Einfluss lokaler Phänomene auf den Stofftransport an Gasblasen in Zweiphasenströmungen
Vom Fachbereich Produktionstechnik der
UNIVERSITÄT BREMEN
zur Erlangung des Grades Doktor-Ingenieur genehmigte
Dissertation von Dipl.-Ing. Olaf Bork
Gutachter:
Prof. Dr.-Ing. N. Räbiger Prof. Dr.-Ing. H.-J. Warnecke, Universität Paderborn
Tag der mündlichen Prüfung: 31. Januar 2006
Berichte aus der Verfahrenstechnik
Olaf Bork
Einfluss lokaler Phänomene auf den Stofftransport an Gasblasen in Zweiphasenströmungen
D 46 (Diss. Universität Bremen)
Shaker Verlag Aachen 2006
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ISBN-10: 3-8322-5032-8 ISBN-13: 978-3-8322-5032-4 ISSN 0945-1021 Shaker Verlag GmbH • Postfach 101818 • 52018 Aachen Telefon: 02407 / 95 96 - 0 • Telefax: 02407 / 95 96 - 9 Internet: www.shaker.de • eMail:
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Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Umweltverfahrenstechnik im Fachbereich Produktionstechnik der Universität Bremen. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr.-Ing. N. Räbiger für die Betreuung meiner Arbeit. Seine wertvollen Hinweise und Anregungen sowie sein großes Vertrauen gaben mir den nötigen Rückhalt für die Promotion. Herrn Prof. Dr.-Ing. H.-J. Warnecke danke ich für die Übernahme des Koreferats und die intensive Einbindung in seine Arbeitsgruppe an der Universität Paderborn. Die Zusammenarbeit mit Herrn PD Dr. rer. nat. Dieter Bothe und Dr.-Ing. Mario Köbe stellte eine große Motivation dar. Herrn. Prof. Dr.-Ing. G. Schulte, Prof. Dr.-Ing. H. J. Rath, Dipl.-Ing. Sven Hövelmann und cand.Ing. Michael Heiland danke ich für die Teilnahme am Prüfungskolloquium. Dr.-Ing. Michael Schlüter danke ich ganz besonders für seine Hilfs- und Diskussionsbereitschaft. Allen ehemaligen Kollegen und Studenten danke ich für die vielen konstruktiven Diskussionen, für die Offenheit und für das freundschaftliche Arbeitsklima.
Zusammenfassung
I
Zusammenfassung Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht in der Beschreibung von lokalen Stofftransportvorgängen an Gasblasen und in der Entwicklung eines Stofftransportsmodells für Blasenströmungen, um hiermit eine sicherere Auslegung von Gas-Flüssig-Reaktoren sowie eine effektivere Prozessführung zu ermöglichen. Anhand einer Analyse des derzeitigen Kenntnisstandes wird deutlich, dass in der Vergangenheit eine Vielzahl von Untersuchungen zum integralen Stofftransport in Blasenströmungen durchgeführt wurden, diese aber häufig zu widersprüchlichen oder stark differierenden Ergebnissen führten und eine Maßstabübertragung nur unbefriedigend ermöglichen. Als Ursache hierfür kann eine unzureichende Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen Hydrodynamik und Stofftransport innerhalb der untersuchten Reaktoren angesehen werden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die bisher in der Literatur beschriebenen experimentellen Untersuchungen zum lokalen Stofftransport meist an ortsfixierten Einzelblasen und unter wenig praxisrelevanten Bedingungen durchgeführt wurden. So berücksichtigen die bekannten Auslegungsgleichungen Schwarmeinflüsse, lokale Phänomenologien wie z.B. die Wirbelschleppenausbildung und weitere bekannte Einflussgrößen nur in Form von Anpassungsparametern. Daher erfolgt die Auslegung von Blasensäulen derzeit mit großen Sicherheitszuschlägen, die aber im Widerspruch zu der heute geforderten exakten Prozessführung und Erzielung einer nachhaltigen Produktion mit hohen Ausbeuten und Selektivitäten steht. Der aufgezeigte Bedarf einer experimentellen Analyse und Modellierung des lokalen Stofftransports in Blasenströmungen stellt somit eine wesentliche Zielsetzung der vorliegenden Arbeit dar, wobei der Wirbelschleppenausbildung eine besondere Bedeutung beigemessen wird. Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag in der Beschreibung und Modellierung von lokalen Stofftransportphänomenen leisten, wozu experimentelle Untersuchungen der in der unmittelbaren Umgebung von Gasblasen auftretenden Vorgänge, den sogenannten Wirbelschleppen, erforderlich sind. Hierfür bietet sich die laserinduzierte Fluoreszenzmesstechnik an, die eine quantitative Vermessung von Konzentrationsfeldern und somit eine Ermittlung von lokalen Massenströmen ermöglicht. Um den Schwarmeinfluss auf den lokalen Stofftransport an Gasblasen mit Hilfe von optischen Messtechniken zu untersuchen, wird ein Partikelgitter zur Erzeugung von schwarmrelevanten Strömungsbedingungen verwendet. Zur Ermittlung von Strömungsfeldern der kontinuierlichen Phase sowie des Form- und Bewegungsverhaltens von Gasblasen kommt die Particle Image Velocimetry und Particle Tracking Velocimetry zum Einsatz. Anhand der durchgeführten lokalen Untersuchungen zeigt sich ein signifikanter Einfluss der Umströmungsverhältnisse auf den Stofftransport an Gasblasen. Ebenso werden Einflüsse der Formdynamik einer Gasblase im Blasenschwarm aufgezeigt und eine Einflussnahme der Wirbelschleppenausbildung auf den Stofftransport erarbeitet. Mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse erfolgt eine Beschreibung von Stofftransportphänomenen. Zusätzlich sind Untersuchungen zum Stofftransport in realen Blasenströmungen mit hohem Gasgehalt durchgeführt worden, um praxisrelevante Daten für eine fundierte Modellbildung zu erhalten. Hierdurch wird auch die technische Bedeutung lokaler Phänomene bestätigt. Anhand dieser Untersuchungen zeigt sich, dass allein stochastische Formschwankungen (Deformationsturbulenz) die Komplexität des Stofftransports an forminstabilen Gasblasen nur ungenügend beschreibt. Basierend auf einer Analyse der Messergebnisse lässt sich aufzeigen, dass im Wesentli-
II
Zusammenfassung
chen die blaseninduzierte Turbulenz in einem Blasenschwarm zu einer Veränderung der Formdynamik der Phasengrenzfläche einer Gasblase und zu einer Zunahme des Stofftransports im Vergleich zur Einzelblase führt. Zur Charakterisierung dieser Formdynamik wird zwischen stochastischen Formschwankungen und zeitlichen Änderungen des Blasengrößenverhältnisses unterschieden, wobei Änderungen des Blasengrößenverhältnisses jeweils mit einer Wirbelablösung verknüpft sind. Hierbei zeigt sich, dass eine Unterteilung des Blasenströmungszustandes in ungestörte, homogene und heterogene Blasenströmungen zur Beschreibung der Formdynamik einer Gasblase und Berechnung des Stofftransports eine wesentliche Verbesserung darstellt. Der Einfluss der Blasenströmung auf den Stofftransport kann anhand der experimentellen Messergebnisse aufgezeigt werden, wobei der Stoffübergangskoeffizient an Gasblasen im Schwarm im Vergleich zur Einzelblase um ca. 50% größer sein kann. Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen schließlich, ein Stofftransportmodell für ellipsoide forminstabile Gasblasen zu entwickeln, welches sich an die bekannte Penetrationstheorie anlehnt. Hierfür werden entscheidende Stofftransportphänomene durch eine physikalisch begründete Unterteilung des Strömungszustandes in ungestörte, homogene und heterogene Strömung sowie der Formdynamik in stochastische Formschwankungen und zeitlichen Änderungen des Blasengrößenverhältnisses (Wirbelablösung) berücksichtigt. Ein Vergleich der berechneten Stoffübergangskoeffizienten mit experimentellen Ergebnissen zeigt eine sehr gute Übereinstimmung, so dass die neuen Berechnungsmethoden eine wesentliche Verbesserung im Vergleich zu bestehenden Modellen bzw. empirischen Auslegungsgleichungen darstellen.
Inhaltsverzeichnis
III
INHALTSVERZEICHNIS ZUSAMMENFASSUNG
I V
FORMELZEICHEN
V
1
EINLEITUNG
1
2
STAND DES WISSENS
2
2.1
Auslegung von Blasensäulenreaktoren
2
2.2 Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen 2.2.1 Form- und Bewegungsverhalten von Einzelblasen 2.2.2 Bewegungsverhalten von Blasenschwärmen 2.2.3 Umströmung von Blasen 2.2.3.1 Wirbelschleppenphänomene 2.2.3.2 Schwarminduzierte Turbulenz 2.2.4 Einfluss der Wirbelschleppe auf die Vermischung der Flüssigphase in einer Blasensäule
5 5 11 15 15 20
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen 2.3.1 Modellansätze zur Beschreibung von Stofftransportprozessen in Gas-Flüssig-Systemen 2.3.2 Gaslöslichkeiten in der flüssigen Phase 2.3.3 Theorie des stationären und instationären Stofftransports in Gas-Flüssig-Systemen 2.3.4 Empirische Korrelationen zur Berechnung des Stofftransportes in Blasenströmungen 2.3.5 Lokale Stofftransportphänomene in der Umgebung von Gasblasen 2.3.6 Stofftransportmodelle für Gas-Flüssig-Systeme
28 29 30 32 38 43 48
2.4
54
3
Zusammenfassung - Stand des Wissens VERSUCHSANLAGEN UND -DURCHFÜHRUNG
3.1
23
56
Versuchsaufbau zur Analyse des lokalen Stofftransports an Gasblasen unter Schwarmbedingungen 56 3.1.1 Laborströmungskanal zur Untersuchung des lokalen Stofftransports 56 3.1.2 Messtechniken zur Erfassung von Sauerstoffkonzentrationen, Flüssigkeits- und Blasenbewegungen 59 3.1.2.1 Laserinduzierte Fluoreszenzmesstechnik (LIF) zur Erfassung lokaler Konzentrationsfelder 59 3.1.2.2 Particle Image Velocimetry (PIV) und Particle Tracking Velocimetry (PTV) zur Erfassung lokaler Strömungsfelder und lokaler Blasenform und –bewegung 63 3.1.2.3 Gaschromatographie zur integralen Bestimmung von Sauerstoffkonzentrationen in der Gasphase 64
IV
Inhaltsverzeichnis
3.2
Versuchsaufbau zur Analyse des integralen Stofftransports an Gasblasen in Blasensäulenströmungen 3.2.1 Blasensäule zur Untersuchung des Stofftransports bei hohen Gasgehalten 3.2.2 Messtechniken zur Ermittlung von Strömungsfeldern, Gasgehalten, Blasenaufstiegsgeschwindigkeiten und Gelöstsauerstoffkonzentrationen in Zweiphasenströmungen bei hohen Gasgehalten 3.2.2.1 Messtechnik zur Erfassung von Gelöstsauerstoffkonzentrationen 3.2.2.2 Messtechnik zur Erfassung von Strömungsfeldern 3.2.2.3 Messtechnik zur Erfassung des Gasgehaltes 3.2.2.4 Messtechnik zur Erfassung der spezifischen Phasengrenzfläche und Blasengröße 3.2.2.5 Rheometer zur Bestimmung der dynamischen Viskosität
65 65
67 67 69 70 70 72
3.3 Bildanalytische Auswertung 3.3.1 Form- und Bewegungsverhalten von Gasblasen 3.3.2 Ermittlung der Relativgeschwindigkeit 3.3.3 Ermittlung von lokalen Sauerstoffmassenströmen an frei aufsteigenden Blasen
72 73 76 78
3.4
87
4
Ermittlung von Stoffübergangskoeffizienten und Sherwood-Zahlen EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE UND DISKUSSION
4.1 Lokaler Stofftransport an Einzelblasen 4.1.1 Beschreibung von Konzentrationsschleppen 4.1.2 Der lokale Stofftransport an Sauerstoffblasen 4.2 Lokaler Stofftransport an Gasblasen unter schwarmrelevanten Bedingungen 4.2.1 Das lokale Bewegungsverhalten von Blasen 4.2.2 Hydrodynamik der Wirbelschleppe von ellipsoiden Gasblasen 4.2.3 Der lokale Stofftransport an Sauerstoffblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen
90 90 90 94 97 97 102 104
4.3
Mittlerer Stofftransport an Luftblasen in einer Gegenstromblasensäule mit hohem Gasgehalt 110 4.3.1 Der Stofftransport in homogener Blasenströmung 111 4.3.2 Der Stofftransport in heterogener Blasenströmung 117
5
MODELLIERUNG DES STOFFTRANSPORTS IN BLASENSTRÖMUNGEN
122
5.1
Charakterisierung des Stofftransports von Zweiphasenströmungen
122
5.2
Modellbildung für den Stofftransport an forminstabilen ellipsoiden Gasblasen
125
5.3
Anwendungspotenzial der vorgestellten Modellierungsansätze
131
LITERATUR
135
ANHANG
151
Formelverzeichnis
V
Verzeichnis der Formelzeichen Lateinische Buchstaben Symbol
Bedeutung
SI-Einheit
a
spezifische Phasengrenzfläche
m2m-3
A
Austauschfläche
m2
Aȕ
Amplitude von Kapillarwellen
-
AF
Flächeninhalt eines Ellipsoids
m2
AK
Kontaktfläche zwischen zwei Phasen
m2
APixel
Fläche eines Pixels
m2
ASW
Fläche der sekundären Wirbelschleppe
m2
AW
Fläche der primären Wirbelschleppe
m2
Bo
Bodenstein-Zahl (Gl. 2.43)
-
BoW
Bodenstein-Zahl der Wirbelschleppe
-
b, c
Exponenten
-
cF,i,ges
Gesamtkonzentration des gelösten Gases in der Flüssigkeit
molm-3
cF,i
Konzentration der Komponente i in der Flüssigkeit
molm-3
cF,,i*
Sättigungskonzentration in der Flüssigkeit
molm-3
C0, C1, C2
Konstanten
-
dä
Blasenäquivalentdurchmesser
m
Dax
axialer Dispersionskoeffizient
m2s-1
dB
Blasendurchmesser
m
dB,max
größter stabiler Blasendurchmesser
m
dh
horizontaler Blasendurchmesser
m
dhyd
hydraulischer Durchmesser
m
Di
Diffusionskoeffizient
m2s-1
dN
Düsendurchmesser
m
DR
Reaktordurchmesser
m
dS
Sauterdurchmesser
m
dv
vertikaler Blasendurchmesser
m
Formelverzeichnis
VI
Symbol
Bedeutung
SI-Einheit
Eö
Eötvös-Zahl (Gl. 2.5)
-
f
Frequenz
s-1
fB
Oszillationsfrequenz des Blasengrößenverhältnisses
s-1
fBahn
Aufstiegsbahnfrequenz einer Gasblase
s-1
Fo
Fourier-Zahl (Gl. 2.80)
-
FPG,i
Intensitätsfaktor der Phasengrenzfläche der Komponente i
-
fPIV
Aufnahmefrequenz der PIV-Messtechnik
s-1
fR
Retardationsfaktor
-
fW
Wirbelablösefrequenz
s-1
Fr
Froude-Zahl (Gl. 2.3)
-
g
Gravitationskonstante
ms-2
GO2
Grauwert des Gelöstsauerstoffs
-
ǻhİG
vertikaler Abstand zwischen zwei Gasblasen
m
Hi,
Henry-Koeffizient
Nm-2
Hi’
Henry-Koeffizient
Nmmol-1
HR
Reaktorhöhe
m
dimensionslose Reaktorhöhe
-
primäre Wirbelschleppenlänge
m
Grauwert des Hintergrundes
-
Hintergrundbereich
-
He
Henry-Zahl (Gl. 2.71)
-
i, j, k
Laufvariable
-
k
Queraustauschkoeffizient
m2s-1
k1, k2,k3
Konstanten
-
K
Fluidaustauschkoeffizient (Gl. 2.46)
-
KȘ
Konsistenzfaktor
Nm-2sn
KF
Flüssigkeitskennzahl (Gl. 2.1)
-
L
Einlaufstrecke
m
m
Formfaktor
-
HR
*
hW HHin HHin
*
Formelverzeichnis
VII
Symbol
Bedeutung
SI-Einheit
mF,i
Masse der Komponente i
kg
F,i m
Massenstromdichte der Komponente i
kgm-2s-1
ges m
gesamte Massenstromdichte der Komponente i
kgm-2s-1
M G,i
Massenstrom aus einer Gasblase
kgs-1
kon m
konvektive Massenstromdichte
kgm-2s-1
kon,V m
Volumenbezogener Massenstrom
kgm-3s-1
M
Molmasse
molkg-1
Mm
mittlere Molmasse
molkg-1
M kon
konvektiver Massenstrom
kgs-1
mol m
molekulare Massenstromdichte
kgm-2s-1
M SW,i
Massenstrom in die primäre Wirbelschleppe der Komponente i
kgs-1
t m
turbulente Massenstromdichte
kgm-2s-1
M W,i
Massenstrom in die sekundäre Wirbelschleppe der Komponente i
kgs-1
Mo
Morton-Zahl (Gl. 2.1)
-
n
Fließindex
-
nB
Blasenanzahl
-
ndh
Anzahl horizontal nebeneinanderliegender Flüssigkeitsgeschwindigkeiten -
ni
Anzahl
-
nL
Anzahl vertikaler Lichtschnitte
-
pi
Partialdruck der Komponente i
Nm-2
pi*
Sättigungsdruck der Komponente i
Nm-2
P
Laserleistung
W
q
Geometriefaktor
-
Rezirkulationsgrad (Gl. 2.45)
-
dimensionsloser Reaktorradius
-
rBahn
Aufstiegsbahnradius einer Gasblase
m
Re
Reynolds-Zahl (Gl. 2.2)
-
Reä
Reynolds-Zahl der Gasblase
-
r rR
*
Formelverzeichnis
VIII
Symbol
Bedeutung
SI-Einheit
ReF
Reynolds-Zahl der Flüssigkeit
-
Sc
Schmidt-Zahl (Gl. 2.56)
-
Sh
Sherwood-Zahl (Gl. 2.75)
-
Sr
Strouhal-Zahl (Gl. 2.32)
-
ǻs
horizontaler Abstand von Lichtschnitten
m
t
Zeit, Lochteilung
s, -
tK
Kontaktzeit
s
tM
Verweilzeit eines Fluidelements
s
T
Temperatur
°C
Tu
Turbulenzgrad
-
V
Volumen
m3
VB
Blasenvolumen
m3
VF
Flüssigkeitsvolumen
m3
V F
Flüssigkeitsvolumenstrom
m3s-1
VG
Gasvolumen
m3
V G
Gasvolumenstrom
m3s-1
VR
Reaktorvolumen
m3
VW
Flüssigkeitsvolumen der primären Wirbelschleppe
m3
V W
Flüssigkeitsvolumenstrom durch die Wirbelschleppe
m3s-1
w
mittlere Flüssigkeitsgeschwindigkeit
ms-1
wB,abs
absolute Blasenaufstiegsgeschwindigkeit
ms-1
wEB,r
Aufstiegsgeschwindigkeit von Einzelblasen
ms-1
weff’
effektive Schwankungsgeschwindigkeit
ms-1
wF,abs
absolute Flüssigkeitsgeschwindigkeit
ms-1
w F0
mittlere Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit
ms-1
w G0
mittlere Gasleerrohrgeschwindigkeit
ms-1
wr
Relativgeschwindigkeit
ms-1
wSS
Schwarmgeschwindigkeit
ms-1
wS,r
Relativgeschwindigkeit im Blasenschwarm
ms-1
Formelverzeichnis
IX
Symbol
Bedeutung
SI-Einheit
wS,sl
Schlupfgeschwindigkeit des Blasenschwarms
ms-1
wSW
mittlere sekundäre Wirbelschleppengeschwindigkeit
ms-1
wW
mittlere primäre Wirbelschleppengeschwindigkeit
ms-1
wx, wy, wz Geschwindigkeiten in x, y und z-Richtung
ms-1
wx’,wy’,wz’ Schwankungsgeschwindigkeit der Flüssigkeit in x, y und z-Richtung
ms-1
We
Weber-Zahl (Gl. 2.4)
-
xi
Molenbruch der Komponente i
-
x, y, z
Raumkoordinaten
m
Griechische Buchstaben Symbol
Bedeutung
SI-Einheit
ȕF
Stoffübergangskoeffizient
ms-1
ȕFa
volumetrischer Stoffübergangskoeffizient
s-1
Ȥ
Assoziationskonstante
-
į
Grenzschichtdicke
m
İ
spezifische Leistung
sm-2
İG
Gasgehalt
Vol.-%
İmol
turbulenter Austauschkoeffizient
m2s-1
İP
Partikelgehalt
Vol.-%
Ȗi
Aktivitätskoeffizient
-
Ȗ
Scherrate
s-1
Ȗ eff
effektive Scherrate
s-1
ȘF
dynamische Viskosität
Nm-2s
ȘF,eff
effektive dynamische Viskosität
Nm-2s
ij(t)
Verteilungsfunktion
s-1
ț
Blasengrößenverhältnis (Gl. 2.17)
-
Ȝ
turbulente Dämpfungsschicht
m
Ȝ1
Anregungswellenlänge
m
Formelverzeichnis
X
Symbol
Bedeutung
SI-Einheit
Ȝ2
Emissionswellenlänge
m
ȞF
kinematische Viskosität
m2s-1
Ȟi
molares Volumen der Komponente i
m3mol-1
ȁF
Größe eines Makrowirbels
m
ș
Anstellwinkel (Gl. 2.30)
°
șM
Mischzeit
s
ȡ
Massenkonzentration / Dichte
kgm-3
ȡF
Massenkonzentration / Dichte der Flüssigphase
kgm-3
ȡF,i*
Sättigungskonzentration der Komponente i
kgm-3
ȡF,i,
Massenkonzentration in der Kernströmung der Komponente i
kgm-3
ȡG,i
Massenkonzentration / Dichte der Gasphase der Komponente i
kgm-3
ȡRu
Rutheniumkonzentration
kgm-3
ȡSW
Gelöstsauerstoffkonzentration in der sekundären Wirbelschleppe
kgm-3
ȡW
Gelöstsauerstoffkonzentration in der primären Wirbelschleppe
kgm-3
ǻȡln
logarithmisches Mittel der treibenden Konzentrationsdifferenz
kgm-3
ǻȡm
mittlere treibende Konzentrationsdifferenz
kgm-3
ı
Oberflächenspannung
Nm-1
ıHin
Standardabweichung des Hintergrundes
-
IJ
Lebensdauer eines angeregten Moleküls
s
IJm
Verweilzeit
s
IJ1
mittlere Verweilzeit außerhalb der Wirbelschleppenphase
s
IJW
mittlere Verweilzeit der Wirbelschleppenphase
s
IJ
Schubspannung
Nm-2
ȟF,i
dimensionslose Konzentration der Komponente i
-
ȟr
Verwindungszahl
-
ȗ
Widerstandsbeiwert
-
1 Einleitung
1
1
Einleitung
Der Stoffumwandlung in Gas-Flüssig-Systemen kommt in der chemischen-, pharmazeutischen- und Lebensmittelindustrie sowie im Bereich der biologischen Abwasserreinigung eine stetig zunehmende Bedeutung zu, da nur durch optimale Stofftransportbedingungen eine nachhaltige Produktion mit hohen Ausbeuten und Selektivitäten gewährleistet werden kann. Als Beispiele können hier die Oxidation, Hydrierung, Chlorierung oder die aerobe biologische Abwasserreinigung angeführt werden, wobei zur Berechnung des Stoffaustausches häufig die Gesetze des physikalischen Stofftransports zur Anwendung kommen. Die Auslegung von Blasenströmungen und die sichere Beherrschung der hierin ablaufenden Prozesse mit der heute für nachhaltige Produktionsverfahren notwendigen Genauigkeit erfordert ein fundamentales Verständnis über die hier ablaufenden Stofftransportvorgänge. Zur Berechnung des Stoffmengenumsatzes in Gas-Flüssig-Systemen mit langsamer Reaktion wird derzeit meist der volumetrische Stoffübergangskoeffizient verwendet, so dass der separaten Beschreibung der spezifischen Phasengrenzfläche und des Stoffübergangskoeffizienten nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Um den anspruchsvollen Forderungen einer Auslegung gerecht zu werden, gewinnt die getrennte Bestimmung dieser Parameter immer mehr an Bedeutung. Zur Umsetzung dieser Forderungen werden ingenieurtechnische Maßnahmen benötigt, die aber nur mit Kenntnis über die vorherrschenden Phänomenologien des Stofftransports in Blasenströmungen erarbeitet werden können. Aufgrund mangelnder Literaturdaten und unzureichender experimenteller Grundlagen erfolgt die Auslegung von Blasensäulen derzeit hauptsächlich mit Hilfe integraler Messungen und Modelle, wobei eine Maßstabsübertragung nur unbefriedigend gelingt und große Sicherheitszuschläge erforderlich sind. Die bisherigen experimentellen Untersuchungen zum Stofftransport bei hohen Gasgehalten wurden anhand von integralen Parametern durchgeführt und weisen zum Teil erhebliche Abweichungen zu theoretisch berechneten Daten auf. Die derzeit bekannten Berechnungsgleichungen basieren im Wesentlichen auf Analogiebetrachtungen und Dimensionsanalysen, wobei lokale Phänomene (z.B. Wirbelschleppe, Schwarmbedingung und Partikeldeformation) meist nur in Anpassungsparametern berücksichtigt werden. Die bisher in der Literatur beschriebenen Untersuchungen zum lokalen Stofftransport wurden meist an ortsfixierten Einzelblasen und unter wenig praxisrelevanten Bedingungen durchgeführt. Zur Gewinnung detaillierter Kenntnisse über die vorherrschenden, meist instationär ablaufenden lokalen Stofftransportprozesse sind experimentelle Untersuchungen über die in der unmittelbaren Umgebung von Gasblasen, den sogenannten Wirbelschleppen, ablaufenden Transportphänomene erforderlich. Hierbei ist insbesondere auch der Einfluss der in Zweiphasenströmungen auftretenden Schwarmbedingungen auf den Stofftransport experimentell zu untersuchen. Diese Arbeit soll einen Beitrag zur Beschreibung und Modellierung von Stofftransportvorgängen in Blasenströmungen unter besonderer Berücksichtigung der Wirbelschleppenphänomenologie leisten und die hierdurch entstehenden Möglichkeiten einer effektiveren Prozessführung aufzeigen. Hierzu soll mit Hilfe der experimentellen Untersuchungen ein physikalisch anschauliches Modell entwickelt werden.
2.1 Auslegung von Blasenströmungen
2
2
Stand des Wissens
In Blasensäulen mit Zweiphasenströmungen werden ein oder mehrere Gase mit einer flüssigen Phase in Kontakt gebracht, wobei durch statische oder dynamische Dispergiervorrichtungen optimale Stoffaustauschbedingungen angestrebt werden. Die für den Stofftransport erforderliche Phasengrenzfläche, die Kontaktzeit zwischen der dispersen und der kontinuierlichen Phase und die Temperatur- bzw. Konzentrationsgradienten werden durch die Reaktorgeometrie bzw. das Dispergierorgan und den Energieeintrag bestimmt. Je nach Konfiguration liegen unterschiedliche Strömungsbedingungen innerhalb der Zweiphasenströmung vor, die den Stofftransport an Gasblasen maßgeblich prägen und im Folgenden beschrieben werden sollen. 2.1
Auslegung von Blasensäulenreaktor
In verfahrenstechnischen Prozessen kommt eine Vielzahl unterschiedlicher Gas-Flüssig-Reaktoren zum Einsatz, die meistens nach Strömungsführung und Energieeintrag unterschieden werden. Die bekanntesten Stoffaustauschapparate sind neben dem Rührbehälter einfache oder spezielle Bauarten von Blasensäulen. Blasensäulen zeichnen sich vor allem durch eine einfache Konstruktion, hohe Flexibilität, einen geringen Energieeintrag und kostengünstige Bauweise aus (s. Abb. 2.1).
Blasensäule
Schlaufenreaktor
Abbildung 2.1: Typische Gas-Flüssig-Reaktoren Bei der einfachen Blasensäule wird die Gasphase in Form von Blasen über ein statisches Dispergierorgan am Boden des Reaktors zugeführt, wobei die Flüssigphase ruht oder sich dazu im Gleichoder Gegenstrom bewegt. Hierbei steht zur Erzielung optimaler Prozessbedingungen nur der Dichtegradient zur Verfügung, so dass hohe Stoffaustauschraten und Mischintensitäten lediglich in niedrig bis mittelviskosen Flüssigkeiten erreicht werden können. Der Leistungsgrad solcher Zweiphasenreaktoren hängt wesentlich vom fluiddynamischen Zustand ab. Eine Weiterentwicklung von Blasensäulen sind die Schlaufenreaktoren (vgl. Abb. 2.1), bei denen die makroskopischen Strömungsstrukturen z.B. mittels Einsteckrohren festgelegt werden, um somit definiertere Bedingungen zu erzielen [Kei78]. Diese konstruktiven Maßnahmen werden z.B. zur gezielten Einstellung von Gleich- und/oder Gegenströmung in Schlaufenreaktoren verwendet.
2 Stand des Wissens
3
Abbildung 2.2: Abhängigkeit des Gasgehalts εG und des volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten βFa von der Gasleerrohrgeschwindigkeit wG0 und des Düsendurchmessers dN sowie Betriebsarten von Blasensäulen [Kris91, Zha96] Blasensäulen werden i.a. bei geringen Flüssigkeitsdurchsätzen betrieben, da die flüssige Phase im Vergleich zur Gasphase eine hohe stoffliche Kapazität besitzt [Dec85]. Den wesentlichen Auslegungsparameter stellt die Gasleerrohrgeschwindigkeit w G0 dar und zusammen mit der Koaleszenzeigenschaft der flüssigen Phase wird die Stoffaustauschfläche bestimmt. Praxisrelevante Gasleerrohrgeschwindigkeiten w G0 liegen üblicherweise im Bereich zwischen 3 bis 12 cm s-1 [Dec85]. Hierbei werden Betriebszustände des homogenen Strömungsbereichs, des Übergangsbereichs und heterogenen Strömungsbereichs unterschieden, wobei das Dispergierorgan einen entscheidenden Einfluss auf die Strömungsstruktur nimmt (s. Abb. 2.2). Bei kleinen Gasdurchsätzen im homogenen Strömungsbereich liegt eine enge Blasengrößenverteilung und eine im Wesentlichen einheitliche Aufstiegsgeschwindigkeit vor. Mit zunehmendem Gasdurchsatz ergibt sich aufgrund von Koaleszenz und Redispergierung eine breite Blasengrößen- und Geschwindigkeitsverteilung, die als heterogene Strömungsstruktur bezeichnet wird. Weiterhin wird mit aufsteigenden Gasblasen Flüssigkeit aufwärts transportiert, so dass aus Kontinuitätsgründen die Flüssigkeit wieder abwärts strömt und sich somit im Reaktor umfangreiche Zirkulationsströmungen ausbilden (s. Abb. 2.3). Da insbesondere größere Blasen bevorzugt in der Reaktormitte aufsteigen, strömt Flüssigkeit in Wandnähe abwärts und transportiert kleinere Blase für eine kurze Strecke mit sich, so dass sich ein radiales Gasgehalts- und Geschwindigkeitsprofil einstellt. Dies kann zu einem radialen Queraustausch mit hoher radialer Vermischung bzw. vernachlässigbaren Konzentrationsgradienten in der flüssigen Phase in radialer Richtung führen [Dec85].
Abbildung 2.3: Dreidimensionale Strömungsstruktur in Blasensäulen [Jos02]
4
2.1 Auslegung von Blasenströmungen
Neben der Beschreibung fluiddynamischer Wechselwirkungen in Zweiphasenströmungen sind vor allem die Einflussgrößen auf Stoffaustauschraten von besonderer Bedeutung. Für den Fall des Stoffübergangs mit anschließender chemischer Reaktion in der Flüssigkeit wird die Geschwindigkeit des Gesamtprozesses durch den langsameren der beiden Schritte bestimmt. Für die Auslegung von Gas-Flüssig-Reaktoren ist es daher notwendig, genaue Kenntnisse über die Mechanismen des Stofftransports zu gewinnen. Wenn eine reaktionslimitierte Umsetzung vorliegt, so gelten die Gesetze des physikalischen Stofftransports zur Berechnung von Absorptionsraten. In diesem Fall ist die Kenntnis des volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten βFa für die Auslegung von entscheidender Bedeutung (s. Abb. 2.2). Dieser Koeffizient setzt sich aus dem Produkt des flüssigkeitsseitigen Stoffübergangskoeffizienten βF und der spezifischen Phasengrenzfläche a zusammen. Zur Auslegung von Gas-Flüssig-Reaktoren sind empirische Modellgleichungen entwickelt worden, in denen zahlreiche Kennzahlen mit Exponenten versehen ihre Berücksichtigung finden, wobei die Exponenten durch Anpassungen an das Experiment bestimmt oder mit relativ großen Unsicherheiten abgeschätzt werden müssen. Mittels der geometrischen Abmessungen einer Blasensäule und den prozessspezifischen Daten kann eine erste Festlegung der einstellbaren Betriebsbedingungen (wie z.B. Art der Stromungsführung, Druck, Temperatur, Energieeintrag) vorgenommen werden. Diese Parameter sind in gewissen Grenzen frei wählbar bzw. vorgebbar. Dagegen sind die Einflussgrößen und Gesetzmäßigkeiten, die zu hydrodynamischen Betriebsbedingungen führen, nicht voll erkannt, weshalb die hydrodynamischen Parameter wie Phasenanteile, spezifische Phasengrenzflächen, Stoffaustauschkoeffizienten bisher nicht hinreichend genau berechnet werden können. Eine Beschreibung der Hydrodynamik von Blasenströmungen erfolgt vielfach an vereinfachten Systemen, so wird häufig vom Verhalten einer Einzelblase auf das Verhalten von Blasen in Blasenkollektiven so genannte Blasenschwärme zurückgeschlossen. Leider ist es bisher nicht befriedigend gelungen, auf diesem Wege das Makrogeschehen in Blasenkollektiven zu erfassen. Aus verschiedenen Veröffentlichungen ist bekannt, dass sich z.B. das Aufstiegsverhalten einer Einzelblase (εG ≈ 0) deutlich unterscheidet gegenüber einer Blase im Kollektiv (εG 0) [Dec85, Sch02]. Daher wird derzeit für die praktische Auslegung von Gas-Flüssig-Reaktoren auf integrale Messungen und den daraus entwickelten empirischen Korrelationen für die hydrodynamischen Parameter zurückgegriffen. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass die Anwendung auf technische Maßstäbe mit den bisher bestehenden Korrelationen für den Gasgehalt, die Phasengrenzfläche und den Stoffübergangskoeffizienten mit großer Vorsicht erfolgen muss, da häufig nur unbefriedigende Ergebnisse erzielt werden. Dieses resultiert aber darauf, dass zahlreiche hydrodynamische Parameter ausgeprägte lokale Abhängigkeiten aufweisen können. Anhand der Schilderung zur Abschätzung der hydrodynamischen Parameter wie Gasgehalt, spezifische Phasengrenzfläche und Stoffübergangskoeffizient wird deutlich, dass die Auslegung von GasFlüssig-Reaktoren mit erheblichen Fehlern behaftet sein kann, da je nach Reaktorgeometrie sehr unterschiedliche Ortsabhängigkeiten vorherrschen können [Dec85]. Daher sind zur sicheren Auslegung und Betriebsführung der oben beschriebenen Stoffaustauschapparate kostenintensive Sicherheitszuschläge erforderlich. In der folgenden Zusammenstellung sollen der Stand des Wissens zu den in Zweiphasenströmungen auftretenden Phänomenen des Stofftransports an Gasblasen beschrieben und die in der Literatur
2 Stand des Wissens
5
vorgestellten Modellvorstellungen hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit bewertet werden. Zum besseren Verständnis wird zunächst das Form-/Bewegungsverhalten von Gasblasen sowie die Hydrodynamik in Zweiphasenströmungen erläutert. 2.2
Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen
Der Stofftransport an Gasblasen wird maßgeblich durch deren Bewegungsverhalten sowie deren An- bzw. Umströmung geprägt. Gasblasen zeichnen sich durch eine bewegliche, deformierbare Kontaktfläche zwischen disperser und kontinuierlicher Phase aus, die zu einer starken Form- und Bewegungsdynamik führt, wobei die Geschwindigkeit der aufsteigenden Gasblase relativ zur Flüssigkeit den Konzentrationsgradienten an der Phasengrenzfläche bestimmt. Trotz der bereits bekannten Veränderung des Widerstandsbeiwertes von aufsteigenden Blasen unter Schwarmbedingungen gegenüber Einzelblasen werden derzeit zur Modellierung von Zweiphasenströmungen im Wesentlichen die Bewegungsgesetze für Einzelblasen angewendet. Neben dem Aufstiegsverhalten von Gasblasen ist das Nachlaufgebiet, welches auch als Wirbelschleppe oder Wake bezeichnet wird, für den Stofftransport von besonderem Interesse, da zwischen dem Form- und Bewegungsverhalten einer Gasblase und deren Wirbelschleppe eine Wechselwirkung besteht. 2.2.1 Form- und Bewegungsverhalten von Einzelblasen Bei sehr niedrigem Gasvolumenstrom ist die gegenseitige Beeinflussung der Blasen gering, so dass die Gesetze für Einzelblasen zur Anwendung kommen. Ausführliche Darstellungen über die Bewegung von Einzelblasen in Flüssigkeiten sind u.a. in Brauer [Bra71], Clift [Cli78], Hong [Hon83] und Schlüter [Sch02] beschrieben. Daher soll im Folgenden nur eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse erfolgen. Die physikalischen Eigenschaften des Gases wie Dichte ȡG und Viskosität ȘG nehmen häufig auf das Bewegungsverhalten nur einen sehr geringen Einfluss, daher sind nur die Eigenschaften der Flüssigkeit wie Dichte ȡF, Oberflächenspannung ı und dynamische Viskosität ȘF von Bedeutung. Die Eigenschaften einer Flüssigkeit werden meist in der dimensionslosen Flüssigkeitskennzahl KF bzw. durch den Reziprokwert Morton-Zahl Mo zusammengefasst: KF =
ȡ ı3 1 . = F Mo gȘ F4
( 2.1 )
Weitere wichtige Kennzahlen zur Beschreibung des Aufstiegsverhaltens von Gasblasen sind die Reynolds-Zahl
Re =
wr d B ȡ F Trägheitskraft = , ȘF Zähigkeitskraft
( 2.2 )
die das Verhältnis der Trägheitskraft zur Zähigkeitskraft beschreibt, die Froude-Zahl
Fr =
wr2 gd B
=
Trägheitskraft , Schwerkraft
( 2.3 )
die im Wesentlichen den Einfluss der Schwerkraft in Strömungen charakterisiert und die WeberZahl
2.2 Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen
6
We =
wr2 d B ȡ F Trägheitskraft = , ı Oberflächenkraft
( 2.4 )
die den Einfluss der Oberflächenspannung berücksichtigt. Hierbei bedeutet wr die Geschwindigkeit der Gasblase relativ zur Flüssigkeit, dB den Blasendurchmesser, g die Gravitationskonstante und ȞF die kinematische Viskosität. Zur Charakterisierung der das Bewegungsverhalten bestimmenden Blasenform werden häufig die von Peebles und Garber [Pee53] vorgeschlagenen Kategorien verwendet (s. Abb. 2.4).
a)
b)
c)
d)
Abbildung 2.4: Schematische Blasenformen: a) Kugelförmig ohne innere Zirkulation b) Kugelförmig mit innerer Zirkulation c) Ellipsoid d) Regellos geformt [Pee53] Die Blasenform wird durch die Umströmung einer Blase sowie durch die physikalischen Eigenschaften der dispersen und kontinuierlichen Phase bestimmt, wobei diese Einflussparameter durch die Reynolds-Zahl Re (s. Gl. 2.2), die Morton-Zahl Mo (s. Gl. 2.1) und der Eötvös-Zahl Eö (s. Gl. 2.5) zusammengefasst werden. Die Eötvös-Zahl beschreibt das Verhältnis der Gewichtskraft zur Oberflächenkraft gemäß
Eö =
ǻȡgd B2 , ı
( 2.5 )
mit ǻȡ der Dichtedifferenz zwischen kontinuierlicher und disperser Phase. Hierdurch kann aus Abbildung 2.5 mit Hilfe der zuvor beschriebenen Kennzahlen die Blasenform abgeschätzt werden [Cli78]. Da der Blasenbewegung in technischen Apparaten in der Regel eine Flüssigkeitsbewegung überlagert ist, muss zwischen der Absolutgeschwindigkeit wabs und der Relativgeschwindigkeit wr unterschieden werden. Während die Absolutgeschwindigkeit einer Blase auf ein ruhendes Koordinatensystem bezogen ist, wird die Relativgeschwindigkeit zwischen Gasblase und Flüssigkeit in einem mitgeführten Koordinatensystem betrachtet. Hierbei nimmt die Absolutgeschwindigkeit positive Werte an, wenn sie senkrecht abwärts gerichtet ist. Die Relativgeschwindigkeit wr ist als Differenz zwischen Absolutgeschwindigkeit der Flüssigkeit wF,abs und Absolutgeschwindigkeit der Gasblase wB,abs gemäß w r = w F,abs − w B,abs
definiert .
( 2.6 )
2 Stand des Wissens
Reynolds-Zahl Re / -
7
Eötvös-Zahl Eö / Abbildung 2.5: Blasenform in Abhängigkeit von der Reynolds-Zahl, Eötvös-Zahl und Morton-Zahl für Newtonsche Flüssigkeiten [Cli78] Die Änderung der Umströmung und hiermit verbunden der Blasenform einer formdynamischen Einzelblase erfolgt bei charakteristischen Reynolds-Zahlen Re (vgl. Gl. 2.2) und wird in vier Bereiche unterteilt (s. Abb. 2.6) [Bra71]. Bei der stationären Bewegung stehen in einem ruhenden Medium die Differenz der Auftriebskraft und Gewichtskraft im Gleichgewicht mit der Widerstandskraft und somit lässt sich die Aufstiegsgeschwindigkeit wEB,r für Einzelblasen gemäß
w EB,r =
4 § ȡG ¨1 − 3 ¨© ȡ F
· gd B ¸¸ ¹ ȗ
( 2.7 )
berechnen. Der Widerstandsbeiwert ȗ ist eine Funktion der Aufstiegsgeschwindigkeit und hängt im Wesentlichen von der Form der Blase ab. Weicht die Blasenform von einer Kugel ab, wird der Durchmesser dB zur Vergleichbarkeit durch eine Kugel gleichen Volumens ersetzt und als Blasenäquivalentdurchmesser dä bezeichnet
§ 6V · dB ≅ dä = ¨ B ¸ © ʌ ¹
1/ 3
,
( 2.8 )
wobei VB für das Volumen der Gasblase steht. Im Kurvenzug a (s. Abb. 2.6) sind die Gasblasen aufgrund der dominierenden Oberflächenspannungskraft kugelförmig und steigen ohne innere Zirkulation geradlinig auf. Die Aufstiegsgeschwindigkeit von Blasen lässt sich für Reynolds-Zahlen ReB 1.4 mit
2.2 Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen
8
wEB ,r =
1 § ȡ F − ȡG ¨ 12 ¨© Ș F
· 2 ¸¸ gd B ¹
Re 1.4
( 2.9 )
wEB,r / cms-1
beschreiben.
d c b
Gl. 2.13
a
Abbildung 2.6: Aufstiegsgeschwindigkeit von Luftblasen in Wasser (ηF = 1m Pas) Mit zunehmender Reynolds-Zahl gewinnen die Schubspannungskräfte an Einfluss (Kurvenzug b), so dass die Aufstiegsgeschwindigkeit von kugelförmigen Blasen mit beweglicher Phasengrenzfläche gemäß wEB ,r = 0.285
g 0.52 d B0.56 ȡ F0.04 Ș F0.04
1.4 < Re 3.73ʘ K 0.209 F
( 2.10 )
berechnet werden kann. Im sich anschließenden Kurvenzug c werden Gasblasen hauptsächlich durch Oberflächenspannungskräfte und Trägheitskräfte beeinflusst und es tritt eine Blasendeformation in Form von abgeflachten Rotationsellipsoiden auf. Aus dem vergrößerten Anströmungsquerschnitt resultiert ein ansteigender Druckwiderstand, der zu einer Strömungsablösung im Nachlaufgebiet der Blase und somit zu einer taumelnden bzw. schraubenförmigen Aufstiegsbewegung führt. Da nur die vertikale Komponente der Aufstiegsbewegung verwendet wird [Bra71], führt eine schraubenförmige Aufstiegsbewegung zu einer Abnahme der Blasenaufstiegsgeschwindigkeit trotz steigenden Äquivalentdurchmessers, die aus
2 Stand des Wissens
9
ı ȡF d B
wEB ,r = 1.91
3.73ʘ K 0.209 < Re 3.1ʘ K 0.25 F F
( 2.11 )
ermittelt werden kann [Pee53]. Mit weiter zunehmendem Blasendurchmesser (Kurvenzug d) werden die Gasblasen durch Trägheits- und Auftriebskräfte kontrolliert, wobei die Gasblasen bei der Aufstiegsbewegung eine regellose bzw. kappenförmige Form annehmen. Für diesen Bereich wird die Aufstiegsgeschwindigkeit mit der Nährungsgleichung von Brauer und Mewes [Bra71] gemäß wEB ,r = 0.714 gd B
( 2.12 )
beschrieben. Eine weitere häufig zur Anwendung kommende Gleichung von Fan berücksichtigt die Beweglichkeit der Phasengrenze in Abhängigkeit der Anlagerungsdynamik und Wirksamkeit oberflächenaktiver Substanzen, welche durch die Konstanten k1 und k2 und den Exponent k3
ª§ ȡ ⋅ g ⋅ d 2 ä w EB,r = «¨¨ F k1 «¬©
· ¸¸ ¹
−k3
§ 2 ⋅ ı ⋅ k 2 g ⋅ dä + ¨¨ + 2 © ȡF ⋅ dä
· ¸¸ ¹
− k 3/ 2
º » »¼
−1/k 3
( 2.13 )
beschrieben wird. Der Faktor k1 berücksichtigt den Einfluss der Beweglichkeit der Phasengrenzfläche und kann mit befriedigender Genauigkeit über die Korrelation wenn k1> 12:
k1 = k1* ⋅ K F0.038
wenn k1 12:
k1 = 12
bestimmt werden, wobei für Wasser oder wässrige Lösungen k1* =14.7 bzw. für organische Lösemittel k1* =10.2 vorgeschlagen wird. Des Weiteren ist die Konstante k2 für EinkomponentenSysteme auf k2=1.2 und für Mehrkomponenten Systeme k2=1.4 zu setzen. Abhängig von der Reinheit des Systems variiert k3 zwischen 0.8 und 1.6. Eine detailliertere Auflistung dieser Konstanten für verschiedene Stoffsysteme ist [Fan90] zu entnehmen. Tadaki [Tad61] hat für die zuvor beschriebenen Blasenformen von in Newtonschen Flüssigkeiten aufsteigenden Einzelblasen folgende Charakterisierungsansätze zur Beschreibung der sich einstellenden Blasendeformation aufgestellt, die analog den von [Pee53] aufgestellten Bereichen der Blasenkontur eingeteilt sind: für ReMo0.23 < 2
Kugelblase
( 2.14 )
0.23 -0.176
)
für 2≤ ReMo
elliptische Blase
( 2.15 )
0.23 -0.28
für 6 ≤ ReMo
< 16.5
elliptische Blase
( 2.16 )
0,23
Sphärische Kappenblase
( 2.17 )
dä/dh = 1 dä/dh = 1.14(ReMo dä/dh = 1.36(ReMo dä/dh =0.62
)
0.23
<6
0.23
für 16,5 ≤ ReMo
Miyahara [Miy93] stellt anhand experimenteller Ergebnisse eigener Untersuchungen für verschiedene Gas-Flüssig-Systeme eine gute Übereinstimmung mit denen von Tadaki fest.
