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Paul Haber Ernährung und Bewegung für jung und alt Älter werden – gesund bleiben
Illustriert von Piero Lercher
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Paul Haber Ernährung und Bewegung für jung und alt Älter werden – gesund bleiben
Illustriert von Piero Lercher
SpringerWienNewYork
Ao. Univ.-Prof. Dr. Paul Haber Klinische Abt. Pulmologie, Abt. Sport- und Leistungsmedizin Klinik für Innere Medizin IV, Medizinische Universität Wien, Österreich www.trainingstherapie.at
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichenund Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Produkthaftung: Sämtliche Angaben in diesem Fachbuch erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung und Kontrolle ohne Gewähr. Insbesondere Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Eine Haftung des Autors oder des Verlages aus dem Inhalt dieses Werkes ist ausgeschlossen. © 2007 Springer-Verlag/Wien • Printed in Austria Springer-Verlag Wien New York ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.at Umschlagbild: GettyImages/Ageing woman eating outdoors/Image Source Lay-out: Springer-Verlag, Wien Satz: Mag. Bernhard Kollmann, Wien Druck: Strauss GmbH, 69509 Mörlenbach, Deutschland Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier – TCF SPIN: 11561088 Mit 36 Abbildungen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN-10 ISBN-13
3-211-29183-0 Springer-Verlag Wien New York 978-3-211-29183-2 Springer-Verlag Wien New York
Wenn Sie, sehr geehrte/r LeserIn, dieses Buch durchblättern, werden Sie sich wahrscheinlich denken: „schon wieder ein Buch über Ernährung!“ Das zeigt, dass Sie sich für das Thema interessieren (sonst würden Sie ja nicht in diesem Buch blättern und außerdem wissen, dass es schon viel gibt). Tatsächlich gibt es nicht nur viele Bücher sondern auch viele Meinungen und Ansichten zu diesem Thema. Und außerdem sehr viele verschiedene, zum Teil auch extreme Diät- und Ernährungsempfehlungen. Es gibt leider auf diesem Gebiet sehr viele selbsternannte Gurus. Aber wie soll jemand, der kein Experte ist, sich da zurecht finden? Wie soll man – als Konsument – sinnvolle und vernünftige von sinnlosen oder gar gesundheitsgefährdenden Ernährungs- und Diätempfehlungen unterscheiden? Genau dafür möchte ich Ihnen mit diesem Buch eine Hilfestellung geben. Es richtet sich vor allem an Menschen, die sich bereits in jenem Lebensabschnitt befinden, der durch den „Altersgang“, die physiologische Abnahme der Leistungsfähigkeit vieler Köperfunktionen, geprägt ist. Gerade in diesem Abschnitt, der heute viele Jahrzehnte umfasst, kann die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit und das darauf basierende psychische und soziale Befinden persönlich in erheblichem Umfang beeinflusst werden. Die Summe aller derartigen Maßnahmen können unter dem Überbegriff „Lebensstil“ zusammengefasst werden. Und ein wesentlicher Aspekt dieses Lebensstils ist die Ernährung. Dieses Buch ist allerdings kein Diätbuch. Daher spielen auch Rezepte oder spezielle Diätvorschläge, keine wesentliche Rolle, da solche nicht die Grundlage für lebenslang einzuhaltende Gewohnheiten sein können. Sie finden daher im Anhang nur eine kleine aber exemplarische Sammlung von Rezepten, zusammen mit dem praxiserprobten Long Evity Menü-Organizer, die dankenswerterweise von Michael und Angelika Elliot zur Verfügung gestellt worden sind. Es ist vielmehr ein Buch über Ernährung und hat die Absicht grundlegendes und wissenschaftlich fundiertes Verständnis für die Bedeutung und das Wesen zweckmäßiger und gesunder Ernährung zu vermitteln. Den Humor, mit dem bekanntlich alles besser geht, tragen die lustigen Karikaturen von Pierro Lercher bei. Wenn Sie nach der Lektüre in der Lage sind selbst überall aus dem fast unüberschaubaren Angebot an Lebens- und Nahrungsmitteln, ob im Supermarkt oder im Restaurant, das richtige für sich herauszufinden, dann hat dieses Buch seinen Zweck erfüllt.
Wien, im Oktober 2006
Paul Haber
VORWORT
Vorwort
INHALT
INHALT
VI
1 Die Beudeutung von Ernährung für Gesundheit und Lebenserwartung
.........................
1
2 Einige biologische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
Wir brauchen Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
Wie die Pflanzenzellen Energie erzeugen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
Und so wird in tierischen Zellen Energie erzeugt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
Wir brauchen Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
Ohne Information herrscht das Chaos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
3 Der grundsätzliche Aufbau einer Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
Außen ist die Zellmembran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
Innen ist das Zellplasma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
Die Werkstätten der Zelle (Zellorganellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
Die Kraftwerke (Mitochondrien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
Die Eiweißfabriken (Ribosomen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
Das Transportwesen (endoplasmatisches Retikulum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
Die Steuerzentrale (Zellkern) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
4 Alles fließt: Die Stoffwechselbilanzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
5 Jetzt reden wir über Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
Energie messbar machen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
Energie erzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
Messen, was messbar ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
Wie viel Energie braucht ein Mensch mindestens? . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
Die Höhe des Grundumsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundumsatz bei Männern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundumsatz bei Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der kleine Unterschied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26 27 27 27
INHALT
28 28 29 29 30 30
Wie viel Energie braucht der Mensch zusätzlich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
Angabe des Energieverbrauchs in Kalorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
Angabe des Energieverbrauchs in metabolischen Einheiten . . . . . . . . . . . . . .
34
Der maximale Energieumsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
Mittlere Belastungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alltagstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sportliche Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
Tagesumsatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
Berechnung des Tagesumsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
Gibt es einen „natürlichen“ Energieverbrauch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Energieverbrauch wild lebender Säugetiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der natürliche Energieverbrauch von Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
Der Tagesumsatz in unserer westlichen Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
Energiebedarf bei körperlichem Training und Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
6 Die Nährstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
Fett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
Allgemeine Funktion von Fett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Depotfett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Baufett. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
Energiegewinnung durch die Verbrennung von Fett . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
Besonderheiten verschiedener Fette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verschiedene Fettsäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fett in Nahrungsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
Mindestbedarf und Normalbedarf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
Kohlehydrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
Allgemeines über Kohlehydrate. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monosaccharide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Disaccharide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polysaccharide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der glykämische Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
36 37
44 45
53 54
57 58
66 67 68 69
INHALT
Welche Faktoren beeinflussen den Grundumsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernährungszustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wachstumsphase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erwachsenenalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Wärmeproduktion des Körpers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
INHALT
INHALT
VIII VIII
Energiegewinnung durch Verbrennung von Kohlehydraten. . . . . . . . . . . . . .
72
Besonderheiten von Kohlehydrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
Mindestbedarf und Normalbedarf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
Bedarf bei körperlichem Training und Sport. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
Kohlehydrate in den Nahrungsmitteln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leere Kalorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ballaststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
Eiweiß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
Allgemeine Funktion von Eiweiß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
Die biologische Wertigkeit von Eiweiß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
Energieproduktion durch die Verbrennung von Eiweiß . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
Mindestbedarf und Normalbedarf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
Eiweißbedarf bei körperlichem Training und Sport. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
Eiweiß in den Nahrungsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
Eiweißpräparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
92
Mineralstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mengenelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kochsalz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kalium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magnesium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kalzium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spurenelemente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
77 78
96 96 98 99 100 100 100
Vitamine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
102
Antioxidantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
105
Sekundäre Pflanzenstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
108
Nahrungsergänzungsstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
110
Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
113
7 Wie kommen die Nährstoffe in den Körper? . . . . . . . . . . . . . . .
117
Der Darm, eine innere Oberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
120
Funktionsweise der Verdauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
121
Die Darmflora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
125
INHALT
129
Das Altern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
129
Die Altersmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
131
Körperliche Merkmale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
132
Muskelmasse und Sauerstoffaufnahmefähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
132
Körperfettanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
135
Knochendichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
141
Aktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
143
Stoffwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
144
Insulinempfindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
145
Die blutzuckersenkende Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
145
Die anabole Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
146
Zusammensetzung der Blutfette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
149
Blutfett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
149
Cholesterin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
149
Kreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
153
Zusammenfassende Betrachtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
154
Übergewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
158
Was ist eigentlich Übergewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
158
Wie entsteht Adipositas? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
160
Faktoren, die die Entstehung der Adipositas begünstigen . . . . . . . . . . . . . . .
163
Die Gene sind an allem schuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
163
Die Hormone sind an allem schuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
165
Das Essen ist an allem schuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
166
Warum ist Adipositas ein Problem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
171
Jetzt wird abgenommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
176
Abmagerungskuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
177
Fastenkuren bzw. radikal kalorienreduzierte Kuren . . . . . . . . . . . . . . . . . .
179
Proteinkuren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
182
Abmagerungsdiäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
183
Iss die Hälfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
184
Trennkost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
185
Glyx-Diät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
185
Medikamente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
187
Zentral wirksame Appetitzügler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
187
Fettblocker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
188
Magenfüllstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
189
INHALT
8 Ernährung in der 2. Lebenshälfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
INHALT
INHALT
X
Die Änderung von Lebensgewohnheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
189
Essgewohnheiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
192
Bewegungsgewohnheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
199
Von allem etwas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
203
Kalorienzählen ist doch nicht alles! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
204
Was macht die Qualität der Ernährung aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
204
Wie gefährlich sind unsere westlichen Ernährungsgewohnheiten?. . . . . . . . . Unterernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Die Zusammensetzung einer guten Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Und was ist eine Mittelmeerkost? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrmals täglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein bis zweimal täglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrmals wöchentlich aber nicht täglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bis zu zweimal wöchentlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Selten bzw. sehr wenig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eine Empfehlung für alles? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Rezepte für fettreduziertes Essen nach den Regeln der Mittelmeerkost mit dem Menü-Organizer aus dem Long-Evity Programm®. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Die Bedeutung von Ernährung für Gesundheit und Lebenserwartung
Um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert betrug die mittlere Lebenserwartung in Österreich etwa 40 Jahre. Das war noch nicht viel, länger als im antiken Rom, wo die mittlere Lebenserwartung etwa 30 Jahre betragen hat. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts hat sich die Lebenserwartung, trotz der beiden Weltkriege, in etwa verdoppelt. Sie beträgt heute zirka 78 Jahre, allerdings mit Unterschieden zwischen Männern und Frauen (74 bzw. 82 Jahre). Die mittlere Lebenserwartung nimmt auch heute noch weiter zu, und zwar pro Jahr um etwa 2 Monate. Einem Mädchen, das heute in unserem Raum geboren wird, geben die Statistiker eine Lebenserwartung von zirka 100 Jahren. Dies hat natürlich auch einen erheblichen Einfluss auf den Anteil der verschiedenen Jahrgänge an der Gesamtbevölkerung. Vor 200 Jahren war der Anteil der über 60-jährigen an der Bevölkerung etwa 6%. Heute ist er zirka 15% und wird in 40 Jahren auf 30% ansteigen. Parallel dazu nimmt der Anteil der jungen Menschen ab. Dieser demografische Aspekt ist einer der Gründe, warum den Problemen von Menschen über 50 Jahre zunehmend mehr Beachtung geschenkt wird. (Ein anderer Grund ist z.B. die Kaufkraft älterer Menschen, also ein wirtschaftlicher Aspekt). Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wieso es, nach Jahrtausenden der Stagnation, zu dieser, historisch gesehen, rasanten Entwicklung der Lebenserwartung gekommen ist. Für das Verständnis dieser Problematik ist es sinnvoll, sich mit dem Begriff der Lebenserwartung selbst etwas näher zu befassen. Zunächst einmal gibt es jene Lebenserwartung, die für den Menschen an sich, also für die biologische Art „homo sapiens“ typisch ist, etwa in der gleichen Weise, wie es für die Art „Hund“ oder „Katze“ typische Lebenserwartungen von etwa 15 bzw. 20 Jahren gibt. Diese arttypische Lebenserwartung des Menschen, die aber nur unter günstigen Lebensumständen
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DIE BEDEUTUNG VON ERNÄHRUNG FÜR GESUNDHEIT UND LEBENSERWARTUNG
erreicht werden kann, beträgt zirka 100 Jahre, (mit einer Spannweite von etwa 85 – 115). Diese arttypische Lebenserwartung ist im Erbgut der Menschheit fixiert und daher in historischen Zeiträumen, also im Verlauf von einigen 100 oder auch 1000 Jahren, nicht veränderlich. Innerhalb dieser arttypischen gibt es auch eine individuelle Lebenserwartung, die der einzelne Mensch – wieder unter günstigen Lebensumständen – erreichen kann. Diese kann am unteren oder auch am oberen Rand der arttypischen liegen und daher durchaus zwischen zwei Individuen um 2 Jahrzehnte differieren. Dieser Unterschied in der individuellen Lebenserwartung, der auch bei vergleichbaren günstigen Umständen auftritt, ist im Wesentlichen genetisch bestimmt, das heißt, er kann durch unterschiedliche Erbanlagen erklärt werden. Jetzt erhebt sich eine nächste Frage: wenn die natürliche Lebenserwartung von Menschen durchschnittlich 100 Jahre beträgt, wieso war die mittlere Lebenserwartung in der Antike nur 30 Jahre und auch 2000 Jahre später nur 40? Heißt das, dass die meisten Menschen damals zu früh, also vor Ablauf der eigentlich möglichen Lebenszeit, gestorben sind? Nun, das heißt es tatsächlich! In den vergangenen Jahrhunderten sind die meisten Menschen lange vor dem an sich erreichbaren Alter eines vorzeitigen Todes gestorben. Im antiken Rom z.B. 40% aller Kinder vor Erreichen des 5. Lebensjahres! Hat damals ein Kind die ersten 5 Jahre überlebt, dann war für die Überlebenden, z.B. mit 10 Jahren, die Lebenserwartung schon über 40 Jahre. Ist jemand trotz aller Widrigkeiten 50 geworden, dann waren die Chancen 70 zu werden nicht viel geringer als heute. Seit es schriftliche Aufzeichnungen gibt, also seit rund 5.000 Jahren, wird von Menschen berichtet, die über 80 Jahre alt geworden sind. Ein bekanntes Beispiel ist der ägyptische Pharao Ramses II, der Große, der im 13. Jhdt. vor Chr. gelebt hat und 88 Jahre alt geworden ist. Die nächste Frage ist, woran die Menschen früher vorzeitig verstorben sind. Hier gibt es eine Hauptursache, und zwar die Infektionskrankheiten. Damit sind keineswegs nur die großen Epidemien, wie Pest, Cholera oder Pocken gemeint, sondern vor allem alltäglich auftretende Infektionen, wie Darminfektionen, Blinddarmentzündung, Kindbettfieber, Bronchitis oder Lungenentzündung und viele andere.
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Seit die Schrift erfunden wurde und es daher auch geschriebene Geschichte gibt, wird von Menschen berichtet, die auch nach heutigen Maßstäben sehr alt geworden sind. Z.B. der ägyptische Pharao Ramses II. der Große, der vor zirka 3.300 Jahren gelebt hat und 88 Jahre alt geworden ist.
Der ernorme Anstieg der allgemeinen Lebenserwartung ist vor allem dem Rückgang der Infektionskrankheiten zu verdanken. Nun besteht aber ein klarer Zusammenhang zwischen dem Ernährungszustand und der Anfälligkeit für Infektionen: bei gutem Ernährungszustand ist die Anfälligkeit für Infektionen geringer bzw. die Widerstandskraft, also die Funktion des Immunsystems, besser. Umgekehrt sind unterernährte Menschen für Infektionskrankheiten anfälliger. Seit dem Beginn der Industrialisierung im 19. Jhd. und der damit einhergehenden Verbesserung des Lebensstandards und auch der Versorgungslage mit Nahrungsmitteln lässt sich ein kontinuierlicher Rückgang von Infektionskrankheiten beobachten. Besonders schön lässt sich dieser
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DIE BEDEUTUNG VON ERNÄHRUNG FÜR GESUNDHEIT UND LEBENSERWARTUNG
Vorgang am Beispiel der Tuberkulose verfolgen, die bis ins 19. Jhd. massenhaft aufgetreten ist und der nicht nur Künstler sondern auch gekrönte Häupter (z.B. Kaiser Josef II von Österreich) zum Opfer gefallen sind. Der Rückgang dieser Infektionskrankheit beginnt schon viele Jahrzehnte bevor das erste Medikament (das Streptomycin) entdeckt worden ist (1946) und wird bezeichnenderweise nur durch die beiden Weltkriege unterbrochen, was auch mit der jeweiligen Verschlechterung der Versorgungslage zusammenhängt. Auch in unserer Zeit lassen sich in den Entwicklungsländern der dritten Welt klare Zusammenhänge zwischen einer schlechten Versorgung mit Nahrungsmitteln und der Häufigkeit von Infektionskrankheiten beobachten. Wir können also feststellen, dass eine ausreichende quantitative, aber, wie wir später noch hören werden, auch qualitative Versorgung ganzer Bevölkerungen mit Nahrungsmitteln ein entscheidendes Fundament für die allgemeine Gesundheit darstellt. Eine angemessene Ernährung verlängert nicht die allgemeine menschliche Lebenserwartung an sich. Die ist, wie ich vorher ausgeführt habe, mit zirka 100 Jahren genetisch festgelegt. Aber sie erhöht beträchtlich die Wahrscheinlichkeit die individuell zugemessene Lebensspanne auch tatsächlich zu erreichen und nicht an einer vermeidbaren Infektionskrankheit oder an einem vermeidbaren Herzinfarkt vorzeitig zu sterben. Das gilt uneingeschränkt auch heute, wo sowohl ein Überangebot als auch die industrielle Fertigung von Nahrungsmitteln zunehmend kritisch beleuchtet werden. Übrigens sollte man auch angesichts der Gefahren der Überernährung nicht vergessen, dass weltweit gesehen, nämlich in den armen Regionen unseres Planeten, die gesundheitlichen Gefahren einer Unterernährung auch heute noch keineswegs gebannt sind. Allerdings tritt heute vor allem in der industrialisierten westlichen Welt in zunehmendem Maße zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit das Phänomen auf, dass Überernährung eine volksgesundheitliche Bedeutung erlangt, weil die unmittelbare Folge, die Fettsucht (Adipositas) und durch sie geförderte Krankheiten bereits massenhaft auftreten. Tatsächlich scheint heute weltweit erstmals in der Geschichte der Menschheit die Zahl derer, deren Gesundheit durch
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Gesunde Ernährung ist keine Hexerei! Auch Esoterik, Mystik oder Ideologie sind überflüssig. Nützlich für das Verständnis gesunder Kost sind hingegen einige biologische und physiologische Kenntnisse.
Adipositas bedroht ist, mit der Zahl der Menschen, deren Gesundheit durch Unterernährung bedroht ist, gleich zu ziehen. Bei der Bekämpfung der Krankheiten, die als Folge der Unterernährung bzw. als Folge der Überernährung auftreten, ist allerdings zu bedenken: die Unterernährung ist meist eine Folge der Armut und kann daher vom betroffenen Individuum nicht ohne weiteres beeinflusst werden, da dies von der Entwicklung der jeweiligen Gesellschaft und des Lebensstandards abhängt. Die Überernährung und ihre Folgen sind hingegen, zumindest im Prinzip, von jedem Betroffenen jederzeit selbst beeinflussbar. Es ist dies allerdings keineswegs so leicht wie es zunächst klingt, weil die Adipositas letztlich das Ergebnis von mehreren Einflussfaktoren ist. Neben der Nahrungsaufnahme ist z.B. ein weiterer entscheidender Einflussfaktor die körperliche Bewegung, die erstaunlicherweise nur selten gebührend berücksichtigt wird. Tatsächlich ist
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DIE BEDEUTUNG VON ERNÄHRUNG FÜR GESUNDHEIT UND LEBENSERWARTUNG
die Bedeutung der Bewegung so fundamental, dass die Zusammenhänge von Altern, Ernährung und Gesundheit ohne Einbeziehung der Bewegung nicht seriös behandelt werden können. Es gibt auf dem Gebiet der Ernährung eine große Anzahl von „Experten“ und Gurus und eine unüberschaubare Anzahl von Vorschlägen für Diäten, Kuren und Kostformen, die das Ziel haben überflüssiges Körperfett abzubauen und damit nicht nur das Aussehen sondern auch die Gesundheit zu verbessern. Den allermeisten dieser Diäten und Kuren ist gemeinsam, dass sie nicht von nachhaltigem Erfolg gekrönt sind, die Rückfallquote beträgt nahe 100%. Und manche Kostformen, wie z.B. die Rohkost, sind wegen ihrer Einseitigkeit nicht ganz unproblematisch. Ernährung ist ein fundamentaler und unabdingbarer Teil des Lebensprozesses und muss daher bestimmte biologisch begründbare Voraussetzungen bezüglich Quantität und Qualität erfüllen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, dann hat die Ernährung alles, was sie überhaupt zur Gesundheit beitragen kann, geleistet. Darüber hinaus gibt es keinen gesundheitlichen Nutzen. Werden hingegen diese Voraussetzungen nicht erfüllt, dann sind Störungen oder sogar Krankheiten oder Tod die Folge. Die Art der Störung oder Krankheit hängt davon ab nach welcher Seite – zu viel oder zu wenig – die Ernährung oder ein Bestandteil der Ernährung vom Optimum abweicht. Und das Ausmaß der Störung hängt davon ab, wie stark die Ernährung vom Optimum abweicht. Um das zu verstehen bedarf es sicherlich keiner mystischen Erklärungen, hingegen sind die Kenntnisse einfacher biologischer und physiologischer Grundlagen der Ernährung nützlich. Ein guter Teil dieses Buches befasst sich mit der Vermittlung derartiger Kenntnisse. Dies soll Sie, sehr geehrte/r LeserIn, in die Lage versetzen die Plausibilität von Ernährungsempfehlungen oder Diäten beurteilen zu können bzw. Ihr eigenes Ernährungs- (und auch Bewegungs-)verhalten kritisch und im Lichte wissenschaftlicher Grundlagen zu hinterfragen. Letztlich ist es das didaktische Ziel, Ihnen zu helfen ein für Sie sinnvolles und vernünftiges Ernährungs- und Bewegungsverhalten zu entwickeln, das ein Teil Ihrer persönlichen Lebensführung werden soll und das Sie daher für den Rest Ihres Lebens beibehalten.
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Einige biologische Grundlagen
Die Notwendigkeit zu essen und zu trinken lässt sich zunächst recht banal damit begründen, dass ein Ausbleiben von Wasser und Nahrung auf Dauer nicht mit dem Leben vereinbar ist. Darüber herrscht sicher Einigkeit. Keineswegs so klar ist allerdings die Vorstellung, was nun das Wesentliche einer optimalen Ernährung ist. Optimal bedeutet hier, dass die Ernährung alles, was zum bestmöglichen Funktionieren der Lebensprozesse erforderlich ist, auch wirklich zur Verfügung stellt. Um darüber sprechen zu können, müssen wir uns aber zunächst mit einigen biologischen und physiologischen Grundlagen des Lebens und des Essens auseinandersetzen. Um Leben in der uns bekannten Form zu erhalten sind drei Fundamente erforderlich: ! Energie ! Stoffe ! Information Alle drei Fundamente sind in den Zellen, den einzelnen Bausteinen, aus denen sich unser Organismus zusammensetzt, realisiert.
Wir brauchen Energie Energie ist erforderlich, damit in den Zellen aus einfachen Stoffen, z.B. Kohlenstoff, Sauerstoff oder Wasser, komplexe, große Moleküle aufgebaut werden können, aus denen die Strukturen der Zelle bestehen, also für die sogenannten Syntheseleistungen der Zelle. Dann verbraucht die Zelle auch Energie um bestimmte Funktionen erfüllen zu können, wie z.B. die mechanische Verkürzung einer Muskelzelle. Da für diese Lebensvorgänge Energie ununterbrochen benötigt wird, muss auch die Bereitstellung von Energie ununterbrochen erfolgen. Nach der Methode, wie in den Zellen die Energieerzeugung vor
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EINIGE BIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
sich geht, kann man grundsätzlich zwei Haupttypen von Zellen unter– scheiden. ! Pflanzenzellen ! Tierische Zellen
Wie die Pflanzenzellen Energie erzeugen Der erste Haupttypus ist die pflanzliche Zelle. Das besondere an Pflanzenzellen ist, dass sie in der Lage sind, die Energie, die von der Sonne in Form von Licht zu uns kommt, zu verwerten. Dazu gibt es in den Pflanzenzellen die Chloroplasten. Das sind kleine Körperchen, die in etwa den Mitochondrien (siehe Seite 18) vergleichbar sind und die Funktion von Kraftwerken der Pflanzenzellen erfüllen. In ihnen wird mit Hilfe des grünen Blattfarbstoffes, des Chlorophylls, die Lichtenergie in eine chemisch gebundene Form umgewandelt. Dabei entsteht der chemische Stoff Adenosin-Tri-Phosphat (der mit ATP abgekürzt wird). Im ATP-Molekül ist somit auf chemische Weise Energie gespeichert, es ist also eine Art chemischer Batterie. ATP ist daher in der Lage überall dort, wo es notwendig ist, Energie zur Verfügung zu stellen. Die Lichtenergie wird also nicht direkt genutzt, sondern kann nur auf dem Umweg über die ATP-Bildung, die Photosynthese, verwertet werden. Mit der Bereitstellung von Energie aus ATP kann die Pflanze ihre Syntheseleistungen erbringen. Aus den einfachen Ausgangsstoffen Wasser (H2O), Kohlendioxyd (CO2) und – für den Aufbau von Aminosäuren – auch Stickstoff (N) werden komplexe Moleküle, wie Kohlehydrate, Fette oder Proteine, synthetisiert, die die Pflanze für den Aufbau ihrer Strukturen und für vielfältige biologische Funktionen braucht. Dabei wird Sauerstoff (O2) freigesetzt. Das ATP wird verbraucht, aber durch Nachlieferung aus den Chloroplasten fortlaufend ersetzt. Da in die Synthese Energie investiert wird, ist auch in diesen komplexen Molekülen Energie chemisch gespeichert.
WIR BRAUCHEN ENERGIE
Und so wird in tierischen Zellen Energie erzeugt Der zweite Haupttypus ist die tierische Zelle. Tierische Zellen, zu denen ja letztlich auch die menschlichen gehören, sind entweder direkt oder indirekt auf die Existenz von Pflanzen angewiesen. Sie sind nicht in der Lage die Energie des Sonnenlichts in eine biologisch verwertbare Form zu bringen. Sie greifen daher auf jene Energie zurück, die die Pflanzen bei der Synthese von Kohlehydraten, Fett und Eiweiß in diesen komplexen Molekülen gespeichert haben und kehren den Synthesevorgang um. Dazu müssen die tierischen Zellen die von den Pflanzen gebildeten Stoffe als Nährstoffe aufnehmen. Bei der Aufspaltung von Kohlehydraten, Fetten oder Proteinen in ihre Ausgangsstoffe, CO2 und Wasser, wird wieder jene Energie frei, die zuvor von den Pflanzen bei der Synthese investiert worden ist. Außerdem muss auch der Sauerstoff, der von den Pflanzen freigesetzt worden ist, wieder zugeführt werden. Dieser Vorgang der Energieerzeugung in tierischen Zellen ist die biologische Oxidation, deren Endprodukte wieder Kohlendioxyd und Wasser bzw. beim Abbau von Eiweiß auch Stickstoff sind. Der größere Teil der bei der Oxidation freiwerdenden Energie, etwa 60%, wird als Wärme frei und dient z.B. der Aufrechterhaltung einer konstanten Körpertemperatur. Die restlichen etwa 40% werden auch in den tierischen Zellen in Form von ATP chemisch gebunden und stehen nur in dieser Form für alle energieverbrauchenden biologischen Vorgänge zur Verfügung. Auch im tierischen Organismus sind das insbesondere die Synthese komplexer Moleküle für den Aufbau körpereigener Strukturen und von Molekülen, die auf die Erbringung besonderer Funktionen spezialisiert sind, wie z.B. Enzyme. Aber auch für spezielle Leistungen, wie z. B. die Tätigkeit von Nerven- oder Muskelzellen ist ATP erforderlich. Das tierische ATP ist übrigens chemisch identisch mit dem bei der Photosynthese der Pflanzen gebildeten. Weil die biologische Oxidation O2 verbraucht, wird diese Art der Energieerzeugung auch aerob genannt. Tierische (und daher auch menschliche) Zellen haben außerdem auch die Möglichkeit aus Traubenzucker (Glukose) ohne Beteiligung von O2 ATP zu bilden. Diese Art der Energiegewinnung wird anaerob genannt.
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EINIGE BIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
Innerhalb des Tierreichs kann man, in Bezug auf die Ernährung, noch 3 Hauptgruppen unterscheiden: ! Pflanzenfresser: Das sind Tierarten, welche die von den Pflanzen bereitgestellten Nährstoffe unmittelbar für ihre eigene Energieerzeugung und Synthese körpereigener Stoffe nutzen und sich daher von Pflanzen ernähren können. ! Fleischfresser: Das sind Tierarten, die sich die in der Körpermasse von Pflanzenfressern enthaltenen Nährstoffe zunutze machen. Sie treten daher entweder als Jäger (Raubtiere) oder als Aasfresser auf. Natürlich ist es auch möglich, dass große Raubtiere kleinere fressen oder Aasfresser die Körper von solchen großen Raubtieren. Ein derartiger Aasfresser wäre dann das 5. Glied in der Nahrungskette (Pflanze – Pflanzenfresser – kleines Raubtier – großes Raubtier – Aasfresser). ! Allesfresser: Das sind Tierarten, die Nährstoffe sowohl pflanzlichen als auch tierischen Ursprungs verwerten können. Auch der Mensch gehört in diese Gruppe.
Wir brauchen Stoffe Das zweite Fundament des Lebens ist die stoffliche, also materielle Basis. Der konkrete Ablauf biologischer Prozesse beruht auf der chemischen und physikalischen Interaktion von Atomen und Molekülen nach bestimmten Regeln, die durch die Eigenschaften der Materie vorgegeben sind. Die Naturgesetze, mit denen sich die Fachgebiete Biologie, Physiologie, Chemie und Physik befassen, beschreiben diese Regeln. Naturgesetze sind also keineswegs von Wissenschaftlern „erfunden“ worden und sie haben auch keineswegs die Funktion von Vorschriften, wie wegen der Verwendung des Begriffes „Gesetz“ angenommen werden könnte. Naturgesetze sind lediglich Beschreibungen von Vorgängen, die in der Natur unter gleichen Bedingungen immer gleich ablaufen. Für diesen regelhaften Ablauf ist es gleichgültig, ob das Naturgesetz bekannt ist oder nicht oder ob man Naturgesetze mag oder nicht.
