Springer-Lehrbuch
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Wilhelm Rodder· Peter Zornig
Wirtschaftsmathematik ffir Studium und Praxis 3 Analysis II Mit 29 Abbildungen und 1 Tabelle
,
Springer
Prof. Dr. Wilhelm Rodder FernUniversitiit Hagen Fachbereich Wirtschaftswissenschaft, Lehrgebiet fur Betriebswirtschaftslehre, insb. Operations Research Postfach 940 0-58084 Hagen Dr. Peter Zornig Universidade de Brasilia Departamento de Matematica Brasilia, Brasilien
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaurnahme Wlrtschartsmathematlk rilr Sludium und Praxis. - Berlin: Heidelberg: New York; Barcelona; Budapest; Hong Kong: London; Milan; Paris; Santa Clara; Singapore; Tokyo: Springer. (Spr; nger-Lehrbuch)
3. Analysis. - II / Wilhelm Rodder ; Peter Zornig. - 1996 ISBN 3-540-61716-7 NE: ROdder. Wilhelm
ISBN 3-540-61716-7 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschlitzt. Die dadurch begrlindeten Rechte. insbesondere die der 'Obersetzung. des Nachdrucks. des Vortrags. der Entnahme von Abbildungen und Tabellen. der Funksendung. der Mikroverfilmung oder der VervielfaItigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. bleiben. auch bei nur auszugsweiser Verwertung. vorbehalten. Eine VervielfaItigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulassig. Sie ist grundsatzlich verglitungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. C Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1997 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen. Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daber von jedermarm benutzt werden diirften. SPIN 10551299
4212202-5 4 3 2 1 a - Gedruckt auf saurefreiem Papier
Vorwort Der vorliegende Lehrtext "Wirtschaftsmathematik flir Studium und Praxis" erscheint in drei BOOden mit den Untertiteln
• •
•
Lineare Algebra (Kapitel Ibis 9) Analysis I
(KapitellO bis 12)
Analysis II
(Kapitel 13 bis 16)
Er ist inhaltsgleich mit dem an der FernUniversitiit (FeU) in Hagen entwickelten
Kurs MathematikjUr Wirtschaftswissenschaftler. Der Text ist stark strukturiert: Wichtige mathematische Vereinbarungen sind als
Dejinitionen, wichtige Aussagen als Stitze oder deren Korol/are formuliert; Beispiele erliiutern mathematische Zusammenhooge oder stellen den Bezug zu wirtschaftswissenschaftlichen Anwendungen her, Abbildungen visualisieren sie. In Obungsaufgaben werden Sie aufgefordert, Ihr Wissen zu iiberprufen. Die Losungen sind zwar in jedem Band am Ende beigefligt, sollten jedoch nur zur Kontrolle eigener Losungsvorschliige dienen. Speziell an der FernUniversitiit, aber auch verstiirkt an Priisenzuniversitiiten und in der Praxis ist der Lernende auf sich selbst gestellt; mit der Foige oft groBer Unsicherheit hinsichtlich der Einschiitzung eigenen Vorwissens und eines geeigneten Lemrhythmus. Wir haben dieser Unsicherheit Rechnung getragen, indem wir einen (in allen BOOden gleichen) Leitfaden zur Lektiire anbieten. Dort werden Sie sicher durch den Lehrstoff gefiihrt. Band 3 "Analysis II" liefert dem Studierenden oder dem Praktiker die anspruchsvolleren analytischen Hilfsmittel flir die Mikrookonomik, die Produktionstheorie, die Investitionsrechnung oder das Operations Research. Funktionen mehrerer Variabier, deren Differentiation (und Integration), Differentialgleichungen und Differenzengleichungen sind die mathematischen Inhalte. Sie unterscheiden sich jedoch wesentlich von denen entsprechender Kurse flir Mathematiker. Substitutionsraten (von Produktionsfaktoren), Kreuzelastizitiiten (von Preisen) oder Wachstumsmodelle (flir das Volkseinkommen) sind nur einige eigens fUr die und von den Wirtschaftswissenschaften gepriigte Begriffe. Das Studium von Band 3 ist auch flir den Mathematiker, Ingenieur oder Physiker unabdingbar, der ein okonomisches Zusatzstudium absolviert.
vi
Vorwort
Wie schon bei den ersten beiden Biinden unterzogen sich Frau Schartl und Frau Michalik der Mtihe, den Text zu schreiben, und Frau Dr. Piehler war der gute Geist, bei dem tiber die fachlichen Gesprache hinaus alle organisatorischen Fiiden zusarnmenliefen. Ihnen allen sei herzlich gedankt. Hagen, im Juni 1996
Inhaltsverzeichnis Leitfaden zur Lektiire der Wirtscbaftsmatbematik.•.....••..•••.•.•••.•...••.•...••••..•••. ix Inbaltsiibersicbt zu Band 1..•••..••••.•.•.•.•..•••....•••...••••..••..•.•••••..••••.•••..•••••••..•••..••• xiv Inbaltsiibersicbt zu Band 2
xvi
Symbolverzeicbnis
xvii
13. Differentialrecbnung ffir Funktionen mebrerer Variabler 13.1. Reelle Funktionen mehrerer Variabler
1 I
13.2. Partielie Ableitungen
11
13.3. Der Begriff des totalen Differentials
22
13.4. Anderungsraten und Elastizitaten
31
13.5. Partielle Anderungsraten und Elastizitaten
44
14. Extrema bei Funktionen mebrerer Variabler
49
14.1. Grundbegriffe
49
14.2. Konvexitat und Konkavitat...
54
14.3. Kriterien zur Bestimmung lokaler Extrema
62
14.4. Okonomische Anwendungsbeispiele
68
14.5. Extrema unter Nebenbedingungen
72
15. Differential- und Differenzengleicbungen
83
15.1 Grundbegriffe der Differentialgleichungen
83
15.2 Differentialgleichung mit getrennten Variablen
86
15.3 Exakte Differentialgleichung
90
15.4 AhnIichkeitsdifferentialgleichung
95
15.5 Allgemeine lineare Differentialgleichungen
99
15.6 Lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten
106
15.7 Lineare Differentialgleichungen in der Okonomie
110
15.8 Lineare Differenzengleichungen
112
15.9 Lineare Differenzengleichungen in der Okonomie
120
viii
Inhaltsverzeichnis
16. Einige iikonomische Funktionen 16.1. Nachfragefunktion
123 ,
123
16.2. Engel-Funktionen
124
16.3. Angebotsfunktion
125
16.4. Produktionsfunktion
126
16.5. Kostenfunktion
128
16.6. Logistische Funktion
129
16.7. Lagerkostenfunktion
131
16.8. Treppenfunktion
132
16.9. Weibull-Verteilung
133
16.10. Normalverteilung
135
Liisungen zu den Ubungsaufgaben
145
Literaturverzeichnis
169
Stichwortverzeichnis
174
Leitfaden zur Lektiire der Wirtschaftsmathematik Durch zahlreiche Gesprache mit Mentoren und Studenten wurden wir angeregt, diesen Leitfaden zu schreiben. Er soli ein effizientes Durcharbeiten der drei Bande ermoglichen und Ihnen die Scheu vor dem Stoff nehmen. FUr diejenigen unter Ihnen, die an der Schule den Leistungskurs Mathematik gewiihlt oder aber bereits ein quantitatives Studienfach absolviert haben, ist die Wirtschaftsmathematik ohnehin "Spielerei". Den iibrigen wird empfohlen, ohne Beriihrungsangste an das Fach heranzugehen: Auch wenn sich Ihr Interesse an den Naturwissenschaften bisher in Grenzen hielt - Sie finden heute kaum noch ein Studienfach ohne formal-mathematische und EDV-technische Grundlagen. Natiirlich gibt es auch fUr den mathematisch gut vorgebildeten Leser viel Neues, denn der Kurs Wirtschaftsmathematik verfolgt das Ziel, neben den bereits aufgeziihlten Grundlagen gerade die Sachverhalte zu vermitteln, die im Lauf eines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums immer wieder gebraucht werden, die in der Schulmathematik oder Studiengangen der Naturwissenschaften jedoch vemachlassigt werden. Die folgenden AusfUhrungen teilen wir auf in LektUreratscWage fUr den Studenten mit einer schwacheren und den mit einer umfassenderen mathematischen Vorbildung.
Leitfaden zur LektOre der Wirtschaftsmathematik
x
Wenig mathematische Vorbildung Zuniichst sollten Sie z.B. anhand eines einfiihrenden Mathematiklehrbuches - im Literaturverzeichnis mit
* gekennzeichnet -
tiberpriifen, ob Ihr Wissen auf dem
bundeseinheitlichen Niveau ist, welches ftir eine Hochschulzugangsberechtigung erwartet wird. Grundziige der Geometrie und Algebra, Rechnen mit Foigen und Reihen sowie der Umgang mit elementaren Funktionen und iihnliches wird mer also vorausgesetzt. Dennoch bieten wir Ihnen in Kapitel lOdes Bandes 2 eine gute Wiederholung des Stoffs zu Funktionen einer Variablen, Grenzwerten, Stetigkeit sowie zu Foigen und Reihen an. Dieses Kapitel kann vollig losgelost von den Kapiteln Ibis 9 studiert werden! Recht bald schon werden Sie im wirtschaftswissenschaftlichen Studium mit Phiinomenen konfrontiert, die sich mittels Vektoren und Matrizen, Linearen Gleichungssystemen oder Determinaten darstellen lassen. Welcher Art diese Phiinomene sein konnen, ist in Kapitel I unter dem Titel "Lineare Zusarnmenhiinge in der Wirtschaft" gezeigt. Es wird keinesfalls erwartet, daB Sie diese Probleme bereits selbst formulieren geschweige denn IOsen konnen. Stellen Sie einfach mit Erstaunen fest, daB man recht interessante Fragestellungen mittels Vektoren und Matrizen beschreiben kann! Gewohnen Sie sich an die Indizierung von allgemeinen Zahlen, das Surnmationszeichen sowie die Vektorenund Matrixschreibweise! Die Kapitel 2 bis 6 sind dann Grundlagen der Linearen Algebra, angereichert urn okonomische Anwendungen. Kapitel 7 geht tiber die Grundlagen hinaus; der Inhalt darf jedoch in einem Grundkurs nicht fehlen, da dieser in spiiteren Semestem oder in der Praxis gelegentlich auch als Nachschlagewerk Mathematik dienen soil. Die Inhalte von Kapitel 8 finden sich ebenfalls in allen Lehrbtichem der Wirtschaftsmathematik. Sollten Sie im Hauptstudium Produktionstheorie oder Operations Research als Spezialgebiete wahlen, werden Ihnen die hier entwickelten geometrischen Vorstellungen ntitzen - ansonsten konnen Sie beim Durcharbeiten von Kapitel 8 die Ztigel etwas lockem. Kapitel 9 bereitet auf die Lineare Planungsrechnung vor, so wie sie in zahlreichen Teildisziplinen der Wirtschaftswissenschaften Anwendung findet.
Leitfaden zur Lektilre der Wirtschaftsmathematik
Das folgende Ablaufschema zeigt also eine vollig streBfreie Variante bei der Lektilre der Studieninhalte der Kapitel I bis 10. KapitellO iiberfliegen
Kapitel Ibis 6
Kapitel7 iiberfliegen
Kapitel8 iiberfliegen
IKapitel9 Kapitel7.2 studieren
Kapitel8 studieren
KapitellO studieren
In Band 2 wird wieder der Tatsache Rechnung getragen, daB viele Studienanflinger mit den Grundlagen von reellen Funktionen, Foigen und Reihen sowie der Infinitesimalrechnung auf dem KriegsfuB stehen. Der Inhalt von Kapitel 10 wurde bereits oben behandelt, Kapitel II und 12 stellen eine Zusammenfassung von Grundwissen zurn Ableitungsbegriff, zu Kurvendiskussionen und zur Integralrechnung dar. Neu sind jedoch hier die okonomischen Anwendungen, Ihnen sollten Sie Ihre besondere Aufmerksamkeit schenken.
xi
xii
Leitfaden zur Lekttire der Wirtschaftsmathematik
Mit Kapitel 13 des Bandes 3 beginnt die Differentialrechnung filr mehrdimensionale Funktionen und in Kapitel 14 wird nach Extrema bei solchen Funktionen gesucht. Sie dtirfen getrost den theoretischen Teil von Kapitel 14 nur diagonallesen, sollten aber den Abschnitt 14.5 tiber Extrema unter Nebenbedingungen intensiv bearbeiten. Lesen Sie Kapitel15 tiber Differential- und Differenzengleichungen diagonal, pikken sich jedoch die okonomischen Anwendungen heraus und merken sich Namen und Bezugsfeld. Tun Sie gleiches mit Kapitel16! Stre13freies Studium der Blinde 2 und 3 liiuft also wie folgt ab: Kapitelll und 12 Obungsaufgaben
IKapitel13 IAbschnitt 14.5 Kapitel15 okon.Anwendungen
Kapitel16 Merkend. Bezugsfelder
Gute mathematische Vorbildung Ftir Sie gibt es zwei Varianten des Studiums der Wirtschaftsmathematik: •
Sie betrachten den Kurs als willkommene Wiederholung und Zusammenfassung Ihres Wissens. Sie lesen ihn daher ganz.
•
Sie wollen schnell nur tiber die wirtschaftswissenschaftlichen Anwendungen informiert werden. Sollten Sie diesen Weg wahlen, mtissen Sie allerdings tiber die folgenden mathematischen Teilbereiche umfassende Kenntnisse haben.
Leitfaden zur Lekttire der Wirtschaftsmathematik
Lineare Algebra: Vektorrechnung im Rn; Lineare (Un-) Abhangigkeit; Dimension und Basis des Rn; Hyperraume; Halbraume; Orthonormalisierung von Basen; Matrizen und ihre Grundrechenarten; Lineare Gleichungssysteme und deren Losung mittels des GauBschen Eliminationsverfahrens; Rang und Inverse von Matrizen; Determinanten mit Laplaceschem EntwickIungssatz und Cramerscher Regel; Definitheit von quadratischen Formen; Polyeder und Kegel; Lineare Optimierung. Analysis: Funktionsbegriff und reelle Funktionen einer Variablen wie Polynome, trigonometrische Funktionen und Exponentialfunktionen sowie deren Eigenschaften; Differential- und Integralrechnung von Funktionen einer Variablen; Grenzwerte bei unbestimmten Ausdriicken (I'Hospital); Differentialrechnung von Funktionen mehrerer Variabler; Extrema von mehrdimensionalen Funktionen ohne und mit Nebenbedingung (Lagrange-Ansatz); klassische Losungen von Differential- und Differenzengleichungen. FUr beide Gruppen von Studierenden, die "Wiederholer" und die "Schnellen", ist das Durchrechnen aller Dbungsaufgaben unerlaBlich. Ferner sollten Sie vertieft auf die folgenden wirtschaftswissenschaftlichen Anwendungen achten. Lineare Algebra: Kapitel I; Beispiele des Kapitels 4 zur Matrizenrechnung; Abschnitt 4.5; Beispiel 5.5.4; Abschnitt 5.9; Kapitel 9. Analysis: Kosten-, Erlos-, Gewinn- und Nachfragefunktionen, Abschreibungen und Zinseszinsrechnung in KapitellO sowie speziell Abschnitt 10.15; okonomische Anwendungen der Differential- und Integralrechnung in Abschnitt 12.4; Anderungsraten und Elastizitaten in den Abschnitten 13.4 und 13.5; Extremwertberechnungen in der Okonomie in 14.4; der gesamte Abschnitt 14.5 tiber Extrema unter Nebenbedingungen; die Beispiele 15.2.3 und 15.4.4, Abschnitt 15.7 sowie Abschnitt 15.9 in Kapitel15; das gesamte Kapitel16. Wir hoffen, daB der Leitfaden Ihnen das Bearbeiten der "Wirtschaftsmathematik rur Studium und Praxis" erleichtert.
xiii
Inhaltsiibersicht zu Band 1 1. Lineare Zusammenhange in der Wirtschaft 1.1 Vektoren, Matrizen und Lineare Planungsrechnung 1.2 Lineare Algebra versus Linearitiit in der Okonomie
2. Der 2-dimensionale Vektorraum R 1 2.1 Grundbegriffe und Grundrechenarten im R 2 2.2 Dimension und Basis des R 2 2.3 Skalarprodukt, Gerade und Halbebene
3. Der n-dimensionale Vektorraum Rn 3.1 Grundbegriffe und Grundrechenarten im Rn 3.2 Dimension und Basis des Rn 3.3 Skalarprodukt, Hyperebene und Halbraum 3.4 Hyperraume, Unterraume 3.5 Orthonormale Basen und Orthonormalisierung
4. Matrizen 4.1 Die Matrix als lineare Abbildung 4.2 Grundbegriffe und Grundrechenarten flir Matrizen 4.3 Die Matrixmultiplikation 4.4 Spezielle Matrizen 4.5 Input-Output-Analysen als okonomische Anwendungsmoglichkeiten der Matrizenrechnung - Teil I
5. Lioeare Gleichuogssysteme uod Matrixgleichuogeo 5.1 Einruhrung und Sprechweisen 5.2 Der Rang einer Matrix 5.3 Homogene Gleichungssysteme 5.4 Inhomogene Gleichungssysteme 5.5 Das GauBsche Eliminationsverfahren 5.6 Pivotisieren 5.7 Definition und Eigenschaften von Matrixinversen 5.8 Die Matrixinversion mittels linearer Gleichungssysteme 5.9 Input-Output-Analysen als okonomische Anwendungsmoglichkeiten der Matrizenrechnung - Teil II
Inhaltsubersicht zu Band 1
6. DetermiDaDteD 6.1 Die 2- und die 3-reihige Detenninante 6.2 Die n-reihige Detenninante 6.3 Anwendungen der Detenninantenrechnung
7. Eigenwerte nDd qnadratische FormeD 7.1 Eigenwerte und Eigenvektoren symmetrischer Matrizen 7.2 Quadratische Fonnen und ihre Definitheit 7.3 Diagonalisierung durch quadratische Erganzung
8. Spezielle TeilmeDgeD des Rn nDd ihre EigeDschaften 8.1 Der okonomische Sachbezug 8.2 Polyeder 8.3 Kegel
9. VorbereitnDg anf die Lineare Programmierung 9.1 Die Deckungsbeitragsrechnung 9.2 BasislOsungen und Polyederecken 9.3 Grafische Losung einer Planungsaufgabe
xv
Inhaltsiibersicht zu Band 2 10. Funktionen einer Variablen 10.1 Der Funktionsbegriff 10.2 Analytische und graphische Darstellung von Funktionen 10.3 Verkniipfung von Funktionen 10.4 Monotonie, Beschriinktheit, Symmetrie 10.5 Umkehrfunktion 10.6 Einige elementare Funktionen 10.7 Polynome 10.8 Rationale Funktionen 10.9 Exponential- und Logarithmusfunktionen, trigonometrische Funktionen 10.10 Foigen 10.11 Grenzwerte bei Foigen 10.12 Grenzwert einer Funktion fUr x ~ ±oo 10.13 Grenzwert einer Funktion flir x ~ X o 10.14 Rechnen mit Grenzwerten bei Funktionen 10.15 Beispiele flir stetige und nichtstetige Funktionen in der Okonomie 10.16 Stetigkeit an einer Stelle Xo 10.17 Globale Stetigkeit 10.18 Verkniipfung stetiger Funktionen 10.19 Stetigkeit spezieller Funktionen 11. Differentialrechnung fUr Funktionen einer Variabien 11.1 Grundlagen 11.2 Ableitungsregeln 11.3 Extremstellen 11.4 Zusammenhang zwischen dem Monotonieverhalten einer Funktion und deren Ableitungsfunktion 11.5 Zusammenhang zwischen dem Kriimmungsverhalten eines Funktionsgraphen und der Ableitungsfunktion 11.6 Systematische Kurvendiskussion 11.7 Grenzwerte bei unbestimmten Ausdriicken 12. Integralrechnung 12.1 Das unbestimmte Integral 12.2 Das bestimmte Integral 12.3 Das uneigentliche Integral 12.4 Okonomische Anwendungen
Symbolverzeichnis MengenlehrelLogik x
~y
(bzw. x
~y)
x ist kleiner (bzw. groBer) oder gleichy
x
y)
x ist echt kleiner (bzw. echt groBer) y
x = y (bzw. x ;e y)
x ist gleich (bzw. ungleich) y
7t ""
3,14
()
7t
ist ungeflihr gleich 3,14
runde Klanunem bei Vektoren, Punkten, Matrizen, offenen Intervallen und geordneten Paaren
[]
eckige Klammem bei abgeschlossenen Intervallen
{}
geschweifte Klammem bei Mengen
N(bzw.No)
Menge der natiirlichen Zahlen (bzw. einscWieBlich der Null)
z
Menge der ganzen Zahlen
Q
Menge der rationalen Zahlen
R(bzw. R+)
Menge der reellen (bzw. positiven reellen) Zahlen
C
Menge der komplexen Zahlen Menge der n-komponentigen reellen Vektoren
x eM(bzw. x EM)
x ist (bzw. ist nicht) Element von M
{xix eM} {xeMJ···}
die Menge aller x, fUr die x eM gilt
o
die Menge aller x aus M, fur die ... gilt leere Menge
A c B (bzw. A (/:. B)
A ist (bzw. ist keine) Teilmenge von B
AcB ;e
A ist echte Teilmenge von B
AuB Ar-oB A\B AxB
Vereinigungsmenge (oder: A vereinigt mit B)
(a,b)
geordnetes Paar (oder auch: offenes Intervall,je nach
Schnittmenge (oder: A geschnitten mit B) Differenzmenge (oder: A ohne B) kartesisches Produkt (oder: A kreuz B) Zusanunenhang)
p:;,q
aus p folgt q (oder: Implikation)
xviii
Symbolverzeichnis
PQq
p gilt genau dann, wenn q gilt (oder: Aquivalenz)
P/\q
p und q (oder: Konjunktion)
pvq
p oder q oder beides (oder: Disjunktion)
...,p
nichtp (oder: Negation)
} = l, ... ,n
Der Index} lliuft von 1 bis n Summe tiber} von k bis n
n
L: j=k
[
Z.B.
±aj =a3 +a4 +as] J=3
Produkt tiber} von k bis n
n
[I j=k
[
Z.B.
Ilaj =a3a4as]
J=3
n
n-Fakultat, n! = [I}
n!
j=1 E-
Umgebung des Punktes x
r - Kugel mit Radius r
[x,y] bzw. (x,y) [x,y),(x,y]
Abgeschlossenes bzw. offenes Intervall des Rn Halboffene IntervaIle des Rn
f]
Lineare Algebra •• (o\ •...•o.)T
Spaltenvektor a
E
Rn
Zeilenvektor; der transponierte Vektor von a (lies: "a transponiert")
ai=[all]
indizierter Spaltenvektor
a'n indizierter Zeilenvektor }-te Komponente des Vektors a bzw. a i
O=(O, ... ,O)T
(n-komponentiger) Nullvektor i-ter Einheitsvektor [z. B. e 2 = (0, 1, 0, 0)T
I all
Betrag oder Norm des Vektors a
E
R4 ]
Symbolverzeichnis
XIX
A = Am,n = (ai)) = (ai) )m,n m x n - Matrix mit den Elementen ai)' i = l, ... ,m, j = l, ... ,n
bei Matrizen:
ai
j-ter Spaltenvektor der Matrix A
a[i]
i-ter Zeilenvektor der Matrix A
nx n -Matrix
EiMcit"",m+" " = [~ ~ Nullmatrix [Z.B. O2,3
AT k
m
=(~ ~ ~), O2 =(~ ~)]
transponierte Matrix von A l
inverse Matrix von A
RgA
Rang von A
IAI,
Determinante von A
detA
l aal a ncu I ) ' I)
Elemente der Matrix A = (ai)) vor bzw. nach Durchfiihrung eines Pivotschrittes
Ax=b
Lineares Gleichungssystem mit der Koeffizientenmatrix A, dem Variablenvektor x und der rechten Seite b
(Alb)
Erweiterte Koeffizentenmatrix
Bbzw. N
Basis(-matrix) bzw. Matrix der Nichtbasisvektoren Vektor der Basisvariablen Vektor der Nichtbasisvariablen (oder: der frei wahlbaren) Variablen
q(x) = XT Ax
quadratische Form
Funktionen einer Variablen FolgederreellenZahlen an' n eN Definitionsbereich einer Funktionf Wertebereich einer Funktionf
Symbolverzeichnis
xx
f:Df -+R oder
Funktion definiert auf der Menge Df mit Werten
inR
y=f(x),x eDf,Df cR rl(y)
Urbildmenge von y e Wf
r
Umkehrfunktion vonf
l
id(x)
Identitat
sgnx
Vorzeichen- oder Signumfunktion obere, untere GauBsche Klammerfunktion Absolut- oder Betragsfunktion Polynom n-ten Grades Exponentialfunktion (zur Basis a) natiirliche Exponentialfunktion
loga x
Logarithrnusfunktion (zur Basis a)
lnx
natiirliche Logarithrnusfunktion
19 x oder log x
dekadische Logarithrnusfunktion
sin x
Sinusfunktion
cos x
Kosinusfunktion
tan x
Tangensfunktion
cot x
Kotangensfunktion
arcsin x
Urnkehrfunktion zur Sinusfunktion
arccos x
Umkehrfunktion zur Kosinusfunktion
arctan x
Umkehrfunktion zur Tangensfunktion
arccot x
Umkehrfunktion zur Kotangensfunktion
sup f(x)
Supremum vonf auf A
xeA
inf f(x)
Infimum vonfaufA
lim f(x)
Grenzwert vonffUr x gegen oc>
xeA
X~OO
lim f(x)
Grenzwert von f fur x gegen X o
lim f(x)
rechtsseitiger Grenzwert
lim f(x)
Iinksseitiger Grenzwert
x-+x o
x~xri
x--+x
o
Symbolverzeichnis
xxi
Differentialrechnung fUr Funktionen einer Variablen
(x - xo )
Llx
Differenz
6y = f(x o + Llx)- f(xJ Llx Llx
Differenzenquotient
r.y'. :. ~, diJ;)
Ableitung von y
= f(x)
Ableitung von y = f(x) an der Stelle x = X o
linksseitige (bzw. rechtsseitige) Ableitung vonf an der Stelle Xo Differenzierbarkeitsbereich vonf
f",y"
2. Ableitung vonf
k
k
(k) d f d Y ,y . k' k dx dx f(o) =f
0-
dy
Differential von y = f( x) an einer Stelle Xo
f
(k)
k - te Ableitung vonf te Ableitung vonf
Integralrechnung h
ff(x)dx
bestimmtes Integral vonftiber [a.b]
ff(x)dx
unbestimmtes Integral vonf
F(x~:
Differenz F(b) - F(a) der Stammfunktion F(x)
a
Funktionen mehrerer Variabler y
=f(x),x E Df,Df eRn
Reellwertige Funktion mehrerer Variablen
lim f(x)
Grenzwert vonffUr
~I~X?
Xi -t
x7,i = l, ... ,n
xxii
Symbolverzeichnis
(m) _ ( (m)
- XI
x
(m»)T
"",x n
mit m indizierter Vektor des Rn; im Gegensatz zur linearen Algebra wird die Klammerung der oberen Indizes hier notwendig, urn sie von Exponenten zu unterscheiden partielie Ableitung vonfnach xi,i e {l, ..• ,n}
fx; (X),fi:;(XI ,... ,xn ),
partielle Ableitung vonf nach
Xi
an einer Stelle
~1(x
.....,xn)T (Pf
fxx"~a J u"'i Xj
partielle Ableitung 2. Ordnung vonfnach
Xi
und
I
Xj;i,j=l, ... ,n
Matrix der partiellen Ableitungen 2.0rdnung (Hesse-Matrix) an der Stelle (XI, ... ,xn)T
gradf
Gradient vonf
grad f(xo)
Gradient vonfan der Stelle
dfx
partielles Differential vonfan einer Stelle
df
XO
I
x = (xI ,... ,xn ) T totales Differential von f an einer Stelle x=(x\> ... ,xn)T
totales Differential 2. Ordnung vonfan einer Stelle x = (xI ,... ,xn )
T
Kapitel13
DifTerentialrechnung fur Funktionen mehrerer Variabler 13.1 Reelle Funktionen mehrerer Variabler In der Okonomie sowie in vielen anderen Anwendungsbereichen der Mathematik
ist eine beobachtete GroBe haufig von mehreren Variablen abhangig. Die mathematische Beschreibung derartiger Zusammenhange fUhrt unmittelbar zum Begriff der reellen Funktion in mehreren Variablen.
Definition 13.1.1 Es sei n E Nund DfcRn. Wirdjedem Punkt (xI, ... ,xn)T E Dfdurch eine Funktion I eindeutig eine Zahl y = l(xI ,...,xn) zugeordnet, so heifit I eine reelle FunktiQn in n (reellen) Variablen bzw. eine n-dimensionale Funktion. 1m Fall n> I spricht man auch von einer mehrdimensionalen Funktion. Dahei hei8en xI"'" Xn die unabhiingigen und y die abhiingige Variable.
Beispiel 13.1.2 Spezielle Funktionen in zwei bzw. drei Variablen sind
l(xI ,x2,x3)
=xf + x2x5 + sin(xl x2),
I(X\,X2,X3)
=-+--.
xI
.,;; 3
x2
xI
Dabei sind die ersten beiden Funktionen auf ganz R2 bzw. R3 definiert, und fUr den Definitionsbereich der letzten gilt
W. Rödder et al., Wirtschaftsmathematik für Studium und Praxis 3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1997
reelleFunk/ion in n (reel/en) Variablen. n-dimensionale Funk/ion mehrdimensionale Funk/ion (un)abhiingige Variable
13 Differentialrechnung fUr Funktionen mehrerer Variabler
2
Eine wichtige Klasse von Funktionen wird durch die Definitionen 13.1.3 und 13.1.6 eingeftihrt.
Definition 13.1.3 Eine Funktion der Gestalt (13.1.01)
wobei die 0i beliebige reelle Zahlen sind, hei6t eine affinlineare Funktion. 1m Fall aD = 0 hei6t sie eine lineare Funktion.
ajJinlineare Funktion lineare Funktion
Beispiel 13.1.4 Eine affinlineare und eine Iineare Funktion sind gegeben durch i)
!(xl,x2,x3)=5+3xl-7x2 +.J2x3,
ii)
! (xI "",x4) =2xI -1tX2 +.J2x3 + 25x4'
Bemerkung 13.1.5 i)
Den Graphen der Iinearen Funktion
kann man in der Form Gf = {(XI,
={(XI ,
,xn,y)T ERn+I\Y=OIXI+...+Onxn} ,xn,y) T E Rn+ll(al ,... ,on,-I)(xl ,... ,xn , y)T
=o}
(13.1.02)
darstellen, denn es gilt
~O=OIXI+···+anxn - y
~ 0= (al ,... ,on,-I)(XI,···,xn ,y)T Somit ist Gfdie Menge aller zu (al, ... ,a n,-I)T orthogonalen Vektoren, d.h. G ist die auf dem Vektor (ol, ... ,on,-I)T "senkrecht stehende" Hyperebene f des Rn+ I. (Die Begriffe "Hyperebene" und "orthogonal" werden eingehend
im Text "Lineare Algebra" behandelt).