10
2.2 Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen
Zur vollständigen Beschreibung der Blasenbewegung müssen außerdem Schwankungen der Blasenform wie Blasendeformation und bei kappenförmigen Blasen die Oszillation auf der Blasenrückseite herangezogen werden. Die Blasendeformation tritt an mehreren Stellen der Phasengrenzfläche auf und ist signifikant für ellipsoide Blasen, wobei zunächst periodische Deformationen auftreten, die anschließend in stochastische Bewegungen übergehen. Die Beschreibung der sich momentanen einstellenden Blasenform ist komplex, da die dynamischen Formschwankungen an der Phasengrenzfläche mit verschiedenen Frequenzen an verschiedenen Orten auftreten [Bra79]. Vereinfachend kann die Blasendeformation als nahezu periodisch angesehen und mit Hilfe der Blasendeformationsfrequenz charakterisiert werden. Zur Bestimmung dieser Frequenz können die zeitlichen Änderungen des Höhen-/Breitenverhältnis, das sogenannte Blasengrößenverhältnis κ
ț=
dv , dh
( 2.18 )
verwendet werden [Cli78]. Über die Bewegung von Einzelblasen in nicht-Newtonschen Flüssigkeiten sind bis heute nur relativ wenige Untersuchungen bekannt [u.a. Ach77, Räb84, Kee88, Kee90, Tsu90, Miy93, Liu95, Sta98]. Diese konzentrieren sich auf strukturviskose Carboxyl-Methy-Cellulose/Wasser Gemische, die im Folgenden als CMC-Lösungen bezeichnet werden. Das Fließverhalten von nicht-Newtonschen Flüssigkeiten wird häufig durch das Potenzgesetz nach Ostwald und de Waele gemäß IJ = K Ș ⋅ Ȗ n
( 2.19 )
beschrieben, wobei IJ die Schubspannung, Ȗ die Schergeschwindigkeit, KȘ der Konsistenzfaktor und n der Fließindex (0 n < 1) ist. Bei einem Fließindex n=1 liegt eine Newtonsche Flüssigkeit vor, so dass der Ostwald-Faktor K durch die dynamische Viskosität der Flüssigkeit ηF ersetzt werden kann. Bei wässrigen CMC-Lösungen mit nahezu Newtonschen Fließeigenschaften (Fließindex n≈1 und K≈ηF) werden die für Newtonsche Flüssigkeiten bekannten Aufstiegsbewegungen beobachtet. Mit der Ausbildung einer ellipsoiden Blasenform wird der Beginn einer pendelnden Bewegung auf einer schraubenförmigen Bahn festgestellt, wobei eine geringe Abnahme der Aufstiegsgeschwindigkeit in vertikaler Richtung beobachtet wird [Räb84, Sta98]. In höher konzentrierten CMC-Lösungen mit kleinerem Fließindex (0,9 < n < 0,96) ändert sich die Blasenform gegenüber dem Fließindex n≈1 nur wenig. Die Blasen bewegen sich allerdings trotz ellipsoider Form nur leicht pendelnd mit einer bei steigender Blasengröße konstant bleibenden Aufstiegsgeschwindigkeit durch die Flüssigkeit. In CMC-Lösungen mit noch kleinerem Fließindex werden trotz der Formänderung in Abhängigkeit von der Blasengröße stetig zunehmende Aufstiegsgeschwindigkeiten und geradlinige Aufstiegsbahnen beobachtet [Räb84, Tsu90, Miy93, Sta98]. Miyahara [Miy93] konnte durch Kombination der modifizierten dimensionslosen Kennzahlen Reynolds-Zahl ReNN und Morton-Zahl MoNN analog zu denen von Tadaki in Newtonschen Flüssigkeiten auch für nicht-Newtonsche Flüssigkeiten
Re NN =
2 -n n ȡ F wrel dä , K
( 2.20 )
2 Stand des Wissens
11
Mo NN =
g 3n- 2 K 4
ȡ F2−n ı n+ 2
und
( 2.21 )
entsprechende Abhängigkeiten für die Geometrieverhältnisse der Blasenform feststellen: dä/dh = 1,1 dä/dh =
1,88(ReNNMoNN0,078)-0,386
dä/dh = 0,66
für ReNNMoNN0,078 < 4 für 4 ≤
ReNNMoNN0,078 <
für 15 ≤
ReNNMoNN0,078
Kugelblase
( 2.22 )
15 elliptische Blase
( 2.23 )
kappenförmige Blase.
( 2.24 )
2.2.2 Bewegungsverhalten von Blasenschwärmen In Gas-Flüssig-Reaktoren werden in der Regel große Kontaktflächen angestrebt, um maximale Stoffaustauschflächen zur Verfügung zu stellen. Um einen möglichst großen Stoffaustausch zwischen den Phasen zu erzielen, wird das zu dispergierende Gas mit Hilfe eines Verteilers eingetragen, so dass sich die entstehenden Blasen in Form von Blasenschwärmen durch die Flüssigkeit bewegen. Beim Dimensionieren derartiger Reaktoren sind u.a. der Volumenanteil der dispersen Phase İG, der Sauterdurchmesser dS und die Relativgeschwindigkeit der Blasen im Schwarm zur umgebenden Flüssigkeit festzulegen. Im Bereich der Absorption wird die Stoffaustauschrate im Wesentlichen durch den volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten ȕFa bestimmt, wobei die spezifische Phasengrenzfläche 6ε G A ( 2.25 ) a= K = VF d S (1 − ε G ) als die auf das Flüssigkeitsvolumen VF bezogene Kontaktfläche AK bezeichnet wird. Der Sauterdurchmesser dS stellt mit dS = ¦
ni d 3
B ,i
ni d B2 ,i
( 2.26 )
das mittlere Verhältnis zwischen Volumen und Oberflächen aller Gasblasen dar und berücksichtigt die Blasengrößenverteilung in Gas-Flüssig-Strömungen. Für monodisperse Blasenschwärme entspricht der Sauterdurchmesser dS dem Blasendurchmesser dB. Dagegen treten in polydispersen Blasenschwärmen breite Blasengrößenverteilungen auf, so dass hieraus unterschiedliche Aufstiegsgeschwindigkeiten resultieren, die zu einer komplexen Schwarmbewegung in Zweiphasenströmungen führen. Zur Beschreibung der Relativgeschwindigkeit von Blasenschwärmen wird daher zwischen der homogenen und heterogenen Blasenströmung unterschieden. Homogene Blasenströmung
Bei der Erzeugung von scherempfindlichen Produkten werden häufig homogene Zweiphasenströmungen bei niedrigem Energieeintrag angestrebt, die sich durch niedrige Gasleerrohrgeschwindigkeiten, einen gleichmäßig über den Querschnitt verteilten Gasgehalt und eine enge Blasengrößenverteilung auszeichnen. In diesem Bereich kommt zur Berechnung der sich einstellenden Blasen-
12
2.2 Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen
bewegung das für die Schwarmbewegung von Feststoffpartikel entwickelte Zweischichtenmodell [Lap57] zur Anwendung, welches von Bridge et. al [Bri64] auf Gas-Flüssig-Strömungen gemäß wS ,sl = wF ,abs − wG ,abs =
w0 wF0 − G 1 − İG İG
( 2.27 )
übertragen wurde. Hierbei sind wS,sl die Schlupfgeschwindigkeit des Blasenschwarms1, w F,abs und w G,abs die absolute Flüssig- und Gasgeschwindigkeit, wF0 und wG0 die Flüssigkeits- und Gasleerrohrgeschwindigkeit sowie İG der Gasgehalt. Nach dem Schichtenmodell können die Gas- und Flüssigphase als zwei getrennte Schichten verstanden werden, die sich gegenseitig nicht beeinflussen. Die größte Schwierigkeit hinsichtlich der Beschreibung einer Schwarmbewegung bereitet die Anordnung der Partikel im Schwarm. In einem geschlossenen System bei gegebener Partikelanordnung sedimentieren die Partikel in einer Suspension aufgrund der gegenseitigen fluiddynamischen Beeinflussung mit einer geringeren Geschwindigkeit als Einzelpartikel, da die Partikel in einer aufwärts strömenden Flüssigkeit absinken. Mit zunehmender Volumenkonzentration der Dispersphase kommt es zu einer Verringerung des freien Strömungsquerschnitts und somit zu einer zunehmenden Strömungsgeschwindigkeit im Lückenvolumen. Zusätzlich wird die Sinkgeschwindigkeit durch einen erhöhten Impulsaustausch, eventuell auch durch die sogenannte Schwarmturbulenz, verringert. Die Schwarmturbulenz hängt vor allem von der Partikelgröße und Partikelanordnung, den physikalischen Eigenschaften der kontinuierlichen und dispersen Phase sowie der Relativbewegung ab. Aufbauend auf dem Schichtenmodell (vgl. Gl. 2.27) sind empirische Gleichungen zur Berechnung der Schlupfgeschwindigkeit im Schwarm wS,sl entwickelt worden. Um die Gesetze der Sedimentation übertragen zu können, wird die Schwarmgeschwindigkeit wSS eingeführt, die als „die über den partikelfreien Apparatequerschnitt gemittelte Geschwindigkeit (Leerrohrgeschwindigkeit) der kontinuierlichen Phase bezeichnet wird, bei der die im Schwarm befindlichen Partikel im Schwebezustand gehalten werden“ [Hon84]. Der daraus entstehende Zusammenhang zwischen der Schlupfgeschwindigkeit im Schwarm wS,sl und der Schwarmgeschwindigkeit wSS lautet demgemäß wSS = wS ,sl (1 − ε G ) .
( 2.28 )
Unter der Annahme einer vernachlässigbaren Grenzschichtdicke į haben u.a. Richardson und Zaki [Ric54] unter Berücksichtigung der schwarminduzierten Gegenströmung und der Wechselwirkungen zwischen den Blasen eine Korrelation zur Beschreibung der Schlupfgeschwindigkeit im Schwarm wS,sl und/oder der Schwarmgeschwindigkeit wSS
1 Zwischen den Begriffen „Relativgeschwindigkeit“ und „Schlupfgeschwindigkeit“ wird in der Literatur häufig nicht unterschieden oder beide Begriffe werden widersprüchlich verwendet. Anhand der Definition (vgl. Gl. 2.6 und Gl. 2.27) wird deutlich, dass die Relativgeschwindigkeit wr nur für eine stationäre, homogene Strömung über den Apparatequerschnitt konstant ist und mit der Schlupfgeschwindigkeit wsl übereinstimmt. Aus diesem Grund soll im weiteren Verlauf der Arbeit systematisch zwischen der Relativgeschwindigkeit (lokal) und Schlupfgeschwindigkeit (integral, d.h. örtlich und zeitlich gemittelt) unterschieden werden [Sch02].
2 Stand des Wissens
13
wSS = wEB ,r (1 − ε G )n
n = 4.65 lamniare Strömung n = 2.39 turbulente Strömung
( 2.29 )
aufgestellt, wobei der Exponent n den hydrodynamischen Zustand der Grenzschichtströmung berücksichtigt. Für die Schlupfgeschwindigkeit einer Einzelblase wEB,r werden hierbei die Gesetze der Einzelblasenbewegung angewendet. Dagegen hat Zehner [Zeh85, Zeh88] eine halbempirische Berechnungsgleichung unter Berücksichtigung der Grenzschichtausbildung wSS = wEB ,r (1 − ε G )m(1+ qδ / d B )
2
( 2.30 )
hergeleitet, bei der die Grenzschichtdicke į um die Partikel sowie deren Packungsstruktur und Form m, q einbezogen werden. Die für Feststoffpartikelschwärme entwickelte Gleichung 2.30 kann nach Zehner auch auf fluide Partikel angewendet werden, wenn der Partikeldurchmesser und die Einzelpartikelsinkgeschwindigkeit durch den Äquivalentdurchmesser der größten stabilen Einzelblase dEB,ä und deren Aufstiegsgeschwindigkeit wEB,r nach Mersmann [Mer77] ersetzt werden [Zeh88]. Die bisher beschriebenen Ansätze gehen stark vereinfachend von einer monodispersen Partikelgrößenverteilung sowie einer homogenen Partikelverteilung im Raum aus bzw. beruhen auf der Annahme, dass die Hydrodynamik des ungestörten Einzelpartikels im Schwarm erhalten bleibt. Dass die Übertragung der an Einzelpartikeln gewonnenen Erkenntnisse auf die in technischen Apparaten stets anzutreffenden Blasenschwärme nicht ohne weiteres möglich ist, zeigen umfangreiche Untersuchungen zur Hydrodynamik in Blasenschwärmen im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Analyse, Modellbildung und Berechnung mehrphasiger Strömungen“ [Som04]. Hieraus wird deutlich, dass es innerhalb eines Schwarmes zu direkten Wechselwirkungen zwischen den Partikeln sowie indirekten Wechselwirkungen durch eine veränderte Umströmung kommt. Während der Widerstandsbeiwert eines sich in Flüssigkeit bewegenden fluiden Partikels durch die gleichförmige Umströmung und Grenzflächenbewegung bestimmt wird, zeigen Partikel im Schwarm starke Formund Geschwindigkeitsschwankungen [Sch02]. Hiermit verbunden stellen sich völlig andere Relativgeschwindigkeiten der Partikel im Schwarm ein, als aus der Einzelpartikelbewegung bekannt. Eine entscheidende Einflussnahme ist auf die Wirbelschleppenausbildung bei ellipsoid geformten Partikeln zurückzuführen. Es zeigt sich, dass der lokalen Bewegungsdynamik disperser fluider Partikel eine besondere Bedeutung beizumessen ist, wenn diese sich innerhalb eines Schwarmes bewegen. Schlüter [Sch02] konnte zeigen, dass je größer der Gasgehalt, desto stärker die Behinderung der radialen Bewegungskomponente ist. Während dies bei geringen Gasgehalten zu einer leichten Verringerung der radialen Geschwindigkeitskomponente und Erhöhung der vertikalen Aufstiegsgeschwindigkeit führt, wird bei hohen Gasgehalten der Impulsaustausch so groß, dass es zu einer mit steigendem Gasgehalt abnehmenden Geschwindigkeit kommt. Hierauf basierend hat Schlüter [Sch02] folgendes Modell für monodisperse Schwärme unter Vernachlässigung von Koaleszenz und Redispergierung zur Berechnung der Relativgeschwindigkeit von Gasblasen im Schwarm entwickelt:
14
2.2 Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen
•
Bei sehr kleinen Gasgehalten (εG < 0,5 Vol.-%) ist kein Schwarmeinfluss vorhanden. Der Abstand der Blasen ist untereinander so groß, dass die blaseninduzierte Turbulenz nicht in den Einflussbereich der nächsten Blase reicht (Abb. 2.7a). Daher werden die bekannten Gesetze von Einzelblasen angewendet.
•
Bei in der Praxis häufig auftretenden mittleren Gasgehalten muss der Schwarmeinfluss auf die Bewegungsdynamik in Abhängigkeit des Partikelgehaltes berücksichtigt werden (Abb. 2.7b, c). Mit zunehmendem Gasgehalt wird die Bewegungsbahn geradliniger und somit die vertikale Komponente der Aufstiegsgeschwindigkeit größer. Eine Berücksichtigung dieses Einflusses zur Berechnung der Relativgeschwindigkeit im Schwarm kann durch die Gleichung
(
(
))
2
ªʌ º 2 −1 / 3 wS ,r = wEB −8 » , ,r + « wEB ,r tan ș − Sr 2.28İ G ¬2 ¼
( 2.31 )
erfolgen, wobei der Anstellwinkel θ gemäß Abb. 2.7d definiert ist. Hierbei wird das Bewegungsverhalten der Blase im Schwarm im Wesentlichen durch die dimensionslose Strouhal-Zahl Srä gemäß Srä =
f Bahn d ä wEB ,r
( 2.32 )
beschrieben und fBahn die Aufstiegsbahnfrequenz einer Gasblase ist. •
Wie bei kleinen Gasgehalten ist auch bei großen Gasgehalten (εG > 5 Vol.-%) kein Schwarmeinfluss messbar. Der starke Impulsaustausch zwischen den Schwarmblasen bei hohen Gasgehalten führt dazu, dass der Schwarm stabilisiert wird. Die Relativgeschwindigkeit im Schwarm bei hohen Gasgehalten kann gemäß wS ,r = 1.24 wEB ,r
d hyd K ⋅ dB
( 2.33 )
berechnet werden, wobei dhyd den hydraulischen Durchmesser und K einen Anpassungsfaktor (für Wasser/Luft = 2.2) beschreiben.
Abbildung 2.7: Schematische Darstellung der Modellvorstellung für die Aufstiegsbahn von fluiden Partikeln [Sch02]
2 Stand des Wissens
15
Heterogene Blasenströmung In der industriellen Praxis werden zur Erzielung hoher Stoffaustauschleistungen in der Regel große Gasdurchsätze gefordert, so dass Blasenschwärme auftreten, bei denen sich verschiedene Relativgeschwindigkeiten von Gasblasen im Schwarm einstellen. Bei der Berechnung der Schwarmgeschwindigkeit in Polyschwärmen mit Hilfe der Gesetze der homogenen Blasenströmung treten große Abweichungen auf, da lokale Effekte dazu führen, dass nicht mehr lediglich die Relativgeschwindigkeit einer Einzelblase zur Berechnung der Schwarmgeschwindigkeit herangezogen werden kann. Zur Beschreibung der heterogenen Blasenströmung wird in der Literatur häufig eine Abwandlung des Schichtenmodells angewendet, welche eine örtliche Mittelwertbildung des Gasgehalts mit Gewichtungsfaktoren erlaubt [Jos90]. Zuber und Findlay [Zub65] haben die als „DriftFlux Model“ bekannte Berechnungsgleichung 0 wG
İG
(
)
0 = C 0 wG + wF0 + C1
( 2.34 )
aufgestellt. Während der Ausdruck C0 in der Literatur als Anpassungsfaktor für die radiale Gasgehalts- oder Flüssigkeitsgeschwindigkeitsverteilung verstanden wird, steht der Summand C1 für die Schlupfgeschwindigkeit im Schwarm. Häufig wird anhand der Darstellung wG0/ ε G über (wG0+wF0) der Faktor C0 durch die Geradensteigung sowie der Summand C1 durch den Ordinatenabschnitt der extrapolierten Geraden ermittelt [Cla85]. Die von verschiedenen Autoren ermittelten Anpassungsfaktoren C0 und C1 sind in Tabelle 2.1 aufgelistet. Tabelle 2.1: Anpassungsfaktoren C0 und C1 für Gl. 2.34 zur Berechnung des Gasgehalts in Zweiphasenströmungen Strömung
C0
C1 / m/s
Gültigkeitsbereich
Autor
Gleichstrom
1.6
0.25
wG0+wF0
[Zub65]
Gleichstrom
0.934(1+1.42İG)
0.25
0.7 m/s < wG0+wF0 < 2.2 m/s
[Cla85]
Gegenstrom
1.521(1-3.67İG)
0.25
1 m/s < wG0+wF0 < 2.5 m/s
2.2.3 Umströmung von Blasen Nachdem in den zuvor beschriebenen Kapiteln auf die große Einflussnahme von lokalen Effekten hinsichtlich des Form- und Bewegungsverhaltens von Gasblasen hingewiesen worden ist, wird nachfolgend die durch Wirbelschleppe und blaseninduzierte Turbulenz verursachte Einflussnahme auf die Umströmung der Blasen in einem Schwarm analysiert.
2.2.3.1 Wirbelschleppenphänomene Bei der Umströmung von Gasblasen kommt es in Abhängigkeit der Reynolds-Zahl zu einer Ablösung der Strömung im Nachlaufgebiet bzw. zur Ausbildung von Wirbelschleppen. In der Vergangenheit konnte aufgezeigt werden, dass Wirbelschleppen hinter Gasblasen einen signifikanten Einfluss auf die Hydrodynamik und den Stofftransport nehmen [Brü99, Lin03, Sch02, Was87, Was89, Bor00, Bor01]. Über den Charakter und die Phänomenologie von Wirbelschleppen sind relativ viele
16
2.2 Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen
Veröffentlichungen u.a. von [Bha81, Cop81, Cli78, Fan90, Tsu88] bekannt, wobei die bisher veröffentlichten Arbeiten die sich an ortsfixierten oder an einzelnen meist kugelkappenförmigen Gasblasen mit ungestörter Bewegung bildenden Wirbelschleppen betrachten. Im Folgenden sollen die für diese Arbeit relevanten Untersuchungen sowie Modellvorstellungen über Wirbelschleppenphänomene beschrieben werden. Zunächst erfolgt eine Beschreibung von Wirbelschleppen hinter festen Partikel, bevor Wirbelschleppen hinter Gasblasen charakterisiert werden. Eine erste Wirbelschleppenausbildung hinter fixierten Kugeln wird u.a. von den Autoren [Cli78, Dau80] für Reynolds-Zahl von 20 angegeben. Oberhalb dieser Reynolds-Zahl bildet sich eine stabile „laminare Wirbelschleppe“ mit richtungsorientierter, symmetrischer Zirkulation in Bezug auf die Kugelachse aus (s. Abb. 2.8). Diese besitzt einen sogenannten Stagnationsring und Totpunkt, in denen die Relativgeschwindigkeit der Wirbelschleppenflüssigkeit zur Kugel nahezu Null ist (s. Abb. 2.8). Ab Kugel-Reynolds-Zahlen von etwa 130 lösen sich Wirbel ab, wobei die Frequenz mit zunehmender Reynolds-Zahl ansteigt. Der Strömungscharakter im Wirbelschleppengebiet wird bei Re<200 als laminar und oberhalb von Re=400 als turbulent angegeben. Die in der einschlägigen Literatur als turbulente Wirbelschleppe bezeichnete Strömungsstruktur wird mit instationären Flüssigkeitsbewegungen begründet [Cli78, Was87].
Ablösering Stagnationsring hW
Totpunkt
Abbildung 2.8: Struktur der Wirbelschleppe hinter einem festen, kugelförmigen Partikel [Was87] Experimentelle Untersuchung von Wasowski und Blaß [Was87] an ellipsoiden Feststoffpartikel, die ellipsoide Blasen näherungsweise simulieren, führen zu dem Ergebnis, dass die hinter einem kugelförmigen Partikel ausbildende Wirbelschleppenstruktur nicht auf ein ellipsoides Partikel übertragen werden kann. Für ellipsoide Partikeln wird das Wirbelschleppengebiet bereits ab Re≈300 als turbulent beschrieben. Darüber hinaus wird eine Abhängigkeit der Wirbelschleppenstruktur von der Partikelform festgestellt, die sich aufgrund stochastischer Strömungsänderungen nur schwer beschreiben lässt. Ergebnisse zur Wirbelschleppengeometrie hinter festen ellipsoiden Partikel zeigt Abbildung 2.9. Die dimensionslose Wirbelschleppenlänge hW/dä (vgl. Abb. 2.8) und das dimensionslose Wirbelschleppenvolumen VW/VB wachsen im Bereich der laminaren Wirbelschleppe mit zunehmender Reynolds-Zahl an, wohingegen sich im turbulenten Bereich die Verhältnisse hW/dä auf 2.1 und VW/VB auf 4.3 stabilisieren.
17
5
5
4
4 hhW/dä W/dä V W/VB VW/VB
3
3
2
2
1
1
0 0
500
1000 1500 Reynolds-Zahl Re=däwr/ν νF / -
dimensionsloses Wirbelschleppenvolumen VW/VB / -
dimensionslose Wirbelschleppenlänge hW/dä / -
2 Stand des Wissens
0 2000
Abbildung 2.9: Dimensionslose Wirbelschleppenlänge hW/dB und dimensionsloses Wirbelschleppenvolumen VW/VB hinter festen elliptischen Partikel in Abhängigkeit der Reynolds-Zahl [Was87] Die Form und Dynamik von Wirbelschleppen hinter einer Einzelblase hängt von der Blasenform und Deformation, der Blasengröße, der relativen Bewegung zwischen Blase und Flüssigkeit sowie von den physikalischen Eigenschaften der kontinuierlichen Phase wie Dichte, Viskosität und Oberflächenspannung ab. In der einschlägigen Literatur werden fünf Formen der Wirbelschleppenausbildung unterschieden [Fan90]: •
Geschlossene laminare Schleppe mit einem vernachlässigbaren Bereich der Zirkulation
•
Geschlossene laminare Schleppe mit ausgeprägten Wirbeln hinter einer Blase, gefolgt von einem laminaren stabilen Auslauf (s. Abb. 2.10a)
•
Instabile Schleppe mit Großwirbelstrukturen und welligem Auslauf (s. Abb. 2.10b, links)
•
Instabile Schleppe mit Großwirbelstrukturen, gefolgt von einer Wirbelstraße (s. Abb. 2.10b, rechts)
•
Hoch turbulente Schleppe (s. Abb. 2.10c)
Die Wirbelschleppe hinter einer Blase lässt sich durch zwei Bereiche charakterisieren, die als primäre Schleppe und sekundäre Schleppe bezeichnet werden. Die primäre Schleppe befindet sich direkt unterhalb und bewegt sich mit der Blase, dagegen hat die sekundäre Schleppe eine offene Struktur und stellt einen weniger genau definierbaren Bereich dar (s. Abb. 2.10).
2.2 Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen
18
Abbildung 2.10: Charakteristische Formen von Wirbelschleppen hinter Kugelkappenblasen [Fan90] Von den verschiedenen komplexen Modellen für Wirbelschleppenformen sollen aufgrund der Analogie zur Blasenströmung im Folgenden nur die schraubenförmige und achsensymmetrische Schleppe beschrieben werden. Die schraubenförmige Wirbelschleppe wird bei ellipsoiden und kappenförmigen Blasen mit Reynolds-Zahlen Re < 5000 in ruhenden Flüssigkeiten beobachtet. Abbildung 2.11a zeigt eine schematische Darstellung eines Wirbelschleppengebiets, bei dem sich eine Blase auf einer kreisförmigen Aufstiegsbahn in einer ruhenden Flüssigkeit befindet. Es bildet sich eine asymmetrische Wirbelschleppe um die vertikale Achse der Blasenbewegung aus. In diesem Bereich der Blasengröße kommt es gewöhnlich zu Deformationen der Phasengrenzfläche, die zusammen mit den Schwankungen in der Blasenorientierung zu einem Ablösen der Strömung vom Blasenrand führt. Dies induziert wiederum die Ausbildung von Wirbeln [Miy88, Fan90], wobei die Länge des schraubenförmigen Wirbels hW mit zunehmender Reynolds-Zahl abnimmt [Lin72]. Die achsensymmetrische Wirbelschleppe bildet sich bei ruhenden Flüssigkeiten erst bei ReynoldsZahlen Re > 5000 aus und ist durch ihre rotationssymmetrische Form um die vertikale Achse der Blasenbewegung charakterisiert (s. Abb. 2.11b), wobei entweder paarweise Wirbelringe oder schraubenförmige Wirbel entstehen.
hPW hPW
a)
b)
Abbildung 2.11: Schraubenförmige und achsensymmetrische Wirbelschleppe hinter Kugelkappenblasen in ruhender Flüssigkeit [Fan90, Miy88]
2 Stand des Wissens
19
Eine Abschätzung des Volumens der primären Wirbelschleppe VW wurde u.a. von Kojima et al. [Koj75] aufgestellt und lautet VW =
π
d 2 hW , 4 h
( 2.35 )
wobei die Querschnittsfläche der Schleppe als kreisförmig betrachtet und mit der größten Abmessung der Blasenhauptachse dh ermittelt wird. Diese Querschnittsfläche multipliziert mit der Länge der primären Schleppe hW ergibt das primäre Wirbelschleppenvolumen. Für schraubenförmige Wirbelschleppen wurde ein Verhältnis von primärem Schleppenvolumen VW bezogen auf das Blasenvolumen VB von 2,5 und für eine symmetrische Wirbelausbildung ein Verhältnis von 4,7 ermittelt (2000 < Re < 5000, 4mm < dä < 20mm, Mo ≈ 4*10-11(Wasser)) [Koj75]. Jede Blase mit helixförmiger Aufstiegsbahn unterliegt dem Ablösen von Wirbeln (s. Abb. 2.12) als Ursache für diese Bewegung. Nach Fan [Fan90] wächst ein Wirbel an, bis er in den Einflussbereich der gegenüberliegenden, in entgegengesetzter Richtung drehenden Scherfläche gerät. Danach löst sich dieser Wirbel ab und ein neuer Wirbel baut sich auf der entgegengesetzten Seite auf. Die primäre Wirbelschleppe bewegt sich mit der aufsteigenden Blase mit, wobei wachsende Wirbel diesem Bereich angehören. Nach Abtrennung eines Wirbels von der Blase wird dieser von der Außenströmung erfasst sowie vom primären Bereich abgeschnitten und unterliegt dann dem viskosen Zerfall in der sekundären Wirbelschleppe.
Abbildung 2.12: Prinzip der Bildung und Ablösung von Wirbeln hinter Gasblasen (zweidimensionale Darstellung) [Fan90] Die Ablösung von Wirbeln wird mit der Wirbelablösefrequenz fW beschrieben, die wiederum eng mit der Blasendeformationsfrequenz fB und der Aufstiegsbahnfrequenz einer Blase fBahn verknüpft ist. Zwischen der Blasendeformationsfrequenz fB (zeitliche Änderung des Blasengrößenverhältnis-
2.2 Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen
20
ses ț) und der Aufstiegsbahnfrequenz fBahn besteht nach Fan [Fan90] ein Zusammenhang entsprechend fB=2ʘfBahn ,
( 2.36 )
wobei die Blasenaufstiegsbahnfrequenz fBahn mit der dimensionslosen Strouhal-Zahl Srdh
Srdh =
f Bahn ⋅ d h2 Ȟ F Redh
( 2.37 )
beschrieben wird. Lindt [Lin72] zeigt, dass die Strouhal-Zahl Srdh für die Einzelblasenbewegung im Bereich 1800 < Redh < 2700 eine starke und für 2700 < Redh < 6000 nur eine schwache Abhängigkeit von Redh aufweist. Ergebnisse von Miyahara [Miy88] bestätigen die Aussagen von Lindt und belegen, dass ein Einfluss der Fluideigenschaften auf die Strouhal-Zahl nicht nachgewiesen werden kann. Weiterhin wurde nahezu kein Unterschied in der Aufstiegsbahnfrequenz fBahn bei der Untersuchung des Bewegungsverhaltens im zwei- und dreidimensionalen Raum festgestellt, so dass empirische Zusammenhänge zwischen der Strouhal-Zahl und der Reynolds-Zahl aus Experimenten mit Wasser (s. Gl. 2.38) [Miy88] und wässrigen CMC-Lösungen bzw. Glyzerin (s. Gl. 2.39) [Miy93] entwickelt werden konnten. Wasser:
2/ 3 Srdh = 0.0013 Redh , 103 < Redh < 104
(
Glyzerin-, CMC-Lösungen: Srdh = 2.29 ⋅ 10 −2 Redh Mo 0.26
)
( 2.38 )
(
2.18−0.3821ln Redh Mo0 .26
)
( 2.39 )
Bisher wurden hauptsächlich Untersuchungen an kappenförmigen Einzelblasen in ruhenden Flüssigkeiten durchgeführt, wobei eine Änderung der Blasen-Reynolds-Zahl im Wesentlichen durch Variation der Viskosität erzielt wurde. Untersuchungen an Blasen in praxisrelevanten Größenbereichen (2 mm < dä < 10 mm) sind aufgrund der komplexen Formdynamik nur vereinzelnd durchgeführt worden. Hierbei wurden Einzelblasen in einer abwärtsgerichteten Strömung ortsfixiert oder durch einen Flachkanal stark in ihrer Bewegung beeinträchtigt, obwohl die Struktur und Geometrie der Wirbelschleppen mit der Blasenform/-bewegung eng verknüpft ist [Fan90]. Systematische Untersuchungen über den Wirbelschleppeneffekt im Schwarm von Blasen fehlen bislang.
2.2.3.2 Schwarminduzierte Turbulenz Innerhalb eines Blasenschwarms kommt es aufgrund der o.g. Wirbelschleppenausbildung zu einer umfangreichen Beeinflussung der Flüssigkeitsströmung, die in der Literatur häufig als blaseninduzierte oder allgemeiner schwarminduzierte Turbulenz bezeichnet wird. Eine Charakterisierung der blaseninduzierten Turbulenz ist äußerst komplex, da eine Überlagerung verschiedener dynamischer Effekte vorliegt. Daher werden die Ursachen mit verschiedenen Turbulenzarten anschaulich von Brauer [Bra79] beschrieben, welche nachfolgend näher vorgestellt werden.
Die Reynolds’sche Turbulenz Die Reynolds’sche Turbulenz ist gekennzeichnet durch zeitliche Schwankungen des Geschwindigkeitsvektors in einer einphasigen Strömung. Ihre Charakterisierung erfolgt über eine Aufteilung des
2 Stand des Wissens
21
Geschwindigkeitsvektors in einen zeitlich unveränderlichen Anteil w und die überlagerte Schwankungsgeschwindigkeit wy’ (s. Abb. 2.13), welche mit Hilfe des zeitlichen Mittelwertes des Quadrats der Schwankungsgeschwindigkeit gemäß t
w' 2 =
1 2 2 w' dt Δt t³
( 2.40 )
1
zur Definition des Turbulenzgrades verwendet wird [Bra79]: Tu =
(w'
2 x
)
+ w' y 2 + w' z 2 / 3 w
.
( 2.41 )
Abbildung 2.13: Geschwindigkeitsverlauf einer turbulenten Strömung
Die Grenzflächenturbulenz Die Grenzflächenturbulenz tritt bei mehrphasigen fluiden Systemen und nur in Verbindung eines durch die Phasengrenzfläche durchdringenden Stoffstromes auf, so dass lokale Unterschiede in der Grenzflächenspannung auftreten können. Die hierdurch erzeugte Grenzflächenbewegung kann ein Turbulenz analoges Ausmaß annehmen und ist in der Wirkung an der Phasengrenzfläche am größten und nimmt mit zunehmenden Abstand ab. Die Auswirkung auf den Stoffübergang wird mit zunehmenden Strömungsgeschwindigkeiten gedämpft.
Die Deformationsturbulenz Stochastische Formänderungen von fluiden Partikeln, wie Gasblasen, verursachen in ihrer näheren Umgebung stochastische Flüssigkeitsbewegungen und werden daher aufgrund ihrer Ursache als Deformationsturbulenz bezeichnet. Diese Deformation der Phasengrenzfläche wird auf fluiddynamische Instabilitäten zurückgeführt und ist im Gegensatz zur Grenzflächenturbulenz nicht an einen über die Phasengrenzfläche hinaus gerichteten Stoffstrom gebunden und somit zeitunabhängig. Die Wirkung der Deformationsturbulenz ist wie bei der Grenzflächenturbulenz in der Phasengrenzfläche am größten und nimmt mit zunehmendem Abstand ab. Eine zunehmende Relativgeschwindigkeit zwischen den Phasen erhöht die Deformationsturbulenz, während die Grenzflächenturbulenz gedämpft wird. Die Deformationsturbulenz wird u.a. in fluiden Partikel-Systemen beobachtet und ist nach Brauer für sämtliche Transportvorgänge von besonderer Bedeutung [Bra79]. Hierbei setzen
22
2.2 Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen
Deformationen der Phasengrenzfläche nur ein, wenn ein kritischer Durchmesser von fluiden Partikeln überschritten wird. Diese Deformationen treten zunächst periodisch auf, betreffen stets das gesamte Partikel und gehen sehr schnell in stochastische Formänderungen über, welche sich auf einzelne Teilbereiche der Partikeln beschränken. Derartige Deformationen können zeitgleich an mehreren Stellen auftreten, so dass insgesamt das Verhalten des ganzen fluiden Partikels beeinflusst wird [Bra79].
Die Gitterturbulenz Da über die sich in einem Schwarm einstellende Verteilung von Gasblasen bisher nur wenig Erkenntnisse vorliegen, wird i.a. für die Modellbildung die Anordnung in einem Partikelgitter herangezogen. In einem Gitter mit fluchtender Anordnung der Partikeln haben Nuristani und Brehm [Nur76, Bre82] unterhalb von Partikeln ablösende Wirbel und neben dem Partikel ausgeprägte Strahlströmungen festgestellt (s. Abb. 2.14).
Abbildung 2.14: Mittels Langzeitbelichtung visualisiertes Strömungsfeld innerhalb eines aus Zylindern bestehenden Gitters [Bre82] Aufgrund des starken Geschwindigkeitsgradienten zwischen Strahl- und Wirbelbereich kommt es zur Ausbildung starker Turbulenzen, die als Gitterturbulenz bezeichnet werden [Bra79]. Nuristani [Nur76] zeigt mit seinen Untersuchungen in Gittern mit kugelförmigen Partikeln in fluchtender und versetzter Anordnung, dass der Turbulenzgrad schon nach der zweiten Gitterebene einen Höchstwert erreicht und mit wachsendem Partikeldurchmesser ansteigt. Brehm [Bre82] zeigt, dass die Anzahl der Gitterebenen keinen Einfluss auf den Maximalwert des Turbulenzgrades ausübt, während der Minimalwert insbesondere bei hohen Partikelgehalten mit steigender Anzahl der Gitterebenen zunimmt. Die signifikante Einflussnahme der Gitterturbulenz auf den Impuls-, Wärme- und Stofftransport wird bei der Darstellung des Turbulenzgrades innerhalb eines Partikelgitters aus 3x3x8 Partikeln mit versetzter Anordnung deutlich (s. Abb. 2.15). Der über der bezogenen Koordinate y/a (mit a als halber Kanalbreite) dargestellte Turbulenzgrad Tu ist im Strahlbereich am größten. Die in diesem Bereich ermittelten Turbulenzgrade ergeben Werte zwischen Tu=50% und 60%, womit der Turbulenzgrad um eine Zehnerpotenz größer ist als in einer einphasigen Rohrströmung [Bra79].
2 Stand des Wissens
23
a)
b)
Abbildung 2.15: Skizze eines aus 3x3x8 Partikeln mit dP=25 mm Durchmesser und Turbulenzgradverteilung hinter der vierten von acht versetzt angeordneten Gitterebenen aus Kugeln [Nur76] Hiermit sind die wichtigsten Turbulenzarten vorgestellt, wobei z.B. in Strömungen mit freibeweglichen Blasen Schwankungsgeschwindigkeiten in der kontinuierlichen Phase erzeugt werden, die im Wesentlichen aus einer Überlagerung der Reynolds’schen Turbulenz, Gitterturbulenz und Deformationsturbulenz resultieren und mit Hilfe der blaseninduzierten Turbulenz beschrieben wird. Hierbei nimmt die Gitterturbulenz eine dominierende Rolle ein [Bra79]. Eine exakte Charakterisierung dieser Turbulenz in Blasensschwärmen mit hohen Gasgehalten wurde bisher nicht vorgenommen, da die derzeit zur Verfügung stehenden Experimentaltechniken hierfür nur wenig Eignung aufweisen. Den Einfluss der sich ausbildenden Wirbelschleppen auf das Bewegungsverhalten und den Stoffaustausch von Blasen in einem Schwarm wurde bisher nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Eine kritische Bewertung dieser Turbulenzen hinsichtlich ihrer Charakterisierung ist bereits von Schlüter durchgeführt worden [Sch02]. Hierbei wird darauf hingewiesen, dass zu unterscheiden ist, ob sich die nachfolgende Blase in dem Einflussgebiet der Wirbelschleppe der vorauseilenden oder zwischen zwei Wirbelgebieten von parallel aufsteigenden Blasen befindet. Des Weiteren können sich die Wirbelgebiete zweier unmittelbar nebeneinander aufsteigender Gasblasen überlagern, welches sich ebenfalls auf das Aufstiegsverhalten der Gasblase auswirkt. Dieser Effekt wird von Schlüter zur Berechnung der Relativgeschwindigkeit von Gasblasen im Schwarm bis zu Gasgehalten von 5% berücksichtigt (vgl. S. 14ff).
2.2.4 Einfluss der Wirbelschleppe auf die Vermischung der Flüssigphase in einer Blasensäule In Blasenströmungen kommt hinsichtlich des Vermischungsverhaltens der flüssigen Phase der Wirbelschleppenausbildung auch eine besondere Bedeutung zu. Im Mesomaßstab wirken Wirbelschleppen als Vermischungsorgane, die einen Austausch von Flüssigkeitselementen zwischen der
2.2 Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen
24
Kernströmung und der Wirbelschleppe bewirken. Hierdurch erfolgt eine Einflussnahme auf die großräumige Vermischung in einer Blasensäule, so dass Wirbelschleppen einen wesentlichen strömungstechnischen Effekt für die Hydrodynamik und den Stofftausch in Gas-Flüssig-Systemen darstellen. Wasowski und Blaß [Was89] haben literaturbekannte Ergebnisse verwendet, um den Einfluss der Wirbelschleppe auf die Hydrodynamik von Blasensäulen theoretisch zu analysieren. Darauf basierend haben die o.g. Autoren ein Modell zur Beschreibung der Strömung und Vermischung der Flüssigkeit in einer Gegenstromblasensäule entwickelt, welches den Einfluss von Wirbelschleppen berücksichtigt. Im Folgenden wird dieses Modell vorgestellt, nachdem zunächst die Grundlagen für das Dispersionsmodell erläutert werden.
Dispersionsmodell Eine Charakterisierung von Vermischungsprozessen erfolgte bisher im Wesentlichen mit Parametern, welche einer integralen Betrachtung zugänglich sind, wie z.B. die Mischzeit θ, die als mittlere Verweilzeit der Flüssigkeit innerhalb des zur Erreichung einer vorgegebenen Mischgüte erforderlichen Mischrohrvolumens VR verstanden wird:
ș=
VR VF
mit VR = L ⋅ D 2 ⋅ ʌ/ 4 .
( 2.42 )
Zur Beschreibung des Verweilzeitverhaltens (Mischcharakteristik) stehen verschiedene Modelle zur Verfügung. Hierbei gehen die verschiedenen Verweilzeitmodelle von den Durchmischungsvorgängen bei idealisierten Strömungsverhältnissen im Rohr oder Rührkessel aus, so dass sich aus der Kombination und Anzahl idealer Grundreaktortypen die meisten realen Systeme charakterisieren lassen. Zur Beschreibung der Verweilzeitcharakteristik wird häufig das Dispersionsmodell verwendet (s. Abb. 2.16). Diesem Modell liegt zugrunde, dass die Vermischung in einem realen Strömungsrohr durch die Überlagerung einer charakteristischen Kolben- bzw. Pfropfenströmung eines idealen Rohrreaktors mit einer diffusionsartigen axialen Durchmischung beschrieben werden kann. Hierbei wird die axiale Durchmischung durch einen axialen Durchmischungskoeffizienten Dax charakterisiert, der dieselbe Dimension, jedoch nicht dieselbe Größenordnung wie der molekulare Diffusionskoeffizient hat. Die axiale Vermischung wird hierbei durch folgende Effekte hervorgerufen: -
einen konvektiven Vermischungsanteil in Strömungsrichtung, der durch Turbulenz und Wirbelbildung ausgelöst wird,
-
unterschiedliche Verweilzeiten von Volumenelementen, die sich entlang verschiedener Stromlinien bewegen und somit unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten ausgesetzt sind
-
und aufgrund molekularer Diffusion.
Als dimensionsloser Parameter für das Dispersionsmodell wird die Bodenstein-Zahl Bo verwendet, die durch
Bo =
w ⋅ HR Dax
( 2.43 )
2 Stand des Wissens
25
definiert ist und somit das Verhältnis zwischen konvektivem Stofftransport und axialer Vermischung darstellt.
VF
Dax
VF Abbildung 2.16: Dispersionsmodell Zur Beschreibung realer, kontinuierlich betriebener Reaktoren ist in Abbildung 2.17 die Verweilzeit-Summenfunktion F(t) als Funktion der dimensionslosen Verweilzeit t/τ für verschiedene Werte der Bodenstein-Zahl dargestellt. Liegt keine axiale Vermischung vor, so verändert sich der axiale Dispersionskoeffizient gegen Null (Dax→ 0) und die Bodenstein-Zahl gegen unendlich (Bo → ∞). Dagegen wird für Bo → 0 das andere Extrema erreicht, bei dem eine unendlich große axiale Vermischung (Dax→ ∞) vorliegt, so dass das System die Voraussetzungen eines idealen Rührkessels erfüllt. Um das Verweilzeitverhalten eines realen Strömungsmischers zu bestimmen, wird aus der Schar der berechneten F(t)-Kurven zwischen den beiden Grenzkurven in Abbildung 2.17 diejenige ausgewählt, welche die experimentell ermittelte Kurve am besten beschreibt.
Abbildung 2.17: Verweilzeit-Summenkurven für verschiedene Bodenstein-Zahlen Bo nach dem Dispersionsmodell [Fit95]
2.2 Hydrodynamik und Bewegungsverhalten von Gasblasen in Zweiphasenströmungen
26
Dispersionsmodell unter Berücksichtigung der Wirbelschleppenausbildung Da die Wirbelschleppe als Mischungsorgan wirkt und daher die Flüssigphasenvermischung in der Blasensäule maßgeblich beeinflussen kann, haben Wasowski und Blaß [Was89] Modelle für eine Gegenstromblasensäule entwickelt, welches die Rezirkulation und/oder den Queraustausch von Fluidelementen zwischen Wirbelschleppe und Kernströmung berücksichtigt (s. Abb. 2.18). Diese Effekte werden im Folgenden näher vorgestellt, wobei für die Herleitung der analytischen Lösung auf die Veröffentlichung [Was89] verwiesen wird. VF
VF + VW
Zone 1
Zone 2 k
Dax IJ1
k
IJW VW
VF Abbildung 2.18: Dispersionsmodell unter Berücksichtigung der Rezirkulation und/oder des Queraustausches von Fluidelementen zwischen Wirbelschleppe und Kernströmung [Was89] Ein Modell mit Rezirkulation ist daher für die Beschreibung der in einer Blasensäule auftretenden Vermischung von großer Bedeutung, für welches folgende Annahmen getroffen werden: -
Einteilung der Flüssigphase in Kernphase (Zone 1) und Wirbelschleppenphase (Zone 2),
-
die Flüssigkeit ströme in der primären Wirbelschleppe pfropfenförmig,
-
die mittlere Transportgeschwindigkeit der aufwärtsströmenden primären Wirbelschleppenflüssigkeit gleicht der mittleren Geschwindigkeit der Gasblase: wW = wG,abs, d.h. IJW = IJG , mit wW und wG,abs als Geschwindigkeit der primären Wirbelschleppe und der Gasblase und IJW, IJG als mittlere Verweilzeit der primären Wirbelschleppen- und Gasphase in der Blasensäule.
2 Stand des Wissens
27
Demnach setzt sich die mittlere Verweilzeit IJ aus der Verweilzeit IJ1 in Zone 1 sowie der Verweilzeit des Wirbelschleppengebietes IJW (Zone 2) zusammen und wird gemäß
IJ = IJ1 + r ·(IJ1 + IJW)
( 2.44 )
berechnet (s. Abb. 2.18). Der einzige zusätzliche Parameter dieses Modells im Vergleich zum klassischen Dispersionsmodell ist der Rezirkulationsgrad r r=
VW , V
( 2.45 )
F
wobei VW der Flüssigkeitsvolumenstrom der Wirbelschleppenphase und VF der Flüssigkeitsvolumenstrom außerhalb des Wirbelschleppengebietes ist. Der Rezirkulationsgrad charakterisiert den Einfluss der aufwärtsgerichteten Wirbelschleppenströmung auf die globale Flüssigkeitsströmung und geht für r Æ 0 auf die klassischen Modelle über, während r Æ ein Zustand der idealen Vermischung darstellt. Ein zunehmender Rezirkulationsgrad bedeutet also eine Erhöhung der Vermischung der Flüssigphase im System. Eine Erweiterung erfuhr dieses Modell durch die Hinzunahme des real vorhandenen Queraustausches von Fluidelementen, das ebenfalls den Queraustausch von Fluidelementen zwischen der Wirbelschleppe und der Kernströmung berücksichtigt (s. Abb. 2.18). Hierfür wird zusätzlich der Queraustauschkoeffizient k eingeführt, der das Fluidvolumen bestimmt, welches zwischen zwei Gebieten pro Zeit- und Längeneinheit ausgetauscht wird und somit ein Maß für die Geschwindigkeit des Queraustausches von Flüssigkeit zwischen Wirbelschleppe und Kernströmung ist. Geht der Queraustauschkoeffizient k Æ 0, ist der Austausch zwischen Wirbelschleppe und Kernströmung vernachlässigbar und wird in das zuvor beschriebene Modell mit Rezirkulation überführt. Mit zunehmenden Werten des Koeffizienten k steigt der Effekt des Queraustausches an und die Vermischung wird signifikant beeinflusst. Für k Æ vereinfacht sich das Modell auf das Dispersionsmodell mit begrenzter axialer Vermischung (z.B. semi-batch Blasensäule V = 0 ). Der dimensionslose FluiF
daustauschkoeffizient K wird gemäß
K=
k ⋅ HR V
( 2.46 )
F
definiert, wobei HR die Kolonnenhöhe berücksichtigt. Der Queraustauschkoeffizient k wird über die gesamte Kolonnenhöhe als konstant angenommen und Wandeffekte, Blasenbildungszone sowie Abscheidezone der Blasen werden vernachlässigt. Nach Wasoswki und Blaß [Was89] ergibt sich für das Dispersionsmodell mit Rezirkulation und Queraustausch unter Anwendung einer differentiellen Stoffbilanz für die Zone 1
IJ1 und für die Zone 2
∂C1 1 ∂ 2 C1 ∂C1 K (C1 − C 2 ) − = − Bo F ∂X 2 ∂X 1 + r ∂t
( 2.47 )
28
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
IJW
∂C 2 ∂C 2 K = − (C1 − C 2 ) . r ∂t ∂X
( 2.48 )
Erst jüngste Diskussionen [GVC04] zeigen, dass weiterhin eine große Nachfrage nach Modellen zur Beschreibung der Flüssigphasenvermischung in Blasensäulen aus der Industrie besteht, da die klassischen Modelle keine befriedigenden Ergebnisse liefern. Ein wesentlicher Grund ist hierbei in der Vernachlässigung der Wirbelschleppenphänomenologie zu sehen. Auch anhand der Vielzahl kürzlich veröffentlichter Arbeiten wie u.a. von [Vog01, Mew03, Ham04] wird das Interesse an dieser Thematik deutlich. Zwar wird das Dispersionsmodell mit Rezirkulation und Queraustausch durch die Einführung von zusätzlichen Parametern komplizierter in seiner praktischen Anwendung, dennoch werden hierdurch wesentliche Effekte von realen Strömungs- und Vermischungsbedingungen der Flüssigphase in einer Blasensäule berücksichtigt.
