003; Patterson et al. 2001; Zagars u. Pollack 2001). Da alle testikulären Keimzellmalignome auch sensibel gegenüber platinbasierten Zytostatika sind, besteht für Patienten im Stadium CS IIB bei Ablehnung oder Undurchführbarkeit einer Radiotherapie in einer Platinbasierten Kombinationschemotherapie (Garcia-del-Muro et al. 2008) die therapeutische Alternative. Sie ist aktuell als gleichwertig zur Radiotherapie beurteilt worden (Krege et al. 2008b). Das Stadium CS IIC erfasst eine lokoregionale Ausbreitung mit >5 cm großem Lymphomkonglomerat und somit erheblicher Tumorzelllast (Sobin u. Wittekind 2002). In diesem Stadium ist eine lokale Radiotherapie einer systemischen Cisplatin-basierten Kombinationschemotherapie (3 Zyklen BEP oder 4 Zyklen PE, s. unten) unterlegen. Die Bestrahlungstherapie ist hier bei Seminomen bei Ablehnung oder Undurchführbarkeit einer Chemotherapie die alternative Option. Therapeutisch besteht bei den Seminomen im Stadium der begrenzten lokoregionalen Metastasierung der Anspruch, die rückfallfreie Überlebenszeit zu steigern, die therapieassoziierte Morbidität (Akut- und Spätfolgen) zu minimieren und dabei die erkrankungsspezifische Mortalität (DSS) ohne Kompromittierung der bisher erreichten exzellenten Therapieergebnisse mit Heilungsraten, die für das Stadium CS IIA/B knapp 100%, für das Stadium CS IIC >90% betragen, zu bewahren.
Klinische und diagnostische Besonderheiten der Stadien CS IIA und IIB Der Anteil von Seminomen, die im Stadium der lokoregionalen lymphonodalen Metastasierung diagnostiziert werden, hat sich in den letzten Jahrzehnten unabhängig von der Zunahme von testikulären Keimzellneoplasien in industrialisierten Ländern nicht verändert (Ferlay et al. 2001; Huyghe et al. 2003; Purdue et al. 2005). Er liegt bei deutlich unter 20% (Classen et al. 2003; Patterson et al. 2001; von der Maase 2001). Nur 10–15% aller Patienten mit malignen Keimzelltumoren weisen zum Zeitpunkt der Tumordiagnose vergrößerte lokoregionale Lymphknoten auf und werden somit dem Stadium CS II zugeordnet. Die Inzidenz für Seminome in den klinischen Stadien IIA und IIB ist im Vergleich zum Stadium CS I mit etwa 7% im Stadium IIA und 3,5% im Stadium IIB sehr gering. Von allen Patienten im Stadium CS II entfallen ca. 70% auf die Stadien IIA und IIB (Classen et al. 2003; Milosevic et al. 1999; Patterson et al. 2001; von der Maase 2001). Die für das klinisch-therapeutische Vorgehen entscheidende Zuordnung testikulärer Keimzellmalignome
677 26.8 · Therapie des gering retroperitoneal metastasierten Seminom CS IIA/B
zum klinischen Stadium IIA kann trotz Verbesserungen bei der Erkennung des Erkrankungsausmaßes durch bessere Bildgebungsdiagnostik insbesondere in der Abgrenzung zum Stadium CS I bei Lymphknoten unter 1,5 cm individuell äußerst schwierig sein. Eine Differenzierung zwischen den klinischen Stadien I und IIA ist mit den heute zur Verfügung stehenden morphologischen bildgebenden und der Positronenemissionstomographie (PET) als neuem biolologisch funktionalem Diagnostikverfahren weiterhin nur begrenzt möglich aufgrund falschpositiver bzw. falsch-negativer Befunde von bis zu 30%. Die Sonographie wird zwar als kostengünstigstes Untersuchungsverfahren zur Abklärung von retroperitonealen Lymphknotenvergrößerungen eingesetzt, sie ist aber für das Staging als allein einzusetzendes Untersuchungsverfahren nicht ausreichend aufgrund geringerer Sensitivität und Spezifität im Vergleich zur Computertomographie (Krege et al. 2008a; Krug et al. 1999; Schmoll et al. 2004; Souchon et al. 2002). Die Schwierigkeit für die Beurteilung der Dignität der Lymphknoten bei den diagnostischen Schnittbildverfahren erwächst aufgrund einer weitgehend an einer Größenbestimmung orientierten morphologischen Bewertung. Es ist international nicht einheitlich definiert, was als pathologisch vergrößerter und damit als mutmaßlich metastastisch befallener Lymphknoten anzusehen ist (Krug et al. 1999; Lashley u. Lowe 1998; Leibovitch et al. 1995, 1998; Weissbach u. Bussar-Maatz 1997). Derzeit wird kontrovers diskutiert, ob die Sensitivität der für das Staging als unverändert obligat angesehenen CT oder die einer PET höher ist für die Detektion einer retroperitoneal gering ausgeprägten Lymphknotenmetastasierung und somit zur Differenzierung des Stadiums I gegenüber dem Stadium IIA (Albers et al. 1999; Lassen et al. 2003; Schmoll et al. 2004; Spermon et al. 2002). Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass ein Großteil der in der Vergangenheit aufgetretenen Kontroversen und Konfusionen im Hinblick auf angemessene Behandlungskonzeptionen von testikulären Keimzellmalignomen im Stadium CS II darauf zurückzuführen ist, dass unterschiedliche Größenkriterien, Klassifikationen und Diagnostikverfahren für die Subklassifikationen im Stadium II bei retroperitoneal vergrößerten Lymphknoten verwandt wurden. Sie erschweren einen Vergleich der berichteten Therapieergebnisse erheblich (Claßen et al. 1998; Schmidberger u. Bamberg 1995; Schmidberger et al. 1997; Smalley u. Evans 1996). Ein wissenschaftlich als valide zu beurteilender Vergleich heutiger Therapieergebnisse mit denen von älteren Patientenkollektiven, bei denen keine CT zur Beurteilung des Retroperitoneums erfolgte, ist nicht möglich.
Wesentliche Ursache hierfür ist die »stage migration« infolge der damals und heute unterschiedlichen eingesetzten Diagnostikverfahren.
26.8.2 Therapiekonzept
Im Stadium CS II mit lokoregional begrenzter lymphogener Metastasierung wird die einzusetzende Therapiemodalität von der jeweils vorliegenden Tumorzelllast abhängig gemacht. Deren Ausmaß wird anhand des computertomographischen Befundes abgeschätzt. Sind hierbei die bildmorphologischen Kriterien für die Zuordnung zu den Stadien CS IIA/B erfüllt (Lymphom(e) ≤2 cm: Zuordnung zum Stadium CS IIA; 2–5 cm Zuordnung zum Stadium CS IIB) wird eine »low volume«-Metastasierung angenommen. Für das Stadium CS IIA ist die kurative perkutane Radiotherapie die Standardtherapie mit Applikation von 30 Gy Gesamtdosis, während bei höherer Tumorlast im Stadium CS IIC die Chemotherapie das Therapieverfahren 1. Wahl ist. Für das Stadium CS IIB erfolgte von der European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCCG) aktuell eine Neubewertung der Therapieoptionen (Krege et al. 2008b) unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer Studie der Spanish Germ Cell Cancer Group (Garcia-delMuro et al. 2008): Die perkutane Radiotherapie des lokoregionalen Lymphabflusses mit Applikation von 36 Gy Gesamtdosis galt bisher als optimale Therapieform und somit als alleiniger Therapiestandard. Neuerdings wird eine Cisplatin-basierte Chemotherapie als zur Radiotherapie gleichrangige Alternative angesehen. Diese kann – analog zum Vorgehen im Stadium CS IIC – entweder mit 3 Zyklen nach BEP-Schema (Bleomycin, Etoposid und Cisplatin) oder mit 4 Zyklen nach EP-Schema (unter Verzicht auf Bleomycin beispielsweise wegen pulmonaler Risikokonstellationen) vorgenommen werden. Die Chemotherapie wird insbesondere empfohlen bei multinodaler lymphogener Metastasierung mit größeren Lymphommanifestationen (Huddart u. Kataja 2008; Krege et al. 2008b). Eine Monotherapie mit Carboplatin ist einer Radiotherapie unterlegen und keine Therapiealternative (Krege et al. 2006; Krege et al. 2008b). Bei Seminomen im Stadium CS IIA/B ist eine ausschließlich lokal wirksame Therapiemodalität, die perkutane Radiotherapie, zur Tumorzellvernichtung ausreichend. Damit unterscheiden sich die Stadien CS IIA und IIB grundsätzlich vom Stadium CS IIC, in dem heute üblicherweise eine systemische Chemotherapie durchgeführt wird und eine Radiotherapie nur bei Ablehnung von oder Kontraindikation zur Chemotherapie indiziert ist.
26
678
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Evidenz für die Behandlungsstrategien
26
Für die meisten Stadien maligner germinaler Keimzelltumoren basieren die Behandlungsstrategien, differenziert nach histologischem Subtyp (Mostofi u. Sesterhenn 1998), auf prospektiven und randomisierten Studien und somit auf den sehr hohen Evidenzniveaus (LoE) IA oder IIA nach der Klassifikation vom Oxford Centre for Evidence based Medicine (Oxford Centre for Evidence based Medicine 2001). Therapien der Seminome in den Stadien CS IIA–C und insbesondere auch die Radiotherapie für die Stadien IIA und IIB oder alternative Optionen sind dagegen nur auf einem LoE IIB abgesichert (Albers et al. 2005; Deutsche Krebsgesellschaft 2002; Krege et al. 2001, 2008a, b; Schmoll et al. 2004; Souchon et al. 2000). Grund hierfür ist die geringe Inzidenz dieser Erkrankungsstadien. Somit sind prospektive randomisierte Studien kaum für Optimierungen bisheriger radioonkologischer Therapien für die Stadien IIA/B oder für einen Vergleich mit anderen alternativen Therapiemodalitäten möglich mit der Folge, dass das Erreichen höherer Evidenzlevels unrealistisch scheint.
Standard und Ansätze für Alternativen Die Effektivität der Radiotherapie in den Stadien IIA und IIB korreliert mit dem Ausmaß der lokoregionalen Metastasierung ( Tab. 26.11 und 26.12). So betragen die Rückfallraten nach 6 Jahren etwa 5–7% im Stadium IIA und
11–14% im Stadium IIB. Aufgrund effektiver Salvage-Therapien liegt das erkrankungsspezifische Überleben dennoch bei nahezu 100% (Classen et al. 2003; Patterson et al. 2001; Schmidberger et al. 1997; Zagars u. Pollack 2001). Die zum Teil als unbefriedigend angesehenen Ergebnisse älterer radioonkologischer Therapieserien für das Stadium CS IIB begründeten Studien, die mit alternativen Konzepten Verbesserungen zu erreichen versuchten. Als mögliche Alternativen wurden ein systemischer Ansatz mit Applikation unterschiedlicher Chemotherapien (Arranz Arija et al. 2001; Garcia-del-Muro et al. 2008; Krege et al. 2006; Patterson et al. 2001) und ein kombinierter Ansatz in Form einer sequenziellen Chemoradiotherapie untersucht (Patterson et al. 2001; Yao et al. 1994).
26.8.3 Therapieoptionen
Radiotherapie Im Vergleich zum Stadium CS I werden bei der kurativen perkutanen Radiotherapie der Stadien IIA und IIB die Bestrahlungsvolumina auf die ipsilateralen iliakalen Lymphabflussgebiete ausgeweitet bei identischer Erfassung der retroperitonealen paraaortalen/-kavalen Lymphstation. Eine früher übliche Bestrahlung supradiaphragmaler Lymphabflussregionen ist aufgrund damit verbundener radiogener kardialer Toxizitäten heute obsolet. Des Weiteren werden die Bestrahlungsdosen erhöht, um der
Tab. 26.11. Ergebnisse der kurativen Radiotherapie beim Seminom CS IIA unter Beschränkung auf die infradiaphragmalen Lymphabflussregionen Autor/Jahr
Patienten (n)
Untersuchungszeitraum
Medianes Follow-up (Monate)
Rezidive (n)
DSS
Classen/2003
66
1991–1994
70 (3–111)
2
100% [nach 6 Jahren]
Patterson/2001
34
1970–1997
134 (6–310)
6
95% [nach 5 Jahren]
Weissbach/1999
44
1986–1991
36
1
100% [nach 3 Jahren]
Whipple/1997
31
1966–1989
112 (6–246)
1
98% [nach 15 Jahren]
Tab. 26.12. Ergebnisse der kurativen Radiotherapie beim Seminom CS IIB unter Beschränkung auf die infradiaphragmalen Lymphabflussregionen Autor/Jahr
Patienten (n)
Untersuchungszeitraum
Medianes Follow-up (Monate)
Rezidive (n)
DSS
Classen/2003
21
1991–1994
70 (3–111)
2
100% [nach 6 Jahren]
Patterson/2001
27
1970–1997
134 (6–310)
8
95% [nach 5 Jahren]
Weissbach/1999
38
1986–1991
36
8
95% [nach 3 Jahren]
679 26.8 · Therapie des gering retroperitoneal metastasierten Seminom CS IIA/B
höheren Tumorzelllast bei makroskopischer lymphonodaler Metastasierung sowie einem möglichen Rückstau von Tumorzellen in sekundäre Lymphabflussgebiete Rechnung zu tragen. Die kurativ intendierte perkutane Bestrahlungsbehandlung stellt im Stadium IIA mit Applikation von 30 Gy und im Stadium IIB von 36 Gy den seit 1997 nicht veränderten Therapiestandard dar (Albers et al. 2005; Deutsche Krebsgesellschaft 2002; Krege et al. 2008b; Schmoll et al. 2004; Souchon et al. 2000). Für die perkutane Radiotherapie werden Photonen des Linearbeschleunigers der Primärenergie >10 MV verwendet. Diese wird nach computertomographisch-gestützter individueller Bestrahlungsplanung über isozentrische ventrodorsale Stehfelder in Einzeldosen von 2,0 Gy als Homogenbestrahlung appliziert (Bamberg et al. 1999; Classen et al. 2003; Schmoll et al. 2004). Das Bestrahlungsvolumen erfasst dabei in einem hockeyschlägerförmigen Feld (Synonyme: »hockey stick« oder »dog leg«) die retroperitonealen paraaortalen/-kavalen und die ipsilateralen iliakalkommunen Lymphwege. Dieses Zielvolumen wird kranial von der Oberkante des 11. Brustwirbelkörpers und kaudal vom Oberrand des Acetabulum begrenzt. Im Stadium CS IIA sind die lateralen Feldgrenzen identisch mit denen des Stadiums CS I ( Kap. 26.6). Im Stadium CS IIB werden sie individuell an die jeweilige Ausdehnung der Lymphome angepasst und müssen diese mit einem Sicherheitsabstand von 1–1,5 cm erfassen. Im Unterschied zum Stadium CS I ist bei Bestrahlungsbehandlungen im Stadium CS II das Anlegen einer abschirmenden Kapsel um den verbliebenen Hoden zur Minderung des Risikos einer radiogenen Infertilität durch eine Streustrahlenbelastung aufgrund der Nähe zum kaudalen Feldrand obligat (Schmoll et al. 2004; Souchon et al. 2000). Im Stadium IIB ist 6–12 Wochen nach abgeschlossener Bestrahlungsbehandlung eine CT-Kontrolle der Lymphome unter Einbeziehung der kranialen Beckenabschnitte bis in Höhe der Aufzweigung der Iliakalgefäße obligat (Bamberg et al. 1999; Schmidberger et al. 1997; Schmoll et al. 2004; Whipple et al. 1997; White et al. 1997). Bei residuellen Lymphommanifestationen und negativen Tumormarkern erfolgt bei guter Compliance des Patienten eine engmaschige Beobachtung, bei Zweifeln an einer vollständigen Devitalisierung ggf. eine PET (Albers et al. 2005; Krege et al. 2008b; Schmoll et al. 2004). Eine Optimierung der Radiotherapie für die Stadien CS IIA und IIB scheint durch eine Absenkung der zu applizierenden Gesamtdosen in den bildgebend unauffälligen Lymphabflussregionen möglich. Ansatz hierfür sind 2 prospektive Studien, dem MRC TE 18-/EORTC 30942trial der britischen Testis Cancer Clinical Studies Group in Kooperation mit der EORTC und der Seminom CS IStudie der Interdisziplinären Hodentumor Arbeitsgruppe
(GTCSG) der Deutschen Krebsgesellschaft (Bamberg et al. 1999; Classen et al. 2004; Jones et al. 2005). Ergebnisse des MRC TE 18-/EORTC 30942-Protokolls zur Radiotherapie von Patienten mit Seminom im Stadium CS I belegen, dass eine Gesamtdosis von 20 Gy für die Eradikation mikroskopischer Metastasen im regionalen Lymphabflussgebiet ausreichend tumorizid ist (Jones et al. 2005). Statt der bisher homogenen perkutanen Bestrahlung der infradiaphragmalen paraaortalen/-kavalen und ipsilateralen iliakalen Lymphabflussregion scheint somit eine homogene Bestrahlung dieses Zielvolumens nur bis 20 Gy mit anschließender Dosisaufsättigungsbestrahlung (Boostradiotherapie) unter Beschränkung auf die vergrößerten Lymphknoten um 10 Gy im Stadium IIA bzw. um 16 Gy im Stadium IIB ein sicheres Vorgehen zu sein. Hierdurch würden die radiogenen Toxizitäten deutlich gemindert mit Dosisreduktionen von 33% im Stadium IIA und 44% im Stadium IIB in großen Teilen des Zielvolumens, in denen makroskopisch keine Lymphome nachweisbar sind. Ein solches Konzept, das als Beobachtungsstudie durchzuführen wäre, ist bisher allerdings noch nicht umgesetzt worden. Es würde eine Neuerung gegenüber einer MRC-/EORTC-Studie darstellen, bei der eine homogene Radiotherapie bis 30 Gy mit nachfolgender Boostbestrahlung auf die betroffenen Lymphome vorgenommen wird. Für das Stadium CS IIB liegen monoinstitutionale Berichte vor über Homogenbestrahlungen des gesamten Lymphabflusses bis lediglich 25 bzw. 30 Gy mit nachfolgender Dosisaufsättigungsbestrahlung der Lymphome mit weiteren 10 bzw. 6 Gy (Ball et al. 1982; Chung et al. 2004; Gospodarowicz et al. 1998; Thomas u. Williams 1998). Eine Bewertung publizierter Ergebnisse von perkutanen Bestrahlungsbehandlungen in den Stadien IIA und IIB ist erheblich erschwert durch geringe Fallzahlen, differierende Bestrahlungsdosen, unterschiedliche Ausdehnung der bestrahlten Lymphabflussregionen, sehr weite Zeiträume der durchgeführten Behandlungen sowie ungenügende Angaben über die Manifestationen von Rückfällen. Beispielhaft hierfür wird auf eine entsprechende Auflistung von Ergebnissen der Radiotherapie bei Seminompatienten mit retroperitonealen Lymphomen <5 cm von Schmidberger et al. (1997) aus Behandlungszeiträumen von 1961–1990 verwiesen. Allerdings belegen die Ergebnisse aktueller Studien, dass bei einem Rückfall der Erkrankung die Patienten durch eine Salvage-Chemotherapie effektiv behandelt werden können. Die erkrankungsspezifischen Überlebensraten für die Stadien CS IIA/B liegen heutzutage nahe bei 100% und somit im Bereich derjenigen des Stadiums CS I ( Tab. 26.11 und 26.12; Classen et al. 2003, 2004; Schmidberger et a. 1997; Patterson et al. 2001; Smalley u. Evans 1996; Vallis et al. 1995; von der Maase 2001; Whipple et al. 1997; Zagars u. Pollack 2001).
26
680
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Chemotherapie
Kombinierte Radiochemotherapie
Als eine Behandlungsalternative zur Radiotherapie für die Stadien IIA/B wurde die Effektivität einer alleinigen systemischen Chemotherapie in Studien geprüft. Eine gemeinsame Studie der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie (AUO) mit der German Testicular Cancer Study Group (GTCSG) verwendete Carboplatin als Monotherapie mit Applikation von 3 Behandlungszyklen für das Stadium IIA bzw. 4 für das Stadium IIB. Die Auswertung dieser Studie ergab nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 28 Monaten unter Einschluss von 3 primären Therapieversagern mit 18% eine deutlich höhere Rückfallrate im Vergleich zu derjenigen nach Radiotherapie in diesen Stadien. Die Rückfälle/Progressionen waren ausnahmslos retroperitoneal manifestiert. Alle Patienten wurden erfolgreich mit einer Salvage-Chemotherapie behandelt, so dass das krankheitsspezifische Überleben 100% betrug. Da in dieser Studie eine für möglich angesehene Äquieffektivität zur Radiotherapie nicht erreicht wurde, wurde die Studie 2001 beendet (Krege 2006) mit dem Ergebniss, dass eine Carboplatin-Monochemotherapie zur Behandlung der Stadien CS IIA/B einer Radiotherapie unterlegen ist und somit keine Therapiealternative zur Bestrahlungstherapie darstellt (Krege et al. 2006; Krege et al. 2008b). Die Spanish Germ Cell Cancer Group untersuchte Kombinationschemotherapien mit Applikation von 4 Zyklen Etoposid und Cisplatin (E400P) und – alternativ – von 3 Zyklen Bleomycin, Ciplatin und Etoposid (BE500P) in den Stadien IIA und IIB (Arranz Arija et al. 2001; Garcia-del-Muro et al. 2008). In der spanischen Studie mit einer Kombinationschemotherapie waren bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 71,5 Monaten in der für die Stadien IIA und IIB zusammengefassten Gruppe von 72 Patienten 6 Rezidive, sämtlich bei Patienten im initialen Stadium II, aufgetreten. Hämatologische Toxizitäten WHO 3 und 4 traten bei 9 (13%) Patienten auf mit febriler Neutropenie bei 8 (11%) von ihnen. Krankheitsspezifisches und Gesamtüberleben lagen für die Patienten im Stadium IIB nach knapp 6 Jahren bei 100% bzw. 87% (Garcia-del-Muro et al. 2008). Die Kombinationschemotherapien mit Cisplatin und Etoposid bzw. mit Cisplatin, Etoposid und Bleomycin erzielten bei höherer Toxizität im Vergleich zur Radiotherapie nahezu identische, jedoch nicht bessere Remissionsraten für Patienten im Stadium IIB. Aufgrund dieser aktuellen Daten wird eine Kombinationschemotherapie mit Etoposid und Cisplatin bzw. Etoposid, Cisplatin und Bleomycin, wie sie dem Therapiestandard für das Stadium CS IIC entspricht, als alternative Option zur Radiotherapie angesehen (Albers et al. 2005; Krege et al. 2008b; Schmoll et al. 2004).
Als weitere Alternative zur alleinigen Radiotherapie wurde auch ein kombinierter Behandlungsansatz mit einer sequenziellen Chemoradiotherapie nach Orchiektomie untersucht. Die Kombination bestand aus einer Monochemotherapie mit Carboplatin gefolgt von einer perkutanen Bestrahlung der paraaortalen/-kavalen und ipsilateralen iliakalen Lymphabflusswege (Patterson et al. 2001; Yao et al. 1994). Nach initialer Gabe von 1–2 Zyklen Carboplatin (400 mg/mg2 KOF oder nach AUC 7) erfolgte die Radiotherapie in Form einer homogenen Bestrahlung der retroperitonealen und ipsilateralen iliakalen Lymphabflussregionen bis 30 Gy mit nachfolgender lokaler Dosiserhöhung (= Boostbestrahlung) von 5 Gy auf die initial vergrößerten Lymphknoten mit hier resultierenden 35 Gy. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 4 Jahren traten je 1 Rezidiv unter 14 Patienten im Stadium IIA und 19 mit Stadium IIB auf. Diese Ergebnisse stellen verglichen mit einer zeitgemäßen Radiotherapie keine richtungsweisenden Verbesserungen der Tumorkontrollraten dar. Gilbert et al. (2009) sehen diese Kombinationstherapie allerdings als sicherere und effektivere Alternative zur o. a. BEP-Kombinationschemotherapie an.
Beurteilung des Therapieeffektes und weiteres Vorgehen Der Therapieeffekt (Radio- oder Chemotherapie) bei Patienten im Stadium CS IIA/B ist ca. 3 Monate nach abgeschlossener Behandlung mit Bildgebungsverfahren und Bestimmung der Tumormarker zu überprüfen. Hierbei sollte dasselbe Verfahren, das zum prätherapeutischen Staging eingesetzt wurde (im Regelfall die Computertomographie), angewendet werden (Huddart u. Kataja 2008; Krege et al al. 2008b). Bei Tumormarker-Negativität und Normalbefund im CT schließt sich eine Nachsorge entsprechend der für das Stadium CS I an. Bei Tumormarker-Negativität müssen residuelle lymphonodale Manifestationen nicht reseziert werden. Sie sollten zunächst in sechsmonatigen Abständen und unter regelmäßig (alle 2 Monate) vorzunehmenden Bestimmungen der Tumormarker mit CT kontrolliert werden. Bei weiterer Rückbildung bzw. Normalisierung, aber auch bei Befundkonstanz sollten weiter lediglich Kontrollen erfolgen. Bei größeren Residuen (>3 cm) oder fraglicher Progression kann eine PET-Untersuchung helfen bei der Differenzierung vitaler gegenüber nekrotischen Residuen. Ein positiver PET-Befund ist ein zuverlässiger Prädiktor für vitales Tumorgewebe und erfordert eine weitere histo-
681 26.9 · Therapie des markernegativen Nichtseminoms CS IIA
logische Abklärung (Biopsie, gegebenenfalls Residualtumorresektion; Krege et al. 2008b). Liegt eine bildmorphologisch dokumentierte Progression vor, sollten eine Biopsie zur histologischen Abklärung und – davon abhängig – gegebenenfalls eine Residualtumorresektion vorgenommen werden (Huddart u. Kataja 2008; Krege et al. 2008b).
Nachsorge (Follow-up) Nach dokumentiertem Ansprechen auf die Therapie schließt sich eine Nachsorge an. Diese kann entsprechend der für das Stadium CS I empfohlenen erfolgen. Untersuchungen zur »optimalen« Nachsorge für die Stadien CS IIA/B liegen weiterhin nicht vor. Wie bei der Nachsorge von Patienten des Stadium CS I ist auch bei denen der Stadien CS IIA/B unklar, ob hierbei unter Berücksichtigung der bei der CT relevanten Strahlenbelastung diese durch eine MRT ersetzt werden sollte. In den skandinavischen Ländern hat die Kernspintomographie (MRT) in der Nachsorge weitgehend die CT abgelöst und ist dort zwischenzeitlich gängige Praxis. Zusammenfassende Bewertung Therapiestandard für die Stadien CS IIA/B ist die Radiotherapie. Derzeitige Studienergebnisse ergeben bisher keine Hinweise, dass die in den »modernen« Bestrahlungsprotokollen dokumentierten Ergebnisse der alleinigen Radiotherapie bei den Stadien IIA/B durch alleinige Systembehandlung oder durch kombinierte Chemoradiotherapie entscheidend verbessert würden. Neuerdings wird für das Stadium CS IIB die Kombinationschemotherapie mit Bleomycin, Etoposid und Cisplatin (BEP, 3 Zyklen) oder – alternativ – mit Etoposid und Cisplatin (EP, 4 Zyklen) entsprechend dem Therapiestandard für das Stadium CS IIC als gleichwertige alternative Option zur Radiotherapie angesehen (Krege et al. 2008b). Eine Carboplatin-Monochemotherapie hingegen ist der Radiotherapie unterlegen und nicht ausreichend. Eine kombinierte Radiochemotherapie stellt keinen Standard dar, wird jedoch als Alternative zur Kombinationschemotherapie mit BEP weiter untersucht (Gilbert et al. 2009; Krege et al. 2008b; von der Maase 2001). Sind jedoch die Kurationsraten für das Stadium CS IIB nicht relevant zu verbessern, rücken die bei einem kombinierten Therapieansatz zu erwartende Erhöhung von Toxizitäten und insbesondere der Anstieg der Inzidenz therapieinduzierter Sekundärneoplasien in den Blick und sind zu problematisieren.
26.9
Therapie des markernegativen Nichtseminoms CS IIA
P. Albers Seit der Publikation des Europäischen Konsensus zur Diagnostik und Therapie von Hodentumoren haben sich die Empfehlungen zur Therapie des Nichtseminoms im klinischen Stadium II geändert (Schmoll et al. 2004). Die Definition des klinischen Stadiums IIA ist in der Literatur unterschiedlich beschrieben. Im Folgenden wird sich an der gültigen UICC/TNM-Klassifikation orientiert, die ein klinisches Stadium IIA bei den Patienten konstatiert, die eine isolierte Lymphknotenvergrößerung im typischen ipsilateralen Ausbreitungsgebiet des Hodentumors bis 2 cm im größten transversalen Durchmesser im Stagingcomputertomogramm nach Ablatio testis aufweisen. Geändert hat sich die uniforme Therapieempfehlung für diese Patientengruppe, denn für die weitere Therapie ist die Serumtumormarkerhöhe entscheidend. Patienten im klinischen Stadium IIA werden bei gleichzeitig erhöhten Serumtumormarkern nach Ablatio testis als metastasiert angesehen. Daher werden diese Patienten gemäß der IGCCCG-Klassifikation je nach Markerhöhe als Goododer Intermediate-prognosis-Patienten therapiert, d. h. sie erhalten entweder 3 oder 4 Zyklen PEB-Chemotherapie als primäre Therapie. Im Falle von Residuen nach Chemotherapie werden diese reseziert. Patienten hingegen, die bei bildgebend nachgewiesener Lymphknotenvergrößerung keine Serumtumormarkererhöhungen aufweisen, werden nicht primär chemotherapiert. Ohne Markererhöhung ist bis zum histologischen Beweis oder bis zur sicheren Größenprogression dieser Lymphknoten unsicher, ob es sich bei einer Vergrößerung bis 2 cm wirklich um Tumormetastasen handelt.
26.9.1 Häufigkeit/Epidemiologie
Mehr als 70% der Patienten in Amerika und fast 90% der Patienten in den Niederlanden werden initial in einem niedrigen Stadium des Hodentumors diagnostiziert (CS I, CS IIA, CS IIB; Jemal et al. 2005; Sonneveld et al. 1999). In aktuellen Serien zur Therapie niedriger Stadien der Nichtseminome werden Patienten im Stadium II in einer Häufigkeit von etwa 32% aller Patienten von CS I bis CS IIB gesehen (Stephenson et al. 2005). Von 453 Patienten, die im Zeitraum von 1989–2002 im Memorial Sloan Kettering Cancer Center (MSKCC) im Frühstadium einer retroperitonealen Lymphadenektomie (RLA)
26
682
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
unterzogen wurden, befanden sich 122 Patienten (27%) im Stadium IIA und 23 (5%) im Stadium IIB. Seit 1999 wurden allerdings Patienten im Stadium IIB und solche mit nach Ablatio erhöhten Tumormarkern primär chemotherapiert. Von den Patienten im Stadium IIA bzw. IIB wiesen etwa 8% bzw. 30% erhöhte Serumtumormarker auf, d. h. der Anteil der markernegativen Patienten im Stadium IIA ist erheblich.
26.9.2 »Staging Error«
26
In der kontemporären RLA-Serie des MSKCC fand sich nach der Operation von Patienten im klinischen Stadium IIA bei 40% der Patienten kein Tumor, wohingegen alle Patienten im Stadium IIB nach Operation Tumor aufwiesen (Stephenson et al. 2005). Auch in früheren Serien aus Indiana lag der Anteil der nicht korrekt klassifizierten Patienten bei 23% (Donohue et al. 1995). In beiden Serien wurden jedoch die Patienten unabhängig von der Markerhöhe operiert. Wenn man nun die Patienten mit markernegativen Raumforderungen selektiert, dann erhöht sich der Anteil der im CT falsch-positiv diagnostizierten Patienten erheblich. Da ein hoher Anteil der Patienten mit kleinvolumigen Metastasen Teratomanteile in den Metastasen aufweist, kann auch eine Positronenemissionstomographie diesen »staging error« nicht wesentlich verbessern. Der Anteil teratomhaltiger Metastasen betrug in der MSKCC-Serie sowohl vor als auch nach 1999 21% bzw. 22%. Der Anteil reiner Teratommetastasen betrug 7%. Somit finden sich bei markernegativen Raumforderungen die in Tab. 26.13 genannten histologischen Möglichkeiten (Stephenson et al. 2005). Bei einem teratomhaltigen Primärtumor ist die Rate von Teratomanteilen im Retroperitoneum wesentlich höher als bei fehlenden Teratomanteilen im Primärtumor. Das Fehlen dieser Anteile schließt jedoch ein Teratom im Retroperitoneum nicht aus (Sheinfeld et al. 2003).
Tab. 26.13. Retroperitoneale Histologie im Stadium IIA ohne Serumtumormarkererhöhung Retroperitoneale Histologie
Häufigkeit (%)
Kein Tumor
40
Reines reifes Teratom
7
Markernegatives Karzinom mit Teratomanteil
22
Markernegatives Karzinom
31
26.9.3 Therapieoptionen
Nervenerhaltende retroperitoneale Lymphadenektomie Aus der relativ hohen Rate von Patienten, die im klinischen Stadium IIA keine Metastasen haben (pathologisches Stadium I), wird ersichtlich, dass vor einer Therapieentscheidung die histologische Sicherung stehen muss. Grundsätzlich gäbe es die Möglichkeit, die sichtbaren Raumforderungen z. B. CT-gesteuert zu punktieren. In einzelnen Zentren wird diese Strategie durchaus in Form der Feinnadelbiopsie favorisiert (S.D. Fossa, Radium Hospital Oslo, Norwegen; persönl. Mitteilung). Allerdings besteht besonders beim Stadium IIA die Gefahr, dass diese Punktion entweder unergiebig ist oder wesentliche histologische Anteile nicht erkennen lässt. Daher steht die histologische Sicherung des Befundes durch eine nervenerhaltende RLA klinisch im Vordergrund. Die ursprüngliche Indikation unterschied nicht zwischen markerpositiven und markernegativen Patienten. Die Patienten, die den operativen Nachweis von Metastasen durch RLA hatten, wurden in Deutschland und einigen Zentren in den USA zumeist adjuvant chemotherapiert (Kondagunta et al. 2004). Es gibt nur eine begrenzte Zahl von Untersuchungen, die die RLA unter Staginggesichtspunkten untersucht hat. Nach dieser Analyse kommt die Gruppe des MSKCC zu der Meinung, dass primär markerpositive Patienten und Patienten im Stadium IIB nicht durch eine RLA therapiert werden sollten. Ab 1999 wurde dort das neue Therapiekonzept eingeführt, das die Indikation zur RLA im Stadium IIA auf solche Patienten beschränkt, die markernegativ sind (Stephenson et al. 2005). Bei insgesamt 96 Patienten im Stadium IIA hatten 40% keine Metastasen. 52% der Patienten im pathologischen Stadium IIA (pS IIA) erhielten eine adjuvante Chemotherapie. Patienten, die im pS IIA keine adjuvante Chemotherapie erhielten, zeigten in 10% ein Rezidiv, 1% der Rezidive lag retroperitoneal. Dies bedeutet, dass 90% der Patienten mit RLA im pS IIA keine adjuvante Therapie benötigen. Allerdings wurde bei allen Patienten eine bilaterale radikale, nicht nervenerhaltende RLA durchgeführt. Dies entspricht der etwa 10 Jahre alten Datenlage aus Indiana, in deren Serie 140 Patienten im Stadium II einer RLA unterzogen wurden. 32% hatten keinen Tumor, und von den 49 Patienten, die keine adjuvante Chemotherapie erhielten, zeigten 37% ein Rezidiv (Donohue et al. 1995). Die Markernegativität in dieser älteren Serie wurde nicht beachtet, daher lag die Rezidivrate ohne Chemotherapie im Stadium IIA bei 27% (Donohue et al. 1995). Dies entspricht den Daten der älteren deutschen Studie von Hart-
683 26.9 · Therapie des markernegativen Nichtseminoms CS IIA
lapp et al. (1987). Die größte randomisierte Studie zur adjuvanten Chemotherapie im Stadium II, die eine sofortige versus eine verzögerte Chemotherapie analysierte, zeigte für die Gesamtgruppe ohne Chemotherapie (IIA und IIB, unabhängig von der Markerhöhe) eine Rezidivrate von 49% (Williams et al. 1987).
Prognosefaktoren im pS IIA Die Rezidivrate nach RLA im pS IIA ist von der Anzahl der tumorbefallenen Lymphknoten abhängig. Wenn <6 resezierte Lymphknoten jeweils kleiner als 2 cm waren, dann lag die Rezidivrate bei 6% (Richie u. Kantoff 1991). Dies wurde von vielen Autoren bestätigt (Donohue et al. 1995; Albers et al. 1995; Weissbach u. Hartlapp 1991). Ein weiterer Prognosefaktor für ein Rezidiv ist die vaskuläre Invasion des Primärtumors (Sesterhenn et al. 1992). In einer aktuellen Untersuchung bei 80 Patienten im Stadium IIA, die einer RLA unterzogen wurden, konnte die Arbeitsgruppe aus Indianapolis, USA, keinen weiteren validen Prognosefaktor (z. B. extranodale Extension der Lymphknotenmetastasen) für die 25% der Patienten identifizieren, die im weiteren Verlauf ein Rezidiv erlitten haben (Beck et al. 2007). Die Datenlage zu den Ergebnissen und Nebenwirkungen der RLA umfasst mehrere hundert Patienten, die z. T. in randomisierten Studien therapiert worden sind (Stephenson et al. 2005; Donohue et al. 1995; Weissbach et al. 2000). Die Randomisation erfolgte allerdings gegen die primäre Chemotherapie, die bis 2004 als Therapieoption auch für markernegative Patienten galt. In Deutschland und Österreich wurde eine prospektive Multicenterstudie durchgeführt, die die primäre RLA plus adjuvante Chemotherapie mit der Option primäre Chemotherapie mit Residualtumorresektion verglichen hat. Von 185 evaluierbaren Patienten hatten 108 Patienten die primäre RLA und 77 Patienten die primäre Chemotherapie erhalten. Nach primärer Chemotherapie erreichten 68% der Patienten eine komplette Remission, insgesamt wurden 7% Rezidive beobachtet. Nach primärer RLA mit adjuvanter Chemotherapie wurden 5% Rezidive beobachtet. 2 Patienten im Chemotherapiearm starben therapiebedingt. Im Vergleich der Toxizität und Lebensqualität während und nach Therapie zeigten die Patienten mit primärer RLA günstigere Ergebnisse (Weissbach et al. 2000).
Nebenwirkungen der RLA Wenn die RLA lediglich aus Staginggründen durchgeführt wird, dann muss ihre Morbidität so gering wie möglich sein. In einzelnen Zentren konnte gezeigt werden, dass bei den meisten Patienten eine nervenerhaltende Operationstechnik angewandt werden kann, ohne
im kurzzeitigen Follow-up ein höheres Rezidivrisiko befürchten zu müssen (Donohue et al. 1995). Ansonsten liegt die Komplikationsrate der RLA im pS IIA im Bereich der Komplikationen im Frühstadium I.
Adjuvante Chemotherapie im pathologischen Stadium IIA ohne Markerexpression Die Indikation zur adjuvanten Chemotherapie im pS IIA muss aufgrund der MSKCC-Daten sehr zurückhaltend gestellt werden. Bei einer langfristigen Rezidivfreiheit nach RLA von 90% empfiehlt sich eher die Überwachungsstrategie als die adjuvante Chemotherapie. Die Frage bleibt, ob diese günstigen Rezidivraten ohne adjuvante Chemotherapie auch bei nervenerhaltenden Operationen zu halten sind. Die adjuvante Chemotherapie mit 2 Zyklen PEB erreicht ein rezidivfreies bzw. Gesamtüberleben im Stadium IIA/B von 94% bzw. 99% (Kondagunta et al. 2004; Hartlapp et al. 1987; Williams et al. 1987).
Laparoskopische RLA Grundsätzlich ist das klinische Stadium IIA ohne Markerexpression eine gute Indikation zur diagnostischen laparoskopischen RLA. Die publizierten Langzeitergebnisse einer der größten Serien beinhaltete allerdings bei 185 Patienten mit L-RLA nur 6 Operationen im markernegativen klinischen Stadium IIA. Bei der Hälfte der Patienten fand sich aktiver Tumor, der nach histologischer Sicherung mit 2 Zyklen PEB therapiert wurde (Steiner et al. 2004, 2006). Die Operation hat eine gewisse Komplikationsrate, so dass sie in dieser seltenen Patientengruppe nur empfohlen werden kann, wenn der Eingriff in einem laparoskopisch spezialisierten Zentrum stattfinden kann. Aufgrund der speziellen laparoskopischen Technik, die auf eine Lymphadenektomie hinter den großen Gefäßen verzichtet (keine Durchtrennung der lumbalen Gefäße) und bei der bislang fast alle Patienten mit tumorpositiven Lymphknoten adjuvant chemotherapiert worden sind, kann man nicht beurteilen, ob die L-RLA den gleichen therapeutischen Effekt hat wie die offene Operation. Wenn aber auf eine adjuvante Chemotherapie nicht verzichtet werden kann, dann hat die L-RLA lediglich diagnostischen Charakter. Es bleibt einschränkend zu bemerken, dass üblicherweise nicht ipsilateral nervenschonend operiert wird. Durch eine limitierte Entfernung des Lymphknotengewebes besteht daher grundsätzlich die Gefahr eines Spätrezidivs bei Patienten, die nach L-RLA und Nachweis von Metastasen primär chemotherapiert werden.
26
684
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Positronenemissionstomographie (PET)
26
In mehreren Studien zur PET-Diagnostik zeigte sich, dass Patienten mit einem klinischen Stadium IIA relativ verlässlich als tumorpositiv erkannt wurden, wenn der Tumor aggressive Elemente enthielt (z. B. markernegatives embryonales Karzinom). Leider können Teratomanteile mit dem PET nicht verlässlich erkannt werden, so dass es gewisse Limitation dieser noninvasiven Staginguntersuchung gibt (De Wit et al. 2005). Im Falle eines positiven PET bei markernegativen Patienten mit CS IIA wäre die primäre Chemotherapie indiziert. Ein negatives PET schließt hingegen aktiven Tumor nicht aus, und zumindest bei diesen Patienten muss eine histologische Sicherung vor weiterer Therapie erfolgen.
ten Therapieerfolge auch in der Breite zu realisieren, d. h. Therapiestandards flächendeckend sicherzustellen. Dies wird in erster Linie durch die Konzentration der Behandlung von Patienten auf erfahrene Zentren bzw. zumindest deren Konsultation vor Behandlungsbeginn erreicht. Weiterhin zielen die derzeitigen Therapiestrategien auf ein risikoadaptiertes Vorgehen ab, um die erreichten Behandlungserfolge bei gleichzeitiger Minimierung von Nebenwirkungen zu optimieren. Hinweis
I
I
Grundsätzlich sollten Patienten mit fortgeschrittener Metastasierung in erfahrenen Zentren behandelt werden, da insgesamt eine hohe kurative Behandlungschance besteht.
Zusammenfassende Bewertung Die histologische Sicherung bei Patienten im klinischen Stadium IIA ist unerlässlich. In Ausnahmefällen kann das Staging noninvasiv erfolgen (PET bei markernegativem embryonalem Karzinom), oder es wird eine Wiederholung des Stagings nach 4–6 Wochen durchgeführt (Größenprogress spricht für Metastase, dann Operation). Meist jedoch muss die histologische Sicherung operativ erfolgen. Dies ist grundsätzlich laparoskopisch möglich, wenn darauf spezialisierte Zentren aufgesucht werden. Standard bleibt die nervenerhaltende RLA, die auch bei tumorpositiven Lymphknoten als singuläre Therapie mit einer Rezidivrate von etwa 10% favorisiert werden sollte.
26.10
Therapie der fortgeschrittenen Hodentumoren
J.T. Hartmann, F. Mayer, S. Krege 26.10.1 Therapieziele
Die Behandlung von testikulären Keimzelltumoren gehört zu den erfolgreichsten Kapiteln der Internistischen Onkologie. Selbst im metastasierten Stadium sind hohe Heilungsraten erreichbar. Grundlagen für diesen Fortschritt waren ein sich weiterentwickelndes Verständnis der Pathobiologie von Keimzelltumoren, der systematische präklinische und klinische Einsatz von neuen Zytostatika und die Optimierung der Applikation bekannter Chemotherapiekombinationen (Kopp et al. 2006). Trotzdem sind gewaltige Anstrengungen vonnöten, die im Rahmen kontrollierter klinischer Studien erreich-
Es liegen mehrere Studien vor, die den Stellenwert der Institution bei der Behandlung von metastasierten Keimzelltumoren untersuchten. Die EORTC fand ein verdoppeltes Sterblichkeitsrisiko in den Institutionen, die weniger als 5 Patienten in der EORTC/MRC Studie 30895/ TE13 behandelten, in Vergleich zu Institutionen mit mehr als 5 Patienten (Collette et al. 1999). Diese Daten wurden durch Untersuchung des MSKCC aus der SEER Datenbank bestätigt (Feuer et al. 1999). Ebenso fand ein schwedisch-norwegisches Projekt signifikant differierende 3-Jahres-Überlebensraten bei Patienten mit metastasierten Hodentumoren in Zentren im Vergleich zu nicht-spezialisierten Einrichtungen. Die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen Hodentumoren erfolgt international stadiengerecht nach der IGCCCG Klassifikation. Klinisch relevante Prognosefaktoren sind Serumtumormarker, viszeraler Organbefall und die primäre Tumorlokalisation ( Tab. 26.14). Für Patienten mit extragonadalen Keimzelltumoren wurde 2002 durch ein internationales Konsortium eine separate Prognoseklassifikation vorgestellt (Hartmann et al. 2002; Kap. 26.10.2, Abschn. »Therapie von extragonadalen Keimzelltumoren).
26.10.2 Therapiekonzept
Zunächst werden obligat zwei Zyklen der Chemotherapie verabreicht. Die Zyklen werden an Tag 22 unabhängig von den Leukozytenwerten wiederholt, um eine adäquate Dosisintensität sicherzustellen. Anschließend erfolgt die Reevaluation mit bildgebenden Verfahren und Bestimmung der Tumormarker. Bei Markerabfall und stabiler oder regredienter Tumormanifestation wird die Chemotherapie komplettiert (Murphy et al. 1994). Bei Marker-
685 26.10 · Therapie der fortgeschrittenen Hodentumoren
Tab. 26.14. Klassifikation der International Germ Cell Cancer Collaborative Group (IGCCCG). (Nach Mead u. Stenning 1997) »good prognosis« Nichtseminom
− Hoden-/retroperitonealer Tumor und − »good« Marker* und − keine nichtpulmonalen viszeralen Metastasen
Seminom
− Jede Primärlokalisation und − jeder Marker und − keine nichtpulmonalen viszeralen Metastasen
*»Good« Marker: − AFP <1000 ng/ml und − HCG <1000 ng/mg (ca. 5000 IU/l) und − LDH <1,5× N
»intermediate prognosis« Nichtseminom
− Hoden-/retroperitonealer Tumor und − »intermediate« Marker* und − keine nichtpulmonalen viszeralen Metastasen
Seminom
− Jede Primärlokalisation und − jeder Marker und − nichtpulmonale viszerale Metastasen
* »Intermediate« Marker: − AFP <1000–10.000 ng/ml oder − HCG <1000–10.000 ng/mg (ca. 5000–50.000 IU/l) oder − LDH <1,5–10× N
»poor prognosis« Nichtseminom
− − − −
Primär mediastinaler Tumor oder Hoden-/retroperitonealer Tumor und nichtpulmonale viszerale Metastasen oder »poor« Marker*
*»Poor« Marker: − AFP >10.000 ng/ml oder − HCG >10.000 ng/mg (ca. 50.000 IU/l) oder − LDH >10× N
N Obergrenze Normalwert; AFP α-Fetoprotein; HCG humanes Choriongonadotropin; LDH Lactatdehydrogenase
abfall, aber wachsenden Metastasen erfolgt eine Resektion nach Abschluss der Induktionstherapie, sofern keine Notfallsituation aufgrund des lokalen Tumorwachstums besteht. Nur bei dokumentiertem Markeranstieg nach 2 Zyklen Chemotherapie ist ein frühzeitiger Wechsel der Therapie indiziert ( Kap. 26.11). Bei Patienten mit Markerplateau auf niedrigem Niveau nach Abschluss der Chemotherapie wird zunächst zugewartet, ob eine vollständige Normalisierung eintritt. Eine Salvagechemotherapie ist nur bei eindeutigem Markerprogress indiziert (Zon et al. 1998).
26.10.3 Chemotherapie bei »good prognosis«
Mit dem Erfolg der Cisplatin-basierenden Kombinationschemotherapie bei testikulären Keimzelltumoren haben sich die Zielsetzungen in der Patientengruppe mit sog. »good prognosis« nach der IGCCCG-Klassifikation gewandelt. Es wird zunehmend versucht, die behandlungsbedingte Toxizität zu reduzieren, ohne die Langzeitüberlebensrate zu gefährden (Williams et al. 1987, Birch et al. 1986). Bestand bis zur Mitte der 1980er-Jahre die Standardtherapie aus 4 Zyklen einer Kombination von Cisplatin, Vinblastin und Bleomycin (PVB×4), so hat sich bis zum heutigen Tage ein Fünf-Tages-Regime oder al-
ternativ ein 3-Tages-Regime mit 3 Zyklen von PE500B für diese Patientengruppe durchgesetzt ( Tab. 26.15; de Wit et al. 2001; Williams et al. 1987; Birch et al. 1986; Saxman et al. 1998; Loehrer, Sr. et al. 1995; Xiao et al. 1997, de Wit et al. 1997, Bosl et al. 1988; Bajorin et al. 1993). Insgesamt repräsentieren Patienten der »Goodprognosis«-Subgruppe circa 60% aller metastasierten Keimzelltumoren und weisen eine 5-Jahres-Überlebensrate von 90% auf. Versuche, Bleomycin aus der Dreifachkombination zu entfernen, um die Akut- und Langzeittoxizität zu reduzieren, waren nicht erfolgreich (Loehrer, Sr. et al. 1995; de Wit et al. 1997). Auch der Ersatz des nephro- und neurotoxischen Cisplatins durch Carboplatin führte zu einem niedrigeren rezidivfreien Überleben und Gesamtüberleben (Horwich et al. 1997b, Bokemeyer et al. 1996). Heute gelten 3 Kurse PEB als Standard. Bei Patienten mit vorbestehenden Lungenerkrankungen (DLCO <60% vor Therapie) können alternativ unter Verzicht auf Bleomycin 4 Zyklen PE verabreicht werden (Culine et al. 2007). Risikofaktoren für eine unter Bleomycin-Kombinationschemotherapie entstehende Lungentoxizität sind eingeschränkte Nierenfunktion, Alter >40 Jahre, fortgeschrittenes Stadium sowie eine kumulative Dosis > 300 mg Bleomycin (O’Sullivan et al. 2003). Aber es ist zu berücksichtigen, dass in der Studie, 4 Zyklen PE versus
26
686
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Tab. 26.15. Randomisierte Untersuchungen bei metastasierten Hodentumoren der Good-prognosis-Gruppe
26
Literatur
Klassifikation
Regime
Ziel der Untersuchung
CR-Rate (%)
Kontinuierliche CR-Rate (%)
Kommentar
Bosl et al. 1988
MSKCC
VAB-6×3 EP×4
Neues 2-ZytostatikaRegime
96 93
85 82
Gleichwertig
Bajorin et al. 1993
MSKCC
EC×4 EP×4
Carbo- versus Cisplatin
80 88
87 76
EC×4 schlechter
Loehrer et al. 1995
Indiana
PEB×3 PE×3
Kein Bleomycin
94 88
86 69
PE×3 schlechter
Bokemeyer et al. 1996
Indiana
CEB×4 PEB×3
Carbo- versus Cisplatin
96 97
68 86
CEB×4 schlechter
De Wit et al. 1997
EORTC
BEP×4 EP×4
Kein Bleomycin
95 87
91 83
EP×4 schlechter
Saxman et al. 1998
Indiana
PEB×4 PEB×3
Reduktion der Therapiezyklen
97 98
88 87
Gleichwertig
Culine et al. 2007
IGCCCG
PEB×3 PE×4
Kein Bleomycin, Erhöhung der Zyklenzahl
92 91
96 92
Gleichwertig*
De Wit et al. 2001
IGCCCG
PEB×3 PEB×3/PEx1
Reduktion der Therapiezyklen/
n.a.
90 89
Gleichwertig
PEB (d1–5) PEB (d1–3)
5-Tages- versus 3-Tages-Regime
n.a.
89 90
Gleichwertig
PE500B90x3 PE360B30×4
Indiana versus MRC
90 91
99 88
Indiana besser
Toner 2001
MSKCC
P Cisplatin; E Etoposid; B Bleomycin; C Carboplatin; VAB-6 Cisplatin + Vinblastin + Dactinomycin + Bleomycin + Cyclophosphamid; CR komplette Remission; n.a. nicht angegeben; *statistisch keine Äquivalenztestung.
3 Zyklen PEB, der experimentelle Arm mit 4 Zyklen PE eine doppelt so hohe Anzahl schwerwiegender unerwünschter Ereignisse enthielt. Dies war statistisch nicht signifikant, aber sollte bei der Behandlung von »good prognosis« Patienten berücksichtigt werden. Zu bedenken ist auch, dass das Design der Studie nicht auf eine Äquivalenz ausgelegt war. Das PEB-Protokoll wird in verschiedenen Ländern mit unterschiedlicher Etoposid- und/oder BleomycinDosis verabreicht. Eine randomisierte Studie, die das Indiana-PEB mit Etoposid 100 mg/m2, Tag 1–5, sowie Bleomycin 30 U, Tag 1, 8 und 15 mit dem »Medical Research Council« (MRC)-PEB (Etoposid 120 mg/m2, Tag 1–3 sowie Bleomycin 30 U, Tag 1) verglich, zeigte ein vergleichbares Ansprechen von 88 und 87% (Toner et al. 2001). Die Gesamtüberlebensrate war allerdings unter dem Indiana-PEB signifikant besser. Dieser Unterschied kam durch eine höhere Anzahl tumorbedingter Todesfälle in der MRC-PEB-Gruppe zustande. Die Dosisintensität des PEB-Regimes spielt daher eine entscheidende Rolle für »Good prognosis«-Patienten. Das PEB-Regime
kann allerdings über 3 Tage verabreicht werden, wenn eine kumulative Etoposid-Dosis von 500 mg/m2/Zyklus verabreicht wird. Bei fortgeschrittenen Seminomen wird die primäre Chemotherapie bevorzugt, da Patienten im Stadium IIC/D oder Stadium III nach der TNM-Klassifikation mit seminomatösem Hodentumor eine hohe Rezidivrate von 20–30% mit alleiniger Strahlentherapie aufweisen (Willan u. McGowan 1985; Gregory u. Peckham 1986). Patienten mit Seminomen sind bei Diagnosestellung etwa eine Dekade älter als nichtseminomatöse Keimzelltumoren. Der Tumor ist chemotherapiesensitiver im Vergleich zu Nichtseminomen. Die Toxizität spielt bei diesen Patienten insgesamt eine größere Rolle, so dass Carboplatin in dieser Patientengruppe ein bevorzugtes Studienmedikament darstellte. Frühere Studien zeigten Remissionsraten von ca. 80–90% mit einem standarddosierten cisplatinhaltigen Regime bzw. 77–93% mit einem Carboplatin-basierenden Regime. Mit einer Carboplatin-Monotherapie wurden erkrankungsfreie Überlebensraten von ca. 75% erreicht (Fossa et al. 1995; Logothetis et al. 1987, Pizzocaro et al.
687 26.10 · Therapie der fortgeschrittenen Hodentumoren
Tab. 26.16. Resultate Carboplatin- und Cisplatinhaltiger Chemotherapie bei fortgeschrittenen seminomatösen Keimzelltumoren Autor
Regime
N (Pt)
Kontinuierliche CR-Rate (%)
Horwich et al. 1992
C
70
77
Schmoll et al. 1993
C
42
71
Mencel et al. 1994
CE
35
83
Sleijfer et al. 1996
CIVcr
27
93
Jones et al. 1997
CCyc
31
77
Pizzocaro et al. 1986
PVB/PEB
31
75
Logothetis et al. 1987
P/Cyc
42
92
Fossa et al. 1987
PVB/PEB
54
78
Loehrer et al. 1987
PVB/PEB
60
66
Mencel et al. 1994
VAB-6/EP
105
87
Fossa et al. 1995
PIVcr
42
90
Clemm et al. 1995
PEI/PVI
77
92
Horwich et al. 1997b
PEB/PVB
45
93
Bokemeyer et al. 2001
P-based
103
90
Gholam et al. 2003
PE(B), VAB-6, PIVcr
145
81
Bajorin et al. 1993
PE vs. CE
69
87 vs. 82 (ns)
Horwich et al. 2000
PE vs. C
130
91 vs. 77 (ns)
Clemm et al. 2000
PEI vs. C
280
86 vs. 88 (p<0,05)
Randomisierte Vergleiche
Cyc Cyclophosphamid; I Ifosfamid; E Etoposid; C Carboplatin; P Cisplatin; V Vinblastin; B Bleomycin; Vcr Vincristin; ns nicht signifikant
1986; Schmoll et al. 1993; Mencel et al. 1994; Horwich et al. 1992; Sleijfer et al. 1996; Jones et al. 1997, Fossa et al. 1987, Loehrer, Sr. et al. 1987, Clemm et al. 1995; Horwich et al. 1997a, Gholam et al. 2003) ( Tab. 26.16). Es liegen 3 randomisierte Untersuchungen vor, die die beiden Platinanaloga Cis- und Carboplatin verglichen haben. In der ersten Untersuchung erhielten 69 Patienten mit Seminomen – klassifiziert als »Good-risk«-Erkrankung nach der Memorial Sloan Kettering Cancer Center Klassifikation (Bosl et al. 1983) – entweder die Kombination von Cisplatin/Etoposid (PE) oder Carboplatin/ Etoposid (CE), jeweils über 4 Zyklen, verabreicht. Die objektiven Remissionsraten lagen bei 87% für PE und 94% für CE. Das ereignisfreie Überleben war für Patienten mit Carboplatin/Etoposid mit 82% versus 87% niedriger (statistisch nicht signifikant) (Bajorin et al. 1993). Eine zweite Untersuchung verglich 4 Zyklen Carboplatin-Monotherapie (400 mg/m2) mit 4 Zyklen einer
Kombination von Cisplatin und Etoposid bei Patienten mit fortgeschrittenem metastasiertem Seminom. Nach Rekrutierung von 130 Patienten wurde die Studie aufgrund von zeitgleich publizierten negativen Resultaten für Carboplatin bei nichtseminomatösen Keimzelltumoren abgebrochen. Während das progressionsfreie 2-Jahres-Überleben mit 76% versus 82% zu Gunsten der Cisplatin-Kombination lag, fand sich beim Gesamtüberleben kein Unterschied zwischen beiden Behandlungsgruppen (Horwich et al. 2000). Die deutsche AG Hodentumoren hat in ihrer randomisierten Studie insgesamt 280 Patienten mit fortgeschrittenem Seminom behandelt. Die Patienten wurden entweder mit 4 Zyklen Carboplatin-Monotherapie oder der Kombination aus Cisplatin, Etoposid und Ifosfamid (PEI-Regime) behandelt. Während nach PEI 5% Rezidive auftraten, lag die Rate im Carboplatin-Arm bei 26% (p<0,01). Die Gesamtüberlebensrate betrug 95% im
26
688
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
PEI-Arm versus 87% im Carboplatin-Arm (n.s.) (Clemm et al. 2000). Der vergleichsweise geringe Unterschied weist auf die Salvage-Option durch ein Cisplatin-haltiges Regime im Rezidivfall hin. Trotzdem blieb eine 5%Differenz (n.s.) in einer gepoolten Analyse (Bokemeyer et al. 2002a). Daher gilt international als Standardtherapie für Patienten mit fortgeschrittenen Seminomen nach den IGCCCG-Kriterien 3 (good prognosis) bzw. 4 (intermediate prognosis) Zyklen Chemotherapie mit Cisplatin/ Etoposid/Bleomycin. Carboplatin wird nur bei Kontraindikationen gegen Cisplatin eingesetzt.
26
26.10.4 Chemotherapie bei »intermediate
prognosis« Die optimale Behandlung von Patienten mit intermediärer Prognose ist nicht abschließend geklärt, da diese Subgruppe von Patienten mit metastasierten Hodentumoren erst durch die Metaanalyse der IGCCCG-Studiengruppe im Jahre 1995 definiert wurde. Für diese Patientengruppe gibt es keine abgeschlossenen prospektiven Studien. Eine randomisierte Untersuchung, die Ifosfamid statt Bleomycin mit Platin und Etoposid (PEI×4 vs. PEB×4) in einer ähnlich definierten Subgruppe von Patienten verglichen hat, zeigte eine Langzeitüberlebensrate von 83% im PEB-Arm und 85% nach PEI-Chemotherapie. Insgesamt wurde die Toxizität im PEI-Arm höher eingestuft (de Wit et al. 1998). Die Studie wurde frühzeitig abgebrochen, da Ergebnisse eines Vergleichs in der Poor-prognosis- Gruppe keine höhere Effizienz des Ersatzes von Bleomycin durch Ifosfamid zeigte (Nichols et al. 1998). Behandlungsstrategien, die einer Verbesserung der Prognose dieser Patientengruppe dienen könnten, sind einerseits der Einsatz der primären Hochdosis-Chemotherapie, die zurzeit in der Poor-prognosis-Patientengruppe evaluiert wird, und andererseits der Einsatz neuer Zytostatika in Kombination zum derzeitigen Standardregime. Die EORTC führt hierzu eine prospektive Phase III Untersuchung durch, die PEB mit Paclitaxel-PEB vergleicht. Neuere Phase II-Daten von Untersuchungen mit alternierenden Chemotherapieregimen wie BOPCISCA-POMB-ACE sowie dosisreduziertem CISCA/VB zeigen erkrankungsfreie Langzeitüberlebensraten von 83% (KI 95%, 68–100%) bzw. 88% (76–100) (Fizazi et al. 2002). Ein randomisierter Vergleich von 4 Zyklen PE500B gegenüber 4–6 Zyklen des alternierenden CISCA/VB-Protokolls bei 185 auswertbaren Patienten mit »intermediate/poor prognosis« erbrachte keinen Vorteil; außerdem war das intensivere, alternierende Schema mit einer er-
höhten Toxizität verbunden. Die Daten für ereignisfreies Überleben und Gesamtüberleben wiesen bei fehlender Signifikanz eher auf einen Trend zur Überlegenheit von 4 Zyklen PE500B hin (Culine et al. 2008). Somit fehlt weiterhin eine Bestätigung durch eine randomisierte Studie, dass die Ergebnisse für Patienten mit »intermediate prognosis« durch eine Dosisintensivierung der Chemotherapie verbessert werden können, wie dies durch Ergebnisse mehrerer Phase-II-Studien nahegelegt worden war. Die derzeitige Konsensusempfehlung der AG Hodentumoren in Deutschland und der Europäischen Konsensuskonferenz (EGCCCG) (Schmoll et al. 2004) beinhaltet 4 Zyklen PEB in Standarddosierung (de Wit et al. 1998). Wichtig ist die Berücksichtigung, dass eine kürzlich durchgeführte EORTC Studie bezüglich der Lebensqualität von Patienten unter verschiedenen PEB-Regimen dokumentierte, dass die gastroentestinale Toxizität und die Rate an Tinnitus mit 4 Zyklen nach dem 3-Tages-Regime höher war als 4 Zyklen mit dem 5-Tages-Regime PEB (Kopp et al. 2006). Wegen der insgesamt ungünstigeren Prognose dieser Patientengruppe (5-Jahres-Überlebensrate 79% [KI 95%, 75–83%] im Vergleich zu Patienten mit Good-prognosis-Konstellation sollte die Therapie in prospektiven Studien erfolgen.
26.10.5 Chemotherapie bei »poor prognosis«
Diese Patientengruppe verfügt trotz einer Cisplatin-basierten Kombinationschemotherapie über eine unzureichende Heilungsrate. Vier Zyklen einer konventionell dosierten Chemotherapie resultieren in einer 5-JahresGesamtüberlebensrate von ca. 48% (KI 95%, 42–54%), allerdings mit steigender Tendenz in aktuelleren Publikationen zu Phase-III-Untersuchungen (Birch et al. 1986; Sonneveld et al. 2001; Hinton et al. 2003). Bei Patienten mit Poor-prognosis-Konstellation besteht außerhalb von Studien die Standardtherapie aus 4 Zyklen PEB (Williams et al. 1987, Loehrer et al. 1998). Vier Zyklen PEI sind gleich wirksam, aber myelotoxischer (Hinton et al. 2003). Diese Untersuchung wurde allerdings vor der Ära hämatopoetischer Wachstumsfaktoren durchgeführt. Da eine hohe Anzahl dieser Patienten nach der Induktionschemotherapie aufgrund residueller Tumormassen operiert werden muss, bietet das PEI-Schema gegenüber PEB den Vorteil der Vermeidung eines Bleomycin-induzierten Lungenschadens. Alternativ können Patienten, für die eine sekundäre Resektion angenommen werden kann, die letzten beiden Dosierungen von Bleomycin entfallen (Woche 11 und 12). Hierzu gibt es keine eindeutige Datenlage, aber diese geringe Veränderung des Therapieschemas
689 26.10 · Therapie der fortgeschrittenen Hodentumoren
Tab. 26.17. Randomisierte Untersuchungen bei metastasierten Hodentumoren der Poor-prognosis-Gruppe Literatur
Klassifikation
Regime
Ziel der Untersuchung
CR-Rate (%)
Kommentar
Williams et al. 1987
Indiana
PVB×4 PEB×4
Etoposid anstelle von Vinblastin
38 63
PVB schlechter
Wozniak et al. 1991
SWOG
PVB×4 PEV×4
Etoposid anstelle von Bleomycin
77 73
Gleichwertig
Ozols et al. 1988
NCI
PVB×4 P(200)EBV×4
Addition von Etoposid und verdoppelte Dosis von Cisplatin
67 88
PVB schlechter
Nichols et al. 1991
Indiana
PEB×4 P(200)EB×4
Verdoppelte Dosis von Cisplatin
73 68
Gleichwertig
De Wit et al. 1995
EORTC
PEB×4 PVB/BEP×2
Alternierende Regimes
72 76
Gleichwertig
Nichols et al. 1998
Indiana
PEB×4 PEI×4
Ifosfamid anstelle von Bleomycin
60 63
Gleichwertig
Kaye et al. 1998
MRC/EORTC
PEB×6 BOP/VIP-B×3
Sequenzielle alternierende Regimes
57 54
Gleichwertig
Motzer et al. 2007
IGCCCG
PEB×4 PEB×2/CEC×2
Vergleich PEB vs. HDCT
46 48
Gleichwertig*
Culine et al. 2008
IGCCCG
PEB×4 CISCAIVB×4–6
Sequenziell alternierendes Regime
58 45
(Mindestens) gleichwertig
P Cisplatin; V Vinblastin; B Bleomycin; E Etoposid; I Ifosfamid; O Vincristin; CR komplette Remission, CEC Cisplatin, Etoposid, Cyclophosphamid; HDCT=Hochdosischemotherapie; *Patienten mit inadäquatem Markerabfall unter PEB×2 61% vs. 34%, 1-Jahres-CR-Rate zugunsten HD-CEC (p=0,03)
erscheint sinnvoll, gerade bei Patienten die einer extensiven operativen Sanierung bedürfen. Generelle Empfehlungen zu Therapiemodifikationen bei Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand (Karnofsky <50%), ausgedehnter Leberinfiltration (> 50%) und ausgedehnter pulmonaler Infiltration existieren nicht. In Zentren mit hoher Patientenzahl gilt die Vorschaltung eines dosisreduzierten Zyklus als routinegemäßes Vorgehen, um die hohe Komplikationsrate bei ausgedehnter Tumorlast zu reduzieren. Die in der Vergangenheit getesteten Behandlungsstrategien, wie z. B. alternierende Chemotherapie-Protokolle mit BOP/VIP-B, CISCA/VB, CBOP/PEB oder PVB/PEB, zeigten, verglichen mit der Standardtherapie bestehend aus 4 Zyklen PEB, keine signifikante Verbesserung der Remissions- oder Überlebensrate (Christian et al. 2003; de Wit et al. 1995; Culine et al. 2008; Kaye et al. 1998). Zusätzlich lag das Toxizitätsniveau der alternierenden Chemotherapieprotokolle zumeist deutlich höher. Die Ergebnisse randomisierter Studien bei Poor-prognosisPatienten sind in Tab. 26.17 zusammengefasst (Nichols et al. 1991; Ozols et al. 1988; Williams et al. 1987; Wozniak et al. 1991).
26.10.6 Stellenwert der
Hochdosischemotherapie In den letzten Jahren haben Konzepte einer dosisintensivierten Chemotherapie zunehmend die experimentelle Therapie von Poor-prognosis-Patienten bestimmt. Die Rationale einer Hochdosis-Chemotherapie basiert auf der Hypothese einer Dosis-Wirkung-Beziehung der verwendeten Zytostatika. Voraussetzung für ein solches Verfahren war die Entwicklung der peripheren autologen Blutstammzellsammlung und -transplantation (PBSC-T) sowie die Verfügbarkeit von rekombinanten hämatopoetischen Wachstumsfaktoren (G-CSF, GM-CSF). Versuche, im Rahmen der konventionell dosierten Chemotherapie allein die Cisplatindosis zu steigern, waren an einem erhöhten Toxizitätsniveau und fehlendem Wirksamkeitsanstieg gescheitert (Nichols et al. 1991). In Deutschland wurde die sog. sequenzielle Hochdosischemotherapie mit dem Konzept der frühen Dosisintensivierung getestet. Die verwendeten Substanzen waren Cisplatin, Etoposid und Ifosfamid (PEI-Regime). Die Rationale der frühen Dosiseskalation besteht in der Vermeidung einer sich rasch entwickelnden Zytostatikaresistenz
26
690
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
26
Abb. 26.7. Design der Phase-I/II-Untersuchung sequenzielles HD-PEI mit autologer Stammzelltransplantation. SD standarddosiert; HD hochdosiert; G-CSF granulozytenkoloniestimulierender Faktor; PBSC(T) autologe periphere Blutstammzell(transplantation). (Nach Hartmann et al. 2003)
des Tumors bei Vorliegen von großen Tumormassen und unterschiedlicher Konzentrationsanflutung der Zytostatika im Gegensatz zur sonst praktizierten Hochdosischemotherapie als späte Konsolidierung nach Gabe mehrerer standarddosierter Chemotherapiezyklen. Bei der sequenziellen Hochdosischemotherapie werden nach einem standarddosierten PEI-Zyklus und Sammlung von Blutstammzellen 3 (–4) Zyklen der Hochdosischemotherapie (HD-PEI) mit PBSC-Support appliziert ( Abb. 26.7). Zwischen 1993 und 1999 sind 221 Patienten mit »Advanced-disease«-Kriterien (nach der Indiana-University-Klassifikation) auf acht verschiedenen Dosisstufen behandelt worden. Die Auswertung von 182 Patienten mit Poor-prognosis-Kriterien der Dosisstufen 3–8 (mit PBSC-T) ergab nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 47 Monaten eine 5-JahresÜberlebensrate von 73% (Schmoll et al. 2003). Eine retrospektive »Matched-pair«-Analyse, die Patientengruppen mit prognostisch vergleichbaren Merkmalen, die entweder mit Hochdosis-Chemotherapie nach dem HD-PEI Protokoll plus PBSC-Transplantation oder mit dem PEB-Regime behandelt wurden, wiesen eine Differenz von 11% (82% vs. 71%) bezüglich des rezidivfreien 3-Jahres-Überlebens und 16% (75% vs. 59%) bezüglich des 3-Jahres-Gesamtüberlebens zugunsten der mit Hochdosischemotherapie behandelten Patienten auf (Bokemeyer et al. 1999).
Die Rekrutierung der 2 prospektiven, randomisierten Untersuchungen zur Wertigkeit der Hochdosistherapie bei Poor-prognosis-Patienten lief bezüglich der Rekruitierung in den USA und in Europa sehr schleppend. Die EORTC Studie konnte nie beendet werden und wurde vorzeitig gestoppt. Die US-Intergroup-Studie musste von 270 geplanten Patienten auf eine Fallzahl von 218 reduziert werden. Weiterhin wurde für das angepasste Rekrutierungsziel der Einschluss von Intermediate-prognosisPatienten zugelassen, was die Aussage der Studie limitiert. Die Studie war weiterhin nicht auf Überlebensdaten, wie progressionsfreies Überleben oder Gesamtüberleben ausgelegt, sondern auf die 1-Jahres-Rate kontinuierlicher Remissionen. Es wurden 219 Patienten in diese Studie aufgenommen, insgesamt 174 Patienten erfüllten die Poor-prognosis-Kriterien (Motzer et al. 2007). Die Rate kontinuierlicher Remissionen nach einem Jahr betrug 48% im PEB-Arm und 52% im PEB + Hochdosischemotherapiearm mit CEC (Details der Studie und der Medikamentenapplikation finden sich in Abb. 26.8). Damit bestanden keine Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen. Ebenso wurden keine Unterschiede gefunden, wenn die Patienten in Intermediate- und Poorprognosis-Patienten aufgeteilt, analysiert wurden. Eine Subgruppenanalyse bei Patienten mit inadäquatem Abfall der Serumtumormarker (AFP und/oder HCG) innerhalb der ersten 2 standarddosierten PEB-Chemotherapiezyk-
691 26.10 · Therapie der fortgeschrittenen Hodentumoren
CFQ!y!5![zlmfo joufsnfejåsf0 tdimfdiuf!Qsphoptf
S CFQ!y!3![zlmfo!!, !! ! Ubh!6-.5-.4 Dbscpqmbujo!711!nh0n3!LPG Fupqptje!711!nh0!n3!LPG !! !! Ubh!6-.5-.4 Dzdmpqiptqibnje!61!nh0lh!LH!!!!!!!!!!Ubh!6-.5-.4 y!3![zlmfo
Hfqmbouf!Qbujfoufo{bim;!391!)Sflsvujfsvoh!bchftdimpttfo*
Abb. 26.8. US-Intergroup-Studie (CALGB, SWOG, ECOG). (Nach Motzer et al. 2007)
len erbrachte ein signifikant schlechteres Überleben, verglichen mit Patienten, die einen adäquaten Markerabfall unter PEB zeigten. In dieser Gruppe fanden sich klinisch relevante Unterschiede in der 1-Jahres-Rate kontinuierlicher Remission mit 61% unter Hochdosischemotherapie versus 34% unter 4 Zyklen PEB. Gegenüber den Einschlusskriterien der deutschen Studien der AG Hodentumoren wies die US-IntergroupStudie den Unterschied auf, dass Patienten mit Hirnmetastasen nicht eingeschlossen worden sind, weiterhin beinhaltete das Hochdosiskonzept der amerikanischen Studie 2 Standardzyklen mit PEB und 2 Zyklen mit HD-CEC; im Gegensatz zur deutschen Vorgehensweise einer raschen Intensivierung der Therapie. Das Dilemma in der Beratung mit »poor prognosis«-Hodentumoren besteht aufgrund der aktuellen Studienlage also weiter. Insbesondere vor dem Hintergrund der schlechten Prognose der Patienten unter konventionell dosierten Chemotherapie und den stringend guten Ergebnissen der Phase-II-Studie mit sequentieller Hochdosistherapie erscheinen damit weitere direkte Vergleiche sinnvoll, werden aber aufgrund der schlechten Rekrutierung in praxi nicht umgesetzt werden können. Auch aus der Subgruppenanalyse des Markerabfalls der US-Intergroup-Studie ergibt sich ein Studienansatz einer Intensivierung der Patienten, die unter einem bzw. zwei Zyklen standarddosierter Chemotherapie einen inadequaten Markerabfall aufweisen. Hierzu startete im November 2003 eine europäisch-amerikanische Phase-II-Studie, die 4 Zyklen PEB mit einem dosisintensivierten Regime unter Einschluss und von Oxaliplatin, Paclitaxel, Ifosfamid, Bleomycin, Etoposid und Cisplatin versus Fortsetzung von PEB randomisiert vergleicht (Fizazi et al. 2002). Parallel sind in Deutschland weitere Anstrengungen unternommen worden, die primäre Hochdosischemotherapie durch den Einsatz zusätzlicher aktiver Substanzen wie Paclitaxel zu verbessern. Eine aktuelle Phase-I/II-Stu-
die wies nach, dass eine weitere Intensivierung durch eine Ergänzung des sequenziellen hochdosierten PEI Regimes (Stufe 6) durch Paclitaxel in einer Dosis bis zu 225 mg/m2 möglich ist. Das hiermit erzielte 5-Jahres-Überleben von 75% ist suggestiv für eine hohe Effektivität dieses Ansatzes, der jedoch in größeren Studien geprüft werden muss (Hartmann et al. 2007). Eine ergänzende Auswertung der Ergebnisse der HDPEI Studie zeigte, dass die Therapie eine erhebliche Anämie verursacht und dass im Schnitt über die gesamte Therapiesequenz 8–10 Erythrozytenkonzentrate transfundiert werden (Bokemeyer et al. 2002b). Zusätzlich werden die meisten Patienten konsekutiv einer Residualtumorresektion unterzogen und werden dabei erneut transfundiert. Im Rahmen o. g. Auswertung zeigt sich auch, dass Patienten, die insgesamt mit einem niedrigen Hb-Wert die Therapie durchlaufen bzw. nach Ende der Therapie bei einem niedrigen Hb-Wert (<10,5 g/dl) angelangt sind, eine signifikant schlechtere Überlebensrate aufweisen. Daher wurde in Deutschland eine randomisierte Phase-II-Studie initiiert, um den Stellenwert von Erythropoese-Wachstumsfaktoren unter Hochdosischemotherapie (HD-PEI) zu untersuchen, die inzwischen die Rekrutierung abgeschlossen hat.
26.10.7 Residualtumorresektion
Die sekundäre Resektion von residuellen Tumormassen nach Chemotherapie und Markernormalisierung ist ein etablierter Teil der Behandlungsstrategie von metastasierten nichtseminomatösen Keimzelltumoren. Unsicherheiten bestehen weiterhin, ab welcher Größe der residuellen Herde eine chirurgische Intervention notwendig ist. In einer neueren Untersuchung wurde bestätigt, dass auch Tumoren ≤20 mm zu einem hohen Prozentsatz Teratom
26
692
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
oder vitalen Tumor aufweisen (Oldenburg et al. 2003). Nach CT-morphologischer Komplettremission mit Markernormalisierung besteht im Gefolge der chemotherapeutischen Behandlung keine Indikation zur sekundären Lymphknotendissektion. Insgesamt findet sich folgende histologische Verteilung in der Aufarbeitung von Residualtumoren bei Patienten mit normalisierten Tumormarkern nach Chemotherapie:
15–20% der Präparate zeigen einen vitalen undifferenzierten Tumor,
45–50% nekrotisches Material sowie
30–40% differenziertes Teratom (Steyerberg et al. 1994; Albers et al. 2004).
26
Nur Patienten, deren residuelle Tumormassen differenziertes Teratom oder entdifferenzierten Tumor aufweisen, profitieren von der chirurgischen Intervention. Differenzierte Teratome neigen zur malignen Transformation und sind mit Chemotherapie nicht zu beeinflussen. Patienten, deren residuelle Tumormassen nekrotisches Material oder undifferenzierten Tumor beinhalten, würden von einer sicheren Vorhersage der Histologie, die sie vor einer unnötigen Operation, verbunden mit einem Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko, bewahrt, profitieren. Die erstere Gruppe bedarf eigentlich keiner chirurgischen Intervention, während sich die zweite Gruppe für eine Salvage-Chemotherapie qualifiziert (Einhorn et al. 1981; Donadio et al. 2003). 1995 wurde erstmals ein Modell für die Vorhersage der Histologie in residuellen Tumormassen präsentiert (Steyerberg et al. 1995). Unabhängige Faktoren für nekrotisches Gewebe waren die Abwesenheit von teratomatösen Elementen im Primärtumor, normales AFP und β-HCG vor Einleitung der Chemotherapie, erhöhte LDH, geringe Tumormasse vor und nach Chemotherapie, sowie eine Größenabnahme des Tumors von mehr als 70% während der Chemotherapie. Faktoren, die eine Unterscheidung zwischen undifferenziertem Tumor und differenziertem Teratom ermöglichen sollen, waren eine hohe LDH vor Chemotherapie, große residuelle Herde nach Chemotherapie und eine relativ geringe Größenabnahme der residuellen Herde unter Chemotherapie. Insgesamt ließ dieses Modell eine relativ gute Vorhersage für das Vorliegen von nekrotischem Gewebe zu, aber die präoperative Unterscheidung von undifferenziertem Tumor und differenziertem Teratom war weniger gut möglich (Steyerberg et al. 1998), so dass das Routinevorgehen derzeit weiterhin die Resektion aller residuellen Massen darstellt. Tab. 26.18 zeigt die Überlebensdaten von insgesamt 893 Patienten mit metastasiertem nichtseminomatösen Keimzelltumor, die einer sekundären Resektion von residuellen Tumormassen nach First-line cisplatinhaltiger Chemotherapie unterzogen wurden
(Hartmann et al. 1997b; Toner et al. 1990; Fox et al. 1993; Hendry et al. 1993; Fossa et al. 1989; Mulders et al. 1990; Gerl et al. 1995; Steyerberg et al. 1993). Zwischen 72% und 89% aller Patienten sind nach 3 Jahren erkrankungsfrei. Während die Überlebensraten für Patienten mit Nekrose oder differenziertem Teratom in den resezierten Operationspräparaten zwischen 80% und 95% betrugen, ist ein undifferenzierter Tumor im Resektat mit einer deutlich schlechteren Prognose behaftet (Hendry et al. 1993; Steyerberg et al. 1993; Tait et al. 1984; Donohue et al. 1994). Die Komplikationsrate einer Residualtumorresektion nach Chemotherapie ist höher als bei einer primären Operation (Baniel et al. 1995; Gels et al. 1997). Es besteht kein Konsensus über die notwendige Ausdehnung der abdominellen Operation (Albers 2004). Bei ausgewählten Patienten ohne schwere chemotherapieassoziierte desmoplastische Veränderungen im Retroperitoneum und bei kleinen Restherden ist es teilweise technisch möglich, Nervenfasern zu identifizieren oder eine eingeschränkte chirurgische Intervention i. S. einer »lumpectomy« durchzuführen. Eine Studie mit 472 Patienten zeigte, dass etwa 20% der Patienten, die eine retroperitoneale Lymphadenektomie nach Chemotherapie erhielten, nervensparend operiert werden konnten. Von diesen 93 Patienten wurden 81 bezüglich des Ejakulationsstatus nachverfolgt. Nach einer mittleren Nachbeobachtung von 3 Jahren berichteten drei Viertel der Patienten über ein normales Ejakulationsverhalten und es wurden zehn Schwangerschaften registriert. Von den 6 Patienten, die ein Rezidiv erlitten, trat keines im Operationsfeld auf (Coogan et al. 1996). Die Frage, ob die therapeutische Effizienz laparoskopischer Behandlungsansätze, derjenigen der offenen Residualtumorresektion entspricht, kann derzeit nicht abschließend beantwortet werden. Bezüglich der Verteilung der Histologie residueller Tumoren scheint im Retroperitoneum häufiger als intrapulmonal vitaler Tumor vorzuliegen, so dass bei supraund infradiaphragmalem Befall zunächst eine Resektion des retroperitonealen Befalls anzustreben ist (Gerl et al. 1994; Brenner et al. 1996; Aprikian et al. 1994; Hartmann et al. 1997a). In den letzten Jahren wurde zunehmend die Positronenemissionstomographie, meist mit 2-Fluoro-2-deoxy-Glucose (FDG), als zusätzliche diagnostische Maßnahme eingesetzt. Zwar kann mit diesem Verfahren mehr als 3 Wochen nach Ende der Chemotherapie mit hoher Wahrscheinlichkeit das Vorliegen von vitalem undifferenziertem Tumor vorhergesagt werden, der Wert der Methode ist jedoch eingeschränkt, da eine Unterscheidung zwischen Nekrose und differenziertem Teratom im Resttumor nicht möglich ist. Beide Gewebe weisen einen
693 26.10 · Therapie der fortgeschrittenen Hodentumoren
Tab. 26.18. Resultate von Untersuchungen sekundärer Resektion residueller Tumormassen nach Cisplatin-haltiger Chemotherapie bei metastasierten nichtseminomatösen Keimzelltumoren Literatur
Patienten (n)
Progressionsfreies Überleben (%)
Gesamtüberleben (%)
nec
td
vt
alle
nec
td
vt
alle
Nachbeobachtungszeit (Monate)
Kommentar
Fossa et al. 1989
101
92
95
58
89
92
86
58
94
55 (1–102)
Mulders et al. 1990
55
–
–
–
72
93
92
27
78
36 (5–96)
Hendry et al. 1993
231
–
–
–
–
93
88
41
80
60*
Steyerberg et al. 1993
86
–
–
–
85
–
–
–
87
60*
Toner et al. 1990
157+
–
–
–
–
93
88
45
–
60*
Inkl. postoperative CT bei vt
Fox et al. 1993
43
–
–
56
–
–
–
56
–
36
Follow-up überlebender Patienten, inkl. postoperative CT bei 27 Patienten
Gerl et al. 1995a
111
77
80
62
77
85
83
77
83
60*
Inkl. postoperative CT bei vt
Hartmann et al. 1997
109
78
67
66
72
90
83
77
84
60*
Inkl. postoperative CT bei vt
Napier et al. 2000
48
–
–
–
–
–
–
–
80
66
(Weitere 28 Patienten ohne Operation: 90% Überleben)
Inkl. 15 Patienten mit Seminom und 10 Patienten ohne komplette Markernormalisation
– nicht angegeben; nec Nekrose, td differenziertes Teratom; vt vitaler Tumor * kalkuliertes 5-Jahres-Überleben nach Kaplan-Meier + Die Untersuchung enthielt 185 Patienten, Überlebensdaten sind nur für Patienten, die einer retroperitonealen Resektion unterzogen wurden, verfügbar.
relativ geringen metabolischen Index auf (Stephens et al. 1996; Ganjoo et al. 1999; Oechsle et al. 2008). Ein spezielles Problem stellen Patienten mit mehreren residuellen Raumforderungen an verschiedenen Lokalisationen dar, da die histologischen Resultate der einzelnen Restherde nicht zwangsläufig identisch sein müssen. Es liegen derzeit mehrere Untersuchungen vor, die unterschiedliche Histologien an verschiedenen Lokalisationen – Nekrose, Teratom oder vitaler Tumor – in einer Spanne von 25–47% der untersuchten Patienten aufzeigen (Brenner et al. 1996; Gerl et al. 1994; Aprikian et al. 1994; Hartmann et al. 1997a). Hieraus ist zu schließen, dass – wenn technisch durchführbar – eine Operation aller residuellen Tumormassen anzustreben ist (Brenner et al. 1996; Hartmann et al. 1997a). Eine neuere Untersuchung schränkt dies in der Form ein, dass bei Läsionen im Thorax und Nachweis einer Nekrose bei einer sequentiellen Lungenoperation in einer Lungenhälfte, die kontralate-
rale Lungenoperation vernachlässigt werden kann (Besse et al. 2005). Die deutsche Untersuchung zeigte allerdings eine hohe Diskordanz, sowohl interpulmonal im Seitenvergleich als auch intra- versus extrapulmonal (Hartmann et al. 2008). Die Sekundäroperation bei Patienten mit seminomatöser Histologie und postchemotherapeutischen residuellen Tumormassen wird besonders konträr diskutiert. Im Gegensatz zu nichtseminomatösen Keimzelltumoren ist die perioperative Morbidität bei seminomatösen Tumoren aufgrund der schweren desmoplastischen Reaktion und der Obliteration von Gewebsstrukturen deutlich höher (Ellison et al. 1988; Herr et al. 1997). Auf der anderen Seite ist das Risiko für das Vorliegen eines undifferenzierten Tumors deutlich niedriger. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei etwa 10%. Diese Beobachtungen und das fehlende Auftreten von differenziertem Teratom sprechen für eine abwartende Haltung hinsichtlich der Sekundäro-
26
694
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
peration bei metastasierten oder extragonadalen Seminomen (Clemm et al. 2000; Bokemeyer et al. 2001). Nach Daten der MSKCC erbringt die Resektion von residuellen Massen >3 cm eine Verbesserung der Prognose verglichen mit alleiniger Beobachtung (Herr et al. 1997, Puc et al. 1996). Der Einsatz additiver Strahlentherapie bei residuellen Tumormassen nach Chemotherapie metastasierter Seminome ist ohne gesicherten Vorteil (Duchesne et al. 1997). Insgesamt scheint sich die Mehrzahl der großen Studiengruppen zunehmend gegen die Nachoperation von Residuen beim Seminom zu entscheiden. Das FDG-PET kann eine Unterscheidung zwischen Nekrose und Tumor bei einer Größe von >3 cm Restseminom treffen (De Santis et al. 2001). Alternativ kann aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit für die Nekrose eine Wait-and-see-Strategie mit engmaschiger Überwachung des Patienten gewählt werden.
