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7. Jahrgang, 1 Oktoberheft Originaltitel: СЕКРЕТНЫЙ ВОЯЖ Aus dem Russischen übertragen von Gottfried Wojtek Veröffentlicht 1956 im Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin W 8, Taubenstraße 10 Printed in Germany – Alle Rechte vorbehalten Lizenz-Nr 3 – 285/33/56 Umschlag und Illustrationen Hans Betete Satz und Druck’ (HI/9/1) Sächsische Zeitung, Dresden N 23 12008
KLEINE JUGENDREIHE
In geheimer Mission von Witali Trenew
VERLAG KULTUR UND FORTSCHRITT BERLIN 1956
Rittmeister Martynow wachte früh auf. Nach dem Gelage der vergangenen Nacht war das erstaunlich. Nun ja, Adjutant des Generalgouverneurs wurde man nicht alle Tage. Aber wie war er nur auf den unseligen Gedanken verfallen, die ganze fröhliche Gesellschaft, die am gestrigen Abend bei Major Krassin zusammengekommen war, in seine Wohnung einzuladen? Allerdings hatte er es ja gar nicht ernst gemeint, aber seine Freunde waren gleich so begeistert darauf eingegangen, den angebrochenen Abend bei ihm zu beschließen, daß er sie hatte mitnehmen müssen. Platon Iwanowitsch Martynow war nicht etwa geizig, im Gegenteil, alle Freunde rühmten seine Freigebigkeit. Der Haken lag woanders. Der tapfere Offizier hatte einfach Angst vor seiner Wirtin, einer Beamtenfrau, deren halbes Haus er schon seit Jahren bewohnte. Ganz Irkutsk kannte die alte Feoktista Romanowna Prjachina mitsamt ihrer Warze unter dem rechten Auge. Sie herrschte souverän über alles in ihrem Hause, hielt das männliche und weibliche Dienstpersonal in Furcht vor dem Herrn und hatte ihren Mann, Anton Iwanowitsch, weidlich unter dem Pantoffel. Sie war einmal mit der Mutter des Rittmeisters bekannt gewesen und meinte deshalb, Platon sei genausoviel wie ein Verwandter. Sie behandelte ihn wirklich wie ihren eigenen Sohn, aber ihre Liebe und Fürsorge glichen der einer Tyrannin. Anfangs hatte sich der Rittmeister aus Bequemlichkeit diese Art der Behandlung gefallen lassen, und als er endlich gegen die Herrschsucht seiner Wirtin rebellieren wollte, war es schon zu spät gewesen. Kein Wunder also, daß Martynow nach der nächtlichen Ruhestörung im Hause der gestrengen Feoktista durch böse Vorahnungen frühzeitig geweckt wurde. Leise öffnete sich die Tür, und das breite Gesicht des semmelblonden Burschen und Vertrauten Martynows guckte ins
Schlafzimmer. „Wasja! Wasja!“ flüsterte der Rittmeister. „Ausgeschlafen, Euer Wohlgeboren? Soll ich die Fenster öffnen?“ „Wart noch, Wasja. Sag mal, sind wir gestern sehr laut gewesen?“ fragte der Rittmeister immer noch flüsternd, obwohl ihn außer dem treuen Wassili niemand hören konnte. „Sehr laut, Piaton Iwanowitsch“, antwortete Wassili mißmutig. „Oh, oh! Da haben wir wohl auch die Feoktista gestört? Was hat sie gesagt? Weißt du etwas?“ „Sie tobt. Ganz früh ist sie aufgestanden. Zuerst hat sie Palaschka und Stjoschka verprügelt. Anton Iwanowitsch mußte ohne Tee zum Dienst gehen… Ein Jammer! Im Hof hat sie mich erwischt, und schon ging’s los: ,Na, dein Ritter Tugendsam schläft wohl noch? Der soll mir nur unter die Augen kommen, den werd ich mir noch vornehmen!“ „Was haben wir denn bloß angestellt? Na, los, los, erzähl schon! Soweit ich mich erinnern kann, ging doch alles recht manierlich zu. Gesungen haben wir, das weiß ich, aber das ist doch nicht so schlimm! Was haben wir denn hinterher gemacht?“ „Ja, Piaton Iwanowitsch, hinterher hatte Seine Wohlgeboren Oberleutnant Kern eine Idee.“ „Und?“ „Ich weiß auch nicht, wie er darauf gekommen ist – er hat Gitarre gespielt und dazu gesungen. Mit einemmal rief er: ,Ein Ständchen für Feoktista, eine spanische Serenade unter ihrem Fenster.’ Major Krassin sagte noch: ,Tu das nicht, Kern, die schüttet dir heißes Wasser auf den Kopf.’ Doch Seine Wohlgeboren waren nicht zu halten. ,Ihr Sumpfhühner’, schrie er, ,ihr könnt ja edle Gefühle gar nicht begreifen! Ich bring ihr ein Ständchen, daß ihr Herz zu schmelzen beginnt, und morgen
wird sie Platoscha nicht tyrannisieren.’ Als Krassin mit Chrjastschow zu streiten begann, stand er auf und flitzte so, wie er war, in den Hof hinaus. Ich ihm nach. Euer Wohlgeboren werden sich zu dieser späten Stunde erkälten’, hab ich ihm gesagt und was weiß ich noch alles. Und er? .Schweig, Arnaute’, sagte er, ,ich hab eine lodernde Flamme in meiner Brust.’ Und er stellte sich neben den Zaun unter Feoktista Romanownas Fenster. Euer Wohlgeboren’, sagte ich, ,der Frost ist streng, die Saiten sind aus Metall. Sie werden Ihre Finger verletzen.’ Da ging er mit der Gitarre auf mich los und brüllte: .Hebe dich hinweg, Satan!’ Nu ja, wie’s so ist, wenn einer betrunken ist. Er schlug daneben, die Gitarre traf einen Zaunpfahl. Sie gab dabei einen schrecklichen Laut von sich…“ „War das am Ende meine Gitarre? Aus Palisanderholz?“ „Dieselbe, Piaton Iwanowitsch“, bestätigte Wassili, und Trauer lag in seiner Stimme. „Ach, das war’ ja nicht das Schlimmste!“ Der unglückliche Rittmeister seufzte. „Und weiter?“ „Ja, also, wie gesagt. Seine Wohlgeboren hatte die Gitarre zerschlagen und war ganz böse auf mich geworden. ,Deine Schuld, du Lump, deinetwegen geht die Kunst zugrunde! Aber das macht nichts, meine Stimme allein wird ihr steinernes Herz bezwingen!’ Dann begann er sinnlos zu grölen: ,Im Wind bebt hier der Nacht Saphir!’ Feoktista Romanowna mußte noch gar nicht zu Bett gegangen sein, denn sofort schrie sie durch das Klappfensterchen: ,Was ist das für ein Krach? Ich verbitte mir diesen Lärm in meinem Hause!’ Nun, mit einem Wort, sie legte los. Diesmal brauchte ich allerdings nicht lange zu reden, um Seine Wohlgeboren zu entfernen. Wer weiß, was er sonst noch angestellt hätte!“ „O Gott, o Gott! Was soll ich bloß tun, Wasja? kannst du dir nichts ausdenken?“ „Ich brüte schon den ganzen Morgen über einer Ausrode.“
„Am besten, ich bleib im Bett! Plötzlich krank geworden, was?“ „Das macht die Sache noch schlimmer, Herr. Dann wird sie ganz wütend. ,Ah, der Herr Adjutant hat sich krank gefeiert!’ wird sie sagen. So wird’s noch schlimmer.“ „O Gott, o Gott! Und die Gitarre? Wo ist die, Wasja?“ „Die Gitarre hängt am Zaunpfahl.“ „Wo hängt sie?“ „Na, am Zaunpfahl. Niemand darf sie anrühren. ,Mein Haus ist ein ehrbares Haus“, keifte sie. „Und der Herr Adjutant soll nur sehen, was er verbrochen hat.“ „Ach mein Gott! Los, Wasja, anziehen. Ich will’s hinter mir haben.“ Wasja griff nach der Uniform des Rittmeisters, doch plötzlich hielt er mitten in der Bewegung inne: „Euer Wohlgeboren! Ich bitte untertänigst um Entschuldigung, ich hab’s fast ganz vergessen. Ein Gendarm vom Generalgouverneur war da. Sie möchten sich um elf Uhr beim Generalgouverneur melden.“ „Ach, du Strohkopf, blöder!“ rief der Rittmeister und war mit einem Satz aus dem Bett. „Wie spät ist es jetzt?“ „Zehn, Euer Wohlgeboren.“ „Du bist mir einer! Los, schneller!“ „Ich hab’s über unserem Gespräch vergessen, Euer Wohlgeboren. Ich kam doch eigentlich, um Sie zu wecken.“ Martynow ließ sich einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf schütten und rieb seinen muskulösen Körper mit einem Frottiertuch ab. Als er angekleidet war, ging er forsch zum Ausgang. Im Flur traf er auf die gefürchtete Wirtin. „Na, was war denn das heute nacht, mein Lieber?“ begrüßte sie ihn scheinheilig. „Ich bitte um Verzeihung“, antwortete Martynow ungewöhnlich fest, „ich habe wirklich keine Zeit für ein Gespräch. Ich werde in einer dienstlichen Angelegenheit dringend verlangt.“
„Bitte, bitte, geh nur. Du wirst ja einmal zurückkommen!“ Piaton Iwanowitsch aber hörte gar nicht hin, er ging weiter zum Ausgang und begab sich raschen Schrittes zum Hause Seiner Exzellenz. Murawjow, der Generalgouverneur Ostsibiriens, empfing den Rittmeister in seinem Arbeitszimmer; zugegen war noch der Sekretär zur besonderen Verwendung. Murawjow saß in einem Sessel an seinem riesigen Schreibtisch und schaute dem Sekretär Struwe zu, der ein großes Kuvert versiegelte. Der Gouverneur war unzufrieden. Die ganze Nacht hindurch hatte ihn sein verwundeter Arm gequält. Er hatte nicht richtig ausgeschlafen und war schlechter Laune. Als Martynow eintrat, wandte ihm der Gouverneur sein Gesicht zu, dessen linke Wange nervös zuckte, und der unglückliche Rittmeister, der diese unzufriedene Grimasse auf sich bezog, wurde so verlegen und schüchtern, daß er sich wie eine Holzpuppe bewegte. Mein Gott, was hab ich bloß angestellt? dachte Martynow, als er steif einige Schritte auf den Schreibtisch zuging und vor dem Generalgouverneur Haltung annahm. „Rittmeister Martynow. Ich habe die Ehre, mich befehlsgemäß zu melden!“ schrie er, ohne sich dessen bewußt zu sein, und als er endlich merkte, wie laut er gesprochen hatte, war es endgültig um sein Gleichgewicht geschehen, er machte ein dummes Gesicht und sah seinen Vorgesetzten an wie das Kaninchen die Schlange. Zu seiner Verwunderung aber wurde der Gesichtsausdruck Murawjows mit einem Male milder. „Lassen wir die Formalitäten, Rittmeister. Ich weiß, daß auf Sie Verlaß ist. Ich weiß, daß Sie in guter Kondition sind und unter harten Bedingungen reisen können. Deshalb habe ich Sie zu mir gebeten, um Ihnen einen außerordentlich wichtigen Auftrag anzuvertrauen. Nehmen Sie Platz, Rittmeister!“ Martynow stieß einen undeutlichen Laut aus und setzte sich auf den Rand eines Stuhles, ohne den Blick, vom Gouverneur zu las-