2.3
Stoffaustausch in Blasenströmungen
Die Auslegung von Stoffaustauschapparaten und die sichere Beherrschung der hierin ablaufenden Prozesse mit der heute für nachhaltige Produktionsverfahren notwendigen Genauigkeit erfordert das fundamentale Verständnis über lokale Stofftransportmechanismen. Hierfür sind detaillierte Kenntnisse über die an der Phasengrenzfläche und in der unmittelbaren Umgebung von Blasen (Wirbelschleppe) vorherrschenden, meist instationär ablaufenden Stofftransportprozesse notwendig. Aufgrund mangelnder Literaturdaten und unzureichender experimenteller Grundlagen erfolgt die Auslegung von Blasensäulen derzeit hauptsächlich mit Hilfe integraler Messungen und Modelle, wobei eine Maßstabsübertragung meist nur unbefriedigend gelingt. Die Auslegung dieser Stoffaustauschapparate beruht im Wesentlichen auf mehr oder weniger genauen Annahmen für die sich in einem Blasenschwarm einstellenden mittleren Relativgeschwindigkeit und Blasengröße (ReynoldsZahl Re) und des Stoffsystems (Schmidt-Zahl Sc), z.B. gemäß Sh = 2 + C2·Rea·Scb.
( 2.49 )
Hierbei sind lokale schwarmrelevante Effekte und Wirbelschleppenphänomenologien nur in Form von Konstanten C2 oder Exponenten a, b berücksichtigt. Dies gilt ebenso für die numerische Berechnung instationärer Stofftransportprozesse mit der dimensionslosen Kontaktzeit (Fourier-Zahl) nach dem Ansatz Sh = f(Fo, Re, Sc).
( 2.50 )
Im Folgenden werden zunächst die Modellansätze zur Beschreibung von Stofftransportprozessen in Gas-Flüssig-Systemen behandelt, bevor die Gaslöslichkeiten in der flüssigen Phase, die Theorie des stationären und instationären Stofftransports, empirische Korrelationen zur Berechnung des Stofftransports in Blasenströmungen, lokale Stoffaustauschphänomene und bestehende Stofftransportmodelle dargestellt werden.
2 Stand des Wissens
29
2.3.1 Modellansätze zur Beschreibung von Stofftransportprozessen in Gas-Flüssig-Systemen Transportprozesse werden durch Aufprägen von Ungleichgewichten ausgelöst, wobei der Ausgleichsprozess (die Stromstärke) proportional zur Intensität, Austauschfläche und Triebkraftdifferenz ist. Die Bilanzgleichung für den Stoffaustausch setzt sich aus der zeitlichen Änderung der Transportgröße, der Transportströme und der Umwandlung der Transportgröße innerhalb eines Volumens oder an dessen Oberfläche gemäß
§ ∂2 ȡ ∂2 ȡ ∂2 ȡ · ∂ȡ ∂ȡ ∂ȡ ∂ȡ ȝ . = D¨ 2 + 2 + 2 ¸ + r, + wz + wy + wx ¨ ∂x ∂z ∂y ∂x ∂t ∂z ¸¹ ∂y , © Speicherung
Konvektiver Transport
Diffusiver Transport
( 2.51 )
Reaktion
zusammen [Gra82]. Die Ergebnisse der numerischen Lösung solcher Bilanzgleichungen ergibt für reale Zweiphasenströmungen noch keine ausreichende Genauigkeit in der Abbildung der Hydrodynamik und damit auch der Konzentrationsprofile. Die Ursache hierfür liegt auch in der geringen Kenntnis über die von der Gasphase erzeugten turbulenten Bewegung, die bisher nur sehr begrenzt beschrieben werden konnte. Dies wird bereits anhand der Grundgleichungen für den konduktiven und konvektiven Stofftransport deutlich. Da in Gas-Flüssig-Systemen der Stoffübergangswiderstand überwiegend in der flüssigen Phase liegt [Dec85], soll auch in der nachfolgenden Betrachtung davon ausgegangen werden, dass der gasseitige Widerstand vernachlässigbar ist. Der molekulare Stofftransport wird innerhalb einer laminaren Grenzschicht mittels des 1. Fick’schen Gesetzes gemäß m mol = − Di
dȡi dx
( 2.52 )
beschrieben, bei dem die übergehende Stoffstromdichte m mol proportional dem Konzentrationsgradienten dρi/dx einer Komponente i ist, wobei die Intensität durch den Diffusionskoeffizienten Di (molekularer Ausgleichskoeffizient) ausgedrückt wird. Das negative Vorzeichen berücksichtigt, dass die Diffusion in Richtung sinkender Konzentration abläuft [Bra71, Gme96]. Bei einer turbulenten Grenzschicht, verursacht z.B. durch Deformationsturbulenz (vgl. Kap. 2.2.3.2), ist die molekulare Stoffstromdichte eine turbulente Stoffstromdichte gemäß m ges = m mol + m t ,
( 2.53 )
mit m t = −İ mol
dȡ , dx
( 2.54 )
überlagert, wobei εmol einen turbulenten Stoffaustauschkoeffizienten darstellt [Bra71]. Findet in einem Strömungsfeld gleichzeitig Impuls- und Stofftransport statt, wird häufig das Verhältnis von Impuls- und Stoffstromdichte
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
30
IJ mol Ȟ d (wȡi )/dx = F m mol Di dȡi /dx
( 2.55 )
beschrieben. Das Verhältnis der molekularen Austauschkoeffizienten νF (kinematische Viskosität) und Di (Diffusionskoeffizient) wird als dimensionslose Schmidt-Zahl Sc
Sc =
ȞF Di
( 2.56 )
bezeichnet. Der konvektive Stofftransport findet sowohl bei erzwungener Strömung als auch bei freier Konvektion z.B. infolge von Dichtedifferenzen statt. Aufgrund der Analogie zwischen Wärme- und Stofftransport wird aus dem Abkühlungsgesetzt nach Newton der konvektive Massenstrom M hergeleitet: kon
M kon = ȕ F A(ȡ*F ,i − ȡ F,i ,∞ ) ,
( 2.57 )
bzw. die konvektive Stoffstromdichte m kon = ȕ F (ȡ*F ,i − ȡ F,i ,∞ ) ,
( 2.58 )
wobei βF den Stoffübergangskoeffizienten in der flüssigen Phase, A die Austauschfläche zwischen den beiden Phasen, ρF,i* die Sättigungskonzentration in der flüssigen Phase an der Phasengrenzfläche und ρF,i,∞ die Konzentration in der flüssigen Phase in großer Entfernung von der Phasengrenz kon, V bezogen auf das Flüssigkeitsvolumen VF berechnet fläche darstellt [Bra71]. Der Stoffstrom m sich nach m kon,V =
M kon M kon = VF VR (1 − ε G )
( 2.59 )
mit der volumenspezifischen Phasengrenzfläche a. Das Produkt aus dem flüssigkeitsseitigen Stoffübergangskoeffizienten ȕF und der volumenspezifischen Phasengrenzfläche a wird als volumetri kon,V auch auf das Reakscher Stoffübergangskoeffizient bezeichnet. Häufig wird der Stoffstrom m torvolumen bezogen m kon,V =
M kon = ȕ F a ȡ*F ,i − ȡ F,i ,∞ , VR
(
)
( 2.60 )
kon,V das bezogene Volumen kritisch betrachtet werden so dass bei einer Analyse des Stoffstroms m muss.
2.3.2 Gaslöslichkeiten in der flüssigen Phase Zur Auslegung von Absorptionsapparaten ist die Kenntnis der Löslichkeit einer gasförmigen Komponente in einer flüssigen Phase von großem Interesse, da sie maßgeblich den Stoffmengenumsatz beeinflusst. In der Literatur werden zur Berechnung von Löslichkeiten unter Berücksichtigung des Konzentrationssprungs in der Phasengrenze eine Vielzahl von Löslichkeitskoeffizienten angegeben, so dass im Folgenden zunächst die Gesetzmäßigkeiten und anschließend die Verknüpfung zwischen den einzelnen Löslichkeitskoeffizienten dargestellt werden.
2 Stand des Wissens
31
Bilden bei der physikalischen Absorption das gelöste Gas und die Flüssigkeit ein reales Gemisch, so gilt für die gelöste Komponente i das Raoult’sche Gesetz pi = Ȗi xi p*i ( T )
( 2.61 )
mit pi dem Partialdruck, Ȗi dem Aktivitätskoeffizienten, xi dem Molenbruch und pi*(T) dem Sättigungsdruck der Komponente i. Für verdünnte Lösungen wird das Produkt Ȗi pi*(T) durch den Henryschen Absorptionskoeffizienten Hi ersetzt, welches als Henry’sches Gesetz
p i = H i xi
( 2.62 )
bekannt ist. Deckwer [Dec85] gibt einen Henry-Koeffizienten Hi’ H i' =
Hi p = i c F ,ges c F ,i
( 2.63 )
an. Weiterhin geben Stephan und Mayinger [Ste99] einen auf das Massenverhältnis bezogenen Henry-Koeffizienten Hi* an. Hierfür wird der Molenbruch xi gemäß
m F ,i ȡ F ,i M m Mm xi = = V m F , ges M i ȡ F , ges M i
( 2.64 )
V verwendet, so dass sich das Henrysche Gesetze (s. Gl. 2.62) als
m F ,i = m F , ges pi
Mi M m Hi
( 2.65 )
ausdrücken lässt. Die mittlere Molmasse Mm der Flüssigkeit berechnet sich aus M m = M i xi + M F x F = ( M i − M F ) x i + M F
( 2.66 )
und ist im Zustand großer Verdünnung (xiÆ0) und unter der Voraussetzung, dass die Molmasse Mi der gelösten Komponente ungefähr gleich der Molmasse MF der reinen Flüssigkeit ist, annährend gleich der Molmasse der reinen Flüssigkeit Mm§MF. Zusätzlich besteht zwischen dem Normvolumen VN,i des näherungsweisen idealen Gases i und seiner Masse mG,i die Beziehung
V N,i = mG,i
VM , Mi
( 2.67 )
wobei VM=22.414 Nm3 kmol-1 das molare Normvolumen bei TN=273 K darstellt. Durch das Einsetzen von Gleichung 2.65 in 2.67 ergibt sich der technische Löslichkeitskoeffizienten λi und durch Bildung des Kehrwerts der Henry-Koeffizient Hi*
H i* =
1
λi
= Hi
MF VM
( 2.68 )
[Kru76]. Ein weiterer häufig verwendeter Löslichkeitskoeffizienten ist der Bunsen’sche Absoprtionskoeffizient αi
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
32
αi =
V N ,i VF p
=
ρ 1 VM F , Hi MF
( 2.69 )
bei dem die gelöste Gasmenge durch das Normvolumen VN,i, die Menge der gasfreien Flüssigkeit durch dessen Volumen VF und der Druck p in atm ermittelt wird. Spalding [Bra71] definiert eine dimensionslose Henry-Zahl He* gemäß He* =
ȡ*G,i /ȡG,ges ȡ*F,i /ȡ F,ges
=
HiM F pM G
( 2.70 )
mit den Sättigungskonzentrationen ȡG,i* und ȡF,i* sowie den Gesamtdichten in der Gas- und Flüssigphase ȡG,ges und ȡF,ges. Hierauf basierend hat Hong [Hon84] eine weitere Henry-Zahl He hergeleitet, die den Konzentrationssprung in der Phasengrenze durch das Verhältnis der Sättigungskonzentrationen der Gas- und Flüssigphase anschaulicht darstellt He =
He* ȡG,ges ȡ F,ges
=
ȡ*G,i ȡ*F,i
.
( 2.71 )
Anhand dieser Auflistung sind die in der Literatur am meisten verwendeten Löslichkeitskoeffizienten und die Verknüpfung zueinander sowie zum Henry-Gesetz aufgezeigt, so dass hiermit für viele praxisrelevante Anwendungen eine Ermittlung von Löslichkeiten und Sättigungskonzentrationen ermöglicht wird. Eine Zusammenstellung von Löslichkeitskoeffizienten und Henry-Zahlen für Sauerstoff, Luft und Stickstoff in Wasser befindet sich im Anhang A1. 2.3.3 Theorie des stationären und instationären Stofftransports in Gas-Flüssig-Systemen Stationärer Stofftransport Für den Fall des stationären Stoffaustausch einer Komponente i zwischen einer Blase und der umgebenden Flüssigkeit müssen die Sättigungskonzentrationen in der Phasengrenzfläche ρF,i* und ρG,i* zeitlich konstant sein. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Blase aus einer reinen Komponente i besteht, die Änderung des Blasendurchmessers vernachlässigt werden kann und der Stofftransport von der Blase an die umgebende Phase gerichtet ist (s. Abb. 2.19). i ρG,i
ρG,i* ρF,i* ρF,i
Abbildung 2.19: Stationärer Stofftransport von der Blase an die umgebende Flüssigkeit [Bra71] Unter der Voraussetzung, dass •
der Stofftransport von einer Einzelblase an die Flüssigkeit stattfindet,
2 Stand des Wissens
33
• die Blase als sphärisch angenommen wird, • das Blasenvolumen im Vergleich zum Reaktorvolumen klein ist, • die Partialdichte ρF,i,∞ = 0 ist, • die Annahmen für das 1. Ficksche Gesetz erfüllt sind, • die Diffusion allein durch das Ficksche Gesetz erfolgt, • die Blase symmetrisch umströmt wird und • Oberflächeneffekte vernachlässigbar sind, ist die an einer bestimmten Stelle ș der Phasengrenze P auftretende und in die Strömung gerichtete molekulare Stoffstromdichte m mol,i,ș gleich der entsprechenden konvektiven Stoffstromdichte m kon,i,ș [Bra71, Kra04]:
§ dȡ ȕ F,ș ȡ*F,i − ȡ F,i = − DF,i ¨¨ F,i © dr
(
)
· ¸¸ ¹ P,ș
( 2.72 )
Führt man die dimensionslosen Größen r* =
ȟF =
r r = und rB d B / 2
( 2.73 )
ȡ F,i − ȡ F,i,∞
( 2.74 )
ȡ*F,i − ȡ F,i,∞
ein, wobei r die radiale Koordinate sowie rB und dB den Radius bzw. Durchmesser der Blase darstellen, dann ergibt sich nach Einsetzen der Gleichungen 2.73 und 2.74 in Gleichung 2.72 die Berechnungsgleichung für die örtliche Sherwood-Zahl ShF,θ gemäß
ShF,ș =
ȕ F,θ d B DF
§ dȟ = −2¨¨ F* © dr
· ¸¸ . ¹ P,ș
( 2.75 )
Die an einer Blase auftretende mittlere Sherwood-Zahl ShF wird durch Integration der örtlichen Sherwood-Zahl ShF,θ über die gesamte Kugeloberfläche aus
ShF =
ʌ
1 ShF,ș sin ș dș 2 ³0
( 2.76 )
berechnet. Die mittlere Sherwood-Zahl ist von der Konvektionszahl ReSc abhängig und kann für kugelförmige Blasen durch numerische Simulation quantifiziert werden, wobei folgende Bereiche zu unterscheiden sind (s. Abb. 2.20) [Bra79b]: •
Re = 0, bei diesem Fall liegt reine Diffusion vor, dies führt zu ShF = 2.
•
Re < 1; Sc Æ ∞, beschreibt eine schleichende Strömung, bei der die Konzentrationsgrenzschicht im Vergleich zur Strömungsgrenzschicht dünn ist. Dieser Grenzfall wird in Abbildung 2.20 durch die Asymptote a
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
34 Sh = 0 ,79 Re 0 ,5 Sc 1 / 3
( 2.77 )
dargestellt [Bra81]. •
Re > 1000; Sc Æ 0, gilt für eine Potentialströmung, bei der eine vergleichsweise dünne Strömungsgrenzschicht auftritt und die Viskositätseffekte vernachlässigt werden können. Die in Abbildung 2.20 eingezeichnete Asymptote b lässt sich mit Sh = 2 + 0 ,66
(Re Sc )1,7 1 + (Re Sc )1,2
( 2.78 )
beschreiben [Bra81]. •
1 < Re < 1000; 0 < Sc < ∞,
Mittlere Sherwood-Zahl ShF = β FdB/DF / -
in diesem Bereich, der zwischen den Grenzkurven a und b liegt, treten abgeflachte formstabile ellipsoide Blasen auf, wobei der Stofftransport mit dem Blasenäquivalentdurchmesser berechnet werden muss.
Konvektionszahl ReSc = wrdB/DF / Abbildung 2.20: Mittlere Sherwood-Zahl ShF für kugelförmige Blasen in Abhängigkeit der Konvektionszahl ReSc mit der Schmidt-Zahl als Parameter [Bra79b, Kra04] Die bisher getroffenen Angaben beziehen sich auf kugelförmige Gasblasen. Der Stoffübergang an deformierten Blasen ohne Formschwingung hängt aufgrund einer theoretischen Herleitung auf der Basis der Potentialströmung nur vom Blasengrößenverhältnis ț (vgl. Gl. 2.18) ab. Das Verhältnis Shț/ShK der Sherwood-Zahlen von elliptischen, nicht oszillierenden zu kugelförmigen Partikel ist in Abb. 2.21 abhängig des Blasengrößenverhältnisses ț dargestellt. Es zeigt sich, dass der Einfluss der
2 Stand des Wissens
35
Bezogene Sherwood-Zahl Shκ /Shk / -
Partikeldeformation nur gering ist, da der Stoffübergang auf der Rückseite wegen der Wirbelschleppen verbessert wird, aber andererseits die Aufstiegsgeschwindigkeit aufgrund des vergrößerten Strömungswiderstandes abnimmt [Mer86, Kra04].
Blasengrößenverhältnis κ=dv/dh Abbildung 2.21: Bezogene Sherwood-Zahl elliptischer fluider Partikel ohne Formschwingungen abhängig von dem Blasengrößenverhältnisses [Cli78, Mer86, Kra04]
Mittlere Sherwood-Zahl ShF / -
Dagegen ist der Einfluss der Formschwingungen von fluiden Partikel viel stärker als derjenige der Deformation. Die Schwingungsbewegung führt zu einer Intensivierung des Stofftransports infolge der Deformationsturbulenz. In Abbildung 2.22 sind experimentell und theoretisch bestimmte Sherwood-Zahlen in Abhängigkeit von der Konvektionszahl mit der Schmidt-Zahl als Parameter dargestellt. Ebenfalls sind die Kurven für die schleichende Strömung (Re Æ 0; Sc Æ oo; Gl. 2.77) sowie für die Potentialströmung (Re Æ oo; Sc Æ 0; Gl. 2.78) dargestellt. Hierbei zeigt sich, dass die Deformationsturbulenz nicht nur den Stoffübergang verbessern, sondern auch verschlechtern kann.
2. Gl.
78
2. Gl.
77
Konvektionszahl ReSc / Abbildung 2.22: Mittlere Sherwood-Zahl für kugelförmige und regellos geformte Blasen abhängig von der Konvektions- und Schmidt-Zahl [Bra79, Kra04]
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
36 Instationärer Stofftransport
In praxisrelevanten Gas-Flüssig-Systemen ist der Stofftransport in der Regel instationär, d.h. die Konzentrationsprofile in beiden Phasen ändern sich mit der Zeit (s. Abb. 2.23). In diesem Fall wird aus einer kugelförmigen Blase, bestehend aus einem Gasgemisch, die Komponente i an die Umgebung übertragen, wie z.B. im System Wasser-Luft. Nach Brauer [Bra71] liegt bei diesem Beispiel der Stoffübergangswiderstand allein in der flüssigen Phase, d.h. der Diffusionskoeffizient DG der Gasphase ist sehr viel größer als derjenige der flüssigen Phase DF und der Konzentrationsgradient in der Flüssigphase ist für den Stofftransport bestimmend. Weiterhin ist die Konzentration der Gasphase an der Phasengrenzfläche ρG,i* größer als diejenige der flüssigen Phase ρF,i*, so dass He > 1 ist. Zum Zeitpunkt t0 ist ρG,i > 0 und konstant, während ρF,i = 0 ist. Nach dem Einsetzen des molekularen Stofftransports liegt zum Zeitpunkt t1 ein dynamisches Gleichgewicht vor. Zur Zeit t = ∞ nehmen die Konzentrationen in den beiden Phasen die Gleichgewichtswerte in der Phasengrenzfläche an [Bra71, Kra04]. ρG,i für t0 ρG,i für t1
i ρG,i* ρF,i*
ρF,i für t1
ρF,i für t0
Abbildung 2.23: Instationärer Stofftransport für Gas-Flüssig-Systeme für den Fall DG/DF >>1 und He>1 [Bra71] Die Herleitung der dimensionslosen Differentialgleichung in Polarkoordinaten aus Gleichung 2.51 und ihre Lösungen werden von Brauer und Mewes [Bra71, Bra78] erläutert und von Autoren wie z.B. [Hon84, Mer86, Bra93, Kra04] bestätigt, welches zu folgender allgemeinen Beziehung für die örtliche Sherwood-Zahl führt ShF = f(r*, θ, (ReSc)F, FoF, DG/DF, He, ηG/ηF),
( 2.79 )
wobei die Fourier-Zahl Fo F =
4tDF d B2
( 2.80 )
eine dimensionslose Kontaktzeit darstellt. Weiterhin haben Brauer und Mewes [Bra71] für den instationären Stofftransport folgende konvektive Stoffstromdichte definiert: m kon,A,ș = ȕ *F,ș ( ȡG,i,t =0 − Heȡ F,i,∞ ) ,
( 2.81 )
2 Stand des Wissens
37
und für die zeitlich gemittelte Sherwood-Zahl ShF* folgt somit Sh*F =
ShF β F d B ȕ* d 1 = ⋅ = F B = He He D F DF Fo F
FoF
³ ShF,t dFo F .
( 2.82 )
0
Im Folgenden werden die Lösungen für die Grenzfälle des instationären Stoffübergangs für sehr kurze und unendlich lange Zeiten vorgestellt. Für sehr kurze Zeiten t → 0 bilden sich aufgrund des molekularen Transports nur unmittelbar an der Phasengrenzfläche Konzentrationsgradienten aus. In diesem Fall ist das Konzentrationsfeld unabhängig vom Strömungsfeld. Die Lösung der Differentialgleichung für den Stofftransport DG/DF>>1 und He>1 lautet: Fo → 0
ShF =
4 He ʌFo
( 2.83 )
Die Lösung der Differentialgleichung für den Grenzfall t → ∞ ist mit dem Erreichen des Gleichgewichtszustands abgeschlossen und unabhängig von der Henry-Zahl. Dies wird darauf zurückgeführt, dass der Konzentrationsgradient verschwindend klein wird, unabhängig von der Größe der He-Zahl. Hieraus folgt: Fo → ∞
Sh F =
2/3 Fo F
( 2.84 )
Sherwoodzahl ShF* = βF*dä/DF / -
Hong hat numerische Simulationsrechnungen hinsichtlich der Entwicklung des Konzentrationsfeldes durchgeführt, bei denen die Auswirkungen der Formschwingung einer Blase berücksichtigt wurde. Die Grundlage für das Berechnungsmodell bildet die Annahme, dass die zeitlich und örtlich gemittelte Wirkung der Deformationsturbulenz durch die turbulente Schubspannung und den turbulenten Austauschkoeffizienten beschrieben werden kann. Dieser Einfluss wurde in Form von zusätzlichen Gliedern in Gleichung 2.51 implementiert. In Abbildung 2.24 sind numerisch bestimmte Sherwood-Zahlen in Abhängigkeit von der Fourier-Zahl mit der Henry- und Reynolds-Zahl als Parameter dargestellt [Hon84].
Fourier-Zahl FoF / Abbildung 2.24: Mittlere Sherwood-Zahl ShF* in Abhängigkeit der Fourier-Zahl FoF [Hon84]
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
38
Die Sherwood-Zahl liegt zwischen den zeitlichen Grenzfällen (s. Gl. 2.83 und 2.84) und nimmt mit zunehmender Fourier-Zahl ab, da die treibende Konzentrationsdifferenz kleiner wird. Mit zunehmender Henry-Zahl sinkt die Sherwood-Zahl aufgrund eines größeren Konzentrationssprungs in der Phasengrenzfläche, so dass sich kleinere Konzentrationsgradienten in der flüssigen Phase ausbilden. Weiterhin zeigt sich mit steigender Reynolds-Zahl, dass die Konvektion erst dann zu einer Verbesserung des Stoffübergangs führt, wenn die Fourier-Zahl einen bestimmten Wert überschreitet und dieser Effekt mit größeren Henry-Zahlen ansteigt. Bei großen Reynolds-Zahlen treten Bereiche auf, in denen die Sherwood-Zahl nahezu unabhängig von der Fourier-Zahl ist, da der zeitabhängige, molekulare Stofftransport im Vergleich zu dem zeitunabhängigen konvektiven Stofftransport vernachlässigbar wird. Dieser Bereich ist bei größeren Henry-Zahlen und bei niedrigeren Reynolds-Zahlen um so länger [Bra71, Hon84].
2.3.4 Empirische Korrelationen zur Berechnung des Stofftransportes in Blasenströmungen Gleichungen zum Berechnen von flüssigkeitsseitigen Stoffübergangskoeffizienten sind bisher ausschließlich aus integralen Untersuchungen und rein theoretischen Analysen entwickelt worden. Viele Autoren bestimmen den volumetrischen Stoffübergangskoeffizient ȕFa, um eine Auslegung von Systemen mit im Vergleich zum Stoffübergang langsamen chemischen Reaktion durchzuführen. Dagegen erfordern schnelle chemische Reaktionen in der Phasengrenzfläche die getrennte Kenntnis der spezifischen Phasengrenzfläche a und des Stoffübergangskoeffizienten ȕF. Hierfür kommt zur Berechnung des erhöhten Stofftransports ein Beschleunigungsfaktor zur Anwendung, wozu auch der physikalische Stoffübergangskoeffizient benötigt wird. Aber auch bei langsamen chemischen Reaktionen gewinnt die separate Bestimmung dieser Parameter immer mehr an Bedeutung. Ingenieurtechnische Maßnahmen zur Verbesserung des Stofftransports lassen sich ergreifen, wenn die Stofftransportvorgänge vollständig verstanden sind. Darüber hinaus sind die phänomenologischen Zusammenhänge von grundlegender Bedeutung, um die dringend für die numerische Simulation benötigten neuen Modellierungsansätze zu entwickeln. Obwohl in realen Systemen der Stofftransport meist instationär verläuft, erfolgt die Berechnung von Sherwood-Zahlen derzeit mittels zeitunabhängiger empirischen Gleichungen (vgl. Gl. 2.49). Für den Grenzfall Re<1 und ScÆ hat hierfür Levich [Lev62] eine theoretische Beziehung für den Stofftransport von laminar umströmten Blasen gemäß ShF =0.65(ReSc)1/2= 0.65Pe1/2
( 2.85 )
angegeben. Ein anderer Grenzfall ergibt sich für ReÆ und ScÆ 0, wobei das die Blase umgebende Fluid als reibungslos angesehen wird. Hierfür hat Boussinesq [Bou05] die Gleichung ShF = 1.13 Pe1/2
( 2.86 )
entwickelt. Im Folgenden werden einige Korrelationen zur Berechnung des flüssigkeitsseitigen Stofftransportkoeffizienten vorgestellt, die aus theoretischen Analysen und integralen Untersuchungen entwickelt wurden. Bei den weiteren aus der Literatur entnommenen empirischen Korrelationen zur Berechnung des flüssigkeitsseitigen Stofftransportkoeffizienten gilt es darauf hinzuweisen, dass für den experimentellen Teil der Arbeiten meist unterschiedliche Stoffsysteme und/oder Apparatetypen zum Einsatz kamen. Dem entsprechend und aufgrund verschiedener theoretischer Analysenansätze
2 Stand des Wissens
39
haben die Autoren meist unterschiedliche Gewichtungen der Einflussgrößen auf den Stofftransport vorgenommen, wobei die verwendeten Versuchsparameter und Reaktorkenngrößen eingehen (s. Tab. 2.2). Tabelle 2.2: Versuchsparameter und Reaktorkenngrößen zur integralen Untersuchungen des Stofftransports in Gas-Flüssig-Systemen Autor
Systeme / Annahme betr. Reaktor Flüssigphase
Versuchsparameter
Blasensäule, wG0=1,6-17 cm/s, DR=12,7 cm, T=25°C H=31 cm (geschätzt von [Ges74])
Calderbank & Moo Young [Cal61]
CO2-/O2 Absorption und Desorption, H2O/Glykol und Gl. 2.91 und 2.92 H2O/Glyzerin; Totale Durchmischung Hughmark [Hug67] O2-Absorption, Wasser, Glyzerin; Gl. 2.93 n.v. Akita & Yoshida [Aki74] O2-Absoprtion, Wasser und Gl. 2.95 Wasser/Glyzerin; totale Durchmischung Deckwer, Burckhart, Zoll O2-Absoprtion und Desorp[Dec74] tion, H2O (Leitungswasser) Gl. 2.96 Salzlösungen, Molasse; Konzentrationen über Höhe gemessen Schügerl, Lücke, Oels O2-Absoprtion, [Sch77] Biosuspensionen totale Durchmischung Gl. 2.98
Blasensäule, DR=15 - 40 cm, H= n.v. Blasensäule, DR=15,2 cm, H=90 und 145 cm
wG0=0-12,2 cm/s, T= n.v. wG0=0,6-10,3 cm/s, T=20°C
Blasensäule, wG0=0,5-10 cm/s, DR=15 und 20 cm, T=16°C H=440 und 723 cm, Verschiedene Begasertypen Bioreaktor, Rührzelle DR= 14 cm, H= 400 cm
wG0=1-8 cm/s, T=25°C
Brauer [Bra81] berechnet den Stoffübergangskoeffizienten für sphärische Blasen gemäß
(
ShF = Sh∞ ª« 1 + 0.433 ⋅ Re 2 ¬
)
−1
+ 4.23º» ¼
−0.055
( 2.87 )
mit 0.651 ⋅ (Re⋅ Sc )
1.72
Sh∞ = 2 +
1 + (Re⋅ Sc )
wobei die Reynolds-Zahl einen bestimmten kritischen Wert
1.22
,
( 2.88 )
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
40 § ȡ ⋅ı3 · Rekrit = 3.73¨¨ F 4 ¸¸ © g ⋅Ș ¹
0 .209
( 2.89 )
nicht überschreiten darf. Zur Berechnung des Stoffübergangskoeffizienten für nicht-sphärische Blasen gibt Brauer [Bra81] unter Berücksichtigung der Blasendeformation
ShF = 2 + 0.015 Re 0.89 ⋅ Sc 0.7
( 2.90 )
an. Calderbank and Moo Young [Cal61] untersuchten den Stofftransport in Blasensäulen intensiv und entwickelten von der Reynolds-Zahl unabhängig und nur durch Stoffdaten bestimmte Korrelationen für den Stoffübergangskoeffizienten für zwei Blasendurchmesserbereiche −2 / 3
§Ȟ ȕ F = 0.31¨¨ F © Di
· ¸¸ ¹
§Ȟ ȕ F = 0.42¨¨ F © Di
· ¸¸ ¹
−1 / 2
1/ 3
§ ȡ F − ȡG · ¨¨ Ȟ F g ¸¸ © ȡF ¹
für dä < 1 mm und
( 2.91 )
für dä > 2.5 mm,
( 2.92 )
1/ 3
§ ȡ F − ȡG · ¨¨ Ȟ F g ¸¸ © ȡF ¹
d.h. Blasen mit dä< 1mm (kugelförmig) und dä> 2.5mm (ellipsoid bzw. formlos) besitzen konstante Stoffübergangskoeffizienten. Die Ursache für die Unterteilung in zwei Blasendurchmesserbereiche liegt in der Formveränderlichkeit großer Blasen. Hughmark [Hug67] misst dagegen der Gewichtskraft eine entscheidende Bedeutung bei: 1.61
0 .024 · § § d 3g · ¨ ¸ ShF = 2 + 0.0187¨ Re 0.484 Sc 0.339 ¨ s 2 ¸ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ © Di ¹ © ¹
( 2.93 )
und Reuß [Reu70] berücksichtigt den Einfluss des Gasgehaltes İG in seiner aufgestellten Korrelation 1/ 2
§ 1 − İG · ¸ ShF = 0.63 Re1/ 2 Sc1/ 2 ¨ ¨ 1 − İ1/ 3 ¸ G ¹ ©
( 2.94 )
auf den Stoffübergangskoeffizienten. Eine weitere häufig verwendete Korrelation ist die von Akita und Yoshida [Aki74] aufgestellte und von der Reynolds-Zahl unabhängige Gleichung 1/ 4
3/ 8
§ gd 3 · § gȡ d 2 · ShF = 0.5Sc1/ 2 ¨ 2S ¸ ¨ F S ¸ , ( 2.95 ) ¨ Ȟ ¸ ¨ ı ¸ © F ¹ © ¹ die aber den Einfluss der Gewichtskraft, Trägheitskraft und Oberflächenspannungskraft einschließt. Deckwer et. al. [Dec74, Dec85] führten Untersuchungen zum Stofftransport in Blasensäulen im Technikummaßstab durch und stellen für den volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten eine von der mittleren Gasgeschwindigkeit abhängige Korrelation entsprechend
2 Stand des Wissens
41 −n ȕ F a = bwG
( 2.96 )
auf, wobei z.B. für Wasser b=0.0107 und n =0.82 ist. Dagegen leiten Gestrich et. al. [Ges76] aus 135 Messdaten 7 verschiedener Autoren eine Korrelation für den Stoffübergangskoeffizienten gemäß 0 .65+ 0 .0335 ( H 0 /DR )
0 ȕ F = 2.23 ⋅ 10 − 4 K F0.180 + 3.85 ⋅ 10 − 3 wG
(H 0 /DR )− 0.605
( 2.97 )
wG0,
die Flüssigkeitsruhehöhe (unbegaster Zustand) H0 her, welche die Gasleerrohrgeschwindigkeit und den Reaktordurchmesser DR berücksichtigt. Die Autoren geben für die Genauigkeit von Gleichung 2.95 eine Standardabweichung von 20% an. Schügerl et. al. [Sch77] stellt eine Korrelationsgleichung auf
ShF = 0.15 Re 3 / 4 Sc1 / 2 ,
( 2.98 )
die aus Untersuchungen zum Stofftransport an Gasblasen in einer Rührzelle entwickelt wurde. Abschließend soll auf die theoretisch entwickelte Gleichung für oszillierende Blasen von Montes [Mon99] noch
(
2
)
(Re⋅ Sc )0.5 ⋅ 1.1 + 0.027 ⋅ We 0.5 , ( 2.99 ) ʌ verwiesen werden, die den Einfluss der Blasenoszillation in Form der Weber-Zahl (vgl. Gl. 2.4) berücksichtigt. Eine Validierung dieser Gleichung erfolgte für die Übergangskomponente CO2 mit den experimentellen Daten von Calderbank & Moo Young [Cal61]. ShF =
Zum Vergleich werden in Abbildung 2.25 für das System Wasser/Luft und Sauerstoff als Übergangskomponente die aus verschiedenen Korrelationen berechneten Sherwood-Zahlen ShF gegenübergestellt. 1800
Sherwood-Zahl ShF / -
1600 1400
System: Wasser/Luft Sc=458 T=20°C σ= 72 mNm
Calderbank & Moo Young Gl. 2.92
1200 Montes Gl. 2.99
1000 800
Schügerl Gl. 2.98
600
Brauer Gl. 2.90
400
Aktida & Yoshida Gl. 2.95
200 0 700
800
900
1000
1100
1200
1300
1400
1500
Reynolds-Zahl Re / -
Abbildung 2.25: Sherwood-Zahlen ShF berechnet aus verschiedenen Korrelationen in Abhängigkeit des Blasendurchmesser mit Sauerstoff las Übergangskomponente
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
42
Die in Abbildung 2.25 dargestellten Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Werte mit zunehmender Reynolds-Zahl ansteigen und z.T. stark differierende Werte aufweisen. Die relativ großen Abweichungen können auch auf die experimentelle Bestimmung von flüssigkeitsseitigen Stoffübergangskoeffizienten in Blasenschwärmen zurückgeführt werden, da diese nicht direkt sondern aus den Messwerten für den volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten ȕFa erfolgte. Da die spezifische Phasengrenzfläche a starken Schwankungen unterliegen kann und sowohl vom Messverfahren als auch vom Begasertyp abhängig ist, weisen auch die Stoffübergangskoeffizienten erhebliche Streuungen auf. Eine weitere Einflussgröße bei der Ermittlung des volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten ist die zu berechnende treibende Konzentrationsdifferenz, die sich aus dem Konzentrationsprofil über der Reaktorhöhe bzw. aus den bei der Auswertung festgelegten Annahmen über die Verweilzeitverteilung ergibt. Häufig werden Konzentrationsprofile von idealen Reaktoren zugrundelegt, wie z.B. das eines idealen Rührkessels (totale Durchmischung) ǻȡ F = ȡ*F,i − ȡ F,i,∞
( 2.100 )
oder das eines ideales Strömungsrohrs (Pfropfenströmung)
ǻȡ F ,i =
(ȡ
* F,i,E
ln
ǻȡ F ,i =
(ȡ
* F,i,E
) (
− ȡ F,i ,E − ȡ*F,i,A − ȡ F,i ,A
( (
ȡ*F,i,E ȡ*F,i,A
− ȡ F,i ,E − ȡ F,i ,A
) (
) )
− ȡ F,i ,A − ȡ*F,i,A − ȡ F,i ,E
(ȡ ln (ȡ
* F,i,E * F,i,A
− ȡ F,i ,A − ȡ F,i ,E
) )
)
(Gleichströmung),
(2.101 )
)
(Gegenströmung).
( 2.102 )
Das Vermischungsverhalten z.B. einer realen Blasensäule liegt zwischen den beiden idealen Reaktortypen, was u.a. von der Strömungsführung, dem Gasgehalt und dem Höhen/DurchmesserVerhältnis des Reaktors abhängig ist. Eine etwas bessere Beschreibung des Konzentrationsprofils entlang der Reaktorhöhe kann mit dem axialen Dispersionsmodells (ADM) erreicht werden. Die vollständige Lösung und die Randbedingungen zur Berechnung des Konzentrationsprofils ȡF,i(z) entlang der Reaktorhöhe sind [Lan68; Dec74] zu entnehmen. Ebenso beeinflussen Verunreinigungen und oberflächenaktive Substanzen den Stofftransport wie auch das Aufstiegsverhalten von Gasblasen in destilliertem Wasser und in Leitungswasser [Aib64, Dec85, Fan90, Bis91]. Diese Einflussnahme zeigt Abbildung 2.26 anhand von experimentellen Untersuchungen von Bischof et. al. [Bis91, Bis93] zum Stofftransport mit destilliertem Wasser, Leitungswasser, oberflächenaktiven Substanzen und Abwasser mit inaktiver Biomasse, wobei der Stoffübergangskoeffizient mit zunehmender Verunreinigung erheblich abnimmt. Außerdem haben diese Autoren den Einfluss der Kontaktzeit zwischen Gasblase und Flüssigkeit auf den Stofftransport an Einzelblasen mit Äquivalentdurchmessern zwischen 0,9 mm bis 2,3 mm in ruhender Flüssigkeit untersucht (s. Abb. 2.26) und ermitteln ein exponentiell abnehmenden Stoffübergangskoeffizienten in Abhängigkeit von der Kontaktzeit.
2 Stand des Wissens
43
0,0012
destilliertes Wasser
Stoffübergnagskoeffizient β F / ms
-1
Leitungswasser 0,0010
oberflächenaktive Substanzen Abwasser
0,0008 0,0006 0,0004 0,0002 dä=2.3 mm 0,0000 0
50
100
150
200
Steighöhe der Blase / cm
Abbildung 2.26: Stoffübergangskoeffizienten in Abhängigkeit der Steighöhe von Blasen und der Verunreinigung der kontinuierlichen Phase (Wasser) [Bis91, Bis93] Im Vergleich zu den zahlreichen integralen Untersuchungen existieren nur wenige Arbeiten, die sich mit lokalen Untersuchungen des Stofftransports in Gas-Flüssig-Systemen befassen. Zudem wurden diese Untersuchungen meist an ortsfixierten Einzelblasen und unter wenig praxisrelevanten Bedingungen durchgeführt. Zur Gewinnung detaillierter Kenntnisse über die vorherrschenden, meist instationär ablaufenden, lokalen Stofftransportprozesse sind experimentelle Untersuchungen zum Stofftransport in der direkten Umgebung (Phasengrenzfläche, Wirbelschleppe) erforderlich. Erst die beachtlichen Weiterentwicklungen von optischen Messtechniken eröffnen neue Möglichkeiten zur weiteren Aufklärung des fundamentalen Verständnisses über den örtlichen Stofftransport an Gasblasen.
2.3.5 Lokale Stofftransportphänomene in der Umgebung von Gasblasen Lokale Stoffaustauschphänomene können grob in zwei Bereiche untergliedert werden. Während die Wechselwirkungen an der Phasengrenze im mikroskopischen Maßstab ablaufen, treten Wechselwirkungen zwischen der aufsteigenden Gasblase und der Wirbelschleppe im mesoskopischen Maßstab auf. Derzeitige Kenntnisse zu den Phänomenen an der Phasengrenze sind hauptsächlich mit Hilfe der numerischen Simulation unter sehr vereinfachten Annahmen entstanden. Dagegen weisen die wenigen experimentellen Untersuchungen zum Stofftransport an der Phasengrenze einer Gasblase durch eine relativ geringe Praxisrelevanz auf. Dennoch haben die theoretischen und experimentellen Ergebnisse einen erheblichen Beitrag zum fundamentalen Verständnis des Stofftransports an Gasblasen geleistet und sollen daher im Folgenden beschrieben werden. Oellrich et al. [Oel73] untersuchte den stationären Stoffaustausch zwischen einer formstabilen Kugelblase und der umgebenden Flüssigkeit analytisch. Abbildung 2.27 zeigen Konzentrationsschleppen hinter einem kugelförmigen Partikel. Darin sind Linien konstanter dimensionsloser Konzentrationen ξF (vgl. Gl. 2.74) in Abhängigkeit der dimensionslosen radialen Koordinate r* (vgl. Gl. 2.73)
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
44
und des Winkels ș eingezeichnet. In der vorderen Umgebung des Staupunktes zeigt sich eine Konzentrationsschicht, die mit zunehmender Reynolds-Zahl dünner wird und mit zunehmenden Winkel ș anwächst. Auf der Abströmseite des Partikels bildet sich eine ausgeprägte Konzentrationsschleppe aus, die mit zunehmender Reynolds-Zahl größer wird. Je beweglicher die Phasengrenzfläche ist, um so ausgeprägter sind die zuvor beschriebenen Effekte. w Re = 10 Sc = 10
w Re = 40 Sc = 10
Abbildung 2.27: Linien konstanter Konzentrationen ȟF um eine kugelförmige Gasblase mit verschiedenen Reynolds-Zahlen [Oel73] Die daraus berechneten örtlichen Sherwood-Zahlen Shθ über den Umfangswinkel θ einer Blase sind in Abbildung 2.28 dargestellt. Aus den Verläufen der Kurven geht hervor, dass die örtlichen Sherwood-Zahlen auf der Anströmseite (θ=0°) erheblich größer sind als auf der Abströmseite (θ=180°). Mit zunehmender Reynolds-Zahl nimmt die örtliche Sherwood-Zahl Shș auf der Anströmseite zu, in der Umgebung des hinteren Staupunktes aber ab. Letzteres ist auf die mit zunehmender ReynoldsZahl verlängerte Konzentrationsschleppe zurückzuführen [Oel73]. Gläser und Brauer [Gä77] haben diesen Untersuchungsansatz weiterentwickelt und den Stofftransport durch die Phasengrenzfläche einer formveränderlichen Einzelblase betrachtet. Formänderungen der Phasengrenzfläche rufen im Gas und in der Flüssigkeit regellose Bewegungen hervor, die unter dem Begriff Deformationsturbulenz zusammengefasst sind und im turbulenten Austauschkoeffizienten İmol (vgl. Gl. 2.54) Berücksichtigung finden. Folgende Gleichung wurde für den bezogenen turbulenten Austauschkoeffizienten ermittelt
(
)
İ mol r* − 1 = 3.34 ⋅ 10 − 5 Re1.45 Sc . Di r* 6
( 2.103 )
Abbildung 2.29 zeigt für verschiedene Reynolds- und Schmidt-Zahlen den so berechneten turbulenten Austauschkoeffizienten in Abhängigkeit von der dimensionslosen radialen Koordinate r*. An der Blasenoberfläche r*=1 ist der Austauschkoeffizient gleich Null und steigt dann zunächst steil an, bevor nach Erreichen eines Maximums dieser exponentiell abnimmt.
2 Stand des Wissens
örtliche Sherwood-Zahl Shθ / -
45
Umfangswinkel θ / °
bez. turbulenter Ausgleichskoeffizient εmol/Di / -
Abbildung 2.28: Örtliche Sherwood-Zahlen für kugelförmige Gasblasen in Abhängigkeit vom Umfangswinkel bei verschiedenen Reynolds-Zahlen [Oel73]
radiale Koordinate r* / Abbildung 2.29: Bezogener turbulenter Austauschkoeffizient in Abhängigkeit der radialen Koordinate der Schmidt-Zahl Sc und Reynolds-Zahl Re [Hon84] In konsequenter Weiterführung der Arbeiten wurde auch der instationäre Stoffaustausch zwischen formdynamischen Gasblasen und Flüssigkeit durch Hong und Brauer [Hon84] untersucht und als örtliche dimensionslose Konzentrationen ȟ in Abhängigkeit von der radialen Koordinate r* und der Fourier-Zahl Fo betrachtet (s. Abb. 2.30). Hierbei zeigen sich keine Unterschiede im örtlichen Konzentrationsverlauf auf der vorderen und hinteren Staupunktgeraden bei kleinen Fourier-Zahlen. Der Stofftransport ist für sehr kurze Kontaktzeiten unabhängig vom Bewegungszustand der die Blase umgebenden Flüssigkeit und unabhängig vom Umfangswinkel. Mit wachsender Fourier-Zahl vergrößert sich der Einfluss des konvektiven Stofftransports. In der Umgebung des vorderen Staupunkts (ș=0°) wird eine dünne Konzentrationsgrenzschicht durch die der Diffusion entgegengerich-
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
46
örtliche Konzentration ξ / -
teten Konvektion entwickelt, so dass sich ein sehr steiler Konzentrationsgradient einstellt. Die Grenzschichtdicke wächst mit größer werdendem Umfangswinkel und auf der Rückseite der Blase (ș=180°) reichert sich die Übergangskomponente in der Konzentrationsschleppe mit der Zeit an [Hon84].
radiale Koordinate r* / Abbildung 2.30: Örtliche Konzentrationen ȟ in Abhängigkeit von der radialen Koordinate r* und der Fourier-Zahl Fo für Re=200, Sc=500, He=10 [Hon84] Obwohl Brander [Bra93] in einer theoretisch-numerischen Arbeit am Beispiel eines Wassertropfens in Luft die Umströmung eines fluiden kugelförmigen Partikels mit beweglicher Phasengrenzfläche aber ohne Formschwingung sowie dessen instationären Stofftransport untersucht hat, sind die hieraus gewonnenen Ergebnisse von Bedeutung. Anhand der berechneten Konzentrationsfelder wurde der Einfluss der Wirbelausbildung innerhalb und außerhalb des Tropfens verdeutlicht, wobei angenommen wird, dass der Widerstand gegen den Stofftransport ausschließlich im Tropfen liegt. Aufgrund des auf der Rückseite des Tropfens befindlichen Wirbels sind im Vergleich zum vorderen Staupunkt die Geschwindigkeiten stark herabgesetzt, welches den Stoffübergang beeinträchtigt. Für den instationären Konzentrationsausgleich im Wassertropfen lässt sich feststellen, dass die innere Zirkulation bei höheren Werten der Reynolds-Zahl für einen bestimmten Zeitraum den Stoffübergang verbessert, obwohl die Zirkulationsgeschwindigkeiten im Tropfen gegenüber der Anströmgeschwindigkeit klein ist. Dennoch ist der Einfluss der Konvektion auf den instationären Stofftransport relativ gering, so dass ein Zustand der periodischen Erneuerung der Phasengrenzfläche angestrebt werden sollte. Untersuchungen des lokalen Stofftransports an Einzelblasen mittels der direkten numerischen Simulation (DNS) stehen erst seit kurzem und nur in sehr begrenztem Umfang zur Verfügung, wofür sowohl das Strömungsfeld als auch das Konzentrationsfeld durch Anwendung der NavierStokeschen Gleichung berechnet werden müssen. Die direkte Kopplung beider Phasen berücksichtigt auch deren Wechselwirkungen. So gelingt es z.B. Bothe und Koebe [Bot03, Koe04] lokale Konzentrationsfelder an formdynamischen Gasblasen mittels der Volume-of-Fluid-Methode (VOF) auf einem leistungsstarken Parallelrechner zu berechnen. Hiermit lässt sich das Strömungsfeld und Bewegungsverhalten der Blase sowie das Konzentrationsfeld (s. Abb. 2.31) örtlich und zeitlich dreidimensional hoch auflösen.