WIR BRAUCHEN STOFFE
Auch die Lebensvorgänge lassen sich im Detail mit derartigen Naturgesetzen beschreiben. Je besser unsere Untersuchungsmethoden werden, desto tiefere Einblicke in biologische Prozesse werden ermöglicht. Und desto mehr hochkomplexe Funktionen, wie z.B. auch Emotionen, lassen sich auf die Wirkung bestimmter materieller Substanzen, wie z.B. Hormone, zurückführen. „Alles Leben ist Chemie“ ist ein Ausspruch von Lavoisier, einer der Begründer der modernen Naturwissenschaften. Das ist nach wie vor uneingeschränkt richtig. Die darüber hinaus gehende Annahme „aber nicht nur Chemie“ ist Gegenstand des Glaubens, der sich einer naturwissenschaftlichen Begründung entzieht. „Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde als sich Menschenweisheit träumen lässt“ (Shakespeare) ist ein Zitat, das unbestreitbar viel Wahrheit enthält und das gerne als Antwort auf eine naturwissenschaftlich basierte Argumentation angeführt wird. Aber auch wenn man die Richtigkeit dieses Zitates akzeptiert, so heißt das noch lange nicht, dass man deswegen jeden esoterischen Unsinn, von dem gerade auf dem Gebiet der Ernährung unglaublich viel grassiert, auch glauben muss. Jedenfalls hat die Ernährung die fundamentale Aufgabe, die für den „Betrieb“ des Lebens notwendigen Stoffe aufzunehmen und dem Organismus zuzuführen.
Ohne Information herrscht das Chaos Wie ich schon geschildert habe, braucht der Körper Energie und Stoffe, um die körpereigenen Strukturen aufzubauen und um seine Lebensvorgänge und -aktivitäten aufrecht zu erhalten. Tatsächlich sind diese Strukturen hochkomplex und werden zudem laufend abgebaut und wieder erneuert. Biologische Abläufe sind unglaublich kompliziert. Und dennoch bleibt die gesamte Struktur über viele Jahre eines Lebens
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EINIGE BIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
in gleicher Form und die biologischen Reaktionen ändern sich nicht. Dies ist möglich, weil die gesamte Information über den Bau und die Funktion jeder Zelle und damit des gesamten Körpers in jeder einzelnen Zelle des Körpers komplett gespeichert ist. Alle Lebensvorgänge unterliegen der Steuerung durch diesen Informationsspeicher, der sich im Kern jeder Zelle befindet. Da alles Leben, wie erwähnt, Chemie ist, wird nicht nur die Energie im Körper chemisch gespeichert (ATP) sondern auch die Information. Die chemische Substanz, mit der das bewerkstelligt wird, ist die Desoxyribonukleinsäure (DNS) aus der die Chromosomen, die Träger der Erbinformation im Zellkern aufgebaut sind.
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Der grundsätzliche Aufbau einer Zelle
Eine vollwertige Ernährung enthält Nährstoffe, die in größeren Mengen aufgenommen werden müssen (Makronährstoffe) und solche die nur in Spuren erforderlich sind (Mikronährstoffe). In beiden Fällen kann ein Mangel aber Funktionsstörungen oder sogar Krankheiten verursachen. Um zu verstehen warum das so ist, ist es sinnvoll den Aufbau einer Zelle kennen zu lernen und zu sehen welche Funktion die einzelnen Nährstoffe erfüllen. Im Prinzip sind alle Zellen des Körpers nach dem gleichen Konstruktionsprinzip aufgebaut. Im Detail haben die Zellen der verschiedenen Gewebe aber ihre Besonderheiten. Das betrifft sowohl die Form der Zelle, also z.B. die Unterschiede in der Form einer Muskel- und einer Nervenzelle, als auch die Funktionen, die vor allem von den speziellen Aufgaben abhängen, die diese spezielle Zelle zu erfüllen hat. So unterscheidet sich auch die Funktion einer Nervenzelle beträchtlich von der einer Muskelzelle. Der im Folgenden geschilderte Aufbau trifft grundsätzlich aber für beide zu.
Außen ist die Zellmembran Die ersten einzelligen Lebewesen des tierischen Typs sind im Wasser des Ur-Meeres entstanden, das bekanntlich Kochsalz enthält (NaCl) und das einen von reinem Wasser leicht nach der basischen Seite abweichenden Säuregrad hat (pH = 7,4). Das Innere der Zellen besteht zwar zum größeren Teil ebenfalls aus Wasser hat aber im Übrigen eine vom Meerwasser erheblich verschiedene Zusammensetzung. Man kann also ganz klar einen extrazellulären Raum, der im Fall der urtümlichen Einzeller das Meerwasser war, von einem intrazellulären Raum unterscheiden. Diese beiden Räume sind durch eine Zellmembran getrennt, deren Aufgabe es grundsätzlich ist zu verhindern, dass sich diese beiden Räume wieder vermischen und sich
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DER GRUNDSÄTZLICHE AUFBAU EINER ZELLE
Alle Zellen des Körpers haben, trotz der unterschiedlichen Formen und der unterschiedlichen Funktionen, grundsätzlich den gleichen Aufbau. Die Zellmembran trennt den extrazellulären vom intrazellulären Raum und ist für große Moleküle nicht durchlässig.
somit die komplexe Ordnung des intrazellulären Raums wieder auflöst. Diese grundsätzliche Konstruktion ist über die gesamte Evolution der vielzelligen Organismen bis hinauf zum Menschen erhalten geblieben. Auch im menschlichen Organismus bestehen die Zellen zum größeren Teil aus Wasser und bilden in ihrer Gesamtheit den intrazellulären Raum des Körpers. Und immer noch können die Zellen nur funktionieren, wenn sie von Flüssigkeit umgeben sind, die in ihrer Zusammensetzung, z.B. nach Salzgehalt und Säuregrad, dem Meerwasser gleicht und insgesamt den extrazellulären Raum des Körpers bildet. Allerdings ist seine Größe gegenüber dem Urozean beträchtlich geschrumpft und macht etwa 1/3 des Körpergewichtes aus. Der
AUSSEN IST DIE ZELLMEMBRAN
Körper ist für seine Funktionen vital darauf angewiesen, dass sowohl der intra- als auch der extrazelluläre Flüssigkeitsraum angemessen gefüllt sind. Daraus ergibt sich bereits eine fundamentale Erkenntnis:
Alle Lebensvorgänge im menschlichen Körper spielen sich im Wasser (in wässriger Lösung) ab.
Das erklärt, dass schon relativ geringe Flüssigkeitsverluste von 2 – 3% des (normalen) Köpergewichts zu Müdigkeit und Leistungsverlust führen und Flüssigkeitsverluste ab 10% bereits lebensbedrohlich sind. Wie bereits erwähnt, sind sowohl der Intra- als auch der Extrazellulärraum flüssige Medien, die sich allerdings durch die darin befindlichen bzw. gelösten Stoffe erheblich unterscheiden. So ist in der
Alle Lebensvorgänge im menschlichen Körper spielen sich in wässriger Lösung und bei 37° ab. Das betrifft auch die biologische Oxidation. Sie ist chemisch gesehen der gleiche Prozess, der auch in einer offenen Flamme, z.B. beim Verbrennen von Holz, abläuft. Ermöglicht wird das durch die katalytische Funktion von Enzymen.
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DER GRUNDSÄTZLICHE AUFBAU EINER ZELLE
Im Inneren jeder Zelle des Körpers befinden sich verschiedene Zellorganellen, die insgesamt für die fundamentalen Lebensvorgänge zuständig sind.
extrazellulären Flüssigkeit im Wesentlichen Kochsalz (NaCl) gelöst. Die Konzentration beträgt, ebenso wie im Meerwasser, 0,9%. Salze, aber auch Säuren und Basen, zerfallen generell in wässriger Lösung in jeweils positiv und negativ geladene elektrische Teilchen, wobei sich die positiven und negativen Ladungen in summa natürlich aufheben, so dass die Lösung selbst elektrisch neutral ist. Da diese elektrischen geladenen Teilchen in einem elektrischen Feld wandern, nämlich die positiven zum negativen Pol und umgekehrt die negativen zum positiven Pol, werden sie Ionen genannt. Und Stoffe, die im Wasser Ionen bilden, werden generell als Elektrolyte bezeichnet. Daher enthält der Extrazellulärraum positiv geladene Natriumionen (Na+) und negativ geladene Chlorionen (Cl-). Die intrazelluläre
AUSSEN IST DIE ZELLMEMBRAN
Flüssigkeit ist im Wesentlichen eine Kaliumlösung (K), enthält also Kaliumionen (K+) und negativ geladene Proteinionen. Insgesamt, als Summe aller positiven und negativen elektrischen Ladungen, ist die Ionenkonzentration im intra- und extrazellulären Raum die gleiche. Dies ist von vitaler Bedeutung, da Unterschiede in der Konzentration von Ionen zu Wasserverschiebungen jeweils in den Raum mit der höheren Konzentration führen würde Unterschiede in der Salzkonzentration von Flüssigkeiten bewirken nämlich auch Unterschiede im sogenannten osmotischen Druck. Sowohl ein Mangel an Kochsalz als auch von Kalium führt daher zu unter Umständen auch bedrohlichen Störungen. Die Zellmembran ist nun keine einfache Hülle, vielleicht vergleichbar mit der Hülle eines Luftballons. Sondern sie hat die Aufgabe, die Besonderheiten des Intrazellulärraumes aufrecht zu erhalten und zu verhindern, dass sich die Konzentrationsunterschiede, z.B. von Na+ und K+, zwischen Innen und Außen ausgleichen, was ohne weiteres Zutun geschehen würde. So wie sich ein Tintentropfen im Wasser mit der Zeit gleichmäßig im ganzen Wasser verteilt. Die Zellmembran hat daher besondere Eigenschaften: sie ist z.B. halbdurchlässig, d.h., dass Wasser und kleine Ionen, wie Na+ und K+, in beiden Richtungen durch die Membran passieren können, während größere Eiweißmoleküle im Zellinneren zurückgehalten werden. Sie hat aber auch eigene Transportkanäle, durch die Na-Ionen, die ins Zellinnere eingedrungen sind, wieder nach draußen und K-Ionen, die durch die Membran entwichen sind, nach innen befördert werden. Dieser Transport wird als Ionenpumpe bezeichnet und verbraucht beträchtliche Mengen an Energie, also ATP. Als Folge dieser Halbdurchlässigkeit und der Tätigkeit der Ionenpumpen ist die Zellmembran außen positiv und an der Innenseite negativ elektrisch geladen, ein Zustand, den man als polarisiert bezeichnet. Die elektrische Ladung der Zellmembran ist das Membranpotential, das durch die ununterbrochene Tätigkeit der Ionenpumpen aufrecht erhalten wird. Das Membranpotential ist die biologische Voraussetzung für die Fähigkeit von Nerven- und Muskelzellen elektrische Impulse, und damit Signale, zu empfangen und auch weiter zu leiten.
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DER GRUNDSÄTZLICHE AUFBAU EINER ZELLE
Innen ist das Zellplasma Das Zellinnere, das von der Zellmembran schützend umgeben wird, ist der eigentliche Zellleib, das Zellplasma. Rein chemisch gesehen ist es eine wässrige Lösung in der verschiedene Stoffe, aufgelöst in einzelne Moleküle herumschwimmen. Im Zellplasma laufen die meisten Lebensvorgänge ab. Z.B. die Energieerzeugung, mit der Produktion von ATP, die sowohl im Plasma als auch in den Mitochondrien (siehe unten) abläuft. Aber auch die allgemeinen und zellspezifischen Syntheseleistungen, wie z.B. die Proteinsynthese oder die Produktion von Hormonen. Oder so spezifische Zellfunktionen, wie z.B. die aktive Verkürzung der Muskelzellen durch die Myofibrillen oder der Aufbau von Fetttröpfchen in einer Fettzelle. Alle diese Aufgaben verbrauchen ATP. Viele dieser Funktionen sind im Plasma in eigenen Strukturen lokalisiert, die Zellorganellen genannt werden.
Die Werkstätten der Zelle (Zellorganellen) Zellorganellen sind für jeweils bestimmte vitale Funktionen der Zelle zuständig und kommen daher ebenfalls in allen Zellen vor. Einige der wichtigsten sollen im Folgenden vorgestellt werden:
Die Kraftwerke (Mitochondrien) Die ATP-Produktion aus Zucker, im speziellen aus Traubenzucker (Glukose), beginnt schon im Zellplasma. Hier wird die Glukose ohne die Mitwirkung von O2, also anaerob, aufgespalten, ein Vorgang der als Glykolyse bezeichnet wird. Das Produkt der Glykolyse ist Brenztraubensäure (Pyruvat). Das Pyruvat schwimmt weiter in die Mitochondrien, das sind ovale Körperchen in denen dann die aerobe Verbrennung unter Mitwirkung von Sauerstoff stattfindet. Auch die Fettsäuren werden aus dem Blut zunächst ins Plasma aufgenommen
DIE WERKSTÄTTEN DER ZELLE (ZELLORGANELLEN)
und mit Hilfe von Karnitin in die Mitochondrien transportiert. Dort werden sie aufgespalten und letztlich auf die gleiche Weise verbrannt wie das Pyruvat. Die aerobe Oxidation in den Mitochondrien liefert den Löwenanteil des vom Körper benötigten ATP, weshalb man die Mitochondrien auch als die Kraftwerke der Zelle bezeichnet. Die anaerobe Produktion macht nur einen winzigen Bruchteil der gesamten benötigten Energie aus.
Die Eiweißfabriken (Ribosomen) Die Ribosomen sind kleine Körperchen im Zellplasma, in denen mit den Aminosäuren, die aus dem Blut ins Plasma aufgenommen werden, die Proteinsynthese der Zelle stattfindet.
Das Transportwesen (endoplasmatisches Retikulum) Das endoplasmatische Retikulum ist ein im Plasma netzartig verzweigtes System von Kanälchen, das intrazellulären Transportvorgängen dient. Eine Sonderform ist das für die Muskelzellen typische sarkoplasmatische Retikulum, in dem Kalziumionen (Ca++) gespeichert werden. Mangelt es an Kalzium, kommt es zu Fehlfunktionen der Muskelzellen.
Die Steuerzentrale (Zellkern) Der Zellkern ist durch eine eigene Kernmembran vom Plasma getrennt. Er ist die Informations- und Steuerzentrale der Zelle. In den Chromosomen sind wirklich alle Informationen über die Form und die Funktionen sämtlicher Lebensvorgänge des menschlichen Körpers archiviert. Die chemische Grundlage dieser Information wird in der DNS gespeichert. Die Information besteht vor allem in einer Anleitung, wie aus einzelnen Aminosäuren große Proteinmoleküle zusammen-
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DER GRUNDSÄTZLICHE AUFBAU EINER ZELLE
gebaut werden können. Diese Information wird von einem Botenstoff „abgepaust“. Chemisch handelt es sich bei diesem Botenstoff um eine der DNS verwandte Substanz, der Ribonukleinsäure (RNS). Sie heißt deshalb auch Boten-RNS. Die Boten-RNS wandert mit ihrer Information zu den Ribosomen, den Zellorganellen, in denen die Eiweißsynthese stattfindet. Dort wird nun, entsprechend der im Kern gespeicherten Anleitung, das Proteinmolekül synthetisiert. Welche Proteine synthetisiert werden, hängt davon ab, welche Gene in den Chromosomen des Kerns gerade aktiv sind.
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Alles fließt: Die Stoffwechselbilanzen
Der Körper befindet sich in einem beständigen Stoffaustausch mit der Umwelt. Ununterbrochen werden Stoffe aufgenommen, aus denen entweder durch Oxidation Energie in Form des ATP bereitgestellt wird oder aus denen körpereigene Substanzen und Strukturen aufgebaut werden. Ebenso beständig wird ATP verbraucht und werden körpereigene Substanzen und Strukturen abgebaut. Die Endprodukte der Oxidation und der abgebauten Substanzen werden wieder an die Umwelt abgegeben. Es gibt also beständige, lebenslang und gleichzeitig ablaufende Aufnahme und Ausscheidung, Aufbau- und Abbauvorgänge. Dies wird als Stoffwechsel bezeichnet. Er hat zur Folge, dass einmal in 7 oder 8 Jahren jedes einzelne Molekül des Körpers ausgetauscht wird. Die Aufbauvorgänge werden unter dem Begriff Anabolismus zusammengefasst. Die Abbauvorgänge werden Katabolismus genannt. Trotz dieses ununterbrochenen Stoffwechsels bleiben die Formen und Strukturen sowie die Funktionen des Körpers über lange Zeit konstant. Dies ist eine Folge der Kontrolle durch die im Zellkern befindlichen Chromosomen. Im Normalfall halten sich Anabolismus und Katabolismus die Waage. D.h., dass Aufbau und Abbau gleich schnell verlaufen und die Zufuhr immer der Ausscheidung entspricht. Damit ist gewährleistet, dass die Formen der Körperstrukturen und auch ihre Funktionen über lange Zeit unverändert bleiben, obwohl diese Strukturen ununterbrochen und gleichzeitig ab- und aufgebaut werden und Stoffe aufgenommen und ausgeschieden werden. Auch das innere Milieu des Körpers, das durch den Wassergehalt, die Salzkonzentration, den Säuregrad und vieles andere bestimmt wird, bleibt gleich. Der Körper befindet sich also grundsätzlich in einem Gleichgewichtszustand, der aber von besonderer Art ist. Um diese besondere Art zu veranschaulichen nehmen wir als Modell ein Gefäß, das mit Wasser gefüllt ist, und das einen Zufluss und einen Abfluss hat. Zu- und Abfluss halten sich die Waage. Obwohl nun durch das Gefäß ständig Wasser durchfließt
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ALLES FLIESST: DIE STOFFWECHSELBILANZEN
und sich in dem Gefäß zu keinem Zeitpunkt das selbe Wasser befindet wie zu irgend einem anderen Zeitpunkt, ist die Menge an Wasser, die sich im Gefäß befindet immer die gleiche. Ein derartiger Zustand wird als Fließgleichgewicht bezeichnet oder – mit einem aus dem griechischen kommenden Fachausdruck – als Homöostase. Die Homöostase, also die scheinbare Unveränderlichkeit trotz des beständigen Stoffaustausches, ist der normale Grundzustand jedes Organismus. ! Die Differenz zwischen Zufuhr einerseits und Verbrauch oder Ausscheidung andererseits wird als Bilanz bezeichnet, ein Begriff der überall dort gebraucht wird, wo es Einnahmen und Ausgaben gibt. Im homöostatischen Gleichgewicht beträgt diese Differenz 0. Eine solche Bilanz wird als ausgeglichen bezeichnet. ! Überwiegt die Zufuhr, dann ist die Differenz und daher die Bilanz positiv. Das hat immer irgendwie mit einer Zunahme von Stoffen im Körper zu tun. Das kann kurzfristig erwünscht sein, z.B. die Zunahme von Muskelprotein. Eine längerfristig positive Bilanz ist aber in der Regel ungünstig, weil sogar lebensnotwendige Nährstoffe, wie z.B. das Vitamin A bei längerfristig positiver Bilanz und daher Anhäufung im Körper, giftig werden können. ! Überwiegt hingegen der Verbrauch bzw. die Ausscheidung, dann wird die Bilanz negativ. Auch das kann kurzfristig erwünscht sein, z.B. eine negative Energiebilanz um überschüssiges Körperfett abzubauen. Auf die Dauer ist aber jede negative Bilanz gesundheitsschädlich oder sogar lebensgefährlich. ! Die negative Seite der Bilanz wird auch Umsatz genannt, worauf vor allem bei der Besprechung des Energiehaushaltes des Körpers noch eingegangen werden wird. Die Aufgabe von Ernährung kann auch so beschrieben werden, dass jene Menge von Stoffen und Energie zugeführt werden muss, die insgesamt zur Aufrechterhaltung von ausgeglichenen Bilanzen und somit des homöostatischen Gleichgewichts erforderlich ist.
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Jetzt reden wir über Energie
Energie ist eine der Grundlagen des Lebens. Die für den menschlichen Körper nutzbare Energie wird in den komplexen Molekülen von Eiweiß, Kohlehydrat und Fett chemisch gespeichert, in deren Synthese von pflanzlichen oder tierischen Organismen Energie investiert worden ist. Da wir im Folgenden noch sehr viel über Energie sprechen werden, ist es notwendig, diesen Begriff näher zu erläutern.
Energie messbar machen Energie ist ein physikalischer Begriff, der die Möglichkeit bezeichnet Arbeit zu erbringen. Physikalisch betrachtet ist daher Energie und Arbeit identisch. Energie wird mit zwei gebräuchlichen Maßeinheiten gemessen: ! Kalorie (cal). Diese Einheit bezieht sich auf Energie in Form von Wärme (calor = lateinisch für Wärme) und bezeichnet jene Wärmemenge, die 1 ml Wasser von 14,5 auf 15,5°C erwärmt. Die im Körper umgesetzten Energiemengen sind so groß, dass man von Kilokalorien (kcal) spricht, (das sind 1.000 cal, wie ebenso große Entfernungen in Kilometern angegeben werden). ! Joule (J). Diese (modernere) Einheit nimmt auf die Erbringung mechanischer Arbeit Bezug und bezeichnet jene Arbeit, die erbracht wird, wenn die Kraft von 1 Newton über eine Strecke von 1 Meter wirkt. Auch hier spricht man, wegen der Größenordnung der im Körper umgesetzten Energie, von Kilojoule (kJ). Ein und dieselbe Energiemenge kann daher sowohl in kcal als auch in kJ angegeben werden, ebenso wie eine bestimmte Länge sowohl in Zentimeter als auch in Zoll angegeben werden kann. kcal und kJ können mit dem Faktor 4,19 ineinander umgerechnet werden:
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kcal x 4,19 = kJ kJ / 4,19 = kcal
Ein weiterer physikalischer Begriff, der im Zusammenhang mit der Ernährung eine wichtige Rolle spielt, ist die Leistung. Sie bezeichnet die pro Zeiteinheit umgesetzte Energiemenge. Also: 1 kcal ist eine Energiemenge. Wenn diese Energiemenge in 1 Minute verbraucht wird, entspricht das in etwa dem Energieumsatz eines 60 kg schweren Menschen im Schlaf, und einer Leistung von 1 kcal/min. Auch für die Leistung gibt es eine Maßeinheit auf der Basis des Joule:
1J / Sekunde = 1 Watt (W)
Jetzt können wir die Leistung eines Menschen im Schlaf auch in Watt angeben:
1 kcal x 4,19 = 4,19 kJ x 1000 = 4190 J / 60 Sekunden = 69,8 Watt
Das ist in etwa die Leistung, die notwendig ist, um ein nicht zu großes Fernsehgerät zu betreiben.
Energie erzeugen Die Energieerzeugung funktioniert im menschlichen Köper prinzipiell auf die gleiche Weise wie bereits allgemein für tierische Zellen geschildert. Die Träger der Energie in der Nahrung sind die drei Hauptnährstoffe Eiweiß, Fett und Kohlehydrat. Sie werden in den Mitochondrien der Zellen mit Sauerstoff „verbrannt“ (oxidiert), wobei
ENERGIE ERZEUGEN
die gespeicherte Energie freigesetzt wird und als Endprodukte Kohlendioxid (CO2) und Wasser entstehen. Rein chemisch betrachtet kann man es tatsächlich mit der Verbrennung in einer Kerzenflamme vergleichen. Da dieser Prozess allerdings bei 37°C und in wässriger Lösung und nur mit Hilfe von biologischen Katalysatoren, den Enzymen, stattfindet, sprechen wir von einer biologischen Oxidation. Der wesentliche Unterschied zu einer einfachen Verbrennung ist, dass die biologische Oxidation langsam und kontrolliert vor sich geht und dass die Energie portionsweise freigegeben wird. Die Portionen sind gerade so groß, dass jeweils ein Molekül ATP aufgebaut werden kann.
Messen, was messbar ist Für die ausreichende Versorgung von Menschen mit Nahrungsmitteln ist es erforderlich die benötigten Energiemengen für verschiedene Arten von Tätigkeiten, z.B. von beruflichen oder auch sportlichen, zu kennen. Es sind daher Messmethoden entwickelt worden, mit denen die Energieumsätze im Körper erfasst werden können. Da die ursprüngliche Einheit der Energie die erwähnte Kalorie ist, werden derartige Methoden allgemein als Kalorimetrie bezeichnet. Bei der direkten Kalorimetrie muss sich der Mensch in einer wärmedicht isolierten Kammer aufhalten, wo mit sehr empfindlichen Thermometern die tatsächlich produzierte Wärme gemessen wird. Da dies sehr aufwendig und auch nicht mobil ist, verwendet man die indirekte Kalorimetrie. Dabei wird nicht die durch die biologische Oxidation freigesetzte Wärmeenergie gemessen, sondern die Sauerstoffmenge, die über die Lungen vom Körper aufgenommen wird. Der Sauerstoff (O2) wird im Körper ausschließlich zur Verbrennung der Nährstoffe verwendet und daher entspricht die aufgenommene Menge O2 direkt und unmittelbar der bei der Oxidation freigesetzten Menge Energie, sowohl in Ruhe als auch während Belastung. Die technische Umsetzung der indirekten Kalorimetrie bezeichnet man Spiroergometrie. Dabei wird mittels eines Ergometers eine physische Leistung, z.B. in Form von Rad Fahren oder Laufen abverlangt und gleichzeitig mittels Spirometrie die Atemluft
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gemessen und analysiert. Auf diese Weise wird die vom Körper pro Minute aufgenommene Menge Sauerstoff bestimmt, für die das . Kürzel V O2 verwendet wird und die in Litern oder Millilitern pro Minute angegeben wird. Aus der Sauerstoffaufnahme kann direkt auf die bei der Verbrennung frei werdende Energiemenge in kcal geschlossen werden: 1l O2 entspricht zirka 4,9 kcal
Wie viel Energie braucht ein Mensch mindestens? Selbst bei vollständiger entspannter körperlicher Ruhe verbraucht der menschliche Körper ununterbrochen Energie. Dieser zur Aufrechterhaltung der basalen Lebensvorgänge erforderliche Energieumsatz wird als Grundumsatz bezeichnet. Mehr als die Hälfte der bei der biologischen Oxidation frei werdenden Energie wird als Wärme frei und dient der Aufrechterhaltung der Körpertemperatur. Der Rest wird als ATP chemisch gebunden und steht zur Versorgung der vitalen Lebensvorgänge zur Verfügung. Dazu gehören mechanische Leistungen, wie z.B. Atmen, die Herztätigkeit oder die Darmtätigkeit, die aber nur etwa 10% des Grundumsatzes beanspruchen. Der Rest wird durch Aktivitäten auf zellulärer Ebene verbraucht, wie z.B. den Betrieb der Ionenpumpen,
Die Höhe des Grundumsatzes Die Höhe des Grundumsatzes ist in erster Linie durch die Körpermasse vorgegeben, durch die zirka 80% der Unterschiede zwischen den Individuen erklärt werden können. Die restlichen 20% der Unterschiede gehen auf das Konto der im Folgenden besprochenen Einflussfaktoren, unter anderem das Alter. Die Basiswerte beziehen sich auf schlanke Menschen zwischen 20 und 35 Jahren.
WIE VIEL ENERGIE BRAUCHT EIN MENSCH MINDESTENS?
Grundumsatz bei Männern Grundumsatz = 1 kcal / kg [Körpergewicht] / Stunde
Bei einem Körpergewicht von 75 kg errechnet sich also der Grundumsatz für 24 Stunden: Grundumsatz = 75 x 24 = 1800 kcal
Grundumsatz bei Frauen Der Grundumsatz ist bei Frauen um 10% geringer als bei Männern (bezogen auf das gleiche Körpergewicht): Grundumsatz = 0,9 kcal / kg [Körpergewicht] / Stunde
Bei 65 kg errechnet sich also für 24 Stunden Grundumsatz = 65 x 0,9 x 24 = 1404 kcal
Der kleine Unterschied Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum Frauen einen geringeren Grundumsatz haben als Männer. Haben sie einen anderen Stoffwechsel? Das ist nicht der Fall. Die wesentlichste Ursache liegt in der unterschiedlichen Körperzusammensetzung: für die hier angestellten Betrachtungen wird die gesamte Körpermasse in zwei Anteile geteilt: die fettfreie Körpermasse und die Körperfettmasse. Letztere wird in % des Körpergewichtes als Körperfettanteil angegeben. Mit dem Körperfettanteil kann der individuelle Ernährungszustand am genauesten und unabhängig von Größe und Gewicht und der Relation
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beider zueinander beschrieben werden. Und beim normalen Körperfettanteil gibt es zwischen Männern und Frauen einen geschlechtsspezifischen Unterschied: bei schlanken Männern beträgt der Körperfettanteil 15% und bei schlanken Frauen 25% des Körpergewichtes. Daher ist die Masse der Energie verbrauchenden Körperzellen, bei gleichem Körpergewicht, bei Frauen um 10% geringer. Der größte Teil dieser 10% betrifft das Muskelgewebe, weshalb auch die Muskelkraft bei Frauen um zirka 20% geringer ist als die von Männern. Die geringere atmende Körpermasse schlägt sich auch in einem um 10% geringeren Grundumsatz nieder. Berücksichtigt man allerdings diesen unterschiedlichen Körperfettanteil und bezieht den Grundumsatz nur auf die Kilogramm der fettfreien Körpermasse, dann ist er bei beiden Geschlechtern gleich, nämlich 1,2 kcal / kg. Das belegt die oben angeführte Feststellung, dass der Stoffwechsel bei Frauen nicht anders ist als bei Männern.
