Dubbel Mathematik
U. Jarecki • Hans-Joachim Schulz
Dubbel Mathematik Eine kompakte Ingenieurmathematik zum Nachschlagen
1C
Prof. Dr. Hans-Joachim Schulz Beuth Hochschule für Technik Berlin Luxemburger Straße 10 13353 Berlin Deutschland
[email protected]
Prof. Dr. U. Jarecki † Beuth Hochschule für Technik Berlin
ISBN 978-3-642-22058-6 e-ISBN 978-3-642-22059-3 DOI 10.1007/978-3-642-22059-3 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: eStudio Calamar S.L. Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Vorwort zur DUBBEL Mathematik Die DUBBEL Mathematik in kompakter Form ist jetzt wieder gedruckt verfügbar. Sie enthält alle wesentlichen Elemente der Ingenieursmathematik für die Studierenden des Maschinenbaus und für den in der Industrie tätigen Ingenieur. Hervorragend eignet sie sich zum schnellen Nachlesen von mathematischen Regeln und Zusammenhängen und ergänzt damit das Standardwerk DUBBEL, das jetzt in der 23. Auflage vorliegt. Weitere Informationen und das ausführliche Inhaltsverzeichnis zum DUBBEL – Taschenbuch für den Maschinenbau finden Sie unter http://www.springer.com/engineering/mechanical+eng/book/978-3-642-17305-9
Die Herausgeber des DUBBEL K.-H. Grote und J. Feldhusen
Inhaltsverzeichnis A Mathematik 1 Mengen, Funktionen und Boolesche Algebra. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A3 1.1 Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A3 1.1.1 Mengenbegriff A3. – 1.1.2 Mengenrelationen A3. – 1.1.3 Mengenverknpfüngen A3. – 1.1.4 Das kartesische oder Kreuzprodukt A3. 1.2 Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A4 1.3 Boolesche Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A4 1.3.1Grundbegriffe A4. – 1.3.2 Zweielementige Boolesche Algebra A5. 2 Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A6 2.1 Reelle Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A6 2.1.1 Einführung A6. – 2.1.2 Grundgesetze der reellen Zahlen A6. – 2.1.3 Der absolute Betrag A7 – 2.1.4 Mittelwerte und Ungleichungen A7. – 2.1.5 Potenzen, Wurzeln und Logarithmen A7. – 2.1.6 Zahlendarstellung in Stellenwertsystemen A7. – 2.1.7 Endliche Folgen und Reihen Binomischer Lehrsatz A8 – 2.1.8 Unendliche reelle Zahlenfolgen und Zahlenreihen A9. 2.2 Komplexe Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A10 2.2.1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung A10. – 2.2.2 Addition und Multiplikation A10.– 2.2.3 Darstellung in Polarkoordinaten. Absoluter Betrag A10. – 2.2.4 Potenzen und Wurzeln A10. 2.3 Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A11 2.3.1 Algebraische Gleichungen A11.– 2.3.2 Polynome A11.– 2.3.3 Transzendente Gleichungen A12. 3 Lineare Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A12 3.1 Vektoralgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A12 3.1.1 Vektoren und ihre Eigenschaften A12.– 3.1.2 Lineare Abh ngigkeit und Basis A13.– 3.1.3 Koordinatendarstellung von Vektoren A 14. –3.1.4 Inneres oder skalares Produkt A14.– 3.1.5 Äußeres oder vektorielles Produkt A14. – 3.1.6 Spatprodukt A15.– 3.1.7 Entwicklungssatz und mehrfache Produkte A15. 3.2 Der reelle n-dimensionale Vektorraum IRn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A15 3.2.1 Der reelle Euklidische Raum A16.– 3.2.2 Determinanten A16. – 3.2.3 Cramer-Regel A17. – 3.2.4 Matrizen und lineare Abbildungen A18. – 3.2.5 Lineare Gleichungssysteme A19. 4 Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A21 4.1 Planimetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A21 4.1.1 Punkt, Gerade, Strahl, Strecke, Streckenzug A21. – 4.1.2 Orientierung einer Ebene A21. – 4.1.3 Winkel A21. – 4.1.4 Strahlens tze A21 – 4.1.5 Ähnlichkeit A22. – 4.1.6 Teilung von Strecken A22. – 4.1.7 Pythagoreische Sätze A23. 4.2 Trigonometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A23 4.2.1 Goniometrie A23. – 4.2.2 Berechnung von Dreiecken und Fl chen A27. 4.3 Stereometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A28 4.3.1 Punkt, Gerade und Ebene im Raum A28.– 4.3.2 Körper, Volumenmessung A30. – 4.3.3 Polyeder A30. – 4.3.4 Oberfläche und Volumen von Polyedern A30.– 4.3.5 Oberfläche und Volumen von einfachen Rotationskörpern A30.– 4.3.6 Guldinsche Regeln A30. 4.4 Darstellende Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A30 4.4.1 Vergleich der Projektionsarten A33. – 4.4.2 Orthogonale Zweitafelprojektion A33.– 4.4.3 Axonometrische Projektionen A35.
4.5 Methoden zur Darstellung analytisch nicht beschreibbarer geometrischer Objekte . . . . . . . . . A37 4.5.1 Problemstellung A37. – 4.5.2 Darstellung einer Raumkurve durch n+1 Stützpunkte mit Hilfe von Spline-Funktionen A37. – 4.5.3 Bezier-Kurven A38. – 4.5.4 B-splineKurven A39. – 4.5.5 Flächendarstellung A40. 5 Analytische Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A41 5.1 Analytische Geometrie der Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A41 5.1.1 Das kartesische Koordinatensystem A41. – 5.1.2 Strecke A41. – 5.1.3 Dreieck A42.– 5.1.4 Winkel A42. – 5.1.5 Gerade A42. – 5.1.6 Koordinatentransformationen A43. – 5.1.7 Kegelschnitte A43. – 5.1.8 Allgemeine Kegelschnittgleichung A46. 5.2 Analytische Geometrie des Raumes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A47 5.2.1 Das kartesische Koordinatensystem A47. – 5.2.2 Strecke A47. – 5.2.3 Dreieck und Tetraeder A48. – 5.2.4 Gerade A48. – 5.2.5 Ebene A49. – 5.2.6 Koordinatentransformationen A50. 6 Differential- und Integralrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A50 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A50 6.1.1 Grundbegriffe A50. – 6.1.2 Grundfunktionen A51. – 6.1.3 Einteilung der Funktionen A52.– 6.1.4 Grenzwert und Stetigkeit A52. – 6.1.5 Ableitung einer Funktion A53. – 6.1.6 Differentiale A54. – 6.1.7 Sätze über differenzierbare Funktionen A54. – 6.1.8 Monotonie, Konvexität und Extrema von differenzierbaren Funktionen A55. – 6.1.9 Grenzwertbestimmung durch Differenzieren. Regel von de l'Hospital A57. – 6.1.10 Das bestimmte Integral A57. – 6.1.11 Integralfunktion, Stammfunktin und Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung A58. – 6.1.12 Das unbestimmte Integral A58. – 6.1.13 Integrationsmethoden A58. – 6.1.14 Integration rationaler Funktionen A59. – 6.1.15 Integration von irrationalen algebraischen und transzendenten Funktionen A60 – 6.1.16 Uneigentliche Integrale A61. – 6.1.17 Geometrische Anwendungen der Differential- und Integralrechnung A61. – 6.1.18 Unendliche Funktionenreihen A61. – 6.2 Reellwertige Funktionen mehrerer reeller Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A65 6.2.1 Grundbegriffe A65. – 6.2.2 Grenzwerte und Stetigkeit A66. – 6.2.3 Partielle Ableitungen A66. – 6.2.4 Integraldarstellung von Funktionen und Doppelintegrale A69. – 6.2.5 Flächen- und Raumintegrale A69. 7 Kurven und Flächen, Vektoranalysis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A72 7.1 Kurven in der Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A72 7.1.1 Grundbegriffe A72. – 7.1.2 Tangenten und Normalen A73. – 7.1.3 Bogenlänge A74. – 7.1.4 Krümmung A74. – 7.1.5 Einhüllende einer Kurvenschar A75. – 7.1.6 Spezielle ebene Kurven A75. – 7.1.7 Kurvenintegrale A78. 7.2 Kurven im Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A80 7.2.1 Grundbegriffe A80. – 7.2.2 Tangente und Bogenlänge A80. – 7.2.3 Kurvenintegrale A80. 7.3 Fläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A81 7.3.1 Grundbegriffe A81. – 7.3.2 Tangentialebene A82. – 7.3.3 Oberflächenintegrale A82. 7.4 Vektoranalysis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A83 7.4.1 Grundbegriffe A83. – 7.4.2 Der ∇-(Nabla-) Operator A84. – 7.4.3 Integralsätze A84. 8 Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A85 8.1 Gewöhnliche Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A85 8.1.1 Grundbegriffe A85. – 8.1.2 Differentialgleichung 1. Ordnung A85. – 8.1.3 Differentialgleichungen n-ter Ordnung A87. – 8.1.4 Lineare Differentialgleichungen A87.– 8.1.5 Lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten A88. – 8.1.6 Systeme von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten A89. – 8.1.7 Randwertaufgabe A91. – 8.1.8 Eigenwertaufgabe A91. 8.2 Partielle Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A92 8.2.1 Lineare partielle Differentialgleichungen 2. Ordnung A92.– 8.2.2 Trennung der Veränderlichen A92. – 8.2.3 Anfangs- und Randbedingungen A92.
9 Auswertung von Beobachtungen und Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A94 9.1 Kombinatorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A94 9.1.2 Variationen A94. – 9.1.3 Kombinationen A94. 9.2 Fehlerrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A95 9.1.1 Permutationen A94. – 9.2.1 Fehlerarten A95. – 9.2.2 Fehlerfortpflanzung bei systematischen Fehlern A95. 9.3 Ausgleichsrechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A95 9.3.1 Grundlagen A95. – 9.3.2 Ausgleich direkter Messungen gleicher Genauigkeit A96. – 9.3.3 Fehlerfortpflanzung bei zufälligen Fehlergrößen A96. – 9.3.4 Ausgleich direkter Messungen ungleicher Genauigkeit A97. 9.4 Wahrscheinlichkeitsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A97 9.4.1 Definitionen und Rechengesetze der Wahrscheinlichkeit A97. – 9.4.2 Zufallsvariable und Verteilungsfunktion A99. – 9.4.3 Parameter der Verteilungsfunktion A100. – 9.4.4 Einige spezielle Verteilungsfunktionen A100. 9.5 Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A100 9.5.1 Häufigkeitsverteilung A100. – 9.5.2 Arithmetischer Mittelwert, Varianz und Standardabweichung A104. – 9.5.3 Regression und Korrelation A105. 10 Praktische Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A106 10.1 Graphische Darstellung von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A106 10.1.1 Graph einer Funktion A106. – 10.1.2 Funktionsskalen A106. – 10.1.3 Funktionskurven in ebenen, rechtwinkligen Koordinatensystemen (Diagramme) A107. 10.2 Einf ührung in die Nomographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A107 10.2.1 Nomogramme für zwei Veränderliche A107. – 10.2.2 Nomogramme für drei Veränderliche A107. – 10.2.3 Nomogramme für mehr als drei Veränderliche A110. 10.3 Numerische Berechnung vonWurzeln nichtlinearer Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A110 10.3.1 Methode der schrittweisen Näherung (Iterationsverfahren) A110. – 10.3.2 Newtonsches Näherungsverfahren A111. – 10.3.3 Sekantenverfahren und Regula falsi A111. – 10.3.4 Konvergenzordnung A111. – 10.3.5 Probleme der Genauigkeit A111. 10.4 Interpolationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A112 10.4.1 Aufgabenstellung, Existenz und Eindeutigkeit der Lösung A112. – 10.4.2 Ansatz nach Lagrange A112. – 10.4.3 Ansatz nach Newton A112. – 10.4.4 Polynomberechnung nach dem Horner-Schema A113. 10.5 Auflösung linearer Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A114 10.5.1 Gaußsches Eliminationsverfahren A114. 10.6 Integrationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A115 10.6.1 Newton-Cotes-Formeln A115. – 10.6.2 Graphisches Integrationsverfahren A117. – 10.6.3 Differenzenoperatoren A117. 10.7 Numerische Lösungsverfahren für Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A118 10.7.1 Aufgabenstellung des Anfangswertproblems A118. – 10.7.2 Das Eulersche Streckenzugverfahren A118. – 10.7.3 Runge-Kutta-Verfahren A119. 10.8 Lineare Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A120 10.8.1 Graphisches Verfahren für zwei Variablen A120. – 10.8.2 Simplexverfahren A120. – 10.8.3 Parametrische lineare Optimierung A123. 10.9 Nichtlineare Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A124 10.9.1 Problemstellung A124. – 10.9.2 Einige spezielle Algorithmen A124. 11 Anhang A: Diagramme und Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A126
A Mathematik
I1.1
1 Mengen, Funktionen und Boolesche Algebra U. Jarecki, Berlin
1.1 Mengen 1.1.1 Mengenbegriff Die Menge ist als eine Gesamtheit von verschiedenen Objekten mit gemeinsamen Eigenschaften erklrt. Die grundlegende Beziehung zwischen Mengen M und ihren Elementen m ist die Relation des Enthaltenseins mit dem Symbol 2 : m 2 M m ist Element von M; m 62 M m ist nicht Element von M:
Mengen
A3
1.1.3 Mengenverknpfungen Durchschnitt A ˙ B (Bild 1 c). Er ist die Menge aller Elemente, die sowohl zu A als auch zu B gehren. A ˙ B ¼ fx j x 2 A und x 2 Bg: Beispiele: fa; b; cg ˙ fb; dg ¼ fbg; fx j x ^ 1g ˙ fx j x % 2g ¼ fx j 1 % x % 2g:
Vereinigung A ¨ B (Bild 1 d). Sie ist die Menge aller Elemente, die mindestens in einer der beiden Mengen A und B enthalten sind. A ¨ B ¼ fx j x 2 A oder x 2 Bg: Beispiele:
Endliche Mengen knnen durch Aufzhlung ihrer Elemente in einer Mengenklammer erklrt sein, z.B. M={1, 2, 3}. Einelementige Mengen, z.B. {a}, sind von ihrem Element, z.B. a, zu unterscheiden. Die leere Menge { } oder =0 enthlt kein Element. Unendliche Mengen werden durch die Eigenschaften ihrer Elemente gekennzeichnet. Bedeutet G(x) die Aussageform „x ist gerade Zahl“, so wird die Menge G der geraden Zahlen dargestellt durch G ¼ fx j GðxÞg ¼ fx j x ist gerade Zahlg: Mengen werden durch Punktmengen in der Ebene, z.B. Kreise (Bild 1), veranschaulicht (Venn-Diagramm). Auf Bild 1 a ist der Punkt a ein Element der Menge A, whrend der Punkt b nicht zu A gehrt.
fa; b; cg ¨ fa; dg ¼ fa; b; c; dg; fx j 0 % x % 2g ¨ fx j 1 % x % 1g ¼ fx j 1 % x % 2g:
Differenz A n B (Bild 1 e). Sie ist die Menge aller Elemente, die zu A und nicht zu B gehren. A n B ¼ fx j x 2 A und x 62 Bg: Beispiele: fa; b; cg n fb; dg ¼ fa; cg; fx j x % 1g n fx j x < 0g ¼ fx j 0 % x % 1g:
Diskrepanz A4B (Bild 1 f) oder symmetrische Differenz. Sie ist die Menge aller Elemente, die zu A und nicht zu B oder die zu B und nicht zu A gehren. A4B ¼ ðA n BÞ ¨ ðB n AÞ Komplement CA (Bild 1 g). Ist A Teilmenge einer Grundmenge X, so ist CA= X/A. Beispiel: Bedeutet R die Menge der reellen Zahlen und ist A={x j x % 0} R, dann lautet das Komplement CA ¼ R n A ¼ fx j x > 0g:
1.1.4 Das kartesische oder Kreuzprodukt Das Kreuzprodukt A B zweier Mengen A und B ist erklrt als die Menge aller geordneten Paare (a, b) mit a 2 A und b 2 B, A B ¼ fða; bÞja 2 A und b 2 Bg; Bild 1 a–g. Venn-Diagramm
1.1.2 Mengenrelationen Teilmengenrelation A B (Bild 1 b). A ist Teilmenge von B oder B ist Obermenge von A, wenn jedes Element von A auch Element von B ist. So ist die Menge der natrlichen Zahlen Teilmenge der ganzen Zahlen. Es gelten die Eigenschaften ; A; A A; aus A B und B C folgt A C: Gleichheitsrelation A¼B. Die Mengen A und B heißen gleich, wenn sie die gleichen Elemente enthalten. Jedes Element von A ist in B und jedes Element von B ist in A enthalten. Also A=B genau dann, wenn A B und B A. Beispiele: f1; 2g ¼ f2; 1g ¼ fx j ðx 1Þðx 2Þ ¼ 0g; fx j x2 > 1g ¼ fx j x > 1 oder x < 1g:
Potenzmenge PðXÞ. Sie ist definiert als Menge aller Teilmengen von X, also A 2 P(X) ist gleichbedeutend mit A X.
wobei A und B als Faktoren bezeichnet werden. Im allgemeinen ist A B 6¼ B A. a und b heißen Koordinaten des Paares (a, b). Zwei Paare (a, b) und (x, y) sind genau dann gleich, wenn x=a und y=b. Beispiel: Ist R die Menge der reellen Zahlen, dann besteht die Menge R2 ¼ R R ¼ fðx; yÞjx 2 R und y 2 Rg aus den geordneten Zahlenpaaren (x, y), die als Punkte in der Ebene dargestellt werden knnen, wobei x und y die kartesischen Koordinaten des Punktes (x, y) bedeuten.
Das Kreuzprodukt aus den n-Mengen A1 ; A2 ; A3 ; . . . ; An ist erklrt durch A1 A2 . . . An ¼ fða1 ; a2 ; . . . ; an Þja1 2 A1 und a2 2 A2 . . . und an 2 An g: Seine Elemente ða1 ; a2 ; . . . ; an Þ heißen geordnete n-Tupel mit den Koordinaten a1 ; a2 ; . . . ; an . Zwei n-Tupel sind genau dann gleich, wenn ihre Koordinaten gleich sind. Sind alle n Faktoren gleich A, so ist A A A . . . A ¼ An :
U. Jarecki, Hans-Joachim Schulz, Dubbel Mathematik, DOI 10.1007/978-3-642-22059-3_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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Mathematik – 1 Mengen, Funktionen und Boolesche Algebra
1.2 Funktionen Ist jedem Element einer Menge X genau ein Element einer Menge Y zugeordnet, so wird eine solche Zuordnung als eine Funktion f auf der Menge X mit Werten in der Menge Y bezeichnet und geschrieben f
f : X!Y oder X ! Y ðf bildet X in Y abÞ: Funktion und Abbildung sind synonyme Begriffe. Fr Y= X bildet f die Menge X in sich ab. X ist die Definitions-, Urbildoder Argumentmenge von f, ihre Elemente heißen Urbilder, Argumente oder auch unabhngige Vernderliche (Variable). Das jedem Element x 2 X durch die Funktion f eindeutig zugeordnete Element y 2 Y heißt Wert oder Bild der Funktion an der Stelle x und wird mit f (x) bezeichnet. Symbolisch wird dies ausgedrckt durch x 7! f (x) oder x 7! y=f (x). Bild der Funktion f auf X ist die Menge Bð f Þ ¼ f f ðxÞjx 2 Xg Y: Sie enthlt alle Bilder oder Werte der Funktion f auf X. Graph [ f ] einer Funktion f auf X mit Werten in Y ist die Menge [ f ]={(x, y)|x 2 X und y=f (x)}={(x, f (x)|x 2 X}. Sie enthlt als Elemente alle geordneten Paare (x, y), bei denen die erste Koordinate x Argument von f und die zweite Koordinate y Wert von f an der Stelle x ist. Sind insbesondere X und Y Teilmengen der reellen Zahlen, X R und Y R, so ist der Graph [ f ] eine Menge von geordneten Zahlenpaaren, die als Punkte in der Ebene veranschaulicht werden knnen. Dies ist ein gebruchliches Verfahren, um eine reellwertige Funktion mit reellem Argument graphisch als Punktemenge darzustellen. Beispiel: Durch die Gleichung y ¼ ex ist jeder reellen Zahl x genau eine reelle Zahl y zugeordnet. Hierdurch wird die Exponentialfunktion exp definiert. Definitionsmenge ist die Menge R der reellen Zahlen. Die Werte der Funktion sind ebenfalls reelle Zahlen. Die symbolische Darstellung der Funktion bzw. ihrer Bild- oder Wertemenge exp
lautet also exp: R ! R oder R ! R bzw. BðexpÞ ¼ fy j y > 0g R. Der Graph der Exponentialfunktion exp lautet ½exp ¼ fðx; yÞjx 2 R und y ¼ expðxÞg ¼ fðx; expðxÞÞjx 2 Rg.
Zwischen einer Funktion f : X ! Y, die X in Y abbildet, und ihren Werten f (x) muß klar unterschieden werden. Fr die Funktion f gilt: Bild f ðAÞ der Menge A X (Bild 2) heißt die Menge f (A)={y j y=f (x) und x 2 A}={ f (x)|x 2 A} Y. Sie enthlt alle Elemente y 2 Y, die Bild eines Elements x 2 A sind. Fr f (X)=Y heißt die Funktion f surjektiv. Urbild oder inverses Bild f 1 ðBÞ von B Y (Bild 3) ist die Menge f 1 ðBÞ ¼ fx j f ðxÞ 2 Bg X. Sie enthlt alle Urbilder x, deren Bild f (x) Element von B ist. Fr den Sonderfall, daß B={b} eine einelementige Menge ist, lautet das Urbild f 1 ðfbgÞ oder krzer f 1 ðbÞ ¼ fx j f ðxÞ ¼ bg (Menge aller Urbilder x mit dem Bild b). Enthlt f 1 ðyÞ fr jedes y 2 Y hchstens ein Element, so heißt die Funktion f eineindeutig, eindeutig umkehrbar oder injektiv. Surjektive und injektive Funktionen heißen bijektiv. Bei einer bijektiven Funktion f:X ! Y ist jedem Element y 2 Y genau ein
Bild 2. Bild f (A)
Bild 3. Urbild f 1 ðBÞ
Urbild x 2 X mit y=f (x) zugeordnet. Dem entspricht eine Funktion auf Y mit Werten in X. Diese Funktion heißt inverse Funktion oder Umkehrfunktion von f und wird symbolisch ausgedrckt durch f 1 : Y ! X. Ihre Definitionsmenge ist die Bildmenge von f, und ihre Bildmenge ist die Definitionsmenge von f. Es gelten die Identitten f 1 ðf ðxÞÞ ¼ x fr alle x 2 X; f ðf 1 ðyÞÞ ¼ y fr alle y 2 Y: Zwei Funktionen heißen gleich, wenn sie den gleichen Definitionsbereich und fr jedes Argument die gleichen Werte haben. Beispiel: Ist R die Menge der reellen Zahlen und Rþ die Menge der positiven reellen Zahlen, so ist die Exponentialfunktion exp: R ! Rþ eine eineindeutige Abbildung der Menge der reellen Zahlen auf die Menge der positiven reellen Zahlen und hat dementsprechend eine Umkehrfunktion exp1 : Rþ ! R, die als Logarithmusfunktion bezeichnet und mit dem Symbol „ln“ gekennzeichnet wird.
1.3 Boolesche Algebra 1.3.1 Grundbegriffe Einer Booleschen Algebra liegt eine Menge B mit mindestens zwei ausgezeichneten Elementen 0 und 1 zugrunde, auf der eine unre Verknpfung, die Komplementierung mit dem Symbol „ “, zwei binre Verknpfungen, die Addition mit Symbol „+“ und die Multiplikation mit dem Symbol „ “, erklrt sind, so daß fr beliebige Elemente a, b, c 2 B die Eigenschaften gelten: Kommutativitt aþb¼ bþa
ab¼ ba
ð1Þ
Assoziativitt ða þ bÞ þ c ¼ a þ ðb þ cÞ
ða bÞ c ¼ a ðb cÞ
ð2Þ
Distributivitt aþðb cÞ¼ðaþbÞ ða þ cÞ a ðbþcÞ ¼ ða bÞþða cÞ ð3Þ Adjunktivitt a þ ða bÞ ¼ a
a ða þ bÞ ¼ a
ð4Þ
Komplementaritt a þ a ¼ 1
a a¼0
ð5Þ
Idempotenz aþa¼a Regel von de Morgan
aa ¼a aþb ¼ a b
ð6Þ ab ¼ aþ b
ð7Þ
aþ0¼ a a1 ¼ a
ð8Þ
aþ1¼ 1 a0 ¼ 0 ¼1 0 1¼0
ð9Þ ð10Þ
ð aÞ ¼ a
ð11Þ
Jede der Gln. (1) bis (10) hat ihre „duale“ Form, die durch Tausch der Verknpfungssymbole „+“ und „ “ einerseits und der ausgezeichneten Elemente 0 und 1 andererseits entsteht. Dieses Dualittsprinzip gilt fr alle Gleichheiten und Stze der Booleschen Algebra, die sich ebenso wie die Gln. (6) bis (11) aus den Gln. (1) bis (5) ableiten lassen. Ein Beispiel fr eine Boolesche Algebra ist die Potenzmenge P(X) einer beliebigen Grundmenge X, auf der die unre Verknpfung als Komplement einer Menge aus P(X) und die beiden binren Verknpfungen als Durchschnitt und Vereinigung von zwei Mengen aus P(X) erklrt sind. Die ausgezeichneten Elemente sind die leere Menge [ und die Grundmenge X.
I1.3 1.3.2 Zweielementige Boolesche Algebra Es wird eine Menge B mit zwei Elementen, die dann notwendig die ausgezeichneten Elemente 0 und 1 sind, zugrunde gelegt. Konkrete Modelle sind die Aussagen- und die Schaltalgebra, wobei die Elemente 0 und 1 die Aussagenwerte „falsch“ und „wahr“ bzw. die Schaltwerte „aus“ und „ein“ bedeuten. Schaltalgebra Hier werden die ausgezeichneten Elemente mit 0 und L bezeichnet, so daß B ¼ f0; Lg. Ein Buchstabe, z.B. x, der durch die Elemente 0 oder L ersetzt werden kann, heißt Schaltvariable. Folgende Bezeichnungen und Symbole werden verwendet: Komplementierung ð Þ : Negation ,, ‘‘ oder ,,:‘‘: Addition ðþÞ : Oder-VerknpfungoderDisjunktion ,, _ ‘‘: Multiplikation ðÞ : Und-VerknpfungoderKonjunktion ,, ^ ‘‘: Ihre Definitionen auf der Menge B ¼ f0; Lg ergeben sich aus den Gln. (8) bis (10). Siehe Tab. 1. Der Schaltalgebra liegen Netzwerke zugrunde, bei denen eine Anzahl von Schaltern mit den Variablen Ei 2 f0; Lg ði ¼ 1; 2; 3; . . . ; nÞ teils parallel, hintereinander geschaltet oder gekoppelt ist. Dem entspricht eine n-stellige Verknpfung der Schaltvariablen Ei durch die Symbole „^ “, „_ “, „ “, ber die jedem n-Tupel ðE1 ; E2 ; . . . ; En Þ mit Ei 2 f0; Lg genau einer der Werte aus f0; Lg, nmlich der Schaltwert des Netzwerks, zugeordnet ist. Ein solches Netzwerk wird durch eine Schaltfunktion A ¼ f ðE1 ; E2 ; . . . ; En Þ mit den Eingangsgrßen Ei 2 f0; Lg und der Ausgangsgrße A 2 f0; Lg beschrieben. Daher heißt die Negation auch Nicht-, die Disjunktion Oderund die Konjunktion Und-Funktion. 1 _ E2 Þ ^ E3 definierte Beispiel: Die durch A ¼ f ðE1 ; E2 ; E3 Þ ¼ ðE Funktion f ordnet dem Wertetripel ðL; 0; LÞ den Funktionswert _ 0Þ ^ L ¼ ð0 _ 0Þ ^ L ¼ A ¼ f ðL; 0; LÞ ¼ ðL 0 ^ L ¼ L ^ L ¼ L zu.
Allgemein wird als n-stellige Boolesche Funktion f auf der Menge B ¼ f0; Lg eine Abbildung aller n-Tupel ðE1 ; E2 ; . . . ; En Þ mit Ei 2 B in die Menge B bezeichnet, symbolisch f : B B B . . . B ! B: nmal Tabelle 1. Boolesche Funktionen
Tabelle 2. Weitere Boolesche Funktionen
Boolesche Algebra
A5
Da die Ei ði ¼ 1; 2; . . . ; nÞ nur die beiden Werte 0 oder L annehmen, enthlt die Definitionsmenge 2n verschiedene n-Tupel, denen durch f genau einer der beiden Werte 0 oder L zun geordnet ist. Es gibt also 2ð2 Þ verschiedene n-stellige Boolesche Funktionen auf B. Fr n=2 ergeben sich 16 zweistellige Boolesche Funktionen. Von ihnen sind außer der Oder-Funktion f ða; bÞ ¼ a _ b und der Und-Funktion f ða; bÞ ¼ a ^ b noch von Bedeutung: (s. Tab. 2). Hiernach ist die Nand-Verknpfung die Negation der UndVerknpfung und die Nor-Verknpfung die Negation der Oder-Verknpfung. Die vorstehenden Funktionen lassen sich mit Hilfe der Grundıvauerknpfungen „ “, „_ “, „^ “ folgendermaßen darstellen: ¼a^b¼ Nand-Funktion a^b a_ b; ¼a_b¼ Nor-Funktion a_b a^ b; Implikation ab ¼ a _ b; quivalenz a b ¼ ða ^ bÞ _ ð a^ bÞ; Antivalenz a 6 b ¼ a b ¼ ð a_ bÞ ^ ða _ bÞ ¼ ða ^ bÞ _ ð a ^ bÞ: Allgemein ist jede n-stellige Boolesche Funktion auf B ¼ f0; Lg mit Hilfe der Grundıvauerknpfungen darstellbar. Sind E1 ; E2 ; E3 ; . . . ; En die Variablen einer n-stelligen Funktion, dann heißen X1 ^ X2 ^ X3 ^ . . . ^ Xn bzw: X1 _ X2 _ X3 _ . . . _ Xn ; i steht, ihr konbei denen an Stelle von Xi entweder Ei oder E junktives bzw. disjunktives Elementarglied. Sie nehmen genau fr eine Belegung der Variablen mit 0 oder L den Wert L bzw. 0 an. So nimmt das konjunktive bzw. disjunktive Ele 1 ^ E2 ^ E 3 bzw. E 1 _ E2 _ E 3 genau dann den mentarglied E Wert L bzw. 0 an, wenn E1 ¼ 0; E2 ¼ L, E3 ¼ 0 bzw. E1 ¼ L, E2 ¼ 0, E3 ¼ L oder krzer, wenn ðE1 ; E2 ; E3 Þ ¼ ð0; L; 0Þ bzw. ðE1 ; E2 ; E3 Þ ¼ ðL; 0; LÞ. Ist nun f eine Funktion, die mindestens fr eine Belegung der Variablen den Wert L annimmt, so werden fr alle n-Tupel ðE1 ; E2 ; . . . ; En Þ mit f ðE1 ; E2 ; . . . ; En Þ ¼ L die konjunktiven Elementarglieder gebildet, so daß diese genau fr ihre entsprechenden n-Tupel den Wert L annehmen. Die disjunktive Verknpfung dieser Elementarglieder stellt dann die Funktion f dar. Diese Darstellung heißt disjunktive Normalform der Funktion f. Vollkommen analog lßt sich eine Funktion, die mindestens einmal den Wert 0 annimmt, in der konjunktiven Normalform darstellen, die aus der Konjunktion von disjunktiven Elementargliedern besteht. Beispiel: Die dreistellige Boolesche Funktion f auf B ¼ f0; Lg sei durch die Tabelle erklrt.
A
A6
A
Mathematik – 2 Zahlen
Sie nimmt fr die folgenden 3-Tupel ð0; 0; LÞ, ðL; 0; 0Þ, ðL; L; 0Þ den Wert L an. Die entsprechenden konjunktiven Elementarglieder lauten 2 ^ E3 , E1 ^ E 2 ^ E 3 , E1 ^ E2 ^ E 3 . Die disjunktive Verknp1 ^ E E fung dieser Elementarglieder liefert die disjunktive Normalform der Funktion f.
2 ^ E3 Þ ^ ðE1 ^ E 2 ^ E 3 Þ f ðE1 ; E2 ; E3 Þ ¼ ðE1 _ E2 _ E3 Þ ^ ðE1 ^ E 1 ^ E2 ^ E 3 Þ ^ ðE 1 _ E 2 _ E 3 Þ: ^ðE
Ihre konjunktive Verknpfung liefert die konjunktive Normalform
Die Funktion f in der disjunktiven Normalform wird wie folgt vereinfacht: 1 ^ E 2 ^ E3 Þ _ ðE1 ^ E 2 ^ E 3 Þ f ðE1 ; E2 ; E3 Þ ¼ ðE 3 Þ _ ðE1 ^ E2 ^ E 2 ^ E3 Þ _ ½ðE1 ^ E 3 Þ ^ ðE2 _ E 2 Þ 1 ^ E ¼ ðE s:Distributivitt aðb þ cÞ ¼ ab þ ac 3 ; b ¼ E2 und c ¼ E 2 ; mit a ¼ E1 ^ E 2 ^ E3 Þ _ ½ðE1 ^ E 3 Þ ^ L 1 ^ E ¼ ðE s:Komplementaritt a þ a ¼ 1; ^ E3 Þ _ ðE1 ^ E 3 Þ 1 ^ E ¼ ðE 3 : aus a 1 ¼ 1 mit a ¼ E1 ^ E
2 Zahlen
Hieraus ergeben sich alle elementaren Rechenregeln wie
1 ^ E 2 ^ E3 Þ _ ðE1 ^ E 2 ^ E 3 Þ _ ðE1 ^ E2 ^ E 3 Þ: f ðE1 ; E2 ; E3 Þ ¼ ðE Fr die konjunktive Normalform werden alle 3-Tupel mit dem Funktionswert 0 betrachtet. Diese sind ð0; 0; 0Þ; ð0; L; 0Þ; ð0; L; LÞ; ðL; 0; LÞ; ðL; L; LÞ: Die entsprechenden disjunktiven Elementarglieder sind 2 _ E3 ; E1 _ E 2 _ E 3 ; E1 _ E2 _ E3 ; E1 _ E 3 ; E 1 _ E 2 _ E 3 : 1 _ E2 _ E E
b þ ðaÞ ¼ b a; ða b þ cÞ ¼ a þ b c; a þ ðaÞ ¼ 0; a 0 ¼ 0; a 1 ¼ a; aðb cÞ ¼ ab ac;
U. Jarecki, Berlin
ab=0 genau dann, wenn a=0 oder b=0;
2.1 Reelle Zahlen 2.1.1 Einfhrung Die reellen Zahlen zeichnen sich durch Grundeigenschaften aus, nmlich eine algebraische, eine Ordnungs- und eine topologische Eigenschaft, die auf der Zahlengeraden (Bild 1)
Bild 1. Zahlengerade
deutbar sind. Jeder reellen Zahl a kann genau ein Punkt P(a) oder kurz a auf der Zahlengeraden zugeordnet werden, wobei insbesondere der Zahl 0 der Ursprung O und der Zahl 1 der Einheitspunkt E entspricht. Umgekehrt entspricht jedem Punkt P auf der Geraden genau eine reelle Zahl, die die Koordinate des Punkts P heißt. Die Menge der reellen Zahlen wird mit R bezeichnet. Besondere Teilmengen von R sind N ¼ f1; 2; 3; . . .g Z ¼ f0; 1; 2; . . .g Q ¼ fp=qjp 2 Z und q 2 N;
natrliche Zahlen; ganze Zahlen;
p und q teilerfremdg
rationale Zahlen:
2.1.2 Grundgesetze der reellen Zahlen Algebraische Eigenschaft. Auf der Menge R der reellen Zahlen sind die folgenden Verknpfungen zweier Zahlen a und b definiert: Addition (+) mit der Summe a+b 2 R, wobei die Eigenschaften gelten: fr beliebige Zahlen a, b, c a þ b ¼ b þ a; ða þ bÞ þ c ¼ a þ ðb þ cÞ; zu zwei beliebigen Zahlen a und b gibt es genau eine Zahl x, so daß gilt: a þ x ¼ b; x ¼ b a heit die Differenz von b und a: Multiplikation ( ) mit dem Produkt a b=ab 2 R, wobei die Eigenschaften gelten: fr beliebige Zahlen a, b, c ab ¼ ba; ðabÞc ¼ aðbcÞ; aðb þ cÞ ¼ ab þ ac; zu jeder Zahl a 6¼ 0 und zu jeder Zeit b gibt es genau eine Zahl x, so daß gilt: ax ¼ b; x ¼ b=a heit der Quotient von b und a:
a a a c ac a c a d ad :c¼ ; ¼ ; : ¼ ¼ ; b bc b d bd b d b c bc a c a c a c ad bc ¼ ; ¼ : b b b b d bd Ordnungseigenschaft. In der Menge R ist eine Ordnungsrelation % (kleiner oder gleich) definiert mit den Eigenschaften a % a Reflexivitt; Wenn a % b und b % a; so a ¼ b Wenn a % b und b % c; so a % c Fr beliebige a, b 2 R gilt a % b oder b % a. a
0; dann heißt a nichtnegativ bzw. positiv. Ist a % 0 bzw. a < 0; dann hei a nichtpositiv bzw. negativ. In Verbindung mit den algebraischen Verknpfungen gilt: Wenn a % b; so a þ c % b þ c fr beliebiges c: Wenn 0 % a und 0 % b; so 0 % a b: Hieraus folgt z.B. a2 ^ 0 fr beliebige a 2 R: Wenn a < b und c > 0; so ac < bc: Wenn a < b und c < 0; so ac > bc: Topologische Eigenschaft. Jede Intervallschachtelung bestimmt genau eine reelle Zahl. Sind a % b zwei reelle Zahlen, dann heißen die Zahlenmengen fx j a % x % bg ¼ ½a; b fx j a < x < bg ¼ ða; bÞ fx j a % x < bg ¼ ½a; bÞ fx j a < x % bg ¼ ða; b
abgeschlossene; offene; und halboffene Intervalle:
a und b sind ihre Randpunkte, und b – a ist ihre Lnge. Fr eine beliebige reelle Zahl a heißen die Zahlenmengen fx j a % xg ¼ ½a; 1Þ und fx j x % ag ¼ ð1; a unbeschrnkte halboffene; sowie fx j a < xg ¼ ða; 1Þ und fx j x < ag ¼ ð1; aÞ unbeschrnkte offene Intervalle:
U. Jarecki, Hans-Joachim Schulz, Dubbel Mathematik, DOI 10.1007/978-3-642-22059-3_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
I2.1
Reelle Zahlen
A7
b-te Wurzel aus a, wobei b der Wurzelexponent und c der Radikand bedeuten. Also ist pffiffiffi ab ¼ c quivalent a ¼ b c fr b 6¼ 0 und c > 0: Bild 2. Intervallschachtelung
Eine Intervallschachtelung ist eine Folge von abgeschlossenen Intervallen In ¼ ½an ; bn mit an % anþ1 % bnþ1 % bn fr jedes n 2 N, wobei die Intervallngen bn an eine Nullfolge bilden. Auf der Zahlengeraden schrumpfen die Intervalle auf einen Punkt zusammen (Bild 2), dem eine reelle Zahl c zugeordnet ist. Beispiel: Die Folge mit den Intervallen In ¼ ½ð1þ 1=nÞn ; ð1 þ 1=nÞnþ1 n ¼ 1; 2; 3; . . . ist eine Intervallschachtelung, welche die Zahl e=2,7182818 . . . bestimmt, so daß fr alle n 2 N ð1 þ 1=nÞn % e% ð1 þ 1=nÞnþ1 gilt. Die Randpunkte der Intervalle sind rationale Zahlen; sie sind approximative Werte fr die irrationale Zahl e.
2.1.3 Der absolute Betrag Der absolute Betrag (Modul) einer reellen Zahl a ist definiert durch a fr a ^ 0 jaj ¼ oder jaj ¼ maxða; aÞ; a fr a % 0 wobei maxða; b) die grßte der beiden Zahlen a und b bedeutet. Geometrisch kennzeichnet |a| den Abstand des Punkts a vom Ursprung und |b-a| den Abstand der beiden Punkte a und b. Es gelten |a| ^ 0 fr alle a 2 R und | a|=0 genau dann, wenn a=0. j aj ¼ jaj; jabj ¼ jajjbj; ja : bj ¼ jaj : jbj; jaj % a % jaj; jjaj jbjj % ja þ bj % jaj þ jbj; |a|0). 2.1.4 Mittelwerte und Ungleichungen Sind ai fr i ¼ 1; 2; 3; . . . ; n mit n ^ 2 positive Zahlen, so sind fr sie die Mittelwerte erklrt: arithmetisch Aðai Þ ¼ ða1 þ a2 þ . . . þ an Þ=n; pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi geometrisch Gðai Þ ¼ n a1 a2 a3 . . . an ; 1 1 1 1 1 þ þ ...þ ; harmonisch Hðai Þ ¼ n a1 a2 an qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi quadratisch Qðai Þ ¼ a21 þ a22 þ . . . þ a2n Þ=n: Fr sie gelten die Ungleichungen Hðai Þ % Gðai Þ % Aðai Þ % Qðai Þ: Ist min ai die kleinste und max ai die grßte der Zahlen ai , so gilt min ai % Hðai Þ und Qðai Þ% max ai : Bernoullische und Cauchy-Schwarzsche Ungleichungen: ð1 þ xÞn ^ 1 þ nx fr 1 þ x ^ 0 und n ¼ 1; 2; 3; . . . ; ð1 þ xÞn > 1 þ nx fr 1 þ x > 0 und n ¼ 2; 3; 4; . . . ; und ða1 b1 þ a2 b2 þ . . . þ an bn Þ2 % ða21 þ a22 þ . . . þ a2n Þðb21 þ b22 þ . . . þ b2n Þ:
Es gilt ffiffiffiffiffi p ffiffiffi p pffiffiffic pffiffiffiffiffi b a 1 ¼ 1; cb ¼ c; b a ¼ b ac ¼ ac=b ; qffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi ffiffiffi p ffiffiffiffiffi p ffiffiffiffiffiffi p ffiffiffi c pffiffiffip ffiffiffi b p c bp b bc cp c ab ¼ c a b; a ¼ c a; a ¼ a; ffiffi ffi p p ffiffiffiffiffiffiffiffiffi p ffiffi ffi c c a : b ¼ c a : b: Logarithmen. Ist a>1, so gibt es zu jeder positiven Zahl c genau eine Zahl b, so daß ab ¼ c: Diese Zahl b ¼ loga c heißt der Logarithmus von c zur Basis a, wobei a die Basis und c der Logarithmand oder Numerus bedeuten. Also ist ab ¼ c quivalent b ¼ loga c fr a > 1 und c > 0: Bevorzugte Logarithmen sind der dekadische mit der Basis 10, der natrliche mit der Basis e und der binre mit der Basis 2. Es gilt aloga c ¼ c; b ¼ loga ab ; loga 1 ¼ 0; elnc ¼ c; b ¼ ln eb ; ln 1 ¼ 0: loga ðbcÞ ¼ loga b þ loga c; loga ðb : cÞ ¼ loga b loga c; loga ð1=bÞ ¼ loga b; loga bc ¼ c loga b; p ffiffiffi c loga b ¼ ð1=cÞ loga b: loga c ¼ loga b logb c; lg a ¼ lg e ln a mit lg e ¼ 0;43429 2.1.6 Zahlendarstellung in Stellenwertsystemen Hierzu dient meist das Dezimalsystem mit der Basis (Grundzahl) 10 und den zehn Ziffern 0; 1; 2; . . . ; 9. Jeder natrlichen Zahl n wird dann eine endliche Folge von Ziffern zugeordnet, wobei jedes Glied der Folge neben seinem Ziffern- noch einen Stellenwert hat (z.B. 9021=9103 þ 0 102 þ 2 101 þ 1 100 ). Ist g>1 eine natrliche Zahl und f0; 1; 2; . . . ; g 1 } eine Ziffernmenge, so lßt sich jede natrliche Zahl n als Ziffernfolge im Stellenwertsystem mit der Basis g eindeutig darstellen. m X n ¼ ðam am1 am2 . . . a1 a0 Þg ¼ ai gi fr ai 2 f0; 1; 2; . . . ; g 1g:
i¼0
Das Binr- oder Dualsystem hat die Basis 2 und die Ziffernmenge {0, 1}. Die Darstellung der natrlichen Zahl 18 ist z.B. ð10010Þ2 ¼ 1 24 þ 0 23 þ 0 22 þ 1 21 þ 0 20 ¼ ð18Þ10 ¼ 18: Da das Binrsystem ebenso wie das Dezimalsystem ein Stellenwertsystem ist, sind die fr das Rechnen mit Stellenwerten gltigen Regeln bertragbar. Lediglich das kleine Einspluseins und Einmaleins sind verschieden. Im Binrsystem gilt: Addition 0 þ 0 ¼ 0; 0 þ 1 ¼ 1; 1 þ 0 ¼ 1; 1 þ 1 ¼ 10: Multiplikation 0 0 ¼ 0; 0 1 ¼ 0; 1 0 ¼ 0; 1 1 ¼ 1: Beispiel: Addition bzw. Multiplikation von Dezimalzahlen im Binrsystem.
2.1.5 Potenzen, Wurzeln und Logarithmen Potenzen. Fr die Potenzsymbole ab ist vorauszusetzen, daß a>0 und b 2 R oder a 6¼ 0 und b 2 Z oder a 2 R und b 2 N. Es gilt a1 ¼ a; a0 ¼ 1; 1b ¼ 1; ab ¼ 1=ab ; ab ac ¼ abþc ; ða bÞc ¼ ac bc ; ðab Þc ¼ abc ; ab : ac ¼ abc ; ða : bÞc ¼ ac : bc : Wurzeln. Ist b 6¼ 0, so gibt es zu jeder positiven Zahl c genau pffiffiffi eine positive Zahl a, so daß ab ¼ c. Diese Zahl a ¼ b c heißt
Das Hexadezimalsystem hat die Basis 16 und die Ziffernmenge {0, 1, 2, . . . ; 9, A, B, C, D, F}. Dabei entsprechen die hexadezimalen Ziffern A, B, . . . ; F den Dezimalzahlen 10, 11, . . . ; 15. So ist ð940Þ10 ¼ 3 162 þ 10 161 þ 12 160 ¼ ð3ACÞ16 :
A
A8
A
Mathematik – 2 Zahlen
2.1.7 Endliche Folgen und Reihen. Binomischer Lehrsatz Eine endliche reelle Zahlenfolge ist durch eine reellwertige Funktion auf einer endlichen Menge I ¼ f1; 2; 3; . . . ; ng; der Indexmenge, erklrt, die jedem k 2 I genau eine reelle Zahl ak zuordnet. Sie wird dargestellt durch ðak Þk2I oder ða1 ; a2 ; . . . ; an Þ oder ðak Þ fr k 2 I. Die Zahlen ak heißen Glieder der Folge. Folgen knnen durch verschiedenartige Zuordnungsvorschriften erklrt sein. Oft lassen sie sich als Funktionsgleichungen ak ¼ f ðkÞ darstellen. Arithmetische Folgen Bei einer Folge ðak Þ fr k 2 I ¼ f1; 2; . . . ; ng heißt die Differenz (s. A 10.6.3).
Sonderflle von arithmetischen Reihen 1., 2. und 3. Ordnung sind n n X X k ¼ nðn þ 1Þ=2; k2 ¼ nðn þ 1Þð2n þ 1Þ=6; k¼1 n X
k¼1
k3 ¼ ½nðn þ 1Þ=22 :
k¼1
Geometrische Reihe. Sie besteht aus den Gliedern einer geometrischen Folge und hat die Summenformel a þ aq þ aq2 þ . . . þ aqn1 n X na fr q ¼ 1; ¼ aqk1 ¼ a 1qn fr q 6¼ 1 1q k¼1
(a Anfangsglied und q Quotient der Reihe). Wird a durch bn1 und q durch a/b ersetzt, so ergibt sich fr a 6¼ b
D 1ak ¼ akþ1 ak fr k 2 f1; 2; & . . . ; n 1g von 1: Ordnung;
bn1 þ abn2 þ a2 bn3 þ . . . þ an2 b þ an1 n X bn an ¼ ak1 bnk ¼ oder ba k¼1 bn an ¼ ðb aÞðbn1 þ abn2 þ a2 bn3 þ . . . þ an2 b þ an1 Þ:
D 2ak ¼ D 1akþ1 D 1ak fr k 2 f1; 2; > . . . ; n 2g von 2: Ordnung; :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: D jak ¼ D j1akþ1 D j1ak fr k 2 f1; 2; > . . . ; n jg von jter Ordnung: :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Haben fr jedes k 2 f1; 2; . . . ; n jg die Differenzen j-ter Ordnung den gleichen Wert, dann heißt die Folge ðak Þ arithmetische Folge j-ter Ordnung. Einfache Beispiele fr arithmetische Folgen 1., 2. und 3. Ordnung sind ð1; 2; 3; 4; . . . ; nÞ mit D 1ak ¼ 1; ð1; 4; 9; 16; . . . ; n2 Þ mit D 2ak ¼ 2; ð1; 8; 27; 64; . . . ; n3 Þ mit D 3ak ¼ 6: Insbesondere ist jede arithmetische Folge 1. Ordnung darstellbar durch die Gleichung ak ¼ a þ ðk 1Þd fr k 2 I ¼ f1; 2; 3; . . . ; ng (a Anfangsglied und d Differenz der Folge). Geometrische Folge. Bei ihr hat der Quotient akþ1 =ak von zwei aufeinanderfolgenden Gliedern stets den gleichen Wert q. Mit dem Anfangsglied a wird ak ¼ aqk1 fr k 2 I ¼ f1; 2; . . . ; ng: Reihen. Ist ðak Þ fr k 2 f1; 2; 3; . . . ; ng eine reelle Zahlenfolge, dann heißt der Ausdruck n X ak : a1 þ a2 þ a3 þ . . . þ an ¼
Binomischer Lehrsatz Das Zeichen n! (n-Fakultt) ist erklrt durch n! ¼ 1 2 3 . . . n fr n 2 N und 0! ¼ 1: Es hat nur fr nichtnegative ganze Zahlen einen Sinn. So ist 4!=1 2 3 4=24. c ðc ber k), wobei c eine beliebiDer Binomialkoeffizient k ge reelle Zahl und k eine nichtnegative ganze Zahl ist, ist erklrt durch c cðc 1Þðc 2Þ . . . ½c ðk 1Þ ¼ fr k 2 N und k! kc ¼ 1; 0 1 ð 1Þð 12 1Þð 12 2Þ 2 5 z:B: ¼ : ¼ 2 3! 16 3 Ist insbesondere c eine positive ganze Zahl n, so ergibt sich n n n n! ; fr n ^ k>0, ¼ 1 und ¼ 0 fr hieraus ¼ k!ðnkÞ! 0 k k 0
k¼1
endliche reelle Reihe mit den Gliedern a1 ; a2 ; . . . ; an : a1 bzw. an sind das Anfangs- bzw. Endglied. Fr das Rechnen mit dem Summenzeichen gelten die Regeln n X
c ak ¼ c
n X
k¼1 n X
k¼1
ak ¼
m X
k¼1
k¼1 nþj X
ak ¼
k¼1
k¼1
k¼1
ak ðZerlegungÞ;
k¼mþ1
akj k¼1þj m X
1 ¼ n;
k¼1
n n n X X X ðak þ bk Þ ¼ ak þ bk ;
n X
ak þ
n X k¼1 n X
ak ;
ðIndexverschiebungÞ; j 2 Z
ak ¼ am :
k¼m
m und n sind natrliche Zahlen, wobei 1 % m
Bild 3. Pascalsches Zahlendreieck
Diese Binomialkoeffizienten werden anschaulich durch das Pascalsche Zahlendreieck wiedergegeben (Bild 3), aus dem sich n n n n n þ 1 ¼ und þ ¼ k nk k kþ1 kþ1 ablesen lassen. Hiermit kann durch vollstndige Induktion der binomische Lehrsatz bewiesen werden. n X n nk k a b ; n ^ 0; ganz; ða þ bÞn ¼ k k¼0 z.B. ða bÞ3 ¼
3 3 3 2 3 3 a þ a ðbÞ þ aðbÞ2 þ ðbÞ3 0 1 2 3
¼ a3 3a2 b þ 3ab2 b3 :
I2.1 2.1.8 Unendliche reelle Zahlenfolgen und Zahlenreihen Eine reellwertige Funktion auf der Menge N der natrlichen Zahlen, durch die jedem n 2 N genau eine reelle Zahl an 2 R zugeordnet wird, heißt unendliche reelle Zahlenfolge auf N und wird dargestellt durch
n X 1 1 1 1 n-te Partialsumme sn ¼ ¼ 1 þ þ ...þ kðk þ 1Þ 2 2 3 k¼1 1 1 1 n nþ1 ¼ 1 nþ1 und damit s¼
Grenzwerte. Eine Zahl a heißt Grenzwert der Folge ðan Þ auf N oder ðan Þ konvergiert gegen a oder ist eine a-Folge; in Zeichen lim an ¼ a oder an ! a fr n ! 1 , wenn es zu jeder n!1
n!1
Die geometrische Folge ðqn1 Þ fr n 2 N und |q|<1, q 6¼ 0 ist Nullfolge, d.h. lim qn1 ¼ 0; da jqn1 j ¼ jqjn1 < e fr alle n >
1 1 ¼ lim 1 ¼ 1: kðk þ 1Þ n!1 nþ1
Eine notwendige Bedingung fr die Konvergenz einer Reihe 1 X an ¼ A und ist lim an ¼ 0: Fr konvergente Reihen mit n!1
1 X
bn ¼ B gilt:
1 X
1
can ¼ c
1
1
1
1
Konvergenzkriterium von Leibniz. Ist die Folge ðan Þ auf N mit an > 0 eine monotone Nullfolge, dann ist die alternieren1 X ð1Þn an konvergent. de Reihe 1
n!1
1 X ð1Þnþ1 ð1=nÞ ist konvergent, weil die Folge
Beispiel: Die Reihe
Folgen, die keinen Grenzwert haben, heißen divergent. Eine Folge ðan Þ auf N heißt divergent gegen plus bzw. minus unendlich, in Zeichen lim an ¼ 1, wenn es zu jeder Zahl
(1/n) auf N eine 1 X ð1Þnþ1 ð1=nÞ ¼ ln 2:
n!1
n!1
n!1
lim an ¼ a und
Aus
lim bn ¼ b folgen lim jan j ¼ jaj;
n!1
n!1
limðcan Þ ¼ ca fr jedes c 2 R,
limðan bn Þ ¼ a b; limðan bn Þ ¼ ab; lim an =bn ¼ a=b; bn ; b 6¼ 0: Reihen Ist ðan Þ eine unendliche reelle Zahlenfolge auf N, dann ist mit der Folge der Partialsummen sn ¼ a1 þ a2 þ . . . þ an ¼
n X
ak ðn 2 NÞ
k¼1
eine unendliche reelle Zahlenfolge ðsn Þ auf N erklrt, die unendliche reelle Zahlenreihe heißt 1 X
ak ¼ a1 þ a2 þ . . . þ an þ . . .
k¼1
Konvergiert die Folge ðsn Þ gegen den Grenzwert s, so heißt die Reihe konvergent und s ist ihre Summe s¼
1 X
ak ¼ lim
k¼1
n!1
n X
ak ¼ lim sn :
k¼1
1
aqn1 ¼ a=ð1 qÞ fr jqj < 1:
Eine Reihe 1 X
1 X
Fr | q | ^ 1 ist die geometrische Reihe divergent. 1 X n¼1
1 : nðn þ 1Þ
Wegen
1 1 1 kðkþ1Þ ¼ k kþ1
Es
gilt
an heißt absolut konvergent, wenn die Reihe
1
jan j konvergent ist. Jede absolut konvergente Reihe
1
1 X
an
1
ist konvergent, und es gilt
X
X 1 1
a % jan j:
1 n
1 Eine Reihe 1 X an
1 X
cn mit cn ^ 0 fr alle n 2 N heißt bezglich
1
1
– (konvergente) Majorante, wenn es einen Index N 2 N gibt, so daß jan j % cn fr alle n ^ N, und wenn sie konvergiert; – (divergente) Minorante, wenn es einen Index N 2 N gibt, so daß jan j ^ cn fr alle n ^ N, und wenn sie divergiert. Majoranten- und Minorantenkriterium. Besitzt eine Reihe eine (konvergente) Majorante, dann ist sie absolut konvergent. Besitzt sie eine (divergente) Minorante, dann ist sie nicht absolut konvergent. Demnach sind Reihen mit nichtnegativen Gliedern, die eine (divergente) Minorante besitzen, divergent. 1 X Die verallgemeinerte harmonische Reihe 1=na ist fr 1 X
1
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1= nðn þ 1Þ ist divergent, da wegen
1 X pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1=ðn þ 1Þ eine (divergente) 1= nðn þ 1Þ > 1=ðn þ 1Þ die Reihe 1
Minorante ist.
Wurzel- und Quotientenkriterium. Existieren die Grenz
1 X pffiffiffiffiffiffiffiffi
anþ1
, dann ist die Reihe an werte lim n jan j bzw. lim
n!1 n!1 a
n
n¼1
Reihe
ist.
1
Beispiel: Die unendliche geometrische Reihe. Ihre n-te Partialsumme n X 1 qn lautet sn ¼ aqk1 ¼ a ; q 6¼ 1. Wegen lim qn ¼ 0 fr |q|<1, n!1 1q k¼1 ist lim sn ¼ a=ð1 qÞ; und damit ergibt sich
Die
Nullfolge
1
Beispiel: Die Reihe
s¼
monotone
a>1 konvergent und fr a % 1 divergent.
n!1
Eine Reihe, die nicht konvergiert, heißt divergent.
1 X
1
an ¼ cA;
1
1 þ ðlg e= lg jqjÞ ¼ N ðlg jqj < 0!Þ:
M ein N 2 N gibt, so daß M < an bzw. an < M fr alle n>N. Jede monotone und beschrnkte Folge hat einen Grenzwert. Sind die Folgen ðan Þ und ðbn Þ konvergent, und gibt es ein N 2 N, so daß an % bn fr alle n>N, dann ist lim an % lim bn .
1 X
1 1 1 X X X ðan bn Þ ¼ an bn ¼ A B:
Zahl e>0 ein N 2 N gibt, so daß jan aj < e fr alle n>N. Konvergente Folgen mit dem Grenzwert 0 heißen Null-Folgen. Beispiele: Die harmonische Folge (1/n) fr n 2 N ist Nullfolge, d.h. lim ð1=nÞ ¼ 0; da |1/n|=1/n<e fr alle n>1/e= N.
1 X k¼1
ðan Þn 2 N oder ða1 ; a2 ; a3 ; . . .Þ oder ðan Þ fr n 2 N: Es heißen N die Indexmenge und an das allgemeine Glied der Folge.
A9
Reelle Zahlen
lautet
die
1
pffiffiffiffiffiffiffiffi
anþ1
< 1 konvergent und fr lim n jan j < 1 bzw: lim
n!1 n!1 an
pffiffiffiffiffiffiffiffi
anþ1
> 1 divergent: fr lim n jan j > 1 bzw: lim
n!1 n!1 an
A
A 10
Mathematik – 2 Zahlen
A
Bild 5. Polarkoordinaten
Bild 4. Gaußsche Zahlenebene
Existieren die Grenzwerte nicht oder sind sie gleich 1, dann sind die Kriterien auf die Reihe nicht anwendbar.
2.2 Komplexe Zahlen 2.2.1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung Die Menge C der komplexen Zahlen ist eine Erweiterung der Menge R der reellen Zahlen. Die komplexen Zahlen sind als geordnete Paare von reellen Zahlen definiert: z=(a, b), wobei a ¼ ReðzÞ 2 R der Realteil von z und b ¼ ImðzÞ 2 R der Imaginrteil von z heißt. Sie knnen daher in einem ebenen Koordinatensystem (Bild 4) als Punkte der Gaußschen oder komplexen Zahlenebene oder als Zeiger dargestellt werden. Die Gleichheit zweiter komplexer Zahlen ist erklrt durch: ða1 ; b1 Þ ¼ ða2 ; b2 Þ genau dann, wenn a1 ¼ a2 und b1 ¼ b2 : Ist z=(a, b), dann heißt z ¼ ða; bÞ konjugiert zu z. 2.2.2 Addition und Multiplikation Addition :
z1 þ z2 ¼ ða1 ; b1 Þ þ ða2 ; b2 Þ ¼ ða1 þ a2 ; b1 þ b2 Þ;
Multiplikation : z1 z2 ¼ ða1 ; b1 Þða2 ; b2 Þ ¼ ða1 a2 b1 b2 ; a1 b2 þ b1 a2 Þ: Wegen ða; bÞ ¼ ða; 0Þ þ ð0; bÞ ¼ ða; 0Þ þ ðb; 0Þð0;1Þ gilt mit (a, 0)=a und ð0;1Þ ¼ i z ¼ ða; bÞ ¼ a þ b i; wobei i2 ¼ i i ¼ 1: Rechenregeln Addition :
ða1 þ b1 iÞ þ ða2 þ b2 iÞ ða1 þ b1 iÞ ða2 þ b2 iÞ ¼ ða1 a2 Þ þ ðb1 b2 Þ > i;
Multiplikation : ða1 þ b1 iÞða2 þ b2 iÞ ¼ ða1 a2 b1 b2 Þ þ ða1 b2 þ b1 a2 Þ > i; Division :
Mit a ¼ r cos j und b ¼ r sin j ist z ¼ a þ b i ¼ rðcos j þi sin jÞ: Geometrisch (Bild 5) bedeutet r die Lnge des Zeigers z und j den Winkel zwischen dem Zeiger z und dem positiven Teil der reellen Achse. r=|z| heißt absoluter Betrag oder Modul von z, j ¼ ArgðzÞ das Argument von z. Es gilt pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi r ¼ jzj ¼ a2 þ b2 ; cos j ¼ a=r; sin j ¼ b=r: Der Winkel j mit p < j % p heißt Hauptwert von ArgðzÞ. Multiplikation und Division. Mit z1 ¼ r1 ðcos j1 þ i sin j1 Þ und z2 ¼ r2 ðcos j2 þ i sin j2 Þ gilt z1 z2 ¼ r1 r2 ½cosðj1 þ j2 Þ þ i sinðj1 þ j2 Þ und z1 =z2 ¼ ðr1 =r2 Þ½cosðj1 j2 Þ þ i sinðj1 j2 Þ: Fr z ¼ rðcos j þ i sin jÞ lautet die konjugiert komplexe Zahl z ¼ r½cosðjÞ þ i sinðjÞ ¼ rðcos j i sin jÞ; und es gilt pffiffiffiffiffiffiffi z z ¼ r2 oder r ¼ z z ¼ jzj: Moivresche Formel. Die Multiplikationsregel liefert mit z ¼ rðcos j þ i sin jÞ zn ¼ r n ½cosðnjÞ þ i sinðnjÞ; n 2 N: Absoluter Betrag. Es ist |z| ^ 0 fr alle z 2 C und | z|=0 genau dann, wenn z=0; jz1 z2 j ¼ jz1 jjz2 j; jz1 =z2 j ¼ jz1 j=jz2 j; jjz1 j jz2 jj % jz1 þ z2 j % jz1 j þ jz2 j ðDreiecksungleichungÞ: 2.2.4 Potenzen und Wurzeln Ist z ¼ rðcos j þ i sin jÞ 6¼ 0 und a eine beliebige reelle Zahl, dann ist za ¼ ½rðcos j þ i sin jÞa
¼ ða1 þ a2 Þ þ ðb1 þ b2 Þ > i; Subtraktion :
2.2.3 Darstellung in Polarkoordinaten. Absoluter Betrag
a1 þ b1 i ða1 þ b1 iÞða2 b2 iÞ ¼ a2 þ b2 i ða2 þ b2 > iÞða2 b2 iÞ ða1 a2 þ b1 b2 Þ þ ðb1 a2 a1 b2 Þ > i ¼ a22 þ b22 a1 a2 þ b1 b2 b1 a2 a1 b2 ¼ þ i a22 þ b22 a22 þ b22 a22 þ b22 > 0
Konjugiert komplexe Zahl zu z ¼ a þ b i ist z ¼ a b i. Es gilt ðzÞ ¼ z; z1 z2 ¼ z1 z2 ; z1 z2 ¼ z1 z2 ; z1 =z2 ¼ z1 =z2 :
¼ r a fcos½aðj þ 2kpÞ þ i sin½aðj þ 2kpÞg mit k 2 Z ¼ f0; 1; 2; 3; . . .g: Fr k=0 ergibt sich der Hauptwert za ¼ ra ½cosðajÞ þ i sinðajÞ: Fr a>0 wird 0a ¼ 0 festgesetzt. Ist a=n eine ganze Zahl, dann ist cos½nðj þ 2kpÞ ¼ cosðnjÞ und sin½nðj þ 2kpÞ ¼ sinðnjÞ; so daß gilt zn ¼ r n ½cosðnjÞ þ i sinðnjÞ; n 2 Z: pffiffi Fr a=1/n mit n 2 N wird festgesetzt z1=n ¼ n z, so daß pffiffi j þ 2kp j þ 2kp þ i sin 2 n z ¼ z1=n ¼ r 1=n cos n n pffiffi j þ 2kp j þ 2kp þ i sin ; ¼ n r cos n n k 2 f0; 1; 2; 3; > . . . ; n 1g: pffiffi Hierbei hat n z fr r>0 genau n verschiedene Werte mit dem pffiffi gleichen Betrag n r . Sie liegen in der Gaußschen Zahlenebene in den Eckpunkten eines regelmßigen n-Ecks.
I2.3 p ffiffiffiffiffiffiffi 3 1. Wegen 1 ¼ cos p þ i sin p ist ffiffiffiffiffiffi ffi p pffiffiffi p þ 2kp p þ 2kp 3 1 ¼ 11=3 ðcos p þ i sin pÞ1=3 ¼ 3 1 cos þ i sin 3 3 pffiffiffi pffiffiffi ffiffiffiffiffiffiffi p 3 3 1 1 3 fr k 2 f0; 1; 2g:Somit gilt 1 ¼ ; 1; i : þi 2 2 2 2
Beispiel: Wertemenge von
2.3 Gleichungen 2.3.1 Algebraische Gleichungen a0 zn þ a1 zn1 þ a2 zn2 þ . . . þ an1 z þ an ¼ 0 mit n¼ 0; 1; 2; . . . ; wobei a0 ; a1 ; a2 ; . . . ; an Konstante (Koeffizienten der Gleichung) und z eine Variable (Unbekannte) bedeuten, heißt fr a0 6¼ 0 eine algebraische Gleichung n-ten Grades. Fundamentalsatz der Algebra. Jede algebraische Gleichung n-ten Grades (n ^ 1) hat in der Menge der komplexen Zahlen mindestens eine Lsung oder Wurzel. Sind die Koeffizienten reell, dann ist die zu einer Lsung konjugiert komplexe Zahl ebenfalls eine Lsung. Lsungsformeln fr algebraische Gleichungen 1. Grades (lineare Gleichung) a0 z þ a1 ¼ 0 :
A 11
ðq=2Þ2 þ ðp=3Þ3 < 0 drei verschiedene reelle Lsungen: Beispiel: Die Gleichung z3 þ 9z2 þ 18z þ 9 ¼ 0 geht durch die Substitution z=y – 3 ber in y3 9y þ 9 ¼ 0: Fr die einzelnen Ausdrcke ergeben sich die Werte qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffi ðq=2Þ2 þ ðp=3Þ3 ¼ 27=4; ðq=2Þ2 þ ðp=3Þ3 ¼ 3 3i=2; qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffi p ffiffi ffi 3 q=2 ðq=2Þ2 þ ðp=3Þ3 ¼ 3 ð 3=2 1=2iÞ pffiffiffi3 ¼ 3 ½cosð150Þ þ i sinð150Þ und damit pffiffiffi pffiffiffi u ¼ 3ðcos 50 þ i sin 50Þ; u ¼ 3½cosð50Þ þ i sinð50Þ; pffiffiffi pffiffiffi eu ¼ 3ðcos 170 þ i sin 170Þ; eu ¼ 3ðcos 70 þ i sin 70Þ; pffiffiffi 2 e u ¼ 3½cosð70Þ þ i sinð70Þ; pffiffiffi e2 u ¼ 3½cosð170Þ þ i sinð170Þ: pffiffiffi pffiffiffi Fr y ergeben sich dann y ¼ 2 3 cos 50; y ¼ 2 3 cos 170; pffiffiffi y ¼ 2 3 cos 70; woraus wegen z=y – 3 die Formeln fr die Ausgleichsgleichung folgen.
z ¼ a1 =a0 :
2. Grades (quadratische Gleichung) a0 z2 þ a1 z þ a2 ¼ 0 : r ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 2 ffi a pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi a2 4a a a1 a1 aa20 ¼ 1 2a10 0 2 : z ¼ 2a 2a0 0 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 2 Von der komplexen Wurzel a1 4a0 a2 ist stets der Hauptwert zu nehmen. Fr reelle Koeffizienten bestimmt die Diskriminante D ¼ a21 4a0 a2 der quadratischen Gleichung Anzahl und Art der Lsungen, und zwar fr qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi D > 0 zwei reelleða1 a21 4a0 a2 Þ=2a0 ; D ¼ 0 eine reelle a1 =2a0 ; D < 0 zwei konjugiert komplexe qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ða1 i 4a0 a2 a21 Þ=2a0 : Beispiel: Die Gleichung 4z2 þ 4z þ 5 ¼ 0 hat die Diskriminante D ¼ 4; und ihre Lsungsformel lautet z ¼ ð1=2Þ i:
3. Grades (kubische Gleichung) a0 z3 þ a1 z2 þ a2 z þ a3 ¼ 0 : Die Koeffizienten a0 ; a1 ; a2 ; a3 werden als reell vorausgesetzt. Die Gleichung wird durch die Substitution z ¼ y ða1 =3a0 Þ und anschließende Division durch a0 auf die reduzierte Form y3 þ py þ q ¼ 0 gebracht. Diese Gleichung 3. Grades hat die Lsungsformeln y= u+u, y ¼ eu þ e2 u; y ¼ e2 u þ eu, wobei rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 3
q=2 þ ðq=2Þ2 þ ðp=3Þ3 und rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 3 u ¼ q=2 ðq=2Þ2 þ ðp=3Þ3 ; pffiffiffi 3 1 i und e ¼ cos 120 þ i sin 120 ¼ þ 2 2 pffiffiffi 3 1 e2 ¼ cosð120Þ þ i sinð120Þ ¼ i: 2 2
u¼
Gleichungen
Von den komplexen Wurzeln ist stets der Hauptwert zu nehmen. Die Gleichung y3 þ py þ q ¼ 0 hat fr ðq=2Þ2 þ ðp=3Þ3 > 0 eine reelle und zwei konjugiert komplexe Lsungen; ðq=2Þ2 þ ðp=3Þ3 ¼ 0 zwei verschiedene reelle Lsungen; wobei p 6¼ 0 und q 6¼ 0;
2.3.2 Polynome Pn ðzÞ ¼ a0 zn þ a1 zn1 þ a2 zn2 þ . . . þ an1 z þ an mit a0 6¼ 0: Pn heißt Polynom oder ganze rationale Funktion n-ten Grades. Die Konstanten a0 ; a1 ; a2 ; . . . ; an heißen die Koeffizienten und n der Grad des Polynoms, n=Grad Pn : Die Koeffizienten sind hier stets reell, whrend fr die Variable z auch komplexe Zahlen zugelassen werden. Beim Null-Polynom sind alle Koeffizienten Null. Die Werte z, die Lsungen der algebraischen Gleichung n-ten Grades Pn ðzÞ ¼ 0 sind, heißen Nullstellen des Polynoms Pn . Zerlegung eines Polynoms in Linearfaktoren. Fr eine beliebige Zahl l lßt sich das Polynom auch darstellen durch Pn ðzÞ ¼ Qn1 ðzÞðz lÞ þ Pn ðlÞ: Hierbei ist Qn1 ðzÞ ein Polynom (n-1)-ten Grades. Qn1 ðzÞ ¼ b0 zn1 þ b1 zn2 þ . . . þ bn2 z þ bn1 : Seine Koeffizienten b0 ; b1 ; b2 ; . . . ; bn1 lassen sich durch die Koeffizienten von Pn ðzÞ und durch l gemß den Rekursionsformeln ausdrcken. b0 ¼ a0 ; bk ¼ bk1 l þ ak ; wobei bn ¼ Pn ðlÞ: Sie knnen leicht mit Hilfe des Horner-Schemas berechnet werden (s. A 10.4.4). Zerlegungssatz: Jedes Polynom n-ten Grades mit n ^ 1 lßt sich als Produkt von n Linearfaktoren und dem Faktor a0 darstellen. Pn ðzÞ ¼ a0 zn þ a1 zn1 þ . . . þ an1 z þ an ¼ a0 ðz z1 Þðz z2 Þðz z3 Þ . . . ðz zn Þ: Das System der Zahlen z1 ; z2 ; z3 ; . . . ; zn ; die nicht notwendig voneinander verschieden sind, heißt ein vollstndiges System von Nullstellen des Polynoms Pn . Beispiel: Das Polynom P4 ðzÞ ¼ ð1=2Þz4 ð3=2Þz3 þ 2z2 4 hat die pffiffiffi pffiffiffi vier Nullstellen z1 ¼ 1; z2 ¼ 2; z3 ¼ 1 þ i 3; z4 ¼ 1 i 3: Seine Produktdarstellung mit Linearfaktoren lautet demnach pffiffiffi pffiffiffi P4 ðzÞ ¼ ð1=2Þðz þ 1Þðz 2Þ½z ð1 þ i 3Þ½z ð1 i 3Þ:
Aus dem Zerlegungssatz folgt: Ein Polynom n-ten Grades hat hchstens n Nullstellen. Hat es mehr, so ist es das Nullpolynom. Identittssatz: Zwei Polynome sind dann und nur dann identisch gleich, wenn ihre Koeffizienten gleich sind.
A
A 12
A
3 Lineare Algebra
Vietasche Formeln (Wurzelsatz von Vieta) Bilden z1 ; z2 ; z3 ; . . . ; zn ein vollstndiges System von Nullstellen, dann gilt nach dem Zerlegungssatz a0 zn þ a1 zn1 þ . . . þ an1 z þ an a0 ðz z1 Þðz z2 Þ . . . ðz zn Þ:
Insbesondere gilt fr ein Polynom 3. Grades P3 ðzÞ ¼ a0 z3 þ a1 z2 þ a2 z þ a3 ¼ a0 ðz z1 Þðz z2 Þðz z3 Þ; a0 ðz1 þ z2 þ z3 Þ ¼ a1 ; a0 ðz1 z2 þ z1 z3 þ z2 z3 Þ ¼ a2 ; a0 z1 z2 z3 ¼ a3 : Rechnen mit Polynomen. Die Summe bzw. Differenz zweier Polynome Pn ðxÞ und Qm ðxÞ vom Grad n und m ist wieder ein Polynom, dessen Grad hchstens maxðn; mÞ ist. Ebenso ist ihr Produkt aus n m X X Pn ðxÞ ¼ ai sni und Qm ðxÞ ¼ bj xmj Pn ðxÞQm ðxÞ ¼ a0 b0 x
j¼0 nþm
þ ða0 b1 þ a1 þ a1 b0 Þxnþm1 þ . . . þ an bm ein Polynom vom Grad n+m. Ist Pn nicht das Nullpolynom, so kann der Quotient Qm ðxÞ=Pn ðxÞ gebildet werden. Er bestimmt eine rationale Funktion, die fr alle reellen Zahlen x mit Pn ðxÞ 6¼ 0 definiert ist. Sie heißt fr m
2
2
Q4 ðxÞ 4x2 þ 2x2 x þ 1 x þ 7 ¼ ¼ 2x2 2 þ 2 : P2 ðxÞ 2x2 þ 3 2x þ 3
2.3.3 Transzendente Gleichungen
Hieraus ergeben sich durch Multiplikation der Linearfaktoren und Koeffizientenvergleich a0 ðz1 þ z2 þ z3 þ . . . þ zn1 þ zn Þ ¼ a1 ; a0 ðz1 z2 þ z1 z3 þ . . . þ z1 zn þ z2 z3 þ . . . þ zn1 zn Þ ¼ a2 ; .. . a0 ðz1 z2 z3 . . . zn Þ ¼ ð1Þn an :
i¼0
ergibt sich
2
4x4 þ 6x2 4x2 x þ 1 4x2 6 xþ7
3 Lineare Algebra U. Jarecki, Berlin
3.1 Vektoralgebra
Sie sind nicht algebraisch, wie sin2 x cos x ¼ 0 oder e2x x ¼ 0: Bis auf einige einfache Sonderflle mssen ihre Lsungen mittels Nherungsverfahren bestimmt werden. Als Definitionsmenge der Gleichungen wird eine zulssige Teilmenge der reellen Zahlen zugrunde gelegt. Goniometrische Gleichungen. Bei ihnen tritt die Variable x im Argument von trigonometrischen Funktionen oder deren Umkehrfunktionen auf. Beispiel: cosð2xÞ 3 sin x 2 ¼ 0: Mit der Formel cosð2xÞ ¼ 1 2 sin2 x und der Substitution z ¼ sin x ergibt sich die quadratische Gleichung fr z zu z2 þ 1;5z þ 0;5 ¼ 0 mit der Lsungsformel z ¼ sin x ¼ 0;75 0;25, also sin x ¼ 1 bzw. x ¼ 90 þ n1 360 oder 30 þ n2 360 sin x ¼ 0;5 bzw. x ¼ ; d.h. 150 þ n3 360 x 2 f30 þ n1 360; 90 þ n2 360; 150 þ n3 360jn1 ; n2 ; n3 2 Zg:
Exponentialgleichungen. Hier tritt die Variable x mindestens einmal im Exponenten einer Potenz auf. Beispiel: 5x 2 5x 1 ¼ 0: Die Substitution z ¼ 5x fhrt auf die quadratische Gleichung z2 z 2 ¼ 0 mit den Lsungen z ¼ 5x ¼ 2 oder z ¼ 5x ¼ 1: Aus der ersten Gleichung folgt lg 2 x ¼ log5 2 ¼ ¼ 0;4307: Wegen 5x > 0 fr x 2 R hat die zweite lg 5 Gleichung keine reelle Lsung.
Logarithmische Gleichungen. Die Variable x tritt hier im Argument eines Logarithmus auf. Beispiel: lgð2x þ 3Þ ¼ lgðx 1Þ þ 1: Die Definitionsmenge der Gleichung ist durch 2x+3>0 und x-1>0, d.h. x>1, bestimmt. Aus der 2x þ 3 ¼ 1; also (2x þ 3Þ=ðx 1Þ ¼ 101 oder Gleichung folgt lg x1 x=13/8.
haben, heißt Vektor und wird symbolisch durch a gekennzeichnet. Er wird durch einen Lnge, Richtung und Richtungssinn bestimmenden Pfeil (Bild 1 b) dargestellt. Wird im Raum ein Punkt O, der Bezugspunkt, ausgezeichnet, ! dann heißen die in O abgetragenen Vektoren OP ¼ a und ! OQ ¼ b Ortsvektoren (Bild 1 c). Jedem Punkt des Raums
3.1.1 Vektoren und ihre Eigenschaften In der Physik und Technik treten hufig Grßen auf, die als Vektoren bezeichnet und in unserem Anschauungsraum als gerichtete Strecken dargestellt werden. Hierzu gehren z.B. die Kraft, die Geschwindigkeit und die Feldstrke. ! Eine gerichtete Strecke AB (Bild 1 a) ist ein geordnetes Punktepaar mit dem Anfangspunkt A und dem Endpunkt B. ! Ihre Lnge wird mit j AB j bezeichnet. Die Zusammenfassung oder Klasse aller gerichteten Strecken, die durch eine Parallelverschiebung auseinander hervorgehen und somit die gleiche Lnge und Richtung sowie den gleichen Richtungssinn
! ! Bild 1. Vektoren. a gerichtete Strecke AB ; b A0 B0 ¼ a; c Ortsvektoren; d entgegengesetzter Vektor
U. Jarecki, Hans-Joachim Schulz, Dubbel Mathematik, DOI 10.1007/978-3-642-22059-3_3, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
I3.1
Vektoralgebra
A 13
Fr die Norm (Betrag, Lnge) eines Vektors gilt jaj ^ 0 und jaj ¼ 0 genau dann; wenn a ¼ 0; jaaj ¼ jajjaj; jjaj jbjj % ja þ bj % jaj þ jbj ðDreiecksungleichungÞ: Bild 2. a Summe a þ b; b Differenz b a ¼ b þ ðaÞ ; c Produkt ca
3.1.2 Lineare Abhngigkeit und Basis kann damit umkehrbar eindeutig ein Vektor zugeordnet wer ! ! ! ! den. Wenn AB ¼ A0 B0 ¼ a, dann ist jaj ¼ j AB j ¼ jA0 B0 j die Lnge, der Betrag oder die Norm des Vektors. Einheitsvektoren oder normierte Vektoren haben die Lnge 1. Der Vektor mit der Lnge 0 heißt Nullvektor 0. Zu jedem Vektor a gibt es genau einen Vektor, der die gleiche Lnge, die gleiche Richtung und den entgegengesetzten Richtungssinn hat. Er heißt entgegengesetzter Vektor a (Bild 1 d). Addition und Subtraktion von Vektoren. Werden zwei Vektoren a und b so zusammengeheftet, daß der Endpunkt von a mit dem Anfangspunkt von b zusammenfllt, dann ist durch den Anfangspunkt von a und den Endpunkt von b eindeutig ein Vektor erklrt, der als Summe a þ b der beiden Vektoren a und b bezeichnet wird (Bild 2 a). Die Differenz zweier Vektoren ist erklrt durch b a ¼ b þ ðaÞ (Bild 2 b). Sie kann auch durch die gerichtete Strecke dargestellt werden, deren Anfangspunkt mit dem Endpunkt von a und deren Endpunkt mit dem Endpunkt von b zusammenfllt, wenn a und b mit ihren Anfangspunkten zusammengeheftet sind. Diese Differenzbildung heißt Subtraktion. Multiplikation eines Vektors mit einer reellen Zahl (Bild 2 c). Das Produkt eines Vektors a mit einer reellen Zahl c ist ein Vektor ca ¼ ac. Seine Lnge ist das | c|-fache von jaj, d.h. jcaj ¼ jcjjaj, und seine Richtung stimmt mit der von a berein. Der Richtungssinn von ca ist fr c>0 dem von a gleich und fr c<0 entgegengesetzt. Ist c=0 oder a ¼0, dann ist ca der Nullvektor, d.h. 0 a ¼ c 0 ¼ 0. Ist a 6¼ 0, dann ist der Vektor
a jaj 1 a a ¼ ¼ a0 wegen
¼ ¼ 1 jaj jaj jaj jaj
Zwei Vektoren a und b heißen linear abhngig oder kollinear (Bild 4 a), wenn es zwei Zahlen a und b gibt, mit denen aa þ bb ¼ 0 und a2 þ b2 > 0 gilt. Dies bedeutet anschaulich, daß a und b die gleiche Richtung haben oder – falls sie in einem Punkt zusammengeheftet sind – auf einer Geraden liegen. Zwei nicht linear abhngige Vektoren a und b heißen linear unabhngig. Werden sie in einem Punkt P zusammengeheftet, dann spannen sie ein Parallelogramm auf (Bild 4 b), und die Gleichung aa þ bb ¼ 0 ist nur dann erfllt, wenn a=0 und b=0. Beispiel: Beweis eines Satzes, nach dem sich die Diagonalen eines Parallelogramms gegenseitig halbieren. – Nach Bild 5 gilt lða þ bÞ ¼ a þ mðb aÞ oder ðl þ m 1Þa þ ðl mÞb ¼ 0: Da a und b linear unabhngig sind, folgen l þ m 1 ¼ 0 und l m ¼ 0 oder l ¼ m ¼ 1=2. Die Diagonalen halbieren einander also.
