Ein süßes Biest Kim Lawrence
Julia 1416
20/1 2000
gescannt von suzi_kay korrigiert von Joe
1. KAPITEL Auf Hochzeit...
10 downloads
473 Views
568KB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Ein süßes Biest Kim Lawrence
Julia 1416
20/1 2000
gescannt von suzi_kay korrigiert von Joe
1. KAPITEL Auf Hochzeiten muss ich immer weinen, sagte Tricia, Hopes Cousine, und betupfte die Augen mit ihrem Batisttaschentuch. Hope konnte jedoch keine Tränenspuren auf Tricias Gesicht entdecken. Na, dann sind ja auf deiner eigenen Hochzeit auch reichlich Tränen geflossen, oder? Sogleich bereute sie die Bemerkung. Es war kein Geheimnis, dass Tricias Ehe nicht in Ordnung war. Aber Hope mochte Tricia nicht, sie war ihr zu oberflächlich und zu wenig spontan. Und da Hope sich schon eine halbe Stunde mit ihr unterhielt, wurde sie ungeduldig. Roger ist geschäftlich in Genf, verteidigte Tricia ihren abwesenden Mann, obwohl alle wussten, dass er eine jüngere Geliebte hatte. Ich vermisse ihn sehr, aber das verstehst du nicht. Du bist ja nicht verheiratet. Hope ließ die Beleidigung an sich abprallen. In den vergangenen Wochen hatte sie schlimmere Anschuldigungen ausgehalten. Doch Tricias indirekte Zurechtweisung hatte sie irgendwie verdient. Dann machen wir Fotos von dir, damit Roger sieht, wie gut du heute aussiehst, schlug Hope vor, um den Fehler wieder gutzumachen. Bitte lächeln, Tricia. Anna hat mich aufgefordert, alles, was sich bewegt, zu fotografieren. Schade, dass sie
ausgerechnet zwölf Stunden vor Lindys Hochzeit die Zwillinge zur Welt bringen musste. Dass Anna nicht dabei sein konnte, trübte Lindys Freude an diesem schönen Tag etwas. Die Drillinge standen sich sehr nahe, und Rosalind hatte sich gewünscht, an ihrem großen Tag ihre beiden Schwestern um sich zu haben. Zwillinge! Tricia schauderte. Wenigstens keine Drillinge, erwiderte Hope. Als Tricia ihr dann wieder einmal in allen Einzelheiten die schwierige Geburt ihres Kindes beschr ieb, fühlte Hope sich in ihrer Überzeugung bestärkt, lieber keine Kinder zu bekommen. Vielleicht war es ihr Schicksal, nicht zu heiraten und nur Nichten und Neffen zu haben. Zwanzig Minuten später ging Hope in ihrem langen Seidenrock auf das kleine Zelt im Garten ihres Elternhauses zu. Die Musik, die zu ihr herüberdrang, lud geradezu zum Tanzen ein. Plötzlich bemerkte sie Alex Matheson. Er stand mit anderen in einer kleinen Gruppe zusammen. Beim Sprechen gestikulierte er mit den Händen, wie um seinen Standpunkt zu bekräftigen. Seine Bewegungen wirkten sparsam und fließend. Hope holte die Kamera hervor und machte rasch einige Aufnahmen. Als er sich zu ihr umdrehte und sie ansah, war sie irritiert und wurde verlegen. Sie wandte sich ab, als fühlte sie sich ertappt. So etwas war ihr noch nie passiert. Na großartig, dachte sie, und dann fiel ihr auch noch die Schutzkappe für die Linse auf den feuchten Boden. Kann ich Ihnen helfen? Sie bückten sich gleichzeitig und griffen nach dem kleinen Deckel. Dabei berührte Hope unabsichtlich Alex' Hand. Seine Hände mit den gepflegten Fingernägeln passen zu dem Gesamteindruck und der Aura von Macht und Kraft, die er ausstrahlt, es sind die Hände eines Mannes, der zupacken kann und mit beiden Beinen mitten im Leben steht, dacht e sie.
Sekundenlang hatte sie das Gefühl, seine faszinierende Vitalität mit allen Sinnen bis in die Fingerspitzen in sich aufzunehmen. Danke. Sie hielt die Hand auf. Die Kamera gehört mir nicht, erklärte sie und lächelte ihn freundlich an. Als internationa l berühmtes Model war sie daran gewöhnt, dass die Leute sie sogleich erkannten, denn ihr Gesicht tauchte in vielen Werbespots auf. Und nach der schmutzigen Medienkampagne, die in letzter Zeit um ihre Person stattgefunden hatte, gab es kaum noch jemanden im ganzen Land, der nicht wusste, wer sie war, außer Alex Matheson, wie es schien. Jedenfalls begegnete er ihr vorurteilsfrei, was Hope ihm hoch anrechnete.. Er richtete sich auf. Ein guter Apparat. Seine tiefe Stimme klang etwas heiser und ungemein erotisch. Und idiotensicher, behauptet Adam. Er ist mein Schwager. Auch Hope richtete sich wieder auf. Ich kenne ihn. Klar. Alex war einer der größten Arbeitgeber in der kleinen Gemeinde. Adam und er verkehrten bestimmt in denselben Kreisen. Letzte Nacht hat Anna Zwillinge bekommen, Jungen. Es soll noch niemand erfahren, weil heute Lindys großer Tag ist. Nach der Trauung haben Lindy und Sani sie rasch besucht. Alex nickte. Ja, ich habe es schon gehört. Sie frieren, fügte er hinzu, als sie erbebte. Gehen wir hinein? Er drehte sich zum Haus um. Ihm zuliebe verzichtete Hope gern aufs Tanzen. Der Mann war absolut faszinierend. Ich habe heute extra meine warmen Dessous angezogen. Wenn man im Winter Brautjungfer spielen muss, wird einem das jeder verzeihen. Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Aber stimmt es wirklich? Seine Wärme schien sie einzuhüllen wie eine Decke. Oder liegt es an seinem herzlichen und offenen Blick, dass mir plötzlich ganz warm wird? überlegte sie. Die weniger
tanzfreudigen Gäste saßen im Haus vo n Hopes Eltern zusammen, wo die Hochzeit zwanglos im kleinen Kreis gefeiert wurde. Das große, gemütliche Farmhaus stammte aus dem achtzehnten Jahrhundert. Ob was stimmt? fragte sie. Alex betrachtete sekundenlang ihre Oberschenkel, die sich unter der weiche n Seide des Rocks deutlich abzeichneten. Er versuchte sich vorzustellen, dass sie warme und längere Slips trug, aber es gelang ihm nicht. Zu ihr passten nur reizvolle Spitze und Seide. Dass Sie Thermodessous tragen, antwortete er mit ernster Miene, wobei es in seinen Augen humorvoll aufblitzte. Hope fand es geradezu erfrischend, einem Mann zu begegnen, der von ihr als Berühmtheit nicht beeindruckt war, sondern echtes Interesse zeigte. Er war doch interessiert, oder etwa nicht? Wissen Sie, wer ich bin? Du liebe Zeit, das hört sich schrecklich an. Es ist einfach so, dass die Leute ... dass Männer mich oft behandeln wie ... Sie gab es auf. Wie konnte sie ihm klar machen, dass gerade die sympathischsten Männer oft davor zurückschreckten, sich ihr zu nähern? Und dass Männer, die nur wegen ihres Namens und ihres Ruhmes mit ihr gesehen werden wollten, sie völlig kalt ließen? Wie eine Göttin? half er ihr sanft und lächelte dabei. Das kann ich gut verstehen. Er musterte sie eingehend von oben bis unten. Offenbar gefiel ihm, was er sah. Das an sich war nichts Neues, denn die meisten Männer betrachteten sie ungeniert. Nein, außergewöhnlich war dieses Mal nur, dass Hope sich wünschte, sie würde ihm gefallen. Es ist nicht unbedingt angenehm. Er scheint sich wirklich zu interessieren, dachte sie und bekam Herzklopfen vor Aufregung. Sie war an den Umgang mit international bekannten Persönlichkeiten gewöhnt. Doch dieser Mann hatte etwas Faszinierendes an sich.
Hoffentlich stört es sie nicht, dass ich nicht so bin wie die anderen. Hope lachte herzlich und unbekümmert. Plötzlich hielt sie inne und runzelte die Stirn. Da fällt mir gerade ein - Sie sind nicht verheiratet, oder doch? Oh nein, wie plump, warum bin ich immer so taktlos? schoss es ihr durch den Kopf. Alex fand es offenbar ganz normal. Nein, davon bin ich weit entfernt. Es zuckte ganz leicht um seine Lippen. Gut. Können wir Freunde sein? Hope Laceys Lächeln könnte sogar Eis zum Schmelzen bringen, sie ist wirklich ganz bezaubernd, und ich bin wie Wachs in ihren Händen, überlegte er. Das letzte Mal, als wir uns begegneten, habe ich Sie wahrscheinlich noch mit Mr. Matheson angeredet, fügte sie hinzu. Die Gefühle, die dieser Mann in ihr wachrief, kamen ihr ziemlich kompliziert vor. Ja, stimmt. Soweit er sich erinnerte, hatte er nie mit ihr geredet. Er war damals Ende zwanzig gewesen. Worüber hätte er sich mit den sehr viel jüngeren Töchtern seiner Nachbarn Beth und Charlie Lacey auch unterhalten sollen? Ich war ein Teenager. Und Sie? Hope fand es schwierig, sein Alter zu schätzen. In Kürze werde ich vierzig - nächste Woche, um genau zu sein. Er redet nicht um die Dinge herum, dachte Hope anerkennend. Der Mann gefiel ihr. Er war nicht schön im eigentlichen Sinn, sondern wirkte durch seine Ausstrahlung beeindruckend und faszinierend. Seine Gesichtszüge waren streng und regelmäßig, die hohen Wangenknochen verliehen ihm ein etwas fremdartiges Aussehen, und sein Kinn wirkte energisch. Seine edle Nase war nicht ganz gerade, aber diese kleine Unregelmäßigkeit störte überhaupt nicht. Ich bin siebenundzwanzig. Es ist schon erstaunlich, dass der Altersunterschied im Lauf der Jahre immer unwichtiger wird.
Ach ja? Er lächelte spöttisch. Ja, bekräftigte sie vehement. Oder soll ich Sie immer noch mit Mr. Matheson anreden? Nein, nennen Sie mich Alex. Der Altersunterschied ist aber immer derselbe. Darf ich Lacey zu Ihnen sagen? Nein, das ist nur mein Pseudonym. Privat bin ich immer noch Hope. Seine muskulöse, kraftvolle Gestalt lässt ihn größer wirken, als er wirklich ist, dachte sie. Mit ihren ein Meter achtzig brauchte sie sich nicht auf die Zehenspitzen zu stellen, um ihm in die Augen zu sehen. Sie war sich seiner Gegenwart viel zu sehr bewusst und geriet plötzlich in Panik. Deshalb sagte sie das Erstbeste, was ihr einfiel. Ich wette, Sie könne n sich keinen Anzug von der Stange kaufen. Oh nein, nicht schon wieder, dachte sie entsetzt und schloss sekundenlang die Augen. Normalerweise werde ich nicht gleich so persönlich. Das stört mich nicht, Hope. Im Gegenteil, ich mag es, wenn Menschen unkompliziert und offen sind. Aber Sie haben Recht, ich trage nur maßgeschneiderte Anzüge. Wahrscheinlich muss er sich auch zweimal am Tag rasieren, schoss es ihr durch den Kopf, während sie sein Kinn betrachtete. Und dann hatte sie auf einmal das heftige Verlange n, ihm durch das dichte, dunkle Haar zu fahren. Das ist dumm, erklärte sie atemlos. Und gefährlich, stimmte er ihr leicht spöttisch zu. Wie betäubt sah Hope ihm in die Augen. Dann betrachtete sie nachdenklich seine Lippen und wurde ganz nervös. Es müsste verboten sein, dass ein einziger Mann so viel elementare Sinnlichkeit ausstrahlt, überlegte sie. So? Sie war verblüfft. Hatte er ihre Gedanken erraten? Mit rätselhafter Miene verzog er die Lippen zu einem Lächeln. Hope wurde instinktiv klar, dass er seine Emotionen und Gefühle perfekt beherrschte. Ihr Heiligenschein hat sich verbogen.
Sogleich befühlte sie die kleine Krone aus getrockneten Rosenknospen, die sie sich in ihr langes, gelocktes Haar mit den goldblonden Strähnen gesteckt hatte. Es war eine schöne Feier, sagte sie verträumt. Lindy hat fantastisch ausgesehen. Ja, wahrscheinlich. Wieso wahrscheinlich? fragte sie entrüstet. Weil ich nur Sie angesehen habe. Sie wirkten wie ein strahlender Botticelli- Engel. Die Bemerkung raubte Hope den Atem. So einen blumigen Vergleich hätte sie ihm nicht zugetraut. Ich bin kein Engel. Nein, stimmte er nachdenklich zu. Das wäre sowieso zu langweilig. Mit langweiligen Menschen bin ich nicht gern zusammen, auch nicht, wenn es sich um Engel handelt. Meinen Sie nicht, dass bei schönen Menschen der Charakter nicht so wichtig ist? Sie sind schön und haben Charakter, antwortete er so ruhig, als stellte er nur eine Tatsache fest. Leider muss ich es allzu oft erst beweisen. Ich lerne schnell. Sich mit Ihnen zu unterhalten macht einen ganz schwindlig, erwiderte sie und rang nach Luft. Sind Sie immer so direkt und persönlich? Wenn es Ihnen lieber ist, können wir auch übers Wetter reden. Oder vielleicht darüber, was für eine wunderschöne Trauung es war? Ich mag Hochzeiten nicht besonders, aber sie war wirklich nicht schlecht. Wie hat man es eigentlich geheim halten können? Ich dachte, wenn so eine berühmte Persönlichkeit wie Sam Rourke heiratet, wäre damit ein schrecklicher Medienrummel verbunden. Sam versteht es glänzend, die Leute auf die falsche Spur zu locken. Hope lächelte liebevoll, als sie an ihren neuen Schwager
dachte. Sam war ein international bekannter und berühmter Schauspieler, und Millionen weiblicher Fans würden in Tränen ausbrechen, sobald sie erfuhren, dass er geheiratet hatte. Außerdem sind die Einladungen erst am Mittwoch verschickt worden. Der Name des Bräutigams wurde darauf mit Patrick S. Rourke, seinem anderen Vornamen, angegeben. Ich bin überrascht, dass ein so beschäftigter Mann wie sie so kurzfristig kommen konnte. Ich hatte zufällig heute nichts anderes vor, weil ich erst gestern aus Saudi-Arabien zurückgekehrt bin. Er erwähnte lieber nicht, dass er nicht lange hatte bleiben wollen. Alex Matheson stellte Sportwagen her, die er selbst entwarf und die nur in Handarbeit zusammengebaut wurden. Sie waren entsprechend teuer, aber auch sehr beliebt. Für alle drei Modelle gab es eine Warteliste von fünf Jahren. Wie lange bleiben Sie hier, Hope? fügte er hinzu. Es wäre besser für uns beide, wenn sie bald wieder wegmüsste wegen irgendwelcher Termine, ehe wir uns zu sehr zueinander hingezogen fühlen, überlegte er. Hope Lacey war einfach zu jung für ihn, davon war er überzeugt. Irgendwie hatte er damit gerechnet, enttäuscht zu sein, sobald er sie besser kennen lernte. Das hätte die ganze Sache wesentlich erleichtert. Seit er sie in der Kirche gesehen hatte, war er von ihr fasziniert. Irgendwie wünschte er sich, sie würde ihm die Illusionen rauben. Stattdessen fand er sie noch attraktiver und sehr natürlich. Sie war warmherzig und humorvoll und noch vieles andere mehr. Ich bin einen ganzen Monat zu Hause. Das Schicksal meinte es offenbar nicht gut mit ihm. Alex bemerkte das kleine selbstgefällige Lächeln, das ihre schönen Lippen umspielte. Wahrscheinlich ist jeder Mann von ihr begeistert, kein Wunder, dass sie so selbstsicher ist, sagte er sich.
Machen Sie eine Pause? Er zog fragend eine Augenbraue hoch. Na ja, man gerät immer in Versuchung, alles anzunehmen, was einem angeboten wird. Doch irgendwann begreift man, dass es sinnlos ist, sich wegen des Geldes völlig zu verausgaben. Ich bin wählerisch geworden. Sie hatte als Model genug verdient und war finanziell abgesichert. Das können Sie sich auch erlauben. Sie widersprach nicht. Ich habe Glück gehabt, und ich habe hart gearbeitet. Der Film, der jetzt anläuft, könnte der Beginn einer neuen Karriere sein. Hope war gespannt auf die Premiere. Sie sind darin Sam Rourkes Partnerin? Hope nickte. Lindy hat Sam durch mich kennen gelernt. Wenn etwas schief geht in der Ehe, machen sie bestimmt mich dafür verantwortlich. Kommen Sie, trinken wir ein Glas Champagner, ehe er alle ist. Sie berührte Alex leicht am Arm, und er folgte ihr in die Küche. Hope, da bist du ja, Liebes. Beth Lacey lächelte ihre Tochter an. Hallo, Alex. Gefällt dir die Feier? Ich werde gut betreut. Kannst du mir rasch die Gläser abwaschen, Hope? Ich muss mich um Lindy kümmern. Sicher, Mum. Geh du ruhig. Hope band sich eine Schürze um. In der Speisekammer ist noch Champagner, sagte sie zu Alex. Dort hinten, die dritte Tür, fügte sie hinzu und wies mit einer Kopfbewegung in Richtung Flur. Dann tauchte sie die Hände ins Abwaschwasser und seufzte. Warum juckt immer dann die Nase, wenn man keine Hand frei hat? Lassen Sie mich mal machen. Ehe Hope begriff, was er vorhatte, rieb er ihr die Nasenspitze. Besser? Sie nickte nur, während sie den dezenten Duft seines herben Eau de Toilette und den männlichen Duft seines warmen Körpers einatmete. Die Empfindungen, die er in ihr auslöste,
waren irgendwie geheimnisvoll und wunderbar. Doch dann gestand sie sich ein, dass es ganz elementare erotische Gefühle waren. Schließlich streichelte er mit dem Daumen sanft ihre leicht geöffneten Lippen. Bei Ihnen ist alles echt, keine plastische Chirurgie. Diese seltsame Bemerkung brachte Hope in die Wirklichkeit zurück. Der zauberhafte Moment war schlagartig vorbei. Ist das etwa Ihre Art, Komplimente zu machen? Wenn ja, dann... Er zog die Hand nicht zurück, sondern umfasste sanft ihr Kinn. Sie wissen, was ich meine. Sie sind nicht eine der unechten Blondinen, die serienmäßig hergestellt werden, mit künstlichen Zähnen und Silikon überall. Hope musste lachen. Was für ein Stereotyp! Auch unter den Models und Schauspielerinnen gibt es so viele verschiedenartige Typen und Naturelle wie im normalen Leben. Sie bespritzte ihn humorvoll mit Schaum. Alex war verblüfft. Doch .plötzlich blitzte es in seinen Augen belustigt auf, und er entspannte sich. Ich kenne mich in Ihrer Welt nicht aus, sagte er und zuckte die Schultern. Aber Sie scheinen genau zu wissen, was Ihnen gefällt, entgegnete sie vorsichtig. Und was mir nicht gefällt. Um ehrlich zu sein, wenn ich mir vorstelle, dass immer mehr Menschen sich irgendwelchen Schönheitsoperationen unterziehen, schaudert mir, erklärte er. Sie sind ... richtig niedlich und ein bisschen altmodisch, stieß sie lachend hervor. Er wollte sich gerade den Schaum aus dem Haar wischen und verharrte in der Bewegung. Altmodisch? wiederholte er irritiert. Im positiven Sinn, versicherte sie ihm freundlich. Da bin ich aber erleichtert.
Wenn Models sich eine zu üppige Figur machen lassen, ist das nicht unbedingt ein Vorteil, stellte sie fest. Die meisten Outfits sehen an knabenhaft schlanken Frauen besser aus. Knabenhaft schlank? Das sind Sie aber nicht. Alex betrachtete ihre verführerischen Rundungen. Sie versuchte, seinen Blick zu ignorieren. Stimmt, ich verkörpere nicht diesen Typ, sondern wirke eher sportlich, lebenslustig und sexy, erklärte sie sachlich. Entspricht das der Wirklichkeit? Ich spiele etwas Tennis. Er lächelte und sah auf einmal jünger und weniger streng aus. Vielleicht spielen wir einmal zusammen, schlug er vor. Zu ihrem Entsetzen errötete Hope. Ich komme mir vor wie ein Teenager, der zum ersten Mal flirtet, überlegte sie. Wahrscheinlich wollen Sie immer gewinnen, oder? Alex betrachtete ihre geröteten Wangen. Offenbar ist sie gar nicht so erfahren und weltgewandt, wie sie wirkt, dachte er. Will das nicht jeder? Mir fehlt dieser ganz spezielle Killerinstinkt. Glauben Sie, ich hätte ihn? Sie stellte das letzte Glas auf das Spülbrett und streifte sich das Wasser von den Händen. Wenn ich Ja sage, werden Sie mir vorwerfen, Vorurteile zu haben und in Ihnen nur den rücksichtslosen und gefühllosen Geschäftsmann zu sehen. Ihr wurde plötzlich bewusst, dass die Beschreibung wirklich passte. Er strahlte Macht und Autorität aus und war ein Mann, der daran 'gewöhnt war, seine Ziele zu erreichen. Er spürte ihre leichte Unsicherheit. Ich schrecke auf jeden Fall vor Mord zurück. Das beruhigt mich. Ich weiß nicht viel über Ihren Beruf. Macht nichts. Ich habe auch keine Ahnung, wie man Autos konstruiert.
Dann können wir ja Informationen austauschen, schlug er sanft vor. Läuft das auf eine Verabredung hinaus? Sie lächelte leicht und war selbst überrascht, wie viel seine Antwort ihr bedeutete. So kann man es nennen. Sie ist innerlich gefestigt, und an diesem Mädchen ... nein, dieser Frau ist nichts Unechtes oder Künstliches, überlegte er, als brauchte er eine Rechtfertigung für sein außergewöhnliches Verhalten. Ja, das würde mir gefallen, erwiderte sie kühl und beherrscht, obwohl sie vor lauter Freude am liebsten auf dem Tisch getanzt hätte. In Ordnung. In seinen grauen Augen blitzte es irgendwie verwegen auf. Was haben Sie gesagt? Wo ist der Champagner? Wie läuft es, Hope? fragte Charlie in einem ruhigen Moment seine Tochter. Besser, als ich erwartet habe. Bald ist das alles Schnee von gestern, tröstete er sie. Hope nickte. Es war ihr gelungen, das ganze Gerede gelassen hinzunehmen. Alle glaubten, sie hätte eine Affäre mit Lloyd Elliot, dem Produzenten des Films, in dem sie die Hauptrolle spielte. Sie hatte in zahllosen Artikeln lesen können, wie rücksichtslos sie seine Ehe zerstört hätte. Man unterstellte ihr, dabei nur an ihre Karriere zu denken. Lloyds Frau Dallas, eine temperamentvolle Sängerin, hatte es glänzend verstanden, in Interviews das arme Opfer zu spielen. Wenn Hope nicht ganz genau gewusst hätte, dass Lloyd und Dallas schon jahrelang getrennt lebten, wäre sie sicher selbst auf Dallas' rührseliges Theater hereingefallen. Als Hope sich bereit erklärt hatte, die öffentliche Aufmerksamkeit von Lloyds neuer Liebe auf sich abzulenken, hatte sie natürlich nicht geahnt, wie sehr dieser Entschluss ihr Leben und das ihrer Familie beeinflussen würde. Ihre Eltern und Schwestern kannten die Wahrheit, und bald würde sich auch
Lloyd zu der Frau, die er wirklich liebte, öffentlich bekennen können. Das wird eine Erleichterung sein, gab sie zu. Aber in dieser schwierigen Situation habe ich auch gemerkt, wer meine wahren Freunde sind. Heute war es nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte, oder ich habe mich schon an diesen ganzen Wahnsinn gewöhnt. Offenbar hast du einen neuen Freund gewonnen, meinte ihr Vater betont beiläufig. Dir entgeht auch nichts. Deine Mutter erwähnte, du hättest Alex Matheson im Schlepptau. So würde ich es nicht nennen. Er ist ein interessanter Mann. Er ist sehr zurückhaltend und nimmt am Gemeindeleben nicht teil. Ich kenne ihn seit seiner Kindheit. Er unterstützt karitative Einrichtungen sehr großzügig, aber ... Charlie Lacey runzelte die Stirn, während er nach den richtigen Worten suchte, seine Zweifel auszudrücken. Frauen waren seltsame Wesen. Sie fanden Alex Matheson wahrscheinlich schon allein deshalb attraktiv, weil er ein rätselhafter Mensch war. Hope war irritiert. Sie liebte ihre Eltern, aber sie schienen zu vergessen, dass sie längst selbstständig und unabhängig war. Sie sah ihren Vater nach den richtigen Worten suchen, und so sagte Hope zu seiner Beruhigung: Ich finde es okay, dass er lieber für sich ist. Jedenfalls hat er mich ganz normal behandelt. Du brauchst mich nicht so besorgt anzusehen, Dad. Ich habe nicht vor, etwas Unüberlegtes zu tun. Stimmt das wirklich? fragte sie sich insgeheim. Wäre es nicht herrlich, sich mit Alex Matheson auf etwas total Verrücktes einzulassen? Charlie Lacey umarmte seine Tochter liebevoll. Ich hoffe, du bist ein vernünftiges Mädchen, sagte er rau.
Bin ich das? überlegte Hope und erbebte, als sie sich an den viel sagenden Blick erinnerte, mit dem Alex sich verabschiedet hatte.
2. KAPITEL Als sie über das hügelige Land wanderte, wehte der Wind Hope die gelockten Strähnen, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten, ins Gesicht. Die wetterfeste Jacke schützte sie gut gegen die Kälte, sie hatte jedoch das Gefühl, eine ganz rote Nase zu bekommen. Bishop's Crag war weit und breit die höchste Erhebung. Hope kannte den Platz gut, war jedoch schon jahrelang nicht mehr hier gewesen. Sie blieb stehen und atmete tief ein und aus. Sie hatte beinah vergessen, wie schön es zu Hause war. Ganz hoch oben auf dem Hügel lag sogar schon etwas Schnee. Alex Matheson war anders als andere, das musste sie zugeben. Er hatte sie nicht zu einem romantischen Dinner mit Kerzenlicht eingeladen und nicht versucht, sie in irgendeiner Weise zu beeindrucken. Vielleicht war der außergewöhnliche Treffpunkt so etwas wie ein Härtetest, den sie bestehen musste, ehe Alex sich intensiver für sie interessierte. Hope lächelte bei dem Gedanken. Schon seit längerer Zeit hatte sie keinen festen Freund. Nach dem Ende der Beziehung mit Hugh Gilmour, ihrem ersten Agenten, hatte sie weder den Wunsch noch das Verlangen verspürt, sich mit einem anderen Mann einzulassen. Natürlich gab es viele Männer, die sie näher kennen lernen wollten, doch sie ging nie über eine gute Freundschaft hinaus.
Völlig in Gedanken versunken, nahm sie auf einmal am Rand ihres Blickfelds eine flüchtige Bewegung wahr. Weiter links von ihr unter einer Gruppe von Bäumen, die sich mit ihren kahlen Ästen im Wind bogen, stand Alex. Hope folgte seinem nach oben gerichteten Blick. Ein dunkler Punkt schien im wahrsten Sinn des Wortes vom Himmel zu fallen. Es war ein großer Vogel, der sich nach einer beinah akrobatischen Drehung auf Alex' ausgestrecktem Arm niederließ. Hope winkte der einsamen Gestalt zu, die so aussah, als könnten ihr auch die heftigsten Stürme nichts anhaben. Alex reagierte jedoch nicht. Wahrscheinlich hatte er es nicht bemerkt. Warum haben Sie mir nicht erzählt, dass Sie einen Falken haben? fragte sie, als sie auf dem Hügel angelangt war. Ihre Wangen waren gerötet von der Anstrengung. Fasziniert betrachtete sie den Vogel auf seiner Hand mit dem Schutzhandschuh, ehe sie Alex anlächelte. Es ist ein weibliches Tier. Sein Blick war kühl, und Hope spürte sogleich, dass etwas nicht stimmte. Alex' Haar war vom Wind zerzaust, und seine Miene wirkte streng und hart. Er schien genauso in die raue, öde Landschaft zu passen wie sein Falke. Als er den Arm wieder ausstreckte, flog der Vogel davon. Haben Sie keine Angst, dass er nicht zurückkommt? Nein, ich kann mich auf sie verlassen, auch wenn sie manchmal etwas länger wegbleibt. Es klang so, als würde er Hope so viel Treue nicht zutrauen. Wollen Sie mir nicht erklären, was los ist? All ihre romantischen Vorstellungen, wie das Treffen verlaufen würde, lösten sich auf und machten der rauen Wirklichkeit Platz. Es lag eine gewisse Ironie darin, dass sie die Schmutzkampagnen der vergangenen Wochen ruhig und gelassen überstanden hatte, aber ausgerechnet jetzt zutiefst verletzt war, nur weil dieser Mann sie unfreundlich behandelte.
Was sollte denn los sein, Hope? Seine Stimme klang so sarkastisch, dass Hope vor lauter Hilflosigkeit zornig wurde. Das möchte ich ja von Ihnen wissen. Können Sie nicht endlich von der verdammten Klippe herunterkommen? Ich finde es unmöglich, mit jemandem zu reden, der so drohend über mir steht, erwiderte sie erschöpft. Sie war bestürzt über sein seltsames Benehmen. War das wirklich derselbe Mann, mit dem sie sich am Tag zuvor so angeregt unterhalten hatte? Wenn Sie es sich anders überlegt haben, ist es okay. Aber deshalb brauchen Sie mich nicht zu Eis erstarren zu lassen. Während er ihre offenbar unschuldige Miene betrachtete, lächelte er spöttisch. Dann sprang er geschmeidig vom Felsblock hinunter. Hope war überrascht, wie beweglich er war. Wenn sie gehofft hatte, er wirke weniger einschüchternd, wenn er unmittelbar vor ihr stand, hatte sie sich getäuscht. Er war wütend, beherrschte sich jedoch, wie Hope klar wurde. Sie verstand überhaupt nichts mehr und war völlig irritiert. Warum haben Sie mich gefragt, ob ich verheiratet sei? Weil ich mich nicht... Sie unterbrach sich. Plötzlich wurde ihr einiges klar. Hatten Sie nicht gelesen, was man ... Über Sie und Ihren verheirateten Liebhaber geschrieben hatte? Nein. Und das haben Sie ausgenutzt, antwortete er verächtlich. Ich habe doch erwähnt, dass ich im Ausland war. So bin ich eben - ich lasse nie eine Gelegenheit aus, einem armen hilflosen Mann eine Falle zu stellen. Natürlich hätte es mich noch mehr gereizt, wenn Sie eine Frau und zehn Kinder hätten, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Und ich war beeindruckt, weil ich geglaubt habe, er hätte sich von dem ganzen Gerede nicht beeinflussen lassen, dachte sie. Sie hatte ihn für warmherzig, offen und vorurteilsfrei gehalten. Dass er jetzt ihrer Meinung nach trotzdem noch der faszinierendste Mann war, den sie jemals kennen gelernt hatte, machte alles noch schlimmer. Eine invalide Mutter wäre das
Sahnehäubchen auf dem Kuchen gewesen, fügte sie betont locker hinzu, um sich den Schmerz und die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Ich kann Lügen und Betrug nicht ausstehen, erklärte er unfreundlich. Jetzt reichte es Hope, sie konnte ihr Temperament nicht mehr zügeln. Und ich kann scheinheilige Langweiler nicht ausstehen, fuhr sie ihn an. Für Ihre Familie muss es die wahre Hölle gewesen sein. Das ist es wahrscheinlich immer noch, dafür sorgen schon so boshafte und gehässige Menschen wie Sie. Versuchen Sie nicht, Ihre Schuldgefühle auf mich abzuwälzen, Hope. Ich nehme zu Ihren Gunsten an, dass Sie noch in der Lage sind, sich schuldig zu fühlen ... Und so ahnungslose Kerle wie Sie um den kleinen Finger zu wickeln. Ihr war klar, es gefiel ihm nicht, dass er sich in ihr getäuscht hatte, wie er glaubte. Den großen Alex Matheson legte man nicht herein. In seinen Augen blitzte es zornig auf. Ich bin sicher, Sie haben viel Erfahrung damit. Sie machen es jedenfalls sehr geschickt. Die Ohrfeige, die Hope ihm unvermittelt versetzte, klang wie ein Peitschenhieb. Oh nein! Das haben Sie jetzt davon, rief sie sogleich aus. In dem Moment streifte der Vogel ihr Gesicht. Geistesgegenwärtig drückte Alex sie auf den Boden, und der Falke flog weg. Alex hockte sich neben sie, als sie den Kopf hob und aufstöhnte. Es ist nur ein kleiner Kratzer. Sie haben Glück gehabt, stellte er fest. Darauf sollten wir mit Champagner anstoßen, sagte sie. Dann stöhnte sie wieder und senkte den Kopf. Schweißperlchen standen auf ihrer Stirn, und sie musste gegen die Übelkeit ankämpfen.
Es wird noch nicht einmal eine Narbe zurückbleiben. Sie hat die Haut nur leicht gestreift. Als er ihre Wange berührte, wich Hope zurück. Darum geht es gar nicht. Sie atmete tief ein und aus und hoffte inständig, sich nicht völlig zu blamieren. Ich muss mich übergeben, und das ist nur Ihre Schuld. Nach heftigen Zornausbrüchen wurde ihr immer übel, und sie fand es entsetzlich demütigend. Alex war wenigstens so verständnisvoll, sie allein zu lassen. Obwohl er ein hinterhältiger Kerl war, reagierte er in diesem Fall einigermaßen sensibel, Wenige Minuten später richtete sie sich auf und kletterte auf den Felsen, auf dem Alex saß. Sind Sie schwanger? Seine Frage schockierte sie so sehr, dass sie den Halt verlor und mit den Armen wie wild um sich ruderte. Irgendwie schaffte sie es, nicht hinzufallen. Wenn es so wäre, könnte ich wohl kaum Sie dafür verantwortlich machen, oder? entgegnete sie gereizt und setzte sich weit genug von ihm entfernt hin. Der Kratzer, den der Falke ihr beigebracht hatte, schmerzte leicht. Deshalb zog sie ein Taschentuch hervor und befeuchtete es. Habe ich nicht irgendwo gelesen, dass Speichel antiseptisch wirkt? überlegte sie laut, ehe sie das Taschentuch auf die Wunde presste. Sie hat geglaubt, Sie würden mich angreifen. Sie ist sehr empfindsam. Du liebe Zeit, dieser Mann war wirklich unbezahlbar! Er hielt sie wohl für einen Holzklotz. Das habe ich ja auch getan. Aber egal, was man Ihnen erzählt hat, man übertreibt immer hinsichtlich meines Temperaments. Sie konnte es nicht ändern, dass es sich so anhörte, als wollte sie sich verteidigen. Immerhin hatte sie jahrelang hart an sich gearbeitet, um sich in jeder Situation besser beherrschen zu können. Sie fühlte sich selbst nicht wohl dabei, wenn sie ausfallend wurde, und nach jedem Ausbruch wurde ihr prompt übel.