Welche Faktoren beeinflussen den Grundumsatz Ernährungszustand Bei schlanken Menschen, und auf solche beziehen sich die erwähnten Angaben zum Grundumsatz, beträgt der Körperfettanteil beim Mann 15% und bei der Frau 25% des Körpergewichtes. Das Fett selbst trägt zum Grundumsatz nichts bei, da ja der Energieumsatz nur in den Mitochondrien der Zellen stattfindet. Kommt nun zusätzlich Körperfett dazu, was ja heutzutage nicht so selten vorkommt, dann erhöht sich zwar das Körpergewicht insgesamt, nicht aber die Masse der Energie umsetzenden Zellen. Der Grundumsatz bleibt daher in absoluten Zahlen in etwa gleich. Bezieht man den Grundumsatz aber auf das durch das zusätzliche Fett erhöhte Körpergewicht, dann wird er geringer, also weniger als 1 bzw. 0,9 kcal / kg / Stunde. Übergewicht führt daher zu einem – allerdings nur scheinbar – verringerten Grundumsatz. Man kann mit verschiedenen Messmethoden (siehe später) den Körperfettanteil bestimmen und damit auch die fettfreie Körpermasse
WIE VIEL ENERGIE BRAUCHT EIN MENSCH MINDESTENS?
(das ist das gesamte Körpergewicht minus dem Fettanteil). Bezieht man nun auch hier den Grundumsatz anstatt auf die gesamte nur auf diese fettfreie Körpermasse, dann ist der Grundumsatz auch bei verschiedenen Graden des Übergewichts gleich. Allerdings kann ein erhöhter Körperfettanteil und damit eine dickere Fettschicht im Unterhautgewebe, den Grundumsatz noch auf eine andere Weise beeinflussen: nämlich durch die wärmeisolierende Wirkung der Fettschicht. Das bedeutet, dass weniger Wärme abgestrahlt wird und daher zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur auch weniger Wärme bereitgestellt werden muss. Dieser Effekt führt tendenziell zu einer tatsächlichen Verringerung des Grundumsatzes.
Alter Die zweite Einschränkung für den Normalwert des Grundumsatzes war das Alter zwischen 20 und 35 Jahren. Diese Einschränkung ist notwendig, weil der Grundumsatz von der Geburt an einem altersabhängigen Wandel unterliegt.
Wachstumsphase Natürlich nimmt der Grundumsatz insgesamt mit der wachstumsbedingten Zunahme des Körpergewichts zu. Schließlich vermehrt sich das Körpergewicht von der Geburt an, wo es zirka 3 kg beträgt, bis zum Abschluss des Wachstums um das zirka 20 – 30-fache. Allerdings nimmt der Grundumsatz nicht im gleichen Verhältnis wie das Körpergewicht zu. Dies wird deutlich, wenn wir den Grundumsatz, wie wir das ja schon kennen, auf ein Kilogramm des Köpergewichts beziehen: so gesehen nimmt der Grundumsatz von der Geburt bis etwa zum 25. Lebensjahr um 30% ab, also gute 10% pro Dekade. Dieser beträchtliche Rückgang beruht auf der wachstumsbedingten Zunahme der Körperlänge und der Körpermasse. Beim Wachstum nimmt nämlich die Körpermasse, in der die Wärme produziert wird, stärker zu als
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die Körperoberfläche, über die die Wärme abgestrahlt wird. Für jene, die sich noch ein bisschen an den Mathematikunterricht erinnern können: die Köperoberfläche wächst mit dem Quadrat der Längenänderung während das Volumen, das ist die Körpermasse, mit der 3. Potenz der Längenänderung wächst. Dieser Einfluss der Körpermasse auf den Grundumsatz gilt übrigens nicht nur für den Menschen im Verlauf des Wachstums, sondern ganz allgemein für große und kleine Säugetiere. Die kleinsten, nur wenige Gramm schweren Säugetiere haben daher einen bis zu 14-mal höheren körpergewichtsbezogenen Grundumsatz als ein erwachsener Mensch.
Erwachsenenalter Aber auch nach Abschluss des Wachstums, wenn sich Körperlänge und -masse nicht mehr ändern, nimmt der Grundumsatz, wenn auch erheblich langsamer, weiter ab: etwa 3% pro Dekade, das sind zirka 50 kcal alle 10 Jahre. Der Hauptgrund dafür ist, dass mit dem Alterungsprozess auch das stoffwechselaktive Gewebe abnimmt, in erster Linie die Muskelmasse. Dieser normale altersbedingte Muskelabbau beträgt zirka 10% in 10 Jahren. Daher hat der Grundumsatz eines schlanken Mannes mit 65 Jahren schon um 10% abgenommen. Wiegt dieser Mann 75 kg, dann berechnet sich sein Grundumsatz wie folgt: Grundumsatz = 75 x 0,9 x 24 = 1620 kcal
Die Wärmeproduktion des Körpers Aus der in Eiweiß, Fett und Kohlehydrat gespeicherten Energie, die bei der biologischen Oxidation freigesetzt wird, wird nicht zur Gänze ATP erzeugt. Mehr als die Hälfte, rund 60%, wird in Form von Wärme frei und nur zirka 40% werden zur Erzeugung von ATP verwendet. Und nur ATP steht für die weitere Verwendung in den Zellen zur
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Verfügung. Diese Wärmeproduktion hat biochemische Gründe, ist daher unvermeidlich und unabhängig von allfälliger Muskeltätigkeit, durch die zusätzliche Wärme erzeugt wird. Es handelt sich also um eine basale Wärmeproduktion (was mit dem Fachausdruck „Thermogenese“ bezeichnet wird), die, weil sie auch bei vollständiger Ruhe ohne die geringste Muskeltätigkeit abläuft, zitterfreie Thermogenese genannt wird. Sie ist die Grundlage der Fähigkeit der Warmblüter eine konstante Körpertemperatur aufrecht zu erhalten. Es gibt allerdings individuelle Unterschiede im Verhältnis zwischen Wärme- und ATP-Produktion. Manche Menschen produzieren aus der gleichen Menge an Nährstoff etwas weniger Wärme und etwas mehr ATP, sie haben also eine etwas geringere Thermogenese. Bei anderen Menschen ist das umgekehrt, sie produzieren etwas mehr Wärme und etwas weniger ATP, haben also eine höhere Thermogenese. In der Regelung dieses Verhältnisses, also bei der Thermogenese, spielen die Fettzellen (nicht das Fett selbst) und von den Fettzellen produzierte Hormone eine wichtige Rolle. Welche Bedeutung hat nun diese zitterfreie Thermogenese? Eine niedrigere Thermogenese bedeutet, dass für eine bestimmte Menge ATP weniger Nahrung aufgenommen werden muss, weil weniger in Form von Wärme verstrahlt wird. Das war in den mehreren Millionen Jahren der bisherigen Menschheitsgeschichte eher ein Vorteil, weil das Aufbringen der Nahrung sehr mühsam war und selbst einen hohen Energieeinsatz erfordert hat und es auch immer wieder Zeiten der Nahrungsknappheit gegeben hat. In Zeiten des Nahrungsüberflusses und somit des mühelosen und nicht mit Energieverbrauch verbundenen Nahrungserwerbs unterstützt eine niedrigere Thermogenese allerdings die Anlage von Körperfett. Es kommt leichter zu einem Zuviel an Nahrungszufuhr, und somit auch leichter zu Übergewicht und Fettsucht. In einer solchen Situation ist eine höhere Thermogenese von Vorteil, weil für die gleiche ATP-Menge mehr gegessen werden kann. Tatsächlich haben übergewichtige Menschen eine durchschnittlich geringere Thermogenese als schlanke. Für die Praxis heißt das: wenn zwei gleich große und gleich alte Menschen des gleichen Geschlechts das gleiche essen und das gleiche arbeiten, dann bleibt
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der mit der höheren Thermogenese schlank und der mit der geringeren nimmt langsam aber sicher zu. Die verminderte zitterfreie Thermogenese ist also eine der angeborenen Eigenschaften, die das Entstehen von Übergewicht und Fettsucht begünstigen können. Eine bekannte, weit verbreitete und viel verwendete Substanz, die die Thermogenese beeinflusst, ist das vor allem mit dem Zigarettenrauchen aufgenommene Nikotin. Eine seiner pharmakologischen Wirkungen ist die Verstärkung der Thermogenese. Bemerkt wird vor allem der Wegfall dieses Effektes, wenn, was im Übrigen immer sehr zu empfehlen ist, das Rauchen aufgegeben wird: nun wird die Nahrungsenergie besser im Sinne der ATP-Synthese genutzt und es wird weniger der enthaltenen Energie als Wärme verstrahlt. Daher kommt es leichter zur Körperfett- und Gewichtszunahme. Die Zunahme hat also weniger mit mehr Appetit, sondern mehr mit weniger Thermogenese zu tun. Diesem Effekt kann nur durch etwas weniger Nahrungsaufnahme oder – besser – durch etwas mehr Bewegung gegen gehalten werden.
Wie viel Energie braucht der Mensch zusätzlich? Grundumsatz bedeutet zwar einen aus biologischer Sicht optimalen Zustand, nämlich ein homöostatisches Gleichgewicht. Es bedeutet aber auch einen Zustand völliger körperlicher Ruhe und konstanter Umgebungsbedingungen. Die meisten LeserInnen werden mir sicher zustimmen, dass es zwar von Zeit zu Zeit als durchaus angenehm empfunden wird, als Dauerzustand aber doch langweilig ist und den Vorstellungen von Leben nicht entspricht. Jede beliebige Änderung, die diesen Ruhezustand stört, erfordert aber einen zusätzlichen Energieaufwand, also eine zusätzliche Leistung. Das beginnt bei einer simplen Änderung der Umgebungstemperatur: sinkt diese ab, dann muss, zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur mehr Wärme erzeugt werden, z.B. durch Muskelzittern. Steigt die Körpertemperatur an, dann muss mehr Wärme abgegeben werden, z.B. durch Schweißproduktion. Ganz besonders ausgeprägt ist die Steigerung
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des Energieumsatzes, also der Leistung, bei aktiver Muskeltätigkeit. Glücklicherweise haben insbesondere die Muskelzellen die Fähigkeit bei Notwendigkeit den Energieumsatz beträchtlich über den Grundumsatz hinaus zu erhöhen. Eine Fähigkeit, die man daher als Leistungsfähigkeit bezeichnen kann. Der über den Grundumsatz hinausgehende Energieumsatz wird daher als Leistungsumsatz bezeichnet.
Angabe des Energieverbrauchs in Kalorien Der Leistungsumsatz wird ebenfalls in kcal, allerdings als Gesamtumsatz, also inklusive des Grundumsatzes, angegeben. Also: eine bestimmte Tätigkeit, z.B. das Gehen mit 4 km/h, erfordert einen Leistungsumsatz von 3,62 kcal/min. Das gilt allerdings nur für einen Mann mit 70 kg. Handelt es sich um einen 90 kg schweren Mann, dann beträgt der Leistungsumsatz für die gleiche Tätigkeit, nämlich Gehen mit 4 km/h, 4,65 kcal/min, weil ja auch mehr zu tragen ist. Gibt man nun den durchschnittlichen Energieverbrauch beim Gehen mit 4 km/h mit 4 kcal/min an, so trifft das zwar für viele Menschen in etwa zu, für viele ist es aber zu wenig, nämlich für alle großen und schweren und für ebenso viele ist es zu hoch, nämlich für alle kleinen und leichten. Umgekehrt bedeutet dieser Sachverhalt auch, dass bei einem gleichen Leistungsumsatz von 4 kcal/min kleine leichte Menschen schneller als 4 km/h gehen können (oder müssen) und große schwere Menschen eben langsamer. Um den Energieverbrauch bei einer bestimmten Belastung auch individuell, also auch unter Berücksichtigung des Körpergewichtes beurteilen zu können, muss neben der Angabe in kcal noch eine weitere Maßzahl eingeführt werden, durch welche die unterschiedlichen Größenverhältnisse, aber auch Alter und Geschlecht berücksichtigt werden können.
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Angabe des Energieverbrauchs in metabolischen Einheiten Diese Maßzahl ist die metabolische Einheit (MET). Sie ist eigentlich nur eine andere Bezeichnung für den Grundumsatz, der hier als Einheit für den Energieumsatz bzw. als Einheit für die Leistung verwendet wird. Diese Maßzahl gibt daher keine fixe Größe des Energieumsatzes in kcal an, sondern berücksichtigt Alter, Geschlecht, Größe und Gewicht und besagt, auf das wie vielfache des Grundumsatzes der Energieumsatz bei der Erbringung einer bestimmten Leistung gesteigert wird. In obigem Beispiel, dem Gehen mit 4 km/h, beträgt der Energieverbrauch sowohl für den 60 kg als auch für den 90 kg schweren Mann 3,1 MET, das bedeutet das 3,1-fache des jeweiligen Grundumsatzes. Tatsächlich sind beide Arten der Leistungsangabe sinnvoll: die Angabe in kcal/min um die zu erbringende Leistung an sich zu beschreiben und die Angabe in MET um die daraus resultierende individuelle Belastung einschätzen zu können.
Tabelle 1 Aktivität
MET
Sitzen
1,1
Stehen
1,2
Sitzend herumzappeln
1,5
Treppensteigen
3,2
Gehen 2 km/h
2,2
Gehen 3 km/h
2,6
Gehen 4 km/h
3,1
Gehen 5 km/h
3,6
Metabolische Einheiten für verschiedene körperliche Tätigkeiten des Alltags
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Der maximale Energieumsatz Die maximale Menge an Energie, die mit der biologischen Oxidation in den Mitochondrien der Muskelzellen erzeugt werden kann, beträgt bei nicht besonders trainierten Menschen zwischen 20 und 35 Jahren zirka 12 MET. Wir wissen allerdings schon, dass die tatsächlich erzeugte Energiemenge in kcal umso größer wird, je größer der Mensch ist. Auf ähnliche Weise kann man auch die Kapazität des Energiestoffwechsels bei verschieden großen Säugetierarten vergleichen: So beträgt der Grundumsatz eines der kleinsten lebenden Säugetiere der Welt, der etruskischen Spitzmaus, mit einem Körpergewicht von 2 Gramm, 14 kcal/kg/Stunde (wir erinnern uns: beim Menschen ist es 1 kcal/kg/Stunde). Die maximale oxidative Energieerzeugung entspricht 9 METs, das ist in etwa die gleiche Größenordnung wie beim Menschen. Bei einem Stier, mit einem Körpergewicht von zirka 600 kg, beträgt der Grundumsatz 0,75 kcal/kg/Stunde. Der maximale oxidative Energieproduktion entspricht 13 METs, liegt also ebenfalls in etwa der gleichen Größenordnung wie der des Menschen. Die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit (Sie erinnern sich, das . wird auch als maximale V O2 bezeichnet) unterliegt einem natürlichen Altersgang von bekannter Geschwindigkeit: sie nimmt etwa 1% pro Jahr ab, beginnend zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr. Mit 80 Jahren beträgt daher die normale maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit nur mehr 6 METs also die Hälfte des Ausgangswertes mit 30. Mit dieser Kenntnis können wir nun eine weitere Betrachtungsweise über die individuelle Leistung einbringen: bei einem 30-jährigen Menschen bedeutet eine Leistung von 4 METs, dass seine individuelle maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit zu 33% ausgenutzt wird. Bei einem 80-jährigen bedeuten 4 METs, dass seine maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit zu 66% ausgenutzt werden muss. Die objektiv gleichen 4 MET sind also mit 80 individuell und subjektiv erheblich anstrengender. Es ist für die Beurteilung der Auslastung der
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maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit übrigens unerheblich, ob die Einschränkung eine Folge des Alters ist, die Folge einer Krankheit und einfach die Folge lang anhaltender körperlicher Untätigkeit. Wenn dieser erwähnte 80-jährige Mensch seine persönliche . maximale V O2 durch ein regelmäßiges Training seiner Ausdauer auf 8 METs verbessert (was ich ihm nur wärmstens empfehlen kann), dann wird sie durch 4 METs nur mehr zu 50% ausgelastet und die Belastung wird auch subjektiv als weniger anstrengend empfunden.
Mittlere Belastungen Die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit ist eine gute Größe um die Kapazität des oxidativen Stoffwechsels zu beschreiben, sie kommt aber im Alltag sehr selten zum Einsatz. Das normale sind mittlere Belastungen, die die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit nur zu einem Teil tatsächlich ausnutzen. Das betrifft sowohl die Alltagsbelastungen in Beruf und Freizeit als auch sportliche Tätigkeiten, wie Joggen, Ski Fahren oder Fußball Spielen. Auch hier ist die Angabe, wie viele METs eine bestimmte Tätigkeit erfordert, gut geeignet, eine Tätigkeit energetisch zu beschreiben.
Alltagstätigkeit Man kann Tätigkeiten in Beruf und Freizeit nach dem mittleren Energieverbrauch verschiedenen Schweregraden von körperlicher Arbeit in etwa folgendermaßen zuordnen: ! Leicht: bis zu 1,5 METs. Darunter fällt z.B. die meiste Schreibtischarbeit. ! Mittelschwer: bis zu 3,0 METs. Das sind die meisten Arbeiten, die im Stehen verrichtet werden. Schwere körperliche Arbeit, mit einem Energieumsatz von mehr als 3 METs über eine Arbeitsschicht kommt in der heutigen Berufs-
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welt in den industrialisierten Ländern praktisch nicht mehr vor. Die entsprechenden Arbeiten sind von Maschinen übernommen worden und das Bedienen der Maschinen fällt maximal in die Kategorie der mittelschweren Arbeit. (Diese Einteilung berücksichtigt nicht Arbeiten, die auf Grund anderer Umstände zur Schwerarbeit werden, wie z.B. Nachtarbeit). Denkbar ist schwere körperliche Arbeit allerdings freiwillig in der Freizeit, wie z.B. im Rahmen von Gartenarbeit.
Sportliche Tätigkeiten Etwas komplizierter wird es, wenn man den Energieumsatz bei sportlichem Training erfassen will. Er hängt nämlich keineswegs nur von der ausgeübten Tätigkeit ab sondern auch in erheblichen Maß vom Trainingszustand des Trainierenden. Und der hängt wieder ganz entscheidend davon ab wie viel trainiert wird. Eine Angabe wie z.B.: Ruderer benötigen 4.000 – 5.000 kcal pro Tag, ist also für den Einzelfall in der Regel nicht zutreffend (meistens zu hoch). Dazu ein Beispiel: Für ein Ausdauertraining auf dem Fahrrad werden zirka 60% der persönlichen maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit eingesetzt. Bei einem 70 kg schweren, nicht besonders trainierten Mann, mit einer maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit von 12 MET, sind das zirka 7 MET. Da eine MET 1 kcal/kg/Stunde entspricht (Frauen: 0,9), verbraucht dieser Mann pro Stunde Training 525 kcal. Nehmen wir nun als ein extremes Beispiel einen Radfahrer wie Lance Armstrong (70 kg), den 6-fachen Gewinner der Tour de France. Seine persönliche maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit entspricht zirka 27 MET. Wenn er im Training 60% davon einsetzt, so sind das rund 16 MET entsprechend 1.120 kcal/Stunde. Der hochtrainierte Lance Armstorng verbraucht also pro Stunde Training, bei gleicher relativer Anstrengung, mehr als doppelt soviel Energie wie der Untrainierte. Der gesamte Energieverbrauch pro Tag hängt dann natürlich auch noch von der Zahl der Trainingsstunden ab.
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Will man bei Menschen, die, egal in welcher Sportart, regelmäßig ein umfangreiches Ausdauertraining absolvieren den Energieverbrauch individuell kalkulieren, dann ist, neben der Erfassung der Trainingszeit, auch eine Bestimmung der maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit mit einer Spiroergometrie sinnvoll. Die Tabelle 2 zeigt den kalkulierten Energieverbrauch bei jeweils 1 Stunde Ausdauertraining bei Männer und Frauen. Die Spalte „WNTZ“ gibt die wöchentliche Ausdauer-Trainingszeit in Stunden an, die Spalte „TZ%untr.“ den Trainingszustand, der mit der jeweiligen WNTZ erreicht werden kann. Der Trainingszustand wird ermittelt, indem die individuelle Leistung, die bei einer Ergometrie oder Spiroergometrie erreicht worden ist, in Prozent der durchschnittlichen Leistung von Menschen gleichen Geschlechts, Alters und Statur angegeben wird. Die Spalten kcal/h zeigen den Energieumsatz für 1 Stunde Training jeweils für das Alter von 25 und von 55 Jahren. Die Energiewerte sind netto angegeben. Das heißt, der Grundumsatz für diese Stunde, der ja auch ohne Training anfällt, ist abgezogen. Deutlich kommt zur Darstellung, dass bei gleichem Training und gleichem Trainingszustand mit 55 Jahren der Energieumsatz pro Stunde Training auf Grund des Alterungsprozesses bei gleicher subjektiver Anstrengung geringer geworden ist. Ferner ist der Tabelle zu entnehmen, dass das gleiche Training bei Frauen einen etwas besseren Trainingszustand bewirkt als bei Männern. Gänzlich ohne Ausdauertraining gilt immer die Stufe 0. Für Muskeltraining und gelegentliches Tennis kann der Energieumsatz pro Stunde mit zirka 60% der Tabellenwerte angenommen werden.
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Tabelle 2 Männer
Frauen
WNTZ
TZ% untr.
kcal/h mit 25
kcal/h mit 55
TZ% untr.
kcal/h mit 25
kcal/h mit 55
0
110
492
364
110
404
344
1
122
587
435
126
498
423
2
132
634
469
142
552
469
3
142
677
501
155
602
511
4
151
716
530
168
647
550
5
159
751
556
180
687
584
6
166
782
579
190
723
614
7
172
809
599
199
754
641
8
177
832
616
206
780
663
Nettoenergieumsatz pro Stunde Ausdauertraining bei Männern und Frauen in Abhängigkeit von der wöchentlichen Trainingszeit und vom Trainingszustand im Alter von 25 und 55 Jahren
Tagesumsatz Der Grundumsatz und Leistungsumsatz zusammen ergeben den Tagesumsatz, das ist die gesamte in 24 Stunden verbrauchte Energiemenge. Der Tagesumsatz ist der Ausgangswert für die Berechnung der notwendigen Mengen an Nährstoffen, die in Relation zum Tagesumsatz angegeben werden.
Berechnung des Tagesumsatzes Zur individuellen Kalkulation eines Tagesumsatzes muss ein typischer Tagesablauf analysiert werden. Jeder der 24 Stunden des Tages wird eine der Alltagstätigkeiten zugeordnet. Beispielhaft, und eher schematisch, wird in der Tabelle 3 der Tag eines Mannes aufgelistet, der 75 kg wiegt, einer sitzenden Tätigkeit nachgeht und keine nennenswerte zusätzliche Bewegung macht, was für die heutige Zeit ja nicht untypisch ist.
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Tabelle 3 Tätigkeit
Energieumsatz
Schlafen
1 MET
Beruf
Umsatz für x h, in kcal
75 kcal/h
8h
600
1,5 METs
112 kcal/h
8h
900
Freizeit
1.5 METs
112 kcal/h
7h
787
Freizeit
3 METs
225 kcal/h
1h
225
24 h
2512
Summe
Exemplarische Analyse des Tagesumsatzes bei einem Mann mit 75 kg, einer sitzenden Tätigkeit und ohne nennenswerte zusätzliche Bewegung
Die Auflistung enthält, neben dem Schlaf, für den Grundumsatz angenommen wird, im Wesentlichen nur leichte körperliche Tätigkeit im Sitzen, sowohl in Beruf als auch in der Freizeit. 1 Stunde für mittelschwere Tätigkeit, z.B. das Gehen zum und vom Parkplatz bzw. Straßenbahnhaltestelle oder Tätigkeiten im Stehen, wie z.B. Duschen, ist schon eher hoch gegriffen. Untersuchungen mit Bewegungsanalysen zeigen, dass viele Menschen mit sitzender Lebensweise deutlich weniger als 1 Stunde pro Tag stehend oder gehend aktiv sind. Wir wollen nun den Tagesumsatz für eine 60 kg schwere Frau bestimmen, ein Gewicht, das für viele Frauen zutrifft; ebenfalls mit sitzendem Beruf und ohne nennenswerte zusätzliche Bewegung. Dafür muss man berücksichtigen, dass der Energieumsatz bei Frauen generell um 10% niedriger ist und muss außerdem von 75 auf 60 kg herunterrechnen: Tagesumsatz = 2512 x 0,9 x 60 / 75 = 1809 kcal
Wie wir weiter oben schon festgestellt haben beträgt der Grundumsatz bei diesem 75 kg schweren Mann 1800 kcal bzw. bei einer 60 kg schweren Frau 1396 kcal. In beiden Fällen ist der berechnete Tagesumsatz das 1,4-fache des Grundumsatzes. Der über den
TAGESUMSATZ
Grundumsatz hinausgehende Leistungsumsatz wird fast ausschließlich durch den Umfang an körperlicher Aktivität bestimmt. Der Index 1,4, mit dem das Verhältnis des Tagesumsatzes zum Grundumsatz angegeben wird, ist daher für alle Menschen mit einer derartigen sitzenden Lebensweise und einem entsprechend geringen Niveau an körperlicher Aktivität typisch. Er nimmt zu, wenn der Umfang an körperlicher Aktivität und damit der Leistungsumsatz zunehmen. Man kann ihn daher als einen körperlichen Aktivitätsindex bezeichnen. Wie so häufig wird auch hier dafür eine aus dem Englischen kommende Abkürzung, nämlich „PAL“, verwendet, die Abkürzung für „Physical Activity Level“. Mit dem PAL kann man den Tagesumsatz für verschiedene Lebensweisen, mit unterschiedlichem körperlichem Aktivitätsniveau, verallgemeinern und, unabhängig von der Körpergröße, auch vergleichen. Die Tabelle 3 bezieht sich auf einen Mann zwischen 20 und 35 Jahren. Mit 60 Jahren ist zu beachten, dass die Berechnungsbasis, nämlich der Grundumsatz, schon um 10% abgenommen hat und damit auch, bei gleicher subjektiver Belastung, der Tagesumsatz. Wenn die Energiezufuhr mit der Nahrung in etwa gleich bleibt, was häufig der Fall ist; wenn außerdem kein zusätzlicher Energieumsatz in Form von zusätzlicher körperlicher Bewegung dazukommt, was ebenfalls häufig der Fall ist; dann wird die Energiebilanz leicht positiv. Und für eine positive Energiebilanz gilt ein „ehernes“ Gesetz:
Jede Kalorie, die mit der Nahrung aufgenommen aber nicht durch irgendeine Aktivität verbraucht wird, wird als Fett gespeichert!
Im Lauf der Jahre kann es daher unter diesen Bedingungen zu einer in Summa nicht unbeträchtlichen Gewichtszunahme in Form von Körperfett kommen. In der Tabelle 4 finden Sie ein weiteres Beispiel, die Energiebedarfsberechnung für einen gleichen Mann aber mit einem Beruf mit mittelschwerer körperlicher Arbeit.
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Tabelle 4 Tätigkeit
Energieumsatz
Umsatz für x h, in kcal
Schlafen
1 MET
75 kcal/h
8h
600 kcal
Beruf
3 METs
225 kcal/h
6h
1350 kcal
Beruf
1,5 METs
112 kcal/h
2h
225 kcal
Freizeit
1,5 METs
112 kcal/h
7h
787 kcal
Freizeit
3 METs
225 kcal/h
1h
225 kcal
24 h
3187 kcal
Summe
Kalkulation des Tagesumsatzes für einen Mann mit 75 kg und mittelschwerer beruflicher Tätigkeit
Hier sind im Verlauf des 8-stündigen Arbeitstages 2 Stunden für Tätigkeiten im Sitzen angenommen, z.B. Pausen. Die Freizeit unterscheidet sich nicht von der in der Tabelle 3. Der Tagesumsatz ist durch die stärkere körperliche Beanspruchung im Beruf deutlich höher und das PAL (also der Tagesumsatz in Relation zum Grundumsatz für 24 Stunden) beträgt 1,77. Auch hier wollen wir den Tagesumsatz für eine 60 kg schwere Frau mit vergleichbarem Beruf und Lebensstil auf die gleiche Weise wie oben bestimmen: Tagesumsatz = 2295 kcal (bei gleichem PAL)
Selbst wenn man annimmt, dass es Berufe gibt, die noch etwas mehr körperliche Aktivität enthalten, oder dass Menschen verschiedene Wege nicht mit dem Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln sondern zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen, kann man feststellen, dass das PAL bei modernen Menschen mit „westlichem“ Lebensstil generell zwischen 1,4 und 1,8 liegt, mit einem Mittelwert bei 1,6, was sehr gut mit tatsächlichen Energieverbrauchsmessungen übereinstimmt. Die Extremwerte des PAL, die bei solchen Untersuchungen festgestellt worden sind, betragen 1,25 für alte, an den Rollstuhl gefesselte
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Menschen am unteren Ende der Skala und 2,0 am oberen Ende (das ist, zur Wiederholung, das Doppelte des Grundumsatzes in 24 Stunden). Nachdem wir nun plausible Energieumsatzberechnung angestellt haben, wollen wir natürlich wissen, ob die Energiebilanz ausgeglichen ist. Für den Alltag kann die Energiebilanz sehr einfach mit der Personenwaage kontrolliert werden. Bei ausgeglichener Energiebilanz bleibt das Körpergewicht gleich.
Ist die Bilanz positiv, dann nimmt man, wegen der Anlage von Körperfett, zu und ist die Bilanz negativ, nimmt man ab. Damit das Gewicht wirklich Änderungen des Körpergewichts wiedergibt und nicht z.B. unterschiedliche Füllungszustände von Blase oder Magen, ist es wichtig die Abwaage immer unter den gleichen Bedingungen, also „standardisiert“ vorzunehmen: z.B. immer morgens, nach dem Aufstehen, nach dem Gang auf die Toilette, vor dem Frühstück und ohne Kleider.
