Was nach dem Ball geschah Catherine George
Julia 1084
11/ 1 1994
gescannt von Geisha0816 korrigiert von Joe
1. KAP...
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Was nach dem Ball geschah Catherine George
Julia 1084
11/ 1 1994
gescannt von Geisha0816 korrigiert von Joe
1. KAPITEL Ihr war bewusst, dass jede Frau im Raum sie beneidete. Nicht wegen ihres hinreißenden Kleides und ihrer langen schwarzen Locken, sondern weil der junge, gutaussehende Mann, der mit ihr tanzte, das Geburtstagskind selbst war. Paul Wright strahlte die Selbstsicherheit eines Mannes aus, der es aus eigener Kraft vom armen Jungen zum Millionär und derzeitigen Liebling der Boulevardpresse gebracht hatte. Im eleganten Ballsaal des Hotels drängten sich die Gäste auf der Tanzfläche zu den Rhythmen einer bekannten Rockband. Alle amüsierten sich köstlich. Alle - bis auf die junge Frau, die Paul so eng an sich presste, dass sie kaum atmen konnte. Letzteres lag zwar auch an ihrem engen Kleid, doch der Hauptgrund für ihr Unbehagen war ihr Tanzpartner, dessen Verhalten keinen Zweifel daran ließ, dass er sie nach dem Ball nicht allein in das für sie reservierte Hotelzimmer gehen lassen würde. Bis vor fünf Minuten waren die Gäste wild zu den ohrenbetäubenden Klängen eines schnellen Rocksongs herumgehüpft. Doch angesichts Pauls begehrlicher Blicke auf ihren tiefen Ausschnitt zog sie es vor, sich so wenig wie möglich zu bewegen. Es überraschte sie nicht, dass er sie in seine Arme riss und halb zu Tode quetschte, als die Musik zu einem langsamen, sinnlichen Rhythmus wechselte. Paul machte
keinen Hehl aus seiner Anbetung für sie, und es schien ihn nicht zu stören, dass jeder der Anwesenden seine Absichten unschwer erraten konnte. "Wie wäre es mit einem Glas Champagner?" fragte er sie jetzt. Während er sie zu einem kleinen Sofa begleitete, hatte sie das Gefühl, wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt zu werden. Durch den pinkfarbenen Chiffon ihres Kleides spürte sie die Hitze seiner Hände, als er sich neben sie setzte und sie an sich zog. Sie hätte lieber ein Glas Wasser gehabt, denn vor Nervosität war ihr der Mund wie ausgetrocknet. Doch Paul reichte ihr schon einen Champagnerkelch, und sie nippte daran und zwang sich, nicht auf die Uhr zu sehen. "Amüsierst du dich auch?" Pauls Atem streifte heiß ihr Ohr. "Aber ja - wirklich eine wundervolle Party", log sie lächelnd. Plötzlich sprang Paul auf. "Hierher!" Er winkte begeistert einem großen blonden Mann zu, der eben den Saal betreten hatte, sich suchend umsah und dann auf sie zukam. "Alter Junge - du hast es also doch noch geschafft!" Paul schüttelte dem Neuankömmling strahlend die Hand. "Miss Jennifer Markham - Dennis Randolph, der Architekt, der mein bescheidenes Anwesen völlig verwandelt hat. Ich glaube, ihr kennt euch schon." Vor Überraschung setzte ihr Herzschlag einen Moment aus, während sie mit weichen Knien aufstand und sich unter dem durchdringenden Blick aus eisblauen Augen zu einem unsicheren Lächeln zwang. "Wir kennen uns sogar sehr gut, Paul", murmelte Dennis Randolph schließlich und ergriff ihre kalte Hand. "Ich kann mich an diese junge Dame erinnern, als sie noch Zahnspangen trug und das einzige männliche Wesen in ihrem Leben ein Pony war."
Schnell zog sie die Hand zurück und heftete ihren Blick auf Dennis schwarze Krawatte. "Was für eine Überraschung, Dennis! Ich wusste nicht, dass ihr beide euch kennt." Paul betrachtete sie verwirrt. "Aber Liebling, wir haben doch erst neulich von Dennis gesprochen! Erinnerst du dich nicht?" "Oh - natürlich", sagte sie hastig und errötete. "Der Champagner wirkt sich anscheinend auf mein Gedächtnis aus." "Hoffentlich nicht nur darauf." Paul zwinkerte ihr zu und presste sie an sich. "Hör mal, Liebling, ich überlasse euch jetzt euren Erinnerungen und widme mich Cunningham und seiner Frau - eine sehr wichtige geschäftliche Sache. Kümmer dich inzwischen um Jennifer, Dennis, ich bin gleich zurück." Verzweifelt sah sie Paul nach und wünschte, der Boden würde sich augenblicklich auftun und sie verschlingen. Dann ließ sie sich unter bedrohlichem Schweigen von Dennis Randolph auf die Tanzfläche führen, um den obligatorischen Tanz zu absolvieren. Nachdem er ihnen hinterher zwei Gläser Champagner geholt hatte, führte er seine widerwillige Begleiterin unauffällig in einen verlassenen Nebenraum. "Die Situation kommt mir so bekannt vor", sagte er und lehnte sich gegen die Tür, die er hinter sich geschlossen hatte. Er reichte ihr, eines der Gläser und trank seinen Champagner, während er sie kalt betrachtete. "So, Eliza Markham. Du und Jennifer, ihr beide bedient euch wieder mal eurer kleinen, charmanten Tricks? Aber Paul Wright ist ein ziemlich ausgekochter Bursche. Was also wollt ihr mit diesem Spielchen erreichen?" Eliza warf ihm einen vernichtenden Blick zu. "Das hier war nicht meine Idee!" "Wahrscheinlich nicht, da du dich als Jennifer ausgibst. Was für einen Unsinn hat sie sich dieses Mal ausgedacht?" Dennis betrachtete Eliza von ihren Satinschuhen bis zu dem tiefen Ausschnitt und verzog verächtlich den Mund. "Hoffen wir nur, dass keiner vo n Pauls Gästen jemals beiden hinreißenden
Markhain-Schwestern gleichzeitig begegnet ist. Zugegeben, die Ähnlichkeit ist frappierend, aber wer euch beide kennt, sieht doch einige grundlegende Unterschiede. Was geschieht also, wenn Paul es herausfindet?" Eliza erschauerte. "Ich muss eben alles tun, damit er nichts merkt." Dennis trat näher und sah auf sie hinunter. "Selbst wenn das bedeutete, bis zum Äußersten zu gehen, Eliza? Paul kann die Finger nicht von dir lassen, und er beabsichtigt zweifellos, seiner Party im Bett den krönenden Abschluss zu verleihen - in deinem Bett", fügte er drohend hinzu. Eliza unterdrückte ein entsetztes Stöhnen. "Aber Jennifer hat mir geschworen, er sei nicht ihr Liebhaber, Dennis, sonst hätte ich mich nie auf diese Maskerade eingelassen! Sie hat Paul ja erst vor einigen Tagen kennen gelernt, bei einem Fototermin vor seinem neuen Restaurant in Wandsworth. Er fuhr in seinem Ferrari vor, sie sahen sich an, und schon hatte es gefunkt. Er scheint ganz verrückt nach ihr zu sein, aber sie hat geschworen, dass zwischen ihnen bisher nichts war als einige Küsse und und so weiter." Eliza wandte sich ab und fuhr sich mit der Hand durch die sorgfältig frisierten Locken. "Im Gegenteil - sie weigert sich, mit ihm zu schlafen, weil sie ihm zeige n will, dass sie nicht nur ein Abenteuer für ihn sein möchte. Ich habe sie wirklich noch nie so verliebt gesehen." Dennis fasste Eliza bei den Schultern und drehte sie zu sich herum. "Und warum ist sie dann heute Abend nicht hier?" "Sie ist von einer Wespe gestochen worden." Er betrachtete sie ungläubig. "Soll das ein Witz sein?" Eliza schüttelte seine Hände ab. "Nein! Eine simple Wespe hat sie davon abgehalten, hierher zukommen. Ich habe Jennifer gestern nach der Auktion bei Sothebys besucht. Wir saßen auf ihrem Balkon, und sie redete die ganze Zeit über Paul und die Party und das Kleid, das sie extra dafür gekauft hatte. Und dann sprang sie plötzlich auf und fing ganz fürchterlich zu schreien
an. Innerhalb weniger Sekunden nach dem Stich schwoll ihr Gesicht an, Nase, Augenlider, Ohrläppchen, und ihre Haut wurde ganz rot. Es war einfach furchtbar. Zum Glück war Tom Metcalfe - ihr Vermieter - zu Hause und fuhr uns mit Höchstgeschwindigkeit ins St. Mary's Hospital. Dort stellte man fest, dass Jennifer gegen Wespengift allergisch ist." Eliza erschauerte in der Erinnerung daran. "Ich hatte solche Angst, sie könne sterben, dass ich ihr alles versprochen hätte." Dennis fluchte leise. "Sogar, heute Abend ihren Platz einzunehmen." "Ja", erwiderte Eliza ruhig. "Sogar das." "Na gut. Mit deiner Hilfe ist Paul also tiefer denn je in den berühmten Markhamschen Zauber verstrickt. Nur hat er leider keine Ahnung, dass er im Moment hinter der falschen Zwillingsschwester her ist." Wieder ließ Dennis den Blick unverschämt langs am über ihren Körper gleiten, und die Verachtung in seinen Augen riss die alten Wunden wieder auf, die sie längst verheilt geglaubt hatte. "Ich nehme an, das ist Jennifers Kleid?" "Natürlich", entgegnete Eliza hitzig. "Ich kann in dem Fummel kaum atmen, und Pink habe ich nicht mehr getragen seit..." Sie biss sich auf die Lippe und wandte den Kopf ab. Er verzog den Mund. "Paul wird doch sicher gemerkt haben, dass du mehr Kurven aufzuweisen hast als Jennifer?" Eliza warf ihm einen wütenden Blick zu. "Wenn, dann findet er es anscheinend nicht abstoßend." "Ganz offensichtlich nicht! Aber was geschieht um Mitternacht, Aschenputtel? Das Kleid wird sich nicht in Lumpen verwandeln, aber Paul Wright wird es sicher dennoch loswerden wollen - wie auch alles andere, was du eventuell noch trägst." "Spar dir deine Geschmacklosigkeiten", fuhr sie ihn an und bemühte sich verzweifelt, ihre wachsende Panik zu verbergen. Denn Dennis hatte den Nagel auf den Kopf getroffen, und bei dem Gedanken packte sie das blanke Entsetzen.
"Bist du wirklich bereit, dich Paul Wright völlig auszuliefern?" fuhr Dennis unbarmherzig fort. "Nur um ihn für deine Schwester warm zu halten?" Plötzlich bereute Eliza, dass sie beim Abendessen dem Hummer so kräftig zugesprochen hatte. Ihr Magen revoltierte, und sie senkte den Kopf und überlegte, wie sie Dennis um Hilfe bitten konnte. "Es sei denn natürlich, du findest diesen Gedanken anziehend", sagte Dennis schonungslos. "Immerhin ist Paul jung, erfolgreich und reich. Vielleicht möchtest du ihn ja für dich selbst." Eliza hob unvermittelt den Kopf. "Wer gibt dir das Recht..." "Deine Familie", unterbrach Dennis sie, "und die Tatsache, dass dein Bruder mein ältester und bester Freund ist. Da Rob nicht hier ist, nehme ich eben seinen Platz ein." Er betrachtete sie finster. "Doch bevor ich dir meine Hilfe anbiete, muss ich wissen, ob du wirklich vor Paul gerettet werden willst." Eliza krampfte die Hände ineinander. "Natürlich", sagte sie leidenschaftlich. "Erstens nehme ich anderen Frauen nicht den Mann weg - Jennifer schon gar nicht. Und zweitens springe ich nicht mit einem Mann ins Bett, den ich gerade erst kennen gelernt habe - Paul Wright und all seine materiellen Vorzüge eingeschlossen." "Du willst also, dass ich dir helfe?" fragte Dennis sanft. Eliza versuchte vergeblich, sich seinem durchdringenden Blick zu entziehen. Sie fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und zwang sich schließlich, es auszusprechen: "Ja. Bitte hilf mir, Dennis." Er trat näher. "Dafür erwarte ich natürlich eine Belohnung." Sie stand ganz still, nur ihr Atem ging schneller, während Dennis ihr die Hände auf die Schultern legte und sie an sich zog. Schnell schloss sie die Augen, als könne sie dadurch die verräterische Reaktion ihres Körpers auf seine plötzliche Nähe
verbergen. Doch während Dennis sie küsste, lange und zärtlich, stöhnte sie unwillkürlich auf, und die Knie wurden ihr weich. Schließlich schob er sie sanft von sich. "Das habe ich verdient - fürs erste." Er trat zurück und betrachtete spöttisch ihr erhitztes Gesicht. "Lass uns nachdenken, Eliza. Du solltest wahrscheinlich hier übernachten, nicht wahr?" Sie nickte, während sie versuchte, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. "Paul hat ein Zimmer für Jennifer reservieren lassen." Dennis betrachtete sie beunruhigend lange, bevor er sagte: "Puder dir erst einmal die Nase und geh dann zu Paul zurück. Ich gebe dir ein Zeichen, wenn es losgeht." "Was hast du vor?" fragte sie misstrauisch. "Das erzähle ich dir lieber nicht, sonst wirkt das Ganze gestellt." Er schob sie aus dem Zimmer. "Ab mit dir. Ich komme etwas später nach, um keinen Verdacht zu erregen." Eliza bemühte sich, die Erinnerung an Dennis' Kuss aus ihren Gedanken zu verbannen, während sie in den Saal zurückkehrte und vor Paul und seinen Freunden eine bühnenreife Vorstellung gab. Sie redete und lachte, als habe sie sich nie besser amüsiert, und Paul nahm das als Zustimmung zu seinen Annäherungen, die immer dreister wurden. Seine Gesten und Blicke ließen keinen Zweifel daran, wie er sich den krönenden Abschluss seiner Geburtstagsfeier vorstellte. Eliza war nur froh, dass er als Gastgeber sich nicht zurückziehen konnte, bevor nicht wenigstens einige seiner Gäste gegangen waren. Und da Dennis ihr seine Hilfe versprochen hatte, gab sie ihr Bestes, um sich so zu verhalten, wie Jennifer es wahrscheinlich getan hätte. Sie lehnte sich eng an Paul und erwiderte seine brennenden Blicke mit einem vielsagenden Lächeln, während in ihrem Innern die nervöse Spannung wuchs. Als sie Dennis endlich sah, der wegen seiner Größe in der Menge leicht auszumachen war, hätte sie am liebsten vor Erleichterung aufgeschrien. Doch gleich darauf
setzte ihr Herzschlag angesichts seiner ernsten Miene einen Schlag aus. "Wo warst du? Komm, trink etwas mit uns!" Paul deutete auf einen freien Stuhl, doch Dennis schüttelte den Kopf. "Das geht leider nicht, alter Junge. Ich fürchte, ich habe schlechte Neuigkeiten." Paul kniff die Augen zusammen. "Was ist passiert?" Dennis wandte sich an Eliza. "Ich war zufällig am Empfang, als ein Anruf für dich kam. Nach einigem Zureden hat der Geschäftsführer es mir überlassen, dir die Nachricht zu überbringen. Deine Schwester ist im St. Mary's Hospital. Sie ist sehr krank." Eliza sprang auf, eine Hand am Mund. "O nein!" Paul legte ihr fürsorglich einen Arm um die Schultern. "Mach dir keine Sorgen. Ich fahre dich sofort hin, und..." "Das halte ich für keine sehr gute Idee", unterbrach Dennis ihn. "Du hast zuviel getrunken, und außerdem kannst du deine Gäste nicht allein lassen. Ich fahre Jennifer in die Stadt. Sie kann dich später anrufen." Paul machte den Eindruck eines Tigers, der seiner Beute beraubt wird. Eliza versuchte ihn in seinem wütenden Protest zu beschwichtigen, indem sie ihm eine Hand auf den Arm legte. "Bitte Liebling. Dennis hat recht." Dann nahm sie all ihren Mut zusammen und küsste ihn auf den Mund. "Ich verspreche auch, dich sofort anzurufen." Ohne sich um die neugierigen Blicke der anderen Gäste zu kümmern, erwiderte Paul ihren Kuss und erdrückte sie fast mit seiner Umarmung, bevor er sie widerstrebend freigab. "Komm jetzt, Jennifer", befahl Dennis schroff. "Pack deine Sachen zusammen - wir müssen uns beeilen." Als Eliza etwas später endlich in Dennis' Wagen saß, war sie einem Nervenzusammenbruch nahe. Schwach vor Erleichterung ließ sie sich in den Sitz sinken, nachdem sie Paul ein letztes Mal zugewinkt hatte. Da er keine Anstalten machte, wieder ins Hotel
zu gehen, fuhr Dennis mit quietschenden Reifen an, um der Dringlichkeit ihrer Mission Nachdruck zu verleihen. "Uff!" stieß Eliza hervor, während der Wagen über die verlassenen Strassen sauste. "Nie wieder lasse ich mich von Jennifer zu so etwas überreden. Es war furchtbar. Ich hasse diese Lügereien!" "Warum hast du dich dann überhaupt bereit erklärt, bei diesem Unsinn mitzumachen?" fragte Dennis grimmig. "Aber zumindest eines an der ganzen Geschichte ist wahr: Deine Schwester ist im St. Mary's Hospital, und sie ist krank." Er lachte kurz auf. "Hoffen wir, dass Jennifer infolge ihrer Krankheit nicht allzu viel abnimmt, Eliza, sonst riecht Paul Lunte. Ich wundere mich ohnehin, dass er deine plötzlichen Rundungen heute Abend nicht bemerkt hat." Eliza warf ihm einen feindseligen Blick zu. "Er hat sie bemerkt, aber zum Glück kennt er Jennifer noch nicht so gut. Ich habe ihm einfach erzählt, dass ich seit dem Kauf des Kleides zugenommen habe. Anscheinend hat er mir geglaubt." "Trotzdem solltest du Jennifer raten, sich einige Pfunde anzufuttern, bevor sie sich das nächste Mal mit ihm trifft." "Dagegen hätte sie bestimmt nichts! Ihre Karriere ist der einzige Grund, weshalb sie ständig Diät hält." Dennis betrachtete sie spöttisch. "Heißt das, du wärst ebenso zerbrechlich, wenn du von Salat und frischer Luft leben würdest?" "Dazu bedürfte es wohl etwas mehr als Salat und frischer Luft!" fauchte Eliza ihn an. "Abgesehen davon habe ich nicht den leisesten Wunsch, zerbrechlich auszusehen. Meine Karriere erfordert Durchhaltevermögen, keine Zerbrechlichkeit." "Immer mit der Ruhe!" sagte Dennis spöttisch. "Du brauchst dein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen, Eliza. Paul jedenfalls schien dich sehr attraktiv zu finden. Er konnte sich ja kaum noch zurückhalten, als die Rettung in Gestalt meiner Wenigkeit endlich auftauchte. Obwohl du seine
Aufmerksamkeiten in vollen Zügen zu genießen schienst, so dass ich mich einen Moment fragte, ob ich mich überhaupt noch einmischen sollte." Eliza presste die Lippen zusammen. "Um deine Worte zu wiederholen, Dennis: Ich habe nur versucht, ihn für Jennifer warm zuhalten. Könnten wir jetzt bitte das Thema wechseln?" "Natürlich. Wie könnte ich auch Dankbarkeit von dir erwarten - oder überhaupt ein echtes Gefühl?" sagte er schroff. "Schlaf jetzt ein wenig. Hinterher bist du vielleicht besser gelaunt." Eliza wollte seine Worte Lügen strafen und ihm danken, doch sie brachte kein Wort heraus. Die Tatsache, dass sie wieder mit Dennis Randolph allein war, war zuviel für ihre ohnehin strapazierten Nerven. Obwohl sie am liebsten geweint hätte, schloss sie die Augen und tat, als würde sie schlafen. Doch fünf Minuten später fuhr sie unvermittelt hoch, als der Wagen zum Stehen kam. "Was ist los?" fragte sie misstrauisch. "Ist das Benzin alle?" "Nein." Dennis half ihr aus dem Auto, und Eliza betrachtete verwirrt das Gebäude vor ihr, das einsam unter dem sternenübersäten Himmel lag. "Was soll das?" erkundigte sie sich mit einem Anflug von Panik. "Das hier ist mein Haus." Dennis holte ihren Koffer vom Rücksitz. Eliza wehrte sich, als er sie vor sich her die wenigen Stufen zur Eingangstür hinaufschob. "Ich dachte, wir fahren nach London!" "Warum?" Dennis schloss die Tür auf und schaltete im Haus das Licht ein. "Keiner von uns beiden wohnt dort." "Nein, aber du hast doch gesagt, du bringst mich zu Jennifer!" "Wozu? Sie denkt ohnehin, dass du im Hotel übernachtest." Dennis gähnte herzhaft und schob Eliza in den spärlich möblierten Wohnraum des Hauses. Es war offensichtlich eine
umgebaute Scheune, deren mächtige Pfeiler und Holzbalken in ihrem ursprünglichen Zus tand belassen worden waren. "Ich bin gerade aus den Staaten zurückgekommen und wollte ohnehin nur auf einen Sprung bei Pauls Party vorbeischauen. Ehrlich gesagt möchte ich jetzt nur noch meine Ruhe haben und ganz bestimmt um diese Zeit nicht mehr nach London oder sonst wohin fahren. Du wirst also hier übernachten müssen. Ich bringe dich morgen nach Hause." Eliza betrachtete ihn feindselig. "Wird Marina denn nichts gegen einen unerwarteten Gast einzuwenden haben?" Dennis presste die Lippen zusammen. "Nein. Es wundert mich, dass du noch nichts davon gehört hast. Marina und ich haben uns vor kurzer Zeit getrennt - vor sehr kurzer Zeit." Eliza schwieg, denn Dennis' Gesichtsausdruck verbat sich jeden Kommentar. Dennoch wäre es unhöflich, gar nichts zu sagen. Unglücklich überlegte sie, dass ihr all dies erspart geblieben wäre, hätte sie in ihrem eigenen Wagen zu Pauls Party fahren können. Doch in ihrer Rolle als Jennifer hatte sie den Zug nehmen müssen, denn ihre Schwester weigerte sich, Auto fahren zu lernen. "Das tut mir leid", sagte sie nach einer peinlichen Pause. "Rob hat mir am Telefon nur erzählt, du seist umgezogen, aber..." "Aber nicht, warum", vollendete Dennis ihren Satz. "Nein." Er trat auf sie zu und blieb, als sie zurückwich, unvermittelt stehen. "Was ist los mit dir?" Gleich darauf war so etwas wie Verachtung in seinen Augen zu sehen. "Oh, ich weiß schon: Du hast Angst, die Nacht allein mit mir in diesem Haus zu verbringen, stimmt's?" Als Eliza schwieg, wurde sein Gesichtsausdruck hart. "Du bist die Schwester meines ältesten Freundes. Würde ich dich aus den Klauen eines Mannes retten, um mich dann selbst auf dich zu stürzen?"
Sein sarkastischer Ton ließ Eliza erröten. "Nein, wahrscheinlich nicht", flüsterte sie und senkte den Kopf. Dennis lächelte spöttisch. "Aber du hast gedacht, ich könnte mich vielleicht rächen für die Behandlung, die du mir bei unserer letzten Begegnung hast zukommen lassen!" "Ja, so in etwa." Dennis wandte sich müde ab. "Ich weiß zwar nicht, wofür ich deine schlechte Meinung verdient habe, Eliza, aber mach dir keine Sorgen. Unter meinem Dach kannst du in Frieden schlafen - heute oder in jeder anderen Nacht, wenn es dazu kommen sollte." "Das beruhigt mich sehr." Wider Willen hatte sie plötzlich ein schlechtes Gewissen. "Aber du brauchst mich morgen nur zum nächsten Bahnhof zu bringen. Ich fahre genauso nach London zurück, wie ich gekommen bin: mit dem Zug." Dennis zuckte die Schultern. "Wie du willst. Aber du zitterst ja. Soll ich die Heizung anstellen?" "Nein. Mir ist eigentlich nicht kalt, es sind nur die Nerven, weil ich heute Abend jeden Moment auf der Hut sein musste." "Trink einen Brandy." "Nein, danke." Sie zwang sich zu lächeln. "Aber wenn es dir nicht allzu große Mühe macht, Dennis, hätte ich ganz gerne einen Tee." "Das kriege ich wohl gerade noch hin." "Und könnte ich mit Jennifer telefonieren?" "Natürlich. Erzähl ihr alles ganz genau. Sie soll danach sofort Paul anrufen." Dennis sah auf Eliza hinunter. "Vielleicht sollte ich selbst mit ihr reden und ihr klarmachen, dass sie nie wieder einen solchen hirnverbrannten Unsinn .. ." "Lieber nicht! Das überlass nur mir." Eliza zögerte. "Es sei denn, du willst unter allen Umständen selbst mit ihr sprechen." Er zuckte die Schultern und griff nach ihrem Koffer und dem Funktelefon. "Nicht unbedingt. Vom Gästezimmer aus kannst du ungestört telefonieren - aber bitte nicht die ganze Nacht."
"Ich bezahle natürlich für das Gespräch", sagte Eliza, während sie ihm die Galerie hinauf folgte, die auf halber Höhe den Raum umgab. Dennis öffnete eine Tür und warf Eliza einen vernichtenden Blick zu. "Soll das eine Beleidigung sein?" Er schaltete das Licht im Zimmer ein, stellte ihren Koffer neben dem Bett ab und verschwand ohne ein weiteres Wort. Im ersten Moment war Elizas Neugier auf ihre Umgebung stärker als ihr Wunsch, Jennifer anzurufen. Das Zimmer schien merkwürdig unpersönlich, und auch das angrenzende Bad wirkte eher spartanisch. Doch es gab einen Spiegel, und nach einem Blick hinein entschloss Eliza sich, zu aller erst ihr ausgeklügeltes Make-up zu entfernen. Danach wusch sie sich das Gesicht mit kaltem Wasser, um schließlich ihre kunstvollen Locken zu bürsten. Erst als sie sich endlich wieder halbwegs wie sie selbst fühlte, setzte sie sich auf das Bett und wählte Jennifers Nummer im Krankenhaus. Ihre Schwester meldete sich sofort, als habe sie nur auf diesen Anruf gewartet. Ein Hagel von Fragen prasselte auf Eliza herunter, bevor es ihr gelang, selbst etwas zu sagen. "Jetzt sei mal einen Moment still, Jennifer", befahl sie außerordentlich gereizt, berichtete ihrer Schwester kurz über die Ereignisse des Abends und riet ihr, in ungefähr einer halben Stunde Paul im Hotel anzurufen. "Bei Dennis' Fahrstil könnte das in etwa hinkommen." "O Liza", stöhnte Jennifer entsetzt. "Warum musste es denn unbedingt Dennis sein! Bestimmt ist es dir nicht leichtgefallen, ihn um Hilfe zu bitten. Außerdem hätte ich nicht im Traum gedacht, dass Paul - nun, dass er ..." "Seine Party mit einer rauschenden Liebesnacht krönen wollte?" "Jetzt wirst du ordinär!" "Weißt du überhaupt, wie schwer es mir gefallen ist, mir den Mann vom Leib zu halten?"
"Tut mir leid", sagte Jennifer schuldbewusst, um gleich darauf misstrauisch zu fragen: "Wieso ist es dir schwergefallen? Wolltest du ihn dir vielleicht gar nicht vom Leib halten?" "Natürlich wollte ich das. Paul gehört zu dir, für mich ist er ein Fremder. Und für dich mag er sexy und charmant und perfekt sein, aber mein Typ ist er nicht." Letzteres war Jennifer völlig unverständlich, und sie stürzte sich in eine Aufzählung aller Vorzüge, die Paul zu bieten hatte. Eliza unterbrach ihren Lobgesang, um noch einmal die wichtigsten Ereignisse des Abends mit ihr durchzugehen. Zu ihrer Erleichterung schien Jennifer ihr normale s Aussehen beinahe wiedererlangt zu haben, und in Anbetracht Dennis' Rat schärfte Eliza ihrer Schwester ein, vor ihrem nächsten Treffen mit Paul so viel zu essen, wie sie nur konnte. "Er hat sofort gemerkt, dass du schlanker bist als ich", warnte Eliza sie. "Ich habe ihm vorgelogen, seit dem Kauf des Kleides zugenommen zu haben, Lügen, nichts als Lügen, den ganzen Abend", fügte sie bitter hinzu. "Das war das letzte Mal, Jennifer. Kein Rollentausch mehr. Nie wieder." "Sag ihr, wenn sie es noch einmal versucht, bekommt sie es mit mir zu tun", ertönte Dennis' Stimme von der Tür her. "Mein Gastgeber schneidet mir das Wort ab." Eliza betrachtete Dennis kalt. "Ruf Paul an, Jennifer, schlaf dich aus und triff dich erst mit ihm, wenn du wieder einigermaßen normal aussiehst." "Deine Telefonrechnungen müssen astronomisch sein", sagte Dennis mit einem Blick auf seine Armbanduhr. "Zehn Minuten! Ich habe Jennifer nicht sofort angerufen, sondern mich erst abgeschminkt", erwiderte Eliza beleidigt. "Das sehe ich." Dennis betrachtete sie prüfend. "Weiß Jennifer übrigens, dass du es nur meiner Einmischung zu verdanken hast, deine Tugend bewahrt zu haben?" "Natürlich habe ich ihr erzählt, dass du dich eingemischt hast!", fuhr sie ihn
an und biss sich gleich darauf auf die Lippe. "Entschuldige. Ich ich weiß deine Hilfe wirklich zu schätzen." Dennis betrachtete sie skeptisch. "Dann nimm meinen Rat an, Eliza, und lass die Finger von solchen Spielchen wie heute Abend. Das nächste Mal bin ich vielleicht nicht da, um dich davor zu schützen." "Es wird kein nächstes Mal geben", entgegnete sie so ruhig, wie es ihr möglich war. "Bisher bin ich gut zurechtgekommen, auch ohne deine Hilfe, Dennis Randolph. Und ich werde alles tun, damit es auch in Zukunft so bleibt!"
2. KAPITEL Eisig schweigend ging Dennis vor Eliza die Treppe zum Wohnraum hinunter. Er winkte sie zu dem großen Ledersofa, verschwand durch eine Tür und kehrte mit einem Tablett in Händen zurück, das er vor sie auf den niedrigen Tisch stellte. "Dein Tee", sagte er kurz angebunden. Nachdem er sich einen Whiskey mit Soda eingeschenkt hatte, ließ er sich Eliza gegenüber in einem bequemen, etwas schäbigen Samtsessel nieder. "Möchtest du etwas essen?" "Nein, danke. Aber der Tee ist sehr gut. Ich glaube, ich werde nie wieder Champagner trinken. Er würde mich zu sehr an diese Party erinnern." Sie sah auf und begegnete Dennis' ausdruckslosem Blick. "Diese ganze Geschichte geht mir gegen den Strich. Paul ist kein arroganter Dummkopf, wie ich dachte, nach allem, was ich über ihn gelesen hatte. Am Ende mochte ich ihn sogar irgendwie." "So sehr wie Jennifer ihn mag?" "Natürlich nicht. Nur hätte ich ihn normalerweise wohl recht amüsant gefunden, aber unter diesen Umständen war der Abend die reine Hölle." "Dumm ist Paul wahrhaftig nicht. Mit dreißig Jahren Besitzer einer Kette von Schnellrestaurants zu sein, ist nicht schlecht für einen Jungen, der als Tellerwäscher angefangen hat." Eliza nickte, erleichtert, sich endlich wieder auf neutralem Boden zu bewegen. Auch Dennis schien das Thema zu
interessieren, denn er fuhr fort; "Paul kümmert sich selbst um die winzigsten Details. Deshalb hatten wir beim Umbau seines Hauses auch einige Auseinandersetzungen." Dennis lächelte in seiner überheblichen Art, an die sie sich noch von früher her erinnerte. "Bis jetzt bin ich Sieger geblieben - wahrscheinlich, weil ich für den Umbau des Manor-Hotels einen Preis bekommen habe. Paul lässt sich leicht von solchen Dingen beeindrucken." Dennis lehnte sich vor. "Vergiss für eine Minute, dass dieses Haus mir gehört, Eliza, und sag mir, was du da von hältst." Sie sah sich um: schmucklose, weißgestrichene Wände, helle Teppiche und Vorhänge, Ledersofas und -sessel. Dennis machte eine ungeduldige Bewegung. "Keine Angst, Eliza. Ich schätze die ehrliche Meinung einer Raumdesignerin selbst, wenn sie noch ein Grünschnabel ist wie du." "Inzwischen habe ich einige Erfahrung in meinem Beruf", erwiderte sie schroff. "Genug, um dir zu sagen, dass mich die Einrichtung einfach anödet. Das Haus an sich ist schön. Es braucht nur einige außergewöhnliche Akzente und etwas Farbe, um es voll zur Geltung zu bringen." Dennis hob die Schultern. "Die Teppiche und Vorhänge fielen beim Umbau des Manor-Hotels ab." Er verzog den Mund. "Meine Trennung von Marina kam ziemlich plötzlich, und ich wollte so schnell wie möglich umziehen, so dass ich mir keine Gedanken über Ästhetik machte." Es entstand eine peinliche Pause. Eliza räusperte sich. "Tut mir leid. Wegen Marina, meine ich." Dennis lächelte verächtlich. "Um ehrlich zu sein. In Erinnerung an unsere letzte Begegnung fällt es mir schwer, das zu glauben." "Wirklich?" Sie lachte leise. "Wie seltsam. Ich hatte sie schon fast vergessen." "Du lügst!"
"Wenn ich daran denke, dann nur, weil es auf Robs Hochzeit war", fuhr sie vorsichtig fort. "Natürlich", erklärte er zynisch. "Weshalb sonst solltest du dich auch daran erinnern?" Er sprang auf. Eliza fuhr zusammen und kam sich gleich darauf töricht vor, weil er nur zur Bar ging und sich einen weiteren Whiskey einschenkte. "Möchtest du wirklich keinen Drink?" fragte er über die Schulter. "Nein, wirklich nicht. Der Tee reicht mir, vielen Dank." Er drehte sich um und betrachtete sie schweigend. "Rob sagte, du machst dich für eine Anfängerin recht gut in deinem Beruf." Eliza zog es vor, seinen überheblichen Unterton zu ignorieren. "Ja, ich mache mir langsam einen Namen, durch Mund- zu-Mund-Propaganda sozusagen. Aber dir gebe ich einen kostenlosen Rat: Vergiss diese abscheulichen Vorhänge und kauf dir- zum Teppichboden noch einige farbige Brücken. Die anderen Räume habe ich zwar noch nicht gesehen, aber das Gästezimmer wirkt eher wie die Zelle eines Einsiedlers." Dennis lächelte bitter. "Genau das richtige für mich. Und obwohl ich jetzt wieder ein freier Mann bin, sollten meine weiblichen Gäste doch meine Gastfreundschaft nicht über Gebühr strapazieren. " Eliza errötete und sah auf ihre Armbanduhr. "Nun, dann gehe ich jetzt lieber schlafen." Sie warf ihm einen feindseligen Blick zu. „In diesem Haus wäre ich so oder so nicht willkommen, nicht wahr?" Als Dennis auf sie zutrat, unterdrückte sie den Wunsch, einfach aufzuspringen und wegzulaufen. "Überrascht dich das?" "Nein. Mich überrascht nur, dass du mir geholfen hast", erwiderte sie unverblümt. "Weshalb eigentlich, Dennis?"
"Das habe ich dir schon gesagt", entgegnete er kurz angebunden. "Weil du Robs Schwester bist. Er hätte dasselbe für mich getan." "Du hast keine Schwester!" "Wofür ich zutiefst dankbar bin. Und inzwischen wünsche ich mir, ich hätte dich die Sache allein ausbaden lassen!" Er unterdrückte ein Gähnen. Eliza biss sich auf die Unterlippe, als sie die dunklen Schatten unter seinen Augen bemerkte. "Tut mir leid, dass ich dir so viele Schwierigkeiten mache. Auch wenn du mir nicht glaubst, ich bin dir sehr dankbar, Dennis. Wirklich." Er schwieg, und sie spürte seinen Blick auf ihrem Haar, das ihr wieder glatt und dunkel glänzend über die Schultern fiel. "Jetzt siehst du eher aus wie die Eliza von früher", sagte er. "Im ersten Moment hätte ich mich von den Locken beinahe täuschen lassen." Sein Blick ließ sie erschauern, und sie senkte schnell den Kopf. "Jennifer hat sich für eine Fotoserie in Miami eine Dauerwelle zugelegt, und deshalb musste ich heute morgen zu ihrem Friseur - gestern morgen, heißt das. Ich bin so müde, dass ich nicht einmal weiß, welcher Tag heute ist." "Dann sind wir uns ja einig. Wann möchtest du frühstücken?" "Ich frühstücke nie." Etwas in seinen Augen veranlasste Eliza, so schnell wie möglich die Treppe hinauf zueilen. Doch in den ungewohnten hochhackigen Schuhen blieb sie plötzlich an einer Stufe hängen und stolperte - um sich gleich darauf in Dennis' Armen wiederzufinden. "Vorsichtig", sagte er sehr sanft. "Wenn du so müde bist, trage ich dich nach oben." Eliza wusste, dass Gegenwehr sinnlos war. Steif lag sie in seinen Armen, bis er sie auf der Galerie auf die Füße stellte. "Das wäre nicht nötig gewesen", sagte sie unbehaglich. "Vielleicht nicht, aber sehr angenehm. Zumindest für mich." Wieder ließ er den Blick langsam über ihren Körper gleiten.