Unter den Umständen möchte ich Ihnen nicht widersprechen. Ich will nicht riskieren, noch eine Ohrfeige einzustecken. Ich habe noch nie jemanden geschlagen, der kleiner ist als ich. Dann haben Sie ja keine große Auswahl. Soll das ein Witz sein? Er ist mir zu billig. Ich habe Ihnen mehr Klasse zugetraut. Sie kennen sich natürlich mit Klasse und dergleichen aus, stimmt's? Er rückte näher und bemerkte, wie ärgerlich es in ihren Augen aufblitzte. Und ihre Blässe bewies, wie verletzt sie war. Ich könnte die Sommersprossen auf ihrer Nase zählen, dachte er. Auf ihre ungemein feine Haut Make-up aufzutragen wäre ungefähr so, als wollte man versuchen, die Blüten einer Lilie mit Farbe zu verschönern. Ich warne Sie, bei der nächsten Attacke wehre ich mich. Mehr nehme ich nicht hin. Dann geht es ihm so wie mir, überlegte sie und hob entschlossen das Kinn. Es tut mir Leid, dass ich Sie geschlagen habe, entschuldigte sie sich widerstrebend. Aber Sie hatten es verdient, konnte sie sich nicht verbeißen hinzuzufügen. Sie war stolz darauf, dass es ihr immer besser gelang, sich zu beherrschen. Umso unangenehmer war es für sie, wenn das Temperament doch wieder einmal mit ihr durchging. Ich habe schon lange niemanden mehr geohrfeigt, mindestens seit... Einigen Stunden? unterbrach er sie ironisch. Nein, seit einigen Jahren nicht mehr, korrigierte sie ihn würdevoll. Zumindest schämen Sie sich. Dass ich Sie geschlagen habe? Sie schämte sich nicht, das wäre sicherlich übertrieben. Nein, weil Sie eine Ehe zerstört haben. Ach so, sagte sie gelassen und warf ihm von der Seite einen Blick zu. Er hatte den Mund missbilligend verzogen. Beim Anblick seiner Lippen überlegte sie, wie es sich anfühlen würde, von ihm geküsst zu werden. Sogleich breitete sich Wärme in ihr
aus, die sie zu ignorieren versuchte. Mit so etwas wollte sie sich momentan nicht auch noch belasten. Da Alex sowieso überzeugt war, sie sei schuldig, wollte sie ihn nicht enttäuschen. Sie würde ganz bestimmt nicht die reuige Sünderin spielen. Lloyd ist kein Kind, er kann seine Entscheidungen selbst treffen, erklärte sie. Es wird sich noch herausstellen, dass er mir sehr dankbar ist. Und dafür hat er auch gute Gründe, fügte sie insgeheim hinzu. Hat seine Frau sich etwa bei Ihnen bedankt? Alex sah sie irgendwie angewidert an. Nein, das nicht gerade. Nur ungern erinnerte Hope sich an die letzte Begegnung mit Lloyds berühmter Frau. Dallas hatte mehrere Busse voller Journalisten mitgebracht, die später ausführlich über die öffentliche Demütigung berichteten. Die Publicity hatte sich offenbar positiv auf den Verkauf von Dallas' neuestem Album ausgewirkt. Aber dafür bedankt sich bei mir sowieso niemand, schoss es Hope durch den Kopf, und sie lachte in sich hinein. Sie haben wirklich kein Schamgefühl, warf er ihr empört vor. Finden Sie die Sache lustig? Sind Sie wirklich so rücksichtslos und egoistisch? Welche Frage soll ich zuerst beantworten? Oder waren es rein rhetorische? Sie verstand selbst nicht mehr, wieso sie sich zu ihm hingezogen gefühlt hatte. Er war engstirnig und kleinkariert. Hope hörte auf, spöttisch zu lächeln, und sah ihn verächtlich an. Ich habe ein völlig reines Gewissen. Fasziniert beobachtete sie, dass er die Hände so krampfhaft zu Fäusten ballte, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Hope vertraute darauf, dass er sich gut beherrschen konnte und dem Impuls, ihr etwas anzutun oder sie zu küssen, nicht nachgab. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass er sie immer noch begehrte, obwohl er überzeugt war, sie sei es nicht wert, von ihm beachtet
zu werden. Und das passierte ausgerechnet Alex Matheson, der stolz darauf war, seine Gefühle unter Kontrolle zu haben. Spielen Sie gern mit Menschen? Er schien sie mit seinem kühlen Blick zu durchdringen. Eine Frau wird sich doch wohl amüsieren dürfen. Seine Kinnmuskeln zuckten, und in seinen Augen blitzte es gefährlich auf. Wollen Sie sich auch mit mir amüsieren? Sie fühlte sich unbehaglich, war jedoch nicht bereit nachzugeben. Außerdem war die Gelegenheit günstig, sich für die Beleidigungen zu rächen. Deshalb neigte sie den Kopf und tat so, als würde sie ernsthaft nachdenken. Na ja, irgendwie muss ich mich die nächsten vier Wochen beschäftigen, und ich finde ältere Männer, die eine gewisse Autorität ausstrahlen, sehr attraktiv. Ich bin gern bereit, auf jugendliches Feuer zu verzichten, wenn der Mann stattdessen ... kompetent ist. Sie lachte vielsagend auf. Ich liebe erfahrene Männer. Aber hier sind wir natürlich nicht in Hollywood, stellte sie mit einem leichten Bedauern in der Stimme fest. Wenn Sie verheiratet wären, wäre die Sache den ganzen Ärger nicht wert gewesen. Und er hatte geglaubt, ihre Umgebung und die Welt, in der sie lebte, hätten nicht auf sie abgefärbt. Er war überzeugt gewesen, sie sei warmherzig, offen und ehrlich. Sein Ärger wurde immer größer. Normalerweise wäre Alex aufgefallen, wie widersprüchlich Hopes Reaktionen und Bemerkungen waren. Aber momentan war nichts mehr normal. Kurz entschlossen packte er sie an den Schultern, sah ihr sekundenlang in die vor Schreck weit geöffneten blauen Augen und küsste sie. Er presste die Lippen so fest auf ihre, dass sie den Kopf nach hinten bog, bis sie den moosbedeckten Boden berührte. Dann umfasste Alex ihr Gesicht so fest, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte. Hope hatte sowieso nicht vor, sich zu wehren. Alle Gedanken waren wie ausgelöscht, sie nahm nur noch so ganz elementare Dinge wahr wie den Geruch von Alex'
Lederhandschuh, von der Wolle seines Pullovers und den angenehm herben Duft seines Eau de Toilette. Jetzt wusste sie endlich, wie sich seine Lippen und seine Zunge anfühlten, mit der er ihren Mund erforschte. Und sie befürchtete, dass sie es nie würde vergessen können. Alles hörte so unvermittelt auf, wie es angefangen hatte. Die schwachen Sonnenstrahlen, die Alex mit seinem Kopf abgeschirmt hatte, durchdrangen Hopes geschlossene Lider. Sekundenlang lauschte sie dem Echo ihres eigenen Herzschlags. Sagen Sie doch was, forderte er sie rau auf. Oder sehen Sie mich wenigstens an. Wenn er nicht gemerkt hätte, wie sich ihre Brüste beim Atmen hoben und senkten, hätte er sich gefragt, ob sie überhaupt noch lebte. Ihr langes Haar war um ihren Kopf herum ausgebreitet wie ein golden schimmernder Rahmen. Die Falte zwischen Alex' Augenbrauen vertiefte sich, während er auf Hope hinuntersah. Plötzlich umspielte ein Lächeln ihre Lippen. Wie könnte ich so ein Angebot ablehnen? Oder war es ein Befehl? Seien Sie doch nicht so überrascht, Alex. Was haben Sie denn erwartet? Dass ich hysterisch werde? Ich bin nicht zum ersten Mal geküsst worden. Aber noch nie so wie von ihm, fügte sie insgeheim hinzu. Sonst jedoch immer mit mehr Feingefühl. Sie merkte, dass er zusammenzuckte, ehe er die Schultern straffte und den Blick abwandte. Hope war durchaus nicht schwach, doch Alex gelang es ohne die geringste Anstrengung, sie mit seinem beeindruckenden Oberkörper so fest auf die Erde zu drücken, dass sie sich nicht rühren konnte. Sie fand es ungemein aufregend und verspürte ein Kribbeln im Bauch. So, jetzt sind wir quitt, erklärte er betont gelassen. Wenn ich es mir hätte aussuchen können, wäre mir eine Ohrfeige lieber gewesen, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass Sie Frauen schlagen. Hopes Stimme war voller Ironie. Es tut mir Leid, dass ich kein Feingefühl habe, fuhr er sie an.
So hilflos auf dem Boden ausgestreckt, fühlte sie sich ziemlich verletzlich. Sie wollte sich jedoch nicht wehren, denn es war sowieso sinnlos. Ich war wohl ziemlich naiv, von Ihnen Subtilität zu erwarten. Wahrscheinlich sind Fantasie und Ideenreichtum nicht gerade Ihre Stärke. Plötzlich schrie sie alarmiert auf und schloss die Augen. Als sie es schließlich wagte, ein Auge zu öffnen, sah sie Alex neben sich knien. Sie wollte sich aufrichten, doch als er mit dem Zeigefinger ihre Wange streichelte, blieb Hope entspannt liegen. Sie reagierte mit allen Sinnen auf die sanfte Berührung und hielt den Atem an. Dann stöhnte sie auf. Ich weiß nie, wann ich aufhören muss, sagte sie heiser. Ich bin ganz sicher, Sie sind sehr feinfühlig. Für einen älteren Mann ohne jugendliches Feuer, meinen Sie wohl, oder? fragte er sanft und streifte den festen Lederhandschuh ab. Können Sie keinen Spaß verstehen? Du liebe Zeit, schon allein der Anblick seiner Hände erregt mich, die Situation wird wirklich gefährlich für mich, überlegte sie. Kreativität kommt in vielen Schattierungen und Formen daher. Er stützte sich auf den Ellbogen und strich ihr die Locken aus der Stirn. Ich glaube, ich bin farbenblind ... Wie faszinierend! erwiderte sie, ehe er den Reißverschluss ihrer Wetterjacke öffnete, um ihren Hals zu küssen. Das ist keine gute Idee. Ihre Worte klangen eher wie ein atemloses Keuchen als eine Zurechtweisung. Sie umfasste seinen Kopf und versuchte, ihn von sich zu stoßen. Doch dann sparte sie seine warmen Lippen an ihrem Puls und fuhr ihm durchs dichte Haar, als wollte sie ihn festhalten. Während er ihren Hals mit Küssen bedeckte, stöhnte Hope immer wieder auf. Schließlich beugte Alex sich über sie und sah ihr in die Augen. Dabei spürte sie seine Oberschenkel an ihren und seinen muskulösen Oberkörper an ihren Brüsten.
Für jemanden, der so feinfühlig und sensibel ist wie du, muss ein plumper Kerl wie ich schwer zu ertragen sein, sagte er rau an ihrem Ohr. Es kam ihr vor, als würden bei seinen zärtlichen Küssen tausend winzige Stromstöße ihren Körper bis in die Zehenspitzen durchdringen. In ihren blauen Augen lag ein seltsamer Glanz, als sie Alex' hartem Blick begegnete. Das alles war eine einzige herrliche Quälerei. Wie konnten seine verhaltenen Zärtlichkeiten eine so heftige Sehnsucht in ihr auslösen? Alex berührte noch nicht einmal ihren Körper, dennoch raubte ihr das Verlangen, das sie verspürte, den Atem. Hope war frustriert, und entsprechend ungeschickt reagierte sie. Sie umfasste ziemlich ungestüm Alex' Kopf und presste ihre Lippen fest auf seine. Schließlich löste sie sich atemlos von ihm und sah ihm in die grauen Augen. Ich möchte ... Weiter kam sie nicht, denn die Kehle war ihr plötzlich wie zugeschnürt. Du möchtest lieber hart angefasst werden? Er blickte sie abschätzend an. Sekundenlang konnte Hope nicht glauben, was sie da gehört hatte. Seine Bemerkung wirkte ernüchternd. Um nicht vor Schmerz aufzuschreien, biss sie sic h auf die Lippe. Dann zog sie die Knie an und ließ sich auf die Seite rollen. Obwohl sie sich ziemlich schwach fühlte, gelang es ihr, sehr graziös aufzustehen. Alex sollte die Tränen nicht sehen, die ihr über die Wangen liefen. Deshalb ging sie davon, ohne sich ein einziges Mal umzudrehen. Wen hat sie eingeladen? Beth Lacey schien Hopes entsetzte Miene nicht zu bemerken. Alex Matheson, Liebes. Er und Adam verstehen sich gut. Sie spielen zusammen Tennis. Das wusste ich nicht, erwiderte Hope kraftlos.
Ich habe Anna gegenüber erwähnt, dass du dich auf der Hochzeit mit ihm gut unterhalten hast. Soll ich eine Zitronentorte backen? Als ihre Tochter sie verständnislos ansah, seufzte sie ungeduldig. Ich habe dir doch gesagt, dass wir die Süßspeise mitbringen. Anna hat genug zu tun, aber du weißt ja, wie sie ist, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Hope nickte. Wenn sie Anna bitten würde, Alex wieder auszuladen, müsste sie ihr die ganze demütigende Geschichte erzählen. Und dazu war Hope noch nicht bereit. Sie war viel zu verletzt, und es tat alles noch viel zu weh. Aber es gab noch eine andere Möglichkeit. Es tut mir Leid, Mum, ich muss weg, erklärte sie kurz entschlossen und stand auf. Wohin? Ich bin gleich wieder da. Ich nehme dein Auto, erwiderte Hope läche lnd und eilte hinaus. Innerhalb weniger Minuten war sie bei Matheson Motors am anderen Ende des kleinen Ortes. Sie parkte den alten Wagen ihrer Mutter zwischen anderen Rostlauben und ging betont selbstbewusst zum Eingang. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass die elegante Frau mit den langen Beinen und dem selbstbewussten Gang nahe daran war, in Panik zu geraten. Die junge Frau an der Rezeption blickte auf und sah dann noch einmal genauer hin. Miss Lacey, sagte sie bewundernd und riss die Augen weit auf. Kann ich Ihnen helfen? fügte sie hinzu und schien langsam die Fassung zurückzugewinnen. Ich möchte Alex sprechen. Manchmal hat es auch etwas Gutes, berühmt zu sein, besonders dann, wenn man etwas erreichen will und bluffen muss, dachte Hope. Mr. Matheson ..., begann die junge Frau skeptisch. Haben Sie einen Termin? Ich wollte ihn überraschen. Also, ich weiß nicht... Er nimmt es sehr genau ... Hope beugte sich vertraulich zu ihr hinüber. Es geht darum, dass wir
für heute Abend zum Dinner verabredet sind. Ich muss leider absagen. Deshalb wollte ich ihn zum Lunch abholen, sozusagen zum Trost. Zu seinem Geburtstag? Ja, ich verstehe. Gut, in dem Fall... Alex' Assistent, ein attraktiver junger Mann, war sehr beeindruckt von Hope. Aber offenbar ließ man sie nur herein, weil Alex es ausdrücklich erlaubt hatte, obwohl es ihr lieber gewesen wäre, ihr berühmtes Lächeln und ihr Charme hätten ihr die Tür zu Alex' Allerheiligstem geöffnet. Ihre Ängste waren unbegründet, denn Alex reagierte auf ihren Besuch sehr gelassen. Er zog gerade seinen marineblauen Overall aus, unter dem er ein weißes Hemd und eine Seidenkrawatte trug. Schließlich streifte er das anthrazitgraue Jackett über, das er über den Stuhl gehängt hatte. Durch das feine Material des Hemdes konnte Hope deutlich die dunklen Härchen auf seiner muskulösen Brust sehen. Der Mund wurde ihr ganz trocken, und sie wandte den Blick ab. Du kannst dir sicher denken, warum ich hier bin, sagte sie. Nein, ich bin nicht so einfühlsam, wie du denkst. Wegen der Dinnerparty. Sie wollte sich auf keine Wortspiele einlassen. Es irritierte sie viel zu sehr, mit ihm im selben Zimmer zu sein. Ah ja. Er setzte sich in den Ledersessel an seinen riesigen Schreibtisch aus massiver Eiche. Geh nicht hin. Wie bitte? Oh, wie unhöflich - möchtest du dich nicht setzen? Nein, ich gehe gleich wieder. Glaub ja nicht, ich würde mich gern in deiner Gesellschaft aufhalten. Warum bist du dann gekommen? fragte er ruhig und sah sie so eindringlich an, dass sie erbebte. Weil ich dich bitten wollte, vernünft ig zu sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du Lust dazu hast, den Abend mit mir zu verbringen. Mir gefällt es jedenfalls nicht.
Aber warum bist du gekommen, wenn du mich nicht sehen willst? wiederholte er. Das habe ich doch schon gesagt... Telefonieren wäre einfacher gewesen, unterbrach er sie. Sekundenlang war Hope sprachlos. Daran habe ich gar nicht gedacht, gab sie dann zu. Natürlich nicht, bekräftigte er und blickte sie verständnisvoll an. Wenn du dir einbildest, ich hätte einen Vorwand gesucht, um dich zu besuchen, täuschst du dich, erklärte sie verächtlich. Das ist ein interessanter Aspekt, sagte er nachdenklich. Hope atmete tief ein. Ich darf die Beherrschung nicht verlieren, mahnte sie sich. Gehst du nun hin oder nicht? Ihre Stimme klang ruhig und sachlich. Ich kann die Einladung wohl kaum ablehnen, nachdem man mich gebeten hat, Taufpate des kleinen Joe zu sein. Oh nein. Sie schloss sekundenlang die Augen und strich sich das Haar aus der Stirn. Mich haben sie auch darum gebeten. Wie schön! Er lächelte und zeigte dabei seine regelmäßigen weißen Zähne. Dir scheint die Sache Spaß zu machen. Er versteifte sich. Nein, überhaupt nicht, fuhr er sie an. Aber ich werde meine Freunde nicht beleidigen, nur weil sie das Pech haben, mit so einem kleinen Luder wie dir verwandt zu sein. Er musterte sie langsam von oben bis unten. Das stimmt nicht ganz, klein bist du nicht. Offenbar verschwende ich hier nur meine Zeit. Sie drehte sich unvermittelt um und verließ den Raum. Wie komme ich aus dem Gebäude wieder hinaus? fragte sie im Vorzimmer seinen Assistenten, der sie überrascht ansah. Der erste Flur links, dann nehmen Sie den Aufzug. Haben Sie es eilig? Ja.
Dann gehen Sie am besten durch die Fertigungshalle und rechts die Treppe hinunter. Hope spürte die Blicke nic ht, die ihr folgten, als sie die Fabrik durchquerte. Und sie hörte auch nicht die warnenden Rufe von Alex' Mitarbeitern. Wenige Sekunden später war sowieso alles zu spät, sie fiel in ein tiefes Loch. In solch einem Moment müsste jede normale Frau ohnmächtig werden, schoss es ihr durch den Kopf, Sie wartete darauf, dass Dunkelheit sie einhüllte und der quälende Schmerz aufhörte. Aber nichts dergleichen geschah. Irgendjemand betätigte einen Schalter, und die Hebebühne war taghell erleuchtet. Hope beherrschte sich sehr und stöhnte nur leise, statt auf die besorgten Fragen zu antworten. Holt den Chef. Lieber den Krankenwagen, wollte Hope rufen. Stattdessen wurde sie doch noch ohnmächtig, zum ersten Mal in ihrem Leben.
3. KAPITEL Fasst sie nicht an, ertönte Alex' autoritär klingende Stimme. Hope hatte überall Schmerzen, am meisten tat jedoch das linke Bein weh, das sie nicht bewegen konnte. Wir dachten, wir müssten sie von Mund zu Mund beatmen. Oder sie bequemer hinlegen, fügte jemand anders hinzu. Du liebe Zeit, sie atmet doch. Sie ist nur ohnmächtig geworden, was wahrscheinlich besser für sie ist, wenn man das Bein betrachtet. Dieses Mal hörte Alex sich ganz nah an. Wo bleibt der Krankenwagen? Ich bin nicht ohnmächtig, protestierte sie schwach. Sie ist wach und hat etwas gesagt. Was ist, Hope? Alex berührte sanft ihre Stirn, und Hope nahm den Duft seines Eau de Toilette und seiner warmen Haut wahr. Ich bin nicht ohnmächtig, wiederholte sie. Sie zwang sich, die Augen zu öffnen, und sah sein Gesicht dicht neben ihrem. Schade. Du hast sicher wahnsinnige Schmerzen. Mein Bein? Es sieht aus, als wäre es gebrochen, erklärte er sachlich. Wo tut es dir sonst noch weh? Überall. Tränen traten ihr in die Augen. Der Krankenwagen ist gleich da. Halt noch durch bis dahin. Er trat einen Schritt zurück. Als sie unruhig wurde und sich bewegen wollte, fügte er hinzu: Bleib ruhig liegen, Hope.
Dann versprich mir, dass du bei mir bleibst, sagte sie leise und hielt seine Hand fest. Dabei leuchtete es in ihren Augen seltsam fiebrig auf. Alex war schockiert. Er versteifte sich und betrachtete sekundenlang ihre Finger, mit denen sie seine Hand umklammerte. Dann sah er ihr ins Gesicht. Ich verspreche es. Hope seufzte und entspannte sich. Als die Sanitäter endlich eintrafen, musste sie Alex' Hand loslassen. Sie befürchtete, ohne den Körperkontakt mit ihm den letzten Rest Selbstbeherrschung zu verlieren. Sie braucht was gegen die Schmerzen, erklärte er streng. Keine Sorge, Sir, wir verändern ihre Lage nicht, ehe wir uns vergewissert haben, was los ist. Hope bemühte sich, sich auf das verwirrende Geschehen um sie her zu konzentrieren. Plötzlich begegnete sie Alex' Blick. Seine Ruhe schien sich auf sie zu übertragen, denn es war plötzlich viel leichter, die Anweisungen der Sanitäter zu befolgen und. sich die Sauerstoffmaske aufsetzen zu lassen. Nachdem sie einige Male tief durchgeatmet hatte, ließen die Schmerzen nach und wurden erträglicher. Dann gab ihr jemand eine Spritze in den Oberschenkel, ehe man ihr eine Schiene unters Bein legte und sie auf der Krankentrage in den Wagen beförderte. Kommen Sie mit, Sir? Sie nahm die Maske vom Gesicht. Das ist nicht nötig, sagte sie, während Alex sich zu ihr hinunterbeugte, um sie zu verstehen. Ja, ich fahre mit. Hope schloss die Augen und lächelte zufrieden. Sie verstand selbst nicht, warum sie sich sicherer fühlte, wenn er in der Nähe war. Darüber wollte sie jetzt auch nicht nachdenken. Wie geht es dir? fragte Alex laut, um die Sirenen zu übertönen. Du liebe Zeit, warum rede ich nicht einfach mit ihr übers Wetter? überlegte er. In Krisensituationen funktionierte er
perfekt und behielt immer die Übersicht, aber sobald alles geregelt war und andere die Regie übernommen hatten, kam er sich irgendwie hilflos vor. Als wäre ich betrunken, erwiderte Hope zu Alex' Überraschung. Er blickte den Sanitäter fragend an. Die Schmerzmittel und der Sauerstoff haben bei manchen Menschen diese Wirkung. Weißt du was? Ja, Hope? Du hast die schönsten Hände, die ich je gesehen habe, flüsterte sie. Danke, das ist lieb von dir. Da ist noch etwas, Alex, begann sie. Alex drehte sich wieder zu dem Sanitäter um, der sich das Grinsen verbiss. Das besprechen wir lieber später, Hope. Ich habe sowieso vergessen, was es war. Na, da hast du aber Glück gehabt. Was soll ich darauf antworten? überlegte Hope. Sobald sie einen weißen Kittel trugen, schienen die Leute sich auf Plattitüden zu spezialisieren. Wir fahren dich gleich in den OP und bringen das Schienbein wieder in Ordnung. Dann geht es dir in kürzester Zeit wieder gut. Die Rippen werden noch eine Zeit lang schmerzen, aber sie sind nicht gebrochen. Du hast wirklich ... Wenn du noch ein einziges Mal behauptest, ich hätte Glück gehabt, Adam, muss dir jemand deine Nase gerade biegen, drohte sie. Ihr Schwager warf ihr einen resignierten Blick zu. Jemand, der in eine Arbeitsgrube stürzt und sich dabei nicht den Nacken bricht, muss mit solchen Sprüchen rechnen, Hope. Sie lächelte verkrampft. Hat man Mum und Dad schon informiert? fragte sie mürrisch.
Alex wollte es ihnen persönlich sagen, weil sie sich über einen Anruf zu sehr aufregen würden, wie er meinte. Ah ja. Deshalb war er nicht mehr da. Seit sich ihr Schwager um sie kümmerte, hatte Hope Alex nicht mehr gesehen. Sie erinnerte sich daran, dass sie sich an seine Hand geklammert hatte. Alles andere lag wie unter einem Dunstschleier verborgen. Was hat sie da in der Hand? fragte sie misstrauisch, als eine .Krankenschwester neben ihrem Bett auftauchte. Ein Beruhigungsmittel, Hope. Aber wozu denn das, ich bin doch ganz ruhig. Wenn ich noch ruhiger werde ... Warum hältst du nicht den Mund, Hope, und lässt uns unsere Arbeit tun? Wenn es dir lieber ist, dass ein anderer Arzt dich behandelt, hast du das Recht... Ach, das haben wir doch alles schon durchgekaut, Adam. Ich bin ganz zufrieden mit dir. Wenn du es mit deinem Berufsethos vereinbaren kannst, Familienmitglieder zu behandeln, ist alles okay. Mein Berufsethos hält das aus. Ich mache mir jedoch Sorgen um die Krankenschwestern. Drei Tage später packte Hope ihre Sachen zusammen. Oder besser gesagt, sie erteilte nur Anweisungen, während ihre Mutter alles einpackte. So schöne Blumen, Liebes, sagte Beth Lacey und betrachtete die langstieligen gelben Rosen in der Vase. Die soll man jemand anders ans Bett stellen, erklärte Hope rasch. Bist du sicher? Hope lächelte. Ihre Mutter würde keine Karte finden, auch wenn sie stundenlang suchte. Zusammen mit dem anderen Zeug hatte Hope die Karte weggeworfen, auf der nur ein einziges Wort in einer steilen, kräftigen Handschrift gestanden hatte: Alex.
Am Tag zuvor hatte Alex mit dem Strauß Rosen in der Hand an ihrem Bett gestanden, als sie wach geworden war. Offenbar regnete es draußen, denn sein Haar war nass und kräuselte sich im Nacken über dem Kragen seiner Lederjacke. Auch sein Gesicht - seine Haut war leicht gebräunt, wodurch er noch vitaler und gesunder wirkte - war feucht geworden im Regen. Sie betrachtete seine sinnlichen Lippen, ehe sie ihm in die grauen Augen mit den silbernen Sprenkeln sah. Er hat bemerkenswert schöne Augen, dachte sie und verspürte ein Kribbeln im Bauch. Irgendwie war sie überwältigt gewesen. Sie fühlte sich seltsam schwach und war zugleich aufgeregt und erregt. Danke. Die sind wunderschön, sagte sie scheu. So kannte sie sich gar nicht, und sie kam sich schrecklich ungeschickt vor. Es sieht schlimmer aus, als es ist, fügte sie leicht verlegen hinzu, weil er ihr Gesicht betrachtete. Die vielen blauen Flecken auf ihrer linken Körperhälfte würden verschwinden. Hope war nicht besonders eitel, aber für Alex wollte sie so gut wie möglich aussehe n, was normalerweise auch kein Problem war. Doch momentan hätte sie einem Horrorfilm entsprungen sein können. Aber das konnte sie auch nicht ändern. Ich habe nicht damit gerechnet, dass du es zugibst. Irritiert sah sie ihn an. Hatte sie etwas nicht mitbekommen? Was meinte er? Keine Sorge, ich bin nicht gekommen, um darüber mit dir zu reden. Es wurde immer rätselhafter. Reden? Was ...? Mit einer ungeduldigen Handbewegung unterbrach er sie. Ich verstehe deine Lage. Schön für ihn, aber ich verstehe überhaupt nichts mehr, schoss es ihr durch den Kopf. Alex' Bemerkung hatte so geklungen, als hätte er Mitleid mit ihr.
Ich wollte mich nur vergewissern, wie es dir geht. Das ist der einzige Grund für meinen Besuch, Hope. Mit viel Mühe gelang es ihr, eine nichts sagende Miene aufzusetzen. In dem Augenblick, als sie die Augen geöffnet und ihn erblickt hatte, hatte sie gewusst, dass etwas nicht stimmte. Die undeutliche Erinnerung an das Geschehen unmittelbar nach dem Unfall war wahrscheinlich nur ein Teil der Geschichte. Du liebe Zeit, was habe ich sonst noch alles gesagt und getan? fragte sie sich entsetzt. Ich wollte nur keine Missverständnisse aufkommen lassen. Sie räusperte sich. Ja, das ist in Ordnung, erwiderte sie. Sein unbeteiligter Blick wurde etwas weicher, als Alex ihre heisere Stimme hörte. Hope sah ihm mutig in die Augen, bis er sich abwandte. Sie brauchte sich für nichts zu schämen. Es war kein Verbrechen, sich zu verlieben, auch wenn Alex offenbar keinen Wert auf ihre Zuneigung legte. Was ging eigentlich in ihm vor? Befürchtete er, sie würde sich ihm an den Hals werfen und ihm ewige Liebe schwören? Hope war seltsam verletzt, weil er so wenig risikobereit war. Und dann hatte er sich noch nicht einmal verabschiedet. Gut, ich bringe sie ins Schwesternzimmer, ertönte plötzlich die Stimme ihrer Mutter und brachte Hope in die Wirklichkeit zurück. Kurz darauf kam Adam in Hopes Zimmer. Bist du fertig? Ja, ich bin froh, dass ich nach Hause kann. Du bist eine ungeduldige Patientin. Das behauptest du, entgegnete sie respektlos. Hast du Alex noch mal gesehen? fragte er betont beiläufig. Hope versteifte sich. Warum sollte er mich besuchen? Adam betrachtete sie neugierig. Du hast nach ihm gerufen, als du aus der Narkose aufgewacht bist.
Es gibt viele Männer mit diesem Vornamen. Kann ich diesem Mann denn gar nicht mehr entkommen? überlegte sie. Sie konnte noch nicht einmal in Ruhe bewusstlos sein. Tausende. Wenn du mit jemandem darüber sprichst, dann ... Manchmal tut man die seltsamsten Dinge, wenn man nicht ganz bei sich selbst ist, versuchte sie sich einzureden. Aber es war nur ein schwacher Trost. Keine Angst, als dein Arzt unterliege ich der Schweigepflicht, versicherte Adam ihr. Ich meinte, dass du es vor allem nicht Anna gegenüber erwähnst. Adam lächelte nur. Ich muss weiter, die Pflicht ruft. Er ging zur Tür. Alex Matheson ist ein angenehmer Mensch. Ich mag ihn. Wenn ich nicht an dieses verdammte Ding gefesselt wäre, würde Adam jetzt nicht ungestraft davonkommen, dachte sie und klopfte auf die Lehnen des Rollstuhls. Der Kerl war einfach unmöglich, und damit meinte sie natürlich nicht Adam, sondern Alex. Wir verschieben die Reise. Hope drehte sich ungeschickt auf den Krücken um. Wagt es nicht. Ihre Eltern hatten die Kreuzfahrt schon seit einem Jahr geplant, auf die sie sich beinah ihr ganzes Leben lang freuten. Hope wollte nicht schuld daran sein, dass sie ihren Traumurlaub absagten. Ich komme gut allein zurecht. Ich hätte deinetwegen keine Ruhe, Liebes. Wenn Anna nicht so viel zu tun hätte mit den Babys, könntest du zu ihr gehen. Mum, ich brauche niemanden, der mich versorgt. Ich habe nur das Bein in Gips. Hope fand es frustrierend, dass ihre Mutter sich nicht überzeugen lassen wollte. Es hat geläutet, stellte Beth Lacey fest und wollte aufstehen. Nicht zum ersten Mal in den vergangenen zwei Wochen fiel
Hope auf, dass man ihrer Mutter ansah, wie alt sie war. Sie arbeitete zu viel und brauchte den Urlaub dringend. Ich mache auf, erwiderte Hope und humpelte an den Krücken zur Haustür. Ach, du bist's, sagte sie und errötete prompt, als Alex sie ironisch ansah. Hätte ihr keine intelligentere Bemerkung einfallen können? Du siehst gut aus. Er betrachtete sie aus zusammengekniffenen Augen. Die blauroten Flecken, die ihre linke Gesichtshälfte und andere Körperteile bedeckt hatten, waren jetzt gelblich. Mir geht es auch gut. Willst du nicht reinkommen? Schon allein seine tiefe Stimme brachte Hope aus dem seelischen Gleichgewicht. Sie hatte ganz vergessen, wie beeindruckend und geradezu einschüchternd er wirkte. Sie räusperte sich. Bitte komm rein. Es ist ein schöner Tag heute, wunderbares Wetter ... Unvermittelt unterbrach sie sich. Wenn ich nicht störe, antwortete er und zog eine Augenbraue hoch, ohne auf Hopes Geplapper einzugehen. Schöner Tag, wunderbares Wetter - oh nein, wie schrecklich! stöhnte sie insgeheim auf und spürte, dass ihr Schweißperlchen den Rücken hinunterrannen. Es hatte erst vor einer halben Stunde aufgehört zu schneien, und die Straßenverhältnisse waren katastrophal. Was war eigentlich mir ihr los? Sie musste sich unbedingt zusammennehmen. Ich weiß, dass du mich nicht sehen willst, erklärte er mit undefinierbarer Miene. So? Will ich das nicht? erwiderte sie vorsichtig. Es musste etwas Wichtiges sein, sonst wäre er sicher nicht freiwillig gekommen. Vermutlich wollte er sie warnen, hinter ihm herzulaufen. Aber mein Rechtsanwalt konnte deinen Agenten nicht erreichen, und es müssen noch einige Details geklärt werden. Die Sache eilt... Sie war total verblüfft. Du meinst Jonathan?
Jonathan Harkness ist doch dein Agent, oder? Seine Stimme klang ungeduldig. Ja, ich habe nur den einen. Ich weiß, dass du dich nicht selbst damit befassen willst, aber ich muss ... Moment mal, unterbrach sie ihn. Ich kann noch nicht so lange stehen. Sie warf einen viel sagenden Blick auf ihr Gipsbein. Komm mit ins Wohnzimmer. Alex! Wie schön, dich zu sehen! begrüßte Beth Lacey ihn. Du möchtest sicher einen Tee. Und schon eilte sie in die Küche. Muss sie mich unbedingt mit ihm allein lassen? fragte Hope sich und lächelte angespannt. So, jetzt erklär mir bitte einmal genau, weshalb du hier bist. Jedenfalls nicht, weil er Sehnsucht nach mir hat, fügte sie insgeheim hinzu. Sie setzte sich lieber nicht in den Sessel, aus dem sie nur mühsam wieder aufstehen konnte, sondern auf einen Stuhl mit Lederpolster. Um eine möglichst rasche und reibungslose Abwicklung zu gewährleisten, habe ich die Verantwortung für die Sache übernommen. Deine Rechtsberater scheinen jedoch daraus zu schließen, sie könnten mit mir machen, was sie wollen. Er ging im Zimmer hin und her. Hope spürte, wie gereizt er war. Die Forderungen, die sie plötzlich stellen, sind einfach lächerlich. Das letzte Fax, was man mir geschickt hat ... Seine Stimme klang wie Donnergrollen. Er zog ein Stück Papier aus der Tasche, zerknüllte es in der Hand und warf es ärgerlich auf den Boden. Wenn du daraus Kapital schlagen willst, hast du dir den Falschen ausgesucht, Hope. Ich lasse mich nicht manipulieren. Ich übernehme selbstverständlich die Verantwortung, aber ich lasse nicht auf mir herumtrampeln. Alex, sagte sie ruhig, ich habe keine Ahnung, wovon du redest. Ihr war klar, dass er zornig war, aber sie hatte nichts getan, was seine Drohungen rechtfertigte. Sie wurde ärgerlich.