2 Stand des Wissens
47
Abbildung 2.31: Direkte numerische Simulation eines Sauerstoffkonzentrationsfeldes hinter einer Luftblase (dä=8mm) in Wasser (fixiert mittels einer Gegenströmung) [Bot03, Koe04] Die o.g. Autoren stellen eine gute qualitative Übereinstimmung der Konzentrationsverteilung in der Wirbelschleppe mit experimentellen Daten [Bor00] der vorliegenden Arbeit fest. Dagegen zeigen sich beim quantitativen Vergleich größere Differenzen zwischen numerisch bestimmten SherwoodZahlen und experimentellen Daten, welches auf die zu grobe Diskretisierung des Rechengitters zurückzuführen ist. Khinast [Khi01, Khi03] hat numerische Simulationen zum Einfluss der Wirbelschleppe auf die Selektivität von schnellen Gas-Flüssig Reaktionen durchgeführt. Er weist ausdrücklich daraufhin, dass zu dieser Thematik jegliche experimentellen Untersuchungen fehlen und somit ein großer Bedarf an Messdaten besteht. Zwar basieren seine Untersuchungen nur auf einem 2D Modell, da er aber kugelförmige und ellipsoide Gasblasen mit geradlinigem Aufstieg untersucht und im ersten Schritt keine exakte Beschreibung der Blasenbewegung anstrebt, sind die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu den auftretenden Phänomenologien trotzdem von sehr großem Interesse. Hierbei stellt der Autor fest, dass die lokale Vermischung in der Mesoskala (Wirbelschleppe) von entscheidender Bedeutung für die Selektivität von komplexen Reaktionen ist. Verschiedene Verweilzeiten von Flüssigkeitselementen auf der Anströmseite und in der Wirbelschleppe führen zu verschiedenen Reaktionsprodukten. Die Rezirkulation von Fluidelementen in der Wirbelschleppe kann einen Transportwiderstand der Reaktanden zur Folge haben. Eine Wirbelschleppenablösung verursacht ein anderes Mischverhalten als geschlossene Wirbelschleppen und somit eine unterschiedliche Produktausbeute in Hinsicht auf vermischungssensitive Reaktionen. Damit nimmt die Blasengröße und –form als Auslegungsparameter eine entscheidende Rolle bei der Konstruktion, der Prozessführung und dem Scale-up ein. Wie bereits erwähnt begrenzen sich die derzeit zur Verfügung stehenden experimentellen Daten im Wesentlichen auf Untersuchungen an fixierten und daher nicht praxisrelevanten umströmten Blasen. Riethues et al. [Rie86] führte mittels Sauerstoff-Mikroelektroden eine Vermessung von Konzentrationsverläufen an Gasblasen durch. Hierbei wurden einzelne Luftblasen mit einer Drahtspirale fixiert und von einer Flüssigkeit angeströmt, so dass es erstmals möglich war, Grenzschichtdicken am vorderen Staupunkt der Blase experimentell zu bestimmen. Die so ermittelten Konzentrations-
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
48
örtliche Konzentration ξ / -
verläufe zeigen mit zunehmender Flüssigkeitsgeschwindigkeit einen steileren Verlauf (s. Abb. 2.32). Aufgrund der Fixierung der Blase ist eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf praxisrelevante Systeme nur sehr begrenzt.
radiale Koordinate r* / Abbildung 2.32: Sauerstoffkonzentrationsprofile am vorderen Staupunkt von angeströmten, fixierten Gasblasen [Rie86] Paaschen [Paa98] hat experimentelle Untersuchungen zum lokalen Stoffübergang an ellipsoiden Luftblasen mit einem Äquivalentdurchmesser zwischen 4mm bis 8mm in wässrigen Lösungen mittels Glasfaser-Fluorimeter und Laser-Lichtschnitttechnik durchgeführt. So fixierte er die Gasblase mittels einer Gegenströmung in einem konischen Reaktor örtlich und untersucht die Konzentrationsschleppe punktuell. Paaschen weist daraufhin, dass diese Vorgehensweise nur für ideal durchmischte Konzentrationsschleppen anwendbar ist. Aus diesen Untersuchungen lässt sich ein entscheidender Einfluss der Umströmung einer Gasblase und dessen Deformation auf den Stoffübergang ableiten. Untersuchungen zur Visualisierung von Konzentrationsfeldern an ortsfixierten und aufsteigenden formstabilen Sauerstoffblasen in ruhender Flüssigkeit führte Roy et. al [Roy00, Roy04] durch. Hierbei wurde der Einfluss von oberflächenaktiven Substanzen untersucht, wobei mit zunehmender Konzentration der oberflächenaktiven Substanz (Triton X-100) eine Abnahme des lokalen und mittleren Konzentrationsgradienten an der Phasengrenzfläche der Gasblase festgestellt wird. Konzentrationsfelder an frei aufsteigenden CO2-Blasen mit Äquivalentdurchmessern zwischen 10mm bis 20mm visualisierte qualitativ mittels laserinduzierter Fluoreszenzmesstechnik unter Anwendung eines pH sensitiven Fluoreszenzfarbstoffs Tsuchiya et al. [Tsu03]. Hieraus konnte eine Abhängigkeit der am Ablösepunkt abtransportierten Übergangskomponente von der Wirbelschleppenausbildung beobachtet werden.
2.3.6 Stofftransportmodelle für Gas-Flüssig-Systeme Ein häufig zur Anwendung kommender Modellierungsansatz ist die Zweifilm-Theorie, bei der ein vereinfachter Konzentrationsverlauf an der Phasengrenzfläche angenommen wird (s. Abb. 2.33).
2 Stand des Wissens
49
ρG,i ρG,i*
δG
ρF,i* δF
ρF,i
Abbildung 2.33: Stofftransport nach der Zweifilm-Theorie [Dec85] Zu beiden Seiten der Phasengrenzfläche bildet sich eine laminare Grenzschicht aus, die als Hauptwiderstand des Stofftransports aufzufassen ist, d.h. dass in diesen Grenzschichten keine Durchmischung stattfindet und der Stofftransport allein durch Diffusion erfolgt. Im Kern der Gas- und Flüssigphase führen konvektive Fluidbewegungen einen schnellen Konzentrationsausgleich herbei. An der Phasengrenze liegt zu jedem Zeitpunkt ein Gleichgewicht vor und es gilt das Henry‘sche Gesetz [Dec85, Gme96]. Beim Stofftransport von der Gas- in die Flüssigphase diffundiert eine Komponente i zunächst durch die Grenzschicht δG bis zur Phasengrenze und von dort durch die zweite Grenzschicht δF. Die Triebkräfte des Stofftransports zur Absorption des Gases entsprechen den Konzentrationsdifferenzen zwischen dem Kern der Phasen und der Phasengrenze. Zur Berechnung des molekularen Stofftransports innerhalb der laminaren Grenzschicht kommt das 1. Ficksche Gesetz zur Anwendung. Der flüssigkeitsseitige Stoffübergangskoeffizient wird somit gemäß dȡ F D ȕ F = * dx = F įF ȡ F − ȡ F,∞ −D
( 2.104 )
berechnet [Dec85]. Die in der Zweifilm-Theorie getroffene Annahme eines laminaren Grenzfilms der Dicke δ an der Phasengrenzfläche stellt gegenüber realen Gas-Flüssig-Systemen eine grobe Vereinfachung dar, da Bewegungen oder sogar Turbulenzen der Phasengrenzflächen ausgeschlossen sind. Higbie [Hig35] hat für den instationären Stofftransport unter Berücksichtigung des Queraustausches von Fluidelementen das Penetrations-Modell aufgestellt (s. Abb. 2.34). So erfolgt zum Zeitpunkt t=t0 ein Transport eines Fluidelements aus der Kernströmung an die Phasengrenzfläche und verweilt dort bis zur Zeit t=t1, wobei während der mittleren Verweildauer tm die Diffusion einer Gaskomponente i in die-
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
50
ses Fluidelement stattfindet. Der Rücktransport des Fluidelements in die Kernströmung findet zum Zeitpunkt t=t1 statt.
Abbildung 2.34: Darstellung der mittleren Verweilzeit tm eines Fluidelements an der Phasengrenzfläche im Penetrations-Modell nach Higbie [Dec85] Unter der vereinfachenden Annahme einer Vernachlässigung der konvektiven Terme und einer für alle Fluidelemente gleichen mittleren Verweilzeit tM gilt für den Stofftransport
∂ȡ F ,i ∂t
= DF,i ⋅
∂ 2 ȡ F ,i ∂x 2
,
( 2.105 )
mit den Anfangs- bzw. Randbedingungen ȡ F,i = ȡ F,i,∞ für t = t 0 und x ≥ 0 ,
( 2.106 )
ȡ F,i = ȡ*F,i für t > 0 und x = 0 und
( 2.107 )
ȡ F,i = ȡ F,i,∞ für t > 0 und x → ∞ .
( 2.108 )
Durch Integration von Gleichung 2.105 ergibt sich die Massenstromdichte m F ,i = 2 ⋅
(
DF,i
⋅ ȡ*F ,i − ȡ F ,i ,∞
ʌ ⋅ tM
)
( 2.109 )
und für den Stoffübergangskoeffizienten βF ȕF = 2 ⋅
DF,i
ʌ ⋅ tM
.
( 2.110 )
Die Berechnung der mittleren Verweilzeit tM erfolgt nach Higbie aus dem Verhältnis von Blasendurchmesser dB zu Relativgeschwindigkeit wr gemäß
d tM = B , wr
( 2.111 )
2 Stand des Wissens
51
wobei sich für den Stoffübergangskoeffizienten βF eine Funktion der Relativgeschwindigkeit sowie der Reynolds- und Schmidt-Zahl gemäß ȕ F = 1,13 ⋅ wr ⋅
D F,i
ȞF
⋅
ȞF 1 = 1,13 ⋅ wr ⋅ . Re Sc d B ⋅ wr
( 2.112 )
ergibt. Toor und Machello [Tor58] haben die Zweifilm- und Penetrationstheorie zusammengefasst, indem die Randbedingung in Gleichung Gl. 2.108 durch ȡ F,i = ȡ F,i,∞ für t > 0 und x → λ
( 2.113 )
ersetzt wird, so dass die Konzentration ρF,i in der Flüssigphase bereits in endlichem Abstand Ȝ den konstanten Wert ρF,i,∞ annimmt. In Abbildung 2.35 wird die so berechnete Massenstromdichte auf das Ergebnis der Filmtheorie bezogen und als Funktion der dimensionslosen Verweilzeit aufgetragen. Für kleine Zeiten t<<Ȝ2/D übt die Grenzflächenerneuerungstheorie und für große Zeiten t>>Ȝ2/D das Zweifilm-Modell einen dominierenden Effekt aus. Danckwerts [Dan51] ersetzte die von Higbie festgelegte mittlere Verweilzeit tM durch eine Verweilzeitverteilungsfunktion
ij(t)=s e-st
( 2.114 )
mit s dem Erneuerungsfaktor, d.h. die pro Zeiteinheit neu gebildete Austauschfläche dividiert durch die Gesamtfläche. Für den Stoffübergangskoeffizienten folgt hieraus ȕ F = DF,i s .
( 2.115 )
Abbildung 2.35: Vergleich der Zweifilm-Theorie mit dem Grenzflächenerneuerungs-Modell [Dec85] Redfield und Houghton [Red65, Red67] erweiterten die Gleichung 2.110 um die tangentiale Geschwindigkeitskomponente der kontinuierlichen Phase an einer Einzelblase und stellen folgende Gleichung für den Stofftransport an Gasblasen auf
2.3 Stoffaustausch in Blasenströmungen
52
ȕF =
2 ʌ
1/ 2
ª§ 2.89 · DF,i º ¸⋅ «¨1 − » Re ¹ tM ¼ ¬©
für 100 < Re < 5000,
( 2.116 )
in der die Zeit tM ebenfalls mittels Gleichung 2.111 ermittelt wird. Ist die Reynolds-Zahl größer 1000, dann geht Gleichung 2.116 in Gleichung 2.110 über. Tsuchiya et al. [Tsu99, Tsu01] ergänzen Gleichung 2.116 um einen Retardationsfaktor fR gemäß ȕF =
2 ª§ 2.89 · DF,i ⋅ f R º «¨¨1 − » ¸¸ ⋅ t Re ¹ ʌ ¬© M ¼
1/ 2
,
( 2.117 )
der ein Maß für die Beweglichkeit der Phasengrenzfläche kleiner Blasen ist. Nach Kawase et. al. [Kaw92] drückt dieser Faktor das Verhältnis von Kontaktzeit eines Fluidelements an einer beweglichen zu einer festen Oberfläche aus und kann nach Tsuchiya [Tsu97] gemäß
ª § d ·º ½ log f R = 0.5®tanh «3.9 ⋅ log ¨ ä ¸» − 1¾ © 0.87 ¹¼ ¿ ¬ ¯
für 0.4 mm < dä < 3 mm
( 2.118 )
(dä > 3 mm Æ fR=1) berechnet werden. Um den Einfluss der Blasenoszillation auf den Stofftransport zu berücksichtigen, haben Tsuchiya et al. [Tsu03] in Gleichung 2.117 eine Amplitude Aβ gemäß 1/ 2
ª º § 6 · 4 2 2.89 · ¨ Aβ − 19 ⋅ Aβ − 13 ⋅ Aβ − 1 ¸ DF,i ⋅ f R » 2 «§ 1 ⋅ ⋅ ȕF = ¨ − ¸ ( 2.119 ) ¸ ¨ ¸ ¨ » 3 3 tM Re ¹ ¨ ʌ «© ¸ A 1 A 1 − ⋅ + «¬ » β β © ¹ ¼ eingeführt, die auf einem Modellansatz von Szeri [Sze97] beruht, der den Stoffaustausch zwischen Luft und der Meeresoberfläche analysiert hat. Die auftretenden Täler und Kronen an der Meeresoberfläche können mit Kapillarwellen und deren Distanz mit einer Amplitude Aȕ modelliert werden. Die in der unmittelbaren Nähe der Phasengrenze vorliegende Turbulenz führt zu einem nichtlinearen Konzentrationsprofil entlang der Phasengrenze und somit zu einem erhöhten Stofftransport. Aus den experimentellen Untersuchungen zum Stofftransport an CO2-Gasblasen mit Äquivalentdurchmessern 10 mm < dä < 20 mm von Tsuchiya et al. [Tsu03] wird eine konstante dimensionslose Amplitude Aȕ§0.35 ermittelt.
(
) (
)
Aufbauend auf den Grenzflächenerneuerungsmodellen sind verschiedene Turbulenzmodelle zur Berechnung von flüssigkeitsseitigen Stoffübergangskoeffizienten entwickelt worden (s. Tab. 2.3). Abbildung 2.36 zeigt die so berechneten Stoffübergangskoeffizienten ȕL abhängig vom Effektivwert der Schwankungsgeschwindigkeit ueff’. Mit Hilfe eines Zwei-Bereichs-Modells lassen sich die von den Autoren ermittelten Messergebnissen am besten beschreiben, wonach bei hohen Schwankungsgeschwindigkeiten das Modell nach Levich zur Berechnung des Stoffübergangskoeffizienten wenig geeignet ist [Mer88]. Das Mikrowirbelmodell in Gleichung 2.121 (s. Tab. 2.4) nach Lamont und Scott [Lam70] postuliert, dass der flüssigkeitsseitige Stoffübergangskoeffizient mit der vierten Wurzel aus der lokalen spezifischen Leistung İ sowie mit der Wurzel aus dem Diffusionskoeffizienten ansteigt. Die hierfür benötigte lokale spezifische Leistung İ kann gemäß
2 Stand des Wissens
53
2.75 İ = 0.16 Re DR
Ȟ3 DR4
( 2.120 )
berechnet werden, wobei DR dem Reaktordurchmesser und ReDR der mit der Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit und dem Reaktordurchmesser gebildete Reynolds-Zahl entspricht. Im Gegensatz zu den anderen in Tabelle 2.3 aufgeführten Turbulenzmodellen ist dieses Modell durch experimentelle Untersuchung an Gasblasen in turbulenten Rohrströmungen validiert worden. Die weiteren Modelle folgen aus Untersuchungen zur Absorption u.a. in offenen Kanälen und Strahldüsen. In dem Makrowirbelmodell nach Fortescue and Pearson [For67] (s. Gl. 2.122) verhält sich der flüssigkeitsseitige Stoffübergangskoeffizient proportional der Wurzel aus der effektiven Schwankungsgeschwindigkeit weff’ und dem Diffusionskoeffizienten Di sowie umgekehrt proportional zur Wurzel aus der Größe eines Makrowirbels ȁf. Gleichung 2.123 zeigt das Zwei-Bereichs-Modell nach Theofanous, Houze und Brumfield [The76], welches sowohl für Makro- wie auch für Mirkowirbel gültig ist. Dieses Modell unterscheidet sich zum Makrowirbelmodell nach Fortescue and Pearson [For67] durch den Faktor f vor der Wurzel, der von der dimensionslosen Kontaktzeit der Wirbel an der Phasengrenze abhängt. Schließlich stellen Levich bzw. Davies [Lev62, Dav72]das Wirbeldiffusionsmodell (s. Gl. 2.124) auf, wobei Ȝ die Dicke der turbulenten Dämpfungsschicht darstellt [Mer88].
Abbildung 2.36: Stoffübergangskoeffizienten abhängig von der mittleren Schwankungsgeschwindigkeit nach verschiedenen Turbulenzmodellen [Mer88] Zusammenfassend kann festgehalten werden , dass die von Higbie getroffenen Annahmen zur Lösung der Differentialgleichung und zur Berechnung der mittleren Verweilzeit tM zu einer Gleichung für den flüssigkeitsseitigen Stoffübergangskoeffizienten (s. Gl. 2.110) führt, die physikalisch nachvollziehbar ist. Dies gilt ebenso für die von Redfield und Houghton aufgestellte Gleichung 2.116. Dagegen lässt sich die Erweiterung dieser Gleichung mit einem Retardationsfaktor und einer Amplitude zwar nachvollziehen und führt sicherlich zu exakteren flüssigkeitsseitigen Stoffübergangskoeffizienten für Einzelblasen, ist aber letztendlich nur eine Anpassung. Wie auch bei den empirischen Korrelationen für den Stofftransport wurden auch bei den oben aufgeführten Stofftransportmodellen die Einflussgrößen der Kontaktzeit zwischen Gasblase und Flüssigkeit (Fourier-Zahl), des Konzentrationssprungs (Henry-Zahl), der Schwarmturbulenz und des Wirbelschleppeneffektes nicht in Form von dimensionslosen Kennzahlen berücksichtigt (ausgenommen Gl. 2.121 – 2.124). Aufgrund
2.4 Zusammenfassung – Stand des Wissens -
54
der z.T. relativ großen Abweichungen von Sherwood-Zahlen unter Anwendung von bisher veröffentlichten empirischen Korrelationen und Modellen für den Stofftransport besteht weiterhin eine große Nachfrage an modifizierten oder neuen Gleichungen zur Berechnung des flüssigkeitsseitigen Stoffübergangskoeffizienten für die Auslegung von Gas-Flüssig-Reaktoren. Tabelle 2.3: Turbulenzmodelle zur Berechnung des flüssigkeitsseitigen Stoffübergangskoeffizienten [Mer88] Mikrowirbel [Lam70] ȕ F = 0.4 4
Makrowirbel [For67] ȕ F = 1.46
İDi2 ȞF ' weff Di
ȁf
Makro-und Mikrowirbel [The76]
' weff Di
ȕ F = 1.07 f
Wirbeldiffusion [Lev62, Dav72]
ȕ F = 0.32
2.4
ȁf
w'eff Di Ȝ
( 2.121 )
( 2.122 )
( 2.123 )
( 2.124 )
Zusammenfassung - Stand des Wissens -
Damit ist der Stand des Wissens zum Stoffaustausch zwischen Gasblase und Flüssigkeit im Wesentlichen dargestellt, woraus deutlich wird, dass in der Vergangenheit eine Vielzahl von integralen Untersuchungen zum Stofftransport in Blasenströmungen durchgeführt wurden, diese aber häufig zu widersprüchlichen oder stark differierenden Ergebnissen führten und eine Maßstabübertragung nur unbefriedigend ermöglichen. Als Ursache hierfür kann eine unzureichende Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen Hydrodynamik und Stofftransport innerhalb der untersuchten Reaktoren angesehen werden, da die bisher in der Literatur beschriebenen experimentellen Untersuchungen zum lokalen Stofftransport meist an ortsfixierten Einzelblasen und unter wenig praxisrelevanten Bedingungen durchgeführt wurden. So werden in den bekannten Auslegungsgleichungen die Schwarmeinflüsse, lokale Phänomene wie z.B. die Wirbelschleppenausbildung und weitere bekannte Einflussgrößen nur in Form von Anpassungsparametern berücksichtigt. Des Weiteren kommen häufig zur Bestimmung des axialen treibenden Konzentrationsprofils entlang der Reaktorhöhe Vermischungsmodelle zur Anwendung, die die realen Vermischungszustände nur sehr begrenzt abbilden können. Daher erfolgt die Auslegung von Blasensäulen mit großen Sicherheitszuschlägen, die aber im Widerspruch zu der heute geforderten nachhaltigen Produktion mit hohen Ausbeuten und Selektivitäten steht. Ein großes Interesse an verbesserten Stofftransportmodellvorstellungen, welche lokale Wechselwirkungen zwischen den Phasen detailliert beschreiben, besteht auch für die numerische Simulation, um in Zukunft eine gesichertere rechnergestützte Auslegung von Stoffaustauschapparaten zu ermöglichen.
2 Stand des Wissens
55
Hieraus ergibt sich ein großes Interesse an detaillierten Kenntnissen über die vorherrschenden, meist instationär ablaufenden lokalen Stofftransportprozesse, wozu experimentelle Untersuchungen über die in der unmittelbaren Umgebung von Gasblasen, den sogenannten Wirbelschleppen, ablaufenden Transportphänomene erforderlich sind. Hierfür bietet sich die laserinduzierte Fluoreszenzmesstechnik an, um mit der quantitativen Vermessung von Konzentrationsfeldern und der Ermittlung von lokalen Massenströmen eine Analyse von Stofftransportmechanismen zu ermöglichen. Der aufgezeigte Bedarf einer experimentellen Analyse und Modellierung des lokalen Stofftransports in Blasenströmungen stellt somit eine wesentliche Motivation der vorliegenden Arbeit dar, wobei der Wirbelschleppenausbildung eine besondere Bedeutung beigemessen wird.
56
3
3.1 Versuchsaufbau zur Analyse des lokalen Stofftransports an Gasblasen unter Schwarmbedingungen
Versuchsanlagen und -durchführung
Zur Untersuchung des lokalen Stofftransports an Gasblasen mit Sauerstoff als übergehende Komponente kommen zwei Versuchsanlagen unterschiedlichem Maßstabs unter Einsatz verschiedener Messtechnik zur Anwendung. Hierdurch können lokale Wechselwirkungen differenziert erfasst und eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Anlagen im großtechnischem Maßstab gewährleistet werden. Die am Laborströmungskanal durch die Verwendung optischer Messtechniken und bildanalytischer Vermessung von Teilphänomenen gewonnenen Erkenntnisse des lokalen Stofftransports an Gasblasen werden in einer Blasensäule, im halbtechnischem Maßstab, mit Hilfe eines faseroptischen Sauerstoffsensors hinsichtlich ihrer Auswirkung auf den Stofftransport in praxisrelevanten Zweiphasenströmungen überprüft und erweitert. Die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Versuchsanlagen dienen der Untersuchung des lokalen Stofftransports an Gasblasen unter Schwarmbedingungen und an Blasenschwärmen mit variablem Gasgehalt in Abhängigkeit des Blasendurchmessers und der Viskosität. 3.1
Versuchsaufbau zur Analyse des lokalen Stofftransports an Gasblasen unter Schwarmbedingungen
Ziel der experimentellen Untersuchung ist die Aufklärung der lokalen Wechselwirkungen zwischen einer veränderten Anströmung und Form/Bewegung von Gasblasen auf den Stofftransport. Für lokale Messungen kommt hierbei ein Strömungskanal im Labormaßstab zur Anwendung, der die optische Vermessung von Konzentrationsverteilungen im Nachlaufgebiet einer Blase unter Schwarmbedingung ermöglicht. Diese Schwarmbedingungen lassen sich durch den Einbau eines fixierten Partikelgitters erzeugen. 3.1.1 Laborströmungskanal zur Untersuchung des lokalen Stofftransports Der Aufbau und die Funktion der Versuchsanlage, bestehend aus einer geschlossenen Absorptionsund offenen Desorptionskolonne, ist aus Abbildung 3.1 zu ersehen. Die Absorptionskolonne (Pos. 1), welche im Gleich- und Gegenstrom betrieben werden kann, und die Desorptionskolonne (Pos. 2) werden aus einem gemeinsamen Vorratsbehälter (Pos. 3) durch eine frequenzgesteuerte Pumpe (Pos. 4) befüllt. Die im Gegenstrom betriebene Absorptionskolonne besteht aus einem Acrylglasrohr (DR=100 mm) mit einer Einlaufstrecke von L=1 m zur Vergleichmäßigung der Strömung. Im Anschluss geht die Messstrecke in einen quadratischen Querschnitt (dhyd=90 mm) über, wodurch das Einbringen eines parallelen horizontalen Lichtschnitts mit gleichmäßiger Intensitätsverteilung ermöglicht wird. Dieser Reaktorabschnitt besitzt auf der einen Seite einen optischen Kasten (s. Abb. 3.1), so dass Aufnahmen, bei denen eine Kamera nicht orthogonal zum Laserlichtschnitt angeordnet ist, ermöglicht sowie optische Verzerrungen minimiert werden. Die Pumpe P1 (Pos. 4) saugt die Flüssigkeit aus der Desorptionskolonne an und fördert diese in die Absorptionskolonne, um nach Passieren der Einlaufstrecke in die Messstrecke zu gelangen und von hier in die Desorptionskolonne zurück zu strömen. Die Einstellung des Flüssigkeitsvolumenstroms erfolgt mit Hilfe eines induktiven Durchflussmessgeräts (Pos. 7) und der Pumpensteuerung. Das Versuchsmedium wird mit Hilfe des Wärmetauschers (Pos. 5) auf eine Temperatur von T=20 °C eingestellt. Oberhalb der Messstrecke erfolgt die Ermittlung der Gelöstsauerstoffkonzentration (Pos. 10), der Temperatur (Pos. 11) und des Druckes (Pos. 12). Zur Bestimmung des durch verschiedene
3 Versuchsanlagen und -durchführung
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Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeiten variierenden Druckes ist der Reaktor auf Höhe des Dispergierorgans (Pos. 8) und am Kopf mit Manometern (Pos. 9 und 13) ausgerüstet.
Abbildung 3.1: Strömungskanal zur Untersuchung des lokalen Stofftransports an Gasblasen Die in die Absorptionskolonne zu dispergierenden Einzelblasen unterschiedlicher Blasengröße werden mit Hilfe auswechselbarer Glasdüsen oder einem Drehlöffel (Pos. 8) erzeugt. Während die Erzeugung von Einzelblasen mit reproduzierbaren Äquivalentdurchmessern beim Einsatz von Glasdüsen mit unterschiedlichen Düsendurchmessern und mit Hilfe eines Nadelventils (Pos. 14) erfolgt, wird beim Einsatz des Drehlöffels zunächst eine Dosierspritze (Pos. 17) mit einem definiertem Gasvolumen befüllt, bevor es durch eine direkte Zuleitung in den Drehlöffel gespeist wird. Die Entnahme des hier verwendeten Sauerstoff-Helium-Gemisches zur Untersuchung des Stofftransports erfolgt aus einer Gasflasche (Pos. 16). Der Einbau eines Überdruckventils (Pos. 32) am Kopf der Absorptionskolonne verhindert bei Druckschwankungen ein Zerbersten. Des Weiteren ist dort ein Trichter (Pos. 33) installiert, um die Gasblasen aus dem geschlossenen System diskontinuierlich abzuführen (Pos. 19, 20) und Gasproben für die Analyse der Gaszusammensetzung entnehmen zu können (Pos. 21, 22). Zur kontinuierlichen Untersuchung des Stofftransports mit konstanter Gelöstsauerstoffkonzentration in der Kernströmung wird der in die Flüssigkeit eingetragene, gelöste Sauerstoff durch die Zufuhr von Stickstoff (Pos. 24) mit der am Boden der Desorptionskolonne eingebauten Begasungsmembran (Pos. 30) ausgestrippt. Alternativ lassen sich zum Einstellen von Gelöstsauerstoffkonzentrationen verschiedene Sauerstoff-Stickstoff-Gasgemische (Pos. 23-28) der Desorptionskolonne zuführen.
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3.1 Versuchsaufbau zur Analyse des lokalen Stofftransports an Gasblasen unter Schwarmbedingungen
Bereits im vorgehenden wurde darauf hingewiesen, dass der örtliche Stofftransport an Gasblasen unter praxisrelevanten Bedingungen ermittelt werden soll. Dies setzt bei Einzelblasenbetrachtungen eine Hydrodynamik in der Umgebung voraus, die den Bedingungen in Blasenschwärmen entspricht. Die Modulbauweise der Absorptionskolonne ermöglicht daher den Einbau eines Gitters mit fixierten und versetzt angeordneten ellipsoiden Partikeln (s. Abb. 3.2) unterschiedlicher Partikelgehalte in die Messstrecke und induziert stochastische Schwankungsgeschwindigkeiten der flüssigen Phase [Bra82, Sch02]. Dies erzeugt ähnliche Bedingungen wie in realen Gas-Flüssig-Systemen mit hohem Gasgehalt, ohne die optische Zugänglichkeit zu beeinträchtigen. Die Blase bewegt sich durch die sich im Schwarm örtlich verändernden Anströmungsbedingungen. In die Messstrecke werden Gitter mit Partikeläquivalentdurchmessern von dä=10.4 mm und Partikelgehalten von 11% und 18% verwendet. Weiterhin ermöglicht die Modulbauweise eine Untersuchung des Stofftransports an Gasblasen mit unterschiedlichen Kontaktzeiten in der kontinuierlichen Phase.
Abbildung 3.2: Gitter aus ellipsoiden Partikeln in versetzter Anordnung Schlüter [Sch02] hat bereits erste Untersuchungen zum lokalen Strömungsfeld und zur Blasenbewegung mit dem oben beschriebenen Partikelgitter durchgeführt und konnte hierbei nachweisen, dass das durch ein Partikelgitter erzeugte Strömungsfeld dem Geschwindigkeitsfeld innerhalb eines Schwarmes zumindest in seiner Wirkung auf die Partikelbewegung sehr ähnelt. So zeigt sich bei einem Vergleich des Bewegungsverhaltens eines fluiden Partikels im Strömungsfeld mit gitterinduzierter Turbulenz und dem im realen Schwarm, dass die für die Form- und Bewegungsdynamik wesentlichen Merkmale der Schwarmbedingungen zweiphasiger Strömungen durch ein Partikelgitter mit versetzt angeordneten, ellipsoiden Partikeln gut wiedergegeben werden können. Hieraus ergibt sich eine die Realität gut wiederspiegelnde Relativbewegung zwischen dem aufsteigendem fluiden Partikel und dem Strömungsfeld unterhalb des Partikelgitters [Sch02], welche es erstmalig ermöglicht, den Einfluss von Schwarmbedingungen auf den Stofftransport an Gasblasen mittels optischer Messtechniken genauer zu untersuchen. Die Untersuchung des Stofftransports an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen erfolgt mit Hilfe des beschriebenen Versuchsaufbaus unter Festlegung der folgenden Parameter:
3 Versuchsanlagen und -durchführung
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Tabelle 3.1: Parametervariation zur Untersuchung des lokalen Stofftransports an Gasblasen Parameter
Festlegung
System Flüssigphase Gasphase Temperatur Viskosität Flüssigkeitsströmung Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit Blasenäquivalentdurchmesser Partikelgehalt
geschlossen Leitungswasser, wässrige CMC-Lösungen ca. 90 Vol.-% O2 / 10 Vol.-% He T=20 °C 1; 6; 16; 25 mPas Gegenstrom, ohne 0; 3; 8.5 cms-1 3 bis 10 mm 0; 11; 18 Vol.-%
3.1.2 Messtechniken zur Erfassung von Sauerstoffkonzentrationen, Flüssigkeits- und Blasenbewegungen Zur Aufklärung des lokalen Stofftransports an Gasblasen ist es erforderlich, Konzentrationsverteilungen in der Wirbelschleppe von Blasen sowie die Wechselwirkungen zwischen Blasenform und bewegung experimentell zu analysieren. Hierfür eignen sich besonders optische Messtechniken mit örtlich und zeitlich hochauflösenden Kameras, da diese sowohl eine Visualisierung von Teilphänomenen als auch eine quantitative Berechnung von lokalen Sauerstoffmassenströmen ermöglichen. In der vorliegenden Arbeit kommt zur Untersuchung des Stofftransports an Gasblasen die laserinduzierte Fluoreszenzmesstechnik (LIF), Particle Image Velocimetry (PIV) und Particle Tracking Velocimetry (PTV) zum Einsatz. Um die mit LIF ermittelten Massenströme zu verifizieren, wird die Sauerstoffabreicherung aus der Gasphase mit Hilfe der Gaschromatographie (GC) untersucht. 3.1.2.1 Laserinduzierte Fluoreszenzmesstechnik (LIF) zur Erfassung lokaler Konzentrationsfelder Da in den Wirbelschleppen von Gasblasen dynamische, dreidimensionale (3D) Konzentrationsverteilungen und in der Regel keine rotationssymmetrischen Wirbelschleppenformen vorliegen, ist eine optische Messtechnik mit hoher zeitlicher und örtlicher Auflösung zur Erfassung der dreidimensionalen Konzentrationsschleppe erforderlich. Die Vermessung der Konzentrationsverteilungen erfolgt unter Anwendung einer CCD-Hochgeschwindigkeitskamera kombiniert mit einem Lichtschnittverfahren (s. Abb. 3.3). Bei dem angewendeten Messverfahren der laserinduzierten Fluoreszenz (LIF) zur Ermittlung von Sauerstoffkonzentrationsverteilungen werden Elektronen eines gelösten Fluorophors Tris(1,10phenan-throlin)-ruthenium(II)-chlorid aus einem energetischen Grundzustand E0 durch Absorption von Lichtquanten der Wellenlänge λ1 (Exzitation) in einen angeregten Energiezustand E1 gebracht, aus dem sie unter Emission eines Lichtquants der Wellenlänge λ2 in den Grundzustand zurückfallen. Die Lebensdauer der angeregten Moleküle beträgt ca. IJ § 1 μs. Bei Anwesenheit von Sauerstoff in der Lösung ändert sich der Quenching-Prozess derart, dass die angeregten Fluorophor-Moleküle bei einem Zusammenstoss mit Sauerstoffmolekülen ihre Anregungsenergie strahlungslos abgeben. Mit zunehmender Sauerstoffkonzentration verringert sich somit die Intensität des Fluoreszenzlich-
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3.1 Versuchsaufbau zur Analyse des lokalen Stofftransports an Gasblasen unter Schwarmbedingungen
tes. Da bereits eine intensive Untersuchung und die Anwendbarkeit des oben genannten Fluoreszenzfarbstoffs von Paaschen durchgeführt und aufgezeigt wurde, soll daher in dieser Arbeit nicht tiefer darauf eingegangen und auf die Arbeit [Paa98] verwiesen werden.
Abbildung 3.3: Schematische Darstellung der laserinduzierten Fluoreszenzmesstechnik (LIF) und Particle Tracking Velocimetry (PTV) zur Erfassung von Konzentrationsschleppen und des Form- und Bewegungsverhaltens von Blasen Abbildung 3.4 zeigt ein Fluoreszenzspektrum eines Rutheniumkomplexes, welches dem in dieser Arbeit verwendeten Komplexes sehr ähnelt. Hierbei treten im Bereich blauer und grüner Anregungswellenlängen (ca. 450 nm bis 510 nm) hohe Emissionsintensitäten auf. Ein als Lichtquelle verwendeter Multiline Argon-Ionen Laser der Firma Polytec des Typs Lexel 3500 mit einer maximal Leistung von 7,5 Watt und einem Wellenlängenbereich von 450 nm bis 514 nm regt den eingesetzten Fluoreszenzfarbstoff an. Das Aufspannen eines vertikalen oder horizontalen Laserlichtschnitts von ca. 1 mm Breite und 100 mm Höhe erfolgt mit Hilfe einer Lichtschnittoptik (s. Abb. 3.3). Eine Hochgeschwindigkeitskamera (312x256 Pixel; 500 Bilder/s, 8-Bit) mit einem manuellen Weitwinkelobjektiv der Firma Nikon mit einer Brennweite 35mm und einer Lichtstärke von 1:1.4 erfasst die Konzentrationsverteilungen hinter einer Blase. Darüber hinaus minimiert ein spezieller Gelb- und Rotfarbfilter (B+W Filter Nr. 90 und 99) das Fremdlicht. Um ein visuell verzerrungsfreies Bild bei einer nicht orthogonalen Anordnung zwischen Kamera und Lichtschnitt zu erhalten, steht ein Scheinpflugadapter zur Verfügung, der zwischen Kamera und Objektiv montiert ist.
Relative Intensität / %
3 Versuchsanlagen und -durchführung
61
Exzitation Ȝ1 / nm
Emission Ȝ2 / nm Abbildung 3.4: Fluoreszenzspektrum des Rutheniumskomplexes: Tris(4,7-diphenyl-1,10phenanthrolin)-ruthenium(II)-chlorid [Koh95] Für die Festlegung der für die Experimente einzustellenden Laserleistung und Rutheniumkonzentration sind darüber hinaus Untersuchungen zur Rutheniumkonzentration ȡRu, Laserleistung P und Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit wF0 erforderlich (s. Abb. 3.5 und 3.6). Während eine deutliche Einflussnahme der Laserleistung auf den mittleren Grauwert festzustellen ist, beeinflussen die untersuchten Rutheniumkonzentrationen und Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeiten den Grauwert nur geringfügig. Anhand dieser Ergebnisse lassen sich für die Untersuchungen dieser Arbeit folgende Einstellungen festlegen: • ȡRu=20 mg/L, da bei dieser Rutheniumkonzentration die geringsten Standardabweichungen auftreten und • P=5 W, da bei dieser Laserleistung eine maximale Fluoreszenzintensität erreicht wird und somit geringe Abweichungen in der manuell einzustellenden Laserleistung vernachlässigt werden können. Weiterhin bedarf es einen geringeren Zeitaufwand aufgrund des geringeren thermischen Einflusses der internen Laserspiegel zur Einstellung der Laserleistung von P=5W im Vergleich zu höheren Laserleistungen.
3.1 Versuchsaufbau zur Analyse des lokalen Stofftransports an Gasblasen unter Schwarmbedingungen
62
300 0
mittlerer Grauwert Gm / -
wF =8.5 cms 250
-1
ρF,O2=0.1 mgL
-1
200 150 100
rRu=20 mg/L-1 ρRu=20 mgL
50
ρRu=13 mgL rRu=13 mg/L -1 ρRu=6.5 mgL rRu=6.5 mg/L
-1
0 0
1
2
3
4
5
6
7
Laserleistung P / W
Abbildung 3.5: Einfluss der Rutheniumkonzentration auf den mittleren Grauwert Gm in Abhängigkeit der Laserleistung P exemplarisch für eine Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit von wF0=8.5 cm/s 300
mittlerer Grauwert Gm / -
ρRu=20 mgL-1 ρF,O2=0.1 mgL-1
250 200 150
0
wF =0cm/s cms w=0
100
-1
wF0=3cm/s cms-1 w=3 0
wF =8.5 cms w=8.5 cm/s
50
-1
0 0
1
2
3
4
5
6
7
Laserleistung P / W
Abbildung 3.6: Einfluss der Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit auf den mittleren Grauwert Gm in Abhängigkeit der Laserleistung P exemplarisch für eine Rutheniumkonzentration von ȡRu=20 mg/L Des Weiteren können diese Ergebnisse zur Analyse möglicher Einflussnahmen des „Thermal Blooming“ und „Photobleaching“ auf den mittleren Grauwert verwendet werden, wobei diese Ef-
3 Versuchsanlagen und -durchführung
63
fekte nur unter bestimmten Versuchsbedingungen auftreten und wie folgt definiert sind [Wan00a und Wan00b]: • Thermal Blooming resultiert aus einer hohen Wärmeabsorption und einer ansteigenden Temperatur im Messvolumen aufgrund einer zu hohen Laserleistung und Fluoreszenzmittelkonzentration. Dies führt zu einer Änderung der Dichte und somit zu einem Brechungsgradienten. Dieser Effekt kann bei ruhenden oder bei geringen Flüssigkeitsgeschwindigkeiten auftreten [Wan00a]. • Als Photobleaching wird das Phänomen bezeichnet, bei dem die Intensität vom Emissionslicht des Fluoreszenzmittels mit der Zeit abfällt. Dieser Effekt tritt bei zu hoher Laserleistung auf, wobei Photozersetzung oder Zunahme des molekularen kollidierenden Quenching-Prozess ohne Strahlung erfolgt [Wan00a]. Die Effekte Thermal Blooming und Photobleaching können bei den hier eingestellten Versuchsbedingungen ausgeschlossen werden, da die mittleren Grauwerte Gm in Abhängigkeit der Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit wF0 nahezu konstant sind (s. Abb. 3.6) und aus weiteren Vorversuchen eine mit der Zeit abnehmende Intensität des Emissionslichtes nicht festgestellt werden konnte. 3.1.2.2 Particle Image Velocimetry (PIV) und Particle Tracking Velocimetry (PTV) zur Erfassung lokaler Strömungsfelder und lokaler Blasenform und -bewegung Die Analyse des lokalen Stofftransports an Gasblasen erfordert die Untersuchung der Wechselwirkungen zur Blasenform und –bewegung sowie zum Strömungsfeld, wofür die berührungslosen optischen Messtechniken Particle Tracking Velocimetry (PTV) und Particle Image Velocimetry (PIV) mit hoher zeitlicher und örtlicher Auflösung eingesetzt werden. Hiermit werden absolute, lokale Flüssigkeitsgeschwindigkeiten und charakteristische Kennwerte der Blasenform und –bewegung vermessen sowie die für den Stofftransport maßgebende Relativgeschwindigkeit zwischen Gasblase und Flüssigkeit bestimmt. Prinzip der Particle Image Velocimetry (PIV) Zur Untersuchung des lokalen Strömungsfeldes kommt die laseroptische PIV Messtechnik zur Anwendung (s. Abb. 3.7), die eine Visualisierung und Quantifizierung der Flüssigkeitsströmung anhand von Geschwindigkeitsvektoren, Schwankungsgeschwindigkeiten und Schubspannungen ermöglicht. Durch Pulsen eines Laserlichtschnitts werden mittels einer Korrelationskamera zwei aufeinanderfolgende Momentaufnahmen der in der Strömung nahezu trägheitslos mitgeführten Tracerpartikel (dP=10 μm) erfasst. Die einzelnen Partikel weisen in den Momentaufnahmen aufgrund der Strömung eine geschwindigkeitsproportionale Verschiebung auf. Unter Berücksichtigung des zeitlich bekannten Pulsabstandes und des Abbildungsmaßstabes berechnet sich die Strömungsgeschwindigkeit aus der Partikelverschiebung. Als Lichtquelle steht ein gepulster Nd:YAG Laser mit 50 mJ/Puls, einer Pulslänge von ca. 5 ns und einer Wellenlänge von 532 nm zur Verfügung. Der so erzeugte Laserstrahl wird mittels eines Laserarms zur Lichtschnittoptik übertragen, die mit Hilfe eines einstellbaren Öffnungswinkels verschiedene Lichtschnittflächen mit einer Dicke von ca. 1mm aufspannt. Die Aufzeichnung der Momentaufnahmen erfolgt mit einer 12-Bit Kreuzkorrelationskamera des Typs Sensicam QE. Zum Ausschluss von Fremdlicht wird vor dem CCD-Chip der Kamera ein Interferenzfilter mit einer Mittenwellenlänge von 532 nm entsprechend dem Laserlicht einge-
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3.1 Versuchsaufbau zur Analyse des lokalen Stofftransports an Gasblasen unter Schwarmbedingungen
baut. Die Synchronisation der Kamera mit der Laserpulsung kommt ein externer PIV Synchronizer zum Einsatz. Der zeitliche Pulsabstand beträgt je nach Strömungsbedingung zwischen 1ms und 15 ms. Das im Laserlichtschnitt von den Tracerpartikeln reflektierte Licht wird in einem Ausschnitt von ca. 4 cm x 4 cm in Sequenzen von 50 Doppelbildern bei 4Hz von der rechtwinklig zum Lichtschnitt angebrachten Kreuzkorrelationskamera mit einer Auflösung von 1376x1040 Pixel aufgezeichnet und durch die VID-PIV Software (Fa. ILA) in Geschwindigkeitsvektoren umgerechnet (s. Abb. 3.7). Die Auswertung der Bildpaare erfolgt mittels einer adaptiven Kreuzkorrelation, um die Genauigkeit zu erhöhen.
Abbildung 3.7: Schematische Darstellung der Particle Image Velocimetry Messtechnik (PIV) und verwendeter Auswertealgorithmus zur Berechnung von Strömungsfeldern (Fa. ILA) Prinzip der Particle Tracking Velocimetry (PTV) Der Stofftransport an Gasblasen ist mit Wechselwirkungen aus dem Form- und Bewegungsverhalten der Blasen gekoppelt, so dass der simultanen Vermessung der Konzentrationsschleppe und des Form- und Bewegungsverhaltens eine große Bedeutung zukommt (s. Abb. 3.3). Aus diesem Grund wurde zur Charakterisierung der Blasenbewegung und -form eine messtechnische Erfassung von Kenndaten mittels der zweidimensionalen Particle Tracking Velocimetry (2D-PTV) realisiert. Dafür werden die mit Hilfe der laserinduzierten Fluoreszenzmesstechnik aufgenommenen Bildsequenzen (s. Kap. 3.1.2.1) auch mittels eines Bildanalysealgorithmus hinsichtlich des Form- und Bewegungsverhaltens von Gasblasen ausgewertet (s. Kap. 4.1.1). 3.1.2.3 Gaschromatographie zur integralen Bestimmung von Sauerstoffkonzentrationen in der Gasphase Die Verifizierung der ermittelten Stoffströme aus den Untersuchungen mit Hilfe der laserinduzierten Fluoreszenzmesstechnik erfolgt mittels einer integralen Bilanzierung des ein- und austretenden Sauerstoffmassenstromes der Gasphase. Zur Ermittlung der austretenden Sauerstoffkonzentration werden am Kopf der Absorptionskolonne in einem Trichter Gasblasen aufgefangen und ein Volu-
3 Versuchsanlagen und -durchführung
65
men von 500 μl zur Analyse entnommen (vgl. Abb. 3.1). Aufgrund der bei diesen Untersuchungen relativ kurzen Kontaktzeit zwischen Gasblase und Flüssigkeit und der somit geringen Sauerstoffabreicherung aus der Gasphase eignet sich zur Analyse des Gases die Gaschromatographie (GC). Um eine Abreicherung des Sauerstoffs aus der Gasphase zu detektieren, wird ein Gasgemisch aus Sauerstoff und Helium verwendet. Da Helium nur eine sehr geringe Löslichkeit in Wasser besitzt, kann die Abreicherung des Heliums vernachlässigt werden. Bei der Analyse ist zu berücksichtigen, dass sich die Flüssigkeit während der Experimente in der Desorptionskolonne mit Stickstoff anreichert. Daher kommt es an der Gasblase zu einem konkurrierenden Stofftransport von Sauerstoff in die Flüssigkeit sowie von Stickstoff in die Gasblase hinein, so dass das zu untersuchende Gasgemisch hinsichtlich Sauerstoff, Helium und Stickstoff analysiert werden muss. Als Messtechnik zur Analyse des Gasgemisches kommt ein Gaschromatograph 6890 Plus von Hewlett Packard zum Einsatz, der mit einem Mikro-Wärmeleitdetektor (WLD) und einer mikrobeschichteten Dünnschichtkapillare mit 25 ml x 320 μl SCOT Molsieb 5A ausgestattet ist. Der Chromatograph wird bei einer Temperatur von 40 °C und einer Trägergasgeschwindigkeit von 35 cm/s betrieben. 3.2
Versuchsaufbau zur Analyse des integralen Stofftransports an Gasblasen in Blasensäulenströmungen
Die aus den Untersuchungen zum lokalen Stofftransport an Gasblasen im Laborströmungskanal gewonnenen Erkenntnisse werden hinsichtlich ihrer Auswirkung auf den integralen Stofftransport in praxisrelevanten Zweiphasenströmungen einer Blasensäule im halbtechnischem Maßstab überprüft und erweitert. Zur Vermessung der axialen und radialen Gelöstsauerstoffkonzentrationen bei hohen Gasgehalten steht ein faseroptischer Sauerstoffsensor zur Verfügung. Da die Einflussnahme lokaler Phänomene auf den Stofftransport, d.h. der Transport in der kontinuierlichen Phase, im Vordergrund des Interesses dieser Arbeit steht, erfolgen die Untersuchungen zum Stofftransport in praxisrelevanten Zweiphasenströmungen ausschließlich in der flüssigen Phase. 3.2.1 Blasensäule zur Untersuchung des Stofftransports bei hohen Gasgehalten Die in Abbildung 3.8 schematisch dargestellte Versuchsanlage besteht aus einer offenen Absorptions- (HR=5.5 m, DR=100 mm) (Pos. 1) und Desorptionskolonne (HR=2 m, DR=190 mm) (Pos. 2), wobei eine Gleich- und Gegenströmung in der Absorptionskolonne eingestellt werden kann. Beide aus Acrylglas gefertigte Kolonnen werden zur Inbetriebnahme aus einem gemeinsamen Vorratsbehälter (Pos. 3) durch eine frequenzgesteuerte Pumpe (Pos. 4) gespeist. Um das Versuchsmedium auf eine Temperatur von T=20°C einzustellen, wird der hausinterne Kühlkreislauf und ein Regler kombiniert mit einem PT-100 Temperaturfühler (Pos. 6) verwendet. Mittels einer Pumpe P1 wird die Flüssigkeit aus der Desorptionskolonne angesaugt und zum Kopf der Absorptionskolonne gefördert. Aufgrund des höheren hydrostatischen Drucks in der Absorptionskolonne strömt das Versuchsmedium wieder in die Desorptionskolonne, wobei der Rücklaufvolumenstrom mit Hilfe eines manuellen Membranventils (Pos. 26) geregelt wird. Zum Einstellen des Zulaufvolumenstromes kommt ein induktives Durchflussmessgerät (Pos. 7) und eine Pumpensteuerung zum Einsatz. Im unteren Bereich der Absorptionskolonne werden Gasblasen mit Hilfe einer Sinterplatte (dN=200 μm) oder Lochplatten (dN=1.5 mm x 7 Löcher, t=17 mm; dN=0.5 mm x 12 Löcher, t=14 mm; dN=1 mm x 7 Löcher, t=23.5 mm) (Pos. 22), bei der eine optimale Anordnung der Löcher nach
66
3.2 Versuchsaufbau zur Analyse des Stofftransports an Gasblasen in realen, praxisrelev. Zweiphasenströmungen
Räbiger und Schlüter [Räb02] berücksichtigt wurde, dispergiert, wobei der Gasvolumenstrom mit einem Schwebekörperdurchflussmesser (Pos. 19) einzustellen ist. Zur Erzeugung einer konstanten Sauerstoffkonzentration im Zulauf der Absorptionskolonne wird der in der Flüssigkeit gelöste Sauerstoff mit Stickstoffgas, welches am Boden der Desorptionskolonne mit Hilfe einer Begasungsmembran (Pos. 30) zugeführt wird, gestrippt.