13.1 Reelle Funktionen mehrerer Variabler
ii)
3
Der Graph der affinlinearen Funktion
ist offenbar eine zu (13.1.02) parallele Hyperebene des Rn+l.
In Verallgemeinerung der Begriffe ..Monom" und ..Polynom" bei eindimensionalen Funktionen (vgl. Def. 10.7.3) erhaIt man die folgende Definition. Definition 13.1.6 Ein Ausdruck der Form
heiRt ein Monom vom Grade k = k 1 +... +kw Dabei sind die ki nichtnega- Monom vom Grade k tive ganze Zahlen und c eine beliebige reelle Zahl. Eine Summe von Monomen heiRt ein Polynom. Der Grad des Polynoms ist der maximale Grad
Polynom
der auftretenden Monome. Ein Polynom vom Grade 2 heiRt eine qua-
quadratische Funktion
dratische Funktion.
Insbesondere ist eine Konstante offenbar ein Monom vom Grade O. Beispiel 13.1.7 Eine spezielles Polynom vom Grade 3 und eine quadratische Funktion sind i)
!(Xj.X2,X3) = -2+xt +2xj X3 +xl +6X2XJ,
ii)
!(xl ,x2,x3) =S+xJ + 2x3 +3xJ x 2 + 6x -.J2xJ.
r
I_Ub_'_u_n.;:;.gs_a_u_fg;:;..a_be_l_3_.1_.8
i)
Machen Sie sich klar, daB die affinlinearen Funktionen die Polynome vom Grade::; 1 sind.
ii)
Geben Sie die allgemeine Form einer quadratischen Funktion an.
1
4
13 Differentialrechnung ftir Funktionen rnehrerer Variabler
Der Graph einer Funktion in n = 2 Variablen, d.h. die Punktmenge
laBt sich als Flache tiber der (xI' x2)-Ebene veranschaulichen.
Beispiel 13.1.9 Der Graph der Funktion
ist in Abb. 13.1.10 dargestellt. Es handelt sich dabei urn eine Ebene durch die Punkte (O,O,4)T, (O,2,O)T und (l,O,O)T. Sie steht senkrecht auf dern Vektor
X,
!(-4 -2 _I)T 2 ' ,
4
Abb. 13.1.10: Graphische Darstellung der Funlction in Beispiel 13.1.9
Beispiel 13.1.11 Die Abb.13.1.12 enthiilt den Graphen der quadratischen Funktion
Es ist ein Rotationsparaboloid, der durch Rotation einer Parabel urn die senkrechte Achse {(5,5,X3)T 1x3
E
R} entsteht.
13.1 Reelle Funktionen rnehrerer Variabler
5
(5.5.1O)T
10
Abb. 13.1.12: Graphische Darstellung der Funktion in Beispiel 13.1.11
Eine alternative Darstellungsweise fur Funktionen zweier Variabler ermoglichen die aus der Geographie bekannten Isohohenlinien. Die IsohOhenlinie einer Funktion f zur Hohe c besteht aus allen Punkten (xI' X2)T E Df , die die Gleichungf(x\, x2) = c
erflillen.
Beispiel 13.1.13 Flir die Funktionen der Beispiele 13.1.9 und 13.1.11 sind die Isohohenlinien die LOsungsrnengen der Gleichungen i)
4-4xl-2x2 =c x2 =2-
~
c
2- 2xI
bzw. ii)
1O-(XI-5)2_(X2-5)2=c
IO-c =(XI _5)2 +(x2 _5)2.
~
13 Differentialrechnung fOr Funktionen mehrerer Variabler
6
Gleichung i) definiert fOr verschiedene c eine Schar paralleler Geraden. FUr emit c ::;; 10 ergeben die LOsungsmengen von ii) konzentrische Kreise mit dem Mittelpunkt (5,5)T und dem Radius "/1O-c (vgl. Abb.13.1.14).
c=8
4
2
2
4
Abb. 13.1.14: Isohtihenlinien der Funktionen in Beispiel 13.1.9 und Beispiel 13.1.11
Urn die Stetigkeit fOr Funktionen mehrerer Variabler definieren zu konnen, wird der Begriff der Konvergenz von Folgen im Rn benotigt. Definition 13.1.15 Man sagt, eine Folge von Punkten x(m)
Konvergenz einer Punktfolge
(x(m) )meN
mit
=(x~m),... ,x~m»T ERn
konvergiert gegen einen Grenzwert ponenten von
x(m)
x(o)=
(x~O), ... ,x~o»T, wenn aile Kom-
gegen die entsprechende Komponente von
vergieren, d.h. wenn lim m-+ oo
x(m) I
= x~o) I
fUr aile i = I, ... , n gilt. Man schreibt dann lim m-+ oo
x(m)
= x(o) .
x(o)
kon-
13.1 Reelle Funktionen mehrerer Variabler
7
Beispiel 13.1.16 Die Folge von Punkten (x(m»meN mit x(m)
=(x(m) 'X2(m»T:=(2+~, m+2)T E R 2 m m+5
I
konvergiert gegen den Grenzwert x(o):= (2, l)T, da
( 1) =
lim 2 +m
m~oo
m+2 2 und lim - m~oo m+5
=1
gilt. Die Punkte der Foige und der Grenzwert
x(o)
sind in Abb. 13.1.17 veran-
schaulicht.
..
•
][(3)
• • ][(2) 0,5 - --- ------------------------------- ..... -x(l) .
o ( 2,5
3
Abb.13.1.17: Graphische Darstellung der Polge in Beispiel 13.1.16
IUbungsaufgabe 13.1.18 Bestimmen Sie die Grenzwerte der Foigen (x(m»meN mit
- falls diese existieren - fUr (m)
1
i)
Xl
=;'
x(m)=cos~,
ii)
x~m)
=sinm,
(m) 1 X2 =2' m
iii)
x~m) =sin 2., x~m) =); +3.
2
m+l
m
WeIche Folge(n) konvergieren nicht?
13 Differentialrechnung fur Funktionen mehrerer Variabler
8
Definition 13.1.19 i)
stetig in einem Punkt
Eine reelle Funktion !(x) mit x = (xl'.'" x n) hei8t stetig in einem
Punkt x(o) = (xf O ) , ••• ,x~o) T E D , wenn fUr jede gegen x(o) konf vergente Punktfolge auch die zugehorige Foige der Funktionswerte gegen!(x(o) konvergiert, d.h. wenn fUr jede Foige (x(m)meN mit x(m) = (xf m),... ,x~m)T E D und lim x(m) = x(o) die Bedingung f m~~
lim !(x(m) = !(x(o) m~oo
erfUllt ist. ii)
stetige Funktion
Die Funktion!hei8tstetig (auf Df ), wenn!in allen Punkten x E Df stetig ist.
Beispiel 13.1.20 Die Funktionf: R2 -+ R mit
ist unstetig im Punkt x(o) = (O,O)T. Fur die Foige (x(m)meN mit x(m):= (xf m),xim) T=
(.!-m 'O)T gilt
lim x(m)= x(O), m~oo
und der Funktionswert des Grenzwerts ist !(x(o) = I. Wegen xf m)= ~>O gilt femer!(x(m)=Oftir m=I,2,... und somit lim !(x(m)=O. m~~
Es gilt also lim !(x(m)"* !(x(O). Entsprechend zeigt man, daB!injedem Punkt m~oo
der Form x(o) = (0, y)T mit Y E R unstetig ist. Dagegen ist! stetig in jedem Punkt der Form x(o) = (x, y)T mit x"* 0, Y E R. 1st etwa x
groBem m im einer Umgebung UE von x(o), 0 < £ < I (vgl. Abschnitt 10.11 zur Definition von UE und Abb. 13.1.21). Fur diese x(m) gilt also !(x(m» = 0, woraus lim !(x(m) =0= !(I,I) folgt. m~oo
13.1 Reelle Funktionen mehrerer Variabler
9
0.5
0,5
X,
Abb. 13.1.21: Umgebung UE des Punktes x(o) =(l,l)T in Beispiel 13.1.20
Einige wichtige okonomische Funktionen besitzen die in der folgenden Definition eingefiihrte Eigenschaft der Homogenitiit. Definition 13.1.22 Eine Funktionf: Df ~ R (Df eRn) hei6t homogen yom Grade ex, wenn f(AxI •...• Axn)
=')..0. f(xi ,...• Xn )
homogen yom Grade 0.
bzw. in Vektorschreibweise
Fur (X = 1, (X < 1, bzw.
(X>
1 hei6tflinear-, unterlinear- bzw. uberlinear-
homogen.
linear-, unterlinear-, iiberlinear·homogen
Beispiel 13.1.23 Die Cobb-Douglas-Funktionen (vgl. Ubungsaufgabe 11.7.9). d.h. Produktions- Cobb·Douglas· Funk/ion
funktionen der Gestalt
(Xl .... ' x n ~ 0; c.
niimlich
(Xl ..... (Xn
~
0) sind homogen vom Grade (X =
(Xl
+... + (Xn' Es gilt
13 Differentialrechnung fUr Funktionen mehrerer Variabler
10
Eine Produktionsfunktion y = f(x!, ... ,xn ) gibt den Output yin Abhangigkeit von den Inputs Xt,,,,,xn an. Die Homogenitat vom Grade <X bedeutet dabei, daB der Output urn den Faktor 'A.u ansteigt, wenn alle Inputs urn den Faktor 'A. erhoht werden.
Ubungsaufgabe 13.1.24 I I._....::::.--....::::.--_----------Zeigen Sie, daB lineare Funktionen auch linear-homogen sind (vgl. Definition 13.1.3 und Definition 13.1.22).
Die Umkehrung der Aussage in Ubungsaufgabe 13.1.24 gilt allerdings nieht, wie das folgende Beispiel einer sog. CES-Produktionsfunktion (CES: constant elasticity of substitution) zeigt. Beispiel 13.1.25 Die Funktion
ist linear-homogen, da
f (J·...xt ,... '/un) = e[<Xt (/ut)~ +. "+<X n(/un)~]t
gilt. Offenbar ist diese Funktion aber nieht linear.
IUbungsaufgabe 13.1.26 Stellen Sie die Funktionfim Beispiel 13.1.25 fur den Fall n =2, e = 2, <Xl = 1, <X2 =2, ~
= 2 mit Hilfe von Isohohenlinien graphiseh dar.
In den folgenden beiden Absehnitten wird der Begriff der Ableitung einer eindimensionalen Funktion (vgl. Abschnitt 11.1) auf n-dimensionale Funktionen verallgemeinert.
13.2 Partielle Ableitungen
II
13.2 Partielle Ableitungen Filr mehrdimensionale Funktionen f(x \,... ,xn ) laBt sich in naheliegender Weise ein Differenzierbarkeitsbegriff einfiihren. indem man annimmt, daB nur die Variable xk variiert wird, wahrend x\, ... ,xk_\,xk+\,.... x n konstant gehalten werden. In die-
sem FalllaBt sichf(x\, ... ,xn ) als eindimensionale Funktion in der Variablen xk auffassen, ftir die in Kap. 11 bereits die Ableitung definiert worden ist. Diese Oberlegung fiihrt zum folgenden Begriff der partiellen Ableitung. Definition 13.2.1 EsseiDfCRn eine Menge, x(O)=(xfO), ... ,x~O»T ED einPunkt,undf: f Df~ R sei eine Funktion.
i)
Die Funktion f heillt in x(o) partiell ditTerenzierbar bzgl.
x",
falls
der Grenzwert
(13.2.01) existiert. Der Grenzwert (13.2.01) wird mit af(x\, ... ,xn ) aXk
I
f Xk (x(O»
oder mit
x=x(o)
bezeichnet und hei6t die (erste) partielle Ableitung lion f bzgl. Xk an der Stelle x(o). ii)
1st die Funktion f an allen Stellen
XEDf
bzgl. aller Variablen
x \,... ,xn partiell ditTerenzierbar, so hei6t f partiell differenzierbar. Sind aile Funktionen fXk (k = 1, ... ,n) stetig, so hei6tfstetig partiell differenzierbar.
Die Begriffe werden durch die folgende Dberlegung veranschaulicht. Bemerkung 13.2.2 i)
Die partielle Ableitung vonf(x\, ... ,xn) bzgl. xk an der Stelle
panielle Ableitung von fan der Stelle xlo)
paniell differenzierbar stetig paniell differenzierbar
12
13 Differentialrechnung fUr Funktionen mehrerer Variabler
ist die Ableitung der eindimensionalen Funktionlk an der Stelle x. wobei (0) (0) (0» ).- f( xI(0) •...• xk_l.x.xk+I.···.xn f k (X.-
ist. Denn nach Def. 11.1.4 gilt
'() I' h(x+~)- h(x) f k x = 1m A_
dx-+O
L>A
(0)
. f(XI I 1m
(0)
(0)
(0)
(0)
•.. X"'X n )
~
dx-+O
ii)
(0)
•...• xk_l·x+~.xk+I.···.xn )-f(x]
FUr den Fall n = 2 sind die Zusammenhange in Abb. 13.2.3 veranschaulicht. Die Funktionfhat dann die Gestalt
und die Funktionenfk sind f](x)
= f(x.xiO»
und
f 2(x) = f(x\
(0)
.x).
Der Graph vonf] ist der Durchschnitt des Graphen vonfmit der Ebene. die parallel zur (xl.y)-Ebene liegI und den Punkt (O.xiO).O)T enthalt. Entsprechend ist der Graph von h der Durchschnitt des Graphen von f mit der Ebene. die parallel zur (x2. y)-Ebene liegt und den Punkt (x~O).o.ol enthalt. Nach Teil i) gilt x(O» =f'(x(O» f XI ( x(O) ] • 2 I]
bzw. (0)
fX2 (XI
(0)
,(0)
.x2 ) = h(x2 ).
Die partiellen Ableitungen geben also die Steigungen der Graphen vonfI in x}O) bzw. vonh in xiO) an und sind somit gleich tan a bzw. tan ~. In der Abb. 13.2.3 sind diese Steigungen negativ. a und
~
sind daher stumpfe Winkel. (FUr den stump-
fen Winkel a = 135° gilt z.B. tan a = -I < 0)
13.2 Partielle Ableitungen
13 y
x,
X,
Abb. 13.2.3: Partielle Ableitungen
Beispiel 13.2.4 Wir betrachten die Funktion
Die partielle Ableitung bzgl. xI ergibt sich, indem man x2 als konstant betrachtet und nach xI ableitet, d.h.
Entsprechend ist die partielIe Ableitung bzgl. x2
Z.B. sind die partiellen Ableitungen vonfan der Stelle (2,6)T gegeben durch fx) (2,6) =8-2·2 =4 und
Beispiel 13.2.5
Die partiellen Ableitungen der Funktion
14
13 Differentialrechnung fUr Funktionen mehrerer Variabler
sind
IUbungsaufgabe 13.2.6 Bestimmen Sie die partiellen Ableitungen der Funktion
fUr x3 ;:: 0, xI, x2 beliebig und der Funktion
ftir x2
;t
Z7t, Z E Z
und xI, x3 beliebig.
Da sich die partiellen Ableitungen als Ableitungen eindimensionaler Funktionen auffassen lassen, erhaIt man aus den Differentiationsregeln in Abschnitt 11.2 unmittelbar die im folgenden zusammengefaBten Regeln.
Bemerkung 13.2.7 Vorausgesetzt, daB die Funktionenfund g in x
= (XI, ... ,xn)T partiell differenzier-
bar sind, gilt fUr k = 1, ... , n i)
d df(x) -(cf(x))=c-dXk dXk
ii)
-(f(x)+ g(x)) = - - + - -
iii)
-(f(x)'g(x)) =--'g(x)+ f(x)'--
(mitcE R)
d
df(x)
dg(X)
dXk
dXk
dXk
d
df(x)
dg(X)
dXk
dXk
dXk
15
13.2 Partielie Ableitungen
iv)
a
a/(x) ag(x) --·g(x)-/(x)·-aXk aXk
I(x)
aXk (g(X) ) =
(g(x»2
(mit g(x)
"#
0)
Beispiel 13.2.8 Anwendung von Bemerkung 13.2.7 iii) ergibt a a -:;-«Xt +x2)sin(xt X2» =-:;-(Xt +x2)sin(x\x2)+(Xt ~
~
a
+ x2)-:;-sin(xlx2) ~
Beispiel 13.2.9 Aus Bemerkung 13.2.7 iv) folgt
a
a
xx xx - ( x l -x2)e / 2 -(Xt -x2)-e ' 2 Xt - x2 _ aXt aXI aXt ( eX1X2 ) e2x ,X2
-i..
eX/X2 -(X\-X2)X2eXIX2 e 2x ,X2
1+(X2 -X\)X2 eX1x2
I_Ub_u_D..:;;gs_8_u.....;fg;;;.8_be_l_3_.2_.1_0
---'1
Berechnen Sie mit Hilfe der Differentiationsregeln in Bemerkung 13.2.7 die partielien Ableitungen der folgenden beiden Funktionen: ·) 1
I
(Xt,x2) =
sin(xt+ x2) x/x2 ' e
Dabei bezeichnet in x den natUrlichen Logarithmus von x, d.h. den Logarithmus zur Basis e '" 2,718.
Zur Formulierung von Relationen in der Differentialrechnung mehrerer Veranderlicher erweist es sich als zweckmaBig, die partiellen Ableitungen einer Funktion zu einem Vektor zusamrnenzufassen.
16
13 Differentialrechnung fUr Funktionen mehrerer Variabler
Definition 13.2.11 Fur die Funktionf(x) mit x = (xl •... , xn)T hei8t der Vektor der Ableitungen
der Gradient (oder der Gradientenvektor) von f. Gelegentlich wird auch die Schreibweise V f(x) (lies: Nabla) anstelle von gradf(x) benutzt.
Gradient
Beispiel 13.2.12 Der Gradient der Funktionfim Beispiel 13.2.5 ist grad f(x)
=(2xl F;.
r!:- + x3eX2X3 .x2eX2X3)T.
x2
"x2
IUbungsaufgabe 13.2.13 Bestimmen Sie die Gradienten der Funktionen in Ubungsaufgabe 13.2.6.
Bemerkung 13.2.14 i)
Die Riehtung des Vektors grad f(x) laBt sieh anschaulich a1s die Richtung des steilsten Anstiegs der Funktion f interpretieren, wenn man vom Punkt x ausgehl. Zur lllustration betrachten wir die Funktion f in Beispiel 13.1.11. Man erhiilt
woraus insbesondere gradf(4,4) = (2,2)T fo1gt. Der Vektor (2.2)T ist im Punkt (4,4) in die Isohohenliniendarstellung der Funktionf eingetragen (vgl. Abbildung 13.2.15). Er weist offenbar in die Richtung des steilsten Anstiegs vonf, da er senkrecht auf der IsohOhenlinie durch den Punkt (4,4)T stehl. ii)
Die Lange des Vektors gradf(x) laBt sich als MaB fUr die Starke des Anstiegs der Funktion f in Richtung des Gradienten auffassen. Diese Uberle-
Richtungsableitung
gung fUhet zum Begriff der Richtungsableitung. der im Rahmen dieses Lehrtextes nieht weiter vertieft werden solI.
17
13.2 Partielle Ableitungen
10
c=-IO
9
c=O
8
7 6
5 4
2
2
4
6
7
8
9
10
Abb. 13.2.15: Gradient der Funktionfaus Beispiel 13.1.11 im Punkt (4,4)T
Die folgende Regel ist insbesondere fUr die Charakterisierung homogener Funktionen (vgl. Definition 13.1.22) von Bedeutung.
VeraUgemeinerte Kettenregel Es seif Dr-+R eine stetig partiell differenzierbare Funktion (Dfe Rn). Ferner seien gl, ... ,gn auf dem reellen Intervall [a, b) (a < b) stetig differenzierbareFunktionenmit (gl(t), ...• gn(t»T EDf
fUralletE [a,b).
FUr die Ableitung der Funktion F: [a,b] -.+R mit
giltdann gl(t)] F'(t)=gradT!(gl(t),···,gn(t»·
: [ g~(t)
n
= L!x(gl(t),···,gn(t»·g[(t)· I ;=1
(13.2.02)
18
13 Differentialrechnung fUr Funktionen mehrerer Variabler
Offensichtlich erhiilt man aus (13.2.02) fUr n
= I die Kettenregel fUr eindimensio-
nale Funktionen (vgl. Abschnitt 11.2).
Beispiel 13.2.16 Es sei !(X"XZ) = xfxz + sin Xz t g,(t)=e gZ(t) = t
Z
Der Gradient von!ist
(13.2.03) Die ,,zusammengesetzte" Funktion F(t) hat die Form F(t) = !(g,(t),gz(t)) = (g, (t))Z gz (t) + sin (gZ (t)) =eZrt Z +sin(tZ).
(13.2.04)
FUr ihre Ableitung F'(t) ergibt sich nach der verallgemeinerten Kettenregel (vgl. (13.2.03)) gUt)) T F'(t) =grad !(g,(t),gz(t))· ( g2,(t) 2
= (2it ,e
Zt
+cos(tZ)){~:)
= 2e Zt t Z + 2te Zt + 2t cos(t2)
l. .,:u:. .·b:. .u=.D: ;:g: .:sa.:.,:u. .: .fg:: ,a:.:. ,b:. .e. .,:I:. .3. .,:.2.:. :.1.:. :7
I
Bestiitigen Sie das Resultat im obigen Beispiel, indem Sie die Funktion
(vgl. 13.2.04) direkt mit Hilfe der Differentiationsrege1n fUr eindimensionale Funktionen ableiten.
13.2 Partielle Ableitungen
19
IUbungsaufgabe 13.2.18 Es sei
=
f(x!.xz) x!e XI +X2. gt(t)=t 3 +5.
gz(t)=t z -to
Berechnen Sie die Ableitung der Funktion
F(t) = f (gl (t).gz (t»
mit Hilfe der verallgemeinenen Kettenregel. und machen Sie die Kontrolle durch direktes Ableiten wie in Ubungsaufgabe 13.2.17.
Als eine ftir die Okonomie wichtige Anwendung der Kettenregel erhiilt man die folgende Eulersche Homogenitiitsrelation.
Satz 13.2.19 Eine stetig partiell ditTerenzierbare Funktion f Df nau dann homogen vom Grade <X, wenn
....dT
~
!(XI .....x,){::J ~ O/(xl ...·.x')
R (Df eRn) ist ge-
(13.2.05)
Urn den Nutzen der Kettenregel ftir den Beweis dieses Resultats zu demonstrieren. zeigen wir die wesentlichen Schritte einer Beweisrichtung auf: Istfhomogen vom Grade a. so gilt fe).."x) = 'A.(J. f(x) (x
E
Df. 'A. > 0). Durch Ableiten beider Seiten nach 'A. folgt unter Verwendung der
verallgemeinenen Kettenregel
Eulersche Homogenitatsrelation
20
13 Differentialrechnung fiir Funktionen mehrerer Variabler Setzt man darin A. = I, so ergibt sich
gradT f(x)·x=a.f(x), d.h. es gilt (13.2.05). Flir die Bestimmung von Extrema bei Funktionen mehrerer Veranderlicher (vgl. Kapitel 14) werden auch hOhere partielle Ableitungen benotigt.
Definition 13.2.20 Es seif: Df~ R (Dfe Rn) eine partiell differenzierbare Funktion. Sind deren partielle Ableitungen fXI, ... Jx n ebenfalls partiell differenzierbar, so hei6tlzweimal partiell differenzierbar. Die Funktionen
zweimal partiell differenzierbar
I xx . (x) =(fx)x.J (x) t
)
I
mit x = (xl' .. . ,xn)T und I ~ i,j ~ n hei8en die zweiten partiellen Ableitungen von f. Sind aile ersten und zweiten partiellen Ableitungen stetig, so hei6tfzweimal stetig partiell differenzierbar.
zweile partielle Ableilung zweimal slelig partiell differenzierbar
Anstelle von lx-x. (x(o») an einer bestimmten Stelle x(o) schreibt man auch hiiufig J
I
;P/(X)I
---
2
_
aXiaXj x-x
(0)
oder
f -axiaa 1(0). Xj x
Beispiel 13.2.21 Die Funktion
hat die ersten partielien Ableitungen
(13.2.06) und
(13.2.07) Durch partielies Ableiten von (13.2.06) nach Xl bzw. x2 erhiilt man
13.2 Partielle Ableitungen
21
(13.2.08) und
(13.2.09) Die partiellen Ableitungen von (13.2.07) sind
(13.2.10) und
(13.2.11)
IUbungsaufgabe 13.2.22 Ermitteln Sie die ersten und zweiten partiellen Ableitungen der Funktion
Bemerkung 13.2.23 i)
1st eine Funktion f Df --t R (Df eRn) wie im obigen Beispiel zweimal
stetig differenzierbar. so sind die zweiten partiellen Ableitungen von der Reihenfolge der Differentiation unabhiingig. d.h. es gilt IXjX j
(x) =
Ix jXj
(x)
fur aile x= (X! •... ,xn)T E Df und aile i,j = I, ... ,n (vgl. (13.2.09) und (13.2.10». ii)
Offensichtlich lassen sich in Verallgemeinerung der Definition 13.2.20 auch k-te partielle Ableitungen (k E N) einfiihren. 1m Faile der Stetigkeit aller k-ten partiellen Ableitungen sind auch diese von der Differemiationsreihenfolge unabhiingig.
Definition 13.2.24 Es sei I eine zweimal partiell differenzierbare Funktion. Die Matrix der zweiten partiellen Ableitungen
22
13 Differentialrechnung ftir Funktionen mehrerer Variabler
hei6t die Hesse-Matrix vonf(im Punkt x
Hesse-Matrix
=(x), ... , xn)T).
Beispiel 13.2.25
Die Hesse-Matrix der Funktionfim Beispiel 13.2.21 ist
IUbungsaufgabe 13.2.26 i)
Bestirnmen Sie die Hesse-Matrix der Funktion
ii)
Unter welchen Differenzierbarkeitsvoraussetzungen fiir eine Funktion fist die Hesse-Matrix Hfsyrnmetrisch?
13.3 Der Begriff des totalen Differentials 1m vorangegangenen Abschnitt haben wir uns mit den partiellen Ableitungen mehrdimensionaler Funktionen beschiiftigt und bereits Beispiele fiir mathematische sowie okonomische Anwendungen (vgI. die Kettenregel (13.2.02) bzw. Satz 13.2.19) aufgezeigt. Dennoch HiBt sich die Problematik der "Differenzierbarkeit mehrdimensionaler Funktionen" anhand des Begriffs der partiellen Ableitung nicht erschopfend abhandeln. Aus theoretischer Sieht bleibt die Frage unbeantwortet, was nun unter der Ableitung einer n-dimensionalen Funktion in einem Punkt x(o) des Definitionsbereichs zu verstehen ist. Der in diesem Abschnitt eingefiihrte Begriff des totalen Differentials ist geeignet, diese LUcke zu schlieBen (vgl. Bemerkung 13.3.5). Anwendungsmoglichkeiten des totalen Differentials werden abschlieBend in Form einer allgemeinen Niiherungsformel zur Berechnung der Werte mehrdimensionaler Funktionen aufgezeigt (vgI. (13.3.11)).
13.3 Der Begriff des totalen Differentials
23
Urn einen "Ableitungsbegriff mehrdimensionaler Funktionen" zu erarbeiten, sei zuniichst an den entsprechenden Begriff bei eindimensionalen Funktionen erinnert (vgl. Definition 11.1.4): Man sagt, daB eine Funktionf
Dr~ R
(Dfc R) in einern Punkt Xo E Dfdifferen-
zierbar ist, wenn der Grenzwert f(x)- f(x o ) . I1m x~xo
(13.3.01)
X-X o
existiert, wobei (13.3.01) die Ableitung vonfin X o heiBt und rnitf'(xo) bezeichnet wird. Eine Verallgemeinerung des Ausdrucks (13.3.01) auf den rnehrdirnensionalen Fall, indem man die reellen Variablen x und Xo durch Vektoren x und x(o) ersetzt, ist aus trivialen GrUnden ausgeschlossen, da die "Division durch einen Vektor (x - x(o)" nicht definiert ist. Allerdings liiBt sich (13.3.01) in eine aquivalente, verallgerneinerungsfahige Form Uberftihren. Wenn die eindimensionale Funktionfin X o E Dfdifferenzierbar ist, gilt offenbar (13.3.02) Durch einfache Urnformung des Klammerausdrucks in (13.3.02) ergibt sich die iiquivalente Beziehung (13.3.03)
Man kann also folgendes sagen: Die Funktionf
Df~ R
wenn eine reelle Zahl a
(Dfc R) ist genau dann differenzierbar im Punkt X o E Dr E
R existiert, fUr die der Grenzwert (13.3.03) existiert.
(Die Zahl a wird dann rnitf'(xo) bezeichnet und "Ableitung vonf in x o" genannt). Die (affin) lineare Funktion (13.3.04) wird in Abbildung 13.3.1 geornetrisch veranschaulicht.
13 Differentialrechnung fiir Funktionen mehrerer Variabler
24
x Abb. 13.3.1: Das Differential einer eindimensionalen Funktionf
Der Graph der Funktion (13.3.04) ist offenbar eine Gerade g, durch den Punkt (x o' O)T, deren Steigung mit der Steigung des Graphen vonfim Punkt (xo,f(xo)T
tibereinstimmt. Parallel dazu verlauft die Tangente g2 von f im Punkt (xo,f(xo»)T
mit der Funktionsgleichung
Die (affin) lineare Funktion, die das Steigungsverhalten der Funktionf an der Stelle Differential
reprasentiert, heiBt das Differential der Funktion f im Punkt X o und wird in der mathematischen Fachliteratur auch mit dfbezeichnet: df= !'(xo)(x - x o). Da spe-
Xo
ziell fUr die Identitat id(x) = x das Differential d id = dx = id'(xo)(x - xo) = l·(x - xo) gilt, ist auch die Schreibweise df =f' (xo) dx korrekt.
~ = f'(x o )
heiBt konse-
quenterweise Differentialquotient. Wir sind nun in der Lage, einen verallgemeinerten Differenzierbarkeitsbegriff einzufiihren: Definition 13.3.2 (total) differenzierbar
Eine n-dimensionale Funktion f Df -7 R (Df eRn) hemt an der Stelle x(o) E Df (total) differen'l.ierbar, wenn ein Vektor a
E
Rn existiert, so daR
(13.3.05)
gilt (117.11 =~
zr +...+z;; bezeichnet dabei die Norm des Vektors
z= ('l.I, ... ,zn)T ERn).
13.3 Der Begriff des totalen Differentials
25
Man kann (13.3.05) als eine Verallgemeinerung von (13.3.03) auffassen. Mit Hilfe der einseitigen Grenzwerte der Quotienten in (13.3.03) bzw. in (13.3.05) fUr x ~ x(o) kann man insbesondere zeigen, daB (13.3.05) fUr n = 1 zu (13.3.03) aquivalent ist. Der Zusammenhang der obigen Definition mit der paniellen Differenzierbarkeit wird durch den folgenden Satz hergestellt. Satz 13.3.3 Fs seif: Df ~ R (Dfe Rn) eine n·dimensionale Funktion und x(o) E Df •
Dann gilt i)
fist genau dann total differenzierbar in
x(o), wennfstetig partiell differenzierbar in x(o) ist (vgl. Definition 13.2.1).
ii)
Wenn f total differenzierbar in x(o) ist, so ist der Vektor a in Definition 13.3.2 eindeutig bestimmt, und es gilt a = grad.f(x(O».