Willst du behaupten, du hättest Harkness nicht aufgefordert, mein Angebot abzulehne n? Er musterte sie ungläubig. Ich weiß ja noch nicht mal, was du mit Jonathan überhaupt zu tun hast, erwiderte sie energisch. Wenn du mich schon so behandelst, als wäre ich nur ein widerlicher Fußabtreter, möchte ich wenigstens erfahren, was du mir unterstellst. Er sah sie prüfend an. Es ist dir offenbar ernst. Du scheinst wirklich nicht zu wissen, wovon ich rede. Er schüttelte den Kopf, als könnte er es nicht glauben, und setzte sich in den Sessel. Hope betrachtete seine muskulösen Oberschenkel in den engen schwarzen Jeans. Wie würde es sich anfühlen, wenn sie ihn berührte? Als sie sich in ihrer Fantasie alles Mögliche ausmalte, fühlte sie sich plötzlich ganz schwach. Du liebe Zeit, das musste aufhören. Harkness hat sich am Tag nach dem Unfall mit mir in Verbindung gesetzt... Du glaubst immer noch nicht, dass ich damit nichts zu tun habe, stimmt's? unterbrach sie ihn feindselig. Offenbar war er sich noch nicht sicher, ob er ihr vertrauen konnte oder nicht. Es kommt mir ziemlich unwahrscheinlich vor, dass dein Agent dich nicht informiert haben soll. Das vergisst Jon in der letzten Zeit leider viel zu oft absichtlich, überlegte sie ärgerlich. Wenn er befürchtete, sie würde seinen Rat sowieso nicht befolgen, besprach er wichtige Dinge erst in letzter Minute mit ihr, so dass sie nicht mehr Nein sagen konnte. Dann tue ich eben so, als wäre ich schockiert, wenn du mir verrätst, was ihr beide ausgebrütet habt, entgegnete sie sarkastisch. Alex senkte den Kopf und erlaubte sich, leicht zu lächeln. Er hat mich, ganz korrekt natürlich, darauf hingewiesen, dass ich für deinen Unfall verantwortlich bin. Und er hat aufgelistet, wie hoch dein Verdienstausfall ist.
Hopes Gedanken überschlugen sich. Der Dreijahresvertrag mit dem Bademodenhersteller, für den sie Werbeaufnahmen auf den Malediven machen sollte, enthielt eine Schadenersatzklausel, wenn sie vertragsbrüchig würde. Dennoch hatte Jonathan nicht das Recht, sich mit Alex in Verbindung zu setzen. Keine Angst, stieß sie verbittert hervor, ich will dein Geld nicht. Wie konnte Jon es wagen, sie in so eine Lage zu bringen? Das ist kein vernünftiger Standpunkt, Hope. Ich bin nach wie vor bereit, den Schaden wieder gutzumachen. Aber die neuen Zahlen, die er mir unterbreitet hat, kann ich nicht akzeptieren. Wie viel verlangt er? fragte sie und wurde blass, als Alex ihr den Betrag nannte. Ihr Ärger richtete sich auf einmal gegen Alex statt wie bisher gegen ihren Agenten. Und du hast wirklich geglaubt, ich sei an dieser ... Erpressung beteiligt? Es ist ganz legal, dass Rechtsanwälte solche Forderungen stellen, Hope. Das ist mir völlig egal, fuhr sie ihn an. Ich will dein Geld nicht. Ich wäre an deiner Stelle nicht so voreilig, riet er ihr. Ihre plötzliche Feindseligkeit überzeugte ihn von ihrer Unschuld. Aber du bist nicht an meiner Stelle, entgegnete sie gereizt. Und Jonathan auch nicht. Weder du noch er braucht mir zu sagen, was ich tun soll. Darauf bezog sich offenbar auch deine Bemerkung im Krankenhaus, fügte sie unvermittelt hinzu. Und ich dachte ... Was? Sie blickte ihn erst entsetzt, dann herausfordernd an. Das geht dich nichts an. Es war ja alles noch viel schlimmer, als sie angenommen hatte. Sie hatte geglaubt, er wolle ihr zu verstehen geben, dass er sich nicht zu ihr hingezogen fühle. Aber das war wahrscheinlich der nächste Schritt. Da sie seiner Meinung nach
skrupellos eine angeblich glückliche Ehe zerstört hatte, traute er ihr auch ohne weiteres jede andere Schlechtigkeit zu. Ich verstehe nicht, warum du so emotional reagierst. Emotional? wiederholte sie gefährlich ruhig. Emotional! Ihre Stimme klang schon wesentlich höher. Hör auf, so gönnerhaft und herablassend mit mir zu reden, Alex Matheson. Momentan stehe ich mitten in schwierigen Vertragsverhandlungen, Hope, und ich kann keine schlechte Presse gebrauchen, gab er unumwunden zu. Deshalb möchte ich diese Sache rasch abschließen. Ich habe wirklich nichts dagegen, dich für die ganze Aufregung und die Unannehmlichkeiten zu entschädigen. Es geht hier nur ums Geschäft. Hope blickte ihn an und atmete tief ein und aus. Jetzt wusste sie wenigstens, woran sie war. Wie konnte ein Mensch nur so gefühllos sein? So viel Geld hast du gar nicht, mich für all das zu entschädigen, was du mir angetan hast. Es war ihr völlig egal, wie er ihre Worte interpretierte. Du hast noch nicht einmal genug Geld, mich dafür zu entschädigen, dass ich mich mit dir in einem Zimmer aufhalten muss. Unvermittelt verschwand ihr Zorn, und sie fühlte sich grenzenlos elend. Alex ging es nur um seine kostbare Firma, nur deshalb sollte die Sache diskret abgewickelt werden. Um mich macht er sich überhaupt keine Gedanken, ich bin ihm völlig egal, überlegte sie und erhob sich gleichzeitig mit ihm. Sag deiner Mutter, ich hätte dringend weggemusst. Es wird ihr Leid tun, erwiderte sie und ärgerte sich sogleich über die alberne Bemerkung. Ihre Mutter hatte sich offenbar absichtlich zurückgezogen. In deiner momentanen Stimmung solltest du keine Entscheidung treffen, die du vielleicht später bereust. Immerhin geht es hier nicht um Kleinigkeiten. Sie biss die Zähne zusammen. Ich würde nichts lieber tun, als dich vor Gericht zu bringen.
Vielleicht bist du ausnahmsweise einmal konsequent, das würde ich gern erleben. Seine Stimme klang so belustigt, dass Hope es als Beleidigung empfand. Und ich würde dich gern schlagen, aber ich tue es nicht. Du bist erstaunlich reif für dein Alter. Hope hob den Kopf und kniff die Lippen zusammen. Sie wollte sich über die sarkastischen Bemerkungen dieses hinterhältigen Kerls nicht ärgern. Übrigens, meine Mitarbeiter, die du gern arbeitslos sehen würdest, wünschen dir alles Gute. Sie waren sehr besorgt. Er verstand es ausgezeichnet, sie ins Unrecht zu setzen. Plötzlich schwankte sie ganz leicht. Sie hätte sich durchaus selbst helfen können. Doch Alex musste unbedingt den Macho hervorkehren und ihr beweisen, wie stark er war. Er legte ihr den Arm um die Taille, und obwohl Hope keineswegs klein und zierlich war, hob er sie mühelos hoch. Atemlos klammerte sie sich an ihn. Er wirkte ungemein kräftig und solide wie eine Eiche. Sie sehnte sich danach, sich an ihm festzuhalten und sich in seinen Armen sicher und geborgen zu fühlen. Er ging ihr unter die Haut. Meine Rippen sind nur gequetscht, du brauchst sie mir nicht auch noch zu brechen, stieß sie heiser hervor. Alex entschuldigte sich sogleich und stellte Hope behutsam wieder auf die Füße. Während sie sich auf die Stuhllehne stützte, bückte er sich und hob die Krücken auf. Als er ihren Oberschenkel erblickte, konnte er der Versuchung nicht widerstehen und streckte die Hand aus. Ihre langen, schlanken Beine faszinierten ihn zu sehr. Die Wirklichkeit, die sich ihm da präsentierte, war viel gefährlicher als all seine kühnsten Träume. Hope stöhnte auf, als er ihre unverletzte Wade umfasste. Und dann hielt sie den Atem an, denn er ließ die Hände höher gleiten. Er streichelte sie so sinnlich und zärtlich, dass er die herrlichsten Gefühle in ihr wachrief. Ihr wurde ganz heiß, und
dort, wo er sie berührte, prickelte ihre Haut. Eine kleine innere Stimme schien sie aufzufordern, Alex aufzuhalten und seine Entdeckungsreise zu beenden. Sie tat es jedoch nicht. Und dann wurde ihm bewusst, wozu er sich hatte hinreißen lassen. Er war genauso schockiert wie sie und verachtete sich selbst. Wie sollte er sich jetzt verhalten, ohne wie ein verliebter Teenager zu wirken? Er konnte nicht behaupten, es sei Zufall oder ein Versehen gewesen. Die Muskeln seiner Oberschenkel spannten sich, während er sich langsam erhob und die Fingerspitzen unabsichtlich über den Spitzenrand des Strumpfs gleiten ließ. Ihre Haut fühlte sich warm und seidenweich an, und er spürte, wie Hope unter der Berührung erbebte. Seine Miene verfinsterte sich, und er richtete sich unvermittelt auf. Dann schob er die Hände unter ihren kurzen Rock und umfasste ihren Po. Hope ließ den Kopf zurücksinken. Ihre sinnliche Reaktion erfüllte ihn mit tiefer Freude. Schließlich umfasste er mit einer Hand ihren Kopf und zwang sie, ihn anzusehen. Sekundenlang blickten sie sich in die Augen. Hope wusste genau, wie erregt er war. Hüfte an Hüfte mit ihm dazustehen und sein heftiges Verlangen deutlich zu spüren war aufregender als alles, was sie bisher erlebt hatte. Seine Miene wirkte angespannt, und auf seiner Stirn entdeckte sie Schweißperlchen. Hope wollte ihn küssen, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Und schließlich tat sie es auch. Sie umfasste sein Gesicht und presste die Lippen auf seine. Was als behutsames Ausprobieren begann, war bald kaum noch zu beherrschen. Alex fing an, ihren Mund mit der Zunge zu erforschen, und küsste Hope so leidenschaftlich und ungestüm, dass sie ge nauso heftig reagierte. Er hob sie hoch und drückte sie an die Wand. Dann rieb er sich sinnlich an ihrem Körper und weckte in ihr ein wildes, unkontrollierbares Verlangen.
Schließlich löste er sich von ihr und fuhr ihr mit den Knöcheln der geballten Faust über die leicht geöffneten Lippen. Hope küsste ihn hemmungslos und voller Begehren. Alex stöhnte laut auf, ehe er ihr die Finger unters Kinn legte. Du bist absolut unglaublich, sagte er rau. Ich kann ihn gut verstehen, man kann ihm keinen Vorwurf machen. Irritiert und verständnislos sah sie ihn an. Jeder verheiratete Mann vergisst gern seine Ehefrau, wenn du in Fahrt gerätst. Du kommst wahrscheinlich immer wieder in Versuchung, es auszunutzen, dass du so ungemein gut aussiehst. Lloyd - er sprach von Lloyd. Zutiefst verletzt packte sie ihn an den Schultern und versuchte, ihn von sich zu stoßen, obwohl ihr klar war, dass sie es nicht schaffen würde. Lass mich los, stieß sie, die Zähne zusammengebissen, hervor und wand sich wie wild hin und her. Unvermittelt zo g Alex die Hände zurück und betrachtete Hopes erhitztes Gesicht. Du hast Recht. Es ist weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort, erklärte er. Ihr wurde übel. Er hielt sie offenbar immer noch für ein Luder - für ein begehrenswertes Luder! Für uns beide gibt es sowieso nie den richtigen Zeitpunkt oder den richtigen Ort. Sie hob das Kinn und machte sich auf noch mehr Beleidigungen gefasst. Ich bin doch nicht dumm, Hope. Ich weiß genau, wann eine Frau mich begehrt. Er machte eine ungeduldige Handbewegung und fuhr sich dann durchs Haar. Sie zuckte die Schultern. Ich muss weiterdenken, über elementares Verlangen hinaus. Lloyd war sehr nützlich für meine Karriere beim Film. Aber was kannst du mir schon bieten? Du musst die Sache mal von meiner Warte aus betrachten. Am liebsten hätte sie ihn gefragt, warum er plötzlich so schockiert war. Sie hatte ihm doch nichts Neues gesagt, sondern seine Meinung nur bestätigt.
Soll ich dir etwa glauben, dass du so etwas wie eine Edelprostituierte bist? Das glaubst du doch sowieso, Alex, erwiderte sie mit ernster Miene. Und solange du davon überzeugt bist, will ich mit dir nichts zu tun haben. Willst du etwa behaupten, die gesamte Presse würde Falschmeldungen über dich verbreiten? Erlaube mir, dass ich das bezweifle. Warum sagst du nicht einfach die Wahrheit? Niemand kann uns momentan hören. Ich kann verstehen, dass du deine Eltern schonen willst, und ich bin sicher, sie lassen sich gern von deinen Märchen überzeugen. Aber mit mir kannst du offen reden. Ich habe nicht vor, mich zu verteidigen. Umso besser. Hör zu, Hope. Ich gebe zu, dass ich dich zunächst für etwas Besonderes gehalten habe. Ich behaupte gar nicht, du hättest mich absichtlich getäuscht... Du bist wirklich großzügig. Ich war ziemlich naiv und hätte nicht vergessen dürfen, in welchen Kreisen du schon jahrelang verkehrst. Um darin zu überleben, muss man wahrscheinlich unempfindlich und hart werden. Es geht mich nichts an, mit wem du geschlafen hast und warum. Was ist er doch für ein netter, toleranter, vorurteilsfreier Mensch! schoss es ihr durch den Kopf, während sie ihn unter dichten Wimpern beobachtete. Du musst dir hier ziemlich eingeengt vorkommen. So? Muss ich das? Ich habe keine Illusionen, die du zerstören könntest. Da bin ich froh und kann sicher besser schlafen. Mit mir, hoffe ich, sagte er sanft und ignorierte ihren Sarkasmus. Das wollen wir beide. Ehrlich gesagt, begann sie ärgerlich, so plump hat mir noch niemand einen Antrag gemacht.
Ich bin gern originell. Er wirkte sehr selbstsicher und so gelassen, dass es beinah schon eine Beleidigung war. Es fällt mir momentan wahnsinnig schwer, nicht ausfallend zu werden, erwiderte sie mühsam beherrscht. Du liebe Zeit, Hope, ist es so wichtig für dich, die Rolle des netten Mädchens weiterzuspielen? Ich bin ein ne tter Mensch, aber wenn du nicht sofort verschwindest, könnte ich es vergessen. Seine Kinnmuskeln zuckten. Wie du willst. Vielleicht bereust du ja deine edle Haltung, wenn du allein in deinem Bett liegst. Hoffentlich kannst du bei dem Gedanken, dass ich ganz allein im Bett liege, gut schlafen, rief sie hinter ihm her. Hope konnte nicht ahnen, dass sie mit der Bemerkung genau ins Schwarze getroffen hatte.
4. KAPITEL Was hast du denn für eine glänzende Idee? fragte Hope ihre Schwester. Hier, halt mal dein Patenkind, forderte Anna sie auf und hob einen der kleinen Jungen aus der Kindertrage. Hope nahm das Bündel gehorsam auf den Schoß. Ich kann nicht gut mit Babys umgehen, erwiderte sie unsicher. Das winzige Wesen blickte sie ruhig und zermürbend intensiv an. Hallo, Kleiner, sagte sie sanft. Als sich sein Händchen um ihren Finger schloss, stellte sie überrascht fest: Er hat ja schon viel Kraft. Anna lächelte zufrieden. Er ist allen anderen Babys in jeder Hinsicht überlegen. Henry auch. Sie warf einen Blick auf das schlafende Kind in der Babytrage. Lass uns leise reden. Wenn er wach ist, ist er nicht halb so friedlich wie Joe. Du hattest etwas von einer glänzenden Idee erwähnt. Hope beobachtete die Babys misstrauisch. Wenn sie anfingen zu schreien, würde sie wahrscheinlich in Panik geraten. Sie fragte sich, woher Anna wusste, wie sie mit den Kindern umgehen musste. Ich habe mir überlegt, wie wir Mum und Dad dazu bringen können, an der Kreuzfahrt teilzunehmen. Das ist gut. Wir arbeiten einen Plan aus. Einen Plan? wiederholte Hope verständnislos.
Ja, damit sichergestellt ist, dass die arme, hilflose Hope keine Probleme bekommt. Wir legen fest, wann du gewaschen wirst und etwas zu essen bekommst. Hope blickte sie skeptisch an. Das hört sich nicht so an, als ließe es sich praktisch durchführen. Du hast genug Arbeit, und du wohnst nicht gerade in der Nähe. Ich weiß, erwiderte Anna ungeduldig. Ich werde die Aufgabe anderen übertragen. Wem denn? fragte Hope und runzelte die Stirn. Sie ahnte, dass ihr die Antwort nicht gefallen würde. Na ja, ich kann jeden zweiten Nachmittag rüberkommen und eine Stunde bei dir bleiben, ehe ich Sam und Nathan aus dem Kindergarten abhole. An den anderen Tagen fährst du mit einem Taxi zu uns. Dann fühlst du dich jedenfalls nicht allein. Adam schaut jeden Morgen bei dir rein und vergewissert sich, dass du noch lebst. Außerdem sind die Wilsons den ganzen Tag auf der Farm. Wenn du laut genug rufst, hören sie dich ... Ich bin nicht hilflos. Hope lächelte über Annas Enthusiasmus. Das weiß ich, aber davon müssen wir Mum erst noch überzeugen. Du kannst ihr versprechen, immer ein Handy bei dir zu haben. Und abends kann Alex dich besuchen. Wie bitte? Nicht so laut, sonst wird Henry wach, mahnte Anna sie vorwurfsvoll. Alex hat sich bereit erklärt, jeden Abend bei dir vorbeizukommen. Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, Alex Matheson würde Kindermädchen spielen. Das war der reinste Albtraum. Wenn Anna sich mit ihrer Idee durchsetzte ... nein, daran wollte Hope lieber nicht denken. Sie wollte Anna nicht erzählen, was passiert war, denn ihre Schwester konnte nicht schweigen. Anna würde es sogar fertig bringen, von Alex eine Erklärung zu verlangen. Aber Hope fand die Situation auch so schon schwierig genug.
Kindermädchen kann man es nicht nennen. Aber egal, sagte Anna und lächelte triumphierend. Er war begeistert - jedenfalls hat er sich nicht geweigert. Er ist ausgesprochen höflich. Davon habe ich nichts gemerkt. Habt ihr euch gestritten? fragte Anna leicht gereizt. Das erklärt alles. Was meinst du damit? Hat Adam etwas verraten? Adam? Weiß er etwa Bescheid? Das sieht ihm ähnlich, erwiderte Anna und runzelte die Stirn. Er hat kein Wort gesagt. Aber warte, bis ich ihn sehe! Nein, ich habe es mir gedacht. Von drei Seiten habe ich erfahren, dass du auf der Hochzeit mit Alex zusammen warst, und dann warst du bei ihm in der Fabrik, wo du den Unfall hattest. Mir ist klar, dass sich zwischen euch etwas anbahnt. Nein, das stimmt nicht. Ach ja, dann waren es eben nur Zufälle. Dass Alex jeden Abend vorbeikommt, wäre für Mum eine Beruhigung. Die Farm liegt sehr einsam. Nachdem ich ihm vorgehalten habe, dass er letztlich für deinen Unfall verantwortlich sei... Anna, das hast du hoffentlich nicht getan! Hope stöhnte auf. Doch, es war immerhin seine Arbeitsgrube, oder etwa nicht? Anna lächelte unschuldig, aber davon ließ Hope sich nicht täuschen. Ich war überzeugt, du hättest nichts dagegen, dass er sich abends um dich kümmert. Du passt jedenfalls viel besser zu ihm als die Frau, die er vorigen Monat mitgebracht hat. Und wer war das? Hope setzte eine gleichgültige Miene auf und verbarg ihre Eifersucht perfekt. Ich glaube, sie ist Bankkauffrau. Aber ich habe noch nie einen weiblichen Banker gesehen, der so aussieht wie sie. Das ist eine sexistische Bemerkung, Anna. Nein, eine gehässige. Sieht sie sehr gut aus? Warum habe ich das denn gefragt? dachte Hope und kam sich ziemlich masochistisch vor.
Anna rümpfte die Nase. Sie ist zu dünn und hat offenbar schlechte Nerven. Jedes Mal, wenn ich sie ansprach, zuckte sie zusammen. Aber sie ist Vergangenheit, oder? Du liebe Zeit, Anna, erzähl nicht überall herum, Alex und ich 'seien ... seien ... Ein Paar? Das sind wir nicht, wehrte Hope sich energisch. Er hält mich für ein Flittchen oder so. Die ganze Sache quälte sie viel zu sehr, sie musste einfach die Wahrheit sagen. Ausgerechnet du! Anna fing an zu lachen. Red doch nicht solchen Unsinn. Hope hätte am liebsten geweint, so frustriert war sie. Ich meine es ernst. Anna hörte auf zu lachen und runzelte die Stirn. So ein Dummkopf! rief sie empört aus. Dem werde ich ... Nein, unterbrach Hope sie energisch. Misch dich nicht ein, Anna. Mit den dunklen Augen betrachtete Anna ihre Schwester nachdenklich. Er hat dich unglücklich gemacht, stimmt's? Okay, das war's dann, den Plan können wir vergessen, erklärte sie schließlich. In dem Moment kam Adam Deacon herein. Ich habe es endlich geschafft, verkündete er zufrieden. Wovon redest du? fragte seine Frau ihn misstrauisch. Ich habe eure Mutter überzeugt, dass sie ruhigen Gewissens in Urlaub fahren kann. Offenbar war er stolz auf sich. Ausschlaggebend war wahrscheinlich, dass Alex bereit ist, sich abends um Hope zu kümmern. Ich kann eure Mutter verstehen, die Farm liegt wirklich sehr einsam. Ihr hättet ihr Gesicht sehen sollen. Sie ist schrecklich aufgeregt und hat sich sogleich aufgeschrieben, was sie alles einpacken muss. Oh Adam, wie konntest du nur! sagte Anna vorwurfsvoll.
Was soll das denn heißen? Adam verstand überhaupt nichts mehr. Ich habe mich nicht freiwillig eingemischt. Es war doch deine Idee. Das war davor, antwortete sie ärgerlich. Wovor? Streitet euch nicht, forderte Hope die beiden auf. Wir können es sowieso nicht mehr ändern. Ihre Eltern sollten die Kreuzfahrt auf jeden Fall mitmachen. Ich werde mich schon mit Alex einigen. Er wird sicher einsehen, dass er nicht jeden Abend vorbeikommen muss. Ich kann ihn anrufen. Oder noch besser, ich rufe dich an, Anna. Du unterschätzt die Überzeugungskraft deiner Schwester, erklärte Adam. Alex glaubt wahrscheinlich inzwischen selbst, er hätte dich höchstpersönlich in die verdammte Grube geworfen. Anna hat ziemlich dick aufgetragen. Aber egal. Ist es für dich ein Problem, dass Alex jeden Abend zu dir kommt? Er denkt, Hope sei ein Flittchen oder so. Du solltest ihm mal klarmachen ... Moment, Anna, unterbrach Adam seine Frau und betrachtete alarmiert ihre entschlossene Miene. Ich habe dich doch gebeten, dich nicht in das Liebesleben deiner Schwestern einzumischen. Aber Alex ist dein Freund ... Und das soll er auch bleiben. Hört ihr bitte damit auf, so zu tun, als wäre ich gar nicht anwesend? Ich kann meine Probleme selbst lösen. Richtig, stimmte Adam ihr zu. Anna war offenbar nicht ganz überzeugt, doch zu Hopes Erleichterung widersprach sie Adam nicht. Eine Woche später war Hope sich gar nicht mehr so sicher, dass sie mit der seltsamen Situation, die man ihr aufgezwungen hatte, zurechtkommen würde. Nervös blickte sie auf die Uhr auf dem Kaminsims. Es war halb neun. Sie hatte sich gut überlegt, was sie sagen wollte.
Du brauchst wirklich nicht noch einmal zu kommen, das ist überhaupt nicht nötig, Alex, so wollte sie anfangen. Das waren genau die richtigen Worte. Draußen schneite es. Fred Wilson, der Nachbar, der sich während der Abwesenheit ihrer Eltern um die Farm kümmerte, hatte noch einen Stapel Holzscheite auf das Feuer im Kamin in der Ecke gelegt. Hope hatte ein Glas Rotwein vor sich stehen, und der Duft des Essens, das ihre Mutter vorbereitet hatte, hing in der Luft. Sie hatte ein gutes Buch in der Hand und hätte sich wohl fühlen können. Stattdessen zuckte sie bei jedem kleinsten Geräusch zusammen. Ich weiß gar nicht, weshalb ich mir Gedanken mache, er ist wahrscheinlich sowieso erleichtert, dass ich ihn nicht brauche, überlegte sie. Aber brauchte sie ihn wirklich nicht? Sie seufzte und wünschte, es wäre wahr. Sie gestand sich ein, dass sie befürchtete, bei seinem Anblick wieder schwach zu werden. Wenn er noch einmal versuchte, mit ihr zu schlafen, wäre sie vielleicht bereit, das zu nehmen, was er ihr geben wollte, obwohl es längst nicht genug war. Ich bin pathetisch und inkonsequent, sagte sie sich. Es wäre sogar möglich, dass er glaubte, sie hätte das alles selbst eingefädelt und Anna für ihre Zwecke benutzt. Bei diesem Gedanken richtete Hope sich auf und betrachtete alles um sich her plötzlich mit anderen Augen. Das Feuer im Kamin, das gedämpfte Licht und die leise Musik - Alex könnte es für eine perfekte Verführungsszene heilten. Rasch stand Hope auf und klemmte sich die Krücken unter den Arm. Zuerst wollte sie die Musik abstellen, dann mehr Licht machen. Auf einmal schrie sie auf. Sie war mit einer kraftvollen Gestalt zusammengestoßen. Du liebe Zeit, Hope, musst du so laut schreien? Man bekommt ja einen Herzinfarkt! Alex packte sie an den Schultern und sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren.
Du? stieß sie empört hervor. Und was ist mit mir? Weshalb schleichst du hier herum? Wie bist du überhaupt hereingekommen? Hope ärgerte sich, dass sie ihre kleine Rede, die sie sich zurechtgelegt hatte, nicht halten konnte. Mit dem Schlüssel natürlich. Deine Mutter hat ihn mir gegeben. Du zitterst ja immer noch. Anna hat mich schon gewarnt, du seist nervös, weil du allein im Haus bist. Aber ich dachte, sie würde übertreiben. Meine Mutter hat nicht erwähnt, dass sie dir einen Schlüssel gegeben hat, wandte Hope ein. Außerdem bin ich nicht nervös. Du hast mich überrascht, das ist alles. Ich konnte nicht ahnen, dass du so schreckhaft bist, erklärte er leicht tadelnd. Du brauchst mir nicht zu unterstellen, ich sei übernervös. Aber ich konnte nicht damit rechnen, dass du plötzlich mitten im Zimmer stehst. Sekundenlang betrachtete sie seine breiten Schultern unter dem wetterfesten Mantel. Du hättest wenigstens anklopfen können. Habe ich auch, mehrere Male sogar. Aber du hast dir wohl die Musik angehört. In seinen Augen blitzte es verächtlich auf. Gefällt dir das etwa? fragte er, als die seelenvolle Ballade erklang. Gut, dass ich das nicht als Verführungsszene geplant habe, dachte Hope und lächelte ironisch. Ja. Was ist denn deine Lieblingsmusik, Alex? Vielleicht so ein Gedröhn, wobei einem die Ohren wehtun? spottete sie sanft. Ich ziehe klassische Musik vor. Und wenn ich etwas Romantisches brauche, ist eine Arie von Puccini genau das Richtige. Doch das ist momentan uninteressant. Stimmt. Es überrascht mich jedoch, dass du romantische Gefühle hast. Normalerweise reduzierst du alles auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, und dabei kommt Romantik nicht vor. Fühlst du dich beleidigt? fragte er.
Es hat mit mir nichts zu tun, erwiderte sie würdevoll. Übrigens, ich komme gut ohne deine Hilfe zurecht. Sie betrachtete seine großen, kräftigen Hände, und prompt hatte sie das Gefühl, in einer Woge von Hilflosigkeit unterzugehen. Oh, dein Mantel ist durch und durch feucht, stellte sie sachlich und nüchtern fest. Stimmt. Er ließ Hope los und zog den warmen Mantel aus. Dann schüttelte er den Kopf, und winzige Tropfen sprühten aus seinem Haar durch die Gegend. Einige davon landeten auf Hopes Haut und fühlten sich eisig kalt an. Es schneit heftig. Dumm von dir, dass du überhaupt gekommen bist, erwiderte sie. Hier oben auf der Farm war das Wetter immer noch eine Spur schlechter als unten im Ort. Ich habe versprochen zu kommen, deshalb tue ich es auch, antwortete er. Sie war frustriert. Es ist aber trotzdem völlig unnötig. Er sah sie abschätzend an. Ich hänge den Mantel zum Trocknen in den Flur, ist das okay? Warum fragst du mich? rief sie hinter ihm her. Du bist hier doch sowieso schon zu Hause. Wenige Sekunden später war er wieder da. Du kannst dir deine Andeutungen sparen, Hope. Du hast deinen Standpunkt klar gemacht, und ich habe weder Lust noch Energie, mich mit dir zu streiten. Außerdem brauchst du mich nicht so anzusehen, als würde ich mich jeden Moment auf dich stürzen, sagte er spöttisch. Da bin ich aber erleichtert, erwiderte sie betont uninteressiert, um die beunruhigenden Gefühle zu überspielen, die seine Bemerkung in ihr auslöste. Du siehst müde aus, fügte sie hinzu. Die tiefen Linien um seinen Mund beunruhigten sie. Seine Haut wirkte leicht grau, und die dunklen Ränder um seine Augen ließen darauf schließen, dass er nicht genug Schlaf bekam. Setz, dich doch. Jetzt verstand sie sich selbst nicht mehr. Statt ihn
wegzuschicken, forderte sie ihn dazu auf, es sich gemütlich zu machen. Alex war offenbar auch verblüfft über die Einladung. Trotzdem setzte er sich hin. Ich hatte heute Morgen ein Meeting in Birmingham. Auf der Rückfahrt fing es an zu schneien, und der gesamte Verkehr brach zusammen. Es war einer jener Tage, an denen man sehr defensiv fahren muss. Er arbeitet bestimmt zu viel, überlegte Hope und runzelte die Stirn. Wahrscheinlich war er nur ungern zu ihr gekommen und betrachtete es als lästige Pflicht. Ich sitze auf deinem Platz. Er wollte aufstehen. Nein, das ist okay. Ich setze mich woanders hin. Möchtest du ein Glas Wein? fragte sie schnell und fand sich selbst zum Verzweifeln. Sobald er auch nur ein bisschen Menschlichkeit zeigte, glaubte sie, ihn beschützen zu müssen. Er zog die Augenbrauen hoch. Um unseren Waffenstillstand zu feiern? Ja, ich bin dabei. Sei vorsichtig, Alex, drohte sie wenig überzeugend. Lass mich das machen, sagte er, als sie das Glas aus dem Schrank holte. Wag es nicht. Ich habe es satt, allen Leuten erklären zu müssen, dass ich nicht hilflos bin. Danke. Er nahm das Glas entgegen. Wie oft waren deine Eltern im letzten Winter eingeschneit? Weiß ich nicht, ich war nicht hier. Aber dir ist klar, dass sie es waren? Hope nickte zögernd. Ja, das passiert in jedem Winter. Dann solltest du dafür Verständnis haben, dass deine Mutter sich Sorgen macht. Es ist völlig in Ordnung, unabhängig zu sein, aber für Dummheit habe ich keine Zeit. Willst du damit sagen, ich sei dumm? Ach, wir wollen uns nicht gegenseitig beschimpfen. Er sah sie über den Rand des Glases hinweg an. Hope kam seine
friedliche Stimmung verdächtig vor. Können wir uns darauf verständigen, dass du so störrisch wie ein Esel bist? fuhr er sanft fort und ignorierte ihren empörten Protest. Ich bin dein nächster Nachbar, und es ist für mich keine große Belastung, jeden Tag kurz bei dir vorbeizukommen und mich zu vergewissern, dass nichts passiert ist. Die Wilsons sind näher, erklärte sie pedantisch. Ja, wenn man die Luftlinie rechnet, stimmte er zu. Aber sie müssten mit dem Traktor über die Felder fahren, wenn die Straßen zugeschneit sind. Sie versorgen doch schon euer Vieh, oder? Sollen sie sich auch noch um dich kümmern? Ich bin immer noch überzeugt, dass es absolut unnötig ist. Hope war klar, dass sie sich nicht durchsetzen konnte. Die nächsten drei Wochen würde sie ihn wahrscheinlich jeden Abend sehen. Und sie würde sich immer von neuem auf seinen kurzen Besuch freuen. Wie sollte sie mit der ganzen Aufregung zurechtkommen? Glücklicherweise, begann er müde und schloss die Augen, ist es mir ziemlich egal, was du denkst. Unvermittelt sackte er im Sessel in sich zusammen. Sie betrachtete ihn fasziniert. Wie er dasaß, so kurz vor dem Einschlafen, wirkte er völlig entspannt und viel jünger. Seine sonst so harten und strengen Gesichtszüge wurden weicher. Schlaf nicht ein! forderte sie ihn viel zu heftig auf. Was? Du liebe Zeit, nein. Er fuhr sich übers Gesicht und schüttelte den Kopf. Entschuldige. Es liegt wahrscheinlich an der Wärme. Das ist doch uninteressant, erwiderte sie schroff. Aber du hast sicher noch etwas anderes vor. Ja, schlafen. Normalerweise brauchte er nicht viel Schlaf, doch in der letzten Zeit hatte er sich überfordert. Du solltest etwas essen, erklärte sie streng. Ich wollte ... Unvermittelt unterbrach sie sich. Es lag ihr einfach nicht, zurückhaltend und unfreundlich zu sein.
Alex beobachtete sie leicht belustigt. Was wolltest du? Essen. Sie gab sich geschlagen. Du kannst auch etwas haben, wenn du willst. Es ist genug da. Sonst gebe ich es den Hunden. Du bist wirklich ganz außergewöhnlich charmant - entweder ich oder die Hunde, antwortete er feierlich. Ich würde gern mit dir essen. Erwarte nicht, dass ich dich jeden Abend einlade. Ich werde mich bemühen, meinen Appetit zu zügeln. Die zweideutige Bemerkung ließ sie erröten. Rasch wandte sie sich ab, damit er es nicht merkte. Das schmeckt ausgesprochen gut. Alex hob den Kopf und sah ihr in die Augen. Der Lunch, den man uns vorgesetzt hat, war gut, aber es war viel zu wenig. Kochst du selbst? fragte Hope. Nur wenn ich Besuch habe. Für mich allein lohnt es sich nicht. Sie überlegte, ob er oft Besuch hatte. Hast du schon immer in der alten Mühle gelebt? Obwohl das Mill House, wie die umgebaute Mühle genannt wurde, nur ungefähr eine Meile von der Farm ihrer Eltern entfernt lag, war Hope noch nie dort gewesen. Alex schob den Teller zur Seite und lehnte sich zurück. Mein Vater hat sie zusammen mit dem alten Lagerhaus gekauft. Aber er hat sie erst umgebaut, nachdem man ihn als Vorstandsvorsitzenden abgelöst hatte. Bis dahin wohnten wir in dem Apartment über der Fabrikhalle. Mein Vater und Eva hatten natürlich eine Wohnung in der Stadt, aber die war für Kinder verboten. Warum hat man das getan? Ich meine, ihn abgelöst? Nun ja, Matheson's ist und war von Anfang an ein profitables Unternehmen. Die Banken arbeiteten gern damit zusammen. Nur mein Vater passte ihnen nicht, er hatte nicht die richtige Schule besucht, kam nicht aus der Welt der Wirtschaftsbosse
und Banker. Er war manchmal sehr aggressiv und hat viele Leute brüskiert. Das haben sie nie vergessen. Bei passender Gelegenheit hat man Misstrauen gesät und Zweifel an seiner Fähigkeit geäußert, das Unternehmen leiten zu können. Es hat so etwas wie eine Verschwörung gegeben, dessen bin ich mir sicher. Mein Vater hätte nie damit gerechnet, dass man ihm in den Rücken fallen würde. Aber jetzt bist du der Besitzer, oder? Seine Miene wirkte plötzlich finster. Ja. Als mein Vater völlig desillusioniert und als gebrochener Mann nach Hause kam, habe ich mir geschworen, die Firma zurückzubekommen. Und das ist mir auch gelungen. Ich habe es genossen, die Leute, die meinen Vater ruiniert hatten, an ihrer eigenen Medizin ersticken zu lassen. Als sie ihn so sprechen hörte, begriff Hope, dass es sicher gefährlich wäre, sich ihn zum Feind zu machen. Aber auch das gehörte zu ihm, zu seiner Persönlichkeit. Ich wollte nicht neugierig sein, sagte sie sanft. Doch du hast eben selbst erklärt, dass du unser nächster Nachbar bist, und ich weiß nur wenig von dir. Du bist nicht wie andere, kommst nie zum Tee und zu einem Plauderstündchen vorbei. Man hat meinen Vater in der Gemeinde nie ganz akzeptiert. Wahrscheinlich habe ich mich deshalb zurückgehalten. Willst du damit andeuten, dein Vater sei so etwas wie ein Außenseiter gewesen? fragte sie skeptisch. Obwohl er sich ein Vermögen erarbeitet hatte, war er für einige immer noch der ehemalige Bergarbeiter mit dem eigenartigen Akzent. Das ist doch lächerlich, Alex. So sind die Menschen nicht, wandte sie ein. Nein, Hope, du irrst dich, die Menschen sind wirklich so, bekräftigte er schroff.