sen. „Nachdem England und Frankreich im März 1854 Rußland den Krieg erklärt haben, greifen ihre Geschwader auch Kamtschatka an. Sie haben von der heldenhaften Verteidigung Petropawlowsks gehört.“ Der Gouverneur betrachtete Martynows unbewegtes Gesicht mit einem Blick, der ein wenig Zweifel ausdrückte. „Wir haben zuverlässige Nachrichten darüber, daß, sobald es der Zustand des Eises erlaubt, England und Frankreich den Angriff mit stärkeren Kräften wiederholen werden. Indessen haben die Garnison Petropawlowsk und die dort überwinternde Flottenabteilung nicht genügend Proviant und Munition, um dem Angriff standhalten zu können. Petropawlowsk kann fallen, und der russischen Fahne würde damit bittere Schmach zugefügt Es ist uns nicht möglich, dem russischen Geschwader Hilfe zu leisten. Ihre Aufgabe, Rittmeister, besteht darin, an der Küste entlang über Jakutsk, Ochotsk und Gishiga, durch Schneestürme und eisige Kälte, ohne eine einzige Minute zu verlieren, nach Petropawlowsk zu fahren und Sawoiko dieses Kuvert zu übergeben. Es enthält folgenden Befehl: Die Festung und der Hafen Petropawlowsk sind aufzugeben, was nicht mitgenommen werden kann, ist zu vernichten. Das Geschwader begibt sich an die Amurmündung. Die neugebauten Stellungen, die im Labyrinth des Mündungsdeltas liegen und dem Feind völlig unbekannt sind, werden bezogen. Die Rettung des Geschwaders und die Ehre der russischen Waffen wird von Ihrer Energie, von Ihrem Mut und von Ihrer Aufopferungsbereitschaft abhängen. Es kommt darauf an, daß Sie um jeden Preis vor Eintritt des Frühjahrs Kamtschatka erreichen…“ Murawjow hielt inne und schaute auf das immer noch unbewegte Gesicht des Rittmeisters und in seine hellen Augen. „Es erwarten Sie harte Strapazen!“ fuhr der Generalgouverneur fort. „Achttausend Werst durch ödes Land! Sie werden zuweilen über eine Strecke von vierhundert Werst
(Wegemaß im zaristischen Rußland. 1 Werst » 1066,8 m.) und mehr auf keine menschliche Behausung stoßen. Sie werden über zerklüftete Berge fahren und vereiste Buchten überqueren müssen. Und Sie müssen unter allen Umständen noch vor dem Frühjahr in Petropawlowsk sein! Das ist Ihre Aufgabe.“ „Zu Befehl… Jawohl…“, sagte Martynow mit heiserer Stimme. Als Sibirier war er sich darüber klar, was ihm bevorstand. Er begriff die schwierige Lage der Petropawlowsker Garnison und zweifelte nicht daran, der Aufgabe gewachsen zu sein; aber die Schüchternheit, die er vor seinem Vorgesetzten empfand, hemmte ihn. Murawjow räusperte sich ärgerlich. Er musterte den Rittmeister noch einmal und sagte dann: „Begreifen Sie denn auch die ganze Bedeutung dessen, was ich Ihnen gesagt habe? Den ganzen Ernst und die Verantwortung des Auftrags?“ Er wandte sich an Struwe und fügte kopfschüttelnd hinzu: „II n’a pas l’air gaillard, cet homme la.“ ( Er sieht gar nicht wie ein Held aus, dieser Mann.) „Ich habe nicht die Ehre, Französisch zu sprechen, aber ich habe alles verstanden, Euer Exzellenz“, stotterte Martynow, Durch die zweifelnden Worte des Gouverneurs beleidigt und aufs äußerste betreten, daß er über sich selbst sprechen mußte, vergaß er die Subordination und senkte den Blick. Aus seinem Gesicht verschwand der starre Ausdruck, und errötend wiederholte er: „Ich habe alles verstanden. Die Reise ist schwierig, der Auftrag ist heilig und erfordert… erfordert… aber“, er erhob sich unwillkürlich und fuhr, nun wieder lauter werdend, fort, „aber ich bin ein russischer Soldat! Und ich liebe mein Vaterland! Ich liebe es von ganzem Herzen, Euer Exzellenz!“ Er blickte Murawjow frei in die Augen. Mehrere Sekunden lang verschmolz der Blick des Gouverneurs mit dem des Rittmeisters. „Wann gedenken Sie loszufahren?“ fragte Murawjow. Nach
Hause zurückgekehrt, unterrichtete der Rittmeister Wassili über die bevorstehende Reise und befahl, sofort die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Wasja hatte Martynow stets begleitet und wußte, was mitgenommen werden sollte. Nachdem der Rittmeister einige Fragen gestellt und sich überzeugt hatte, daß Wasja alles vorzüglich besorgen werde, begab er sich in die Wohnung seiner Wirtin. Als ihn Feoktista Romanowna, die gerade an einem Strumpf strickte, erblickte, schob sie ihre Brille auf die Stirn. Diese kriegerische Geste sagte alles. Ihr Zorn entbrannte erneut, doch der Rittmeister ließ sie erst gar nicht zu Worte kommen. „Leben Sie wohl, Feoktista Romanowna“, sagte er leise. „Vielleicht für immer. Behalten Sie mich in guter Erinnerung.“ „Was soll diese Komödie, mein Herr?“ „Keine Komödie. Ich habe Auftrag, einen Geheimbefehl nach Kamtschatka zu bringen.“ „Was denn? Im Winter? Bei diesem Frost? Wirf mir keinen Sand in die Augen, ich bin nicht dümmer als du, mein Lieber!“ „Bei Gott, es ist wahr! Ich danke Ihnen für die mütterliche Fürsorge. Erlauben Sie mir, ihre Hand zum Abschied zu küssen. Die Reise ist gefährlich, und wenn mir etwas zustößt…“ „Ach, du meine Güte! Aber das ist doch… Wie kam das denn so plötzlich? Hast ja nicht einmal was Richtiges vorbereitet. Nicht einmal warme Wäsche hast du. Wart mal, was nimmst du mit? Kann ich wenigstens noch schnell Piroggen backen? Palaschka! Stjoschka!…“ Und mit der ganzen Energie, die sich als eine Lawine des Zorns auf das schuldbeladene Haupt des Rittmeisters hatte herabwälzen sollen, machte sich Feoktista Romanowna an die Arbeit, um alles für die gefährliche Reise ihres Lieblings vorzubereiten. Als sie im Hof die unglückliche Gitarre zersplittert und mit zerrissenen Saiten traurig am Zaun hängen sah, rief sie wütend:
„Wasja, Wasja! Wie gehst du mit dem Eigentum deines Herrn um, du gefühlloser Holzkopf! Da, die Gitarre ist schon ganz mit Reif bedeckt. Trag sie gleich hinein!“ Wenige Stunden später war Martynow fertig zur Abreise. Tränen standen in seinen Augen, als er sich von Feoktista Romanowna und Anton Iwanowitsch verabschiedete. In der gedeckten Kuriertroika fuhr er am Haus des Generalgouverneurs vor. In der Kanzlei übergab man ihm Briefe, die er unterwegs in Jakutsk und Ochotsk abliefern sollte. Dann bat er, sich bei Murawjow abmelden zu dürfen. „Fertig?“ begrüßte ihn der Gouverneur freundlich. „Nun, Gott mit dir. Ich segne dich.“ Murawjow schlug ein Kreuz vor dem Rittmeister, umarmte und küßte ihn, den diese Ehre ganz verlegen machte, und begleitete ihn bis zur Treppe. „Gott mit dir!“ rief er dem hinabeilenden Rittmeister nach. Wenige Augenblicke später jagte der Schlitten über die holprigen Straßen von Irkutsk und zum Stadttor hinaus. An dem sausenden Schlitten zogen die Ufer der Lena vorbei. Hier mächtige Felsen, dort Schluchten und Täler, bewaldet und mit Schnee bedeckt. Der Rittmeister und Wasja dösten vor sich hin. Sie waren nach Jakutenart gekleidet. Dicke Pelze, hohe Stiefel aus Rentierfell, lederne Kleider und darüber warme Jakken aus Rentierfell mit einer Kapuze. „He, los, leg zu!“ schrie Martynow manchmal. Aber die Pferde liefen von allein in gestrecktem Galopp. Tag und Nacht jagte der gedeckte Schlitten dahin, und nur zum Pferdewechseln wurde angehalten. In diesen zwanzig bis dreißig Minuten, die man dafür brauchte, stampften Martynow und Wasja unsicher auf ihren kalten, steifen Füßen in das Haus hinein, tranken eilig ein Glas Wodka oder Tee mit Rum und krochen dann, ohne richtig warm und gelenkig geworden zu sein, wieder in das enge Gefährt. Knirschend glitten die Kufen über den Schnee, der Schlitten raste weiter, an Lärchen, Tannen und Felsufern vorbei.