Allgemein heißen n Vektoren a1 ; a2 ; . . . ; an linear abhngig, wenn es n Zahlen a1 ; a2 ; . . . ; an gibt, so daß a1 a1 þ a2 a2 þ . . . þ an an ¼ 0 und a21 þ a22 þ . . . þ a2n > 0, sonst heißen sie linear unabhngig. Drei linear abhngige Vektoren heißen komplanar. Werden sie in einem Punkt des Raumes zusammengeheftet, dann liegen sie in einer Ebene. Im Raum (Bild 6) gibt es stets drei nichtkomplanare oder linear unabhngige Vektoren a; b; c; die – von einem Punkt aus abgetragen – einen Spat (Parallelepiped) aufspannen. Jeder Vektor x des Raums lßt sich dann eindeutig als Linearkom-
ein Einheits- oder normierter Vektor. Vektoreigenschaften. Fr die Verknpfungen „Addition zweier Vektoren“ und „Multiplikation eines Vektors mit einer Zahl“ gelten die Eigenschaften (Bild 3 a und b) a þ b ¼ b þ a; 1 a ¼ a; a þ ðb þ cÞ ¼ ða þ bÞ þ c; aðbaÞ ¼ ðabÞa; a þ 0 ¼ a; a þ ðaÞ ¼ 0;
Bild 4. a kollineare Vektoren; b nichtkollineare Vektoren
aða þ bÞ ¼ aa þ ab; ða þ bÞa ¼ aa þ ba:
Die griechischen Buchstaben kennzeichnen hierbei die Zahlenvariablen. Hieraus folgen alle weiteren Vektoreigenschaften wie ð1Þ a ¼ a; ðaÞ ¼ a; ða b cÞ ¼ a þ b þ c;
Bild 5. Parallelogramm-Satz (Beispiel)
a þ x ¼ b genau dann; wenn x ¼ b a:
Bild 3. a Assoziativ-Gesetz; b Distributiv-Gesetz
Bild 6. a nichtkomplanare Vektoren; b Zerlegung in Komponenten
A
A 14
A
Mathematik – 3 Lineare Algebra
bination dieser Vektoren darstellen, d.h., es gibt genau ein geordnetes Zahlentripel a, b, g, so daß x ¼ aa þ bb þ gc gilt. Mehr als drei Vektoren im Raum sind linear abhngig. Drei linear unabhngige Vektoren a; b; c des Raums heißen Basisvektoren, und ihre Gesamtheit wird als Basis bezeichnet. In der Darstellung des Vektors x durch die Basisvektoren a; b; c heißen a, b, g die Koordinaten und aa; bb; gc die Komponenten von x in bezug zur Basis a; b; c. Eine Basis mit den Vektoren a; b; c ist ein Rechtssystem oder ist rechtsorientiert, wenn die Vektoren in der angegebenen Reihenfolge dem gespreizten Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger der rechten Hand zugeordnet werden knnen, wie dies bei a; b und c auf Bild 6 a der Fall ist. Anderenfalls ist sie ein Linkssystem. Sind die Basisvektoren normiert (Lnge 1) und orthogonal (senkrecht) zueinander, dann heißen sie bzw. ihre Basis orthonormiert. 3.1.3 Koordinatendarstellung von Vektoren In den Anwendungen werden rechtsorientierte und orthonormierte Basen bevorzugt, deren Basisvektoren gewhnlich mit i; j; k oder e1 ; e2 ; e3 bezeichnet werden. Ein rumliches kartesisches Koordinaten-System (0; e1 ; e2 ; e3 ) ist durch eine solche Basis und den Anfangspunkt O festgelegt (Bild 7 a). Die ! ! Endpunkte E1 ; E2 ; E3 der Ortsvektoren OE 1 ¼ e1 ; OE 2 ¼ e2 ; ! OE 3 ¼ e3 heißen Einheits-Punkte auf den Koordinatenachsen. ! Jeder Vektor a bzw. jeder Ortsvektor OP ¼ a mit dem Endpunkt P (Bild 7 a) lßt sich eindeutig als Linearkombination der Basisvektoren darstellen. a ¼ a1 e1 þ a2 e2 þ a3 e3 ¼
3 X
ai ei ¼ ða1 ; a2 ; a3 Þ:
i¼1
Die Zahlen a1 ; a2 ; a3 heißen Koordinaten des Vektors a bzw. des Punktes P bezglich (0; e1 ; e2 ; e3 ). Bei vorgegebener Basis und vorgegebenem Koordinatenursprung ist jeder Vektor und jeder Ortsvektor (Punkt) umkehrbar eindeutig durch ein geordnetes Zahlentripel, das gewhnlich als Spalte bzw. Zeile geschrieben und als Spalten- oder Zeilenvektor bezeichnet wird, darstellbar. Letztere werden hier wegen der Platzersparnis bevorzugt. Der Nullvektor 0 und die Basisvektoren e1 ; e2 ; e3 haben die Darstellungen 0 ¼ ð0; 0; 0Þ; e1 ¼ ð1; 0; 0Þ; e2 ¼ ð0; 1; 0Þ; e3 ¼ ð0; 0; 1Þ: Fr das Rechnen mit Zeilenvektoren gelten die Definitionen
– Gleichheit zweier Vektoren: ða1 ; a2 ; a3 Þ ¼ ðb1 ; b2 ; b3 Þ genau dann, wenn ai ¼ bi (i=1, 2, 3); – entgegengesetzter Vektor: ða1 ; a2 ; a3 Þ ¼ ða1 ; a2 ; a3 Þ; – Summe zweier Vektoren: ða1 ; a2 ; a3 Þ þ ðb1 ; b2 ; b3 Þ ¼ ða1 þ b1 ; a2 þ b2 ; a3 þ b3 Þ; – Produkt eines Vektors mit einer Zahl: lða1 ; a2 ; a3 Þ ¼ ðla1 ; la2 ; la3 Þ: Bei einer orthonormierten Basis hat nach dem pythagoreischen Lehrsatz der Vektor a ¼ a1 e1 þ a2 e2 þ a3 e3 die Lnge pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi jaj ¼ a21 þ a22 þ a23 : 3.1.4 Inneres oder skalares Produkt Das innere Produkt a b ¼ ab ¼ ða; bÞ zweier Vektoren a und b ist eine Zahl, die fr a ¼ 0 oder b ¼ 0 Null ist oder die, falls keiner der Vektoren der Nullvektor ist, definiert ist durch a b ¼ jajjbj cos j und 0 % j % p; wobei j der von a und b eingeschlossene Winkel ist, wenn beide Vektoren in einem Punkt zusammengeheftet sind (Bild 7 b). jbj cos j heißt die Projektion von b auf a. Eigenschaften des inneren Produkts sind: Kommutativitt Assoziativitt bezglich der Multiplikation mit einer Zahl Distributivitt
a b ¼ b a; ðaaÞ b ¼ aða bÞ; a ðb þ cÞ ¼ a b þ a c:
Die Distributivitt folgt aus dem Projektionssatz (Bild 7 c), wonach die Projektion der Summe b þ c auf a gleich der Summe aus der Projektion von b auf a und der von c auf a ist. pffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi Fr b ¼ a (j=0) gilt a a ¼ a2 oder jaj ¼ a a ¼ a2 : Ein Vektor e hat also genau dann die Lnge 1, wenn e e ¼ e2 ¼ 1. Zwei vom Nullvektor verschiedene Vektoren a und b sind genau dann orthogonal, wenn fr sie die Orthogonalit€ atsbedingung a b ¼ 0 gilt. Demnach gelten fr die drei orthonormierten Basisvektoren eines kartesischen Koordinaten-Systems e1 e1 ¼ e2 e2 ¼ e3 e3 ¼ 1 und e1 e2 ¼ e2 e3 ¼ e3 e1 ¼ 0 oder krzer mit dem Kronecker-Symbol dij 1 fr i ¼ j ði; j ¼ 1; 2; 3Þ: ei ej ¼ dij ¼ 0 fr i 6¼ j Fr a ¼ ða1 ; a2 ; a3 Þ und b ¼ ðb1 ; b2 ; b3 Þ gilt dann a b ¼ jajjbj cos j ¼ a1 b1 þ a2 b2 þ a3 b3 : Fr den Betrag von a und fr den von b eingeschlossenen Winkel j folgen hieraus pffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi jaj ¼ a2 ¼ a21 þ a22 þ a23 und cos j ¼
ab a1 b1 þ a2 b2 þ a3 b3 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi : ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi jajjbj a21 þ a22 þ a23 b21 þ b22 þ b23
Die Richtungskosinusse eines Vektors a, der mit dem Basisvektor ei den Winkel ai einschließt, sind cos ai ¼
a ei a ai ¼ ei ¼ a0 ei ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ði ¼ 1; 2; 3Þ: jaj jaj a21 þ a22 þ a23
3.1.5 ußeres oder vektorielles Produkt Das ußere Produkt a b zweier Vektoren a und b (Bild 8) ist ein Vektor, fr den Lnge, Richtung und Richtungssinn wie folgt erklrt sind: Bild 7. a kartesisches Koordinatensystem; b skalares Produkt; c Projektionssatz
ja bj ¼ jajjbj sin j ð0 % j % pÞ;
I3.2 Der reelle n-dimensionale Vektorraum Rn
A 15
3.1.7 Entwicklungssatz und mehrfache Produkte Der Vektor a ðb cÞ steht senkrecht (orthogonal) auf a und b c, er ist somit komplanar mit den Vektoren b und c. Nach dem Entwicklungssatz gilt a ðb cÞ ¼ ða cÞb ða bÞc: Bild 8. a ußeres Produkt a b ; b Spatprodukt (a; b; c)
das ist der Inhalt der von a und b aufgespannten Parallelogrammflche, a b steht senkrecht auf a und b ; die Vektoren a; b; a b bilden in dieser Reihenfolge ein Rechtssystem. Aus dieser Definition ergeben sich die Eigenschaften des ußeren Produkts: Antikommutativitt a b ¼ ðb aÞ; Assoziativitt bezglich der lða bÞ ¼ ðlaÞ b; Multiplikation mit einer Zahl a ðb þ cÞ ¼ a b þ a c:
Distributivitt
Zwei Vektoren a 6¼ 0 und b 6¼ 0 sind genau dann linear abhngig oder kollinear, wenn a b ¼ 0. Fr die rechtsorientierten und orthonormierten Basisvektoren e1 ; e2 ; e3 gelten: e1 e2 ¼ e3 ; e3 e1 ¼ e2 ; e2 e3 ¼ e1 : Mit a ¼ a1 e1 þ a2 e2 þ a3 e3 wird dann
und
b ¼ b1 e1 þ b2 e2 þ b3 e3
a b ¼ ða2 b3 a3 b2 Þe1 þ ða3 b1 a1 b3 Þe2 þ ða1 b2 a2 b1 Þe3
a2 a3
e1 þ a3 a1 e2 þ a1 a2 e3 ¼
b2 b3 b3 b1 b1 b2
e1 e2 e3
¼ a1 a2 a3 :
b1 b2 b3
3.1.6 Spatprodukt Das Spatprodukt ða; b; cÞ dreier Vektoren a; b; c ist definiert durch ða; b; cÞ ¼ ða bÞc: Es stellt geometrisch das (orientierte) Volumen V eines Spates oder Parallelepipeds dar, das von den drei Vektoren a; b; c aufgespannt wird (Bild 8). Es ist V ¼ ja bjjcj cos g ¼ ða bÞc ¼ ða; b; cÞ: Die mglichen sechs Produkte der Vektoren a; b; c unterscheiden sich hchstens im Vorzeichen. Sind die Vektoren des Produkts ða; b; cÞ in der Reihenfolge des Produkts rechtsorientiert (Bild 8 b), also cos g > 0, dann ist ða; b; cÞ > 0, anderenfalls ðcos g < 0Þ ist ða; b; cÞ < 0. Fr komplanare Vektoren a; b; c ist cos g ¼ 0, und es gilt: Drei Vektoren a; b; c sind genau dann linear abhngig oder komplanar, wenn ða; b; cÞ ¼ 0. Eigenschaften des Spatprodukts: ða; b; cÞ ¼ ðc; a; bÞ ¼ ðb; c; aÞ ¼ ðb; a; cÞ ¼ ðc; b; aÞ ¼ ða; c; bÞ; ðla; b; cÞ ¼ lða; b; cÞ; ða þ b; c; dÞ ¼ ða; c; dÞ þ ðb; c; dÞ: Fr die rechtsorientierten und orthonormierten Basisvektoren gilt ðe1 ; e2 ; e3 Þ ¼ 1: Fr a ¼ ða1 ; a2 ; a3 Þ; b ¼ ðb1 ; b2 ; b3 Þ; c ¼ ðc1 ; c2 ; c3 Þ gilt
a1 a2 a3
ða; b; cÞ ¼ b1 b2 b3 :
c1 c2 c3
Hiermit ist es mglich, mehrfache Produkte auf einfache zurckzufhren, z.B. ða bÞ ðc dÞ ¼ ða; c; dÞb ðb; c; dÞa ¼ ða; b; dÞc ða; b; cÞd: Hieraus folgt weiter die Identitt fr vier Vektoren a; b; c; d: ða; b; cÞd ða; b; dÞc þ ða; c; dÞb ðb; c; dÞa ¼ 0: Ist ða; b; cÞ 6¼ 0, sind also a; b; c nicht komplanar, so gilt fr jeden Vektor d die Darstellung d¼
ðd; b; cÞ ða; d; cÞ ða; b; dÞ aþ bþ c: ða; b; cÞ ða; b; cÞ ða; b; cÞ
Es gelten ferner die Identitten ða bÞðc dÞ ¼ ða cÞðb dÞ ða dÞðb cÞ ðLaplaceÞ; ða bÞ2 ¼ a2 b2 ðabÞ2
ðLagrangeÞ:
3.2 Der reelle n-dimensionale Vektorraum Rn Zugrunde gelegt wird die Menge R R . . . R ¼ Rn , d.h. die Menge aller geordneten n-Tupel reeller Zahlen. Die n-Tupel werden als Spalten geschrieben und kurz dargestellt durch 0 1 a1 B a2 C B C a ¼ B .. C mit ai 2 R ði ¼ 1; 2; . . . ; nÞ und a 2 Rn : @. A an Die reellen Zahlen ai ði ¼ 1; 2; . . . ; nÞ heißen Koordinaten von a. Zwei Elemente a 2 Rn und b 2 Rn heißen gleich, a ¼ b, wenn ihre Koordinaten gleich sind; Addition und Multiplikation mit einer reellen Zahl sind in der Menge Rn definiert durch 0 1 0 1 0 1 b1 a1 þ b1 a1 Ba C Bb C Ba þ b C 2C B 2C B 2C B 2 C B C B C 2 Rn ; aþb¼B B .. C þ B .. C ¼ B .. C @. A @. A @. A an bn an þ bn 1 0 1 la1 a1 B a C B la C B 2C B 2C n C B C la ¼ lB B .. C ¼ B .. C 2 R : @. A @. A 0
an
lan
Die Menge Rn heißt n-dimensionaler Vektorraum und ihre Elemente Vektoren. Es gilt a þ b ¼ b þ a; a þ ðb þ cÞ ¼ ða þ bÞ þ c; 1 a ¼ a; lðmaÞ ¼ ðlmÞa; lða þ bÞ ¼ la þ lb; ðl þ mÞa ¼ la þ ma: Zu jedem a 2 Rn und zu jedem b 2 Rn gibt es genau ein x 2 Rn , so daß a þ x ¼ b gilt. Dieser Vektor x, der zu a addiert b ergibt, wird durch x ¼ b a gekennzeichnet und heißt Differenz von b und a. Nullvektor und entgegengesetzte Vektoren sind 1 0 1 0 0 1 a1 a1 0 B a2 C B a2 C B0C C B C B C 0¼B C: . C; a ¼ B .. @ ... A und a ¼ B A @ .. A @. 0 an an Es gilt a þ 0 ¼ a; a þ ðaÞ ¼ 0; b þ ðaÞ ¼ b a:
A
A 16
A
Mathematik – 3 Lineare Algebra
Bei Koordinateneinheitsvektoren ist eine Koordinate 1, und alle brigen sind 0, also 0 1 0 1 0 1 1 0 0 B0C B1C B0C B C B C B. C B0C B. C 0C e1 ¼ B B . C; e2 ¼ B . C; . . . ; en ¼ B . C: @ .. A @ .. A @0A 0 0 1
den n Vektoren a1 ; a2 ; . . . ; an genau eine reelle Zahl zu, wobei die folgenden Eigenschaften gelten: 1: Detða1 ; . . . ; lak ; . . . ; an Þ ¼ lDetða1 ; . . . ; ak ; . . . ; an Þ; 2: Detða1 ; . . . ; ak1 ; b þ c; akþ1 ; . . . ; an Þ
Sind a1 ; a2 ; . . . ; am m Vektoren und l1 ; l2 ; . . . ; lm m reelle Zahlen, dann heißt die Summe l1 a1 þ l2 a2 þ . . . þ lm am eine Linearkombination der Vektoren a1 ; a2 ; . . . ; am . Die Vektoren a1 ; a2 ; . . . ; am heißen linear abhngig, wenn es Zahlen a1 ; a2 ; . . . ; am gibt, so daß a1 a1 þ a2 a2 þ . . . þ am am ¼ 0 und a21 þ a22 þ . . . þ a2m > 0
¼ Detð. . . ; ai1 ; aj ; aiþ1 ; . . . ; aj1 ; ai ; ajþ1 ; . . .Þ und 4: Detðe1 ; e2 ; . . . ; en Þ ¼ 1:
gilt. Anderenfalls heißen sie linear unabhngig. Beispiel: Die drei Vektoren des R3 0 1 0 1 0 1 3 2 0 a1 ¼ @ 1 A; a2 ¼ @ 1 A; a3 ¼ @ 1 A 1 1 1 sind linear abhngig, denn es gilt 2a1 þ 3a2 þ ð1Þa3 ¼ 0 und 22 þ 32 þ ð1Þ2 > 0.
3.2.1 Der reelle Euklidische Raum Skalares oder inneres Produkt. Fr zwei Vektoren a und b ist es erklrt durch n X ai bi 2 R: a b ¼ ab ¼ a1 b1 þ a2 b2 þ . . . þ an bn ¼ i¼1
¼ Detða1 ; . . . ; ak1 ; b; akþ1 ; . . . ; an Þ þ Detða1 ; . . . ; ak1 ; c; akþ1 ; . . . ; an Þ; 3: Detð. . . ; ai1 ; ai ; aiþ1 ; . . . ; aj1 ; aj ; ajþ1 ; . . .Þ
Hiermit ist eine Determinante n-ter Ordnung eindeutig bestimmt. Ihre wichtigsten Eigenschaften sind: – Haben die Elemente einer Spalte einen gemeinsamen Faktor, so darf er vor das Determinantenzeichen gezogen werden (Homogenitt). – Besteht eine Spalte aus der Koordinatensumme zweier Vektoren, so lßt sich die Determinante in eine Summe aus zwei Determinanten zerlegen, von denen jede an Stelle der Koordinatensumme jeweils die Koordinaten eines Vektors enthlt (Additivitt). – Beim Tausch zweier Spalten kehrt sich das Vorzeichen der Determinante um (Antisymmetrie). – Die Determinante aus den Koordinateneinheitsvektoren ist 1. – Sind zwei Spalten gleich, dann ist die Determinante 0. – Sind alle Elemente einer Spalte 0, so ist die Determinante 0. – Wird zu einer Spalte ein Vielfaches einer anderen Spalte addiert, so ndert sich der Wert der Determinante nicht. – Werden alle Spalten mit den entsprechenden Zeilen vertauscht, so ndert sich der Wert der Determinante nicht.
Es hat die Eigenschaften ab ¼ ba, ðlaÞb ¼ lðabÞ, aðb þ cÞ ¼ ab þ ac. Der Vektorraum Rn mit diesem Skalarprodukt heißt reeller Euklidischer Raum. Zwei Vektoren a; b heißen orthogonal, wenn ab ¼ 0 ist.
Wegen der letzten Eigenschaft knnen alle fr die Spalten gltigen Regeln auf die Zeilen bertragen werden. Dem Tausch der Spalten mit den Zeilen entspricht ein Spiegeln (Strzen) der Elemente an der Hauptdiagonale.
Norm oder absoluter Betrag von a heißt die reelle Zahl sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi n X pffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi kak ¼ a a ¼ a21 þ a22 þ . . . þ a2n ¼ a2i :
Determinantenberechnung
i¼1
Eigenschaften der Norm: kak ^ 0 und kak ¼ 0genau dann; wenn a ¼ 0; klak ¼ jljkak ðl 2 RÞ; jkbk kakj % ka þ bk % kak þ kbk ðDreiecksungleichungÞ: Fr beliebige Vektoren a; b 2 R gilt die Ungleichung von Cauchy-Schwarz: jabj % kakkbk. n
Normierte Vektoren. Sie haben die Norm 1. Orthonormierte Vektoren sind normiert und orthogonal. Die Koordinateneinheitsvektoren ei sind orthonormiert, und es gilt 1 fr i ¼ j; ei ej ¼ dij ¼ 0 fr i 6¼ j: 3.2.2 Determinanten 0 1 0 1 0 1 a11 a12 a1n B a21 C B a22 C B a2n C B C B C B C B C B C B C Sind a1 ¼ B a31 C; a2 ¼ B a32 C; . . . ; an ¼ B a3n Cn VekB .. C B .. C B .. C @. A @. A @. A an1 an2 ann toren des Rn , so ordnet die Determinante n-ter Ordnung
a11 a12 a13 . . . a1n
a21 a a . . . a 22 23 2n
a32 a33 . . . a3n
¼ jaij j Detða1 ; a2 ; . . . ; an Þ ¼ a31 n
.. .. .. ..
. . . .
an1 an2 an3 . . . ann
a11 Determinante 2. Ordnung. Mit a1 ¼ ¼ a11 e1 þ a21 e2 a21 a12 ¼ a12 e1 þ a22 e2 ergibt sich und a2 ¼ a22 Detða1 ; a2 Þ ¼ Detða11 e1 þ a21 e2 ; a2 Þ ¼ a11 Detðe1 ; a12 e1 þ a22 e2 Þ þ a21 Detðe2 ; a12 e1 þ a22 e2 Þ ¼ a11 a12 Detðe1 ; e1 Þ þ a11 a22 Detðe1 ; e2 Þ þ a21 a12 Detðe2 ; e1 Þ þ a21 a22 Detðe2 ; e2 Þ ¼ ða11 a22 a21 a12 ÞDetðe1 ; e2 Þ ¼ a11 a22 a21 a12 ;
a a
d.h.
11 12
¼ a11 a22 a12 a21 . a21 a22 Determinante 3. Ordnung. Eine entsprechende Rechnung ergibt
a11 a12 a13
a11 a22 a33 þ a12 a23 a31 þ a13 a21 a32
a21 a22 a23 ¼ :
a31 a32 a33 a13 a22 a31 a11 a23 a32 a12 a21 a33 Eine Determinante 3. Ordnung, aber auch nur sie, kann mit Hilfe der Regel von Sarrus, die durch das folgende Schema gekennzeichnet ist, berechnet werden.
I3.2 Der reelle n-dimensionale Vektorraum Rn Entwicklungssatz von Laplace. Werden in der Determinante
1
¼
0
0
1 2 0
A 17
2
3
9
A
¼ 1ð2Þð9Þ ¼ 18 1. Umformung a) 1. Zeile wird mit 2 multipliziert und zur 2. Zeile addiert; b) 1. Zeile wird zur 3. Zeile addiert; 2. Umformung a) 2. Zeile wird zur 3. Zeile addiert.
3.2.3 Cramer-Regel wie angedeutet, die i-te Zeile und die k-te Spalte gestrichen, so wird die Determinante (n-1)-ter Ordnung aus den restlichen Elementen als Unterdeterminante Dik bezeichnet. Der Ausdruck Aik ¼ ð1Þiþk Dik heißt dann adjungierte Unterdeterminante oder Adjunkte des Elements aik . Damit lautet der Entwicklungssatz D ¼ a1k A1k þ a2k A2k þ . . . þ ank Ank ; k ¼ 1; 2; 3; . . . ; n: Dies wird als Entwicklung der Determinante nach den Elementen der k-ten Spalte bezeichnet. Werden die Elemente einer Spalte mit den Adjunkten der Elemente einer anderen Spalte multipliziert, z.B. die Elemente der i-ten Spalte mit den Adjunkten der Elemente der k-ten Spalte, dann gilt fr die Summe dieser Produkte a1i A1k þ a2i A2k þ a3i A3k þ . . . þ ani Ank n X ¼ ali Alk ¼ 0 fr i 6¼ k; l¼1
da die zugehrige Determinante zwei gleiche Spalten enthlt. Allgemein lautet der Entwicklungssatz fr die Spalten bzw. Zeilen n n X X ali Alk ¼ Ddik bzw: ail Akl ¼ ddik l¼1
mit dik ¼
l¼1
1 fr i ¼ k i; k ¼ 1; 2; . . . ; n: 0 fr i 6¼ k
Beispiel: Entwicklung einer Determinante 3. Ordnung nach den Elementen der 2. Spalte.
1 2 2
1 2
2
þ 0 1 2 3 1
1 0 2
¼ ð2Þ
1 2 ¼ 6
2 1
2 1
2 3 1
Mehrfache Anwendung des Entwicklungssatzes auf Determinanten mit oberer (unterer) Dreiecksform ergibt
a11 a12 a13 . . . a1n
0 a22 a23 . . . a2n
0 0 a33 . . . a3n
¼ a11 a22 a33 . . . ann :
. . ..
. .
0 ann
Jede Determinante kann auf eine solche Form gebracht werden mit Hilfe der „elementaren Umformungen“: Tausch zweier Zeilen (Spalten), Addition eines Vielfachen einer Zeile (Spalte) zu einer anderen Zeile (Spalte). Beispiel:
1 2
2 0
1 3
1
¼
0
0
1 2 2
1
4
1:Umformung
2
3
6
2: Umformung
Zugrunde gelegt wird ein lineares Gleichungssystem aus n Gleichungen mit n Unbekannten x1 ; x2 ; . . . ; xn a11 x1 þ a12 x2 þ a13 x3 þ . . . þ a1n xn ¼ b1 ; a21 x1 þ a22 x2 þ a23 x3 þ . . . þ a2n xn ¼ b2 ; ..........................................., an1 x1 þ an2 x2 þ an3 x3 þ . . . þ ann xn ¼ bn : Mit den Vektoren 0 1 0 1 a1i b1 B C B b2 C B a2i C B C ai ¼ B .. C 2 Rn ; b ¼ B .. C 2 Rn @. A @. A ani bn lautet das Gleichungssystem x1 a1 þ x2 a2 þ x3 a3 þ . . . þ xn an ¼ b: Das Gleichungssystem heißt regulr, wenn die Systemdeterminante Detða1 ; a2 ; a3 ; . . . ; an Þ 6¼ 0, sonst singulr. Werden bei einem regulren Gleichungssystem alle n Determinanten gebildet, die aus der System-Determinante dadurch hervorgehen, daß jeweils ein Vektor ai ði ¼ 1; 2; . . . ; nÞ durch den Vektor b ersetzt wird, so ergibt sich unter Beachtung der Determinanteneigenschaften Detð. . . ; ai1 ; b; aiþ1 ; . . .Þ ! n X ¼ Det . . . ; ai1 ; xi ai ; aiþ1 ; . . . i¼1
¼ xi Detða1 ; a2 ; . . . ; ai1 ; ai ; aiþ1 ; . . . ; an Þ oder xi ¼
Detða1 ; a2 ; . . . ; ai1 ; b; aiþ1 ; . . . ; an Þ ði ¼ 1; 2; 3; . . . ; nÞ Detða1 ; a2 ; . . . ; ai1 ; ai ; aiþ1 ; . . . ; an Þ
Diese n Gleichungen geben die Cramer-Regel zur Lsung eines regulren Gleichungssystems wieder. Praktische Lsungen nach dem Gaußschen Verfahren s. A 10.5.1. Fr homogene Gleichungssysteme ðb ¼0) folgt aus der CramerRegel, daß xi ¼ 0 fr i ¼ 1; 2; . . . ; n. Dies bedeutet, daß die Vektoren a1 ; a2 ; . . . ; an linear unabhngig sind. Daher gilt: Ist Detða1 ; a2 ; . . . ; an Þ 6¼ 0, so sind die Vektoren a1 ; a2 ; . . . ; an 2 Rn linear unabhngig. Beispiel: x1 3x2 þ 2x3 ¼ 1 x1 þ 2x2 x3 ¼ 0 oder x1 a1 þ x2 a2 þ x3 a3 ¼ b; wobei 2x1 x2 þ 3x3 ¼ 2 0 1 0 1 0 1 0 1 1 3 2 1 a1 ¼ @ 1 A; a2 ¼ @ 2 A; a3 ¼ @ 1 A; b ¼ @ 0 A: 2 1 3 2 Das Gleichungssystem ist regulr, da die System-Determinante
1 3 2
2 1
¼ 4 6¼ 0: Detða1 ; a2 ; a3 Þ ¼
1
2 1 3
Die Berechnung der einzelnen Determinanten ergibt Detðb; a2 ; a3 Þ ¼ 7; Detða1 ; b; a3 Þ ¼ 3; Detða1 ; a2 ; bÞ ¼ 1; so daß x1 ¼ 7=4; x2 ¼ 3=4; x3 ¼ 1=4.
A 18
A
Mathematik – 3 Lineare Algebra
3.2.4 Matrizen und lineare Abbildungen Durch ein lineares Gleichungssystem mit reellen Koeffizienten
A ¼ ða1 ; a2 ; a3 ; . . . ; an Þ mit ai 2 Rm ði ¼ 1; 2; 3; . . . ; nÞ:
y1 ¼ a11 x1 þ a12 x2 þ a13 x3 þ . . . þ a1n xn ;
Ist A eine Matrix vom Typ (m, n) und sind x; y beliebige Vektoren aus Rn , dann gelten
y2 ¼ a21 x1 þ a22 x2 þ a23 x3 þ . . . þ a2n xn ; . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ., ym ¼ am1 x1 þ am2 x2 þ am3 x3 þ . . . þ amn xn
Aðx þ yÞ ¼ Ax þ Ay; AðlxÞ ¼ lðAxÞ ðl 2 RÞ:
ist eine Abbildung A des Vektorraums Rn in den Vektorraum Rm definiert. A : R n ! Rm ; die jedem Vektor x genau einen Vektor y ¼ Ax 2 Rm zuordnet, wobei 0 1 0 1 y1 x1 B x2 C B y2 C B C B C n x ¼ B .. C 2 R ; y ¼ B .. C 2 Rm : @. A @. A xn ym y ¼ Ax heißt das Bild von x bei der Abbildung A. Um die Abhngigkeit der Abbildung A von den Koeffizienten aik ði ¼ 1; 2; . . . ; m; k ¼ 1; 2; . . . ; nÞ hervorzuheben, wird A als eine Matrix vom Typ (m, n), also mit m Zeilen und n Spalten, geschrieben. Die Abbildungsgleichung y ¼ Ax lautet dann 0 1 0 1 0x 1 y1 1 a11 a12 a13 . . . a1n B y2 C B B x2 C B C B a21 a22 a23 . . . a2n C C C B B .. C ¼ @ B .. C A ......................... @. A @. A am1 am2 am3 . . . amn xn ym Hierbei ist die i-te Koordinate von y ¼ Ax bestimmt durch yi ¼
n X
Die Elemente der i-ten Spalte von A sind also die Koordinaten des Bild\vektors Aei ¼ ai , und die Matrix A wird dementsprechend auch dargestellt durch
Die Matrix A ist also eine lineare Abbildung des Raumes Rn in den Raum Rm . Matrizen mit der gleichen Spalten- und Zeilenanzahl n, die also vom Typ (n, n) sind, heißen n-reihige quadratische Matrizen. Sie bestimmen eine lineare Abbildung des Raums Rn in sich. Zwei Matrizen A ¼ ðaik Þðm; nÞ und B ¼ ðbik Þðm; nÞ vom gleichen Typ heißen gleich ðA ¼ BÞ, wenn aik ¼ bik fr alle i ¼ 1; 2; 3; . . . ; m und k ¼ 1; 2; 3; . . . ; n. Dies ist gleichbedeutend mit Ax ¼ Bx fr alle x 2 Rn . In der Menge der Matrizen vom gleichen Typ (m, n) sind die Verknpfungen erklrt: Multiplikation einer Matrix mit einer reellen Zahl. lA ¼ lðaik Þðm; nÞ ¼ ðlaik Þðm; nÞ Jedes Element von A wird mit l multipliziert. Beispiel: 3
Es wird also jedes Element aik der i-ten Zeile von A mit der entsprechenden Koordinate xk des Vektors x multipliziert und dann die Summe ber alle Produkte gebildet.
3 0
¼
6 3
3 3
9 0
A þ B ¼ ðaik Þðm; nÞ þ ðbik Þðm; nÞ ¼ ðaik þ bik Þðm; nÞ : Matrizen werden elementweise addiert. Beispiel:
k¼1
1 1
Addition zweier Matrizen. Die Summe A þ B der Matrizen A ¼ ðaik Þðm; nÞ und B ¼ ðbik Þðm; nÞ ist erklrt durch
aik xk ¼ ai1 x1 þ ai2 x2 þ ai3 x3 þ . . . þ ain xn :
2 1
2 2 1 3 1 0
þ
1 1 2 1 0 1
¼
1 1 1 4 1 1
Fr diese beiden Verknpfungen gelten folgende Eigenschaften: A þ B ¼ B þ A; ðA þ BÞ þ C ¼ A þ ðB þ CÞ:
Beispiel:
0 1 1 2 3 2 @ ð2Þð1Þ þ 3 1 þ 2 2 9 1A ¼ ¼ ; 3 0 1 3ð1Þ þ 0 1 þ ð1Þ2 5 2
0 1 1 d.h., das Bild des Vektors @ 1 A 2 R3 bei der Abbildung 2 2 3 2 9 A¼ ist der Vektor 2 R2 : 3 0 1 5
Das Bild des Koordinateneinheitsvektors ei lautet 0 1 0 1 B C 0 a11 a12 a13 . . . a1i . . . a1n B0C C B B C :C B a21 a22 a23 . . . a2i . . . a2n C B C B C B C B C 1C Aei ¼ B B a31 a32 a33 . . . a3i . . . a3n C B C B C B C : @ A B B C B C am1 am2 am3 . . . ami . . . amn @0A 0 1 0 a1i C B B a2i C C B C B ¼ B a3i C ¼ ai 2 Rm : B. C B. C @. A ami
Zu jeder Matrix A und zu jeder Matrix B gibt es genau eine Matrix X, so daß A þ X ¼ B gilt. Diese Matrix X, die zu A addiert B ergibt, wird durch X ¼ B A gekennzeichnet und heißt Differenz von B und A. 1 A ¼ A; lðmAÞ ¼ ðlmÞA; l; m 2 R: lðA þ BÞ ¼ lA þ lB; ðl þ mÞA ¼ lA þ mA Die Matrix, deren Elemente Null sind, heißt Nullmatrix 0. Fr sie gilt Aþ0 ¼ A. Die Matrix, deren Elemente das entgegengesetzte Vorzeichen der Elemente einer Matrix A haben, heißt die zu A entgegengesetzte Matrix A. Fr sie gilt A þ ðAÞ ¼0. Multiplikation von Matrizen. Durch die beiden linearen Gleichungssysteme
i
z1 ¼ b11 y1 þ b12 y2 þ b13 y3 þ . . . þ b1m ym z2 ¼ b21 y1 þ b22 y2 þ b23 y3 þ . . . þ b2m ym z3 ¼ b31 y1 þ b32 y2 þ b33 y3 þ . . . þ b3m ym ........................................... zl ¼ bl1 y1 þ bl2 y2 þ bl3 y3 þ . . . þ blm ym y1 ¼ a11 x1 þ a12 x2 þ a13 x3 þ . . . þ a1n xn y2 ¼ a21 x1 þ a22 x2 þ a23 x3 þ . . . þ a2n xn y3 ¼ a31 x1 þ a32 x2 þ a33 x3 þ . . . þ a3n xn ........................................... ym ¼ am1 x1 þ am2 x2 þ am3 x3 þ . . . þ amn xn sind zwei lineare Abbildungen erklrt.
I3.2 Der reelle n-dimensionale Vektorraum Rn z ¼ By; B : Rm ! Rl und y ¼ Ax; A : Rn ! Rm mit den Matrizen B ¼ ðbij Þðl; mÞ und A ¼ ðajk Þðm; nÞ . Die Zusammensetzung oder Komposition der beiden Abbildungen – zuerst A, dann B – bestimmt wieder eine lineare Abbildung: die Produktabbildung mit dem Symbol B A oder BA. BA : Rn ! Rl ; z ¼ ðBAÞx ¼ BðAxÞ: Hiernach erhlt man das Bild ðBAÞx des Vektors x 2 Rn bei der Abbildung BA dadurch, daß zuerst das Bild Ax von x 2 Rn bei der Abbildung A und dann das Bild BðAxÞ des Vektors Ax 2 Rm bei der Abbildung B bestimmt wird. Die zugehrige Matrix BA wird als das Produkt der Matrizen B ¼ ðbij Þðl; mÞ und A ¼ ðajk Þðm; nÞ bezeichnet; es ist eine Matrix vom Typ (l, n) mit den Elementen cik ¼
m X
bij ajk i ¼ 1; 2; 3; . . . ; l; k ¼ 1; 2; 3; . . . ; n:
j¼1
Diese Summe heißt das „Produkt aus der i-ten Zeile von B und der k-ten Spalte von A “. Das Produkt BA ist nur fr Matrizen erklrt, bei denen die Anzahl der Spalten von B mit der Anzahl der Zeilen von A bereinstimmt. Beispiel: BA ¼ C. 0 1 1 0 2 3 2 3 2 3 1 0 3 B C @ 0 1 1 2 A ¼ 3 0 3 4 2 1 1 1 1 0 0 c24 ¼ b21 a14 þ b22 a24 þ b23 a34 ¼ 2 3 þ 1ð2Þ þ 1 0 ¼ 4:
1 x1 B x2 C B C Wird der Vektor x ¼ B .. C entsprechend seiner Schreib@. A xn weise als Matrix vom Typ (n, 1) aufgefaßt, so lßt sich der m Vektor Ax 2 R auch als Produkt aus der Matrix A ¼ ðaik Þðm; nÞ vom Typ (m, n) und der Matrix x vom Typ (n, 1) darstellen. Im allgemeinen sind in einem Matrizenprodukt die Matrizen nicht vertauschbar. Die Matrizenmultiplikation besitzt aber die Eigenschaften der Assoziativitt und der Distributivitt (bezglich der Matrizenaddition), d.h., es gelten die Gleichungen 0
ðABÞC ¼ AðBCÞ; ðA þ BÞC ¼ AC þ BC; AðB þ CÞ ¼ AB þ AC: Gestrzte oder transponierte Matrix AT . Sie geht aus der Matrix A dadurch hervor, daß deren Spalten und Zeilen vertauscht werden. 1 0 a11 a12 a13 . . . a1n B a21 a22 a23 . . . a2n C C A¼B @ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A; am1 am2 am3 . . . amn 1 a11 a21 . . . am1 B a12 a22 . . . am2 C B C C AT ¼ B B a13 a23 . . . am3 C: @. . . . . . . . . . . . . . . . . . .A a1n a2n . . . amn
A 19
verschiedene Unterdeterminante r-ter Ordnung und haben alle Unterdeterminanten, deren Ordnung grßer als r ist, den Wert 0, so heißt r Rang der Matrix A; RgðAÞ ¼ r. Der Rang einer Matrix ist invariant gegenber elementaren Umformungen. Elementare Umformungen einer Matrix A sind: – Vertauschen von beliebig vielen Spalten (Zeilen), Multiplikation von Spalten (Zeilen) mit einer von Null verschiedenen Zahl, – Addition eines Vielfachen einer Spalte (Zeile) zu einer anderen Spalte (Zeile), – Vertauschen von Zeilen und Spalten (Strzen). Bei einer Matrix mit dem Rang r sind genau r ihrer Spaltenvektoren (Zeilenvektoren) linear unabhngig. Quadratische Matrizen. Eine quadratische Matrix A mit n Zeilen und Spalten heißt n -reihig. A ¼ ðaij Þn ¼ ða1 ; a2 ; a3 ; . . . ; an Þ Ihre Determinante ist jAj ¼ Detða1 ; a2 ; a3 ; . . . ; an Þ. Quadratische Matrizen A mit jAj 6¼ 0 heißen regulr sonst singulr. Fr die n-reihige Einheitsmatrix 1 0 1 0 C B 1 C B C ¼ ðdik Þ ; dik ¼ 1 fr i ¼ k ; 1 E¼B n C B 0 fr i 6¼ k .. A @ . 0 1 gilt jEj ¼ 1 und AE ¼ EA ¼ A. Ist A ¼ ðail Þn eine regulre Matrix, also jAj 6¼ 0, so folgt aus dem Entwicklungssatz von Laplace (s. A 3.2.2) n X
ail blk ¼ dik mit blk ¼
l¼1
Akl und i; k; l ¼ 1; 2; 3; . . . ; n; jAj
oder AB ¼ E, wobei B ¼ ðblk Þn inverse Matrix von A heißt und das Symbol A1 hat. 1 0 A11 A21 A31 . . . An1 C B B A12 A22 A32 . . . An2 C C 1 B B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .C A1 ¼ C jAj B C B @ A1n A2n A3n . . . Ann A mit AA1 ¼ A1 A ¼ E: Hierbei ist jAj die Determinante von A und Aij die Adjunkte des Elements aij . Beispiel:
a11 a12
a11 a12
¼ a11 a22 a12 a21 6¼ 0; A¼ ; jAj ¼
a21 a22 a21 a22
a22 a12 1 1 : A ¼ a11 a22 a12 a21 a21 a11
0
Rang einer Matrix. Werden in der Matrix A ¼ ðaij Þðm; nÞ ¼ ða1 ; a2 ; a3 ; . . . ; an Þ; ai 2 Rm ; m-k verschiedene Zeilen und n-k verschiedene Spalten gestrichen, wobei 1 % k % minðm; nÞ, so bilden die brigen Elemente ein quadratisches Schema aus k Zeilen und k Spalten. Die Determinante aus diesen Elementen heißt eine Unterdeterminante k-ter Ordnung der Matrix A. Besitzt A eine von Null
3.2.5 Lineare Gleichungssysteme Zugrunde gelegt wird ein lineares Gleichungssystem aus m linearen Gleichungen mit n Unbekannten x1 ; x2 ; . . . ; xn . a11 x1 þ a12 x2 þ a13 x3 þ . . . þ a1n xn ¼ b1 a21 x1 þ a22 x2 þ a23 x3 þ . . . þ a2n xn ¼ b2 ............................................... am1 x1 þ am2 x2 þ am3 x3 þ . . . þ amn xn ¼ bm bzw. Ax ¼ b, wobei A ¼ ðaij Þðm; nÞ ¼ ða1 ; a2 ; a3 ; . . . ; an Þ; ai 2 Rm ði ¼ 1;2; . . . ; nÞ:
A
A 20
A
Mathematik – 3 Lineare Algebra
Die Matrix, die aus A durch Erweiterung mit den Koordinaten bi des Vektors b hervorgeht, heißt erweiterte Koeffizientenmatrix und wird ausgedrckt durch ðA; bÞ ¼ ða1 ; a2 ; a3 ; . . . ; an ; bÞ: Das Gleichungssystem heißt homogen, wenn b ¼ 0, sonst inhomogen. Wird die Matrix A als eine lineare Abbildung des Raumes Rn in den Raum Rm aufgefaßt, so besteht die Lsungsmenge des Gleichungssystems aus allen Vektoren x 2 Rn , deren Bild Ax der Vektor b ist. Das lineare Gleichungssystem Ax ¼ b ist genau dann lsbar, wenn der Rang der Matrix A gleich dem Rang der erweiterten Matrix ðA; bÞ ist, d.h., wenn RgðAÞ ¼ RgðA; bÞ: Fr den Sonderfall, daß A regulr ist, also die inverse Matrix A1 existiert, folgt unmittelbar aus Ax ¼ b die Lsungsformel x ¼ A1 b. Die Koordinaten xi ði ¼ 1; 2; 3; . . . ; nÞ des Lsungsvektors x sind dann gemß der Cramer-Regel (s. A 3.2.3) bestimmt durch xi ¼
Detða1 ; a2 ; . . . ; b; . . . ; an Þ ; ði ¼ 1; 2; . . . ; nÞ: Detða1 ; a2 ; . . . ; ai ; . . . ; an Þ
Homogenes Gleichungssystem Ax ¼ 0 Hat die Koeffizientenmatrix vom Typ (m, n) den Rang r, dann hat das homogene Gleichungssystem Ax ¼ 0 fr r=n als einzige Lsung den Nullvektor 0 (triviale Lsung) fr r
2 1
¼ 3 6¼ 0 ist, hat die Koeffizientenmatrix den sind Null. Da
1 1
Rang 2 und es gibt 4–2=2 linear unabhngige Lsungsvektoren x1 ; x2 . Da die dritte Gleichung des Systems eine Linearkombination der beiden ersten Gleichungen und damit berflssig ist, werden diese beiden Vektoren aus den beiden ersten Gleichungen bestimmt. þ 2x4 ¼ 0 2x4 2 x1 þ x2 2 x1 þ x2 ¼ : oder x1 þ x2 2x3 þ 3x4 ¼ 0 x1 þ x2 ¼ 2x3 3x4
Hieraus ergeben sich nach der Cramer-Regel (s. A 3.2.3) fr x3 ¼ 1 und x4 ¼ 0 bzw. fr x3 ¼ 0 und x4 ¼ 1 die Lsungen x1 ¼ 2=3 und x2 ¼ 4=3 bzw. x1 ¼ 1=3 und x2 ¼ 8=3, so daß 0 1 0 1 0 1 0 1 2=3 1=3 2 1 B 4=3 C B C B C B C C ¼ 1=3 B 4 C und x2 ¼ B 8=3 C ¼ 1=3 B 8 C x1 ¼ B @1 A @ 0 A @3A @ 0A 0 1 0 3 zwei linear unabhngige Lsungsvektoren sind, mit denen die allgemeine Lsung x ¼ l1 x1 þ l2 x2 fr beliebige l1 ; l2 2 R ist.
Inhomogenes Gleichungssystem Ax¼b ðb 6¼ 0Þ Die Lsbarkeitsbedingung RgðAÞ ¼ RgðA; bÞ sei erfllt. Aus den linearen Eigenschaften der Abbildung A folgt unmittelbar: Die allgemeine Lsung des inhomogenen Gleichungssystems ist gleich der Summe aus der allgemeinen Lsung des homogenen Gleichungssystems und einer speziellen Lsung des inhomogenen Gleichungssystems. Beispiel: 2x1 þ x2 þ 2x4 ¼ 1 x1 þ x2 2x3 þ 3x4 ¼ 0 oder 3 x2 4x3 þ 8x4 ¼ 1 0 1 0 1 x1 0 1 2 1 0 2 B C 1 B C B x2 C B C @ 1 1 2 3 A B C ¼ @ 0 A: @ x3 A 0 3 4 8 1 x4 Die Lsbarkeitsbedingung ist erfllt. Die zugehrige homogene Gleichung stimmt mit der Gleichung des letzten Beispiels berein, so daß deren allgemeine Lsung 0 1 0 1 2 1 B4C B C C þ l2 B 8 C; l1 ; l2 2 R xH ¼ l 1 B @3A @ 0A 0 3 ist. Die dritte Gleichung ist wieder eine Linearkombination der beiden ersten Gleichungen und damit berflssig. Mit x1 ¼ 0 und x2 ¼ 0 lauten die beiden ersten Gleichungen 2x4 ¼ 1 x ¼ 3=4 ; woraus 3 folgt; so daß x4 ¼ 1=2 2x3 þ 3x4 ¼ 0 0 0 1 1 0 0 B 0 C 1B0C B C C xP ¼ B @ 3=4 A ¼ 4 @ 3 A 1=2 2 eine partikulre Lsung der inhomogenen Gleichung ist. Die allgemeine Lsung lautet somit 0 1 0 1 0 1 0 2 1 B C B4C B C C þ l2 B 8 C þ 1 B 0 C fr beliebige l1 ; l2 2 R: x ¼ l1 B @3A @ 0A 4@3A 2 0 3
I4.1
Planimetrie
A 21
A
4 Geometrie H.-J. Schulz, Berlin Bemerkungen zur elementaren Geometrie In der Geometrie werden – ausgehend von durch Abstraktion gewonnenen Grundfiguren (Punkt, Gerade, Ebene) und Grundrelationen (Zugehrigkeit=Inzidenz, Symbol 2 ; Anordnung, Symbole <, = und >; Deckungsgleichheit=Kongruenz, Symbol ffi ; Stetigkeit=dichte Anordnung der Punkte) – Axiome aufgestellt, die unmittelbar verstndlich und nicht anderweitig zu beweisen sind.
Bild 1. Orientierung einer Ebene
4.1 Planimetrie In der Planimetrie (Flchenmessung) wird eine unendlich ausgedehnte Ebene als gegeben vorausgesetzt. In Bildern sind nur endliche Ausschnitte darstellbar. 4.1.1 Punkt, Gerade, Strahl, Strecke, Streckenzug Parallelen. Zwei Geraden heißen parallel, wenn sie keinen oder alle Punkte gemeinsam haben. Aus den Axiomen folgt fr die Schnittpunkte mehrerer Geraden: – Zwei verschiedene, nichtparallele Geraden haben genau einen Punkt gemeinsam: den Schnittpunkt. n verschiedene, nicht paarweise parallele Geraden ergeben n(n-1)/2 Schnittpunkte (z.B. haben vier Geraden sechs Schnittpunkte). – Durch einen Punkt einer Ebene lassen sich unendlich viele Geraden legen. Sie bilden ein Geradenbschel; der Schnittpunkt heißt Trger des Bschels. – Die Gesamtheit aller zu einer gegebenen Geraden parallelen Geraden bildet ein Parallelenbschel oder eine Richtung. Der Trger des Parallelenbschels liegt im Unendlichen. – Durch drei verschiedene Punkte, die nicht auf einer Geraden liegen, lassen sich genau drei verschiedene Geraden durch je zwei Punkte legen. Sie bestimmen eine Ebene im Raum. Halbgerade. Ein Punkt A auf der Geraden teilt diese in zwei Halbgeraden. Achse. Eine orientierte Gerade heißt Achse. Die Orientierung (der Richtungssinn) einer Geraden wird durch einen Pfeil, der den Durchlaufsinn angibt, oder ein geordnetes Punktepaar kenntlich gemacht, dessen erster Punkt z.B. der Anfangspunkt der Halbgeraden ist. Strahl. Eine orientierte Halbgerade mit Anfangspunkt heißt Strahl. Strecke. Zwei verschiedene Punkte A, B auf einer Geraden definieren die Strecke AB durch ihre Endpunkte. Zum Vergleich verschiedener Strecken mit Hilfe der Kongruenzaxiome werden Abbildungen der Ebene auf sich definiert, die die Abstnde und Anordnungen der Punkte einer Figur in sich nicht ndern, mit denen man aber Figuren „bereinanderschieben“ und auf Deckung vergleichen kann. Diese Abbildungen sind anschaulich mit den Bewegungen Parallelverschiebung, Drehung um einen Punkt und Spiegelung an einer Geraden zu beschreiben. Streckenzug. Eine zusammenhngende Folge von Strecken verschiedener Richtung heißt Streckenzug (Polygonzug: Polygon=Vieleck). Die je zwei Strecken gemeinsamen Punkte werden Eckpunkte genannt. Ist der Polygonzug geschlossen, d.h. fallen Anfangspunkt der ersten Strecke und Endpunkt der n-ten Strecke zusammen, so bildet der Polygonzug den Rand eines n-Ecks mit den Strecken als Seiten. Die Verbindungs-
Bild 2. Ebene Winkel. a Richtungssinn; b Bezeichnungen; c Paarungen
strecken zweier Eckpunkte, die nicht Seiten sind, heißen Diagonalen. Ein Polygon ist konvex, wenn fr zwei beliebige Punkte des Polygons auch alle Punkte der Verbindungsstrecke zum Polygon gehren, anderenfalls ist es konkav. 4.1.2 Orientierung einer Ebene Eine Gerade g zerlegt eine Ebene p in eine positive ðpþ Þ und negative ðp Þ Halbebene; sie ist Rand fr jede dieser Halbebenen. Wird die Gerade orientiert mit der Wahl eines Strahls gþ , so markiert die Kreislinie mit Durchlaufsinn die Orientierung der Ebene, die durch den Punkt B 2 gþ entsteht, wenn gþ in pþ hineingedreht wird. Der mathematisch positive Drehsinn einer Ebene ist entgegen dem Uhrzeigersinn (Bild 1). 4.1.3 Winkel Zwei Strahlen aþ ; bþ (Bild 2 a) mit gemeinsamem Anfangspunkt S (Scheitel) bilden die Schenkel zweier ungerichteter Winkel (Pfeilbgen 1 und 2). So ist der Winkel \ ASB oder \ðaþ ; bþ Þ mit den Pfeilen 1 und 2 entgegen dem Uhrzeigersinn mathematisch positiv. Er ist durch Zahlenwert und Richtung bestimmt. Nach der Grße (Bild 2 b) werden a spitze, b rechte, g stumpfe, d gestreckte, e berstumpfe und z volle Winkel unterschieden (Einheiten s. DIN 1315). Winkel an zwei einander schneidenden Geraden (Bild 2 c). Nebenwinkel sind a und b, b und g, g und d, d and a. Es gilt a þ b ¼ 180; a hat mit b einen Schenkel gemeinsam. Scheitelwinkel sind a und g, b und d. Es gilt a=g und b=d. Supplementwinkel haben die Winkelsumme 180, Komplementwinkel 90. 4.1.4 Strahlenstze Werden zwei parallele Geraden von einer dritten geschnitten, so gelten fr die dabei entstehenden Winkel (Bild 3):
Bild 3. Winkel an Parallelen, die von einer Geraden geschnitten werden
U. Jarecki, Hans-Joachim Schulz, Dubbel Mathematik, DOI 10.1007/978-3-642-22059-3_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
A 22
Mathematik – 4 Geometrie
A
Bild 4. Abstand des Punkts P von der Geraden g; d ¼ jPA1 j ¼ minjPAi j; i ¼ 1; 2; . . . ; l; . . .
Bild 6. hnliche Dreiecke. a Parallellage; b Spiegellage
Bild 5. Strahlenstze
Strahlenstzen, daß in hnlichen Polygonen die einander entsprechenden Seitenlngen proportional sind.
– Stufenwinkel ða; a0 Þ; ðg; g0 Þ; ðb; b0 Þ und (d, d) sowie Wechselwinkel ða; g0 Þ; ða0 ; gÞ; ðb; d0 Þ und ðb0 ; dÞ sind gleich. – Entgegengesetzt liegende Winkel ða; d0 Þ; ða0 ; dÞ; ðb; g0 Þ und ðb0 ; gÞ sind Supplementwinkel mit der Summe 180.
Beispiel: Aus
Jede dieser Eigenschaften ist notwendig und hinreichend dafr, daß zwei von einer dritten geschnittene Gerade parallel sind. Abstand. Vor allen Verbindungsstrecken PAi (Bild 4) zwischen einem Punkt P und einer Geraden g, mit P 62 g und beliebigen Punkten Ai 2 g, heißt die Strecke mit der kleinsten Lnge jPAl j ¼ minjPAi j der Abstand d des Punkts P von der Geraden. Der Punkt Al liegt auf der zu g senkrechten Geraden durch P. Fr viele Konstruktions- und Meßaufgaben sind folgende Stze wichtig: 1. Strahlensatz (Thales). Werden zwei von einem Punkt ausgehende Strahlen von (zwei) Parallelen geschnitten, so verhalten sich die Abschnitte (Streckenlngen) auf dem einen Strahl wie die entsprechenden Abschnitte auf dem anderen Strahl. Nach Bild 5 ist jSB1 j : jB1 B2 j ¼ jSA1 j : jA1 A2 j und jSB1 j : jSB2 j ¼ jSA1 j : jSA2 j:
ð1Þ
Ferner gilt die Umkehrung des 1. Strahlensatzes (Beispiel s. A 4.1.6). 2. Strahlensatz. Werden zwei von einem Punkt S ausgehende Strahlen von (zwei) Parallelen geschnitten, so verhalten sich die Abschnitte auf den Parallelen wie die entsprechenden von S aus gemessenen Abschnitte auf jedem Strahl. Mit Bild 5 gelten also jA1 B1 j : jA2 B2 j ¼ jSA1 j : jSA2 j und jA1 B1 j : jA2 B2 j ¼ jSB1 j : jSB2 j:
jBCj : jB0 C0 j ¼ jBSj : jB0 Sj und jBAj : jB0 A0 j ¼ jBSj : jB0 Sj (2. Strahlensatz; Bild 6) folgt jBCj : jB0 C0 j ¼ jBAj : jB0 A0 j und jBCj : jBAj ¼ jB0 C 0 j : jB0 Aj ; also sind die Dreiecke 4(ABC) und 4ðA0 B0 C0 Þ hnlich.
Speziell fr Dreiecke ergeben sich hnlichkeitsstze, bei denen nicht alle Winkel bzw. Proportionen geprft werden mssen. Dreiecke sind hnlich, wenn sie bereinstimmen in zwei Seitenverhltnissen, im Verhltnis zweier Seiten und in dem von diesen Seiten eingeschlossenen Winkel, in zwei gleichliegenden Innenwinkeln, im Verhltnis zweier Seiten und dem der grßeren Seite gegenberliegenden Winkel. 4.1.6 Teilung von Strecken Die Aufgabe, eine gegebene Strecke AB in einem beliebigen reellen Verhltnis u= m: n mit jvj ¼ jATj : jTBj zu teilen, ist mit Hilfe der Strahlenstze lsbar (Bild 7 a). ußere und innere Teilung. Liegt der Teilungspunkt Ti zwischen A und B, so liegt eine innere Teilung vor; es sei u>0. Liegt Ta außerhalb der Strecke AB, so ist es die ußere Teilung mit u<0. Harmonische Teilung. Hier sind die Betrge der ußeren und inneren Teilung gleich, also jATa j : jTa Bj ¼ jATi j : jTi Bj. Goldener Schnitt. Er heißt auch stetige Teilung (Bild 7 b) und stellt die innere Teilung dar, fr die jABj : jATj ¼ jATj : jTBj ist.
ð2Þ
Die Umkehrung des 2. Strahlensatzes ist nicht eindeutig, ist. Dann ist zwar wenn jA1 B1 j < jSA1 j jA1 B3 j : jA2 B2 j ¼ jSA1 j : jSA2 j, aber jA1 B3 jjA2 B2 j. 4.1.5 hnlichkeit Zwei Polygone heißen hnlich, wenn durch geeignete Drehung oder Spiegelung einander entsprechende Seiten parallele Geraden werden, d.h., wenn die Figuren in der Form – also in Anordnung und Grße aller Winkel –, jedoch nicht in den Seitenlngen bereinstimmen. Weiterhin folgt mit den beiden
Bild 7. Teilung der Strecke AB. a ußere und innere Teilung; b stetige Teilung (Goldener Schnitt)
I4.2
Trigonometrie
A 23
4.1.7 Pythagoreische Stze
Dreieck bilden, ist der Kreis durch A und B mit Mittelpunkt M auf der Strecke AB (Bild 9 b). Im rechtwinkligen Dreieck mit den Katheten a und b teilt der Fußpunkt F der Hhe hc die Hypotenuse c in die Abschnitte a0 und b0 , die Projektionen der Katheten auf die Hypotenuse.
Allgemeine Dreiecke
Hhensatz, Stze von Euklid und Pythagoras. Sie lauten
Beispiel: Gegeben ist die Strecke AB. Gesucht werden Ti fr u=3:5 und Ta fr u=-3:5. – Die Geraden durch (A, D) und (B, C) sind beliebige Parallelen. Mit Hilfe weiterer Parallelen (gestrichelt) ist die Strecke AB in n+ m gleich große Strecken zu teilen (Bild 7 a).
Nach Bild 8 sind Eckpunkte A, B, C im mathematisch positiven Umlaufsinn zu definieren (4 ABC). Die Seiten a, b, c liegen gegenber den gleichlautenden Eckpunkten, und die Innenwinkel a, b, g haben den „gleichlautenden“ Eckpunkt als Scheitel. Bezeichnungen. Hhen ha ; hb ; hc sind Abstnde der Eckpunkte von ihren gegenberliegenden Seiten. Insbesondere schneiden sich (Bild 8 a–c) die: a Seitenhalbierenden sa ; sb und sc im Schwerpunkt S, b Winkelhalbierenden wa ; wb und wg im Mittelpunkt Mi des Innenkreises mit den Seiten als Tangenten, c Mittelsenkrechten ma ; mb und mc im Mittelpunkt Mu des Umkreises durch die Eckpunkte. Fr die Hhen (Bild 8 d) gilt: ha : hb : hc ¼ 1=a : 1=b : 1=c. Stze: Von je zwei verschieden großen Seiten eines Dreiecks liegt der grßeren Seite der grßere Winkel gegenber. – Die Summe der Innenwinkel betrgt 180. – Fr Dreiecke folgen aus einer Formel zwei weitere durch zyklische Vertauschungen, also durch Ersetzen der Zahlentripel (a, b, c) und (a, b, g) durch (b, c, a) und (b, g, a) oder (c, a, b) und (g, a, b). Einteilung. Sie erfolgt nach Winkeln in spitz-, recht- und stumpfwinklige Dreiecke sowie nach den Seiten in gleichseitige und gleichschenklige Dreiecke. Rechtwinkliges Dreieck Hier heißen die Schenkel des rechten Winkels Katheten (a und b in Bild 9 a) und die ihm gegenberliegende Seite Hypotenuse (c). Satz von Thales. Der geometrische Ort aller Dreieckpunkte Ci , die mit einer gegebenen Strecke AB ein rechtwinkliges
h2c ¼ a0 b0 ;
ð3Þ
a2 ¼ a0 c; b2 ¼ b0 c;
ð4Þ
a2 þ b2 ¼ c2 :
ð5Þ
Im rechtwinkligen Dreieck ist das Quadrat der Hypotenusenlnge gleich der Summe der Quadrate der Kathetenlngen. Der Beweis folgt aus der hnlichkeit der Dreiecke 4(ABC), 4(ACF) und 4(CBF). Seine allgemeine Form ist der Kosinussatz (s. A 4.2.2). Dreiecke lassen sich durch ihre Hhe in rechtwinklige Teildreiecke zerlegen. Konvexe Polygone bestehen aus einzelnen Dreiecken (s. A 4.2.2). Beispiel: Beweis fr die Konstruktion des goldenen Schnitts. – Nach Bild 7 b mit jABj ¼ a; jATj ¼ x ¼ jASj; jTBj ¼ a x und jMBj ¼ a=2 gilt im Dreieck 4ABM der Satz des Pythagoras: a2 þ a2 =4 ¼ ðxþ a=2Þ2 bzw. a:x=x:(a-x), also stetige Teilung.
4.2 Trigonometrie Die Trigonometrie ist die Lehre von der Berechnung der Dreiecke mit Hilfe der trigonometrischen Funktionen, auch Winkel- oder Kreisfunktionen genannt. Die hier behandelte ebene Trigonometrie setzt das Dreieck in der Ebene voraus. Bei der sphrischen Trigonometrie dagegen werden die Dreiecke von Kreisbgen auf Kugeloberflchen gebildet. Mit der Erweiterung der Definition trigonometrischer Funktionen auf komplexe Variable ergeben sich Zusammenhnge mit den Exponential- und Hyperbelfunktionen. 4.2.1 Goniometrie In der Goniometrie werden diejenigen Beziehungen der trigonometrischen Funktionen, die allein Winkel (s. A 4.1.3) betreffen, untersucht. Trigonometrische Funktionen Sie sind zunchst fr ungerichtete spitze Winkel im rechtwinkligen Dreieck als Verhltnisse von Seitenlngen definiert. Entsprechend Bild 9 a gilt mit der Ankathete b, der Gegenkathete a und der Hypotenuse c Sinus : ð6Þ Kosinus :
ð7Þ
Tangens :
ð8Þ
Kotangens : Trigonometrischer Satz von Pythagoras sin2 a þ cos2 a ¼ 1;
ð9Þ ð10Þ
tan a ¼ 1= cot a ¼ sin a= cos a; Bild 8. Dreieck. a Seitenhalbierende und Schwerpunkt; b Winkelhalbierende und Innenkreis; c Mittelsenkrechte und Umkreis; d Hhen
1 þ tan2 a ¼ 1= cos2 a; 1 þ cot2 a ¼ 1= sin2 a
ð11Þ
sinð90 aÞ ¼ cos a; cosð90 aÞ ¼ sin a; tanð90 aÞ ¼ cot a; cotð90 aÞ ¼ tan a:
ð12Þ
Die Anwendung der Definitionen auf rechtwinklige Dreiecke als Teile von gleichseitigen Dreiecken oder Quadraten der Kantenlnge 1 ergibt die Werte fr einige wichtige Winkel:
Bild 9. Stze des rechtwinkligen Dreiecks. a Pythagoras und Hhensatz; b Thales
A
A 24
A
Mathematik – 4 Geometrie
Funktionen beliebiger Winkel. Bild 10 a zeigt die fr einen auf dem Kreis umlaufenden Punkt P=(x, y) geltenden Zuordnungen fr beliebige Winkel j. Die trigonometrischen Funktionen (Bild 10 b) – als Menge von Punktpaaren (x, y) im Sinne der Abbildung einer Menge {x} ðx ¼ j=rad Zahlenwert des Winkels, s. A 4.1.3) – sind 9 ½sin ¼ fðx; yÞjx 2 R; y 2 ½1; 1; x7!y ¼ sin xg; > > > > ½cos ¼ fðx; yÞjx 2 R; y 2 ½1; 1; x7!y ¼ cos xg; = ð13Þ ½tan ¼ fðx; yÞjx 2 R n fð2n þ 1Þp=2jn 2 Zg; > x7!y ¼ tan xg; > > > ; ½cot ¼ fðx; yÞjx 2 R n fnpjn 2 Zg; x7!y ¼ cot xg: cos- und sin-Funktionen sind beschrnkt und periodisch mit der Periode 2p, d.h. sinðx þ 2pnÞ ¼ sin x, cosðx þ 2pnÞ ¼ cos x ; n 2 Z. tan- und cot-Funktionen sind unbeschrnkt und periodisch mit der Periode p, d.h. tanðx þ pnÞ ¼ tan x, cotðx þ pnÞ ¼ cot x, n 2 Z. Sie haben Unstetigkeitsstellen (s. Gln. (13)). Nullstellen der Funktionen fr k 2 Z: sin x ¼ tan x ¼ 0 fr x ¼ x k ¼ kp; cos x ¼ cot x ¼ 0 fr x ¼ x k ¼ ð2k þ 1Þp=2: Ungerade Funktionen:
fr den Winkel j in Grad, d.h. 0 % j % 90, daher auch als Quadrantenrelationen bezeichnet
Fr Argumente jxj > 2p ist zuerst die Restklasse z ¼ x modð2pÞ ¼ signðxÞfjxj 2p ent½jxj=ð2pÞg zu bilden, d.h. von |x| das grßte ganzzahlige Vielfache von 2p, das kleiner bzw. gleich | x| ist, zu subtrahieren. Hierbei ist entðxÞ die grßte ganze Zahl kleiner bzw. gleich x. Funktionen desselben Arguments. Sie ergeben sich aus den in Bild 10 a benutzten Dreiecken mit dem Satz von Pythagoras (s. Gln. (10) bis (12)).
sinðxÞ ¼ sin x; tanðxÞ ¼ tan x; cotðxÞ ¼ cot x: Gerade Funktion: cosðxÞ ¼ cos x. Die Betrge aller Funktionswerte sind aus dem Intervall 0 % x % p=2 (I. Quadrant) zu entnehmen und daher in Tabellen nur fr dieses Intervall angegeben. Zur Reduktion auf das Intervall 0 % x % p=2 gelten die Beziehungen sinngemß auch
Das Vorzeichen richtet sich nach dem Quadranten, in dem x liegt. Additionstheoreme. Sie geben die Relationen zwischen der Anwendung der Funktion auf ein aus mehreren Winkeln gebildetes Argument und den Funktionen der beteiligten Winkel an. Summe und Differenz zweier Winkel. Aus Bild 11 folgt z.B. sinða þ bÞ ¼ ¼
Bild 10. Trigonometrische Funktionen. a Einheitskreis; b Darstellung
jAEj jADj þ jDEj ¼ jOEj jOEj
jCBj jOCj jDEj jECj þ ; jOCj jOEj jECj jOEj
Bild 11. Zur Ableitung der Additionstheoreme
I4.2 9 sinða bÞ ¼ sin a cos b cos a sin b; > > > cosða bÞ ¼ cos a cos b sin a sin b; > = tan atan b tanða bÞ ¼ 1 tan a tan b ;
> > > > ;
a cot b 1 cotða bÞ ¼ cot cot bcot a :
9 sinða þ bÞ þ sinða bÞ ¼ 2 sin a cos b; > > > sinða þ bÞ sinða bÞ ¼ 2 cos a sin b; > > > > cosða þ bÞ þ cosða bÞ ¼ 2 cos a cos b; > > > = cosða þ bÞ cosða bÞ ¼ 2 sin a sin b; sinða þ bÞ sinða bÞ ¼ cos2 b cos2 a > > > > ¼ sin2 a sin2 b; > > > > cosða þ bÞ cosða bÞ ¼ cos2 b sin2 a > > ; 2 2 ¼ cos a sin b:
ð16Þ
ð19Þ
n
n sin a cosn1 a sin3 a cosn3 a 1 3 n 5 n5 þ sin a cos a þ . . . ; n n 5 sin2 a cosn2 a cosðnaÞ ¼ cosn a 2 0 n 4 n4 þ sin a cos a þ . . . 4 sinðnaÞ ¼
Satz von Euler und Moivre. Fr komplexe Zahlen (s. A 2.2.3) gilt expðiaÞ ¼ cos a þ i sin a und ðcos a þ i sin aÞn ¼ cosðnaÞ þi sinðnaÞ ¼ expðn iaÞ. Potenzen der Funktionen. Die Umformung der Gln. (18) liefert 9 sin2 a ¼ ð1 cos 2aÞ=2; cos2 a ¼ ð1 þ cos 2aÞ=2; = 3 ð20Þ sin a ¼ ð3 sin a sin 3aÞ=4; ; cos3 a ¼ ð3 cos a þ cos 3aÞ=4: Summen und Differenzen der Funktionen. Sie ergeben sich aus den Gln. (16) mit a0 þ b0 ¼ b und a0 b0 ¼ a zu
Bild 12. Zyklometrische Funktionen
A ð21Þ
Zyklometrische Funktionen ð17Þ
2 cotða=2Þ
9 sin 3a ¼ 3 sin a 4 sin3 a; > > = sin 4a ¼ 8 sin a cos3 a 4 sin a cos a; 3 > cos 3a ¼ 4 cos a 3 cos a; > ; cos 4a ¼ 8 cos4 a 8 cos2 a þ 1:
9 ab a b > cos ; > > > > 2 2 > > = aþb ab cos a þ cos b ¼ 2 cos cos ; > 2 2 > > > > aþb ab > ; cos a cos b ¼ 2 sin sin :> 2 2
A 25
sin a sin b ¼ 2 sin
Vielfache und Teile eines Winkels. Mit b=a oder a/2 folgen 9 sin 2a ¼ 2 sin a cos a; sin a ¼ 2 sinða=2Þ cosða=2Þ; > > > > cos 2a ¼ cos2 a sin2 a; > > = cos a ¼ cos2 ða=2Þ sin2 ða=2Þ; ð18Þ 2 tanða=2Þ 2 tan a > ; tan a ¼ ; tan 2a ¼ 1tan 2a > 1tan2 ða=2Þ > > > 2 > 2 ; cot 2a ¼ cot a1 ; cot a ¼ cot ða=2Þ1 : 2 cot a
Trigonometrie
Sie werden auch Arcus- oder Bogenfunktionen genannt und sind die Umkehrfunktionen (Inversen) der trigonometrischen Funktionen. Die Spiegelung der trigonometrischen Funktionskurven an der Geraden y=x ergibt die Kurven der zyklometrischen Funktionen (Bild 12) in dem mit „Hauptwerte“ gekennzeichneten Bereich. Die implizierte Form der Umkehrfunktion zum Sinus ist x ¼ sin y, die explizite y ¼ arcsin x. Letztere besagt, daß am Einheitskreis y der Zahlenwert des Bogens ist, dessen Sinus gleich x ist. Im Bild 13 sind y und z Winkel; y ist im positiven Sinn, z entgegengesetzt skaliert. Damit gilt 9 ½arcsin ¼ fðx; yÞjx 2 ½1; 1; y 2 ½p=2; p=2; > > > > x7!y ¼ arcsin xg; > > > > ½arccos ¼ fðx; yÞjx 2 ½1; 1; y 2 ½0; p; > > = x7!y ¼ arccos xg; ð22Þ ½arctan ¼ fðx; yÞjx 2 R; y 2 ðp=2; p=2Þ; > > > > > x7!y ¼ arctan xg; > > > > ½arccot ¼ fðx; yÞjx 2 R; y 2 ð0; pÞ; > ; x7!y ¼ arccot xg: Im angelschsischen Sprachgebrauch gelten fr diese Funktionen die Bezeichnungen sin1 ; cos1 ; tan1 und cot1 (z.B. auf Taschenrechnern). Die Gln. (22) erklren zusammen mit den Gln. (13) die Umkehridentitten: 9 sinðarcsin xÞ x fr x 2 ½1; 1; > > > > > arcsinðsin xÞ x fr x 2 ½p=2; p=2; > > > > > > cosðarccos xÞ x fr x 2 ½1; 1; > > > = arccosðcos xÞ x fr x 2 ½0; p; ð23Þ > tanðarctan xÞ x fr x 2 R; > > > > > arctanðtan xÞ x fr x 2 ðp=2; p=2Þ; > > > > > cotðarccot xÞ x fr x 2 R; > > > ; arccotðcot xÞ x fr x 2 ð0; pÞ: Eigenschaften. Alle vier zyklometrischen Funktionen sind im Bereich der Hauptwerte beschrnkt.
A 26
Mathematik – 4 Geometrie
A
Bild 13. Bogenfunktionswerte am Einheitskreis. a fr y ¼ arcsin x und z ¼ arccos x ; b fr y ¼ arctan x und z ¼ arccot x
Nullstellen: arcsin x ¼ 0 fr x=0, arccos x =0 fr x=1 und arctan x ¼ 0 fr x=0. Ungerade Funktionen: arcsinðxÞ ¼ arcsin x; arctanðxÞ ¼ arctan x. Negative Argumente: arccosðxÞ ¼ p arccos x; arccotðxÞ ¼ p arccot x. k-ter Monotoniebereich der Sinus-Funktion: Mit p=2þ kp % x % p=2 þ kp ist die Umkehrfunktion fr diesen Bereich der k-te Nebenwert arck sin x fr k 2 Z. Damit wird y ¼ arck sin x ¼ kp þ ð1Þk arcsin x fr y 2 ½p=2 þ kp; kp þ p=2; ( kp þ arccos x fr k gerade y¼ ðk þ 1Þp arccos x fr k ungerade und y 2 ½kp; ðk þ 1Þp; y ¼ arck tan x ¼ kp þ arctan x fr y 2 ðp=2 þ kp; kp þ p=2Þ; y ¼ arck cot x ¼ kp þ arccot x fr y 2 ðkp; ðk þ 1ÞpÞ; k ¼ 0 liefert die Hauptwerte: Beispiel: 0; 1ðx 4Þ2 þ sin x ¼ 0: – Einer Skizze entnimmt man den Schnittpunkt der Parabel y ¼ 0; 1ðx 4Þ2 mit der Sinuskurve und daß ein Wert x 2 ðp; 4Þ sein muß. Will man mit dem Iterationsverfahren (s. A 9.2.1) xiþ1 aus xi berechnen, so ist xiþ1 ¼ p arcsin½ðxi 4Þ2 =10 ¼ p þ arcsin½ðxi 4Þ2 =10 zu bilden und damit auf den fr die Inversion gltigen Monotoniebereich zu reduzieren. Mit x0 ¼ 3;2 erhlt man nach einigen Schritten xi ¼ 3;20486 als brauchbare Nherungslsung.
Beziehungen im Bereich der Hauptwerte. Es gelten: pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 9 arcsin x ¼ p=2 arccos x ¼ arctanðx= 1 x2 Þ; > > pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi > > > arccos x ¼ p=2 arcsin x ¼ arccosðx= 1 x2 Þ; > > > > pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi > = 2 arctan x ¼ p=2 arccotx ¼ arcsinðx= 1 þ x Þ; pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi > 2 > arccot x ¼ p=2 arctan x ¼ arccosðx= 1 þ x Þ; > > > > > > arctanð1=xÞ fr x > 0; > > ; arccot x ¼ p þ arctanð1=xÞ fr x < 0:
ð24Þ
Hyperbelfunktionen Sie sind spezielle Linearkombinationen der Exponentialfunktion (Bild 14 a), die sich als Lsung einer Reihe technischer
Bild 14. a Einheitshyperbel mit Sektor t/2 schraffiert; b Funktionsverlauf (Graph)
Probleme ergeben, wie der Hyperbelsinus (sinus hyperbolicus) sinh, der Hyperbelkosinus cosh, der Hyperbeltangens tanh und der Hyperbelkotangens coth. 9 ½sinh ¼ fðx; yÞjx 2 R; y 2 R; > > > > > > x7!y ¼ sinh x ¼ ½expðxÞ expðxÞ=2g; > > > > > ½cosh ¼ fðx; yÞjx 2 R; y 2 ½1; 1Þ; > > > > > x7!y ¼ cosh x ¼ ½expðxÞ þ expðxÞ=2g; > > > n > > = ½tanh ¼ ðx; yÞjx 2 R; y 2 ð1; 1Þ; ð25Þ > > expðxÞ expðxÞ > > x7!y ¼ tanh x ¼ ; > > expðxÞ þ expðxÞ > > > n > > > ½coth ¼ ðx; yÞjx 2 R n f0g; y 2 R n ð1; 1Þ; > > > > > > > expðxÞ þ expðxÞ > > x7!y ¼ coth x ¼ : ; expðxÞ expðxÞ sinh, cosh und coth sind unbeschrnkt, tanh ist beschrnkt. tanh und coth haben horizontale Asymptoten bei y=1. Nullstellen: sinh x ¼ 0 fr x=0, tanh x ¼ 0 fr x=0. Gerade Funktion: coshðxÞ ¼ cosh x. Ungerade Funktionen: sinhðxÞ ¼ sinh x, tanhðxÞ ¼ tanh x; cothðxÞ ¼ coth x: Definitionsgemß ist tanh x ¼ sinh x= cosh x ¼ 1= coth x; sinh x þ cosh x ¼ expðxÞ; sinh x cosh x ¼ expðxÞ;
9 > > > > > > =
> > cosh2 x sinh2 x ¼ 1; 1 tanh2 x ¼ 1= cosh2 x; > > > > ; coth2 x 1 ¼ 1=sinh2 x:
ð26Þ
I4.2 Additionstheoreme. Analog den Kreisfunktionen gilt 9 sinhðx yÞ ¼ sinh x cosh y cosh x sinh y; > > > > coshðx yÞ ¼ cosh x cosh y sinh x sinh y; > > > = tanh x tanh y tanhðx yÞ ¼ ; > 1 tanh x tanh y > > > > > 1 coth x coth y > ; cothðx yÞ ¼ : coth x coth y n 9 > sinhðnxÞ ¼ coshn1 x sinh x > > 1 > > > n > > > þ coshn3 x sinh3 x > > 3 > = n n1 cosh x sinh x; ;þ... þ > n 1 > > > n > coshðnxÞ ¼ coshn x þ coshn2 x sinh2 x > > > 2 > > n > > n ; sinh x: þ ... þ n
Trigonometrie
A 27
A ð27Þ
ð28Þ Bild 15. Areafunktionen
Deutung an der Einheitshyperbel. So wie x ¼ cos j; y ¼ sin j eine Parameterdarstellung des Einheitskreises mit dem Parameter j ist, ergeben sich x ¼ cosh t; y ¼ sinh t fr die Einheitshyperbel. x2 y2 ¼ cosh2 t sinh2 t ¼ 1. Die Koordinaten des Punkts P in Bild 14 b sind den Hyperbelsinus- und Hyperbelkosinuswerten des Parameters t zuzuordnen. Der Parameter t ist ein Maß fr die Flche A des schraffierten Hyperbelsektors OPF, wie mittels Integration nachweisbar ist. pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi t ¼ lnðcosh t þ cosh2 t 1Þ ¼ 2A: ð29Þ Die tanh-t-Werte sind Strecken auf der Scheiteltangente, die coth- t-Werte Strecken auf der Geraden y=1, jeweils bis zum Schnitt mit der Strecke OP.
Weiterhin gilt
8 > > <
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 9 arcoshð x2 þ 1Þ fr x 0; > > pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi > > 2 > > arsinh x ¼ arcoshð x þ 1Þ fr x < 0; > > pffiffiffiffiffiffiffiffi > > > > x2 þ1 x ffi : > ffiffiffiffiffiffiffi p artanh x2 þ1 ¼ arcoth x ; > > > > pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi = 2 arcosh x ¼ arsinhð x 1Þ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi! > > 2 > x 1 > > ¼ artanh > > > x > > > > > > x > ; ¼ arcoth pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi : 2 x 1
ð32Þ
4.2.2 Berechnung von Dreiecken und Flchen Areafunktionen Sie sind die Umkehrfunktionen der Hyperbelfunktionen (Bild 15). Der Name (area=Flche) erklrt sich aus der Deutung der Hyperbelfunktion (Bild 14 b) an der Einheitshyperbel. Fr den Hyperbelsinus (berall streng monoton) y ¼ sinh x ergibt sich als Inverse in impliziter Form x ¼ sinh y bzw. explizit y ¼ arsinh x. Fr die Graphen der Areafunktionen gilt 9 ½arsinh ¼ fðx; yÞjx 2 R; y 2 R; > > pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi > > > > x7!y ¼ arsinh x ¼ lnðx þ x2 þ 1Þg; > > > > ½arcosh ¼ fðx; yÞjx 2 ½1; 1Þ; y 2 ½0; þ1Þ; > > pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi > > 2 > x7!y ¼ arcosh x ¼ þ lnðx þ x 1Þg; = n ð30Þ ½artanh ¼ ðx; yÞjx 2 ð1; 1Þ; y 2 R; > > >
> > 1 1þx > x7!y ¼ artanh x ¼ 2 ln1x ; > > n > > > ½arcoth ¼ ðx; yÞjx 2 R n ½1; 1; y 2 R n f0g; > > > >
; : x7!y ¼ arcoth x ¼ 12 lnxþ1 x1 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi So folgt aus Gl. (29) 2A ¼ t ¼ lnðx þ x2 1Þ ¼ arcosh x mit x ¼ cosht.
Die Berechnung fehlender Bestimmungsstcke eines Dreiecks aus gegebenen kann mit Hilfe der trigonometrischen Funktionen ber den in A 4.1.7 dargestellten Umfang fr rechtwinklige Dreiecke hinaus erweitert werden. Das Problem ist gelst, wenn aus drei gegebenen Grßen drei andere berechnet werden knnen. Rechtwinkliges Dreieck. Hier (Bild 9 a) gelten nach dem Satz von Pythagoras mit den trigonometrischen Funktionen die Lsungen in Tab. 1 fr die fnf Grundaufgaben. Schiefwinkliges Dreieck. In ihm gelten die folgenden Stze (zyklische Vertauschungen sind gekennzeichnet mit { ): Sinussatz: Sinussatz
a b c ¼ ¼ ¼ 2r: sin a sin b sin g
Kosinussatz oder verallgemeinerter Satz von Pythagoras: 9 a2 ¼ b2 þ c2 2bc cos a; > > > > zyklische Vertauschung fhrt zu = b2 ¼ c2 þ a2 2ca cos b und c ¼ a þ b 2ab cos g: 2
2
2
> > > > ;
Umkehridentitten. Sie sind mithin
9 sinhðarsinh xÞ x arsinhðsinhxÞ fr x 2 R; > > > > > coshðarcosh xÞ x fr x 2 ½1; 1Þ und > > > > arcoshðcosh xÞ x fr x 2 ½0; 1; = tanhðartanh xÞ x fr x 2 ð1; 1Þ und > > > artanhðtanh xÞ x fr x 2 R; > > > cothðarcoth xÞ ¼ x fr x 2 R n ½1; 1 und > > > ; arcothðcoth xÞ ¼ x 2 R n f0g:
Eigenschaften. Ungerade Funktionen sind arsinhðxÞ ¼ arsinh x; artanhðxÞ ¼ artanh x; arcothðxÞ ¼ arcoth x:
ð31Þ
Tabelle 1. Grundaufgaben fr rechtwinklige Dreiecke ðg ¼ 90Þ
ð33Þ
ð34Þ
A 28
A
Mathematik – 4 Geometrie
Bedingte Identitten fr die Winkelfunktionen: Wegen a þ b þ g ¼ 180 folgen aus den Additionstheoremen
Tabelle 3. Merkmale fr SSW
sin a ¼ sinðb þ gÞ; sinða=2Þ ¼ cos½ðb þ gÞ=2; cos a ¼ cosðb þ gÞ; cosða=2Þ ¼ sin½ðb þ gÞ=2 und { : Summe der Projektionen. Jede Seite lßt sich aus den beiden anderen Seiten berechnen; a ¼ b cos g þ c cos b und [ { . Tangenssatz oder Nepersche Formel: ab ab aþb ¼ tan 2 aþb 2 a þ b 180 g ¼ und { : mit 2 2 tan
Mollweidesche Formeln: ðb þ cÞ sinða=2Þ ¼ a cos½ðb gÞ=2 und ðb cÞ cosða=2Þ ¼ a sin½ðb gÞ2 sowie { : Halbwinkelsatz: sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi a ðs bÞðs cÞ tan ¼ und { : 2 sðs aÞ
ð35Þ
) ð36Þ
ð37Þ
Lsung der Grundaufgaben im schiefwinkligen Dreieck s. Tab. 2. Flchenberechnung s. Tab. 4.
4.3 Stereometrie Die Stereometrie ist die Erweiterung der in A 4.1 und A 4.2 dargestellten euklidischen Geometrie der Ebene auf den dreidimensionalen Raum, in dem die Betrachtung auf die Punkte, die nicht in einer Ebene liegen, ausgedehnt wird. Dieser Raum wird mit R3 bezeichnet und durch ein Volumenmaß gemessen. Die Dimension eines Raums, die in der Vektoralgebra mit der Zahl der linear unabhngigen Basisvektoren definiert wird, ist in der axiomatischen Geometrie mit der Zahl der Maße zur Messung von Eigenschaften der Punktmengen erklrbar.
Teilmenge, ˙ Durchschnitt, ^ und, folglich (s. A 1.1) sowie k parallel, 6k nicht parallel und windschief: – Zwei Geraden (Bild 16) im Raum heißen parallel, wenn sie in einer Ebene liegen (komplanar sind) und keine oder alle Punkte gemeinsam haben. Nicht in einer Ebene liegende Geraden heißen windschief. Es gilt k12 kg ) k12 E1 ^ g E1
und a
g.
– Eine Gerade hat mit einer Ebene gemeinsam: alle Punkte (g E1 ), den Durchstoßpunkt D (a, b, c, d mit der Ebene E2 ) und keine Punkte (a und E1 ). Hier ist k12 E2 und D 2 a ^ D 2 E2 . – Zwei Ebenen im Raum heißen parallel, wenn sie keine oder alle Punkte gemeinsam haben. Zwei nichtparallele Ebenen haben alle Punkte einer Geraden, der Schnittgeraden oder Kante, gemeinsam. Es ist E2 kE3 ; E1 E2 ) k12 ¼ E1 ˙ E2 =Kante. – Durch einen Punkt P im Raum lassen sich unendlich viele Geraden legen. Sie bilden ein Bndel mit dem Trger D und den Elementen a, b, c und d. – Durch einen Punkt P im Raum (Bild 17) lassen sich unendlich viele verschiedene Ebenen legen. Sie bilden ein Ebenenbndel mit den Elementen E1 bis E4 und dem Trger k ¼ E1 ˙ E2 ˙ E3 . Durch mindestens drei Ebenen, die einen Punkt P ¼ E1 ˙ E3 ˙ E4 gemeinsam haben, wird in P eine krperliche Ecke gebildet. Die mathematisch positive Orientierung des Raumes entspricht einer Rechtsschraube. Die Winkel als geometrische Figuren werden durch ihre Grßen (a; b; g; . . .) gekennzeichnet.
4.3.1 Punkt, Gerade und Ebene im Raum Punkt, Gerade und Ebene sind die Grundelemente des Raums. Innerhalb jeder Ebene des Raums gelten die Gesetze der Planimetrie. Die Erweiterung der Axiome und des Parallelenbegriffs ergeben mit den Symbolen 2 Element der Menge,
Tabelle 2. Grundaufgaben fr schiefwinklige Dreiecke
Bild 16. Geraden und Ebenen im Raum
Bild 17. Ebenenbndel
I4.3 Tabelle 4. Umfang und Flche der wichtigsten ebenen Figuren
Stereometrie
A 29
A
A 30
A
Mathematik – 4 Geometrie
4.3.2 Krper, Volumenmessung
4.3.6 Guldinsche Regeln
Ein Krper ist eine abgeschlossene, einfach zusammenhngende Teilmenge des Raumes, dessen Randpunkte die Oberflche des Krpers bilden, die die inneren Punkte des Krpers vollstndig umschließt. Die Menge aller inneren Punkte bildet das Volumen (den Rauminhalt) des Krpers. Besteht die Oberflche nur aus ebenen Flchen (Polygonen), so wird der Krper Vielflchner (Polyeder) genannt (z.B. Vierflchner= Tetraeder). Je zwei Polygone haben eine Seite, d.h. eine Kante des Krpers, gemeinsam. n Polygone (n 2 N, n ^ 3) haben einen Eckpunkt des Krpers gemeinsam; sie bilden eine n-kantige Ecke. Ist der Krper von krummen Oberflchen begrenzt, so heißt er Krummflchner. Kanten an einem Krummflchner entstehen entlang der Raumkurve, in der sich zwei Oberflchen schneiden (z.B. Kegelmantel und Grundflche).
Die Guldinschen Regeln ermglichen die Berechnung komplizierter geformter Rotationskrper. Ihre Richtigkeit ist mit den Mitteln der Integralrechnung beweisbar. 1. Guldinsche Regel zur Flchenberechnung. Der Flcheninhalt einer Rotationsflche ist gleich dem Produkt aus der Bogenlnge s der sie erzeugenden Kurve und dem Umfang des Kreises, den der Schwerpunkt der Kurve bei einer vollen Umdrehung beschreibt (y0 Schwerpunktabstand von der Drehachse).
4.3.3 Polyeder Polyeder sind konvex, wenn fr zwei beliebige Punkte des Innern oder Randes auch alle Punkte der Verbindungsstrecke zum Polyeder gehren, d.h., wenn es keine „nach innen springenden“ Ecken gibt. Satz von Euler. Bezeichnet e die Anzahl der Ecken, f die Anzahl der Flchen und k die Anzahl der Kanten, so gilt im konvexen Polyeder e+ f-k=2 (z.B. fr den Wrfel mit e=8, f=6 ist k=12, da 8+6-12=2). Kantenwinkelsatz. An einer n-kantigen krperlichen Ecke ist die Summe aller Kantenwinkel kleiner als 360. Regelmßige Polyeder (platonische Krper) heißen die konvexen Polyeder, deren Begrenzungsflchen regelmßige kongruente Polygone sind. Es gibt nur die folgenden fnf regelmßigen Polyeder (s. Tab. 5): Tetraeder aus vier gleichseitigen Dreiecken, Hexaeder oder Wrfel aus sechs Quadraten, Oktaeder aus acht gleichseitigen Dreiecken, Pentagondodekaeder aus zwlf gleichseitigen Fnfecken und Ikosaeder aus 20 gleichseitigen Dreiecken. Abwicklung. Die lngentreue Abbildung einer Flche in eine Ebene heißt Abwicklung. Beim Polyeder ist die Abwicklung der Begrenzungsflche durch „Aufschneiden“ entlang einer ausreichenden Zahl von Kanten und „Umklappen“ in ein zusammenhngendes System von Begrenzungsflchen, Netz genannt, anschaulich beschreibbar. Mit Hilfe der Abwicklung lassen sich Oberflchenmaße von Krpern und Wege zwischen Punkten auf diesem Krperrand berechnen. Als Weg bezeichnet man die Lnge aller Teilstrecken, die eine Verbindungslinie zwischen zwei Punkten auf den Begrenzungsflchen herstellen.
A ¼ 2py0 s
V ¼ 2py0 A:
ð39Þ
4.4 Darstellende Geometrie Die Darstellende Geometrie hat die Aufgabe, rumliche Krper und Figuren in einer Zeichenebene so anschaulich darzustellen, daß alle wichtigen geometrischen Maße erkennbar oder maßstabgerecht abnehmbar sind. Wegen der Informationsreduktion auf die zwei Dimensionen der Ebene sind beide Forderungen nicht gleich gut zu erfllen; zu verwenden ist die am besten geeignete Methode. Zentralprojektion. Die geometrischen Strahlen projizieren wie das Licht ein Bild des Gegenstands. Das Projektionszentrum Z liegt in endlicher Entfernung vom Objekt O und der Bildebene p wie beim Schattenwurf mit einer punktfrmigen Lampe (Bild 18 a). Parallelprojektion. Das Bild wird maßhaltig, wenn das Projektionszentrum Z ins Unendliche gelegt wird wie beim Schattenwurf durch die Sonne (Bild 18 b). Gegenber der Fotografie hat die geometrische Konstruktion den Vorteil, unsichtbare Krperkanten mittels gestrichelter Linien erkennbar zu machen.
4.3.4 Oberflche und Volumen von Polyedern Die Summe aller Flcheninhalte der Begrenzungspolygone eines Krpers heißt Oberflche O. Der Rauminhalt V von Krpern ergibt sich als Produkt dreier geeigneter Strecken oder als Produkt von Grundflche und Hhe, jeweils versehen mit einem Zahlenfaktor, der die vom Wrfel abweichende Form bercksichtigt (s. Tab. 5). Satz von Cavalieri. Krper mit parallelen, gleich großen Grundflchen und gleichen Hhen haben gleiches Volumen, wenn sie in gleichen Hhen ber der Grundflche flchengleiche, zur Grundflche parallele Querschnitte haben. 4.3.5 Oberflche und Volumen von einfachen Rotationskrpern Bei der Drehung um eine Gerade im Raum, Drehachse genannt, beschreibt jeder Punkt, der nicht auf der Geraden liegt, einen Kreisbogen. Hierbei entstehen Zylinder, Kegel, Kugeln, Paraboloide, Ellipsoide und Hyperboloide als Krper (Tab. 5).
ð38Þ
2. Guldinsche Regel zur Volumenberechnung. Der Rauminhalt eines Rotationskrpers ist gleich dem Produkt aus dem Flcheninhalt A der den Krper erzeugenden Flche und dem Umfang des Kreises, den der Schwerpunkt der Flche bei einer vollen Umdrehung beschreibt.