Ich habe eher den Eindruck, dass du ein Problem hast. Meine Eltern haben noch nie jemanden nach seiner Herkunft beurteilt, erwiderte sie. In gewisser Weise war es auch der Fehler meines Vaters, räumte er ein. Sein Ehrgeiz, gesellschaftlich aufzusteigen, war viel zu groß. Als er Eva heiratete, hat er sich verzweifelt bemüht, ihr zu gefallen. Sie kam aus den Kreisen, von denen er unbedingt akzeptiert werden wollte, was ihm jedoch nie gelang. Im Geschäftsleben wurde er wegen seiner Fähigkeiten und Talente geachtet und respektiert. Meiner Meinung nach hat er sich aber viel zu krampfhaft um gesellschaftliche Anerkennung bemüht. Die richtige Kleidung, das richtige Auto, die richtige Schule für seinen Sohn und dann auch noch die richtige Frau, das war für ihn am wichtigsten. Hat es dich irritiert, oder war es dir peinlich? Er sah sie an und wirkte plötzlich ziemlich schockiert. Wenn ich ehrlich sein soll, beides, glaube ich, gab er zu. Schon in jungen Jahren hatte er sich geschworen, dass er nie versuchen würde, die Anerkennung bestimmter gesellschaftlicher Kreise oder Menschen zu erlangen. Man sollte ihn entweder so akzeptieren, wie er war, oder gar nicht. Deshalb tust du auch nie den ersten Schritt. Wenn man mit dir befreundet sein will, muss man auf dich zugehen. Meinst du nicht, du seist aus dem Alter raus, in dem man Angst vor Zurückweisung hat? Sie hielt den Atem an. Ihr war klar, dass sie einiges riskierte. Er hatte sich geöffnet und ihr etwas über seinen Charakter verraten. Und Hope konnte jetzt viel besser verstehen, warum er so zurückhaltend war. Zu ihrer Erleichterung entspannte er sich, und dann blitzte es in seinen Augen belustigt auf. Du wendest ganz üble Tricks an, Hope. Na ja, das kommt immer auf meine Gesprächspartner an. Sogleich wünschte sie sich, die Bemerkung zurücknehmen zu können, denn ihr fiel ein, dass Alex ganz falsche Vorstellungen
von ihrem Freundeskreis hatte. Leider gibt es kein Dessert, sagte sie deshalb unvermittelt. Achtest du etwa auf dein Gewicht? Er ließ den Blick langsam über ihren Körper und die üppigen Rundungen gleiten. Das gehört zu meinem Beruf - wie Drogen und ein ausschweifender Lebensstil auch. Willst du behaupten, dass du dich von allem fern hältst? fragte er und verzog verächtlich die Lippen. Hope ärgerte sich. Und willst du etwa behaupten, in der Geschäftswelt würde es keine Korruption geben, keine Schmiergelder und dergleichen? fuhr sie ihn an. Zweifelst du an meiner Integrität? Er legt unterschiedliche Maßstäbe an und merkt es noch nicht einmal, überlegte sie. Nein, Alex, das würde ich nie tun, es sei denn, ich wäre mir meiner Sache sehr sicher. Sekundenlang schwieg er verblüfft. Das war wohl eine sehr geschickte Umschreibung dafür, dass du mich für einen engstirnigen Heuchler hältst, antwortete er schließlich beeindruckt. Wem der Schuh passt, der zieht ihn sich an, schoss es ihr durch den Kopf. Ich darf ja auch nicht vergessen, dass du mein Gast bist. Meine Mutter war immer sehr großzügig, aber gewisse Regeln mussten bei ihr eingehalten werden. Hast du dich immer daran gehalten, Hope? Ja, nachdem ich die Jahre der Rebellion hinter mir ha tte. Ich war auch lange Zeit aufsässig und rebellisch, gab er zu. Daran kannst du dich noch erinnern? Das muss schon lange her sein. Sie lächelte und sah ganz bezaubernd aus mit dem Grübchen in der linken Wange. Hattest du damals auch ein Motorrad, so eine große, laute Maschine? Ihre heisere Stimme klang ungemein erotisch. Ja, natürlich, antwortete Alex.
Hope seufzte tief. Das war mein Jugendtraum. Aber junge Männer mit Motorrädern waren uns strengstens verboten, erklärte sie. Meine Mutter hatte einfach Angst um ihre Töchter. Tust du immer noch gern Dinge, die du nicht tun solltest? In Alex' Augen blitzte es voller Verlangen auf, während er ihre lebhafte Miene und ihre schmalen, feingliedrigen Hände betrachtete, mit denen sie sanft gestikulierte. Sie war ungemein schön, aber nicht nur das. Ihr geheimnisvoller weiblicher Reiz und ihre kindliche Aufrichtigkeit waren einfach faszinierend. Gegen seinen Willen war Alex gefesselt von ihrer Schönheit und ihrer Ausstrahlung. Warum kommst du nicht auf den Punkt, Alex? Sei doch nicht so zimperlich, sondern frag mich doch geradeheraus, ob ich oft mit verheirateten Männern schlafe. Ich hatte an etwas ganz anderes gedacht. Ich könnte meine alten Fußballschuhe aus der Mottenkiste holen. Sie atmete tief aus. Ich habe noch nie so einen attraktiven Mann wie dich kennen gelernt, Alex. Na wunderbar, das habe ich mal wieder gut hingekriegt, gratulierte sie sich. Hatte sie sich nicht zurückziehen und ihn sogar wegschicken wollen? Sie würden sowieso nicht mehr passen. Ich habe mich seitdem kräftig entwickelt. Das kann ich mir vorstellen. Und sie hatte auch bestimmte Vorstellungen, sehr bestimmte sogar. Ihr kribbelte die Haut, als sie ihrer Fantasie freien Lauf ließ. Du weißt, ich bin älter als du. Und ich bin schöner. Stimmt. Er verzog belustigt die Lippen, doch in seinen Augen leuchtete es rätselhaft auf. Erregung breitete sich in ihr aus. Wir könnten den ganzen Abend so weitermachen. Ich glaube, das siehst du zu optimistisch, antwortete er amüsiert.
Sie errötete. Was Lloyd angeht ... Ehe die Situation außer Kontrolle geriet, wollte sie ihm die Beziehung erklären. Wir haben alle mal etwas getan im Leben, was wir bereuen, Hope. Nein, Alex, du verstehst nicht..., wandte sie ein. Er ging um den Tisch herum und stellte sich neben sie. Ich verstehe momentan nur eines, sagte er leise. Ich begehre dich so sehr, dass ich nicht mehr klar denken kann. Er zog sie hoch, umfasste ihre Taille und presste Hope an sich. Sie schmiegte sich an ihn und schloss die Augen, während er ihr mit den Händen durch das lange dichte Haar fuhr. Dann hob er es im Nacken hoch und ließ die seidenweichen Locken durch die Finger gleiten. Genau danach hatte sie sich gesehnt. Es fühlte sich richtig an, und sie seufzte zufrieden auf. Die Wärme seiner Haut drang durch ihren leichten Wollpullover, und ihre empfindlichen Brüste rieben sich an seiner kräftigen Brust. Hope genoss das herrliche Gefühl, das sich in ihr ausbreitete. Ein strahlender Engel, flüsterte er heiser an ihrem Ohr. Und als sie seinen warmen Atem auf ihrer Haut spürte, liefen ihr heiße Schauer über den Rücken. Er liebkoste ihre Lippen mit seinen, ehe er ihre zarte Unterlippe sanft mit den Zähnen berührte. Ich will dich fühlen und dich schmecken, Hope. Du weißt, wie sehr ich dich begehre, oder? Instinktiv presste sie sich mit den Hüften fester an ihn. Sogleich spürte sie, wie erregt er war und dass er erbebte. Es tut körperlich weh, sagte sie leise. Ich begehre dich so sehr, dass es wehtut, Alex. In seinen Augen leuchtete es zufrieden und triumphierend auf. Ich weiß. Sie bekam Herzklopfen und fühlte sich wie betäubt vor lauter Vorfreude. Was Lloyd angeht, begann sie noch einmal. Sie
wollte nicht, dass irgendetwas zwischen ihnen stand. Es sollte perfekt sein. Alex fluchte leise. Du liebe Zeit! Versteh doch! Es ist alles anders, als du denkst, sagte sie drängend und ließ die Finger behutsam über die strengen Linien seines Gesichts gleiten. Seine Haut war etwas feucht. Ich brauche mich für nichts zu schämen ... Ich will davon nichts hören. Doch, Alex, du musst mir zuhören. Vielleicht törnt es dich an, mit deinen Liebhabern über ihre Vorgänger zu reden, aber da mache ich nicht mit. Er sah sie so verächtlich an, dass sie insgeheim zurückwich. Ich war dumm, er hat seine Meinung über mich nicht geändert, überlegte sie verzweifelt. Was hast du vor? rief sie plötzlich aus, als er sie so mühelos hochhob, als wäre sie federleicht. Welches ist dein Zimmer? Stell mich hin, Alex. Er ignorierte ihren Protest und stieß mit dem Fuß eine Tür nach der anderen auf, während er Hope über den Flur trug, bis er den richtigen Raum gefunden hatte. Um mit ihrem Gipsbein nicht anzustoßen, ging er rückwärts in das Arbeitszimmer, das man vorübergehend zu einem Schlafzimmer umfunktioniert hatte. Der Duft ihres Parfüms konnte den Tabakgeruch nicht ganz überdecken, der sich über viele Jahre in den Möbeln und Teppichen festgesetzt hatte. Dennoch war Alex überwältigt von dem Duft und von Hope selbst. Er hatte das Gefühl, so etwas wie einen Tunnelblick zu haben, was Hope Lacey betraf, und wurde beherrscht von dem Verlangen, sie zu besitzen. Nachdem er die Tagesdecke weggezogen hatte, legte er Hope aufs Bett. Sie merkte nicht, dass ihr Rock sich hochgeschoben hatte und darunter ihr winziger Slip aus Seide und Spitze zu sehen war. Alex blickte sie unverwand t an. Sein elementares Verlangen erschreckte sie, doch zugleich erregte es sie
ungemein. Dann streifte er sich das Jackett ab, löste die Krawatte und fing an, die Knöpfe seines weißen Hemds zu öffnen. Als er es schließlich auszog, betrachtete sie bewundernd seine muskulöse Brust. Sein Körper wirkte perfekt, da war kein Gramm zu viel. Aber das überraschte sie nicht, denn er war ein ausgesprochen disziplinierter Mensch. Sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Seine breiten Schultern und seine kräftige Brust gingen über in seinen flachen Bauch. Die dunklen Härchen auf seiner Brust verliefen in einer nach unten schmaler werdenden Linie, bis sie unter dem Bund seiner Hose verschwanden. Nein, das kannst du nicht tun! rief Hope aus, als er seinen Gürtel öffnen wollte. Soll das ein Scherz sein? Er wirkte ärgerlich. Deine Vergangenheit und deine Liebhaber sind mir egal. Bist du jetzt zufrieden? Wenn er es so sagt, ganz bestimmt nicht, dachte sie und fühlte sich hin- und hergerissen zwischen ihrem körperlichen Verlangen und der Überzeugung, dass es zu viele Missverständnisse zwischen ihnen gab. Das ist ein ganz besonderer Augenblick, Hope, und es liegt an uns, was wir daraus machen. Wenn du mich wegschickst, wirst du dich immer fragen, wie es hätte sein können. Seine tiefe Stimme klang einschmeichelnd. Vergiss die Vergangenheit, forderte er sie sanft auf, und die Zukunft. Wir leben hier und jetzt, in der Gegenwart. Hope war sich bewusst, dass seine Argumentation nicht unbedingt überzeugend war. Denn was man in der Gegenwart tat, verfolgte einen manchmal bis in die Zukunft. Vielleicht war es wirklich die einzige Gelegenheit für sie beide. Aber trotzdem hatte sie die Wahl und konnte sich immer noch dagegen entscheiden.
5. KAPITEL Du warst dir sicher, ich würde Ja sagen, stimmt's? Hope hob den Kopf und blickte Alex an. Wenn du dich geweigert hättest, hätte ich die Nacht nur mit einem Betäubungsmittel überstanden - oder mit einer Flasche Whisky. Sie lächelte zufrieden. Sieht er danach immer so entspannt und irgendwie sanft aus? überlegte sie. Glücklicherweise merkte er nicht, dass sie errötete. Hope bereute nichts. Ein so einmaliges und unglaublich perfektes Erlebnis konnte man einfach nicht bereuen. Wirst du mich für gefühllos und unsensibel halten, wenn ich einschlafe? Er strich ihr das Haar zurück und presste die Lippen auf ihren Hals. Nein. Ich glaube, du hast dir den Schlaf verdient, neckte sie ihn liebevoll. Kurz darauf schlief er tief und fest, mit dem Kopf auf dem Ansatz ihrer Brüste. Hope fuhr ihm behutsam durchs Haar. Sie war entspannt und hellwach, erregt, aber ruhig. Es hatte Alex nicht genügt, dass sie schweigend mit allem einverstanden gewesen war, sondern er hatte sich gewünscht, dass sie es ihm sagte. Als sie sich jetzt daran erinnerte, breitete sic h Wärme in ihr aus.
Ich möchte von dir geliebt werden, Alex, hatte sie erklärt und war seltsam erschrocken gewesen über seinen leidenschaftlichen Blick. Sekundenlang wurde ihr heftiges Verlangen von der Angst vor dem Unbekannten verdrängt. Sie hatte kaum Vergleichsmöglichkeiten. Ihre kurze Affäre mit Hugh war nie beängstigend oder unberechenbar gewesen. Er war ein großzügiger Liebhaber gewesen, die Beziehung herzlich und voller Fröhlichkeit. Alex' elementares Verlangen, seine ungestüme Leidenschaft waren für sie eine ganz neue Erfahrung. Sie betrachtete seine Arme mit den kräftigen Muskeln. Entspann dich, forderte er sie auf. Ich habe es ernst gemeint, als ich dir versprach, mich nicht auf dich zu stürzen. Er umfasste ihr Kinn mit einer Hand, und Hope presste die Lippen in seine Handfläche. Sollten wir dich nicht auch ausziehen? schlug er heiser vor. Gehorsam hob sie die Arme, und Alex zog ihr den Pullover über den Kopf. Die aufgerichteten Spitzen ihrer Brüste zeichneten sich unter dem weißen Baumwolltop deutlich ab. Auch wenn es ihre Rundungen nicht unbedingt betonte, wirkte es ungemein sexy. Sie wusste, dass sie eine fantastische Figur hatte, dennoch überfielen sie plötzlich Zweifel, ob sie Alex gefallen würde. Ich hätte bestimmt etwas Verführerisches angezo gen, wenn ich das alles geahnt hätte, sagte sie. Alex' Augen waren unter den halb geschlossenen Lidern und den dunklen Wimpern verborgen, so dass Hope nicht erkennen konnte, was er dachte. Gefiel ihm, was er sah? Etwas Perfektes kann man nicht verbessern. Er blickte sie an, und Hope war beruhigt. Er war nicht enttäuscht. Seine Miene wirkte angespannt vor Verlangen, und in seinen Augen blitzte es leidenschaftlich auf. Als er die Hand auf ihre linke Brust legte, atmete Hope tief ein. Sie beobachtete, wie er langsam die üppigen Rundungen
streichelte. Ihre Brustspitzen prickelten und schienen vor Erregung zu brennen. Sie schloss die Augen, während er die Hand unendlich langsam bis zu ihrer Taille gleiten ließ und die Finger unter den Bund ihres Wickelrocks schob. Wie macht man den auf? Seine Stimme war kaum wieder zu erkennen, so rau klang sie. Die Erregung, die sie durchflutete, fühlte sich wunderbar und herrlich beglückend an. Hope hatte das Gefühl, ihre Zunge sei viel zu schwer. Da ist ein Knopf. Sie nahm seine Hand. Bei der Berührung kribbelte ihr die Haut. Und hier noch einer, flüsterte sie heiser. Mach du es für mich. Die schlichte Aufforderung ließ Hope erbeben. Sie richtete sich auf und öffnete die Knöpfe. Dann zog sie den Rock unter sich weg. Alex nahm ihn ihr aus der Hand und warf ihn einfach auf den Boden. Hope sah, wie sich seine Brustmuskeln dabei bewegten, und schrie leise auf, ehe sie sich vorbeugte und die Hände auf seine nackte Haut legte. Du kannst dir nicht vorstellen, wie heftig ich mich danach gesehnt habe, dich zu berühren. Und wie sehr ich mir gewünscht habe, dich zu schmecken. Behutsam liebkoste sie eine seiner flachen Brustwarzen mit der Zunge. Dann schob sie die Arme unter seinen hindurch und streichelte seine Schultern. Alex atmete tief ein und aus. Plötzlich fuhr Alex ihr mit der Hand durchs Haar und zog ihren Kopf mit einem heiseren Aufschrei zurück. Warum hast du das getan? fragte Hope vorwurfsvoll. Dann blickte sie frustriert auf ihr Gipsbein und ärgerte sich über ihre eingeschränkte Be wegungsfreiheit, die es ihr unmöglich machte, selbst initiativ zu werden. Du machst mich noch wahnsinnig! Ist das nicht der Sinn der Sache? In ihren Augen leuchtete es verführerisch auf.
Jetzt konnte Alex sich nicht mehr beherrschen. Ja, finde ich auch, stimmte er ihr zu. Aber zuerst muss ich die loswerden. Er fing an, den Bund seiner Hose zu öffnen. Mit dem Rücken zu Hope gewandt, streifte er sich erst die Hose, dann den Minislip ab. Sein Rücken und sein Po waren genauso muskulös und fest wie seine Brust und sein Bauch. Sie betrachtete ihn noch bewundernd, als er sich schon wieder zu ihr umdrehte. Würde wow zu plump klingen? Prompt errötete sie. Die saloppe Bemerkung konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Hope beeindruckt war. Und aus seiner unverhüllt sichtbaren, starken Erregung schloss Hope, dass er mit allem einverstanden war. Von einem Mann mit so einem Körper kann man als Frau sonst nur träumen, dachte sie, als er sich aufs Bett kniete. Man konnte ihn als schön oder perfekt bezeichnen, aber er war noch viel mehr. Er war durch und durch männlich. Und er gehört mir, schoss es ihr durch den Kopf. Mit verschränkten Armen zog sie sich das Top aus, und ihre Brüste schwangen, befreit von allem Einengenden, bei jeder ihrer Bewegungen leicht mit. Sie lächelte, als Alex sie fasziniert betrachtete. Dann packte sie ihn an den Handgelenken und presste seine Hände auf ihre üppigen Rundungen. Dabei klopfte ihr das Herz zum Zerspringen. Alex ließ den Blick von ihrem Gesicht zu seinen Handgelenken gleiten, die sie mit ihren so elegant wirkenden Fingern umfasste. Und dann meinte sie förmlich zu spüren, wie etwas in ihm einzurasten schien - nein, explodieren war die bessere Beschreibung. Er öffnete die Fäuste und umfasste ihre Brüste. Er stieß einen seltsamen Schrei aus, ehe er die Lippen auf ihre presste und Hope zurück aufs Bett drückte. Seine Küsse waren nicht sanft und behutsam, sondern wild und verlangend. Mit der Zunge erforschte er immer wieder ihren Mund und mit den Händen
ihren Körper, hastig und wie im Fieber. Er schien sein Verlangen, seine Sehnsucht nach ihr mit jeder Berührung, jedem intimen Ertasten ihrer empfindlichen Stellen zu steigern. Als er mit den Lippen ihre schmerzenden, angespannten Brüste liebkoste und an den aufgerichteten Spitzen saugte, bog sie sich ihm entgegen, schrie leise auf und wusste selbst nicht genau, wonach sie sich so verzweifelt sehnte. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass es überhaupt möglich wäre, den Hunger und das Verlangen zu stillen, die er in ihr geweckt hatte. Er kniete sich über sie, aber er war zu weit weg, viel zu weit. Dann lehnte er sich zurück und legte die Hand auf den sanften Hügel zwischen ihren Beinen. Hope warf den Kopf hin und her und bewegte sich mit ihrem ganzen Körper rhythmisch unter Alex' Hand. Langsam ließ er die Finger bis zu ihrer empfindsamsten Stelle gleiten, deren Wärme er unter dem feinen Material des winzigen Slips spürte. Wie ziehst du den über das Gipsbein? fragte er rau. Doch ehe sie antworten konnte, hörte sie, wie etwas zerriss. Ich habe mir schon selbst geholfen, erklärte er. So viel Ungeduld hatte Hope noch nicht erlebt, doch sie ließ ihn gewähren, denn er fing schon an, die zarten Innenseiten ihrer Oberschenkel zu streicheln. Alex, stöhnte sie auf. Was, Liebes? Das leichte Beben, das durch seinen kraftvollen Körper fuhr, übertrug sich durch seine Fingerspitzen auf sie. Sein erhitztes Gesicht wirkte angespannt, und seine Augen sahen beinah schwarz aus. Er schien mit sich selbst zu kämpfen, gegen seine Vorbehalte und gegen seine Überzeugung, alles unter Kontrolle haben zu müssen. Als er mit dem Finger sanft in sie eindrang, wollte Hope aufschreien. Doch er verschloss ihr die Lippen mit seinen. Lass es einfach geschehen, mein Liebling. Seine Stimme klang ungemein sinnlich. Es gefällt dir doch, oder?
Es ist herrlich, sagte sie leise und stöhnte auf. Ich habe das Gefühl, es nicht mehr ertragen zu können, Alex. Das alles kam ihr wie eine einzige wunderbare Quälerei vor. Sie empfand nur noch die Erregung, die sich in ihrem Körper bis ins Unerträgliche steigerte. Selbst wenn Alex nicht auf ihr läge, würde sie sich nicht bewegen können, denn die Wärme und die Leidenschaft, die sich in ihr ausbreiteten, schienen all ihre Sinne zu betäuben. Halt dich hier fest. Er führte ihre Hände zu den Stangen am Kopfende des Bettgestells aus Messing. Ich möchte dich dabei beobachten, erklärte er heiser und betrachtete fasziniert ihr erhitztes Gesicht, die leicht geöffneten Lippen und die halb geschlossenen Äugen. Du kannst vor mir nichts verbergen. Sollte ich es denn tun? fragte sie. Nein. Er atmete genauso heftig wie sie, als er sich neben sie legte. Sie spürte an ihrem Oberschenkel, wie erregt Alex war, und biss sich auf die Lippe. Dann durchflutete sie eine so grenzenlos sinnliche Lust, dass sie leise seinen Namen rief. Alex fing an, mit der Zunge ihren Körper zu liebkosen. Langsam ließ er sie immer weiter hinuntergleiten, die kleine Vertiefung über ihrem Bauchnabel schien ihn zu faszinieren. Als er innehielt und ihr die Hand auf die Hüfte legte, hatte Hope das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen. Es tut mir Leid - der Gips. Ich komme mir vor wie ein gestrandeter Wal. Er hob den Kopf und betrachtete nachdenklich ihre schlanke Gestalt. Dann schob er ganz langsam beide Hände zwischen ihre Oberschenkel und berührte mit den Fingerspitzen behutsam ihre empfindsamste Stelle. Schließlich öffnete er ihre Beine, und Hope seufzte erleichtert auf. Der Mund war ihr so trocken, dass sie nicht schlucken konnte. Nein, mit einem Wal hast du überhaupt keine Ähnlichkeit, entgegnete er. Glaub mir, ich bin erfindungsreich. Ich lasse nicht
zu, dass das hier uns etwas verdirbt. Er klopfte dabei leicht auf den Gips. Ich habe vor allem an dich gedacht. Sie versuchte, die trockenen Lippen mit der Zunge zu befeuchten. Mein Liebling, mich kann jetzt nichts und niemand mehr aufhalten. Alex, stöhnte sie schockiert auf, das kannst du nicht machen. Doch. Aber du kannst es unmöglich wollen. Ich will es aber, bekräftigte er, und Hope fing an, sich zu entspannen. Es war irgendwie elektrisierend. Die ungemein erotischen Berührungen raubten ihr den Verstand. Alex streichelte sie so sinnlich mit der Zunge, dass ihr Verlangen, sich ihm hinzugeben, übermächtig wurde. Er sollte sie nehmen, ganz und gar. Schließlich sagte sie es ihm, nein, sie rief es aus, während sie ihm die Finger ins Haar schob. Er lächelte triumphierend und wollte sie bis an die Grenze des Erträglichen reizen. Dabei war ihm klar, dass es irgendwie auch so etwas wie Quälerei war. Er wollte spüren, wie sie erbebte und sich vor Leidenschaft und Lust vergaß. Dass sie dabei seinen Namen ausrief, erregte ihn mehr als alles, was er bisher erlebt hatte. Dass so viel Intimität eine ganz neue Erfahrung für sie war, spürte er deutlich. Aber es war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, über diese überraschende Entdeckung nachzudenken. Alex kniete sich zwischen ihre Beine und zog sie auf seine Oberschenkel. Dann legte er die Hände auf ihren Po, um sie festzuhalten. Sie brauchte das verletzte Bein nicht zu bewegen, denn er klemmte es sich fest an die Hüfte. Sein Einfallsreichtum und seine Stärke waren nicht nur beeindruckend, sondern ungemein erregend. Hope betrachtete die Stelle, wo er sie zwischen den Beinen berührte. Wärme breitete sich in ihr aus, und ihr Verlangen, mit
ihm vereint zu sein, war so heftig, dass sie sich nicht mehr beherrschen konnte. Er hatte sie so im Griff, dass nur er bestimmen konnte, wohin die Reise führte. Doch Hope drängte ihn mit ihren Bewegungen, mit ihren leisen Bitten und Ausrufen. Dass er sich absichtlich zurückhielt, war ihr klar, doch sie wollte es nicht zulassen. Sie war nicht zerbrechlich. Gefällt dir das? fragte er rau, als er sie nahm. Ja, oh ja! rief sie aus und hielt sich mit beiden Händen an seinem Rücken fest, während er immer wieder von neuem in sie eindrang. Den Kopf barg sie an seiner Schulter, und sie atmete schwer. Der Druck in ihr wurde so stark, dass sie glaubte, jeden Moment die Beherrschung zu verlieren. Und als sie dann endlich zum Höhepunkt gelangte, kam es Hope wie eine Befreiung vor, und sie war zutiefst erschüttert. Wogen des Entzückens durchfluteten sie. Sie warf den Kopf zurück und rief Alex' Namen. Und jetzt stöhnte auch er auf, und sie spürte, wie er in ihr zum Höhepunkt kam. Vor lauter Freude und Glück konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sekundenlang war Alex alarmiert. Doch dann begriff er, weshalb sie weinte. Er umarmte und streichelte sie liebevoll, bis sie sich beruhigt hatte. Es tut mir Leid. Worte genügten nicht, um zu beschreiben, was sie empfand und wie ergriffen sie war. Für mich ist es ein Kompliment. Er streichelte ihre feuchte Wange. Ja, stimmt. Sie barg das Gesicht an seiner Brust und spürte sein Herz heftig pochen. Irgendwann schlief Hope ein. Als sie wach wurde, begegnete sie Alex' Blick. Er hatte sich auf einen Arm gestützt und betrachtete sie mit rätselhafter Miene. Hallo, begrüßte sie ihn. Ihre Herzlichkeit und Wärme raubten ihm beinah den Atem. Hallo, erwiderte er rau.
Sie streckte sich verführerisch und sinnlich, hob einen Arm und strich sich das zerzauste Haar aus den Augen und dem Gesicht. Ich habe noch nie eine Frau kennen gelernt, die so natürlich und echt ist, und das, obwohl sie ihren Lebensunterhalt mit dem Schaffen von Illusionen verdient, dachte er. Wie lange beobachtest du mich schon? Lange genug, um sagen zu können, du schläfst wie ein Baby. Ich habe ja auch ein reines Gewissen. Er ging nicht auf die provozierende Bemerkung ein, sagte sich jedoch, dass das Gewissen sich auch nach den ganz persönlichen Moralbegriffen richtete. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie wirklich so unkompliziert war. Das gab es einfach nicht. Die Decke war so weit heruntergerutscht, dass er den Ansatz ihrer Brüste bewundern konnte. Sie hatte jedenfalls die perfekteste Haut, die er je gesehen hatte. Eine der rosigen Brustspitzen ragte vorwitzig unter der Bettdecke hervor. Alex liebkoste sie mit den Fingern und spürte, wie sie sich aufrichtete. Du kennst alle meine schwachen oder empfindsamen Stellen, aber ich keine einzige von dir, beschwerte sie sich heiser. Hope selbst war seine größte Schwäche. Er war nicht glücklich darüber, denn es machte ihn verletzlich. Er ließ die Hand unter die Decke gleiten, um Hope zu berühren. Dann presste er die Lippen auf die Innenseite ihres Handgelenks und ließ sie sinnlich über ihren Arm gleiten. Alex? Hm? Du liebst Vorspiele, stimmt's? Das hatte Hope schon am Abend zuvor gemerkt. Er hob den Kopf. Es gefällt mir, dich zu erregen. Oder willst du behaupten, du hättest es nicht... Du liebe Zeit, nein, wies sie den Gedanken weit von sich. Aber es ist so, dass man sich manchmal etwas ... Ich versuche,
es zu umschreiben, was gar nicht so einfach ist. Also, manchmal hat man ein starkes Verlangen. Als ich die Augen öffnete und dich anblickte, wünschte ich mir sogleich ... Lachst du mich etwa aus? Ich? fragte er gespielt unschuldig. Red weiter, ich finde es faszinierend. Du bist ein ganz gemeiner, selbstgefälliger ... Unvermittelt unterbrach sie sich und gab sich geschlagen. Alex war ziemlich verblüfft, als sie seine Hand nahm. Das habe ich mir gewünscht, sagte sie und führte seine Hand zu ihrer empfindsamsten Stelle. Du wirst noch völlig schamlos und leichtfertig, schien eine kleine innere Stimme sie zu warnen. Doch Hope ignorierte sie lieber. Ich will mit dir eins sein - jetzt gleich. Das lässt sich machen. Du bist fantastisch, seufzte sie. Als Hope und Alex später in der Küche Rührei aßen, kam plötzlich Adam herein. Er stampfte mit den Füßen auf dem gefliesten Boden herum. Es ist verdammt kalt draußen ... Mitten im Satz verstummte er plötzlich. Erst jetzt schien ihm aufzufallen, dass Hope nicht allein war. Er erholte sich jedoch rasch wieder von seiner Verblüffung und zog die Handschuhe aus. Duftet es hier nach frischem Kaffee? Bedien dich, forderte Hope ihn auf. Sie fühlte sich unbehaglich und machte sich auf viel sagende Bemerkungen gefasst. Alex war die Situation offenbar in keiner Weise peinlich, denn er aß ungerührt weiter. Hat dein Wagen gestreikt? Adam lehnte sich mit der Tasse Kaffee in der Hand an den Schrank. Nein. Hast du ein Problem mit der Situation? Alex stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch und blickte seinen Freund neugierig, aber nicht feindselig an. Warum sollte er? mischte Hope sich ein.
Sie mochte gar nicht daran denken, dass Anna unweigerlich fragen würde, ob Alex ernste Absichten habe. Was sollte sie darauf antworten? Alex hatte erklärt, er kümmere sich nur um das Hier und Jetzt. Und das hörte sich nicht nach dem Beginn einer festen Beziehung an. Beide Männer schüttelten den Kopf, als wunderten sie sich über Hopes Mangel an Verständnis für das, was in ihnen vorging. Das Rührei sieht lecker aus, stellte Adam fest. Du kannst aber keins haben, erklärte Hope wenig gastfreundlich. Mir ist klar, dass du das Gespräch diskret auf das bringen willst, was dich so brennend interessiert. Aber ich warne dich... Ich muss weg. Adam stellte die Kaffeetasse auf den Tisch. Ich habe Anna gebeten, heute nicht rauszufahren, Hope. Ich befürchte, du wirst allein zurechtkommen müssen. Das schaffe ich. Du musst Anna ganz schön unter Druck gesetzt haben, wenn sie sich von dir etwas vorschreiben lässt. Ich habe es so gedreht, dass sie glaubt, es sei ihre eigene Entscheidung, antwortete Adam lächelnd. Alex, soll ich dir helfen, dein Auto vom Schnee zu befreien? Ja, dafür wäre ich dir dankbar. Wenn du Alex' Wagen gesehen hast, wusstest du genau, dass er hier ist. Hope wurde plötzlich Adams widersprüchliches Verhalten bewusst. Du hast... Ich habe dich angeschmiert? half ihr Schwager ihr weiter und lachte, während er die Küchentür öffnete. Und dir war klar, dass Adam Bescheid wusste, warf sie Alex empört vor. Der Landrover steht direkt vor der Haustür. Adam konnte ihn gar nicht übersehen, stellte er ruhig fest. Es ist dir doch angeblich egal, ob Adam weiß, dass ich bei dir übernachtet habe, oder nicht? Jedenfalls hast du es gesagt, erinnerte er sie. Ja, das habe ich, gab sie ärgerlich zu.
Aber offenbar ist es dir nicht egal. Wäre es dir lieber gewesen, ich wäre ganz früh heimlich verschwunden? Nein. Obwohl es die Sache erleichtert hätte, wie sie sich eingestand. Doch es hätte ihr nicht ge fallen, wenn er sich aus dem Haus geschlichen hätte, als hätten sie etwas Unerlaubtes getan. Das ist eine ganz neue Situation für mich. Ich bin es nicht gewöhnt, mit Männern zu frühstücken. Als er eine Augenbraue hochzog, fügte sie rasch hinzu: Normalerweise werfe ich sie in der Nacht raus. Sie lachte und hoffte, mit dem kleinen Scherz ihr Geständnis überspielen zu können. Ironischerweise hielt er jedoch die scherzhafte Bemerkung für die Wahrheit. Wiederholen wir es? Das gemeinsame Frühstück? fragte sie betont unbekümmert. Er runzelte ungeduldig die Stirn. Was soll ich dazu sagen, Alex? Ja oder nein. Ist es wirklich so einfach? wandte sie ein. Das liegt nur an uns. Wollte er damit andeuten, er sei an einer normalen Beziehung interessiert, oder wollte er sie warnen, der Sache zu viel Bedeutung beizumessen? Aber es war sowieso zu spät. Ich liebe ihn, egal, was daraus wird, mit den Konsequenzen muss ich fertig werden, sagte sie sich. Ja, erwiderte sie deshalb. Offenbar war er mit der Antwort zufrieden. Heute kann ich nicht bei dir übernachten, ich bekomme Besuch. Okay. Hope fühlte sich zurückgewiesen. Doch sie verdrängte das Gefühl rasch wieder und nahm sich vor, ihre Erwartungen nicht zu hoch zu schrauben. So gegen neun komme ich kurz vorbei. Das brauchst du nicht. Nimm doch die Hilfe einfach an, Hope. Ich werde mir Mühe geben, erwiderte sie leicht belustigt.