In Jakutsk schliefen der Rittmeister und sein treuer Begleiter zum erstenmal nach vielen Tagen wieder in einem warmen Raum und in einem richtigen Bett. Sie blieben fast zwei Tage, um sich für die Weiterfahrt nach Ochotsk auszurüsten. Drei Jakuten und drei Kosaken sollten sie begleiten und gleichzeitig ihren Schutz bilden. Acht Hundegespanne zogen die Schlitten mit der Ausrüstung und dem Proviant. Vor Morgengrauen machte sich die Karawane auf die Reise. Die Stadt schlief noch, und in den leeren Straßen hallte das Bellen der Hunde wider, die sich mit aller Kraft in die Geschirre legten. Leicht flogen die Schlitten über den verharschten Schnee. Den ganzen kurzen Wintertag lang bewegten sich die Reisenden rasch auf einer ausgefahrenen schmalen Spur vorwärts. Kurz vor Anbruch der Dämmerung tauchten neben der Straße
drei jakutische Jurten (rundes, mit Filz bedecktes Kuppeldachzelt) auf. Der weiße Rauch, der aus ihren Dachöffnungen stieg, hob sich deutlich vom schwarzen Hintergrund des Waldes ab. Der erste Gespannlenker bog zu den Jurten ab. „Halt, halt!“ schrie Martynow, der auf dem zweiten Hundeschlitten saß. „Wohin?“ „Übernachten, Herr“, antwortete der Jakute. „Da wird nichts draus. Die Hunde sind noch nicht müde. Wir fahren weiter.“ „Du die ganze Nacht fahren, noch einen halben Tag fahren, keine Jurte kommen, übernachten nichts“, sagte der Jakute. „Wir übernachten im Wald. Lenk den Schlitten auf den Weg. Rasch, rasch!“ „Deine Wohlgeboren im Wald übernachten, erfroren. Ich dann schuld.“ „Ach was. Paß auf, daß du nicht erfrierst. Fahr weiter, los!“ „Wir das wissen. Wenn ganzen Tag fahren, halbe Nacht fahren, Hunde kaputt. Ochotsk nicht ankommen.“ Aber Martynow kannte die Leistungsfähigkeit der jakutischen Hunde nicht schlechter als der Jakute, und dessen Hoffnung, im Warmen zu übernachten, erfüllte sich nicht. Der Schlitten bog wieder auf die Straße, und sie fuhren weiter durch den vom Frost klirrenden, in der Dämmerung bläulich schimmernden Schnee. Der Gespannlenker ließ seinen Ärger an den Hunden aus und trieb sie wütend an. Erst als sich die tiefe Dunkelheit der Nacht herabgesenkt hatte, beschloß Martynow zu halten. Die Jakuten fütterten die Hunde, während die Kosaken und Wasja Brennholz für ein Lagerfeuer herbeischleppten und der Rittmeister, der nicht mit müßigen Händen herumsitzen wollte, Zeltbahnen aufspannte zum Schutz gegen den Wind, der leise durch das Tal wehte, in dem sie Rast gemacht hatten. Lange vor Tagesanbruch weckte Martynow die Leute und befahl Wasja, den Begleitern und den Hunden Essen für den ganzen Tag zu ge-
ben. Noch herrschte völlige Dunkelheit, als sich die Reisenden wieder auf den Weg machten. Gegen Morgen biß der Frost am heftigsten. Die Menschen, die nachts trotz des hochlodernden Feuers nicht warm geworden waren, bewegten sich nur mit Mühe vorwärts. Die Eile und die nur kurzen Unterbrechungen zum übernachten brachten Tier und Mensch an den Rand ihrer Kräfte. Am fünften Tag begannen die Jakuten zu murren, und der älteste von ihnen murmelte, daß eine so rasche Fahrt unmöglich sei. Doch da wurde Martynow wild, und die Jakuten verstummten. Nach einer solchen Übernachtung weckte der Rittmeister wie stets zuerst Wassili und befahl ihm, zur Weiterfahrt zu rüsten. Der Bursche hustete laut und rieb die kalten Füße. „Was ist denn, Wasja? Hast du’s in den Füßen?“ „Ich bin ganz zerschlagen, Piaton Iwanowitsc. Ich bin so was nicht mehr gewöhnt. Zu fett geworden bin ich. Den ganzen Tag laufen, das ist was anderes, als auf den Ofen liegen.“ „In Ochotsk wirst du wie ein ausgehungerter Wolf ankommen.“ „Euer Wohlgeboren, wenn nun…“, begann Wassili zaghaft. „Na, sprich schon“, antwortete der Rittmeister und blickte mißtrauisch in das breite Gesicht seines treuen Dieners. „Piaton Iwanowitsch, werden wir unsere Kräfte nicht zu früh verausgaben?“ „Geduld, Wasja!“ antwortete der Rittmeister Martynow. Dann fuhr er nach einer kurzen Pause fort: „In Ochotsk müssen wir mit gestähltem Körper ankommen und uns im die Fahrt gewöhnt haben. Bis Ochotsk ist es ein Honiglecken. Danach beginnt erst die richtige Schinderei. Wer das nicht gewöhnt ist, kommt dort um. Jetzt müssen wir Geduld haben, aushalten, unser Fett verlieren. Wir werden uns in Ochotsk zwei Tage lang ausschlafen und dann losfliegen wie die Vögel. Verstanden, du Dummkopf?“
„Ja, Piaton Iwanowitsch.“ „Na, wenn’s so ist, dann stell den Teekessel aufs Feuer und weck die Leute…“ Die Hunde, die am meisten leisten mußten, begannen den Anstrengungen zu erliegen. Einige mußten schon in Jurten, an denen sie vorbeikamen, ausgetauscht werden, aber die neuen Hunde gehorchten nicht und bissen sich dauernd mit den anderen. Die Menschen ermüdeten immer mehr, und der Schlaf bei grimmigem Frost erneuerte ihre Kräfte kaum. Der Weg aber wurde immer schwieriger – jetzt begannen die Berge, die „Sieben Rücken“ der Ochotsker Poststraße. Drei Tagesreisen vor dem Fluß Allachjun mußte einer der Jakuten in einer Jurte zurückgelassen werden. Er war völlig entkräftet, sein Gesicht erfroren. Am nächsten Morgen konnte der jüngste der Kosaken nicht mehr aufstehen, obwohl ihn Martynow zornig anschrie. „Ich bin ganz erstarrt und erfroren, Euer Wohlgeboren. Mein Leben ist nicht mehr viel wert.“ Ein Schlitten mußte entladen werden. Die Last versteckten sie unter den Zweigen eines leicht auffindbaren Baumes, wikkelten den kranken Kosaken in das Bärenfell, das Martynow gewöhnlich zum Schlafen diente, legten den Mann auf den Schlitten und brachten ihn zur nächsten menschlichen Behausung. Die Fahrt wurde immer schwieriger, Auf einem gefährlichen und schwierigen Paß, dem Judomsker Kreuz, riß sich ein Schlitten los und stürzte in eine Schlucht Glücklicherweise war er nur mit Hundefutter beladen gewesen: Die Jakuten wollten zumindest die Last heraufholen, aber dann wäre ein halber Tag verlorengegangen. Martynow winkte ab und befahl weiterzufahren. Am achtzehnten Tag erreichten die erschöpften Reisenden das Tal der Ochota, und am einundzwanzigsten Tag langten sie
noch vor dem Dunkelwerden mit schleppendem Schritt in Ochotsk an. Einige Häuser, von hohen Schneewällen umgeben, waren auf einen weiten Raum verteilt, eine Kirche stand da, Speicher der Russisch-Amerikanischen Handelsgesellschaft, und in einiger Entfernung sah man die von der Zeit geschwärzten Palisaden des Gefängnisses der Ochotsker Festung. Der Kommandant des Ochotsker Hafens, ein hochgewachsener hagerer Alter, der die Pfeife nicht eine Sekunde aus dem Mund nahm, begrüßte die Reisenden hocherfreut. Der Rittmeister und sein Bursche, beide dunkel und abgemagert, blieben bei ihm. Die wenigen Einwohner von Ochotsk – Offiziere, ein Arzt, ein Geistlicher und Angestellte der RussischAmerikanischen Handelsgesellschaft – waren begierig, sich mit einem Menschen zu unterhalten, der von „draußen“ gekommen war. Doch der Hafenkommandant ließ keine Gäste vor, um den Reisenden Gelegenheit zu geben, sich auszuruhen und auszuschlafen. Am nächsten Tag begann sich Martynow tatkräftig auf die weitere Reise vorzubereiten, und Wassili wählte an Hand einer ihm übergebenen Liste im Lager des Ochotsker Hafens Lebensmittel und Ausrüstungsstücke aus. Am Abend versammelten sich dann doch Gäste beim Hafenkommandanten, und der Rittmeister bildete den Mittelpunkt der Gesellschaft. Die Bewohner von Ochotsk waren den ganzen Winter über von der Welt abgeschnitten, und nur durchreisende Kuriere brachten hin und wieder Abwechslung in ihr Leben. Der Rittmeister aber wollte nicht trinken und bis spät in die Nacht hinein herumsitzen. Er mußte Kräfte sammeln. Er hatte beschlossen, am übernächsten Tag weiterzureisen. Der Weg von Ochotsk nach Petropawlowsk führte über eine Entfernung von dreitausend Werst an der Küste des rauhen Ochotskischen Meeres entlang. In diesem ganzen öden Raum gab es zu jener Zeit nur zwei Siedlungen, und zwar Gishiga