26.10.8 Adjuvante Therapie
Ob durch die postoperative Gabe von cisplatinhaltiger »additiver« Chemotherapie die Prognose verbessert werden kann, ist unklar. Drei retrospektive Studien demonstrieren allerdings deutliche Unterschiede im erkrankungsfreien Überleben mit einer postoperativen Chemotherapie im Vergleich zu historischen Kontrollgruppen (Fox et al. 1993; Tait et al. 1984; Donohue et al. 1994). Eine internationale Studiengruppe untersuchte den Wert einer additiven Chemotherapie nach Resektion von undifferenziertem Tumor. Eine zuvor durchgeführte retrospektive Metaanalyse mehrerer europäischer Zentren hatte keine konklusiven Schlussfolgerungen zugelassen (Fizazi et al. 2001). Die Validierung an 84 Patienten mit vitalem Tumor nach Induktionschemotherapie bestätigte den ermittelten prognostischen Index. Eine gute Prognose besitzen Patienten mit kompletter Resektion, <10% Anteil vitaler maligner Zellen im Präparat sowie mit Stadium »good prognosis« nach der IGCCCG. In der Validierungsstudie lag für diese günstige Patientengruppe (kein Risikofaktor) eine 5-Jahres-diseasefree-survival-Rate von 92% und eine Gesamtüberlebensrate von 90% vor. Patienten mit einem Risikofaktor (intermediate group) oder mit 2–3 Risikofaktoren (poor risk group) hatten eine progressionsfreie Rate von 78 bzw. 42% und ein Gesamtüberleben von 86 und 52%. Diese Patienten (»favourable/intermediate group«) mit maximal 1 Risikofaktor benötigen aller Voraussicht nach keine weitere postoperative additive Chemotherapie (Fizazi et al. 2008). Derzeit führt die Arbeitsgruppe Hodentumoren der Deutschen Krebsgesellschaft eine randomisierte Studie zur adjuvanten oralen Etoposidtherapie versus Beobachtung nach Resektion vitalen Tumors durch.
26.10.9 Therapie von extragonadalen
Keimzelltumoren Während Keimzelltumoren überwiegend im Hoden entstehen, machen die sog. extragonadalen Keimzelltumoren einen Anteil von 2–5% aller Keimzelltumoren des Mannes aus (Collins u. Pugh 1964). Histologisch unterscheiden sich diese nicht von den primär testikulären Tumoren. Obwohl grundsätzlich die Möglichkeit besteht, dass durch Regression des Primärtumors mit oder ohne residuelle Narbe im Hodengewebe, die Metastasen dieses Tumors mit einem extragonadalen Keimzelltumor verwechselt werden können, sprechen folgende Hinweise für die Existenz von extragonadalen Keimzelltumoren als eigenständige Entität:
Sie entstehen nicht nur an den Lokalisationen, wo die Metastasen von primär gonadalen Keimzelltumoren gewöhnlich auftreten, sondern auch als solitäre Läsionen in Lokalisationen, die als Metastasierungsorte von testikulären Keimzelltumoren sehr ungewöhnlich sind, z. B. in der Sakrokokzygealregion oder im Corpus pineale.
Histologische Untersuchungen zeigen eine Häufung von reinen endodermalen Sinustumoren in mediastinalen Keimzelltumoren, die in dieser Frequenz in primär gonadalen Tumoren des Erwachsenen nicht vorkommt.
Bei den nichtseminomatösen mediastinalen Keimzelltumoren finden sich überzufällig häufig Klinefelter-Syndrom und eine Assoziation mit hämatologischen Erkrankungen (Hartmann et al. 2000b, Nichols et al. 1990). Es existieren 2 Hypothesen für die Entstehung von extragonadalen Keimzelltumoren, nämlich einerseits die Missmigration von Keimzellen während der Embryogenese, oder andererseits eine physiologisch vorliegende Verteilung von Keimzellen in Leber, Knochenmark und ZNS unter der Vorstellung, dass diese Zellen wichtige regulatorische Funktionen an den jeweiligen Stellen wahrnehmen oder hämatologische und immunologische Informationen besitzen (Friedman 1987). Aufgrund der relativ geringen Zahl von Patienten mit extragonadalen Keimzelltumoren und der vergleichbaren biologischen Eigenschaften sind die extragonadalen Keimzelltumoren in die Behandlungskonzepte von testikulären Hodentumoren mit einbezogen worden. Außer der zuvor beschriebenen Verbindung von nichtseminomatösen mediastinalen Keimzelltumoren mit hämatologischen Malignomen weisen die extragonadalen Keimzelltumoren kein erhöhtes spezifisch biologisches Risiko für die Entwicklung von sekundären Tumoren auf (Hartmann et al. 2000a). Die hämatologischen Neopla-
695 26.10 · Therapie der fortgeschrittenen Hodentumoren
sien repräsentieren ein biologisches Phänomen und sind nicht behandlungsassoziiert. Sie betreffen vorwiegend die megakaryozytäre Reihe der Hämatopoese als akute megakaryoblastäre Leukämie (AML, M7), Myelodysplasie mit abnormalen Megakaryozyten oder idiopathische/essenzielle Thrombozytose (Hartmann et al. 2000b). Das Risiko der Entwicklung einer hämatologischen Neoplasie ist gegenüber einer alterstandardisierten Normalbevölkerung 250-fach erhöht. Die jährliche Inzidenz liegt bei 2% (KI 1,1–3,1%). Seminomatös differenzierte Keimzelltumoren des Mediastinums weisen diese Assoziation nicht auf. Im Gegensatz zu den nichtseminomatösen mediastinalen Tumoren, die eine schlechte Prognose besitzen, weisen mediastinale Seminome eine Überlebenswahrscheinlichkeit von >80% nach 5 Jahren auf, die der metastasierter testikulärer oder retroperitonealer Seminome nach adäquater Cisplatin-basierender Chemotherapie entspricht (Bokemeyer et al. 2001). Ein bisher noch ungelöstes Behandlungsproblem stellen die Patienten mit Progression oder Rezidiv bei nichtseminomatösen Keimzelltumor dar. Während derzeitige Salvagetherapien etwa 20–50% der rezidivierten Hodentumoren langfristig heilen können, besitzen nichtseminomatöse extragonadale Keimzelltumoren einer Untersuchung mit 142 Patienten zufolge deutlich nied-
rigere Überlebensraten. Insbesondere Patienten, die eine mediastinale Primärlokalisation aufweisen und die durch die initiale Chemotherapie in eine zumindest kurzzeitige Remission kommen, hatten unabhängig von der gewählten Salvagetherapie nahezu keine Überlebenschance. Beide Faktoren waren unabhängige negative Prädiktoren für das Überleben, jeweils verbunden mit einer Verdoppelung des relativen Risikos (Hartmann et al. 2001). Für die extragonadalen Keimzelltumoren wurden separate Prognosefaktoren in einer internationalen Untersuchung ermittelt, um als Basis für risikoadaptierte Chemotherapiekonzepte zu dienen. Tab. 26.19 und 26.20 fassen die Variablen mit multivariabler Signifikanz, die entwickelten Scores sowie die korrespondierenden Überlebensdaten der einzelnen Prognosegruppen zusammen. Komplettiert man diese Daten mit denen der Patienten mit seminomatösen Keimzelltumoren, ergeben sich 4 definierte Subgruppen von Patienten mit extragonadalen Keimzelltumoren ( Abb. 26.9; Hartmann et al. 2002):
»excellent«,
»intermediate low«,
»intermediate high« und
»poor«.
Abb. 26.9. Gesamtüberleben in Abhängigkeit von der Risikokategorie. (Nach Hartmann et al. 2002
26
696
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Tab. 26.19. Variablen mit multivariater Signifikanz für das Gesamtüberleben von Patienten mit extragonadalen Nichtseminomen. (Mod. nach Hartmann et al. 2002 [59]) Variablen für Überleben
p
HR
KI 95%
Score
Vorliegen von Lebermetastasen
0,006
1,72
1,17–2,52
1
Vorliegen von Lungenmetastasen
0,028
1,43
1,04–1,97
1
Vorliegen von ZNS-Metastasen
0,002
2,53
1,42–4,52
2
Erhöhung von β-HCG
0,022
1,48
1,06–2,08
1
Mediastinaler Primärtumor
0,000
2,29
1,64–3,20
2
HZ Hazard ratio; KI Konfidenzintervall; ZNS zentrales Nervensystem; HCG humanes Choriongonadotropin.
26 Tab. 26.20. Resultierende prognostische Kategorien (Patienten mit extragonadalen Nichtseminomen). (Mod. nach Hartmann et al. 2002 [59]) Risikokategorie
Patienten (n)
CR/PRm–
Rezidivrate
Überlebensrate (%)
(n)
(%)
(n)
(%)
1 Jahr
5 Jahre
»excellent« (Alle Seminome)
95*
83
91
12
13
95
89
»intermediate low« (Score 0 or 1)
109
83
85
47
43
90
69
»intermediate high« (Score 2 or 3)
284
185
71
136
48
80
55
»poor« (Score >3)
59
222
39
46
78
49
17
CR komplette Remission; PRm– partielle Remission mit Tumormarkernormalisierung.
Zur Rolle der Hochdosischemotherapie bei primär mediastinalen nichtseminomatösen Keimzelltumoren wurde eine prospektive Studie mit 28 Patienten durchgeführt. Im Vergleich zu einer internationalen Datenbasis, die 253 Patienten mit dieser Lokalisation und Histologie unter konventionell dosierter Therapie beinhaltete, lag die 5-Jahres-Überlebensrate ca. 10–15% höher (Bokemeyer et al. 2003).
26.10.10 Therapie von Lebermetastasen
Es liegen 3 Publikationen zur multimodalen Behandlung von Patienten mit Lebermetastasen vor. Alle Studien stellen retrospektive Untersuchungen dar, die einem Selektionsbias unterliegen könnten (Hahn et al. 1999; Hartmann et al. 2005; Rivoire et al. 2001). In der Zusammenschau lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:
Es findet sich ein hoher Anteil an Teratom und vitalem Tumor nach Chemotherapie in resezierten Lebermetastasen.
Es findet sich ein substanzieller Anteil von Patienten mit differierenden, histologischen Ergebnissen im Ver-
gleich zu anderen Lokalisationen wie Retroperitoneum. Der überwiegende Anteil der Patienten hatte eine prognostisch ungünstigere Histologie in der Leber.
Die Langzeitüberlebensrate der resezierten Patienten liegt bei 65–75% und damit höher als ohne chirurgischen Eingriff.
Die Mortalitätsrate des operativen Eingriffs ist niedrig (<3%). Aus den bisher vorliegenden Daten ist es schwierig eine generelle Empfehlung zu geben, da diese Evidenz auf retrospektiven Analysen beruht und Selektionsfehler vorliegen könnten.
26.10.11 Therapie von Hirnmetastasen
Etwa bei 10% aller Patienten der Poor-prognosis-Gruppe wird bei der initialen Diagnosestellung eine Hirnmetastasierung festgestellt. Selbst bei dieser Konstellation ist mit einer Langzeit-Überlebenswahrscheinlichkeit von etwa 30–40% zu rechnen. Der optimale Einsatz und die Sequenz der einzelnen Therapiemodalitäten (Chemothe-
697 26.11 · Therapie bei refraktären Tumoren und Rezidiven
rapie, Radiotherapie, Operation) sind nicht geklärt. Das derzeit übliche Vorgehen ist die Einleitung einer konventionellen Chemotherapie bei symptomfreien Patienten und Durchführung einer Bestrahlung nach Abschluss der Chemotherapie. Ob die konsolidierende Bestrahlung bei kompletter Remission im Hirn sinnvoll ist, bleibt offen. Patienten mit manifesten Symptomen werden simultan chemoradiotherapiert. Die Indikation für eine primäre neurochirurgische Intervention ist auf Patienten beschränkt, die aufgrund der Hirnmetastasen keine Chemotherapiefähigkeit besitzen. Standard sind 4 Zyklen einer konventionell dosierten platinhaltigen Chemotherapie. Die Strahlentherapie wird als Gesamthirn-Bestrahlung mit 40–45 Gy durchgeführt, ggf. mit Aufsättigung der Metastasenregion auf hier resultierende Gesamtdosen von 45–50 Gy (gemäß der Interdisziplinären Leitlinie Hodentumoren der Deutschen Krebsgesellschaft). Die Applikation erfolgt in Einzeldosen von 1,8 bis maximal 2 Gy, 5-mal pro Woche. Eine in Abstraktform vorliegende retrospektive Untersuchung der GTCSG aus 81 deutschen Institutionen zeigte, dass die Hinzunahme der Strahlentherapie zur Chemotherapie eine signifikante Verbessung der 5-JahresÜberlebenszeiten erbringt. Die Sequenz der Therapien (simultan versus sequenziell, die Art der verabreichten Chemotherapie (konventionell versus intensiviert) und das Ausmass des ZNS-Befalls waren ohne Einfluss (Hartmann et al. 2003a). Die Indikation zur sekundären Resektion solitärer posttherapeutischer Residuen im Gehirn (MRT zwingend zur Abklärung von Mikrometastasen) nach Induktionschemotherapie ist nicht gesichert; sie hängt vom Ausmaß der systemischen Erkrankung ab. Sie sollte nur in individuellen Fällen (Resektion sonstiger Herde im Körper möglich, teratomhaltige Primärhistologie, zystische Veränderung des Hirntumors in der Bildgebung und operationstechnisch günstige Lokalisation) erfolgen.
26.11
Therapie bei refraktären Tumoren und Rezidiven
J. Beyer, A. Heidenreich, S. Seeber 26.11.1 Grundlagen der Therapie
Patienten mit Hodentumoren die im Verlauf der Primärbehandlung nicht krankheitsfrei werden und keine komplette Remission oder zumindest Tumormarker-negative partielle Remission ihrer Erkrankung erreichen, benötigen eine Umstellung auf eine Salvage-Chemotherapie, in der Regel mit nachfolgender Residualtumorresektion
(RTR). Dagegen hat die sofortige Salvage-Chirurgie nur bei Patienten mit eindeutigem Progress unter Chemotherapie und möglichst wenigen, komplett resektablen Tumorlokalisationen ihren klaren Stellenwert. Hier wäre eine Salvage-Chemotherapie nicht indiziert. Die sorgfältige Auswahl und optimale Abfolge von Salvage-Chemotherapie und Salvage-Chirurgie hat einen wesentlichen Einfluss auf die Prognose von Patienten, die trotz refraktärer Erkrankung nach Primärtherapie noch zu einem hohen Prozentsatz geheilt werden können. Dagegen erfolgt die Behandlung von Patienten mit Rezidiv nach alleiniger Chirurgie und nachfolgender Nachbeobachtung (z. B. im Rahmen einer »Surveillance« Strategie nach Orchidektomie im Stadium I des Nichtseminoms) sowie von Patienten nach alleiniger Strahlentherapie (z. B. im Rahmen einer adjuvanten Therapie im Stadium I des Seminoms) exakt stadienanalog derjenigen von Patienten mit primär metastasierter Erkrankung. Diese Patienten benötigen keine Salvagetherapie. In der Regel sind je nach Stadium 3–4 Zyklen einer cisplatinhaltigen Chemotherapie erforderlich, wie sie auch im Rahmen der Primärbehandlung eingesetzt werden ( Abb. 26.10). Die Mehrzahl dieser Patienten wird hierdurch dauerhaft krankheitsfrei. Eine Salvagetherapie wie sie in diesem Kapitel dargestellt ist, muss also auf diejenigen Patienten beschränkt bleiben, die nach einer primären Chemotherapie einen Progress oder ein Rezidiv ihrer Erkrankung erleiden.
26.11.2 Salvage-Chemotherapie
Datenlage und klinischer Kontext Die Salvagetherapie von Patienten mit Hodentumoren ist im Vergleich zu deren Primärtherapie komplexer und durch Studiendaten in Art und Umfang schlechter abgesichert.
Erstens sind die klinische Situation und die Erfordernis einer Salvagetherapie sehr viel seltener. Nur etwa 20–30% der Patienten mit metastasierter Erkrankung und nur 5–10% aller Patienten mit Hodentumoren insgesamt bedürfen zu irgendeinem Zeitpunkt ihrer Erkrankung einer Salvage-Chemotherapie.
Zweitens besteht eine große Variabilität in Bezug auf das klinische Verhalten der Tumoren unter oder nach Primärtherapie.
Drittens ist Vorbehandlung von Patienten, die einer Salvage-Chemotherapie bedürfen uneinheitlich. Aus diesen Gründen liegen für eine Therapieentscheidung zumeist nur Daten aus retrospektiven Analysen oder relativ kleinen Phase-II-Studien an heterogenen Patientenkollektiven vor.
26
698
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Diagnose Rezidiv oder Progress n Vorausgegange Chemotherapie? ½m Nein½m n Langsamer Markerabfall nach Chemotherapieende? ½m Ja½m n Spätrezidiv > 2 Jahre nach letzter Therapie ? n Progress unter der letzten Chemotherapie? n Ansprechen auf die letzte Chemotherapie
26
Beobachtung, ggf. RTR, Chemotherapie nur bei Progress
½m Ja½m
Salvage-Chirurgie
½m Ja½m
Salvage-Chirurgie
n
n
CR; pCR; sCR; PRmn Ungünstige Prognosefaktoren1 n Nein n KDCT 2
Behandlung wie bei Primärtherapie
PRm+ / SD n ½m Ja½m
HDCT
1 Tab. 26.21; 2 Schemata Tab. 26.22. RTR Residualtumorresektion; CR komplette Remission, pCR komplette Remission nach Resektion von Nekrose ± Teratom; sCR komplette Remission nach Resektion von vitalem undifferenzierten Tumor; PRm– partielle Remission mit negativen Tumormarkern; PRm+ partielle Remission mit positiven Tumormarkern; SD stabile Erkrankung; HDCT Hochdosischemotherapie; KDCT konventionell dosierte Chemotherapie.
Abb. 26.10. Algorithmus zur Auswahl der geeigneten Therapiestrategie im ersten Salvage-Versuch
Viertens haben sich die Ergebnisse der Primärtherapie aufgrund verbesserter Diagnostik, der Identifikation klinisch relevanter Prognosefaktoren und der konsequenten Behandlung von Patienten mit »intermediärer« und »schlechter« Prognose kontinuierlich verbessert. Eine optimal gestaltete Primärtherapie verringert aber möglicherweise die Chancen auf eine erfolgreiche Salvagebehandlung. Schließlich wurde in den vergangenen Jahren die Bedeutung von Prognosefaktoren auch hinsichtlich einer Salvagetherapie erkannt (Schmoll u. Beyer 1998). Prognosefaktoren im Progress oder Rezidiv nach Primärtherapie spielen möglicherweise sogar eine noch größere Rolle in Bezug auf den gewünschten Therapieerfolg als Art und Intensität einer bestimmten Salvagestrategie.
Prognosefaktoren für das Therapieansprechen Die genaue Kenntnis von Prognosefaktoren im Progress oder Rezidiv erlaubt es, Art und Intensität der SalvageChemotherapie individuell an die klinischen Erfordernisse eines Patienten anzupassen ( Tab. 26.21). Primär mediastinale – nicht dagegen die primär retroperitonealen – Nichtsemimome sind nach den vorliegenden Untersuchungen im Rezidiv oder bei Progress
nach primärer Chemotherapie inkurabel, so dass eine Salvage-Chemotherapie nur noch palliativen Charakter hat (Saxman et al. 1994; Beyer et al. 1996; Vaena et al. 2003). Patienten mit absolut refraktären Tumoren, die unter Cisplatin-haltiger Chemotherapie progredient sind, profitieren selbst von einer maximalen Therapieintensivierung mittels Hochdosischemotherapie (HDCT) in der Regel nicht (Beyer et al. 1996). Ob diese Patienten dennoch noch eine HDCT erhalten sollen ist umstritten, wird jedoch von der amerikanischen Arbeitsgruppe um Einhorn eindeutig befürwortet (Vaena et al. 2003). Ein schlechtes Ansprechen auf Primärtherapie ohne Erreichen einer kompletten, oder zumindest Tumormarker-negativen partiellen Remission, hohe Werte der Tumormarker α-Fetoprotein (AFP) und Choriogonadotrophin (HCG) sowie das Vorliegen von cerebralen oder hepatischen Metastasen vor Beginn einer SalvageChemotherapie weisen nach den vorliegenden Untersuchungen auf eine ungünstige Prognose nach SalvageChemotherapie hin (Beyer et al. 1996; Fossa et al. 1999; Motzer et al. 2000). Dagegen scheint ein gutes Ansprechen auf Primärtherapie mit Erreichen einer kompletten Remission sowie ein langes krankheitsfreies Intervall für den Erfolg einer Salvage-Chemotherapie günstig zu sein. Ebenso sprechen reine Seminome besser auf eine Salvage-Chemotherapie
699 26.11 · Therapie bei refraktären Tumoren und Rezidiven
Tab. 26.21. Prognosefaktoren bei Progress oder Rezidiv nach primärer Chemotherapie Prognosefaktor
Günstig
Ungünstig
Histologie
Seminom
Nichtseminom
Lokalisation des Primärtumors
Alle, außer mediastinale Tumoren
Primär mediastinale Tumoren
Ansprechen auf Primärtherapie
CR oder PR mit negativen Tumormarkern
Tumormarker-positive PR oder noch schlechteres Ansprechen
Progressionsfreies Intervall
Länger als 3 Monate nach Ende der Primärtherapie
Kürzer als 3 Monate nach Ende der Primärtherapie
Metastasen im Rezidiv
Ausschließlich lymphatische oder pulmonale Metastasen
Extrapulmonale Organmetastasen (vor allem ZNS und Leber)
Tumormarker im Rezidiv
AFP niedrig (≤1000 ng/ml) HCG niedrig (≤1000 U/l)
AFP niedrig (>1000 ng/ml) HCG niedrig (>1000 U/l)
CR komplette Remission; PR partielle Remission; ZNS zentrales Nervensystem; AFP α-Fetoprotein im Serum; HCG humanes Choriogonadotrophin im Serum.
an als Nichtseminome (Miller et al. 1997; Vuky et al. 2002). Möglicherweise existieren weitere Prognosefaktoren wie z. B. die Erfahrung des Therapiezentrums gemessen an der Zahl an Salvagetherapien, die dort pro Jahr durchgeführt werden. Hinweis
I
I
Aktuelle Studien legen nahe, dass Prognosefaktoren einen erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse der Salvage-Chemotherapie besitzen, und geeignet sind, Art und Intensität der Salvagebehandlung dem individuellen Risikoprofil eines Patienten anzupassen.
Konventionell dosierte Chemotherapie Bereits Mitte der 1980er-Jahre wurde gezeigt, dass sowohl Etoposid als auch Ifosfamid Remissionen bei Patienten bewirken, die auf eine herkömmliche cisplatinhaltige Therapie nicht, oder nur ungenügend ansprechen. Paclitaxel ist als weiteres Medikament Ende der 1990erJahre hinzugekommen. In den letzten Jahren sind die Substanzen Oxaliplatin und Gemcitabin in der palliativen Therapie als wirksam erkannt worden (Horwich et al. 2006). Selbst unter den Patienten mit günstigen Prognosefaktoren liegt der Prozentsatz erfolgreich behandelter Patienten nach konventionell dosierter Salvage-Chemotherapie mit etwa 50–80% deutlich geringer als nach Primärtherapie (Loehrer et al. 1998, Kondagunta et al. 2005). Zudem wurden die Schemata mehrheitlich im Rahmen von Phase-II-Studien mit geringen Patienten-
zahlen und relativ langen Rekrutierungszeiten untersucht. Die Patientenkollektive waren zudem sehr heterogen in Bezug auf Histologien, Tumorstadien und Prognoseindikationen, was die Bewertung dieser Arbeiten erschwert. Die erheblichen Unterschiede zwischen den Studien in Bezug auf Remissionsraten und Überlebenszeiten legen daher nahe, dass Patientenselektion und Prognosefaktoren einen erheblichen Einfluss auf die Studienergebnisse hatten. Die erfolgreichsten Schemata kombinierten Cisplatin und Ifosfamid mit Etoposid, Vinblastin sowie in jüngster Zeit auch Paclitaxel ( Tab. 26.22). Dosisintensive, zeitverkürzte Kombinationen mit dem alternierenden Einsatz von mehr als 3 Medikamenten oder einer Verdopplung der Cisplatindosierung verbessern die Therapieergebnisse nicht, sind jedoch nebenwirkungsreicher und sollten daher nicht mehr eingesetzt werden.
Hochdosischemotherapie (HDCT) Die Arbeitsgruppe um Nichols berichtete 1989 erstmalig über den Einsatz einer HDCT bei Patienten mit therapierefraktären Keimzelltumoren, die auf konventionell-dosierte cisplatinhaltige Chemotherapie nicht oder nur ungenügend angesprochen hatten. In der Folgezeit konnte der Einsatz von autologen peripheren Blutstammzellen die hämatopoetischen Rekonstitutionszeiten signifikant verkürzen, und die initial hohe behandlungsbedingte Letalität auf maximal 3% der behandelten Patienten gesenkt werden. Bis heute bildet die Kombination von Carboplatin und Etoposid das Grundgerüst jeder HDCT (Einhorn 2007). Die Erweiterung der Kombination um die Me-
26
700
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Tab. 26.22. Konventionell dosierte Salvage-Chemotherapieschemata Schema
Untersucher/Jahr
Anwendunga
Frequenza
Zykluszahla
20 mg/m² KOF tgl., Tag 1–5
21 Tage
4 Zyklen
21 Tage
4 Zyklen
21 Tage
4 Zyklen
PEI Cisplatin
Farhat 1996
Etoposid
75–100 mg/m² KOF tgl., Tag 1–5
Ifosfamid
1,2 g/m² KOF tgl., Tag 1–5
VeIP Cisplatin
Loehrer 1998
20 mg/m² KOF tgl., Tag 1–5
Vinblastin
0,11 mg/kg KOF tgl., Tag 1+2
Ifosfamid
1,2 g/m² KOF tgl., Tag 1–5
TIP
26
Cisplatin
a
Kondagunta 2005
20 mg/m² KOF tgl., Tag 2–6
Paclitaxel
250 mg/m²/24 h Inf. Tag 1
Ifosfamid
1,2 g/m² Tag 2–6
Die Einhaltung von Dosis, Zyklusintervall und Zykluszahl ist von prognostischer Bedeutung.
dikamente Ifosfamid, Cyclophosphamid oder Thiotepa brachte keinen zusätzlichen Nutzen, und ist der Kombination aus Carboplatin und Etoposid nicht überlegen (Lorch 2007). Derzeit setzen die erfolgreichsten Schemata nach einer initialen konventionell-dosierten Therapiephase zur Stammzellmobilisation 2–3 eng geschaltete Zyklen einer hochdosierten Kombination aus Carboplatin und Etoposid ein. Die Arbeitsgruppe um Motzer berichtete mit dieser Strategie über außergewöhnlich gute Ergebnisse bei 37 Patienten mit ungünstigen Prognosefaktoren im Rezidiv. Komplette Remissionen oder Tumormarker-negative partielle Remissionen wurden bei 62% der Patienten erreicht, nach 30 Monaten lebten noch 41% der Patienten in anhaltender Remission (Motzer et al. 2000). Nahezu identische Ergebnisse mit sequentieller HDCT ergaben sich in der bundesweiten deutschen multizentrischen Rezidivstudie (Lorch 2007). Vaena et al. konnten selbst bei prognostisch noch ungünstigeren Patienten ein langfristiges ereignisfreies Überleben von 32% erzielen (Vaena et al. 2003). Es besteht daher kein Zweifel, dass durch eine HDCT noch Patienten mit ungünstigen Prognosefaktoren im Rezidiv, mit multiplen Rezidiven und, in gewissem Umfang, selbst Patienten mit Cisplatin-refraktärer Erkrankung geheilt werden können. Allerdings verursacht, wie bereits bei den Studien zur konventionell dosierten Salvage-Chemotherapie, die geringe Größe und die Heterogenität der untersuchten Patientenkollektive eine erhebliche Variabilität in den publizierten Überlebenswahrscheinlichkeiten und erschwert deren Interpretation.
Vergleich konventionell mit hochdosierter Salvage-Chemotherapie Umstritten ist der Stellenwert der HDCT im ersten Salvageversuch bei Patienten mit günstigen Prognosemerkmalen. In einer sorgfältig durchgeführten »Matched-pair«Analyse, die alle wesentlichen bekannten Prognosefaktoren berücksichtigte, fanden Beyer et al. einen signifikanten Vorteil von ca. 10% hinsichtlich des ereignisfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens durch den frühzeitigen Einsatz einer HDCT im ersten Salvageversuch bei 193 Patienten mit Nichtseminomen (Beyer et al. 2002). In der europaweiten, multizentrischen, prospektiven, randomisierten »IT 94«-Studie bestätigten sich diese Daten nicht. Insgesamt 263 Patienten mit Progress oder Rezidiv und günstigen Prognosefaktoren erhielten entweder 4 Zyklen einer konventionell dosierten Salvage-Chemotherapie oder 3 Zyklen derselben Therapie plus einen Zyklus einer singulären HDCT (Pico et al. 2005). Hinweis
I
I
Patienten im ersten Rezidiv nach vorangegangener Chemotherapie und günstigen Prognosefaktoren erhalten nach dem derzeitigen Wissensstand 4 Zyklen einer konventionell-dosierten cisplatin-haltigen SalvageChemotherapie im Abstand von 21 Tagen. Patienten im ersten Rezidiv und ungünstigen Prognosefaktoren sowie alle Patienten im zweiten oder nachfolgenden Rezidiv erhalten eine sequenzielle Hochdosischemotherapie basierend auf den Substanzen Carboplatin und Etoposid.
701 26.11 · Therapie bei refraktären Tumoren und Rezidiven
Stellenwert der Strahlentherapie Sofern nicht bereits während der Primärtherapie erfolgt, sollte bei allen Patienten mit progredienten oder neu aufgetretenen Hirnmetastasen spätestens im Rahmen der Salvagetherapie eine Radiatio des ZNS durchgeführt werden (Schmoll et al. 2004). Obwohl keine sicheren Angaben zur erforderlichen Strahlendosis und zum optimalen Zeitpunkt der Radiatio vorliegen, sollte diese möglichst rasch nach Diagnosestellung und mit mindestens 40 Gy als Ganzhirnbestrahlung begleitend zur Chemotherapie eingesetzt werden. Der Nutzen einer Operation isolierter Hirnmetastasen ist im Rahmen der Salvagetherapie nicht belegt. Auch der Nutzen einer zusätzlichen Bestrahlung isolierter Skelettmetastasen ist nicht belegt, wenngleich dies bei einzelnen Patienten sinnvoll sein kann und ein derzeit häufig praktiziertes Vorgehen darstellt.
26.11.3 Salvage-Chirurgie
Residualtumorresektion (RTR) nach Salvage-Chemotherapie Unverzichtbar im Rahmen einer erfolgreichen Salvagestrategie ist eine RTR nach abgeschlossener SalvageChemotherapie bei Patienten mit Normalisierung oder zumindest weitgehendem Rückgang der Tumormarker, aber mit noch nachweisbaren radiologischen Residuen [Schmoll et al. 2004; Sonneveld et al. 1998]. Der Anteil von Patienten mit vitalen, undifferenzierten Histologien oder reifem Teratom ist nach Salvage-Chemotherapie mit ca. 60% höher, und die weiteren Therapieoptionen beim erneuten Progress in jedem Fall geringer als bei vergleichbaren Patienten nach Primärtherapie. Daher müssen alle technisch resektablen Residuen außerhalb des ZNS nach Salvage-Chemotherapie im Rahmen einer RTR komplett reseziert werden (Hartmann et al. 1997; Rick et al. 2004; Stenning et al. 1998). Da sich häufig diskordante histologische Befunde finden, wird bei multilokulären Residuen die ein- oder zweizeitige Resektion aller Residuen empfohlen. Eine verzögerte RTR im dokumentierten Progress ist nicht ratsam und geht mit einer erheblichen Einbuße kurativer Chancen einher (Hendry et al. 2002; Heidenreich et al. 2005). Hinweis
I
I
Zielsetzung der Residualtumorresektion bei Patienten mit negativen Tumormarkern nach abgeschlossener Salvage-Chemotherapie muss die komplette und radikale Entfernung sämtlicher Tumormassen ggf. unter Einbeziehung benachbarter Organstrukturen mit kurativer Intention sein.
Salvage-Chirurgie bei Progress nach Chemotherapie Die Indikationsstellung zur Salvage-Chirurgie bei inkomplettem Ansprechen oder Progress nach Chemotherapie ist schwierig, erfordert große Erfahrung und muss individualisiert entschieden werden ( Abb. 26.10). Bei Patienten mit Markerplateau oder langsam fallenden Tumormarkern nach Primär- oder Salvage-Chemotherapie finden sich häufig nekrotische und zystische Residualtumoren, ohne dass bei der RTR vitale undifferenzierte Tumoren nachgewiesen werden können (Beck et al. 2005; Heidenreich et al. 2005). Die Prognose dieser Patienten nach RTR weicht nicht wesentlich von Patienten mit präoperativer Markernormalisierung ab. Deshalb sollte auch bei Patienten mit multiplen Lokalisationen eine Resektion aller Manifestationen angestrebt werden (Albers et al. 2000; Beck et al. 2005). Patienten mit Progress nach primärer Chemotherapie benötigen eine Salvage-Chemotherapie, wenn zuvor ein Ansprechen auf die Chemotherapie erkennbar war ( Abb. 26.10). Vergleichbare Patienten mit Progress nach konventionell dosierter Salvage-Chemotherapie benötigen eine HDCT. Diese beiden zuletzt genannten Patientengruppen benötigen keine Salvage-Chirurgie, sondern in der Regel eine RTR erst nach abgeschlossener SalvageChemotherapie (Heidenreich u. Ohlmann 2005). Eine klare Indikation zur Salvage-Chirurgie existiert dagegen bei Patienten mit Progress noch während der Primär- oder Salvage-Chemotherapie sowie bei einzelnen Patienten mit Progression nach HDCT (Albers et al. 2000; Beck et al. 2005; Murphy et al. 1993, Porcu et al. 2000). Immerhin können noch bis zu 25% dieser prognostisch sehr ungünstigen Patienten langfristig von der Resektion ihrer Tumoren unter der Voraussetzung profitieren, dass nur wenige Tumormanifestionen vorliegen und die Tumoren unabhängig von ihrer Lokalisation komplett resektabel sind. Die bekannten Prognosefaktoren für eine erfolgreiche Salvage-Chirurgie sind in Tab. 26.23 zusammengefasst. Ebenfalls eine klare Indikation zur Salvage-Chirurgie ergibt sich auch bei Patienten, die unter Chemotherapie zwar eine Normalisierung der Tumormarker aufweisen, radiologisch aber einen Größenprogress zeigen ( Abb. 26.10). Diese klinisch seltene Situation des »Growing-teratoma«Syndroms kann ebenfalls nur durch eine komplette Resektion aller radiologisch nachweisbaren Residuen kontrolliert werden (André et al. 2000; Donadio et al. 2003).
Salvage-Chirurgie bei Spätrezidiven Spätrezidive, die definitionsgemäß mehr als 2 Jahre nach abgeschlossener Primärtherapie auftreten, stellen eine weitere klare Indikation zur Salvage-Chirurgie dar
26
702
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Tab. 26.23. Prognosefaktoren für die Salvage-Chirurgie bei Patienten mit positiven Tumormarkern
Tumormarker AFP und HCG Höhe
1
26
2
1
der Tumormarker1
Günstig
Ungünstig
Plateau oder Abfall
Anstieg
AFP oder HCG >100 /l
AFP oder HCG >100 U/l
Redo-RLA2
Nein
Ja
Nach primärer Chemotherapie
Ja
Nein
Nach Salvage-Chemotherapie
Nein
Ja
Histologie im Resektat
Reifes Teratom, Fibrose
Vitaler undifferenzierter Tumor
Radikalität der Operation
Komplette Resektion
Inkomplette Resektion
Präoperative Werte Retroperitoneale Lymphadenektomie als Zweiteingriff
( Abb. 26.10). Spätrezidive, die mehrheitlich chemoresistent sind und histologisch überwiegend reifes Teratom oder aber sekundär entdifferenzierte Histologien beinhalten, können durch eine komplette operative Sanierung der Befunde, falls erforderlich unter en-bloc Resektionen benachbarter Organe, noch in bis zu 40% der Fälle geheilt werden (Heidenreich et al. 2004; George et al. 2003; Kuczyk et al. 2004; Shahidi et al. 2002, Sharp 2008). Die Indikation zur Resektion von Spätrezidiven richtet sich dabei allein nach der Resektabilität und nicht nach eventuell gleichzeitig bestehenden Markererhöhungen. Unklar ist derzeit die optimale Strategie bei Vorliegen entdifferenzierter Histologien. Auch hier stellt die komplette Resektion den wichtigen Prognosefaktor dar (Donadio et al. 2003; Lutke Holzik et al. 2003).
Operative Strategien bei der Salvage-Chirurgie Die Durchführung der Salvage-Chirurgie ist bei der Mehrzahl der Patienten technisch schwierig. Da häufig ein gemeinsames, interdisziplinäres Vorgehen von Urologen, Gefäß-, Leber- und/oder Thoraxchirurgen erforderlich ist, sollten Planung und Durchführung dieser aufwändigen und interdisziplinär durchzuführenden Eingriffe nur an Kliniken erfolgen, die diese Art der Chirurgie regelmäßig durchführen (Albers et al. 2000; Heidenreich et al. 2004). Dies gilt insbesondere für Zweiteingriffe nach vorangeganger retroperitonealer Lymphadenektomie (sog. genannte »Redo-RLA«), die eine erhebliche technische Herausforderung darstellen und sowohl mit einer höheren Morbidität und Mortalität vergesellschaftet sind als auch mit einem höheren Risiko inkompletter, d.h. nicht kurativer Resektionen (Albers et al. 1998; Heidenreich et al. 2005). Retrokrurale oder suprahiläre Residuen können ebenso wie ipsilaterale mediastinale oder basale pulmo-
nale Metastasen über einen thorakoabdominellen Zugang in einer Sitzung reseziert werden und dürfen keinesfalls aufgrund vermeintlicher operationstechnischer Schwierigkeiten in situ belassen werden. Ca. 6–10% der Patienten weisen eine Beteiligung der Vena cava inferior und ca. 2% der Patienten eine Beteiligung der Aorta abdominalis auf. Diese Befunde erfordern eine Resektion der V. cava inferior oder der Cavawand, da sich bei ca. zwei Drittel der Patienten vitales Karzinom oder reifes Teratom in den infiltrierenden Tumormassen nachweisen lässt. Eine komplette oder partielle Resektion der Aorta abdominalis ist in aller Regel bei Patienten mit einer Infiltration der Adventitia vorzunehmen (Heidenreich u. Ohlmann 2005). Die Salvage-Chirurgie von refraktären und rezidivierten Hodentumoren setzt eine besondere Expertise des Operateurs voraus und sollte nur an den wenigen Zentren durchgeführt werden, die diese vergleichsweise seltenen, und technisch aufwändigen Operationen regelmäßig durchführen. Zusammenfassende Bewertung Die Mehrzahl der Patienten mit Hodentumoren wird im Rahmen der Primärbehandlung geheilt. Primär oder sekundär refraktäre Erkrankungen sind selten und erfordern eine langjährige Erfahrung bei der Auswahl und Durchführung der sog. »Salvagetherapie«, die nach Versagen der Primärbehandlung zum Einsatz kommt. Rezidive treten abhängig vom Stadium der Erkrankung bei Primärdiagnose und von der Art der Primärtherapie unterschiedlich häufig auf. Bei bis zu 20–30% der Patienten mit weit metastasierter Erkrankung bei Primärdiagnose kann in der Folgezeit eine Salvagetherapie erforderlich werden.
703 26.12 · Nachsorge
26.12
Nachsorge
M. Hartmann, S. Krege
Erstes Ziel der Nachsorge nach der erfolgreichen Behandlung eines Hodentumors ist die frühzeitige Entdeckung eines Rezidivs, um eine Nachfolgetherapie mit dem kleinstmöglichen Aufwand und dem größtmöglichen Erfolg beginnen zu können. Hierzu ist es erforderlich, die unterschiedlichen Verläufe der Hodentumorerkrankung abhängig von Histologie, Stadium, Primärbehandlung und Behandlungserfolg einschätzen zu können. Ebenso müssen die geeigneten diagnostischen Verfahren bekannt sein, beherrscht werden und zur Verfügung stehen. Neben den medizinischen Aufgaben einer Nachsorgeuntersuchung inklusive der Entdeckung von Spättoxizitäten und sekundären Tumoren gilt es häufig, auch soziale Probleme zu lösen (Schölermann et al. 1996; Dearnely et al. 2001; Pottek et al. 2005a, b). So ist der persönliche Kontakt des nachsorgenden Arztes zu einem Sozialarbeiter oder einem Sozialamt für den Betroffenen von großem Vorteil. Immer wieder muss zu Arbeitseinsatz und möglicher Arbeitsbelastung, Versicherungsfragen, Schwerbehinderung, sozialer Sicherung, Rehabilitations- und Festigungskuren beraten werden. Auch psychische Aspekte sowie die Lebensqualität können während einer Nachsorgeuntersuchung eine zentrale Rolle einnehmen (Jewett et al. 2003; Fleer et al. 2004; Fossa 1999c, 2004). Einfache, aus Schulung und Erfahrung gewonnene Erkenntnisse können weitergegeben werden. Gelegentlich aber sind die Probleme so gravierend, dass eine Fachkraft involviert werden muss. Idealerweise steht eine solche einer onkologisch arbeitenden Abteilung zur Verfügung, kann bei Krisen zur Intervention hinzugezogen werden oder arbeitet mit Patienten zur Problemlösung über einen längeren Zeitraum zusammen. Da Nachsorgeuntersuchungen jedoch meist bei niedergelassenen Ärzten stattfinden, kommt der psychologische Aspekt – auch aus Zeitmangel – gelegentlich zu kurz (Balint et al. 1975). Ein Nachsorgearzt sollte aufkommende seelische Probleme zumindest erkennen können, zur Erstberatung fähig sein und Betroffene an kompetente, mit der Tumorerkrankung vertraute Psychologen vermitteln können. Bei jungen Patienten spielen Partnerschaftsprobleme, Identitätskrisen, der Verlust der körperlichen Integrität, Schuldgefühle oder Fragen zur Sexualität eine entscheidende Rolle (Büttner 2006).
26.12.1 Untersuchung
Die medizinisch effektive Nachsorgeuntersuchung beginnt mit einer zielgerichteten Anamnese. Gefragt werden muss nach auffälliger Müdigkeit, Veränderungen am Körper, Schmerzen, besonders im Bauch- oder Rückenbereich, Husten und Auswurf, erschwertem Luftholen, neurologischen Auffälligkeiten, Brustschwellungen, Potenz und prograder Ejakulation nach Operation im Retroperitoneum (Jewett et al. 2003). Zur Grunduntersuchung gehören die Messung des Blutdrucks, die Palpation der Leisten, des Abdomen, der Supraklavikularregion des kontralateralen Hodens – insbesondere wenn auf eine Biopsie verzichtet wurde (Gerl et al. 2003; Pottek et al. 2005b). Die Lungen müssen auskultiert werden. Ein Blick auf die Beine erfasst ungewöhnliche Schwellungen. An technischen Geräten sollten zur Verfügung stehen: Ultraschall für Retroperitoneum, Leber, Nieren. Hoden müssen mit hochauflösenden, mindestens 7,5-MhzSchallköpfen untersucht werden (Nichols 1998). Hilfreich sind Geräte mit Farbdopplern zur Unterscheidung von minderdurchbluteten Gewebsarealen, von Tumorgewebe mit hohen Gefäßanteilen oder zur Identifikation von großen Blutgefäßen im Retroperitoneum. Eine Standardmethode zur Untersuchung von retroperitonealem Raum, Abdomen, Mediastinum, Lungen und im Bedarfsfall von Becken und Hals ist die Spiralcomputertomographie mit maximal 8 mm Schichtabstand, beim Schädel ist die Magnetresonanztomographie die überlegene Methode (Bokemeyer et al. 1997). Selten ist die Knochenszintigraphie indiziert: bei Verdacht oder zum Ausschluss von Knochenmetastasen (Hartmann et al. 1995). Bei Verdacht auf Spättoxitäten können Audiogramm, Diffusionsmessung mittels des CO-Transferfaktors, Belastungs-EKG oder renale Clearance erforderlich werden (Strohmeyer et al. 1988; Horwich et al. 1994; Jakob et al. 1998; Fossa 2004; Pottek et al. 2005b). Von allen Laborparametern spielen Tumormarker auch in der Nachsorge zur Rezidiverkennung eine zentrale Rolle: AFP, β-HCG, LDH und auch die plazentare alkalische Phosphatase (PLAP). β-HCG ist der führende Marker beim Seminom, er ist allerdings nur bei ca.10–50% aller Seminome – je nach Stadium – primär erhöht (Logue et al. 2003; Gerl et al. 2003). Die PLAP kann in der Verlaufskontrolle der Seminome bei Nichtrauchern von Bedeutung sein. AFP ist ausschließlich Nichtseminomen zuzuordnen. Eine erhöhte LDH weist auf ein fortgeschrittenes Tumorleiden hin und gilt wie AFP und β-HCG als Prognosefaktor (Bosl et al. 1983; Mann 1990; IGCCCG 1997; Laguna et al. 2004; van Dijk et al. 2004). Auch die Bestimmung der Hormone FSH
26
704
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
und Testosteron in längeren Abständen sollte nicht vergessen werden. Schädigungen der Spermatogenese und der Testosteronproduktion gilt es zu erkennen (Gerl et al. 2001; Fossa 2004). Weiterhin sollten die harnpflichtigen Substanzen, das Magnesium und die Fette im Blut bestimmt werden. Von der Norm abweichende Werte können ein Risiko für organische Komplikationen wie kardiovaskuläre Störungen durch erhöhte Blutfette bedeuten oder anzeigen, wie ein erhöhtes Kreatinin bei eingeschränkter Nierenfunktion (Jakob et al. 1998; Meinardi et al. 1999; Gerl et al.2001, Huddart et al. 2003). Derartige Schädigungen sind jedoch erst bei längerfristigen Verläufen zu beobachten, führen aber u. U. zu therapeutischen Konsequenzen. Auch die bei ca. 5% auftretenden sekundären soliden Tumoren sollten erkannt werden (Travis et al. 1997; Logue et al. 2003; Flechon et al. 2005). Die Entdeckung von Hämoblastosen nach Strahlen- oder Chemotherapie (Travis et al. 1999) gelingt durch die Bestimmung adäquater Laborparameter. Das relative Risiko liegt zwischen 1,4 und 3,2 (Fossa 2004).
26.12.2 Intervalle
Von zentraler Bedeutung ist die Frage nach dem notwendigen Zeitraum, in dem Nachsorgeuntersuchungen angeboten werden müssen. Eine erste virtuelle Grenze ist nach 5 Jahren erreicht. Zu diesem Zeitpunkt ist die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs des Ersttumors nicht höher einzuschätzen als das Auftreten einer Neuerkrankung in der gesunden Bevölkerung (Gerl et al. 1997). Außer bei Seminomen nach Radiotherapie sollten Nachsorgeuntersuchungen trotzdem weiterhin 1×/ Jahr angeboten werden. In 2–4% können Rezidive auch später als nach 5 Jahren auftreten (Koch 1998; Sonneveld et al. 1998, 2001). Spätrezidive können sich ohne Präferenz aus allen Primärstadien entwickeln (Dieckmann et al. 2005). Betroffene Patienten haben nur dann eine reale Überlebenschance, wenn diese Rezidive zu einem Zeitpunkt entdeckt werden, zu dem eine kurative Therapie, meist in Form der Chirurgie, noch möglich ist (Flechon et al. 2005). Ein solches Konzept ist auf das Individuum zugeschnitten und lässt Kosten-Nutzen-Analysen (Koch 1998) außer Acht. Die westliche Weltanschauung betont die individualisierte Gesellschaft, kollektivistische Lebensformen sind weniger auf Einzelschicksale fokussiert. Bei diesen jährlichen Untersuchungen lassen sich auch die Spättoxizitäten, evtl. Zweittumoren und Hämoblastosen – besonders nach Etoposid-haltiger Chemotherapie – erfassen (Jakob et al. 1998). Auch mit ei-
nem metachronen Hodentumor muss gerechnet werden, insbesondere dann, wenn keine kontralaterale Biopsie erfolgt ist (Dieckmann et al. 2003). Von Bedeutung ist, die Patienten auf die Eigennachsorge aufmerksam zu machen und in die Technik der Selbstuntersuchung einzuweisen. Wegen der jährlichen Intervalle ist es wichtig, die Patienten zu sensibilisieren: Viele Rezidive wurden durch klinische Symptome wie ungewohnte Schmerzen oder tastbare Tumoren entdeckt (American Institute for Cancer Research 1999; Sanden et al. 2000). An erster Stelle des Nachsorgekomplexes nach dem 5. Jahr stehen klinische Untersuchung, Markerbestimmung und Ultraschall; erst bei verdächtigen Befunden radiologische Verfahren (Baniel et al. 1995; Gerl et al. 1997). Der Einsatz der diagnostischen Verfahren soll gezielt, damit auch kostenbewusst, ohne unnötige Belastung des Patienten und strahlensparend erfolgen. Neben der Frage, welche Untersuchungsmethoden erforderlich sind, sind die zu untersuchende Region und der zeitliche Abstand von zentraler Bedeutung. Diese sind abhängig von der Histologie, dem Erststadium, der durchgeführten Therapie, dem Therapieerfolg, bei Rezidiven auch vom tumorfreien Intervall (Jewett et al. 2003). Es existieren nur wenige prospektive, aber nicht randomisierte, und retrospektive Studien, um die Methode der Rezidiventdeckung, die wahrscheinliche Lokalisation und den Zeitraum der höchsten Gefahr zu definieren ( Tab. 26.24). Zusätzliche Erkenntnisse müssen aus Studien mit anderen Zielsetzungen indirekt gewonnen werden, die ihre Ergebnisse über einen bestimmten – für Nachsorgefragen häufig zu kurzen – Zeitraum validieren müssen. Diese sekundär gewonnenen Hinweise sind konsequenterweise durch ein hohes Sicherheitsdenken geprägt, mit dem Einsatz aller technischen Mittel in sehr kurzen Abständen erhoben, und sie müssen derzeit als Ersatz für prospektive Daten verwendet werden.
26.12.3 Rezidive
Seminome im klinischen Stadium I können alternativ nach Ablatio testis nur überwacht, mit 20 Gy bestrahlt oder mit einer Monochemotherapie behandelt werden. Die Rezidivraten liegen bei 20% und je 2% (Oliver et al. 1994, 2005, Claßen et al. 2006). Bei der Surveillance finden sich Rezidive im Retroperitoneum, kaum in der Lunge (Oliver et al. 1994). Nach Bestrahlung kann es in den kaudalen Randgebieten zum Rückfall kommen (Fossa et al. 1999b; Bruns et al. 2005, Jones et al. 2005), praktisch nie in der Lunge. Weitere Lokalisationen sind äußerst selten (Taylor et al. 2001).
705 26.12 · Nachsorge
Tab. 26.24. Rezidivraten, Zielregionen, Zeiträume nach den Stadien und Therapieempfehlungen der EGCCCG Therapie
Rezidivrate
Hauptzielregion
Hauptzeitraum (>75%)
Radiatio 20 Gy
3–5%
Retroperitoneum, Feldrand, Mediastinum
1.–3. Jahr
Carboplatin 1×
3–4%
Retroperitoneum
1.–3. Jahr
Surveillance
15–20%
Retroperitoneum
1.+2. Jahr (30% bis 10. Jahr)
Radiatio 30 Gy
5–10%
Supradiaphragmal
1.–4. Jahr
Radiatio 36 Gy
10–15%
Supradiaphragmal
1.–4. Jahr
Surveillance (»low risk«)
14–22%
Retroperitoneum, Thorax
1.+2. Jahr
PEB ×2 (»high risk«)
3–5%
Retroperitoneum
1.–5. Jahr
RLA
8–12%
Thorax
1.+2. Jahr
RLA: pS I
8–12%
Thorax
1.+2. Jahr
RLA: pS IIA
26%
Thorax
1.+2. Jahr
Surveillance
70%
Retroperitoneum
1. Jahr
Je nach Therapie: Chemotherapie ± komplette RTR, Retroperitoneum/ Thorax
1.–4. Jahr
Seminome Stadium I
Stadium IIA/B
Nichtseminome Stadium I
Stadium IIA/M-
Nichtseminome/Seminome
a
Stadium IIC–III (»good prognosis«)
PEB ×3
11–18%
Stadium III (»intermediate prognosis«)
PEB × 4
25–33%
Stadium III (»poor prognosis«)
PEB ×4
59%
Auch Leber (16%), Mediastinum (15%), Gehirn (8%)
Studie von Oliver et al. 2005: Follow-up bisher 3 Jahre
Besonders bei Patienten mit primär erhöhtem β-HCG sind Markerkontrollen zur Rezidiverkennung hilfreich (Logue et al. 2003). Nach einer Monochemotherapie können sowohl das Retroperitoneum als auch der Thorax betroffen sein. Metastasen treten schwerpunktmäßig in den ersten 3 Jahren in absteigender Frequenz auf, nach dem 4. Jahr sind sie eine extreme Seltenheit (Claßen et al. 2006). Bei Seminomen im klinischen Stadium IIA/B ist eine Strahlentherapie die adäquate Strategie. Der Rezidivzeitraum entspricht dem Stadium I, die Häufigkeit liegt zwischen 5% und 19%. Retroperitoneale Rezidive sind wegen der erweiterten Strahlenfelder äußerst selten (Warde et al. 1998; Gerl et al. 2003). Seminome im klinischen Stadium III mit intermediärer Prognose werden entsprechend der Leitlinie der EGCCCG mit 4 Standardchemotherapiezy-
klen behandelt. Führt diese Therapie zu einer vollständigen Remission, sind Rezidive in den ersten 3 Jahren in 10–33% zu erwarten (International Germ Cell Collaborative Group; IGCCCG 1997). Wie nach jeder alleinigen Chemotherapie sind bevorzugte Lokalisationen im Retroperitoneum und in der Lunge zu suchen. Bei nachweisbaren Residuen wird beim Seminom mittlerweile meist auf eine Residualtumorresektion (RTR) verzichtet (Albers et al. 2004). Da in diesen Residuen in bis zu 13% mit aktivem Tumorgewebe gerechnet werden muss (Clemm et al. 1998), kann in der Nachsorge auf ein CT des Abdomens nicht verzichtet werden. Nichtseminome im klinischen Stadium I werden risikoadaptiert behandelt; entweder überwacht oder adjuvant chemotherapiert. Primäre retroperitoneale Lymphadenektomien (RLA) sind zumindest in Europa Ausnahmen
26
706
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
geworden. Bei Low-risk-Patienten unter Surveillance beträgt die Rezidivrate 15–20%. Die Rezidive treten nahezu alle im 1. und 2. Jahr auf und sind meist im Retroperitoneum lokalisiert (Gels et al. 1995; Sogani et al. 1998; Albers et al. 2003). Die Zeitabstände der Nachsorgen liegen zwischen 2 und 3 Monaten, auf CT-Untersuchungen des Abdomens kann nicht verzichtet werden (Sogani et al. 1998). Nach einer prospektiven Studie von Rustin et al. (2007) sind in Bezug auf die Entdeckungsrate 2 Computertomographien gleichwertig mit 5 in den ersten 2 Jahren. Im seltenen Fall einer RLA, die entweder ein pathologisches Stadium I bestätigt oder in etwa 30% ein pathologisches Stadium II sichert (Albers et al. 2003), muss im ersteren Fall mit 8–10% Rezidiven, vorwiegend im Thorax, gerechnet werden (Weißbach et al. 1990; Sweeney et al. 2000). Im pathologischen Stadium IIA ohne adjuvante Chemotherapie beträgt die Rezidivrate ca.14–25% (Donohue et al. 1995; Hermans et al. 2000; Stephenson et al. 2005), fast stets oberhalb des Zwerchfells und im 1. Jahr. Mit adjuvanter Chemotherapie sinkt das Rückfallrisiko im Thorax in den ersten 3 Jahren auf unter 2% (Williams et al. 1987; Kennedy et al. 1994). Nichtseminome in den Stadien IIB bis III mit guter, intermediärer und schlechter Prognose werden mit 3 bzw. 4 Zyklen einer Standardchemotherapie behandelt. Die Rezidivgefahr liegt bei 10, 20 und 40% (IGCCCG 1997). Die Poor-prognosis-Gruppe neigt zu späterem Auftreten eines Rückfalls, neben lokalen Metastasen muss mit dem Befall aller Organsysteme gerechnet werden. Die übrigen Stadien sind vorwiegend in den ersten 3 Jahren betroffen (Sonneveld et al. 2001; Flechon et al. 2005). Da viele der Rezidivtumoren Marker produzieren, weist ein der klinischen Manifestation vorangehender Anstieg auf einen Rückfall hin (Baniel et al. 1995; Gerl et al. 1997; Roeleveld et al. 2001; Gietema et al. 2002). Besonders intensiv muss die Überwachung von Tumorkranken sein, die bereits ein Frührezidiv erlitten hatten. Bis zu 20% erkranken erneut, die Prognose ist
ungünstig, nur knapp die Hälfte überlebt (Dieckmann et al. 2005). Erneute Absiedlungen manifestieren sich besonders in Abdomen und Thorax in den ersten 2 Jahren.
26.12.4 Nachsorgeschemata
Außer für Seminome im klinischen Stadium I ( Tab. 26.25) ein nachhaltiges, validiertes Nachsorgeschema aus den retrospektiven und den wenigen prospektiven Studien (Claßen et al. 2005; Rustin et al. 2007) zu entwickeln, das je nach individueller Situation die mögliche Lokalisation, das zeitliche Auftreten und die Art der Entdeckung eines Rezidivs berücksichtigt, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt. Während der 2. Konsensuskonferenz der EGCCCG im November 2006 musste erneut festgestellt werden, dass derzeit nur limitierte Empfehlungen zur Nachsorge existieren (Krege et al. 2008). Für Nichtseminome und metastasierte Seminome kann auf die Leitlinien der DKG (2002) und der EAU (Laguna et al. 2004) zurückgegriffen werden; zudem existiert ein exemplarisches Schema für Nordamerika (Testicular Cancer Resource Center 2004). Die Schemata sind für Nichtseminome in Tab. 26.26 und für metastasierte Seminome in Tab. 26.27 vergleichend zusammengestellt. Diese 3 bzw 4 Nachsorgeschemata weisen sowohl bei den zeitlichen Abständen der Untersuchungen als auch bei den eingesetzten diagnostischen Mitteln deutliche Unterschiede auf. So sind monatliche Untersuchungen in den ersten Jahren vom großen Sicherheitsbedürfnis der Untersucher – nicht der Untersuchten – geprägt, übernommen aus Therapiestudien mit anderer Zielsetzung und hoher Risikoabsicherung. Abhängig von der Rezidivgefahr sind 4–6 Untersuchungen im jeweils 1. und 2. Jahr ausreichend. Im 3. Jahr nimmt das Risiko rapide ab und wird schließlich ab dem 6. Jahr mit 2–4% Rezidiven selten (Montie 1994; Baniel et al. 1995; Gerl et al. 1997; Dearnely et al. 2001; Gosse et al. 2004).
Tab. 26.25. Empfehlung zur Häufigkeit der Nachsorge im Stadium I (Martin 2007) Rezidivrisiko
Dauer der Nachsorge
Häufigkeit pro Jahr
Surveillance
Carboplatin ×1
Radiotherapie
>5%
1. und 2. Jahr
–
–
3×
–5%
3. und 4. Jahr
1. bis 3. Jahr
1. bis 3. Jahr
2×
0,3–5%
5. bis 10. Jahr
Nicht bekannt
4. bis 6. Jahr
1×
<0,3%
Nach 10 Jahren
Nicht bekannt
Nach 6 Jahren
Beendet
Nach Radiotherapie kein CT des Abdomen, sonst stets CT des Abdomen/Becken und Röntgenuntersuchung des Thorax (Fosså 1999d)
26
707 26.12 · Nachsorge
Tab. 26.26. Vergleich der Nachsorgeempfehlungen (Nichtseminome). Stadien nach dem Konsensus der EGCCCG Jahr
1
2
3
4
5
6–10 (1×/ Jahr)
Stadium I 1 Klinische UntersuSurveilance chung + In- »low risk« strumente
Stadium I PEB ×2 »high risk«
Stadium I RLA
Stadium IIA/B2
Stadium IIC–III »good prognosis«
DKG EAU NA
DKG EAU NA
DKG EAU4 NA5
DKG EAU
NA DKG
EAU
NA
12×
12×
Stadium III »intermediate prognosis« »poor prognosis«
DKG EAU
NA
Marker
4×
12×
12× 2×
6×
4×
6×
12× 2×
6×
6×
4×
12×
6×
4×
RUT
2×
9–12× 12× 1×
6×
2×
6×
12× 1×
6×
6×
2×
12×
6×
2–4×7 12×
–
6×
CT abd.
4×
3–4×
6×
2×
2×
2×
2×
–
2×
1×
b.B.
2×
b.B.6
4×
b.B.6
b.B.
US abd.3
–
–
–
–
2×
–
2×
–
–
2×
–
–
–
–
–
–
–
Marker
4×
4–6×
6×
2×
3×
4×
3×
6×
2×
4×
3×
4×
6×
3×
4×
6×
6×
RUT
2×
4–6×
6×
1×
3×
2×
3×
6×
1×
4×
3×
2×
6×
3×
2–4×7 6×
6×
CT abd.
4×
2×
3×
2×
1×
2×
1×
–
2×
b.B.
b.B.
2×
b.B.6
–
4×
b.B.6
b.B.8
US abd.
–
–
–
–
2×
–
2×
–
–
2×
–
–
–
–
–
–
–
Marker
4×
2×
2×
2×
2×
4×
2×
2×
2×
2×
1–2× 4×
4×
2×
4×
4×
2×
RUT
2×
2×
2×
1×
2×
2×
2×
2×
–
2×
1–2× 2×
4×
2×
2–4×7 4×
2×
CT abd.
4×
1×
2×
1×
1×
–
–
1×
b.B.
b.B.
2×
b.B.6
–
4×
b.B.6
b.B.8
US abd.
–
–
–
–
2×
2×
–
–
b.B.
–
–
–
–
–
–
–
Marker
4×
2×
2×
2×
2×
– Keine thera- – peutische 2× Option 1×
2×
2×
2×
2×
1–2× 4×
3×
2×
4×
3×
2×
3×
2×
2×
2×
–
2×
1–2× 1×
3×
2×
2×7
–
1×
–
1×
b.B.
b.B.
1×
b.B.6
–
2×
b.B.6
b.B.8
2×
–
2×
–
–
b.B.
–
–
–
–
–
–
–
2×
2×
2×
2×
2×
2×
2×
1–2× 2×
2×
2×
4×
2×
2×
2×
1×
2×
1×
2×
2×
–
2×
1–2× –
2×
2×
2×7
2×
2×
1×
2×
1×
1×
–
–
–
1×
b.B.
b.B.
1×
b.B.6
–
4×
b.B.6
b.B.8
–
–
–
–
2×
–
2×
–
–
b.B.
–
–
–
–
–
–
–
Marker
1×
b.B.
1×
1×
1×
1×
1×
1×
1×
1×
1×
1×
1×
2×
2×
1×
1×
RUT
1×
b.B.
1×
–
1×
–
1×
1×
–
1×
1×
–
1×
2×
1×7
1×
1×
CT abd.
1×
b.B.
–
–
b.B.
–
b.B.
–
–
b.B.
–
–
b.B.6
–
1×
b.B.6
b.B.8
US abd.
–
b.B.
–
–
1×
–
1×
–
–
b.B.
–
–
–
–
–
–
–
RUT
2×
2×
2×
1×
2×
CT abd.
2×
1×
2×
1×
1×
US abd.
–
–
–
–
Marker
4×
2×
2×
RUT
2×
2×
CT abd.
2×
US abd.
1
Ohne Berücksichtigung aller alternativen Möglichkeiten im Stadium I markernegativ nicht berücksichtigt 3 Nur EAU 4 EAU: Kein Unterschied zwischen primärer Chemotherapie +/- RTR und RLA +/- Chemotherapie 5 NA: Nur RLA +/- Chemotherapie 6 CT Thorax/Kopf b.B. (bei Bedarf ). 7 RUT (Röntgenuntersuchung des Thorax); bei Mediastinalbefall CT-Thorax 8 2×/Jahr bei großvolumigem Tumor DKG Deutsche Krebsgesellschaft; EAU European Soc. of Urology; NA Nordamerika: Princess Margaret Hospital und Oregon Health and Science University. abd. abdminal; b.B. bei Bedarf; CT Computertomographie; RUT Röntgenuntersuchung des Thorax. 2 Stadium IIA
708
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Ultraschalluntersuchungen des Abdomens, auch im Wechsel mit CT-Untersuchungen, werden von der EAU vorgeschlagen. Der Einsatz der Sonographie ist nur in der Hand des Erfahrenen sinnvoll, daher wird von den anderen Institutionen eine allgemeine Empfehlung nicht unterstützt. Nach Radiotherapie von Seminomen im Stadium IIA/B, nach RLA oder RTR sind CT-Untersuchungen des Abdomens nur dann erforderlich, wenn diese nicht sachgerecht oder nicht vollständig durchgeführt wurden oder werden konnten. So wird in den USA auf die große operative Erfahrung gesetzt und bei den Nichtseminomen in den Stadien I, IIA, IIB, aber auch bei IIC und III, guter Prognose nach Chemotherapie und anschließender vollständiger RTR auf abdominelle Computertomographie verzichtet. Die DKG wiederum empfiehlt beim Nichtseminom im Stadium I »low risk« noch im 3. Jahr 4 CT-Untersuchungen, obwohl fast alle Rezidive in den ersten 24 Monaten auftreten. Deshalb ist die Reduktion auf 1–2 Computertomographien sicher vertretbar. Ein CT des Thorax ist nur im Zweifelsfall notwendig, z. B. bei unklarem Röntgenbefund. Bis zu 25% falschpositive Befunde sind auf die hohe Auflösung der Untersuchung zurückzuführen. Zu bedenken ist die deutlich höhere Strahlenbelastung (Harvey et al. 2002). Doch auch Röntgenuntersuchungen des Thorax (RUT) geraten zunehmend in die Kritik. So waren beim Seminom im Stadium I nach Radiotherapie 3355 Untersuchungen erforderlich, um eine Lungenmetastase zu entdecken (Claßen et al.). Keines der 33 Rezidive nach primärer Chemotherapie mit bzw. ohne RTR bei disseminierten Nichtseminomen, über die Gietema et al. (2002) berichteten, wurde bei über 10.000 Untersuchungen durch eine RUT entdeckt. Als alleinige Rezidivlokalisation ist die Lunge zudem selten (Sharir et al. 1999; Jewett et al. 2003). Meist
sind gleichzeitig Marker erhöht oder retroperitoneale Absiedlungen nachweisbar, außer nach RLA im Stadium I (Donohue et al. 1993; Schölermann et al. 1996). Daher könnte bei im CT nachgewiesenem abdominellem Befall auf eine RUT verzichtet werden (Fernandez et al. 1994). Anlässlich der klinischen Untersuchung, deren Frequenz allerdings umstritten ist, sollten die Tumormarker bestimmt werden. Beim Nichtseminom verzichtet kein Untersucher auf diese Laborwerte. Ob bei jeder klinischen Untersuchung eine Markerbestimmung notwendig ist, bleibt fraglich: So wird z. B. in Nordamerika im Protokoll des Princess Margaret Hospital bei bestrahlten Patienten mit Seminom in den Stadien I und IIA/B ab dem 3. bzw.4. Jahr eine Bestimmung unterlassen (Testicular Cancer Resource Center 2004). Bei primär markerpositiven Patienten sollte auf eine Markeranalyse nicht verzichtet werden, selbst primär markernegative Patienten können im Rezidiv in bis zu 40% der Fälle Marker entwickeln (Gels et al.1995; Schölermann et al. 1996; Trigo et al. 2001). Die über die Zeit abnehmende Untersuchungsfrequenz ist allen Empfehlungen gemeinsam, wird aber mittlerweile bis zum 10. Jahr oder gar darüber hinaus fortgeführt. Nur beim Seminom im Stadium I nach Radiotherapie kann auf eine über das 5. bzw. 6. Jahr hinausgehende Nachsorge verzichtet werden (EAU 2004; Martin et al. 2007). Die einmal jährlichen Vorstellungen beschränken sich im Wesentlichen auf eine klinische Untersuchung und die Bestimmung der Tumormarker. Spätrezidive sind häufig durch eine klinische Symptomatik geprägt, die dann der Anlass für eine weiterführende Diagnostik ist. Eine routinemäßige RUT wird zumindest bei Niedrigrisikopatienten von der DKG nicht für erforderlich gehalten.
Tab. 26.27. Vergleich der Nachsorgeempfehlungen für metastasierte Seminome der Stadien IIA/B1. Stadien nach dem Konsensus der EGCCCG Jahr
1
2
3
4
5
6–10 (1×/Jahr)
Marker RUT CT abd Marker RUT CT abd Marker RUT CT abd Marker RUT CT abd Marker RUT CT abd Marker RUT CT abd DKG
4×
2×
4× 2
2×
2×
4×
4×
b.B 2
4×
2×
2×
3×
3×
b.B 2
2× 2×
2×
1×
2×
b.B 2
2× 2×
2×
1×
1×
1×
–
2×
b.B 2
1×
1×
b.B2
EAU
6×
6×
b.B.
PM
4×
4×
–
4×
4×
–
4×
4×
–
2x nur 2× KU
–
2x nur 2× KU
–
1× nur 1× KU
–
12× –
6×
6×
–
2×
2×
–
2×
–
2×
–
1×
–
OHSU 12× 1
2×
2×
2×
1×
Stadium IIC bis III wie Nichtseminome Bei Bedarf CT-Thorax DKG Deutsche Krebsgesellschaft; EAU European Soc. of Urology; PM Princess Margaret Hospital; OHSU Oregon Health and Science Universtity abd. abdominal; b.B. bei Bedarf; CT Computertomographie; KU Klinische Untersuchung; RUT Röntgenuntersuchung des Thorax 2
709 26.13 · Seltene Hodentumoren
Zusammenfassende Bewertung Zahlreiche Empfehlungen größerer und kleinerer Institutionen interpretieren die derzeitig vorliegenden Daten sehr unterschiedlich entsprechend dem eigenen Sicherheitsbedürfnis und aus Mangel an prospektiven vergleichenden Studienergebnissen. Solche zu allen Fragestellungen zu erhalten, dürfte durch die Vielfalt der Tumorentitäten und -stadien, Therapiestrategien und durch die notwendige Dauer der Nachbeobachtung limitiert sein. Die EGCCCG hat sich während der Up-date-Konferenz im November 2006 erneut mit der schwierigen Thematik beschäftigt. Außer für das Seminom im Stadium I konnten keine umfassenden Leitlinien erarbeitet werden. Um die Spätfolgen der Therapien zu erfassen, sollte der Nachsorgezeitraum deutlich ausgedehnt werden. In bezug auf Häufigkeit und den Einsatz technischer Mittel können die erwähnten Empfehlungen einfließen. Die persönlichen Erfahrungen des nachsorgenden Arztes und die Interaktion mit den Patientenwünschen spielen weiterhin eine zentrale Rolle in einer patientenorientierten Nachsorge.
26.13
Seltene Hodentumoren
schlecht identisch ist, können die Stromatumoren des Hodens auch Erscheinungsbilder annehmen, die für das Ovar typisch sind. Auch umgekehrt ähneln manche ovariellen Tumoren dem testikulären Analogon. Die Granulosazellen des Ovars entwickeln sich wie die Sertoli-Zellen des Hodens aus dem Endoderm der Keimstränge, während die Thekazellen analog zu den Leydig-Zellen aus dem Mesenchym des Gonadenstroma hervorgehen. Testikuläre Tumoren des Gonadenstromas bzw. der Keimstränge können daher scheinbar paradoxe Formen, wie etwa das Bild eines Granulosazelltumors oder eines Thekoms annehmen (Teilum 1976). Die WHO unterscheidet in ihrer aktuellen Klassifikation der nichtgerminalen Hodentumoren (Eble et al. 2004) 7 histologische Kategorien. Weniger als 10% aller Hodengeschwülste sind nichtgerminalen Ursprungs (Huyghe et al. 2007). Die Häufigkeitsangaben der Behandlungszentren sind unterschiedlich, weil aufgrund geringer Fallzahlen erhebliche Zufallsschwankungen auftreten und weil aufgrund der Seltenheit dieser Neoplasien auch Klassifikationsprobleme bestehen. So wird beispielsweise die Epidermoidzyste häufig als eine Sonderform des Teratoms gewertet. Viele Berichte heben vornehmlich die Kuriosität dieser Tumoren hervor, ohne auf deren relative Häufigkeit einzugehen. Die Publikationen, die Angaben zur relativen Häufigkeit aufweisen, sind in Tab. 26.28 zusammengefasst.
K.-P. Dieckmann 26.13.1 Einteilung
Der Hoden besteht – summarisch-anatomisch betrachtet – aus den Keimzellen, den Zellen des Gonadenstromas (Leydig-Zellen und Sertoli-Zellen), aus Gerüstbindegewebe, Blutgefäßen, Lymphgefäßen, Blutbestandteilen und lymphatischen Zellen. Aus jedem dieser Bestandteile können gutartige oder maligne Tumoren hervorgehen (Pugh 1976; Friedrichs et al. 1986; Young u. Scully, 1990). Die Zellen der Spermatogenese nehmen den größten Raum im Hoden ein. Daher sind die Keimzelltumoren die mit Abstand umfangreichste Gruppe unter den Hodentumoren. Die Inzidenz der nichtgerminalen Tumoren ist jedoch überproportional niedrig. Das histologische Spektrum der nichtgerminalen Tumoren ist außerordentlich heterogen (Harzmann u. Stiens 1982; Young 2008). Der Schlüssel zum Verständnis der morphologischen Vielfalt liegt darin, dass die gonadalen Stromatumoren aus pluripotenten Zellen bestehen, die früh-embryonale Entwicklungszustände der Gonade imitieren. Da die embryonale Entwicklung der Gonade bis zur 7. Woche für das weibliche und männliche Ge-
WHO-Klassifikation der nichtgerminalen Hodentumoren (2004) 1. Keimstrang-/Stromatumoren, reine Formen – Leydig-Zelltumor – Maligner Leydig-Zelltumor – Sertoli-Zelltumor – Lipidreiche Variante – Sklerosierender Sertoli-Zelltumor – Kalzifizierender großzelliger Sertoli-Zelltumor – Maligner Sertoli-Zelltumor – Granulosazelltumor – Tumoren der Thekomgruppe 2. Keimstrang-/Stromatumoren, gemischte und unbestimmte Formen – Inkomplett differenzierter Keimstrangtumor – Gemischte Tumoren (Sertoli-Zell- und LeydigZelltumor) – Maligne gemischte Keimstrang-/Stromatumoren – Tumoren mit Anteilen von Keimzelltumoren (Gonadoblastom) 3. Verschiedenartige Tumoren (»miscellaneous tumours«)
26
710
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
4.
5. 6.
26
7.
Keimzelltumoren nehmen viele der nichtgerminalen Tumoren einen benignen Verlauf. Aufgrund der Heterogenität der nichtgerminalen Hodentumoren hinsichtlich Morphologie und biologischem Verhalten gibt es keinen einheitlichen Therapiestandard für die Gesamtgruppe, sondern lediglich histologiespezifische Behandlungstrategien. Aufgrund der Seltenheit dieser Tumoren konnten bisher keine randomisierten prospektiven Therapiestudien durchgeführt werden. Die Therapieempfehlungen entsprechen daher dem Level 4 (Expertenmeinung) der evidenzbasierten Medizin und nur ausnahmsweise dem Level 3 (retrospektive, unkontrollierte Studien) (Souchon et al. 2003).
– Karzinoidtumor – Tumoren vom ovariellen Epitheltyp (BrennerTumor, Zystadenom u. a.) – Nephroblastom – Paragangliom Hämatopoetische Tumoren – Maligne Lymphome des Hodens – Plasmozytom Rete-testis-Tumor Mesenchymale Tumoren – Gutartige mesenchymale Tumoren – Sarkome Sekundäre Tumoren (Metastasen anderer Tumoren im Hoden)
26.13.2 Keimstrang-/Stromatumoren,
reine Formen und gemischte Formen Maligne Lymphome des Hodens sind der mit Abstand häufigste nichtgerminale Tumortyp (Shahab u. Doll 1999), gefolgt von den Leydig-Zelltumoren und den Epidermoidzysten. Deutlich seltener sind Sertoli-Zelltumoren sowie testikuläre Metastasen anderer Krebserkrankungen (Friedrichs et al. 1986). Im Gegensatz zu
Die Histogenese der Gerüststrukturen der Gonade ist nicht endgültig geklärt (Petersen et al. 2008; Teilum 1976). Daher ist auch die Terminologie der Tumoren dieser Gewebe uneinheitlich. Die eine Theorie geht davon aus, dass die Sertoli-Zellen in der 4.–6. Embryonalwoche durch
Tab. 26.28. Relative Häufigkeit der nichtgerminalen Hodentumoren Hodentumoren gesamt (n)
Nichtgerminale Tumoren (n)
Quelle
Jahr
Mainz (Fischer et al. 1975)
1975
116
19
BTTP (Pugh 1976)
1976
2739
373
LZT (n)
SCT (n)
Mal. Ly. (n)
EZ (n)
Metastasen (n)
Andere (n)
7
–
–
–
–
12
43
32
185
7
24
82
Heidelberg (Wurster 1976)
1976
135
23
3
–
14
1
5
Zürich (von Hochstetter u. Hedinger 1982)
1982
367
43
16
2
17
2
3
3
Bonn (Harzmann u. Stiens 1982)
1982
1071
73
21
5
26
9
4
8
Österreich (Mikuz et al. 1984)
1984
260
21
4
4
11
–
–
2
Paris (Chomette et al. 1985)
1985
360
40
11
6
15
6
2
Paris (Bitker et al. 1986)
1986
141
15
9
0
2
3
–
–
Ulm: BWK (Schnell et al. 1987)
1987
154
18
3
–
–
12
–
3
Freiburg (Vahlensieck u. Zemann 1990)
1990
262
10
8
–
2
–
–
–
FU Berlin (Dieckmann 1991)
1991
445
36
13
–
10
9
3
1
Hamburg: BWK (Kressel et al. 1993)
1993
640
55
8
8
1
29
–
9
Hamburg: Albertinen-Krankenhaus
2008
406
31
14
0
10
4
0
3
7096
759
160
57
293
75
41
130
10,7
2,26
0,80
4,13
1,06
0,58
1,83
Gesamt (n) Relativer Anteil (%)
BTTP British Testicular Tumour Panel; BWK Bundeswehrkrankenhaus; LZT Leydig-Zelltumor; SCT Sertoli-Zelltumor; Mal. Ly. Malignes Lymphom des Hodens; EZ Epidermoidzyste.
711 26.13 · Seltene Hodentumoren
Abschnürung von Epithelien an der dorsalen Wand des Zöloms entstehen. Diese eingestülpten Epithelien ordnen sich in längsgerichteten Strängen, den sog. Keimsträngen an, aus denen später die Samenkanälchen werden. Zwischen den Keimsträngen, im Keimstrangstroma, bilden sich aus dem Mesenchym die Leydig-Zellen. Aus dieser Anschauung entwickelte sich der Begriff der »Keimstrangtumoren«. Die andere Theorie postuliert eine Entstehung der Sertoli-Zellen gemeinsam mit den Leydig-Zellen aus dem Mesenchym der primitiven Gonade. So entstand der Begriff »Tumoren des speziellen Gonadenstromas« (Mostofi u. Price 1973). Die WHO-Klassifikation bleibt unverbindlich im Hinblick auf die Histogenese.
Leydig-Zelltumoren 2,3% aller testikulären Tumoren ( Tab. 26.28) sind Leydig-Zelltumoren (LZT). Ätiologie und Pathogenese dieser Neoplasien sind unbekannt (Al-Agha u. Axiotis 2007). Im Tiermodell lassen sich diese Tumoren durch Östrogenzufuhr induzieren. In Einzelfällen sind familiäre Häufung (Bokemeyer et al. 1993), Assoziation mit Maldeszensus testis und Kombination mit Keimzelltumoren beschrieben worden (Dieckmann u. Loy 1993). Die Tumoren sind zumeist glatt berandet und weisen eine gelblichbraune Farbe auf ( Abb. 26.11). Histologisch müssen die LZT von nodulären Leydig-Zellhyperplasien abgegrenzt werden (Loy u. Linke 2003; Colecchia et al. 2007). Als
Abb. 26.11. Operationspräparat: Leydig-Zell-Tumor am Hodenpol. Beachte die glatte Abgrenzung des Tumors mit Pseudokapsel sowie die gelblich-braune Farbe des Tumors
Erkennungsmerkmal gelten die Reinke-Kristalle (Teilum 1976; Young u. Scully 1990; Petersen et al. 2008; Loy u. Linke 2003; Mikuz u. Colecchia 2007; Emerson u. Ulbright 2007). Ein Häufigkeitsgipfel findet sich im Kindesalter (ca. 20–30% aller LZT), ein zweiter Gipfel liegt – ähnlich wie bei den Keimzelltumoren – im jüngeren Erwachsenenalter (Conkey et al. 2005; Huyghe et al. 2007). Die kindlichen LZT sind stets benigne und ausnahmslos endokrin aktiv. Leitsymptom ist die Pubertas praecox. Im Erwachsenenalter sind ebenfalls viele der LZT endokrin aktiv (Suardi et al. 2008). Ein erhöhter Östrogengehalt findet sich im Hodenvenenblut bei 57% der Patienten (Masur et al. 1996) und im peripheren Blut bei etwa 30% der Fälle. Die endokrine Tumoraktivität bestimmt daher einen großen Anteil der klinischen Symptome (Kim et al. 1985; Huyghe et al. 2007), z. B. Gynäkomastie (20% aller Patienten), Infertilität (10%), Libidoverlust und erektile Dysfunktion (10%). Das häufigste Leitsymptom ist – wie bei den Keimzelltumoren – die schmerzlose Hodenvergrößerung. Oft sind die LZT auch symptomlos und werden zufällig durch Ultraschall diagnostiziert. Ca. 5% aller Leydig-Zelltumoren nehmen einen malignen Verlauf (Petersen et al. 2008). Histologisch ist die eindeutige Identifizierung dieser Variante nicht möglich, wenngleich maligne LZT häufig nukleäre Atypien, vermehrte Mitosen sowie eine erhöhte Wachstumsfraktion aufweisen (Loy u. Linke 2003; Young 2008). Die Konstellation außergewöhnliche Tumorgröße sowie Alter von über 50 Jahren findet sich häufiger bei der bösartigen Variante, jedoch sind diese Symptome keinesfalls spezifisch (Petersen et al. 2008). Die Metastasierung ist das einzige sichere Kennzeichen des malignen LZT. Die Standard-Therapie des LZT besteht in der inguinalen Ablatio testis. Wird jedoch bereits präoperativ ein gutartiger Tumor vermutet (z. B. beim kindlichen Tumor oder bei Leitsymptom Gynäkomastie), so kann in anatomisch geeigneten Fällen (Tumor polständig, Größe <2 cm) auch eine organerhaltende Enukleationsresektion durchgeführt werden (Weissbach u. Schaefer 2008). Dieser Eingriff hat sich als ausreichend sicher erwiesen (Wegner et al. 1997; Huyghe et al. 2007; Carmignani et al. 2007; Giannarini et al. 2007). In jedem Falle sollte durch abdominale Computertomographie und Röntgen-Thorax-Aufnahme nach einer etwaigen Metastasierung gesucht werden. 73% der malignen LZT manifestieren sich in den retroperitonealen Lymphknoten (Walz 1997). In diesen Fällen ist die radikale retroperitoneale Lymphadenektomie (RLA) indiziert. Zweithäufigster Metastasenort ist die Lunge (43%). Hinsichtlich der Nachsorge existieren keine verbindlichen Empfehlungen. Eine jährliche Gesundheitsunter-
26
712
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
suchung mit Sonographie, klinischer Exploration und ggf. Bestimmung des Serum-Östradiolspiegels erscheint jedoch sinnvoll.
Sertoli-Zelltumoren
26
0,8% aller Hodentumoren gehören in die Gruppe der Sertoli-Zelltumoren ( Tab. 26.28). Diese Neoplasien sind morphologisch sehr heterogen (Teilum 1976; Petersen et al. 2008; Lawrence et al. 1986). Die Sertoli-Zelltumoren kommen in allen Altersgruppen vor, auch im Kindesalter (Walz 1997; Conkey et al. 2005). Prädisponierende Faktoren sind nicht bekannt. Knapp 30% der Patienten haben eine Gynäkomastie, die durch aromatasebedingte Umwandlung von Testosteron in Östrogene bedingt ist. Ca. 20% der Sertoli-Zelltumoren sind maligne. Betroffen sind hiervon überwiegend erwachsene Patienten. Der invasive Charakter dieser Tumoren ist histologisch evident. Die Prognose ist ungünstig. Die Metastasenbildung kann auch spät auftreten. Daher wird von einigen Autoren auch bei negativer klinischer Metastasendiagnostik die RLA empfohlen. Wegen der offensichtlichen Neigung zu später Metastasierung wird ein langer Nachsorgezeitraum empfohlen.
Testikuläre Granulosazelltumoren Testikuläre Granulosazelltumoren sind sehr selten. Sie treten in einer juvenilen Form bei Kleinkindern mit Chromosomenanomalien oder intersexuellen Genitalfehlbildungen auf. Der Tumor ist gutartig. Zur Therapie genügt die Ablatio testis. Die adulte Form des testikulären Granulosazelltumors ist ein morphologisches Spiegelbild des gleichnamigen Tumors im Ovar (Teilum 1976). Etwa 20 Fälle wurden bisher beschrieben (Düe et al. 1990). Nur ausnahmsweise nimmt der adulte Granulosazelltumor einen malignen Verlauf (Hammerich et al. 2008).
26.13.3 Keimstrang-/Stromatumoren,
gemischte und unbestimmte Formen Diese Tumoren imitieren morphologisch diverse Phasen der embryonalen Stromaentwicklung der Gonade (Teilum 1976). Mischformen mit Leydig-Zellkomponente und Sertoli-Zellkomponente kommen vor, ebenso gering differenzierte gonadale Stromatumoren, die kaum näher klassifizierbar sind (Dieckmann u. Loy 1994b). Alle Altersgruppen können betroffen sein. Im Kindesalter sind diese Tumoren gutartig. Im Erwachsenenalter verläuft dieser Tumortyp dagegen in ca. 50% maligne. Nach der Ablatio testis ist die RLA dann eine sinnvolle Therapieoption (Walz 1997).
Gonadoblastom Das Gonadoblastom ist ein seltener Tumor, der aus Keimzellen und aus Stromaelementen aufgebaut ist (Scully 1970; Young u. Scully 1990). Histologisch imponieren Nester mit knotigen Wucherungen aus Keimstrangelementen und Keimzellen. Die in den Nestern enthaltenen Keimzellen weisen große Ähnlichkeit mit der testikulären intraepithelialen Neoplasie (TIN) auf (Jorgensen et al. 1997; Kersemaekers et al. 2005). Die Tumorknoten sind umgeben von Samenkanälchen, in denen sich gelegentlich die TIN anfindet,(Slowikowska-Hilczer et al. 2003; Hoepffner et al. 2005). Das Gonadoblastom kommt in verschiedenen histologischen Varianten vor. Klinisch tritt der Tumor ausschließlich in fehlgebildeten Genitalien auf. 80% der Gonadoblastome werden bei phänotypisch weiblichen Patienten gefunden. Die übrigen Tumoren finden sich bei phänotypisch männlichen Patienten mit verschiedenen Formen des Pseudohermaphroditismus (SlowikowskaHilczer et al. 2003). Alle bisher berichteten Patienten waren jünger als 30 Jahre. Mehr als ein Drittel der Tumoren befällt beide Hoden. Das Gonadoblastom ist prinzipiell benigne, jedoch können die in den Tumorzellnestern vorhandenen Keimzellen sekundär zu typischen Keimzelltumoren entarten (Krag Jacobsen u. Talerman 1989). Zur Therapie ist die bilaterale Orchiektomie erforderlich.
26.13.4 Verschiedenartige Tumoren
(»miscellaneous tumours«) Der häufigste Tumor in dieser Gruppe ist das Karzinoid. Der Tumor entsteht aus neuroendokrinen Zellen. Karzinoide können überall entstehen, wo neuroendokrine Zellen vorkommen. Am häufigsten ist der Gastrointestinaltrakt sowie der Respirationstrakt betroffen. Der Hoden ist eine außergewöhnliche Lokalisation für diese Tumoren. Etwa 70 testikuläre Karzinoide wurden bisher berichtet (Stroosma u. Delaere 2008). Drei mögliche Entstehungsursachen sind denkbar.
Das Karzinoid könnte sich in einem Teratom im Sinne einer Transformation bilden. 14 solcher Fälle (sog. »gemischtes Karzinoid«) wurden bisher dokumentiert.