Ehe ich gehe, hole ich noch Holz rein. Okay, danke. Alex kommt früh, dachte Hope, als es an der Hintertür klopfte. Sie bekam Herzklopfen und eilte so schnell, wie» sie auf den Krücken konnte, durch die Küche. Dann entriegelte sie die Tür und bemühte sich, eher zurückhaltend als zu begeistert zu lächeln. Lloyd! Was für eine Enttäuschung! Ich wusste, dass du dich ärgern würdest. Darf ich trotzdem reinkommen? Das Auto musste ich ungefähr zwei Meilen von hier an der Straße stehen lassen. Ehrlich gesagt, wenn ich geahnt hätte, dass du in dieser Wildnis wohnst, wäre ich in meinem warmen Hotelzimmer geblieben, schlechtes Gewissen hin oder her. Er rieb sich die kalten Finger. Komm rein. Danke. Ich befürchtete schon, du würdest mich hinauswerfen. Das ist keine schlechte Idee, gab sie zu. Du liebe Zeit, dein armes Bein, sagte er, als sie durch den Kaum humpelte. Das war kein guter Monat für dich. Es kommt darauf an, wie man es sieht. Sie lächelte. Ich habe dir viel zu verdanken. Gut, dass du es weißt, erwiderte sie schroff. Häng deinen nassen Mantel an den Herd, forderte sie ihn auf. Hast du den Wetterbericht nicht gehört? Doch. Aber ich wusste nicht, dass man nur über Feldwege zu der Farm gelangt. Er legte den Mantel über einen Stuhl. Ich dachte, du seist ein erfahrener Bergsteiger, neckte sie ihn. Das ist schon lange her. Heutzutage liebe ich eher die Bequemlichkeit und den Luxus. Du bist verweichlicht, sagte sie scherzhaft. Ich bin ganz zerknirscht, antwortete er mit ernster Miene und setzte sich rittlings auf den Stuhl. Du musst mir glauben, ich hatte keine Ahnung, dass die Medien dich auch hier verteufeln würden. Shirley und ich sind dir unendlich dankbar für dein
Schweigen. Nur so hatte ihr Sohn die Chance, den Posten zu bekommen. Politiker zu sein ist nicht leicht. Aber jetzt hat er sein Ziel erreicht, und es gibt keinen Grund mehr, meine Beziehung 'mit Shirley noch länger geheim zu halten. Das sind ja gute Neuigkeiten. Dallas, meine zukünftige Exfrau, wird toben, wenn sie erfährt, dass wir sie die ganze Zeit getäuscht haben. Du bist jetzt aus allem raus, Hope. Ich hoffe nur, dass Shirley mit dem ganzen Medienrummel, der auf uns zukommt, fertig wird. Sie ist nicht daran gewöhnt und auch nicht so stark wie du. Ah ja, vielen Dank, schoss es ihr durch den Kopf. Glaubte er wirklich, es sei spurlos an ihr vorübergegangen, dass die Medien ihr Privatleben breitgetreten hatten? Ich trinke auf das Ende des Versteckspiels. Ich befürchtete schon, du würdest mir nichts anbieten. Bleib sitzen, ich hole uns etwas zu trinken. Sag mir nur, wo ich es finde, forderte er sie auf. Weißt du, wie ich Sam erreichen kann? Ah ja, deshalb bist du hier. Und ich dachte, du hättest ein schlechtes Gewissen und wolltest dich erkundigen, wie es mir geht. Lloyd stellte zwei Gläser auf den Tisch und lächelte schuldbewusst. Das wollte ich ja auch. Ich habe sogar Blumen gekauft, die ich im Auto gelassen habe. Aber da ich gerade hier bin, kannst du mir doch sagen, wo Sam sich aufhält. Er ist in den Flitterwochen, Lloyd! Mit meiner Schwester. Sie würde mir nie verzeihen, wenn ich verrate, wo sie sind. Ich habe ein großes Projekt in Aussicht. Er würde sich ärgern, wenn daraus nichts würde. Trotzdem, die Antwort ist Nein. Lloyd seufzte. Ich habe es zumindest versucht. Dass ich einer Frau begegnet bin, die ein Geheimnis bewahren kann, ist wohl mein ganz persönliches Pech, stellte er schließlich fest und stand auf.
Hope ignorierte die Bemerkung. Hast du eine Tasche nlampe? fragte sie. Du kannst gern zum Abendessen bleiben. Glücklicherweise tat er es nicht. Alex würde bald kommen, und dann könnte es unangenehm werden. Es ist Vollmond, und der Himmel ist klar. Danke, ich brauche keine Taschenlampe. Außerdem friert es, und morgen früh soll es tauen. Ich mache mich lieber auf den Weg. Er legte ihr freundschaftlich die Hände auf die Schultern. Du kommst doch zur Hochzeit? Solltest du dich nicht erst scheiden lassen? Natürlich. Aber wir leben schon so lange getrennt, dass ich oft vergesse, noch verheiratet zu sein. Grüß Shirley von mir. Gern. Ich werde dir nie vergessen, was du für uns getan hast, Hope, sagte er seltsam emotional und küsste sie auf die Wange. Du bist ein wertvoller Mensch. In dem Moment wurde die Tür geöffnet, und ein eisiger Wind wehte herein. Meinen Sie? Ich würde es anders nennen, ertönte Alex' erschreckend kühle Stimme. Alex! Du bist aber früh dran! Offensichtlich. Wo liegt das Problem, mein Freund? fragte Lloyd. Ich bin nicht Ihr Freund, entgegnete Alex feindselig. Natürlich zog er die falschen Schlüsse aus der Szene, wie Hope sogleich klar wurde. Red nicht so mit Lloyd, fuhr sie ihn an. Sie ärgerte sich, weil er seine Meinung über sie immer noch nicht geändert hatte. Ich war dumm und naiv, mir Illusionen zu machen, schalt sie sich. Ich rede, wie es mir passt. Moment mal..., begann Lloyd gereizt. Nein, riefen Hope und Alex gleichzeitig aus und blickten sich zornig an. Geh bitte, Lloyd, bat Hope ihn dann freundlicher.
Ich kann dich unmöglich mit ihm allein lassen, erklärte Lloyd energisch. Du liebe Zeit, Hope, du hast dich doch hoffentlich mit diesem Kerl nicht eingelassen? Sie wünschte, sie hätte es nicht getan. Lloyd ist offenbar nicht so dumm, wie er aussieht, Hope, denn er traut mir nicht. Du liebe Zeit, es muss schlimm sein, eine Freundin zu haben, die mit jedem anderen ins Bett steigt, stellte er mitleidig fest. Hope spürte, wie Lloyd sich versteifte. Alex provozierte ihn absichtlich, er wollte mit ihm kämpfen. Und das durfte sie nicht zulassen. Lloyd war eher ein sanfter, friedlicher Mensch, und obwohl er ziemlich groß war, war Alex ihm an Kraft und Stärke weit überlegen. Hör zu, Lloyd, forderte sie ihn eindringlich auf, ich möchte, dass du jetzt gehst. Du brauchst dir seinetwegen keine Gedanken zu machen. Sie warf Alex einen verächtlichen Blick zu. Er wird mir schon nichts tun. Wir werden uns nur gegenseitig beleidigen. Aber das ist nicht schlimm, denn Alex' Meinung ist mir sowieso egal. Bist du sicher? fragte Lloyd skeptisch. Wollen Sie mir etwa unterstellen, ich würde eine Frau schlagen? mischte Alex sich ein. Er tut mir wirklich nichts, versicherte sie Lloyd. Aber du solltest vorsichtig sein. Oder willst du mit einem blauen Auge herumlaufen? Freitags moderierst du doch immer deine Talkshow. Sogleich war Lloyd ernüchtert. Wenn du meinst... Außerdem löse ich meine Probleme lieber selbst. Sie berührte flüchtig Lloyds Lippen mit ihren und schob ihn zur Tür. Doch Alex versperrte ihnen den Weg. Machst du bitte Platz? Ihre Stimme klang kühl und arrogant. Willst du mich etwa nicht bitten zu gehen? fragte er spöttisch. Damit er sich weigern kann? dachte sie. Erst wirst du dir anhören, was ich von dir halte. Und dann ist es bestimmt keine
Bitte. Sie spürte, dass es richtig war, ihn verbal anzugreifen, denn in seinen Augen blitzte es überrascht auf. Wenn er gehofft hatte, sie würde seine Beleidigungen einfach hinnehmen, dann hatte er sich getäuscht. Das Warten auf deine Erklärungen bringt mich noch um. Mach mir keine falschen Hoffnungen, fuhr sie ihn an. Dann zauberte sie ein Lächeln auf die Lippen, um sich von Lloyd zu verabschieden. Gute Fahrt, grüß Shirley von mir. Lloyd ging hinaus in die Kälte. Ich weiß nicht, was für ein Problem Sie haben, rief er Alex zu, aber diese junge Frau ist Gold wert. Wenn Sie das nicht sehen, sind Sie blind. Nachdem sie ihm noch einmal zugewinkt hatte, schloss Hope die Tür. Wer ist Shirley? fragte Alex. Sekundenlang war Hope irritiert. Mit der Frage hatte sie nicht gerechnet. Lloyds Mutter, improvisierte sie rasch. Der Gedanke, dass sie sich vorgenommen hatte, ihm im Bett die ganze Geschichte mit Lloyd und Shirley, deren Sohn und der Scheidung zu erzählen, schmerzte. In ihrer Fantasie hatte sie sich ausgemalt, wie Alex reagieren würde. Aber das konnte sie jetzt vergessen. Sie wollte ihm nichts mehr erklären, sein Misstrauen verletzte, sie viel zu sehr. Hat er dich etwa schon seiner Familie vorgestellt? Ich kann tun und sagen, was ich will, er wird seine Meinung nicht ändern, überlegte Hope verzweifelt. Doch plötzlich entschloss sie sich, ihn in seiner Überzeugung zu bestärken. Dann wäre die Wahrheit für ihn umso niederschmetternder. Und wenn er dann wieder ankäme, würde sie ihn nur auslachen. Ich habe sie kennen gelernt, erwiderte sie deshalb. Hast du ihm anvertraut, dass dein Bett noch warm ist von mir? Oder ist es ihm egal? Was für eine seltsame Beziehung habt ihr eigentlich? fragte er verächtlich. Es muss eine ganz große Sache sein, mit der er dich lockt, wenn du bereit bist...
Ja, Alex? Hope ließ sich nicht anmerken, wie sehr seine selbstgerechte Art sie verletzte. Dass ich bereit bin, mit ihm statt mit dir ins Bett zu gehen? Machst du da nicht einen großen Fehler? Wieso glaubst du, es sei für mich ein Opfer? Alex atmete tief ein. Bei dem Gedanken, dass sie einen anderen Mann so leidens chaftlich liebte wie ihn, konnte er sich vor Wut kaum noch beherrschen. Wenn du behaupten willst, ich sei nur zweite Wahl, dann spar es dir lieber, entgegnete er verächtlich. Oh Alex, spottete sie sanft, nimm es doch nicht so persönlich. Du hast mir wahrscheinlich einen Gefallen getan, fügte sie nachdenklich hinzu. Ich wusste schon gar nicht mehr zu schätzen, was ich hatte, und ich war nahe daran, kultivierte, weltgewandte Männer zu verachten. Doch ich habe begriffen, dass ich in diese kleine Welt hier nicht mehr gehöre. Freut mich, dass ich dir behilflich sein konnte. Vielleicht bin ich zu weit gegangen, überlegte sie, denn sie war nicht zufrieden mit der Wirkung ihrer Worte. Warum suchst du Ausreden, Hope? Du liebst Sex, das ist alles. Es war ein Fehler, dass ich es persönlich genommen habe. Es geht dir nicht um mich, wie ich fälschlicherweise geglaubt habe. Und ich wollte mich auch noch entschuldigen. Weshalb bist du so scheinheilig? rief sie aus. Ihr war richtig übel. Sie hatte ihm gar nichts getan, sondern er hatte mit seinem Misstrauen alles zerstört. Sex ist für dich eine gute Sache, solange alles so abläuft, wie du es dir vorstellst. Bist du nicht irgendwie auch etwas pervers, Alex? War es nicht teilweise mein Ruf, der dich gereizt hat? Weißt du was? Ich glaube, dass du das ganze Theater nur aufführst, weil du schrecklich eifersüchtig bist. Er kam auf sie zu. Ja, du hast Recht, mein Liebling. Ich bin eifersüchtig. Aber mach dir keine Hoffnungen, ich will mit dir nichts mehr zu tun haben. Außerdem sind Frauen wie du
heutzutage ein Gesundheitsrisiko, und das im wahrsten Sinn des Wortes. Hope fuhr zusammen, als er die Tür hinter sich zuschlug. Sie fühlte sich leer und wie beraubt und konnte noch nicht einmal weinen. Jemanden zu lieben war offenbar nicht so herrlich und wunderschön, wie sie es sich in ihrer Naivität vorgestellt hatte. Die Liebe verzehrt einen, dachte sie. Und dann wischte sie sich die einzelne Träne weg, die ihr über die Wange lief.
6. KAPITEL Hope knipste die Nachttischlampe an. Es war halb vier. In dem dünnen Seidennachthemd zitterte sie vor Kälte. Widerstrebend richtete sie sich auf und griff nach den Krücken, die am Bettpfosten lehnten. Das neugeborene Lamm musste gefüttert werden, Fred Wilson hatte sie darum gebeten. Es machte ihr nichts aus, sie kannte sich damit noch von früher aus. Plötzlich schrie sie auf, als sie mit dem Fuß in eiskaltes Wasser trat. Rasch zog sie den Fuß wieder zurück. Zu ihrem Entsetzen stellte sie fest, dass der Boden mehrere Zentimeter hoch mit Wasser bedeckt war. Ich glaube es nicht, sagte sie vor sich hin und war nahe daran, in Panik zu geraten. Sie biss die Zähne zusammen und humpelte ans andere Ende des Zimmers. Dort setzte sie sich auf die Kante des Schreibtischs, zog das Telefon zu sich heran und wählte. Mit diesem Notfall kam sie beim besten Willen nicht allein zurecht. Anna, gut, dass du da bist. Es tut mir Leid, dich zu stören ... Ach so, du hast gerade die Babys gefüttert... Natürlich ist etwas passiert, sonst würde ich dich morgens um halb vier nicht anrufen. Entschuldige, ich bin schrecklich aufgeregt. Das ganze Zimmer ist überschwemmt, aber ich weiß nicht, woher das Wasser kommt, erklärte sie und fügte auf Annas Frage hinzu: Sicher bin ich allein! Offenbar hatte Adam den Mund nicht
halten könne n. Kann ich für eine Nacht zu euch kommen? Wenn Adam mich abholen würde, wäre ich ihm dankbar. Aber Adam war nicht da, man hatte ihn ins Krankenhaus zu einer Notfalloperation gerufen. Ich schicke ihn zu dir, sobald er wieder da ist, versprach Anna. Versuch nicht, auf eigene Faust etwas zu unternehmen, warnte sie Hope streng. Als ob sie mich daran erinnern musste, wie hilflos ich bin, dachte Hope und legte den Hörer auf. Sie verschwendete jedoch keine Zeit, sondern umwickelte das Gipsbein mit einer Plastiktüte, um es vor dem Wasser zu schützen, und holte einen der alten Gummistiefel aus dem Schrank. Dann zog sie sich eine gefütterte Jacke über das dünne Nachthemd und packte das Nötigste in eine kleine Reisetasche. Da der Strom durch die Überschwemmung ausgefallen war, musste sie mit der Taschenlampe zurechtkommen. Schließlich hörte sie Geräusche im Flur. Ich weiß, dass ich hilflos und ein hoffnungsloser Fall bin, Adam, aber ... Sie richtete den Strahl der Taschenlampe auf die Tür und hielt schockiert inne. Verschwinde! rief sie dann zornig aus. Sobald ich hier fertig bin, antwortete Alex kühl. Deine Schwester hat mich angerufen und gebeten, dich zu retten. Ja, so hat sie es ausgedrückt. Er stellte die Sturmlaterne, die er mitgebracht hatte, auf den Schreibtisch. Lieber ertrinke ich, erklärte Hope. Ihr war ganz übel, und das Wasser stieg immer noch. Sei nicht so dramatisch, Hope. Bist du nicht auf die Idee gekommen, das Wasser abzustellen? Hältst du mich für verrückt? Der Haupthahn ist im Keller. Ich bin doch nic ht lebensmüde. Aber ehe du dir von mir helfen lässt, ertrinkst du lieber. Als sie wieder allein war, schlug Hope frustriert mit den Fäusten auf das Bett ein. Das alles durfte nicht wahr sein. Anna hatte es sicher nur gut gemeint. Aber das ganze Theater musste
endlich aufhören. Unter den Umständen hatte Hope jedoch keine andere Wahl, als sich mit Alex' Anwesenheit abzufinden. Ist es schlimm? fragte sie würdevoll, als er zurückkam. Ja, antwortete Alex kurz angebunden. Der Wassertank auf dem Dachboden ist offenbar undicht. Wie ein Bach rinnt das Wasser die Treppen hinunter. Ich habe alle Hähne und den Strom abgestellt, mehr kann ich in der Dunkelheit nicht tun. Es ist ja auch nicht deine Aufgabe, dich um jeden Notfall im Haus meiner Eltern zu kümmern. Du liebe Zeit, ich habe das ganze Haus ruiniert. Du brauchst dich doch nicht schuldig zu fühlen. Ach, das tue ich auch nicht. Wahrscheinlich platzen seine Wasserleitungen nie, die würden es gar nicht wagen, schoss es ihr durch den Kopf. Gut. Wie hättest du es gern? Was? fragte sie gereizt. Wie willst du rausgetragen werden? Würdevoll und ohne viel Getue - oder willst du schreien und um dich schlagen? Wenn du mich anrührst, schreie ich. Ich habe keinen edlen Ritter zu meiner Rettung bestellt. Du hast Adam bestellt, und ich vertrete ihn, erklärte er unbeeindruckt. Anna weiß offenbar nicht, was für ein gemeiner Kerl du bist, sonst hätte sie dich nicht geschickt. Aber sie hat es getan, antwortete er gelassen. Und ich werde dich mitnehmen, ob es dir gefällt oder nicht. Hör auf, dich zu sträuben, Hope, und vergiss deinen Stolz. Du brauchst Hilfe, und deswegen bin ich hier. Sie schluckte. Die Situation war ziemlich demütigend, aber Alex hatte Recht. Sie nahm die kleine Reisetasche in die Hand und drückte sie an sich. Dann mach schon, und red nicht so viel. Charmant wie eh und je, sagte er und hob sie hoch. Seine Umarmung fühlte sich seltsam unpersönlich an, und Hope wurde schmerzlich bewusst, was sie verloren hatte. Doch
als sie das Wasser im Flur erblickte und ihr das Ausmaß des Schadens klar wurde, rückten ihre ganz privaten Sorgen in den Hintergrund. Das ist ja schrecklich. Man kann alles reparieren, erklärte er. Das ist leicht gesagt für dich. Stopp! rief sie dramatisch aus. Was ist denn jetzt los? Seine Geduld war offenbar zu Ende. Mach schnell. Du bist nicht gerade leicht. Hope war empört über den Vorwurf. Daphne ist noch in der Küche. Wer, zum Teufel, ist Daphne? Stell nicht so dumme Fragen. Beeil dich lieber. In der Küche setzte Alex sie auf den Tisch. Der Herd - schnell. Ganz unten. Alex spürte, wie wichtig die Sache für sie war, obwohl ihre Anweisungen seltsam wirr klangen. Er hielt die Laterne an das untere Fach. Da ist ja was drin, es bewegt sich, stellte er fest. Hoffentlich. Ihr war nicht zum Lachen zumute, dennoch verzog sie die Lippen, als er sich mit dem weißen Wollbündel auf dem Arm wieder aufrichtete. Was für ein ungleiches Paar, der starke, kräftige Mann und das winzige Lamm! Zwei Flaschen mit Milch sind im Kühlschrank, nimm sie mit. Die Dose mit dem Milchpulver aus der Speisekammer auch. Wortlos übergab Alex ihr das Bündel. Hope öffnete ihre Reisetasche und legte das kleine Tier auf ihre Designerdessous, die sie in der Eile eingepackt hatte. Als sie aufsah, begegnete sie Alex' Blick. Irgendwie wirkte er berührt oder irritiert. Hast du keine Angst, deine Sachen könnten ruiniert werden? fragte er. Red doch keinen Unsinn. Ihrer verächtlichen Miene war deutlich anzusehen, dass ihr das Lamm wichtiger war als die exklusiven Dessous. Nachdem sie die Flaschen mit der Milch in die Taschen ihrer Jacke gesteckt hatte, verkündete sie: So, jetzt können wir gehen.
Heißt das, du erlaubst mir ausdrücklich, dich anzufassen? Erst jetzt wurde Hope bewusst, wie hochmütig sie sich angehört hatte. Pass auf, dass es dir nicht zu Kopf steigt, erwiderte sie freundlicher. Das ist aber nicht der Weg zum ehemaligen Pfarrhaus, sagte Hope plötzlich, als sie unterwegs waren. Nein, antwortete er einsilbig. Mach dir aber keine Hoffnungen, ich will dich nicht entführen. Der Mann hatte Nerven! Hope errötete und senkte den Kopf. Ihr schauderte. Es war ein erschreckender Gedanke, sich in seiner Gewalt zu befinden und kein Mitspracherecht zu haben. Oder war es vielleicht doch ganz reizvoll? Darüber konnte sie später nachdenken. Es ist sicher nicht zu viel verlangt, wenn ich wissen möchte, wohin wir fahren, erwiderte sie. Der Weg führt zu meinem Haus, wie du weißt. Die Straßen sind vereist, und ich habe nicht vor, weiter zu fahren als unbedingt nötig. Außerdem sollte man um diese Zeit eine Familie mit kleinen Kindern nicht stören. Anna hörte sich erschöpft an, als sie mit mir sprach. Warum wirfst du mir nicht einfach an den Kopf, ich sei rücksichtslos und egoistisch? Alex lenkte den Landrover durch das offene Tor zum Mill House. Musst du immer alles so schrecklich persönlich nehmen? fragte er gereizt. Das tue ich nur bei ihm, gestand sie sich ein. Die umgebaute Mühle hatte drei Stockwerke. Durch die Fenster fiel das Licht auf den terrassenförmig angelegten Garten, der bis zum Fluss reichte. Als Alex die Autotür öffnete, hörte Hope das Rauschen des Wassers. Leg den Arm um meinen Nacken, forderte er sie kurz angebunden auf. Dann hob er sie aus dem Wagen, und sie spürte, wie angespannt er war. Im Halbdunkel warf sie ihm einen Blick zu.
Und das war ein Fehler, wie ihr sogleich klar wurde. Von seinem Ärger war momentan nichts zu spüren. Stattdessen wirkte das silbrige Glitzern in seinen Augen so sinnlich, dass Hope sich plötzlich ganz schwach fühlte. Mach das bitte nicht, bat sie ihn heiser. Was? Das weißt du ge nau. Plötzlich schrie sie auf und konnte gerade noch die Reisetasche festhalten. Du liebe Zeit, das kommt davon! Ich hätte beinah Daphne fallen lassen. Ist alles in Ordnung, mein Liebling? fragte sie besorgt. Meinem Rücken ging es schon mal besser. Dich habe ich doch gar nicht gemeint, erwiderte sie. Musst du mir unbedingt die Illusionen rauben? Vermutlich hältst du mich für undankbar. Ihr wurde bewusst, wie grob sie ihn behandelt hatte. Du ärgerst dich sicher sehr, dass man dich aus dem warmen Bett geholt und in die Kälte hinausgeschickt hat. Alex stieß die Holztür auf, die direkt ins Wohnzimmer führte. Endlich! Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Das Nachthemd der Frau unter dem viel zu großen Bademantel war durchsichtig. Sie war groß, aber nicht zu groß, und hatte üppige Brüste, schöne dunkle Augen, volle Lippen und kurzes dunkles Haar. Sie wirkte stark und intelligent. Ich muss mich korrigieren, du ärgerst dich wahrscheinlich krank und bist total sauer, sagte Hope leise, während Alex sie ins Warme trug. Er warf ihr nur einen warnenden Blick zu. Es kann mir doch völlig egal sein, mit wem Alex Matheson schläft, dachte sie, nachdem die Übelkeit, die in ihr aufgestiegen war, langsam nachließ. Doch das Gefühl, verraten und betrogen worden zu sein, wollte nicht verschwinden. Hope fand sein Benehmen so scheinheilig, dass sie sich in Zorn und Wut hineinsteigerte. Er wagte es, sie wegen ihrer vermeintlichen Beziehung zu Lloyd zu verurteilen, während er ... Nein, sie
durfte nicht darüber nachdenken, was er die ganze Zeit gemacht hatte. Ihr wurde schon wieder übel. Du hättest im Bett bleiben sollen, Rebecca. Unsinn, Alex. Ich habe schon das Bett gemacht für ... Hope, stimmt's? Sie lächelte Hope herzlich an. Du liebe Zeit, die Frau ist wirklich nett, dachte Hope traurig. Es wäre viel leichter gewesen, wenn Rebecca sich ihr gegenüber unfreundlich und feindselig benommen hätte. Plötzlich begriff Hope, dass Alex in Wirklichkeit nur an Rebecca interessiert war. Sie nahm nichts wahr um sich her, sie sah nicht, wie schön der große Raum mit der hohen Decke und dem offenen Kamin war. Stattdessen wollte sie nur noch weg von hier. Alex setzte sie auf das bequeme Sofa, und Hope betrachtete die rau verputzten Wände. In einer Nische stand das ehemalige Wasserrad, das mit hübschen Pflanzen dekoriert war. Ihr solltet etwas Warmes trinken, sagte Rebecca und blickte erst Alex und dann Hope besorgt an. Ich könnte etwas Stärkeres gebrauchen, erklärte Hope. Einen Brandy? Oder lieber ... Ja, einen Brandy, unterbrach Hope sie. Die hellbraune Flüssigkeit brannte ihr in der Kehle und verbreitete eine herrliche Wärme in ihrem Körper. Plötzlich wurde sie durch leises Blöken an ihren kleinen Schützling erinnert. Ein Lamm! Wie niedlich! rief Rebecca aus. Noch dazu ein verwaistes. Es hat Hunger, sagte Hope und zog die Flaschen aus der Jackentasche. Oh, darf ich es füttern? bat Rebecca. Ihre kindliche Begeisterung schien so gar nicht zu der Aura von Weltgewandtheit zu passen, die sie umgab. Hope zuckte die Schultern. Wenn Sie möchten. Zögernd reichte sie ihr das kleine Tier. Es heißt Daphne, stellte Alex leicht spöttisch fest.
Ich kann nicht hier bleiben, Alex, stieß Hope hervor, nachdem Rebecca den Raum verlassen hatte. Warum nicht? Bist du wirklich so unsensibel? Ist es dir egal, dass Rebecca vielleicht verletzt ist? Was ich dabei empfinde, interessiert ihn sowieso nicht, wie man deutlich merkt, fügte sie insgeheim hinzu. Warum sollte sie verletzt sein? Er schnürte die Stiefel auf. Willst du behaupten, es sei ihr egal, dass du mit anderen Frauen schläfst? Ich finde es eine Unverschämtheit, dass du mir wegen Lloyd eine Szene machst, obwohl du deine Freundin hier bei dir im Haus hast. Das nennt man Doppelmoral. Genauso gut hätte sie mit der Wand reden können, denn Alex war überhaupt nicht beeindruckt. Nachdem er die Stiefel ausgezogen hatte, folgten auch noch die nassen Socken. Dann lehnte er sich auf dem Sofa ihr gegenüber zurück. Du kannst meine Beziehung zu Rebecca nicht mit deiner zu Elliot vergleichen. Er hatte Recht, es war ein schlechter Vergleich, aber aus ganz anderen Gründen, als Alex annahm. Es gab einen großen Unterschied: Lloyd war nie ihr Liebhaber gewesen, und er würde es auch nie sein. Doch in diesem Moment war Hope froh darüber, dass Alex es nicht wusste. Sollte er doch glauben, eine sexuelle Affäre bedeute ihr genauso wenig wie ihm. Sie weiß, dass du letzte Nacht bei mir geschlafen hast, stimmt's? fragte sie. Nein. Sie wird es auch nicht erfahren, es sei denn, du erzählst es ihr. Er blickte sie ruhig und herausfordernd an. Keine Angst. Ich habe keinen Grund, damit auch noch anzugeben. Ich hatte auch keine Angst davor. Er gähnte. Du liebe Zeit, sie tut mir wirklich Leid. Nein, das glaube ich dir nicht, entgegnete er. Du bist nur schrecklich eifersüchtig auf sie. Was ist los mit dir, Hope?
Gefällt es dir nicht, dir meine Hände auf ihrer warmen Haut vorzustellen? Meine Lippen ... Hör auf! rief sie aus und hielt sich die Ohren zu. Du widerst mich an. Aber du hast alles genossen, was ich mit dir gemacht habe, obwohl du mich widerlich findest, stimmt's? Schon allein der Gedanke daran löst heftige Reaktionen in dir aus. Das kannst du nicht abstreiten, Hope. Hast du an mich gedacht, als du mit Lloyd zusammen warst? Du bist ja krank. Würde so ihre Zukunft aussehen? Würde sie immer nur an ihn denken, wenn sie mit einem anderen zusammen war? Wenn es ihr nur um Sex gegangen wäre, hätte sie jetzt keine Probleme. Aber sie hatte ihre Liebe an diesen Mann verschwendet. Alex rieb sich die Wangen, und Hope wurde bewusst, wie müde er aussah. Das ist durchaus möglich, antwortete er rätselhaft. Sie ist eingeschlafen. Ich habe sie ins Katzenkörbchen vor den Heizkörper gelegt. Rebecca blickte Alex fragend an. Sie schien zu spüren, was für eine seltsame Atmosphäre im Raum herrschte. Alex lächelte nur spöttisch und schwieg. Und was ist mit der Katze? frage Hope. Sie ist im Sommer gestorben, erklärte Rebecca. Ich habe nie verstanden, warum du sie so geliebt hast, Alex. Sie war völlig unberechenbar. Stimmt, aber sie war ausgesprochen originell. Sie hat mich immer gekratzt. Weil sie nicht gern gestreichelt wurde. Alex blickte Hope an. Bei seiner Bemerkung hatte sie sich sogleich vorgestellt, wie er seine kräftigen Hände über ihren Körper gleiten ließ. Vielleicht sollten wir versuchen, doch noch einige Stunden zu schlafen, ehe die Nacht vorüber ist, schlug Alex vor. Gute Idee, stimmte Rebecca zu.
Hope nickte. Sie war froh über jede Gelegenheit, sich Alex' prüfenden Blicken entziehen zu können. Er trug sie die gewundene Treppe mit dem schmiedeeisernen Geländer hoch. Hope nahm seinen Duft wahr und spürte seine Kraft und Stärke. Sie schloss die Augen und versuchte, sich zu beruhigen. Wenn du etwas brauchst, ruf einfach. Rebecca kümmert sich um das Lamm. Ich kann ihr nicht zumuten ..., begann sie steif. Sie macht es gern. Meinst du, du könntest schlafen? Wenn ich jemals ins Bett komme. Sie blickte viel sagend auf die zu einem Bett umfunktionierte Schlafcouch neben dem Fenster. Schlaf gut, Hope Lacey. Seine raue Stimme klang in ihr nach und kam ihr vor wie liebevolles Streicheln. Ahnt er, dass ich mich schmerzlich nach ihm sehne? überlegte sie verträumt, nachdem er sie aufs Bett gelegt hatte. Als er sich über sie beugte, geriet sie in Panik und konnte sekundenlang nicht mehr klar denken. Die Couch war sehr niedrig, und Alex kniete auf dem Boden. Mit beiden Händen stützte er sich neben Hopes Kopf ab. Sie biss sich auf die Lippe, um nicht aufzustöhnen, als er ihr mit einer Hand die Strähnen ihres Haars aus dem Gesicht strich. Sie hätte sich wehren müssen, tat es jedoch nicht. Mit ihrem ganzen Körper sehnte sie sich nach ihm. Wahrscheinlich würde sie immer so hilflos auf Alex reagieren. Und das war eine erschreckende Erkenntnis. Er wirkte wie eine Raubkatze, als er langsam den Kopf senkte und die Lippen auf ihre presste. Dann spürte sie seine Zunge in ihrem Mund und stöhnte auf. Willst du mich jetzt? Seine Stimme hörte sich so erotisch an, dass Hope bis in die Zehenspitzen erbebte, während er ihr Ohrläppchen liebkoste. Ob sie ihn wollte? Sie verzehrte sich geradezu vor Sehnsucht nach ihm. Warum tust du mir das an? fragte sie gequält. Hasst
du mich so sehr? Deine Freundin oder Geliebte ist gleich nebenan, und du ... Was bist du eigentlich für ein Mensch, Alex? Unvermittelt stand er auf und sah ihr in die Augen. Wenn die Sünde ein Gesicht hätte ..., sagte er rau. Dann schüttelte er den Kopf, als wollte er irgendwelche Geister vertreiben. Gute Nacht. Hope hatte das Gefühl, nicht mehr als eine oder zwei Stunden geschlafen zu haben. Hatten sie sich geliebt? Oder war er in ihren Armen eingeschlafen? Immer wieder tauchten wilde, leidenschaftliche Szenen vor ihr auf, und Stöhnen und leise Aufschreie klangen ihr in den Ohren. Sie hatte kein Make-up mitgenommen, womit sie die Spuren der Nacht hätte überdecken können. Doch glücklicherweise hatte sie eine gute Konstitution. Dass sie nicht ganz so strahlend wirkte wie sonst, würde sicher niemandem auffallen. Zu einem kurzen schwarzen Rock zog sie einen königsblauen Kaschmirpulli an. Man sah ihr wirklich nicht an, dass sie gerade die traumatischsten vierundzwanzig Stunden ihres Lebens hinter sich gebracht hatte. Ich wollte Ihnen den Tee bringen, rief Rebecca aus, als Hope in die Küche humpelte. Wie sind Sie denn die Treppe hinuntergekommen? Sie betrachtete abwechselnd die Krücken und das Gipsbein. Sitzend und rutschend, gestand Hope ein, während Alex sie über den Rand seiner Kaffeetasse hinweg beobachtete. Sie zwang sich, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr es sie irritierte, mit ihm im selben Raum zu sein. Ich bin ganz gut gepolstert, scherzte sie angespannt. Willst du dir auch noch den Nacken brechen? Hast du wieder Angst um deine Versicherungsprämien, Alex? Ich bin dabei, ihn zu verklagen. Hat er Ihnen das erzählt? wandte sie sich an Rebecca. Ich dachte, das sei erledigt. Vielleicht macht es mir Spaß, ihn vor Gericht zu zerren. Das stimmte natürlich nicht. Aber es blieb ihr beinah nichts anderes
übrig, nachdem er behauptet hatte, es sei eine rein geschäftliche Angelegenheit. Jonathan würde sie sicher für verrückt erklären, wenn er erfuhr, dass sie das Geld für einen guten Zweck spenden wollte. Hast du nicht schon genug schlechte Presse gehabt in der letzten Zeit? Hope lächelte, die Zähne zusammengebissen. Ich bin mir nicht sicher, ob mein Agent da so feine Unterschiede macht. Seiner Meinung nach kann ich nicht oft genug in den Medien erwähnt werden. Das ist ein Scherz, oder? Rebecca war bestürzt. Eine interessante Frage, Rebecca. Hope schwankt noch, ob sie mir das Geld ins Gesicht werfen oder ob sie so viel aus mir herauspressen soll, dass ich ruiniert bin, stellte Alex fest. Heute habe ich meinen rachsüchtigen Tag. Rebecca atmete erleichtert auf, als es an der Tür läutete. Das ist mein Taxi. Auf Wiedersehen, Hope, hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen. Danke, Alex, und das meine ich ehrlich, sagte sie und zog sich den knöchellangen Trenchcoat über. Sie wirkte an diesem Morgen ganz besonders selbstsicher. Wolltest du Rebecca nicht noch etwas sagen? wandte Alex sich an Hope. Sie warf ihm einen überraschten Blick zu. Damit hatte sie nicht gerechnet. Es kam ihr wie Ironie vor. Mit ihrer versteckten Drohung hatte sie ihn einschüchtern wollen, aber im Gegensatz zu ihr war er völlig entspannt. Danke für alles, Rebecca. Nehmen Sie mich im Taxi mit? Meine Schwester wohnt am anderen Ende des Ortes. Hope wollte nicht mit Alex allein sein. Rebecca hat es eilig, sie darf den Zug nicht verpassen, mischte Alex sich freundlich ein und dirigierte Rebecca aus dem Raum. An der Tür drehte er sich um. Ich bewundere deine Zurückhaltung. Du hättest dich nur selbst in Verlegenheit gebracht, wenn du es ihr erzählt hättest.