Gibt es einen „natürlichen“ Energieverbrauch? Nachdem wir nun einen durchschnittlichen Energiebedarf für Menschen in unserer westlich – industrialisierten Lebenswelt festgestellt haben, erhebt sich die Frage, ob es neben dem durchschnittlichen auch einen „natürlichen“ Energiebedarf gibt. Diese Frage ist deshalb berechtigt und wichtig, weil unser westlicher Lebensstil, der durch ein Verschwinden der körperlichen Arbeit aus der gesamten Arbeitswelt gekennzeichnet ist, erst seit etwa Mitte des vorigen Jahrhunderts zu einem vorherrschenden geworden ist. Daher muss der derzeitige durchschnittliche tägliche Energieverbrauch keineswegs einem natürlichen entsprechen, der für einige hunderttausend Jahre davor typisch war. Dabei wollen wir unter „natürlich“ jenen Energiebedarf verstehen, der nicht nur für Jäger- und Sammlervölker typisch ist sondern
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ganz allgemein für menschliche Lebensweisen, in denen die Arbeit für die Beschaffung der für den Lebenserhalt notwendigen Nahrungsmittel ohne mechanische Hilfsmittel geleistet werden muss, z.B. auch in ursprünglichen bäuerlichen Lebensformen. Ganz ohne Zweifel sind derartige Lebensformen repräsentativ für fast die gesamte Geschichte und Entwicklung des modernen Menschen seit mehreren 100.000 Jahren bis in die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Die Frage nach dem natürlichen Energiebedarf, der vor allem durch körperliche Bewegung bedingt ist, ist deswegen von Bedeutung weil davon ausgegangen werden kann, dass die Regelsysteme und Antriebe, die die Zufuhr an Energie regeln, also z.B. Hunger, Appetit, Esslust u.a., auf so einen natürlichen Bedarf abgestimmt sind. Es wäre nicht sinnvoll, wenn der natürliche Energiebedarf, sagen wir, 3000 kcal betrüge, die gesamte Esslust aber nur auf 2000 kcal ausgerichtet wäre, weil das die Aufrechterhaltung der Existenz gefährden würde. Auch das Umgekehrte wäre nicht zweckmäßig, wenn bei einem natürlichen Bedarf von 3000 kcal die Esslust auf 4000 kcal ausgerichtet wäre, weil der Überschuss in Fettdepots angelegt werden würde. Für ein homöostatisches System ist zu erwarten, dass Esslust und Energiebedarf einander in etwa entsprechen.
Der Energieverbrauch wild lebender Säugetiere Die Suche nach einem natürlichen Energiebedarf können wir mit der Frage beginnen, ob es ganz allgemein einen für Säugetiere typischen Leistungsumsatz bzw. PAL gibt, wobei vor allem wild lebende Säugetiere in ihrer natürlichen Umwelt interessieren und weniger die domestizierten Haustiere. Natürlich lassen sich die Begriffe „Grundumsatz“, „Leistungsumsatz“ und PAL auch auf alle Säugetiere anwenden, schließlich gehört auch der Mensch biologisch gesehen dazu. Dabei ist die Spanne der Körpermasse innerhalb der Säugetiere enorm: sie beginnt bei der etruskischen Spitzmaus, die mit 2 g Körpergewicht eines der kleinsten bekannten Säugetiere ist. Und ein Rind mit 500 kg Gewicht gehört noch keineswegs zu den größten. Es
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besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Körpergewicht und dem Grundumsatz; er beträgt bei der Spitzmaus nur 0,7 kcal/24 Stunden und wächst, immer in enger Abhängigkeit zur Körpermasse, beim Rind auf zirka 8.400 kcal/24 Stunden. Bemerkenswert ist, dass trotz dieser großen Unterschiede im Körpergewicht und im Grundumsatz der jeweilige Tagesumsatz, also die Summe aus Grundumsatz und Leistungsumsatz, der für die Beschaffung der notwendigen Nahrung erforderlich ist, ziemlich genau das 3-fache des Grundumsatzes ausmacht. Die meisten PAL-Werte liegen zwischen 2 und 4.
Der natürliche Energieverbrauch von Menschen Wie erwähnt bedeutet „natürlich“ in diesem Zusammenhang den Energieverbrauch bei einer natürlichen Lebensweise. Das heißt, die Nahrungsbeschaffung erfolgt entweder direkt durch Jagen und Sammeln bzw., seit zirka 10.000 Jahren, durch landwirtschaftliche oder handwerkliche Tätigkeit, beides ohne nennenswerte mechanische Hilfsmittel. Die älteste menschliche Art, für die es plausible anthropologische Schätzungen des Energieverbrauchs gibt, ist der altsteinzeitliche Neandertaler. Für seine, auf Jagen und Sammeln basierende Lebensweise wird ein PAL von 2 – 3 angenommen. Bei heutigen Jägerund Sammlervölkern in Afrika oder Südamerika bzw. bei hart arbeitenden Bauern in Entwicklungsländern dominiert ein PAL von 2 – 2,5. Dieser hohe tägliche Energieumsatz hat erwartungsgemäß auch eine deutlich bessere Fitness zur Folge. So ist die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit bei den kanadischen Igloolik Eskimos 56,4 ml/kg/min, bei einem PAL von 2,2 und Buschmänner in der Kalahariwüste haben eine maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit von 47,1 ml/kg/min. Der gleiche Fitnesswert beträgt bei Männern in westlichen Industriestaaten 41 ml/kg/min. Wenn die Nahrungsversorgung nicht limitierend ist, dann dürfte ein PAL von 2,2 – 2,5 und somit ein Tagesenergieverbrauch von 3900 – 4500 kcal pro Tag (bei 75 kg KG) für den modernen Menschen
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die obere Grenze dessen sein womit auf Dauer eine ausgeglichene Energiebilanz und ein konstantes Körpergewicht erhalten werden können. Ein langfristig höherer Energieverbrauch birgt die Gefahr einer zu geringen Energieaufnahme mit der Nahrung und somit des Gewichtsverlustes in sich, eine für viele von uns ungewohnte
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Vorstellung. Tatsächlich wäre es auf Dauer schwierig täglich 5.000 kcal oder mehr zu sich zu nehmen, z.B. weil man täglich dafür mehrere Stunden Zeit braucht. Kurzfristig, für Wochen oder höchstens einige Monate, können auch PAL-Werte bis zu 4 erreicht werden, vor allem im Hochleistungssport, z.B. bei Schilangläufern oder Straßenradfahrern.
Bedingt durch die Unterschiede im Körpergewicht ist der Energieverbrauch über 24h zwischen einem Stier (zirka 24.000 kcal) und der etruskisc hen Spitzmaus (2,1 kcall) extrem verschieden. Nicht so die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit: sie beträgt beim Stier 13 MET und bei der Spitzmaus 9 MET. Keinen Unterschied gibt es beim PAL, der bei beiden Tierarten etwa 3 beträgt.
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Der Tagesumsatz in unserer westlichen Welt Die oben gestellte Frage, ob es einen „natürlichen“ täglichen Energieverbrauch bzw. PAL für Menschen gibt, können wir nach diesen Betrachtungen also durchaus mit „ja“ beantworten. Er entspricht einem PAL von 2 – 2,5 für Männer und etwa 10% weniger also 1,8 – 2,2 für Frauen. Ein PAL von 1,4 – 1,8 für den Großteil der Menschen in westlichen Industriestaaten ist also deutlich niedriger als es dem natürlichen Energieverbrauch des modernen Menschentypus (homo sapiens) entspricht. Tatsächlich hört dieses PAL dort auf, wo der natürliche Energieverbrauch beginnt. Er entspricht offensichtlich nur dem westlichen Lebensstil, wie er sich in den Industrieländern in den letzten 50 Jahren entwickelt hat, und ist nicht für andere Teile der Welt typisch und nicht für die gesamte frühere Geschichte der Menschheit, (die für den homo sapiens zirka 200.000 Jahre zurückreicht und insgesamt mehrere Millionen Jahre alt ist). Der westliche Lebensstil ist sicherlich durch eine Vielzahl von Merkmalen gekennzeichnet. Aus der Sicht der Energiebilanz ist aber eindeutig folgendes hervor zu heben: ! Durch die Mechanisierung und Automatisierung sämtlicher Produktionsprozesse in praktisch allen Berufszweigen inklusive der Freizeitaktivität ist die körperliche Aktivität, die in früheren Zeiten das Leben dominiert hat, weitgehend verschwunden. ! Damit hat auch der Leistungsumsatz (und das PAL) entsprechend abgenommen. ! Ein quantitativ gleichwertiger Ersatz an körperlicher Aktivität in Form von gesundheits- und fitnessorientiertem Training oder anderen körperlichen Aktivitäten hat bislang noch nicht in nennenswertem Umfang stattgefunden. ! Gleichzeitig ist es zu einem bislang in der Geschichte der Menschheit noch nicht gekannten Überangebot an Nahrung gekommen.
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Für diese Entwicklung stellen die 50er-Jahre des vorigen Jahrhunderts einen entscheidenden Wendepunkt dar: erstmals in der Geschichte der Menschheit wird der durchschnittliche Energieverbrauch pro Tag geringer als die auf Grund der bisherigen Lebens- und Arbeitsweise übliche und normale Energieaufnahme mit der Nahrung. Bei Landund Forstarbeitern aber auch bei Industrie- Straßen- oder Bauarbeitern wurden die bis dahin händisch ausgeführten Arbeiten (z.B. Mähen, Bäume Fällen, Hämmern oder Tragen) zunehmend mechanisiert, bzw. sind diese Berufe überhaupt verschwunden. Die neu entstandenen Berufe enthalten nur mehr einen Bruchteil der früher üblichen körperlichen Aktivität. Die Essgewohnheiten, z.B. die Zahl der Mahlzeiten, die Größe der Portionen oder die Auswahl und Zubereitung der Nahrungsmittel, haben sich allerdings nicht entsprechend verändert in dem Sinne, dass die mit der Nahrung aufgenommene Energiemenge im gleichen Maß reduziert worden wäre wie der Energieverbrauch. Das bedeutet, dass seit dieser Zeit eine über längere Zeit positive Energiebilanz eine massenhaft auftretende Erscheinung geworden ist. Und dies erklärt auch ausreichend, warum seit damals Übergewicht und sogar Fettsucht und davon geförderte Folgekrankheiten epidemische Ausmaße angenommen haben. Jetzt stellt sich natürlich die Frage warum das so ist. Warum ist es für so viele Menschen schwierig die Nahrungsaufnahme an einen stark verminderten Energieumsatz anzupassen und auf diese Weise, bei geringerem Energiebedarf, dennoch schlank zu bleiben? Die Antwort liegt in der Annahme, dass die gesamte Esslust auf den natürlichen täglichen Energieverbrauch programmiert ist! Der Energieverbrauch ist durch die geänderten Lebensumstände um über 1000 kcal pro Tag (zirka 30%) zurückgegangen, die Esslust aber offensichtlich nicht in gleichem Maß. Unter diesen Umständen ist eine positive Energiebilanz für viele Menschen daher durchaus zu erwarten. Dabei muss der Energiebilanzüberschuss keineswegs gravierende Ausmaße annehmen. Um über Jahre hinweg eine massive Gewichtszunahme zu bewirken genügen kleine aber regelmäßige Bilanzüberschüsse. Dazu ein Beispiel:
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Ein Mensch hat eine ausgeglichene Energiebilanz. Ab einem bestimmten Zeitpunkt entsteht aber ein täglicher Bilanzüberschuss von nur 50 kcal. Z.B. weil ein täglicher Fußweg ab nun mit einem Fahrzeug zurückgelegt wird, das wäre eine Reduktion des Energieverbrauchs, also der negativen Seite der Bilanz. Für diesen Effekt ist es egal ob der Weg nunmehr mit dem Moped, mit dem Auto oder mit der Straßenbahn zurückgelegt wird. Bei allen drei Möglichkeiten fallen die körperliche Bewegung und der damit verbundene Energieumsatz weg. Ein anderes Beispiel: jemand beginnt täglich eine Tasse Tee mit 3 Stück Würfelzucker zu trinken, das wäre eine Erhöhung der Energiezufuhr, also der positiven Seite der Bilanz. Für die Energiebilanz macht das keinen Unterschied: die bislang ausgewogene Bilanz wird um 50 kcal positiv. Da 1 kg Körperfett 9.500 kcal speichert, bedeutet dieser Bilanzüberschuss eine Zunahme von 1 kg alle 190 Tage und von 10 kg in 5 Jahren, allerdings ohne dass dieser Mensch jemals auffallend viel gegessen hätte.
Energiebedarf bei körperlichem Training und Sport Bei regelmäßig Sport treibenden Menschen kann der dadurch bedingte zusätzliche Energieumsatz dem durchschnittlichen Tagesumsatz zugeschlagen werden. Dafür wird der Umsatz aller Trainings- und Sportstunden der Woche addiert und auf die 7 Tage der Woche aufgeteilt. Dazu ein Beispiel: der Tabelle 2 ist zu entnehmen, dass bei einem regelmäßigen Ausdauertraining von 3 x 1 Stunde pro Woche der Nettoenergieumsatz pro Stunde im Alter von 55 Jahren zirka 500 kcal beträgt. Also alles zusammen 1.500 kcal pro Woche. Aufgeteilt auf die 7 Tage ergibt das ein Plus zum Tagesumsatz von 215 kcal. Das ist weniger als 10% eines üblichen Tagesumsatzes. Man kann davon ausgehen, dass der Energieverbrauch bei gesundheits- und fitnessorientiertem Training in der Regel überschätzt wird. Dennoch ist Training dieser Art, wenn es regelmäßig und langfristig, das heißt über Jahre und Jahrzehnte ausgeübt wird, ein wichtiger Beitrag zur moderaten Erhöhung des Energieverbrauchs und damit zur Vermeidung einer langfristig positiven Energiebilanz.
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Die Nährstoffe
Generell haben die Nährstoffe, die mit den Nahrungsmitteln aufgenommen werden, die Aufgabe, dem Körper sämtliche zur Aufrechterhaltung seiner Strukturen notwendigen Stoffe und die für die Durchführung aller aktiven Lebensfunktionen erforderliche Energie zu liefern. Ganz allgemein ist daher Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden nur möglich, wenn die Nährstoffzufuhr, also die Ernährung, diesen Bedarf vollständig abdeckt. Bei vielen Nährstoffen spielt es keine Rolle, wenn die Zufuhr diesen Bedarf übertrifft, weil das Überflüssige problemlos ausgeschieden werden kann. In so einem Fall ist die Bilanz, bei hohem Umsatz dennoch ausgeglichen. Bei anderen Nährstoffen bewirkt eine über den Bedarf hinausgehende Zufuhr tatsächlich eine positive Bilanz, d.h. der Stoff wird auf irgendeine Weise im Körper abgespeichert. Das ist auf Dauer meistens der Gesundheit abträglich. Auf jeden Fall ist es der Gesundheit abträglich, wenn die Bilanz auf Dauer negativ ist, die Zufuhr eines Nährstoffes den tatsächlichen Bedarf also nicht deckt. Dann kommt es irgendwann zu entsprechenden, je nach Nährstoff unterschiedlichen Mangelerscheinungen. Man kann also eigentlich nicht davon sprechen, dass es eine besonders „gesunde“ Ernährung gäbe. Eine Ernährung, die in jeder Hinsicht bedarfsgerecht, also bilanzmäßig ausgewogen ist, sollte ja der Normalfall sein. Berechtigt ist allerdings die Feststellung einer „ungesunden“ Ernährung, bei der die Bilanzen eines oder mehrerer Bestandteile der Nahrung nicht ausgewogen sind, da eine nicht bedarfsgerechte Ernährung durchaus die Entstehung von Krankheiten begünstigen kann. Im Übrigen ist „bedarfsgerecht“ keine ein für alle mal feststehende Qualität; der Bedarf kann in Abhängigkeit vom Beruf, Lebensalter, Lebensstil inklusive Bewegung durchaus variieren, wie im Einzelnen noch zu besprechen sein wird. Die mit der Nahrung aufgenommene Energie dient nicht nur der Versorgung der vitalen Lebensfunktionen sondern auch der Ermöglichung von körperlicher Aktivität durch Muskeltätigkeit also aktiver Bewegung. Solche ist z.B. schon zur Beschaffung der Nahrung
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DIE NÄHRSTOFFE
selbst erforderlich. Und natürlich beeinflusst ein unterschiedliches Ausmaß an körperlicher Bewegung den Energie- und damit den Nahrungsbedarf. Es ist daher klar, dass bedarfsgerechte Ernährung und insbesondere auch ernährungsbezogene Probleme nur im Zusammenhang mit Quantität und Qualität der körperlichen Bewegung wirklich verstanden werden können. Nährstoffe können unter verschiedenen Gesichtspunkten eingeteilt und besprochen werden. Häufig wird einfach nach der täglich aufgenommenen Menge unterschieden. Nämlich in Makronährstoffe, die in größeren Mengen (Gramm oder mehr), und Mikronährstoffe, die in geringen oder auch winzigen Mengen (Milligramm oder weniger) aufgenommen werden. Zu ersteren gehören z.B. Fett aber auch Salz oder Wasser, jedenfalls aber Stoffe, die auch im Körper in größeren Mengen vorhanden sind, und zu letzteren z.B. die Vitamine oder Selen, von denen der Körper nur geringe Mengen speichert. Mir erscheint eine Besprechung nach funktionellen Gesichtspunkten zweckmäßiger.
Fett Allgemeine Funktion von Fett Fett ist chemisch eine Verbindung von jeweils 3 Fettsäuren mit Glyzerin (daher auch die chemische Bezeichnung Triglyzeride). Die speziellen Eigenschaften der einzelnen Fettarten, z.B. der Schmelzpunkt, werden dadurch bestimmt, welche von den vielen verschiedenen existierenden Fettsäuren das Fettmolekül bilden. Die biologischen Eigenschaften werden vor allem durch ein chemisches Merkmal definiert: nämlich ob es sich um gesättigte (und zwar mit Wasserstoffatomen), oder um einfach oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren handelt. Einige mehrfach ungesättigte Fettsäuren werden zwar vom Körper benötigt, können aber vom Körper selbst nicht hergestellt werden, so dass sie in ausreichender Menge mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Sie werden daher auch essentielle Fett-
FETT
säuren genannt. Fett ist auch ein Lösungsmittel, z.B. für einige Vitamine, die nur mit Fett aufgenommen werden können. Eine fettfreie Ernährung ist daher auf die Dauer ohne gesundheitliche Schäden nicht möglich. Das Körperfett wird im Fettgewebe in speziellen Fettzellen gespeichert. Dabei handelt es sich beim Fettgewebe keineswegs um einen simplen „Tresor“, in dem Fett eingelagert und bei Bedarf wieder hervorgeholt wird sondern es hat vielfältige Funktionen. Z.B. produziert das Fettgewebe Hormone, die mit der Regelung des Appetits zu tun haben und es beeinflusst die zitterfreie Thermogenese (also den Grundumsatz!). Als Fettgewebe erfüllt es im Körper vor allem zwei Funktionen. ! Depotfett ! Baufett
Depotfett Fett ist in erster Linie ein Energielieferant und wird als Energiereserve im Körper gespeichert. In dieser Funktion wird Fett vor allem unter der Haut (subkutanes Fett) und unter der Bauchdecke (viscerales Fett) abgelagert. Wegen des Farbtones wird es auch weißes Fett genannt. Etwa 10 – 15% des Körpergewichtes schlanker Menschen (also sowohl bei Männern als auch bei Frauen) bestehen aus Depotfett. Nahrungsenergie, die nicht, wie auch immer, verbraucht wird, wird in Depotfett umgewandelt, so dass dieser Fettanteil bei einzelnen Menschen im Lauf der Zeit mehr oder weniger stark zunehmen kann. Andererseits wird Depotfett auch leicht zum Zweck der Energiegewinnung mobilisiert. Die Bezeichnung „Depotfett“ soll nicht suggerieren, dass das Fett in den Zellen einfach abgelagert ist. Tatsächlich wird ununterbrochen gleichzeitig Fett eingelagert und mobilisiert. Ob es dabei insgesamt zu einer Fettzunahme oder – abnahme kommt, ist eine Frage einer positiven oder negativen Energiebilanz. Die zusätzliche Anlagerung von Depotfett folgt häufig zwei verschiedenen Verteilungsmustern.
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DIE NÄHRSTOFFE
! Beim männlichen Verteilungstyp lagert sich das Fett vorwiegend im Bauchbereich ab, während die Extremitäten relativ schlank bleiben (Stammfettsucht). ! Beim weiblichen Verteilungstyp lagert sich das Fett vorwiegend im Bereich von Hüften, Po und Oberschenkel ab, während der Oberkörper relativ schlank bleibt (Reithosentyp). Der männliche wird, etwas salopp, auch als Apfeltyp und der weibliche als Birnentyp bezeichnet. Die später noch ausführlicher zu besprechenden gesundheitlichen Risiken, die mit Übergewicht einhergehen, sind eher dem männlichen Typ zuzuordnen. Kenntlich ist er eindeutig daran, dass der Taillenumfang größer wird als der Hüftumfang. Man kann daher den Taillenumfang durch den Hüftumfang dividieren und bezeichnet das Ergebnis dann als Taillen – Hüft – Index. Ein erhöhtes gesundheitliches Risiko wird angenommen, wenn dieser Index einen Wert über 1 erreicht. Die Bezeichnung „männlicher“ und „weiblicher“ Verteilungstyp ist von der Häufigkeit des Auftretens bei den beiden Geschlechtern abgeleitet. Sie bedeutet nicht, dass nicht im Einzelfall auch ein Mann einen Reithosentyp und eine Frau eine Stammfettsucht entwickeln kann. Der individuelle Typ kommt zustande, indem bei Zunahme das Fett zuerst an den entsprechenden Stellen abgelagert und bei Abnahme zuletzt von dort mobilisiert wird. Der Typ ist angeboren und kann daher durch nichts verändert werden. Versprechungen für „gezieltes Abnehmen an den Problemzonen“ sind daher immer leere Versprechungen.
Baufett Die andere Funktion von Fett ist Konturbildung, Stütz- und Schutzfunktion. Z.B. das Umgeben von Organen, wie das Nierenfett, das Füllen von Hohlräumen, wie z.B. hinter den Augäpfeln oder Konturbildung, wie z.B. das Wangenfett. Wegen des Farbtones wird es auch braunes Fett genannt. Es stellt bei Männern 5% des Körpergewichtes und bei Frauen 15%. Daher beträgt der gesamte Körper-
FETT
fettanteil bei Männern 15% mit einer Obergrenze von 20% und bei Frauen 25 – 30%. Das Baufett dient nicht in erster Linie der Energieversorgung und wird daher auch in Hungerperioden nur langsam abgebaut.
Energiegewinnung durch die Verbrennung von Fett 1 g Fett ergibt bei vollständiger Verbrennung 9,5 kcal. Dies ist mehr als doppelt so viel wie bei den beiden anderen Hauptnährstoffen, womit Fett die bei weitem höchste Energiedichte (d.h. kcal pro Gramm Nährstoff) aufweist. Es ist daher verständlich, dass Fett der Hauptspeicher für die Energievorräte des Körpers ist und nicht einer der beiden anderen Hauptnährstoffe. Bezieht man allerdings die Energiegewinnung darauf, wie viele Kalorien mit 1 l Sauerstoff bei der Verbrennung von Fett gewonnen werden können, so sind das 4,7 kcal. Wie wir sehen werden, ist das deutlich weniger als wenn der Liter O2 für die Verbrennung von Kohlehydrat verwendet wird. Daher wird Fett vor allem dann zur Energieerzeugung herangezogen, wenn Atmung und Kreislauf wenig Mühe haben genügend Sauerstoff für den gesamten Energiebedarf der Muskulatur zur Verfügung zu stellen. Also bei körperlichen Belastungen mit geringer Intensität, z.B. Bügeln. Der Abbau von Fett beginnt in den Fettzellen, wo es in Fettsäuren und Glyzerin zerlegt wird. Beide werden an das Blut abgegeben und mit dem Kreislauf an die Körperzellen, vor allem an die Muskelzellen transportiert. Das Glyzerin, das chemisch der Glukose ähnelt, wird wie diese weiterverarbeitet (siehe unten). Die Fettsäuren werden in die Mitochondrien transportiert und dort weiter abgebaut. Der erste Schritt ist eine Aufspaltung der langen Fettsäure in kleine Essigsäuremoleküle. Dieser Vorgang wird als Beta-Oxidation bezeichnet und liefert noch keine Energie. Erst die Essigsäure wird dann der eigentlichen biologischen Verbrennung zugeführt, deren Endprodukt Kohlendioxid (CO2) und Wasser ist. Diese biologische Oxidation besteht aus zwei besonderen biochemischen Prozessen: zunächst wird der Zitronensäurezyklus durchlaufen, der nach seinem Entdecker, dem
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DIE NÄHRSTOFFE
Nobelpreisträger Krebs, auch Krebs-Zyklus genannt wird. Sodann die Atmungskette, bei der die eigentliche ATP-Bildung stattfindet. Es gibt allerdings eine Besonderheit für den weiteren Abbau der aus der Beta-Oxidation der Fettsäuren stammenden Essigsäure: damit sie wie geschildert weiter verarbeitet werden kann, ist sie auf das Produkt des ersten, glykolytischen Schrittes des Abbaus von Traubenzucker angewiesen, der Brenztraubensäure (siehe unten). Ohne diesen Stoff kann die Essigsäure nicht in den Zitronensäurezyklus eintreten. Insgesamt bedeutet das:
Ohne den gleichzeitigen Abbau von Glukose in der Zelle kann aus Fett keine Energie gewonnen werden.
Normalerweise ist das kein Problem. Selbst wenn mit der Nahrung keine Kohlehydrate aufgenommen werden ist der Körper in der Lage bestimmte Aminosäuren in Traubenzucker umzuwandeln und für den Fettabbau zur Verfügung zu stellen. Allerdings erhöht das etwas den Eiweißbedarf, da bei gemischter Kost Aminosäuren nicht zur Energieversorgung unter Belastung herangezogen werden. Und außerdem erfordert die Umwandlung ebenfalls Energie, was sich bei höheren körperlichen Leistungen, insbesondere sportlichen, bemerkbar machen kann: eine kohlehydratfreie Kost wirkt sich auf die Leistung in Ausdauersportarten ungünstig aus. Eine besondere Situation ist die Zuckerkrankheit, der Diabetes mellitus. Diese Krankheit ist durch einen absoluten Insulinmangel (beim jugendlichen Typ 1) oder relativen Insulinmangel (beim Altersdiabetes Typ 2) gekennzeichnet. Ohne dieses Hormon kann der Traubenzucker aus dem Blut nicht in die Zelle aufgenommen werden, so dass trotz hoher Blutzuckerkonzentration in der Zelle ein Mangel herrscht und daher auch die Energiegewinnung aus Fett gestört ist.
FETT
Besonderheiten verschiedener Fette Verschiedene Fettsäuren Wie erwähnt werden verschiedene Fettarten aus medizinischer Sicht vor allem nach ihrem unterschiedlichen Gehalt an gesättigten Fettsäuren (GEFS), einfach ungesättigten Fettsäuren (EUFS) oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren (MUFS) unterschieden. Die Tabelle 5 zählt einige dieser Fettsäuren auf.
Tabelle 5 Fettsäure
Typ
Gehäuftes Vorkommen Rinderfett,Butter, Schweinefett
Palmitinsäure
gesättigt
Stearinsäure
gesättigt
Rinderfett
Oleinsäure
Einfach ungesättigt (omega-9)
Olivenöl
Linolsäure*
Mehrfach ungesättigt (omega-6)
Sojaöl, Maiskeimöl
Linolensäure*
Mehrfach ungesättigt (omega-3)
Sojaöl
Arachidonsäure*
Mehrfach ungesättigt (omega-6)
Sonnenblumenöl
Eicosapentaensäure*
Mehrfach ungesättigt (omega-3)
Fischöl
Docosahexaensäure*
Mehrfach ungesättigt (omega-3)
Fischöl
*essentielle Fettsäuren Einige wichtige Fettsäuren und ihr Vorkommen in verschiedenen Fettarten
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DIE NÄHRSTOFFE
Ein Übermaß an GEFS fördert die Entstehung von Störungen des Fettstoffwechsels, wozu auch eine erhöhte Konzentration von Cholesterin im Blut gehört, und insgesamt die Entstehung von Arteriosklerose. Andererseits haben MUFS eine diesbezügliche Schutzwirkung. Bekannt sind die MUFS Omega-3- und Omega-6Fettsäuren, die vor allem in Fischöl enthalten sind, was die vorbeugende Wirkung von häufigem Fischverzehr auf Arteriosklerose erklärt. Auch EUFS, die z.B. im Olivenöl reichlich enthalten sind, sind für den Fettstoffwechsel und die Prophylaxe der Arteriosklerose günstiger als GEFS, die vor allen in tierischen Fetten vorkommen. Die folgende Tabelle 6 zeigt den Anteil von GEFS, EUFS und MUFS in verschiedenen häufig verwendeten Nahrungsfetten. Die Tabellen 5 und 6 zeigen, dass in tierischen Fetten überwiegend gesättigte Fettsäuren enthalten sind, während die einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren überwiegend in pflanzlichen Fetten zu finden sind, mit Ausnahme der Omega-3-Fettsäuren, die auch im Fischöl von Seefischen reichlich enthalten sind. Eine Besonderheit ist das Kokosfett, das zwar ein pflanzliches Fett ist aber dennoch fast nur aus GEFS besteht. Daraus ergibt sich, dass zur ausreichenden Versorgung mit essentiellen Fettsäuren der Fettbedarf ganz überwiegend aus pflanzlichen Quellen gedeckt werden soll. In unserer Gegend ist das vor allem Olivenöl, Sonnenblumenöl, Maiskeimöl oder, als österreichische Spezialität, Kürbiskernöl. Hingegen soll mit Fett tierischen Ursprungs sehr sparsam umgegangen werden.
Fett in Nahrungsmitteln Nahrungsmittel können, neben vielen anderen Gesichtspunkten, auch danach unterschieden werden, ob von außen erkennbar ist, ob und wie viel Fett sie enthalten. Unter diesem Gesichtspunkt kann man von sichtbarem Fett und unsichtbarem Fett sprechen. Das erstere ist z.B. der Fettrand beim Fleisch, ein Päckchen Butter oder eine Flasche mit Olivenöl. Sichtbares Fett erleichtert die Kontrolle des Fettkonsums, weil es leicht weggeschnitten, weggelassen oder dosiert verwendet werden kann.