und Tigil. Dort konnte man den Proviant ergänzen, aber auch das nur in sehr begrenztem Umfang, Bis Gishiga waren es eintausendfünfhundert Werst. Unterwegs stieß man nur selten auf ein Lager nomadisierender Tungusen (Nomaden sind Angehörige eines umherziehenden Hirtenvolkes). Wütende Schneestürme tobten, die über dem riesigen erstarrten Meer Kraft und eisige Kälte gespeichert hatten. Der Frost war so streng, daß manch ein Uferfelsen mit einem Donnern, laut wie ein Kanonenschuß, barst. Martynow verließ Ochotsk mit vier Hundeschlitten. Der Tunguse Afanassi, der leidlich Russisch sprach, und ein Verwandter von ihm, ein schweigsamer Mann mit kupferfarbenem Gesicht und breiten Backenknochen, gingen als Führer mit auf die Fahrt. Im Umkreis von vielen Hundert Werst dehnte sich eine stumme, düstere Einöde. Zur Linken der sich langsam vorwärts bewegenden Karawane erstreckten sich flache Hügel. Wacholderbüsche und Zirbelkiefern, die sich schutzsuchend an die Erde schmiegten, waren vom Schnee bedeckt. Zur Rechten lag die endlose einförmige weiße Ebene des vereisten Meeres, über der düsteren Landschaft hing trostlos der niedrige, graue Himmel, seine flache Kuppel wurde den Rändern zu dunkler, wodurch die Unendlichkeit der hinter dem Horizont gelegenen Weiten noch fühlbarer wurde. Hügel folgte auf Hügel, ein Vorgebirge nach dem anderen dehnte sich zum Meer zu aus, schwarze Steine lugten aus dem weißen Schnee hervor. Kein Mensch, kein Vogel, kein Lebewesen. Viele, viele Tage lang… Martynow wurde das Herz schwer bei dem Gedanken an diese eisige Unendlichkeit, in die die Karawane immer tiefer vorstieß. Auch der lustige Wasja wurde immer stiller, er sang fast gar nicht mehr. Der Schal, der sein Gesicht bedeckte, war zu einer Eismaske geworden. Kälte, tötende, mordende Kälte. Sie drang unter die Pelzklei-
dung und nahm allmählich vom Körper Besitz, sie vereiste das Blut, schläferte ein und betäubte das Bewußtsein. Von Zeit zu Zeit sprangen die Reisenden von den Schlitten und liefen neben ihnen her, um das erstarrte Blut zu beleben.
War es möglich, diesen endlosen Kampf gegen Kälte und Müdigkeit Tag um Tag, Woche um Woche zu ertragen? Die Vorstellungskraft reichte nicht aus, um die Unendlichkeit der vor ihnen liegenden Wegstrecke auszumalen. Ein wenig Mehl, ein Stückchen Fleisch, ein Becher heißes Schneewasser erhielten die Wärme im menschlichen Körper und machten es möglich, in der tödlichen Kälte weiterzuleben, zu kämpfen und vorwärtszukommen, sich trotz des grausamen sibirischen Winters dem Ziel zu nähern. Sicher führten die Tungusen die Karawane an der Küste ent-
lang. Sie überquerten Meeresbuchten, - wichen unwegsamen Felsspitzen und Packeisfeldern aus, fanden den Weg bei Tag und Nacht mit einer an ein Wunder grenzenden Sicherheit. Wie Afanassi vorausgesagt hatte, erreichte die Karawane am fünften Tag eine Tungusenniederlassung. Ein in Pelze vermummter Tunguse jagte die wütend kläffenden Hunde auseinander. Martynow und Wassili betraten die Jurte, wickelten die Schals von ihren Gesichtern, Eisstücke fielen auf die Erde, es war ihr gefrorener Atem. In der Jurte war es eng und rauchig, aber ein loderndes Feuer strahlte Wärme aus. Martynow warf seinen Pelz und die Pelzmütze ab und behielt nur das lederne Samojedenhemd an. Wohlig wärmte er sich die kribbelnden, kalten Hände. Die Gastgeber rückten vom Feuer ab, um ihren Gästen Platz zu machen. Dann starrten sie weiter in die Glut und sogen an ihren kurzen Pfeifen. Der Feuerschein bestrahlte ihre wie zu Stein erstarrten Gesichter. „Das sind Menschen!“ brummte Wassili. „So wie diese Erde, die außer Schnee nichts hervorbringt, sind sie: unfreundlich, nur Rauch blasen sie aus, kein gutes Wort verlieren sie. Alle Jubeljahre bekommen sie russische Menschen zu Gesicht, und sie schweigen.“ Wasja irrte, als er den Tungusen Gleichgültigkeit vorwarf. Die breitgesichtige Hausfrau mit den langen, schwarzen Zöpfen reichte den Gästen schüchtern, ohne aufzublicken, eine Schale mit Moosbeeren und Robbenfett, stellte für sie einen Teekessel aufs Feuer. Martynow machte sich Gedanken über diese Menschen, die so bereitwillig das Wertvollste, das es in diesem Lande gibt, teilen – das Essen und die belebende Wärme. Ihr ganzes Leben sahen sie nichts anderes als die hoffnungslose Einöde, litten sie unter Hunger und Kälte. Regen und Ungeziefer im Sommer, Dunkelheit und Kälte im Winter, eine unendliche Kette. Viele Tage waren vergangen, seit die Karawane Ochotsk ver-
lassen hatte. Die Menschen waren erschöpft, die Hunde entkräftet. Einige von ihnen waren schon elend krepiert. Zweimal hatte ein kräftiger Schneesturm die Karawane unterwegs überrascht. Eines Tages fühlte sich Martynow krank. Wieder wütete ein Schneesturm. Die Männer bauten aus den Schlitten und dem Zelt eine Art Höhle und verbrachten darin fast zwei Tage. Der Zustand des Rittmeisters besserte sich nicht, er litt an Schüttelfrost und Ohnmachtsanfällen. In ihre Pelze gehüllt, schlummerten die Tungusen wie die Bären im Winterschlaf. Wassili wärmte Piaton Iwanowitsch mit seinem Pelz, ließ ihn nicht einschlafen, damit er nicht erfriere. Ein Feuer anzumachen war nicht möglich. Damit Martynow etwas trinken konnte, taute Wassili Schnee in einem Becher an seiner Brust auf. Als der Sturm abflaute, konnten sich die Tungusen und Wassili nur mit Mühe aus dem Schnee herausgraben. Der Rittmeister fühlte sich wohler, war aber so schwach, daß er nicht gehen konnte. Die Hunde hatten nicht mehr die Kräfte, eine zusätzliche Last zu ziehen. So schleppte Wassili allein zwei Tage lang einen Schlitten mit dem Rittmeister samt einer schweren Ladung. Martynow ging es besser. Zwar schmerzte noch jeder einzelne Muskel, doch die Starre wich langsam. „Wasja, zieh deinen Pelz an, du Tölpel. Du erfrierst noch!“ protestierte der Rittmeister mit schwacher Stimme. Wasja wandte ihm sein bis zu den Augen vermummtes Gesicht zu und antwortete lachend: „Das macht nichts. So kommen wir früher ans Ziel! Wenn der Frost beißt, lege ich einen Gang zu, bis ich ins Schwitzen komme!“ Am dritten Tag endlich konnte der Rittmeister wieder gehen. Am Abend des vierten Tages erblickten die Reisenden, nachdem sie einen steilen Hang hinangeklettert waren, am Fuße
eines Vorgebirges einige Jurten und in ihrer Nähe schwarze Pünktchen. Das waren Hunde. Hier lebte die Familie des zweiten Führers, des schweigsamen Makar. Die Tungusen stießen einen Schrei aus, und die Hunde jagten den langgestreckten Hang hinab, daß der Schnee unter den Kufen stob… Bald darauf kündete das wütende Gebell und das Heulen der Hunde die Ankunft der Reisenden an. Aus einer Jurte tauchte ein Mensch auf und rief etwas. Afanassi und Makar blieben wie angewurzelt stehen. „Was ist?“ fragte der Rittmeister. „Fieber ist gekommen, alle Fieber. Sein Sohn tot“, sagte Afanassi und zeigte auf Makar, dessen Gesicht noch unbeweglicher erschien als sonst. Schweigend band er seine Hunde fest. Das werden die Blattern sein, dachte Martynow und sagte: „Wasja, Afanassi, keinen Schritt in die Jurten. Das Fieber ist ansteckend! Wir werden unter den Felsen übernachten. Macht ein Feuer!“ Als sie am nächsten Morgen weiterfahren wollten, kam Afanassi plötzlich zu Martynow, verneigte sich vor ihm und sagte bittend: „Nicht böse sein, Euer Wohlgeboren, ich sehr bitten, nicht böse sein.“ „Ist etwas geschehen, Afanassi?“ „Nicht böse sein, Herr. Makar nicht weiterfahren, seine Frau sein krank und Sohn tot.“ Der Rittmeister ließ den Kopf sinken. Die Lage wurde immer schwerer. „Nun gut, wir werden nur unsere Hunde gegen frische auswechseln.“ „Ja, ja! Wir machen alles, Euer Wohlgeboren. Setz dich an Feuer, ruh dich aus Wasja und ich – wir machen alles. Die Schlitten wir laden, Hunde wir wechseln, wir schon machen alles“, beteuerte Afanassi, recht froh darüber, daß ihm der Rittmeister nicht böse war.