Als er zurückkam, saß Hope mit gleichgültiger Miene am Tisch und trank ruhig eine Tasse Kaffee. Was für eine Show! stellte er fest. Bist du nur so gereizt, weil du frustriert bist, oder bist du immer so? Alex schob zwei Scheiben Brot in den Toaster. Du solltest etwas essen. Ich tue selten das, was ich tun sollte. Das habe ich schon gemerkt. Wo arbeitet Rebecca? In London. Sie ist Bankkauffrau. Ah ja, Anna hatte ihr von der Frau erzählt. Empfindest du es als Vorteil, dass sie relativ weit weg ist? Wenn du auf etwas Bestimmtes hinauswillst, verschwendest du deine Zeit. Du hattest von Rebeccas Existenz keine Ahnung, als wir die Nacht miteinander verbrachten. Stimmt. Aber letzte Nacht hast du es gewusst. Obwohl sie im selben Haus übernachtet hat, hast du dich von mir lieben lassen. Hope errötete. Aber nur in deinen Träumen, erklärte sie ungestüm. Vielleicht sollten wir sie einmal vergleichen. Unsere Träume, meine ich. Er nahm das Brot aus dem Toaster. Marmelade oder Honig? Ich bin nicht hungrig. Dann eben Honig, glaube ich, sagte er. Du siehst ein bisschen spitz aus, wie meine Mutter es nennen würde. Nein. Ich sehe ganz gut aus. Du hast Recht. Das fällt dir nicht schwer, stimmt's? Die meisten Frauen würden dich hassen, wenn sie wüssten, dass du dich nicht anstrengen musst, um so fantastisch auszusehen. Er blickte sie so liebevoll an, dass sie ein Kribbeln im Bauch verspürte, und schob ihr den Teller hin. Iss das. Sie biss in den Toast. Ich dachte, deine Mutter sei tot, Alex. Du liebe Zeit, nein. Als mein alter Herr sich von ihr getrennt hat, ist sie nach Yorkshire zurückgegangen, erklärte er.
Aber du hast bei ihm gelebt. Weil er das Geld hatte. Meine Mutter meinte, es sei am besten so für mich. War es das? Sie konnte sich gut vorstellen, wie schwierig es für ihn gewesen war, ohne seine Mutter aufzuwachsen. Hope war dankbar für ihre eigene glückliche Kindheit, denn sie hatte begriffen, dass nicht alle Eltern so waren wie ihre. Es bringt mir nichts zu spekulieren. Ich habe wichtigere Dinge zu tun. Siehst du sie noch oft? Nicht so oft, wie ich möchte. Ich habe sie gebeten, hier in die Gegend zu ziehen. Sie ist jedoch eine eigensinnige, stolze ältere Dame. Ich kann mir vorstellen, dass sie ihn gehasst hat, überlegte Hope laut. Im Gegenteil, sie hat nie aufgehört, ihn zu lieben. Aber Gefühle sind eben unberechenbar. Seine Stimme klang seltsam verbittert. Hast du noch Kontakt mit deiner Stiefmutter? Mit Eva? Der Gedanke schien ihn zu belustigen. Nicht mehr, seit ich ihre Firmenanteile aufgekauft habe. War sie sehr... Böse, schlecht oder grausam? Er lachte. Eva hat mich kaum beachtet, jedenfalls nicht als Kind. Das heißt, ihr versteht euch jetzt besser? Nein, das wollte ich damit nicht sagen, Hope. Seit ich erwachsen bin, findet sie mich interessanter, das ist alles. Hope sah ihn schockiert an. Du meinst doch nicht etwa ... Ich meine, dass Eva schon immer Anerkennung suchte. Und die bekommt sie, indem sie die Männer verführt. Dich etwa auch? Verlegen wandte sie den Blick ab. Ich war standha ft - gerade soeben. Offenbar belastete ihn die Vergangenheit nicht. Sie war wirklich sehr attraktiv, und meine Hormone spielten verrückt. Meine Mutter ahnte, was los war.
Sie fragte mich, und ich gab es zu. Dann drohte sie, meinen Vater zu benachrichtigen. Danach hatte ich Ruhe. Hat dein Vater es jemals erfahren? Alex lachte. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, ihr zu gefallen und die Leute zu beeinflussen, die für ihn wichtig waren, antwortete er ironisch. Da er genug mit Eva zu tun hatte, ließ er mich in Ruhe. Es war nicht leicht, es ihm recht zu machen. Nachdem ich einige Jahre für ihn gearbeitet hatte, bin ich auf die Universität gegangen. Ich wollte Industriedesigner werden. Autos zu entwerfen war schon immer mein Traum. Er schwieg kurz. Du liebe Zeit, Hope, rief er plötzlich aus. Wie, zum Teufel, kannst du da draußen in deiner Welt bei all deinem Mitgefühl überleben? Er ärgerte sich über ihren sanften, mitleidigen Blick. Immer, wenn er sie in irgendeine Kategorie eingeordnet hatte, bewies sie ihm, dass sie da nicht hingehörte. Es war zum Verrücktwerden. Ich weiß nicht, was du ..., begann sie bestürzt. Ziehst du etwa jede unglückliche Geschichte wie magisch an? Man nutzt dich bestimmt aus. Soll ich vielleicht so hart und rücksichtslos werden wie du? Jedenfalls nehme ich nicht alles für bare Münze, was man mir erzählt. Dann unterstellst du grundsätzlich, dass man dich täuschen will. Sie war entsetzt über diese Einstellung. Natürlich ist es richtig, vorsichtig zu sein, aber krankhaftes Misstrauen ist lächerlich. Ich bin nicht dumm, Alex, und ich weiß, dass Menschen keine Heiligen sind. Aber ich werde weiterhin an das Gute im Menschen glauben. Du liebe Zeit, du bist ziemlich romantisch. Nein! Plötzlich fingen sie beide an zu lachen. Hope gefiel es, dass Alex weniger streng und beinah zugänglich wirkte.
Woher willst du denn wissen, dass ich die Geschichte mit meiner schwierigen Kindheit nicht erfunden habe, um dich wieder in mein Bett zu bekommen? Unvermittelt hörte Hope auf zu lachen. Ich wäre überrascht, wenn du dir so viel Mühe machen würdest. Du bist so arrogant, dass du überzeugt bist, mit einem Kopfnicken jede Frau haben zu können. Außerdem wolltest du ja mit mir nichts mehr zu tun haben. Ach so, ja. Das habe ich natürlich nicht vergessen, versicherte er ihr. Das freut mich. Ich rufe Adam an, damit er mich abholt. Sie schob den Teller mit dem restlichen Toast von sich. Ihr wurde schon übel, wenn sie ihn nur sah. Nicht nötig. Ich fahre sowieso in die Stadt zum Einkaufen. Aber ich muss rasch noch die Vögel füttern. Hope erbebte, als sie sich an die scharfen Krallen und den spitzen Schnabel des Falken erinnerte. Hast du etwa mehr als einen? Ja, noch eine Schneeeule und einen Habicht. Ein Freund von mir nimmt kranke und verletzte Raubvögel auf. Er hat mich überredet, sie für die Jagd abzurichten. Ich finde es grausam. Was? Wilde Tiere zu halten? Oder sie jagen zu lassen? Die Tiere wären tot, wenn Jim sie nicht gerettet hätte. Ich mag diese Vögel. Komm doch mit, und schau sie dir an. Er war selbst überrascht, dass er es ihr angeboten hatte. Okay. Hope war neugierig geworden und folgte ihm in den großen Schuppen hinter dem Haus. Pass auf, der Boden ist noch gefroren, warnte Alex sie, als sie im Schneematsch über das Kopfsteinpflaster humpelte. Dann beobachtete sie ihn, wie er die Tiere fütterte. Sie waren wirklich ausgesprochen schön. Schließlich streifte er ihr den Lederhandschuh über. Lehn dich an mich, forderte er sie auf und nahm ihr eine der Krücken
aus der Hand. Sie tat es. Du frierst. Warum hast du keinen Mantel an? Du hast mir ja keine Zeit gelassen, erwiderte sie atemlos. Halt jetzt die Hand hoch, damit der Vogel, der sich immer den höchsten Punkt aussucht, nicht auf deinem Kopf landet. Und dann war Hope völlig überrascht. So eine große Eule hatte sie noch nie aus der Nähe gesehen. Die Spannweite der Flügel raubte ihr beinah den Atem, und das herrliche Gefieder ließ den Schnee schäbig aussehen. Ich habe sie überhaupt nicht gehört, stieß sie hervor. Die Flügel sind sehr weich. Sie fliegt praktisch geräuschlos auf die Beute zu. Aber sie ist ziemlich schwer, warnte er sie, während die Eule mit ihren Krallen Halt auf Hopes Arm mit dem Lederhandschuh fand. Woher ist sie jetzt gekommen? fragte sie leise. Aus ihrem Nest auf der anderen Seite des Hauses. Sie lebt in Freiheit. Nachts jagt sie. Bist du okay? Ja. Sie ist sehr schön. Hopes Stimme klang irgendwie ehrfürchtig. Ich weiß, stimmte Alex zu, sah aber dabei nur Hope an.
7. KAPITEL Fertig? Hope blickte ihren Schwager erwartungsvoll an. Ja, bestätigte Adam. Ich habe nichts gespürt. Sie betrachtete ihr weißes Bein und bewegte die Zehen. Das Ding da macht einen schrecklichen Lärm, sagte sie und wies auf die Gipssäge, die Adam neben sich gelegt hatte. Du bist eine ungeduldige Patientin. Offenbar liegt es bei euch in der Familie, denn Anna ist genauso schlimm. Du willst mich unbedingt loswerden, stimmt's? scherzte sie und lächelte. Ehrlich gesagt, ich habe schon gepackt. Ich will mich nur noch vergewissern, dass auf der Farm alles in Ordnung ist. Morgen muss ic h für die neue Rolle vorsprechen. Bist du schon nervös? Ziemlich, gab sie zu. Der Gedanke, auf der Bühne zu stehen und Theater zu spielen, war faszinierend. Davon hatte sie schon immer geträumt, und sie konnte kaum glauben, dass man ihr eine Chance geben wollte. Kann denn die zweite Besetzung nicht einspringen, wenn die Hauptdarstellerin wegen Krankheit ausfällt? fragte Adam neugierig. Doch, das ist eigentlich das Normale. Momentan hat sie auch die Rolle übernommen. Aber ihr ist neuerdings morgens immer übel - und tagsüber auch. Das war nicht geplant. Wahrscheinlich mache ich einen großen Fehler. Ich soll eine erfolgreiche und
ungemein populäre Schauspielerin vertreten. Dabei habe ich überhaupt keine Bühnenerfahrung. Ich muss verrückt sein. Du wirst es schon schaffen, erklärte Adam überzeugt. Hope fand es herrlich, wieder selbst Auto fahren zu können und nicht mehr von anderen abhängig zu sein. Es war ein wunderschöner Morgen und die Luft rein und klar. Hope fühlte sich jung und gesund und konnte sich auf das Leben freuen, das vor ihr lag. Doch sosehr sie sich auch bemühte, es gelang ihr nicht, die Gedanken an Alex zu verdrängen. Sie parkte im Hof und bemerkte den Lieferwagen, der dort stand. Hope fiel nicht mehr ein, wer an diesem Tag hier arbeiten sollte. Der neue Teppichboden würde erst am Freitag verlegt. Die Zeit drängte, und Hope hoffte, dass alles klappte. Es war gar nicht leicht gewesen, die Arbeiten zu koordinieren und all die Schäden im Haus vor der Rückkehr ihrer Eltern reparieren zu lassen. Aber immer wenn sie nahe daran gewesen war zu verzweifeln, hatte Adam sich etwas einfallen lassen. Und dann hatte es wieder geklappt. Die Haustür war nur angelehnt. Hallo! Ist hier jemand? rief Hope und ging hinein. Da niemand antwortete, eilte sie nach oben, wo sie zwischen den Deckenbalken zwei Füße in Stiefeln erblickte. Wie schön, hier wird hart gearbeitet! sagte sie. Der Mann sprang geschmeidig von den Balken hinunter. Wir bemühen uns immer, die Leute zufrieden zu stellen. Hope wurde ganz blass und sah sich um. Nein, er war allein hier. Sprichst du von dir schon in der Mehrzahl? Was machst du hier, Alex? Der Handwerker konnte nicht kommen. Das beantwortet nicht meine Frage. Ich leiste Nachbarschaftshilfe. Was ist daran verkehrt? Hältst du mich für unfähig? Du hast bestimmt wichtigere Dinge zu tun.
Ehrlich gesagt, ich bin froh über die Gelegenheit, mir die Hände schmutzig zu machen. Ich finde körperliche Arbeit nicht erniedrigend. Er hielt die kräftigen Hände hoch, und sogleich verspürte Hope ein Kribbeln im Bauc h. Das habe ich auch nicht behauptet. Sie betrachtete sein grünes Kordhemd, dessen Knöpfe sich beinah bis zur Taille geöffnet hatten. Beim Anblick seiner nackten Haut und den kräftigen Muskeln, die feucht schimmerten, bekam sie Herzklopfen. Manchmal kann ich die endlosen Meetings und die vielen Termine nicht mehr ertragen, fuhr er fort. Dann verschwinde ich einfach und helfe in der Produktion aus. Mein Vater hat darauf bestanden, dass ich ganz klein anfing. Deshalb kenne ich mich mit allen Arbeiten gut aus. Wahrscheinlich bin ich nicht mehr so schnell wie meine Mitarbeiter, aber ich kann immer noch ein Auto ganz allein zusammenbauen, behauptete er stolz. Fühlen sich deine Leute nicht unbehaglich, wenn du mitten unter ihnen arbeitest? Ich habe nie den Chef herausgekehrt, das ist nicht mein Stil. Es ist kontraproduktiv, finde ich. Außerdem reagieren sie auf meinen verschwitzten Körper ganz anders als du. Warum sollen sich Frauen nicht Männer ansehen dürfen? Ich kann kaum glauben, dass meine Reaktion so offensichtlich war, dachte sie entsetzt. Du hast einen athletischen Körper. Das brauchst du nicht gleich persönlich zu nehmen, fügte sie kühl hinzu. Du bist sehr liberal und selbstbewusst, stellte er bewundernd fest. Wahrscheinlich bist du froh, dass der Gips weg ist, der dir die Flügel gestutzt hat. Er betrachtete ihre langen, schlanken Beine in den feinen schwarzen Strümpfen. Zum Glück bin ich dich auch bald los. Sie ärgerte sich, dass sie ihn wie ein liebeskranker Teenager angesehen und er sie dabei ertappt hatte.
Bist du mit meiner Arbeit nicht zufrieden? Er wischte sich die Hände an einem Tuch ab. Ich bin sicher, daran ist nichts auszusetzen. Ich finde es jedoch nicht... passend, dass du hier arbeitest, erwiderte sie steif. Kannst du mir das bitte erklären? Ich bin etwas schwer von Begriff. Damit du es genau weißt, ich bin es endgültig leid, mich dir gegenüber verpflichtet zu fühlen, fuhr sie ihn an. Hast du Angst, dafür bezahlen zu müssen? spottete er. In seinen Augen blitzte es so rätselhaft auf, dass Hope sic h fragte, was für eine Bezahlung er sich vorgestellt hatte. Bei dem Gedanken breitete sich Erregung in ihr aus. Ich habe keine Angst vor dir, entgegnete sie. Aber geh jetzt bitte. Ich habe Adam versprochen zu helfen. Es ist nicht Adams Haus, stieß sie zornig hervor. Deins auch nicht, stellte er fest. Wie ich schon sagte, ich leiste Nachbarschaftshilfe. Deine Eltern sind meine Nachbarn. Ich bin dabei, mich zu bessern, wie du siehst. Warum? Er seufzte. Du bist viel zu misstrauisch. Hattest du dich nicht darüber beschwert, ich würde nie zum Tee und zu einem Plauderstündchen kommen? Du bist hier derjenige, der misstrauisch ist. Aber du glaubst, alles, was ich tue, hätte irgendeinen bestimmten Zweck. Vielleicht tue ich es nur aus Liebe. Hope war zutiefst verletzt über den Scherz, ließ sich jedoch nichts anmerken. Wohl eher aus dem irgendwie perversen Bedürfnis heraus, mich zu irritieren. Meinst du wirklich, ich würde mir deinetwegen so viel Arbeit machen? Außerdem hättest du es gar nicht erfahren, wenn du nicht zufällig vorbeigekommen Wärst. Du hättest mir sicher die Rechnung geschickt. Er verzog das Gesicht. Geht es dir letztlich immer nur um Geld?
Was soll das denn schon wieder heißen? fragte sie gefährlich ruhig. Natürlich gefiel es ihr, mit ihrer Arbeit viel Geld zu verdienen, aber niemand konnte ihr Habgier vorwerfen. Du wirst doch auch für deine Arbeit bezahlt. Weshalb sollte es bei mir anders sein? Es hängt davon ab, was du tust, antwortete er und sah sie so herablassend an, dass sie die Zähne zusammenbiss. Du ziehst dich aus, um Männer für Geld zu reizen ... Zornig hob sie das Kinn. Ich habe mich dafür nie ausgezogen! rief sie aus. Das hatte sie immer abgelehnt, trotz der überaus guten Angebote. Ich werde dafür bezahlt, Kleider zu tragen, aber nicht dafür, sie auszuziehen! Wie konnte er es wagen, so zu tun, als wäre ihre Tätigkeit unseriös? Sie gestand sich ein, dass sie Glück gehabt hatte, doch sie arbeitete viel und hart. Es machte sie wütend, dass Alex versuchte, ihre Leistung verächtlich zu machen. Findest du es nicht erniedrigend, dich in aufreizender Pose zu präsentieren, nur um Männer zu reizen? Er kniff die Augen zusammen und betrachtete ihr erhitztes Gesicht. Ich präsentiere mich in Kleidern, die an Frauen verkauft werden sollen, wehrte sie sich zornig. Ich finde nichts, was ich getan habe, erniedrigend, außer dass ich mit dir geschlafen habe. Ich habe immer hart gearbeitet. Sie lachte auf. Auch als ich mit dir zusammen war. Es fühlte sich für sie richtig gut an, ihr Gift zu verspritzen. Doch als sie Alex' angespannte Miene sah, begriff sie, dass sie zu weit gegangen war, und ärgerte sich über sich selbst. Offenbar erinnerst du dich besser daran als ich, antwortete er. Jetzt lügst du. Sie war sich ganz sicher, dass sie sich nicht irrte, obwohl sie momentan alle möglichen Zweifel hatte. Er verzog ironisch die Lippen. Du hast zuerst gelogen. Ich nehme es zurück, wenn du es auch tust, erklärte sie atemlos und aufgeregt. Es war keine harte Arbeit, mit dir zu schlafen, es war schön.
In seinen Augen blitzte es zufrieden auf. Und ich kann mich an jede Einzelheit erinnern, ich habe nichts vergessen. Sie spürten beide die erotische Spannung zwischen sich. Hope räusperte sich. Gut, dass wir das geklärt haben. Ja, nicht wahr? Vielleicht können wir die Sache wiederholen - wenn du noch einen Termin frei hast. Offenbar war es für ihn nur ein angenehmer Zeitvertreib gewesen. Natürlich hatte Hope es geahnt, dennoch schmerzte es, dass er es bestätigte. Das wäre nett, aber ich bin auf dem Weg nach London. Hier hält mich nichts mehr. Sie beugte das Knie und bewegte den Fuß hin und her, um Alex zu beweisen, wie gesund sie wieder war. Er sollte nicht auf die Idee kommen, sie sei seinetwegen so lange hier geblieben. Und was erwartet dich in London? fragte er gleichgültig. Dass er ihre Abreise ohne Bedauern zur Kenntnis nahm, fand Hope beleidigend. Arbeit, Freunde. Ich soll für eine Rolle im West End vorsprechen, erwiderte sie. Hope Lacey erobert die Welt. Das wollte sie gar nicht. Sie wollte nur diesen einen Mann erobern. Sie wünschte sich, er würde sie bitten zu bleiben. Und sie sehnte sich danach, dass er ihr erklärte, ohne sie nicht leben zu können. Aber das waren nur Träume. Ihr war klar, dass sie Alex nichts bedeutete. Sicher, er begehrte sie, doch das war nicht genug. Na ja, das wäre bestimmt verfrüht. Vielleicht nächstes Jahr. Dann sagen wir uns am besten jetzt auf Wiedersehen. Nicht weinen, du Dummkopf, mahnte sie sich und blinzelte die Tränen weg, die ihr in die Augen traten. Ja. Auf Wiedersehen. Sie drehte sich um. Plötzlich legte er ihr die Hand auf den Arm. Hast du nicht etwas vergessen? Sie wirbelte herum. Was? Meine Rechnung.
Anna hat meine Adresse. Wenn ich nicht sogleich hier wegkomme, mache ich noch irgendetwas völlig Verrücktes und gestehe ihm beispielsweise, dass ich ihn liebe, überlegte sie. Es war sinnlos, den Abschied noch länger hinauszuzögern. Wir brauchen keine Vermittlerin. Er zog sie zu sich heran. Sie rang nach Luft, als sie seinem entschlossenen Blick begegnete. Willst du mir wirklich vorschlagen, mit dir als Bezahlung für geleistete Dienste zu schlafen? Aus Dankbarkeit? Sie bemühte sich, belustigt zu klingen, was ihr aber nicht gelang. Hope war empört über Alex' indirekten Vorschlag, doch als sie ihn ansah, gestand sie sich ein, dass sie die Idee geradezu erregend fand. Ich erwarte nicht, dass du irgendetwas aus Dankbarkeit tust, erklärte er und nahm sie in die Arme. Uns beide treibt ein heftiges Verlangen zueinander. Ich habe versucht, vernünftig zu sein und es zu ignorieren, aber ich kann nicht mehr klar denken. Er blickte sie eindringlich an. Glaubst du ernsthaft, ich würde dich einfach gehen lassen? Alex, du kannst mich nicht aufhalten. Ihr wurde ganz übel, als es in seinen Augen voller Verlangen und Verachtung zugleich aufblitzte. Sie war viel zu irritiert, um zu begreifen, dass er sich selbst verachtete, nicht jedoch sie. Und schließlich gab sie es auf, sich aus seiner Umarmung lösen zu wollen, denn er hielt sie nur noch fester. Fühlst du dich sicherer, wenn du von deinen Liebhabern weit genug entfernt bist? Ich weiß nicht, wovon du redest. Hast du jemals innegehalten und darüber nachgedacht, dass du auch bei einem einzigen Mann alles finden kannst, was du brauchst? Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie war überrascht. Bei dir? Er verstand ihre Frage völlig falsch. Ich teile die Frau, mit der ich ins Bett gehe, nicht gern mit anderen Männern.
Es geht ihm nicht um mich, er will nur sein Territorium verteidigen, überlegte sie. Ich bin nicht dein Eigentum, Alex Matheson. Wir haben nur eine Nacht zusammen verbracht, das ist alles, fuhr sie ihn an. Außerdem finde ich dich ziemlich unverschämt. Was ist mit Rebecca? Rebecca ist eine Freundin. Sie hat nichts damit zu tun. Und Lloyd ist mein Freund. Bezeichnest du alle deine ehemaligen Liebhaber als Freunde, Hope? Dann hast du sicher viele so genannte Freunde. Lloyd ist nicht mein ehemaliger Geliebter, sondern ... Du brauchst ihn nicht, solange du mich hast, unterbrach er sie. Die Frage ist doch, ob ich dich überhaupt will. Bestimmt sind viele Frauen von deinem Macho gehabe fasziniert, aber für mich ist diese Überdosis Männlichkeit doch etwas zu viel. Plötzlich empfand sie so etwas wie Vorfreude und Erregung. Ist das wahr? Ja. Warum zitterst du dann? Weil... ich friere, erwiderte sie heiser. Wer hält dich warm, wenn ich nicht da bin? Ich kaufe mir eine Wärmflasche, erklärte sie wenig überzeugend. Du liebe Zeit, Alex, das ist doch albern. Lass mich gehen. Ich weiß, dass du mich nicht zu etwas zwingen wirst. So viel Anstand traust du mir zu? Das verblüfft mich, antwortete er sarkastisch. Hope betrachtete fasziniert, wie es um seine Lippen zuckte. Seine Lippen - oh verdammt, stöhnte sie insgeheim auf. Wir passen nicht zusammen. Du magst mich ja gar nicht. Er schüttelte ungeduldig den Kopf. Im Bett harmonieren wir gut miteinander. Aber wir brauchen gar kein Bett dazu, korrigierte er sich rau. Versuch jetzt nicht, es mit flotten Sprüchen abzustreiten, Hope. Haben wir eine Wahl, Alex?
Er umfasste ihr Gesicht und presste die Lippen auf ihre wie ein Ertrinkender. Danach habe ich mich wie wahnsinnig gesehnt, sagte er atemlos, als er den Kopf hob. Und du? Ja, ich auch. Sie legte ihm die Arme um den Nacken, ehe sie die weichen Lippen auf seine presste. Das ist total verrückt. Verrückt, aber wunderbar, fügte sie insgeheim hinzu. Seine Stärke, seine kräftigen Muskeln, der männliche Duft seines warmen Körpers und seine ungemein heftige Erregung, die sie deutlich spürte - wollte sie das wirklich alles aufgeben und ihn nie mehr fühlen und erleben? Als er anfing, sie ungeduldig auszuziehen, stöhnte er auf. Hope wand sich hin und her, um ihm zu helfen. Du bist so schön, dass es beinah körperlich wehtut. Er küsste sie verzweifelt und atmete schwer. Weißt du, was mit mir passiert, wenn ich dich ansehe? Ich möchte ..., begann sie, und es hörte sich an wie ein Schluchzen, während sie versuchte, den Gürtel seiner Jeans zu öffnen. Plötzlich hatte sie keine Kraft mehr in den Beinen, und im selben Moment fiel ihr Rock auf den Boden. Ich schaffe es nicht, erklärte sie frustriert und ließ sich auf die Knie sinken. Ihr Verlangen war nicht sanft und kontrolliert, sondern ungestüm, elementar und wild. Es kam ihr vor, als würde es sie wie ein über die Ufer getretener Fluss mit sich fortreißen. Sie ließ die Hände über seine Haut unter dem offenen Hemd gleiten. Dann barg sie das Gesicht an seiner muskulösen Brust und küsste ihn immer wieder. Schließlich breitete Alex seinen Mantel auf dem Boden aus und legte Hope darauf. Sie nahm die unteren Enden seines Hemds in die Hände und zog ihn auf sich. Dann ließen sie sich zusammen auf die Seite rollen. Alex schob ihren Spitzen-BH zur Seite und streichelte ihre Brüste. Zitterst du vor Kälte oder meinetwegen? fragte er, während er beobachtete, wie sich ihre Brustspitzen aufrichteten.
Das weißt du doch. Sie umfasste seine n festen Po. Dann legte sie ein Bein über seine Hüften und spürte, wie erregt er war. Plötzlich schrie sie leise auf, denn die Schnalle seines Gürtels hatte sich in ihre Haut gedrückt. Was hast du? Seine Miene wirkte angespannt und sein Blick ungemein leidenschaftlich. Ach, es war nur der Gürtel. Er ließ die Finger über ihren Oberschenkel gleiten und drückte ihr Knie etwas nach unten. Nur für eine Sekunde, versprach er ihr und öffnete den Gürtel. Nein, lass mich das machen, sagte sie und legte die Hand auf seine. Rasch kniete sie sich hin und beendete, was er angefangen hatte. Alex beobachtete sie unter halb geschlossenen Lidern hervor, und Hope spürte, wie er erbebte. Sie war so weit weg von allem, was um sie her vorging, dass sie das Rufen nicht hörte. Hope, wo bist du? Ich habe den Lunch mitgebracht. Doch plötzlich drang das Knarren der Treppenstufen in Hopes Bewusstsein. Anna, dachte sie entsetzt und blickte an ihrem halb nackten Körper hinunter. Oh nein! Hastig suchte sie ihre Sachen zusammen und eilte ins Badezimmer, wo sie sich in aller Eile anzog. Das ist doch das Mindeste, was ich tun kann, Alex. Immerhin hast du uns sehr geholfen. Hope wäre entsetzt gewesen, wenn nicht alles fertig geworden wäre. Irgendwie fühlt sie sich persönlich verantwortlich, obwohl der Heizungsinstallateur erklärt hat, das Verbindungsrohr, das in den Wassertank führte, hätte schon längst ausgetauscht werden müssen. Ach, da bist du ja, Hope. Ich sagte gerade schon zu Alex, wie praktisch es sei, jemanden zu kennen, der so geschickt ist. Was ist los? Erspar mir das bitte, Anna, forderte Hope ihre Schwester auf. Störe ich etwa? Entschuldige, ich dachte, Alex sei hungrig, aber du hast offenbar alles im Griff. Ich muss Sam und Nathan aus dem Kindergarten abholen.
Ich gehe auch jetzt, erklärte Hope und ergriff sogleich die Flucht. Entschuldige mich, Anna, murmelte Alex. Kümmert euch nicht um mich, antwortete sie. Hope hörte Alex' Schritte hinter sich und lief die Treppe hinunter. Erst neben ihrem Auto holte er sie ein. Lass mich los! Keuchend wirbelte sie herum. Alex hielt sie am Ellbogen fest. Beruhige dich, forderte er sie streng auf. Was soll das Theater? Im ganzen Leben bin ich noch nicht so gedemütigt worden. Wieso findest du es demütigend? Es ist doch nicht schlimm, dass wir uns lieben. Meinst du, sie hätte es gemerkt? Wenn nicht, dann hast du es durch dein seltsames Benehmen verraten. Du schämst dich, stimmt's? Seine Miene wirkte kühl. Natürlich! erwiderte sie aufgebracht. Wir haben uns auf dem Boden herumgewälzt wie ... wie ... Tiere? Nenn es, wie du willst. Ihre Stimme klang trotzig. So ungeduldig war Hope noch nie gewesen, aber Alex war ja auch ein außergewöhnlicher Mann. Es tut mir Leid, dass ich kein sanfter, zivilisierter Liebhaber bin, Hope. Doch du magst mich so, wie ich bin, rau, ungeschliffen und grob. So bist du gar nicht, protestierte sie. Er umfasste ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. Was bin ich nicht? Er wirkte so entschlossen, dass Hope klar war, er würde nur mit der Wahrheit zufrieden sein. Das, was du gerade aufgezählt hast. Wie bin ich denn? Irgendwie war sie sogar erleichtert, dass sie ihre Empfindungen endlich aussprechen konnte. Ungemein attraktiv ... Ich könnte süchtig nach dir werden. Ihre Stimme klang heiser
und erotisch. Du bist ja plötzlich so still, fügte sie seltsam gereizt hinzu und sah ihn an. Alex betrachtete sie misstrauisch. Du meinst es wirklich ernst, stellte er schließlich fest und atmete tief ein, als wäre er erleichtert. Lache ich etwa? Ich vertraue ihm meine Gefühle an, und was bekomme ich dafür? überlegte sie. Es gefällt mir nicht unbedingt, dass ich so empfinde. Du solltest dich darüber freuen. Vielleicht können wir uns etwas einfallen lassen, antwortete er selbstgefällig und zufrieden. Sie schwankte leicht, als er die Arme um sie legte. Sie fühlten sich so stark an, dass sie sich schwach und sehr weiblich vorkam. Du liebe Zeit, was sind das denn für mittelalterliche Fantasien? überlegte sie und presste die Lippen auf seine. Es wäre geradezu eine Sünde, eine so günstige Gelegenheit nicht auszunutzen. Was denn beispielsweise? fragte sie und küsste ihn noch einmal. Was hältst du von Orgien? Ich bin im Allgemeinen ziemlich offen. Meinst du so eine große Orgie mit mehreren Leuten? Nein, eher eine kleine intime Veranstaltung. Nur mit uns beiden. Er lächelte ungemein sinnlich, während sie die Finger durch sein dichtes, weiches Haar gleiten ließ. Ich muss wirklich nach London fahren, Alex. Wenn er sie gebeten hätte zu bleiben, hätte sie es wahrscheinlich getan. Aber da er es nicht tat, geriet sie gar nicht erst in Versuchung. Wenn ich die Rolle bekomme, wird es für mich eine Zeit lang sehr hektisch. Wo wohnst du? Bei einer Freundin. Ja, es stimmt, du brauchst mich nicht so skeptisch anzusehen, fügte sie leicht ärgerlich hinzu. Ich habe in London ein Apartment, du könntest es benutzen.
Nein, ich glaube nicht, dass ich das möchte. Irgendwo musste sie eine Grenze ziehen. In der Beziehung mit Alex überschritt sie sowieso immer wieder Grenzen, und sie wusste nicht, wie lange sie es noch ertragen könnte. Wie du willst. Ich kann zum Wochenende kommen. Dann verabreden wir uns. Hope nickte. Eine Verabredung klang herrlich altmodisch und passte nicht so ganz zu dem, was sie vorhatten. Es würde wieder ein Treffen voller Erotik und sinnlicher Lust werden. Alex brauchte und wollte ihre Liebe nicht, sondern nur ihren Körper. Vielleicht werde ich es später einmal bereuen, dass ich mit dem Zweitbesten zufrieden war, aber wenigstens habe ich dann schöne Erinnerungen, überlegte sie. Sie löste sich aus seiner ungestümen Umarmung so leicht und ungezwungen, als wäre der Umgang mit ihm etwas ganz Alltägliches. Ich rufe dich an. Ja, das würde ich dir empfehlen. Du bist spät, stellte Miranda fest. Hope stand da und hatte den Schlüssel noch im Schloss der Eingangstür zum Penthouse ihrer Freundin. Sie war todmüde und beinah überzeugt, den größten Fehler ihres Lebens gemacht zu haben. Weißt du, sie haben mir die Rolle nur gegeben, weil mein Name den Kartenverkauf in die Höhe schnellen lässt. Viele der Zuschauer kommen nur, weil sie ho ffen, ich würde flach aufs Gesicht fallen. Ach, das ist doch völlig egal, antwortete ihre Freundin ungeduldig. Miranda mit ihrer roten Mähne und der hellen Haut war Hopes beste Freundin unter den Models. Sie spürte deutlich, dass Miranda neugierig war. Was ist los? fragte Hope deshalb. Er wartet schon seit drei Stunden auf dich. Dunkles Haar, groß und sehr kräftig. Er hat so einen Körper, der nackt am allerbesten wirkt. Ich wusste doch, dass ich Recht hatte,
frohlockte sie, als Hope errötete. Glaubst du, er würde Modell stehen in meinem Malkurs? Sie meinte es offenbar sehr ernst. Er könnte mich wirklich zu allem Möglichen inspirieren. Der Malkurs war Mirandas neustes Hobby. Wenn du es wagst, ihn zu fragen, bringe ich dich um! drohte Hope. Okay, ich lasse es bleiben, erklärte Miranda mit offensichtlichem Bedauern. Sie schloss sekundenlang die Augen und sah ganz verträumt aus. Ich kann mir gut vorstellen, wie er ... Nein! unterbrach Hope sie schroff. Jetzt reichte es ihr. Er ist gereizt oder wütend, warnte Miranda sie, als sie ins Wohnzimmer gehen wollte. Was? Ja, er versucht, es mit seinem Charme zu überspielen. Miranda seufzte tief. Es tut gut, einmal einen wirklich intelligenten Mann kennen zu lernen. Worüber habt ihr euch unterhalten? fragte Hope scharf. Offenbar war ihre Freundin nicht nur von Alex' Intelligenz begeistert. Er ist wütend auf dich Hope, glaube ich. Deshalb brauchst du mich nicht so anzusehen. Er ist immer wegen irgendetwas wütend. Selbst wenn ich mich eine Woche nach Nepal zum Meditieren zurückziehen würde, fände er noch Gründe, sich über mich zu ärgern. Miranda musterte Hope überrascht. Ich hätte nie geglaubt, das noch zu erleben, erklärte sie und fügte hinzu: Ich gehe lieber ins Bett. Alex. Obwohl er mit dem Rücken zu Hope stand, hätte sie auch ohne Mirandas Warnung gespürt, wie zornig er war. Was hast du bis jetzt gemacht? Oder ist das eine dumme Frage? Er drehte sich zu ihr um. Die großspurige Art steht dir nicht, Alex. Es geht dich überhaupt nichts an, aber ich habe den ganzen Abend gearbeitet.