Das testikuläre Karzinoid könnte die Metastase eines Karzinoids an anderer Stelle sein. Eine solche Ursache (sog. »sekundäres Karzinoid«) wurde in bisher 9 Fällen gefunden.
Am häufigsten ist die Entstehung eines primär testikulären Karzinoids in intratestikulären neuroendokrinen Zellen (Wolf et al. 2006). Etwa 50 solcher Fälle sind bisher beschrieben worden.
713 26.13 · Seltene Hodentumoren
Die Symptomatik wird zumeist durch die lokale Größenzunahme des Skrotalinhaltes bestimmt. Nur ausnahmsweise sind typische Karzinoidsymptome mit »Flush«Symptomatik berichtet worden. Die primären testikulären Karzinoide sind überwiegend gutartig. Metastasierungen sind bisher nur aufgetreten, wenn die primäre Tumorgröße mehr als 5 cm betrug. Beim primär testikulären Karzinoid genügt zur Therapie die Ablatio testis. Die Suche nach weiteren Karzinoidherden mit Hilfe der abdominalen Computertomographie sowie Endoskopie des Gastrointestinaltraktes ist unverzichtbar. Im Falle eines gemischten Karzinoids (mit Teratomanteilen) muss eine RLA in Erwägung gezogen werden.
tikulären Lymphome zwischen 60 und 70 Jahren (Shahab u. Doll 1999). Bei Männern im Alter von über 60 Jahren ist das maligne Lymphom der häufigste Hodentumor. Ca. 30% dieser Tumoren treten bilateral auf ( Abb. 26.12; Vitolo et al. 2008). Die Behandlung erfolgt durch inguinale Ablatio testis gefolgt von einer Anthrazyklin-haltigen Chemotherapie (Vitolo et al. 2008). Selbst bei primär auf den Hoden beschränkten Lymphomen kommt es in 52% zu systemischen Rezidiven. Die mediane Überlebenszeit beträgt etwa 4,8 Jahre (Zucca et al. 2003). Auch Spätrezidive sind nicht selten.
26.13.6 Rete-testis Tumor 26.13.5 Hämatopoetische Tumoren
4,1% aller Hodentumoren sind maligne Lymphome ( Tab. 26.28). 30–40% der Patienten mit testikulärem Lymphom weisen bei Diagnosestellung bereits einen Befall weiterer Organe auf. Bei 60–70% der Patienten ist der testikuläre Befall die erste und zunächst einzige Manifestation der Lymphomerkrankung. Histologisch handelt es sich in 90% um B-Zell Non-Hodgin Lymphome, in 10% um T-Zell Lymphome. Sehr viel seltener sind primäre MALT-Lymphome, follikuläre Lymphome und Plasmozytome im Hoden (Hasselblom et al. 2004). Im Unterschied zu den Keimzelltumoren liegt das mediane Alter der tes-
Das Rete-testis-Karzinom ist definiert durch 4 Bedingungen:
Die Haupttumormasse liegt in der Region des Mediastinum testis.
Es ist ein morphologischer Übergang erkennbar zwischen dem normalen Epithel des Rete testis und dem Karzinomgewebe.
Fehlen von Keimzelltumorgewebe.
Fehlen von Gewebe aus anderen nichtgerminalen Tumoren (Petersen et al. 2008; Amin 2005). Knapp 40 Fälle wurden bisher beschrieben (SanchezChapado et al. 1995; Walz 1997; Mehra et al. 2007). Die meisten Patienten waren älter als 40 Jahre. Der Tumor verhält sich sehr aggressiv. Selbst kleine Tumoren sind oft bereits metastasiert. Die Prognose ist ungünstig. Die Überlebensrate nach 1 Jahr liegt bei 50%. Die retroperitoneale Lymphadenektomie hat therapeutischen Wert bei diesem Tumor.
26.13.7 Mesenchymale Tumoren
Abb. 26.12. Kernspintomograhie der Hoden in T2-Modus bei beidseitig tastbarem Tumor. Histologisch beidseitig niedrig malignes NonHodgkin Lymphom. Die intratestikulären Raumforderungen haben das eigentliche Hodenparenchym nahezu vollständig ersetzt. Nur noch schmaler Parenchymsaum erkennbar
Sarkome und gutartige mesenchymale Tumoren treten viel häufiger an den paratestikulären Strukturen auf als im Hoden. Rein intratestikuläre mesenchymale Tumoren wurden bisher nur ausnahmsweise berichtet. Am häufigsten sind intratestikuläre Hämangiome, die vornehmlich bei Kindern auftreten. Andere Raritäten sind Leiomyome, Fibrome oder myxoide Neurofibrome (Eble et al. 2004). Unter den malignen mesenchymalen Tumoren des Hodens ist das Rhabdomyosarkom mit einem Dutzend dokumentierter Fälle noch der häufigste Tumor (Walz 1997). Andere Sarkomtypen sind seltener. Die Therapie folgt den Grundsätzen der Sarkombehandlung. Wegen der begrenzten Wirksamkeit der Chemotherapie hat die RLA einen hohen Stellenwert.
26
714
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
26.13.8 Sekundäre Tumoren Metastasen im Hoden können prinzipiell von allen denk-
26
baren Organkarzinomen ausgehen. In den meisten Fällen ist der Hoden zusammen mit paratestikulären Strukturen von dem metastatischen Gewebe befallen. Ausschließlich testikuläre Metastasen kommen extrem selten vor. Als Metastasierungswege kommen in Frage:
kanalikulär im Ductus deferens (z. B. Prostatakarzinom);
lymphogen;
retrograd venös über die Vena spermatica (z. B. Nierenkarzinom);
hämatogen. Insgesamt sind über 300 Fälle dokumentiert (Dutt et al. 2000; Amin 2005; Ulbright u. Young 2008). Das häufigste Sekundärkarzinom ist das Prostatakarzinom mit ca. 80 Fällen (Heidrich et al. 1999) gefolgt vom Bronchialkarzinom, dem Melanom und dem Nierenzellkarzinom (Dieckmann et al. 1988; Schmorl et al. 2008). Das Alter dieser Fälle entspricht naturgemäß dem Prädilektionsalter der entsprechenden primären Karzinome. In den meisten Fällen ist die testikuläre Metastase ein Teilaspekt im Rahmen einer disseminierten Tumorausbreitung. Dementsprechend ist die Prognose in den meisten Fällen von sekundären Hodentumoren ungünstig. Bei der Therapieplanung ist das Gesamtkonzept der onkologischen Therapie des betreffenden Tumors zu berücksichtigen. Eine Ablatio testis ist aber in den meisten Fällen unumgänglich.
26.13.9 Exkurs: Epidermoidzyste des Hodens
Die Epidermoidzyste des Hodens (auch: epidermale Zyste) nimmt eine Sonderstellung ein, weil deren Histogenese nicht eindeutig geklärt ist. Die Geschwulst besteht aus einer fibrösen Kapsel, die nach zentral hin ausschließlich mit Lagen von verhornendem Plattenepithel ausgefüllt ist ( Abb. 26.13; Pugh 1976). Die WHO wertet die Epidermoidzyste als eine einseitig differenzierte monodermale Form des Teratoms und listet sie dementsprechend bei den Keimzelltumoren (Eble et al. 2004). Vieles weist jedoch darauf hin, dass die Epidermoidzyste – entgegen der WHO-Klassifikation – kein Keimzelltumor ist (Young u. Scully 1990). Hierfür spricht der gutartige klinische Verlauf, das Vorkommen von epidermalen Zysten auch in anderen Organen sowie insbesondere das wiederholt nachgewiesene vollständige Fehlen von TIN-Zellen in der Umgebung der Zyste (Dieckmann u. Loy 1994a; Heidenreich et al. 1996).
Abb. 26.13. Operationspräparat: Epidermoidzyste exzidiert aus dem Hoden. Die Zyste ist aufgeschnitten. Zysteninhalt ausschließlich amorphe teigige Masse, histologisch Hornlamellen. Am Rande des Präparates gelblich-bräunliches Hodenparenchym
Etwa 1% aller Hodentumoren sind Epidermoidzysten ( Tab. 26.28). Die Erkrankung kommt in jedem Alter vor, am häufigsten ist jedoch – wie bei den Keimzelltumoren – die Altersgruppe der 20- bis 40-jährigen Männer betroffen. Leitsymptom ist die schmerzlose Hodenschwellung. In der skrotalen Sonographie findet sich das typische Bild einer fast kreisrunden intratestikulären Raumforderung mit hyperreflexivem Randsaum sowie hyporeflexivem Binnenecho, das oft von zwiebelschalenartigen Reflexbändern durchsetzt ist (Cho et al. 2002; Stewart u. Sidhu 2007; Bonkat et al. 2007). Ein solcher Befund legt bereits präoperativ die Verdachtsdiagnose Epidermoidzyste nahe (Woodward et al. 2002). Zur Therapie genügt die organerhaltende Tumorexzision (Heidenreich et al. 1996; Weissbach u. Schaefer 2008). Differenzialdiagnostisch muss die Epidermoidzyste vom Dermoid abgegrenzt werden. Dies ist eine noch seltenere zystische Geschwulst, die neben Hornlamellen weitere Hautanhangsgebilde wie Haare und Talgdrüsen enthält und aufgrund dieser Komposition als Form des Teratoms betrachtet werden muss.
Literatur Literatur zu Kap. 26.1 Akre O, Ekbom A, Sparen P et al. (2000) Body size and testicular cancer. J Natl Cancer Inst 92: 1093–1096 Armstrong B, Doll R (1975) Environmental factors and cancer incidence and mortality in different countries, with special reference to dietary practices. Int J Cancer 15: 617–631 Brown LM, Pottern LM, Hoover RN et al. (1986) Testicular cancer in the United States: rends in incidence and mortality. Int J Epidemiol 15: 164–170
715 Literatur
Cannon-Albright LA, Thomas A, Goldgar DE et al. (1994) Familiality of cancer in Utah. Cancer Res 54: 2378–2385 Carlesen E, Giwercman A, Keiding N et al. (1992) Evidence for decreasing quality of semen during the last 50 years. BMJ 305: 609–612 Coupland CAC, Forman D, Chilvers CED et al. (2004) Maternal risk factors for testicular cancer: a population-based case control study (UK). Cancer Causes Control 15: 277–283 Davies TW, Palmer CR, Ruja E et al. (1996) Adolescent milk, dairy product and fruit consumption and testicular cancer. Br J Cancer 74: 657–660 Dieckmann KP, Pichlmeier U (2002) Is risk of testicular cancer related to body size? Eur Urol 2: 564–569 Dieckmann KP, Pichlmeier U (2004) Clinical epidemiology of testicular germ cell tumors. World J Urol 22: 2–14 Ganmaa D, Li XM, Wang J et al. (2002) Incidence and mortality of testicular and prostatic cancers in relation to world dietary practices. Int J Cancer 98: 262–267 Garner MJ, Birkett NJ, Johnson KC (2003) Dietary risk factors for testicular carcinoma. Int J Cancer 106: 934–941 Garner MJ, Turner MC, Ghadiriam P et al. (2005) Epidemiology of testicular cancer: an overview. Int J Cancer 116: 331–339 Giwercman A, Grindsted J, Hansen B et al. (1987) Testicular cancer risk in boys with maldescended testis: a cohort study. J Urol 138: 1214–1216 Giwercman A, Muller J, Skakkebaek NE (1988) Cryptorchidism and testicular neoplasia. Horm Res 30: 157–163 Haughey BP, Graham S, Brasure J et al. (1989) The epidemiology of testicular cancer in upstate New York. Am J Epidemiol 130: 25–36 Heimdahl K, Olsson H, Tretli S et al. (1996) Familial testicular cancer in Norway and southern Sweden. Br J Cancer 73: 964–969 Huyghe E, Matsuda T, Thonneau P (2003) Increasing incidence of testicular cancer worldwide: a review. J Urol 170: 5–11 Jacobsen R, Bostofte E, Engholm G et al. (2000) Risk of testicular cancer in men with abnormal semen characteristics: cohort study. BMJ 321: 789–792 McKiernan JM, Goluboff ET, Liberson GL et al. (1999) Rising risk of testicular cancer by birth cohort in the United States from 1973 to 1995. J Urol 162: 361–367 Moller H (1997) Work in agriculture, childhood resistance, nitrate exposure, and testicular cancer risk: a case-control study in Denmark. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 6: 141–144 Moller H, Skakkebaek NE (1996) Risk of testicular cancer and cryptorchidism in relation to socioeconomic status and related factors: case – control studies in Denmark. Int J Cancer 66: 287–293 Moller H, Jorgensen N, Fordham D (1995) Trends in incidence of testicular cancer in boys and adolescent men. Int J Cancer 61: 761–764 Moss AR, Osmond D, Bachetti P et al. (1986) Hormonal risk factors in testicular cancer. A case control study. Am J Epidemiol 124: 39–52 Oesterlind A (1986) Diverging trends in incidence and mortality of testicular cancer in Denmark 1943–1982. Br J Cancer 53: 501–505 Parkin DM, Shanmugarathnam K, Sobin L et al. (1998) Histological groups for comparative studies. Lyon: IARC Pearce N, Sheppard RA, Howard JK et al. (1987) Time trends and occupational differences in cancer of the testis in New Zealand. Cancer 59: 1677–1682 Pottern LM, Morris Brown L, Hoover RN et al. (1985) Testicular cancer risk among young men: role of cryptorchidism and inguinal hernia. J Natl Cancer Inst 74: 377–381 Prener A, Hsieh AA, Engholm G et al. (1992) Birth order and risk of testicular cancer. Cancer Causes Control 3: 265–272
Rapley EA, Crockford GP, Teare D et al. (2000) Localisation to Xq27 of a susceptibility gene for testicular germ-cell tumors. Nat Genet 24: 197–200 Richiardi L, Askling J, Granath F et al. (2003) Body size at birth and adulthood and the risk for germ-cell testicular cancer. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 12: 669–673 Richiardi L, Akre O, Lambe M et al. (2004) Birth order, sidship size, and risk for germ-cell testicular cancer. Epidemiology 15: 323–329 Rorth M, Rajpert-De Meyts E, Andersson L et al. (2000) Carcinoma in situ in the testis. Scand J Urol Nephrol Suppl: 166–186 Sharpe RM, Skakkebaek NE (1993) Are oestrogens involved in falling sperm counts and disorders of the male reproductive tract? Lancet 341: 1392–1395 Sigurdson AJ, Chang S, Annegers JF et al. (1999) A case-control study of diet and testicular carcinoma. Nutr Cancer 34: 20–26 Swerdlow AJ, Skeet RG (1988) Occupational associations of testicular cancer in South East England. Br J Ind Med 45: 225–230 Swerdlow AJ, Huttly SR, Smith P (1989) Testis cancer: post-natal hormonal factors, sexual behaviour and fertility. Int J Cancer 43: 549–553 Swerdlow AJ, Higgins CD, Pike MC (1997) Risk of testicular in a cohort of boys with cryptorchidism. BMJ 314: 1507–1511 Troisi R, Potischman N, Roberts J et al. (2003) Associations of maternal and umbilical cord hormone concentrations with maternal gestational and neonatal factors (United States). Cancer Causes Control 14: 347–355 United Kingdom Testicular Cancer Study Group (1994) Aetiology of testicular cancer: association with congenital abnormalities, age at puberty, infertility and exercise. BMJ 308: 1393–1399 Wanderas EH, Tretli S, Fossa SD (1995) Trends in incidence of testicular cancer in Norway 1955–1992. Eur Urol 31A: 2044–2048 Wanderas EH, Grotmol T, Fossa SD et al. (1998) Maternal health and pre- and perinatal characteristics in the etiology of testicular cancer: a prospective population and register-based study on Norwegian male borns between 1967 and 1995. Cancer Causes Control 9: 475–486 Weir HK, Marrett LD, Kreiger N et al. (2000) Prenatal and perinatal exposures and risk of testicular germ cell cancer. Int J Cancer 87: 438–443 Westergaard T, Olsen JH, Frisch M et al. (1996) Cancer risk in fathers and brothers of testicular cancer patients in Denmark. A population-based study. Int J Cancer 66: 627–631 Westergaard T, Andersen PK, Pedersen JB et al. (1998) Testicular cancer risk and maternal parity: a population-based cohort study. Br J Cancer 77: 1180–1185
Literatur zu Kap. 26.2 Aebi S, Kurdi-Haidar B, Gordon R, Cenni B, Zheng H, Fink D, Christen RD, Boland CR, Koi M, Fishel R, Howell SB (1996) Loss of DNA mismatch repair in acquired resistance to cisplatin. Cancer Res 56: 3087–3090 Aebi S, Fink D, Gordon R, Kim HK, Zheng H, Fink JL, Howell SB (1997) Resistance to cytotoxic drugs in DNA mismatch repair-deficient cells. Clin Cancer Res 3: 1763–1767 Antonsson B, Martinou JC (2000) The Bcl-2 protein family. Exp Cell Res 256: 50–57 Bernstein C, Bernstein H, Payne CM, Garewal H (2002) DNA repair/ pro-apoptotic dual-role proteins in five major DNA repair pathways: fail-safe protection against carcinogenesis. Mutat Res 511: 145–178 Bokemeyer C, Nichols CR, Droz JP, Schmoll HJ, Horwich A, Gerl A, Fossa SD, Beyer J, Pont J, Kanz L, Einhorn L, Hartmann JT (2002) Extrago-
26
716
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
nadal germ cell tumors of the mediastinum and retroperitoneum: results from an international analysis. J Clin Oncol 20: 1864–1873 Borst P, Evers R, Kool M, Wijnholds J (2000) A family of drug transporters: the multidrug resistance-associated proteins. J Natl Cancer Inst 92: 1295–1302 Bosl GH, Goldman A, Lange PH et al. (1981) Impact of delay in diagnosis on clinical stage of testicular cancer. Lancet 2: 970–973 Burger H, Nooter K, Boersma AW, Kortland CJ, Stoter G (1997) Lack of correlation between cisplatin-induced apoptosis, p53 status and expression of Bcl-2 family proteins in testicular germ cell tumour cell lines. Int J Cancer 73: 592–599 Burger H, Nooter K, Boersma AW, van Wingerden KE, Looijenga LH, Jochemsen AG, Stoter G (1999) Distinct p53-independent apoptotic cell death signalling pathways in testicular germ cell tumour cell lines. Int J Cancer 81: 620–628 Cairns J (2002) Somatic stem cells and the kinetics of mutagenesis and carcinogenesis. Proc Natl Acad Sci USA 99: 10567–10570 Chaganti RS, Houldsworth J (2000) Genetics and biology of adult human male germ cell tumors. Cancer Res 60: 1475–1482 Chresta CM, Masters JR, Hickman JA (1996) Hypersensitivity of human testicular tumors to etoposide-induced apoptosis is associated with functional p53 and a high Bax:Bcl-2 ratio. Cancer Res 56: 1834–1841 Conrad S, Renninger M, Hennenlotter J, Wiesner T, Just L, Bonin M, Aicher W, Buhring HJ, Mattheus U, Mack A, Wagner HJ, Minger S, Matzkies M, Reppel M, Hescheler J, Sievert KD, Stenzl A, Skutella T (2008) Generation of pluripotent stem cells from adult human testis. Nature 456:344–349 de Jong J, Stoop H, Dohle GR, Bangma CH, Kliffen M, van Esser JW, van den BM, Kros JM, Oosterhuis JW, Looijenga LH (2005) Diagnostic value of OCT3/4 for pre-invasive and invasive testicular germ cell tumours. J Pathol 206: 242–249 Devouassoux-Shisheboran M, Mauduit C, Bouvier R, Berger F, Bouras M, Droz JP, Benahmed M (2001) Expression of hMLH1 and hMSH2 and assessment of microsatellite instability in testicular and mediastinal germ cell tumours. Mol Hum Reprod 7: 1099–1105 Dieckmann KP, Becker T, Bauer HW (1987) Testicular tumors. Presentation and role of diagnostic delay. Urol Int 42: 241 Dieckmann KP, Krain J, Gottschalk W et al. (1994) Atypische Symptomatik bei Patienten mit germinalen Hodentumoren. Urol A 33: 325–330 Faulkner SW, Friedlander ML (2000) Microsatellite instability in germ cell tumors of the testis and ovary. Gynecol Oncol 79: 38–43 Fink D, Nebel S, Norris PS, Baergen RN, Wilczynski SP, Costa MJ, Haas M, Cannistra SA, Howell SB (1998) Enrichment for DNA mismatch repair-deficient cells during treatment with cisplatin. Int J Cancer 77: 741–746 Gondos B (1993) Ultrastructure of developing and malignant germ cells. Eur Urol 23: 68–74 Gondos B, Migliozzi JA (1987) Intratubular germ cell neoplasia. Semin Diagn Pathol 4: 292–303 Hainaut P, Soussi T, Shomer B, Hollstein M, Greenblatt M, Hovig E, Harris CC, Montesano R (1997) Database of p53 gene somatic mutations in human tumors and cell lines: updated compilation and future prospects. Nucleic Acids Res 25: 151–157 Hamm B (1997) Differential diagnosis of scrotal masses by ultrasound. Eur Radiol 7: 668–679 Hardman RA, Afshari CA, Barrett JC (2001) Involvement of mammalian MLH1 in the apoptotic response to peroxide-induced oxidative stress. Cancer Res 61: 1392–1397 Honecker F, Mayer F, Stoop H, Oosterhuis JW, Koch S, Bokemeyer C, Looijenga LH (2003) Xeroderma pigmentosum group a protein
and chemotherapy resistance in human germ cell tumors. Lab Invest 83: 1489–1495 Honecker F, Mayer F, Stoop H, Oosterhuis JW, Koch S, Bokemeyer C, Looijenga LH (2003) Xeroderma pigmentosum group a protein and chemotherapy resistance in human germ cell tumors. Lab Invest 831489–1495. Houldsworth J, Xiao H, Murty VV, Chen W, Ray B, Reuter VE, Bosl GJ, Chaganti RS (1998) Human male germ cell tumor resistance to cisplatin is linked to TP53 gene mutation. Oncogene 16: 2345–2349 Huddart RA, Wooster R, Horwich A, Cooper CS (1995) Microsatellite instability in human testicular germ cell tumours. Br J Cancer 72: 642–645 Ise T, Shimizu T, Lee EL, Inoue H, Kohno K, Okada Y (2005) Roles of volume-sensitive Cl- channel in cisplatin-induced apoptosis in human epidermoid cancer cells. J Membr Biol 205: 139–145 Jacob S, Aguado M, Fallik D, Praz F (2001) The role of the DNA mismatch repair system in the cytotoxicity of the topoisomerase inhibitors camptothecin and etoposide to human colorectal cancer cells. Cancer Res 61: 6555–6562 Kersemaekers AM, Mayer F, Molier M, van Weeren PC, Oosterhuis JW, Bokemeyer C, Looijenga LH (2002) Role of P53 and MDM 2 in treatment response of human germ cell tumors. J Clin Oncol 20: 1551–1561 Kishimoto S, Kawazoe Y, Ikeno M, Saitoh M, Nakano Y, Nishi Y, Fukushima S, Takeuchi Y (2006) Role of Na+, K+-ATPase alpha1 subunit in the intracellular accumulation of cisplatin. Cancer Chemother Pharmacol 57: 84–90 Kitada N, Takara K, Minegaki T, Itoh C, Tsujimoto M, Sakaeda T, Yokoyama T (2008) Factors affecting sensitivity to antitumor platinum derivatives of human colorectal tumor cell lines. Cancer Chemother.Pharmacol. 62:577–584 Kliesch S (2004) Diagnostik und Primärtherapie des Hodentumors. Urol A 43: 1494–1499 Kliesch S, Bergmann M, Hertle L et al. (1997) Semen parameters and testicular pathology in men with testicular cancer and contralateral carcinoma in situ or bilateral testicular malignancies. Hum Reprod 12: 2830–2835 Koberle B, Grimaldi KA, Sunters A, Hartley JA, Kelland LR, Masters JR (1997) DNA repair capacity and cisplatin sensitivity of human testis tumour cells. Int J Cancer 70: 551–555 Koberle B, Masters JR, Hartley JA, Wood RD (1999) Defective repair of cisplatin-induced DNA damage caused by reduced XPA protein in testicular germ cell tumours. Curr Biol 9: 273–276 Koberle B, Roginskaya V, Zima KS, Masters JR, Wood RD (2008) Elevation of XPA protein level in testis tumor cells without increasing resistance to cisplatin or UV radiation. Mol.Carcinog 47:580–586 Konig J, Nies AT, Cui Y, Leier I, Keppler D (1999) Conjugate export pumps of the multidrug resistance protein (MRP) family: localization, substrate specificity, and MRP2-mediated drug resistance. Biochim Biophys Acta 1461: 377–394 Lage H, Dietel M (1999) Involvement of the DNA mismatch repair system in antineoplastic drug resistance. J Cancer Res Clin Oncol 125: 156–165 Looijenga LH, Oosterhuis JW (1999) Pathogenesis of testicular germ cell tumours. Rev Reprod 4: 90–100 Lothe RA, Peltomaki P, Tommerup N, Fossa SD, Stenwig AE, Borresen AL, Nesland JM (1995) Molecular genetic changes in human male germ cell tumors. Lab Invest 73: 606–614 Lutzker SG, Levine AJ (1996) A functionally inactive p53 protein in teratocarcinoma cells is activated by either DNA damage or cellular differentiation. Nat Med 2: 804–810
717 Literatur
Lutzker SG, Mathew R, Taller DR (2001) A p53 dose-response relationship for sensitivity to DNA damage in isogenic teratocarcinoma cells. Oncogene 20: 2982–2986 Masters JR, Thomas R, Hall AG, Hogarth L, Matheson EC, Cattan AR, Lohrer H (1996) Sensitivity of testis tumour cells to chemotherapeutic drugs: role of detoxifying pathways. Eur J Cancer 32A, 1248–1253 Mayer F, Gillis AJ, Dinjens W, Oosterhuis JW, Bokemeyer C, Looijenga LH (2002) Microsatellite instability of germ cell tumors is associated with resistance to systemic treatment. Cancer Res 62: 2758–2760 Mayer F, Stoop H, Scheffer GL, Scheper R, Oosterhuis JW, Looijenga LH, Bokemeyer C (2003) Molecular determinants of treatment response in human germ cell tumors. Clin Cancer Res 9: 767–773 McGurk CJ, Cummings M, Koberle B, Hartley JA, Oliver RT, Masters JR (2006) Regulation of DNA repair gene expression in human cancer cell lines. J Cell Biochem 97: 1121–1136 Mostert MC, Verkerk AJ, van de PM, Heighway J, Marynen P, Rosenberg C, van Kessel AG, van Echten J, de Jong B, Oosterhuis JW, Looijenga LH (1998) Identification of the critical region of 12p overrepresentation in testicular germ cell tumors of adolescents and adults. Oncogene 16: 2617–2627 Mostofi FK (1973) Proceedings: Testicular tumors. Epidemiologic, etiologic, and pathologic features. Cancer 32: 1186–1201 Moul JW, Paulson DF, Dodge RK et al. (1990) Delay in diagnostic and survival in testicular cancer: impact of effective therapy and changes during 18 years. J Urol 1990: 520–523 Mueller S, Schittenhelm M, Honecker F, Malenke E, Lauber K, Wesselborg S, Hartmann JT, Bokemeyer C, Mayer F (2006) Cell-cycle progression and response of germ cell tumors to cisplatin in vitro. Int.J Oncol 29: 471–479 Nikzas S, Champion AE, Fox M (1990) Germ cell tumors of testis: prognostic factors and results. Eur Urol 18: 242 Oosterhuis JW, Looijenga LH (2005) Testicular germ-cell tumours in a broader perspective. Nat.Rev.Cancer 5: 210–222 Oliver RTD (1985) Factors contributing to delay in diagnosis of testicular tumors. Brit Med J 290: 356 Oosterhuis JW, Looijenga LH, van Echten J, de Jong B (1997) Chromosomal constitution and developmental potential of human germ cell tumors and teratomas. Cancer Genet Cytogenet 95: 96–102 Ottesen AM, Skakkebaek NE, Lundsteen C, Leffers H, Larsen J, Rajpert-De Meyts E (2003) High-resolution comparative genomic hybridization detects extra chromosome arm 12p material in most cases of carcinoma in situ adjacent to overt germ cell tumors, but not before the invasive tumor development. Genes Chromosomes Cancer 38: 117–125 Prout GR, Griffin PP (1984) Testicular tumors; delay in diagnosis and influence in survival. Am J Fam Phys 29: 205–209 Rajpert-De Meyts E, Bartkova J, Samson M, Hoei-Hansen CE, Frydelund-Larsen L, Bartek J, Skakkebaek NE (2003) The emerging phenotype of the testicular carcinoma in situ germ cell. APMIS 111: 267–278 Reed E (1998) Platinum-DNA adduct, nucleotide excision repair and platinum based anti-cancer chemotherapy. Cancer Treat Rev 24: 331–344 Rosenberg C, van Gurp RJ, Geelen E, Oosterhuis JW, Looijenga LH (2000) Overrepresentation of the short arm of chromosome 12 is related to invasive growth of human testicular seminomas and nonseminomas. Oncogene 19: 5858–5862 Sandberg AA, Meloni AM, Suijkerbuijk RF (1996) Reviews of chromosome studies in urological tumors. III. Cytogenetics and genes in testicular tumors. J Urol 155: 1531–1556
Scheffer GL, Wijngaard PL, Flens MJ, Izquierdo MA, Slovak ML, Pinedo HM, Meijer CJ, Clevers HC, Scheper RJ (1995) The drug resistancerelated protein LRP is the human major vault protein. Nat Med 1: 578–582 Schmoll HJ, Souchon R, Krege S et al. (2004) European consensus on diagnosis and treatment of germ cell cancer: a report of the European germ cell cancer consensus group (EGCCCG). Ann Oncol 15: 1377–1399 Skakkebaek NE (1972) Possible carcinoma-in-situ of the testis. Lancet 2: 516–517 Spierings DC, de Vries EG, Vellenga E, de Jong S (2003a) Loss of druginduced activation of the CD95 apoptotic pathway in a cisplatinresistant testicular germ cell tumor cell line. Cell Death Differ 10: 808–822 Spierings DC, de Vries EG, Vellenga E, de Jong S (2003b) The attractive Achilles heel of germ cell tumors an inherent sensitivity to apoptosis-inducing stimuli. J Pathol 200(2): 137–148 Strohmeyer T, Reissmann P, Cordon-Cardo C, Hartmann M, Ackermann R, Slamon D (1991) Correlation between retinoblastoma gene expression and differentiation in human testicular tumors. Proc Natl Acad Sci USA 88: 6662–6666 Ulbright TM (1993) Germ cell neoplasms of the testis. Am J Surg Pathol 17: 1075–1091 Velasco A, Riquelme E, Schultz M, Wistuba II, Villarroel L, Pizarro J, Berlin A, Ittmann M, Koh MS, Leach FS (2004) Mismatch repair gene expression and genetic instability in testicular germ cell tumor. Cancer Biol Ther 3: 977–982 Voorhoeve PM, le Sage C, Schrier M, Gillis AJ, Stoop H, Nagel R, Liu YP, van Duijse J, Drost J, Griekspoor A, Zlotorynski E, Yabuta N, De Vita G, Nojima H, Looijenga LH, Agami R (2006) A genetic screen implicates miRNA-372 and miRNA-373 as oncogenes in testicular germ cell tumors. Cell 124: 1169–1181 Wylie C (1999) Germ cells. Cell 96: 165–174
Literatur zu Kap. 26.3 Canil CM, Tannock IF (2002) Doctor‘s dilemma: incorporating tumor markers into clinical decision-making. Semin Oncol 29: 286–293 DeSantis M, Bokemeyer C Becherer A et al. (2001) Predictive impact of 2-18-fluoro-2-deoxy-D-glucose positron emission tomography (FDG PET) for residual postchemotherapy masses in patients with bulky seminoma. J Clin Oncol 19: 3740–3744 Dieckmann KP, Loy V (1996) Prevalence of contralateral testicular intraepithelial neoplasia in patients with testicular germ cell neoplasms. J Clin Oncol 14: 3126–3132 Dieckmann KP, Kulejewski M, Pichlmeier U, Loy V (2007) Diagnosis of contralateral testicular intraepithelial neoplasia (TIN) in patients with testicular germ cell cancer: systematic two-site biopsies are more sensitive than a single random biopsy. Eur Urol 51: 175–185 Hamm B (1997) Differential diagnosis of scrotal masses by ultrasound. Eur Radiol 7: 668–679 Holm M, Hoei-Hansen CE, Rajpert-de Meyts E et al. (2003) Increased risk of carcinoma in situ in patients with testicular germ cell cancer with ultrasonic microlithiasis in the contralateral testicle. J Urol 170: 1163–1167 Huddart R, O`DohertyM, Padhani A et al. (2008) A prospective study of 18FDG PET in the prediction of relapse in patients with stage I (CSI) non-seminomatous germ cell cancer (NSGCT): MRC study TE22. ASCO, abstract 4520 International Germ Cell Cancer Collaborative Group (IGCCCG) (1997) The International Germ Cell Consensus Classification: A prognostic factor based staging system for metastatic germ cell cancer. J Clin Oncol 15: 594–603
26
718
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Jacobson GK, Norgaard Pedersen B (1986) Placental alkaline phosphatase in testicular germ cell tumours and in carcinoma-in-situ of the testis. In: Jones WG, Milford WA, Anderson CK (eds) Germ cell tumours II. Pergamon, Oxford, p 157 Kliesch S (2003) Fertilität bei Patienten mit Hodentumorerkrankungen. Onkologe 9: 955–961 Krug B, Heidenreich A, Dietlein M et al. (1999) Lymphknotenstaging maligner testikulärer Keimzelltumoren. Fortschr Röntgenstr 171: 87–94 Lassen U, Daugaard G, Eigtved A et al. (2003) Wholebody positron emission tomography (PET) with FDG in patients with stage I non-seminomatous germ cell tumours (NSGCT). Eur J Nucl Med Imaging 30: 396–402 May M, Helke C, Nitzke T et al. (2004) Diagnostic value of tumour marker regression models in stage I marker-positive testicular cancer. Urol Int 73: 329–336 Mazumdar M, Bajorin DF, Bacik J et al. (2001) Predicting outcome to chemotherapy in patients with germ cell tumors: the value of the rate of decline of human chorionic gonadotropin and alphafetoprotein during therapy. J Clin Oncol 19: 2534–2541 Meyer CA, Conces DJ (2002) Imaging of intrathoracic metastases of nonseminomatous germ cell tumors. Chest Surg Clin N Am 12: 717–738 Nagler-Reus M, Guhl L, Volz C, Wuerstlin S, Arlart IP (1995) Magnetic resonance tomography of the scrotum. Experiences with 129 patients. Radiologe 8: 494–503 Nicolai N, Miceli R, Artusi R et al. (2004) A simple model for predicting nodal metastasis in patients with clinical stage I nonseminomatous germ cell testicular tumors undergoing retroperitoneal lymph node dissection only. J Urol 171: 172–176 Salesi N, Di Cocco B, Alghisi F et al. (2002) Testis cancer markers. Clinical use. Minerva Med 93: 365–369 Schmidt KL, Larsen E, Bangsboll S et al. (2004) Assisted reproduction in male cancer survivors: fertility treatment and outcome in 67 couples. Hum Reprod 19: 2806–2810 Sobin LH, Wittekind Ch (eds.) (2002) UICC: TNM classification of malignant tumours. Sixth edition. Wiley-Liss, Inc., New York White PM, Adamson DJA, Howard GCW et al. (1999) Imaging of the thorax in the management of germ cell testicular tumours. Clin Radiol 54: 207–211
Literatur zu Kap. 26.4 Al-Assiri M, Kevin Z, Binsaleh S, Chan PT (2005) Surgical approach of giant testicular cancer. Case report and literature review. Can J Urol 12: 2557–9 Albers P (2006) Organ-sparing surgery for testicular lesions. Eur Urol suppl 5: 522–524 Albers P, Albrecht W, Algaba F, Bokemeyer C, Cohn-Cedermark G, Horwich A, Klepp O, Laguna MP, Pizzocaro G (2005) Guidelines on testicular cancer. Eur Urol 48: 885–894 Albers P, Dieckmann K-P (1998) Hodentumoren: Diagnostik und Therapie des Primärtumors. Onkologe 4: 487–493 Albers P, Dommer K, Müller SC (1998) Hodentumoren – Todesfälle und Rezidive nach inadäquater Therapie. Testicular tumors. Mortality and recurrence after inadequate therapy. [Article in German]. Urologe A 37: 625–628 Ashdown DA, Bodiwala D, Liu S (2004) Is high cord radical orchidectomy always necessary for testicular cancer? Ann R Coll Surg Engl 86: 289–291 Azzopardi JG, Mostofi FK, Theiss EA (1961) Lesions of the testes observed in certain patients with widespread choriocarcinoma and related tumors. The significance and genesis of hemat-
oxylin-staining bodies in the human testis. Am J Pathol 38: 207–225 Bell D, Morash C, Dranitsaris G, Izawa J, Short T, Klotz LH, Fleshner N (2006) Does prolonging the time to testicular cancer surgery impact long-term cancer control: a systematic review of the literature. Can J Urol 13 Suppl 3: 30–6 Bodiwala D, Summerton DJ, Terry TR (2007) Testicular prostheses: development and modern usage. Ann R Coll Surg Engl 89: 349–353 Boileau MA, Steers WD (1984) Testis tumors: the clinical significance of the tumor-contaminated scrotum. J Urol 132: 51–54 Bolten M, Weissbach L, Kaden R (2005) Kryokonservierte humane Spermadepots. Brauchbarkeit nach jahrzehntelanger Lagerung. Urologe A 44: 904–908 Boy D, Carl P (2002) Akzeptanz von Silikonhodenprothesen im Langzeitverlauf. Urologe A 41: 462–469 Brydoy M, Fossa SD, Klepp O, Bremnes RM, Wist EA, Wentzel-Larsen T, Dahl O (2005) Paternity following treatment for testicular cancer. J Natl Cancer Inst 97: 1580–1588 Buse S, Lurati G, Schmid HP (2003) Hodentumoren – eine aktuelle Übersicht. Schweiz Rundsch Med Prax 92: 1989–1997 Capelouto CC, Clark PE, Ransil BJ, Loughlin KR (1995) A review of scrotal violation in testicular cancer: is adjuvant local therapy necessary? J Urol 153: 981–985 Casella R, Rochlitz C, Sauter G, Gasser TC (1999) Der »ausgebrannte« Hodentumor; eine seltene Erscheinungsform der Keimzellneoplasien. Schweiz Med Wochenschr 129: 235–240 Chapple A, McPherson A (2004) The decision to have a prosthesis: A qualitative study of men with testicular cancer. Psychooncology 13: 654–664 Christensen TB, Daugaard G, Geertsen PF, von der Maase H (1998) Effect of chemotherapy on carcinoma in situ of the testis. Ann Oncol 9: 657–660 Colpi GM, Carmignani L, Nerva F, Guido P, Gadda F, Castiglioni F (2005) Testicular-sparing microsurgery for suspected testicular masses. BJU Int 96: 67–69 Daneshmand S, Skinner EC (2003) Surgery for testicular cancer: radical orchiectomy. In: Raghavan D (ed) American Cancer Society Atlas of Clinical Oncology – Germ Cell Tumors, pp 93–97. Decker, Hamilton Dieckmann K-P (2000) Die kontralaterale Hodenbiopsie beim Hodentumor – ein Plädoyer dafür. Urologe A 39: 260–266 Dieckmann KP (2007) diagnostic delay in testicular cancer: an analytic chimaera or a worthy goal? Eur Urol 52: 1566–1568 Dieckmann KP, Loy V (1993) Seminoma testis after testis sparing excision of testicular teratoma. Br J Urol 71: 612–613 Dieckmann KP, Loy V (1996) Prevalence of contralateral testicular intraepithelial neoplasia in patients with testicular germ cell neoplasms. J Clin Oncol 14: 3126–3132 Dieckmann KP, Loy V (2003) False-Negative Biopsies for the Diagnosis of Testicular Intraepithelial Neoplasia (TIN) – An Update. Eur Urol 43: 516–521 Dieckmann KP, Becker T, Bauer HW (1987) Testicular tumors: presentation and role of diagnostic delay. Urol Int 42: 241–247 Dieckmann KP, Classen J, Loy V (2003) Diagnosis and management of testicular intraepithelial neoplasia (carcinoma in situ)--surgical aspects. APMIS 111: 64–68 Dieckmann KP, Claßen J, Loy V (2005a) Präkanzerose der Hodentumoren: Testikuläre intraepitheliale Neoplasie. Dtsch Ärztebl 102: A3106-A3109 Dieckmann KP, Heinemann V, Frey U, Pichlmeier U (2005b) How Harmful is Contralateral Testicular Biopsy?- An Analysis of Serial Imaging Studies and a Prospective Evaluation of Surgical Complications. Eur Urol 48: 662–672
719 Literatur
Dieckmann KP, Kulejewski M, Pichlmeier U, Loy V (2007) Diagnosis of contralateral testicular intraepithelial neoplasia (TIN) in patients with testicular germ cell cancer: systematic two-site biopsies are more sensitive than a single random biopsy. Eur Urol 51: 175–185 Elert A, Olbert P, Hegele A, Barth P, Hofmann R, Heidenreich A (2002) Accuracy of frozen section examination of testicular tumors of uncertain origin. Eur Urol 41: 290–3 El-Helw L, Coleman RE (2005) Salvage dose intense and high-dose chemotherapy for the treatment of poor prognosis or recurrent germ cell tumours. Cancer Treat Rev 31: 197–209 Fabre E, Jira H, Izard V, Ferlicot S, Hammoudi Y, Theodore C, Di Palma M, Benoit G, Droupy S (2004) »Burned-out’ primary testicular cancer. BJU Int 94: 74–78 Feldman DR, Bosl GJ, Sheinfeld J, Motzer RJ (2008) Medical treatment of advanced testicular cancer. JAMA 299: 672–684 Fossa SD, Aass N, Heilo A, Daugaard G, Skakkebaek NE, Stenwig AE, Nesland JM, Looijenga LH, Oosterhuis JW (2003) Testicular carcinoma in situ in patients with extragonadal germ-cell tumours: the clinical role of pretreatment biopsy. Ann Oncol 14: 1412–1418 Fossa SD, Chen J, Schonfeld SJ, McGlynn KA, McMaster ML, Gail MH, Travis LB (2005) Risk of contralateral testicular cancer: a population-based study of 29515 U.S. men. J Natl Cancer Inst 97: 1056–1066 Geczi L, Gomez F, Bak M, Bodrogi I (2003) The incidence prognosis clinical and histological characteristics treatment and outcome of patients with bilateral germ cell testicular cancer in Hungary. J Cancer Res Clin Oncol 129: 309–315 Geldart TR, Simmonds PD, Mead GM (2002) Orchidectomy after chemotherapy for patients with metastatic testicular germ cell cancer. BJU Int 90: 451–455 Goldstein M, Waterhouse K (1983) When to use the Chevassu maneuver during exploration of intrascrotal masses. J Urol 130: 1199–1200 Harding M, Paul J, Kaye SB (1995) Does delayed diagnosis or scrotal incision affect outcome for men with non-seminomatous germ cell tumours? Br J Urol 76: 491–494 Harland SJ, Cook PA, Fossa SD, Horwich A, Mead GM, Parkinson MC, Roberts JT, Stenning SP (1998) Intratubular germ cell neoplasia of the contralateral testis in testicular cancer: Defining a high risk group. J Urol 160: 1353–1357 Hartmann JT, Albrecht C, Schmoll HJ, Kuczyk MA, Kollmannsberger C, Bokemeyer C (1999) Long-term effects on sexual function and fertility after treatment of testicular cancer. Br J Cancer 80: 801–807 Hartmann JT, Fossa SD, Nichols CR, Droz JP, Horwich A, Gerl A, Beyer J, Pont J, Fizazi K, Hecker H, Kanz L, Einhorn L, Bokemeyer C (2001) Incidence of metachronous testicular cancer in patients with extragonadal germ cell tumors. J Natl Cancer Inst 93: 1733–1738 Heidenreich A, Krege S, Flasshove M (2004) Interdisziplinäre Kooperation in der Therapie von komplexen Patienten mit fortgeschrittenem testikulärem Keimzelltumor. Urologe A 43: 1521–1530 Heidenreich A, Moul JW (2002) Contralateral testicular biopsy procedure in patients with unilateral testis cancer: Is it indicated? Semin Urol Oncol 20: 234–238 Heidenreich A, Weissbach L, Höltl W, Albers P, Kliesch S, Köhrmann KU, Dieckmann KP (2001) Organ Sparing Surgery for malignant Germ Cell Tumors of the Testis. J Urol 166: 2161–2165 Heidenreich A, Zumbe J, Vorreuther R, Klotz T, Vietsch H, Engelmann UH (1996) Testikuläre Epidermiszyste: Orchiektomie oder Enukleationsresektion? Urologe A 35: 1–5 Hentrich M, Weber N, Bergsdorf T, Liedl B, Hartenstein R, Gerl A (2005) Management and outcome of bilateral testicular germ cell tumors: Twenty-five year experience in Munich. Acta Oncol 44: 529 – 536
Hermanek P (1981) Frozen section diagnosis in tumors of the testis. Possibilities limitations indications. Pathol Res Pract 173: 54–65 Hernes EH, Harstad K, Fossa (1996) Changing incidence and delay of testicular cancer in southern Norway (1981–1992). Eur Urol 30: 349–57 Herr HW, Sheinfeld J (1997) Is biopsy of the contralateral testis necessary in patients with germ cell tumors? J Urol 158: 1331–1334 Hoei-Hansen CE, Holm M, Rajpert-De Meyts E, Skakkebaek NE (2003) Histological evidence of testicular dysgenesis in contralateral biopsies from 218 patients with testicular germ cell cancer. J Pathol 200: 370–374 Hoei-Hansen CE, Rajpert-De Meyts E, Daugaard G, Skakkebaek NE (2005) Carcinoma in situ testis the progenitor of testicular germ cell tumours: a clinical review. Ann Oncol 16: 863–868 Höppner W, Reinel D, Hartmann M (1986) Examination of the fertility of patients with malignant testicular cancer at the time of orchiectomy. The question of the opinion on cryopreservation. Andrologia 18: 398–405 Huddart RA, Norman A, Moynihan C, Horwich A, Parker C, Nicholls E, Dearnaley DP (2005) Fertility, gonadal and sexual function in survivors of testicular cancer. Br J Cancer 93: 200–207 Huyghe E, Matsuda T, Daudin M, Chevreau C, Bachaud JM, Plante P, Bujan L, Thonneau P (2004) Fertility after testicular cancer treatments: results of a large multicenter study. Cancer 100: 732–737 Huyghe E, Muller A, Mieusset R, Bujan L, Bachaud JM, Chevreau C, Plante P, Thonneau P (2007) Impact of diagnostic delay in testis cancer: Results of a large population based study. Eur Urol 52: 1710–1716 Huyghe E, Soulie M, Escourrou G, Mieusset R, Plante P, Thonneau P (2005) Conservative management of small testicular tumors relative to carcinoma in situ prevalence. J Urol 173: 820–823 Incrocci L, Bosch JL, Slob AK (1999) Testicular prostheses: body image and sexual functioning. BJU Int 84: 1043–1045 Johnson DE, Babaian RJ (1980) The case for conservative surgical management of the ilioinguinal region after inadequate orchiectomy. J Urol 123: 44–46 Kazem I, Danella JF (1999) Organ preservation for the treatment of contralateral testicular seminoma. Radiother Oncol 53: 45–47 Kliesch S (2003) Fertilität bei Patienten mit Hodenerkrankungen. Onkologe 9: 955–961 Kliesch S (2004) Diagnostik und Primärtherapie des Hodentumors. Urologe A 43: 1494–1499 Kliesch S, Kamischke A, Nieschlag E (2000) Kryokonservierung menschlicher Spermien zur Zeugungsreserve. In: Nieschlag E Behre HM (Hrsg) Andrologie. Grundlagen und Klinik der reproduktiven Gesundheit des Mannes. Springer Berlin Heidelberg New York S 407–416 Kliesch S, Thomaidis T, Schütte B, Puhse G, Kater B, Roth S, Bergmann M (2003) Update on the diagnostic safety for detection of testicular intraepithelial neoplasia (TIN) APMIS 111: 70–74 Krege S, Beyer J, Souchon R, Albers P, Albrecht W, Algaba F, Bamberg M, Bodrogi I, Bokemeyer C, Cavallin-Ståhl E, Classen J, Clemm C, Cohn-Cedermark G, Culine S, Daugaard G, De Mulder PH, De Santis M, de Wit M, de Wit R, Derigs HG, Dieckmann KP, Dieing A, Droz JP, Fenner M, Fizazi K, Flechon A, Fosså SD, Garcia Del Muro X, Gauler T, Geczi L, Gerl A, Germa-Lluch JR, Gillessen S, Hartmann JT, Hartmann M, Heidenreich A, Hoeltl W, Horwich A, Huddart R, Jewett M, Joffe J, Jones WG, Kisbenedek L, Klepp O, Kliesch S, Koehrmann KU, Kollmannsberger C, Kuczyk M, Laguna P, Leiva Galvis O, Loy V, Mason MD, Mead GM, Mueller R, Nichols C, Nicolai N, Oliver T, Ondrus D, Oosterhof GO, Paz Ares L, Pizzocaro G, Pont J, Pottek T, Powles T, Rick O, Rosti G, Salvioni R, Scheiderbauer J,
26
720
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Schmelz HU, Schmidberger H, Schmoll HJ, Schrader M, Sedlmayer F, Skakkebaek NE, Sohaib A, Tjulandin S, Warde P, Weinknecht S, Weissbach L, Wittekind C, Winter E, Wood L, von der Maase H (2008) European Consensus Conference on Diagnosis and Treatment of Germ Cell Cancer: A Report of the Second Meeting of the European Germ Cell Cancer Consensus group (EGCCCG): Part I. Eur Urol 53: 478–496 Krege S, Schmoll HJ, Souchon R (2001) Interdisziplinärer Konsensus zur Diagnostik und Therapie von Hodentumoren. Ergebnisse einer Update-Konferenz auf Grundlage evidenzbasierter Medizin (EBM) Urologe A 40: 137–147 Krupienski M, Sparwasser C, Loy V, Kraft K, Pust RA (1997) Die Problematik des diagnostischen und therapeutischen Vorgehens bei einem Patienten mit retroperitonealem Keimzelltumor. [Problems in diagnosis and therapy planning in a patient with retroperitoneal yolk sac tumor. Case report and review of the literature]. Urologe A 36: 557–560 Lambert SM, Fisch H (2007) Infertility and testis cancer. Urol Clin North Am 34: 269–277 Lampe H, Horwich A, Norman A, Nicholls J, Dearnaley DP (1997) Fertility after chemotherapy for testicular germ cell cancers. J Clin Oncol 15: 239–245 Leeuwen FEv, Stiggelbout AM, Belt-Dousebout AWvd, Noyon R, Eliel MR, Kerkhoff EHMv, Delemarre JFM, Somers R (1993) Second cancer risk following testicular cancer: A follow-up study of 1909 patients. J clin Oncol 11: 415–424 Leibovitch I, Baniel J, Foster RS, Donohue JP (1995) The clinical implications of procedural deviations during orchiectomy for nonseminomatous testis cancer. J Urol 154: 935–939 Leibovitch I, Little JSJ, Foster RS, Rowland RG, Bihrle R, Donohue JP (1996) Delayed orchiectomy after chemotherapy for metastatic nonseminomatous germ cell tumors. J Urol 155: 952–954 Leroy X, Rigot JM, Aubert S, Ballereau C, Gosselin B (2003) Value of frozen section examination for the management of nonpalpable incidental testicular tumors. Eur Urol 44: 458–460 Lo KC, Wong C, Emond J, Aprikian AG (2001) Scrotal orchiectomy for a large testicular seminoma. Can J Urol 8: 1234–1236 Maase Hvd (2005) Is a contralateral testicular biopsy in patients with unilateral germ cell testicular cancer indicated as a routine procedure? Acta Oncol 44: 523–525 Maase vdH, Giwercman A, Müller J, Skakkebaek NE (1987) Management of carcinoma-in-situ of the testis. Int J Androl 10: 209–220 Magelssen H, Haugen TB, von During V, Melve KK, Sandstad B, Fossa SD (2005) Twenty years experience with semen cryopreservation in testicular cancer patients: who needs it? Eur Urol 48: 779–785 Markland C, Kedia K, Fraley EE (1973) Inadequate orchiectomy for patients with testicular tumors. JAMA 224: 1025–1026 Mikuz G (2008) Hodentumoren – prognostische Faktoren. Pathologe 29 (Suppl. 2): 270–272 Mottet N, Petit M, Sous-Comité Organes génitaux externes CdCdlA (2004) Conservative surgery for testicular tumours. [Article in French]. Prog Urol 14: 15–18 Moul JW (2007) Timely diagnosis of testicular cancer. Urol Clin North Am 34: 109–117 Moul JW, Paulson DF, Dodge RK, Walther PJ (1990) Delay in diagnosis and survival in testicular cancer: Impact of effective therapy and and changes during 18 years. J Urol 143: 520–523 Nikzas D, Champion AE, Fox M (1990) Germ cell tumours of testis: prognostic factors and results. Eur Urol 18: 242–7 Osterlind A, Berthelsen JG, Abildgaard N, Hansen SO, Hjalgrim H, Johansen B, Munck Hansen J, Rasmussen LH (1991) Risk of bilateral
testicular germ cell cancer in Denmark: 1960–1984. J Natl Cancer Inst 83: 1391–5 Ozen H, Altug U, Bakkaloglu MA, Remzi D (1988) Significance of scrotal violation in the prognosis of patients with testicular tumours. Br J Urol 62: 267–270 Paduch DA (2006) Testicular cancer and male infertility. Curr Opin Urol 16: 419–427 Pont J, Höltl W (2005) Keimzelltumoren des Mannes. Uni Med Verlag: Bremen Prym C, Lauke H (1994) Carcinoma -in-situ of the human testis: Tumour cells are distributed focally in the seminiferous tubules. Andrologia 26: 231–234 Prym P (1927) Spontanheilung eines bösartigen wahrscheinlich chorionepitheliomatösen Gewächses im Hoden. Virchows Arch Pathol Anat 265: 239–258 Ramani VA, Grey BR, Addla SK, Dunham MP, Sangar VK, Clarke NW (2008) Histological Outcome of Delayed Orchidectomy after Primary Chemotherapy for Metastatic Germ Cell Tumour of the Testis. Clin Oncol (R Coll Radiol) 20: 247–252 Richie JP (1984) Simultaneous bilateral tumors with unorthodox management. World J Urol 2: 74 Schmidt KL, Carlsen E, Andersen AN (2007) Fertility treatment in male cancer survivors. Int J Androl 30: 413–418 Schmoll HJ, Souchon R, Krege S, Albers P, Beyer J, Kollmannsberger C et al. (2004) European Consensus on Diagnosis and Treatment of Germ Cell Cancer. A Report of the European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCCG) Ann Oncol 15: 1377–1399 Scholz M, Zehender M, Thalmann GN, Borner M, Thoni H, Studer UE (2002) Extragonadal retroperitoneal germ cell tumor: evidence of origin in the testis. Ann Oncol 13: 121–124 Seppelt U (1982) Enukleation eines sukzessiven Zweittumors im Resthoden. Therapiewoche 32: 560–563 Sibert L, Rives N, Rey D, MacE B, Grise P (1999) Semen cryopreservation after orchidectomy in men with testicular cancer. BJU Int 84: 1038–1042 Spermon JR, Kiemeney LA, Meuleman EJ, Ramos L, Wetzels AM, Witjes JA (2003) Fertility in men with testicular germ cell tumors. Fertil Steril 79 Suppl 3: 1543–1549 Steiner H, Höltl L, Maneschg C, Berger AP, Rogatsch H, Bartsch G, Hobisch A (2003) Frozen section analysis-guided organ-sparing approach in testicular tumors: technique, feasibility, and longterm results. Urology 62: 508–513 Taksey J, Bissada NK, Chaudhary UB (2003) Fertility after chemotherapy for testicular cancer. Arch Androl 49: 389–395 Turek PJ, Master VA, Group, TPS (2004) Safety and effectiveness of a new saline filled testicular prosthesis. J Urol 172: 1427–1430 van Casteren NJ, Boellaard WP, Dohle GR, Weber RF, Kuizinga MC, Stoop H, Oosterhuis WJ, Looijenga LH (2008) Heterogeneous distribution of ITGCNU in an adult testis: consequences for biopsybased diagnosis. Int J Surg Pathol 16: 21–24 Von der Maase H (2005) Is a contralateral testicular biopsy in patients with unilateral germ cell testicular cancer indicated as a routine procedure? Acta Oncol 44: 523–525 Von der Maase H, Giwercman A, Müller J, Skakkebaek NE (1987) Management of carcinoma-in-situ of the testis. Int J Androl 10: 209–220 Weissbach L (1995) Organ preserving surgery of malignant germ cell tumors. J Urol 153: 90–93 Weissbach L (1999) Guidelines for the diagnosis and therapy of testicular cancer and new developments. Urol Int 63: 46–56 Weissbach L, Janssen PL, Bach D (1979) Die Implantation von Hodenprothesen unter Berücksichtigung psychischer Aspekte. Urologe A 18: 151–156
721 Literatur
Weissbach L, Schaefer C (2008) Organerhaltende Hodentumorchirurgie. Urologe 47: 809–817 Winter E, Kliesch S, Souchon R, De Wit M (2005) Diagnostik des Hodentumors. Dtsch Ärztebl 102: A3021-A3025 Wishnow KI, Johnson DE, Preston WL, Tenney DM, Brown BW (1990) Prompt orchiectomy reduces morbidity and mortality from testicular carcinoma. Br J Urol 65: 629–33 Wittekind C (2008) Biologie und Pathologie von Keimzelltumoren des Hodens. Onkologe 14: 602–610 Wittekind C, Loy V (1998) Pathologie und pathologische Diagnostik von Hodentumoren. Onkologe 4: 476–486 Yossepowitch O, Baniel J (2004) Role of organ-sparing surgery in germ cell tumors of the testis. Urology 63ks: 421–427
Literatur zu Kap. 26.5 Buchler T, Freeman A, Harland S (2008) Contralateral intratubular germ cell neoplasia in a patient with testicular cancer. Nat Clin Pract Urol 5: 284–288 Christensen TB, Daugaard G, Geertsen PF, von der Maase H (1998) Effect of chemotherapy on carcinoma in situ of the testis. Ann Oncol 9: 657–660 Classen J, Dieckmann K, Bamberg M, Souchon R, Kliesch S, Kuehn M, Loy V, German Testicular Cancer Study Group (2003) Radiotherapy with 16 Gy may fail to eradicate testicular intraepithelial neoplasia: preliminary communication of a dose-reduction trial of the German Testicular Cancer Study Group. Br J Cancer 88: 828–831 Classen J, Dieckmann K-P, Loy V, Bamberg M (1998) Die testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN) Indikation zur Strahlentherapie? Strahlenther Onkol 174: 173–177 Dieckmann KP, Classen J, Souchon R, Loy V (2001) Therapie der testikulären intraepithelialen Neoplasie (TIN) – eine Übersicht auf Grundlage der evidenzbasierten Medizin (EBM). Wien Klin Wochenschr 113: 7–14 Dieckmann KP, Lauke H, Michl U, Winter E, Loy V (2002) Testicular germ cell cancer despite previous local radiotherapy to the testis. Eur Urol 41: 643–649 Dieckmann KP, Loy V (1995) Intratesticular effects of cisplatin-based chemotherapy. Eur Urol 28: 25–30 Dieckmann KP, Loy V (1998) The value of the biopsy of the contralateral testis in patients with testicular germ cell cancer: the recent German experience. APMIS 106: 13–20; discussion 20–3 Giwercman A, von der Maase H, Berthelsen JG, Rorth M, Bertelsen A, Skakkebaek NE (1991) Localized irradiation of testes with carcinoma in situ: effects on Leydig cell function and eradication of malignant germ cells in 20 patients. J Clin Endocrinol Metab 73: 596–603 Heidenreich A, Beckert R, Vietsch Hv, Engelmann UH (1995) Screening Diagnostik und Therapie der testikulären intraepithelialen Neoplasie (TIN). Akt Urol 26: 175–180 Hoei-Hansen CE, Rajpert-De Meyts E, Daugaard G, Skakkebaek NE (2005) Carcinoma in situ testis the progenitor of testicular germ cell tumours: a clinical review. Ann Oncol 16: 863–868 Kliesch S, Bergmann M, Hertle L, Nieschlag E, Behre HM (1997) Semen parameters and testicular pathology in men with testicular cancer and contralateral carcinoma in situ or bilateral testicular malignancies. Hum Reprod 12: 2830–2835 Krege S, Beyer J, Souchon R, Albers P, Albrecht W, Algaba F, Bamberg M, Bodrogi I, Bokemeyer C, Cavallin-Ståhl E, Classen J, Clemm C, CohnCedermark G, Culine S, Daugaard G, De Mulder PH, De Santis M, de Wit M, de Wit R, Derigs HG, Dieckmann KP, Dieing A, Droz JP, Fenner M, Fizazi K, Flechon A, Fosså SD, Garcia Del Muro X, Gauler T, Geczi L, Gerl A, Germa-Lluch JR, Gillessen S, Hartmann JT, Hartmann M,
Heidenreich A, Hoeltl W, Horwich A, Huddart R, Jewett M, Joffe J, Jones WG, Kisbenedek L, Klepp O, Kliesch S, Koehrmann KU, Kollmannsberger C, Kuczyk M, Laguna P, Leiva Galvis O, Loy V, Mason MD, Mead GM, Mueller R, Nichols C, Nicolai N, Oliver T, Ondrus D, Oosterhof GO, Paz Ares L, Pizzocaro G, Pont J, Pottek T, Powles T, Rick O, Rosti G, Salvioni R, Scheiderbauer J, Schmelz HU, Schmidberger H, Schmoll HJ, Schrader M, Sedlmayer F, Skakkebaek NE, Sohaib A, Tjulandin S, Warde P, Weinknecht S, Weissbach L, Wittekind C, Winter E, Wood L, von der Maase H (2008 ) European Consensus Conference on Diagnosis and Treatment of Germ Cell Cancer: A Report of the Second Meeting of the European Germ Cell Cancer Consensus group (EGCCCG): Part I. Eur Urol 53: 478–496 Petersen PM, Giwercman A, Daugaard G, Rorth M, Petersen JH, Skakkebaek NE, Hansen SW, von der Maase H (2002) Effect of graded testicular doses of radiotherapy in patients treated for carcinomain-situ in the testis. J Clin Oncol 20: 1537–1543 Schmidt KL, Carlsen E, Andersen AN (2007) Fertility treatment in male cancer survivors. Int J Androl 30: 413–418 Schmoll HJ, Souchon R, Krege S, Albers P, Beyer J, Kollmannsberger C et al. (2004) European Consensus on Diagnosis and Treatment of Germ Cell Cancer A Report of the European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCCG). Ann Oncol 15: 1377–1399 Skakkebaek NE (2004) Testicular dysgenesis syndrome: New epidemiological evidence. Int J Androl 27: 189–191 Souchon R, Gertenbach U, Dieckmann KP, Hahn E, Ruwe M, Stambolis C, Loy V, Classen J (2006) Contralateral testicular cancer inspite of TIN-Negative double biopsies and interval cisplatin chemotherapy. Strahlenther Onkol 182: 289–292
Literatur zu Kap. 26.6 Ackers C, Rustin GJ (2006) Lactate dehydrogenase is not a useful marker for relapse in patients on surveillance for stage I germ cell tumours. Br J Cancer 94: 1231–1232 Albers P, Bender H, Yilmaz H et al. (1999) Positron emission tomography in the clinical staging of patients with stage I and II germ cell tumors. Urology 53: 808–811 Aparicio J, Garcia del Muro X, Maroto P, Paz-Ares L, Alba E, Saenz A, Terrasa J, Barnadas A, Almenar D, Arranz JA, Sanchez M, Fernandez A, Sastre J, Carles J, Dorca J, Guma J, Yuste AL, Germa JR; Spanish Germ Cell Cancer Cooperative Group (GG) (2003) Multicenter study evaluating a dual policy of postorchiectomy surveillance and selective adjuvant single-agent carboplatin for patients with clinical stage I seminoma. Ann Oncol 14: 867–872 Aparicio J, Germa JR, Del Muro XG, Maroto P, Arranz JA, Saenz A, Barnadas A, Dorca J, Guma J, Olmos D, Bastus R, Carles J, Almenar D, Sanchez M, Paz-Ares L, Satrustegui JJ, Mellado B, Balil A, LopezBrea M, Sanchez A (2005) Risk-adapted management for patients with clinical stage I seminoma: The Second Spanish Germ Cell Cancer Cooperative Group Study. J Clin Oncol 23: 817–823 Bamberg M, Schmidberger H, Meisner C et al. (1999) Radiotherapy for stage I, IIA/B testicular seminoma. Int J Cancer 83: 823–827 Baniel J, Foster RS, Gonin R et al. (1995) Late relapse of testicular cancer. J Clin Oncol 13: 1170–1176 Barth V, Hums R (1990) Serumhormone und Spermiogrammveränderungen bei Patienten mit malignen Hodentumoren nach Strahlen- und Zytostatikatherapie. Z Urol Nephrol 83: 291–295 Borski A (1973) Diagnosis, staging and natural history of testicular seminoma. Cancer 32: 1202–1206 Brenner DJ, Hall EJ (2007) Computed tomography – an increasing source of radiation exposure. N Engl J Med 357: 2277–2284 Busch FM, Sayegh ES, Shenault OW Jr. (1965) Some uses of lymphangiography in the management of testicular tumors. J Urol 93: 490–495
26
722
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Cabot H, Berkson J (1939) Neoplasms of the testis: a study of the results of orchidectomy, with and without irradiation. New Engl J Med 220: 192–195 Capelouto CC, Clark PE, Ransil BJ et al. (1995) A review of scrotal violation in testicular cancer: Is adjuvant local therapy necessary? J Urol 153: 981–985 Chaganti RSK, Houldsworth J (2000) Genetics and biology of adult human germ cell tumors. Cancer Res 60: 1475–1482 Choo R, Thomas G, Woo T, Lee D, Kong B, Iscoe N, Danjoux C, Klotz L, Morton G, Chander S (2005) Long-term outcome of postorchiectomy surveillance for stage I testicular seminoma. Int J Radiat Oncol Biol Phys 61: 736–740 Classen J, Schmidberger H, Meisner C, Winkler C, Dunst J, Souchon R, Weissbach L, Budach V, Alberti W, Bamberg M (2004) Para-aortic irradiation for stage I testicular seminoma: results of a prospective study in 675 patients. A trial of the German testicular cancer study group (GTCSG). Br J Cancer 90: 2305–2311 Classen J, Souchon R, Lächelt S et al. (2006) Follow-up strategies after paraaortic (PA) radiotherapy for stage I seminoma: What should we do and when should we do it? 27. Deutscher Krebskongress, 22.-–26.03.2006, Berlin, Abstract-Nr.: PO294. www.krebskongress2006.de Dahl AA, Mykletun A, Fossa SD (2005) Quality of life in survivors of testicular cancer. Urol Oncol 23: 193–200 Daugaard G, Petersen PM, Rorth M (2003) Surveillance in stage I testicular cancer. APMIS 111: 76–83 De Giorgi U, Tana S, Rosti G et al. (2006) Follow-up strategy of germ cell tumour patients. Ann Oncol 17: 529-–U4 Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (2002) Qualitätssicherung in der Onkologie – Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Hodentumoren auf der Grundlage evidenzbasierter Medizin (EBM). In: Souchon R, Schmoll H-J, Krege S (Hrsg) Zuckschwerdt, München Dieckmann KP, Krain J, Küster J et al. (1996) Adjuvant carboplatin treatment for seminoma clinical stage I. J Cancer Res Clin Oncol 122: 63–66 Dieckmann KP, Pichlmeier U (1997) The prevalence of familial testicular cancer. Cancer 80: 1954–1960 Dieckmann KP, Brüggeboes B, Pichlmeier U et al. (2000) Adjuvant treatment of clinical stage I seminoma: Is one single course of carboplatin sufficient? Urology 55: 102–106 Donovan PJ (1998) The germ cell – the mother of all stem cells. Int J Dev Biol 42: 1043–1050 Erpenbach K, Derschum W, Reis M (1997) Ergebnisse einer engmaschigen Hodentumornachsorge. Urologe A 29: 102–7 Ferlay J, Bray F, Pisani P et al. (2001) GLOBOCAN 2000: cancer incidence, mortality and prevalence worldwide, version 1.0. IARC Cancer Base No. 5, Lyon: IARC 2001 (auch: www.iarc.fr/globocan/ database.pdf ) Fitzgerald R, Twiss D, Mehra R, Evans M, Qaiyum M, Collins M (2004) Low-dose computed tomography surveillance of patients with testicular tumours. Clin Oncol (R Coll Radiol) 16: 158 Forman D, Oliver RTD, Marsh SGE et al. (1992) Familial testicular cancer: a report of the UK family register, estimation of risk and an HLA class 1 sib-pair analysis. Brit J Cancer 65: 255–262 Fossa SD, Abyholm T, Vespestad S et al. (1993) Semen quality after treatment for testicular cancer. Eur Urol 23: 172–176 Fossa SD, Horwich A, Russel JM et al. (1999) Optimal planning target volume for stage I testicular seminoma: a Medical Research Council randomized trial. J Clin Oncol 117: 1146–1154 Fossa SD, Aass N, Winderen M, Bormer OP, Olsen DR (2002) Long-term renal function after treatment for malignant germ-cell tumours. Ann Oncol 13: 222–228
Fosså SD, Gilbert E, Dores GM et al. (2007) Noncancer causes of death in survivors of testicular cancer. J Natl Cancer Inst 99: 533–544 Fossa SD; Johannesen TB; Lehne G (2006) Long-term outcome after adult-onset cancer. Ann Oncol 17 Suppl 10:X292-–98 Francis R, Bower M, Brunstrom G, Holden L, Newlands ES, Rustin GJ, Seckl MJ (2000) Surveillance for stage I testicular germ cell tumours: results and cost benefit analysis of management options. Eur J Cancer 36: 1925–1932 Gatta G, Ciccolallo L, Kunkler I et al., EUROCARE Working Group (2006). Survival from rare cancer in adults: a population-based study. Lancet Oncol 7: 132–140 Germa-Lluch JR, Climent MA, Villavicencio H et al. (1993) Br J Urol 71: 473–477 Gray A, Guillou L, Zufferey J et al. (1998) Persistence of parvovirus B19 DNA in testis of patients with testicular germ cell tumours. J Gen Virol 79: 573–579 Hentrich M, Meiler S, Fegg M, Gerl A (2008) Changes in sexual functioning after germ cell tumor (GCT) therapy estimated by patients and their partners. J Clin Oncol 26: May 20 suppl; abstr 5086 Herbst H, Sauter M, Mueller-Lantzsch N (1996) Expression of human endogeneous retrovirus K elements in germ cell and trophoblastic tumours. Am J Pathol 149: 1727–1735 Hilton S, Herr HW, Teitcher JB, Begg CB, Castellino RA (1997) CT detection of retroperitoneal lymph node metastases in patients with clinical stage I testicular nonseminomatous germ cell cancer: assessment of size and distribution criteria. Am J Roentgenol 169: 521–525 Hoei-Hansen CE, Rajpert-De Meyts E, Daugaard G et al. (2005) Carcinoma in situ testis, the progenitor of testicular germ cell tumours: a clinical review. Ann Oncol 16: 863–868 Horwich A, Alsanjari N, A’Hern R, Nicholls J, Dearnaley DP, Fisher C (1992) Surveillance following orchidectomy for stage I testicular seminoma. Br J Cancer 65: 775–778 Horwich A, Dearnaley D, Hern RA et al. (1992) Activity of single agent Carboplatin in advanced seminoma. Eur J Cancer 28-A: 1307–1310 Horwich A (2004) Radiotherapy in stage I seminoma of the testis. J Clin Oncol 22: 585–588 Horwich A, Shipley J, Huddart R (2006) Testicular germ-cell cancer. Lancet 367(9512): 754–65 Huddart R, Kataja V (2008) ESMO Guidelines Working Group. Testicular seminoma: ESMO clinical recommendations for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol ;19 Suppl 2:ii49-–51 Huyghe E, Matsuda T, Thonneau P (2003) Increasing incidence of testicular cancer worldwide: a review. J Urol 170: 5–11 Jones WG, Fossa SD, Mead GM, Roberts JT, Sokal M, Horwich A, Stenning SP (2005) Randomized trial of 30 versus 20 Gy in the adjuvant treatment of stage I Testicular Seminoma: a report on Medical Research Council Trial TE18, European Organisation for the Research and Treatment of Cancer Trial 30942 (ISRCTN18525328). J Clin Oncol 23: 1200–1208 Joos H, Sedlmayer F, Gomahr A et al. (1997) Endokrine profiles after radiotherapy in stage I seminoma: impact of two different radiation treatment modalities. Radiother Oncol 43: 159–162 Krege S, Kalund G, Otto T et al. (1997) Phase II study: adjuvant singleagent carboplatin therapy for clinical stage I seminoma. Eur Urol 31: 405–407 Krege S, Beyer J, Souchon R et al. (2008a) European Consensus Conference on Diagnosis and Treatment of Germ Cell Cancer: A Report of the Second Meeting of the European Germ Cell Cancer Consensus group (EGCCCG): Part I. Eur Urol 53:478–496
723 Literatur
Krege S, Beyer J, Souchon R et al. (2008b) European Consensus Conference on Diagnosis and Treatment of Germ Cell Cancer: A Report of the Second Meeting of the European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCCG): Part II. Eur Urol 53:497-–513 Krug B (1997) Becken. In: Heindel W, Kugel H, Lackner K (Hrsg) Rationelle MR-Untersuchungstechniken. Thieme, Stuttgart, pp 52–55 Krug B, Heidenreich A, Dietlein M et al. (1999) Lymphknotenstaging maligner testikulärer Keimzelltumoren. Fortschr Röntgenstr 171: 87–94 Lashley D, Lowe B (1998) A rational approach to managing stage I nonseminomatous germ cell cancer. Urol Clin North Am 25: 405–423 Lassen U, Daugaard G, Eigtved A et al. (2003) Wholebody positron emission tomography (PET) with FDG in patients with stage I non-seminomatous germ cell tumours (NSGCT). Eur J Nucl Med Imaging 30: 396–402 Leibovitch I, Foster RS, Kopecky KK et al. (1995) Improved accuracy of computerized tomography based clinical staging in low stage nonseminomatous germ cell tumor using size criteria of retroperitoneal lymph nodes. J Urol 154: 1759–1763 Leibovitch I, Foster RS, Kopecky KK et al. (1998) Identification of clinical stage A nonseminomatous testis cancer patients at extremely low risk for metastatic disease: A combined approach using quantitive immunohistochemical, histopathologic, and radiologic assessment. J Clin Oncol 16: 261–268 Linke J, Loy V, Dieckmann KP (2005) Prevalence of testicular intraepithelial neoplasia in healthy males. J Urol 173: 1577–1579 Loehrer PJ Sr, Bosl GJ (2005) Carboplatin for stage I seminoma and the sword of damocles. J Clin Oncol 24: 467–475 Logue JP, Harris MA, Livsey JE, Swindell R, Mobarek N, Read G (2003) Short course para-aortic radiation for stage I seminoma of the testis. Int J Radiat Oncol Biol Phys 57: 1304–1309 Looijenga LH, Hersmus R, Gillis AJ, Pfundt R, Stoop HJ, van Gurp RJ, Veltman J, Beverloo HB, van Drunen E, van Kessel AG, Pera RR, Schneider DT, Summersgill B, Shipley J, McIntyre A, van der Spek P, Schoenmakers E, Oosterhuis JW (2006) Genomic and expression profiling of human spermatocytic seminomas: primary spermatocyte as tumorigenic precursor and DMRT1 as candidate chromosome 9 gene. Cancer Res 66: 290–302 Looijenga LHJ, Stoop H, Hersmus R, Gillis AJM, Oosterhuis JW (2007) Genomic and expression profiling of human spermatocytic seminomas: pathogenetic implications. Int J Androl 30: 328-–336 Majewski W, Majewski S, Maciejewski A, Kolosza Z, Tarnawski R (2005) Adverse effects after radiotherapy for early stage (I, IIa, IIb) seminoma. Radiother Oncol 2;76: 257–63 Mason MD, Featherstone T, Olliff J Horwich A (1991) Inguinal and iliacal lymph node involvement in germ cell tumours of the testis: Implications for radiological investigation and for therapy. Clin Oncol 3: 147–150 Mason M, Jones W (1997) Treatment of stage I seminoma: more choice, more dilemmas. Clin Oncol 9: 210–212 McGlynn KA, Devesa SS, Sigurdson AJ, Brown LM, Tsao L, Tarone RE (2003) Trends in the incidence of testicular germ cell tumors in the United States. Cancer 97: 63–70 McGlynn KA, Devesa SS, Graubard BI, Castle, PE (2005) Increasing incidence of testicular germ cell tumors among black men in the United States. J Clin Oncol 23: 5757–5761 Mead GM, Fosså SD, Oliver RT, Fogarty PJ, Pollock P, Stenning SP, MRC and EORTC trial collaborators (2008) Relapse patterns in 2,466 stage 1 seminoma patients (pts) entered into Medical Research Council randomised trials. J Clin Oncol 20, suppl, abstr 5020 Moller H, Prener A, Skakkebaek NE (1996) Testicular cancer, cryptorchidism, inguinal hernia, testicular atrophy and genital malforma-
tions: case-control studies in Denmark. Cancer Causes Control 7: 264–274 Mostofi FK, Sesterhenn IA (1998) Histological typing of testis tumours. WHO International Histological Classification of Tumours, 2nd ed. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo Mottet N, Rousmans S, Culine S (2008) Systematic review 2007: Primary treatments of testicular germ cell tumors after radical orchydectomy. Bull Cancer 95: 205–234 Nathan PD, Rustin GR (2003) The role of CT scanning in the surveillance of testicular tumours. Clin Oncol (R Coll Radiol) 15: 121–122 Oldenburg J, Martin JM, Fosså SD (2006) Late relapses of germ cell malignancies: incidence, management, and prognosis. J Clin Oncol 24:5503-–5511 Oliver RTD, Lore SH, Ong J (1990) Alternatives to radiotherapy in the management of seminoma. Br J Urol 65: 61–67 Oliver RTD, Edmonds PM, Ong J et al. (1994) Pilot studies of 2 and 1 course carboplatin as adjuvant for stage I seminoma: should it be tested in a randomized trial against radiotherapy? Int J Radiat Oncol Biol Phys 29: 3–8 Oliver RTD, Boublikova L, Ong J (2001) Fifteen year follow up of the anglian germ cell cancer group adjuvant studies of carboplatin as an alternativ to radiation or surveillance for stage 1 seminoma. Proc Am Soc Clin Oncol 20: 196a. Abstract #780 Oliver T, Dieckmann K-P, Steiner H, Skoneczna I (2005a) Pooled analysis of phase 2 reports of 2 v 1 course of carboplatin as adjuvant for stage 1 seminoma. J Clin Oncol 23, No16S, Part I: 395s. Abstract #4572 Oliver RT, Mason MD, Mead GM, von der Maase H, Rustin GJ, Joffe JK, De Wit R, Aass N, Graham JD, Coleman R, Kirk SJ, Stenning SP; MRC TE19 collaborators and the EORTC 30982 collaborators (2005b) Radiotherapy versus single-dose carboplatin in adjuvant treatment of stage I seminoma: a randomised trial. Lancet 366: 293–300 Oliver RT, Mead GM, Fogarty PJ, Stenning SP, MRC TE19 and EORTC 30982 trial collaborators (2008) Radiotherapy versus carboplatin for stage I seminoma: Updated analysis of the MRC/EORTC randomized trial (ISRCTN27163214). J Clin Oncol 26: 20 suppl, abstr 1 Osterlind A, Berthelsen JG, Abilgaard N et al. (1991) Risk of bilateral testicular germ cell tumors in Denmark: 1960 – 1984. J Natl Cancer Inst 83: 1391–1395 Oxford Centre for Evidence based Medicine (2001) Levels of evidence. http://minerva.minervation.com/cebm/ Petersen PM, Giwercman A, Skakkebaek NE, Rorth M (1998) Gonadal function in men with testicular cancer. Semin Oncol 25: 224–233 Pinczowski D, McLaughlin JK, Lackgren G, Adami HO, Persson I (1991 Occurrence of testicular cancer in patients operated on for cryptorchidism and inguinal hernia. J Urol 146: 1291–1294 Powles T, Robinson D, Shamash J, Moller H, Tranter N, Oliver T (2008) The long-term risks of adjuvant carboplatin treatment for stage I seminoma of the testis. Ann Oncol 9: 443–447 Prener A, Hsieh CC, Engholm G, Christophersen IS, Hald T, Jacobsen GK, Berthelsen JG, Skakkebaek NE (1992) Birth order and risk of testicular cancer. Cancer Causes Control 3: 265–272 Purdue MP, Devesa SS, Sigurdson AJ, McGlynn KA (2005) International patterns and trends in testis cancer incidence. Int J Cancer 115: 822–827 Ramakrishnan S, Champion AE, Dorreen MS, Fox M (1992) Stage I seminoma of the testis: is post-orchidectomy surveillance a safe alternative to routine postoperative radiotherapy? Clin Oncol (R Coll Radiol) 4: 284–286 Ray B, Hajdu SI, Whitmore WF (1974) Distribution of retroperitoneal lymph node metastases in germinal tumors. Cancer 33: 340–348
26
724
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Reiter WJ, Brodowicz T, Alavi S, Zielinski CC, Kozak W, Maier U, Nöst G, Lipsky H, Marberger M, Kratzik C (2001) Twelve-year experience with two courses of adjuvant single-agent carboplatin therapy for clinical stage I seminoma. J Clin Oncol 19: 101–104 Roelofs H, Mostert M, Pompe K et al. (2000) Restricted 12p amplification and ras mutation in human germ cell tumors of the adult testis. Am J Pathol 157: 1155–1166 Rüther U, Dieckmann K, Bussar-Maatz R, Eisenberger F (2000) Second malignancies following pure seminoma. Oncology 58: 75–82 Schairer C, Hisada M, Chen BE, Brown LM, Howard R, Fosså SD, Gail M, Travis LB (2007) Comparative mortality for 621 second cancers in 29356 testicular cancer survivors and 12420 matched first cancers. J Natl Cancer Inst 99: 1248-–1256 Schmidberger H, Bamberg M (1995) Therapieoptionen bei testikulären Seminomen in den frühen Stadien. Strahlenther Onkol 171: 125–139 Schmidberger H, Virsik-Koepp P, Rave-Frank M, Reinosch KR, Pradier O, Munzel U, Hess CF (2001) Reciprocal translocations in patients with testicular seminoma before and after radiotherapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 50: 857–864 Schmoll HJ, Harstrick A, Bokemeyer C, Dieckmann KP, Clemm Ch, Berdel W, Souchon R, Schöber Ch, Wilke H, Poliwoda H (1993) Single agent carboplatinum for advanced seminoma: a phase II study. Cancer 72: 237–243 Schmoll HJ, Souchon R, Krege S et al. (2004) European consensus on diagnosis and treatment of germ cell cancer: a report of the European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCCG). Ann Oncol 15: 1377–1399 Skakkebaek NE (1972) Possible carcinoma-in-situ of the testis. Lancet 2 (7776): 516–517 Sobin LH, Wittekind Ch (eds.) (2002) UICC: TNM classification of malignant tumours, 6th edn. Wiley-Liss, New York Souchon R, Krege S, Schmoll HJ, Albers P, Beyer J, Bokemeyer C, Claßen J, Diekmann KP, Hartmann M, Heidenreich A, Höltl W, Kliesch S, Köhrmann KU, Kuczyk M, Schmidberger H, Weinknecht S, Winter E, Wittekind C, Bamberg M für die German Testicular Cancer Study Group (GTCSG) (2000) Interdisziplinärer Konsensus zur Diagnostik und Therapie von Hodentumoren: Ergebnisse einer Update-Konferenz auf Grundlage evidenzbasierter Medizin (EBM). Strahlenther Onkol 176: 388–405 Spermon JR, De Geus-Oei LF, Kiemeney LA, Witjes JA, Oyen WJ (2002) The role of (18)fluoro-2-deoxyglucose positron emission tomography in initial staging and re-staging after chemotherapy for testicular germ cell tumours. Brit J Urol Int 89: 549–556 Statistisches Landesamt Saarland (2002) Arbeitsgemeinschaft Bevölkerungsbezogener Krebsregister in Deutschland. Krebs in Deutschland, Häufigkeiten und Trends. 3. erweiterte aktualisierte Auflage. Saarbrücken Steiner H, Höltl L, Wirtenberger W, Berger AP, Bartsch G, Hobisch A (2002) Long-term experience with carboplatin monotherapy for clinical stage I seminoma: a retrospective single-center study. Urology 60: 324–328 Swerdlow AJ, De Stavola BL, Swanwick MA, Mangtani P, Maconochie NE (1999) Risk factor for testicular cancer: a case control study in twins. Br J Cancer 80: 1098–1102 Thomas GM (1993) Surveillance in stage I seminoma of the testis. Urol Clin North Am 20: 85–91 Thomas GM (1996) Para-aortic radiotherapy for stage I seminoma: a new standard. Int J Radiat Oncol Biol Phys 35: 413–414 Thorsen L, Nystad W, Stigum H, Dahl O, Klepp O, Bremnes RM, Wist E, Fossa SD (2005) The association between self-reported physical activity and prevalence of depression and anxiety disorder in
long-term survivors of testicular cancer and men in a general population sample. Support Care Cancer 13: 637–646 Tollerud DJ, Blattner WA, Fraser MC, Brown LM, Pottern L, Shapiro E, Kirkemo A, Shawker TH, Javadpour N, O’Connell K et al. (1985) Familial testicular cancer and urogenital developmental anomalies. Cancer 55: 1849–1854 Travis LB, Curtis RE, Storm H et al. (1997) Risk of second malignant neoplasms among long-term survivors of testicular cancer. J Natl Cancer Inst 89: 1429–1439 Travis LB, Fossa SD, Schonfeld SJ et al. (2005) Second cancers among 40,576 testicular cancer patients: focus on long-term survivors. J Natl Cancer Inst 97: 1354–1365 UICC (International Union Against Cancer) (2006) Prognostic factors. In: Gospodarowicz MK, O’Sullivan B, Sobin LH (eds) Cancer. 3rd ed. Lavoisier van As NJ, Gilbert DC, Money-Kyrle J, Bloomfield D, Beesley S, Dearnaley DP, Horwich A, Huddart RA (2008) Evidence-based pragmatic guidelines for the follow-up of testicular cancer: optimising the detection of relapse. Br J Cancer 98: 1894–1902 van den Belt-Dusebout AW, de Wit R, Gietema JA et al. (2007) Treatment-specific risks of second malignancies and cardiovascular disease in 5-year survivors of testicular cancer. J Clin Oncol 25: 4370–4378 von der Maase H (1999). UICC-Symposium on Testicular Cancer, Tübingen, Abstractband, pp 21–22 von der Maase H, Rorth M, Walbom-Jorgensen S et al. (1986) Carcinoma in situ of contralateral testis in patients with testicular germ cell cancer: study of 27 cases in 500 patients. Br Med J (Clin Res Ed) 293: 1398–401 von der Maase H, Specht L, Jacobsen GK et al. (1993) Surveillance following orchidectomy for stage I seminoma of the testis. Eur J Cancer 29A: 1931–1934 von der Maase H, Warde P, Specht L et al. (1998) Prognostic factors for relapse following surveillance in seminoma stage I patients. Radiother Oncol 48: Suppl 1: 11, Abstract #42 Warde P, Jewett MAS (1998) Surveillance for stage I testicular seminoma. Is it a good option? Urol Clin North Am 25: 425–433 Warde P, Gospodarowicz M (2005) Adjuvant carboplatin in stage I seminoma. Lancet 366: 267–268 Warde P, Gospodarowicz MK, Panzarella T et al. (1995) Stage I testicular seminoma: results of adjuvant irradiation and surveillance. J Clin Oncol 13: 2255–2262 Warde P, Gospodarowicz MK, Banerjee D et al. (1997) Prognostic factors for relapse in stage I testicular seminoma treated with surveillance. J Urol 157: 1705–1710 Warde P, von der Maase H, Horwich A et al. (1998a) Prognostic factors for relapse in stage I seminoma managed by surveillance. Proc Am Soc Clin Oncol 17: 309a. Abstract #1188 Warde P, Gospodarowicz M, Panzarella T et al. (1998b) Management of stage II seminoma. J Clin Oncol 16: 290–294 Warde P, Specht L, Horwich A, Oliver T, Panzarella T, Gospodarowicz M, von der Maase H (2002) Prognostic factors for relapse in stage I seminoma managed by surveillance. J Clin Oncol 20: 4448–4452 Warde PR, Chung P, Sturgeon J, Panzarella T, Giuliani M, Tew-George B, Jewett M, Bayley A, Moore M, Catton C, Gospodarowicz M (2005) Should surveillance be considered the standard of care in stage I seminoma? J Clin Oncol 23: 382S Part 1 Suppl. S. Abstract #4520 Weissbach L, Boedefeld EA (1987) Localization of solitary and multiple metastases in stage II nonseminomatous testis tumor as basis for a modified staging lymph node dissection in stage I. J Urol 138: 77–82
725 Literatur
Weissbach L, Bussar-Maatz R, Löhrs U et al. (1999) Prognostic factors in seminomas with special respect to HCG: results of a prospective multicenter study. Seminoma Study Group. Eur Urol 36: 601–608 Westergaard T, Olsen JH, Frisch M, Kroman N, Nielsen JW, Melbye M (1996) Cancer risk in fathers and brothers of testicular cancer patients in Denmark. A population based study. Int J Cancer 66: 627–631 White PM, Howard GC, Best JJ et al. (1997) The role of computed tomographic examination of the pelvis in the management of testicular germ cell tumours. Clin Radiol 52: 124–129 Zagars GK, Ballo MT, Lee AK, Strom SS (2004) Mortality after cure of testicular seminoma. J Clin Oncol 22: 640–647
Literatur zu Kap. 26.7 Albers P, Bierhoff E, Neu D, Fimmers R, Wernert N, Muller SC (1997) MIB-1 immunohistochemistry in clinical stage I nonseminomatous testicular germ cell tumors predicts patients at low risk for metastasis. Cancer 79 (9): 1710–1716 Albers P, Bender H, Yilmaz H, Schoeneich G, Biersack HJ, Mueller SC (1999) Positron emission tomography in the clinical staging of patients with Stage I and II testicular germ cell tumors. Urology 53 (4): 808–811 Albers P, Siener R, Kliesch S, Weissbach L, Krege S, Sparwasser C, Schulze H, Heidenreich A, de Riese W, Loy V, Bierhoff E, Wittekind C, Fimmers R, Hartmann M (2003) German Testicular Cancer Study Group Risk factors for relapse in clinical stage I nonseminomatous testicular germ cell tumors: results of the German Testicular Cancer Study Group Trial. J Clin Oncol 21:1505–1512 Albers P, Siener R, Krege S, Schmelz H, Dieckmann KP, Heidenreich A, Kwasny P, Pechoel M, Lehmann J,Kliesch S, Köhrmann KU, Fimmers R, Weissbach L, Loy V, Wittekind C, Hartmann M (2008) Randomized phase III trial comparing retroperitoneal lymph node dissection with one course of bleomycin and etoposide plus cisplatin chemotherapy in the adjuvant treatment of clinical stage I non-seminomatous testicular germ cell tumors: AUO trial AH 01/94 by the German Testicular Cancer Study Group. J Clin Oncol 26 (18): 2966–72 Amato RJ, Ro JY, Ayala AG, Swanson DA (2004) Risk-adapted treatment for patients with clinical stage I nonseminomatous germ cell tumor of the testis. Urology 63:144–8; discussion 148–149 Aparicio J, Germa JR, Garcia del Muro X, Maroto P, Arranz JA, Saenz A, Barnadas A, Dorca J, Guma J, Olmos D, Bastus R, Carles J, Almenar D, Sanchez M, Paz-Ares L, Satrustegui JJ, Mellado B, Balil A, LopezBrea M, Sanchez A (2005) The Second Spanish Germ Cell Cancer Cooperative Group. Risk-adapted management for patients with clinical stage I seminoma: the Second Spanish Germ Cell Cancer Cooperative Group study. J Clin Oncol 23:8717–8723 Baniel J, Foster RS, Rowland RG et al. (1994) Complications of primary retroperitoneal lymph node dissection. J Urol 152 (2 Pt 1):424–427 Bokemeyer C, Schmoll HJ (1993) Secondary neoplasms following treatment of malignant germ cell tumors. J Clin Oncol 11 (9): 1703–1709 Bokemeyer C, Berger CC, Kuczyk MA, Schmoll HJ (1996) Evaluation of long-term toxicity after chemotherapy for testicular cancer. J Clin Oncol 14 (11): 2923–2932 Boyer M, Raghavan D (1992) Toxicity of treatment of germ cell tumors. Semin Oncol 19 (2): 128–142 Chevreau C, Mazerolles C, Soulie M, Gaspard MH, Mourey L, Bujan L, Plante P, Rischmann P, Bachaud JM, Malavaud B (2004) Long-term efficacy of two cycles of BEP regimen in high-risk stage I nonseminomatous testicular germ cell tumors with embryonal carcinoma and/or vascular invasion. Eur Urol 46:209–214
Corti Ortiz D, Foneron Burgos A, Troncoso Schifferli L (1997) Treatment of stage I nonseminomatous testicular cancer with one cycle of adjuvant chemotherapy. Actas Urol Esp 21 (10): 961–963 Cullen MH, Stenning SP, Parkinson MC et al. (1996) Short-course adjuvant chemotherapy in high-risk stage I nonseminomatous germ cell tumors of the testis: a Medical Research Council report. J Clin Oncol 14 (4): 1106–1113 De Riese WT, De Riese C, Ulbright TM et al. (1994) Flow-cytometric and quantitative histologic parameters as prognostic indicators for occult retroperitoneal disease in clinical-stage-I non-seminomatous testicular germ-cell tumors. Int J Cancer 57 (5): 628–633 Dearnaley DP, Fossa SD, Kaye SB, Cullen MH, Harland SJ, Sokal MP, Graham JD, Roberts JT, Mead GM, Williams MV, Cook PA, Stenning SP (2005) for the MRC Testicular Tumour Working Party. Adjuvant bleomycin, vincristine and cisplatin (BOP) for high-risk stage I non-seminomatous germ cell tumours: a prospective tiral (MRC TE17). Br J Cancer 92:2107–2113 De Wit M, Hartmann J, Kotzerke M, Wirth W, Brenner D, Hellwig J, Lehmann R, Heicappell C, Bokemeyer R, Bares (2005) German Multicenter PET Study Group 18F-FDG-PET in clinical stage I and II non-seminomatous germ cell tumors: first results of the German multicenter trial. J Clin Oncol 23:4504 (supplement) Donohue JP, Thornhill JA, Foster RS et al. (1993) Primary retroperitoneal lymph node dissection in clinical stage A non-seminomatous germ cell testis cancer. Review of the Indiana University experience 1965–1989. Br J Urol 71 (3):326–35 Donohue JP, Thornhill JA, Foster RS, Rowland RG, Bihrle R (1995) Clinical stage B non-seminomatous germ cell testis cancer: the Indiana University experience (1965–1989) using routine primary retroperitoneal lymph node dissection. Eur J Cancer 31A (10): 1599–1604 Duran I, Sturgeon JF, Jewett MA, Anson-Cartwright L, Berthold DR, Kakiashvili D, Warde PR, Alison RE, Pond GR, Moore MJ (2007) Initial versus recent outcomes with a non-risk adapted surveillance policy in stage I non-seminomatous germ cell tumors (NSGCT). J Clin Oncol 25, No 18S :5021 (abstract) Fossa SD, Jacobsen AB, Aass N et al. (1994) How safe is surveillance in patients with histologically low-risk non-seminomatous testicular cancer in a geographically extended country with limited computerised tomographic resources? Br J Cancer 70 (6): 1156–1160 Freedman LS, Parkinson MC, Jones WG et al. (1987) Histopathology in the prediction of relapse of patients with stage I testicular teratoma treated by orchidectomy alone. Lancet 2 (8554): 294–298 Gels ME, Hoekstra HJ, Sleijfer DT et al. (1995) Detection of recurrence in patients with clinical stage I nonseminomatous testicular germ cell tumors and consequences for further follow-up: a singlecenter 10-year experience. J Clin Oncol 13 (5): 1188–1194 Hain SF, O’Doherty MJ, Timothy AR, Leslie MD, Partridge SE, Huddart RA (2000) Fluorodeoxyglucose PET in the initial staging of germ cell tumours. Eur J Nucl Med 27 (5): 590–594 Heidenreich A, Sesterhenn IA, Mostofi FK, Moul JW (1998) Prognostic risk factors that identify patients with clinical stage I nonseminomatous germ cell tumors at low risk and high risk for metastasis. Cancer 83 (5): 1002–1011 Heidenreich A, Albers P, Kliesch S et al. (2002) Morbidity of primary nerve-sparing retroperitoneal lymph node dissection in clinical stage I nonseminomatous testis cancer. Journal of Urology 167 (4):154 (Abstract) Hendry WF, Norman A, Nicholls J, Dearnaley DP, Peckham MJ, Horwich A (2000) Abdominal relapse in stage 1 nonseminomatous germ cell tumours of the testis managed by surveillance or with adjuvant chemotherapy. BJU Int 86 (1): 89–93
26
726