„Aber daß mir niemand die Jurten betritt! Wenn ich das merke, schlag ich euch tot!“ sagte der Rittmeister, hüllte sich fester in seine Pelze und legte sich ans Feuer. Gegen Mittag war alles fertig, und die Karawane, die sich um ein Gespann verkleinert hatte, setzte sich in Bewegung. Mit den frischen Hunden wären sie schnell vorwärtsgekommen, aber der Weg ließ das nicht zu. Am Ufer versackten sie im Schnee, an den Hängen mußten sie mit dem ganzen Körpergewicht, mit allen Kräften die Schlitten zurückhalten. Sie mußten Buchten bis zu dreißig Werst überqueren, Packeis überwinden und gegen den wütenden Wind ankämpfen, der in mächtigen Böen unentwegt vom Meer her blies. Wasja und Martynow, ja sogar Afanassi waren erschöpft. Ihre Gesichter waren trotz des Schals vom Frost gezeichnet, die gerötete Haut war entzündet und brannte. Die Augen tränten. Die Hände schwollen an und wurden gefühllos. Der ganze Körper schmerzte und juckte, von Kälte, Schmutz und Müdigkeit gepeinigt. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie noch nicht einmal die Hälfte der Wegstrecke hinter sich gebracht. Bis Gishiga waren es immer noch zwölf bis sechzehn Reisetage. Dazu kam noch, daß die neuen Hunde an jeder Übernachtungsstelle heulten und sich loszureißen versuchten. Dem größten und klügsten gelang es auch. Er nagte die Leine mitsamt dem Pflock durch und rannte davon. Sie mußten die Hunde von nun an noch sorgfältiger festbinden. Zwei Tage nach der Rast bei den verseuchten Jurten entdeckte der Rittmeister an Wassili neue Stiefel aus Rentierleder. „Wasja! Was sind das für Stiefel?“ „Stiefel? Was für Stiefel schon, Pelzstiefel, sibirische“, antwortete Wasja ausweichend und stand eilig auf, um nachzusehen, wie die Hunde festgebunden waren. „Halt mich nicht zum Narren!“ schrie Piaton Iwanowitsch. „Bleib stehen! Wo hast du die Stiefel her?“ „Ja… wo hab ich sie her! Woher kann ich sie schon haben?…
Getauscht hab ich sie“, brummte Wasja betreten. „Sag die Wahrheit, du Tölpel! In Makars Lager getauscht?“ „Nun ja, bei einer Tungusenfrau. Ihr Mann war gestorben, und die Stiefel sind fast neu… Meine waren übrigens schon ganz abgetragen.“ Wasja ließ den Kopf hängen und erwartete, daß der Rittmeister böse werden und schreien würde. Aber zu seiner Verwunderung folgte keine Moralpredigt. Der Rittmeister warf den Becher, aus dem er soeben Tee getrunken hatte, in den Schnee und starrte finster in das Feuer. Wasja schwieg bedrückt. „Was soll ich hier mit dir tun, wenn du krank wirst?“ sagte Martynow schließlich und wies auf den Schnee und in die Dunkelheit, die das unsicher flackernde Feuer dicht umschloß. „Ich werde schon nicht krank, Piaton Iwanowitsch. Die Stiefel sind doch neu, die sind doch vielleicht kaum eine Woche getragen worden.“ „Ach, was bist du doch für ein Dummkopf, Wasja!“ sagte der Rittmeister traurig und machte sich sein Nachtlager zurecht. Einige Tage vergingen. Jeden Morgen sah der Rittmeister besorgt und prüfend Wasja an, doch dessen unverändert munteres Lächeln beruhigte ihn schließlich. „Na bitte, Euer Wohlgeboren, ich bin nicht krank geworden“, sagte Wasja eines Tages. „Dein Glück, du Tölpel, ich hätte dir das Fell über die Ohren gezogen“, entgegnete der Rittmeister und lächelte in seinen schwarzen Bart hinein, der ihm während der Reise gewachsen war. Der Großteil der Wegstrecke war zurückgelegt. Mehr als drei Wochen war die Karawane seit Ochotsk unterwegs, und bis Gishiga blieben noch fünf, sechs Tage. Sie alle waren zu Tode erschöpft. Selbst Wasja, der niemals verzagte, fragte eines Morgens: „Na, Afanassi, sind wir bald in Gishiga? Mir geht’s wie einem alten Wallach, die Beine wollen nicht mehr, ich verstehe
nicht, was mit mir los ist.“ „Mach keine Sachen, Wasja. In Gishiga machen wir drei Tage Rast. Dort wollen wir uns richtig durchwärmen, ausschlafen und satt essen“, rief der Rittmeister, der, je mehr sie sich Gishiga näherten, um so lustiger wurde, obwohl er von allen am meisten erschöpft war. Den ganzen Tag kam Wassili nicht recht mit, und am Abend war er schweigsam. Nachdem er die Hunde festgebunden hatte, legte er sich schlafen, fast ohne gegessen zu haben. Das hatte es noch niemals gegeben. „Was ist mir dir, Wasja? Du bist doch nicht etwa krank?“ fragte der Rittmeister erschrocken und hockte sich neben Wasjas Kopf. „Es ist nichts, Euer Wohlgeboren. Ich hab mich ein wenig übernommen“, antwortete Wasja matt und verbarg sein brennendes Gesicht im Pelz. In dieser Nacht schlief der Rittmeister schlecht. Die Hunde bellten und heulten ungewöhnlich laut. Schließlich verstummten sie, und er schlief ein. Bald darauf weckte ihn der schreiende Afanassi. „Ai, Herr! Ein Unglück, Euer Wohlgeboren!“ schrie der Tunguse. Er schlug sich auf die Oberschenkel, und im Schein des verglimmenden Feuers führte sein Schatten einen phantastischen Tanz auf. Das Betragen des sonst so ruhigen und schweigsamen Afanassi schien so sonderbar, daß Martynow sich sofort aufrichtete. „Euer Wohlgeboren! Hund davonlaufen!“ „Welcher Hund?“ fragte Martynow, etwas ruhiger geworden, zurück. „Ganze neu Hund davonlaufen!“ schrie Afanassi. „Du lügst!“ brüllte Piaton Iwanowitsch, und sein Herz drohte stillzustehen. Seine Beine zitterten.
Er stürzte zu den Hunden. Nur drei Eskimohunde saßen mit gespitzten Ohren im Schnee. Es waren die drei Hunde, die er in Ochotsk bekommen hatte. Alle aus dem Lager Makars hatten sich losgerissen und das Weite gesucht. „Wer hat die Hunde festgemacht?“ fragte der Rittmeister drohend, als er zum Feuer zurückging, wo der Tunguse saß. „Wasja.“ Der Rittmeister stieß mit dem Fuß den schlafenden Wassili an, aber der stöhnte lediglich, ohne aufzuwachen. Martynow deckte sein Gesicht auf, und die kalte Luft brachte Wasja zur Besinnung. Er schaute den Rittmeister mit verschleierten Augen an, und im Schein des Feuers erschien sein Gesicht purpurrot. „Ich trage gleich auf. Belieben Sie sich nicht zu beunruhigen“, stammelte er. „Bist du betrunken, du Kanaille?“ fragte Martynow wütend. Er wandte sich um und sah verständnislos den Tungusen an. Afanassi schüttelte den Kopf und warf Wassili einen prüfenden Blick zu. „Er Fieber. Darum Hund schlecht festmachen. Er krank.“ „Das kann nicht sein“, stammelte Martynow erschrocken. Ihm versagte die Stimme. Er riß den Handschuh herunter und legte die Hand auf Wassilis Stirn. Sie war heiß. „Wasja, Freund… komm zu dir, Wasja…“, flüsterte Martynow. Als Wassili wieder klar denken konnte, wollte er aufstehen, aber der Rittmeister hielt ihn zurück. „Jetzt hat’s mich, Euer Wohlgeboren. Ich bin schuld“, sagte er heiser, während er zurücksank und gleich wieder die Augen schloß. „Trinken…“ Das Unglück lähmte Martynow. Er wußte genau, daß er mit Wasja den besten Freund verlieren würde, den er jemals im Leben gehabt hatte. Er gab dem Kranken zu trinken und setzte sich dann wieder ans Feuer. Afanassi starrte in die Glut. Lange Zeit schwiegen beide.