"Warum siehst du mich immer so an, als wäre ich das Exemplar einer besonders ungewöhnlichen Gattung?" "Ein sehr schönes Exemplar", gab Dennis zu. "Aber eigentlich dachte ich gerade daran, dass dieses Kleid dir nicht steht." "Kein Wunder - ich habe es mir ja auch nicht ausgesucht!" Sie seufzte niedergeschlagen. "Dieses Kleid gehört Jennifer. Sie ist die strahlende Schönheit - nicht ich." Dennis runzelte die Stirn. "So ein Unsinn! Auf den ersten Blick seid ihr beide euch sehr ähnlich - diese schräggeschnittenen Augen und dieser Mund .. ." Er betrachtete sie so lange, dass sie unruhig wurde. "Zugegeben, an diesem Punkt hört die Ähnlichkeit auf. Jennifer verdient sich mit ihrem Aussehen den Lebensunterhalt, während du deine Intelligenz nutzt, deinen Geschmack, dein Talent. Und", fuhr er fort, während er den Blick über ihren Ausschnitt gleiten ließ, "mir persönlich sind Kurven viel lieber." Unvermittelt öffnete er die Tür des Gästezimmers und schob Eliza hinein. "Geh schlafen, Eliza, bevor ich wieder etwas tue, das ich hinterher bereuen würde." Eliza hob spöttisch die Augenbrauen. "Du bereust etwas, Dennis?" Seine Gesichtszüge wurden hart. "Da du schon fragst: Ich denke an unsere letzte Begegnung, als ich von dir gedemütigt wurde wie von niemandem vorher - oder nachher." "Ach das", erwiderte Eliza so unbefangen wie möglich und schwieg abrupt, als Dennis ihr den Weg versperrte, das Gesicht finster. "Ja - das", stieß er hervor, zog sie heftig an sich und hielt sie so fest, dass es schmerzte. Wider Willen spürte Eliza, wie ihr Körper auf seine Berührung reagierte. "Lass mich los, Dennis", sagte sie feindselig und versuchte vergeblich, sich zu befreien.
"Ich sehe, du erinnerst dich doch an unsere letzte Begegnung!" Eliza gab auf. "Natürlich erinnere ich mich", sagte sie und sah ihm müde in die Augen. "Aber wenn du mir immer noch nicht verzeihen kannst, warum hast du mir dann heute geholfen?" '"Um der alten Zeiten willen, glaube ich. Das Kind Eliza habe ich immer gemocht." Dennis gab sie frei und trat zurück. "Nachdem Paul dich als Jennifer vorgestellt hatte, hielt ich es für besser, etwas zu tun - selbst wenn ich hinterher keinen Dank dafür erwarten konnte", fügte er scharf hinzu. Eliza strich sich erschöpft mit der Hand durchs Haar. "Ich kann mich nicht ewig entschuldigen, Dennis. Wenn du mich vorbeilässt, gehe ich ins Bett, und morgen werde ich früh aufbrechen und dir nie wieder in die Quere kommen." "Genau wie du es nach der Hochzeit getan hast", kommentierte Dennis grimmig. "Wann immer Rob mich einlud, warst du zufällig verhindert. Nicht einmal auf der Party, die er vor seiner Abreise nach Neuseeland gab, hast du dich blicken lassen." "Beim Abschiedsessen mit der Familie war ich dabei", verteidigte Eliza sich. "Ich habe Rob erklärt, dass wir beide zur Zeit nicht gut miteinander auskommen würden, und er war sehr verständnisvoll." "Und fragte mich hinterher, was ich getan habe, um dich so zu verletzen", fügte Dennis bissig hinzu. "Aber sei unbesorgt, ich habe ihm nicht erzählt, dass es genau umgekehrt war." Ihre Augen sprühten Feuer. "Nun, ich habe das Ganze etwas anders in Erinnerung. Meinst du nicht, Rob hätte etwas dagegen, dass du seine Schwester verführst?" "Verführen?" Dennis lachte verächtlich. "Wenn es so war, dann war ich wohl nicht allein daran beteiligt." Plötzlich war Eliza es müde, sich weiter zu streiten. "Hör zu, Dennis, ich wollte nicht hierher kommen, und morgen bist du
mich ohnehin wieder los, aber könnte ich jetzt bitte schlafen gehen?" Dennis gab den Weg frei und öffnete ihr die Tür, plötzlich sehr höflich. "Aber natürlich. Gute Nacht, Eliza." In ihrer Eile, ihm endlich zu entkommen, stolperte sie, und ehe ihr bewusst wurde, was geschah, lag sie in seinen Armen. Sie öffnete die Lippen unter seinem drängenden Mund und erwiderte seinen langen, leidenschaftlichen Kuss, während das Blut ihr in den Ohren pochte und sie alles um sich herum vergaß. Erst als er zärtlich ihre Brüste berührte, kehrte sie unvermittelt in die Wirklichkeit zurück und versuchte heftig, sich aus seinen Armen zu befreien. Dennis gab sie sofort frei. "Ich habe dir ja gesagt, dass ich eine Belohnung verlangen würde, Eliza", sagte er kühl. Doch sein brennender Blick strafte seinen Tonfall Lügen. Sie fuhr sich mit der Hand über die bebenden Lippen, ging ohne ein Wort an ihm vorbei in das Gästezimmer und schlug ihm die Tür vor der Nase zu. Gereizt riss sie sich das Kleid herunter und warf es in eine Ecke, in der Hoffnung, damit auch die Erinnerungen an diesen Abend abzulegen. Doch als sie endlich im Bett lag, wollte der Schlaf nicht kommen. Dennis' Berührungen hatten all die Empfindungen wieder aufgerührt, die sie so lange verdrängt hatte. Und hinter ihren geschlossenen Augenlidern spielte sich immer wieder jene Szene auf Robs Hochzeit ab, wie ein Video, das sie nicht abstellen konnte. Die Ansprachen waren vorüber, der Hochzeitskuchen angeschnitten, und im Ballsaal spielte das Orchester eine langsame, verträumte Melodie. In einer Wolke aus pinkfarbener Seide, Rosen im aufgesteckten Haar, gesellte Eliza sich zu Dennis, der in seinem formellen Anzug umwerfend aussah. Ihre Augen glänzten einladend, und er reagierte, indem er sie in die Arme zog und beim Tanzen eng an sich gedrückt hielt.
Eliza warf sich ruhelos im Bett herum bei der Erinnerung daran, wie Dennis sie angesehen hatte, als sie sich auf die Zehenspitzen stellte und ihm ins Ohr flüsterte, dass sie sich mit ihm für eine Weile in sein Hotelzimmer schleichen wolle. "In mein Zimmer, Eliza?" Er drückte ihre Hände. "Warum nicht?" Sie lächelte träumerisch. "Hier ist es so heiß, und ich möchte nur einen Moment Ruhe, weiter nichts. Es macht doch nichts, wenn uns jemand zusammen weggehen sieht. Schließlich sind wir alte Freunde." Dennis betrachtete ihr lachendes, erhitztes Gesicht. "Da gibt es nur einen Haken, Eliza. Im Moment fühle ich für dich nicht gerade das, was ein Freund fühlen sollte." Sie blickte ihn aus ihren sorgfältig geschminkten Augen unschuldig an. "Was habe ich denn getan?" "Zwischen uns hat sich etwas geändert", stieß er hervor. "Und das weißt du genau." Eliza senkte den Blick und lehnte sich leicht gegen ihn, in der Hoffnung, dass ihr Körper für sie sprechen würde. Und das tat er. Das Gesicht plötzlich sehr blass, wartete Dennis, bis nach einem Musikstück Applaus aufbrandete und sich alle Gäste dem Orchester zuwandten. Dann zog er Eliza zu einem Notausgang, durch den sie über die Hintertreppe sein Zimmer im ersten Stock erreichten. Atemlos wirbelte Eliza herum, jeder Zentimeter Herausforderung, während Dennis sich gegen die geschlossene Tür lehnte. "Nun?" fragte er. "Da sind wir, und da ist das Bett. Du wolltest dich ausruhen, also tu dir keinen Zwang an." "Eigentlich wollte ich mich nicht ausruhen, Dennis." Sie lächelte ihn verführerisch an. "Ich bin jetzt eine Frau, nicht mehr nur Robs kleine Schwester, falls du es noch nicht bemerkt hast." "Natürlich habe ich es bemerkt", erwiderte er und betrachtete sie mit glitzernden Augen.
"War ich nicht eine schöne Brautjungfer? Aber du hast mich nach der Trauung nicht geküsst wie alle anderen. Warum nicht?" "Ich hatte meine Gründe." "Wolltest du mich nicht küssen?" In diesem Moment verlor Dennis die Beherrschung. Er trat auf sie zu, riss sie in seine Arme und küsste Eliza so hart, dass ihr die Luft wegblieb und sie insgeheim triumphierte. "Ich habe dich nicht geküsst", murmelte er heiser an ihrem Mund, "weil ich wusste, dass ich dann nicht mehr hätte aufhören können." Und danach schwiegen beide, während er sie mit Händen und Lippen zärtlich berührte, ihren Körper zum Glühen brachte, ihr mit versagender Stimme Liebkosungen ins Ohr flüsterte. Er drängte sie auf das Bett, die Rosen fielen ihr aus dem Haar und blieben unbeachtet auf dem Boden liegen. Nur ihrer beider keuchender Atem war im Raum zu hören, als Dennis Jacke und Hemd abstreifte, um dann den Mund verlangend auf ihren zu senken. Eliza vergaß alles um sich her: die Hochzeit, ihre Eltern, Jennifer, die ganze Welt. Sie legte die Arme um Dennis' Nacken, erwiderte seine Küsse und hatte das Gefühl, unter seinen Händen zu brennen, während er ihr die Träger des Kleides über die Schultern streifte. Als er eine aufgerichtete Brustspitze zwischen die Lippen nahm, stieß sie einen leisen Schrei aus, presste seinen Kopf an sich und bog den Körper Dennis' Liebkosungen entgegen. Doch als Dennis sich aufrichtete und über ihr kniete und sie begehrend ansah, da fiel ihr wieder ein, weshalb sie eigentlich hier war. Mit größter Mühe gewann sie ihre Selbstbeherrschung zurück und stieß ihn leise und verächtlich lachend von sich. Seine Überraschung gab ihr genug Zeit, aufzuspringen und seinen Händen gänzlich zu entgehen. Selbst jetzt, Jahre später, erschauerte sie immer noch bei dem Gedanken an den Schmerz auf seinem Gesicht und daran, wie
sie mit einem Lächeln den Tumult in ihrem Innern zu überspielen versucht hatte. "Ich glaube, wir sollten zu den anderen zurückgehen", hatte sie zuckersüß gesagt, während Dennis halb nackt neben ihr lag und sie mit einem Blick bedachte, den sie nie vergessen würde. "Du kannst nur froh sein, dass ich es war", hatte er leise geantwortet, und sein Ton hatte sie erstarren lassen. "Versuch so etwas nie wieder. Bei einem anderen Mann würdest du vielleicht nicht so leicht davonkommen - du verdammter kleiner Schelm." Eliza schlief unruhig und erwachte dann unvermittelt, weil ihr übel war. Sie rannte ins Badezimmer, um sich zu übergeben. Das wiederholte sich mehrmals, bis sie sich völlig erschöpft fühlte. Bewegungslos lag sie da und beobachtete, wie das Licht eines hellen Maimorgens durch die Fenster kroch. Als an die Tür geklopft wurde, war sie fast zu schwach, um zu antworten. Dennis, sehr groß in seinem dunklen Morgenmantel, trat schnell auf das Bett zu. "Lieber Himmel, du siehst ja ganz elend aus, Eliza. Ich habe dich in der Nacht gehört, dachte aber, dass dir unter diesen Umständen wohl kaum an meiner Gesellscha ft gelegen sei." "Ich muss etwas Falsches gegessen haben", sagte sie heiser. "Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe." "Ich habe nicht geschlafen." Er wandte sich zum Gehen. "Ich bringe dir gleich etwas abgekochtes Wasser zum Trinken." Eliza hätte lieber einen Tee gehabt, doch ihr war zu elend, um sich mit Dennis zu streiten. Sie döste vor sich hin, bis Dennis zurückkehrte, jetzt in einem blauen Polohemd und heller Hose. "Setz dich auf", befahl er. Als sie statt dessen die Bettdecke umklammerte und den Kopf schüttelte, fügte er bissig hinzu: "Ich werde mich beim Anblick deines Nachthemds schon nicht lüstern auf dich stürzen." Widerstrebend gehorchte Eliza und stöhnte auf, als ihr Kopf wie von Nadelstichen durchbohrt wurde.
Dennis brach in Lachen aus, während er die Kissen hinter ihrem Rücken fest stopfte. "Bist du wirklich der Meinung, ein TShirt sei die richtige Bekleidung für eine heiße Liebesnacht?" "Normalerweise trage ich eben im Bett ein T-Shirt", erwiderte sie beleidigt. "Und außerdem dachte ich nic ht, dass es zu einer solchen Nacht kommen würde." Er goss ihr Wasser in ein Glas ein. "Ehrlich gesagt, Eliza, in diesem Punkt warst du ziemlich naiv." "Das weiß ich jetzt auch", entgegnete sie bitter und stürzte das Wasser in einem Zug hinunter. "Würdest du bitte gehen, Dennis? Falls mein Magen revoltiert, möchte ich gern allein sein." ,Na gut - ruh dich aus. Ich komme in einer halben Stunde wieder." Nachdem er gegangen war, lag Eliza ganz still. Erst nach langer Zeit wagte sie es aufzustehen und tappte auf wackligen Beinen ins Badezimmer. Sie putzte sich die Zähne, wusch sich das Gesicht und fuhr sich mit der Bürste über das Haar, bevor sie zurück ins Bett wankte. "Ich glaube, du siehst etwas besser aus", erklärte Dennis, als er wenig später zurückkam. "Nicht viel, aber ein bisschen." "Wahrscheinlich, weil ich mich gewaschen habe." Sie zitterte. "Heute morgen wirkst du tatsächlich zerbrechlich. Möchtest du einen Tee?" "Sehr gern. Und danach fahre ich nach Hause." Er runzelte die Stirn. "Unsinn. Du bleibst hier, bis es dir besser geht. " Als sie protestieren wollte, fügte er ungeduldig hinzu: "Keine Widerrede! Du musst dich jetzt ausruhen." Widerstrebend gab sie nach. "Aber ich will dich nicht aufhalten, Dennis. Du hast heute doch sicher noch etwas vor." "Nein", versicherte er ihr. "Ich muss nur nachher für eine halbe Stunde weg. Und Mrs. Treasure, meine Haushälterin, hat
für das Wochenende eingekauft, so dass wir auch nicht verhungern werden." Eliza erschauerte. "Sprich bloß nicht von Essen!" "Später wirst du anders darüber denken! Trink deinen Tee, ruf Jennifer an und versuch dann, noch etwas zu schlafen." Eliza trank eine ganze Kanne Tee, bevor sie sich in der Lage fühlte, ihre Schwester anzurufen. Jennifer war bestürzt über Elizas plötzliche Erkrankung, erkundigte sich sehr zurückhaltend nach Dennis und hielt dann eine weitere Lobeshymne auf Paul, der am Abend zuvor am Telefon wirklich lieb gewesen sei. Und es traf sich gut, dass er für einige Tage nach Cornwall zur Eröffnung eines seiner Restaurants musste und sie erst am Mittwoch sehen konnte. "Besser könnte es doch gar nicht kommen", endete Jennifer zufrieden. "Du warst wirklich ein Engel, Eliza. Genau wie Tom. Er hat mich so gut gefüttert, dass Paul am Mittwoch überhaupt nichts merken wird." "Hoffentlich behältst du recht." " Keine Sorge! Werd nur wieder schnell gesund." Jennifer zögerte. "Ich habe ein schlechtes Gewissen, Eliza, weil du - nun, weil du meinetwegen bei Dennis Randolph festsitzt." "Wenn Dennis nicht gewesen wäre, hätte ich jetzt mit viel Schlimmerem zu kämpfen als mit einer Magenverstimmung", erklärte Eliza, bevor sie sich von Jennifer verabschiedete. Zu ihrer Überraschung schlief sie danach sofort ein, und beim Erwachen fühlte sie sich viel besser. Dennis stand an der offenen Tür. "Hallo", sagte er beiläufig. "Wie geht es dir?" Eliza setzte sich auf. Jetzt, da sie sich besser fühlte, fiel ihr siedend heiß der Abschied von Dennis in der Nacht zuvor ein. "Besser, danke." Sie wandte den Blick ab. "Wie spät ist es?" "Drei Uhr nachmittags." Er näherte sich dem Bett. "Ich war schon einige Male hier, aber du hast fest geschlafen."
Sie biss sich auf die Lippe. "Tut mir leid. Nachdem ich mit Jennifer telefoniert hatte, war ich plötzlich furchtbar müde." "Unter diesen Umständen ist Schlafen das beste. Und wie wäre es jetzt mit etwas zu essen?" "Nein, danke." "Dann also Tee. Ich bringe ihn dir gleich herauf." "Auf keinen Fall! Es geht mir sehr gut - na ja, nicht sehr gut, aber gut genug, um aufzustehen und hinunterzukommen." "Das trifft sich gut. Unten wartet nämlich eine Dame auf dich." Eliza warf ihm einen wütenden Blick zu. "Besuch? Aber du hast doch gesagt..." "Ich weiß. Also in zehn Minuten", erklärte er unerbittlich und verschwand. Eliza verfluchte Dennis Randolph, während sie aus dem Bett kroch. So gut ging es ihr immer noch nicht, dass sie sich einem weiblichen Gast gewachsen fühlte, schon gar nicht einer dieser eleganten, weltgewandten Frauen, die Dennis bevorzugte. Warum nur hatte sie sich nicht davonstehlen können, als er noch schlief? Sie duschte schnell, schlüpfte dann in ihre Jeans und stellte erstaunt fest, dass sie sich leichter schließen ließen als vorher. Also war diese schreckliche Nacht wenigstens zu etwas gut, dachte sie, fuhr sich mit der Bürste hastig über die Haare und verließ das Zimmer. Am Treppenabsatz blieb sie stehen und spähte ins Wohnzimmer hinunter doch sie sah nur Dennis, der auf dem Sofa saß, die langen Beine weit von sich gestreckt, und die Sonntagszeitung las. Er sah auf und erhob sich, als Eliza die Treppe hinunterkam. "Du siehst besser aus", erklärte er. Sie blickte sich stirnrunzelnd um. "Du bist allein?" "Nein." Dennis pfiff leise, und aus der Küche stürmte eine schöne Labradorhündin mit glänzendem braunen Fell, die sich neugierig dem Gast ihres Herrn zuwandte.
Eliza warf Dennis einen ärgerlichen Blick zu und kniete nieder, um das Tier zu streicheln. "Das ist also die Dame, für die ich mich extra zurechtgemacht habe?" "Genau. Ihr voller Name ist Poppeia von Winterhuhne, aber du darfst sie Poppy nennen." "Du Schuft! Aber sie ist wirklich eine Schönheit." Eliza kraulte Poppys langes Fell. "Wo war sie gestern Abend?" "Ich hatte sie für die Dauer meiner Reise in Pflege gegeben." "Bist du deshalb heute morgen weggegangen? Um sie zu holen?" Dennis legte eine Hand auf sein Herz. "Nichts anderes hätte mich davon abhalten können, dir am Krankenlager zur Seite zu stehen." "Sehr witzig, Dennis! Du vergisst, dass ich dich schon lange kenne." "Ich vergesse nie etwas - leider." Sie betrachteten sich einen Moment mit der alten Feindseligkeit, bis Dennis unvermittelt sagte: "Eliza, es tut mir leid. Zwischen uns sollte es nicht so sein." In ihren dunklen Augen lag Misstrauen. "Und wie dann?" Er verzog den Mund. "Wie wäre es mit einem Waffenstillstand?" Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, und schwieg. Dennis betrachtete sie nachdenklich. "Eliza", sagte er schließlich, "als ich damals zum erstenmal mit Rob in das Haus deiner Eltern kam, was hast du da von mir gedacht?" Sie überlegte, während sie sich an den schlaksigen, überheblichen Jungen erinnerte, das Idol der zehnjährigen Eliza. "Zuerst mochte ich dich nicht, weil Rob nie Zeit für mich hatte, wenn du da warst.. Aber im Lauf der Jahre entwickelten Jennifer und ich eine richtige Schwärmerei für dich." "Schwindelst du jetzt wieder?" fragte er bissig. Sie errötete. "Das war nicht nett, Dennis."
Seine Gesichtszüge wurden starr. "Tut mir leid. Ich gebe zu, bei Jennifer war es offensichtlich. Sie strich ständig um mich herum. Doch du warst nur mit deinem Pony oder mit Hausaufgaben beschäftigt. Ich hatte keine Ahnung von deinen Gefühlen." "Das hatte keiner." Eliza lächelte bitter. "Damals verschlang ich die Romane der Bronte-Schwestern, und als du dann auftauchtest, groß und blond wie Heathcliff in Person .. . Insgeheim betete ich dich an. Doch im Gegensatz zu Jennifer musste ich Zahnspangen tragen und litt unter Pickeln, Babyspeck und meiner Schüchternheit. Deshalb verbarg ich meine Gefühle sehr sorgfältig - vor dir und vor allen anderen." Dennis betrachtete sie durchdringend. "Falls du jemals ein hässliches Entlein warst - woran ich mich nicht erinnern kann -, dann hast du dich inzwischen in einen Schwan verwandelt." Sie hob die Schultern. "Als ich auf die Designerschule ging, hatte ich die Zahnspangen abgelegt, den Babyspeck und auch meine Schwärmerei. Mit einem Wort: Ich war erwachsen geworden." "Und zu der Zeit hatte ich bereits meinen Beruf und eine eigene Wohnung und besuchte euch nur noch selten." Dennis hielt ihren Blick fest. "Und obwohl wir uns noch zu Weihnachten und an Geburtstagen sahen, wurde mir erst auf Robs Hochzeit bewusst, wie attraktiv du bist." Elizas machte eine abwehrende Geste. "Ich möchte das nicht noch einmal diskutieren " "Aber es wäre besser", unterbrach er sie heftig. "Ich erinnere mich, wie überrascht ich über Sallys Wahl ihrer Brautjungfern war. Sie ist ein liebes Mädchen, aber bestimmt keine Schönheit, und dennoch wollte sie sich unbedingt von den schönen Markham-Schwesternin die Kirche begleiten lassen." "Es war ihre Idee - und außerdem war Sally eine bezaubernde Braut."
"Vor der Hochzeit waren wir beide uns lange Zeit nicht begegnet, und als wir uns dann trafen, musste ich dich immerzu ansehen." Eliza lächelte höhnisch. "Obwohl Jennifer neben mir stand?" "Ich habe sie gar nicht bemerkt. O natürlich, später blieb mir nichts anderes übrig, denn sie folgte mir überallhin. Deshalb konnte ich dir auch nicht sagen, wie atemberaubend du aussahst." "Das glaube ich gern", erwiderte Eliza hart. Er kniff die Augen zusammen. "Was meinst du damit?" Sie zögerte einen Moment, bevor sie die Schultern zuckte. "Eine solche Gelegenheit wird sich wohl nie wieder ergeben, deshalb sage, ich besser jetzt, weshalb ich mich an jenem Tag so verhalten habe. " " Darüber habe ich oft nachgedacht", erwiderte er grimmig. "Du wolltest mich ganz offensichtlich bestrafen. Aber was habe ich getan um diese Strafe zu verdienen, Eliza? Was?" "Nun spiel bloß nicht den Unschuldigen!" fuhr sie ihn an. Dennis sprang auf. "Wovon redest du eigentlich?" Eliza betrachtete ihn anklage nd. "Als ich davon sprach, dass Rob etwas dagegen hätte, wenn du seine Schwester verführst, meinte ich nicht mich. Ich wollte dich damals bestrafen, weil Jennifer zu mir gekommen war und mir weinend erzählte, dass du sie auf dein Zimmer gelockt und versucht hast, ihr - ihr Gewalt anzutun."
3. KAPITEL Dennis erstarrte. "Ich kann es nicht glauben", stieß er schließlich hervor. "Warum, in aller Welt, hätte ich Jennifer wohl vergewaltigen sollen?" "Sie sagte nicht, dass es dir gelungen sei, sondern nur, dass du es versucht hast." Eliza wurde plötzlich von einer schrecklichen Ahnung gepackt. "Und du hast ihr geglaubt?" Sie schluckte. "Warum nicht? Nachdem Jennifer mir so oft erzählt hatte, dass du hinter ihr her seist, wie alle Männer?" Dennis schwieg. "Du kannst natürlich glauben, wem du willst", erwiderte er dann, und sein Ton ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. "Doch ich habe weder Jennifer noch irgend jemand anders jemals Gewalt angetan - oder es auch nur versucht." "Aber weshalb sollte sie dann so etwas behaupten?" "Woher soll ich das wissen?" erwiderte er bitter. "Frag doch Jennifer selbst! Obwohl das wenig nützen würde - du glaubst ihr ja doch eher als mir." Seine blauen Augen glitzerten kalt wie Eis. "Und da wir schon einmal beim Thema sind: Glaub mir, Eliza, wenn ich sie hätte verführen wollen, dann wäre es mir auch gelungen. Bisher hatte ich bei Frauen in dieser Hinsicht keinerlei Schwierigkeiten, eher im Gegenteil - mit einer Ausnahme."
Er trat auf sie zu, als plötzlich das Aufheulen eines Automotors vor dem Haus die Spannung im Raum löste. Dennis eilte zum Fenster. "Verdammt, es ist Paul!" Für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte Eliza, bevor sie sich umdrehte und die Treppe hinaufrannte. Dennis unterdrückte einen Fluch und ging zur Tür, während Eliza ins Gästezimmer eilte, wo sie mit klopfendem Herzen auf die Bettkante sank. Das setzt dem Ganzen die Krone auf, dachte sie bitter. Sich wie in einem billigen Lustspiel im Schlafzimmer verstecken zu müssen. Gespannt lauschte sie nach unten auf die Stimmen beider: Dennis' tiefe und Pauls hellere mit dem leichten Cockney-Akzent. Verzweifelt wünschte sie, er möge verschwinden. Doch die Zeit verging, und schließlich machte sie es sich seufzend auf dem Bett bequem und griff sich einen Band Kurzgeschichten vo n Tschechow vom Nachttisch. Sie hatte das zweite Kapitel! zur Hälfte gelesen, als sie Stimmen vor dem Haus hörte, dann den aufheulenden Motor des Ferrari und endlich das Zuschlagen der Haustür. Gleich darauf betrat Dennis das Zimmer. "Entschuldige", sagte er "aber ich musste Paul einen Drink anbieten. Zum Glück nur einen, da er heute noch nach Cornwall fahren muss. Aber Poppy hätte dich beinahe verraten. Sie saß am Fuß der Treppe und winselte, weil sie zu dir wollte." Er betrachtete Eliza prüfend. "Geht es dir gut?" "Ja - jetzt, da Paul weg ist!" Doch beim Aufstehen bemerkte Eliza ärgerlich, dass die Beine unter ihr nachgaben. "Vorsichtig ..." Dennis wollte sie stützen, ließ aber die Hände sinken, als sie zurückwich. "Du meine Güte, Eliza!" Er beherrschte sich mühsam. "Komm nach unten, ich mache dir etwas zu essen." "Nein, danke", sagte sie schroff. "Aber du könntest mich zur nächsten Bushaltestelle fahren." Er presste die Lippen auf einander. "Sei nicht dumm! Zuerst musst du etwas essen, und dann bringe ich dich nach Hause,
wenn du unbedingt willst. Ich habe nämlich keine Ahnung, wo hier in der Nähe eine Bushaltestelle ist." "Ich würde lieber gleich fahren!" "Zuerst wird gegessen!" "Na gut, aber nur ein Sandwich", stimmte sie gereizt zu. "Und danach gehe ich - ob es dir gefällt oder ..." Sein Blick brachte sie zum Schweigen. Er ging in die Küche hinunter, und als er wenig später mit Rühreiern und Toast wieder erschien, merkte Eliza erst, wie hungrig sie war. "Es ist nichts Besonderes", erklärte Dennis. "Ich fürchte, ich kann nicht gut kochen." "Konnte Marina es denn?" erkundigte Eliza sich boshaft. "Wieso 'konnte'? Sie ist nicht tot. Nein, Marina kocht weder gern noch gut. Ihre Talente liegen auf anderem Gebiet", fügte er betont hinzu. Eliza beschloss, die letzte Bemerkung zu ignorieren. Sie war einfach zu neugierig. "Warum habt ihr euch getrennt? Immerhin wart ihr ziemlich lange zusammen." "Zwei Jahre. Seit Robs Hochzeit, um genau zu sein." "Oh." "Ja. Nach meinem Zusammenstoss mit den MarkhamSchwestern an jenem Tag war Marinas Aufmerksamkeit Balsam für meine Seele." "Schwestern?" wiederholte Eliza scharf. "Sagtest du nicht, du habest mit Jennifer gar nichts zu tun gehabt?" "Habe ich auch nicht", erwiderte Dennis. "Ich habe sie nicht verführt - oder es auch nur versucht. Und trotzdem war sie mir den ganzen Abend über ein Dorn im Auge." "Weshalb?" "Frag Jennifer. Vielleicht erzählt sie dir jetzt die Wahrheit." "Na gut." Sie betrachtete ihn vorsichtig. "Alle dachten, du würdest Marina heiraten." "Marina selbst auch. Womit auch deine Frage beantwortet ist. Sie stellte mir ein Ultimatum: Heirat oder Trennung. Und da ich
mich nicht gern unter Druck setzen lasse, zog ich aus unserer gemeinsamen Wohnung in Oxford in dieses Haus, das ich per Zufall schon vorher gekauft hatte." Dennis machte eine ungeduldige Bewegung. "Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Erzähl mir lieber von Rob." Eliza war froh, zu einem weniger gefühlsbetonten Thema wechseln zu können. Sie berichtete, dass ihr Bruder und seine Frau sich in Neuseeland sehr wohl fühlten und dass ihre Eltern im Moment bei Rob und Sally in Auckland Urlaub machten. "Dank der guten Pension meines Vaters können sie jetzt Reisen unternehmen, die sie sich nie leisten konnten, als wir noch klein waren", fügte sie hinzu. "Das gönne ich ihnen. Ich verdanke deinen Eltern so viel. Meine Ferien bei euch waren damals die Höhepunkte meines Lebens." Eliza wusste, dass er nach dem frühen Tod seiner Eltern von seinem harten und autoritären Großvater aufgezogen worden war. Und sie bemerkte einen Anflug von Bitterkeit in Dennis' Blick, bevor er sich nach ihrer Karriere erkundigte. Eliza berichtete über ihr Studium an der Hochschule für Design, über die ersten Gehversuche in ihrem Beruf und ihre jetzige Anstellung. "Als unbekannte Anfängerin war es sehr schwierig, doch dann bekam ich einige gute Aufträge. Und bisher waren meine Auftraggeber eigentlich immer sehr zufrieden." „Bist du teuer?" Sie zuckte die Schultern. "Nicht so teuer wie meine Chefin Bernadette Lucas. Aber ich habe auch nicht ihre Erfahrung. Noch nicht." "Das machst du bestimmt durch Enthusiasmus wett." "Ich versuche es zumindest." Dennis betrachtete sie herausfordernd. "Und was tust du in deiner Freizeit? Hast du einen Freund?" "Natürlich! Obwohl ich die Männer nicht so oft wechsle wie Jennifer. Lawrence ist Dozent für Kunstgeschichte." Dennis warf ihr einen neugierigen Blick zu. "Etwas Ernstes?"
"Ich kenne ihn noch nicht lange, aber er hat sich gerade erst von seiner Frau getrennt. Ich glaube nicht, dass er sich so schnell wieder fest binden will." "Und wie steht es mit dir?" "Nun, ich fühle mich ganz wohl so. Bernadette hat mir die Dachwohnung über dem Geschäft vermietet. Es gefällt mir in Pennington, und ab und zu gehe ich eben mit Lawrence aus." "Das klingt nach einem sehr vernünftigen und geregelten Leben." "Genau wie ich es mag." Sie verzog den Mund. "Was du mir nach gestern Abend wahrscheinlich nicht abnimmst." Er betrachtete sie in der überheblichen Art, die sie schon immer irritiert hatte. "Stimmt. Ich konnte kaum glauben, dass ihr immer noch die gleichen Tricks anwendet. Du hattest Glück, dass ich dich nicht verraten habe." Eliza verkniff sich eine heftige Antwort, entschlossen, während der kurzen Zeit, die sie noch mit Dennis verbringen musste, höflich zu bleiben. "Gestern Abend war es das erste Mal seit Jahren, ob du es glaubst oder nicht." Plötzlich lächelte er. "Früher habt ihr beide Rob mit eurer Ähnlichkeit mehr als einmal zur Weißglut getrieben." Sie erwiderte sein Lächeln. "Stimmt! Nachdem wir auf verschiedene Schulen gingen, überredete Jennifer mich einmal sogar, für sie eine Mathematikarbeit zu schreiben. Aber das beste war, als Mum anlässlich unseres achtzehnten Geburtstags Fotos von uns machen ließ. Ich hatte etwas anderes vor, also ging Jennifer allein zum Fotografen, zog sich nach der Hälfte der Sitzung meine Sachen an, und die Bilder hingen jahrelang in der Halle, ohne dass Mum und Dad ahnten, dass beide von Jennifer waren." "Ich kann mich an den Aufstand erinnern, als sie es herausfanden! " Dennis betrachtete Eliza durchdringend. "Und
was hast du in der Zeit gemacht, als du angeblich beim Fotografen warst?" "Soweit ich mich erinnere, habe ich mich mit einem Jungen getroffen, den Rob nicht leiden konnte." "Und ich dachte, nur Jennifer habe ihm ständig Ärger gemacht." Eliza funkelte ihn böse an. "Keiner von uns hat ihm Arger gemacht! Und als Jennifer von einer Londoner Modellagentur engagiert wurde und ich auf die Designerschule ging, hatte Rob ohnehin schon Sally getroffen und kümmerte sich nicht mehr um uns." "Wie gut, dass er gestern Abend nicht da war." "Das ging daneben, Dennis! So etwas wird nämlich nie wieder passieren." "Kann ich das schriftlich haben?" fragte er bissig. "Was hättest du denn getan, wenn ich nicht aufgetaucht wäre?" Sie sah ihn offen an. "Irgend etwas wäre mir schon eingefallen. Denn ich schlafe nur mit einem Mann, wenn ich es wirklich will, Dennis Randolph, und bestimmt nicht, um meiner Schwester einen Gefallen zu tun." Als die Worte heraus waren, hätte Eliza sich am liebsten die Zunge abgebissen. Das Blut stieg ihr ins Gesicht, während Dennis' Augen plötzlich ganz kalt blickten. "Doch auc h bei letzterem bist du zweifellos mit Begeisterung dabei" , erwiderte er, und sein Ton ließ sie erschauern. "Eliza, eigentlich hast du deinen Beruf verfehlt. Nach deinem Auftritt bei Robs Hochzeit und dem gestrigen Abend bin ich überzeugt, du wärst eine großartige Schauspielerin geworden." Danach gab Eliza ihr Bemühen um Höflichkeit endgültig auf und bestand darauf, sofort nach Hause gebracht zu werden. Die Fahrt verlief in eisigem Schweigen. Als Dennis ihr vor dem Haus aus dem Wagen half, dankte sie kühl und versicherte ihm, dass sie ihren Koffer auch allein die Treppe hinauftragen könne. Er hob eine Augenbraue. "Wirklich? Du siehst furchtbar aus."
"Kein Wunder", erwiderte sie bitter. "Auf Wiedersehen, Dennis." Doch zu ihrer Bestürzung zitterten ihr die Hände so stark, dass sie die Haustür nicht öffnen konnte. Dennis nahm ihr sofort den Schlüssel ab, schloss die Tür auf und griff nach ihrem Koffer. "Du brauchst nicht..." Sie schwieg, weil sich plötzlich alles um sie her zu drehen begann. Dennis ließ den Koffer fallen und packte sie hart am Ellenbogen. "Schwindlig?" Eliza gab zu, dass ihr leicht schwindlig sei, worauf Dennis sie hochhob, trotz ihrer schwachen Proteste die Treppe hinauftrug und Eliza vor ihrer Wohnungstür auf die Füße stellte, um dann wortlos ihren Koffer nachzuholen. Als er wieder erschien, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, stellte sie ärgerlich fest, dass er nicht einmal außer Atem war. "Bist du sicher, dass du allein zurechtkommst?" erkundigte er sich grimmig, nachdem sie einen Dank gemurmelt hatte. Plötzlich war sie mit den Nerven am Ende. "Natürlich! Würdest du mich jetzt bitte endlich allein lassen?" Dennis warf ihr einen vernichtenden Blick zu, bevor er sich schweigend umdrehte, die Treppe hinunterstürmte und die Tür mit lautem Knall hinter sich zuschlug. Als Eliza am nächsten Morgen erwachte, hatte sie acht Stunden durchgeschlafen. Körperlich ging es ihr viel besser. Doch sie fühlte sich deprimiert, unruhig und einsam. Eigentlich hatte sie heute frei, aber der Gedanke, in ihrer Wohnung herumsitzen und nachdenken zu müssen, war so erschreckend, dass sie pünktlich ins Geschäft hinunterging. Nachdem sie Bernadette versichert hatte, dass es Jennifer besser gehe und ihre eigene Blässe nur auf eine leichte Magenverstimmung zurückzuführen sei, verdrängte Eliza die Gedanken an Dennis und die Ereignisse am Wochenende. Erleichtert stürzte sie sich auf ihre Arbeit in einem Haus, das Gerald Mowbray, ein reicher Geschäftsmann, seiner Tochter als Hochzeitsgeschenk zugedacht hatte.