Das totale Differential vonfin x(o) ist nun die zum Vektor a gehorige (affin) lineare Funktion aT (x - x(o» in (13.3.05).
Definition 13.3.4 Die zu einer mehrdimensionalen Funktion f gehOrige (amn) Iineare Funktion
(13.3.06)
hei8t das totale (oder das vollstiindige) Differential vonfim Punkt x(o).
totales Differential
26
13 Differentialrechnung ftir Funktionen mehrerer Variabler
Haufig verwendet man auch die Schreibweisen
oder
ftir das totale Differential. Diese Schreibweise entspricht der bei eindimensionalen Funktionen, da dxj
=id'(xj )(Xj -
x?)
=1· (Xi -
X?) jeweils das Differential der
Identitat ist. Bemerkung 13.3.5 i)
Das totale Differential reprasentiert also eine Verallgemeinerung des Differenzierbarkeitsbegriffs auf mehrdimensionale Funktionen.
1m Fall n = 1 ist es mit dem oben ftir eindimensionale Funktionen eingefiihrten Differential identisch, da (13.3.06) dann die Form d!
=!x(xo)(x- xo ) = !'(xo)(x- x o )
hat (vgl. Abb. 13.3.1). Ftir n = 2 ist der Graph des totalen Differentials in (13.3.06) eine Ebene durch den Ursprung des Koordinatensystems im R3, deren "Steigungsverhalten" mit dem der Tangentialebene zum Graphen von! im Punkt (x(o), fi.x(o))T tibereinstimmt (vgl. Beispiel 13.3.6); d.h. der Graph des totalen Differentials ist parallel zu dieser Tangentialebene. ii)
Wegen Bemerkung 13.1.5 (vgl. auch Beispiel 13.1.9 und Obungsaufgabe 13.1.11) steht der Graph des totalen Differentials (vgl. (13.3.06» senkrecht auf dem Vektor
iii)
Die Tangentialebene selbst ist der Graph der Funktion t(x)
=!(x(o)+d! = !(x(o) +gradT!(x(O)(x_x(O)
(vgl. auch Abb. 13.3.1).
(13.3.07)
13.3 Der Begriff des totalen Differentials
27
Beispiel 13.3.6 Ein Ellipsoid mit den Achsenabschnitten 2, 3 und 1 ist gegeben durch die Gleichung
xl xi xs
-+-+-=1 bzw. 2 2 2 2
3
1
(13.3.08) Beschriinkt man sich auf den Halbraum mit nichtnegativen xTWerten, so IaBt sich die Losungsmenge von (13.3.08) ais der Graph der Funktion
x2
x2
4
9
f(X\,X2)=± 1--1-_-.1.
(13.3.09)
auffassen (vgl. Abb. 13.3.7). Wir wollen das totale Differential vonfim Punkt
x(o)
=(xfO) ,x~O) T =(I,2)T be-
stimmen. Man erhalt
f XI (x(\
0
)
,
x(
0
2
)
1 (0) --·2x\ = --;==4==.c==:=:,;:=, (0)2
(0)2
2 I-~-~
4
1
=-
9
1
4~1-I; _2: -3
=-2m-I-I '" -0,452 und analog 1 (0) --9·2x2 () () f X2 (xl ° ' X2° ) = ---;r====f=(0=)2:===(0=)2;:=' X\ 2 I __ X2_ 4 9
-4
=-Nil-II '" -0,402. Das totale Differential vonfim Punkt x(o) = (1, 2)T ist also (vgl. (13.3.06) df
= f x, (x(O)(X\ -
xfO)
-3
+ fX2 (x(0)(X2 - x~O»
4
=2m(x\-I)- 3m(X2 -2) 25
=
3
6Jli- 2m Xt -
4 3m X2 '
28
13 Differentialrechnung fUr Funktionen mehrerer Variabler
Die Tangentialebene vonfim Punkt (x(o),f(x(o»)T = (1,2,
~)T ist der Graph der
Funktion (vgl. Abb. 13.3.7)
t(x) = f(x(o»)+df
.J1i =-+df 6 .J1i 25 3 4 --+-----x ---x - 6 6.J1i 2.J1i I 3.J1i 2 1
3
(13.3.10)
4
=vii r.;-(6-- xl--x2)· 2 3 Der Graph des totalen Differentials sowie die Tangentialebene stehen senkrecht auf dem Vektor
(grad f( I, 2), -l)T =
( -3v -4v )T r.;- ,
r.;- ,-1
2 11 3 11
(vgl. Bemerkung 13.3.5).
2
6
v = (-grad!(I,2),I)T
.Jil
=
1
2
3
4
3 4 )T (2M' 3M' 1
xI
Abb.I3.3.7: Der Graph der Funktionftn (13.3.09) und dIe Tangenlialebene im Punk!
( m)T 1,2'6
1m folgenden seif: Dr~ R (Dfe Rn) eine in x(o) total differenzierbare Funktion (x(o) E Df, vgl. Satz 13.3.3 i)). Aufgrund der geometrischen Anschauung im Fall
n = 2 ist klar, daB in einer "hinreichend kleinen" Umgebung von x(o) die Funktionswerte vonfnaherungsweise mit denen der Tangentialebene zum Graphen vonfim Punkt (x(o),f(x(o»))T iibereinstirnmen.
13.3 Der Begriff des totalen Differentials
29
Allgemein laBt sich mit Hilfe des totalen Differentials die folgende Niilierungsformel formulieren:
Naherungsformel In einer Umgebung von x(o) gilt (vgl. (13.3.07» j(x) '" t(x) = j(x(o»+dj =j(x(o»+gradT f(x(O»(x-x(o».
(13.3.11)
Die ..Gilte" der obigen Nliherungsformel hangt sowohl von der GroBe der Umgebung als auch vom ..Kriimmungsverhalten" des Graphen von (x(o),f(x(o»)T abo
f im Punkt
Es sind Verbesserungen dieser Formel moglich, indem man auch hohere partielle Ableitungen in (13.3.11) mit einbezieht. Diese Uberlegungen fUhren zum sog. Taylorpolynom fUr mehrdimensionale Funktionen, dessen Behandlung jedoch den Rahmen des vorliegenden Lehrtextes sprengen wilrde.
IUbungsaufgabe 13.3.8 Testen Sie die Gilte der Niilierungsformel (13.3.11) fUr die Funktionfin (13.3.09) mit x(o) = (I, 2)T, indem Sie sowohl die Funktionswerte f(x I, x2) als auch die Naherungswerte I
3
4
t(xl,x2)= .Jli(6-2'XI-'3 X2 )
(vgl. (13.3.10» fUr aile Xl, xrKombinationen berechnen mit •
XI von 0.8 bis 1.2 und
•
X2 von 1.8 bis 2.2
(Schrittweite jeweils 0.1). Bestimmen Sie jeweils auch den relativen Fehler If(x!.X2) -t(x! ,x2)1 f(x\,x2)
1m okonomischen Sachzusammenhang wird die Niilierungsformel (13.3.11) auch zur Herleitung der sogenannten Grenzrate der Substitution verwendet.
Grenzrale der SUbSlilUlion
30
13 Differentialrechnung ftir Funktionen mehrerer Variabler
Isohohenlinien einer mehrdimensionalen Funktion haben Sie bereits in Abschnitt 13.1 kennengelemt. In den Wirtschaftswissenschaften heiBen diese Linien auch oft lsoquanten
[soquanten; insbesondere dann, wenn die abhangige Variable Quantitaten bzw.
Mengen beschreibt. Zu einem festen x(o) ist a1sof(x(o» = f(xt, ... , x n ) die Gleichung fUr die Werte a1ler unabhangigen Variablen, die die gleiche Menge - Isoquante wief(x(o» liefem. Die Grenzraten der Substitution sind nun die Tauschraten unabhangiger Variabler "entlang der gleichen Isoquante". Ftir zwei unabhangige Variable stellen wir die Beziehung genauer dar. Da nach (13.3.11) t(x) ""f(x) eine gute Naherung ist, kann man die Forderung "entlang der gleichen Isoquante" durch folgende Gleichung ausdriicken: (13.3.12) Das aber ist aquivalent zu
bzw. in anderer Schreibweise (13.3.13)
Der Okonom will nun oft die Anderung eines dxk in Abhangigkeit eines dxe errechnen und die tibrigen dxi = 0 ftir i bus". Aus (13.3.13) erhaIt man dann ! af O=O+ ... +O+-a
xk
I
(.(0»
~
k, I festhalten; er nennt dies "ceteris pari-
af dx k +O+ ... +O+-a xl
I
(.(0»
dx l +0+ ...+0.
Hieraus lost man auf zu
I af I
af
dx dx l
aXI
(.(0»
aXk
(.(0»
(13.3.14)
_ k heiBt die Grenzrate der Substitution der Variablen xk durch Xl an der Stelle x(o).
13.4 Anderungsraten und Elastizitaten
31
Beispiel 13.3.9 !(X\.X2)
=5xl 12 .x~12
ist eine Produktionsfunktion vom Typ Cobb-Douglas. Zu
berechnen sei die Grenzrate der Substitution der Variablen x\ durch x2 an der Stelle x(o)
=G)'
Nach (13.3.14) gilt
Die folgende Abbildung 13.3.10 tragt zum geometrischen Verstiindnis des bisher Gesagten beL Dargestellt ist die Isoquante der Produktionsfunktion des Beispiels 13.3.9 durch
x(o)
=(~) und
-
:~
sowie
;;2/;:\
an dieser Stelle. Vollziehen
Sie in der Abbildung die G1eichung (13.3.14) nach!
Isoquantef= 29,58 20 15 10
5
5
10
Abb. 13.3.10: Grenzrate der Substitution fur die Cobb-Douglas Funktion f (xl.x2 )=S-r;;;; an der Stelle x<0)
13.4 Anderungsraten und Elastizitiiten Der in Abschnitt 11.1 eingefiihrte Ableitungsbegriff reprasentiert ein MaG fiir die relative Anderung einer eindimensionalen Funktion an einer gegebenen Stelle des Definitionsbereichs. Wennfeine Funktion in der Variablen x ist, so gibt die Zahl
32
13 Differentialrechnung fiir Funktionen rnehrerer Variabler
also an, wie groB an der Stelle X o die Anderung der Funktionswerte 6y im VerhaItnis zur Anderung der Argumente 6x ist. Dieser Ableitungsbegriff ist fiir viele mathematische Anwendungen von groBem Nutzen. Er ist jedoch nicht gut geeignet, urn das Anderungsverhahen okonornischer Funktionen zu vergleichen, wenn jeweils verschiedene MaBeinheiten fiir die Variablen zugrunde gelegt sind. Fiir diesen Zweck sind die sog. Anderungsraten und Elastizitaten niitzlicher, die in diesem Abschnitt zuniichst fiir eindimensionale Funktionen eingefiihrt werden. Eine Erweiterung der Begriffe auf mehrdimensionale Funktionen erfolgt in Abschnitt 13.5. Die Problematik wird anhand der Nachfragefunktionen im folgenden Beispiel verdeutlicht. Beispiel 13.4.1 Die auf einen Planungszeitraum bezogene (hypothetische) Nachfrage nach Autobenzin in Deutschland sei wie folgt yom Preis abhangig: (13.4.01) wobei PI den Preis in DM und N I die Nachfrage in Millionen Litem angibt. Wenn man den Zusarnmenhang amerikanischen Lesem verrnitteln wollte, wiirde man den Preis in $ und die Nachfrage in Gallonen angeben. 1m folgenden soli von einem Umrechnungskurs von
1$= 1,50DM
(13.4.02)
und der Niiherungsformel
I Gallone = 4 Liter
(13.4.03)
ausgegangen werden. Wenn P2 den Preis in $ und N 2 die Nachfragemenge in Millonen Gallonen bezeichnet, gilt also (13.4.04)
13.4 Anderungsraten und Elastizitaten
33
und (13.4.05) Setzt man die rechten Seiten dieser Gieichungen anstelle von NI und PI in die Preis-Nachfrage-Relation (13.4.01) ein, so ergibt sich die aquivalente Darstellung
(13.4.06) Da man fUr die Ableitungen von N I und N 2 die unterschiedlichen Ergebnisse 5
I
(13.4.07)
N I (PI)=-2
und 15 16
I
(13.4.08)
N 2(P2)=--
erhillt, sind diese nieht geeignet, urn das Anderungsverhalten der Nachfragefunktionen N, und N2 zu vergleichen. Okonomisch sinnvoller ist es bereits, die relativen Nachfrageanderungen bzgl. des Preises dN,(p,) NI(PI)
dPI
dN,(PI) = N\(p,) N,(p,)
=dp,N,(p,)
(13.4.09)
bzw. dN2 (P2) N 2 (P2)
dN2(P2)
dP2
dP2 N 2(P2)
_ N2,(P2) N 2 (P2)
(13.4.10)
zu betrachten. Dabei sind dN!, dN2, dp" dp2 ais "sehr kleine" Anderungen der Nachfragen bzw. der Preise zu verstehen, und zwischen PI und P2 muB die Relation (13.4.04) erfUllt sein. Z.B. kann man P, = 15 und P2 = 10 setzen. Dann gilt (vgl. (13.4.07), (13.4.08»
5
-2
Ni(p,) NI(PI) =
1
1O-~.15 2
bzw.
11
I( 53)
4 -2'2 N 2 (P2) = .!.(10-~'~'1O) N2,(P2)
4
2 2
34
13 Differentialrechnung fUr Funktionen mehrerer Variabler
Die Werte in (13.4.09) und (13.4.10) sind bereits unabhiingig von der Wahl der MaBeinheiten fUr die nachgefragten Mengen (bier: Liter und Gallonen). GewissermaBen lassen sich die Quotienten
in (13.4.09) und (13.4.10) durch die MaBeinheiten "kUrzen". Urn eine KenngroBe zu erhalten, die auch von den MaBeinheiten fiir die Preise unabhiingig ist, ersetzt man noch die Preisiinderungen dPi in (13.4.09) und (13.4.10) jeweils durch die relative Preisiinderung dPi . Dies fUhrt zu den Quotienten Pi dN\(p\) N\(p\) dp\
dN\(p\)
p\
N\(p\)p\
~. N\(p\) = N\(Pl)
(13.4.11)
p\
bzw. dN z (P2)
dNz(pz) .-f!L-.= Nz(pz)pz dpz Nz(pz) Nz(pz) '
Nz(pz) dpz
(13.4.12)
Pz
die die relativen Nachfrageiinderungen im Verhiiltnis zu den relativen Preisiinderungen darstellen. Setzt man wieder die Werte p\ = 15 und pz = 10 ein, so erhiili man Ubereinstimmende Ergebnisse: _N...!.I(.:..:.p...!.\):...:.p...!.\
N\(p\)
= J...15 = 15 11 11'
N2(pz)pz Nz(pz)
=2..IO=~. 22
11
Motiviert durch die obigen GroBen (13.4.09) - (13.4.12) werden die folgenden Begriffe eingefiihrt.
Definition 13.4.2 Es sei f: Df -? R (Df Menge Ix E Df'lf(x)
C
R) eine ditTerenzierbare Funktion. Die auf der
* 0) definierten Funktionen Afund Efmit
13.4 Anderungsraten und Elastizitaten
35
f'(x)
Af(x):=-f(x)
und xf'(x)
Ef(x):= f(x)
= xAf(x)
hei8en die (relative) Anderungsrate vonf bzw. die Elas/izitiit vonj. Die Funktionf hei8t elastisch bzw. unelastisch im Punkt x, wenn IEf(x)l> 1 bzw. IEf(x)1< 1 gilt. 1m FaIlIEf(x)l= 1 hei8tfproportional-elastisch.
Die Begriffe sollen zunachst an einigen okonomischen und formal-rechnerischen Beispielen erlautert werden.
Beispiel 13.4.3 i)
Fiir die Nachfragefunktionen in Beispiel 13.4.1 (vgl. (13.4.01) und (13.4.06)) erhalt man fiir die Anderungsraten und Elastizitaten:
pz ENz(pz) = pzANz(pz) =--8' pz
-3
ii)
Es soli untersucht werden, fiir welche Preise die Nachfragefunktionen N I und N2 elastisch bzw. unelastisch sind. •
Da N I monoton fallend mit N I (4) = 0 ist. kann man 0 ::; PI::; 4 voraussetzen. Somit gilt
¢::>
PI > 4 - PI
¢::>
PI > 2.
(relative) Anderungsrate Elastizitiit (un)elastisch. proportionalelastisch
36
13 Differentialrechnung fUr Funktionen mehrerer Variabler
Die Nachfrage N) ist also elastisch fUr Preise tiber 2 DM (bzw. Nachfragemengen von tiber 5 Millionen Liter) und entsprechend unelastisch fUr Preise unter 2 DM. •
Analog zeigt man, daB die Nachfragefunktion N2 elastisch fUr Preise tiber
1$
(=
2 DM) und unelastisch ftir Preise unter
1$ ist.
Bei Preisen tiber 2 DM (unter 2 DM) hat eine I %-ige Preiserhohung also jeweils einen Nachfragertickgang von mehr als 1% (weniger als 1%) zur Foige. Ubungsaufgabe 13.4.4 I I_...::......-...::......-_---------.
Zeigen Sie, daB die Elastizitaten EN I und EN2 im obigen Beispiel fUr gleiche Preise tibereinstimmen. Beachten Sie dabei, daB ein Preis PI (in DM) gleich einem Preis P2 (in $) ist, wenn PI = i P2 gilt (vgl. (13.4.04». Es ist also die Beziehung ENI(i P2)= EN2 (P2)
nachzuweisen.
Beispiel 13.4.5 Die Nachfrage nach HIFI-Geraten sei wie folgl vom StUckpreis P (in DM) abhangig: p2 N(p) = 18-T.
Der Erlos in Abhangigkeil vom Preis ist folglich p3 R(p) = pN(p) =18p-Z.
Die Elastizitaten der Nachfrage bzw. des Erloses sind dann pN'(p) - p2 2p2 EN(p)=--=--=-N(p) p2 p2 -36
18-2
und
3 2 pR'(p) p(18-"2 p ) ER(p) = - - = - - " - - ; ; - R(p) p3 18p-Z
13.4 Anderungsraten und Elastizitiiten
37
Beispiel 13.4.6 Filr
I(x)
=ax2 + bx + C
g(x)
=ae bx
und
erhiilt man die folgenden Anderungsraten und Elastizitiilen:
AI(x)=
2ax+b 2
'
ax +bx+c
bae bx Ag(x)=--=b, ae bx EI(x) = xAI(x) =
2ax 2 +bx 2
ax +bx+c
'
Eg(x) = xAg(x) =bx.
IObungsaufgabe 13.4.7 Bestimmen Sie die Anderungsraten und Elastizitiiten fUr die folgenden Funktionen: i)
I(x)=..r;,
=cos x,
ii)
I(x)
iii)
I(x) = In x,
x>O. 1t
x;t"2+Z1t,
ZE Z.
x> 0, x;t I.
~ Zur graphischen Darstellung von Anderungsrate bzw. Elastizitiit sind das haibIo-
garithmische bzw. das Iogarithmische Koordinatensystem besser geeignet als das linear unterteilte Koordinatensystem, bei dem der Achsenabstand zweier x- Werte bzw. y-Werte jeweils proportional zu ihrer Differenz is!. Beim halblogarithrnischen Koordinatensystem ist die x-Achse linear und die y-Achse logarithrnisch unterteilt, d.h. der Achsenabstand zweier y-Werte ist proportional zur Differenz ihrer Logarithmen (vgl. Abb. 13.4.8 i); z.B. slimmen die Abstande zwischen y = lund y = e bzw. zwischen y = e und y = e2 iiberein. da Ine 2 -Ine = 2 - I =
Ine -In I = I - 0 gilt). Beim logarilhrnischen Koordinatensystem sind entsprechend beide Achsen logarithmisch unterteilt (Abb. 13.4.8 ii)).
logarithmisches Koordinatensystem
38
13 Differentialrechnung fur Funktionen mehrerer Variabler (i) v= lny
(ii)
Y
v=lny
Y
e' .__________
eS '" 148,4 4
v=2+~
v
=1+ 2u
4
2
2
2
u=lnx
2
3
x
4
e'
x
Abb. 13.4.8: Halblogarithmisches i) und logarithmisches ii) Koordinatensystem
In die obige Abbildung i) ist der Graph der Funktion 2
.J.
.J.
Y=f(x)=e ·e 2 "'7,389·e 2 logarithmische Koordinate
(13.4.13)
eingetragen. Er stellt eine Gerade dar, da fUr die sog. logarithmische Koordinate v = In Y die Beziehung
x v=lny=2+-
2
gilt. Abb. 13.4.8ii) enthiilt den Graphen der Funktion (13.4.14)
Stellt man diesen Zusarnmenhang mit Hilfe der logarithmischen Koordinaten u und v dar , so ergibt sich die Beziehung
Logarithmieren beider Seiten fUhrt zu v= 1 + 2u.
Der Graph der Funktion (13.4.14) ist im logarithmischen Koordinatensystem ebenfalls eine Gerade. Der Zusammenhang zwischen der geometrischen Interpretation der Anderungsrate bzw. der Elastizitat einer Funktion und der (halb-)logarithmischen Koordinatendarstellung wird nun durch den folgenden Satz und die anschlieBende Bemerkung hergestellt.
13.4 Anderungsraten und Elastizitiiten
39
Satz 13.4.9 Fur eine difTerenzierbare Funktion f gilt d (
) f'(x) Inlf(x)1 = - - = Af(x) f(x)
(falls f(x)
i)
-
ii)
d f'(e") -=(In/f(e")I)=-e" = Ef(e") du fee")
Den Ausdruck
dx
~ (Inlf(x)1)
;t 0),
(fallsf(e");t 0).
nennt man auch die logarithmische Ableitung vonf
an der Stelle x. Die Aussage i) folgt ftir f(x) > 0 unmittelbar aus der Kettenregel und ftir f(x) < 0 folgt aus derselben Regel d()
dx InlfCx)1 =(lnC-f(x»)
,
- f'Cx)
f'(x)
= -f(x) = f(x)·
Teil ii) folgt aus Teil i), indem man die zu differenzierende Funktion in der Form goh mit g(y)=lnlf(y)1 undy=h(u)=e"darstellt.
Bemerkung 13.4.10 Es seifeine differenzierbare Funktion mitf(x) > 0 flir x i)
E
Df
Stellt manfin einem halblogarithmischen Koordinatensystem dar (vgl. Abb. 13.4.8 i», so ist die Anderungsrate von / an der Stelle x gleich der Steigung
der Tangente im Punkt (x,f(x»T bzw. im Punkt (x, v)T mit v = In/(x) (falls man die Koordinate v anstelle von y wiihlt).
ii)
Stellt man / in einem logarithmischen Koordinatensystem dar (wobei auch
Dfe R+ gelte; vgl. Abb. 13.4.8 ii», so entspricht die Elastizitiit vonfan der Stelle x der Steigung der Tangente im Punkt (x,j(x»T bzw. im Punkt
(u, v)T (u = In x, v = In f(x».
Wir wollen die Aussage i) der obigen Bemerkung genauer begrtinden: Wenn man f in einem halblogarithmischen Koordinatensystem darstellt, so ist der gegebene Graph gleichzeitig der Graph der Funktion
v= Inf(x), falls man die Koordinaten x und v anstelle von x und y benutzt.
logarithmische Ableit"ng
40
13 Differentialrechnung fUr Funktionen mehrerer Variabler
Die Tangentensteigung im Punkt (x, y)T bzw. im Punkt (x, v)T (y = !(x), v = in y) d .. ist also dx (in! (x», was nach Satz 13.4.9 i) mit der Anderungsrate von! an der Stelle x tibereinstimrnt. Analog folgt Teil ii) in Bemerkung 13.4.10 aus Satz 13.4.9 ii).
IUbuogsaufgabe 13.4.11 Stellen Sie die Funktion 1
!(x)=6·x 2 ,
x>O
in einem logarithmischen Koordinatensystem dar. Berechnen Sie mit Hilfe von Definition 13.4.2 die Elastizitat vonf, und interpretieren Sie das Ergebnis im Hinblick auf die graphische Darstellung.
Ausgehend von den Differentiationsregeln in Abschnitt 11.2 erhiilt man Rechenregeln fUr die Anderungsrate und die Elastizitat, die in den Satzen 13.4.12 und 13.4.14 zusamrnengefaBt sind.
Satz 13.4.12 Es seieo! uod g differeozierbare Fuoktiooeo. Fur die Aoderuogsrateo zusammeogesetzter Funktiooeo gilt daoo
=A!(x),
i)
A(cf)(x)
c E R,
ii)
A(f + g)(x) =
iii)
A(f· g)(x) = A/(x)+ Ag(x),
iv)
A(f + g) = A! (x) - Ag(x).
!(x)A!(x)+ g(x)Ag(x) !(x)+ g(x)
(f(x)
* -g(x»,
Der Nachweis dieser Aussagen ist schnell erbracht und bleibt dem Leser tiberlassen. Aus dem vorstehenden Satz folgt zum Beispiel, daB die Anderungsrate einer Funktion gleich bleibt, wenn man sie mit einem konstanten Faktor multipliziert (vgl. i». Die Anderungsrate des Produkts zweier Funktionen ist die Sumrne der Anderungsraten dieser Funktionen (vgl. iii».
13.4 Anderungsraten und Elastizitaten
41
Beispiel 13.4.13 Die Anderungsrate der Funktion x2 h(x)=eX
laBt sich mittels Satz 13.4.12 iv) berechnen, wenn manf(x)
=x2, g(x) =eX setzt:
Ah(x) = Af(x)- Ag(x)
2x
=x 2 -
eX eX
=~-l. x
Aufgrund des Zusammenhangs Ef(x) = xAf(x) ergeben sich fur die Elastizitaten zu Satz 13.4.12 vollig analoge Beziehungen:
Satz 13.4.14 Es seien fund g differenzierbare Funktionen. Fur die Elastititaten zusammengesetzter Funktionen gilt dann i)
E(cf)(x) = Ef(x), c E R,
ii)
E(f + g)(x) = f(x)Ef(x) + g(x)Eg(x) f(x)+ g(x)
iii)
E(f· g)(x) = Ef(x) + Eg(x),
iv)
E(f+g)=Ef(x)-Eg(x).
v)
Daruber hinaus gilt, fallsfeine differenzierbare Umkehrfunktion besitzt: E(f-l)(y) =
Ef~X)
(f (x) ~ -g(x»,
mity:=ftx).
Die Aussagen lassen sich wie in der Bemerkung nach Satz 13.4.12 interpretieren.
Beispiel 13.4.15 Die Elastizitat der Funktion
42
13 Differentialrechnung flir Funktionen mehrerer Variabler
soli berechnet werden. FUr f(x) = x 3 und g(x) = sin x folgt aus Satz 13.4.14 iii) Eh(x) = Ef(x) + Eg(x) x·3x 2
xcosx
x
sin x
= -3- + - - -
=3+xcot x. Beispiel 13.4.16 Der Zusarnmenhang zwischen Nachfrage N(P) und Erlos R(P) ist gegeben durch R(P) = pN(P),
wobei p den Preis bezeichnet (vgl. Beispiel 13.4.5). Mit Satz 13.4. 14 iii) folgt daraus der folgende Zusarnmenhang zwischen der Elastizitat des Erloses und der Elastizitat der Nachfrage: ER(p)
= E(id)(p) + EN(p) =1+ EN(p).
Dabei bezeichnet id(P) =P die Identitat. Die in Beispiel 13.4.5 hergeleitete Beziehung zwischen ER(P) und EN(P) gilt also allgemein.
IUbungsaufgabe 13.4.17
I
~~------------
' - - .
Berechnung Sie mit Hilfe von Satz 13.4.14 die Elastizitaten der folgenden Funktionen:
ii)
Durchschnittsfunktion allgemeine Amoroso-RobinsonGleichung
h(x)
e 3x
= .,f;
mitx> O.
Ein flir die Okonomie sehr wichtiger Zusammenhang zwischen der Elastizitat Ef(x), der Durchschnittsfunktion f(x) und der Ableitung!'(x) einer Funktionfist x
schlieBlich die folgende allgemeine Amoroso-Robinson-Gleichung:
13.4 Anderungsraten und Elastizitaten
43
Satz 13.4.18
Es seifeine differenzierbare Funktion, und l(x):= f(x) bezeichne die x
Durchschnittsfunktion vonf. Dann gilt f'(x)
=lex) (l + El(x».
(13.4.15)
Die Gtiltigkeit dieser Beziehung ergibt sich aus Satz 13.4.14 iv). Danach gilt El (x) = Ef (x) - E(id) (x) ~ El(x)
= Ef(x)-I
xf'(x) ~ Ef(x) = f(x) -I, wobei id(x) = x wieder die Identitat bezeichnet. LOst man die letzte Gleichung nachf'(x) auf. so folgt (13.4.15). Ein besonders wichtiger Spezialfall von (13.4.15) ist im folgenden Beispiel aufgeiihrt.
Beispiel 13.4.19 Wie im Beispiel 13.4.16 sei N eine Nachfragefunktion und q:=N(p)
sei die zum Preis p gehorige Nachfragemenge. Es wird angenommen, daB N eine differenzierbare Umkehrfunktion N-l besitzt. Der zur Nachfragemenge q gehOrige Erlos ist dann (13.4.16) Wendet man die Formel (13.4.15) auf die Erlosfunktion U an, so ergibt sich U'(q)
=U(q) (I + EU(q».
(13.4.17)
Die Definition der Funktion U in (13.4.16) liefert unmittelbar (13.4.18) worausmitSatz 13.4.14v)
44
13 Differentialrechnung fUr Funktionen mehrerer Variabler
-
EU (q)
= E(N
-I
I )(q) = EN(p)
(13.3.19)
folgt. Setzt man in (13.4.17) die rechts stehenden Ausdrticke in (13.4.18) und (13.4.19) ein, so ergibt sich (13.4.20)
spezie/le AmorosoRobinson-Gleichung
Dieser Zusammenhang zwischen der Ableitung der Erlosfunktion U (also dem Grenzerlos) und der sog. Preiselastizitat der Nachfrage EN wird als spezielle Amoroso-Robinson- Gleichung bezeichnet.
13.5 Partielle Anderongsraten ond Elastizitiiten Die im vorigen Abschnitt fUr eindimensionale Funktionen eingefUhrten Begriffe der Anderungsrate und der Elastizitat lassen sich in naheliegender Weise auf mehrdimensionale Funktionen erweitem (vgl. Def. 13.4.2): Definition 13.5.1
Es sei f Df -+ R (Df eRn) eine partiell ditTerenzierbare Funktion. Die
Funktionen
f Xk (x) AxJ(x):= f(x) und (x) f(x)
xdXk
ExJ(x):= panie/le Anderungsrate, panie/le Elastizitiit
XkAxJ(X)
hei8en die partielle Anderungsrate bzw. die partielle Elastizitiit von f bzgl. Xk'
Partielle Anderungsrate und partielle Elastizitat geben also die Anderung einer mehrdimensionalen Funktion in dem Fall an, daB nur die Variable xk verandert wird; dabei beschreibt A Xk f (x) die relative Anderung des Funktionswertes bzgl.
der Anderung von xk' und E Xk f (x) beschreibt die relative Anderung des Funktionswertes bzgl. der relativen Anderung von xk (jeweils an der Stelle x).