„Was werden wir tun, Afanassi?“ brach der Rittmeister endlich das Schweigen. „Zwei Schlitten hierlassen. Nach Gishiga gehen.“ „Wie weit ist es noch bis Gishiga?“ „Vier, fünf Tage.“ „Gibt es unterwegs irgendwo eine Behausung?“ „Nein, bis Gishiga kein Mensch.“ Der Tunguse verstummte. Auch der Rittmeister schwieg. „Was mit Wasja?“ fragte der Tunguse nach einiger Zeit. „Wir nehmen ihn mit. Was sonst?“ „Er sterben. Hund weglaufen. Wie er gehen?“ „Du, noch ein Wort…“ „Nicht böse sein, Herr, du keine Kraft, ich keine Kraft, Hund keine Kraft. Gishiga weit. Wasja mitnehmen, zwei Wochen laufen Wir auch sterben.“ „Kein Wort mehr!“ befahl Martynow finster. Auf einen Schlitten luden sie die notwendigsten Ausrüstungsstücke und das Essen für sich und die Hunde für sechs Tage. Auf den zweiten Schlitten legten sie Wassili, der im Fieber phantasierte. Damit der Kranke nicht von dem Schlitten fallen konnte, banden sie ihn mit Riemen fest. Schweigend fügte sich Afanassi, in seinem breiten Gesicht entdeckte man keine Spur des Unwillens. Langsam kamen sie voran. Vorneweg der Proviantschlitten, den die übriggebliebenen Hunde zogen. Afanassi und der Rittmeister spannten sich abwechselnd vor den zweiten Schlitten, auf dem Wassili lag. So schleppten sie sich einen ganzen Tag vorwärts. Sie versuchten im Dunkeln weiterzugehen, aber das ging über ihre Kräfte. Während Afanassi die Hunde fütterte und festband, schlug der Rittmeister einige Wacholderbüsche ab und machte Feuer. Als das Abendessen fertig war, brachte Martynow dem Kranken etwas davon. Wassili war gerade erwacht und schaute ihn mit klaren Augen an.
„Piaton Iwanowitsch, verzeihen Sie, bitte!“ sagte der Bursche mit brüchiger Stimme. „Schon gut, Wasja, hier, da hast du was zu essen.“ Die Nacht verbrachte er ruhig, aber gegen Morgen begann sich sein Bewußtsein wieder zu trüben. Am Tage kam er wieder zu sich und richtete sich mit großer Anstrengung ein wenig auf, um sich umzuschauen. Er sah die endlose schneebedeckte Ebene, den anderen Schlitten, den die drei Hunde mühsam zogen, dann sah er Afanassi und schließlich Martynow, der seinen Schlitten zog. „Euer Wohlgeboren! Euer Wohlgeboren!“ schrie er, ohne zu wissen, woher er die Kraft dazu nahm. Erschrocken wandte sich der Rittmeister um. „Was machen Sie, lieber Herr!“ schrie Wassili wieder und versuchte vom Schlitten herunterzukriechen, auf dem er festgebunden war. „Was ist mit dir, Wasja?“ fragte der Rittmeister und beugte sich zu ihm hinab. „Piaton Iwanowitsch, lassen Sie mich liegen, ich muß ja doch sterben. Sie halten das nicht aus… Sie werden nicht bis Kamtschatka kommen… Belasten Sie mein Gewissen nicht…“ „Lieg ruhig, Wasja. Bald sind wir in Gishiga. Dort bleibst du und wirst wieder gesund. Du bist doch ein junger, kräftiger Kerl… nur ruhig liegen, Wasja.“ Die Schlitten fuhren langsam weiter, und Wasja verstummte. Am Abend aß er ein wenig und lag dann ruhig da, etwas vor sich hin flüsternd. Als sich der .Rittmeister schlafen legen wollte, rief er ihn plötzlich an. „Was ist, Wasja?“ fragte Piaton Iwanowitsch zurück und hockte sich neben ihn in den Schnee. „Abschied nehmen, Euer Wohlgeboren.“ „Sag so etwas nicht, Wasja!“ „Doch, doch, ich weiß es… Verzeihen Sie, wenn ich etwas nicht recht gemacht habe; haben Sie Dank für Ihre Güte und
für das tägliche Brot… Ich hab mir immer Mühe gegeben. Aber jetzt werden Sie ohne mich freier sein…“ „Wasja, Wasja, reiß dich zusammen! Hör auf damit! In Gishiga wirst du wieder gesund.“ „Nein, Piaton Iwanowitsch, ich weiß schon… ohne Beichte…“ Seine Stimme wurde schwächer. „Red nicht, Wasja, schlaf ruhig. Wir bringen dich schon hin, hab keine Angst, du kommst wieder auf die Beine.“ Der Rittmeister saß noch lange bei dem Kranken. Er wußte nicht, ob Wassili schlief oder bewußtlos war. Mit geschlossenen Augen lag er da und atmete schwer. Martynow zog den Pelz, der über ihm lag, zurecht, deckte sein Gesicht zu, um es gegen den Frost zu schützen, und dann legte er sich auf seinen Platz. Die Müdigkeit übermannte ihn, und er fiel in einen unruhigen Schlaf. Mitten in der Nacht stand er auf, um nach Wassili zu sehen. Wie entsetzt war er, den Platz verlassen zu finden, nur Felldekke und Pelzjacke des Kranken lagen da. „Afanassi, Afanassi!“ schrie Martynow außer sich. „Wo ist Wasja? Mein Wasja!“ Der Tunguse sprang erschrocken auf. „Ai, ai, wo?“ sagte er kopfschüttelnd. „Hier Spur. Dort!“ Er riß ein Holzscheit aus dem Feuer und folgte der Spur. Der Rittmeister ergriff Wassilis Felljacke und eilte ihm nach. Die Spuren führten vom Lager fort. An einigen Stellen mußte der Kranke hingefallen sein, aber er hatte sich immer wieder erhoben und war weitergetaumelt. Zum Schluß war er nur noch gekrochen. Die Spur führte etwa dreihundert Schritt vom Lagerplatz fort. „Da ist er! Da ist er! Wasja, du aufstehen, Satan!“ rief der Tunguse und beugte sich über die dunkle Gestalt. Wassili lag mit dem Gesicht nach unten im Schnee. Ohne Mütze, ohne Pelz, nur mit dem ledernen Samojedenhemd bekleidet. Sein Rücken und die Haare waren mit Rauhreif bedeckt. „Tot“, sagte der Tunguse, nachdem er ihn angefaßt hatte. „Warum weg-
gehen?“ fügte er nach einer Weile gedankenvoll hinzu. Martynow wußte, warum er gegangen war. Er weinte, und die Tränen froren auf seinen Wangen zu Eis. Die Dunkelheit ringsum schwieg teilnahmslos. Das Holzscheit knisterte, und die Flammen warfen ihr flackerndes Licht auf den Schnee und die leblose Gestalt, Der Posten an der Gishigaer Küstenbatterie bemerkte zwei Menschen und einen Hund, die langsam vom südöstlichen Vorgebirge her kamen. Sie hatten nicht einmal Schlitten Staunend und verständnislos beobachtete der Posten, wie die merkwürdigen Wanderer näher kamen. Der erste schleppte etwas auf dem Rücken. Langsam nur und mühevoll bewegte er sich vorwärts, aber unentwegt setzte er Schritt vor Schritt. Der andere strauchelte, wankte, von Zeit zu Zeit blieb er sogar stehen. Ihm nach schlich, den Kopf zur Erde gesenkt, ein müder Hund. Der zweite blieb plötzlich wieder stehen, wankte, versuchte vergeblich, das Gleichgewicht zu halten, fiel der Länge nach hin. Ohne sich umzusehen und ohne anzuhalten, ging der erste weiter. Der Posten, der das Ganze nicht begriff, schlug Alarm und rief die Wache heraus. Die ganze militärische Garnison (sechs Kosaken) und alle Einwohner Gishigas, etwa 40 Personen, sprangen aus der Kaserne, den Häuschen und den Jurten. Ein Alarm war hier zu ungewöhnlich. Der beleibte Hafenkommandant trat im aufgeknöpften Gehrock, den Pelz über die Schultern geworfen, auf die Außentreppe seines Häuschens und kaute noch an einem Stück Lachs. Langsam schleppte sich ein Mann im Pelzmantel, mit Rentierstiefeln an den Füßen, das Gesicht vermummt, auf dem Rücken einen Ledersack, zu ihm hin. Einige Einwohner umringten ihn, die anderen drängten sich um die Kosaken, die zwanzig Schritt dahinter den zweiten Fremden herantrugen. Wenige Schritte vor der Treppe begann der erste zu schwan-