Nachdem sie sich telefonisch nach den Vorhängen für das aus dem achtzehnten Jahrhundert stammende Gebäude erkundigt hatte, wandte Eliza sich mit einem unsicheren Lachen an Bernadette. "Hätte ich doch nur von Anfang an gewusst, was mit diesem Auftrag auf mich zukommen würde! Inzwischen kann ich nur hoffen, dass auch der Bräutigam eine Vorliebe für Apricot und Himmelblau hat." "Ist wohl nicht ganz dein Geschmack?" erwiderte Bernadette amüsiert. Sie war eine schlanke, sehr elegante Frau in den Vierzigern, hatte langes rotes Haar, das sie mit einem antiken Kamm zurückgesteckt hatte. "Doch, aber nicht im ganzen Haus - und sogar in der Küche!" "Nun, Lucinda hat wahrscheinlich ohnehin nicht die Absicht, jemals in ihrem Leben einen Fuß in die Küche zu setzen!" erklärte Bernadette nüchtern. Obwohl die Arbeit sie ablenkte, fiel es Eliza schwer, den ganzen Tag fröhlich und unbeschwert zu erscheinen. Abends stieg sie erschöpft die Treppe zu ihrer kleinen Wohnung hinauf und musste sich zwingen, nicht daran zu denken, dass Dennis sie gestern diese Stufen hinaufgetragen hatte. Kurz darauf lag sie in der Badewanne und freute sich auf einen ruhigen Abend, als das Telefon klingelte. Es war Jennifer, und Eliza musste sich zunächst einen weiteren Monolog über Paul anhören. "Ich habe dich gestern Abend schon einmal angerufen, aber du warst nicht da", sagte Jennifer schließlich. "Ich bin erst spät nach Hause gekommen." Kurzes Schweigen. "Hat - hat Dennis dich gefahren?" "Ja." Eliza atmete tief ein, bevor sie die Frage stellte, die ihr seit gestern Abend auf der Seele brannte. "Jen, ich muss dich etwas fragen. Und ich will eine ehrliche Antwort." Jennifer lachte gezwungen. "Das klingt aber ernst!" "Ist es auch. Ich möchte genau wissen, was auf Robs Hochzeit zwischen dir und Dennis vorgefallen ist, Jennifer." Am anderen Ende der Leitung blieb es zuerst still, dann seufzte Jennifer. "Also gut, Eliza - nachdem ihr beide euch
wiedergetroffen habt, habe ich gewusst, dass dies passieren würde. Von einem Mann wie Dennis wäre Diskretion ja auch zuviel verlangt!" "Nicht Dennis hat die Sache erwähnt, sondern ich." "Was? Aber Liza, ich habe dir doch alles im Vertrauen erzählt ..." "Ich hatte meine Gründe. Übrigens hat er alles abgestritten." "Hattest du etwas anderes erwartet?" "Jennifer, sag mir die Wahrheit: Was ist damals passiert?" Jennifer seufzte erneut. "Na gut, wenn du darauf bestehst: nichts." Eliza fuhr auf. "Was soll das heißen - nichts?" "Es ist nichts passiert. Nichts. Ich hatte immer eine Schwäche für Dennis, und an jenem Tag sah er so großartig aus, dass ich ihn einfach haben musste. Aber der edle Dennis spielte nicht mit. Er lachte mir ins Gesicht und schickte mich weg. Und ich war so verrückt nach ihm, dass ich zu dir rannte und dir aus Wut und Rache eine Lügengeschichte erzählte." Sie schwieg. "Bist du noch da?“ Eliza atmete laut aus. "Ja." „Es hat doch niemandem geschadet", verteidigte Jennifer sich. "Niemandem geschadet?" Eliza hatte Mühe, sich zu beherrschen. "Ich habe Dennis die schlimmsten Dinge an den Kopf geworfen, und jetzt sagst du, du habest dir alles nur ausgedacht ! Na, besten Dank!" "Sei nicht böse auf mich. Bitte, Liza ! Es tut mir sehr leid" , sagte Jennifer leise. "Das sollte es auch. Aber entschuldigen musst du dich bei Dennis, nicht bei mir! " Eliza warf den Hörer auf die Gabel und blickte immer noch unglücklich starr vor sich hin, als das Telefon erneut klingelte. Dieses Mal war es Lawrence, der sie ins Kino einladen wollte. Es war wirklich das letzte, wonach ihr der Sinn stand, und so gab sie vor, noch arbeiten zu müssen. Doch selbst in ihren eigenen Ohren klang es wie eine Ausrede.
"Und was ist mit mir?" beschwerte er sich. "Das Wochenende verbringst du mit deiner Schwester, und dann machst du Überstunden. Wann können wir uns dann treffen?" Doch Eliza war nicht in der Stimmung, ihn zu besänftigen. Ungeduldig riet sie ihm, wieder anzurufen, wenn er besserer Laune sei, und legte auf. Als sie etwas später gerade lustlos einen Teller heiße Suppe gegessen hatte, klingelte das Telefon zum drittenmal. Widerwillig nahm sie den Hörer ab. "Wenn du immer noch in dieser Stimmung bist ..." begann sie gereizt. "In welcher Stimmung?" Die Stimme am anderen Ende gehörte nicht Lawrence. "Ich wollte nur wissen, wie es dir geht, Eliza." Zu ihrer Verärgerung klopfte ihr Herz so laut, dass sie kaum sprechen konnte. "Entschuldige, Dennis", brachte sie schließlich hervor. "Ich dachte, du seist jemand anders." "Zweifellos dein halbgeschiedener Freund. Ist er wütend auf dich?" "Wenn, dann geht dich das nichts an." „Keine Sorge. Morgen steht er mit einem Strauss Rosen vor deiner Tür - wenn er schlau ist. " "So würdest du es machen, nehme ich an! " "Und es funktioniert immer. Aber jetzt sag, wie es dir geht." "Ich bin ziemlich müde, weil ich heute gearbeitet habe." "Warum hast du nicht einen Tag freigenommen, wie geplant?" "Das ist schwierig, wenn man im gleichen Haus wohnt und arbeitet." "Unsinn. Gestern Abend hast du so furchtbar ausgesehen, dass ich zuerst umkehren wollte, um nach dir zu sehen." "Aber dann hast du dich doch anders entschieden." "Kannst du mir das verdenken - so wie du dich verhalten hast?" Er zögerte. "Um ehrlich zu sein, ich rufe eigentlich an, um zu erfahren, ob du mit Jennifer gesprochen hast."
Eliza atmete tief ein. "Keine Sorge. Ich hätte mir ohnehin nicht eingebildet, dass du dich nach etwas so Trivialem wie meiner Gesundheit erkundigen wolltest. Ja, ich habe mit ihr gesprochen und ihr die bewusste Frage gestellt." Sie zwang sich, ruhig zu bleiben. "Es scheint, als müsse ich mich bei dir entschuldigen." "Heißt das, sie hat all ihre Lügen zugegeben?" "Nein. Nur eine." "Die einzige, die mich interessiert." Dennis schwieg einen Moment. "Und da ihr schon mal beim Thema wart, hast du ihr auch in allen Einzelheiten von deiner Rache berichtet?" "Nein!" entgegnete Eliza heftig. "Und jetzt will ich nicht mehr darüber sprechen, Dennis Randolph. Ich wünschte, es wäre nie passiert. Aber da es nun einmal geschehen ist, wenn auch unter falschen Voraussetzungen, kann ich dich nur noch einmal um Entschuldigung bitten, da dieses Erlebnis in dir anscheinend immer noch einen solchen Widerwillen hervorruft." Zum zweitenmal an diesem Abend knallte sie den Hörer auf die Gabel, doch dieses Mal barg sie den Kopf zwischen den bebenden Händen. Sie hoffte und fürchtete, das Telefon würde noch einmal klingeln. Doch nichts geschah. Und als sie später im Bett lag, redete sie sich ein, es gehe ihr viel besser, jetzt, da ihre Schuld beglichen sei. Nun konnte sie jenen unglückseligen Abend vergessen und Dennis Randolph endgültig aus ihrer Erinnerung streichen.
4. KAPITEL Zum Glück nahm die Arbeit an Lucinda Mowbrays Haus in den folgenden Wochen Elizas ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Ihre Klientin war bege istert, und auch Bernadette sparte nicht mit Lob: "Bald wirst du besser sein als ich." Eliza lächelte. "Nett von dir, Bernadette, aber noch ist es längst nicht soweit." Bernadette betrachtete sie forschend. "Dann lass es ein wenig ruhiger angehen und iss erst einmal zu Mittag, meine Liebe. Ich halte hier die Stellung, und heute Nachmittag kommt ohnehin Philip." Bernadettes Mann Philip war Buchhalter und kümmerte sich um die Finanzen der Firma, während er die kreative Seite des Geschäfts lieber seiner Frau überließ. "Auf die Gefahr hin, neugierig zu erscheinen", fuhr Bernadette fort, als Eliza aufstand, "in letzter Zeit hast du wenig über Lawrence erzählt." "Gestern Abend war ich mit ihm essen." Eliza seufzte. "Ständig wirft er mir vor, ich arbeite zuviel und kümmere mich zu wenig um ihn. Seit meinem Besuch bei Jennifer ist er unausstehlich. Obwohl er sie nicht kennt, meint er, sie habe einen schlechten Einfluss auf mich.“ "Aber sie ist deine Zwillingsschwester!" Bernadette lachte. "Und überhaupt sollte er inzwischen wissen, dass du dich nicht beeinflussen lässt.“
Eliza lächelte schwach. "Wahrscheinlich. Aber er ist eben sehr eifersüchtig auf alles, was meine Zeit in Anspruch nimmt. Auch gestern Abend gab es wieder eine Diskussion zwischen uns." Was stark untertrieben war, denn sie hatten sich heftig gestritten, wie immer, wenn Lawrence sie bedrängte, mit ihm zu schlafen. Bernadette nickte äußerst mitfühlend. "Lawrence sieht auf seine Art zwar sehr gut aus, aber er scheint ein recht schwieriger Typ zu sein." "Es hat ihn wohl sehr getroffen, von seiner Frau verlassen worden zu sein." "Was würdest du tun, wenn sie ihn wiederhaben wollte?" Eliza dachte nach und gab zögernd zu: "Nun, ich kann nicht gerade sagen, dass ich dann todunglücklich wäre." Bernadette zog die Stirn kraus. "Merkwürdig, aber seit dem Wochenende bei Jennifer hast du dich verändert. Es scheint mir fast - gibt es da etwa einen anderen Mann?" Eliza machte eine ausweichende Bemerkung und eilte zum Lunch davon. Als sie eine Stunde später zurückkehrte, erwartete Bernadette sie ungeduldig. "Vorhin hat ein Mann mit einer sehr aufregenden Stimme angerufen, der deine Dienste in Anspruch nehmen möchte, Eliza." "Wirklich?" fragte Eliza eifrig. "Hat Lucinda mich empfohlen?" "Keine Ahnung. Es war ein gewisser Dennis Randolph von Tithe Barn, Little Rencombe." Erstaunt bemerkte sie, dass Eliza errötete. "Ich sehe, der Name ist dir ganz offensichtlich sehr gut bekannt." "Ein alter Freund meines Bruders", erklärte Eliza wahrheitsgemäß, konnte jedoch nicht verhindern, dass ihre Stimme dabei bebte "Jedenfalls kann er erst heute Abend wieder anrufen, deshalb habe ich ihm deine Privatnummer gegeben." Bernadette
betrachtete Eliza neugierig. "Sieht er so aus, wie er klingt dunkelhaarig, groß, attraktiv?" "Zumindest die beiden letzten Attribute stimmen." Eliza ergriff hastig einige Papiere von ihrem Schreibtisch. "Weiter geht's. Wenn jemand nach mir fragt, ich bin im Liebesnest." Den ganzen Nachmittag über beunruhigte sie die Aussicht auf Dennis' Anruf. Abends klingelte es an ihrer Wohnungstür, und sie druckte gereizt auf den Knopf der Sprechanlage, in der Erwartung, es sei Lawrence. Als sie statt dessen Dennis' Stimme hörte, stieg Panik in ihr auf. Resigniert betrachtete sie ihre verwaschenen Jeans und das alte T-Shirt, das sie trug, bevor sie den Türöffner betätigte. Ausgerechnet Dennis! Er schien den ganzen Türrahmen zu füllen, als er ihre kleine Wohnung betrat, die Anzugjacke salopp über der Schulter. In dem blaugestreiften Hemd und der maßgeschneiderten Hose, die seine langen, muskulösen Beine betonte, wirkte er unglaublich attraktiv. "Ich hoffe, ich komme nicht etwa ungelegen", sagte er und hob eine Augenbraue. "Nein - gar nicht." Während Eliza ins Wohnzimmer vorausging, versuchte sie, nicht an ihr letztes Gespräch mit ihm zu denken. „Nun, es hätte ja sein können, dass dein Freund hier ist." "Heute nicht." Einen Moment betrachteten sie sich vorsichtig, dann zwang Eliza sich zu lächeln, "Nun, Dennis, was hältst du von meinem kleinen Refugium?" Er ließ sich Zeit, begutachtete die kunstvoll in Braun und Pink gestrichenen Wände, die kleinen Mansardenfenster, die Vorhänge mit den gestickten Rosen auf dem beigen Untergrund. Eliza bemühte sich um einen sachlichen Ton und erklärte Dennis, dass sie fast alles im Raum allein gemacht und sogar die Couch selbst bezogen habe. "Sehr gemütlich", sagte Dennis anerkennend mit seiner Stimme, die Bernadette als aufregend bezeichnet hatte. "Das also ist dein ganz persönlicher Geschmack."
"Genau. Apropos - Bernadette hat erzählt, du habest angerufen, weil ich für dich arbeiten soll. Meinst du das wirklich, nach allem, was ich dir am Telefon gesagt habe?" Er sah ihr offen in die Augen. "Ich habe lange mit Rob telefoniert. Er meinte, wenn ich die Umgestaltung von Tithe Barn in gute Hände geben wolle, seist du die Richtige dafür." Eliza nickte ernüchtert. "Ich dachte mir doch gleich, dass du nicht allein auf diese Idee gekommen bist. Aber bist du auch sicher, dass ich es machen soll?" "Warum nicht? Mein Haus braucht dringend eine Auffrischung, und du bist Raumdesignerin." Er zuckte die Schultern. "Aber wenn du den Auftrag nicht willst - ich finde bestimmt jemand anders." Eliza schluckte ihren Stolz hinunter. "Was bleibt mir anderes übrig? Wenn ich ablehnte, müsste ich es Bernadette erklären und Rob." Sie schnitt ein Gesicht. "Na gut. Das wäre dann abgemacht." "Setz dich doch. Möchtest du etwas trinken?" "Nein, danke. Ich war gerade bei einem Klienten in Pennington, und da dachte ich mir, ich komme vorbei und lade dich zum Essen ein, um das Kriegsbeil endgültig zu begraben. Während des Essens könnten wir alle Einzelheiten in Ruhe besprechen.“ "Ich war gerade dabei, mir etwas zu kochen . .." Sie schwieg. "Aber wir könnten ja hier essen, wenn es dir recht ist." Als er zögerte, fuhr sie herausfordernd fort: "Oder hast du Angst, ich könnte dich vergiften?" Er lächelte amüsiert. "Nein. Darüber mache ich mir bei dir keine Sorgen. Aber hast du für heute Abend denn keine anderen Pläne? Keine Verabredung mit deinem halbgeschiedenen Verehrer?" "Er heißt Lawrence. Nein, sonst hätte ich dich schon längst weggeschickt", versicherte sie ihm schroff.
Einen Moment betrachteten sie sich abschätzend, dann nickte Dennis. "In diesem Fall nehme ich die Einladung dankend an. Ich bin nämlich hungrig wie ein Wolf." Angesichts dessen gab Eliza ihren Plan auf, ihm einen einfachen Salat zu servieren. Nachdem sie ihm einen Drink eingeschenkt hatte, eilte sie in ihre winzige Küche und holte aus dem Gefrierschrank eine Weinkasserolle, die eigentlich Lawrence zugedacht gewesen war. Sie taute sie in der Mikrowelle auf und erhitzte sie auf dem Herd, während sie im Ofen Kartoffeln backte. Etwas später saßen sie an dem kleinen Esstisch zwischen den Fenstern. Dennis war sehr beeindruckt, als Eliza ohne viel Aufhebens die Weinkasserolle und die gebackenen Kartoffeln servierte, zusammen mit dem Salat, der eigentlich für ihr eigenes einsames Abendessen bestimmt gewesen war. "Du bist eine Zauberin", murmelte Dennis nach dem ersten Bissen. "Wie sonst hättest du das in so kurzer Zeit zustande gebracht?" Eliza lächelte. "Nun, der Salat war schon fertig. Und das andere verdanken wir Kühltruhe und Mikrowelle." "Aber im Endeffekt hast doch du es gekocht, oder?" "Natürlich." "Dann bist du tatsächlich eine Zauberin." Er warf ihr einen anerkennenden Blick zu, und da die Feindseligkeiten zwischen ihnen im Moment begraben schienen, entspannte Eliza sich zusehends. Ein zufriedener Dennis war immer noch besser als ein unausstehlicher Lawrence. Nachdem Dennis zweimal nachgenommen hatte, lehnte er sich seufzend zurück. "Ich hoffe, ich habe nicht den ganzen Hauptgang für eine geplante Dinnerparty verspeist." Eliza versicherte ihm wahrheitsgemäß, dass sie immer einen Vorrat für Überraschungsgäste bereithalte. Vorsichtshalber sagte sie aber nicht, dass die Weinkasserolle eigentlich für einen anderen Mann bestimmt gewesen war.
"Soll ich dir spülen helfen?" fragte Dennis freundlich, als sie die Teller zusammenstellte. "Auf keinen Fall!" wehrte Eliza ab. "Die Küche ist gerade groß genug für mich. Wie wäre es mit etwas Käse? Pudding habe ich leider nicht." Sie seufzte resigniert. "Wenn ich nämlich ständig Süßigkeiten äße, würde ich bald nicht mehr in die Küche passen!" Als sie das Wohnzimmer verließ, spürte sie seinen Blick in ihrem Rücken. "Das kann ich kaum glauben!" rief Dennis ihr nach. Sie verbeugte sich geziert, als sie gleich darauf mit einer Obstschale und einem Käsebrett wieder erschien. "Vielen Dank für dieses Kompliment, Sir!" "Du hast mir doch damals meine Bemerkung über Zerbrechlichkeit und den Sala t nicht übelgenommen, oder, Eliza?" "Ach, die habe ich schon vergessen." Sie atmete tief ein und sah ihm offen in die Augen. "Ich wünschte nur, ich könnte andere Dinge auch so einfach vergessen. Ohne lange um den heißen Brei herumzureden, Dennis: Ich bin froh, dass du hier bist und ich mich persönlich bei dir entschuldigen kann. Eigentlich hätte ich es schon bei unserem Telefongespräch tun sollen, aber ich hatte gerade erst von Jennifers Lüge erfahren, und es war alles noch zu frisch. Inzwischen musst du Jennifer und mich bis oben hin satt haben." "Ihr seid wirklich ein entzückendes Paar", gab Dennis zu. "Aber um einiges richtig zustellen, Eliza: Nachdem du auf Robs Hochzeit mein Zimmer verlassen hattest, hätte ich dich umbringen können. Ich war frustriert und verletzt - aber es hatte nichts mit Widerwillen zu tun." Erhielt ihren Blick fest. "Bis auf das abrupte Ende war es für mich das erregendste Erlebnis, das ich je mit einer Frau hatte." Eliza stieg das Blut in die Wangen. "Dennis, bitte ..."
"Nein", unterbrach er sie, "lass uns offen darüber sprechen. Vorwürfe mache ich dir nur, weil du mich damit direkt in Marina Fosters Arme getrieben hast." "Nun mal langsam! Was habe ich damit zu tun?" "Alles. Zum erstenmal war ich von einer Frau zurückgewiesen worden, und ausgerechnet von einer, die mir immer viel bedeutet. Doch da war Marina, die mich anscheinend zum Mann ihrer Träume auserkoren hatte. Das war natürlich Balsam für meine Wunden. Kurz darauf wohnten wir schon zusammen, und alle erwarten, dass wir als nächste heiraten würden." "Und warum habt ihr es nicht getan?" Dennis betrachtete sie finster. "Weil die Ehe mir nichts bedeutet. Ich war recht glücklich mit Marina, und hätte sie mir nicht dieses blödsinnige Ultimatum gestellt, wären wir immer noch zusammen. Ich hätte Tithe Barn irgendwann weiterverkauft..." "Und wärst mir nie wieder begegnet", vollendete sie seinen Satz. "Genau", sagte er ruhig und kniff die Augen zu. "Sag mir, Eliza, wärst du damals auch weggerannt, wenn es dir nicht nur um Rache gegangen wäre?" "Nein", erwiderte sie ohne Zögern. "Denn dann wäre ich gar nicht mit dir auf deinem Zimmer gewesen." Er lächelte spöttisch. "Die offene, ehrliche Eliza. Aber besser als die feindselige. Eigentlich bin ich nämlich gekommen, um dir einen Waffenstillstand anzubieten." Sie dachte nach. "Vielleicht wäre es das beste", gab sie schließlich zögernd zu. "Wenn du wirklich willst, dass ich für dich arbeite, müssen wir zu einer Art Verständigung kommen. Es ist wichtig für meine Arbeit, mit meinem Auftraggeber auf gutem Fuß zu stehen." Dennis betrachtete sie so lange, dass sie unruhig zu werden begann. "Also Waffenstillstand", sagte er schließlich langsam. "Sollen wir darauf trinken?"
Sie lächelte erleichtert. "Warum nicht? Cognac?" "Nur einen Schluck", stimmte er zu und streckte die Beine aus und brachte dadurch den Tisch gefährlich ins Wackeln. "Hoppla - jetzt weißt du auch, warum ich eine Scheune zum Wohnen brauche!" Sie reichte ihm das Glas. "Eines möchte ich klarstellen: Ich werde mir alles ansehen und dir Pläne und einen Kostenvoranschlag machen. Aber falls meine Ideen dir nicht gefallen, musst du mir das ehrlich sagen und den Auftrag an jemand anders vergeben - Rob hin oder her. Geschmack ist eine sehr persönliche Sache, und ein erfahrener Architekt wie du hat sicher sehr genaue Vorstellungen von dem, was er will." "Hat das nicht jeder?" "Vielleicht, wenn aber meine Klienten ganz unpassende Vorstellungen haben, versuche ich, sie davon abzubringen." Eliza verzog das Gesicht. "Ich sehe die Funken schon sprühen, wenn wir nicht einer Meinung sind!" "Wir sind beide Profis", erwiderte er unbewegt. "Warum sollten wir nicht einigermaßen harmonisch zusammenarbeiten können? Du hast das Haus gesehen. Übernimmst du den Job?" Eliza lächelte ironisch. "Was bleibt mir anderes übrig, da du ja bereits die Abkürzung über meine Chefin genommen hast?" "Ich gebe zu, das war nicht fein von mir." Er zuckte die Schultern "Aber ich habe befürchtet, du selbst würdest sofort ablehnen - aus persönlichen Gründen." "Mein lieber Dennis", erklärte Eliza schroff, "ein Job ist ein Job. Persönliche Gefühle kann ich mir nicht leisten. Wenn du willst, dass ich den Auftrag übernehme, dann tue ich es." Sie betrachteten sich einen Moment abschätzend, dann sagte Dennis unvermittelt: "Also abgemacht. Wann kannst du beginnen?" Eliza überlegte, wie lange sie noch mit Lucinda Mowbrays Haus beschäftigt sein würde. "Bald, denke ich. Falls nötig, kann ich auch an den Wochenenden schon bei dir anfangen. Das tue
ich ab und zu, wenn die Klienten es eilig haben. Für das Tapezieren, die Vorhänge und so weiter haben wir ohnehin spezielle Leute. Sobald sie den jetzigen Auftrag beendet haben, frage ich Bernadette, ob sie bei dir anfangen können. Ich lege zwar manchmal selbst Hand an, wenn Not am Mann ist, aber ..." "Aber du bist eher der Kopf des Ganzen." Dennis nahm ein Notizbuch aus seiner Jackentasche. "Da du während der Woche ja noch beschäftigt bist, wie wäre es mit einem Sonntagsausflug nach Tithe Barn? Wir könnten zusammen zu Mittag essen, und dann siehst du dir das Haus genau an." "Schon diesen Sonntag?" fragte sie zögernd. "Ich gebe zu, es ist ein wenig kurzfristig, aber mir würde es am besten passen." "Na gut." "Schön. Je eher du anfängst, desto besser. Nach deinen schnöden Bemerkungen über meine öde Einrichtung bin ich mir der ästhetischen Unzulänglichkeiten von Tithe Barn nur zu bewusst." Eliza schwieg einen Moment, bevor sie die Frage stellte, die ihr auf der Seele brannte, seit Dennis sie gebeten hatte, den Job zu übernehmen. "Muss das Ganze bis zu einem bestimmten Termin fertig sein?" erkundigte sie sich wie nebenbei. "Nein. Warum?" Dennis runzelte die Stirn. "Nun, manche Klienten haben bei der Umgestaltung ihres Hauern ein ganz bestimmtes Ziel im Auge. Meine derzeitige Klientin zum Beispiel heiratet demnächst." Eliza zuckte die Schultern. "Es könnte ja sein, dass trotz deiner Einstellung zur Ehe demnächst eine Dame bei dir einziehen will. Ich frage nur, weil ich mich dann erst mit ihr in Verbindung setzen würde, um ihren Geschmack herauszufinden." "Ich verstehe!" Er lächelte amüsiert. "Keine Sorge, der einzige Geschmack, mit dem du dich in Tithe Barn auseinandersetzen musst, ist meiner. Und deiner natürlich auch."
Eliza nickte. "Gut. Ich komme dann am Sonntagvormittag vorbei. Soll ich den Lunch mitbringen, da du ja nicht kochen kannst?" "Auf keinen Fall! Mrs. Treasure wird etwas für uns vorbereiten, auch wenn ihre Kochkünste wohl nicht an deine heranreichen." "Ich komme auch nicht zum Essen, sondern zum Arbeiten", erinnerte sie ihn und fuhr nach kurzem Zögern fort: "Vielen Dank für den Auftrag, Dennis." Er zuckte die Schultern und stand auf. "Keine Ursache. Ich will einen Experten, und wenn deine Bernadette Lucas heute am Telefon nicht gelogen hat, werden die Kosten mich auch nicht geradein den finanziellen Ruin stürzen." "Du hast meine Präsentation noch nicht gesehen", warnte sie. "Ich hoffe, du denkst daran, dass ich ein armer Architekt bin!" "Mit einer erfolgreichen Firma, die schon sein Großvater gegründet hat?" Eliza lachte. "Also dann, gute Nacht, Dennis." Er betrachtete ihre ausgestreckte Hand einen Moment, bevor er sie ergriff und festhielt, als Eliza sie zurückziehen wollte. "Keine Angst, ich stürze mich nicht auf dich. Erstens würdest du mich dann sicher einsam meiner öden, dunklen Scheune überlassen." "Und zweitens?" "Um dich zu beruhigen, sollten wir vielleicht über diese lästige Anziehungskraft zwischen uns sprechen - nein, hör mir jetzt zu." Er hielt ihren Blick fest. "Du weißt genau, dass sie existiert." Eliza wandte den Kopf ab. "Was willst du damit sagen?" "Dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst. Allein die Tatsache, dass du mich für fähig gehalten hast, mich wie ein Raubtier auf deine Schwester zu stürzen, hält meine Triebe unter Kontrolle, was dich angeht, Eliza."
"Gut", erwiderte sie sachlich. "Denn Lawrence hätte sicher sehr viel dagegen, dass ich für jemanden arbeite, der es nicht auf meine Arbeit, sondern auf mich abgesehen hat." Auf dem Treppenabsatz drehte Dennis sich noch einmal um und betrachtete sie unergründlich. "Um unseren Waffenstillstand nicht zu gefährden, Eliza, sage ich lieber nicht, was mir dazu einfällt. Vielen Dank für das Essen - und bis Sonntag." Nachdem sie den ganzen Samstag Lucinda Mowbrays Schlafzimmer mit blauer Seide ausgekleidet hatte, war Eliza abends gar nicht in Stimmung für das Jazzkonzert, zu dem Lawrence sie eingeladen hatte. Trotz der Lautstärke wäre sie einmal fast eingeschlafen, was Lawrence zu einer bissigen Bemerkung veranlasste. Noch schlimmer wurde es hinterher im Restaurant. Sie war tief in Gedanken an ihr Abkommen mit Dennis versunken und merkte gar nicht, dass Lawrence zu einer gefühlvollen Rede angesetzt hatte. Nachdem er seine Worte beleidigt wiederholt hatte, sah sie ihn so verblüfft an, dass er endgültig die Beherrschung verlor und sie schließlich überstürzt aufbrachen. Dennis bemerkte sofort die dunklen Ringe unter ihren Augen, als sie am nächsten Tag in Tithe Barn aus dem Wagen stieg. "Hattest du wieder Probleme mit Hummer oder dergleichen?" Eliza bückte sich, um Poppy zu Streichern, und versicherte Dennis, ihre Verdauung habe gar nichts damit zu tun. Erleichtert, dass ihre Abmachung zu funktionieren schien, wollte sie die schwere Tasche vom Rücksitz des Wagens nehmen, doch Dennis kam ihr zuvor. "Lass mich das tragen." Er wog die Tasche in der Hand. "Sag mal, was hast du denn da drin?" "Nur Stoff- und Farbmuster und Fotos von meinen diversen Arbeiten. Damit du dir ein Bild von meinen Fähigkeiten machen kannst."
"Dazu brauche ich keine Fotos", versicherte er ihr liebenswürdig. "Komm, wir setzen uns zuerst in den Garten. Was möchtest du trinken - Kaffee, Tee, Wein, Gin oder Saft?" Eliza nahm die Einladung, in der Sonne zu sitzen, dankbar an. So schön und praktisch ihre Wohnung auch war, sie hatte keinen Balkon. Dennis, gefolgt von der aufgeregten Poppy, führte sie durch den Wohnraum und öffnete eine Seitentür. Was früher wohl als Hof gedient hatte, war jetzt eine weitläufige Rasenfläche. Zu Elizas Belustigung bestanden die Gartenmöbel aus zwei alten Liegestühlen und einem Steinblock mit einer Platte als Tisch. "Ich wollte meine Designerin nicht befremden, indem ich ohne ihren Rat etwas Teures kaufe", erklärte Dennis lächelnd. "Sehr gut gedacht!" Eliza ließ sich in einen der Stühle sinken. „Aber viel Zeit habe ich nicht. Schließlich bin ich hier, um zu arbeiten." "Weshalb auch sonst?" erwiderte er trocken und ging davon, um etwas zu trinken zu holen. Es war sehr friedlich in Dennis' Garten. Außer dem Gezwitscher der Vogel und dem Summen der Bienen zwischen den Blumen hörte man nur aus weiter Ferne das Brummen eines Traktors. Eliza streichelte Poppys Kopf und wandte das Gesicht der Sonne zu. "Du siehst schon besser aus", stellte Dennis fest, als er mit einem Tablett zurückkehrte und ihr ein Glas eisgekühlten Fruchtsaft reichte. "Hattest du gestern einen harten Tag?" Er goss sich ein Bier ein und setzte sich in den anderen Liegestuhl. "Ja", gab sie zu. "Aber so schön hier auch alles ist, der wolkenlose Himmel erinnert mich an all die blaue Seide, mit der ich gestern Lucinda Mowbrays Schlafzimmer verkleidet habe." Sie kicherte, als Dennis ein Gesicht zog. "Keine Sorge - für dein Haus habe ich andere Pläne." "Zum Glück." Ihre Blicke begegneten sich. "Tithe Barn braucht ohnehin kein Brautgemach." Er lachte unvermittelt. "Es
steht nur zu hoffen, dass die Wahl deiner Klientin keine katastrophalen Auswirkungen auf die Fähigkeiten ihres Bräutigams hat." "Wenn, dann muss Lucinda sich jemand anders suchen, der das Ganze wieder herunterreißt. Ich war gestern Abend halb tot." "So hast du auch ausgesehen, als du vorhin hier angekommen bist." "Oh, das hatte nichts mit meinem Job zu tun, sondern eher mit meinen Aktivitäten gestern Abend." Dennis schwieg eisern. Eliza warf ihm einen unschuldigen Blick zu. "Aber Dennis, was glaubst du denn, was ich damit meinte?" "Genau das, was ich glauben sollte!" Er stand auf, um ihr Glas wieder zu füllen. "Nur zu deiner Information", sagte Eliza, "ich war mit Lawrence auf einem Jazzkonzert und danach zum Essen. Er sagte, dass seine Frau sich scheiden lassen wolle, und dann fragte er mich, ob ich ihn heiraten will." Dennis betrachtete sie forschend. "Und, was hast du geantwortet?" "Noch gar nichts." Eliza war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie weder die Neuigkeit, die zu Lawrences Antrag führte noch seine Frage selbst richtig mitbekommen hatte. Das Ergebnis waren ein heftiger Streit auf dem Heimweg und ein Abschied in Feindseligkeit gewesen. "Aber sicher weißt du die Antwort schon, oder?" "Natürlich. Ich habe es ihm nur noch nicht gesagt." Sie leerte ihr Glas und stand auf. "Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gern früh essen, damit ich bald mit der Arbeit anfangen kann." Dennis trank sein Bier aus und wollte sich erheben. Doch der altersschwache Stuhl war jemandem mit Dennis' Statur nicht mehr gewachsen, denn das mürbe Holz brach knirschend unter ihm zusammen.
"Dennis! Bist du verletzt?" Eliza kniete neben ihm nieder. Er lag reglos auf dem Rücken, die Augen geschlossen. Sie beugte sich über ihn und berührte mit bebenden Fingern seine Wange. Gleich darauf jedoch schrie sie entsetzt auf, denn Dennis zog sie blitzschnell zu sich herab und erstickte ihren Protest mit einem Kuss, der ihr das Blut schneller durch die Adern fließen ließ. Einen Moment gab sie sich seiner Zärtlichkeit hin. Doch dann kehrte schlagartig ihre Vernunft zurück und mit ihr Wut auf sich selbst, weil sie sich so hatte hereinlegen lassen. "Schuft!" stieß sie hervor und versuchte, sich aus seiner Umarmung zu befreien. Wütend starrte sie in seine blauen Augen. "Was für ein mieser Trick!" Dennis hörte ihr nicht einmal zu. Er rollte sich herum, so dass sie nun unter ihm lag, und nutzte die Gelegenheit, sie lange und zärtlich zu küssen. In diesem Augenblick aber schaltete Poppy sich ein, die dies für ein neues Spiel hielt, und leckte beiden abwechselnd die Gesichter. Eliza rappelte sich ungraziös auf die Füße, ohne auf Dennis zu achten, der aufgesprungen war und ihr eine Hand entgegenstreckte. Er hob unbewegt die Schultern. "Der Sturz war wirklich nicht geplant." "Aber der Rest!" Ihre Augen sprühten Funken. "Du hast doch gesagt, meine Meinung über dich hielte dich von .. . von solchen Dingen ab." "Abgesehen von Unfällen dieser Art." Er berührte eine Stelle an seinem Hinterkopf und zuckte zusammen. Elizas Gesichtszüge wurden weich. "Hast du dich verletzt?" "Nun, einen Schädelbruch würde ich nicht riskieren, nur um dich in meine Arme zu locken", erwiderte er bissig. "So etwas wird nicht noch einmal passieren, hoffe ich!" "Du meine Güte, Eliza, es war doch nur ein Kuss", sagte er resigniert "Komm, vergessen wir es und essen zu Mittag." Von da an verhielt Dennis sich so zuvorkommend, dass Eliza schließlich den Eindruck gewann, ihr Waffenstillstand sei
vielleicht doch durchführbar. Und nachdem sie den Zwischenfall verdrängt hatte, konnte sie sogar das lange, reichhaltige Mittagessen genießen. Bei der Vermessung der Räume erwies Dennis sich als kenntnisreicher Helfer, und er lauschte beeindruckt ihren Vorschlägen für die Einrichtung. Wie erwartet, hatte er klare Vorstellungen, besonders für das relativ kleine Esszimmer, das nach Norden hin lag und Licht und Wärme benötigte. "Einverstanden", sagte Eliza. "Für die Wände und die Stuhlbezüge stelle ich mir rot-weiß gestreifte Baumwolle vor. Die Vorhänge können bleiben, sollten aber von Seidenkordeln gehalten werden, und das Holz wird rot gestrichen." Begeistert drehte sie sich zu Dennis um. "Um die Balken im Wohnraum zu betonen, solltest du die Wände hell lassen. Das Holz in einem etwas dunkleren Ton. Für die Vorhänge ein warmes Hellbraun, wie dein Sessel... in schwerer Rohseide, vielleicht mit einer etwas helleren Borte abgesetzt. Ich werde mich nach Läufern in Rostrot und Ocker umsehen, um den Teppich ein wenig aufzufrischen. Es wäre zu schade, ihn wegzuwerfen." Eliza zögerte. "Unterbrich mich, wenn dir etwas nicht gefällt. Du bekommst natürlich alles noch schriftlich, mit Farbmustern und Preisen. Hm - neben deinen Ledermöbeln würde sich ein Sofa in goldfarbenem Jacquardmuster außerordentlich gut machen, und dieser Tisch mit der zerkratzten Platte würde mit einer Samtdecke wunderbar aussehen. Vielleicht sogar eine mit goldenen Fransen, und oben drauf einige gerahmte Fotos ... Langweile ich dich vielleicht?" fragte sie unvermittelt. "Manchmal vergesse ich mich nämlich ein wenig." "Nein." Sein Blick war undurchdringlich. "Man merkt, wie sehr du deine Arbeit liebst. Ich nehme an, du siehst alles schon vor dir - wie ein Fotograf?" "Genau!" Sie lächelte überrascht. "Und ich glaube, du wirst mit dem Ergebnis zufrieden sein, Dennis." "Das muss ich wohl. Es klingt alles ziemlich teuer."