45
13.5 Partielle Anderungsraten und Elastizitliten
Beispiel 13.5.2 Es sei (13.5.01) mit xI. x2. c > 0 eine Produktionsfunktion von Cobb-Douglas-Typo Fiir die partiellen Anderungsraten und Elastizitliten erhlilt man
5
E X1 !(x\.x2)
=x\Ax/(X\.X2) =3.
E x2 !(X\,X2) = X2Ax2!(X\,X2) =S.
1m vorstehenden Beispiel sind die partiellen Elastizitliten konstant und stimmen mit den Exponenten in (13.5.01) iiberein. Dieser Zusammenhang gilt a1lgemein fur Funktionen vom Cobb-Douglas-Typo
Beispiel 13.5.3 Die partiellen Anderungsraten und Elastizitliten der Funktion
sind
46
13 Differentialrechnung fUr Funktionen mehrerer Variabler EX/(Xj ,X2) = l+xl, E X2 f(XI ,X2)
=2x2'
IUbungsaufgabe 13.5.4 Bestimrnen Sie die partiellen Anderungsraten und Elastizitaten der Funktion
ftir xl,x2
E
R mit xl >0.
Ftir die partiellen Elastizitaten homogener Funktionen ergibt sich als unmittelbare Konsequenz der Eulerschen Homogenitatsrelation (vgl. Satz 13.2.19) der folgende Zusarnmenhang.
Satz 13.5.5 Eine stetig partiell difTerenzierbare Funktion f Df genau dann homogen yom Grade a, wenn Ex/(x)+ ...+ExJ(x) =a
~
R (Df eRn) ist
(13.5.02)
fur aile x = (xl"" , xn)T E Dfgilt.
Die Beziehung (13.5.02) erhaIt man offenbar, indem man Gleichung (13.2.05) durchf(x) dividiert (vgl. auch Definition 13.2.11). AbschlieBend wollen wir noch auf den Fall eingehen, daB zur Beschreibung eines okonomischen Zusarnmenhangs mehrere Funktionen in n Variablen benotigt werden.
Definition 13.5.6 Es seien II,... J m partiell difTerenzierbare reelle Funktionen mit ubereinstimmendenDefinitionsbereichen D=Dfl =... =Dfm eRn. Die Matrix der partiellen ElastizitJiten
47
13.5 PartieIle Anderungsraten und Elastizitiiten
hei8t die Elastizitiitsmalrix von II ,... , 1m'
Elastizitiitsmatrix
Die akonomische Bedeutung der Elastizitiitsmatrix wird am folgenden Beispiel k1ar.
Beispiel 13.5.7 Ein Betrieb steIlt die Gilter G I , G 2, G3 her, die zu variablen Preisen PI, P2, P3 auf dem Markt angeboten werden kannen. Der Zusammenhang zwischen den nachgefragten Mengen N i und den Preisen Pi ist durch die Nachfragefunktionen NI(p)=5P13eP2,
N2(p) = 3Pile-Pl+P3, N3(P) = 2ePl+P2+2P3 mit P = (PI' P2, P3)T beschrieben. Insbesondere ist die Nachfrage N i nach dem Gut Gdeweils auch von den Preisen der anderen Gilter abhangig (i = 1,2,3). Die Elastizitiit der Nachfragefunktion N I bzgl. des Preises PI ist z.B.
und die Elastizitiit der Nachfragefunktion N I bzgl. des Preises P21autet
Analog berechnet man die weiteren partieIlen Elastizitiiten fUr aIle i, j mit 1 S; i. j
S;
3. Die Elastizitiitsmatrix ergibt sich also zu
(13.5.03)
48
13 Differentialrechnung fiir Funktionen mehrerer Variabler
Die Elastizitaten der Hauptdiagonalen in (13.5.03), also die partiellen Elastizitaten direkle Preise/asliziliil
der Form E Pi Ni(p) fUr i = 1,2,3, heiBen die direkten Preiselastizitiiten. Sie geben an, wie groB die relative Nachfrageanderung nach dem Gut Gi im V:rhaltnis zur relativen Anderung des eigenen Preises Pi ist. Wegen E Pi NI(p) =-3 < 0 wird z.B
die Nachfrage nach G I geringer, wenn der eigene Preis PI dieses Gutes erhtiht wird. Die Nichtdiagonalelemente in (13.5.03), also die partiellen Elastizitaten der Form Kreuze/asliziliil
E Pi N j (p) mit 1 ~ i, j
*
3 und i j, heiBen die Kreuzelastizitiiten. Sie geben die relative Nachfrageanderung nach einem Gut im Verhaltnis zur relativen ~
Preisanderung eines anderen Gutes an. •
ist die Kreuzelastizitat E P2 N I (p) = P2 wegen P2 > 0 stets positiv, d.h. die Nachfrage nach dem Gut G I nimmt bei Erhtihung des Preises P2 von G2 zu. Bei Preiserhtihung von G2 kann der Konsument also auf G I ausweichen, d.h. G I ist ein Substitut von G2 .
•
Die Kreuzelastizitat E PI N 2(p) =- PI ist stets negativ, d.h. die Nachfrage nach dem Gut G2 nimmt bei Erhtihung des Preises PI von G I abo Das Gut G2 wird also gemeinsam mit G I nachgefragt.
SchlieBlich ist die Kreuzelastizitat E P3 N I (p) gleich O. Eine Anderung des Preises P3 hat also keinen EinfluB auf die Nachfrage nach dem Gut G I . l..etzteres wird also unabhangig vom Preis von G3 nachgefragt.
Kapitel14
Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler 1m Rahmen der Kurvendiskussion (vgJ. Abschnitt 11.6) sind bereits Kriterien zur Bestimmung von Extrema bei eindimensionalen Funktionen vorgestellt worden.
1m vorliegenden Kapitel werden diese Uberlegungen auf n-dimensionale Funktionen verallgemeinert.
14.1 GrundbegrifTe Analog zu Kapitel 11 werden globale und lokale Extrema sowie Sattelpunkte definiert.
Definition 14.1.1
Es seifDr-+R (DfcRn) eine Funktion, und x(O)=(x~O),... ,x~O»T e Df sei ein Punkt. i)
Man sagt, daR! in x(o) ein globales Maximum bzw. ein globales Minimum (bzgl. Df ) annimmt, falls !(x(o» ~ !(x)
globales Maximum, globales Minimum
(14.1.01)
bzw. ! (x(o»
$,
! (x)
(14.1.02)
C'oralle X=(XI, ... ,xn)TeDf gilt. Man spricht von einem strikten globalen Maximum bzw. Minimum,falls !(x(O» > !(x)
(14.1.03)
bzw. !(x(O» < !(x)
(14.1.04)
*
fUr aile x = (XI , ... ,xn)Te Df mit x x(o) gilt.
W. Rödder et al., Wirtschaftsmathematik für Studium und Praxis 3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1997
striktes globales Maximum/Minimum
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
50
ii)
Falls eine "hinreichend kleine" £.Umgebung U£(x
lokales Maximum/Minimum striktes lokales Maximum/Minimum
Analog zu i) hei6t ein lokales Maximum (Minimum) ein striktes lokales Maximum (Minimum), falls (14.1.03) bzw. (14.1.04) fUr aile x aus Ue(x(O» n Dfmit x;#; x(O) gilt.
Wenn nieht genauer spezifiziert wird, ob eine Funktion ein Maximum oder ein Extremum
Minimum annimmt, so spricht man von einem Extremum. Ein Punkt des Definitionsbereichs, in dem eine Funktion / ein Extremum annimmt, heil3t aueh eine
Extremstelle relatives, absolutes Extremum
Extremstelle von! Anstelle von lokalem und absolutem Extremum sind aueh die Bezeiehnungen relatives und absolutes Extremum gelaufig. Beispiel 14.1.2 Wir betraehten die Funktionen
(14.1.05) flir xI ;::: 0 und x2 E R und
flir XI, x2 E R (vgl. Abb. 14.1.3). Am zweiten Term in (14.1.05) wird deutlieh, daB / nur niehtpositive Werte annimmt. Wegen/(x(o» = 0 nimmt/also im Punkt x(o) = (O,O)T ein globales Maximum bzgl. des Definitionsbereichs R+ x Ran. Da rtir (x\, x2) ;#; (0,0) alle Funktionswerte/(x\, x2) negativ sind, ist dies ein striktes globales Maximum. Ferner nimmt / im Punkt x(l) = (2,O)T ein striktes lokales Maximum an, da die eindimensionalen Funktionen (vgl. (14.1.05» -2xf+9xf-12x\ und -xi an den Stellen xI = 2 bzw. x2 = 0 jeweils ein striktes lokales Maximum annehmen. Ausgehend vom Punkt x(l) flihren also sowohl Anderungen von xl als aueh Anderungen von x2 zu kleineren Funktionswerten.
14.1 Grundbegriffe
51
Die Funktion g nimmt im Punkt
x(o)
= (O.O)T offenbar ein globales Minimum an.
Dies ist jedoch kein striktes Minimum, denn die Bedingung 0= g(O,O) < g(xI'xz)
(vgl. (14.1.04» ist in keiner "noch so kleinen" e-Umgebung von
x(o)
erftillt, da ftir
0< b < e stets g(O, b) = 0 gilt.
1(",.",)=-Z":+9,,,' -IZ",-,,;
".
Abb. 14.1.3: Extrema der Funktionen in Beispiel 14.1.2
Bemerkung 14.1.4 i)
Wir werden im folgenden nur lokale Extrema betrachten, die in einem inne-
innerer Punkt
ren Punkt des Definitionsbereichs angenommen werden, d.h. in einem Punkt x E Df der der Bedingung U£(x) c Df bei hinreichend kleinem e gentigt.
ii)
Wenn die globalen Extrema einer Funktion ermittelt werden sollen, so sind sie - falls solche existieren - unter den lokalen Extrema in inneren Punkten sowie unter den Randpunkten des Definitionsbereichs zu suchen. Dabei versteht man unter den Randpunkten alle Punkte aus Df die nicht innere Punkte von Dfsind.
Defmition 14.1.5
Es sei f Df -t R (Df eRn) eine partiell ditTerenzierbare Funktion. Der inn ere Punkt X (o)
=
(x(o) x(O»T E I , ...• n
Df
Randpunkt
52
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
kritischer Punkt
hei6t ein kritischer Punkt von f, wenn
fUr aile i = I, ... ,n gilt bzw. - in Vektorschreibweise - wenn grad f(x(o») =0 gilt, wobei 0 e Rn den Nullvektor bezeichnet.
Wenn x(O) ein kritischer Punkt ist. so ist das totale Differential also die Nullfunktion
df =gradTf(x(O»)(x-x(O») =OT(X_X(O»)=0 (vgl. Definition 13.3.4). 1m Fall n = 2 verlauft die Tangentialebene durch den Punkt (x(o),f (x(o»)T • also parallel zur xI. x2"Ebene. Analog zum eindimensionalen Fall erhalt man das folgende notwendige Kriterium fUr die Existenz eines Extremums. Satz 14.1.6 Wenn eine partieD ditTerenzierbare Funktion f: Df ~ R (Df eRn) ein lokales Extremum im inneren Punkt x(O)eD besitzt, so ist x(o) ein f kritischer Punkt vonj.
Wir verzichten auf einen forrnalen Beweis dieser anschaulich einsichtigen Aussage. Definition 14.1.7 Sane/punkt
Ein kritischer Punkt x(o) von f hei6t ein Sanelpunkt vonf, wennfin x(O) kein Extremum annimmt.
Beispiel 14.1.8 FUr die Funktion (14.1.06)
14.1 Grundbegriffe
53
(vgl. Abb. 14.1.9) gilt fXI (x\.x2)
=-2x\
2 fX2(X\.X2)=3'X2 und folglich
gradf(O.O) = (O.O)T. Smnit ist
x(o)
= (O.O)T ein kritischer Punkt von f mit f(x(o» = O. In einer beliebig
kleinen Umgebung von
x(o)
Funktionswert als auch ein nur x(l) = (0. a)T und
x(2)
findet man sowohl ein Argument
x(2)
x(l)
mit positivem
mit negativem Funktionswert. Man braucht dabei
= (b, O)T zu wahlen. wobei a und b hinreichend kleine
positive reelle Zahlen sind. Die Funktion f nimmt also kein Extremum in d.h.
x(o)
x( 0 )
an.
ist ein Sattelpunkt.
Abb. 14.1.9: Sattelpunkt der Funktion in (14.1.06)
An der obigen Abbildung wird auch die Herkunft des Begriffs ..Sattelpunkt" deut-
lich. wahrend diese Bezeichnung flir ..horizontale" Wendepunkte einer eindimensionalen Funktion (vgl. Abschnitt 11.5) moglicherweise etwas willkiirlich anmutete.
1m folgenden werden Kriterien erarbeitet. aufgrund derer man die lokalen Extrema einer Funktion bestimmen kann. Diese konnen nach Satz 14.1.6 hochstens in kritischen Punkten vorliegen. Urn entscheiden zu konnen. ob eine Funktion in einem gegebenen kritischen Punkt x(o) tatsachlich ein lokales Extremum annimmt - oder ob es sich urn einen Sattelpunkt handelt - muB das Kriimmungsverhalten der
54
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
Funktion in einer Umgebung von x(o) untersucht werden. Dies ftihrt lOr Thematik des folgenden Abschnitts.
14.2 Konvexitat und Konkavitat Wahrend bei den Graphen eindimensionaler Funktionen im Prinzip nur zwischen Links- und Rechtskriimrnung des Graphen in Richtung zunehmender x-Werte
lo
unterscheiden ist, stellt sich das Krtimrnungsverhalten mehrdimensionaler Funktionsgraphen wesentlich komplexer dar. Bereits im Fall n
= 2 kann man -
von einem Punkt x(o) der Ebene ausgehend -
Anderungen der Funktionswerte in "unendlich vielen" Richtungen verfolgen. Mit Hilfe des Konvexitiitsbegriffs, der fur eindimensionale Funktionen bereits eingeftihrt worden ist (vgl. Abschnitt 11.5), liiBt sieh die im Hinblick auf die Extremabestimmung relevante Krumrnungseigenschaft jedoch geeignet beschreiben. Einen "naturlichen" Zugang lOrn Begriff der konvexen bzw. konkaven Funktionen erhiilt man uber konvexe Mengen. Obwohl bereits in Abschnitt 8.2 der Linearen Algebra definiert, wiederholen wir bier: Definition 14.2.1 konvexe Menge
Eine Teilmenge M e Rn hei8t konvex, wenn fur je zwei Punkte p(I), p(2)E Mauch die Verbindungsstrecke V(p(I), p(2) ) ={p(I)+ A(p(2)_ p(I»)1 0 ~ A ~ I} = {CI-A)p(I) +Ap(2)1 0 ~ A ~ I}
in Miiegt.
Beispiel 14.2.2 Die folgende Abbildung zeigt eine konvexe und eine nicht konvexe Menge im R2. Fur zwei beliebige Punkte p(I), p(2)E M gilt offenbar V(p(I), p(2») eM, d.h. Mist konvex. Dagegen ist N nieht konvex, da die Verbindungsstrecke der eingezeichneten Punkte p(I), p(2) teilweise auBerhalb von N verliiuft.
55
14.2 Konvexitat und Konkavitat M
N
Abb. 14.2.3: Konvexe Menge M und niehl konvexe Menge N im R2
Die Ubertragung der Konvexitat von Mengen auf die KonvexitatlKonkavitat von Funktionen erfolgt nun mittels zweier weiteren Definitionen.
Definition 14.2.4 Es self' Dr -+ R (Dfc Rn) elne n-dimensionale Funktion.
i)
Die oberhalb (bzw. auf) dem Graphen vonfliegende Punktmenge {(X,y)TE Rn+11 x E Df ; y E R, y ~ f(x)}
hei6t der Epigraph vonf. Ii)
Epigraph
Die unterhalb (bzw. auf) dem Graphen vonfliegende Punktmenge {(X,y)TE Rn+11 x E D ; y E R, y ~ f(x)}
f
hei6t der Hypograph vonf.
Hypograph
Definition 14.2.5
r
Eine n-dimensionale Funktionf D -+ R (Dfc Rn) hei6t konvex (auf Df)' wenn ihr Epigraph konvex ist und konkav (auf Df ), wenn ihr Hypo-
graph konvex 1st.
Beispiel 14.2.6 i)
Die Funktion !(xI,x2) =(XI-3)2+(X2 +2)2
ist konvex, da ihr Epigraph durch Rotation der Flache oberhalb einer Parabel entsteht (vgl. Beispiel 13.1.11).
konvex. konkav
56
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
ii)
Die Funktion (13.3.09) in Beispiel 13.3.6 ist konkav, da ihr Hypograph (vgl. Abb. 13.3.7) die "obere Hiilfte" eines Ellipsoids darstellt und sornit konvex ist.
Bemerkung 14.2.7 i)
Die Definition 14.2.5 stimmt fUr n = I mit der in Abschnitt 11.5 gegebenen Definition der konvexen bzw. konkaven Funktion Uberein, denn eine eindimensionale Funktion ist genau dann konvex (konkav) im Sinne von Definition 14.2.5, wenn sie linksgekriimmt (rechtsgekriimmt) ist.
ii)
Eine Funktion f kann hochstens dann konvex oder konkav sein, wenn ihr Definitionsbereich Df konvex ist. (Uberlegen Sie sich dies anhand eines Beispiels fUr eine zweidimensionale Funktion!)
iii)
Es tritt haufig der Fall auf, daB eine Funktion nur auf einer Teilrnenge D ihres Definitionsbereichs konvex (konkav) ist; z.B. ist sin x fUr xeDl konvex und fUr xeD].
=[O,1tl
=[-1t,Oj
konkav. Durch Einschrlinkung des Defini-
tionsbereichs Dfauf D kann man diesen Fall aber leicht auf die formale Situation in Definition 14.2.5 zUriickfUhren, wofauf dem gesamten Definitionsbereich Df konvex (konkav) ist.
Urn den Begriff der streng konvexen bzw. streng konkaven Funktion einfUhren zu konnen, wird die Bedingung fUr die Konvexitat (Konkavitat) analog zu den AusfUhrungen in Abschnitt 11.5 zunachst umformuliert: Eine n-dimensionale Funktion ist genau dann konvex (konkav), wenn fUr je zwei Punkte p(1) = (x(l), f(x(I)T und p(2) = (x(2), f(x(2»T ihres Graphen die Verbindungsstrecke V(p(l), p(2» eine Teilmenge des Epigraphen (Hypographen) ist, d.h. daB diese Strecke ganzlich oberhalb bzw. auf (unterhalb bzw. auf) dem Graphen vonfverlauft. Es besteht also der folgende Zusarnmenhang.
Bemerkung 14.2.8 Es seif Df i)
-7
R (Df eRn) eine n-dimensionale Funktion.
fist genau dann konvex, wenn fur je zwei Punkte x(l), x(2)eDf die Bedingung
(14.2.01) fUr alle A. mit 0 ~ A. ~ 1 gilt (vgl. Abb. 14.2.9).
14.2 Konvexitat und Konkavitat
j(X(2~
y(A) j(X(l~
j(XQ..»
57
--------------------------------------------------------------------
,(2)
:::::::i\ir----------
X(A): =X(I) + A(X(2)-X(l»
-----------~------
y(A):
i j
=(1- A)X(I) + ).x(2)
=(1- A)f(x(l) + Af (X(2»
p(A): = (1- A)p(I)+ Ap(2)
,j !
X(A) Abb. 14.2.9: Illustration der Konvexiliilsbedingung (14.2.01)
ii)
fist genau dann konkav, wenn fUr je zwei Punkte x(l), x(2)e D die Bedin-
f
gung
(14.2.02) fiir aile Amit
°
$ A $ I gilt.
Definition 14.2.10 Eine n·dimensionale Funktion f heiRt streng konvex, wenn die Unglei.
°< A < 1 auch dann
streng konvex
Analog hei8t f streng konkav, wenn die Ungleichung (14.2.02) fur aile
streng konkov
chung (14.2.01) fur aile x(l), x(2) e Df und aile A mit erfullt ist, wenn man" $ " durch " < " ersetzt.
x(l), x(2) e Df und aile A mit
°< A < 1 auch dann erfullt lst, wenn man
" ;:: " durch " > " ersetzt.
BelspieI14.2.1l Die Funktion
mit xI, x2 e R ist konvex aber nicht streng konvex. Setzt man etwa x(l) = (O,O)T und x(2) = (l,o)T, so sind beide Seiten der Ungleichung in (14.2.01) gleich A. Es ist also (14.2.01) erfiillt. Die Ungleichung wird jedoch falsch, wenn man ,,$" durch ,,<" ersetzt.
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
58
Man ist in der Mathematik generell an der Frage interessiert, inwiefem Eigenschaften von Funktionen bei deren VerknUpfung erhalten bleiben. In diesem Zusammenhang ist das folgende Resuitat von Bedeutung, dernzufolge die Addition zweier konvexer Funktionen wiederum eine konvexe Funktion ergibt.
Satz 14.2.12 Sind! und g konvexe Funktionen mit iibereinstimmendem Definitionsbe· reich D =Df = D g eRn, so ist auch! + g eine auf D konvexe Funktion.
Das Resuitat ergibt sich, indem man (14.2.01) und die entsprechende Ungleichung fUr die Funktion g addiert.
Beispiel 14.2.13 Aus dem vorstehenden Satz folgt unmittelbar, daB !(x\ ,x2 ,x3) = xi
fUr x I' X2
E R, X3 E [ -
+I X21-cos X3
%'%] eine konvexe Funktion ist.
Bemerkung 14.2.14 Der Satz 14.2.12 laBt sich analog fUr konkave sowie auch fUr streng konvexe und streng konkave Funktionen formulieren. Differenz, Produkt und Quotient konvexer (konkaver) Funktionen sind im allgemeinen jedoch nieht konvex (konkav). Die Untersuchung einer Funktion auf Konvexitat (Konkavitat) mit Hilfe der Bedingungen (14.2.01) - (14.2.02) kann sehr umstandlich sein, da es unendlich viele Punktepaare
x(l), x(2)
gibt, fUr die die jeweilige Ungleichung nachgewiesen wer-
den muB.
Durch das folgende Resuitat wird diese Aufgabe leichter zu handhabender Methoden der linearen Algebra zuganglich gemacht.
14.2 Konvexitiit und Konkavitat
Satz 14.2.15
Es sei f eine auf der konvexen Menge Df eRn definierte (vgl. Bernerkung 14.2.7ii», zweimal stetig partiell ditTerenzierbare Funktion, und
bezeichne die Hesse-Matrix von f im Punkt x (vgl. Definition 13.2.24). Dann gilt: i)
fist genau dann konvex (konkav), wenn Hf(x) fUr aile x aus Df
positiv semidefinit (negativ semidefinit) ist. ii)
fist streng konvex (streng konkav), wenn Hf(x) fUr aile x aus Df
positiv definit (negativ definit) ist.
Die irn obigen Satz benutzten Definitheitsbegriffe fUr syrnrnetrische Matrizen sind bereits in der Linearen Algebra erlautert worden. Dabei ist zu beaehten, daB die Hesse-Matrix H f(x) stets symmetriseh ist, sofern f zweirnal stetig partiell differenzierbar ist (vgl. Ubungsaufgabe 13.2.26ii». Zurn Verstandnis des Satzes 14.2.15 sei angernerkt, daB es sieh in Teil i) urn notwendige und hinreichende Voraussetzungen fUr die Konvexitat (Konkavitat) han-
delt; aus den genannten Definitheitseigensehaften von Hf(x) folgt die Konvexitat (Konkavitat), und aus letzterern folgen urngekehrt aueh die Definitheitseigensehaften von Hf(x). Teil ii) des Satzes fUhrt hingegen "nur" eine hinreichende Bedingung fiir die strenge Konvexitat (Konkavitat) auf. Aus der positiven (negativen) Definitheit folgt die strenge Konvexitat (Konkavitat); die Urnkehrung hiervon gilt jedoeh nieht. AbschlieBend wird die Anwendung des Satzes an einigen Beispielen illustriert.
Beispiel 14.2.16 Die Hesse-Matrix der Funktion
aus Beispiel 14.1.2 ist
59
60
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
Hg(XI.X2)=(~ ~). Offenbar ist diese Matrix positiv semidefinit. Nach Satz 14.2.15i) ist die Funktion g also konvex.
Beispiel 14.2.17 Wir betrachten emeut die Funktionen aus Beispiel 14.2.6, die wir aufgrund anschaulich-geometrischer Uberlegungen bereits als konvex bzw. konkav erkannt haben. i)
Die Hesse-Matrix von
ist
Diese Matrix ist offenbar positiv definit, d.h. fist streng konvex nach Satz 14.2.15ii). ii)
Die Funktion
(14.2.03)
ist auf der Menge
{(xI
,x2)T E R
f+ ~ :s; 1 I
2 x2
x2
}
definiert. Der Definitions-
bereich stellt geometrisch eine Ellipse dar. FUr die Hesse-Matrix (vgl. Beispiel 13.3.6 fUr die ersten partiellen Ableitungen von/) erhalt man
xi-9 Xr- 4
14.2 Konvexitat und Konkavitat
61
mit
Die Haupt-Unterdeterminanten sind also (14.2.04)
und det H!(xl,xZ)
=k(x1-9)k(xf -4)-k2xfx1 1
xl-xl)'
=-"....----~
3{1-
(14.2.05)
FUr innere Punkte des Definitionsbereichs von (14.2.03), d.h. fUr (Xl'xZ)T E RZ mit
I-f- ~ xZ
xZ
>0 ist (14.2.04) negativ und (14.2.05) positiv. Somit ist die Hesse-
Matrix negativ deflllit, und nach Satz 14.2.15 ii) ist die Funktion (14.2.03) streng konkav.
Wenn man bedenkt, daB die Konkavitat der "Ellipsoidfunktion" (14.2.03) aufgrund der geometrischen Vorstellung unmitte1bar einsichtig ist (vgl. Abb. 13.3.7), so scheint der rechnerische Nachweis dieser Eigenschaft mit Hilfe der Definitheitsbedingungen der Hesse-Matrix noch recht aufwendig zu sein. Satz 14.2.15 Hillt sich jedoch auch auf sehr komp1exe Funktionen hoherer Dimension anwenden, bei denen jegliche Anschauung versagt.
IUbungsaufgabe 14.2.18 Zeigen Sie mit Hilfe von Satz 14.2.15, daB die Funktion
auf dem gesamten Definitionsbereich RZ konvex is!.
62
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
14.3 Kriterien zur Bestimmung lokaler Extrema Aus den beim Studium konvexer und konkaver Funktionen gewonnenen Ergebnissen lassen sich unrnittelbar Kriterien zur Errnittlung der Extrema einer n-dimensionalen Funktion ableiten. Wie man sich fUr n S 2 leicht veranschaulicht, nimmt eine Funktion f in einem kritischen Punkt x(o) ein lokales Minimum (Maximum) an, wennfin einer Umgebung UE (x(o) konvex (konkav) ist. 1m Faile der strengen Konvexitat (Konkavitat) ist
x(o)
sogar ein striktes Minimum (Maximum). Die Funktionen fund g in Bei-
spiel 14.1.2 sind streng konkav in einer Umgebung von (2, O)T bzw. konvex in einer Umgebung von (O,O)T. Aus Satz 14.2.15 erhiilt man daher unrnittelbar das folgende Kriterium.
Satz 14.3.1 Es sei f: Df ~ R (Df eRn) eine zweimal stetig partiell ditTerenzierbare Funktion, und x(o) sei ein kritischer Punkt vonj. i)
Wenn die Hesse-Matrix Hf(x) in einer Umgebung von x(o) positiv semidefinit (negativ semidefinit) ist, so nimmt f in x(o) ein lokales Minimum (Maximum) an.
Ii)
Wenn H f(x) in einer Umgebung von x(o) positiv definit (negativ definit) ist, so nimmtfin x(o) ein striktes lokales Minimum (Maximum) an.
In der gegebenen Form ist Satz 14.3.1 aber zur Bestimmung von Extrema nur be-
dingt brauchbar, da die Definitheitseigenschaften der Hesse-Matrix in einer ganzen Umgebung des kritischen Punktes
x(o)
iiberpriift werden miissen. In der Tat
kann man sich jedoch in Teil ii) der Aussage auf die Untersuchung der Hesse-Matrix Hf(x(o) im Punkt x(o) beschranken.
Satz 14.3.2 Es sei f eine Funktion wie in Satz 14.3.1, und x(o) sei ein kritischer Punkt vonf. Wenn Hf(x(o) positiv definit (negativ definit) ist, so nimmtfein lokales Minimum (Maximum) im Punkt x(o) an.
14.3 Kriterien zur Bestirnrnung lokaler Extrema
63
Der Beweis dieser Aussage beruht auf der Tatsache, daB die fUr die Definitheit relevanten Haupt-Unterdeterminanten von Hf(x(o» stetige Funktionen sind. Geht man von
x(o)
zu einem "hinreichend nahe" bei
x(o)
liegendem Punkt x tiber, so lin-
dem sich die Vorzeichen dieser Determinanten nicht. Wenn Hf(x(O» also positiv definit (negativ definit) ist, so gilt diese Eigenschaft gewissermaBen "automatisch" auch fUr alle Hesse-Matrizen Hf(x) in einer Umgebung von
x(o).
Eine ana-
loge SchluBfolgerung im Faile der Sernidefinitheit ist hingegen nieht moglich. Die Anwendung von Satz 14.3.2 wird an einem Beispiel demonstriert.
BeispieI14.3.3 Wir betrachten die auf R3 definierte Funktion
Mit Hilfe von Satz 14.3.2 sollen lokale Minima der Funktion f ermittelt werden. Zur Bestirnrnung der kritischen Punkte ist das Gleichungssystem f
x, (x) =8(xI _10)3 + 50x2 =0,
fX2(x)=50(XI-IO)+50X2 =0,
(14.3.02)
fX3 (x) =1O(x3 -12) =0
zu losen. Aus der letzten Gleichung ergibt sich x3 = 12, und ein Vergleich der ersten und zweiten Bedingung in (14.3.02) liefert 8(xI _10)3
=50(xI -10)::::}
25 XI = 10 oder (XI _10)2 = 4::::} XI
=10
oder XI
5
=±2'+ 10.
Setzt man diese Werte in die zweite Gleiehung von (14.3.02) ein, so ergibt sich 5 x2 =Ooder ±2'+X2 =O::::} x2 =Ooder
5 x2 =+2"
Es existieren sornit die drei kritischen Punkte x(\) = (12.5,-2.5,12), x(2) = (7.5,2.5,12) und
x(3)
= (10,0,12).