FETT
Tabelle 6
Sonnenblumenöl Maiskeimöl
GEFS % 11 13
EUFS % 21 25
MUFS % 68 62
Olivenöl
14
76
10
Sesamöl
14
42
44
Sojaöl
15
25
60
Erdnussöl
18
48
34
Hühnerfett
34
44
22
Schweinefett
41
48
11
Rinderfett
53
43
4
Palmöl
52
38
10
Butter
65
30
5
Kokosfett
91
7
2
Der Anteil von gesättigten (GEFS), einfach ungesättigten (EUFS) und mehrfach ungesättigten Fettsäuren (MUFS) in einigen bekannten Fettarten in %
Unsichtbares Fett ist entweder integraler Bestandteil eines Lebensmittels, z.B. von Nüssen. Oder es ist im Zuge eines Verarbeitungsprozesses einem Lebensmittel hinzugefügt worden. Dies ist in der Lebensmittelindustrie recht häufig der Fall, weil viele Aroma- und Geschmacksstoffe fettlöslich sind und Fett daher Geschmack verbessernd wirkt. Daher sind nicht nur Fleischwaren, wie z.B. Wurst, Faschiertes oder Brotaufstriche, sondern auch Süßwaren, wie Kekse, Kuchen, Torten u.v.a. sehr fettreich, auch wenn das Fett äußerlich nicht sichtbar ist (z.B. bei trockenen Keksen). Etwa die Hälfte des unsichtbaren Fetts wird mit Fleischwaren und daher in Form tierischer Fette aufgenommen. Will man derartiges unsichtbares Fett vermeiden, dann muss man leider das ganze Lebensmittel vermeiden, was sich insbesondere bei industriell hergestellten Fleischwaren empfiehlt.
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DIE NÄHRSTOFFE
Mindestbedarf und Normalbedarf Wie erwähnt gibt es einen Bedarf an einzelnen essentiellen Fettsäuren (Omega-3 und Omega-6), die vom Körper nicht synthetisiert werden können, was bedeutet, dass bei fehlender Zufuhr Mangelerscheinungen auftreten können. Die Menge an essentiellen Fettsäuren, die derartige Mangelerscheinungen (z.B. Hautveränderungen oder gestörte Wundheilung) verhindert beträgt 8 – 11 g pro Tag (inklusive einiger Sicherheitszuschläge). Befolgt man den obigen Rat und deckt seinen Fettkonsum überwiegend mit pflanzlichen
Manche Fette deklarieren sich: als Butter, Öl oder als Fettrand am Fleisch. Diese sichtbaren Fette können leicht weggeschnitten oder weggelassen werden. Andere Fette verstecken sich leicht in den Lebensmitteln: in Wurstwaren, Käse, Süß- und Mehlspeisen. Um diese unsichtbaren Fette zu reduzieren muss der Konsum dieser Lebensmittel eingeschränkt werden.
Fetten, werden können, was bedeutet, dass bei fehlender Zufuhr Mangelerscheinungen auftreten können. Die Menge an essentiellen Fettsäuren, die derartige Mangelerscheinungen (z.B. Hautveränderungen oder gestörte Wundheilung) verhindert beträgt 8 – 11 g pro Tag (inklusive einiger Sicherheitszuschläge). Befolgt man den obigen Rat und deckt seinen Fettkonsum überwiegend mit pflanzlichen Fetten, muss man etwa die dreifache Menge Fett insgesamt aufnehmen um auf diese Mindestmenge essentieller Fettsäuren zu kommen. So kommen wir auf einen Mindestbedarf von 25 – 35 g Fett/Tag. Um den
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Bedarf für einen bestimmten Menschen berechnen zu können muss man zunächst den Tagesenergieumsatz kennen, dessen Bestimmung wir ja schon besprochen haben. Der Bedarf jedes der 3 Hauptnährstoffe wird dann als jener Prozentsatz des Tagesenergieumsatzes angegeben, der durch die Verbrennung dieses Nährstoffes beigesteuert wird. Dieser Prozentsatz wird als Energieprozent (En%) bezeichnet. So angegeben beträgt die empfohlene Mindestmenge an essentiellen Fettsäuren 3,5 En% bzw. der Mindestkonsum an Fett 10 En%. (Das heißt, 10% des Tagesenergieumsatzes – in kcal – soll durch die Verbrennung von Fett bereitgestellt werden). Allerdings ist es, in unseren Breiten, nur unter großem Aufwand möglich den Fettkonsum derartig niedrig zu halten. Diese Schwierigkeit wird erklärlich, wenn man bedenkt, dass der durchschnittliche Fettkonsum in unserer Normalkost 35 – 45 En% beträgt. Die Empfehlung für den Fettverzehr bezieht sich daher weniger auf den Mindestbedarf, der ohnehin immer um ein Vielfaches überschritten wird; sondern vielmehr auf den oberen Grenzwert eines empfehlenswerten Fettverzehrs. Dieser beträgt 25 – 30 En%. Nur bei sehr hohem Tagesenergieumsatz kann dieser En%-Anteil höher angesetzt werden, um, mit Hilfe der hohen Energiedichte des Fetts, das Nahrungsvolumen nicht zu groß werden zu lassen. Wenn Sie Ihren persönlichen Bedarf an Fett in Gramm pro Tag ermitteln wollen, nehmen Sie als Ausgangswert Ihren Tagesenergieumsatz, dessen Berechnung wir ja schon besprochen haben. Sie multiplizieren mit En% und erhalten jene Energiemenge in kcal, die aus der Verbrennung von Fett stammt. Nun dividieren Sie durch 9,5, die kcal pro Gramm Fett.
Fettbedarf [Gramm/Tag] = Tagesenergieumsatz [kcal] x En% / 9,5 3.000 kcal x 0,3 / 9,5 = 95g Fett / Tag
Das gesamte Fett soll höchstens 1/3 GESF, mindestens 1/3 EUFS und höchstens 1/3 MUFS enthalten. Glücklicherweise müssen Sie jetzt
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keine komplizierten Berechnungen anstellen, weil das vor allem durch einen sparsamen Verzehr von tierischen Fetten (inklusive Butter) und die Deckung des Fettbedarfs in der Hauptsache durch pflanzliche Fette, wie Sonnenblumenöl oder Olivenöl erreicht wird. Das Hauptproblem einer Empfehlung für einen angemessenen Fettverzehr ist also nicht die Sorge um die Befriedigung des Minimalbedarfs sondern, im Gegenteil, die Absicht den Fettkonsum um 1 /4 oder mehr zu reduzieren. Dabei geht es in erster Linie tatsächlich darum Nahrungsfett, und hier vor allem tierisches Fett, ersatzlos wegzulassen, und nicht etwa um den Ersatz von tierischen durch günstigere pflanzliche Fette. Dies würde am zu hohen En%-Anteil der Ernährung ja nichts ändern. Das ersatzlose Weglassen von Fett senkt nicht nur den En%-Anteil sondern auch die Energiezufuhr insgesamt, was meistens ebenfalls erwünscht ist. Für die konkrete Umsetzung dieser Empfehlung müssen einige wenige Regeln beachtet werden, die sich auf die Auswahl der Nahrungsmittel und die Zubereitung der Speisen beziehen: Auswahl der Nahrungsmittel: ! Sichtbares Fett wegschneiden bzw. durchzogenes Fleisch vermeiden ! Lebensmittel mit viel unsichtbarem Fett (mehr als 30 En%) vermeiden. Die entsprechende Analyse ist mit den Angaben auf der Verpackung bzw. mit Hilfe einer Nährwerttabelle nicht schwierig. Wählen Sie stattdessen Lebensmittel mit geringerem Fettgehalt aus. Zubereitung der Speisen: ! Verwendung von pflanzlichen Fetten ! Sparsamer Einsatz, z.B. Öl mit dem Teelöffel dosieren. ! Zubereitungsarten mit hohen Fetteinsatz vermeiden und fettarme Zubereitungsarten wählen
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Dabei handelt es sich keineswegs um absolute „Verbote“. Es ist nicht so tragisch bei bestimmten, nicht zu häufigen Anlässen, z.B. bei einer Einladung, traditionelle Hausmannskost zu genießen. Es geht um den täglichen Normalfall für den eigenen Bedarf, sei es nun zu Hause oder im Gasthaus oder der Betriebskantine. Es geht dabei darum Lebensmittel und Speisen mit hohem Fettanteil durch solche mit geringerem Fettanteil zu ersetzen, ohne dass deshalb auf einzelne Mahlzeiten oder bei den Mahlzeiten auf einzelne Gänge verzichtet wird. Also z.B. anstatt: Cremesuppe Fettes Fleisch Fleisch, Fisch paniert Pommes frittes Cremetorte
klare Suppe mageres Fleisch gegrillt oder natur Bratkartoffel oder Pellkartoffel im Ganzen Obst, Topfencreme
Die Tabelle 7, auf Seite 64, enthält noch einige Vorschläge für eine derartige Umorientierung. Diese geschilderten Regeln für die Einschätzung des Fettbedarfs werden durch körperliches Training und sportliche Tätigkeit, bis hin in den leistungssportlichen Bereich nicht wesentlich verändert. Der empfehlenswerte En%-Anteil mit 25 – 30% bleibt gleich und die Gesamtmenge an Fett nimmt mit dem Tagesenergieumsatz zu.
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Tabelle 7
Bevorzugen Sie
Essen Sie seltener bzw. weniger
Vollkornbrot, Knäcke und Brötchen aus Vollkorn
Blätterteiggebäck wie Croissants
Milch und Joghurt mit 1,5% Fett, Dickmilch, Kefir, Buttermilch, Molke
Milch und Joghurt mit 3,5% Fett, und Schlagobers (Sahne)
Körniger Frischkäse, Magertopfen und Topfen bis 20% Fett i.Tr., Schnitt- und Weichkäse mit 30% Fett i. Tr.
Doppelrahmfrischkäse, fettreiche Käsesorten mit mehr als 30% Fett. i. Tr.
Pellkartoffeln, Salzkartoffeln, Folienkartoffeln
Pommes frites, Kroketten, Kartoffelpuffer, Kartoffelchips
Huhn, Pute, mageres Fleisch, und gekochter Schinken, Corned Beef, magere WurstGeflügelsorten
Gans, Ente, fette Fleischstücke, roher fette Wurstsorten wie Leberwurst, Mettwurst, Fleischwurst, und Bratwurst, Salami, fertige Wurstund Fleischsalate
Forelle, Flunder, Seelachs, Kabeljau
Aal, Tunfisch, Hering, Lachs, Rotbarsch, Makrele, Fischkonserven, fertig gekaufte Fischsalate
Oliven-, Raps-, Lein-, Walnuss-, Sonnenblumenöl, ungehärtete Pflanzenmargarine
Butter, Gehärtete Margarine und Fette, Schmalz
Trockenfrüchte, Hefe- und Biskuitteig mit Obst
Schokolade, Torte, Eiscreme
Soßen- und Salatdressings mit Joghurt, Dickmilch, Kefir, Saure Sahne, Essig & Öl
Sahnesoßen, Mayonnaise, Cremefraiche, Fertigsoßen
Klare Suppen
Cremesuppen
Fleisch gegrillt, natur
paniert
Fettaustauschtabelle. Nehmen Sie anstatt Lebensmittel und Speisen der rechten Spalte, lieber solche aus der linken Spalte.
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Kohlehydrate Allgemeines über Kohlehydrate Kohlehydrate dienen in erster Linie der Energieerzeugung. Sie kommen vor allen in den wichtigen Kulturpflanzen bzw. schon in den entsprechenden wilden Vorläuferpflanzen vor (z.B. der wilde Emmer als Vorläufer des Kulturgetreides). Kohlehydrate sind daher während der gesamten Entwicklung der Menschheit, auch während der Zeit der Jäger und Sammler, immer ein wichtiger, wenn nicht sogar dominierender Nahrungsbestandteil gewesen. Es gibt immer wieder Diätvorschläge, die zur Gewichtsreduktion und Heilung aller möglichen Zivilisationskrankheiten eine einseitige Kost ohne Kohlehydrate vorschlagen, mit dem Hinweis, dass sich unsere höhlenbewohnenden Vorfahren als Jäger über lange Zeit nur von Fleisch ernährt hätten. Diese Vorstellung beruht lediglich auf Unkenntnis der Lebensweise unserer Vorfahren, die nicht nur Jäger sondern auch Sammler waren und deren Lebensweise an noch heute lebenden Jäger- und Sammlervölkern studiert werden kann. Es ist zwar richtig, dass bei dieser Lebensweise Männer mit der Nahrungsbeschaffung durch Jagd befasst sind. Die Frauen sind aber mit Nahrungsbeschaffung durch Sammeln befasst und ernten dabei wild wachsende Gräsersamen, Wurzelknollen, Nüsse oder Beeren. So konnte eine jungsteinzeitliche Frau eines Jägerstammes im so genannten „fruchtbaren Halbmond“ (in etwa dem heutigen Nahen Osten) mit einer Feuersteinsichel pro Tag 8.000 – 10.000 kcal in Form von wildem Emmer ernten. Auch eine Frau des Stammes der Hadzabe, eines Stammes im Norden Tansanias, der die Lebensweise als Jäger und Sammler bis heute beibehalten hat, sammelt pro Tag die gleiche Energiemenge in Form von Wurzelknollen. Verglichen damit ist der Beitrag der Männer, wegen des unbeständigen Jagdglücks, eher gering. Noch heute werden in den Entwicklungsländern, also im größeren Teil der Welt, zirka 70% des täglichen Energiebedarfs mit Kohlehydraten gedeckt, in den westlichen Industrieländern hingegen nur etwa 40 – 45%.
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Kohlehydratreiche Lebensmittel, wie Getreideprodukte, Kartoffeln oder Gemüse, sind außerdem billige Lebensmittel, die zu ihrer Produktion nur einen geringeren Energieeinsatz brauchen und auch ohne großen Aufwand, wie z.B. Kühlung, unter Umständen in getrocknetem Zustand, gut lagerfähig sind. Kohlehydrate kommen in der Nahrung im Wesentlichen in drei Formen vor. ! Monosaccharide ! Disaccharide ! Polysaccharide
Monosaccharide Die einfachste Form sind einzelne Zuckermoleküle, die Einfachzucker (Monosaccharide) genannt werden und von denen es in verschiedenen Nahrungsmitteln verschiedene Arten gibt. Die bekanntesten sind Traubenzucker (Glukose) oder Fruchtzucker (Fruktose). Weniger bekannt ist z.B. Sorbit, (das in spezieller Kost für Diabetiker Verwendung findet). Diese Monosaccharide werden unverändert aus dem Darm ins Blut aufgenommen und zur Leber transportiert, wo alle Zuckerarten, die nicht Glukose sind, zunächst in Glukose umgewandelt werden müssen. Zur weiteren Verwendung im Körper wird dann von der Leber ausschließlich Glukose weitergegeben. Diese biochemischen Umwandlungen verbrauchen etwas Energie und setzen daher auch etwas Wärme frei. Diese Wärmefreisetzung durch die chemische Umwandlung von Nährstoffen in der Leber wird als nahrungsmittelinduzierte Thermogenese bezeichnet. Sie macht bei Kohlehydraten zirka 4% aus. Das heißt, dass 4% der in Kohlehydraten gespeicherten Energie durch diese chemischen Umwandlungen verloren gehen und daher nur 96% für die weitere Verwendung tatsächlich zur Verfügung stehen. Auch Fett hat eine geringe nahrungsmittelinduzierte Thermogenese von 3%. Mit der Nahrung aufgenommene Glukose bedarf keiner weiteren Umwandlung. Daher kann sie rasch an den Körperkreislauf weiterge-
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geben werden. Das bewirkt einen raschen Anstieg der Blutzuckerkonzentration, die allerdings durch ein Regelsystem in relativ engen Grenzen gehalten wird. Ein Schlüsselorgan in diesem Regelsystem ist die Bauchspeicheldrüse (das Pankreas), die in ihren Beta-Zellen das Hormon Insulin produziert. Insulin bewirkt, dass die Glukose aus dem Blut in die Körperzellen, vor allem in die Muskelzellen aufgenommen wird, wodurch die Blutzuckerkonzentration wieder abnimmt. Wenn man in einer graphischen Darstellung die Blutzuckerkonzentration in Abhängigkeit von der Zeit nach dem Verzehr darstellt, so erhält man nach der Einnahme einer bestimmten Menge Kohlehydrat in Form von Glukose eine typische Verlaufskurve, die die Blutzucker steigernde Wirkung repräsentiert, etwa wie in Abb. 1 dargestellt. Blutzuckerkonzentration
Zeit
Abb. 1 : Verlauf der Blutzuckerkonzentration nach Einnahme einer bestimmten Menge an Kohlehydrat in Form von Glukose
Disaccharide Die zweite Form der Kohlehydrate, die aus zwei, chemisch miteinander verbundenen Monosacchariden bestehen, werden Disaccharide genannt. Das bekannteste Disaccharid ist der normale Zucker, der aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr gewonnen wird, und aus je einem
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Molekül Glukose und Fruktose besteht. Honig besteht übrigens ebenfalls aus Glukose und Fruktose, allerdings als Gemisch der Monosaccharide und nicht als Disaccharid. Er hat daher alle Vor- und Nachteile des normalen Zuckers. Ein anderes Disaccharid ist die Laktose, die in der Stillperiode bis zur ersten Zufütterung für den Säugling das einzige Kohlehydrat in der Nahrung ist. Im Darm werden Disaccharide in die jeweiligen Monosaccharide aufgespalten, die dann auf die schon bekannte Weise weiter behandelt werden.
Polysaccharide Die dritte Form der Kohlehydrate werden als Mehrfachzucker oder Polysaccharide bezeichnet. Dafür werden viele einzelne Monosaccharide chemisch aneinandergebunden, so dass lange Molekülketten entstehen, die auch verzweigt sein können. Das für die Ernährung wesentlichste Polysaccharid ist die Stärke, die von Pflanzen hergestellt wird. Je nach Pflanzenart unterscheiden sich die Stärkearten ein bisschen, so dass es Weizen-, Mais-, Reis-, Kartoffelstärke und andere gibt. Ein anderes, ebenfalls von Pflanzen hergestelltes Polysaccharid ist die Zellulose, die ein wesentlicher Bestandteil von pflanzlichen Zellwänden ist und den Pflanzen ihre Festigkeit gibt. Sie ist aber für den Menschen unverdaulich, hat allerdings eine wichtige Rolle für die Funktion des Darms als Ballaststoff. Im Verdauungsprozess werden die Ketten der Stärke im Darm zunächst in verschieden große Bruchstücke, dann zu Disacchariden und schließlich bis zu den einzelnen Zuckermolekülen aufgespalten. Die Monosaccharide werden dann weiter wie gehabt verarbeitet. Ein besonderes Polysaccharid stellt das Glykogen dar. Es wird in den Muskelzellen aus Glukose gebildet und ist die tierische Form eines Kohlehydratspeichers, analog zur Pflanzenstärke. Bei Muskeltätigkeit wird darauf zurückgegriffen.
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Der glykämische Index Wie erwähnt gelangt mit der Nahrung aufgenommene reine Glukose ohne wesentliche Verzögerung in den Kreislauf. Etwas anders verhält es sich bei in Pflanzen enthaltener Stärke: sie muss erst aus den pflanzlichen Strukturen (z.B. Erbsen oder Getreidekörner) herausgelöst und dann in die Einfachzucker aufgespalten werden. Dann müssen allenfalls verschiedene Monosaccharide in der Leber in Glukose umgewandelt werden. Da alle diese Vorgänge Zeit erfordern ist es verständlich, dass es länger dauert bis eine bestimmte Menge Kohlehydrat in Form von in pflanzlichen Nahrungsmitteln enthaltener Stärke vollständig ins Blut gelangt, als wenn es sich um die gleiche Menge reiner Glukose handelte. Der Einstrom von Glukose von der Leber ins Blut ist geringer, daher ist auch der Blutzuckeranstieg moderater und in der Folge werden die Beta-Zellen des Pankreas weniger stimuliert und produzieren weniger Insulin. Das alles bewirkt einen flacheren Verlauf der Blutzuckerkurve als bei reiner Glukose. In Abb. 2 ist das schematisch vergleichend dargestellt. Blutzuckerkonzentration
Glukosekurve
Stärkekurve
Zeit
Abb. 2: Vergleich der Blutzucker steigernden Wirkung nach der Einnahme der gleichen Menge reiner Glukose einerseits und Stärke aus wenig verarbeiteten pflanzlichen Nahrungsmitteln andererseits. Für den Vergleich wird die Fläche unter der jeweiligen Kurve herangezogen.
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Verschiedene Formen von Kohlehydrat in der Nahrung haben also verschiedene Wirkungen, sowohl auf die Blutzuckersteigerung als auch auf die Menge des daraufhin vom Pankreas produzierten Insulins. Der moderatere Verlauf der Kurve nach einer Stärkemahlzeit ist günstiger, weil z.B. ein rascher Blutzuckerabfall früher wieder ein Hungergefühl auslöst und weil eine höhere Insulinmenge, unter anderem, die Bildung und Ablagerung von Fett im Körper fördert. Festzuhalten ist, dass die aufgenommene Kohlehydratmenge und daher auch die Energiemenge in beiden Fällen die gleiche ist. Nach der Stärkemahlzeit hält aber das Sättigungsgefühl länger an und die gesamte produzierte Insulinmenge ist geringer. Die blutzuckersteigernde Wirkung von verschiedenen Kohlehydraten und kohlehydrathaltigen Nahrungsmitteln wird mittels des glykämischen Index verglichen: Dafür werden die, in der Abbildung 2 hellgrün und dunkelgrün unterlegten Flächen unter der jeweiligen Blutzuckerkurve ermittelt, die nach der Einnahme einer jeweils gleichen Menge Kohlehydrat gemessen wird. Die Fläche unter der hellgrünen Glukosekurve repräsentiert den Index 1. Die Fläche unter der dunkelgrauen Kurve dividiert durch die Fläche unter der Glukosekurve ist der glykämische Index des jeweiligen Nahrungsmittels. Je niedriger der glykämische Index eines Nahrungsmittels ist, desto geringer ist auch die blutzuckersteigernde Wirkung und desto geringer ist auch die zur Blutzuckerregelung notwendige Insulinmenge. Die folgende Tabelle 8 gibt einen Überblick über den glykämischen Index verschiedener kohlehydrathaltiger Nahrungsmittel:
Tabelle 8 Nahrungsmittel mit hohem glykämischem Index Maltose (Bier) Glucose Bratkartoffeln Pommes frites Reismehl modifizierte Stärke Kartoffelpüreepulver
Nahrungsmittel mit niedrigem glykämischem Index 110 100 95 95 95 95 90
Vollkorn- oder Kleiebrot Naturreis Basmatireis (Langkorn) Erbsen aus der Dose Süßkartoffel Vollkornteigwaren (Vollweizen) Spaghetti (al dente)
50 50 50 50 50 50 45
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Chips Honig sehr weißes Brot (Hamburger) gekochte Karotten Cornflakes, Popcorn Schnellkochreis Reispudding Puffreis gekochte Saubohnen Wassermelone
90 85 95 85 85 85 85 85 80 75
Riesenkürbis Zucker (Saccharose) Weißbrot (Baguette) gezuckerte raffinierte Getreideflocken Schokoladenriegel Salzkartoffeln Coca-Cola, Limonade Kekse Mais Weißreis Teigwaren, Ravioli Rosinen
75 70 70 70 70 70 70 70 70 70 70 65
Mischbrot Pellkartoffeln Rüben
65 65 65
gezuckerte Konfitüre weißer Grieß Langkornreis Banane, Melone weiße Spaghetti, weichgekocht Sandgebäck
65 60 60 60 55 55
frische Erbsen Vollkorngetreideflocken o. Zucker Haferflocken rote Bohnen frischer Fruchtsaft ohne Zucker Pumpernickel 100 %Vollkornbrot Eis mit Alginaten Vollkornteigwaren (al dente) Feigen, getrocknete Aprikosen Indianischer Mais Wildreis Quinoa
40 40 40 40 40 40 40 40 40
rohe Karotten Milchprodukte Trockenbohnen Braune/gelbe Linsen Kichererbsen Andere frische Früchte grüne Bohnen Glasnudeln (Soja) Fruchtaufstrich (ohne Zuckerzusatz) grüne Linsen Trockenerbsen schwarze Schokolade (> 70% Kakaoanteil) Fructose Soja, Erdnüsse frische Aprikosen grünes Gemüse, Tomaten Auberginen, Zucchini... Knoblauch, Zwiebeln
30 30 30 30 30 30 30 30
35 35 35 35
30 22 22 22 20 15 15 <15 <15 <15
Nahrungsmittel mit hohem und niedrigem glyämischem Index
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Energiegewinnung durch Verbrennung von Kohlehydraten Bei vollständiger Verbrennung von 1 g Kohlehydrat werden 4,5 kcal freigesetzt. Ein kleiner, praktisch vernachlässigbarer Teil von 4% wird in biochemische Umwandlungen investiert, die schon erwähnte nahrungsmittelinduzierte Thermogenese der Kohlehydrate. Die Energiedichte von Kohlehydrat ist daher weniger als halb so hoch wie die von Fett. Die Energiedichte der kohlehydrathaltigen Nahrungsmittel ist noch viel geringer, da diese Nahrungsmittel ja nur zum Teil aus verwertbaren Kohlehydraten bestehen und zum Teil aus nicht verwertbaren, wie die Zellulose bzw. aus Wasser. Nur reiner Zucker besteht zu 100% aus Kohlehydrat. Die folgende Tabelle 9 zeigt den Kohlehydratgehalt häufiger Lebensmittel: Tabelle 9 Lebensmittel
Kohlehydratgehalt g/100g
Zucker
100
Marmelade
70
Limonaden
12
Schokolade
50
Banane
23
Sonstiges Obst
15
Mehl
80
Brot
50
Reis, Nudeln gekocht
25
Mais, Erbsen, Kartoffeln gekocht
15
Der Kohlehydratanteil verschiedener häufiger Lebensmittel in Gramm/100g Lebensmittel
Nimmt man als Berechnungsbasis den für die Verbrennung erforderlichen O2, dann können mit 1 l Sauerstoff mit Kohlehydrat 5 kcal erzeugt werden. Das ist um 6,4% mehr als beim Verbrauch von 1 l Sauerstoff mit der Verbrennung von Fett gewonnen werden kann. Wie schon erwähnt, werden die Körperzellen über den Kreislauf ausschließlich mit Glukose versorgt. Die Muskelzellen – und auch die
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Leberzellen – können daraus einen Vorratsstoff bilden, das Glykogen, indem, ähnlich wie bei der Stärke, aus einzelnen Glukosemolekülen lange Ketten gebildet werden. Bei Bedarf werden vom Glykogen wieder einzelne Glukosemoleküle abgespalten und zur Energiegewinnung herangezogen. Diese Energiegewinnung erfolgt in zwei Abschnitten: In einem ersten Schritt, der Glykolyse, wird das Glukosemolekül in zwei gleich große Bruchstücke gespalten, die von den Biochemikern Brenztraubensäure (Pyruvat) genannt werden. Dieser Schritt findet im Zellplasma statt. Dabei werden zirka 5% des insgesamt nach vollständiger Verbrennung gebildeten ATP erzeugt. Da es sich um eine Aufspaltung handelt, und noch nicht um eine Verbrennung, ist die Glykolyse nicht auf Sauerstoff angewiesen. Dieser Vorgang wird daher auch anaerob genannt. Das bedeutet keineswegs, dass kein Sauerstoff vorhanden ist. So lange eine Zelle lebt und atmet ist immer Sauerstoff vorhanden. Es bedeutet nur, dass die Glykolyse den an sich vorhandenen Sauerstoff nicht braucht. Das hat den Vorteil, dass die Glykolyse für ihre ATP-Produktion auch nicht durch die Anlieferung von Sauerstoff mit dem Kreislauf limitiert ist, und daher kurzfristig, etwa in der Größenordnung von 30 – 40 Sekunden, eine erheblich höhere Leistung erbringen kann als die Oxidation mit Sauerstoff. Die Brenztraubensäure wird dann üblicherweise der eigentlichen Verbrennung zugeführt. Nur wenn bei hoher Leistung mehr Brenztraubensäure anfällt als mit der beschränkten Kapazität der Oxidation verarbeitet werden kann, dann wird die Brenztraubensäure in Milchsäure (Laktat) umgewandelt und aus der Muskelzelle ins Blut ausgeschleust. Die Glukose ist daher der einzige der drei Nährstoffe, der sowohl eine anaerobe als auch eine aerobe ATP-Produktion ermöglicht. Erst der zweite Schritt des vollständigen Glukoseabbaus ist die aerobe Oxidation. Dazu muss die Brenztraubensäure vom Zellplasma in die Mitochondrien wandern, wo der Abbau mit der Umwandlung in Essigsäure beginnt. Diese wird dann mit den gleichen biochemischen Prozessen, nämlich Zitronensäurezyklus und Atmungskette vollständig zu Kohlendioxyd und Wasser abgebaut, wie jene Essigsäure, die aus der Beta-Oxidation der Fettsäuren stammt. Dabei werden die restlichen 95% ATP produziert.
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Besonderheiten von Kohlehydrat Aus dem Vergleich der energetischen Eigenschaften von Fett und Kohlehydraten ergibt sich, dass die Energiedichte von Fett mehr als doppelt so hoch ist wie die von Kohlehydrat. Hingegen ist der Energiegewinn pro Liter Sauerstoff aus Kohlehydrat um 6,4% höher als aus Fett. Und dieser Vergleich erklärt auch sehr gut die Schwerpunkte dieser beiden Hauptnährstoffe in der Energiebewirtschaftung unseres Körpers: Fett ist der bevorzugte Energiespeicherstoff des Körpers. Jede überschüssig aufgenommene Kalorie wird als Fett deponiert, wie die meisten von uns ja aus eigener Erfahrung wissen. Daher ist der Gehalt des Körpers an Glykogen gering, nämlich 400 – 500 g entsprechend 1.800 – 2250 kcal. Schlanke Menschen tragen 10% ihres Körpergewichts als Depotfett mit sich, das sind je nach Größe zirka 50.000 – 70.000 kcal. Hingegen ist Glukose der bevorzugte Superbrennstoff und wird dann eingesetzt, wenn die limitierte Sauerstoff -Transportkapazität des Kreislaufs bestmöglich ausgenutzt bzw. wenn darüber hinaus noch zusätzlich anaerob Energie beigesteuert werden muss. Bei leichten bis mittelschweren körperlichen Belastungen bis etwa 4 – 5 METs dominiert daher Fett als Brennstoff. Bei höheren Belastungen mit hohem Sauerstoffbedarf, wie sie allerdings überwiegend nur im Sport vorkommen, stellen die Muskelzellen zweckmäßigerweise auf ausschließliche Glukoseverbrennung um. Ohne ausreichende Versorgung mit Kohlehydraten sind daher sportliche Spitzenleistungen in so genannten Ausdauersportarten nicht möglich. Manche Körpergewebe sind mit ihrem Energiestoffwechsel ausschließlich auf Glukose angewiesen, z.B. Nervenzellen. Daher kommt es, wenn der Blutzuckerspiegel zu niedrig wird, zur Bewusstlosigkeit. Es kann also durchaus Glukose verbrannt werden, ohne dass gleichzeitig auch Fett abgebaut werden muss. Umgekehrt ist das aber nicht möglich. Fett kann nicht ordnungsgemäß verbrannt werden ohne die gleichzeitige Verfügbarkeit von Brenztraubensäure, die, wie geschildert, aus dem ersten, glykolytischen Schritt des Glukoseabbaus stammt. Das Fehlen von Glukose in den Zellen, infolge von
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Insulinmangel, ist das Stoffwechselproblem von Patienten mit Diabetes. Es ist daher von lebensnotwendiger Bedeutung, dass immer eine gewisse Mindestmenge an Glukose zur Verfügung steht, auch dann, wenn mit der Nahrung keine aufgenommen werden kann. Der Körper ist daher in der Lage aus einigen Aminosäuren Glukose herzustellen. Dieser Vorgang wird Glukoneogenese genannt und sichert die Basisversorgung bei zu geringer Kohlehydrataufnahme. Allerdings wird dadurch der Eiweißbedarf etwas erhöht.