"Teuer, aber gut!" Sie warf ihm einen erwartungsvollen Blick zu. "Was ist mit den Schlafzimmern?" "Die können noch ein bisschen warten. Schließlich bin ich nicht Krösus!" "Na gut", sagte sie geknickt. "Aber lass wenigstens das Gästezimmer streichen, am besten in Pastelltönen." Dennis versprach, ihr noch einige Bilder und Kunstgegenstände zur Verfügung zu stellen, die er in Truhen eingelagert hatte. "Aber dazu später! Noch einen Blick in die Küche, und dann koche ich Tee für dich." Die Küche war sehr groß, hatte gerüschte Vorhänge an den Fenstern und enthielt neben Herd und Kühlschrank nur eine antike Anrichte und ein steinernes Spülbecken mit grünüberkrusteten Armaturen. Eliza schlug vor, eine Doppelspüle in einen Unterschrank einsetzen zu lassen, der in Material und Verarbeitung so weit wie möglich der Anrichte glich. Dennis hatte sie von einem Handwerker restaurieren lassen, den Mrs. Treasure ihm empfohlen hatte. "Blassgelbe Wände mit einer Spur Gold, die Kacheln in allen Schattierungen von grün." Eliza lief aufgeregt von einer Seite der Küche zur anderen. "Grüne Vorhänge und grün-gelb gestreifte Jalousien. Was hältst du davon?" "Alles besser als diese Rüschendinger." Dennis schnitt ein Gesicht und öffnete dann die Tür. "Genug für heute, Eliza." Nach dem Tee verabschiedete Eliza sich mit dem Versprechen, bis Freitag die Pläne auszuarbeiten. "Danke für das Essen", fügte sie hinzu, als er ihre Tasche im Auto verstaute. "Ich muss mich bei dir bedanken, dass du gekommen - und vor allem -, dass du auch hier geblieben bist", sagte er. "Ich dachte schon, ich müsste auf die Dienste einer sehr talentierten Designerin verzichten." "Einmal wäre es fast soweit gewesen", stimmte sie zu und lächelte leicht. "Denk an unser Abkommen, Dennis." Sie unterdrückte ein Gähnen. "Entschuldige, aber ich muss früh ins
Bett. Morgen ist Lucinda Mowbrays Wohnzimmer dran, und zu allem Übel besteht die Braut darauf, selbst dabei zu sein." Dennis legte eine Hand auf das Wagendach. "Apropos: Welche Antwort wirst du deinem Verehrer geben?" Eliza lächelte zu ihm auf. "Das kann ich dir nicht sagen, Dennis. Es ist nur fair, wenn Lawrence es zuerst erfährt. Aber ich werde dich sofort informieren, wenn ich dir am Freitag meine Pläne übergebe." "Freitagnachmittag habe ich wieder eine Verabredung mit meinem Klienten in Pennington", sagte er wie nebenbei. "Wenn du Abends nichts vorhast, würde ich dich gern zum Essen einladen, und wir könnten alles besprechen." Eliza überlegte. Da sie beabsichtigte, Lawrences Antrag abzulehnen, würde sie in nächster Zeit mehr Zeit als genug haben. Und es wäre nicht das erste Mal, dass sie mit einem Klienten zum Essen ginge. Wenn sie es auch noch nie mit einem getan hatte, der so groß und männlich und attraktiv war wie Dennis Randolph. Sie nickte. "Vielen Dank. Ich tue mein Bestes, um alles bis Freitag fertig zu haben." Sie streichelte Poppy zum Abschied und stieg in ihr Auto. "Auf Wiedersehen, Dennis." "Bis Freitag, Eliza - und fahr vorsichtig."
5. KAPITEL In der folgenden Woche war Eliza vollauf damit beschäftigt, in Lucinda Mowbrays Haus das Aufhängen der Vorhänge und das Teppichverlegen zu beaufsichtigen und die kostbaren, antiken Möbel zu arrangieren. Die Braut tauchte auch me hrmals auf, war aber angesichts der kurz bevorstehenden Hochzeit so nervös, dass sie die Arbeiten eher behinderte. Und wenn Eliza abends müde heimkam, lag vor ihrer Wohnung Lawrence auf der Lauer, der die Ablehnung seines Heiratsantrags einfach nicht akzeptieren wollte. "Er treibt mich noch zum Wahnsinn", klagte sie Jennifer am Telefon ihr Leid. "Als er noch dachte, ich würde ihm jederzeit zur Verfügung, hat er sich nicht halb soviel um mich gekümmert." "Sag ihm, er soll verschwinden", riet Jennifer ihr und erkundigte sich dann zaghaft nach Dennis. "Wie hat er auf deine Entschuldigung reagiert?" "Er hat mir schwere Vorwürfe gemacht." "Warum dir? Ich hatte mir doch die Lügengeschichte ausgedacht!" "Nun, aber ich war es, die dir geglaubt hat." "Ach Liza, was soll ich tun? Würde es helfen, wenn ich vor ihm auf die Knie fiele und ihn bäte, Rob nichts zu sagen?" Sogar durchs Telefon war zu spüren, dass Jennifer erschauerte.
"Das würde er ohnehin nicht tun", erklärte Eliza überzeugt und berichtete dann, dass Dennis ihr, nach Robs Fürsprache, den Auftrag zur Umgestaltung seines Hauses erteilt habe. "Liza, was für eine Überraschung! Heißt das, ihr seid wieder Freunde?" "Nicht direkt. Wir haben eine Art Waffenstillstand geschlossen Eliza lachte gezwungen. "Feindseligkeit ist nicht gut fürs Geschäft. Und jetzt erzähl, was hast du heute Abend vor?" Aufgeregt sprudelte Jennifer hervor, dass Paul sie zum Essen eingeladen habe, um diesen besonderen Tag zu feiern. "Welchen besonderen Tag?" "Heute vor zwei Monaten haben wir uns doch kennen gelernt!" "Oh, natürlich - wie dumm von mir!" "Das ist nicht witzig!" erwiderte Jennifer heftig und seufzte dann. "Ach Liza, ich wünschte, er würde mir endlich einen Heiratsantrag machen!" Eliza versicherte ihr, dass das sicher bald geschehen würde. Doch nachdem sie aufgelegt hatte, dachte sie mit Unbehagen an den Wirbel, den Jennifer um Paul Wright machte, nachdem sie doch bisher die Männer wie ihre Kleidung gewechselt hatte. Hoffentlich meinte auch Paul es ernst, denn sonst würde Jennifer das Herz brechen. Und trotz ihrer gelegentlichen Meinungsverschiedenheiten spürte Eliza jeden Schmerz ihrer Schwester wie ihren eigenen. Da Eliza tagsüber sehr beschäftigt war, fand sie nur abends Zeit, um an den Plänen für Dennis zu arbeiten. Am Donnerstag rief er an, um sie an ihre Verabredung am Freitag zu erinnern, und sie freute sich, als er sich nach ihrer Antwort auf Lawrences Antrag erkundigte. "Ich habe abgelehnt", sagte sie offen. "Aber er akzeptiert es nicht und wartet jeden Abend nach der Arbeit auf mich, um mich doch noch herumzukriegen." "Und, wird es ihm gelingen?" "Wer weiß?"
"Warum sagst du ihm nicht einfach, er soll dich in Ruhe lassen?" fragte Dennis. "Oder möchtest du, dass ich das für dich tue?" "Auf keinen Fall. Ich bin sehr wohl fähig, mit erwünschten oder unerwünschten Aufmerksamkeiten von Seiten gewisser Männer allein fertig zu werden." "Nicht immer.“ "Wenn du damit Paul Wright meinst: Das war etwas anderes, weil ich ihn ja für Jennifer warm halten musste - um es mit deinen Worten zu sagen. Und anscheinend ist es mir gelungen." Sie berichtete über ihr Gespräch mit Jennifer. "Langsam mache ich mir Sorgen um sie, Dennis. Seinetwegen kann sie nachts nicht mehr schlafen.“ "Kaum zu glauben, dass sie deine Zwillingsschwester ist!" "Warum?" fragte Eliza entrüstet. "Ich bin genauso zu Gefühlen fähig, nur lasse ich sie nicht außer Kontrolle geraten." „Hattest du nie wegen eines Mannes schlaflose Nächte?" "Nein, nicht, dass ich mich erinnere", log sie schamlos. "Nun, wenn es so wäre, würdest du dic h erinnern", entgegnete er trocken. "Bis morgen, Eliza, und arbeite nicht zuviel." Eliza war an diesem Abend bei Bernadette und Philip eingeladen, um die Fertigstellung von Lucinda Mowbrays Haus zu feiern, und sie blieb auch über Nacht dort. Heute Abend würde Lawrence vergeblich vor der Tür auf ihre Heimkehr warten. Inzwischen war ihr schleierhaft, wie sie jemals eine feste Beziehung zu ihm hatte ins Auge fassen können. Ihr war klar, dass diese Wandlung etwas mit Dennis zu tun hatte. Neben einem Mann von seinem Kaliber wirkte Lawrence nichtssagend, obwohl sein gutes Aussehen, seine Intelligenz und seine romantische Beharrlichkeit sie anfangs darüber hinweggetäuscht hatten, dass er überhaupt keinen Humor besaß. Und selbst wenn er auf ihrer Türschwelle sein Lager aufschlagen sollte, sie würde sich niemals dazu überreden lassen, ihn zu heiraten.
Doch zu ihrer Erleichterung war er nirgends zu sehen, als sie am Freitagabend in ihre Wohnung zurück kehrte. Endlich hat er es kapiert, dachte sie und konzentrierte sich dann auf ihre bevorstehende Verabredung mit Dennis. Im Gegensatz zu Jennifer, die immer perfekt aussah, hatte Eliza sich damit abgefunden, dass sie an manchen Tagen gerade noch als passabel durchging. Doch heute Abend leuchtete ihr dunkles Haar, das sanfte Rot ihres Kleides hob sich perfekt gegen ihre Haut ab, und ihr Gesicht wirkte wie von innen erleuchtet.. Eliza betrachtete sich nachdenklich im Spiegel, als ihr aufging, dass ihr Aussehen mehr als nur ein wenig mit der Aussicht auf einen Abend mit Dennis zu tun hatte. Eine innere Stimme warnte sie davor, sich noch einmal auf ihn einzulassen. Doch selbst das konnte Elizas gute Laune nicht trüben, während sie die Farb- und Stoffmuster bereitlegte, zwei Gläser aus dem Schrank nahm und sich vergewisserte, dass die halbe Flasche Dom Perignon genau richtig temperiert war. Als es klingelte und sie Dennis' tiefe Stimme über die Sprechanlage hörte, hüpfte ihr das Herz vor Freude. Lächelnd öffnete sie die Tür- um gleich darauf verblüfft zurückzuweichen. Neben Dennis stand Lawrence, das Gesicht vor Wut zerrt. Und bevor sie noch wusste, was geschah, hatte Dennis sie in die Arme gezogen und auf den Mund geküsst, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, "Hallo, Liebling", sagte er und schien ihre Verwirrung zu genießen. "Du siehst hinreißend aus!" Den Arm immer noch besitzergreifend um ihre Schultern gelegt, drehte er sich zu Lawrence um "Dein Freund und ich haben uns unten getroffen, Eliza. Willst du uns nicht bekannt machen?" Eliza gehorchte unwillkürlich. Welcher Kontrast zwischen den beiden Männern! Dennis, groß und gebräunt, das Haar von der Sonne gebleicht, trug einen eleganten grauen Seidenanzug und wirkte ruhig und selbstbewusst. Lawrence, in Nadelstreifenjackett, schwarzer Seidenhose und schwarzen
italienischen Schuhen eine gepunktete Fliege über seinem weißen Musselinhemd, wurde blass vor unterdrückter Feindseligkeit, als er Dennis gezwungenermaßen die Hand schütteln musste. "Ich habe gestern Abend versucht, dich zu erreichen, Eliza", sagte er und betrachtete misstrauisch die beiden Gläser auf dem Tisch. "Ich war nicht da." Endlich befreite Eliza sich aus Dennis Umarmung. "Möchtest du auch einen Drink, Lawrence?" "Ja, wie wäre es damit, Lawrence?" fragte Dennis jovial. "Schließlich haben wir etwas zu feiern, nicht wahr, Liebling?" "Nein - nein, vielen Dank", murmelte Lawrence. "Ihr habt offensichtlich noch etwas vor. Bis bald einmal, Eliza." Sie winkte ihm lächelnd nach und versuchte ihre Erleichterung zu verbergen. "Gute Nacht, Lawrence." "Ich komme wieder!" warf er drohend über die Schulter zurück. "Jederzeit, alter Junge!" rief Dennis ihm leutselig nach, bevor er die Tür hart ins Schloss zog. Eliza seufzte erleichtert, "Tut mir leid. Ich hätte wissen müssen, dass er heute Abend hier auftaucht." Dennis sah plötzlich gar nicht mehr freundlich aus. "Und ich hätte ihm gleich den Kopf zurechtrücken sollen." "Oh, ich glaube, er hat die Botschaft auch so sehr gut verstanden", sagte Eliza spöttisch und seufzte dann. "Sieh mich nicht so missbilligend an, Dennis. Heute Abend will ich feiern, und diese Stimmung lasse ich mir von dir nicht verderben." Seine Gesichtszüge wurden weich. "In Ordnung. Aber weshalb feiern wir? Als ich dich sah, zum Anbeißen schön, und dann den Champagner, da dachte ich für einen Moment, du hast doch eingewilligt, ihn zu heiraten." "Aha, dann hast du mich also geküsst, um mir zu gratulieren!“
„Aber nein." Seine Augen glitzerten beunruhigend. "Ich habe dich geküsst, weil ich Lust dazu hatte." "Lass das nur nicht zur Gewohnheit werden!" Eliza reichte ihm die Flasche Dom Perignon. "Würdest du die bitte öffnen? Ich habe mich entschlossen, doch wieder Champagner zu trinken, damit wir die Vollendung von Lucindas Liebesnest gebührend feiern können. Die Lady ist begeistert und ihr Papa auch, weil sein Baby begeistert ist, Bernadette kann also mit einem hübschen Scheck rechnen." Gekonnt öffnete Dennis die Champagnerflasche. Nachdem er die Gläser gefüllt hatte, reichte er eines Eliza und hob ihr seins entgegen. "Auf eine sehr begabte junge Dame." "Vielen Dank." Eliza leerte ihr Glas und kicherte plötzlich. "Du warst vorhin wirklich ganz schrecklich ordinär, Dennis." Er lachte. "Immerhin schien Lawrence beeindruckt." "Stimmt. Der Arme." "Der Arme! Wenn er ein solcher Trottel ist, dass er sich einfach mit einem 'Nein' abfindet..." "Ganz so schlimm ist er auch nicht", unterbrach Eliza ihn. "Offensichtlich nicht. Sonst wäre eure Beziehung nie so weit gediehen, dass er dir einen Antrag gemacht hätte." Dennis schwieg. "Übrigens, wo warst du gestern Abend wirklich? Ich habe noch einmal angerufen, um dir zu sagen, dass es später werden könnte." "Ich habe woanders übernachtet." Dennis erstarrte. "Darf ich fragen, wo?" "Nein. Es geht dich nichts an, Dennis." "Da Rob und deine Eltern auf der anderen Seite der Erde sind und Jennifer mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt ist, fühle ich mich verantwortlich für dich", erwiderte er schroff. "Dann entlasse ich dich hier und jetzt aus dieser Verantwortung! Schließlich bin ich eine erwachsene Frau." Ihre Augen sprühten Funken. "Und außerdem kennst du Jennifer
genauso lange wie mich. Warum kümmerst du dich nicht auch um sie?" "Ganz einfach, weil ich nicht an zwei Orten gleichzeitig sein kann", erwiderte er prompt. "Und seit meinem Umzug nach Little Rencombe wohnst du am nächsten." Als sie das Restaurant betraten, war ihr Waffenstillstand ziemlich ins Wanken geraten. Doch angesichts der Tatsache, dass Dennis das beste Hotel in Pennington ausgesucht hatte, beschloss Eliza, es sei zu schade, sich den schönen Abend durch schlechte Laune ruinieren zu lassen. Und sie entdeckte, dass Dennis nicht nur ein angenehmer Unterhalter war, sondern auch die Gabe hatte, die Kellner auf einen Wink hin springen zu lassen, ganz im Gegensatz zu Lawrence. Mit Dennis langweilte sie sich nicht einen Moment lang, was ganz natürlich war, wie sie sich immer wieder sagte, da sie ständig ihren Verstand anstrengen musste, um Dennis Kontra zu bieten. Außerdem hatten sie durch ihre Berufe viele Gemeinsamkeiten. Und später unterhielten sie sich sogar ganz entspannt über die Zeiten, da Dennis die Ferien bei den Markhams verbracht hatte. "Trotz eurer äußerlichen Ähnlichkeit wart ihr beide, Jennifer und du, schon als Kinder sehr verschieden", erklärte Dennis auf dem Heimweg. Eliza lachte. "Jennifer liebte es, sich mit Mutters Sachen zu verkleiden, während ich mich nur für mein Pony interessierte. Entweder ritt ich auf Lucky aus oder striegelte ihn oder machte seine Box sauber." "Ich erinnere mich. Jennifer sah immer aus wie ein Engel, und dich erkannte man kaum unter all den Staubschichten." "Ach, ich habe Lucky so geliebt!" Eliza seufzte. "Als er starb, habe ich tagelang geweint. Dad wo llte mir zwar ein neues Pony kaufen, aber das wäre mir wie Verrat an Lucky vorgekommen." "Für dich gab es also nur ein Pony." Dennis warf ihr einen Seitenblick zu. "Und wird es irgendwann für dich auch nur einen Mann geben?"
"Sicher - immer einen zur Zeit", erwiderte sie so unbeteiligt wie nur möglich. Dennis parkte den Wagen gegenüber Elizas Wohnung. "Ich will mich ja nicht beschweren, aber wir haben noch gar nicht über deine Vorschläge für Tithe Barn gesprochen." "Ich habe von vornherein angenommen, dass du nach dem Essen noch einmal mit hinaufkommen würdest." Eliza lächelte schelmisch, während sie die Strasse überquerten. "Außerdem bist du mein bester Schutz, falls Lawrence noch irgendwo herumlungert." "So bin ich wenigstens zu etwas nütze! Ehrlich gesagt, Eliza, es gefällt mir nicht, wie dieser Idiot dir nachstellt." "Mir auch nicht - aber ein Idiot ist er eigentlich nicht." Zu ihre Erleichterung war weit und breit niemand zu sehen, als sie die Haustür aufschloss. "Vielleicht hat ihn dein Auftauchen heute Abend abgeschreckt." "Wenn nicht, werde ich noch einmal nachhelfen", erklärte Dennis finster und folgte ihr die Treppe hinauf in die Wohnung. Eliza schaltete das Licht ein. "Daran zweifle ich nicht. Aber Lawrence muss von selbst darauf kommen, dass ich ihn einfach nicht heiraten will, und zwar nicht, weil - weil ich einen anderen gefunden habe." Sie blickte Dennis offen in die Augen. "Man kann Lawrence keine Vorwürfe machen, wenn er heute Abend einen völlig falschen Eindruck von der Situation hatte." "Das war meine Absicht. Jetzt kannst du ihm jederzeit sagen, ich sei dein Liebhaber, der ihm eine Abreibung verpasst, wenn er dich nicht in Ruhe lässt. Mich stört das nicht." "Mich aber", entgegnete sie ärgerlich. "Jennifer ist diejenige mit den Liebhabern, nicht ich." Sie atmete tief durch. "Und nun mache ich uns einen Kaffee, und wir unterhalten uns übers Geschäft. Deshalb bist du schließlich hier." "Unter anderem", korrigierte er sie. "Ich bin sehr froh über unseren Waffenstillstand, Eliza. Und bisher war er sehr unterhaltsam, jedenfalls für mich."
Eliza zog es vor, nicht zu antworten. Nachdem sie Kaffee gemacht hatte, präsentierte sie Dennis ohne weitere Umschweife ihre Pläne, mit denen er sofort einverstanden war, und legte ihm dann leicht unruhig den Kostenvoranschlag vor. "Wenn es dir zu teuer ist, Dennis, könnte ich vielleicht andere Materialien nehmen ..." "Nein", erwiderte er bestimmt. "Ich möchte alles genau so haben, und das Geld werde ich schon noch zusammenkratzen." Er holte ein Schlüsselbund aus seiner Jackentasche, nahm einen Schlüssel ab und reichte ihn ihr. "Den hier wirst du brauchen." Eliza betrachtete ihn argwöhnisch. "Für deine Haustür?" "Ja. Andere Klienten vertrauen dir doch sicher auch ihre Schlüssel an, nicht wahr?" "Natürlich. Aber ganz so bald werde ich mit deinem Haus noch nicht beginnen, Dennis." Sie hob das Kinn. "Wird inzwischen nicht jemand anders den Schlüssel brauchen?" Gelassen schüttelte er den Kopf. "Ich überlasse meine Schlüssel nicht jedem. Und ich habe dir, glaube ich, schon einmal erzählt, dass ich meine Damenbesuche nicht ermuntere, lange zu bleiben oder aus und ein zu gehen, wie es ihnen passt." "Dein soziales Leben interessiert mich nicht im mindesten, Dennis" Eliza stand betont auf. "Ich möchte dich nicht drängen, aber ich hatte eine harte Woche und brauche dringend meinen Schönheitsschlaf." "Kaum zu glauben, nachdem mich vorhin im Restaurant jeder Mann um dich beneidet hat", erwiderte er ungerührt. Das Blut stieg ihr in die Wangen. "Wenn das ein Kompliment sein soll, dann vielen Dank, Dennis", sagte sie steif. "Es ist die Wahrheit", entgegnete er ungeduldig. "Warum wirst du immer so wütend, wenn ich dein Aussehen erwähne? Deine Schwester zum Beispiel lechzt geradezu nach Komplimenten."
Eliza hob die Schultern. "Wahrscheinlich, weil ich mich insgeheim immer noch fühle wie ein unsicherer Teenager mit Zahnspangen." Er verdrehte die Augen zum Himmel. "Eliza, glaub mir, du bist eine sehr attraktive Frau und die misstrauischste, der ich je begegnet bin", fügte er hinzu, während sie seine ausgestreckte Hand betrachtete, als wäre sie eine tödliche Waffe. Resigniert ließ er den Arm sinken. "Keine Angst, Eliza, ich habe nicht vor, unser Abkommen zu brechen." Sie spürte einen Anflug von Reue. "Tut mir leid." Er verzog den Mund. "Wirklich?" "Ja." Impulsiv stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn leicht auf die Wange. "Glaubst du mir jetzt?" Dennis stand einen Moment wie erstarrt. "Das ist nicht fair", stieß er schließlich hervor. Eliza wich zurück, und als ihr einfiel, dass sie weit und breit allein waren, bereute sie ihre impulsive Handlung. Die umliegenden Gebäude beherbergten nur Geschäfte, und um diese Zeit waren sie wahrscheinlich die einzigen Menschen in dieser Strasse. Das gemütliche Zimmer schien zu schrumpfen, während Dennis drohend vor ihr aufragte und das Schweigen zwischen ihnen fast unerträglich wurde. Eliza machte eine leichte Handbewegung, und ihr Blick drückte, ohne dass es ihr bewusst wurde, eine leise Bitte aus. Mit einem unterdrückten Stöhnen riss Dennis sie in die Arme und küsste sie hart, um sie dann so plötzlich wieder loszulassen, dass sie schwankte. "Erwartest du eine Entschuldigung?" fragte er schroff. Heftig atmend schüttelte sie den Kopf. "Nein, warum sollte ich? Ein Gutenachtkuss ist nur eine geringe Entschädigung für ein so teures Essen, Dennis. Die meisten Männer hätten das erwartet. " "Bei dir erwartet man am besten gar nichts", sagte er kühl. "Auf die Art wird man nicht enttäuscht." Er ging zur Tür, wo er sich noch einmal umdrehte. "Noch ein Rat von mir, Eliza. Nimm
dich vor Lawrence in acht. Er könnte gefährlich werden - wie ein Raubtier, dem man die Beute weggeschnappt hat." "Sprichst du aus Erfahrung?" Er warf ihr einen langen, harten Blick zu. "Wenn du damit unsere unbefriedigende Begegnung in dem Hotelzimmer meinst - ja. Danach hätte ich dich mit Freuden umbringen können. Deshalb tu mir einen Gefallen und schließ deine Tür fest ab." "Ich schließe immer ab", versicherte sie ihm. "Du wirst es zwar nicht glauben, Dennis, aber eigentlich bin ich recht vernünftig." Er wirkte nicht überzeugt. "Sei trotzdem vorsichtig. Und ruf mich an, wenn du mit der Arbeit beginnen kannst." Er ging die Treppe hinunter, winkte Eliza von unten noch einmal zu und zog dann sorgfältig die Haustür hinter sich ins Schloss. Nach der hektischen Fertigstellung von Lucinda Mowbrays Haus fand Eliza, sie habe sich einen freien Samstag verdient. Sie schlief lange und ging dann einkaufen, denn Jennifer hatte sich für einen Besuch angesagt, da Paul auf Geschäftsreise war. Als Eliza mit Tüten beladen zurückkehrte, saß Jennifer mit Bernadette im Laden und trank Kaffee. "Liza! " Sie sprang auf und umarmte ihre Schwester. "Denk nur, was mir passiert ist ! Ich stand vor deiner Tür, als ein Mann plötzlich von hinten herankam und mich leidenschaftlich umarmte." "Dieser Lawrence wird mir langsam unheimlich", sagte Bernadette. "Er war recht abscheulich zu Jennifer, bevor Philip ihr zu Hilfe kam." "Tut mir leid, Jennifer", murmelte Eliza, als sie die Wohnung betraten. "Er redete etwas von einem Mann, der gestern Abend bei dir gewesen sei. Doch als er merkte, dass ich nicht du bin, stürmte er ganz empört davon." Jennifers Augen funkelten. "Wer war der andere Mann?"
Eliza machte sich hastig daran, die eingekauften Sachen wegzuräumen. "Dennis." "Dennis?" Jennifer lehnte sich nachdenklich gegen die Küchentür. "Was hatte der denn hier zu suchen?" "Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich sein Haus neu einrichten soll. Es war eine rein geschäftliche Verabredung." "Natürlich, rein geschäftlich." Eliza betrachtete ihre Schwester kühl. "Was sonst, nach den Erfahrungen, die er bisher mit uns beiden gemacht hat?" Jennifer biss sich auf die Lippe. "Du hast recht. Ich hatte ein wenig Angst, du würdest mich gar nicht mehr sehe n wollen, nach - nach all den Lügen, die ich über Dennis erzählt habe." "Ich war tatsächlich wütend und enttäuscht", gab Eliza offen zu. "Aber Blut ist dicker als Wasser, wie man sagt, und außerdem ist es jetzt egal. Wenn ich den Auftrag erfüllt habe, werden sich unsere Wege wahrscheinlich wieder trennen." Jennifer zog die Stirn kraus. "Warum hat er ausgerechnet dir diesen Job gegeben?" "Weil Rob ihm dazu geraten hat. Und nun erzähl, wie sich deine Romanze entwickelt hat." Mit Genugtuung erzählte Jennifer, dass Paul sie praktisch auf Knien gebeten habe, sie auf seiner Geschäftsreise zu begleiten. Doch da er ein gemeinsames Hotelzimmer sicher für selbstverständlich halten würde, hatte sie ihren Besuch bei Eliza vorgeschützt, um abzulehnen. "Er lässt sich immer noch hinhalten?" fragte Eliza erstaunt. "Dabei kann ich mich erinnern, dass er auf seiner Party ziemlich entschlossen war, dein Bett zu teilen." "Das ist er immer noch. Aber ich will ihn zum Ehemann, nicht zum Liebhaber. Ein Verlobungsring würde mir schon genügen, und dann - mit dem größten Vergnügen." In Jennifers Blick lag eine Entschlossenheit und Härte, die ganz ungewöhnlich für sie waren. "Ach Liza, nun sieh mich nicht so
besorgt an", fuhr sie fort. "Du weißt genau, dass ich mir nichts aus Geld mache." Eliza wusste es tatsächlich, denn Jennifer war schon mit anderen wohlhabenden Männern befreundet gewesen, ohne bisher die leiseste Neigung zur Heirat zu zeigen. Das Wochenende verging sehr angenehm mit Faulenzen und langen, vertraulichen Gesprächen. Am Sonntag regnete es in Strömen, und die beiden Mädchen waren froh, es sich mit der Sonntagszeitung gemütlich machen zu können. Spätnachmittags nahm Jennifer gerade ein Bad, als es an der Tür klingelte. Ärgerlich seufzend legte Eliza ihr Buch beiseite. Wie eine Nixe, das Haar tropf nass, erschien Jennifer aus dem Badezimmer. "Wenn das Lawrence ist, sag ihm, er soll verschwinden." Eliza trat an die Sprechanlage, um sich nach dem Besucher zu erkundigen, und riss entsetzt die Augen auf, als eine befehlsgewohnte Stimme mit kaum hörbarem Cockneyakzent nach Jennifer fragte- "Hier ist Paul Wright." "Natürlich - kommen Sie herauf." Sie drückte auf den Öffner, bevor sie sich in Panik zu Jennifer umdrehte. "Es ist Paul!" „Ach ja, er wollte vorbeikommen, falls er einen früheren Flug erwischt", erklärte ihre Zwillingsschwester unbefangen. "Ich habe dir nichts gesagt, um dich nicht unnötig aufzuregen. Es wird ohnehin Zeit, dass er dich kennen lernt." Sie verschwand im Badezimmer, während Eliza das Gefühl hatte, gleich den Löwen vorgeworfen zu werden. Sie atmete tief ein und öffnete die Tür. Paul Wright, einen feuchten Regenmantel in der einen Hand, eine Tüte vom Duty free-Shop in der anderen, blinzelte ungläubig bei ihrem Anblick. Lächelnd streckte sie ihm die Hand entgegen. "Hallo! Nett, Sie kennen zu lernen. Ich bin Eliza." "Hallo!" Paul fing sich wieder, stellte die Plastiktüte ab und schüttelte Eliza die Hand. Dann erschien ein breites Lächeln auf seinem Gesicht, als Jennifer aus dem Badezimmer trat.
Abgesehen von den feuchten Locken war sie ein genaues Spiegelbild ihrer Schwester, bis hin zu den Jeans und dem weiten T-Shirt. "Hallo, Liebling." Mit weichen, anmutigen Bewegungen, die ihre jahrelange Ausbildung als Fotomodell verrieten, glitt Jennifer in seine Arme und sah zu ihm auf. Paul küsste sie enthusiastisch und schob sie dann ein Stück von sich weg, um kopfschüttelnd erst ihr, dann Elizas Gesicht zu betrachten. "Es ist einfach unglaublich, Jennifer, du hast mir zwar davon erzählt, aber es ist doch ein Schock." Liebenswürdig lächelte er Eliza zu. "Es macht Ihnen hoffentlich nichts aus, dass ich so hereinplatze?" Es machte Eliza ziemlich viel aus, doch sie erwiderte sein Lächeln höflich. "Natürlich nicht. Wie wäre es mit einem Drink - oder etwas zu essen?" Verschmitzt grinsend deutete Paul auf seine Tüte. "Ich habe etwas zu trinken mitgebracht, aber im Moment hätte ich lieber einen starken Kaffee. Und danach würde ich euch beide gern zum Essen ausführen, um ein wenig zu feiern." Jennifer horchte auf. "Feiern? Weshalb?" "Weil du mir endlich ein Mitglied deiner Familie vorgestellt hast!" Er zögerte. "Aber komisch, ich habe das Gefühl, Eliza schon zu kennen." Wie recht du hast, dachte Eliza. Sie vermied es, Jennifer anzusehen, und zog sich erleichtert in die winzige Küche zurück, um Paul einen Kaffee zu kochen. Der Abend war die reinste Hölle. Die ganze Zeit war Eliza sich bewusst, dass Paul Wright abwechselnd Jennifer und sie betrachtete. "Wenn die verschiedenen Frisuren nicht wären, man könnte euch nicht auseinanderhalten", erklärte er immer wieder entzückt. "Ich habe eigentlich auch so glattes Haar wie Eliza", versicherte Jennifer ihm. "Die Locken sind nicht echt."
"Und Jennifer ist um einige Kilo leichter als ich", fügte Eliza hinzu, ohne nachzudenken. "Aber erst seit der Magenverstimmung nach Pauls Party", sagte Jennifer hastig und versetzte Eliza unter dem Tisch einen Stoss. "Dieser Hummer hat mich bestimmt fünf Kilo gekostet." Paul nickte. "Ja wirklich. Ich habe dich kaum wiedererkannt, als wir uns das nächste Mal trafen." Eliza fühlte das Blut in ihre Wangen steigen und ließ ihre Serviette zu Boden fallen. Nachdem sie sie aufgehoben hatte, war Jennifer schon zu einem anderen Thema übergegangen. Eliza war unendlich erleichtert, als Paul und Jennifer schließlich abfuhren. Nervös wie sie war, gab sie einem ersten Impuls nach und rief Dennis an. "Was beschert mir diese angenehme Überraschung?" fragte er. "Ich brauche jemanden zum Reden", erklärte sie. "Und du bist der einzige, mit dem ich über diese Angelegenheit sprechen kann." Sie berichtete über den nervenaufreibenden Abend und ihre fatale Bemerkung, dass Jennifer einige Pfunde leichter sei als sie selbst. "So, wie Jennifer mich in dem Moment ansah, hat sie offensichtlich nicht die Absicht, ihm jemals die Wahrheit zu erzählen. Er denkt, sie habe die Magenverstimmung gehabt, was auch erklären würde, dass sie bei ihrem nächsten Treffen an Gewicht verloren hatte!" Dennis lachte gezwungen. "Sie scheint tatsächlich entschlossen, Paul zu kriegen. Und was den Hummer angeht, hat sie nicht einmal gelogen. Nur, dass er nicht für Jennifers Gewichtsverlust verantwortlich ist, sondern für deinen." Eliza sah prüfend an sich herunter. "Wahrscheinlich. Obwohl die Hektik bei der Fertigstellung von Lucindas Liebesnest bestimmt auch ihren Teil dazu beigetragen hat." "Mit meinem Haus lässt du es aber langsamer angehen, Eliza", erklärte er. "So eilig habe ich es nicht."
"Gut. Übrigens, wir hatten uns noch nicht geeinigt, wann ich anfangen soll. Diese Woche bin ich noch beschäftigt, aber wie wäre es mit Montag nächster Woche? Ab Mittwoch sind die Maler frei, so dass ich Montag und Dienstag alles in Ruhe vorbereiten könnte." Sie kicherte. "Philip Lucas hält mich für die beste Tapetenabreißerin im ganzen Gewerbe." "Oh, auf dem Gebiet bin ich selbst Experte!" "Gibt es denn irgend etwas, worin du nicht Experte bist, Dennis?" "Bestimmt, aber im Moment fällt mir nichts ein." Eliza beschloss, es dabei bewenden zu lassen. "Also Montag in einer Woche?" "Ja. Poppy wird entzückt sein." Dennis zögerte, bevor er fortfuhr: "Die Entfernung zwischen Pennington und Little Rencombe ist ziemlich groß. Reiß mir nicht gleich den Kopf ab, aber wie wäre es, wenn du für einige Tage in Tithe Barn wohnen würdest?" Eliza blinzelte. "Ich - das halte ich für keine sehr gute Idee", sagte sie und dachte an die Spannung, die so leicht zwischen ihnen aufkam. "Außerdem, wie passt das mit deiner Behauptung zusammen, dass du Frauen nicht für längere Zeit in deinem Heiligtum haben willst?" "In diesem rein geschäftlichen Fall würde ich eine Ausnahme machen. Überleg doch mal: Wie viel Zeit geht schon für die Anfahrt verloren - Zeit, die du auf die Arbeit verwenden könntest!" "Gut, ich denke darüber nach." "Um mir dann zu beweisen, wie vernünftig du bist?" "Genau." Eliza legte auf, in dem erfreulichen Gefühl, bei Dennis endlich einmal das letzte Wort gehabt zu haben.
6. KAPITEL Als Eliza eine Woche später vor Tithe Barn aus dem kleinen Firmenlieferwagen stieg, kam Dennis ihr entgegen, begleitet von Poppy von der sie mit lautem Bellen begrüßt wurde. "Nanu? Ich dachte, du seist schon längst weg, um noch einen Supermarkt zu bauen - oder eine Kathedrale", sagte Eliza spöttisch. "Ich bin extra geblieben, um dich gebührend zu begrüßen." Mit einem belustigten Funkeln in den Augen betrachtete Dennis Elizas Overall, ihre Baseballmütze und die Turnschuhe. "Und um dich endlich einmal in deiner Arbeitskleidung zu sehen." Er nahm ihr den Koffer ab, den sie aus dem Auto geholt hatte. "Soll das heißen, du bleibst doch über Nacht?" "Ja. Natürlich, wenn du andere Pläne hast. .." "Aber nein." Er lächelte. "Vorsichtshalber habe ich alle eventuellen Besucher - zumindest die weiblichen - auf den Tag vertröstet, an dem mein Haus sich unter deinen Händen erhebt wie Phönix aus der Asche." Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. "Hoffentlich leidest du bis dahin nicht an Entzugserscheinungen!" Dennis ging ihr voraus ins Gästezimmer. "Nun, ich muss meinen Leidenschaften ja nicht unbedingt hier frönen." "Sei nicht so ordinär!" Eliza funkelte ihn wütend an. "Und jetzt will ich dich nicht länger aufhalten. Ich komme sehr gut allein zurecht."
Er schüttelte missbilligend den Kopf. "Du ha st dich kaum geändert. Schon als Kind wolltest du alles allein machen, während Jennifer jede Hilfe als selbstverständlich hinnahm." "Jennifer und ich sehen uns ähnlich, und wir verstehen uns, aber ansonsten sind wir zwei sehr unterschiedliche Menschen." Dennis warf ihr einen seiner beunruhigenden Blicke zu. "Nun, dann muss man die meisterhafte Vorstellung, die du für Paul gegeben hast, um so höher bewerten." Eliza hielt seinem Bück stand. "Ich möchte das jetzt lieber nicht diskutieren. Und außerdem täte es mir leid, wenn ich dich von der Arbeit abhalten würde." "Das tust du nicht", versicherte er ihr liebenswürdig und ging. Eliza brauchte einige Zeit, um ihr Gleichgewicht wiederzugewinnen. Nachdem sie ihre wenigen Habseligkeiten ausgepackt hatte, ging sie nach unten in den Wohnraum, wo Dennis in der Zeitung blätterte, ein Tablett mit Kaffeetassen vor sich. "Ich dachte, du seist inzwischen gegangen!" sagte sie gereizt. "Dies ist mein Haus, Eliza", erwiderte er ruhig, "und ich komme und gehe, wann es mir beliebt. Ich wollte dir nur einen Kaffee anbieten, bevor du mit der Arbeit anfängst." Plötzlich schämte Eliza sich. "Tut mir leid, Dennis", sagte sie leise. "Du scheinst irgend etwas an dir zu haben, das mich manchmal meine Manieren vergessen lässt." Er zuckte die Schultern. "Was immer es ist, ich versuche, es unter Kontrolle zu halten, solange du deinen Kaffee trinkst. Übrigens, hat dein verschmähter Liebhaber noch Schwierigkeiten gemacht?" Eliza schüttelte den Kopf und berichtete ihm, dass Lawrence sich im Gegenteil für sein Verhalten entschuldigt und ihr versichert habe, er wolle immer ihr guter Freund bleiben, obwohl sie seinen Heiratsantrag abgelehnt habe. "Ich fand den Vorschlag eigentlich ganz vernünftig", fügte sie hinzu.