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Janetschek G (2001) Laparoscopic retroperitoneal lymph node dissection. Urol Clin North Am 28 (1):107–114 Janetschek G, Hobisch A, Peschel R et al. (2000) Laparoscopic retroperitoneal lymph node dissection for clinical stage I nonseminomatous testicular carcinoma: long-term outcome. J Urol 163 (6):1793–6 Janetschek G, Peschel R, Hobisch A, Bartsch G (2001) Laparoscopic retroperitoneal lymph node dissection. J Endourol 15 (4):449–53; discussion 453–455 Klepp O, Dahl O, Flodgren P et al. (1997) Risk-adapted treatment of clinical stage 1 non-seminoma testis cancer. Eur J Cancer 33 (7): 1038–1044 Kollmannsberger C, Beyer J, Droz JP et al. (1998) Secondary leukemia following high cumulative doses of etoposide in patients treated for advanced germ cell tumors. J Clin Oncol 16 (10): 3386–3391 Lassen U, Daugaard G, Eigtved A, Hojgaard L, Damgaard K, Rorth M (2003) Whole-body FDG-PET in patients with stage I nonseminomatous germ cell tumours. Eur J Nucl Med Mol Imaging 30:396–402 Leibovitch I, Foster RS, Kopecky KK, Albers P, Ulbright TM, Donohue JP (1998) Identification of clinical stage A nonseminomatous testis cancer patients at extremely low risk for metastatic disease: a combined approach using quantitive immunohistochemical, histopathologic, and radiologic assessment. J Clin Oncol 16 (1): 261–268 Moul JW, McCarthy WF, Fernandez EB, Sesterhenn IA (1994) Percentage of embryonal carcinoma and of vascular invasion predicts pathological stage in clinical stage I nonseminomatous testicular cancer. Cancer Res 54 (2): 362–364 Nelson JB, Chen RN, Bishoff JT et al. (1999) Laparoscopic retroperitoneal lymph node dissection for clinical stage I nonseminomatous germ cell testicular tumors. Urol 54 (6):1064–7 Nielsen ME, Lima G, Schaeffer EM, Porter J, Cadeddu JA, Tuerk I, Kavoussi LR (2007) Oncologic efficacy of laparoscopic RPLND in treatment of clinical stage I nonseminomatous germ cell testicular cancer. Urology 70: 1168–72 Nuver J, Smit AJ, van der Meer J, van den Berg MP, van der Graaf WT, Meinardi MT, Sleijfer DT, Hoekstra HJ, van Gessel AI, van Roon AM, Gietema JA (2005) Acute chemotherapy-induced cardiovascular changes in patients with testicular cancer. J Clin Oncol 23:9130–9137 Oliver RT, Raja MA, Ong J, Gallagher CJ (1992) Pilot study to evaluate impact of a policy of adjuvant chemotherapy for high risk stage 1 malignant teratoma on overall relapse rate of stage 1 cancer patients. J Urol 148:1453–5; discussion 1455–1456 Oliver RT, Ong J, Shamash J, Ravi R, Nagund V, Harper P, Ostrowski MJ, Sizer B, Levay J, Robinson A, Neal DE, Williams M (2004) for the Anglian Germ Cell Cancer Group. Long-term follow-up of Anglian Germ Cell Cancer Group surveillance versus patients with stage I nonseminoma treated with adjuvant chemotherapy. Urol 63:556–561 Ondrus D, Matoska J, Belan V, Kausitz J, Goncalves F, Hornak M (1998) Prognostic factors in clinical stage I nonseminomatous germ cell testicular tumors: rationale for different risk-adapted treatment. Eur Urol 33 (6): 562–566 Pectasides D, Skarlos D, Dimopoulos AM, Farmakis D, Pectasides M, Fountzilas G, Aravantinos G (2003) Two cycles of carboplatinbased adjuvant chemotherapy for high-risk clinical stage I and stage IM non-seminomatous germ cell tumours of the testis: a HECOG trial. Anticancer Res 23:4239–4244 Pont J, Albrecht W, Postner G, Sellner F, Angel K, Holtl W (1996) Adjuvant chemotherapy for high-risk clinical stage I nonseminoma-
tous testicular germ cell cancer: long-term results of a prospective trial. J Clin Oncol 14 (2): 441–448 Rassweiler JJ, Frede T, Lenz E et al. (2000) Long-term experience with laparoscopic retroperitoneal lymph node dissection in the management of low-stage testis cancer. Eur Urol 37 (3):251–260 Read G, Stenning SP, Cullen MH et al. (1992) Medical Research Council prospective study of surveillance for stage I testicular teratoma. Medical Research Council Testicular Tumors Working Party. J Clin Oncol 10 (11): 1762–1768 Schefer H, Mattmann S, Borner M et al. (2000) Single course adjuvant bleomycin, etoposide and cisplatin (BEP) for high risk stage I nonseminomatous germ cell tumors (NSGCT). Proc ASCO 19: 340a Sharir S, Jewett MA, Sturgeon JF et al. (1999) Progression detection of stage I nonseminomatous testis cancer on surveillance: implications for the followup protocol. J Urol 161 (2): 472–475; discussion 475–476 Sogani PC, Perrotti M, Herr HW, Fair WR, Thaler HT, Bosl G (1998) Clinical stage I testis cancer: long-term outcome of patients on surveillance [see comments]. J Urol 159 (3): 855–858 Studer UE, Burkhard FC, Sonntag RW (2000) Risk adapted management with adjuvant chemotherapy in patients with high risk clinical stage i nonseminomatous germ cell tumor. J Urol; 163 (6): 1785–1787 Sturgeon JF, Jewett MA, Alison RE et al. (1992) Surveillance after orchidectomy for patients with clinical stage I nonseminomatous testis tumors. J Clin Oncol 10 (4): 564–568 Swanson D, Johnson DE (1989) M. D. Anderson experience with surveillance for clinical stage I disease. In: Johnson DE, Logothetis CJ, von Eschenbach AC (eds) Systemic therapy for genitourinary cancers. Year Book Medical Publishers, Chicago, pp 304–311 Tandstad T, Olav D, Cohn-Cedermark G, Cavallin-Stahl E, Stierner UK, Solberg A, Bremnes RM, Langberg CW, Klepp OH (2008) Risk-adapted treatment in clinical stage I (CSI) nonseminomatous germ cell testicular cancer (NSGCT) J Clin Oncol 26 abstr 5034 Travis LB, Curtis RE, Storm H et al. (1997) Risk of second malignant neoplasms among long-term survivors of testicular cancer [see comments]. J Natl Cancer Inst 89 (19): 1429–1439 Travis LB, Fossa SD, Schonfeld SJ, McMaster ML, Lynch CF, Storm H, Hall P, Holowaty E, Andersen A, Pukkala E, Andersson M, Kaijser M, Gospodarowicz M, Joensuu T, Cohen RJ, Boice JD Jr, Dores GM, Gilbert ES (2005) Second cancers among 40,576 testicular cancer patients: focus on long-term survivors. J Natl Cancer Inst 97:1354–1365 Van den Belt-Dusebout AW, de Wit R, Gietema JA, Horenblas S, Louwman MWJ, Ribot JG, Hoekstra HJ, Ouwens GM, Aleman BMP, van Leeuwen FE (2007) Treatment-specific risks of second malignancies and cardiovascular disease in 5-year survivors of testicular cancer. J Clin Oncol 25 (28):4370–4378 Vergouwe Y, Steyerberg EW, Eijkemans MJ, Albers P, Habbema JD (2003) Predictors of occult metastasis in clinical stage I nonseminoma: a systematic review. J Clin Oncol 21:4092–9 Westermann DH, Schefer H, Thalmann GN, Karamitopoulou-Diamantis E, Fey MF, Studer UE (2008) Long-term follow-up results of 1 cycle of adjuvant bleomycin, etoposide and cisplatin chemotherapy for high risk clinical stage I non-seminomatous germ cell tumors of the testis. J Urol 179: 163–6 Zagars GK, Ballo MT, Lee AK, Strom SS (2004) Mortality after cure of testicular seminoma. J Clin Oncol 22:640–647
Literatur zu Kap. 26.8 Albers P, Bender H, Yilmaz H et al. (1999) Positron emission tomography in the clinical staging of patients with stage I and II germ cell tumors. Urology 53: 808–811
727 Literatur
Albers P, Albrecht W, Algaba F, Bokemeyer C, Cohn-Cedermark G, Horwich A, Klepp O, Laguna MP, Pizzocaro G (2005) Guidelines on Testicular Cancer. Eur Urol 48: 885–894 Arranz Arija JA, García del Muro X, Gumà J et al. (2001) E400P in advanced seminoma of good prognosis according to the International Germ Cell Cancer Collaborative Group (IGCCCG) classification: The Spanish Germ Cell Cancer Group experience. Ann Oncol 12: 487–491 Ball D, Barrett A, Peckham MJ (1982) The management of metastatic seminoma testis. Cancer 50: 2289–2294 Bamberg M, Schmidberger H, Meisner C et al. (1999) Radiotherapy for stage I, IIA/B testicular seminoma. Int J Cancer 83: 823–827 Borski A (1973) Diagnosis, staging and natural history of testicular seminoma. Cancer 32: 1202–1206 Busch FM, Sayegh ES, Shenault OW Jr. (1965) Some uses of lymphangiography in the management of testicular tumors. J Urol 93: 490–495 Chung PW, Gospodarowicz MK, Panzarella T et al. (2004) Stage II testicular seminoma: patterns of recurrence and outcome of treatment. Eur Urol 45: 754–759 Classen J, Schmidberger H, Meisner C et al. (2003) Radiotherapy for stages IIA/B testicular seminoma: final report of a prospective multicenter clinical trial. J Clin Oncol 21: 1101–1106 Classen J, Schmidberger H, Meisner C et al. (2004) Para-aortic irradiation for stage I testicular seminoma: results of a prospective study in 675 patients. A trial of the German testicular cancer study group (GTCSG). Br J Cancer 90: 2305–2311 Deutsche Krebsgesellschaft e. V.(2002) Qualitätssicherung in der Onkologie – Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Hodentumoren auf der Grundlage evidenzbasierter Medizin (EBM). In: Souchon R, Schmoll H-J, Krege S (Hrsg) Zuckschwerdt, München Ferlay J, Bray F, Pisani P et al. (2001) GLOBOCAN 2000: cancer incidence, mortality and prevalence worldwide, version 1.0. IARC Cancer Base No. 5, Lyon: IARC 2001 (auch: www.iarc.fr/globocan/database.pdf) Garcia-del-Muro X, Maroto P, Gumà J et al. (2008) Chemotherapy as an alternative to radiotherapy in the treatment of stage IIA and IIB testicular seminoma: A Spanish Germ Cell Cancer Group Study. J Clin Oncol 26: 5416–5421 Gilbert DC, Vanas NJ, Beesley S, Bloomfield D et al. (2009) Treating IIA/B seminoma with combination carboplatin and radiotherapy. J Clin Oncol Mar 16, 2009 [Epub ahead of print] Gospodarowicz MK, Sturgeon JFG, Jewett MAS (1998) Early stage and advanced seminoma: role of radiation therapy, surgery, and chemotherapy. Semin Oncol 25: 160–173 Huddart R, Kataja V (2008) ESMO Guidelines Working Group. Testicular seminoma: ESMO clinical recommendations for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 19 Suppl 2:ii49–51 Huyghe E, Matsuda T, Thonneau P (2003) Increasing incidence of testicular cancer worldwide: a review. J Urol 170: 5–11 Jones WG, Fossa SD, Mead GM et al. (2005) Randomized trial of 30 versus 20 Gy in the adjuvant treatment of stage I Testicular Seminoma: a report on Medical Research Council Trial TE18, European Organisation for the Research and Treatment of Cancer Trial 30942 (ISRCTN18525328). J Clin Oncol 23: 1200–1208 Krege S, Souchon R, Schmoll HJ (2001) Interdisciplinary Consensus on diagnosis and treatment of testicular germ cell tumors: result of an update conference on evidence-based medicine (EBM). Eur Urol 40: 372–391 Krege S, Boergemann C, Baschek R et al. (2006) Single agent carboplatin for CS IIA/B testicular seminoma. A phase II study of the German Testicular Cancer Study Group (GTCSG). Ann Oncol 17: 276–280
Krege S, Beyer J, Souchon R et al. (2008) European Consensus Conference on Diagnosis and Treatment of Germ Cell Cancer: A Report of the Second Meeting of the European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCCG): Part II. Eur Urol 53:497–513 Krug B, Heidenreich A, Dietlein M et al. (1999) Lymphknotenstaging maligner testikulärer Keimzelltumoren. Fortschr Röntgenstr 171: 87–94 Lashley D, Lowe B (1998) A rational approach to managing stage I nonseminomatous germ cell cancer. Urol Clin North Am 25: 405–423 Lassen U, Daugaard G, Eigtved A et al. (2003) Wholebody positron emission tomography (PET) with FDG in patients with stage I non-seminomatous germ cell tumours (NSGCT). Eur J Nucl Med Imaging 30: 396–402 Leibovitch I, Foster RS, Kopecky KK et al. (1995) Improved accuracy of computerized tomography based clinical staging in low stage nonseminomatous germ cell tumor using size criteria of retroperitoneal lymph nodes. J Urol 154: 1759–1763 Leibovitch I, Foster RS, Kopecky KK et al. (1998) Identification of clinical stage A nonseminomatous testis cancer patients at extremely low risk for metastatic disease: A combined approach using quantitive immunohistochemical, histopathologic, and radiologic assessment. J Clin Oncol 16: 261–268 Milosevic MF, Gospodarowicz M, Warde P (1999) Management of testicular seminoma. Semin Surg Oncol 17: 240–249 Oxford Centre for Evidence based Medicine (2001) Levels of Evidence. http: //minerva.minervation.com/cebm/ Patterson H, Norman AR, Mitra SS et al. (2001) Combination carboplatin and radiotherapy in the management of stage II testicular seminoma: comparison with radiotherapy treatment alone. Radiother Oncol 59: 5–11 Purdue MP, Devesa SS, Sigurdson AJ, McGlynn KA (2005) International patterns and trends in testis cancer incidence. Int J Cancer 115: 822–827 Ray B, Hajdu SI, Whitmore WF (1974) Distribution of retroperitoneal lymph node metastases in germinal tumors. Cancer 33: 340–348 Schmidberger H, Bamberg M (1995) Therapieoptionen bei testikulären Seminomen in den frühen Stadien. Strahlenther Onkol 171: 125–139 Schmidberger H, Bamberg M, Meisner C et al. (1997) Radiotherapy in stage IIA and IIB testicular seminoma with reduced portals: a prospective multicenter study. Int J Radiol Oncol Biol Phys 39: 321–326 Schmoll HJ, Souchon R, Krege S et al. (2004) European consensus on diagnosis and treatment of germ cell cancer: a report of the European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCCG). Ann Oncol 15: 1377–1399 Smalley SR, Evans RG (1996) Seminoma: management of stage II disease, posttherapy residual masses, and other special considerations. In: Vogelzang NJ, Scardino PT, Shipley WU, Coffey DS (eds.) Comprehensive Textbook of Genitourinary Oncology.Williams u. Wilkins, Baltimore, pp 1038–1049 Sobin LH, Wittekind Ch (eds.) (2002) UICC: TNM classification of malignant tumours, 6th edn. Wiley-Liss, New York Souchon R, Krege S, Schmoll HJ et al. für die German Testicular Cancer Study Group (GTCSG) (2000) Interdisziplinärer Konsensus zur Diagnostik und Therapie von Hodentumoren: Ergebnisse einer Update-Konferenz auf Grundlage evidenzbasierter Medizin (EBM). Strahlenther Onkol 176: 388–405 Spermon JR, De Geus-Oei LF, Kiemeney LA et al. (2002) The role of (18) fluoro–2-deoxyglucose positron emission tomography in initial staging and re-staging after chemotherapy for testicular germ cell tumours. Brit J Urol Int 89: 549–556
26
728
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Thomas GM, Williams SD (1998) Testis. In: Perez CA, Brady LW (eds) Principles and Practice of Radiation Oncology. Lippincott-Raven Publisher, Philadelphia, pp 1695–1715 Vallis KA, Howard GC, Duncan W, Cornbleet MA, Kerr GR (1995) Radiotherapy for stages I and II testicular seminoma: results and morbidity in 238 patients. Br J Radiol 68: 400–405 von der Maase H (2001) Do we have a new standard of treatment for patients with seminoma stage IIA and stage IIB? Radiother Oncol 59: 1–3 Warde P, Gospodarowicz M, Panzarella T et al. (1998) Management of stage II seminoma. J Clin Oncol 16: 290–294 Weissbach L, Boedefeld EA (1987) Localization of solitary and multiple metastases in stage II nonseminomatous testis tumor as basis for a modified staging lymph node dissection in stage I. J Urol 138: 77–82 Weissbach L, Bussar-Maatz R, Löhrs U et al. (1999) Prognostic factors in seminomas with special respect to HCG: results of a prospective multicenter study. Seminoma Study Group. Eur Urol 36: 601–608 Whipple GL, Sagerman RH, van Rooy EM (1997) Long-term evaluation of postorchiectomy radiotherapy for stage II seminoma. Am J Clin Oncol 20: 196–201 White PM, Howard GC, Best JJ, Wright AR (1997) The role of computed tomographic examination of the pelvis in the management of testicular germ cell tumours. Clin Radiol 52: 124–129 Yao WQ, Fossa SD, Dearnaley D, Horwich A (1994) Combined single course carboplatin with radiotherapy in treatment of Stage IIA,B seminoma – a preliminary report. Radiother Oncol 33: 88–90 Zagars GK, Pollack A (2001) Radiotherapy for stage II testicular seminoma. Int J Radiat Oncol Biol Phys 51: 643–649
Literatur zu Kap. 26.9 Albers P, Albers J, Cummings OW, Boris M, Donohue JP, Foster RS (1995) Flow cytometric and cytophotometric DNA analysis cannot predict subsequent tumour recurrence in pathological stage IIA/B non-seminomatous testicular germ cell tumour patients who do not receive adjuvant chemotherapy [letter]. Eur J Cancer 31A (5): 848–849 Beck SD, Cheng L, Bihrle R, Donohue JP, Foster RS (2007) Does the presence of extranodal extension in pathological stage B1 nonseminomatous germ cell tumor necessitate adjuvante chemotherapy? J Urol 177: 944–6 De Wit M, Hartmann M, Kotzerke J, Wirth M, Brenner W, Hellwig D, Lehmann J, Heicappell R, Bokemeyer C, Bares R (2005) German Multicenter PET Study Group 18F-FDG-PET in clinical stage I and II non-seminomatous germ cell tumors: first results of the German multicenter trial. J Clin Oncol 23:4504 (Supplement) Donohue JP, Thornhill JA, Foster RS, Rowland RG, Bihrle R (1995) Clinical stage B non-seminomatous germ cell testis cancer: the Indiana University experience (1965–1989) using routine primary retroperitoneal lymph node dissection. Eur J Cancer 31A (10): 1599–1604 Hartlapp JH, Weissbach L, Bussar-Maatz R (1987) Adjuvant chemotherapy in nonseminomatous testicular tumour stage II. Int J Androl 10 (1): 277–284 Jemal A, Murray T, Ward E, Samuels A, Tiwari RC, Ghafoor A, Feuer EJ, Thun MJ (2005) Cancer statistics, 2005. CA Cancer J Clin. 55:10–30 Kondagunta GV, Sheinfeld J, Mazumdar M, Mariani TV, Bajorin D, Bacik J, Bosl GJ, Motzer RJ (2004) Relapse-free and overall survival in patients with pathologic stage II nonseminomatous germ cell cancer treated with etoposide and cisplatin adjuvant chemotherapy. Journal of Clinical Oncology 22:464–467
Richie JP, Kantoff PW (1991): Is adjuvant chemotherapy necessary for patients with stage B1 testicular cancer? J Clin Oncol 9 (8): 1393–1396 Schmoll HJ, Souchon R, Krege S et al. and the European Germ Cell Cancer Consensus Group (2004) European consensus on diagnosis and treatment of germ cell cancer: a report of the European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCCG). Ann Oncol 15:1377–1399 Sesterhenn IA, Weiss RB, Mostofi FK et al. (1992) Prognosis and other clinical correlates of pathologic review in stage I and II testicular carcinoma: a report from the Testicular Cancer Intergroup Study. J Clin Oncol 10 (1): 69–78 Sheinfeld J, Motzer RJ, Rabbani F, McKiernan J, Bajorin D, Bosl GJ (2003) Incidence and clinical outcome of patients with teratoma in the retroperitoneum following primary retroperitoneal lymph node dissection for clinical stages I and II A nonseminomatous germ cel tumors. Journal of Urology 170: 1159–62 Sonneveld DJ, Hoekstra HJ, Van Der Graaf WT, Sluiter WJ, Schraffordt Koops H, Sleijfer DT (1999) The changing distribution of stage in nonseminomatous testicular germ cell tumours, from 1977 to 1996. BJU Int. 84:68–74 Steiner H, Peschel R, Janetschek G, Holtl L, Berger AP, Bartsch G, Hobisch A (2004) Long-term results of laparoscopic retroperitoneal lymph node dissection: a single-center 10-year experience. Urology. 63:550–555 Steiner H, Muller T, Gozzi C, Akkad T, Bartsch G, Berger AP (2006) Related Articles, Links. Two cycles of cisplatin-based chemotherapy for low-volume retroperitoneal stage II nonseminomatous germ cell tumours. BJU Int 98 (2): 349–352 (Epub 2006 Apr 18) Stephenson AJ, Bosl GJ, Motzer RJ, Kattan MW, Stasi J, Bajorin DF, Sheinfeld J (2005) Retroperitoneal lymph node dissection for nonseminomatous germ cell testicular cancer: Impact of patient selection factors on outcome. J Clin Oncol 23:2781–2788 Weissbach L, Hartlapp JH (1991) Adjuvant chemotherapy of metastatic stage II nonseminomatous testis tumor. J Urol 146 (5): 1295–1298 Weissbach L, Bussar-Maatz R, Flechtner H, Pichlmeier U, Hartmann M, Keller L (2000) RPLND or primary chemotherapy in clinical stage IIA/B nonseminomatous germ cell tumors? Results of a prospective multicenter trial including quality of life assessment. Eur Urol 37 (5): 582–594 Williams SD, Stablein DM, Einhorn LH et al. (1987) Immediate adjuvant chemotherapy versus observation with treatment at relapse in pathological stage II testicular cancer. N Engl J Med 317 (23): 1433–1438
Literatur zu Kap. 26.10 International Germ Cell Consensus Classification (1997) a prognostic factor-based staging system for metastatic germ cell cancers. International Germ Cell Cancer Collaborative Group. J Clin Oncol 15: 594–603 Albers P (2004) Resection of retroperitoneal residual tumor after chemotherapy for testicular cancer indication and surgical techniques. Crit Rev Oncol Hematol 50: 79–85 Albers P, Weissbach L, Krege S, Kliesch S, Hartmann M, Heidenreich A, Walz P, Kuczyk M, Fimmers R (2004) Prediction of necrosis after chemotherapy of advanced germ cell tumors: results of a prospective multicenter trial of the German Testicular Cancer Study Group. J Urol 171: 1835–1838 Aprikian AG, Herr HW, Bajorin DF, Bosl GJ (1994) Resection of postchemotherapy residual masses and limited retroperitoneal lymphadenectomy in patients with metastatic testicular nonseminomatous germ cell tumors. Cancer 74: 1329–1334
729 Literatur
Bajorin DF, Sarosdy MF, Pfister DG, Mazumdar M, Motzer RJ, Scher HI, Geller NL, Fair WR, Herr H, Sogani P (1993) Randomized trial of etoposide and cisplatin versus etoposide and carboplatin in patients with good-risk germ cell tumors: a multiinstitutional study. J Clin Oncol 11: 598–606 Baniel J, Foster RS, Rowland RG, Bihrle R, Donohue JP (1995) Complications of post-chemotherapy retroperitoneal lymph node dissection. J Urol 153: 976–980 Besse B, Flechon A, Caty A, Chevreau C, Culine S, Grunenwald D, Fizazi K (2005) No need for contralateral lung surgery in case of evidence of post-chemotherapy necrosis alone in residual lung masses in patients with disseminated non seminomatous germ cell tumors. Proc Am Soc Clin Oncol 24 (abstr. 4524) Birch R, Williams S, Cone A, Einhorn L, Roark P, Turner S, Greco FA (1986) Prognostic factors for favorable outcome in disseminated germ cell tumors. J Clin Oncol 4: 400–407 Bokemeyer C, Droz JP, Horwich A, Gerl A, Fossa SD, Beyer J, Pont J, Schmoll HJ, Kanz L, Einhorn L, Nichols CR, Hartmann JT (2001) Extragonadal seminoma: an international multicenter analysis of prognostic factors and long term treatment outcome. Cancer 91: 1394–1401 Bokemeyer C, Kohrmann O, Tischler J, Weissbach L, Rath U, Haupt A, Schoffski P, Harstrick A, Schmoll HJ (1996) A randomized trial of cisplatin, etoposide and bleomycin (PEB) versus carboplatin, etoposide and bleomycin (CEB) for patients with ‘good-risk’ metastatic non-seminomatous germ cell tumors. Ann Oncol 7: 1015–1021 Bokemeyer C, Kollmannsberger C, Flechon S, Stenning S, Droz JP, Horwich A, Clemm C, Fossa SD, Hartmann JT, Rueckerl C-P, Kanz L (2002) Prognostic factors in patients (pts) with advanced metastatic seminoma (SEM) treated with either single agent carboplatin (CP) or cisplatin-based (DDP) combination chemotherapy (CTX): a meta-analysis of prospective European trials. Proc Am Soc Clin Oncol 21: 186a (abstr. 740) Bokemeyer C, Kollmannsberger C, Meisner C, Harstrick A, Beyer J, Metzner B, Hartmann JT, Schmoll HJ, Einhorn L, Kanz L, Nichols C (1999) First-line high-dose chemotherapy compared with standard-dose PEB/VIP chemotherapy in patients with advanced germ cell tumors: A multivariate and matched-pair analysis. J Clin Oncol 17: 3450–3456 Bokemeyer C, Oechsle K, Hartmann JT, Schoffski P, Schleucher N, Metzner B, Schleicher J, Kanz L (2002) Treatment-induced anaemia and its potential clinical impact in patients receiving sequential high dose chemotherapy for metastatic testicular cancer. Br J Cancer 87: 1066–1071 Bokemeyer C, Schleucher N, Metzner B, Thomas M, Rick O, Schmoll HJ, Kollmannsberger C, Boehlke I, Kanz L, Hartmann JT (2003) Firstline sequential high-dose VIP chemotherapy with autologous transplantation for patients with primary mediastinal nonseminomatous germ cell tumours: a prospective trial. Br J Cancer 89: 29–35 Bosl GJ, Geller NL, Bajorin D, Leitner SP, Yagoda A, Golbey RB, Scher H, Vogelzang NJ, Auman J, Carey R (1988) A randomized trial of etoposide + cisplatin versus vinblastine + bleomycin + cisplatin + cyclophosphamide + dactinomycin in patients with good-prognosis germ cell tumors. J Clin Oncol 6: 1231–1238 Bosl GJ, Geller NL, Cirrincione C, Vogelzang NJ, Kennedy BJ, Whitmore WF, Jr., Vugrin D, Scher H, Nisselbaum J, Golbey RB (1983) Multivariate analysis of prognostic variables in patients with metastatic testicular cancer. Cancer Res 43: 3403–3407 Brenner PC, Herr HW, Morse MJ, Sheinfeld J, Aprikian A, Bosl GJ, Motzer RJ, Bajorin DF, Schantz S, Fair WR, Burt M (1996) Si-
multaneous retroperitoneal, thoracic, and cervical resection of postchemotherapy residual masses in patients with metastatic nonseminomatous germ cell tumors of the testis. J Clin Oncol 14: 1765–1769 Christian JA, Huddart RA, Norman A, Mason M, Fossa S, Aass N, Nicholl EJ, Dearnaley DP, Horwich A (2003) Intensive induction chemotherapy with CBOP/BEP in patients with poor prognosis germ cell tumors. J Clin Oncol 21: 871–877 Clemm C, Bokemeyer C, Gerl A, Holzel D, Weissbach L, Bamberg M, Schoffski P, Harstrick A, Schmoll HJ, Wilmanns W (2000) Randomized Trial Comparing Cisplatin/Etoposide/ Ifosfamide with Carboplatin Monochemotherapy in Patients with Advanced Metastatic Seminoma. Proc Am Soc Clin Oncol 19: 326a (abstr. 1283) Clemm C, Gerl A, Hentrich M (1995) Chemotherapy for far advanced seminoma. Onkologie 18: 189 (abstr. 909) Collette L, Sylvester RJ, Stenning SP, Fossa SD, Mead GM, De Wit R, de Mulder PH, Neymark N, Lallemand E, Kaye SB (1999) Impact of the treating institution on survival of patients with “poor-prognosis« metastatic nonseminoma. European Organization for Research and Treatment of Cancer Genito-Urinary Tract Cancer Collaborative Group and the Medical Research Council Testicular Cancer Working Party. J Natl Cancer Inst 91: 839–846 Collins Dh, Pugh RC (1964) classification and frequency of testicular tumours. Br J Urol 36: Suppl 11 Coogan CL, Hejase MJ, Wahle GR, Foster RS, Rowland RG, Bihrle R, Donohue JP (1996) Nerve sparing post-chemotherapy retroperitoneal lymph node dissection for advanced testicular cancer. J Urol 156: 1656–1658 Culine S, Kerbrat P, Kramar A, Theodore C, Chevreau C, Geoffrois L, Bui NB, Peny J, Caty A, Delva R, Biron P, Fizazi K, Bouzy J, Droz JP (2007) Refining the optimal chemotherapy regimen for good-risk metastatic nonseminomatous germ-cell tumors: a randomized trial of the Genito-Urinary Group of the French Federation of Cancer Centers (GETUG T93BP). Ann Oncol 18: 917–924 Culine S, Kramar A, Theodore C, Geoffrois L, Chevreau C, Biron P, Nguyen BB, Heron JF, Kerbrat P, Caty A, Delva R, Fargeot P, Fizazi K, Bouzy J, Droz JP (20008) Randomized trial comparing bleomycin/ etoposide/cisplatin with alternating cisplatin/cyclophosphamide/ doxorubicin and vinblastine/bleomycin regimens of chemotherapy for patients with intermediate- and poor-risk metastatic nonseminomatous germ cell tumors: Genito-Urinary Group of the French Federation of Cancer Centers Trial T93MP. J Clin Oncol 26: 421–427 De Santis M, Bokemeyer C, Becherer A, Stoiber F, Oechsle K, Kletter K, Dohmen BM, Dittrich C, Pont J (2001) Predictive impact of 2–18fluoro–2-deoxy-D-glucose positron emission tomography for residual postchemotherapy masses in patients with bulky seminoma. J Clin Oncol 19: 3740–3744 De Wit R, Roberts JT, Wilkinson PM, de Mulder PH, Mead GM, Fossa SD, Cook P, de Prijck L, Stenning S, Collette L (2001) Equivalence of three or four cycles of bleomycin, etoposide, and cisplatin chemotherapy and of a 3- or 5-day schedule in good-prognosis germ cell cancer: a randomized study of the European Organization for Research and Treatment of Cancer Genitourinary Tract Cancer Cooperative Group and the Medical Research Council. J Clin Oncol 19: 1629–1640 De Wit R, Stoter G, Kaye SB, Sleijfer DT, Jones WG, Bokkel Huinink WW, Rea LA, Collette L, Sylvester R (1997) Importance of bleomycin in combination chemotherapy for good-prognosis testicular nonseminoma: a randomized study of the European Organization for Research and Treatment of Cancer Genitourinary Tract Cancer Cooperative Group. J Clin Oncol 15: 1837–1843
26
730
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
De Wit R, Stoter G, Sleijfer DT, Kaye SB, de Mulder PH, Bokkel Huinink WW, Spaander PJ, de Pauw M, Sylvester R (1995) Four cycles of BEP versus an alternating regime of PVB and BEP in patients with poor-prognosis metastatic testicular non-seminoma; a randomised study of the EORTC Genitourinary Tract Cancer Cooperative Group. Br J Cancer 71: 1311–1314 De Wit R, Stoter G, Sleijfer DT, Neijt JP, Bokkel Huinink WW, de Prijck L, Collette L, Sylvester R (1998) Four cycles of BEP vs four cycles of VIP in patients with intermediate-prognosis metastatic testicular non-seminoma: a randomized study of the EORTC Genitourinary Tract Cancer Cooperative Group. European Organization for Research and Treatment of Cancer. Br J Cancer 78: 828–832 Donadio AC, Motzer RJ, Bajorin DF, Kantoff PW, Sheinfeld J, Houldsworth J, Chaganti RS, Bosl GJ (2003) Chemotherapy for teratoma with malignant transformation. J Clin Oncol 21: 4285–4291 Donohue JP, Fox EP, Williams SD, Loehrer PJ, Ulbright TM, Einhorn LH, Weathers TD (1994) Persistent cancer in postchemotherapy retroperitoneal lymph-node dissection: outcome analysis. World J Urol 12: 190–195 Droz JP, Culine S, Bouzy J, Theodore C, Geoffrois L, Biron P, Bui BN, Peny J, Kerbrat P, Chevreau C, Delva R, Fargeot P, Platini C, Fizazi K, Caty A, Kramar A (2001) Preliminary Results of a Randomized Trial Comparing Bleomycin, Etoposide, Cisplatin (BEP) and Cyclophosphamide, Doxorubicin, Cisplatin/Vinblastin, Bleomycin (CISCA/ VB) for Patients (Pts) with Intermediate- and Poor-Risk Metastatic Non Seminomatous Germ-Cell Tumors (NSGCT). Proc Am Soc Clin Oncol 20: 173a (abstr. 690) Duchesne GM, Stenning SP, Aass N, Mead GM, Fossa SD, Oliver RT, Horwich A, Read G, Roberts IT, Rustin G, Cullen MH, Kaye SB, Harland SJ, Cook PA (1997) Radiotherapy after chemotherapy for metastatic seminoma--a diminishing role. MRC Testicular Tumour Working Party. Eur J Cancer 33: 829–835 Einhorn LH, Williams SD, Mandelbaum I, Donohue JP (1981) Surgical resection in disseminated testicular cancer following chemotherapeutic cytoreduction. Cancer 48: 904–908 Ellison MF, Mostofi FK, Flanigan RC (1988) Treatment of the residual retroperitoneal mass after chemotherapy for advanced seminoma. J Urol 140: 618–620 Feuer EJ, Sheinfeld J, Bosl GJ (1999) Does size matter? Association between number of patients treated and patient outcome in metastatic testicular cancer. J Natl Cancer Inst 91: 816–818 Fizazi K, Culine S, Chen I (2004) Oxaliplatin in non-seminomatous germ-cell tumors. Ann Oncol 15: 1295 Fizazi K, Dunant A, Oldenburg J, Chen I, Salvioni R, Hartmann J, Daugaard G, Flechon A, Bouzy J, Fromont G, on behalf of an International Study Group (2005) Viable malignant cells after primary chemotherapy for disseminated non-seminomatous germ-cell tumors (NSGCT): An international validation study. Proc Am Soc Clin Oncol 24 (abstr. 4521) Fizazi K, Prow DM, Do KA, Wang X, Finn L, Kim J, Daliani D, Papandreou CN, Tu SM, Millikan RE, Pagliaro LC, Logothetis CJ, Amato RJ (2002) Alternating dose-dense chemotherapy in patients with high volume disseminated non-seminomatous germ cell tumours. Br J Cancer 86: 1555–1560 Fizazi K, Tjulandin S, Salvioni R, Germa-Lluch JR, Bouzy J, Ragan D, Bokemeyer C, Gerl A, Flechon A, de Bono JS, Stenning S, Horwich A, Pont J, Albers P, De Giorgi U, Bower M, Bulanov A, Pizzocaro G, Aparicio J, Nichols CR, Theodore C, Hartmann JT, Schmoll HJ, Kaye SB, Culine S, Droz JP, Mahe C (2001) Viable malignant cells after primary chemotherapy for disseminated nonseminomatous germ cell tumors: prognostic factors and role of postsurgery
chemotherapy--results from an international study group. J Clin Oncol 19: 2647–2657 Fossa SD, Borge L, Aass N, Johannessen NB, Stenwig AE, Kaalhus O (1987) The treatment of advanced metastatic seminoma: experience in 55 cases. J Clin Oncol 5: 1071–1077 Fossa SD, Droz JP, Stoter G, Kaye SB, Vermeylen K, Sylvester R (1995) Cisplatin, vincristine and ifosphamide combination chemotherapy of metastatic seminoma: results of EORTC trial 30874. EORTC GU Group. Br J Cancer 71: 619–624 Fossa SD, Ous S, Lien HH, Stenwig AE (1989) Post-chemotherapy lymph node histology in radiologically normal patients with metastatic nonseminomatous testicular cancer. J Urol 141: 557–559 Fox EP, Weathers TD, Williams SD, Loehrer PJ, Ulbright TM, Donohue JP, Einhorn LH (1993) Outcome analysis for patients with persistent nonteratomatous germ cell tumor in postchemotherapy retroperitoneal lymph node dissections. J Clin Oncol 11: 1294–1299 Friedman NB (1987) The function of the primordial germ cell in extragonadal tissues. Int J Androl 10: 43–49 Ganjoo KN, Chan RJ, Sharma M, Einhorn LH (1999) Positron emission tomography scans in the evaluation of postchemotherapy residual masses in patients with seminoma. J Clin Oncol 17: 3457–3460 Gels ME, Nijboer AP, Hoekstra HJ, Sleijfer DT, Molenaar WM, Plukker JT, Droste JH, Schraffordt KH (1997) Complications of the postchemotherapy resection of retroperitoneal residual tumour mass in patients with non-seminomatous testicular germ cell tumours. Br J Urol 79: 263–268 Gerl A, Clemm C, Schmeller N, Dienemann H, Lamerz R, Kriegmair M, Wilmanns W (1995) Outcome analysis after post-chemotherapy surgery in patients with non- seminomatous germ cell tumours. Ann Oncol 6: 483–488 Gerl A, Clemm C, Schmeller N, Dienemann H, Weiss M, Kriegmair M, Lohrs U, Wilmanns W (1994) Sequential resection of residual abdominal and thoracic masses after chemotherapy for metastatic non-seminomatous germ cell tumours. Br J Cancer 70: 960–965 Gholam D, Fizazi K, Terrier-Lacombe MJ, Jan P, Culine S, Theodore C (2003) Advanced seminoma--treatment results and prognostic factors for survival after first-line, cisplatin-based chemotherapy and for patients with recurrent disease: a single-institution experience in 145 patients. Cancer 98: 745–752 Gregory C, Peckham MJ (1986) Results of radiotherapy for stage II testicular seminoma. Radiother Oncol 6: 285–292 Hahn TL, Jacobson L, Einhorn LH, Foster R, Goulet RJ, Jr. (1999) Hepatic resection of metastatic testicular carcinoma: a further update. Ann Surg Oncol 6: 640–644 Hartmann JT, Bamberg M, Albers M, Clemm C, Souchon R, Oechsle K, Weissbach L, Kanz L, Bokemeyer C (2003) Multidisciplinary treatment and prognosis of patients (pts) with central nervous system metastases (CNS) from testicular germ cell tumor (GCT) origin. Proc Am Soc Clin Oncol 22: 400 (abstr. 1607) Hartmann JT, Candelaria M, Kuczyk MA, Schmoll HJ, Bokemeyer C (1997) Comparison of histological results from the resection of residual masses at different sites after chemotherapy for metastatic non- seminomatous germ cell tumours. Eur J Cancer 33: 843–847 Hartmann JT, Classen J, Bokemeyer C (2003) Chemotherapie bei Keimzelltumoren mit intermediärer und schlechter Prognose. Onkologie 9: 985–991 Hartmann JT, Einhorn L, Nichols CR, Droz JP, Horwich A, Gerl A, Fossa SD, Beyer J, Pont J, Schmoll HJ, Kanz L, Bokemeyer C (2001) Second-line chemotherapy in patients with relapsed extragonadal nonseminomatous germ cell tumors: results of an international multicenter analysis. J Clin Oncol 19: 1641–1648
731 Literatur
Hartmann JT, Nichols CR, Droz JP, Horwich A, Gerl A, Fossa SD, Beyer J, Pont J, Einhorn L, Kanz L, Bokemeyer C (2000) The relative risk of second nongerminal malignancies in patients with extragonadal germ cell tumors. Cancer 88: 2629–2635 Hartmann JT, Nichols CR, Droz JP, Horwich A, Gerl A, Fossa SD, Beyer J, Pont J, Fizazi K, Einhorn L, Kanz L, Bokemeyer C (2000) Hematologic disorders associated with primary mediastinal nonseminomatous germ cell tumors. J Natl Cancer Inst 92: 54–61 Hartmann JT, Nichols CR, Droz JP, Horwich A, Gerl A, Fossa SD, Beyer J, Pont J, Kanz L, Einhorn L, Bokemeyer C (2002) Prognostic variables for response and outcome in patients with extragonadal germ-cell tumors. Ann Oncol 13: 1017–1028 Hartmann JT, Rick O, Oechsle K, Kuczyk M, Gauler T, Schoffski P, Schleicher J, Mayer F, Teichmann R, Kanz L, Bokemeyer C (2005) Role of postchemotherapy surgery in the management of patients with liver metastases from germ cell tumors. Ann Surg 242: 260–266 Hartmann JT, Schleucher N, Metzner B, Kohne CH, Gerl A, Schleicher J, Rick O, Derigs HG, Beyer J, Boehlke I, Kanz L, Bokemeyer C (2001) Phase I/II study of sequential high dose VIP plus paclitaxel supported by PBSC in patients with ‚poor prognosis‘ germ cell tumor (GCT). Proc Am Soc Clin Oncol 20: 173a (abstr. 691) Hartmann JT, Schmoll HJ, Kuczyk MA, Candelaria M, Bokemeyer C (1997) Postchemotherapy resections of residual masses from metastatic non- seminomatous testicular germ cell tumors. Ann Oncol 8: 531–538 Hartmann JT, Gauler T, Metzner B, Gerl A, Casper J, Rick O, Horger M, Schleicher J, Derigs G, Mayer-Steinacker R, Beyer J, Kuczyk MA, Bokemeyer C (2007) Phase I/II study of sequential doseintensified ifosfamide, cisplatin, and etoposide plus paclitaxel as induction chemotherapy for poor prognosis germ cell tumors by the German Testicular Cancer Study Group. J Clin Oncol 25: 5742–5747 Hendry WF, A‘Hern RP, Hetherington JW, Peckham MJ, Dearnaley DP, Horwich A (1993) Para-aortic lymphadenectomy after chemotherapy for metastatic non- seminomatous germ cell tumours: prognostic value and therapeutic benefit. Br J Urol 71: 208–213 Herr HW, Sheinfeld J, Puc HS, Heelan R, Bajorin DF, Mencel P, Bosl GJ, Motzer RJ (1997) Surgery for a post-chemotherapy residual mass in seminoma. J Urol 157: 860–862 Hinton S, Catalano PJ, Einhorn LH, Nichols CR, David CE, Vogelzang N, Trump D, Loehrer PJ Sr. (2003) Cisplatin, etoposide and either bleomycin or ifosfamide in the treatment of disseminated germ cell tumors: final analysis of an intergroup trial. Cancer 97: 1869–1875 Horwich A, Dearnaley DP, A’Hern R, Mason M, Thomas G, Jay G, Nicholls J (1992) The activity of single-agent carboplatin in advanced seminoma. Eur J Cancer 28A: 1307–1310 Horwich A, Oliver RT, Wilkinson PM, Mead GM, Harland SJ, Cullen MH, Roberts JT, Fossa SD, Dearnaley DP, Lallemand E, Stenning SP (2000) A medical research council randomized trial of single agent carboplatin versus etoposide and cisplatin for advanced metastatic seminoma. MRC Testicular Tumour Working Party. Br J Cancer 83: 1623–1629 Horwich A, Paluchowska B, Norman A, Huddart R, Nicholls J, Fisher C, Husband J, Dearnaley DP (1997) Residual mass following chemotherapy of seminoma. Ann Oncol 8: 37–40 Horwich A, Sleijfer DT, Fossa SD, Kaye SB, Oliver RT, Cullen MH, Mead GM, De Wit R, de Mulder PH, Dearnaley DP, Cook PA, Sylvester RJ, Stenning SP (1997) Randomized trial of bleomycin, etoposide, and cisplatin compared with bleomycin, etoposide, and carboplatin in good-prognosis metastatic nonseminomatous germ cell cancer: a Multiinstitutional Medical Research Council/European
Organization for Research and Treatment of Cancer Trial. J Clin Oncol 15: 1844–1852 Jones DM, Amato RJ, Pagliaro LC, Millikan R, Ellerhorst J, Tu SM, Logothetis CJ (1997) Carboplatin (CBDCA) and cyclophosphamide (CTX) and delayed selective consolidation in advanced seminoma (Meeting abstract). Proc Am Soc Clin Oncol 16: 323a (abstr. 1149) Kaye SB, Mead GM, Fossa S, Cullen M, deWit R, Bodrogi I, Van Groeningen C, Sylvester R, Collette L, Stenning S, de Prijck L, Lallemand E, deMulder P (1998) Intensive induction-sequential chemotherapy with BOP/VIP-B compared with treatment with BEP/EP for poor-prognosis metastatic nonseminomatous germ cell tumor: a Randomized Medical Research Council/European Organization for Research and Treatment of Cancer study. J Clin Oncol 16: 692–701 Kopp HG, Kuczyk M, Classen J, Stenzl A, Kanz L, Mayer F, Bamberg M, Hartmann JT (2006) Advances in the treatment of testicular cancer. Drugs 66 (5): 641–659 Loehrer PJ, Sr., Birch R, Williams SD, Greco FA, Einhorn LH (1987) Chemotherapy of metastatic seminoma: the Southeastern Cancer Study Group experience. J Clin Oncol 5: 1212–1220 Loehrer PJ, Sr., Johnson D, Elson P, Einhorn LH, Trump D (1995) Importance of bleomycin in favorable-prognosis disseminated germ cell tumors: an Eastern Cooperative Oncology Group trial. J Clin Oncol 13: 470–476 Loehrer PJ, Lauer R, Roth BJ, Williams SD, Kalasinski LA, Einhorn LH (1998) Salvage therapy in recurrent germ cell cancer: ifosfamide and cisplatin plus either vinblastine or etoposide. Ann Intern Med 109: 540–546 Logothetis CJ, Samuels ML, Ogden SL, Dexeus FH, Chong CD (1987) Cyclophosphamide and sequential cisplatin for advanced seminoma: long-term followup in 52 patients. J Urol 138: 789–794 Mead GM, Stenning SP (1997) The International Germ Cell Consensus Classification: a new prognostic factor-based staging classification for metastatic germ cell tumours. Clin Oncol (R Coll Radiol) 9: 207–209 Mencel PJ, Motzer RJ, Mazumdar M, Vlamis V, Bajorin DF, Bosl GJ (1994) Advanced seminoma: treatment results, survival, and prognostic factors in 142 patients. J Clin Oncol 12: 120–126 Motzer RJ, Nichols CJ, Margolin KA, Bacik J, Richardson PG, Vogelzang NJ, Bajorin DF, Lara PN, Jr., Einhorn L, Mazumdar M, Bosl GJ (2007) Phase III randomized trial of conventional-dose chemotherapy with or without high-dose chemotherapy and autologous hematopoietic stem-cell rescue as first-line treatment for patients with poor-prognosis metastatic germ cell tumors. J Clin Oncol 25: 247–256 Mulders PF, Oosterhof GO, Boetes C, de Mulder PH, Theeuwes AG, Debruyne FM (1990) The importance of prognostic factors in the individual treatment of patients with disseminated germ cell tumours. Br J Urol 66: 425–429 Murphy BA, Motzer RJ, Mazumdar M, Vlamis V, Nisselbaum J, Bajorin D, Bosl GJ (1994) Serum tumor marker decline is an early predictor of treatment outcome in germ cell tumor patients treated with cisplatin and ifosfamide salvage chemotherapy. Cancer 73: 2520–2526 Napier MP, Naraghi A, Christmas TJ, Rustin GJ (2000) Long-term follow-up of residual masses after chemotherapy in patients with non-seminomatous germ cell tumours. Br J Cancer 83: 1274– 1280 Nichols CR, Catalano PJ, Crawford ED, Vogelzang NJ, Einhorn LH, Loehrer PJ (1998) Randomized comparison of cisplatin and etoposide and either bleomycin or ifosfamide in treatment of advanced disseminated germ cell tumors: an Eastern Cooperative Oncology
26
732
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Group, Southwest Oncology Group, and Cancer and Leukemia Group B Study. J Clin Oncol 16: 1287–1293 Nichols CR, Roth BJ, Heerema N, Griep J, Tricot G (1990) Hematologic neoplasia associated with primary mediastinal germ-cell tumors. N Engl J Med 322: 1425–1429 Nichols CR, Williams SD, Loehrer PJ, Greco FA, Crawford ED, Weetlaufer J, Miller ME, Bartolucci A, Schacter L, Einhorn LH (1991) Randomized study of cisplatin dose intensity in poor-risk germ cell tumors: a Southeastern Cancer Study Group and Southwest Oncology Group protocol. J Clin Oncol 9: 1163–1172 Oechsle K, Hartmann M, Brenner W, Venz S, Weissbach L, Franzius C, Kliesch S, Mueller S, Krege S, Heicappell R, Bares R, Bokemeyer C, de Wit M (2008) [18F]Fluorodeoxyglucose positron emission tomography in nonseminomatous germ cell tumors after chemotherapy: the German multicenter positron emission tomography study group. J Clin Oncol 26: 5930–5935 O’Sullivan JM, Huddart RA, Norman AR, Nicholls J, Dearnaley DP, Horwich A (2003) Predicting the risk of bleomycin lung toxicity in patients with germ-cell tumours. Ann Oncol 14: 91–96 Oldenburg J, Alfsen GC, Lien HH, Aass N, Waehre H, Fossa SD (2003) Postchemotherapy retroperitoneal surgery remains necessary in patients with nonseminomatous testicular cancer and minimal residual tumor masses. J Clin Oncol 21: 3310–3317 Ozols RF, Ihde DC, Linehan WM, Jacob J, Ostchega Y, Young RC (1988) A randomized trial of standard chemotherapy v a high-dose chemotherapy regimen in the treatment of poor prognosis nonseminomatous germ-cell tumors. J Clin Oncol 6: 1031–1040 Pizzocaro G, Salvioni R, Piva L, Zanoni F, Milani A, Faustini M (1986) Cisplatin combination chemotherapy in advanced seminoma. Cancer 58: 1625–1629 Puc HS, Heelan R, Mazumdar M, Herr H, Scheinfeld J, Vlamis V, Bajorin DF, Bosl GJ, Mencel P, Motzer RJ (1996) Management of residual mass in advanced seminoma: results and recommendations from the Memorial Sloan-Kettering Cancer Center. J Clin Oncol 14: 454–460 Rivoire M, Elias D, De Cian F, Kaemmerlen P, Theodore C, Droz JP (2001) Multimodality treatment of patients with liver metastases from germ cell tumors: the role of surgery. Cancer 92: 578–587 Saxman SB, Finch D, Gonin R, Einhorn LH (1998) Long-term follow-up of a phase III study of three versus four cycles of bleomycin, etoposide, and cisplatin in favorable-prognosis germ-cell tumors: the Indian University experience. J Clin Oncol 16: 702–706 Schmoll HJ, Harstrick A, Bokemeyer C, Dieckmann KP, Clemm C, Berdel WE, Souchon R, Schober C, Wilke H, Poliwoda H (1993) Singleagent carboplatinum for advanced seminoma. A phase II study. Cancer 72: 237–243 Schmoll HJ, Kollmannsberger C, Metzner B, Hartmann JT, Schleucher N, Schoffski P, Schleicher J, Rick O, Beyer J, Hossfeld DK, Kanz L, Berdel WE, Andreesen R, Bokemeyer C (2003) Long-term results of first-line sequential high dose VIP chemotherapy plus autologous stem cell support for patients with advanced metastatic germ cell cancer: An extended phase II study of the german testicular cancer study group. J Clin Oncol 23: 4083–4091 Schmoll HJ, Souchon R, Krege S, Albers P, Beyer J, Kollmannsberger C, Fossa SD, Skakkebaek NE, De Wit R, Fizazi K, Droz JP, Pizzocaro G, Daugaard G, de Mulder PH, Horwich A, Oliver T, Huddart R, Rosti G, Paz AL, Pont O, Hartmann JT, Aass N, Algaba F, Bamberg M, Bodrogi I, Bokemeyer C, Classen J, Clemm S, Culine S, De Wit M, Derigs HG, Dieckmann KP, Flasshove M, Garcia dM, X, Gerl A, Germa-Lluch JR, Hartmann M, Heidenreich A, Hoeltl W, Joffe J, Jones W, Kaiser G, Klepp O, Kliesch S, Kisbenedek L, Koehrmann KU, Kuczyk M, Laguna MP, Leiva O, Loy V, Mason MD, Mead GM,
Mueller RP, Nicolai N, Oosterhof GO, Pottek T, Rick O, Schmidberger H, Sedlmayer F, Siegert W, Studer U, Tjulandin S, von der MH, Walz P, Weinknecht S, Weissbach L, Winter E, Wittekind C (2004) European consensus on diagnosis and treatment of germ cell cancer: a report of the European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCCG). Ann Oncol 15: 1377–1399 Sleijfer S, Willemse PH, de Vries EG, van der Graaf WT, Schraffordt KH, Mulder NH (1996) Treatment of advanced seminoma with cyclophosphamide, vincristine and carboplatin on an outpatient basis. Br J Cancer 74: 947–950 Sonneveld DJ, Hoekstra HJ, van der Graaf WT, Sluiter WJ, Mulder NH, Willemse PH, Koops HS, Sleijfer DT (2001) Improved long term survival of patients with metastatic nonseminomatous testicular germ cell carcinoma in relation to prognostic classification systems during the cisplatin era. Cancer 91: 1304–1315 Stephens AW, Gonin R, Hutchins GD, Einhorn LH (1996) Positron emission tomography evaluation of residual radiographic abnormalities in postchemotherapy germ cell tumor patients. J Clin Oncol 14: 1637–1641 Steyerberg EW, Keizer HJ, Zwartendijk J, Van Rijk GL, Van Groeningen CJ, Habbema JD, Stoter G (1993) Prognosis after resection of residual masses following chemotherapy for metastatic nonseminomatous testicular cancer: a multivariate analysis. Br J Cancer 68: 195–200 Steyerberg EW, Keizer HJ, Stoter G, Habbema JD (1994) Predictors of residual mass histology following chemotherapy for metastatic non-seminomatous testicular cancer: a quantitative overview of 996 resections. Eur J Cancer 30A: 1231–1239 Steyerberg EW, Keizer HJ, Fossa SD, Sleijfer DT, Toner GC, Schraffordt KH, Mulders PF, Messemer JE, Ney K, Donohue JP (1995) Prediction of residual retroperitoneal mass histology after chemotherapy for metastatic nonseminomatous germ cell tumor: multivariate analysis of individual patient data from six study groups. J Clin Oncol 13: 1177–1187 Steyerberg EW, Gerl A, Fossa SD, Sleijfer DT, De Wit R, Kirkels WJ, Schmeller N, Clemm C, Habbema JD, Keizer HJ (1998) Validity of predictions of residual retroperitoneal mass histology in nonseminomatous testicular cancer. J Clin Oncol 16: 269–274 Tait D, Peckham MJ, Hendry WF, Goldstraw P (1984) Post-chemotherapy surgery in advanced non-seminomatous germ-cell testicular tumours: the significance of histology with particular reference to differentiated (mature) teratoma. Br J Cancer 50: 601–609 Toner GC, Panicek DM, Heelan RT, Geller NL, Lin SY, Bajorin D, Motzer RJ, Scher HI, Herr HW, Morse MJ (1990) Adjunctive surgery after chemotherapy for nonseminomatous germ cell tumors: recommendations for patient selection. J Clin Oncol 8: 1683–1694 Toner GC, Stockler MR, Boyer MJ, Jones M, Thomson DB, Harvey VJ, Olver IN, Dhillon H, McMullen A, Gebski VJ, Levi JA, Simes RJ (2001) Comparison of two standard chemotherapy regimens for goodprognosis germ-cell tumours: a randomised trial. Australian and New Zealand Germ Cell Trial Group. Lancet 357: 739–745 Willan BD, McGowan DG (1985) Seminoma of the testis: a 22-year experience with radiation therapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 11: 1769–1775 Williams SD, Birch R, Einhorn LH, Irwin L, Greco FA, Loehrer PJ (1987) Treatment of disseminated germ-cell tumors with cisplatin, bleomycin, and either vinblastine or etoposide. N Engl J Med 316: 1435–1440 Wozniak AJ, Samson MK, Shah NT, Crawford ED, Ford CD, Altman SJ, Stephens RL, Natale RB, Bouroncle BA, Blumenstein BA (1991) A randomized trial of cisplatin, vinblastine, and bleomycin versus vinblastine, cisplatin, and etoposide in the treatment of advan-
733 Literatur
ced germ cell tumors of the testis: a Southwest Oncology Group study. J Clin Oncol 9: 70–76 Xiao H, Mazumdar M, Bajorin DF, Sarosdy M, Vlamis V, Spicer J, Ferrara J, Bosl GJ, Motzer RJ (1997) Long-term follow-up of patients with good-risk germ cell tumors treated with etoposide and cisplatin. J Clin Oncol 15: 2553–2558 Zon RT, Nichols C, Einhorn LH (1998) Management strategies and outcomes of germ cell tumor patients with very high human chorionic gonadotropin levels. J Clin Oncol 16: 1294–1297
Literatur zu Kap. 26.11 Albers P, Dommer K, Muller SC (1998) Hodentumoren. Todesfälle und Rezidive nach inadäquater Therapie. Urologe A 37: 625–628 Albers P, Ganz A, Hannig E et al. (2000) Salvage surgery of chemorefractory germ cell tumors with elevated tumor markers. J Urol 164: 381–384 André F, Fizazi K, Culine S, Droz JP, Taupin P, Lhommé C, Terrier-Lacombe MJ, Théodore C (2000) The growing teratoma syndrome: results of therapy and long-term follow-up of 33 patients. Europ J Cancer 36: 1389–1394 Beck SDW, Foster RS, Bihrle R, Einhorn LH, Donohue JP (2005) Outcome Analysis for Patients With Elevated Serum Tumor Markers at Postchemotherapy Retroperitoneal Lymph Node Dissection. J Clin Oncol 23:6149–6156 Beyer J, Kramar A, Mandanas R, Linkesch W, Greinix A, Droz JP, Pico JL, Diehl A, Bokemeyer C, Schmoll HJ, Nichols CR, Einhorn LH, Siegert W (1996) High-dose chemotherapy as salvage treatment in germ cell tumors: a multivariate analysis of prognostic factors. J Clin Oncol 14:2638–2645 Beyer J, Stenning S, Gerl A, Fossa S, Siegert W (2002) High-dose versus conventional-dose chemotherapy as first-salvage treatment in patients with non-seminomatous germ-cell tumors: a matchedpair analysis. Ann Oncol 13:599–605 Donadio AC, Motzer RJ, Bajorin DF, Kantoff PW, Sheinfeld J, Houldsworth J, Chaganti RSK, Bosl GJ (2003) Chemotherapy for teratoma with malignant transformation. J Clin Oncol 21: 4285–4291 Einhorn LH, Williams SD, Chamness A, Brames MJ, Perkins SM, Abonour R (2007) High-dose chemotherapy and stem-cell rescue for metastatic germ-cell tumors. N Engl J Med 357: 340–348 Farhat F, Culine S, Theodore C, Bekradda M, Terrier-Lacombe MJ, Droz JP (1996) Cisplatin and ifosfamide with either vinblastine or etoposide as salvage therapy for refractory or relapsing germ cell tumor patients. Cancer 77: 1193–1197 Fossa SD, Stenning SP, Gerl A, Horwich A, Clark PI, Wilkinson PM, Jones WG, Williams MV, Oliver RT, Newlands ES, Mead GM, Cullen MH, Kaye SB, Rustin GJS, Cook PA (1999) Prognostic factors in patients progressing after platinum-based chemotherapy for malignant non-seminomatous germ cell tumours. Br J Cancer 80: 1392–1399 Horwich A, Shipley J, Huddart R (2006) Testicular germ-cell cancer. Lancet 367: 754–765 George DW, Foster RS, Hromas RA, Robertson KA, Vance GH, Ulbright TM, Gobbett TA, Heiber DJ, Heerema NA, Ramsey HC, Thurston VC, Jung S-H, Shen J, Finch DE, Kelley MR, Einhorn LH (2003) Update on late relapse of germ cell tumor: a clinical and molecular analysis. J Clin Oncol 21:113–122 Hartmann J, Schmoll HJ, Kuczyk MA, Candelaria M, Bokemeyer C (1997) Postchemotherapy resections of residual masses from metastatic non-seminomatous testicular germ cell tumors. Ann Oncol 8:531–538 Heidenreich A, Krege S, Flaßhove M (2004) Interdisziplinäre Kooperation in der Therapie von komplexen Patienten mit fortgeschrittenem testikulärem Keimzelltumor. Urol A 43:1521–1530
Heidenreich A, Ohlmann CH (2005) Metastasierte testikuläre Keimzelltumoren. Aktuelle Indikationen zur Residualtumorresektion nach induktiver Chemotherapie Heidenreich A, Ohlmann CH, Hegele A, Beyer J (2005) Repeat retroperitoneal lymphadenectomy in advanced testicular cancer. Eur Urol 47: 64–71 Hendry WF, Norman AR, Dearnaley DP, Fisher C, Nicholls J, Huddart RA, Horwich A (2002) Metastatic nonseminomatous germ cell tumors of the testis: results of elective and salvage surgery for patients with residual retroperitoneal masses. Cancer 94: 1668–1676 Kondagunta GV, Bacik J, Donadio A, Bajorin D, MarionvS, Sheinfeld J, Bosl GJ, Motzer RJ (2005) Combination of paclitaxel, ifosfamide, and cisplatin is an effective second-line therapy for patients with relapsed testicular germ cell tumors. J Clin Oncol 23: 6549–6555 Krege S, Beyer J, Souchon R, Albers P (2008) European Consensus Conference on Diagnosis and Treatment of Germ Cell Cancer: A Report of the Second Meeting of the European Germ Cell Cancer Consensus group (EGCCCG): Part I + II. Eur Urol 53: 478–513 Kuczyk MA, Bokemeyer C, Kollmannsberger C, Corvin C, Anastasias S, Machtens S, Merseburger A, Wegener G, Stenzel A, Hartmann JT, Jonas U (2004) Late relapse after treatment for nonseminomatous germ cell tumors according to a single center-based experience. World J Urol 22: 55–59 Loehrer PJ, Gonin R, Nichols CR, Weathers T, Einhorn LH (1998) Vinblastine plus ifosfamide plus cisplatin as initial salvage therapy in recurrent germ cell tumor. J Clin Oncol 16: 2500–2504 Lorch A, Kollmannsberger C, Hartmann JT, Metzner B, Schmidt-Wolf IGH, Berdel BE, Weissinger F, Schleicher J, Egerer G, Haas, A, Schirren R, Beyer J, Bokemeyer C, Rick O (2007) Single versus sequential high-dose chemotherapy in patients with relapsed or refractory germ cell tumors: a prospective randomized multicenter trial of the German Testicular Cancer Study Group. J Clin Oncol 25: 2778–2784 Lutke Holzik MF, Hoekstra HJ, Mulder NH, Suurmeijer AJH, Sleijfer DT, Gietema JA (2003) Non–germ cell malignancy in residual or recurrent mass after chemotherapy for nonseminomatous testicular germ cell tumor. Ann Surg Oncol 10: 131–135 Miller KD, Loehrer PJ, Gonin R, Einhorn LH (1997) Salvage chemotherapy with vinblastine, ifosfamide, and cisplatin in recurrent seminoma. J Clin Oncol 15: 1427–1431 Motzer RJ, Mazumdar M, Sheinfeld J, Bajorin DF, Macapinlac HA, Bains M, Reich L, Flombaum C, Mariani T, Tong WP, Bosl GJ (2000) Sequential dose-intensive paclitaxel, ifosfamide, carboplatin and etoposide salvage therapy for germ cell tumor patients. J Clin Oncol 18: 1173–1180 Murphy BR, Breeden ES, Donohue JP, Messemer J, Walsh W, Roth BJ, Einhorn LH (1993) Surgical salvage of chemorefractory germ cell tumors. J Clin Oncol 11: 324–329 Pico JL, Rosti G, Kramar A, Wandt H, Koza V, Salvioni R, Theodore C, Lelli G, Siegert W, Horwich A, Marangolo M, Linkesch W, Pizzocaro G, Schmoll HJ, Bouzy J, Droz JP, Biron P (2005) A randomized trial of high-dose chemotherapy in the salvage treatment of patients failing first-line platinum chemotherapy for advanced germ cell tumors. Ann Oncol 16: 1152–1159 Porcu P, Bhatia S, Sharma M, Einhorn LH (2000) Results of treatment after relapse from high-dose chemotherapy in germ cell tumors. J Clin Oncol 18:1181–1186 Rick O, Bokemeyer C, Weinknecht S, Schirren J, Pottek T, Hartmann JT, Braun T, Rachud B, Weißbach L, Hartmann M, Siegert W, Beyer J (2004) Residual tumor resection after high-dose chemotherapy in patients with relapsed or refractory germ cell cancer. J Clin Oncol 22: 3713–3719
26
734
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Saxman SB, Nichols CR, Einhorn LH (1994) Salvage chemotherapy in patients with extragonadal nonseminomatous germ cell tumors: the Indiana University experience. J Clin Oncol 12: 1390–1393 Schmoll HJ, Beyer J (1998) Prognostic factors in metastatic germ cell tumors. Semin Oncol 25: 174–185 Shahidi M, Norman A, Nicholls J, Dearnaley D, Horwich A, Huddart R (2002) Late recurrence in 1263 men with testicular germ cell tumours: Multivariate analysis of risk factors and implications for management. Cancer 95: 520–30 Sharp DS, Carver BS, Eggener SE, Kondagunta GV, Motzer RJ, Bosl GJ, Sheinfeld J (2008) Clinical outcome and predictors of survival in late relapse of germ cell tumor. J Clin Oncol 26: 5524–5529 Sonneveld DJ, Sleijfer DT, Koops HS, Keemers-Gels ME, Molenaar WM, Hoekstra HJ (1998) Mature teratoma identified after postchemotherapy surgery in patients with disseminated nonseminomatous testicular germ cell tumors: a plea for an aggressive surgical approach. Cancer 82: 1343–1351 Stenning SP, Parkinson MC, Fisher C, Mead GM, Cook PA, Fossa SD, Horwich A, Jones WG, Newlands ES, Oliver RT, Stenwig AE, Wilkinson PM (1998) Postchemotherapy residual masses in germ cell tumor patients: content, clinical features, and prognosis. Medical Research Council Testicular Tumour Working Party. Cancer 83:1409–1419 Vaena DA, Abonour R, Einhorn LH (2003) Long-term survival after high-dose salvage-chemotherapy for germ cell malignancies with adverse prognostic variables. J Clin Oncol 21: 4100–4104 Vuky J, Tickoo SK, Sheinfeld J, Bacik J, Amsterdam A, Mazumdar M, Reuter V, Bajorin DF, Bosl GJ, Motzer RJ (2002) Salvage chemotherapy for patients with advanced pure seminoma. J Clin Oncol 20: 297–301
Literatur zu Kap. 26.12 Mit * gekennzeichnete Literatur wurde für Tab. 26.24 ausgewertet. Albers P, Siener R, Kliesch S, Weissbach L, Krege S, Sparwasser C, Schulze H, Heidenreich A, de Riese W, Loy V, Bierhoff E, Wittekind C, Fimmers R, Hartmann M; German Testicular Cancer Study Group (2003) Risk factors for relapse in clinical stage I nonseminomatous testicular germ cell tumors: results of the German Testicular Cancer Study Group trial. J Clin Oncol 21 (8): 1505–1512 Albers P, Weinknecht S, Krege S, Kliesch S, Hartmann M, Heidenreich A, Walz P, Fimmers R (2004) Prediction of necrosis after chemotherapy of advanced germ cell tumors: Results of a prospective multicenter study of the GTCSG. J Urol 171 (5): 1842–1843 American Institute for Cancer Research (1999) Protect yourself from testicular cancer. www.aicr.org Balint E, Lubau-Plozza B (1975) Fünf Minuten pro Patient. Suhrkamp Verlag Bamberg, M, Schmidberger H, Meisner C, Classen J, Souchon R, Weinknecht S, Schorscht J, Walter F, Engelhart-Cabillic R, Schulz D, Born H, Flink M (1999) Radiotherapy for stage I/IIA/IIB testicular seminoma. Int J Cancer 35: 293–298* Baniel J Foster RS, Genin R, Messemer JE, Donohue JP, Einhorn LH (1995) Late relapse of Testicular cancer. J Clin Oncol 13 (5): 1170–1176* Bokemeyer C, Nowak P, Haupt A, Metzner B, Köhne H, Hartmann JT, Kanz L, Schmoll HJ (1997) Treatment of brain metastasis in patients with testicular cancer. J Clin Oncol 15: 1449–1454 Bosl GJ, Geller NL, Cirrincione C, Vogelsang NJ, Bosl GJ (1983) Multivariate analysis of Prognostic variables in patients with metastatic testicular cancer. Cancer Res 43: 3403–3407 Bruns F, Bremer M, Meyer A, Karstens JH (2005) Adjuvant radiotherapy in stage I seminoma: Is there a role for further reduction of treatment volume? Acta Oncol 44. 142–148*
Buchholz TA, Walden TL, Prestidge BR (1998) Cost-effectivness of posttreatment survival after radiation therapy of early stage seminoma. Cancer 82 (6): 1126–1133 * Büttner R (2006) Psychotherapeutische Begleitung von Hodenkrebspatienten. Dyn Psychatrie, Heft 214/215 Claßen J, Souchon R, Schmidberger H, Spillner P, Hehr P, Bamberg M (2005) Ist Nachsorge (FU) nach adjuvanter Radiotherapie beim Seminom notwendig? Ergebnisse einer prospektiven Untersuchung an 675 Patienten. Strahlenther Oncol 181 (Suppl.1): 61* Claßen J, Bamberg M, Schmidberger H, Souchon R, Hartmann JT, Weissbach L, Hartmann M, Spillner P, Lutterbach J, Hehr J (2006) What is the value of systematic follow-up in stage I seminoma after paraaotic radiotherapy? An analysis of the German Testicular Cancer Study Group (GTCSG) in 675 prospectively followed patients (in press) Clemm C, Bokemeyer C (1998) Therapie des fortgeschrittenen Seminom. Onkologie 4: 524–531 Dearnaley DP, Huddart RA, Horwich A (2001) Managing testicular cancer. BMJ 322: 1583- 1588 Deutsche Krebsgesellschaft (2002) Leitlinie zur Diagnostk und Therapie vonHodentumoren auf der Grundlage evidenzbasierter Medizin (EBM). Hrsg R Souchon, H-J Schmoll, S Krege für die German Testicular Cancer Study Group im Auftrag der Deutschen Krebsgesellschaft. Zuckschwerdt, München Bern Wien New York* Dieckmann K-P, Loy V (2003) False-negative biopsies for the diagnosis of testicular intra- epithelial neoplasia (TIN) – an update. Eur Urol 43 (5): 516–521 Dieckmann KP, Albers P, Classen J, de Witt M, Pichlmeier U, Rick O, Müllerleile U, Kuczyk M (2005) Late relapse of testicular germ cell neoplasms: a descriptive analysis of 122 cases. J Urol 173: 824–829 Donohue JP, Thornhill JA, Foster RS, Rowland RG, Bihrle R (1993) Primary retroperitoneal lymph node dissection in clinical stage A non-seminomatous germ cell testis cancer. Review of the Indiana University experience 1965–1989. Br J Urol 71 (3):326–335 Donohue JP, Thornhill JA, Forster RS, Bihrle R, Rowland R, Einhorn LA, Richie JP (1995) The role of retroperitoneal lymphadenectomy in clinical stage B testis cancer: the Indiana University Experience (1965 to 1989). J Urol 153 (1): 85–89* Fernandez EB, Colon E, McLeod DG, Moul JW (1994) Efficacy of radiographic chest imaging in patients with testicular cancer. Urology 44 (2): 243–249 Flechon A, Culine S, Theodore C, Droz J-P (2005) Pattern of relapse after first line treatment of advanced stage germ-cell tumors. Eur Urol 48: 957–964* Fleer J, Hoekstra HJ, Sleijfer DT, Hoekstra-Weebers JE (2004) Quality of live of survivors of testicular germ cell cancer: a review of the literature. Support Care Cancer 12 (7): 476–486 Fossa SD, Stenning SP, Gerl A, Horwich A, Clark PI, Wilkinson PM, Jones WG, Williams MV, Oliver RT, Newlands ES, Mead GM, Cullen MH, Kaye SB, Rustin GJS, Cook PA (1999a) Prognostic factors in patients progressing after cisplatin-based chemotherapy for malignant non-seminomatous germ cell tumours. Br J Cancer 80 (9): 1392–1399* Fossa SD, Horwich A, Russel JM, Roberts JT, Cullen MH, Hodson NJ, Jones WG, Yosef H, Duchesne GM, Owen JR, Grosch EJ, Chetiyawardana AD, Read NS, Widmer B, Stenning SP (1999b) Optimal planning target volume for stage I testicular seminoma: a Medical Re- search Council randomized trial. J Clin Oncol 17 (4): 1146–1154 Fossa SD, Dahl AA, Haaland CF (1999c) Health-related quality of life in patients treated for testicular cancer. Curr Opin Urol 9 (5): 425–429
735 Literatur
Fossa SD, Horwich A, Russel JM et al.(1999d) Optimal planning target volume for stage I testicular seminoma: a Medical Research Council randomized trial. J Clin Oncol 17:1146–54 Fossa SD (2004) Long-term sequelae after cancer therapy. Acta Oncol 43 (2): 134–141 Gels ME, Hoekstra HJ, Sleijfer DT, Marrink J, de Bruin HWA, Molenaar WM, Freling NJ, Droste JHJ, Schraffordt Koops JH (1995) Detection of recurrence in patients with clinical stage I nonseminomatous testicular germ cell tumors and consequences for further follow- up: a single-center 10-year experience. J Clin Oncol 13 (5): 1188–1194 Gerl A, Clemm C, Schmeller N, Hartenstein R, Lamerz R, Willmanns W (1995) Prognosis after salvage treatment for unselected male patients with germ cell tumours. Br J Cancer 72: 1026–1032* Gerl A, Clemm C, Schmeller N, Hentrich M, Lamerz R, Wilmanns W (1997) Late relapse of germ cell tumors after cisplatin-based chemotherapy. Ann Oncol 8: 41–47 Gerl A, Mühlbayer D, Hansmann G, Mraz W, Hiddemann W (2001) The impact of chemotherapy on Leydig cell function in long term survivors of germ cell tumors. Cancer 91 (7): 1297–1303 Gerl A, Barba M, Weiss M, Liedl B, Zimmermann F, Clemm C (2003). Hodentumoren. Manual Urogenitale Tumoren. Tumorzentrum München u. Zuckschwerdt, München Gietema JA, Meinardi T, Sleijfer DT, Hoekstra HJ, van der Graaf WTA (2002) Routine chest X-rays have no additional value in the detection of relapse during routine follow-up of patients treated with chemotherapie for disseminated nonseminomatous testicular cancer. Ann Oncol 13: 1616–1620* Gosse ON, Oosterhof, Verlind J (2004) Testicular tumours (nonseminomatous). BJU International 94: 1196–1201 Hartmann M, Büttner H, Dettmann R, Pottek T (1995) Atypische Metastasierungen von Keimzellzumoren. In: Schnorr D, Loening SA, Weißbach L (Hrsg) Hodentumoren. Testis Cancer. Blackwell, Berlin: 7–27 Harvey ML, Geldart TR, Duell R, Mead GM, Tung K (2002) Routine computerised tomo- graphic scans of the thorax in surveillance in stage I testicular non-seminomatous germ- cell cancer – a necessary risk? Ann Oncol 13: 237–242* Hermans BP, Sweeney CJ, Foster RS, Einhorn LH, Donohue JP (2000) Risk of systemic metastasis in clinical stage I nonseminoma germ cell testis tumor managed by retro- peritoneal lymph node dissection. J Urol 163: 1721–1724 Horwich A, Norman A, Fisher C, Hendry WF, Nichols J, Dearneley DP (1994) Primary chemotherapie for stage II nonseminomatous germ cell tumors of the testis. J Urol 151: 72–78* Huddart RA, Norman A, Shahidi M, Horwich A, Coward D, Nicholls J, Dearnaley DP (2003) Cardiovascular disease as a long-term complication of treatment for testicular cancer. J Clin Oncol 21 (8): 1513–1523 International Germ Cell Cancer Collaborative Group. International Germ Cell Consensus Classification: a prognostic factor-based staging system for metastatic germ cell cancer. J Clin Oncol 15: 594–603 Jakob A, Kollmannsberger C, Kanz L, Bokemeyer C (1998) Spättoxizität nach Chemothera- pie maligner Hodentumoren. Urologe A 37: 635–647 Jewett MAS, Grabowski A, McKiernan J (2003) Managment of recurrence and follow-up for cancer. Urol Clin N Am 30: 819–830* Jones WG, Fossa SD, Mead GM, Roberts JT, Sokal M, Horwich A, Stenning SP (2005) Randomized trial of 30 versus 20 gy in the adjuvant treatment of stage I testicular seminoma: a report on Medical Research Council trial TE18, European Organisation for the
Research and Treatment of Cancer trial 30942 (ISRCTN18525328). J Clin Oncol 23 (6)1200–1209* Kakehi Y, Kamoto T, Kawakita M, Ogawa O (2002) Follow-up of clinical stage I testicular cancer: cost and risk benefit considerations. Int J Urol 9 (3): 154–160 Kennedy BJ, Torkelson JL, Fraley EE (1994) Adjuvant chemotherapie for stage II nonsemi- nomatous germ cell cancer of the testis. Cancer 73: 1485–1489 Koch MO (1998) Cost-effectiv strategies for the follow-up of patients with germ cell tumors. Urol Clin N Am 25 (3): 495– 502 Krege S, Beyer J, Souchon R et al. (2008) European consensus conference on diagnosis and treatment of germ cell cancer: a report of the second meeting of the European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCCG). Eur Urol 53: 478–513 Laguna MP, Klepp O, Horwich A, Algaba F, Bokemeyer C, Pizzokaro G, Cohn-Cedemark G, Albers P (2004) Guidelines on testicular cancer. Update March 2004. European Association of Urology* Livsey JE, Taylor B, Mobarek N, Cooper RA, Carrington B, Logue JP (2001) Patterns of Relapse following radiotherapy for stage I seminoma of the testis: implications for follow- Up. Clin Oncol 13: 296–300 Logue JP, Harris MA, Livsey JE, Swindell R, Mobarek N, Read G (2003) Short course para-aortic radiation for stage I seminoma of the testis. Int J Rad Oncol Biol Phys 57 (5): 1304–1309* Mann K (1990) Tumor markers in testicular cancer. Urologe A 29 (2): 77–86 Martin JM, Pnazarella T, Zwahlen DR et al. (2007) Evidence based guidelines for following stage I seminoma. Cancer 109:2248–56 Meinardi MT, Gietema JA, Van Veldhuisen DJ, Van der Graaf WTA, Van der Berg MP, Schraffordt Koops H, Willemse PHB, Mulder MH, De Vries EGE, Sleijfer DTh (1999) Treatment related cardiovascular morbidity in long-term survivors in metastatic testicular Cancer. Proc ASCO 18: 308a, Abstract 1182 Montie JE (1994) Follow-up after radical orchiectomy for testicular cancer. Urol Clin N Am 21 (4): 757–760 Nichols CR (1998) Testicular cancer. Curr Probl Cancer 22: 187–274 Oliver RTD, Edmonds PM, Ong JYH, Ostrowski M, Jackson AW, BailleJohnson H, Williams MV, Wiltshire CR, Mott T, Pratt WR, Trask CLW, Hope-Stone HF (1994) Pilot studies of 2 and 1 course carboplatin as adjuvant for stage I seminoma: should it be tested in a randomized trial against radiotherapy?Int J Rad Oncol Biol Phys 29 (1): 3–8* Oliver RTD, Ong J, Shamash J, Ravi R, Nagund V, Harper P, Ostrowski MJ, Sizer B, Levay MJ, Robinson A, Neal DE, Williams M (2004) Long-term follow-up of anglian germ cell cancer group: surveillance versus patients with stage I nonseminoma treated with adjuvant chemotherapy. Urology 63 (3): 556–561 Oliver RT, Mason MD, Mead GM, von der Maase H, Rustin GJ, Jaffe JK, de Witt R, Aass N, Graham JD, Coleman R, Kirk SJ, Stenning SP; MRC TE19 collaborators and the EORTC 30982 collaborators (2005) Radiotherapy versus single-dose carboplatin in adjuvant treatment of stage I seminoma: a randomised trial. Lancet 366 (9482): 293–300 Pont J, Albrecht W, Postner G, Sellner F, Angel K, Höltl W ( 1996) Adjuvant chemotherapie for high-risk stage I nonseminomatous testicular germ cell cancer: long-term results of a prospective trial. J Clin Oncol 14 (2): 441–448 Pottek TS, Diekmann KP (2005a) Nachsorge beim Hodentumor lohnt sich. Urologe 44: 1024–1030* Pottek TS, Hartmann M, Bokemeyer C (2005b) Nachsorge und Spättoxizitäten bei Hodentu- moren. Dt Ärzteblatt 102 (48): 2642– 2646*
26
736
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Roeleveld TA, Horenblas S, Meinhardt W, van de Vijver M, Kooi M, ten Bokkel Huinink WW (2001) Surveillance can be the standard of care of stage I nonseminomatous testicular Tumors and even high risk patients. J Urol 166: 2166–2170* Rustin GJ, Mead GM, Sally P et al. (2007) Randomized trial of two or five computed tomography scans in the surveillance of patients with stage I nonseminomatous germ cell tumors of the testis: Medical Research Council Trial TE08, ISRCTN56475197 – The National Cancer Research Institute Testis Cancer Clinical Studies Group. J Clin Oncol 10:1310–1315 Sandon I, Larsson US, Eriksson C (2000) An interview study of men discovering testicular patients with nonseminoma testis cancer. Cancer Nurs 23 (4): 304–309 Schölermann KH, Dettmann R, Hartmann M (1996) Die risikogesteuerte Hodentumornach- sorge. Urologe A 35: 326–330 Shahidi A, Norman R, Nicholls J, Dearnely DP, Huddart A, Horwich A (2000) How long to follow up patients with testicular germ cell tumours? Proc ASCO 19: Abstract 1300 Sharir S, Foster RS, Donohue JP, Jewett MA (1996) What is the appropriate follow-up after treatment? Semin Urol Oncol 14 (1): 45–53 Sharir S, Jewett MAS, Sturgeon JFG, Moore M, Warde PR, Catton CN, Gospodarowicz M (1999) Progression detection of stage I nonseminomatous testis cancer on surveillance: implications for the followup protocol. J Urol 161: 472–476 Sogani PC, Perotti M, Herr HW, Fair WR, Thaler HT, Bosl G (1998) Clinical stage I testis Cancer: long-term outcome of patients on surveillance. J Urol 159 (3): 855–858* Sonneveld DJA, Sleijfer DTh, Schraffordt Koops H, Keemers-Gels ME, Molenaar WM, Hoekstra HJ (1998) Mature teratoma identified after postchemotherapy surgery in patients with disseminated nonseminomatous testicular germ cell tumors. Cancer 82 (7): 1343–1351 Sonneveld DJA, Hoekstra HJ, van der Graaf WTA, Sluiter WJ, Mulder NH, Willemse PHB, Schraffordt PHB, Sleijfer DT ( 2001) Improved long term survival of patients with non- seminomatous germ cell carcinoma in relation to prognostic classification systems during the cisplatin era. Cancer 91 (7):1304–1315 Spermon JR, Hoffmann AL, Horenblas S, Verbeek ALM, Witjes JA, Kiemeney LA (2005) The efficacy of different follow-up strategies in clinical stage I non-seminomatous germ cell cancer: a Markov simulation study. Eur Urol 48: 258–268 Stephenson AJ, Bosl GJ, Bajorin DF, Stasi J, Motzer RJ, Sheinfeld J (2005) Retroperitoneal lymph node dissection in patients with low stage testicular cancer with embryonal carcino- ma predominance and/ or lymphovascular invasion. J Urol 174: 557–560* Strohmeyer T, Geiser M, Ackermann R, Mumperow E, Hartmann M (1988) Early and long- term toxicity in the managment of advanced testicular tumors. Eur Urol 15: 205–208 Sweeney CJ, Hermans BP, Heilman DK, Foster RS, Donohue JP, Einhorn LH (2000) Results and outcome of retroperitoneal lymph node dissection for clinical stage I embryonal carcinoma-predominant tetis cancer. J Clin Oncol 18 (2): 358–362 Taylor MB, Carrington BM, Livsey JE, Logue JP (2001) The effect of radiotherapie treatment changes on sites of relapse in stage I testicular seminoma. Clin Radiol 56: 116–119* Testicular Cancer Resource Center (2004) Testicular cancer treatments: After treatment. In: Bank D (ed) www.tcrc.acor.org/whatnow.html Travis LB, Curtis RE, Storm H, Hall P, Holowaty E, Van Leeuwen FE, Kohler BA, Pukkala E, Lynch CF, Andersson M, Bergfeldt K, Clarke EA, Wiklund T, Stoter G, Gospodarowicz M, Sturgeon J, Fraumeni JF, Boice JD Jr. (1997) Risk of second malignant Neoplasms among long-term survivors of testicular cancer. J Natl Cancer Inst 89: 1429–1439
Travis L, Anderson M, Holowaty E, Van Leeuwen F, Bergfeldt K, Lynch C, Kohler B, Wiklund R, Curtis H, Storm H, Clarke E, Hail P, Pukkala E, Sturgeon J, Boice J Jr., Gospodarowicz M, Stovall M, Gilbert E (1999) Risk of leukemia following radiotherapy and chemotherapy for testicular cancer. Proc ASCO 18: 308a, Abstract 1185 Trigo JM, Tabernero IM, Paz-Ares J, Garcia-Liano IL, Mora J, Lianes P, Esteban E, Salvador R, Lopez-Lopez JJ, Cortes-Funes H (2001) Tumor markers at the time of re- currence in patients with germ cell tumors. Cancer 88: 162–168 Van Dijk MR, Steyerberg EW, Stenning SP, Dusseldorp E, Habbema JDF (2004) Survival of patients with nonseminomatous germ cell cancer: a review of the IGCC classification by Cox regression and recursive partitioning. Br J Cancer 90 (6): 1176–1183 Warde P, Gospodarowicz MK, Bannerjee D et al. (1997) Prognostic factors for relapse in stage I testicular seminoma treated with surveillance. J Urol 157: 1705–1710* Warde P, Gospodarowicz M, Panzarella T, Catton C, Sturgeon J, Moore M, Jewett M (1998) Managment of stage II seminoma. J Clin Oncol 16 (1): 290–294 Weissbach L, Boedefeld EA, Horstmann-Dubral B (1990) Surgical treatment of stage I non- seminomatous germ cell testis tumor. Eur Urol 17: 97–106 Weissbach L, Bussar-Maatz R, Flechtner H, Pichlmeier U, Hartmann M, Keller L (2000) RPLND or primary chemotherapy in clinical stage IIA/B nonseminomatous germ cell tumors? Eur Urol 37: 582–594* Williams SD, Stablein DM, Einhorn LH, Muggia FM, Weiss RB, Donohue JP, Paulson DF, Brunner KW, Jacobs EM, Spaulding JT (1987) Immediate chemotherapie versus observation with treatment at relapse in pathological stage II testicular cancer. N Eng J Med 317: 1433–1438
Literatur zu Kap. 26.13 Al-Agha OM, Axiotis CA (2007) An in-depth look at Leydig cell tumor of the testis. Arch Pathol Lab Med 131: 311–317 Amin MB (2005) Selected other problematic testicular and paratesticular lesions: rete testis neoplasms and pseudotumors, mesothelial lesions and secondary tumors. Mod Pathol 18 Suppl 2: S131–145 Bitker MO, Leo JP, Jardin A & Chatelain C (1986) Rare testicular tumors Apropos of 15 cases. [Article in French] Ann Urol (Paris) 20: 238–243 Bokemeyer C, Kuczyk M, Schoffski P, Schmoll HJ (1993) Familial occurrence of Leydig cell tumors: a report of a case in a father and his adult son. J Urol 150: 1509–10 Bonkat G, Ruszat R, Forster T, Wyler S, Dogra VS, Bachmann A (2007) Benign space-occupying cysts in the testis. An overview. [Article in German]. Urologe A 46: 1697–1703 Carmignani L, Colombo R, Gadda F, Galasso G, Lania A, Palou J, Algaba F, Villavicencio H, Colpi GM, Decobelli O, Salvioni R, Pizzocaro G, Rigatti P, Rocco F (2007) Conservative surgical therapy for leydig cell tumor. J Urol 178: 507–511 Cho JH, Chang JC, Park BH, Lee JG, Son CH (2002) Sonographic and MR imaging findings of testicular epidermoid cysts. AJR Am J Roentgenol 178: 743–748 Chomette G, Delcourt A, Auriol M (1985) Non germinal tumors of the testis. Prog Clin Biol Res 203: 35–45 Colecchia M, Nistal M, Gonzalez-Peramato P, Carmignani L, Salvioni R, Nicolai N, Regadera J (2007) Leydig cell tumor and hyperplasia: a review. Anal Quant Cytol Histol 29: 139–47 Datta MW, Ulbright TM, Young RH (2001) Renal cell carcinoma metastatic to the testis and its adnexa: a report of five cases including three that accounted for the initial clinical presentation. Int J Surg Pathol 9: 49–56
737 Literatur
Dieckmann KP (1991) Pathogenese und Frühdiagnostik der germinalen Hodentumoren Habilitationsschrift. Freie Universität Berlin Fachbereich Medizin, Berlin Dieckmann KP, Düe W, Loy V (1988) Intrascrotal metastasis of renal cell carcinoma Case report and review of the literature Eur Urol 15: 297–301 Dieckmann KP, Loy V (1993) Metachronous germ-cell and Leydig cell tumors of the testis Do testicular germ cell tumors and Leydig cell tumors share risk factors? Cancer 72: 1305–1307 Dieckmann KP, Loy V (1994a) Epidermoid cyst of the testis: A review of clinical and histogenetic considerations. Br J Urol 73: 436–441 Dieckmann KP, Loy V (1994b) Response of metastasized sex cord gonadal stromal tumor of the testis to cisplatin-based chemotherapy. J Urol 151: 1024–1026 Düe W, Dieckmann KP, Niedobitek G, Bornhöft G, Loy V, Stein H (1990) Testicular sex cord stromal tumour with granulosa cell differentiation: detection of steroid hormone receptors as a possible basis for tumour development and therapeutic management. J Clin Pathol 43: 732–737 Dutt N, Bates AW, Baithun SI (2000) Secondary neoplasms of the male genital tract with different patterns of involvement in adults and children Histopathology 37: 323–331 Eble JN, Sauter G, Epstein JI, Sesterhenn IAE (2004) World health Organization Classification of Tumours Pathology, Genetics Tumours of the Urinary System and Male Genital Organs. IARC Press, Lyon Emerson RE, Ulbright TM (2007) Morphological approach to tumours of the testis and paratestis. J Clin Pathol 60: 866–880 Fischer D, Kurth KH, Löhr J (1975) Die Bedeutung der histologischen Diagnostik für die Behandlung der Hodentumoren. Z Urol Nephrol 67: 465–472 Friedrichs R, Rübben H, Lutzeyer W (1986) Differential diagnosis and therapy of rare testicular tumors. Eur Urol 12: 217–223 Giannarini G, Mogorovich A, Menchini Fabris F, Morelli G, De Maria M, Manassero F, Loggini B, Pingitore R, Cavazzana A, Selli C (2007) Long-term followup after elective testis sparing surgery for Leydig cell tumors: a single center experience. J Urol 178: 872–6; quiz 1129 Hammerich KH, Hille S, Ayala GE, Wheeler TM, Engers R, Ackermann R, Mueller-Mattheis V (2008) Malignant advanced granulosa cell tumor of the adult testis: case report and review of the literature. Hum Pathol 39: 701–709 Harzmann R, Stiens R (1982) Intraskrotale nichtgerminale Tumoren In Register und Verbundstudie für Hodentumoren – Bonn. In: Weißbach L, Hildenbrand G (Hrsg) Zuckschwerdt, München, S 306–339 Hasselblom S, Ridell B, Wedel H, Norrby K, Sender Baum M, Ekman T (2004) Testicular lymphoma -- a retrospective population-based clinical and immunohistochemical study. Acta Oncol 43: 758–765 Heidenreich A, Zumbe J, Vorreuther R, Klotz T, Vietsch H, Engelmann UH (1996) Testikuläre Epidermiszyste: Orchiektomie oder Enukleationsresektion? Urologe A 35: 1–5 Heidrich A, Bollmann R, Knipper A (1999) Hodenmetastase eines Prostatakarzinoms drei Jahre nach subkapsulärer Orchiektomie. Urologe A 38: 279–281 Hoepffner W, Horn LC, Simon E, Sauerbrei G, Schroder H, ThammMucke B, Bennek J, Kiess W (2005) Gonadoblastomas in 5 patients with 46XY gonadal dysgenesis. Exp Clin Endocrinol Diabetes 113: 231–235 Huyghe E, Nohra J, Vezzozi D, Daudin M, Bennet A, Caron P, Thonneau P, Plante P (2007) Fertility before and after treatment of patients with Leydig cell tumour. [Article in French]. Prog Urol 17: 841–845
Jorgensen N, Muller J, Jaubert F, Clausen OP, Skakkebaek NE (1997) Heterogeneity of gonadoblastoma germ cells: similarities with immature germ cells spermatogonia and testicular carcinoma in situ cells. Histopathology 30: 177–86 Kersemaekers AM, Honecker F, Stoop H, Cools M, Molier M, Wolffenbuttel K, Bokemeyer C, Li Y, Lau YF, Oosterhuis JW, Looijenga LH (2005) Identification of germ cells at risk for neoplastic transformation in gonadoblastoma: an immunohistochemical study for OCT3/4 and TSPY. Hum Pathol 36: 512–521 Kim I, Young RH, Scully RE (1985) Leydig cell tumors of the testis A clinicopathological analysis of 40 cases and review of the literature. Am J Surg Pathol 9: 177–192 Krag Jacobsen G, Talerman A (1989) Atlas of germ cell tumors. Munksgaard, Copenhagen Kressel K, Schnell D, Dettmann R, Hartmann M, Butz M (1993) Diagnostik und Therapie nichtgerminaler Hodentumoren Organerhalt oder Orchiektomie? Urologe A 32: 237–241 Lawrence WD, Young RH, Scully RE (1986) Sex Cord – Stromal Tumors In Pathology of the testis and its adnexa. In: Talerman A, Roth LM (eds) Churchill Livingstone, New York, pp 67–92 Loy V, Linke J (2003) Endokrine Tumoren des Hodens. Pathologe 24: 308–313 Masur Y, Steffens J, Ziegler M, Remberger K (1996) Leydigzell-Tumoren des Hodens – klinische und morphologische Aspekte. Urologe A 35: 468–471 Mehra BR, Thawait AP, Narang RR, Gangane NM, Vyas VJ (2007) Adenocarcinoma of the rete testis with uncommon presentation as haematocele. Singapore Med J 48: e311–313 Mikuz G, Kiesler J, Scheiber K, Dietze O (1984) Morphology and incidence of testicular tumors in western Austria (1945–1980). Zentralbl Allg Pathol 129: 91–100 Mikuz G, Colecchia M (2007) Tumors of the testis and paratesticular structures. In: Mikuz G (ed) Clinical pathology of urologic tumors., pp 161–214. Informa Healthcare, London Mostofi FK, Price EB (1973) Tumors of the male genital system Atlas of tumor pathology Second series Fascicle 8. Armed Forces Institute of Pathology: Washington Petersen RO (1992) Urologic Pathology. Lippincott, Philadelphia Pugh RCB (1976) Pathology of the testis. Blackwell, Oxford Rosales Bordes A, Montlleo Gonzalez M, Villavicencio Mavrich H, Algaba Arrea F (2000) Metastatic testicular carcinoma. [Article in Spanish] Arch Esp Urol 53: 469–471 Sanchez-Chapado M, Angulo JC, Haas GP (1995) Adenocarcinoma of the rete testis. Urology 46: 468–475 Schnell D, Thon WF, Stief CG, Heymer B, Altwein JE (1987) Organerhaltendes Vorgehen bei gutartigem Hodentumor? Aktuel Urol 18: 127–132 Scully RE (1970) Gonadoblastoma A review of 74 cases Cancer 25: 1340–1356 Slowikowska-Hilczer J, Romer TE, Kula K (2003) Neoplastic potential of germ cells in relation to disturbances of gonadal organogenesis and changes in karyotype. J Androl 24: 270–278 Souchon R, Krege S, Schmoll HJ (2003) Qualitätssicherung in der Therapie von Hodentumoren. Onkologe 9: 928–936 Teilum G (1976) Special tumors of ovary and testis and related extragonadal lesionsSecond Edition. Munksgaard: Copenhagen Vahlensieck W, jr, , Zemann W (1990) Nicht-germinale Hodentumoren bei Erwachsenen. Beitr Onkol 40: 9–26 von Hochstetter AR, Hedinger CE (1982) The differential diagnosis of testicular germ cell tumors in theory and practice A critical analysis of two major systems of classifiction and review of 389 cases. Virchows Arch A Pathol Anat Histol 396: 247–277
26
738
26
Kapitel 26 · Maligne Hodentumoren
Walz P (1997) Seltene intraskrotale Tumoren Aktuel Urol 28: 65–75 Wegner HE, Dieckmann KP, Herbst H, Andresen R, Miller K (1997) Leydig cell tumor--comparison of results of radical and testis-sparing surgery in a single center. Urol Int 59: 170–173 Woodward PJ, Sohaey R, O’Donoghue MJ, Green DE (2002) From the Archives of the AFIP: tumors and tumorlike lesions of the testis: radiologic-pathologic correlation. Radiographics 22: 189–216 Wurster K (1976) Klassifizierung testikulärer Keimzellgeschwülste. Thieme, Stuttgart Young RH, Scully RE (1990) Testicular tumors. American Society of Clinical Pathologists Press: Chicago Zavala-Pompa A, Ro JY, el-Naggar A, Ordonez NG, Amin MB, Pierce PD, Ayala AG (1993) Primary carcinoid tumor of testis Immunohistochemical ultrastructural and DNA flow cytometric study of three cases with a review of the literature. Cancer 72: 1726–1732 Zucca E, Conconi A, Mughal TI, Sarris AH, Seymour JF, Vitolo U, Klasa R, Ozsahin M, Mead GM, Gianni MA, Cortelazzo S, Ferreri AJ, Ambrosetti A, Martelli M, Thieblemont C, Moreno HG, Pinotti G, Martinelli G, Mozzana R, Grisanti S, Provencio M, Balzarotti M, Laveder F, ltean G, Callea V, Roy P, Cavalli F, Gospodarowicz MK, Group, IELS (2003) Patterns of outcome and prognostic factors in primary large-cell lymphoma of the testis in a survey by the International Extranodal Lymphoma Study Group. J Clin Oncol 21: 20–27
27 Peniskarzinom I. Stancik, W. Höltl, M. De Santis, G. Jakse
27.1
Epidemiologie, Ätiologie – 739
27.2
Onkologische Kennzeichen – 740
27.3
Diagnostik – 741
27.4
Therapie des lokal begrenzten Peniskarzinoms – 742
27.5
Therapie des fortgeschrittenen Peniskarzinoms – 742
27.6
Nachsorge
27.1
Epidemiologie, Ätiologie
– 744
27.1.1 Epidemiologie
Die Inzidenz des Peniskarzinoms in Nordamerika und Europa ist etwa identisch und liegt bei 1–2 Erkrankungen auf 100.000 Männer/Jahr. Das entspricht einer Rate von 0,4–0,6% aller malignen Tumoren beim Mann, in Europa bedeutet es etwa 4000 Neuerkrankungen pro Jahr (ECNR 2001). In Entwicklungsländern Afrikas und Lateinamerikas liegt die Inzidenz wesentlich höher (bis zu 8,3/100.000 in Brasilien). Mit zunehmendem Alter steigt die Inzidenz, 60% der Betroffenen sind älter als 60 Jahre. In Europa ist in den letzten 20 Jahren keine Steigerung der Inzidenz aufgetreten, obwohl die männliche Bevölkerung im Durchschnitt deutlich älter geworden ist.