Bild 18. Wrfel (O Objekt). a Zentral-, b Parallelprojektion
I4.4
Darstellende Geometrie
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Tabelle 5. Oberflche und Volumen von Polyedern und Rotationskrpern; V Volumen, AO Oberflche, AM Mantelflche, AG Grundflche, U Umfang, h Hhe, ru Radius der um-, ri Radius der einbeschriebenen Kugel
A
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Mathematik – 4 Geometrie
Tabelle 5. (Fortsetzung)
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Darstellende Geometrie
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Tabelle 5. (Fortsetzung)
4.4.1 Vergleich der Projektionsarten Die Zentral- und die Parallelprojektion werden einzeln dadurch modifiziert, daß die Projektionsrichtungen senkrecht oder schrg zur Projektionsebene p orientiert sind. Die „Gte“ der Abbildung ergibt sich aus der Invarianz (Unvernderlichkeit) der geometrischen Maße oder Maßverhltnisse des Objekts wie die Erhaltung der folgenden acht Grßen und Eigenschaften: Strecken, Winkel, Flchen, Parallelitt, Streckenverhltnisse, Teilungsverhltnisse fr Strecken zwischen drei Punkten auf einer Geraden (s. A 3.1.6), Doppelverhltnisse fr Strecken zwischen vier geordneten Punkten A, B, C und D auf einer Geraden, also AC : BC ¼ AD : BD, und der Zugehrigkeit von Punkten zu einer Geraden (Inzidenz). Es gengt, die bersichtlichen Projektionen eines ebenen Dreiecks zu untersuchen. Als Modelle eignen sich dafr die dreieckige Pyramide fr die Zentralprojektion mit dem Zentrum Z im Endlichen (Pyramidenspitze) und das dreieckige Prisma fr die Parallelprojektion mit Z im Unendlichen, deren Seitenkanten die Projektionsstrahlen sind. Die zu untersuchende Objektebene W kann parallel oder schrg zur Projektionsebene angeordnet sein; die Schnittgerade a=W ˙ p liegt im Unendlichen bzw. in Endlichen. Damit ergeben sich die vier Projektionen in Bild 19. Die von den Objektpunkten projizierten Bildpunkte erhalten einen Strich (0 ). a Parallelprojektion zwischen parallelen Ebenen (a= 1 , Z= 1 ), die definitionsgemß Kongruenz erzeugt. Hierbei sind alle acht Eigenschaften invariant. b Zentralprojektion zwischen parallelen Ebenen (a= 1 , Z endlich). Sie erzeugt nach dem Strahlensatz (auf den Seitenflchen der Pyramide) hnlichkeit, d.h., invariant sind Winkel und Parallelitt, Strecken-, Teil- und Doppelverhltnisse (Strahlenstze in den Ebenen W und p) sowie die Inzidenz. c Parallelprojektion zwischen geneigten Ebenen (a endlich, Z= 1 ) erzeugt perspektive Affinitt. Sie ist durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet: Affine Punkte wie A und A0 ; B und B0 liegen auf Parallelen gðAA0 ÞkgðBB0 Þ und erhalten damit die Parallelitt und Inzidenz. Affine Geraden wie g(AB) W und g0 ðA0 B0 Þ p schneiden einander in einem
Punkt auf a; gðABÞ ˙ g0 ðA0 B0 Þ ¼ S 2 a: Die Strahlenstze, etwa fr \ðB0 SBÞ, erhalten die Teilungsverhltnisse. d Zentralprojektion zwischen geneigten Ebenen (a endlich, Z endlich) erzeugt die perspektive Kollineation. Hier sind nur noch Doppelverhltnis und Inzidenz invariant; es gibt nur eine sehr „schwache“ Verwandtschaft zwischen Objekt und Bild. Ihre konstruktiven Merkmale sind: Kollineare Punkte wie A und A0 ; B und B0 liegen auf Kollineationsstrahlen, die einander in einem Punkt Z schneiden und die Inzidenz herstellen. Kollineare Geraden wie g(AB) W und gðA0 B0 Þ p schneiden einander auf der Kollineationsachse a=W ˙ p. Die Erhaltung des Doppelverhltnisses folgt aus dem Sinussatz, etwa fr jCDj : jDEj ¼ jCAj : jEAj in der Ebene durch C0 ZA0 : Aus diesen Projektionen werden die fr den Anwendungsfall geeigneten Konstruktionen ausgewhlt. Hchste Ansprche an Maßhaltigkeit und hnlichkeit erfllt die orthogonale Parallelprojektion auf mehrere Bildebenen bei Werkstattzeichnungen und Bauplnen. Bessere Anschaulichkeit ergibt die schrge Parallelprojektion auf eine Tafel. Dem visuellen Eindruck am hnlichsten ist die Perspektive der Zentralprojektion mit dem grßten Verlust an Maßhaltigkeit. 4.4.2 Orthogonale Zweitafelprojektion Die orthogonale Zweitafelprojektion ist eine senkrechte Parallelprojektion des Objekts auf zwei senkrecht zueinander angeordnete Projektionsebenen p1 und p2 , die um die ihnen gemeinsame Schnittgerade y12 geklappt und so in die Zeichenebene gelegt werden (Bild 20). Dabei soll die vordere positive Grundrißebene pþ 1 zusammen mit der in sie hineingeklappten negativen Aufrißebene p 2 unterhalb von y12 liegen. Aus der Zweitafelprojektion ergibt sich, daß der Punkt P1 senkrecht ber P01 in der Hhe P10 P001 angeordnet ist. Es wird festgelegt, daß bei Gesamtansichten das abzubildende Objekt vollstndig im I. Raum-Quadranten liegt und somit þ nur pþ 1 unterhalb y12 und p2 oberhalb y12 in der Zeichenebene bentigt werden. Beim Klappvorgang bewegen sich die projizierten Punkte auf ebenen, zu y12 senkrechten Kreisbgen, deren Projektionen die in Bild 20 b gestrichelten Geraden senk-
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Mathematik – 4 Geometrie
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Bild 19. a–d Projektionsarten
Bild 21. Orthogonale Zweitafelprojektion von Geraden und einer Ebene. a Schrgbild; b ebenes Bild
Bild 20. Orthogonale Zweitafelprojektion. a Schrgbild; b ebenes Bild
recht auf y12 sind und die Ordner der Punkte Pi genannt und mit oðPi Þ bezeichnet werden. Die Ordnerbedingung ist dann oðP1 Þ?y12 und oðP01 Þ ¼ oðP001 Þ: Darstellung von Gerade und Ebene Gerade. Eine Gerade g, die in allgemeiner Lage in einer Ebene E liegt (Bild 21), hat als Projektionen die Geraden g0 und g00 . Die Gerade kann gegeben sein durch zwei beliebige
Punkte P1 und P2 , deren Projektionen P01 ; P02 die Grundrißprojektion g0 und P001 , P002 die Aufrißprojektion g00 liefern, oder durch die Durchstoß- oder Spurpunkte S1 und S2 , die jeweils einen Punkt der Projektionen von g liefern. Die Projektion von S1 auf p2 mit dem Ordner liefert S001 und damit g00 durch S001 und S2 ¼ S002 . Die Projektion von S2 auf p1 mit dem Ordner durch S2 liefert S02 , woraus g0 als Gerade durch S02 und S1 ¼ S01 folgt. Ebene. Sie ist durch ihre Schnittgeraden e1 ¼ E ˙ p1 im Grundriß und e2 ¼ E ˙ p2 im Aufriß eindeutig festgelegt. Sie heißen Spurgeraden der Ebene E und schneiden einander auf der Geraden y12 : Eine Vorstellung von der rumlichen Lage einer durch e1 ; e2 gegebenen Ebene entsteht durch Aufklappen der Aufrißebene senkrecht zur Grundrißebene und Legen der Ebene durch die einander schneidenden Geraden e1 ; e2 in den Raum.
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Darstellende Geometrie
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Hhengerade h ist jede Gerade parallel zur Grundrißebene p1 . Ihre Projektion h00 im Aufriß ist eine Parallele zu y12 . Liegt h in einer durch ihre Spuren gegebenen Ebene, so muß ihre Projektion h0 im Grundriß eine Parallele zu e1 sein, die die y12 -Achse im Ordnerfußpunkt O1 zum Durchstoßpunkt D1 der Hhengeraden durch p2 schneidet. h00 ky12 ^ h0 ke1 ^ h0 ˙ y12 ¼ y12 ˙ oðh ˙ p2 Þ; es gilt h ˙ p2 ¼ h00 ˙ e2 : Frontgerade f ist jede Gerade parallel zur Aufrißebene p2 : Ihre Projektion f 0 im Grundriß ist eine Parallele zu y12 . Liegt f auf einer durch ihre Spuren e1 ; e2 gegebenen Ebene, so ist ihre Projektion f 00 im Aufriß eine Parallele zu e2 , die die y12 -Achse im Ordnerfußpunkt O2 zum Durchstoßpunkt D2 der Frontgeraden durch p1 schneidet. f 0 ky12 ^ f 00 ke2 ^ f 00 ˙ y12 ¼ y12 ˙ oðf ˙ p1 Þ; es gilt f ˙ p1 ¼ f 0 ˙ e1 : Diese beiden Begriffe bieten die Mglichkeit festzustellen, ob ein Punkt P auf einer durch ihre Spuren gegebenen Ebene liegt, indem man prft, ob P0 auch auf h0 liegt, wenn man h00 ky12 durch P00 konstruiert und h0 ke1 mit Hilfe von oðh ˙ p2 Þ gewonnen hat. Die Darstellung eines ebenflchig begrenzten Krpers wird in Bild 25 a mit der axonometrischen Projektion verglichen. 4.4.3 Axonometrische Projektionen Axonometrische Projektionen sind orthogonale oder schrge Parallelprojektionen (Bild 22) des Krpers zusammen mit einem angepaßten rumlichen Achsenkreuz auf eine Projektionsebene, die gegenber den orthogonalen Ein- und Mehrtafelprojektionen folgenden Vorteil hat: Eine Zeichnung zeigt drei Ansichten, erspart also Arbeit und verbessert die Anschaulichkeit.
Bild 22. Axonometrische Darstellung eines Quaders und eines Prismas
Bild 23. Beziehungen im Spurdreieck der orthogonalen Axonometrie. a rumliche Darstellung; b Punkt O in die Ebene p geklappt
Klappen um sxz in die Zeichenebene. O bewegt sich dabei auf einem Kreis, dessen Projektion die Senkrechte durch O0 auf sxz ist, also auf dem Ordner von O bezglich sxz . Nach dem Satz von Thales ist dann DðSx O1 Sz Þ rechtwinklig und damit kongruent zu DðSx OSz Þ. Analog sind die beiden anderen Dreiecke DðSx O2 Sy Þ und DðSy O3 Sz Þ zu zeichnen. Da alle drei Fußpunkte der Lote F1 ; F2 ; F3 auf den Dreieckseiten zwischen den Eckpunkten liegen, ist das Spurdreieck spitzwinklig. Auf den Strecken O1 Sx ; O1 Sz und O2 Sy lßt sich die Einheitsstrecke e fr die Koordinatenachsen im Objekt abtragen und durch Projektion auf die Achsenbilder die Grßen der Einheitsstrecken e0x ; e0y ; e0z fr jede Achsrichtung in dem axonometrischen Bild konstruieren. Die Quotienten mx ¼ e0x =e ¼ cos a; my ¼ e0y =e ¼ cos b und mz ¼ e0z =e ¼ cos g
Orthogonale Axonometrie Bei der orthogonalen Axonometrie (Bild 23) ist die Projektionsrichtung senkrecht zur Zeichenebene orientiert. Zur Konstruktion eines axonometrischen Bildes wird ein beliebig orientiertes rechtwinkliges Koordinatensystem x, y, z mit dem Ursprung O benutzt. Die Achsen durchstoßen die Projektionsebne (Zeichenebene) p in den Spurpunkten Sx ; Sy und Sz , die das Spurdreieck bilden, denn seine Seiten sind die Spuren der xy-, xz- und yz-Ebene in p. Jede Achse steht senkrecht auf der durch die beiden anderen Koordinaten gekennzeichneten Ebene (z.B. y-Achse ? xzEbene), und damit mssen bei orthogonaler Projektion auch die Achsenbilder senkrecht auf den entsprechenden Spuren stehen (z.B. y0 ?sxz ). Im Spurdreieck sind also die Achsenprojektionen x0 ; y0 ; z0 durch die Hhen gegeben; ihr gemeinsamer Schnittpunkt O0 ist das Bild des Ursprungs. Die wahre Grße des rechtwinkligen Dreiecks DðSx OSz Þ ergibt sich durch
ð40Þ
sind die Maßstabfaktoren, mit denen die Lngen in der jeweiligen Achsrichtung bei der Projektion multipliziert werden. Die Neigungswinkel der Achsen gegen die Zeichenebene sind a ¼ \ðO0 Sx OÞ; b ¼ \ðO0 Sy OÞ und g ¼ \ðO0 Sz OÞ: Da das rumliche Achsenkreuz und die Projektionsrichtung zu p rechtwinklig sein sollen, besteht eine Kopplung zwischen den Winkeln a, b, g und den Maßstabfaktoren in Gl. (40). Fr die Richtungskosinusse der Geraden OO0 im x, y, z-System von Bild 23 a gilt cos2 d1 þ cos2 d2 þ cos2 d3 ¼ 1. Aus DðOSx O0 Þ folgt a þ d1 ¼ 90 und mithin cos d1 ¼ cosð90 aÞ ¼ sin a und cos2 d1 ¼ sin2 a ¼ 1 cos2 a: Hieraus folgt die Kopplungsbedingung cos2 a þ cos2 b þ cos2 g ¼ m2x þ m2y þ m2z ¼ 2:
ð41Þ
Bei vorgegebenen Maßstabfaktoren sind die Neigungswinkel a, b, g der Achsen aus Gl. (40) bekannt. Die Konstruktion des Achsenkreuzbilds dazu wird mit Bild 24 erklrt. Die Hhe
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Mathematik – 4 Geometrie
Dimetrie. mx : my : mz ¼ 0;5 : 1 : 1: Die Neigungen der y- und pffiffiffi z-Achse sind gleich; aus cos b ¼ cos g ¼ 2 2=3 folgt pffiffiffi b ¼ g ¼ 19;47. Fr die x-Achse ist cos a ¼ 2=3, a ¼ 61;87: Zwischen den positiven Achsenstrahlen ergeben sich nach der beschriebenen Konstruktion die Winkel \ðx; yÞ ¼ 131;42, \ðx; zÞ ¼ 131;42 und \ðy; zÞ ¼ 97;18 (Bild 25 c).
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Trimetrie. mx : my : mz ¼ a : b : c mit a 6¼ b 6¼ c 6¼ a, d.h., alle drei Achsen haben verschiedene Neigungen. Fr die Iso- und Dimetrie gibt es Liniennetze, die die Zeichenarbeit erleichtern. (In den Beispielen wird auf das Kennzeichen 0 fr Projektionsbilder verzichtet.) Bild 24. Konstruktion des orthogonalen axonometrischen Achsenkreuzes
jOO0 j des Ursprungs ber p legt nur die Grße des Spurdreiecks fest (vgl. A 4.4.1; Zentralprojektion a= 1 , Z endlich ergibt hnlichkeit). Aus drei rechtwinkligen Hilfsdreiecken mit O 0 werden mit a1 ¼ 90 a; der gemeinsamen Kathete O b1 ¼ 90 b; g1 ¼ 90 g die anderen Katheten O0 Sx ; O0 Sy und O0 Sz als Lngen der Achsenprojektionen im Spurdreieck bestimmt. Nach Wahl einer z-Richtung und eines Ursprungs O0 kann das 0 O Sz Þ kongruente Dreieck DðO0 OSz Þ an die z-Achse zu DðO gezeichnet werden. Es ist das um O0 Sz in die Zeichenebene geklappte Sttzdreieck der z-Achse, die senkrecht auf der x, y-Ebene steht. Deshalb schneidet die Senkrechte in O auf Sz O die verlngerte z-Achse im Fußpunkt F3 , einem Punkt der Spur sxy , die senkrecht auf der z-Achse steht (Bild 23). Die 0 Sx j und jO 0 Sy j schneiden diese Kreissektoren um O0 mit jO Spur sxy in den Punkten Sx und Sy , womit das Achsenkreuz Sx Þ und 0 O vollstndig bestimmt ist. Die Dreiecke DðO Sy Þ sind zu den Sttzdreiecken DðO0 OSx Þ der x-Achse 0O DðO und DðO0 OSy Þ der y-Achse kongruent. In der Praxis bzw. von der Norm werden nicht die Maßstabfaktoren selbst, sondern ihre Verhltnisse vorgegeben: Isometrie. mx : my : mz ¼ 1 : 1 : 1: Die Neigungen der drei Achsen sind gleich. Mit Gl. (41) folgt cos a ¼ cos b ¼ cos g ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffi 2=3; a ¼ b ¼ g ¼ 35;26: Die positiven Strahlen der Achsenprojektionen bilden drei Winkel zu je 120(Bild 25 b). Die z-Achse ist parallel zur Vertikalen.
Beispiel: Isometrische Konstruktion der Ellipse als Bild eines Kreises (Radius r), der in der x, y-Ebene liegt (Bild 26). – Durch Abtragen der Radien rx ¼ ry auf den Achsen knnen der Mittelpunkt M und das achsenparallele Parallelogramm, das die Ellipse umschließt, gezeichnet werden. Die Parallelen durch M liefern die Berhrungspunkte T1 bis T4 : Die Hauptachse muß vom wahren Durchmesser 2 r des Kreises sein. Damit liegt auf der Senkrechten zur z-Achse die Strecke jABj ¼ 2r. Eine Senkrechte darauf durch den Ellipsenpunkt T2 schneidet den Hauptachsenkreis in C. Die Gerade MC schneidet die Parallele zur Hauptachse durch T2 in D und liefert damit die Lnge der Nebenachse jMDj ¼ b bzw. jEFj ¼ 2b. Diese Achsenkonstruktion benutzt die Parameterdarstellung der Ellipse, fr die in einem x, h-System mit Ursprung in M hT2 ¼ b sin j gilt. Nun ist die Ellipse punktweise oder mit Hilfe der Scheitelkrmmungskreise konstruierbar.
Schrge Axonometrie Bei der schrgen Axonometrie ist die in Gl. (41) angegebene Kopplung der Maßstabfaktoren aufgehoben. Fr beliebige Wahl der Achsenrichtungen und der Einheitslngen darauf besteht eine Projektionsrichtung, die ein rechtwinkliges, rumliches Achsenkreuz auf das gewhlte Bild projiziert. Diesem Vorteil steht der Nachteil entgegen, daß Bilder von Kugeln Ellipsen werden, deren Hauptachsen nicht als Schatten spezieller Durchmesser einfach zu finden sind. Praktische Anwendung finden zwei spezielle schiefe Axonometrien (Bild 27):
Bild 26. Ellipse als Kleinbild in isometrischer Axonometrie
Bild 25. Maschinenteil. a orthogonale Zweitafelprojektion; b isometrische Axonometrie; c dimetrische Axonometrie
Bild 27. Quader. a Militr-; b Kavalierperspektive
I4.5
Methoden zur Darstellung analytisch nicht beschreibbarer geometrischer Objekte
a Militrperspektive. Bei ihr werden die x, y-Ebene (Grundriß) parallel zur Zeichenebene, die Projektionsrichtung unter 45 gegen p geneigt, so daß die z-Achse lotrecht nach oben weist, und die Lngeneinheiten auf allen Achsen gleich groß gewhlt. Damit werden alle zum Grundriß parallelen Flchen in wahrer Grße, die lotrechten Strecken untereinander parallel und in wahrer Grße abgebildet (z.B. Stadtansicht auf Stadtplan). b Kavalierperspektive. Bei ihr werden die yz-Ebene (Aufriß) parallel zur Zeichenebene, die Projektionsrichtung unter 45 gegen die Bildebene geneigt und die Lngeneinheiten auf den y-, z-Achsen gleich, auf der x-Achse mit mx ¼ 0;5 verkrzt gewhlt. Damit werden alle zum Aufriß parallelen Flchen in wahrer Grße abgebildet. Fr beliebigen Projektionswinkel und andere Verkrzungen ist die Bezeichnung Frontalperspektive blich.
4.5.1 Problemstellung Beim Bau von Fahrzeugen, Maschinen und Werkzeugen besteht das Bedrfnis, „glatte“ Oberflchen durch eine diskrete Anzahl von Sttzpunkten (Knoten) zu legen, die aus Messungen oder numerischen Berechnungen bekannt sind. Polynominterpolation nach A 10 Gl. (25) erzeugt dabei große Welligkeiten, wenn der Grad des Polynoms grßer als drei wird, whrend Approximationen mit einem Grad, der wesentlich kleiner als die Zahl der Sttzpunkte ist, diese nicht mehr genau darstellt. Der Krper kann durch Raumkurven, Flchenoder Krperelemente dargestellt werden. Die Konstrukteure zeichneten frher solche Kurven mit Hilfe dnner Straklatten aus Holz oder Kunststoff (engl.: spline), die durch Strakgewichte in den Sttzpunkten fixiert wurden. Die Entwicklung moderner CAD-Verfahren (s. C 8) machte die mathematische Nachbildung des physikalischen Strakens erforderlich, um rechnergesteuertes Zeichnen und interaktives Gestalten der Flchen zu ermglichen. Fr die dnne Straklatte (Bild 28) gilt nach C 2 Gl. (39) vereinfacht mit y0 1, daß fr die Biegelinie die Formnderungsenergie Z W ¼ 0;5 ðM 2 ðxÞ=E IÞ y00 dx
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4.5.2 Darstellung einer Raumkurve durch n+1 Sttzpunkte mit Hilfe von Spline-Funktionen Eine Funktion, die sich stckweise aus Polynomen vom Grade k zusammensetzt, die (k-1)mal stetig differenzierbar ist und durch die Sttzpunkte geht, heißt interpolierende SplineFunktion vom Grade k. Bevorzugt werden kubische Splines (k=3) (Bild 29) gewhlt, da sie bei niedrigstem Grad einen Wendepunkt enthalten. Eine kubische Funktion wird durch vier Koeffizienten eindeutig festgelegt. Nach Ferguson werden zu ihrer Bestimmung die Koordinaten zweier Punkte und die zugehrigen ersten Ableitungen gewhlt, wodurch stckweise aneinandergesetzte Kurvenstcke stetig differenzierbar anschließen. Im Intervall t 2 [0;1] gilt fr das Polynom 3. Grads: (Zur besseren Unterscheidung des Polynoms von den Sttzpunkten P wird es mit SðtÞ bezeichnet. Die Ableitung nach dem Parameter t ist hier mit 0 notiert.) SðtÞ ¼ a3 t3 þ a2 t2 þ a1 t þ a0 ¼ ðxðtÞ; yðtÞ; zðtÞÞT
4.5 Methoden zur Darstellung analytisch nicht beschreibbarer geometrischer Objekte
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ð42Þ
mit den Randbedingungen Sð0Þ ¼ P0 ¼ ðx0 ; y0 ; z0 ÞT Sð1Þ ¼ P1 ¼ ðx1 ; y1 ; z1 ÞT S0 ð0Þ ¼ P00 ¼ ðx00 ; y00 ; z00 ÞT S0 ð1Þ ¼ P01 ¼ ðx01 ; y01 ; z01 ÞT
¼ a0 ; ¼ a3 þ a2 þ a1 þ a0 ; ð43Þ ¼ a1 ; ¼ 3a3 þ 2a2 þ a1 :
Die Koeffizienten aj ¼ ðajx ; ajy ; ajz ÞT mit j=0, 1, 2, 3 sind Vektoren fr die drei Raumkoordinaten x, y, z, die aus dem Gleichungssystem (43) zu berechnen sind a0 ¼ P0 ; a1 ¼ P00 ; a2 ¼ 3P0 3P1 2P00 P01 a3 ¼ 2P0 2P1 þ P00 þ P01 :
Eingesetzt in Gl. (42) und nach den gegebenen Werten umsortiert ergibt sich die Form SðtÞ ¼P0 ð2t3 3t2 þ 1Þ þ P1 ð2t3 þ 3t2 Þ þ P00 ðt3 2t2 þ tÞ þ P01 ðt3 t2 Þ: Fr die Kurvensegmente zwischen den Punkten Pj1 ; Pj mit j ¼ 1; 2; . . . ; ðn 1Þ ergeben sich (n-1) Polynome Sj ðtÞ ¼Pj1 ð2t3 3t2 þ 1Þ þ Pj ð2t3 þ 3t2 Þ þ P0j1 ðt3 2t2 þ tÞ þ P0j ðt3 t2 Þ
ð44Þ
fr die gilt: Sj ð0Þ ¼ Pj1 ; Sj ð1Þ ¼ Pj ; S0j1 ð1Þ ¼ S0j ð0Þ; S00j1 ð1Þ ¼ S00j ð0Þ:
ð45Þ
minimiert werden muß. Dies wird durch Polynome 3. Grads des Parameters t 2 [0;1] gelst, die kubische Kurvensegmente zwischen den Sttzpunkten Pj , Pjþ1 mit j ¼ 0; 1; 2; . . . ; n darstellen. Diese Kurven gehen fr die Randwerte von t durch die Sttzpunkte und stimmen dort in der Tangentenrichtung und der Krmmung berein.
Aus Gl. (44) und (45) folgen die Ableitungswerte P0j bei gegebenen Punktkoordinaten. Gl. (44) zweimal nach t differenziert ergibt, mit den Randbedingungen Gl. (45) fr die inne-
Bild 28. Straklatte als physikalischer Spline und mathematische Nachbildung
Bild 29. Zylindrische Schraubenlinie ZðtÞ approximiert durch eine Spline-Funktion SðtÞ
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Mathematik – 4 Geometrie
ren Segmente von P1 bis Pn1 , (n-1) lineare Gleichungen, die sich rekursiv lsen lassen P0j1 þ 4P0j þ P0jþ1 ¼ 3Pj1 þ 3Pjþ1 fr j ¼ 1; 2; . . . ; ðn 1Þ:
Tabelle 7. Berechnete Steigungswerte P0j ¼ ðx0j ; y0j ; z0j ÞT
ð46Þ
Fr die beiden ußeren Segmente knnen die Randbedingungen fr zwei bevorzugte Flle aufgestellt werden: Fall I. Die Enden sind frei, d. h. die Krmmung verschwindet in den ußeren Punkten: S001 ð0Þ ¼ 0 ¼ S00n ð1Þ also folgt damit 2P00 þ P01 ¼ 3P0 þ 3P1 und P0n1 þ 2P0n ¼ 3Pn1 þ 3Pn :
ð47Þ
Fall II. Die Enden sind eingespannt, d. h. die ersten Ableitungen sind in den Endpunkten vorgegeben: S01 ð0Þ ¼ P00 und S0n ð1Þ ¼ P0n :
ð48Þ
Damit lassen sich fr jedes Segment beliebige Zwischenpunkte nach Gl. (44) ausrechnen und zeichnen. Beispiel: Gegeben sei ein Stck einer zylindrischen Schraubenlinie, die exakt durch die Gleichung ZðsÞ ¼ ðcosðsÞ; sinðsÞ; sÞT im Intervall s 2 ½0; p beschrieben wird, und das an (n+1)=4 Sttzpunkten zum Vergleich der Darstellungsgte durch eine Spline-Funktion SðtÞ approximiert werden soll (s. Bild 29), Tab. 6. Die Steigungen in den Endpunkten sind bekannt, so daß der Fall II vorliegt (Gl. (48)): P00 ¼ Z01 ð0Þ ¼ ðx00 ; y00 ; z00 ÞT P03 ¼ Z03 ð1Þ ¼ ðx03 ; y03 ; z03 ÞT
¼ ð0; 1; 1Þ
Die in Gl. (44) auftretenden Hermite-Polynome des Parameters t heißen Binde- oder Basisfunktionen (blending-functions). Durch die Wahl anderer Bindefunktionen kann das Verhalten der approximierenden glatten Kurve beeinflußt werden. Das gibt dem interaktiv arbeitenden Konstrukteur die Mglichkeit, durch einen Polygonzug das Verhalten im Groben vorzugeben. Bevorzugt werden die Punkte zur Bestimmung des Polygons gewhlt. Bei (n+1) Polygoneckpunkten Pj mit j ¼ 0; 1; . . . ; n im Parameterintervall t 2 ½0;1 erfolgt die Darstellung der Bezier-Kurve durch SðtÞ ¼
¼ ð0; 1; 1ÞT :
: x00 ¼0 : x00 þ 4 x01 þ x02 ¼ 3 1 þ 3 ð0;5Þ ¼ 4;5 0 0 0 : x1 þ 4x2 þ x3 ¼ 3 0;5 þ 3 ð1Þ ¼ 4;5 : x03 ¼ 0:
Aufgelst ergeben sich die Werte x00 ¼ 0 ; x01 ¼ 0;9 ; x02 ¼ 0;9 ; x03 ¼ 0, die zusammen mit den Punktkoordinaten in Gl. (44) eingesetzt werden: x1 ðtÞ ¼ 1 ð2t3 3t2 þ 1Þ þ 0;5 ð2t3 þ 3t2 Þ 0;9 ðt3 t2 Þ: Durch Umsortieren nach Potenzen von t folgen auch die Koeffizienten ajx der Gl. (42) fr das erste Segment, nmlich x1 ðtÞ ¼ 0;1 t3 0;6 t2 þ 1;
Analog lassen sich die Gleichungen fr die anderen Segmente und fr die y- bzw. z-Koordinaten aufschreiben. Die Ergebnisse sind in Tab. 7 zusammengefaßt. Die Abweichungen sind graphisch nicht darstellbar.
Dieser einfachen Anwendbarkeit der Spline-Funktion steht der Nachteil gegenber, daß die nderung eines Sttzpunkts vollstndige Neuberechnung erfordert. Kurvenzge mit beabsichtigten Knicken (Unstetigkeiten der ersten Ableitung) oder sprunghafter nderung der Krmmung (Unstetigkeiten der zweiten Ableitung) werden in Bereiche zerlegt, fr die jeweils eigene Spline-Funktionen berechnet werden.
Pj Bnj ðtÞ;
wobei als Basisfunktionen Bnj ðtÞ die Bernsteinfunktionen dienen. Sie lauten n j t ð1 tÞnj mit der Eigenschaft Bnj ðtÞ ¼ j ð49Þ n X Bnj ðtÞ 1: j¼0
So ist B10 ¼ 1 t und B11 ¼ t, ferner B30 ¼ ð1 tÞ3 , B31 ¼ 3t ð1 tÞ2 ; B32 ¼ 3t2 ð1 tÞ und B33 ¼ t3 , wie in Bild 30 a, b fr n=1 und n=3 graphisch dargestellt. Beispiel: Es soll die Sinuskurve im ersten Quadranten mittels des Polygons durch die willkrlich gewhlten Punkte P0 ; P1 ; P2 ; P3 nach Bild 31 als Bezier-Kurve SðtÞ approximiert werden (Tab. 8).
also a3x ¼ 0;1; a2x ¼ 0;6; a1x ¼ 0; a0x ¼ 1:
n X j¼0
T
Aus Gl. (48) und (46) folgt ð48Þ ð46Þ j ¼ 1 j¼2 ð48Þ
4.5.3 Bezier-Kurven
SðtÞ ¼
xðtÞ yðtÞ
mit xðtÞ; ¼
3 X
xj B3j ðtÞ und
j¼0
yðtÞ; ¼
3 X
yj B3j ðtÞ
j¼0
xðtÞ ¼ 0;5 3tð1 tÞ2 þ 1;2 3t2 ð1 tÞ þ ðp=2Þ t3 yðtÞ ¼ 0;5 3tð1 tÞ2 þ 3t2 ð1 tÞ þ t3 dx ¼ 100ðxðtÞ t p=2Þ=ðt p=2Þ % dy ¼ 100ðyðtÞ sinðxðtÞÞÞ= sinðxðtÞÞ %: Die Genauigkeit ist fr graphische Anwendungen wohl ausreichend.
Tabelle 6. Sttzpunkte Pj
Bild 30. Bezier-Kurven fr n=1 und n =3
I4.5
Methoden zur Darstellung analytisch nicht beschreibbarer geometrischer Objekte
A 39
Parameters u wird – anders als bisher – durch den Knotenvektor U ¼ ðu0 ; u1 ; . . . ; un Þ mit uj % ujþ1 in ganzzahlige Segmente u 2 ½j; j þ 1 ¼ ½uj ; ujþ1 zerlegt. Wie bei den Bezier-Kurven n X Pj Njk ðuÞ mit den normierten gilt die Darstellung SðuÞ ¼ j¼0
Basisfunktionen der Ordnung k, die rekursiv berechnet werden: 1 fr u 2 ½j; j þ 1 Nj1 ðuÞ ¼ 0 fr u 2 6 ½j; j þ 1 Bild 31. Definierendes Polygon P0 ; P1 ; P2 ; P3 und Sinuskurve angenhert als Bezier-Kurve (vgl. Tab. 8) Tabelle 8. Bezier-Interpolation
4.5.4 B-spline-Kurven Fr die B-spline-Kurve werden spezielle, nur stckweise definierte Polynome, die Basis-splines, als Bindefunktionen gewhlt. Sie verbinden die (n+1) Ecken Pj eines die gewnschte Kurve umschreibenden Polygons. Das Intervall des
und Njk ðuÞ ¼
u j k1 j þ k u k1 N ðuÞ þ N ðuÞ: k1 j k 1 jþ1
ð50Þ
Njk ðuÞ
Die Basisfunktion ist ein Polynom vom Grade (k-1), das gerade das Intervall [ j, j+k] berspannt und (k-2)mal stetig differenzierbar ist (Tab. 9). Damit wird erreicht, daß eine Ecke die Gestalt der Kurve nur lokal beeinflußt und die Kurve Knicke, Wendepunkte oder Schleifen nachbilden kann, wenn das Polygon diese Eigenschaften aufweist. Das definierende Polygon wird durch die Ordnung k=2 nachgebildet. Fr hhere Ordnungen fllt die Kurve steifer aus. Die Kurve liegt in der konvexen Hlle des k-Ecks der Sttzstellen Pj ; . . . Pjþk1 . Mit einfachen Knoten ergibt die Aneinanderreihung der B-splines periodische Basisfunktionen mit der Periode k. Werden m Knoten an der Stelle uj zusammengelegt, wird die Reichweite der Basisfunktionen verringert und die Differenzierbarkeit an der Stelle uj auf (k- m-2) reduziert. so ergeben sich nichtperiodische Basisfunktionen, die – im Sonderfall des Knotenvektors aus je k-fachem Anfangs- und Endknoten – eine Bernstein-Basis darstellen.
Tabelle 9. B-spline-Polynome der Ordnung k und ihre Kurven. (Es werden nur die in den Parameterabschnitten von Null verschiedenen Funktionen angegeben)
A
A 40
A
Mathematik – 4 Geometrie
Fr die B-splines kann auch das umgekehrte Verfahren entwickelt werden: Sind am Anfang des Entwurfs einige Punkte der gesuchten Kurve bekannt, so kann mit dem zugehrigen Polygon so lange gearbeitet werden, bis die gewnschte Form erreicht ist.
4.5.5 Flchendarstellung Die Darstellung einer Flche erfolgt durch Linien, die auf der Flche liegen, so daß die Techniken fr Kurven passend in den dreidimensionalen Raum bertragen werden. Ein Raumpunkt auf der Flche kann durch zwei unabhngige Parameter u, v mittels dreier Funktionen fr die Koordinaten beschrieben werden durch die allgemeine Form P ¼ ðx; y; zÞ ¼ ðxðu; uÞ; yðu; uÞ; zðu; uÞÞ. Es werden drei Kategorien von Flchen unterschieden: Strakflchen, dargestellt durch die Kurven ebener Schnitte mit der Flche, z. B. Hhenlinien in Landkarten, Wasserlinien und dazu parallele Kurven im Schiffbau oder Rumpfquerschnitte im Schiff- und Flugzeugbau. Mit geeigneten Bindefunktionen F folgt Pðu; uÞ ¼
n X
Pðuj ; uÞ Fj ðuÞ
fr Schnitte uj ¼ const
Pðu; uk Þ Fj ðuÞ
fr Schnitte uk ¼ const;ð51Þ
j¼0
oder Pðu; uÞ ¼
m X k¼0
womit das Problem auf die einparametrische Kurvendarstellung reduziert ist. Produktflchen sind aus der Interpolation von diskreten Sttzpunkten darstellbar, die meist in einem Rechteckraster angeordnet sind. Analog zur Kurvendarstellung nach Ferguson werden vier Randkurven ringfrmig zusammengefgt. Die parametrischen partiellen Ableitungen in den Sttzstellen sichern die stetigen Anschlsse, um die Kurven an beliebigen Stellen innerhalb dieses Rahmens zu interpolieren Pðu; uÞ ¼
n X m X
Pðuj ; uk Þ Fj ðuÞ Fk ðuÞ:
ð52Þ
j¼0 k¼0
Summenflchen werden aus zwei einparametrischen Kurvenfamilien gebildet. Es wird das die Flche berspannende Liniennetz Pðuj ; uÞ und Pðu; uk Þ aufgebaut, die ebenfalls ber rechteckigen (fr kugelige Flchen auch dreieckigen) Flchenrastern erklrt sind. Allgemein ergibt sich die Darstellung Pðu; uÞ ¼ ðFj ðuÞ þ Fk ðuÞ Fj ðuÞ Fk ðuÞÞ Pj;k ðu; uÞ: ð53Þ Der negative Term bercksichtigt die Tatsache, daß bei der Kombination der beiden Kurvenscharen die Werte der Schnittpunkte doppelt vorhanden sind und daher die Mittelebene subtrahiert werden muß. Fr die Summenflche nach Coons folgt mit den Bezeichnungen des Bildes 32 das Flchenstck ber dem rechteckigen Raster mit den vier Randkurven Pð0; uÞ; Pð1; uÞ; Pðu; 0Þ; Pðu; 1Þ im ebenen Parameterbereich (u, u) 2 [0;1] [0;1]. Pðu; uÞ ¼Pð0; uÞ F0 ðuÞ þ Pð1; uÞ F1 ðuÞ þ Pðu; 0Þ F0 ðuÞ þ Pðu; 1Þ F1 ðuÞ Pð0;0Þ F0 ðuÞ F0 ðuÞ Pð0;1Þ F0 ðuÞ F1 ðuÞ Pð1;0Þ F1 ðuÞ F0 ðuÞ ð54Þ Pð1;1Þ F1 ðuÞ F1 ðuÞ: Die Fj ðuÞ; Fk ðuÞ sind wieder geeignete Bindefunktionen mit Eigenschaften, die die Stetigkeitsforderungen zum jeweils benachbarten Flchenstck erfllen.
Bild 32. Flchenstck ber rechteckigem Raster, dargestellt durch vier Sttzpunkte, Randkurven und partiellen Ableitungen in den Sttzpunkten
Im einfachsten Fall der linearen Coonsschen Flche leisten die linearen Lagrange-Polynome (A 10 Gl. (24)) den stetigen Anschluß an die Nachbarflchen, wobei allerdings Knicke auftreten knnen F0 ðuÞ ¼ 1 u; F1 ðuÞ ¼ u; F0 ðuÞ ¼ 1 u; F1 ðuÞ ¼ u:
ð55Þ
Um dies zu vermeiden, muß die Stetigkeit der ersten partiellen Ableitungen und die gemischte zweite Ableitung (Twistvektor genannt) durch Bindefunktionen eingefhrt werden Pu ¼ ¶P=¶u; Pv ¼ ¶P=¶u; Puv ¼ ¶2 P=¶u ¶u: Damit folgt nach umfangreicher Schreibarbeit fr die bikubische Coonsche Flche, mit den Hermite-Polynomen F0 ðuÞ ¼ 2u3 3u2 þ 1; F1 ðuÞ ¼ 2u3 þ 3u2 ; G0 ðuÞ ¼ u3 2u2 þ u;
G1 ðuÞ ¼ u3 u2
ð56Þ
mit u 2 ½0;1 und analog fr u 2 ½0;1 und den Randkurven Pð0; uÞ, Pð1; uÞ, Pðu; 0Þ, Pðu; 1Þ sowie den partiellen Ableitungen Pu ; Pv ; Puv in Matrixschreibweise 3 2 F0 ðuÞ T 7 6 6 F1 ðuÞ 7 7 Pðu; uÞ ¼6 7 6 4 G0 ðuÞ 5 G1 ðuÞ 2 3 Pð0;0Þ Pð0;1Þ j Pv ð0;0Þ Pv ð0;1Þ 6 7 6 Pð1;0Þ Pð1;1Þ j Pv ð1;0Þ Pv ð1;1Þ 7 6 7 6 7 ð57Þ 6 5 7 6 7 6 P ð0;0Þ P ð0;1Þ j P ð0;0Þ P ð0;1Þ 7 4 u 5 u uv uv Pu ð1;0Þ Pu ð1;1Þ j Puv ð1;0Þ Puv ð1;1Þ 2 3 F0 ðuÞ 6 7 6 F1 ðuÞ 7 7 6 6 G ðuÞ 7: 4 0 5 G1 ðuÞ Die Bestimmung des Twistvektors macht in der Praxis die meisten Schwierigkeiten und er wird fr nicht zu hohe Ansprche oft zu Null gesetzt. Es gibt dann etwas flach wirkende Flchen. Beispiel: Mit einer lngeren Rechnung an der Flche von Bild 33 mit den untenstehenden Daten im Rechteck 0 % x % 1 und 0 % y % 2 soll die Berechnung der Coonsschen Flche demonstriert werden:
I5.1
Analytische Geometrie der Ebene
A 41
Aus Gl. (57) folgt 3 3 2 2 3 2 F0 ðuÞ T 0 0 0 0 2u3 3u2 þ 1 7 6 F ðuÞ 7 6 1 1 0 0 7 6 2u3 þ 3u2 7 7 6 6 1 7 6 xðu; uÞ ¼ 6 7 76 7 6 4 G0 ðuÞ 5 4 1 1 0 0 5 4 u3 2u2 þ u 5 3 2 1 1 0 0 G1 ðuÞ u u 2 3T 2 3 0 2u3 3 u2 þ 1 6 2u3 þ 3 u2 7 617 6 7 6 7 ¼6 6 7 ¼ u: 7 4 u3 2 u2 þ u 5 4 1 5 u3 u2
1
Analog ergeben sich yðu; uÞ ¼ 2v3 þ 3v2 þ u und zðu; uÞ ¼ u3 3u2 þ u þ 5u3 10u2 þ u þ 9: Bild 33. Bikubische Coonssche Flche Pðu; uÞ ¼ ðxðu; uÞ; yðu; uÞ; zðu; uÞÞ
Die Randkurven sind zðu; 0Þ ¼ u3 3u2 þ u þ 9;
Pð0;0Þ ¼ ð0; 0; 9Þ; Pu ð0;0Þ ¼ ð1; 0; 1Þ; Pv ð0;0Þ ¼ ð0; 1; 1Þ Pð0;1Þ ¼ ð0; 2; 5Þ; Pu ð0;1Þ ¼ ð1; 0; 1Þ; Pv ð0;1Þ ¼ ð0;1; 4Þ Pð1;0Þ ¼ ð1; 0; 8Þ; Pu ð1;0Þ ¼ ð1;0; 2Þ; Pv ð1;0Þ ¼ ð0; 1; 1Þ Pð1;1Þ ¼ ð1; 2; 4Þ; Pu ð1;1Þ ¼ ð1;0; 2Þ; Pv ð1;1Þ ¼ ð0;1; 4Þ
zðu; 1Þ ¼ u3 3u2 þ u þ 5; zð0; uÞ ¼ 5u3 10u2 þ u þ 9; zð1; uÞ ¼ 5u3 10u2 þ u þ 8:
und verschwindendem Twistvektor Puv ð0; 0; 0Þ.
In entsprechender Weise knnen auch Bezier- und B-spline-Flchen entwickelt werden.
5 Analytische Geometrie
ben Symbol bezeichnet.
U. Jarecki, Berlin 5.1.2 Strecke
5.1 Analytische Geometrie der Ebene 5.1.1 Das kartesische Koordinatensystem Zugrunde gelegt wird ein orthogonales kartesisches Koordinatensystem (O; e1 ; e2 ) in der positiv orientierten Ebene (Bild 1). In einem Punkt O (Ursprung, Nullpunkt oder Anfangspunkt) sind zwei Vektoren e1 und e2 der Lnge 1 (Normiertheit) senkrecht zueinander angeheftet (Orthogonalitt). e1 wird durch eine Drehung entgegen dem Uhrzeigersinn um p=2 mit e2 zur Deckung gebracht (positive Orientierung). Die durch O verlaufenden und entsprechend e1 und e2 orientierten Geraden heißen Koordinatenachsen: die x- oder AbszissenAchse und die y- oder Ordinaten-Achse. Jeder Vektor a der Ebene lßt sich eindeutig als Linearkombination der Vektoren e1 und e2 darstellen: a ¼ ax e1 þ ay e2 ¼ ðax ; ay Þ, wobei ax und ay seine Koordinaten sind. Durch die Auszeichnung eines Punkts O als Koordinatenursprung kann außerdem jedem Punkt P der Ebene (Bild 1) umkehrbar eindeutig ein geordnetes Zahlenpaar (x, y) bzw. ein ! Ortsvektor r ¼ OP ¼ xe1 þ ye2 mit den Punktkoordinaten x und y zugeordnet werden, wobei x Abszisse und y Ordinate von P bzw. r heißen. Punkt und Ortsvektor werden im folgenden als synonyme Begriffe verwendet und hufig mit demsel-
Bild 1. Ebenes kartesisches Koordinatensystem
Die Punkte r1 ¼ ðx1 ; y1 Þ und r2 ¼ ðx2 ; y2 Þ seien Anfangs- und ! Endpunkt der (gerichteten) Strecke P1 P2 (Bild 2 a) Ein ! Punkt r ¼ ðx; yÞ liegt genau dann auf P1 P2 , wenn fr t 2 [0, 1] gilt r ¼ r1 þ tðr2 r1 Þ oder x ¼ x1 þ tðx2 x1 Þ und y ¼ y1 þ tðy2 y1 Þ: Wird t ¼ t2 und 1 t ¼ t1 gesetzt, so lassen sich diese Gleichungen auch schreiben t þt ¼1 x ¼ t1 x1 þ t2 x2 r ¼ t1 r1 þ t2 r2 oder fr 1 2 0 % t1 ; t2 y ¼ t1 y1 þ t2 y2 Lnge. Sie betrgt ! jP1 P2 j ¼ jr2 r1 j ¼
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ðx2 x1 Þ2 þ ðy2 y1 Þ2 ¼ l:
Richtung (Bild 2 a). Sie ist bestimmt durch den orientierten ! Winkel a ¼ \ðe1 ; P1 P2 Þ, um den e1 gedreht werden muß, damit er die gleiche Richtung und den gleichen Richtungssinn ! wie P1 P2 hat. a ist bis auf Vielfache von p bestimmt durch cos a ¼ ðx2 x1 Þ=l; sin a ¼ ðy2 y1 Þ=l:
! Bild 2. Strecke P1 P2 . a Darstellung; b Teilung
U. Jarecki, Hans-Joachim Schulz, Dubbel Mathematik, DOI 10.1007/978-3-642-22059-3_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
A
A 42
A
Mathematik – 5 Analytische Geometrie
Im allgemeinen wird derjenige Winkel a gewhlt, dessen Be ! trag den kleinsten Wert hat. Die Steigung m der Strecke P1 P2 ist: tan a ¼ m ¼ ðy2 y1 Þ=ðx2 x1 Þ; wenn x1 6¼ x2 : Teilung (Bild 2 b). Ein Punkt P mit dem Ortsvektor r ¼ ðx; yÞ ! teilt die Strecke P1 P2 im Verhltnis l mit 1+l 6¼ 0, wenn gilt r r1 ¼ lðr2 rÞ bzw: r ¼ ðr1 þ lr2 Þ=ð1 þ lÞ oder x1 þ lx2 y1 þ ly2 und y ¼ : x¼ 1þl 1þl Der Punkt P liegt fr l ^ 0 auf und fr l<0 außerhalb der Strecke (innere und ußere Teilung). Fr l=1 ist P Mittel ! punkt M der Strecke P1 P2 . rM ¼ ðr1 þ r2 Þ=2 oder xM ¼ ðx1 þ x2 Þ=2 und yM ¼ ðy1 þ y2 Þ=2: 5.1.3 Dreieck Die Eckpunkte (Bild 3) eines Dreiecks 4ðP1 ; P2 ; P3 Þ seien r1 ; r2 ; r3 . Ein Punkt r ist genau dann ein Punkt dieses Dreiecks, wenn r ¼ t1 r1 þ t2 r2 þ t3 r3 oder x ¼ t1 x1 þ t2 x2 þ t3 x3 t1 þ t2 þ t3 ¼ 1 fr 0 % t1 ; t2 ; t3 : y ¼ t1 y1 þ t2 y2 þ t3 y3 Fr t1 ; t2 ; t3 > 0 ist r innerer Punkt des Dreiecks. Fr t1 ¼ 0 ist ! r Randpunkt und liegt auf der Dreieckseite P2 P3 . Der Mittelpunkt M und der Flcheninhalt A des Dreiecks sind rM ¼ ðr1 þ r2 þ r3 Þ=3 oder xM ¼ ðx1 þ x2 þ x3 Þ=3 und yM ¼ ðy1 þ y2 þ y3 Þ=3;
x2 x3
x1
x2 x1 x3 x1
A ¼ ð1=2Þ
y y y ¼ ð1=2Þ
1 2 3
y2 y1 y3 y1
1 1 1
¼ ð1=2Þ ½x1 ðy2 y3 Þ þ x2 ðy3 y1 Þ þ x3 ðy1 y2 Þ: Wird der Rand des Dreiecks 4ðP1 ; P2 ; P3 Þ in der Punktfolge P1 ; P2 ; P3 durchlaufen, so ist der Flcheninhalt positiv, wenn die Dreieckflche wie in Bild 3 zur Linken liegt, sonst negativ.
Bild 3. Dreieck mit Mittelpunkt M
Bild 4. Orientierter Winkel f
5.1.5 Gerade Punktrichtungs- und Zweipunktegleichung. Eine Gerade g (Bild 5 a) sei bestimmt durch einen ihrer Punkte r1 und ihren Richtungsvektor u oder zwei ihrer Punkte r1 und r2 . Fr jeden Punkt r von g gilt dann mit einem Parameter t 2 R r ¼ r1 þ tu oder x ¼ x1 þ tux und y ¼ y1 þ tuy bzw: r ¼ r1 þ tðr2 r1 Þ oder x ¼ x1 þ tðx2 x1 Þ und y ¼ y1 þ tðy2 y1 Þ: Parameterfreie Darstellung: Elimination von t ergibt ðx x1 Þuy ðy y1 Þux ¼ 0 bzw:
x1
ðx x1 Þðy2 y1 Þ ðy y1 Þðx2 x1 Þ ¼ y1
1
x2 y2 1
x
y ¼ 0:
1
Fr ux 6¼ 0 bzw. x2 x1 6¼ 0 liegt Gerade g nicht parallel zur y-Achse, und es ergeben sich hieraus die expliziten Darstellungen y2 y1 y ¼ y1 þ mðx x1 Þ bzw: y ¼ y1 þ ðx x1 Þ: x2 x1 uy =ux ¼ ðy2 y1 Þ=ðx2 x1 Þ ¼ m ¼ tan j heißt Steigung der Geraden g, wobei j mit p=2 < j < p=2 den Steigungswinkel von g bedeutet. Sonderflle: Hauptgleichung y=mx+ b. Gerade mit der Steigung m durch (O, b); b Abschnitt auf der y-Achse. Abschnittsgleichung x/a+y/b=1. Gerade durch (a, O) und (O, b); a und b Abschnitte auf der x- bzw. y-Achse. Hessesche Normalform (Bild 5 b). Eine Gerade g sei in der Punktrichtungsdarstellung gegeben. g: r ¼ r1 þ tu; t 2 R. Normal- oder Stellungsvektor n0 von g ist ein Einheitsvektor, der orthogonal zu u ist und der vom Ursprung O aus zur Geraden g weist (verluft g durch O, dann ist der Richtungssinn beliebig whlbar). Mit dem orientierten Winkel j ¼ \ðe1 ; n0 Þ gilt dann n0 ¼ e1 cos j þ e2 sin j. Skalare Multiplikation der Punktrichtungsgleichung von g mit n0 fhrt auf die Hessesche Normalform von g rn0 d ¼ 0 oder x cos j þ y sin j d ¼ 0;
5.1.4 Winkel Sind a ¼ ðax ; ay Þ und b ¼ ðbx ; by Þ zwei Vektoren, so ist der orientierte Winkel j ¼ \ða; bÞ durch den Drehwinkel erklrt, um den der Vektor a gedreht werden muß, damit er die gleiche Richtung und den gleichen Richtungssinn wie b hat (Bild 4). Er ist bis auf Vielfache von 2p durch die beiden Gleichungen ax bx þ ay by cos j ¼ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiqffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi und a2x þ a2y b2x þ b2y
wobei d ¼ r1 n0 ^ 0 den Abstand des Ursprungs O von g angibt.
ax by ay bx sin j ¼ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiqffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi a2x þ a2y b2x þ b2y bestimmt. Im allgemeinen wird derjenige Winkel gewhlt, dessen Betrag den kleinsten Wert hat, d.h. p < j % p.
Bild 5. Gerade. a allgemeine Form; b Hessesche Normalform
I5.1
Analytische Geometrie der Ebene
A 43
A
Allgemeine Geradengleichung. Jede Geradengleichung lßt sich auf eine lineare Gleichung der Form Ax þ Bx þ C ¼ 0 mit A2 þ B2 > 0
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi zurckfhren. Nach Division durch A2 þ B2 ergibt sich die Hessesche Normalform, wobei pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi cos j ¼ A=ð A2 þ B2 Þ; sin j ¼ B=ð A2 þ B2 Þ; pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi d ¼ C=ð A2 þ B2 Þ sowie „+“ fr C<0 und „–“ fr C>0 gilt, so daß d>0. Fr C=0 verluft Gerade g durch den Ursprung O. Abstand Punkt – Gerade. Er wird zweckmßig mit Hilfe der Hesseschen Normalform bestimmt. g: rn0 d ¼ 0 oder x cos j þ y sin j d ¼ 0: Fr einen beliebigen Punkt P0 mit dem Ortsvektor r0 ¼ ðx0 ; y0 Þ ist sein Abstand a von g gegeben mit a ¼ jr0 n0 dj oder jx0 cos j þ y0 sin j dj: Falls g nicht durch den Ursprung O verluft, gilt außerdem: fr r0 n0 d > 0 liegen P0 und O auf verschiedenen Seiten von g; fr r0 n d < 0 liegen P0 und O auf derselben Seite von g; 0
fr r0 n0 d ¼ 0 liegt P0 auf g: pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Beispiel: g: 3x+4y-10=0 und r0 ¼ ð4; 3Þ, so daß A2 þ B2 ¼ 5: – Hessesche Normalform von g ist (3/5)x+(4/5)y-2=0, so daß r0 n0 d ¼ ð3=5Þ 4 þ ð4=5Þ 3 2 ¼ 2;8: P0 hat von g den Abstand 2,8. P0 und O liegen auf verschiedenen Seiten von g.
Lagebeziehung zweier Geraden. Sind g1 und g2 zwei einander schneidende Geraden, so ist ihr Schnittwinkel g ¼ \ðg1 ; g2 Þ derjenige (orientierte) Winkel, um den die Gerade g1 auf dem krzesten Weg gedreht werden muß, damit sie mit g2 zur Deckung kommt. Dieser Winkel ist fr p=2 < g < p=2 eindeutig durch seinen Tangens bestimmt (Tab. 1).
Bild 6. Parallelverschiebung
tem ðO; e1 ; e2 Þ in das Koordinatensystem ðO0 ; e1 ; e2 ) bergefhrt wird. Fr einen Punkt P in der Ebene gilt dann ! ! !0 ! OP ¼ OO þ O0 P; wobei OO0 ¼ u der Verschiebungsvektor ! ! ist. Mit OP ¼ xe1 þ ye2 ; OO0 ¼ u ¼ ae1 þ be2 und ! 0 0 0 O P ¼ x e1 þ y e2 lautet dann die Koordinatendarstellung der Parallelverschiebung x ¼ x0 þ a; y ¼ y0 þ b oder ðx; yÞ ¼ ðx0 ; y0 Þ þ ða; bÞ ¼ ðx0 þ a; y0 þ bÞ: Drehung (Bild 7). Das Koordinatensystem ðO; e1 ; e2 Þ wird durch eine Drehung um den Winkel a ¼ \ðe1 ; e01 Þ in das Kobergefhrt. Dann ist ordinatensystem ðO; e01 ; e02 Þ e01 ¼ cos ae1 þ sin ae2 und e02 ¼ sin ae1 þ cos ae2 . Fr einen ! beliebigen Punkt P=(x, y ) gilt OP ¼ xe1 þ ye2 ¼ x0 e01 þ y0 e02 . Hieraus ergibt sich die Koordinatendarstellung der Drehung um a bzw. ihre Matrizenform x ¼ x0 cos a y0 sin a und y ¼ x0 sin a þ y0 cos a bzw: 0 x cos a sin a x ¼ ; wobei sin a cos a y y0
cos a sin a
¼ 1:
sin a cos a
Tabelle 1. Lagebeziehungen zweier Geraden in der Ebene
Bild 7. Drehung
5.1.7 Kegelschnitte Grundbegriffe und allgemeine Eigenschaften Schnittpunkt zweier Geraden. Der Schnittpunkt S ¼ ðxS ; yS Þ zweier nichtparalleler Geraden in der allgemeinen Darstellung g1 : A1 x þ B1 y þ C1 ¼ 0 und g2 : A2 x þ B2 y þ C2 ¼ 0 mit A1 B2 A2 B1 6¼ 0 ist bestimmt durch die Lsung dieses linearen Gleichungssystems, die nach der Cramer-Regel (s. A 3.2.3) lautet
C1 B1 A1
:
xS ¼
C2 B2 A2
A1 C1 A1
:
yS ¼
A2 C2 A2
B1
und B2
B1
: B
2
5.1.6 Koordinatentransformationen Parallelverschiebung (Bild 6). Sie ist gekennzeichnet durch einen Verschiebungsvektor u, durch den das Koordinatensys-
Wird ein Kreiskegel von einer Ebene geschnitten, so werden die Schnittkurven als Kegelschnitte bezeichnet. Numerische Exzentrizitt. Sie ist das bei jedem echten Kegelschnitt konstante Verhltnis e= r/d. Hierbei sind r und d die Abstnde (Bild 8 a) eines seiner Punkte vom Brennpunkt F bzw. von der Leitlinie l. Damit ist zugleich eine Konstruktionsvorschrift gegeben: In den Abstnden d1 ; d2 ; d3 . . . werden Parallelen zur Leitlinie l gezogen, und um den Brennpunkt F werden Kreise mit den Radien ed1 ; ed2 ; ed3 . . . gezeichnet; ihre Schnittpunkte mit den entsprechenden Parallelen sind Punkte des Kegelschnitts. Die zur Leitlinie l senkrechte Gerade durch F heißt Hauptachse. Die Lnge der Sehne durch den Brennpunkt F und senkrecht zur Hauptachse heißt der Parameter 2p. F hat dann von l den Abstand p/e. Polarkoordinaten (Bild 8 a). Wenn der Pol mit F zusammenfllt und die Polarachse mit der Hauptachse gleichgerichtet ist, dann gilt
A 44
Mathematik – 5 Analytische Geometrie
A
Bild 9. Kreis. a kartesische, b Polarkoordinaten; c Spiegelung; d Pol und Polare
Bild 8. Kegelschnitte. a Polarkoordinaten; b gemeinsamer Brennpunkt; c gemeinsamer Scheitelpunkt
p ; r¼ 1 e cos j
e ¼ 0 KreisKreis; 0 < e < 1 Ellipse; e ¼ 1 ParabelParabel; e > 1 Hyperbel:
Im Bild 8 b sind fr einen Brennpunkt F und eine Leitlinie l jeweils eine Ellipse, eine Parabel und eine Hyperbel dargestellt. Bei einem Kreis (e=0) liegt die Leitlinie im Unendlichen, und der Brennpunkt F ist sein Mittelpunkt. Scheitelpunktgleichung (Bild 8 c). In einem kartesischen Koordinatensystem, dessen Ursprung mit dem linken Scheitelpunkt und dessen x-Achse mit der Hauptachse der Kegelschnitte zusammenfllt, lautet sie y ¼ 2px x ð1 e Þ 2
2
2
p mit dem Brennpunkt F ¼ ;0 ; 1þe p mit der Leitliniex ¼ : eð1 þ eÞ
hg mit dem Anfangspunkt M liegen und fr ihre Abstnde r und r von M gilt: rr ¼ R2 . Polare des Poles P0 bezglich des Kreises (Bild 9 d) ist eine 0 des Poles P0 verluft Gerade, die durch den Spiegelpunkt P 0 mit dem Anund senkrecht auf der Halbgeraden hg durch P fangspunkt M steht. Liegt der Pol P0 außerhalb des Kreises wie auf Bild 9 d, so sind die Schnittpunkte P1 und P2 der Polaren mit dem Kreis die Berhrungspunkte der Kreistangenten durch P0 . Mit der Kreisgleichung ðx aÞ2 þ ðy bÞ2 ¼ R2 lautet die Gleichung der Polaren des Punkts P0 ðx0 ; y0 Þ ðx aÞðx0 aÞ þ ðy bÞðy0 bÞ ¼ R2 : Parabel Sie ist der geometrische Ort aller Punkte der Ebene, deren Abstnde von einem Punkt F, dem Brennpunkt, und einer Geraden l, der Leitlinie, gleich sind (e=1). Ihr Halbparameter p ist der Abstand des Brennpunkts F von l.
Kreis Er ist der geometrische Ort aller Punkte der Ebene, die von einem Punkt M, dem Mittelpunkt, den gleichen Abstand R haben. R heißt Radius des Kreises. Gleichungen. Fr den Mittelpunkt M und den Radius R gelten: Kartesische Koordinaten (Bild 9 a) Allgemeine Form mit Mða; bÞ: ðx aÞ2 þ ðy bÞ2 ¼ R2 ; Scheitelpunktsform mit MðR; 0Þ: x2 2Rx þ y2 ¼ 0; Mittelpunktsform mit Mð0; 0Þ: x2 þ y2 ¼ R2 : Polarkoordinaten (Bild 9 b) Allgemeine Form mit Mðr0 ; j0 Þ : r 2 2rr0 cosðj j0 Þ þ r02 ¼ R2 , Scheitelpunktsform mit M(R, 0): r ¼ 2R cos j; j 2 ðp=2; p=2Þ: Tangente und Normale (t und n; Bild 9 c). Fr den Kreis k: ðx aÞ2 þ ðy bÞ2 ¼ R2 mit dem Kreispunkt P0 ðx0 ; y0 Þ gilt fr t: ðx aÞðx0 aÞ þ ðy bÞðy0 bÞ ¼ R2 ; fr n: ðy y0 Þðx0 aÞ ðx x0 Þðy0 bÞ ¼ 0: Spiegelung an einem Kreis (Bild 9 c). Zwei Punkte P0 und 0 der Ebene heißen Spiegelpunkte des Kreises mit dem MitP telpunkt M und dem Radius R, wenn sie auf der Halbgeraden
Bild 10. Parabel. a Konstruktion; b Koordinaten; c Tangente t und Normale n
I5.1 Konstruktion. Fr die Parabelpunkte und ihre Tangenten (Bild 10 a) gilt: In einem Punkt A auf l wird das Lot und auf der Verbindungsstrecke AF die Mittelsenkrechte errichtet, die das Lot in einem Parabelpunkt P schneidet und zugleich Tangente in P ist. Hieraus geht hervor, daß jeder parallel zur Hauptachse einfallende Strahl nach Spiegelung an der Parabel durch den Brennpunkt F geht. Gleichungen (Bild 10 b). In Polar- bzw. kartesischen Koordinaten ist r ¼ p=ð1 cos jÞ bzw. y2 ¼ 2px mit Brennpunkt F: (p/2, 0) und Leitlinie l: x=– p/2. Tangente und Normale (t und n; Bild 10 c). In der Scheitelpunktdarstellung y2 ¼ 2px mit dem Parabelpunkt P0 ðx0 ; y0 Þ gilt fr t: yy0 ¼ pðx þ x0 Þ und fr n: pðy y0 Þ þ y0 ðx x0 Þ ¼ 0. Die Tangente t schneidet die y-Achse bei y0 =2 und die xAchse bei x0 . Die Lnge der Subnormalen SN ist stets p. Ellipse
Konstruktion. Fr die Ellipse und ihre Tangenten (Bild 11 a) wird mit dem Radius 2 a um F1 ein Kreis, der Leitkreis, gezeichnet und einer seiner Punkte Q mit F1 und F2 verbunden. Die Mittelsenkrechte der Strecke QF2 schneidet die Strecke QF1 im Ellipsenpunkt P und ist zugleich Tangente in P. Hiernach geht jeder vom Brennpunkt F1 ausgehende Strahl nach der Spiegelung an der Ellipse durch den anderen Brennpunkt F2 . Charakteristische Grßen (Bild 11 b). Diese sind die lineare Exzentrizitt e, die numerische Exzentrizitt e= e/a<1, die große und die kleine Halbachse a und b sowie der Halbparameter p ¼ b2 =a. Der Brennpunkt F1 bzw. der Mittelpunkt M hat von der Leitlinie l den Abstand p=e ¼ b2 =e bzw. a=e ¼ a2 =e. Gleichungen (Bild 11 c). In Polarkoordinaten (Pol fllt mit F1 zusammen, und die Polachse geht durch F2 ) ist p a 2 e2 ¼ ; e ¼ e=a < 1: 1 e cos j a e cos j
Kartesische Koordinaten: Scheitelpunkt S liegt im Ursprung y2 ¼ 2px x2 ð1 e2 Þ ¼ 2
A 45
x2 y2 b pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi þ ¼ 1 oder y ¼ a2 x2 : a a2 b2 Tangente und Normale (t und n ; Bild 11 b). In der Mittelpunktdarstellung mit dem Ellipsenpunkt P0 ðx0 ; y0 Þ gilt xx0 yy0 fr t: 2 þ 2 ¼ 1; a b ðx x0 Þy0 ðy y0 Þx0 ¼ 0: fr n: b2 a2
Hyperbel Sie ist der geometrische Ort aller Punkte der Ebene mit konstanter Differenz ihrer Abstnde von zwei Brennpunkten F1 und F2 . Der Abstand der Brennpunkte wird mit 2 e und die Abstandsdifferenz fr einen Hyperbelpunkt P mit 2 a bezeichnet. F1 F2 ¼ 2e; F1 P F2 P ¼ 2a; wobei e > a:
Sie ist der geometrische Ort aller Punkte der Ebene (Bild 11 a) mit konstanter Summe ihrer Abstnde von zwei Punkten F1 und F2 , den Brennpunkten. Der Abstand der beiden Brennpunkte wird mit 2 e und die Abstandssumme fr die Ellipsenpunkte P mit 2 a bezeichnet: F1 F2 ¼ 2 e und F1 P þ F2 P ¼ 2 a, wobei e
r¼
Analytische Geometrie der Ebene
b2 b2 x 2 x2 oder a a
ðx aÞ2 y2 þ 2 ¼ 1; a2 b Mittelpunkt M liegt im Ursprung
Bild 11. Ellipse. a Konstruktion; b Grßen; c Koordinaten
Konstruktion (Bild 12 a). Hierzu wird um F1 mit dem Radius 2 a ein Kreis, der Leitkreis, gezeichnet. Ein Punkt Q auf dem Leitkreis wird mit F2 verbunden. Die Mittelsenkrechte auf QF2 schneidet die verlngerte Strecke F1 Q in dem Hyperbelpunkt P und ist zugleich Tangente in P. Fr diesen Punkt P ist F1 P F2 P ¼ 2 a: Hieraus folgt, daß jeder vom Brennpunkt F1 ausgehende Strahl nach seiner Spiegelung an der Hyperbel mit seiner rckwrtigen Verlngerung durch den zweiten Brennpunkt F2 verluft. Charakteristische Grßen (Bild 12 b). Diese sind die lineare Exzentrizitt e, die numerische Exzentrizitt e= e/a>1, die reelle Halbachse a und die imaginre Halbachse pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi b ¼ e2 a2 sowie der Halbparameter p ¼ b2 =a. Der Brennpunkt F2 bzw. der Mittelpunkt M hat von der Leitlinie l den Abstand p=e ¼ b2 =e bzw. a=e ¼ a2 =e. Die Geraden durch M, die bezglich der Hauptachse die Steigung b/ a haben, sind Asymptoten der Hyperbel. Gleichungen. In Polarkoordinaten (Pol fllt mit F zusammen, und die Polarachse ist mit der Hauptachse gleichgerichtet; Bild 12 c) ist r¼
p e2 a2 e ¼ ; e ¼ > 1: 1 e cos j a e cos j a
Kartesische Koordinaten. Die x-Achse mit der Orientierung von links nach rechts geht durch F1 und F2 . Scheitelpunkt S, Bild 12 c liegt im Ursprung y2 ¼ 2px x2 ð1 e2 Þ oder
ðx þ aÞ2 y2 2 ¼ 1; a2 b
Mittelpunkt M, Bild 12 d liegt im Ursprung x2 y2 b pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi x2 a 2 : ¼ 1 oder y ¼ a a2 b2
A
A 46
Mathematik – 5 Analytische Geometrie
A
Bild 12. Hyperbel. a Konstruktion; b Grßen; c Koordinaten; d Tangente t und Normale n
Tangente und Normale (t und n ; Bild 12 d). In der Mittelpunktdarstellung mit dem Hyperbelpunkt P0 ðx0 ; y0 Þ gilt x0 x y0 y fr t: 2 2 ¼ 1; a b ðx x0 Þy0 ðy y0 Þx0 fr n: þ ¼ 0: 2 b a2 5.1.8 Allgemeine Kegelschnittgleichung Jeder Kegelschnitt ist eine Kurve 2. Ordnung, d.h., daß er in einem kartesischen Koordinatensystem durch eine Gleichung 2. Grades darstellbar ist: Fðx; yÞ ¼ Ax2 þ 2Bxy þ Cy2 þ 2Dx þ 2Ey þ F ¼ 0; A þ B þ C > 0:
A
B D
A D ¼
B C E
; d ¼
B
D E
F 2
2
2
B
: C
ð1Þ
Die Diskriminante D der Gleichung und die Diskriminante d der quadratischen Glieder bestimmen im wesentlichen die Art des Kegelschnitts (Tab. 2). Transformation der allgemeinen Kegelschnittgleichung auf Hauptachsen Drehung des Koordinatensystems. Sie ist nur dann erforderlich, wenn in Gl. (1) B 6¼ 0. Ohne Einschrnkung wird vorausgesetzt, daß B>0 (anderenfalls Multiplikation der Gleichung mit -1). Durch eine Drehung um den Winkel a gemß den Transformationsgleichungen x ¼ x0 cos a y0 sin a, y ¼ x0 sin a þy0 cos a geht Gl. (1) ber in
Tabelle 2. Kegelschnitte
A0 x02 þ 2B0 x0 y0 þ C0 y02 þ 2Dx0 þ 2Ey0 þ F 0 ¼ 0;
ð2Þ
wobei die Koeffizienten mit einem Strich durch die Matrizengleichung 1 0 0 0 A B D B 0 0 0C @B C E A ¼ D E0 F 0 1 10 10 0 A B D cos a sin a 0 cos a sin a 0 C CB CB B d @ sin a cos a 0 A@ B C E A@ sin a cos a 0 A D E F 0 0 1 0 0 1 bestimmt sind. Hierbei ist
0 0
A B D A B D
0 0 0
B C E ¼ B C E ¼ D;
D E0 F 0 D E F
0 0
A B A B
B0 C0 ¼ B C ¼ d; A0 þ C0 ¼ A þ C; F 0 ¼ F: Der Drehwinkel a wird nun so bestimmt, daß B0 ¼ ðC AÞ sin a cos a þ Bðcos2 a sin2 aÞ ¼ ð1=2ÞðC AÞ sin 2a þ B cos 2a ¼ 0 oder ðA CÞ sin 2a ¼ 2B cos 2a; woraus folgt tan 2a ¼ 2B=ðA CÞ fr A 6¼ C oder cos 2a ¼ 0 fr A ¼ C: Hieraus ist a bis auf ganzzahlige Vielfache von p=2 bestimmt. Mit a 2 ð0; p=2Þ gilt qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi A0 ¼ ð1=2ÞðA þ CÞ þ ð1=2Þ ðA CÞ2 þ 4B2 ; qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi C0 ¼ ð1=2ÞðA þ CÞ ð1=2Þ ðA CÞ2 þ 4B2 oder A0 þ C0 ¼ A þ C; A0 C 0 ¼ AC B2 ¼ d: A0 und C0 sind damit Lsungen der quadratischen Gleichung
I5.2
Al
B
Analytische Geometrie des Raumes
A 47
B
¼ l2 ðA þ CÞl þ AC B2 ¼ 0: C l
A
Wegen B0 ¼ 0 lautet dann Gl. (2) im gedrehten Koordinatensystem A0 x02 þ C0 y02 þ 2Dx0 þ 2E0 y0 þ F 0 ¼ 0:
ð3Þ
Parallelverschiebung. Gleichung (3) lßt sich durch eine Parallelverschiebung des Koordinatensystems weiter vereinfachen. Hierbei sind im wesentlichen die Flle d 6¼ 0 und d=0 zu unterscheiden. Fall d 6¼ 0
A B
¼ A0 C0 6¼ 0: d ¼
B C
Wegen A0 6¼ 0 und C 0 6¼ 0 kann Gl. (3) durch quadratische Ergnzung auf die Form gebracht werden: A0 ðx0 þ D=A0 Þ2 þ C0 ðy0 þ E0 =C0 Þ2 þ D=d ¼ 0:
ð4Þ
Die Parallelverschiebung x ¼ x0 þ D=A0 , h ¼ y0 þ E0 =C0 liefert die Hauptachsengleichung einer Hyperbel oder Ellipse A0 x2 þ C0 h2 þ D=d ¼ 0
ð5Þ
(D=0: ausgeartete Hyperbel oder Ellipse). Fall d ¼ 0
A d ¼
B
woraus folgt, daß E0 ¼ 0 genau dann, wenn D=0. Mit C0 ¼ 0 lautet Gl. (3) A0 x02 þ 2Dx0 þ 2E0 y0 þ F 0 ¼ 0 oder nach quadratischer Ergnzung ð6Þ
Unterfall E0 6¼ 0. Hier wird D 6¼ 0 und A0 ðx0 þ D=A0 Þ2 þ 2E0 ðy0 þ F=2E0 Þ ¼ 0: Die Parallelverschiebung x ¼ x0 þ D=A0 ; h ¼ y0 þ F=ð2E0 Þ liefert die Hauptachsengleichung der Parabel A0 x2 þ 2E0 h ¼ 0 oder x2 ¼ ð2E0 =A0 Þh ¼ ph:
ð7Þ
Unterfall E0 ¼ 0. Hier wird D=0 und A0 ðx0 þ D=A0 Þ2 þ F ¼ 0: Die Parallelverschiebung x ¼ x0 þ D=A0 , h ¼ y0 liefert die Hauptachsengleichung der ausgearteten Parabel A0 x2 þ F ¼ 0 oder x2 ¼ F=A0 :
pffiffiffi Die Parallelverschiebung h ¼ y0 þ 3= 5; x ¼ x0 liefert die Hauptachpffiffiffiffiffiffiffiffi sengleichung h ¼ 1=5:
5.2 Analytische Geometrie des Raumes
Es sei C 0 ¼ 0 und A0 6¼ 0 (der andere mgliche Fall, A0 ¼ 0 und C0 6¼ 0, lßt sich entsprechend behandeln). Dann ist
A 0 D
B D A0
0 E0 ¼ A0 E02 ; D¼ B C E ¼ 0
D E E0 F0
F D
F ¼ F 0 D2 =A0 :
lautet die Kegelschnittgleichung im gedrehten System pffiffiffi pffiffiffi 5y02 þ 6 5y0 þ 8 ¼ 0 oder ðy0 þ 3= 5Þ2 ¼ 1=5:
Die ausgeartete Parabel ist also ein Paar von reellen parallelen Geraden.
B
¼ A0 C0 ¼ 0: C
A0 ðx0 þ D=A0 Þ2 þ 2E0 y0 þ F ¼ 0 mit
Bild 13. Rumliches kartesisches Koordinatensystem Beispiel 2: x2 4xy þ 4y2 6x þ 12y þ 8 ¼ 0: – Wegen d=0 und D=0 ist der Kegelschnitt eine ausgeartete Parabel. Es ist tan 2a ¼ 4=3 pffiffiffi pffiffiffi oder cos a ¼ 2= 5 und sin a ¼ 1= 5: Mit den Transformationsgleichungen fr die Drehung, pffiffiffi x ¼ x0 cos a y0 sin a ¼ 1= 5ð2x0 y0 Þ; pffiffiffi 0 0 y ¼ x sin a þ y cos a ¼ 1= 5ðx0 þ 2y0 Þ;
5.2.1 Das kartesische Koordinatensystem Zugrunde gelegt wird ein rumliches Koordinatensystem ðO; e1 ; e2 ; e3 Þ im positiv orientierten Raum (Bild 13). In einem Punkt O, dem Ursprung, Nullpunkt oder Koordinatenanfangspunkt, sind drei orthonormierte Basisvektoren e1 ; e2 ; e3 angeheftet, die in der angegebenen Reihenfolge eine Rechtsschraube bilden (positive Orientierung). ! Jeder Vektor a des Raums bzw. jeder Ortsvektor OP ¼ r eines Raumpunkts P lßt sich eindeutig als Linearkombination der Basisvektoren darstellen, a ¼ ax e1 þ ay e2 þ az e3 ¼ ðax ; ay ; az Þ bzw: ! r ¼ OP ¼ xe1 þ ye2 þ ze3 ¼ ðx; y; zÞ; wobei ax ; ay ; az bzw. x, y, z Koordinaten des Vektors a bzw. des Punkts P heißen. 5.2.2 Strecke Die Punkte r1 und r2 seien Anfangs- und Endpunkt der ! (orientierten) Strecke P1 P2 ¼ r2 r1 (Bild 14). Ein Punkt r ! liegt genau dann auf der Strecke P1 P2 , wenn r ¼ r1 þ tðr2 r1 Þ fr t 2 ½0; 1 oder t þ t ¼ 1; fr 1 2 r ¼ t1 r1 þ t2 r2 0 % t1 ; t2 :
ð8Þ
Beispiel 1: 3x2 2xy þ 3y2 4x 4y 12 ¼ 0: – Wegen d=8>0, D= 128 6¼ 0 und D/d= 16 ist der Kegelschnitt eine reelle Ellipse. Da A=C, ist cos 2a ¼ 0 oder a ¼ p=4: Mit den Transformationsgleichungen fr die Drehung, pffiffiffi x ¼ x0 cosðp=4Þ y0 sinðp=4Þ ¼ ð1= 2Þðx0 y0 Þ; pffiffiffi y ¼ x0 sinðp=4Þ þ y0 cosðp=4Þ ¼ ð1= 2Þðx0 þ y0 Þ; lautet die Kegelschnittgleichung im gedrehten System 2x02 þ 4y02 pffiffiffi pffiffiffi 4 2x0 12 ¼ 0: Die quadratische Ergnzung ergibt 2ðx0 2Þ2 þ pffiffiffi 4y02 16 ¼ 0: Die Parallelverschiebung x ¼ x0 2; h ¼ y0 liefert die Hauptachsengleichung x2 =8 þ h2 =4 ¼ 1:
! Bild 14. Strecke P1 P2
A 48
A
Mathematik – 5 Analytische Geometrie
! Lnge der Strecke P1 P2 : ! l ¼ jP1 P2 j ¼ jr2 r1 j qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ ðx2 x1 Þ2 þ ðy2 y1 Þ2 þ ðz2 z1 Þ2 : ! Richtung der Strecke P1 P2 : Sie ist bestimmt durch die Win ! kel a, b, g, die der Vektor P1 P2 ¼ r2 r1 mit den Basisvektoren einschließt, wobei ihre Kosinuswerte Richtungskosinusse heißen. Mit dem Einheitsvektor e0 ¼ ðr2 r1 Þ=jr2 r1 j gilt
Bild 17. Gerade
cos a ¼ e0 e1 ¼ ðx2 x1 Þ=l; cos b ¼ e0 e2 ¼ ðy2 y1 Þ=l; cos g ¼ e0 e3 ¼ ðz2 z1 Þ=l; cos2 a þ cos2 b þ cos2 g ¼ 1: Winkel zwischen zwei gerichteten Strecken: Der von den beiden gerichteten Strecken oder Vektoren ! a ¼ P1 P2 ¼ r2 r1 ¼ ðax ; ay ; az Þ und ! b ¼ P3 P4 ¼ r4 r3 ¼ ðbx ; by ; bz Þ eingeschlossene Winkel j ð0 % j % pÞ ist bestimmt durch cos j ¼
ab ax bx þ ay by þ az bz ¼ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiqffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi jajjbj a2 þ a2 þ a2 b2 þ b2 þ b2 x
y
z
x
y
z
¼ cos a1 cos a2 þ cos b1 cos b2 þ cos g1 cos g2 ; wobei cos a1 ; cos b1 ; cos g1 bzw. cos a2 ; cos b2 ; cos g2 die ! ! Richtungskosinusse von P1 P2 bzw. P3 P4 sind. 5.2.3 Dreieck und Tetraeder Bilden die drei Punkte P1 ; P2 und P3 mit den Ortsvektoren r1 ¼ ðx1 ; y1 ; z1 Þ; r2 ¼ ðx2 ; y2 ; z2 Þ und r3 ¼ ðx3 ; y3 ; z3 Þ die Eckpunkte eines Dreiecks (Bild 15) und ist durch die Punktfolge P1 ; P2 ; P3 ein Umlaufsinn des Dreiecks festgelegt, so heißt ! ! das vektorielle Produkt ðP1 P2 P2 P3 Þ=2 orientierte Dreieckflche mit dem Flcheninhalt 0;5 jðr2 r1 Þ ðr3 r2 Þj ¼ v ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ffi u
u x1 x2 x3
2
y1 y2 y3
2
z1 d z2 z3
2 u
0;5u t
y1 y2 y3
þ
z1 z2 z3
þ
x1 x2 x3
:
1 1 1 1 1 1 1 1 1
Bilden die vier Punkte P0 ; P1 ; P2 und P3 mit den Ortsvektoren r0 ; r1 ; r2 und r3 die Eckpunkte eines Tetraeders (Bild 16), so ist dessen (orientiertes) Volumen bestimmt durch das Spatprodukt ! ! ! ! ! ! ð1=6ÞðP0 P1 ; P0 P2 ; P0 P3 Þ ¼ ð1=6ÞðP0 P1 P0 P2 Þ P0 P3 bzw: V ¼ ð1=6Þ½ðr1 r0 Þ ðr2 r0 Þ ðr3 r0 Þ
x0 y0 z0 1
x y z 1
1 1 1
¼ 16
:
x2 y2 z2 1
x y z 1
3 3 3 ! Das Volumen hat positives Vorzeichen, wenn P0 P1 ; ! ! P0 P2 ; P0 P3 in dieser Reihenfolge positiv orientiert sind.
5.2.4 Gerade Zweipunkte- und Punktrichtungsgleichung. Eine Gerade g (Bild 17) sei bestimmt durch zwei ihrer Punkte r1 und r2 bzw. durch einen ihrer Punkte r1 und ihren Richtungsvektor u ¼ ðux ; uy ; uz Þ: Fr jeden Punkt r der Geraden g gilt mit dem Parameter t 2 R r ¼ r1 þ tðr2 r1 Þ oder x ¼ x1 þ tðx2 x1 Þ; y ¼ y1 þ tðy2 y1 Þ; z ¼ z1 þ tðz2 z1 Þ bzw. r ¼ r1 þ tu oder x ¼ x1 þ tux ; y ¼ y1 þ tuy ; z ¼ z1 þ tuz : Vektorielle Multiplikation beider Gleichungen mit r2 r1 bzw. u fhrt auf die folgenden parameterfreien Darstellungen: Zweipunktegleichung ðr r1 Þ ðr2 r1 Þ ¼ 0; ðx x1 Þðy2 y1 Þ ¼ ðy y1 Þðx2 x1 Þ; ðy y1 Þðz2 z1 Þ ¼ ðz z1 Þðy2 y1 Þ; ðz z1 Þðx2 x1 Þ ¼ ðx x1 Þðz2 z1 Þ; Punktrichtungsgleichung ðr r1 Þ u ¼ 0; ðx x1 Þuy ¼ ðy y1 Þux ; ðy y1 Þuz ¼ ðz z1 Þuy ; ðz z1 Þux ¼ ðx x1 Þuz : Falls die im Nenner auftretenden Grßen von Null verschieden sind, lauten diese Gleichungen in der kanonischen Form x x1 y y1 z z1 ¼ ¼ bzw: x2 x1 y2 y1 z2 z1 x x1 y y1 z z1 ¼ ¼ : ux uy uz Allgemeine Darstellung einer Geraden. Sie ist bestimmt durch die Schnittgerade zweier Ebenen mit den linearen Gleichungen A1 x þ B1 y þ C1 z þ D1 ¼ 0 und A2 x þ B2 y þ C2 z þ D2 ¼ 0 A1 B1 C1 ¼ 2; d.h., von mit Rang A2 B2 C2
A1 B1 A1 C1 B1 D1
A2 B2 ; A2 C2 ; B2 C2
Bild 15. Dreieck
Bild 16. Tetraeder
ist mindestens eine Determinante von Null verschieden. Fr die Schnittgerade der beiden Ebenen ist dann nach A 5.2.5 der Richtungsvektor
I5.2
Analytische Geometrie des Raumes
A 49
A
Tabelle 3. Lagebeziehungen zweier Geraden im Raum
B C
C A
A B
u ¼
1 1
e1 þ
1 1
e2 þ
1 1
e3 6¼ 0: B2 C2 C2 A2 A2 B2
Richtungssinn beliebig whlbar. Fr jeden Punkt r von E gilt dann
Lagebeziehungen zweier Geraden. Die Geraden seien durch ihre Punktrichtungsgleichungen gegeben. g1 : r ¼ r1 þ t1 u 1 ; g2 : r ¼ r2 þ t2 u 2 ; t1 ; t2 2 R: Die vier Mglichkeiten ihrer gegenseitigen Lage mit den entsprechenden Bedingungen und die Abstnde der Geraden sind in Tab. 3 zusammengefaßt. 5.2.5 Ebene
Parameterdarstellung. Mit den Parametern l; m lautet sie r ¼ r0 þ lðr1 r0 Þ þ mðr2 r0 Þ bzw: r ¼ r0 þ lu þ mw:
ðr r0 Þ½ðr1 r0 Þ ðr2 r0 Þ ¼ 0 bzw: ðr r0 Þðu wÞ ¼ 0
y y0 y1 y0 y2 y0
y y0 uy wy
Einige Sonderflle sind: Ax þ By þ Cz ¼ 0 By þ Cz þ D ¼ 0 Cz þ D ¼ 0 z¼0
y y0 y1 y2
Ebene geht durch den Ursprung O; Ebene parallel zur xAchse; Ebene parallel zur x; yEbene; Ebene fllt mit x; yEbene zusammen:
Abschnittsgleichung (Ebene geht durch die Punkte ða; 0;0Þ; (0, b, 0) und (0, 0, c)): x=a þ y=b þ z=c ¼ 1: Abstand eines Punkts von einer Ebene. Er wird zweckmßig mit Hilfe der Hesseschen Normalform bestimmt.
oder in Koordinatenschreibweise
x z z0
x
z1 z0 ¼
0 x z2 z0
1 x2
Ax þ By þ Cz þ D ¼ 0; wobei A2 þ B2 þ C 2 > 0:
ð9Þ
Parameterfreie Form. Skalare Multiplikation der Gl. (9) mit ðr1 r0 Þ ðr2 r0 Þ bzw. u w ergibt
bzw.
x x0
ux
wx
x cos a þ y cos b þ z cos g d ¼ 0: Allgemeine Ebenengleichung. Sie hat die lineare Form
Die Ebene E sei durch drei nicht auf einer Geraden liegenden Punkte P0 ; P1 ; P2 mit den Ortsvektoren r0 ; r1 ; r2 bzw. durch einen Punkt P0 und zwei nichtkollineare Vektoren u ¼ r1 r0 ; w ¼ r2 r0 bestimmt (Bild 18 a), wobei ðr1 r0 Þ ðr2 r0 Þ 6¼ 0 bzw. u w 6¼ 0:
x x0
x1 x0
x2 x0
n0 ðr r0 Þ ¼ 0 oder n0 r d ¼ 0; wobei d ¼ n0 r0 ^ 0 der Abstand des Ursprungs O von der Ebene E ist. Mit n0 ¼ ðcos a; cos b; cos gÞ und r ¼ ðx; y; zÞ, wobei cos a; cos b und cos g die Richtungskosinusse von n0 sind, lautet die Koordinatendarstellung der Hesseschen Normalform
z z0 z0 z2
1
1
¼0 1
1
z z0
uz
¼ 0: wz
Hessesche Normalform. Die Ebene E sei durch einen ihrer Punkte P0 mit dem Ortsvektor r0 und durch ihren Stellungsvektor n0 festgelegt (Bild 18 b). n0 ist ein zur Ebene E senkrechter Einheitsvektor, dessen Richtungssinn vom Ursprung O aus zur Ebene weist, falls O nicht auf E liegt. Sonst ist sein
E: rn0 d ¼ 0 bzw: x cos a þ y cos b þ z cos g d ¼ 0: Fr einen beliebigen Punkt P0 mit dem Ortsvektor r0 ¼ ðx0 ; y0 ; z0 Þ ist der Abstand a von E gegeben durch a ¼ jn0 r0 dj bzw: a ¼ jx0 cos a þ y0 cos b þ z0 cos g dj: Falls die Ebene E nicht durch den Ursprung O geht, gilt fr: n0 r0 d > 0 P0 und O auf verschiedenen Seiten von E; n0 r0 d < 0 P0 und O auf derselben Seite von E; n0 r0 d ¼ 0 P0 liegt auf E: Lagebeziehungen zweier Ebenen. Die Gleichungen zweier Ebenen E1 und E2 seien E1 : A1 x þ B1 y þ C1 z þ D1 ¼ 0 ðA21 þ B21 þ C12 > 0Þ bzw: n01 r d1 ¼ 0; E2 : A2 x þ B2 y þ C2 z þ D2 ¼ 0 ðA22 þ B22 þ C22 > 0Þ bzw: n02 r d2 ¼ 0: Die Ebenen schneiden einander genau dann in einer Geraden, C1 A1 B1 ¼ 2 (s. A 5.2.4) bzw. wenn Rang A2 B2 C2 0 0 n1 n2 6¼ 0: Der Schnittwinkel j0 der beiden Ebenen ist durch den von den Stellungsvektoren n01 und n02 eingeschlossenen Winkel j erklrt.