Mindestbedarf und Normalbedarf Für den optimalen Bedarf an Kohlehydraten gibt es keine primäre Empfehlung. Empfehlungen, z.B. in Form der Angabe in En%, gibt es nur für Fett und für Protein. Die Empfehlung für Kohlehydrat ergibt sich aus der Differenz der Summe der En%-Angaben für diese beiden Hauptnährstoffe auf 100%. In Österreich ist der durchschnittliche En%-Anteil 40 – 45%, was nicht als optimal angesehen werden kann. Günstig wären zirka 55%, was vor allem durch eine Einschränkung des Fett- und in zweiter Linie auch des Proteinkonsums erreicht werden sollte. Man kann auch keinen lebensnotwendigen Mindestbedarf angeben, wie das für Fett und Protein eindeutig der Fall ist, da ja der Körper das lebensnotwendige Minimum durch die Glukoneogenese selbst bereitstellen kann. Allerdings hat eine kohlehydratfreie Kost eine so genannte ketogene Wirkung. Durch die nicht optimale Fettverwertung kommt es zur Bildung von azetonähnlichen Substanzen (Ketonkörper), die langfristig ungünstige Wirkungen im Körper zeitigen. Eine kohlehydratfreie Kost ist auch zwangsläufig eine Kost die arm an pflanzlichen Nahrungsmitteln ist. Neben den Kohlehydraten enthalten Pflanzen auch eine Vielzahl an Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelemente und anderen Pflanzeninhaltsstoffen, die für das optimale Funktionieren des Organismus unabdingbar sind. Auch aus diesem Grund ist eine kohlehydratfreie oder -arme Ernährung langfristig nicht zu empfehlen.
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Wird mit einer kohlehydratreichen Kost ein Kalorienüberschuss erzielt, also eine hyperkalorische Kost eingehalten, so kommt es zunächst zu einer vollständigen Füllung der Glykogendepots in Leber und Muskulatur. Das sind maximal etwa 500 g. Jedes Gramm Glykogen bindet in Leber und Muskulatur bis zu 3 g Wasser, so dass eine derartige kohlehydratreiche Kost ein Gewichtszunahme bis zu 2 kg bewirken kann, die nicht auf einer Fetteinlagerung beruht. Werden umgekehrt bei Einhaltung einer kohlehydratarmen Kost die Glykogendepots geleert, dann kommt es innerhalb weniger Tage zu einer ebensolchen Gewichtsabnahme, die nicht auf Fettabbau beruht. Wird eine kohlehydratreiche, hyperkalorische Kost fortgesetzt, so wird der Anteil der Glukose an der Energieerzeugung erhöht und der der Fette vermindert, indem die Mobilisation aus den Fettdepots gebremst wird. Gleichzeitig wird aus der energetisch überschüssigen Glukose Fett synthetisiert und in den Depots abgelagert. Diese Fettsynthese aus Glukose ist eine aktive Leistung und erfordert Energie. Zirka 25% des bei der Oxidation von Glukose produzierten ATP muss in diese Synthese investiert werden, so dass aus einem bestimmten kalorischen Überschuss in Form von Kohlehydrat weniger Fett abgelagert wird als wenn der gleiche kalorische Überschuss in Form von Fett aufgenommen worden wäre.
Bedarf bei körperlichem Training und Sport Regelmäßige Bewegung beeinflusst in erster Linie den durchschnittlichen täglichen Energiebedarf. Wie geschildert kann der Unterschied zwischen keiner und mehrstündiger täglicher Bewegung mehrere 100 kcal betragen. Das hat allerdings keinen wesentlichen Einfluss auf den En%-Anteil der Hauptnährstoffe, so dass auch bei viel körperlicher Bewegung der Anteil von zirka 55% beibehalten werden soll. Die Verpflegung bei mehrstündigen sportlichen Unternehmungen, wie Wanderungen oder Radtouren, soll allerdings auf den Umstand Rücksicht nehmen, dass die Fettvorräte kurzfristig unerschöpflich sind, während der Vorrat an Muskelglykogen beschränkt ist und für maxi-
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mal 2 - 3 Stunden reicht. Die Erschöpfung der Glykogendepots macht sich durch ein Gefühl der Müdigkeit bemerkbar. Die Ernährung während derartiger Langzeitbelastungen sollte daher ganz überwiegend aus kohlehydratreichen Nahrungsmitteln bestehen.
Kohlehydrate in den Nahrungsmitteln Die Hauptquellen für Kohlehydrate sind Getreideprodukte (Weizen, Roggen, Hafer u.a., die verschiedenen Brotsorten, Nudeln u.s.w.), Kartoffeln, Obst und Gemüse. Bei diesen Nahrungsmitteln stammen 70 – 90% der verwertbaren Energie von Kohlehydraten. Fleisch und Fisch enthalten nur geringe Mengen. Einen nicht unbeträchtlichen Anteil an der Energieversorgung hat bei uns der reine raffinierte Zucker, der zirka 15% des Tagesenergieumsatzes stellt.
Leere Kalorien Im Gegensatz zu den anderen erwähnten Nahrungsmitteln besteht der Zucker tatsächlich ausschließlich aus Kohlehydrat, ohne sonstige Nährstoffe, wie Elektrolyte, Vitamine oder Spurenelemente, die allerdings für die Verarbeitung des Zuckers im Stoffwechsel gebraucht werden. Man spricht daher auch von den „leeren Kalorien“ des Zuckers. Wenn in einer Ernährung ein hoher Anteil des Tagesenergieumsatzes von raffiniertem Zucker beigesteuert wird, wie das für die westlichen Industrieländer typisch ist, dann besteht die Gefahr, dass die Zufuhr von derartigen Inhaltsstoffen insgesamt eher knapp ausfällt. Eine ähnliche Problematik entsteht durch die modernen Verarbeitungsprozesse in der Nahrungsmittelindustrie. In der Produktion der Getreideprodukte, wie Brot, Backwaren oder Teigwaren, werden sowohl die Schale des Getreidekorns als auch der Keimling entfernt um die Backfähigkeit und auch die Lagerfähigkeit des Mehls zu verbessern. Leider sind gerade in diesen Strukturen die meisten zusätzlichen Inhaltsstoffe enthalten. Deren Entfernung
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hat zur Folge, dass viele industriell gefertigte Getreideprodukte in Bezug auf den Gehalt an Mineralstoffen oder Vitaminen nicht vollwertig sind.
Ballaststoffe Ein wesentlicher Bestandteil der Zellwände von Pflanzen ist Zellulose, die vom menschlichen Darm nicht verdaut werden kann. Sie verbleibt daher im Darm und wird unverändert wieder ausgeschieden. Die Bezeichnung als „Ballaststoff“ stammt noch aus einer Zeit, wo die Zellulose als für die Ernährung unerheblich betrachtet worden ist. Eine weitere übliche Bezeichnung für Ballaststoffe ist „Pflanzenfasern“. Aber obwohl die Zellulose nicht direkt zur Ernährung beiträgt hat sie dennoch eine wichtige Funktion für die Verdauung: Durch ihre Anwesenheit und dadurch, dass sie noch zusätzlich im Darm Wasser bindet, erhöht sie die Masse des Speisebreis und letztlich das Stuhlgewicht. Die Füllung des Darms ist ein wesentlicher Stimulus für seine mechanische Arbeit, die im Weiterbewegen des Speisebreies besteht (die Darm-Peristaltik). Normalerweise dauert es zirka 20 – 30 Stunden bis der Speisebrei den gesamten Magen-Darmtrakt passiert hat (die so genannte Darmpassagezeit). Bei sehr geringer Ballaststoffaufnahme und schlechter Füllung des Darms wird das Stuhlgewicht verringert, der Stuhl eher hart und die Passagezeit kann auch auf mehrere Tage verlängert sein, was sich als „Verstopfung“ (Obstipation) äußert. Umgekehrt, kann eine Umstellung auf ballaststoffreiche Kost Probleme mit Obstipation bessern oder ganz beseitigen. Ballaststoffreiche pflanzliche Lebensmittel fördern durch verlängertes Kauen die Selbstreinigung der Mundhöhle, verlängern das Sättigungsgefühl und sind auch jene Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index. Eine allgemeine Angabe für die empfohlene Mindestmenge für die tägliche Zufuhr von Ballaststoffen ist 30g. Um aber auf den unterschiedlichen Bedarf von großen und kleinen Menschen mit stark unterschiedlichem Tagesenergieumsatz Rücksicht zu nehmen ist die Angabe
KOHLEHYDRATE
12,5 g/1000 kcal besser geeignet. Diese Menge ist z.B. in 1/4 kg Hülsenfrüchte oder (alternativ) in 400g Vollkornmehl enthalten. Die moderne Kost ist durch ihren hohen Anteil an Fett, Protein und reinem Zucker generell eher arm an Pflanzenfasern. Die dadurch verlängerte Darmpassagezeit scheint die Entstehung von Dickdarmkrebs zu begünstigen (z.B. durch einen längeren Kontakt von potentiell schädlichen Substanzen mit der Darmwand), aber auch „banale“ Leiden wie z.B. Hämorrhoiden (durch den erhöhten Druck in der Bauchhöhle beim Stuhlgang). Ballaststoffe kommen in praktisch allen unverarbeiteten pflanzlichen Nahrungsmitteln vor. Der häufige Ballaststoffmangel der modernen Kost ist die Folge des Verzichts auf derartige natürliche, wenig verarbeitete Nahrungsmittel zugunsten tierischer Produkte und hochverarbeiteter, industriell gefertigter Back- und Teigwaren. Natürlich ist es möglich den Mangel an Ballaststoffen einer modernen Kost durch die nachträgliche Zugabe auszugleichen, z.B. durch Weizenkleie (die zuvor im Produktionsprozess entfernt worden ist). Es ist aber zu bedenken, dass unverarbeitete pflanzliche Nahrungsmittel erheblich mehr Inhaltsstoffe enthalten als nur die Ballaststoffe, und diese werden durch die nachträgliche Zugabe von Weizenkleie natürlich nicht ersetzt. Allerdings ist Weizenkleie eine sinnvolle Ergänzung bei Kauschwierigkeiten. Eine andere Alternative ist das Reiben oder Pürieren von Gemüse oder Obst.
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DIE NÄHRSTOFFE
Eiweiß Allgemeine Funktion von Eiweiß Eiweiß (Protein) ist der Grundbaustoff des Körpers. Alle wesentlichen Strukturelemente bestehen aus Protein beginnend mit dem Skelett. So wird z.B. die Form der Knochen durch eine Knochenmatrix gebildet, die aus Proteinfasern, dem Kollagen, besteht. Sie ist allerdings weich und biegsam und bekommt erst durch die Einlagerung von Mineralstoffen, vor allem Kalzium und Phosphor, ihre Härte. Auch die Fasern des Bindegewebes, der Sehnen und Bänder bestehen aus Kollagen. Aus anderen speziellen Proteinstrukturen sind Muskeln oder die Hornhaut aufgebaut. Der Körper baut diese Strukturen selbst auf und benützt dazu das Nahrungseiweiß. Es ist daher klar, dass ein gravierender Mangel an Nahrungseiweiß, z.B. bei Hungerperioden, dazu führt, dass wichtige Strukturen nicht aufgebaut werden können, z.B. die aus Eiweiß bestehenden Strukturelemente der Muskulatur. Aber auch sehr viele Funktionselemente bestehen aus Protein, wie z.B. Enzyme, die Bio-Katalysatoren der Zellen oder die Antikörper der Immunabwehr. In den Körperzellen ist bis zu 90% des Eiweißgehaltes derartiges Enzymprotein. Enzyme sind biologische Katalysatoren, die biochemische Reaktionen fördern ohne selbst dabei verbraucht zu werden. Diese biochemischen Reaktionen müssen natürlich chemisch an sich möglich sein, wie z.B. eine Verbrennung. Bei einer Körpertemperatur von nur 37° würden sie aber von alleine nicht ablaufen, sondern meistens nur bei erheblich höheren Temperaturen. Ohne Anwesenheit von Enzymen kann eine Verbrennung nicht in wässriger Lösung stattfinden. Ganz allgemein besteht ein Enzym aus zwei Anteilen. Aus einem großen Proteinmolekül, das Apo-Enzym genannt wird. Das Apo-Enzym enthält in seiner komplexen Struktur die Information, mit welchem Stoff eine chemische Reaktion durchgeführt werden soll. Der andere Teil ist ein kleines Molekül, das ein Vitamin sein kann oder ein Metallatom enthält, und das Co-Enzym genannt wird. Das Co-Enzym
EIWEISS
bestimmt, welche chemische Reaktion durchgeführt werden soll. Das Zusammenwirken beider führt dazu, dass ein bestimmtes Enzym nur bei einem einzigen Stoff nur eine einzige chemische Reaktion fördert. Nehmen wir als Beispiel das Enzym „Laktat(Milchsäure)dehydrogenase“. Das Co-Enzym sorgt dafür, dass aus einer chemischen Substanz ein Wasserstoffatom entfernt wird. Und das Apo-Enzym sorgt dafür, dass dies nur bei Milchsäuremolekülen geschieht. Die Schwächung des Immunsystems durch Eiweißmangel in der Nahrung führt zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionskrankheiten. Das ist heute immer noch ein Problem in manchen Ländern der dritten Welt, wo die Menschen wesentlich häufiger an Infektionen erkranken (und sterben) als bei uns. Weil Eiweiß vordringlich für den Aufbau des Körpers verwendet wird, spielt es auch bei der Produktion von Energie, also der ATPSynthese, nur eine geringe Rolle. Im Normalfall werden nur zirka 10% des Tagesenergieumsatzes von Eiweiß bestritten.
Die biologische Wertigkeit von Eiweiß Eiweiß wird im Körper aus einzelnen Aminosäuren aufgebaut. Das sind organische Säuren, die als besonderes Merkmal eine Aminogruppe tragen, die aus einem Stickstoff- und zwei Wasserstoffatomen besteht. Die „Ursynthese“ von Aminosäuren und in weiterer Folge von Eiweiß findet in den Pflanzen statt, die dafür den Stickstoff über die Wurzeln aus dem Boden aufnehmen. Ein tierischer, und somit auch der menschliche Organismus nehmen den Stickstoff mit dem Eiweiß auf, das in den Nahrungsmitteln enthalten ist. Das mit der Nahrung aufgenommen Eiweiß wird zunächst im Darm wieder in seine einzelnen Aminosäuren zerlegt, die dann ins Blut aufgenommen und weiter transportiert werden. Aus den Aminosäuren bauen dann die Zellen des Körpers ihre eigenen, jeweils benötigten Proteine auf. Das können Proteine sein, die für alle Zellen gleich sind, z.B. das Enzymprotein für die Atmungsenzyme in den Mitochondrien. Oder zellspezifische Proteine, wie z.B. das für die aktive Muskelkontraktion zuständige Muskeleiweiß.
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DIE NÄHRSTOFFE
Im menschlichen Körper werden für die Proteinsynthese 20 verschiedene Aminosäuren verwendet. 12 davon kann der Körper aus Vorstufen und anderen Substanzen auch selbst herstellen, sofern sie mit der Nahrung nicht in ausreichender Menge zugeführt werden. 8 Aminosäuren allerdings können im Körper nicht synthetisiert werden. Da sie aber für die Produktion von körpereigenen Proteinen unabdingbar sind, müssen sie in ausreichender Menge mit der Nahrung zugeführt werden. Sie werden aus diesem Grund essentielle Aminosäuren genannt. Mit dem Ausdruck „essentiell“ werden in der Ernährungslehre generell Stoffe bezeichnet, die der Körper zwar unbedingt braucht, aber nicht selbst herstellen kann und die daher mit der Nahrung zugeführt werden müssen. Ein Mangel an essentiellen Nährstoffen, z.B. Aminosäuren, kann zu Funktionsstörungen führen. Aus diesem Grund sind nicht alle Eiweißquellen der Nahrung gleichwertig: wenn der Anteil der essentiellen Aminosäuren im Nahrungseiweiß genau so groß ist, wie im Eiweiß des menschlichen Körpers, dann können aus 100 Gramm Nahrungseiweiß auch 100 Gramm körpereigenes Protein aufgebaut werden. Ist der Anteil der essentiellen Aminosäuren in der Nahrung geringer, dann kann eben nur weniger körpereigenes Protein gebildet werden. Soll aber eine bestimmte Menge körpereigenes Protein aufgebaut werden, dann muss entsprechend mehr von dem Protein mit dem geringeren Gehalt an essentiellen Aminosäuren verzehrt werden. Mit der biologischen Wertigkeit von Eiweiß wird angegeben wie viel Gramm Protein der Körper aus 100g Nahrungsprotein bilden kann. Das Protein mit der höchsten Wertigkeit, nämlich 100, ist das Hühnereiweiß. Generell sind tierische Proteine höherwertiger als pflanzliche. Die Tabelle 10 gibt Ihnen einen Überblick. Um 100 g körpereigenes Protein aufzubauen sind also 100 g Protein aus Vollei erforderlich oder zirka 150 g Protein aus Bohnen, Reis oder Kartoffeln. In einer gemischten Kost, die auch tierische Proteine, vor allem Milchprodukte aber auch Fisch und Fleisch enthält und eine mittlere biologische Wertigkeit von etwa 85 hat, ist die Versorgung mit allen essentiellen Aminosäuren kein Problem. Aber auch eine vegetarische
EIWEISS
Tabelle 10 tierisches Eiweiß
biologische Wertigkeit
pflanzliches Eiweiß
biologische Wertigkeit
Vollei
100
Soja
84
Rindfleisch
92 - 96
Roggen
76
Fisch
94
Bohnen
70
Thunfisch
92
Reis
70
Milch
88
Kartoffel
70
Edamer-Käse
85
Brot
70
Schweizer Käse
84
Mais
65
Die biologische Wertigkeit verschiedener Nahrungsproteine
Das Vollei hat von allen Nahrungsproteinen die höchste biologische Wertigkeit. Es enthält alle essentiellen Aminosäuren in gleicher Konzentration und Relation wie der menschliche Körper. Alle anderen Nahrungsproteine enthalten eine oder mehrere essentielle Aminosäuren in geringerer Menge und haben daher eine geringere biologische Wertigkeit. Generell sind tierische Proteine höherwertiger als pflanzliche.
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DIE NÄHRSTOFFE
Tabelle 11 Proteinkombination
Biologische Wertigkeit
Ei und Kartoffel
138
Ei und Getreide
118
Ei und Bohnen
108
Milch und Getreide
104
Hülsenfrüchte und Getreide
100
Die biologische Wertigkeit von Eiweiß aus verschiedenen Nahrungsmittelkombinationen
Kost kann vollwertig sein, vor allem wenn pflanzliche Proteine mit Milchprodukten und/oder mit Ei kombiniert werden. Eine derartige Kostform wird ovo-laktovegetarisch genannt. Solche Kombinationen enthalten so viele essentielle Aminosäuren, dass die biologische Wertigkeit sogar größer als 100 wird. D.h., dass aus 100 g eines derartigen gemischten Proteins mehr als 100 g Körpereiweiß synthetisiert werden können. Dabei werden natürlich nicht-essentielle Aminosäuren hinzugefügt, die aber der Körper selbst bereitstellen kann. Eine besonders günstige Kombination ist, wie ersichtlich, Kartoffeln mit Ei.
... gemeinsam sind wir stark ... Pflanzliche Proteine haben, wegen des geringeren Gehalts an essentiellen Aminosäuren, generell eine geringere biologische Wertigkeit als tierische. Getreide hat allerdings gerade jene essentiellen Aminosäuren reichlich, an denen es Hülsenfrüchten mangelt und umgekehrt. Die Kombination hat daher in etwa die biologische Wertigkeit von 100.
EIWEISS
Aber auch mit einer rein vegetarischen Kost kann durch Kombination die biologische Wertigkeit erhöht werden. Insbesondere die Kombination von Cerealien (Getreideprodukte) wie z.B. Roggen, Weizen, Reis oder Mais mit Leguminosen (Hülsenfrüchte) wie z.B. Erbsen, Linsen oder Bohnen. Jeder dieser beiden Pflanzengruppen mangelt es an einigen bestimmten der 8 essentiellen Aminosäuren während die restlichen reichlich vorhanden sind. Aber jede Gruppe enthält gerade jene essentiellen Aminosäuren reichlich, an der es der anderen Gruppe mangelt. Beide zusammen ergeben also ebenfalls in etwa die biologische Wertigkeit von 100. Interessanterweise gehört dieses Wissen zum uralten Erfahrungsschatz der Menschen. Denn wo immer sich Landwirtschaft betreibende Hochkulturen entwickelt haben, sind diese beiden Pflanzengruppen angebaut worden und haben die Nahrungsbasis der bäuerlichen Bevölkerung gebildet. Z.B. Reis und Bohnen im Fernen Osten, Hirse oder Weizen und Bohnen oder Linsen im Nahen Osten und Mais und Bohnen in Amerika.
Energieproduktion durch die Verbrennung von Eiweiß Wenn 1 g Eiweiß vollständig verbrannt wird so werden dabei 4,3 kcal freigesetzt. Allerdings steht diese Energiemenge im Körper nicht vollständig zur Verfügung. Zunächst einmal gibt es schon gewisse Verluste bei der Verdauung, weil nicht das gesamte mit der Nahrung verzehrte Protein auch tatsächlich aus dem Darm in den Körper aufgenommen wird. Dabei wird tierisches Protein besser aufgenommen als pflanzliches und erhitztes besser als rohes. Die aus der Verdauung stammenden Aminosäuren gelangen zunächst in die Leber, wo sie eine intensive biochemische Betriebsamkeit auslösen, die ihrerseits wieder eine beträchtliche Wärmeproduktion zur Folge hat. Zirka 25% der im Protein gespeicherten Energie wird auf diese Weise bereits in Umbauvorgänge investiert bzw. als Wärme verstrahlt, bevor noch die Aminosäuren in den Körperstoffwechsel eintreten. Das ist die schon erwähnte nahrungsmittelinduzierte Thermogenese, die sich als ent-
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DIE NÄHRSTOFFE
sprechendes Wärmegefühl nach eiweißreichen Mahlzeiten bemerkbar machen kann. Aber auch beim Abbau der im katabolen Stoffwechsel anfallenden Aminosäuren muss noch einmal Energie investiert werden. Der Stickstoff der Aminosäuren wird in Form von Harnstoff mit dem Harn ausgeschieden. Harnstoff muss in der Leber synthetisiert werden, wofür ATP investiert werden muss. Erst nach Entfernung des Stickstoffs kann der Rest des Aminosäurenmoleküls oxidativ abgebaut werden. Von der dabei freigesetzten Energie müssen aber die erwähnten Verluste abgezogen werden, so dass von den an sich gespeicherten 4,3 kcal nur tatsächlich rund 3 kcal netto überbleiben, die dann für die anderen Lebensvorgänge zur Verfügung stehen. Diese, im Vergleich zu Fett oder Kohlehydrat geringe Netto-Energieausbeute ist die ernährungsphysiologische Grundlage der so genannten Proteindiäten, die in verschiedenen Varianten als Abmagerungskuren empfohlen werden (siehe Kapitel: Abmagerungskuren). Eine andere, für die Beurteilung von Protein als Brennstoff informative Darstellung ist die Energiemenge, die bei Verbrauch von 1 l Sauerstoff gewonnen wird: das sind 4,5 kcal. Das ist um 10% weniger als beim Verbrauch von 1 l Sauerstoff für die Verbrennung von Kohlehydraten gewonnen wird und 4% weniger als bei Fett. Es ist daher verständlich dass im Energiestoffwechsel Eiweiß normalerweise nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt.
Mindestbedarf und Normalbedarf Eine echte Unterversorgung mit Eiweiß gefährdet die ausreichende Synthese körpereigener Proteine, wie z.B. Muskeleiweiß, Enzymeiweiß oder die für die Krankheitsabwehr wichtigen Immunproteine. Es ist daher die Kenntnis jener Proteinmenge von großem Interesse, die im normalen Eiweißkatabolismus täglich abgebaut wird. Dies ist nämlich jene Menge, die mindestens mit der Nahrung zugeführt werden muss, um eine ausgeglichene Eiweißbilanz aufrecht zu erhalten. Dies wird ermittelt, indem bei Verzehr einer strikt eiweißfreien Kost die Menge des mit dem Harn in 24 Stunden ausgeschiedenen Stickstoffs bestimmt
EIWEISS
wird. (1 g Stickstoff entsprich zirka 6,5 g Eiweiß). Auf diese Weise kann man feststellen, dass der tägliche Proteinabbau etwa 0,5 g/kg Körpergewicht beträgt. Diese Proteinmenge muss mindestens verzehrt werden um den Körperbestand an Protein konstant und die Eiweißbilanz ausgeglichen zu erhalten. Das ergibt bei einem 70 kg schweren Menschen ein absolutes Minimum von 35 g Eiweiß pro Tag, allerdings mit einer biologischen Wertigkeit von 100. Diese Menge muss aber mit einigen Zuschlägen versehen werden: bei Berücksichtigung der Resorptionsverluste im Darm, des Umstandes, dass die durchschnittliche biologische Wertigkeit weniger als 100 ist und eines allgemeinen Sicherheitszuschlages kommt man letztlich auf einen Normalbedarf von 0,8 g Eiweiß pro kg Körpermasse in 24 Stunden. Diese Menge ist erforderlich um eine ausgeglichene Eiweißbilanz zu erhalten und den Verlust von körpereigenem Protein zu verhindern. Bei einem 75 kg schweren Menschen ergibt das eine Gesamtmenge von 60 g pro Tag, die 258 kcal enthalten. Bezogen auf den Tagesenergieumsatz, bei sitzender Lebensweise, bedeutet das, dass zirka 10% des gesamten Tagesenergieumsatzes aus der Verbrennung von Eiweiß gewonnen werden soll. Diese Art der Angabe wird, wie schon früher erläutert, als Energieprozent (En%) bezeichnet. Sie ist zweckmäßiger, weil die Angabe in Gramm und auch g/kg nicht berücksichtigt, dass der Eiweißbedarf mit zunehmendem Tagesenergieumsatz proportional ansteigt. Bei unterschiedlichen Tagesenergieumsätzen kann der individuelle Eiweißbedarf wie folgt berechnet werden:
Eiweißbedarf [Gramm] = Tagesenergieumsatz [kcal] x 0,1 [En%] / 4,3
Eine andere Angabe, mit der ebenfalls unterschiedliche Tagesenergieumsätze berücksichtigt werden können, lautet:
Eiweißbedarf [Gramm] = 24 g pro 1.000 kcal des Tagesenergieumsatzes
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DIE NÄHRSTOFFE
Beide Angaben berücksichtigen den allfälligen Mehrbedarf durch körperliche Tätigkeit, sei es in Beruf oder Freizeit oder den größeren Tagesenergieumsatz größerer Menschen. Durch die körperliche Tätigkeit wird der Tagesenergieumsatz erhöht und damit steigt, bei gleich bleibender Zusammensetzung der Nahrung, auch die aufgenommene Proteinmenge.