27.1.2 Ätiologie, Risikofaktoren
Die größte Bedeutung in ätiologischer Hinsicht kommt der nicht reponierbaren Phimose mit der daraus resultierenden Smegmaretention zu. Eine Phimose ist in 25-75% der Männer mit Peniskarzinom vorhanden. Dem Smegma wird eine karzinogene Wirkung zugeschrieben, der Beweis dafür konnte aber bis dato nicht erbracht werden (Reddy 1963).
Die Zirkumzision ist aber nicht in jedem Fall protektiv. Etwa 20% aller Peniskarzinome treten bei zirkumzidierten Männern auf (Maden et al. 1993). Eine präventive Zirkumzision als Karzinomprophylaxe ist aber generell nicht indiziert (Cold et al. 1997). Die neonatale Zirkumzision reduziert aber das Karzinomrisiko um den Faktor 10 (Moses 1998). Chronische schwere Raucher haben eine höhere Wahrscheinlichkeit der Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms im Genitalbereich. Hohe Anteile von Nitrosaminen im Genitalsekret werden als Ursache vermutet (Harish et al. 1995; Hellberg 1987). Die HIV-Infektion scheint keine Bedeutung für die Entstehung eines Peniskarzinoms zu haben (Parkin et al. 1999). Chronische Balanoposthitis und mangelnde Sexualhygiene sind prädisponierende Faktoren. Die Infektion mit HPV-Viren der Subtypen 16 und 18 sind beim Peniskarzinom in 17% bis zu 80% nachweisbar und werden als mögliche kokarzinogene Faktoren diskutiert. Die Inzidenz der HPV-Infektionen steigt mit der Zahl der Sexualpartner während des Lebens an (Dillner et al. 2000). Die Häufigkeit einer nachweisbaren HPVInfektion ist bei der PIN III (penile intraepitheliale Neoplasie) wesentlich höher als beim invasiven Plattenepithelkarzinom. Als mögliche Ursache wird die Genese des Peniskarzinoms auch von anderen nicht HPV-positiven primären Läsionen diskutiert ( Tab. 27.1; Cubilla et al. 2004).
740
Kapitel 27 · Peniskarzinom
Tab. 27.1. Prämaligne Läsionen des Peniskarzinoms Pseudokanzerosen
Fakultative Präkanzerosen
Obligate Präkanzerosen (penile intraepitheliale Neoplasien oder Carcinoma in situ)
Bowenoide Papulosis
Hyperkeratose mit Hornbildung
Leukoplakia
Condylomata acuminata
Balanitis xerotica obliterans
Erythroplasia Queyrat
Buschke-Löwenstein-Tumor
Chronisch-entzündliche Prozesse
Morbus Bowen
Angiome, Fibrome, Myome
27.2
Onkologische Kennzeichen
27.2.1 TNM-Klassifikation
27
Die Klassifikation wird nach dem TNM-Schema der UICC, 6. Ausgabe (2002) vorgenommen ( Tab. 27.2).
27.2.2 Histologische Einteilung
Die überwiegende Zahl an Peniskarzinomen sind Plattenepithelkarzinome. Eine Sonderform stellt das relativ seltene verruköse Karzinom dar. Ob letztere Form vom Buschke-Löwenstein-Tumor unterschiedlich ist bleibt eine offene Kontroverse. Die Schwierigkeit in der Malignitätsbeurteilung des Peniskarzinoms liegt in den unterschiedlichen morphologischen Erscheinungsformen des Plattenepithelkarzinoms begründet. Daher wird im klinischen Alltag meist die einfachere Unterteilung in Grad 1–4 nach Broders (1921) benützt ( Tab. 27.3).
27.2.3 Etablierte prognostische
Faktoren pT-Stadium (Infiltrationstiefe), Malignitätsgrad, und mikrovaskuläre Invasion (lymphatisch und venös) sind die wichtigsten prognostischen Kriterien für die Vorhersage einer Lymphknotenmetastasierung. Diese Faktoren konnten in einer multizentrischen retrospektiven multivariaten Analyse als statistisch signifikant dargestellt werden (Ficarra et al. 2005). In Abhängigkeit der Risikofaktoren lassen sich hinsichtlich eines möglichen Lymphknotenbefalls drei prognostische Gruppen definieren: Niedriges, mittleres und hohes Risiko. Die neue Datenlage erlaubte die Entwicklung von prädiktiven Nomogrammen zur Vorhersage des inguinalen Lymphknotenstatus sowie bessere Beurteilung des tumorspezifischen Überlebens (Ficarra et al. 2002; Novara et al. 2007).
Tab. 27.2. TNM-Klassifikation des Peniskarzinoms T – Primärtumor TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Keine Evidenz für einen Primärtumor
Tis
Carcinoma in situ
Ta
Nicht-invasives verruköses Karzinom
T1
Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe
T2
Tumor infiltriert Corpus spongiosum oder cavernosum
T3
Tumor infiltriert Urethra oder Prostata
T4
Tumor infiltriert andere Nachbarstrukturen
N – Regionäre Lymphknoten NX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
Keine Evidenz für regionöre Lymphknotenmetastasen
N1
Metastase in einem solitären inguinalen Lymphknoten
N2
Metastasen in multiplen oder bilateralen oberflächlichen Lymphknoten
N3
Metastase(n) in tiefen inguinalen oder Beckenlymphknoten, uni- oder bilateral
M – Fernmetastasen MX
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
M0
Keine Evidenz für Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen vorhanden
Tab. 27.3. Histopathologisches Grading nach Broders (1921) Grad nach Broders
Merkmale
Anteil undifferenzierter Tumorzellen
G1
Gut differenziert
<25%
G2
Mäßig differenziert
<50%
G3
Schlecht differenziert
≤75%
G4
Undifferenziert
>75%
27
741 27.3 · Diagnostik
27.3
Diagnostik
Klinische Untersuchung mit Einschätzung des T-Stadiums und Palpation der inguinalen Lymphknoten sind grundlegend. Besteht der Verdacht einer malignen Läsion, ist die Biopsie der nächste diagnostische Schritt. Sie kann in regionaler (Penisblock) oder Allgemeinnarkose durchgeführt werden.
chem Ausmaß und mit welchen Verfahren diese durchgeführt werden soll ist kontrovers. Nur im frühen Stadium eines Tumors mit niedrigem Progressionsrisiko kann auf die Lymphadenektomie verzichtet werden (Solsona et al. 2004). Initial palpable Lymphknoten sind vor der Operation 4–6 Wochen lang antibiotisch zu behandeln, da eine hohe Zahl von Peniskarzinomen bakteriell infiziert ist. Zudem ist eine primäre Lymphadenektomie wegen der Möglichkeit einer Leisteninfektion durch eventuell bakteriell infizierte Lymphknoten damit zu vermeiden.
27.3.2 Bildgebung
27.3.4 Targetspezifische Diagnostik
Primärtumor
Die »sentinel node biopsy« (Sentinel/SLN-WächterLymphknoten) nach Cabanas (1977) ist mit einer hohen Rate falsch-negativer Befunde behaftet und wurde deshalb verlassen (Perinetti 1980). Moderne Verfahren erlangen zunehmend an Bedeutung: die dynamische Lymphszintigraphie mit radioaktiven Markern (Tc99-Kolloid) gewährleistet einen hohen positiven Vorhersagewert und stellt derzeit die beste Methodik dar (Tanis et al. 2002; Horenblas et al. 2000; Kroon et al. 2005). Ihre Anwendung ist aber derzeit auf einige Zentren wegen der beschränkten Verfügbarkeit begrenzt und bei invasiven Primärtumoren und nicht palpablen inguinalen Lymphknoten umstritten (Siess et al. 2007). Ein diagnostischer Algorithmus ist in Abb. 27.1 zusammengefasst.
27.3.1 Basisdiagnostik
Die Sonographie mit hochfrequenten Schallköpfen sowie die Magnetresonanztomographie (MRT) sind gute Verfahren, um die Infiltrationstiefe des Tumors bezüglich der Schwellkörper zu bestimmen. Neuere Untersuchungen zeigen, dass eine zusätzliche artifizielle Erektion das Stagingergebnis mittels MRT zu verbessern im Stande ist (Scardino et al. 2004). Eine Urethroskopie ist nur selten indiziert und hilfreich.
Regionalen Lymphknoten Die regionalen Lymphknoten der Inguinalregion sind mit bildgebenden Verfahren nur mit geringer Spezifität darzustellen, insbesondere, wenn sie nicht palpabel sind.
27.3.5 Molekularbiologische Veränderungen 27.3.3 Ausbreitungsdiagnostik
und ihre prognostische Aussagekraft
Bildgebende Verfahren zur Darstellung der Lymphknoten haben eine unzureichende Aussagekraft (hohe Sensitivität aber niedrige Spezifität). Da die Prognose der Erkrankung entscheidend von dem Lymphknotenstatus abhängt hat die Lymphadenektomie hohen Stellenwert. In wel-
Molekulare Marker sind derzeit in der Phase der experimentellen Entwicklung und eignen sich nicht für die Praxis. Vielversprechend sind die Resultate von Untersuchungen von p-53-Mutationen (Lam et al. 1999; Martins et al. 2002) und des SCC-Antigens (»squamous cell carci-
Ejbhoptujlbmhpsjuinvt!eft!Qfojtlbs{jopnt Voufstvdivoh Qsjnåsuvnps
Sfhjpobmf!ML!.!qbmqbcfm
Sfhjpobmf!ML!.!ojdiu!qbmqbcfm
Gfsonfubtubtfo
Pcmjhbu
Pqujpobm
Pcmjhbu
Pcmjhbu
Pqujpobm
Pqujpobm
Lmjojtdif Voufstvdivoh Ijtupmphjtdif!Ejbhoptf )Cjpqtjf-![zupmphjf*
Tpophsbqijf!)Tdixfmm. l÷sqfsjowbtjpo@* NSU )Tpophsbqijf!volmbs*
Ijtupmphjtdif !Ejbhoptf )Cjpqtjf-![zupmphjf*
Lmjojtdif Voufstvdivoh
Ezobnjtdif Tfoujofm.ML!Cjpqtjf )Ufdiofdjvn.Lpmmpje*
DU!)lmfjoft Cfdlfo-!Bcepnfo* Mvohfos÷ouhfo Lopdifot{joujhsbqijf
Abb. 27.1. Diagnostikalgorithmus des Peniskarzinoms
742
Kapitel 27 · Peniskarzinom
noma antigen«) für die Prognose des Lymphknotenstatus und der Metastasierung. Das SCC-Antigen hat (Wishnow et al. 1990; Laniado et al. 2003) eine Sensitivität von bis zu 80 % und eine Spezifität von 95%. Neuere Publikation zeigten bei 54 Patienten eine Korrelation des SCC-Antigens mit dem Stadium des Primärtumors und Anstieg entweder bei entfernten Organmetastasen oder bei bereits massiven Lymphknotenmetastasen. Bei der Diagnostik der okkulten Lymphknotenmetastasen scheint SCC-Antigen keine Rolle zu spielen (Hungenhuber 2007). Weitere prospektiv validierte Resultate sind jedoch vor einer breiten Nutzung der Marker notwendig.
27.4
27
Therapie des lokal begrenzten Peniskarzinoms
27.4.1 Therapieziele
Das Therapieziel muss die sichere und dauerhafte Entfernung des Tumors sein. Zugleich ist höchster Wert auf ein möglichst gutes funktionelles und kosmetisches Ergebnis zu legen. Bei größeren Tumoren sind chirurgisch rekonstruktive Verfahren einzusetzen.
die partielle Resektionstechnik nach Mohs haben sich in Europa nicht durchgesetzt (Shindel et al. 2007). Ab dem Stadium II ist die partielle oder totale Penektomie das Verfahren der Wahl, kombiniert mit einer inguinalen Lymphadenektomie (sofort oder verzögert).
27.4.3 Radiotherapie
Eine adjuvante Bestrahlungstherapie nach der radikalen inguinalen Lymphadenektomie könnte laut rezenten Literaturangaben von gewissem Vorteil sein, ist jedoch mit einer erhöhten Komplikationsrate verbunden (Banon et al. 2000; Mahlmann et al. 2001). Die prophylaktische Bestrahlung der nicht palpablen Lymphknoten bringt keinen Vorteil, weil die Radiatio die Bildung von Lymphknotenmetastasen nicht verhindern kann (Ravi et al. 1994; Kulkami u. Kamat 1994). Gleichzeitig sind die Patienten den Bestrahlungskomplikationen ausgesetzt und fibrotische Veränderungen erschweren die Nachsorgeuntersuchungen erheblich (Theodorescu et al. 1996).
27.5
Therapie des fortgeschrittenen Peniskarzinoms
27.4.2 Operative Therapie
27.5.1 Therapiekonzept
Die lokale Therapie erfolgt entsprechend dem klinischen Stadium. Das Stadium I ist durch lokale Exzision mit entsprechendem Sicherheitsabstand in der Regel heilbar. Auf eine Lymphadenektomie kann verzichtet werden, sofern der Tumor keinen aggressiven Malignitätsgrad aufweist. Die intraoperative Schnellschnittuntersuchung der Resektionsränder ist obligat. Die Resektion muss einen Sicherheitsabstand von 10–15 mm vom Tumor haben (Hoffman et al. 1999; Minhas et al. 2005; Agrawal et al. 2000). Die früher geforderten 20 mm sind historisch. Alternativ zur Exzision kommt auch die Laserablation zur Anwendung (van Bezooijen et al. 2001; Frimberger et al. 2002), wobei die besten Resultate mit niedrigsten Rate an Lokalrezidiven bei den Tis und T1 zu erzielen sind. Die Laserablation der T2-Primärtumoren ist wegen hoher Lokalrezidivraten nur bei ausgewählten Patienten in Kombination mit einer inguinalen Lymphadenektomie vorbehalten (Meijer et al. 2007). Bei lokaler Exzision am Penisschaft kann die plastische Deckung mit einem Hauttransplantat erforderlich werden, bei Defekten an der Glans hat sich die Mundschleimhaut bewährt (Singh et al. 2005). Gelegentlich ist die komplette Resektion der Glans mit Rekonstruktion des Orificium urethrae erforderlich (Hadway et al. 2005). Die Kryochirurgie und
Das lokal fortgeschrittene Peniskarzinom (Primärtumor) ist in Abhängigkeit der Lokalisation des Tumors durch Teilresektion oder Amputation zu behandeln. Patienten, die eine Operation ablehnen, können alternativ einer Radiotherapie zugeführt werden. Der Lymphknotenstatus bestimmt die weitere Vorgangsweise.
27.5.2 Operative Therapie
Nach Entfernung eines fortgeschrittenen Primärtumors (ab pT2) schließt sich in jedem Fall eine inguinale Lymphadenektomie unterschiedlichen Ausmaßes an. Die Inzidenz okkulter positiver Lymphknoten bei T2–4G2–3Tumoren beträgt bis zu 80% (Solsona 2001). Die Lymphadenektomie im zeitlichen Bereich des Erstbefundes (innerhalb von 6 Wochen nach Entfernung des Primärtumors) führt bei mikroskopischem Befall der Lymphknoten zu signifikant besseren Ergebnissen als die verzögerte Lymphadenektomie wenn Lymphknoten palpabel werden (McDougal et al. 1986; Omellas et al. 1994). Nicht palpable Lymphknoten können durch eine eingeschränkte Lymphadenektomie primär behandelt werden, um der beträchtlichen Morbidität einer radikalen
743 27.5 · Therapie des fortgeschrittenen Peniskarzinoms
Lymphadenektomie auszuweichen (Catalona et al. 1988; Jacobellis 2003). Diese wird entsprechend der Häufigkeit des Befalls medial der V. femoralis nach kaudal bis zur Einmündung der V. saphena magna und nach kranial bis zum Leistenband durchgeführt. Finden sich dabei mehr als 2 tumorbefallene Lymphknoten ist eine radikale Lymphadenektomie und gegebenenfalls eine pelvine Lymphadenektomie durchzuführen. Die klassische radikale inguinale Lymphadenektomie nach Dasseler beinhaltet die Protektion der großen Gefäße mit einem M.-sartoriusSchwenklappen und die Absetzung der V. saphena magna. Die operative Morbidität dieses Verfahrens liegt zwischen 30% und 60% und beinhaltet Infektionen, Hautnekrosen, Lymphorrhö und Lymphödeme der Beine. Die Durchführung einer modifizierten inguinalen Lymphadenektomie von Jacobellis (kein M.-sartorius-Schwenklappen und keine Absetzung der V. saphena magna) zeigen vergleichbare onkologische Resultate wie bei der radikalen inguinalen Lymphadenektomie, jedoch mit signifikant niedrigeren Komplikationsraten (Jacobellis 2003). 20–30% der Patienten mit mehr als 2 inguinalen befallenen LK weisen einen pelvinen Lymphknotenbefall auf.
27.5.3 Chemotherapie Monochemotherapien in der Behandlung des Peniskarzinoms bringen Ansprechraten zwischen 15% und 62% in sehr kleinen Serien und zum Teil unterschiedlichen Dosierungen und Indikationsstellungen. Remissionen sind in der Regel nur kurz anhaltend. Die wichtigsten publizierten Substanzen waren bisher Cisplatin (Ahmed et al. 1984; Gagliano et al. 1989), Bleomycin (Ahmed et al. 1984; Kyalwazi et al. 1974) und Methotrexat (Sklaroff u. Yagoda 1980; Ahmed et al. 1984). Kombinationschemotherapien mit Cisplatin (Kattan et al. 1993), darunter vor allem jene mit 5-Fluorouracil (Hussein et al. 1990; Fisher et al. 1990; Shammas et al. 1992) und Irinotecan (Theodore et al. 2008) brachten breit gestreute Ansprechraten von 25–100% in wiederum sehr kleinen Serien mit jedoch auch einzelnen kompletten- und Langzeitremissionen. Cisplatin/Bleomycin/ Methotrexat war, bezüglich Ansprechen, eine der vielversprechendsten Kombinationen mit 72% Response über median 5,9 Monate (Dexeus et al. 1991). Diese Daten konnten nicht bestätigt werden (Haas et al. 1999; Corral et al. 1998). Man sah jedoch eine exorbitant hohe G3/4Toxizitätsrate mit mehreren therapieinduzierten Todesfällen. Das Ausmaß der Wirksamkeit von Taxanen und deren Kombinationen wurde lediglich durch Fallberichte oder sehr kleine Serien dokumentiert (Joerger et al. 2004; Bermejo et al. 2007). Eine britische Phase-II-Studie un-
tersucht erstmals das Triplet Docetaxel/Cisplatin/5-Fluorouracil in Anlehnung an die Therapie der Plattenepithelkarzinome im HNO-Bereich (Pizzocaro et al. 2007).
Neoadjuvante, primäre präoperative Chemotherapie Das Peniskarzinom präsentiert sich häufig als lokal fortgeschrittene, jedoch nicht fernmetastasierte Erkrankung. Als Behandlungsstrategie kommen beide Therapieansätze, die neoadjuvante und die primäre Chemotherapie zum Tragen, wenn auch hierfür die Datenlage bescheiden ist (Leijte et al. 2007). Die Auswahl der Chemotherapie kann nach denselben Kriterien wie für die palliative Therapie erfolgen, nämlich nach der Wahrscheinlichkeit des Ansprechens und dem Ausmaß der zu erwartenden Toxizität. In bis zu 50% der Fälle werden nach primärer Chemotherapie Tumoren operabel. Langzeit-krankheitsfreies Überleben wird bei den ansprechenden, operabel gewordenen Patienten in 15–30% der Fälle erreicht (Pizzocaro et al. 1988; Bermejo et al. 2007). Eine kürzlich durchgeführte Phase-II-Studie der EORTC zeigte eine Ansprechrate von 31% mit einem wöchentlichen Regime von Cisplatin/ Irinotecan bei akzeptabler Toxizität. Pathologisch komplette Remissionen bei, im Anschluss an die Chemotherapie, operablen Patienten lässt diese Kombination für das neoadjuvante Setting interessant erscheinen (Theodore et al. 2008). Das Hauptproblem der klinischen Beurteilung neoadjuvanter Chemotherapie des Peniskarzinoms ist die Schwierigkeit, Lymphknoten exakt zu stagen. Adjuvante Chemotherapie kann aufgrund der vorliegenden Arbeiten nicht beurteilt und deshalb auch nicht routinemäßig empfohlen werden (Pizzocaro et al. 1988; Maiche 1983; Hakenberg et al. 2006). Zusammenfassende Bewertung Patienten, die nach Ansprechen auf Chemotherapie, unabhängig von ihrer Applikationsform (systemisch intravenös oder intraarteriell (Roth et al. 2000; Sheen et al. 2003; Huang et al. 1999), radikal operabel sind bzw. werden, scheinen einen Überlebensvorteil und die Chance auf Langzeit-krankheitsfreies Überleben zu haben. Zu den Chemotherapeutika mit den höchsten Ansprechraten gehört Bleomycin als Monotherapie oder in Kombinationen, um den Preis eines hohen und potenziell letalen Toxizitätsrisikos. Aus diesem Grund rückt Bleomycin in wirksamen Dosierungen heute in den therapeutischen Hintergrund. Ähnliches gilt für Methotrexat als Mono- oder Kombinationstherapie. Praktikabler, weniger toxisch und auch bei zahlreichen
27
744
Kapitel 27 · Peniskarzinom
anderen Tumorentitäten mit ähnlichem Patientenprofil geprüft sind cisplatinhaltige Kombinationen, die ein adäquateres Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweisen. Idealerweise sollten Peniskarzinompatienten jedoch sowohl im neoadjuvanten, primären wie auch im palliativen Setting im Rahmen klinischer Studien chemotherapeutisch behandelt werden. Den therapeutischen Algorithmus zeigt Abb. 27.2.
27.6
27
Nachsorge
Das Peniskarzinom ist aufgrund seines biologischen Verhaltens mit einem schrittweisen Progress eine Erkrankung, die unter engmaschigen Nachsorgekontrollen gute Überlebensraten aufweist (Koch u. Smith 1994; Gotsadze et al. 2000). Aus dem Dilemma einer möglichst schonenden Chirurgie und notwendigen chirurgischen Radikali-
tät entsteht auch die Notwendigkeit eines engmaschigen Nachsorgeschemas um mögliche Rezidive, so schnell wie möglich einer neuerlichen Therapie unterziehen zu können (Srinivas et al. 1987). Da die meisten Rezidive in den ersten 2 Jahren auftreten, ist dementsprechend die Nachsorge zu gestalten. Spätrezidive sind nicht ausgeschlossen, jedoch deutlich seltener. Der Literatur für die Nachsorge entsprechend wird bei den Patienten mit einer konservativen chirurgischen Therapie oder primär nicht palpablen inguinalen Lymphknoten eine engmaschige Nachsorge in 2-monatigen Abständen für die ersten 2 Jahre und 3-monatigen Kontrollen im darauf folgenden 3. Jahr sowie 6-monatige Kontrollen in 4. und 5. Jahr empfohlen (Lerner et al. 1994). Für die Patienten mit Penektomie und/oder pN0Status werden die Intervalle zwischen den Kontrolluntersuchungen auf 4 Monate/2 Jahre, 6 Monate/3. Jahr und 12 Monate/4.–5. Jahr verlängert (Coblentz et al. 2002; Horenblas et al. 2001). Die Nachsorgeempfehlung der EAU sind in Tab. 27.4 zusammengefasst (Solsona et al. 2004).
Uifsbqjf Sfhjpobmf Mznqilopufo!)ML*
Qsjnåsuvnps
Lpotfswbu/.dijsvsh/ UifsbqjfUvnpsfy{jtjpoMbtfsuifsbqjf )Cjpqtjf-![zupmphjf*
Fnqgpimfo; UjT Ub.2!H2.3
Sbejlbmf!DijsvshjfQfojtufjmsftflujpo pefs Qfojtbnqvubujpo
Sbejpuifsbqjf
Fnqgpimfo; U2!H4!voe!U?3
Pqujpobm; Jo!bvthfxåimufo Gåmmfo!. Dpnqmjbodf-!Obdi. tpshf!U2!H4!voe!U3
U2.3!=5!dn Bcmfiovoh!efs sbejlbmdijsvshj. tdifo!Uifsbqjf
Qbmqbcmf!ML
Cjmbufsbmf!sbejlbmf ML.Ejttflujpo Qsjnåsf!O2pefs obdi!Tvswfjmmbodf
Qfmwjof!MO.Ejt. tflujpo!voe Difnpuifsbqjf pefs!Sbejpuifsbqjf !O304!voe!gjyjfsuf!ML
Npejgj{jfsuf ML.Ejttflujpo lpousbmbufsbm ojdiu!qbmqbcmf!MO
Gfsonfubtubtfo
Ojdiu.qbmqbcmf!ML
Difnp.!pefs qbmmjbujwf!Uifsbqjf
Tvswfjmmbodf )¼mpx!sjtl¬* qUjT-!qUb.2!H2 pefs!ofhbujw/!TMO Tvswfjmmbodf )¼joufsnfejbuf!sjtl¬* qU2H3!piof wbtlvmåsf!Jowbtjpo pefs!ofhbujw/!TMO Npejgj{jfsuf!ML. Ejttflujpo!)¼joufs. nfejbuf!sjtl¬*!qU2H3 nju!wbtlvmåsfs!Jowbtjpo pefs!qptjujw/!TMO Sbejlbmf!MO.Ejttflujpo pefs!npejgj{jfsuf ML.Ejttflujpo )¼ijhi!sjtl¬* qU?>3!pefs!H4
Abb. 27.2. Therapiealgorithmus des Peniskarzinoms
Sbejlbmf!ML.Ejttflujpo gbmmt!O2 cfj!npejgj{jfsufs ML.Ejttflujpo
745 Literatur
Tab. 27.4. Peniskarzinom – EAU-Nachsorgeschema. (Nach Solsona et al.;2004) Therapie
Primärtumor
Inguinalregion
Intervall
Untersuchungen
Jahr 1–2
Jahr 3
Jahr 4–5
Obligatorisch
Konservative Therapie
2 Monate
3 Monate
6 Monate
Klinik/Selbstuntersuchung/ QoL
Teil- oder totale Penektomie
4 Monate
6 Monate
12 Monate
Klinik/Selbstuntersuchung/ Qol
Surveillance
2 Monate
3 Monate
6 Monate
Klinik/Selbstuntersuchung/ Qol
pN0
4 Monate
6 Monate
Nicht notwendig
Klinik/Selbstuntersuchung/ Qol
pN+
Institutspezifisch
Institutspezifisch
Institutspezifisch
Klinik/Selbstuntersuchung/ Qol/CT/Lungenröntgen
Empfehlenswert
Zytologie oder Biopsie falls unklarer Status
Knochenszintigraphie
QoL = Quality of life
Literatur Agrawal A, Pai D, Ananthakrishnan N, Smile SR, Ratnakar C (2000) The histological extent of the local spread of carcinoma of the penis and its therapeutic implications. BJU Int 85: 299 Ahmed T, Sklaroff R, Yagoda A (1984a) An appraisal of the efficacy of bleomycin in epidermoid carcinoma of the penis. Anticancer Res 4: 289–292 Ahmed T, Sklaroff R, Yagoda A (1984b) Sequential trials of methotrexate, cisplatin and bleomycin for penile cancer. J Urol 132: 465–468 Banon P, V, Nicolas Torralba JA, Valdelvira NP, Server PG, Garcia Hernandez JA, Guardiola MA, Gomez GG, Prieto GA, Martinez BE, Perez AM (2000) Squamous carcinoma of the penis. Arch Esp Urol 53: 693 Bermejo C, Busby JE, Spiess PE, Heller L, Pagliaro LC, Pettaway CA. Neoadjuvant chemotherapy followed by aggressive surgical consolidation for metastatic penile squamous cell carcinoma. J Urol 2007: 177(4):1335–1338 Broders AC (1921) Squamous cell epithelioma of the skin. Ann Surg 73: 656–664 Cabanas RM (1977) An approach for the treatment of penile carcinoma. Cancer 39: 456 Catalona WJ (1988) Modified inguinal lymphadenectomy for carcinoma of the penis with preservation of saphenous veins: technique and preliminary results. J Urol 140: 306–310 Coblentz TR, Theodorescu D (2002) Morbidity of modified prophylactic inguinal lymphadenectomy for squamous cell carcinoma of the penis. J Urol 168: 1386–1389 Cold CJ, Storms MR, Van Howe RS (1997) Carcinoma in situ of the penis in a 76-year-old circumcised man. J Fam Pract 44: 407–410 Corral DA, Sella A, Pettaway CA, Amato RJ, Jones DM, Ellerhorst J (1998) Combination chemotherapy for metastatic or locally advanced genitourinary squamous cell carcinoma: a phase II study of methotrexate, cisplatin and bleomycin. J Urol 160: 1770–1774 Cubilla AL, Velazquez EF, Young RH (2004) Epithelial lesions associated with invasive penile squamous cell carcinoma: a pathologic study of 288 cases Int. J Surg Pathol 12: 351–364 Dexeus FH, Logothetis CJ, Sella A, Amato R, Kilbourn R, Fitz K, Striegel A (1991) Combination chemotherapy with methotrexate, bleo-
mycin and cisplatin for advanced squamous cell carcinoma of the male genital tract. J Urol 146: 1284–1287 Dillner J, von Krogh G, Horenblas S, Meijer CJ (2000) Etiology of squamous cell carcinoma of the penis Scand J Urol Nephrol Suppl: 189–193 ECNR (2001) ENCR (European Network of Cancer Registries) Eurocim version 4.0, European incidence database, V22 (1999) Lyon, ENCR ENCR Ficarra V, Martignoni G, Maffei N, Cerruto MA, Novara G, Cavalleri S et al. (2002) Predictive pathological factors of lymph nodes involvement in the squamous cell carcinoma of the penis. Int Urol Nephrol 34(2): 245–250 Ficarra V, Zattoni F, Cunico SC, Galetti TP, Luciani L, Fandella A, Guazzieri S, Maruzzi D, Sava T, Siracusano S, Pilloni S, Tasca A, Martignoni G, Gardiman M, Tardanico R, Zambolin T, Cisternino A, Artibani W (2005) Lymphatic and vascular embolizations are independent predictive variables of inguinal lymph node involvement in patients with squamous cell carcinoma of the penis: Gruppo Uro-Oncologico del Nord Est (Northeast Uro-Oncological Group) Penile Cancer data base data Cancer 103: 2507–2516 Fisher HAG, Barada JH, Horton J, Von Roemeling R (1990) Neoadjuvant therapy with cisplatin and 5-fluorouracil for stage III squamous cell carcinoma of the penis. J Urol Suppl 143: 352A Frimberger D, Hungerhuber E, Zaak D, Waidelich R, Hofstetter A, Schneede P (2002) Penile carcinoma. Is Nd: YAG laser therapy radical enough?. J Urol 168: 2418–2421 Gagliano RG, Blumenstein BA, Crawford ED, Stephens RL, Coltman CA, Jr. , Costanzi JJ (1989) cis-Diamminedichloroplatinum in the treatment of advanced epidermoid carcinoma of the penis: a Southwest Oncology Group Study. J Urol 141: 66–67 Gotsadze D, Matveev B, Zak B, Mamaladze V (2000) Is conservative organ-sparing treatment of penile carcinoma justified? Eur Urol 38: 306–312 Haas GP, Blumenstein BA, Gagliano RG, Russell CA, Rivkin SE, Culkin DJ, Wolf M, Crawford ED (1999) Cisplatin, methotrexate and bleomycin for the treatment of carcinoma of the penis: a Southwest Oncology Group study. J Urol 161: 1823–1825 Hadway P, Pietrzak P, Kommu S, Corbishley C, Watkin N (2005) Penile preserving surgery for invasive penile cancer. The first 100 cases from a UK centre. J Urol 173: 198, Abstr 728
27
746
27
Kapitel 27 · Peniskarzinom
Hakenberg OW, Nippgen JB, Froehner M, Zastrow S, Wirth MP (2006) Cisplatin, methotrexate and bleomycin for treating advanced penile carcinoma. BJU Int 98(6): 1225–1227 Harish K, Ravi R (1995) The role of tobacco in penile carcinoma Br J Urol 75: 375–377 Hellberg D, Valentin J, Eklund T, Nilsson S (1987) Penile cancer: is there an epidemiological role for smoking and sexual behaviour? Br Med J (Clin Res Ed) 295: 1306–1308 Hoffman MA, Renshaw AA, Loughlin KR (1999) Squamous cell carcinoma of the penis and microscopic pathologic margins: how much margin is needed for local cure? Cancer 85: 1565–1568 Horenblas S (2001) Lymphadenectomy for squamous cell carcinoma of the penis. Part 2: the role and technique of lymph node dissection BJU Int 88: 473–483 Horenblas S, Jansen L, Meinhardt W, Hoefnagel CA, de Jong D, Nieweg OE (2000) Detection of occult metastasis in squamous cell carcinoma of the penis using a dynamic sentinel node procedure. J Urol 163: 100–104 Huang XY, Kubota Y, Nakada T, Sasagawa I, Suzuki H, Ishigooka M (1999) Intra-arterial infusion chemotherapy for penile carcinoma with deep inguinal lymph node metastasis Urol Int 62: 245–248 Hungerhuber E, Schlenker B, Schneede P, Stief CG, Karl A (2007) Squamous cell carcinoma antigen correlates with tumor burden but lacks prognostic potential for occult lymph node metastases in penile cancer. Urology 70(5): 975–979 Hussein AM, Benedetto P, Sridhar KS (1990) Chemotherapy with cisplatin and 5-fluorouracil for penile and urethral squamous cell carcinomas. Cancer 65: 433–438 Jacobellis U (2003) Modified radical inguinal lymphadenectomy for carcinoma of the penis: technique and results. J Urol 169(4): 1349–1352 Joerger M, Warzinek T, Klaeser B, Kluckert JT, Schmid HP, Gillessen S (2004) Major tumor regression after paclitaxel and carboplatin polychemotherapy in a patient with advanced penile cancer. Urology 63(4):778–780 Kattan J, Culine S, Droz JP, Fadel E, Court B, Perrin JL, Wibault P, HaieMeder C (1993) Penile cancer chemotherapy: twelve years’ experience at Institut Gustave-Roussy Urology 42: 559–562 Koch MO, Smith JA, Jr. (1994) Local recurrence of squamous cell carcinoma of the penis. Urol Clin North Am 21: 739–743 Kroon BK, Horenblas S, Meinhardt W, van der Poel HG, Bex A, van Tinteren H, Valdes Olmos RA, Nieweg OE (2005) Dynamic sentinel node biopsy in penile carcinoma: evaluation of 10 years experience Eur Urol 47: 601–606 Kulkarni JN, Kamat MR (1994) Prophylactic bilateral groin node dissection versus prophylactic radiotherapy and surveillance in patients with N0 and N1-2A carcinoma of the penis Eur Urol 26: 123–128 Kyalwazi SK, Bhana D, Harrison NW (1974) Carcinoma of the penis and bleomycin chemotherapy in Uganda Br J Urol 46: 689–696 Lam KY, Chan KW (1999) Molecular pathology and clinicopathologic features of penile tumors: with special reference to analyses of p21 and p53 expression and unusual histologic features. Arch Pathol Lab Med 123(10):895–904 Laniado ME, Lowdell C, Mitchell H, Christmas TJ (2003) Squamous cell carcinoma antigen: a role in the early identification of nodal metastases in men with squamous cell carcinoma of the penis. BJU Int 92(3):248–250 Leijte JA, Kerst JM, Bais E, Antonini N, Horenblas S (2007) Neoadjuvant chemotherapy in advanced penile carcinom. Eur Urol 52(2):488– 494
Lerner SE, Jones JG, Fleischmann J (1994) Management of recurrent penile cancer following partial or total penectomy Urol Clin North Am 21: 729–737 Maden C, Sherman KJ, Beckmann AM, Hislop TG, Teh CZ, Ashley RL, Daling JR (1993) History of circumcision, medical conditions, and sexual activity and risk of penile cancer J Natl Cancer Inst 85: 19–24 Mahlmann B, Doehn C, Feyerabend T (2001) Radiotherapy of penis carcinoma. Urologe A 40: 308–312 Maiche AG (1983) Adjuvant treatment using bleomycin in squamous cell carcinoma of penis: study of 19 cases. Br J Urol 55: 542–544 Maiche AG, Pyrhonen S, Karkinen M (1991) Histological grading of squamous cell carcinoma of the penis: a new scoring system. Br J Urol 67: 522 Martins AC, Faria SM, Cologna AJ, Suaid HJ, Tucci S Jr (2002) Immunoexpression of p53 protein and proliferating cell nuclear antigen in penile carcinoma. J Urol 167(1):89–92 McDougal WS, Kirchner FK, Jr. , Edwards RH, Killion LT (1986) Treatment of carcinoma of the penis: the case for primary lymphadenectomy. J Urol 136: 38–41 Meijer RP, Boon TA, van Venrooij GE, Wijburg CJ (2007) Long-term follow-up after laser therapy for penile carcinoma. Urology 69(4):759–762 Minhas S, Kayes O, Hegarty P, Kumar P, Freeman A, Ralph D (2005) What surgical resection margins are required to achieve oncological control in men with primary penile cancer? BJU Int 96: 1040–1043 Moses S, Bailey RC, Ronald AR (1998) Male circumcision: assessment of health benefits and risks. Sex Transm Infect 74: 368–373 Novara G, Galfano A, De M, V, Artibani W, Ficarra V (2007) Prognostic factors in squamous cell carcinoma of the penis. Nat Clin Pract Urol 4(3):140–146 Ornellas AA, Seixas AL, Marota A, Wisnescky A, Campos F, de Moraes JR (1994) Surgical treatment of invasive squamous cell carcinoma of the penis: retrospective analysis of 350 cases. J Urol 151: 1244–1249 Parkin DM, Wabinga H, Nambooze S, Wabwire-Mangen F (1999) AIDSrelated cancers in Africa: maturation of the epidemic in Uganda. AIDS 13: 2563–2570 Perinetti E, Crane DB, Catalona WJ (1980) Unreliability of sentinel lymph node biopsy for staging penile carcinoma. J Urol 124: 734–735 Pizzocaro G, Piva L (1988) Adjuvant and neoadjuvant vincristine, bleomycin, and methotrexate for inguinal metastases from squamous cell carcinoma of the penis. Acta Oncol 27: 823–824 Pizzocaro G (2007) Editorial comment on: Neoadjuvant chemotherapy in advanced penile carcinoma,11. Eur Urol 52(2):494 Ravi R, Chaturvedi HK, Sastry DV (1994) Role of radiation therapy in the treatment of carcinoma of the penis. Br J Urol 74: 646–651 Reddy DG, Baruah IK (1963) Carcinogenic action of human smegma. Arch Pathol 75: 414–420 Roth AD, Berney CR, Rohner S, Allal AS, Morel P, Marti MC et al. (2000) Intra-arterial chemotherapy in locally advanced or recurrent carcinomas of the penis and anal canal: an active treatment modality with curative potential. Br J Cancer 83(12):1637-1642 Scardino E, Villa G, Bonomo G, Matei DV, Verweij F, Rocco B, Varela R, de Cobelli O (2004) Magnetic resonance imaging combined with artificial erection for local staging of penile cancer. Urology 63: 1158–1162 Shammas FV, Ous S, Fossa SD (1992) Cisplatin and 5-fluorouracil in advanced cancer of the penis. J Urol 147: 630–632 Sheen MC, Sheu HM, Huang CH, Wang YW, Chai CY, Wu CF (2003) Penile verrucous carcinoma successfully treated by intra-aortic infusion with methotrexate. Urology 61: 1216–1220
747 Literatur
Shindel AW, Mann MW, Lev RY, Sengelmann R, Petersen J, Hruza GJ et al. (2007) Mohs micrographic surgery for penile cancer: management and long-term followup. J Urol 178(5):1980–1985 Singh R, Hadway P, Corbishley C, Watkin N (2005) Total glans resurfacing for pre-invasive carcinoma of the penis: a new approach. J Urol 173: 120, Abstr 440 Sklaroff RB, Yagoda A (1980) Methotrexate in the treatment of penile carcinoma. Cancer 45: 214–216 Solsona E, Algaba F, Horenblas S, Pizzocaro G, Windahl T (2004) EAU Guidelines on penile cancer. Eur Urol 46: 1–8 Solsona E, Iborra I, Rubio J, Casanova JL, Ricos JV, Calabuig C (2001) Prospective validation of the association of local tumor stage and grade as a predictive factor for occult lymph node micrometastasis in patients with penile carcinoma and clinically negative inguinal lymph nodes. J Urol 165(5):1506-1509 Spiess PE, Izawa JI, Bassett R, Kedar D, Busby JE, Wong F et al. (2007) Preoperative lymphoscintigraphy and dynamic sentinel node biopsy for staging penile cancer: results with pathological correlation. J Urol 177(6):2157–2161 Srinivas V, Morse MJ, Herr HW, Sogani PC, Whitmore WF, Jr. (1987) Penile cancer: relation of extent of nodal metastasis to survival. J Urol 137: 880–882 Tabatabaei S, Harisinghani M, McDougal WS (2005) Regional lymph node staging using lymphotropic nanoparticle enhanced magnetic resonance imaging with ferumoxtran-10 in patients with penile cancer. J Urol 174: 923 Tanis PJ, Lont AP, Meinhardt W, Olmos RA, Nieweg OE, Horenblas S (2002) Dynamic sentinel node biopsy for penile cancer: reliability of a staging technique. J Urol 168: 76–80 Theodore C, Skoneczna I, Bodrogi I, Leahy M, Kerst JM, Collette L et al. (2008) A phase II multicentre study of irinotecan (CPT 11) in combination with cisplatin (CDDP) in metastatic or locally advanced penile carcinoma (EORTC PROTOCOL 30992). Ann Oncol 19: 1304–1307 Theodorescu D, Russo P, Zhang ZF, Morash C, Fair WR (1996) Outcomes of initial surveillance of invasive squamous cell carcinoma of the penis and negative nodes. J Urol 155: 1626–1631 Van Bezooijen BP, Horenblas S, Meinhardt W, Newling DW (2001) Laser therapy for carcinoma in situ of the penis. J Urol 166: 1670–1671 Wishnow KI, Johnson DE, Fritsche H (1990) Squamous cell carcinoma antigen (TA-4) in penile carcinoma. Urology 36(4):315–317
27
28 Retroperitoneale Weichteiltumoren A. Eisenhardt, J. Schütte, M. Stuschke, G. Taeger
28.1
Epidemiologie, Ätiologie
– 749
28.2
Onkologische Kennzeichen
28.3
Diagnostik
28.4
Therapie des lokal begrenzten Tumors
28.5
Therapie bei fortgeschrittenen Tumoren – 760
28.6
Nachsorge – 760
28.1
Epidemiologie, Ätiologie
– 750
– 753 – 756
28.1.1 Epidemiologie
Primäre retroperitoneale Weichteiltumoren sind seltene Tumoren. Nach den Daten des Berliner Krebsregisters betrug in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2000 die Inzidenz für Frauen 1,1/100.000 Einwohner und für Männer 0,4/100.000 Einwohner. Somit resultiert ein Verhältnis von Frauen zu Männern von 2,75 : 1. Der Altersgipfel der retroperitonealen Tumoren liegt im 7. Lebensjahrzehnt ( Abb. 28.1). Rund 60–80% der primären retroperitonealen Tumoren sind maligne, wobei die Sarkome einen Großteil dieser Malignome ausmachen. Betrachtet man die Daten aus den USA, so wurden im Jahr 2004 ca. 8600 Sarkome beobachtet, von denen 15% retroperitoneal auftraten. Da ca. 540 Patienten in den USA an einem malignen retroperitonealen Sarkom starben, ergibt sich eine Mortalität von 0,01% aller Todesfälle und eine Mortalität aller Tumorpatienten von 0,2% (Cornier u. Pollock 2004).
der Entwicklung von retroperitonealen Sarkomen in Verbindung gebracht. Dazu gehören die Neurofibromatose, familiäre adenomatöse Polyposis und das Li-FraumeniSyndrom (Barken et al. 1987; Li u. Fraumeni 1969; Sorensen et al. 1986). Die Strahlenexposition im Rahmen der Therapie eines anderen Malignoms steigert das Risiko zur Entwicklung eines Sarkoms um den Faktor 50, was in einer Serie von Patienten mit Mammakarzinom, Zervixkarzinom, Ovarialkarzinom, Hodentumoren und Lymphdrüsenerkrankungen 15
10
5
-8 9 80
-7 9 70
-6 9 60
-5 9 50
40
30
20
<
-4 9
Abb. 28.1. Altersabhängige Inzidenz der retroperitonealen Tumoren im Jahr 2000 nach den Daten des Berliner Krebsregisters
-3 9
Das Auftreten von Weichteiltumoren des Retroperitoneums wird nur wenig durch äußere Faktoren beeinflusst. Verschiedene genetische bedingte Syndrome wurden mit
-2 9
0
20
28.1.2 Ätiologie, Risikofaktoren
750
Kapitel 28 · Retroperitoneale Weichteiltumoren
demonstriert wurde (Brady et al. 1992; Zahm u. Fraumeni 1997). Dabei scheint das Sarkomrisiko mit der Strahlendosis assoziiert zu sein, und die mediane Latenzperiode bis zum Auftreten des Zweitmalignoms beträgt ca. 10 Jahre. Des Weiteren prädisponiert eine Exposition gegenüber Herbiziden wie den Phenoxyessigsäuren sowie Chlorophenol-haltigen Holzschutzmitteln für die Entwicklung eines Sarkoms (Hardell u. Sandstrom 1979; Smith et al. 1984). Lymphangiosarkome werden auch vermehrt nach Filiarieninfektionen und bei kongenitalen oder hereditären Lymphödemen beobachtet, allerdings treten Lymphangiosarkome dieser Pathogenese häufiger an den Extremitäten als im Retroperitonealraum auf (Muller et al. 1987).
28.2
Onkologische Kennzeichen
28.2.1 Klassifikation
28
Retroperitoneale Weichteiltumoren werden in primäre und sekundäre Tumoren eingeteilt. Primäre retroperitoneale Tumoren sind Tumoren, die von retroperitoneal gelegenen Gewebsformationen ausgehen und daher mesenchymaler, neurogener, epithelialer oder dysontogenetischer Herkunft sind. Des Weiteren werden diese in die gutartigen und die bösartigen Tumoren eingeteilt, wobei die malignen Tumoren 60–80% der primären retroperitonealen Tumoren ausmachen. Zu den organgebundenen retroperitonealen Tumoren gehören die Tumoren der Niere, der Nebenniere, des Ureters und des Pankreas. Die retroperitonealen Keimzelltumoren unterliegen, auch wenn sie primär retroperitoneal auftreten, den Behandlungsrichtlinien für Hodentumoren. Dies gilt auch für die retroperitoneal auftretenden Lymphome, auf deren Diagnose- und Therapieregimes hier nicht näher eingegangen werden soll. Bei sekundären retroperitonealen Tumoren handelt es sich um Absiedlungen von Tumoren anderer Lokalisation, wobei sich auch hier das Diagnose- und Therapieregime nach dem Primarius orientiert (typische Organe: Zervix, Prostata, Harnblase, Kolon, Uterus, Ovarien, Magen, Pankreas, Lunge, Gallenblase, Hoden, Dünndarm).
28.2.2 Histologische Einteilung
Die Tumoren werden nach dem Ausgangsgewebe und ihrer Differenzierung eingeteilt ( Tab. 28.1). Insgesamt sind über 50 verschiedene Unterformen der malignen retroperitonealen Weichteiltumoren beschrieben, wobei das Liposarkom und das Leiomyosarkom am häufigsten beobachtet werden ( Abb. 28.2). Die Liposarkome werden in die hochdifferenzierten, dedif-
Abb. 28.2. Histologische Subtypen der retroperitonealen Sarkome aus einer Serie von 283 Patienten, die zwischen den Jahren 1982 und 2002 am Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York behandelt wurden; Angaben in Prozent. (Nach Wong u. Brennan 2004)
Tab. 28.1. Die retroperitonealen Weichteiltumoren in Abhängigkeit von ihrem Ausgangsgewebe Gewebe
Gutartig
Bösartig
Fettgewebe
− Lipom
− Liposarkom
Bindegewebe
− Fibrom
− Fibrosarkom
Muskulatur
− Leiomyom
− Leiomyosarkom
Lymphgefäße
− Lymphangiom − Myxom
− Lymphangiosarkom − Myxosarkom
Blutgefäße
− Hämangiom
− Hämangiosarkom
Bindegewebe
− Histiozytom
− Malignes Histiozytom
Synovia
− Synoviom
− Synovialsarkom
Periphere Nerven
− Neurinom
− Neurosarkom
Sympathisches Nervensystem
− Ganglioneurom − Chondrom − Osteom
− Neuroblastom − Chondrosarkom − Osteosarkom
Paraganglion
− Paragangliom
ferenzierten, myxoiden rundzelligen und pleomorphen Liposarkome eingeteilt (Singer et al. 2003; Fletcher et al. 2002). Die Diagnose des retroperitonealen malignen fibrösen Histiozytoms ist durch die differenziertere histopathologische Diagnostik mittels Immunhistologie signifikant seltener geworden. Häufig werden in den früher als malignes fibröses Histiozytom klassifizierten Sarkomen Anteile von Liposarkomen und vor allen Dingen nicht weiter zu differenzierende mesenchymale Anteile nachgewiesen. Deswegen werden diese Tumoren neben der
28
751 28.2 · Onkologische Kennzeichen
Subentität der entdifferenzierten Liposarkomen vor allen Dingen den NOS-Sarkomen (»not otherwise specified«) zugeordnet (Borden et al. 2003).
N – Regionäre Lymphknoten
NX Lymphknotenbefall kann nicht erfasst werden
N0 Kein regionaler Lymphknotenbefall
N1 Regionale Lymphknotenmetastasen
28.2.3 TNM-Klassifikation der retroperitonealen
Weichteiltumoren Die Stadieneinteilung der retroperitonealen Weichteiltumoren erfolgt nach dem TNM-System. Der Differenzierungsgrad ist einer der wichtigsten Prognoseparameter und richtet sich nach der Mitoseaktivität, Kern-PlasmaRelation, Nekroseanteilen und Zellreichtum (Singer u. Brennan 2004). Nach der AJCC (American Joint Committee on Cancer) aus dem Jahr 2002 werden die Sarkome in 4 verschiedene Differenzierungsgrade eingeteilt. In diesem System werden die Tumoren mit den Differenzierungsgraden G1 und G2 als Low-grade-Tumoren und Tumoren der Differenzierungsgrade 3 und 4 als High-grade-Tumoren bezeichnet. Allgemein hat sich aber in der praktischen Anwendung aufgrund prognostischer Daten mittlerweile die Einteilung in die Differenzierungsgrade niedrig-maligne (low grade; G1) und hoch-malige (»high grade«; G2, G3) durchgesetzt (Canter et al. 2008). Wegen der geringen Inzidenz dieser Erkrankung und der besonders hohen Anforderungen, die mesenchymalen Strukturen mittels differenzierter Untersuchungstechniken exakt determinieren zu können, sollten bei mesenchymalen Tumoren Referenzpathologen hinzugezogen werden (Singer 1999; Shiraki et al. 1989; Presant et al. 1986; Alvegard u. Berg 1989).
Differenzierungsgrad
GX Differenzierungsgrad kann nicht erfasst werden
G1 Gut differenziert
G2 Mäßig differenziert
G3 Schlecht differenziert
G4 Entdifferenziert T – Tumorstadium
TX Primärtumorgröße kann nicht erfasst werden
T0 Kein Primärtumor nachweisbar
T1 Tumorgröße <5 cm
T1a <5 cm, oberflächlicher Tumor
T1b <5 cm, tief lokalisierter* Tumor
T2 Tumorgröße >5 cm
T2a >5 cm, oberflächlicher Tumor
T2b >5 cm, tief lokalisierter* Tumor *Tiefe Lokalisation: mit Infiltration oder unterhalb der Körperfaszien
M – Fernmetastasen
M0 Keine Fernmetastasen
M1 Fernmetastasen
28.2.4 Stadieneinteilung
Die Stadieneinteilung erfolgt nach Greene et al. (2002) und Brennan (1999; Tab. 28.2).
28.2.5 Etablierte prognostische Faktoren
Die etabliertesten prognostischen Faktoren beim retroperitonealen Sarkom sind der Differenzierungsgrad bei Erstdiagnose und das Erzielen von negativen Resektionsrändern im Rahmen der operativen Resektion (Wong u. Brennan 2004). Das Potenzial der Metastasierung in Abhängigkeit von der Differenzierung wurde von einer französischen Arbeitsgruppe wie folgt berechnet (Coindre et al. 2001):
für Low-grade-Tumoren 5–10%,
für intermediäre Tumoren 25–30%,
High-grade-Tumoren 50–60%. Bei pleomorphen Sarkomen scheint eine myogene Differenzierung mit einem erhöhten Risiko einer frühzeitigen Metastasierung assoziiert zu sein (Brown u. Fletcher 2000). Die Art des Tumors ist ein weiterer Prognoseparameter. In einer retrospektiven Analyse von 177 Patienten mit einem retroperitonealen Liposarkom konnte gezeigt werden, dass die Patienten mit einem entdifferenzierten Liposarkomsubtypen ein 6-fach höheres Risiko hatten, an diesem Tumor zu sterben, als die Patienten mit einem gut differenzierten Liposarkom (Singer et al. 1999, 2003, Tab. 28.2. Stadieneinteilung der retroperitonealen Weichteiltumoren nach Greene et al. (2002) und Brennan (1999) Stadium
Differenzierungsgrad
TNM-Klassifikation
Stadium I
G1–2
T1a, 1b, 2a, 2b
Stadium II
G3–4
T1a, 1b, 2a
N0
M0
Stadium III
G3–4
T2b
N0
M0
Stadium IV
Jedes G
Jedes T
N1
M0
N0
M0
752
Kapitel 28 · Retroperitoneale Weichteiltumoren
2004). Das Alter bei Erstdiagnose der Erkrankung war in dieser Analyse ebenfalls ein unabhängiger prognostischer Marker für das Tumorspezifische Überleben (Singer et al. 1999, 2003, 2004). Die Tumorgröße ist ein weiterer prognostischer Faktor. Klassischerweise werden die Sarkome in 2 Gruppen eingeteilt:
T1-Tumoren sind Tumoren einer Größe von 5 cm oder kleiner,
T2-Tumoren sind Tumoren einer Größe von mehr als 5 cm.
28
Die Reklassifizierung nach dem American Joint Committee on Cancer aus dem Jahr 2002 ermöglicht die Beratung von Patienten mit retroperionealen Sarkomen. Hierbei finden sowohl der Differenzierungsgrad, das Tumorstadium, die Tumorgröße und die An- bzw. Abwesenheit von Lymphknoten- oder Fernmetastasen Einzug in das Modell ( Tab. 28.2; Greene et al. 2002). Eine Lymphadenektomie ist bei retroperitonealen Tumoren nicht notwendig, da das Risiko einer Lymphknotenmetastasierung bei unter 3% liegt (Fong et al. 1993). Die Arbeitsgruppe um Kattan hat ein Nomogram zur Beratung von Sarkompatienten entwickelt, welches 2 Jahre später auch von einer weiteren Arbeitsgruppe validiert wurde (Kattan et al. 2002; Eilber et al. 2004). Das Nomogramm basiert auf den retrospektiven Daten von 2136 Patienten mit Weichteilsarkomen, die am Memorial Sloan Kettering Institute behandelt wurden. Eingang in das Nomogramm finden die Variablen Tumorgröße, Infiltrationstiefe, Lokalisation, Histologie und das Alter bei Erstdiagnose (Kattan et al. 2002). Hinweis
I
I
Der wichtigste Prognosefaktor ist die Möglichkeit der primären operativen Resektion zum Zeitpunkt der Primärmanifestation (Heslin et al. 1997).
Die 5-Jahres-Überlebensrate nach Resektion des Primärtumors liegt bei ca. 40% (Catton et al. 1994). Die mediane Überlebenszeit nach R0-Resektion wird mit ca. 60 Monaten angegeben, wohingegen bei inkompletter Resektion eine mediane Überlebenszeit von 24 Monaten beschrieben ist (Jaques et al. 1990).
28.2.6 Molekularbiologische Veränderungen
und ihre prognostische Aussagekraft Zytogenetische molekularbiologische Analysen im Bereich der Sarkome konnten zeigen, dass die Sarkome
genetisch in 2 verschiedene Gruppen eingeteilt werden können (Mitelman 2002; Dutrillyux 2000):
Sarkome mit definierten genetischen Veränderungen und einfachen Karyotypen wie z. B. Translokationen (z. B. PAX3-FKHR) oder Punktmutationen (z. B. KIT-Mutationen bei gastrointestinalen Stromatumoren),
Sarkome mit unspezifischen genetischen Veränderungen und komplexen Karyotypen.
Sarkome mit definierten genetischen Veränderungen und einfachen Karyotypen Die Translokationen und die daraus resultierenden Fusionsgene sind die genetische Ursache für ca. 30% der Sarkome, wobei insbesondere die EWS-Gene und die Familie der EWS-Gene betroffen sind (Bennicelli u. Barr 2002). Durch den Austausch von Chromosomenarmen oder -bruchstücken lagern sich die Gene neu zusammen, dadurch kommt es zu neuen RNA-Transkripten. Zum Teil führen diese Translokationen zu der Expression veränderter Proteine, die als Transkriptionsfaktoren oder Regulatoren der Signaltransduktion die Zellbiologie alterieren (Ladanyi u. Bridge 2000). Einzelne Arbeiten weisen darauf hin, dass es sich bei solchen Translokationen um frühe genetische Läsionen in der Tumorgenese handelt, die durch einen strahlentherapieinduzierten DNASchaden zustande kommen (Van de Rijn et al. 1997). Eine Übersicht über die Translokationen bei Sarkomen gibt Tab. 28.3.
Sarkome mit unspezifischen genetischen Veränderungen und komplexen Karyotypen Für die komplexen genetischen Veränderungen in der Sarkompathogenese werden aktuell 2 unterschiedliche Pfade diskutiert, wobei bei beiden das Tumorsuppressorgen p53 eine Schlüsselrolle spielt. Das Tumorsuppressorgen p53 nimmt bei den einfachen genetischen Veränderungen nur eine untergeordnete Rolle ein. Im 1. Modell kommt es durch Erosionen der Telomere zur Assoziation von heterologen Telomeren und zur Bildung von nichtreziproken Translokationen, die durch eine Reaktivierung der Telomerasen in weiteren Zellzyklen stabilisiert werden (Artandi et al. 2000; Gisselsson et al. 2000; Scheel et al. 2001; Gisselsson et al. 2001). Im 2. Modell kommt es als Folge einer Verminderung der Verbindung von nichthomologen Chromosomenenden zu einer gehäuften Anzahl von Translokationen, Amplifikationen und Deletionen (Sharpless et al. 2001). Bei beiden Wegen scheint eine p53-Inaktivierung in einem frühen Stadium der Tumorentwicklung eine Rolle zu
753 28.3 · Diagnostik
Tab. 28.3. Fusionsgene bei Sarkomen. (Nach Ladanyi u. Bridge 2000, Tomescu u. Barr 2001, Singer u. Brennan 2004) Sarkomtyp
Genetische Veränderung
Molekulare Veränderung
Klarzelliges Sarkom
t(12;22)(q13;q12)
EWS-ATF1
Desmoplastischer klein- und rundzelliger Tumor
t(11;22)(p13;q12)
EWS-WT1
Myxoides Liposarkom
t(12;16)(q13;p11)
TLS-CHOP
Angiomatöses fibröses Histiozytom
t(12;16)(q13;p11)
TLS-ATF1
Inflammatorischer myofibroblastischer Tumor
t(2p23)
Mehrere ALK-Fusionen
Alveoläres Weichteilsarkom
t(X;17)(p11;q25)
ASPL-TFE3
Atypisches Liposarkom/gut differenziertes Liposarkom
12q-Ringe
HMGI-C, CDK4
Leiomyosarkom
Komplex
RB1-Punktmutation
Maligner peripherer Nervenscheidentumor
T(11;22)(q24;q11.2-12)
spielen, um Kontrollen des Zellzyklus wie Zellalterung, Telomererosion oder Doppelstrangbrüche zu überwinden (Borden et al. 2003). Welchen Einfluss die einzelnen genetischen Faktoren auf den klinischen Verlauf der Erkrankung haben, lässt sich bei der bisherigen Datenlage noch nicht ausreichend beurteilen. Die Entwicklung von tumorspezifischen Therapiekonzepten wird erst durch das bessere Verständnis der molekularen Sarkomgenese möglich. Dabei weisen die neueren Daten auf einen Paradigmenwechsel in der Tumorgenetik hin. Während früher davon ausgegangen wurde, dass mehrere zufällige genetische Ereignisse zu einem Tumor führen, so zeichnet sich nun ein schrittweiser Prozess ab, der folgende pathophysiologische Ereignisse impliziert (Hanahan u. Weiberg 2000):
Deregulation von Wachstumssignalen,
Insensitivität gegenüber Wachstumsinhibition,
Umgehen der Apoptose,
unlimitierte Vervielfältigung,
ausreichende Angiogenese,
Invasion in Nachbarorgane und
Metastasierung. Der Fortschritt der molekularen Diagnostik macht es notwendig, dass die Patientendaten sowie pathologischen Daten der Sarkompatienten an Referenzzentren gebündelt werden, um eine Untersuchung und Validierung dieser seltenen Tumorentität zu ermöglichen. Nur dann wird eine weitere pathologische und molekularbiologische Klassifizierung zu einer Fortentwicklung tumorspezifischer Therapiestrategien ermöglicht, um das diagnostische und therapeutische Regime zu optimieren.
28.3
Diagnostik
Die retroperitonealen Tumoren führen im Rahmen von Verdrängungserscheinungen spät zu Beeinträchtigungen und haben bei Auftreten der ersten Symptome meistens bereits einen Durchmesser von 10 cm überschritten. Die Symptome sind in der Regel untypisch und äußern sich durch gastrointestinale Erscheingungen wie Übelkeit, unspezifische Schmerzen im Bauchraum und/oder Druckgefühl. Des Weiteren können Rückenschmerzen, Missempfindungen oder Gefühlsstörungen an den Extremitäten oder venöse Stauungen sowie ein Lymphstau die Ursache für ein Aufsuchen des Arztes sein (Pinson et al. 1989; Zhang et al. 1989; Wist et al. 1985; Ziran et al. 1996; Wong u. Brennan 2004). Gelegentlich präsentieren sich die Patienten auch mit einer schmerzlosen palpablen Raumforderung. Eine B-Symptomatik mit Inappetenz, Abgeschlagenheit, Müdigkeit und signifikantem Gewichtsverlust wird von ca. 50% der Patienten angegeben. Durch die Verdrängungserscheinungen bei Größenprogredienz können auch sekundäre Symptome der ableitenden Harnwege wie Harnabflussbehinderung mit Stauung der Nierenbecken, Harnwegsinfekten bis hin zur Urosepsis und akutem postrenalem Nierenversagen auftreten (Brin et al. 1975; Norman et al. 1983).
28.3.1 Basisdiagnostik
Neben der detaillierten Anamnese und der klinischen Untersuchung, wo die retroperitonealen Tumoren bei schlanken Patienten bereits durch die Bauchdecke palpabel sind, sollte zügig eine Bildgebung eingeleitet werden.
28
754
Kapitel 28 · Retroperitoneale Weichteiltumoren
Hierzu bietet sich primär eine Ultraschalldiagnostik an, welche jedoch durch die Darmgasüberlagerungen in ihrer Beurteilbarkeit eingeschränkt ist. Zur präoperativen Beurteilung angrenzender Nervenleitungsbahnen sollte eine neurologische Untersuchung in das Untersuchungsprogramm aufgenommen werden, da insbesondere der N. femoralis häufig durch den Tumor beeinträchtigt wird (Ziran et al. 1996). Die Labordiagnostik impliziert ein Differenzialblutbild zum Ausschluss einer hämatogenen Grunderkrankung mit sekundärer retroperitonealer Raumforderung wie z. B. bei einem Lymphom. Des Weiteren ist eine Bestimmung der Tumormarker AFP, β-HCG und LDH zum Ausschluss eines Keimzelltumors sinnvoll, um auch hier statt der primären operativen Therapie eine adäquate systemische Chemotherapie einleiten zu können.
28.3.2 Ausbreitungsdiagnostik
28 Als erster Schritt der Ausbreitungsdiagnostik sollte die Einleitung einer Computertomographie des Abdomens und des Beckens erfolgen, um den Primärtumor in seiner Ausdehnung und seiner Gefäßbeteiligung adäquat darzustellen (Heslin et al. 1997, 1999; Wong u. Brennan 2004). Da die malignen retroperitonealen Tumoren am häufigsten in die Leber und das Peritoneum metastasieren, werden durch diese Untersuchung auch die primären Metastasierungsherde miterfasst (Wong u. Brennan 2004). Während früher die Kavographie und die Aortographie zur Darstellung der Gefäßbeteiligung genutzt wurden, sind diese Verfahren durch die CT-Angiographie weitgehend ersetzt worden (Kujath et al. 1983; Wong u. Brennan 2004). Das Ausmaß der Beteiligung von Nachbarorganen wie z. B. des Urogenitaltrakts kann durch konventionelle Röntgenmaßnahmen wie z. B. eine Röntgenabdomenübersichtsaufnahme, ein Ausscheidungsurogramm, einen Kolonkontrasteinlauf sowie eine Magen-Darm-Passage erfasst werden, in denen sich die Verdrängung bzw. der Befall der Nachbarstrukturen abbildet. Das MRT des Abdomens ist in seiner Bedeutung insbesondere in der Differenzierungsqualität zwischen malignen und gutartigen Tumoren des Retroperitoneums noch nicht endgültig geklärt. Während einige Untersuchungen auf eine Verbesserung der Sensitivität von malignen Veränderungen in retroperitonealen Tumoren hinweisen, konnte dies in anderen Serien nicht belegt werden (Sundaram et al. 1988; Kranksdorf et al. 1989; Berquist et al. 1990; Crim et al. 1992). Das MRT eignet sich gut zur Darstellung pleomorpher und besonders Kontrastmittelaffiner Strukturen, die bei der Planung der Biopsie un-
bedingte Berücksichtigung erfahren sollten. Ebenso vermag das MRT intratumorale Tumornekrosen abzubilden (Shapeero et al. 2002). Es bleibt darauf hinzuweisen, dass das MRT durch die Störfaktoren von Gefäßpulsationen, Darmperistaltik und infradiaphragmal weitergeleiteten Atemexkursionen insbesondere bei den T2-gewichteten Aufnahmen in seiner Aussagekraft limitiert ist. Gemäß den NCI-Leitlinien stellt die Computertomographie des Thorax bei histopathologisch bewiesenem retroperitonealem Sarkom den diagnostischen Standard dar. Die Positronenemissionstomographie (PET) ist ein vielversprechendes Untersuchungsverfahren, welches durch den Einsatz des Tracers Fluorodesoxyglucose (FDG) in der Lage ist, den Stoffwechsel im Tumor abzubilden. Dieses Untersuchungsverfahren eignet sich gut zur Differenzierung zwischen hochdifferenzierten und niedrigdifferenzierten Veränderungen, und auch das Ansprechen auf eine Chemo- oder Strahlentherapie kann mit Hilfe dieser Untersuchung überwacht werden (Ioannidis et al. 2002; Israel-Mardirosian u. Adler 2003; Jones et al. 1996). Eine ausreichende Aussage zur Differenzierung von hochdifferenzierten und gutartigen Veränderungen ist durch das FDG-PET jedoch nicht möglich, und es wurde auch kein Vorteil der Aussagekraft in der Beurteilung retroperitonealer Tumoren im Vergleich zur Computertomographie oder der Kernspinuntersuchung nachgewiesen (Ioannidis et al. 2002; Israel-Mardirosian u. Adler 2003). Die Kombination der Computertomographie mit der FDG-PET in der Darstellung der Morphologie und dem Metabolismus von Tumoren hat vielversprechende Ergebnisse in der Evaluation anderer intraabdomineller Tumorentitäten, insbesondere auch in der Überwachung von Rezidivtumoren, gezeigt (Stahl et al. 2004). Die ersten Daten bezüglich der Bildgebung von Primärtumoren, den Metastasen und das Ansprechen auf die Radiotherapie sowie die Chemotherapie bei kindlichen Sarkomen konnten demonstrieren, dass das PET-CT eine sinnvolle Ergänzung der bisherigen Bildgebung darstellt (McCarville et al. 2005). Die Datenlage ist aktuell jedoch nicht ausreichend, um eine Aussage über den Einsatz dieser Bildgebung in der Primärdiagnostik und Nachsorge von retroperitonealen Tumoren machen zu können. Eine präoperative Gewebeasservierung der verdächtigen Raumforderung kann, falls die Verdachtsdiagnose eines Lymphoms ausgeschlossen werden muss, entweder durch eine CT-gesteuerte Punktion, eine offene oder laparoskopische Probenentnahme erfolgen. Die Biopsieentnahme zur Histologiegewinnung vor der sanierenden Therapie wird allerdings kontrovers diskutiert, da in den meisten Zentren mit einer hohen Anzahl von Sarkompatienten primär die chirurgisch-sanierende Therapie mit intraoperativer Histologiegewinnung gewählt wird (Pisters
755 28.3 · Diagnostik
u. O’Sullivan 2002). Im Rahmen der Feinnadelaspirationszytologie wird nur eine geringe Menge an Zellmaterial gewonnen. Dieses Verfahren hat eine diagnostische Aussagekraft von 60–96%, sollte jedoch solchen Zentren vorbehalten bleiben, an denen erfahrene Zytopathologen tätig sind (De Saint Aubain Somerhausen u. Fletcher 1999). Der Vorteil der CT-gesteuerten Stanzbiopsie liegt darin, dass genug Material asserviert wird, um mehrere Untersuchungsverfahren wie Zytologie, Elektronenmikroskopie, zytogenetische Analysen und Durchflusszytometrie gleichzeitig anwenden zu können (Dupuy et al. 1998). Auch hier wird eine diagnostische Genauigkeit von bis zu 93% beschrieben (Dupuy et al. 1998). Weitere Verfahren zur Histologiegewinnung umfassen die laparoskopische sowie die offene Operation, die jedoch nur dann in Erwägung gezogen werden sollten, wenn eine Histologiegewinnung zwingend erforderlich ist und eine CT-gesteuerte Punktion aufgrund der anatomischen Verhältnisse nicht möglich erscheint, insbesondere, weil diese Verfahren mit einem erhöhten Morbiditätsrisiko einhergehen, welches möglicherweise das Zeitintervall bis zum therapeutischen Eingriff prolongiert (Cornier u. Pollock 2004). Hinweis
I
I
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass eine primäre präoperative Gewinnung einer Histologie nur dann indiziert ist, wenn es sich um lokal fortgeschrittene und irresektable oder primär metastasierte Tumoren handelt, bei denen kein primär kuratives Konzept zur rechtfertigen ist und durch die Histologie die Therapieplanung auch im Sinne einer systemischen Therapie optimiert werden kann (Pisters u. O’Sullivan 2002).