Dennis schwieg lange, bevor er schließlich fragte: "Hat er auch etwas über mich gesagt?" "Ja, das hat er. Natürlich war er neugierig, welche Art von Beziehung wir zueinander haben. Ich sagte ihm, dass du ein Freund meines Bruders seist und ich dich seit meiner Kinderzeit kenne. Was sonst?" fügte sie gleichgültig hinzu. "Ja - was sonst?" Dennis stellte seine Tasse ab und stand auf. "Bevor ich gehe, helfe ich dir noch, die Möbel abzurücken." Beinahe hätte sie gesagt, schon allein zurechtzukommen, doch sie wollte nicht schon wieder unhöflich sein. Und außerdem hätte sie es wirklich nie fertiggebracht, mit solcher Leichtigkeit wie er die Möbel zu bewegen und die schweren Teppiche aufzurollen. "Jetzt schaffe ich es schon allein", sagte sie keuchend, nachdem alles zu ihrer Zufriedenheit arrangiert war. "Gut." Dennis zog sein Jackett an. "Solltest du trotzdem Hilfe brauchen ruf Mrs. Treasure an. Ihr Sohn Bob wird dir jederzeit zur Hand gehen." "Oh um Himmels willen, Dennis - dies ist mein Job! Und dazu gehört auch, schwere Sachen herumzuschleppen." "Anderswo vielleicht, nicht aber in meinem Haus." Er pfiff Poppy heran. "Ich bringe sie lieber in den Zwinger, sonst ist sie dir nur im Weg. Du könntest sie für eine Weile herauslassen, wenn du zu Mittag isst." Eliza zog es vor, ihm nicht zu sagen, dass sie normalerweise nie zu Mittag ass. Nachdem Dennis endlich verschwunden war, verhüllte sie die Möbel mit großen Tüchern und begann, im Wohnraum die Tapeten abzureißen, eine relativ leichte Aufgabe. Mittags wollte sie mit der Küche beginnen und hatte gerade beschlossen, sich erst eine Tasse Kaffee zu machen, als gegen die offene Küchentür geklopft wurde. "Guten Tag, Miss." Eine kleine, drahtige Frau in geblümtem Kleid und Strickjacke stellte einen großen Korb auf dem
Küchentisch ab und lächelte Eliza scheu an. "Ich bin Mrs. Treasure, Mr. Randolphs Haushaltshilfe." "Wie nett, Sie kennen zu lernen, Mrs. Treasure. Mein Name ist Eliza Markham." Eliza erwiderte das Lächeln warm. "Machen Sie denn alles allein?" fragte Mrs. Treasure mit einem Blick auf Elizas Overall. "Nein, ich bereite nur alles vor. Die Maler kommen erst am Mittwoch, und ich entferne schon die Tapeten, damit die Handwerker gleich anfangen können." Eliza wusch sich die Hände im Spülbecken. "Ich mache gerade Kaffee. Trinken Sie eine Tasse mit?" "Da sage ich nicht nein." Mrs. Treasure begann, ihren Korb auszupacken. "Ich bringe Ihnen Ihr Mittagessen, Miss." Eliza fuhr erstaunt herum. "Mein Mittagessen?" "Mr. Randolph sagt, ich soll darauf achten, dass Sie gut zu essen bekommen." Mrs. Treasure lächelte entschuldigend. "Er ist ein sehr energischer Gentleman." "Das weiß ich", gab Eliza zu. "Und um ehrlich zu sein, ich bin wirklich ziemlich hungrig." Sie hatte nur ein Sandwich erwartet und war daher sehr beeindruckt als Mrs. Treasure frischen grünen Salat, hausgemachte Mayonnaise und selbstgebackenes Brot auspackte. "Hoffentlich schmeckt es Ihnen, Miss", sagte sie, während sie verschiedene Schüsseln im Kühlschrank verstaute. "Eier von meinen Hühnern, und Bob bringt mir immer spezielles Öl aus dem Supermarkt mit. Mr. Randolph hat eine Schwache für meine Mayonnaise." "Kein Wunder!" sagte Eliza mit vollem Mund. "Sie ist einfach köstlich!" Mrs. Treasure schien erfreut. "La nge kann ich nicht bleiben. Bob kommt gleich nach Hause. Er arbeitet nur vormittags im Supermarkt. Rufen Sie nur an, wenn er Ihnen helfen soll. Mr. Randolph möchte nicht, dass Sie sich überanstrengen."
"Ja, das hat er mir auch schon gesagt", erwiderte Eliza trocken Mrs. Treasure nickte und informierte Eliza, dass sie fürs Abendessen ein gebratenes Huhn mitgebracht habe, Kartoffeln, ein Dutzend frische Eier und einen Pudding. "Ich hoffe, das gefällt Ihnen Miss." Eliza wischte die restliche Mayonnaise mit einem Stück Brot auf, "Wunderbar, Mrs. Treasure, aber nennen Sie mich bitte Eliza." "Nun, warum nicht?" sagte Mrs. Treasure nach kurzem Zögern und strahlte. "Mein Name ist Phyllis." Nachmittags rief Dennis an, erkundigte sich nach dem Fortgang der Arbeit und informierte Eliza, dass er noch bei Paul Wright auf Combe Farm vorbeisehen müsse und erst spät heimkommen werde. Eliza berichtete ihm kurz angebunden, dass sie wie befohlen zu Mittag gegessen habe, und stürzte sich dann wieder auf die Küche, eine wahre Sisyphusarbeit. Um sechs Uhr tat ihr jeder Knochen weh, sie fühlte sich erschöpft und verschwitzt, und dennoch war kaum eine Veränderung im Raum zu erkennen. Nachdem sie Poppy kurz in den Garten gelassen und sie gefüttert hatte, nahm sie ein heißes Bad. Gutes Aussehen würde ihr hoffentlich genug Selbstvertrauen geben, um den Abend über eine Atmosphäre unpersönlicher Höflichkeit aufrechtzuerhalten. Sie würde Dennis deutlich zu verstehe n geben, dass sie nur über Nacht blieb, weil sie die Arbeit in Tithe Barn so schnell wie möglich beenden wollte. Als sie in weißen Jeans und rotem T-Shirt etwas später wieder nach unten ging, war Dennis immer noch nicht da. Spät bedeutete bei ihm anscheinend wirklich spät. Eliza holte Mrs. Treasures Mitbringsel aus dem Kühlschrank hervor: ein knuspriges, mit Kräutern gefülltes Huhn, ein verlockend duftender Pudding, und sie entdeckte auch noch ein Glas der hausgemachten Mayonnaise, so dass sie sich entschlo ss, noch
einen Salat zu machen. Sie setzte die Kartoffeln zum Kochen auf, deckte im Esszimmer den Tisch und hatte alles bereit, als Dennis endlich auftauchte. "Das Abendessen ist fertig, also beeil dich", sagte sie schroff, um die seltsame Vertraulichkeit der Situation zu überspielen. Dennis hob die Augenbrauen. "Kein Wunder, dass Bernadette Lucas' Geschäfte so gut gehen - bei diesem Service!" Er streichelte Poppy die ihn begeistert begrüßte. "Hallo, mein schönes Mädchen. Hast du denn schon dein Abendessen gehabt?" "Natürlich. Aber ich nicht, und deshalb sterbe ich gleich vor Hunger!" Eliza schob ihn zur Treppe. "Also beeil dich, sonst wird das Huhn noch warm." Dennis nahm zwei Stufen auf einmal. "Sorgst du für deine anderen Klienten auch so gut?" warf er über die Schulter zurück. "Weder für die anderen noch für dich. Das alles hat Phyllis mitgebracht. " Er blieb auf dem Treppenabsatz stehen. "Wer, um alles in der Welt, ist Phyllis?" "Mrs. Treasure natürlich." Eliza drohte ihm mit dem Korkenzieher. "Und jetzt mach schnell!" Als Dennis zurückkehrte, hatte sie ihre anfängliche Verlegenheit überwunden und lauschte interessiert seinem Bericht über den Besuch bei Paul Wright. Während des einfachen, aber guten Essens unterhielten sie sich über berufliche Dinge, und zu Elizas Überraschung ging ihnen nie der Gesprächsstoff aus. "Das war köstlich", meinte sie endlich seufzend und legte den Löffel weg. Dennis füllte ihre Gläser nach, und seine Augen funkelten plötzlich beunruhigend. "Gerade ist mir aufgefallen, dass wir ein perfektes Bild häuslicher Idylle bieten, Eliza." "Der äußere Schein trügt oft."
"Wie wahr", erwiderte er unbewegt und fuhr nach einer kurzen Pause lächelnd fort: "Außerdem hat die Sache noch einen Haken: Nach dem Essen können wir uns nicht in unser gemütliches Wohnzimmer zurückziehen." Eliza unterdrückte ein Gähnen. "Das stört mich im Moment weniger. Ich bin nämlich sehr müde. Das gute Essen nach all der Arbeit hat mir den Rest gegeben." Ironie blitzte in seinen blauen Augen auf. "Den Fernseher und die Stereoanlage habe ich gestern in mein Zimmer gebracht. Wenn du also Musik hören oder die Nachrichten sehen möchtest, müsstest du dich schon auf mein Bett setzen. Ich verspreche auch, auf dem Fußboden zu bleiben.“ Sie schüttelte den Kopf. "Lass uns einfach noch ein wenig hier sitzen, Dennis. Du könntest uns noch einen Kaffee machen." "Womit du sagen willst, dass du nicht die Absicht hast, jemals einen Fuß in mein Schlafzimmer zu setzen." " Sofern es nicht um eine neue Inneneinrichtung geht - nein", erwiderte sie kurz angebunden. "Schade." Dennis stützte den Kopf in die Hände und sah ihr in die Augen. "Aber du brauchst keine Angst zu haben oder dich heute nacht sogar einzuschließen. Wir haben ein Abkommen, und daran halte ich mich. Weißt du, dass du dich eigentlich geschmeichelt fühlen müsstest?" Er machte eine weitschweifige Geste. "Seit meiner Flucht vor Marina und deren Heiratsabsichten wäre ich angesichts solcher Häuslichkeit bei jeder anderen Frau schon auf und davon gegangen." Sie lächelte gelassen. "Da es mir genauso geht, wo ist das Problem? Bei mir kannst du dich ganz sicher fühlen, Dennis." Er lachte bitter. "Früher habe ich mich bei dir sicher gefühlt bis zu jenem Tag vor zwei Jahren. Obwohl ich gern mit dir zusammen bin, spüre ich jetzt in deiner Nähe immer die Gefahr."
Eliza betrachtete ihn kühl. "Von mir hast du nichts zu befürchten, Dennis." Er verzog den Mund. "Du verstehst nicht. Es geht um die Gefahr, die in meinen niederen Trieben liegt, nicht in deinen." Plötzlich riss Eliza die Geduld. "Na und? Um das Ganze mal ganz theoretisch zu betrachten: Was wäre so schrecklich daran, wenn sich zwei Erwachsene in gegenseitigem Einverständnis dem beugen, was du Anziehungskraft nennst?" Sie lächelte verächtlich. "Aber darum geht es nicht, oder? Deine sogenannten niederen Triebe machen dir so zu schaffen, weil dein Ego es nicht verwindet, dass ich Jennifer geglaubt habe, anstatt dir zu vertrauen." Dennis füllte ihr Glas noch einmal. "Anfangs stimmte das. Ich hätte dir und Jennifer am liebsten den Hals umgedreht. Aber mit Gefahr meine ich etwas ganz anderes." Als Eliza ihn verständnislos anblickte, fuhr er ruhig fort: "Mein Problem ist, dass ich dich will, Eliza." Seine Worte verschlugen ihr den Atem, doch der Ausdruck in seinen Augen machte ihr deutlich, dass Dennis meinte, was er sagte. "Wolltest du deshalb, dass ich über Nacht bleibe?" Sie ballte die wütenden Hände zu Fäusten und warf ihm einen kühlen Blick zu. "Tut mir leid, aber das ist nicht in meinem Service enthalten." Er seufzte resigniert. "Du verstehst immer noch nicht, Eliza. Ich wollte dich seit dem Tag, an dem ich dich auf dem Bett in meinem Hotelzimmer unter mir spürte, als deine Lippen sich unter meinen öffneten und ..." "Hör auf!" rief sie, außer sich vor Wut, und setzte ihr leeres Glas so heftig auf den Tisch, dass es zersprang. "Verdammt noch mal, nun sieh, was ich gemacht habe . .." "Was soll's?" Dennis langte über den Tisch und nahm ihre Hand. „Keine Sorge, Eliza. Schon mein Großvater sagte, man solle seine Begierden unter Kontrolle halten, also bist du sicher
bei mir." Er drückte ihre Hand, bis es schmerzte, und ließ sie dann los, während es um seinen Mund zuckte. "Jede andere Frau würde innerhalb einer Stunde in meinem Bett liegen. Doch da du die Tochter deiner Eltern bist und außerdem Robs Schwester, kannst du nicht meine Geliebte werden. Deine Familie würde natürlich eine Heirat erwarten, und dazu bin ich nicht bereit nicht einmal bei dir." "Darum geht es also", sagte sie ernüchtert. "Du hast Angst, ich würde als Gegenleistung für eine leidenschaftliche Nacht verlangen, dass du mich heiratest!" "Nein, zum Teufel, das ist es nicht! Aber ich verdanke deinen Eltern zuviel, als dass ich sie so verletzen könnte. Und, wie du schon einmal richtig gesagt hast, Rob wäre auch nicht begeistert, wenn er annehmen müsste, ich habe seine Schwester verführt." Eliza sprang auf und warf ihre Serviette wie einen Fehdehandschuh auf den Tisch. "Viel Lärm um nichts! Aber sei unbesorgt, Dennis: Sobald dieser Job erledigt ist, brauchen wir uns nicht mehr zu sehen." Sie betrachtete wütend das zerbrochene Glas. "Ich wünschte, ich hätte den Wein nicht getrunken. Dann könnte ich jetzt nach Hause fahren und dich deinen wertvollen niederen Trieben überlassen." Dennis stand ebenfalls auf. "Du solltest jetzt ins Bett gehen, Eliza. Und schließ dich ein, wenn du Angst vor mir hast." Sie blieb stehen, wo sie war. "Genau das werde ich tun. Ich muss verrückt gewesen sein, hier zubleiben, doch zumindest kann ich dann früh anfangen und die Arbeit so schnell wie möglich zu Ende bringen. Je eher, desto besser." Sie drehte sich um, rannte zur Treppe und nahm immer zwei Stufen auf einmal. Nachdem sie die Tür des Gästezimmers hinter sich zugeschlagen hatte, drehte sie den Schlüssel im Schloss um, laut genug für den Mann, der wie eine Statue unten stand und ihr immer noch nachsah. Dennis schien den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden zu haben, denn am nächsten Morgen verließ er das Haus sehr früh.
Vom Gästezimmerfenster sah Eliza, wie sein Wagen verschwand, und stürzte sich dann in die Arbeit, um die Vorbereitungen für die Maler so schnell wie möglich zu beenden. Als sie abends nach einem anstrengenden Tag und einer langen Heimfahrt hungrig und erschöpft ihre Wohnung betrat, klingelte das Telefon. Doch statt Dennis, wie sie halb gehofft hatte, war Jennifer am Apparat. "Gute Neuigkeiten, Liza!" sprudelte sie aufgeregt hervor. "Paul hat dir einen Heiratsantrag gemacht!" Jennifer seufzte. "Nein, noch nicht. Aber bestimmt tut er es bald! Und meine Neuigkeit ist fast genauso gut: Paul hat sich gestern mit Dennis getroffen. Der Umbau von Combe Farm ist beendet, und Paul möchte, dass du die Innenausstattung übernimmst! Ist das nicht wunderbar? Er war sehr beeindruckt von deiner Wohnung, und als er dann auch noch von Dennis hörte, dass du Tithe Barn neu einrichtest, beschloss Paul, dir den Auftrag zu geben." Eliza schwieg, während sie Jennifers Worte zu verdauen versuchte. "Nun?" fragte Jennifer. "Bist du nicht begeistert?" "Natürlich", log Eliza. "Aber tut er das nicht nur um dir zu gefallen?" "Nein. Dazu ist Paul zu sehr Geschäftsmann." "Er muss natürlich erst mit Bernadette sprechen, aber dann würde ich den Job selbstverständlich übernehmen." Sie zögerte. "Doch falls er das Haus für dich einrichten lassen will, würde ich es gern wissen." "Da bist du nicht die einzige." Jennifer seufzte unglücklich. "Aber was soll's? Der Auftrag bringt dir Geld und Ansehen, und wenn Paul dabei tatsächlich an mich denkt, kann ich mich auf deinen unfehlbaren Geschmack verlassen." Sie seufzte noch einmal. "Aber ich wünschte, ich würde es genau wissen, so oder so. Ich kann nachts nicht mehr schlafen. Bald wird sich das auf
mein Aussehen auswirken, und dann wird er mich gar nicht mehr wollen..." "Unsinn, Jennifer Markham", erwiderte ihre Schwester scharf. Außerdem, wenn er dich nur deiner Schönheit wegen liebt, ist er ohnehin nicht der Richtige für dich." "Aber mein Aussehen ist alles, was ich ihm zu bieten habe", erklärte Jennifer ernst. Es dauerte lange, bis Eliza ihre Schwester moralisch wieder aufgerichtet hatte, und danach ließ sie sich erschöpft auf das Sofa sinken. Sie fühlte sich so ausgelaugt, dass sie beinahe nicht abgenommen hätte, als das Telefon zum zweitenmal klingelte. "Ich dachte schon, du wärst zu kraftlos, den Hörer abzunehmen", sagte Dennis bissig. "Du musst ja gearbeitet haben wie ein Tier nur um mir nicht mehr zu begegnen." "Ich hatte alles fertig, also bin ich nach Hause gefahren." "Du meinst, du bist weggerannt." "Wie du willst. Aber keine Sorge, ich habe alles soweit vorbereitet, dass die Maler morgen anfangen können." "Natürlich. Worüber sollte ich mir auch sonst Sorgen machen?" erwiderte er sarkastisch. "Ich nehme an, meine Bemerkungen gestern Abend sind der Grund für deine Flucht?" "Wundert dich das, nach all dem Unsinn, den du von dir gegeben hast?" sagte sie gereizt. "Und da mir daran liegt, den Waffenstillstand bis zum Ende der Arbeiten einzuhalten, bin ich gegangen, um ihn nicht noch weiter zu gefährden." "Wie immer die vernünftige Eliza Markham!" Eliza ließ die Mundwinkel sinken. "Nicht immer, wie du sehr gut weißt. Übrigens hat Jennifer eben angerufen", fuhr sie fort, bemüht, das Gespräch auf ein anderes Thema zu bringen. "Paul möchte anscheinend, dass ich ihm Pläne für Combe Farm vorlege." "Tatsächlich? Und was hältst du davon?" "Ich hasse den bloßen Gedanken daran."
"Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul - und einen solchen Auftrag bekommst du nicht alle Tage, Eliza." "Ich weiß." Sie seufzte. "Wenn Paul meine Vorschläge annimmt, ist es eine wunderbare Chance für meine Karriere. Aber ich hoffe, er ruft Bernadette nicht sofort an. Ich könnte ganz gut einmal eine Pause brauchen." Leider traf Pauls Anfrage nur allzu bald ein. Bernadette Lucas war begeistert und bat Eliza, sich am folgenden Mittwoch auf Combe Farm mit ihrem zukünftigen Klienten zu treffen. Eliza, die dienstags die Installation der neuen Küche in Tithe Barn überwachen wollte, war nicht glücklich über die Aussicht, an zwei Tagen hintereinander Stunden im Auto zu verbringen sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Nachdem sie stundenlang das Anbringen der Schränke in der Küche von Tithe Barn dirigiert hatte, tat es Eliza leid, dass sie zugesagt hatte, auf Dennis Heimkehr zu warten. Es herrschte drückende Hitze, und sobald die Handwerker gegangen waren, öffnete sie den Reißverschluss ihres Overalls, um sich Kühlung zu verschaffen, während sie die Küche einer genauen Inspektion unterzog Als sie Schritte hörte, unterdrückte sie den Anflug von Erregung bei der Aussicht, Dennis gleich gegenüberzustehen, und tat, als wäre sie ganz in ihre Arbeit vertieft. "Hallo!" sagte sie fröhlich ohne aufzublicken. "Heute bist du aber früh zurück." Als keine Antwort kam, hob sie den Kopf und erstarrte. Vor ihr stand Paul Wright, lässig gegen den Türrahmen gelehnt. Die Art wie er sie von oben bis unten betrachtete, ließ sie trotz der Hitze frösteln, und sie zog hastig ihren Reißverschluss zu. Sein Lachen verstärkte ihr Unbehagen,, Wenn ich mir Jennifer auch nur im entferntesten in solcher Aufmachung vorstellen könnte, hätte ich gedacht zu träumen. Wie geht es Ihnen, Eliza?"
Eliza errötete und zwang sich zu lächeln. "Hallo, Paul. Ich bin so schmutzig und verschwitzt, dass ich Ihnen nicht einmal die Hand geben kann. Wollten Sie zu Dennis?" "Ja, aber solche angenehmen Überraschungen wie Sie sind mir viel lieber." Paul trat näher, ein lauerndes Lächeln auf den schmalen Lippen. "Schade, dass ich eine Verabredung mit Jennifer habe. Sonst hätten wir beide schon heute nach Combe Farm fahren und uns einen zusätzlichen Tag sparen können." "Die Kosten hätte ich Ihnen aber trotzdem berechnet", erklärte Eliza kühl. "Oh, Ihnen würde ich jeden Preis zahlen." Für einen langen Moment blickte er ihr tief in die Augen, bevor er sich anerkennend in der Küche umsah. "Welche Verwandlung! Sie sind gut, sehr gut. Vorher war dieser Raum ein verstaubtes Museumsstück." "Er ist noch nicht fertig." Eliza sprach hastig, um ihr Unbehagen zu überspielen. "Heute sind nur die Spüle und die neuen Schränke eingebaut worden, aber demnächst werden die Vorhänge und die Jalousien angebracht, und ..." Sie schwieg und lächelte strahlend vor Erleichterung, als Dennis eintrat. Unwillkürlich lief sie auf ihn zu. "Endlich - sieh mal, wer hier ist!" Dennis erfasste die Situation mit einem Blick und legte einen Arm um Elizas Schultern, bevor er Paul begrüßte, der, zu Elizas großer Erleichterung, den angebotenen Drink ablehnte. "Keine Zeit. Ich wollte dir nur von dem neuen Cafe erzählen, das ich in Pennington plane.“ Paul sah auf seine Armbanduhr. "Ich muss mich beeilen. Um acht treffe ich mich mit Jennifer." Er zwinkerte Eliza zu. "Soll ich sie grüßen?" "Ja bitte." Eliza fühlte sich inzwischen sicher genug, um sich aus Dennis' Armen zu befreien. "Ich rufe sie morgen Abend an, nachdem ich mir Ihr Haus angesehen habe." Dennis begleitete Paul zu seinem Ferrari und kehrte dann in die Küche zurück, gefolgt von Poppy. "Was, zum Teufel, war
hier los?" erkundigte er sich grimmig. "Was hat Paul gesagt oder getan, um dich so zu verängstigen, Eliza?" "Nichts - jedenfalls nichts Konkretes." Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen. "Wahrscheinlich habe ich mich nur dumm benommen, weil ich mich wegen meiner Aufmachung schämte." "Unsinn! Du siehst zum Anbeißen aus ..." Er schwieg und betrachtete ihren verschmutzten Overall. "Ach, jetzt verstehe ich! Pauls Reaktion auf deinen arbeitsanzüglichen Charme hat dich so in Alarm versetzt!" "Vielleicht", sagte sie unbehaglich. "Es ist wahrscheinlich die Ähnlichkeit zwischen Jennifer und mir - er ist nicht daran gewöhnt." "Jennifer hat er auch noch nie so schmutzig und unordentlich und so sexy gesehen. Mir scheint, er war eher vom Kontrast angetan als von der Ähnlichkeit. Außerdem ist mir die Sache mit dem Cafe in Pennington ganz neu. Wer - oder was - hat ihn nur auf die Idee gebracht?" Dennis runzelte die Stirn und reckte sich dann ausgiebig. "Du meine Güte, ist es heiß. Wie wäre es mit einem Drink, bevor du gehst? Oder habe ich mir das Vergnügen deiner Gesellschaft jetzt endgültig verscherzt?" "Nein, natürlich nicht." Sie sah ihn offen an. "Aber lange kann ich nicht mehr bleiben. Ich muss erst einmal den ganzen Schmutz loswerden, damit ich mich morgen früh auf Combe Farm vom Scheitel bis zur Sohle als gepflegte, kompetente Designerin präsentieren kann. Sonst gibt Paul mir den Auftrag nicht." Dennis reichte ihr ein Glas Fruchtsaft. "Natürlich wird er das tun, und du wirst annehmen, Eliza. Combe Farm wäre der Traum jedes Raumdesigners: ein leeres Gebäude, das nur darauf wartet, von dir mit Leben erfüllt zu werden. Und dazu unbegrenzt finanzielle Mittel - was willst du mehr?" Er betrachtete sie prüfend "Aber du willst mehr, nicht wahr?"
"Ja. Ich möchte, dass er Jennifer endlich einen Heiratsantrag macht. Sie ist mein zweites Ich, Dennis, und ich fühle ihren Schmerz fast wie meinen . .." Sie schwieg und biss sich auf die Lippe. "Wem sagst du das?" erwiderte er bitter. "Schließlich habe ich am eigenen Leibe erfahren, wie sehr du sie liebst." Eliza betrachtete ihn vorsichtig. "Es fällt dir sicher schwer zu verstehen, warum ich Jennifer so schnell vorziehen habe ..." "Ja. Aber es ist leicht, jemandem zu verzeihen, den man liebt. So heißt es jedenfalls." Sie warf ihm einen scharfen Blick zu, doch seine Miene war undurchdringlich und verriet nichts von seinen Gedanken. "Wenn Jennifers Glück wirklich von Paul Wright abhängt", sagte sie deprimiert, "dann kann ich nur hoffen, dass er sie bald bittet, seine Frau zu werden!"
7. KAPITEL Als Eliza am nächsten Morgen nach Combe Farm fuhr, war sie davon überzeugt, sich Pauls merkwürdiges Verhalten nur eingebildet zu haben. Und heute würde sie sieb nicht wie ein unsicheres Mädchen benehmen, sondern die erfahrene, tatkräftige Geschäftsfrau hervorkehren, um Paul zu zeigen, dass sie eine brillante Designerin war und nicht nur Jennifers zweites Ich. Combo Farm gefiel ihr auf Anhieb. Ursprünglich ein eher hässliches, dreistöckiges Haus, hatte es nach Dennis Plänen einen Flügel im gleichen Stil erhalten, in dem sich ein großer Wohnraum und mehrere Schlafzimmer befanden. Als Eliza aus dem Auto stieg, erschien Paul im Eingang. In engen Jeans und T-Shirt wirkte er noch energischer als sonst. "Sie sind pünktlich, Eliza. Das gefällt mir." Er schüttelte ihr die Hand, und sie lächelte höflich, um ihr Unbehagen zu verbergen. Denn das Funkeln in seinen hellen, listig blickenden Augen sagte ihr, dass ihr Gefühl sie gestern nicht betrogen hatte. Sie hatte genug Erfahrung mit Männern, um zu wissen, dass Paul zu allem bereit war. Jennifer hin oder her - vielleicht reizte ihn der Gedanke deshalb sogar besonders. Froh über ihre Sonnenbrille und das hochgeschlossene Kostüm, zückte sie ihr Notizbuch und schlug kühl vor, so schnell wie möglich an die Arbeit zu gehen.
Doch als Paul sie durch die leeren Räume von Combe Farm führte, vergaß Eliza ihr Unbehagen, und ihre Augen begannen zu strahlen, während sie sich unermüdlich Notizen machte. Danach gingen sie noch einmal durch jedes Zimmer, und sie machte Vorschläge, fragte ihn nach seinen Wünschen, sagte ihm jedoch auch offen ihre Meinung, wenn sie glaubte, seine Ideen würden nicht zu dem Charakter des Hauses passen. Später saßen sie auf einer wackligen Bank in der Sonne, und Eliza gab ihm einen ersten Überblick von ihren Vorstellungen. "In der Halle gibt es einiges zu tun. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Holztreppe?" "Gute Idee." Paul lächelte breit. "Dasselbe hat Dennis mir auch schon gesagt. Außerdem hat die Halle mir noch nie gefallen." "Warten Sie ab, bis der Fußboden mit Steinplatten ausgelegt und eine neue Treppe mit geschnitztem Geländer drin ist!" Paul lauschte ihren Vorschlägen aufmerksam. Als sie ihn fragte ob er sich ein bestimmtes Thema für sein Haus vorstellen könne, dachte er kurz nach und warf ihr dann einen verlegenen Blick zu. "Ich bin in einer Mietwohnung aufgewachsen, aber meine Mutter war ganz verrückt nach Landhäusern. Als Kind musste ich mit ihr jeden Landsitz in der Nähe besichtigen, und später fiel mir auf dass sie alle etwas gemeinsam hatten: Sie sahen aus, als wären sie für die Ewigkeit gemacht. Das möchte ich auch für Combe Farm." "Zeitlosigkeit", sagte Eliza sofort. "Genau! Zeitlosigkeit." Plötzlich lächelte er anzüglich. "Übrigens, meine Schöne, ich lasse Ihnen freie Hand, aber für mein Schlafzimmer bestehe ich auf einem riesigen Himmelbett mit einem schönen, großen Spiegel an der Decke." "Wie Sie wünschen." Eliza notierte es sich und unterdrückte ein Schaudern. "Jetzt zum unteren Stockwerk", fuhr sie hastig fort. "Das Wohnzimmer stelle ich mir im klassischen Stil vor,
mit vielen bequemen Sesseln und Sofas, Fransenteppichen auf hellem Teppichboden, und vielleicht finde ich noch einige kleine Tische aus der Entstehungszeit des Hauses. Das Esszimmer sollte in dunkleren Farben gehalten sein, Bernstein oder Grün, um es intimer wirken zu lassen. Dazu goldgerahmte Spiegel und einige gute Ölgemälde." Sie steckte das Notizbuch in ihre Aktentasche. "Ich arbeite einen Plan aus und lege Ihnen so bald wie möglich Farbmuster und meine Vorschläge für die Möbelausstattung vor, plus Prospekte von Küchen- und Badezimmereinrichtungen." Paul versicherte ihr, wie beeindruckt er sei, bevor er auf die Armbanduhr sah. "Verdammt, ich muss mich beeilen." Er schüttelte ihr die Hand und hielt sie länger als nötig fest. "Schade, dass ich nicht bleiben kann, während Sie sich weiter umsehen." Sie entzog ihm energisch die Hand. "Allein arbeite ich am liebsten. " Nachdem Paul sich in seinen Ferrari gezwängt hatte, lehnte er sich noch einmal aus dem Fenster, und in seinen Augen stand ein solch vertraulicher Ausdruck, dass Eliza ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt sah. "Übrigens, Eliza, ich wollte Ihnen schon lange etwas sagen. Ich kenne ihr kleines Geheimnis. Nicht, dass es mich stört, meine Süße ich habe mich prächtig amüsiert, als ich herausfand, dass Sie damals auf meiner Party waren und nicht Jennifer." Eliza wurde kreidebleich. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück und hob den Kopf. "Also hat Jennifer es Ihnen erzählt." "Nein. Sie hat keine Ahnung, dass ich es weiß." Er zwinkerte ihr zu. „Aber Sie waren wirklich gut. Auf der Party selbst habe ich nichts gemerkt - lag wohl auch am Champagner. Erst neulich bin ich dahintergekommen. Ich weiß zwar nicht, warum Sie sich als Jennifer ausgegeben haben. Wahrscheinlich hatte es etwas mit ihrer Magenverstimmung zu tun." Paul lächelte breit, bevor er sich unvermittelt erkundigte, wann sie die Pläne für das Haus vorlegen könne.
"Sie wollen, dass ich weitermache?" fragte Eliza steif. Er betrachtete sie verblüfft. "Warum denn nicht?" "Nun, nachdem Sie mich so entlarvt haben, könnten Sie doch auch an meinen beruflichen Fähigkeiten zweifeln." Er schüttelte den Kopf. "Nein. Es gibt der Sache sogar eine gewisse Würze, meine Liebe. Übrigens, Jennifer braucht nicht zu erfahren, dass ich Bescheid weiß. Es bleibt unser Geheimnis, in Ordnung?" Er zwinkerte ihr nochmals verschwörerisch zu und brauste davon. Eliza hätte ihm am liebsten nachgeschrieen, wohin er sich seine Pläne für Combe Farm stecken könne. Da das schlecht möglich war, machte sie sich schließlich an die Arbeit. Doch ihre Wut steigerte sich, als ihr aufging, wer Paul die Wahrheit gesagt haben musste. Außer ihr und Jennifer gab es nur noch einen Menschen, der Bescheid wusste. "Wie bist du mit Paul zurechtgekommen?" erkundigte Dennis sich, als er abends anrief. "Danke, bestens", entgegnete sie kurz angebunden. Dennis schwieg einen Moment, bevor er fragte: "Warum bist du dann so verärgert? War Paul sehr schwierig?" "Im Gegenteil, er hat die meisten meiner Vorschläge gebilligt. Ob er allerdings auch mit dem horrenden Preis einverstanden ist, bleibt abzuwarten." "Da sehe ich keine Schwierigkeiten." Wieder entstand eine Pause. "Was ist los, Eliza? Ist auf Combe Farm etwas passiert?" „Das kann man wohl sagen." Eliza atmete tief ein. "Um es kurz zu machen: Paul weiß, dass ich auf seiner Party war, nicht Jennifer." Als Dennis unterdrückt fluchte, sagte sie leidenschaftlich "Das hilft dir jetzt auch nichts mehr. Wie konntest du nur, Dennis?"' "Was? Worüber redest du?" "Für wie dumm hältst du mich eigentlich? Jennifer hat ihm nichts gesagt und ich auch nicht. Bleibst nur noch du." "Warum hätte ich das wohl tun sollen?" fragte er wütend.
"Woher soll ich das wissen? Wie blöd ich war! Ich hätte wissen müssen, dass du seit unserem Wiedersehen nur darauf gewartet hast, es mir endlich heimzuzahlen, weil ich dein wertvolles Ego verletzt habe. Ich hoffe, deine Rache war süß, Dennis!" Elizas Stimme schwankte, und dann brach sie zu ihrer Beschämung in Tränen aus. "Eliza!" rief Dennis. "Hör mir zu . .." "Geh zum Teufel!" Sie drückte auf die Telefongabel und legte den Hörer neben den Apparat, bevor sie ins Schlafzimmer rannte und sich weinend aufs Bett warf. Ihr Schluchzen wurde immer heftiger, bis es in keiner Weise mehr dem Anlass entsprach. Als ihr das schließlich bewusst wurde, setzte sie sich auf, erschöpft und ausgelaugt. Nachdem sie sich das Gesicht gewaschen und einen starken Kaffee gemacht hatte, wählte sie Jennifers Telefonnummer und hinterließ eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Dann saß sie auf dem Sofa und blickte starr vor sich hin. Es war ganz natürlich, nach einem so peinlichen Erlebnis zu weinen, doch das war nicht der wirkliche Grund. Sie liebte Dennis Randolph, seit Jahren schon. Nach der Hochzeit ihres Bruders hatte sie sich zunächst eingeredet, das Feuer sei erloschen, doch Dennis' Anblick auf Pauls Party genügte, um es wieder zu entzünden. Und jetzt war sie so hoffnungslos in ihn verliebt, dass allein der Gedanke, er und Paul könnten hinter ihrem Rücken über sie lachen, ihr das Herz zerriss. Als das Telefon klingelte, wollte sie erst nicht abnehmen, tat es dann aber doch, weil sie fürchtete, es sei Jennifer. „Eliza. leg nicht auf", befahl Dennis. "Ich habe dir nichts zu sagen", flüsterte sie heiser. "Jetzt hör mir mal zu! Ich weiß gar nicht, was los ist..." "Lügner!" "Ich lüge nicht", entgegnete er wütend. "Aber du benimmst dich wie ein Kind."
"Ich wünschte, noch ein Kind zu sein", stieß sie hervor, "denn dann wäre all dies nicht passiert." Sie warf den Hörer auf die Gabel, schluckte ihre Tränen hinunter und machte sich noch einen Kaffee. Als das Telefon nochmals klingelte nahm sie hastig ab. Doch zu ihrer unendlichen Enttäuschung war es Jennifer, die gerade vom Abendessen mit Paul zurückgekommen war und ihrer Schwester aufgeregt und glücklich berichtete dass Paul von Elizas Vorschlägen für sein Haus sehr beeindruckt gewesen sei. "So beeindruckt, dass er keine anderen Angebote mehr einholen will, Liza." "Wie schön", erwiderte Eliza zurückhaltend. "He", sagte Jennifer scharf, "hast du geweint, Liza? Hat Lawrence dich wieder geärgert?" "Nein." Eliza zögerte und beschloss dann, Jennifer die Wahrheit zu sagen. "Ich hatte einen Streit mit Dennis." "Mit Dennis?" "Jawohl, Dennis Randolph, Robs Freund und ehemaliges Objekt unser beider Leidenschaft", entgegnete Eliza heftig. Es entstand eine Pause. "Liza", sagte Jennifer dann langsam, "da er dich zum Weinen gebracht hat - ist er möglicherweise immer noch das Objekt deiner Leidens chaft?" "Bestimmt nicht!" fauchte Eliza. "Worüber habt ihr dann gestritten?" "Worüber man eben so streitet. Aber es ist ohnehin egal. Ich habe meine Arbeit an seinem Haus getan und muss ihn nicht mehr sehen." Überraschend taktvoll wechselte Jennifer das Thema und kam noch einmal auf Elizas neuen Auftrag zurück. "Paul ist ständig in der Presse, was dir jede Menge Publicity bringt. Dein Foto als talentierte, aufstrebende Raumdesigner in wird in allen Boulevardzeitungen sein, neben Fotos von Pauls Landhaus." "Bernadette wird sich bestimmt freuen!" "Du nicht?"