Bild 18. Ebene. a Parameterdarstellung; b Hessesche Normalform
A 50
Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung
A
Bild 19. Parallelverschiebung Bild 20. Drehung
A1 A2 þ B1 B2 þ C1 C2 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi cos j ¼ n01 n02 ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi A21 þ B21 þ C12 A22 þ B22 þ C22 5.2.6 Koordinatentransformationen Parallelverschiebung (Bild 19). Sie ist gekennzeichnet durch einen Verschiebungsvektor u, durch den das Koordinatensystem ðO; e1 ; e2 ; e3 Þ in das Koordinatensystem ðO0 ; e1 ; e2 ; e3 Þ bergefhrt wird. Fr einen Punkt P des Raums gilt dann ! ! !0 ! OP ¼ OO þ O0 P mit dem Verschiebungsvektor u ¼ OO0 . ! ! ! Fr OP ¼ xe1 þ ye2 þ ze3 ; OO0 ¼ ae1 þ be2 þ ce3 ; O0 P ¼ x0 e1 þ y0 e2 þ z0 e3 hat die Parallelverschiebung die Koordinatendarstellung ðx; y; zÞ ¼ ðx0 ; y0 ; z0 Þ þ ða; b; cÞ ¼ ðx0 þ a; y0 þ b; z0 þ cÞ: Drehung (Bild 20). Durch sie wird das Koordinatensystem ðO; e1 ; e2 ; e3 Þ in ðO; e01 ; e02 ; e03 ) bergefhrt. Fr die orthonormierten Basisvektoren e01 ; e02 ; e03 ; die in dieser Reihenfolge positiv orientiert sind, gelten die Gleichungen e01 ¼ cos a1 e1 þ cos b1 e2 þ cos g1 e3 ;
e02 ¼ cos a2 e1 þ cos b2 e2 þ cos g2 e3 ; e03 ¼ cos a3 e1 þ cos b3 e2 þ cos g3 e3 ; wobei cos ai ¼ e0i e1 ; cos bi ¼ e0i e2 ; cos gi ¼ e0i e3 (i=1, 2, 3)
6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin
6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild- und Bildmenge. Ist D eine Teilmenge der reellen Zahlen, D R, und ist jedem x 2 D genau eine reelle Zahl y 2 R zugeordnet, dann ist auf D eine reellwertige Funktion f definiert, symbolisch ausgedrckt f : D ! R oder ¼ f ðxÞ fr x 2 D: D heißt Definitions-, Argument- oder Urbildmenge von f. Das dem Argument oder Urbild x 2 D zugeordnete Element y=f(x) heißt Bild von x oder Funktionswert f(x). Die Menge B(f) aller Bilder f(x) heißt Bildmenge: Bðf Þ ¼ ff ðxÞjx 2 Dg ¼ fyjy ¼ f ðxÞ fr x 2 Dg: Graph der Funktion f, in Zeichen [f], ist die Menge aller geordneten Paare (x, f(x)):
die Richtungskosinusse von e0i sind (auf Bild 20 sind nur die Winkel a1 ; b1 ; g1 angegeben, die der Basisvektor e01 mit den Basisvektoren e1 ; e2 ; e3 des Ausgangssystems einschließt). Fr einen beliebigen Raumpunkt P gilt dann ! OP ¼ r ¼ x0 e01 þ y0 e02 þ z0 e03 ¼ xe1 þ ye2 þ ze3 : Skalare Multiplikation dieser Gleichung mit e01 ; e02 ; e03 liefert die Transformationsgleichungen fr eine Drehung. x0 ¼ cos a1 x þ cos b1 y þ cos g1 z; y0 ¼ cos a2 x þ cos b2 y þ cos g2 z; z0 ¼ cos a3 x þ cos b3 y þ cos g3 z; 0 01 0 10 1 0 1 x x cos b1 cos g1 cos a1 x B C B 0C B CB C cos b2 cos g2 A@ y A ¼ A@ y A: @ y A ¼ @ cos a2 z0
cos a3
cos b3
cos g3
z
z
Da die Basisvektoren e01 ; e02 ; e03 orthonormiert sind, gilt die Matrizengleichung AAT ¼ E bzw. AT ¼ A1 ; wobei AT die transponierte und A1 die inverse Matrix von A ist (s. A 3.2.4). Matrizen mit dieser Eigenschaft heißen orthogonal. Da außerdem die Basisvektoren e01 ; e02 ; e03 positiv orientiert sind, gilt DetA ¼ jAj ¼ 1. Matrizen A mit den Eigenschaften AAT ¼ E und jAj ¼ 1 heißen „eigentlich orthogonal“. Damit ist jede Drehung durch eine eigentlich orthogonale Matrix charakterisiert.
½f ¼ fðx; f ðxÞÞjx 2 Dg ¼ fðx; yÞjy ¼ f ðxÞ fr x 2 Dg: Die geometrische Darstellung der geordneten Zahlenpaare (x, f(x)) als Punkte in einem kartesischen Koordinatensystem gibt das graphische Bild von f wieder. Zwei Funktionen f und g heißen gleich, in Zeichen f=g, wenn sie die gleiche Definitionsmenge D haben und f(x)=g(x) fr alle x 2 D. Funktionen knnen durch Zahlengleichungen mit zwei Variablen x und y, Wertetabellen, ihr graphisches Bild oder dergleichen erklrt sein. Beispiel 1: y=1/x (Bild 1 a). – Diese Funktion ist explizit durch eine Gleichung erklrt mit D=R«0} und B( f )=R«0}. Beispiel 2: Fðx; yÞ ¼ x2 þ y2 1 ¼ 0 und y ^ 0. – Diese Funktion (Bild 1 b) ist implizit durch eine Gleichung und explizit durch eine Ungleichung erklrt. Sie ist mit der Funktion gleich, die explizit durch pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi die Gleichung y ¼ 1 x2 erklrt ist. D=[– 1, 1], B( f )=[0, 1]. 2 fr 0 % x % 1 x – Die Funktion (Bild 1 c) Beispiel 3: y ¼ x þ 2 fr 1 < x % 2: ist explizit durch zwei Gleichungen erklrt. D=[0, 2], B(f)=[0, 1]. Beispiel 4: y=0, wenn x eine rationale Zahl ist, und y=1, wenn x eine irrationale Zahl ist. – Diese Funktion, die auch Dirichlet-Funktion heißt, ist durch eine mit Worten ausgedrckte Zuordnungsvorschrift erklrt. D=R, B(f)={0, 1}. Das graphische Bild der Funktion ist nicht darstellbar.
U. Jarecki, Hans-Joachim Schulz, Dubbel Mathematik, DOI 10.1007/978-3-642-22059-3_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
I6.1
Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen
A 51
A
Bild 1. Funktion mit zwei Variablen. a y=1/ x; b y ¼
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1 x2 ; c y ¼
x2 x þ 2
0%x%1 1%x%2
Beschrnktheit. Eine Funktion f auf D heißt beschrnkt, wenn es eine untere und eine obere Schranke m und M gibt, so daß m % f(x) % M fr alle x 2 D. Untere Grenze von f ist die grßte untere Schranke, und obere Grenze von f ist die kleinste obere Schranke. Beispiel 1: Die Funktion y ¼ sin x fr x 2 R ist beschrnkt und hat die obere Grenze 1 und die untere Grenze -1. Beispiel 2. Die Funktion y=1/x fr x>0 ist nicht beschrnkt, da sie keine obere Schranke besitzt. Sie ist aber nach unten beschrnkt und hat die untere Grenze 0.
Eine Funktion f heißt gerade bzw. ungerade, wenn f (– x)=f(x) bzw. f (– x)=–f (x). So ist die Funktion y ¼ f ðxÞ ¼ x2 fr x 2 R gerade und y ¼ f ðxÞ ¼ x3 fr x 2 R ungerade. Periodizitt. Die Funktion f auf D heißt periodisch mit der Periode l, wenn f(x+l)=f(x) fr alle x 2 D. So ist die Funktion y ¼ tan x periodisch mit der Periode p. Monotonie. Gilt fr eine Funktion f auf D fr alle x1 2 D und x2 2 D : Wenn x1 < x2 , so f ðx1 Þ % f ðx2 Þ bzw. wenn x1 < x2 , so f ðx2 Þ % f ðx1 Þ, dann heißt sie monoton steigend bzw. fallend. Gilt statt „ % “ die Relation „<“, so ist die Monotonie streng. Eindeutigkeit. Die Funktion f auf D heißt umkehrbar eindeutig oder eineindeutig, wenn fr alle x1 ; x1 2 D gilt: Wenn x1 6¼ x2 , so f ðx1 Þ 6¼ f ðx2 Þ oder wenn f ðx1 Þ ¼ f ðx2 Þ, so x1 ¼ x2 . Jede streng monotone Funktion ist umkehrbar eindeutig. Umkehrbarkeit. Ist f eine umkehrbar eindeutige Funktion auf D, so hat jedes Element y 2 B(f) genau ein Urbild x 2 D. Inverse Funktion oder Umkehrfunktion von f ist dann diejenige Funktion, die jedem Bild y=f(x) sein Urbild x zuordnet. Sie hat das Symbol f 1 , und es gilt die quivalenz y=f(x) genau dann, wenn x ¼ f 1 ðyÞ: f ist auch inverse Funktion von f 1 .
Bild 2. Inverse Funktion
Werden – wie blich – die Argumente mit x und die Bilder mit y bezeichnet, dann lautet die Darstellung fr die inverse Funktion y ¼ f 1 ðxÞ, wobei x 2 B(f) und y 2 D. Durch den Tausch der Variablen x und y geht das Paar (x, y) aus [ f ] in das Paar (y, x) ber. Dies bedeutet, daß das graphische Bild von f 1 aus dem graphischen Bild von f durch Spiegelung an der Geraden y=x hervorgeht (Bild 2). 6.1.2 Grundfunktionen Potenzfunktionen Die Potenzfunktion y ¼ xa ist im allgemeinen Fall nur fr positive Argumente x erklrt. a nichtnegative ganze Zahl. y ¼ xn ðn ¼ 0; 1; 2 . . .Þ ist fr alle reellen Argumente x erklrt, wobei x0 1. Sie ist fr alle geraden Exponenten eine gerade und fr alle ungeraden Exponenten eine ungerade Funktion. Ihre Bilder sind Parabeln (Bild 3 a) durch den Punkt (1,1).
pffiffiffi pffiffiffi Bild 3. Potenzfunktionen. a y ¼ xn ; n ¼ 0; 1; 2 . . . ; b y ¼ xn ; n ¼ 1; 2; 3 . . . ; c y ¼ n x ¼ x1=n ; n ¼ 2; 3; 4 . . . ; d y ¼ 1= n x ¼ x1=n ; n ¼ 2; 3; 4 . . . ; e Neilsche Parabel y2 ¼ x3
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Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung
a negative ganze Zahl. y ¼ xn ðn ¼ 1; 2; 3 . . .Þ ist fr alle Argumente x 6¼ 0 erklrt. Sie ist fr gerades n eine gerade und fr ungerades n eine ungerade Funktion. Ihre Bilder sind Hyperbeln (Bild 3 b) durch den Punkt (1,1). pffiffiffi a rationale Zahl. y ¼ x1=n ¼ n x ðn ¼ 2; 3; 4 . . .Þ ist fr alle Argumente x ^ 0 erklrt. Sie heißt auch Wurzelfunktion und ist Inverse von y ¼ xn fr x ^ 0. Ihr Bild ist eine Halbparabel durch den Punkt (1,1). Sie kann fr gerades bzw. ungerades n pffiffiffi pffiffiffiffiffiffi durch die Funktion y ¼ n x mit x ^ 0 bzw. y ¼ n x mit x % 0 zu einer Vollparabel mit der Gleichung yn ¼ x ergnzt werden. Im Bild 3 c sind die ergnzenden Halbparabeln getrichelt. pffiffiffi Funktion y ¼ x1=n ¼ 1= n x; n ¼ 2; 3; 4 . . . . Sie ist fr alle Argumente x>0 erklrt. Sie ist die inverse Funktion von y ¼ xn mit x>0. Ihr Bild ist eine Halbhyperbel durch den Punkt (1, 1). Sie kann fr gerades bzw. ungerades n durch die Funktion y ¼ x1=n mit x>0 bzw. y ¼ ðxÞ1=n mit x<0 zu einer Vollhyperbel yn ¼ x ergnzt werden. Im Bild 3 d sind die ergnzenden Halbhyperbeln gestrichelt. pffiffiffi Funktion y ¼ x3=2 ¼ x x (Bild 3 e). Sie ist fr x ^ 0 erklrt. Ihr Bild ist der positive Ast p der Neilschen Parabel y2 ¼ x3 , pffiffiffi deren negativer Ast nBild von y ¼ x3=2 ¼ x x mit x>0 ist. Exponential- und Logarithmusfunktion (Bild 4) Exponentialfunktion. Definitionsgleichung: y ¼ expðxÞ ¼ ex : DðexpÞ ¼ ð1; 1Þ ¼ R; BðexpÞ ¼ ð0; 1Þ ¼ Rþ (s. Anh. A 10 Tab. 6). Logarithmusfunktion. Definitionsgleichung: y ¼ ln x: DðlnÞ ¼ ð0; 1Þ ¼ Rþ ; BðlnÞ ¼ ð1; 1Þ ¼ R. Beide Funktionen sind streng monoton wachsend und zueinander invers. Hyperbel- und Areafunktionen sowie trigonometrische und zyklometrische (arcus-)Funktionen (s. A 4.2) Hilfsfunktionen (Bild 5 a–c), sind x fr aÞ y ¼ jxj ¼ x fr 8 > < 1 fr bÞ y ¼ sgnðxÞ ¼ 0 fr > : 1 fr
die hufig benutzt werden, x^0 x % 0; x>0 x ¼ 0 und x < 0;
cÞ y ¼ ½x ¼ n 2 Z; wenn n % x < n þ 1: 6.1.3 Einteilung der Funktionen
Bild 5. Hilfsfunktionen. a y=x; b y ¼ sgnðxÞ ; c y=[x]
Pn ðxÞyn þ Pn1 ðxÞyn1 þ . . . þ P1 ðxÞy þ P0 ðxÞ ¼ 0 ist, wobei die Ausdrcke Pi ðxÞ ði ¼ 0; 1; 2; . . . ; nÞ Polynome pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi in x sind. So ist die Funktion y ¼ x 2x 1 algebraisch, da sie eine Lsung der Gleichung y2 2xy þ x2 2x þ 1 ¼ 0 ist. Sonderflle von algebraischen Funktionen sind: ganzrationale Funktionen oder Polynome n-ten Grades y ¼ Pn ðxÞ a0 6¼ 0 ¼ a0 xn þ a1 xn1 þ a2 xn2 þ . . . þ an1 x þ an gebrochenrationale Funktionen Qm ðxÞ Pn ðxÞ b0 xm þ b1 xm1 þ b2 xm2 þ . . . þ bm1 x þ bm : ¼ a0 xn þ a1 xn1 þ a2 xn2 þ . . . þ an1 x þ an
y¼
Fr m ^ n heißen sie unecht, fr m
Algebraische Funktionen
6.1.4 Grenzwert und Stetigkeit
Eine Funktion y=f(x) heißt algebraisch, wenn sie eine Lsung der Gleichung
Grundbegriffe. Es werden die Umgebungs-Definitionen eingefhrt. Ud ðaÞ ¼ fx j a d <; x % ag ¼ ða d; a; links bzw: Udþ ðaÞ ¼ fx j a % x < a þ dg ¼ ½a; a þ dÞ rechtsseitige Ud ðaÞ ¼ fx j jx aj ¼ fx j a d < x < a þ dg ¼ ða d; a þ dÞ UM ð1Þ ¼ fx j M < xg ¼ ðM; 1Þ; UM ð1Þ ¼ fx j x < Mg ¼ ð1; MÞ
von a Umgebung von 1
Hierbei bedeuten d und M beliebige positive Zahlen. Wird die Zahl a bei der (links-, rechtsseitigen) Umgebung von a ausgeschlossen, so heißt die Restmenge gelochte oder punktierte (links-, rechtsseitige) Umgebung von a. Bild 4. Exponential- und Logarithmusfunktion
Grenzwert. Der Definitionsbereich D der Funktion f besitze einen Hufungswert x0 , der auch uneigentlich sein kann. Eine
I6.1
Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen
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Zahl g heißt (links-, rechtsseitiger) Grenzwert der Funktion f auf D fr x gegen x0 ðx ! x0 Þ, wenn es zu jeder Umgebung V von g eine (links-, rechtsseitige) Umgebung U von x0 gibt, so daß f (x) 2 V fr alle x 2 U und x 6¼ x0 : g kann hierbei auch 1 oder - 1 sein und heißt dann uneigentlicher Grenzwert. Ist g der Grenzwert schlechthin oder der links- bzw. rechtsseitige Grenzwert, so wird symbolisch geschrieben lim f ðxÞ ¼ g;
x!x0
lim f ðxÞ ¼ g ¼ f ðx0 0Þ;
x!x0 0
lim f ðxÞ ¼ g ¼ f ðx0 þ 0Þ:
x!x0 þ0
Beispiel 1: Die Funktion f ðxÞ ¼ ðx2 1Þ=ðx þ 1Þ auf D=R\ {– 1} hat wegen ðx2 1Þ=ðx þ 1Þ ¼ x 1 (x 6¼ – 1) den Grenzwert – 2 fr x ! – 1, d.h. lim f ðxÞ ¼ 2. x!1
Beispiel 2: 8Die Signum-Funktion (Bild 5 b) < 1 fr x > 0 sgnðxÞ ¼ 0 fr x ¼ 0 hat fr x ! 0 keinen Grenzwert. Es existie: 1 fr x < 0 ren aber die einseitigen Grenzwerte lim sgnðxÞ ¼ 1 ¼ sgnðþ0Þ und
x!þ0
lim sgnðxÞ ¼ 1 ¼ sgnð0Þ:
x!0
Beispiel 3: Die Tangens-Funktion f ðxÞ ¼ tan x auf ðp=2; p=2Þ hat in den Randpunkten des Intervalls die einseitigen uneigentlichen Grenzwerte
lim
Differenzierbarkeit. Die Funktion f heißt in x0 2 D differenzierbar, wenn der Differenzenquotient fr x ! x0 bzw. fr Dx ! 0 einen Grenzwert (Bild 6), in Zeichen f 0 ðx0 Þ; besitzt. lim
x!x0
f ðxÞ f ðx0 Þ f ðx0 þ DxÞ f ðx0 Þ ¼ lim Dx!0 x x0 Dx Df ðx0 Þ ¼ lim ¼ f 0 ðx0 Þ Dx!0 Dx
f 0 ðx0 Þ heißt die Ableitung der Funktion f in x0 . Fr das Ableitungssymbol f 0 sind auch die Zeichen df =dx oder Df blich. Beispiel: f ðxÞ ¼ 3x2 þ 2: – Der Differenzenquotient lautet mit x ¼ x0 þ Dx
lim tan x ¼ 1 ¼ tanðp=2 0Þ bzw:
x!p=20
x!p=2þ0
Bild 6. Geometrische Deutung der Ableitung
tan x ¼ 1 ¼ tanðp=2 þ 0Þ:
e1=x 0 hat fr x ! 0 keinen Grenzwert, den rechtsseitigen lim f ðxÞ ¼ 0 und den linksseitigen uneigentlichen Beispiel 4: Die auf R definierte Funktion f ðxÞ ¼
x!þ0
fr x 6¼ 0 fr x ¼ 0 Grenzwert Grenzwert
lim f ðxÞ ¼ 1. Fr x ! 1 und x ! - 1 existiert der Grenzwert
x!0
lim f ðxÞ ¼ 1.
f ðxÞ f ðx0 Þ 3x2 3x20 3ðx x0 Þðx þ x0 Þ ¼ ¼ ¼ 3ðx þ x0 Þ x x0 x x0 x x0 ¼ 3ð2x0 þ DxÞ; x 6¼ x0 ; Dx 6¼ 0: Ableitung von f in x0 ist df ðx0 Þ ¼ lim 3ðx þ x0 Þ x!x0 dx ¼ lim 3ð2x0 þ DxÞ ¼ 6x0 :
f 0 ðx0 Þ ¼ Df ðx0 Þ ¼ Dx!0
x!1
Grenzwertstze („lim“ steht fr „ lim “). Existieren die x!x0
Grenzwerte lim f ðxÞ ¼ a und lim gðxÞ ¼ b, dann gilt lim af ðxÞ ¼ a lim f ðxÞ ¼ aa; limðf ðxÞ gðxÞÞ ¼ lim f ðxÞ lim gðxÞ ¼ a b; limðf ðxÞ gðxÞÞ ¼ lim f ðxÞ lim gðxÞ ¼ ab; f ðxÞ lim f ðxÞ a lim ¼ ¼ ; ðb 6¼ 0Þ: gðxÞ lim gðxÞ b Die Stze gelten auch fr einseitige Grenzwerte und fr x!1. Stetigkeit. Die Funktion f auf D heißt in x0 2 D oder an der Stelle x0 2 D (links-, rechtsseitig) stetig, wenn gilt: Zu jeder Umgebung V von f ðx0 Þ gibt es eine (links-, rechtsseitige) Umgebung U von x0 , so daß f(x) 2 V fr alle x 2 U oder: Es gibt zu jedem e>0 ein d>0, so daß jf ðxÞ f ðx0 Þj < e fr alle x mit jx x0 j < d. Die Funktion f auf D ist in x0 2 D genau dann stetig, wenn lim f ðxÞ ¼ f ðx0 Þ: f heißt stetig auf D, wenn x!x0
f an jeder Stelle x 2 D stetig ist.
6.1.5 Ableitung einer Funktion Differenzenquotient. Er ist erklrt fr die Funktion f auf D durch f ðxÞ f ðx0 Þ f ðx0 þ DxÞ f ðx0 Þ Df ðx0 Þ ¼ ¼ x x0 Dx Dx mit x; x0 2 D und Dx ¼ x x0 6¼ 0.
Eine Funktion f heißt auf D differenzierbar, wenn sie an jeder Stelle x 2 D eine Ableitung f 0 ðxÞ besitzt. Die dann auf D erklrte Funktion f 0 wird als abgeleitete Funktion oder kurz als Ableitung von f bezeichnet. Ableitungen der Grundfunktionen s. Tab. 1. Ableitungsregeln. Sind die Funktionen f und g auf D in x 2 D differenzierbar, dann gilt ðaf ðxÞÞ0 ¼ af 0 ðxÞ; a 2 R; ðf ðxÞ þ gðxÞÞ0 ¼ f 0 ðxÞ þ g0 ðxÞ; ðf ðxÞ gðxÞÞ0 ¼ f 0 ðxÞ gðxÞ þ f ðxÞ g0 ðxÞ; f ðxÞ 0 f 0 ðxÞ gðxÞ f ðxÞ g0 ðxÞ ¼ ; gðxÞ 6¼ 0: gðxÞ g2 ðxÞ Beispiele: dð2x3 3x þ 1Þ=dx ¼ 6x2 3; dðx ln xÞ=dx ¼ ln x þ 1; d sinh x cosh2 x sinh2 x 1 ¼ ¼ : dx cosh x cosh2 x cosh2 x
Kettenregel. Ist die Funktion f in x und die Funktion g in z=f(x) differenzierbar, so ist die zusammengesetzte Funktion g f in x differenzierbar, und es gilt ðgðf ðxÞÞÞ0 ¼ g0 ðzÞ f 0 ðxÞ mit z ¼ f ðxÞ: Beispiel: gðf ðxÞÞ ¼ ln cos x; x 2 ðp=2; p=2Þ: – z ¼ f ðxÞ ¼ cos x, gðzÞ ¼ ln z; g0 ðzÞ ¼ 1=z; f 0 ðxÞ ¼ sin x: dðln cos xÞ=dx ¼ ð1= cos xÞ ð sin xÞ ¼ tan x:
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Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung
Tabelle 1. Ableitungen der Grundfunktionen
Formel von Leibniz: ðf ðxÞ gðxÞÞðnÞ ¼
n X n k¼0
k
f ðnkÞ ðxÞ gðkÞ ðxÞ:
6.1.6 Differentiale Funktionsdifferential. Ist die Funktion f auf D in x 2 D differenzierbar und Dx ¼ h der Zuwachs des Arguments, dann ist f 0 ðxÞ Dx ¼ f 0 ðxÞ h ¼ df ðxÞ das Funktionsdifferential. Wegen Dx ¼ h ¼ dx fr f(x)=x gilt df ðxÞ ¼ f 0 ðxÞdx, so daß f 0 ðxÞ ¼ df ðxÞ=dx wird, wobei f 0 ðxÞ ¼ df ðxÞ=dx Differentialquotient heißt. Bei einer in x differenzierbaren Funktion f gilt fr den Funktionszuwachs Df ðxÞ ¼ df ðxÞ þ hðx; DxÞ Dx mit
lim hðx; DxÞ ¼ 0:
Dx!0
Beispiel 1: f ðxÞ ¼ 1 þ sin x: – df ðxÞ ¼ dð1 þ sin xÞ ¼ ð1 þ sin xÞ0 dx ¼ cos x dx: Insbesondere ergibt sich hieraus fr das Funktionsdifferential in p=3 mit dem Argumentzuwachs 0,5 der Wert cos p=3 0;5 ¼ 0;25. Beispiel 2. Fr das Differential einer zusammengesetzten Funktion h=g f mit h(x)=g(f(x)) ergibt sich dhðxÞ ¼ dðgðf ðxÞÞÞ ¼ g0 ðf ðxÞÞ f 0 ðxÞdx ¼ g0 ðf ðxÞÞdf ðxÞ:
Fr hinreichend kleine Dx ¼ h gilt die Nherungsformel Df ðdxÞ df ðxÞ oder f ðx þ DxÞ f ðxÞ f 0 ðxÞDx: Beispiel: Nherungsformel fr eh bei kleinem h. – Es ist Dex ¼ exþh eh und dex ¼ ex h. Fr | h |<<1 gilt exþh eh ex h oder eh 1 þ h mit x=0. Fr h ¼ 0;012 ergibt sich hieraus e0;012 1 0;012 ¼ 0;988 (Tabellenwert e0;012 ¼ 0;98807).
Logarithmische Ableitung. Nach der Kettenregel gilt fr die Ableitung der zusammengesetzten Funktion y ¼ ln f ðxÞ mit f(x)>0 ðln f ðxÞÞ0 ¼ f 0 ðxÞ=f ðxÞ oder f 0 ðxÞ ¼ ðln f ðxÞÞ0 f ðxÞ: pffiffiffi Beispiel: f ðxÞ ¼ ð2x 1Þ x=ðx þ 1Þ, ln f ðxÞ ¼ lnð2x 1Þ þ ð1=2Þ ln x lnðx þ 1Þ: pffiffiffi 2 1 1 ð2x 1Þ x f 0 ðxÞ ¼ þ : 2x 1 2x x þ 1 xþ1
Ableitung inverser Funktionen. Ist f eine auf D stetige, streng monotone und in x 2 D differenzierbare Funktion mit f 0 ðxÞ 6¼ 0, dann ist die inverse Funktion f 1 in y=f(x) differenzierbar, und es gilt f 10 ðyÞ ¼ 1=f 0 ðxÞ mit x ¼ f 1 ðyÞ: Beispiel: y ¼ f ðxÞ ¼ sin x; x 2 ðp=2; p=2Þ; x ¼ f 1 ðyÞ ¼ arcsin y: pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi f 0 ðxÞ ¼ cos x ¼ 1 y2 . Damit ist pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi f 10 ðyÞ ¼ dðarcsin yÞ=dy ¼ 1=f 0 ðxÞ ¼ 1= cos x ¼ 1= 1 y2 :
Ableitungen hherer Ordnung. Die n-te Ableitung einer Funktion f auf D ist die 1. Ableitung der Ableitung (n-1)-ter Ordnung. f ðnÞ ¼
Differentiale hherer Ordnung. Fr eine Funktion f auf D, die in x 2 D n-mal differenzierbar ist, ist das Differential nter Ordnung dn f ðxÞ in x mit dem Argumentzuwachs dx erklrt durch dn f ðxÞ ¼ f ðnÞ ðxÞdxn : Beispiel: y ¼ f ðxÞ ¼ xn ; x 2 R und n 2 N. – 8 nk k < nðn 1Þðn 2Þ . . . ðn k þ 1Þdx dx 1 % k < n dk xn ¼ n!dxn k¼n : 0 k > n: Hieraus ergibt sich fr y ¼ x3 , x=2, dx ¼ 0;5 y0 ¼ 3x2 ; dy ¼ 12 0;5 ¼ 6; y000 ¼ 6; d3 y ¼ 6 0;53 ¼ 0;75;
y00 ¼ 6x; d2 y ¼ 12 0;52 ¼ 3; yðnÞ ¼ 0; dn y ¼ 0 fr n ^ 4:
6.1.7 Stze ber differenzierbare Funktionen Satz von Rolle (Bild 7). Ist f eine auf dem abgeschlossenen Intervall [a, b] stetige und auf dem offenen Intervall (a, b) differenzierbare Funktion mit f(a)= f(b), dann gibt es eine Stelle c 2 (a, b) mit f 0 ðcÞ ¼ 0. Mittelwertsatz (Bild 8). Ist f eine auf dem abgeschlossenen Intervall [a, b] stetige und auf dem offenen Intervall (a, b)
dn f ¼ Dn f ðn ¼ 0; 1; 2 . . .Þ dxn
Die Ableitung nullter Ordnung ist dabei die Funktion f. Die 1. bis 3. Ableitung wird mit f 0 ; f 00 bzw. f 000 gekennzeichnet. Beispiel: f ð0Þ ðxÞ ¼ f ðxÞ ¼ x4 þ 3x2 x: – f 0 ðxÞ ¼ 4x3 þ 6x 1, f 00 ðxÞ ¼ 12x2 þ 6; f 000 ðxÞ ¼ 24x; f ð4Þ ðxÞ ¼ 24; f ðnÞ ðxÞ ¼ 0 fr n ^ 5:
Bild 7. Satz von Rolle
Bild 8. Mittelwertsatz
I6.1 differenzierbare Funktion, dann gibt es ein c 2 (a, b) oder ein J 2 (0, 1), so daß f ðbÞ f ðaÞ f ðcÞ ¼ f ða þ Jðb aÞÞ ¼ ba 0
0
Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen
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Mit der Taylor und Maclaurin-Formel (s. Tab. 2) knnen Funktionen durch Polynome approximiert werden, wobei das Restglied eine globale Abschtzung des Fehlers fr die Umgebung Ud ðx0 Þ ermglicht.
ist. Hieraus folgt: Ist die Ableitung der auf (a, b) differenzierbaren Funktionen f berall Null, dann ist f auf (a, b) eine konstante Funktion. Besitzen die auf (a, b) differenzierbaren Funktionen f und g die gleiche Ableitung, dann unterscheiden sie sich auf (a, b) hchstens durch eine additive Konstante.
Beispiel 1: f ðxÞ ¼ sin x. – Die k-te Ableitung der Sinus-Funktion lautet sinðkÞ ðxÞ ¼ sinðx þ k p=2Þ. Hieraus ergibt sich fr x=0 8 < 0 fr k ¼ 0; 2; 4 . . . 1 fr k ¼ 1; 5; 9 . . . sinðkÞ ð0Þ ¼ sinðk p=2Þ ¼ : 1 fr k ¼ 3; 7; 11 . . . :
Beispiel: Die beiden Funktionen f ðxÞ ¼ arcsin x und gðxÞ ¼ arccos x pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi haben auf ( 1, 1) die gleiche Ableitung f 0 ðxÞ ¼ g0 ðxÞ ¼ 1= 1 x2 . – Wegen f ðxÞ gðxÞ ¼ arcsin x þ arccos x ¼ p=2 unterscheiden sich beide Funktionen auf ( 1, 1) durch die additive Konstante p=2.
Damit ergibt sich aus der Maclaurin-Formel fr die Sinus-Funktion die Darstellung:
Verallgemeinerter Mittelwertsatz. Sind f und g auf [ a, b] stetige und auf (a, b) differenzierbare Funktionen und ist g0 ðxÞ 6¼ 0 fr x 2 (a, b), dann gibt es ein c 2 (a, b) oder ein J 2 (0, 1), so daß gilt f 0 ðcÞ f 0 ða þ Jðb aÞÞ f ðbÞ f ðaÞ : ¼ ¼ g0 ðcÞ g0 ða þ Jðb aÞÞ gðbÞ gðaÞ Taylorsche Formel. Ist f in der Umgebung Ud ðx0 Þ ¼ ðx0 d; x0 þ dÞ (n+1)-mal differenzierbar, dann gibt es zu jedem h mit x0 þ h 2 Ud ðx0 Þ eine solche Zahl J 2 (0, 1), so daß f 0 ðx0 Þ f 00 ðx0 Þ 2 hþ h þ ... 1! 2! f ðnÞ ðx0 Þ n þ h þ Rn ðx0 ; hÞ; n!
f ðx0 þ hÞ ¼f ðx0 Þ þ
Beispiel 2: Die Zahl e soll mit einer Genauigkeit von 105 bestimmt werden. – Fr x=1 ergibt sich aus der Maclaurin-Formel fr die expexpðJÞ Funktion e ¼ 1 þ 1!1 þ 2!1 þ . . . þ n!1 þ Rn mit Rn ¼ ðnþ1Þ! ; 0 < J < 1, oder n X 1 expðJÞ e 3 0 < e ¼ Rn ¼ < < . k! ðn þ 1Þ! ðn þ 1Þ! ðn þ 1Þ! k¼0 3 Fr n=8 ist ðnþ1Þ! ¼ 9!3 < 105 , so daß die Abschtzung
0 < e
f ðnþ1Þ ðx0 þ JhÞ nþ1 h : Rn ðx0 ; hÞ ¼ ðn þ 1Þ! Diese Gleichung heißt Taylorsche Formel mit dem Restglied (von Lagrange) Rn ðx0 ; hÞ. Mit der Substitution x0 þ h ¼ x lautet die Taylorsche Formel f 0 ðx0 Þ f 00 ðx0 Þ ðx x0 Þ þ ðx x0 Þ2 þ . . . 1! 2! f ðnÞ ðx0 Þ þ ðx x0 Þn þ Rn ðx0 ; xÞ; n!
f ðxÞ ¼f ðx0 Þ þ
ðnþ1Þ
ðx0 þJðxx0 ÞÞ ðx x0 Þnþ1 . ðnþ1Þ!
Formel von Maclaurin. Fr x0 ¼ 0 ergibt sich f 0 ð0Þ f 00 ð0Þ 2 xþ x þ ... 1! 2! f ðnÞ ð0Þ n f ðnþ1Þ ðJxÞ nþ1 x þ x þ n! ðn þ 1Þ!
f ðxÞ ¼f ð0Þ þ
mit 0<J<1.
Tabelle 2. Maclaurin-Darstellung einiger Funktionen
8 X 1 k¼0
k!
< 105 oder
8 X 1 k¼0
k!
<e<
8 X 1 k¼0
k!
þ 105
8 X 1
2;7182788, whrend fr e mit derselben Stellenk! k¼0 zahl e 2;7182818 gilt.
gilt. Es ist
gilt, wobei
wobei Rn ðx0 ; xÞ ¼ f
x3 x5 þ . . . þ Rn mit 3! 5! sinðJx þ ðn þ 1Þp=2Þ nþ1 Rn ¼ x : ðn þ 1Þ!
sin x ¼ x
6.1.8 Monotonie, Konvexitt und Extrema von differenzierbaren Funktionen Monotonie. Aus dem Mittelwertsatz folgt: Ist die Funktion f auf dem offenen Intervall (a, b) differenzierbar und ist dort berall f 0 ðxÞ > 0 bzw. f 0 ðxÞ < 0, dann ist f auf dem Intervall streng monoton wachsend bzw. fallend (Bild 9 a, b). Beispiel: f ðxÞ ¼ ln x; x 2 ð0; 1Þ. – Wegen f 0 ðxÞ ¼ 1=x > 0 fr 0<x ist die Logarithmus-Funktion auf dem Intervall (0, 1 ) streng monoton wachsend.
Konvexitt. Die Funktion f heißt auf dem Intervall (a, b) streng konvex, wenn fr je zwei Stellen x1 2 ða; bÞ und x2 2 ða; bÞ mit x1 < x < x2 die Ungleichung f ðxÞ < f ðx1 Þ þ
f ðx2 Þ f ðx1 Þ ðx x1 Þ ¼ sðxÞ x 2 x1
A
A 56
Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung
A
Bild 11. Extrema und Wendepunkte
Bild 9. Funktionsverlauf. a streng monoton wachsend; b streng monoton fallend; c streng konvex; d streng konkav
Umgebung von x0 eine stetige 2. Ableitung, dann hat die Funktion f in x0 ein strenges Maximum; wenn f 0 ðx0 Þ ¼ 0 und f 00 ðx0 Þ < 0; strenges Minimum; wenn f 0 ðx0 Þ ¼ 0 und f 00 ðx0 Þ > 0:
fr alle x 2 ðx1 ; x2 Þ gilt. Die Ordinate s(x) der Sekanten durch ðx1 ; f ðx1 ÞÞ und ðx2 ; f ðx2 ÞÞ fr x1 < x < x2 ist also grßer als die Ordinate f(x) des graphischen Bilds von f. Mit der Substitution x ¼ t1 x1 þ t2 x2 lßt sich die Ungleichung auch schreiben f ðt1 x1 þ t2 x2 Þ < t1 f ðx1 Þ þ t2 f ðx2 Þ; wobei t1 þ t2 ¼ 1 und t1 ; t2 > 0 ist. Die Funktion f heißt auf (a, b) streng konkav, wenn die Funktion - f auf (a, b) streng konvex ist. Ist die Funktion f auf dem Intervall (a, b) zweimal differenzierbar und ist dort berall f 00 ðxÞ > 0 bzw. f 00 ðxÞ < 0, dann ist f auf (a, b) streng konvex bzw. streng konkav (Bild 9 c, d). So ist f ðxÞ ¼ ln x; x 2 (0, 1 ), wegen f 00 ðxÞ ¼ 1=x2 < 0 eine streng konkave Funktion auf (0, 1 ). Die Definitionen der Konvexitt und Konkavitt sind nicht einheitlich. Maxima und Minima (gemeinsam heißen sie auch Extrema; Bild 10). Fr eine Funktion f auf dem Intervall I heißt f ðx0 Þ strenges oder eigentliches Maximum bzw. Minimum, wenn es eine ganze in I enthaltene Umgebung Ud ðx0 Þ ¼ ðx0 d; x0 þ dÞ I gibt, so daß gilt: f ðxÞ < f ðx0 Þ bzw: f ðxÞ > f ðx0 Þ fr alle x 2 Ud ðx0 Þ und x 6¼ x0 . Diese Extrema sind relative oder lokale Maxima oder Minima. Zur Unterscheidung hiervon heißt das eventuell existierende Maximum bzw. Minimum der Funktion f auf I absolutes oder globales Extremum. Besitzt die Funktion f in x0 ein Extremum und existiert dort die 1. Ableitung f 0 ðx0 Þ, dann ist f 0 ðx0 Þ ¼ 0. Bei differenzierbaren Funktionen sind die Tangentensteigungen (Bild 11) in Extrempunkten notwendig Null.
Das Kriterium ist fr f 00 ðx0 Þ ¼ 0 nicht anwendbar. Beispiel: f ðxÞ ¼ x ln x; 0 < x; f 0 ðxÞ ¼ ln x þ 1; f 00 ðxÞ ¼ 1=x: – Aus f 0 ðxÞ ¼ ln x þ 1 ¼ 0 folgt x ¼ 1=e, d.h., wenn f auf (0, 1 ) ein Extremum besitzt, so kann es nur in 1/e sein. Nun ist f 00 ð1=eÞ > 0. Aus f 0 ð1=eÞ ¼ 0 und f 00 ð1=eÞ > 0 folgt nach dem hinreichenden Kriterium, daß die Funktion f in 1/e das strenge Minimum f ð1=eÞ ¼ 1=e besitzt.
Allgemeines Kriterium. Hat die Funktion f in einer Umgebung von x0 eine stetige Ableitung (n+1)-ter Ordnung und ist f 0 ðx0 Þ ¼ f 00 ðx0 Þ ¼ . . . ¼ f ðnÞ ðx0 Þ ¼ 0 und f ðnþ1Þ ðx0 Þ 6¼ 0 fr eine ungerade Zahl n, dann hat die Funktion f in x0 ein strenges Maximum fr f ðnþ1Þ ðx0 Þ < 0; strenges Minimum fr f ðnþ1Þ ðx0 Þ > 0: Beispiel: Die Funktion f ðxÞ ¼ x4 besitzt in 0 offensichtlich das strenge und sogar absolute Minimum f(0)=0, und es ist f 0 ð0Þ ¼ f 00 ð0Þ ¼ f 000 ð0Þ ¼ 0 und f ð4Þ ð0Þ ¼ 24 > 0:
Wendepunkt. Ein Punkt ðx0 ; f ðx0 ÞÞ des Graphen von f heißt Wendepunkt (Bild 12) oder die Funktion f hat in x0 einen Wendepunkt, wenn die abgeleitete Funktion f 0 in x0 ein strenges Extremum besitzt. Hat also die Funktion f in einer Umgebung von x0 eine stetige Ableitung (n+1)-ter Ordnung und gilt f 00 ðx0 Þ ¼ f 000 ðx0 Þ ¼ . . . ¼ f ðnÞ ðx0 Þ und f ðnþ1Þ ðx0 Þ 6¼ 0 fr eine gerade Zahl n, dann hat f in x0 einen Wendepunkt. Dies gilt besonders, wenn f 00 ðx0 Þ ¼ 0 und f 000 ðx0 Þ 6¼ 0 ist.
Hinreichendes Kriterium fr ein strenges Maximum oder Minimum, das meist ausreicht, ist: Besitzt die Funktion f in einer
Beispiel: fr f ðxÞ ¼ x2 ln x; f 0 ðxÞ ¼ 2x ln x þ x; f 00 ðxÞ ¼ 2 ln x þ 3; f 000 ðxÞ ¼ 2=x x>0. – Aus der notwendigen Bedingung fr einen Wendepunkt
Bild 10. Extrema
Bild 12. Riemann-Summe
I6.1 f 00 ðxÞ ¼ 2 ln x þ 3 ¼ 0 ergibt sich x0 ¼ expð1;5Þ. Ferner ist f 000 ðx0 Þ ¼ 2 expð1;5Þ 6¼ 0. Die Funktion f hat in expð1;5Þ den einzigen Wendepunkt auf (0, 1 ).
6.1.9 Grenzwertbestimmung durch Differenzieren. Regel von de lHospital Das Zeichen „lim“ steht abkrzend fr „ lim “, wobei x0 eix!x0
gentlicher oder uneigentlicher Hufungswert 1 ist (s. A 6.1.4). Unbestimmter Ausdruck 0/0. Erste Regel von de lHospital: f ðxÞ Ist lim f ðxÞ ¼ 0 und lim gðxÞ ¼ 0, dann gilt lim ¼ gðxÞ f 0 ðxÞ lim 0 , falls der letzte Grenzwert eigentlich oder uneigentg ðxÞ lich existiert. Sind f 0 und g0 in x0 stetig und g0 ðx0 Þ 6¼ 0, dann ist nach den Grenzwertstzen (s. A 6.1.4) lim
f ðxÞ f 0 ðx0 Þ ¼ : gðxÞ g0 ðx0 Þ
Ist lim f 0 ðxÞ ¼ 0 und lim g0 ðxÞ ¼ 0, dann kann dieselbe Regel noch einmal angewandt werden. Beispiel: lim
x!0
1 cos x sin x cos x 1 ¼ lim ¼ . ¼ lim x!0 2x x!0 2 x2 2
Unbestimmter Ausdruck 1 / 1 . Zweite Regel von de lHospital: Ist lim f ðxÞ ¼ 1 und lim gðxÞ ¼ 1, dann gilt f ðxÞ f 0 ðxÞ lim ¼ lim 0 , falls der letzte Grenzwert eigentlich oder gðxÞ g ðxÞ uneigentlich existiert. Ist lim f 0 ðxÞ ¼ 1 und lim g0 ðxÞ ¼ 1, dann kann dieselbe Regel noch einmal angewandt werden. Beispiel: lim
x
x!1 ln x
¼ lim
1
x!1 1=x
¼ 1.
A 57
Fr die Zerlegung Z und die Belegung B wird die RiemannSumme SðZ; BÞ ¼f ðx1 ÞDx1 þ f ðx2 ÞDx2 þ . . . n X f ðxk ÞDxk þ f ðxn ÞDxn ¼ k¼1
gebildet. Ist f berall positiv, dann gibt die Riemann-Summe geometrisch die Summe der Inhalte von Rechtecken wieder (Bild 12). Ihr Grenzwert fr dðZÞ ! 0 wird als bestimmtes (Riemann-)Integral der Funktion f im Intervall [a, b] bezeichnet: lim
n!1
n X
Zb f ðxk ÞDxk ¼
k¼1
f ðxÞdx: a
Bei dem bestimmten Integral heißen f Integrand, x Integrationsvariable, a untere und b obere Integrationsgrenze, wobei a< b. Fr eine auf dem abgeschlossenen Intervall [a, b] monotone oder stetige Funktion f existiert dieser Grenzwert, und f ist ber [a, b] integrierbar. Geometrische Deutung. Die Riemann-Summe stellt bei positiven oder auch nichtnegativen Funktionen f geometrisch eine Summe von Rechteckinhalten (Bild 12) dar, wobei die Rechtecke die Flche zwischen dem graphischen Bild von f und der x-Achse um so besser approximieren, je feiner die Zerlegung des Intervalls [ a, b] ist. Ist also die Funktion f auf [a, b] nichtnegativ und ber [a, b] integrierbar, dann betrgt der Inhalt A der Flche unter dem Graph von f (Bild 13 a) Zb A¼
f ðxÞ dx: a
Eigenschaften. Mit den Definitionen Zb
Za
Sonderformen. Die Ausdrcke 0 1; 1 1; 11 ; 00 ; 10 werden auf 0/0 oder 1 / 1 zurckgefhrt. ln x 1=x ¼ lim 0 1 : lim x ln x ¼ lim ¼ lim ðxÞ ¼ 0: x!þ0 x!þ0 1=x x!þ0 1=x2 x!þ0 1 1 x sin x 1 cos x ¼ lim ¼ lim 1 1 : lim x!0 sin x x!0 x sin x x!0 sin x þ x cos x x sin x 0 ¼ ¼ 0: ¼ lim x!0 2 cos x x sin x 2 x 1 1 : lim ð1 þ 3=xÞ ¼ lim expðx lnð1 þ 3=xÞÞ x!1 x!1 lnð1 þ 3=xÞ ¼ exp 3: ¼ exp lim x!1 1=x pffiffiffix pffiffiffi 0 0 : lim x ¼ lim expðx ln xÞ x!þ0
Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen
f ðxÞ dx ¼ 0 und a
x!þ0
a
f ðxÞ dx fr b < a b
gilt fr beliebige Zahlen a, b und c eines abgeschlossenen Integrationsintervalls Zb
Zc f ðxÞ dx þ
a
Za f ðxÞ dx þ Zb
cf ðxÞ dx ¼ c a
f ðxÞ dx mit c 2 R a
Zb
Zb ðf ðxÞ gðxÞÞ dx ¼
a
f ðxÞ dx ¼ 0; c
b
Zb
x!þ0
¼ expð0;5 lim ðx ln xÞÞ ¼ exp 0 ¼ 1:
Za f ðxÞ dx ¼
Zb f ðxÞ dx
a
gðxÞ dx: a
10 : lim x1=x ¼ lim expð1=x ln xÞ¼expð lim ln x=xÞ¼exp 0 ¼ 1: x!1
x!1
x!1
6.1.10 Das bestimmte Integral Definition. Zugrunde gelegt wird eine auf einem abgeschlossenen Intervall I=[ a, b] definierte und dort beschrnkte Funktion f. Durch eine Zerlegung Z: x0 ¼ a < x1 < x2 < x3 < . . . < xn1 < xn ¼ b mit den Teilungspunkten x1 ; x2 ; x3 ; . . . ; xn1 wird das Intervall I in n Teilintervalle I1 ¼ ½x0 ; x1 ; I2 ¼ ½x1 ; x2 ; . . . ; In ¼ ½xn1 ; xn mit den Lngen Dx1 ¼ x1 x0 ; Dx2 ¼ x2 x1 ; . . . ; Dxn ¼ xn xn1 zerlegt. Die maximale Lnge dðZÞ ¼ max1%k%n Dxk heißt Feinheit der Zerlegung Z. In jedem Teilintervall Ik ðk ¼ 1; 2; . . . ; nÞ wird ein beliebiger Punkt xk 2 Ik ¼ ½xk1 ; xk gewhlt. Die Folge ðxk Þ1%k%n heißt Belegung B der Teilintervalle.
Bild 13. Bestimmtes Integral. a Flcheninhalt; b Mittelwertsatz
A
A 58
A
Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung
Ungleichungen. Fr a
b
Z
Zb
f ðxÞ dx % jf ðxÞj dx;
a
a
Zb
Zb f ðxÞ dx %
a
0 @
Tabelle 3. Grundintegrale
gðxÞ dx; wenn f ðxÞ % gðxÞ: a
Zb
12
f ðxÞgðxÞ dxA %
a
Zb
Zb f 2 ðxÞ dx
a
g2 ðxÞ dx; a
b
Zb
Z Zb
ðf ðxÞ þ gðxÞÞ dx % jf ðxÞj dx þ jgðxÞj dx:
a
a
a
Die beiden letzten heißen auch Schwarzsche und DreiecksUngleichung. Mittelwertsatz der Integralrechnung (Bild 13 b). Ist f eine auf dem abgeschlossenen Intervall [ a, b] stetige Funktion, dann gibt es eine Stelle x 2 [ a, b], so daß Zb f ðxÞ dx ¼ f ðxÞðb aÞ oder f ðxÞ ¼ a
1 ba
Zb f ðxÞ dx a
gilt. f(x) heißt Mittelwert der Funktion f im Intervall [ a, b]. 6.1.11 Integralfunktion, Stammfunktin und Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung Integralfunktion. Ist die Funktion f ber dem abgeschlossenen Intervall [ a, b] integrierbar und ist x0 ein beliebiger aber fester Wert aus [a, b], dann ist ihre Integralfunktion Zx FðxÞ ¼
f ðtÞ dt mit x 2 ½a; b: x0
Jede Integralfunktion einer auf [a, b] stetigen Funktion f ist differenzierbar, und es gilt F 0 ðxÞ ¼
d dx
Zx f ðtÞ dt ¼ f ðxÞ fr alle x 2 ½a; b: x0
Stammfunktion. Eine auf einem Intervall I differenzierbare Funktion F heißt Stammfunktion der Funktion f auf I, wenn F 0 ðxÞ ¼ f ðxÞ fr alle x 2 I:
6.1.12 Das unbestimmte Integral Ist f eine auf einem Intervall I definierte Funktion der Variablen x, dann heißt die Gesamtheit oder die Menge aller Stammfunktionen von f unbestimmtes Integral von f auf I. Z f ðxÞ dx ¼ FðxÞ þ C; wobei F eine Stammfunktion, F 0 ðxÞ ¼ f ðxÞ und C eine beliebige Konstante ist. Nach Definition des unbestimmten Integrals gilt Z Z d ð f ðxÞ dxÞ ¼ f ðxÞ oder d f ðxÞ dx ¼ f ðxÞ dx: dx Tab. 3 enthlt die Grundintegrale, die sich durch Umkehrung der Ableitungsformeln aus Tab. 2 ergeben. 6.1.13 Integrationsmethoden Grundformeln. Sind f und g stetige Funktionen auf einem Intervall I, dann gilt mit a 2 R und x 2 I Z Z af ðxÞ dx ¼ a f ðxÞ dx und Z Z Z ðf ðxÞ gðxÞÞ dx ¼ f ðxÞ dx gðxÞ dx:
Sind F1 und F2 zwei Stammfunktionen von f auf I, dann ist F20 ðxÞ F10 ðxÞ ¼ dðF2 ðxÞ F1 ðxÞÞ=dx ¼ 0 oder
Z Beispiel:
Z ð3=x þ 1Þ dx ¼
Z 3=x dx þ
F2 ðxÞ F1 ðxÞ ¼ c fr alle x 2 I (c Konstante). Zwei Stammfunktionen einer Funktion f unterscheiden sich also hchstens durch eine Konstante. Beispiel: Die beiden Funktionen F1 ðxÞ ¼ cos x und F2 ðxÞ ¼ 2 sin2 ðx=2Þ sind wegen F10 ðxÞ ¼ F20 ðxÞ ¼ sin x Stammfunktionen von f ðxÞ ¼ sin x: Sie unterscheiden sich auf R durch die additive Konstante 1.
Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung. Ist f eine auf dem abgeschlossenen Intervall [ a, b] stetige Funktion und F eine Stammfunktion von f auf [ a, b], dann gilt Zb f ðxÞ dx ¼ ½FðxÞba ¼ FðxÞjba ¼ FðbÞ FðaÞ; a
wobei F 0 ðxÞ ¼ f ðxÞ:
1 dx ¼ 3 ln x þ x þ C; x > 0.
Partielle Integration (Produktintegration). Sind die Funktionen f und g auf einem Intervall I stetig differenzierbar, dann gilt Z Z f 0 ðxÞgðxÞ dx ¼ f ðxÞgðxÞ f ðxÞg0 ðxÞ dx; x 2 I: Hiermit ist es oft mglich, Integrale mit einem Parameter n auf ein Integral desselben Typs mit dem Parameter n-1 oder n-2 zurckzufhren. Dadurch ergibt sich eine Rekursionsformel, mit der das Integral schrittweise berechnet wird. Beispiel 1: Z Z Z ln x dx ¼ 1 ln x dx ¼ x ln x xð1=xÞ dx ¼ x ln x x þ C; x > 0: Z Beispiel 2: In ¼ 0
expðxÞxn dx; n ¼ 1; 2; 3; . . . : – Partielle Integration
mit f ðxÞ ¼ exp x und gðxÞ ¼ xn fhrt auf
I6.1 Z In ¼ exp x xn n
exp x xn1 dx ¼ exp x xn nIn1 :
Also gilt die Rekursionsformel In ¼ exp x xn nIn1 mit I0 ¼
Z exp x dx ¼ exp x þ C:
Integration durch Substitution. Ist f eine stetige Funktion und g eine in einem Intervall I stetig differenzierbare Funktion, dann gilt Z Z ð f ðxÞ dxÞx¼gðtÞ ¼ f ðgðtÞÞg0 ðtÞ dt; t 2 I: Wird also die Integrationsvariable x gemß x= g(t) durch t substituiert, dann ist dx durch g0 ðtÞ dt zu ersetzen. Z
dx pffiffiffi fr x > 0 pffiffiffi 2 xð1 þ 3 xÞ Z Z Z 5 6t dt t2 1 I¼ dt ¼ 3 1 ¼3 dt 2t3 ð1 þ t2 Þ 1 þ t2 1 þ t2 pffiffiffi pffiffiffi ¼ 3ðt arctan tÞ þ C ¼ 3ð 6 x arctan 6 xÞ þ C:
Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen
Koeffizientenbestimmung. Die Koeffizienten A1 ; B1 ; C1 . . . ; A2 ; B2 ; C2 . . . knnen nach folgenden Verfahren eindeutig bestimmt werden: Wird die Gleichung mit Pn ðxÞ multipliziert, dann steht auf der rechten Seite ein Polynom (n-1)-ten Grades, dessen Koeffizienten Linearkombinationen der n Unbekannten A1 ; B1 ; C1 . . . sind. Der Vergleich dieser Koeffizienten mit denen des Polynoms Qm nach dem Identittssatz fr Polynome (s. A 2.3.2) ergibt n lineare Gleichungen fr die n Unbekannten A1 ; B1 ; C1 . . . (s. A 3.2.3). " # 2x þ 4 1 A1 A2 B1 x þ C1 þ 2 þ : ¼ x þ1 3ðx 1Þ2 ðx2 þ 1Þ 3 x 1 ðx 1Þ2 Multiplikation mit dem Nennerpolynom ergibt
Beispiel:
Hier wurden mit x ¼ gðtÞ ¼ t fr t>0 und dx ¼ 6t dt die Wurzelausdrcke beseitigt. 5
–
2x þ 4 ¼A1 ðx 1Þðx2 þ 1Þ þ A2 ðx2 þ 1Þ þ ðB1 x þ C1 Þðx 1Þ2 oder 2x þ 4 ¼ðA1 þ B1 Þx3 þ ðA1 þ A2 2B1 þ C1 Þx2 þ ðA1 þ B1 2C1 Þx þ ðA1 þ A2 þ C1 Þ:
Beispiel 1: I ¼
6
A 59
Koeffizientenvergleich fhrt auf die vier linearen Gleichungen þ B1
A1
¼ 0;
A1 þ A2 2B1 þ C1 ¼ 0; A1 þ B1 2C1 ¼ 2; A1 þ A2 þ C1 ¼ 4
mit den Lsungen A1 ¼ 2; B1 ¼ 2; A2 ¼ 3; C1 ¼ 1:
Beispiel 2: Z Z expðt2 Þt dt ¼ 0;5 exp x dx ¼ 0;5 exp x þ C ¼ 0;5 expðt2 Þ þ C:
Damit lautet die Partialbruchzerlegung " # 2x þ 4 1 2 3 2x 1 þ þ 2 : ¼ 2 2 2 x þ1 3ðx 1Þ ðx þ 1Þ 3 x 1 ðx 1Þ
Hier wurde die Substitution gðtÞ ¼ t2 ¼ x; also dx ¼ g0 ðtÞ dt ¼ 2t dt bzw. t dt ¼ dx=2 mit t 2 R verwendet.
Durch die Partialbruchzerlegung ist nunmehr die Integration einer echt gebrochenen rationalen Funktion auf die Integration von Partialbrchen 1. und 2. Art zurckgefhrt. Fr diese gelten die
6.1.14 Integration rationaler Funktionen Jede ganze rationale Funktion y ¼ Pn ðxÞ ¼
n X
ai xni kann
i¼0
mit Hilfe der Grundformeln und des Grundintegrals fr Potenzfunktionen integriert werden. Echt gebrochene rationale Funktionen sind allgemein mit der Partialbruchzerlegung integrierbar. Partialbruchzerlegung. Vorausgesetzt wird eine echt gebrochene rationale Funktion rðxÞ ¼ Qm ðxÞ=Pn ðxÞ; wobei Qm und Pn Polynome m-ten und n-ten Grades mit m< n sind. Nenner-Polynom Pn ðxÞ ¼ a0 xn þ a1 xn1 þ . . . þ an1 x þ an . Es lßt sich nach dem Zerlegungssatz fr reelle Polynome (s. A 2.3.2) als Produkt mit Faktoren 1. und 2. Grades darstellen: Pn ðxÞ ¼ a0 . . . ðx aÞr . . . ðx2 þ px þ qÞs . . . ; wobei a eine reelle r-fache Nullstelle von Pn ist und x2 þ px þ q wegen p2 4q < 0 nur konjugiert komplexe Nullstellen besitzt und im Reellen nicht mehr zerlegbar, also irreduzibel, ist. Die brigen nicht angegebenen Faktoren von Pn haben einen entsprechenden Aufbau. Partialbrche 1. und 2. Art. Es sind Ausdrcke der Form A=ðx aÞr und ðBx þ CÞ=ðx2 þ px þ qÞs , wobei A, B, C 2 R und r, s 2 N. Jede echt gebrochene rationale Funktion kann als Summe dieser Partialbrche 1. und 2. Art dargestellt werden: Qm ðxÞ 1 Qm ðxÞ rðxÞ ¼ ¼ Pn ðxÞ a0 . . . ðx aÞr . . . ðx2 px þ qÞs " 1 A1 A2 Ar ¼ ... þ þ... þ þ... þ a0 x a ðx aÞ2 ðx aÞr B1 x þ C1 B 2 x þ C2 þ ... þ x2 þ px þ q ðx2 þ px þ qÞ2 Bs x þ Cs þ ... : þ 2 ðx þ px þ qÞs
Integrationsformeln 8 > Z < A lnj x aj þ C fr n ¼ 1 A dxÞ ¼ > ðx aÞn : A ðx aÞ1n þ C fr n ¼ 2; 3; 4 . . . ; 1n Z Ax þ B dx ðx2 þ px þ qÞn A 2B Ap 2x þ p ¼ ln jx2 þ px þ qj þ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi arctan pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi þ C 2 4q p2 4q p2 A 2B Ap ðx2 þ px þ qÞ1n þ ¼ 2ð1 nÞ 2
fr n ¼ 1 Z dx ðx2 þ px þ qÞn fr n ¼ 2; 3; 4 . . . :
Z
Ax þ B dx ðx2 þ px þ qÞn A 2B Ap 2x þ p 2 ¼ ln jx þ px þ qj þ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi arctan pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi þ C 2 4q p2 4q p2
¼
fr n ¼ 1 Z A 2B Ap dx ðx2 þ px þ qÞ1n þ 2ð1 nÞ 2 ðx2 þ px þ qÞn Z
Hierbei gilt fr das Integral In ¼ sionsformel In ¼
þ
1 2x þ p ðn 1Þð4q p2 Þ ðx2 þ px þ qÞn1 þ Z
I1 ¼
fr n ¼ 2; 3; 4 . . . : dx die Rekurðx2 þ px þ qÞn
2ð2n 3Þ In1 ðn ¼ 2; 3; 4 . . .Þ mit ðn 1Þð4q p2 Þ dx 2 2x þ p ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi arctan pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi þ C: x2 þ px þ q 4q p2 4q p2
A
A 60
A
Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung
Tabelle 4. Substitutionen
6.1.15 Integration von irrationalen algebraischen und transzendenten Funktionen Spezielle Integrale dieses Typs (Tab. 4 und 5) knnen durch geeignete Substitutionen auf Integrale mit einem rationalen Integranden zurckgefhrt werden. Fr einige Integrale sind in Tab. 4 solche Substitutionen angegeben. Hierbei bedeuten R(x, X), R(u) bzw. R(u, u) rationale Funktionen in x und X, u bzw. u und u. Tabelle 5. Integrationsformeln
I6.1 Tabelle 5. (Fortsetzung)
A 61
Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen
Beispiele: Z1
Zb 1=x2 dx ¼ lim
1=x2 dx ¼ lim ð1=b þ 1=2Þ ¼ 1=2:
b!1
b!1
2
Z1 1
2
1 dx¼ lim b!1 1 þ x2 a!1
Zb a
1 dx ¼ lim ½arctan xba b!1 1 þ x2 a!1
¼ lim ðarctan b arctan aÞ ¼ p=2 ðp=2Þ ¼ p: b!1 a!1
Z1
Zb 1=x dx ¼ lim ln b ¼ 1:
1=x dx ist divergent wegen lim
b!1
1
b!1
1
Unbeschrnkter Integrand. Ist Funktion f im Intervall [a, b) unbeschrnkt und auf jedem abgeschlossenen Teilintervall [ Zb a, b-e] mit e>0 integrierbar, dann heißt f ðxÞ dx uneigentlia
ches Integral bezglich der oberen Grenze. Es heißt konvergent auf [a, b], wenn fr e>0 der Grenzwert Zb Zbe f ðxÞ dx ¼ f ðxÞ dx existiert. lim
e!0
a
a
Entsprechendes gilt auch fr die untere Grenze. Beispiele: Zb
Zb f ðxÞ ; dx¼ lim
f ðxÞ dx;
a!1
1
a
Z1
Zb f ðxÞ dx¼ lim b!1 a!1
1
f ðxÞ dx a
Zc
Zb f ðxÞ dx þ lim
¼ lim
a!1
f ðxÞ dx:
b!1
a
c
Weitere uneigentliche Integrale enthlt Tab. 6.
6.1.17 Geometrische Anwendungen der Differential- und Integralrechnung (S. Tab. 7.) 6.1.18 Unendliche Funktionenreihen
6.1.16 Uneigentliche Integrale Unbeschrnktes Integrationsintervall. Ist die Funktion f fr alle x ^ a erklrt und ber jedem abgeschlossenen Intervall Z1 f ðxÞ dx uneigentliches Inte[a, b] integrierbar, dann heißt a
gral ber [ a, 1 ). Es heißt konvergent, oder die Funktion f heißt ber [ a, 1 ) uneigentlich integrierbar, wenn der GrenzZb Z1 wert lim f ðxÞ dx ¼ f ðxÞ dx existiert. Entsprechendes gilt
Sind die Glieder einer unendlichen Reihe Funktionen fn ðxÞ ðn ¼ 1; 2; 3 . . .Þ auf dem gleichen Definitionsbereich I, dann ist die Funktionsreihe erklrt als die Folge der Partialsummen sn ðxÞ ¼ f1 ðxÞ þ f2 ðxÞ þ . . . þ fn ðxÞ: Konvergenzbereich. Dieser ist die Menge K der Urbilder x 2 I, fr die die zugehrige Zahlenreihe konvergiert. Auf ihm ist dann eine Funktion S erklrt, die als die Summe der Reihe bezeichnet wird.
b!1
a
a
fr die unbeschrnkten Integrationsintervalle ( 1 , b] und ( 1 , 1 ). Zb
Zb f ðxÞ dx¼ lim
f ðxÞ dx;
a!1
1
1 X
fn ðxÞ ¼ lim
n¼1
n!1
n X
fk ðxÞ fr x 2 K:
k¼1
Die Differenz Rn ðxÞ ¼ SðxÞ sn ðxÞ heißt Rest der Reihe. 1 X Absolute Konvergenz. Die Funktionenreihe fn ðxÞ heißt
a
Z1
Zb f ðxÞ dx¼ lim
1
SðxÞ ¼
b!1 a!1
auf K absolut konvergent, wenn die Reihe f ðxÞ dx
x 2 K konvergiert.
a
Zc ¼ lim
Zb f ðxÞ dx þ lim
a!1
f ðxÞ dx:
b!1
a
Beispiel:
c
1 X
1 X
n¼1
jfn ðxÞj fr alle
n¼1
xð1 x2 Þn1 ist eine geometrische Reihe mit dem An-
n¼1
fangsglied a= x und dem Quotienten q ¼ 1 x2 : – Sie konvergiert fr x=0 und im Fall x 6¼ 0 fr j1 x2 j < 1, was mit 0 < x2 < 2 gleich-
A
A 62
A
Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung
Tabelle 6. Bestimmte eigentliche und uneigentliche Integrale
bedeutend ist. Sie hat fr x=0 die Summe S(0)=0 und fr j1 x2 j < 1 die Summe SðxÞ ¼ x=½1 ð1 x2 Þ ¼ 1=x: Damit ist auf pffiffiffi pffiffiffi dem Konvergenzbereich K ¼ ð 2; 2Þ der unendlichen Funktionenreihe die Funktion S erklrt durch ( pffiffiffi pffiffiffi 1 X 1=x fr 2 < x < 0 oder 0 < x < 2 xð1 x2 Þn1 ¼ SðxÞ ¼ 0 fr x ¼ 0: n¼1
Gleichmßige Konvergenz. Die unendliche Reihe
1 X
fn ðxÞ
n¼1
heißt auf K gleichmßig gegen die Summe S(x) konvergent,
wenn es zu jedem
e>0 eine natrliche Zahl N gibt, so daß 1
X
f ðxÞ SðxÞ < e bzw. jRn ðxÞj < e fr alle n ^ N und alle
n¼1 n
sind zu unterscheiden: – Es existiert eine positive Zahl r, so daß fr alle | x|r divergiert. Hierbei heißen r der Konvergenzradius und das offene Intervall (– r, r) der Konvergenzbereich der Reihe. – Die Reihe konvergiert fr alle x 2 R. Sie heißt dann berall oder bestndig konvergent, und es ist r= 1 . – Die Reihe divergiert fr alle x 6¼ 0 (fr x=0 konvergiert sie trivialerweise). Sie heißt dann nirgends konvergent, und es ist r=0. Existiert der Grenzwert lim
n!1
p ffiffiffiffiffi n an ¼ g oder
anþ1
¼ g; lim
an
n!1
x 2 K. Bei der geometrischen Deutung (Bild 14) kommt die gleichmßige Konvergenz dadurch zum Ausdruck, daß fr hinreichend große n das graphische Bild der Partialsummen sn ðxÞ innerhalb eines Streifens von der Breite 2e mit dem graphischen Bild von S(x) als Mittellinie verluft.
wobei auch der uneigentliche Grenzwert 1 zugelassen ist, dann gilt r=1/g fr 0
Potenzreihe. Sie ist eine Funktionenreihe der Form
Beispiele:
2
n
a0 þ a1 ðx x0 Þ þ a2 ðx x0 Þ þ . . . þ an ðx x0 Þ þ . . . ; wobei x0 die Entwicklungsstelle und die Konstanten a0 ; a1 ; a2 . . . die Koeffizienten der Reihe heißen. Es gengt, Potenzreihen mit der Entwicklungsstelle x0 ¼ 0 zu untersuchen, da jede Potenzreihe durch die Substitution x x0 ¼ y auf eine solchezurckgefhrt werden kann. Frdie Potenzreihe a0 þ a1 x þ a2 x2 þ . . . þ ab xn þ . . .
Die Reihe
1 n X x
hat wegen n! n¼0
anþ1
n! 1
¼ lim lim
¼ lim ¼0 n!1 an
n!1 ðn þ 1Þ! n!1 n þ 1
den Konvergenzradius r= 1 . Sie ist bestndig konvergent. Die Reihe 1 X n!xn hat wegen n¼0
anþ1
¼ lim ðn þ 1Þ! ¼ lim ðn þ 1Þ ¼ 1 lim
n!1 an n!1 n!
n!1
den Konvergenzradius r=0. Sie ist nirgends konvergent. Die Reihe 1 X xn hat wegen 3n ðn þ 1Þ n¼0
n
anþ1
¼ lim 3 ðn þ 1Þ ¼ 1=3 den Konvergenzradius r ¼ 3: lim
an n!1 3nþ1 ðn þ 2Þ
n!1
Bild 14. Gleichmßige Konvergenz
Sie ist fr |x|<3 absolut konvergent und fr | x|>3 divergent. Sie konvergiert in der Randstelle -3 und divergiert in der Randstelle +3.
I6.1 Tabelle 7. Geometrische Anwendungen der Integralrechnung
A 63
Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen
Hieraus folgt: Ist die Funktion f auf einer Umgebung Ud ðx0 Þ ¼ ðx0 d; x0 þ dÞ von x0 beliebig oft differenzierbar und ist lim Rn ðx0 ; xÞ ¼ 0 fr alle x 2 Ud ðx0 Þ, dann gilt n!1
f ðxÞ ¼
1 ðnÞ X f ðx0 Þ
n!
n¼0
ðx x0 Þn fr x 2 Ud ðx0 Þ:
Die Reihe fr f(x) heißt Taylor-Reihe der Funktion f mit der Entwicklungsstelle oder dem Mittelpunkt x0 . Unter diesen Voraussetzungen lßt sich also eine Funktion f in einer gewissen Umgebung von x0 in eine Potenzreihe mit den Koeffizienten an ¼ f ðnÞ ðx0 Þ=n! ðn ¼ 0; 1; 2 . . .Þ entwickeln. Die TaylorReihe mit der Entwicklungsstelle x0 ¼ 0 heißt Maclaurin-Reihe (s. Tab. 8). f ðxÞ ¼
1 ðnÞ X f ð0Þ
n!
n¼0
xn :
Beispiel: Die Exponential-Funktion f ðxÞ ¼ exp x ist auf R beliebig oft differenzierbar, wobei f ðnÞ ðxÞ ¼ exp x und f ðnÞ ð0Þ ¼ 1: – Gemß der Maclaurin-Formel gilt exp x ¼ 1 þ
x x2 x3 xn þ þ þ . . . þ þ Rn ðxÞ; n! 1! 2! 3! nþ1
x fr 0<J<1. Wegen lim wobei Rn ðxÞ ¼ expðJxÞ ðnþ1Þ!
xnþ1
n!1 ðn þ 1Þ!
¼ 0 kon-
vergiert das Restglied Rn ðxÞ fr jedes x 2 R gegen 0. Damit lautet die Darstellung der exp-Funktion durch eine Maclaurin-Reihe exp x ¼ 1 þ
1 n X x x2 x3 xn x fr x 2 R: þ þ þ ... þ þ ... ¼ n! n! 1! 2! 3! n¼0
Fourier-Reihen Periodische Funktionen. Eine Funktion f auf D heißt periodisch mit der Periode l, wenn f(x+l)=f(x) fr alle x 2 D. Mit l ist auch nl fr n 2 N eine Periode. Jede Funktion f mit einer Periode l lßt sich durch die Substitution x ¼ 0;5 lt=p bzw. t ¼ 2px=l auf eine Funktion mit der Periode 2p zurckfhren. Ist f eine integrierbare Funktion mit der Periode 2p, dann gilt fr beliebige a und b Zb
bþ2p Z
f ðxÞ dx ¼ a
f ðxÞ dx und aþ2p bZþ2p
aZþ2p
f ðxÞ dx ¼
f ðxÞ dx:
a
b
Ist die Funktion f mit der Periode 2p gerade, also f(x)=f(- x), bzw. ungerade, also f(-x)=-f(x), dann gilt Zp
Zp f ðxÞ dx ¼ 2
p
Zp f ðxÞ dx bzw:
0
f ðxÞ dx ¼ 0: p
Trigonometrisches Fundamentalsystem heißt das System der Funktionen 1, cos x; sin x; cos 2x; sin 2x . . . cos nx; sin nx . . . Orthogonalittsrelationen. Sie gelten fr diese Funktionen mit m, n 2 N: Zp
Zp cos mx cos nx dx ¼ pdmn ;
Taylor- und Maclaurin-Reihen. Nach der Taylor-Formel (s. A 6.1.7) ist
n X f ðkÞ ðx0 Þ
ðx x0 Þk ¼ jRn ðx0 ; xÞj
f ðxÞ
k! k¼0
ðnþ1Þ
f
ðx þ Jðx x ÞÞ 0 0 ðx x0 Þnþ1
und 0 < J < 1: ¼
ðn þ 1Þ!
p Zp
sin mx sin nx dx ¼ pdmn ; p
sin mx cos nx dx ¼ 0; wobei dmn ¼ p
1;
m¼n
0;
m 6¼ n:
Trigonometrisches Polynom (n-ten Grades). So heißt eine Linearkombination von Funktionen des trigonometrischen Fundamentalsystems:
A
A 64
A
Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung
Tabelle 8. Maclaurin-Reihen
Tn ðxÞ ¼ a0 =2 þ a1 cos x þ b1 sin x þ a2 cos 2x þ b2 sin 2x þ . . . þ an cos nx þ bn sin nx n X ðak cos kx þ bk sin kxÞ: ¼ a0 =2 þ n¼1
Trigonometrische Reihe. Sie wird dargestellt durch a0 =2 þ
1 X
ðan cos nx þ bn sin nxÞ
n¼1
und ist erklrt als Folge ðTn ðxÞÞn2N von trigonometrischen 1 X Polynomen Tn ðxÞ. Ist die Reihe ðjan j þ jbn jÞ konvergent, n¼1
dann ist die trigonometrische Reihe gleichmßig und absolut konvergent, und ihre Summe ist eine stetige periodische Funktion mit der Periode 2p.
f ðxÞ ¼ a2 =2 þ
1 X
ðan cos nx þ bn sin nxÞ:
n¼1
Fourierkoeffizienten. Wird die vorstehende Gleichung nacheinander mit 1, cosðmxÞ und sinðmxÞ multipliziert und ber ½p; p gliedweise integriert, so ergeben sich mit den Orthogonalittsrelationen Zp an ¼ 1=p
f ðxÞ cos nx dx ðn ¼ 0; 1; 2 . . .Þ und p
Zp bn ¼ 1=p
f ðxÞ sin nx dx ðn ¼ 1; 2; 3 . . .Þ: p
Ist nun f eine beliebige Funktion mit der Periode 2p, die ber ½p; p integrierbar ist, dann heißen die Zahlen an und bn Fou-
I6.2
A 65
Reellwertige Funktionen mehrerer reeller Variablen
A
Tabelle 9. Fourier-Reihen
rierkoeffizienten der Funktion f und die mit ihnen gebildete Reihe Fourier-Reihe (Tab. 9). a0 =2 þ
1 X
ðan cos nx þ bn sin nxÞ;
n¼1
wobei ihre n-te Partialsumme als Fourier-Polynom n-ten Grades bezeichnet wird. f sei eine auf ½p; p integrierbare Funktion mit der Periode 2p. Ist sie gerade, also f (– x)= f (x), dann gilt
Bild 15. Sgezahnkurve
Zp an ¼ 2=p
f ðxÞ cos nx dx und bn ¼ 0;
Z2p ten
0
lauten Z2p
ist sie ungerade, also f (– x)=– f (x), dann gilt Zp an ¼ 0 und bn ¼ 2=p
an ¼ 1=p
x cosðnxÞ dx
ðn ¼ 0; 1; 2 . . .Þ
und
bn ¼
0
x sinðnxÞ dx ðn ¼ 1; 2; 3 . . .Þ.
1=p 0
f ðxÞ sin nx dx: 0
Die Fourier-Reihe einer geraden Funktion ist eine reine Kosinusreihe, die Fourier-Reihe einer ungeraden Funktion eine reine Sinusreihe. Fourier-Reihen von stckweise glatten Funktionen. Eine Funktion f heißt auf [a, b] stckweise glatt, wenn sie auf [ a, b] stckweise stetig ist und auf [a, b ] eine stckweise stetige Ableitung f 0 besitzt. Ist f periodisch mit 2p und auf ½p; p stckweise glatt, dann konvergiert die Fourier-Reihe von f in jedem abgeschlossenen Intervall, auf dem f stetig ist, gleichmßig gegen f. An jeder Sprungstelle x von f konvergiert die Fourier-Reihe gegen das arithmetische Mittel 0;5 ½f ðx þ 0Þþ f ðx 0Þ aus dem links- und rechtsseitigen Grenzwert. Beispiel: Sgezahnkurve (Bild 15). x fr 0 % x < 2p f ðxÞ ¼ 0 fr x ¼ 2p und f ðx þ 2pÞ ¼ f ðxÞ: – Die Gleichungen fr die Fourierkoeffizien-
Die Berechnung der Integrale ergibt a0 ¼ 2p; an ¼ 0 fr n ¼ 1; 2; 3 . . . und bn ¼ 2=n. Fr alle Stetigkeitsstellen x 6¼ 2np (n 2 Z) der Funktion f lautet damit die Darstellung der Funktion f durch ihre FourierReihe sin x sinð2xÞ sinðnxÞ þ þ ... þ þ ... f ðxÞ ¼ p 2 1 2 n 1 X sinðnxÞ ¼ p2 ; x 6¼ 2np: n n¼1 In den Sprungstellen x ¼ 2np (n 2 Z) konvergiert die Fourier-Reihe gegen p.
6.2 Reellwertige Funktionen mehrerer reeller Variablen 6.2.1 Grundbegriffe Wegen der geometrischen Darstellbarkeit werden – wenn nicht anders betont – reellwertige Funktionen von zwei reellen Variablen betrachtet. Viele Aussagen ber sie lassen sich
A 66
A
Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung
auf Funktionen von mehr als zwei Variablen bertragen. Zugrunde gelegt wird ein ebenes kartesisches Koordinatensystem. Jedes geordnete Zahlenpaar ðx; yÞ 2 R2 wird dann als Punkt P(x, y) der Ebene oder durch seinen Ortsvektor rðx; yÞ dargestellt. Teilmengen von R2 werden daher auch als ebene Punktmengen bezeichnet. Abstand zweier Punkte r2 ðx2 ; y2 Þ und r1 ðx1 ; y1 Þ ist definiert durch qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi jr2 r1 j ¼ ðx2 x1 Þ2 þ ðy2 y1 Þ2 : (r-)Umgebung. Fr einen Punkt r0 ðx0 ; y0 Þ ist sie eine offene Kreisscheibe mit dem Mittelpunkt r0 . Ur ðr0 Þ ¼ frj jr r0 j < rg qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ fðx; yÞj ðx x0 Þ2 þ ðx y0 Þ2 < rg ; wobei r > 0: Reellwertige Funktion zweier reeller Variablen. Sie ist eine Abbildung f einer Teilmenge von R2 in R f : D ! R fr D R2 oder z ¼ f ðx; yÞ fr ðx; yÞ 2 D R2 : Graph. Fr die reellwertige Funktion f auf D R2 wird er dargestellt durch die Menge ½f ¼ fðx; y; zÞjz ¼ f ðx; yÞ fr ðx; yÞ 2 Dg ¼ fðr; zÞjf ðrÞ ¼ z fr r 2 Dg: Das geordnete Zahlentripel ðx; y; zÞ 2 ½f R3 kann in einem rumlichen kartesischen Koordinatensystem als Punkt des Raums dargestellt werden (Bild 16 a). Die Punkte (x, y, z) von [f] bilden i. allg. eine Flche. Der Graph [ f] wird daher auch hufig als Flche und die Gleichung z ¼ f ðx; yÞ ¼ f ðrÞ als Gleichung einer Flche bezeichnet. pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Beispiel: Die Funktion z ¼ f ðx; yÞ ¼ 1 x2 y2 fr x2 þ y2 % 1 stellt geometrisch die obere Hlfte einer Kugelflche mit dem Radius 1 und dem Mittelpunkt (0, 0, 0) dar (Bild 16 b).
Niveaulinien. Eine andere geometrische Deutung einer reellwertigen Funktion f auf D R2 mit z= f(x, y) besteht in ihrer
Darstellung durch Niveaulinien: f(x, y)=c (c Konstante). Eine Niveaulinie besteht dabei aus der Menge aller Punkte (Urbilder) (x, y) 2 D in der Koordinatenebene, die das Bild oder das „Niveau“ c haben und somit die Gl. f(x, y)=c erfllen. Beispiel: z=f(x, y)=xy fr ðx; yÞ 2 R2 (Bild 16 c). – Die Niveaulinien sind fr z 6¼ 0 Hyperbeln und fr z=0 die Koordinatenachsen.
6.2.2 Grenzwerte und Stetigkeit Grenzwerte. Ist f eine reellwertige Funktion auf D und r0 Hufungspunkt von D, dann heißt die Zahl g Grenzwert der Funktion f fr r ! r0 , wenn es zu jedem e>0 ein d>0 gibt, so daß jf ðrÞ gj < e fr alle r 2 D mit 0 < jr r0 j < d. Anschaulich bedeutet dies, daß fr alle Punkte r 2 D, die hinreichend nahe bei r0 liegen und von r0 verschieden sind, die Bilder f ðrÞ beliebig nahe bei g liegen, symbolisch: lim f ðrÞ ¼ g oder ! r !! r0
lim
ðx;yÞ!ðx0 ;y0 Þ
f ðx; yÞ ¼ g:
Stetigkeit. Die Funktion f auf D heißt in r0 2 D stetig, wenn es zu jedem e>0 ein d>0 gibt, so daß jf ðrÞ f ðr0 Þj < e fr alle r 2 D mit jr r0 j < d oder r 2 Ud ðr0 Þ. Ist r0 Hufungspunkt von D, so ist dies gleichbedeutend mit lim f ðrÞ ¼ f ðr0 Þ. ! r !! r0 Die Funktion f heißt stetig auf D, wenn sie in jedem Punkt von D stetig ist. 6.2.3 Partielle Ableitungen Die reellwertige Funktion f auf D R2 heißt in ðx0 ; y0 Þ 2 D partiell nach x bzw. y differenzierbar, wenn der Grenzwert f ðx0 þ h; y0 Þ f ðx0 ; y0 Þ h ¶f ¶ ¼ ðx0 ; y0 Þ ¼ fx ðx0 ; y0 Þ ¼ f ðx0 ; y0 Þ bzw: ¶x ¶x f ðx0 ; y0 þ kÞ f ðx0 ; y0 Þ lim k!0 k ¶f ¶ ¼ ðx0 ; y0 Þ ¼ fy ðx0 ; y0 Þ ¼ f ðx0 ; y0 Þ ¶y ¶y lim
h!0
existiert. Dieser Grenzwert heißt partielle Ableitung nach x bzw. y. Fr y ¼ y0 ¼ const stellt der Graph von z ¼ f ðx; y0 Þ die Schnittkurve der Ebene y ¼ y0 mit der Flche z=f(x, y) dar, und die partielle Ableitung von f nach x ist dann die Steigung der Tangente im Punkt ðx0 ; y0 ; f ðx0 ; y0 ÞÞ der Schnittkurve. Entsprechendes gilt fr die partielle Ableitung nach y (Bild 17). Beispiel: z ¼ f ðx; yÞ ¼ xy fr (x, y) 2 D={(x, y)|x>0 und y 2 R}. – ¶f ¶f ðx; yÞ ¼ fx ðx; yÞ ¼ yxy1 ; ðx; yÞ ¼ fy ðx; yÞ ¼ xy ln x: ¶x ¶y
Bild 16. Funktionen mit zwei Vernderlichen. a geometrische Deupffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi tung von z=f(x, y); b Kugeloberflche z ¼ 1 x2 y2 ; c Niveaulinien
Bild 17. Geometrische Deutung der partiellen Ableitungen
I6.2 Hhere partielle Ableitungen. Ist die reellwertige Funktion f in einem Gebiet G R2 partiell nach x und y differenzierbar, dann stellen die partiellen Ableitungen fx und fy Funktionen auf G dar, die selbst wieder partiell nach x und y differenzierbar sein knnen. Diese partiellen Ableitungen 2. Ordnung werden ausgedrckt durch ¶2 f ¶ ¶f ðx; yÞ ¼ fxx ðx; yÞ; ðx; yÞ ¼ 2 ¶x ¶x ¶x ¶2 f ¶ ¶f ðx; yÞ ¼ fyy ðx; yÞ; ðx; yÞ ¼ ¶y2 ¶y ¶y ¶2 f ¶ ¶f ðx; yÞ ¼ ðx; yÞ ¼ fyx ðx; yÞ; ¶x ¶y ¶x ¶y ¶2 f ¶ ¶f ðx; yÞ ¼ ðx; yÞ ¼ fxy ðx; yÞ: ¶y ¶x ¶y ¶x
Reellwertige Funktionen mehrerer reeller Variablen
A 67
Besitzt die reellwertige Funktion f in dem Gebiet G R2 stetige partielle Ableitungen fx und fy , dann ist sie in G total differenzierbar. Beispiel: z ¼ f ðx; yÞ ¼ x2 y þ y; ðx; yÞ 2 R2 : – Mit fx ðx; yÞ ¼ 2xy und fy ðx; yÞ ¼ x2 þ 1 lautet das totale Differential df ðx; yÞ ¼ 2xy dxþ ðx2 þ 1Þ dy: Der Funktionszuwachs Df ðx; yÞ ist Df ðx; yÞ ¼ ðx þ dxÞ2 ðy þ dyÞ þ ðy þ dyÞ ðx2 y þ yÞ ¼ ð2xy dx þ ðx2 þ 1Þ dyÞ þ y dx2 þ 2xy dx dy þ dx2 dy ¼ df ðx; yÞ þ y dx2 þ 2x dx dy þ dx2 dy: Es ist leicht einzusehen, daß fr ðdx; dyÞ ! ð0; 0Þ lim
Df ðx; yÞ d f ðx; yÞ y dx2 þ 2x dx dy þ dx2 dy pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ lim pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼0 dx2 þ dy2 dx2 þ dy2
fr alle ðx; yÞ 2 R2 :
Alle weiteren partiellen Ableitungen hherer Ordnung werden analog erklrt.
Dies bedeutet, daß f in jedem ðx; yÞ 2 R2 (total) differenzierbar ist.