28.3.3 Targetspezifische Diagnostik
Die Identifikation der der Tumorgenese zugrundeliegenden genetischen Veränderung sowie der tumorspezifischen Biologie wird in Zukunft den therapeutischen Ansatz der systemischen Therapie verändern. Insbesondere die retroperitonealen Tumoren mit einer einfachen genetischen Veränderung bieten hier einen Zugang zur Entwicklung neuer Therapeutika. Als ein Beispiel der targetgestützten Therapie gilt Imatinib, das die Therapie gastrointestinaler Stromatumoren revolutioniert hat. Imatinib konnte als potenter Inhibitor der Protein-Tyrosinkinasen identifiziert werden, der in In-vitro-Modellen bereits bei niedrigen Dosierungen eine gute Wirksamkeit aufwies (Buchdunger et al. 2000; Druker et al. 1996; Heinrich et al. 2002).
Die primäre klinische Wirksamkeit von Imatinib wurde bei der chronischen myeloischen Leukämie demonstriert (Druker et al. 1996). Da bei gastrointestinalen Stromatumoren eine Mutation von c-kit vorliegt und Imatinib ebenfalls c-kit inhibiert, wurden klinische Studien in der Anwendung von Imatinib bei Patienten mit gastrointestinalen Stromatumoren eingeleitet. Mehrere Serien konnten ein signifkantes Ansprechen von Patienten mit gastrointestinalen Stromatumoren auf eine Therapie mit Imatinib demonstrieren (van Oosterom et al. 2001; Demetri et al. 2002). Für die Identifikation neuer targetgestützter Therapieansätze sind grundsätzlich 2 investigative Vorgehen denkbar: zum einen die empirische Untersuchung von targetspezifischen Substanzen, für welche bei anderen Tumorentitäten eine gute Wirksamkeit nachgewiesen werden konnte; zum anderen die Entwicklung von targetspezifischen Substanzen, welche entsprechend der Biologie der retroperitonealen Tumoren entwickelt werden. Dazu gehören extrazellulär gelegene Rezeptoren und Antigene, aber auch intrazellulär exprimierte Signaltransduktionsfaktoren wie Tyrosinkinasen, Transkriptionsfaktoren und andere Wachstumsfaktoren. Die idealen Targetmoleküle als Angriffspunkte einer Therapie müssen folgende Eigenschaften vereinen:
Die Moleküle spielen eine Schlüsselfunktion in der Tumorgenese.
Sie werden im Tumor exprimiert und sind aktiv.
Die Moleküle stellen eine Schlüsselfunktion für das Überleben der Tumorzelle dar [potenzielle Targets: EGF-R, HER-2/neu; PDGR-R/p-akt; Cycline, FTI (PNET, MPNST), PPAr-γ, MAP-k, Bcl-2 (antisense), IFN-AR; Borden et al. 2003]. Eine Voraussetzung für die Anwendung von targetgestützten selektiven Therapieansätzen ist, dass die spezifische biologische Tumoreigenschaft diagnostisch dargestellt werden kann. Dafür muss primär Tumorgewebe zu weiteren Untersuchung asserviert werden. Das weitere diagnostische Instrumentarium reicht von immunhistochemischen und zytogenetischen Untersuchungen bis hin zu Sequenzierungsanalysen, um die zugrundeliegende Mutation in einem bestimmten Gen der Tumoren zu charakterisieren. Dadurch konnte bei gastrointestinalen Stromatumoren gezeigt werden, dass Patienten mit einer c-kit-Mutation in Exon 11 zu 90% auf eine Therapie mit Imatinib ansprachen, während Patienten mit einem normalen c-kit-Gen in weniger als 20% der Fälle auf die Therapie ansprachen (Heinrich et al. 1996, 2002). Aufgrund der Tatsache, dass in vielen retroperitonealen Sarkomen komplexe genetische Veränderungen Ursache für die Tumorentwicklung sind, wird die Mono-
28
756
Kapitel 28 · Retroperitoneale Weichteiltumoren
therapie mit einer targetgestützten Substanz bei diesen Sarkomen nicht zu einem ausreichenden therapeutischen Ansprechen führen. Wahrscheinlich ist in solchen Fällen nur durch die Kombination von mehreren, den biologischen Tumoreigenschaften entsprechenden Therapeutika ein Ansprechen zu erzielen. Eine Bedingung für die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze, welche nur durch ein besseres Verständnis der Tumoreigenschaften ermöglicht wird, ist die Sammlung und Charakterisierung der Tumoren an speziellen Zentren, die die Tumoren weiter charakterisieren.
28.4
des tumorspezifischen Überlebens darstellt (Pisters and O’Sullivan 2002).
28.4.2 Therapiekonzept
Da 60–80% der retroperitonealen Tumoren maligne sind und die Sarkome einen Großteil dieser Tumoren darstellen, ist exemplarisch für die Sarkome der Therapiealgorithmus dargestellt ( Abb. 28.3). Die Problematik der retroperitonealen Tumoren liegt in dem in der Regel ausgedehnten Tumorwachstum mit der Mitbeteiligung angrenzender Organstrukturen.
Therapie des lokal begrenzten Tumors Hinweis
28.4.1 Therapieziele
28
Das Therapieziel bei retroperitonealen Tumoren richtet sich nach dem Primärbefund. Wenn ein Sekundärtumor bzw. ein Keimzelltumor und ein Lymphom ausgeschlossen wurden und der Verdacht auf einen primären retroperitonealen Tumor besteht, so hängt das weitere Vorgehen von der Ausdehnung des Befundes ab. Die komplette operative Resektion von resektablen retroperitonealen Tumoren ist das Standardverfahren bei diesem Krankheitsbild, welches allen anderen Therapieverfahren überlegen ist. Dabei ist Wert darauf zu legen, dass der Tumor sowohl makroskopisch als auch mikroskopisch in toto entfernt wird, da das Erzielen von negativen Absetzungsrändern einen unabhängigen prognostischen Prädiktor
I
I
Da die operative Sanierung des Tumors das primäre Therapiekonzept darstellt, ist in der Regel die zeitnahe Einleitung einer operativen Maßnahme zu empfehlen.
28.4.3 Operative Therapie
Die Art der operativen Intervention hängt von mehren Faktoren ab: Tumorlokalisation, Tumorgröße, Tumorinvasion, Beteiligung von Nachbarorganen und dem Allgemeinzustand des Patienten. Durch die frühere Detektion von teilweise asymptomatischen Patienten, die bei Ultraschalluntersuchungen durch eine schmerzlose Raumforderung auffallen, und den Einsatz der Compu-
Abb. 28.3. Therapieschema zur Behandlung von retroperitonealen Sarkomen. (In Anlehnung an Wong u. Brennan 2004)
757 28.4 · Therapie des lokal begrenzten Tumors
tertomographie ist der Anteil der resektablen retroperitonealen Tumoren signifikant gestiegen. So zeigt eine Serie aus der Mayo-Clinic, dass der Anteil resektabler Tumoren von 49% in den Jahren 1960–1982 auf 78% in den Jahren 1983–1995 angestiegen ist (Hassan et al. 2004). Wichtig ist die sorgfältige Vorbereitung des Patienten inklusive der Komplettierung der Ausbreitungsdiagnostik und der ausreichenden Darmvorbereitung, z. B. mit Golytely-Spüllösung. Aufgrund der Tatsache, dass das Hauptrisiko des Eingriffs in einer Massenblutung besteht (bis zu 35% der Fälle), ist eine adäquate präoperative Hydratation obligat (Kujath et al. 1983). Als operativer Zugang bietet sich die mediane Laparotomie an, da dadurch die bestmögliche Exposition des Tumors und der angrenzenden Strukturen gegeben ist. Je nach Lokalbefund kann der Schnitt bis zur Symphyse erweitert oder T-förmig sowie Y-förmig modifiziert werden (Walther 1987). Da in der Regel ein ausgedehntes Tumorwachstum vorliegt, ist bei der unbedingt anzustrebenden En-bloc-Resektion in bis zu 75% der Fälle die Resektion von Nachbarorganen erforderlich ( Tab. 28.4) (Hassan et al. 2004; Lewis et al. 1998). Aufgrund der Komplexität des Eingriffs sollte, falls erforderlich, in der Planung der Operation ein interdisziplinäres Team zusammengestellt werden. Bei ausgedehntem Organbefall und peritonealer Metastasierung sowie bei Befall der Mesenterialwurzel ist der Tumor als irresektabel zu bewerten (Jaques et al. 1998). In der Patientenführung ist Wert darauf zu legen, dass bei resektablen Befunden die Operation zeitnah erfolgt, um eine weitere Tumorausdehnung zu verhindern. Postoperative Komplikationen sind häufig und umfassen Wundheilungsstörungen (10%), respiratorische Probleme (10%), postoperative Darmatonie über mehr als 7 Tage (8%) und Nervenschädigungen von Nervenleitungsbahnen der unteren Extremität (Kujath et al. 1983; Sergio et al. 1989). Die perioperative Mortalität wird mit Werten zwischen 2 und 13% angegeben (Lewis et al. 1998; Bengmark et al. 1980; Sergio et al. 1989; Pinson et al. 1989). Die Notwendigkeit einer Lymphadenektomie ist aufgrund der geringen Wahrscheinlichkeit (unter 3%) einer Lymphknotenmetastasierung nicht gegeben. Mehrere Studien zeigen eindrücklich, dass die komplette Tumorresektion das wichtigste Therapieziel darstellt, welches bei einem retroperitonealen Sarkom als Ersttumor mit einer kompletten Resektionsrate zwischen 43 und 86% angegeben wird (Lewis et al. 1998; Karakousis et al. 1995, 1996; Catton et al. 1994; Sindelar et al. 1993; Singer et al. 2003; Kilkenny et al. 1996; Aletkiar et al. 2000; Wong u. Brennan 2004). Dies gilt auch für die niedrigmalignen Weichteilsarkome (G1), die üblicherweise mit einem krankheitsbedingten Versterben von weniger als 10% der Patienten, bezogen auf Sarkomerkrankungen je-
Tab. 28.4. Häufigkeit der Resektion von Nachbarorganen in einer Serie von 97 Patienten mit retroperitonealem Sarkom. (Nach Hassan et al. 2004) Organ
Anzahl (%)
Niere
35 (36)
Kolon
21 (22)
Milz
10 (10)
Pankreas
9 (9)
Dünndarm
6 (6)
Magen
6 (6)
V. cava inferior
3 (3)
der Lokalisation, verbunden sind. Allerdings ist in der Gruppe der Patienten mit retroperitonealem G1-Weichteilsarkom die Sterberate deutlich höher; diese Patienten sterben zumeist am Lokalrezidiv (Canter etal 2008). Die retroperitonealen Sarkome entwickeln häufig Lokalrezidive, die in der Literatur mit Raten von 37–82% beschrieben werden, was möglicherweise auf ein unterschiedlich langes Nachsorgeintervall zurückzuführen ist (Pisters u. O’Sullivan 2002). Einen Überblick über die Rate der kompletten Resektion bei retroperitonealen Sarkomen und die 5- sowie 10-Jahres-Überlabensraten gibt Tab. 28.5. Betrachtet man das Risiko zur Entwicklung eines Lokalrezidivs, so gibt es eine lineare Abhängigkeit mit einem wachsenden Risiko über die Zeit, welche insbesondere auch vom Differenzierungsgrad abhängt. Bei Auftreten eines Lokalrezidivs ist die Zweitoperation bei resektablen Befunden auch hier die Therapie der Wahl. Der Zweiteingriff ist allerdings dadurch erschwert, dass sich Narbengewebe und Tumorgewebe teilweise nur unvollständig differenzieren lassen. Unter anderem daraus ergibt sich, dass die Möglichkeit der kompletten Resektion geringer ist als die bei einem Erstbefund. Zusammenfassende Bewertung
Oberstes Therapieziel der operativen Therapie ist die komplette Resektion des retroperitonealen Tumors, da eine inkomplette Resektion mit einer infausten Prognose einhergeht.
Bei Diagnose einer primär retroperitonealen Raumforderung sollte die Indikation zur Operation zeitnah gestellt werden.
Da es sich in der Regel um große Tumoren handelt, ist die Operation häufig mit einer Resektion von Nachbarorganen und einer hohen Morbidität behaftet.
28
758
Kapitel 28 · Retroperitoneale Weichteiltumoren
Tab. 28.5. Rate der kompletten Resektion bei Erstbefund, 5- und 10-Jahres-Überlebensrate bei retroperitonealen Sarkomen Studie
Rate der kompletten Resektion (%)
5-Jahres-Überlebensrate (%)
10-Jahre-Überlebensrate (%)
Lewis et al. (1998)
62
54
35
Karakousis et al. (1995, 1996)
86
63
46
Catton et al. (1994)
43
36
14
Sindelar et al. (1993)
80
45
Keine Angaben
Singer et al. (2003)
Keine Angaben
60
50
Kilkenny et al. (1996)
78
48
37
Aletkiar et al. (2000)
Keine Angaben
45
Keine Angaben
28.4.4 Radiotherapie
28 Die Strahlentherapie von retroperitonealen Tumoren ist dadurch erschwert, dass es sich in der Regel um große Bestrahlungsfelder handelt und das Bestrahlungsfeld radiosensitiven Feldern dicht benachbart anliegt. Hierbei wird zwischen der präoperativen, der intraoperativen und der postoperativen Radiatio unterschieden. Die präoperative Radiotherapie bietet folgende Vorteile:
Das Tumorvolumen und die Tumorposition sind einer Bestrahlungsplanung besser zugänglich.
Die nahe gelegenen Viszeralorgane, insbesondere der Dünn- und Dickdarm, werden durch den Tumor aus dem Bestrahlungsfeld verdrängt, dadurch wird die Strahlendosis dieser Organe vermindert.
Insgesamt kann auf diese Weise bei einer geringeren Gesamtstrahlendosis lokal ein höherer Effekt erzielt und möglicherweise die intraoperative Aussaat von Tumorzellen minimiert werden. In einer Untersuchung der präoperativen Radiatio von retroperitonealen Tumoren wurde die Behandlung durch die Patienten insgesamt recht gut vertragen (Jones et al. 1996, 2002). Bei einer mittleren Strahlendosis von 45 Gy kam es zu keiner akuten Toxizität durch die Therapie, und kein Patient brach die Behandlung aufgrund von strahlenbedingten Nebenwirkungen ab. Die üblicherweise bei Patienten mit Sarkomen der Extremitäten, die präoperativ einer Bestrahlung zugeführt werden, beobachteten Wundheilungsstörungen traten in der oben genannten Serie nicht auf. Betrachtet man die Kombination von präoperativer und intraoperativer Radiatio, so wurden in einer Serie
von 37 Patienten bei 4 Patienten schwerwiegende strahlentherapieinduzierte Nebenwirkungen detektiert (Gieschen et al. 2001). Diese umfassten Langzeitfolgen wie Neuropathie, Hydronephrose, Fistelbildung, Gefäßschäden und Darmschäden. Eine Schlussfolgerung dieser sowie einer weiteren Serie mit ähnlichen Ergebnissen, in der ebenfalls die präoperative Therapie mit einer intraoperativen Radiatio kombiniert wurde, war jedoch, dass die strahlenbedingten Nebenwirkungen auf die intraoperative Therapie zurückzuführen sind (Petersen et al. 2002). Die intraoperative Bestrahlung hat den Vorteil, dass lokal eine hohe Strahlendosis von bis zu 25 Gy erzielt werden kann, während strahlensensible Nachbarorgane aus dem Bestrahlungsfeld gehalten werden. Hierbei werden Netze oder aber flüssigkeitsgefüllte Expander verwendet, um insbesondere den Dünndarm aus dem Bestrahlungsfeld zu halten. Man unterscheidet zwischen der Anwendung der intraoperativen externen Radiatio und der intraoperativen Brachytherapie. Erste Studien der intraoperativen Radiatio haben vielversprechende Ergebnisse demonstriert, wobei diese in ihrer Aussagekraft dadurch limitiert werden, dass es sich um eine Kombination von prä- und intraoperativer Bestrahlung handelt (Gieschen et al. 2001; Petersen et al. 2002). Eine Untersuchung von 35 Patienten mit resektablem retroperitonealem Sarkom analysierte den Vergleich von einer alleinigen postoperativen Radiatio und einer Kombination einer intra- und postoperativen Radiatio (RTOG SO 124; Pisters u. O’Sullivan 2002). Alle 35 Patienten wurden einer Operation zugeführt. 20 Patienten wurden in die Gruppe der alleinigen postoperativen Radiatio randomisiert und erhielten postoperativ eine Strahlendo-
759 28.4 · Therapie des lokal begrenzten Tumors
sis von 50–55 Gy (35–40 Gy auf ein ausgedehnteres Feld und 15 Gy in ein Hochdosisfeld). Insgesamt 15 Patienten wurden in die Gruppe der Kombination einer intra- und postoperativen Bestrahlung randomisiert; dabei erhielten die Patienten präoperativ die Substanz Misonidazol als Chemosensitizer. Es wurden intraoperativ eine externe Strahlendosis von 20 Gy und postoperativ eine Gesamtdosis von 35–40 Gy appliziert. In der Gruppe der Patienten mit einer Kombinationstherapie erlitten nur 3 Patienten (20%) ein Lokalrezidiv, während 16 (80%) der Patienten mit einer alleinigen postoperativen Radiatio ein Lokalrezidiv entwickelten. Die gastrointestinalen Nebenwirkungen waren in der Gruppe der Kombinationstherapie signifikant höher (10 von 20 Patienten) als in der Gruppe der Patienten mit Monotherapie (2 von 15 Patienten). Aufgrund der Tatsache, dass die Rate der Lokalrezidive in der Gruppe der Monotherapie auch im Vergleich mit anderen Serien hoch erscheint und es sich um eine kleine Anzahl von Patienten handelte, müssen diese Ergebnisse in größeren Serien reevaluiert werden. Die Anwendung der adjuvanten postoperativen Radiatio wird kontrovers diskutiert. Einige Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Zeit bis zum Lokalrezidiv verlängert werden kann, die Therapie aber insgesamt keinen Einfluss auf das Gesamtüberleben hat (Glenn et al. 1985; van Doorn et al. 1994). Eine andere Serie konnte den positiven Effekt auf die Verlängerung der Zeit bis zum Lokalrezidiv nicht bestätigen, hat aber auch keine Verbesserung der Überlebensrate durch eine postoperative Radiatio demonstriert (Hassan et al. 2004). Insofern hängt die Einleitung einer Strahlentherapie vom individuellen Risikoprofil ab und sollte mit dem Patienten im Einzelfall besprochen werden. Insbesondere für den Fall, dass es sich um High-grade-Tumoren handelt und positive Absetzungsränder vorliegen, bietet eine adjuvante Radiotherapie die Möglichkeit, das Intervall bis zum Auftreten eines Lokalrezidivs zu verlängern.
28.4.5 Chemotherapie
Die Substanzgruppen, für die die meisten Erfahrungen bei den Sarkomen vorliegen, sind die Anthrazykline und Ifosfamid, welche in der Monotherapie Ansprechraten zwischen 16 und 36% aufweisen (O’Sullivan et al. 2002). Vergleicht man die Ansprechraten von Kombinationstherapien von mehreren Chemotherapeutika, so zeigt sich eine erhöhte Ansprechrate von 35–60%, die allerdings auch mit einer erhöhten Rate an Nebenwirkungen einhergeht (O’Sullivan et al. 2002). Zu vermerken gilt, dass Kombinationstherapien, welche kein Anthrazyk-
lin enthalten, im Vergleich eine geringere Ansprechrate aufweisen. Eine Metaanalyse von 8 randomisierten Studien (2281 Patienten), die die Wirksamkeit von Doxorubicin als Monotherapie mit einer Doxorubicin-haltigen Kombinationstherapie verglich, konnte keinen Unterschied bezüglich der Ansprechrate und des Überlebens nachweisen (Bramwell et al. 2000). Eine Untersuchung der Kombinationstherapie von Doxorubicin mit Ifosfamid demonstrierte eine verbesserte Ansprechrate und einen Trend bezüglich des tumorspezifischen Überlebens, was in einer weiteren Studie nicht bestätigt werden konnte (Edmonson et al. 1993; Santoro et al. 1995). 2 Studien, die eine Dosiseskalation untersuchten, konnten keine Verbesserung der Ansprechrate nachweisen. Eine Untersuchung der Standarddosis einer Kombinationstherapie verglichen mit einer Dosiseskalation desselben Schemas um 25% demonstrierte Ansprechraten von 37 und 43%, wobei keine Überlebensraten berichtet wurden (Bui et al. 1998). Eine andere Studie, die 75 mg/m2 KOF versus 50 mg/m2 KOF Doxorubicin in Kombination mit Ifosfamid untersuchte, demonstrierte vergleichbare Ansprechraten in beiden Dosisgruppen und keine Verbesserung der Überlebensrate bei höherer Dosis (le Cesne et al. 2000). Eine Metaanalyse von 14 randomisierten Studien, die die adjuvante Chemotherapie einer Doxorubicinhaltigen Kombinationstherapie mit einer Kontrollgruppe bei 1568 Patienten mit Weichteilsarkomen verglich, konnte zeigen, dass die Zeit bis zum Auftreten eine Lokalrezidivs (HR=0,73; p=0,16) und die Zeit bis zum Auftreten von Fernmetastasen (HR=0,7; p=0,0003) verlängert wurden, die Gesamtüberlebenszeit jedoch nicht beeinflusst wurde (Sarcoma Meta-analysis collaboration 1997). Zusammenfassende Bewertung Das therapeutische Vorgehen bei resektablen retroperitonealen Tumoren ist abhängig von der Tumorgröße, dem Differenzierungsgrad und der Lokalisation des Tumors. Falls die Tumoren im Frühstadium (Größe ≤5 cm) operiert werden, ein gut differenzierter Tumor (G1– 2) und ein ausreichender Absetzungsrand (>1 cm) in der Operation erzielt werden konnte, so ist möglicherweise die operative Resektion ausreichend. Falls die Tumoren größer als 5 cm sind, der klinische und mikroskopische Resektionsrand nicht sicher tumorfrei ist und ein schlecht differenzierter Tumor vorliegt, so ist mit dem Patienten eine postoperative Radiatio, ggfs. in Kombination mit einer Chemotherapie, zu diskutieren.
28
760
Kapitel 28 · Retroperitoneale Weichteiltumoren
28.5
28
Therapie bei fortgeschrittenen Tumoren
Primäres Therapieziel ist die operative Entfernung des Tumors, da nur so ein onkologisch gutes Langzeitergebnis erzielt werden kann. Falls ein lokal fortgeschrittener Tumor mit einer Organbeteiligung vorliegt, welcher nicht resektabel ist, so haben die bisherigen Analysen keinen Vorteil der inkompletten Resektion gegenüber dem konservativen Prozedere zeigen können. Auch hier kann durch eine präoperative Radiatio versucht werden, eine Verkleinerung des Tumors zu erzielen, der eine spätere Resektion ermöglicht. Bei irresektabel erscheinenden Tumoren sollte sich die Therapiestrategie nach der Symptomatik des Patienten richten. Ein konservatives Vorgehen ist die Methode der Wahl, da die Überlebenszeiten der inkomplett resezierten Tumoren ähnlich dem der biopsierten Patienten ist (Jaques et al. 1990, 1998). Hierbei stellt die Gruppe der Liposarkompatienten eine Sondergruppe dar, da das Liposarkom zwar zu einem lokalen Progress, aber nicht zu Fernmetastasen führt. In diesem Fall ist bei nicht komplett zu sanierenden Befunden eine partielle Resektion ein sinnvolles Vorgehen, da das Überleben durch die Eindämmung der lokalen Progression signifikant verlängert werden kann (Shibata et al. 2001). Falls die Patienten mit großen Tumoren Symptome durch die Verdrängungserscheinungen erleiden, so ist auch in diesen Fällen eine inkomplette Resektion aus palliativen Gesichtspunkten anzustreben. Ansonsten sollten diese Patienten einer Chemotherapie mit den oben genannten Substanzen und/oder kombiniert mit einer Radiotherapie zugeführt werden.
28.6
Nachsorge
Mehrere Untersuchungen konnten zeigen, dass Patienten mit retroperitonealen Sarkomen eher an einem Lokalrezidiv als an Fernmetastasen sterben (Dalton et al 1989; Lewis et al. 1998; Canter 2008). Dies ist dadurch zu erklären, das retroperitoneale Sarkome meist nur marginal reseziert werden können. Die Leiomyosarkome stellen diesbezüglich eine Sondergruppe dar, da bei ihnen häufiger Fernmetastasen zu beobachten sind (Hassan et al. 2004). In einer Serie von 97 Patienten mit retroperitonealen Sarkomen konnten Hassan et al. (2004) demonstrieren, dass die Prognose von Patienten mit einem asymptomatischen und mit einem symptomatischen Lokalrezidiv ähnlich war. Die Parameter negative Schnittränder bei Resektion des Erstbefundes sowie der Differenzierungsgrad des
Primärtumors haben die höchste prognostische Relevanz. Aufgrund der hohen Inzidenz von Lokalrezidiven und der Notwendigkeit der frühzeitigen Intervention erscheint ein engmaschiges Nachsorgeschema sinnvoll. Daher sollte in den ersten 2 Jahren nach Erstdiagnose alle 3–4 Monate eine Computertomographie des Abdomens angestrebt werden. Sollte der Patient tumorfrei bleiben, so kann das Intervall nach 2 Jahren auf eine halbjährliche Untersuchung gestreckt werden. Nach 5 Jahren Tumorfreiheit reicht eine jährliche Computertomographie aus. Aufgrund der Tatsache, dass die retroperitonealen Tumoren auch sehr spät noch Lokalrezidive entwickeln, ist eine lebenslange onkologische Nachsorge erforderlich (Hassan et al. 2004), denn 40% der Patienten entwickeln Spätrezidive nach 5 Jahren (Heslin et al. 1997, 1999). Ein Lokalrezidiv ist mit einer schlechten Prognose assoziiert, und bei retroperitonealen Sarkomen liegt die mediane Überlebenszeit nach dem Lokalrezidiv bei 28 Monaten (Lewis et al. 1998; Canter 2008). Hierbei hängt die Überlebenszeit von der Operabilität des Lokalbefundes ab. Während die Patienten mit einem resektablen Befund eine mediane Überlebenszeit von 60 Monaten haben, sinkt die mediane Überlebenszeit auf 20 Monate bei Patienten mit einem operativ nicht mehr angehbaren Tumorrezidiv (Lewis et al. 1998). In einer andere Untersuchung lag das mediane Überleben nach Resektion des Lokalrezidivs sogar nur bei 41 Monaten und das der Patienten mit einem inoperablen Lokalrezidiv bei 15 Monaten (Jaques et al. 1990, 1998). Die Chance einer kompletten Resektion sinkt mit der Anzahl der Rezidive. Eine Serie aus dem Memorial Sloan Kettering Institute zeigte eine Resektabilität von 49–57% für das 1. Rezidiv und von 33% für das 2. Rezidiv (Jaques et al. 1990, 1998; Lewis et al. 1998; Wong u. Brennan 2004). Falls multiple intra- und retroperitoneale Befunde zum Zeitpunkt der Rezidivoperation vorliegen, so ist von einer metastasierten Erkrankung auszugehen.
Literatur Aletkiar KM, Hu K, Anderson L (2000) High-dose-rate intraoperative radiation therapy (HDR-IORT) for retroperitoneal sarcomas. Int J Radiat Oncol Biol Phys 47: 157–163 Alvegard TA, Berg NO (1989) Histopathology peer review of highgrade soft tissue sarcoma: the Scandinavian Sarcoma Group experience. J Clin Oncol 7: 1845–1851 Artandi SE, Chang S, Lee SL, Alson G, Gottlieb GJ Chin L, DePinho R (2000) A telomere dysfunction promotes non-reciprocal translocations and epithelial cancers in mice. Nature (London) 406: 641–645 Barken D, Wright E, Nguyen D (1987) Gene for von Recklinghausen neurofibromatosis is in the pericentromeric region for chromosome 17. Science 236: 1100
761 Literatur
Bengmark S, Haftström L, Jönsson PE, Karp W, Nordgren H (1980) Retroperitoneal sarcoma treatment by surgery. J Surg Oncol 14: 307–314 Bennicelli JL, Barr FG (2002) Chromosomal translocations and sarcomas. Curr Opin Oncol 14: 412–419 Berquist TH, Ehman RL, King BF, Hodgman CG, Ilstrup DM (1990) Value of MR imaging in differentiating benign from malignant soft tissue masses: study of 95 lesions. Am J Roentgenol 155: 1251–1255 Borden EC, Baker LH; Bell RS, Bramwell V, Demetri GD, Eisenberg BL, Fletcher CD, Fletcher J; Ladanyi M, Meltzer P, O’Sullivan B, Parkinson DR, Pisters P, Saxman A, Siner S, Sundaram M, Oosterom AT, Verweij J, Waalen J, Weiss SW, Brennan MF (2003) Soft tissue sarcomas of the adults: state of the translational science. Clin Canc Res 9: 1941–1956 Brady MS, Gaynor JJ, Brennan MF (1992) Radiation associated syrcoma of bone and soft tissue. Arch Surg 127: 1379 Bramwell VH, Anderson D, Charette ML (2000) Doxorubicin-based chemotherapy for the palliative treatment of adult patients with locally advanced or metastatic soft-tissue sarcoma: a meta-analysis and clinical practice guidelines. Sarcoma 4: 103–112 Brennan MF (1999) Staging for soft tissue sarcoma. Ann Surg Oncol 6: 8–9 Brin EN, Schiff M, Weiss RM (1975) Palliative Urinary diversion for pelvic malignancy. J Urol 113: 619–622 Brown FM, Fletcher CD (2000) Problems in grading soft tissue sarcomas. Am J Clin Pathol 114 (Suppl): 882 Buchdunger E, Cioffi C, Law N, Stoyer D, Ohno-Jones S, Druker BJ, Lydon NB (2000) Abl protein-tyrosine kinase inhibitor STI 571 inhibits in vitro signal transduction mediated by c-kit and platelet-derived growth factor receptors. J Pharmacol Exp Ther 295: 139–145 Bui NB, Dermaille MC, Chevreau C, Blay JY, Cupissol D, Rios M, Thyss A, Maugard C, Bastit P, Blay JO, Tanguy A, Fargeot P, Lortholary A, Bonichon F (1998) qMAID vs. MAID + 25% with G-CSF in adults with advanced soft tissue sarcomas (STS). First results of a randomzied study of the FNCLCC Sarcoma group. Prog Proc Am Soc Clin Oncol 17: 517 Canter RJ, Qin LX, Ferrone CR, Maki RG, Singer S, Brennan MF. Why do patients with low-grade soft tissue sarcoma die? Ann Surg Oncol 15(12): 3550–3560 Catton CN, O`Sullivan B, Kottwall et al. (1994) Outcome and prognosis in retroperitoneal sof tissue sarcoma. Int J Radiat Oncol Biol Phys 29: 1005–1010 Coindre JM, Terrier P, Guillou L, Le Doussal V, Collin F, Ranchere D, Sastre X, Vilain MO, Bonichon F, N’Guyen Bui B (2001) Predictive Value of grade for metastasis development in the main histologic types of adult soft tissue sarcomas : a study of 1240 patients from the French Federation of Cancer Centers Sarcoma Group.Cancer 91: 1914–1926 Cornier JN, Pollock RE (2004) Soft tissue sarcomas. Cancer J Clin 54: 94–109 Crim JR, Seeger LL, Yao l, Chandnani B, Eckardt JJ (1992) Diagnosis of soft tissue masses with MR imaging: can benign masses be differentiated from malignant ones. Radiology 185: 581–586 Dalton RR, Donohue JH, Mucha P, et al. (1989) Management of retroperitoneal sarcomas. Surgery 106: 725–733 De Saint Aubain Somerhausen N, Fletcher CD (1999) Soft-tissue sarcomas: an update. Eur J Surg Oncol 25: 215–220 Demetri GD, von Mehren M, Blanke CD, Van den Abbeele AD, Eisenberg B, Roberts PJ, Heinrich MC, Tuveson DA, Singer S, Janicek M, Fletcher JA, Silverman SG, Silberman SL, Capdeville R, Kiese B,
Peng B, Dimitrijevic S, Druker BJ, Corless C, Fletcher CD, Joensuu H (2002) Efficacy and safety of imatinib mesylate in advanced gastrointestinal stromal tumors. N Engl J Med 347: 472–480 Druker B, Talpaz M, Resta DJ, Peng B, Buchdunger E, Ford JM, Lydon NB, Kantarjian H, Capdeville R, Ohmo-Jones S, Sawyers CL (2001) Efficacy and safety of a specific inhibitor of the BCR-ABL tyrosine kinase in chronic myeloid leukemia. N Engl J Med 344: 1031–1037 Druker BJ, Tamura S, Buchdunger e, Ohmo S, Segal GM, Fanning S, Zimmermann J, Lydon NB (1996) Effects of a selective inhibitor of the Abl tyrosine kinase on the growth of Bcr-Abl positive cells. Nat Med 2: 561–566 Dupuy DF Rosenberg AE, Punyaratabandhu T (1998) Accuracy of CTguided needle biosy of musculoskeletal neoplasms. Am J Roentgenol 171: 759–762 Dutrillaux B (2000) Caryotype, vieillissement et types de cancer : y a-t-il un lien ? Bull Cancer (Paris) 87: 19–23 Edmonson JH, Ryan LM, Blum RH, Brooks JS; Shiraki M, Frytak S, Parkinson DR (1993) Randomized comparison of doxorubicin alone versus ifosfamide plus doxorubicin or mitomycin, doxorubicin and cisplatin against advanced soft tissue sarcoma. J Clin Oncol 11: 1269–1275 Eilber FC, Brennan MF, Eilber FR, Dry SM, Singer S, Kattan (2004) MW Validation of the postoperative nomogram for 12-year sarcomaspecific mortality. Cancer 101: 2270–2275 Fletcher CD, Unni KK, Mertens F (2002) Pathology and genetics of tumors of soft tissue and bone. In Kleinhues P, Sobin LH (eds) World Health Organization Classification of tumors, vol 1. IARC Press, Lyon Fong Y, Coit DG, Woodruff J, Shi W, Brennan MF (1993) Lymph node metastasis from soft tissue sarcoma in adults. Analysis of data from a prospective database of 1772 sarcoma patients. Ann Surg 218: 72–77 Gieschen HL, Spiro I; Suit HD (2001) Long-term results of intraoperative electron beam radiotherapy for primary and recurrent retroperitoneal soft tissue sarcoma. Int J Radiat Oncol Phys 50: 127–131 Gisselsson D, Pettersson L, Hoglund M, Heidenblad M, Gorunova L, Liegant J, Mertens F, Dal Cin, Mitelman F, Mandahl N (2000) Chromosomal breakage-fusion-bridge events cause genetic intratumor heterogeneity. Proc Natl Acad Sci USA 97: 5357–5362 Gisselsson D, Jonson T, Petersen A, Strombeck B, Dal Cin P, Hoglund M, Mitelman F, Mertens F, Mandahl N (2001) Telomere dysfunction triggers extensive DNA fragmentation and evolution of complex chromosome abnormalities in human malignant tumors. Proc Natl Acad Sci USA 98: 12683–12688 Glenn J, Sindelar WF, Kinsella T (1985) Results of multimodality therapy of resectable soft tissue sarcomas of the retroperitoneum. Surgery 97: 316–324 Greene F, Page D Fleming I, et al. (eds.) (2002) AJCC Cancer Staging Manual, 6th edn. Springer, Berlin Heidelberg New York Hanahan D, Weiberg RA (2000) The hallmarks of cancer. Cell 100: 57–70 Hardell l, Sandstrom A (1979) A case-control study: soft tissue sarcoma and exposure to phenoxyacetic acids or chlorophenols. Br J Cancer 39: 711–717 Hassan I, Park SZ, Donohue JH, Nagorney DM, Kay PA, Nasciemento AG, Schleck CD, Ilstrup DM (2004) Operative Management of primary retroperitoneal sarcomas. A reappraisal of an institutional experience. Ann Surg 239: 244–250 Heinrich MC, Griffith DJ, Druker BJ, Wait CL, Ott KA, Zigler AJ (1996) Inhibition of c-kit receptor tyrosine kinase activity by STI 571, a selective tyrosine kinase inhibitor. Blood 96: 925–932
28
762
28
Kapitel 28 · Retroperitoneale Weichteiltumoren
Heinrich M, Corless C, Blanke c, Demetri GD, Joensuu H, van Mehren M, McGreevey LS, Wait CL, Griffith D, Chen C-J, Haley A, Kiese B, Druker B, Roberts P, Eisenberg B, Singer S, Silberman S, Dimitrijevic S, Fletcher CDM, Fletcher (2002) JA KIT mutational status predicts clinical response to STI571 in patients with metastatic gastrointestinal tumors (GISTs). Prog Proc Am Soc Clin Oncol 21: 2a Heslin MJ, Lewis JJ, Nadler E et al. (1997) Prognostic factors associated with long-term survival for retroperitoneal sarcoma: implications for management. J Clin Oncol 15: 2832–2839 Heslin MJ, Smith JK (1999) Imaging of soft tissue sarcomas. Surg Oncol Clin N Am 8: 91–107 Ioannidis JPA, Lau J (2003) 18F-FDG PET for the diagnosis and grading of soft-tissue sarcoma: a meta-analysis. J Nucl Med 44: 717–724 Israel-Mardirosian N, Adler LP (2003) Positron emission tomography of soft tissue sarcomas. Curr Opin Oncol 15: 327–330 Jaques DP, Coit DG, Hajdu SI, Brennan MF (1990) Management of primary and recurrent soft tissue sarcoma of the retroperitoneum. Ann Surg 212: 51–59 Jaques DP, Coit DG, Hajdu SI, Brennan MF (1998) Management of primary and recurrent soft tissue sarcoma of the retro Lewis JJ, Leung D, Woodruff JM, et al. Retroperitoneal soft-tissue sarcoma. Analysis of 500 patients treated and followed at a single institution. Ann Surg 228: 355–365 Jones DN, McCowage GB, Sostman HT, Brizel DM, Layfield L, Charles HC, Dewirst MW, Prescott DM, Friedman HS, Harrelson JM, Scully SP, Coleman RE (1996) Monitoring of neoadjuvant therapy response of soft tissue and musculoskeletal sarcoma using fluorine-18 FDG PET. J Nucl Med 37: 1438–1444 Jones JJ, Catton CN, O’Sullivan B, et al. (2002) Initial results of a trial of preoperative external-beam radiation therapy and postoperative brachytherapy for retroperitoneal sarcoma. Ann Surg Oncol 9: 346–354 Karakousis CP, Kontzoglou K, Driscoll DL (1995) Resectability of retroperitoneal sarcomas: a matter of surgical technique? Eur J Surg Oncol 21: 617–622 Karakousis CP, Velez AF, Gerstenbluth R (1996) Resectability and survival in retroperitoneal sarcomas. Ann Surg Oncol 3: 150–158 Kattan MW, Leung DH, Brennan MF (2002) Postoperative Nomogram for 12-year sarcoma-specific death. J Clin Oncol 20: 791–796 Kilkenny JW, Bland KI, Copeland EM (1996) Retroperitoneal sarcoma : the University of Florida experience. J Am Coll Surg 182: 329–339 Kransdorf MJ, Jelinek JS, Moser RP, Utz JA, Brower AC, Hudson TM, Berrey BH (1989) Soft tissue masses: diagnosis using MR imaging. Am J Radiol 153: 541–547 Kujath P, Bruch HP, Wünsch PH (1983) Primär retroperitoneale Tumoren: Diagnose – Therapie – Prognose. Chirurg 54: 643–648 Ladanyi M, Bridge JA (2000) Contribution of molecular genetic data to the classification of saromas. Hum Pathol 31: 532–538 Le Cesne A, Judson L, Crowther D, Rodenhuis S, Keizer HJ, Van Hoesel Q, Blay JY, Frisch J, Van Glabbeke M, Hermans C, Van Oosterom A, Tursz T, Verweji J (2000) Randomized Phase III study comparing conventional dose doxorubicin plus ifosfamide versus high-dose doxorubicin plus ifosfamide plus recombinant human granulocyte-macrophage colony-stiumlating factor in advanced soft-tissue sarcomas: a trial of the European Organization for research and treatment of cancer Soft tissue and Bone Sarcoma Group. J Clin Oncol 18: 2676–2684 Lewis JJ, Leung DH, Woodruff JM, Brennan MF (1998) Retroperitoneal soft-tissue sarcoma: analysis of 500 patients treated and followed at a single institution. Ann Surg 228: 355–365 Li FP; Fraumeni JF (1969) Soft tissue sarcomas, breast cancer, and other neoplasms: a familial syndrome? Ann Intern Med 71: 747
Mc Carville MB; Christie R, Daw NC, Spunt SL, Kaste SC (2005) PET/CT in the evaluation of childhood sarcomas. AJR Am J Roentgenol 184: 1293–1304 Mitelman F (2000) Recurrent chromosome aberrations in cancer. Mutat Res 462: 247–253 Muller R, Hajdu SI, Brennan MF (1987) Lymphangiosarcoma associated with chronic filarial lymphedema. Cancer 59: 179 Norman RW, Mack FG, Award SA, Belitsky P, Schwarz RD, Lannon SG (1983) Acute renal failure secondary to bilateral ureteric obstruction: review of 50 cases. J Urol 127: 601–604 O’Sullivan B, Bell R, Bramwell V (2002) Sarcoma of the soft tissues. In: R.L. Souhami, I. Tannock, P. Hohenberger and JC Horiot (eds) Oxford textbook of oncology, 2nd edn. Oxford University Press, Oxford, pp 2495–2523 Petersen IA; Haddock MG; Donahue JH (2002) Use of intraoperative electron beam radiotherapy in the management of retroperitoneal soft tissue sarcomas. Int J Radiat Oncol Biol Phys 52: 469–472 Pinson CW, ReMine SG, Fletcher WS, Braasch JW (1989) Long-term results with primary retroperitonel tumors. Arch Surg 124: 1168– 1173 Pisters P W, O’Sullivan B (2002) Retroperiteoneal sarcomas: combined modality treatment approaches. Curr Opin Oncol 14: 400–405 Porter GA, Cantor SB, Ahmad SA, Lenert JT, Ballo MT, Hunt KK, Feig BW, Patel SR, Benjamin RS, Pollock RE, Pisters PW (2002) CostEffectiveness of staging computed tomography of the chest in patients with T2 soft tissue sarcomas. Cancer 94: 197–204 Presant CA, Russel WO, Alexander RW, et al. (1986) Soft tissue and bone sarcoma histopathology peer review: the frequency of disagreement in diagnosis and the need for second pathology opinions. The Southeastern Cancer Study group experience. J Clin Oncol 4: 1658–1661 Santoro A, Tursz T, Mouridsen H, Verweij J, Steward W, Somers R, Buesa J, Casali P, Spooner D, Rankin E (1995) Doxorubicin versus CYVADIC versus Doxorubicin plus ifosfamide in first-line treatment of advanced soft tissue sarcoma: a randomized study of the European organization for research and treatment of cancer soft tissue and bone sarcoma group. J Clin Oncol 13: 1537–1545 Sarcoma Meta-analysis collaboration (1997) Adjuvant chemotherapy for localized resectable soft tissue sarcoma of adults: meta-analysis of individual data. Lancet 350: 1647–1654 Scheel C, Schaefer KL, Jauch A, Keller M, Wai D, Brinkschmidt C, van Valen F, Boecker W, Dockhorn-Dworniczak B, Poremba C (2001) Alternative lengthening of telomeres is associated with chromosaml instability in osteosarcoms. Oncogene 20: 3825–3844 Sergio G, Tenchini P, Nifosi E, Lacono C (1989) Surgical strategy in primary retroperitoneal tumors. J Surg 76: 385–389 Shapeero LG, Vanel D, Verstraete KL, Bloem, JL (2002) Soft tissue sarcoma: fast magnetic resonance imaging with contrast for soft tissue sarcoma viability. Clin Orthop 397: 212–227 Sharpless NE, Ferguson DO, O’Hagan RC, Castrillon DH, Lee C, Farazi PA, Alson S Fleming J, Morton CC, Frank K, Chin L, Alt FW, DePinho RA (2001) Impaired nonhomologous end-joining provokes soft tissue sarcomas harboring chromosomal translocations, amplifications, and deletions. Mol Cell 8: 1187–1196 Shibata D, Lewis JJ, leund DH, Brennan MF (2001) Is there a role for incompete resection in the management of retroperitoneal liposarcomas? J Am Coll Surg 193: 373–379 Shiraki M, Enterline HT, Brooks JJ, et al. (1989) Pathologic analysis of advanced adult soft tissue sarcomas, bone sarcomas, and mesotheliomas. The Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG) experience. Cancer 64: 484–490
763 Literatur
Sindelar WF, Kinsella TJ, Chen PW (1993) Intraoperative radiotherapy in retroperitoneal sarcomas: final results of a prospective, randomized, clinical trial. Arch Surg 128: 402–410 Singer S (1999) New diagnostic modalities in soft tissue sarcoma. Semin Surg Oncol 17: 11–22 Singer S, Brennan MF (2004) Soft tissue sarcomas and bone tumors. In: Sabiston DC, Lyerly KL (eds) Sabiston textbook of surgery: The biological basis of modern surgical practice. pp 803–815 Singer S, Antonescu CR, Riedel E, Brennan MF (2003) Histologic subtype and margin of resection predict pattern of recurrence and survival for retroperitoneal liposarcoma. Ann Surg 238: 358–371 Smith AH, pearce NE, Fisher DO (1984) Soft tissue sarcoma and exposure to phenoxyherbicides and chlorophenols in New Zealand. J Nat Cancer Inst 73: 1111 Sorensen SA, Mulvihill JJ, Nielsen A (1986) Long term follow-up of von Recklinghausen neurofibromatosis: Survival and malignant neoplasms. N Engl J Med 314: 1010 Stahl A, Wieder H, Wester HJ, Piert M, Lordick F, Ott K, Rummery E, Schwaiger M, Weber WA (2004) PET/CT molecular imaging in abdominal oncology. Abdom Imaging 29: 388–397 Sundaram M, Mc Guire MH, Herbold DR (1988) Magnetic resonance imaging of soft tissue masses: an evaluation of 53 histological proven tumors. Magn Reson Imaging 6: 237–248 Tomescu O, Barr FG (2001) Chromosomal translocation in sarcomas: prospects for therapy. Trend Mol Med 7: 554–559 Van de Rijn M, Barr FG, Xiong QB, Salhany KE. Fraker DL, Fisher C (1997) Radiation-associated synovial sarcoma. Hum Pathol 28: 1325–1328 Van Doorn RC, Gallee MP, Haart AA et al. (1994) Resectable retroperitoneal soft tissue sarcoma: the effect of extent of resection an postoperative radiation therapy on local tumor control. Cancer 73: 637–642 Van Oosterom AT, Judsonn I, Verwiej J, Stroobants S, Donato di Paola E, Dimitrijevic S, Martens M, Webb A, Sciot R, Van Glabbeke M, Silberman S, Nielsen OS (2001) Safety and efficacy of imatinib [STI 571] in metastatic gastrointestinal stromal tumors: a phase I study. Lancet 358: 1421–1423 Walther PJ (1987) Management of retroperitoneal sarcoma. In: DeKernion JB, Paulsen DF (eds) Genitourinary Cancer Management. Lea and Febiger, Philadelphia pp 271 Wist E, Solheim P, Jacobsen AP, Blom P (1985) Primary retroperitoneal sarcomas. Onc Copy 24: 305–310 Wong S, Brennan MF (2004) Therapeutisches Management intraabdomineller und retroperitonealer Weichgewebssarkome. Chirurg 75: 1174–1181 Zahm SG, Fraumeni JF (1997) The epidemiology of soft tissue sarcoma. Semin Oncol 24: 504–524 Zhang G, Chen KK, Manivel C, Fraley EE (1989) Sarcomas of the retroperitoneum and genitourinary tract. J Urol 141: 1107–1110 Ziran BH, Makley JT, Carter JR (1996) Primary retroperitoneal sarcoms: common symptoms, common diagnoses, uncommon disease. Clin Orthop 331: 277–282
28
III
III
Tumoren des Kindes- und Jugendalters
29
Grundlagen
30
Neuroblastom
31
Nephroblastom
32
Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen – 791
33
Weichteilsarkome – 799
34
Selbsthilfegruppen und überregionale Verbände und Organisationen – 807
– 767 – 771 – 779
29 Grundlagen B. Kremens
29.1
Prognose – 768
29.2
Lokalisation
29.3
Kooperative Therapieoptimierungsstudien – 769
– 769
Die Daten des zentralen Kindertumorregisters in Mainz weisen aus, dass in der Bundesrepublik Deutschland jedes Jahr bei etwa 1800 Kindern im Alter bis zu 15 Jahren eine bösartige Erkrankung neu diagnostiziert wird. Die Wahrscheinlichkeit für ein neugeborenes Kind, innerhalb seiner ersten 15 Lebensjahre an einem Malignom zu erkranken, beträgt demnach 0,2%; mit anderen Worten: etwa jedes 470. Kind ist in diesem Zeitraum davon betroffen. Die Verteilung der Tumorerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen ist anders als bei Erwachsenen: Leukämien und Lymphome machen knapp die Hälfte aller Diagnosen aus, Hirntumoren und embryonale solide Tumoren sind die zweitwichtigste Gruppe. Die Karzinome der inneren und äußeren Körperoberflächen, die bei Erwachsenen einen großen Teil der malignen Erkrankungen bilden, fehlen im Kindesalter so gut wie völlig ( Tab. 29.1). Die Diagnostik sowohl der hämatologischen Systemerkrankungen wie auch der soliden Tumoren umfasst heute neben der Histologie bzw. Zytologie regelhaft zusätzliche histochemische, immunologische und molekularbiologische Parameter, die für das Verständnis der Tumorbiologie und für die genaue Beurteilung der Prognose immer wichtiger werden (Pochedly 1994). Maligne Erkrankungen im Kindesalter haben i. Allg. eine sehr hohe Wachstumsgeschwindigkeit, die sich folgendermaßen erklären lässt: Nichtmaligne Zellen benötigen mitogene Wachstumssignale, um aus der Ruhephase
Tab. 29.1. Diagnosenverteilung bei 17973 Kindern mit bösartigen Erkrankungen bis zum Alter von 15 Jahren des Kindertumorregisters in Mainz. (Nach Kaatsch et al. 2006) Art der bösartigen Erkrankung Leukämien
33,1
Lymphome und andere retikuloendotheliale Neoplasien
12,2
Hirntumoren
21,4
Tumoren des sympathischen Nervensystems
8,3
Renale Tumoren
6,0
Keimzelltumoren und andere gonadale Tumoren
3,4
Weichteilsarkome
6,6
Knochentumoren
4,5
Andere Diagnosen
4,5
in den Zellzyklus einzutreten. Solche Signale (lösliche Wachstumsfaktoren, Zell-Zell-Kontakte oder Zell-MatrixKontakte) steuern im gesunden Organismus Proliferation und Abbau (Apoptose) von Zellen und Geweben. Tumorzellen haben durch Mutation die Fähigkeit erworben, ihr Wachstum autonom, somit unabhängig von den phy-
768
Kapitel 29 · Grundlagen
siologischen Wachstumssignalen, zu steuern. Sie steigern entweder die Proliferationsrate oder hemmen die Apoptoserate. Beides führt zu einer Anhäufung maligner Zellen. Das Metastasierungsverhalten korreliert ebenfalls mit der Teilungsgeschwindigkeit. Bei etwa 80% der Kinder besteht zum Diagnosezeitpunkt eine organüberschreitende regionale oder systemische Erkrankung. Andererseits korreliert auch die Chemosensibilität von Tumorzellen eng mit der hohen Proliferationsgeschwindigkeit bei vielen bösartigen Krankheiten im Kindesalter. Deshalb ist der Stellenwert der Chemotherapie im multimodalen Therapiekonzept mit Chirurgie und Strahlentherapie
Tab. 29.2. Heilungsraten durch alleinige Operation. (Übersicht früherer Behandlungsdaten nach Göbel 1987)
29
Erkrankungsarten und Stadium
Heilungsraten (%)
Wilms-Tumoren − Stadium I − Stadium IV
10–35 0
Neuroblastom − Stadium I − Stadium IV
99 0
Weichteilsarkome − Stadium I − Stadium IV
10–20 0
Osteosarkome
20
Ewing-Sarkome
8
Maligne Keimzelltumoren − der Hoden, Stadium I − der Ovarien, Stadium I
73 55
häufig höher als bei Krebskrankheiten von Erwachsenen. Dies bedeutet, dass beim soliden Tumor eines Kindes eine onkologisch-radikale Tumorresektion so gut wie niemals primär anzustreben ist ( Tab. 29.2). Häufig kann die Operabilität nach histologischer Diagnosesicherung durch eine vorgeschaltete Chemotherapie deutlich verbessert werden.
29.1
Prognose
In Deutschland besteht der Standard der Behandlung eines malignen Tumors im Kindesalter in einer interdisziplinär geplanten Kombination aus Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie, evtl. autologer oder allogener Knochenmarktransplantation sowie weiterer Therapiemodalitäten. Richtlinien dieser Behandlung werden in kooperativen Therapieoptimierungsstudien deutschlandweit, teilweise sogar multinational, festgelegt ( Kap. 29.3). Auf der Basis der so gewonnenen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte können mit diesen Konzepten 3 von 4 Kindern langfristig krankheitsfrei gehalten werden und somit als geheilt gelten (Creutzig 2003). Die Überlebenswahrscheinlichkeiten für einzelne Tumorarten werden sowohl in den Studien als auch über das Kinderkrebsregister ständig überwacht ( Tab. 29.3), dabei verhält sich die Rezidivwahrscheinlichkeit über die Zeit bei den einzelnen Krebsarten verschieden: Kinder mit hochmalignem Non-Hodgkin-Lymphom oder einem Keimzelltumor, die nach 18 Monaten rezidivfrei sind, können bereits dann als geheilt gelten; hingegen werden nach Wilms-Tumor oder Neuroblastom selbst nach 5 Jahren noch vereinzelt Rezidive auftreten.
Tab. 29.3. Überlebensraten nach malignen Erkrankungen im Kindesalter. (Nach Kaatsch et al. 2006) Tumorart
3-Jahres-Überlebensrate (%)
5-Jahres-Überlebensrate (%)
15-Jahres-Überlebensrate (%)
Retinoblastom
97
96
94
Keimzelltumoren
91
87
85
Nephroblastom (Wilms-Tumor)
88
87
85
Neuroblastom (alle Stadien)
91
64
63
Rhabdomyosarkom
70
62
60
Osteosarkom
76
63
62
Ewing-Sarkom
71
64
58
Zum Vergleich: akute lymphatische Leukämie
86
83
77
Non-Hodgkin-Lymphom
85
84
81
769 29.3 · Kooperative Therapieoptimierungsstudien
29.2
Lokalisation
In den verschiedenen Organen bzw. Körperregionen treten bösartige Tumoren mit unterschiedlicher Häufigkeit auf. Diese Feststellung gilt auch für die primären bösartigen Organerkrankungen des Urogenitaltrakts bei Kindern, so dass unter Berücksichtigung der Gesamtinzidenz zwischen relativ häufigen und seltenen Tumorerkrankungen für jedes Organ zu unterscheiden ist ( Tab. 29.4).
29.3
Kooperative Therapieoptimierungsstudien
Im Rahmen der GPOH (Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie) sind in der BRD seit über 20 Jahren kooperative Behandlungsprotokolle etabliert. Sie werden von interdisziplinär strukturierten Studienkommissionen erstellt, in regelmäßigen Abständen überarbeitet und durch Fachgremien der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. und der Deutschen Krebshilfe e. V. begutachtet (Creutzig u. Winkler 1994). Mehr als 90% aller neu erkrankten Kinder werden nach diesen Protokollen einheitlich untersucht, behandelt und zentral ausgewertet, so dass flächendeckend ein hoher Standard und eine freiwillige Qualitätskontrolle gewährleistet sind.
Die Therapieprotokolle sind risikoadaptiert geplant, um die Intensität der Chemo- und/oder Strahlentherapie dem individuellen Rückfallrisiko des Patienten anpassen zu können. In fast allen Protokollen wird der Stratifikation gegenüber der Randomisation die höhere Bedeutung beigemessen und der Therapiezweig mit dem besten Therapieergebnis der Vorläuferstudie unter Berücksichtigung der Risikofaktoren zur Standardtherapie der neuen Therapieoptimierungsstudie gewählt. Dabei werden bei Patientengruppen mit hohen Heilungschancen Therapiereduktionen bzw. bei solchen mit ungünstiger Prognose Therapieintensivierungen vorgenommen. Auf diese Weise wird die jeweils als optimal eingeschätzte Therapie verabreicht; durch die Hinzufügung neuer Therapieelemente bei Patienten mit hohem Rezidivrisiko wird gleichzeitig der Wissensstand erweitert. Die Ergebnisse dieser Therapieoptimierungsstudien sind im internationalen Vergleich ebenbürtig, in einzelnen Fällen auch führend. Die risikoadaptierte Therapie innerhalb eines interdisziplinären, kooperativen Therapieprotokolls bietet dem einzelnen Patienten offensichtlich die bestmöglichen Heilungsaussichten, wie anhand der Behandlungsdaten für unterschiedliche Tumorerkrankungen unter Berücksichtigung der Spezialisierung des Behandlungszentrums sowie Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an den Therapieprotokollen eindrucksvoll gezeigt worden ist (Murphy 1995).
Tab. 29.4. Bösartige Tumoren des Urogenitaltrakts und des Retroperitonealraums Lokalisation
Häufige Tumoren
Seltene Tumoren
Nieren
− Wilms-Tumor
− Klarzellsarkom − Non-Hodgkin-Lymphom − Weichteilsarkom
Nebennieren
− Neuroblastom
− Malignes Phäochromozytom − NNR-Karzinom − Neurofibrom
Retroperitonealraum
− Neuroblastom
− − − − − −
Harnleiter
− Weichteilsarkom
Blase
− Weichteilsarkom
Harnröhre
− Weichteilsarkom
Hoden
− Keimzelltumor − Weichteilsarkom
Nebenhoden
− Weichteilsarkom
Skrotum
− Weichteilsarkom
Weichteilsarkom Keimzelltumor Paragangliom Malignes Phäochromozytom Non-Hodgkin-Lymphom Extrarenaler Wilms-Tumor
− Non-Hodgkin-Lymphom − Neuroblastom − Sertoli-Leydig-Zelltumor
29
770
Kapitel 29 · Grundlagen
Leider wurden diese Therapieoptimierungsstudien seit kurzem denselben formalen Anforderungen unterworfen wie Studien mit neuen Wirksubstanzen. Wegen des damit verbundenen orgnisatorischen/finanziellen Aufwands wird ein Teil dieser Studien künftig nicht mehr durchführbar sein (Creutzig 2003). Für die Qualitätssicherung ist das ein Rückschritt. Da die überwiegende Zahl der Tumorerkrankungen des Kindes- und Jugendalters hochmaligner Natur sind, ist bei bestehendem Tumorverdacht möglichst frühzeitig in einem interdisziplinären Fachgespräch das diagnostische und therapeutische Programm abzustimmen. Kann aufgrund der Symptome und prätherapeutischen Befunde eine Organzugehörigkeit des vorhandenen Tumors erkannt und so eine Artdiagnose differenzialdiagnostisch erwogen werden, stehen die jeweiligen Studienzentralen zur Konsultation zur Verfügung. Informationen der GPOH (pädiatrisch-onkologische Fachgesellschaft) und zu Therapiestudien sind unter www.kinderkrebsinfo.de abrufbar.
29
Die aktuellen Therapieoptimierungsstudien und die Studienleitungen für Tumoren des Urogenitaltraktes bei Kindern und Jugendlichen
Extrakraniale Keimzelltumoren: (MAKEI Part B) MAKEI 05 Dr. Gabriele Calaminus Universitätsklinikum Münster,Kinderklinik, Pädiatrische Hämatologie-Onkologie, 48129 Münster, Telefon: 0251/83-58060 E-Mail:
[email protected]
Nephroblastom (Wilms-Tumor): STOP 2001/GPHO Prof. Dr. med. Norbert Graf Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, 66421 Homburg/Saar, Telefon: 06841/162-8397, E-Mail:
[email protected]
Neuroblastom: NB 2004 Prof. Dr. med. Frank Berthold Universitäts-Kinderklinik, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Joseph-Stelzmann-Str. 9, 50924 Köln, Telefon: 0221/4784-380, E-Mail:
[email protected]
Weichteilsarkome: CWS-2002 Prof. Dr. med. Ewa Koscielniak Klinikum Stuttgart, Olgahospital-Pädiatrisches Zentrum, CWS-Studie (Päd. 5 Hämatologie/ Onkologie), Postfach 103652, 70031 Stuttgart, Telefon: 0711/992-2461, E-Mail:
[email protected]
Literatur Creutzig U, Winkler K (1994) Empfehlungen für Studien zur Optimierung von Therapieschemata. Klin Pädiat 206: 191–193 Creutzig U, Henze G et al. (2003) Krebserkrankungen bei Kindern Dt Ärzteblatt 100(13): A842–A852 Göbel U (1987) Prinzipien bei der Behandlung von Neoplasien im Kinder- und Jugendalter. Monatsschr Kinderheilkd 135: 436–441 Göbel U, Jürgens H (1995) Bösartige Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. In: Empfehlungen zur Diagnose, Therapie und Nachsorge maligner Tumoren der Arbeitsgemeinschaft der NordrheinWestfälischen Tumorzentren, Onkologischen Schwerpunkte und Onkologischen Arbeitskreise in der GBK, Düsseldorf, S 177–187 Harms D, Schmidt D (1986 Classification of solid tumors in children –The Kiel Pediatric Tumor Registry. In: Riehm H (ed) Malignant neoplasms in childhood and adolescence. Karger, Basel. Monogr Pediat 18: 1–18 Kaatsch P, Spix C (2006): Deutsches Kinderkrebsregister Jahresbericht 2005, Mainz (www.Kinderkrebsregister.de) Murphy SB (1995) The national impact of clinical kooperative group trials for pediatric cancer. Med Pediatr Oncol. 24: 279–280 Pochedly C (1994) Neoplastic disease of childhood. Harwood, Chur
30 Neuroblastom B. Kremens, A. Eggert
30.1
Epidemiologie, Ätiologie
30.2
Onkologische Kennzeichen
30.3
Diagnostik
30.4
Therapie
30.5
Nachsorge
30.6
Palliativtherapie
– 771 – 772
– 774 – 774 – 777 – 777
Neuroblastome, Ganglioneuroblastome und Ganglioneurome sind Tumoren des adrenergen Nervensystems, die sich embryologisch von der Neuralleiste herleiten lassen. Histologisches Bild, Biologie und klinisches Verhalten dieser Tumorart zeigen so große Unterschiede wie bei keinem anderen soliden Tumor des Kindesalters. Während Kleinkinder mit einer metastasierten Krankheit und ungünstigen biologischen Parametern auch bei Anwendung aller therapeutischen Möglichkeiten eine 5-JahresPrognose von bestenfalls 40% haben, können selbst metastasierte Neuroblastome im Säuglingsalter ohne jede Therapie eine spontane Regression zeigen. Viele genetische und molekularpathologische Befunde lassen sich mit den beobachteten Verläufen korrelieren, allerdings ist das Verständnis der pathogenetischen Zusammenhänge weiterhin lückenhaft (Brodeur 2003).
30.1
Epidemiologie, Ätiologie
30.1.1 Epidemiologie
Das Neuroblastom ist der häufigste extrakranielle solide Tumor des Kindesalters. Es umfasst etwa 10% aller kindlichen Krebserkrankungen. Seine Inzidenz beträgt 1,1 Erkrankungen auf 100.000 Kinder unter 15 Jahren. 40%
aller Patienten werden im Säuglingsalter diagnostiziert, bis zum Ende des 5. Lebensjahres sind es 90%. Autopsiestudien an Embryonen im 1. Trimenon zeigten, dass bei 1/200 Fällen ein klinisch inapparentes »Neuroblastoma in situ« gefunden wird (Beckwith u. Perrin 1963). Auch Screeninguntersuchungen auf Katecholamine im Urin bei 6 Monate alten Kindern ergaben eine 3-mal höhere Inzidenz verglichen mit klinisch manifest an Neuroblastomen erkrankten Gleichaltrigen (Woods et al. 1998). Solche Befunde sind nur durch Spontanregression subklinischer Neuroblastome zu erklären. Familiäres Auftreten von Neuroblastomen ist selten (0,3%; Berthold et al. 2003). Etwa die Hälfte aller Patienten zeigt bei Diagnosestellung bereits hämatogene Metastasen. 40% dieser Patienten haben ein Stadium 4, 10% ein Stadium 4S ( Tab. 30.1).
30.1.2 Ätiologie, Risikofaktoren
Neuroblastome sind keine biologisch-klinisch homogene Krankheitsgruppe, sondern umfassen Tumoren mit ganz unterschiedlichem Verhalten. Bisher ist kein für alle Neuroblastome spezifisches molekulargenetisches Kennzeichen gefunden worden. Auch Untersuchungen zu Umweltfaktoren oder beruflicher Belastung der Eltern
772
Kapitel 30 · Neuroblastom
Tab. 30.1. Stadieneinteilung des Neuroblastoms [International Neuroblastoma Staging System (INSS)]. (Nach Brodeur et al. 1993)
30
Stadium
Kriterien
Stadium 1
Lokalisierte Tumoren mit makroskopisch kompletter Entfernung (mit oder ohne mikroskopischen Resttumor); repräsentative ipsi- und kontralaterale Lymphknoten sind histologisch ohne Tumorbefall; mit dem Tumor entfernte anhängende Lymphknoten dürfen befallen sein
Stadium 2A
Lokalisierter Tumor mit makroskopisch inkompletter Entfernung; repräsentative ipsilaterale (nicht am Tumor adhärente) Lymphknoten sind histologisch ohne Tumorbefall
Stadium 2B
Lokalisierter Tumor mit oder ohne makroskopisch komplette Entfernung; ipsilaterale nicht adhärente Lymphknoten zeigen Tumorbefall, vergrößerte, kontralaterale Lymphknoten müssen histologisch negativ sein
Stadium 3
Nicht resektabler unilateraler Tumor mit Überschreiten der Mittellinie mit oder ohne Lymphknotenbefall oder unilateraler lokalisierter Tumor mit kontralateralem Lymphknotenbefall oder Mittellinientumor mit bilateraler Ausdehnung durch Infiltration (nicht resektabel) oder durch Lymphknotenbefall (das Überschreiten der Mittellinie ist definiert durch infiltratives Erreichen/Überschreiten der Wirbelkante der Gegenseite)
Stadium 4
Dissemination des Tumors in Fernlymphknoten, Knochen, Knochenmark, Leber, Haut und/oder andere Organe ausgenommen Stadium 4S
Stadium 4S
Lokalisierter Primärtumor bei Säuglingen im 1. Lebensjahr (definiert entsprechend dem Stadium 1, 2A oder 2B) mit Dissemination in Haut, Leber und/oder das Knochenmark; der Knochenmarkbefall muss minimal sein, d. h. in der Knochenmarkbiopsie oder Aspiration sind weniger als 10% aller kernhaltiger Zellen maligne – bei größerem Anteil an Tumorzellen Einordnung als Stadium 4 –, mIBG-Szintigramm im Knochenmark negativ
von Patienten ergaben kein verwertbares Ergebnis. Es ist daher heute weiterhin nicht möglich, eine Population zu definieren, die ein erhöhtes Risiko hätte, ein Neuroblastom zu entwickeln.
30.2
Onkologische Kennzeichen
30.2.1 Klassifikation
Die heute gültige Stadieneinteilung ist das International Neuroblastoma Staging System (INSS), das 1993 von Brodeur et al. beschrieben wurde ( Tab. 30.1). Es stellt eine Weiterentwicklung der alten Evans-Klassifikationen dar, indem es zusätzlich zu klinischen und radiologischen Untersuchungsergebnissen auch chirurgische und histologische Kriterien einbezieht. Dadurch wird die prognostische Trennschärfe für die lokalisierten Stadien verbessert, bei denen das wichtigste Unterscheidungsmerkmal die Überschreitung der Körpermitte als Hinweis auf eine große Tumormasse darstellt. Für das Stadium 1 wird heute ein mikroskopisch nachweisbarer Tumorrest akzeptiert, so dass in dieser Situation trotz fehlender radikaler Operation eine adjuvante Chemotherapie entfällt – ein für onkologische Behandlung ungewöhnliches Vorgehen. Bei Säuglingen kann selbst eine hämatogene Metastasierung mit einem bestimmten Muster (Haut, Leber, Knochenmark; nicht Skelett) mit einer günstigen Prognose verbunden sein (Stadium 4S).
30.2.2 Histologische Einteilung
Beim Neuroblastom sollte heute nach der 1999 publizierten Internationalen Neuroblastomklassifikation (International Neuroblastoma Pathology Classification; INPC) klassifiziert werden (Shimada et al. 1999). In dieser Klassifikation wird die vertraute Terminologie
Neuroblastom,
Ganglioneuroblastom,
Ganglioneurom mit den prognostisch aussagekräftigsten morphologischen Merkmalen verbunden. Neuroblastome enthalten 2 Zelltypen, Neuroblasten und Schwann-Zellen. Typische undifferenzierte Neuroblasten sind kleine blaue rundkernige Zellen, die rein morphologisch von Lymphomen oder Weichteilsarkomen nur schwer abgrenzbar sind. Die Ausbildung von Rosetten, von Stroma und die ganglionäre Differenzierung von Neuroblasten gehen in die morphologische Klassifizierung ein. Schwann-Zellen werden nur in ausreifenden Tumoren beobachtet; es wird angenommen, dass Schwann-Zellen nicht zum malignen Klon gehören, sondern reaktiv in den Tumor rekrutiert werden und die Differenzierung unterhalten (Ambros et al. 1996). Ein Neuroblastom kann histologisch heterogene Areale enthalten. Dieser histologischen Heterogenität entspricht auch eine genetische. Daher ist eine fachkundige
773 30.2 · Onkologische Kennzeichen
Aufarbeitung des kompletten Resektats gerade bei Neuroblastomen von entscheidender Bedeutung (Ambros u. Ambros 2001). Ein relevanter Knochenmarkbefall ist zytologisch leicht an dem typischen Tumorzellhaufen zu erkennen; geringgradige Infiltrationen können über Antikörper mittels Immunfluoreszenz sichtbar gemacht werden. Eine komplette Verdrängung der Hämatopoese kann auf den ersten Blick wie eine akute Leukämie aussehen.
30.2.3 Etablierte prognostische Faktoren
Im Mainzer Kindertumorregister ist dokumentiert, dass die 15-Jahres-Überlebensrate von Kindern mit Neuroblastomen in den letzten 20 Jahren kontinuierlich von etwa 42% im Jahr 1980 auf etwa 75% im Jahr 1998 verbessert werden konnte (Kaatsch et al. 2000). Die wichtigsten prognostischen Faktoren sind Alter, Erkrankungsstadium und Amplifikation des Onkogens MYCN.
Stadium 4S: Säuglinge mit Stadium 4S haben auch bei metastasiertem Bild biologisch grundsätzlich günstige Tumoren mit einer Neigung zur Spontanregression. Diese Kinder sind vor allem durch eine rasche initiale Tumorprogression bedroht. Typisch ist eine enorme Lebervergrößerung, die zu einer Ateminsuffizienz führt. Hier kann eine Strahlentherapie oder Chemotherapie eine Tumorregression einleiten, die dann ohne eine fortgesetzte Behandlung weiter abläuft.
Primär metastasierte Neuroblastome (Stadium 4) bei Kindern >1 Jahr haben die schlechteste Langzeitprognose. Trotz Intensivierung der Chemotherapie mit initialen Ansprechraten von 90% beträgt das 5-Jahres-Überleben solcher Kinder nicht über 30–40% (Berthold et al. 2005). Prognostisch besonders ungünstig ist ein Knochenbefall, der radiologisch oder skelettszintigraphisch festzustellen ist.
Tumormarker Alter Unabhängig vom Stadium haben Säuglinge ein Gesamtüberleben von etwa 90%, alle Kinder jenseits des Säuglingsalters zusammen eine solche von 60%. Zwar zeigen jüngere Kinder auch häufiger niedrige Stadien, aber der Alterseinfluss lässt sich auch innerhalb der einzelnen Stadien noch nachweisen.
Laborchemische Prognosefaktoren wie erhöhtes Ferritin und erhöhte LDH im Serum sind als grobe Parameter für Tumormasse ebenfalls mit der Prognose korreliert, haben aber heute keinen Einfluss auf das therapeutische Vorgehen.
30.2.4 Molekularbiologische Veränderungen
und ihre prognostische Aussagekraft Stadium Grundsätzlich sinkt die Prognose von Kindern mit Neuroblastom mit steigendem Stadium. Eine Ausnahme bildet das Stadium 4S, welches eine metastasierte Erkrankung von Säuglingen mit ausgesprochen günstiger Prognose beschreibt.
Lokalisierte Neuroblastome (Stadien 1–3): Etwa 25% der Kinder mit Neuroblastom haben initial resektable Primärtumoren ohne Fernmetastasen (Stadium 1 und 2). Diese Patienten zeigen ein 5-Jahres-Überleben von 80–100%. Sie sind häufig <1 Jahr alt, haben bevorzugt thorakale Primärtumoren und keine regionale Lymphknotenbeteiligung. Kinder mit ausgedehnterer regionaler Erkrankung (Stadium 3) zeigen eine sehr variable Prognose von 30–90%. Hier beeinflussen Radikalität der Tumorresektion, Ansprechen auf Chemotherapie bzw. biologische Parameter zusätzlich zum Stadium die Heilungschance. Andererseits haben auch im Stadium 3 Kinder im Alter von bis zu 1 Jahr eine sehr gute Prognose von 90%.
Viele biologische Eigenschaften von Neuroblastomtumoren wurden oder werden noch auf ihre prognostische Bedeutung hin analysiert. Hierzu gehören die Amplifikation des Onkogens MYCN, die DNA-Ploidie, die Deletion am Genort 1p (36.3), die Expression des Differenzierungsrezeptors TrkA u. a. In seinem klinischen Wert am besten etabliert ist die Bedeutung der Amplifikation von MYCN. Kinder mit Tumoren, die diese Eigenschaft zeigen, werden weltweit als Hochrisikopatienten klassifiziert, unabhängig von Alter, Stadium oder sonstigen prognostisch relevanten Merkmalen (Seeger et al. 1985; Brodeur et al. 1984). Genverluste an Chromosom 1p und 11q werden häufig gefunden und scheinen mit schlechter Prognose assoziiert zu sein. Die Expression des kompletten Neurotrophin-Rezeptors TrkB geht einher mit ungünstiger Histologie, MYCN-Amplifikation und ebenfalls ungünstiger Prognose. Die Deaktivierung physiologischer ApoptoseSignalwege sowie die Hochregulation von Tumorangiogenese sind ebenfalls in Neuroblastomzellen nachgewiesen und verbunden mit biologisch aggresivem Wachstum
30
774
Kapitel 30 · Neuroblastom
(Park u. Caron 2008). Solche biologischen Faktoren werden auf ihre prognostische Bedeutung unter der derzeitigen Behandlung evaluiert. Es erscheint möglich, dass diese Faktoren in naher Zukunft für eine bessere Therapiestratifizierung genutzt werden können (Park 2008).
30.3
Diagnostik
30.3.1 Basisdiagnostik
Anamnese und klinische Untersuchung
30
Die Primärsymptome des Neuroblastoms sind abhängig von der Lokalisation: Die Hälfte der Primärtumoren finden sich in den Nebennieren, bis zu 30% in den abdominellen und bis zu 20% in den thorakalen und zervikalen Grenzsträngen. Die meisten dieser Primärtumoren sind zunächst asymptomatisch. Allgemeinsymptome wie Schmerzen, Fieber oder Gewichtsverlust findet man bei metastasierten Erkrankungen. Auffällige Symptome, die immer den Verdacht auf ein Neuroblastom hervorrufen, sind eine Querschnittssymptomatik durch intraspinales Vorwachsen von Grenzstrangtumoren, eine Horner-Trias durch Infiltration des Ganglion stellatum, ein ein- oder beidseitiges Brillenhämatom durch periorbitale Infiltrationen, ein paraneoblastisches Opsomyoklonus-AtaxieSyndrom sowie therapieresistenter Durchfall durch erhöhte Sekretion von vasointestinalem Peptid (VIP). Eine arterielle Hypertonie durch Katecholaminmetaboliten ist ein seltenes Symptom.
Szintigraphisch nutzbar ist die spezifische 123meta-JBenzylguanidin-Szintigraphie (mIBG), weil dieses Noradrenalin-Analogon spezifisch in adrenergem Gewebe und davon abgeleiteten Tumoren angereichert wird. Rund 85% aller Neuroblastome sind mIBG-positiv. Bei mIBGnegativen Tumoren kann eine Skelettszintigraphie zur Klärung eines Knochenbefalls hinzugezogen werden. Der Nachweis einer Knochenmarkinfiltration gelingt durch Aspirate oder Stanzen aus dem Knochenmark. Es werden Punktionen an 4 verschiedenen Stellen empfohlen, weil das Neuroblastom zunächst einen herdförmigen Befall des Knochenmarks verursacht, den man mit einer einzigen Punktionsstelle verfehlen kann.
30.4
Therapie
Die Behandlung von Kindern mit Neuroblastom richtet sich nach den unterschiedlichen Verlaufsformen dieser Krankheit. Sie sollte immer im Rahmen einer Therapiestudie stattfinden. Alle Studiengruppen auf der Welt unterscheiden eine Gruppe von Patienten mit minimaler oder gar keiner Therapie (Beobachtungsgruppe), eine Standardrisikogruppe und eine Hochrisikogruppe. Die Therapie ist dementsprechend ebenfalls immer interdisziplinär organisiert. Ihr Spektrum reicht von ausschließlich operativer Behandlung bis zu sehr intensiven multimodalen Konzepten. Die Überlebenschancen von Kindern in einer der 3 oben genannten Gruppen unterscheiden sich deutlich ( Abb. 30.1).
Labor-/Hormondiagnostik Als Tumormarker eignen sich die Katecholaminmetaboliten Vanillinmandelsäure (VMA) und Homovanillinsäure (HVA). Sie können im Urin und im Serum bestimmt werden. Ebenfalls nützlich sind Dopamin und neuronspezifische Enolase (NSE) im Serum, ein Blutbild zur Suche nach Zytopenien (Hinweis auf eine Knochenmarkinfiltration) sowie die LDH im Serum als unspezifischer Tumormassenparameter. Ein erhöhter Ferritinwert im Serum ist einer der ältesten bekannten Labormarker und korreliert ebenfalls mit der Tumormasse.
Bildgebung Die diagnostisch eingesetzten Bildgebungsverfahren hängen von der Lokalisation ab: Im Abdomen Sonographie und MRT, insbesondere auch zum Ausschluss paraspinal vorwachsender Tumoren; im Thoraxbereich Röntgenaufnahme und MRT, im Halsbereich Sonogramm und MRT.
Abb. 30.1. Überleben von 895 Patienten mit Neuroblastom in Abhängigkeit vom Behandlungsarm. GPOH-Studie NB 97 (EFS ereignisfreies Überleben). (Aus Gadner et al. 2006)
775 30.4 · Therapie
30.4.1 Chirurgische Therapie
Operative Verfahren sind für Patienten mit Neuroblastom von entscheidender Bedeutung. Dies beginnt bereits mit der Diagnostik. Die Stadieneinteilung des Neuroblastoms nach INSS ist eine chirurgische Einteilung. Eine genaue Dokumentation der Tumorlokalisation, des Status der ipsi- und kontralateralen Lymphknoten und die Frage, ob der Tumor die Mittellinie überschritten hat, sind ebenso Voraussetzung für eine korrekte Klassifizierung und damit risikogerechte Behandlung wie die Bestimmung des Onkogens MYCN aus der Biopsie. Für Patienten mit resektablen Primärtumoren ohne Metastasierung, also mit Stadium 1 und 2, ist die chirurgische Resektion die einzige therapeutische Maßnahme. Hierbei ist ganz wichtig zu berücksichtigen, dass bei der Erstoperation kein Risiko für das Leben des Patienten oder auch nur für das Funktionieren einzelner Organe, insbesondere der Nieren, eingegangen werden soll. Ein problemlos komplett resektabler Tumor soll reseziert werden. Hinweis
I
I
Der sonst in der Tumorchirurgie gerechtfertigte Versuch, auch unter Inkaufnahme von Risiken eine Resektion in sano zu erreichen, ist beim Neuroblastom kontraindiziert.
Man bedenke, dass nach den INSS-Kriterien für das Stadium 1 sogar geringe, als »mikroskopisch« bezeichnete Tumorreste akzeptiert werden, ohne dass eine adjuvante Chemotherapie folgen muss. Mehrere Untersuchungen belegen zweifelsfrei, dass dieses Vorgehen gerechtfertigt ist. In einer multizentrischen Studie von 156 Kindern mit Neuroblastom im Stadium 2 nach Evans war die Prognose unbeeinflusst von der Tatsache, ob ein postoperativer Tumorrest vorhanden war oder nicht (Matthay et al. 1989). Kushner et al. zeigten 1996, dass selbst die Strategie, bei allen lokalisierten Neuroblastomen im Stadium 1–3 unabhängig vom Resektionsgrad nur zu operieren und keine Chemotherapie oder Radiotherapie durchzuführen, bei den meisten Kindern zu einem Langzeitüberleben führte. Über die Hälfte dieser Kinder waren allerdings Säuglinge, was ein prognostisch günstiger Faktor ist. Diese Studie zeigte deutlich, dass selbst makroskopische Tumorreste oder befallene Lymphknoten bei bestimmten biologischen Subtypen des Neuroblastoms nicht in jedem Fall progredient sind, wenn man sie weder reseziert noch anderweitig behandelt.
Erweist sich ein Neuroblastom bei der initialen Operation als inoperabel, dann sollte mit minimalem Risiko eine hinreichende Biopsie von dem Tumor gewonnen werden. In allen multimodalen Therapiekonzepten ist dann eine Chemotherapie vorgesehen, die die Resektabilität in vielen Fällen deutlich verbessert. Der Tumor kann danach in einer Second-look-Operation häufig komplett und risikoarm reseziert werden. Eine europäische Studiengruppe hat die Risikofaktoren beschrieben, die eine komplette Primäroperation unwahrscheinlich machen: enge Beziehung des Tumors zu großen Blutgefäßen, Infiltration der Intervertebralforamina und Überschreiten der Mittellinie des Körpers (LNESG1-Study, Cechetto et al.2005). Insbesondere die Gefäße in oder neben einem Neuroblastom erzeugen manchmal intraoperativ durch ungewöhnliche topographische Verhältnisse nicht vorhergesehene Risiken. Dazu tragen entweder langsames Wachstum oder die hohe angiogenetische Potenz der Tumoren bei. Auch eine gute präoperative Bildgebung verhindert solche intraoperativen Überraschungen nicht. Im Zweifelsfall muss hier zum Abbruch der Operation unter Belassung eines Tumorrests geraten werden. Beim Stadium 4, d. h. bei hämatogen disseminierter Krankheit, sind Artdiagnostik und biologische Charakterisierung aus dem Knochenmark möglich, wenn dieses über 60% Tumorzellen enthält. Eine operative Biopsie ist dann nicht erforderlich. Auch im Stadium 4 ist eine möglichst komplette Resektion nach gutem Ansprechen des Tumors auf 4–6 Chemotherapieblöcke anzustreben. Auch in dieser Situation sind die Anforderungen an die operative Radikalität einzuschränken, weil bei hämatogener Disseminierung das Schicksal des Patienten ohnehin davon abhängt, ob mikroskopische oder kleinere makroskopische Tumorreste durch Chemotherapie kontrolliert werden können (Berthold et al. 2003). Deshalb sollen auch in dieser Situation ausgedehnte risikoreiche Eingriffe oder die Resektion ganzer Organe, insbesondere die Entfernung einer funkionierenden Niere, unbedingt vermieden werden. Neuroblastome, die ein Stadium 4S verursachen, haben meist ein günstiges biologisches Profil, das zur Regression des Primärtumors und der Metastasen führt. Die Rückbildung kann selbst nach anfänglichem Tumorwachstum spontan eintreten. Der Primärtumor ist bei Stadium 4S häufig klein. Zwar ist eine Biopsie wünschenswert, um eine Amplifikation des MYCN-Onkogens auszuschließen, aber postoperative Langzeitfolgen müssen wegen der günstigen Prognose ganz besonders vermieden werden. In einer amerikanischen Studie konnte zwischen den Überlebensraten von Säuglingen mit Stadium 4S mit bzw. ohne Operation des Primärtumors kein Unterschied festgestellt werden (Nickerson et al. 2000).
30
776
Kapitel 30 · Neuroblastom
30.4.2 Chemotherapie
Folgende Zytostatika sind als Monosubstanzen beim Neuroblastom wirksam: Vincristin, Cyclophosphamid, Ifosfamid, Darcabazin, Cisplatin, Carboplatin, Doxorubicin, Etoposid, Teniposid, Melphalan (Carli et al. 1982; Pinkerton et al. 1989). Diese Medikamente werden in allen Therapiestudien in konventioneller Dosierung als Chemotherapieblöcke kombiniert. Die Heilungsrate für das disseminierte Neuroblastom (Stadium 4) mit einer solchen Therapie beträgt allerdings für Kinder, die über 1 Jahr alt sind, höchstens 10%. Die Ansprechraten konnten durch gesteigerte Dosen von Cisplatin und Epipodophyllotoxine sowie von Ifosfamid, Cyclophosphamid und Carboplatin zwar verbessert werden, doch die Überlebenschance wurde nur minimal gesteigert (Bernard et al. 1987; Hartmann et al. 1988; Pinkerton et al. 1990). Die Korrelation zwischen Dosisintensität, Ansprechraten und progressionsfreiem Überleben bei solchen Patienten wurde von Cheung et al. (1991) und Heller u. Cheung (1991) retrospektiv analysiert. Das größte therapeutische Potenzial hatten bei dieser Analyse Cisplatin und Etoposid.
30
30.4.3 Hochdosistherapie
Die oben genannten Ergebnisse führten dazu, mit Hilfe der autologen Stammzelltransplantation Therapiekonzepte zu entwickeln, bei denen wirksame Substanzen mit hauptsächlich knochenmarktoxischen Nebenwirkungen in ihrer Dosis deutlich gesteigert werden. Eine Verbesserung der Prognose durch diese Hochdosistherapie mit nachfolgender Stammzelltransplantation konnte in bisher 3 randomisierten Studien gezeigt werden. In einer europäischen Studie zeigten Pinkerton et al. (1987), dass die 10-Jahres-Überlebensrate nach hochdosiertem Melphalan signifikant besser war als ohne diese Hochdosistherapie. Die amerikanische Children’s Cancer-Study Group berichtete 1995 über den prognostischen Einfluss der Hochdosistherapie mit Cyclophosphamid, Etoposid, Melphalan und Ganzkörperbestrahlung im Vergleich mit 3 zusätzlichen konventionell dosierten Chemotherapiezyklen. Das Überleben war im Megatherapiearm mit 34% signifikant besser als im Chemotherapiearm (18%; Matthay et al. 1999). Die deutsche Neuroblastom-Studiengruppe schließlich untersuchte den Unterschied im ereignisfreien Überleben nach 3 Jahren zwischen einer hochdosierten Chemotherapie mit Melphalan, Etoposid und Carboplatin und nachfolgender autologer Stammzelltransplantation versus orale Erhaltungstherapie mit Cyclophosphamid.