5.5 m
Abbildung 3.8: Schematische Darstellung der Absorptionskolonne im halbtechnischem Maßstab zur Untersuchung des Stofftransports an Gasblasen mit praxisrelevanten Gasgehalten Um die gewonnenen Erkenntnisse aus den Untersuchungen zum lokalen Stofftransport an Gasblasen im Laborströmungskanal zu überprüfen und ergänzen, sind auch Untersuchungen zum integralen Stofftransport in Gas-Flüssig-Systemen mit hohem Gasgehalt durchzuführen. Hierfür werden entlang der Reaktorhöhe an drei Messpositionen (Pos. 14, 15, 16) jeweils der Druck sowie die einund austretenden Gelöstsauerstoffkonzentrationen mit Hilfe eines faseroptischen Sauerstoffsensors (FOS) (Pos. 11) und mit herkömmlichen polarographischen Sauerstoffelektroden (TriOxmatik 201 der Firma WTW) (Pos. 8, 23) vermessen. Da der FOS im Durchmesser nur 1 mm beträgt, kann dieser, ohne die Strömung signifikant zu verändern, auch zur Bestimmung von radialen Konzentrationsverteilungen im Reaktorquerschnitt eingesetzt werden. Ein Ultraschall-Impuls-Blasen-
3 Versuchsanlagen und -durchführung
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analysators (UBA) (Pos. 12) dient zur Bestimmung der spezifischen Phasengrenzfläche und der Blasengröße. Bei dieser Untersuchung des integralen Stofftransports wurden folgende Parameter festgelegt: Tabelle 3.2: Parametervariation zur Untersuchung des Stofftransports mit hohem Gasgehalt Parameter
Festlegung
System Flüssigphase Gasphase Temperatur effektive Viskosität Flüssigkeitsströmung Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit Blasenäquivalentdurchmesser Gasgehalt
offen Leitungswasser bzw. wässrige CMC-Lösungen Luft T=20 °C 1; 10; 16 mPas Gegenstrom 8.5 cm/s 3 bis 10 mm 2 Vol.-% bis 15 Vol.-%
Die Einstellung der Viskosität erfolgt mit Hilfe einer Carboxymethylcellulose (CMC) (Fluka 21902, medium viscosity), da hierdurch die Löslichkeit von Sauerstoff in den untersuchten Flüssigkeiten nahezu konstant bleibt und somit dem Löslichkeitsverhalten z.B. bei der Abwasserreinigung sehr gut entspricht. Des Weiteren ist das Fließverhalten von CMC-Wasser-Lösungen dem von biologischen Medien vergleichbar. 3.2.2 Messtechniken zur Charakterisierung von Strömungsfeldern, Gasgehalten, Blasenaufstiegsgeschwindigkeiten und Gelöstsauerstoffkonzentrationen in Zweiphasenströmungen bei hohen Gasgehalten 3.2.2.1 Messtechnik zur Erfassung von Gelöstsauerstoffkonzentrationen Zur Vermessung axialer und radialer Gelöstsauerstoffkonzentrationen in Zweiphasenströmungen bei hohen Gasgehalten kommt ein faseroptischer Sauerstoffsensor der Firma Comte GmbH zum Einsatz, der einen Sensorkopfdurchmesser von 1 mm besitzt. Dieses Messverfahren basiert auf der Fluoreszenzunterdrückung eines metallorganischen Farbstoffs (Rutheniumkomplex) durch Sauerstoff. Das in Abbildung 3.9 schematisch dargestellte Messprinzip zeigt am Glasfaserende einen Sensor mit immobilisiertem Fluoreszenzfarbstoff, der mit einer blauen Light Emitting Diode (LED) angeregt wird. Die in Abhängigkeit der Sauerstoffkonzentration emittierende Fluoreszenzintensität wird mit Hilfe eines dichroitischen Spiegels und einer Detektoreinheit aufgenommen und in ein Spannungssignal umgewandelt. Dieses ist linear proportional zur Sauerstoffkonzentration und kann mit Hilfe einer Zweipunkt-Kalibrierung bei 0% und 100% (Luft) Gelöstsauerstoff in Konzentrationen umgerechnet werden. Die Detektoreinheit ist an einem Rechner angeschlossen, so dass die ermittelten Sauerstoffkonzentrationen online erfasst werden können. Im Gegensatz zu polarographischen Sauerstoffelektroden verbraucht dieses optische Verfahren keinen Sauerstoff und benötigt keine minimale Anströmungsgeschwindigkeit. Gelöster Sauerstoff
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3.2 Versuchsaufbau zur Analyse des Stofftransports an Gasblasen in realen, praxisrelev. Zweiphasenströmungen
(DO) kann in Gasgemischen und Flüssigkeiten in einem Bereich von 0 %-200 % (100 % = Luftsättigung) gemessen werden, wobei vom Hersteller eine Auflösung des Messwertes von 0.02 % (0 bis10 % DO), 0.1 % (10 bis 50 % DO), 0.5% (50-100 % DO) und 5% (100-200 % DO) mit einer Genauigkeit von 2% angegeben wird. Messwerte können mit einer maximalen Aufnahmefrequenz von 1 Hz detektiert werden.
Abbildung 3.9: Schematische Darstellung des Messprinzips eines faseroptischen Sauerstoffsensors (Fa. Comte) Die Gelöstsauerstoffkonzentrationen am Zu- und Ablauf der Absorptionskolonne werden kontinuierlich während der gesamten Versuchsdauer ermittelt, wofür konventionelle Sauerstoffelektroden (TriOxmatik 201 der Firma WTW) verwendet werden, die an einem achtkanaligen Sauerstoffmessgerät InterLogOXI desselben Herstellers angeschlossen sind. Die Steuerung erfolgt über einen angeschlossenen Rechner im Dialogbetrieb, der während der Messung in einem fünfsekündigen Intervall die gemessenen Gelöstsauerstoffkonzentrationen und Flüssigkeitstemperaturen aller am InterLogOXI angeschlossenen Sonden aufzeichnet. Die Hauptbestandteile der Sauerstoffsonden sind eine Goldkathode, eine Gegenelektrode (Silberelektrode) und eine Elektrolytlösung, die durch eine Membran von der Messlösung getrennt ist. Gelangt der im Wasser gelöste Sauerstoff an die Goldkathode, erfolgt gemäß der chemischen Gleichung O2 + 2H2O + 4e- → 4OH-
3 Versuchsanlagen und -durchführung
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im wässrigen Medium eine Reduktion des Sauerstoffs zum Hydroxidion. Die hierbei für jedes Sauerstoffmolekül benötigten vier Elektronen werden von der Silberelektrode bereitgestellt. Für jedes Elektron oxidiert hier ein Silberatom zum Silberion Ag → Ag+ + e-. Bei dieser chemischen Reaktion fließt ein elektrischer Strom, der der Menge des umgesetzten Stoffes proportional ist. Dieser Strom, das Messsignal der Sonde, wird vom Sauerstoffmessgerät registriert und in eine Gelöstsauerstoffkonzentration umgerechnet. Da es sich bei den Sauerstoffsonden TriOxmatik 201 um nullstromfreie Sensoren handelt, ist eine Einpunkteichung ausreichend, die in wasserdampfgesättigter Luft im Luftkalibriergefäß OxiCal S der Firma WTW durchgeführt wird. Neben der Gelöstsauerstoffkonzentration wird auch die Temperatur der Flüssigkeit gemessen. Damit nicht jede Bewegung der Messflüssigkeit das Sensorsignal beeinflusst, muss die Flüssigkeit eine Mindestanströmgeschwindigkeit aufweisen, um durch die Membran an die Goldkathode zu gelangen. Bei einer Anströmgeschwindigkeit von 30 cm/s beträgt die Messgenauigkeit der Sonden ±1%. Der hydrostatische Druck der Wassersäule hat bis zu 10 bar keinen Einfluss auf die Messung, die maximale Abweichung beträgt 1%. 3.2.2.2 Messtechnik zur Erfassung von Strömungsfeldern Zur Vermessung und Charakterisierung von lokalen Strömungsfeldern in Zweiphasenströmungen bei hohen Gasgehalten und zur Absicherung der Übertragbarkeit der lokalen Strömungsfelder unterhalb des Partikelgitters (v. Kap. 3.1.1) kommt die PIV-Messtechnik unter Verwendung zweier Endoskopen zum Einsatz (s. Abb. 3.10).
Abbildung 3.10: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus zur Verwendung des endoskopischen PIV in Zweiphasenströmungen bei hohen Gasgehalten Die hier verwendete PIV-Messtechnik ist nahezu identisch zu dem in Kapitel 3.1.2.2 beschriebenen Messverfahren mit dem Unterschied, dass der Laserlichtschnitt mit Hilfe eines Endoskops (d=8
70
3.2 Versuchsaufbau zur Analyse des Stofftransports an Gasblasen in realen, praxisrelev. Zweiphasenströmungen
mm) zu einem beliebigen Beobachtungspunkt innerhalb der Zweiphasenströmung geleitet wird. In der so beleuchteten Fläche wird durch ein weiteres Endoskop (d=8 mm) von der Firma Karl Storz, Typ Hopkins 0°, kombiniert mit einer PIV-Kamera, das lokale Strömungsfeld in Sequenzen von 50 Doppelbildern bei 4 Hz vermessen und durch die VID-PIV Software in Geschwindigkeitsvektoren und Schwankungsgeschwindigkeiten umgerechnet. 3.2.2.3 Messtechnik zur Erfassung des Gasgehalts Zur Bestimmung des Gasgehalts in Zweiphasenströmungen wird die Differenz der statischen Drücke zwischen zwei vertikal am Reaktor versetzten Messstellen ermittelt. Die Messung des Differenzdrucks erfolgt mit einem elektrischen analogen Differenzdruck-Messumformer der Typenbezeichnung DHC der Firma Fischer & Porter GmbH (s. Abb. 3.11) im Dialogbetrieb mit einem DOS- basierenden Messrechner. Messumformer
Ausgangssignal
Messsignal
SiliziumSensor Hydraulikflüssigkeit Membran LP
HP
Abbildung 3.11: Schematischer Aufbau des Differenzdruck-Messumformers Dem Differenzdruck-Messumformer DHC wird über die Anschlüsse HP und LP die Messflüssigkeit zugeführt, wobei der Anschluss HP (high pressure) mit der Flüssigkeit höheren Druckes und der Anschluss LP (low pressure) mit der Niederdruckseite der zugeführten Messflüssigkeit beaufschlagt wird. Die Messflüssigkeit trifft auf eine durch eine bewegliche Membran begrenzte, mit Hydraulikflüssigkeit gefüllte Messzelle. Aus beiden Messzellen führen Kapillarleitungen zu einem Silizium Drucksensor, der die Drücke beider Seiten registriert und in kapazitive Werte umwandelt. Diese Messsignale werden anschließend in einem Messumformer in ein Ausgangssignal umgesetzt, das zwischen 4 bis 20 mA liegt. Die Übertragung der Ausgangssignale erfolgt über eine Messkarte an einen Messrechner und in einen entsprechenden Differenzdruck umgerechnet. Damit der Messrechner die exakten Werte des Differenzdruckes angezeigt, ist eine Eichung des Nullpunktes und die Angabe des Messbereiches vorzunehmen. Bei den Versuchen wurde ein Messbereich von 0 bis 200 mbar eingestellt. 3.2.2.4 Messtechnik zur Erfassung der spezifischen Phasengrenzfläche und der Blasengröße Zur Ermittlung der spezifischen Phasengrenzfläche und Blasengröße in Zweiphasenströmungen bei hohen Gasgehalten wird ein Ultraschall- Impuls- Blasenanalysator (UBA) eingesetzt, wobei das
3 Versuchsanlagen und -durchführung
71
Messprinzip auf der Reflexion eines emittierten Signals bestimmter Frequenz und Amplitude an einer Phasengrenzfläche unter Ausnutzung des Doppler-Prinzips beruht (s. Abb. 3.12). Hieraus können auch absolute Blasenaufstiegsgeschwindigkeiten ermittelt werden.
Sonde
Blase
Sendesignal
Empfangssignal
Zeit Laufzeit
Abbildung 3.12: Messprinzip des Ultraschalls-Impuls-Blasen-Analysators Bei der hier verwendeten Gerätekonfiguration kommt eine Sonde mit einem Durchmesser von d=8 mm zum Einsatz, die mit Hilfe einer rechnergestützten Steuerung als Sender und Empfänger geschaltet wird. Von der Sonde werden kurze Schallwellenbursts mit einer Frequenz von f=4 MHz abgestrahlt. Treffen diese Wellen auf eine Blase, werden die Schallwellen an der Grenzfläche zwischen Flüssig- und Gasphase reflektiert. Zwischen den Sendeimpulsen, die alle 100 μs mit einer Länge von t=3 μs abgestrahlt werden, arbeitet die Sonde als Empfänger und nimmt die reflektierten Schallwellen auf. Diese Signale werden anschließend einer Elektronik zur weiteren Auswertung zugeführt. Zur Auswertung der Reflexionssignale für die Geschwindigkeitsmessung wird ein 256Punkte-FFT-Algorithmus verwendet, womit eine Auflösung von ca. ǻwG,abs=1 cm/s erreicht wird [Sch02]. Während aus der Dopplerverschiebung auf die Geschwindigkeit der Blase geschlossen wird, kann anhand der Laufzeit zwischen dem gesendeten und dem empfangenen Signal der Abstand zwischen Blase und Sonde ermittelt werden. Weiterhin enthält die mittlere Amplitude des Reflexionssignals Informationen über die Größe der Blasen, so dass aus Blasengröße und Blasenanzahl auf den lokalen Gasgehalt in der begasten Flüssigkeit geschlossen werden kann. Zur Ermittlung der spezifischen Phasengrenzfläche wird die mittlere Leistung der reflektierten Schallwelle als Funktion der Zeit und des Abstandes der Blase zum Empfänger herangezogen. Für die vorliegenden Messergebnisse wurde die Auswerteelektronik auf einen Laufzeitbereich eingestellt, der die Erfassung von Blasen in einem Abstand von z= 3 cm ermöglicht. Eine Mittelung
3.3 Bildanalytische Auswertung
72
der mit Hilfe des Ultraschall-Impuls-Blasen-Analysators ermittelten Messdaten findet über einen Zeitraum von 10 Minuten statt, um einen stationären, kumulierten Mittelwert zu gewährleisten. 3.2.2.5 Rheometer zur Bestimmung der dynamischen Viskosität Wässrige Carboxymethylcellulosen (CMC)-Lösungen weisen in der Regel ein strukturviskoses Fließverhalten auf und gehören somit in die Gruppe der nicht-Newtonschen Medien. Diese Flüssigkeiten sind durch eine Abnahme der Schubspannung bei steigender Schergeschwindigkeit gekennzeichnet und können durch ein Modell beschrieben werden, bei dem teilweise langkettige und unsymmetrische Moleküle oder Flüssigkeitselemente im Ruhezustand der Flüssigkeit ineinander verknäuelt sind. Mit ansteigender Schubspannung entflechten sich die Moleküle und orientieren sich in Strömungsrichtung [Bra71]. Die dynamische Viskosität der wässrigen CMC-Lösungen wird mit dem schubspannungsgesteuerten Rheometer der Firma Bohlin des Typs CS in einem Doppelspalt (IJmax=1.5 Pa) und mit einem Kegel-Platte-System (4°) (IJmax=10 Pa) bestimmt. Dem Außenzylinder bzw. dem Kegel wird ein Drehmoment aufgeprägt, bis eine vorgegebene Winkelgeschwindigkeit erreicht ist. Aus der aufzuwendenden Kraft sowie der Spaltbreite kann die dynamische Viskosität errechnet werden. Eine Charakterisierung des Fließverhaltens der CMC-Lösungen erfolgt unter Anwendung des Potenzgesetzes nach Oswald und de Waele (vgl. Gl. 2.19). Die mit dem Rheometer gemessenen Schubspannungen τ und Schergeschwindigkeiten γ werden in einem Diagramm doppelt logarithmisch aufgetragen, so dass sich ein linearer Zusammenhang ergibt. Der Fließindex n kann somit aus dem Steigungswinkel α ermittelt und der Ostwald-Faktor KȘ bei einer Schergeschwindigkeit von 1 s-1 auf der Ordinate abgelesen werden [Bra71, Kra04]. Für die in dieser Arbeit eingesetzten wässrigen CMC-Lösungen werden unter Verwendung des Kegel-Platte-Systems und des Potenzgesetzes Fließindizes von 1 < n 0.96 ermittelt. Aufgrund des strukturviskosen Fließverhaltens ist zur Berechnung einer effektiven Viskosität in einer Blasensäule die effektive Scherrate erforderlich. Dieser Parameter kann mit Hilfe der von Nishikawa et al. [Nis77] aufgestellten Gleichung gemäß Ȗeff = 50 ⋅ wG0
( 3.1 )
mit der Gasleerrohrgeschwindigkeit wG0 abgeschätzt und damit auch die effektive Viskosität gemäß n −1 Șeff = K Ș ⋅ Ȗeff
( 3.2 )
mit dem Konsistenzfaktor KȘ sowie dem Fließindex n berechnet werden [Sch82]. 3.3
Bildanalytische Auswertung
Zur Untersuchung des Stofftransports an Gasblasen werden die mit den optischen Messtechniken (LIF, PIV, PTV) aufgenommenen Bildsequenzen bildanalytisch ausgewertet, um aus den so gewonnenen Daten lokale Stoffübergangskoeffizienten und Sherwood-Zahlen berechnen sowie Stofftransportphänomene beschreiben zu können. Die Auswertung der digitalisierten Bildsequenzen er-
3 Versuchsanlagen und -durchführung
73
fordert Auswertealgorithmen zur Berechnung von lokalen Massenströmen, die im Folgenden dargestellt werden. Ziel der bildanalytischen Auswertung ist die Berechnung von lokalen Sauerstoffmassenströmen an Gasblasen, wofür Kenntnisse zum Form- und Bewegungsverhalten der Blasen notwendig sind. Um den lokalen Stofftransport an Gasblasen mit und ohne Wirbelschleppenablösung ermitteln zu können, kommen folgende Auswertealgorithmen zum Einsatz. 3.3.1 Form- und Bewegungsverhalten von Gasblasen Wie bereits beschrieben kommt zur Charakterisierung des Form- und Bewegungsverhaltens von Gasblasen die Particle Tracking Velocimetry (PTV) (v. Kap. 3.1.2.2) zum Einsatz. Aus den digitalen Bildsequenzen der 2D-PTV werden mit Hilfe eines halbautomatischen, digitalen Bildanalysesystems unter Verwendung der Bildbearbeitungssoftware „Optimas“ der Firma „Bio Scan Incooperation“ die Gasblasen hinsichtlich ihrer -
Blasenäquivalentdurchmesser dä,
-
horizontalen und vertikalen Blasendurchmesser dh und dv,
-
absoluten Blasenaufstiegsgeschwindigkeiten wB,abs,
-
Aufstiegsbahnradien rBahn,
-
Aufstiegsbahnfrequenzen fBahn,
-
Verwindungszahlen ȟr und
-
Blasendeformationsfrequenzen fB
ausgewertet. Um Bildpixel in entsprechende Längeneinheiten umzurechnen, wird, bei einer vorgegebenen Kamera- und Objektiveinstellung, ein Maßstab in der aufgespannten Lichtschnittebene bzw. Bewegungsebene der Blase aufgenommen und im Rechner digitalisiert. Die Ermittlung des horizontalen und vertikalen Blasendurchmessers dh und dv erfolgt unter Berücksichtigung des Blasenneigungswinkels und Flächenschwerpunktes sowie unter der Annahme einer rotationssymmetrischen Blasenform. Unter dieser Annahme wird auch mit Hilfe der 2. Guldinschen Regel der Blasenäquivalentdurchmesser dä bestimmt. Entsprechend der schematischen Darstellung in Abbildung 3.13 wird das Volumen eines rotationssymmetrischen Körpers VB aus dem Produkt des Flächeninhalts AF der in der Rotationsachse halbierten, erzeugenden Fläche und dem Umfang des Kreises, den der Schwerpunkt der Fläche SF bei einer vollen Drehung beschreibt, aus VB = AF 2π r
( 3.3 )
berechnet [Sta98]. Zur Bestimmung des Flächeninhalts AF sind die innerhalb der Blasenkontur liegenden Pixel aufzusummieren. Da der so bestimmte Wert den Flächeninhalt der Projektionsfläche beschreibt, liegt dieser Art der Flächenbestimmung die Annahme eines rotationssymmetrischen Körpers zu Grunde. Der in Abbildung 3.13 dargestellte Abstand r zwischen Flächenschwerpunkt der halbierten Fläche
3.3 Bildanalytische Auswertung
74
und der Rotationsachse wird aus einer Subtraktion der vertikalen Schwerpunktskoordinate der halbierten Fläche von der Koordinate gewonnen, die für die Gesamtfläche ermittelt wird [Sta98]. Nach Berechnung des Volumens VB wird mit
dä = 3
6 ⋅ VB 3 = 12 ⋅ AF ⋅ r ʌ
( 3.4 )
der Blasenäquivalentdurchmesser dä bestimmt. y
SF x
r
Abbildung 3.13: Volumenberechnung eines rotationssymmetrischen Körpers nach der 2. Guldinschen Regel [Sta98] Aus der Koordinatendifferenz der Flächenschwerpunkte yS einer Blase zwischen zwei aufeinanderfolgenden Bildern und der bekannten Aufnahmefrequenz (f=500 Hz; ǻt=2ms) berechnet sich die vertikale Komponente der absoluten Blasenaufstiegsgeschwindigkeiten wB,abs gemäß wB,abs =
y S,i − y S,i −1
( 3.5 )
ǻt
(s. Abb. 3.14). Des Weiteren erfolgt die Bestimmung der minimalen und maximalen x-Koordinaten xmin und xmax sowie der Zeiten tx,min und tx,max zwischen diesen Punkten zur Berechnung des Aufstiegsbahnradius rBahn und der Bahnfrequenz fBahn einer Gasblase gemäß rBahn =
f Bahn =
x min − x max 2
,
1 . 2 ⋅ t x ,min − t x ,max
( 3.6 )
( 3.7 )
Zur Analyse der Bewegungsbahn einer Gasblase kommt die Verwindungszahl ȟr
ȟr =
N ¦i=1 (xi − xi−1 )2 + ( yi − yi−1 )2 N ¦i=1 ( yi − yi−1 )
( 3.8 )
zur Anwendung, die das Verhältnis zwischen horizontalem und vertikalem Anteil des Geschwindigkeitsvektors quantifiziert [Tsu95, Sch02].
3 Versuchsanlagen und -durchführung
75
Symmetrieachse der Blasenaufstiegsbahn
4.0 3.5
Koordinate y / cm
3.0 xmin, tx,min
2.5
xS ; y S
2.0 rBahn
1.5
xmax, tx,max
1.0 0.5 0.0 2.0
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
Koordinate x / cm
Abbildung 3.14: Zweidimensionale Aufstiegsbahn einer Gasblase und Blasenaufstiegsbahnradius Schließlich erfolgt die Bestimmung der Blasendeformationsfrequenz fB anhand der zeitlichen Änderung des Blasengrößenverhältnisses ț (vgl. Gl. 2.18) mit Hilfe einer Sinusfunktion gemäß
ț = A ⋅ sin(2 ⋅ ʌ ⋅ f B ⋅ t − ϕ ) ,
( 3.9 )
wobei t die Zeit und ij die Phasenverschiebung bedeutet (s. Abb. 3.15) [Bor03]. Hierfür wird die Blasendeformationsfrequenz fB angepasst, so dass die Sinuskurve und der Messdatenverlauf übereinstimmen. Eine Abschätzung der Messfehler für die optische Messmethode und die bildanalytische Auswertung hat ergeben, dass bei der Ermittlung
•
der Aufstiegsgeschwindigkeit ein mittlerer relativer Fehler von 4 %,
•
von Blasengeometrien ein mittlerer relativer Fehler von 6 % und
•
der Aufstiegsbahnradien und –frequenzen ein mittlerer relativer Fehler von 15 %
auftritt, wobei infolge der starken Bewegungsdynamik von Gasblasen in niedrig viskosen Medien große natürliche Schwankungen auftreten und diese Fehler somit nicht auf einer Ungenauigkeit der Messmethode beruhen. Um stabile Mittelwerte der Kenngrößen zu erhalten, wird eine Mindestanzahl auszuwertender Bildsequenzen pro Blasengröße und Stoffsystem durch die Bestimmung des kumulierten Mittelwerts festgelegt. Zugunsten einer übersichtlicheren graphischen Darstellung der Ergebnisse für das Form- und Bewegungsverhalten von Gasblasen wird auf die Eintragung von Fehlerbalken verzichtet.
3.3 Bildanalytische Auswertung
76
fB
fB
0,8 Blasengrößenverhätnis ț =dv/dh / -
Gl. 3.9
0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2
Blasengrößenverhältnis
Gasblase
Mittelwert des Blasengrößenverhältnisses
0,1
Sinusfunktion 0,0 0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
Zeit t / ms Abbildung 3.15: Ermittlung der Blasendeformationsfrequenz aus dem sinusförmigen Verlauf des Blasengrößenverhältnisses
3.3.2 Ermittlung der Relativgeschwindigkeit Zur Bestimmung der auf den Stofftransport einflussnehmenden Relativgeschwindigkeit zwischen Gasblase und Flüssigkeit (vgl. Gl. 2.6) müssen entlang der Aufstiegsbahn einer Gasblase die absoluten Blasenaufstiegsgeschwindigkeiten wG,abs und die vertikale Komponente der absoluten lokalen Flüssigkeitsgeschwindigkeiten wF,abs ermittelt werden. Letzteres erfolgt aufgrund der komplexen Strömungsstruktur unterhalb des Partikelgitters mit Hilfe der Particle Image Velocimetry und der VIDPIV Software (s. Kap. 3.1.2.2). Hieraus ergeben sich jedoch nur die momentanen Flüssigkeitsgeschwindigkeiten als zweidimensionales Vektorfeld in einem vertikalen Lichtschnitt, obwohl das für das Form- und Bewegungsverhalten einer Gasblase maßgebende Strömungsfeld dreidimensional ist. Daher werden zur Ermittlung einer mittleren Relativgeschwindigkeit zweidimensionale Strömungsfelder in drei Koordinaten (2D-3C) vermessen (s. Abb. 3.16a-d), aus denen auch die Schwankungsgeschwindigkeiten der flüssigen Phase wx’ und wy’ auf der Anströmseite einer Blase entlang ihrer Aufstiegsbahn gemäß
w' xy 2 = w'x ⋅ w'y ermittelt werden.
( 3.10 )
3 Versuchsanlagen und -durchführung
77
A-A v
v v
B-B
v
v
v
v
v
z x
v
v
v
y
v
v
a) x-z Ebene unterste Partikelebene
symmetrisches Strömungsfeld
A-A
B-B x
vertikale Lichtschnitte (Nd:YAG Laser)
ndh
z y
Δx
Bewegungsbahn Gasblase
Blase
Δs=3mm
dh/2
wF,yi(xi)
zx y
dh
rBahn
b) y-z Ebene
c) x-y Ebene
d) Ausschnitt
Abbildung 3.16: Schematische Darstellung zur Bestimmung der lokalen Flüssigkeitsgeschwindigkeit unterhalb eines Partikelgitters im Anströmungsbereich der Blase Nach Voruntersuchungen zum Strömungsfeld unterhalb des Partikelgitters kann von einem spiegelsymmetrischen Strömungsfeld entlang der y-Achse ausgegangen werden. Ein zeit- und in zRichtung ortsgemitteltes Strömungsfeld (2D-3C) (s. Abb. 3.16c) wird aus einer Anzahl nL vertikaler Lichtschnitte mit je 50 Doppelbildern erreicht, wobei sich die Anzahl nL aus dem Blasenaufstiegsbahnradius rBahn, dem horizontalem Blasendurchmesser dh und dem horizontalen Abstand der Lichtschnitte zueinander mit ǻs=3 mm ergibt (s. Abb. 3.16b) nL =
rBahn + 0.5 ⋅ d h +1 . Δs
( 3.11 )
Die lokale mittlere Flüssigkeitsgeschwindigkeit, z.B. wF,yi,m am Koordinatenschnittpunkt yi, wird abhängig vom horizontalen Blasendurchmesser dh aus einer Anzahl ndh horizontal nebeneinanderliegender Flüssigkeitsgeschwindigkeiten wF,yi(xi) gemäß
3.3 Bildanalytische Auswertung
78
ndh
wF ,yi ,m = ¦ wF ,yi ( xi ) / ndh
( 3.12 )
i =1
(s. Abb. 3.16d) und anschließend die Relativgeschwindigkeit wr,yi mit Hilfe der absoluten Blasenaufstiegsgeschwindigkeit wG,abs,yi gemäß wr,yi=wF,yi,m – wG,abs,yi
( 3.13 )
ermittelt. Schließlich erfolgt die Berechnung der mittleren Relativgeschwindigkeit wr,m aus der Anzahl k ausgewerteter Bilder einer Blase entlang ihrer Aufstiegsbahn gemäß k
wr ,m = ¦ wr , yi / k .
( 3.14 )
j =1
Die Vermessung der Strömungsfelder kann zwei Messfehler beinhalten, da •
Tracerpartikel nur nahezu trägheitslos der Strömung folgen und
•
der Versatz der Tracerpartikel in die dritte Ortskoordinate (out-of-plane Komponente) nur begrenzt erfasst wird.
Darüber hinaus treten bei der Bestimmung der Strömungsfelder nur wenige Fehlvektoren auf, die mit Hilfe eines lokalen Filters, einer adaptiven Kreuzkorrelation sowie einer Interpolation (vgl. Abb. 3.7) korrigiert werden. 3.3.3 Ermittlung von lokalen Sauerstoffmassenströmen an frei aufsteigenden Blasen Die Vermessung von Sauerstoffkonzentrationsverteilungen in Wirbelschleppen hinter Gasblasen erfolgt mit Hilfe der laserinduzierten Fluoreszenzmesstechnik (LIF) (vgl. Kap. 3.1.2.1). Aus den digitalen Bildsequenzen der LIF werden mit Hilfe der Bildbearbeitungssoftware „Optimas“ die Konzentrationsschleppen hinsichtlich •
der Wirbelablösefrequenzen fW,
•
der Längen der primären Wirbelschleppe hW,
•
der Volumina der sauerstoffangereicherten Flüssigkeit der primären Wirbelschleppe VW,O2,
•
der Flächen der sauerstoffangereicherten Flüssigkeit der sekundären Wirbelschleppe von geradlinig aufsteigenden Gasblasen ASW,O2 und
•
der mittleren Gelöstsauerstoffkonzentrationen in der primären und sekundären Wirbelschleppe ȡW,O2,m und ȡSW,O2,m
ausgewertet, wozu zu Beginn der bildanalytischen Auswertung eine Längenkalibrierung durchgeführt wird. Da entlang der Eindringtiefe des Laserlichtschnitts in den Versuchsreaktor eine Extinktion zu berücksichtigen ist, kommt es trotz des homogen verteilten Fluoreszenzfarbstoffs und einer konstanten Gelöstsauerstoffkonzentration zu einer Grauwertverteilung. Daher wird eine Extinktionskorrektur vorgenommen, wofür das erste Bild einer Sequenz, welches keine Gasblase sowie keine Konzentra-
3 Versuchsanlagen und -durchführung
79
tionsschleppe abbildet und somit eine nahezu homogene Konzentrationsverteilung von ȡF,O2§0 mgL-1 aufweist, von allen weiteren Bildern einer Sequenz „dividiert“ wird. Folglich würde für den Hintergrund bei einer idealen Aufnahme der Grauwert 255 (weiß) einer Gelöstsauerstoffkonzentration von ȡF,O2=0 mgL-1 entsprechen und alle weiteren Grauwerte können jeweils einer Gelöstsauerstoffkonzentration zugeordnet werden. Da aber geringe Temperatur- und Sauerstoffkonzentrationsschwankungen in der kontinuierlichen Phase den Grauwert sowie Umgebungseinflüsse den CCD-Chip der Hochgeschwindigkeitskamera beeinflussen können, ist für den Hintergrund eines Bildes ein Grauwertebereich HHin* anzunehmen, der sich aus einer statistischen Auswertung zu 255 HHin* HHin,m – ıHin
( 3.15 )
HHin,u ergibt, wobei HHin,u den unteren Grauwert des Hintergrundbereichs darstellt. Der mittlere Grauwert des Hintergrundes HHin,m und die Standardabweichung ıHin berechnen sich gemäß 255
255
i =0
i =0
H Hin,m = ¦ (H Hin,i ⋅ k Hin,i )/ ¦ k Hin,i
( 3.16 )
mit
§ ª ¨ « ¨ 255 « (H Hin,i ı Hin = ¨ ¦ « ¨i =0 « ¨ «¬ ©
1/ 2
· º ¸ » 2 − H Hin,m ) ⋅ k Hin,i ¸ ⋅ 256» ⋅ 255 −1 ¸ 255 » ¸ » ¦ k Hin,i ¸ »¼ i =0 ¹
( 3.17 )
und i als die Laufvariable der Grauwerte HHin,i zwischen 0 und 255 sowie kHin,i der jeweiligen Anzahl von Pixeln eines Grauwertes HHin,i. Aufgrund der statistischen Auswertung zur Festlegung des Hintergrundbereiches HHin* ergibt sich eine mögliche Fehlerquelle, da dieses zu einer „scharfen Trennung“ zwischen Grauwerten des Hintergrundes und des Quenching Effektes führt. Daher werden bei der bildanalytischen Auswertung von Konzentrationsverteilungen fälschlicherweise einige Hintergrundpixel dem Quenching Effekt zugeordnet und umgekehrt. Dieses eben beschriebene Verhältnis von fehlerhaft detektierten Pixel kann für den vorliegenden Anwendungsfall aber vernachlässigt werden, da nur Sauerstoffkonzentrationen kleiner 0.05 mgL-1 in diesen Bereich fallen. Eine Umrechnung der als 8-Bit Werte zwischen den Graustufen 0 (schwarz) und 255 (weiß) digitalisierten Grauwerteverteilungen in Gelöstsauerstoffkonzentrationen erfolgt mit Hilfe einer Kalibrierfunktion (s. Abb. 3.17). Bei der Bestimmung des funktionalen Zusammenhangs zwischen Grauwerten und Gelöstsauerstoffkonzentrationen ist darauf zu achten, dass die Grauwerte auf der Ordinate aufgetragen werden. Hierdurch kann insbesondere im unteren, auswertungsrelevanten Bereich der Gelöstsauerstoffkonzentration (0.05 mgL-1 bis 2 mgL-1 für niedrigviskose Systeme) der Verlauf der Ausgleichskurve an die Messpunkte exakter angepasst werden, da der Ordinatenabschnitt dem Grauwert 255 (ȡF,O2=0 mgL-1) direkt zugeordnet wird. Zwar führt dies zu einer Polynomfunktion GO2,i=f(ȡF,O2) (s. Abb. 3.17) und erfordert somit eine iterative Bestimmung von Ge-
3.3 Bildanalytische Auswertung
80
löstsauerstoffkonzentrationen, verbessert aber signifikant die Genauigkeit der Bestimmung von Gelöstsauerstoffkonzentrationen. 300 4
Graustufe GO2,i / -
3
2
GO2=a1ρO2 +a2ρO2 +a3ρO2 +a4ρO2+255
250 200 150 100 50 0 0
2
4 6 8 Gelöstsauerstoffkonzentration ρF,O2 / mgL-1
10
Abbildung 3.17: Darstellung des funktionalen Zusammenhangs zwischen der Gelöstsauerstoffkonzentration ȡF,O2 in Abhängigkeit des Grauwertes GO2,i Aus einer Analyse von Messergebnissen zur Bestimmung der Kalibrierfunktion lassen sich exemplarisch für den Einsatz der laserinduzierten Fluoreszenzmesstechnik folgende Kenndaten ermitteln: •
Auflösung der Gelöstsauerstoffkonzentration ΔȡF,O2
•
a) 0.1 mgL-1 < ȡF,O2 < 3 mgL-1: ΔȡF,O2=0.05 mgL-1 -1 -1 b) 3 mgL < ȡF,O2 < 10 mgL : ΔȡF,O2=0.07 mgL-1 -1 Genauigkeit für ȡF,O2 < 10 mgL : 3.5% vom Messwert.
Quantitative Berechnung von Sauerstoffmassenströmen Zur quantitativen Vermessung von Sauerstoffkonzentrationsverteilungen hinter Blasen wird durch Aufspannen eines horizontalen Lichtschnitts, kombiniert mit dem Einsatz einer Hochgeschwindigkeitskamera (vgl. Abb. 3.3), die Wirbelschleppe zeitlich hochaufgelöst in einzelne Bilder zerlegt, die anschließend mit Hilfe einer bildanalytischen Auswertung dreidimensional rekonstruiert werden kann. Abbildung 3.18 zeigt die visualisierte Konzentrationsschleppe einer geradlinig aufsteigenden Gasblase im vertikalen Lichtschnitt sowie eine Rekonstruktion der Schleppe aus Aufnahmen im horizontalem Lichtschnitt. Die in der Literatur oft beschriebene Annahme einer symmetrisch ausgebildeten Wirbelschleppe wird bereits durch diese Aufnahme deutlich widerlegt und bildet nur im begrenzten Umfang (kleine Blasen) die Realität ab. Aufgrund der unsymmetrischen Konzentrationsverteilung in dieser Wirbelschleppe ist eine dreidimensionale Vermessung erforderlich, um eine zuverlässige Bilanzierung von lokalen Massenströmen durchführen zu können.
3 Versuchsanlagen und -durchführung
81
Bilanzraum
z
x y
y
Blase
hw M W
x z
M SW
Abbildung 3.18: Visualisierte und dreidimensional rekonstruierte Konzentrationsschleppe hinter einer geradlinig aufsteigenden Gasblase Die Entwicklung von Auswertealgorithmen zur Berechnung des lokalen Massenstroms einer Komponente i aus einer Gasblase kann mit Hilfe der Kenntnis üer den Abtransport der Übergangskomponente von der Phasengrenzfläche erfolgen. Aus Untersuchungen zum lokalen Stofftransport an Gasblasen, welches in Kapitel 4 noch detailliert dargestellt wird, zeigt sich, dass beim physikalischen Stofftransport die Übergangskomponente von der Phasengrenze zunächst in die primäre Wirbelschleppe gefördert und erst durch eine Wirbelschleppenablösung bzw. durch den Transport in die sekundäre Wirbelschleppe mit der kontinuierlichen Phase (Kernströmung) vermischt wird. G,i an einer Gasblase nahezu Tritt eine Wirbelschleppenablösung auf, so ist der Massenstrom M identisch mit dem Massenstrom in die primäre Wirbelschleppe M W,i
M G ,i ≈ M W ,i .
( 3.18 )
G,i an einer Gasblase ohne Wirbelschleppenablösung Anderenfalls setzt sich der Massenstrom M W,i und M SW,i (vgl. aus den Teilmassenströmen in die primäre und sekundäre Wirbelschleppe M
Kap. 2.2.3.1) gemäß
M G ,i ≈ M W ,i + M SW ,i
( 3.19 )
zusammen. Beide Vorgehensweisen werden im Folgenden für den Stofftransport an Gasblasen mit Sauerstoff als Übergangskomponente detailliert dargestellt. Bestimmung des lokalen Sauerstoffmassenstroms aus Gasblasen mit Wirbelschleppenablösung G,O2 lässt sich aus dem SauerstoffDer an einer Gasblase übergehende Sauerstoffmassenstrom M massenstrom in die primäre Wirbelschleppe M W,O2 bestimmen (vgl. Gl. 3.18), der sich aus dem
Produkt der Gelöstsauerstoffkonzentration ȡW,O2 und dem mit sauerstoffangereicherten Flüssig W,O2 der primären Wirbelschleppe keitsvolumenstrom V
3.3 Bildanalytische Auswertung
82
M W,O 2 = ȡW,O 2 ⋅ VW,O 2
( 3.20 )
berechnet. Dieser Flüssigkeitsvolumenstrom wird aus
VW,O 2 = fW ⋅ VW,O 2
( 3.21 )
ermittelt, wobei fW die Wirbelablösefrequenz und VW,O2 das mittlere Volumen der sauerstoffangereicherten Flüssigkeit einer vollausgebildeten primären Wirbelschleppe bezeichnen [Bor00, Bor03]. Da das gesamte primäre Wirbelschleppenvolumen VW,ges hinter einer Gasblase ein undefiniertes Gebiet darstellt (s. Abb. 3.19, gestrichelte Linie) und somit für eine Bildanalyse nicht exakt abgrenzbar ist, erfolgt die Auswertung mit Hilfe des mittleren Volumens der sauerstoffangereicherten Wirbelschleppenflüssigkeit VW,O2. Dieser Volumenanteil ist aufgrund einer Festlegung des Hintergrundbereiches (vgl. Gl. 3.15) vom gesamten Wirbelschleppenvolumen abgrenzbar und wird daher auch zur Ermittlung der Gelöstsauerstoffkonzentration ȡW,O2 verwendet, so dass hierdurch eine Berechnung des lokalen Sauerstoffmassenstroms ermöglich wird (vgl. Gl. 3.20 und 3.21).