Beispiel: z ¼ f ðx; yÞ ¼ x expðxyÞ; D ¼ R2 : –
Geometrische Deutung. Wird in der Gleichung
fx ðx; yÞ ¼ ð1 þ xyÞ expðxyÞ; fxx ðx; yÞ ¼ ð2y þ xyÞ expðxyÞ; fxy ðx; yÞ ¼ ð2x þ x2 yÞ expðxyÞ;
Stze ber partiell differenzierbare Funktionen. Besitzt die reellwertige Funktion f im Gebiet G R2 beschrnkte partielle Ableitungen fx und fy , d.h., gibt es eine solche positive Zahl m, so daß jfx ðx; yÞj % m und jfy ðx; yÞj % m fr alle ðx; yÞ 2 G gilt, dann ist f auf G stetig. Satz von Schwarz: Besitzt die Funktion in dem Gebiet G die partiellen Ableitungen fx ; fy ; fxy und fyx und sind fxy und fyx stetige Funktionen auf G, dann ist fxy ¼ fyx . Bei stetigen gemischten Ableitungen darf also die Reihenfolge der partiellen Ableitungen vertauscht werden.
f ðx0 þ dx; y0 þ dyÞ ¼ f ðx0 ; y0 Þ þ fx ðx0 ; y0 Þ dx pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi þ fy ðx0 ; y0 Þ dy þ hðdx; dyÞ dx2 þ dy2 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi vernachlssigt und das Glied hðdx; dyÞ dx2 þ dy2 x0 þ dx ¼ x; y0 þ dy ¼ y; f ðx0 ; y0 Þ ¼ z0 sowie f(x, y)=z gesetzt, dann lautet sie z ¼ z0 þ fx ðx0 ; y0 Þðx x0 Þ þ fy ðx0 ; y0 Þðy y0 Þ: Diese Gleichung stellt geometrisch die Tangentialebene im Punkt ðx0 ; y0 ; f ðx0 ; y0 ÞÞ der Flche z=f (x, y) dar. Sie enthlt die beiden Tangenten mit den Steigungen fx ðx0 ; y0 Þ und fy ðx0 ; y0 Þ, Bild 17. Geometrisch bedeutet demnach die totale Differenzierbarkeit von f in ðx0 ; y0 Þ, daß sich die Flche z=f(x, y) in einer Umgebung von ðx0 ; y0 Þ durch eine Tangentialebene approximieren lßt. Ableitung von zusammengesetzten Funktionen
Differenzierbarkeit. Eine reellwertige Funktion f auf dem Gebiet G R2 heißt in ðx0 ; y0 Þ 2 G (total) differenzierbar, wenn es zwei Zahlen A und B und zu jedem e>0 ein d>0 gibt, so daß
f ðx0 þ h; y0 þ kÞ f ðx0 ; y0 Þ ðAh þ BkÞ
<e pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
h2 þ k2 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 2 2 fr h þ k < d: Eine notwendige Bedingung fr die (totale) Differenzierbarkeit von f in ðx0 ; y0 Þ ist die Existenz der partiellen Ableitun¶f ¶f ðx0 ; y0 Þ und B ¼ ¶y ðx0 ; y0 Þ. Damit gen in ðx0 ; y0 Þ, wobei A ¼ ¶x gilt fr eine in ðx0 ; y0 Þ total differenzierbare Funktion f f ðx0 þ h; y0 þ kÞ f ðx0 ; y0 Þ ¼ fx ðx0 ; y0 Þh þ fy ðx0 ; y0 Þk þ hðh; kÞ
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi h2 þ k2
mit lim hðh; kÞ ¼ 0 fr (h, k) ! (0, 0). Fr den Zuwachs h bzw. k ist auch die Bezeichnung Dx bzw. Dy und dx bzw. dy gebruchlich. Totales Differential. So heißt der in h und k bzw. dx und dy lineare Ausdruck df ðx; yÞ ¼ fx ðx; yÞ dx þ fy ðx; yÞ dy: Mit der Bezeichnung Df ðx; yÞ ¼ f ðx þ dx; y þ dyÞ f ðx; yÞ fr den Funktionszuwachs lßt sich die Bedingung fr die (totale) Differenzierbarkeit der Funktion f in (x, y) auch angeben: lim
Df ðx; yÞ df ðx; yÞ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ 0 fr ðdx; dyÞ ! ð0; 0Þ: dx2 þ dy2
Kettenregel. Ist f eine reellwertige Funktion, die in einem Gebiet G R2 stetige partielle Ableitungen fx und fy besitzt, und ist rðtÞ ¼ ðxðtÞ; yðtÞÞ eine differenzierbare ebene Kurve, die fr t 2 [ a, b] ganz in G verluft, dann ist die zusammengesetzte Funktion f ðrðtÞÞ ¼ FðtÞ nach t differenzierbar, und es gilt – wenn der Punkt die Ableitung nach t kennzeichnet – _ ¼ df ðrðtÞÞ ¼ fx ðxðtÞ; yðtÞÞ_xðtÞ þ fy ðxðtÞ; yðtÞÞ_yðtÞ: FðtÞ dt Dies ist die Kettenregel fr Funktionen von zwei Variablen, die von einem Parameter abhngen. Sie lßt sich auf Funktionen mehrerer Variablen und auf mehrere Parameter verallgemeinern. Werden bei der Funktion z=f(x, y) gemß x= x(u, u) und y=y(u, u) die neuen Variablen u und u eingefhrt, so gilt z=f(x(u, u), y(u, u))=F(u, u). Werden nacheinander u und u als Konstanten behandelt, so kann die Funktion F nach der Kettenregel partiell nach u und u differenziert werden, und die partiellen Ableitungen lauten ¶F ¶f ¶x ¶f ¶y ¶F ¶f ¶x ¶f ¶y ¼ þ und ¼ þ : ¶u ¶x ¶u ¶y ¶u ¶u ¶x ¶u ¶y ¶v Implizite Funktionen. Eine Funktion y=f(x) einer Variablen, die durch eine Gleichung der Form F(x, y)=0 definiert ist, heißt implizite Funktion. Ist die Funktion F in dem Gebiet G R2 stetig und besitzt sie in G stetige partielle Ableitungen Fx und Fy und ist Fðx0 ; y0 Þ ¼ 0 und Fy ðx0 ; y0 Þ 6¼ 0 fr ðx0 ; y0 Þ 2 G; dann gibt es eine Umgebung Ud ðx0 Þ R von x0 und genau eine Funktion f auf Ud ðx0 Þ, fr die
A
A 68
A
Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung
y0 ¼ f ðx0 Þ; Fðx; f ðxÞÞ ¼ 0 fr alle x 2 Ud ðx0 Þ; 0
f und f stetig auf Ud ðx0 Þ Fx ðx; f ðxÞÞ : und f 0 ðxÞ ¼ Fy ðx; f ðxÞÞ Die letzte Eigenschaft heißt Ableitungsregel fr implizite Funktionen. Bei entsprechenden Voraussetzungen haben implizite Funktionen z= f(x, y), die durch eine Gleichung der Form F(x, y, z)=0 definiert sind, analoge Eigenschaften. Anwendung der Kettenregel auf die Identitt F(x, y, f (x, y)) 0 fhrt auf die Gleichungen Fx þ Fz fx ¼ 0 und Fy þ Fz fy ¼ 0: Taylor-Formel. Hier treten zur abkrzenden Schreibweise Ausdrcke auf, die wie Potenzen eines Binoms behandelt werden: ¶ ¶ n h þk fr n ¼ 0; 1; 2 . . . ; z:B: ¶x ¶y ¶ ¶ 2 f ðx; yÞ h þk ¶x ¶y 2 ¶ f ¶2 f ¶2 f ¼ h2 2 ðx; yÞ þ 2hk ðx; yÞ þ k2 2 ðx; yÞ: ¶x ¶x ¶y ¶y Besitzt die Funktion auf dem Gebiet G R2 stetige partielle Ableitungen bis zur Ordnung n+1, dann ist ¶ ¶ f ðx þ h; y þ kÞ ¼ f ðx; yÞ þ h þ k f ðx; yÞ ¶x ¶y 1 ¶ ¶ 2 h þk f ðx; yÞ þ . . . þ 2! ¶x ¶y n 1 ¶ ¶ þ h þk f ðx; yÞ n! ¶x ¶y 1 ¶ ¶ nþ1 f ðx þ Jh; y þ JkÞ h þk þ ðn þ 1Þ! ¶x ¶y fr (x, y) 2 G und (x+ h, y+k) 2 G, wobei 0<J<1. Dies ist die Taylor-Formel fr Funktionen zweier Variablen. Aus ihr ergibt sich fr n=0 der Mittelwertsatz ¶f f ðx þ h; y þ kÞ ¼ f ðx; yÞ þ h ðx þ Jh; y þ JkÞ ¶x ¶f þ k ðx þ Jh; y þ JkÞ; 0 < J < 1: ¶y Fr die Untersuchung von Funktionen f auf lokale Extremwerte ist noch der Fall n=1 von Bedeutung. f ðx þ h; y þ kÞ ¼ f ðx; yÞ þ hfx ðx; yÞ þ kfy ðx; yÞ þ 0;5 ðh2 fxx ðx; hÞ þ 2hkfxy ðx; hÞ þ k2 fyy ðx; hÞÞ; wobei x=x+Jh, h=y+J k und 0<J<1. Lokale Extremwerte von Funktionen zweier Variablen f sei eine Funktion auf D R2 und r0 ¼ ðx0 ; y0 Þ innerer Punkt von D. f ðr0 Þ heißt lokales Maximum bzw. Minimum, wenn es eine Umgebung Ur ðr0 Þ 2 D gibt, so daß f ðrÞ % f ðr0 Þ bzw. f ðrÞ ^ f ðr0 Þ fr alle r 2 Ur ðr0 Þ gilt. Gelten die Ungleichungen fr r 6¼ r0 auch ohne Gleichheitszeichen, dann heißt f ðr0 Þ strenges lokales Extremum. Notwendige Bedingung. Besitzt die Funktion f auf D R2 in einem inneren Punkt r0 2 D ein lokales Extremum und existieren in r0 die partiellen Ableitungen fx ðr0 Þ und fy ðr0 Þ, dann ist fx ðr0 Þ ¼ 0 und fy ðr0 Þ ¼ 0: Hinreichende Bedingung. Besitzt die Funktion f auf D R2 in einer Umgebung Ur ðr0 Þ D von r0 stetige partielle Ablei-
tungen 2. Ordnung und gilt fx ðr0 Þ ¼ 0 und fy ðr0 Þ ¼ 0 sowie 2 ðr0 Þ > 0; fxx ðr0 Þfyy ðr0 Þ fxy
dann ist f ðr0 Þ ein strenges lokales Extremum, und zwar ein Maximum; wenn fxx ðr0 Þ < 0; und ein Minimum; wenn fxx ðr0 Þ > 0: 2 Ist fxx ðr0 Þfyy ðr0 Þ fxy ðr0 Þ < 0; dann ist f ðr0 Þ kein lokales Extremum (Sattelpunkt). Fr fxx ðr0 Þfyy ðr0 Þ fxy ðr0 Þ ¼ 0 lßt sich keine eindeutige Aussage darber machen, ob f ðr0 Þ lokales Extremum ist oder nicht.
Beispiel 1: z ¼ f ðrÞ ¼ f ðx; yÞ ¼ x2 xy þ y2 þ 9x 6y þ 20: – fx ðrÞ ¼ 2x y þ 9, fy ðrÞ ¼ x þ 2y 6, fxy ðrÞ ¼ fyx ðrÞ ¼ 1, fxx ðrÞ ¼ 2; fyy ðrÞ ¼ 2: Aus fx ðrÞ ¼ 0 und fy ðrÞ ¼ 0 folgen die notwendigen Bedingungen 2x-y+9=0 und - x+2y-6=0, also r0 ¼ ðx0 ; y0 Þ ¼ ð4; 1Þ: 2 Damit ist fxx ðr0 Þ ¼ fxx ð4; 1Þ ¼ 2 > 0 und fxx ð4; 1Þ fyy ð4; 1Þ fxy ð4; 1Þ ¼ 3 > 0: Die Funktion f besitzt demnach in (-4;1) das strenge lokale Minimum z ¼ f ðr0 Þ ¼ f ð4; 1Þ ¼ 1: Beispiel 2: z ¼ f ðrÞ ¼ f ðx; yÞ ¼ y2 x2 : – fx ðrÞ ¼ 2x; fy ðrÞ ¼ 2y; fxy ðrÞ ¼ fyx ðrÞ ¼ 0; fxx ðrÞ ¼ 2; fyy ðrÞ ¼ 2: Aus – 2x=0 und 2y=0 2 folgt r0 ¼ ðx0 ; y0 Þ ¼ ð0; 0Þ und fxx ð0; 0Þfyy ð0; 0Þ fxy ð0; 0Þ ¼ 4 < 0: DieFunktion fhat also inr0 ¼ ð0; 0Þ einenSattelpunkt.
Besitzt die Funktion f auf D Rn in einem inneren Punkt r0 ¼ ðx01 ; x02 ; x03 . . . x0n Þ 2 D ein lokales Extremum und existieren in r0 die partiellen Ableitungen ¶f ðr0 Þ=¶xi , dann ist ¶f ðr0 Þ ¼ 0 fr i ¼ 1; 2; 3; . . . ; n: ¶xi Bedingte lokale Extrema. Zugrunde gelegt sei eine Funktion f auf D R2 , deren Variablen x und y noch einer Nebenbedingung gðrÞ ¼ gðx; yÞ ¼ 0 unterworfen sind. f ðr0 Þ ¼ f ðx0 ; y0 Þ heißt ein bedingtes lokales Maximum bzw. Minimum (beide gemeinsam: bedingtes lokales Extremum) von f in r0 , wenn es eine Umgebung Ur ðr0 Þ D gibt, so daß f ðrÞ % f ðr0 Þ bzw: f ðrÞ ^ f ðr0 Þ fr alle r 2 Ur ðr0 Þ und gðrÞ ¼ 0 gilt. Notwendige Bedingung. Besitzt die Funktion f auf D in r0 2 D ein bedingtes lokales Extremum f ðr0 Þ mit der Nebenbedingung gðrÞ ¼ 0, und haben die Funktionen f und g in einer Umgebung von r0 stetige partielle Ableitungen 1. Ordnung, wobei gx ðr0 Þ 6¼ 0 oder gy ðr0 Þ 6¼ 0 und gðr0 Þ ¼ 0; dann gibt es eine Zahl l, so daß fx ðr0 Þ þ lgx ðr0 Þ ¼ 0 und fy ðr0 Þ þ lgy ðr0 Þ ¼ 0: Die Punkte (x, y), in denen die Funktion f bedingte lokale Extrema besitzt, befinden sich demnach unter den Lsungen (x, y, l) des Gleichungssystems fx ðx; yÞ þ lgx ðx; yÞ ¼ 0; fy ðx; yÞ þ lgy ðx; yÞ ¼ 0; gðx; yÞ ¼ 0: Multiplikatorregel von Lagrange. Hiernach ergeben sich fr bedingte lokale Extrema durch Einfhrungen der Funktion F(x, y, l)=f(x, y)+l g(x, y) mit dem Multiplikator l die notwendigen Bedingungen Fx ðx; y; lÞ ¼ fx ðx; yÞ þ lgx ðx; yÞ ¼ 0; Fy ðx; y; lÞ ¼ fy ðx; yÞ þ lgy ðx; yÞ ¼ 0; Fl ðx; y; lÞ ¼ gðx; yÞ ¼ 0:
I6.2 Beispiel: Gesucht sind die Punkte auf der Hyperbel gðx; yÞ ¼ x2 y2 4 ¼ 0; die vom Punkt (0;2) einen lokalen extremalen Abstand haben. – Das Abstandsquadrat eines Hyperbelpunkts (x, y) vom Punkt (0;2) ist f ðx; yÞ ¼ x2 þ ðy 2Þ2 mit der Nebenbedingung gðx; yÞ ¼ x2 y2 4 ¼ 0: Aus dem Ansatz Fðx; y; lÞ ¼ x2 þ ðy 2Þ2 þ lðx2 y2 4Þ folgen die Bedingungsgleichungen fr ein lokales Extremum: Fx ðx; y; lÞ ¼ 2x þ 2lx ¼ 0; Fy ðx; y; lÞ ¼ 2ðy 2Þ 2ly ¼ 0; Fl ðx; y; lÞ ¼ x2 y2 4 ¼ 0:
pffiffiffi pffiffiffi Fr l=-1 hat die Funktion f in den Punkten ð 5; 1Þ und ð 5; 1Þ ein bedingtes lokales Extremum (Minimum).
A 69
Reellwertige Funktionen mehrerer reeller Variablen
pffiffiffi Die Richtungsableitung der Funktion f in ð 3; 1Þ nach der durch t ¼ cos 30 e1 þ sin 30 e2 festgelegten Richtung hat den Wert pffiffiffi pffiffiffi ¶f pffiffiffi ð 3; 1Þ ¼ ð2 3e1 2e2 Þð0;5 3e1 þ 0;5e2 Þ ¼ 2: ¶t
6.2.4 Integraldarstellung von Funktionen und Doppelintegrale Die Funktion f sei auf einem Rechteck a % x % b und c % y % d erklrt und fr jedes y ber [a, b] integrierbar. Dann Zb ist durch FðyÞ ¼ f ðx; yÞ dx eine Funktion f auf [c, d] erklrt, a
Richtungsableitung und Gradient f sei eine Funktion auf D R2 , die in einer Umgebung des inneren Punkts r0 ¼ ðx0 ; y0 Þ 2 D stetige partielle Ableitungen besitzt. Richtungsvektor. Durch den Einheitsvektor t ¼ cos ae1 þ sin ae2 sei eine Richtung in der x, y-Ebene festgelegt, wobei e1 und e2 die Koordinaten-Einheitsvektoren sind. Fr einen Punkt r ¼ ðx; yÞ der Halbgeraden, die von dem Punkt r0 in Richtung des Einheitsvektors t ausgeht, gilt x ¼ x0 þ t cos a und y ¼ y0 þ t sin a fr t ^ 0:
die als eine Integraldarstellung bezeichnet wird. Die Variable y heißt Parameter des Integrals. F ist stetig, wenn f es ist. Existiert außerdem die stetige partielle Ableitung fy ðx; yÞ auf dem Rechteck, so ist F in [ c, d] differenzierbar, und es gilt
wobei FðtÞ ¼ f ðx0 þ t cos a; y0 þ t sin aÞ: Aus der Kettenregel folgt F 0 ð0Þ ¼ fx ðr0 Þ cos a þ fy ðr0 Þ sin a: Damit lautet die Richtungsableitung der Funktion f in r0 nach der durch t ¼ cos ae1 þ sin ae2 festgelegten Richtung ¶f ðr0 Þ ¼ fx ðr0 Þ cos a þ fy ðr0 Þ sin a: ¶t Gradient. Der Vektor gradf ðr0 Þ ¼ fx ðr0 Þe1 þ fy ðr0 Þe2 heißt Gradient von f in r0 . Die Richtungsableitung ist also das skalare Produkt des Gradienten von f und des Richtungsvektors t ¶f ðr0 Þ ¼ fx ðr0 Þ cos a þ fy ðr0 Þ sin a ¼ gradf ðr0 Þ t ¶t ¼ jgradf ðr0 Þj cos j; wobei j der Winkel zwischen den Vektoren gradf ðr0 Þ und t ist. Fr cos j ¼ 1, d.h., wenn t und gradf ðr0 Þ die gleiche Richtung und den gleichen Richtungssinn haben, wird die Richtungsableitung am grßten, nmlich qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¶f ðr0 Þ ¼ jgradf ðr0 Þj ¼ fx2 ðr0 Þ þ fy2 ðr0 Þ: ¶t Dies bedeutet, daß gradf ðr0 Þ die Richtung in r0 angibt, in der die Funktion f am strksten zunimmt. Wird f durch ihre Niveaulinien f ðrÞ ¼ const dargestellt und ist r0 ein Punkt einer Niveaulinie, so steht gradf ðr0 Þ in r0 auf dieser Niveaulinie senkrecht und zeigt in die Richtung des Niveauanstiegs. Beispiel: z ¼ f ðrÞ ¼ f ðx; yÞ ¼ x2 þ y2 : – Die Niveaulinien sind konzentrische Kreise in der x, y-Ebene mit dem Zentrum (0, 0). Der pffiffiffi Punkt r0 ¼ ð 3; 1Þ liegt auf dem Kreis mit dem Radius 2, der das Niveau z=4 besitzt. Es ist pffiffiffi pffiffiffi grad f ðrÞ ¼ 2xe1 þ 2ye2 und gradf ð 3; 1Þ ¼ 2 3e1 2e2 : pffiffiffi Als grßter Anstieg von f in ð 3; 1Þ ergibt sich damit pffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi jgrad f ð 3; 1Þj ¼ 12 þ 4 ¼ 4:
fy ðx; yÞ dx: a
Ableitungsformel von Leibniz. Sind die Grenzen des bestimmten Integrals selbst noch differenzierbare Funktionen der Variablen y, also a=g(y) und b=h(y), dann gilt fr ZhðyÞ FðyÞ ¼
Richtungsableitung. Sie ist fr die Funktion f in r0 nach der durch t festgelegten Richtung definiert durch ¶f FðtÞ Fð0Þ ðr0 Þ ¼ lim ¼ F 0 ð0Þ; t!0 ¶t t
Zb
F 0 ðyÞ ¼
f ðx; yÞ dx gðyÞ
ZhðyÞ
F 0 ðyÞ ¼
fy ðx; yÞ dx þ f ðhðyÞ; yÞh0 ðyÞ f ðgðyÞ; yÞg0 ðyÞ:
gðyÞ
Doppelintegral. Es heißt auch iteriertes Integral und hat die Form 0 1 Zd ZhðyÞ B C f ðx; yÞ dxAdy oder krzer @ c
gðyÞ
Zd ZhðyÞ f ðx; yÞ dx dy: c
gðyÞ
6.2.5 Flchen- und Raumintegrale Flchenintegrale Zugrunde gelegt wird ein beschrnktes Gebiet G der Ebene, dessen Rand aus einer geschlossenen, stckweise glatten Kurve besteht. Auf G sei eine stetige beschrnkte Funktion f definiert: z=f(x, y) fr (x, y) 2 G. Das Gebiet G wird in eine endliche Zahl von Teilgebieten Gi ði ¼ 1; 2; 3; . . . ; nÞ zerlegt (Bild 18 a, b). Oft besteht eine solche Zerlegung in einer Unterteilung des Gebiets G durch Parallelen zur x- und y-Achse (Bild 18 b). Zur geometrischen Deutung sei speziell vorausgesetzt, daß f(x, y) ^ 0 fr (x, y) 2 G. Ist ðxi ; yi Þ ein Punkt des Teilgebiets Gi und DSi der Flcheninhalt von Gi , dann stellt das Produkt f ðxi ; yi Þ DSi das Volumen einer Sule mit der Grundflche Gi und der Hhe n X f ðxi ; yi ÞDSi ; die auch f ðxi ; yi Þ dar (Bild 18 c). Die Summe i¼1
als Riemann-Summe bezeichnet wird, gibt dann annhernd das Volumen des Zylinders mit der ebenen Grundflche G und der Deckflche ½ f ¼ fðx; y; zÞjz ¼ f ðx; yÞfrðx; yÞ 2 Gg wieder. Unter gewissen Voraussetzungen haben die RiemannSummen bei Verfeinerung der Zerlegung von G einen Grenzwert, der Flchenintegral der Funktion f ber G heißt: ZZ ZZ ZZ f ðx; yÞ dS oder f ðx; yÞ dðx; yÞ oder f ðrÞ dr: G
G
G
A
A 70
Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung
A
Bild 19. Ebenes Gebiet G. a Begrenzungen; b y1 ðxÞ ¼ x2 ; y2 ðxÞ ¼
pffiffiffi x
Hiermit lßt sich das Flchenintegral einer stetigen und beschrnkten Funktion f ber G auf ein Doppelintegral zurckfhren. Beispiel: Auf dem abgeschlossenen Gebiet (Bild 19 b) pffiffiffi G ¼ fðx; yÞj0 % x % 1 und x2 % y % xg;
Bild 18. Flchenintegral. a und b Zerlegung eines Gebiets G; c geometrische Deutung
dessen Rand durch den Graph der Funktionen y1 ðxÞ ¼ x2 und pffiffiffi y2 ðxÞ ¼ x bestimmt ist, ist die Funktion f(x, y)=2 xy erklrt. – Es ist 0 pffiffi 1 Z1 Z x Z1 ZZ pffiffi B C x 2xy dðx; yÞ ¼ @ 2xy dyA dx ¼ x½y2 x2 dx G
Ist f(x, y) ^ 0 fr (x, y) 2 G, so wird das Flchenintegral geometrisch als das Volumen des Zylinders mit der Grundflche G und der Deckflche [f] definiert. Ist insbesondere f(x, y)=1 fr (x, y) 2 G, so bestimmt das Flchenintegral ZZ ZZ ZZ 1 dS ¼ dS ¼ dðx; yÞ G
G
G
den Flcheninhalt des Gebiets G. Mittelwertsatz. Ist f eine auf dem abgeschlossenen Gebiet G stetige Funktion mit dem Kleinstwert m und dem Grßtwert M, dann ist ZZ ZZ f ðx; yÞ dðx; yÞ ¼ m dðx; yÞ; wobei m % m % M: G
G
m heißt der Mittelwert von f auf G.
0
0
x2
Z1 xðx x Þ dx ¼ 1=6:
¼
4
0
Substitutionsregel. F sei ein ebenes abgeschlossenes Gebiet, dessen Rand eine stckweise glatte Kurve ist. Auf einem F umfassenden Gebiet seien zwei Funktionen x=j(u, u) und y=y(u, u) mit stetigen partiellen Ableitungen 1. Ordnung gegeben, die das Innere von F eineindeutig auf ein ebenes Gebiet G abbilden (Bild 20 a). Fr jeden inneren Punkt (u, u) von F sei die Funktionaldeterminante der beiden Funktionen j und y verschieden von Null.
¶ðx; yÞ
ju ðu; uÞ yu ðu; uÞ
¼ 6¼ 0: ¶ðu; uÞ jv ðu; uÞ yv ðu; uÞ
Dann gilt fr jede auf G stetige Funktion f die Substitutionsregel fr Flchenintegrale:
Berechnung. G sei ein beschrnktes Gebiet mit einer geschlossenen und doppelpunktfreien Randkurve. Jede Parallele zur x- bzw. y-Achse soll die Randkurve in hchstens zwei Punkten schneiden. Das kleinste abgeschlossene Rechteck (Bild 19 a), das G umschließt, sei bestimmt durch a % x % b und c % y % d. Hierdurch wird die Randkurve des Gebiets G wie folgt zerlegt: oberes und unteres Kurvenstck ABC : y ¼ y2 ðxÞ; CDA : y ¼ y1 ðxÞ fr x 2 ½a; b; linkes und rechtes Kurvenstck BCD : x ¼ x1 ðyÞ; DAB : x ¼ x2 ðyÞ fr y 2 ½c; d: Hiermit gilt fr eine stetige und beschrnkte Funktion f auf G ZZ f ðx; yÞ dðx; yÞ G
Zb ¼ a
Zd ¼ c
0 B @ 0 B @
y2 ðxÞ Z
y1 ðxÞ x2 ðyÞ Z
x1 ðyÞ
1 C f ðx; yÞ dyAdx 1 C f ðx; yÞ dxAdy: Bild 20 a und b. Abbildung eines Gebiets F auf ein Gebiet G
I6.2
Reellwertige Funktionen mehrerer reeller Variablen
A 71
ZZ
A
f ðx; yÞ dðx; yÞ G
ZZ
¼ F
¶ðx; yÞ
dðu; uÞ: f ðjðu; uÞ; yðu; uÞÞ
¶ðu; uÞ
Beispiel (Bild 20 b): In der x, y-Ebene sei das abgeschlossene Gebiet pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi G ¼ fðx; yÞ j 0 < a % x2 þ y2 % 1 und y ^ 0} gegeben, das die Form eines halben Kreisrings mit dem Außendurchmesser 1 und dem Innendurchmesser a hat. Auf G ist die Funktion pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi z ¼ f ðx; yÞ ¼ 1 x2 y2 fr (x, y) 2 G erklrt. – Durch die Substitution x ¼ jðr; aÞ ¼ r cos a und y ¼ yðr; aÞ ¼ r sin a wird das abgeschlossene Gebiet F={(r, a)|0
¶ðx; yÞ
cos a sin a
¼ ¼r>0 ¶ðr; aÞ r sin a r cos a
Bild 21. Tetraeder als rumlich abgeschlossenes Gebiet
ZZ B
0
0
Z1 ¼
ðln 2 ð1 xÞ=2 lnð1 þ xÞÞ dx ¼ 3=4 ln 2:
F
G
0 1 Z1 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Z1 Z x pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi3 1 r 2 r daAdr ¼ p 1 r 2 r dr ¼ p=3 1 a2 : ¼ @ a
a
0
Raumintegrale Zugrunde gelegt wird ein rumliches abgeschlossenes Gebiet G={(x, y, z)|(x, y) 2 B und f1 ðx; yÞ % z % f2 ðx; yÞg, wobei B ein ebenes abgeschlossenes Gebiet mit stckweise glattem Rand ist und f1 ; f2 stetige Funktionen auf B sind. G ist demnach ein zylindrischer Krper, dessen Projektion auf die x, yEbene B ist und der oben von der Flche z ¼ f2 ðx; yÞ und unten von der Flche z ¼ f1 ðx; yÞ begrenzt wird. Ist f eine stetige Funktion auf G, dann ist das Raumintegral der Funktion f ber G erklrt durch das iterierte Integral ZZZ ZZZ f ðx; y; zÞ dðx; y; zÞ ¼ f ðrÞ dr G
G
f 1 ðx;yÞ
B
Beispiel (Bild 21): Das rumliche abgeschlossene Gebiet G ist ein Tetraeder, das von den vier Ebenen x=0, y=0, z=0 und x+y+z=1 begrenzt wird, so daß B={(x, y)|0 % x % 1 und 0 % y % 1- x} und G={(x, y, z)|(x, y) 2 B und 0 % z % 1-x-y}. Auf G ist die Funktion f ðx; y; zÞ ¼ 1=ð1 þ x þ y þ zÞ2 erklrt. – Das Raumintegral der Funktion f ber G lautet
G
ZZZ ¼
¶ðx; y; zÞ
dðu; v; wÞ: f ðxðu; v; wÞ; yðu; v; wÞ; zðu; v; wÞ
¶ðu; v; wÞ
x ¼ r cos j 0%r y ¼ r sin j; fr 0 % j % 2p z¼z
cos j r sin j ¶ðx; y; zÞ
¼ sin j r cos j ¶ðr; j; zÞ
0 0 ZZZ f ðx; y; zÞ dðx; y; zÞ G
ð1 þ x þ y þ zÞ2 dðx; yÞ 0
f ðr cos j; r sin j; zÞr dðr; j; zÞ:
¼
dðx; y; zÞ
F
1xy Z
B
1 ð1 þ x þ y þ zÞ2
dz:
Integration des einfachen Integrals ergibt 1xy Z
0
0 ¼ r;
1
ZZZ
1
ZZ ¼
dann gilt fr eine auf G stetige Funktion f die Substitutionsregel fr Raumintegrale: ZZZ f ðx; y; zÞ dðx; y; zÞ
Koordinatentransformationen. Hufig treten auf: Zylinderkoordinaten (Bild 22)
Der Ausdruck dðx; y; zÞ ¼ dx dy dz ¼ dr ¼ dV heißt Volumenelement in kartesischen Koordinaten. Durch das Raumintegral mit f(x, y, z) 1 ist das Volumen von G definiert.
G
Substitutionsregel. Sind x=x(u, u, w), y=y(u, u, w) und z= z(u, u, w) Funktionen mit stetigen partiellen Ableitungen 1. Ordnung, die ein rumliches Gebiet F mit den Variablen u, u, w auf ein rumliches Gebiet G mit den Variablen x, y, z abbilden, und ist die Funktionaldeterminante der Transformation
x xv xw
¶ðx; y; zÞ
u ¼ yu yv yw
6¼ 0 fr ðu; v; wÞ 2 F; ¶ðu; v; wÞ
zu zv zw
F
f ðx; y; zÞ dz:
dðx; yÞ
ZZZ
0
fZ 2 ðx;yÞ
ZZ ¼
0
0
1 1x dx lnð1 þ x þ yÞ y 2 0
Z1 ¼
ergibt sich fr das Flchenintegral der Funktion f ber G ZZ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ZZ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1 x2 y2 dðx; yÞ ¼ 1 r 2 r dðr; aÞ
Z1x Z1 1 1 1 1 dx dðx; yÞ ¼ dy 1þxþy 2 1þxþy 2
1 ð1 þ x þ y þ zÞ2
1xy 1 dz ¼ 1þxþyþz 0 1 1 ¼ : 2 1þxþy
Fr die Bestimmung des Raumintegrals ist jetzt nur noch das Flchenintegral zu berechnen, das sich wieder auf ein iteriertes Integral zurckfhren lßt.
Bild 22. Zylinderkoordinaten r, j, z
A 72
A
Mathematik – 7 Kurven und Flchen, Vektoranalysis
Kugelkoordinaten (Bild 23) x ¼ r cos J cos j y ¼ r cos J sin j z ¼ r sin J
cos J ; cos j ¶ðx; y; zÞ
¼ cos J sin j ¶ðr; j; JÞ
sin J
0%r fr p=2 % J % p=2 0 % j % 2p r cos J sin j r cos J cos j 0
r sin J cos j
r sin J sin j
r cos J
¼ r 2 cos J;
Bild 23. Kugelkoordinaten r, f, J
ZZZ f ðrÞ dr G
ZZZ ¼
f ðr cos J cos j; r cos J sin j; r sin JÞr 2 cos J dðr; j; JÞ: F
7 Kurven und Flchen, Vektoranalysis U. Jarecki, Berlin
7.1 Kurven in der Ebene 7.1.1 Grundbegriffe Parameterdarstellung. Eine ebene Kurve k ist durch ein System aus zwei Gleichungen erklrt: x=x(t) und y=y(t) fr t 2 [a, b], wobei x(t) und y(t) stetige Funktionen auf dem abgeschlossenen Intervall I=[a, b] sind. t heißt Kurvenparameter und I Parameterintervall. Beide Gleichungen ordnen jedem Parameterwert t genau einen Punkt oder Ortsvektor der Kurve k zu (Bild 1). rðtÞ ¼ ðxðtÞ; yðtÞÞ ¼ xðtÞe1 þ yðtÞe2 fr t 2 I ¼ ½ab: Der Durchlaufsinn, mit dem der Punkt rðtÞ mit wachsenden Parameterwerten t die Kurve k durchluft, heißt Orientierung von k, so daß rðaÞ den Anfangs- und rðbÞ den Endpunkt der Kurve kennzeichnen. Die Kurve k heißt geschlossen, wenn rðaÞ ¼ rðbÞ. Bei einer Substitution des Parameters t gemß t=j(t) fr t 2 [a, b] und j(a)= a, j(b)=b, wobei j eine streng monoton wachsende Funktion auf [a, b] ist, bleiben Gestalt und Orientierung der Kurve erhalten. rðtÞ fr t 2 ½a; b und ~rðtÞ ¼ rðjðtÞÞ fr t 2 ½a; b heißen dann quivalente Darstellungen der Kurve k. Beispiel (Bild 2): Durch die Gleichungen x ¼ cos t und y ¼ sin t oder rðtÞ ¼ ðcos t; sin tÞ fr t 2 ½0; p ist ein Halbkreis mit dem Radius 1, dessen Orientierung dem Uhrzeigersinn entgegengesetzt ist, erklrt. quivalente Darstellungen dieser Kurve sind x ¼ ~xðtÞ ¼ 2 cos2 t 1 und y ¼ ~yðtÞ ¼ 2 sin t cos t fr t 2 ½0; p=2; wobei t=j(t)=2t, pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi t 2 ½0; p=2; oder x ¼ ~xðtÞ ¼ t und y ¼ yðtÞ ¼ 1 t2 fr t 2 [-1, 1], wobei t ¼ p arccos t.
Bild 2. Halbkreis; x ¼ cos t; y ¼ sin t fr t 2 ½0; p
Unter – k ist eine Kurve erklrt, die aus k durch Umkehrung des Durchlaufsinns hervorgeht. Sind k1 und k2 zwei Kurven, bei denen der Anfangspunkt von k2 mit dem Endpunkt von k1 zusammenfllt, dann ist durch die Summe k1 þ k2 eine Kurve erklrt, bei der nacheinander die Kurven k1 und k2 durchlaufen werden. Beispiel:
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi k1 : r1 ðtÞ ¼ ðt; 1 t2 Þ k2 : r2 ðtÞ ¼ ðt 2;0Þ r ðtÞ k1 þ k2 : rðtÞ ¼ 1 r2 ðtÞ
fr t 2 ½1;1; fr t 2 ½1;3; fr t 2 ½1;1; fr t 2 ½1;3:
Hufig wird eine Kurve k in Polarkoordinaten r und j dargestellt. r ¼ rðtÞ und j ¼ jðtÞ fr t 2 ½a; b: So stellt z.B. die Kurve r ¼ rðtÞ ¼ expðatÞ und j=2t fr t 2 ½0; p eine Windung einer logarithmischen Spirale dar. Parameterfreie Darstellung. Die Elimination des Parameters t bei der Kurve k, x=j(t) und y=y(t) fr t 2 [a, b], fhrt auf eine Gleichung der Form F(x, y)=0 oder y=f(x) bzw. g=f(y). Sie heißt dann implizite oder explizite parameterfreie Darstellung der Kurve. Beispiel: Der Einheitskreis x ¼ cos t und y ¼ sin t fr t 2 ½0; 2p hat wegen cos2 t þ sin2 t ¼ 1 die implizite Darstellung Fðx; yÞ ¼ x2 þ y2 1 ¼ 0. Fr t 2 ½0; p; also y ^ 0, lautet die explizite Darstelpffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi lung des oberen Halbkreises y ¼ f ðxÞ ¼ 1 x2 .
Bei Kurven in Polarkoordinaten r=r(t) und j=j(t) fr t 2 [a, b] lautet die parameterfreie Darstellung explizit und implizit r ¼ f ðjÞ fr j 2 ½a; b oder j ¼ gðrÞ fr r 2 ½a; b; Bild 1. Kurve k;x=x(t), y=y(t) fr t 2 [a, b ]
Fðr; jÞ ¼ 0:
U. Jarecki, Hans-Joachim Schulz, Dubbel Mathematik, DOI 10.1007/978-3-642-22059-3_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
I7.1
Kurven in der Ebene
A 73
A
Bild 4. Polarkoordinaten, Tangente Bild 3. Tangenten- und Normaleneinheitsvektor t und n
7.1.2 Tangenten und Normalen Differenzierbare Kurven. Eine Kurve k heißt differenzierbar, wenn sie eine Parameterdarstellung besitzt, r ¼ rðtÞ ¼ ðxðtÞ; yðtÞÞ fr t 2 ½a; b; bei der die Funktionen x(t) und y(t) in [ a, b] differenzierbar sind. Die Ableitung eine Kurve wird dann ausgedrckt durch dr ðtÞ ¼ r0 ðtÞ ¼ ð_xðtÞ; y_ ðtÞÞ ¼ x_ ðtÞe1 þ y_ ðtÞe2 fr t 2 ½a; b: dt Vektoren. In einem Kurvenpunkt rðt0 Þ mit r0 ðt0 Þ 6¼ 0 ¼ ð0; 0Þ betrgt fr t0 2 ½a; b der Tangentenvektor r0 ðt0 Þ ¼ ð_xðt0 Þ; y_ ðt0 ÞÞ: Tangenteneinheitsvektor. Er ist der normierte Tangentenvektor (Bild 3) r0 ðt0 Þ 1 ¼ t ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ð_xðt0 Þ; y_ ðt0 ÞÞ: jr0 ðt0 Þj x_ 2 ðt0 Þ þ y_ 2 ðt0 Þ Normaleneinheitsvektor. Er ergibt sich nach (Bild 3) aus t durch Drehung um p=2 im positiven Sinn. 1 n ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ð_yðt0 Þ; x_ ðt0 ÞÞ x_ 2 ðt0 Þ þ y_ 2 ðt0 Þ Gleichungen Kartesische Koordinaten. Fr eine Kurve k mit rðtÞ fr t 2 [ a, b] werden ihre Tangente bzw. Normale durch die orientierte Gerade mit dem Parameter l 2 R im Kurvenpunkt rðt0 Þ dargestellt (s. Tab. 1). l 2 R: r ¼ rðt0 Þ þ lt bzw: r ¼ rðt0 Þ þ ln pffiffiffi Beispiel: rðtÞ ¼ ð2 3 cos t; 2 sin tÞ fr t 2 ½0; 2p ist eine Darstellung pffiffiffi der orientierten Ellipse mit den Halbachsen 2 3 und 2. – Es ist pffiffiffi r0 ðtÞ ¼ ð2 3 sin t; 2 cos tÞ fr t 2 ½0; 2p. Fr den Kurvenpunkt pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi rðp=6Þ gilt rðp=6Þ ¼ ð3; 1Þ; r0 ðp=6Þ ¼ ð 3; 3Þ; jr0 ðp=6Þj ¼ 6. Damit lautet der Tangenteneinheitsvektor in r0 ðp=6Þ t¼
pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi r0 ðp=6Þ 1 ¼ pffiffiffi ð 3; 3Þ ¼ ð1= 2; 1= 2Þ jr0 ðp=6Þj 6
Tabelle 1. Tangenten
und die Gleichung der (orientierten) Tangente r ¼ rðtÞ ¼ ð3; 1Þþ lð1; 1Þ oder in Koordinatenschreibweise x=3– l und y=1+l bzw. explizit y=– x+4.
Polarkoordinaten. Ist eine Kurve k (Bild 4) durch eine explizite Darstellung in Polarkoordinaten r und j gegeben, r ¼ rðjÞ fr j 2 ½a; b und ist r0 ¼ ðj0 ; rðj0 ÞÞ ein Punkt der Kurve, so wird die Tangentenrichtung durch den Winkel g zwischen Tangente und Polarachse oder durch den Winkel J zwischen Tangente und verlngertem Ortsvektor des Punkts r0 angegeben. Es ist r 0 ðj0 Þ sin j0 þ rðj0 Þ cos j0 bzw: r 0 ðj0 Þ cos j0 rðj0 Þ sin j0 rðj0 Þ tan J ¼ 0 : r ðj0 Þ tan g ¼
Die Gleichung der Tangente an k in r0 lautet in Polarkoordinaten R und y R ¼ RðyÞ ¼
r 2 ðj0 Þ : rðj0 Þ cosðy j0 Þ r 0 ðj0 Þ sinðy j0 Þ
Die Abschnitte T und N der Tangenten und der Normalen sowie ihre Projektionen, die Subtangente ST und Subnormale SN, sind in Tab. 2 und Bild 5 angegeben. Beispiel: Logarithmische Spirale r ¼ rðjÞ ¼ A expðj=mÞ. – Mit r 0 ðjÞ ¼ ðA=mÞ expðj=mÞ ergibt sich tan J ¼ rðjÞ=r 0 ðjÞ ¼ m, d.h., daß hier der Winkel zwischen der Tangente und der Verlngerung des Ortsvektors konstant ist.
Glatte Kurven. Eine Kurve k heißt glatt, wenn sie eine Parameterdarstellung r ¼ rðtÞ ¼ ðxðtÞ; yðtÞÞ fr t 2 ½a; b besitzt, die auf [a, b] stetig differenzierbar ist und bei der r0 ðtÞ 6¼ 0 fr alle t 2 [a, b] ist. Ist die Kurve geschlossen, dann gilt außerdem r0 ðaÞ ¼ r0 ðbÞ. Eine glatte Kurve hat demnach in jedem Punkt eine Tangente.
Tabelle 2. Strecken an einer Kurve
A 74
Mathematik – 7 Kurven und Flchen, Vektoranalysis
A
Bild 5. Strecken an einer Kurve. a kartesische Koordinaten; b Polarkoordinaten
Bild 6. a Krmmung; b Krmmungskreis
7.1.3 Bogenlnge
7.1.4 Krmmung
Vorausgesetzt wird eine glatte oder stckweise glatte Kurve k .
Im Bild 6 a ist ein Teil einer (orientierten) Kurve k dargestellt. Beim Durchlaufen der Kurve wird sich im allgemeinen der Steigungswinkel a der (orientierten) Tangente ndern. Ist Da der Zuwachs des Steigungswinkels beim Durchlaufen des _ Kurvenbogens PQ der Lnge Ds, dann ist die Krmmung k der Kurve im Kurvenpunkt P (Tab. 3)
r ¼ rðtÞ ¼ ðxðtÞ; yðtÞÞ fr t 2 ½a; b Ihre Bogenlnge ist – mit dem Bogenelement ds ¼ jr0 ðtÞj dt – Zb L¼
jr0 ðtÞj dt ¼
a
Zb pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi x_ 2 ðtÞ þ y_ 2 ðtÞ dt: a
Kartesische und Polarkoordinaten. Hier ergibt die explizite Darstellung y ¼ f ðxÞ x 2 ½a; b
L¼
Zb pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1 þ f 02 ðxÞ dx a
r ¼ rðjÞ L¼ j 2 ½j1 ; j2
Zj2 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi r 2 ðjÞ þ r 02 ðjÞ dj j1
Bogenelement. Das Element ds ¼ jr0 ðtÞj dt lautet in kartesischen bzw. Polarkoordinaten qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ds ¼ ðdxÞ2 þ ðdyÞ2 bzw: ds ¼ ðdrÞ2 þ ðr djÞ2 : Beispiel 1: Bogenlnge einer gewhnlichen Zykloide; k : x ¼ aðt sin tÞ; y ¼ að1 cos tÞ fr t 2 ½0; 2p. – x_ ðtÞ ¼ að1 cos tÞ; y_ ðtÞ ¼ a sin t, pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ds ¼ x_ 2 ðtÞ þ y_ 2 ðtÞ dt ¼ 2a j sinðt=2Þj dt ¼ 2a sinðt=2Þ dt; Z2p sinðt=2Þ dt ¼ 8a:
L ¼ 2a 0
Beispiel 2: Windung einer logarithmischen Spirale; k : r ¼ rðjÞ ¼ A expðajÞ fr j 2 ½0; 2p und A>0. – r 0 ðjÞ ¼ aA expðajÞ, pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ds ¼ r 2 ðjÞ þ r 02 ðjÞ dj ¼ A2 expðajÞ þ a2 A2 expðajÞ dj pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 2 ¼ A 1 þ a expðajÞ dj; pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Z pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1 þ a2 expðajÞ dj ¼ A=a 1 þ a2 ðexpð2paÞ 1Þ: 2p
L¼A
0
k¼
da Da ¼ lim : ds Ds!0 Ds
Kurvenpunkte, in denen die Krmmung ein lokales Extremum besitzt, heißen Scheitelpunkte. Der Kehrwert des Betrags der Krmmung heißt Krmmungsradius R ¼ 1=jkj: K heißt der zum Kurvenpunkt P(x, y) gehrende Krmmungskreis (Bild 6 b), wenn der Punkt P auf dem Kreis K liegt, der Kreis K und die Kurve k in P die gleiche Tangente besitzen, der Radius R des Kreises mit dem Krmmungsradius der Kurve in P bereinstimmt.
Tabelle 3. Krmmung
I7.1
Kurven in der Ebene
A 75
A
Bild 7. a Evolute; b Evolvente
Krmmungsmittelpunkt. Er ist der Mittelpunkt M(x, h) des Krmmungskreises K (Tab. 3) und liegt auf der Normalen in P. Seine Koordinaten sind x ¼ x R sin a ¼ x R
dy dx ; h ¼ y þ R cos a ¼ y þ R : ds ds
Evolute und Evolvente. Die Kurve, deren Punkte die Krmmungsmittelpunkte M einer Kurve k sind, heißt Evolute der Kurve k (Bild 7 a). Sie ist Einhllende der Normalenschar von k. Evolvente einer Kurve k ist eine Kurve, deren Evolute die Kurve k ist (Bild 7 b). Die Evolvente einer Kurve k schneidet die Tangenten von k senkrecht. Beispiel: Eine Parameterdarstellung der Kreisevolvente lautet x ¼ r cos t þ rt sin t; y ¼ r sin t rt cos t fr t ^ 0. – Hieraus folgt x_ €y €xy_ ¼ r 2 t2 und x_ 2 þ y_ 2 ¼ r 2 t2 , so daß ihre Krmmung und ihr Krmmungsradius nach Tab. 3 k=1/(rt) und R= rt sind. Ihre Krmmungsmittelpunkte haben die Koordinaten x ¼ r cos t und h ¼ r sin t. Die Evolute der Kreisevolvente ist also ein Kreis mit dem Radius r.
Bild 9. Enveloppe. a allgemein; b einer Kreisschar
dann besitzt die einparametrige Kurvenschar F(x, y, c)=0 eine Einhllende x=j(c) und y=y(c), die sich durch Auflsen von F(x, y, c)=0 und Fc ðx; y; cÞ ¼ 0 ergibt. Beispiel (Bild 9 b): Einparametrige Kreisschar. Fðx; y; cÞ ¼ pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi ðx 2cÞ2 þ y2 c2 ¼ 0 fr c ^ 0; Fc ðx; y; cÞ ¼ 2 2ðx 2cÞ 2c ¼ 0. – Aus diesen beiden Gleichungen ergibt sich die Einhllende pffiffiffi pffiffiffi x ¼ jðcÞ ¼ c= 2 und y ¼ c= 2 oder y =x fr x ^ 0.
7.1.6 Spezielle ebene Kurven 7.1.5 Einhllende einer Kurvenschar Eine Gleichung der Form F(x, y, c)=0 mit den drei Zahlenvariablen x, y und c, wobei x und y kartesische Koordinaten sind und c ein Parameter ist, stellt fr jeden Wert c eines gewissen Bereichs eine ebene Kurve dar. Die Gesamtheit aller Kurven heißt einparametrige Kurvenschar mit dem Scharparameter c. So stellt die Gleichung Fðx; y; cÞ ¼ ðx cÞ2 þ y2 c2 ¼ 0 fr c 2 R eine einparametrige Schar von Kreisen mit dem Radius c dar, deren Mittelpunkte auf der x-Achse liegen und die die y-Achse berhren (Bild 8). Hufig besitzt eine solche Kurvenschar eine Einhllende oder Enveloppe (Bild 9 a), die jede Kurve der Schar in einem Punkt berhrt und nur aus solchen Berhrungspunkten besteht. Ist F(x, y, c) eine in einer Umgebung von ðx0 ; y0 ; c0 Þ definierte Funktion mit stetigen partiellen Ableitungen 2. Ordnung und ist Fðx0 ; y0 ; c0 Þ
¼ 0;
Potenzkurven. In den Anwendungen treten die Potenzfunktionen (s. A 6.1.2) meist in Verbindung mit einem Faktor auf: Ihre Gleichungen lauten dann y ¼ axa . Konstruktion (Bild 10). Ausgegangen wird dabei von zwei Punkten P1 ¼ ðx1 ; y1 Þ und P2 ðx2 ; y2 Þ, wobei y1 ¼ axa1 und y2 ¼ axa2 mit x1 6¼ x2 . Im Koordinatenursprung werden zwei Strahlen angetragen, die mit der x- bzw. y-Achse jeweils einen beliebigen Winkel g bzw. d bilden. Werden von den Punkten P1 und P2 die Lote auf die Koordinatenachsen gefllt, so schneiden diese die Koordinatenachsen und die Strahlen in den Punkten Q1 und R1 ; Q2 und R2 bzw. S1 und T1 ; S2 und T2 . Zu den Strecken Q1 R2 bzw. S1 T2 werden die parallelen Strekken Q2 R3 bzw. S2 T3 gezogen. Der Schnittpunkt der Lote von R3 auf die y-Achse und von T3 auf die x-Achse ergibt dann einen Punkt der Potenzkurve. Durch Fortsetzung dieses Verfahrens knnen – wie in Bild 10 angedeutet – weitere Punkte gewonnen werden.
Schleppkurve (Traktrix). Bei der Schleppkurve (Bild 11) ist der Tangentenabschnitt fr jeden Kurvenpunkt gleich einer Konstanten a. Eine Parameterdarstellung lautet
Fc ðx0 ; y0 ; c0 Þ ¼ 0; und Fcc ðx0 ; y0 ; c0 Þ 6¼ 0
Fx ðx0 ; y0 ; c0 Þ Fy ðx0 ; y0 ; c0 Þ
F ðx ; y ; c Þ F ðx ; y ; c Þ 6¼ 0; cx 0 0 0 cy 0 0 0
Bild 8. Einparametrige Kurvenschar
Bild 10. Konstruktion von y ¼ axa
A 76
Mathematik – 7 Kurven und Flchen, Vektoranalysis
r Rþr t a cos t und R R r Rþr y ¼ ðR þ rÞ sin t a sin t ; R R
A
x ¼ ðR þ rÞ cos
Bild 11. Schleppkurve (Traktrix)
x ¼ a ln tanðt=2Þ þ a cos t und y ¼ a sin t fr t 2 ð0; pÞ: Der Punkt S=(0, a) fr t ¼ p=2 ist wegen x_ ðp=2Þ ¼ y_ ðp=2Þ ¼ 0 singulrer Punkt (Umkehrpunkt). Kettenlinie. Sie ist die Evolute der Traktrix (Bild 12) und es gilt mit t 2 ð0; pÞ bzw. x 2 R (s. B 1.9.1 ) x ¼ a ln tanðt=2Þ und y ¼ a= sin t bzw: y ¼ a=2½expðx=aÞ þ expðx=aÞ: Die Lnge des Kurvenbogens SP ist gleich der Lnge R der Projektion der Ordinate y von P auf die Tangente mit dem Berhrungspunkt P. In der Nachbarschaft ihres Scheitelpunktes S lßt sich die Kettenlinie durch die Parabel ¼ a þ x2 =ð2aÞ annhern. Zykloiden Gewhnliche Zykloiden (Bild 13 a) . Sie wird beim Abrollen eines Kreises mit dem Radius r auf einer Geraden von einem festen Punkt P auf dem Umfang des Kreises beschrieben und hat die Parameterdarstellung x ¼ rðt sin tÞ und y ¼ rð1 cos tÞ; wobei der Parameter t den Wlzwinkel \ AMP darstellt. Lnge eines Zykloidenbogens L=8r, Flche unter einem Zykloidenbogen A ¼ 3pr2 , Krmmungsradius R ¼ 4r sinðt=2Þ. Verkrzte und verlngerte Zykloide (Bilder 13 b und c). Hierbei liegt der Punkt P, der fest mit dem auf der Geraden abrollenden Kreis verbunden ist, im Abstand a von dessen Mittelpunkt. Die Parameterdarstellung fr die verkrzte (ar ) lautet x ¼ rt a sin t und y ¼ r a cos t: Epizykloide (Bild 13 d). Rollt ein Kreis mit dem Radius r auf der Außenseite eines Kreises mit dem Radius R, so beschreibt ein fester Punkt P des rollenden Kreises eine Epizykloide. Ist a der Abstand des Punkts P vom Mittelpunkt M des rollenden Kreises, so heißt die Epizykloide gewhnlich, wenn a=r, verkrzt, wenn ar ist. Die allgemeine Parameterdarstellung lautet
wobei t= \ AMP der Wlzwinkel und rt/ R= \ AOB der Drehwinkel ist. Hypozykloide (Bild 13 e). Rollt der Kreis mit dem Radius r auf der Innenseite des Kreises mit dem Radius R(r< R), so beschreibt der feste Punkt P auf dem rollenden Kreis eine Hypozykloide. Ihre Parameterdarstellung lautet r Rr x ¼ ðR rÞ cos t þ a cos t und R R r Rr y ¼ ðR rÞ sin t a sin t : R R Sie ergibt sich aus der Parameterdarstellung der Epizykloidem, indem dort r durch – r, a durch – a und t durch – t ersetzt wird. Bei der gewhnlichen Hypozykloide ist a=r. Einige Sonderflle der Epi- und Hypozykloiden Herzkurve oder Kardioide heißt die Epyzykloide mit r=R=a (Bild 13 f). Hier gilt in Parameterdarstellung bzw. implizit x ¼ a½2 cos t cosð2tÞ und y ¼ a½2 sin t sinð2tÞ bzw: ðx2 þ y2 a2 Þ2 ¼ 4a2 ½ðx aÞ2 þ y2 : Mit x ¼ y þ r cos j und y ¼ r sin j folgt hieraus die Darstellung in Polarkoordinaten r und j. r ¼ 2að1 cos jÞ Der Umfang der Kardioide hat die Lnge u=16a, die von ihr eingeschlossene Flche den Inhalt A ¼ 6pa2 . Astroide oder Sternkurve heißt die Hypozykloide mit r=a=R/4 (Bild 13). Es gilt x ¼ ð3=4ÞR cosðt=4Þ þ ð1=4ÞR cosð3t=4Þ ¼ R cos3 ðt=4Þ und y ¼ ð3=4ÞR sinðt=4Þ ð1=4ÞR sinð3t=4Þ ¼ R sin3 ðt=4Þ bzw: ðx2 þ y2 R2 Þ3 þ 27R2 x2 y2 ¼ 0 oder x2=3 þ y2=3 ¼ R2=3 : Der Umfang der Astroide ist u=6R, die von ihr eingeschlossene Flche A ¼ ð3=8ÞpR2 . Die Astroide ist Einhllende aller Strecken mit der Lnge R, deren Endpunkte auf der x- und yAchse liegen. Ist R=2r, dann ergibt sich aus der Hypozykloide eine Ellipse mit den Halbachsen r+a und r-a. Es gilt x ¼ ðr þ aÞ cosðt=2Þ und y ¼ ðr aÞ sinðt=2Þ. Ist außerdem noch r=a, liegt der Punkt P also auf dem Umfang des rollenden Kreises, so wird x ¼ 2r cosðt=2Þ und y=0. Der Punkt P bewegt sich dann auf der x-Achse und sein Gegenpunkt auf dem Kreis auf der yAchse. Kreisevolvente (Bild 14 ). Wird ein biegsamer Faden von einem Kreis mit dem Radius a straff abgewickelt, so daß er tangential vom Kreis (Punkt B) abluft, so beschreibt sein Ende P eine Kreisevolvente. Mit dem Parameter t= \ AOB folgt in kartesischen bzw. Polarkoordinaten x ¼ xðtÞ ¼ aðcos t þ t sin tÞ und y ¼ yðtÞ ¼ aðsin t t cos tÞ bzw: pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi r ¼ rðtÞ ¼ a 1 þ t2 und j ¼ jðtÞ ¼ t arctan t:
Bild 12. Kettenlinie
Hierbei ist a ¼ arctan t ¼ t j der Winkel, den die Tangente ! in P mit dem verlngerten Ortsvektor OP einschließt. Die _ 2 Lnge des Bogens AP ist L ¼ at =2, der Inhalt des Sektors OPA ist A ¼ a2 t3 =6, der Krmmungsradius in P ist R=at.
I7.1
Kurven in der Ebene
A 77
A
Bild 13. Zykloiden. a gemeine; b verkrzte; c verlngerte; d Epi-, e Hypo-, f Kardioide; g Astroide
Spiralen Archimedische Spirale (Bild 15 a). Bewegt sich ein Punkt P mit konstanter Geschwindigkeit u auf einem Strahl, der sich mit gleichfrmiger Winkelgeschwindigkeit w um den festen Pol O dreht, so beschreibt er eine Archimedische Spirale r ¼ aj; a > 0 und j ^ 0 Je zwei aufeinander folgende Schnittpunkte eines beliebigen, vom Pol O ausgehenden Strahls mit der Spirale haben den konstanten Abstand 2pa. pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Bogenlnge : L ¼ aðj 1 þ j2 þ arsinhjÞ=2; Krmmungsradius : R ¼ ða2 þ r2 Þ3=2 =ð2a2 þ r2 Þ: Hyperbolische Spirale (Bild 15 b). Ihre Gleichung lautet rj ¼ a; a > 0; j > 0 Wegen r ! 0 fr j ! 1 windet sich die Kurve um den Pol
O, ohne ihn jedoch zu erreichen. Pol O ist asymptotischer Punkt. Die Parallele im Abstand a zur Polarachse ist Asymptote. Krmmungsradius : R ¼ rð1 þ r 2 =a2 Þ3=2 : Logarithmische Spirale (Bild 15 c). Ihre Gleichung lautet r ¼ a expðmjÞ a; m > 0: Wegen r ! 0 fr j ! 1 windet sich die Kurve um den Pol O, ohne ihn jedoch zu erreichen, d.h., der Pol O ist asymptotischer Punkt. ! Fr den Winkel y zwischen dem verlngerten Ortsvektor OP und der zugehrige Tangente gilt tan y ¼ 1=m. Dies bedeutet, daß die Spirale alle vom Pol O ausgehenden Halbgeraden unter dem konstanten Winkel y ¼ arctanð1=mÞ schneidet. Der Krmmungsradius bzw. die Lnge des Normalenabschnitts betrgt
A 78
Mathematik – 7 Kurven und Flchen, Vektoranalysis
A
Kurvenintegral durch ein gewhnliches Riemann-Integral ausdrcken. Zb
Z f ðrÞ ds ¼
f ðrðtÞÞjr0 ðtÞj dt
a
k
Zb ¼
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi f ðxðtÞ; yðtÞÞ x_ 2 ðtÞ þ y_ ðtÞ dt
a
Im Kurvenintegral ist also r durch die Kurvenpunkte rðtÞ und ds durch das Bogenelement jr0 ðtÞj dt zu ersetzen. Bild 14. Kreisevolvente
Z x2 ds, wobei k : r ¼ rðtÞ ¼ aðcos t; sin tÞ fr t 2 ½0; p. –
Beispiel 1: k
Die Kurve k stellt in der x, y-Ebene einen Halbkreis mit dem Radius a dar, dessen Mittelpunkt im Koordinatenursprung liegt. Mit ds ¼ a dt gilt Zp
Zp
Z x2 ds ¼
a2 cos2 t a dt ¼ a3 0
k
Z Beispiel 2:
cos2 t dt ¼ ðp=2Þa3 : 0
ðx2 þ y2 Þ3=2 ds, wobei k:r=r(j)=1/j fr
pffiffiffi 3%
pffiffiffi j % 2 2. – Die Kurve k stellt einen Teil der hyperbolischen Spirale dar. Wegen x ¼ r cos j ¼ cos j=j und y ¼ r sin j ¼ sin j=j gilt ðx2 þ y2 Þ3=2 ¼ j3 . Fr das Bogenelement ds in Polarkoordinaten erpffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi gibt sich ds ¼ r 2 þ r 02 dj ¼ 1 þ j2 =j2 dj, und damit ist pffiffi Z2 2 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Z ðx2 þ y2 Þ3=2 ds ¼ j 1 þ j2 dj ¼ 19=3: pffiffi k k
3
Orientiertes Kurvenintegral. Auf der Kurve k sind zwei stetige Funktionen P und Q erklrt, die zu einer vektoriellen Funktion f zusammengefaßt sind. f ðrÞ ¼ ðPðrÞ; QðrÞÞ fr r 2 k Bild 15. Spiralen. a archimedisch; b hyperbolisch; c logarithmisch
Das orientierte Kurvenintegral der Funktion f ber k wird symbolisch ausgedrckt durch Z Z f ðrÞ dr ¼ PðrÞ dx þ QðrÞ dy k
R¼N ¼r
Zk ¼
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1 þ m2 ;
_ die Lnge des Bogens OP bzw. des Tangentenabschnitts T pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ist L ¼ r 1 þ m2 .
Ist die Kurve k durch eine Parameterdarstellung gegeben, r ¼ rðtÞ ¼ ðxðtÞ; yðtÞÞ fr t 2 [ a, b], so lßt sich das orientierte Kurvenintegral auf ein gewhnliches Riemann-Integral Z
Die Kurvenintegrale sind eine Erweiterung des gewhnlichen Riemann-Integrals, indem bei ihnen an die Stelle eines Integrationsintervalls eine Integrationskurve oder ein Integrationsweg k tritt. Der Einfachheit halber wird vorausgesetzt, daß die in Betracht kommenden Kurven (stckweise) glatt und die im Integranden auftretenden Funktionen stetig sind.
k
Zb f ðrÞ dr ¼
7.1.7 Kurvenintegrale
Nichtorientiertes Kurvenintegral. Seine Schreibweise fr eine Funktion f auf k ist Z Z f ðrÞ ds ¼ f ðx; yÞ ds:
Pðx; yÞ dx þ Qðx; yÞ dy: k
symbolische
k
Ist die Kurve k durch die Parameterdarstellung k: r ¼ rðtÞ ¼ ðxðtÞ; yðtÞÞ fr t 2 [a, b] gegeben so lßt sich das
f ðrðtÞÞ r0 ðtÞ dt
a
k
Zb ¼
ðPðrðtÞÞ_xðtÞ þ QðrðtÞÞ_yðtÞÞ dt a
zurckfhren. Bedeutet f ðrÞ eine Kraft im Kurvenpunkt r, dann stellt das orientierte Kurvenintegral die Arbeit lngs der Kurve k dar.
I7.1 Eigenschaften des orientierten Kurvenintegrals: Z Z f ðrÞ dr ¼ f ðrÞ dr; k
k
Z
Z
cf ðrÞ dr ¼ c Zk
k
Z
k
Z
Z f ðrÞ dr ¼
k1 þk2
Z f 1 ðrÞ dr þ
k
Z
f ðrÞ dr þ k1
f 2 ðrÞ dr; k
f ðrÞ dr: k2
Z
Z
f ðrÞ dr mit f ðrÞ ¼ ðx þ y; x yÞ:
ðx þ yÞ dx þ ðx yÞ dy ¼
Beispiel: k
k
– Die Kurve k soll ein orientierter Bogen der Parabel y ¼ x2 mit dem Anfangspunkt a ¼ ð1; 1Þ und dem Endpunkt b ¼ ð1; 1Þ sein. Eine Parameterdarstellung der Kurve k lautet r ¼ rðtÞ ¼ ðt; t2 Þ fr t 2 [– 1, 1]. Es ist f ðrðtÞÞ ¼ ðt þ t2 ; t t2 Þ und dr ¼ r0 ðtÞ dt ¼ ð1; 2tÞ dt. Damit ergibt sich Z1
Z ðx þ yÞ dx þ ðx yÞ dy ¼
ððt þ t2 Þ þ ð2t2 2t3 ÞÞ dt 1
k
¶P ¶Q ðrÞ ¼ ðrÞ fr r 2 G: ¶y ¶x
Beispiel: f ðrÞ ¼ ð6xy 4y2 ; 3x2 8xyÞ oder PðrÞ ¼ 6xy 4y2 und ¶P ¶Q QðrÞ ¼ 3x2 8xy. – Wegen ðrÞ ¼ ðrÞ ¼ 6x 8y ist die Integra¶y ¶x bilittsbedingung in der ganzen Ebene (einfach zusammenhngendes Z Gebiet G) erfllt, d.h., das Kurvenintegral
ð0;0Þ
Wird als Kurve k eine gerichtete Strecke mit dem Anfangspunkt (0, 0) und dem Endpunkt ðx0 ; y0 Þ gewhlt, r ¼ rðtÞ ¼ ðtx0 ; ty0 Þ fr t 2 [0, 1], so ist wegen f ðrðtÞÞ ¼ ð6t2 x0 y0 4t2 y02 ; 3t2 x02 8t2 x0 y0 Þ und r0 ðtÞ ¼ ðx0 ; y0 Þ Z1 gðx0 ; y0 Þ ¼ ð9x02 y0 12x0 y02 Þt2 dt ¼ ð9x02 y0 12x0 y02 Þ½t3 =310 0
1
f ðrÞ dr heißt im Gebiet G wegunabhngig, wenn fr je
zwei Punkte a 2 G und b 2 G sowie fr jede ganz in G verlaufende und die Z Punkte a und b verbindende Kurve k das Kurf ðrÞ dr stets denselben Wert besitzt. Dies ist
venintegral
f ðrÞ dr ist in der ganzen
Ebene wegunabhngig oder gleichbedeutend damit, die Funktion f besitzt eine Stammfunktion g. Mit dem festen Punkt (0, 0) und dem der Ebene ist dann durch variablen Punkt ðx0 ; y0 Þ 0 0 ðx Z ;y Þ gðx0 ; y0 Þ ¼ f ðrÞ dr eine Stammfunktion g von f auf R erklrt.
¼ 3x02 y0 4x0 y02
ð2t3 þ 3t2 þ tÞ dt ¼ 2:
Wegunabhngigkeit des Kurvenintegrals. Auf dem ebenen Gebiet G sei eine Funktion f ðrÞ ¼ ðPðrÞ; QðrÞÞ erklrt, wobei P und Z Q stetige Funktionen sind. Das orientierte Kurvenintegral
A
im Gebiet G ist die Bedingung
Z1 ¼
k
gleichbedeutend damit, daß fr jede ganz in G verlaufende geschlossene Kurve k gilt: I f ðrÞ dr ¼ 0: k
Eine auf G definierte Funktion gðrÞ heißt Stammfunktion von f ðrÞ ¼ ðPðrÞ; QðrÞÞ in G, wenn fr alle r 2 G
die Funktion gðx; yÞ ¼ gðrÞ ¼ 3x2 y 4xy2 eine Stammfunktion von f ðrÞ ¼ ð6xy 4y2 ; 3x2 8xyÞ. Die Gesamtheit alle Stammfunktionen von f ergibt sich durch Addition einer beliebigen Konstanten C zu g.
Gaußscher Integralsatz der Ebene (Bild 16). Ist G ein ebenes Gebiet, dessen Rand R aus ein oder mehreren stckweise glatten Kurven besteht, und sind P und Q zwei auf G und R erklrte Funktionen mit stetigen partiellen Ableitungen 1. Ordnung, dann gilt ZZ Z ¶Q ¶P dðx; yÞ ¼ P dx þ Q dy: ¶x ¶y R
G
Die Randkurven sind dabei so orientiert, daß das Gebiet G stets zur linken Seite liegt. Mit Hilfe des Gaußschen Satzes knnen Flcheninhalte durch ein Kurvenintegral ausgedrckt werden. ZZ Z Z Z dðx; yÞ ¼ x dy ¼ y dx ¼ 1=2 x dy y dx R
G
¶g ¶g ðrÞ ¼ PðrÞ und ðrÞ ¼ QðrÞ oder grad gðrÞ ¼ f ðrÞ ¶x ¶y gilt. Ist g eine Stammfunkion von f im Gebiet G und sind a und b zwei Punkte aus G, dann gilt fr jede ganz in G verlaufende Kurve k mit dem Anfangspunkt a und dem Endpunkt b Z f ðrÞ dr ¼ gðbÞ gðaÞ: k
R
R
Beispiel: Inhalt der Flche, die von der Astroide begrenzt wird. – Randkurve: x ¼ a cos3 t und y ¼ a sin3 t fr t 2 ð0; 2p. Flcheninhalt: Z ZZ dðx; yÞ ¼ ð1=2Þ x dy y dx A¼ R
G
Z2p ¼ ð3=2Þa
sin t cos2 dt ¼ ð3=8Þpa2 :
2
2
0
Ist das Kurvenintegral wegunabhngig im Gebiet G, dann ist bei festem x0 2 G Zx gðxÞ ¼
A 79
Ist das Gebiet G einfach zusammenhngend, dann ist sie auch hinreichend fr die Wegunabhngigkeit des Kurvenintegrals.
f ðrÞ dr; c 2 R;
ðf 1 ðrÞ þ f 2 ðrÞÞ dr ¼
Kurven in der Ebene
f ðrÞ dr fr x 2 G x0
eine Stammfunktion von f in G, wobei das Integral ein Kurvenintegral lngs einer beliebigen in G verlaufenden Kurve mit dem Anfangspunkt x0 und dem Endpunkt x bedeutet. Integrabilittsbedingung. Notwendig fr die Wegunabhngigkeit des Kurvenintegrals Z Z f ðrÞ dr ¼ Pðx; yÞ dx þ Qðx; yÞ dy Bild 16. Orientierung der Randkurve eines Gebiets G
A 80
A
Mathematik – 7 Kurven und Flchen, Vektoranalysis
7.2 Kurven im Raum
7.2.3 Kurvenintegrale
7.2.1 Grundbegriffe
Die Kurvenintegrale im Raum sind entsprechend denen in der Ebene definiert. Vorausgesetzt wird, daß die in Betracht kommenden Kurven glatt und die im Integranden auftretenden Funktionen stetig sind.
Zugrunde gelegt wird ein rumliches kartesisches Koordinatensystem ð0; e1 ; e2 ; e3 Þ im positiv orientierten Raum. Eine (stetige) Kurve k wird dargestellt durch eine stetige Funktion r ¼ rðtÞ ¼ ðxðtÞ; yðtÞ; zðtÞÞ ¼ xðtÞe1 þ yðtÞe2 þ zðtÞe3 fr t 2 ½a; b; wobei x(t), y(t) und z(t) reellwertige stetige Funktionen des Parameters t auf dem Parameterintervall [ a, b] sind. rðaÞ bzw. rðbÞ heißt Anfangs- und Endpunkt von k. Fallen Anfangs- und Endpunkt zusammen, d.h. rðaÞ ¼ rðbÞ; dann heißt die Kurve geschlossen. Ist bei der Darstellung der Kurve k r ¼ rðtÞ ¼ ðxðtÞ; yðtÞ; zðtÞÞ fr t 2 [ a, b] z.B. die Funktion x=x(t) auf [ a, b] umkehrbar mit t=t(x) fr x 2 ½x1 ; x2 , dann heißt y ¼ yðtðxÞÞ ¼ yðxÞ und z ¼ zðtðxÞÞ ¼ zðxÞ oder r ¼ rðxÞ ¼ ðx;yðxÞ;zðxÞÞ fr x 2 ½x1 ; x2 eine parameterfreie Darstellung der Kurve k. 7.2.2 Tangente und Bogenlnge Differenzierbare Kurven. Eine Kurve k heißt differenzierbar, wenn sie eine differenzierbare Parameterdarstellung besitzt.
Nichtorientiertes Kurvenintegral. Es ist fr eine Funktion f auf k, r ¼ rðtÞ mit t 2 [a, b], erklrt durch Z
Z
k
f ðx; y; zÞ ds ¼
f ðrðtÞÞjr0 ðtÞj dt
a
k
Zb ¼
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi f ðxðtÞ; yðtÞ; zðtÞÞ x_ 2 ðtÞ þ y_ 2 ðtÞ þ z_ 2 ðtÞ dt:
a
Sein Wert ist unabhngig von der Kurvenorientierung. ds ¼ jr0 ðtÞj dt heißt nichtorientiertes Bogenelement. Orientiertes Kurvenintegral. Es ist fr eine Vektorfunktion uðrÞ ¼ uðx; y; zÞ ¼ ðPðrÞ; QðrÞ; RðrÞÞ auf k, r ¼ rðtÞ mit t 2 [a, b], definiert durch Z
Zb uðrÞ dr ¼
uðrðtÞÞr0 ðtÞ dt
a
k
Z ¼
r ¼ rðtÞ ¼ ðxðtÞ; yðtÞ; zðtÞÞ fr t 2 ½a; b;
PðrÞ dx þ QðrÞ dy þ RðrÞ dz k
Zb
wobei x(t), y(t) und z(t) differenzierbare Funktionen sind. Es ist dann dr rðt þ DtÞ rðtÞ r ðtÞ ¼ ¼ ð_xðtÞ; y_ ðtÞ; z_ ðtÞÞ ¼ lim : Dt!0 dt Dt
Zb
f ðrÞ ds ¼
¼
ðPðrðtÞÞ_xðtÞ þ QðrðtÞÞ_yðtÞ þ RðrðtÞÞ_zðtÞÞ dt: a
0
Die Kurve k heißt stetig differenzierbar, wenn x_ ðtÞ; y_ ðtÞ und z_ ðtÞ auf [ a, b] stetig sind. Hhere Ableitungen sind entsprechend erklrt. Tangente. Ist bei der differenzierbaren Kurve k r ¼ rðtÞ; t 2 [a, b], r0 ðt0 Þ ¼ ð_xðt0 Þ; y_ ðt0 Þ; z_ ðt0 ÞÞ 6¼ 0 ¼ ð0; 0; 0Þ, dann heißt r0 ðt0 Þ Tangentialvektor im Kurvenpunkt rðt0 Þ. Sein Richtungssinn stimmt mit der Orientierung der Kurve berein. Der normierte Tangentialvektor t ¼ r0 ðt0 Þ=jr0 ðt0 Þj heißt Tangenteneinheitsvektor. Die Gerade r ¼ rðt0 Þ þ sr0 ðt0 Þ mit r0 ðt0 Þ 6¼ 0, wobei s Parameter der Geraden ist, heißt Tangente an k im Kurvenpunkt rðt0 Þ. Eine stetig differenzierbare Kurve k, r ¼ rðtÞ fr t 2 [a, b], bei der r0 ðt0 Þ 6¼ 0 fr jedes t 2 [ a, b], heißt glatt. Sie besitzt also in jedem Kurvenpunkt eine Tangente. Bogenlnge. Fr eine auf [a, b] stetig differenzierbare Kurve k, r ¼ rðtÞ ¼ ðxðtÞ; yðtÞ; zðtÞÞ; betrgt sie Zb L¼ a
jr0 ðtÞj dt ¼
Zb
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi x_ 2 ðtÞ þ y_ 2 ðtÞ þ z_ 2 ðtÞ dt:
a
Beispiel: Schraubenline r ¼ rðtÞ ¼ ða cos t; a sin t; ctÞ fr t 2 ½0; 2p: – Fr c>0 ist die Schraubenlinie rechtsgngig. Sie hat die Ganghhe h ¼ 2pc. Ihre Projektion auf die x, z- bzw. y, z-Ebene ist durch die Gleichungen x ¼ a cos t; z ¼ ct oder x ¼ a cosðz=cÞ bzw. y ¼ a sin t; z ¼ ct oder y ¼ a sinðz=cÞ bestimmt. Der Tangential- bzw. Tangenteneinheitsvektor ist r0 ðtÞ ¼ ða sin t; a cos t; cÞ bzw: r0 ðtÞ 1 t¼ 0 ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ða sin t; a cos t; cÞ: jr ðtÞj a2 þ c2 Der Tangentialvektor schließt mit der z-Achse den konstanten Winkel pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi g ein, wobei cos g ¼ c= a2 þ c2 : Die Lnge einer Schraubenwindung Z2p pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ist L ¼ a2 þ c2 dt ¼ 2p a2 þ c2 . 0
Bei entgegengesetzter Orientierung (Kurve -k) ndert sich das Vorzeichen des Integrals. Kurvenintegrale, bei denen die Integrationskurve k geschlossen ist, werden gewhnlich durch I das Zeichen
gekennzeichnet.
Beispiel: Schraubenwindung; k: r ¼ rðtÞ ¼ ða cos t; a sin t; ctÞ fr t 2 ½0; 2p. – uðrÞ ¼ ðy; z; xÞ oder P(x, y, z)=y, Q(x, y, z)= z, R(x, y, z)=x. Hieraus ergibt sich uðrðtÞÞ ¼ ða sin t; ct; a cos tÞ; r0 ðtÞ ¼ ða sin t; a cos t; cÞ und damit uðrðtÞÞ r0 ðtÞ ¼ a2 sin2 t þ act cos tþ ac cos t: Das Kurvenintegral der Funktion u lngs k lautet dann Z
Z2p uðrÞ dr ¼
uðrðtÞÞ r0 ðtÞ dt
0
Z2p ¼
ða2 sin2 t þ act cos t þ ac cos tÞ dt ¼ pa2 : 0
Wegunabhngigkeit. Die vektorielle Funktion u ¼ uðrÞ sei in einem rumlichen Gebiet G erklrt und dort stetig. Das orientierte Kurvenintegral heißt wegunabhngig in G, wenn fr jede geschlossene, ganz in G verlaufende Kurve I uðrÞ dr ¼ 0 gilt. Fr jede, zwei beliebige Punkte des Gebiets G verbindende und ganz in G verlaufende Kurve k hat damit das Kurvenintegral der Funktion u lngs k denselben Wert. Stammfunktion. Eine auf G stetig differenzierbare, reellwertige Funktion f ðrÞ heißt Stammfunktion von uðrÞ ¼ ðPðrÞ; QðrÞ; RðrÞÞ, wenn gradf ðrÞ ¼ uðrÞ oder ¶f ¶f ¶f ðrÞ ¼ PðrÞ; ðrÞ ¼ QðrÞ; ðrÞ ¼ RðrÞ: ¶x ¶y ¶z Die Existenz einer Stammfunktion von u bedeuted zugleich, daß uðrÞ dr ¼ PðrÞ dx þ QðrÞ dy þ RðrÞ dz ein totales Differential ist.
I7.3 Ist nun f eine Stammfunktion von u in G und k, r ¼ rðtÞ fr t 2 [a, b ], eine beliebige, ganz in G verlaufende und stetig differenzierbare Kurve mit a ¼ rðaÞ als Anfangs- und b ¼ rðbÞ als Endpunkt, dann ergibt sich Z
Zb uðrÞ dr ¼
gradf ðrðtÞÞ r0 ðtÞ dt
a
k
Zb ¼ a
das Kurvenintegral ist also wegunabhngig. Integrabilittsbedingungen. Ist die Funktion uðrÞ ¼ ðPðrÞ; QðrÞ; RðrÞÞ in G stetig differenzierbar und besitzt sie dort eine Stammfunktion f ðrÞ, dann folgt aus gradf ðrÞ ¼ uðrÞ; ¶f ¶f ¶f ðrÞ ¼ PðrÞ; ðrÞ ¼ QðrÞ; ðrÞ ¼ RðrÞ; unter Beachd.h. ¶x ¶y ¶z tung der Vertauschbarkeit der partiellen Ableitungen die notwendige Bedingung fr die Wegunabhngigkeit des Kurvenintegrals bzw. fr die Existenz einer Stammfunktion von u. ¶P ¶Q ¶Q ¶R ¶R ¶P ðrÞ ¼ ðrÞ; ðrÞ ¼ ðrÞ; ðrÞ ¼ ðrÞ: ¶y ¶x ¶z ¶y ¶x ¶z Diese Gleichungen heißen Integrabilittsbedingungen. Beispiel: Feldstrke im Gravitationsfeld einer Masse m. m m FðrÞ ¼ k 3 ðx; y; zÞ ¼ k 3 r; G ¼ fðx; y; zÞjx2 þ y2 þ z2 > 0g; prffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi r r ¼ jrj ¼ x2 þ y2 þ z2 : m m m Mit PðrÞ ¼ k 3 x; QðrÞ ¼ k 3 y; RðrÞ ¼ k 3 z sind die Integrabilir r r m ttsbedingungen erfllt, und die reellwertige Funktion gðrÞ ¼ k ist r eine Stammfunktion von FðrÞ. Fr jede die Punkte r1 ¼ ðx1 ; y1 ; z1 Þ und r2 ¼ ðx2 ; y2 ; z2 Þ ausG und ganz in G verlaufende Kurve k ist Z 1 1 FðrÞ dr ¼ km mit r1 ¼ jr1 j und r2 ¼ jr2 j. r2 r1
rðu; u0 Þ ¼ ðxðu; u0 Þ; yðu; u0 Þ; zðu; u0 ÞÞ; u0 ¼ const; rðu0 ; uÞ ¼ ðxðu0 ; uÞ; yðu0 ; uÞ; zðu0 ; uÞÞ u0 ¼ const auf der Flche. Sie bilden ein krummliniges Netz (Bild 17) mit den Koordinaten u und u . Ihre Tangentialvektoren sind ¶r ¶r ¼ ðxu ; yu ; zu Þ und rv ¼ ¼ ðxv ; yv ; zv Þ: ¶u ¶u
Durch jeden Flchenpunkt geht genau eine u- und u -Linie, die einander dort schneiden. Sind insbesondere die Tangentialvektoren der Koordinatenlinien in jedem Flchenpunkt orthogonal, d.h., ru rv ¼ 0, dann heißt das Koordinatennetz orthogonal. Beispiel: Oberflche einer Kugel mit dem Radius R (Bild 18). – r ¼ rðu; uÞ ¼ Rðcos u cos u; cos u sin u; sin uÞ; u 2 ½0; 2p; u 2 ½p=2; p=2: Die u-Linien ðu ¼ constÞ sind die Breitenkreise und die u-Linien ðu ¼ constÞ sind die Lngenkreise. Ihre Tangentialvektoren sind ru ¼ Rð cos u sin u; cos u cos u; 0Þ und rv ¼ Rð sin u cos u; sin u sin u; cos uÞ: Hieraus ergibt sich ru rv ¼ R2 ðcos2 u cos u; cos2 u sin u; cos u sin uÞ ¼ R cos u rðu; uÞ: Die Pole ðu ¼ p=2 oder u ¼ p=2Þ sind wegen rv ru ¼ 0 singulre Flchenpunkte. Das Koordinatennetz ist orthogonal, da ru rv ¼ 0 ist.
Parameterfreie Darstellung. Sie erfolgt in der Form F(x, y, z)=0, wobei die Funktion F stetige partielle Ableitungen 1. Ordnung Fx ; Fy und Fz besitzt und Fx2 ðx; y; zÞ þ Fy2 ðx; y; zÞ þ Fz2 ðx; y; zÞ > 0. Punkte (x, y, z) mit Fx2 þ Fy2 þ Fz2 ¼ 0 heißen singulr. Ein Sonderfall einer parameterfreien Darstellung ist F(x, y, z)=f (x, y)– z=0 oder z=f(x, y) bzw. r ¼ rðx; yÞ ¼ ðx; y; f ðx; yÞÞ. Beispiel: Kugeloberflche mit dem Radius R. – Elimination der Parameter u und u aus dem letzten Beispiel fhrt auf die Gleichung
k
7.3 Flche 7.3.1 Grundbegriffe Parameterstellung. Eine Flche A wird mit den Parametern u und u dargestellt durch r ¼ rðu; uÞ ¼ ðxðu; uÞ; yðu; uÞ; zðu; uÞÞ ¼ xðu; uÞe1 þ yðu; uÞe2 þ zðu; uÞe3 fr ðu; uÞ 2 G; wobei der Definitionsbereich G ein ebenes Gebiet mit stckweise glattem Rang in der u, u-Ebene ist und die reellwertigen Funktionen x(u, u), y(u, u) und z(u, u) stetig auf G sind. Glatte Flche. Die Flche heißt glatt, wenn die Funktion rðu; uÞ stetig differenzierbar ist, d.h., wenn die Funktionen x(u, u), y(u, u) und z(u, u) stetige partielle Ableitungen 1. Ordnung besitzen, und wenn außerdem
Bild 17. Flche im Raum
ru ðu; uÞ rv ðu; uÞ 6¼ 0 bzw: jru ðu; uÞ rv ðu; uÞj > 0 fr ðu; uÞ 2 G; ¶r ¶r wobei ru ¼ ¼ ðxu ; yu ; zu Þ und rv ¼ ¼ ðxv ; yv ; zv Þ: Dies ist ¶u ¶u gleichbedeutend damit, daß mindestens eine der Determinanten
yv yu zv zu xv xu
zv zu ; xv xu ; yv yu
fr alle (u, u) 2 G verschieden von Null ist. Singulr heißt ein Flchenpunkt rðu; uÞ mit (u, u) 2 G, wenn ru ðu; uÞ rv ðu; uÞ ¼ 0. Die einfachen glatten Flchen knnen geschlossen sein oder einen stckweise glatten Rand besitzen.
A 81
Koordinatenlinien. So heißen die Kurven
ru ¼ df ðrðtÞÞ dt ¼ f ðrðbÞÞ f ðrðaÞÞ ¼ f ðbÞ f ðaÞ; dt
Flche
Bild 18. Kugeloberflche
A
A 82
A
Mathematik – 7 Kurven und Flchen, Vektoranalysis
Fðx; y; zÞ ¼ x2 þ y2 þ z2 R2 ¼ 0: Insbesondere ergibt sich hieraus fr die Darstellung der oberen Hlften der Kugeloberflche pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ðz ^ 0Þz ¼ f ðx; yÞ ¼ R2 x2 y2 fr x2 þ y2 % R2 :
Beispiel: Inhalt der Kugeloberflche (s. A 7.3.1). – Es ist jru rv j ¼ jR cos urðu; uÞj ¼ R2 cos u fr 0 % u % 2p; p=2 % u % p=2. ZZ R2 cos u du du
7.3.2 Tangentialebene
G
Gleichungen. Die Flche sei in der Parameterdarstellung gegeben, r ¼ rðu; uÞ: Ist r0 ¼ ðx0 ; y0 ; z0 Þ ¼ ðxðu0 ; u0 Þ; yðu0 ; u0 Þ; zðu0 ; u0 ÞÞ ¼ rðu0 ; u0 Þ ein Punkt der Flche, dann spannen die Tangentialvektoren ru ðu0 ; u0 Þ und rv ðu0 ; u0 Þ der Koordinatenlinien im Punkt rðu0 ; u0 Þ die Tangentialebene der Flche in r0 auf. Ihr Stellungsvektor (Bild 17) ist
Zp=2 ¼ R2
Z2p p=2
du ¼ 2pR2 ½sin vp=2 ¼ 4pR2 :
cos u du p=2
0
n ¼ ru ðu0 ; u0 Þ rv ðu0 ; u0 Þ 6¼ 0: Der normierte Stellungsvektor n0 ¼
7.3.3 Oberflchenintegrale
ru rv jru rv j
heißt Normalvektor der Flche im Punkt r0 . Fr einen Punkt r der Tangentialebene gilt: ðr r0 Þn ¼ 0 bzw:
x xðu0 ; u0 Þ xu ðu0 ; u0 Þ
y yðu0 ; u0 Þ yu ðu0 ; u0 Þ
z zðu0 ; u0 Þ zu ðu0 ; u0 Þ
xv ðu0 ; u0 Þ
yv ðu0 ; u0 Þ ¼ 0:
zv ðu0 ; u0 Þ
Bei einer Flche in der parameterfreien Darstellung F(x, y, z)=0 ist der Stellungsvektor bzw. der Normalvektor n ¼ gradF ¼ ðFx ; Fy ; Fz Þ bzw: n0 ¼ gradF=jgradFj: Fr die Tangentialebene gilt ðr r0 ÞgradF ¼ 0 bzw: Fx ðx0 ; y0 ; z0 Þðx x0 Þ þ Fy ðx0 ; y0 ; z0 Þðy y0 Þ þ Fz ðx0 ; y0 ; z0 Þðz z0 Þ ¼ 0: Flcheninhalt. Die tangential zu den Koordinatenlinien der Flche r ¼ rðu; uÞ gerichteten Vektoren ru du und rv du mit ru rv 6¼ 0 spannen ein Parallelogramm auf (Bild 19). Es heißen dS ¼ ðru rv Þ du du vektorielles oder orientiertes Flchenelement, dS ¼ jru rv j du du skalares Flchenelement. Ist G ein Gebiet mit stckweise glattem Rand der u, u-Ebene, dann ist der Inhalt der Flche r ¼ rðu; uÞ fr (u, u) 2 G bestimmt durch ZZ ZZ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi r2u r2v ðru rv Þ2 du du: jru rv j du du ¼ G
A
G
Hiermit wird es auf ein gewhnliches Flchenintegral zurckgefhrt, wobei dS ¼ jru rv j du du das skalare Flchenelement ist. Fr die Flche A mit der Darstellung z= f(x, y) fr (x, y) 2 G lautet das Oberflchenintegral ZZ FðrÞ dS A
ZZ Fðx; y; f ðx; yÞÞ
¼
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1 þ fx2 ðx; yÞ þ fy2 ðx; yÞ dx dy:
G
Beispiel: Trgheitsmoment einer Kugeloberflche bezglich eines Kugeldurchmessers (z-Achse). – Gleichung der Kugeloberflche: r ¼ rðu; uÞ ¼ Rðcos u cos u; cos u sin u; sin uÞ fr 0 % u % 2p; p=2% u%p=2. Das skalare Flchenelement der Kugeloberflche lautet dS ¼ jru rv j du du ¼ R2 cos u du du: Trgheitsmoment bezglich der z-Achse: ZZ
ZZ ðx2 þ y2 Þ dS ¼
R2 cos2 vR2 cos u du du
A
G
Z2p
G
E ¼ r2u ¼ x2u þ y2u þ z2u ; G ¼ r2v ¼ x2v þ y2v þ z2v ; F ¼ ru rv ¼ xu xv þ yu yv þ zu zv heißen Gaußsche Koeffizienten der Flche. Fr die Flche mit der Gleichung z=f(x, y) fr (x, y) 2 G lautet der Flcheninhalt ZZ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1 þ fx2 þ fy2 dx dy: G
Nichtorientiertes Oberflchenintegral. Auf der Punktemenge der Flche A; r ¼ rðu; uÞ fr (u, u) 2 G, sei die stetige Funktion FðrÞ ¼ Fðx; y; zÞ erklrt. Das nichtorientierte Oberflchenintegral ist definiert durch ZZ ZZ FðrÞ dS ¼ Fðrðu; uÞÞjru rv j du du:
¼ R4
Zp=2 cos3 u du ¼
du 0
p=2
8p 4 R : 3
Orientiertes Oberflchenintegral. Auf der Punktmenge der Flche A; r ¼ rðu; uÞ fr (u, u) 2 G, sei die stetige vektorielle Funktion erklrt: FðrÞ ¼ ðPðrÞ; QðrÞ; RðrÞÞ. Das orientierte Oberflchenintegral ist dann definiert durch ZZ ZZ FðrÞ dS ¼ Fðrðu; uÞÞ ðru rv Þ du du; A
G
wobei dS ¼ ðru rv Þ du du das orientierte Flchenelement ist. Mit dem Normalenvektor der Flche A, n0 ¼ ðru rv Þ=jru rv j; lautet es, ZZ
ZZ FðrÞ dS ¼ A
Bild 19. Flchenelement
Fðrðu; uÞÞ n0 jru rv j du du G
ZZ ¼
FðrÞ n0 dS:
I7.4 Sind cos a; cos b und cos g die Richtungscosinusse von n0 , dann ist ZZ ZZ FðrÞ dS ¼ ðPðrÞ cos a þ QðrÞ cos b þ RðrÞ cos gÞ dS ZZA PðrÞ dy dz þ QðrÞ dz dx þ RðrÞ dx dy:
¼ A
Wird der Richtungssinn der Flchennormalen umgekehrt, dann ndert sich das Vorzeichen des Integrals.