Die Hesse-Matrix der Funktionfim Punkt x ist (vgI. (14.3.02»
64
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
24(XI _10)2 H/(x)=
[
50
o
~~o ~]. 10
Es gilt also
Hf(,(I)=Hf(,(2»=r~ ~ ~l Wie die Bereehnung der Haupt-Unterdeterminanten zeigt. ist die letzte Matrix positiv definit. Die Funktion / in (14.3.01) nimrnt also in den Punkten x(l) und x(2) jeweils ein lokales Minimum an. (Da die Matrix H /(x(3» indefinit ist. konnen wir anhand von Satz 14.3.2 nieht entseheiden. ob x(3) eine lokale Extremstelle ist; vgl. aber Satz 14.3.4 !) Wegen
sind x(1) und x(2) jeweils aueh absolute Minima (Randpunkte gibt es wegen Df =R3 nieht; vgl. Bemerkung 14.1.4ii».
Der Satz 14.3.2 garantiert. daB/in einem kritisehen Punkt x(o) ein Extremum annimrnt. wenn die Hesse-Matrix H/(x(O» definit ist. 1m Faile der Indefinitheit ist x(o) ein Sattelpunkt:
Satz 14.3.4
Es sei f Df ~ R (Df eRn) eine zweimal stetig partiell differenzierbare Funktion, und x(o) sei ein kritischer Punkt von/. Wenn H/(x(o» indefinit ist, so ist x(o) ein Sattelpunkt.
Beispiel 14.3.5 Es soli die in Beispiel 14.1.2 diskutierte Funktion (14.1.05) mit Hilfe der Satze 14.3.2 und 14.3.4 auf Extrema und Sattelpunkte untersueht werden.
14.3 Kriterien zur Bestimmung lokaler Extrema
65
Mit Hilfe der partiellen Ableitungen
I X1 (x) =-6Xf + 18xl -12
=-6(Xt -
I X2 (x) =-2x2,
2)(xl -I),
erhaIt man sofort die kritischen Punkte x(l) = (2,O)T und x(2) = (l,O)T. Die allgemeine Form der Hesse-Matrix ist _(-12XI +18
0
Hf(x)woraus
Hf(x(I)) =
0)
-2 '
(-6o 0) -2
und
Hf(x(2»)=(06
0)
-2
folgt. Da offenbar Hf(x(l)) negativ definit und Hf(x(2») indefinit ist, ist x(l) (wie bereits anderweitig gezeigt) eine strikte lokale Maximalstelle und x(2) ein Sattelpunkt.
IU"bungs8ufg8be 14.3.6 Untersuchen Sie die Funktion
mit XI, x2, x3
E
R beliebig auf Sattelpunkte.
IL..-U _'b_u_D..:;:gs_8_U-:fg;;.,8_be_l_4._3_.7
Bestimmen Sie die lokalen und globalen Extrema der Funktion
mit XI' x2. x3E R. Geben Sie die Funktionswerte an den Extremstellen an!
1
66
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
Falls die Hesse-Matrix Hf(x(o» definit oder indefinit ist, kann man den kritischen Punkt x(o) also entweder als Extremstelle oder als Sattelpunkt einstufen (vgl. die Satze 14.3.2 und 14.3.4). 1m verbleibenden Fall der Semidefinitheit kann ohne weitere Untersuchung der Funktionfkeine solche Entscheidung getroffen werden. Auf dieses theoretische Problem solI im Rahmen des vorliegenden Lehrtextes aber nicht naher eingegangen werden. Wir beenden den Abschnitt, indem wir die Kriterien zur Extremabestimmung fUr den Fall n = 2 zusammenfassend formulieren.
Satz 14.3.8 Es sei f Df ~ R (Df C R2) eine zweimal stetig partiell ditTerenzierbare Funktion. Ferner sei x(o) ein kritischer Punkt vonfund
die Hesse-Matrix vonfin x(o). i)
Wenn det Hf(x(O» >0
gilt, so nimmtfin x(o) ein strenges lokales Extremum an, und zwar ein Maximum bzw. Minimum, wenn
f XIX, (x(o»
bzw •
f XIX, (x(O»>0
gilt. ii)
1m Fall
det Hf(x(o»
ist x(o) ein Sattelpunkt vonj.
Der Beweis ergibt sich sofort aus den Satzen 14.3.2 und 14.3.4 unter Beachtung der Definitheitsbedingungen fUr 2x2-Matrizen.
14.3 Kriterien zur Bestimmung lokaler Extrema
Beispiel 14.3.9 Die Funktion
mit xI. x2 E R besitzt die ersten partiellen Ableitungen
X[ -4, IX2 (xl,x2) = 2x2 +8 Ix. (x\,x2) =
und die Hesse-Matrix H/(x\,X2)
=(2~\ ~J
Die kritischen Punkte sind offenbar x(I) = (2,-4)T und x(2) = (-2,-4)T. Wegen
I X.Xt (x(I» = 2·2 = 4 > 0 und det H/(x(l»=det
(~ ~)=8>O
nimmt/in x(l) ein lokales Minimum an. Der Punkt x(2) ist ein Sattelpunkt vonj, da det H/(x(2» = det
(-4 0) 0
2 = -8 < 0
gilt.
Iilbungsaufgabe 14.3.10 Bestimmen Sie die lokalen Extremstellen und Sattelpunkte der folgenden jeweils auf ganz R2 definierten Funktionen. Geben Sie fUr die Extremstellen auch die zugehOrigen Funktionswerte an. i)
l(x\,X2) = -xl -(X2 + 3)2,
ii)
I(x) ,x2) = xf - x\x2 + xi,
iii)
I(x\ ,X2) = x2(x\ _1)2 -2x\ - x2,
iv)
I(x\ ,x2) = cosx\ - xi.
67
68
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
14.4 Okonomische Anwendungsbeispiele Ein Problem der Standortbestimmung Ein ausHmdischer Automobilkonzem hat im Laufe der letzten Jahre die 5 Filialen
F), ...,FS in den neuen Bundeslandem errichtet. Zur Belieferung der hauseigenen Reparaturwerkstatten ist der Bau eines ErsatzteiIlagers L geplant. Der Standort des Lagers soli so gewahlt werden, daB die Kosten der anfallenden Transporte vom Lager zu den Filialen minimiert werden. Da zunachst nur der Makrostandort (z.B. der Kreis oder Bezirk) bestimmt werden soli, geht man von der stark vereinfachenden Annahme aus, daB jeder Punkt des gesamten Territoriums gleichermaBen als Standort geeignet ist (Homogenitat des Territoriums). Fiir die geographischen Koordinaten Xj und Yj der Filiale F j sind die Werte x) = -2, x2 = -3, x3 = x4 = 4, Xs = 7 und Y) = -4, Y2 = Y3 = 1, Y4 = 5, YS =-5 ermittelt worden. Die zu erwartenden Transportmengen, die das Lager L in einer Planungsperiode an F j ausliefem muB, sind a) = a2 = 3, a3 = 6, a4 = 5, as = 3. Mit x und Y werden die zu bestimmenden Koordinaten des Lagers L bezeichnet. Das Problem ist in Abb. 14.4.1 schematisch dargestellt. y
y.
F•• a.=5
F,.a,=3
F•• a.=6 X,
x,
x,
x
y, F,.
a, =3
y,
F,.a,=3
Abb. 14.4.1: Geographische Lage der Filialen F j und zu erwartende Transportmengen Q;
Aufgrund der bisherigen Erfahrungen wird davon ausgegangen, daB die Kosten des Transports von L zu Fj linear mit der Transportmenge
aj
und quadratisch mit
14.4 Okonomische Anwendungsbeispiele
69
der Entfemung 'i:= ~(x-Xj)2 +(y- yj)2 zwischen Lund Fj zunehmen. Letzteres ist u.a. durch Uberstunden der Fahrer bedingt, die bei weiten Strecken anfallen. Die gesarnten Fahrtkosten sind somit (abgesehen von einem Proportionalitiitsfaktor) durch die Funktion (14.4.01) gegeben. Zur Bestimmung des optimalen Standorts (x, y)T ist also die Funktion f zu minimieren. Die ersten partiellen Ableitungen sind
fx(x,y) fy(x,y)
=2a\(x- x\)+ =2a\(y- y\)+
+ 2as(x- xs) + 2as(y- Ys).
Setzt man diese gleich Null, so ergibt sich die eindeutig bestimmte Uisung zu
x=
a\x, + ...+aSxs a, + +as
y=
a\y, + +asys a, + ...+as
(14.4.02)
Die Hesse-Matrix
Hf(x,y) = (
2(a, +...+as) 0
2(
0 ) a, + ...+as )
ist positiv definit. In dem durch (14.4.02) gegebenen kritischen Punkt nimmtfalso ein globales Minimum an. Einsetzen der 2ahlenwerte fur Xj. Yj. aj liefert die Koordinaten des optimalen Standorts (vgI. Abb. 14.4.1): (x, y)
=201 (50,7) =(25,0.35).
Bei praktischen Anwendungen mag die Annahme. daB die Transportkosten linear (statt quadratisch) mit den Entfemungen rj ansteigen, realistischer sein. In diesem Fall ist anstelle von (14.4.01) eine Funktion der Form
f(x,y)
=a\r\ + ... +a"r"
1,--2:------:-2 I 2 2 (14.4.03) =aI'V(x-x\) +(y- y,) +...+a"V(x-x,,) +(y- y,,) zu minimieren. Die Bestimmung der kritischen Punkte ist dabei jedoch problematisch, da sich aus den Gleichungen
70
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
keine explizite Darstellung fur x und y gewinnen laBt. Zur LOsung dieser Minirnierungsaufgabe (sog. Steiner-Weber-Problem) ist jedoch ein iteratives Verfabren entwickelt worden. Dies liefert - abgesehen von dem unrealistischen Fall, daB alle Punkte (x;,y;)T auf einer Geraden Iiegen - die eindeutige LOsung von (14.4.04), in der die Funktion (14.4.03) ihr globales Minimum annimmt. Als Startwert fiir die Iteration hat sich dabei die Minimalstelle der quadratischen Funktion (14.4.01) in der Praxis gut bewlihrt.
Schiitzung einer Nachfragefunktion durch Iineare Regression Ein Tabakwarenhersteller hat einige seiner Produkte im Laufe der Jahre bereits zu verschiedenen Preisen auf dem Markt angeboten. 1m Rahmen einer empirischen Untersuchung sind die Nachfragemengen in Abhangigkeit von den Preisen errnittelt worden. Als Grundlage fUr die zukiinftige Preisgestaltung soli der funktionale Zusarnmenhang zwischen Preis und Nachfrage errnittelt werden. In der folgenden Tabelle sind am Beispiel der Zigarillomarke Sumatra die bisherigen Preise und die zugehOrigen Absatzmengen gegeniibergestellt. Tab. 14.4.2: Empirische Daten zur Preis-Nachfrage-Relation
Preis (in DM)
PI
=5,00
Nachfrage (in 1000 Schachteln pro Planungsperiode) N) =5
=3,8
P2 =6,00
N2
P3 =6,50
N 3 =4
P4 =7,50
N4 =3
P s =9,00
NS =3,2
Die graphische Darstellung der Daten als Punkte in einem Koordinatensystem laBt einen tendenzielliinearen Zusammenhang vermuten (vgl. Abb. 14.4.3). Die Abweichungen der Datenpunkten von dem theoretisch geradlinigen Verlauf werden auf zuflillige Schwankungen der Nachfrage zuruckgefiihrt. Das Problem ist nun, eine Gerade N(P)
= a + bp zu konstruieren, die sich den Datenpunkten (P;,Nj)T
"moglichst gut" annlihert (i = I, ... ,5).
14.4 Okonomische Anwendungsbeispiele
71
N (in 1000 Schacbteln)
7
N,
lh,
N~
.
-r
N, • N(P,)
;
.
-------------------------------------------1-------, :
N, -::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::;:::::::~::::~:::::::;N4 1 ! j ! !
,
....•-e
N(P) = 6,8 • 0.44 P
iii
! P,
10
P(inDM)
Abb. 14.4.3: Regressionsgerade zu den empirischen Daten in Tab. 14.4.2.
Als Kriterium filr die "Gilte der Annaherung" wahlt man iiblicherweise die Summe der Abweichungsquadrate (vgl. Abb. 14.4.3) 5
f(a,b)
= L(N(l})-Nj )2 i=1
5
=L(a+bl} -Ni )2 i=1
=(a +5b-5)2 +(a +6b-3.8)2 + (a +6.5b-4)2 +(a + 7.5b-3)2 +(a +9b-3.2)2. Die Parameter a und b der optimalen Geraden erhlilt man also, indem man die Funktionfminimiert. Die ersten partiellen Ableitungen sind
fa (a.b) = 2(a+5b-5)+2(a+6b-3.8) +2(a +6.5b-4)+ 2(a + 7.5b- 3) +2(a+9b-3.2) = lOa+68b-38
und
fb(a.b) = 2· 5(a + Sb- 5) + 2 ·6(a + 6b - 3.8)
+ 2· 6.S(a +6.5b -4)+ 2· 7.5(a + 7.5b - 3) +2·9(a+9b-3.2)
=68a + 481b -
250.2.
Setzt man diese gleich Null. so ergibt sich das Iineare Gleichungssystem
72
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
lOa+68b=38 68a + 48lb
=250.2
mit der eindeutig bestimmten Losung
ao '" 6.80 bo "'-0.44. Die Hesse-Matrix
ist positiv definit. Somit ist (a o' bo)T die globale Minimalstelle der Funktionf. Die optimale Gerade durch die empirischen Datenpunkte, die sog. Regressionsgerade, hat also die Funktionsgleichung N(P) =6.80-0.44P (vgl. Abb. 14.3.3), wodurch auch der gesuchte theoretische Zusammenhang zwischen Preis und Nachfrage gegeben ist. Die Aufgabe, vorgegebene Datenpunkte durch eine lineare Funktion zu approximieren, stellt ein Grundproblem der Okonometrie dar. Die obige Losungsmethode, die sich offenbar auf Probleme mit einer beliebigen Anzahl empirischer Datenpunkte verallgemeinem laBt, ist unter der Bezeichnung "lineare Regression" bekannt.
14.5 Extrema unter Nebenbedingungen Zahlreiche Probleme der Okonornie lassen sich als Optimierungsprobleme unter Nebenbedingungen formulieren. Bereits im Rahmen der Vorbereitung auf die lineare Programrnierung (vgl. Kap. 9) sind TImen Beispiele fur derartige Aufgabenstellungen begegnet. In diesem Abschnitt behandeln wir das Problem der Maximierung bzw. Minimierung einer n-dimensionalen Funktion !(x\"'" x n), wobei als Losungen nur solche Vektoren x = (X\, ... ,xn)T zugelassen sind, die Nebenbedingungen der Form
(14.5.01)
mit m < n geniigen.
73
14.5 Extrema unter Nebenbedingungen
1m Gegensatz zur linearen Optimierung sind als Nebenbedingungen keine Ungleiehungen zugelassen; allerdings konnenf, 8\, ... , 8m beliebige (d.h. aueh niehtlineare) n-dirnensionale Funktionen sein. Beispiel 14.5.1 Ein metallverarbeitender Betrieb hat von der Baekerei Knack-und-Baek einen Auftrag zur Herstellung von Keksdosen erhalten. Die oben offenen Dosen sollen ein Fassungsvermogen von V=2000 em3 haben und eine quadratisehe Grundflaehe besitzen (vgI. Abb. 14.5.2). Ansonsten ist die Wahl der Abmessungen dem Hersteller ii berlassen.
V= 2000 em3
Abb. 14.5.2: Abmessungen der Keksdose
Um den Preisvorstellungen der Backerei gerecht werden zu konnen, will der Betrieb die Materialkosten pro Dose minimieren. Zur Herstellung einer Dose mit der Kantenlange a der Grundflache und der Hohe h (jeweils in em gemessen) werden F(a,h)
=a 2 +4ah
(14.5.02)
em2 Bleeh benotigt. Es stellt sieh somit die Aufgabe, die Funktion (14.5.02) zu minimieren, wobei die Kapazitatsrestriktion V(a,h)
=a 2h =2000
(14.5.03)
einzuhalten ist. Die Gleiehung (14.5.03) IliBt sich nach h auflosen mit 2000 h = z;(a):= -2-' a
(14.5.04)
Wenn man den Wert der Variablen a vorgibt, so ist also aueh h durch die Relation (14.5.04) eindeutig festgelegt und der zugehorige Funktionswert von Fist F(a,z;(a». Man braueht also nur die Minimalstelle der eindimensionalen Funktion
74
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
F *(a):= F(a,z(a»
=a 2 +4a z(a)
2 8000 =a +--
a
zu bestimmen. Aus , 8000 F* (a) =2a--2-=0 a !
!
folgt a = 4000 3 . Die Funktion F* nimmt also im Punkt a o := 4000 3
'"
15.9 ihr
absolutes Minimum an. (Die Berechnung der zweiten Ableitung bleibt dem Leser iiberlassen.) Offenbar ist nun
die LOsung des ursprunglichen Minimierungsproblems (14.5.02)-(14.5.03). Die Keksdosen miissen also die Abmessungen a o '" IS. 9cm und ho '" 7.9cm haben. Zur Herstellung einer optimal dimensionierten Dose werden demnach
cm2 Blech benotigt. Fiir das Seitenverhaltnis ac!h o ergibt sich insbesondere a o __
I
40003
-----=-2 = 2. 2000.4000- 3
Dies gilt unabhiingig von der Volumenvorgabe in (14.5.03).
Bei der LOsung des Problems in Beispiel 14.5.1 ist also ein Minimierungsproblem mit einer Nebenbedingung auf die Minimierung einer Funktion ohne Nebenbedingungen zuriickgefiihrt worden. Variablensubstitution
Eine Verallgemeinerung dieser Idee fUhrt zum folgenden als Variablensubstitution bezeichneten Verfahren: Man geht von einem Optimierungsproblem der Form
75
14.5 Extrema unter Nebenbedingungen
MaxI Minf(x" ... ,xn ) u.d.N. g,(x, .... ,xn)=O
(14.5.05)
mit m < n aus. Auflosen von g,(xI' ... ,xn) nach einer der Variablen, z.B. nach x" liefert die Darstellung (14.5.06) Ersetzt man in den Funktionen f, g2, .... gm von (14.5.05) jeweils xl durch die rechte Seite von (14.5.06), so ergibt sich das urn eine Nebenbedingung sowie eine Variable reduzierte Optimierungsproblem MaxIMin f(Z(x2, ... ,xn ),x2,''''xn )
u.d.N.
das sich verkUrzt in der Form MaxIMin f*(x2 .... ,xn ) u.d.N. g2*(x2'''''xn ) =0 gm*(x2""'xn ) =0
schreiben liiBt. Dieser Iterationsschritt wird m mal wiederholt, so daB die m Nebenbedingungen und m der n Variablen eliminiert werden. Man erhiilt dabei eine Funktion f*"'*(xm+I,'" ,xn ).
die ohne Nebenbedingungen zu optirnieren ist. Die Extremstelle der Funktionf* .. ·* liefert die Werte der Variablen Xm+l .... ,xn fUr die optimale Uisung von (14.5.05); die Werte fUr XI,"" x m gewinnt man aus den Substitutionsformeln analog zu (14.5.06). Das Verfahren wird am folgenden Beispiel erliiutert.
76
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
Beispiel 14.5.3 Wir betrachten das Maximierungsproblem Max f(xl,x2,x3) = Xl +2X2X3 +X~ u.d.N. g,(X"X2, X3)
(14.5.07)
=Xl +2X2 +x3 =1
g2(xl,X2,X3) = Xl +x2 -x3 = 2
Auflosen der ersten Nebenbedingung nach Xl ergibt (14.5.08)
1m ersten Iterationsschritt wird in den Termen der Funktionenfund g2 jeweils Xl durch Z(x2,x3) ersetzt, wahrend die erste Nebenbedingung entrallt. Man erhlilt das "reduzierte" Maximierungsproblem
u.d.N. g*2 (x2, x3)
=Z(x2,x3)+ x2 -
(14.5.09) x3
=1- x2 - 2x3 =2.
1m nachsten Schritt wird die Nebenbedingung in (14.5.09) nach x2 aufgelost, was (14.5.10) ergibt. Setzt man diesen Term fUr x2 in die Funktionf* von (14.5.09) ein, so erhlilt man die folgende eindimensionale Funktion, die ohne Nebenbedingungen zu maximieren ist:
Wegen
nimmtf** ein Maximum an der Stelle x3 =
1
"6
an.
Aus (14.5.10) und (14.5.08) gewinnt man nacheinander
14.5 Extrema unter Nebenbedingungen 1 6
77
4
x2 =-Z--I=--
3
und XI =1-Z(
-~)-~=~.
7 Die Uisung des Problems (14.5.07) ist also x = ( 2"
4 I)T -'3' 6'
IUbungsaufgabe 14.5.4 Losen Sie das folgende Minimierungsproblem mit Hilfe der Variablensubstitution: Min !(xI ,x2,x3) = u.d.N.
xf + x2 x3 -x3
gl(XI,X2,X3) = XI -x2 +x3 g2(xI,x2,x3)
=I
=ZXI +x2 -x3 =3.
Die Variablensubstitution filhrt bei einer groBeren Anzahl von Variablen und Nebenbedingungen zu sehr langwierigen Berechnungen. Dartiberhinaus ist die grundlegende Voraussetzung, daB die Nebenbedingungen gi(xI,''''xn) = 0 naeh einer der Variablen Xi auflosbar sind, haufig nieht gegeben. Ein allgemeiner anwendbares Verfahren zur Uisung eines Extremalproblems unter Nebenbedingungen basiert auf dem folgenden, von Lagrange entwiekelten notwendigen Kriterium.
1m weiteren betraehten wir das Problem, eine lokale Extremstelle der Funktion
zu bestimmen, wobei nur Punkte (XI,... ,xn)T zugelassen sind, die den Nebenbedingungen
(14.5.11)
mit m < n gentigen.
78
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
In einem zunachst rein formalen Schritt wird (14.5.11) die im unten aufgefiihrten
Satz benotigte Funktion L(XI'··· ,xn ,1"I'· ··,A. m) = f(xI,··· ,xn ) + A.IgI(xI"·· ,xn ) +...+ A.mgm(xI , .. .,xn ) Lagrangefunktion Lagrange-Multiplikator
(14.5.12)
zugeordnet; List eine Funktion in den n + m Variablen xI, ... ,xn, A.I, ... ,A.m und heiBt die Lagrangefunktion vonfunter der Nebenbedingung (14.5.11). Die beliebigen reellen Zahlen 1.. 1, ... ,A.m heiBen die Lagrange-Multiplikatoren. Satz 14.5.5
Es seien f, gl, , gm stetig partiell differenzierbare Funktionen in den Variablen xI, , xn mit m < n, und x(o) sei ein innerer Punkt von D nDg1 n nDgm • Der Rang der Matrix der partiellen Ableitungen f
(14.5.13)
Eine notwendige Bedingung dafUr, da8 x(o) eine Extremstelle vonfunter Beriicksichtigung der Nebenbedingungen (14.5.11) ist, ist das Verschwinden der partiellen Ableitungen der Lagrangefunktion, d.h. es miissen reelle Zahlen
1..)0),. .. ,1.<;:)
existieren, so da8
0
(14.5.14)
( (0) (0) 1.(0) 1.(0» - 0 Ai xl "",xn ' 1 , .. " m -
(14.5.15)
(0)
Lx.) ( xl
(0) ,(0)
,(0» -
,o",xn ,1\,1 , ••• ,A m
-
fUr allej = I, ... ,n und L
fUr aile i
= I, .. . ,m gilt.
Bevor wir den Satz auf Beispiele anwenden, wollen wir einige Erlauterungen zum Verstandnis der Aussage bzw. zu einer Grundidee des Beweises geben.
14.5 Extrema unter Nebenbedingungen
79
Bernerkung 14.5.6 i)
Die Voraussetzung, daB die sog. Funktionalmatrix (14.5.13) Maximalrang hat, besagt nach der Theorie impliziter Funktionen, daB die Nebenbedingungen gi(x\, ... ,xn ) = 0 lokal nach m der n Variablen, z.B. nach x\""'xm , auflosbar
sind. Die Auflosbarkeit der Nebenbedingungen nach x\, ... , x m ist also gewiihrleistet, sofem (x\, ... ,xn)T in einer Umgebung des Punktes x(o)= (xfO) ,... ,x~O» T liegt. Dies ist offenbar eine wesentlich schwiichere Voraussetzung als die bei der Variablensubstitution verlangte globale Auflosbarkeit. ii)
Wegen
0..; (xfO), ... ,x~O) ,1..\0), ... ,1..<,::»
=gi(X(O»
besagt die Bedingung (14.5.15) lediglich, daB die im Satz gesuchte Extremstelle x(o) den Nebenbedingungen (14.5.11) gentigen muB. Die Bedingung (14.5.15) muB also trivialerweise erftillt sein.
Zurn Beweis von Satz 14.5.5 Da (14.5.13) Maximalrang hat, gilt (nach eventueller Umbenennung der Variablen x\, ... ,xn), daB die quadratische Teilmatrix
von (14.5.13) regular ist. Somit ist auch AT(x(o» regular und das lineare Gleichungssystem
(14.5.16) · em . deutlge . L"osung (,(0) ,(o»T . 11.\ , ... ,lI. hat dIe m Die He Zeile von (14.5.16) lautet nun nach Addition der rechten Seite:
Funktionalmatrix
80
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
Schreibt man dies mit Hilfe der Lagrangefunktion, so ergibt sich (0)
Lx; (xl
(0)
A.(o)
A.(o»-O
"",xn ' 1 , ... , m
-
.
Somit ist die Notwendigkeit von (14.5.14) ftir j = 1, ... ,m bewiesen. Der Beweis fUr j = m + I, ... , n ist komplizierter und wird bier nicht erbracht. Beispiel 14.5.7 Das Minimierungsproblem in Beispiel 14.5.1 solI mit der Methode von Lagrange gelOst werden. Die Lagrangefunktion lautet
L(a,h,A.) = F(a,h)+ A.(V(a,h) - 2000) =a 2 +4ah+A.(a 2h-2ooo). Die partiellen Ableitungen sind
La(a,h,A.) = 2a +4h+ 2ahA., Lh(a,h,A.) =4a + A.a 2 , L).,(a,h,A.) =a 2h-2ooo. Die Bedingungen (14.5.14), (14.5.15) lauten also
2a+4h+2ahA. = 0, 4a+A.a 2 =0,
(14.5.17)
a 2h-2ooo=0. Das System hat eine eindeutig bestimmte LOsung, die man auf folgendem Wege ermitteln kann: Dividiert man die zweite Gleichung durch a (a
=0 wird durch die dritte Gleichung
ausgeschlossen), so folgt
A.a =-4. Einsetzen von -4 fUr A.a in der ersten Gleichung ergibt
2a +4h-8h = 0 ¢::> a=2h. Wenn man dies in die dritte Gleichung einsetzt, folgt
14.5 Extrema unter Nebenbedingungen
81
4h 3 =2000 ¢::> 1
h =5()()3
1
1
3 =-4000 2 .
Die Werte fiir a und A, lassen sich dann leicht bestimmen. Es gilt (a,h,A,)
I
1
4
1
=(4000 3 '2. 40003 '---1)' 4()()()3
I I 1 Als Minimalstelle kommt also nur der Punkt (a,h)T = (40003 '2· 40003 )T in
Frage (vgl. Beispiel 14.5.1).
Beispiel 14.5.8 Wir kommen nochmals auf das Maximierungsproblem aus Beispiel 14.5.3 zurUck. Die Lagrangefunktion hat dann die Gestalt L(XI,X2,X3,A,I,A,2) =
xI +2x2x3 + xS + A,I (xI + 2x2 + x3 -1) +A,2(xl + x2 - x3 - 2)
Die partiellen Ableitungen sind LXI (xI,x2,X3,A,I,A,2)
= I+A,I +A,2
L X2 (xI ,x2 ,X3,A,I,A,2)
= 2x3 + 2A,1 + A,2
L X3 (xI ,x2 ,X3,A,1 ,A,2)
= 2x2 + 2x3 + A,I -A,2
LoAI (xI ,x2 ,X3,A,1 ,A,2) = XI + 2x2 + X3- 1
4. 2 (XI ,X2,X3,A,1 ,A,2) =XI + X2 -X3 -
2.
Nullsetzen dieser Ableitungen ergibt das !ineare Gleichungssystem
0 0 0 0
0
1
1
XI
-I
2
2
1
x2
0
0 2
2
1
-1
x3
0 0
0 0
A,I
1
A,2
2
I
2
1
1
1
-1
=
0
mit der eindeutigen LOsung (0)
(xl
(0)
'X2
(0)
'X3
(0)
(0)
,AI ,AI)
T=(2'-'3'6"3"-'3 7 4 1 2 5 )T .
14 Extrema bei Funktionen mehrerer Variabler
82
(Ein Verfahren zur Losung linearer Gleichungssysteme ist bereits in Kapitel 5 (Kurs 00053) behandelt worden). Ais Maximalstelle kommt also nur der Punkt
x(o)
=
(2 -~ .!.) 2' 3'6
in Frage (vgl
.
Beispiel 14.5.3).
IUbungsaufgabe 14.5.9
I
._~~------------
Ermitteln Sie mit Hilfe des Lagrange-Ansatzes die Punkte, die als Extremstellen der Funktion
unter der Nebenbedingung
in Frage kommen.
IUbungsaufgabe 14.5.10 Nehmen wir an, daB die Keksdosen in Beispiel 14.5.1 eine kreisforrnige Grundflache haben sollen. Losen Sie dieses Minimierungsproblem bei sonst unveranderter Aufgabenstellung einmal mit Hilfe der Substitutionsmethode und einmal mit Hilfe des LagrangeAnsatzes!
Da Satz 14.5.5 "nur" ein notwendiges Kriterium fur die Extremstellen einer Funktion unter Nebenbedingungen liefert, muB man durch Vergleich der Funktionswerte priifen, in welchen der gefundenen Punkte tatsachlich ein Extremum angenommen wird. Es soli an dieser Stelle erwahnt werden, daB man auch anhand der Hesse-Matrix der Lagrangefunktion erkennen kann, welche der mittets Satz 14.5.5 gefundenen "kritischen Punkte" lokale Extremstellen sind. Auf dieses hinreichende Kriterium kann im Rahmen des vorliegenden Lehrtextes aber nieht eingegangen werden.
Kapitel15
Differential- und Differenzengleichungen Bei vielen okonomischen Modellen, insbesondere im Zusammenhang mit Produktions- und Nutzenfunktionen, Wachstum und Marktprozessen sind Funktionen implizit in Form von Differential- oder Differenzengleichungen gegeben. Dabei handelt es sich urn Gleichungen, die eine Beziehung zwischen einer Funktion und ihren Ableitungen bzw. zwischen einer Foige und ihren Differenzenfolgen darstellen. In diesem Kapitel beschaftigen wir uns mit der LOsung von Differential- und Differenzengleichungen, d.h. mit der Bestimmung von Funktionen bzw. Foigen, die diesen Gleichungen geniigen. Die Abschnitte 15.1 - 15.7 behandeln Differentialgleichungen, im Rest des Kapitels werden Differenzengleichungen untersucht.