VW,ges ȡW,O2,ges
VW,O2 ȡW,O2
Abbildung 3.19: Abgrenzung des Volumenanteils der sauerstoffangereicherten Flüssigkeit vom gesamten primären Wirbelschleppenvolumen Die Wirbelablösefrequenz fW ist mit Hilfe der aus der bildanalytischen Auswertung ermittelten Aufstiegsbahnfrequenz fBahn oder der Blasendeformationsfrequenz fB zu bestimmen. Basierend auf einer Analyse dieser Frequenzen aus lokalen Untersuchungen in dieser Arbeit kann Gleichung 2.36 [Fan90] bestätigt und der funktionale Zusammenhang der Wirbelablösefrequenz fW = 2 ⋅ f B = 4 ⋅ f Bahn
( 3.22 )
aufgestellt werden [Bor03]. Dieser Zusammenhang ist aus signifikanten Änderungen des Blasengrößenverhältnisses ț (vgl. Abb. 3.15) ermittelt worden, wobei innerhalb einer Blasendeformationsfrequenz fB zwei Extremwerte des Blasengrößenverhältnisses (nahezu Kugelform und abgeflachtes Ellipsoid) auftreten, die jeweils mit einer Wirbelablösung verknüpft sind. Die Rekonstruktion des mit Sauerstoff angereicherten Flüssigkeitsvolumen VW,O2 einer primären Schleppe (vgl. Gl. 3.21) erfolgt durch die Auswertung von Bildsequenzen aus dem horizontalen Lichtschnitt. Hierzu muss zunächst die Anzahl auszuwertender Bilder q festgelegt werden, welche sich aus der primären Wirbelschleppenlänge hW, der absoluten Aufstiegsgeschwindigkeit der primären Schleppe wW,abs und dem zeitlichen Abstand zwischen zwei Aufnahmen (ǻt=2 ms) gemäß
3 Versuchsanlagen und -durchführung
83
q=
hW wB,abs ⋅ ǻt
( 3.23 )
ergibt. Da die primäre Schleppe bis zu ihrer Ablösung eine Einheit mit der Gasblase bildet, kann die absolute Aufstiegsgeschwindigkeit der Gasblase wB,abs als Aufstiegsgeschwindigkeit der primären Schleppe zugrundegelegt werden. Das Flüssigkeitsvolumen VW,O2 lässt sich somit aus dem Produkt der mittleren primären Wirbelschleppenlänge hW und dem Mittelwert der horizontalen Fläche der sauerstoffangereicherten Flüssigkeit AW,O2 q
¦ AW ,O 2, j
VW ,O 2 = hW ⋅ AW ,O 2 = hW ⋅
j =1
( 3.24 )
q
berechnen. Die Fläche AW,O2,j eines Bildes j wird aus der Größe eines Pixels APixel und der Gesamtanzahl Pixel mit sauerstoffangereicherten Flüssigkeit nO2,j gemäß
AW,O 2 , j = APixel ⋅ nO 2 , j
( 3.25 )
ermittelt. Während die mittlere Gelöstsauerstoffkonzentration ȡW,O2 in der primären Wirbelschleppe (vgl. Gl. 3.20) q
¦ ȡW ,O 2, j
ȡW ,O 2 =
j =1
( 3.26 )
q
durch die Bildung eines Mittelwerts der Gelöstsauerstoffkonzentrationen aus den Flächen AW,O2,j (s. Gl. 3.25) und der Anzahl (vgl. Gl. 3.23) auszuwertender Bilder q bestimmt wird, ergibt sich die mittlere Gelöstsauerstoffkonzentration ȡW,O2,j eines Bildes j aus der Anwendung der Kalibrierfunktion (s. Abb. 3.17) und aus den mit Hilfe einer statistischen Auswertung ermittelten Grauwerten GO2,j gemäß
GO 2 ,j =
H Hin ,u −1
§ H Hin ,u −1
·
¦ (GO 2,i,j ⋅ nO 2,i,j )⋅ ¨¨ ¦ nO 2,i,j ¸¸
−1
, ( 3.27 ) © i =0 ¹ wobei i die Laufvariable der Grauwerte und nO2,i,j die Anzahl eines Grauwertes GO2,i,j beschreibt. Die Bestimmung der jeweiligen Anzahl nO2,i,j eines Grauwertes erfolgt durch die Festlegung einer „Region of Interest“ (ROI) innerhalb eines Bildes, um eine halbautomatische Bildanalyse durchführen zu können. i =0
Zur Fehlerabschätzung des lokalen Sauerstoffmassenstroms wird auf die Standardabweichungen bei der Darstellung der Ergebnisse zum Stofftransport verwiesen, wobei sich die Standardabweichung aus dem Messfehler durch den Einsatz der laserinduzierten Fluoreszenzmesstechnik und den natürlichen Schwankungen der Konzentrationsschleppenausbildung zusammensetzt. Da bei den Auf-
3.3 Bildanalytische Auswertung
84
nahmen von Bildsequenzen sicherzustellen ist, dass eine Gasblase nach Passieren des horizontalen Lichtschnitts nicht den auswertungsrelevanten Bildausschnitt stört, kann eine hohe Genauigkeit/Auflösung des LIF-Messsystems vorausgesetzt werden. Bestimmung des lokalen Sauerstoffmassenstroms an Gasblasen ohne Wirbelschleppenablösung Bei Gasblasen ohne Wirbelschleppenablösung wird nach [Fan90] zwischen einer offenen und geschlossenen Wirbelschleppenstruktur unterschieden. Während bei einer geschlossenen Wirbelschleppe die Übergangskomponente entlang der Grenzschicht (vgl. Abb. 3.20) nur über Diffusion in die primäre Schleppe transportiert wird, findet bei einer offenen Wirbelschleppenstruktur ein Austausch von Fluidelementen auch über Konvektion statt. Potentialströmung aufsteigende Blase
Grenzschicht der geschlossenen Wirbelschleppe
primäre Wirbelschleppe Grenzschicht reibungsfreie Wirbelströmung
Stagnationspunkt
sekundäre Wirbelschleppe
Abbildung 3.20: Modell für die Umströmung einer Gasblase mit geschlossener Schleppe und ausgeprägter Wirbelstruktur [Fan90] Der an einer Gasblase übertragende Sauerstoffmassenstrom M G,O 2 setzt sich gemäß
M G,O 2 = M W,O 2 ,E + M SW,O 2 ,E
( 3.28 )
aus einem in die primäre und sekundäre Schleppe M W,O 2 ,E und M SW,O 2 ,E eintretenden Sauerstoffmassenstrom zusammen. Da bei einer geschlossenen Wirbelschleppe mit ausgeprägter Wirbelstruktur der von der Gasblase abtransportierte Sauerstoff nur über Diffusion in die primäre Schleppe gelangen kann (s. Abb. 3.20) [Fan90], entspricht der eintretende Sauerstoffmassenstrom
M W,O 2 ,E = M W,O 2 ,S
( 3.29 )
3 Versuchsanlagen und -durchführung
85
W,O2,S, der sich aus der Differenz von Sauerstoffmassen in der primägleich einem Speicherterm M ren Schleppe zwischen zwei Zeitpunkten t1 und t2 bezogen auf die Kontaktzeit Δt12 zwischen Gasblase und Flüssigkeit
M W,O 2 ,t 2 − M W ,O 2 ,t1 M W,O 2 ,S = ǻt12
( 3.30 )
ermitteln lässt. Hierzu im Vergleich reichert sich eine primäre Schleppe ohne ausgeprägte Wirbelstruktur unmittelbar nach der Blasenbildung mit Sauerstoff an, so dass für die untersuchten Kontaktzeiten kein Speicherterm vermessbar ist. W,O2,S wird die Kontaktzeit ǻt12 aus dem vertikalen Abstand Zur Berechnung des Speicherterms M zwischen zwei horizontalen Lichtschnitten (sL≈30 cm) und der Blasenaufstiegsgeschwindigkeit wG,abs berechnet und die Sauerstoffmassen MW,O2,t der primären Schleppe aus
M W ,O 2 ,t =
q-1
¦ (ȡW,O 2,t,p ⋅ VW,O 2,KS,t,p )
( 3.31 )
p =1
ermittelt, wobei ρW,O2,t,p die Gelöstsauerstoffkonzentration und VW,O2,KS,t,p das Volumen der sauerstoffangereicherten Flüssigkeit kennzeichnet. Während sich dieses Volumen mit Hilfe der Berechnungsformel eines Kegelstumpfes (KS)
§ 4 AW ,O 2 , p 4 AW ,O 2 , p 4 AW ,O 2 , p +1 4 AW ,O 2 , p +1 · ʌ ¸ + + ǻh p ¨ ( 3.32 ) ¨ ¸ ʌ ʌ ʌ ʌ 12 © ¹ und aus den horizontalen Flächen Ap (1..q) und den Abständen Δhp (1..q-1) berechnet lässt (s. Abb. 3.21), ergeben sich die Abstände Δhp aus dem Produkt der Blasenaufstiegsgeschwindigkeit wG,abs und dem zeitlichen Abstand ǻtKS,p. VW ,O 2 ,KS,t , p =
Die Fläche der sauerstoffangereicherten Flüssigkeit AW,O2,p in Gleichung 3.32 werden mit Gleichung 3.25 bestimmt. Verdeckt dagegen die aufsteigende Gasblase teilweise die primäre Schleppe (vgl. Abb. 3.21b linkes Bild), so wird eine repräsentative Teilfläche ATF,p ausgewertet. Dagegen berechnet sich der mittlere Grauwert einer sauerstoffangereicherten Fläche Ap mit Hilfe der Gleichung 3.27. Der eintretende Sauerstoffmassenstrom in die sekundäre Schleppe (vgl. Gl. 3.28)
M SW ,O 2 ,E = ȡ SW,O 2 ⋅ ASW ,O 2 ⋅ wSW ,r
( 3.33 )
berechnet sich aus dem Produkt der mittleren Gelöstsauerstoffkonzentration ρSW,O2, der Fläche der sauerstoffangereicherten Flüssigkeit ASW,O2 und der Relativgeschwindigkeit wr,SW zwischen Gasblase und sekundärer Wirbelschleppenflüssigkeit. Die Relativgeschwindigkeit wird mit Hilfe der Particle Image Velocimetry und Particle Tracking Velocimetry entsprechend wSW ,r = wSW ,abs − wB,abs
( 3.34 )
aus der absoluten Flüssigkeitsgeschwindigkeit der sekundären Schleppe wSW,abs und der absoluten Blasenaufstiegsgeschwindigkeit wB,abs bestimmt. Die Ermittlung der Gelöstsauerstoffkonzentration
3.3 Bildanalytische Auswertung
86
und der Fläche der sauerstoffangereicherten Flüssigkeit erfolgt mit den zuvor beschriebenen Gleichungen für die primäre Schleppe.
A1
ǻh1
Ap
ǻhP hW
...
... ǻhq-1
Aq
2 mm
ASW
a) Visualisierte Konzentrationsschleppe im vertikalen Lichtschnitt
2 mm
Ap
2 mm
2 mm
ASW
Ap+3
ATF,p b) Visualisierte Konzentrationsschleppe im horizontalen Lichtschnitt Abbildung 3.21: Schematische Darstellung zur Bestimmung des Volumens der sauerstoffangereicherten Flüssigkeit anhand von visualisierten Konzentrationsverteilungen im vertikalen und horizontalen Lichtschnitt Bei einer offenen Wirbelschleppenstruktur kann ebenfalls eine Anreicherung der Übergangskomponente in der primären Schleppe auftreten. Aufgrund von Anlaufvorgängen und der komplexen Strömungsstruktur sind die in die primäre Schleppe ein- und austretenden Massenströme nicht ermittelbar, so dass eine Berechnung des Speicherterms M nicht erfolgen kann. Um dennoch W,O 2 ,S
eine Bilanzierung von Sauerstoff durchführen zu können, wird vereinfachend angenommen, dass der eintretende ungefähr gleich dem austretenden Sauerstoffmassenstrom der primären Schleppe ist und somit Gleichung 3.28 zu
M G,O 2 ≈ M SW,O 2 ,E wird. Des Weiteren kommt Gleichung 3.33 zur Anwendung.
( 3.35 )
3 Versuchsanlagen und -durchführung
3.4
87
Ermittlung von Stoffübergangskoeffizienten und Sherwood-Zahlen
Zur Ermittlung von Stoffübergangskoeffizienten kommen verschiedene Berechnungsansätze zur Anwendung, die jeweils die verschiedenen Informationen der unterschiedlichen Messtechniken berücksichtigen. Diese sind im Folgenden dargestellt. Laserinduzierte Fluoreszenzmesstechnik Aus den mit Hilfe der laserinduzierten Fluoreszenzmesstechnik ermittelten lokalen Sauerstoffmassenströme (s. Gl. 3.18 und 3.19) berechnet sich der lokale Stoffübergangskoeffizient ȕF,O2. Hierfür wird Gleichung 2.57 zu ȕ F,O 2 =
M G ,O 2 ʌ ⋅ d ä2
( 3.36 )
⋅ ( ȡ*F,O 2 − ȡ F,O 2 ,∞ )
umgestellt, wobei die Sättigungskonzentrationen ȡF,O2* unter Berücksichtigung des Druckes und der Temperatur aus der Literatur ermittelt wird und die Gelöstsauerstoffkonzentration entsprechend der vorliegenden Bedingungen zu ȡF,O2,§0 mgL-1 gesetzt. Gaschromatographie Zur Verifizierung der mit Hilfe der laserinduzierten Fluoreszenzmesstechnik ermittelten lokalen Stoffübergangskoeffizienten wird eine integrale Bilanzierung der zugeführten Gasphase durchgeführt, wofür Gasproben aus der Zuleitung des zugeführten Gases sowie von im Trichter aufgefangenen Gasblasen entnommen (s. Abb. 3.1) und hinsichtlich der Sauerstoffkonzentration mittels Gaschromatographie untersucht werden. Der integrale Sauerstoffmassenstrom errechnet sich aus
V M G,O 2 = B ⋅ (ȡG,O 2 ,E − ȡG,O 2 ,A ) tK
,
( 3.37 )
wobei VB das Blasenvolumen und tK die Kontaktzeit bedeuten. Die Berechnung des Stoffübergangskoeffizienten erfolgt mit Hilfe der Gleichung 3.36. Faseroptischer Sauerstoffsensor / Sauerstoffelektroden Mit Hilfe des faseroptischen Sauerstoffsensors (FOS) und Sauerstoffelektroden entlang der Reaktorhöhe an fünf Messpositionen lassen sich Gelöstsauerstoffkonzentrationen bei hohen Gasgehalten in der Gegenstromblasensäule im halbtechnischem Maßstab (vgl. Abb. 3.8) vermessen. Der sich hieraus ergebende Massenstrom M wird gemäß F,O2
M F,O 2 = VF ⋅ (ȡ F,O 2 ,H R ,max − ȡ F,O 2 ,H1 )
( 3.38 )
dem Flüssigkeitsvolumenstrom berechnet. Der volumenbezogene Sauerstoffmassenstrom mit V F m (V) = F,O 2
M F,O 2
V R ⋅ (1 − ε G )
( 3.39 )
3.4 Ermittlung von Stoffübergangskoeffizienten und Sherwood-Zahlen
88
ergibt sich aus dem in Gleichung 3.38 ermittelten Sauerstoffmassenstrom bezogen auf den Flüssigkeitsinhalt des entsprechenden Reaktorvolumens VR, so dass der Stoffübergangskoeffizient gemäß ȕ F,O 2 =
m (V) F,O 2
( 3.40 )
a ⋅ ǻȡ m
aus der mittels der UBA gemessenen spezifischen Phasengrenzfläche a und der treibenden Konzentrationsdifferenz Δρm zu bestimmen ist. Die mittlere treibende Konzentrationsdifferenz wird durch Integration gemäß H R,max
³ ǻȡ(H ) dH
ǻȡ m =
H1
( 3.41 )
H R,max − H1
ermittelt (s. Abb. 3.22), wobei die höhenabhängige treibende Konzentrationsdifferenz ǻȡ(H) mit
ǻȡ(H ) = ȡ*F − ȡ F
( 3.42 )
der Gelöstsauerstoffkonzentration ȡF und der Sättigungskonzentration berechnet wird. Die Sättigungskonzentrationen ist eine Funktion des Druckes, der Temperatur und der Abreicherung des Sauerstoffs aus der Gasphase. ȡF*
Reaktorhöhe H
Gegenstrom
HR,max Messposition H4
*
Sättigungskonzentration ρF,O2
Messposition H3 Messposition H2
H1=0 m
ρF,O2,E
ρF,O2,A Gelöstsauerstoffkonzentration ρF,O2
Abbildung 3.22: Schematische Darstellung der Sättigungs- und Gelöstsauerstoffkonzentration in Abhängigkeit der Reaktorhöhe zur Berechnung einer mittleren treibenden Konzentrationsdifferenz Die mit Hilfe der Gleichungen 3.36 und 3.40 ermittelten Stoffübergangskoeffizienten werden zur Berechnung der Sherwood-Zahl ShF,O2 in die Gleichung
3 Versuchsanlagen und -durchführung
89
ShF ,O 2 =
ȕ F ,O 2 ⋅ d ä
( 3.43 )
DO 2
eingesetzt. Der Diffusionskoeffizient DO2 von Sauerstoff in Wasser kann aus der einschlägigen Literatur entnommen werden [Fog91, Fra79]. Dagegen ist der Diffusionskoeffizient in wässrigen CMC-Lösungen abzuschätzen. Hierfür existieren bereits diverse empirische Gleichungen (s. Anhang A2), wobei im Vergleich zu den anderen aufgelisteten Gleichungen die berechneten Diffusionskoeffizienten mit Hilfe der Wilke-Chang-Gleichung näherungsweise einen Mittelwert darstellen und somit im Weiteren verwendet werden (s. Abb. 3.23).
Diffusionskoeffizient DO2*10-9 / m2s-1
10 Wilke-Chang-Gleichung:
DF,O 2 = 7.4 ⋅10 −12 ⋅ 1
Ȥ ⋅ M r,B ȘF ⋅ ȞO0.26
⋅T
T=293 K χ=2.6 3 -1 υO2=25.6 cm mol Mr=18 gmol-1
0,1
0,01 1
10
100
dynamische Viskosität ηF / mPas Abbildung 3.23: Diffusionskoeffizient von Sauerstoff in Wasser und wässrigen CMC-Lösungen in Abhängigkeit der dynamischen Viskosität, abgeschätzt mit der Wilke-ChangGleichung
4.1 Lokaler Stofftransport an Einzelblasen
90
4
Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
Anhand der im Stand des Wissens dargelegten Erkenntnisse zum Stofftransport an Gasblasen kommt der Beschreibung lokaler Phänomene in einer Blasenströmung eine große Bedeutung zu. Die derzeit bestehenden empirischen Auslegungsgleichungen und Stofftransportmodelle für GasFlüssig-Systeme berücksichtigen im Wesentlichen die Einflussgrößen durch Verwendung der dimensionslosen Reynolds-Zahl sowie Schmidt-Zahl und basieren auf integralen Betrachtungsweisen. Lokale Wechselwirkungen zwischen Flüssigkeit und Gasblase werden in den empirischen Auslegungsgleichungen nur mit Hilfe von Konstanten oder Exponenten berücksichtigt (vgl. Gl. 2.49), wobei Änderungen in der Reaktorgeometrie und/oder von Betriebszuständen meist zu keiner befriedigenden Übertragbarkeit führen. Die derzeit zur Verfügung stehenden Stofftransportmodelle basieren im Wesentlichen auf Untersuchungen an Einzelblasen, die aber signifikante Effekte beim Stofftransport an Gasblasen in Schwärmen nicht berücksichtigen. Die unzureichende Anwendbarkeit empirischer Auslegungsgleichungen und der Stofftransportmodelle wird daher vor allem auf die Vernachlässigung lokaler Effekte zurückgeführt. Die Wirbelschleppenphänomenologie nimmt hierbei eine maßgebende Rolle beim konvektiven Stofftransport ein, so dass lokale Untersuchungen zum Stofftransport an Gasblasen dringend erforderlich sind. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die aus den Untersuchungen ableitbaren Stofftransportmechanismen in physikalisch anschaulichen Modellierungsansätze überführt werden, um zukünftig eine gesichertere Auslegung von GasFlüssig-Systemen mittels numerischer Simulation zu ermöglichen. Da erst mit den in jüngster Vergangenheit entwickelten optischen Messtechniken eine Untersuchung des lokalen Stofftransports erfolgen kann, wird in der vorliegenden Arbeit die Einflussnahme der Wirbelschleppe auf den Stofftransport an Einzelblasen und an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen untersucht. Anschließend werden die Auswirkungen der lokalen Stofftransportphänomene in einer Gegenstromblasensäule im halbtechnischem Maßstab mit praxisrelevanten Gasgehalten in homogener und heterogener Blasenströmung analysiert. 4.1
Lokaler Stofftransport an Einzelblasen
Die Untersuchung des Stofftransports erfolgt in der lokalen Umgebung von Einzelblasen in einem Laborströmungskanal (vgl. Kap. 3.1) mit den beschriebenen optischen Messtechniken (vgl. Kap. 3.1.2). Die Bestimmung des Sauerstoffmassenstroms in die Blasenschleppe ermöglicht die Berechnung eines über die Blasenoberfläche gemittelten Stofftransports, der in dieser Arbeit als lokaler Stofftransport beschrieben wird. Um eine systematische Analyse des Stofftransports an Gasblasen zu gewährleisten, werden zunächst die sich ausbildenden Konzentrationsschleppen in Abhängigkeit der Reynolds- und Schmidt-Zahl betrachtet. 4.1.1 Beschreibung von Konzentrationsschleppen Zur Beschreibung von Stofftransportmechanismen und zur Berechnung des lokalen Stofftransports an Gasblasen stellt die Konzentrationsschleppe ein wichtiges Phänomen dar. Im Folgenden erfolgt zunächst eine qualitative Analyse auf der Basis visualisierter Konzentrationsschleppen, bevor anschließend quantitative Konzentrationsverteilungen der Schleppe diskutiert werden.
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
91
Hochviskoses System Formstabile, deformierte Gasblasen werden im Bereich einer Reynolds-Zahl bis Reä=84, wie z.B. aus Abbildung 4.1 zu ersehen, laminar ohne Wirbelablösung umströmt. Bei einer Reynolds-Zahl von Reä=45 stellt sich eine geschlossene laminare Schleppe mit vernachlässigbarem Bereich innerer Zirkulation und einem stabilen Auslauf ein, wobei die primäre und sekundäre Schleppe jeweils eine gleichmäßige Konzentrationsverteilung aufweist.
vertikaler LS
Sc=300000 (ȘF§25 mPas) horizontaler Lichtschnitt (LS) primäre Schleppe
sekundäre Schleppe
Reä=45 dä=4.5 mm
Reä=61 dä=5.6 mm
Reä=68 dä=6.2 mm
Reä=76 dä=6.9 mm
Reä=84 dä=7.2 mm
Abbildung 4.1: Hochgeschwindigkeitsaufnahmen der Sauerstoffkonzentrationsverteilung hinter einer aufsteigende Gasblasen in Abhängigkeit der Reynolds-Zahl für Sc=300000 (ȘF§25 mPas)
4.1 Lokaler Stofftransport an Einzelblasen
92
Mit zunehmender Reynolds-Zahl (Reä=61) verändert sich zunächst nur die primäre Schleppe, die sich nun durch eine ausgeprägte innere Zirkulation und nahezu symmetrische Wirbelstruktur mit Gebieten hoher und niedriger Sauerstoffkonzentration auszeichnet. Mit zunehmender Entfernung von der Blasenunterseite nimmt der Querschnitt der primären Konzentrationsschleppe konusförmig ab, so dass die Gebiete mit unterschiedlichen Konzentrationen ineinander übergehen. Bei ReynoldsZahlen zwischen 68 Reä 84 treten offene laminare Schleppen mit Großwirbelstrukturen auf (s. Abb. 4.1). Hierbei bilden sich im Vergleich zur geschlossenen Schleppe auch innerhalb der sekundären Schleppe Gebiete mit hoher und niedriger Sauerstoffkonzentration aus, welches ein Indiz für offene Schleppen ist. Niedrig- / mittelviskose Systeme Gasblasen in niedrig-/mittelviskosen Systemen können erwartungsgemäß eine laminare oder turbulente Wirbelschleppe aufweisen, wobei eine Wirbelablösung von den deformationsrelevanten Anströmbedingungen der Gasblase abhängt. dä=3.1 mm
dä=4.2 mm
dä=6.2 mm
dä=9.5 mm
Sc=120000 (ȘF§16 mPas)
Reä=47
Reä=70
Reä=100
Reä=150
Sc=17000 (ȘF§6 mPas)
Reä=150
Reä=180
Reä=240
Reä=400
Sc=460 (ȘF=1 mPas)
Reä=850
Reä=1100
Reä=1500
Reä=2400
Abbildung 4.2: Visualisierte, bildanalytisch überarbeitete Konzentrationsfelder hinter aufsteigenden Gasblasen in Abhängigkeit der Reynolds-Zahl für Schmidt-Zahlen 460 Sc 120000
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
93
Aus den aus Abbildung 4.2 zu ersehenden Konzentrationsverteilungen in der Schleppe von Gasblasen für Reynolds-Zahlen bis Reä=2400 kann tendenziell mit zunehmender Reynolds-Zahl eine ansteigende Formdynamik der Gasblasen mit plötzlichem Einsetzen einer Wirbelablösung festgestellt werden. Lösen sich Wirbel von der Gasblase ab, so treten immer Gebiete mit höheren und niedrigeren Sauerstoffkonzentrationen im Nachlaufgebiet der Gasblase auf. Dagegen weisen geschlossene laminare Schleppen mit vernachlässigbarem Zirkulationsbereich eine einheitliche Konzentrationsverteilung auf. Quantitative Konzentrationsverteilungen in der Wirbelschleppe In der derzeitigen Lehrmeinung über das Nachlaufgebiet von fluiden Partikeln wird davon ausgegangen, dass sich in der Konzentrationsschleppe Linien konstanter Konzentrationen in Abhängigkeit des Abstands und des Umfangswinkels einstellen (vgl. Abb. 2.25) [Bra71b, Oel73, Hon84]. Dementsprechend wird angenommen, dass die Vermischungs- und Stofftransportprozesse zu einer symmetrisch ausgebildeten Wirbelschleppe in Form und Konzentrationsverteilung führen. Diese Annahme kann aufgrund der bereits dargestellten Ergebnisse nicht mehr als allgemeingültig akzeptiert werden. Um die Abweichungen zwischen derzeitiger Theorie und Experiment aufzuzeigen, sind in Abbildung 4.3 für Gasblasen mit einem Äquivalentdurchmesser dä=6.2 mm in verschiedenen Stoffsystemen gemessene dimensionslose Konzentrationsverläufe in Wirbelschleppen dargestellt. Hierfür ist die dimensionslose Konzentration ȟ über dem dimensionslosen radialen Abstand von der Blase r* aufgetragen, wobei sich für Schmidt-Zahl Sc=300000 relativ starke Konzentrationsgradienten im Vergleich zu Sc=460 ausbilden. Während im niedrig viskosen System (ȘF=1 mPas) die Durchmischung in der Wirbelschleppe näherungsweise mit der eines idealen Rührkessels beschrieben werden kann, entspricht das Vermischungsverhalten im höher viskosen System (ȘF=25 mPas) eher dem eines idealen Strömungsrohres. dimensionslose Konzentration ξ =ρ F,O2/ ρ F,O2* / -
(ηF=25 mPas); θ=165°; Reä=68 Sc=300000 (hF=25 t=165°; REä=68 1Sc=460 mPas; (η t=140° F=1 mPas); θ=140°; Reä=1500
0,14 1,00 0,12
dä=6.2 mm T=20 °C
θ=165°
0,10 0,08 0,06 0,04
θ=140°
0,02 0,00 1,0
1,5 2,0 2,5 3,0 dimensionloser radialer Abstand von der Blase r* = r/rä / -
3,5
Abbildung 4.3: Dimensionslose Konzentration in Abhängigkeit des dimensionslosen radialen Abstandes von der Blase für Reä=68 mit Sc=300000 und Reä=1500 mit Sc=460
4.1 Lokaler Stofftransport an Einzelblasen
94
Insbesondere aus dem abgebildeten Konzentrationsverlauf für Reä=68 lässt sich des Weiteren schließen, dass die zur Auswertung getroffene Annahme einer vollständigen Aufnahme der Übergangskomponente in der primären Wirbelschleppe, bevor dieser sich mit der Kernströmung vermischt, als richtig erweist. Daher ist der Wirbeldynamik an Gasblasen hinsichtlich des konvektiven Stofftransports eine besondere Bedeutung zuzuschreiben, welches nachfolgend mit Hilfe einer Quantifizierung des von einer Gasblase in die primäre Wirbelschleppe übergehenden lokalen Massenstroms einer Komponente überprüft werden soll. 4.1.2 Der lokale Stofftransport an Sauerstoffblasen Die in Abbildung 4.4 dargestellten Ergebnisse der Sherwood-Zahl ShF in Abhängigkeit von der Konvektionszahl nehmen erwartungsgemäß mit zunehmender Konvektionszahl ReäSc zu und zeigen mit steigender Schmidt-Zahl einen steileren Verlauf. Während der Stofftransport an Gasblasen mit laminarer Wirbelschleppe (vgl. Kap. 2.2.3.1) relativ stark mit zunehmender Konvektionszahl ansteigt, ist die Zunahme im Bereich einer turbulenten Wirbelschleppe (vgl. Kap. 2.2.3.1) weniger stark geprägt. Bildet die Umströmung der Blase eine laminar durchströmte Blasenschleppe, so ist die Dicke der hydrodynamischen Grenzschicht und der Konzentrationsgrenzschicht maßgebend durch die Reynolds- und Schmidt-Zahl charakterisierbar und stimmt mit der derzeitigen Lehrmeinung zum Stofftransport überein. Für formdynamische Gasblasen scheinen dagegen weitere Einflussnahmen für den konvektive Stofftransport bedeutsam zu sein. wF0=8.5 cms-1
100000 Sc=460
lokale Sherwood-Zahl ShF=β Fdä/DO2 / -
(ηF= 1 mPas)
10000
1000
1: dä=3.1 mm 2: dä=4.2 mm 3: dä=6.2 mm 4: dä=9.5 mm 5: dä=4.5 mm 6: dä=5.6 mm 7: dä=6.1 mm 8: dä=6.9 mm 9: dä=7.2 mm
wF0=0 cms-1
Sc=17000
Sc=120000
Sc=300000
(ηF= 6 mPas)
(ηF=16 mPas)
(ηF=25 mPas)
9
4
turbulente Wirbelschleppe
3
4
8
3
6 7
2 3 2
4
2 1
5
1
Gl. 2.78 1
Gl. 2.77
100 105 1,0E+05
laminare Wirbelschleppe
106 107 1,0E+06 1,0E+07 Konvektionszahl ReäSc / -
He=33 T=20°C 108 1,0E+08
Abbildung 4.4: Sherwood-Zahlen für Einzelblasen in Abhängigkeit der Reynolds-Zahl und der Schmidt-Zahl Es stellte sich daher zuerst die Frage nach der Genauigkeit der Messung, da zur Ermittlung der über die Blasenoberfläche gemittelten aber doch lokal im Reaktor auftretenden Sauerstoffmassenströme die laserinduzierte Fluoreszenzmesstechnik (LIF) und ein neu entwickeltes Auswerteverfahren ver-
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
95
wendet wurde. Eine Überprüfung und Verifizierung der lokal ermittelten Sherwood-Zahlen wurde mit Hilfe der Gaschromatographie (GC) durchgeführt. Hierfür werden zur integralen Bilanzierung die Sauerstoffkonzentrationen der Gasphase der mit der Gasphase ein- und austretenden Sauerstoffmassenströme ermittelt und entsprechend Gleichung 3.39 ausgewertet. Diese Untersuchungen erfolgten an Einzelblasen mit Äquivalentdurchmessern zwischen 3.2mm dä 6.1mm in einem niedrig viskosen Stoffsystem (ȘF=1 mPas; Sc=460), da unter diesen Versuchsbedingungen relativ hohe Wirbelschleppen- bzw. Vermischungsdynamiken vorliegen, so dass eine mögliche Diskrepanz zwischen lokal und integral ermittelter Sherwood-Zahl deutlich aufgezeigt wird. Die für die Reynolds-Zahlen der Flüssigkeit ReF=0 und ReF=8500 aus Abbildung 4.5 zu ersehenden lokalen (LIF) und integralen (GC) Sherwood-Zahlen ShF zeigen in der Regel eine sehr gute Übereinstimmung, woraus deutlich wird, dass das entwickelte Auswerteverfahren sehr gut zur Bestimmung von lokalen Sauerstoffmassenströmen mittels laserinduzierter Fluoreszenzmesstechnik geeignet ist. Lediglich die mit Hilfe der Gaschromatographie bestimmten Sherwood-Zahl für einen Äquivalentdurchmesser von dä=4.2 mm und ReF=8500 weicht vom tendenziellen Verlauf ab. Eine physikalische Begründung kann hierfür nicht gefunden werden. Des Weiteren zeigen die in Abbildung 4.5 dargestellten Ergebnisse der Sherwood-Zahl ShF eine im Mittel bei allen Reynolds-Zahlen der Relativbewegung auftretende doch deutliche Erhöhung im Stofftransport, wenn eine Veränderung der Turbulenz durch die überlagerte Flüssigkeitsströmung erwirkt wird. Anhand dieser Ergebnisse lässt sich vermuten, dass ein durch Aufprägen einer Reynolds’schen Turbulenz zusätzlicher Impuls auf die Umströmung der Gasblase übertragen wird, der zu einem erhöhten Stoffstrom an der Gasblase führt. Die Ursache für den höheren Stofftransport kann möglicherweise auf eine Änderung der Formdynamik zurückgeführt werden, welches im Laufe dieser Arbeit noch diskutiert wird. Aufgrund der Wirbelschleppenausbildung/-dynamik weisen die für die Berechnung von lokalen Sherwood-Zahlen an Gasblasen zu ermittelnden lokalen Sauerstoffmassenströme (vgl. Kap. 3.3.3) eine große Streubreite auf, so dass auch der Mittelwertbildung eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. So verdeutlicht der in Abbildung 4.6 exemplarisch dargestellte kumulierte Mittelwert der lokalen Sherwood-Zahl ShF, dass eine Mittelwertbildung über eine Mindestanzahl von nB=16 Blasen erforderlich ist, um eine Messgenauigkeit von 2% zu erzielen. Da alle im Rahmen dieser Arbeit ermittelten lokalen Sherwood-Zahlen unter Berücksichtigung einer Mindestanzahl von Blasen gemittelt werden, kann von einer hohen Sicherheit dieses Mittelwertes ausgegangen werden.
4.1 Lokaler Stofftransport an Einzelblasen
96
1600 ReF=0 ReF=8500 Sc=460 He=33 LIF LIF T=20°C GC GC
Sherwood-Zahl ShF / -
1400 1200 1000 800 600 400
dä=6.2 mm dä=4.2 mm
200 dä=3.2 mm
0 600 0
800
1000 1200 1400 νF / Reynolds-Zahl Reä=wrdä/ν
1600
1800
Abbildung 4.5: Sherwood-Zahlen für Einzelblasen in Abhängigkeit der Reynolds-Zahl der Blase Reä und der Flüssigkeit ReF unter Anwendung der laserinduzierten Fluoreszenzmesstechnik (LIF) und Gaschromatographie (GC)
kumulierter Mittelwert der Sherwood-Zahl ShF / -
1300 dä=6 mm Sc= 460 He=33 εP=18 Vol.-% T=20°C
1200
+2%
1100 -2%
Mittelwert: ShF=1100
1000
900 1
6
11
16
21
Blasenanzahl nB / -
Abbildung 4.6: Kumulierter Mittelwert der lokalen Sherwood-Zahl in Abhängigkeit der Blasenanzahl
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
97
Schlussfolgerungen Aufgrund der erfolgreichen Verifizierung der lokal ermittelten Sherwood-Zahlen kann anhand dieser Ergebnisse der Stofftransport an Gasblasen physikalisch dahingehend beschrieben werden: 1. Die Übergangskomponente diffundiert aus der Gasblase in die Phasengrenzschicht. 2. Anschließend wird diese Übergangskomponente von der An- und Abströmseite der Gasblase durch die äußere Umströmung entlang der Phasengrenzfläche zu den Ablösebereichen der Strömung transportiert. 3. Von dort wird die Übergangskomponente in die primäre Wirbelschleppe gefördert. 4. Nach Passieren der primären Wirbelschleppe oder durch eine Wirbelablösung wird schließlich die Übergangskomponente mit der Kernströmung vermischt.
Anhand dieser Beschreibung zeigt sich, dass die in der einschlägigen Literatur beschriebenen Stofftransportmechanismen für ellipsoide forminstabile Gasblasen den konvektiven Transport bisher nicht ausreichend charakterisieren. Für den Stofftransport an einer turbulent umströmten Gasblase ist aber die Einflussnahme einer Wirbelablösung von besonderem Interesse, so dass nun auch deren Auswirkungen auf den Stofftransport an Gasblasen in Schwärmen zu untersuchen ist. Da in realen Blasenschwärmen die optische Zugänglichkeit bei praxisrelevanten Gasgehalten unzureichend ist, wird in die Strömung ein Gitter mit fixierten und versetzt angeordneten ellipsoiden Partikeln eingebaut, um somit ein Strömungsfeld zu erzeugen, dass dem eines realen Blasenschwarms näherungsweise entspricht. Hiermit können Untersuchungen des lokalen Stofftransports an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden nachfolgend dargestellt. 4.2
Lokaler Stofftransport an Gasblasen unter schwarmrelevanten Bedingungen
Die Untersuchung des lokalen Stofftransports erfolgt an Sauerstoffblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen in einem Laborströmungskanal (vgl. Kap. 3.1) mit den beschriebenen optischen Messtechniken (vgl. Kap. 3.1.2). Hierbei werden als Variationsparameter der Blasenäquivalentdurchmesser, die dynamische Viskosität und der Partikelgehalt des Gitters zur Erzeugung von schwarmrelevanten Strömungsbedingungen variiert. Zur systematischen Analyse der verschiedenen auf den Stofftransport wirksamen Einflussgrößen werden zunächst die Strömungsfelder und die Blasenbewegung sowie das Wirbelschleppenverhalten an ellipsoiden Gasblasen untersucht. 4.2.1 Das lokale Bewegungsverhalten von Blasen Zur Untersuchung des lokalen Stofftransports sind die Wechselwirkungen zum Bewegungsverhalten von Gasblasen mit veränderter An- und Umströmung innerhalb eines schwarmrelevanten Strömungsfeldes von Interesse, wozu der in Kapitel 3.1 beschriebene Versuchsaufbau mit Partikelgitter verwendet wird. Die Gitter mit einem Partikelgehalt von ca. 11 Vol.-% und 18 Vol.-% werden jeweils mit einer Flüssigkeit von oben durchströmt, wodurch unterhalb des Partikelgitters ein Strömungsfeld mit schwarmrelevanten Anströmbedingungen für eine Einzelblase entsteht. Da sich die Einzelblase auch relativ zu dem Partikelgitter bewegt, ist eine recht gute Vergleichbarkeit mit den
98
4.2 Lokaler Stofftransport an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen
Bedingungen im realen Schwarm gegeben. Während zur Erfassung und Analyse des Strömungsfeldes das PIV-Messsystem eingesetzt wird, erfolgt die Untersuchung des Bewegungsverhaltens von Gasblasen mittels des PTV-Messsystems (vgl. Kap. 3.1.2.2). Abbildung 4.7 zeigt exemplarisch einige untersuchte momentane Strömungsfelder der reinen Flüssigkeit anhand von Geschwindigkeitsvektoren. Während in einer ungestörten Strömung (İP=0 Vol.%) ein gerichtetes, stationäres Geschwindigkeitsprofil vorliegt (s. Abb. 4.7a), stellt sich bei der Durchströmung eines Partikelgitters (İP=18 Vol.-%) ein dynamisches mit Wirbeln behaftetes Strömungsfeld ein (s. Abb. 4.7b). Steigt aufgrund zunehmender Viskosität die Impulstromdichte an, so nimmt die Dynamik der Flüssigkeitsströmung ab (s. Abb. 4.7c) und es bildet sich schließlich ein Strömungsfeld mit relativ großen Wirbelgebieten aus (s. Abb. 4.7d). Unmittelbar hinter den Partikeln bildet sich dann ein Wirbelbereich aus, welcher von einem Strahlbereich umgeben ist (s. Abb. 4.7c). Diese Strömungsstruktur weist sowohl die von Fan [Fan90] an kappenförmigen Blasen als auch die von Brauer [Bra79] an kugelförmigen festen Partikel beobachtete Strömung auf (vgl. Kap. 2.2.3).
Abbildung 4.7: Momentanes ungestörtes Strömungsfeld und momentane Strömungsfelder unterhalb des Partikelgitters in Abhängigkeit der Viskosität und einer konstanten Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
99
Um die Dynamik des Strömungsfeldes aufzuzeigen, ist in Abbildung 4.8 die am Punkte 1 (vgl. Abb. 4.7b) zeitlich ermittelte Flüssigkeitsgeschwindigkeit dargestellt. Die um den Mittelwert schwankenden Flüssigkeitsgeschwindigkeiten wF weisen den erwarteten unregelmäßigen zyklischen Verlauf für die gesamte Zeitspanne von t=25s auf. Die relativ große Schwankungsbreite der Flüssigkeitsgeschwindigkeit ist ein Indiz dafür, dass der sich ausbildende Strahl- und ablösende Wirbelbereich unterhalb des Partikelgitters zeitlich und örtlich instationär das vermessene Strömungsgebiet passiert.
Flüssigkeitsgeschwindigkeit wF / mms-1
70 ReF=8500 εP=18 Vol.-% fPIV=4 Hz
60 50 40 30 20 Mittelwert
10 0 0
5
10
15
20
25
Zeit t / s
Abbildung 4.8: Flüssigkeitsgeschwindigkeit für den Punkt 1 innerhalb eines Strömungsfeldes in Abhängigkeit der Aufnahmezeit (vgl. Abb. 4.7b) Um die Strömungs-/Anströmbedingungen unterhalb des Partikelgitters näher charakterisieren zu können, sind in Abbildung 4.9 exemplarisch für eine Reynolds-Zahl der Flüssigkeit von ReF=8500 die mittleren vertikalen Komponenten der Schwankungsgeschwindigkeit |wF,y,m’| für ein gestörtes und ungestörtes Strömungsfeld dargestellt. Deutlich werden die für das gestörte Strömungsfeld erwarteten hohen Schwankungsgeschwindigkeiten wiedergegeben, wobei die Schwankungsgeschwindigkeiten im untersuchten Abstand vom Partikelgitter sowie im ungestörten Strömungsfeldnahezu konstant sind. Die schwarmrelevanten Anströmbedingungen bleiben für eine aufsteigende Blase in diesem Bereich der Strecke also erhalten, so dass die lokale Untersuchung des Stofftransports an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen innerhalb des dargestellten Bereiches der y-Koordinate erfolgen kann.
4.2 Lokaler Stofftransport an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen
100
0
y-Koordinate / mm
5
x y
10
εP=18 % wF,y' εP=0 % wF,y'
15 20 25 x=0 mm ReF=8500
30 35 0
5
10
15
20
25
30
35
40
Schwankungsgeschwindigkeit der Flüssigkeit |wF,y,m'| / mms-1
Abbildung 4.9: Verhalten der Schwankungsgeschwindigkeit der Flüssigkeit entlang der yKoordinate unterhalb des Partikelgitters Zur Beschreibung des Bewegungsverhaltens von Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen erfolgt die Berechnung der Relativgeschwindigkeit mit Hilfe der vertikalen Komponente der Flüssigkeitsgeschwindigkeit (vgl. Kap. 3.3.2). Ein Vergleich der in Abbildung 4.10 dargestellten Messergebnisse für die Relativgeschwindigkeit wr in Abhängigkeit des Blasenäquivalentdurchmessers dä für zwei Partikelgehalte İP und Viskositäten ȘF zeigt, dass die Relativgeschwindigkeit im gestörten Strömungsfeld (İP=18 Vol.-%) im Vergleich zum ungestörten Strömungsfeld (İP=0 Vol.-%) geringer ist und wird durch die Theorie von Richardson und Zaki sehr gut wiedergegeben. Anders aber sind die hier ermittelten Ergebnisse für die Relativbewegung von Gasblasen im Schwarm bei erhöhter Viskosität zu werten. In Übereinstimmung mit den bereits von John [Joh99] an Dreiphasensystemen ermittelten Ergebnissen können veränderte Anströmbedingungen auch zu einer Erhöhung der Relativbewegung im Schwarm führen. Diese Übereinstimmung mit experimentellen Daten ergibt ein weiteres Indiz dafür, dass die durch das Partikelgitter erzeugte Flüssigkeitsbewegung der in realen Blasenströmungen sehr ähnelt. Hierbei ist aber zu beachten, dass sich die mit Hilfe eines Partikelgehaltes erzeugten Flüssigkeitsbewegungen von denen, die durch einen äquivalenten Gasgehalt induziert werden, unterscheiden. So beträgt z.B. bei einem Partikelgehalt von İP=18 Vol.-% und Blasenäquivalentdurchmesser von dä=4.2 mm die Relativgeschwindigkeit wr=23 cm/s, während bei einem äquivalenten Gasgehalt und Blasendurchmesser die mit Hilfe der von Richardson und Zaki aufgestellten Gleichung 2.29 berechnete Relativgeschwindigkeit nur wr=20 cm/s ist. Wird dagegen ein Gasgehalt von ca. İG=10 Vol.-% in Gleichung 2.29 eingesetzt, so ergibt sich eine Relativgeschwindigkeit von wr=23 cm/s. Aus diesem Vergleich lässt sich schließen, dass die mit Hilfe des Partikelgitters İP=18 Vol.-% erzeugte Flüssigkeitsbewegung etwa dem von formdynamischen Blasen induzierten Strömungsfeld mit einem Gasgehalt von İG=10 Vol.-% entspricht und somit im technisch relevanten Anwendungsbereich liegt.
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
101
Relativgeschwindigkeit wr / cms-1
35 30 25 20 15
ηhF=1 mPas F= 1 mPas ηReihe6 F= 6 mPas ηReihe5 F= 1 mPas ηReihe7 F= 6 mPas
10 -1
0
5
wF =8.5 cms T=20°C
εP=0 Vol.% εP=18 Vol.%
0
02
3
4
5 6 7 8 Blasenäquivalentdurchmesser dä / mm
9
10
Abbildung 4.10: Relativgeschwindigkeit in Abhängigkeit des Blasenäquivalentdurchmessers und Partikelgehalts für die Viskositäten ȘF=1 mPas und ȘF=6 mPas
1.50
hF=1 ηF=1 mPas mPas
1.45
ηF=6 mPas mPas hF=6
Verwindungszahl ξ r / -
1.40
0 wF =8.5
1.35
-1
cms
εP=0 Vol.-%
T=20°C
1.30 1.25 1.20 1.15
εP=18 Vol.-%
1.10 1.05 1.00
02
3
4
5
6
7
8
9
10
Blasenäquivalentdurchmesser dä / mm
Abbildung 4.11: Verwindungszahl in Abhängigkeit des Blasenäquivalentdurchmessers und des Partikelgehalts Zur weiteren Absicherung hinsichtlich eines schwarmrelevanten Bewegungsverhaltens der Gasblasen wird die mit Hilfe der Verwindungszahl ȟr (vgl. Kap. 3.3.1) charakterisierte helixförmige Bewegungsbahn in Abbildung 4.11 dargestellt, die für die jeweiligen Messreihen mit zunehmenden
102
4.2 Lokaler Stofftransport an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen
Blasenäquivalentdurchmesser dä zunimmt. Hierbei sind die Verwindungszahlen für eine Viskosität von ȘF=6 mPas geringer als für ȘF=1 mPas. Außerdem sind die Verwindungszahlen in gestörter Strömung geringer als in ungestörter Strömung (ȟr,İP=18< ȟr,İP=0), welches mit einem geradlinigeren Blasenaufstieg unter dem Einfluss von schwarmrelevanten Strömungsbedingungen gleichzusetzen ist. Diese Einflussnahme tritt unabhängig von der Viskositäten auf. Auch das mit der Verwindungszahl charakterisierte Bewegungsverhalten von Gasblasen bei hohen Gasgehalten im Vergleich zu Einzelblasen wird in der Literatur bestätigt [Sch02].
Anhand der zuvor diskutierten Ergebnisse kann in erster Näherung angenommen werden, dass mit Hilfe eines Gitters mit versetzt angeordneten ellipsoiden Partikeln hydrodynamische Verhältnisse wie innerhalb eines realen Blasenschwarms erzeugt werden können. Hiernach ist es erstmals möglich, lokale Untersuchungen zum Stofftransport an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen durchzuführen. 4.2.2 Hydrodynamik der Wirbelschleppe von ellipsoiden Gasblasen Im Stand des Wissen wurde aufgezeigt, dass der Stofftransport an einer Gasblase maßgeblich durch das Formverhalten und die Umströmungsverhältnisse einer Blase bestimmt wird. Da die Dynamik der Änderungen des Blasengrößenverhältnisses (vgl. Gl. 2.18) eine Wechselwirkung mit der Wirbelschleppenablösung aufweist (vgl. Gl. 3.22) und der Abtransport einer Übergangskomponente von der Phasengrenzfläche zunächst in die Wirbelschleppe erfolgt (vgl. Kap. 4.1.2), stellen neben der Relativgeschwindigkeit auch die Wirbelschleppenausbildung /-dynamik ein wichtiges Merkmal zur Beschreibung von Stofftransportmechanismen dar. Im Folgenden werden daher zur Charakterisierung des hydrodynamischen Wirbelschleppenverhaltens an einer Gasblase die Wirbelablösefrequenz und die primäre Wirbelschleppenlänge untersucht. Die in Abbildung 4.12 dargestellte experimentell ermittelte Wirbelablösefrequenz fW ist für eine Viskosität von ȘF=1 mPas nahezu unabhängig von der Reynolds-Zahl Redh. Eine deutliche Abhängigkeit von den hier betrachteten Schwarmbedingungen kann hier ebenfalls nicht festgestellt werden. Hiernach wirkt der durch das Partikelgitter induzierte turbulente Impuls nicht überlagernd, um das Blasengrößenverhältnis (vgl. Gl. 2.18) und somit die Wirbelablösefrequenz signifikant zu beeinflussen. Dagegen zeigt sich mit zunehmender Viskosität (ȘF=6 mPas, ȘF=16 mPas) ein mit der Reynolds-Zahl degressiv steigender Verlauf der Wirbelablösefrequenz. Für Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen ist die Wirbelablösefrequenz geringfügig höher als für Einzelblasen. Da ab einer Viskosität von ȘF=25 mPas keine Wirbelablösung an den untersuchten Blasen mit Äquivalentdurchmessern zwischen 4.5 mm dä 7.2 mm mehr festgestellt werden kann (fW=0 s-1), sind diese hier nicht dargestellt und werden im Weiteren hinsichtlich des Stofftransports nicht mehr behandelt.