Vektoranalysis
A 83
¶f ¶f ¶f ¶f ¼ gradf l ¼ cos a þ cos b þ cos g: ¶l ¶x ¶y ¶z ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi s 2 2 ¶f 2 ¶f ¶f jgradf j ¼ þ þ : ¶x ¶y ¶z Dabei ist jgradf j die grßte Richtungsableitung, wenn gradf und l gleichgerichtet sind. pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Beispiel: f ðrÞ ¼ 1= x2 þ y2 þ z2 ¼ 1=r mit r ¼ x2 þ y2 þ z2 . – Die Niveauflchen von f sind Kugeloberflchen mit dem Ursprung O als ¶f ¶f 3 Mittelpunkt. Es ist ¶x ðrÞ ¼ x=r 3 ; ¶y ðrÞ ¼ y=r 3 ; ¶f ¶z ðrÞ ¼ z=r : Damit ergibt sich gradf ðrÞ ¼ ð1=r 3 Þr und jgradf ðrÞj ¼ 1=r 2 :
7.4 Vektoranalysis 7.4.1 Grundbegriffe Zugrunde gelegt wird ein rumliches kartesisches Koordinaten-System ð0; e1 ; e2 ; e3 Þ mit positiver Orientierung (Rechtssystem), so daß jeder Punkt des Raums eindeutig durch seinen ! Ortsvektor OP ¼ r ¼ xe1 þ ye2 þ ze3 dargestellt wird. Punkte werden auch kurz mit r gekennzeichnet.
Divergenz. Zur koordinatenunabhngigen Definition der Divergenz eines Vektorfelds F in einem Raumpunkt r wird ein Gebiet G mit dem Punkt r betrachtet, dessen Rand aus einer geschlossenen, einfachen, stckweise glatten Flche Rd(G) besteht. Die Divergenz des Vektorfelds F im Raumpunkt r ist definiert durch
T
FðrÞ dS
lim
V!0
T
V
¼ divFðrÞ;
FðrÞ dS den Fluß des Vektorfelds F durch die Flche
Skalarfeld
wobei
Ist jedem Punkt r eines Raumgebiets G genau eine skalare Grße f ðrÞ ¼ f ðx; y; zÞ; z.B. Temperatur, zugeordnet, dann heißt die Funktion f Skalarfeld auf G, z.B. Temperaturfeld, wobei die Flchen f ðrÞ ¼ C ¼ const als Niveauflchen von f bezeichnet werden.
Rd(G) darstellt und V das Volumen des von der Flche Rd(G) eingeschlossenen Gebiets G ist. Beim Grenzbergang schrumpft die geschlossene Flche F auf den Punkt r zusammen. In kartesischen Koordinaten lautet die Divergenz des Vektorfelds
Vektorfeld Ist jedem Punkt r eines Raumgebiets G genau eine vektorielle Grße FðrÞ, z.B. Kraft oder Geschwindigkeit, zugeordnet, dann heißt die vektorielle Funktion F Vektorfeld auf G, z.B. Kraftfeld oder Geschwindigkeitsfeld. Eine solche vektorielle Funktion F wird durch drei reellwertige Funktionen Fx ; Fy und Fz dargestellt. FðrÞ ¼ Fx ðrÞe1 þ Fy ðrÞe2 þ Fz ðrÞe3 ¼ ðFx ðrÞ; Fy ðrÞ; Fz ðrÞÞ: Feldlinie heißt eine Raumkurve k, r ¼ rðtÞ, in einem Vektorfeld F, wenn FðrÞ dr=dt ¼ 0, d.h., wenn ihre Tangentialvektoren dr=dt mit den Vektoren FðrÞ in den Kurvenpunkten rðtÞ kollinear sind. Fluß eines Vektorfelds F durch eine Flche A. Er ist definiert durch das orientierte Oberflchenintegral ZZ FðrÞ dS:
FðrÞ ¼ Fx ðrÞe1 þ Fy ðrÞe2 þ Fz ðrÞe3 ; ¶Fy ¶Fx ¶Fz ðrÞ þ ðrÞ þ ðrÞ: ¶x ¶y ¶z
divFðrÞ ¼
Rotation. Die Rotation rotF eines Vektorfelds F ist ein Vektorfeld. Zur koordinatenunabhngigen Definition von rotFðrÞ in einem Raumpunkt r wird durch einen normierten Vektor n eine beliebige Richtung im Raum vorgegeben. In einer zu n senkrechten Ebene (Bild 20) mit dem Punkt r ist dieser von einer einfachen, stckweise glatten Kurve k umschlossen, deren Innenflche den Inhalt S hat. Die Orientierungen der Kurve k und des Richtungsvektors n bilden ein Rechtssystem. Gebildet wird der Grenzwert des Quotienten aus der Zirkulation des Vektorfelds F lngs k und dem Flcheninhalt S, wobei die Kurve k auf den Punkt r zusammenschrumpft. Dieser Grenzwert liefert die Projektion des Vektors rotFðrÞ auf die Richtung n. I FðrÞ dr rotFðrÞ n ¼ lim : S!0 S
A
Zirkulation eines Vektorfelds F lngs einer geschlossenen Kurve k. Sie ist definiert durch das orientierte Kurvenintegral I FðrÞ dr:
In kartesischen Koordinaten lautet die Rotation des Vektorfelds
k
Gradient. So heißt das Vektorfeld ¶f ¶f ¶f ðrÞe1 þ ðrÞe2 þ ðrÞe3 ¶x ¶y ¶z ¶f ¶f ¶f ¼ ; ; : ¶x ¶y ¶z
gradf ðrÞ ¼
Richtungsableitung. Sie ist fr eine Skalarfunktion f und einen eine Richtung kennzeichnenden Einheitsvektor l ¼ cos ae1 þ cos be2 þ cos ge3 mit cos2 a þ cos2 b þ cos2 g ¼ 1 definiert durch
Bild 20. Orientierung zur Rotation eines Vektorfelds
A
A 84
A
Mathematik – 7 Kurven und Flchen, Vektoranalysis
FðrÞ ¼ Fx ðrÞe1 þ Fy ðrÞe2 þ Fz ðrÞe3 ; ¶Fz ¶Fy ¶Fx ¶Fz e1 þ e2 rotFðrÞ ¼ ¶y ¶z ¶z ¶x
¶
e1 Fx
¶x
¶ ¶Fy ¶Fx Fy
: þ e3 ¼
e2 ¶y ¶x ¶y
¶
Fz
e3 ¶z 7.4.2 Der r-(Nabla-)Operator Als r-Operator ist der symbolische Vektor ¶ ¶ ¶ ¶ ¶ ¶ r ¼ e1 þ e2 þ e3 ¼ ; ; ¶x ¶y ¶z ¶x ¶y ¶z
Bild 21. Beispiel zum Satz von Stokes
definiert. Mit ihm lassen sich Gradient, Divergenz und Rotation auch gradf ¼ rf , divF ¼ r F, rotF ¼ r F schreiben. In Verbindung mit dem r-Operator werden noch weitere Differentialoperatoren eingefhrt: Ableitung nach einer Richtung l ¼ cos ae1 þ cos be2 þ cos ge3 mit cos2 a þ cos2 b þ cos2 g ¼ 1: ¶ ¶ ¶ ¶ ¼ l r ¼ cos a þ cos b þ cos g ¶l ¶x ¶y ¶z So ist die Ableitung des Skalarfelds f nach der Richtung l ¶f ¶ ¶ ¶ ¼ ðl rÞf ¼ cos a þ cos b þ cos g f ¶l ¶x ¶y ¶z ¶f ¶f ¶f ¼ cos a þ cos b þ cos g ¼ l rf ¼ l gradf : ¶x ¶y ¶z Ableitung nach einem Vektorfeld u ¼ ux e1 þ uy e2 þ uz e3 .
So ist die Ableitung des Vektorfelds F ¼ Fx e1 þ Fy e2 þ Fz e3 nach dem Vektorfeld u dF ¼ ðu rÞF ¼ ðu rFx Þe1 þ ðu rFy Þe2 þ ðu rFz Þe3 du ¼ ðu gradFx Þe1 þ ðu gradFy Þe2 þ ðu gradFz Þe3 : 2
2
2
¶ ¶ ¶ þ þ : ¶x2 ¶y2 ¶z2
7.4.3 Integralstze Satz von Stokes. Ist F ¼ FðrÞ ein Vektorfeld mit stetigen partiellen Ableitungen 1. Ordnung und ist A eine stckweise glatte Flche mit stckweise glattem Rand, wobei die Orientierung der Randkurve RdðAÞ und der Flche ein Rechtssystem bilden, dann gilt (s. auch A 7.4.1) I ZZ FðrÞ dr ¼ rotFðrÞ dS: RdðAÞ
ZZ FðrÞ dr ¼
ZZ rotFðrÞ dS ¼ Zax
Za ¼6
dy ¼ 6
dx 0
6 dx dy Za
0
ða xÞ dx ¼ 3a2 : 0
Satz von Gauß. Ist F ¼ FðrÞ ein Vektorfeld mit stetigen partiellen Ableitungen 1. Ordnung und ist G das Innengebiet einer geschlossenen, stckweise glatten Flche RdðGÞ mit nach außen orientiertem Normalenvektor, dann gilt
T
ZZZ FðrÞ dS ¼
divFðrÞ dV:
RdðGÞ
G
Beispiel: Der Fluß des Vektorfelds F ¼ FðrÞ ¼ x3 e1 þ y3 e2 þ z3 e3 durch die Kugeloberflche RdðKÞ; x2 þ y2 þ z2 ¼ R2 , soll berechnet werden. – F hat in r die Divergenz divFðrÞ ¼ 3x2 þ 3y2 þ 3z2 . Die Anwendung des Satzes von Gauß ergibt ZZZ ðx2 þ y2 þ z2 Þ dV: FðrÞ dS ¼ 3
T
d ¶ ¶ ¶ ¼ u r ¼ ux þ uy þ uz : du ¶x ¶y ¶z
Laplace-Operator D ¼ r r ¼ r2 ¼
dann I
A
Beispiel: Gegeben sind das Vektorfeld F ¼ FðrÞ ¼ ðz y; x z; y xÞ nach Bild 21 und die Kurve k, die aus dem Rand eines Dreiecks mit den Eckpunkten A=(a, 0, 0), B=(0, a, 0) und C=(0, 0, a) besteht. Es soll die Zirkulation lngs k mit Hilfe des Satzes von Stokes berechnet werden. – Die Rotation des Vektorfelds F in r ist rotFðrÞ ¼ ð2; 2; 2Þ; s. A 7.4.1. Die Dreiecksflche ist bestimmt durch r ¼ rðx; yÞ ¼ ðx; y; a x yÞ fr 0 % x % a und 0 % y % a-x. Ihr Normalenvektor n0 muß entsprechend der Kurvenorientierung so orientiert sein, daß er vom Ursprung O aus zur Flche weist, d.h., daß seine Projektion auf die z-Achse positiv ist. Wegen ¶r=¶x ¼ ð1; 0; 1Þ und ¶r=¶y¼ ð0; 1; 1Þ gilt fr das orientierte Flchenelement ¶r ¶r dx dy ¼ ð1; 1; 1Þ dx dy. Nach dem Satz von Stokes ist dS ¼ ¶x ¶y
RdðKÞ
K
Die Einfhrung von Kugelkoordinaten x ¼ r cos J cos j; y ¼ r cos J sin j; z ¼ r sin J ¶ðx;y;zÞ mit dV ¼ ¶ðr;j;JÞ dr dj dJ ¼ r 2 cos J dr dj dJ fhrt auf das Ergebnis
T
ZR FðrÞ dS ¼ 3
RdðKÞ
Zp=2 r 4 dr
Z2p
p=2
0
dj ¼ ð12=5ÞpR5 :
cos J dJ 0
Greensche Formeln. Sie ergeben sich, wenn im Satz von Gauß das Vektorfeld F durch j grad y bzw. y grad j ersetzt wird. ZZZ j grad y dS ¼ ðgrad j grad y þ j DyÞ dV;
T T T
RdðGÞ
G
ZZZ
ðj grad y y grad jÞ dS ¼
RdðGÞ
grad y dS ¼
RdðGÞ
ðj Dy y DjÞ dV; G
ZZZ Dy dV: G
Weitere Integralformeln. Mit Hilfe des Satzes von Gauß lassen sich die weiteren Integralformeln nachweisen: ZZZ gradf dV; f ðrÞ dS ¼
T T
RdðGÞ
RdðGÞ
G
ZZ F dS ¼
ZZZ ðF n0 Þ dS ¼
RdðGÞ
rotF dV: V
I8.1
U. Jarecki, Berlin
Isoklinenschar. Wird y0 durch einen Konstante C ersetzt, so stellt C= f(x, y) eine einparametrische Kurvenschar dar, in deren Punkten die Richtungselemente gleichgerichtet sind ðy0 ¼ CÞ:
8.1 Gewhnliche Differentialgleichungen 8.1.1 Grundbegriffe Eine gewhnliche Differentialgleichung (Dgl.) n-ter Ordnung hat die Form ð1Þ
wobei y eine unbekannte Funktion einer Variablen x ist und yðnÞ die hchste in F auftretende Ableitung bedeutet. Ist die Gleichung nach yðnÞ auflsbar, so heißt yðnÞ ¼ f ðx; y; y0 ; y00 ; . . . ; yðn1Þ Þ
ð2Þ
Normal- oder explizite Form. Eine Funktion y=g(x ), welche die Dgl. identisch erfllt, heißt partikulre (spezielle) Lsung, Integral oder Integralkurve der Dgl. Bei Anfangswert-Aufgaben oder -Problemen sind noch Anfangsbedingungen zu erfllen, bei denen fr einen festen Wert x0 die Werte der Funktion y nebst ihren Ableitungen bis zur (n-1)-ten Ordnung vorgegeben sind. yðx0 Þ ¼ a1 ; y0 ðx0 Þ ¼ a2 ; y00 ðx0 Þ ¼ a3 ; . . . ; yðn1Þ ðx0 Þ ¼ an : ð3Þ Existenz und Eindeutigkeit von Lsungen. Ist die Funktion f ðx; y; y0 ; y00 ; . . . ; yðn1Þ Þ in einer Umgebung des Punkts ðx0 ; a1 ; a2 ; . . . ; an Þ 2 Rðnþ1Þ stetig und besitzt sie dort stetige partielle Ableitungen 1. Ordnung nach y; y0 ; y00 ; . . . ; yðn1Þ ; dann hat die Dgl. yðnÞ ¼ f ðx; y0 ; y00 ; . . . ; yðn1Þ ) in einer hinreichend kleinen Umgebung dieses Punkts genau eine Lsung y=g(x) mit gðx0 Þ ¼ a1 ; g0 ðx0 Þ ¼ a2 ; . . . ; gðn1Þ ðx0 Þ ¼ an : Da die n Anfangswerte a1 ; a2 ; . . . ; an beliebige Konstanten (Parameter) sind, stellt die Funktion g eine (n-parametrische) Schar von Lsungen dar. Allgemeine Lsung. Sie lautet fr die Dgl. (2) mit n beliebigen Konstanten C1 ; C2 ; . . . ; Cn y ¼ gðx; C1 ; C2 ; . . . ; Cn Þ;
A 85
Integralkurven. Sie bilden Lsungen der Dgl., wenn sie auf das Richtungsfeld passen. Sind in einem gewissen Gebiet G die Voraussetzungen nach A 8.1.1 erfllt, dann verluft durch jeden Punkt dieses Gebiets genau eine Integralkurve.
8 Differentialgleichungen
Fðx; y; y0 ; y00 ; . . . ; yðnÞ Þ ¼ 0;
Gewhnliche Differentialgleichungen
ð4Þ
wenn es fr jede durch den Existenz- und Eindeutigkeitssatz gesicherte Anfangsbedingung Zahlenwerte fr die Konstanten C1 ; C2 ; . . . ; Cn gibt, so daß die Funktion g diese Anfangsbedingung erfllt. Partikulre Lsung. Ist y ¼ gðx; C1 ; C2 ; . . . ; Cn Þ eine allgemeine Lsung der Dgl. (2), so kann hieraus eine partikulre Lsung gewonnen werden, welche die Anfangsbedingung (3) erfllt. Hierzu folgen die Konstanten C1 ; C2 ; . . . ; Cn aus dem Gleichungssystem gðx0 ; C1 ; C2 ; . . . ; Cn Þ ¼ a1 ; g0 ðx0 ; C1 ; C2 ; . . . ; Cn Þ ¼ a2 ; :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: gðn1Þ ðx0 ; C1 ; C1 ; . . . ; Cn Þ ¼ an :
Differentialgleichungen mit getrennten Variablen y0 ¼ f ðxÞgðyÞ
ð5Þ
f und g seien stetig fr x 2 (a , b) und y 2 (c, d). Ist g(y) 6¼ 0 fr y 2 (c, d), dann folgt durch Trennen der Variablen dy=gðyÞ ¼ f ðxÞ dx: QuadraturZ liefert eine Z Lsung mit der beliebigen
C:
Konstanten
dy=gðyÞ ¼
f ðxÞ dx þ C:
Ist
gðy0 Þ ¼ 0 fr ein y0 2 ðc; dÞ, dann ist außerdem noch y ¼ y0 eine partikulre Lsung. 2 2 Beispiel: y0 ¼ y2 ; f(x)Z 1 und gðyÞ Z ¼ y ; ðx; yÞ 2 R : – Fr y 6¼ 0 folgt,
wenn C beliebig ist,
dy=y2 ¼
dx þ C; also ist – 1/y= x+C oder
y=– 1/(x+C). Wegen gðyÞ ¼ y2 ¼ 0 fr y=0 gibt es noch die partikulre Lsung y 0. Durch jeden Punkt (x, y) der Ebene geht genau eine Integralkurve. Mit der Anfangsbedingung y(1)=– 1 ergibt sich C=0 aus – 1=– 1/(1+C), und die Integralkurve durch (1, – 1) hat die Gleichung y=– 1/x.
Homogene oder gleichgradige Dgl. y0 ¼ gðy=xÞ:
(6)
Eine Dgl. y0 ¼ f ðx; yÞ heißt homogen, wenn f(x, y) eine homogene Funktion 0-ten Grads ist, d.h., wenn f(tx, ty)=f(x, y) ist. f(x, y) lßt sich dann in der Form g(y/x) darstellen. Zur Lsung von Gl. (6) wird die neue Funktion z(x) gemß z(x)=y(x)/x eingefhrt. Mit y0 ¼ z þ xz0 ergibt sich dann eine Dgl. mit getrennten Variablen, z0 ¼ ½gðzÞ z=x; wie Dgl. (5). Beispiel: y0 ¼ ðy xÞ=x ¼ ðy=xÞ 1 ¼ gðy=xÞ: – Die Substitution y=xz mit y0 ¼ xz0 þ z fhrt auf xz0 þ z ¼ z 1 oder z0 ¼ 1=x, deren Integration die Lsung z ¼ y=x ¼ ln jxj þ C oder y ¼ xð ln jxj þ CÞ ergibt.
Lineare Differentialgleichung y0 þ pðxÞy ¼ qðxÞ:
ð7Þ
Die Funktionen p und q seien in einem Intervall (a, b) stetig. Fr q(x) 0 heißt die Dgl. linear homogen, sonst linear inhomogen. Ist yH ðxÞ die allgemeine Lsung der homogenen und yP ðxÞ eine partikulre Lsung der inhomogenen Dgl., dann ist die allgemeine Lsung der inhomogenen Dgl. yðxÞ ¼ yH ðxÞ þ yP ðxÞ: Die allgemeine Lsung der homogenen Dgl. y0 þ pðxÞy ¼ 0 kann durch Trennen der Variablen bestimmt werden. Sie lautet Z yH ðxÞ ¼ C expð pðxÞ dxÞ: Variation der Konstanten. Sie dient dazu, eine partikulre Lsung der inhomogenen Dgl. zu gewinnen. Hier wird Z
8.1.2 Differentialgleichung 1. Ordnung Normalform y0 ¼ f ðx; yÞ Geometrische Deutung. Durch y0 ¼ f ðx; yÞ wird jedem Punkt (x, y) von f eine Steigung m ¼ y0 ¼ f ðx; yÞ zugeordnet, die durch eine kurze Strecke, das Richtungselement, gekennzeichnet wird. Ihre Gesamtheit heißt Richtungsfeld.
yP ðxÞ ¼ CðxÞ expð
pðxÞ dxÞ in die inhomogene Dgl. einge-
setzt und die unbekannte Funktion C(x) so bestimmt, daß yP ðxÞ eine ihrer Lsungen ist. Dann ist Z Z CðxÞ ¼ qðxÞ expð pðxÞ dxÞ dx und Z Z Z yP ðxÞ ¼ expð pðxÞ dxÞ qðxÞ expð pðxÞ dxÞ dx:
U. Jarecki, Hans-Joachim Schulz, Dubbel Mathematik, DOI 10.1007/978-3-642-22059-3_8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
A
A 86
A
Mathematik – 8 Differentialgleichungen
Allgemeine Lsung der inhomogenen Dgl. y0 þ pðxÞy ¼ qðxÞ: Sie lautet yðxÞ ¼ yH ðxÞ þ yP ðxÞ Z Z Z ¼ expð pðxÞ dxÞfC þ qðxÞ expð pðxÞ dxÞ dxg; wobei C eine beliebige Konstante ist. Beispiel: y0 2xy ¼ x: – Allgemeine Lsung der homogenen Dgl. y0 2xy ¼ 0 ist yH ðxÞ ¼ C expðx2 Þ mit C 2 R. Mit dem Ansatz zur partikulren Lsung, yP ðxÞ ¼ CðxÞ expðx2 Þ; folgt nach Einsetzen in die inhomogene Dgl. (7) C0 ðxÞ expðx2 Þ þ 2xCðxÞ expðx2 Þ 2xCðxÞ expðx2 Þ ¼ x oder
Beispiel: Die lineare Dgl. y0 2xy ¼ x (s. Beispiel unter lineare Dgl.) lßt sich auch schreiben ð2xy xÞ dx þ dy ¼ 0 mit P(x, y)=– 2xy–x und Q(x, y)=1. – Wegen ¶P/¶y=-2 x und ¶Q/¶x=0 ist sie nicht exZ akt. Da ðPy Qx Þ=Q ¼ 2x; ist mðxÞ ¼ expð
C0 ðxÞ ¼ x expðx2 Þ; soda CðxÞ ¼ ð1=2Þ expðx2 Þ und
2x dxÞ ¼ expðx2 Þ
ein integrierender Faktor und die Dgl. ð2xy xÞ expðx2 Þ dx þ expðx2 Þ dy ¼ 0 exakt.
yP ðxÞ ¼ ð1=2Þ expðx Þ expðx Þ ¼ 1=2: 2
mðx; yÞ, den integrierenden Faktor, so daß die Dgl. mðx; yÞPðx; yÞ dx þ mðx; yÞQðx; yÞ dy ¼ 0 exakt ist. Einfache Sonderflle sind: Z ¶Q ¶P ¶y ¶x Ist ¼ pðxÞ; so ist mðxÞ ¼ expð pðxÞ dxÞ; Q Z ¶Q ¶P ¶x ¶y ¼ qðyÞ; so ist mðyÞ ¼ expð qðyÞ dyÞ: ist P
2
die allgemeine Lsung der inhomogenen Dgl. lautet damit
Implizite Differentialgleichung
yðxÞ ¼ yH ðxÞ þ yP ðxÞ ¼ C expðx2 Þ 1=2; C 2 R:
Fðx; y; y0 Þ ¼ 0
Bernoullische Differentialgleichung y0 þ PðxÞy ¼ QðxÞyn :
ð8Þ
Sie ist eine Verallgemeinerung einer linearen Dgl., da sie fr n=0 oder n=1 linear wird. Es sei daher n 6¼ 0; 1. Division ergibt beider Seiten der Gleichung durch yn yn y0 þ PðxÞy1n ¼ QðxÞ: Die Substitution zðxÞ ¼ y1n ðxÞ fhrt auf eine lineare Dgl. fr z, z0 þ pðxÞz ¼ qðxÞ mit p(x)=(1-n)P(x) und q(x)=(1-n)Q(x), die wie Dgl. (7) behandelt wird. Riccatische Differentialgleichung y0 þ pðxÞy þ qðxÞy2 þ rðxÞ ¼ 0:
ð9Þ
Ihre Integration lßt sich allgemein nicht mit Quadraturen durchfhren. Ist jedoch eine partikulre Lsung yP ¼ uðxÞ bekannt, fhrt die Substitution y(x)=u(x)+1/z(x) auf die lineare Dgl. z0 ½pðxÞ þ 2uðxÞqðxÞz ¼ qðxÞ fr z, die wie Dgl. (7) integriert wird. Exakte Differentialgleichung Jede Dgl. 1. Ordnung in der Normalform y0 ¼ f ðx; yÞ lßt sich als Gleichung mit Differentialen dy ¼ f ðx; yÞ dx oder allgemeiner schreiben. Pðx; yÞ dx þ Qðx; yÞ dy ¼ 0:
ð10Þ
Integrabilittsbedingung. Die Dgl. (10) heißt exakt oder total, wenn ihre linke Seite das vollstndige Differential einer Funktion F(x, y) ist, wenn also die Integrabilittsbedingung ¶ P(x, y)/¶y=¶Q(x, y)/¶x gilt Allgemeine Lsung. Sie ist dann F(x, y)=C, wobei ¶ F(x, y)/¶ x=P(x, y) und ¶F(x, y)/¶y= Q(x, y), oder ausfhrlicher Z Z Z ¶Pðx; yÞ dx dy ¼ C Pðx; yÞ dx þ Qðx; yÞ ¶y oder Z
Z Qðx; yÞ dy þ
Z Pðx; yÞ
¶Qðx; yÞ dy dx ¼ C: ¶x
Beispiel: 4xy dx þ ð2x2 3y2 Þ dy ¼ 0: – Es ist Pðx; yÞ ¼ 4xy; Qðx; yÞ ¼ 2x2 3y2 ; ¶P/¶y=¶Q/¶x =4x, d.h., die Integrabilittsbedingung ist erfllt. Aus ¶ F/¶x=P(x, y)=4xy folgt Fðx; yÞ ¼ 2x2 y þ f ðyÞ: Wegen ¶ F/¶y=Q(x, y) gilt 2x2 þ f 0 ðyÞ ¼ 2x2 3y2 oder f 0 ðyÞ ¼ 3y2 , woraus f ðyÞ ¼ y3 þ C1 folgt, so daß die allgemeine Lsung Fðx; yÞ ¼ 2x2 y y3 ¼ C lautet.
Integrierender Faktor. Ist ¶P/¶y 6¼ ¶ Q/¶x , so gibt es unter gewissen, sehr allgemeinen Voraussetzungen eine Funktion
ð11Þ
Besitzt sie in einem ebenen Gebiet m verschiedene reelle Wurzeln y0 ¼ fi ðx; yÞ; i ¼ 1; 2; . . . ; m; so stellt jede eine explizite Dgl. der bereits behandelten Art dar; ihre Lsung besteht i. allg. aus m verschiedenen einparametrischen Kurvenscharen. Beispiel: Die implizite Dgl. Fðx; y; y0 Þ ¼ y02 2xy0 ¼ 0 besitzt die beiden Wurzeln y0 ¼ 0 und y0 ¼ 2x, also die beiden einparametrigen Kurvenscharen y ¼ C1 und y ¼ x2 þ C2 als Lsung. Durch jeden Punkte der Ebene verlaufen genau zwei Integralkurven.
Integration durch Differentiation. In der speziellen impliziten Form y ¼ f ðx; y0 Þ wird y0 ¼ p gesetzt und die Dgl. nach x differenziert. Es ist dann y=f(x, p) und p ¼ ¶f ðx; pÞ=¶x þ ½¶f ðx; pÞ=¶pp0 : Die letzte Gleichung lßt sich als explizite Dgl. fr die Funktion p(x) darstellen. Hat sie die allgemeine Lsung p= g(x, C), dann ist y=f(x, g(x, C)) eine allgemeine Lsung von y ¼ f ðx; y0 Þ: Beispiel: Clairautsche Dgl. y ¼ xy0 þ hðy0 Þ: – y0 ¼ p gesetzt und Differentiation liefern y=xp+h(p) und p ¼ p þ xp0 þ h0 ðpÞp0 : Fr die funktion p gilt p0 ½x þ h0 ðpÞ ¼ 0: Aus p0 ¼ 0 folgt p(x)=C. Somit ist die allgemeine Lsung y=Cx+h(C). Sie stellt geometrisch eine einparametrische Geradenschar dar.
Singulre Lsungen. Explizite Dgl. y0 ¼ f ðx; yÞ: Singulr heißt eine Integralkurve u= g(x) der Dgl. y0 ¼ f ðx; yÞ; wenn durch jeden ihrer Punkte (x, g(x)) noch eine andere Integralkurve der Dgl. verluft. In keinem Punkt einer singulren Lsung sind also die Bedingungen fr die Eindeutigkeit erfllt. Singulre Lsungen mssen daher aus solchen Punkten der Ebene bestehen, in denen die Voraussetzungen des Existenzund Eindeutigkeitssatzes nicht erfllt sind. pffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi Beispiel: y0 ¼ 3 y2 ¼ f ðx; yÞ: – Die Funktion f ðx; yÞ ¼ 3 y2 ist fr alle Punkte (x, y) der Ebene erklrt und dort stetig. Ihre partielle Ableitung fy ðx; yÞ dagegen existiert nur fr alle Punkte (x, y), fr die y 6¼ 0, und ist dort unbeschrnkt. Eine allgemeine Lsung ist die einparametrische Schar von kubischen Parabeln y ¼ ðx=3 þ CÞ3 : Außerdem ist y=0 eine partikulre Lsung. Sie ist singulr, da durch jeden Punkt auf der x-Achse zwei Integralkurven der Dgl. verlaufen.
Implizite Dgl. Fðx; y; y0 Þ ¼ 0: Falls eine singulre Lsung existiert, so ergibt sie sich durch Elimination p ¼ y0 aus F(x, y, p)=0 und ¶F(x, y, p)/¶ p=0 oder, wenn G(x, y, C)=0 eine allgemeine Lsung der Dgl. ist, durch Elimination von C aus G(x, y, C)=0 und ¶ G(x, y, C)/¶C=0. Geometrisch bedeutet die singulre Lsung die Enveloppe (Einhllende) einer Schar von Integralkurven. Beispiel: Fðx; y; y0 Þ ¼ y02 y ¼ 0: – Elimination von p aus den Gleichungen Fðx; y; pÞ ¼ p2 y ¼ 0 und ¶F(x, y, p)/¶p=2p=0 liefert y=0, eine singulre Lsung. Die allgemeine Lsung lautet y ¼ ðx=2 þ CÞ2 ; die eine einparametrische Schar von Parabeln dar-
I8.1 stellt, deren Scheitelpunkte auf der x-Achse liegen. Die x-Achse ist Enveloppe dieser Schar.
Orthogonale Trajektorien. F(x, y, C)=0 sei eine einparametrische Kurvenschar und y0 ¼ f ðx; yÞ ihre Dgl. Dann heißen die Kurven der Schar G(x, y, B)=0 mit dem Parameter B, die Lsungen der Dgl. y0 ¼ 1=f ðx; yÞ sind, orthogonale Trajektorien der Schar F(x, y, C)=0, da die Kurven der beiden Scharen einander unter einem rechten Winkel schneiden. Beispiel: Durch die Gleichung y ¼ Cx2 mit dem Parameter C wird eine Schar von Parabeln beschrieben, deren Scheitelpunkte im Ursprung des Koordinatensystems liegen. – Durch Elimination des Parameters C aus den beiden Gleichungen y ¼ Cx2 und y0 ¼ 2Cx ergibt sich die Dgl. der Schar y ¼ Cx2 zu y0 ¼ 2y=x: Die Dgl. der orthogonalen Trajektorien lautet dann y0 ¼ x=ð2yÞ mit der allgemeinen Lsung y2 þ ðx2 =2Þ ¼ B; die eine Schar von Ellipsen darstellt.
8.1.3 Differentialgleichungen n-ter Ordnung Spezielle Differentialgleichungen n-ter Ordnung yðnÞ ¼ f ðxÞ:
ð12Þ
Sie wird durch wiederholte Quadraturen gelst. Fr das Anfangswertproblem mit yðx0 Þ ¼ y0 ðx0 Þ ¼ y00 ðx0 Þ ¼ . . . ¼ yðn1Þ ðx0 Þ ¼ 0 Zx
Addition des Polynoms Pn1 ðxÞ ¼y0 þ y00 ðx x0 Þ ðn1Þ
y000 y ðx x0 Þ2 þ . . . þ 0 ðx x0 Þn1 2! ðn 1Þ!
auf der rechten Seite der Formel von Cauchy liefert die Lsung mit den allgemeinen Anfangsbedingungen ðn1Þ
Fðx; y ; y
ðn1Þ
:
ð13Þ
Þ ¼ 0:
Die Gleichung sei nach yðnÞ auflsbar. yðnÞ ¼ f ðx; yðn1Þ Þ: Die Substitution z ¼ yðn1Þ fhrt auf z0 ¼ f ðx; zÞ: Ist z ¼ gðx; C1 Þ ihre allgemeine Lsung, so lßt sich hieraus y durch wiederholte Quadraturen bestimmen. Fðyðn2Þ ; yðnÞ Þ ¼ 0:
ð14Þ
Die Dgl. sei nach yðnÞ auflsbar; yðnÞ ¼ f ðyðn2Þ Þ: Durch die Substitution z ¼ yðn2Þ wird sie auf eine Dgl. 2. Ordnung fr z zurckgefhrt: z00 ¼ f ðzÞ: Multiplikation dieser Gleichung mit dz ¼ z0 dx fhrt auf z00 z0 dx ¼ f ðzÞz0 dx oder z0 dz0 ¼ f ðzÞ dz: Integration ergibt die Dgl. 1. Ordnung fr z, Z z02 ¼ 2
L½y1 þ y2 ¼ L½y1 þ L½y2 ; L½ay ¼ aL½y; a 2 R:
ð15Þ
Eine lineare Differentialgleichung hat die Form L½y ¼yðnÞ þ pn1 ðxÞyðn1Þ þ pn2 ðxÞyðn2Þ þ . . . þ p0 ðxÞy ¼ f ðxÞ:
ð16Þ
Ist die Strungsfunktion f(x) 0, so heißt sie homogen, sonst inhomogen. Sind die Funktionen p0 ; p1 ; . . . ; pn1 und f auf (a, b) R stetig, dann gibt es zu jedem x0 2 ða; bÞ und fr n beliebige Zahlen a1 ; a2 ; . . . ; an genau eine Lsung y=y(x) der Dgl., die die Anfangsbedingung erfllt: yðx0 Þ ¼ a1 ; y0 ðx0 Þ ¼ a2 ; y00 ðx0 Þ ¼ a3 ; . . . ; yðn1Þ ðx0 Þ ¼ an : Lineare Abhngigkeit. Die auf einem Intervall (a, b) R definierten Funktionen f1 ðxÞ; f2 ðxÞ; . . . ; fk ðxÞ heißen linear abhngig, wenn es k Zahlen a1 ; a2 ; . . . ak mit a21 þ a22 þ a23 þ . . . þ a2k > 0 gibt, so daß a1 f1 ðxÞ þ a2 f2 ðxÞ þ a3 f3 ðxÞþ . . . þ ak fk ðxÞ ¼ 0 fr alle x 2 (a, b). Anderenfalls heißen sie linear unabhngig. So sind die drei auf R definierten Funktionen f1 ðxÞ ¼ 1; f2 ðxÞ ¼ cos 2x; f3 ðxÞ ¼ sin2 x wegen cos 2xþ 2 sin2 x þ ð1Þ ¼ 0 mit x 2 R linear abhngig.
ð17Þ
Sind die auf (a, b) definierten Funktionen f1 ; f2 ; . . . ; fk linear abhngig und besitzen sie dort stetige Ableitungen bis zur Ordnung (k-1), dann ist W(x)=0 fr alle x 2 (a, b). Homogene lineare Differentialgleichung
yðx0 Þ ¼ y0 ; y0 ðx0 Þ ¼ y00 ; y00 ðx0 Þ ¼ y000 ; . . . ; yðn1Þ ðx0 Þ ¼ y0 ðnÞ
L heißt dabei linearer Differentialoperator und hat die Eigenschaften der Additivitt und Homogenitt.
WðxÞ ¼ Wðf1 ; f2 ; . . . ; fk ÞðxÞ
f1 ðxÞ f2 ðxÞ . . . fk ðxÞ
0 0 0 f1 ðxÞ f2 ðxÞ . . . fk ðxÞ
¼ ......................................
ðk1Þ ðk1Þ ðk1Þ
f ðxÞ f2 ðxÞ . . . fk ðxÞ
1
ðx tÞn1 f ðtÞ dt: x0
þ
A 87
Wronski-Determinante. Sie ist fr k Funktionen f1 ; f2 ; . . . ; fk definiert durch
gilt nach Cauchy yðxÞ ¼ ð1=ðn 1Þ!Þ
Gewhnliche Differentialgleichungen
f ðzÞ dz þ C1 Þ ¼ gðzÞ þ C1 ; aus der dann z ¼ yðn2Þ
als Funktion von x mit zwei beliebigen Konstanten C1 und C2 bestimmt wird. 8.1.4 Lineare Differentialgleichungen Grundbegriffe Linearer Differentialausdruck. Er hat fr die Ordnung n die Form L½y ¼yðnÞ þ pn1 ðxÞyðn1Þ þ pn2 ðxÞyðn2Þ þ . . . þ p1 ðxÞy0 þ p0 ðxÞy:
Sie wird im folgenden kurz mit L[y]=0 bezeichnet. Sind y1 ðxÞ; y2 ðxÞ; . . . ; yk ðxÞ Lsungen von L[y]=0, dann ist es auch ihre Linearkombination C1 y1 ðxÞ þ C2 y2 ðxÞ þ . . . þ Ck yk ðxÞ: Zu jeder homogenen linearen Dgl. n-ter Ordnung gibt es ein Fundamentalsystem von n linear unabhngigen Lsungen. Bilden y1 ðxÞ; y2 ðxÞ; . . . ; yn ðxÞ ein Fundamentalsystem, dann ist Wðy1 ; y2 ; . . . ; yn ÞðxÞ 6¼ 0; und die allgemeine Lsung der Dgl. L[y]=0 lautet yðxÞ ¼ C1 y1 ðxÞ þ C2 y2 ðxÞ þ . . . þ Cn yn ðxÞ mit den willkrlichen Konstanten C1 ; C2 ; . . . ; Cn : x 0 1 y þ y ¼ 0 fr x 2 (1, 1 ). – y1 ðxÞ ¼ x und x1 x1 y2 ðxÞ ¼ exp x sind fr x 2 (1, Lsungen mit der Wron 1 ) partikulre
x exp x
¼ ðx 1Þ exp x 6¼ 0: Sie bilden ski-Determinante WðxÞ ¼
1 exp x somit ein Fundamentalsystem, und die allgemeine Lsung lautet yðxÞ ¼ C1 x þ C2 exp x: Beispiel: y00
Inhomogene lineare Differentialgleichung Bilden die Funktionen y1 ðxÞ; y2 ðxÞ; . . . ; yn ðxÞ ein Fundamentalsystem von L[ y]=0 und ist yP ðxÞ eine partikulre Lsung der inhomogenen linearen Dgl. L[y]=f(x), dann ist ihre allgemeine Lsung yðxÞ ¼ C1 y1 ðxÞ þ C2 y2 ðxÞ þ . . . þ Cn yn ðxÞþ yP ðxÞ mit beliebigen C1 ; C2 ; . . . ; Cn : Variation der Konstanten. Durch sie kann mit Hilfe der Fundamentallsungen y1 ðxÞ; y2 ðxÞ; . . . ; yn ðxÞ von L[ y]=0 eine partikulre Lsung von L[y]= f(x) gewonnen werden. Hierzu werden in der allgemeinen Lsung der homogenen Dgl. L[y]=0, yH ðxÞ ¼ C1 y1 ðxÞ þ C2 y2 ðxÞ þ . . . þ Cn yn ðxÞ, die Konstanten durch Funktionen C1 ðxÞ; C2 ðxÞ; . . . ; Cn ðxÞ ersetzt, die
A
A 88
A
Mathematik – 8 Differentialgleichungen
so bestimmt werden, daß yP ðxÞ ¼ C1 ðxÞy1 ðxÞ þ C2 ðxÞy2 ðxÞþ . . . þ Cn ðxÞyn ðxÞ eine partikulre Lsung der inhomogenen Dgl. L[ y]=f(x) ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Funktionen C1 ðxÞ; C2 ðxÞ; . . . ; Cn ðxÞ das Gleichungssystem ¼ 0; C10 ðxÞy1 ðxÞ þC20 ðxÞy2 ðxÞ . . . þ Cn0 ðxÞyn ðxÞ C10 ðxÞy01 ðxÞ þC20 ðxÞy02 ðxÞ . . . þ Cn0 ðxÞy0n ðxÞ ¼ 0; .............................................................. ðn1Þ ðn1Þ ðn1Þ C10 ðxÞy1 ðxÞþC20 ðxÞy2 þ. . . þ Cn0 ðxÞyn ðxÞ ¼ f ðxÞ erfllen. Da die Determinante dieses Gleichungssystems die von Null verschiedene Wronski-Determinante der Fundamentallsungen ist, lassen sich hieraus C10 ðxÞ; C20 ðxÞ; . . . ; Cn0 ðxÞ und damit C1 ðxÞ; C2 ðxÞ; . . . ; Cn ðxÞ durch Quadraturen bestimmen. Beispiel: L½y ¼ y00 y ¼ 4 exp x: – Es bilden y1 ðxÞ ¼ exp x und y2 ðxÞ ¼ expðxÞ auf R ein Fundamentalsystem von L[y]=0 mit
exp x expðxÞ
WðxÞ ¼
¼ 2 6¼ 0: Die allgemeine Lsung von exp x expðxÞ
L[y]=0 lautet daher yH ðxÞ ¼ C1 exp x þ C2 expðxÞ. Der Ansatz yP ðxÞ ¼ C1 ðxÞ exp x þ C2 ðxÞ expðxÞ fhrt auf das Gleichungssystem C10 ðxÞ exp x þ C20 ðxÞ expðxÞ ¼ 0; C10 ðxÞ exp x C20 ðxÞ expðxÞ ¼ 4 exp x: Aus ihm folgt C10 ðxÞ ¼ 2; C20 ðxÞ ¼ 2 expð2xÞ und integriert C1 ðxÞ ¼ Damit lautet eine partikulre Lsung der inhomogenen Dgl. L½y ¼ 4 exp x yP ðxÞ ¼ C1 ðxÞ exp x þ C2 ðxÞ expðxÞ ¼ ð2x 1Þ exp x: Mit ihr ergibt sich die allgemeine Lsung
z.B. lj ¼ a þ ib; dann treten auch die konjugiert komplexen lj ¼ lk ¼ a ib mit der gleichen Vielfachheit auf. Die Funktionen expðlj xÞ ¼ expða þ ibÞx und expðlj xÞ ¼ expða ibÞx knnen aufgrund der Euler-Formel expðijÞ ¼ cos j þ i sin j durch expðaxÞ cosðbxÞ und expðaxÞ sinðbxÞ ersetzt werden, so daß das Fundamentalsystem nur reellwertige Funktionen enthlt. Beispiel: L½y ¼ y00 þ 2ay0 þ by ¼ 0: Charakteristische Gleichung l2 þ 2al þ b ¼ 0 mit der Diskriminanten D ¼ a2 b: pffiffiffiffi D > 0: Es existieren zwei verschiedene reelle Wurzeln l1 ¼ a þ D pffiffiffiffi oder l2 ¼ a D: Das Fundamentalsystem besteht aus pffiffiffiffi pffiffiffiffi y1 ðxÞ ¼ expðaxÞ expð DxÞ; y2 ðxÞ ¼ expðaxÞ expð DxÞ: Die allgemeine Lsung ist
pffiffiffiffi pffiffiffiffi yðxÞ ¼ expðaxÞ½C1 expð DxÞ þ C2 expð DxÞ:
D ¼ 0: Es existiert eine doppelte reelle Wurzel l1 ¼ l2 ¼ a: Das Fundamentalsystem besteht aus y1 ðxÞ ¼ expðaxÞ, y2 ðxÞ ¼ x expðaxÞ. Die allgemeine Lsung ist yðxÞ ¼ expðaxÞðC1 þ C2 xÞ. D < 0: Es existieren zwei konjugiert komplexe Wurzeln pffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffi l1 ¼ a þ i D oder l2 ¼ a i D: Das Fundamentalsystem besteht aus pffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffi y1 ðxÞ ¼ expðaxÞ expði DxÞ; y2 ðxÞ ¼ expðaxÞ expði DxÞ oder
pffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffi y1 ðxÞ ¼ expðaxÞ cos Dx; y2 ðxÞ ¼ expðaxÞ sin Dx:
yðxÞ ¼ yH ðxÞ þ yP ðxÞ ¼ C1 exp x þ C2 expðxÞ þ ð2x 1Þ exp x; C1 ; C2 2 R:
Superpositionsprinzip. Sind yP1 ðxÞ und yP2 ðxÞ partikulre Lsungen der inhomogenen Dgln. L½y ¼ f1 ðxÞ und L½y ¼ f2 ðxÞ, dann ist yP1 ðxÞ þ yP2 ðxÞ eine partikulre Lsung der inhomogenen Dgl. L½y ¼ f1 ðxÞ þ f2 ðxÞ.
Die allgemeine Lsung lautet in komplexer bzw. reeller Darstellung pffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffi yðxÞ ¼ expðaxÞðC1 expði DxÞ þ C2 expði DxÞÞ; pffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffi yðxÞ ¼ expðaxÞðC1 cos Dx þ C2 sin DxÞ:
Inhomogene Differentialgleichung 8.1.5 Lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten Bei ihnen treten an die Stelle der Funktionen p0 ðxÞ; p1 ðxÞ; . . . ; pn1 ðxÞ aus Gl. (16) die Konstanten a0 ; a1 ; a2 ; . . . ; an1 2 R; so daß L½y ¼yðnÞ þ an1 yðn1Þ þ an2 yðn2Þ þ . . . þ a1 y0 þ a0 y ¼ f ðxÞ:
ð18Þ
Strfunktion. In den meisten Anwendungsfllen lautet sie ð2Þ f ðxÞ ¼ ðPð1Þ n ðxÞ cos bx þ Pm ðxÞ sin bxÞ expðaxÞ;
ð20Þ ð1Þ
a und b sind reelle Zahlen, die auch Null sein knnen. Pn ð2Þ
Homogene Differentialgleichung Charakteristische Gleichung und Fundamentalsystem. Durch Einsetzen von yðxÞ ¼ expðlxÞ in die homogene Dgl. L[y]=0 ergibt sich die charakteristische Gleichung zu Pn ðlÞ ¼ln þ an1 ln1 þ an2 ln2 þ . . . þ a1 l þ a0 ¼ 0:
Sie lautet L[y]=f(x). Ist ein Fundamentalsystem der homogenen Dgl. L[y]=0 bekannt, so kann durch Variation der Konstanten stets eine partikulre Lsung von L[y]=f(x) bestimmt werden (s. A 8.1.4).
und Pm sind Polynome mit dem Grad n bzw. m, wobei auch ein Polynom identisch Null sein kann. Fr diese Strfunktion f ergibt sich eine partikulre Lsung von L[y ]=f(x) einfacher durch den Ansatz ð1Þ
ð19Þ
Die linke Seite ist ein Polynom n-ten Grads (s. A 2.3.2). Die n Zahlen l1 ; l2 ; l3 ; . . . ; ln mgen ein vollstndiges System von Nullstellen des Polynoms Pn bzw. von Wurzeln der charakteristischen Gleichung bilden. Es sind zu unterscheiden: Verschiedene Wurzeln. Alle l1 ; l2 ; l3 ; . . . ; ln sind voneinander verschieden. Ein Fundamentalsystem der homogenen Dgl. (18) besteht dann aus den Funktionen y1 ðxÞ ¼ expðl1 xÞ, y2 ðxÞ ¼ expðl2 xÞ, . . . ; yn ðxÞ ¼ expðln xÞ. Mehrfache Wurzeln. Unter den l1 ; l2 ; l3 ; . . . ; ln treten einige mehrfache auf. Ist li in dem vollstndigen System der Wurzeln k-mal enthalten (k-fache Wurzel), so treten fr diese Wurzel li im Fundamentalsystem die k Funktionen y1 ðxÞ ¼ auf. expðli xÞ; y2 ðxÞ ¼ x expðli xÞ; . . . ; yk ðxÞ ¼ xk1 expðli xÞ Sind einige der Wurzeln des vollstndigen Systems komplex,
ð2Þ
yP ðxÞ ¼ xr ðQM ðxÞ cos bx þ QM ðxÞ sin bxÞ expðaxÞ: ð1Þ
ð21Þ
ð2Þ
QM und QM sind zwei Polynome mit dem Grad M ¼ maxðm; nÞ; und r ^ 0 gibt die Vielfachheit von a ib als Wurzel der charakteristischen Gl. (19) an. r=0 bedeutet, daß a ib keine Wurzel ist. Die in diesem Ansatz auftretenden ð1Þ
ð2Þ
unbestimmten Koeffizienten der Polynome QM und QM werden nach Einsetzen von yP ðxÞ in die Dgl. durch Koeffizientenvergleich bestimmt. Ein Ersatz der Funktionen cos bx und sin bx in Gl. (20) nach der Euler-Formel mit cos bx ¼ ð1=2Þ½expðibxÞ þ expðibxÞ und 1 sin bx ¼ ½expðibxÞ expðibxÞ 2i bringt oft Vereinfachungen der Gl. (21). Beispiel: L½y ¼ y00 þ y ¼ x sin x: – Es gilt a=0 und b=1, d.h. a ib ¼ i: Aus der charakteristischen Gleichung l2 þ 1 ¼ 0 folgt
I8.1 l ¼ i; so daß a ib einfache Wurzeln der charakteristischen Gleichung sind, also r=1. Da außerdem M=1 ist, lautet der Ansatz fr eine partikulre Lsung
Einsetzen von yP ðxÞ in die Dgl. fhrt auf L½yP ¼ð2B0 þ 2A1 Þ cos x þ 4B1 x cos x þ ð2A0 þ 2B1 Þ sin x 4A1 x sin x ¼ x sin x: 4B1 ¼ 0; Koeffizientenvergleich ergibt 2B0 þ 2A1 ¼ 0; 2A0 þ 2B1 ¼ 0; 4A1 ¼ 1; so daß A0 ¼ B1 ¼ 0; A1 ¼ 1=4; Damit lautet eine partikulre Lsung B0 ¼ 1=4: yP ðxÞ ¼ ð1=4Þx2 cos x þ ð1=4Þx sin x:
Stabilittskriterium von Hurwitz Viele physikalischen System werden durch lineare Dgln. mit konstanten Koeffizienten beschrieben. Soll das System stabil sein, so muß die Lsung der homogenen Dgl. mit wachsendem Argument gegen Null abklingen. Diese Lsung ist aber eine Summe von Funktionen der Form xr ½PðxÞ cos bx þ QðxÞ sin bx expðaxÞ; wobei P und Q Polynome sind, r ^ 0 ganzzahlig ist und a ib Wurzeln der charakteristischen Gleichung sind. Diese Funktionen nehmen mit wachsendem Argument x genau dann gegen Null ab, wenn der Realteil der Wurzeln negativ ist. Die Wurzeln der Gleichung a0 ln þ a1 ln1 þ a2 ln2 þ a3 ln3 þ . . . þ an1 l þ an ¼ 0 ða0 > 0; ai 2 RÞ besitzen genau dann negative Realteile, wenn die Determinanten positiv sind:
a1 a0
; D1 ¼ a1 ; D2 ¼
a3 a2
a1 a0 0 0
a1 a0 0
a a a a
3 2 1 0
D3 ¼ a3 a2 a1 ; D4 ¼
a5 a4 a3 a2
a5 a4 a3
a a a a
7 6 5 4
a1 a0 0 0 0 0 . . . 0
a2 a1 a0 0 0 . . . 0
a3
Dn ¼
a5 a4 a3 a2 a1 a0 . . . 0
.......................................
a2n1 a2n2 a2n3 an
ðak ¼ 0 fr k > nÞ: 00
0
Beispiel: y þ 3y þ 4y þ 2y ¼ 0: – Charakteristische Gleichung
3 1
¼ l3 þ 3l2 þ 4l þ 2 ¼ 0; a0 ¼ 1 > 0: Es gilt D1 ¼ 3 > 0, D2 ¼
2 4
3 1 0
10 > 0, D3 ¼
2 4 3
¼ 20 > 0, d.h., alle Wurzeln haben negative
0 0 2
Realteile undlauten l1 ¼ 1 þ i;l2 ¼ 1 i;l3 ¼ 1:
A
Homogene Differentialgleichung Sie lautet ð23Þ
Fundamentalsystem. Bilden die Vektorfunktionen 1 0 y11 ðxÞ C B B y21 ðxÞ C C B y1 ðxÞ ¼ B . C; C B. A @. 0
yn1 ðxÞ y12 ðxÞ
1
0
y1n ðxÞ
1
ð24Þ
B C B C B y22 ðxÞ C B y2n ðxÞ C B C B C y2 ðxÞ ¼ B . C; . . . ; yn ðxÞ ¼ B . C B. C B. C @. A @. A yn2 ðxÞ
ynn ðxÞ
ein System von n Lsungen der Dgl. (23) und ist fr alle x 2 R die Determinante WðxÞ ¼ Dðy1 ðxÞ; y2 ðxÞ; . . . ; yn ðxÞÞ
y11 ðxÞ y12 ðxÞ y13 ðxÞ . . . y1n ðxÞ
y21 ðxÞ y22 ðxÞ y23 ðxÞ . . . y2n ðxÞ
¼
6¼ 0;
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
yn1 ðxÞ yn2 ðxÞ yn3 ðxÞ . . . ynn ðxÞ
dann heißt dieses System ein Fundamentalsystem von Lsungen. Allgemeine Lsung. Sie lautet mit Gl. (24) yðxÞ ¼ C1 y1 ðxÞ þ C2 y2 ðxÞ þ C3 y3 ðxÞ þ . . . þ Cn yn ðxÞ: Fr jede Anfangsbedingung yðx0 Þ ¼ b mit x0 2 R und b 2 Rn knnen dann die Konstanten C1 ; C2 ; . . . ; Cn aus der allgemeinen Lsung eindeutig bestimmt werden. Zur Ermittlung eines 0 1 c1 B c2 C B C Fundamentalsystems wird yðxÞ ¼ c expðlxÞ mit c ¼ B .. C @. A cn angesetzt, wobei c1 ; c2 ; . . . ; cn und l unbestimmte Konstanten sind. Einsetzen in Gl. (23) fhrt auf die Vektorgleichung Ac ¼ lc oder ðA lEÞc ¼ 0 mit E als Einheitsmatrix. Sie stellt ein lineares homogenes Gleichungssystem mit n Gleichungen und n Unbekannten c1 ; c2 ; . . . ; cn dar und hat nur dann vom Nullvektor verschiedene Lsungsvektoren c, wenn die Determinante der Matrix A lE Null ist (s. Gl. (25)). Charakteristische Gleichung. Fr die Dgl. y0 ¼ Ay bzw. die Matrix A lautet sie
8.1.6 Systeme von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten Solche Systeme lassen sich auf ein Normalsystem von linearen Dgln. 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten zurckfhren. y01 ¼ a11 y1 þ a12 y2 þ a13 y3 þ . . . þ a1n yn þ f1 ðxÞ y02 ¼ a21 y1 þ a22 y2 þ a23 y3 þ . . . þ a2n yn þ f2 ðxÞ ................................................... y0n ¼ an1 y1 þ an2 y2 þ an3 y3 þ . . . þ ann yn þ fn ðxÞ aik 2 R ði; k ¼ 1; 2; 3; . . . ; nÞ oder y0 ¼ Ay þ f ðxÞ:
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y0 ¼ Ay:
yP ðxÞ ¼ x½ðA0 þ A1 xÞ cos x þ ðB0 þ B1 xÞ sin x:
000
Gewhnliche Differentialgleichungen
ð22Þ
Die Dgl. fr die Vektorfunktion y heißt homogen, wenn f ðxÞu 0, sonst inhomogen.
DetðA lEÞ ¼ jA lEj
a11 l
a12 a13 a14 . . . a1n
¼ a21 a22 l a23 a24 . . . a2n
¼ 0:
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
an1 an2 an3 an4 . . . ann l
ð25Þ
Sie ist eine algebraische Gleichung n-ten Grads in l. Bilden l1 ; l2 ; l3 ; . . . ; ln ein vollstndiges System von Wurzeln dieser Gleichung, so sind zwei Flle zu unterscheiden: Verschiedene Wurzeln. l1 ; l2 ; . . . ; ln unterscheiden sich voneinander. Fr jedes li ði ¼ 1; 2; 3; . . . ; nÞ liefert die Gleichung ðA li EÞc ¼ 0 einen Lsungsvektor ci . Die Lsungsvektoren c1 ; c2 ; . . . ; cn sind voneinander linear unabhngig, und die Vektorfunktionen y1 ðxÞ ¼ c1 expðl1 xÞ; y2 ðxÞ ¼ c2 expðl2 xÞ; . . ., yn ðxÞ ¼ cn expðln xÞ bilden ein Fundamentalsystem, so
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A
Mathematik – 8 Differentialgleichungen
daß die allgemeine Lsung yðxÞ ¼C1 c1 expðl1 xÞ þ C2 c2 expðl2 xÞ þ . . . þ Cn cn expðln xÞ lautet. Tritt in dem vollstndigen System der Wurzeln eine komplexe Wurzel auf, z.B. l1 ¼ a þ ib, dann ist in dem System auch die konjugiert komplexe Wurzel, z.B. l2 ¼ l1 ¼ a ib, enthalten. Mit y1 ¼ c1 expðl1 xÞ ist dann auch die konjugiert komplexe Vektorfunktion y1 ðxÞ ¼ y2 ðxÞ eine Lsung bezglich der Wurzel a- ib. Diese beiden komplexen Lsungen knnen durch die beiden reellen Lsungsvektoren y1 ðxÞ þ y2 ðxÞ und 2 y1 ðxÞ y2 ðxÞ Imðy1 ðxÞÞ ¼ 2i Reðy1 ðxÞÞ ¼
ersetzt werden, die dem Real- und Imaginrteil von y1 ðxÞ entsprechen. y01 ¼ y1 þ y2 1 1 : – Die oder y0 ¼ Ay mit A ¼ y02 ¼ 2y1 y2 2 1
1 l
1
charakteristische Gleichung lautet jA lEj ¼
¼ l2 þ 1 2 1 l
und hat die Wurzeln l1; 2 ¼ i. Die Vektoren c ergeben sich aus ðA iEÞc ¼ 0 bzw. ðA þ iEÞc ¼ 0 oder ausfhrlicher Beispiel:
ð1 iÞc1 þ ð1 þ iÞc1 þ c2 ¼ 0; c2 ¼ 0; bzw: 2c1 þð1 iÞc2 ¼ 0; 2c1 þð1 þ iÞc2 ¼ 0: Bei beiden Gleichungssystemen folgt jeweils eine Gleichung aus der und c beliebig whlbar ist. Mit anderen, so daß eine der Grßen c1 2 1 1 c1 ¼ 1 ergeben sich dann c1 = und c2 ¼ und da1 þ i 1 i 1 1 expðixÞ und y2 ðxÞ ¼ expðixÞ. mit y1 ðxÞ ¼ 1 þ i 1 i Die Lsungsvektoren y1 ðxÞ und y2 ðxÞ bilden ein Fundamentalsystem. Die Lsung y2 ðxÞ kann auch direkt aus y1 ðxÞ durch Ersetzen von i durch i gewonnen werden. Aus den beiden Lsungen lassen sich die beiden reellen Darstellungen herleiten. 1 0 cos x ~y1 ðxÞ ¼ Reðy1 ðxÞÞ ¼ cos x sin x ¼ ; 1 1 cos x sin x 1 0 sin x ~y2 ðxÞ ¼ Imðy1 ðxÞÞ ¼ sin x þ cos x ¼ : 1 1 sin x þ cos x Fr die Determinante aus beiden Lsungen gilt
cos x sin x
¼ 1: Detð~y1 ðxÞ; ~y2 ðxÞÞ ¼
cos x sin x sin x þ cos x
Die allgemeine Lsung der Dgl. lautet cos x sin x þ C2 : yðxÞ ¼ C1 cos x sin x sin x þ cos x
Mehrfache Wurzeln. Die Wurzel li tritt r-mal auf. Die Lsungen, die der r-fachen Wurzel li im Fundamentalsystem entsprechen, folgen aus dem Ansatz yðxÞ ¼ ðc0 þ c1 x þ c2 x2 þ . . . þ cr1 xr1 Þ expðli xÞ; wobei c0 ; c1 ; . . . ; cr1 unbestimmte Vektoren sind. Wird die Funktion yðxÞ in Dgl. (23) eingesetzt, so ergibt sich ein algebraisches System von linearen Gleichungen fr die Vektorkoordinaten, von denen r entsprechend der Vielfachheit der Wurzel li beliebig whlbar sind. 0 1 y01 ¼ y2 0 1 0 Beispiel: y02 ¼ y3 oder y0 ¼ @ 0 0 1 Ay: – Die charakterisy03 ¼ y2 þ 2y3 0 1 2
l 1 0
¼ lðl 1Þ2 ¼ 0 tische Gleichung lautet jA lEj ¼
0 l 1
0 1 2 l
und hat das vollstndige System der Wurzeln l1 ¼ 0; l2; 3 ¼ 1 mit 1 als Doppelwurzel. Der einfachen Wurzel 0 entspricht der Lsungsansatz y1 ðxÞ ¼ c ¼ 0
1 0 10 1 0 1 c1 0 1 0 c1 0 @ c2 A mit der Gleichung Ac ¼ @ 0 0 1 A@ c2 A ¼ @ 0 A: Hieraus 0 1 2 0 c3 c3 0 1 0 1 c1 1 folgt c2 ¼ 0; c3 ¼ 0Þ und c1 beliebig, so daß c ¼ @ 0 A ¼ c1 @ 0 A mit 0 0 beliebigem c1 . Fr c1 ¼ 1 ergibt sich damit die partikulre Lsung 0 1 1 y1 ðxÞ ¼ @ 0 A: 0 Fr die Doppelwurzel wird der Ansatz gemacht 0 1 a1 þ b1 x yðxÞ ¼ ða þ bxÞ exp x ¼ @ a2 þ b2 x A exp x: a3 þ b3 x Einsetzen in die Dgl. fhrt auf die Gleichung 0 1 0 10 1 0 1 b1 0 1 0 a1 þ b1 x a1 þ b 1 x @ b2 A exp x þ @ a2 þ b2 x A exp x ¼ @ 0 0 1 A@ a2 þ b2 x A exp x a3 þ b3 x a3 þ b3 x b3 0 1 2 oder 0
1 0 1 a1 þ b1 b1 B C B C @ a2 þ b2 A exp x þ @ b2 Ax exp x a3 þ b3 b3 0 1 0 1 a2 b2 B C B C ¼@ a3 b3 A exp x þ @ Ax exp x: a2 þ 2a3 b2 þ 2b3
Koeffizientenvergleich fhrt auf das algebraische lineare Gleichungssystem mit sechs Gleichungen und sechs Unbestimmten. a1 þ b1 ¼ a2 ; a2 þ b2 ¼ a3 ; a3 þ b3 ¼ a2 þ 2a3 ; b1 ¼ b2 ; b2 ¼ b3 ; b3 ¼ b2 þ 2b3 : Aus den letzten drei0Gleichungen 1 0 folgt 1 b1 ¼ b2 ; b3 ¼ b2 mit beliebi1 b2 @ A @ gem b2 , so daß b ¼ b2 ¼ b2 1 A mit beliebigem b2 . 1 b2 Die brigen drei Gleichungen lauten damit a1 a2 þ b2 ¼ 0; a2 a3 þ b2 ¼ 0; a2 a3 þ b2 ¼ 0, woraus sich ergibt a1 ¼ a2 b2 ; a3 ¼ a2 þ b2 mit beliebigen a2 ; b2 , so daß 0 1 0 1 0 1 0 1 1 1 a2 b2 a1 a ¼ @ a2 A ¼ @ a2 A ¼ a2 @ 1 A þ b2 @ 0 A: 1 1 a3 a2 þ b2
Damit ergibt sich fr yðxÞ die Darstellung 0 1 0 1 1 1 þ x yðxÞ ¼ ða þ bxÞ exp x ¼ a2 @ 1 A exp x þ b2 @ x A exp x: 1 1þx
Die Fundamentallsungen zur Doppelwurzel 1 lauten damit 0 1 0 1 1 1 þ x y2 ðxÞ ¼ @ 1 A exp x; y3 ðxÞ ¼ @ x A exp x: 1 1þx Zusammen mit y1 ðxÞ bilden sie ein Fundamentalsystem, und die allgemeine Lsung der Dgl. ist 0 1 0 1 0 1 1 1 1 þ x yðxÞ ¼ C1 @ 0 A þ C2 @ 1 A exp x þ C3 @ x A exp x: 0 1 1þx
I8.1
A 91
Einsetzen der allgemeinen Lsung
Inhomogene Differentialgleichung
yH ðxÞ ¼ C1 y1 ðxÞ þ C2 y2 ðxÞ
Sie lautet y0 ¼ Ay þ f ðxÞ:
Gewhnliche Differentialgleichungen
ð26Þ
Ist yH ðxÞ die allgemeine Lsung der homogenen Dgl. y0 ¼ Ay und yP ðxÞ eine partikulre Lsung der inhomogenen Dgl. y0 ¼ Ay þ f ðxÞ; dann ist yðxÞ ¼ yH ðxÞ þ yP ðxÞ eine allgemeine Lsung der inhomogenen Dgl. Bilden die Funktionen y1 ðxÞ; y2 ðxÞ; . . . ; yn ðxÞ ein Fundamentalsystem von Lsungen der homogenen Dgl., so lautet yP ðxÞ ¼ C1 ðxÞy1 ðxÞþ C2 ðxÞy2 ðxÞ þ . . . þ Cn yn ðxÞ; wobei die Funktionen C1 ðxÞ; C2 ðxÞ; . . . ; Cn ðxÞ gemß der Variation der Konstanten durch die Gleichung C10 ðxÞy1 ðxÞ þ C20 ðxÞy2 ðxÞ þ C30 ðxÞy3 ðxÞ þ . . . þ Cn0 ðxÞyn ðxÞ ¼ f ðxÞ bestimmt sind.
von L[y]=0 in die Randbedingungen fhrt auf das Gleichungssystem C1 R1 ½y1 ðaÞ þ C2 R1 ½y2 ðaÞ ¼ 0; C1 R2 ½y1 ðbÞ þ C2 R2 ½y2 ðbÞ ¼ 0 mit der Systemdeterminante
R ½y ðaÞ R1 ½y2 ðaÞ
: D ¼
1 1 R2 ½y1 ðbÞ R2 ½y2 ðbÞ
Es hat stets die Lsungen C1 ¼ C2 ¼ 0, so daß y(x) 0 stets eine triviale Lsung der homogenen Randwertaufgabe ist. Nichttriviale Lsungen gibt es genau dann, wenn D=0 ist.
y01 ¼ y2 þ 2 0 1 2 oder y0 ¼ Beispiel: yþ .– y02 ¼ y1 þ 2 exp x 1 0 2 exp x 1 1 exp x und y2 ðxÞ ¼ expðxÞ y1 ðxÞ ¼ 1 1
Beispiel: L½y ¼ y00 þ y ¼ 0; R1 ½yð0Þ ¼ yð0Þ ¼ 0; R2 ½yðpÞ ¼ yðpÞ ¼ 0: – Die Funktionen y1 ðxÞ ¼ cos x und y2 ðxÞ ¼ sin x bilden ein Fundamentalsystem, so daß die allgemeine Lsung yðxÞ ¼ C1 cos xþ lautet. Einsetzen in die Randbedingungen R1 und R2 fhrt auf die Gleichungen R1 ½yð0Þ ¼ yð0Þ ¼ C1 1 þ C2 0 ¼ 0; R2 ½yðpÞ ¼ yðpÞ ¼ C1 ð1Þþ woraus C1 ¼ 0 folgt, so daß yðxÞ ¼ C2 sin x fr beliebiges C2 eine Lsung ist.
bilden ein Fundamentalsystem von Lsungen der homogenen Dgl. Die Funktionen C1 ðxÞ und C2 ðxÞ bestimmen sich aus der Gleichung 1 1 2 C10 ðxÞ exp x þ C20 ðxÞ expðxÞ ¼ oder 1 1 2 exp x C10 ðxÞ exp x þ C20 ðxÞ expðxÞ ¼ 2 und
Inhomogene Randwertaufgabe. L[y]=f(x), R1 ½yðaÞ ¼ A; R2 ½yðbÞ ¼ B: Es sei yP ðxÞ eine partikulre Lsung der inhomogenen Dgl. L[ y]=f(x), so daß deren allgemeine Lsung yðxÞ ¼ C1 y1 ðxÞ þ C2 y2 ðxÞ þ yP ðxÞ fr beliebige C1 ; C2 ist. Einsetzen von y(x) in die Randbedingungen fhrt auf das Gleichungssystem
C10 ðxÞ exp x C20 ðxÞ expðxÞ ¼ 2 exp x:
Hieraus folgen C10 ðxÞ ¼ expðxÞ þ 1; C20 ðxÞ ¼ exp x exp 2x; C1 ðxÞ ¼ x expðxÞ; C2 ðxÞ ¼ exp x ð1=2Þ exp 2x: Damit lautet eine partikulre Lsung der inhomogenen Dgl. 1 yP ðxÞ ¼ ½x expðxÞ exp x 1 1 þ ½exp x ð1=2Þ exp 2x expðxÞ 1 x exp x ð1=2Þ exp x ¼ : x exp x þ ð1=2Þ exp x 2
C1 R1 ½y1 ðaÞ þ C2 R1 ½y2 ðaÞ ¼ A yP ðaÞ; C1 R2 ½y1 ðbÞ þ C2 R2 ½y2 ðbÞ ¼ B yP ðbÞ mit der Systemdeterminante
R ½y ðaÞ R1 ½y2 ðaÞ
: D ¼
1 1 R2 ½y1 ðbÞ R2 ½y2 ðbÞ
Ist D 6¼ 0, so gibt es ein Lsungspaar ðC1 ; C2 Þ, und die inhomogene Randwertaufgabe hat genau eine Lsung. Fr D=0 existieren nur in Sonderfllen Lsungen. 8.1.8 Eigenwertaufgabe
8.1.7 Randwertaufgabe Sie besteht darin, Lsungen y(x) fr eine Dgl. der Ordnung n zu bestimmen, die mit ihren Ableiten yðiÞ ðxÞ; 1 % i % n– 1, in zwei Randstellen x=a und x=b oder auch mehr, n voneinander unabhngige Randbedingungen erfllen. Sie kann keine oder genau eine Lsung oder mehrere (sogar unendlich viele) Lsungen haben. Beispiel: Die Dgl. y00 þ y ¼ 0 hat fr die Randbedingungen y(0)=0 und yðpÞ ¼ 1 keine Lsung, y(0)=0 und yðp=2Þ ¼ 1 genau eine Lsung yðxÞ ¼ sin x; y(0)=0 und yðpÞ ¼ 0 unendliche viele Lsungen y ¼ C sin x:
Lineare Randwertaufgabe. Bei ihr sind die Dgl. sowie die Randbedingungen linear in y und deren Ableitungen. Eine besonders hufige Aufgabe fr eine Dgl. 2. Ordnung lautet L½y ¼ y00 þ pðxÞy0 þ qðxÞy ¼ f ðxÞ mit den Randbedingungen R1 ½yðaÞ ¼ a1 yðaÞ þ a2 y0 ðaÞ ¼ A, R2 ½yðbÞ ¼ b1 yðbÞþ b2 y0 ðbÞ ¼ B, wobei p, q und f stetige Funktionen auf [a, b] und a1 ; a2 ; b1 ; b2 ; A; B Konstanten sind. Die Randwertaufgabe heißt homogen, falls A=B=0 und f(x)=0, sonst inhomogen. Die Funktionen y1 ðxÞ und y2 ðxÞ sollen ein Fundamentalsystem von Lsungen der homogenen Dgl. L[y]=0 bilden, deren allgemeine Lsung yH ðxÞ ¼ C1 y1 ðxÞ þ C2 y2 ðxÞ ist, wobei C1 ; C2 beliebige Konstanten sind. Homogene Randwertaufgabe L½y ¼ 0; R1 ½yðaÞ ¼ R2 ½yðbÞ ¼ 0:
Eine homogene Randwertaufgabe heißt Eigenwertaufgabe, wenn die Dgl. oder die Randbedingungen noch einen Parameter l enthalten. Parameterwerte, fr die nichttriviale Lsungen existieren, heißen Eigenwerte und die entsprechenden Lsungen Eigenfunktionen. Beispiel: L½y ¼ y00 þ ly ¼ 0; R1 ½yð0Þ ¼ yð0Þ ¼ 0; R2 ½yðpÞ ¼ yðpÞ ¼ 0: Fallunterscheidung: pffiffiffi pffiffiffi l > 0. Fundamentalsystem y1 ðxÞ ¼ cos lx; y2 ðxÞ ¼ sin lx: Allgepffiffiffi pffiffiffi meine Lsung yðxÞ ¼ C1 cos lx þ C2 sin lx: Randbedingungen liepffiffiffi pffiffiffi fern yð0Þ ¼ C1 ¼ 0; yðpÞ ¼ C1 cos lp þ C2 sin lp ¼ 0; woraus pffiffiffi C2 sin lp ¼ 0 folgt. Damit die Eigenwertaufgabe nichttriviale Lpffiffiffi pffiffiffi sungen besitzt, muß C2 6¼ 0 und sin lp ¼ 0 oder lp ¼ np sein, d.h. ln ¼ n2 ðn ¼ 1; 2; 3; . . .Þ: Sie hat also fr l>0 die Eigenwerte ln ¼ n2 und die Eigenfunktionen yn ðxÞ ¼ Cn sin nx. l ¼ 0 und damit L½y ¼ y00 ¼ 0. Fundamentalsystem y1 ðxÞ ¼ 1; y2 ðxÞ ¼ x: Allgemeine Lsung der Dgl. yðxÞ ¼ C1 þ C2 x: Randbedingungen liefern yð0Þ ¼ C1 ¼ 0; yðpÞ ¼ C1 þ C2 p ¼ 0: Hieraus folgt C1 ¼ 0 und C2 ¼ 0, d.h. es existiert nur die triviale Lsung. l < 0: Fundamentalsystem pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi y1 ðxÞ ¼ expð lxÞ; y2 ðxÞ ¼ expð lxÞ: Allgemeine Lsung der Dgl. pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi yðxÞ ¼ C1 expð lxÞ þ C2 expð lxÞ: Randbedingungen liefern
pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi yð0Þ ¼ C1 þ C2 ¼ 0; yðpÞ ¼ C1 expð lpÞ þ C2 expð lpÞ ¼ 0:
A
A 92
A
Mathematik – 8 Differentialgleichungen
Dieses Gleichungssystem hat wegen D 6¼ 0 nur die Lsungen C1 ¼ 0 und C2 ¼ 0 d.h. fr l<0 existiert nur die triviale Lsung. Die Eigenwertaufgabe besitzt also nichttriviale Lsungen nur fr l>0
Gleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten Normalform. Sie lautet fr die lineare Dgl. (27) mit konstanten Koeffizienten A
wobei A, B, C, D, E, F Konstanten sind.
8.2 Partielle Differentialgleichungen 8.2.1 Lineare partielle Differentialgleichungen 2. Ordnung Allgemeine Form Sie lautet fr eine Funktion u mit den beiden Argumenten x und y ¶2 u ¶2 u ¶2 u L½u ¼ Aðx; yÞ 2 þ 2Bðx; yÞ þ Cðx; yÞ 2 ¶x ¶x ¶y ¶y ¶u ¶u þ Dðx; yÞ þ Eðx; yÞ þ Fðx; yÞu ¶x ¶y ¼ f ðx; yÞ:
ð27Þ
Diskriminante. Sie lautet fr Gl. (27)
Aðx; yÞ Bðx; yÞ
¼ Aðx; yÞCðx; yÞ B2 ðx; yÞ: D ¼
Bðx; yÞ Cðx; yÞ
Charakteristische Dgl. So heißt die der partiellen Dgl. (27) zugeordnete gewhnliche Dgl. ð28Þ
Sie lßt sich in zwei lineare Dgln. 1. Ordnung zerlegen und besitzt zwei einparametrische Lsungen, die Charakteristiken jðx; yÞ ¼ C1 und yðx; yÞ ¼ C2 mit den Parametern C1 und C2 . Elliptischer Typus D > 0. Die Charakteristiken sind konjugiert komplex. Durch die Transformation j(x, y)=x+ih und y(x, y)=x- ih wird die Dgl. (27) in die Normalform bergefhrt ¶2 u ¶2 u ¶u ¶u þ þ aðx; hÞ þ bðx; hÞ þ cðx; hÞu ¼ gðx; hÞ: ¶x ¶h ¶x2 ¶h2 Parabolischer Typus D ¼ 0. Die beiden Charakteristiken stimmen berein. Durch die Transformation mit x ¼ jðx; yÞ ¼ yðx; yÞ und h ¼ hðx; yÞ; und
¶ðj; hÞ
jx ¼ ¶ðx; yÞ jy
hx
6¼ 0; hy
wobei h eine beliebige Funktion ist, wird die Dgl. (27) in die Normalform bergefhrt, ¶2 u ¶u ¶u þ aðx; hÞ þ bðx; hÞ þ cðx; hÞu ¼ gðx; hÞ: ¶h2 ¶x ¶h Hyperbolischer Typus D < 0. Die Charakteristiken sind reell und verschieden. Durch die Transformation x ¼ jðx; yÞ und h ¼ yðx; yÞ bzw: x ¼ jðx; yÞ þ yðx; yÞ und h ¼ jðx; yÞ yðx; yÞ wird die partielle Dgl. (27) in die Normalform bergefhrt. 2
Charakteristiken. Es sind in diesem Fall die Geraden pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi B þ B2 AC y¼ x þ C1 und A pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi B B2 þ AC y¼ x þ C2 : A Durch entsprechende Transformation der Koordinaten kann die Dgl. in die Normalform bergefhrt werden. Dabei sind die Koeffizienten a, b und c Konstanten. Wird gemß der Gleichung uðx; hÞ ¼ vðx; hÞ expðax þ bhÞ die neue Funktion u eingefhrt, so knnen nach Einsetzen von u in die Dgl. die Grßen a und b so bestimmt werden, daß zwei Koeffizienten (z.B. die der partielle Ableitungen 1. Ordnung) fr u verschwinden. Damit ergeben sich fr eine lineare partielle Dgl. 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten in den ursprnglichen Bezeichnungen die Normalformen
Sie heißt homogen, wenn f(x, y) 0, sonst inhomogen.
Aðx; yÞy02 2Bðx; yÞy0 þ Cðx; yÞ ¼ 0:
¶2 u ¶2 u ¶2 u ¶u ¶u þ C 2 þ E þ D þ Fu ¼ f ðx; yÞ; þ 2B ¶x2 ¶x ¶y ¶y ¶y ¶y
¶ u ¶u ¶u þ aðx; hÞ þ bðx; hÞ þ cðx; hÞu ¼ gðx; hÞ bzw: ¶x ¶h ¶x ¶h ¶2 u ¶2 u ¶u ¶u þ bðx; hÞ þ cðx; hÞu ¼ gðx; hÞ: þ aðx; hÞ ¶x ¶h ¶x2 ¶h2
¶2 u ¶2 u þ þ au ¼ f ðx; yÞ; ¶x2 ¶y2 ¶2 u þ au ¼ f ðx; yÞ; hyperbolischer Typus ¶x ; ¶y 2 ¶ u ¶2 u þ au ¼ f ðx; yÞ; ¶x2 ¶y2 ¶2 u ¶u þ a ¼ f ðx; yÞ: parabolischer Typus ¶x2 ¶y elliptischer Typus
8.2.2 Trennung der Vernderlichen Eine homogene lineare partielle Dgl. fr eine Funktion uðx1 ; x2 ; . . . ; xn Þ kann oft nach dem Fourierschen Verfahren der Trennung der Vernderlichen mit dem Produktansatz uðx1 ; x2 ; . . . ; xn Þ ¼ U1 ðx1 ÞU2 ðx2 Þ . . . Un ðxn Þ auf gewhnliche Dgln. zurckgefhrt werden. Durch Einsetzen der Funktion u in die Dgl. und Division durch u wird die Dgl. auf die Form F1 ðx1 ; U1 ; U10 ; U100 Þ þ Fðx2 ; x3 ; . . . ; xn ; U2 ; U20 ; U200 ; U3 ; U30 ; U300 ; . . .Þ ¼ 0 gebracht, wobei genau eine der Variablen x1 ; x2 ; . . . ; xn ; z.B. x1 , nur unter F1 und nicht unter F vorkommt. Damit gilt F1 ðx1 ; U1 ; U10 ; U100 Þ ¼ Fðx2 ; x3 ; . . . ; xn ; U2 ; U20 ; U200 ; . . .Þ ¼ l1 ¼ const : Dann ist F1 ðx1 ; U1 ; U10 ; U100 Þ ¼ l1 eine gewhnliche Dgl. fr die Funktion U1 . Fr die 2. Gleichung Fðx2 ; x3 ; . . . ; xn ; U2 ; U20 ; U200 ; . . .Þ ¼ l1 wird eine entsprechende Zerlegung gesucht, usw. Auf diese Weise wird eine Lsung mit n-1 beliebigen Separationskonstanten l1 ; l2 ; . . . ; ln1 gewonnen. 8.2.3 Anfangs- und Randbedingungen Zur vollstndigen Beschreibung eines physikalischen Vorgangs sind neben der Dgl. noch der Anfangszustand und der Zustand am Rand des rumlichen Gebiets, in dem der Vorgang stattfindet, zu bercksichtigen. Dies geschieht durch Vorgabe von Anfangs- und Randbedingungen.
I8.2 Beispiel 1: Freie Schwingung einer begrenzten und beidseitig eingespannten Saite. – Fr die Auslenkung u lautet die Dgl. 2
2
¶ u ¶ u ¼ a2 2 ðhyperbolischerTypusÞ: ¶t2 ¶x
ð29Þ
Randbedingung: u(0, t)=u(l, t)=0 (feste Einspannung an den Enden ¶u ðx; 0Þ ¼ gðxÞ ¶t (Auslenkung und Geschwindigkeit fr t=0). Produktansatz zur Lsung der Dgl.: u(x, t)=X(x)T(t). Einsetzen in die Dgl. (29) fhrt auf T 00 ðtÞXðxÞ ¼ a2 X 00 ðxÞTðtÞ oder T 00 =ða2 TÞ ¼ X 00 =X ¼ l mit l als Separationskonstante. Hieraus ergeben sich T 00 þ a2 lT ¼ 0 und X 00 þ lX ¼ 0. Bercksichtigung der Randbedingungen: u(0, t)= u(l, t)=0 oder X(0)T(t)=0 und X(l)T(t)=0 ergibt wegen TðtÞ 6 0 die Randbedingung X(0)=X(l)=0, so daß fr die Funktion X die Eigenwertaufgabe (s. A 8.1.7) vorliegt; X 00 þ lX ¼ 0 mit X(0)=X(l)=0. Diese besitzt nur fr die positiven Eigenwerte ln ¼ ðnp=lÞ2 nichttriviale Eigenfunknp tionen; Xn ðxÞ ¼ sin x ðn ¼ 1; 2; 3; . . . ; nÞ: l Fr jeden dieser Eigenwerte ergibt sich dann eine Dgl. fr die Funktion T; T 00 þ ðnpa=lÞ2 T ¼ 0 mit der allgemeinen Lsung npa npa Tn ðtÞ ¼ An cos t þ Bn sin t: l l Die unendlichen vielen Funktionen npa npa np t þ Bn sin t sin x; n ¼ 1; 2; 3; . . . ; n un ðx; tÞ ¼ An cos l l l sind dann Lsungen der Dgl. (29) und erfllen die Randbedingungen. Aufgrund der Linearitt und Homogenitt der partiellen Dgl. sowie der Randbedingungen gilt dies auch unter gewissen Voraussetzungen fr die unendliche Funktionenreihe 1 X npa npa np t þ Bn sin t sin x: ð30Þ uðx; tÞ ¼ An cos l l l n¼1 x=0 und x=l). Anfangsbedingung: u(x, 0)= f(x) und
Die Anfangsbedingungen fhren auf die Gleichungen f ðxÞ ¼ uðx; 0Þ ¼ gðxÞ ¼
1 X
An sin
n¼1 1 X
¶u ðx; 0Þ ¼ ¶t
np x; l
Partielle Differentialgleichungen
A 93
An den Enden des Stabs x=0 und x=l seien die konstanten Temperaturen U1 und U2 vorgegeben, so daß die Randbedigung uð0; tÞ ¼ U1 und uðl; tÞ ¼ U2 lautet. Die Temperaturverteilung lngs des Stabs zum Zeitpunkt t=0 sei durch die Anfangsbedingung u(x, 0)=f(x) bestimmt. Zur Lsung wird u(x, t)=u(x)+w(x, t) angesetzt, wobei fr die Funktion u die Bedingungen L½v ¼ v00 ¼ 0; vð0Þ ¼ U1 ; vðlÞ ¼ U2 und fr die 2 ¶2 w Funktion w die Bedingungen L½w ¼ ¶w ¶t a ¶x2 ¼ 0; w(0, t)=w(l, t)=0, w(x, 0)=f(x)-u(x) bestehen. Fr die Funktion u(x, t)=u(x)+w(x, t) gelten dann die Bedingungen der Aufgabe. Die Lsung der Randwertaufgabe fr u lautet vðxÞ ¼
U2 U1 x þ U1 : l
Zur Lsung der Randwert- und Anfangswertaufgabe fr die Funktion w wird der Produktansatz w(x, t)=X(x)T(t) gemacht. Er fhrt auf die 0 00 ðtÞ ðxÞ ¼ XXðxÞ ¼ l mit l als SepaGleichung mit getrennten Variablen aT2 TðtÞ rationskonstante, so daß sich die beiden gewhnlichen Dgln. 00 0 2 X ðxÞ þ lXðxÞ ¼ 0 und T ðtÞ þ la TðtÞ ¼ 0 ergeben. Die Eigenwertaufgabe fr die Funktion X fhrt wie im Beispiel 1 auf die Eigenwerte ln ¼ ðnp=lÞ2 und auf die nichttrivialen Eigenfunktionen Xn ðxÞ ¼ sin npl x fr n ¼ 1; 2; 3; . . . . Dementsprechend ergibt sich fr jedes n=1, 2, 3, . . . die Dgl. T 0 þ ðnpa=lÞ2 T ¼ 0 mit der allgemeinen Lsung Tn ðtÞ ¼ An exp½ðnpa=lÞ2 t, so daß die unendlich vielen Funktionen np npa 2 wn ðx; tÞ ¼ Tn ðtÞXn ðxÞ ¼ An sin x exp t l l Lsungen der Dgl. L[w]=0 sind, die der Randbedingung w(0, t)=w(l, t)=0 gengen. Dies gilt unter gewissen Voraussetzungen auch fr die Funktionenreihe 1 1 X X np npa 2 wðx; tÞ ¼ wn ðx; tÞ ¼ An sin x exp t : ð32Þ l l n¼1 n¼1 Aufgrund der Anfangsbedingung gilt 1 X
np x ¼ f ðxÞ vðxÞ l U2 U1 x þ U1 ¼ FðxÞ; ¼ f ðxÞ l
wðx; 0Þ ¼
npa np Bn sin x: l l n¼1
An sin
n¼1
mp x multipliziert l und ber x von 0 bis l integriert, so ergeben sich wegen
Werden beide Seiten dieser Gleichungen mit sin Z1 sin
np mp x sin x dx ¼ l l
0 fr m 6¼ n l=2 fr m ¼ n
woraus entsprechend Beispiel 1 An ¼
2 l
FðxÞ sin
np x dx l
0
0
die Gleichungen fr die Koeffizienten An und Bn . Z1 An ¼ ð2=lÞ
f ðxÞ sin 0
np 2 x dx und Bn ¼ l npa
¼
Zl gðxÞ sin
np x dx: l
0
Mit diesen Koeffizienten ist dann die Funktion u gemß Gl. (30) die Lsung der Aufgabe. Beispiel 2: Wrmeleitung in einem Stab von endlicher Lnge. – Die Wrmeleitung in einem Stab wird beschrieben durch eine partielle Dgl. der Form L½u ¼
Zl
¶u ¶2 u a2 2 ¼ 0 ðparabolischer TypusÞ: ¶t ¶x
ð31Þ
2 l
Zl
f ðxÞ
U2 U1 x þ U1 l
sin
np x dx l
0
folgt. Damit lautet die Lsung der Anfangswert- und Randwertaufgabe uðx; tÞ ¼ vðxÞ þ wðx; tÞ 1 X U2 U1 np An sin exp½ðnpa=lÞ2 t: x þ U1 þ ¼ l l n¼1
A
A 94
A
Mathematik – 9 Auswertung von Beobachtungen und Messungen
9 Auswertung von Beobachtungen und Messungen H.-J. Schulz, Berlin
9.1 Kombinatorik Die Kombinatorik untersucht die Mglichkeiten zur Anordnung von beliebig gegebenen, endlich vielen Elementen einer Menge. Als Symbole fr die Elemente dienen Buchstaben und Ziffern. Komplexionen. So heißen die Zusammenstellungen der Elemente: Permutation, Variation und Kombination. Hierbei wird unterschieden a) nach der Zahl der Elemente, b) nach den Elementen bei gleicher Zahl, c) nach der Anordnung bei gleichen Elementen und d) nach der Zulssigkeit der Wiederholung von Elementen. Die Vorschriften zur Unterscheidung der Komplexionen sind mit der technischen Aufgabenstellung festgelegt. Beispiel: Wieviel Schraubentypen knnen mit vier Farben (z.B. rot, grn, blau, weiß) gekennzeichnet werden? Alle nach a) vereinbarten Positionen sollen besetzt sein. – Tab. 1.