"Ich bin begeistert", versicherte Eliza ihr. "Und nun erzähl mir über die Aufnahmen, zu denen du morgen fährst. Pelzmäntel auf den Seychellen?" Jennifer kicherte. "Nein. Abendkleider auf den ShetlandInseln. Der Zeitpunkt passt mir sehr gut. Paul ist für einige Tage in den USA, und da kann ich genauso gut auf Reisen gehen, anstatt ohne ihn zu Hause vor mich hinzuwelken." Da Eliza sich absolut nicht vorstellen konnte, dass ihre Schwester vor sich hinwelkte, wünschte sie ihr gute Reise und ging ins Bett. Doch schlafen konnte sie nicht. In den nächsten Tagen stürzte Eliza sich in die Arbeit, um Paul bei seiner Rückkehr die Pläne für Combe Farm zeigen zu können Als sie irgendwann allein mit Bemadette im Geschäft war, ergriff sie die günstige Gelegenheit. "Bernadette, wenn die Vorhänge für Dennis Randolph kommen, könntest du wohl jemand anders nach Little Rencombe schicken, der sie aufhängt?" Bernadette hob die Augenbrauen. "Ich dachte, er sei dein Freund?" "Ich auch." Eliza zwang sich zu lächeln. "Aber im Moment möchte ich mich völlig auf meine Arbeit für Mr. Wright konzentrieren. In Ordnung?" "Natürlich. Dennis Randolph ist also nicht der Richtige?" "Absolut nicht!" Eliza lachte, doch es klang nicht echt. "Danke Bernadette. Ich würde Dennis lieber eine Weile nicht begegnen. Oder eigentlich überhaupt nicht mehr." Ohne Jennifer und ohne die Treffen mit Dennis erschien Eliza das Leben leer und trostlos. Sie musste feststellen, dass sie sich nach seiner Gegenwart sehnte, und sie verachtete sich dafür. Um nicht schwankend zu werden, stellte sie sich vor, wie er mit Paul hinter ihrem Rücken über sie lachte. Der Gedanke schmerzte um so mehr, als sie ihren letzten Penny darauf gewettet hätte, dass ihr Geheimnis bei Dennis sicher sei. Eliza
fühlte sich so unglücklich und frustriert, dass sie spontan zusagte, als Lawrence eines Abends anrief und sie ins Kino einlud. Der Film war amüsant, das darauffolgende Essen angenehm und Lawrence sehr darauf bedacht, sie bei Laune zu halten. Der ganze Abend war soviel besser, als allein zu Hause zu sitzen und auf einen Anruf zu warten, dass Eliza zusagte, als Lawrence sie bat, ihn am Samstag auf eine Party zu begleiten, die einer seiner Kollegen geben würde. "Das Haus der Wentworths liegt in der Nähe von Harcombe", erklärte er beim Abschied. "Kennst du die Gegend?" Eliza nickte. Harcombe lag nur einige Meilen von Little Rencombe entfernt - und von Dennis. Sie lächelte strahlend. "Es ist ziemlich weit dorthin. Wir sollten lieber früh losfahren." "Großartig!" sagte Lawrence, erfreut über ihre Begeisterung. "Um halb acht also?" "Gut. Vielen Dank für den netten Abend, Lawrence." Er trat auf sie zu, und es war ganz klar, was er wollte. Als sie instinktiv zurückwich, flammte für einen Moment Zorn in seinen Augen auf, bevor er sich wieder unter Kontrolle hatte. "Ich dachte, hättest vielleicht eine andere Verabredung", sagte er betont. "Wenn du Dennis meinst: Er ist nur ein Freund meines Bruders." "Neulich sah das aber ganz anders aus, Eliza!" "Oh, er benimmt sich immer so", versicherte sie ihm lässig und verabschiedete sich. Die Erwähnung von Dennis' Namen genügte, um ihr die Freude am Abend im nachhinein zu verderben. Um sich aufzuheitern, kaufte sie sich am nächsten Tag in der Mittagspause ein neues Kleid. Mit Absicht wählte sie eines aus dünnem Seidenjersey, das sich sehr von ihrer übrigen Garderobe unterschied. Bernadette war davon begeistert.
"Eigentlich eher ein Kleid für Jennifer als für mich." Eliza besah sich zweifelnd den tiefen Ausschnit t, doch Bernadette versicherte ihr, das Kleid habe Stil und sei jeden Penny des sündhaft hohen Preises wert, den Eliza dafür gezahlt hatte. Als es am Samstagabend gegen halb acht an der Haustür klingelte, drückte Eliza auf den Offner, um Lawrence einzulassen, und betrachtete sich noch einmal skeptisch im Spiegel. Das neue Kleid umschmeichelte ihre Figur. Sie hatte die langen, zu Locken aufgedrehten Haare im Nacken zusammengefasst und lange Ohrringe angelegt. Warum eigentlich nicht? sagte sie trotzig zu ihrem ungewohnten Spiegelbild. Sie hatte es satt, immer nur die Vernünftige der Markham-Schwestem zu sein! Es klopfte an der Wohnungstür. Eliza öffnete - und das Lächeln gefror ihr auf den Lippen. Vor ihr stand Dennis. Er wirkte müde und erschöpft und dennoch überwältigend männlich in seinen dunklen Jeans und dem schwarzen Rollkragenpullover. Die Augen zusammengekniffen, betrachtete er ihre Aufmachung, bevor er schweigend näher trat und die Tür hinter sich zuschlug. "Dennis!" Sie warf ihm einen feindseligen Blick zu. "Was willst du hier? Ich hatte jemand anders erwartet!" "Offensichtlich!" stieß er hervor. "Seit unserem letzten Telefongespräch habe ich dich nicht noch einmal angerufen, weil du ohne hin sofort aufgelegt hättest. Deshalb bin ich persönlich gekommen, um das kleine Missverständnis zwischen uns zu klären." „Aber ich will nicht - ich meine, du kannst nicht bleiben!" sagte sie hastig. "Lawrence wird jeden Moment hier sein ..." "Zum Teufel mit Lawrence!" Dennis betrachtete sie von Kopf bis Fuß, und dann zog er sie unvermittelt in seine Arme und stickte ihren Protest mit seinen Lippen. Sie wehrte sich, doch er hielt ihre Arme mit einer Hand fest, während er mit der anderen ihren Körper hart gegen sich presste.
Eliza, der ganz schwindlig war, hörte wie von ferne die Haustürklingel und versuchte erneut, sich zu befreien. Dennis ließ die Lippen über ihren Hals gleiten, bevor er Eliza widerstrebend frei gab damit sie zur Tür gehen konnte. "Eliza? Ich bin's", sagte Lawrence durch die Sprechanlage, "Komm rauf", erwiderte sie atemlos und betrachtete sich dann im Spiegel, entsetzt über den Schaden, den Dennis innerhalb weniger Sekunden angerichtet hatte. "Lass ihn ein und unterhalt ihn ein wenig", wies sie Dennis an und stürzte ins Schlafzimmer. Und als sie wieder erschien, spielte Dennis die Rolle des Hausherrn mit solcher Gelassenheit, dass sie ihn hätte umbringen können. "Lawrence hat mir gerade erzählt, dass ihr zu den Wentworths in Harcombe fahrt, Eliza", bemerkte er. "Seit meinem Umzug nach Tithe Barn habe ich sie schon einige Male getroffen." "Wie schön für dich", sagte sie kurz angebunden und lächelte Lawrence zu, der sie seinerseits in ungläubigem Staunen betrachtete. "Eliza!" brachte er schließlich hervor. "Du siehst einfach phantastisch aus!" "Du aber auch", erwiderte sie wahrheitsgemäß. Zu dem weinroten Jackett trug er eine schwarze Hose, eine schwarze Seidenfliege und ein weißes Hemd. "Neben dir wirke ich direkt unscheinbar!" "In dem Kleid?" mischte Dennis sich ein. "Sie werden den ganzen Abend die anderen Männer abwehren müssen, Lawrence!" "Auf einer Intellektuellenparty? Bestimmt nicht!" erwiderte Eliza. "Und jetzt müssen Lawrence und ich leider aufbrechen.." "Oh, ich wollte euch nicht aufhalten", sagte Dennis nicht wahrheitsgemäß. "Aber das hast du, nicht? Also dann, auf Wiedersehen."
Lawrence verabschiedete sich ebenfalls, wobei er es sichtlich genoss, diesmal der Überlegene zu sein. "Bis zum nächsten Mal, Shaw", sagte Dennis freundlich. "Und wir sehen uns demnächst, Eliza." Nicht so bald, wenn es nach mir geht, dachte Eliza und sah ihm nach, als er leichtfüßig die Stufen hinunterlief. Auf der Fahrt musste sie ständig an Dennis' Zärtlichkeiten denken. Weil sie sich jedoch nicht den Abend verderben lassen wollte, bemühte sie sich, zu Lawrence besonders nett zu sein. Ihre Aufnahme im Haus der Wentworths war ganz unterschiedlich. Die Männer umkreisten sie wie Raubtiere, während sich auf den Gesichtern der Frauen Gefühle von Eifersucht bis hin zu offener Abneigung widerspiegelten. Eliza, der inzwischen die Lust zum Feiern vergangen war, nahm dankend ein Glas Fruchtpunsch von Lawrence entgegen, um sich ein wenig aufzuheitern. Nachdem sie jedoch die Wirkung des harmlos schmeckenden Getränks entdeckt hatte, hielt sie sich lieber an Orangensaft. Die meisten Gäste machten ohnehin den Eindruck, als hätten sie im Lauf des Abends der Punschschale schon allzu viele Besuche abgestattet. Eliza hatte gehofft, einen Abend mit weltgewandten, geistreichen Menschen zu verbringen. Doch sie wurde bitter enttäuscht. Das Geistreichste, was die meisten der Gäste von sich gaben, waren schlüpfrige Anekdoten aus ihrer Studienzeit. Und das Büffet, zu dem die Gastgeberin sie schließlich einlud, erwies sich als eher dürftig, ganz im Gegenteil zu der Auswahl der alkoholischen Getränke, was unausweichliche Konsequenzen hatte. Die Gäste gerieten allmählich außer Rand und Band, und Eliza musste sich der immer unverschämter werdenden Attacken verschiedener Männer erwehren. Damit beschäftigt, achtete sie kaum auf das Eintreffen eines späten Gastes, bis sie die Gastgeberin mit erhobener Stimme sagen hörte: "Seid mal still! Hier ist unser neuer Nachbar: Dennis Randolph."
Eliza spürte den Blick seiner funkelnden blauen Augen auf sie gerichtet, während Dawns Freundinnen sich auf den Neuankömmling stürzten wie Bienen auf den Honigtopf. Als sie sich abwandte, begegnete sie Lawrences finsterem Blick. "Was hat der denn hier zu suchen?" erkundigte er sich wütend. "Keine Ahnung", erwiderte Eliza müde. "Lawrence!" Malcolm Wentworth winkte sie zu sich heran. "Ich möchte dir und Eliza Dennis Randolph vorstellen. In der kurzen Zeit hat er wirklich etwas aus Tithe Barn gemacht!" "Wir sind uns schon begegnet", sagte Lawrence bissig. "Er ist ein Freund von Elizas Familie." "Ich kenne Eliza von Kindesbeinen an - sie ist sehr talentiert", erklärte Dennis, der jetzt gar nicht mehr müde und erschöpft aussah. Sein blondes Haar leuchtete wie Gold, und in seinem schwarzen Jackett, der schwarzen Hose und dem weißen Hemd zog er die Aufmerksamkeit aller anwesenden Frauen auf sich. Lawrence hatte zuviel Punsch getrunken, um seine Feindseligkeit verbergen zu können. "Er will damit sagen, dass sie eine sehr erfolgreiche Raumdesignerin ist", stieß er, die Zähne zusammengebissen, hervor. "Dennis hat mich mit der Arbeit an seinem Haus beauftragt" erklärte Eliza hastig. "Mich kannst du auch jederzeit bearbeiten", mischte sich einer von Lawrences Kollegen grinsend ein. "Aber erst musst du mit mir tanzen, Süße!" Das Haus der Wentworths hatte einen großen Wintergarten, in dem sich die Tanzenden eng umschlungen bei schummrigem Licht zur lauten Musik drängten. Elizas Partner schien mehr Arme als ein Oktopus zu besitzen, und schon nach einigen Minuten entschuldigte sie sich und rannte ins Badezimmer, in dem sie sich auf der Fluc ht vor Dennis, Lawrence und der Welt im allgemeinen einschloss.
Mit bebenden Händen legte sie neuen Lippenstift auf und fragte sich, wie Dennis es fertiggebracht hatte, sich bei den Wentworths einzuschleichen. Aber es wird ihm nichts nützen, dachte sie und ließ entschlossen ihre Tasche zuschnappen. Sie würde Lawrence dazu überreden, so schnell wie möglich heimzufahren, und Dennis den Klauen Dawn Wentworths und ihrer Freundinnen überlassen. Das geschah ihm ganz recht. Die nächste Stunde verbrachte Eliza damit, Dennis aus dem Weg zu gehen, was nicht allzu schwierig war, da er meist von einer Schar Frauen umgeben war, die sich eifrig um seine Aufmerksamkeit bemühten. Um Mitternacht schmerzten ihr die Mundwinkel vom ewigen Lächeln, und sie hatte das Gefühl, das alles nicht mehr ertragen zu können. Ohne weiteres Aufhebens unterbrach sie Lawrences Unterhaltung mit einer schönen, geschiedenen Blondine, die sehr dazu geneigt schien, ihn in seiner gegenwärtigen Situation zu bemitleiden. "Warum willst du jetzt schon ge hen?" protestierte Lawrence. Eliza hob die Schultern. "Du kannst ja noch bleiben. Ich rufe mir ein Taxi." "Auf keinen Fall", sagte er und fasste sie bei der Hand. "Ich lasse dich nicht aus den Augen!" "Aber ich fahre, Lawrence - du hast zuviel getrunken.' "Unsinn!" Ungeduldig zog er sie hinter sich her, um sich von ihren Gastgebern zu verabschieden. Unter Dennis' durchdringen Blick wäre Eliza am liebsten im Erdboden versunken, während Malcolm Wentworth Lawrence auf den Rücken klopfte und ihm erklärte, bei einem Mädchen wie Eliza würde er es auch nicht abwarten können, nach Hause zu kommen. Eliza lächelte Dennis zum Abschied kühl zu und saß dann steif im Auto neben Lawrence, der mit quietschenden Reifen vom Hof raste ohne sich um die Dunkelheit und den strömenden Regen zu kümmern. Er war nicht ausgesprochen betrunken, doch in jener gefährlichen Stimmung, in der - wie Eliza aus Erfahrung wusste - jede Art von Protest nutzlos sein würde. Eine
Weile schwieg sie, obwohl Lawrence keine Anstalten machte, das halsbrecherische Tempo zu verlangsamen. Doch als sein Wagen um eine enge Kurve schlitterte, konnte sie es nicht länger ertragen. "Um Himmels willen, Lawrence, fahr langsamer!" "Ich tue sogar noch mehr als das", sagte er heiser und brachte den Wagen auf dem Grasstreifen neben der Strasse zum Stehen. "Komm her!" Er griff nach ihr und versuchte, sie zu küssen. Im ersten Moment war Eliza zu verblüfft, um zu protestieren. Doch als er ihren Gurt löste und sich auf sie warf, erwachte sie aus der Erstarrung und wehrte sich. Er stöhnte erregt und hielt mit einer Hand ihre Arme fest, mit der anderen Hand zerrte er an ihrem Kleid, und ihre verzweifelten Versuche, sich zu befreien, steigerten seine Erregung offenbar nur noch. Seine Hände schienen überall zu sein, und Eliza bog sich angewidert und wütend im Sitz zurück, als Lawrence ihr heiser zuflüsterte, was er noch alles mit ihr machen würde. Mit einer übermächtigen Anstrengung gelang es ihr schließlich, ihn von sich zu stoßen. Außer sich vor Zorn schlug sie ihm mit der Faust auf die Nase und hörte, wie er wütend aufschrie, während ihm das Blut über Mund und Kinn lief. Eliza wartete nicht lange, sondern griff nach ihrer Handtasche, öffnete die Autotür und rannte in die nasse Dunkelheit hinaus. Sie hörte, dass er hinter ihr herstolperte und voller Wut ihren Namen rief. Doch sie wusste, dass Lawrence kein Blut sehen konnte und ihm sicher gleich schlecht werden würde, weil er mehr Punsch getrunken hatte, als gut für ihn war. Blitze zuckten über den Himmel, und Eliza fürchtete, in ihrem Licht von Lawrence entdeckt zu werden. Während der immer heftigeren hellen Intervalle spähte sie um sich und lauschte in den Pausen zwischen den Donnerschlägen aufmerksam auf Schritte So stolperte sie den Randstreifen der verlassenen Strasse entlang. Tränen liefen ihr über das Gesicht, und sie verfluchte das ganze männliche Geschlecht.
Plötzlich hörte sie ein Auto näher kommen, sprang in den Graben neben der Strasse und duckte sich, ohne auf die Brombeersträucher zu achten, die ihr die Beine zerkratzten. Atemlos, mit klopfendem Herzen betete sie, Lawrence würde vorbeifahren. Doch der Wagen hielt, und nach einer Weile ergab sie sich in ihr Schicksal, biss die Zähne zusammen und kletterte resigniert aus dem Graben. "Also gut, Lawrence, aber wenn du das noch einmal versuchst ..." Doch als sie im Licht eines weiteren Blitzes den Mann erkannte, der ihr eine Hand entgegenstreckte, schrie sie leise auf "Dennis!" "Ja, Dennis." Er half ihr aus dem Graben und schob sie in seinen Wagen, bevor er sich hinter das Steuer setzte. "Ich habe gerade Lawrence getroffen. Er blutete und kam fast um vor Selbstmitleid", sagte er grimmig und fuhr los. Eliza kauerte zitternd auf dem Beifahrersitz. "Was hast du ihm getan?" fragte sie misstrauisch. "Warum denkst du immer nur das Schlechteste von mir? Nichts." Dennis betrachtete sie kühl. "Und was ich gern getan hätte, hattest du ja schon besorgt. Lawrence blutete nicht nur, er redete auch wirr, und ihm war schlecht." Eliza bibberte vor Kälte. "D ... du bringst mich wohl nicht nach Hause?" "Nein. Bei dem Wetter fahre ich nicht bis Pennington und zurück. Du kannst in Tithe Barn übernachten. Und Lawrence kann von mir aus bleiben, wo er ist." Angesichts seiner grimmigen Wut beschloss Eliza, lieber den Mund zu halten. Nach ihrer Ankunft in Tithe Barn zog Dennis sie aus dem Wagen und ungeduldig die Treppe zum Eingang hinauf. Er schloss die Tür auf und schob Eliza in den dunklen Wohnraum, der ihr, nachdem Dennis das Licht angeknipst hatte, wie ein warmer, freundlicher Hafen vorkam. Dann musterte er sie von oben bis unten, und Eliza brauchte keinen Spiegel, um zu wissen, was er sah: Haare, die ihr nass
und wir um ihr Gesicht hingen, verlaufene Wimperntusche, und ein Ohrring fehlte. Instinktiv griff sie sich an den Ausschnitt, um den zerrissen Stoff über ihren Brüsten zusammenzuhalten. Als erlöse diese Bewegung ihn aus der Erstarrung, eilte Dennis auf sie zu und packte sie an beiden Handgelenken. "Was ist geschehen Eliza?" fragte er mit einem Blick auf das zerrissene Kleid und ihre blutigen, verschrammten Beine. "Was hat dieser Kerl dir angetan? Antworte!" Nach der Aufregung der letzten Stunde hätte Eliza sich am liebsten an seine Brust gekuschelt, um zu schlafen. "Er hat mich nicht vergewaltig“, sagte sie kurz angebunden. "Aber versucht hat er es, so wie du aussiehst!" Dennis drückte sie auf die Couch hinunter. "Warte, ich hole dir einen Drink." Gehorsam trank Eliza den Cognac. Der Alkohol nahm ihr den Atem, doch dann breitete sich wohltuende Wärme in ihrem Innern aus. Sie lächelte Dennis zu und gab ihm das Glas zurück. "Vielen Dank. Jetzt geht es mir besser - könnte ich mich vielleicht waschen?" Dennis verschränkte die Arme. "Erst will ich genau wissen, was passiert ist. Dann kannst du baden und ins Bett gehen." Angesichts dieser himmlischen Aussicht berichtete Eliza so schnell und präzise wie möglich von Lawrences Angriff, wobei sie es vermied, Dennis in die Augen zu sehen. "Was hat der Schuft sich eigentlich dabei gedacht?" erkundigte er sich schließlich kalt. Eliza hatte Mühe, nicht am ganzen Körper zu bibbern. "Er wollte mit mir schlafen, seit langem schon. Aber ich wollte nicht", sagte sie einfach. "Zum Glück hatte er soviel getrunken, dass ich ihm eins auf die Nase geben und fliehen konnte." "Und wohin wolltest du fliehen?" fragte Dennis. "Etwa hierher?"
"Nein!" Ihre Augen sprühten Funken. "Bestimmt nicht. Auf dem Hinweg hatte ich eine Telefonzelle bemerkt. Ich wollte ein Taxi rufen." Dennis betrachtete sie mitleidig. "Hattest du wirklich erwartet, irgendein Taxifahrer würde nach Mitternacht und bei dem Wetter den ganzen Weg herauskommen?" Er schüttelte den Kopf. "Und ich dachte, nur Jennifer sei ein wenig beschränkt!" Wütend verschränkte sie die Arme vor der Brust. "Es war nicht meine Schuld, dass Lawrence verrückt gespielt hat!" Dennis verzog den Mund, während er sie verächtlich von Kopf bis Fuß betrachtete. "In diesem Kleid - doch. Ich schlage vor du gehst nach oben und ziehst es aus, bevor du dir eine Lungenentzündung holst. Schaffst du das allein?" "Ja, vielen Dank", erwiderte sie mit dem Rest von Würde, der ihr noch geblieben war. Sie ging vor Dennis die Treppe hinauf und drehte sich an der Tür zum Gästezimmer um. "Wo ist Poppy?" "Ich habe sie in Pflege gegeben, weil ich einige Tage fort war." Dennis ging an ihr vorbei ins Bad und drehte den Wasserhahn auf "Und jetzt hinein mit dir!" Nachdem er gegangen war, streifte Eliza ihre Kleidung ab und ließ sich ins heiße Wasser sinken. Am liebsten wäre sie ewig so liegengeblieben, doch dann würde sie sicher einschlafen, und Dennis würde kommen und sie aus der Wanne holen. Und Ärger hatte sie heute schon genug gehabt. Müde stieg sie aus der Wanne, schlang sich ein Badetuch um das nasse Haar, ein anderes um den Körper und ging ins Schlafzimmer, wo sie Dennis vorfand. "Besser?" Sie nickte. "Viel besser." "Ich habe dir ein Sweatshirt und einen Bademantel gebracht, etwas Passenderes habe ich leider nicht."
"Danke." Sie zwang sich zu lächeln. "Ich komme gleich nach unten. Du hast nicht zufällig deine Meinung geändert und würdest mich doch nach Hause fahren?" "Nein, das werde ich nicht." Er beherrschte sich mit sichtlicher Mühe. "Ich geh jetzt und mach dir einen Tee. Nachdem ich diese Wunde versorgt habe." Eliza betrachtete betroffen den kleinen Schnitt auf ihrer Brust. Sie zwang sich stillzuhalten, während Dennis mit nicht allzu sicheren Händen ein Pflaster auflegte. "Zieh dich an und komm nach unten", befahl er, ohne sie anzusehen, und verschwand. Unglücklich blickte Eliza starr auf die Tür, die er hinter sich geschlossen hatte. Was für eine schreckliche Nacht.
8. KAPITEL Eliza kam sich ein wenig lächerlich vor in den viel zu weiten geborgten Sachen, als sie nach unten ging, wo Dennis gerade Kaminholz nachlegte. "Setz dich hierher." Er deutete auf ein Sofa vor dem Kamin und brachte dann ein Tablett heran. "Ich habe ein paar Sandwiches gemacht. Das Büffet bei den Wentworths war ja eher mager." "Ich habe keinen ..." begann sie, doch sein kühler Blick brachte sie zum Schweigen. Er setzte sich neben sie, während sie einige Bissen hinunterzwang und dann dankbar an dem heißen Tee nippte. "Du denkst offenbar, ich sei verantwortlich für das, was geschehen ist", sagte sie schließlich. "Zum Teil ja." Er betrachtete sie verächtlich. "Wenn du ein so offenherziges Kleid trägst, wird jeder Mann dich nicht nur ansehen, sondern auch anfassen wollen." Eliza warf ihm einen wütenden Blick zu. "Also meine Schuld!" "Heute Abend ja. Für das letzte Mal, auf Pauls Party, war eher Jennifer verantwortlich. Vielleicht solltest du in Zukunft solche enganliegenden Kleider nicht anziehen, Eliza." Ihr brannten die Wangen. "Vielen Dank! Du kannst einem Mädchen wirklich das Gefühl geben, attraktiv zu sein!"
"Du weißt genau, wie attraktiv du bist", erwiderte er rau. "Denk doch mal an die Männer heute Abend - und an Paul Wright!" Eliza ballte die Hände zu Fäusten. "Lawrences Freunde waren betrunken. Und Paul sieht nur meine Ähnlichkeit mit Jennifer." Dennis lachte spöttisch. "Sei doch nicht so dumm, Eliza." "Du hast recht. Ich bin dumm", sagte sie heftig. "Zum Beispiel habe ich keine Ahnung, wie du es fertiggebracht hast, von den Wentworths eingeladen zu werden." "Ich wusste, es würde eine unangenehme Überraschung werden." "Nur für mich. Die anderen Frauen waren ja ganz wild auf dich." "Eifersüchtig, Eliza?" "Das wäre ja noch schöner!" Dennis hob die Schultern. "Es ist alles ganz einfach. Die Wentworths hatten mich schon mehrfach eingeladen, aber ich hatte immer eine Ausrede. Heute Abend habe ich sie angerufen und sie auf einen Drink hierher eingeladen. Dawn Wentworth entschuldigt sich tausendmal, weil sie nicht kommen konnten, und lud mich statt dessen zu ihrer Party ein. Wie ich es vorausgesehen hatte." "Wirklich einfach", sagte Eliza sarkastisch. "Und warum wolltest du unbedingt eingeladen werden?" "Eigentlich wollte ich gar nicht", erwiderte er müde. "Nach meiner Rückkehr aus Schottland heute morgen hatte ich noch in London zu tun, und danach fuhr ich zu dir. Als du nicht mit mir reden wolltest, dachte ich, ich könnte dich auf der Party erwischen. Doch du hast mich den ganzen Abend gemieden wie einen Aussätzigen und bist dann früh gegangen. Also wurde ich wieder enttäuscht - bei dir keine neue Erfahrung für mich." Eliza stieg das Blut in die Wangen, und sie wandte sich ab.
"Da ich nur deinetwegen auf diese ve rdammte Party gegangen war, sah ich keinen Grund, noch länger zu bleiben", fuhr er fort. "Und angesichts Lawrences Zustand befürchtete ich, er würde euch beide in den Graben fahren - oder noch schlimmeres. Also folgte ich euch, sobald ich Dawn Wentworth entkommen konnte." Sie blickte ihn überrascht an. "Hast du mich vom Auto wegrennen sehen?" Dennis schüttelte den Kopf. "Nein. Ich sah nur den Wagen am Straßenrand. Als ich den blutbeschmierten Lawrence fand, dachte ich zuerst an einen Unfall, doch mit einiger Überredungskunst gelang es mir, die Geschichte aus ihm herauszubekommen. Worauf ich mich auf die Suche nach dir machte." Eliza stand auf. "Tut mir leid, dass ich dir Schwierigkeiten gemacht habe", sagte sie langsam. "Ich würde jetzt gern ins Bett gehen. Morgen früh rufe ich ein Taxi an und ..." Dennis sprang ebenfalls auf. "Ein Taxi? Du hast nicht einmal etwas anzuziehen!" "Oh, ich kann ganz gut mit Nadel und Faden umgehen!" "Du willst doch wohl nicht dieses Kleid flicken?" "Natürlich. Für den Heimweg wird es jedenfalls reichen." Er zuckte die Schultern. "Wie du willst." "Genau." Eliza wandte sich ab. "Ich gehe dann schlafen." "Einen Moment noch." Dennis hielt sie am Arm fest. "Zuerst hörst du dir an, was ich dir schon den ganzen Abend sagen wollte, Du hast dich geirrt, Eliza. Paul hat die Wahrheit erfahren, aber nicht von mir." Sie schüttelte seine Hand ab. "Keiner sonst wusste es. Wie sonst hätte er es herausfinden können?" Sie begegnete seinem Blick. "Als er dich hier in der Küche überraschte, da hast du einen Overall getragen, stimmt's?" Als sie verständnislos nickte, fuhr er fort: "Und den Reißverschluss hattest du wegen der Hitze ziemlich weit geöffnet."
Eliza errötete. "Woher weißt du das?" "Paul hat es mir erzählt", erklärte Dennis grimmig. "Anscheinend hatte er die Geschichte von Jennifers Gewichtsverlust zuerst geschluckt, doch an jenem Tag in der Küche fiel bei ihm der Groschen. Am Vorabend ist er bei Jennifer gewesen, und da Paul nicht gerade dumm ist, zählte er eins und eins zusammen." "Wann hat er dir das alles gesagt?" fragte sie langsam. "Erst heute. Ich hatte ihn gleich nach deinen wilden Anschuldigungen zu erreichen versucht, doch er war auf Geschäftsreise." Dennis hielt ihren Blick fest. "Auf meine Frage hin versicherte er mir, dass er sich alles ganz allein zusammengereimt habe. Frag ihn selbst, wenn du mir nicht glaubst." Eliza stand wie erstarrt unter seinem anklagenden Blick da. "Dann muss ich mich bei dir entschuldigen. Schon wieder. Tut mir leid, dass ich die falsche Schlussfolgerung gezogen habe." "Wie immer, wenn es um mich geht. " Seine Miene verhärtete sich. "Und Paul hat mir noch etwas erzählt: Es ist der Unterschied zwischen Jennifer und dir, der ihn anzieht, nicht eure Ähnlichkeit. Zweifellos betet er Jennifer an, doch gleichzeitig findet er einige Dinge an dir sehr attraktiv." Elizas Augen sprühten Funken. "Wahrscheinlich die paar Zentimeter mehr Oberweite, oder?" "So in etwa. Übrigens" , fügte er hinzu, "solltest du noch einmal die Rolle mit Jennifer tauschen, empfehle ich dir ein hochgeschlossenes Kleid. Paul hat mir mit größtem Vergnügen von dem kleinen Muttermal zwischen deinen Brüsten erzählt. " Eliza fuhr auf. "Jennifers Kleid war gar nicht so offenherzig! " "Aber dein geöffneter Overall anscheinend. Paul sagte, Jennifer habe dort kein solches Muttermal", erklärte Dennis, die Miene unbewegt. "Und genau das brachte ihn auf die Spur. Er
dachte an seine Party, als er dich in seinen Armen gehalten hatte - und das war es. "Wie kann ich nach alldem noch für Paul arbeiten?" Eliza presste die Lippen zusammen. "Aber wenn ich es nicht tue, verliert Bernadette einen phantastischen Auftrag." "Mach dich nicht lächerlich, Eliza. Du bist ein Profi, also wirst du den Job weitermachen. Wenn du Paul das nächste Mal siehst, tust du einfach, als wäre nie etwas geschehen." Stirnrunzelnd bemerkte Dennis die Tränen auf ihren Wangen. "Was ist denn?" "Entschuldige", sagte sie heiser. "Es ist nur - dieser Abend war so furchtbar. Ich bin eigentlich nur mit Lawrence zu der Party gegangen, weil ich dachte, Akademiker seien interessant. Aber keiner der Männer wollte mit mir reden. Entweder schwatzten sie mir etwas vor oder wollten mich befummeln und es störte Lawrence nicht einmal! Im Gegenteil, er fühlte sich geschmeichelt, dass seine Kumpel mich sexy fanden. Dein Auftauchen machte meine Freude komplett, und zu allem Überfluss erzählst du mir jetzt auch noch, dass Paul Wright nur an meiner Oberweite interessiert ist!" "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden." Dennis betrachtete sie einen Moment, bevor er sie in die Arme zog, was Eliza vollends die Selbstbeherrschung verlieren ließ. Sie schluchzte heftig an seiner Schulter und nahm kaum wahr, dass er sich auf das Sofa setzte und sie wie ein Kind in den Armen wiegte. Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, tupfte Dennis ihr das Gesicht mit einer Serviette vom Teetablett ab, legte ihr einen Finger unter das Kinn und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. "Bevor ich dich gehen lasse, muss ich die Wahrheit wissen. Hat Lawrence dich wirklich nicht vergewaltigt?" Eliza schüttelte schniefend den Kopf. "Nein, nur mir das Kleid zerrissen und mich mit seinem Siegelring geschnitten. Die Schrammen an meinen Beinen stammen von den Brombeeren im Graben."
"Er hatte vorhin Glück, dass du ihm schon eine blutige Nase verpasst hast", erklärte Dennis drohend und warf ihr dann einen undurchdringlichen Blick zu. "Übrigens gab es noch einen anderen Grund, weshalb ich heute Abend mit dir sprechen wollte. Paul wird dir keine Schwierigkeiten mehr machen, dafür habe ich gesorgt.“ Sie richtete sich auf und strich sich die feuchten Haarsträhnen aus der Stirn. "Und wie?" "Indem ich ihm sagte, du seist verlobt." Eliza runzelte die Stirn. "Mit wem denn - mit Lawrence?" Dennis lächelte leicht. "Nein. Mit mir." Sie schluckte. "Wie, um alles in der Welt, bist du denn darauf gekommen?" Er zuckte die Schultern. "In dem Moment schien es der beste Weg, jede Art von Schwierigkeiten zu vermeiden. Du kannst ungehindert mit deiner Arbeit auf Combe Farm fortfahren, und Paul wird sich hüten, von mir ein blaues Auge zu riskieren - das ihm sicher gewesen wäre, wenn er weiter über dein Muttermal geredet hätte." Ihre Gesichtszüge verhärteten sich. "Sehr schlau. Auf die Art kannst du private und berufliche Interessen aufs Beste verbinden." Sie schwieg. "Aber er wird es Jennifer sofort erzählen." "Das hat er schon. Bevor ich zur Party ging, hat Paul mich angerufen. Jennifer ist einen Tag früher als erwartet nach Hause gekommen und hat die Nachricht begeistert aufgenommen. Jetzt begreifst du sicher auch, warum ich so dringend mit dir sprechen wollte, Eliza. Um dich rechtzeitig ins Bild zu setzen." In Panik sprang Eliza auf. "Was soll ich ihr nur sagen?" Dennis stand ebenfalls auf und reckte sich. "Sag ihr einfach, dass wir uns über der Arbeit an meinem Haus wieder nähergekommen sind, trotz der Balken, die sie uns in den Weg geworfen hat." Seine Augen funkelten zynisch. "Sieh mich nicht so unglücklich an! Du bist wieder frei, sobald Paul Jennifer einen offiziellen Heiratsantrag gemacht hat, oder wenn der
Scheck für deine Arbeit auf Combe Farm sicher auf Bernadette Lucas' Konto gelandet ist. Was immer wichtiger für dich ist. Und außerdem erfüllt dieses kleine Arrangement einen weiteren Zweck. Soll ich es Lawrence Shaw erzählen, oder willst du es tun?" "Nach allem, was heute Abend passiert ist, wird das wohl nicht mehr nötig sein." Eliza überlegte, ob sie Dennis dankbar sein oder ihn für seine Einmischung zum Teufel wünschen sollte. Plötzlich wurde ihr schwindlig, und Dennis streckte die Hände aus, um sie zu stützen. "Was ist mit dir? Soll ich dich ins Bett tragen?" Eliza konnte sich nichts Himmlischeres vorstellen als ein Bett, doch sie schüttelte den Kopf und zwang sich zu lächeln. "Nein, danke. Ich bin zwar müde, aber bis ins Bett schaffe ich es schon noch allein." "Schade." Sie begegnete seinem Blick, und Dennis verzog den Mund. "Keine Sorge. Ich verlange keine Gegenleistung für meine Dienste." "Das glaube ich dir gern", erwiderte sie kühl. "In dem Fall könnte ich ja auf dieses verrückte Heiratsversprechen bestehen Und was dann, Dennis Randolph?" Plötzlich ließ sie die Schultern sinken. "Außerdem biete ich im Moment sicher ohnehin keinen schönen Anblick." Er ließ den Blick seiner blauen Augen prüfend von ihrem feuchten, wirren Haar bis zu den nackten Füssen gleiten. "Für eine Frau die in ihrem Beruf so clever ist, stellst du dich manchmal recht dumm an", sagte er schneidend. "Und nun gehst du besser schlafen Eliza." Etwas in seinem Ton veranlasste Eliza, wortlos ins Gästezimmer hinaufzugehen. Froh, endlich allein zu sein, schlüpfte sie aus den geliehenen Kleidungsstücken und kroch ins Bett, noch ganz verwirrt von der Wendung der Ereignisse. Dennis musste verrückt sein. Doch da Jennifer bereits alles
wusste, war nichts mehr zu retten. Seufzend klopfte Eliza das Kopfkissen zurecht und hoffte, Jennifer sei mit ihrer eigenen Liebesromanze zu beschäftigt, um zu bemerken, dass die ihrer Schwester gar keine war. Erst im Morgengrauen schlummerte Eliza endlich ein, schlief dann aber so fest, dass sie beim Erwachen im ersten Moment nicht wusste, wo sie sich befand. Dann bemerkte sie Dennis, der am Fuß des Bettes stand. Gähnend setzte sie sich auf, die Decke bis an den Hals gezogen, während Dennis eine Tasse voll Tee auf das Nachttischchen stellte. Bis auf die leichten Schatten unter den Augen sah er in seiner sportlichen hellen Hose, dem blauen Pullover und den polierten Slippern unverschämt frisch und tatendurstig aus. "Guten Morgen, Eliza. Wie fühlst du dich?" "Völlig durcheinander." Er ging zum Ankleidetisch und zog eine Schublade auf, aus derer eine gebügelte Jeans zog. "Na also. Mrs. Treasure sagte mir, dass du die Jeans letztes Mal hier vergessen hast. Sie hat sie für dich gewaschen. " "So schnell willst du mich also loswerden, Dennis?" "Im Gegenteil." Er setzte sich auf den Bettrand. "Ich möchte nur, dass du in ..." er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, "etwa einer Stunde anständig angezogen bist, wenn unsere Gäste kommen." "Unsere - was?!" Entsetzt starrte Eliza ihn an. Dennis erwiderte ihren Blick unbewegt. "Paul hat heute morgen angerufen. Er sagte, Jennifer wolle unbedingt mit dir sprechen. Aber ich wollte dich nicht wecken, und so bestand er darauf, mit Jennifer herzukommen und uns zur Feier des Tages zum Mittagessen einzuladen." "Und du hast zugestimmt? Bist du verrückt?" rief Eliza heftig. „Abgesehen von allem anderen - was soll ich denn anziehen?"