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
103
45
Wirbelablösefrequenz fW / s-1
40
wF0=8.5 cms-1 T=20°C
Brauer: wr nach Gl. 2.9-2.11
35 30 25 20 Brauer: wr nach Gl. 2.9-2.11
15 10 5 0 0
500
Fan: wr nach Gl. 2.13
Vo.-%; ηSc=458 εep=0 P=0 Vol.-%; F=1 mPas Vol.-%;ηSc=458 εeP=18 P=18 Vol.-%; F=1 mPas Vol.-%; ηSc=17032 εep=0 P=0 Vol.-%; F=6 mPas Vol.-%;ηSc=17032 εeP=18 P=18 Vol.-%; F=6 mPas εReihe7 P=0 Vol.-%; ηF=16 mPas εReihe8 P=18 Vol.-%; ηF=16 mPas Miyahara(Brauer) [Miy93] Miyahara Miyahara (Fan) Fan
1000 1500 2000 2500 Reynolds-Zahl Redh=wrdh/ν νF / -
3000
3500
Abbildung 4.12: Wirbelablösefrequenz in Abhängigkeit der Reynolds-Zahl, der dynamischen Viskosität und des Partikelgehalts Demzufolge ist in diesem Bereich des Dispersphasengehaltes der Einfluss von schwarmrelevanten Strömungsbedingungen auf die Wirbelablösefrequenz als gering zu bewerten, so dass das Verhalten von ellipsoiden Gasblasen im Schwarm näherungsweise mit dem von Einzelblasen beschrieben werden kann. Um die experimentell ermittelten Wirbelablösefrequenzen mit denen aus empirischen Gleichungen berechneten zu vergleichen, werden die hierfür benötigten Blasenaufstiegsgeschwindigkeiten mit den von Brauer aufgestellten Gleichungen 2.9 bis 2.11 berechnet und zur Abschätzung der Aufstiegsbahnfrequenz bzw. der Wirbelablösefrequenz (vgl. Gl. 3.22) einer Gasblase verwendet (vgl. Gl. 2.37 bis 2.39). Tendenziell ist in Abbildung 4.12 eine gute Übereinstimmung zwischen den experimentell ermittelten und theoretisch berechneten Wirbelablösefrequenzen festzustellen (vgl. Abb. 4.12, Brauer). Lediglich im unteren Gültigkeitsbereich der Gleichung 2.38 treten größere Abweichungen auf, die darauf zurückzuführen sind, dass in diesem Bereich der Einfluss von Verunreinigungen auf das Form- und Bewegungsverhalten einer Gasblase besonders groß ist. Dies wird besonders deutlich bei der Berechnung der Blasenaufstiegsgeschwindigkeit unter Berücksichtigung von Verunreinigungen mit Hilfe der von Fan aufgestellten Gleichungen 2.13. Hierbei zeigt sich, dass insbesondere im unteren Gültigkeitsbereich der Gleichung 2.38 nun eine sehr gute Übereinstimmung mit den experimentell ermittelten Wirbelablösefrequenzen vorhanden ist. Zur Untersuchung der Wirbelschleppenausbildung unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen ist in Abbildung 4.13 die auf den Blasenäquivalentdurchmesser normierte primäre Wirbelschleppenlänge hW/dä in Abhängigkeit der Reynolds-Zahl Reä dargestellt. Hierbei zeigt sich keine signifikante Einflussnahme der hier eingestellten schwarmrelevanten Strömungsbedingungen (İP=18 Vol.-%) auf die Wirbelschleppenlänge im Vergleich zum ungestörten Strömungsfeld (İP=0
4.2 Lokaler Stofftransport an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen
104
Vol.-%). Während im niedrigviskosen System (ȘF=1 mPas) die normierte Wirbelschleppenlänge mit zunehmender Reynolds-Zahl Reä abnimmt, zeigt sich für erhöhte Viskositäten mit zunehmender Reynolds-Zahl zunächst ein Anstieg und nach einem Maximum eine Abnahme der normierten Wirbelschleppenlänge (ȘF=6 mPas und ȘF=16 mPas). Dieser Verlauf kann auf eine sich ändernde Umströmung bei Deformation der Gasblase zurückgeführt werden, da bei niedrigeren Reynolds-Zahlen die Gasblase laminar ohne Wirbelablösung umströmt wird und erst bei größeren Reynolds-Zahlen eine Wirbelablösung auftritt (vgl. Abb. 4.12). Diese Änderung der Wirbelschleppendynamik führt ab einer stoffabhängigen charakteristischen Reynolds-Zahl zu einer Abnahme der normierten primären Wirbelschleppenlänge. 4.0 normierte Wirbelschleppenlänge hW/dä / -
3.5 3.0 2.5
ηF
εP=18 Vol.-% εP=0 Vol.-% mPas η ηF=1mPas F=1 mPas hF=1 hF=1 mPas ηF=6mPas η mPas F=6 mPas hF=6 hF=6 mPas mPas ηF=16mPas η F=16 mPas hF=16 hF=16 mPas mPas ηF=25mPas hF=25
2.0 1.5 1.0 0.5 0.0 10
100
1000
10000
Reynolds-Zahl Reä=wrdä/ν νF / -
Abbildung 4.13: Normierte Wirbelschleppenlänge in Abhängigkeit der Reynolds-Zahl, der dynamischen Viskosität und des Partikelgehalts
4.2.3 Der lokale Stofftransport an Sauerstoffblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen Während qualitativ nur eine geringe Einflussnahme der hier eingestellten schwarmrelevanten Strömungsbedingungen auf die Formdynamik einer Gasblase festgestellt werden kann, zeigen die in Abbildung 4.14 dargestellten Ergebnisse eine umfangreiche Auswirkung auf den Stofftransport. Hierbei wird die in die primäre Schleppe von Gasblasen transportierte Sauerstoffmasse als normierte Größe zwischen schwarmrelevanter Strömungsbedingung (İP=18 Vol.-%) und Einzelblase (İP=0 Vol.-%) mW,O2,İP=18/mW,O2,İP=0 für verschiedene Schmidt-Zahlen Sc betrachtet. Da die relevanten Wirbelablösefrequenzen nahezu unabhängig von den untersuchten Strömungsbedingungen (vgl. Abb. 4.12) und damit auch die Zeitkonstante (Wirbelablösezeit tW) für den Sauerstoffmassenstrom nahezu konstant ist, können aus dem dargestellten Massenverhältnis Rückschlüsse auf den Stoff-
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
105
normierte Sauerstoffmasse der primären Schleppe mW,O2,eP=18/mW,O2,eP=0 / -
übergang gezogen werden. Hierbei zeigt sich mit zunehmendem Blasenäquivalentdurchmesser eine deutliche Zunahme der normierten Sauerstoffmasse (mW,O2,İP=18/mW,O2,İP=0 > 1), d.h. der Stofftransport nimmt unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen im Vergleich zur Einzelblase deutlich zu. 1.3
Sc=460 Sc=17000 He=33 -1 0 wF =8.5 cms T=20°C
1.2
1.1
.
Zeitkonstante für Massenstrom MW,O2: tW §konst. 1.0
02
3
4
5
6
7
8
9
10
Blasenäquivalentdurchmesser dä / mm
Abbildung 4.14: Normierte Sauerstoffmasse in der primären Wirbelschleppe in Abhängigkeit des Blasenäquivalentdurchmessers und der Schmidt-Zahl Zur Aufklärung des Phänomens eines besseren Stoffaustauschs unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen ist in Abbildung 4.15 die aus den Ergebnissen ermittelte und normierte mittlere Sauerstoffkonzentration ȡW,O2,İP=18/ȡW,O2,İP=0 und das normierte Volumen der sauerstoffangereicherten Flüssigkeit VW,O2,İP=18/VW,O2,İP=0 der primären Schleppe in Abhängigkeit des Blasenäquivalentdurchmessers dä dargestellt. Während das normierte Volumen der sauerstoffangereicherten Primärschleppe mit zunehmenden Blasenäquivalentdurchmesser im Wesentlichen ansteigt, nimmt die normierte Gelöstsauerstoffkonzentration mit zunehmendem Blasendurchmesser tendenziell ab. Hiernach ist für die kleineren Blasenäquivalentdurchmesser der Anstieg der Sauerstoffmasse in der Schleppe infolge der schwarmrelevanten Strömungsbedingungen (vgl. Abb. 4.15) hauptsächlich auf eine Zunahme der Gelöstsauerstoffkonzentration in der Schleppe zurückzuführen, während bei den größeren Äquivalentdurchmessern der Anstieg der Sauerstoffmasse in der primären Schleppe aus einer Zunahme des sauerstoffangereicherten Flüssigkeitsvolumens resultiert.
4.2 Lokaler Stofftransport an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen
normierte Sauerstoffkonzentration und normiertes sauerstoffangereichteres Flüssigkeitsvolumen der primären Schleppe ρ W,O2,eP=18/ρ W,O2,eP=0; VW,O2,eP=18/VW,O2,eP=0; / -
106
1.6
Sc=460 Sc=460
1.5
Sc=17000 Sc=17000
VW,O2,εP=18/VW,O2,εP=0 ρW,O2,εP=18/ρW,O2,εP=0
1.4 1.3 1.2 1.1 1.0 0.9 0
wF =8.5 cms T=20°C
0.8
-1
0.7
02
3
4
5
6
7
8
9
10
Blasenäquivalentdurchmesser dä / mm
Abbildung 4.15: Normierte Gelöstsauerstoffkonzentration und normiertes sauerstoffangereichertes Flüssigkeitsvolumen in Abhängigkeit des Blasenäquivalentdurchmessers und der Schmidt-Zahl Anhand dieser Ergebnisse und unter Berücksichtigung der visualisierten Konzentrationsschleppen (vgl. Abb. 4.2) kann auch auf das Vermischungsverhalten der primären Wirbelschleppe geschlossen werden. Hieraus ergibt sich, dass die Vermischung im Wesentlichen von der Blasengröße, Wirbelablösefrequenz und Viskosität abhängig ist. Zu dem weist die Wirbelablösefrequenz eine direkte Wechselwirkung zur Aufstiegsbahnfrequenz auf (vgl. Gl. 3.22), so dass das Vermischungsverhalten der Wirbelschleppe durch die Reynolds- und Strouhal-Zahl gemäß BoW =
ȞF 1 = Reä ⋅ Srä d ä2 ⋅ f Bahn
( 4.1 )
beschrieben werden kann und weist eine Analogie zur aus der Literatur bekannten Bodenstein-Zahl (vgl. Gl. 2.41) auf. Die so beschriebene Bodenstein-Zahl geht für niedrige Viskositäten oder für große Blasenäquivalentdurchmesser bzw. Wirbelablösefrequenzen gegen Null und beschreibt somit das Vermischungsverhalten eines idealen Rührkessels. Dagegen läuft die mit Gleichung 4.1 dargestellte Bodenstein-Zahl zur Beschreibung des idealen Strömungsrohres nicht gegen unendlich, sondern gegen einen Grenzwert (BoW=Bokrit), der durch die Wirbelschleppendynamik festgelegt wird. Liegt keine Wirbelablösung vor (SräÆ0), so entspricht das Vermischungsverhalten der Wirbelschleppe dem eines idealen Strömungsrohres. Das Einsetzen der Wirbelablösung ist hierbei von der Reynolds-Zahl Reä abhängig. Die praktische Bedeutung der Bodenstein-Zahl auf den Stofftransport einer Gasblase und hier im besonderen in einer Blasenschleppe wird im Weiteren Verlauf dieser Arbeit noch aufgezeigt. Um den Einfluss von schwarmrelevanten Strömungsbedingungen auf den Stofftransport an Gasblasen weitergehend zu verdeutlichen, sind in Abbildung 4.16 für eine Schmidt-Zahl von Sc=460 die
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
107
lokalen Sherwood-Zahlen ShF in Abhängigkeit des Partikelgehalts İP, des Blasenäquivalentdurchmessers dä und der Reynolds-Zahl ReF der im Gegenstrom geführten Flüssigkeit aufgetragen. Für einen konstanten Dispersphasengehalt und eine konstante Reynolds-Zahl der Flüssigkeit führt auch unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen (İP>0 Vol.-%) ein zunehmender Blasenäquivalentdurchmesser zu höheren Sherwood-Zahlen. Außerdem nimmt mit zunehmendem Dispersphasenanteil die Sherwood-Zahl für kleine Äquivalentdurchmesser dä=3.1 mm und 4.2 mm moderat und für größere Durchmesser deutlich zu. Im Vergleich verschiedener Reynolds-Zahlen der Flüssigkeit sind die Verläufe die Sherwood-Zahlen mit zunehmenden Partikelgehalt tendenziell parallel und für ReF=8500 etwas größer als für ReF=3000, d.h. der Einfluss der Reynolds-Turbulenz ist sehr viel kleiner als der der Gitterturbulenz auf den Stofftransport. ReF=8500
lokale Sherwood-Zahl ShF / -
2500
ReF=3000
2000
Sc=460 He=33 T=20°C
dä=3.1 mm dä=3.1 dä=4.2 mm dä=4.2 dä=6.2 mm dä=6.2
ddä=3.1 mm ä=3.1 mm =4.2 mm ddä=4.2 mm ä ddä=6.2 mm ä=6.2 mm ddä=9.5 mm ä=9.5 mm
1500
1000
500
0 0
5
10 Partikelgehalt εP / Vol.-%
15
20
Abbildung 4.16: Lokale Sherwood-Zahl in Abhängigkeit des Partikelgehalts, des Blasenäquivalentdurchmessers und der Reynolds-Zahl der Flüssigkeit für Sc=460 Da für den Abtransport einer Übergangskomponente von der Phasengrenzfläche einer forminstabilen Gasblase letztendlich die Wirbelablösung verantwortlich ist und diese sich nicht signifikant mit den Strömungsbedingungen ändert (vgl. Abb. 4.13), wird als Grund für den erhöhten Stofftransport an Gasblasen eine auf die im Schwarm sich einstellende veränderte stochastische Formdynamik der Blasenoberfläche angenommen. Auch Schlüter [Sch02] hat in seinen experimentellen Untersuchungen zum Formverhalten von Gasblasen in praxisrelevanten Zweiphasenströmungen beobachtet, dass Gasblasen in realen Schwärmen im Vergleich zu Einzelblasen erhöhte stochastische Formschwankungen aufweisen. Da in der Literatur u.a. von [Bra71] regellose Formschwankungen der Phasengrenzfläche mit dem Begriff der Deformationsturbulenz beschrieben werden, soll dieser Begriff zur Beschreibung von Stofftransportphänomenen im Weiteren auch hier zur Anwendung kommen.
4.2 Lokaler Stofftransport an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen
108
Um den Einfluss von schwarmrelevanten Strömungsbedingungen auf den Stofftransport aufzuzeigen, ist in Abbildung 4.17 für unterschiedliche Schmidt-Zahlen Sc bzw. Viskositäten ȘF und Partikelgehalte İP der lokale Stoffübergangskoeffizient ȕF in Abhängigkeit vom Blasenäquivalentdurchmesser dä dargestellt. Hierbei zeigt sich, dass der Stoffübergangskoeffizient mit dem Blasenäquivalentdurchmesser teilweise deutlich ansteigt und die Auswirkungen der schwarmrelevanten Strömungsbedingungen zusätzlich blasengrößenabhängig sind. Im Vergleich der Stoffsysteme zeigen sich für Sc=17000 größere Zunahmen des Stoffübergangskoeffizienten als für Sc=460. Während aufgrund der höheren Zähigkeitskraft bei Sc=17000 und bei einem Äquivalentdurchmesser von dä=3.1 mm die Gasblase formstabil ist, stellen sich bei größeren Durchmessern (dä=9.5 mm) stochastische Formschwankungen ein (vgl. Abb. 4.2). Daher werden die größeren Zunahmen des Stoffübergangskoeffizienten auf die Änderung des Formverhaltens der Gasblase zurückgeführt. Bei Sc=460 setzt diese Deformation wesentlich früher ein (dä=6.2 mm), woraus ein entsprechend größerer Einfluss der im Schwarm erzeugten Turbulenzen auf den Stoffübergangskoeffizienten resultiert. Sc=460 Sc=460
lokaler Stoffübergangskoeffizient βF / ms-1
0.00060
(ηF= 1 mPas)
Sc=17000 : εP=0 Vol.-% He=33 0 -1 Sc=17000 : εP=18 Vol.-% wF =8.5 cms T=20°C (ηF= 6 mPas)
0.00050 ΔβF=29%
0.00040
ΔβF=11%
0.00030 ΔβF=56%
0.00020
ΔβF=27%
0.00010 0.00000 20
3
4 5 6 7 8 Blasenäquivalentdurchmesser dä / mm
9
10
Abbildung 4.17: Lokaler Stoffübergangskoeffizient in Abhängigkeit des Blasenäquivalentdurchmessers für unterschiedliche Partikelgehalte und Schmidt-Zahlen Als weitere Untersuchung die auf schwarmrelevante Strömungsbedingungen zurückzuführenden Auswirkungen auf den Stofftransport an Gasblasen wurde das Stoffsystem mit Hilfe der Viskosität weiter variiert. Die in Abbildung 4.18 dargestellten lokalen Sherwood-Zahlen ShF zeigen mit steigender Schmidt-Zahl einen steileren Verlauf, der auf einen zunehmenden Einfluss der Umströmungsbedingungen zurückgeführt wird. An forminstabilen Gasblasen mit periodischer oder stochastischer Formänderung (vgl. Abb. 4.2) wird ein unter Schwarmbedingung erhöhter Stofftransport für die untersuchten Schmidt-Zahlen im Vergleich zu Einzelblasen festgestellt. Auch hier sind die Auswirkungen des turbulenten Impulstransports blasengrößenabhängig. Ebenfalls sind die Kur-
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
109
ven für die schleichende Strömung (Gl. 2.77) und Potentialströmung (Gl. 2.78) dargestellt. Im Vergleich zu den Grenzkurven zeigen die ermittelten Sherwood-Zahlen, dass sich der Stoffübergang verbessern, aber auch verschlechtern kann (vgl. Abb.2.22). 100000
Sc=460
Sc=17000
Sc=460
Sc=17000
Sc=120000 : εP=0 Vol.-% Sc=120000 : εP=18 Vol.-%
(ηF= 6 mPas)
(ηF=16 mPas)
lokale Sherwood-Zahl ShF=β Fdä/DO2 / -
(ηF= 1 mPas)
10000
1: dä=3.1 mm 2: dä=4.2 mm 3: dä=6.2 mm 4: dä=9.5 mm
4
4
turbulente Wirbelschleppe
3
3 2
4
2
3
1000
Gl. 2.78
2
1 1
1
Gl. 2.77
100 105 1,0E+05
laminare Wirbelschleppe
106 107 1,0E+06 1,0E+07 Konvektionszahl ReäSc / -
He=33 wF0=8.5 cms-1 T=20°C 108 1,0E+08
Abbildung 4.18: Lokale Sherwood-Zahlen in Abhängigkeit der Konvektionszahl, der Schmidt-Zahl und des Partikelgehalts
Schlussfolgerungen: Anhand dieser Ergebnisse zum Stofftransport an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen wird ein erhöhter Sauerstoffmassenstrom im Vergleich zu Einzelblasen festgestellt. Auch hier erfolgt der Abtransport des Massenstroms zunächst in die primäre Wirbelschleppe, bevor dieser mit der Kernströmung vermischt wird. Folglich stellt die Wirbelschleppenausbildung eine dominierende Einflussgröße für den konvektiven Stofftransport dar. Während die Wirbelablösefrequenz an turbulent umströmten Gasblasen in schwarmrelevanten Strömungsbedingungen im Vergleich zu Einzelblasen nahezu unverändert bleibt, zeigt sich eine deutlich Zunahme des Stofftransports in die primäre Wirbelschleppe. Hieraus kann als Grund für den erhöhten Stofftransport an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen eine veränderte stochastische Formdynamik der Blasenoberfläche angenommen werden. Damit sind wesentliche neue Erkenntnisse über die an Gasblasen örtlich einflussnehmenden Stofftransportmechanismen erarbeitet worden, deren Auswirkungen es nun auf den Stofftransport in technischrelevanten Blasenströmungen zu untersuchen gilt. Hierfür werden in einer Technikumsblasensäule mit Hilfe einer Sinterplatte und Lochplatte homogene sowie heterogene Blasenströmungen erzeugt und im Gegenstrom betrieben. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden nachfolgend diskutiert.
110
4.3
4.3 Mittlerer Stofftransports an Luftblasen in einer Gegenstromblasensäule mit hohem Gasgehalt
Mittlerer Stofftransport an Luftblasen in einer Gegenstromblasensäule mit hohem Gasgehalt
Die Untersuchung des Stofftransports bei praxisrelevanten Gasgehalten erfolgt in einer Gegenstromblasensäule im halbtechnischen Maßstab (vgl. Kap. 3.2) mit den beschriebenen Sondenmesstechniken (vgl. Kap. 3.2.2). Um unterschiedliche Blasenströmungen einzustellen, werden verschiedene Dispergierorgane im Reaktor verwendet sowie der mit Hilfe eines DifferenzdruckMessumformers (vgl. Kap. 3.2.2.3) eingestellte Gasgehalt und die Viskosität variiert. In Abbildung 4.19 sind in Abhängigkeit der Fourier-Zahl FoF und der Konvektionszahl ReSc die aus den experimentellen Daten ermittelten Sherwood-Zahlen ShF,m dargestellt. Die Messergebnisse liegen außerhalb der der in der Literatur beschriebenen Grenzgeraden für FoFÆ, wobei diese theoretisch hergeleiteten Grenzgeraden für den instationären Stofftransport u.a. den Einfluss der Deformationsturbulenz vernachlässigen. Daher haben Brauer und Gläser [Bra79, Glä77, Hon84] zur Beschreibung des zusätzlichen Stoffstroms an formdynamischen Gasblasen einen turbulenten Austauschkoeffizienten (vgl. Gl. 2.54) eingeführt und begründen den erhöhten Stoffstrom mit starken örtlichen Radialbewegungen, die den Abtransport der Übergangskomponente von der Phasengrenzfläche erhöhen. Auch Mersmann [Mer88] führt eine Zunahme des Stoffübergangskoeffizienten in praxisrelevanten Zweiphasenströmungen auf höhere Schwankungsgeschwindigkeiten zurück (vgl. Abb. 2.34). Hiernach wird derzeit angenommen, dass eine zunehmende Schwarmturbulenz die Deformationsturbulenz (beschreibt nur stochastische Formschwankungen) erhöht und diese einen erhöhten Stofftransport verursacht [Sch98]. Während an Gasblasen in niedrigviskosen Systemen stochastische Formschwankungen festgestellt werden, tritt unabhängig von den Strömungsbedingungen diese Art der Formschwankung in mittelviskosen Systemen (ȘF=10 mPas) nur bedingt und in hochviskosen Systemen (ȘF=19 mPas) gar nicht auf (vgl. Kap. 4.1.1 und 4.1.2). Daher kann der erhöhte Stoffstrom in höherviskosen Flüssigkeiten nicht ausschließlich mit den bereits in der Literatur beschriebenen Stofftransportmechanismen begründet werden. Anhand der Untersuchung des lokalen Stofftransports in dieser Arbeit kann die Zunahme des Stofftransports an Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen auf die hiermit verbundene Erhöhung der stochastischen Formschwankungen sowie ständig wechselnden Anströmbedingungen begründet werden. Physikalisch ist aber davon auszugehen, dass die Dynamik der Formschwankungen aufgrund des an der Phasengrenzfläche wirkenden Kräftegleichgewichts limitiert ist. Des Weiteren konnte im vorherigen Kapitel keine entscheidende Einflussnahme der Wirbelablösefrequenz auf den konvektiven Stofftransport ermittelt werden. Hiernach sind die Umströmungsverhältnisse einer Gasblase hinsichtlich des Stofftransports von besonderem Interesse, so dass eine Untersuchung der Auswirkung verschiedener Blasenströmungen erforderlich wurde.
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
111
Sherwood-Zahl ShF,m / -
100000 Gegenstrom He=33 wF0=8.5 cms-1 T=20°C
Fo=f(Re,Sc) für Fo<5*10-7 [Hon84] 10000 Fo --> oo
1000 Fo --> 0
100 1,E-04
dä=6.2 mm
dä=8.2 mm
1,E-03
1,E-02
ReSc=wslGdS3,2/DF,O2 5 8.6x10 8.2*10^5; Sη =1 mPas F 5 8.1x10 8.6*10^5; SSinterplatte 5 9.2x10 1.3*10^6; S 6 1.0x10 1.3*10^6; LP=1 mPas ηF 5 9.4x10 1.5*10^6; LP Lochplatte 5 9.7x10 1.8*10^6; LP 6 9.2*10^6; LP 9.6x10 ηF=10 mPas 6 10.0*10^6; LP 8.1x10 Lochplatte 6 7.8*10^6; LP 9.9x10 7 1.1*10^7; LP=19 mPas 1.4x10 η F 7 1.3*10^7; LP Lochplatte 1.7x10 Fo-->0 Gl. 2.83 Fo-->oo Gl. 2.84 6.2 mm < dS3,2 < 8.2mm
Fourier-Zahl FoF=4tKDF,O2/dS3,22 / -
Abbildung 4.19: Sherwood-Zahl in Abhängigkeit der Fourier-Zahl und Konvektionszahl Folglich muss die Frage geklärt werden, ob ein erhöhter Stofftransport in homogenen und heterogenen Blasenströmungen allein auf stochastische Formschwankungen und/oder auf eine Erhöhung der Wirbelablösefrequenz zurückzuführen ist. Während in einer homogenen Blasenströmung die Gasblasen eine über den Kolonnenquerschnitt nahezu gleich verteilte Schwarmturbulenz vorfinden, so weisen Gasblasen in einer heterogenen Strömung stark unterschiedliche Relativgeschwindigkeit auf, wobei diese Strömung auch durch Blasenagglomeratbildung geprägt ist. Daher wird im Weiteren zur systematischen Analyse des Stoffübergangskoeffizienten zwischen homogener und heterogener Blasenströmung unterschieden. Des Weiteren werden zur Fehlervermeidung die sich in der Kolonne einstellenden radialen und axialen Konzentrationsprofile des gelösten Sauerstoffs vermessen. Hierfür wird die Absorptionskolonne mit Luft als Dispersephase kontinuierlich betrieben sowie die mit Sauerstoff angereicherte Flüssigkeit in einer Desorptionskolonne wieder entgast (vgl. Abb. 3.8), so dass sich im Reaktor ein quasi stationäres Konzentrationsprofil ausbilden kann.
4.3.1 Der Stofftransport in homogener Blasenströmung Zur Einstellung homogener Blasenströmungen wird als Dispergierorgan eine Sinterplatte eingesetzt. Die hierdurch resultierenden Stoffübergangskoeffizienten werden im Folgenden in Abhängigkeit des Gasgehalts bzw. der mittleren Gasleerrohrgeschwindigkeit diskutiert.
Radiale und axiale Konzentrationsverteilungen In Abbildung 4.20 sind die sich in der Kolonne einstellenden Profile der dimensionslosen Gelöstsauerstoffkonzentration ξF,O2 in Abhängigkeit der dimensionslosen Reaktorhöhe HR* dargestellt. Hierbei zeigt sich für eine relativ kurze Verweilzeit der Flüssigkeit (HR*=0.76) ein ausgeprägtes
4.3 Mittlerer Stofftransports an Luftblasen in einer Gegenstromblasensäule mit hohem Gasgehalt
112
radiales Konzentrationsprofil, welches an der Reaktorwand knapp 20% niedriger im Vergleich zur Reaktormitte ist. Mit weiter zunehmender Verweilzeit der Flüssigkeit (HR*↓) wird das radiale Konzentrationsprofil flacher und zeigt schließlich eine nahezu konstante Konzentration über den Reaktorquerschnitt.
dimensionslose Gelöstsauerstoffkonzentration ξ F,O2= ρ F,O2ρ / F,O2* / -
1.0
*
H HR*=0 R =1
0.9
H HR*=0.24 R =0.76
0.8
H HR*=0.62 R =0.38
0.7
H HR*=0.97 R =0.03 * H HR*=1 R =0
* * *
0.6 *
HR =HR/HR,max HR,max=5.5 mm R=0.1 m
0.5 0.4 0.3
. VF
0.2
*
HR =1
0.1 *
0.0 -1
-0.5
0
0.5
HR =0 . VG
He=33 Sc=460 ReF=8500 εG=15 Vol.-% Sinterplatte 1 T=20°C
*
dimensionsloser Reaktorradius rR =r/R
Abbildung 4.20: Dimensionslose Gelöstsauerstoffkonzentration in Abhängigkeit des dimensionslosen Reaktorradius und der dimensionslosen Reaktorhöhe für Sc=460 (Sinterplatte) Mit Hilfe der über den Reaktorquerschnitt ermittelten Gelöstsauerstoffkonzentrationen berechnet sich für jede axiale Messposition eine mittlere Gelöstsauerstoffkonzentration. Die so bestimmten Mittelwerte sind in Abbildung 4.21 für eine Schmidt-Zahl von Sc=460 als dimensionslose Sauerstoffkonzentrationen ξF,O2,m in Abhängigkeit der dimensionslosen Reaktorhöhe HR* und des Gasgehalts εG dargestellt. Aus diesen Ergebnissen lassen sich die erwarteten in Abhängigkeit vom Gasgehalt deutlichen Zunahmen in der dimensionslosen Sauerstoffkonzentration mit der Kontaktzeit erkennen. Da der Konzentrationsverlauf am Flüssigkeitseintritt (HR*=1) signifikant durch Rückvermischungen im Reaktor beeinflusst werden kann, ist der Verlauf für 1HR*0.76 nur tendenziell mit Hilfe einer gestrichelten Kurve dargestellt. Bei einem Gasgehalt von İG=5 Vol.-% und İG=10 Vol.% liegen die Eintrittskonzentrationen des gelösten Sauerstoffs und der Beginn des gestrichelten Verlaufs nahezu übereinander, so dass eine Einflussnahme der Rückvermischung auf das Konzentrationsprofil vernachlässigt werden darf und somit dem Verhalten einer homogenen Strömung entspricht. Da bei einem Gasgehalt von İG=15 Vol.-% das Konzentrationsprofil durch Rückvermischung erheblich beeinflusst wird, liegt in diesem Fall bereits eine heterogene Blasenströmung vor und muss zur Berechnung der treibenden Konzentrationsdifferenz berücksichtigt werden. Außerdem zeigt sich am Gaseintritt (0HR*0.03) mit abnehmenden Gasgehalt ein zunehmender Einfluss des Dispergierorgans auf den dimensionslosen Konzentrationsverlauf. Da bei niedrigeren
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
113
Gasgehalten die Gelöstsauerstoffkonzentration bei HR*Æ0 noch deutlich geringer als die Sättigungskonzentrationen ist, werden die Auswirkungen der Blasenbildung am Dispergierorgan auf den Konzentrationsverlauf erfasst.
dimensionslose Gelöstsauerstoff* konzentration ξ F,O2,m=ρ F,O2,m/ρ F,O2
1.0 . VF
0.9
HR*=1
0.8
HR*=0 . VG
0.7 0.6 0.5 0.4
eG=5 Vol.-% εG=5 Vol.-% εG=10 Vol.-% eG=10 Vol.-% εG=15 Vol.-% eG=15 Vol.-%
He=33 Sc=460 ReF=8500 HR,max=5.5 m T=20°C
0.2
0.4
Sinterplatte
0.3 0.2 0.1
Eintrittskonzentration des gelösten Sauerstoffs
0.0 0.0
0.6
0.8
1.0
*
dimensionslose Reaktorhöhe HR =HR/HR,max / -
Abbildung 4.21: Dimensionslose Gelöstsauerstoffkonzentration in Abhängigkeit der dimensionslosen Reaktorhöhe für Sc=460 (Sinterplatte)
Stofftransport Mit Hilfe der im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Konzentrationsprofile können sowohl die sich in der Kolonne ausbildenden integralen sowie über den Querschnitt gemittelten Triebkraftpotenziale ermittelt und in Verbindung mit der Stoffstrombilanz der volumetrische Stoffübergangskoeffizient ȕFa sowie Stoffübergangskoeffizient ȕF bestimmt werden. In Abbildung 4.22 sind die so ermittelten volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten ȕFa in Abhängigkeit der mittleren Gasleerrohrgeschwindigkeit wG,m0 zur Bestimmung der im Gesamtreaktor wirksamen mittleren Konzentrationsdifferenzen ǻȡm dargestellt (s. Kap. 3.4), wobei der Einfluss der Blasenbildung nicht in der Berechnung der mittleren treibenden Konzentrationsdifferenzen berücksichtigt wird (exkl. 0HR*0.03; vgl. Abb. 4.21). Hierdurch können eindeutige Rückschlüsse vom Strömungszustand auf den Stoffübergang gezogen werden. Erwartungsgemäß zeigen die experimentell ermittelten volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten eine Zunahme mit zunehmender mittleren Gasleerrohrgeschwindigkeit (s. Abb. 4.22). Die degressive Zunahme der volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten kann u.a. auf die spezifische Phasengrenzfläche zurückgeführt werden, da unabhängig von der Bestimmung des volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten hierfür ebenfalls ein degressiver Verlauf ermittelt wird (s. Abb. 4.22). Im Vergleich zwischen den experimentell ermittelten und den mit Hilfe der Gleichung 2.96 theoretisch berechneten volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten (für Sinterplatte) ist tendenziell für den homogenen Strömungsbereich eine recht gute Übereinstimmung festzustellen, wobei für die größte
4.3 Mittlerer Stofftransports an Luftblasen in einer Gegenstromblasensäule mit hohem Gasgehalt
114
Gasleerrohrgeschwindigkeit bereits eine heterogene Blasenströmung vorliegt und somit eine größere Abweichung auftritt.
volumetrischer Stoffübergangskoeffizient -1 β Fa / s
0,06
SP: Δρm (Gl. 3.41) β Fa:DrFläche β Fa:Gl.Gl.2.91 2.96[Dec85] [Dec85] SP:
0,05
a
0,04
Gegenstrom He=33 Sc=460 ReF=8500 T=20°C
200
150
0,03 0,02
2
1: εG=5 Vol.-%; homogen 2: εG=10 Vol.-%; homogen 3: εG=15 Vol.-%; heterogen
1
0,01
100
3
50
0,00
spezifische Phasengrenzfläche a / m2m-3
250
0,07
0 0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
mittlere Gasleerrohrgeschwindigkeit wG,m0 / cms-1
Abbildung 4.22: Volumetrischer Stoffübergangskoeffizient und spezifische Phasengrenzfläche in Abhängigkeit der mittleren Gasleerrohrgeschwindigkeit für Sc=460 (Sinterplatte) Zur näheren Charakterisierung der in Blasenströmungen auf den Stofftransport wirksamen Einflussgrößen muss neben dem volumetrischen Stoffübergangskoeffizient ȕFa auch der Stoffübergangskoeffizient ȕF als einzelne Größe betrachtet werden (s. Abb. 4.23). Während bei einer homogenen Blasenströmung der mittlere Stoffübergangskoeffizient nahezu unabhängig von der mittleren Gasleerrohrgeschwindigkeit wG,m0 ist, steigt der Stoffübergangskoeffizienten in einer heterogenen Blasenströmung an. Im Vergleich zu den Untersuchungen des lokalen Stoffübergangskoeffizienten βF,εP=18 an einer Gasblase unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen lassen sich für den homogenen Strömungsbereich nahezu identische Stoffübergangskoeffizienten ermitteln. Hierdurch wird auch bestätigt, dass an Einzelblasen ohne Schwarmeinfluss ermittelte Stoffübergangskoeffizient βF,εP=0 tendenziell zu niedrige Werte ergeben. Da die derzeitige Lehrmeinung einen Anstieg des Stofftransports in Blasenströmungen mit hohem Gasgehalt allein auf eine Erhöhung der Schwankungsgeschwindigkeiten in der flüssigen Phase und die hieraus resultierende Erhöhung der Deformationsturbulenz (stochastische Formschwankungen) zurückführt, ist zur Verifizierung dieser These das Produkt der Schwankungsgeschwindigkeiten der Flüssigkeitsbewegung in x- und y-Richtung |wF,x’||wF,y’| ebenfalls in Abbildung 4.23 dargestellt. Hierzu sind die durch den Blasenschwarm induzierten Schwankungsgeschwindigkeiten der Flüssigkeit mit Hilfe eines endoskopischen PIV-Messsystems in der Reaktormitte trotz des hohen Gasgehalts ermittelt worden (vgl. Kap. 3.2.2.2). Mit zunehmender mittleren Gasleerrohrgeschwindigkeit
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
115
zeigt sich eine degressive Zunahme des Produktes der Schwankungsgeschwindigkeit. Allerdings führt eine Erhöhung der mittleren Gasleerrohrgeschwindigkeit von wG,m0=0.8 cm/s auf wG,m0=1.4 cm/s zu einer deutlichen Zunahme in der Schwankungsgeschwindigkeit. Der Stoffübergangskoeffizient bleibt hiervon in einer homogenen Blasenströmung nahezu unberührt. Wird die mittlere Gasleerrohrgeschwindigkeit weiter erhöht, steigen beide Parameter an, wobei nun eine heterogene Blasenströmung vorliegt (s. Abb. 4.23).
mittlerer Stoffübergangskoeffizient -1 β F,m / ms
βF,m beta |wF,x'||w wF,x wfF,y'|
0,0006
140 120
0,0005 2
βF,εP=18
0,0004
1
100 80
1
βF,εP=0
0,0003 0,0002 0,0001
60
Gegenstrom He=33 Sc=460 ReF=8500 T=20°C
LIF: dä=6.2 mm
1: homogen 2: heterogen
40 20
0,0000
Schwankungsgeschwindigkeiten der Flüssigkeit |wF,x'||wF,y'| / cm2s-2
160
0,0007
0 0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
mittlere Gasleerrohrgeschwindigkeit wG,m0 / cms-1
Abbildung 4.23: Stoffübergangskoeffizient und das Produkt der Schwankungsgeschwindigkeiten der Flüssigkeit in x- und y-Richtung in Abhängigkeit der mittleren Gasleerrohrgeschwindigkeit für Sc=460 (Sinterplatte) Aus den bisherigen Untersuchungen lassen sich folgende wesentliche Erkenntnisse zum Stofftransport an Gasblasen zusammenfassen:
•
Da der ermittelte Stoffübergangskoeffizient von Gasblasen in homogener Blasenströmung sehr gut mit denen von Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen übereinstimmt, so ist auch unter praxisrelevanten Strömungsbedingungen von einem Abtransport der Übergangskomponente von der Phasengrenzfläche zunächst in die primäre Wirbelschleppe auszugehen. Die anhand der lokalen Untersuchungen aufgestellte Annahme, dass das Verhalten der Wirbelablösefrequenz an Gasblasen unter Schwarmbedingungen näherungsweise mit der von Einzelblasen beschrieben werden kann, wird ebenso bestätigt. Demzufolge liegt unter Schwarmbedingungen ein erhöhter Stofftransport der Übergangskomponente in die primäre Wirbelschleppe einer Gasblase im Vergleich zur Einzelblase vor.
•
Der Stoffübergangskoeffizient an Gasblasen unter schwarmrelevanten Bedingungen einer homogenen Blasenströmung ist im Vergleich zur Einzelblase größer, wobei die Ursache bei
4.3 Mittlerer Stofftransports an Luftblasen in einer Gegenstromblasensäule mit hohem Gasgehalt
116
geringer Schmidt-Zahl vermutlich in einer Zunahme der Deformationsturbulenz (stochastischen Formschwankungen) infolge des durch den Blasenschwarm induzierten turbulenten Impulstransportes und bei höheren Schmidt-Zahlen in den veränderten Anströmbedingungen zu sehen ist.
•
Trotz steigender Schwankungsgeschwindigkeiten innerhalb einer homogenen Blasenströmung ist der Stoffübergangskoeffizient nahezu konstant und
•
steigt erst in einer heterogenen Blasenströmung an.
Demzufolge muss durch weiterführende Untersuchungen zum Stofftransport in heterogenen Blasenströmungen die Frage beantwortet werden, ob unter heterogenen Strömungsbedingungen der Stoffübergangskoeffizient eine proportionale Wechselwirkung zu den Schwankungsgeschwindigkeiten der Flüssigkeit aufweist. Anhand der zuvor aufgezeigten Ergebnisse bestätigt sich nun auch die signifikante Einflussnahme der Wirbelschleppe auf die Hydrodynamik und den Stofftransport in praxisrelevanten Blasenströmungen. Da in der vorliegenden Arbeit die Wirbelschleppenphänomenologie von besonderem Interesses ist, haben sich hieraus auch Kenntnisse zur Einflussnahme der Wirbelschleppe auf das Vermischungsverhalten der Flüssigphase in einer Blasensäule ergeben. Obwohl in dieser Arbeit die Untersuchung des Vermischungsverhalten keinen Schwerpunkt bildet, sollen dennoch die wesentlichen Aspekte über den Einfluss der Wirbelschleppe auf das Vermischungsverhalten der Flüssigphase erläutert werden. Einfluss der Wirbelschleppe auf die Flüssigphasenvermischung in einer Blasensäule Basierend auf einer theoretischen Untersuchung prognostizierten Wasoswki und Blaß [Was89], dass die Flüssigphasenvermischung in einer Blasensäule entscheidend durch die Blasenschleppe beeinflusst wird (vgl. Kap. 2.2.4). Hierfür definieren die Autoren für die Flüssigkeit zwei Gebiete bzw. Zonen, wobei zwischen der Hauptzone mit der Flüssigkeit in der Kernströmung und einer Nebenzone mit der Flüssigkeit in der Blasenschleppe zu unterscheiden ist (vgl. Abb. 2.18). Für beide Zonen werden Differentialgleichungen (vgl. Gl. 2.47 und Gl. 2.48) hergeleitet, in denen der Rezirkulationsgrad für die axiale Vermischung und der Fluidaustauschkoeffizient für die radiale Vermischung implementiert sind. Während der Rezirkulationsgrad mit Hilfe des Flüssigkeitsvolumenstroms durch die Blasenschleppe ermittelt wird (vgl. Gl. 2.45), ist für den Fluidaustauschkoeffizienten der Queraustauschkoeffizient maßgebend (vgl. Gl. 2.46), der das Fluidvolumen zwischen zwei Gebieten pro Zeit- und Längeneinheit beschreibt. Aufgrund mangelnder experimenteller Daten existiert bisher kein funktionaler Zusammenhang für den Queraustauschkoeffizienten, der aber mit den Ergebnissen und gewonnenen Erkenntnissen dieser Arbeit definiert werden kann. Hierfür wird angenommen, dass
• •
die Blasenschleppe und die Kernströmung zwei individuelle Gebiete ohne Wechselwirkung sind, das ausgetauschte Flüssigkeitsvolumen zwischen diesen Gebieten dem Blasenschleppenvolumen VW entspricht und näherungsweise mit Gleichung 2.35 berechnet werden kann,
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
• •
117
die charakteristische Zeiteinheit durch den Kehrwert der Wirbelablösefrequenz fW beschreibbar und die Wirbelschleppenlänge hW als charakteristische Längeneinheit repräsentativ ist.
Somit lässt sich der Queraustauschkoeffizient k einer Blase erstmalig mit charakteristischen Parametern der Blasenschleppe aus k=
VW VW ⋅ fW ʌ 2 = = ⋅ d h ⋅ fW hW hW 4
( 4.2 )
berechnen. Da die Stoffeigenschaften in der Haupt- und Nebenzone in den von Wasowski und Blaß aufgestellten Modellgleichungen identisch sind, werden vermutlich beide Zonen ein sehr ähnliches Vermischungsverhalten der Flüssigphase aufweisen [Was89]. Daher kann das Vermischungsverhalten der Nebenzone durch das Verhalten der Wirbelschleppe beschrieben werden, wozu bereits in Kapitel 4.2.3 die Bodenstein-Zahl der Wirbelschleppe (vgl. Gl. 4.1) aufgestellt wurde. Als neue Erkenntnis gilt es festzustellen, dass mit Hilfe des Vermischungsverhaltens der Wirbelschleppe einer Gasblase Rückschlüsse auf das Vermischungsverhalten der Flüssigphase in einer Blasensäule möglich sein sollten. Für zukünftige Modellierungen der Flüssigphasenvermischung in homogen und heterogenen Blasenströmungen stehen neben den von Wasoswki und Blaß [Was89] aufgestellten Differentialgleichungen (vgl. Gl. 2.47 und Gl. 2.48) nun auch erstmals experimentell zugängliche Parameter sowie experimentell ermittelte Daten (vgl. Abb. 4.13 und 4.14) zur Berechnung des Fluidaustauschkoeffizienten K und des Rezirkulationsgrades r gemäß K=
k ⋅ HR π m H = ⋅ ¦ ni ⋅ d h2,i ⋅ fW ,i ⋅ R 4 i =1 VF VF
( 4.3 )
r=
VW π m 1 = ⋅ ¦ ni ⋅ d h2,i ⋅ hW ,i ⋅ fW ,i ⋅ 4 i =1 VF VF
( 4.4 )
zur Verfügung, wobei ni der Anzahl Blasen innerhalb einer Größenklasse und m der Anzahl der Blasengrößenklassen für polydisperse Blasenschwärme entspricht. Zwar wird durch die Berücksichtigung der zusätzlichen Parameter die numerische Berechnung komplizierter, jedoch hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die klassischen Modelle das Vermischungsverhalten in praxisrelevanten Reaktoren häufig nicht korrekt wiedergeben.
4.3.2 Der Stofftransport in heterogener Blasenströmung Zur Erzeugung heterogener Blasenströmungen wird als Dispergierorgan eine Lochplatte mit sieben Düsen und jeweils einem Durchmesser von 1.5 mm sowie einer Lochteilung von t=17 mm verwen-
4.3 Mittlerer Stofftransports an Luftblasen in einer Gegenstromblasensäule mit hohem Gasgehalt
118
det. Die hierdurch erzielbaren Stoffübergangskoeffizienten in Abhängigkeit des Gasgehalts bzw. der mittleren Gasleerrohrgeschwindigkeit werden im Folgenden dargestellt.
Radiale und axiale Konzentrationsverteilungen Wird das zugeführte Gas mittels einer Lochplatte dispergiert, so stellt sich bei einem Gasgehalt von İG=5 Vol.-% eine degressive Zunahme der dimensionslosen Sauerstoffkonzentration ȟF,O2,m mit abnehmender dimensionsloser Reaktorhöhe HR* ein. Bei Gasgehalten von İG=10 Vol.-% und İG=15 Vol.-% zeigt sich zunächst ebenfalls eine degressive Zunahme und schließlich eine Abnahme der dimensionslosen Sauerstoffkonzentration (s. Abb. 4.24). Die Ursache für die Abnahme des Konzentrationsverlaufs bei hohen Gasgehalten lassen sich auf die bereits relativ hohen Gelöstsauerstoffkonzentrationen am Kopf des Reaktors kombiniert mit dem Anstieg des Druckes in Richtung des Reaktorbodens zurückzuführen. Hierbei muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die eintretende Flüssigkeit bis zum Austritt kontinuierlich mit Sauerstoff angereichert wird und noch keine Übersättigung bzw. Desorption vorliegt. Da die Konzentration am Flüssigkeitseintritt (HR*§1) durch die Rückvermischung bestimmt wird, ist der tendenzielle Konzentrationsverlauf zwischen 1HR*0.88 nur mit Hilfe einer gestrichelten Kurve dargestellt. Aufgrund der hier vorliegenden Einflussnahme der Rückvermischung liegt bei den untersuchten Gasgehalten eine heterogene Blasenströmung vor.
dimensionslose Gelöstsauerstoffkonzentration ξF,O2,m= ρ F,O2,m/ ρ F,O2*
1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 LP: 7x1.5 mm; t=17 mm
0.3
Reihe4 εG=5 Vol.-% eG=10 εG=10 Vol.-% Vol.-% Reihe6 εG=15 Vol.-%
0.2 0.1
He=33 Sc=460 ReF=8500 HR,max=5.5 m T=20°C
. VF *
HR =1 *
HR =0 . VG
Eintrittskonzentration des gelösten Sauerstoffs
0.0 0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
*
dimensionslose Reaktorhöhe HR =HR/HR,max / -
Abbildung 4.24: Dimensionslose Gelöstsauerstoffkonzentration in Abhängigkeit der dimensionslosen Reaktorhöhe für Sc=460 (Lochplatte)
Stofftransport Die mittels der hieraus ermittelbaren mittleren Konzentrationsdifferenz und Stoffstrombilanz bestimmbaren volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten ȕFa steigen nahezu linear mit der mittleren
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
119
Gasleerrohrgeschwindigkeit wG,m0 an und verlaufen tendenziell wie die mit Gleichung 2.96 [Dec85] berechneten Koeffizienten für eine homogene und heterogene Blasenströmung (s. Abb. 4.25). Des Weiteren zeigt sich, dass die ermittelten volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten deutlich kleiner als die in einer homogenen aber größer wie die in einer heterogenen Blasenströmung sind. Die Abweichung zwischen Theorie und Experiment können vor allem auf reaktorspezifische Kenngrößen wie der Reaktordurchmesser oder die Auswahl des Dispergierorgans zurückgeführt werden. Während die hier verwendete Lochplatte sieben Löcher mit jeweils einem Durchmesser von 1.5 mm besitzt, hat Deckwer et al [Dec74] eine Lochplatte mit 56 Löchern mit jeweils einem Durchmesser von 1 mm eingesetzt. Die hierdurch resultierende Blasengrößenverteilung kann die heterogenen Strömungsbedingungen signifikant beeinflussen und damit auch den volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten. Diese Einflussnahmen auf den Stofftransport wurden bereits sehr deutlich in Kapitel 2.3.4 beschrieben (vgl. Abb.2.25) und sind bisher mit den in der einschlägigen Literatur beschriebenen Stofftransportmechanismen physikalisch nur begrenzt erklärbar. Gl. 2.91 [Dec85] βLP: Fa: Gl. 2.96 [Dec85] DrFläche βLP: a: F Δρm (Gl. 3.41) a
0,10
1: εG=5 Vol.-%; heterogen 2: εG=10 Vol.-%; heterogen 3: εG=15 Vol.-%; heterogen
Gegenstrom He=33 Sc=460 ReF=8500 T=20°C
0,08 0,06
120
80
homogen 3
2
0,04 1
40 heterogen
0,02 0,00
spezifische Phasengrenzfläche a / m2m-3
volumetrischer Stoffübergangskoeffizient -1 β Fa / s
0,12
0 0
1
2
3
4
5
mittlere Gasleerrohrgeschwindigkeit wG,m0 / cms-1
Abbildung 4.25: Volumetrischer Stoffübergangskoeffizient und spezifische Phasengrenzfläche in Abhängigkeit der mittleren Gasleerrohrgeschwindigkeit für Sc=460 (Lochplatte) Hierdurch wird einmal mehr die Bedeutung der separaten Untersuchung der spezifischen Phasengrenzfläche und des Stoffübergangskoeffizienten aufgezeigt. Während die ermittelte spezifische Phasengrenzfläche a mit zunehmender mittleren Gasleerrohrgeschwindigkeit wG,m0 in einer heterogenen Strömung degressiv zunimmt (s. Abb. 4.25), weist der Stoffübergangskoeffizienten ȕF,m,het ein nahezu konstantes Niveau auf (s. Abb. 4.26). Im Vergleich zu einer Einzelblase und zu Gasblasen in homogener Blasenströmung ist der Stoffübergangskoeffizient an Gasblasen in heterogener Strömung deutlich größer. Hieraus zeigt sich eine deutliche Abhängigkeit des Stoffübergangskoef-
4.3 Mittlerer Stofftransports an Luftblasen in einer Gegenstromblasensäule mit hohem Gasgehalt
120
fizienten vom Strömungszustand innerhalb einer Blasensäule (ȕF,EB < ȕF,hom < ȕF,het), die aber bisher in empirischen Auslegungsgleichungen bzw. Stofftransportmodellen nicht berücksichtigt wird. Während in einer homogenen Blasenströmung der mittlere Stoffübergangskoeffizient ȕF,m,hom nahezu unabhängig vom Produkt der Schwankungsgeschwindigkeit der Flüssigkeitsbewegung (|wF,x’||wF,y’|)hom ist (vgl. Kap. 4.3.1), wird in einer heterogenen Blasenströmung keine einheitliche Tendenz zwischen Stoffübergangskoeffizient ȕF,m,het und dem Produkt der Schwankungsgeschwindigkeit der Flüssigkeit (|wF,x’||wF,y’|)het mit zunehmender Gasleerrohrgeschwindigkeit wG,m0 festgestellt (s. Abb. 4.26). Hieraus kann geschlossen werden, dass zwar der turbulente Impulstransport den Stoffübergang in Strömungen mit hohem Gasgehalt im Vergleich zur Einzelblase erhöht, aber nicht als alleinige Ursache für den höheren Stoffübergang in einer heterogener Blasenströmung angesehen werden kann.
mittlerer Stoffübergangskoeffizient -1 β F,m / ms
140
0,0006 2
2
120
0,0005 2
0,0004
2
βF,εP=18
100
1
1
80
0,0003 βF,εP=0
60
LIF: dä=6.2 mm
βF,m,hom beta hom βF,m,het beta het (|w wF,x hom F,x'||w F,y'|)hom (|wF,x'||w wF,x hetF,y'|)het
0,0002 0,0001
1: homogen 2: heterogen
Gegenstrom He=33 Sc=460 ReF=8500 T=20°C
40 20
0,0000
Schwankungsgeschwindigkeiten der Flüssigkeit |wF,x'||wF,y'| / cm2s-2
160
0,0007
0 0
1
2
3
4
5
6
mittlere Gasleerrohrgeschwindigkeit wG,m0 / cms-1
Abbildung 4.26: Stoffübergangskoeffizient und das Produkt der Schwankungsgeschwindigkeiten der Flüssigkeit in x- und y-Richtung in Abhängigkeit der mittleren Gasleerrohrgeschwindigkeit für homogene und heterogene Strömungen (Sc=460) Da die in einer homogenen Blasenströmung vorhandene Schwarmturbulenz hinsichtlich des Formverhaltens einer Gasblase stofftransportrelevant nahezu ausschließlich die stochastischen Formänderungen der Phasengrenzfläche beeinflusst und offensichtlich die Dynamik der stochastischen Formschwankungen limitiert ist, müssen weitere Impulsquellen den Stofftransport in einer heterogenen Blasenströmung prägen. In Analogie zu den unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen ermittelten Einflussgrößen einer homogenen Blasenströmung konnte keine signifikante Änderung in der Wirbelablösefrequenz ermittelt werden, so wird vermutlich in einer heterogenen Blasenströmung der konvektive Stofftransport durch eine Erhöhung der Wirbelablösefrequenz infolge von
4 Experimentelle Ergebnisse und Diskussion
121
Blasenkollisionen gesteigert, welche verstärkt innerhalb eines Schwarmes mit heterogenen Strömungsbedingungen auftreten [Pri90, Mil96]. Um diese Postulierung zu bestätigen, werden abermals die lokalen Untersuchungen mit Hilfe der laserinduzierten Fluoreszenzmesstechnik und den daraus gewonnenen Erkenntnisse herangezogen. Hierbei sind während eines Zusammenstosses zwischen einer aufsteigenden Gasblase und eines im Gitter fixierten Partikels sowie von Gasblasen innerhalb einer Blasenkette Änderungen des Blasengrößenverhältnisses kombiniert mit einer Wirbelablösung visuell festgestellt worden (s. Abb. 4.27).
a) dä=4.2 mm; ȘF=1 mPas; İP=18 Vol.-% (Partikelgitter) festes Partikel
festes Partikel
Wirbelablösung
vor dem Zusammenstoss
nach dem Zusammenstoss
b) dä=4.8 mm; ȘF=8 mPas; Blasenkette Wirbelablösung
vor dem Zusammenstoss
nach dem Zusammenstoss
Abbildung 4.27: Exemplarische Kollision zwischen Gasblase und fixiertem Partikel im Gitter sowie von Gasblasen innerhalb einer Blasenkette Aufbauend auf diesen Beobachtungen kann von einer Zunahme der Wirbelablösefrequenz infolge von Blasenkollisionen ausgegangen werden, so dass der Stoffübergangskoeffizient in heterogenen Blasenströmungen im Vergleich zur homogenen Strömung deutlich zunehmen sollte. Daher kann im Gegensatz zur homogenen Blasenströmung in einer heterogenen Blasenströmung die Wirbelablösefrequenz nicht mehr mit dem Verhalten einer Einzelblase beschrieben werden. Hiernach ist zukünftig in der Modellbildung für den Stofftransport in Blasenströmungen neben den stochastischen Formschwankungen der Phasengrenzfläche auch Änderungen des Blasengrößenverhältnisses / Wirbelablösefrequenz zu berücksichtigen. Erst hierdurch wird eine zuverlässigere Auslegung von GasFlüssig Reaktoren ermöglicht. Daher ist es zwingend erforderlich, eine Modellbildung des Stofftransports durchzuführen, welche nachfolgend beschrieben wird.