15.1 GrundbegritTe der DitTerentialgleichungen Wiihrend iiblicherweise in der Mathematik zwischen dem Funktionswert y und der Funktion y = fix) unterschieden wird, schreibt man in der Theorie der Differentialgleichungen gewohnlich y(x) oder kurz y anstelle von fix). Entsprechend werden , ,,... , Y' ,JI) ,J2) b ay bezelC. hnet. . . y,,y Abl eltungen ,y' ,. . . zw. nut aXi
Dnter einer Differentialgleichung (DGL, Plural DGLn) versteht man eine Gleichung, in der eine Funktion y, deren Ableitungen sowie eine oder mehrere unabhiingige Variable auftreten, z.B. 3 + 5y =y' + 2y",
(15.1.01)
y'" =x- y + y",
(15.1.02) (15.1.03)
W. Rödder et al., Wirtschaftsmathematik für Studium und Praxis 3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1997
Differentialgleichung
84
15 Differential- und Differenzengleichungen
(15.1.04)
Jede Funktion, die mit ihren Ableitungen die Gleichung erfUllt, heiBt eine Losung
3 5
.J4I-1 4
der Differentialgleichung, z.B. ist die Funktion y(x)=e ax -- mit a:=--eine Losung von (15.1.01), da 3 + 5y fUr aile x
E
=3 + 5eax - 3 =aeax + 2a2eax =y' + 2y"
R erfUllt ist.
LOsungsmenge
Die Menge aller Losungen einer DGL heiBt LOsungsmenge oder die allgemeine
allgemeine LOsung
LOsung. Man spricht von einer gewohnlichen bzw. partiellen DGL, wenn die
gewiihnlichen DGL partiellen DGL
sind gewohnliche DGLn, (15.1.04) ist eine partielle DGL. Die hochste auftretende
Ordnung der DGL
Ableitung heiBt die Ordnung einer DGL. Z.B. hat (15.1.02) die Ordnung 3 und
expliZite/implizite DGL
Funktion eine bzw. mehrere Variable besitzt. Die Gleichungen (15.1.01) - (15.1.03)
(15.1.04) die Ordnung 2. Eine DGL heiBt explizit, wenn sie nach der ht>chsten Ableitung aufgelost ist, andemfalls heiBt sie implizit. Z.B. ist (15.1.02) explizit und (15.1.01) implizit. Eine DGL muB nicht notwendig fUr aile Variablen- und Funktionswerte definiert sein, so ist etwa (15.1.03) nur fUr x;:: 5 und y "" 0 definiert.
In diesem Lehrtext werden wir uns auf die Losung gewohnlicher DGLn beschranken. Eine solche laBt sich stets in der Form F(x, y, yO), ... , In» = 0
(15.1.05)
darstellen, wobei n die Ordnung, II) die i-te Ableitung von y bezeichnet und F eine Funktion in den Variablen x, y, 11),..., In) ist.
Die Aufgabe, eine Losung von (15.1.05) zu bestimmen, die zusatzlichen Bedingungen der Form (15.1.06)
Anfangswertproblem Anfangsbedingung
genUgt, heiBt Anfangswertproblem fUr (15.1.05). Die Bedingung (15.1.06) heiBt
Anfangsbedingung. Eine explizite DGL erster Ordnung, also eine DGL der Form
y' = F(x, y)
(15.1.07)
15.1 Grundbegriffe der Differentialgleichungen
85
lliI3t sich geometrisch durch ein sog. Richtungsfeld veranschaulichen, in dem je-
Richtungsfeld
dem Punkt (x, y)T ein Linienelement mit der Sleigung y'= F(x, y) zugeordnel wird.
Linienelement
Z.B. flir (15.1.08)
y' =F(x,y) =x+ y
ist das Richtungsfeld in Abb. 15.1.1 dargestelli. Eine Funktion y(x) iSl genau dann eine LOsung von (15.1.07), wenn die Steigung ihres Graphen (der sog. Losungskurve) in jedem Punkt mit der Richtung des Linienelements tibereinstimmt. Y Y2(x)=-x - I +
4
er
3 2
--
I
I 2
x
I
\
-2
-
Yl(X)=-x-1
Abb.lS.l.1: Richtungsfeld der DOL (15.1.08) mit den Uisungen y,(x) und Y2(x)
Es existiert kein einheitliches LOsungsverfahren, das auf beliebige DGLn der Form (15.1.05) anwendbar ist. Nur flir sehr spezielle Funklionen F konnlen weilgehend voneinander unabhangige Methoden zur Bestimmung der allgemeinen LOsung entwickelt werden. Zur Einftihrung in die Theorie der DGLn werden wir uns mit gewohnlichen DGLn erster Ordnung beschiifligen, die aile Spezialfalle von F(x, y, y') := g (x, y) + h(x, y) y' = 0
(15.1.09)
darstellen: DGLn mit getrennten Variablen (Abschnitt 15.2), exakte DGLn (Abschnitt 15.3), Ahnlichkeits-DGLn (Abschnitt 15.4). Insbesondere lassen sich diese DGLn in der oben beschriebenen Weise durch ein Richlungsfeld veranschauli-
LOsungskurve
IS Differential- und Differenzengleichungen
86
chen, da man (15.1.09) durch Auflosen nach y' in die explizite Form (15.1.07) iiberfiihren kann. Teilweise auf die vorangegangenen Ergebnisse aufbauend werden in den Ablineare DGL
schnitten 15.5 und 15.6 sog. lineare DGLn n-ter Ordnung behandelt, also DGLn derForm F(x, y, y(l), ... , y(n»:= Pn(x)y(n)
+...+ p\(x)y(l) + Po(x)y - r(x) =O.
Die Funktion Fin (15.1.05) ist dabei also eine lineare Funktion mit den Koeffizienten p,{x) und r(x). Z.B. sind (15.1.01) und (15.1.02) lineare DGLn. In Abschnitt 15.7 werden schlieBlich zwei okonomische Anwendungsbeispiele fur lineare DGLn vorgestellt.
15.2 Differentialgleichung mit getrennten Variablen Wir beginnen mit der Losung von DGLn erster Ordnung, die sich in der Form
y' hey) = g(x)
(15.2.01)
dy h(y) = g(x)
(15.2.02)
bzw. dx
darstellen lassen. Da die Funktion h nur von y und die Funktion g nur von x abhangt, spricht man dabei von einer DGL mit ..getrennten Variablen". Offensichtlich ist dies ein Spezialfall von (15.1.09) fiir g(x, y) := -g(x) und h(x, y) := h(y). Wenn H und G Starnmfunktionen von h und g bezeichnen, erhalt man die zu (15.2.01) aquivalente Darstellung d
dx H(y(x» = g(x)
und somit H(y) = G(x) + c.
(15.2.03)
Jh(y)dy = Jg(x)dx
(15.2.04)
bzw.
Wenn H in (15.2.03) invertierbar ist, laBt sich die allgemeine LOsung von (15.2.01) also in der Form y(x)
darstellen.
= H-\(G(x) + c)
(15.2.05)
87
15.2 Differentialgleichung mit getrennten Variablen
Diese Losungsmethode ist unter der Bezeichnung "Trennung der Variablen" bekannt, da die Variablen x und y beim Ubergang von (15.2.02) nach (15.2.04) auf verschiedene Seiten der Gleichung gebracht werden.
Beispiel 15.2.1 Wir betrachten die DGL
y'eY = x.
(15.2.06)
x2 Als Starnmfunktion von h(y) = eY und g(x) = x erhalt man H(y) = eY und G(x) = - . 2 Gleichung (15.2.03) hat dann die Gestalt
x2 eY= -+c, 2 woraus sich die allgemeine Losung
x2 2
(15.2.07)
y(x) = In ( - + c) 2
mit ~ + c > 0 ergibt. 2
Beispiel 15.2.2 Es soli die Losung des Anfangswertproblems zu (15.2.06) mit y(2) = I bestimmt werden. Man erhiilt diese durch geeignete Wahl von c in (15.2.07). Die Bedingung y(2)
2
=In( -22
+ c) = 1
+ c) = I
¢:::>
liefert In(2
c=e-2 .. 0,718.
Die Funktion y(x)
mit x
E
x2
= In( - + e -2) 2
R ist also die Losung des Anfangswertproblems.
88
15 Differential- und Differenzengleichungen
Beispiel 15.2.3 (Logistisches Wachstum) Es sei y(t) der Automobilbestand in der BRD zum Zeitpunkt t. Verschiedene Faktoren, die das Wachstum von y(t) mindem (u.a. die Beschritnktheit der Ressourcen, steigende Umweltverschmutzung) fuhren zur Modellannahme, daB die relative Anderungsrate (vgl. Def. 13.4.2), die sog. Wachstumsrate y'(t)/y(t), mit steigendem Bestand y(t) linear abnimmt. FUr y(t) erhiilt man somit die DGL
y' = ay
mit a,
~
~y
(15.2.08)
> O. Dividiert man (15.2.08) durch die reehte Seite, so ergibt sich =1.
y' y(a-~y)
Diese DGL ist von der Gestalt (15.2.01) mit h(y)
=
1 y(a-~y)
,
g(t)
= 1.
Die Funktion h HiBt sich in der Form h(y) =
1
y(a-~y)
=J...+ ay
~
a(a-~y)
darstellen, was man leicht nachprtift, indem man die Gleichung mit ay(a-~y) 1 multipiiziert. Ausklarnmem von - ftihrt zu
h(y) =
-~) a1(Iy- a-~y
a
.
Ais Stammfunktion von h erhitlt man somit 1 H(y) = -(In y -In(a-~y))
a
1
y
=-In-a a-~y
Da F(t) = t eine Stammfunktion von.f{t) = 1 ist,litBt sich y in der Form 1 y - In-·-=t+c
a
a-~y
schreiben. Schrittweises Auflosen nach y ergibt dann
(15.2.09)
15.2 Differentialgleichung mit getrennten Variablen
89
y In--R-=a(t+c) a-..,y _y_ = ea(t+c) a-/3y
a -/3y y
y
=~ -/3 =e-a(t+c) ¢::} y
= ..,+e R -a(t+c)
y = 1+
Mit
a:=
a 13'
I
13e
b:=
-at -ac
e
1 Iie-ac,
c:=a
erhiilt man schlieBlich die Darstellung
a
(15.2.10)
y(t) = 1+ be-ct
Eine Funktion der Form (15.2.10) heiBt eine logistische Funktion. Sie ist monoton wachsend und strebt fUr t
~
00
gegen den Grenzwert a. Die konkreten Parameter-
werte a, b und c bestimmt man durch LOsen des Anfangswertproblems y(O) = Yo und Anpassung der Funktion an empirische Daten, worauf wir an dieser Stelle verzichten wollen. Eine detaillierte Untersuchung der logistischen Funktion erfolgt in Kap. 16.
I'Obungsaufgabe 15.2.4 Nimmt man im obigen Beispiel ungehindertes Wachstum an, so ist die Wachstumsrate konstant, d.h. es gilt (15.2.11) Dies ist der Spezialfall von (15.2.08) fUr
/3 =o.
i)
LOsen Sie die DGL (15.2.11).
ii)
Losen Sie das Anfangswertproblem y(O) = Yo fUr (15.2.11).
logistische Funktion
90
15 Differential- und Differenzengleichungen
IUbungsaufgabe 15.2.5 Losen Sie die DGLn i)
L=sinx
ii)
y' eY = x 3 .
y2
mity;t:O
15.3 Exakte Differentialgleichung Eine DGL der Form g(x, y) exakteltotale DGL
+ h(x, y) y' = 0
(15.3.01)
(vgl. (15.1.09) heiBt exakt oder total, wenn eine Funktion F(x, y) mit Fix, y) = g(x, y)
und
F/x, y) = h(x, y)
(15.3.02)
existiert.
Bemerkung 15.3.1 Die im vorigen Abschnitt behandelte DGL mit getrennten Variablen (vgl. (15.2.01)), die sich auch in der Form -g(x)
+ h(Y)y' = 0
schreiben Hillt, ist ein Spezialfall einer exakten DGL. Denn fUr F(x, y) := -G(x) + H(y)
wobei Fund G Stammfunktionen von g bzw. von h sind, gilt offenbar Fix, y) = -g(x)
Beispiel 15.3.2 DieDGL
ist exakt, da die Funktion
und
F/x, y) = h(y).
15.3 Exakte Differentialgleichung
91
den Bedingungen Fx(x, y) = 2y3xe x 2 =: g(x, y)
und 2
Fy(x, y) = 3y 2 ex =: hex, y)
geniigt. Die exakte DGL ist allgemein IOsbar, da man (15.3.01) nach der verallgemeinerten Kettenregel (vgl. Abschnitt 13.2) wie folgt umformen kann: g(x,y)+h(x,y)y'=O
~
Fx(x, y)+Fy(x, y)y'=O
~
d
- F(x, y(x» = O. dx
Die Funktion F(x, y(x» in der letzten Gleichung wird dabei als eindimensionale Funktion in der Variablen x aufgefaBt. Die Uisungsmenge von (15.3.01) besteht also aus der Menge der Funktionen y, die der Bedingung F(x, y(x» = c
fUr ein C E R geniigen.
Beispiel 15.3.3 Die allgemeine LOsung der DGL in Bsp. 15.3.2 ist also gegeben durch
Auflosen nach y ergibt
!
furc*=c 3 .
(15.3.03)
15 Differential- und Differenzengleichungen
92
An einer DGL der Form (15.3.01) laBt sich nicht immer unmittelbar erkennen, ob es sich dabei urn eine exakte DGL handelt, d.h. ob eine Funktion F(x, y) existiert, die den Bedingungen (15.3.02) geniigt. Zur Beantwortung dieser Frage ist das folgende Kriteriurn niitzlich:
Satz 15.3.4 Die Funktion h(x, y) und g(x, y) seien partiell ditTerenzierbar. Dann gilt: Die DGL (15.3.01) ist genau dann exakt, wenn gix, y)
(15.3.04)
= hx (x, y)
erfillit ist.
Wenn eine Funktion F(x, y) mit Fix, y)
=g(x, y)
und
F y (x, y)
=h(x, y)
existiert, so folgt unter der Voraussetzung der partiellen Differenzierbarkeit von g undh gix, y)
=F xy (x, y) =F yx (x, y) =hx (x, y)
(vgl. Bern. 13.2.23 i». Sornit ist nachgewiesen, daB exakte DGLn der Bedingung (15.3.04) geniigen. Die urngekehrte Beweisrichtung wird weiter unten konstruktiv gefiihrt.
Beispie115.3.5 Wir wollen priifen, ob die DGL (l+xy)eXY +x2 eXJy'
=0
exakt ist. Mit g(x, y) := (1 + xy) eXY gix, y)
und
h(x, y) := x 2eXJ gilt
= (2 + xy) xeXY = hx(x, y).
Nach Satz 15.3.4 ist die DGL also exakt.
93
15.3 Exakte Differentialgleichung
Mit Hilfe des obigen Satzes kann also festgestellt werden, ob eine DGL der Form (15.3.01) exakt ist. Falls dem so ist, muB noch die Funktion F(x, y) in (15.3.02) bestimmt werden. Dabei geht man wie folgt vor: Aus der ersten Bedingung in (15.3.02) folgt F(x,y) =Jg(x,y) dx+c(y).
(15.3.05)
= G(x,y)+c(y),
wobei G eine Stammfunktion von g beZtiglich x und c eine nur von y abhangige Funktion ist. Die zweite Bedingung in (15.3.02) liefert nun Fix, y)
=Gix, y) + c'(Y) =h(x, y).
also C'(Y)
=h(x, y) -
(15.3.06)
Gix, y)
Einsetzen der rechten Seite von (15.3.06) in (15.3.05) ergibt schlieBlich F(x,y) =G(x,y)+ J(h(x,y)-G/x.y»dy.
(15.3.07)
ZUsammenfassend ergibt sich aus (15.3.03) das folgende Kriterium zur Bestimmung der a11gemeinen Losung einer exakten DGL.
Satz 15.3.6 1st die DGL (15.3.01) exakt, so ist ihre allgemeine Liisung implizit durch G(x,y)+ J(h(x,y)-Gy(x,y» dy
=c
(15.3.08)
gegeben, wobei G(x. y) eine Stammfunktion von g(x. y) bezuglich x ist undcE R.
Beispiel 15.3.7 Es soli die allgemeine Losung der exakten DGL in Bsp. 15.3.5 bestimmt werden. Zunlichst ist eine Stammfunktion G(x, y) von g(x, y) = (1 +xy) eXY
(15.3.09)
beztiglich x zu bestimmen. Durch partielle Integration mit!! (x):= 1+ xy und !i(x):= eXY (vgl. (12.1.4» erhlilt man
94
15 Differential- und Differenzengleichungen
G(x,y) = J(l + xy)eXY dx I I = (l + xy)-eXY - f -exyy dx y
y
= xeXY +c. Die Gleichung (15.3.08) lautet somit
xexy + f (x 2e xy - x 2e xy) dy = c. Da das Integral eine Konstante ergibt, ist die allgemeine LOsung der DGL implizit durch xe,ty
= c*
gegeben. Auflosen nach yergibt I c* y(x)=-inx x
(15.3.10)
c* mitx¢O, ->0.
x
Zur Probe setzen wir (15.3.10) in die DGL in Bsp. 15.3.5 ein und erhalten wegen
y'(x) =
-I-in c· x2
die fUr aIle x mit x ¢
x
°und -c*x > °gtiltige Beziehung
c*)c* c* -I-Inc· -+x 2 x =0. ( l+inx x x x2
IUbungsaufgabe 15.3.8 Prtifen sie nach, welche der folgenden DGLn exakt sind: i)
y2 cosx+2ysinxy'=O,
ii)
eY+(xeY+2y)y'=0,
iii)
x sinxy+ y cos xy y' = 0,
iv)
cosxe Y +sinxeYy' =0.
15.4 Ahnlichkeitsdifferentialgleichung
95
Stellen Sie fUr die exakten DGLn die allgemeine LOsung implizit in Form von (15.3.08) dar. Wenn maglich. lasen Sie diese Gleichung nach y auf, und machen Sie die Probe durch Einsetzen von y(x) in die jeweilige DGL.
15.4 AhnlichkeitsditTerentialgleichung In diesem Abschnitt betrachten wir den Spezialfall der DGL (15.1.09) fUr g(x, y) = -g(;) ,
hex, y) = 1.
Dabei ergibt sich fur x ~ 0 die DGL (15.4.01) die als Ahnlichkeitsdijferentialgleichung bezeichnet wird. Die Bezeichnung leitet sich von der Tatsache ab, daB mitjeder LOsung y(x) von (15.4.01) auch jede durch Ahnlichkeitsabbildung bzgl. des Koordinatenursprungs aus y(x) hervorgehende Funktion wiederum eine LOsung von (15.4.01) darstellt. (In der Literatur wird (15.4.01) auch haufig als "homogene DGL" bezeichnet. Dies ist jedoch insofern verwirrend, als sich die homogene lineare DGL erster Ordnung, die wir in Abschnitt 15.5 einfUhren werden, La. nicht in der Form (15.4.01) darstellen liiBt.)
IUbungsaufgabe 15.4.1 Zeigen Sie, daB (15.4.01) fUr eine nicht-konstante Funtion g keine exakte DGL ist.
Zur Lasung der Ahnlichkeits-DGL ist die Substitution z :=
1. x
bzw.
(15.4.02)
y = zx
mit
y' = (zx)' = z + xl
(15.4.03)
naheliegend. Einsetzen von (15.4.02) und (15.4.03) in (15.4.01) ergibt die DGL z + xz'
=g(z).
I Auflasen nach - fUhrt zu g(z) x
~
0 zu dem Spezialfall
Ahnlichkeitsdifferentialgleichung
96
15 Differential- und Differenzengleichungen
z' g(z)-z
(15.4.04)
x
von (15.2.01), der sich nach der Methode von Abschnitt 15.21Osen liillt. Wennfeine Stammfunktion von __1_ bezeichnet, so liillt sich die allgemeine g(z) - z
Losung von (15.4.04) implizit in der Form fl.z) = In lxi + c
darstelien. Resubstitution von
z ergibt dann
die allgemeine Ltisung der Ahniich-
keits-DGL (15.4.01). Das Ergebnis wird im folgenden Satz zusammengefaBt. Satz 15.4.1 Die allgemeine LOsung der Ahnlichkeits.DGL
ist implizit durch die Gleichung
f(~) =InIXH-C gegeben, wobei fl.z) eine Stammfunktion von __ 1_ bezeichnet (x g(z)-z
g(z)
*" 0,
*" z).
Beispiel 15.4.2 Gesucht ist die allgemeine Losung der DGL
y'=~+(~r
(15.4.05)
Es ist g(z) = z + z3 und 1 1 1 J--dz=J-dz=-+c. g(z) - Z z3 -2z 2 Man kann also f(z):=
--.!-2 -2z
setzen. Nach Satz 15.4.1 ist die allgemeine LOsung
von (15.4.05) impiizit gegeben durch
f(~) = lnlxl+ c
97
15.4 Ahnlichkeitsdifferentialgleichung
also
x2 --=lnlxl+e
-2 y 2
Auflosen nach y ergibt
x
(15.4.06)
= ± '~;=e*'="'-==2==ln=:"x=:J mit c* := -2e.
IUbungsaufgabe 15.4.3 Oberzeugen Sie sich von der Richtigkeit des vorstehenden Ergebnisses, indem Sie die Funktion (15.4.06) in (15.4.05) einsetzen.
Beispiel 15.4.4 Wir wollen die Menge aller eindimensionalen Funktionen mit konstanter Elastizitat bestimmen (vgl. Def. 13.4.2). Es ist also die DGL EY(x)
= xy'(x) =a y(x)
zu losen. Sie ist durch Auflosen nach y' in die Ahnlichkeits-DGL y'=a I
(15.4.07)
x
iiberfiihrbar. Fiir die Funktion g(z) in Satz 15.4.1 erhalt man g(z)
= az.
Eine Stammfunktion von I
I
g(z)-z
(a-I)z
---=--ist !(z)
I =-a-I lnlzl
98
15 DifferentiaI- und Differenzengleichungen
Die allgemeine Losung von (15.4.07) ist somit implizit durch
f(l.) = _1 Inll.1 = Inlxl+c x
~
a-I
gegeben. Multiplikation dieser Gleichung mit (a - 1) und Anwendung der Exponentialfunktion auf beiden Seiten ergibt
I~I = e(a-I)lnlxl . e(a-I)c =Ixl a -I. e(a-I)c,
also Iyl = lxla . e(a-l)c.
FUr x > 0 laBt sich dies in der Form (15.4.08)
y= cxa
schreiben mit
c:= e(a-I)c.
Dies ist der eindimensionale Fall der bereits mehrfach
erwahnten Cobb-Douglas-Funktion (vgl. u.a. Bsp. 13.1.23).
Bemerkung 15.4.5 Als okonomische Anwendung des obigen Beispiels laBt sich also folgendes feststellen: Eine eindimensionale Produktionsfunktion y(x) hat genau dann eine konstante Elastizitat, wenn sie von der Form (15.4.08), d.h. wenn sie eine Cobb-DouglasFunktion ist. In Verallgemeinerung dieser Aussage gilt, daB genau dann alle partiellen Elastizi-
taten einer mehrdimensionalen Produktionsfunktion konstant sind, wenn sie eine Cobb-Douglas-Funktion ist.
IUbungsaufgabe 15.4.6 Bestimmen Sie die allgemeine Losung der folgenden Ahnlichkeits-DGLn: i)
,y 2 Y =-+--, x cosL x
15.5 Allgemeine lineare Differentialgleichungen
Hinweis:
ii)
iii)
1
-
99
1
zL z - z-I-~
1'.
xy'=xex+y.
Geben Sie jeweils die LOsung mit Hilfe von Satz 15.4.1 in impliziter Form an. Wenn moglieh, losen Sie diese Darstellung naeh y auf.
15.5 Allgemeine Iineare DitTerentialgleichungen Eine DGL heiBt linear, wenn die Funktion Fin (15.1.05) eine lineare Funktion ist, d.h. wenn die DGL die Form
F(x, y, y(l), Pn(x)y(n) +
,
y
+ PI(x)y
rex)
=0
(15.5.01)
hat. Ublieherweise sehreibt man (15.5.01) in der Form (15.5.02) wobei die Pi und r in einem Intervall stetige Funktionen in der unabhangigen Variablen x sind. Es wird femer Pn(x) -:I: 0 ftir alle x angenommen, damit die Gleichung nach y
gen, andemfalls inhomogen.
homogen/inhomogen
Es ist La. nieht moglieh, die LOsungsmenge einer linearen DGL der Ordnung ;::: 2 in gesehlossenener Form anzugeben. Wir behandeln daher zunaehst die lineare DGL erster Ordnung, die naeh Division durch PI (x) die Gestalt p(x)y
+ y' = q(x)
(15.5.03)
annimmt. Die letzte DGL liiBt sich auf elegante Weise losen, indem man beide Seiten mit dem Faktor eP(x) multipliziert, wobei P(x) eine Stammfunktion von p(x) bezeichnet. Auf diese Weise erhalt man die DGL eP(x)y'
+ p(x)eP(x)y = q(x)eP(x).
(15.5.04)
Da auf der linken Seite die Ableitung der Funktion eP(x)y(x) naeh x steht, kann man (15.5.04) wie folgt umformen:
15 Differential- und Differenzengleiehungen
100
~ (eP(x) y(x)) =q(x)eP(x) dx
eP(x)y(x) y(x)
=fq(x)eP(x)dx
<=>
=e-P(x). fq(x)eP(x)dx
Das Ergebnis soIl zusammenfassend als Satz formuliert werden.
Satz 15.5.1 Die allgemeine LOsung der linearen DGL erster Ordnung y' + p(x)y = q(x)
ist y(x)
= e-P(x)
J
q(x)eP(x)dx,
wobei Peine Stammfunktion von p bezeichnet. Fur den Spezialfall q(x) =0 im homogenen Fall erhiilt man daraus y(x)
= ce-P(x).
Bemerkung 15.5.2 i)
Subtrahiert man von (15.5.04) die reehte Seite, so ergibt sieh die DGL (P(x)y - q(x))eP(x) + eP(x)y' = O.
(15.5.05)
Dies ist naeh Satz 15.3.4 eine exakte DGL, da
a a ay (P(x)y - q(x)eP(x) =p(x)eP(x) = -eP(x) ax
-
gilt. Prinzipiell kann man (15.5.05) dann mit Hilfe von Satz 15.3.6 losen. Diese Vorgehensweise bei der LOsung der linearen DGL erster Ordnung ist jedoeh komplizierter als der cben beschriebene Weg. ii)
1m homogenen Fall liiBt sieh (15.5.03) aueh in der Form y'!..= -p(x) y
sehreiben. Dies ist ein Spezialfall von (15.2.01), der sieh durch Trennung der Variablen IOsen laBt.
15.5 Allgemeine lineare Differentialgleichungen
101
Beispiel 15.5.3 i)
Die allgemeine LOsung der inhomogenen linearen DGL
y'+xy=x ist
y(x)=e
d
x
_x 2=e-
2
fxeTdx
2
2
(.2. e +c) 2
_x 2
= l+ce --y-.
ii)
FUr die homogene DGL
y' +sinx y =0 erhalt man die allgemeine LOsung
y(x) = ceCOSX•
IUbungsaufgabe 15.5.4 Bestimmen Sie mit Hilfe von Satz 15.5.1 die allgemeine Losung der linearen DGLn i)
y' +x2y =0
ii)
y' + Y = sinx.
Hinweis zu ii): Ermitteln Sie f sin x eXdx durch zweimalige Anwendung der partiellen Integration. Die folgenden Satze 15.5.5 und 15.5.11 sind nUtzliche Hilfmittel zur Bestimmung der allgemeinen LOsung einer linearen DGL der Ordnung
~
2.
Satz 15.5.5 (Reduktion der Ordnung) Essei Pn(x)y{n)
+...+ Pl(x)y{1) + Po(x)y =r(x)
eine Uneare DGL n·ter Ordnung und
(15.5.06)
102
15 Differential- und Differenzengleichungen
Pn(x)y(n)
+...+ PI (x)y(l) + Po(x)y = 0
(15.5.07)
die zugehOrige homogene DGL. Wenn Yl(X) eine nichttriviale Losung von (15.5.07) ist, d.h. Yl(x) ist nicht identisch gleich Null, dann hat (15.5.()6) eine Losung der Form (15.5.08)
y(x) = Yl(x)Z(x).
Die Funktion z(x) ermittelt man durch Einsetzen von y,(x) z(x) fUr y(x) in (15.5.06). Dies fUhrt zu einer DGL der Ordnung n - 1. Die Aussage wird am folgenden Beispiel veranschaulicht:
Beispiel 15.5.6 Durch Einsetzen tiberpriift man leicht, daB
eine Losung der linearen DGL 3y + xy' - x2y"
(15.5.09)
=0
ist. Aus dem obigen Satz folgt, daB (15.5.09) eine Losung der Form y(x)
(15.5.10)
= x3 z(x)
besitzt. Einsetzen von x 3z(x) in (15.5.09) ergibt die DGL
= o.
3x3z + x(x 3z)' - x 2(x 3z)" 0 + 6x2z' + x 3z") =
3x3z + x(3x2z + x 3z') - x 2(6xz
Aus der letzten DGL lassen sich aile Terme mit
<=>
z "herausktirzen". Man erhiilt da-
durch die vereinfachte DGL x 4 z' -6x 4 z' -x 5z"
=0
5, +z " = 0. -z
(15.5.11)
x
Die Substitution u := z' fUhrt dann zur DGL
5 '= 0, -u+u x
(15.5.12)
15.5 Allgemeine lineare Differentialgleichungen
103
deren Ordnung gegentiber der ursprunglichen DGL (15.5.09) urn eins verringert ist. Mit Hilfe von Satz 15.5.1 findet man u(x)
= -4e-5 Inx = -4x-5
als spezielle LOsung von (15.5.11). Somit ist z(x) =x4
eine Stammfunktion von u und eine LOsung von (15.5.11). Einsetzen von z(x)=x4 in (15.5.10) liefert die spezielle Losung 1 y(x) = -
x
der DGL (15.5.09), was man leicht durch Einsetzen tiberprtift.
IObungsaufgabe 15.5.7 Bestimmen Sie mittels Satz 15.5.5 eine spezielle Losung der linearen DGL y" - y=2.
Beachten Sie, daB y\(x) = eX eine Losung der zugehorigen homogenen DGL ist.
1m Folgenden wird eine ntitzliche Aussage tiber die "Bauart" der allgemeinen LOsung von (15.5.02) hergeleitet. die insbesondere im nachsten Abschnitt Anwendung finden wird. Hierzu wird analog zu den entsprechenden Begriffen bei Vektoren die lineare (Un-)Abhangigkeit von Funktionen definiert. Definition 15.5.8 Die auf einem gemeinsamen Definitionsbereieh D c R definierten Funktionen (15.5.13)
y\(x), ... , yn(x)
hemen linear abhangig (auf D), wenn reelle Zahlen die nieht aile gleieh 0 sind, so da8
lX), ... ,q.
existieren,
104
15 Differential- und Differenzengleichungen
o.lYI (x) +...+ o.nYn(x) :; 0
(15.5.14)
gilt. Andernfalls hemen die Funktionen (15.5.13) linear unabhiingig.
linear unabhiingig
Wenn die Funktionen in (15.5.13) linear unabhiingige Lo.sungen einer homogenen Iinearen DGL n-ter Ordnung darstellen, so heiRt (15.5.13) ein Fundamentalsystem dieser DGL.