Eiweißbedarf bei körperlichem Training und Sport Insbesondere Menschen über 50 ist wärmstens zu empfehlen, wenigstens einen Teil des durch den westlichen Lebensstil verloren gegangenen Leistungsumsatzes durch Bewegung zu ersetzen, die nicht unmittelbar der Lebenshaltung (Beruf und/oder Haushalt) dient. Die einfachste Form ist zusätzliches Gehen. Für die Ernährungsbilanzen bedeutet das eine Vermehrung der mittelschweren körperlichen Tätigkeit und somit eine Erhöhung des Tagesenergieumsatzes durch ein Mehr an Tätigkeit vom Alltagstyp. Der Eiweißbedarf steigt daher proportional zum Tagesenergieumsatz und wird durch die angemessene Erhöhung der im Übrigen unveränderten Kost mit 10 En% problemlos abgedeckt. Das wird ein wenig anders wenn die Erhöhung des Leistungsumsatzes durch sportliches Training bzw. durch Sportausübung, wie z.B. Sportspiele, zustande kommt. Durch die üblichen Alltagsbelastungen wird die individuelle maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit zu etwa 25 – 30% ausgelastet (dieser Prozentsatz der Auslastung wird als Intensität der Belastung bezeichnet). Bei Ausdauertraining, z.B. Laufen oder Rad Fahren, ist die Intensität zirka doppelt so hoch, im Bereich 50 – 65%. Wir haben schon früher gehört, dass die tatsächliche Leistung, die bei gleicher Intensität erbracht wird, vom Trainingszustand, also von der individuellen maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit, abhängt und daher stark variieren kann. Je besser der Trainingszustand ist, desto höher ist auch die tatsächliche Leistung bei gleicher Intensität, also bei gleicher prozentueller Auslastung. Jedenfalls bedeutet das Ausdauertraining nicht nur
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eine wesentlich stärkere Beanspruchung des Energiestoffwechsels sondern auch eine erheblich stärkere mechanische Beanspruchung der Proteinstrukturen der beteiligten Muskeln. Und dies bedeutet zunächst einmal einen verstärkten Eiweißabbau während des Trainings. Der Ersatz der verstärkt abgebauten Strukturen erfolgt in der nachfolgenden Erholungsphase. Dieser trainingsbedingte etwas erhöhte Eiweißabbau muss in der Ernährung zur Aufrechterhaltung einer ausgeglichenen Eiweißbilanz berücksichtigt werden, weshalb der Eiweißbedarf für Menschen, die regelmäßig einen Ausdauersport betreiben mit 12 En% angesetzt wird. Wenn unser Beispielmann (mit sitzendem Beruf und mit 75 kg) an 4 Tagen der Woche je eine Stunde seine Ausdauer trainiert, so beträgt der zusätzliche Energieumsatz durch das Training insgesamt zirka 2000 kcal/Woche. Teilt man das auf alle 7 Tage der Woche auf so ergibt das einen durchschnittlichen Tagesumsatz von 3100 kcal. Jetzt können wir den individuellen täglichen Eiweißbedarf berechnen: Eiweiß = 3100 x 0,12 / 4,3 = 86 Gramm / Tag (1,1 g/kg)
Noch stärker wird die muskuläre Beanspruchung bei einem Muskelaufbautraining, z.B. in einem Fitnesszentrum. Ein derartiges Training ist Menschen über 50 ebenfalls zur Erhaltung der Muskelmasse und Muskelkraft dringend zu empfehlen. Wird ein derartiges Training regelmäßig, z.B. an 2 oder 3 Tagen der Woche durchgeführt, dann können für das Nahrungseiweiß 15 En% angesetzt werden. Eine realistische Annahme für ein sehr gutes, regelmäßiges Muskeltraining sind 3 Trainingstage pro Woche mit je 1 Stunde Training. Der zusätzliche Energieumsatz beträgt dafür zirka 750 kcal/Woche, was den durchschnittlichen Tagesumsatz unseres Beispielmannes auf 2910 kcal erhöht. Der Eiweißbedarf beträgt daher:
Eiweiß = 2910 x 0,15 / 4,3 = 101 Gramm / Tag (1,3 g/kg)
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DIE NÄHRSTOFFE
Was wir aus diesen Berechnungen vor allem lernen ist, dass auch bei regelmäßigem Training der Eiweißbedarf in einem Rahmen bleibt, der durch eine normale gemischte Kost ohne weiteres gedeckt werden kann. Angaben, die bei regelmäßigem Muskeltraining generell einen Eiweißbedarf von 2 g/kg und mehr suggerieren, finden sich vor allem auf den Beipackzetteln von Eiweißpräparaten und sind nicht physiologisch begründet.
Eiweiß in den Nahrungsmitteln Wie bereits erwähnt stammt unser Nahrungseiweiß aus zwei Hauptquellen: ! Tierisches Eiweiß, aus Fleisch, Fisch, Geflügel aber auch Milch und Ei und entsprechenden verarbeiteten Produkten der Nahrungsmittelindustrie ! Pflanzliches Eiweiß, vor allem aus Getreideprodukten, Kartoffeln, Hülsenfrüchten Bei einer gemischten Kost wird etwa die Hälfte der benötigten Proteinmenge aus pflanzlichen Quellen beigesteuert und die andere Hälfte aus tierischen. Die Versorgung mit essentiellen Aminosäuren ist auf diese Weise unproblematisch. Ebenfalls unproblematisch in Bezug auf die Proteinqualität ist eine Kost, die zwar auf Fleisch, Fisch und Geflügel verzichtet, aber Milch, Milchprodukte und Ei beinhaltet (so genannte Ovo-Lakto-Vegetabile Kost). Durch die Kombination von Milch und/oder Ei mit pflanzlichen Proteinen kann eine hohe biologische Wertigkeit sichergestellt werden. Sogar bei einer rein vegetarischen Kost, die auch auf Milch und Ei verzichtet, kann durch eine systematische Kombination von Getreideprodukten mit Hülsenfrüchten eine ausreichende Versorgung mit essentiellen Aminosäuren gewährleistet werden.
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Probleme könnte es bei einer einseitigen pflanzlichen Kost geben, z.B. mit einem Schwerpunkt auf grünem Salat mit Vollkornweckerl. Die Energieversorgung kann dabei, z.B. durch reichliche Zugabe von Olivenöl, durchaus angemessen sein, insbesondere bei sehr bewegungsarmen Lebensstil; Trotz reichlicher Versorgung mit Vitaminen und Pflanzeninhaltsstoffen könnte die Proteinversorgung aber sowohl nach Menge als auch nach Zusammensetzung suboptimal sein.
Eiweißpräparate Auf dem „Gesundheits- und Fitnessmarkt“ wird eine unüberschaubare Anzahl von Nahrungsergänzungsstoffen angeboten, die entweder Protein oder einzelne Aminosäuren in konzentrierter Form als Pulver oder in flüssiger Form enthalten. Sie werden häufig nicht nur für Sportler, sondern generell als Quelle von Gesundheit und Wohlbefinden angepriesen. Das Protein ist meistens Milcheiweiß oder das Protein der Sojabohne. Letzteres unter allen pflanzlichen Proteinen die höchste biologische Wertigkeit hat (siehe Tabelle 10). Bei den Aminosäurengemischen handelt es sich meist um spezielle Aminosäuren, z.B. die essentiellen Aminosäuren. Wenn die eiweißhaltigen Nahrungsmittel in der Kost nach den oben erwähnten Richtlinien ausgewählt werden, dann gibt es weder einen quantitativen noch einen qualitativen Mangel an Protein. Zusätzliche Eiweißpräparate können eine vollwertige Kost nicht noch vollwertiger machen und überflüssig verzehrtes Eiweiß baut keine zusätzlichen Körperstrukturen auf, insbesondere kein Muskeleiweiß, sondern erhöht nur die Stickstoffausscheidung. Es kommt also zu einer ausgeglichenen Eiweißbilanz allerdings bei erhöhtem Umsatz.
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Wasser Wasser ist ein absolut unverzichtbarer Nährstoff, dessen Mangel binnen weniger Tage zum Tod führt. Wie wir bereits früher erfahren haben, finden alle Lebensvorgänge also alle biochemischen Reaktionen, alle Transportvorgänge in wässriger Lösung statt. Auch die Stoffwechselendprodukte werden in Wasser gelöst (im Urin, Schweiß oder Stuhl) ausgeschieden. 40 – 60% des Körpergewichtes sind Wasser. Diese Spannweite ist doch beträchtlich und Sie werden sich fragen woher diese großen Unterschiede kommen. Nun, das hängt in erster Linie von der Körperzusammensetzung ab. Bei Muskelgewebe trägt Wasser zu zirka 70% zum Gewicht bei, hingegen beim Fettgewebe nur zu zirka 25%. Handelt es sich um einen schlanken 175 cm großen Mann mit 70 kg, dann sind zirka 40% davon, also 28 kg, Muskulatur und 15%, also 9,5 kg, Fett. Der Wassergehalt liegt dann, auf Grund des hohen Anteils an Muskelmasse, eher bei 60%. Nimmt dieser Mann nun 25 kg an Körperfett zu, was in wenigen Jahren passieren kann, dann beträgt die gleiche Muskelmasse nur mehr 28% des Körpergewichtes, der Fettanteil hingegen ist auf 35% angestiegen. In so einem Fall nähert sich der Wasseranteil des Körpergewichtes mehr den 40%. Die Physiologen ordnen das Körperwasser modellhaft zwei verschiedenen „Flüssigkeitsräumen“ zu. Der eine ist der Intrazellulärraum, der von allen Körperzellen zusammen gebildet wird und durch die Zellmembranen vom zweiten Flüssigkeitsraum, dem Extrazellulärraum getrennt ist. Zu letzterem gehören die Flüssigkeit im Gewebe zwischen den Zellen, die Lymphe und das Blutplasma (das Innere der roten und weißen Blutzellen gehört allerdings zum Intrazellulärraum). Etwa 60% des gesamten Körperwassers ist intrazellulär und 40% extrazellulär. Eine negative Wasserbilanz, also z.B. bei hohen Schweißverlusten aber auch bei starken Durchfällen, führt zu einem verminderten Wassergehalt des Körpers, ein Zustand, der als Dehydrierung bezeichnet wird. Er betrifft in erster Linie den Extrazellulärraum und hier vor allem das Blutplasma und daher die Kreislauffunktion. Dies kann, wenn der Flüssigkeitsverlust sehr groß
WASSER
ist, bis zum Kreislaufversagen (Kreislaufschock) und zum Nierenversagen führen. In der Tabelle 12 sind die Symptome, die bei größeren Wasserverlusten und entsprechender Dehydrierung auftreten, erläutert. Tabelle 12 Flüssigkeitsverlust in % des Körpergewichtes 3
Abnahme in kg (bei 70kg) 2,1
5 10 15
3,5 7 10,5
Symptome Beginnende Müdigkeit und Leistungsabfall Totale Erschöpfung Benommenheit Lebensgefahr, Kreislaufschock, Nierenversagen
Symptome bei negativer Wasserbilanz. Angaben des Verlustes in % des Körpergewichtes
In der Tabelle wird der Flüssigkeitsverlust in % des Körpergewichtes angegeben. Das beste Messinstrument zur Kontrolle der Flüssigkeitsbilanz ist daher die Waage. Kurzfristige Änderungen, binnen eines Tages, zeigen immer Änderungen im Wassergehalt an. Besonders ist zu erwähnen, dass die Empfindlichkeit für Wasserverluste mit zunehmendem Alter zunimmt. Daher ist es für ältere Menschen besonders wichtig auf ausreichende Trinkmengen zu achten. Erfahrungsgemäß ist der Durst alleine kein sehr guter Maßstab. Um auf das ausreichende Trinken nicht zu „vergessen“ ist es sinnvoll, sich täglich 1 – 1,5 Liter einer – zuckerfreien – Flüssigkeit (z.B. Mineralwasser, Früchtetee oder Light-Getränke) zurecht zu richten und darauf zu achten, dass mit dem Schlafengehen auch alles getrunken worden ist.
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DIE NÄHRSTOFFE
Wie groß ist nun der normale Bedarf an Wasser in 24 Stunden
Täglicher Wasserbedarf: 1,5 Liter/m2 der Körperoberfläche
Da eine durchschnittliche Körperoberfläche eines Menschen zirka 1,7 m2 beträgt, errechnet sich der tägliche Wasserbedarf mit 2,55 Liter (1,5 [l] x 1,7 [m2]). Leider ist die individuelle Körperoberfläche nur mit komplizierten Formeln zu bestimmen. Aber glücklicherweise hat die Körpergröße in Metern eine große zahlenmäßige Ähnlichkeit mit der Oberfläche (in m2), so dass für die persönliche Berechnung auch die Formel: „1,5 Liter pro Meter Körpergröße“ verwendet werden kann. Wie die Tabelle 13 über die Flüssigkeitsbilanz zeigt muss nur etwa die Hälfte des täglichen Wasserbedarfs durch tatsächliches Trinken von Flüssigkeiten gedeckt werden. Der Rest wird durch den Wassergehalt der festen Nahrung und durch das im Energiestoffwechsel bei der Oxidation der Nährstoffe gebildete Wasser beigesteuert. Bei der Ausscheidung ist zu beachten, dass auch bei gemäßigter Temperatur und völlig trockener Haut zirka 600 ml als Schweiß verdunsten, das ist die sogenannte insensible Perspiration (das „nicht fühlbare Schwitzen“). Rund ein Drittel Liter wird mit der Atmung über die Lungen ausgeschieden. Tabelle 13 Tägliche Aufnahme Quelle
Tägliche Ausscheidung Menge
Weg
Menge
Nahrung
1000
Urin
1500
Flüssigkeit
1200
Stuhl
100
350
Haut
600
Lungen
350
Stoffwechsel Total
2550
Die Wasserbilanz (Mengen in Milliliter)
2550
WASSER
Die Ausscheidung über den Schweiß ist sehr variabel und kann in Abhängigkeit von der Außentemperatur insbesondere in Verbindung mit körperlicher Bewegung bis zu 3 oder 4 Liter pro Tag ansteigen. Das muss keineswegs eine sportliche Betätigung, das kann auch eine Stadtbesichtigung bei hochsommerlichen Temperaturen sein. Diese Mengen müssen durch Trinken ersetzt werden, weil es sonst zur Dehydrierung mit den in der Tabelle 12 geschilderten Folgen kommt.
Mineralstoffe Allgemeines Bei den Mineralstoffen unterscheidet man einfach nach der jeweils im Körper insgesamt vorhandenen Menge in Mengenelemente und Spurenelemente. Mengenelemente sind solche, von denen der Körper mehr als 50 mg pro kg Körpergewicht enthält und Spurenelemente solche mit weniger als 50 mg/kg. Grundsätzlich unterliegt die gesamte im Körper befindliche Menge eines Mineralstoffes einer homöostatischen Regelung, so dass die Gesamtmenge im Körper immer in etwa gleich bleibt. Dafür gibt es zwei Regelmöglichkeiten, nämlich die Aufnahme über den Darm und die Ausscheidung mit dem Urin (über die Nieren) oder mit dem Stuhl (über die Leber in den Darm). Ist die Zufuhr reichlich und tendiert die Körpermenge daher zur Zunahme, dann kann die Aufnahme aus dem Darm gedrosselt und/oder die Ausscheidung über die Nieren oder die Leber forciert werden. Ist umgekehrt die Zufuhr mit der Nahrung knapp, dann kann die Aufnahme aus dem Darm verbessert werden oder die Ausscheidung wird gedrosselt. Eine Hauptfunktion vieler Mineralstoffe ist jene als Co-Enzym. Ein Mangel an einem Mineralstoff kann daher die Funktion hunderter verschiedener Enzyme schwächen, auch dann, wenn die Proteinversorgung ausreichend ist.
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DIE NÄHRSTOFFE
Im Folgenden werden einige Mineralstoffe besprochen, deren Versorgung auch bei gesunden Personen mit der normalen Ernährung unter bestimmten Umständen nicht ganz dem Bedarf entspricht
Mengenelemente In wässriger Lösung liegen die Mengenelemente als Ionen vor und werden daher auch Elektrolyte genannt.
Kochsalz Kochsalz (Natriumchlorid, NaCl)) besteht aus Natrium (Na) und Chlor (Cl), die beide die Hauptelektrolyte des extrazellulären Raumes sind. Sie kommen im Inneren der Körperzellen praktisch nicht vor. Die Bestimmung der Natrium- bzw. der Chlorkonzentration im Blutserum ist daher repräsentativ für die Beurteilung der Bilanzen, weil vor allem eine negative Bilanz umgehend auch einen Abfall der Natrium- und Chlorkonzentration im Blutserum zur Folge hat. Eine vermehrte Zufuhr kann allerdings sehr gut durch eine vermehrte Ausscheidung über die Nieren ausgeglichen werden. Salz ist zuständig für die Aufrechterhaltung des osmotischen Drucks mit dem der Wasserausgleich zwischen dem Zellinneren und dem Zelläußeren geregelt wird und ist auch für die Aufrechterhaltung der elektrischen Ladung der Zellmembran (Membranpotential) erforderlich. Der Mindestbedarf beträgt zirka 6 – 7 g/Tag. Tatsächlich werden mit der normalen Kost erheblich mehr, zirka 15 – 30 g, aufgenommen, so dass man davon ausgehen kann, dass die normale Kochsalzversorgung immer gewährleistet ist. Salz wird fast jeder Speise zugesetzt und ist insbesondere in verarbeiteten Lebensmitteln reichlich enthalten. Nur unter extremen Bedingungen kann es zu einer akuten Kochsalzverarmung kommen: z.B. bei einer vielstündigen Bergtour im Hochsommer bei hoher Außentemperatur, wenn insgesamt mehrere Liter Schweiß produziert werden. Da pro Liter Schweiß auch 2 – 4 g Kochsalz ausgeschieden werden, kann es zu einem beträchtlichen
MINERALSTOFFE
Verlust kommen. Wird gegen den Durst nur reines (bzw. salzfreies) Wasser getrunken, dann kommt es insgesamt zu einer Verdünnung der Salzkonzentration im Blut, was sich vor allem als körperliche Schwäche bemerkbar macht. Unter diesen Bedingungen ist es sinnvoll, dem Getränk auch etwas Salz zuzufügen (als Faustregel: 1gestrichener Teelöffel auf einen Liter Getränk).
Laokoon, der die Trojaner vor dem „trojanischen Pferd“ warnte, bemühte sich – letztlich vergeblich – die Schlangen von sich und seinen Söhnen fern zu halten. Metallionen, z.B. Magnesium (Mg++) bemühen sich – erfolgreich – mittels elektrischer Kräfte schlangenförmige (bzw. kettenförmige) Eiweißmoleküle in einer bestimmten räumlichen Form zusammen zu halten. Nur in dieser besonderen räumlichen Form kann das Eiweißmolekül seine spezielle Wirkung, z.B. als Enzym, entfalten. Fehlt das Metallatom, dann kann sich die „Eiweißschlange“ strecken und das Eiweißmolekül verliert seine Enzymwirkung.
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DIE NÄHRSTOFFE
Kalium Kalium ist der Hauptelektrolyt des Intrazellulärraumes und ist dort für die Aufrechterhaltung des osmotischen Drucks und die elektrische Ladung der Zellmembran verantwortlich. Seine Konzentration ist in den Körperzellen zirka 50-mal höher als im Blutserum, weshalb sich 99% des gesamten Kaliumbestandes in den Zellen befindet. Die Serumkonzentration wird ziemlich genau geregelt: fällt die Kaliumkonzentation ab, dann wird die Ausscheidung über die Nieren gedrosselt. Steigt die Kaliumkonzentration an, dann wird die Ausscheidung verstärkt. Daher kann die Kaliumkonzentration im Serum auch dann noch konstant gehalten werden, wenn die Kaliummenge in den Zellen schon etwas abgenommen hat. Daraus ergibt sich der für die Beurteilung der Kaliumbilanz wichtige Umstand, dass eine normale Kaliumkonzentration im Serum nicht ausschließt, dass der Kaliumgehalt in den Zellen schon vermindert ist. Das kann z.B. eine Folge einer starken Durchfallerkrankung sein. Aber auch eine Folge der durchaus nicht seltenen Kombination von chronischer Verstopfung und einer langfristigen, gewohnheitsmäßigen Einnahme von Abführmitteln. Auch bei der medikamentösen Behandlung des
Kalzium ist nicht nur für die Festigkeit der Knochen zuständig sondern auch für die Festigkeit der Zähne und deren Widerstandsfähigkeit gegen Karies.
MINERALSTOFFE
Bluthochdrucks, der bei zirka 20% aller Menschen über 50 auftritt, mit harntreibenden Medikamenten kommt es zu einer vermehrten Ausscheidung von Kalium. Mit einer gemischten Kost ist bei gesunden Menschen ein Kaliummangel unwahrscheinlich. Hauptquellen sind Gemüse, vor allem Hülsenfrüchte, und Obst, besonders konzentriert in Trockenobst und Bananen. Der Bedarf ist im Wesentlichen proportional dem Tagesenergieumsatz und beträgt zirka 1g / 1000 kcal (also etwa 2 – 4 g/Tag).
Magnesium Magnesium ist ein Ko-Enzym für über 300 Enzyme darunter alle, die ATP für die Bereitstellung von Energie spalten und auch jene, welche die ATP-Synthese mit der aus der Oxidation gewonnenen Energie ermöglichen. Ein Mangel an Magnesium schwächt daher die Muskelkontraktion und stört auch die Erregbarkeit der Membranen von Muskel- und Nervenzellen. Magnesium ist in den Lebensmitteln einer gemischten Kost aus wenig verarbeiteten Produkten eigentlich ausreichend enthalten. Es findet sich reichlich in Fleisch, in den Schalen von Getreidekörnern (Vollkornprodukte) und in allen grünen Gemüsesorten. Erstaunlicherweise ist dennoch in der westlichen Welt ein leichter Magnesiummangel nicht selten und betrifft 20 – 30% der Bevölkerung, wobei ältere Menschen häufiger betroffen sind als jüngere. Der Grund dafür sind die in westlichen Ländern üblichen Ernährungsgewohnheiten. Der Tagesenergieumsatz wird, wie geschildert, zu 15% aus reinem Zucker bestritten und zu 40% aus Fett, die beide völlig magnesiumfrei sind. Die restlichen Kohlehydrate stammen meist aus Nahrungsmitteln, die aus hoch ausgemahlenem Mehl zubereitet worden sind, und wo daher die magnesiumhaltige Schale der Körner entfernt worden ist. Beträchtliche Magnesiumverluste können dann noch beim Kochen durch Auswaschen entstehen. Und schließlich behindert auch regelmäßiger Alkoholkonsum die Aufnahme von Magnesium aus dem Darm. Typische Symptome des Magnesiummangels sind nächtliche Muskelkrämpfe vor allem in den Fußsohlen und in den Waden.
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DIE NÄHRSTOFFE
Bei entsprechenden Beschwerden sollte daher auf jeden Fall auch die zusätzliche Einnahme von Magnesium in Form von Tabletten über 4 – 6 Wochen versucht werden. Als wünschenswerte Zufuhr werden 4,5 mg/kg Körpergewicht angegeben. (Also rund 300 – 400 mg pro Tag.)
Kalzium Kalzium ist (in Verbindung mit Phosphat) wesentlich für die Festigkeit von Knochen und Zähnen. In den Zellen hat Kalzium die Funktion eines Signalüberträgers und löst die zellspezifischen Funktionen aus, wie z.B. die Kontraktion von Muskelzellen. Kalziummangel führt zu Krampfanfälligkeit der Muskulatur. Bei langfristiger Unterversorgung kann es auch zu Störungen des Knochenaufbaus kommen, mit der gravierenden Folge einer Osteoporose (das bedeutet eine Ausdünnung der Knochensubstanz). Der tägliche Bedarf (inklusive eines Sicherheitszuschlages) beträgt 1g Kalzium/Tag. Hauptquellen für Kalzium sind Milch und Milchprodukte, vor allem Käse, die, als Magermilchprodukte, etwa zweimal täglich Bestandteil einer Mahlzeit sein sollen.
Spurenelemente Mit Ausnahme des Eisens ist ein ernährungsbedingter Mangel an Spurenelementen in unseren Breiten sehr selten.
Eisen Ein Eisenmangel ist der am häufigsten vorkommenden ernährungsbedingte Defizit, der, bei entsprechender Ausprägung, zu einer Blutarmut, einer Eisenmangelanämie, führt. Für die Feststellung des Eisenmangels ist weniger der Eisenspiegel als vielmehr die Konzentration des Speicherproteins Ferritin im Blut von Bedeutung. Die Hauptquellen für Eisen sind Fleisch, Blattgemüse und Getreide. Allerdings ist die Aufnahme aus tierischen oder pflanzlichen
MINERALSTOFFE
Tabelle 14 Vitamin
Vorkommen
Fettlöslich A
MuMP, Ei, Leber
D
Seefisch, Ei
E
Nüsse, Samen und daraus hergestellte Öle
K
Alle grünen Pflanzen, MuMP, Ei
(Kürbis, Sonnenblume, Maiskeim…) Wasserlöslich B1
Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte
B2
Leber, MuMP
B6
Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Fleisch, Fisch
B12
Fleisch, Fisch, MuMP, Ei
C
Obst, Gemüse
Pantothensäure
Fleisch, Vollkornprodukte, Gemüse
Niacin
Fleisch, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse
Biotin
Leber, Ei, Haferflocken
Folsäure
Leber, Hülsenfrüchte, Gemüse Vitamine und Nahrungsmittel, in denen sie vorkommen (MuMP = Milch und Milchprodukte)
Nahrungsmitteln unterschiedlich: tierisches Eisen wird zu 15 – 20% resorbiert, pflanzliches nur zu 1 – 5%. Schon ein geringer Fleischanteil in einer gemischten Mahlzeit verbessert die Eisenausnutzung des gesamten Eisens der gesamten Mahlzeit auf 10 – 15%. Die Resorption von pflanzlichen Eisen wird durch Ascorbinsäure (Vitamin C) oder Zitronensäure verbessert. Vegetarische Mahlzeiten sollten daher durch Vitamin C-haltige Getränke ergänzt werden, z.B. Orangensaft. Der tägliche Bedarf beträgt nur 1 – 2 mg. Da aber nur ein kleiner Teil des gesamten Nahrungseisens tatsächlich resorbiert wird, sollten mit der Nahrung 10 – 20 mg verzehrt werden.
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DIE NÄHRSTOFFE
Vitamine Vitamine sind Nährstoffe, die in winzigen Mengen vom Körper aufgenommen werden und daher auch als Mikronährstoffe bezeichnet werden. Sie erfüllen einerseits lebensnotwendige Funktionen können aber andererseits nicht vom Körper selbst synthetisiert werden. Es handelt sich also um essentielle Nahrungsbestandteile, deren Ausbleiben zu Vitaminmangelkrankheiten und im Extremfall auch zum Tod führen kann. Im Gegensatz zu den Makronährstoffen sind Vitamine weder Energieträger noch spielen sie als Strukturelemente eine Rolle. In der Hauptsache erfüllen sie katalytische Funktionen, d.h. sie ermöglichen oder beschleunigen chemische Prozesse ohne dabei selbst verändert zu werden. Sie können das entweder selbst oder sind als Ko-Faktor Teil eines Enzyms. In jedem Fall ist ein bestimmtes Vitamin für eine bestimmte Wirkung zuständig, so dass sich die Vitamine nicht gegenseitig ersetzen können. Allerdings können mehrere Vitamine bei bestimmten Funktionen zusammen wirken, z.B. unterstützt Vitamin C die antioxidative Wirkung von Vitamin E. Insgesamt sind die Vitamine an praktisch allen Lebensvorgängen beteiligt: bei der Energiegewinnung durch die biologische Oxidation, bei allen Synthesevorgängen von Protein, Fettsäuren oder Glukose und Glykogen sowie von Hormonen aber auch bei den katabolen Abbauprozessen des Körpers. Vitamine werden danach eingeteilt, in welchem Medium gelöst sie mit der Nahrung aufgenommen werden. Daher werden wasserlösliche und fettlösliche Vitamine unterschieden. Diese Einteilung hat sich als zweckmäßig erwiesen, weil bestimmte Eigenschaften mit der Art der Löslichkeit zusammenhängen. So werden generell von den wasserlöslichen Vitaminen im Körper keine nennenswerten Depots angelegt. Alles was zuviel aufgenommen wird, also über dem tatsächlichen Bedarf liegt, wird problemlos über den Urin oder den Stuhl wieder ausgeschieden. Es gibt daher mit den wasserlöslichen Vitaminen keine Vergiftungen, auch nicht bei künstlicher Zufuhr. Hingegen werden fettlösliche Vitamine in der Leber und im Fettgewebe gespeichert und
VITAMINE
können sich im Körper anreichern. Bei längerfristiger Überdosierung, wie sie allerdings praktisch nur bei künstlicher Zufuhr möglich ist, kann es daher zu Vergiftungserscheinungen kommen. Bei einer einigermaßen ausgewogenen gemischten Kost aus frischen Produkten gibt es praktisch keinen Vitaminmangel. Gemischt bedeutet, dass die Nahrung sowohl Obst, Gemüse und pflanzliche Öle enthält, weil z.B. die Vitamine C und E nur in diesen Nahrungsmitteln vorkommen. Als auch tierische Produkte inklusive Ei und Milchprodukte, weil das Vitamin B12 nur in solchen vorkommt. Allerdings ist diese wünschenswerte Kost auch bei reichlicher Ernährung bei uns nicht immer in optimaler Weise gewährleistet. So geht bei fast allen Vitaminen ein Teil beim Kochen verloren, weil sie entweder hitzeempfindlich sind oder mit dem Kochwasser weggeschüttet werden. Diese Verluste erreichen 30 – 50% und beim Vitamin C bis zu 80%. Eine andere Ursache einer knappen Versorgung mit Vitaminen ist eine einseitige Ernährung, bei der ein großer Teil des Tagesenergieumsatzes aus tierischem Fett, Weißmehlprodukten, Zucker und Alkohol stammt und frisches Obst, Gemüse und Pflanzenöle nur gering vertreten sind. Diese Art der Ernährung ist für den „westlichen“ Lebensstil nicht untypisch. Eine andere Form einer einseitigen Ernährung ist ein extremer Vegetarismus, der auch auf Milch, Milchprodukte und Eier verzichtet. Ausgeprägte Vitaminmangelzustände kommen allerdings praktisch nicht vor. Aber insbesondere bei alten Menschen sind doch latente Mangelzustände nicht selten. Die wichtigste Ernährungsempfehlung für eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen lautet also: Eine gemischte Kost aus frischen Produkten der Landwirtschaft mit schonender Zubereitung und kurzen Garzeiten.