122
5
5.1 Charakterisierung des Stofftransports von Zweiphasenströmungen
Modellierung des Stofftransports in Blasenströmungen
Im vorangegangenen Abschnitt konnte die Einflussnahme der durch die blaseninduzierte Turbulenz veränderten Formdynamik der Phasengrenzfläche einer Gasblase auf den Stofftransport in Blasenströmungen aufgezeigt werden, wobei zwischen stochastischen Formschwankungen und zeitlichen Änderungen des Blasengrößenverhältnisses zu unterscheiden ist. Während der sich durch den Konzentrationsgradienten an der Blasenoberfläche einstellende diffusive Stofftransport durch die stochastischen Formschwankungen beeinflusst wird, ist für den konvektiven Stofftransport von der Phasengrenze die durch zeitliche Änderungen des Blasengrößenverhältnisses resultierende Wirbelablösefrequenz entscheidend. Eine Berücksichtigung der Wirbelschleppenphänomenologie zur Berechnung des Stoffübergangs in Blasenströmungen wurde in der Literatur bisher nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Diese bisher unzureichende Charakterisierung der Stofftransportphänomene hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Auslegung von Gas-Flüssig-Reaktoren mit großen Unsicherheiten behaftet war. Um ein maßstabsunabhängiges physikalisch anschauliches Stofftransportmodell zu entwickeln, sind die herausgearbeiteten Einflussgrößen zu berücksichtigen.
5.1
Charakterisierung des Stofftransports in Zweiphasenströmungen
Nach dem derzeitigen Stand des Wissens basiert die modellmäßige Beschreibung des Stofftransports auf den Erkenntnissen an Einzelblasen, die aber wesentliche Einflussgrößen in einer Schwarmbewegung nicht erfassen. Die in der Literatur beschriebenen empirischen Auslegungsgleichungen wurden im Wesentlichen aus experimentellen Untersuchungen mit praxisrelevanten Gasgehalten gewonnen, in denen die Reynolds-Zahl und Schmidt-Zahl mit Konstanten und Exponenten angepasst werden, um die physikalischen und häufig reaktorspezifischen Effekte zu implementieren. Beide Vorgehensweisen kommen zwar zur Auslegung von Gas-Flüssig-Reaktoren zur Anwendung, sind jedoch mit großer Sicherheit zu beaufschlagen. Wie anhand dieser Untersuchungen aufgezeigt wurde, kommt es innerhalb einer Blasenströmung zu lokalen Wechselwirkungen, die teilweise nicht mit dem Verhalten von Einzelblasen verglichen werden können. Um die Einflussnahme einer veränderten Formdynamik von Gasblasen im Schwarm auf den Stofftransport zu berücksichtigen, bedarf es einer Unterteilung in den Um- und Anströmungsbedingungen von Gasblasen und deren schwarmrelevante Beeinflussung. Eine Einteilung von Blasenströmungen in definierte Bereiche erweist sich als äußerst komplex, da die Strömungsbereiche empfindlich auf Stoffeigenschaften, die Art der Gasverteilung, die geometrischen Reaktorabmessungen und die Betriebsbedingungen reagieren. Um dennoch die Strömungsbereiche abschätzen zu können, sind in den Abbildungen 5.1a und 5.1b homogene und heterogene Strömungsbereiche in Abhängigkeit von der Gasleerrohrgeschwindigkeit wG0, des Reaktordurchmessers DR und der effektiven dynamischen Viskosität ȘF,eff beispielhaft gegeneinander abgegrenzt. Diese Diagramme basieren auf Untersuchungen in Wasser und Elektrolytlösungen mit feinporiger Begasung und dienen lediglich zur tendenziellen Einteilung der Strömungsbereiche. Deckwer [Dec85] gibt als Faustregel für niedrigviskose Stoffsysteme an, dass eine Gasleerrohrgeschwindigkeit oberhalb von 4 cm/s durch schnell aufsteigende Großblasen in der Reaktormitte geprägt ist und daher ein heterogener Strömungsbereich vorliegt.
5 Modellierung des Stofftransports in Blasenströmungen
a) niedrigviskoses Stoffsystem [Dec85]
123
b) DR=14 cm, CMC-Lösung [Sch82]
Abbildung 5.1: Strömungsbereiche in Blasensäulen in Abhängigkeit von der Gasleerrohrgeschwindigkeit, des Reaktordurchmessers und der effektiven dynamischen Viskosität für Sinterplattenbegasung Weiterhin berichtet Deckwer [Dec85], dass im Fall von erhöhten Viskositäten bei der Begasung mit Lochplatten der homogene Strömungszustand stark eingeschränkt ist (vgl. Abb. 5.1b), was durch die Untersuchungen dieser Arbeit bestätigt werden kann. Der Grund hierfür liegt u.a. in der Wirbelschleppenausbildung, da die Wirbelschleppenlänge für einen konstanten Blasenäquivalentdurchmesser mit zunehmender Viskosität ansteigt. Daher ist aufgrund des Gasgehalts eine ungestörte Wirbelschleppenausbildung nicht mehr möglich. Hierdurch gelangen Gasblasen in das Nachlaufgebiet der vorauseilenden Blase, so dass Blasenkollisionen auftreten und somit eine heterogene Blasenströmung induziert wird. Die Umströmungsbedingungen einer Gasblase beeinflussen signifikant deren Formdynamik, so dass eine allgemeingültige Charakterisierung der Blasenform in Zweiphasenströmungen mit dem für Einzelblasen (vgl. Abb. 2.5) bekannten Reynolds-, Morton- und Eötvös-Zahl Modell nicht ausreichend ist. So kann z.B. eine Gasblase in erhöhter Viskosität in ungestörter und homogener Strömung formstabil sein, dagegen in heterogener Strömung eine Formdynamik aufweisen. Letzteres kann auf den direkten Impulsaustausches zwischen Blasen zurückgeführt werden. Daher muss neben einer Unterteilung in Blasenströmungen auch zwischen formstabilen und forminstabilen Gasblasen zur Berechnung des Stofftransports unterschieden werden. Formstabile Gasblasen zeichnen sich u.a. durch einen geradlinigen Aufstieg und eine laminare Umströmung ohne Wirbelablösung aus. Beim Stoffübergang an formstabilen ellipsoiden Gasblasen ist unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen, im Vergleich zur formstabilen Einzelblase kein signifikanter Unterschied festzustellen. Eine Charakterisierung der lokalen Stoffaustauschphänomene in der Umgebung einer formstabilen Gasblase kann im Wesentlichen mit Hilfe der Reynolds-Zahl und der Schmidt-Zahl beschrieben werden.
124
5.1 Charakterisierung des Stofftransports von Zweiphasenströmungen
Forminstabile Gasblasen sind durch eine helixförmige und/oder unstetige Aufstiegsbahn sowie eine turbulente Umströmung mit Wirbelablösung geprägt. Anhand der Untersuchungen zum Stofftransport an forminstabilen Einzelblasen zeigt sich eine Zunahme des Stoffübergangskoeffizienten mit zunehmenden Blasendurchmesser (vgl. Abb. 4.8). Die Ursache hierfür kann mit dem an der Phasengrenzfläche wirkenden Kräftegleichgewicht begründet werden, da aufgrund zunehmender Trägheits- und Auftriebskräfte die Oberflächenspannungskraft an Einfluss verliert. Hierdurch wird die Phasengrenzfläche der Gasblase mit zunehmender Größe forminstabiler, so dass dies eine höhere Dynamik der stochastischen Formschwankungen bewirkt und eine Zunahme des Stofftransports verursacht. Während bei Einzelblasen allein die zunehmende Blasengröße eine Zunahme der Deformationsturbulenz bewirkt, kann an einer Gasblase unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen bzw. homogener Strömung ein zusätzlicher turbulenter Impuls der Flüssigkeit durch die im Schwarm sich verändernden Anströmbedingungen übertragen werden, der die Deformationsturbulenz verstärkt. Des Weiteren haben die Untersuchungen dieser Arbeit gezeigt, dass unabhängig von den Strömungsbedingungen der Abtransport der Übergangskomponente von der Phasengrenzfläche zunächst in die primäre Wirbelschleppe erfolgt, bevor diese Komponente mit der Kernströmung vermischt wird. Da zwischen den zeitlichen Änderungen des Blasengrößenverhältnisses und der Wirbelablösefrequenz eine direkte Wechselwirkung besteht, ist die Wirbelablösung ein wichtiges Phänomen für den konvektiven Stofftransport. Während die Wirbelablösefrequenz an Gasblasen in homogenen Strömungen näherungsweise mit dem Verhalten von Einzelblasen abgeschätzt werden kann, wird die Wirbelablösefrequenz in heterogenen Blasenströmungen maßgeblich durch den direkten Impulsaustausch zwischen Blasen beeinflusst und kann daher mit dem Verhalten einer Einzelblase nicht mehr beschrieben werden. Der direkte Impulsaustausch führt zu einer zeitlichen Änderung des Blasengrößenverhältnisses bzw. zu einer höheren Wirbelablösefrequenz, welches den Stofftransport in heterogenen Blasenströmungen erhöht (vgl. Abb. 4.28 und 4.29). Diese Zunahme des Stofftransports kann aber nur dann erfolgen, wenn die Diffusion keinen limitierenden Schritt darstellt. Die Grenzschicht einer turbulent umströmten Blase setzt sich aus einer sehr dünnen laminaren viskosen Unterschicht und einer sehr viel dickeren turbulenten Grenzschicht zusammen [Sch97]. Aufgrund der Dünne der viskosen Unterschicht ist davon auszugehen, dass keine Diffusionslimitierung an der Phasengrenzfläche einer Gasblase vorliegt, so dass eine Erhöhung der Konvektion ebenfalls eine Zunahme des Stofftransports bewirkt. Diese Postulierung kann mit Hilfe der von Millies [Mil94] ermittelten Ergebnisse zum Stofftransport an ebenen Phasengrenzflächen bestätigt werden, da auch hier eine Erhöhung des Stofftransports mit steigender Dilatation einer ebenen Phasengrenze festgestellt wird. Der Autor führt diese Erhöhung ebenfalls ausschließlich auf eine Verbesserung des konvektiven Stofftransports zurück. Treten dagegen ausschließlich periodische Formschwankungen an einer Gasblase auf, so wird dieses Verhalten einem Übergangsbereich zugeordnet, wobei die Umströmung von laminar zu turbulent umschlägt. Dieser Bereich kann maßgeblich auch durch Verunreinigungen im System beeinflusst werden.
5 Modellierung des Stofftransports in Blasenströmungen
125
Anhand dieser Beschreibung werden die Auswirkungen des Formverhaltens von Gasblasen sowie die Beeinflussung der Formdynamik durch die an der Phasengrenzfläche vorherrschenden Umströmungsverhältnisse auf den Stofftransport verdeutlicht, wobei für Wasser bzw. wässrige CMCLösungen drei wichtige Strömungsbereiche für den Stofftransport an ellipsoiden Gasblasen unterschieden werden können: •
Bereich A (İG<0.5%): Es ist kein wesentlicher Einfluss des Gasgehalts auf die Blasenform und -bewegung feststellbar [Sch02], so dass die Gesetzmäßigkeiten von Einzelblasen für Hydrodynamik und Stofftransport zugrundegelegt werden können • Bereich B (homogener Strömungsbereich): Die blaseninduzierte Turbulenz steigert die Dynamik der stochastischen Formschwankungen und hierdurch auch den Stofftransport, wobei die zeitliche Änderung des Blasengrößenverhältnisses bzw. der Wirbelablösefrequenz im Blasenschwarm weiterhin näherungsweise mit den Berechnungsgleichungen für Einzelblasen ermittelt werden kann. •
Bereich C (heterogener Strömungsbereich): In diesem Bereich gewinnen Blasenkollisionen, Koaleszenzen und/oder Redispergierungen an Einfluss. Während die Dynamik der stochastischen Formschwankungen im Vergleich zum Bereich B nahezu unverändert bleibt, führt der erhöhte direkte Impulsaustausch zwischen den Blasen zu einer zunehmenden zeitlichen Änderung des Blasengrößenverhältnisses, welches somit eine Steigerung der Wirbelablösefrequenz bzw. des konvektiven Stofftransports induziert.
Diese physikalisch begründete Beeinflussung der Formdynamik von Gasblasen in Zweiphasenströmungen erlaubt die Berücksichtigung von lokalen Wechselwirkungen zwischen Gasblasen und deren Umströmungsbedingungen in Stofftransportmodellen und geht somit wesentlich weiter als derzeit bestehende Modelle bzw. empirische Auslegungsgleichungen. Durch eine Einteilung der Formdynamik in stochastische Formschwankungen und zeitliche Änderungen des Blasengrößenverhältnisses können unterschiedliche Einflussnahmen auf den Stofftransport berücksichtigt werden. Hierzu wird die zuvor beschriebene bereichsweise Einteilung zur Entwicklung eines Stofftransportmodells verwendet und nachfolgend vorgestellt. 5.2
Modellbildung für den Stofftransport an forminstabilen ellipsoiden Gasblasen
Anhand der zuvor beschriebenen Einflussnahme des Formverhaltens von Gasblasen auf den Stofftransport ist deutlich geworden, dass bei der Modellbildung zwischen formstabilen und forminstabilen Gasblasen zu unterscheiden ist. Während die Berechnung des Stofftransports an formstabilen Gasblasen recht gut mit den bestehenden Auslegungsgleichungen (vgl. z.B. Gl. 2.85) erfolgen kann, besteht ein sehr großer Bedarf an Stofftransportmodellen für forminstabile Gasblasen. Daher steht in dieser Arbeit die Modellbildung für forminstabile Gasblasen im Vordergrund des Interesse, welches nachfolgend beschrieben wird. Als Grundlage der Modellentwicklung wird die allgemein anerkannte Penetrationstheorie von Higbie [Hig35] für den instationären Stofftransport verwendet. Die verwendete Differentialgleichung
5.2 Modellbildung für den Stofftransport an forminstabilen ellipsoiden Gasblasen
126
für die instationäre Diffusion sowie die hieraus hergeleitete Lösung wurde bereits in Kapitel 2.3.6 erläutert, so dass im Folgenden auf
βF =
2
π
⋅
DF ,i
( 5.1 )
tM
mit DF,i dem Diffusionskoeffizient und tM der mittleren Verweilzeit eines Fluidelements an der Phasengrenzfläche aufgebaut wird. Die von Higbie hergeleitete Gleichung zur Berechnung der Verweilzeit eines Fluidelements an der Phasengrenzfläche erfolgt gemäß t M = d ä /wr
,
( 5.2 )
wobei dieser Parameter für den Stofftransport an forminstabilen ellipsoiden Gasblasen mit Hilfe der in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse überprüft und gegebenenfalls exakter beschrieben werden soll. Auch bei der neuen Modellbildung werden Diffusionsströme von der Phasengrenze an die Kernströmung vernachlässigt, so dass zur Ermittlung der Verweilzeit eines Fluidelements (FE) eine Komponentenbilanzierung an der Phasengrenzfläche (PG) gemäß M FE,i ⋅ n FE M PG,i =M M = B,i PG,i = tM tM
( 5.3 )
durchgeführt wird (vgl. Abb. 5.2).
Flüssigkeit
PG
Blase
Kernströmung MFE,i
Fluidelement
M PG,i
M B,i Kernströmung
primäre Wirbelschleppe
nFE
Abbildung 5.2: Schematische Ablauf der Anreicherung von Fluidelementen mit einer Übergangskomponente in Anlehnung an die Penetrationstheorie von Higbie und unter Berücksichtigung der Wirbelschleppenphänomenologie B,i der Komponente i dem entlang Hierbei wird der von der Gasblase übertragene Massenstrom M der Phasengrenzfläche einströmenden Massenstroms M PG,i gleichgesetzt. Letzterer entspricht dem Produkt aus der Masse eines Fluidelements MFE,i und der Anzahl der Fluidelemente nFE bzw. der
5 Modellierung des Stofftransports in Blasenströmungen
127
übertragenen Masse in die Phasengrenzschicht MPG,i während der Verweilzeit der Fluidelemente tM an der Phasengrenzfläche. Des Weiteren konnte in dieser Arbeit aufgezeigt werden, dass der von B,i einer Komponente i der Gasblase übertragene Massenstrom M M W,i =M M = M W,i ⋅ f W B,i W,i = tW
( 5.4 )
W,i transportiert wird, bevor dieser Massennahezu vollständig in die primäre Wirbelschleppe M strom, bestehend aus dem Quotienten der Masse MW,i einer voll ausgebildeten Wirbelschleppe und der Wirbelablösezeit tW bzw. Wirbelablösefrequenz fW, mit der Kernströmung vermischt wird (vgl. Abb. 5.2).
Werden die Gleichungen 5.3 und 5.4 gleichgesetzt, so kann die Verweilzeit eines Fluidelements gemäß tM =
M PG,i M W,i
⋅ tW =
1 1 ⋅ FPG ,i fW
( 5.5 )
bestimmt werden. Die experimentelle Ermittlung der Massen in Gleichung 5.5 ist äußerst komplex und derzeit teilweise nicht möglich. Für das Massenverhältnis wird ein Koeffizient FPG,i
tM =
1 1 ⋅ FPG,i fW
( 5.6 )
eingeführt, der im Weiteren noch näher zu beschreiben ist. Durch Einsetzen dieser Berechnungsgleichung für die Verweilzeit eines Fluidelements in Gleichung 5.1 ergibt sich für den Stoffübergangskoeffizienten die Beziehung
ȕ F,i =
2
ʌ
D F,i ⋅ FPG,i ⋅ fW
.
( 5.7 )
Diese neue Auslegungsgleichung erlaubt die Berücksichtigung unterschiedlicher Effekte des Formverhaltens einer Gasblase sowie die Einflussnahme der an der Phasengrenzfläche vorherrschenden Umströmungsverhältnisse unter schwarmrelevanten Bedingungen auf den Stofftransport. Während die zeitlichen Änderungen des Blasengrößenverhältnisses durch die Wirbelablösefrequenz fW berücksichtigt werden, charakterisiert der Koeffizient FPG,i u.a. die Auswirkungen der stochastischen Formschwankungen. Hiernach kann der Koeffizient FPG,i als ein Intensitätsfaktor der Phasengrenzfläche für den Stofftransport interpretiert werden, der eine Funktion von dimensionslosen Kennzahlen ist. Da die Formdynamik einer aufsteigenden ellipsoiden Gasblase maßgeblich durch die Blasengröße und die physikalischen Eigenschaften der Flüssigkeit bestimmt wird und dieses mit der Reynolds-Zahl, Eötvös-Zahl Eö (vgl. Gl. 2.5) und Morton-Zahl Mo (vgl. Gl. 2.1) beschrieben werden kann, erscheint mit Hilfe dieser Kennzahlen eine Charakterisierung des Intensitätsfaktors der Phasengrenzfläche FPG,i gemäß FPG ,i = f( Re− Zahl , Eö − Zahl, Mo − Zahl , Fo − Zahl , He − Zahl)
( 5.8 )
128
5.2 Modellbildung für den Stofftransport an forminstabilen ellipsoiden Gasblasen
physikalisch sinnvoll. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass dieser Faktor von der Kontaktzeit (Fourier-Zahl) und dem Konzentrationssprung (Henry-Zahl) abhängig ist (vgl. Abb. 2.22). Zur Bereitstellung der Gleichung 5.7 als dimensionslose Gleichung wird für die Wirbelablösefrequenz die Wechselwirkung zur Aufstiegsbahnfrequenz einer Gasblase fBahn gemäß fW = 4 ⋅ f Bahn
( 5.9 )
verwendet (vgl. Gl. 3.22), so dass sich mit Hilfe der Strouhal-Zahl
Srä =
f Bahn ⋅ d ä wr
( 5.10 )
und durch Einführen der Sherwood-Zahl die dimensionslose Gleichung
ShF ,i =
ȕF ⋅ d ä 4 = DF,i ʌ
FPG ,i ⋅ Reä ⋅ Sci ⋅ Srä
( 5.11 )
ergibt. Die benötigte Strouhal-Zahl Srä kann nach Miyahara aus Gleichung 2.38 und 2.39 berechnet werden. Zur Berücksichtigung der in Kapitel 4.2.3 aufgezeigten Wechselwirkungen zwischen Hydrodynamik, Stofftransport und Vermischung der Wirbelschleppe kann Gleichung 5.11 auch gemäß
ShF ,i =
4 ʌ
FPG ,i ⋅
Sci BoW
( 5.12 )
mit der Bodenstein-Zahl der Wirbelschleppe BoW (vgl. Gl. 4.2) definiert werden. Im nachfolgenden soll versucht werden, die Einflussnahme der stochastischen Formschwankungen und Wirbelablösefrequenz auf den Stofftransport an Gasblasen in Abhängigkeit von den Umströmungsbedingungen formeltechnisch zu charakterisieren, wozu die in Kapitel 5.1 vorgenommene bereichsweise Einteilung des Strömungszustandes verwendet wird.
Bereich A (İG<0.5%): Bis zu einem Gasgehalt von İG<0.5% wird keine wesentliche Beeinflussung des Form- und Bewegungsverhaltens von Gasblasen festgestellt. Daher kann die zur Berechung des Stoffübergangskoeffizienten benötigte Wirbelablösefrequenz mit dem Verhalten von Einzelblasen fW = fW,EB
( 5.13 )
abgeschätzt werden. Zur Beschreibung des Intensitätsfaktors der Phasengrenzfläche FPG,i werden die Ergebnisse aus den lokalen Untersuchungen mittels laserinduzierter Fluoreszenzmesstechnik herangezogen und folgende empirische Zusammenhänge gemäß
5 Modellierung des Stofftransports in Blasenströmungen
FPG,i = FPG,i,EB = 0.8 ⋅ 4 Eöä = 0.8 ⋅ 4 FPG,i = FPG,i,EB =
0.95 ⋅ 4
ǻȡgd ä2 ı
Eöä
129
wF0= 0 cm/s 3 cm/s
≤wF0≤
FPG ,i = FPG ,i ≈ 1.8
( 5.14 ) Mo=2.6*10-11 8.5 cm/s Mo>2.6*10-11 ( 5.15 )
für Gasblasen in ruhender Flüssigkeit und in überlagerter Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit wF0 ermittelt. Für den oben genannten Bereich der Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeiten wird eine Abweichung von kleiner 5% festgestellt. Die Gleichungen sind für Eötvös-Zahlen zwischen 1.3 < Eöä < 12.8 validiert.
Bereich B (homogener Blasenströmungsbereich): In homogener Blasenströmung kann die Wirbelablösefrequenz fW,BS,hom mit dem Verhalten der Wirbelschleppe einer Einzelblase fW,EB abgeschätzt werden, so dass näherungsweise fW = fW,BS,hom ≈ fW,EB
( 5.16 )
gültig ist. Dagegen werden die stochastischen Formschwankungen an der Phasengrenzfläche einer Gasblase infolge der blaseninduzierten Turbulenz eines Schwarms signifikant beeinflusst, so dass für den Intensitätsfaktor der Phasengrenzfläche FPG,i folgende Zusammenhänge gemäß FPG ,i = FPG ,i ,hom = 1.1 ⋅ 2 Eöä
für Rekrit1 ≤ Reä ≤ Rekrit2 und Mo=2.6*10-11
FPG,i = FPG,i,hom ≈ 2.4
für Reä > Rekrit2 und Mo=2.6*10-11
FPG ,i = FPG ,i ,hom ≈ 2.7
für Reä > Rekrit1 und Mo>2.6*10-11
( 5.17 )
aufgestellt werden können. Die kritischen Reynolds-Zahlen werden wie folgt definiert (vgl. Gl. 2.10 und 2.11) [Bra71]: Rekrit1 = 3.73 ⋅ K F0.209 und
( 5.18 ) Rekrit 2 =
3.1 ⋅ K F0.25 .
Bereich C (heterogener Blasenströmungsbereich): Anhand der Untersuchungen dieser Arbeit konnte aufgezeigt werden, dass die Wirbelablösefrequenz u.a. durch Blasenkollisionen beeinflusst wird und dieser Einfluss auf den Stofftransport dominant werden kann. Um für den Stofftransport allgemeingültige Funktionen der Wirbelablösefrequenz in heterogenen Blasenströmungen aufzustellen, bedarf es weiterer umfassender Untersuchungen. Hierfür besteht auch ein großes Interesse an einer detaillierten Charakterisierung von heterogenen Blasenströmungen, wofür nähere Untersuchungen zur Blasenagglomeratbildung, Koaleszenz und Redispergierung erforderlich sind.
130
5.2 Modellbildung für den Stofftransport an forminstabilen ellipsoiden Gasblasen
Zur Bestimmung des Intensitätsfaktors der Phasengrenzfläche FPG,i in einer heterogenen Strömung wird anhand von Messergebnissen dieser Arbeit angenommen, dass dieser Faktor nahezu identisch mit dem in einer homogenen Blasenströmung ist FPG,i = FPG,i,het ≈ FPG,i,hom .
( 5.19 )
Einsetzen der Wirbelablösefrequenz Zur Charakterisierung der Wirbelablösung ist das bisher ausschließlich für Einzelblasen in ruhender Flüssigkeit genutzte Reynolds-, Eötvös- und Morton-Zahl Diagramm zur Beschreibung der Blasenform von Clift [Cli78] sehr gut geeignet. Zur Erstellung eines solchen Diagramms (s. Abb. 5.3) werden die Reynolds-Zahlen mit der Relativgeschwindigkeit der Blasenbewegung im Schwarm entsprechend der Gleichungen 2.9 bis 2.12 ermittelt. Komasawa [Kom80] hat Untersuchungen zum Einsetzen der Wirbelablösung vorrangig an großen ellipsoiden und kappenförmigen Blasen in verschiedenen Viskositäten durchgeführt und dabei festgestellt, dass eine laminare Wirbelschleppe ohne Ablösung bis zu einer Reynolds-Zahl von Re<90 auftritt (s. Abb. 5.3, Kennlinie Nr. 1). Dieses konnte auch durch eigene Untersuchungen bestätigt werden. Mit zunehmender Reynolds-Zahl folgt ein Übergang von der laminaren zur turbulenten Wirbelschleppe, d.h. die Ablösung von Wirbeln setzt ein [Kom80]. Des Weiteren ist bekannt, dass die Wirbelablösung auch von der Blasengröße abhängig ist [Fan90]. So beginnt für Luftblasen in Wasser die Wirbelablösung ab einem Durchmesser von ca. 2 mm (s. Abb. 2.6) bzw. Eö=0.54. Gewinnt die Zähigkeitskraft infolge einer zunehmenden Viskosität gegenüber der Trägheitskraft an Bedeutung, dann lösen sich Wirbel erst bei größeren Blasendurchmessern bzw. Eötvös-Zahlen und geringeren Reynolds-Zahlen ab. Hieraus ergibt sich eine weitere charakteristische Kennlinie (Nr. 2), die durch die kritische Reynolds-Zahl Rekrit1 (vgl. Gl. 5.18) beschrieben wird. Durch eine weitere Kennlinie für das Einsetzen von kappenförmigen Gasblasen (Nr. 3) ergibt sich ein Gebiet für ellipsoide Gasblasen mit Wirbelablösung gemäß der schraffierten Fläche in Abbildung 5.3.
Berechnung der Wirbelablösefrequenz Das Abschätzen der an Gasblasen sich einstellenden Wirbelablösefrequenz in den Strömungsbereichen A und B kann mit Hilfe der von Miyahara aufgestellten empirischen Korrelationen für die Berechnung der Strouhal-Zahl Srdh (vgl. Gl. 2.38 und 2.39) erfolgen. Die hierfür benötigten horizontalen Blasendurchmesser dh können unter Kenntnis des Blasenäquivalentdurchmessers mit den aufgestellten Gleichungen von Tadaki (vgl. Gl. 2.14-2.17 und Gl. 2.22-2.24) berechnet werden. Außerdem wird zur Berechnung der Strouhal-Zahl die Relativgeschwindigkeit von Einzelblasen benötigt, die für verunreinigtes Wasser mit der von Fan aufgestellten Gleichung 2.13 oder für reines Wasser und wässrige CMC-Lösungen mit der von Brauer angegebenen Beziehungen (vgl. Gl. 2.9 – 2.12) berechnet werden sollte [Sch01]. Die aus der Strouhal-Zahl (Gl. 2.36) ermittelte Aufstiegsbahnfrequenz fBahn,EB wird schließlich mittels Gleichung 5.9 zur Bestimmung der Wirbelablösefrequenz fW,EB verwendet.
5 Modellierung des Stofftransports in Blasenströmungen 2 3 Mo=gη ηF4Δρ/ρ Δρ ρF σ Mo=2.63*10-11
-11 Reihe9 Mo=2.63*10 ; ηF=1 mPas -8 Reihe10 ; ηF=6 mPas Mo=3.41*10 -6 Reihe11 ; ηF=16 mPas Mo=1.73*10
10000
Reynolds-Zahl Re=wrdä/ ν F / -
131
Mo=2.13*10-9
-5 Reihe12 ; ηF=25 mPas Mo=1.02*10
1000
Mo=3.41*10-8 ellipsoide Blasen mit Wirbelablösung
Mo=1.33*10-6
2
Mo=2.13*10-5
kugelförmige Blasen ohne Wirbelablösung
100
kappenförmige Blasen
1 ellipsoide Blasen ohne Wirbelablösung
3
10 0.1
1.0 Eötvös number
10.0 2 σ Δρd Eö=gΔρ Δρ ä /σ
100.0 / -
Abbildung 5.3: Reynolds-, Eötvös-, Morton-Zahl Diagramm zur Festlegung eines Gebiets für ellipsoide Gasblasen mit Wirbelablösung
5.3
Anwendungspotenzial der vorgestellten Modellierungsansätze
Abbildung 5.4 zeigt gemittelte Messwerte für die Sherwood-Zahl von Einzelblasen in ruhender Flüssigkeit (Bereich A), von Gasblasen unter schwarmrelevanten Strömungsbedingungen in homogener Blasenströmung (Bereich B) sowie die mit Gleichung 2.92, 2.110 und 5.11 berechneten Kurven. Während bei niedrigen Reynolds-Zahlen die Sherwood-Zahl für Einzelblasen (Bereich A) nahezu gleich mit der für Gasblasen in homogener Blasenströmung (Bereich B) ist, zeigt sich mit zunehmender Reynolds-Zahl ein wachsender Einfluss der blaseninduzierten Turbulenz, welches zu höheren Sherwood-Zahlen in homogener Blasenströmung führt. Im Vergleich zu den mit Hilfe der Penetrationstheorie von Higbie (vgl. Gl. 2.110) berechneten Sherwood-Zahlen werden zunächst bei niedrigen Reynolds-Zahlen mit dem aufgestellten Modell geringere Sherwood-Zahlen und mit zunehmender Reynolds-Zahl höhere Sherwood-Zahlen ermittelt, wobei der Umschlagspunkt von den Umströmungsbedingungen der Gasblase abhängt. Hierbei zeigen sich insbesondere zu den für Gasblasen in homogener Blasenströmung geltenden SherwoodZahlen deutliche Differenzen, welches auf die von Higbie festgelegte Berechnungsgleichung für die Verweilzeit eines Fluidelements an der Phasengrenzfläche sowie auf Vernachlässigung von Schwarmeffekten zurückgeführt wird. Dagegen weisen die mit Hilfe des empirischen Ansatzes von Calderbank und MooYoung (vgl. Gl. 2.92) ermittelten Sherwood-Zahlen im Vergleich zu dem Verlauf der für Gasblasen in homogener Blasenströmung ermittelten Ergebnisse eine gute Übereinstimmung auf. Diese beiden Verläufe der Sherwood-Zahl zeigen im Reynolds-Zahlenbereich für Rekrit1
Rekrit2. Während die Abweichung ab einer kritischen Reynolds-Zahl von Reä>Rekrit2 zwischen diesen Verläufen für die Sherwood-Zahl kleiner 10% ist, zeigen sich für Rey-
5.3 Anwendungspotenzial der Berechnungsmethoden
132
nolds-Zahlen zwischen Rekrit1
forminstabile ellipsoide Gasblasen 3 mm < dä < 10 mm Sc=460 εG = konstant
1800 Sherwood-Zahl ShF / -
1600 1400
Calderbank & MooYoung Gl. 2.92 Modell: Blasen im Schwarm in homogener Strömung (Bereich B)
Messwerte: Blasen in homogener Strömung
1200
Messwerte: Blasen unter Schwarmbedingungen
1000
Higbie Gl. 2.110
Messwerte: Einzelblasen
800
Modell: Einzelblase (Bereich A)
600 400 200
Rekrit1=606
Rekrit2=1368
0 0
500
1000
1500
2000
2500
Reynolds-Zahl Reä / -
Abbildung 5.4: Vergleich zwischen Modellen, Messwerten und empirischer Auslegungsgleichung der Sherwood-Zahl für Gasblasen (Sc=460) Des Weiteren wird der Stofftransport signifikant durch das Vermischungsverhalten der Wirbelschleppe beeinflusst (s. Abb. 5.5). Dieses Vermischungsverhalten wurde in Kapitel 4.2.3 mit Hilfe der Bodenstein-Zahl charakterisiert (vgl. Gl. 4.1). Wird hierdurch eine kritische Bodenstein-Zahl der Wirbelschleppe BoW,krit unterschritten bzw. ein kritischer Blasenäquivalentdurchmesser überschritten, so lösen sich Wirbel von der Gasblase ab. Mit weiter zunehmendem Blasenäquivalentdurchmesser nähert sich die Bodenstein-Zahl der Wirbelschleppe gegen Null und das Vermischungsverhalten der Wirbelschleppe kann mit dem Verhalten eines idealen Rührkessels beschrieben werden. In diesem Bereich nimmt mit abnehmender Bodenstein-Zahl der Wirbelschleppe die Sherwood-Zahl zu (s. Abb. 5.5). Dagegen kann der Einfluss der Wirbelschleppe bei laminar umströmten Gasblasen auf die Flüssigphasenvermischung in einer Blasensäule vernachlässigt werden, da hier keine Wirbelablösung einsetzt. Dennoch kann sich eine laminare Wirbelschleppe aufgrund der geringen Vermischung innerhalb der Schleppe negativ auf den Stofftransport auswirken. Die Ursache liegt darin begründet, dass die Gasblasen aufgrund der geringen Flüssigphasenvermischung jeweils im Schleppengebiet erhöhter Sauerstoffkonzentration der vorherigen Blase aufsteigen (s.
5 Modellierung des Stofftransports in Blasenströmungen
133
Abb.5.6). Dies führt zu einer abnehmenden lokalen treibenden Konzentrationsdifferenz, welches den Stoffmengenumsatz an einer Gasblase erheblich reduzieren kann und derzeit nicht in Auslegungsdiagrammen für den Stofftransport berücksichtigt wird. Daher sollte für die verfahrenstechnische Prozessführung innerhalb eines Stoffaustauschapparates eine Unterschreitung der kritischen Bodenstein-Zahl vermieden werden. Durch entsprechende Maßnahmen wie z.B. Auswahl des Dispergierorgans kann dieser Effekt verhindert und eine turbulente Wirbelschleppe erzielt werden.
Sherwood-Zahl ShF / -
10000
turbulente Wirbelschleppe (idealer Rührkessel)
Sc=47300 Sc=17000
(ηF= 10 mPas)
(ηF= 6 mPas)
Sc=4250
dä=4.0 mm
(ηF= 3 mPas)
1000
dä=3.2 mm
Sc=460 (ηF= 1 mPas)
dä=2.6 mm
dä dä=1.9 mm
homogener Strömungszustand
100 0.001
BoW,krit=1/(Rekrit1Srä) 0.010
laminare Wirbelschleppe (ideales Strömungsrohr)
0.100
Bodenstein-Zahl der Wirbelschleppe 2 BoW=1/(ReäSrä)=ν νF/(dä fW) / -
Abbildung 5.5: Wechselwirkungen zwischen Stofftransport (Sherwood-Zahl), Form-/Bewegungsverhalten von Gasblasen und Flüssigphasenvermischung (Bodenstein-Zahl der Wirbelschleppe) in homogener Strömung (Bereich B)
i. Blase
i+1. Blase
Abbildung 5.6: Konzentrationsfelder um Blasen innerhalb einer Blasenkette (Sc=300000)
5.3 Anwendungspotenzial der Berechnungsmethoden
134
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass neben der spezifischen Phasengrenzfläche insbesondere der Zustand der Blasenströmungen im Gas-Flüssig-System und hier die vom Dispersphasenanteil abhängigen, ständig wechselnden Anströmbedingungen signifikant den Stoffmengenumsatz beeinflusst, da der Stoffübergangskoeffizient an Gasblasen im Schwarm im Vergleich zur Einzelblase um mehr als 50% größer sein kann. Daher müssen auch entsprechende Stoffübergangskoeffizienten unter der Berücksichtigung der hier definierten Strömungsbereiche A, B oder C ausgewählt werden, um zukünftig eine zuverlässigere Auslegung des Stofftransports in Blasensäulen zu gewährleisten. Der validierte Geltungsbereich des vorgestellten Modells beschränkt sich auf Gas-Flüssig-Systeme mit
•
Eötvös-Zahlen zwischen 1,3 Eö 12,8
•
Morton-Zahlen zwischen 1,0*10-5 Mo 2,6*10-11
•
mittlere Gasleerrohrgeschwindigkeit zwischen 0,9 cms-1 ≤ wG,m0 ≤ 5 cms-1
•
Henry-Zahl He=33 (Gasphase: Luft oder Sauerstoff mit Sauerstoff als Übergangskomponente)
•
Schmidt-Zahlen zwischen 460 Sc 300000
Für eine Überprüfung der Leistungsfähigkeit und eine Festlegung von weiteren Anwendungsgrenzen sind zusätzliche Untersuchungen erforderlich. Hierbei empfiehlt sich insbesondere der Einfluss der Kontaktzeit und der Oberflächenspannung/Verunreinigungen im System zu untersuchen. Erste integrale Untersuchungen zum Einfluss der Oberflächenspannung/Verunreinigung auf den Stofftransport in homogenen Blasenströmungen haben bereits Bischof et al [Bis91, Bis93] (vgl. Abb. 2.21) durchgeführt, wobei mit einer Erhöhung in der Konzentration von oberflächenaktiven Substanzen eine Abnahme des Stofftransports festgestellt wird. Diese Abnahme kann aus den in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnissen auf eine Reduzierung/Unterdrückung der stochastischen Formschwankungen zurückgeführt werden. Dennoch liegen über die Einflussnahme von oberflächenaktiven Substanzen auf die Wirbelablösefrequenz nur unzureichende Informationen vor. Eine zukünftige Implementierung dieser Einflussgröße ermöglicht bereits das neu entwickelte Stofftransportmodell. Des Weiteren sind zur detaillierten Beschreibung des Intensitätsfaktors der Phasengrenzfläche Untersuchungen zum Stofftransport an der Phasengrenzfläche erforderlich, um schließlich auch diesen Parameter mit physikalischen Gesetzmäßigkeiten beschreiben zu können.
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Anhang
151
Anhang A1 Luft technischer Bunsenscher Löslichkeits- HenryHenry- AbsorptionsHenryTemperatur koeffizient koeffizient koeffizient koeffizient koeffizient T °C 0 10 20 30 40 60 80
λLuft Ncm3/(g bar) 0,0286 0,0224 0,0173 0,0122 0,0082 0,0041 0,0025
HLuft*
HLuft
αLuft
gbar/Ncm3 36 45 59 83 125 250 400
bar 43612,4 55506,6 71832,1 101762,2 152643,2 305286,5 488458,3
Nm3/(m3bar) 0,0285 0,0224 0,0173 0,0122 0,0081 0,0040 0,0025
HLuft' bar m3/kmol 785 1000 1295 1840 2769 5593 9059
Spalding HenryZahl
Hong HenryZahl
HeLuft*
HeLuft
27107 34500 44647 63250 94875 189750 303600
35 42 53 73 106 202 308
Spalding HenryZahl
Hong HenryZahl
He*
He
14310 19080 22896 27476 31222 34345 38161 42931 48373
20 26 31 35 39 42 45 50 55
Spalding HenryZahl
Hong HenryZahl
HeN2*
HeN2
71366 98128 157004 261674 392511 1046696 1652679
88 117 181 292 426 1077 1624
Sauerstoff technischer Bunsenscher Löslichkeits- HenryHenry- AbsorptionsHenryTemperatur koeffizient koeffizient koeffizient koeffizient koeffizient T °C 0 10 20 30 40 50 60 70 80
λO2 Ncm3/(g bar) 0,0489 0,0367 0,0306 0,0255 0,0224 0,0204 0,0184 0,0163 0,0145
HO2*
αO2
HO2 3
gbar/Ncm 21 28 33 40 45 50 56 63 70
bar 25441 33921 40705 48846 55507 61057 67841 76322 85996
3
3
Nm /(m bar) 0,0489 0,0367 0,0305 0,0254 0,0223 0,0201 0,0180 0,0159 0,0141
HO2' bar m3/kmol 458 611 734 883 1007 1113 1243 1406 1595
Stickstoff technischer Bunsenscher Löslichkeits- HenryHenry- AbsorptionsHenryTemperatur koeffizient koeffizient koeffizient koeffizient koeffizient T °C 0 10 20 30 40 60 80
λN2 Ncm3/(g bar) 0,0224 0,0163 0,0102 0,0061 0,0041 0,0015 0,0010
HN2*
HN2
αN2
gbar/Ncm3 45 63 100 167 250 667 1053
bar 55507 76322 122115 203524 305286 814097 1285417
Nm3/(m3bar) 0,0224 0,0163 0,0102 0,0061 0,0040 0,0015 0,0009
HN2' bar m3/kmol 999 1374 2202 3680 5539 14913 23838
Anhang
152 Anhang A2 Empirische Gleichungen zur Abschätzung von Diffusionskoeffizienten [Jak91] Autoren Gleichung Wilke-Chang χ ⋅ M r ,B F D AB = 7.4 ⋅ 10 −12 ⋅ ⋅ T , m 2 s −1 F ⋅ν 0A.6 η AB
Scheibel
0.66
§ 3 ⋅ν B · ¸ 1 + ¨¨ ν ¸ F D AB = 8.2 ⋅ 10 −12 ⋅ © A ¹ ⋅ T , m 2 s −1 F ⋅ν 0A.33 η AB Diese Gleichung vereinfacht sich: für Wasser als Lösungsmittel und νA ≤ νB: T F D AB = 25.2 ⋅ 10 −12 ⋅ , m 2 s −1 F η AB ⋅ν A0.33
Hinweise Assoziationskonstante χ: Wasser=2.6; Methanol=1.9; Ethanol=1.5; Benzol = und andere unpolare Lösungsmittel =1. Nach Angaben der Autoren beträgt der Durchschnittsfehler ihrer Gleichung 10%. Von Reid/Sherwood (1958) wird der durchschnittliche Fehler mit Wasser als Lösungsmittel mit 9% und mit Benzol als Lösungsmittel mit 10% angegeben.
für Benzol als Lösungsmittel und νA ≤ 2 νB: T F D AB = 18.9 ⋅ 10 −12 ⋅ , m 2 s −1 F 0.33 η AB ⋅ν A für andere Lösungsmittel und νA ≤ 2 νB: T F D AB = 17.5 ⋅ 10 −12 ⋅ , m 2 s −1 F 0.33 η AB ⋅ν A ReddyDoraiswamy
F D AB =C⋅
5 M r0,.A F 0.33 0.33 η AB ⋅ν A ⋅ν B
⋅ T , m 2 s −1
Die Konstante C hat den Zahlenwert: a) C=10*10-12 für νB≤ 1.5νA b) C=8.5*10-12 für νB> 1.5νA LusisRatcliff
Der Durchschnittsfehler beträgt für Systeme nach a): 13%, für Systeme nach b): 18%. Für Wasser als gelösten Stoff beträgt der Fehler 25%.
0.33 Diese Gleichung liefert §ν · ν Durchschnittsfehler um 1.4 ⋅ ¨¨ B ¸¸ + B νA ¹ νA F −12 2 −1 15 bis 20%, der Fehler © D AB = 8.52 ⋅10 ⋅ ⋅T , m s F nimmt zu bei assoziierten η AB ⋅ν B0.33 Lösungsmitteln.