"Die Jeans. Ein passendes Oberteil finden wir schon", erwiderte er ruhig. "Steh jetzt auf, Eliza. Ich habe all diese Schwierigkeiten nicht auf mich genommen, damit du meine noble Geste verdirbst. Also, in zwanzig Minuten." An der Tür drehte er sich noch einmal um. '"Ach übrigens: Ich habe Mrs. Treasure schon von der guten Nachricht erzählt." Eliza stöhnte und barg das Gesicht in den Händen, während Dennis vor sich hinpfeifend verschwand. Am liebsten hätte sie ihm etwas nachgeworfen. Nachdem sie eine Ewigkeit versucht hatte, ihr Haar in Ordnung zu bringen, gab sie es schließlich resigniert auf und besserte ihr Aussehen notdür ftig mit Eyeliner und Lippenstift aus ihrer Handtasche auf. Dann schlüpfte sie in die Jeans, wickelte sich in den Morgenmantel und ging nach unten, wo Dennis damit beschäftigt war, ihre Schuhe von dem Zeitungspapier zu befreien, das er am Abend vorher hineingestopft hatte. Triumphierend hielt er ihr die blitzenden schwarzen Pumps entgegen. "Mrs. Treasure hat sie für dich poliert." Damit war Eliza aller Wind aus den Segeln genommen. Sie griff nach den Schuhen, murmelte einen Dank und streifte sie sich über die nackten Füße. "Jetzt brauche ich nur noch etwas für oben herum." Dennis nickte. "Komm mit, wir werden dich schon richtig ausstaffieren." Er warf ihr einen listigen Blick zu. "Dafür musst du allerdings mein Schlafzimmer betreten. Aber keine Sorge, ich habe meine Triebe völlig unter Kontrolle." Während er ihr voran in sein Zimmer ging, bedachte sie seinen breiten Rücken mit einem bösen Blick. "Da." Er deutete auf mehrere Schachteln auf dem Bett. "Du bist die Designerin, Eliza. Such dir selbst etwas aus." Schlagartig verschwand Elizas schlechte Laune. "Lieber Himmel, Dennis, was für ein exotischer Geschmack!" Amüsiert
hielt sie ein indigoblaues Seidenhemd mit cremefarbenen Tupfen hoch. Es zuckte um seine Lippen. "Ein Geschenk von einer Verehrerin." "Vielleic ht könnte ich es als eine Art Tunika tragen, wenn ich einen Gürtel hätte." Lächelnd sah sie auf. "Endlich lächelst du mal", sagte er trocken. Beschämt wandte sie sich ab. "Entschuldige, Dennis, aber letzte Nacht war mir wirklich nicht danach zumute. Und wo wir sehr mal dabei sind: Ich akzeptiere die Motive, weshalb du ..." "Weshalb ich dich als Eigentum beanspruche?" "So krass wollte ich es nicht sagen", sagte sie leise. "Und jetzt dreh dich bitte um. Das weiche Seidenhemd war Eliza zwar viel zu groß, sah aber recht passabel aus, nachdem sie sich einen blauen Seidenschal um die Taille geschlungen und die Ärmel hochgerollt hatte. Dann nahm sie eine übertrieben gekünstelte Pose ein. "Nun, wie sehe ich aus?" Dennis drehte sich um und pfiff anerkennend. "Jennife r wird grün vor Neid werden!" Plötzlich runzelte er die Stirn. "Beinahe hätte ich das hier vergessen." Er holte eine schmale Schatulle aus seiner Hosentasche. Eliza öffnete sie und blickte dann wie verzaubert auf einen großen Smaragd, flankiert von zwei Diamanten in einer schweren Goldfassung. Sie schluckte. "Dennis! Ich kann doch nicht..." "Warum nicht? Es ist das erste, worauf Jennifer achten wird." Er nahm den Ring aus der Schatulle und schob ihn ihr auf den Ringfinger der linken Hand. "Nicht schlecht. Vielleicht ein wenig zu weit, aber es geht." "Woher hast du ihn, in so kurzer Zeit?" "Aus dem Safe hinter dem Spiegel dort. Er gehörte meiner Mutter."
Eliza seufzte schwer. "Ich weiß nicht, ob ich diesen Schwindel durchstehe, Dennis." "Unsinn", entgegnete er schroff. "Betrachte das alles einfach als Mittel zum Zweck. Ich gebe zu, dass ich Paul aus einem Impuls heraus von unserer Verlobung erzählt habe, aber im nachhinein ist es keine schlechte Idee gewesen." Er sah ihr in die Augen. "Mir fällt es jedenfalls nicht schwer, mich als deinen Liebhaber zu betrachten." Eliza wich seinem Blick aus. "Und warum tust du das alles?" "Falls du glaubst, ich wolle mich auf diesem Umweg in dein Bett schleichen, irrst du dich", erwiderte er bissig. "Ich halte es einfach für das beste Mittel, Pauls Aufmerksamkeit von dir auf Jennifer zurückzulenken. Außerdem bleibt auf die Art meine geschäftliche Beziehung zu ihm ungetrübt und der Auftrag für Combe Farm in deinen tatkräftigen kleinen Händen." Eliza seufzte nochmals und betrachtete die blitzenden Steine an ihrer Hand. "Vielleicht hast du recht. Aber dieser Ring macht mir Angst. Wenn ich ihn nun verliere?" „Das wirst du nicht. Außerdem ist er versichert." "Aber immerhin gehörte er deiner Mutter ..." "Sonst hätte ich ihn wohl auch kaum greifbar haben können!" Im Laufe des Tages glitten Eliza die Geschehnisse immer mehr aus den Händen. In der Küche traf sie Mrs. Treasure, die ihr mit einem großen Strauss Blumen zur Verlobung gratulierte. "Danke, Phyllis. Und auch vielen Dank, dass Sie meine Jeans gewaschen haben." Eliza verbarg ihr gerötetes Gesicht in den Blumen, während Mrs. Treasure ihr versicherte, wie sehr sie sich für sie freue. "Ich weiß nicht, ob ich das durchhalten kann!" erklärte Eliza Dennis etwas später. "Natürlich kannst du! Zumindest hält das Ganze dir Lawrence vom Leib. Ich hätte ihn gestern nicht so einfach davonkommen lassen sollen", sagte Dennis, und seine Augen bekamen einen merkwürdigen Ausdruck.
"Du?" fragte sie überrascht. "Ja, ich." Dennis lächelte böse. "Bevor ich mich auf die Suche nach dir machte, habe ich ihm klipp und klar gesagt, dass er es mit mir zu tun bekommt, wenn er dich noch einmal belästigt." Sie warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. "Bisher habe ich mich ganz gut selbst verteidigen können, auch ohne deine Hilfe." "Ein Kavalier kann von dir eben keinen Dank erwarten", entgegnete er bissig. Sie lächelte reumütig. "Tut mir leid, Dennis. Ich bin nicht besonders spendabel mit meinen Dankesäußerungen, nicht wahr?" "Nein, aber ein Lächeln wie dieses entschädigt mich für vieles", erwiderte er wie nebenbei. "Schade, dass die Vorhänge noch nicht angebracht sind", sagte Eliza etwas später, als sie am Küchentisch Kaffee tranken. "Ich hätte Jennifer gern das Ergebnis ge zeigt." "Sie kann es sich später noch oft genug ansehen." "Das glaube ich nicht." Eliza blickte zu Dennis auf. "Sobald dieser Unsinn vorbei ist, wirst du froh sein, uns beide nicht mehr sehen zu müssen." Er zuckte die Schultern. "Absolut nicht. Dieser 'Unsinn', wie du es nennst, ist für mich auch Vergnügen. Und wie ich vorhin schon sagte, es fällt mir nicht schwer, mich für eine Weile als deinen Verlobten auszugeben." Eliza wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Statt dessen konzentrierte sie sich auf die Sonntagszeitung, doch nach einer Weile schweifte ihr Blick ab. Selbst ohne Vorhänge war die Küche in Tithe Barn jetzt ein angenehmer, gemütlicher Ort. Die blassgelb gestrichenen Wände und kühlen grünen Kacheln ergaben genau den lichten, luftigen Effekt den Eliza sich vorgestellt hatte. Und plötzlich sah sie vor ihrem inneren Auge Kinder, die herumrannten, während köstliche Düfte die Küche erfüllten.
"Woran denkst du?" fragte Dennis. Sie spürte, dass er sie beobachtete, und sah auf. "Ich habe mich gerade zu dieser Küche beglückwünscht. Und mit den Vorhängen und Jalousien wird sie noch besser aussehen. Obwohl einige Grünpflanzen sich auf der Fensterbank gut machen würden und vielleicht ein paar Kräuterbündel und ein Knoblauchzopf..." Sie schwieg und hob die Schultern. "Es geht schon wieder mit mir durch, tut mir leid." "Warum? Ich stimme dir in allen Punkten zu." Er runzelte die Stirn, als ein aufheulender Automotor die Stille unterbrach. "Unsere Gäste sind da." Dennis stand auf und nahm Eliza bei der Hand. "Lächle, Eliza. Dies ist ein Fest, keine Totenmesse." Jennifer, in einem hautengen weißen Kleid, in dem andere Frauen unmöglich ausgesehen hätten, eilte, in einer Wolke von teurem Parfum, auf ihre Schwester zu und umarmte sie. Aufgeregt erklärte sie, wie sehr sie sich über die Neuigkeiten freue. Dann warf sie Dennis ein vorsichtiges Lächeln zu. "Du bist wirklich ein Glückspilz." "Finde ich auch, alter Junge", sagte Paul, dessen enge Jeans und teure italienische Lederjacke in auffälligem Kontrast zu Dennis lässiger Eleganz standen. "Darf ich die Braut küssen?" "Wenn sie nichts dagegen hat", erwiderte Dennis. Paul wollte ihr einen Kuss auf den Mund geben, doch sie drehte den Kopf, so dass er nur ihre Wange traf. "Kommt doch herein und seht euch das Haus an", sagte sie dann schnell. "Nur schade, dass noch nicht alles fertig ist." Jennifer zeigte sich sehr beeindruckt von Elizas Arbeit und warf Dennis einen amüsierten Blick zu, während sie die Größe des Wohnraumes bewunderte. "Zumindest kannst du hier nicht mit Kopf gegen die Deckenlampen stoßen." Dennis stöhnte, als die Schwestern Paul von einem lange zurückliegenden Fußballspiel zwischen England und Frankreich erzählten "Nach einem Tor für England sprang Dennis auf und
demolierte mit dem Kopf die Deckenlampe", sagte Eliza lachend. "Unsere Mutter war sehr böse." "Genau wie mein Großvater, als ich ihn um Geld bat, damit ich den Schaden bezahlen konnte!" erklärte Dennis finster. "Zur Strafe kürzte er mir monatelang das Taschengeld." "Du hattest wenigstens welches", warf Paul ein. "Das erste Geld, das ich hatte, verdiente ich mir selbst." "Eliza!" Jennifer griff nach Elizas Hand. "Was für ein wunderschöner Ring, Liebes!" Eliza blickte auf, direkt in Dennis' ruhige blaue Augen. "Ein wunderschöner Ring für eine wunderschöne Frau", sagte er. "Wie großzügig!" Jennifer betrachtete ihn kokett unter halb gesenkten Wimpern. "Übrigens, Mom war entzückt, als ich ihr die Neuigkeiten berichtete." Eliza blickte sie entgeistert an. "Du hast in Neuseeland angerufen?" "Reg dich nicht auf, Liebling." Dennis legte ihr einen Arm um die Schultern und drückte sie warnend. "Ich weiß, du wolltest es ihr eigentlich selbst sagen ..." "Aber ich konnte mich mal wieder nicht zurückhalten", gab Jennifer reuevoll zu. "Doch als Dennis sich weigerte, dich zu wecken, musste ich einfach mit jemandem sprechen." Auf dem Weg ins Restaurant fühlte Eliza sich völlig verwirrt. Dennis' Erklärung, die eigentlich nur dazu gedacht gewesen war, ihr Paul vom Hals zu halten, zog immer weitere Kreise. Ihre Eltern würden sich sofort in Hochzeitsvorbereitungen stürzen, und Rob als Dennis' bester und ältester Freund würde selbstverständlich als sein Trauzeuge fungieren wollen und entsprechende Schritte unternehmen. Und dabei war sie doch gar nicht mit Dennis verlobt, nicht richtig jedenfalls. Als habe er ihre Gedanken erraten, legte Dennis seine Hand beruhigend über ihre geballte, worauf Paul ihm verschmitzt riet, er solle seine Hände lieber am Lenkrad lassen.
Das feierliche Mittagessen war eine einzige Qua l. Jennifer fühlte sich in Dennis' Gegenwart sichtlich unwohl, und Eliza musste sich zwingen, die zahlreichen Trinksprüche mit angemessener Heiterkeit zu erwidern. Unter diesen Umständen schmeckten ihr weder das ausgezeichnete Essen noch der hervorragende Champagner zumal Paul in merkwürdig aggressiver Laune war. Als Jennifer zufällig entdeckte, dass Elizas Hemd in Wirklichkeit Dennis gehört, machte er sich einen Spaß daraus, die anderen in Verlegenheit bringen. "Du alter Geizkragen!" sagte er, zu Dennis ge wandt. "Kauf ihr gefälligst eine neue Bluse. Mit Geld kommst du bei Frauen immer noch am weitesten, das lass dir von mir gesagt sein!" Jennifer errötete tief und warf ihm einen wütenden Blick zu, und Eliza, die in Dennis plötzlichem Schweigen Gefahr witterte, fing schnell ein Gespräch über ihre Pläne für Combe Farm an. "Lasst uns nach dem Essen dorthin fahren", schlug Paul sofort vor. "Du hast es ja auch noch nicht gesehen, Jennifer, warum also nicht jetzt? Wie ist es mit dir, Dennis?" Dennis stimmte mit kühler Höflichkeit zu. Auf dem Weg zum Wagen nahm er Eliza bei der Hand und lächelte ihr beruhigend zu. "Keine Sorge. Ich werde dir bezüglich Combe Farm ganz sicher keinen Strich durch die Rechnung machen, nachdem ich solche Schwierigkeiten auf mich genommen habe, um dir den Auftrag zu erhalten." "Paul ist heute in einer komischen Laune", flüsterte Eliza. "Manchmal ist wirklich nicht leicht mit ihm auszukommen", sagte Dennis leise. "Glaub mir, ohne die Bereitschaft, auch über Leichen zu gehen, wäre er nicht so schnell aufgestiegen." Zu Elizas Erleichterung besserte sich Pauls Laune im Lauf des Nachmittags erheblich. Ganz stolzer Besitzer, führte er die anderen durch sein Haus, während Eliza kurz beschrieb, was sie mit den einzelnen Zimmern vorhatte. "Ist sie nicht talentiert?" sagte Jennifer bewundernd. "Das Haus wird ein wahres Schmuckstück werden, Paul."
"Gefällt es dir, Liebling?" Er grinste stolz wie ein Kind, das sein neustes Spielzeug vorführt. Jennifer versicherte ihm, es sei ein Traum, bevor sie Dennis bat, sie alle nach Tithe Barn zurückzufahren. "Heute Abend bin ich auf einer tollen Party eingeladen, und da ich einen großartigen Mann mitbringen soll, wird Paul mich begleiten." Sichtlich geschmeichelt über dieses Kompliment, half Paul ihr in den Wagen. Dann fuhr er unvermittelt herum und fasste Eliza in einer sehr vertrauten Geste um die Taille. "Komm doch mit, Liz.“ Sie waren inzwischen zum Du übergegangen. "Das wäre etwas, wenn ich mit zwei zum Verwechseln ähnlichen Frauen auftauchen würde! " Dennis warf ihm einen kühlen Blick zu, während Eliza sich aus Pauls Griff löste und ebenfalls in den Wagen stieg. "Leider ist Eliza heute Abend schon vergeben - wir haben in Tithe Barn ein kleines Festessen zu zweit geplant." "Schade!" erklärte Paul augenzwinkernd. "Aber ich an deiner Stelle würde dasselbe tun: erst Champagner, und dann ..." Eliza war sehr schweigsam, nachdem der Ferrari mit Paul und Jennifer Tithe Barn verlassen hatte. "Was ist los?" erkundigte Dennis sich und warf ihr einen prüfenden Blick zu, während sie in der Küche den Teekessel füllte und auf den Herd stellte. "Ich weiß, es war ein harter Tag für dich." "Vielleicht wird unsere vorgetäuschte Verlobung nicht mehr lange nötig sein, Dennis." Sie drehte sich zu ihm um. "Jennifer kann Paul doch nicht wirklich heiraten wollen, oder? Er ist ein eingebildeter Pinsel, und sie ist zehnmal soviel wert wie er, trotz all seines Geldes." "In Jennifers Fall stimmt eben der Spruch, dass Liebe blind macht." "Was meinst du, soll ich ihr erzählen, dass Paul von unserer Verwechslungskomödie weiß?"
"Nein. Halt dich einfach da raus. Ich habe das Gefühl, bald wird sich alles von selbst regeln." Dennis legte ihr einen Arm um die Schultern, und sie lehnte sich einen Moment erschöpft gegen ihn. "Mach dir keine Sorgen, Eliza. Wenn Jennifer es wirklich auf Paul abgesehen hat, musst du dich damit abfinden." "Ich weiß." Sie blickte unglücklich zu ihm auf. "Aber es ist schwierig. Heute hat er mir die ganze Zeit auf - auf den Busen gestarrt, als wolle er mich an das Muttermal erinnern." "Das Muttermal, das alles in Gang gebracht hat." Dennis betrachtete sie beunruhigend lange. "Und ich selbst habe es noch nicht einmal gesehen." Sie errötete. "Normalerweise stelle ich es auch nicht zur Schau." "Immerhin bin ich dein Verlobter." Er ließ sie los. "Und deine gesamte Familie ist damit einverstanden - nur du nicht." "Ich wurde auch nicht gefragt", erinnerte sie ihn und wandte sich ab, um Tee zu machen.
9 KAPITEL Nachdem sie Poppy abgeholt hatten, machten sie einen langen Spaziergang im Wald und aßen dann in der Küche Eier und Speck was Eliza weit mehr genoss als das teure Mittagessen. "Wenn Paul uns bei unserem einfachen Mahl sehen könnte, würden meine Aktien bei ihm wahrscheinlich fallen", kommentierte Dennis. "Würde dir das viel ausmachen?" "Nein, denn sein Verhalten dir gegenüber ist mir ziemlich auf die Nerven gegangen. Schade, dass du nicht selbständig bist. Dann könntest du den Job bei ihm einfach hinschmeißen." "Das wäre nicht gut für meine Karriere, ob selbständig oder nicht", erwiderte sie schroff. "Außerdem hast du mir selbst geraten, meine persönlichen Gefühle aus dem Spiel zu lassen." Dennis kniff die Augen zusammen. "Musst du oft allein nach Combe Farm? " "Nicht, wenn ich es eben vermeiden kann, aber bei einem so großen Auftrag arbeiten wir ohnehin meist im Team." "Gut." Dennis ging in den Wohnraum voran. "Ich hole uns einen Drink, und dann könnten wir vorm Schlafengehen noch ein wenig Musik hören oder fernsehen." "Nein, Dennis, ich muss nach Hause. Ich brauche ein wenig Zeit für mich selbst, und morgen habe ich einen harten Tag. Da möchte ich doch lieber in meinem eigenen Bett schlafen."
"Ich habe dir auch nicht mein eigenes Bett angeboten!" "So meinte ich es auch nicht." Sie warf ihm einen zornigen Blick zu. "Aber schließlich ist diese Verlobung nur vorgetäuscht, und deine Ansichten über die Ehe hast du ja sehr deutlich gemacht!“ Dennis setzte sich neben sie auf die Couch. "Und wenn wir wirklich verlobt wären - wie würdest du reagieren, wenn ich mit dir schlafen wollte?" Eliza spürte, wie ihr Puls sich beschleunigte. "Da es nicht so ist, hätte es wenig Zweck, weiter darüber zu reden." Sie wollte aufstehen, doch Dennis hielt sie sanft zurück, legte ihr einen Finger unters Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. „Antworte mir, Eliza." Sie senkte den Blick, damit Dennis ihr nicht ansah, dass sie beunruhigt war. "Wie gesagt: eine rein spekulative Frage." Dennis schwieg lange, und als Eliza schließlich aufsah, bemerkte sie einen merkwürdigen Ausdruck in seinen Augen. Er lächelte langsam. "Gut, dann frage ich anders: Findest du mich körperlich abstoßend?" Sie wandte den Blick ab. "Nein, und das weißt du ganz genau." "Ich wollte es nur noch einmal hören." Er tippte ihr mit dem Zeigefinger auf die Wange. "Aber warum weichst du dann jedes Mal zurück, wenn ich dir nahe komme?" Weil du sonst sehr schnell entdecken würdest, dass du alles bist, was ich will, dachte sie. Aber das würde sie für sich behalten, selbst wenn es sie umbringen sollte. "Das - das war mir gar nicht bewusst", sagte sie laut. "Und ich verspreche dir, es in der Öffentlichkeit nicht mehr zu tun." "Beweis es mir." "Sind wir jetzt etwa in der Öffentlichkeit?" Eliza betrachtete ihn so misstrauisch, dass Dennis auflachte. "Sieh mich nicht so an, Eliza. Ich wollte doch nur einen Kuss!"
"Also gut", stimmte sie widerstrebend zu, schloss die Augen und hielt ihm den Mund entgegen. Als nichts geschah, öffnete sie die Augen wieder und begegnete Dennis' amüsiertem Blick. "Du verstehst es wirklich, einen Mann abzuschrecken", sagte er kopfschüttelnd und sprang auf. "Komm, ich fahre dich nach Hause.“ Auf dem Heimweg schwieg Eliza unglücklich. "Möchtest du noch auf einen Kaffee hinaufkommen?" fragte sie, als Dennis ihr in Pennington aus dem Wagen half. Er betrachtete sie prüfend. "Willst du das wirklich?" "Ja", sagte sie und wünschte sich, doch in Tithe Barn geblieben zu sein. Während sie vor Dennis die Treppe hinaufging, hoffte sie, dass er ihre Einladung nicht falsch deutete. In ihrer Wohnung angekommen, bat sie ihn, sich zu setzen und das Radio oder den Fernseher anzustellen. Alles war besser, als von Dennis schweigend beobachtet zu werden. Doch er schüttelte den Kopf, lehnte sich gegen den Türrahmen ihrer winzigen Küche und wandte nicht einen Moment den Blick von ihr. Eliza versuchte, ihre plötzliche merkwürdige Schüchternheit durch ständiges Plaudern zu überspielen. Doch Dennis machte ihren Bemühungen ein Ende, indem er ihr das Tablett mit dem Kaffee abnahm, es unsanft auf einen Tisch stellte und sie in seine Arme zog. "Um Himmels willen, sei still, Eliza!" Er hob sie hoch, sie klammerte sich an ihn und öffnete mit einem unterdrückten Stöhnen den Mund, als er sie küsste. Er setzte sich mit ihr auf das Sofa und hielt sie so fest, dass sie sich nicht bewegen konnte. Was sie ohnehin nicht getan hätte, denn dies war alles, was sie auf der Welt wollte: in seinen Armen liegen. Sie schloss die Arme um Dennis' Nacken liebkoste sein dichtes blondes Haar und erwiderte leidenschaftlich seinen Kuss, bis ihr das Blut heiß durch die Adern strömte. Erregt spürte sie seine Zunge zwischen ihren Lippen, seine Hände auf ihren Brüsten, deren Spitzen sich unter seiner Berührung aufrichteten. Er presste sie hart an sich, so dass sie seine eigene Erregung fühlen konnte.
Schließlich hob Dennis den Kopf und sah auf sie hinunter, die Augen glänzend vor Leidenschaft, während er sichtlich um Beherrschung rang. Einen langen, spannungsgeladenen Moment war im Raum nichts zu hören außer ihrer beider Atem, bis Eliza die Stille schließlich nicht mehr ertragen konnte. Sie lächelte unsicher und fragte: "Willst du jetzt vielleicht einen Kaffee?" Dennis ließ sie langsam los, ein verzerrtes Lächeln auf den Lippen, die sie gerade noch halb besinnungslos geküsst hatten. "Nein, Eliza. Du weißt genau, dass ich nur dich will. Aber da ich dich nicht haben kann, gebe ich mich mit einem Kaffee zufrieden." Immer noch benommen von seinen Zärtlichkeiten, stand Eliza auf. "Um so besser", sagte sie so unbefangen wie möglich. "Mein Bett wäre für dich auch viel zu klein, Dennis." Er lächelte spöttisch. "Dann müsste die Größe deines Bettes dein Liebesleben ja sehr beschränken, Eliza." "Nicht im geringsten ", erwiderte sie wahrheitsgemäß und reichte ihm die Tasse. Doch ihr zitterten die Hände so sehr, dass sie die Hälfte des Kaffees verschüttete. "Entschuldige", sagte sie hastig, doch Dennis nahm ihr die Tasse ab und stellte sie ungeduldig auf das Tablett zurück. "Zur Hölle mit dem Kaffee." Er zog sie rasch wieder zu sich auf die Couch. "Dennis..." begann sie unbehaglich, doch er schüttelte den Kopf und ergriff ihre Hand. „Ich möchte dir alles erklären, Eliza." "Was denn?" Er lächelte vielsagend. "Du weißt genau, dass wir jetzt normalerweise längst miteinander im Bett wären." Da ein solches Ereignis jenseits von Elizas Vorstellungskraft lag, schwieg sie und unterdrückte ein Erschauern. "Du hast mich nicht gefragt, warum ich mich zurückgehalten habe - was mir wirklich schwer genug gefallen ist." Er ließ den
Daumen sanft über ihren Handrücken gleiten, so dass sie Mühe hatte, still sitzen zu bleiben. "Vielleicht dachtest du, ich könnte andernfalls unsere Verlobung ernst ne hmen", sagte sie, und ihre Augen funkelten spöttisch. "Falsch." Er hielt ihren Blick fest. "Ich wollte nicht, dass du möglicherweise glaubst, ich verlange eine Bezahlung hierfür." Er hielt ihre Hand hoch, so dass die Steine des Rings im Licht glitzerten. "Denn das tue ich nicht. Die Verlobung war meine Idee, also trage ich auch die Verantwortung dafür. Doch abgesehen davon ist mir auch noch etwas eingefallen, das du einmal gesagt hast." Eliza strich sich eine Haarsträhne zurück. "Was denn?" "Du sagtest, du würdest nur mit einem Mann schlafen, wenn du es wirklich willst. Wenn ich mit dir ins Bett gegangen wäre, hätte ich nie sicher sein können, ob du es gewollt oder dich nur dazu verpflichtet gefühlt hättest." Spürt er denn nicht, wie sehr ich es will? dachte sie gereizt. Selbst Männer mit Dennis' Erfahrung konnten zuweilen ziemlich dumm sein. "Was soll's", sagte sie ungerührt, "es ist nichts passiert. Also lassen wir es dabei." "Genau", entgegnete Dennis bitter und stand auf. "Wann sehen wir uns wieder? Als Verlobte werden wir uns schließlich ab und zu treffen müssen, und sei es nur, um den Schein zu wahren." "Das macht mir nichts aus." Wenn er wüsste, wie untertrieben das war! "Nur dumm, dass du immer so weit fahren musst." "Ein geringer Preis für das Privileg, mit dir verlobt zu sein!" Er zog ein Notizbuch aus der Tasche. "Leider habe ich erst am Freitag Zeit. Im Moment bin ich ziemlich ausgebucht." Eliza war froh über die Ruhepause. Nach einem Wochenende voll emotionaler Verwirrungen empfand sie es als Erleichterung, sich wieder auf die Arbeit konzentrieren zu können. Auf Dennis'
Rat hin erzählte sie ihren Kollegen von ihrer Verlobung, wich aber Fragen nach dem Hochzeitstermin mit dem Hinweis auf den Aufenthalt ihrer Eltern in Neuseeland aus. Bis sie zurückkehrten würde die ganze Sache ohnehin vorbei und ihre Arbeit auf Combe Farm so weit gediehen sein, dass ein Abbruch nicht mehr möglich war. Und Paul und Jennifer wären entweder verlobt oder getrennt In beiden Fällen erübrigte sich ihre vorgetäuschte Verlobung mit Dennis, und sie würde wieder zu ihrem normalen Leben zurückkehren können - eine Aussicht, die ihr allerdings immer weniger verlockend erschien. In der folgenden Woche entdeckte Eliza, dass einer der Gründe für die Heuchelei sich bald von selbst erledigen würde. Zufällig erfuhr sie von einer wunderbar geschnitzten Treppe in einem abbruchreifen Haus und kaufte sie spontan für Combe Farm, was ihr bei Paul ungeheuren Respekt eintrug. Er erklärte sich mit all ihren Vorschlägen sofort einverstanden und gab ihr freie Hand für die weitere Arbeit. Zu ihrer Erleichterung unterschied der Geschäftsmann Paul Wright sich sehr von dem Mann, den sie als Jennifers Freund kennen gelernt hatte. Am Telefon sprach er so respektvoll mit ihr wie mit einem Geschäftspartner. Doch eines Tages wurde sein Ton vertraulich, was ihr einen Schauer über den Rücken jagte. "Ich glaube, wir sollten uns näher kennen lernen, Liza, Dennis und Jennifer sind oft beruflich unterwegs. Warum treffen wir uns nicht einmal zum Abendessen, wenn sie gleichzeitig weg sind?" Eliza machte einige unverbindliche Bemerkungen und verabschiedete sich, bevor sie etwas Unüberlegtes sagte. Die Tage flogen nur so dahin. Eliza wollte den Auftrag für Combe Farm so schnell wie möglich hinter sich bringen und arbeitete bis spätabends daran. Einige Male rief Dennis an, worüber sie sich insgeheim sehr freute.
"Ich wollte nur sichergehen, dass du dich nicht heimlich mit einem anderen Mann triffst", sagte er beim ersten Mal. "Dazu habe ich weder Zeit noch Lust - es sei denn, er verkauft Vorhänge, Möbel oder Farbe", versicherte sie ihm gähnend. "Gut. Apropos - hast du etwas von Lawrence gehört?" Genussvoll berichtete Eliza ihm, dass Lawrence gleich am Montagabend mit einem großen Blumenstrauß erschienen sei und zerknirscht um Verzeihung gebeten habe. Sie hatte sich geweigert, ihn über ihre Türschwelle zu lassen und ihm genau gesagt, wohin er sich seine Blumen stecken könne. "Er war furchtbar verletzt." "Das wird er erst recht sein, wenn er dich nicht in Ruhe lässt nämlich von mir!" "Unnötig. Als ich ihm den Ring zeigte, gab er sich geschlagen." "Ich wusste doch, dass der Ring zu etwas gut sein würde." Dennis zögerte. "Du denkst doch an unsere Verabredung am Freitag?" Eliza, die an fast nichts anderes mehr denken konnte, versicherte ihm, sie nicht vergessen zu haben. Dann berichtete sie ihm von Pauls Vorschlag. Dennis schwieg einen Moment, bevor er grimmig erklärte: "Eliza, hätte ich mir nicht in weiser Voraussicht diese Verlobung ausgedacht, Paul würde Jennifer auf der Stelle den Laufpass geben und sich an dich heranmachen." Eliza seufzte. "So schwer es mir fällt, aber ich glaube, du könntest recht haben. Ich schulde dir etwas, Dennis." "Oh, ich werde mir schon eine angemessene Bezahlung ausdenken!" Eliza freute sich so auf diesen Abend zu zweit, dass sie nicht begeistert war, als Bernadette sie bat, zuerst mit Dennis auf einen Drink in das Haus der Lucas' zu kommen. "Wir wollen euch nicht lange aufhalten, aber ich kann es gar nicht erwarten, ihn endlich kennenzulernen."
Zu Elizas Überraschung gefiel Dennis die Idee, und er versprach Eliza, den treuergebenen Verlobten zu spielen. "Allmählich wächst mir das Ganze über den Kopf", klagte sie. "Vorhin hat meine Mutter aus Auckland angerufen und die ganze Zeit nur über Hochzeitstorten, Brautjungfern und Gästelisten geredet. Ich habe mich wie eine Betrügerin gefühlt, Dennis!" "Keine Sorge. Zu gegebener Zeit werde ich alle Schuld auf mich nehmen, das verspreche ich dir." "Na, da lasse ich mich überraschen!" Bernadette amüsierte sich, als sie herausfand, dass Eliza sich schon wieder ein neues Kleid gekauft hatte. "Und was ist mit dem anderen passiert? Ich dachte, du würdest es heute Abend wieder tragen, wo es doch so teuer war." "Das Kleid und ich sind letzten Samstag sehr nass geworden. Es ist eingelaufen, ich leider nicht", flunkerte Eliza, um ihren neusten Einkauf zu verteidigen, der ganz zufällig die gleiche Farbe hatte wie der Smaragd in ihrem Verlobungsring. Am Freitagabend verließ Eliza das Geschäft um Punkt halb sechs, um sich mit aller Sorgfalt zurechtzumachen. Dennis sollte bei ihrem Anblick umfallen! Diese Aufgabe beanspruchte sie so sehr, dass sie noch nicht angezogen war, als Dennis erschien. In ihrem Kimono öffnete sie die Wohnungstür und hielt den Atem an, so gut sah er aus in seinem dunklen Abendanzug, blauer Weste und dazupassender Krawatte, im Arm einen Strauss dunkelroter Rosen. "Himmel, Dennis, du siehst umwerfend aus! Aber du bist zu früh." "Nein, du bist zu spät." Er legte die Blumen auf den Tisch, zog Eliza in die Arme und drückte ihr einen leichten Kuss auf den Mund, bevor er sie lächelnd ansah. "Und wie fühlt meine angebliche Verlobte sich heute?" "Gut, nur ein wenig überarbeitet."