9.1.1 Permutationen Permutation. Die Komplexion, die aus allen n Elementen (n 2 N) einer endlichen Menge M in irgendeiner Anordnung gebildet werden kann, heißt Permutation der n Elemente. Zwei Permutationen sind genau dann gleich, wenn sie in der Reihenfolge der Elemente bereinstimmen. Ihre Anzahl bei n untereinander verschiedenen Elementen ist Pn ¼ 1 2 3 . . . ðn 1Þ n ¼ n!:
ð1Þ
Inversion. Stehen in einer Permutation zwei Elemente in ihrer natrlichen Reihenfolge vertauscht, so bilden sie eine Inversion. Ist die Zahl der Inversionen gerade (ungerade), so bezeichnet man die Permutation als gerade (ungerade). Der Vertauschungsvorgang zwischen zwei Elementen heißt Transposition. Tritt in der Permutation ein Element n1 -mal auf, so reduziert sich die Anzahl um das 1=n1 ! -fache. Die verschiedenen Permutationen fr n Elemente mit m verschiedenen Arten und den Wiederholungszahlen n1 ; n2 ; . . . ; nm fr jede Art sind n! : n1 !n2 ! . . . nm !
Beispiel 2: n=3; M={1, 2, 3}. – Jedes der drei Elemente kann an der ersten Stelle stehen, dahinter folgen die Permutationen der restlichen zwei Elemente. Also ergibt sich durch vollstndige Induktion, dem Schluß von n auf n+1 nach Prfen des Anfangswerts, P3 ¼ 3 P2 ¼ 1 2 3 ¼ 3! ¼ 6: Beispiel 3: M={r, g, b}={ b, g, r}. – Lexikographische Anordnung der Permutation zu drei Elementen: bgr, brg; gbr, grb; rbg, rgb . In der letzten Permutation stehen r vor g und b sowie g vor b. Sie enthlt also drei Inversionen und ist ungerade. Beispiel ð1; 1; 2Þ
P4
ð2Þ
4:
M ¼ fa; b; c; cg; m ¼ 3; n1 ¼ n2 ¼ 1; n3 ¼ 2:
–
¼ 4!=ð1! 1! 2!Þ ¼ 12:
9.1.2 Variationen Eine Zusammenstellung von k verschiedenen Elementen aus einer Menge mit n verschiedenen Elementen, bei der es auf die Anordnung ankommt, heißt Variation von n Elementen zur k-ten Klasse oder Ordnung ohne Wiederholung. Ihre Anzahl ist VnðkÞ ¼
n! mit k % n: ðn kÞ!
ð3Þ
Kann jedes Element bis zu k-mal wiederholt auftreten, ist die Anzahl k mit k % n oder k > n: VwðkÞ n ¼n
Beispiel
1:
Aus
den
zehn
Ziffern
ð4Þ
ð4Þ 0; 1; 2 . . . 9
kann
man
V10 ¼ 10!=6! ¼ 5 040 vierstellige Zahlen bilden, in denen jede Ziffer nur einmal vorkommt. Beispiel 2: Beim Fußballtoto gibt es n=3 verschiedene Elemente (0, 1, 2), die auf k=11 verschiedenen Positionen mit Wiederholungen in richtiger Reihenfolge angegeben werden mssen. – Es gibt ð11Þ
Vw3
Die Darstellung der verschiedenen Permutationen erfolgt nach der natrlichen Reihenfolge der Elemente (1; 2; 3 . . . oder a; b; c . . .) in einer lexikographischen Anordnung.
1 ; n2 ;...; nm Þ Pðn ¼ n
Beispiel 1: n=2; M={1, 2}. – P2 ¼ 1 2 ¼ 2; Permutationen; 12, 21.
¼ 311 ¼ 177 147 Mglichkeiten.
9.1.3 Kombinationen Komplexionen von k verschiedenen Elementen aus einer Menge von n verschiedenen Elementen ohne Bercksichtigung der Anordnung heißen Kombinationen von n Elementen zur k-ten Klasse ohne Wiederholung. Ihre Anzahl ist n n! ¼ CnðkÞ ¼ k!ðn kÞ! k ð5Þ nðn 1Þðn 2Þ . . . ðn k þ 2Þðn k þ 1Þ : ¼ 1 2 3 . . . ðk 1Þ k Kann jedes Element bis zu k-mal wiederholt auftreten, ist die Zahl nþk1 CwðkÞ : ð6Þ n ¼ k
Tabelle 1. Komplexionen von vier Farben (r rot, g grn, b blau, w weiß)
U. Jarecki, Hans-Joachim Schulz, Dubbel Mathematik, DOI 10.1007/978-3-642-22059-3_9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
I9.3
Ausgleichsrechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate
Beispiel 1: Beim Zahlenlotto 6 aus 49 gibt es 49 48 47 46 45 44 49 ð6Þ C49 ¼ ¼ 13 983 816 Kombinationen ¼ 123456 6
A 95
Tabelle 2. Sonderflle fr die Funktion y ¼ f ðx1 ; x2 Þ
A
Beispiel 2: Die Zahl der Abstimmungskombinationen eines vierkpfigen Gremiums (k=4) mit drei Stimmglichkeiten (ja, nein, enthalten; 6 ð4Þ n=3) ist Cw3 ¼ ¼ 15: 4
9.2 Fehlerrechnung 9.2.1 Fehlerarten Jedes Meßergebnis ist durch Fehler verflscht (s. DIN 1319 Bl. 3). Vermeidbare Fehler, durch Irrtum oder Wahl eines ungeeigneten Verfahrens entstanden, werden von der Fehlerrechnung nicht behandelt und mssen mittels geeigneter Kontrollen vermieden werden. Systematische Fehler, durch Unvollkommenheiten der Meßgerte und Umwelteinflsse entstanden, sind nicht immer vermeidbar, jedoch regelmßig bei wiederholten Messungen. Sofern sie in Vergleichen mit anderen Verfahren erfaßbar sind, mssen sie rechnerisch korrigiert werden. Zufllige Fehler, verursacht durch nicht erkennbare und nicht beeinflußbare nderungen des Meßgerts oder -gegenstands wie Abnutzung, Reibung oder Rauschen, sind unvermeidbar. Sie schwanken bei wiederholten Messungen unter gleichen Bedingungen unregelmßig in ihrer Grße und im Vorzeichen. Meßunsicherheit. Hiermit werden die systematischen und zuflligen Fehler zusammengefaßt, deren Grße aber mit den Methoden der Ausgleichsrechnung (s. A 9.3) und der Statistik (s. A 9.5) desto zuverlssiger abgeschtzt werden kann, je grßer die Zahl der wiederholten Messungen ist. Wahrer Fehler. Er ist die Differenz aus Meßwert xM und wahrem Wert xW der zu messenden Grße; e ¼ xM xW :
ð7Þ
Da er nicht bekannt ist, wird ersatzweise der geschtzte Fehlerwert Dx aus erfaßbaren systematischen Fehlern und statistischen Schwankungen der Meßwerte bestimmt. Der wahre Wert liegt dann mit großer Wahrscheinlichkeit im Intervall xM jDxj < xW < xM þ jDxj und wird in der Form xW ¼ xM Dx angegeben. Absoluter und relativer Fehler. Zum Vergleich der Genauigkeit von Meßverfahren dient nicht der absolute Fehler jDxj; sondern der relative Fehler e=xW Dx=xM ¼ ðDx=xM Þ 100%:
ð8Þ
Weitere Fehler. Sie ergeben sich aus den statistischen Bildungsgesetzen (s. A 9.3 und A 9.5 ). Die Begriffe „Beobachtungswert, -fehler“ werden in der Literatur mit derselben Bedeutung wie „Meßwert, -fehler“ benutzt. Die Anzahl der Stellen bei Zahlenwerten von Fehlern muß so beschaffen sein, daß Rundungsfehler kleiner als die Meßunsicherheit ausfallen, ohne daß eine falsche Genauigkeit vorgetuscht wird. 9.2.2 Fehlerfortpflanzung bei systematischen Fehlern Fr eine Grße y, die von n unabhngigen Meßgrßen x1 ; x2 ; . . . ; xn mit systematischen Fehlern Dx1 ; Dx2 ; . . . ; Dxn gemß y ¼ f ðx1 ; x2 ; . . . ; xn Þ abhngt, ergibt sich der Fehler Dy an der Stelle der Meßwerte mit dem totalen Differential dy ¼
n X i¼1
fxi dxi zu Dy ¼
n X i¼1
fxi Dxi :
ð9Þ
Die Differentiale und die wahren Grßenwerte werden durch die hinreichend kleinen Fehler und die gemessenen Werte ersetzt. Sind die Vorzeichen der Dxi nicht bekannt, gilt der abn X jfxi Dxi j als ungnstigster solute Maximalfehler Dymax ¼ i¼1 Fall (s. Tab. 2). Umgekehrt lßt sich aus der Vorgabe eines zulssigen Fehlers Dy mit Gl. (9) abschtzen, welche Meßfehler Dxi einzuhalten sind, um danach die Meßgerte und das Meßverfahren auszuwhlen. Gleichung (9) ist auch fr die Abschtzung des Einflusses von Rundungsfehlern beim Zahlenrechnen geeignet, da durch die gerundete Stelle ein systematischer Fehler fr die einzelnen Zahlen eingefhrt wird.
Beispiel: In einem Dreieck werden die Seite a 120 mm sowie die Winkel a 40 und b 70 gemessen, um die Seite b nach dem Sinussatz zu berechnen. Wie genau mssen die Grßen gemessen werden, damit der relative Maximalfehler jDbmax =bj % 3 103 wird? – Es gilt b ¼ a sin b= sin a: Logarithmisches Differenzieren ergibt ln b ¼ ln a þ ln sin b ln sin a; Db=b ¼ Da=a þ D sin b= sin b D sin a= sin a; D sin b ¼ Db cos b; jDbmax =bj ¼ jDa=a þ Db cot bj þ jDa cot aj % 3 103 : Diese Gleichung gengt nicht zur Bestimmung der hchstens zulssigen Meßfehler. Sie zeigt aber, daß bei kleinen Winkeln Fehler mit großen Werten aus der cot-Funktion multipliziert werden. Im Bereich der mittleren Winkel ist der relative Fehler gleichmßig auf alle drei Terme zu verteilen. Man erhlt Da < 120 m 103 ¼ und Da < 103 = 0;12 m: Db < 103 = cot 70 ¼ 2;7 103 ¼ 9;50 cot 40 ¼ 8;4 104 ¼ 2;90 also relativ leicht unterschreitbare Meßfehlergrenzen.
9.3 Ausgleichsrechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate 9.3.1 Grundlagen Wahrscheinlichkeitsdichte. Jeder Meßwert ist eine Zufallsgrße X, die durch die Gaußsche Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion oder die zugehrige Gauß-Verteilungsfunktion charakterisiert wird. Die Dichte dafr, daß der Meßwert xM gemessen wird, ist (s. A 9.4.4) ! 1 ðxM xÞ2 f ðxM Þ ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi exp ; ð10Þ 2 2 2s 2ps wobei s2 die Varianz und x der Erwartungswert der „sehr großen“ Grundgesamtheit bedeuten und nicht bekannt sind. Methode der kleinsten Quadrate. Bei n Messungen unter gleichen Bedingungen (Stichprobe vom Umfang n) ist die Dichte fr das Auftreten der Meßwerte xM1 ; xM2 ; . . . ; xMn nach dem Multiplikationssatz, Gl. (29), mit f ðxM1 x; xM2 x; . . . ; xMn xÞ
! n 1 1 X ðxMi x2 Þ ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi n exp 2 2s i¼1 ð 2ps2 Þ
ð11Þ
A 96
A
Mathematik – 9 Auswertung von Beobachtungen und Messungen
gegeben. Fr den unbekannten Erwartungswert x wird aus den xMi der wahrscheinlichste Schtzwert x berechnet, fr den die Dichte f in Gl. (11) maximal ist, also fr n X ðxMi xÞ2 ¼ Minimum:
Tabelle 3. Statistische Sicherheit P
ð12Þ
i¼1
Dies wird als Gaußsche Methode der kleinsten Quadrate bezeichnet. Sie findet auch vielfltige Anwendung in der Approximationstheorie. 9.3.2 Ausgleich direkter Messungen gleicher Genauigkeit Dies ist der mit Gl. (11) beschriebene Fall von n direkten Messungen unter gleichen Meßbedingungen. Mittelwert und Fehler. Aus Gl. (12) folgt durch Differenzieren nach xMi und Nullsetzen x ¼
n 1X xMi : n i¼1
Tabelle 4. Korrekturfaktor t (t-Verteilung nach Student; s. Tab. 9); f Freiheitsgrad, n Anzahl der Messungen, m Anzahl der Meßgrßen, f=n-m
ð13Þ
Der arithmetische Mittelwert x (s. A 2.1.4) ist der wahrscheinlichste Wert fr die wahre Grße x. Die Differenz xMi x ¼ ui heißt wahrscheinlicher Fehler. Als Rechenprobe X fr richtige Mittelwertbildung ist ui ¼ 0 geeignet. Zur Kennzeichnung der Genauigkeit des Mittelwerts x ist der Mittelwert u ¼ 0 der wahrscheinlichen Fehler X X ungeeignet. Die Summe der wahren Fehler ei ¼ ðxMi xÞ ¼ nðx xÞ ist nicht X bekannt, jedoch ist auch ihr Erwartungswert (s. Gl. (36)) Eð ei Þ ¼ 0; weil Ex ¼ x ist. Varianz der Stichprobe. Aus dem X Erwartungswert fr die Summe der Fehlerquadrate folgt Eð v2i Þ ¼ ðn 1Þs2 : An die Stelle der unbekannten Varianz s2 der Grundgesamtheit tritt als Schtzwert die Varianz s2 der Stichprobe: n n 1 X 1 X v2 ¼ ðxMi xÞ2 s2 ¼ n 1 i¼1 i n 1 i¼1 ð14Þ X 1 X 2 ¼ xMi Þ: ð xMi x n1 Standardabweichung. Sie wird zur Kennzeichnung der Genauigkeit herangezogen und lautet mit Gl. vffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ! u n n X X u 1 s¼t x2Mi x xMi : ð15Þ n 1 i¼1 i¼1 Sie nhert sich s fr große Werte von n. Ist s fr eine GaußVerteilung bekannt, so gilt: Von 1000 Einzelmessungen fallen im Mittel k Werte außerhalb des Bereichs entsprechend Tab. 3. Vertrauensbereich. Die Anwendung der Fehlerfortpflanzung fr zufllige Fehler (s. A 9.3.3) auf die Folge der n Einzelmessungen ergibt als Vertrauensbereich fr den arithmetischen Mittelwert x pffiffiffi mx ¼ aP s= n; ð16Þ wobei aP der zur gewhlten statistischen Sicherheit P gehrende Faktor von s des zugehrigen Bereichs ist. Ist s nicht bekannt, so wird aP s durch ts ersetzt, wobei der Korrekturfaktor t von n und P nach Tab. 4 abhngt, also vffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi uX u n u ðxMi xÞ2 u ts t ð17Þ mx ¼ pffiffiffi ¼ t i¼1 nðn 1Þ n ist. Wenn xE der nach Gl. (9) von systematischen Meßfehlern befreite Mittelwert ist, lautet das Ergebnis der n Einzelmessungen x ¼ xE mx fr die statistische Sicherheit P (s. Tab. 4).
pffiffiffi Eine Steigerung der Zahl n wirkt proportional zu 1= n auf den Vertrauensbereich ein, d.h., mit der Steigerung von n auf große Werte (>10) wird die Verbesserung des Vertrauensbereichs immer geringer. Daher ist mindestens n=10 zu whlen. Weitere Bezeichnungen. In der Literatur sind noch hufig zu finden: fr Standardabweichung: mittlerer Fehler der Einzelmessung, mittlerer quadratischer Fehler, mittlere quadratische Abweichung, Streuung; fr Vertrauensbereich bei aP ¼ 1 : mittlerer Fehler des Mittelwerts; fr Varianz: Streuungsquadrat und n X fr xi ¼ ½x Gaußsche Summenkonvention. i¼1
Beispiel: Die Periodendauer eines Schwingungsvorgangs wurde gemessen (Tab. 5). Hierbei gilt Ti = x und u ¼ x xi : Die Standardabpffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi weichung ist nach Gl. (14) s ¼ 2;9935 s2 =ð5 1Þ ¼ 0;86 s. Der Vertrauensbereich ist mit t ¼ 1;15 fr f=5-1=4, die statistische Sicherpffiffiffi heit P ¼ 68;3% (Tab. 4) und mit Gl. (17) mx ¼ 1;15 0;86 s= 5 ¼ 0;44 s: Das Meßergebnis soll keine weiteren systematischen Fehler haben und lautet T ¼ ðT þ mx Þ ¼ ð26;04 0;44Þ s ¼ 26;04 s 1;7%:
9.3.3 Fehlerfortpflanzung bei zuflligen Fehlergrßen Fr eine von zwei voneinander unabhngigen Meßgrßen x, y abhngige Grße z=f(x, ya) wird zur Berechnung von sz als Schtzwert fr die Standardabweichung das totale Differential gebildet und quadriert. Fr praktische Zwecke sind fr die Variablen die Meßwerte xMi ; yMi ; i ¼ 1; 2; . . . ; n; und fr
Tabelle 5. Meßwerte, Schwingungsvorgangs
Fehler
und
Fehlerquadrate
eines
I9.4 dx; dy; dz die kleinen wahrscheinlichen Fehler uxi ; uyi ; uzi einzusetzen und zu summieren. n n 2 n 2 X X X ¶f ¶f v2zi ¼ v2xi þ v2yi ¶x ¶y i¼1 i¼1 i¼1 ð18 aÞ n X ¶f ¶f uxi uyi ¼ 0; mit ¶x ¶y i¼1 weil uxi und uyi gleich wahrscheinlich positiv und negativ sind. Division durch (n-1) und Wurzelziehen ergeben einen Schtzwert sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 2 2 ¶f ¶f sz ¼ s2x þ s2y ð18 bÞ ¶x ¶y fr die Standardabweichung. Dies ist das Gaußsche Gesetz der Fehlerfortpflanzung bei zuflligen Fehlergrßen, das auf mehr als zwei Variable sinngemß erweitert werden kann. Beispiel: Bei der Messung der Fallbeschleunigung g ¼ 4p2 l=T 2 dem Fadenpendel wurde fr die Pendellnge l ¼ 84;93 cm die Schwingungsdauer T ¼ 1;849 s s1 ¼ 2;8 103 cm sT ¼ 3 104 s ermittelt. Mit Gl. (18 b) sowie ¶g=¶l ¼ 4p2 =T 2 2 3 ¶g=¶T ¼ 8p l=T wird dann qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi sg ¼ ð4p2 =T 2 Þ2 s21 þ ð8p2l=T 3 Þ2 s2T qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ ð4p2 2;8 103 cm=1;8492 s2 Þ2
mit mit mit und
þð8p2 84;93 cm 3 104 s=1;8493 s3 Þ2 ¼ 0;32 cm=s2 :
9.3.4 Ausgleich direkter Messungen ungleicher Genauigkeit Soll der Mittelwert einer Meßgrße x aus Messungen nach verschiedenen Methoden gewonnen oder aus Mittelwerten von Meßreihen gleicher Genauigkeit mit unterschiedlichen Stichprobenumfngen errechnet werden, so haben die xMi oder xi verschiedenes Gewicht. Gewichtsfaktor. Hierzu dient die Dichte nach Gl. (11), in der mit jedem Meßwert xMi die zum Meßverfahren gehrende Standardabweichung si einzusetzen ist. Die Methode der kleinsten Quadrate, Gl. (12), und die Gewichtsfaktoren lauten n X ðxMi xÞ=s2i ¼ Minimum und i¼1
Gewichtsfaktoren gelten fr beliebiges s2 und sind als Varianzverhltnisse so definiert, daß dem Meßergebnis mit der grßten Genauigkeit, also mit der kleinsten Standardabweichung si , das grßte Gewicht zukommt. Dabei wird s2 so gewhlt, daß ein pi ¼ 1 wird. Gewogener Mittelwert. Er ergibt sich aus der Minimumforderung als wahrscheinlichster Wert , n n X X x ¼ pi xMi pi : ð20Þl i¼1
Ausgeglichene Standardabweichung. Sie betrgt mit dem Mittelwert sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi n n 1 X 1 X ð21Þ pi ðxMi xÞ2 ¼ pi v2i : s¼ n 1 i¼1 n 1 i¼1 Vertrauensbereich. Fr den gewogenen Mittelwert gilt ,sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi n X mx ¼ ts ð22Þ pi : i¼1
A 97
Tabelle 6. Ausgleich der Messung von Dreieckflchen ungleicher Genauigkeit
Beispiel: Die Flche eines Dreiecks wurde nach verschiedenen Verfahren mehrfach gemessen, so daß folgende Mittelwerte und Standars1 ¼ 2;1 cm2 , dabweichungen vorliegen: A1 ¼ 238;0 cm2 ; A2 ¼ 240;5 cm2 ; s2 ¼ 3;2 cm2 , A3 ¼ 239;5 cm2 ; s3 ¼ 1;5 cm2 . Man und mA . – Fr p1 ¼ 1 folgt mit Gl. (19) berechne A p2 =p1 ¼ ðs2 =s22 Þ=ðs2 =s21 Þ ¼ s21 =s22 0;4; p3 ¼ 2;12 =1;52 2;0 (s. Tab. 6). pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ 813;2 cm2 =3;4 ¼239;2 cm2 nach Gl. (20), s ¼ 2;27=2 cm2 ¼ A pffiffiffiffiffiffiffi 1;1 cm2 mit Gl. (21), mA ¼ 1;32 s= 3;4 ¼ 0;8 cm2 aus Gl. (22) mit t ¼ 1;32 fr n ¼ 3; P ¼ 68;3%: Das gewogene Meßergebnis lautet A ¼ ð239;2 0;8Þ cm2 fr P ¼ 68;3%:
9.4 Wahrscheinlichkeitsrechnung Die Wahrscheinlichkeitsrechnung dient zur Aufdeckung von Gesetzmßigkeiten zuflliger Ereignisse (mit großen Buchstaben bezeichnet). Zufllig ist das Ergebnis eines Versuchs, das – bei festgelegten Bedingungen – eintreten kann, aber nicht muß. Zur empirischen berprfung der Gesetzmßigkeiten ist die Analyse einer großen Zahl von Versuchen unter gleichen Bedingungen erforderlich (s. A 9.5). 9.4.1 Definitionen und Rechengesetze der Wahrscheinlichkeit Klassische Definition (P.S. de Laplace). Die Wahrscheinlichkeit P fr das Eintreten des Ereignisses A ist das Verhltnis aus der Zahl g der gnstigen Flle zur Zahl m der mglichen Flle unter der Annahme, daß alle Flle gleich wahrscheinlich sind. PðAÞ ¼ g=m:
ð19Þ
pi ¼ s2 =s2i s2 =s2i :
i¼1
Wahrscheinlichkeitsrechnung
ð23Þ
Die Berechnung erfolgt durch Abzhlen mit Hilfe der Kombinatorik oder Simulieren des Experiments mittels Zufallszahlen. Statistische Definition (R. v. Mises). Bezeichnet n die Anzahl der Versuche eines unter gleichen Bedingungen ausgefhrten Experiments und tritt dabei m-mal das Ereignis A auf, so ist h(A)= m/n die relative Hufigkeit des Ereignisses A. Der Grenzwert lim hðAÞ ¼ lim ðm=nÞ ¼ PðAÞ
n!1
n!1
ð24Þ
ist die (statistische) Wahrscheinlichkeit von A (Gesetz der großen Zahl). Offenbar folgt aus beiden Definitionen 0 % P(A) % 1. Fr das sichere Ereignis S gilt P(S)=1. Fr das unmgliche Ereignis F gilt P(F)=0. Beispiel 1: Aus einem gut gemischten Skatspiel wird zufllig eine Karte gezogen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafr, daß dabei a) der Kreuz-Bube, b) ein Bube, c) eine Kreuzkarte gezogen wird? – Tab. 7. Beispiel 2: Fr den Versuch des Ziehens einer Skatkarte a) 100mal, b) 500mal, c) 1000mal wurden a) 4mal, b) 14mal, c) 31mal der Kreuzbube gezogen. – Die relativen Hufigkeiten sind a) h(A)=0,0400, b) h(A)=0,0280 und c) h(A)=0,0310. Sie nhern sich mit wachsendem n dem Wert P(A)=0,03125=1/32.
A
A 98
A
Mathematik – 9 Auswertung von Beobachtungen und Messungen
Beispiel: Im Borelschen Mengenkrper fr das Wrfeln ist E6 E5 . – Die Wahrscheinlichkeit fr das Auftreten von 3 oder 5 oder 6 ist also PðE6 Þ ¼ Pð3 ¨ 5 ¨ 6Þ ¼ Pð3Þ þ Pð5Þ þ Pð6Þ ¼ 3=6. Fr das Auftreten von 1 oder 3 oder 5 oder 6 ist PðE5 Þ ¼ 4=6 > PðE6 Þ.
Tabelle 7. Wahrscheinlichkeiten beim Ziehen von Karten
Der Grenzwert P(A) muß unabhngig von der Auswahl der einzelnen Versuchsreihen gleich sein, wenn nur n gengend groß gewhlt wird. Da er sich analytisch nicht beweisen lßt, wird die Wahrscheinlichkeit axiomatisch definiert. Axiomatische Definition (A.N. Kolmogorow). Zugrunde gelegt wird der Ergebnisraum M, bestehend aus allen mglichen elementaren Ergebnissen des Experiments als Elementarereignissen. M ist in ein System B von Teilmengen zerlegbar. Die Elemente dieses Borelschen Mengenkrpers B sind die zuflligen Ereignisse E1 ; E2 ; . . . ; und es gilt (s. A 1.1 bis 1.3) M 2 B; F 2 B; E1 2 B ^ E2 2 B ) ðE1 ¨ E2 Þ 2 B; E1 2 B ) :E1 2 B:
ð25Þ
Beispiel 1: Beim idealen Wrfel sind die Elementarereignisse durch das Auftreten der Zahlen 1 bis 6 gekennzeichnet; M={1, 2, 3, 4, 5, 6}. – Fr die Ereignisse E1 ¼ f1g, d.h. „Zahl 1“, und E2 ¼ f2; 4g, d.h. „Zahl 2 oder Zahl 4“, ergeben sich als Elemente von B (damit die Eigenschaften nach Gl. (25) erfllbar sind) E0 ¼ F, E1 ¼ f1g, E2 ¼ f2;4g, E3 ¼ E1 ¨ E2 ¼ f1; 2; 4g, E4 ¼ :E1 ¼ f2; 3; 4; 5; 6g, E5 ¼ :E2 ¼ f1; 3; 5; 6g, E6 ¼ :E3 ¼ f3; 5; 6g, E7 ¼ M ¼ f1; 2; 3; 4; 5; 6g.
Zwei Ereignisse heißen unvereinbar (disjunkt), wenn ihr Durchschnitt leer ist; z.B. E1 ˙ E2 ¼ F. Das zu E entgegengesetzte (komplementre) Ereignis ist : E= M\E (z.B. zu E1 ist entgegengesetzt :E1 ¼ E4 ). Das unmgliche Ereignis ist die leere Menge F (z.B.: Eine andere Zahl als 1, 2, 3, 4, 5 oder 6 kann nicht auftreten). Das sichere Ereignis ist die vollstndige Menge M der Elementarereignisse (z.B.: Eine der Zahlen 1 bis 6 tritt gewiß auf). Die abzhlbar vielen Ereignisse E1 ; E2 ; . . . ; En ; . . . bilden dann ein vollstndiges System, wenn sie paarweise disjunkt sind, Ei ˙ Ej ¼ F fr i 6¼ j, und wenn ihre Vereinigungsmenge (Summe) E1 ¨ E2 ¨ . . . En ¨ . . . ¼ M das sichere Ereignis ist. So bilden E1 ; E2 ; E6 ein vollstndige System. Fr die elemente des Borelschen Mengenkrpers (auch Borelsches Ereignisfeld oder Boolescher s-Krper genannt) definierte Kolmogorow ein Wahrscheinlichkeitsmaß P mit Hilfe der drei Axiome Nichtnegativitt P(E) ^ 0, Normierung P(M)=1 ist sicheres Ereignis und Additivitt E1 ˙ E2 ¼ F ) PðE1 ¨ E2 Þ ¼ PðE1 Þ þ PðE2 Þ, d.h., fr paarweise unvereinbare Ereignisse E1 ; E2 2 B addieren sich die Wahrscheinlichkeiten fr das Auftreten von E1 oder E2 . Beispiel 2: „Wappen“ und „Zahl“ beim Werfen einer Mnze sind unvereinbar, ihre Wahrscheinlichkeiten PðWappenÞ ¼ PðZahlÞ ¼ 1=2. – Das Auftreten des Ereignisses „Wappen oder Zahl“, P (Wappen oder Zahl)=P(WZ)=1/2+1/2=1 nach dem Additivittsaxiom, ist das sichere Ereignis.
Rechengesetze fr Wahrscheinlichkeiten Entgegengesetzte Ereignisse. Fr E 2 M ist :E ¼ M n E und PðMÞ ¼ PðE ¨ :EÞ ¼ PðEÞ þ Pð:EÞ ¼ 1;
ð26Þ
d.h., die Summe der Wahrscheinlichkeiten entgegengesetzter Ereignisse ist gleich eins (z.B. Mnzwurfexperiment). Speziell fr E=M folgt P(F)=0, wie es sich fr das unmgliche Ereignis ergeben muß. Gilt fr zwei Ereignisse E1 E2 , so folgt PðE1 Þ % PðE2 Þ (Monotonie); ist E2 ¼ M, folgt 0% PðE1 Þ % 1.
Vereinbare Ereignisse. Sind E1 ; E2 2 B beliebige, miteinander vereinbare Ereignisse, so berechnet sich die Wahrscheinlichkeit PðE1 ¨ E2 Þ fr das Auftreten wenigstens eines der Ereignisse vermge einer Zerlegung in unvereinbare Ereignisse. Es gilt E1 ¨ E2 ¼ E1 ¨ ð:E1 ˙ E2 Þ mit E1 ˙ ð:E1 ˙ E2 Þ ¼ F und E2 ¼ ðE1 ˙ E2 Þ ¨ ð:E1 ˙ E2 Þ mit ðE1 ˙ E2 Þ˙ ð:E1 ˙ E2 Þ ¼ F. Zweimaliges Anwenden des Additivittsaxioms und Subtrahieren liefern PðE1 ¨ E2 Þ ¼ PðE1 Þ þ PðE2 Þ PðE1 ˙ E2 Þ:
ð27Þ
Beispiel: Beim Ziehen einer Skatkarte sei E1 das Ziehen einer Kreuzkarte mit PðE1 Þ ¼ 8=32 und E2 das Ziehen eines Buben mit PðE2 Þ ¼ 4=32. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit PðE1 ¨ E2 Þ dafr, daß die gezogene Karte eine Kreuzkarte oder ein Bube ist? Die Ereignisse E1 ; E2 sind miteinander vereinbar. Das Ereignis E1 ˙ E2 ist das Ziehen des Kreuzbuben mit PðE1 ˙ E2 Þ ¼ 1=32. Also folgt aus Gl. (27) PðE1 ¨ E2 Þ ¼ 8=32 þ 4=32 1=32 ¼ 11=32 ¼ 0;34375.
Bedingte Wahrscheinlichkeit. Sind E1 , E2 2 B mit PðE1 Þ > 0, so ist PðE2 jE1 Þ die Wahrscheinlichkeit dafr, daß E2 unter der Bedingung E1 auftritt. Es gilt PðE2 jE1 Þ ¼ PðE2 ˙ E1 Þ=PðE1 Þ:
ð28Þ
Die bedingte Wahrscheinlichkeit erfllt die drei Axiome. Beispiel: Zwei Betriebe I und II produzieren 45 000 und 30 000 Stck eines Getriebes, die in einem anderen Betrieb weiterverarbeitet werden. Dabei werden von I 4 000 und von II 6 000 Stck mit leichten Mngeln geliefert. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit PðE2 jE1 Þ dafr, daß ein Getriebe aus der Gesamtlieferung von I und II aus dem Betrieb I stammt unter der Bedingung, daß es leichte Mngel hat? – E1 Getriebe hat leichte Mngel, E2 Getriebe stammt aus Betrieb I. PðE1 Þ =(4 000+6 000/(45 000+30 000)=2/15, PðE2 Þ =45 000/ 75 000=9/15. Das Ereignis E1 ˙ E2 heißt, daß das Getriebe sowohl aus Betrieb I stammt als auch leichte Mngel hat. Es ist daher Das Ergebnis lautet PðE1 ˙ E2 Þ ¼ 4 000=75 000 ¼ 4=75. PðE2 jE1 Þ ¼ 4 15=ð75 2Þ ¼ 2=5 ¼ 0;4.
Unabhngige Ereignisse. Aus Gl. (28) folgt der Multiplikationssatz fr die Wahrscheinlichkeit des Eintretens sowohl von E1 als auch von E2 . PðE1 ˙ E2 Þ ¼ PðE1 Þ PðE2 jE1 Þ:
ð29Þ
Zwei Ereignise E1 und E2 heißen unabhngig voneinander, wenn PðE2 jE1 Þ ¼ PðE2 Þ und PðE1 jE2 Þ ¼ PðE1 Þ ist, d.h., wenn das Eintreten des einen Ereignisses von dem anderen nicht beeinflußt wird. Fr unabhngige Ereignisse E1 ; E2 geht der Multiplikationssatz ber in PðE1 ˙ E2 Þ ¼ PðE1 Þ PðE2 Þ:
ð30Þ
Totale Wahrscheinlichkeit. Die Ereignisse E1 ; E2 ; . . . ; En und A seien Elemente von B, und die Ei sollen ein vollstndiges System von Ereignissen bilden. Wegen A ¼ A ˙ M ¼ A ˙ ðE1 ¨ E2 ¨ . . .Þ ¼ ðA ˙ E1 Þ ¨ ðA ˙ E2 Þ ¨ . . . gilt PðAÞ ¼
n X i¼1
PðA ˙ Ei Þ ¼
n X
PðEi ÞPðAjEi Þ:
ð31Þ
i¼1
P(A) ist die Wahrscheinlichkeit fr das Ereignis A, unabhngig davon, mit welchem Ereignis Ei es zusammentrifft. Bayessche Formel. Fr die umgekehrte Fragestellung, nmlich nach der Wahrscheinlichkeit fr das Eintreten von Ei aus einem vollstndigen System unter der Bedingung, daß das Ereignis A eingetreten ist, gilt
I9.4 PðEi jAÞ ¼
PðEi ÞPðAjEi Þ PðEi ÞPðAjEi Þ ; ¼X n PðAÞ PðEj ÞPðAjEj Þ
ð32Þ
i ¼ 1; 2; . . . n: Beispiel: Es stehen zwei Urnen zum Ziehen einer Kugel bereit. In Urne I sind drei weiße und zwei schwarze Kugeln, in Urne II drei weiße und fnf schwarze Kugeln. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafr, daß aus einer beliebig gewhlten Urne eine schwarze Kugel entnommen wird? – Ereignis A Entnehmen der schwarzen Kugel, Ereignis E1 Entnehmen der Kugel aus Urne I, Ereignis E2 Entnehmen der Kugel aus Urne II. Die unbedingten Wahrscheinlichkeiten sind PðE1 Þ ¼ PðE2 Þ ¼ 1=2. Die bedingten Wahrscheinlichkeiten sind PðAjE1 Þ ¼ 2=5, PðAjE2 Þ ¼ 5=8. Mit Gl. (31) folgt PðAÞ ¼ PðE1 Þ PðAjE1 Þ þ PðE2 Þ PðAjE2 Þ ¼ ð1=2Þð2=5Þþ ð1=2Þ ð5=8Þ ¼ 41=80. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafr, daß eine Kugel aus der Urne I (oder II) genommen wird, unter der Bedingung, daß es eine schwarze Kugel ist? – Mit Gl. (32) ergibt sich fr Urne I PðE1 Þ PðAjE1 Þ ¼ ð1=2Þð2=5Þð80=41Þ ¼ 16=41; PðAÞ
Beispiel 1: Beim Wrfeln kann die diskrete Zufallsvariable die Zahlen 1 oder 2 oder . . . 6 annehmen. – X : fEi g7!fXjX 2 f1; 2; 3; 4; 5; 6gg. Beispiel 2: Beim Messen der Lnge von Abstandshlsen eines Typs kann die Lnge l alle Werte des Toleranzbereichs ððl0 eÞ, ðl0 þ eÞÞ annehmen. – Bezeichnet E das zufllige Ereignis, daß die Lnge l gemessen wird, so kann die stetige Zufallsvariable durch X : fEg7!fXjX 2 ðl0 e; l0 þ eÞg charakterisiert werden.
Die Menge der mglichen Ereignisse bilden Definitions- und diejenige der reellen Zahlen den Wertebereich der die Zufallsgrße definierenden Abbildung. Es gilt F(x)=P(X<x), d.h., der Wert der Verteilungsfunktion F(x) gibt die Wahrscheinlichkeit dafr an, daß der Wert der Zufallsgrße kleiner als die reelle Zahl x ist. Hieraus folgen die Eigenschaften der Verteilungsfunktion: Fr x2 > x1 gilt Pðx1 % X < x2 Þ ¼ Fðx2 Þ Fðx1 Þ. Fr x2 ^ x1 gilt Fðx2 Þ ^ Fðx1 Þ, also ist F(x) monoton nichtfallend. Fr beliebige x gilt 0 % F(x) % 1. Es ist lim FðxÞ ¼ 0 fr das unmgliche Ereignis (F) und x!1
lim FðxÞ ¼ 1 fr das sichere Ereignis (S).
fr Urne II PðE2 jAÞ ¼
A 99
gegebenen, endlichen oder unendlichen Intervalls der reellen Zahlen annehmen.
j¼1
PðE1 jAÞ ¼
Wahrscheinlichkeitsrechnung
PðE2 Þ PðAjE2 Þ ¼ ð1=2Þð5=8Þð80=41Þ ¼ 25=41: PðAÞ
Bernoullische Formel. Ein Bernoulli-Experiment ist durch den Borelschen Mengenkrper B={F, E, -E, M} gekennzeichnet, d.h., nur die beiden zueinander komplementren Ereignisse E und : E sind interessant. Beispiel: Beim Entnehmen eines Stckes aus der Massenproduktion tritt entweder das Ereignis E=das Stck ist in Ordnung=Treffer oder das Ereignis : E =das Stck ist Ausschuß=Niete ein.
Ist die Wahrscheinlichkeit P(E)=p, so ist nach Gl. (26) P( : E)=1-p. Fr die n-fache Wiederholung voneinander unabhngiger Bernoulli-Experimente ist die Wahrscheinlichkeit fr das k-malige Eintreffen des Ereignisses E gegeben durch die Bernoullische Formel n pk ð1 pÞnk ; PðE; n; kÞ ¼ ð33Þ k n da man Mglichkeiten hat, die k Treffer auf n Pltzen ank zuordnen (s. A 9.1.3) und sich die Wahrscheinlichkeiten der unabhngigen Ereignisse multiplizieren (s. Gl. (30)). Fr die praktische Anwendung gibt es Tabellen. Beispiel: Die Ausschußwahrscheinlichkeit einer Massenproduktion sei p ¼ 0;05 ¼ 5%. Welches Ereignis ist wahrscheinlicher: E1 =unter zehn zufllig herausgegriffenen Stcken ist kein defektes, E2 =unter 20 zufllig herausgegriffenen Stcken ist genau ein defektes, E3 =unter 20 zufllig herausgegriffenen Stcken ist mindestens ein defektes? – 10 PðE1 ; 10; 0Þ ¼ ð5 102 Þ0 ð1 5 102 Þ10 0
x!1
Die Verteilungsfunktion einer diskreten Zufallsvariablen ist FðxÞ ¼
X xi <x
PðX ¼ xi Þ ¼
n X
pi mit pi ¼ PðX ¼ xi Þ;
und die einer kontinuierlichen Zufallsvariablen ist Zx pðtÞ dt mit pðxÞ dx ¼ Pðx < X < x þ dxÞ; ð35Þ
FðxÞ ¼ 1
wobei p(x) Wahrscheinlichkeitsdichte heißt. Beispiel: Beim Spielen mit zwei unabhngigen Wrfeln (Bild 1) sind als Elementarereignisse die Augensummenzahlen 2; 3; . . . ; 12 mglich, die durch verschiedene Augenkombinationen gebildet werden knnen. – Elementarereignis Ei =Auftreten der Augensumme i 2 f2; . . . ; 12g (s. Tab. 8).
Bild 1. Zwei-Wrfelspiel. a Wahrscheinlichkeitsdiagramm; b Verteilungsfunktion der diskreten Zufallsvariablen X
¼ 1 1 0;95 ¼ 0;599; 20 ð5 102 Þ1 ð1 5 102 Þ19 1 10
PðE2 ; 20;1Þ ¼
¼ 20 0;05 0;9519 ¼ 0;377; PðE3 Þ ¼ 1 PðE; 20;0Þ ¼ 1
20 ð5 102 Þ0 0;9520 ¼ 0;642: 0
9.4.2 Zufallsvariable und Verteilungsfunktion Eine eindeutige Abbildung der zuflligen Ereignise Ei in die Menge der reellen Zahlen x 2 R definiert eine Zufallsgrße X. Sie wird mit einem großen, ihr Zahlenwert mit einem kleinen Buchstaben bezeichnet. Eine diskrete Zufallsgrße kann endlich oder abzhlbar unendlich viele Werte x1 ; x2 ; . . . ; xn ; . . . annehmen. Eine stetige Zufallsgrße X kann alle Werte eines
ð34Þ
i¼1
Tabelle 8. Verteilungsfunktion nach Gl. (34)
A
A 100
A
Mathematik – 9 Auswertung von Beobachtungen und Messungen
9.4.3 Parameter der Verteilungsfunktion Parameter sind charakteristische Meßzahlen, von denen hufig einige zur Beurteilung der Wahrscheinlichkeitsverteilung gengen (s. Tab. 9, S. A 98). Erwartungswert. Er lautet, wenn die Summe und das Integral absolut konvergieren, EX ¼ m ¼
n X
Z1 xi pi ; EX ¼ m ¼
i¼1
ð36Þ
xpðxÞ dx: 1
Varianz (Dispersion oder Streuung). Ihre Wurzel ist die Standardabweichung s. D2 X ¼ s2 ¼ EðX EXÞ2 n n X X ¼ ðxi mÞ2 pi ¼ x2i pi m2 ; i¼1 Z1
Z1 ðx mÞ2 pðxÞ dx ¼
¼
ð37Þ
i¼1
1
x2 pðxÞ dx m2 : 1
Beispiel: Fr das Zwei-Wrfelspiel mit der Tab. 8 folgt nach Gl. (36) 12 X xi pi ¼ 7;00 ; d.h., bei sehr vielen
als Erwartungswert EX ¼ m ¼
i¼2
Versuchen ergibt sich die mittlere Augensumme 7 pro Wurf. Die Va12 X x2i pi m2 ¼ 54;8 3 . . . 49 ¼ rianz ist nach Gl. (37) D2 X ¼ s2 ¼ i¼2
5;83 . . . und damit die Standardabweichung s ¼ 2;42. Aus der ersten Eigenschaft der Verteilungsfunktion folgt so, daß mit der Wahrscheinlichkeit Fð10Þ Fð4Þ ¼ 75% die Augenzahl im Intervall m s ¼ 7 2;4 liegen wird.
Z1
Moment r-ter Ordnung. Es ist mr ¼ EX r ¼
xr pðxÞ dx; r ¼ 1
0; 1; 2; . . . : Das Moment nullter Ordnung existiert fr jede Zufallsvariable und ist gleich 1; das ist die Normierung fr die Wahrscheinlichkeit des sicheren Ereignisses. Fr r=1 ist das Moment m1 ¼ m mit dem Erwartungswert identisch. Das zentrale Moment r-ter Ordnung ist mr ¼ EðX EXÞr : Es ist gleich der Varianz frr=2. Quantil p-ter Ordnung. Es ist der Wert xp der Zufallsvariablen X, fr den PðX % xp Þ ^ p und PðX ^ xp Þ ^ 1 p gilt. Der Median oder Zentralwert gilt fr p ¼ 0;5. fr die Tabellierung der Wahrscheinlichkeitsdichte und der Verteilungsfunktion wird die normierte Variable Y ¼ ðX mÞ=s
ð38Þ
verwendet. Dafr wird EY ¼ m ¼ 0 und D2 Y ¼ s2 ¼ 1 (Beispiele s. A 9.5.2). Spannweite. So heißt die Differenz der Zufallsvariablen zwischen dem grßten und dem kleinsten Wert von x.
P(45 % X<55) ist nach der ersten Eigenschaft der Verteilungsfunktion (s. A 9.4.2) gegeben durch Pð45 % X % 55Þ ¼ Fð55Þ Fð45Þ ¼ 0;8444 0;1841 ¼ 0;6603. Die Wahrscheinlichkeit dafr, daß hchstens 50mal die Zahl oben liegt, ist PðX % 50Þ ¼ Fð50Þ ¼ 0;5398 (Tab. 11). Beispiel 2: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafr, daß fr eine normalverteilte Zufallsgrße X mit dem Erwartungswert m ¼ 20;00 mm und der Standardabweichung s ¼ 0;02 mm ein Wert a) im Intervall [19,99 mm; 20,01 mm], b) oberhalb 20,03 mm, c) unterhalb 19,95 mm gemessen wird? – Fr alle Grßen in mm gilt mit Tab. 10. aÞ pðjX 20;00j=0;02 < 1=2Þ ¼ Fð0;5Þ Fð0;5Þ ¼ 2Fð0;5Þ 1 ¼ 2 0;6915 1 ¼ 0;383 ¼ 38;3%: bÞ Pð20;03 < X < 1Þ ¼ 1 F½ð20;03 20;00Þ=0;02 ¼ 1 Fð1;5Þ ¼ 1 0;9332 ¼ 0;0668 ¼ 6;7%: cÞ PðX < 19;95Þ ¼ F½ð19;95 20;00Þ=0;02 ¼ Fð2;5Þ ¼ 1 0;9938 ¼ 0;6%: Beispiel 3: Fr die fnf Messungen der Schwingungsdauer im Beispiel von A 9.3.2 ergab sich die Standardabweichung der Stichprobe s ¼ 0;86s. Fr P ¼ 95% liegt s der Grundgesamtheit im Bereich s=l0 % s % s=lu ; mit Tab. 12 fr m=4 folgt 0;86s=1;17% s % 0;86s=0;35; also 0;74s % s % 2;46s.
9.5 Statistik Die wichtigsten Anwendungsbereiche sind die statistische Qualittskontrolle (s. DIN 55 302 Blatt 1), die Ermittlung von medizinischen, konomischen oder politischen Merkmalen der Bevlkerung sowie die Fehlerrechnung (s. A 9.2). Grundgesamtheit (Population). So heißt die Menge aller mglichen Ereignisse mit der in einer statistischen Untersuchung (Messung, Beobachtung) erfaßten Eigenschaft. Stichprobe. Fr den Umfang n stellt sie die n-fache Realisierung mittels der Beobachtungswerte x1 ; x2 ; . . . ; xn fr die durch die Zufallsvariable X zu beschreibende Grundgesamtheit dar. Urliste. Sie ist die Liste der ursprnglichen Werte xi . Aufgabe der Statistik ist es, aus den Eigenschaften der Stichprobe auf die Verteilungsfunktion der Grundgesamtheit zu schließen. 9.5.1 Hufigkeitsverteilung Klasseneinteilung. Zur Analyse der in einer Urliste erfaßten Werte xi ; i ¼ 1; 2; . . . ; n ist fr n>50 eine Einteilung des Wertebereichs xmin bis xmax in k vorzugsweise gleich breite, abgeschlossene Klassen vorzunehmen. Dabei ist etwa k ^ 10 fr n % 100 und k ^ 20 fr n % 105 zu whlen. Die Klassenmitten xj ; j ¼ 1; 2; . . . ; k, sind die arithmetischen Mittelwerte der Klassengrenzen. Die Besetzungszahlen nj geben an, wieviel Werte der Urliste in die j-te Klasse fallen (absolute Hufigkeit). Relative Hufigkeit. Fr das Auftreten des Werts xj (meist mit Rundungsfehlern) gilt
Beispiel: Fr die beiden Zufallsgrßen X und Y
hj ¼ nj =n mit
k X
nj ¼ n und
k X
j¼1
mit den Erwartungswerten EX ¼ EY ¼ 4;8 ergeben sich die Varianten D2 X ¼ 28;00 und D2 y ¼ 36;00 ; also die Standardabweichungen sx ¼ 5;29 und sy ¼ 6;00.
9.4.4 Einige spezielle Verteilungsfunktionen Die wichtigsten Funktionen sind in Tab. 9 zusammengefaßt und mit den folgenden Beispielen erlutert (s. auch Tab. 10). Beispiel 1: Eine Mnze wird n=100mal unabhngig geworfen. Das beobachtete Ereignis ist E=Zahl oben. Es ist p ¼ 0;5 ; mithin ist der Erwartungswert fr das i-malige Obenliegen der Zahl EX ¼ m ¼ 50, und die Standardabweichung ist s=5. Die Wahrscheinlichkeit
hj ¼ 1:
ð39Þ
j¼1
Histogramm. So heißt die Darstellung der relativen Hufigkeit als Funktion der Klassenmitten durch eine Treppenkurve (Bild 2 a) der Hufigkeitsdichte der Stichprobe. Sie stellt eine Nherung fr die Wahrscheinlichkeitsdichte der Grundgej X samtheit dar. Aus den Teilsummen Gj ¼ ni werden die Hufigkeitssummen Hj ¼ Gj =n ¼
j X
i¼1
hi ermittelt, die – aufge-
i¼1
tragen zwischen den Klassengrenzen – ein Bild der Hufigkeitsverteilung als Nherung fr die Verteilungsfunktion ergeben (Bild 2 b und Tab. 13).
I9.5
Statistik
A 101
Tabelle 10. Normierte Wahrscheinlichkeitsdichte f(t) und normierte Verteilungsfunktion F(t) der Normalverteilung
Tabelle 11. Binomialverteilung F(x) zur Dichte
Tabelle 12. Fraktilen fr die Standardabweichung aus der c2 -Verteilung; Freiheitsgrad m
Tabelle 13. Klasseneinteilung und Hufigkeiten aus einer Urliste von n=90 Lngenmessungen
A
A 102
Tabelle 9. Einige spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen
A
Mathematik – 9 Auswertung von Beobachtungen und Messungen
Tabelle 9. (Fortsetzung)
I9.5 Statistik
A 103
A
A 104
Mathematik – 9 Auswertung von Beobachtungen und Messungen
Mit den Hilfsgrßen x0 und dj ¼ xj x0 ergeben sich
A
x ¼
k 1X nj ðxj x0 Þ ¼ x0 þ d; n j¼1
s2 ¼
Bild 2. a relative Hufigkeitsdichte; b Summenhufigkeit fr eine in zehn Klassen unterteilte Stichprobe vom Umfang n=90
ð44Þ
" # k 1 X nj dj2 nd2 : n 1 j¼1
ð45Þ
Variationskoeffizient. So heißt die relative Standardabweichung ur ¼ s=x. Beispiel: Aus Tab. 13 ergeben sich !, 10 X x ¼ 90 ¼ 4412;00 mm=90 ¼ 49;02 mm nj xj j¼1
9.5.2 Arithmetischer Mittelwert, Varianz und Standardabweichung Der arithmetische Mittelwert x der Stichprobe ist ein erwartungstreuer Schtzwert fr den Erwartungswert m der Verteilung (s. A 9.3.1 u. A 9.3.2 ). Analoges gilt von der Varianz s2 der Stichprobe fr die Varianz s2 der Nðm; sÞ -normalverteilten Grundgesamtheit. Standardabweichung. Sie ist die Wurzel aus der Varianz s2 . Zur Berechnung aus den Einzelwerten der Urliste dienen die Gln. (13) und (14). Vereinfacht gilt fr einen runden Hilfswert x0 x mit di ¼ xi x0 bzw. mit Gl. (14) x ¼ x0 þ
n 1X ðxi x0 Þ ¼ x0 þ d: n i¼1
ð40Þ
Durch Einsetzen in die Varianzdefinition und Umformen folgt " # n n 1 X 1 X ðxi xÞ2 ¼ di2 nd2 : s2 ¼ ð41Þ n 1 i¼1 n 1 i¼1
als Mittelwert und " #, 10 X s2 ¼ nj ðxj 49;02Þ2 89 ¼ 272;46 mm2 =89 ¼ 3;06 mm2 j¼1
fr die Varianz aus den Gl. (42) und (43). Die Anwendung der Hilfsgrße x0 ¼ 44;5 mm liefert Tab. 15. Damit folgen nach Gl. (44) x ¼ ð44;5 þ 407;0=90Þ mm ¼ ð44;5 þ 4;52Þ mm ¼ 49;02 mm und nach Gl. (45) s2 ¼ ½ð2113;0 90 407;02 =902 Þ=89 mm2 ¼ 3;06 mm2 sowie s ¼ 1;75 mm. Die relativen Hufigkeitssummen sind in Bild 3 (s. Tab. 9) dargestellt. Man entnimmt die Werte x ¼ 48;6 mm und
Tabelle 15. Rechenschema Standardabweichung
fr
den
Mittelwert
und
die
Beispiel: Fr die Messung von Wirkungsgraden h von acht Dampfkesseln ergab sich die Urliste (Tab. 14). Mit n0 ¼ 86% folgt aus Gl. (40) h ¼ ð86;0 þ 25;8=8Þ% ¼ 89;2%. Fr die Varianz ergibt sich ohne Angabe der Einheit nach Gl. (41) s2 ¼ ½92;28 8ð89;23 86;0Þ2 =7 ¼ 1;26:
Hufigkeitstabelle. Bei gleich breiten Klassen werden zur Auswertung die Klassenmitten xj mit ihren Hufigkeiten als Gewichtsfaktoren multipliziert. Damit folgen Mittelwert x ¼
Varianz s2 ¼
k k X 1X nj xj ¼ hj xj ; n j¼1 j¼1
k 1 X nj ðxj xÞ2 : n 1 j¼1
ð42Þ
ð43Þ
Tabelle 14. Urliste von Dampfkessel-Wirkungsgraden
Bild 3. Darstellung der Summenhufigkeit im Wahrscheinlichkeitsnetz
I9.5 s ¼ ð50;3 46;8Þ mm=2 ¼ 1;75 mm. Die graphische Lsung macht die Ausreißer an den Rndern des Meßbereichs – im Gegensatz zur Rechnung – erkennbar. Die Abweichungen der Meßpunkte von der Geraden sind fr eine Urliste abhngig von der Wahl der Klassenbreiten und ihrer Anzahl k sowie von der Lage der Klassenmitten. Die bereinstimmung wchst mit dem Stichprobenumfang n.
X 2 1 X 2 ½ yi ð yi Þ =n; n1
A 105 ð49Þ
Kovarianz. Es gilt 1 X 1 X sxy ¼ ðxi xÞðyi yÞ ¼ ð xi yi nxyÞ:ð50Þ n1 n1 Hiermit wird dann mit den Gln. (46), (49) und (50)
9.5.3 Regression und Korrelation Regression. Aufgabe der Regressionsrechnung ist die Ermittlung des funktionalen Zusammenhangs y=f(x) zwischen einer unabhngigen (X) und einer abhngigen (Y) Zufallsvariablen aus den Wertepaaren ðxi ; yi Þ, i ¼ 1; 2; . . . ; n, einer Stichprobe vom Umfang n. Dabei wird verlangt, daß die Meßwerte ðxi ; yi Þ jeweils am gleichen i-ten Element der zu untersuchenden Objekte bestimmt worden sind und daß die Zufallsvariable Y normalverteilt ist mit dem Erwartungswert EY=f(x) und der Varianz s2 . Als Ansatz fr die theoretische Regressionsfunktion f(x) wird meist ein Polynom k-ten Grads gewhlt, dessen Koeffizienten aj ; j ¼ 0; 1; . . . ; k, zu bestimmen sind. Im Fall eines linearen Zusammenhangs gibt die nach „Augenmaß“ gezeichnete Ausgleichsgerade durch die im kartesischen Kooordinatensystem dargestellten Punkte der ðxi ; yi ÞWerte oft eine brauchbare Nherung (Bild 4). Die Berechnung der Koeffizienten aj als Schtzwerte fr die theoretischen aj erfolgt nach der Gaußschen Methode der kleinsten Quadrate (s. A 9.3.1). !2 n n k X X X ðyi f ðxi ÞÞ2 ¼ yi aj xji ð46Þ i¼1 i¼1 j¼0 ¼ gða0 ; a1 ; . . . ; ak Þ ¼ Minimum: Aus den partiellen Ableitungen ¶g=¶aj ¼ 0 ergeben sich (k+1) lineare Gleichungen fr die (k+1) unbekannten Koeffizienten des Polynoms, die mit den Methoden fr lineare Gleichungssysteme gelst werden knnen. Regressionsgerade. Fr den linearen Fall (k=1 und y ¼ a0 þ a1 xÞ folgen aus Gl. (46) mit den Mittelwerten die Regressionskoeffizienten fr die Regressionsgerade. 1X 1X x ¼ xi ; y ¼ yi ; a0 ¼ y a1 x; n n ð47Þ oder y y ¼ a1 ðx xÞ; X X a1 ¼ ð xi yi nxyÞ=ð x2i nx2 Þ: Varianzen. Sie betragen X 2 1 X 2 s2x ¼ ½ xi ð xi Þ =n; n1
s2y ¼
Statistik
a1 ¼ sxy =s2x :
ð51Þ
Wenn alle Meßpunkte auf der Regressionsgeraden liegen, gilt s2xy ¼ s2x s2y :
ð52Þ
Die Koeffizienten a0 ; a1 sind Schtzwerte fr die Koeffizienten der theoretischen Geraden Y ¼ a0 þ a1 X der Zufallsvariablen X, Y. Unter der Voraussetzung der NðYðXÞ; sÞ -Normalverteilung lßt sich der Vertrauensbereich fr a0 ; a1 zu einer vorgegebenen statistischen Sicherheit bestimmen. Korrelation. Gibt es keine erkennbaren Grnde fr eine funktionale Abhngigkeit der Zufallsvariablen Y von der als unabhngig angenommenen Variablen X, so dient die Korrelationsrechnung (Korrelation=Wechselbeziehung) zur Prfung der Gte eines unterstellten funktionalen Zusammenhangs. Korrelationskoeffizient. Als Maß fr eine lineare Abhngigkeit dient der Koeffizient rxy aus den Gln. (49) bis (51) fr den Wertebereich 1 % rxy % 1 und die Geraden rxy ¼ sxy =sx sy ;
ð53Þ
Y ¼ a0 þ a1 X und X ¼ b0 þ b1 Y
ð54Þ
mit a1 ¼ sxy =s2x und b1 ¼ sxy =s2y . Die Geraden beschreiben die Stichprobenwerte xi ; yi ; i ¼ 1; 2; . . . ; n, und sind identisch fr 2 . Alle Punkte liegen dann auf Y ¼ a0 þ a1 X. a1 b1 ¼ 1 ¼ rxy Fr rxy ¼ 0 gelten X, Y als unabhngige Zufallsvariablen. rxy < 0 ist die negative (ungleichsinnige) Korrelation, weil zu großen Werten von X kleine Werte von Y gehren und umgekehrt. Bei jrxy j < 1 schneiden die beiden Geraden einander im 2 Schwerpunkt S ¼ ðx; yÞ des Punkthaufens. Die Grße B ¼ rxy heißt Bestimmtheitsmaß. Beispiel: Regression und Korrelation der Zugfestigkeit als Funktion des Kohlenstoffgehalts von Stahlstben. Y stellt die Zugfestigkeit in N=cm2 und X den Kohlenstoffgehalt in % dar. – Tab. 16. x ¼ 0;442; y ¼ 67;075. – Aus den Gln. (49) folgen (ohne Angabe der Einheiten) die Varianzen s2x ¼ ð2;69 5;302 =12Þ=11 ¼ 0;032;
ð48Þ
s2y ¼ ð57172;09 804;92 =12Þ=11 ¼ 289;40 und aus Gl. (50) die Kovarianz sxy ¼ ð388;69 12 0;442 67;075Þ=11 ¼ 2;99: Damit wird der Regressionskoeffizient nach Gl. (51) a1 ¼ 2;993=0;032 ¼ 94;29 und nach Gl. (47) a0 ¼ 67;075 94;29 0;442 ¼ 25;40, die Regressionsgerade also y ¼ 25;40 þ 94;29x mit y=s und x=c im Definitionsbereich 0;20 % x % 0;70 (Bild 4). Der Korrelationskoeffizient ist nach Gl. (53) pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi rxy ¼ 2;993= 0;032 289;4 ¼ 0;98; er zeigt eine stark korrelierende lineare Abhngigkeit der Zugfestigkeit des Stahls vom Kohlenstoffgehalt an.
Bild 4. Zur linearen Regression
A
A 106
A
Mathematik – 10 Praktische Mathematik
Tabelle 16. Zur Berechnung der Regression der Zugfestigkeit von Stahlstben
Beispiel: Geradlinige Skale mit L ¼ 50 mm fr die Funktion y ¼ lgðxÞ im Intervall [1, 10] (Bild 1 c). – min lgðxÞ ¼ lgð1Þ ¼ 0; max lgðxÞ ¼ lgð10Þ ¼ 1 ) m ¼ 50 mm=ð1 0Þ ¼ 50 mm.
10 Praktische Mathematik H.-J. Schulz, Berlin
10.1 Graphische Darstellung von Funktionen Funktionen werden anschaulich durch Zuordnung zu geometrischen Bildern dargestellt. Sie dienen – zur bersichtlichen Darstellung und Beurteilung funktionaler Zusammenhnge besonders von Rechenergebnissen, – als Hilfsmittel fr numerische Rechnungen von begrenzter Genauigkeit wie die Nomographie (s. A 10.2).
Werden auf der einen Seite des Skalentrgers das Intervall des Definitionsbereichs [ a, b] und auf der anderen Seite – mit gleichem Modul und gleichem Anfangspunkt – der zugehrige Wertebereich einer Funktion f abgetragen, so ergibt sich eine Doppelskale (Funktionsleiter) mit den Werten der Funktion zu beliebigen Argumenten als graphisches Analogon zur Wertetabelle. Bei Vertauschen der Bedeutung von Wertebereich und Definitionsbereich ist fr streng monotone Funktionen auch die Umkehrfunktion dargestellt (Bild 1 c).
Hierbei beschrnken sich A 10.1.1 bis A 10.1.3 auf die Darstellung von reellen Funktionen in ebenen Vorlagen.
10.1.1 Graph einer Funktion Der Graph einer Funktion, die verbal formuliert oder als Wertetabelle gegeben ist, entsteht durch Aufzeichnen der Elemente des Definitions- und Wertebereichs sowie durch die Zuordnung mit Pfeilen. So erhalten alle Schablonen (Bild 1 a) eines gegebenen Satzes mit genau einer geraden Seite die Codenummer 2, alle anderen die Nummer 1. 10.1.2 Funktionsskalen Fr analytisch gegebene Funktionen f={x, y)| x 2 X, x 2 Y, x 7! y =f(x)} entsteht eine eindimensionale graphische Darstellung durch Abtragen von Skalenstrichen fr ausgewhlte x-Werte entlang eines Skalentrgers. Die Abstnde der Striche sind der Differenz der zugehrigen Funktionswerte proportional zu whlen (Bild 1 b). Skalentrger. Am hufigsten sind die Gerade und der Kreis (z.B. Lineal, Winkelmesser). Die Lnge L einer Skale ist fr das gegebene Intervall des Definitionsbereichs fr x 2 [a, b] L ¼ m ðmaxf ðxÞ minf ðxÞÞ bzw: L ¼ m jf ðaÞ f ðbÞj ð1Þ fr streng monotone Funktionen. Maßstabfaktor. Er heißt auch Modul m; seine Einheit ist [m]=[ L]/[f(x)], wenn f(x) eine physikalische Grße ist. Fr den Abstand l eines Funktionswerts f(x) vom Skalenanfang gilt mit x 2 [a, b] l ¼ m ðf ðxÞ minf ðxÞÞ:
ð2Þ
Bild 1. Graph. a verbal formulierte Funktion; b Funktionsskale fr y ¼ x2 ; m ¼ 5 mm; jP0 P1 j 12 02 ¼ 1; jP0 P2 j 22 02 ¼ 4; c Doppelskale fr y ¼ lgx; x 2 [1, 10], m ¼ 50 mm, lg-Funktion lg 2,3=0,36 (s. Punkt P1 ), Umkehrfunktion 100;74 ¼ 5;5 (s. Punkt P2 )
U. Jarecki, Hans-Joachim Schulz, Dubbel Mathematik, DOI 10.1007/978-3-642-22059-3_10, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
I10.2 Einfhrung in die Nomographie 10.1.3 Funktionskurven in ebenen, rechtwinkligen Koordinatensystemen (Diagramme)
A 107
Tabelle 1. Mglichkeiten zur Anpassung der Koordinatenskalen an die Funktionskurve
Koordinatenachsen (s. A 5.1) sind Funktionsskalen. Zur graphischen Darstellung der Funktion y=f(x) dient je eine Funktionsskale fr den Definitions- und Wertebereich, die als Koordinatensystem in der Ebene senkrecht zueinander angeordnet sind. Diejenigen Punkte P(x, y), deren Koordinaten die Gleichung y= f(x) erfllen, stellen die der Funktion f zugeordnete Kurve dar (s. Tab. 1). Umgekehrt bietet eine Kurve die Mglichkeit, eine Funktion zu definieren. Die Konstruktion der Kurve erfolgt durch Berechnung der Funktionswerte fr eine geeignete Auswahl von Elementen – den Sttzstellen xi ; i 2 N – mit einer Wertetabelle und durch punktweises Zeichnen. Das Diagramm besteht aus Koordinatensystem, Funktionskurve und Beschriftung. Die Darstellung wird in kartesischen oder Polarkoordinaten bzw. in Parameterform vorgenommen (s. A 5.1). Beispiel 1: Gegeben ist die Spirale f ¼ fðr; jÞjr 2 Rþ ; j 2 ½0; 2p; j7!r ¼ j=2g (Bild 2). Beispiel 2: Die arcsin-Funktion muß in ihrem Wertebereich aus Grnden der Eindeutigkeit auf die Hauptwerte beschrnkt werden: arcsin=fx; yÞjx 2 ½1;1; y 2 ½p=2; p=2; x7!y ¼ arcsinðxÞg. – Durch die Parameterform ist die Kurve C als Skalentrger fr t, fr beliebige y-Werte eindeutig beschreibbar. C ¼ fðx; yÞjx; y; t 2 R; t7!x ¼ sin t; t7!y ¼ tg (Bild 3).
10.2 Einfhrung in die Nomographie Ein Nomogramm ist ein graphisches Rechenhilfsmittel mit einfacher Handhabung, hufiger Anwendbarkeit fr hnliche Probleme und der Verringerung von Fehlermglichkeiten. Hierzu zhlen auch die Bilder im Abschn. A 10.1. 10.2.1 Nomogramme fr zwei Vernderliche Die einer Wertetabelle analoge graphische Darstellung einer Funktion y=f(x) ist die in A 10.1.2 beschriebene Funktionsskale (Funktionsleiter). Zum Rechnen werden die nicht durch
Skalenstriche angegebenen Werte nach Augenmaß linear interpoliert. 10.2.2 Nomogramme fr drei Vernderliche
Bild 2. Archimedische Spirale r=f/2 im Polarkoordinatensystem
Eine fr jeden Zusammenhang der Form f(x, y , z)=0 geeignete Einteilung der Skalen ist fr eine ebene Darstellung nicht bekannt. Daher besteht eine Sammlung von Nomogrammtypen, die fr spezielle Formen – die Schlsselgleichungen – besonders geeignet sind. Hieraus folgen die Bestimmungsgleichungen fr die meist rechtwinkligen Koordinaten X, Y der Funktion f(x, y, z). Die Werte ihrer Variablen x, y, z stellen in den Nomogrammen entweder Linien oder Punkte dar. Netznomogramme oder Netztafeln
Bild 3. arcsin-Funktion und ihre Fortsetzung in Parameterform
Drei einander schneidende Kurvenscharen einer Funktion f(x, y, z)=0 mit x 2 ½x0 ; xl ; y 2 ½y0 ; ym ; z 2 ½z0 ; zn heißen Netznomogramme (Bild 4 a). Jede Schar reprsentiert eine der Variablen durch die Kurven x ¼ xi ; i 2 [0, l] bzw. y ¼ yj ; j 2 [0, m] bzw. z ¼ zk ; k 2 [0, n]. Anwendung finden Netze, bei denen jeweils zwei der Variablen (x, y) oder (x, z) oder (y, z ) die Geradenscharen der rechtwinkligen Koordinaten bilden, es gilt also X ¼ g1 ðxÞ; Y ¼ g2 ðyÞ oder X ¼ g1 ðxÞ; Y ¼ g2 ðzÞ oder X ¼ g1 ðyÞ; Y ¼ g2 ðzÞ: Die dritte Schar wird dann jeweils durch f ðx; y; zk Þ ¼ 0 oder f ðx; z; yj Þ ¼ 0 oder f ðy; z; xi Þ ¼ 0 beschrieben. X, Y haben die Bedeutung von l, der Skalenlnge fr den Wert x in Gl. (2).
A
A 108
Mathematik – 10 Praktische Mathematik
g11 ðxÞ
D ¼
g21 ðyÞ
g31 ðzÞ
A
g12 ðxÞ g22 ðyÞ g32 ðzÞ
g13 ðxÞ
g23 ðyÞ
¼ 0 g33 ðzÞ
ð5Þ
ist. Dies ist die allgemeine Schlsselgleichung fr geradlinige Netze. Fluchtliniennomogramme Sie heißen auch Skalennomogramme oder Fluchtlinientafeln. Hier erscheinen die Werte der Variablen x, y, z als Punkte auf den Fluchtlinien mit meist krummlinigen Funktionsskalen. Auf den Fluchtlinien (Bild 5) liegen je drei Werte xi ; yi ; zi ; fr die f ðxi ; yi ; zi Þ ¼ 0 ist, auf einer Geraden. Soreausche Determinante. Die Skalenlinien fr x, y, z werden in der Parameterform fr die Koordinaten X, Y dargestellt durch die Skalen fr x : X ¼ g11 ðxÞ; Y ¼ g12 ðxÞ; y : X ¼ g21 ðyÞ; Y ¼ g22 ðyÞ; z : X ¼ g31 ðzÞ; Y ¼ g32 ðzÞ:
ð6Þ
g11 ðxÞ g12 ðxÞ 1
g21 ðyÞ g22 ðyÞ 1 ¼ 0:
g31 ðzÞ g32 ðzÞ 1
ð7Þ
Diese Determinante besagt, daß das Dreieck P1 P2 P3 (Bild 5) die Flche Null hat, also die drei Punkte auf der Fluchtgeraden liegen oder X1 ðY2 Y3 Þ þ X2 ðY3 Y1 Þ þ X3 ðY1 Y2 Þ ¼ 0 ist. Sie ist die Schlsselgleichung fr ein aus drei krummlinigen Skalen bestehendes Fluchtliniendiagramm. Die Funktion f(x, y, z)=0 ist nomographierbar, wenn es eine, aber auch gleich unendlich viele solche Determinanten gibt. Wenn zu gegebenen x, y-Werten der z-Wert der Fluchtlinientafel entnommen werden soll, wird zur Erhhung der Ablesegenauigkeit die z-Skale zwischen die beiden anderen gelegt. Die Typen der Nomogramme werden nach der Zahl der krummlinigen Skalen in Gattungen geteilt:
Bild 4. Netznomogramm. a Schema; b z ¼ xy
Beispiel: Gesucht sei das Nomogramm der Funktion z ¼ xy (Bild 4 b) in den Intervallen x 2 [1, 10], y 2 [0, (0, 1), 1]. Durch Logarithmieren wird lgz ¼ y lgx. Dieses Netznomogramm ist durch drei Geradenscharen darstellbar, indem man mit X ¼ lgx und Y ¼ lgz die Koordinaten logarithmisch skaliert. Die dritte Geradenschar ist durch Y ¼ yj X gegeben. Sie geht durch den Punkt fr x=1X=0 und z=1Y=0, da 1y ¼ 1; y 2 Rþ ist. Im doppeltlogarithmischen oder Potenzpapier sind diese Koordinatenscharen bereits vorhanden. Wegen Y ¼ yj lgx wird auf der Geraden fr x=10 eine zweite gleichfrmige (lineare) Skale fr yj mit Dy ¼ 0;1 so aufgetragen, daß y10 ¼ 1 fr den Punkt Y ¼ 1 ðmz lg10Þ ¼ 46;0 mm lg10 ¼ 46;0 mm erreicht wird, denn es ist 101 ¼ 10 ¼ Zmax . Ablesebeispiel am Punkt 0: x ¼ 4;5; y ¼ 0;3; z ¼ 4;50;3 ¼ 1;58; mit Rechenmaschine 4;50;3 ¼ 1;570.
Nomogramme nullter Gattung. Paralleltafel. Bei drei geraden parallelen Skalen (Bild 6 a) folgt ihre Schlsselgleichung aus Gl. (7) zu
0 g12 ðxÞ 1
ða þ bÞ g22 ðyÞ 1
a g32 ðzÞ 1
ð8Þ ¼ bg12 ðxÞ þ ða þ bÞg32 ðzÞ ag22 ðyÞ ¼ 0; d:h:; f3 ðzÞ ¼ f1 ðxÞ þ f2 ðyÞ sind die mit diesem Typ nomographierbaren Funktionen, die oft erst durch Logarithmieren hierauf umzuformen sind. Bei geeigneter freier Wahl der Moduln mx ; my ergibt sich nach Bild 6 a mx =mz ¼ ða þ bÞ=b; my =mz ¼ ða þ bÞ=a und
Schlsselgleichung. Unter Verwendung der Koordinaten X, Y lassen sich die Kurvenscharen in Bild 4 a durch das Gleichungssystem F1 ¼ ðX; Y; xÞ ¼ 0; F2 ¼ ðX; Y; yÞ ¼ 0 und F3 ¼ ðX; Y; zÞ ¼ 0
ð3Þ
beschreiben. Fr den wichtigen Spezialfall, daß alle Fi linear in den Argumenten X, Y sind, folgen Nomogramme, in denen die Kurvenscharen Geraden sind. Damit lassen sich die Gln. (3) als homogenes lineares Gleichungssystem fr (X, Y, 1) darstellen. g11 ðxÞX þ g12 ðxÞY þ g13 ðxÞ 1 ¼ 0; g21 ðyÞX þ g22 ðyÞY þ g23 ðyÞ 1 ¼ 0;
ð4Þ
g31 ðzÞX þ g32 ðzÞY þ g33 ðzÞ 1 ¼ 0: Es ist lsbar, wenn die Koeffizientendeterminante
Bild 5. Schema eines Fluchtliniennomogramms
I10.2 Einfhrung in die Nomographie
A 109
A
Bild 7. N-Tafel fr das ideale Gasgesetz; Ablesebeispiel 1 (T ¼ 273;2 K; V ¼ 22;4 m3 und p ¼ 1;0 105 PaÞ und 2 ðT ¼ 115 K; p ¼ 0;6 105 Pa und V ¼ 16;0 m3 Þ
Strahlentafel. Hier schneiden alle drei Skalen einander in einem Punkt. Die Schlsselgleichung ist 1=f3 ¼ 1=f1 þ 1=f2 : Bild 6. Paralleltafel. a Schema; b z ¼ 0;2 x þ lgy
mx =my ¼ a=b; mithin mz ¼ mx my =ðmx þ my Þ.
fr
den
Modul
der
z-Skale
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffi Beispiel: Gegebene Funktion (Bild 6 b) z ¼ 0;2 x þ lg y mit x 2 ½0;25; Xmax 51 mm; y 2 [1, 10]; Ymax ¼ 51 mm. – Mit mx ¼ my ¼ 51;0 mm folgt mz ¼ 25;5 mm und Zmax ¼ mz ¼ mz 2 ¼ 51;0 mm; a/b=1. Fr a=b=1 gibt es die Skalen in Parameterform pffiffiffi fr x: X=0, Y ¼ 51;0 mm 0;2 x; fr y: X ¼ 40 mm; Y ¼ 51;0 mm lg y und fr z: X ¼ 20 mm; Y ¼ 25;5 mm z2 : Ablesebeispiel: qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ffi pffiffiffiffiffi 0;2 12 þ lg 1;5 ¼ z ¼ 0;93; Rechnerwert z ¼ 0;932:
N- oder Z-Tafel. Wenn eine gerade Skale (z.B. fr Z) die anderen zwei parallelen Skalen mit der Steigung m schneidet, folgt aus Gl. (7)
0 g12 ðxÞ 1
g22 ðyÞ 1
a
g31 ðzÞ mg31 ðzÞ 1
ð10Þ
Beispiel: Fr die Abbildung mit einer dnnen Linse gilt 1=s0 ¼ 1=f þ 1=s, wobei f Brennweite der Linse, s Objektabstand und s0 Bildabstand von der Linse (s % 0, wenn von der Linse zum Objekt gegen die Lichtrichtung gemessen wird). Mit f3 ¼ s0 ; f1 ¼ f ; f2 ¼ s ergibt sich Bild 8.
Nomogramme 1. Gattung. Hufigste Anwendung findet die Paralleltafel mit einer krummlinigen Skale in der Mitte. Aus Gl. (5) und Bild 9 a folgt die Schlsselgleichung
0 mx f1 ðxÞ 1
g1 ðzÞ g2 ðzÞ 1 ¼ 0 bzw:
ð11Þ
a my f2 ðyÞ 1
f4 ðzÞ ¼ f1 ðxÞ þ f2 ðyÞ f3 ðzÞ: Durch Umformen ergibt sich fr die Parameterdarstellung der z -Skale X ¼ g1 ðzÞ ¼ mx af3 ðzÞ=½my þ mx f3 ðzÞ; Y ¼ g2 ðzÞ ¼ mx my f4 ðzÞ=½my þ mx f3 ðzÞ:
¼ g12 ðxÞ½a g31 ðzÞ þ g31 ðzÞ½am g22 ðyÞ ¼ 0 bzw. die nomographierbaren Gleichungen f1 ðxÞ ¼ f2 ðyÞ f3 ðzÞ oder f3 ðzÞ ¼ f1 ðxÞ : f2 ðyÞ:
ð9Þ
Beispiel: Das ideale Gasgesetz fr ein Kilomol lautet pV=RT mit p ¼ 1;0133 bar; V ¼ 22;4 m3 ¼ 1 kmol; R ¼ 8309 Pa m3 =K; T ¼ 273;2 K fr den Normalzustand. – Hieraus folgt die Zahlenwertgleichung pV=8309 T mit p in Pa, V in m3 und T in K. Mit den Zahlenwertgleichungen f1 ðxÞ ¼ 8309 T; f2 ðyÞ ¼ V und f3 ðzÞ ¼ p mit T in K, V in kmol und p in Pa folgt das Nomogramm Bild 7. Die Konstruktion der p-Skale erfolgt am besten geometrisch durch projektive Teilung der Verbindungsline von T=0 nach V=0 nach der Wahl der Vund T-Skalen.
Bild 8. Strahlentafel fr dnne Linsen; Ablesebeispiel 1/3=1/2-1/6, also f=2, s=-6, s0 ¼ 3
A 110
Mathematik – 10 Praktische Mathematik
A
Wert fr t3 aus dem f1 -Diagramm in das f2 -Diagramm und bestimmt dort mit dem gegebenen Wert fr x3 die neue Zwischengrße t4 usw.
10.3 Numerische Berechnung von Wurzeln nichtlinearer Gleichungen Die Lsung x einer transzendenten oder einer algebraischen Gleichung f(x)=0 von mehr als 4. Grad – Wurzel der Gleichung genannt – ist meist nicht explizit angebbar. Daher sind schrittweise bestimmte Nherungswerte xi der Wurzel mit der Genauigkeit e numerisch so zu berechnen, daß lim jxi xj < e: i!1
Bild 9. Nomogramme 1. Gattung. a Schema; b Zylinderoberflche
Wichtig sind hierbei die geeigneten Anfangswerte x0 ; x1 ; . . . ; die schnelle Konvergenz des Verfahrens (s. A 10.3.1 bis 10.3.4 ) und die erreichbare Genauigkeit e (s. A 10.3.5). Die Lsung von f(x)=0 ist quivalent der Nullstelle z von f=f{x, y)|x 2 [ a, b] R, y 2 R, x ! y=f(x)}, wobei f(z)=0 fr x=z 2 [a, b] gilt. Es werden nur reelle Funktionen einer Variablen, die im Intervall [ a, b] stetig differenzierbar sind und mindestens eine einfache Nullstelle haben, betrachtet. Ein geeigneter Anfangswert x0 ergibt sich hufig aus der Abszisse des Schnittpunkts der Kurve mit der x-Achse, welche oft durch die Umformung f ðxÞ ¼ 0 , g1 ðxÞ ¼ g2 ðxÞ leichter zu finden ist. Fr Rechenanlagen ist es vorteilhaft, daß zu beiden Seiten der Nullstelle mit a0 < z < b0 ein Vorzeichenwechsel zwischen f ða0 Þ und f ðb0 Þ auftritt, also f ða0 Þ f ðb0 Þ < 0 gilt. Besteht an den quidistanten Sttzstellen xj und xjþ1 des Intervalls [a, b] der Vorzeichenwechsel gemß f ðxj Þ f ðxjþ1 Þ < 0, so liegt die Nullstelle im Teilintervall ½xj ; xjþ1 , dessen Grenzen zwei meist geeignete Anfangswerte sind; sonst ist die Schrittweite h ¼ xjþ1 xj zu verkleinern. 10.3.1 Methode der schrittweisen Nherung (Iterationsverfahren)
Beispiel: Fr die Zylinderoberflche gilt A ¼ 2pr 2 þ 2prh, also umgeformt 2pr 2 ¼ A 2prh. Mit f1 ðAÞ ¼ A; f2 ðhÞ ¼ h; f3 ðrÞ ¼ 2pr; f4 ðrÞ ¼ 2pr 2 ergibt sich fr r 2 [0, 10], h 2 [0, 10] Bild 9 b, das nur die physikalisch sinnvollen, positiven Wurzeln liefert. Ablesebeispiel: h=4, A=200 ergibt r=4; Rechnerwert r ¼ 3;99 (gemessen in beliebigen aber gleichen Lngeneinheiten).
10.2.3 Nomogramme fr mehr als drei Vernderliche Bei n Variablen (n>3) wird die Aufgabe mit (n-2) Nomogrammen fr je drei Variablen gelst, indem sie ber (n-3) Hilfsvariablen t3 ; t4 ; . . . ; tn1 gekoppelt werden. Fr Fðx1 ; x2 ; . . . ; xn Þ ¼ 0 oder die Gleichungen f1 ðx1 ; x2 ; t3 Þ ¼ 0; F2 ðt3 ; x3 ; t4 Þ ¼ 0; f3 ðt4 ; x4 ; t5 Þ ¼ 0; . . . ; fn2 ðtn1 ; xn1 ; xn Þ ¼ 0 wird je ein Netz- oder Fluchtliniennomogramm angefertigt. Die Netze bzw. Skalen fr die Hilfsvariablen – Zapfenlinien genannt – gestatten die schrittweise Berechnung der gewnschten Funktion von n Variablen. So geht man mit dem
Die gegebene Gleichung f(x)=0 wird umgeformt in x=g(x). Fr einen Anfangswert x0 und i ¼ 1; 2; 3; . . . ergeben sich die xi aus xiþ1 ¼ gðxi Þ:
ð12Þ
Diese Folge konvergiert gegen die Nullstelle z, d.h., lim xi ¼ z, wenn fr alle xi die hinreichende Konvergenzbe-
i!1
dingung jg0 ðxi Þj % m < 1
ð13Þ
erfllt ist. Geometrisch bedeutet dies, den Schnittpunkt der Geraden y=x mit der Kurve y=g(x) entlang eines treppenbzw. spiralfrmigen Polygonzugs zwischen beiden zu bestimmen (Bild 10). Die Konvergenzbedingung stellt sicher, daß beim bergang von der Kurve zur Geraden die Abszissendifferenz jxiþ1 xi j
Bild 10. Verfahren der schrittweisen Nherung. a und b konvergente, c und d divergente Umformungen x=g(x)
I10.3 Numerische Berechnung von Wurzeln nichtlinearer Gleichungen Tabelle 2. Vergleich der Iterationsverfahren zur Nullstellenbestimmung am Beispiel f ðxÞ ¼ exp x þ sin x ¼ 0 im Intervall ½1; 0;5: z ¼ 0;588532744 5 1010 ; jxi xi1 j < 103
A 111
gðxi Þ ¼ xi f ðxi Þ=f 0 ðxi Þ ist mit f 0 ðxi Þ 6¼ 0. Die Konvergenzbedingung ist mit Gl. (13) jg0 ðxi Þj ¼ jf ðxi Þf 00 ðxi Þ=f 02 ðxi Þj % m < 1:
ð15Þ
Beispiel: Fr exp x þ sin x ¼ 0 mit dem Anfangswert x0 ¼ 0;6 und dem Intervall ½1; 0;5 ergibt sich nach Gl. (15) f ðxÞ ¼ ex þ sin x; f 0 ðxÞ ¼ ex þ cos 0x; f 00 ðxÞ ¼ ex sin x: jg0 ð0;6Þj ¼ 0;0093 < 1, also Konvergenz (s. Tab. 2, Spalte 4)
10.3.3 Sekantenverfahren und Regula falsi Anstelle der Funktionskurve wird eine Sekante durch zwei in der Nhe der Nullstelle gelegene Punkte ðx0 ; f ðx0 ÞÞ und ðx1 ; f ðx1 ÞÞ gelegt. Ihr Schnittpunkt mit der x-Achse liefert einen neuen Nherungswert x3 fr die Nullstelle (Bild 11 b). Hier wurde also die 1. Ableitung in Gl. (14) – Newton-Verfahren – durch den Differenzenquotienten ersetzt. Mithin gilt xiþ1 ¼ xi f ðxi Þðxi xi1 Þ=½f ðxi Þ f ðxi1 Þ; grßer als die Ordinatendifferenz jgðxiþ1 Þ xi j ist (vgl. Bild 10 a, b mit Bild 10 c, d). Ist die Konvergenzbedingung verletzt, so hilft fr Funktionen g, die in der Umgebung von z streng monoton sind, die Umkehrfunktion gð1Þ weiter, da durch Spiegelung der Funktion g an der Geraden y=x die Ableitung der Umkehrfunktion jðgð1Þ Þ0 j < 1 wird, der Schnittpunkt jedoch erhalten bleibt. Die konvergierende Funktion g(x) heißt Einpunkt-Iterationsfunktion, da nur Informationen eines Punkts genutzt werden. Beispiel: Gegeben ist exp x þ sin x ¼ 0. Eine grobe Handskizze der Kurven y ¼ exp x und y ¼ sin x liefert einen Nherungswert x0 ¼ 0;6 fr die betragkleinste Nullstelle, die hier gengt, so daß f ðxÞ ¼ exp x þ sin x ¼ 0 im Intervall ½1; 0;5 untersucht werden kann. Eine Umformung nach Gl. (12) ist x ¼ lnð sin xÞ mit gðxÞ ¼ lnð sin xÞ im ausgewhlten Intervall. g0 ðxÞ ¼ cot x nach Gl. (13) liefert j cotð0;6Þj ¼ 1;46 > 1, also keine Konvergenz. Die Umkehrfunktion gð1Þ ðxÞ ¼ arcsinð exp xÞ hat die Ableitung pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ðgð1Þ Þ0 ¼ exp x= 1 expð2xÞ mit ðgð1Þ Þ0 ð0;6Þ ¼ 0;657 < 1 ; sie konvergiert mit xiþ1 ¼ arcsinð exp xi Þ von x0 ¼ 0;6 an. gð1Þ ðxÞ ist die zweite Mglichkeit zum Umformen nach Gl. (12); s. Tab. 2, Spalte 3.