Die Patienten mit der Hochdosistherapie zeigen mit 47% einen mäßigen, aber signifikanten Überlebensvorteil gegenüber denjenigen mit oraler Erhaltungstherapie (31%; Berthold et al. 2005). Die verschiedenen Zytostatikakombinationen, die zu einer Hochdosistherapie genutzt wurden, konnten auch mit Hilfe des Sammelregisters der EBMT (European Group for Blood and Marrow Transplantation) verglichen werden. Busulfan und Melphalan zeigten die vielversprechendsten Ergebnisse und werden derzeit als Hochdosismedikament in einer europäischen Studie evaluiert (Ladenstein et al. 2004). Der Nutzen einer Ganzkörperbestrahlung oder auch einer Involved-field-Bestrahlung im Rahmen eines Hochdosiskonzeptes konnte nicht belegt werden. Die Toxizität der Bestrahlung in diesem Zusammenhang war besonders hoch, so dass die Hochdosistherapie aktuell auf Chemotherapiekomponenten beschränkt ist. Die Therapieletatität liegt heute generell unter 5%. Wegen des Nachweises von Tumorzellen auch im autolog gewonnenen Stammzellpräparat wurden verschiedene Reinigungsverfahren (»purging«) evaluiert. Methodisch lässt sich der Anteil von Tumorzellen im Stammzellprodukt mit Erfolg minimieren. Es konnte jedoch bisher in keiner Studie ein prognostischer Vorteil durch den Einsatz dieser Purging-Verfahren demonstriert werden (Garaventa et al. 1993). In den meisten Studien werden derzeit Stammzellen benutzt, die durch Anreicherung der CD34-positiven Progenitorzellen aufgereinigt sind. Die amerikanische Studiengruppe untersucht den Nutzen dieses Verfahrens prospektiv randomisiert. Der Einsatz allogener Stammzellen hat wegen der zusätzlichen Komplikationen durch Graft-versus-Host-Disease (GvHD) eher zu schlechterem ereignisfreiem Überleben für die Patienten geführt, so dass die allogene Transplantation derzeit für Neuroblastompatienten lediglich experimentellen Charakter hat. Es gibt bisher keinen Anhalt für einen Graft-versus-Neuroblastoma-Effekt.
30.4.4 Radiotherapie
Das Neuroblastom ist ein strahlensensibler Tumor, weil seine Zellen eine geringe Reparaturkapazität nach Strahlenschädigung aufweisen (Deacon et al. 1985). Dennoch konnte in allen bisherigen Studien kein Nutzen einer generellen lokalen Bestrahlung in einem Gesamtkonzept mit Chirurgie und Chemotherapie bewiesen werden, wie es für andere strahlenempfindliche Tumorkrankheiten möglich war. Radiotherapie kommt deshalb bei Patienten mit Neuroblastom nur unter bestimmten Bedingungen zum Einsatz.
777 30.6 · Palliativtherapie
Bei Kindern mit Stadium 4, die am Ende der Chemotherapie noch vitales Resttumorgewebe haben – kenntlich an aktiver Aufnahme von mIBG – wird eine Lokalbestrahlung von 36–40 Gy empfohlen. Interventionelle Radiotherapie ist indiziert bei Patienten mit Stadium 3 oder 4S, wenn durch Tumorwachstum eine Kompression des Rückenmarks oder durch massive Leberinfiltration bei Säuglingen mit Stadium 4S eine Ateminsuffizienz drohen. Alternativ sind in dieser Situation aber ebenfalls kombinierte Chemotherapie oder, besonders im Bereich des Rückenmarks, eine chirurgische Intervention erfolgreich. Schließlich ist die Strahlentherapie ein geeignetes Mittel bei Palliativpatienten, um schon mit geringen Dosen eine gute Symptomkontrolle zu erreichen.
30.4.5 MIBG-Therapie
Wie schon Kap. 30.3 (»Diagnostik«) erwähnt, ist Benzylguanidin eine Substanz, die in allen vom sympathischen Nervensystem abgeleiteten Tumoren gespeichert wird. Mit 131Iod gekoppelt kann es bei Patienten mit Neuroblastom für eine nuklearmedizinische Therapie genutzt werden, die ausgesprochen tumorselektiv ist. Leider erreicht man mit dieser Substanz auf Einzelzellniveau keine tumoriziden Strahlendosen. Deshalb ist die mIBG-Therapie am effektivsten bei makroskopischem Tumor, hingegen ungeeignet zur Kontrolle von minimaler Restkrankheit. mIBG ist in manchen palliativen Situationen eine nebenwirkungsarme, wirksame Therapieoption. Einzelne Untersucher setzen es auch im Rahmen von Hochdosiskonzepten oder als Monosubstanz zur primären Tumorverkleinerung vor Resektion des Primärtumors ein.
30.4.6 Retinoidtherapie
Der Einsatz von Retinol als Bestandteil von Therapiekonzepten ist begründet durch die Tatsache, dass Neuroblastomzellen in vitro unter Einwirkung von 13-cisund All-trans-Retinsäure eine verminderte Proliferation, eine Differenzierung, eine verminderte Expression von MYCN und eine verstärkte Expression von Retinsäurerezeptoren zeigen. Da Retinsäure oral applizierbar ist, wird diese Substanz derzeit zur Remissionserhaltung nach Abschluss der anderen Therapieverfahren eingesetzt. In einer randomisierten Studie der amerikanischen Studiengruppe CCSG konnte eine signifikante Lebensverlängerung mit diesem Konzept belegt werden (Matthay et al. 1999).
30.5
Nachsorge
Jedes Kind, das eine Neuroblastomerkrankung überlebt hat, bedarf bis zum Abschluss seiner körperlichen Entwicklung einer fachspezifischen Nachsorge. In den ersten 2–3 Jahren steht die Kontrolle der Remission im Vordergrund. Da die meisten Neuroblastome Katecholaminmetaboliten und neuronspezifische Enolase produzieren und die Mehrzahl der Primärtumoren überdies abdominell lokalisiert ist, lässt sich mit gründlicher Anamnese und klinischer Untersuchung sowie mit wenigen Blutentnahmen und einer Ultraschalluntersuchung des Bauches ein effektives Rezidivscreening etablieren. Im weiteren Verlauf der Nachsorge wird ein Rückfall zunehmend unwahrscheinlicher. Dann stehen Krankheits- oder Therapiefolgen für die Funktion der inneren Organe, Endokrinium, Wachstum und Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen im Vordergrund. Häufiger zu beobachten sind Nierenfunktionsstörungen (Platinverbindungen, Antibiotika) sowie Hörstörungen (Platinverbindungen).
30.6
Palliativtherapie
Bei Patienten mit ausgedehntem Neuroblastom werden, wie oben dargelegt, bereits in der Primärtherapie alle vertretbaren Möglichkeiten der Behandlung eingesetzt. So wundert es nicht, dass im Rezidivfall meist keine bisher ungenutzten Therapieoptionen mehr zur Verfügung stehen. Im Bereich der Chemotherapie kommen Substanzen wie Topotecan oder Cyclophosphamid in oraler Dosierung in Frage. Eine mIBG-Therapie ist je nach Lokalisation und Progredienz des Rezidivs immer erwägenswert. Dasselbe gilt für eine lokale Symptomkontrolle durch perkutane Strahlentherapie. Die Prognose eines ausgiebig vorbehandelten und dann rezidivierten Neuroblastoms ist nahezu infaust. Hier müssen auf den einzelnen Patienten adaptierte Prinzipien der Palliativtherapie und der Symptomkontrolle Anwendung finden. Wegen der biologischen Heterogenität der Krankheit von einem Patienten zum anderen kommt es in einzelnen Fällen auch nach einem Rezidiv zum Wachstumsstillstand oder zur Ausheilung des Tumors.
Literatur Ambros IM, Zellner A., Roald B et al. (1996) Role of ploidy, chromosome 1p, and Schwann cells in the maturation of neuroblastoma. N Engl J Med 334: 1505–1511 Ambros PF, Ambros IM (2001) Pathology and biology guidelines for resectable and unresectable neuroblastic tumors and bone marrow examination guidelines. Med Pediatr Oncol 37: 492–504
30
778
30
Kapitel 30 · Neuroblastom
Beckwith JB, Perrin EV (1963) In situ neuroblastomas: a contribution to the natural history of neural crest tumors. Am J Pathol 43:1089–1104 Bernard JL, Philip T, Zucker et al. (1987) Sequential cisplatin/VM-26 and vincristine/cyclophosphamide/doxorubicin in metastatic neuroblastoma: an effective alternating non-cross-resistant regmen? J Clin Oncol 5: 1952–1959 Berthold F, Hero B, Kremens B et al. (2003) Long-term results and risk profiles of patients in five consecutive trials (1979–1997) with stage 4 neuroblastoma over 1 year of age. Cancer Letters 197: 11–17 Berthold F, Boos J, Burdach S et al. (2005) Myeloablative megatherapy with autologous stem-cell rescue versus oral maintenance chemotherapy as consolidation treatment in patients with high-risk neuroblastoma: a randomised controlled trial. Cancet Oncol 6: 649–58 Brodeur GM, Seeger RC, Schwab M et al. (1984) Amplification of N-myc in untreated human neuroblastomas correlates with advanced disease stage. Science 224: 1121–1124 Brodeur GM (2003) Neuroblastoma: biological insights into a clinical enigma. Nature Rev 3: 203–216 Brodeur GM, Pritchard J, Berthold F (1993) Revisions of the international criteria for neuroblastoma diagnosis, staging, and response to treatment. J Clin Oncol 11: 1466–1477 Carli M, Green AA, Hayes FA et al. (1982) Therapeutic efficacy of single drugs for childhood neuroblastoma: a review. In: Raybaud E, Clément R, Lebreuil G et al. (eds) Pediatric oncology, pp 141–150. Excerpta Medica, Amsterdam Cecchetto G, Mosseri V, De Bernardi B et al. (2005) Surgical risk factors in primary surgery for localized neuroblastoma: the LNESG1 study of the European International Society of Pediatric Oncoloy Neuroblastoma Group. J Clin Oncol 20; 23: 8483–8439 Cheung NK, Heller G, Kushner BH, Burch L, O’Reilly RJ (1991) Stage IV neuroblastoma more than 1 year of age at diagnosis: major response to chemotherapy and survival durations correlated strongly with dose intensity. Prog Clin Biol Res 366: 567–573 Cheung NK, Kushner, BH, Cheung IY et al. (1998) Anti-G(D2) antibody treatment of minimal residual stage 4 neuroblastoma diagnosed at more than 1 year of age. J Clin Oncol 16: 3053–3060 Deacon JM, Wilson PA, Peckham MJ (1985) The radiobiology of human neuroblastoma. Radiother. Oncol 3: 201–209 Garaventa A, Ladenstein R, Chauvin F et al. (1993) High-dose chemotherapy with autologous bone marrow rescue in advanced stage IV neuroblastoma. Eur J Cancer 29A: 487–491 Hartmann O, Pinkerton CR, Philip T et al. (1988) Very-high-dose cisplatin and etoposide in children with untreated advanced neuroblastoma. J Clin Oncol 6: 44–50 Heller G, Cheung NK (1991) Dose-intensity analysis and randomized trials. J Clin Oncol 1991 Sep; 9 (9): 1715–1716 Kaatsch P, Spix C, Michaelis J (2000) 20 Jahre Deutsches Kinderkrebsregister; Jahresbericht 1999, S 50, Mainz Kushner BH, Cheung NK, La Quaglia MP et al. Survival from locally invasive or widespread neuroblastoma without cytotoxic therapy. J Clin Oncol. 1996; 14: 373–81 Ladenstein R, Poetschger U, Hartmann O et al. (2004) Megatherapy/ SCT activity in paediatric solid tumours in Europe. Bone Marrow Transplantation 33 (suppl 1): S46 Matthay KK, Villablanca JG, Seeger RC et al. (1999) Treatment of highrisk neuroblastoma with intensive chemotherapy, radiotherapy, autologous bone marrow transplantation, and 13-cis-retinoic acid. Children’s Cancer Group. N Engl J Med 341: 1165–1173 Nickerson HJ, Matthay KK, Seeger RC et al. (2000) Favorable biology and outcome of stage IV-S neuroblastoma with supportive care
or minimal therapy: a Children’s Cancer Group study. J Clin Oncol 18: 477–486 Park JR, Eggert A, Caron H (2008) Neuroblastoma: biology, prognosis and treatment. Pediatr Clin N Am 55: 97–120 Pinkerton CR, Pritchard J, De Kraker J et al. (1987) ENSG 1-Randomised study of high dose melphalan in neuroblastoma. In: Dicke KA, Spitzer G, Jagonnoth S (eds) Autologous bone marrow transplantation , pp401–405, University of Texas Press Pinkerton CR, Lewis IJ, Pearson AD et al. (1989) Carboplatin or cisplatin? Lancet 2: 161 Pinkerton CR, Zucker JM, Hartmann O et al. (1990) Short duration, high dose, alternating chemotherapy in metastasic neuroblastoma (ENSG 3C induction regimen). The European Neuroblastoma Study Group. Br J Cancer 62: 319–323 Seeger RC, Brodeur GM, Sather H et al. (1985) Association of multiple copies of the N-myc oncogene with rapid progression of neuroblastomas. N Engl J Med 313: 1111–1116 Shimada H, Ambros IM, Dehner LP et al. (1999) The international neuroblastoma pathology classification (the Shimada system). Cancer 86: 364–372
31 Nephroblastom B. Kremens
31.1
Epidemiologie, Ätiologie – 779
31.2
Onkologische Kennzeichen – 780
31.3
Diagnostik – 784
31.4
Therapie
31.5
Therapiefolgen und Nachsorge – 787
31.6
Histologisch ungewöhnliche Nierentumoren bei Kindern – 787
– 785
Wenige bösartige Erkrankungen bei Kindern sind so gut untersucht und können heute mit soviel Erfolg behandelt werden wie das Nephroblastom bzw. der Wilms-Tumor, der 1899 von dem Chirurgen Max Wilms in dem 90-seitigen Werk »Die Mischgeschwülste der Niere« ausführlich beschrieben wurde. Zunächst wurde es durch Verbesserung von operativen und perioperativen Verfahren einschließlich Anästhesie möglich, auch bei kleinen Kindern Nieren mit riesigen Tumoren erfolgreich zu entfernen. Eine postoperative lokale Radiotherapie verbesserte die Ergebnisse weiter und markiert den Beginn der heute üblichen interdisziplinären Therapie kindlicher Krebserkrankungen. Schließlich gelang es durch Hinzufügen der Chemotherapie, auch die hämatogene Metastasierung erfolgreich zu kontrollieren. Im Ergebnis sind Kinder mit Nephroblastom heute heilbar in einem Prozentsatz von 80–100%, abhängig von Stadium, Histologie und Tumorvolumen.
31.1
Epidemiologie, Ätiologie
31.1.1 Epidemiologie
Die Inzidenz des Wilms-Tumors beträgt 0,7/100.000 Kinder unter 15 Jahren. Das bedeutet für die Bundesrepublik
Deutschland jährlich ca. 100 Neuerkrankungen. Mit 6% aller kindlichen Malignome stellen die Nephroblastome den häufigsten Nierentumor des Kindesalters dar. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr, mit leichter Mädchenwendigkeit. Erwachsene sind nur in Ausnahmefällen betroffen. Rechte und linke Niere sind zu gleichen Anteilen befallen. 5% aller Nephroblastome treten bilateral auf (Kaatsch et al. 2005).
31.1.2 Ätiologie, Risikofaktoren
Miller et al. beschrieben 1964 die Assoziation zwischen Wilms-Tumor und Aniridie. Seitdem sind weitere Assoziationen von Nephroblastom mit unterschiedlichen Fehlbildungen benannt worden: Hemihypertrophie, urogentiale Fehlbildungen wie Kryptorchismus, Hypospadie, Pseudohermaphroditismus und Gonadendysgenesie. Kinder mit diesen Anomalien sollen deshalb regelmäßig sonographisch auf das Vorhandensein eines Nephroblastoms gescreent werden. Syndrome mit häufiger Beteiligung von Nephroblastomen sind:
WAGR-Syndrom (Wilms-Tumor, Aniridie, urogenitale Missbildung, geistige Retardierung),
Beckwith-Wiedemann-Syndrom (Hemiphypertrophie, Omphalocele, Makroglossie),
780
Kapitel 31 · Nephroblastom
Tab. 31.1. Häufigkeit von Syndromen mit Beiteiligung von Nephroblastomen Syndrom
Häufigkeit (%)
Syndrome/Anomalien mit vermehrtem Wachstum − Beckwith-Wiedemann-Syndrom (BWS)
1,00
− Isolierte Hemihypertrophie
3,13
− Perlman-Syndrom
<1,00
− Simpson-Golabi-Behmel-Syndrom
<1,00
− Sotos-Syndrom
<1,00
Syndrome/Anomalien ohne Wachstumsstörungen
31
− WAGR-Syndrom
<1,00
− Augenmissbildungen
2,17
− Isolierte Aniridie
<1,00 (Daten der NWTS)
− Denys-Drash-Syndrom (DDS)
<1,00
− Urogenitale Missbildungen
4,41
− ZNS-Missbildungen
1,66
− Bloom-Syndrom
<1,00
− Trisomie 18
<1,00
− M. Recklinghausen
<1,00
− Familiärer Wilms-Tumor
1,00
Denys-Drash-Syndrom (Pseudohermaphroditismus, Glomerulopathie und Nephroblastom),
Spearlman-Syndrom (Makrozephalus, tiefsitzende Augen und Ohren, Makrosomie und Organomegalie) und die Neurofibromatose Typ I. Einen Überblick geben Tab. 31.1 und 31.2. Umweltfaktoren als Auslöser für Nephroblastome sind nicht bekannt.
31.2
Onkologische Kennzeichen
31.2.1 Histologie
Das Nephroblastom ist mesodermalen Ursprungs und entwickelt sich in der embryonalen Niere. Dies führt zu einer Vielfalt von Differenzierungen. Das klassische Nephroblastom ist ein Mischtyp, der aus einer blastemischen, einer epithelialen und einer mesenchymalen Komponente besteht. Man findet in ihm Rosetten, Tubuli und pseudoglomeruläre Strukturen. In den Stromaanteilen ist nicht selten eine Differenzierung in quergestreifte Muskulatur, Knorpel oder Knochen sowie Fett oder neurale Elemente zu erkennen. Die pathohistologische Klassifikation erfolgt heute im Rahmen der International Society of Paediatric Oncology (SIOP) nach der StockholmWorking-Klassifikation von 2002 ( Tab. 31.3; Vujanic et al. 2002).
Tab. 31.2. Leitsymptome der Syndrome mit häufiger Beteiligung von Nephroblastomen
a
Syndrom
Leitsymptome
WAGR-Syndrom (Deletion WT1)
Wilms-Tumor, Aniridie, urogenitale Missbildungen, Retardierung m OMIM #194072a
Denys-Drash-Syndrom (autosomal dominant, Punktmutation WT1)
Wilms-Tumor (meist bilateral) nephrotisches Syndrom, Niereninsuffizienz vor dem 3. Lebensjahr, männlicher Pseudohermaphroditismus, Gonadoblastome m OMIM #194080
Perlmann-Syndrom (autosomal rezessiv)
Wilms-Tumor, Nephroblastomatose, bilaterale renale Hamartome, Makrosomie, Mikrognathie, Langerhans-Zellhyperplasie (Hyperinsulinismus), Hydrops fetalis, Agenesie des Corpus callosum, unterbrochener Aortenbogen m OMIM #267000
Wiedemann-Beckwith-Syndrom (autosomal dominant, imprinting 11p15.5)
Wilms-Tumor, Hepatoblastom, Gonadoblastom, Hemihypertrophie, Makroglossie, Omphalozele, neonatale Hypoglykämie, Kardiomyopathie m OMIM #130650
Simpson-Golabi-Behmel-Syndrom
Wilms-Tumor, Nierenzysten, Makrosomie, Makrozephalus, Hydrozephalus, Makroglossie, Hypertelorismus, präaurikuläre Anhängsel, Herzfehler, Zwerchfellhernie, Polysplenie, Skelettfehlbildungen m OMIM # 312870
OMIM: http:// www3.ncbi.nlm.nih.gov/Omim/
781 31.2 · Onkologische Kennzeichen
Tab. 31.3. SIOP-Klassifikation kindlicher Nierentumoren Malignitätsgrad
Kriterien
I. Nephroblastom – niedriger Malignitätsgrad (günstige Histologie)
− Zystisches, partiell differenziertes Nephroblastom CPDN − komplett nekrotisches Nephroblastom (nach präoperativer Chemotherapie) − mesoblastisches Nephroma
II. Nephroblastom – intermediärer Malignitätsgrad (Standardhistologie)
− − − −
III. Nephroblastom – hoher Malignitätsgrad (ungünstige Histologie)
− Nephroblastom mit diffuser Anaplasie − blastemreiches Nephroblastom − Klarzellensarkoma − Rhabdoidtumor der Nierea
IV. Andere Tumoren oder Läsionen
− − − − −
Epithelreiches Nephroblastom stromareiches Nephroblastom Mischtyp des Nephroblastoms regressives Nephroblastom (postchemotherapeutische Veränderungen − Nephroblastom mit fokaler Anaplasie
Abb. 31.1. Rupturrate und postoperative Stadienverteilung im Verlauf der SIOP-Studien. (Nach Graf et al. 2000; aus Gadner et al. 2006)
31.2.2 Stadieneinteilung
therapie deutlich ab, die Anzahl der Tumoren mit Anaplasie nimmt leicht zu. Einige Tumoren sind nach 4 Wochen präoperativer Chemotherapie komplett nekrotisch, 25% zeigen ausgeprägte regressive Veränderungen, enthalten aber noch Areale von vitalem Nephroblastomgewebe. Entscheidend für die Stadieneinteilung ist eine genaue Beschreibung der Ausdehnung des Tumors. Hier müssen Operateur und Pathologe eng zusammenarbeiten. Von gleichgroßer Bedeutung ist eine sorgfältige Präparation und Histologie der abdominellen Lymphknoten.
Im Stadium I ist der Tumor auf die Niere beschränkt und kann vollständig entfernt werden.
Ein Stadium-II-Tumor hat die Gerota-Kapsel überschritten, kann aber dennoch vollständig entfernt werden.
Stadium III bezeichnet eine unvollständige Tumorentfernung oder lokale Lymphknotenmetastasen.
Stadium IV ist gekennzeichnet durch hämatogene Fernmetastasen, insbesondere in Lunge, Leber, Knochen oder Gehirn.
Ein bilaterales Nephroblastom wird als Stadium V bezeichnet.
Auf der Basis von Histologie und anderen prognostischen Faktoren können Nephroblastome in unterschiedliche Risikogruppen unterteilt werden. Die Klassifikation der SIOP (europäische kinderonkologische Fachgesellschaft) beruht auf einer Histologie nach präoperativer Chemotherapie und wird in Europa benutzt. Die amerikanische National Wilms Tumor Study (NWTS) sieht eine primäre Operation vor. Die in Europa übliche präoperative Chemotherapie verändert die Verteilung der histologischen Subtypen: Der blastemreiche Subtyp nimmt nach präoperativer Chemo-
Ein chirurgisches Problem besteht in der besonderen Tendenz von Wilms-Tumoren, während der Operation zu rupturieren. Da die Tumorzellen infolge ihrer unterschiedlichen Histogenese sowohl retroperitoneal als auch intraperitoneal gut überleben und anwachsen können, führt eine intraoperative Tumorruptur definitionsgemäß zu einer Klassifikation in das Stadium III mit entsprechend intensiver Chemotherapie und ausgedehnter Radiotherapie. Ein Erfolg der in Europa üblichen präoperativen Chemotherapie besteht in der Senkung der Rate von intraoperativen Tumorrupturen ( Abb. 31.1).
− −
− − − − − V. Addendum
a
Benigne Tumoren zystisches Nephrom Adenome maligne Tumoren Nierenzellkarzinom (alle Varianten) »transitional cell carcinoma« neuroepitheliale Tumoren (renales Neuroblastom, renaler PNET, renales Karzinoid verschiedene Sarkome renales Lymphom Angiomyolipom andere Tumoren und Läsionen Metastasen von anderen Lokalisationen
− Vorhandensein oder Fehlen von nephrogenen Resten muss immer beachtet werden
Kein eigentliches Nephroblastom.
31
782
Kapitel 31 · Nephroblastom
31.2.3 Etablierte prognostische Faktoren
Außer der Histologie und dem Ausbreitungsstadium ist das Volumen des Tumors nach präoperativer Chemotherapie prognostisch relevant (Graf u. Reinhard 2003). Patienten mit einem Tumorvolumen von <500 ml haben eine ereignisfreie Überlebensrate von 93%, solche mit größeren Tumoren überleben zu 70% ( Abb. 31.2). Schließlich hat auch das Ansprechen des Tumors auf die präoperative Chemotherapie prognostische Relevanz (Graf et al. 2000).
31.2.4 Molekularbiologische Veränderungen
und ihre prognostische Aussagekraft Nephroblastomatose
31
Mit dem Begriff Nephromatose beschrieben Hou u. Holman (1961) eine bilaterale Nephromegalie bei einem Frühgeborenen, bei der die Nierenform erhalten, das embryonale Parenchym aber diffus verändert war, so dass es der Histologie bei Wilms-Tumoren glich. Solch abnormales embryonales Nierengewebe kann jedoch auch fokal persistieren und wird dann meist als »nephrogene Reste« bezeichnet. Beckwith et al. (1990) haben entsprechend dieser Lokalisation folgende Formen der Nephroblastomatose unterteilt:
perilobäre Nephroblastomatose,
intralobäre Nephroblastomatose,
gemischt peri- und intralobäre Nephroblastomatose,
panlobäre Nephroblastomatose (Beckwith et al. 1995).
Abb. 31.2. Prognose von Patienten mit einem unilateralen, nicht metastasierten Nephroblastom in Abhängigkeit vom präoperativen Tumorvolumen, die entsprechend der SIOP-93-01/GPOH-Studie behandelt wurden (n=407; November 2003). (Aus Gadner et al. 2006)
blastome haben einen euploiden Chromosomensatz. Die Häufigkeit des Verlustes von Heterozygotie (»loss of heterozygtosity«; LOH) ist mit unter 5% sehr niedrig (Huff 1998). Da exogene Faktoren, die einen Wilms-Tumor auslösen könnten, nicht bekannt sind, muss ein komplexes Zusammenwirken genetischer Veränderungen als Ursache für die Tumorentstehung angenommen werden. Interessanterweise korreliert die Expression des NeurotrophinRezeptors TrkB auf Wilms-Tumorzellen mit einer schlechteren Prognose für den Patienten (Eggert et al. 2001).
WT1-Gen Trotz der histologischen Ähnlichkeit zum Wilms-Tumor hat die Nephroblastomatose aber keine invasive oder metastatische Tendenz. Es muss sich gleichwohl um prämalignes Gewebe handeln, denn man findet eine der Formen von Nephroblastomatose bei 40% aller Kinder mit einem Wilms-Tumor, im Gegensatz zu nur 0,6% in kindlichen Autopsien unabhängig von Wilms-Tumoren. Daher könnte die Nephroblastomatose die erste Mutation im Two-hit-Modell der Entstehung von Wilms-Tumoren darstellen. So sind bei ihr Deletionen von Chromosom 11p wie auch epigenetische Mutationen im Bereich 11p15.5 gefunden worden, beides Bereiche, auf denen pathogenetisch relevante Gene kodieren (s. unten).
Molekularbiologie des Nephroblastoms Das Nephroblastom ist ein genetisch sehr heterogener Tumor. Seine Entstehung kann deshalb, anders als die des Retinoblastoms, nicht durch das Two-hit-Modell der Tumorgenese beschrieben werden. Die meisten Nephro-
Patienten mit dem relativ seltenen WAGR-Syndrom haben urogenitale Missbildungen, Aniridie, geistige Retardierung und Wilms-Tumoren. In den Nephroblastomen dieser Patienten wurde eine zytogenetische Deletion der Bande 11p13 identifiziert. Diese Ergebnisse initiierten weitere Analysen, die letztlich zur Isolierung des WT1Gens auf dem kurzen Arm von Chromosom 11, Bande p13, führte (Gessler et al. 1989). WT1 kodiert für einen Transskriptionsfaktor und funktioniert als Tumorsupressorgen. Es steuert mehrere für das Zellwachstum kritische Gene: »insulin-like growth factor 2« (IGF2), »plateletderived growth factor A« (PDGFA), »epidermal growth factor receptor« (EGFR) und »retinoic acid receptor α« (RAR α; Madden et al. 1991; Scharnhorst et al. 2001). Durch unterschiedliche Splicingprozesse entstehen verschiedene Isoformen des Wilms-Tumorproteins, die auch unterschiedliche Funktionen haben. Eine bestimmte WT1-Splicemutation führt z. B. zum sog. Fraser-Syndrom (Klamt et al. 1998). Die betroffenen Patienten fallen auf durch männlichen Pseudohermaphroditismus und eine
783 31.2 · Onkologische Kennzeichen
fortschreitende fokal-segmentale Glomerulosklerose mit Nierenversagen in der Adoleszenz. Sie entwickeln häufig ein Gonadoblastom, aber kein Nephroblastom. Diese Mutation des WT1-Genprodukts führt also sowohl zu einer Störung in der Entwicklung des Urogenitalsystems als auch zur Tumorentstehung, allerdings nur der Gonaden, nicht der Nieren. Keimbahnmutationen im WT1-Gen führen wegen der Rolle seines Genprodukts in der urogenitalen Entwicklung oft zu urogenitalen Missbildungen beim Patienten wie beim WAGR-Syndrom und beim Denys-Drash-Syndrom. Beim WAGR-Syndrom findet man eine Deletion von 11p13 in allen Körperzellen, die sowohl das WT1Gen als auch das Pax-6-Gen (Aniridie) betreffen. Ursache des Denys-Drash-Syndroms ist eine Punktmutation im WT1-Gen (Pelletier et al. 1991; Tab. 31.1 und 31.2). 5% aller Patienten mit Keimbahnmutationen haben keine kongenitalen Anomalien. Bei ihnen treten aber bilaterale Tumoren häufiger auf. Typisch für unilaterale Tumoren sind hingegen nicht Keimbahnmutationen, sondern somatische Mutationen. In dieser Situation müssen beide Allele des WT1-Gens betroffen sein, damit sich ein Tumor entwickelt. Dieser Befund trifft allerdings nur für 10–30% aller WilmsTumoren zu. Folglich muss die Funktion des WT1Genproduktes nicht nur durch direkte Veränderungen im Bereich 11p13 beeinträchtigt werden, sondern auch durch Alterationen im Bereich ganz anderer Gene, die dadurch zusätzlich an der Nephroblastomentstehung beteiligt sind. Im Übrigen sind WT1-Mutationen nicht nur bei Nephroblastomen, sondern auch bei anderen Tumoren wie Mammakarzinomen oder Leukämien beobachtet worden.
Mutationen außerhalb von 11p13 Die Assoziation des Beckwith-Wiedemann-Syndroms (Hepatoblastom, Gonadoblastom, Hemihypertrophie, Makroglossie, Omphalozele) mit dem Wilms-Tumor führte zur Identifizierung eines zweiten Gens, das für die Entwicklung von Nephroblastomen eine Rolle spielt: WT2-Gen im Bereich 11p15.5. In einer Reihe von WilmsTumoren wurde sowohl eine konstitutionelle Deletion im 11p13 wie auch eine LOH im Bereich 11p15.5 beschrieben, so dass beide Gene WT1 und WT2 bei der Tumorgenese zusammenspielen können. In der Region p15.5 von Chromosom 11 liegen mehrere Gene, deren Expression durch Imprinting gesteuert wird. Imprinting bedeutet, dass immer nur eines der beiden Allele aktiv ist und dass die Herkunft des Allels vom Vater oder von der Mutter bestimmt, welches Allel aktiv ist. Auf 11p15.5 liegen zwei Gene mit wachstumshemmender Funktion, CDKN1C und H19, bei denen meist
das mütterliche Gen exprimiert wird, sowie ein Gen mit wachstumsfördernder Funktion (IGF2), von dem meist das väterliche Allel aktiviert ist. Beim Beckwith-Wiedemann-Syndrom, das u. a. durch vermehrtes Wachstum normalen Körpergewebes gekennzeichnet ist, wurde eine väterliche uniparentale Disomie im Bereich 11p15.5 als Keimbahnmutation gefunden. Nach dem oben Gesagten ist hier das wachstumsfördernde väterliche IGF2 exprimiert, hingegen die von der Mutter ererbten wachstumsbremsenden Gene nicht. Diese Konstellation ist gut vereinbar mit einem Syndrom von überschießendem benignem wie malignem Wachstum in verschiedensten Körpergeweben (Li et al. 1998; Maher u. Reitz 2000; Weksberg et al. 2003). Bei 20% der Wilms-Tumoren findet sich ein LOH von Chromosom 16q, ein Befund, der mit einer ungünstigen Prognose korreliert ist. Hieraus wird auf ein drittes Wilms-Tumorgen (WT3) geschlossen (Maw et al. 1992). Auch LOH im Bereich 11q und 22q ist mit anaplastischer Histologie und schlechter Prognose assoziiert. Schließlich führte der Nachweis von Veränderungen am Chromosom 17p bei Nephroblastomen zur Beschreibung von p53-Mutationen. Ein weiteres Wilms-Tumorkandidatengen wird auf Chromosom 7 im Bereich p15 bis p11.2. vermutet.
Familiäres Nephroblastom Bei etwa 1% aller Kinder mit Wilms-Tumoren findet sich eine familiäre Häufung, die einem autosomal dominanten Erbmuster mit unterschiedlicher Penetranz folgt. Diese Kinder haben typischerweise bilaterale Tumoren. Unilaterale Tumoren sind meist nicht erblich. Die Kopplungsanalysen bei solchen familiären Tumoren haben weder eine Beziehung mit 11p13 noch eine mit 11p15.5 ergeben (Huff et al. 1988). Deshalb wurde für die familiäre Form des Wilms-Tumors ein weiteres Gen postuliert (FWT1 oder WT4). Ein Kandidatengen wurde auf Chromosom 17 im Bereich q12 bis q21 lokalisiert (Rahman et al. 1998). Linkageanalysen in anderen betroffenen Familien förderten ein weiteres Wilms-Tumorkandidatengen (FWT2) auf Chromosom 19q13 zutage (McDonald et al. 1998). So heterogen der Wilms-Tumor histologisch ist und so unterschiedlich die Syndrome, mit denen er assoziiert sein kann, so vielfältig sind auch die genetischen Veränderungen, die bei solchen Tumoren gefunden werden. Es besteht noch keine abschließende Klarheit darüber, auf welchem Wege bestimmte genetische Veränderungen zu den verschiedenen Subtypen des Wilms-Tumors führen. Die Erforschung dieser Zusammenhänge hat viel zum Verständnis der Organogenese und der zellulären Differenzierung der Niere beigetragen (Riviera u. Hober 2005).
31
784
Kapitel 31 · Nephroblastom
31.3
Diagnostik
Das häufigste Erstsymptom eines Wilms-Tumors ist ein asymptomatischer tastbarer und sichtbarer Bauchtumor. Bauchschmerzen oder eine Hämaturie – klassisches Erstsymptom von Nierenkarzinomen – sind beim Nephroblastom selten. Auch ein arterieller Hypertonus ist nur als Ausnahme beim Nephroblastom zu finden. Etwa 10% der Wilms-Tumoren werden im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen entdeckt, meist bei U3 oder U4 (Gutjahr et al. 1990).
31.3.1 Bildgebung
Die wichtigsten Säulen der Diagnostik beim Wilms-Tumor sind neben der klinischen Untersuchung Sonographie und Schnittbildverfahren, vorzugsweise MRT nativ und mit intravenösem Kontrastmittel (Babyn et al. 1995). Beim Konzept der präoperativen Chemotherapie muss die Bildgebung zu einer besonders zuverlässigen Diagnose führen, die zunächst ohne Histologie auskommen muss. Das typische Nephroblastom ist in der Bildgebung ein solider inhomogener Tumor, der zystische und dichtege-
minderte Areale enthält. Er ist glatt und scharf begrenzt. Das umgebende Gewebe wird nicht infiltriert, sondern verdrängt. Typisch ist die Destruktion, Spreizung und Verdrängung der Kelche und des Nierenbeckens. Nach intravenöser Kontrastmittelgabe steigt die Inhomogenität im Tumor an. Einblutungen finden sich bei etwa 1/4 der Tumoren, Verkalkungen hingegen nur sehr selten (Rieden et al. 1993). Abb. 31.3 zeigt einen Wilms-Tumor mit allen 3 Bildgebungsarten vor bzw. nach präoperativer Chemotherapie. In der Bildgebung vom Wilms-Tumor abgrenzen muss man die Nephroblastomatose, eine bi- oder unilaterale, meist symmetrische Nephromegalie mit unscharf begrenzten, nicht runden Tumorknoten, die auch im Ultraschallbild gut darstellbar sind. Das Nierenbeckenkelchsystem ist meist nach medial verdrängt, aber nicht obstruiert. Im CT zeigt sich eine homogene Nephromegalie ohne Enhancement nach Kontrastmittelgabe. Vom Nephroblastom differenzialdiagnostisch unterschieden werden müssen weiterhin folgende Erkrankungen: Neuroblastom, Lymphom der Niere, Nierenzellkarzinom, Nephroblastomatose, Rhabdoidtumor, Teratom, Ganglioneurom, zystisches Nephrom, Hamartom, Nierenzysten, Hämatom der Niere, Nierenabszess, xan-
31 CT
MRI
nach 4 Wochen Chemotherapie
Bei Diagnose
US
Abb. 31.3. Tumorvolumenabnahme bei einem Patienten mit einem unilateralen Nephroblastom, der entsprechend der SIOP-93-01/GPOHStudie für 4 Wochen präoperativ mit Vincristin und Actinomycin D behandelt wurde. (Aus Gadner et al. 2006)
785 31.4 · Therapie
thogranulomatöse Pyelonephritis, Angiomyolipom und Adenom. Nach Organfehlbildungen und Anomalien im Rahmen der oben genannten Assoziationen und Syndrome muss im Rahmen der Diagnostik gezielt gesucht werden ( Tab. 31.1 und 31.2). Eine Nephromegalie des gesamten Organs beim Säugling erfordert ebenfalls eine ausführliche bildgebende Diagnostik. Neben der Nephroblastomatose können polyzystische Nierendysplasien, bilaterale Hydronephrosen, Lymphome und Leukämien, kongenitales mesoblastisches Nephrom und bilaterale Wilms-Tumoren ursächlich sein. Eine histologische Klärung ist hier in vielen Fällen der einzige Weg zur richtigen Diagnose.
31.3.2 Ausbreitungsdiagnostik
Nephroblastome metastasieren zum einen lymphogen. Deshalb müssen die ipsi- und kontralateralen Lymphknoten sowohl in der Bildgebung dargestellt als auch bei der Operation biopsiert und histologisch untersucht werden. Hämatogene Metastasierung führt zu Lungenmetastasen, Lebermetastasen und seltener Skelettmetastasen (letztere typischerweise beim Klarzellsarkom, das in jedem Falle eine Skelettszintigraphie zum Staging erfordert). Bei Patienten mit Klarzellsarkom und mit Rhabdoidtumor wird zudem eine erhöhte Rate an Hirnmetastasen beobachtet, so dass auch eine Bildgebung des ZNS notwendig ist. Große Primärtumoren führen zuweilen zu einem Tumorthrombus in der ipsilateralen Nierenvene, der sich appositionell bis in die V. cava oder sogar bis in den rechten Vorhof ausdehnen kann. Existenz und Ausdehnung eines solchen Tumorthrombus sind unbedingt zu dokumentieren. Diese Thromben lassen sich so gut wie immer leicht aus dem befallenen Gefäß ausschälen. Bei Ausdehnung bis zum rechten Vorhof kann jedoch dafür eine Zweihöhlenoperation erforderlich sein, die von vornherein als solche geplant sein sollte.
31.4
beim operativen Staging ( Abb. 31.2). Beides reduziert deutlich die notwendige Therapie für die betroffenen Patienten, insbesondere auch die Notwendigkeit einer postoperativen Bestrahlung (Graf et al. 2000; Neville u. Ritchey 2000).
Chirurgische Therapie Ein Nephroblastom wird so gut wie immer elektiv operiert; Komplikationen sind selten (Ritchey et al. 1992; Roth et al. 1996). Nur nach traumatischer oder spontaner Tumorruptur ergibt sich wegen der Gefahr einer intraabdominellen Blutung ein Notfalleingriff. Nicht selten gestaltet sich die Nephrektomie eines in der Bildgebung gut resektabel erscheinenden Tumors technisch unerwartet schwierig. Deshalb sollte nur ein erfahrenes Team von Chirurgen und Anästhesisten einen solchen Eingriff durchführen. Ziel der Operation ist die onkologisch radikale Entfernung des Tumors sowie die Dokumentation der Tumorausbreitung. Ein Wilms-Tumor sollte immer in toto entfernt, niemals punktiert oder biopsiert werden. Grund hierfür ist die Gefahr einer peritonealen oder retroperitonealen Aussaat durch Verschleppung von Tumorzellen bei einer Biopsie oder Ruptur, die ein höheres Stadium mit intensiverer Chemotherapie und vor allem zusätzlicher Bestrahlung nach sich zieht (Ehrlich 2007). Ausnahmen davon sind nur bei sicher inoperablen Tumoren zu erwägen, selbstverständlich auch bei bilateralen Tumoren oder bei Tumoren in einer Hufeisenniere, weil in diesen Fällen eine radikale Nephrektomie zu einem nierenlosen Zustand führen würde. Etwa die Hälfte der renalen Tumoren von Säuglingen und fast 90% der Nephroblastome von Neugeborenen sind kongenitale mesoblastische Nephrome, also Tumoren mit niedriger Malignität. Diese Tumoren zeigen ein für Nephroblastome ungewöhnliches Wachstumsmuster mit feinen, fingerförmigen Ausläufern in das angrenzende renale Fettgewebe. Deswegen ist bei solchen Patienten besonders sorgfältig darauf zu achten, dass die komplette Nierenfettkapsel mit ausreichendem Sicherheitsabstand reseziert wird.
Therapie
31.4.1 Therapiekonzepte
Strahlentherapie
Es gibt 2 initial unterschiedliche Ansätze: das primär operative Vorgehen (amerikanische NWTS) und ein Ansatz mit präoperativer Chemotherapie (europäische SIOP/GPOH). Die präoperative Chemotherapie reduziert die Zahl von intraoperativen Tumorrupturen und erhöht den Anteil von Patienten mit lokalem Stadium I
Nephroblastome sind ausgesprochen strahlenempfindlich. Wegen der Nebenwirkungen einer lokalen Strahlentherapie ist diese Therapieform heute jedoch von einer effizienten Chemotherapie weitgehend ersetzt worden. Die Strahlentherapie ist beschränkt auf lokale Risikosituationen, auf die Behandlung von Lungenmetastasen und auf Patienten mit Stadium III bei intermediär mali-
31
786
Kapitel 31 · Nephroblastom
gner Histologie sowie solche mit Stadium II und III bei hochmaligner Histologie. Im Stadium IV und V wird die Strahlentherapie mit Operation und Chemotherapie in ein individuell sinnvolles Gesamtkonzept integriert (Graf u. Reinhard 2003). Die applizierten Dosen liegen zwischen 15 und 30 Gy. Bestrahlt wird in der Regel das Tumorbett in seiner Ausdehnung bei Behandlungsbeginn inklusive eines Sicherheitssaums. Bei makroskopischen Resten kann die Dosis um bis zu 15 Gy auf das verbliebene Tumorareal erhöht werden. Bei diffuser peritonealer Aussaat oder nach ausgeprägter Tumorruptur ist eine Ganzabdomenbestrahlung (»abdominelles Bad«) erforderlich, bei der die Dosis für Leber, die gesunde Niere und das gesamte Darmkonvolut beschränkt werden muss. Lungenmetastasen müssen nur dann bestrahlt werden, wenn sie unter der Chemotherapie nicht verschwinden. Hinweis
I
I
Bei der Bestrahlungsplanung muss man darauf achten, dass bei Dosen über 15 Gy die mitbestrahlten Anteile der Wirbelsäule immer in ihrer ganzen Breite in das Strahlenfeld einbezogen werden. Teilbestrahlungen von Wirbelkörpern haben in der Vergangenheit zu inhomogenem Wachstum mit konsekutiver Skoliose geführt.
31 Chemotherapie Präoperative Therapie Wie bereits erwähnt, wird in den europäischen SIOPStudien nach Diagnostik durch Bildgebung grundsätzlich eine präoperative Chemotherapie durchgeführt. Sie besteht aus den Medikamenten Vincristin und Actinomycin D sowie beim primär metastasierten Nephroblastom auch Anthracyclin. Sie dauert 4 bzw. 6 Wochen bei initialen Metastasen. Der Anteil von Patienten mit einem lokalen Stadium I wird dadurch auf 60% gesteigert, die Rate operativ bedingter Tumorrupturen von 20 auf weniger als 5% reduziert. Säuglinge unter 6 Monaten und Jugendliche über 16 Jahren werden primär operiert, da in diesen Altersgruppen andere Nierentumoren als Nephroblastome, nämlich kongenitale nephroblastische Nephrome bei den kleinen und Nierenzellkarzinome bei den großen Patienten, häufiger auftreten.
Postoperative Therapie Die Behandlung nach der Resektion des Primärtumors richtet sich nach dem lokalen Stadium und dem histologischen Subtyp, ergänzt durch den Response auf die
präoperative Chemotherapie, gemessen an der Reduktion des Tumorvolumens. Bei den intermediär malignen Nephroblastomen (Standardhistologie) kommt in den Stadien II und III eine 3-Mittel-Therapie mit Vincristin, Actinomycin D und Adriamycin über 6 Monate zum Einsatz. Bei Nonrespondern oder Patienten mit Stadium IV wird die Chemotherapie durch weitere Medikamente, nämlich Etoposid, Cyclophosphamid und Carboplatin, intensiviert. Die rezidivfreie Überlebensrate nach dieser Behandlung liegt bei 90% (Graf et al. 2000). Hochmaligne Nephroblastome (ungünstige Histologie) machen etwa 10% der Nephroblastome aus und haben nach Behandlung mit Vincristin, Actinomycin D, Anthracyclin und Ifosfamid nach 2 Jahren eine Überlebenswahrscheinlichkeit von unter 50%. Deswegen werden für die Behandlung dieser Patienten bevorzugt Etoposid und Carboplatin eingesetzt. Dasselbe gilt für Patienten mit Nonresponse und Rezidiv.
31.4.2 Therapie der Nephroblastomatose
Für die Behandlung der Nephroblastomatose gibt es noch keinen allgemein anerkannten Standard. Zunächst muss die Diagnose operativ gesichert werden. Eine initiale totale Nephrektomie ist nicht indiziert. Die postoperative Behandlung orientiert sich an der des Wilms-Tumors und besteht in einer protrahierten Chemotherapie mit Vincristin und Actinomycin D (Stone et al. 1990). Auf eine Strahlenbehandlung kann in der Regel verzichtet werden. Engmaschige sonographische Kontrollen der Nieren sind notwendig, um die Entwicklung eines echten Nephroblastoms rechtzeitig zu erkennen.
31.4.3 Therapie bilateraler Nephroblastome
Hier ist das therapeutische Ziel, zunächst soviel Nierengewebe wie möglich zu erhalten. Deshalb ist eine präoperative Chemotherapie immer angebracht. Sie wird individualisiert durchgeführt und sollte solange erfolgen, bis eine nierenerhaltende Operation möglich erscheint. Postoperativ richtet sich die Behandlung nach lokalem Stadium und Histologie, wie beim unilateralen Nephroblastom. Solchermaßen behandelte Patienten haben eine Überlebensrate von 70% nach 10 Jahren. Allerdings sind Nierenfunktionsstörungen, die bis zur Niereninsuffizienz führen können, als Spätfolge möglich. Hierfür ist wahrscheinlich eine Hyperfiltration des verbliebenen Restnierenparenchyms verantwortlich.
787 31.6 · Histologisch ungewöhnliche Nierentumoren bei Kindern
31.4.4 Nephroblastome mit extrarenaler
Lokalisation oder in einer Hufeisenniere Extrarenale Wilms-Tumoren treten in weniger als 1% der Fälle auf. Diese Diagnose stellt nach primärer Operation histopathologisch einen Überraschungsbefund dar. Postoperative Therapie und Prognose gleichen derjenigen für primär operierte Nephroblastome der Niere. Wird ein Nephroblastom in einer Hufeisenniere diagnostiziert, orientiert sich das operative Management an den Richtlinien für bilaterale Tumoren. Postoperative Therapie und Prognose sind danach genauso wie bei einem unilateralen Nephroblastom.
ben besonders auffällig. Kyphoskoliosen, Hypertrophien im Bereich von Wirbelsäule, Becken, Rippen oder Weichteilgeweben in der Flanke sollten erkannt und nach Möglichkeit rechtzeitig angegangen werden, soweit dies möglich ist. Spätfolgen am Herzen durch die Anthracycline oder durch Ifosfamid und Carboplatin an der residuellen Niere sind möglich. 80% der Patienten entwickeln nach unilateraler Nephrektomie im späteren Leben eine Mikroalgomenorie (Srinivas et al. 1998). Ein gehäuftes Auftreten von Zweitmalignomen ist nicht beobachtet worden (Breslow et al. 1988).
31.6
Histologisch ungewöhnliche Nierentumoren bei Kindern
31.4.5 Behandlung von Rezidiven 31.6.1 Klarzellsarkom
Patienten mit Rezidiven können in 2 prognostische Gruppen unterteilt werden. Eine hohe Überlebenschance mit konventioneller Therapie haben Kinder mit erstem Rezidiv später als 6 Monate nach Nephrektomie und in einem nicht zuvor bestrahlten Bereich. Lymphknotenmetastasen sollten ausgeschlossen sein, nur ein Gewebe oder Organ darf befallen sein, und histologisch hochgradige Malignität muss ausgeschlossen sein. In allen anderen Fällen liegt die Überlebensrate bei knapp 20% (Miser et al. 1995). Für solche Patienten wird das Konzept einer Hochdosischemotherapie mit nachfolgendem Stammzellrescue evaluiert (Kremens et al. 2002; Dallorso 2008). Die eingesetzten Medikamente sind dieselben wie in der Erstbehandlung. Eine Strahlentherapie ist meist unumgänglich.
31.5
Therapiefolgen und Nachsorge
Vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern kann unter der Zytostatikatherapie, sowohl prä- wie postoperativ, eine Lebervenenverschlusskrankheit (»venoocclusive disease«, VOD) auftreten (Ludwig et al. 1992). Dafür ist am ehesten das Actinomycin D anzuschuldigen, vor allem dann, wenn es bei dystrophen Kindern relativ überdosiert wird. Andere Nebenwirkungen der Therapie sind Neuropathien durch Vincristin und Nebenwirkungen am Darm durch riesige Tumoren. Operative Komplikationen sind nach präoperativer Behandlung nur in 5% der Fälle zu erwarten. Bei der Nachsorge ist die Nierenfunktion der nichtbetroffenen Niere im Auge zu behalten. In den meisten Fällen hypertrophiert sie kompensatorisch und reicht funktionell aus. Wachstumsstörungen von Skelett und Weichteilen als Folge der Bestrahlung sind bei späteren Wachstumsschü-
Der histogenetische Ursprung des Klarzellsarkoms ist nicht geklärt. Bei über der Hälfte der Patienten entwickeln sich Knochenmetastasen, was beim Nephroblastom allenfalls in 2% zu beobachten ist. Das Klarzellsarkom ist immer unilateral und hat eine deutlich schlechtere Prognose als das Nephroblastom. Durch Erhöhung der kumulativen Anthracyclin-Dosis und Intensivierung der Behandlung können aber heute fast 80% der Patienten geheilt werden (Argani et al. 2000).
31.6.2 Rhabdoidtumor der Niere
Diese Histologie wird der hochgradigen Malignität zugerechnet und betrifft etwa 2% der Nierentumoren von Kindern. Rhabdoidtumoren treten allerdings nicht nur in der Niere auf, sondern in vielfältigen extrarenalen Lokalisationen. Klinisch charakteristisch sind ihr Vorkommen bei jungen Säuglingen und ihre häufige primäre Metastasierung. Auch intrazerebral treten Rhabdoidtumoren entweder primär oder als Metastasen auf. Molekulargenetisch sind sie charakterisiert durch eine Deletion im Bereich des Chromosoms 22q11 (Zhou et al. 2000). Rhabdoidtumoren sind weitgehend therapierefraktär.
31.6.3 Nierenzellkarzinom
Beim Erwachsenen ist das Nierenzellkarzinom der häufigste renale Tumor. Nur 1–2% der Nierenzellkarzinome treten jedoch unterhalb eines Lebensalters von 21 Jahren auf (Indolfi et al. 2003). Bei Jugendlichen ist eine Assoziation mit dem von-Hippel-Lindau-Syndrom und der tuberösen Sklerose bekannt. Diagnostik, Therapie und
31
788
Kapitel 31 · Nephroblastom
Prognose entsprechen im Wesentlichen denen des Nierenzellkarzinoms bei Erwachsenen.
31.6.4 Kongenitales mesoblastisches Nephrom
31
Ungefähr die Hälfte der Nierentumoren des Säuglingsalters und sogar 90% der Nephroblastome bei Neugeborenen sind kongenitale mesoblastische Nephrome. Bei Säuglingen unter 3 Monaten findet sich der fibromatöse Typ, der immer benigne ist, während der zelluläre Typ bei älteren Säuglingen und Kleinkindern diagnostiziert wird und potenziell maligne ist. Bei diesem letzteren Typ sind auch Lokalrezidive und Metastasen möglich. Er ist durch eine typische Translokation zwischen Chromosom 12 und 13 charakterisiert (t(12;15) (p13;q25). Für die Operation ist es wichtig, zu berücksichtigen, dass kongenitale mesoblastische Nephrome mit feinen, fingerförmigen Ausläufern in das angrenzende Fettgewebe der Niere hineinwachsen. Infolgedessen muss man solche Tumoren besonders sorgfältig komplett unter Einschluss der Nierenfettkapsel und möglichst unter Einhaltung eines Sicherheitsabstandes resezieren. Nierenteilresektionen sind daher kontraindiziert. Nach kompletter Tumorresektion sind die Patienten geheilt. Eine Chemotherapie ist nur notwendig bei inkompletter Resektion, zellulärem Subtyp, hoher mitotischer Aktivität im Tumorgewebe oder Rezidiv bzw. Metastasen. Auf eine Bestrahlung wird man bei diesen jungen Patienten immer verzichten.
Literatur Argani P, Perlman EJ, Breslow NE et al. (2000) Clear cell sarcoma of the kidney: a review of 351 cases from the National Wilms Tumor Study Group Pathology Center Am J Surg Pathol 24: 4–18 Babyn P, Owens C, Gyepes M, D’ Angio GJ (1995) Imaging patients with Wilms tumor. Hematology/Oncology Clin N Am 9: 1217–1252 Beckwith JB, Kiviat NB, Bonadio JF (1990) Nephrogenic rest, nephroblastomatosis, and the pathogenesis of Wilms’ tumor. Pediatr Pathol 10: 1–36 Breslow NE, Norkool PA, Olshan A et al. (1988) Second malignant neoplasm in survivors of Wilms’ tumor: a report from the national Wilms’ tumor study. J Natl Cancer Inst 80: 592–595 Bürger D, Feickert HJ, Mildenberger H (1986) Current status of nephroblastoma treatment. Monogr Paediatr 18: 224–242 Dallorso S, Dini G, Faraci M et al. (2008) SCT for Wilms’ tumor. Bone Marrow Transplant 41: S128–S130 Ehrlich PF (2007) Wilms tumor: Progress and considerations for the surgeon. Surg Oncol 16: 157–171 Eggert A, Gritzer MA, Ikegaki N et al. (2001) Expression of neurotrophin receptor TrkB is associated with unfavourable outcome in Wilms’ tumor. J Clin Oncol 19: 689–696 Gadner H Gaedicke G, Niemeyer C, Ritter J (Hrsg) (2006) Pädiatrische Hämatologie und Onkologie. Springer, Berlin Heidelberg New York
Gessler M, Thomas GH, Couillin P et al. (1989) A deletion map of the WAGR region on chromosome 11. Am J Hum Genet 44: 486–495 Graf N, Reinhard H (2003) Wilms-Tumoren. Diagnostik und Therapie. Onkologe 9: 416–433 Graf N, Tournade MF, de Kraker J (2000) The role of preoperative chemotherapy in the management of Wilms tumor – the SIOP Studies. Urol Clin North Am 27: 443–454 Gutjahr P, Kaatsch P, Spaar HJ et al. (1990) Klinik, Therapie und Prognose bei 373 Kindern mit Wilms-Tumoren – Ergebnisse der bundesweiten Studie 1980–1988. Akt Urol 21: 132–141 Hou LT, Holman RL (1961) Bilateral nephroblastomatosis in a premature infant. J Pathol Bacteriol 82: 249–255 Huff V (1998) Wilms tumor genetics. Am J Med Genet 79: 260–267 Huff V, Comptom DA, Chao LY et al. (1988) Lack of linkage of familial Wilms’ tumour to chromosomal band 11p13. Nature 336: 377–378 Indolfi P, Terenziani M, Casale F et al. (2003) Renal cell carcinoma in children: A clinicopathology study. J. Clin Oncol 21: 530–535 Kaatsch P, Spix G (2004) Deutsches Kinderkrebsregister, Jahresbericht 2004, Mainz Klamt B, Koziell A, Poulat F et al. (1998) Frasier syndrome is caused by defective alternative splicing of WT1 leading to an altered ratio of WT1+/- KTS splice isoforms. Hum Mol Genet 7: 709–714 Kremens B, Gruhn B, Klingebiel T et al. (2002) High-dose chemotherapy with autologous stem cell rescue in children with nephroblastoma. Bone Marrow Transplant 30: 893–898 Li M, Squire JA, Weksberg R (1998) Molecular genetics of WiedemannBeckwith syndrome. Am J Med Genet 79: 253–259 Ludwig R, Weirich A, Hofmann WJ, Waldherr R (1992) Veno-occlusive disease (VOD) as hepatotoxic side effect of the nephroblastoma SIOP-9 treatment protocol: preliminary results of the german group. Med Pediatr Oncol 20: 434 Madden SL, Cook DM, Morris JF et al. (1991) Transcriptional repression mediated by the WT1 Wilms tumor gene product. Science 253: 1550–1553 Maher ER, Reik W (2000) Beckwith-Wiedemann syndrome: imprinting in clusters revisited. J Clin Invest 105: 247–252 Maw MA, Grundy PE, Millow LJ et al. (1992) A third Wilms’ tumor locus on chromosome 16q. Cancer Res 52: 3094–3098 McDonald JM, Douglass EC, Fisher R et al. (1998) Linkage of familial Wilms’ tumor predisposition to-chromosome 19 and a twolocus model for the etiology of familial tumors. Cancer Res 58: 1387–1390 Miller RW, Fraumeni JR, Manning MD (1964) Association of Wilms tumor with aniridia, hemihypertrophy and other congenital anomalies. N Engl J Med 270: 922–927 Miser JS, Tournade MF (1995) The management of relapsed Wilms tumor. Hematology/Oncology Clinics of North America 9: 1287– 1302 Neville HL, Ritchey ML (2000) Wilmstumor. Overview of National Wilms’ Tumor Study Group Results. Urol Clin North Am 27: 435–442 Pelletier J, Bruening W, Kashtan CE et al. (1991) Germline mutations in the Wilms-tumor suppressor gene are associated with abnormal urogenital development in Denys-Drash syndrome. Cell 67: 437–447 Rahman N, Abidi F, Ford D et al. (1998) Confirmation of FWT1 as a Wilms’ tumour susceptibility gene and phenotypic characteristics of Wilms’ tumour attributable to FWT1. Hum Genet 103: 547–556 Rieden K, Weirich A, Tröger J et al. (1993) Accuracy of diagnostic imaging in nephroblastoma before preoperative chemotherapy. Eur Radiol 3: 115–122 Ritchey M, Panayotis PK, Breslow N et al. (1992) Surgical complications after nephrectomy for Wilms’ tumor. Surg Gynecol Obstetr 175: 507–514
789 Literatur
Rivera MN, Haber DA (2005) Wilms’ tumour: connecting tumorigenesis and organ development in the kidney. Nat Rev Cancer 5: 699–712 Roth H, Weirich A, Ludwig R et al. (1996) Die Resektion des Nephroblastoms: Probleme und Komplikationen – Auswertungen zur Nephroblastomstudie SIOP 9/GPOH. Langenbecks Arch Chir 113 (Suppl): 1078–1083 Scharnhorst V, van der Eb AJ, Jochemsen AG (2001) WT1 proteins: functions in growth and differentiation. Gene 273: 141–161 Srinivas M, Agarwala S, Padhy AK et al. (1998) Somatic growth and renal function after unilateral nephrectomy for Wilms’ tumor. Pediatr Surg Int 14: 185–188 Stone MS, Beaver BL, Sun CCJ, Hill JL (1990) The nephroblastomatosis complex and its relationship to Wilms’ tumor. J Pediatr Surg 25: 933–937 Vujanic GM, Sandstedt B, Harms D et al. on behalf of the SIOP Nephroblastoma scientific committee (2002) Revised international Society of Paediatric Oncology (SIOP) Working classification of renal tumors of childhood. Med Pediatr Oncol 38: 79–82 Weksberg R, Smith AC, Squire J et al. (2003) Beckwith-Wiedemann syndrome demonstrates a role for epigenetic control of normal development. Hum Mol Genet 12 Spec No 1: R61–8 Wilms M (1899) Die Mischgeschwülste der Niere. Arthur Georgi, Leipzig Zhou J, Fogelgren B, Wang Z et al. (2000) Isolation of genes from the rhabdoid tumor deletion region in chromosome band 22q11.2. Gene 241: 133–141
31
32 Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen D. Schneider
32.1
Einleitung
– 791
32.2
Epidemiologie – 791
32.3
Pathologie und Biologie – 792
32.4
Therapiestudien und klinische Versorgungsstruktur – 793
32.5
Diagnostik und operative Therapie – 794
32.6
Chemotherapie
32.7
Keimstrang-Stromatumoren und seltene gonadale Tumoren – 796
32.1
Einleitung
– 795
Die Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen umfassen eine klinisch äußerst heterogene Gruppe von Tumoren, die bei Kindern überwiegend an extragonadalen mittelliniennahen Lokalisationen wie der Steißbeinregion, dem Mediastinum und dem zentralen Nervensystem auftreten. Hierdurch erklärt sich die Notwendigkeit der interdisziplinären Behandlung im Rahmen der aktuellen Therapieoptimierungsprotokolle. Keimzelltumoren zeigen im Kindes- und Jugendalter ein charakteristisches Muster der Alters- und Geschlechtsverteilung in Bezug auf die verschiedenen Lokalisationen und histologischen Subentitäten. Diese altersabhängigen Unterschiede korrelieren mit einer unterschiedlichen Tumorbiologie und Prognose. Allen Tumoren ist jedoch der zelluläre Ursprung von der totipotenten primordialen Keimzelle gemeinsam. Dabei leiten sich Tumoren verschiedener Lokalisationen offensichtlich von verschiedenen Entwicklungsstadien dieser primordialen Keimzellen ab. Die Labordiagnostik bei Keimzelltumoren beinhaltet die Messung der Tumormarker AFP und β-HCG. Der Algorithmus für die radiologische Schnittbilddiagnostik ist abhängig von der primären Tumorlokalisation. Die Therapie der malignen Tumoren erfolgt risikostratifiziert innerhalb aktueller Therapieoptimierungsstudien und ist prinzipiell multimodal. Allerdings kann in niedrigen Sta-
dien nach kompletter Resektion auf die adjuvante Chemotherapie verzichtet werden, wenn ein konsequentes Nachsorgeschema eingehalten wird. Hingegen dient bei fortgeschrittenen Stadien die neoadjuvante bzw. präoperative Chemotherapie der Erreichung einer kompletten Tumorresektion mit vertretbarem Risiko. Zukünftige Aufgaben liegen in einer optimierten Therapiestratifizierung anhand klinischer und molekularbiologischer Parameter im Rahmen prospektiver Therapieoptimierungsprotokolle.
32.2
Epidemiologie
Keimzelltumoren können in jeder Altersgruppe, von der Fetalperiode bis in das hohe Alter auftreten. Bei Kindern bis zum Alter von 15 Jahren sind Keimzelltumoren vergleichsweise selten und machen im epidemiologisch ausgerichteten Kinderkrebsregister etwa 3–4% aller Diagnosen aus (Kaatsch et al. 2004). Die jährliche Inzidenz ist auf 0,5 Neuerkrankungen auf 100.000 Kinder bis 15 Jahre anzusetzen. Allerdings ist bei den Teratomen eine Registrierungslücke anzunehmen, ebenso auch bei Jugendlichen mit malignen Hodentumoren, die teilweise außerhalb der kinderonkologischen Therapieoptimierungsstudien behandelt werden. Somit ist eine insgesamt noch höhere Inzidenz anzunehmen.
792
Kapitel 32 · Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen
Die weiterführenden epidemiologischen Analysen lassen eine klare Trennung der Keimzelltumoren bei Neugeborenen und Kleinkindern von denen bei Jugendlichen und Erwachsenen erkennen (Schneider et al. 2004). Bei Säuglingen und Kleinkinder überwiegen die extragonadalen Tumoren, vorwiegend der Steißbeinregion ( Tab. 32.1). Das Steißbeinteratom stellt den häufigsten soliden Tumor des Neugeborenen dar. Im Grundschulalter sinkt die Tumorinzidenz, bevor zu Beginn der Pubertät ein erneuter Häufigkeitsanstieg eintritt, der sich in das Erwachsenenalter fortsetzt und wesentlich durch die gonadalen Tumoren geprägt wird. Bei jugendlichen Patienten besteht eine Assoziation mit einem (nicht adäquat behandelten) Maldescensus testis im Rahmen einer testikulären Dysgenesie (Skakkebaek 2004). Die Bedeutung einer maternalen Östrogenexposition während der Schwangerschaft ist noch Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion. Diese Assoziation besteht hingegen nicht für die Keimzelltumoren des Säuglings- und Kleinkindalters.
Tab. 32.1. Verteilung der Lokalisationen von 1442 prospektiv erfassten Keimzelltumoren der MAHO- und MAKEI-Register (Schneider et al. 2004)
32
Lokalisation
Häufigkeit (%)
Ovar
29
Hoden
17
ZNS
21
Steißbein
19
Mediastinum Andere
4 10
32.3
Pathologie und Biologie
Die oben dargestellte epidemiologische Unterscheidung spiegelt sich in der altersabhängig differenzierten Biologie der Tumoren wieder. In den ersten Lebensmonaten werden überwiegend Teratome diagnostiziert, während der Häufigkeitsgipfel der malignen Dottersacktumoren ab Ende des ersten Lebensjahrs zu beobachten ist. Andere histologische Entitäten wie Germinome, embryonale Karzinome und Choriokarzinome treten in dieser Altersgruppe nur selten auf (Oosterhuis et al. 2005; Schneider u. Looijenga 2004). Bei jugendlichen Patienten werden hingegen die seminomatösen (syn. germinomatösen) von den nicht-seminomatösen Tumoren (embryonales Karzinom, Dottersacktumor, Choriokarzinom) unterschieden (Oosterhuis u. Looijenga 2005). Dabei zeigt sich eine strenge Korrelation von histologischer Differenzierung und der Produktion von Tumormarkern sowie dem Ansprechen auf die verschiedenen Therapiemodalitäten ( Tab. 32.2). Bei allen histologischen Entitäten ist der zellbiologische Ursprung von unreifen primordialen Keimzellen unterschiedlicher Entwicklungsstadien mittels Untersuchungen des genomischen Imprinting nachgewiesen worden (Bussey et al. 2001; Schneider et al. 2001). Die Teratome der Kleinkinder und Säuglinge zeigen zwar keine erkennbaren genetischen Aberrationen, sind allerdings hinsichtlich ihres epigenetischen DNA-Methylierungsmusters auffällig (Harms et al. 2006). Dieser Befund verknüpft die Teratome – insbesondere in histologischen Mischtumoren – biologisch mit den Dottersacktumoren, die vergleichbare Methylierungsmuster zeigen und ebenso Zeichen einer Aktivierung des β-Catenin/Wingless-Signalweges aufweisen (Harms et al. 2006). Diese Gemeinsamkeiten in ihrer Biologie entsprechen auch der klinischen Beobachtung, dass Teratome in Form eines malignen Keimzelltumors, meist
Tab. 32.2. Produktion von Tumormarkern und Therapieansprechen in Abhängigkeit von der Histologie Histologisches Grading
Sensitivität gegenüber
Tumormarker AFP
β-HCG
Chemotherapie
Radiotherapie (empfohlene Dosis)
Seminom, Germinom
Maligne
–
(+)
+++
+++ (24 Gy)
Embryonales Karzinom
Maligne
–
–
+++
+ (45 Gy)
Dottersacktumor
Maligne
+++
–
+++
+ (45 Gy)
Choriokarzinom
Maligne
–
+++
+++
+ (45 Gy)
Reifes Teratom
Benigne
–
–
–
? (54 Gy)
Unreifes Teratom
Potenziell maligne
(+)
–
?
? (54 Gy)
+++ sehr sensitiv, ++ mäßig sensitiv, + gering sensitiv, – intrinsisch resistent
793 32.4 · Therapiestudien und klinische Versorgungsstruktur
als Dottersacktumoren rezidivieren können. Das Rezidivrisiko korreliert mit einem zunehmenden Immaturitätsgrad der Teratome, ist aber auch bei reifen Teratomen gegeben (Göbel et al. 1998). Der gelegentlich zu beobachtende Befund von mikroskopisch kleinen malignen Herden (Dottersacktumor-Mikrofoci) stellt das histopathologische und biologische Bindeglied dar (Harms et al. 1986). In der zyto- und molekulargenetischen Analyse zeigen die Dottersacktumoren des Kleinkindes Deletionen an Chromosom 1p und 6q und chromosomale Zugewinne an Chromosom 20q. Aberrationen an Chromosom 12p treten hingegen in dieser Altersgruppe sehr selten auf. Diese werden wiederum für die malignen Keimzelltumoren der Jugendlichen und Erwachsenen als pathognomonisch angesehen (Palmer et al. 2007; Schneider et al. 2006; Zahn et al. 2006). Diese auf genetischen Analysen basierende Differenzierung in Keimzelltumoren des Kindes- und des Adoleszenten- bzw. Erwachsenenalters wird auch durch Genexpressionsanalysen gestützt. Auch hier sind die Genexpressionsprofile der Keimzelltumoren bei Kleinkindern von denen jugendlicher und erwachsener Patienten eindeutig zu differenzieren. Eine gesonderte und biologisch weiter zu analysierende Stellung nehmen die Dottersacktumoren bei Erwachsenen ein (Palmer et al. 2008). Bei den Kleinkindern haben die bislang publizierten molekularbiologischen Studien für die kleine Gruppe der therapierefraktären Tumoren noch keine biologischen Marker mit prognostischer Relevanz erkennbar werden lassen. Hingegen zeigen aktuelle Studien bei malignen Nichtseminomen Erwachsener, dass eine Mikrosatelliteninstabilität mit einer ungünstigen Prognose korreliert (Mayer et al. 2002).
32.4
a
Therapiestudien und klinische Versorgungsstruktur
In allen Altersgruppen stellt die einseitige schmerzlose Hodenschwellung das klinische Leitsymptom dar und führt nach bildgebender Diagnostik mittels Ultraschall und Schnittbilddiagnostik sowie Bestimmung der Tumormarker AFP und β-HCG zur Operation ( Abb. 32.1). Neben den testikulären Keimzelltumoren und Keimstrang-Stromatumoren sind präoperativ metastatische Erkrankungen z.B. im Rahmen von Lymphomen oder Leukämien oder sarkomatöse Tumoren, meist Rhabdomyosarkome differentialdiagnostisch auszuschließen. Ermutigt durch die Studien bei erwachsenen Patienten mit testikulären Keimzelltumoren wurden in den 80-er und 90-er Jahren von verschiedenen nationalen Arbeitsgruppen prospektive pädiatrische Studien für die
b Abb. 32.1a, b. Charakteristische klinische Präsentation der testikulären Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen. Bei Säuglingen und Kleinkindern (a) werden die Tumoren, hier ein immatures Teratom von den Eltern während des Windelwechsels meist als kleine Läsionen bemerkt. Hingegen kommen bei Jugendlichen nicht selten große, dann auch meist metastasierte Tumoren zur Diagnose, in diesem Fall ein malignes Nicht-Seminom (b)
32
794
32
Kapitel 32 · Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen
Behandlung von malignen Keimzelltumoren entwickelt. Allen Studien ist gemeinsam, dass Platinderivate (Cisplatin oder Carboplatin) in Kombination mit Etoposid sowie Bleomycin bzw. Ifosfamid entsprechend einer adjuvanten Strategie eingesetzt werden ( Tab. 32.3; Abling et al. 1981, 1991; Baranzelli et al. 1999; Flamant et al. 1984; Mann et al. 1998, 2000). In diesen Studien wurde zumeist in mehr als 80% der Patienten eine dauerhafte Remission erreicht. Allerdings hat sich in einigen Analysen gezeigt, dass extragonadale Tumoren und Tumoren mit hohen Serum-AFP-Konzentrationen ein höheres Rezidivrisiko aufweisen (Baranzelli et al. 2000). Seit 1982 werden deutsche Patienten entsprechend der Therapieoptimierungsstudien für testikuläre (MAHO) und nicht-testikuläre (MAKEI) Keimzelltumoren der deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) behandelt. Diese Studien beinhalten ebenfalls eine Cisplatin- und Etoposid-basierte Chemotherapie, eingebettet in ein multimodales Behandlungskonzept mit adjuvanter bzw. bei fortgeschrittenen Tumoren neoadjuvanter Chemotherapie, Tumorresektion und insbesondere bei Tumoren des ZNS Strahlentherapie (Göbel et al. 1986, 1993, 2001; Haas et al. 1988, 1995; Schneider et al. 2000). Da bereits mit den ersten Therapieprotokollen ein hohes Remissionsniveau mit einem ereignisfreien Überleben von über 80% erreicht worden ist, hat die MAKEI-Gruppe in den folgenden Studien eine Risikostratifikation anhand der Parameter Lokalisation, Histologie, Stadium und Resektionsstatus eingeführt. Dementsprechend werden Patienten mit einem günstigen Risikoprofil nach kompletter Tumorresektion ausschließlich nachbeobachtet, wenn ein adäquates Follow-up in einem kinderonkologischen Zentrum sichergestellt wird. Hingegen erhalten Patienten mit mittlerem Risiko 2–3 und Hochrisikopatienten 4–5 Chemotherapiezyklen. Darüber hinaus wird bei den Patienten mit mittlerem Risiko und kompletter Resektion anstelle der Dreimittel-Chemotherapie nur Cisplatin und Etoposid eingesetzt. Diese erhebliche Reduktion der kumulativen Chemotherapie hat sich nicht ungünstig auf die Behandlungsergebnisse ausgewirkt (Göbel et al. 2001; Schneider et al. 2000). Entsprechend der Vereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vom 16. Mai 2006 über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit hämato-onkologischen Krankheiten erfolgt die Behandlung aller Kinder und Jugendlichen mit Tumorerkrankungen bis zu einem Alter von 17 Jahren ausschließlich in spezialisierten kinderonkologischen Zentren. Neben der geforderten personellen und klinischen Infrastruktur, die die besonderen Bedürfnisse der erkrankten Kinder und Jugendlichen berücksichtigt (z. B. Krankenhausschule, psychosoziale Begleitung) wird
auch die regelhafte Teilnahme an den Therapiestudien der Fachgesellschaft gefordert. Dieses trifft aufgrund des oben ausgeführten Risikos maligner Rezidive in gleiche Weise für Neonaten und Kleinkinder mit Teratomen zu.
32.5
Diagnostik und operative Therapie
Bei den testikulären Keimzelltumoren wird durch eine Orchidektomie über einen hohen inguinalen Zugang eine komplette Resektion erreicht. Eine transskrotale Biopsie eines Hodentumors ist obsolet. Teratome metastasieren im Kindesalter nicht. Auch bei malignen Dottersacktumoren des kindlichen Hodens sind lymphogene oder Fernmetastasen bei Diagnose selten (Frappaz u. Conter 2007; Schmidt et al. 2002). Eine retroperitoneale Lymphknotendissektion wird daher in dieser Altersgruppe nicht regelhaft empfohlen. Sie bleibt Patienten mit residualen retroperitonealen Metastasen nach Chemotherapie vorbehalten. Die bei Erwachsenen zu beobachtenden synchronen bilateralen Hodentumoren sind bislang bei Kleinkindern nicht beschrieben worden. Daher kann bei einem klinisch unauffälligen kontralateralen Hoden auf die Biopsie verzichtet werden. Die Stadieneinteilung erfolgt im Rahmen der MAKEI-Studien entsprechend der Lugano-Klassifikation, da neuere Stagingsysteme unter Berücksichtigung der Tumormarker im Kindesalter, speziell im Säuglingsalter nicht sinnvoll einzusetzen sind. Die meisten Kleinkinder werden im Stadium I diagnostiziert und können entsprechend einer watch-and-wait Strategie in einem kinderonkologischen Zentrum engmaschig nach beobachtet werden. Bei reinen Teratomen erfolgt die Nachsorge im ersten Jahr in dreimonatigen Abständen. Bei Dottersacktumoren sind bis zur Normalisierung des Alpha1-Fetoproteins (AFP) wöchentliche Kontrollen zu empfehlen, um ein Rezidiv frühzeitig erkennen und behandeln zu können. Die physiologischerweise im ersten Lebensjahr erhöhten AFP-Werte sind dabei unbedingt zu beachten, so dass entsprechende altersbezogene Normwerte beurteilt werden müssen (Blohm et al. 1998). Bei alleiniger Nachbeobachtung eines Dottersacktumors nach Orchidektomie ist bei ca. 13% der Patienten innerhalb des ersten Jahres (6–60 Wochen) mit einer Krankheitsprogression zu rechnen, die aber bei dem oben skizzierten engmaschigen Vorgehen effektiv behandelt werden kann (Schmidt et al. 2002). Somit ist die langfristige Prognose der testikulären Dottersacktumoren bei Kleinkindern und bei Teratomen mit ca. 99% exzellent, wenn das oben skizzierte Vorgehen eingehalten wird (Schmidt et al. 2002). Aktuell wird die Möglichkeit einer organerhaltenden Tumorresektion diskutiert (Tröbs et al. 2007). Bei er-
795 32.6 · Chemotherapie
wachsenen Patienten wird diese Technik bei bilateralen malignen Hodentumoren nur unter Einhaltung strikter Kautelen und anschließender Bestrahlung erwogen (Heidenreich et al. 2001). Die Anwendung dieser Operationsstrategie unter Beschränkung auf benigne Hodentumoren des Kindesalters (z. B. vermutete reife Teratome) ist kritisch zu beurteilen, nicht prospektiv geprüft und daher derzeit letztlich nicht uneingeschränkt zu empfehlen. So ist klinisch ein Ausschluss eines malignen Tumoranteils z. B. durch die Bestimmung des AFP-Wertes in den ersten beiden Lebensjahren nicht möglich, da in dieser Altersgruppe physiologischer Weise der AFP-Spiegel höher ist als bei Erwachsenen (Blohm et al. 1998). Daher ist die hohe inguinale Orchidektomie weiterhin auch für Hodenteratome als Standard der operativen Therapie anzusehen. Dennoch wird derzeit von den amerikanischen Kinderurologen die Option einer organerhaltenden Operation über inguinalen Zugang eingeräumt. Analog wird auch bei Ovarialtumoren eine Ovarektomie bzw. in höheren Stadien (Stadium II, III) eine Adnektomie empfohlen. Für die Weiterentwicklung biologischer und translationaler Studien wird die Gewinnung von nativem Tumor- und Vergleichsgewebe (z. B. Blut) angestrebt. Der Versand erfolgt seit 2003 über das Biocase Projekt der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (Ernestus et al. 2006). Die entsprechende Logistik wird in allen kinderonkologischen Zentren vorgehalten. Im Gegensatz zu den testikulären und ovarialen Tumoren wird die operative Therapie der extragonadalen Tumoren meist durch die Tumorgröße und enge anatomische Lagebeziehungen zu anderen Organsystemen erschwert. Das Erreichen einer kompletten Tumorresektion stellt aber einen entscheidenden prognostischen Faktor dar (Göbel et al. 2001; Schneider et al. 2000). Insbesondere bei großen und organüberschreitenden malignen Tumoren empfiehlt sich daher eine verzögerte Tumorresektion nach präoperativer bzw. neoadjuvanter Chemotherapie (Göbel et al. 2000, 2001). Dabei kann die Diagnosestellung aufgrund einer eindeutigen Tumormarkerkonstellation (AFP, β-HCG) sowie der charakteristischen Bildgebung erfolgen (Schneider et al. 2005). Ist eine diagnostische Biopsie erforderlich, so ist eine Asservierung von nativem Gewebe anzustreben.
32.6
Chemotherapie
Die cisplatinhaltige Kombinationschemotherapie stellt weiterhin die Grundlage der adjuvanten Behandlung dar (Göbel et al. 2000). Entsprechend der MAKEI-Studie für maligne Keimzelltumoren der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, in welche die MAHO
Studie integriert worden ist, wird eine Kombination von Cisplatin, Etoposid und Ifosfamid empfohlen (Göbel et al. 2000). In der deutschen Arbeitsgruppe wird bei Kindern bewusst auf den Einsatz von Bleomycin verzichtet, da in den Vorläuferstudien mehrere Fälle mit einer fatalen Bleomycin-induzierten Pneumopathie beobachtet worden sind. Eine vergleichbare Kombination wird ebenfalls von den französischen und brasilianischen Arbeitsgruppen eingesetzt. In den aktuellen US-amerikanischen Studien erfolgt die Behandlung mit einer Kombination von Cisplatin, Etoposid und Bleomycin (in gegenüber Erwachsenen reduzierter Dosis). Eine Dosiseskalation von Cisplatin ist in Hochrisikopatienten mit einer günstigeren Prognose allerdings einem inakzeptabel hohen Risiko einer ausgeprägten Schwerhörigkeit korreliert (Cushing et al. 2004). Während carboplatinhaltige Therapien bei Erwachsenen sich als weniger effektiv als cisplatinhaltige Kombinationen erwiesen haben, berichtet die britische Studiengruppe ebenfalls exzellente Ergebnisse mit einer Kombination von Carboplatin, Etoposid und Bleomycin (JEB; Mann et al. 2000). Für Niedrigrisikopatienten hat sich zudem der Einsatz einer Zweimittelkombination bestehend aus Cisplatin und Etoposid als ausreichend effektiv erwiesen (Lopes et al. 2008). Durch die zunehmend bessere Risikobeurteilung der Keimzelltumoren verschiedener Lokalisationen und Histologien ist eine feingliedrige Risikostratifizierung erreicht worden. Die Gruppe der watch-and-wait Patienten kann bei konsequenter Überwachung deutlich vergrößert werden. Niedrigrisikopatienten profitieren von einer hinsichtlich Intensität (Zweimitteltherapie) oder Dauer (zwei bis vier Zyklen) reduzierten Chemotherapie. So wird insgesamt eine signifikante Therapiereduktion erzielt. Für Hochrisikopatienten stehen zudem mit der lokoregionalen Tiefenhyperthermie und der dosiseskalierten Chemotherapie effektive Therapiemodalitäten zur Verfügung (Schmll et al. 2003; Zahn et al. 2006). Zusammenfassende Bewertung Mit dieser feingliedrig stratifizierten Therapie wird bei deutlich mehr als 90% der gonadalen Tumoren und mehr als 80% der extragonadalen Tumoren ein langfristig krankheitsfreies Überleben erreicht. Voraussetzung für diesen Erfolg ist die exakte Zuordnung zu den spezifischen Risikogruppen im Rahmen der MAKEI-Therapieoptimierungsstudie auf der Grundlage einer exakten klinischen und radiologischen Diagnostik mittels Schnittbilddiagnostik und Tumormarkern und einer referenzhistopathologischen Beurteilung (Kindertumorregister Kiel).
32
796
Kapitel 32 · Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen
32.7
Keimstrang-Stromatumoren und seltene gonadale Tumoren
Die histologisch heterogenen Keimstrang-Stromatumoren und seltenen Tumoren der Gonaden sind im Rahmen des MAKEI-Registers erfasst worden (Schneider et al. 2005). Sie stellen insbesondere im Kleinkindalter eine wichtige histopathologische Differentialdiagnose dar. Es überwiegen die juvenilen Granulosazelltumoren sowie Sertolizelltumoren. In der Regel sind sie auf den Hoden beschränkt. Somit ist eine einseitige Orchidektomie über einen hohen inguinalen Zugang kurativ. Für die korrelierenden ovarialen Tumoren sind therapeutische Strategien erarbeitet worden, die prospektiv evaluiert werden. Bei diesen wird eine adjuvante cisplatinhaltige Chemotherapie stadienabhängig empfohlen. Für die testikulären Tumoren besteht in der Regel keine Indikation zur adjuvante Chemotherapie.