Fundamenralsystem
Beispiel 15.5.9 i)
Die Funktionen YI (x) := x.
Y2(x) := x 2,
Y3(x) := x4
sind linear unabhangig auf R, da
nur fUr 0.1 = ~ = 0.3 = 0 erfiillt ist. ii)
Die Funktionen YI (x) := sin2x,
Y2(x) := 1 - cos2x,
Y3(x) := eX
sind linear abhangig auf R, da
fUr 0.1 = 1, ~ = -1, 0.3 = 0 erfiillt ist.
Allgemein gilt die folgende Aussage.
Satz 15.5.10 Fur beliebige (auf einem Definitionsbereich D c R) definierte Polynome PI(x), ... ,Pn(x) und paarweise verschiedene reelle Zahlen k\, ... ,kn sind die Funktionen
linear unabhiingig.
105
15.5 Allgemeine lineare Differentialgleichungen
Satz 15.5.11 Essei Pn(x)y{n)
+...+ PI (x)y{I) + Po(x)y = r(x)
(15.5.15)
eine inhomogene Iineare DGL und Pn(x)y{n)
+...+ PI (x)y{I) + Po(x)y = 0,
(15.5.16)
die zugehorige homogene Gleichung. Wenn die Funktionen YI (x), ... ,In(x)
ein Fundamentalsystem von (15.5.16) darstellen, so ist
mit cl,,,,,cn e R die allgemeine LOsung von (15.5.16). Die Funktion CIYI(X)
+...+ cnYn(x) + cII(x)
ist die allgemeine LOsung von (15.5.15), wenn zielle LOsung von (15.5.15) bezeichnet.
cII(x)
eine beliebige spe-
Beispiel 15.5.12 Wie bereits in Bsp. 15.5.6 gezeigt wurde, sind Y2(x)
I x
=-
zwei spezielle LOsungen der linearen DGL (15.5.09). Da Yt und Y2 offenbar linear unabhiingige Funktionen auf R\{O} sind,lautet die allgemeine LOsung von (15.5.09) Ct X3
I x
+ C2-'
I_U_b_u_n..:;;gs_a_u....;fg:;;.8_be_l_5_.5_.1_3 Geben Sie die allgemeine Losung der DGL
y"-y=2 an (vgl. Obungsaufgabe 15.5.7).
I
106
15 Differential- und Differenzengleichungen
15.6 Lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten Von besonderer Bedeutung fUr die Okonomie sowie fiir andere mathematische Anwendungsbereiche ist die lineare Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten. llire allgemeine Form ergibt sich aus (15.5.02), wenn die Pi(x) konstante Funktionen sind: PnyCn) +...+ Ply(l) + PoY = rex).
Dabei wird stets Pn
(15.6.01)
'* 0 vorausgesetzt.
In diesem Abschnitt zeigen wir, wie sich mit Hilfe von Satz 15.5.11 die allgemeine LOsung der DGL (15.6.01) ermitteln liillt. Hierzu ist ein Fundamentalsystem der zugehorigen homogenen DGL Pny(n) +,..+ Ply(l) + PoY = 0
(15.6.02)
zu bestimmen, mit dessen Hilfe man dann die allgemeine LOsung von (15.6.01) darstellen kann. Urn eine spezielle Losung von (15.6.02) zu ermitteln, ist der Ansatz y(x)
= eM
(15.6.03)
naheliegend, d.h. man sucht eine Funktion der Form (15.6.03), die der DGL (15.6.02) gentigt. Einsetzen von eM in (15.6.02) fiihrt wegen y(i)(x) = ·).,. ieM
zur Gleichung (15.6.04) charakteristische Gleichung
aus der man nach Division durch eM die sog. charakteristische Gleichung von (15.6.02) (15.6.05)
charakteristisches
Polynom
erhalt. Die linke Seite von (15.6.04) ist ein Polynom in der Variablen A, es heiBt das charakteristische Polynom von (15.6.02).
15.6 Lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten
107
Eine Funktion y(x) = eM ist also genau dann eine Losung von (15.6.02). wenn (15.6.04) bzw. (15.6.05) erfiillt ist. d.h. wenn A eine Nullstelle des charakteristischen Polynoms ist. Wenn letzteres lauter verschiedene reelle Nullstellen AI •...•An besitzt. so sind
n LOsungen der DGL (15.6.02). die nach Satz 15.5.10 ein Fundamentalsystem bilden. Es ergibt sich unmittelbar die folgende Aussage (vgI. Satz 15.5.11).
Satz 15.6.1 Das charakteristische Polynom von (15.6.02) habe die verschiedenen reo ellen Nullstellen AI ,... •An• Die allgemeine LOsung von (15.6.01) lautet dann
wobei
~(x)
eine beliebige spezielle Losung von (15.6.01) bezeichnet.
Beispiel 15.6.2 Wir betrachten die DGL
(15.5.06)
Y'" - 7y" + 14' -8y = O. Das charakteristische Polynom lautet
ALn2 + 141..-8=(1..-1)(1..-2)(1..-4). Die Nullstellen sind also AI = I,
"-2 = 2. 1..3 = 4.
Somit ist YI(x) = eX.
ein Fundamentalsystem der DGL (15.6.06). deren allgemeine Losung
lautet.
108
15 Differential- und Differenzengleichungen
IUbungsaufgabe 15.6.3 Bestirnrnen Sie ein Fundamentalsystem sowie die allgemeine LOsung fUr die homogene lineare DGL
y'" + y" - 2y' =O.
Die Bestirnrnung eines Fundamentalsystems von (15.6.02) ist wesentlich schwieriger, wenn das charakteristische Polynom komplexe und/oder mehrfache Nullstellen besitzt. Das allgemeine Ergebnis wird ohne Beweis im folgenden Satz zusarnmengefaBt.
Satz 15.6.4 Es sei die homogene lineare DGL (15.6.02) gegeben. Zu jeder reellen k-fachen Nullstelle A. des charakteristischen Polynoms erhiilt man die k Uisungen
von (15.6.02). Zu jeder komplexen k-fachen Nullstelle A. =p. + iv mit v > 0 erhiilt man die 2k LOsungen elU cosvx, xelU cosvx, elU sinvx, xelU sinvx,
, xk-1elU cosvx, , xk-1elU sinvx,
von (15.6.02). Fa8t man all diese Losungen zusammen, so erhiilt man n Losungen, die ein Fundamentalsystem von (15.6.02) bilden.
Aufbauend auf den obigen Satz gewinnt man dann mit Hilfe von Satz 15.5.11 die allgemeine L6sung der DGL (15.6.01). Die Aussage von Satz 15.6.4 wird am folgenden Beispiel illustriert.
15.6 Lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koefflzienten
109
Beispiel 15.6.5 Wir betrachten die homogene lineare DGL
f5} - 5y<4} + 6y<3} + 18y<2} - 7y<1} - l3y = O.
(15.6.07)
Das charakteristische Polynom ist p(A)
=1..5 -
51..4 + 61..3 + 181..2 - ?A-13 = (A - 3 + 2i) (A - 3 - 2i) (A + 1)2 ('A - 1).
FUr die Bestimmung des Fundamentalsystems relevant sind also •
die einfache reelle Nullstelle AI
= I,
•
die zweifache reelle Nullstelle ~ = -I,
•
die einfache komplexe Nullstelle 1..3 = 3 + 2i.
FUr AI'~' ~ erhiilt man nach Satz 15.6.4 die folgenden speziellen LOsungen von
(15.6.07): ZUAI=I:
eX
zu ~ = -1:
e-x, xe-X
zu 1..3 = 3 + 2i:
e 3x cos2x, e 3x sin2x.
Alle flinf LOsungen zusammen bilden ein Fundamentalsystem von (15.6.07). Die allgemeine LOsung lautet somit
15.6.6 I I'-Ubungsaufgabe -.--=::..--=::.._----------Bestimmen Sie fUr die folgenden homogenen linearen DGLn ein Fundamentalsystem sowie die allgemeine Losung: i) ii)
+ 2y' = 0 y" - 2y' + 4y = 0
ylll
Ubungsaufgabe 15.6.7 I- = - - - = - - - - - - - - - - - -I Wie lautet die allgemeine Losung der inhomogenen linearen DGL
y" + y' + Y = 3ex ?
15 Differential- und Differenzengleichungen
110
AbschlieBend sei erwiihnt, daB einige Anwendungen zu Systemen von DGLn fiihreno Insbesondere lassen sich Systeme homogener linearer DOLn erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten in der Form y'(x)
=Ay(x)
bzw.
schreiben, wobei y(x) = (y\(x), ... , Yn(x»T eine vektorwertige Funktion ist. Der 1...0sungsansatz y(x) = eMu mit u E Rn fiihrt dann zu der Gleichung
woraus sich nach Kilrzen durch eM das Eigenwertproblem AU = Au ergibt (vgl. Kap.7.1).
15.7 Lineare Differentialgleichungen in der Okonomie Wachstumsmodell fUr das Volkseinkommen nach Boulding Man geht bei diesem Modell von den folgenden Beziehungen zwischen den von der Zeit t abhangigen GroBen Volkseinkommen yet), Konsum k(t) und Investition i(t) aus:
= k(t) + i(t) = a + ~y(t) y'(t) = "(i(t)
yet)
(a ~ 0, 0 < ~
k(t)
(pO)
mit
a:
einkommensunabhangiger Konsumanteil
~:
Proportionalitatsfaktor des einkommensabhangigen Konsumanteils
y.
Anteil der Investitionen, urn den sich das Volkseinkommen andert.
Aus der Beziehung (15.7.01) folgt unmittelbar y'(t)
= "(i(t) = "«y(t) - k(t»
="«y(t) = -y(1
a-
~y(t»
-~) yet) - rJ:y.
(15.7.01)
15.7 Lineare Differentialgleichungen in der Okonomie
III
Das Volkseinkornrnen y(t) muB also die lineare DGL
y' + -y(~ - I)y =-ay
(15.7.02)
erfiillen. Aus Satz 15.5.1 ergibt sich die allgemeine LOsung von (15.7.02) zu y(t)
=e-y(~-l)t f (-a'Y)eY(~- I)t dt
=e-Y(~-l)t(
-a'Y
'Y(~ -I)
eY(~-l)t+C)
(15.7.03)
=~+cey(l-13)t. I-~
Die Konstante c erhiilt man aus der Anfangsbedingung y(O) = Yo'
Dies ergibt y(O)
=-1-aA... +c =Yo'
also
a
c= Yo -I_~'
Damit erhiilt man fOr das Volkseinkornrnen die Darstellung
y(t)=~+(yO _~}Y(I-13)t. I-~
I-~
DitTerentialgleichungsmodell der Versicherungsmathematik In Abschnitt 12.4 ist bereits das versicherungsmathematische Problem der Modellierung sog. Absterbeordnungen angesprochen worden. Aus der Definition der Sterbensintensitiit Jl(x) (vgl. (12.4.12» ergibt sich unmittelbar der Zusammenhang l'(x) = -Jl(x) l(x),
(15.7.04)
wobei die Funktion l(x) die Anzahl der Lebenden vom Alter x darstellt. Bereits im 19. lahrhundert sind Ansiitze zur Darstellung des altersabhangigen Faktors Jl(x) in (15.7.04) gemacht worden. In einem auf GOMPERTl und MAKEHAM zUrUckgehenden Modell wird davon ausgegangen, daB sich die Sterbensintensitiit J.1.{x) in der Form
112
15 Differential- und Differenzengleichungen
(15.7.05)
J.!(x) = a +bcX
als Funktion des Alters x darstellen liiBt. Einsetzen dieses Ausdrucks in (15.7.04) fUhrt zur folgenden DGL erster Ordnung fUr die Funktion i(x):
r + (a + heX)i = 0
(15.7.06)
Nach Satz 15.5.1 hat (15.7.06) die allgemeine Losung i(x)=ce
-ax--..!!...-C
X
lnx
Logarithmieren dieser Gleichung ergibt
b
Ini(x)=-ax- -cX+K inc
(15.7.08)
mit K= inc. Definiert man die Parameter s, g und k durch b
ins =-a, ing = - - , ink = K, Inc
so ergibt (15.7.08) die vereinfachte Darstellung inl = x Ins + eX Ing
+ Ink
= In (ksX gc X )
bzw. I(x)
= ksx gC X •
(15.7.09)
Dies ist das sog. Gompertz-Makehamsche Sterblichkeitsgesetz. Die Konstanten k,
s, g und c ermittelt man durch Anpassung der Formel (15.7.09) an statistisches Datenmaterial.
15.8 Lineare Differenzengleichungen Das Anderungsverhalten einer stetigen Funktion fix) wird mit Hilfe ihrer Ableitungen OOschrieOOn. Der Versuch, eine analoge Begriffsbildung fur das Anderungsverhalten einer Folge herzuleiten, fUhrt zur folgenden Definition. In Anlehnung an die OOi DGLn ubliche Konvention, Funktionen mit y zu OOzeichnen (vgl. Abschnitt 15.1), werden in diesem Kapitel Foigen in der Regel mit (Yn)nE N 00zeichnet.
15.8 Lineare Differenzengleichungen
113
Definition 15.8.1 Fur eine Foige (Yn)ne N ist die (erste) DitTerenzenfolge definiert als die Foige (~Yn)neN mit ~Yn := Y n+)
-
(15.8.01)
Yn
fUr n = 1,2,3,...
Beispiel 15.8.2 Die Foige (Yn)ne N sei definiert durch Yn:= n 2 .
(15.8.02)
Fiir die Differenzenfolge (~Yn)ne N gilt dann
Anschaulich erhiilt man also zur Foige (Yn)neN = (1, 4, 9, 16,25,... ) die Differenzenfolge
(~Yn)ne N
= (3, 5, 7, 9, 11,... ), indem man je zwei aufeinanderfolgende
Glieder der ersten Foige voneinander subtrahiert. Durch Einfiihrung des Symbols
~
;;; I laBt sich (15.8.01) in gewisser formaler
Analogie zum Differenzenquotienten bei stetigen Funktionen in der Form
~Y
n
= ~Yn = Y n +.1n ~
~
Yn
darstellen. Analog zu haheren Ableitungen kann man auch hahere Differenzenfolgen definieren: Die k-te Differenzenfolge (~(k)Yn) n eN von (Yn) n eN ist die Differenzenfolge der (k-I)-ten Differenzenfolge von (Yn)ne N' d.h.
(15.8.03) fUr k = 1,2,3,... Dabei wird ~(o)Yn := Yn gesetzt. Fiir k = 1 ergibt (15.8.03) insbesondere
k·te Dijferenzenjolge
114
15 Differential- und Differenzengleichungen
Beispiel 15.8.3 Fiir die zweite Differenzenfolge von (15.8.02) gilt l!J,(2)Yn
= ~Yn+1 - ~Yn = 2(n + 1) + 1 - (2n + 1) = 2.
In den vorangegangenen Abschnitten haben wir gewohnlich DGLn betrachtet, die jeweils eine Relation zwischen einer Funktion und ihren Ableitungen darstellen. Analog dazu beschreibt eine Differenzengleichung (DiffGL, Plural: DiffGLn) eine Beziehung zwischen einer Folge und ihren Differenzenfolgen. Rein formal kann man jeder gewohnlichen DGL urnkehrbar eindeutig eine DiffGL zuordnen. So erhalt man z.B. aus (15.1.02) und (15.1.03) die DiffGLn (15.8.04) und ~Yn r:--::3 - 2 ='\j(n-5)-.
(15.8.05)
Yn
Dabei geht jeweils die k-te Ableitung f.k) in ~(k)Yn und x in n iiber. Die fljr DGLn eingefiihrten Begriffe wie allgemeine LOsung, Ordnung, explizit/ implizit, linear, homogenlinhomogen, charakteristisches Polynom und Fundamentalsystem lassen sich leicht auf DiffGLn iibertragen. Auf eine streng formale Definition dieser Begriffe fiir DiffGLn solI daher verzichtet werden. Bei der LOsung von DiffGLn kann man haufig weitgehend analog wie bei den entsprechenden DGLn verfahren (vgl. Satze 15.8.9 und 15.8.10). Teilweise machen erstere aber auch vollig eigenstlindige LOsungsverfahren erforderlich, wie bereits der folgende Satz zeigt. Wir wollen uns im folgenden auf spezielle lineare DiffGLn lineare DiffGL k-ter Ordnung
beschranken, fiir die es zahlreiche okonornische Anwendungen gibt. Eine
lineare
DiffGL k-ter Ordnung hat die Form (k) A(k)y an Un
+ ... + a(l) ~(I)yn + a(o)y n n n
=bn'
wobei (bn)ne N und (a~) )ne N fljr i = 0, I, ... , k beliebige Folgen bezeichnen. Ein Beispiel filr eine lineare Differenzenfolge dritter Ordnung ist (15.8.04)
lIS
15.8 Lineare Differenzengleichungen
Satz 15.8.4
Die allgemeine Losung der DitTGL erster Ordnung (15.8.06)
ist gegeben durch n-I n-2 Yn =YoTI(l-ak)+ k=o k=o
Lh
n-I TI(l-aj)+bn - l ·
(15.8.07)
j=k+1
Bevor der Satz allgemein bewiesen wird, soli die Aussage fur kleinere Indizes n verdeutlicht werden. Die Relation (15.8.06) laBt sich wegen dYn = Yn+1 - Y" auch in der Form (15.8.08) schreiben. Einsetzen von n = 0, I, 2, 3 ergibt nacheinander YI = b o + (I - ao)Yo, Y2 = b l + (I - al)YI
= b l + (1- al)bo + (I - al)(1 - ao)Yo' Y3 = b 2 + (I- a 2)Y2 = b 2 + bl(l - a2) + (I - al) (I - a2)bo + (1- a o) (I - al) (I - a2)Yo' Rechnen Sie bitte nach, daB die Formel (15.8.07) ftir n
= 1,2, 3 dieselben Ergeb-
nisse liefert. Der exakte Beweis des Satzes erfolgt nun durch vollstiindige Induktion. Dabei wird angenommen, daB (15.8.07) fUr einen festen Index n richtig ist. Nach (15.8.08) gilt dann auch
n n-2" =bn+YoTI(l-ak)+ ~>k TI(l-aj)+(l-a,,)bn - 1 k=o k=o j=k+1 "
=bn
+ Yo TI (l-ak)+ k=o
,,-I
Lh
k=o
n
TI(l-aj). j=k+1
116
15 Differential- und Differenzengleichungen
Die obige Gleichungskette zeigt, daB (15.8.07) auch fUr n + 1 erfUllt ist, wenn man die Richtigkeit fUr ein festes n voraussetzen kann. Satz 15.8.4 ist nun nach dem Prinzip der vollstiindigen Induktion bewiesen, da (15.8.07) offenbar auch fUr n = 1 erfUllt ist. Beispiel 15.8.5 Die DiffGL erster Ordnung (15.8.09)
llYn - nYn = Zn
hat wegen an
=-n, bn =Zn die allgemeine Losung n-2
n-I
n-I
Yn =YoTI(l+k)+ LZk TI(I+i)+Z(n-l) k=o
k=o
i=k+1
n-2
= Yon! +Z Lk(k+Z) ... n+Z(n -1). k=1
FUr Y6 erhalt man etwa 4
Y6
=Yo ·6!+Z Lk(k+Z) ... 6+10 k=1
= 720 Yo + Z [3 . 4 . 5 . 6 + Z . 4 . 5 . 6 + 3 . 5 . 6 + 4 . 6] + 10 = 720 Yo + 1438.
IUbungsaufgabe 15.8.6 Uberprtifen Sie das obige Resultat, indem Sie nacheinander YI,'''' Y6 mit Hilfe von (15.8.08) berechnen.
IUbungsaufgabe 15.8.7 Bestimmen Sie mittels Satz 15.8.4 die allgemeine Losung der linearen DiffGL
Berechnen Sie daraus das Folgenglied Ys!
117
15.8 Lineare Differenzengleichungen
Bemerkung 15.8.8 Fiir den Spezialfall Ii.Yn +aYn =b
von Satz 15.8.4 mit konstanten Koeffizienten erhlilt man nach der Summenformel der geometrischen Reihe n-2
Yn
=Yo(1-a)n + Lb(l-a)n-l-k +b k=o = Yo(1- a)n + b[(1- a)O + (1- a)I+...+(I- a)n-I]
=Yo (1 -a )n - b
(1- a)n -I
b
a b
a
a
= (Yo --)(1- a)n +-.
AbschlieBend wollen wir uns mit der !inearen DiffGL zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten (15.8.10) beschiiftigen. deren Losung weitgehend analog zum Verfahren bei der entsprechenden DGL erfolgt. Vor dem Weiterlesen empfehlen wir Thnen, sich die Inhalte von Abschnitt 15.6 nochmals zu vergegenwiirtigen. Satz 15.8.9 Essel (15.8.11) die zu (15.8.10) gehOrige homogene Iineare DiffGL, und
pCA.) =")..2 + a").. + b sei das zugehorlge charakteristische Polynom.
Dann erhlilt man wie folgt ein Fundamentalsystem von (15.8.11):
118
15 Differential- und Differenzengleichungen
Fall 1:
pCA.) habe zwei verschiedene relle Nullstellen A) und Az. Ein Fundamentalsystem ist gegeben durch
Fall 2: p(A) habe eine zweifache reelle Nullstelle A.
Dann ist
ein Fundamentalsystem.
Fall 3: p(A) habe die zueinander konjugiert komplexen Nullstellen A) = Il + iy und
mit y > o.
Az = Il- iv
Ein Fundamentalsystem ist dann gegeben durch
y~1) =~(l+1l)2 +y2 ncosljln, y~2) =~(1+1l)2 +y2 nsinljln mit tanljl
ljl
y
=- -
fUr Il;t-I
=-1t2
fUr Il =-1.
1+ Il
Satz 15.8.10 Die allgemeine LOsung der DitTGL (15.8.10) ist gegeben durch
wobei die Folgen (Y~)))nE N und (y~2)nEN ein Fundamentalsystem von (15.8.11) darstellen und (ljln) n EN eine beliebige spezielle Losung von (15.8.10) bezeichnet.
119
15.8 Lineare Differenzengleichungen
Beispiel 15.8.11 Es sei die DiffGL
(15.8.12) gegeben. Ais charakteristisches Polynom der zugehOrigen homogenen Gleichung
(15.8.13) erhiilt man
pCA) =').) - 4A. + 3 =(A. - I) (A. - 3). Smnit ist
ein Fundamentalsystem von (15.8.13). Die allgemeine LOsung der inhomogenen linearen DiffGL (15.8.12) lautet
da cl>n := 3n + 4 eine spezielle LOsung von (15.8.12) ist.
IUbungsaufgabe 15.8.12 Uberzeugen Sie sich von der Richtigkeit der obigen allgemeinen LOsung durch Einsetzen in die DiffGL.
Beispiel 15.8.13 Wir betrachten die homogene DiffGL
(15.8.14) Das charakteristische Polynom lautet p(A.)
=A.2 - n
+ 5 =(A. -1 + 2i) (A. - 1 - 2i).
Als Fundamentalsystem ergibt sich also
15 Differential- und Differenzengleichungen
120
y~l) =~(1+1)2 +22 ncosepn=.J8ncosepn,
y~2) = ~(1 + 1)2 + 22 nsin epn =.J8 n sinepn . '" 2 1t rrut ,..=arctan-=-. 1+1 4 Somit ist
ron
1t
ron .
1t
Yn =cI",8 cos-n+c2",8 sm-n
4
4
die allgemeine Losung von (15.8.14).
I_U_b_u_ngs:::....-a_uf....::g:....a_be_15_.S_._14
1
Bestimmen Sie fUr die folgenden homogenen DiffGLn jeweils ein Fundamentalsystem sowie die allgemeine LOsung: i)
il(2)Yn - 8ilYn + 15Yn =0,
ii)
il(2)Yn - 4ilYn
iii)
il(2)Yn + 2Yn = O.
+ 4Yn = 0,
15.9 Lineare Differenzengleichungen in der Okonomie Das Modell von Boulding im zeitdiskreten Fall Wir betrachten nochmals das Modell von Boulding aus Abschnitt 15.7 mit dem Unterschied, daB die GroBen in (15.7.01) nur fUr bestimmte diskrete Zeitpunkte. die man als Endzeitpunkte gewisser Perioden auffassen kann, definiert sind. Dabei bezeichnen Yn' k n• in' jeweils das Volkseinkommen, den Konsum bzw. die Investitionen am Ende der n-ten Periode. Vollig analog zu (15.7.01) gelten die Beziehungen Yn = kn + in k n = a+ I3Yn ilYn = yin
woraus ilYn = yin = y(yn - kn) =Y(Yn- a -l3yn)
= Y(I -13)Yn - a Y
(a~O.
(y>O),
0<13<1)
(15.9.01)
15.9 Lineare Differenzengleichungen in der Okonornie
121
folgt. Das Volkseinkommen Yn geniigt also der DiffGL erster Ordung llYn + Y(~- l)Yn =-«y.
Als Losung erhalt man nach Satz 15.8.8 fUr a = Y(~ - 1) und b = -«y
Yn = (YO - 1~~)(l+Y(l_~»n + 1~~'
(15.9.02)
a
Wegen (15.9.01) gilt insbesondere Yo > ko = a + ~Yo' woraus Y > - - folgt. 1-~
Daher beschreibt (15.9.02) eine monoton wachsende Folge. Multiplikator-Akzelerator-Modell Dieses Modell beschreibt ebenfalls das Wachstum des Volkseinkommens, wobei gegeniiber dem Bouldingschen Modell zusatzlich noch Ausgaben der "offentlichen Hand" beriicksichtigt werden. lnsgesamt enthlilt das Multiplikator-Akzelerator-Modell also die vier GroBen Yn:
Volkseinkommen
kn :
Konsum
in:
private Investitionen
H:
Ausgaben der "offentlichen Hand",
zwischen denen die Relationen Yn = kn + in + H, kn =al Yn-l'
(O
in = ~ (kn - k n- l )
(O<~)
(15.9.03)
bestehen. Das Volkseinkommen wird also dargestellt als Summe aus Konsum, privaten Investitionen und Ausgaben der "offentlichen Hand". Der Konsum ist femer proportional zum Volkseinkommen der vorangegangenen Periode, und die privaten Investitionen sind proportional zum Zuwachs des Konsums kn - kn- l . Die Proportionalitatsfaktoren al und ~ heiBen Multiplikator und Akzelerator. Anwendung der Relation (15.9.03) ergibt unrnittelbar.
= alYn-1 + ~(kn - kn_ l ) + H = alYn-1 + ~ (ajYn-1 - ajYn-2) + H =al (1 +~)Yn-l-al~n-2 +H.
Multiplikator Akzelerator
122
15 Differential- und Differenzengleichungen
Mit der Substitution m := n-2 HiBt sich dies in der Form (15.9.04)
schreiben. SchlieBlich kann man (15.9.04) als lineare DiffGL zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten fUr das Volkseinkommen Ym schreiben: (15.9.05)
Priifen sie bitte nach, daB (15.9.05) zu (15.9.04) aquivalent ist, indem Sie in die letzte Gleichung ~Ym und ~(2)Ym durch die rechten Seiten von ~Ym
= Ym+l
- Ym
und ~(2)Ym = MY m = Y m+2 - Ym+1 - (ym+l - Ym)
= Ym+2 -
2Ym+l
+ Ym
ersetzen! Mit a := 2 - <XI -
<Xl~
und b := 1 - <XI geht (15.9.05) in die Gleichung (15.9.06)
tiber, deren allgemeine Uisung sich mit Hilfe der Satze 15.8.9 und 15.8.10 bestimmen laBt. Wir wollen uns auf den Fall beschranken, daB das charkteristische Polynom der zu (15.9.06) gehorigen homogenen Gleichung zwei verschiedene reelle Nullstellen Al und ~ besitzt. Dann ist also
ein Fundamentalsystem dieser homogenen Gleichung. Da offenbar die konstante
4>m:=
Heine spezielle Uisung von (15.9.06) darstellt, ist die allgemeine b Losung ftir das Volkseinkommen Ym durch
Folge
gegeben.
Kapitel16
Einige okonomische Funktionen In diesem Kapitel soli aus der Vielfalt okonomischer Funktionen eine Auswahl der wichtigsten vorgestellt werden. Der Sachbezug wird nur rudimentiir aufgezeigt. Stattdessen sollen mathematische Eigenschaften der Funktionen nachgewiesen werden, die fur Thr spateres Studium von Bedeutung sind. Betrachten Sie das Kapitel also als "Nachschlagewerk". Stellenweise wird ein Instrumentarium benutzt, das auf mit
* versehene Abschnitte zuruckgreift bzw. Wahrscheinlichkeits-I
Statistikkenntnisse voraussetzt. Sollten Sie im Hauptstudium, in Seminaren oder bei der Behandlung von praktischen Projekten etwas anspruchsvollere Mathematik benotigen, so liefert das vorliegende Kapitel zusarnmen mit den "gestemten" Abschnitten und weiterer Literatur eine Verstandnishilfe.
16.1 Nachfragefunktion Die Nachfragefunktion N(P) gibt die Menge eines Gutes an, die bei einem gegebenen Preis P gekauft wird, wenn alle anderen, die Nachfrage beeinflussenden Faktoren (Einkommen, Preise anderer Giiter etc.) unverandert bleiben und atomistische Nachfragestruktur vorausgesetzt wird. Die lineare Nachfragefunktion hat die Gestalt N(p)=a+bp,
wobei b < 0 und a > 0 angenommen werden kann, da die Nachfrage mit wachsendem Preis abnimmt und die nachgefragte Menge stets positiv ist (vgl. Abb. 16.1.1). Der maximale Absatz ist N(O) = a, der maximale Preis Pmax' fUr den das Gut noch abgesetzt werden kann, ergibt sich aus N(Pmax) = a +bPmax = 0 zUPmax =
a
-b'
W. Rödder et al., Wirtschaftsmathematik für Studium und Praxis 3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1997
Iineare Nachfragefunktion
124
16 Einige okonomische Funktionen N
a
N(p)=a+bp
Pmax
p
Abb.16.1.l: Lineare Nachfragefunktion
16.2 Engel-Funktionen FaBt man die Nachfrage als Funktion des personlichen Einkommens x des VerEngel-Funktion
brauchers auf, so ergibt sich eine sog. Engel-Funktionf(x). Wennfmonoton wach-
normales Gut. inferior
send ist, heiBt das Gut normal. Istfmonoton fallend, dann heiBt das Gut inferior. Flir eine Engel-Funktion wird haufig die Gestalt
f(x)=d mit a > 0 angenomrnen. Wegen !,(x) =abx b - l istfim Fall b < 0 monoton fallend flir x ~ 0 (Abb. 16.2.1a) und im Fall b > 0 monoton wachsend. Es sollen zwei weitere Beispiele flir Engel-Funktionen diskutiert werden:
x
!I(x)=a x+~;
x-'Y
h(x)=a.x x+~;
a,~,>O, a,~,'Y>O.