10.3.2 Newtonsches Nherungsverfahren Hierbei wird in der Nhe der Nullstelle z der gegebenen Funktion f die Kurve durch ihre Tangente im Nherungswert x0 ersetzt und deren Schnittpunkt mit der x-Achse als verbesserter Nherungswert x1 bestimmt (Bild 11 a). Damit folgt die Newtonsche Nherungsformel xiþ1 ¼ xi f ðxi Þ=f 0 ðxi Þ:
ð14Þ
Wird hier die rechte Seite als Iterationsfunktion gðxi Þ bezeichnet, so zeigt Gl. (12), daß das Newton-Verfahren eine schrittweise Nherung fr die spezielle Einpunkt-Iterationsfunktion
ð16Þ
beginnend mit bekannten Werten x0 ; x1 . Die rechte Seite stellt die Einpunkt-Iterationsfunktion gðxi ; xi1 Þ „mit Gedchtnis“ dar, welche die Information des vorherigen Punkts wiederverwendet. Liegt das Intervall [xi1 ; xi ] so, daß es den Vorzeichenwechsel von f enthlt, also f ðxi Þ f ðxi1 Þ < 0 gilt, so ist Gl. (16) die Regula falsi und die Interpolationsgerade eine Sekante. Fr x0 ; x1 ist dies durch den in der Einleitung von A 10.3 beschriebenen Suchalgorithmus gegeben. Fr die weiteren Iterationen ist immer zu erreichen, daß die Nullstelle zwischen den beiden Nherungswerten liegt, da entweder f ðx0 Þ f ðx2 Þ < 0 oder f ðx2 Þ f ðx1 Þ < 0 gilt. Die Regula falsi konvergiert immer fr die als stetig vorausgesetzten Funktionen. Als Beispiel s. Tab. 2, Spalte 5, mit den Werten des Beispiels in A 10.3.1. 10.3.4 Konvergenzordnung Der Aufwand zur Ermittlung der Nullstelle mit vorgegebener Genauigkeit ist fr die Verfahren sehr verschieden (s. Tab. 2). Neben ihm ist vor allem die Zahl der Schritte ausschlaggebend. Sie ist um so kleiner, je grßer die Konvergenzordnung p ist. jcj < 1 fr p ¼ 1 lim jxiþ1 zj=jxi zjp ¼ c mit ð17Þ jcj < 1 fr p > 1: i!1 Dabei ist c die asymptotische Fehlerkonstante. Mit Hilfe der Taylorentwicklung an der Nullstelle z folgt fr eine gegen z konvergierende Einpunkt-Iterationsfunktion: Ist g(x) p-mal stetig differenzierbar und gilt z= g(z) sowie jg0 ðzÞj < 1, falls p=1, bzw. g0 ðzÞ ¼ g00 ðzÞ ¼ . . . gðp1Þ ðzÞ ¼ 0 und gðpÞ ðzÞ 6¼ 0, so hat das durch xiþ1 ¼ gðxi Þ definierte Iterationsverfahren die Konvergenzordnung p. Einfache Iteration. Nach Gl. (12) ist hierbei g(x)=x- f(x), also folgt aus jg0 ðxÞj ¼ j1 f 0 ðxÞj < 1 die Konvergenzanordnung p =1. Newton-Verfahren. Hier ist gðxÞ ¼ x f ðxÞ=f 0 ðxÞ ; bei Konvergenz nach Gl. (15) also g0 ðzÞ ¼ f ðzÞ f 00 ðzÞ=f 02 ðzÞ ¼ 0 und g00 ðzÞ, das meist unbekannt ist. Hier ist also p ^ 2. Sekanten-Verfahren und Regula falsi. Sie sind EinpunktIterationsfunktionen „mit Gedchtnis“, fr die p 1;62 bzw. 1 ist. 10.3.5 Probleme der Genauigkeit
Bild 11. Nherungsverfahren. a nach Newton; b Regula falsi
Abbruchfehler ea. Er entsteht durch Abbruch der Berechnung weiterer Folgeelemente vor Erreichen des Grenzwerts z, selbst wenn unendlich viele Stellen fr die Zahlendarstellung benutzbar wren.
A
A 112
A
Mathematik – 10 Praktische Mathematik
Rundungsfehler er. Er ergibt sich selbst bei unendlich vielen Folgeelementen durch die begrenzte Stellenzahl. Fehlerabschtzung. Fr die einfache Wurzel z der Gleichung f(x )=0 gilt methodenunabhngig nach dem i-ten Nherungswert xi : Aus dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung ergibt sich f ðxi Þ ¼ ðxi zÞ f 0 ðxÞ; x 2 ½xi ; z; also jxi zj % f ðxi Þ=M mit M ¼ minf 0 ðxÞ; x 2 ½xi ; z:
ð18Þ
Bezeichnet f ðxi Þ den mit Rundungsfehlern behafteten Funktionswert f ðxi Þ mit f ðxi Þ % f ðxi Þ þ d, so ist der beste erreichbare Wert fr xi so beschaffen, daß f ðxi Þ ¼ 0 gilt. Dann ist jf ðxi Þj % d, und mit Gl. (18) folgt jxi zj % d=M d=jf 0 ðzÞj ¼ eg
ð19Þ
fr die Grenzgenauigkeit, die durch die Funktion f und die Stellenzahl der Rechenanlage bestimmt ist. Innerhalb des Intervalls ist f ðxi Þ ¼ 0, und die neuen Iterationswerte sind mit schwankenden Rundungsfehlern behaftet. Um diese Genauigkeit, die meist vorher nicht bekannt ist, auszunutzen, wird eine relativ grobe Schranke e vorgegeben und als Abbruchkriterium gefordert, daß jxiþ1 xi j ^ jxi xi1 j und jxi xi1 j < e
ð20Þ
jxij j ¼
n Y ðxi xj Þ 6¼ 0:
ð22Þ
j¼0 i>j
10.4.2 Ansatz nach Lagrange Hier wird das Interpolationspolynom als Linearkombination solcher Polynome Lj ðxÞ aufgebaut, die an den Stellen xj den Wert 1 und an allen anderen Stellen den Wert 0 annehmen. Die Funktionswerte yj sind dann die zugehrigen Koeffizienten der Polynome. Es gilt also 1 fr j¼k Lj ðxk Þ ¼ djk ¼ und 0 fr j 6¼ k ð23Þ n X Pn ðxÞ ¼ yj Lj ðxÞ: j¼0
Einsetzen besttigt, daß Lj ðxÞ in Gl. (24) diese Eigenschaften hat. , n n Y Y Lj ðxÞ ¼ ðx xk Þ ðxj xk Þ: ð24Þ k¼0 k6¼j
k¼0 k6¼j
Beispiel: Berechnung eines Interpolationspolynoms 3. Grads nach Lagrange. Gegeben: s. Tab. 3. Tabelle 3. Wertepaare fr Interpolationspolynom
ist, um xi als Wurzel anzuerkennen. Beispiel: f ðxÞ ¼ ex þ 1=ð10xÞ ¼ 0 ; die Nullstelle mit neun Dezimalen ist z ¼ 3;577152064. Fr eine sechsstellige Gleitkommaarithmetik ist d ¼ 5 107 ; f 0 ðzÞ ¼ 0;020, also nach Gl. (19) eg d=f 0 ðzÞ ¼ 2:5 105 , d.h., fr alle xi 2 ½3;57717; 3;57713 ist f ðxi Þ ¼ 0: Eine grßere Genauigkeit e < eg ist sinnlos. L0 ðxÞ ¼ ðx x1 Þðx x2 Þðx x3 Þ=½ðx0 x1 Þðx0 x2 Þðx0 x3 Þ ¼ ðx 0Þðx 1Þðx 4Þ=½ð2 0Þð2 1Þð2 4Þ ¼ ðx3 5x2 þ 4xÞ=ð36Þ; L1 ðxÞ ¼ ðx x0 Þðx x2 Þðx x3 Þ=½ðx1 x0 Þðx1 x2 Þðx1 x3 Þ ¼ ðx þ 2Þðx 1Þðx 4Þ=½ð0 þ 2Þð0 1Þð0 4Þ ¼ ðx3 3x2 6x þ 8Þ=8; L2 ðxÞ ¼ ðx x0 Þðx x1 Þðx x3 Þ=½ðx2 x0 Þðx2 x1 Þðx2 x3 Þ ¼ ðx þ 2Þðx 0Þðx 4Þ=½ð1 þ 2Þð1 0Þð1 4Þ
10.4 Interpolationsverfahren Die Darstellung beschrnkt sich auf reelle Funktionen einer unabhngigen Variablen in einem abgeschlossenen Intervall.
¼ ðx þ 2Þðx 0Þðx 1Þ=½ð4 þ 2Þð4 0Þð4 1Þ ¼ ðx3 þ x2 2xÞ=72: P3 ðxÞ ¼ y0 L0 ðxÞ þ y1 L1 ðxÞ þ y2 L2 ðxÞ þ y3 L3 ðxÞ
10.4.1 Aufgabenstellung, Existenz und Eindeutigkeit der Lsung Die Aufgabe, fr eine Anzahl von Meßwerten y0 ; y1 ; . . . ; yn zu bekannten, paarweise verschiedenen Argumentwerten fx0 ; x1 ; . . . ; xn g ½a; b 2 R, den Sttzstellen, einen funktionalen Zusammenhang zu formulieren, und die Ermittlung von Zwischenwerten in Tafeln angegebener Funktionen werden vorzugsweise durch Interpolationspolynome gelst. Dabei n X soll das gesuchte Polynom n-ten Grades Pn ðxÞ ¼ ai xi an i¼0
allen (n+1) Sttzstellen xj ; j ¼ 0; 1; 2; . . . ; n, genau die Funktionswerte yj annehmen, also Pn ðxj Þ ¼ yj sein. Durch Einsetzen aller Zahlenpaare ðxj ; yj Þ in den direkten Ansatz fr Pn ðxÞ folgt das inhomogene, lineare Gleichungssystem fr die gesuchten Koeffizienten ai . a0 þ a1 x0 þ a2 x20 þ a3 x30 þ . . . þ an xn0 ¼ y0 ; a0 þ a1 x1 þ a2 x21 þ a3 x31 þ . . . þ an xn1 ¼ y1 ; .. .. . .
¼ ðx3 2x2 8xÞ=ð9Þ; L3 ðxÞ ¼ ðx x0 Þðx x1 Þðx x2 Þ=½ðx3 x0 Þðx3 x1 Þðx3 x2 Þ
ð21Þ
a0 þ a1 xn þ a2 x2n þ a3 x3n þ . . . þ an xnn ¼ yn :
Die Koeffizienten- bzw. Vandermonde-Determinante hat, da alle xi paarweise verschieden sind, den Wert
¼ ½26ð2x3 þ 10x2 8xÞ 4ð9x3 27x2 54x þ 72Þ 2ð8x3 þ 16x2 þ 64xÞ þ 40ðx3 þ x2 2xÞ=72 ¼ x3 2x2 þ 3x 4:
10.4.3 Ansatz nach Newton Bei diesem Ansatz fr das Interpolationspolynom Pn ðxÞ ¼ c0 þ
n i1 X Y ci ðx xj Þ i¼1
ð25Þ
j¼0
hat das inhomogene lineare Gleichungssystem fr die Koeffizienten ci Dreiecksgestalt und kann schrittweise aufgelst werden. Nach Einsetzen der Wertepaare ðxj ; yj Þ folgt c0 c0 þc1 ðx1 x0 Þ c0 þc1 ðx2 x0 Þ þc2 ðx2 x0 Þ ðx2 x1 Þ .. .. . . n1 Y ðxn xj Þ c0 þc1 ðxn x0 Þ þ . . . þ cn j¼0
¼ y0 ; ¼ y1 ; ¼ y2 ; ¼ yn :
ð26Þ
I10.4 Interpolationsverfahren
A 113
A
Die Koeffizienten c0 ; c1 ; c2 ; . . . ; cn behalten ihren Wert, wenn der Grad des Polynoms vergrßert wird. Der Wert der Koeffizientendeterminante, gegeben durch das Produkt der Hauptdiagonalelemente, stimmt mit Gl. (22) berein. Schrittweises Auflsen ergibt eine Rekursionsformel fr die ci , die mit dem Differenzenquotienten i-ter Ordnung bereinstimmt und „dividierte Differenz“ heißt (s. A 10.6.3). c0 ¼ y0 ; y1 y0 y0 y1 ¼ ¼ f ½x0 ; x1 ; c1 ¼ x1 x0 x0 x1 h i 0 y2 y0 yx11 y x0 ðx2 x0 Þ c2 ¼ ðx2 x0 Þðx2 x1 Þ ¼
y2 y1 x2 x1
0 x2 x0 yx11 y x0 x2 x1
0 þ yx12 y x1
ðx2 x0 Þ
;
Die Konstanten sind in der vorstehenden Tabelle unterstrichen. Mit Gl. (25) ergibt sich Pn ðxÞ ¼ 26 þ 11ðx þ 2Þ 3ðx þ 2Þðx 0Þ þ 1ðx þ 2Þðx 0Þðx 1Þ ¼ x3 2x2 þ 3x 4 (s. auch die Lsung nach Lagrange des Beispiels in A 10.4.2).
Abbruchfehler. Bei der Interpolation nach Newton folgt der Fehler Rn ðxÞ aus dem Vergleich der beiden Interpolationspolynome Pnþ1 ðxÞ ¼ Pn ðxÞ þ Rn ðxÞ fr die Funktion f(x) im Intervall [ a, b]. Als Restglied ergibt sich Rn ðxÞ ¼ f ðnþ1Þ ðzÞðx x0 Þðx x1 Þ . . . ðx xn Þ=ðn þ 1Þ!; z 2 ½a; b:
ð27Þ
f ½x0 ; x1 f ½x1 ; x2 ¼ f ½x0 ; x1 ; x2 ; ¼ ðx0 x2 Þ .. .. . . f ½x0 ; x1 ; . . . xi1 f ½x1 ; x2 ; . . . xi ci ¼ : x0 ¼ xi Die Richtigkeit der Rekursionsformel ist durch vollstndige Induktion zu zeigen. Berechnungsschema. Fr die Ermittlung der Polynomkoeffizienten als Differenzenquotienten i-ter Ordnung hat sich das unten dargestellte Schema bewhrt. Den Zhler der Differenzenquotienten bildet jeweils die Differenz der Nachbarelemente der vorstehenden Spalte. Den Nenner bilden die an den linken Enden der zugehrigen Diagonalen befindlichen Werte xj und xjþk . Die unterstrichenen Differenzenquotienten ergeben nach Gl. (27) die Koeffizienten ci des Newtonschen Interpolationspolynoms Pn ðxÞ. Beispiel: Berechnung eines Polynoms nach Newton aus Tab. 3. Nach Gl. (27) sind die Differenzenquotienten der i-ten Ordnung
ð28Þ
Beispiel: Die Entladungskurve eines Kondensators ist durch ein Polynom 2. Grads im Intervall ½0;2T zu interpolieren (T=RC Zeitkonstante). Wie genau muß die Spannung fr tj ¼ jT; j=0, 1, 2, gemessen werden, damit der Meßfehler von der Grßenordnung des Abbruchfehlers wird? – Die Entladungskurve wird beschrieben durch u ¼ u0 expðt=TÞ. Das Restglied ist nach Gl. (28) R2 ðtÞ ¼ u0 =ð3!T 3 Þ expðz=TÞðt 0Þðt TÞðt 2TÞ; z 2 ½0;2T. Es wird nach oben abgeschtzt durch jR2 ðtÞj % u0 =ð3!T 3 Þ max½expðt=TÞ max½tðt TÞðt 2TÞ; dabei wird max½expðt=TÞ ¼ 1 fr t ¼ 0 und
pffiffiffi max½tðt TÞðt 2TÞ ¼ 0;38T 3 fr t ¼ ðt 1= 3ÞT nach A 6.1.8, also jR2 ðtÞj % 0;38 u0 =6 0;06 u0 . Die Spannung muß mit mindestens 6% der Ausgangsspannung u0 gemessen werden also mit einem Meßgert der Gteklasse 5.
10.4.4 Polynomberechnung nach dem Horner-Schema Die Newtonsche Polynomdarstellung Pn ðxÞ ¼
n i¼1 X Y ci ðx xj Þ j¼0
j¼0
und die Normalform Pn ¼
n X ai xi lassen sich fr die Berechi¼0
nung verbessern. Aus Gl. (25) folgt Pn ðxÞ ¼c0 þ ðx x0 Þðc1 þ ðx x1 Þðc2 þ ðx x2 Þ ðc3 þ . . . ðx xn1 Þcn Þ . . .ÞÞ ¼a0 þ xða1 þ xða2 þ xða3 þ . . . þ xðan1 þ xan Þ . . .ÞÞ: ð29Þ y1 y0 4 ð26Þ ¼ 11: Mit ¼ 0 ð2Þ x1 x0 y2 y1 2 þ 4 ¼2 wird und f ½x1 ; x2 ¼ ¼ f ½x0 ; x1 ¼ c1 1 x2 x1 f ½x0 ; x1 f ½x1 ; x2 11 2 3 3 ¼ c2 ¼ ¼ 3 und c3 ¼ ¼ 1. x0 x2 2 1 2 4 und damit folgen y1 ¼ 26 und c1 ¼
Fr ein numerisch gegebenes x sind die Klammern von innen heraus mit der folgenden Rekursionsformel berechenbar. Fr i ¼ 0; 1; 2; . . . ; n gilt in beiden Fllen bn ¼ cn ; bni ¼ ðx xni Þbniþ1 þ cni bzw: bn ¼ an ; bni ¼ xbniþ1 þ ani und Pn ðxÞ ¼ b0 :
ð30Þ
A 114
A
Mathematik – 10 Praktische Mathematik
Horner-Schema. Es wird fr diese leicht programmierbaren Formeln wie folgt angewendet.
ð0Þ
ð0Þ
mi1 ¼ ai1 =a11 ; i ¼ 2; 3; . . . ; n;
ð32Þ
und von der 2. bis zur n-ten Zeile entsteht ein neues Gleichungssystem mit (n-1) Unbekannten und den Koeffizienten der Matrix ð0Þ
Að1Þ ¼ ðaij Þ; i ¼ 2; 3 . . . n; j ¼ 2; 3 . . . n; Die Pfeile deuten den Fortgang der Rechnung an. Beginnend mit bn ¼ an werden die Produkte bn1 x in die benachbarte Spalte geschrieben und die darber stehenden Koeffizienten addiert. Die Fortsetzung des Horner-Schemas mit den gerade gewonnenen bn1 als Koeffizienten des Polynoms Pn1 ðxÞ liefert die erste Ableitung des Polynoms Pn ðxÞ: Fr weitere Fortsetzungen gilt Pni ðxÞ ¼ PðiÞ ðxÞ=i!. Beispiel: Gegeben ist das Polynom P4 ðxÞ ¼ 2x4 þ 5x2 7. Das vollstndige Horner-Schema lautet fr x=8
ð1Þ
ð0Þ
ð0Þ
ð0Þ
ð33 aÞ
ð0Þ
aij ¼ aij ðai1 =a11 Þ a1j sowie den rechten Seiten ð1Þ
ð0Þ
ð0Þ ð0Þ
ð0Þ
bi ¼ bi b1 ai =a11 :
ð33 bÞ
ð1Þ a22
6¼ 0, kann diese Operation – Gln. Ist das neue Element (32) bis (33 b) – fr i; j ¼ 3; 4; . . . wiederholt und ein neues System mit (n-2) Unbekannten gebildet werden. Bei (n-1)maliger Anwendung entsteht das gestaffelte Gleichungssystem ð0Þ
ð0Þ
ð0Þ
ð0Þ
ð0Þ
ð1Þ
ð1Þ
ð1Þ
ð1Þ
ð2Þ
ð2Þ
ð2Þ
a11 x1 þ a12 x2 þ a13 x3 þ . . . þ a1n xn ¼ b1 a22 x2 þ a23 x3 þ . . . þ a2n xn ¼ b2 a33 x3 þ . . . þ a3n xn ¼ b3 .. .. . .
ð34Þ
xn ¼ bðn1Þ : aðn1Þ nn n Es ist zu dem gegebenen algebraisch quivalent. Die xn ; xn1 ; . . . ; x1 werden damit durch „Rckwrts-Auflsen“ fr i ¼ 0; 1; 2; . . . ; ðn 1Þ berechnet. !, i X ðn1iÞ ðn1iÞ ðn1iÞ xni ¼ bni ani; nj xnj ani; ni ; ð35Þ j¼0 i ¼ 0; 1; 2; . . . ; ðn 1Þ: Es ist P04 ðxÞ ¼ 8x3 þ 10x; P004 ðxÞ ¼ 24x2 þ 10 und P000 4 ðxÞ ¼ 48x; also P4 ð8Þ ¼ 8 505; P04 ð8Þ ¼ 4 175; P004 ð8Þ ¼ 773 2! und P000 4 ð8Þ ¼ 384 ¼ 64 3!.
Das Gaußsche Eliminationsverfahren wird hier fr lineare inhomogene Gleichungssysteme mit reellen Koeffizienten dargestellt. Dabei wird durch sukzessives Eliminieren der Unbekannten ein gestaffeltes Gleichungssystem erzeugt, aus dem die Unbekannten rekursiv ermittelt werden.
ð0Þ
ð0Þ
ð0Þ
ð0Þ
ð0Þ
a11 x1 þ a12 x2 þ . . . þ a1n xn ¼ b1 ð0Þ ð0Þ ð0Þ ð0Þ a21 x1 þ a22 x2 þ . . . þ a2n xn ¼ b2 bzw: Að0Þ x ¼ bð0Þ .. .
an1 x1 þ an2 x2 þ . . . þ ann xn ¼ bn ð0Þ
Ist die Matrix A liebige
ð0Þ bi ,
ð0Þ ¼ ðaij Þ
ð31Þ
nichtsingulr, so existiert fr be-
die nicht alle gleichzeitig verschwinden, eine ð0Þ
daß
die
Pivotelemente
ði1Þ
ði1Þ
zum aii
sprngliche aki
ði1Þ all ðl1Þ aln
6¼ 0
zu
finden,
sind
erklrt. Ist fr ein l % n kein also
ðl1Þ
all
ðl1Þ
¼ al; lþ1 ¼ . . . ¼
¼ 0, dient dieses Verfahren zur Bestimmung des Ranges rðAÞ ¼ l 1 der Matrix Að0Þ . Diese nur bei Nullelementen erforderliche Umsortierung ist wichtig fr die Minimierung von Rundungsfehlern. ð0Þ
Ist a11 ¼ e 1; so ist bei gegebener Stellenzahl der relative ð0Þ
Rundungsfehler von a11 groß, und alle Koeffizienten, die ð0Þ
10.5.1 Gaußsches Eliminationsverfahren
ð0Þ
Voraussetzung,
ði1Þ
Die Lsung linearer Gleichungen (s. A 3.2.5 ) ist eine der hufigsten Aufgaben der praktischen Mathematik. Fr allgemeine, inhomogene lineare Gleichungssysteme Ax ¼ b mit einer (n n)-Matrix A (s. A 3.2.4) ohne besondere Eigenschaften ist das Gaußsche Eliminationsverfahren allen anderen berlegen. Darber hinaus ermglicht es die Berechnung der Inversen A1 , der Determinanten jAj; des Rangs rðAÞ und von Lsungen zu „beliebig vielen“ rechten Seiten b. Praktisch anwendbar ist es bis n 100.
ð0Þ
bisherige
ði1Þ
ai; i 6¼ 0 sind, ist kein Hindernis. Da die Lsungen nicht von der Reihenfolge der Gleichungen abhngen, kann ein aki 6¼ 0 gefunden werden, denn die Matrix Að0Þ ist nichtsingulr. Durch Vertauschen der Zeilen i und k wird das ur-
10.5 Auflsung linearer Gleichungen
ð0Þ
Die
nichttriviale Lsung. Ist a11 6¼ 0; lßt sich die Unbekannte x1 aus den letzten (n-1) Gleichungen eliminieren, indem von der i-ten Gleichung das mi1 -fache der ersten Gleichung subtrahiert wird. Dabei ist
nach Gl. (32) mit 1=a11 multipliziert werden, sind verflscht. Daher gilt fr das Pivotelement des k-ten Schrittes: Teilweise Pivotierung ðk1Þ
akk
ðk1Þ
¼ max jaik
j; k % i % n:
ð36Þ
Das betraggrßte Element der k-ten Spalte liegt in der i-ten Zeile; die Zeilen i und k werden vertauscht. Vollstndige Pivotierung ðk1Þ
akk
ðk1Þ
¼ max jaij
j; k % i % n; k % j % n:
ð37Þ
Das betraggrßte Element der noch zu bearbeitenden Matrix Aðk1Þ liegt in der i-ten Zeile und j-ten Spalte. Die i-te Zeile ist mit der k-ten sowie die j-te Spalte mit der k-ten zu vertauschen. Damit ndert man die Reihenfolge der Unbekannten xj und xk (darber ist eine zustzliche Buchfhrung ntig, damit
I10.6 Integrationsverfahren
A 115
A
Tabelle 4. Beispiel fr das Gaußsche Eliminationsverfahren
nach dem „Rckwrts-Auflsen“ die ursprngliche Reihenfolge wieder hergestellt werden kann). Das Umsortieren bewirkt, daß die Rechenoperation immer mit dem Pivotelement ausgefhrt wird, das mit dem relativ kleinsten Rundungsfehler behaftet ist. Beispiel: Fr die (4 4)-Matrix Að0Þ x ¼ b wird das Gaußsche Eliminationsverfahren mit teilweiser Pivotierung auf fnf Stellen gerundet dargestellt (s. Tab. 4). Dabei sind links vom Doppelstrich die Zahlen in der in den Formeln benutzten allgemeinen Form mit Indizierung angefhrt und rechts vom Doppelstrich an entsprechender Stelle im Schema die Zahlen des Beispiels. So ist a022 ¼ 13 und b04 ¼ 67. Die betraggrßten Elemente der zu untersuchenden Spalten sind unterstrichen. Durch Vertauschen der zugehrigen Zeile mit der jeweiligen ersten Zeile werden sie zu Pivotelementen. Ergnzt man die Matrix rechts um die Spalte si , in der die Summe aller Zeilenelemente steht, und behandelt die Elemente si genauso wie die anderen Matrixelemente, so muß auch in den transformierten Matrizen bis auf Rundungsfehler wieder die Zeilensumme stehen (Zeilensummenkontrolle fr die Rechnung „von Hand“). „Rckwrts-Auflsen“ ergibt die Lsungen nach Gl. (35) und Tab. 4: aus Zeile 4000 x4 ¼1;6619=1;8676 ¼ 0;8898; aus Zeile 3000 x3 ¼ð7;9000 5;9000 0;88982Þ=3;4000 ¼ 0;7794; aus Zeile 200 x2 ¼ð1;6596 3;3617 0;88982 0;59574 0;77943Þ=ð1;7021Þ ¼ 1;0552; aus Zeile 10 x1 ¼ð67;000 61;000 0;88982 59;000 0;77943
Gauß- und Tschebyscheff-Formeln. Die Sttzstellen sind ungleichmßig verteilt. Hierbei ist es immer mglich, die Formel fr das ganze, endliche Integrationsintervall [ a, b] anzugeben oder es in Teilintervalle aufzuteilen, fr die die Formel wiederholt angewendet wird.
10.6.1 Newton-Cotes-Formeln Die Sttzstellen xi ; i ¼ 0; 1; 2; . . . ; n; sind quidistant; es gilt xi ¼ a þ ih mit h=(b-a)/ n als Schrittweite. Die Funktionswerte des Integranden werden mit yi ¼ f ðxi Þ bezeichnet. Durch die (n+1) Punkte ðxi ; yi Þ ist ein Interpolationspolynom n-ten Grads bestimmt nach den Gln. (23) und (24). Pn ðxÞ ¼ y0 L0 ðxÞ þ y1 L1 ðxÞ þ y2 L2 ðxÞ þ . . . þ yn Ln ðxÞ: ð38Þ Anstatt ber f(x) wird nun das Integral ber Pn ðxÞ als Nherungswert berechnet. Er stimmt exakt fr Integranden aus Polynomen bis zum Grad n. Zb
Zb f ðxÞ dx
a
Pn ðxÞ dx a
¼
Zb n n X X yi Li ðxÞ dx ¼ yi wi : i¼0
53;000 1;0552Þ=47;000 ¼ 1;8977:
a
ð39Þ
i¼0
Dabei sind die Gewichtsfaktoren wi bestimmt durch die Integration des i-ten Lagrange-Polynoms, das zum Ansatz fr Pn gehrt.
10.6 Integrationsverfahren Zb f ðxÞ dx numerisch
Die Aufgabe, ein bestimmtes Integral a
auszuwerten, stellt sich hauptschlich, wenn durch das Integral eine neue Funktion F(b) definiert wird, die analytisch nicht anders darstellbar ist, oder der Integrand f(x) nur an bestimmten Sttzstellen xi ; i ¼ 0; 1; 2 . . . n; (z.B. aus Messungen) bekannt ist. Der Grundgedanke ist die Approximation des Integranden durch eine einfachere Funktion, die dann ersatzweise integriert wird.
Zb wi ¼
Li ðxÞ dx fr i ¼ 0; 1; 2; . . . ; n:
Formeln 1. Ordnung. Fr n=1 ist L0 ðxÞ ¼ ðx bÞ=ða bÞ; L1 ðxÞ ¼ ðx aÞ=ðb aÞ; mit Gl. (39) sind Zb w0 ¼
Integrationsformeln. Sie heißen auch Quadraturformeln und werden in zwei Gruppen aufgeteilt: Newton-Cotes-Formeln. Hier ist die Lage der Sttzstellen quidistant.
ð40Þ
a
ðx bÞ=ða bÞ dx ¼ ða bÞð1=2Þ ¼ h=2 und a
Zb w1 ¼
ðx aÞ=ðb aÞ dx ¼ ðb aÞð1=2Þ ¼ h=2: a
A 116
A
Mathematik – 10 Praktische Mathematik
Zb
Trapezformel. Sie ergibt sich mit Gl. (39) zu Zb
f ðxÞ dx hðy0 þ 2y1 þ 2y2 þ . . . þ 2ym1 þ ym Þ=2: ð44Þ f ðxÞ dx ¼ hðy0 þ y1 Þ=2 h3 f 00 ðzÞ=12; z 2 ða; bÞ:
ð41Þ
a
Das letzte Glied ist der Fehlerterm, der die Trapezformel zu einer exakten Gleichung ergnzt. Ihr Name rhrt von der geometrischen Deutung des Integrals her. Durch das Interpolationspolynom vom Grad n=1 – einer Geraden – wird die krummlinig von f(x) begrenzte Flche ersetzt durch das Trapez mit der Verbindungsgeraden durch die Punkte ða; y0 Þ und ðb; y1 Þ. Formeln 2. Ordnung. Fr n=2 ergeben sich mit b-a=2h, x0 ¼ a; x1 ¼ a þ h; x2 ¼ a þ 2h ¼ b die Lagrange-Polynome f½a ða þ hÞ½a ða þ 2hÞg; L1 ðxÞ ¼ðx aÞ½x ða þ 2hÞ=
ð46Þ
FS ¼ h5 mf ð4Þ ðzÞ=90 ¼ h4 ðb aÞf ð4Þ ðzÞ=180:
ð47Þ
Beispiel: Man berechne
Z1
ð2hz hÞð2hz hÞ=ð2h2 Þ dz ¼ h=3;
pez- und Simpson-Formel fr m=1, 2, 4. – Vorbetrachtung: Die Fehlerterme nach Gl. (46) sind fT ¼ h2 ðb aÞf 00 ðzÞ=12 und FS ¼ h4 ðb aÞf ð4Þ ðzÞ=180; sie werden nach oben abgeschtzt. Es ist f ðxÞ ¼ xex þ 2ex und f ð4Þ ðxÞ ¼ xex þ 4ex ; die ihre Maximalwerte M fr x=1 annehmen. Es ist M2 ¼ 3e 8;2 und M4 ¼ 5e 13;6: Fr die ist also kleinste Schrittweite hmn ¼ ðb aÞ=2m ¼ 0;125 jFT j % 0;1252 1 8;2=12 ¼ 0;0107 sowie jFS j % ð0;125Þ4 13;6=180 ¼ 1;8 105 und fr die grßte Schrittweite hmax ¼ 0;5 ist jFT j % ð0;5Þ2 8;2=12 ¼ 0;171 und jFS j % ð0;5Þ4 13;6=180 ¼ 0;0047: Fr die Trapezregel (44) ist das Rechnen mit drei Stellen, fr die Simpson-Formel (45) mit sechs Stellen nach dem Komma ausreichend, um Rundungsfehler kleiner als die Verfahrensfehler FT bzw. FS zu halten.
0
Z1 ½2hzð2hz 2hÞ=ðh2 Þ dz ¼ 4h=3; 0
Z1
¼ 2h
x ex dx ¼ 1 nherungsweise nach der Tra0
L2 ðxÞ dx a
FT ¼ mh3 f 00 ðzÞ=12 ¼ ðb aÞh2 f 00 ðzÞ=12;
Z1
¼ 2h Zb
f 00 ðzj Þ ¼ mf 00 ðzÞ;
L0 ðxÞ dx
L1 ðxÞ dx
w2 ¼
Fehlerterme. Sie gelten bei den Gln. (44) und (45) jetzt fr jeden der m Streifen. Der Gesamtfehler ist ihre Summe, wobei die Zwischenstelle z in den jeweiligen Streifen zu legen ist. Mit
Eine beliebige Vergrßerung der Streifenanzahl m ist ebenfalls nicht mglich, da damit die Zahl der Rechenoperationen zunimmt und Rundungsfehler dem Genauigkeitsgewinn entgegenwirken.
¼ 2h
a
ð45Þ
þ 2y2m2 þ 4y2m1 þ y2m Þ=3:
zj 2 ða þ jðb aÞ=m; a þ ðj þ 1Þðb aÞ=mÞ
Zb
w1 ¼
f ðxÞ dx hðy0 þ 4y1 þ 2y2 þ 4y3 þ . . . a
und z 2 (a, b) gilt fr die Trapezregel und die zusammengesetzte Simpson-Formel mit 2 mh=b-a
Durch die Transformation x=z(b-a)+ a=2hz+a, die das Intervall [a, b] fr x auf das Intervall [0, 1] fr z abbildet, vereinfacht sich die Integration der Gewichtsfaktoren zu
Zb
Zb
j¼1
fða þ h aÞ½a þ h ða þ 2hÞg; L2 ðxÞ ¼ðx aÞ½x ða þ hÞ= fða þ 2h aÞ½a þ 2h ða þ hÞg:
a
Zusammengesetzte Simpson-Formel. Aus Gl. (42) folgt mit n =2, also fr m Streifen der Breite 2 h,
m X
L0 ðxÞ ¼½x ða þ hÞ½x ða þ 2hÞ=
w0 ¼
a
2hzð2hz 2hÞ=ð2h2 Þ dz ¼ h=3: 0
Simpsonsche Formel. Sie heißt auch Keplersche Faßregel und folgt durch Einsetzen dieser Werte in Gl. (39). Mit Fehlerterm lautet sie Zb
f ðxÞ dx ¼ hðy0 þ 4y1 þ y2 Þ=3 h5 f ð4Þ ðzÞ=90;
ð42Þ
a
z 2 ða; bÞ: Formeln hherer Ordnung. Fr n>2 wird der Nherungswert nur unwesentlich verbessert. Deswegen ist die Simpsonsche Formel (42) auch die am hufigsten verwendete. Eine hhere Genauigkeit ergibt sich durch Einteilen des Intervalls [ a, b] in m gleich breite Streifen. Auf jeden Streifen wird Gl. (41) oder (42) angewendet. Es gilt dann h=(b-a)/(mn), xk ¼ a þ kh; k ¼ 0; 1; 2; . . . ; ðmnÞ; mit Gl. (39) fr aj ¼ a þ jðb aÞ=m folgt dann Zb f ðxÞ dx ¼ a
m1 X n X j¼0 i¼0
wi f ðaj þ ihÞ ¼
mn X
k yk : w
k¼0
Trapezregel. Sie ergibt sich wegen n=1 zu
ð43Þ
Richardson-Extrapolation. Ergibt die Trapezregel fr die Schrittweite h die Nherung T(h), so gilt mit den Gln. (41) Zb und (46) sowie z 2 ½a; b J ¼ f ðxÞ dx ¼ hðf0 þ 2f1 þ 2f2 a
þ . . . þ 2fm1 þ fm Þ=2 ðb aÞh2 f 00 ðzÞ=12 ¼ TðhÞ þ a1 h2 ; also TðhÞ ¼ J a1 h2 doppelte Schrittweite Tð2hÞ ¼ J 4a2 h2 ; wobei fr die Nherungsformel a1 a2 ¼ a gesetzt wird. Subtraktion und Auflsen nach ah2 liefern ah2 ¼ ½TðhÞ Tð2hÞ=3 und damit eine Verbesserung der Trapezformel. J ¼ T ðhÞ ¼ TðhÞ þ ah2 ¼ TðhÞ þ ½TðhÞ Tð2hÞ=3: ð48Þ
I10.6 Integrationsverfahren Da bei der Berechnung von T(h) alle fr T(2 h) erforderlichen Werte bekannt sind, ist die Verbesserung einfach. Dieses Verfahren heißt Richardson-Extrapolation, seine wiederholte Anwendung auf die Trapezregel unter Verwendung weiterer Potenzen von h fr den Fehlerterm wird Romberg-Integrationsverfahren genannt. Z1 x
Fr
x e dx gilt nach dem letzten Beispiel 0
A 117
auf Zahlenfolgen oder Funktionen anwendbar sind. Fr die Operatoren gelten die Rechenregeln der Algebra. Die Funktionen seien im Reellen unendlich oft differenzierbar, f 2 C1 ðRÞ: Definition. Es gibt Operatoren fr Verschiebung Vorwrtsdifferenz Rckwrts differenz zentrale Differenz Differentiation Mittelwert
E f ¼ f ðx þ hÞ; D f ¼ f ðx þ hÞ f ðxÞ; rf ¼ f ðxÞ f ðx hÞ; d f ¼ f ðx þ h=2Þ f ðx h=2Þ; D f ¼ f 0 ðxÞ; m f ¼ ½ f ðx þ h=2Þ þ f ðx h=2Þ=2:
9 > > > > > > > > > > = ð49Þ > > > > > > > > > > ;
Diese Operatoren sind linear, da fr beliebige Konstanten a, b 2 R und Funktionen f, g gilt: Da beide Werte in der letzten Spalte bereinstimmen, ergibt sich schon nach einem Schritt das im Rahmen der erwnschten Rechengenauigkeit liegende Ergebnis. 10.6.2 Graphisches Integrationsverfahren Fr orientierende Untersuchungen von Kurven, die zu Integralen mit vernderlicher oberer Grenze gehren, also zu Zx FðxÞ ¼ f ðzÞ dz; gengt oft eine graphische Lsung. Das a
Pða f þ bgÞ ¼ a Pf þ b Pg: Fr zwei beliebige lineare Operatoren P, Q sind die Summe, das Produkt und die Potenz erklrt: ðP þ QÞ f ¼ Pf þ Q f ; ðP QÞ f ¼ Pf Q f ; ðPQÞ f ¼ PðQ f Þ;
ð50Þ
ðaPÞ f ¼ aðP f Þ; a 2 R; Pn f ¼ ðP P . . . PÞ f mit n Faktoren:
Konstruktionsverfahren ist dabei die geometrische Darstellung der Rechteckformel (Newton-Cotes-Formel fr n=0), bei der die Funktionskurve ersetzt wird durch einen Treppenzug mit zur Abszisse parallelen Stufen. Die Sttzstellen werden dabei so gewhlt, daß die im Bild 12 zu beiden Seiten der Kurve f(x) liegenden, schraffierten Zipfel einer Stufe flchengleich werden. Die Ordinatenwerte der Stufenpunkte A1 ; A2 ; . . . ; A5 werden auf die y-Achse bertragen und die so gewonnenen Punkte B1 ; B2 ; . . . ; B5 mit dem Pol P=(-1;0) verbunden. Diese Verbindungsgeraden stellen die Steigungen der Tangenten an die gesuchte Funktion F(x) dar, deren Ableitung der Integrand f(x) ist. Die Parallelen zu den Verbindungslinien PBi , beginnend mit PB1 durch den Punkt C1 ; PB2 durch C2 usw., ergeben einen Polygonzug von Tangenten an die Integralkurve mit den Berhrungspunkten D1 ; D2 ; . . . ; D5 :
Zwei Operatoren P, Q sind gleich, also P= Q, wenn P f=Qf fr alle Funktionen f gilt. Fr die linearen Operatoren gelten die kommutativen und assoziativen Gesetze der Addition und Multiplikation. Es ergeben sich z.B. folgende Anwendungen:
10.6.3 Differenzenoperatoren
Binomial-Satz. Die 2. Potenz des Vorwrtsdifferenzoperators von
Differenzenbildungen sind bei der numerischen Integration, Differentiation und Lsung von Differentialgleichungen hilfreich. Hierzu dient eine Reihe von Differenzenoperatoren, die
Taylor-Reihe. Aus der blichen Form f ðx þ hÞ ¼ f ðxÞ þ hf 0 ðxÞ þ h2 f 00 ðxÞ=2! þ h3 f 000 ðxÞ=3! þ . . . folgt mit Operatoren Ef ðxÞ ¼ ½1 þ hD þ ðhDÞ2 =2! þ ðhDÞ3 =3! þ . . . f ðxÞ:
ð51Þ
Exponential-Funktion. Aus dem Klammerausdruck in Gl. (51) folgt die Reihenentwicklung fr die Exponentialfunktion. E ¼ expðhDÞ: Die Identitt f (x+h)=f (x+h)-f (x)+f (x) ergibt die Beziehung Ef ðxÞ ¼ D f ðxÞ þ f ðxÞ ) E ¼ D þ 1 ¼ expðhDÞ:
D2 f ðxÞ ¼ DðD f ðxÞÞ ¼ Dð f ðx þ hÞ f ðxÞÞ ¼ ½ f ðx þ 2hÞ f ðx þ hÞ ½ f ðx þ hÞ f ðxÞ; also D2 f ðxÞ ¼ f ðx þ 2hÞ 2f ðx þ hÞ þ f ðxÞ; erinnert an den Binomialsatz. Mit E ¼ D þ 1 folgt D2 ¼ ðE 1Þ2 und fr beliebige Potenzen Dk ¼ ðE 1Þk . Newtonsche Interpolationsformel. Fr die dividierten Differenzen f ½x0 ; x1 ¼ ðy0 y1 Þ=ðx0 x1 Þ nach Gl. (27) folgt mit den quidistanten Sttzstellen xi ¼ x0 þ ih; yi ¼ f ðxi Þ durch vollstndige Induktion f ½xi ; xiþ1 ; . . . ; xiþj ¼ Dj f ðxi Þ=ðhj j!Þ:
ð52Þ
Die Newtonsche Interpolationsformel lautet dann fr 0 % p%n Pn ðxÞ ¼ f ðx0 þ phÞ ¼ f ðx0 Þ þ
" n X i¼1
Bild 12. Graphische Integration
Di f ðx0 Þ
i1 Y ðp jÞ j¼0
#, i!:
ð53Þ
A
A 118
A
Mathematik – 10 Praktische Mathematik
Rechenschema. Zur Berechnung der Vorwrts- bzw. Rckwrtsdifferenzen empfiehlt sich die Verwendung der folgenden Schemata. Bei dem Schema fr den VorwrtsdifferenzOperator ergeben die Differenzen benachbarter Werte einer Spalte die nchsthhere Potenz von D in der Spalte rechts daneben.
10.7.1 Aufgabenstellung des Anfangswertproblems Gegeben sei ein beschrnktes, abgeschlossenes Intervall I= [a, b] der reellen Zahlen und eine reelle Funktion f(x, y) zweier Vernderlicher. Gesucht ist eine Lsung y(x) der gewhnlichen Differentialgleichung y0 ¼ f ðx; yÞ; x 2 ½a; b; ðx; yÞ 2 I R; y0 2 R
ð54Þ
mit der Anfangsbedingung yðaÞ ¼ y0 . (Fr ein System von n gewhnlichen Differentialgleichungen 1. Ordnung sind die Grßen y, f und y0 als n-dimensionale Vektoren aufzufassen.) Die Funktion f erflle die Lipschitz-Bedingung, so daß das Anfangswertproblem eine eindeutige Lsung hat. Besteht im Intervall ein Gitter von quidistanten Sttzstellen mit xi þ a þ ih; h > 0; i ¼ 0; 1; 2; . . . ; n; und xn % b;
Durch Umnumerierung der Argumente gewinnt man mit demselben Schema die Rckwrtsdifferenzen.
ð55Þ
so sind fr stetig differenzierbare Funktionen y(x) die Differentialquotienten y0 ðxi Þ nherungsweise durch ihre Vorwrtsdifferenzenquotienten zu ersetzen. Integration der Differentialgleichung y0 ¼ f ðx; yÞ von xi bis xi þ h und Division durch h ergeben xi þh Z
ð1=hÞ½yðxi þ hÞ yðxi Þ ¼ ð1=hÞ yðx0 Þ ¼ y0 :
f ðt; yðtÞÞ dt; xi
ð56Þ
Als Lsung der Anfangswertaufgabe an den Sttzstellen xi ist die Folge diskreter Anfangswertaufgaben erklrt, yðx0 Þ ¼ y0 ; ð1=hÞ½yðxi þ hÞ yðxi Þ ¼ fh ðxi ; yðxi ÞÞ þ rh ðxi Þ; Anwendung auf die Newtonsche Interpolationsformel (53) fr quidistante Sttzstellen
wobei die Verfahrensfunktionen fh durch geeignete Nherungen fr das Integral in Gl. (56) gewonnen werden. Der Fehlerterm rh ðxi Þ der Nherung ist nicht exakt angebbar, so daß anstelle der genaueren Sttzwerte yðxi Þ nur die numerisch genherten Werte yh; i bestimmt werden knnen, die von der Schrittweite h abhngen. In Gl. (57) eingesetzt, folgt fr das gegebene Anfangswertproblem yh; 0 ¼ y0 ; yh; iþ1 ¼ yh; i þ hfh ðxi ; yh; i Þ; i ¼ 0; 1; 2 . . . ðn 1Þ:
Mit Gl. (53) folgt fr n=3
ð57Þ
ð58Þ
Dieses „Einschrittverfahren“ nutzt zur Berechnung an der Stelle xiþ1 nur die Information des vorangegangenen Schrittes an der Stelle xi .
f ðx0 þ phÞ ¼f ðx0 Þ þ pDf ðx0 Þ þ pðp 1ÞD2 f ðx0 Þ=2! þ pðp 1Þðp 2ÞD3 f ðx0 Þ=3!: Mit x0 ¼ 1; h=1, f ðx0 Þ ¼ 0; D1 f ðx0 ÞD2 f ðx0 Þ ¼ 2; D3 f ðx0 Þ ¼ 0 wird f ð1 þ pÞ ¼ 0 þ 2p=1! þ 2ðp 1Þ=2! þ 0 pðp 1Þðp 2Þ=3! ¼ 2p þ pðp 1Þ: Mit der Substitution 1+p=xp=x – 1 ergibt sich f (x)= 2(x – 1)+ (x – 1)(x – 2)=(x – 1) x als Interpolationspolynom.
10.7 Numerische Lsungsverfahren fr Differentialgleichungen Zahlreiche Probleme lassen sich durch Differentialgleichungen oder Systeme derselben beschreiben. Die meisten sind nicht analytisch lsbar. Da Differentialgleichungen hherer Ordnung auf Systeme von Gleichungen 1. Ordnung zurckgefhrt werden knnen, die mit der Vektorschreibweise durch eine Gleichung darstellbar sind, werden hier nur die einfachsten Methoden zur Lsung von Anfangswertproblemen fr Gleichungen 1. Ordnung vorgestellt.
10.7.2 Das Eulersche Streckenzugverfahren Im einfachsten Fall ersetzt man in Gl. (58) die Verfahrensfunktion fh ðxi ; yh; i ) durch die Funktion f(x, y) selbst. Dadurch entsteht die nach Euler benannte Rekursionsformel yh; iþ1 ¼ yh; i þ h f ðxi ; yh; i Þ; yh; 0 ¼ y0 :
ð59Þ
Diese anschauliche geometrische Lsung (Bild 13) zeigt die Forderungen an Nherungsverfahren. Aus y0 ¼ f ðx; yÞ folgt durch Einsetzen des Anfangspunkts ðx0 ; y0 Þ in die rechte Seite die Steigung der Tangente nach Gl. (59) an die Lsungskurve im Anfangspunkt. Durch Fortschreiten um h zur Stelle x1 ergibt sich fr den exakten Wert x1 ; yðx1 ÞÞ eine Nherung ðx1 ; yh; 1 Þ, mit der das Verfahren wiederholt wird. Die richtige Lsungskurve y(x) wird durch den Streckenzug durch die Punkte ðx0 ; y0 Þ; ðx1 ; yh; 1 Þ; ðx2 ; yh; 2 Þ; . . . ersetzt. Hierbei treten ein lokaler und ein globaler Fehler (Bild 13) ei ¼ h rh ðxi Þ und dh ðxi Þ ¼ yh; i yðxi Þ auf. Das Eulersche Streckenzugverfahren ist stabil und konvergent, wenn die rechte Seite von f(x, y) die Lipschitz-Bedingung erfllt. Aus einer Taylor-Reihenentwicklung fr
I10.7 Numerische Lsungsverfahren fr Differentialgleichungen
A 119
10.7.3 Runge-Kutta-Verfahren Von großer praktischer Bedeutung sind Runge-Kutta-Verfahren und davon abgeleitete Varianten. Verfahren 2. Ordnung. Fr dieses nach Heun benannte Verfahren gelten k1 ¼ h f ðxi ; yi Þ; k2 ¼ h f ðxiþ1 ; yi þ k1 Þ; yiþ1 ¼ yi þ ðk1 þ k2 Þ=2:
ð60Þ
2
Weil der globale Fehler mit h gegen Null strebt, heißt es Verfahren 2. Ordnung Verfahren 4. Ordnung. Fr dieses bekannteste Verfahren gilt
0
Bild 13. Lsung des Anfangswertproblems y ¼ xy
yðxi þ hÞ folgt, daß der praktisch geringe globale Fehler des Euler-Verfahrens dh ðxi Þ h ist. Beispiel: Fr y0 ¼ xy; x 2 ½0; 0;5; yð0Þ ¼ 1;0 ist die Lsung nach dem Eulerschen Streckenzugverfahren (vgl. Bild 13) fr Schrittweiten h1 ¼ 0;1 und h2 ¼ 0;01 an den Stellen x ¼ 0; 0;1; 0;2 : 0;3; 0;4 und 0,5 zu ermitteln. – Die exakte Lsung ist y ¼ expðx2 =2Þ. Die Ergebnisse der Rechnung sind
k1 ¼ h f ðxi ; yi Þ; k2 ¼ h f ðxi þ h=2; yi þ k1 =2Þ; k3 ¼ h f ðxi þ h=2; yi þ k2 =2Þ; k4 ¼ h f ðxi þ h; yi þ k3 Þ; yiþ1 ¼ yi þ ðk1 þ 2k2 þ 2k3 þ k4 Þ=6:
ð61Þ
Die Gleichungen ergeben, wenn f von y unabhngig ist und h durch h/2 ersetzt wird, die Simpson-Formel (45). Die Gln. (61) stellen ein Verfahren 4. Ordnung dar, weil der Fehler mit h4 gegen Null strebt, mithin gute Konvergenz ergibt. Rechenschema. Fr die Berechnung „von Hand“ empfiehlt sich Tab. 5, welche die Gln. (61) widerspiegelt, die auch fr Rechenanlagen geeignet sind. Beispiel: Das Anfangswertproblem y0 ¼ ðx þ y 1Þ2 mit y(0)=1 soll im Intervall [0;1, 2] nach dem Runge-Kutta-Verfahren gelst und mit der exakten Lsung yex ¼ 1 x þ tan x verglichen werden. – Nach den Gln. (61) ergibt sich fr h ¼ 0;3 (s. Schema unten).
Tabelle 5. Rechenschema fr das Verfahren 4. Ordnung von RungeKutta
Aus Gl. (59) folgt mit f ðxi ; yh; i Þ ¼ xi yi yiþ1 ¼ yi þ hxi yi ¼ yi ð1 þ hxi Þ: Fr i=3 und h ¼ 0;1 ist dann laut vorstehender Tabelle y4 ¼ 1;032ð1 þ 0;1 0;3Þ ¼ 1;0611. Fr h ¼ 0;01 sind keine Zwischenwerte angegeben.
A
A 120
A
Mathematik – 10 Praktische Mathematik
10.8 Lineare Optimierung Zur optimalen Entscheidungsfindung bei wirtschaftlichen und technischen Problemen wird bei der linearen Optimierung das Maximum oder Minimum einer linearen Funktion mehrerer Variablen mit eingeschrnkten Bereichen bestimmt. Die aus der Differentialrechnung bekannten Extremwertverfahren versagen hier, weil lineare Funktionen Extremwerte nur auf den Rndern der Definitionsbereiche annehmen knnen. Wegen der einfachen aber aufwendigen Lsungsverfahren ist oft die Verwendung von Rechenanlagen erforderlich. Die lineare Programmierung wird angewendet bei Transport-, Mischungs- und Zuschnittproblemen. Verallgemeinerung der linearen Optimierung. Fr n Entscheidungsvariablen xj und n Konstanten cj ; j ¼ 1; 2; . . . ; n, deren Wahl durch das Optimierungskriterien entschieden wird, ergibt die Zielfunktion z ¼ c1 x1 þ c2 x2 þ . . . þ cn xn ¼
n X
cj xj ! Optimum:
ð62Þ
j¼1
Die Kennzahlen der Spalten 2 und 3 in Tab. 6 seien mit aij und die mit der rechten Spalte dieser Tabelle korrespondierenden Gesamtmengen der zur Verfgung stehenden Einsatzgrßen, die im Normalfall ebenfalls nicht negativ sein mssen, seien mit bi ^ 0 bezeichnet. Damit lauten im Normalfall die m Nebenbedingungen mit den Nichtnegativittsbedingungen x1 ^ 0; x2 ^ 0; . . . ; xn ^ 0 fr Max: a11 x1 þ a12 x2 þ . . . þ a1n xn % b1 a21 x1 þ a22 x2 þ . . . þ a2n xn % b2 am1 x1 þ am2 x2 þ . . . þ amn xn % bm
ð63Þ fr Min: ^b1 ^b2 : ^bm
berflssige Forderungen. Sie werden von allen Lsungen erfllt, ohne daß die ihnen zugeordnete Gerade zum Rand des Lsungsgebiets gehrt. Entweder ist im Bild 14 c die Nebenbedingung zu g1 berflssig oder die zu g3 falsch. Analoges gilt fr g2 und g4 . Konvexe Polygone. Sie bilden nach außen gewlbte Punktmengen. Werden also zwei im Inneren oder auf dem Rand des Lsungsbereichs liegende Punkte gewhlt, so gehren auch alle Punkte der Verbindungsgeraden zum Bereich. Zielfunktionsgeraden. Sind diese parallel zu einer begrenzenden Geraden auf der der optimale Lsungspunkt liegt, so gibt es unendlich viele Varianten der optimalen Lsung mit dem gleichen Zielfunktionswert, die alle auf dieser Polygonkante liegen. Abweichungen vom Normalfall. Sie ergeben sich, wenn z.B. beim Maximieren auch Grßer-Gleich-Relationen bei den Nebenbedingungen auftreten. Dann kann die Lsungsmenge infolge einander widersprechender Nebenbedingungen leer sein. Nebenbedingung mit Gleichheitszeichen. Ist dieses vorgeschrieben (z.B. g2 ), so reduziert sich der Lsungsbereich auf die Punktmenge, die dem in dem Polygon liegenden Teil der Geraden (g2 ) zuzuordnen ist (s. Bild 14 f). 10.8.2 Simplexverfahren Die im graphischen Verfahren fr zwei Variablen gewonnenen Einsichten lassen sich zwar auf n-dimensionale Probleme
ð64Þ
In der Matrixschreibweise ergeben sich mit dem Zeilenvektor c ¼ ðc1 ; c2 ; . . . ; cn Þ; den Spaltenvektoren 0 1 0 1 0 1 x1 b1 0 B x2 C B b2 C B0C B C B C C x ¼ B .. C; b ¼ B .. C und 0 ¼ B @ ... A @. A @. A 0 xn bm sowie der Matrix Amn ¼ ðaij Þ im Normalfall fr die Zielfunktion, die Neben- und Nichtnegativittsbedingungen z ¼ c x ! Optimum; %b fr Maximum Ax mit b ^ 0 und x ^ 0: ^b fr Minimum
ð65Þ
Hierbei gelten die Vektorungleichungen komponentenweise, und der Nullvektor 0 erhlt jeweils gleich viele Komponenten.
10.8.1 Graphisches Verfahren fr zwei Variablen Der Sonderfall von m linearen Ungleichungen fr nur zwei Variablen lßt sich in der Ebene graphisch darstellen und bildet die Grundlage zur anschaulichen Deutung des Lsungswegs beim n-dimensionalen Problem. Die graphische Lsungsmethode veranschaulicht noch folgende Aussagen (Bild 14 a–f) : Begrenzende Geraden. Die den Bereich der zulssigen Lsungen begrenzenden Geraden knnen aus den Nebenbedingungen geschlossene und offene Polygone – mithin beschrnkte und unbeschrnkte Punktmengen – ergeben. Die optimale Lsung liegt immer auf dem Rand des Gebiets, meist auf einem Eckpunkt (s. Bild 14 d).
Bild 14. a–f Schematische Darstellung der aus der graphischen Lsungsmethode folgenden allgemeinen Aussagen
I10.8 Lineare Optimierung bertragen, praktischer sind jedoch analytische Lsungsverfahren. Dabei wird aus dem konvexen Polynom im R2 ein von Ebenen begrenztes konvexes Polyeder (Vielfach) im R3 . Fr n 2 N verallgemeinert, heißt dies: Die Menge der zulssigen Lsungen des Problems Gln. (65) im Rn ist ein von Hyperebenen begrenztes konvexes Polyeder. Die lineare Zielfunktion der n Variablen nimmt ihr Optimum in mindestens einer Ecke des durch die Nebenbedingungen bestimmten konvexen Polyeders an (Eckenprinzip von Dantzig). Whrend im graphischen Verfahren jede Nebenbedingung unabhngig von den anderen gezeichnet werden kann, muß im analytischen Lsungsverfahren das System der Ungleichungen geschlossen behandelt werden, indem es durch Hinzufgen von Schlupfvariablen in ein Gleichungssystem verwandelt wird. Standard-Maximum-Problem Zielfunktion. Sie lautet z ¼ c x ! Maximum; A x % b; b ^ 0; x ^ 0:
ð66Þ
Nebenbedingungen. Mit dem Differenzvektor b A x ¼ y knnen die Nebenbedingungen in Form des unterbestimmten linearen, inhomogenen Gleichungssystems von m linear unabhngigen Gleichungen mit (n+m) Variablen geschrieben werden; A x þ y ¼ b mit y ^ 0:
ð67Þ
Die m Komponenten von y heißen Schlupfvariablen. Gleichung (67) lautet ausgeschrieben a11 x1 þ a12 x2 þ . . . þ a1 n xn þ y1 ¼ b1 ; a21 x1 þ a22 x2 þ . . . þ a2 n xn þ y2 ¼ b2 ; .. .. .. .. . . . . am 1 x1 þ am 2 x2 þ . . . þ amn xn þ ym ¼ bm ;
ð68Þ
ergnzt um die Zielfunktion in der Form c1 x1 þ c2 x2 þ . . . þ cn xn z ¼ 0: Basislsung. Das System der ersten m Gleichungen hat unendlich viele Lsungen. Hierzu werden n beliebige Variablen (z.B. x1 bis xn ) frei gewhlt und die restlichen m Variablen als deren Linearkombinationen dargestellt. yi ¼
n X
aij xj þ bi ; i ¼ 1; 2; . . . m:
ð69Þ
j¼1
Eine zulssige Lsung X ¼ ðx1 ; x2 ; . . . ; xn ; y1 ; . . . ; ym ÞT (s. A 3.2.4) heißt Basislsung, wenn die n frei gewhlten Variablen alle den Wert Null haben und die daraus bestimmten m Variablen grßer als Null sind. Die von Null verschiedenen m Variablen grßer als Null sind. Die von Null verschiedenen m Elemente von X heißen Basisvariablen, die brigen werden als Nichtbasisvariablen bezeichnet. Fr jede Basislsung ist das n-Tupel der Entscheidungsvariablen ðx1 ; x2 ; . . . ; xn Þ einer Ecke des konvexen Polyeders zuzuordnen, das den Bereich der zulssigen Lsungen begrenzt.
S¼
A c
b z
Das nach dem konvexen Polyeder im R mit (n+1) Eckpunkten (z.B. Dreieck im R2 ) benannte Verfahren findet den optimalen Lsungspunkt, indem es schrittweise von einer Ekke oder einer Basislsung zur nchsten mit verbessertem Zielfunktionswert fortschreitet. Dabei wird in jedem Schritt eine Basis- gegen eine Nichtbasisvariable ausgetauscht, die die Zielfunktion vergrßert. Zur berwachung kommt die (m+1)-te Gleichung fr die Zielfunktion in Gl. (68) hinzu, und z wird stndige Basisvariable des erweiterten Systems. Jeder Basistausch bedeutet eine Transformation der aus den Gln. (68) gebildeten Matrix
A
¼ ðsij Þ:
Verfahrensschritte. Sie sind in der nachstehenden Reihenfolge auszufhren: Wahl der Anfangslsung (1. Basislsung) wie in den Gln. (69) angegeben, also alle Schlupfvariablen yi als Basisvariablen und alle Entscheidungsvariablen xj als Nichtbasisvariablen mit dem Wert Null. Der Wert der Zielfunktion ist z=0. Prfung der Zielfunktion auf Optimalitt, die sich so lange vergrßern lßt, wie in der (m+1)-ten Zeile der Gln. (68) Elemente smþ1; j > 0 (also cj > 0 fr die Anfangslsung) vorhanden sind. Damit ergibt sich als Abbruchkriterium smþ1; j % 0; j ¼ 1; 2; . . . ; n: Bestimmung der auszutauschenden Nichtbasisvariablen aus der (m+1)-ten Zeile fr die Zielfunktion, die durch das grßte Element smþ1; jp ¼ maxðsmþ1; j Þ; j ¼ 1; 2; . . . ; n (also cjp fr die Anfangslsung) am strksten vergrßert wird; jp wird die das Pivotelement enthaltende Schlsselspalte (Pivotspalte). Wahl der auszutauschenden Basisvariablen aus der Schlsselspalte jp. Aus allen Quotienten q ¼ si; nþ1 =si; jp (also bi =ai; jp fr die Anfangslsung) fr i ¼ 1; 2; . . . ; m wird die durch das kleinste q>0 gekennzeichnete Basisvariable mit Index ip zum Austausch gewhlt, damit wieder eine Basislsung entsteht. Nach dem Basistausch mssen die nach Gl. (71) bzw. (75) transformierten Elemente b0i ¼ bi ðbip ai; jp Þ=aip; jp > 0 sein. Ist also in einer Schlsselspalte mit smþ1; jp > 0 kein Pivotelement si; jp > 0 zu finden, so gibt es keine obere Schranke fr die Zielfunktion und damit keine Lsung. Austausch der Variablen bedeutet, daß in der durch ip bestimmten Schlsselzeile die durch sie gegebene Gleichung nach der neuen Basisvariablen yip ! xjp aufgelst wird und dieses Ergebnis in die anderen Gleichungen von (69) eingesetzt wird. Es ergibt sich fr die Schlsselzeile fr die Anfangslsung 1 0 n X 1 B C ð70Þ yip ! xjp ¼ aip; j xj þ bip A @yip aip; jp j¼1 j6¼jp
und fr die anderen Zeilen i ¼ 1; 2; . . . m;m+1 mit i 6¼ ip n X ai; jp yi ¼ aij aip; j xj a ip; jp j¼1 j6¼jp ð71Þ ai; jp ai; jp yip þ bi bip : aip; jp aip; jp Daraus lassen sich die vier Regeln des Austauschverfahrens fr die Transformation der Matrix S in die Matrix S0 ableiten: Regel I: Das Pivotelement geht in sein Reziprokes ber entsprechend dem Faktor von yip in Gl. (70), das durch Tausch zum xjp wird. s0ip; jp ¼ 1=sip; jp
Simplex-Verfahren von Dantzig
A 121
ð72Þ
n
Regel II: Alle anderen Elemente der Pivotzeile ip werden durch das Pivotelement sip; jp dividiert gemß dem Faktor von xj in Gl. (70). s0ip; j ¼ sip; j =sip; jp
ð73Þ
Regel III: Alle anderen Elemente der Pivotspalte jp werden durch das negative Pivotelement dividiert entsprechend dem Faktor von yip in Gl. (71), das durch den Tausch zum xjp wird. s0i; jp ¼ si; jp =sip; jp
ð74Þ
A 122
A
Mathematik – 10 Praktische Mathematik
Regel IV: Alle anderen Matrixelemente werden transformiert nach den Klammerausdrcken in Gl. (71). si; jp s0ij ¼ sij sip; j ; sip; jp ð75Þ i ¼ 1; 2; . . . ; m þ 1 6¼ ip ; j ¼ 1; 2; . . . ; n þ 1 6¼ jp : Es ist noch zu zeigen, daß diese Formel auch fr die (m +1)te Zeile mit der Zielfunktion gilt. – Fr die 1. Basislsung ist n X cj xj z ¼ 0. Setzt man Gl. (70) ein und faßt zusammen, j¼1
so folgt n X cjp cjp cj aip; j xj þ yip a aip; jp ip; jp j¼1 j6¼jp cjp z bip ¼ 0; aip; jp
ð76Þ
womit die Gleichartigkeit der Transformation auch fr die Elemente der (m+1)-ten Zeile bewiesen ist. Weiterverwendung der Basislsung. Die so gewonnene neue Basislsung mit vergrßerter Zielfunktion wird vom 2. Schritt an wieder genauso behandelt. Simplextabelle. Sie ist ein Matrix-Schema fr Rechnungen „von Hand“. Dabei ist es nicht ntig, die Gln. (70) und (71) auszuschreiben. Beispiel: Eine Fabrik plane die Herstellung zweier Produkte P1 und P2 . Fr einen Planungszeitraum gilt folgende Aufstellung:
Bild 15. Graphische Lsung des Lineare-Optimierung-Problems fr zwei Variablen optimale Progamm x1 ¼ 400=3 ¼ 133;3; zmax ¼ 16 000=3 ¼ 5 333;3.
x2 ¼ 1 000=3 ¼ 333;3;
Also bringen 133,3 Stck des Produkts P1 und 333,3 Stck des Produkts P2 im Planungszeitraum den maximalen Gewinn DM 5 333,30. Die Abteilungen Teilefertigung und Endmontage sind voll ausgelastet, da der Lsungspunkt B auf den Geraden g1 und g3 liegt. Die Abteilung Vormontage (vertreten durch die Gerade g2 ) ist mit x1 ¼ 133;3 < 250 nur zu 53,3% ihrer Kapazitt ausgelastet. Simplexverfahren. Die Matrix S ist fr m=2, n=3 (s. Tab. 6) 0 1 2 1 600 B 1 0 250 C B C: S¼@ A 0;5 1 400 15 10
0
1. Schritt: Alle Schlupfvariablen yi werden Basisvariablen, alle Entscheidungsvariablen xi Nichtbasisvariablen. Damit ist 0
Wie viele Exemplare jedes Produkts mssen hergestellt werden, damit der Reingewinn des Gesamtprogramms ein Maximum wird? Mathematische Formulierung. Ziel der Optimierung ist nach Tab. 6 ein Maximum des Reingewinns, der erkennbar linear von den gesuchten Stckzahlen x1 ; x2 fr jedes Produkt, den Entscheidungsvariablen, abhngt. Fr den Reingewinn gilt die Zielfunktion nach Gl. (62) z ¼ 15x1 þ 10x2 ! Maximum. Die Bereiche fr die Entscheidungsvariablen sind durch die Fertigungskapazitt begrenzt. Die Nebenbedingungen nach Gl. (64) sind mit den Zeilen 1 bis 3 der Aufstellung 2x1 þ x2 % 600; x1 % 250; 0;5 x1 þ x2 % 400: Negative Werte fr x1 ; x2 sind sinnlos, da verschwindende Produkteinheiten eine Gewinnsteigerung ausschließen (s. Nichtnegativittsbedingungen (63)). Graphisches Verfahren. In dem Koordinatensystem x1 ; x2 (Bild 15) folgt die Gerade g1 aus der ersten Nebenbedingung 2x1 þ x2 % 600 ) x2 % 2x1 þ 600: Die Lsungsmenge dieser Ungleichung ist dann durch die von der Geraden g1 begrenzten (schraffierten) Halbebene gegeben. Wegen der Nichtnegativittsbedingung ist sie auf den ersten Quadranten beschrnkt und liegt auf der durch die Geraden x1 ¼ 0; x2 ¼ 0 und x2 ¼ 2x1 þ 600 begrenzten Flche. Die weiteren Nebenbedingungen, die Geraden g2 mit x1 ¼ 250 und g3 mit x2 ¼ 0;5 x1 þ 400, schrnken die zulssigen Lsungen auf das Polygon 0 ABCD ein. Die Zielfunktion z ¼ 15x1 þ 10x2 oder x2 ¼ 1;5 x1 þ z=10 ist eine Schar paralleler Geraden der Steigung m ¼ 1;5 mit z als Scharparameter. Dabei ist die Zielfunktion z auf der x2 -Achse ablesbar. Im Bereich der zulssigen Lsungen liegt der kleinste Wert z=0 auf der Geraden durch den Punkt 0 des Polygons. Alle Punkte ðx1 ; x2 Þ auf einer solchen Geraden fr ein z ¼ z1 , die innerhalb des Polygons liegen, reprsentieren zulssige Lsungen, die grßte beim Schnittpunkt B=(400/ 3, 1 000/3) der zwei Geraden g1 und g3 . Aus der Zeichnung folgt das
1 0 1 x1 0 B x2 C B 0 C B C B C C B C X1 ¼ B B y1 C ¼ B 600 C @ y2 A @ 250 A y3 400 die erste Basislsung mit -z=0. Ursprung in Bild 15. 2. Schritt: z=0 ist nicht optimal, da in der (m+1)-ten, also vierten, Zeile der Matrix S noch Elemente grßer Null sind. 3. Schritt: s41 ¼ 15 ist grßtes Element, jp=1 wird Pivotspalte. 4. Schritt: q2 ¼ 250 ist kleinster Quotient grßer Null. Also wird ip=2 Pivotzeile. s21 ¼ 1 > 0 wird Pivotelement. 5. Schritt: x1 wird neue Basisvariable und tauscht mit y2 den Platz. Die Matrix S wird transformiert zu S0 . Regel I : s021 Regel II : s02j Regel III : s0i1 Regel IV : s0ij Die neue Basislsung X2 ¼ ðx1 ; x2 ; y1 ; y2 ; y3 ÞT ¼ ð250; 0; 100; 0; 275ÞT entspricht dem Punkt D in Bild 15 mit -z=-3 750. 6. Schritt: Die Matrix S0 wird vom 2. Schritt an genau so transformiert. s12 ist das Pivotelement, und die dritte Basislsung X3 ¼ ðx1 ; x2 ; y1 ; y2 ; y3 ÞT ¼ (250, 100, 0, 0, 175)T , reprsentiert durch den Punkt C in Bild 15, mit -z=-4 750 fr die Zielfunktion. Erst die vierte Basislsung X4 ¼ (133, 33; 333, 33; 0; 116,67; 0)T fhrt zum Endergebnis z ¼ 5 333;3, weil alle Elemente der vierten Zeile negativ sind. Die nicht verschwindende Schlupfvariable y2 ¼ 116;67 gibt wieder den Hinweis auf die nicht ausgeschpfte Kapazitt der durch die
I10.8 Lineare Optimierung Tabelle 6. Simplextabelle der Beispiele, fr die gewhnliche als auch fr die parametrische Optimierung. Fr die Erklrung der Zeilen zu , zy und z(T) s. A 10.8.3
A 123
zweite Zeile beschriebenen Nebenbedingung, hier direkt als „Schlupf“ 116,67/250=0,47=47%, die nicht genutzt werden, sichtbar.
10.8.3 Parametrische lineare Optimierung Beim allgemeinen parametrischen linearen Optimierungsproblem hngen die Koeffizienten des Standard-Maximum-Problems Gl. (68) noch von einem Parameter t 2 R ab. Seine optimale Lsung xopt und die Zielfunktion zopt sind Funktionen des Parameters t, der oft die Zeit darstellt. Geschlossene Theorien fr derart allgemein gehaltene parametrische Probleme stehen nicht zur Verfgung, so daß hier nur der praktische, exakt lsbare Fall der von t abhngigen Zielfunktion beschrieben wird. Lineare Optimierung mit einparametrischer Zielfunktion, LOz(t). Nur die gegebenen Koeffizienten ci ¼ ci ðtÞ ¼ ui þ ui þ ui t mit i ¼ 1; . . . ; n hngen linear von t 2 R ab. Dieses LOz(t) hat als Standard-Maximum-Problem folgende Eigenschaften: 1. Existiert eine optimale Lsung xopt ¼ xopt ðtÞ fr einen Parameterwert t, so gibt es einen Stabilittsbereich t 2 ½tk ; tkþ1 R, in dem diese Ecke optimal ist. Ferner existieren solche charakteristischen Stabilittsbereiche fr jede der k ¼ 0;1; . . . ; m Ecken. 2. Die optimale Zielfunktion z(t) ist stetig, von oben konkav und ist ein Polygonzug ber dem Parameterintervall der Lsungen. Die Knickstellen sind die charakteristischen tk Werte. Lsungsverfahren: Es basiert auf dem Simplexverfahren, indem fr jede Ecke (BLk ) die Grenzen tk ; tkþ1 des zugehrigen Stabilittsbereichs bestimmt werden. Dazu wird die Zielfunktionszeile in ihre zwei Anteilzeilen aufgespalten, die erste enthlt die konstanten Koeffizienten ui und die zweite die Parameterkoeffizienten ui . Beim Basistausch werden sie wie normale Zielfunktionszeilen behandelt. Damit schreibt sich Gl. (68) in Matrixform 0 1 A b S ¼ @ u zu A ¼ ðsi; j Þ mit zðtÞ ¼ zu þ zv t: u zv Obere Grenze t0 des Stabilittsbereichs. Gesucht wird das Maximum fr beliebig großes t, d.h. ausschlaggebend fr die Wahl der Pivotspalte jp sind die Elemente uj 6¼ 0 der Steuerzeile und nur dort, wo die uj ¼ 0 sind werden die uj 6¼ 0 bercksichtigt. Beim Ausfhren der Simplexschritte knnen zwei Flle auftreten: Fall I: Es sind alle uj % 0 und bei uj ¼ 0 gilt stets uj % 0. Der Stabilittsbereich dieser Ecke reicht bis t0 ¼ 1. Im weiteren wird dann die „untere Grenze des Stabilittsbereichs“ ermittelt. Fall II: Es sind nicht alle uj % 0. Fr diejenigen Spalten k 2 f1; 2; . . . ; ng, fr die alle Matrixelemente aik % 0 sind, wird aus den Ungleichungen uk þ uk t % 0 das zugehrige grßte tmþ1 ¼ t0 bestimmt. Findet sich keines, so existiert kein Parameterwert, fr den das LOz(t) eine optimale Lsung hat. Mit diesem tmþ1 wird die Steuerzeile ðui þ ui tmþ1 Þ berechnet und ein neues Simplextableau aufgestellt. Ergibt sich damit eine optimale Lsung, so stellt tmþ1 die obere Grenze des Stabilittsbereichs dieser Ecke dar. Es ist mit der Bestimmung der unteren Grenze fortzufahren. Anderenfalls ist wieder der Fall II eingetreten und die Prozedur muß wiederholt werden, bis entweder die obere Grenze gefunden wird oder entschieden werden kann, daß die Aufgabe unlsbar ist. Untere Grenze tu des Stabilittsbereichs. Bekannt ist die obere Grenze tmþ1 ¼ t0 einer optimalen Basislsung (BLm ) und die zugehrige Simplextabelle. Der grßte untere Parameter-
A
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Mathematik – 10 Praktische Mathematik
grenzwert tu ergibt sich aus der Forderung, daß alle ðui þ ui tÞ % 0 sein mssen. Gibt es kein tu % tmþ1 , so ist das LOz(t) nicht lsbar. Wiederholungen des Verfahrens fr alle existierenden Ecken des Lsungsbereichs liefern alle charakteristischen Parameterwerte, fr die das LOz(t) Lsungen hat.
kalen Methoden gesucht werden kann. Die grundlegenden theoretischen Ergebnisse ber Existenz und Eindeutigkeit der Lsungen werden durch die Stze von Farkas und Kuhn-Tucker formuliert, die jedoch hier nicht dargestellt werden sollen.
Beispiel: Die Zielfunktion des Beispiels aus A 10.8.2 soll zum Studium von Gewinnschwankungen, etwa durch Inflation, gendert werden in zðtÞ ¼ 15ð1 þ 0;5tÞx1 þ 10ð1 0;4tÞx2 , d.h. t=0 reproduziert das vorhandene Beispiel. Zunchst sei der Stabilittsbereich fr t an der graphischen Lsung von Bild 15 fr die Ecke B dargestellt:
Kombinatorische Optimierung. Sie geht aus der allgemeinen Optimierung hervor, durch die zustzliche Forderung, daß der zulssige Bereich nur aus endlich vielen Punkten besteht. Eine praktisch bedeutende Klasse dieser Aufgaben bilden die ganzzahligen Optimierungsprobleme.
Aus zopt ¼ 15x1 þ 10x2 ¼ 5 333;33 folgt die Gerade x2 ¼ 1;5x1 þ533;33: Die Ecke wird aus g1 : x2 ¼ 2x1 þ 600 und g3 : x2 ¼ 0;5x1 þ 400 gebildet. Die parametrisierte Zielfunktion stellt sich als Gerade gt : x2 ¼ x1 ð15 þ 7;5tÞ= ð10 4tÞ þ zðtÞ=ð10 4tÞ dar. Die Ecke ist also solange optimal, wie die Steigung von gt kleiner als die von g3 und grßer als die von g1 ist. Fr die untere Grenze ergibt sich tu ¼ 1;0526 und fr die obere Grenze t0 ¼ 0;3226: Fr tWerte außerhalb dieses Intervalls werden die Ecken A bzw. C optimal (s. Tab. 6). Das Simplexverfahren wird wie in A 10.8.2 abgewickelt, wobei die Wahl der Pivotelemente weiterhin durch die ðz ¼ zu Þ-Zeile bestimmt wird: 1. Schritt: zu ; zv sind Null bzw. es gilt der Fall II. 2. Schritt: Fr großes t ist z(t)>0, also optimal auch fr t 1 . Folglich ist tmþ1 ¼ 1 und, wie in Tab. 6 vorgerechnet, tu ¼ 2;5. Dazu gehrt xopt ¼ ð250; 0; 100; 0; 275ÞT sowie z(t)=3 750+1 875t im Intervall t ½2;5; 1, also zð2;5Þ ¼ 8 437;5 und z( 1 )= 1 , das mathematisch den unendlichen Reingewinn fr das Produkt P1 zulßt. Die weitere Vorgehensweise ist in Tab. 6 zu verfolgen, bis sich als vierte Basislsung die Zielfunktion zðtÞ ¼ 5 333;3 þ 333;3t im Intervall t 2 ½1;0526; 0;3226 ergibt. Danach kann das Programm beendet werden, wenn die Regel aus A 10.8.2 fr die zu -Zeile angewendet wird. Zur Bestimmung des Pivotelements aus den z(t)-Zeilen lßt sich die jeweils die Null enthaltende Spalte verwenden. Das ergibt zwei qi -Spalten, wie es hier nur fr die vierte Basislsung dargestellt ist. Die mit # gekennzeichnete Version schlgt den Tausch von y2 gegen y3 vor, was die darberstehende Lsung reproduziert. Die mit angegebene zweite Mglichkeit findet die Ecke A mit einem Parameterintervall, der an die Ecke B anschließt und bis tu ¼ 1 reicht, was zopt ð1Þ ¼ 1 fr das Produkt P2 bedeutet. Die charakteristischen Parameterwerte tu ¼ t0 ; t1 ; . . . ; tmþ1 ¼ to sind also 1; 1;0526; 0;3226; 2;5; þ1 mit Zielfunktionswerten zðtk Þ ¼ þ1; 5 684;2; 5 225;8; 8 437;5; þ1.
10.9 Nichtlineare Optimierung 10.9.1 Problemstellung Ist auch nur eine der Gleichungen des Systems fr das Standard-Maximum-Problem (68) nichtlinear, so liegt ein nichtlineares Optimierungsproblem vor. Die Vielfalt der denkbaren Aufgabentypen ist daher unbersehbar groß und eine allgemeine Behandlung z.Z. nicht verfgbar, so daß man auf die Behandlung bestimmter Aufgabentypen angewiesen ist. Charakteristisch dafr sind numerische Algorithmen, die Nherungen fr das gesuchte Optimum liefern. Allgemeine nichtlineare Optimierung im Rn Zielfunktion : z ¼ f ðx1 ; x2 ; . . . ; xn Þ ! Optimum; Nebenbedingungen : gi ðx1 ; x2 ; . . . ; xn Þ % bi ;
ð77Þ
i ¼ 1; 2; . . . ; m; mindestens eine der reellen Funktionen gi ; f ist nicht linear. Die Menge aller x, die die Nebenbedingungen erfllen, heißt zulssiger Bereich B. Konvexe Optimierung. Sie liegt vor, wenn alle Funktionen der allgemeinen Aufgabe Gl. (77) konvex sind. Sie zieht ihre besondere Bedeutung aus dem Satz, daß ein lokales Minimum einer konvexen Funktion ber einer konvexen Menge auch das globale Minimum ist, also das globale Minimum mit lo-
10.9.2 Einige spezielle Algorithmen Nherungslsung durch stckweise Linearisierung. Hufig ist nur die Zielfunktion z ¼ f ðx1 ; . . . ; xn Þ nichtlinear. Man kann sie in eine Taylor-Reihe entwickeln, die nach dem linearen Glied abgebrochen wird: ~f ðxÞ ¼ f ðx0 Þ þ ðx x0 ÞT f 0 ðx0 Þ. Nur in der Umgebung des Entwicklungspunktes x0 ¼ ðx01 ; x02 ; . . . ; x0n ÞT ist eine vertretbare bereinstimmung zwischen der Tangentialhyperebene ~f und der Zielfunktion f zu erwarten. Man muß daher den zulssigen Bereich B durch eine endliche Anzahl von Teilbereichen B1 ; . . . ; Br berdecken, fr jeden Teilbereich die Taylor-Reihe um einen Punkt x0j 2 Bj bestimmen und die so erzeugten r linearen Optimierungsprobleme lsen. Das Optimum aus der Menge der Teillsungen ist eine brauchbare Nherung fr das Ausgangsproblem. Die Taylorentwicklung setzt die analytische Darstellung und die Differenzierbarkeit von f ðxÞ voraus. Ist f ðxÞ nur an (n+1) diskreten Sttzstellen xi 2 Bj ; i ¼ 1; 2; . . . ; ðn þ 1Þ bekannt, so kann auch linear interpoliert werden: f ðxÞ ¼ a0 þ aT x mit dem linearen Gleichungssystem a0 þ aT xi ¼ f ðxi Þ zur Bestimmung der (n+1)-Koeffizienten a0 ; aT ¼ ða1 ; a2 ; . . . ; an Þ: Man erkennt, daß eine Steigerung der Genauigkeit durch feinere Unterteilung des zulssigen Bereichs B nur mit erhhtem Rechenaufwand erkauft werden kann, so daß diesem Verfahren von daher Grenzen gesetzt sind. Die Genauigkeit der Annherung ist auch von der Wahl des jeweiligen Entwicklungspunkts x0 abhngig. Bei praktischen Problemen hat man hufig keine Anhaltspunkte fr einen sinnvollen Start. Man muß daher mehrere verschiedene Bereichsaufteilungen erproben und wenn die Zielfunktion analytisch bekannt ist, die Lsungsvorschlge einsetzen, um die Fehler der Taylorentwicklung zu bercksichtigen. Anstiegsverfahren. Ihnen liegt die Idee zugrunde, daß man Funktionen von zwei Variablen als „Gebirge“ darstellen kann. Von einem gegebenen Startpunkt gelangt man zum Gipfel, indem man in einer „brauchbaren“ Richtung solange fortschreitet wie es „bergan“ geht (Brauchbarkeitsgrenze). Dann muß eine neue „brauchbare“ Richtung eingeschlagen werden. Fhren in einem Punkt alle Richtungen „bergab“, so ist das Maximum erreicht. (Fr Minima ist entsprechend „bergab“ zu schreiten.) „Brauchbare“ Richtung. Gegeben ist f ðxÞ ! Max. Der Vektor r ¼ ðr1 ; r2 ; . . . ; rn ÞT heißt „brauchbare“ Richtung im Punkt x0 , wenn fr lG > 0 und alle l 2 ð0; lG gilt: Fðx0 þ lrÞ > Fðx0 Þ. Dabei ist lG der grßte aller mglichen l-Werte und heißt Brauchbarkeitsgrenze. Ihre Ausnutzung ist fr die Konvergenz der Verfahren wichtig, jedoch ist ihre Bestimmung hufig sehr aufwendig, so daß oft sicherheitshalber mit kleineren Schrittweiten probiert wird. Relaxation (Anstieg in Koordinatenrichtung). Die Richtungen jeder Koordinatenachse werden in zyklischer Reihenfolge auf Brauchbarkeit getestet und, wenn sie brauchbar sind, bis
I10.9 Nichtlineare Optimierung
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A
Tabelle 7. Beispiel zum Gradientenverfahren
der steilste Anstieg gegeben wird. Man bestimmt fr den Startpunkt x0 den Gradienten g0 ¼ grad f ðx0 Þ und berechnet den neuen Punkt x1 ¼ x0 þ l0 g0 , der wieder als Startpunkt dient. Wenn mglich, wird l0 ¼ lG gewhlt. Bei gðxÞ ¼ 0 ist das Maximum erreicht. Dieses Verfahren konvergiert nahezu linear, doch treten in der Nhe des Maximums hufig numerische Instabilitten auf, die eine genaue Bestimmung stren und ein geeignetes Abbruchkriterium erfordern. Beispiel: Gegeben sei das Rotationsellipsoid mit der großen Halbachse a=2 in x-Richtung, der kleinen Halbachse b=1 in y-Richtung und dem Pol im Ursprung: pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi z ¼ f ðx; yÞ ¼ 0;5 4 x2 4y2 ) Max
Bild 16. Gradientenverfahren am Beispiel des Rotationsellipsoids mit den eingezeichneten Hhenlinien z=0 und z ¼ 0;8. Schritte wie in Tab. 7.
zur Brauchbarkeitsgrenze benutzt. Sind keine brauchbaren Koordinatenrichtungen mehr zu finden, so ist das Maximum erreicht. Gradientenverfahren (Methode des steilsten Anstiegs). Hierbei muß die Funktion f(x) differenzierbar sein, da ihr Gradient g als brauchbare Richtung benutzt wird und somit
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi und den Nebenbedingungen x % 2, -x % 2, y % 0;5 4 x2 ; pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi y % 0;5 4 x2 . Startpunkt fr das Gradientenverfahren sei T ¶f ¶f x0 ¼ ð1; 0;5Þ. Die Gradientenrichtung ist g ¼ ¶x ; ¶y , also ¶f x ¶x ¼ 4z
und
¶f y ¶y ¼ z .
ðx0 Þ Der neue Punkt x1 ¼ x0 þ l g ist also aus x1 ¼ x0 þ l ¶f ¶x ; y1 ¼ y0 þ
ðx0 Þ l ¶f ¶y zu berechnen.
Die Annherung an die exakte Lsung zmax ¼ f ð0; 0Þ ¼ 1 ist in Bild 16 und Tab. 7 zu verfolgen. Zur Veranschaulichung der Instabilitt wurde nur zweistellig gerechnet und die Brauchbarkeitsgrenze fr l nicht strapaziert. Ferner wurde willkrlich abgebrochen, um das Bild nicht zu berlasten.
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Mathematik – 10 Praktische Mathematik
11 Anhang A: Diagramme und Tabellen Anh. A 10 Tabelle 1 Primzahlen und Faktoren der Zahlen 1 bis 1 000
U. Jarecki, Hans-Joachim Schulz, Dubbel Mathematik, DOI 10.1007/978-3-642-22059-3_11, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
I10.9 Nichtlineare Optimierung Anh. A 10 Tabelle 1 (Fortsetzung)
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Mathematik – 11 Anhang A: Diagramme und Tabellen.
Anh. A 10 Tabelle 2 Evolventenfunktion eva ¼ tan a arca (neue Schreibweise: inva ¼ tan a arca)
Anh. A 10 Tabelle 3 Wichtige Zahlenwerte (g in ms2 )