Bis halb zwei! Er beobachtete sie, während sie die kurze Lederjacke auszog. Der hautenge Rippenpulli schmiegte sich wie eine zweite Haut an ihre Rundungen. Eine Zeit lang war Alex überzeugt gewesen, dass ihr nicht bewusst war, wie provozierend solche Outfits an ihr wirkten. Doch damals hatte er noch nicht gewusst, was er jetzt wusste. Wir haben um Mitternacht aufgehört, um noch etwas zu trinken. Ja, das kann ich mir vorstellen. Wer ist wir? Jonah Cromwell, der Direktor, und ich. Ah ja, wie schön! Seit wann habe ich Ausgehverbot? Habt ihr gemeinsam über den Scherz gelacht? Sie seufzte. Ich bin müde, Alex, total erschöpft und nahe daran, hysterisch zu werden. Wenn der ganze Unsinn einen tieferen Sinn hat, dann komm endlich auf den Punkt. Hier hast du deinen Punkt. Er warf ihr eine zusammengerollte Zeitung hin. Ach, ist das alles? Sie ließ sich in den eleganten Ledersessel sinken. Die wahre Geschichte über Lloyd und Shirley war am Samstag in einer Sonderbeilage veröffentlicht worden. Ich dachte, du würdest dich darüber freuen. Ich soll mich freuen, dass ich mich lächerlich gemacht habe? Das war nicht die Reaktion, die sie sich erhofft hatte. Es stimmt, du hast dich manchmal ziemlich lächerlich aufgeführt. Sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihn zu verspotten. Du wusstest, dass es mich wahnsinnig machte, mir dich mit diesem Mann vorzustellen, stieß er hervor. Hat es dir einen besonderen Kick gegeben, dass ich diesen Kerl am liebsten erwürgt hätte? Gefällt es dir, dass Männer sich deinetwegen lächerlich machen? Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie wütend er wirklich war. Ich habe versucht, dir alles zu erklären ..., begann sie. Doch Alex wollte ihre Entschuldigungen nicht hören.
Du hast dich wegen dieses Mannes zum Gespött der Leute gemacht. Nicht alle nehmen das, was in den Zeitungen steht, für bare Münze. Ich habe nur einem Freund geholfen. Was für ein Freund! Alex, zuerst warst du wütend, weil du glaubtest, Lloyd sei mein Liebhaber. Und jetzt bist du wütend, weil du glaubst, Lloyd und mich würde eine ewige Freundschaft verbinden oder was weiß ich. Du solltest dich entscheiden, was du mir eigentlich vorwirfst. Okay, das kannst du haben. Er verzog verächtlich die Lippen. Ich bin überzeugt, es hat dir Spaß gemacht, mich leiden zu sehen. Er schloss sekundenlang die Augen. Er konnte die vielen Stunden nicht vergessen, in denen er sich mit seiner tiefen Zuneigung zu ihr herumgequält hatte. Dass sie ihre Affäre mit einem verheirateten Mann nicht geheim hielt, hätte ihn nachdenklich machen müssen. Genau das sagte er sich auch immer wieder. Doch fünf Minuten später änderte er seine Meinung schon wieder. Kein Wunder, dass sie ihn hatte zappeln lassen. Es hatte ihr gefallen, ihn dabei zu beobachten, wie er sich lächerlich machte. In meinem Alter hätte ich es wirklich besser wissen müssen, dachte er verächtlich. Du wolltest mir nicht zuhören. Und das tat er auch jetzt nicht. Stattdessen fuhr er wie gehetzt fort: Es hat dir Spaß gemacht zuzuschauen, wie ich mich bemüht habe, mit der Situation zurechtzukommen. Du wusstest, dass ich es nicht schaffen würde, mich von dir fern zu halten. Du hast mir die Wahrheit verheimlicht, weil du diesen speziellen Kick gebraucht hast. Das ist doch alles nicht wahr, wehrte sie sich. Glaubte er wirklich, sie wäre zu so etwas fähig? Und du hast gedacht, ich würde kleinlaut und reumütig ankommen, sobald die Wahrheit in den Zeitungen zu lesen wäre. Er kniff die Augen zusammen, als Hope schuldbewusst errötete.
Weißt du, was ich glaube? Du hast einen ganz besonderen Grund dafür, dass du deinen Ruf aufs Spiel gesetzt hast. Zwischen dir und Elliot besteht noch eine andere, tiefere Verbindung, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Was hat er dir versprochen? Hast du noch nie einem Freund geholfen, Alex? Willst du ernsthaft behaupten, du hättest dabei keine Hintergedanken gehabt? Hast du mir jemals die Wahrheit gesagt? Sie sprang auf. So viel brutale Verachtung war einfach unerträglich. Sie zitterte am ganzen Körper. Später würde sie wahrscheinlich weinen, doch momentan war sie weit davon entfernt, sich auf diese Art Erleichterung zu verschaffen. Ich wollte dir alles erklären, Alex, aber dein Zynismus stand immer wie eine Mauer zwischen uns. Es geht hier gar nicht um mich, sondern darum, dass du auch menschliche Schwächen hast, stimmt's? Du wirst nicht damit fertig, dass du nicht alles kontrollieren kannst. Unterstell mir nicht, ein Kontrollfreak zu sein. Hope konnte sich nicht länger beherrschen. Weißt du, was ich glaube, Alex? Du bist enttäuscht, dass ich nicht so schlecht bin, wie du es dir vorgestellt hast. Wahrscheinlich törnen dich Schlampen oder Flittchen ah. Und die Idee, mich zwingen zu können, Lloyd aufzugeben, gab dir das Gefühl, Macht zu haben. Schockiert und verständnislos schüttelte er den Kopf. Du kannst unmöglich annehmen, ich brauchte so einen geradezu perversen Nervenkitzel. Du liebe Zeit! Habe ich dich in deiner Männlichkeit beleidigt? Ihr Blick wurde hart. Du kannst mich nach Strich und Faden beleidigen. Aber wenn ich logische Schlüsse ziehe, fühlst du dich gekränkt. Das spiegelt perfekt unsere so genannte Beziehung wider. Dann solltest du endlich das beenden, was dich so offensichtlich empört.
Ja, das hört sich gut an. Lächelnd wippte sie auf den Absätzen vor und zurück.
8. KAPITEL Ich habe Ihnen einen Tisch in einer der Nischen reserviert, Sir. Heute Abend wird hier eine Verlobung gefeiert, glaube ich. Vielen dank, sehr aufmerksam von Ihnen. Ich hätte gerne einen Scotch ohne Eis bitte, sagte Jonathan und setzte sich hin. Mineralwasser für dich, Hope? Nein, ich nehme dasselbe wie du. Jonathan war überrascht. Noch nie hast du etwas anderes als Wein getrunken, Lacey, meine Liebe. Ist alles in Ordnung? Du bist etwas blass. Keine Sorge, Jon. Sie warf ihrem Agenten einen ironischen Blick zu. Tauschen wir die Plätze? Ich komme mir hier wie auf dem Präsentierteller vor. Es war keine gute Ausrede, denn sie war von den anderen Tischen aus kaum zu sehen. Jonathan stand jedoch höflich auf. Du lernst es nie. Du musst dich zeigen, meine Liebe, du kannst es dir erlauben. Du wirst nicht raten, wer da drüben sitzt, sagte er, nachdem sie die Plätze getauscht hatten. Na, wer denn? fragte sie gut gelaunt. Dieser Kerl, der mich wegen der Entschädigung so schrecklich schikaniert hat. Ich bin nie dahinter gekommen, was du in seiner Fabrik überhaupt wolltest. Er nahm die Speisenkarte in die Hand. Er war nicht so clever, wie ich gedacht hatte. Offenbar waren überall Hinweistafeln aufgestellt mit der
Aufschrift ,Für Unbefugte Zutritt verboten'. Kein Gericht hätte uns etwas zugesprochen, wenn wir ihn verklagt hätten. Dann habe ich wohl Glück gehabt, dass ich dich habe. Willst du ihn nicht begrüßen? Hope sah ihn entsetzt an. Bist du verrückt geworden? Jonathan zuckte die Schultern und studierte die Speisenkarte. Geht das auf deine Rechnung? Vermutlich, erwiderte sie leicht spöttisch. In dem Fall... Willst du das nicht essen? Jon betrachtete den Lachs, den Hope nicht angerührt hatte. Bedien dich, forderte sie ihn auf und lehnte sich zurück. Jons Teller war schon leer, und sie fragte sich, wo er die vielen Kalorien ließ. Er war über dreißig, groß und dünn. Wenn er nicht aß, redete er, manchmal auch beides zugleich. Hope fand ihn normalerweise ziemlich anstrengend. Aber an diesem Abend war sie froh, dass er da war. Du kannst dich nicht auf deinen Lorbeeren ausruhen, Hope, stellte er mit vollem Mund fest. Die Menschen haben ein kurzes Gedächtnis. Du musst etwas Neues anfangen, solange die Leute sich noch gut an deinen Erfolg erinnern. Ja, du hast Recht, stimmte sie nichtssagend zu. Es kam ihr seltsam vor, wie leer sich der Erfolg anfühlte. Dabei hatte sie immer gedacht, er sei das Größte und Höchste, was man erreichen könnte. Aber sie wünschte sich jemanden, mit dem sie alles teilen konnte, nicht ihre Familie, sondern einen Menschen ganz für sich allein. War das zu viel verlangt? Hope wurde von dem Gelächter am anderen Ende des Raums abgelenkt. Als sie hereingekommen war und Alex entdeckt hatte, wäre sie am liebsten sogleich wieder hinausgelaufen. Beim Anblick seines strengen Profils und des dunklen Haars war ihr die Kehle wie zugeschnürt gewesen. Sekundenlang hatte sie geglaubt, ersticken zu müssen. Der kurze Weg zum Tisch war ihr wie eine Marathonstrecke vorgekommen.
Rebecca saß rechts neben ihm. Alex hatte seine Lippen auf ihre Hand gedrückt, während die anderen die Gläser hoben. Der Ober hatte mit seiner Bemerkung Hopes Befürchtungen bestätigt. Alex hat sich offenbar rasch getröstet, dachte sie und blickte mit finsterer Miene in ihr Glas. Als sie die zweite Flasche bestellt hatte, hatte Jonathan nur gesagt: Du bezahlst ja. Aber er war erstaunt gewesen. Du bist nicht betrunken vor lauter Glück, stimmt's? unterbrach plötzlich Jons Stimme ihre Gedanken. Ich bin überhaupt nicht betrunken. Aber der Abend hat ja gerade erst angefangen. Jonathan runzelte die Stirn. Hope wirkte ungewöhnlich wild und aufgewühlt. Wir haben keinen Champagner bestellt, erklärte sie, als der Ober die Flasche im Eiskübel auf den Tisch stellte. Jonathan las die Aufschrift. Gute Marke, stellte er beeindruckt fest. Mit den besten Empfehlungen von den Partygästen dort drüben , sagte der Ober und deutete mit dem Kopf in die entsprechende Richtung. Das finde ich sehr anständig, sagte Jonathan. Nehmen Sie ihn wieder mit! Jonathan sah Hope fassungslos an. Bist du verrückt geworden? Er drehte die Fla sche im Eiskübel herum. Von dem Mann nehme ich nichts an. Ich kann ja verstehen, dass du nicht gerade begeistert bist von ihm. Es war schlimm, dass du dir das Bein gebrochen hast. Aber er hat dich ja nicht eigenhändig in die Arbeitsgrube geworfen, oder? Nehmen Sie den Champagner wieder mit! Verdammt, Lacey, du brauchst keine Szene zu machen.
Ich kann eine Szene machen, wann immer ich will. Alex war nicht zufrieden damit, dass er ihr Leben zerstört hatte, er musste ihr jetzt auch noch unbedingt beweisen, wie glücklich er war. Plötzlich stand er neben ihr. Gibt es ein Problem mit dem Champagner? Sie nahm seinen leicht herben und subtil männlichen Duft wahr und fand es erschreckend, dass sie mit allen Sinnen so sensibel auf ihn reagierte. Er war genauso unverschämt sexy, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Und er hatte immer noch dieselbe starke Ausstrahlung. Alex, was für eine Überraschung! Aber ich mag Champagner eigentlich gar nicht. Es hörte sich an, als wäre sie froh, seine großzügige Geste zurückweisen zu können. Und es war ein seltsames Gefühl, sich beim Anblick seiner Hände sogleich daran zu erinnern, wie gut er ihren Körper kannte. Tiefer Schmerz darüber, etwas Wertvolles verloren zu haben, breitete sich in ihr aus. Rebecca hat gesehen, wie du hereingekommen bist. Du nicht? Jeder hat deinen Auftritt bemerkt, antwortete er angespannt. Alex war aufgefallen, dass sie sich sehr natürlich und selbstsicher bewegte. Offenbar legte sie keinen Wert auf Aufmerksamkeit. Er kniff die Augen zusammen und betrachtete sie in dem eleganten mitternachtsblauen Seidenkleid. Der Clip mit den Diamanten, der ihr hochgestecktes Haar zusammenhielt, passte zu ihren funkelnden und glitzernden Ohrringen. Sie hatte Klasse und war ungemein sexy. Rebecca möchte, dass alle sich mit ihr freuen. War es ihre Idee mit dem Champagner? Alex zog eine Augenbraue hoch und verzog spöttisch die Lippen. Dachtest du, es sei meine gewesen? Wieso das denn? Ich hatte dich ja noch gar nicht gesehen. Sie trat Jon unter dem Tisch gegen das Bein, damit er sich ausnahmsweise einmal nicht einmischte. Dann bedanke ich
mich bei Rebecca für den Champagner und wünsche ihr alles Gute für die Zukunft. Niemand soll behaupten können, ich hätte keine Manieren, überlegte Hope. Auch ich wünsche Ihnen und ihr alles Gute. Jon griff nach der Flasche, ehe Alex es sich vielleicht doch noch anders überlegte. Stoßen Sie mit uns auf Ihre glückliche Zukunft an. Was hast du? Was habe ich jetzt schon wieder gemacht? fragte er leicht beleidigt, weil Hope ihm vorwurfsvolle Blicke zuwarf. Sie wollen auf meine Zukunft anstoßen? Alex sah Jonathan neugierig an. Ja, das tue ich immer, wenn man mir einen Drink bezahlt. Er legte Alex die Hand auf den Arm. Sogleich bereute er die vertrauliche Geste, denn Alex sah ihn missbilligend an. Und du, Hope? Stößt du auch mit mir auf meine Zukunft an? Hope war die Kehle wie zugeschnürt, und ihr Puls raste. Ich hoffe, du bekommst alles, was du verdienst, umschrieb sie vornehm, dass sie ihn eigentlich zur Hölle wünschte. Seine Miene sagte ihr, dass er verstanden hatte, was sie meinte. Nett von dir. Man brachte ihm einen Stuhl, und Alex setzte sich hin. Dann stoße ich mit dir an. Er berührte ihr Knie mit seinem, und sogleich zog sie das Bein zurück und rang nach Fassung. Als sie den Kopf hob, bemerkte sie, dass Alex fasziniert den Ansatz ihrer Brüste betrachtete. Du kannst sicher deine Gäste nicht so lang allein lassen. Es gefiel ihr nicht, dass sie mit ihrem Körper viel zu heftig auf seinen leidenschaftlichen Blick reagierte. Rebecca ist heute Abend großzügig. Seine selbstgefällige Bemerkung verletzte Hope. Ich wäre beunruhigt, wenn mein zukünftiger Mann sich die Brüste anderer Frauen so interessiert anschaut, wie du es gerade getan hast. Oh nein, das klingt schrecklich moralisch, schoss es ihr durch den Kopf.
Wenn du sie so freizügig präsentierst, müssen die Männer ja hinsehen, meine Süße, antwortete Alex. Hope versteifte sich. Mit anderen Worten, wenn eine Frau sich nicht gerade einen Sack umhängt, will sie angestarrt werden, stieß sie empört hervor. So sind die Männer, es liegt in ihrer Natur. Aber du würdest auch in einem Sack reizvoll wirken. Ja, das kann ich bestätigen, mischte Jonathan sich ein. Wag es nicht, dich mit ihm zu verbünden. Er hat mir vorgeworfen, ein Vamp zu sein. Nachdem du mich als Wüstling beschimpft hast, stellte Alex pedantisch fest. Ich glaube, es ist besser, ich verziehe mich, verkündete Jonathan. Dann stand er auf und ging auf die Herrentoiletten zu. Mit finsterer Miene sah Alex hinter ihm her. Wie kannst du ihn überhaupt ertragen? Er ist ein Schmarotzer. Aber auch ein sehr guter Agent. Außerdem würde er sich nie in mich verlieben, fügte sie leise hinzu. Alex betrachtete sie prüfend. Sie war doch völlig nüchtern, oder etwa nicht? Vielleicht sollten wir auf deinen Erfolg trinken. Du hast davon gehört? Sie bemühte sich, erfreut zu klingen. Ich habe mir das Stück angesehen. Sie war schockiert. Der Gedanke, dass Alex unter den Zuschauern gesessen und sie beobachtet hatte, ließ sie insgeheim erbeben. Ich bin froh, dass ich es nicht wusste, gab sie schließlich gedankenlos zu. Warum? Er füllte ihr Glas, seins jedoch nicht. Die Zuschauer sollten eine anonyme Masse sein. Wie hätte sie ihre eigene Identität vergessen und in eine andere Rolle schlüpfen können, wenn sie gewusst hätte, dass Alex da war? Sie wäre zu gehemmt und unsicher gewesen. Dann auf ... die Ehe. Sie leerte das Glas in einem Zug und schwenkte es durch die Luft.
Während Alex sich duckte, um nicht am Kopf getroffen zu werden, wurde ihm klar, dass sie wirklich zu viel getrunken hatte, obwohl man es ihr nicht anmerkte. Ja, auf die Ehe. Meinst du eine bestimmte? Deine und Rebeccas. Warst du noch nie verheiratet? Nein. Ich hoffe, du wirst glücklich. Sie kam sich sehr selbstlos vor. Wann ist die Hochzeit? Nächste Woche. Dann kann ich wohl end lich aufhören, mich meinen romantischen Träumen hinzugeben, überlegte sie. Es ist sicher sinnlos, noch lange zu warten, wenn man sich einig ist. Das sagt Rebecca auch. Die Ehe ist eine ernste Angelegenheit. Ja. Bis vor kurzem hätte ich mir nicht vorstellen können, jemals zu heiraten, erklärte er. Warum nicht? Sie blickte ihn mit den blauen Augen fasziniert an. Weil ich ziemlich egoistisch bin. Solche Männer sind schlechte Ehemänner, das hat mein Vater bewiesen. Ich möchte meiner Frau das ersparen, was meine Mutter durchgemacht hat. Und jetzt hast du deine Meinung geändert? Jemand hat es für mich getan. Natürlich Rebecca. Hope hätte am liebsten hemmungslos geweint. Stattdessen trank sie noch ein Glas Champagner. Übrigens, es stimmt gar nicht, dass ich keinen Champagner mag. Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und ihr Kinn in die Hände. Den Whisky mag ich nicht, er hat widerlich geschmeckt. Warum hast du ihn dann getrunken? Ich wollte etwas ausprobieren. Es gibt ja Leute, die einen Schwips herrlich finden. Beschwipst warst du schon nach der halben Flasche, Hope. So etwas sollte man lieber zu Hause und ohne Publikum ausprobieren. Jeder reagiert auf Alkohol anders, und du bist
dabei, weinerlich und rührselig zu werden. Dein Begleiter hat sich vorsichtshalber verzogen. Weinerlich und rührselig klingt zu pathetisch, protestierte sie etwas zu laut. Und pathetisch bin ich nie, das ist demütigend. Ist es so warm hier? Es wird wärmer, antwortete er sanft. Rebecca kommt zu uns. Sie blickte ihm über die Schulter. Du liebe Zeit, ich muss nett zu ihr sein. Alex verzog die Lippen. Keine Sorge, ich kümmere mich um sie. Hope beobachtete, wie Alex auf Rebecca zuging. Sie konnte nicht hören, was die beiden besprachen, doch Rebecca sah mehrmals zu Hope hinüber und winkte ihr sogar zu. Sie lächelte und nickte immer wieder, dann kehrte sie an ihren Tisch zurück. Dein Verehrer hat die Rechnung nicht bezahlt, oder? fragte Alex. Richtig vermutet. Hope legte die Arme vor sich auf den Tisch und den Kopf darauf. Schlaf nicht ein. Du liebe Zeit, du bist wirklich sehr dominant. Lass das sein, forderte sie ihn gereizt auf, als er seine Kreditkarte hervorzog. Ich bin eine selbstständige Frau und habe Geld genug. Du hast zu viel getrunken. Ich wusste doch, dass etwas nicht stimmt. Was soll ich tun? Sie blickte ihn vertrauensvoll an. Sekundenlang schloss er die Augen und sagte etwas vor sich hin, was sie jedoch nicht verstand. Ich bringe dich nach Hause. Das wird Rebecca nicht gefallen, wandte Hope ein und drohte ihm mit dem Zeigefinger. Sie hat nichts dagegen. Tu so, als wäre ich eine Leihgabe. Wenn du mich fragst, ich wäre an ihrer Stelle nicht so leichtsinnig.
Wohnst du immer noch bei der schönen Miranda? fragte Alex, nachdem es ihm endlich gelungen war, Hope auf den Rücksitz des Taxis zu befördern. Gefällt sie dir? Sie ist von dir begeistert. Das freut mich. Alex nannte dem Fahrer die Adresse und ließ sich neben Hope sinken. Ich glaube nicht, dass jemand gemerkt hat, was mit mir los ist. Wir haben uns sehr ... unauffällig benommen. Sie lehnte den Kopf an Alex' Schulter und schloss die Augen. Doch sogleich wurde ihr schwindlig, und sie öffnete sie rasch wieder. Weshalb hast du so ein Theater wegen des Ohrrings gemacht? Die Leute wurden schon aufmerksam. Weil er ein kleines Vermögen wert ist und du dich nicht darum gekümmert hast. Unsinn, erwiderte sie. Sie sind nicht echt. Du glaubst doch wohl nicht, ich würde so viel Geld für Diamanten ausgeben. Es ist Strass, sonst nichts. Gleich behauptest du auch noch, ich würde einen echten Pelz tragen. Sie befühlte den Kragen ihrer Pelzimitatjacke. Du kennst mich wirklich nicht, stimmt's? Luxus bedeutet mir nichts. Alex blickte sie nachdenklich und mit seltsam weicher Miene an. Allmählich begreife ich, dass du wahrscheinlich Recht hast. Rebeccas Ring ist ja eine Wucht. Das hast du aus der Entfernung gesehen? Frauen haben einen Blick dafür, Alex. Einige würden ihn sicher geschmacklos und zu auffallend finden. Du natürlich nicht. Das wäre gehässig. Sie denkt aber offenbar, Diamanten seien a girl's bestfriend, wie man so sagt. Wer ist denn deiner Meinung nach der beste Freund einer Frau, Hope? Ein leidenschaftlicher Liebhaber wäre jetzt schön, flüsterte sie. Ihr verträumtes Lächeln raubte Alex beinah den Atem.
Du brauchst nicht zu läuten. Miranda ist in Kairo, erklärte Hope, als Alex auf die Klingel an der Gegensprechanlage drücken wollte. Die Aufzüge sind da drüben. Du kannst mich jetzt absetzen. Ich bin wieder okay, fügte sie hinzu. Nur die kleine Stufe war mir irgendwie im Weg. Du bist ungeheuer stark, und du hast wunderbare Muskeln, stellte sie fest und streichelte seinen Rücken. Wenn die Aufzüge außer Betrieb sind, musst du zu Fuß gehen. Alex' Stimme klang leicht verzweifelt, was jedoch nichts mit der Last zu tun hatte, die er trug. In diesem Haus fällt kein Lift aus, Alex. In der Wohnung angekommen, stellte Alex sie auf die Füße und war bereit, sie im Notfall aufzufangen. Versprich mir eins. Alles, erwiderte sie glücklich und legte ihm die Arme um den Nacken. Tritt nie in einem Musical auf. Er hatte die kaum wieder zu erkennende Melodie eines populären Hits immer noch im Ohr, die sie die ganze Zeit gesungen hatte. Warum sollte ich das wohl tun? Ich bin doch gar nicht musikalisch. Langsam und vorsichtig ging sie ans andere Ende des Raums und ließ sich anmutig aufs Sofa sinken. Gehst du jetzt wieder zu Rebecca? Erst mache ich dir Kaffee. Als er wenige Minuten später zurückkam, schlief Hope tief und fest. Sekundenlang betrachtete Alex sie. Wenn ihn jemand beobachtet hätte, wäre ihm aufgefallen, wie sensibel und emotional Alex in diesem Moment wirkte. Dann versuchte er, Hope aufzuwecken. Sie forderte ihn jedoch nur auf, sie in Ruhe zu lassen. Die Erinnerungslücke beunruhigte Hope. Das blaue Designeroutfit, das sie am Abend zuvor getragen hatte, lag ordentlich über dem Stuhl. Demnach war sie doch nicht zu betrunken gewesen. Sie blickte unter die Decke und stellte fest, dass sie nur den Seidenslip anhatte.
Sie stand langsam auf und betrachtete sich im Spiegel. Dann fuhr sie sich durch das zerzauste Haar und zog den kurzen Morgenmantel über, ehe sie ins Badezimmer ging. Das kalte Wasser, das sie sich übers Gesicht laufen ließ, wirkte erfrischend, und nachdem sie sich die Zähne geputzt hatte, fühlte sie sich schon wieder besser. Kaffee ist eine gute Idee, überlegte sie, als sie den Duft nach frischem Kaffee wahrnahm, und durchquerte das Schlafzimmer und den Wohnbereich. Plötzlich kam ihr jemand entgegen. Oh nein! stöhnte sie auf und stand wie erstarrt da. Alex rieb sich das noch nasse Haar mit dem Handtuch trocken. Sein Hemd war bis zur Taille geöffnet und enthüllte seine muskulöse Brust in ihrer ganzen Pracht. Dasselbe Hemd hat er auch gestern Abend getragen, schoss es ihr durch den Kopf. Plötzlich wurde ihr alles klar. Wie konntest du nur? beklagte sie sich. Ich hatte doch zu viel getrunken. Ja, stimmte er ihr heiter zu. Wie konnte ich was, Hope? Möchtest du Kaffee? Ich hätte dir gern ein altmodisches Katerfrühstück angeboten, aber der Kühlschrank ist leer. Du willst doch heiraten. Ihr fiel wieder ein, warum sie sich so verloren und unglücklich vorkam. Kann ich aus deiner Bemerkung schließen, dass du dich nicht an alles erinnerst? Ich glaube, ich will es gar nicht. Fasziniert betrachtete sie seine Muskeln, die sich bei jeder Bewegung spannten. Du bist nicht auf die Tische gestiegen oder dergleichen. Mich interessiert herzlich wenig, wie ich mich im Restaurant benommen habe. Sie setzte sich hin, weil sie sich plötzlich ziemlich schwach fühlte. Hast du etwas dagegen? Sie zog den Morgenmantel über ihre Oberschenkel, als sie Ale x' Blick bemerkte. Gestern Abend warst du nicht so zimperlich.
Erspar mir Einzelheiten. Ich weiß gar nicht, weshalb du so selbstgefällig dastehst. Du heiratest eine andere Frau - in einer Woche. Du bist ein Lügner und Betrüger. Wie kannst du es wagen zu lachen? Du bildest dir wohl ein, du seist unwiderstehlich. Heißt das, wir haben nicht... Auch wenn es dir unglaublich vorkommt, mir ist es lieber, wenn die Frau, mit der ich schlafe, genau weiß, was sie tut, stellte er nachdenklich fest. Hope errötete. Warum hast du das nicht gleich gesagt? Ich wollte dich in deinem Zorn beobachten. Heute Nacht warst du wie ein Kätzchen, jetzt bist du ein Drache. Eine faszinierende Verwandlung. Wie ein Kätzchen? Hope war alarmiert. Was sollte ich denn sonst denken? Ich war nackt... Nicht ganz. Okay, wenn du unbedingt so pedantisch sein musst, begann sie. Aber woher weißt du das überhaupt? fragte sie misstrauisch. Ich habe dich ausgezogen und ins Bett gelegt. Das blaue Kleid kam mir ziemlich eng vor, du solltest nicht darin ersticken. Bei der Vorstellung, dass er sie ausgezogen hatte, überlief es sie heiß. Was, zum Teufel, hast du hier überhaupt noch zu suchen? Wenn du nicht... Unvermittelt verstummte sie. Ihre Stimme klang hoch und beinah schrill. Wenn ich nicht mir dir geschlafen habe? Nein, Hope, das hast du höchstens geträumt. Ich befürchtete, du müsstest dich übergeben. Wieso kam er auf die Idee, sie würde von ihm träumen? Hoffentlich ist das nur eine Vermutung, es wäre entsetzlich, wenn ich ihm in dem Zustand gestern irgendwelche Geheimnisse anvertraut hätte, überlegte sie unbehaglich. Das musste ich aber nicht, fuhr sie ihn an. Oder? fügte sie bestürzt hinzu.
Nein, bestätigte er. Du siehst jedoch heute Morgen schrecklich aus. Was nimmst du sonst gegen einen Kater? Nichts, es ist der erste. Er legte ihr die Hand auf den schmerzenden Kopf. Weshalb hast du dann gestern Abend zu viel getrunken? Sie blickte ihn ärgerlich an. Welche Antwort erwartete er? Sollte sie sagen, dass sie sich hatte betäuben wollen, weil er eine andere heiratete? Oder hatte sie ihm das etwa schon verraten? Verzweifelt versuchte sie, sich zu erinnern. Sie musste unbedingt herausfinden, was er wusste. Macht Rebecca sich keine Gedanken darüber, wo du bist? Sie weiß es. Dann vertraut sie dir sehr. Ich hole dir einen Kaffee. Ja, ich bin durstig. Das sind die Nachwirkungen des Alkohols, erklärte er. Muss ich mich für mein Benehmen von gestern Abend entschuldigen? fragte sie betont beiläufig, während sie den Kaffee trank. Sie war jetzt völlig nüchtern und hatte nur den einen Wunsch, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie Alex liebte. Du warst gestern Abend ganz bezaubernd, wenn man von dem Gesang absieht. Hope überlegte, ob er es ernst meinte. Vielleicht wollte er ihr nur Peinlichkeiten ersparen. Aber so taktvoll war er eigentlich nicht. Ich kann gar nicht singen. Was war denn mit Jon los? Warum hat er mich nicht nach Hause gebracht? Er hat sich verzogen, weil er befürchtete, du würdest mir eine Szene machen. Sie kannte Jonathan und traute es ihm zu. Und was ist aus der Szene geworden? Ich konnte sie verhindern. Vielleicht sollte ich mich bei dir bedanken.
Warum ist es für dich so wichtig, dass dein Agent sich nicht in dich verliebt? Wie kommst du denn auf die Idee? fragte sie schockiert. Du hast so etwas gesagt, antwortete er ausweichend. Okay. Hugh, mein erster Agent ... na ja, unsere Beziehung war eher freundschaftlich. Das war eine Zeit lang auch in Ordnung, bis er... Sich in dich verliebte? Hope nickte. Sie war entsetzt gewesen, als er ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte. Es wurde alles sehr Unangenehm. Hast du ihn nicht geliebt? Sie blickte ihn traurig an. Er hat mir vorgeworfen, ihn nur zu benutzen. Vielleicht stimmte das in gewisser Weise. Ich war damals erst neunzehn und so weit weg von zu Hause. Ich habe mich sehr auf ihn verlassen. Man könnte aber auch behaupten, er hätte dich und deine Unerfahrenheit ausgenutzt. Nein, so war es nicht. Er war wirklich mein Freund. Es wäre schön, wenn er es eines Tages wieder wäre. Alex gefiel diese Vorstellung offenbar ga r nicht, wie seine Miene verriet. Verteidigst du alle deine Freunde so vehement? Ja, wenn es nötig ist. Hope, begann er eindringlich und ließ sich vor ihr auf die Knie sinken. Ich muss dir unbedingt etwas sagen ... Aber sie hatte ganz andere Sorgen. Ich muss mich übergeben, verkündete sie und eilte ins Badezimmer. Frustriert sah er hinter ihr her. Als sie zurückkam, war das Zimmer voller Menschen. Miranda stand neben Alex. Sie trug ein exotisches Kostüm. Es war ein Desaster, erklärte sie dramatisch und legte Alex die Hand auf den Arm. Es gab Bombenalarm im Hotel. Einfach chaotisch! Der Lärm, der Staub, die Sirenen. Wir wurden vorzeitig nach Hause geschickt. Ich habe alle zum Essen eingeladen, aber es ist nichts da, deshalb habe ich telefonisch für
uns alle etwas bestellt. Möchtest du auch ... Sie wandte sich an Hope. Ich habe schon gefrühstückt, unterbrach Hope sie hastig. Gab es Verletzte? Glücklicherweise nicht. Ich habe Alex gerade zu seiner Verlobung gratuliert. Ist das nicht schön? Sie blickte Hope mitfühlend an. Sagen Sie mal, Alex, haben Sie jemals daran gedacht, Modell zu stehen? Ich bin in einem Malkurs und ... Danke für das Angebot, unterbrach Alex sie ruhig. Aber dazu habe ich leider keine Zeit. Na ja, Sie können es sich ja überlegen. Sie denkt sich nichts dabei, erklärte Hope später, als Miranda sich um ihre Gäste kümmerte. Ich fühle mich geschmeichelt. In seinen Augen blitzte es entschlossen auf. Doch das interessiert mich nicht. Wir beide müssen uns unterhalten. Ich glaube, ich lege mich wieder ins Bett, ehe jemand von den Leuten hier es für sich beansprucht. Ich fühle mich ... Sie zuckte die Schultern. Ach, ich habe mich da in etwas hineingesteigert, und nun... Du brauchst mir nichts zu erklären, ich weiß, wovon du redest. Ich habe eine arbeitsreiche Woche vor mir, aber ... Fahrt ihr in die Flitterwochen? unterbrach sie ihn betont unbekümmert. Darüber wollte ich mit dir reden, Hope. Er streckte die Hand nach ihr aus. Hope schlug sie weg. Du liebe Zeit, rief sie unbeherrscht aus, erspar mir Einzelheiten! Als sie plötzlich merkte, dass die allgemeine Unterhaltung ins Stocken geriet, wäre sie vor Scham am liebsten im Erdboden versunken. Sie eilte ins Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich ab.