"Um so besser, dann kommst du nicht auf dumme Gedanken." Mit einer Verbeugung überreichte er ihr die Rosen. "Für dich." Entzückt füllte Eliza eine Vase mit Wasser und arrangierte die Blumen auf dem kleinen Tisch zwischen den Fenstern, während Dennis nach Neuigkeiten fragte. "Es gibt nichts zu berichten - außer, dass ich mir ein neues Kleid gekauft habe." Dennis beobachtete sie, die Arme verschränkt. "Eines, das mir besser gefällt als das letzte?" "Hoffentlich. Das Muttermal ist jedenfalls nicht zu sehen." Er trat zu ihr und legte ihr die Hände auf die Schultern. "Eliza, ich liege nachts wach und denke an eben dieses Muttermal." "Weil Paul es gesehen hat und du nicht?" "Ja, zum Teil." Lächelnd sah Eliza zu ihm auf. "So bedeutend ist es auch nicht, dass du darüber schlaflose Nächte haben musst." Ohne den Blick von seinen Augen zu wenden, öffnete sie ihren Kimono ein wenig, gerade weit genug, dass Dennis den winzigen Leberfleck zwischen ihren vollen Brüsten erkennen konnte. "Bist du jetzt zufrieden?" Sie errötete und sah ihn nicht an, während sie den Kimono wieder über die Schultern zog. Dennis atmete laut aus. "Als Therapie zur Beseitigung meiner Schlaflosigkeit war das ein Fehlschlag, Eliza." "Es ist wirklich schwer, dich zufrieden zustellen!" "Nein." Er nahm zärtlich ihre Hände. "Gerade du könntest mich sehr leicht zufrieden stellen." "Ich sollte mich jetzt besser anziehen", sagte Eliza hastig. Dennis' spöttisches Lachen verfolgte sie bis ins Schlafzimmer, doch als sie sorgfältig frisiert und geschminkt wieder zurückkehrte funkelten seine Augen bewundernd. Und auch das hochgeschlossene, ärmellose Kleid schien seinen
Beifall zu finden. "Du siehst bezaubernd aus!" sagte er hingerissen. "Du aber auch. Bernadette wird höchst beeindruckt sein!" Philip und Bernadette Lucas wohnten am Stadtrand in einem hohen, alten Gebäude an einem baumbestandenen, stillen Platz. Seitdem ihre Kinder erwachsen waren, empfingen die beiden oft ihre Klienten zu Hause, wobei die Einrichtung als bester Beweis für Bernadettes Talent diente. "Ich liebe diesen Ort!" sagte Eliza, als sie neben Dennis die Stufen zum Eingang hinaufging, "Wohnst du eigentlich gern in der Stadt?" "Ich weiß nicht. Auf dem Land gefällt es mir auch. Aber mein Beruf verlangt eben, dass ich in der Stadt el be." Bevor Eliza den kupfernen Klopfer betätigen konnte, wurde die Tür schon geöffnet, und Bernadette stand vor ihnen, elegant wie immer, und lächelte schelmisch, als Eliza ihr Dennis vorstellte. "Herzlichen Glückwunsch! Ich wusste doch, dass mehr dahinterstecken muss, obwohl Eliza versucht hat, mir weiszumachen, Sie seien nur ein Freund ihres Bruders!" "Am Anfang stimmte das auch, Mrs. Lucas." Dennis legte lächelnd einen Arm um Elizas Schultern. "Aber inzwischen ist es mir gelungen, sie zu einer tieferen Beziehung zu überreden. Ich bin ein echter Glückspilz." Bernadette küsste Eliza herzlich auf die Wange. "Und du auch, meine Liebe. Oh, es sind übrigens noch einige andere Leute da", fügte sie hinzu und ging voran ins Wohnzimmer, in dem sich zu Elizas Bestürzung fast alle Mitarbeiter der Firma drängten. Eliza wagte nicht, Dennis ins Gesicht zu sehen, während die anderen Gäste sie umringten, um zu gratulieren und ihnen, zu Elizas Entsetzen, Geschenke zu überreichen, die natürlich sofort ausgepackt werden mussten. "Da Ihre Eltern auf der anderen Seite der Erde sind, Eliza, hat Bernadette darauf bestanden, eine kleine Party für Sie zu
organisieren", erklärte Philip Lucas warm und reichte ihnen zwei Gläser mit Champagner. "Das ist wirklich sehr nett von Ihnen." Dennis verstärkte warnend den Druck seiner Hand auf Elizas Schultern und lächelte auf sie hinunter, was die anderen Frauen im Raum sehnsüchtig aufseufzen ließ. "Wir sind Ihnen sehr dankbar, nicht wahr, Liebling?" "Das wäre doch nicht nötig gewesen", sagte Eliza hastig. "ich hatte nicht erwartet, dass ..." "Unsinn", unterbrach Bernadette sie. "Ich wollte Dennis ohnehin schon lange kennen lernen." Sie warf ihm einen spitzbübischen Blick zu. "Und das Warten hat sich gelohnt." "Und ich wusste nicht, dass Eliza eine so charmante Chefin hat" entgegnete er glatt, was Bernadette entzückte, ihm aber einen wütenden Blick von Eliza eintrug. Dann zogen die anderen sie mit sich fort, damit sie die Geschenke auspackte. Erst über eine Stunde später konnte sie Dennis, der sich prächtig amüsierte, endlich zum Aufbruch bewegen. "Wie schön, dass du dich so gut unterhalten hast!" fuhr sie ihn gereizt an, als sie im Wagen saßen. "Aber du musst mit ihnen ja auch nicht arbeiten - hinterher." Dennis zeigte keine Spur von Reue. "Nun, ich gebe zu, damit hätte ich auch nicht gerechnet." "Du hast also nicht alles in Erwägung gezogen?" fragte sie schroff. "Es war mir so peinlich! All die Geschenke, und einige davon sind bestimmt sehr kostspielig." "Vielleicht könntest du sie ja zurückgeben", schlug Dennis unbewegt vor. "Oder ich behalte sie." Eliza warf ihm einen wütenden Blick zu. "Für das nächste Mal, wenn ich mich richtig verlobe." "Um ehrlich zu sein, ich wundere mich ohnehin, dass du nicht schon lange vergeben bist." "Jennifer ist schließlich auch noch nicht verheiratet!"
"Das ist etwas anderes. Jennifer kann ich mir mit Kindern und Haushalt nicht vorstellen." "Aber vor nicht allzu langer Zeit hast du sie doch sehr anziehend gefunden, oder?" Dennis runzelte die Stirn. "Was soll das? Du weißt genau, dass du es warst, die ich anziehend fand, Eliza. Das habe ich dir auf Robs Hochzeit doch deutlich bewiesen." "Lass uns nicht schon wieder davon reden!" "Entschuldige." Er atmete tief ein. "Also, du hast gerade von Jennifer gesprochen - wie immer." "Ich wollte dich nicht langweilen, Dennis, aber ich verstehe nicht, warum sie sich so auf Paul versteift hat. Er hat wirklich komische Wünsche - zum Beispiel ein Himmelbett mit einem Spiegel an der Decke!" Dennis verdrehte entsetzt die Augen und berührte ihr Knie leicht mit der Hand. "Vergiss Paul für eine Weile, Eliza. Lass uns den Abend genießen, wie jedes frischverlobte Paar es tun würde. Obwohl Paul mir eigentlich einen Gefallen getan hat." "Inwiefern?" Dennis sah ihr direkt in die Augen. "Hätte er nicht darauf bestanden, dass ich zu seiner Party komme, hätten wir uns vielleicht nie wiedergesehen." Sie lachte unsicher. "Aber das hätte dir eine Menge Schwierigkeiten erspart." Er parkte den Wagen vor dem Restaurant, beugte sich zu ihr und küsste sie lange. Schließlich hob er den Kopf, und seine Augen glitzerten, als er Eliza ansah. "Das macht alle Unannehmlichkeiten wett." Sanft berührte er mit einem Finger ihre Wange. "Und jetzt komm. Ich habe einen Bärenhunger."
10. KAPITEL Ende Juni hatte Eliza sich so an ihre vorgetäuschte Verlobung gewöhnt, dass sie sie kaum noch als Verstellung empfand. Sie und Dennis sahen sich ein- oder zweimal die Woche, und der Smaragdring kam ihr nicht mehr vom Finger. Den Gedanken, dass sie ihn schon bald würde zurückgeben müssen, schob sie weit von sich. Inzwischen ärgerte sie sich insgeheim sogar über die Zurückhaltung, die Dennis ihr gegenüber an den Tag legte. Ein oder zwei Küsse, mehr erlaubte er sich nicht, wenn sie zusammen waren. Nur manchmal wurde die Spannung zwischen ihnen so unerträglich, dass er sie in die Arme riss und küsste, bis sie glaubte, in die Luft gehen oder verrückt werden zu müssen, wenn er nicht endlich mit ihr schlief. Doch so weit ging er nie. Bitter überlegte sie, dass der einzige Grund für seine Zurückhaltung der Name Markham war. Sein Respekt für ihre Eltern und seine Loyalität zu ihrem Bruder hielten ihn von einer Affäre mit ihr ab. Dennis glaubte fest, dass ihre Familie dann erst recht eine Heirat erwarten würde, und da er seine Ansichten über die Ehe sehr deutlich zum Ausdruck gebracht hatte, zwang Eliza sich, nicht an den Schmerz zu denken, der ihr unweigerlich bevorstand. Bald würden ihre Eltern zurückkehren und ihr Leben noch komplizierter machen. Selbst Jennifer erkundigte sich immer
hartnäckiger nach Elizas Heiratsplänen, während sich in ihrer Beziehung zu Paul keinerlei Veränderung abzeichnete. Doch dann überstürzten sich die Ereignisse. Nach einem langen, einsamen Wochenende ohne Dennis, der geschäftlich auf dem Kontinent war, und ohne Jennifer, die einen Fototermin in Irland hatte, war Eliza ihrer eigenen Gesellschaft überdrüssig und froh, als sie am Montagmorgen wieder ins Geschäft gehen konnte. Die Arbeiten auf Combe Farm waren so weit gediehen, dass sie sich nebenbei auch um andere Aufträge kümmern konnte. Und es gab soviel zu tun, dass die Bombe, die am Montagabend platzte, sie völlig unvorbereitet traf. Sie hatte den Nachmittag im Haus einer Klientin verbracht, für die sie den Dachboden zu Schlafzimmern umgestalten sollte. Die Hitze in den kleinen Räumen war unerträglich gewesen, die Dame des Hauses sehr unentschlossen, und Eliza fühlte sich gereizt und völlig erschöpft, als sie abends ihre Wohnung betrat, die die Wärme des Tages wie ein Backofen gespeichert hatte. Und als das Telefon klingelte, war es zu allem Überfluss nicht Dennis, wie sie gehofft hatte, sondern Jennifer. "Rat, was passiert ist, Liza ! Paul hat mich heute Nachmittag vom Flughafen abgeholt." Jennifer klang sehr aufgeregt. "Und denk dir nur, er hat mich endlich gefragt, ob ich ihn heiraten wolle!" Eliza betrachtete ihren Verlobungsring, ohne etwas zu sehen. "Das - das ist ja wunderbar, Liebes. Wie sehr ich mich für dich freue! Schließlich hast du schon so lange darauf gewartet..." "Was beweist, wie dumm ich war", unterbrach Jennifer sie. Eliza glaubte, nicht richtig gehört zu haben. "Was?" "Meine Zweifel begannen an dem Tag, den wir mit euch verbracht haben. Als ich dich und Dennis sah, wie füreinander bestimmt, merkte ich, dass Paul nicht der Richtige ist, jedenfalls nicht für mich." Eliza sank auf einen Stuhl. "Jennifer, soll das heißen, Paul hat dich gebeten, seine Frau zu werden - und du hast abgelehnt?"
"Ja. Es klingt wie ein Witz, nicht wahr?" Jennifer zögerte. "Und außerdem - es gibt schon einen anderen Mann!" Eliza holte tief Atem. "Aber dieses Mal lässt du mich aus dem Spiel, wenn es darum geht, ihn bei der Stange zu halten!" "Du hast mich ziemlich satt, nicht wahr?" "Nur ein bisschen. Aber nun sag mir, wer ist der Glückliche?" "Du kennst ihn." Jennifer lachte aufgeregt. "Es ist Tom." "Tom?" wiederholte Eliza verblüfft. "Doch nicht Tom Metcalfe?" "Doch. Was hältst du von einer Doppelhochzeit? Das wäre für Dad auch viel billiger!" Als Eliza ins Bett ging, hatte sie den Schock immer noch nicht überwunden. Seit fünf Jahren lebte Jennifer in dem viktorianischen Haus, das Tom Metcalfe in Clapham von seinen Großeltern geerbt hatte. Zuerst hatte sie sich die Dachwohnung mit einem anderen Mädchen geteilt, während Tom allein im Erdgeschoss wohnte und die Wohnung im ersten Stock an ein junges Paar vermietet hatte, das jedoch vor kurzem ausgezogen war, ebenso wie Jennifers Mitbewohnerin. Mit seiner schlaksigen Gestalt, seinen klugen, humorvollen Augen, dem hellen Haar und der soliden Karriere als Bankkaufmann unterschied Tom sich so sehr von Jennifers bisherigen Männern, dass Eliza - sich die beiden immer noch nicht als Paar vorstellen konnte. Sie mochte Tom, der im Lauf der Jahre zu Jennifers vertrautem Freund geworden war. Wenn sie ihrer Schwester glauben konnte, hatte es zahlreiche Frauen in Toms Leben gegeben, von denen eine sogar eine Weile bei ihm gewohnt hatte. Doch anscheinend hatte er all die Jahre nur darauf gewartet, dass Jennifer endlich zur Vernunft kommen würde, was geschah, als Paul sie um ihre Hand bat. In diesem Moment war Jennifer blitzartig bewusst geworden, dass der einzige Mann, den sie heiraten wollte, Tom war.
"Ich bin einfach nur zwei Stockwerke tiefer gezogen", erzählte sie Eliza am Telefon. "Du bist umgezogen?" "Aber ja. Ich telefoniere gerade aus Toms Wohnung. Als ich ihn heute Nachmittag besucht und ihm erzählt habe, dass es mit Paul aus ist, hat Tom die Tür abgeschlossen und gesagt, er wurde mich hier behalten, bis ich versprochen hätte, statt dessen ihn zu heiraten. Und das dauerte nur ungefähr zehn Sekunden. Wir wollen heiraten, sobald Mom und Dad zurückkehren." Jennifer räusperte sich. "Liza, was ich dir noch sagen wollte: Ich hätte nicht gedacht, dass du jemals einen Mann finden würdest, der gut genug für dich ist, aber Dennis ist wirklich ein Gentleman. Als wir zu viert essen gegangen sind, habe ich die ganze Zeit wie auf heißen Kohlen gesessen, weil ich dachte, er würde irgendwann die Lügen erwähnen, die ich dir auf Robs Hochzeit aufgetischt hatte. Aber er tat es nicht." Sie schwieg. "Ich verstehe, dass du immer noch verrückt nach ihm bist, so wie ich es damals auch war. Komisch, wie sich alles entwickelt hat." "Ja, sehr komisch! Und nun gib mir Tom, damit ich ihm gratulieren kann." Den größten Teil der Nacht lag Eliza wach und dachte daran, dass ihre Zeit als Dennis' Verlobte nun vorbei war. Sobald er zurückkehrte, würde sie ihm die Nachricht persönlich überbringen und ihm den Ring zurückgeben. Jennifer wurde Tom heiraten, und die Arbeit auf Combe Farm war so weit fortgeschritten, dass Paul sie selbst aus bloßer Rache nicht mehr abbrechen lassen würde. Ihre vorgetäuschte Verlobung mit Dennis konnte also schnell und schmerzlos begraben werden. An dem Tag, da Dennis zurückkehren sollte, fuhr sie nach Little Rencombe hinaus. Es war ein heller, warmer Abend, der in direktem Gegensatz zu ihrer düsteren Stimmung stand. Bei ihrer Ankunft in Tithe Barn war Dennis noch nicht da, und um sich die Zeit zu vertreiben, machte sie einen Spaziergang. Als
sie schließlich erhitzt und müde zum Haus zurückkehrte, ging Dennis nervös neben ihrem Wagen auf und ab und strömte bei ihrem Anblick nicht gerade vor Wiedersehensfreude über. "Wo, um alles in der Welt, bist du gewesen?" erkundigte er sich gereizt und schob sie ins Haus. "Ich bin vom Flughafen direkt zu deiner Wohnung gefahren." "Woher sollte ich das wissen?" fauchte sie zurück. "Ich bin hierher gekommen, weil ich dich dringend sehen musste." Dennis blieb stehen. "Was ist passiert?" "Ich dachte, du solltest wissen, dass Jennifer bald heiraten wird." Eliza hielt ihm den Ring entgegen. "Der wird also nicht mehr nötig sein." Dennis betrachtete den Ring einen Moment verblüfft, bevor er sich auf dem Absatz umdrehte. "Jetzt brauche ich einen Drink." "Ich auch. Cognac, bitte." Er warf ihr einen überraschten Blick zu. "Cognac?" "Ja", erwiderte sie trotzig. Nachdem er sich selbst einen großen Whisky eingeschenkt hatte, goss er etwas Cognac in ein Glas und reichte es ihr mit einer leichten Verbeugung. "Trinken wir also auf Jennifer." "Auf Jennifer", wiederholte Eliza und stürzte den Brandy in einem Zug hinunter, woraufhin sie keuchen und husten musste. Dennis klopfte ihr auf den Rücken und brachte ihr ein Glas Wasser, bevor er sie zum Sofa führte und sich neben sie setzte. "Also, wann schließen Paul und Jennifer den Bund der Ehe?" "Ach, habe ich das gar nicht gesagt? Sie heiratet nicht Paul." "Was?" Dennis zwang Eliza unsanft, ihn anzusehen. "Soll das ein Witz sein?" Angesichts Dennis' wütend funkelnder Augen erklärte Eliza ihm Jennifers Meinungswechsel so knapp wie möglich. "Es kommt eigentlich gar nicht so unerwartet, Dennis", sagte sie entschuldigend. "Schließlich kennt sie Tom schon seit Jahren."
"Die Regierung sollte jedermann vor einer Beziehung mit den Markham-Schwestern warnen", erwiderte Dennis wütend. "Vorsicht, Lebensgefahr." Eliza sprang auf, und ihre Augen sprühten Funken. "Aber du bist außer Gefahr." Sie warf ihm den Ring in den Schoss. "Den brauche ich jetzt nicht mehr." Dennis schleuderte den Ring wütend durch den Raum. "Etwas hast du anscheinend vergessen: Paul ist jetzt wieder allein, und du bist das Ebenbild der Frau, die ihm den Laufpass gegeben hat. Und ich bin sicher, dass er seit seiner verdammten Party ohnehin hinter dir her war, nicht hinter Jennifer." "Ich komme schon allein zurecht, danke", entgegnete sie, obwohl dieser neue Aspekt sie zutiefst bestürzte. "Nun hör schon auf mit diesem Unsinn." Ungeachtet des zornigen Blicks, den sie ihm zuwarf, stand er auf und baute sich in seiner vollen, einschüchternden Größe vor ihr auf. "Ich kann dir zwei Gelegenheiten nennen, wo es nicht so war. Beim erstenmal war ich zufällig da, um dir zu helfen, beim zweitenmal hatte ich es geplant. Aber wenn Paul von unserer Trennung hört und auf dich Jagd macht, wenn ich nicht da bin, dann kommst du nicht so leicht davon, das garantiere ich dir." Eliza verzog eigensinnig den Mund. "Falls etwas Derartiges passieren sollte, werde ich sehr gut allein damit fertig." "Komm zur Vernunft, Eliza! Paul ist ein großspuriger Bursche, berauscht von seinem Erfolg und daran gewöhnt, dass die Frauen ihm zu Füssen liegen. Jennifers Anziehungskraft auf ihn beruhte zum guten Teil darauf, dass sie ein bekanntes Fotomodell ist und zu seinem Image beitrug. Doch sie hat ihn zurückgewiesen. Überleg mal, in welcher Laune er jetzt sein muss! Und wenn er dann noch hört, dass du wieder frei bist... Den Rest überlasse ich deiner Phantasie." "Selbst wenn er versuchen sollte, mir Gewalt anzutun - mit einem Mann seiner Größe werde ich immer noch fertig!"
Dennis lachte verächtlich. "Die Größe spielt dabei keine Rolle. Wenn Paul etwas Derartiges im Schilde führt, hättest du keine Chance." "Das glaube ich nicht!" Einen Moment standen sie sich bewegungslos gegenüber und funkelten sich wütend an. Dann nahm Dennis seine Krawatte ab und begann seine Jacke auszuziehen. "Ich - ich glaube, ich gehe jetzt besser." Eliza wich zurück. "Erst unternehmen wir ein kleines Experiment." Und bevor sie noch wusste, was geschah, hatte er sie schon unsanft auf den Teppich gezogen und ihre Beine auseinandergeschoben. Er kniete über ihr und hielt mit beiden Händen ihre Handgelenke fest. "Lass mich sofort los!" schrie sie und bäumte sich vergeblich auf. "Bist du verrückt? Was soll das?" "Ich demonstriere dir nur, wie hilflos du wärst." Schweratmend hielt er ihre Schultern gegen den Boden gepresst, während er sich langsam über sie beugte. Eliza kämpfte verbissen, um seinem Mund zu entgehen, doch Dennis lachte nur, und der Ausdruck in seinen Augen jagte ihr Angst ein. "Nein - bitte nicht." In Panik bewegte sie sich unter ihm. "Doch, meine Süße. Du schuldest mir noch etwas ..." "Nein - du verstehst nicht..." Dennis erstickte ihren Protest mit seinen Lippen und hob dann den Kopf ein wenig, um ihr in die angstvoll aufgerissenen Augen zu sehen. "Natürlich verstehe ich! Jetzt, da du mich nicht mehr brauchst, willst du mich verlassen, so wie du es schon einmal getan hast. Aber dieses Mal lasse ich dich nicht so einfach davonkommen, du kleiner Schelm!" Tränen liefen ihr heiß die Wangen hinunter. "Ich wollte dich damals ja gar nicht verlassen", flüsterte sie heiser und spürte, wie ein Ruck durch seinen Körper ging. "Was hast du gesagt?"
"Ich habe dich ebenso begehrt wie du mich." Sie blickte ihm offen ins Gesicht, das dicht über ihr war. "Es stimmt, ich wollte dich damals bestrafen. Aber nicht, weil du mit Jennifer zusammengewesen warst, wie sie behauptet hatte, sondern aus Eifersucht, weil ich gern an ihrer Stelle gewesen wäre. Bis heute weiß ich nicht, wie ich es fertiggebracht habe, dich zurückzustoßen. Ich wollte mit dir schlafen, mehr als alles in der Welt." Dennis starrte sie ungläubig an, bevor er aufsprang, sie unsanft hochzog und hart an den Ellenbogen packte. "Warum hast du mir das nicht früher erzählt?" Eliza erschauerte unter seinem brennenden Blick. "Bis vor kurzem dachte ich noch, du habest versucht, Jennifer zu verführen, und ich konnte dir nicht verzeihen, dass du sie mir vorgezogen hast. Und dann..." sie holte zitternd Atem, "dann konntest du mir nicht verzeihen, dass ich ihr mehr geglaubt hatte als dir." Er ließ sie so unvermittelt los, dass sie schwankte. "Jennifer weiß nicht, welche Schwierigkeiten sie verursacht hat, nicht wahr? Nächtelang lag ich wach und fragte mich, was ich an jenem Tag nur falsch gemacht hatte. Zuerst Jennifers peinliche Annäherungsversuche, die ich zugegebenermaßen ziemlich schroff zurückgewiesen habe. Und zehn Minuten später tauchtest du auf, die Verführung in Person. Ein Blick, eine Berührung von dir, und ich verlor völlig den Kopf. Ihr beide seid euch so ähnlich, und doch lässt Jennifer mich kalt, während mich allein deine Gegenwart in Flammen versetzt." Stirnrunzelnd beobachtete er, wie ihr eine Träne die Wange hinabrollte. "Warum weinst du denn?" "Was glaubst du wohl?" Ärgerlich fuhr sie sich über die Augen. "Bist du unglücklich?" Sie lachte sarkastisch. "Weshalb sollte ich unglücklich sein?"
"Ich weiß nicht, aber ich werde es herausfinden." Dennis sah sie durchdringend an und umfasste ihre Schultern. "Sag mir, was los ist, Eliza. Könnte es sein, dass du unsere Verlobung gar nicht lösen willst?" Eliza erwiderte seinen Blick aus feuchten Augen. "Willst du es?" Er murmelte etwas Unverständliches, zog sie in seine Arme und küsste sie, bis beide atemlos waren. Eliza wurden die Knie weich, doch als Dennis sie festhalten wollte, zog sie ihn einfach mit sich wieder auf den Teppich hinunter. Sie presste sich an seinen harten, muskulösen Körper und verschränkte die Hände hinter seinem Kopf. Langsam begann er, ihre Bluse zu öffnen, während er ihre Augen küsste, ihre Ohrläppchen, die schlanke Linie ihres Halses, ihren Mund. Sie öffnete die Lippen, um die Süße seiner Zunge zu schmecken, und richtete sich ein wenig auf, damit er ihr die Bluse abstreifen konnte. Einen langen Moment betrachtete er ihren Körper in bewunderndem Schweigen, bevor er den Kopf senkte, mit seinem Mund das Muttermal zwischen ihren Brüsten berührte und ihr dann in die vor Leidenschaft glänzenden Augen sah "Weißt du, wie sehr ich mich danach gesehnt habe?" "Ich hatte es gehofft", flüsterte sie. "Du hast gesagt, einmal in mich verliebt gewesen zu sein, Eliza. Bist du es immer noch?" Sie blickte in seine fragenden Augen. "Ich möchte nicht mehr reden, Dennis. Ich möchte, dass du mich liebst." "Ich hätte aber zuerst gern eine kleine Ermutigung." "Ich dachte, die hätte ich dir schon gegeben." "Aber nicht mit Worten", sagte er unerbittlich. Sie lächelte schläfrig. "Schon gut, Dennis. Ich verspreche dir, ich werde nicht verlangen, dass du mich heiratest." Mit einem unterdrückten Ausruf senkte Dennis den Mund auf ihren und küsste sie, bis sich in ihrem Kopf alles drehte, und dann ließ er die Lippen zu ihren Brüsten gleiten. Unter seinen
Berührungen richteten sich die rosigen Spitzen verlangend auf, und Eliza rief erregt seinen Namen. Im plötzlichen Taumel der Leidenschaft suchender Hände und Lippen entledigten sie sich in fieberhafter Eile ihrer Kleidungsstücke, bis sie schließlich nebeneinander lagen und sich am ersten Kontakt ihrer nackten Körper berauschten. Dennis blickte auf sie hinunter, in seinen Augen eine Frage, die Eliza wortlos beantwortete, indem sie ihn zu sich herabzog und sich den Berührungen seiner sanften, erfahrenen Hände entgegenbog. Wie aus weiter Ferne hörte sie ihre eigene bittende Stimme und spürte Dennis' Lachen warm an ihrem Mund. Dann weiteten sich plötzlich ihre Augen, und sie hielt den Atem an, als ihre Körper mit so endgültiger Perfektion eins wurden, dass ihr die Tränen kamen. Dennis verharrte in der Bewegung. "Tue ich dir weh?" "Nein." Durch ihre Tränen lächelte sie zu ihm auf und bewegte leicht und einladend die Hüften, worauf er zuerst mit zärtlicher, gekonnter Zurückhaltung reagierte. Doch irgendwann war die Leidenschaft stärker als seine Selbstbeherrschung, und er zog Eliza in immer schnellerem Rhythmus mit sich, bis die Erregung sie in einem gewaltigen Höhepunkt vereinte, um dann langsam abzuebben und sie in angenehmer Müdigkeit zurückzulassen. Sehr viel später hob Dennis den Kopf und sah ihr in das von Leidenschaft gerötete Gesicht. "Bist du jetzt überzeugt?" Verwirrt sah sie zu ihm auf. "Überzeugt wovon?" "Dass du gegen Paul keine Chance gehabt hättest." "Nein. Immerhin bist du größer als er. Und außerdem . .." Dennis strich sich das feuchte Haar aus der Stirn. "Und außerdem - was?" Eliza wandte errötend den Kopf ab, doch Dennis legte ihr eine Hand unter das Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. "Außerdem was?" Eliza blickte ihn wütend an. "Wenn du es unbedingt hören willst: Mit dir ist es - anders. Paul würde ich erst gar nicht nahe
genug herankommen lassen, um - um so etwas möglich zu machen. Ich weiß wirklich nicht, was Jennifer in ihm gesehen hat." "Vielleicht Macht, oder Geld." Sie lächelte. "Tom hat keines von beidem, und dennoch hat sie sofort eingewilligt, als er sie bat, seine Frau zu werden." "Ihr Frauen seid eben komisch." Dennis zog sie an sich. "Eliza " "Ja?" "Ich muss dir noch ein Geständnis machen." "Nicht du auch noch, Dennis! Ich will nichts mehr hören." "Doch, du musst." Er küsste sie sanft, dann immer fordernder, bis Eliza sich sanft aus seiner Umarmung befreite. "Ich ziehe mich jetzt lieber an." Er hielt sie fest. "Nein. Man sollte einen Mann nicht unterbrechen, wenn er etwas beichten will. Als erstes möchte ich dir sagen, wie sehr ich dich liebe." "Meinst du - meinst du das ernst?" "Sehr ernst. Ist es denn so schwer zu glauben, Eliza?" Sie nickte heftig. "Du hast gesagt, du begehrst mich, und das ist etwas ganz anderes. Ich dachte, die Verlobung sei einfach ein Weg, Paul in die Schranken zu weisen, ohne den geschäftlichen Kontakt mit ihm zu verlieren." "Mit dem ersten hast du recht, aber das zweite war nur ein fadenscheiniger Vorwand. Ich wundere mich immer noch, dass du ihm geglaubt hast. Paul und seine Geschäfte sind mir völlig egal, ebenso wie seine Beziehung zu Jennifer. Erst nachdem er ein Auge auf dich geworfen hatte, sah ich rot." Dennis packte sie an den Handgelenken. "Nur um sicherzugehen, dass du mich nicht schlägst." "Warum sollte ich das tun?" erkundigte sie sich misstrauisch. "Weil ich mit meiner Beichte noch nicht am Ende bin! Der Auftrag für Tithe Barn war allein meine Idee und hatte nichts mit Rob zu tun. Ich dachte, wenn wir uns regelmäßig träfen,
würdest du dich allmählich an mich gewöhnen. Denn nachdem ich dich auf Pauls Party wiedergesehen hatte, wusste ich, warum eine Ehe mit Marina nicht in Frage kam." Eliza warf ihm einen argwöhnischen Blick zu. "Mir hast du gesagt, dass du überhaupt nie heiraten willst." "Das war eine kleine Notlüge", gab er lächelnd zu. "Es ist nicht leicht, dir den Hof zu machen, Eliza Markham. Ständig wirfst du mir irgendwelche Anschuldigungen an den Kopf. Als ich Paul erzählte, du gehörest zu mir, habe ich nicht gelogen. Danach fuhr ich direkt zu dir, um dir dasselbe zu sagen. Aber als ich dich dann sah, geschminkt und zurechtgemacht für einen anderen, hätte ich dich umbringen können." Seine Miene verhärtete sich. "Ich war außer mir vor Eifersucht, und so dachte ich mir die Verlobung aus, um dich zu halten, bis du aus freien Stücken zugibst, mich zu lieben." "Männer sind wirklich beschränkt", sagte Eliza mitleidig. "Und blind. Ich habe dich seit meinem zehnten Lebensjahr geliebt und werde es wahrscheinlich für den Rest meines Lebens tun." Dennis atmete hörbar ein, bevor er sie so hart an sich presste, dass sie vor Schmerz aufschrie. "Warum hast du mir das nicht früher gesagt, du kleine Hexe?" "Wie sollte ich wissen, dass du es hören wolltest?" Ärgerlich stieß sie ihn von sich. "Und wo wir schon dabei sind, kann ich dir auch gleich sagen, dass deine Demonstration als Beweis der Überlegenheit männlicher Stärke völlig nutzlos war. Du hast doch sicher gemerkt, dass ich mich nicht gewehrt habe?" "Du kleiner Teufel!" flüsterte er an ihrem Mund. "Außerdem zwingst du die meisten Frauen allein mit deinem Lächeln in die Knie!" "Seitdem ich dich wiedergesehen habe, gibt es keine anderen Frauen mehr für mich." "Gut. Der Gedanke, andere Frauen könnten deine schöne Küche betreten, gefällt mir nämlich gar nicht."
"An meiner Küche wären sie wohl weniger interessiert!" Eliza fuhr gespielt entsetzt auf. "Soll das heißen, sie verbringen die ganze Zeit im Bett?" "Nein." Dennis zog sie wieder zu sich herunter. "Außer meiner wunderbaren Mrs. Treasure hat keine Frau bisher einen Fuß in mein Haus gesetzt. Ich bin ja erst zwei Wochen vor unserer Begegnung eingezogen, und danach habe ich ganz plötzlich jedes Interesse an deinen Geschlechtsgenossinnen verloren. Mein Haus ist so sehr auch deins, Eliza, dass ich es verkaufen werde, wenn du nicht mit mir dort einziehen willst." Sie schlang die Arme um seinen Nacken. "Ich ziehe morgen um." Dennis küsste sie heftig. "Nichts lieber als das. Aber wo ich es schon so weit geschafft habe, komme ich auch noch ein Weilchen allein zurecht - zumindest bis zu unserer Hochzeit." Eliza zog die Stirn nachdenklich kraus. "Mir fällt gerade ein es wird ziemlich umständlich für mich, jeden Tag von hier nach Pennington zu fahren." "Dann lass es doch", erwiderte er prompt. "Und steig statt dessen in meinem Geschäft ein. Es gibt viele Raumdesigner, die mit Architekten zusammenarbeiten. Wir wären in jeder Hinsicht ein perfektes Team." Sie dachte über diesen Vorschlag nach. "Wir wären dann sehr viel zusammen. Bist du sicher, das zu wollen?" "Ja. Und du hoffentlich auch", fügte er drohend hinzu. "Natürlich." Sie lächelte ihn glücklich an. "Aber ich will volle Bezahlung, wenn ich pausiere, um Kinder zu bekommen." Dennis zog sie an sich und küsste sie lange und zärtlich, bis Eliza ihn schließlich von sich schob, weil ihr Magen knurrte. "Ich habe einen Bärenhunger, Dennis!" Lachend half er ihr auf die Füße. "Unsere Beschäftigung vorhin war auch wirklich sehr appetitanregend!" Ohne ihn anzublicken, kleidete sie sich hastig an . "Du musst noch sehr viel mehr über mich erfahren als nur das."
Er zog sie in die Arme. "Das werde ich auch, denn meine Zukunft gehört dir, und dir allein." Sie lehnte sich in seinen Armen zurück und sah ihm offen ins Gesicht, "Was nur gerecht ist, nachdem du meinem Liebesleben in der Vergangenheit solche Beschränkungen auferlegt hast. Jeden Mann, den ich traf, habe ich mit dir verglichen, und sie haben alle den Kürzeren gezogen." Dennis küsste sie heftig, setzte sich auf das Sofa und zog sie auf seinen Schoss, um ihr einige sehr erfreuliche Dinge ins Ohr zu flüstern. "Woran denkst du?" fragte er schließlich. "Du siehst so verträumt aus." Sie warf ihm ein zerstreutes Lächeln zu. "Ich habe mir gerade überlegt, dass ich den Tisch mit der Samtdecke gern ins Schlafzimmer stellen würde. Er passt gut zu dem Stuhl, den Bernadette uns geschenkt hat..." "Was?" Dennis hielt sie ein Stück von sich ab. "Und ich war der Meinung, du würdest gerade an meinen himmlischen Körper denken!" "Das auch, natürlich! Aber konsequenterweise brachte mich das auf den Gedanken an dein Schlafzimmer. Denn daran müssen wir noch eine Menge tun, wenn ich darin schlafen soll!" "Du kannst verändern, was du willst - nur lass blaue Seide aus dem Spiel." Er versuchte, sie festzuhalten, als sie von seinem Schoss glitt und auf dem Boden herumkroch. "Was hast du jetzt vor?" "Ich suche nach meinem Ring." Schließlich fand sie ihn und hielt ihn Dennis triumphierend entgegen. "Und jetzt, da wir richtig verlobt sind, darfst du ihn mir noch einmal anstecken." Dennis streifte ihr den Ring über den Finger und drückte dann ihre Hand gegen seine Lippen. "Mit diesem Ring nehme ich dich zur Frau und verspreche, dich ewig anzubeten - gut?" Sie zwinkerte. "Solche Worte sind doch wohl für eine andere Gelegenheit bestimmt!"
"Aber meine Gefühle sind immer gleich, Eliza, jetzt und für immer. " Er nahm sie in die Arme und küsste sie. und seine Zärtlichkeit berührte sie ebenso tief wie vorher seine leidenschaftliche Liebe. Später holten sie Poppy aus dem Tierheim ab und gingen mit ihr im Wald spazieren. "Ich war so unglücklich, als ich heute Nachmittag hier ankam", gestand Eliza, und als sie zu Dennis aufsah, leuchteten ihre Augen in der untergehenden Sonne vor Liebe. "Und jetzt bin ich das glücklichste Wesen auf der Welt." Er drückte ihre Hand. "Lass uns ausgehen und feiern ...“ "So?" Lachend deutete sie auf ihre Jeans und die zerknitterte Bluse. "Ich habe eine viel bessere Idee. Wir bleiben zu Hause und essen das, was Mrs. Treasure an Köstlichkeiten dagelassen hat, und dann ..." Sie schwieg vielsagend. "Und dann", vollendete Dennis resigniert ihren Satz, "fährst du nach Hause und lässt mich allein." "Aber nein", protestierte sie, während sie das Haus betraten. "Ich dachte, angesichts dieser besonderen Gelegenheit könnte ich über Nacht hier bleiben und erst morgen früh fahren." Dennis hob sie hoch und setzte sie auf den Küchentisch. "Darf ich fragen, in welchem Bett du dieses Mal zu schlafen gedenkst?" "Natürlich in deinem. Ich möchte dich nämlich verführen, damit du mir einen ziemlich ungewöhnlichen Wunsch erfüllst." Dennis küsste sie lachend. "Darauf freue ich mich! Aber du brauchst nicht zu warten, Eliza. Wenn es in meiner Macht steht, werde ich dir alles geben, was dein Herz begehrt, das verspreche ich dir." Leidenschaftlich erwiderte sie seinen Kuss, um dann tief einzuatmen. "Also gut, wie du willst. Jennifer hat eine Doppelhochzeit vorgeschlagen, um Dad Kosten zu ersparen. Könntest du dich damit einverstanden erklären?" Dennis lachte laut heraus. "Vielleicht. Aber was passiert, wenn ich das falsche Mädchen heirate?"
"Oh, ich werde dafür sorgen, dass mein Ausschnitt tief genug ist, damit du mein Muttermal sehen kannst!" "Das wirst du nicht!" Dennis senkte den Kopf, um besagten Leberfleck zu küssen. "Mich kannst du nicht täuschen. Jennifer und du, ihr seid zwar Zwillingsschwestern, aber für mich bist du einzigartig, mein Liebling." Sie lächelte strahlend. "Das Kompliment gebe ich zurück, Mr. Randolph. In meinem ganzen Leben habe ich nur ein männliches Wesen so geliebt wie dich." Dennis fuhr auf. "Wen?" "Natürlich Lucky, mein Pony!" "Du Hexe!" Er schüttelte sie leicht. "Als ich dich auf Pauls Party wiedertraf, hast du mich vom ersten Moment an verzaubert, trotz der Locken und deines tiefen Dekolletes." Er lächelte anzüglich. "Oder vie lleicht gerade deshalb." "Sei nicht so vulgär! Aber jetzt zur Sache: Bist du mit einer Doppelhochzeit einverstanden?" Er küsste sie zärtlich. "Da du mich so nett bittest, und um deines Vaters willen - ja, Liebling. Aber nur unter einer Bedingung." Eliza nickte resigniert. "Das habe ich mir schon gedacht. Also heraus mit der Sprache." "Eine Doppelhochzeit nehme ich in Kauf, aber die Flitterwochen verbringe ich nur mit dir!"
- ENDE