ken, doch bevor er stürzen konnte, hatten ihn schon zwei Männer unter den Armen ergriffen und trugen ihn in das Haus des Kommandanten; ihnen folgten die Kosaken mit dem zweiten. Martynow und Afanassi hatten Gishiga erreicht. Seit drei Tagen hatten sie nichts mehr gegessen. Afanassi, der älter war als Martynow und außerdem leichtere Kleidung trug, hatte am meisten gelitten. Martynow besaß nur noch den Brief des Generalgouverneurs und den Beutel mit seiner Uniform, denn vor dem Gouverneur von Kamtschatka in einem Jakutenpelz und einer Pelzmütze zu erscheinen, hielt er für unmöglich. Im Warmen kam Martynow, nachdem er sich mit Wodka und ein wenig Essen gekräftigt hatte, wieder zu sich. Er sah furchterregend aus mit seinem wirren schwarzen Bart, eine Wange und die Nase erfroren, die Augen tief eingefallen. Der beleibte und gastfreundliche Hauptmann, Kommandant von Gishiga, war enttäuscht. Er hatte gehofft, von den Fremden Neuigkeiten zu erfahren, und geglaubt, mit ihnen einen gemütlichen Plausch machen zu können; aber daraus wurde nichts. Martynow war in sich gekehrt und wortkarg. Er sagte, wer er sei, und verlangte, daß ihm unverzüglich geholfen werde, damit er weiterkommen könne. „Brüderchen, von Herzen gern, aber wie kann ich Sie so weiterlassen? So kommen Sie ja nicht einmal bis Tigil, geschweige denn nach Petropawlowsk. Während Sie hier ausruhen, sich ausschlafen und richtig herausfuttern, werden wir Ihnen zuverlässige Leute suchen; allerdings, so einfach aus dem Ärmel kann man sie auch nicht schütteln.“ „Unmöglich! Spätestens morgen muß ich weiter. Der Frühling steht vor der Tür“, fiel Martynow dem Kommandanten ins Wort. Ungeachtet aller Ermahnungen und Einwände, bestand Martynow auf seinem Vorsatz, und bald darauf war alles bereit. Er konnte sich wieder auf den Weg machen. Wachtmeister Pasch-
kow und Nikolai, ein Schlittenlenker der RussischAmerikanischen Handelsgesellschaft, sollten Martynow nach Tigil bringen, wo er ausgeruhte Menschen finden würde und neue Hundegespanne bekommen konnte. Martynow war innerlich wie tot. Nur das dauernde Vorwärtsstreben hielt ihn noch aufrecht; immer weiter, weiter, keinen Aufenthalt, keine Gelegenheit, um aufzutauen, weich zu werden. Er fühlte unklar, wenn er sich selbst bemitleiden, würde, gäben seine Nerven nach. Dann hatte er diesen ununterbrochenen Kampf gegen Kälte, Müdigkeit, Alleinsein und Trauer verloren. Als alles zur Abfahrt bereit war, trat Martynow reisefertig in den Raum, wo Afanassi auf einem Bärenfell lag. Als der Tunguse den Rittmeister erblickte, wollte er aufstehen, doch Martynow ließ es nicht zu. „Afanassi, du wirst doch bald wieder gesund?“ „Bald, Herr, bald! Solch Unheil kommen! Ich alter Mann.“ „Hör, Afanassi, hier hast du hundert Rubel. Bring…“ Piaton Iwanowitsch stockte mitten im Satz. „Bring ihn her, wenn du wieder gesund geworden bist. Du weißt doch, wo er geblieben ist?“ „Ich weiß, Herr, ich verstehen alles. Sei ruhig, ich ihn herbringen.“ „Leb wohl, Afanassi.“ „Leb wohl, Herr. Ich dir wünschen gute Zeit.“ Als sich der Rittmeister draußen vom Hauptmann verabschiedete, sagte er: „Ich habe noch eine Bitte an Sie.“ „Ich steh gern zu Diensten.“ „Auf dem Wege hierher ist mein Begleiter Wassili Iwanowitsch umgekommen… Afanassi, der Tunguse, wird seine Leiche herbringen, sobald er wieder auf den Beinen ist… Lassen Sie ihn begraben und eine Totenmesse für ihn lesen. Stellen Sie einen Stein für ihn auf. Hier ist Geld. Lassen Sie aber ein schönes Denkmal setzen… ich werde es Ihnen immer danken“, sag-
te der Rittmeister stockend. Krampfhaft versuchte er die Tränen zurückzuhalten, sein Gesicht zuckte. „Wird alles gemacht, lieber Freund, alles wird gemacht“, antwortete der Dicke gerührt und drückte mit beiden Händen die Rechte des Rittmeisters. „Hier… ist die Grabinschrift…“, murmelte Martynow, schob ein Blatt Papier in die Hand des Hauptmanns, stieg in den Schlitten, winkte, und die Hunde stoben davon. Auf dem Blatt stand: Hier ruht der Soldat Wassili Iwanowitsch Iwanow. Er gab sein Leben für seine Freunde. 1855 Wieder Schnee, Berge, schüttere niedrige Wäldchen. Eine Eisstraße ohne Ende. Wieder Lagerfeuer und Nachtquartiere im Schnee. Das nächtliche Heulen der Hunde, das Gefühl der Kälte und der Müdigkeit, das niemals den Körper verließ und das Gehirn quälte. Weiter, immer weiter! Martynow trieb die Hunde an, er geizte mit jeder Minute. Unbarmherzig fraß sich der Frost in die Haut, und doch waren es die letzten Anstrengungen des scheidenden Winters. Unaufhaltsam nahte der Frühling, Martynow mußte ihm zuvorkommen. Er lebte wie im Halbschlaf. Dieser merkwürdige Zustand hatte schon lange von ihm Besitz ergriffen. Er sprach und bewegte sich wie ein Mondsüchtiger, und die Landschaft erschien ihm unwirklich, wie unter einem Schleier. Den dritten Monat schon zog er in ununterbrochener Fahrt durch die Schneewüsten, und die Bewegung, die ununterbrochene Vorwärtsbewegung wurde Martynows Lebensinhalt. Vorwärts! Vorwärts! Immer deutlicher machte sich das kommende Frühjahr bemerkbar. Vorwärts! Die Kufen knirschten, die Hunde jagten. Während der kurzen Rast-
pausen wurde in aller Eile gegessen, und nach kurzem, bleiernem Schlaf ging es weiter. Es gab nichts mehr in der Welt als den unendlichen Weg, Schnee und qualmende Lagerfeuer. Schwierig war die Überquerung der gebirgigen Halbinsel Taigonos, unsagbar mühevoll der Weg über die Packeisberge und die Eisfelder der Penshina-Bucht. Nach einem Nachtlager mitten im Eis, ohne Lagerfeuer und ohne Abendessen, tauchte schließlich die zerklüftete Küste Kamtschatkas auf. Noch einige Tage Fahrt, und Martynow erreichte Tigil. Er übernachtete im Warmen, doch schon am nächsten Tag früh fuhr er weiter. Der bärtige Tigiler Kosak Semjonow und der Korjake (Die Korjaken leben im nördlichen Teil der Halbinsel Kamtschatka) Alexej begleiteten ihn. Einige Tage fuhren sie entlang der Küste, dann bog die Karawane in die Tiefe der Halbinsel ab, um die Berge an der günstigsten Stelle zu überqueren. Bald stießen sie auf die ersten Ausläufer der Kamtschatkaberge. Beim Übergang über einen zugefrorenen Fluß sprang Martynow, wie stets in solchen Fällen, vom Schlitten, um ihn zwischen den vereisten Steinen durchlotsen zu können. Dabei glitt er aus, es knackte im linken Fuß, und ein unerträglicher Schmerz ließ ihn in den Schnee sinken. Martynow untersuchte den Fuß. Die Sehnen waren gezerrt oder gerissen. Es war ihm unmöglich, mit dem Fuß aufzutreten: an Gehen war gar nicht zu denken. Nun mußte er die Fahrt fortsetzen, ohne daß er von dem leichten, schwankenden Schlitten herunterstieg. Der Fuß schmerzte unbarmherzig, und die Kälte vergrößerte noch den Schmerz. Aber stehenbleiben und den kranken Fuß erwärmen, hätte einen Zeitverlust von einigen Stunden bedeutet – das waren fünfzehn oder gar zwanzig Werst weniger Tagesmarsch. Am Abend wurde der Fuß mit Schnee abgerieben, denn Martynow fürchtete, er könnte erfrieren, da der rasende Schmerz
jede Bewegung unmöglich machte. Martynow verkürzte die Ruhepausen noch mehr und trieb seine Begleiter zu immer größerer Eile. Der Fuß schwoll allmählich so an, daß sich der weite Pelzstiefel nur mit Mühe darüberziehen ließ. Tag für Tag lag Martynow zusammengekrümmt auf dem schwankenden Schlitten; Kälte und Schmerz waren für ihn kaum noch zu ertragen. Dann kam noch Schlimmeres. Der Schmerz verschwand, der kranke Fuß wurde unempfindlich. Zeitweise litt Martynow an Bewußtseinstrübungen, dann wieder nahm Verzweiflung von ihm Besitz. Am Abend zog er den Stiefel nicht aus, um den Fuß abzureiben, und am nächsten Morgen erklärte er Semjonow die Bedeutung des Kuverts im Lederbeutel. Der bärtige Kosak nickte. „Machen Sie sich keine Sorgen, Euer Wohlgeboren, wir bringen es hin“, sagte er und schrie dann auf die Hunde ein. Die Gespanne machten sich auf den Weg. Der Kosak lief auf Skiern neben dem Schlitten her. Martynow phantasierte. Er glaubte zu Haus im Schlafzimmer zu sein, auf der Ottomane zu liegen, und Wasja käme, um das Fenster zu öffnen. In der Dunkelheit, unbestimmbar, ob nah oder fern, blinkten hier und da Lichter auf, verschwanden, kamen wieder, bis sie schließlich ruhig stehenblieben. „Euer Wohlgeboren, da vorn liegt Petropawlowsk“, sagte Semjonow, über Martynows Schlitten gebeugt. Diese Worte wirkten wie ein Schock auf den Rittmeister. Petropawlowsk? Unfaßbares lag in diesen Worten. Gab es das? Gab es noch etwas anderes auf der Welt als Kalte, Schnee, Hunde, Berge, Packeis, Eisfelder und das ewige Vorwärts, Vorwärts, dem schier unerreichbaren Ziel entgegen? Petropawlowsk! Unter großen Anstrengungen bewegte Martynow den leblosen Fuß, überwand die heftigen Muskelschmerzen, legte sich auf die Seite, richtete sich auf und sah die Lichter. Die Hunde