Die Funktion!I ist monoton wachsend mitfl(O) = 0, da
flir x
~
0 gilt (Abb. 16.2.1b). Flir groBer werdende Einkomrnen x strebt!I gegen
den Sattigungswert a, da 1 lim !I (x) = lim a - R = a.
x~~
x~~
l+~
x
Dah(x) < 0 flir x < 'Y gilt, ist diese Funktion nur flir x ~ 'Y okonomisch sinnvoll. In diesem Bereich isth monoton wachsend mith('Y) = 0 (Abb. 16.2.lc), da
125
16.3 Angebotsfunktion
, (<XX(x-y»'(x+P)-<XX(x-y) h(x)= 2 (x+P)
=~(X2+2px-P'Y) (x+P)
=~(X2+P(2x-y» (x+P)
fUr x
~
'Y nur positive Werte annimmt.
1m Gegensatz zu!I wlichsth unbeschrlinkt, da
I_I
x-y x h(x) = <XX--=<XX-x+P 1+~ x sich asymptotisch wie <XX verhalt. y
y
y
2
% /,(%)-2%+1
...- ....- ...- ..--.-..- ..------..
10
10
%
b) a-2.11-3
0)
a=2. 11-3. y-2
Abb.16.2.1: Engel-Funktionen
16.3 Angebotsfunktion Wenn atomistische Angebotsstruktur vorausgesetzt wird, so gibt die Angebotsfunktion A an, welche Menge A(P) eines Gutes die Unternehmer anzubieten bereit sind, wenn sie dafiir den Preis p erhalten. Man kann davon ausgehen, daB eine solche Funktion monoton wachsend ist. Hliufig wird fiir A(P) die Form
A(p)=b+cp oder
(16.3.01)
16 Einige okonomische Funktionen
126
(16.3.02) angenommen. Der Fall (16.3.02) lliBt sich durch Logarithmieren auf den linearen Fall (16.3.01) zurtickfiihren. Denn wenn A die Form in (16.3.02) hat, folgt
in A =in P+ 'Y in p, d.h. in A ist eine lineare Funktion von in p.
16.4 Produktionsfunktion Eine Produktionsfunktion beschreibt den technischen Zusamrnenhang zwischen Faktoreinsatz und Produktionsergebnis. Betrachtet man die Ergebnisveranderungen bei der Variation eines Faktors, wobei alle anderen Faktoren unverandert bleiben - der Fachmann sagt: ceteris paribus - kann man sich auf die Verwendung von Funktionen mit einer Variablen beschranken. Beispiele hierfiir sind die Funktion
die bei der Elektrizitatsiibertragung den Zusammenhang zwischen Energie-Input Cobb-DouglasProdukriosfunktion
Saro-Funktion
und Energie-Output angibt (Abb. 16.4.1a), und die Cobb-Dougias-Produktions-
funktion (Abb. 16.4.1b)
Eine wichtige Produktionsfunktion mit zwei Input-Variablen x und y ist die Sato-
Funktion (Abb. 16.4.lc) x
2
i
f(x,y) =-3--3'
x +y
!I (x) = -5+ ·125+ lOx 7
hex) = 2.Jx
2
10
10
a) c= 5
b) c=2,a= 1/2
16.4 Produktionsfunktion
127
x
2
i
f(x,y) =-3--3 x +y
Abb. 16.4.1: Produktionsfunktionen
Offenbar ist die Funktion!l monoton wachsend fiir x
~
0 mitfl(O) = O. Ftir gros-
sere x verhlilt sich!l aImlich wie
Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktionh ist ftir a,
C
> 0 monoton wachsend. 1m
Fall a < I gilt H(x) = ca(a _1)x a - 2 < 0 fUr x > O. In diesem Fall ist der Graph vonh also monoton "rechtsgekrtimmt". d.h. die Steigung wird mit wachsendem x immer geringer. Okonomisch bedeutet dies, daB
h
stets fallende Grenzertrage hat.
Man gewinnt nlihere Aufschltisse tiber die Sato-Funktion f (x, y), wenn man die Funktionswerte fUr spezielle Input-Kombinationen studiert. 1st z.B. y konstant mit
y = Yo' so strebt der Output gegen 0 fUr x lim
x~oo
f yo (x)=
~
00,
da ftir f Yo (x) = f(x, Yo)
x2y2 lim ~ x~oo X + Yo
y~ lim~=O 1+ Yo x3
x~oo
gilt. Wenn die Produktionsfaktoren x und yin einem festen Verhliltnis zueinander stehen, wenn etwa y = ax gilt, ergibt sich ftir den von x abhangigen Output
128
16 Einige okonomische Funktionen
g(x)
=f(x,ax) =
x2 a 2 x 2 3
3 3
x +a x
a 2 x4
(l+a 3)x 3
a2
=--x, 3
l+a d.h. der Output g(x) wachst mit steigendem Input linear an. Der Zusarnmenhang zwischen den Funktionen f(x, y), f yo (x) und g(x) lliBt sich geometrisch wie folgt veranschaulichen. Der Graph F vonf(x,y) ist eine im dreidimensionalen Raum gekriimmte Flache. Die Graphen von fyo(x) und von g(x) sind dann der Durchschnitt von F mit der Ebene y = Yo bzw. der Durchschnitt von F mit der Ebene, die von der z-Achse und der Geraden y = ax aufgespannt wird.
16.5 Kostenfunktion Eine Kostenfunktion K gibt die Kosten K(x) an, die anfallen, wenn eine bestimmte Ausbringungsmenge x erzeugt wird. Man kann stets annehmen, daB eine solche Funktion monoton wachsend ist. Unter Umstiinden kann eine Kostenfunktion einen kubischen Verlauf haben, d.h.
(16.5.01) mit k3
* O. Damit K in (16.5.01) auf ganz R monoton wachsend ist, muB (16.5.02)
liberall
~
0 sein. Dies ist genau dann der Fall, wenn die folgenden beiden Bedin-
gungen erflillt sind. i)
Einerseits muB k3 ~ 0 sein, damit die Parabel in (16.5.02) nach oben geoffnetist.
ii)
»
Andererseits muB fUr den Minimalpunkt (x o' K'(xo dieser Parabel
gelten. Dabei ist X o bestimmt durch die Gleichung K"(xo ) =6k3x o + 2k2
Es gilt dann
=0
::::}
k
Xo
=- 3k2
3
.
16.5 Kostenfunktion
129
Zusammenfassend folgt, daB Kin (16.5.01) monoton wachsend ist, wenn
k3 >0,
k 22 kl--->0 3k3
(16.5.03)
gilt. Ein Beispiel fUr eine Uisung von (16.5.03) ist (k l ,k2,k3) = (5,2, I), d.h.
K(x) = x 3 +2x 2 +5x+4 ist eine auf ganz R monoton wachsende kubische Funktion (Abb. 16.5.1). Wenn man lediglich verlangt, daB K fUr positive x monoton wachsend ist, mUssen die beiden FaIle Xo ~ 0 und Xo < 0 unterschieden werden. Diese Fallunterscheidungen wUrden jedoch den Rahmen dieses Abschnitts sprengen. y 1200
K(x)=J? + U + Sx + 4
10
x
Abb. 16.5.1 Monoton wachsende kubische Kostenfunktion
16.6 Logistische Funktion Eine logistische Funktion hat die Gestalt !(x)= _ _ a_
1+ be-ex
(16.6.01)
130
16 Einige okonomische Funktionen
mit a,b,c > O. Dabei stelItf(x) eine von der Zeit x abhangige GroBe dar, die fur x
~
00
gegen einen Sattigungswert a strebt. Beispiele fiir solche GroBen sind Bestande von Giitem bzw. Nachfragen nach Giitem in Abhiingigkeit von der Zeit. Da !,(x)=abc
-ex e e 2>0 (I +be- x)
fUr alle x gilt, istfmonoton wachsend. Der Zeitpunkt X o mit dem starksten Wachstum, d.h. mit der groBten Bestandsanderung, entspricht einem Kurvenwendepunkt vonf Eine eventuelIe WendestelIe Xo vonfmuB eine Nullstelle vonf" sein. Aus " _ce-cxo (I +be-exo )2 +e-exo 2(1 +be-exo )bce-exo O=f (xo)=abc 4 (1 +be- exO )
folgt
und somit
Xo
lnb = - . Das starkste Wachstum wird also zum Zeitpunkt c
Xo
lnb =c
erzielt. (Auf den Nachweis vonf"(xo)
"* 0 solI an dieser Stelle verzichtet werden).
Die logistische Funktion mit a = 10, b
=5, c = I ist in Abb. 16.6.1 dargestellt. Der
Zeitpunkt maximalen Wachstums ist Xo
lnS
=-1- '" 1,609. y 10
---------------------------------------------------
10 f(x)= 1+5e~ 2
x,
10
Abb. 16.6.1 Logistische Funktion
x
16.7 Lagerkostenfunktion
131
16.7 Lagerkostenfunktion Die Lagerkostenfunktion K gibt die gesamten Kosten K(x) (Bestellkosten + Lagerkosten + Fixkosten) als Funktion der Bestellmenge (LosgroBe) x an. Man erhlilt (vgl. Abb. 16.7.1) (16.7.01) mit den Bezeichnungen Fixkosten Nachfrage pro Zeiteinheit (ZE) (auch konstante Nachfragerate genannt)
q
Planungsperiode Kosten ftir die Vorbereitung einer Bestellung Bestellkosten in [0,11 Lagerkosten pro ME und ZE Lagerkosten in [O,n Es ist diejenige Bestellmenge Xo gesucht, fUr die die Gesamtkosten K(xo) in (16.7.01) minimal werden. Aus
folgt
woraus sich die sog. Losgro,Penformel von Harris und Wilson
LosgrojJenjonnel von Harris und Wilson
ergibt. Wegen 2KqT
K"(x) =-1-->0 x3
(16.7.02)
16 Einige akonomische Funktionen
132
ftir x > 0 ist Xo ist tatsachlich eine Minimalstelle von K. Uberdies folgt aus (16.7.02), daB der Graph von K monoton "linksgekriimmt" ist, d.h. die Kostenanderung K'(x) nimmt mit wachsender Bestellmenge x stets zu. y
30
K(x)
Ko=4 K(=2 K2=2 q=3 T=2,5
20
10
xo=J6"'2,45
10
x
Abb. 16.7.1: Lagerkostenfunktion
16.8 Treppenfunktion Eine Treppenfunktion ist eine sttickweise konstante Funktion der Form
Yo YI
flir x::; Xo flir Xo <x::; xI
j(x)= Yn Yn+1
flir xn-I <x::;xn flir x>xn •
wobei anstelle der links offenen Intervalle auch rechts offene Intervalle treten kannen. Ein Beispiel flir eine Treppenfunktion stellen die monatlichen Telefongebtihren in Abhangigkeit von der Zeit dar, wahrend der das Telefon benutzt wurde (vgl. Beispiel 10.2.19). In einem vereinfachten Modell mit einheitlichen Kosten pro Zeiteinheit sind 27 DM Grundgebtihren zu zahlen zuztiglich 23 PF flir jede angefangene Zeiteinheit. Man erhlilt ftir die Telefonkosten die Treppenfunktion in Abb. 16.8.1.
16.9 WeibulI-Verteilung
133
27 fUr x =0 f(x)= { 27+n.O,23 fiirn-l<x~n, neN y (GebUhren)
27,
x (ZE) Abb. 16.8.1: Telefonkosten in Abhiingigkeit von der Anzahl der zeiteinheiten
16.9 Weibull- Verteilung Die WeibulI-Verteilung ist besonders zur Beschreibung der Lebensdauer bzw. der Ausfallrate von Bauteilen geeignet, die im allgemeineren Rahmen von Fragen der Technischen Zuverlassigkeit untersucht werden. Die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionf hat die Gestalt
f(x)=
mit
o {"Abxb-1e-'A.xb
fiir x
A, b > 0. Die zugehorige Verteilungsfunktion, d.h. diejenige Stammfunktion F
vonf mit F(O) F(x)
=0, laBt sich in der Form
fiir o ={ 'A.x b l-efur
x <0 x~o
darstellen. Zum Studium des qualitativen Verlaufs von fist wieder die Ableitung zu bestimmen. Man erhiilt
Wahrscheinlichkeitsdichtejunktion f
Veneilungsjunktion
134
16 Einige okonomische Funktionen
Somit gilt b !'(x)=O¢:::>b-I-x Ah=O
¢:::>
b b-I x = Ah .
(16.9.01)
Wegen (16.9.01) besitztf fUr b < I keine Nullstelle im Bereich x > 0, d.h.fist monoton fallend fUr x > O. FUr b > I hat f ein Maximum an der Stelle
Beispiele fUr die Dichtefunktion und die Verteilungsfunktion mit einem Parameter
b> I bzw. b < I sind in Abb. 16.9.1 dargestellt. y
y F(x)
F(x)
j{x)
3
),,=1, b=2
5
x ,
JI.=
x
1, b=!
2
Abb.16.9.1: Weibull-Veneilung Aus/aUrate
Aus der Instandhaltungstheorie ist bekannt, daB der Ausdruck
~ I-F(x)
die Aus-
fallrate einer Menge von technisch identischen Teilen beschreibt. FUr die Wei-
bull-Verteilung erhalt man f( x) I-F(x) Exponentialvertei· lung
Ahxb-Ie-'A.xb _'A.xb
'Abx b- I .
e
1m Fall b = 1 ergibt sich aus der Weibull-Verteilung die sog. Exponentialverteilung. Ihre Dichtefunktion lautet
und die Verteilungsfunktion ist
Wegen !'(x)=_')..2 e-'A.x <0
135
16.10 Normalverteilung
fur x
E
R ist die Dichte!eine monoton fallende Funktion.
Die Ausfallrate der Exponentialfunktion ist konstant wegen
16.10 Nonnalverteilung Eine der fUr stetige Zufallsvariable wichtigsten Wahrscheinlichkeitsverteilungen ist die Normalverteilung. Sie spielt aufgrund des zentralen Grenzwertsatzes eine wichtige Rolle bei der Modellierung zufallsabhiingiger Vorgange. 1m eindimensionalen Fall ist die Dichtefunktion gegeben durch (x-/L)2
!(x)=_I_e- l T
...n:rr.o
fur x
E
R. Der Graph von f wird als Gaufische Glockenkurve (Abb. 16.10.1) be-
zeichnet. 0,8
fix)
0,6
0,4
0,2
1,5
2
2,5
Abb. 16.10.1: Gau8sche Glockenkurve fOr J.l
FUr die Ableitung von f gilt nach der Kettenregel (x-/L)2
!'(x)=_l_e- l T 2(x-~)
...n:rr.o ~-x
=-2-!(x).
o
- 202
3
=2 und a =0,5
x
Gau]3sche Glockenkurve
16 Einige okonomische Funktionen
136
Wiederholte Anwendung dieser Beziehung liefert
!
"
(x)
1 I!-x , =-"2 !(x)+-2-! (x)
o
0
(16.10.01)
Das Maximum von! wird offenbar flir x = 1.1 angenornmen. Die Wendepunkte der Glockenkurve ergeben sich als Nullstellen vonf'(x). Aus (16.10.01) folgt
(1.1_ x)2
!"(x)=O
--2-=1
¢::>
o
¢::>
x-I!=±o
¢::>
x=I!±O.
Somit sind 1.1 - 0 und 1.1 + 0 die Wendestellen der Glockenkurve (vgl. Abb. 16.10.1). (Es gilt auch!'''(I.I+o)
*' 0 bzw.!"'(I.I-o) *' 0). Bei der wahrscheinlichkeitstheore-
tischen Interpretation entsprechen 1.1 und 0 2 dem Erwartungswert bzw. der Varianz der Normalverteilung. Die zu! gehorige Verteilungsfunktion ist x
x
-00
-00
1
J !(t)dt = J .J2i0 e
F(x) =
_ (1-11) 2
2cr 2
dt.
(16.10.02)
Sie gibt die Wahrscheinlichkeit an, daB eine normal-verteilte Zufallsvariable X einen Wert:::;; x annirnmt, und ist nicht analytisch darstellbar. standardisierle Normalverteilung
1m Fall 1.1 = 0 und 0 2 = 1 wird F zur Verteilungsfunktion der standardisierten Normalverteilung, die mit cP bezeichnet wird. Es gilt also (16.10.03) Das Integral in (16.10.02) liiBt sich mit Hilfe der Variablentransformation u
=t -I! o
auf das Integral in (16.10.03) zurtickfiihren. Denn Anwendung der Substitutionsregel (12.2.15) mit 1
!(u)=-e
.J2i
_lu 2 2
t-I! , 1 u=g(t)=-, g (t)=-
o
a =-00,
b=x
0
16.10 Normalverteilung
137
ergibt
I 1('-11)2 f-co v2rc<J ~ e-2" dt
F(x) =
x
f
b
g(b)
a
g(a)
= I (g(t»g'(t)dt =
f I(u)du
X-II
=
"f - -I e_l 2du=cI>(X-I!) -- . <J
_co.,fiX
2
u
Die Modellierung zufallsabhiingiger Phiinornene. die sich durch rnehrere normalverteilte Zufallsvariable beschreiben lassen. ftihrt zurn Begriff der n-dirnensionalen Normalverteilung.
nef"mition 16.10.2 Es sei I! E Rn ein Vektor und I = (<Jij) mit i.j = I •...• n eine symmetrische, positiv definite n x n-Matrix. Die n.dimensionale NOT11Ullverteilung mit den Parametern I! und I ist gegeben durch die Dichtefunktion I(x) =_I_ III-!e-!(X-I.l)Tl;-I(X-I.l). n
(2rc)2
(16.10.04)
Dabei ist
I
die sog. Varianz-Kovarianz·Matrix,
III
die Determinante von I,
I! = (1!1.···.l!n) T der Vektor der Mittelwerte der Randverteilungen. Die zugehorige mehrdimensionale Verteilungsfunktion ist jetzt (16.10.05)
bzw. - in anderer Schreibweise-
n-dimensionale Normalverteilung
138
16 Einige tikonomische Funktionen
mit
In Verallgemeinerung des Integrals in (16.10.05) kann man die Dichtefunktionjin (16.10.04) tiber einen Bereich BeRn integrieren. Dabei ist also ein Integral der Form
zu berechnen. Dies laBt sich als die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses interpretieren, daB der normal-verteilte Zufallsvektor X einen Wert aus dem Bereich B annimmt. Bei vielen statistischen Anwendungen hat B die Gestalt eines Ellipsoids. Ftir IJ. = 0 und standardisierte n-dimensionale Normalverteilung
~
= I erhiilt man aus (16.10.04) und (16.10.05) die Dichte bzw. die
Verteilungsfunktion der standardisierten n-dimensionalen Normalverteilung. Bevor die Normalverteilung an einem Beispiel illustriert wird, zeigen wir, daB man die allgemeine Form durch geeignete Variablentransformation auf die standardisierte Form zurtickftihren kann. Dabei wird von einem Integral der Form (16.10.06)
ausgegangen. Der Integrationsbereich B ist also ein Ellipsoid. Da mit ~ auch
r = ~-I symmetrisch und positiv-definit ist, hat r nur positive Ei-
genwerte, die mit AI, ... ,An bezeichnet seien (AI ~ ... ~ An > 0). Ferner existieren zugehtirige Eigenvektoren ai, ... ,an, die normiert und paarweise orthogonal sind. Es sei die Matrix A definiert durch
und
139
16.10 Normalverteilung
bezeichne die Matrix mit den Spaltenvektoren a 1,... , an. Dabei ist A orthogonal, d.h. es gilt
und somit (16.10.07) Aus der Definition der Ai und a i folgt unmittelbar
ftir j = I,... ,n und folglich fA = f(a 1, = (AlaI ,
,a n ) = (fa l ,... ,fa n )
,An an) = AA.
(16.10.08)
Multipliziert man (16.10.08) mit AT von rechts bzw. links, so folgt (vgl. (16.10.07» (16.10.09) bzw. (16.10.10) Aus (16.10.09) folgt femer
und somit wegen IATI=IAI If
It =IAltlATI =lAtA TI· .1
_.1
Es seien nun A 2 und A
bzw.
2
definiert durch
(16.10.11)
140
16 Einige okonomische Funktionen
1 1
Da offenbar A 2 A 2 = A und A
_1 _1
2A 2
I
1_1
= A- gilt, kann man A 2 und A
2
als die
Wurzeln der Diagonalmatrizen A und A-I bezeichnen. Eine Erweiterung des Wurzelbegriffs auf allgemeine Matrizen ist moglich. Dies wiirde jedoch den Rahmen des Kapitels sprengen. Mit Hilfe der Variablentransformation
_1
~(x-~)=AA 2U
(16.10.12)
~(x_~)T = uTA-tAT kann das Integral (16.10.6) jetzt umgeformt werden. Man wendet also in Verallgemeinerung des eindimensionalen Falls die Substitutionsregel der Integralrechnung mehrerer Variabler an mit I
_l u Tu
!(U)=--ll e 2 (21t)2 I
u=g(t)=A2AT(t-~)
(vgl. (16.10.12» (vgl. (16.10.11».
Die einzelnen Umformungsschritte ergeben sich wie folgt (vgl. (16.10.09»:
16.10 Normalverteilung
141
f!(u)du g(B)={g(X)lg(X) T g(x):sr 2 }
Der Wert des Integrals (16.10.06) ist also unabhangig von den Pararnetern
fl und
1:. was sich durch die formale Ubereinstimmung des Terms im Exponenten mit dem Term in der Definition des Integrationsbereichs erkHiren Hillt. Insbesondere hat die Substitution den urspriinglichen Integrationsbereich in Form eines Ellipsoids in eine Kugel vom Radius r tiberftihrt.
BeispieI16.10.3 Zur Veranschaulichung sei in (16.10.06)
n=2,1:=G ~).fl=G).r=l. Wegen
(XI'X2{~ ~)(;~)= xr + 2xlx2 + 2xlx2 +5xi = (xI + 2X2)2 +xi
>Oftir(;~)~o ist
1: eine symmetrische. positiv-definite Matrix und das Integral (16.10.06) der n-
dimensionalen Normalverteilung nimmt ftir die vorstehenden Pararneterwerte die Form 1 1 2 _12 -21('1- 3,'2-5( -25 -e 125 1 I
-2)(XI-3)~)}(21t)2 1 x2-5
-2)(,,-3) I
t-5 2
dt)dt2
142
16 Einige okonomische Funktionen
(16.10.13)
an. In Abb. 16.10.4 ist die obige Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion, d.h. der Integrand in (16.10.13), in Form einer Isohohenlinie dargestellt. Letztere erhiilt man als die Losungsmengen von 1
-e 21t
I-3) I --(XI-3.X2-S )( -2S-2)(X 2 1 x2- S = C
(16.10.14)
I
{ 5 -2)(X -3) ~(XI-3,X2-5\_2 1 x2- =-2/n(21tC)=:C', 5
(~) darstellen.
die Ellipsen zum Zentrum I.l =
Durch die obige Variablentransformation laBt sich das Integral (16.10.13) in die Form
tiberftihren. X2 = (1 +.J2) + const
X2
= (1-.J2)+const
Abb. 16.10.4: IsohOhenlinie der Dichlefunktion einer 2-dimensionalen Normalverteilung
16.10 Normalverteilung
143
AbschlieBend sollen die bei der Variablentransformation eingefUhrten GroBen Ai,
ai, A, A anschaulich interpretiert werden. Die Eigenwerte und zugehorige orthonorrnale Eigenvektoren von
( 5-2)
1
r=:E- = -2
I sind
bzw.
I al
=
~4-.J8
I-.fi
I a
2
=
~4+.J8
I+.fi ~4+.J8
~4-.J8
Es sind a 1 und a 2 norrnierte Vektoren, die in die Richtungen der Hauptachsen (Symmetrieachsen) der Ellipsen in Abb. 16.10.4 weisen. Der Ausdruck
&
V~
re-
priisentiert das Verhiiltnis der Hauptachsenabschnitte. Z. B. fUr C' = 25 sind die
J2+.fi
J2-.fi
Hauptachsenabschnitte a = 5 ---,;; "" 12.07 und b = 5 ---,;; "" 2.07 (vgl. Abb. 2-"112 2+"112 16.10.4), und es gilt
Die Matrix I A=(a l ,a 2 )=
I
~4-.J8 ~4+.J8
I-.fi
I+.fi
~4-.J8 ~4+.J8 - bzw. die zugehorige Abbildung
(;~}-~ A (;~)
- laBt sich als Drehung urn
den Winkel a irn Uhrzeigersinn auffassen (vgl. Abb. 16.10.4). Insbesondere wird der Vektor geordnet.
(~) dern Vektor A(~)= a 1zugeordnet, und (~) wird A(~) =a 2 zu-
144
16 Einige okonomische Funktionen
Die Matrix
AT =A
-I
bewirkt entsprechend eine Drehung in der umgekehnen
Richtung. Ftihn man in der Ellipsendarstellung (X i .X2 {
die Variablen
_~ -~)(;~)=25
(16.10.15)
C~) =A T(;~) (~A(~~) =(;~) )
ein, so kommt dies einer
Drehung der Ellipse (16.10.15) gleich. Denn die transformierte Darstellung lautet dann (vgl. (16.10.10»
(Yi'Y2)AT(~2 -12)A(~~)=25 ¢::>
¢::>
(Yi' Y2)AC~) =25 AiYf + A2yi = 25 (16.10.16)
wodurch eine Ellipse dargestellt wird, deren Hauptachsen die Koordinatenachsen sind. 1
SchlieBlich kann man die Matrix A2 als "Verzerrungsfaktor" interpretieren, der Ellipsen in Kreise tiberfiihrt. Ftihn man in (16.10.16) noch die Variablentransformation
durch, so ist die transformierte Darstellung
wodurch ein Kreis yom Radius 5 beschrieben wird.
Literaturverzeichnis Die mit
* gekennzeichneten Biicher sind besonders geeignet zur Auffrischung von
Vorkenntnissen (Schulwissen). Allen, R. G. (1971) "Mathematische Wirtschaftstheorie" Duncker & Humblot, Berlin. Bader, H., Frohlich, S. (1988): "EinfUhrung in die MathematikfUr Volks- und Betriebswirte" 9. Auflage, Oldenbourg, Miinchen, Wien. Bartsch, H.-J. (1990): "Taschenbuch mathematischer Formeln" 13. Auflage, Harri Deutsch, FrankfurtlM., Thun. Beckmann, M.J., Kiinzi, H.P. (1984): "Analysis in mehreren Variablen" Springer, Berlin, Heidelberg, New York. Berg, C., Korb, U.-G. (1985): "Mathematik fUr Wirtschaftswissenschaftler" Teill: Analysis, Teil2: Lineare Algebra. 3. Auflage, Gabler, Wiesbaden. Blatter, Ch. (1995): "Ingenieur Analysis I & II" 2. Auflage, Verlag der Fachvereine, Ziirich. Bohm, V. (1982): "Mathematische Grundlagen fUr Wirtschaftswissenschaftler" Springer, Berlin, Heidelberg, New York. Bohme, G. (1991/90): "Anwendungsorientierte Mathematik" Analysis, Band 2: 6. Auflage, Band 3: 5. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg, New York. Bosch, K. (1994): "Mathematik fUr Wirtschaftswissenschaftler: Eine EinfUhrung" 9. Auflage, Oldenbourg, Miinchen, Wien. Braun, M. (1994): "Differentialgleichungen und ihre Anwendungen" 3. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg, New York.
170
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173
Stichwortverzeichnis A abhangige Variable absolutes Extremum affinlineare Funktion Ahnlichkeitsdifferenzialgleichung Akzelerator allgemeine Amoroso-RobinsonGleichung allgemeine Ltisung Anderungsrate Anfangsbedingung Anfangswertproblem Ausfallrate
C
charakteristische Gleichung der DGL charakteristisches Polynom Cobb-Douglas-Funktion Cobb-Douglas-Produktionsfunktion
D Differential Differentialgleichung differenzierbar direkte Preiselastizitiit Durchschnittsfunktion
I 50 2 95 121
106 106 9 126
24 83 24 48 42 35 35 47 124 55 19 90 84 134 50 50
F Fundamentalsystem Funktionalmatrix
99 22 9 55
I 42 84 35 84 84 134
E elastisch Elastizitiit. Elastizitatsmatrix Engel-Funktion Epigraph Eulersche Homogenitiitsrelation exakte DGL explizite DGL.. Exponentialverteilung Extremstelle Extremum
H homogene DOL Hesse-Matrix homogen Yom Grade a Hypograph
104 79
implizite DGL inferior inhomogene DOL innerer Punkt Isoquanten
84 124 99 51 30
K konkav Konvergenz einer Punktfolge konvex konvexe Menge Kreuzelastizitiit kritischer Punkt k-te Differenzenfolge
55 6 55 54 48 52 I 13
L Lagrangefunktion Lagrange-Multiplikator linear unabhangige LOsung Iineare DGL n-ter Ordnung lineare Differenzengleichung k-ter Ordnung lineare Funktion Iineare Nachfragefunktion linear-homogen Linienelement logarithmische Ableitung logarithmische Koordinate logarithmisches Koordinatensystem Logistische Funktion lokales Maximum lokales Minimum LosgrtiBenformel von Harris und Wilson Ltisungskurve Ltisungsmenge
78 78 I04 86 114 2 123 9 85 39 38 37 89 50 50 131 85 84
M G GauBsche Glockenkurve gewtihnliche DGL globales Maximum globales Minimum Gradient. Grenzrate der Substitution
135 84 49 49 16 29
mehrdimensionale Funktion Monom yom Grade k.. Multiplikator
1 3 121
N n-dimensionale Funktion n-dimensionale Norrnalverteilung norrnales Gut
I 137 124
Stichwortverzeichnis
o
Ordnung der DGL.
175
84
p partiell differenzierbar partielle Ableitung von!an der Stelle x partielle Anderungsrate partielle DGL partielle Elastizitat Polynom proportional-elastisch
Q
quadratische Funktion
II 11 44 84 44 3 35
3
R Randpunkt. reelleFunktion in n (reellen) Variablen relative Anderungsrate relatives Extremum Richtungsableitung Richtungsfeld
51 1 35 50 16 85
S Sato-Funktion 126 Sanelpunkt 52 spezielle Amoroso-Robinson-Gleichung ...44 standardisierte n-dimensionale Norrnalverteilung 138 standardisierte Normalverteilung 136 8 stetig in einem Punk.t. 11 stetig partiell differenzierbar
stetige Funktion streng konk.ave Funktion streng konvexe Funktion strik.tes globales Maximum striktes globales Minimum striktes lokales Maximum strik.tes lokales Minimum
8 57 57 49 49 50 50
T total differenzierbar totale DGL totales Differential
24 90 25
U iiberlinear-homogen unabhlingige Variable unelastisch unterlinear-homogen
9 1 35 9
V Variablensubstitution Verallgemeinerte Kenenregel Verteilungsfunktion
74 17 133
W Wahrscheinlichkeitsdichtefunk.tion ......... 133
Z zweimal partiell differenzierbar zweimal stetig partiell differenzierbar zweite partielle Ableitung
20 20 20