Literatur Ablin AR (1981) Malignant germ cell tumors in children. Front Radiat Ther Oncol 16:14–19 Ablin AR, Krailo MD, Ramsay NK, Malogolowkin MH, Isaacs H, Raney RB et al. (1991) Results of treatment of malignant germ cell tumors in 93 children: a report from the Childrens Cancer Study Group. J Clin Oncol 9:1782–92 Baranzelli MC, Bouffet E, Quintana E, Portas M, Thyss A, Patte C (2000) Non-seminomatous ovarian germ cell tumours in children. Eur J Cancer 36:376–83 Baranzelli MC, Kramar A, Bouffet E, Quintana E, Rubie H, Edan C et al. (1999)Prognostic factors in children with localized malignant nonseminomatous germ cell tumors. J Clin Oncol 17:1212–9 Blohm ME, Vesterling-Hörner D, Calaminus G, Göbel U (1998) Alpha 1-fetoprotein (AFP) reference values in infants up to 2 years of age. Pediatr Hematol Oncol 15:135–42 Bussey KJ, Lawce HJ, Himoe E, Shu XO, Heerema NA, Perlman EJ et al. (2001) SNRPN methylation patterns in germ cell tumors as a reflection of primordial germ cell development. Genes Chromosomes. Cancer 32:342–52
Tab. 32.3. Aktuelle Chemotherapieregimes für maligne Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen Chemotherapeutika
Dosierung
Applikationsdauer
Tag
In 1 h
1, 2, 3, 4, 5
In 3 h
1, 2, 3
PEI (2–4 Zyklen; MAKEI 96, SIOP CNS GCT 96, TCG 91) Cisplatin1
32
20 mg/m2 mg/m2
Etoposid
100
Ifosfamid2
1500 mg/m2
In 20 h
1, 2, 3, 4, 5
Bleomycin3
15 U/m2
In 24 h
1
Etoposid
80 mg/m2
In 3 h
1, 2, 3, 4, 5
Cisplatin1,4
20 mg/m2
In 1 h
4, 5, 6, 7, 8
BEP (3 Zyklen; US-COG)
JEB (5 Zyklen bzw. 2 Zyklen nach Erreichen einer kompletten Remission; UKCCSG GCII) Carboplatin
600 mg/m2
In 1 h
2
Etoposid
120 mg/m2
In 1 h
1, 2, 3
In 15 min
3
Bleomycin3
15
mg/m2
CarboPEI (2 Zyklen; SIOP CNS GCT 96) Carboplatin1
600 mg/m2
In 1 h
1
Etoposid
100 mg/m2
In 3 h
1, 2, 3, 22, 23, 24
Ifosfamid2
1800 mg/m2
In 3 h
22, 23, 24, 25, 26
1 plus
Mannit-forcierte Diurese plus Mesna-Uroprotektion 3 nicht bei Säuglingen; reduzierte Dosis (7,5 mg/m2) bei Kleinkindern im 2. Lebensjahr 4 ggf. Einsatz von 40 mg/m2 Cisplatin Tag 1–5 als High-dose-BEP (HD-BEP) bei Hochrisikopatienten (Cushing et al. 2004) 2
797 Literatur
Cushing B, Giller R, Cullen JW, Marina NM, Lauer SJ, Olson TA et al. (2004) Randomized comparison of combination chemotherapy with etoposide, bleomycin, and either high-dose or standard-dose cisplatin in children and adolescents with high-risk malignant germ cell tumors: a pediatric intergroup study – Pediatric Oncology Group 9049 and Children’s Cancer Group 8882. J Clin Oncol 22:2691–700 Ernestus K, Pietsch T, Gessler M, Simon T, Hero B, Berthold F (2006) Structure, use, and risks of biomaterial repositories of embryonal tumors. Klin Pädiatr 218:132–8 Flamant F, Schwartz L, Delons E, Caillaud JM, Hartmann O, Lemerle J (1984) Nonseminomatous malignant germ cell tumors in children. Multidrug therapy in stages III and IV. Cancer 54:1687–91 Frappaz D, Conter C (2007) Testicular neoplasms in children: lymphatic or metastatic involvement is rare. Rev Prat 57:368–9 Göbel U, Calaminus G, Engert J, Kaatsch P, Gadner H, Bökkerink JP et al. (1998) Teratomas in infancy and childhood. Med Pediatr Oncol 31:8–15 Göbel U, Calaminus G, Teske C, Bamberg M, Bokkerink JP, Haas RJ et al. (1993) BEP/VIP in children and adolescents with malignant non-testicular germ cell tumors. A comparison of the results of treatment of therapy studies MAKEI 83/86 and 89P/89. Klin Pädiatr 205:231–40 Göbel U, Gutjahr P, Jürgens H, Kabisch H, Lampert F, Spaar HJ et al. (1986) Cooperative therapy study of nontesticular germ cell tumors MAKEI 83 of the Society of Pediatric Oncology: analysis after 3 years. Klin Padiatr 198:237–44 Göbel U, Schneider DT, Calaminus G, Haas RJ, Schmidt P, Harms D (2000) Germ-cell tumors in childhood and adolescence. Ann Oncol 11:263–71 Göbel U, Schneider DT, Calaminus G, Jürgens H, Spaar HJ, Sternschulte W et al. (2001) Multimodal treatment of malignant sacrococcygeal germ cell tumors: a prospective analysis of 66 patients of the german cooperative protocols MAKEI 83/86 and 89. J Clin Oncol 19:1943–50 Haas RJ, Göbel U, Harms D, Schmidt P, Weissbach L (1988) Results of the cooperative Malignant Testicular Tumors 82 Study of the German Society of Pediatric Oncology on the therapy of malignant germ cell tumors in childhood. Klin Padiatr 200:230–5 Haas RJ, Schmidt P, Göbel U, Harms D (1995) Testicular germ cell tumors. Results of the GPO MAHO studies -82, -88, -92. Klin Pädiatr 207:145–50 Harms D, Jänig U (1986) Germ cell tumours of childhood. Report of 170 cases including 59 pure and partial yolk-sac tumours. Virchows Arch A Pathol Anat Histopathol 409:223–39 Harms D, Zahn S, Göbel U, Schneider DT (2006) Pathology and molecular biology of teratomas in childhood and adolescence. Klin Pädiatr 218:296–302 Heidenreich A, Weissbach L, Holtl W, Albers P, Kliesch S, Kohrmann KU et al. (2001) Organ sparing surgery for malignant germ cell tumor of the testis. J Urol 166:2161–5 Kaatsch P, Kaletsch U, Michaelis J (2004) Annual Report of the German Childhood Cancer Registry. www.kinderkrebsregister.de Lopes LF, Sonaglio V, Ribeiro KC, Schneider DT, de CB (2008) Improvement in the outcome of children with germ cell tumors. Pediatr Blood Cancer 50:250–3 Mann JR, Raafat F, Robinson K, Imeson J, Gornall P, Phillips M et al. (1998) UKCCSG’s germ cell tumour (GCT) studies: improving outcome for children with malignant extracranial non-gonadal tumours – carboplatin, etoposide, and bleomycin are effective and less toxic than previous regimens. United Kingdom Children’s Cancer Study Group. Med Pediatr Oncol 30:217–27 Mann JR, Raafat F, Robinson K, Imeson J, Gornall P, Sokal M et al. (2000) The United Kingdom Children’s Cancer Study Group’s Second Germ Cell Tumor Study: Carboplatin, etoposide, and bleomycin are effec-
tive treatment for children with malignant extracranial germ cell tumors, with acceptable toxicity. J Clin Oncol 18:3809–18 Mayer F, Gillis AJ, Dinjens W, Oosterhuis JW, Bokemeyer C, Looijenga LH (2002) Microsatellite instability of germ cell tumors is associated with resistance to systemic treatment. Cancer Res 62:2758–60 Oosterhuis JW, Looijenga LH (2005) Testicular germ-cell tumours in a broader perspective. Nat Rev Cancer 5:210–22 Palmer RD, Barbosa-Morais NL, Gooding EL, Muralidhar B, Thornton CM, Pett MR et al. (2008) Pediatric malignant germ cell tumors show characteristic transcriptome profiles. Cancer Res 68:4239–47 Palmer RD, Foster NA, Vowler SL, Roberts I, Thornton CM, Hale JP et al. (2007) Malignant germ cell tumours of childhood: new associations of genomic imbalance. Br J Cancer 96:667–76 Schmidt P, Haas RJ, Göbel U, Calaminus G (2002) Results of the German studies (MAHO) for treatment of testicular germ cell tumors in children--an update. Klin Padiatr 214:167–72 Schmoll HJ, Kollmannsberger C, Metzner B, Hartmann JT, Schleucher N, Schoffski P et al. (2003) Long-term results of first-line sequential high-dose etoposide, ifosfamide, and cisplatin chemotherapy plus autologous stem cell support for patients with advanced metastatic germ cell cancer: an extended phase I/II study of the German Testicular Cancer Study Group. J Clin Oncol 21:4083–91 Schneider DT, Calaminus G, Reinhard H, Gutjahr P, Kremens B, Harms D et al. (2000) Primary mediastinal germ cell tumors in children and adolescents: results of the German Cooperative Protocols MAKEI 83/86, 89, and 96. J Clin Oncol 18:832–9 Schneider DT, Schuster AE, Fritsch MK, Hu J, Olson T, Lauer S et al. (2001) Multipoint imprinting analysis indicates a common precursor cell for gonadal and nongonadal pediatric germ cell tumors. Cancer Res 61:7268–76 Schneider DT, Calaminus G, Göbel U (2001) Diagnostic value of alpha1fetoprotein and human chorionic gonadotropic hormone in infancy and childhood. Pediatr Hematol Oncol 18:11–26 Schneider DT, Calaminus G, Koch S, Teske C, Schmidt P, Haas RJ et al. (2004) Epidemiological analysis of 1442 children and adolescents registered in the german germ cell tumor protocols. Pediatr Blood Cancer 169–75 Schneider DT, Calaminus G, Harms D, Gobel U (2005) Ovarian sex cord-stromal tumors in children and adolescents. J Reprod Med 50:439–46 Schneider DT, Zahn S, Sievers S, Alemazkour K, Reifenberger G, Wiestler OD et al. (2006) Molecular genetic analysis of central nervous system germ cell tumors with comparative genomic hybridization. Mod Pathol 19:864–73 Skakkebaek NE (2004) Testicular dysgenesis syndrome: new epidemiological evidence. Int J Androl 27:189–91 Tröbs RB, Krauss M, Geyer C, Tannapfel A, Körholz D, Hirsch W (2007) Surgery in infants and children with testicular and paratesticular tumours: a single centre experience over a 25-year-period. Klein Padiatr 219:146–51 Vereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit hämato-onkologischen Krankheiten gemäß § 137 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB V für nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser (Vereinbarung zur Kinderonkologie). 16-5-2006 Wessalowski R, Schneider DT, Mils O, Hannen M, Calaminus G, Engelbrecht V et al. (2003) An approach to cure: PEI chemotherapy and regional deep hyperthermia in children and adolescents with unresectable malignant tumors. Klin Pädiatr 215:303–9 Zahn S, Sievers S, Alemazkour K, Orb S, Harms D, Schulz WA et al. (2006) Imbalances of chromosome 1p in pediatric and adult germ cell tumors are caused by true allelic loss:a combined comparative genomic hybridization and microsatellite analysis. Genes Chromosomes. Cancer 45:995–1006
32
33 Weichteilsarkome T. Klingebiel, E. Koscielniak
33.1
Einleitung
– 799
33.2
Epidemiologie – 799
33.3
Biologie und Pathologie – 800
33.4
Diagnostik – 800
33.5
Therapie
33.6
Verlaufskontrollen – 804
33.7
Prognose – 805
33.8
Rezidiv
33.9
Spätfolgen – 805
33.1
Einleitung
– 802
– 805
Weichteilsarkome (WTS) stellen eine sehr heterogene Gruppe maligner Tumoren dar. Sie entstehen primär in den Weichteilen, sind mesenchymaler Herkunft und bilden die viertgrößte Gruppe solider Tumoren im Kindesalter (nach ZNS-Tumoren, Lymphomen und Neuroblastomen). Der häufigste bei Kindern auftretende Tumor aus der Gruppe der Weichteilsarkome ist das Rhabdomyosarkom (RMS). Wie andere Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen werden Weichteilsarkome in der Regel in multizentrischen Therapieoptimierungsstudien der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie (GPOH) behandelt (Cecchetto et al. 2003; Raney 2002; Koscielniak et al. 2002). Solche Therapiestudien machen präzise Vorschriften für Diagnostik und Therapie (www.GPOH.de). Diese Detailvorgaben können und sollen das vorliegende Kapitel nicht ersetzen. Vor allem soll es nicht dazu ermutigen, Kinder und Jugendliche außerhalb von multimodalen Behandlungskonzepten und außerhalb erfahrener anerkannter Zentren für pädiatrische Hämatologie und Onkologie zu behandeln. Die entsprechende Studiengruppe der GPOH ist die seit 1981 existierende Cooperative Weichteilsarkom Studiengruppe (CWS) mit Studienzentrale in Stuttgart (CWS Studienzentrale, Olgahospital Klinikum Stuttgart, Bismarckstraße 8, D-70176 Stuttgart).
33.2
Epidemiologie
Jährlich erkranken in Deutschland etwa 100 Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 15 Jahren an einem Weichteilsarkom (6,5% aller malignen Neuerkrankungen/Jahr), dem zweithäufigsten extrakraniellen Tumor nach dem Neuroblastom. 61% dieser Patienten haben ein Rhabdomyosarkom (RMS). Das entspricht einer Inzidenz von 5,6 bezogen auf 1 Mio. Kinder unter 15 Jahren. 2/3 der Kinder sind 6 Jahre oder jünger, Jungen sind etwas häufiger als Mädchen betroffen (1,3 : 1). Rund 90% aller nach 1981 im Mainzer Kindertumoregister (www.kinderkrebsregister.de) erfassten Rhabdomyosarkome wurden in den CWS-Studien (www.cws.olgahospital-stuttgart.de) registriert. Epidemiologische Untersuchungen haben nur wenige exogene Faktoren gezeigt, die mit einem erhöhten Risiko für kindliche Weichteilsarkome einhergehen (Schwartzbaum et al. 1991). Fetales Alkohol-/Hydantoin-Syndrom, intrauterine Strahlenexposition und der Missbrauch von Marihuana und Kokain durch die Eltern korrelieren mit einem erhöhten Risiko für ein RMS. Die meisten Fälle treten sporadisch auf, allerdings ist bekannt, dass Weichteilsarkome im Rahmen bestimmter familiärer Syndrome mit genetisch bedingter Prädisposition zur Krebsentwicklung wie Neurofibromatosen, Beckwith-Wiedemann-, LiFraumeni-, Werner-, Gardner- oder Castello-Syndrom
800
Kapitel 33 · Weichteilsarkome
mit einer erhöhten Inzidenz vorkommen können (Hennekam 2003).
33.3
Biologie und Pathologie
Weichteilsarkome werden histogenetisch aufgrund ihrer phänotypischen Ähnlichkeit zum normalen Gewebe klassifiziert. Die pathologisch-anatomische Klassifikation der Weichteilsarkome erfolgt zunächst morphologisch. Eine differenzierte Einstufung ist jedoch ohne immunhistochemische und molekularbiologische Zusatzverfahren nicht mehr möglich. Die häufigsten histologischen Entitäten im Kindesalter sind (genannt in der Reihenfolge der Häufigkeit):
Rhabdomyosarkome (RMS) mit 61%,
extraossäre Ewing-Sarkome (EES) mit 8%,
periphere neuroektodermale Tumoren (PNET) mit 8%,
Synovialsarkome (SS) mit 7%,
Neurofibrosarkome (4%),
Fibrosarkome (ca. 3%) und
Leiomyosarkome (ca. 2%).
33
Weichteilsarkome wie Rhabdomyosarkome, extraossäre Ewing-Sarkome, periphere neuroektodermale Tumoren und Synovialsarkome zählen zu der Gruppe der chemotherapieempfindlichen Weichteilsarkome und werden deswegen in den CWS-Protokollen als »RMS-artige Tumoren« bezeichnet und ähnlich behandelt. Die morphologische Diagnose des Rhabdomyosarkoms basiert auf einer Kombination von zytologischen Merkmalen, Wachstumsart sowie immunhistochemischem Nachweis verschiedener Antigene. Heute wird am häufigsten der Nachweis von Myogenin und/oder MyoD1 verwendet. Die internationale Rhabdomyosarkomklassifikation (Newton et al. 1995) unterscheidet grundsätzlich 2 Typen der Rhabdomyosarkome:
embryonal (Varianten botryoid und spindelzellig) und
alveolär (Variante: solide alveolär). Diese werden in 3 Subgruppen mit unterschiedlicher Prognose eingeteilt:
Rhabdomyosarkome mit günstiger Prognose sind der botryoide und spindelzellige Typ des embryonalen Rhabdomyosarkoms. Der botryoide Typ (7% aller Rhabdomyosarkome) wächst in Hohlorganen (Harnblase, Vagina, Gallengänge, Gehörgang, Nase) mit einer charakteristischen, polypoiden, traubenartigen Vorwölbung in das Lumen; der Spindelzelltyp (3–8% aller Rhabdomyosarkome) kommt vorwiegend pa-
ratestikulär vor und weist histologisch definitionsgemäß mehr als 75% Spindelzellen auf.
Zu den Rhabdomyosarkome mit intermediärer Prognose gehören »klassische« embryonale Rhabdomyosarkome.
Rhabdomyosarkome mit ungünstiger Prognose sind alveoläre Rhabdomyosarkome (RMA) einschließlich der sog. »soliden Variante«. In der Abgrenzung zwischen den unterschiedlichen Formen spielt die Molekularbiologie allerdings eine immer wichtigere Rolle. Das alveoläre Rhabdomyosarkom zeichnet sich durch eine charakteristische Translokation zwischen dem langen Arm des Chromosoms 1 bzw. 2 und dem langen Arm des Chromosoms 13 aus [t(2; 13) (q35; q14) oder t(1; 13)]. Molekulargenetisch entspricht dieser Translokation das Rearrangement des PAX3- bzw. PAX7Gens und des FKHR-Gens. Es wird vermutet, dass dieses Rearrangement zu einer Aktivierung der Transkription von Genen führt, die an dem abnormen Phänotyp beteiligt sind. Die Kenntnis der molekulargenetischen Struktur dieser Translokationen erlaubt den Nachweis auf RT-PCR-Ebene und damit die Identifizierung genetischer Marker, die zum Nachweis minimaler metastatischer bzw. residueller Erkrankung (MMT und MRD) bei der Diagnose wie auch im weiteren Verlauf genutzt werden kann. Das embryonale Rhabdomyosarkom (RME) zeichnet sich durch einen sog. Verlust von Heterozygosität (»loss of heterozygosity«) am 11p15-Locus aus. Dabei geht maternales Genmaterial verloren, so dass eine Disomie des väterlichen Genmaterials vorliegt. Es wird vermutet, dass diese Veränderung entweder zu einem Verlust eines Tumorsuppressorgens oder der Überexpression eines Wachstumsgens führt. Eine weitere molekulargenetische Veränderung betrifft die Mutation des Onkogens RAS (Kratz et al. 2007).
33.4
Diagnostik
Angesichts der Vielfalt der Histologien und der möglichen Lokalisationen von Weichteilsarkomen ist eine einheitliche Symptomatik nicht zu erwarten. Vielmehr sind die Symptome abhängig von der Lokalisation und dort von der vom Tumor ausgehenden raumfordernden Wirkung. Je weniger das gesunde Gewebe ausweichen kann, desto eher werden Obstruktion, Verlegung von Gangsystemen und Hohlräumen eintreten. Tumoren im Urogenitaltrakt werden üblicherweise durch Bauchschmerzen, Hämaturie, Dysurie, Hodenschwellung oder Obstipation auffällig; Allgemeinsymptome wie Fieber, Gewichtsverlust, Schwitzen sind dagegen selten.
801 33.4 · Diagnostik
33.4.1 Klassifikation
Tumor
T0 Kein Anhalt für Primärtumor
T1 Tumor auf Ausgangsorgan oder -gewebe beschränkt mit – T1a Tumordurchmesser ≤5 cm – T1b Tumordurchmesser >5 cm
T2 Tumor nicht auf Ausgangsorgan oder -gewebe beschränkt – T2a Tumordurchmesser ≤5 cm – T2b Tumordurchmesser >5 cm
TX Inadäquate Information über Primärtumor
Lymphknoten
N0 Kein Anhalt für Befall der regionären Lymphknoten
N1 Befall der regionären Lymphknoten
NX Inadäquate Information Metastasen
M0 Kein Anhalt für Fernmetastasen oder Befall extraregionärer Lymphknoten
M1 Fernmetastasen oder Befall nicht regionärer Lymphknoten
MX Inadäquate Information
Ziel der Diagnostik ist es, die Histologie, die Tumorgröße und das Tumorvolumen festzulegen, darüber hinaus die Beziehung zu den Nachbarorganen und -strukturen
zu definieren und Lymphknoten- und Fernmetastasen ( Tab. 33.1 und 33.2) zu erkennen.
33.4.2 Verfahren
Die primäre Diagnostik erfordert eine sorgfältige klinische Untersuchung mit Dokumentation aller Schwellungen und insbesondere aller Lymphknotenregionen. Die bildgebende Diagnostik des Primärtumors baut auf der Sonographie auf, da die meisten Lokalisationen der Sonographie zugänglich sind. Der nächste Schritt in der präoperativen Bildgebung ist ein hochauflösendes Schnittbildverfahren mit definierter Schnittführung. Bei Kindern ist die Kernspintomographie (MRT) das Verfahren der Wahl. Wichtig ist dabei, dass nicht nur die unmittelbare Umgebung des Tumors, sondern auch die im Drainagebereich liegenden Lymphknotenstationen dargestellt werden. Die Ausbreitungsdiagnostik wird komplettiert durch ein Thoraxröntgenbild und eine Computertomographie (CT) des Thorax und des ZNS, eine Skelettszintigraphie sowie eine Knochenmarkpunktion. Im Einzelfall sind weitere Untersuchungen erforderlich z. B. MRT der Wirbelsäule, Positronenemissionstomographie (PET) und eine Liquordiagnostik. Eine unklare Raumforderung sollte letztlich immer Anlass zu einer Biopsie geben, da ohne Biopsie eine Diagnosestellung nicht möglich ist. Wichtig ist dabei, dass Kinder mit einem Tumorverdacht in dafür spezialisierte pädiatrisch-onkologische Zentren überwiesen werden, wo alle notwendigen Fachrichtungen vertreten sind. Feinnadelpunktionen sind meistens nicht aufschlussreich, so
Tab. 33.1. Stadienteinteilung nach IRS (Intergroup Rhabdomyosarcoma Study) im Vergleich zum postchirurgischen Stadium (pTStadium) IRS-Stadium
Definition
pT-Stadium
I
Tumor komplett entfernt (makroskopisch und mikroskopisch), Lymphknoten nicht befallen
I (T1)
Tumor organbegrenzt
pT1
I (T2)
Tumor nicht organbegrenzt
pT2
II
Tumor makroskopisch entfernt, aber mikroskopische Reste
IIA
Regionäre Lymphknoten nicht befallen
IIB
Regionäre Lymphknoten befallen
III
Inkomplette Resektion mit Tumorresten oder nur Biopsie mit malignem Erguss in benachbarte Körperhöhle
pT3b, pT3c
IV
Fernmetastasen bei Erkrankungsbeginn oder Befall nicht mehr regionärer Lymphknoten nachweisbar
pT4
pT3a
33
802
Kapitel 33 · Weichteilsarkome
Tab. 33.2. Hauptlokalisationsgruppen und die damit verbundene Risikoeinschätzung Gruppe
Risiko
Enthält
1
Orbita (ORB)
Günstig
Orbita (ohne knöcherne Infiltration)
2
Kopf/Hals nicht parameningeal (K/H-nPM)
Günstig
Wangen, Kopfweichteilgewebe
3
Kopf/Hals parameningeal (K/H-PM)
Ungünstig
Mittelohr, Nasennebenhöhlen, Orbita mit knöcherner Infiltration, Schädelbasis, Fossa pterygoplatina
4
Urogenital Blase/Postata (UG-BP)
Ungünstig
Blase, Prostata
5
Urogenital nicht Blase/Prostata (UG-nBP)
Günstig
Paratestikuläre Tumoren, Vagina, Uterus
6
Extremitäten (EXT)
Ungünstig
Untere Extremität bis Leistenband, Gesäßmuskulatur, obere Extremität, Schultergürtelmuskulatur
7
Andere (AND)
Ungünstig
Kleines Becken, Abdomen, Stamm, Thorax
dass in der Regel eine offene Probeentnahme erfolgt. Der Biopsieschnitt soll so platziert werden, dass er bei dem definitiven chirurgischen Eingriff entfernt werden kann. In Zentren mit ausreichender Expertise können auch Thru-cut-Biopsien unter MRT-/Sonographie-Kontrolle durchgeführt werden. Wichtig dabei ist die adäquate Asservierung des nicht fixierten Biopsiematerials für die genetische Untersuchung. Die in der Bildgebung verdächtigen Lymphknoten (Größe bzw. Binnenstruktur) sollten im Rahmen des primären chirurgischen Eingriffs biopsiert werden.
33.5
33
Therapie
Die Therapie muss den Tumor lokal und systemisch kontrollieren. Grundsätzlich sollte die Therapie angesichts der Seltenheit im Kindes- und Jugendalter im Rahmen kontrollierter Studien erfolgen. Die Wahl der Reihenfolge der Therapiemodalitäten und ihrer Intensität ist von der Tumorhistologie, dem Stadium, der Tumorgröße, der Lokalisation und dem Alter des Patienten abhängig. Diese tumor- und patientenbezogenen Faktoren haben sich als prognostisch relevant erwiesen und werden für riskoadaptierte Therapiestratifizierung der Chemo- und Radiotherapie benutzt ( Tab. 33.3).
33.5.1 Chemotherapie
Die Chemotherapie ist eine Kombinationschemotherapie und baut auf Medikamenten auf, die als Einzelmedikamente ein befriedigendes Ansprechen erreichen konnten. Eingesetzt werden Actinomycin D (ActoD), Vincristin (VCR), Alkylanzien (Cyclophosphamid und Ifosfamid),
Anthrazykline, Platin-Derivate und Topoisomerasehemmer I und II. Patienten mit sehr günstigen Risikofaktoren werden mit Actinomycin D und Vincristin alleine behandelt. Alle anderen benötigen den Einsatz von Alkylanzien, wobei in den USA Cyclophosphamid (CYC), in Europa Ifosfamid (IFO) bevorzugt wird (Ruymann 2003). Bei der Entscheidung zwischen CYC und IFO sollte neben der Effektivität auch das Toxizitätsspektrum berücksichtigt werden. Trotzdem bleibt bis heute unklar, welches von diesen zwei Medikamenten in der Therapie der Rhabdomyosarkome vorteilhafter ist (Carli et al. 2003). Obwohl die Aktivität von Anthrazyklinen bei Rhabdomyosarkome bekannt ist, konnte der zusätzliche Effekt im Sinne einer Prognoseverbesserung nicht nachgewiesen werden (Crist et al. 1995). In den CWS-Studien wurde Doxorubicin (DOX) zusätzlich zu ActoD, VCR und Alkylanzien eingesetzt (»VACA-« oder »VAIA-Zyklus«). Dafür wurden kumulative Dosen anderer Medikamente wie auch die Therapiedauer im Vergleich zu den IRS-Studien reduziert, was insgesamt das Toxizitätsspektrum vorteilhaft beeinflusste. Außerdem wurde in den IRS-Studien viel häufiger Strahlentherapie eingesetzt. Die CWS-96-Studie wie auch die italienische ICG-98Studie haben die VAIA-Therapie versus CEVAIE (6-Medikamenten-Kombination mit zusätzlich Etoposid und Carboplatin wie auch Epirubicin statt Doxorubicin) randomisiert. Die MMT-98-Studie hat dieselbe Kombination gegen IVA bei identisch definierter Hochrisikogruppe randomisiert untersucht. Die vorläufigen Analysen ergaben keinen prognostischen Vorteil von CEVAIE gegenüber IVA oder VAIA. Aus diesem Grunde wird die IVAKombination in einem Konsensprotokoll der European Pediatric Soft Tissue Sarcoma Group zur Therapie der Rhabdomyosarkome empfohlen.
803 33.5 · Therapie
Tab. 33.3. Tumor- und patientenbezogene prognostisch relevante Faktoren bei »rhabdomyosarkomartigen« Tumoren Günstig
Ungünstig
Präoperativer TN-Status
− T1a − N0
− T2b − N1
Postchirurgischer TN-Status
− pT1–pT2–pT3a − pN0
− pT3b–pT3c − pN1
Alter
10 Jahre
≥10 Jahre
Lokalisation
− Kopf/Hals/ nicht para-/ parameningeal − Urogenital/nicht Blase/Prostata
− − − −
Kopf/Hals/parameningeal Blase/Prostata Extremitäten andere
Histologischer Typ
− Embryonales Rhabdomyosarkom
− − − −
Alveoläres Rhabdomyosarkom extraossäre Ewing-Sarkome periphere neuroektodermale Tumoren Synovialsarkome
33.5.2 Chirurgie
Eine primäre Resektion eines Weichteilsarkoms ist nur selten möglich. Verstümmelnde Ersteingriffe sind in jedem Fall zu vermeiden. Eine bloße Reduktion des Tumors hat keinen Vorteil für den Patienten und sollte unterbleiben. Undurchdachte Resektionen (ohne vorausgegangene bildgebende und pathologische Diagnostik) können das Schicksal des Patienten in negativer Weise bestimmen (Siebenrock et al. 2000). Das chirurgische Vorgehen ist abhängig von der Lokalisation des Tumors und sollte die Erfahrungen berücksichtigen, die in den letzten Jahren durch die standardisierte Therapie im Rahmen der CWS-Studien gewonnen wurden. Die R0-Resektion (Resektatränder histologisch tumorfrei mit ausreichendem Abstand, Tab. 33.4) ist in jedem Fall das Ziel der chirurgischen Therapie, jedoch nicht ein Ziel, das um den Preis der Verstümmelung zu erreichen ist. Nach einer primären R0-Resektion kann auf eine nachfolgende Radiotherapie verzichtet werden. Eine primäre R1- oder gar R2-Resektion des Tumors ist für den Patienten nicht sinnvoll. Eine primäre Re-Exzision nach einem nicht adäquaten chirurgischen Eingriff sollte erwogen werden (Chui et al. 2002).
Lokalisation: Blase oder Prostata Tumoren, die in die Blase hineinreichen, sind leicht durch Zystoskopie zu erfassen, während sich Tumoren der Prostata in der Regel diesem Verfahren entziehen. Selbst offene Biopsien beinhalten das Risiko einer falsch negati-
Tab. 33.4. Radikalität der Tumorentfernung Grad der Radikalität
Definition
R0
Vollständige Resektion ohne makround mikroskopische Tumorreste; entspricht IRS-Stadium I
R1
Marginale Resektion, mikroskopische Reste (ungenügender Sicherheitsabstand, Zweifel an der Radikalität, Tumor erreicht Resektionsrand); IRS-Stadium II
R2
Unvollständige Resektion, makroskopische Reste; IRS-Stadium III
ven Diagnose. Daher werden MRT-gesteuerte Thru-cutBiopsien empfohlen. Die primäre Resektion ist in der Regel nur möglich für Tumoren, die weit vom Trigonum entfernt sind. Wenn nach Beendigung der Chemotherapie im MRT kein Tumor mehr nachweisbar ist, ist eine Second-look-Biopsie in der Regel nicht erforderlich. Kleine Resttumoren können mit der Erhaltung der Funktion nach Chemo- und Radiotherapie reseziert werden. Eine blasenerhaltende Chirurgie kann auch unterstützt werden durch den Einsatz einer präoperativen Radiotherapie oder Brachytherapie (Seitz et al. 2008; Martelli et al. 1999). Die partielle Prostatektomie ohne Radiotherapie birgt das Risiko eines lokalen Rezidivs. Wenn eine konservative R0-Resektion bei verbleibendem makroskopischem Tumor, selbst nach Radiotherapie, nicht möglich ist, kann eine totale Zystektomie oder eine totale Prostatektomie unvermeidbar sein.
33
804
Kapitel 33 · Weichteilsarkome
Lokalisation: nicht Blase/Prostata Paratestikuläre Tumoren Das Vorgehen ist abhängig vom Sitz des Tumors. Bei paratestikulären Tumoren erfolgt die Entfernung des Tumors über eine inguinale Inzision mittels einer obligaten Orchiektomie auf der betroffenen Seite. Falls das Skrotum betroffen ist, muss eine Hemiskrotektomie erfolgen. Diese beiden Operationen gelten nicht als mutilierend. Die regionalen Lymphknoten sind im Zusammenfluss der spermatischen und renalen Gefäße auf der betroffenen Seite lokalisiert. Lymphknoten in der Leiste gelten nicht als regionale, sondern als distante Metastasen. Die Lymphknotenregionen müssen sehr sorgfältig durch Ultraschall, CT oder MRT untersucht werden. Eine Lymphknotendissektion wird jedoch zum Beginn der Therapie nicht empfohlen, auch wenn diese Lymphknoten radiologisch als befallen diagnostiziert sind. Eine radikale Lymphadenektomie darf nur dann vorgenommen werden, wenn die Lymphknoten klinisch oder radiologisch zum Zeitpunkt der sekundären lokalen Therapie (in den CWS-Studien nach 3–4 Chemotherapieblöcken) noch verdächtig sind. Als die bevorzugte lokale Therapie (das Mittel der Wahl) wird hier die Radiotherapie betrachtet, außer wenn eindeutige Kontraindikationen (z. B. Alter unter 3 Jahren) dagegen sprechen.
Sarkome der Vagina
33
Typische Sarkome der Vagina sind botryoide Rhabdomyosarkome, die in das Vaginallumen hineinwachsen, ohne das kleine Becken zu infiltrieren. Sie zeigen in der Regel eine gute Response auf die Chemotherapie. Die initiale Diagnostik sollte daher durch eine endoskopische Biopsie vom Lumen der Vagina aus vorgenommen werden. Eine primäre mutilierende Operation mit Resektion der Vagina sollte auf keinen Fall erfolgen. Nach gutem Ansprechen auf die Chemotherapie gibt es Möglichkeiten zur Vermeidung oder Reduzierung der Radiotherapie: lokale Resektion durch Vaginoskopie, die Urethra und das Rektum respektierend. Wenn die Resektate freie Ränder zeigen, kann auf eine externe Radiotherapie verzichtet werden. In ausgewählten Fällen kommt eine Brachytherapie als Alternative zur partiellen Vaginektomie in Frage.
stehen im Widerspruch zu den IRS-Daten, werden aber durch die Ergebnisse der SIOP-Studien unterstützt.
33.5.3 Radiotherapie
Die Radiotherapie ist eine effektive Methode, die lokale Tumorkontrolle bei Patienten mit mikroskopischen und makroskopischen Tumorresten zu verbessern. Patienten mit »rhabdomyosarkomartigen« Weichteilsarkomen, die eine primäre oder sekundäre R0-Resektion erfahren haben (betrifft nur die embryonalen Rhabdomyosarkome), bedürfen keiner Strahlentherapie.
Blase/Prostata Die Dosen und das Zielvolumen folgen den generellen Radiotherapierichtlinien der CWS-Protokolle. Die CWSStudien haben die reduzierte Bestrahlung mit 32 Gy (akzeleriert und hyperfraktioniert; 2×1,6 Gy) bei prognostisch günstigen Tumorkonstellationen untersucht. Die lokale Kontrolle erwies sich als vergleichbar mit der 40-Gy-Dosis (konventionell fraktioniert) bei reduzierten akuten und späten Nebenwirkungen (Koscielniak et al. 1994; Dantonello et al. 2009). Die Gonaden sollten immer – wenn möglich – außerhalb des Zielvolumens positioniert werden. In Abhängigkeit von der lokalen Situation kann auch eine Afterloading-Technik oder eine Brachytherapie erfolgen.
Paratestikulären Rhabdomyosarkome Patienten mit paratestikulären Rhabdomyosarkomen mit einer kompletten sekundären Resektion benötigen keine Radiotherapie.
Rhabdomyosarkom der Vagina und des Uterus Mädchen mit Rhabdomyosarom der Vagina und des Uterus benötigen eine individuelle Radiotherapieplanung, die die Techniken der Brachytherapie und des Afterloadings mit einbeziehen.
33.6
Verlaufskontrollen
Sarkome des Uterus Diese Tumoren sind üblicherweise Rhabdomyosarkome und treten bei älteren Mädchen in oder nach der Pubertät auf. Die CWS-Daten zeigen, dass Patientinnen mit embryonalen Rhabdomyosarkomen des Uterus, die ohne primäre Mutilation mit Chemotherapie behandelt worden sind, eine gute Chance zu überleben haben, diese Daten
Die Therapiekontrollen erfolgen bildgebend (sonographisch und mit MRT), indem der Sitz des Primärtumors kontrolliert wird. Diese Informationen sind zur Beurteilung des Ansprechens und damit zur Einschätzung der Lokaltherapie unerlässlich. Die Kontrolle der Chemotherapie hat die Organtoxizitäten zu berücksichtigen. Bei
805 33.9 · Spätfolgen
Einsatz von Anthrazyklinen müssen regelmäßig EKGund Echokardiographiekontrollen erfolgen, bei Einsatz von Ifosfamid regelmäßig Kontrollen der Tubulusfunktion und bei Einsatz von Platinpräparaten regelmäßig Überprüfung des Hörvermögens und der Nierenfunktion. Nach Abschluss der Therapie erfolgt eine systematische Tumornachsorge, die sowohl eine Überwachung des Tumorstatus als auch eine Kontrolle der Organfunktionen erfordert.
33.7
Prognose
Die Prognose ist abhängig von Alter, Histologie, Lokalisation, Ansprechen und Stadium. In der Studie CWS-86 betrug die rezidivfreie Überlebensrate nach 5 Jahren für alle Patienten 67%, die Überlebensrate 78% (Koscielniak et al. 1994, 1999). Ähnliche Ergebnisse wurden in den IRSStudien erzielt (Crist et al. 2001). Die SIOP MMT84-Studie hat leicht niedrigere ereignisfreie und allgemeine Überlebensraten (53% und 67%) erreicht (Flamant et al. 1998).
33.8
Rezidiv
Die Prognose der Patienten nach einem Rezidiv richtet sich nach dem Stadium des Primärtumors und der vorausgegangenen Therapie wie auch der Lokalisation und dem Zeitpunkt des Rezidivs. Die besten Chancen (Überlebensraten bis 50%) haben Patienten mit initialen IRS-Gruppen I und II, lokalem, eher spätem Rezidiv und vorhandener Option für Radiotherapie (Klingebiel et al. 1998; Pappo et al. 1999). Besonders schlechte Chancen haben Patienten mit frühen, metastatischen Rezidiven. Die Alkylanzien (besonders IFO) und Anthrazykline werden obligatorisch bei Patienten eingesetzt, die diese Medikamente in der primären Therapie nicht erhalten haben. Bei anderen Patienten werden zusätzlich Topoisomerasehemmer wie VP16, Topotecan oder auch Irinotecan (Gupta u. Pappo 2006) sowie Platin-Derivate (Cisplatin und Carboplatin) eingesetzt (Cosetti et al. 2002). Vinorelbin hat sich auch als wirksam bei vorbehandelten Rhabdomyosarkomepatienten erwiesen (Casanova et al. 2002). Ähnlich wie bei primär metastatischer Erkrankung ist die Bedeutung der Hochdosischemotherapie unklar.
33.9
Spätfolgen
Jede unter kurativem Aspekt durchgeführte onkologische Therapie bringt eine Morbidität mit sich, die mit der Aggressivität des therapeutischen Vorgehens zusammen-
hängt. Dabei muss zwischen den akuten Nebenwirkungen und Spätfolgen Gewebe differenziert werden. Die primäre Diagnostik (inklusive Biopsie) einer Raumforderung soll bereits in pädiatrisch-onkologischen Zentren erfolgen. Da die Chemotherapie der Weichteilsarkome im Kindesalter sehr intensiv ist, soll sie ebenfalls in dafür spezialisierten Zentren durchgeführt werden, die über die notwendige Erfahrung für diese Altersgruppe wie auch entsprechende Kooperationspartner (pädiatrische Kardiologie, Intensivmedizin, Neurologie, Endokrinologie) verfügen. Die Kombination der während der Therapie auftretenden allgemeinen Nebenwirkungen wie Panzytopenie, Schleimhautläsionen, Schädigung von Leber, Nieren, Bauchspeicheldrüse kann schnell zu lebensbedrohlichen Situationen führen. Nach Behandlungsende treten die Langzeitfolgen mehr in den Vordergrund. Im Einzelnen sind dies:
glomeruläre und tubuläre Nierenschädigung (Alkylanzien, Platin-Derivate, RTX),
Herzmuskelschädigung bis zum Herzversagen (Anthrazykline, Alkylanzien, RTX),
Leberschädigung (Operation, fast alle Zytostatika, Infektionen),
endokrinologische Defizite (Wachstums- und/oder Pubertätsverzögerung: Alkylanzien, Platin-Derivate, RTX, Infertilität: Alkylanzien, RTX),
funktionelle Defizite, die neurologisch oder organisch bedingt sind (Hörvermögen, Lungenfunktion, Kontinenz, Funktionalität des muskuloskelettalen Systems: Platin-Derivate, Bleomycin, RTX, Operationen) und
sekundäre Malignome (RTX, Alkylanzien, Topoisomeraseinhibitoren). In der CWS-86-Studie entwickelten 1,6% der Patienten, die DOX bekommen haben, kardiale Funktionsstörungen nach einer kumulativen Dosis von 240–360 mg/m2 KOF. Die Herzmuskelschädigung kann sich noch sehr spät (bis 20 Jahre nach Therapie) manifestieren (Krischer et al. 1979). Zusätzliche Risikofaktoren, die eine Herzmuskelschädigung durch Anthrazykline begünstigen können, sind schnelle intravenöse Verabreichung (Bolusinjektion), Radiotherapie der Thoraxregion und gleichzeitige Therapie mit IFO, das auch kardiotoxisch wirken kann (Oberlin et al. 1992). IFO bewirkt glomeruläre, überwiegend jedoch tubuläre Nierenschädigungen. 27% der mit IFO behandelten Patienten in der CWS-86-Studie zeigten eine Schädigung des proximalen Tubulus, 6% entwickelten ein Fanconi-ähnliches Syndrom (Koscielniak et al. 1999). Risikofaktoren für die Entwicklung der Nierenschädigung durch IFO sind kumulative Dosen >50 g/m2 KOF, Alter <4 Jahre, Bestrahlung der Nierenregion und Nephrektomie (Marina et al. 2000).
33
806
Kapitel 33 · Weichteilsarkome
Sekundäre maligne Erkrankungen stellen ein weiteres Risiko für Patienten dar, die mit Alkylanzien, Topoisomeraseinhibitoren und Radiotherapie behandelt wurden. Hier kann aber auch die genetisch bedingte Prädisposition eine wichtige Rolle spielen. In der CWS-86-Studie wurden sekundäre Malignome bei 2,4% Patienten diagnostiziert. Ähnliche Daten hat die IRS-Gruppe publiziert (Heyn et al. 1993).
Literatur
33
Carli M et al. (2003) Ifosfamide in pediatric solid tumors. Oncology 65 (Suppl 2): 99–104 Casanova M et al. (2002) Vinorelbine in previously treated advanced childhood sarcomas: evidence of activity in rhabdomyosarcoma. Cancer 94 (12): 3263–328 Cecchetto G et al. (2003) Role of surgery for nonmetastatic abdominal rhabdomyosarcomas: a report from the Italian and German Soft Tissue Cooperative Groups Studies. Cancer 97 (8): 1974–1980 Chui CH et al. (2002) Is reexcision in pediatric nonrhabdomyosarcoma soft tissue sarcoma necessary after an initial unplanned resection? J Pediatr Surg 37 (10): 1424–1429 Cosetti M et al. (2002) Irinotecan for pediatric solid tumors: the Memorial Sloan-Kettering experience. J Pediatr Hematol Oncol 24 (2): 101–105 Crist W et al. (1995) The Third Intergroup Rhabdomyosarcoma Study. J Clin Oncol 13 (3): 610–630 Crist WM et al. (2001) Intergroup rhabdomyosarcoma study-IV: results for patients with nonmetastatic disease. J Clin Oncol 19 (12): 3091–3102 Dantonello T et al. (2009) The cooperative trial CWS-91 for localized soft tissue sarcoma in children, adolescents, and young adults. J Clin Oncol [Epub ahead of print] Flamant F et al. (1998) Treatment of non-metastatic rhabdomyosarcomas in childhood and adolescence. Results of the second study of the International Society of Paediatric Oncology: MMT84. Eur J Cancer 34 (7): 1050–1062 Gupta AA. Pappo AS (2006) New drugs for the treatment of metastatic or refractory soft tissue sarcomas in children. Future Oncol 2 (5): 675–685 Hennekam RC (2003) Costello syndrome: an overview. Am J Med Genet 117C (1): 42–48 Heyn R et al. (1993) Second malignant neoplasms in children treated for rhabdomyosarcoma. Intergroup Rhabdomyosarcoma Study Committee. J Clin Oncol 11 (2): 262–270 Klingebiel T et al. (1998) Treatment of children with relapsed soft tissue sarcoma: report of the German CESS/CWS REZ 91 trial. Med Pediatr Oncol 30 (5): 269–275 Koscielniak E et al. (1994) [Improved local tumor control by early and risk-adjusted use of radiotherapy in primary non-resectable rhabdomyosarcomas: results of CWS 81 and 86 studies]. Klin Padiatr 206 (4): 269–276 Koscielniak E et al. (1999) Results of treatment for soft tissue sarcoma in childhood and adolescence: a final report of the German Cooperative Soft Tissue Sarcoma Study CWS-86. J Clin Oncol 17 (12): 3706–3719 Koscielniak E, Morgan M, Treuner J (2002) Soft tissue sarcoma in children: prognosis and management. Paediatr Drugs 4 (1): 21–28 Kratz CP et al. (2007) Uniparental disomy at chromosome 11p15.5 followed by HRAS mutations in embryonal rhabdomyosarcoma:
lessons from Costello syndrome. Hum Mol Genet 16 (4): 374– 379 Krischer JP et al. (1997) Clinical cardiotoxicity following anthracycline treatment for childhood cancer: the Pediatric Oncology Group experience. J Clin Oncol 15 (4): 1544–1552 Marina NM et al. (2000) Comparative renal tubular toxicity of chemotherapy regimens including ifosfamide in patients with newly diagnosed sarcomas. J Pediatr Hematol Oncol 22 (2): 112–118 Martelli H et al. (1999) Conservative treatment for girls with nonmetastatic rhabdomyosarcoma of the genital tract: A report from the Study Committee of the International Society of Pediatric Oncology. J Clin Oncol 17: 2117–21122 Newton WA Jr et al. (1995) Classification of rhabdomyosarcomas and related sarcomas. Pathologic aspects and proposal for a new classification – an Intergroup Rhabdomyosarcoma Study. Cancer 76 (6): 1073–85 Oberlin O et al. (1992) No benefit of ifosfamide in Ewing’s sarcoma: a nonrandomized study of the French Society of Pediatric Oncology. J Clin Oncol 10 (9): 1407–1412 Pappo AS et al. (1999) Survival after relapse in children and adolescents with rhabdomyosarcoma: A report from the Intergroup Rhabdomyosarcoma Study Group. J Clin Oncol 17 (11): 3487–93 Raney RB (2002) Soft-tissue sarcoma in childhood and adolescence. Curr Oncol Rep 4 (4): 291–298 Ruymann FB (2003) The development of VAC chemotherapy in rhabdomyosarcoma: what does one do for an encore? Curr Oncol Rep 5 (6): 505–509 Schwartzbaum JA et al. (1991) An exploratory study of environmental and medical factors potentially related to childhood cancer. Med Pediatr Oncol 19 (2): 115–121 Seitz G et al (2008) Surgical treatment problems in patients with bladder/prostate rhabdomyosarcoma – a report from the german soft tissue Sarcoma Study Group CWS-96. Ped Blood Cancer 51: AO.004 Siebenrock KA, Hertel R, Ganz R (2000) Unexpected resection of softtissue sarcoma. More mutilating surgery, higher local recurrence rates, and obscure prognosis as consequences of improper surgery. Arch Orthop Trauma Surg 120 (1–2): 65–69
34 Selbsthilfegruppen und überregionale Verbände und Organisationen I. Kausch von Schmeling, M. Hohenfellner, D. Jocham
Mittlerweile gibt es eine unüberschaubare Anzahl von Krebsselbsthilfegruppen. Zahlreiche Gruppen sind heute im Internet leicht verfügbar und unter den genannten Addressen zu finden.
Adressen von Selbsthilfegruppen
Selbsthilfe Krebs – Psychosoziale Beratungsstelle
für Krebskranke und Angehörige, Albrecht-AchillesStraße 65, 10709 Berlin, Telefon 030/89-140-49 Deutsche Krebsgesellschaft, Paul-Ehrlich-Straße 41, 60596 Frankfurt/Main, Telefon 069/63-00-960 Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die Krebsgesellschaften der einzelnen Bundesländer, Hufelandstraße 55, 45147 Essen, Telefon 0201/72-31 Deutsche Krebshilfe e. V., Thomas-Mann-Straße 40, 53111 Bonn, Telefon 0228/729-900 Gesellschaft zur Bekämpfung der Krebskrankheiten, Kettweger Straße 6, 40233 Düsseldorf, Telefon 0211/7336-655 Liga für Krebsgefährdete – Gesundheitsforum Wiesbaden e. V., Graf-v.-Galen-Straße 40, 65197 Wiesbaden, Telefon 06121/46-03-93 Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V., Friedrichstraße 28, 25392 Gießen, Telefon: 0641/7022-478
Genesendenhilfe e. V., Steindamm 87, 20099 Hamburg, Telefon 040/24-69-05
Interessengemeinschaft der Krebsnachsorge e. V., Landwehrstraße 60, 28217 Bremen, Telefon 0421/396-30-66
Krebsliga Magdeburg e. V., Erzberger Straße 22, 39104 Magdeburg, Telefon 0391/519-34
Internetaddressen von Selbsthilfegruppen
www.preisglocke.de/selbsthilfegruppen.html
www.allesklar.de/
www.krebsselbsthilfe.de
www.krebsselbsthilfe.info
www.krebs-kompass.org/
Stichwortverzeichnis
A Abarelix 566 Abiraterone 586 ABT-263 127 ABT-737 127 Acrylnitrit 398 Active Surveillance 539 Adenokarzinom 453 Adenom, renales tubuläres 335 ADL s. Aktivitäten des täglichen Lebens 277 Advanceband 302, 304 Afterloading 552 Afterloadingtherapie 117 AKT-Weg 124 Akupunktur 246 5-ALA s. 5-Aminolävulinsäure 406 Alopezie 144 Alternativmedizinische Therapieverfahren 215 Aminogluthetimid 586 5-Aminolävulinsäure (5-ALA) 406, 414 Amitriptylin 193 AML s. akute myeloische Leukämie 146 AMS Sphinkter 302 Analgetikanephropathie 372
Anämie 176 Androgendeprivation, medikamentöse 565 Androgenentzugssyndrom 565, 576 ANE-Syndrom 272 Anilin 398 5-HT3-Antagonisten 169 Anthrazykline 587 Antiandrogene 567, 574, 584 Antiandrogenentzugseffekt 584 Antiandrogene Therapie 564 Antidepressiva 184 – trizyklische 193 Antidots 273 Antiemetika 172 Antiemetische Therapie 169 Antikörper, monoklonale 125 Antikörpertherapie 125 Anwendungsbeobachtungen 21 Apoptose 7, 126 Aprepitant 145, 169 ARDS 143 Area postrema 195 Argusschlinge 302, 303 Aromatische Amine 398 Arrays 12, 14 Artifizielle neuronale Netzwerkanalyse (ANNA) 515 Arzt-Patient-Beziehung 210
ASA-Klassifikation 86, 87, 276 ASTRO-Kriterien 556 Atrasentan 152, 596 Audit 26 Aufklärung 43 Auramin 398 Ausscheidungsurogramm 377 Autotransplantation 342, 343, 384 Avastin 163 AWB s. Anwendungsbeobachtungen 21 Axitinib 350 Azofarbstoffe 398
B Baclofen 194 BAK 127 Balanitis xerotica obliterans 740 Balkannephropathie 371, 400 BAX 127 BCG 155, 157, 424 – Connaught 419 – Pasteur 418 – Perfusionstherapie 482 – RIVM 424 BCG-Instillation 381
810
Stichwortverzeichnis
BCG-Instillationstherapie 424 BCG-Therapie 417 BCG-Versager 425, 427 BCL-2 127 BCL-2-Proteine 126, 127 BCL-XL 127 Beckenbodengymanstik 301 Beckenbodentraining 302 Beckwith-Wiedeman-Syndrom 317, 779, 799 Behandlungsgleichheit 20 Belastungsreaktionen 212 Benzidin 398 Beobachtungsgleichheit 20 Bevacizumab 124, 126, 151, 163, 349, 451, 595 Bewegungstherapie 215 BGC – Pasteur 419 – RIVM 419 – Tice 419 BH3 126 Bicalutamid 568, 572 Bildgebung 47 Bilharziose 399 Biofeedback 301, 302 Biomarker 510 Biometrie 17 Biopsie – Aspiration 88 – Exzision 88 – Nadel 88 BIRM 248 Birt-Hogg-Dubé-Syndrom 332, 333 Bisacodyl 196 Blackfoot-Erkrankung 371 Bladder tumor antigen 407 Blasenfunktionsstörungen 298 Blasenkarzinom, protektiver Effekt 233 Blasenteilresektion 421 Bleomycin (=BLEO) 136, 141, 143, 144, 145, 250 Bloom-Syndrom 780 Bluttransfusion 176 Body-Mass-Index (BMI) 279 Bowenoide Papulosis 740 Brachytherapie – High-dose 552 – Low-dose 552 Bestrahlung 252 Bortezomib 451
Brachytherapie 117, 252 Brief Pain Inventory 181 BTA s. bladder tumor antigen 407 Bulking agents 302, 303 Buprenorphin 184, 192 Buschke-Löwenstein-Riesenkondylom 452 Buschke-Löwenstein-Tumor 740 Busulfan 143 Butylscopolamin 194 Bysitin 535
C Calcitriol 598 Capecitabine 354 Carbamazepin 193 Carboplatin (=CARBO) 136, 140, 141, 144, 145 Carcinoma in situ 402 – Einfluss der BCG-Therapie 429 – extravesikales 427 – Pathologie 429 – Prognose 428 – Therapie 385 Carmustin 143 Case report form 26 Caspasen 126, 127 Castello-Syndrom 799 Cava(teil)resektion 342 Cavathrombus 336 CD44 239 CDDP 136 CDK (cyclin dependent kinases) s. zyklinabhängige Proteinkinasen 6 Certican 162 Cetuximab 124, 163 CEVAIE 802 CGA 277 Charlson-Index 276 Charlson-Score 539 Chemotherapie, intravesikale 415, 417, 424 Chemotherapieprotokolle 150 Chemotherapieschema, fortgeschrittenes Harnblasenkarzinom 444 ChIP s. Chromatin-Immunopräzipation 11 Chlorambucil 250 Chlornaphazin 398, 399
β-Choriongonadotropin 649 Chromatin-Immunopräzipation 11 Chromogranin A 326 cIAP1 127 cIAP2 127 CIRS-G 277 CIS-Detektion 414 Cisplatin 140, 141, 143, 144, 145, 250, 354 Cisplatin (=DDP, CDDP) 136 CIS s. Carzinoma in situ 421 Cis- und Carboplatin 249 Clock Completion Test 278 Clodronat 579 Clomipramin 193 Clonazepam 193 Clonidinhemmtest 327 Codein 184, 191 Colitis ulcerosa 87 Colorectal and Ovary 512 Common Toxicity Criteria 25 Comprehensive Geriatric Assessment, CGA 277 Computertomographie 58 Conduit – oberer Harntrakt 109 – parastomale Hernien 109 – Stenosen 109 Coping 232 – Anpassungsleistung 212 – Viktimisierung 208 COX-2 Hemmer 79, 182 Cranberry 242 CRF s. case report form 26 C-TRUS 515, 533 Cumulative Illness Rating Scale 277 Cut-off-Wert 525 Cyclophosphamid 143, 144, 249, 398, 399 Cyproteronacetat 567 Cytarabin 250
D Da-Vinci-Robotersystem 543 DDD (Mitotane) 321 DEALE-Konzept 276 Degarelix 566 DemTect 278 Denys-Drash-Syndrom 780
811 Stichwortverzeichnis
Deregulation 4, 123 Dermatotoxizität 144 DGSS Fragebogen 181 DHT s. Dihydrotestosteron 496 Dichlorbenzidin 398 Diclofenac 183 Digital-rektale Untersuchung (DRU) 513, 522 Dihydrocodein 191 Dihydrotestosteron 496 Dimenhydrinat 195 Disabilities and Handicaps 283 Disability and Health 284 Docetaxel 136, 140, 141, 143, 145, 250, 587 Dolasetron 170 Domperidon 195 Doppelbildern 195 Dottersacktumoren, maligne 792 Doxepin 193 Doxorubicin 140, 141, 142, 144, 145, 249, 250, 354, 591 Doxorubicin (=DX, DOX; Adriamycin =ADM) 136 DRU 513 Ductus-Bellini-Karzinom 334, 354 Duloxetin 297, 302 Durogesic smat 184 Dysfunktionen, zerebelläre 144 Dyspnoe 198
E Echinacea 243 EGFR 124 EGF-Rezeptor 349 EGFR/Her2/Neu-Inhibitor Lapatinib 124 EGFR-Inhibitoren 124 EGFR s. endothelialer WachstumsfaktorRezeptor 152 EGF s. epidermal growth factor 408 Elastographie 515, 533 Electrospray ionization 11 Elektrophoretic mobility shift assay 11 Elektrostimulation 302 – transanale 301 ELISA s. enzyme linked immuno-sorbent assay 9
EMDA, Transport, elektromotiver s. Electromotive-Drug-Administration 417 Emesis 144, 195 Emesisrisiko 169 EMSA s. elektrophoretic mobility shift assay 11 Endosonographie 53 – Volumetrie 54 Endothelialer WachstumsfaktorRezeptor (EGFR) 152 Endothelin-Rezeptor 152 Enzephalopathie, chronische 144 Enzyme linked immuno-sorbent assay 9 EORTC 414 EORTC QLQ-C30 37 EORTC-Studie 341 Epidemiologie, klinische 17 Epidermal growth factor 408 Epidermoidzyste 714 Epiduralanästhesie 86 Epirubicin 140, 141, 142, 145, 249, 416, 591 Epirubicin (=EPI, epiDX) 137 Epothilone 592 Erbitux 163 Erbitux (Cetuximab) 458 ERCC1 s. Excision-repair-crosscomplementing-1-Enzym 409 Erektile Dysfunktion 298, 305 ERK 125 Erlotinib 124, 125 Ernährungstherapie 215, 217 ERSPC (European Randomized Screening for Prostate Cancer) 512 Erythromycinbase 195 Erythroplasia Queyrat 740 Erythropoetin 140, 141, 176, 177 ESI s. electrospray ionization 11 Estramustinphosphat (=ECYT) 137, 145, 585 Etoposid 140, 141, 143, 144, 145 Etoposid (=VP-16) 137 Evans-Klassifikationen 772 Everolimus 124, 125, 162, 351 Excision-repair-cross-complementing-1 -Enzym 409 Extragonadale Keimzelltumoren 694 Extraossäre Ewing-Sarkome (EES) 800
F FACT 37 Faktor AF2 238 Fallkontrollstudie 21 Familäres renales Onkozytom 333 Farnesyltransferasen 451 Fasciitis necroticans 270 FasL 126 Fast-track-Konzepte 294 Fatigue-Syndrom 178, 252 18FDG-PET 319, 320 Fentanyl 184, 192 α-Fetoprotein (AFP) 643, 649 F-FDG-PET 327 F-Fluorodopa-PET 327 Fibrosarkome 800 Filgastim 140 Finasterid 79, 568 FISH s. Floureszenz-in-situHybridisierung 11, 407 Fisteln, tumorbedingte 272 FKB12 125 Flare-up-Phänomen 565 Floureszenz-in-situ-Hybridisierung 407 Fluoreszenzzystoskopie 414 18-Fluoro-2-Deoxyglucose-PET 605 5-Fluorouracil (=5-FU) 137, 140, 141, 143, 144, 145, 250 Flutamid 568 FOLFOX-4 449 Fosaprepitant 171 Fournier-Gangrän 270 Fraktur 271 Fraser-Syndrom 782 Früherkennung 531 Frühinstillation 416 5-FU 158, 352, 354 Fuchsin 398
G Gabapentin 193 Ga-DOTATOC-PET 327 Ganglioneuroblastom 772 Ganglioneurom 772 Gardner-Syndrom 799 Gastrografin 174
B–G
812
Stichwortverzeichnis
GCP s. Good Clinical Practice 19 G-CSF 140, 141 Gefitinib 124, 125, 153, 451 Gemcitabin (=dFdC) 138, 140, 354 Geriatrische Depressionsskala (GDS) 279 Ginseng 242 Gleason-Grading 503 Glivec (Imatinib) 458 GM-CSF 140, 141 GM-CSF-Gen 154 Goldmarker 120 Gonadoblastom 712 Good Clinical Practice 19 Goserelin 566 Granatapfelsaft 243 Granisetron 170 GVAX 154 Gynäkomastie 577
H Haloperidol 195 HAL s. Hexaminolävulinsäure 406 HAL s. Hexylaminolävulinat 414 Hand-Fuß-Syndrom 153 Harmatin 125 Harnableitung – Augmented valved rectum 111 – Conduit 109 – doppelt gefaltete Rektosigmoidblase 111 – double-barreled wet colostomy 114 – Harnwegsinfektion 95 – Hypokaliämie 93 – kontinente kutane 106 – Lebensqualität 94 – metabolische Azidose 92 – Mukusbildung 94 – Nierenfunktion 95 – orthotoper Blasenersatz (Neoblase) 95 – palliative 113 – Patientenselektion 91 – perkutane Nephrostomie 113 – Rektumblase 112 – Sigma-/Rektumpouch (MainzPouch II) 111 – subkutaner nephrovesikaler Ureterbypass 113
– Ureter-Haut-Fistel 109, 113 – Ureterosigmoideostomie 110 – Vitamin B12-Mangel 93 Harnblasenkarzinom – Adenokarzinom 453 – Ätiologie 397 – Diagnostik 405 – Epidemiologie 395 – gutartige Tumoren der Harnblase 457 – Harnröhrenrezidiv 433 – histopathologisches Grading 402 – lokales Rezidiv 433 – Lymphadenektomie 431 – malignes Lymphom der Harnblase 456 – malignes Melanom 454 – molekularbiologische Aspekte 408 – Nachsorge 459 – neuroendokrine Tumoren/ kleinzellige Karzinome 455 – Phäochromozytom 454 – Plattenepithelkarzinom 452 – Risikofaktoren 397 – seltene Tumoren der Harnblase 452 – Sentinel-Lymphknoten 410 – Therapie des Carcinoma in situ der Harnblase (TDCIS) 421 – Therapie des metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase (TDmet) 444 – Therapie des muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase (TDM) 430 – Therapie des oberflächlichen Urothelkarzinoms der Harnblase (TDO) 412 – Urachuskarzinom 454 – Urinzytologie 406 Harnblasentamponade 269 Harnfistel 343 Harninkontinenz 294 – postoperative 294 Harnleiterersatz 381 Harnleiterkarzinom – Ätiologie 371 – Chemotherapie 382 – Diagnostik 376 – Epidemiologie 371 – Lymphknotenmetastasen 386 – Nachsorge 387 – Prognose 386
– Radiotherapie 382 – Therapie 380, 383 – TNM-Klassifikation 374 Harnröhrenkarzinom – Ätiologie 477 – Diagnostik 480 – Epidemiologie 477 – histologische Einteilung 478 – operative Therapie 481 – Palliativtherapie 484 Harnröhrenzytologie 482 Harnverhalt 269 HDR-Brachytherapie 552 HDR s. High-dose-Brachytherapie 552 Heatshock-Proteine (HSPPC-96) 353 Hepatotoxizität 142 Her2/Neu 124 Herceptin 451 Herceptin (Trastuzumab) 458 Hereditäres Leiomyomatosis-Nierenzellkarzinom 332 Hereditäres Leiomyomatosis-Nierenzellkarzinom-Syndrom 333 Hereditäres papilläres Nierenzellkarzinom (HRPC) 332, 333 Hexaminolävulinsäure 406 Hexvix s. Hexylaminolävulinat 414 Hexylaminolävulinat 414 HIF-1α 126 HIFU s. high intensity focused ultrasound 89, 345, 554 High intensity focused ultrasound 345, 554 Hitzeschockprotein 160 Hitzewallungen 576 Hodentumor – Alter 638 – Ätiologie 638 – Chemotherapieempfindlichkeit 645 – Diagnostik 648 – Epidemiologie 637 – Fertilität 651, 655 – fortgeschrittener 684 – Genetik 645 – Histologie 638 – Karzinoid 712 – Keimstrang-/Stromatumoren 710 – Kryokonservierung 655 – mesenchymaler Tumor 713 – Mortalität 640 – Nachsorge 703 – Nichtseminom CS I 670
813 Stichwortverzeichnis
– – – –
Nichtseminome 638 refraktäre Tumore und Rezidive 697 Residualtumorresektion 691 Resistenzmechanismen gegenüber Cisplatin 646 – Rezidive 704 – Seitenverteilung 638 – seltener 709 – Seminom CS IIA/B 676 – Seminome 638 – Therapie des Primärtumors 651 – Tumormarker 643, 649 Hodentumor, fortgeschrittener – Chemotherapie bei good prognosis 685 – Chemotherapie bei intermediate prognosis 688 – Chemotherapie bei poor prognosis 688 – Hochdosischemotherapie 689 – Resektion 691 – Therapie von Hirnmetastasen 696 – Therapie von Lebermetastasen 696 Hormontherapie 252 – adjuvante 547 – neoadjuvante 546 Hospize 205 HSPPC-96 s. Hitzeschockprotein 160 Human-Substanz-P-Neurokinin-1(NK1)-Rezeptorantagonist 171 Hydromorphon 184, 192 Hyperkortisolismus 319 Hyperthermie 417 Hypovitaminose 221
I Ibuprofen 183 ICED (Index of Coexisting Disease) 276, 277 ICF s. International Classification of Functioning, Disability and Health 284 ICIDH s. International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps 283 IFN s. Interferon-α 157 IFN-α 158, 352 IFN-γ 352 Ifosfamid 138, 140, 141, 143, 144, 145
Ifosfamid (=IFO, IFX) 138 IIEF-Score 307 IIEF s. International Index of Erectile Function 307 IL-2 s. Interleukin-2 157, 158, 352 IL-11 141 Ileus 197 Imatinib 154 Immunszintigraphie 411 Immuntherapeutika – BCG 417 – α-Interferon 417 Immuntherapie 157, 349, 425, 593 – intravesikale 424 – spezifische 353 – unspezifische zyokinbasierte 351 Impotenz 90 Indometacin 183 Injektion, perisphinktäre 303 Injektionstherapie, intrakavernöse 309 INK4-Proteine 7 Inkontinenz 90, 300 – Belastung 301 – konservative Therapie 301 – Misch 301 – operative Therapie 302 – pharmakologische Therapie 302 – postoperative 302 – Überlauf 269 In-Octreotid-Szintigraphie 327 INPC s. International Neuroblastoma Pathology Classification 772 In-situ-Hybridisierung 11 In-situ-Karzinom s. Carcinoma in situ 426 – assoziiertes 422 – primäres 421 – sekundäres 422 INSS s. International Neuroblastoma Staging System 772 Instillation 416 Instillationsbehandlung 416 Instillationstherapie, intravesikale 415 Integrative Medizin 215 Interferon-α 126, 351 Intermittierende Androgenblockade (IAB) 575 International Classification of Functioning 284 International Classification of
G–K
Impairments 283 International Index of Erectile Function 307 International Neuroblastoma Pathology Classification 772 International Neuroblastoma Staging System 772 Intervallkarzinom 520 Intraepitheliale prostatische Neoplasie 505 In-Vance-Schlinge 303 Iressa 451
J Johanniskraut 244
K Kapatinib 124 Kaplan-Feinstein-Index 276, 277 Kardiotoxizität 142 β-Karotin 221 Karzinogene 398 Karzinogenese 3 Karzinogenexposition 397 Karzinom, kolorektales 87, 124, 126 Kavotomie 342 Keimstrang-Stromatumoren 796 Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen – Chemotherapie 795 – Diagnostik und operative Therapie 794 – Einleitung 791 – Epidemiologie 791 Ketoconazol 586 KIP/CIP-Familie 7 Klarzellsarkom 787 γ-Knife 355 Knochenszintigraphie 66 Kohortenstudie 21 Kolik 194 Komorbidität 275 Komplementärmedizinische Therapien 215 Komplikationen, prostatakarzinomspezifische 598
814
Stichwortverzeichnis
Krankenversicherung, gesetzliche 286 Krankheitsbewältigung (Coping) 208 Krebs – Anpassungsreaktion 208 – Persönlichkeit 208 – Psyche 207 Kryotherapie 345, 554 Kryptorchismus 87 Kübler-Ross 203 Kyroablation 89
L Lactatdehydrogenase (LDH) 643, 649 Lapatinib 125, 451 Lavagezytologie 481 Laxanzien 174 Lead time 520 Lebensqualität 35, 211 – Harnblasenkarzinom 40 – Hodentumor 40 – Nierenzellkarzinom 39 – Prostatakarzinom 38 Lebensqualitätsmessinstrument 37 Lebensstilmodifikationen 234 Leiomyosarkom 750, 800 Lenogastrim 140 Leukämie – akute myeloische 146 – chronische lymphatische 127 Leukovorin 250 Leuprorelin 566 Levomepromazin1 195 Leydig-Zelltumoren 711 LHRH-Antagonisten 565, 566 Libido 298 Lifestyle 77 Li-Fraumeni-Syndrom 317, 799 Liposarkom 750 LKB1 125 L-Methadon 192 Logrank-Test 29 Lokalanästhesie 86 Lung 512 Lungenkarzinom, nicht-kleinzelliges 124 Luteinisierende-Releasing-Hormon (LHRH) 565 Lycopen 75, 221 Lymphadenektomie (RLA) 674
Lymphangioleiomyomatose 125 Lymphom des Hodens 713
M MAB s. Maximale Androgenblockade 569 Macrogole 174, 196 Magenta 398 Magnetfeldstimulation 302 Magnetresonanztomographie, konventionelle 59 MAHO-Studien 794, 795 MAKEI-Studien 794, 795 MALDI-TOF MS s. Matrix assisted laser desorption/ionization-time of flight mass spectrometry 11 MAPK-Weg 124, 125 Markersysteme, uringebundene 407 Matrix assisted laser desorption/ionization-time of flight mass spectrometry 11 Maximale Androgenblockade 569 MDM2 127 MEK 125 Melanom, malignes 127 Melphalan 250 MEN II 87 MEN III 87 Metaiodobenzylguanidin (MIBG) 327 Metamizol 183, 194 Metastasen, ossäre 59 Metastasenchirurgie 450 Methotrexat 140, 141, 143, 144, 145, 249, 250 Methotrexat (=MTX) 138 44-Methylen-2-chloranilin 398 Metoclopramid 195 M.-glutaeus-maximus-Lappen 271 M.-gracilis-Lappen 271 Microarray 12 MIDOS 181 Mikrosatellitenanalyse 407 Mind-Body-Medizin 215, 231 Mini Nutritional Assessment 279 Misoprostol 197 Mistel 235 Misteltherapie 253 Mitomycin 143, 144, 145
Mitomycin C 140, 141, 155, 416 Mitomycin C (=MMC) 138 Mitoxantron 140, 142, 145, 587 Mitoxantron (=MITOX, MIX) 139 MMC s. Mitomycin C 155 MMSE (Mini Mental State Examination) 278 Molgramostim 140 Monoklonale Antikörper 124, 349 Morbidität 234 Morbus Bowen 740 Morphin 183, 192 Mortalität, perioperative 86 Motzer 350 Motzer-Kriterien 349 M. Recklinghausen 780 M.-rectus-abdominis-Lappen 271 MRT – Diffusions-MRT 61 – Ganzkörper-MRT 62 – Kontrastmitteldynamik (DCE-MRI) 60 – MR-Lymphographie 61 – MR-Spektroskopie 61 MRT s. Magnetresonanztomographie 59 M.-tensor-fascia-latae-Lappen 271 mTOR 125, 350 Mukositis 250 Multikinase-Inhibitor 160 Multiple endokrine Neoplasie 87 Multiple endokrine Neoplasie Typ 2 325 MUSE 309 MVAC-Schema 445 MYCN 773 Myelosuppression 176 Myelotoxizität 128, 140
N Nachsorge – Intervalle 704 – Schemata 706 Nachweismethoden 525 2-Naphthylamin 398, 399 Natrium-Picosulfat 196 Naturheilmittel 216 Nausea 195 NCI-Klassifikation 127
815 Stichwortverzeichnis
NCI-Toxizitätskriterien 129 Nebennierenrindenadenom 319 Nebennierenrindenkarzinom – Ätiologie 317 – Chemotherapie 321 – Diagnostik 319 – Epidemiologie 317 – funktionell aktives 319 – Histologische Einteilung 318 – hormoninaktive 319 – Klassifikation 317 – Nachsorge 323 – prognostische Faktoren 318 – Therapie des fortgeschrittenen 320 – Therapie des lokal begrenzten 320 Nebenwirkungen 127 Nephritis, interstitielle 399 Nephroblastom – Ätiologie 779 – Diagnostik 784 – Epidemiologie 779 – Stadieneinteilung 781 – Therapie 785 Nephroblastomatose 782 Nephrogene systemische Fibrose (NSF) 65 Nephrome, kongenitale mesoblastische 785, 788 Nephrotoxizität 141 Nephroureterektomie – organerhaltende Operation 380 – Radikaloperation 380 Nervenstimulation, transkutane elektrische 301 Neuraltherapie 245 Neuroblastom 772 – Ätiologie 771 – Diagnostik 774 – Epidemiologie 771 – histologische Einteilung 772 – Therapie 774 Neurofibromatosen 799 Neurofibrosarkome 800 Neuroleptika 184 Neuropathien, periphere 144 Neurotoxizität 144 Nexavar 160 NF1 125 NF-κB 124 Nichtopioidanalgetika 182 Nichtseminom CS I – Chemotherapie 673
– diagnostische retroperitoneale Lymphadenektomie (RLA) 674 – Surveillance-Strategie 672 Nichtseminom CS II – Chemotherapie 683 Nichtseminom CS IIA 681 Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAID) 182 Nierenbeckenkarzinom – Ätiologie 371 – Chemotherapie 382 – Diagnostik 376 – Epidemiologie 371 – Harnleiterstumpfrezidive 385 – Lymphknotenmetastasen 386 – Nachsorge 387 – Prognose 386 – Radiotherapie 382 – Therapie 380, 382 – TNM-Klassifikation 374 Nierenfistelung 270 Nierentumorresektion – Indikationen 343 – laparoskopische 344 – offen chirurgische 343 – organerhaltende 342 Nierenversagen, postrenales 270 Nierenzellkarzinom 124 – Chemotherapie 354 – chromophiles 334 – chromophobes 332, 334 – Diagnostik 337 – Epidemiologie 331 – Genetik 332 – Immuntherapie 351 – klarzelliges 126, 334 – Klassifikation 334 – lokales Tumorrezidiv 347 – medikamentöse Tumortherapie 349 – Metastasenresektion 348 – metastasiertes 347 – Nachsorge 355 – organerhaltende Therapie 342 – papilläre 332 – radikale Tumornephrektomie 339 – Radiotherapie 354 – Risikofaktoren 331 – targeted therapy 349 – Therapie 339 – V.-cava-Thrombus 342 Nilutamid 568 NK1-Antagonisten 145
K–P
NMP s. nuclear matrix protein 407 Notfall, onkologischer 89 Nuclear matrix protein 407 Nullhypothese 28 NYHA 143
O Oberer Harntrakt 385 Obstipation 173, 196 Obstruktion, subvesikale 270 Ondansetron 144, 170 Onkogen, K-ras 124 Onkogene 3, 123, 408 Onkozytome, renale 335 Onyvax-P 154 OPEC-Schema 456 Opioidanalgetika 182 Opioidtherapie 191 Orchiektomie, bilaterale 564 Orthodianisidin 398 Orthotoper Blasenersatz (Neoblase) – Antirefluxschutz 98 – Auswahl des Darmsegments 98 – ileale Ersatzblase nach Studer 95 – Komplikationen 103 – Kontinenz 99 – Kontraindikationen 97 – nerverhaltende Zystektomie 102 – orthotoper Kock-Pouch 95 – Patientenselektion 97 – Reservoirruptur 103 – Sexualfunktion bei der Frau 103 – sexualitätserhaltende Zystektomie 102 – T-Pouch 95 Östrogene 567, 585 Oxiplatin 354 Oxycodon 184, 192 Oxygesic 184
P p53 126, 127 Paclitaxel 140, 141, 143, 144, 145, 587 Paclitaxel (=PAC) 139 Palladon 184 Palliativmedizin 189
816
Stichwortverzeichnis
Palonosetron 170 Pamidronat 579 Panitumumab 124 Pankreaskarzinom 124 Papilläre urotheliale Neoplasie mit niedrig malignem Potenzial 402 Paracetamol 183, 190 Parafin 196 Paraneoplastische Syndrome 337 Paratestikuläre Tumoren 804 Paravasat 149, 272 – Zytostatika 148 Partin-Tables 509 Partizipation 285 PCA-3-Test 532 PCR s. Polymerase-Kettenreaktion 9 PC-Spes 244, 585 PCT, Cholin-PET 66 PDD s. Photodynamische Diagnostik 414 PDE-5-Inhibitoren 308 PEB 145 PEG 175 Peniskarzinom 270 – Ätiologie 739 – Chemotherapie 743 – Diagnostik 741 – Epidemiologie 739 – inguinale Lymphadenektomie 743 – Nachsorge 744 – Therapie 742 Perikarditis-Myokarditis-Syndrom 142 Periphere neuroektodermale Tumoren (PNET) 800 Perlman-Syndrom 780 Pethidin 184 Peutz-Jeghers-Syndrom 125 Phäochromozytome der Harnblase 454 Phäochromozytom, malignes – Ätiologie 325 – Chemotherapie 329 – Diagnostik 326 – Doxazosin 328 – Epidemiologie 325 – Histologische Einteilung 326 – Hormondiagnostik 327 – Klassifikation 326 – klinische Trias 326 – MIBG-Therapie 328 – Nachsorge 329
– nuklearmedizinische Therapieverfahren 328 – operative Therapie 328 – Phenoxybenzamin 328 – Prazosin 328 – prognostische Faktoren 326 – Radiotherapie 329 Phenacetin 398, 399 Phenacetinnephropathie 399 Phenacetinniere 400 Phosphoinositid-3-Kinase 125 Photodynamische Diagnostik 414 Phytoöstrogene 75, 240 Phytopharmaka 240 PI3K s. Phosphoinositid-3-Kinase 125 PIN s. Intraepitheliale prostatische Neoplasie 505 Pirarubicin 416 Plattenepithelkarzinom 452 Plazentare alkalische Phosphatase (PLAP) 643, 649 PLCO 512 Pneumonitis, chronische 143 Pneumotoxizität 143 Polymerasekettenreaktion (PCR) 9, 10 Polymorphismen 14 Polyneuropathien (PNP) 251 Polyposis coli 87 Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe 398, 399 Positronenemissionstomographie (PET) 66 Pouch – Antirefluxmechanismus 108 – Appendix als Auslassmechanismus 106 – Der Kock-Invaginationsnippel 106 – Komplikationen 107 – Nippelrevision 107 – Nippelversagen 107 – Steinbildung 108 – Stomastenose 108 – Voraussetzungen 106 Power-TRUS 514 Prävention 73 Pregabalin 193 Primärprophylaxe 232 Primärtumor 89 ProAct-Ballone 302 ProAct-System 303 Probiotika 238 Prognosis 688
Promethazin 195 Prostatabiopsie 515, 533 Prostatakarzinom 87 – Ätiologie 485, 489 – Body-Mass-Index 217 – Diagnostik 521 – Entzündung 496 – Epidemiologie 485, 486 – Früherkennung 512 – genetische Risikofaktoren 497 – Grading 502 – hereditäres 499 – hereditäres Prostatakarzinom X (HPCX) 500 – Histopathologie 502 – hormonrefraktäres metastasiertes 580 – Infektion 496 – Klassifikation 501 – klinisches Stadium 501 – Lymphadenektomie 544 – metastasiertes 563 – Mortalität 488 – Nachsorge 601 – Omega-3 Fettsäuren 217 – Prädispositionsgene 497 – Prostate Cancer Predisposing Locus (PCAP) 499 – PSA 502 – radikale Prostatektomie 540 – Risikofaktoren 489 – Risikoreduktion 218 – Schmerztherapie 600 – Screening 512 – Strahlentherapie 551 – targetspezifische Diagnostik 535 – Therapie des lokal begrenzten 537 Prostatakarzinomrisiko 217 Prostatakarzinomscreening 512 Prostataspezifische Membranenantigen 536 Prostataspezifisches Antigen 516, 523 – Cut-off-Wert 525 – PSA-Anstiegsgeschwindigkeit 528 – PSA-Dichte 527 – PSA-Referenzwerte 527 – PSA-Verdopplungszeit 528 Prostataspezifisches Membranantigen 153 Prostata- und Samenblasen 52 Prostatektomie, radikale 506 Prostigmin 174
817 Stichwortverzeichnis
Proteinnachweisverfahren 9 Protonenpumpeninhibitoren 182 Protoonkogene 3 Provenge 155 Prüfplan 23 PSA 502, 523 PSA-Anstiegsgeschwindigkeit 519, 525 PSA-Dichte 515, 527 PSA-Nadir 557 PSA-Rezidiv 548, 549 – Hormontherapie 550 – Strahlentherapie 550 PSA-Schnelltest 530 PSA-Verdopplungszeit 525, 557 PSMA s. prostataspezifisches Membranantigen 153 Psychoonkologie 207, 291 Psychoonkologische Rehabilitation 213 PTEN 125 PUMA 126 PUNLMP s. Papilläre urotheliale Neoplasie mit niedrig malignem Potenzial 402 Pyelovesikostomie 380
Q Qualitätsmanagement 289
R Radikale Prostatektomie 540 Radikalfänger 74 Radiofrequenzablation 345, 554 Radioonkologie 117 Raf 125 Randomisation 24 Rapamycin 125 Rapid tumor lysis syndrome 142 Ras 125 Raumforderungen der Niere, Differenzialdiagnosen 339 Real-time-Sonographie 48 RECIST-Kriterien 338 5-α-Reduktasehemmer 79, 568 Reemex-Schlinge 302, 303
Refraktäre Tumore und Rezidive, Salvage-Chemotherapie 697 Rehabilitation 283 – erektile 307 – stationäre 287 – urologisch-onkologische 290 Rehabilitationsprozess 288 Rehabilitationsziele 288 Rentenversicherung, deutsche 286 Repräsentationsgleichheit 20 Resektionsrand 506 Restharnmessung 52 Resttumorgewebe 89 Rete-testis Tumor 713 Retinol 494 Retrograde Urographie 378 Retroperitoneale Weichteiltumoren – Ätiologie 749 – Diagnostik 753 – Epidemiologie 749 – histologische Einteilung 750 – Klassifikation 750 – molekularbiologische Veränderungen 752 – Nachsorge 760 – prognostische Faktoren 751 – Risikofaktoren 749 – Stadieneinteilung 751 – Therapie 756 – TNM-Klassifikation 751 5-HT3-Rezeptorantagonisten 145 Rezeptoren, angiogenetische 126 Rezeptortyrosinkinasen 123, 125, 126, 160 Rezidivprophylaxe 155 Rhabdoidtumor der Niere 787 Rhabdomyosarkom (RMS) 799, 800 Rhabdomyosarkomklassifikation, internationale 800 Rhizinus 174 Rituximab 151 RMS s. Rhabdomyosarkom 799 Rofecoxib 79
S Sägepalme 241 Salvage-Brachytherapie 562 Salvage-HIFU-Therapie 561 Salvage-Kryotherapie 560
P–S
Salvage-Prostatektomie 558 Salvage-Zystektomie 438 Sandostatin (Octreotid) 459 Sarkome der Vagina 804 Sarkome des Uterus 804 Satraplatin 592 Schmerz – Durchbruch 194 – Knochen 194 – Muskel 193 – neuropathischer 179, 193 – nozizeptiver 179 Schmerzerleben 209 Schmerztherapie 179, 248 – Adjuvanzien 184 – medikamentöse 180 Schmerztypen 179 Schnittbildgebung 58 Schwellkörperautoinjektionstherapie 309 Schwellkörperimplantat 309 Sedierung – medikamentöse 199 – palliative 199 Seeds 117 SELDI s. surface enhanced laser desorption ionization/time-of-flight 11 Selective estrogen receptor modulators 80 Selective Östrogenrezeptormodulatoren 80 Selen 74, 77, 227, 495 Seminom-CS I 658 – Monotherapie mit Carboplatin 666 – Prognosefaktoren 660 – Radiotherapie 664 – Surveillance-Strategie 663 Seminom CS II – Chemotherapie 680 – Radiotherapie 678 – retroperitoneale Lymphadenektomie 682 Sentinel-Lymphknoten 410 Sentinel node s. Sentinel-Lymphknoten 411 SERM s. Selektive Östrogenrezeptormodulatoren 80 Sertoli-Zelltumoren 712 Sexualität 298 Sexuelle Dysfunktion 305 Signal-Transducer-and-Activator (STAT) 124
818
Stichwortverzeichnis
Signalübertragung, intrazelluläre 125 Sildenafil 308 Simpson-Golabi-Behmel-Syndrom 780 Single nucleotide polymorphism 14 SIOP-Klassifikation 781 Sklerose, tuberöse 125 Small molecules 14, 350 SNP s. single nucleotide polymorphism 14 Sonographie 47 – Harnblase und paravesikaler Raum mit 52 – Nieren 50 – Penis und Harnröhre 53 – Retroperitonealraum 51 – Skrotalinhalt 52 Sorafenib 124, 125, 126, 160, 350, 451 Sotos-Syndrom 780 Spearlman-Syndrom 780 Sphinkterimplantation 304 Sphinkterunterspritzung 303 Spinalanästhesie 86 Spurenelemente 75, 77 SSIGN-Score 347 Stanzbiopsie der Prostata 515 Stathmin 536 Statine 80 STEAP 536 Steißbeinteratom 792 Strahlentherapie 551 – fraktionierte 117 – konformale 118 Strahlung, ionisierende 117 Strukturgleichheit 20 Studien – Phase-I 19 – Phase-II 19 – Phase-III 20 – Phase-IV 20 – prospektive 19 – retrospektive 18 Studienorganisation 22 Studienplanung 17, 22 Substanz P 145 Subvesikale Obstuktion 299 Sunitinib 124, 126, 160, 350, 451 Supportive Maßnahmen 169 Suramin 598 Surface enhanced laser desorption ionization/time-of-flight 11
Survivin 408 Sutent 160 SWOG-Studie 348 Synovialsarkome (SS) 800
T T1-Karzinom – high-grade 426 Tadalafil 308 Target 123 Targetspezifische Therapie 595 TDCIS – intravesikale Chemotherapie 424 – intravesikale Immuntherapie mit BCG 424 – Zystektomie 426 TDM – Blasenteilresektion 440 – Chemotherapie 440 – multimodale Behandlung 437 – radikale Zystektomie 430 – Radiotherapie des Blasenkarzinoms 435 – transurethrale Resektion muskelinvasiver 435 TDmet – Chemotherapieschemata 445 – Metastasenchirurgie 450 – Second-line-Therapie 449 TDO – Immuntherapie 417 – intravesikale Chemotherapie 415 – intravesikale Instillationstherapie 415 – photodynamische Diagnostik (PDD) und Therapie 414 – radikale Zystektomie 419 Teletherapie 117 Temgesic 184 Temsirolimus 124, 125, 160, 350 Teratome 792 Tertiärprävention 219 χ2-Test 29 Testikuläre Granulosazelltumoren 712 Testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN) 643, 656 Testikuläre intratubuläre Neoplasie (TIN) 644 Testosteron 496
TGF-β 239 Thalidomid 351, 595 Therapie – adjuvante Maßnahmen nach organerhaltender Operation 381 – bei fortgeschrittenen Tumoren 760 – Chemotherapie 759 – des lokal begrenzten Tumors 756 – Komplikationen 344 – Kryotherapie 345 – laparoskopische (retroperitoneoskopische) Tumornephrektomie 340 – Lymphadenektomie 341 – offen chirurgische Tumornephrektomie 340 – operative 756 – radikale Tumornephrektomie 339 – Radiofrequenzablation 346 – Radiotherapie 758 – Resektion der Nebenniere 341 – seltene Harnleitertumoren 385 Therapie des Primärtumors – Inguinale Ablatio testis 652 – kontralaterale Hodenbiopsie 654 – organerhaltende Tumorresektion 653 Thiotepa 416 Thyrosinkinaseinhibitor 350 Tilidin 191 Timed-up&go-Test 278 TIN, Therapieziele 656 Tissue microarrays 14 Tizanidin 194 TNF s. Tumornekrosefaktor 126 Todes-Rezeptoren 8 Tolpiseron 194 Torisel 160 Totale PSA 520 Toxizität – gonadale 145 – kardiovaskuläre 142 Toxizitätsgrad 128 Traditionelle Chinesische Medizin 216 TRAIL 126, 127 Tramadol 184, 191 Transport, elektromotiver 417 Transrektaler Ultraschall 53, 514 Transrektale Ultraschalluntersuchung 532 Trastuzumab 124, 151, 451 Tripletherapie 569, 575
819 Stichwortverzeichnis
Tropisetron 170 TRUS s. transrektaler Ultraschall 53, 532 – Biopsie 55 TSC1 125 TSC2 125 t-Test 29 Tuberin 125 Tuberöse Sklerose 332, 333 Tumoranämie 177 Tumorangiogenese 126 Tumorchirurgie 85 Tumordetektion 62 Tumoren 435 Tumornekrosefaktor (TNF) 126 Tumornephrektomie 340 – bei metastasiertem Tumor 347 – laparoskopische 340 – offene chirurgische 340 – radikale 339 Tumorprogression, lokale 404 Tumorschmerztherapie 190 Tumorsuppressorgenen 125 Tumortherapie, zielgerichtete 123 Tumorthrombus – V. cava 336 – V. renalis 336 Tyrosinkinaseinhibitor 451 Tyrosinkinasen s. Rezeptortyrosinkinasen 123 Tamoxifen 568 Taxane 587 Tumormarker 523 Tumorsuppressorgene 4
U β-Untereinheit des humanen Choriogonadotropins (β-HCG) 643 Ureterosigmoideostomie – Adenokarzinom 111 – Komplikationen 110 Urethrektomie 433 Urinzytologie 379 Urosepsis 270 Urostomien 300 Urothelkarzinom 124 – der Harnblase 412, 430 – genetisch instabile High-grade 406 – genetisch stabile Low-grad 406
V VACA-Zyklus 802 VAIA-Zyklus 802 Vakuumerektionshilfesystem 308 Vakuumpumpe 308 Vakzinetherapie 154, 158 Vardenafil 308 Vascular endothelial growth factor 408 Vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor (VEGF) 126, 163 VEGF-Rezeptor 451 VEGF s. vascular endothelial growth factor 408 VEGF s. vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor 126 Velocity 519, 528 Vertrauensbereich 29 VES-13-Skala 279 VHL-Gen 325, 332 Vinblastin (=VBL) 139, 140, 141, 144, 145, 250, 352 Vincristin 144 Vinkaalkaloide 144 Vinorelbin 591 VITAL-1-Studie 154 VITAL-II 154 Vitamin A 221, 494 Vitamin C 74, 222, 494 Vitamin D 74, 224, 495, 598 Vitamin E 75, 226, 251, 494 von Hippel-Lindau 163 von-Hippel-Lindau-Erkrankung 87, 325, 332 von-Hippel-Lindau-Gen 332
W Wachstumsfaktoren 123 Wachstumsfaktorrezeptoren 123, 124, 125, 408 WAGR-Syndrom 779, 780 Watchful waiting 539 Weichteilsarkome – Diagnostik 800 – Epidemiologie 799 – Therapie 802 Western-Blot 9
Whitmore-Jewett 521 WHO-Stufenplan 190 WHO-Stufenschema 601 Wilms-Tumor s. Nephroblastom 779 WT1-Gen 782
X Xerostomie 250 XIAP 127 Xinlay 152
Z ZD1839 451 Zell-Reifung 237 Zellzyklusregulation 6 Zink 229, 495 Zoledronat 579 Zoledronsäure 594 Zyklinabhängige Proteinkinasen 6 Zystektomie 426 – radikale 419, 430 Zystitis/Proktitis, radiogene 299 Zystoskopie 405 Zytokeratine 408
S–Z