stoben dahin, die Schlitten schleuderten auf der ausgefahrenen Bahn. Und die Lichter blinkten und leuchteten. „Geschafft…“, flüsterte Piaton Iwanowitsch, seine Augen wurden feucht. Da tauchte auch schon etwas Dunkles vor ihnen auf, ein Haus. Da ein Zaun. Dort strahlte Licht aus einem Fenster. „Wohin?“ „Gibt es eine Herberge?“
„Eine Schenke.“ „Dahin!…“ Semjonow und der Korjake führten Martynow auf die Außentreppe und öffneten die Tür. Dampfwolken wälzten sich aus dem warmen, niedrigen Saal, der von orangefarbenem, flakkerndem Kerzenlicht erleuchtet war. Unter der Decke hingen graublaue Rauchschwaden. Durch die offene Tür zum benachbarten Raum hörte man Billardkugeln aufeinanderstoßen. Einige Menschen saßen angeregt plaudernd um einen Tisch. Sie beachteten die Ankömmlinge nicht. Den Raum begrenzte ein Schanktisch mit Flaschen und einem Samowar, hinter dem ein alter Mann mit Spitzbart stand. Er trug ein rosafarbenes Hemd und darüber eine Weste. Die beiden Begleiter führten Martynow zu ihm. „Womit kann ich dienen? Sie werden einen weiten Weg hinter sich haben“, sagte der Alte und beugte sich Martynow entgegen. „Aus Irkutsk. Ich brauche ein Zimmer, ich muß mich umziehen und rasieren. Ist das möglich?“ antwortete der Rittmeister mit schwacher Stimme, und er fühlte, daß ihn seine Kräfte in der rauchigen, warmen Luft jeden Augenblick verlassen konnten. „Natürlich! Natürlich, Herr! Mein Gott! Aus Irkutsk! Bei dieser Kälte sind Sie durchgekommen?“ rief der Alte verwundert aus und kam eilig hinter dem Schanktisch hervor. „Hier, bitte, mein Herr!“ Im Raum verstummten plötzlich alle Gespräche. Martynow, der wie durch Nebel vorwärtsging, fühlte von allen Seiten neugierige Blicke auf sich gerichtet; auch in der Tür zum Billardzimmer standen die Spieler, die Queues in den Händen, und schauten ihn an. Mit Semjonows Hilfe kleidete sich der Rittmeister in seinem Zimmer um; nur eine ungeheuerliche Willensanstrengung hielt ihn noch auf den Beinen. In der Wärme begann sein kranker
Fuß wieder heftig zu schmerzen. Manchmal glaubte Martynow, er phantasiere und werde jeden Augenblick erwachen, und die ganze Umgebung werde verschwinden, und er wäre wieder von Nacht, Schnee, rauchendem Lagerfeuer und den vor Kälte winselnden Hunden umgeben. Der Fuß war so geschwollen, daß der Pelzstiefel aufgeschnitten werden mußte. Die Haut war schwarz geworden und geplatzt. Unmöglich, darüber einen Schuh zu ziehen. Der Fuß wurde mit weichem Rentierfellen umwickelt. Der alte Wirt erklärte sich bereit, den verfilzten Bart des Rittmeisters zu rasieren, daß wieder Koteletten daraus würden. Als er fertig war, bat der Rittmeister um einen Spiegel. Zum erstenmal seit mehr als zwei Monaten sah er wieder sein Gesicht. Es war schrecklich anzuschauen: fast schwarz, auf einer Wange und auf der Nase klebte Schorf, die Augen waren eingefallen, und er schien unverhältnismäßig breite Backenknochen zu haben. Wie hatte sich Martynow verändert. Stöhnend vor Schmerz erhob er sich, strich über die zerdrückte Uniform, setzte die Mütze auf und schloß den Pelz. Der alte Wirt reichte ihm einen Stock. Dann trugen Semjonow, der Korjake und der Alte den Rittmeister hinaus. Der Schlitten glitt über den Schnee und hielt nach wenigen Minuten vor einem hellerleuchteten Haus. Hier residierte Sawoiko, Gouverneur von Kamtschatka. Ein qualvoller Weg die Freitreppe hinauf. Halb bewußtlos öffnete Martynow die Tür. Zwei Lakaien sprangen von ihren Bänken und kamen eilig heran. „Rittmeister Martynow“, sagte er sehr leise und reichte ihnen Pelz und Mütze. „Rittmeister Martynow!“ schrie ein Lakai und stieß die Tür zu den Festräumen vor ihm auf, denn der Gouverneur gab an diesem Tage einen Empfang. Schwer auf den Stock gestützt, schritt Martynow durch die offene Tür, begleitet von den Blicken der Lakaien, die seine zerknitterte Uniform mit unverhohlener Mißbilligung betrach-
teten. Ein kleiner Mann in einem offenen langen Uniformrock kam Martynow entgegen. Sein hübsches, rundes Gesicht lächelte freundlich und ein wenig befremdet. Hinter ihm standen noch einige Personen, die neugierig ihre Hälse reckten. Der Rittmeister stellte den Stock an die Wand, nahm Haltung an, zog mit knapper Bewegung den Brief aus dem linken Ärmelaufschlag und schritt auf den Gouverneur zu – der Schmerz wurde unerträglich. „Rittmeister Martynow als Kurier vom Generalgouverneur hat die Ehre, sich zu melden!“ Sawoiko nahm den Brief entgegen und trat unwillkürlich einen Schritt zur Seite. In diesem Augenblick fiel Martynow der Länge nach vor ihm auf den Boden. Frauenschreie, fragende Männerstimmen. Die Gäste drängten herbei, sie wollten sehen, was geschehen war. Zwei Flottenoffiziere trugen den bewußtlosen Rittmeister auf einen Diwan. Geschäftig nahte ein Arzt. Er öffnete die Häkchen des viel zu weit gewordenen Uniformkragens, jemand reichte ihm ein Glas Wasser. „Äußerste Erschöpfung“, sagte der Arzt, nachdem er den Puls gefühlt hatte. „Auch da ist etwas nicht in Ordnung“, sagte der Kapitän des Transporters „Dwina“ und wies auf den unförmigen linken Fuß des Rittmeisters. „Meine Damen, meine Herren, ich bitte um Verzeihung!“ sagte der Arzt, den die neugierigen Gäste dicht umstanden. „Meine Herrschaften, ich bitte Sie, das Zimmer zu verlassen.“ Einige Offiziere, Sawoiko und der Arzt blieben zurück. Der Arzt wickelte das Fell ab und riß das Hosenbein auf. Tief über den Kranken gebeugt, untersuchte er den linken Fuß, und als er sich wieder aufrichtete, sagte er leise: „Erfroren. Den Fuß müßte man amputieren.“ Alle schwiegen.
„Das Risiko ist gewaltig, der Herr Rittmeister ist zu erschöpft“, fuhr der Arzt fort. „Man muß alles tun, um ihn zu retten und ihm wenigstens das Bein zu erhalten“, sagte Sawoiko, „denn dieser Mann hat Ge-
waltiges für sein Vaterland getan!“ Martynow wurde unverzüglich in das Lazarett gebracht. Während sich der Petropawlowsker Arzt und der Arzt der „Aurora“ um den immer noch Bewußtlosen bemühten, wurde in Sawoikos Arbeitszimmer bereits die Evakuierung des Hafens Petropawlowsk erörtert. Der eiserne Organismus Martynows überstand die Amputation. Sawoikos Frau und die Offiziersfrauen wachten abwechselnd an seinem Bett. Er erhielt gutes, nahrhaftes Essen und die sorgfältigste Pflege. Während Martynow langsam genas, wurde in der Petropawlowsker Garnison Tag und Nacht gearbeitet. Die Küstenbatterien wurden demontiert und die Geschützbunker gesprengt, die Lager geräumt und die Schiffe beladen. In das Eis des Meerbusens von Awatscha wurde eine Fahrrinne gebrochen und die Schiffe nahe zur Ausfahrt gebracht, damit sie bei der ersten Gelegenheit die Bucht verlassen konnten. Der Frühling ließ dieses Jahr nicht lange auf sich warten. Die gesamte Garnison und ein Teil der Bevölkerung gingen auf die Schiffe. Nur jene blieben in der verödeten Stadt zurück, die mit der harten Erde Kamtschatkas verwurzelt waren. Die Schiffe arbeiteten sich durch die Fahrrinne ins offene Meer hinaus und fuhren zum Amur. Dem vielfach stärkeren Feind gelang es lediglich, einige Schaluppen zu kapern. In Petropawlowsk fanden Engländer und Franzosen nur die leeren Lager vor. Die russischen Schiffe aber waren vor der Übermacht der Feinde gerettet.