9. KAPITEL Hope wurde am Flughafen von Sam Rourke abgeholt, was ihre Kolleginnen sehr beeindruckte. Sie wussten nicht, dass er ihr Schwager war. Als sie die Ankunftshalle verließen, setzte ein Blitzlichtgewitter ein. Es war für die Medien immer eine kleine Sensation, wenn ein berühmtes Model von einem genauso berühmten Schauspieler begleitet wurde. Hopes Schwester wartete im Auto und fuhr sogleich los, nachdem die beiden eingestiegen waren. Hattest du einen guten Flug, Hope? Es ging. Hope beugte sich vor und küsste ihre Schwester auf die Wange, ehe sie sich auf dem Rücksitz anschnallte. Ich brauche euch wohl nicht zu fragen, ob ihr eine schöne Zeit hattet, oder? Lindy strahlte vor Glück, und ihre Haut schimmerte golden. Sie errötete bei Hopes Bemerkung. Du bist wirklich im allerletzten Moment angekommen, Hope, stellte Sam fest. Ich würde es eher pünktlich auf die Minute nennen. Hope hatte das überraschende Angebot, nach Colorado zu Modeaufnahmen zu fahren, begeistert angenommen. Sie wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, zu Alex' Hochzeit mit Rebecca mehrere Tausend Meilen weit weg zu sein. Ich habe versprochen, zur Taufe zu kommen, und ich bin da. Außerdem habe ich Mum und Dad versprochen, dieses Jahr
Weihnachten zu Hause zu sein. Aber es ist nicht mehr so wie früher. Ihre Stimme klang wehmütig. Es wird auch wieder besser, tröstete Lindy sie sanft. Hope bemerkte das verstehende Lächeln, das die beiden austauschten, und plötzlich war ihr die Kehle wie zugeschnürt. Bleibt ihr auch da? Sie schämte sich, weil sie etwas neidisch war. Dabei hatte Lindy es wirklich verdient, glücklich zu sein. Natürlich, bestätigte Sam. Sollen wir es ihr verraten? Er legte seiner Frau die Hand auf den Oberschenkel. Was? wollte Hope sogleich wissen. Wenn ich aussteige, siehst du es sowieso, erwiderte Lindy. Hope hielt den Atem an. Du bist schwanger! Wann ... Na ja, wenn wir eine Woche länger gewartet hätten, hätte das Brautkleid nicht mehr gepasst. Und ihr habt nichts gesagt! Ihr seid zwei ganz Hinterhältige! Eigentlich müsstest du uns jetzt gratulieren, erinnerte Sam sie. Was? Ach ja ... herzlichen Glückwunsch. Ich freue mich sehr für euch. Irgendwie kam Hope sich ausgeschlossen vor von dem ganzen Glück um sie her. Habe ich es etwa als Letzte erfahren? Als Lindy nickte, fügte sie lächelnd hinzu: Wie immer. Sind Mum und Dad schon sehr aufgeregt? Sie hörte aufmerksam zu, was Lindy ihr zu erzählen hatte. Wir dürfen keine Zeit verschwenden, Hope, begrüßte Beth Lacey sie wenig später und wirbelte durchs Haus. Ich habe dir schon alles hingelegt, was du anziehen willst. Duschen kannst du nicht mehr, erklärte sie und dirigierte ihre Tochter energisch die Treppe hinauf. Im Haus roch es nach frischer Farbe, und es fehlten die abgetretenen Teppiche. Sonst war alles genau wie immer. Vor ihrer Schlafzimmertür ließ Hope den Blick über die Stelle gleiten, wo Alex und sie sich ... Sie schluckte und versuchte, die Erinnerung daran zu verdrängen, dass sie sich hier auf dem Flur beinah geliebt hätten.
Sie schüttelte den Kopf. Das muss aufhören, er ist jetzt verheiratet, mahnte sie sich. In den letzten zwei Wochen hatte sie mit jedem einigermaßen akzeptablen Mann geflirtet, aber es hatte alles nicht geholfen. Nur die Leute von der Presse hatten sich über Hopes ständig wechselnde Begleiter gefreut. Aber jede Nacht hatte sie sich einsam und allein in den Schlaf geweint. Als Hope später mit ihren Eltern über den kiesbedeckten Weg zu der alten kleinen Kirche ging, hüllte die Wintersonne sie mit ihren Strahlen ein. Hope! Das ist wunderbar. Jake ist gestern Abend von seiner Reise zurückgekommen, jetzt sind alle da. Anna umarmte ihre Schwester. Du sitzt mit den anderen Taufpaten zusammen. Habe ich da nicht gerade meinen Namen gehört? Hallo, meine Schöne. Jake umarmte Hope enthusiastisch. Er war ein gut aussehender junger Mann und Adam, seinem Onkel, sehr ähnlich. Dein Bart gefällt mir, neckte Hope ihn. Wenn ich dadurch interessant und sensibel wirke, erfüllt er seinen Zweck. Setz dich, Jake, forderte Anna ihn auf. Du bringst ja alles durcheinander. Ja, liebe Tante, antwortete er gespielt unterwürfig. Kann Hope neben mir sitzen? fragte er, während er zwischen seiner Schwester Kate und seinen kleinen Zwillingsbrüdern Platz nahm. Nein, du langweilst sie nur mit deinen abenteuerlichen Geschichten. Vieles ist sowieso übertrieben. Du sitzt hier, Hope. Das Lächeln schien Hope auf den Lippen zu gefrieren. Nicht einmal aus Liebe zu ihrer Schwester und ihrer Familie wäre sie gekommen, wenn sie geahnt hätte, dass Alex trotz allem Taufpate des kleinen Joe sein würde. Was machte Alex überhaupt hier? Warum war er nicht in den Flitterwochen?
Viel zu lange stand sie reglos da, so dass nicht nur Anna sie besorgt musterte. Erst das Babygeschrei brachte Hope in die Wirklichkeit zurück. Hier, halt ihn mal. Hope versteifte sich, als ihr das warme Bündel in die Arme gedrückt wurde. Setz dich endlich, sonst lässt du ihn noch fallen. Das befürchte ich sowieso, erwiderte Hope und blickte Alex an. Dann zwängte sie sich neben Lindy, die näher an ihren Mann rückte. Hier ist noch Platz für eine schlanke Person, sagte Lindy zu Alex. Hope wusste nicht, was sie mehr irritierte, das Baby auf ihrem Schoß oder Alex' Oberschenkel an ihrem. Er ist nicht schlank, protestierte sie. Du bist auch nicht gerade eine Elfe, mein Engel. Er berührte sie leicht mit der Hand, die er hinter ihr auf die Lehne der Kirchenbank gelegt hatte, und sogleich erbebte sie. Es ist kalt hier, bemerkte Lindy sanft. Ist er nicht ein Prachtkerl? Sekundenlang glaubte Hope, ihre Schwester meinte Alex. Sie errötete, als ihr bewusst wurde, wie absurd dieser Gedanke war. Zärtlich ließ Alex die Finger durch ihr Haar gleiten und streichelte ihren Nacken. Jake verehrt dich offenbar sehr. Seine Fingerspitzen fühlten sich auf Hopes Haut etwas rau an und weckten eine glühende Sehnsucht in ihr. Oh, wir verstehen uns glänzend, fuhr sie ihn an. Du liebe Zeit, Alex, er ist noch ein halbes Kind. Wahrscheinlich traust du mir auch noch zu, ich würde Jugendliche verführen. Sie war es leid, dass er alles, was sie tat, falsch interpretierte. Der Altersunterschied zwischen euch ist längst nicht so groß wie zwischen uns beiden.
Täusche ich mich, oder lag da wirklich ein seltsamer Unterton in seiner Stimme? überlegte Hope. War Alex etwa eifersüchtig auf Jake? Nein, das war völlig unmöglich. Plötzlich gluckste das Baby auf ihrem Arm und sah sie voller Vertrauen an. Hope war ganz gerührt. Vermutlich werde ich sowieso nicht heiraten und als alte Jungfer enden, nur umgeben von Katzen, sagte sie sich traurig. Ist er nicht süß? Lindy streichelte ihrem Neffen die Wange. Du kannst ihn halten, wenn du magst. Gern. Ein Problem gelöst, aber irgendwie finde ich es momentan unpassend, ein Baby auf dem Arm zu haben, schoss es Hope durch den Kopf. Offenbar hatte sie einen Schock erlitten, denn sie zitterte, ihr war zu warm, und sie war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Dennoch entschloss sie sich, ihr größtes Problem mutig zu lösen. Weshalb bist du hier, Alex? Weil man mich gebeten hat, Joes Taufpate zu sein. Du weißt, wie ich es gemeint habe. Warum trägst du so grellgrüne Socken? Sie passen nicht zu dem eleganten Anzug. Diese Kleinigkeit beschäftigte sie schon die ganze Zeit. Ich bin farbenblind, das erwähnte ich schon. Weshalb hast du Angst vor Babys? Hast du dafür eine gute Entschuldigung? Ach, sie sind so unberechenbar. Und ich war schon als Kind sehr ungeschickt. Man sollte Babys nicht fallen lassen. Aber du brauchst gar nicht das Thema zu wechseln. Daphne hast du auch nicht fallen lassen. Wer ist Daphne? mischte Lindy sich ein. Ein verwaistes Lamm, das mit der Flasche großgezogen werden musste, erklärte Hope gereizt. In dem Moment erschien Anna und holte ihren Sohn ab. Der Pfarrer ist so weit, erklärte sie. Die Babys benahmen sich während der Taufzeremonie tadellos. Hope sprach das Taufgelöbnis und war sich die ganze
Zeit Alex' Gegenwart viel zu sehr bewusst. Die Familienfeier an seiner Seite durchstehen zu müssen kam ihr vor wie ein Tod auf Raten. Er gehörte zu einer anderen Frau, deshalb wollte Hope sich von ihm distanzieren. Andererseits konnte sie ihre Gefühle kaum beherrschen. Der Pfarrer und seine Frau fahren mit Mum und Dad nach Hause. Du fährst mit Alex, erklärte Anna später. Nein, ganz bestimmt nicht. Meinetwegen können mich jetzt alle überrascht anstarren, aber es gibt wahrhaftig Grenzen dessen, was ein Mensch ertragen kann, schoss es Hope durch den Kopf. Er will doch mit seiner Frau allein sein. Wo war Rebecca eigentlich? Hope hatte sie noch nicht entdeckt. Mit seiner Frau? Anna drehte sich zu Alex um und blickte ihn fragend an. Er schwieg jedoch und stand mit unbeteiligter Miene da. Mach kein Theater, Anna, ich laufe gem. Es ist doch nur eine halbe Meile. Du liebe Zeit, du plapperst daher wie ein Papagei. Ist dir das auch schon aufgefallen? Adam tauchte hinter Hope auf. Lass das Mädchen in Ruhe, Anna. Ein Spaziergang in der frischen Luft hilft immer, die Gedanken zu klären, und vertreibt den Jetlag. Als Hope schließlich im alten Pfarrhaus ankam, hatte sie ihre Probleme immer noch nicht gelöst. Am schlimmsten war, dass sie Alex Matheson liebte und ihn immer lieben würde. Während sie ihre Schuhe von den Blättern befreite, drang der Lärm aus dem Haus zu ihr hinaus. Noch nie im Leben hatte Hope sich so einsam gefühlt wie in diesem Moment. Plötzlich tauchte Alex neben ihr auf. Du brauchst nicht zu läuten, sondern kannst durch die offenen Terrassentüren gehen. Hope unterdrückte einen Schreckensschrei. Du hast dich versteckt, warf sie ihm vor. Ich habe auf dich gewartet, erklärte er sanft.
Wie nett von dir. Sie war zufrieden mit sich, weil es ihr gelang, ihn unfreundlich zu behandeln. Ich bin kein netter Mensch, Hope. Stimmt, dachte sie verbittert. Lass uns hineingehen, es ist kalt. Sie ging ihm voraus ums Haus herum. Durch die Terrassentüren gelangten sie ins Esszimmer. In der Mitte des Raums war ein langer Tisch gedeckt, und das Feuer, das im Kamin flackerte, verbreitete eine behagliche Atmosphäre. Hope hörte, wie hinter ihr die Tür behutsam geschlossen wurde. Anna ist der Tradition treu geblieben, wie ich sehe, sagte sie und betrachtete den Weihnachtsbaum, der mit Lametta und anderem Schmuck behängt war. Das kalte Büfett wirkt verlockend, man wird schon vom bloßen Hinschauen hungrig, stimmt's? stellte sie betont unbekümmert fest. Nein. Sie biss die Zähne zusammen. Ich versuche nur ..., begann sie. Ach, vergiss es. Geh doch zu Rebecca. Rebecca ist nicht hier. Wo denn? fragte Hope verblüfft. Weiß ich nicht. Du liebe Zeit, hatten die beiden sich etwa schon wieder getrennt? Das ist die falsche Einstellung, wies sie ihn zurecht. Ich hätte mehr von dir erwartet. Du musst um das kämpfen, was du haben willst. Das tue ich auch, antwortete er überzeugt und entschlossen. Verzeih mir, entschuldigte sie sich. Es geht mich nichts an. Ich will dich, erklärte er unvermittelt. Deshalb geht es dich doch etwas an. Wie kannst es wagen, mir das zu sagen? fuhr sie ihn schockiert an. Seltsam gleichgültig tauchte Alex den Finger in eine Schale Avocadodip. Dann führte er den Finger an die Lippen und leckte langsam und genüsslich den sahnigen Dip ab.
Hope beobachtete ihn fasziniert. Sie fand den Vorgang ungemein erotisch und spürte die Wärme, die sich in ihr ausbreitete. Dann steckte er den Finger noch einmal in die Soße und hielt ihn Hope an die Lippen. Probier mal. Er wusste offenbar genau, was die Geste bewirkte. Als sie den Kopf schüttelte, drängte er: Ich bestehe darauf. Mach den Mund auf, sei ein braves Mädchen. Die ganze Situation kam Hope so intim und vertraut vor, dass sie leise protestierte. Aber es nützte nichts, sie musste das Zeug probieren. Schmeckt es nicht köstlich? fragte er rau und zog den Finger wieder zurück. Magst du es? Du liebe Zeit, was für eine Frage! Ich lasse mir von meiner Mutter das Rezept geben, ich habe eine Schwäche für so etwas, plapperte sie einfach drauflos. Dann können wir ja ... Hör auf, Alex! Sie fuhr sich durchs Haar und schüttelte die goldene Mähne. Auch wenn du es nicht begreifen willst, ich eigne mich nicht zur Geliebten. Ich lasse mich nicht mit verheirateten Männern ein. Ich bin nicht verheiratet. Sie blickte ihn fassungslos an. Wie bitte? Du hast mich richtig verstanden. Ich bin nicht verheiratet. Rebecca hat einen anderen geheiratet. Wir waren nie ein Paar. Hope dachte an all die einsamen Nächte, in denen sie so schrecklich unglücklich gewesen war. Du verdammter Kerl! fuhr sie ihn an. Du bist so hinterhältig und gemein, dass man dich nur verachten kann. Sie geriet in Fahrt. Hast du überhaupt die geringste Ahnung, was ich durchgemacht habe? Natürlich ahnst du es, es hat dir wahrscheinlich auch noch Spaß gemacht. Alex reagierte erstaunlich gelassen auf ihren Zornausbruch. Er wirkte sogar irgendwie erleichtert. Zu so etwas würde ich mich nie herablassen, rief sie und ballte die Hände zu Fäusten. Und dann konnte sie sich nicht
mehr beherrschen. Sie griff mit der Hand in eine Schale mit hellgrüner Süßspeise und warf die Masse in seine Richtung. All ihre aufgestauten Emotionen schienen sich in dieser Geste zu entladen. Sie sah zu, wie die Creme langsam über sein anthrazitgraues Jackett lief und auf die eleganten, glänzenden Schuhe tropfte. Fühlst du dich jetzt besser? fragte Alex mit regloser Miene und öffnete die Knöpfe seines Jacketts. Das Zeug sollte in deinem Gesicht landen. Dazu brauchst du eine ruhige Hand. Ehe sie wusste, wie ihr geschah, hatte sie die Creme mitten auf der Nase. Oh nein, du ..., schrie sie auf. Als sie wieder in eine Schale greife n wollte, hielt Alex ihre Hand fest und drängte Hope rückwärts an die Wand. Sie versuchte, ihn zu treten, und traf ihn auch einige Male. Doch schon bald ergab sie sich und atmete schwer. Lass mich los, Alex, forderte sie ihn auf und beobachtete nervös die Tür. Wenn jetzt jemand hereinkäme ... Ich sehe schlimm aus und muss mich waschen. Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, war ihr die Sache schrecklich peinlich. Das mache ich schon. Er zog ein Taschentuch hervor und entfernte behutsam die cremige Masse aus Hopes Gesicht. Es klebt auch in deinem wunderschönen Haar. Seine leichte Berührung und seine sanfte Stimme schienen sie in ein magisches Netz sinnlicher Schwerelosigkeit einzuhüllen. Es ist nicht meine Naturfarbe. Im Winter lasse ich es aufhellen. Sie war beunruhigt, als es in seinen Augen voller Verlangen aufblitzte. Oder war sie vielmehr über ihre eigene Reaktion darauf irritiert? Und ich lasse auch meine Wimpern färben. Wie ernüchternd! Aber... Ich finde das alles gar nicht lustig. Ich hasse dich. Alex entdeckte einen winzigen Cremerest an ihrem Hals. Das habe ich übersehen, erklärte er und fuhr sanft mit der Zunge
über die Stelle. Glücklicherweise schob er ihr dann die Hände unter die Arme und hielt Hope fest, sonst hätte sie sich bestimmt auf den Boden gleiten lassen. Die Gefühle, die sie durchdrangen, waren unerträglich heftig. Das war die beste Creme meines Lebens. Möchtest du sie auch probieren? Alex ließ sie los und stützte beide Hände neben ihrem Kopf an die Wand. Nur mühsam gelang es ihr, sich aus eigener Kraft aufrecht zu halten. Hope stellte sich vor, wie sie ihm mit der Zunge über die nackte Haut fuhr, um ihn von der cremigen Masse zu befreien. Nein! keuchte sie so entsetzt, als hätte er ihr ein unanständiges Angebot gemacht. Ich habe dich für mutiger gehalten. Seine Stimme klang spöttisch, und er lachte irgendwie niederträchtig. Schließlich presste er sich unvermittelt an sie. Du bist ein ganz schlechter Mensch, sagte sie heiser. Wenn es dir gefällt, bin ich eben ein schlechter Mensch, antwortete er rau. Ich mag dich so, wie du bist, rief sie aus. Oh Alex. Aufschluchzend verschränkte sie die Hände hinter seinem Kopf und küsste ihn, während Alex die Lippen öffnete, damit sie mit der Zunge seinen Mund erforschen konnte. Hope bewegte sich sinnlich und schmiegte sich noch enger an ihn. Du kannst die Creme behalten - ich esse lieber dich, flüsterte sie ihm ins Ohr. Onkel Adam hat gesagt, wir könnten erst anfangen zu essen, wenn alle fertig sind. Warum dürfen die beiden schon essen? ertönte plötzlich eine Kinderstimme. Sieh nur, Onkel Sam, was für eine Sauerei sie gemacht haben. Die zweite Kinderstimme klang beinah genauso wie die erste. Hope sah die Zwillinge, Adams Neffen, von denen der eine auf Sam Rourkes Schultern saß, entsetzt und hilflos an. Wir ... wir ... Sie warf Alex einen flehentlichen Blick zu.
Wir waren hungrig, rettete Alex die Situation. Sam, die beiden sollen nicht in das Zimmer, wo das Essen steht... Unvermittelt unterbrach Anna sich und betrachtete mit großen Augen die Szene vor sich. Ach, hier bist du Hope. Ich wollte schon Adam losschicken, dich zu suchen. Alex hat sie gefunden. Die arme Hope war am Verhungern, deshalb hat er ... Sam! warnte Anna ihn, aber sie konnte sich das Lachen nicht verbeißen. Ich bin wirklich froh, dass ihr euch auf meine Kosten köstlich amüsiert, stieß Hope hervor. Dir, Sam, hätte ich jedoch mehr Feingefühl zugetraut. Das war zu viel für Anna. Sie bog sich auf einmal vor Lachen. Entschuldigt mich, ich muss mich noch umziehen, erklärte Hope kühl und würdevoll. An deiner Stelle würde ich die Hintertreppe nehmen, riet Anna ihr. Hope blickte in den Spiegel und bemühte sich, die durcheinander wirbelnden Gedanken zu ordnen. Alex war nicht verheiratet. Und er wusste, was sie für ihn empfand. Es war zu spät, die Geheimnisvolle und Unnahbare zu spielen, nachdem sie sich ihm praktisch an den Hals geworfen hatte. Und jetzt? fragte sie laut. Doch dann nahm sie am Rand ihres Blickfelds eine Bewegung wahr und wirbelte herum. Du! Wie bist du hereingekommen? Sie war sich sicher, dass sie die Tür abgeschlossen hatte. Er hielt einen Schlüssel hoch. Anna hat ihn mir gegeben. Zu dem Badezimmer gehören zwei Schlafzimmer. Meine Schwester ist eine Verräterin. Wenn sie mir den Schlüssel nicht gegeben hätte, hätte ich die Tür eingeschlagen. Und wenn ich schon beim letzten Mal, als du davongelaufen bist, hinter dir hergelaufen wäre, dann hätten wir uns zwei Wochen erspart, die für uns beide die Hölle waren.
War es ihm etwa auch wie die Hölle vorgekommen? Tiefe Freude breitete sich in Hope aus. Colorado ist zu dieser Jahreszeit einfach himmlisch. Ich konnte sogar Ski laufen. Ja, ich habe die Fotos in den Hochglanzmagazinen gesehen. Wirst du den Großindustriellen oder den europäischen Prinzen heiraten? Man war sich darüber nicht einig. Keinen von beiden. Ich glaube, das ist eine weise Entscheidung. Beide waren nichts Besonderes. Was machst du da eigentlich? fragte sie. Ich schließe die Tür ab, damit uns niemand stören kann. Gib mir den Schlüssel! Hol ihn dir. Er schob ihn in seine Hose. Hope blickte ihn entsetzt an. Alex! Ich kann es kaum glauben. Ich weiß, es ist nicht originell. In alten Filmen steckten sich Frauen solche Sachen in den Ausschnitt. Ich habe gerade ein bisschen Gleichberechtigung praktiziert. Du errötest ja! Das passt nicht zu deinem Image. Das tue ich nur bei dir. Freut mich, antwortete er und lächelte selbstgefällig. Ich finde es schrecklich. Du hast dich offenbar darauf spezialisiert, mich zu verunsichern. Das fühlt sich für dich nur so an, weil du mich liebst. Wie bitte? Sie bemühte sich sehr, eine spöttische Miene aufzusetzen. Es gelang ihr jedoch nicht. Du liebe Zeit, er wusste es! Natürlich weiß er es, ich war ja nicht gerade vorsichtig oder zurückhaltend und habe es wahrscheinlich irgendwann erwähnt, sagte sie sich ärgerlich. Du hast mich genau verstanden. Ich schließe die Tür erst wieder auf, wenn du es zugibst. Du bist der arroganteste Mann, den ich kenne. Daran wirst du dich gewöhnen müssen. Ich bin zu alt, um mich noch zu ändern.
Du bist für nichts zu alt ... Sie unterbrach sich und fragte dann: Was meinst du damit, ich müsste mich daran gewöhnen? Wir brauchen ja nicht gleich zu heiraten. Oder überhaupt nicht, wenn du nicht möchtest. Warum habe ich nicht schon längst begriffen, dass er genauso unsicher ist wie ich, obwohl er immer so gleichgültig tut, überlegte sie. Plötzlich sah sie alles, was er ihr angetan hatte, in einem anderen Licht. Ist das ein Heiratsantrag? Ich kann dich nicht bitten, mich zu heiraten, Hope. Oh nein, bitte das nicht, er darf nicht verheiratet sein, bat sie insgeheim. Warum nicht? Weil ich nicht riskieren möchte, dass du Nein sagst. Ich könnte nicht weiterleben ohne dich. Noch nie hatte jemand so etwas zu ihr gesagt. Sie hatte das Gefühl, vor lauter Glück und Erleichterung die Beherrschung zu verlieren. Warum schweigst du plötzlich? Sie brachte kein Wort heraus, die Kehle war ihr wie zugeschnürt. Und sie war immer noch wie betäubt und völlig verblüfft über seine schlichte Erklärung, die ihr so viel bedeutete. Hältst du das für komisch? Ich offenbare ihr meine Gefühle, und sie lacht einfach, dachte er. Ich könnte ... Oh Alex, ich lache doch gar nicht - ich weine, unterbrach sie ihn und wischte sich die Tränen weg. Vor lauter Glück, du Dummkopf, fügte sie liebevoll hinzu. Danke, sagte er nur. Hope schluchzte auf und ließ sich in seine ausgebreiteten Arme sinken. Er hielt sie so fest, als wollte er sie nie mehr loslassen. Ich liebe dich, Alex. Seine Miene hellte sich auf, jede Spur von Verletzlichkeit war verschwunden. Das habe ich dir doch gesagt. In Ale x'
Augen blitzte es zufrieden auf, und er küsste sie leidenschaftlich. Moment mal. Er löste sich von ihr und blickte sie humorvoll an. Erst müssen wir etwas klären. Du bist doch hoffentlich nicht nur an meinem Körper interessiert? Muss ich dich erst von meinen ehrlichen Absichten überzeugen? Ich habe auch meinen Stolz. Ich nicht, wenn es um dich geht, gab sie zu. Ich habe geglaubt, du hättest Rebecca geheiratet. Wie konntest du mich nur so quälen? Ehrlich, mein Liebling, als ich Jonathan bestochen habe, mit dir in das Restaurant zu kommen, habe ich nicht eine Sekunde damit gerechnet, dass du so einen falschen Schluss ziehen würdest. Du hast Jon bestochen? Alex verzog das Gesicht. Na ja, das ist mir leider herausgerutscht. Die Wahrheit ist, ich wollte dich unbedingt sehen. Wie hätte ich es sonst machen sollen? Womit hast du ihn denn bestochen? Es gibt eine Warteliste von fünf Jahren für den MathesonWagen, den er bestellt hat, und er stand ganz am Ende. Aber jetzt fährt er schon in seinem neuen Sportwagen durch die Gegend. Um dich zu bekommen, würde ich alles tun. Natürlich gefiel es ihr, dass sie ihm so wichtig war. Du hast mich die ganze Zeit glauben lassen ... Sie betrachtete fasziniert seine Lippen. Du hattest zu viel getrunken, vergiss das nicht. Ich hatte genug damit zu tun, dich vor mir und meinen weniger ritterlichen Instinkten zu schützen, ohne dass ich auch noch versuchte, dir die Dinge zu erklären. Außerdem warst du ... nicht ganz bei dir. Ich weiß selbst nicht, wie ich es geschafft habe, dich in der Nacht nicht anzufassen, gab er rau zu. Am nächsten
Morgen wollte ich dir alles sagen, doch du musstest dich übergeben. Und das fand ich nicht gerade ermutigend. Wahrscheinlich hat es dich aus der Fassung gebracht. Ich war zu verzweifelt, um mir noch Gedanken um den richtigen Zeitpunkt zu machen. Du kannst dir nicht vorstellen, was für eine schwierige Nacht ich hinter mir hatte. Ich wollte dir folgen, als du dich in deinem Zimmer eingeschlossen hattest. Aber Miranda riet mir, dir Zeit zu geben, dich zu beruhigen. Wie sich herausstellte, war es ein schlechter Rat. Am nächsten Tag wollte sie mir nicht einmal verraten, wo du warst. Ich fand es erst heraus, als in den Hochglanzmagazinen über dich und deine verschiedenen Begleiter berichtet wurde. Ja. Sie verzog das Gesicht. Ich habe versucht, dich zu vergessen. Mit Erfolg? Du brauchst mich nicht so selbstgefällig anzusehen. Ich bin ziemlich überrascht, dass du nicht annimmst, ich hätte mit allen Männern geschlafen, die sich dort aufhielten. Aber du hattest doch sicher eine gute Zeit. Nein, es war schlimm. Du weißt, was ich meine, Alex. Deine Reaktion auf meine angebliche Affäre mit Lloyd war einfach unmöglich. Was hattest du erwartet, Hope? Ich hatte mich in dich verliebt. Er liebt mich, Alex liebt mich wirklich, dachte sie glücklich. Ich habe noch nie gut Zugeständnisse machen können, weder beruflich noch privat. Und was passiert ausgerechnet mir? Ich lerne dich kennen und muss meine Prinzipien jeden Tag umstoßen und neu definieren, um vor mir selbst rechtfertigen zu können, dass ich unsere Beziehung fortsetze. Ich kam mir vor wie in einer Abwärtsspirale, und ich habe dich dafür verantwortlich gemacht. Schließlich habe ich mich gefragt, was ich alles tolerieren würde, um weiterhin mit dir schlafen zu können. Dann fa nd ich heraus, dass du mich die ganze Zeit
belogen hattest. Das brachte das Fass zum Überlaufen, ich fühlte mich betrogen. Ich konnte mir meine eigene Schwäche nicht verzeihen, während ich dir alles verziehen hätte. Am Ende habe ich mir eingeredet, du hättest nur mit mir gespielt und wahrscheinlich über mich gelacht, erklärte er. Wie oft habe ich mir gewünscht, ich hätte mich auf das ganze Theater nicht eingelassen. Aber ich habe geschwiegen, weil ich es Lloyd versprochen hatte. Hope legte ihm die Hand auf die Schulter und spürte, wie angespannt er war. Vermutlich wollte ich erreichen, dass du mir bedingungslos vertrautest. Vor lauter Eifersucht konnte ich nicht mehr klar denken, Hope. Was auch immer passierte, ich konnte nicht aufhören, dich zu begehren. Hope lächelte wehmütig und fuhr ihm zärtlich durchs Haar. Ich weiß genau, wie Eifersucht sich anfühlt. Rebecca ist eine ausgesprochen nette Frau, was die Sache noch schlimmer machte. Ich hätte sie zu gern gehasst, doch das war unmöglich. Rebecca und ihren Mann Alain Kingsley kenne ich schon viele Jahre. Ich war Trauzeuge, als sie das erste Mal geheiratet haben. Vor achtzehn Monaten hat er sie wegen einer jüngeren Frau verlassen. Sie war verzweifelt. Bis dahin waren sie das ideale Paar gewesen. Doch es war keine klare Trennung, denn Alain kam immer wieder zu ihr zurück. Er konnte offenbar nicht loslassen. Rebecca konnte das Hin und Her nicht mehr ertragen. Deshalb habe ich Alain ins Gewissen geredet. Sie hatte gar nicht die Chance, ein neues Leben zu beginnen, weil er immer wieder vor ihrer Tür stand. Ich wette, das hat ihm nicht gepasst. Und jetzt sind sie wieder zusammen und haben noch einmal geheiratet? Alex nickte. Hoffentlich funktioniert es jetzt. Es wird für beide nicht leicht sein. Doch da sie sich lieben, können sie es schaffen.
Ich liebe dich, Alex. Sie war berauscht von Freude und Glück. Ich hoffe, es langweilt dich nicht, immer wieder dasselbe zuhören. Und ich hoffe, dass ich dich nicht enttäusche. Du wirst es nicht leicht haben mit mir, Hope, ich bin ein schwieriger Mensch. Ich habe dir wirklich schlimme Dinge an den Kopf geworfen. Es lässt sich durch nichts entschuldigen, aber ich hatte meine Gefühle nicht mehr unter Kontrolle. Ich kam mir vor, als würde ich nach deiner Pfeife tanzen. Dagegen habe ich mich heftig gewehrt, und ich glaubte, alles wieder in den Griff zu bekommen. Er lachte kurz auf. Was für ein Irrtum! Ich war dumm, unwissend und feige, Hope. Und ich habe alles falsch gemacht. Er blickte sie liebevoll an. Ich bin auch daran gewöhnt, meine Entscheidungen ganz allein zu treffen und meinen Willen durchzusetzen, Alex. Es ist eine völlig neue Erfahrung, jemanden so nah an mich heranzulassen. Ihr war klar, dass sie auch Fehler gemacht hatte. Versteh mich nicht falsch, ich habe nie etwas dagegen gehabt, dass du eine starke Frau bist. Ich finde unabhängige Frauen nicht bedrohlich, sondern attraktiv. Nur mit dem, was sich in meinem Gefühlsleben abspielte, kam ich nicht zurecht. Noch nie hatte ich mich von jemandem so sehr beeinflussen und irritieren lassen. Er zuckte die Schultern. Irgendwie habe ich wohl geglaubt, ich sei die Ausnahme von der Regel und könne wie auf einer einsamen Insel mitten unter Menschen leben. Und dann bist du in mein Leben getreten. Er legte ihr die Hände auf die Schultern und sah ihr in die Augen. Sie freute sich über seine Offenheit. Es hatte ihn sicher viel Überwindung gekostet, sich ihr rückhaltlos anzuvertrauen. Als ich mich entschloss, einmal genauer hinzusehen, gefiel mir nicht, was ich entdeckte. Wie hatte ich all das Schlimme über dich glauben können, während du nichts als Wärme und Herzlichkeit ausstrahltest? Seine Miene wirkte schuldbewusst. Hätte ich doch nur auf meine Intuition gehört, statt immer
wieder zu versuchen, bei dir Fehler oder Schwächen zu finden. Lloyd hat Recht, du bist Gold wert. Nein, Alex, bitte nicht, protestierte sie. Wenn ich dich anschaue, gefällt mir, was ich sehe. Das war schon vom ersten Moment an so, als wir uns auf Lindys Hochzeit begegneten. Sie hatte das Gefühl, das Herz würde ihr vor lauter Freude zerspringen. Ich weiß. In seinen Augen blitzte es entschlossen auf. Er nahm ihre linke Hand und betrachtete bewundernd die langen, schlanken Finger. Als du mich nach dem Unfall gebeten hast, dich nicht allein zu lassen, begriff ich, was mit mir geschehen war. Ich hätte alles getan, dich von den Schmerzen zu befreien. Noch nie im Leben habe ich mich so hilflos gefühlt wie in dem Augenblick. Und ich war dafür verantwortlich, dass du leiden musstest. Das warst du nicht, entgegnete sie fest. Was war denn mit dir geschehen, Alex? Sie wollte es unbedingt hören, dann wäre sie endlich ganz sicher, dass es kein Traum war. Er fuhr sich durchs Haar. Habe ich es dir etwa noch nicht gesagt? Er lächelte. Hope Lacey, ich liebe dich und werde dich immer lieben. Heiraten wir, oder leben wir in Sünde zusammen, mein Liebling? In Sünde mit dir zu leben klingt attraktiv, erwiderte sie und verschränkte die Finger mit seinen. Aber ich bin im Grunde genommen ziemlich konservativ. Ist das schlimm? Überhaupt nicht. Er sah sie liebevoll an. Die ganze Welt soll wissen, dass du mir gehörst. Vielleicht sollten wir uns heute auf die Familie beschränken, schlug sie vor und lächelte glücklich. Du liebe Zeit, fügte sie bestürzt hinzu, man vermisst uns sicher schon. Alex hatte keine Eile, sie loszulassen. Du hast etwas vergessen. Was denn?
Den Schlüssel, antwortete er und lächelte sie verführerisch an. Sie wollte ihm den Spaß nicht verderben. Deshalb verschwieg sie, dass im Türschloss ein Schlüssel steckte. Ja, das ist ein Problem, stimmte sie unschuldig zu. Tante Hope, hast du dich eingeschlossen? Wir haben das auch mal gemacht. Jake hat uns rausgeholt. Sollen wir ihn rufen? Schon wieder die Zwillinge! Ich glaube es nicht, flüsterte Hope an Alex' Lippen. Wenn du nicht antwortest, holen sie Jake wirklich. Nein, Kinder, es ist alles in Ordnung! rief Hope rasch. Ihr könnt wieder runtergehen. Wir müssen aber ins Badezimmer. Warum ausgerechnet in das hier? fragte Hope leise und verdrehte die Augen. Wir sollten uns geschlagen geben. Es ist verblüffend, dass es Leute gibt, die sich so kleine Monster auch noch wünschen, sagte Alex. Kinder? Willst du ... ich meine ... Sie errötete. Es wäre eine Ironie des Schicksals, wenn Alex keine Kinder wollte, nachdem ich anfange, mich mit dem Gedanken anzufreunden, überlegte sie. Ehrlich gesagt, ich bin ganz verrückt nach Kindern, gab er vorsichtig zu. Aber keine Sorge, wenn du keine möchtest und dir deine Karriere ... Natürlich will ich Kinder, unterbrach sie ihn. Wäre er tatsächlich bereit gewesen, ihr zuliebe darauf zu verzichten? Aber ich bin kein mütterlicher Typ, warnte sie ihn. Mit Babys kann ich nicht gut umgehen, aber sonst komme ich mit Kindern zurecht. Ich würde es gern versuchen, wenigstens einmal. Einverstanden?
Ich könnte mir vorstellen, dass du auch mit Babys umgehen kannst. Aber keine Angst, Liebes, ehe wir so weit sind, kannst du noch üben mit dem Nachwuchs deiner Schwestern. Stimmt. Wenn wir so weitermachen wie momentan, dauert es noch lange, bis ich schwanger werde, stellte sie frustriert fest. Ach, da fällt mir die ganz private Orgie ein, die ich dir versprochen habe. Du bekommst sie, und ich bringe die Zutäten mit. Ich verlasse mich darauf, erwiderte sie liebevoll und errötete, denn sie wusste genau, was er meinte.
-ENDE