Jetzt könnten Sie natürlich die Frage stellen, ob man nicht wie gewohnt „westlich“ weiter essen kann und einfach zusätzlich zur Normalkost noch täglich eine (oder gleich mehrere?) Multivitamintabletten zu sich nimmt. Natürlich ist das viel einfacher als die
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DIE NÄHRSTOFFE
gewohnte Kost umzustellen. Aber es ist nicht wirklich eine optimale Lösung! Alle Tabletten, auch diejenigen, die mehrere Vitamine und womöglich auch noch einige Spurenelemente enthalten, enthalten zwangsläufig nur eine sehr beschränkte Auswahl aller Vitamine und Spurenelemente und sonstigen Substanzen, die für ein optimales Funktionieren des Körpers erforderlich sind. Und entscheidend für die Wirkung im Körper ist nicht nur die Menge einer einzelnen Substanz, sondern auch die Mischung aller in Frage kommenden Substanzen, da viele Vitamine und Spurenelemente in ihrer Wirkung aufeinander angewiesen sind (also synergistisch wirken). Es handelt sich dabei vielleicht um hunderte verschiedene Substanzen, die in ihrem komplexen Wirkungszusammenhang noch nicht einmal alle bekannt sind. Es ist dieses Bukett von so vielen verschiedenen Wirkstoffen, das insgesamt die optimale Wirkung von Vitaminen und Spurenelementen gewährleistet. Und dieses Bukett wird nur von natürlichen Nahrungsmitteln zur Verfügung gestellt. Von daher ist es verständlich, dass die Zufuhr einer oder einiger weniger Substanzen, auch in hoher Dosierung, eine ausgewogene gemischte Kost aus frischen Produkten der Landwirtschaft nicht wirklich ersetzen kann. Eine andere „Ernährungsmode“ ist die Empfehlung der Zufuhr von einzelnen Vitaminen, dafür aber in sehr hoher Dosis. Bekannt sind dafür vor allem die Vitamine C und E. Der normale tägliche Bedarf von Vitamin C beträgt 50 – 100 mg. Alles was darüber hinaus aufgenommen wird, wird wieder ausgeschieden. Als Präventivmaßnahme, von der Vorbeugung gegen Erkältungen bis zur Verlängerung des Lebens, wurde die regelmäßige Einnahme von bis zu 2 g (2.000 mg) pro Tag empfohlen, was nur mit künstlicher Zufuhr (so genannte Supplementierung) zu erreichen ist. Einer der prominentesten Vertreter dieser Empfehlung war der Nobelpreisträger Linus Pauling, der das auch selbst praktiziert und täglich 2g Vitamin C eingenommen hat. Er ist tatsächlich über 90 Jahre alt geworden. Leider ist das noch kein Beweis für die Richtigkeit seiner Empfehlung. Denn es bleibt offen, ob er nicht ohne die Einnahme ebenso alt geworden wäre. Aufschlussreicher sind die wissenschaftlichen Untersuchungen über die Wirkung der Einnahme derart hoher Dosen von Vitamin C. Und solche
VITAMINE
Untersuchungen haben leider keinen der behaupteten Effekte belegen können, nicht einmal die Vorbeugung von Erkältungen, geschweige denn eine Lebensverlängerung. Durchaus ähnlich verhält es sich mit dem Vitamin E. Der normale Tagesbedarf liegt bei 10 – 20 mg. Zur Vorbeugung der koronaren Herzkrankheit und auch von Krebserkrankungen wurden Tagesdosen von 300 – 600 mg empfohlen, was ebenfalls nur mit Supplementierung zu erreichen ist. Auch hier konnten wissenschaftliche Untersuchungen keinen dieser Effekte nachweisen, obwohl epidemiologische Untersuchungen über Verzehrsgewohnheiten durchaus ergeben hatten, dass eine Vitamin E-reiche Ernährung das Risiko für diese Krankheiten vermindert. Dieses enttäuschende Ergebnis der Zufuhr von hohen Dosen an Vitamin E lässt vermuten, dass Vitamin E-reiche Nahrungsmittel außerdem noch andere Substanzen enthalten, die zwar im einzelnen nicht bekannt sind, für die präventive Wirkung von Vitamin E aber unbedingt erforderlich sind. Und diese anderen Substanzen können durch eine noch so hohe Zufuhr von Vitamin E als Einzelsubstanz natürlich nicht ersetzt werden. Die künstliche Zufuhr von Vitaminen, z.B. in Form von Tabletten oder gar Injektionen ist daher nur dann sinnvoll, wenn die normale Aufnahme gestört ist, z.B. bei Erkrankungen des Darms. Für gesunde Menschen sind Vitamintabletten kein wirksames Mittel zur Gesundheitsvorsorge und auch nicht geeignet in irgend einer Weise den natürlichen Alterungsprozess zu verlangsamen. Glücklicherweise ist allerdings die Einnahme von Vitamintabletten auch nicht schädlich, mit der Ausnahme von Vitamin A, das wegen der Gefahr des Auftretens von Vergiftungserscheinungen nicht ständig genommen werden soll.
Antioxidantien Bei den Stoffwechselvorgängen in den Zellen entstehen – durchaus auf ganz normale Weise und nicht sozusagen als Betriebsunfall – auch Atome oder Moleküle, die auf Grund ihrer Beschaffenheit chemisch besonders aggressiv sind und daher Radikale genannt werden. Von
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besonderer Bedeutung sind in dieser Gruppe die Sauerstoffradikale, die ganz systematisch bei der Verbrennung der Nährstoffe mit Sauerstoff in den Mitochondrien freigesetzt werden. Dabei handelt es sich keineswegs um einen abnormen Prozess, sondern die RadikalFreisetzung ist proportional dem gesamten Sauerstoffverbrauch der Zelle. Wenn mehr Sauerstoff verbraucht wird, wie das bei körperlicher Aktivität der Fall ist, dann werden auch mehr derartige Radikale gebildet. Auf Grund dieser chemischen Aggressivität greifen die Radikale verschiedene Körperstrukturen an und verursachen Schäden. Die Folgen hängen von der angegriffenen Struktur ab: handelt es sich z.B. um Enzymprotein, dann geht mit der Schädigung des Proteinanteils auch die Funktion des Enzyms verloren, handelt es sich um Proteine der Zellmembran dann resultiert eine Zellschädigung, was bis zum Untergang der Zelle und damit zur Schädigung des entsprechenden Gewebes führen kann. Wird die DNS im Zellkern angegriffen dann
Freie Radikale, z.B. Sauerstoffradikale, sind zwar schädlich aber dennoch normale Stoffwechselprodukte und keine „Betriebsunfälle“. Sie werden durch Antioxidantien problemlos neutralisiert.
ANTIOXIDANTIEN
können Brüche der Chromosomen und damit Veränderungen der Erbsubstanz die Folge sein und in letzter Konsequenz die Umwandlung der betroffenen Zelle in eine Krebszelle. Wir sehen also, dass Radikale und insbesondere Sauerstoffradikale auf ganz normale Weise im Körper entstehen aber dennoch für den Körper gefährlich sind. Um nun Schädigungen der erwähnten Art zu vermeiden verfügt der Körper über ein umfassendes System aus vielen verschiedenen Substanzen, die einzeln oder im Zusammenwirken in der Lage sind diese Radikale unschädlich zu machen. Sie werden daher Radikalenfänger oder Antioxidantien genannt. Einige davon kann der Körper selbst herstellen, daher müssen sie nicht mit der Nahrung zugeführt werden. Aber andere Antioxidantien sind essentielle Nahrungsbestandteile und gehören meist zu den schon besprochenen Gruppen der Vitamine und Spurenelemente: ! Antioxidantien in der Nahrung: Vitamine A, C, E, Spurenelement Selen, sekundäre Pflanzenstoffe. Normalerweise, d.h. bei ausgewogener Kost, besteht zwischen der Menge der gebildeten Radikale und der antioxidativen Aktivität ein Gleichgewicht, das Schädigungen hintan hält. Dieses Gleichgewicht wird durch körperliche Aktivität, auch sportlicher Art, nicht gestört. Durch die Bewegung wird ja nicht nur die Menge der gebildeten Sauerstoffradikale sondern auch der Energiebedarf und damit die Menge der verzehrten Nahrung und auch die Menge der zugeführten Antioxidantien erhöht. Anders verhält es sich, wenn ohne körperliche Bewegung vermehrt Radikale entstehen. Das ist z. B. bei Rauchern der Fall, weil mit dem Rauch viele Radikale aufgenommen werden und durch den Rauch auch im Körper die Bildung von Radikalen angeregt wird. Bei geringem Verzehr von frischem Obst und Gemüse kommt dann auch noch eine knappe Versorgung mit den Vitaminen C und E dazu, so dass das Gleichgewicht zur Seite der Radikale verschoben ist. Dieser Zustand wird oxidativer Stress genannt und hat die erwähnten ungünstigen Wirkungen zur Folge, die letztlich in chronischen Entzündungen,
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DIE NÄHRSTOFFE
Arteriosklerose bis hin zu Krebserkrankungen münden können. Jetzt werden passionierte Raucher natürlich fragen, ob es denn für sie nicht aus ärztlicher Sicht sinnvoll wäre Vitamin C, E und vielleicht auch noch Selen zu zuführen. Nun, dazu muss ich, gerade aus ärztlicher Sicht, sagen, dass es natürlich das allersinnvollste wäre, das Rauchen aufzugeben und damit die Belastung durch Radikale radikal zu vermindern. Leider werden nur wenige Raucher diesem Vorschlag Folge leisten und lieber die Vitamintabletten einnehmen. Aber wie ich bei der Besprechung der Vitamine ausführlich erläutert habe, ist dieser Schutz nur unvollständig und wiegt die zusätzliche Belastung durch die Radikale keineswegs auf.
Sekundäre Pflanzenstoffe Die Existenz sekundärer Pflanzenstoffe lässt zunächst einmal vermuten, dass es auch primäre Pflanzenstoffe gibt. Tatsächlich sind darunter die energiehaltigen Nährstoffe, Kohlehydrat, Fett und Eiweiß zu verstehen, sowie die Zellulose, der für Menschen unverdauliche feste Bestandteil der pflanzlichen Zellwände. Darüber hinaus entstehen im Stoffwechsel der Pflanzen noch zehntausende andere Zwischensubstanzen, die insgesamt als sekundäre Pflanzenstoffe bezeichnet werden. Von diesen finden sich zirka 5 – 10.000 auch in pflanzlichen Nahrungsmitteln. Bei gemischter Kost werden täglich zirka 1 – 2 g sekundäre Pflanzenstoffe aufgenommen, bei vegetarischer Kost auch mehr. Keiner dieser Stoffe ist für den menschlichen Organismus unverzichtbar, sie sind also nicht essentiell. Werden sie mit der Nahrung nicht zugeführt, dann entsteht keine spezifische Mangelkrankheit, wie das z.B. bei Vitaminen der Fall ist. Allerdings scheinen sie bei regelmäßigem Verzehr durch ihre antioxidativen Eigenschaften eine gewisse Schutzwirkung gegen Krebserkrankungen auszuüben (eine so genannte antikanzerogene Wirkung). Eine ebenfalls beobachtete Cholesterin senkende Wirkung hat einen günstigen prophylaktischen Einfluss auf die Arteriosklerose und damit auf den Herzinfarkt und den
SEKUNDÄRE PFLANZENSTOFFE
Schlaganfall, die gefährlichsten Manifestationen der Arteriosklerose. Insgesamt erscheint daher eine reichliche Zufuhr empfehlenswert. Naturgemäß können sekundäre Pflanzenstoffe nur dann reichlich aufgenommen werden, wenn pflanzliche Nahrungsmittel wie Vollkorngetreideprodukte, Pflanzenöle, Gemüse und Obst einen wesentlichen Teil der normalen Ernährung bilden. In der Tabelle 15 sind einige derartige sekundäre Pflanzenstoffe und ihr Vorkommen aufgelistet. Tabelle 15 Gruppe
Vorkommen
Carotinoide
Obst, Gemüse, Milchprodukte
Phytosterine
Pflanzensamen und -Öle, Nüsse
Saponine
Soja
Polyphenole, Flavonoide
Obst, Gemüse, speziell Trauben, grüner Tee
Phytoestrogene
Soja Einige Gruppen sekundäre Pflanzenstoffe und ihr Vorkommen
Pflanzliche Nahrungsmittel enthalten mehrere tausend sekundäre Pflanzenstoffe, die eine schützende Wirkung gegen Krebs und Arteriosklerose entfalten. Allerdings nur alle zusammen; die Zufuhr von einzelnen Substanzen – auch in hoher Dosierung – ist wirkungslos.
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Natürlich stellt sich heute die Frage, ob eine reichliche Versorgung mit sekundären Pflanzenstoffen nicht auch in Form von Tabletten erfolgen kann. Es gibt allerdings, worauf ich ja schon hingewiesen habe, viele Tausend verschiedene derartige Substanzen, die mit den pflanzlichen Nahrungsmitteln aufgenommen werden. Neben denen, die mit den günstigen Wirkungen in Zusammenhang gebracht werden können, gibt es mit Sicherheit viele, deren Bedeutung bislang noch nicht erkannt ist, die aber möglicherweise selbst zu dieser Wirkung beitragen, oder deren Vorhandensein eine Voraussetzung für die Wirkung anderer Substanzen ist. Man stellt sich die Wirkung der sekundären Pflanzenstoffe heute so vor, dass nicht einige wenige für die antikanzerogene und antiarteriosklerotische Wirkung zuständig sind sondern ein Bukett von vielen hunderten, die ihre Wirkung nur im Zusammenwirken aller entfalten können. Aus dieser Sicht erscheint die Zufuhr einzelner sekundärer Pflanzenstoffe in hoher Dosierung nicht sinnvoll. Und obwohl die Schutzwirkung von reichlichem Verzehr von pflanzlichen Nahrungsmitteln gegen Krebserkrankungen und Arteriosklerose wissenschaftlich belegt ist, ist ein derartiger Nachweis mit der selektiven Zufuhr einzelner sekundärer Pflanzenstoffe bislang tatsächlich nicht gelungen.
Nahrungsergänzungsstoffe Nahrungsergänzungsstoffe sind Lebensmittel, die zusätzlich zur normalen Ernährung konsumiert werden. Häufig handelt es sich um Vitamine und Mineralstoffe aber auch andere Substanzen. Tabelle 16 zeigt einige typische Substanzgruppen, die in Nahrungsergänzungsmitteln häufig enthalten sind. Nahrungsergänzungsstoffe werden nicht kurmäßig, sondern regelmäßig, zusätzlich zur normalen Kost eingenommen. Es handelt sich aber definitiv nicht um Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel finden sich in jeder Apotheke und in vielen Drogerien und werden mit manchmal deutlich überzogenen Gesundheitsversprechen angepriesen. Was ist wirklich davon zu halten? Sind Nahrungsergänzungs-
NAHRUNGSERGÄNZUNGSSTOFFE
Tabelle 16 Substanzgruppe
Typische Vertreter
Vitamine Mineralstoffe
C, E, Folsäure, Beta-Carotin Kalzium, Magnesium, Eisen, Zink, Chrom, Molybdän
Vitaminähnliche Substanzen
Coenzym Q10
Aminosäuren
L-Carnitin, L-Lysin
Sekundäre Pflanzenstoffe
Phytosterine, Polyphenole
Pflanzenextrakte
Obst- und Gemüsekonzentrate Substanzgruppen, die häufig in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sind.
stoffe wirklich gänzlich wirkungslos, wie viele Kritiker feststellen. Oder sind sie doch sinnvoll? Nun, eines kann man mit Sicherheit, als richtig annehmen: ! eine, dem individuellen Bedarf angepasste, gemischte Kost aus frischen Produkten der Landwirtschaft enthält alles, was ein gesunder Mensch braucht. (Auf Spezialfälle, wie z.B. die Schwangerschaft oder Hochleistungssportler oder gar chronische Krankheiten, soll hier nicht näher eingegangen werden). Eine zusätzliche Zufuhr von einzelnen Nährstoffen wäre unter solchen Umständen tatsächlich sinnlos: ! ohne einen bestehenden Mangel kann eine zusätzliche Versorgung nichts verbessern. Umgekehrt kann man annehmen, dass eine zusätzliche Versorgung mit Nährstoffen dann Sinn macht, wenn die normale Kost zu wenig von diesen Nährstoffen enthält, das heißt, bei unausgewogener Ernährung. Leider entsprechen die Ernährungsgewohnheiten in unserer Gesellschaft vielfach nicht dem oben erwähnten Ideal, so dass die Vermutung besteht, dass bei einzelnen Individuen oder auch bei
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Gruppen für bestimmte Nährstoffe eine suboptimale Versorgungssituation besteht. Untersuchungen über die Ernährungssituation zeigen, dass nicht selten die tatsächlich aufgenommenen Nährstoffmengen nicht die empfohlenen Mengen erreichen. Die Tabelle 17 zeigt einige Nährstoffe, bei denen die Versorgung unter den empfohlenen Zufuhrmengen liegt. Tabelle 17 Betroffene Bevölkerungsgruppe Männer und Frauen aller Altersgruppen
Nährstoff Vitamine C, E, Folsäure, Carotinoide, Kalzium, Magnesium, Jod
Männer und Frauen über 65
Vitamin D
Frauen in gebärfähigem Alter
Eisen
Einige Nährstoffe, bei denen die Versorgung mit der normalen Ernährung unter den von Ernährungsgesellschaften empfohlenen Werten liegt.
Natürlich können diese Defizite auch durch eine Optimierung der normalen Ernährung problemlos ausgeglichen werden. Es ist aber wahrscheinlich illusorisch anzunehmen, dass die Ernährungsgewohnheiten von vielen hunderttausend Menschen kurzfristig verbessert werden könnten. Unter diesen Umständen kann eine Kombination von derartigen Nährstoffen, die mit der üblichen Kost nicht in ausreichender Menge verzehrt werden, als Ergänzung zur Normalkost sinnvoll sein. Was allerdings bleibt, ist der schon besprochene Umstand, dass keine künstliche Kombination von Nährstoffen das umfassende Bukett der in den natürlichen Nahrungsmitteln vorhandenen Nährstoffe ersetzen kann. Das Angebot an Nahrungsergänzungsstoffen ist allerdings erheblich vielfältiger und bunter und oft sehr phantasievoll in den angepriesenen Wirkungen, die sich häufig auch auf das „Anti-Aging“ beziehen. Es wird also suggeriert, dass die regelmäßige Einnahme den
NAHRUNGSERGÄNZUNGSSTOFFE
Alterungsprozess verlangsamen könnte. Derartige Versprechungen sind – leider – ohne Ausnahme haltlos.
Alkohol Alkohol ist in Form einer Vielzahl von alkoholischen Getränken seit der Antike fester Bestandteil unserer Kultur. Allerdings muss man ganz objektiv aus medizinischer Sicht feststellen, dass es sich beim Alkohol um eine Droge mit einem nicht unbeträchtlichen Suchtpotential handelt. In Österreich sind zirka 200.000 Menschen alkoholkrank und etwa weitere 200.000 gefährdet (insgesamt zirka 5% der Bevölkerung). Eine generelle Empfehlung für regelmäßigen
Regelmäßiger Alkoholgenuss, insbesondere in Form von Rotwein, ist Bestandteil traditioneller Kostformen, deren gesundheitliche Vorteile auch wissenschaftlich belegt sind. Dennoch sind auch das hohe Suchtpotential und die Gefahr einer Alkoholkrankheit zu bedenken. Eine generelle ärztliche Empfehlung für regelmäßigen Alkoholgenuss kann es daher nicht geben.
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Alkoholgenuss, auch mäßiger Art, kann es ärztlicherseits daher nicht geben. Es ist allerdings auch nicht notwendig generell und strikt vom Alkoholgenuss abzuraten. Das mag Ihnen vielleicht etwas widersprüchlich erscheinen, wird Ihnen aber sicher verständlicher, wenn wir uns ein wenig mit den besonderen Eigenschaften von Alkohol befassen. Der Alkoholgehalt von Getränken wird meist in Volumenprozent (V%) angegeben. Diese Angabe besagt, wie viele Milliliter (ml) Alkohol in 100 ml eines Getränks enthalten sind. Die Tabelle 18 zeigt den Alkoholgehalt von einigen bekannten alkoholischen Getränkearten. Tabelle 18 Getränk
Alkoholgehalt V %
Bier
4-5
Wein
10 – 14
Liköre
20 - 30
Schnäpse
40 und mehr
Der Alkoholgehalt von einigen bekannten alkoholischen Getränkearten in Volumenprozent (V%)
Entscheidend für die Wirkung ist die Menge reinen Alkohols, die insgesamt aufgenommen worden ist. Aus dieser Sicht ist 1/2 Liter Bier in etwa 1/4 Wein vergleichbar. Alkohol wird im Körper in einem ersten Abbauschritt zu Azetaldehyd umgewandelt. Das ist eine sehr giftige Substanz, die für alle negativen Folgen des Alkoholkonsums verantwortlich ist. Bekannt sind vor allem die Schäden, die an Leber- und Nervenzellen angerichtet werden. Azetaldehyd wird daher normalerweise sehr rasch weiter zu Essigsäure abgebaut, die dann, ebenso wie die aus dem Glukoseoder Fettsäurenabbau stammende Essigsäure, der vollständigen Verbrennung zugeführt wird. Der Abbau beginnt schon im Magen. Zirka 10 - 20% der Gesamtaufnahme erfolgt schon hier, der Rest im oberen Dünndarm. Die Aufnahme im Magen, und damit der Wirkungseintritt, also der
ALKOHOL
„Schwips”, werden beschleunigt, wenn das alkoholische Getränk warm ist, Zucker enthält und wenn der Magen leer ist. Am raschesten stellt sich also der Schwips ein, wenn ein süßer Glühwein auf nüchternen Magen getrunken wird. Durch den gleichzeitigen Verzehr von protein- und fettreichen Nahrungsmitteln wird die Alkoholaufnahme verzögert. Der Abbau erfolgt bei Männern mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 100 mg Alkohol pro kg Körpergewicht und Stunde und bei Frauen etwas langsamer, mit rund 85 mg/kg und Stunde. Das heißt, dass ein 70 kg schwerer Mann pro Stunde etwa 7 g Alkohol abbauen kann und eine 60 kg schwere Frau etwa 5 g. Man kann auch die Rechnung umgekehrt anstellen: um den Alkohol von 1 Liter Wein (100g) abzubauen benötigt ein 70 kg schwerer Mann zirka 15 Stunden und eine 60 kg schwere Frau zirka 20 Stunden. Alkohol ist ziemlich energiereich und enthält 7 kcal pro Gramm, also erheblich mehr als z.B. Glukose. Menschen, die täglich Alkohol konsumieren decken daher damit einen mehr oder weniger großen Teil ihres Tagesenergieumsatzes ab. Alkoholische Getränke können somit zu einer positiven Energiebilanz beitragen und damit die Entwicklung von Übergewicht unterstützen. Das ist aber noch nicht das einzige Problem; alkoholische Getränke enthalten nur Kalorien aber sonst keinerlei Vitamine oder Mineralien. Täglicher Alkoholkonsum ist daher häufig mit einer Unterversorgung mit diesen wichtigen Nährstoffen verbunden. Aber nicht nur die verringerte Zufuhr spielt eine Rolle: Alkohol kann auch im Darm die Aufnahme von Nährstoffen behindern, vor allem von Vitaminen der B-Gruppe und von Magnesium. Langjähriger, täglicher Alkoholkonsum kann fast alle Organe schädigen aber am meisten ist die Leber betroffen. Es ist leider nicht möglich eine Dosis anzugeben, die für alle absolut unschädlich ist, weil die Geschwindigkeit des Alkoholabbaus individuell sehr verschieden sein kann. Wenn der Abbau des Azetaldehyds zu Essigsäure nur sehr langsam vor sich geht, dann können auch bei geringer Alkoholaufnahme im Körper vergleichsweise hohe Mengen an dem eigentlich schädlichen Azetaldehyd vorhanden sein und die Leber angreifen. Im Allgemeinen kann man aber feststellen, dass Männer bis zirka 40g
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reinen Alkohols pro Tag vertragen ohne Schaden an der Leber zu nehmen (also 3/8 Wein oder 1 Liter Bier), und Frauen leider nur zirka 20 g. Nun haben wir sehr ausführlich über die negativen medizinischen Aspekte des regelmäßigen Alkoholkonsums gesprochen und sind noch gar nicht auf die sicher bekannte soziale Problematik eingegangen. Alles das erklärt die schon oben geäußerte Meinung, dass eine allgemeine Empfehlung für regelmäßigen Alkoholgenuss nicht gegeben werden kann. Jetzt werden Sie fragen: ja, hat denn der Alkohol nur negative und schädliche Wirkungen? Was ist mit den positiven Aspekten, von denen man doch immer wieder liest? Nun die gibt es tatsächlich. Die Kenntnis darüber stammt aus großen Untersuchungen, die, zunächst überraschenderweise, gezeigt haben, dass die Mortalität (das ist die Rate der Todesfälle an einer Krankheit bezogen auf die gesamte Bevölkerung und wird meist in der Anzahl der Todesfälle auf 10.000 oder 100.000 Menschen angegeben) an Folgekrankheiten der Arteriosklerose (z.B. Herzinfarkt) bei vollkommen abstinenten Menschen etwas höher ist als bei Menschen, die sehr mäßig aber regelmäßig Alkohol konsumieren. Favorit der alkoholischen Getränke ist Wein und hier vor allem Rotwein, bei dem diese Wirkung am ausgeprägtesten zu sein scheint. Bei zunehmendem regelmäßigem Alkoholkonsum nimmt dann die Mortalität allerdings wieder zu. Offensichtlich trifft hier das seit Parazelsus bekannte medizinische Prinzip zu: „die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift sei!“ Es ist nicht ganz geklärt worauf diese leicht schützende Wirkung beruht. Es werden die vor allem im Rotwein vorkommenden Polyphenole genannt, aber auch dem Alkohol selbst dürfte ein präventives Potential zukommen. Aber auch diese positiven Aspekte rechtfertigen aus ärztlicher Sicht keine allgemeine Empfehlung, weil auch bei geringen Alkoholmengen die Gefahr einer Suchtentwicklung nicht vernachlässigbar ist. Es ist eher umgekehrt zu sehen. Wenn jemand gerne ein oder zwei Achteln Wein am Tag genießt oder eine Flasche Bier oder einen oder zwei Cognac, dann muss aus ärztlicher Sicht nicht unbedingt abgeraten werden.
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Wie kommen die Nährstoffe in den Körper?
Vor langer, langer Zeit, als gerade die ersten Sauerstoff atmenden Zellen entstanden waren und sich im Urmeer getummelt haben, war die Aufnahme von Nährstoffen noch relativ einfach. Die Nährstoffe sind, wenn es sich um kleine Moleküle gehandelt hat, wie z.B. Mineralstoffe, aus dem Wasser des Urmeeres, das quasi den extrazellulären Raum bildete, durch die Zellmembran ins Zellinnere diffundiert. Die Aufnahme größere Moleküle, z.B. Proteinmoleküle, oder gar Partikel ist nicht ganz so einfach, weil sie wegen ihrer Größe nicht durch die Poren der Zellmembran passieren können. Um derartige Nährstoffe ins Zellinnere zu bekommen, ist eine etwas kompliziertere Vorgangsweise erforderlich, für die von der Natur aktive Transportvorgänge durch die Zellmembran entwickelt worden sind. Diese Art der Stoffaufnahme aus der Umgebung ist dann über viele Millionen Jahre perfektioniert worden. Sie ist deshalb auch beibehalten worden, obwohl sich aus den einzelligen Lebensformen vielzellige komplexe Organismen bis hin zu den heutigen Säugetieren inklusive des Menschen entwickelt haben. Das heißt, dass auch beim Menschen jede einzelne Körperzelle ihre Nährstoffe aus dem Extrazellulärraum entnimmt. Dabei handelt es sich aber nicht mehr um das Urmeer, sondern um das durch die Kapillargefäße des Kreislaufs fließende Blut, das über die Kapillaren an jede einzelne Körperzelle gelangt. Eine der wesentlichen Aufgaben des Kreislaufs ist es also ununterbrochen und lebenslang Nährstoffe, und auch Sauerstoff für die Verbrennung, an jede einzelne Zelle des Körpers zu bringen. Eine zweite Frage ist, wie die Nährstoffe in den Kreislauf gelangen. Über die Körperoberfläche, also die Haut, wäre es prinzipiell möglich. Aber zum einem enthält die Luft, die den Körper des Menschen umgibt, keine Nährstoffe, sondern die Nährstoffe gibt es nur in den Lebensmitteln in fester oder flüssiger Form. Und zum zweiten beträgt die Körperoberfläche des Menschen etwa 2m2, die nährstoffaufnehmende Oberfläche aller etwa 13 Milliarden Zellen des Körpers hingegen mehre hundert m2. Eine
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WIE KOMMEN DIE NÄHRSTOFFE IN DEN KÖRPER?
Rechnung, die nicht aufgehen kann. Durch die kleine Körperoberfläche können niemals so viele Nährstoffe aufgenommen werden wie alle Körperzellen zusammen durch ihre Zelloberflächen aufnehmen können und müssen. Die Lösung dieses Problems war die evolutionäre Entwicklung eines Organsystems, das auf die Aufnahme von Nährstoffen aus der Umwelt in das Körperinnere spezialisiert ist, des Verdauungssystems. Das Verdauungssystem ist, ganz schematisch geschildert, ein Rohr, das den Körper von der Mund- bis zur Afteröffnung durchzieht und an diesen beiden Enden eine offene Verbindung zur Außenwelt hat. Es beginnt in der Mundhöhle, die über den Rachen in die Speiseröhre übergeht. Es folgen der Magen, der Dünndarm und schließlich der Dickdarm. Der letzte Abschnitt ist der Enddarm. Angeschlossen an das Verdauungssystem sind die großen Verdauungsdrüsen, nämlich die Leber, die die Galle produziert, und die Bauchspeicheldrüse. Dank dieser genialen Konstruktion ist es nicht erforderlich zur Nahrungsaufnahme in Nährstofflösungen zu baden. Sondern die Nahrung kann, flüssig oder fest, zunächst in das Verdauungssystem aufgenommen und dort für die eigentliche Nährstoffaufnahme in das Körperinnere aufbereitet werden. Das Essen erfüllt die Funktion der Aufnahme von Nahrungsmitteln in das Verdauungssystem und die
Das Verdauungssystem durchzieht den Körper von der Mundöffnung bis zur Afteröffnung. Dazwischen sind Rachen, Speiseröhre, Magen, Dünndarm, Dickdarm und Enddarm. Angeschlossen sind die Verdauungsdrüsen Leber und Bauchspeicheldrüse.
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Verdauung hat die Funktion der Aufbereitung der Nahrungsmittel in eine für die Aufnahme von Nährstoffen durch die Darmwand in das Blut geeignete Form. Das heißt, die Nährstoffe werden in wässriger Lösung in ihre einzelnen Moleküle zerlegt. Mit dem Blut, das vom Herzen ununterbrochen durch das Gefäßsystem gepumpt wird, gelangen die Nährstoffe dann an jede einzelne Zelle des Körpers. Natürlich ist der Darm kein einfaches starres Rohr. Ein wesentliches Element der Darmwand sind ringförmig verlaufende Muskelfasern, die allerdings nicht willentlich betätigt werden können, sondern einer vom Willen unabhängigen Steuerung durch das vegetative Nervensystem unterliegen. Die besondere Art der Kontraktion dieser ringförmig angeordneten Muskelfasern bewirkt, dass sich in kurzen Abständen voneinander viele Abschnürungsringe bilden, die die lichte Weite des Darms verengen. Die Bildung dieser ringförmigen Einschnürungen ist derart koordiniert, dass sie den Darm entlang zu laufen scheinen und auf diese Weise den im Darm befindlichen Speisebrei beständig durchmischen und vor allem weiter befördern. Das Ganze schaut in etwa so aus als ob man einen weichen Schlauch mit Daumen und Zeigefinger ringförmig umfasst und der Länge nach ausquetscht. Diese Art der Bewegung nennt man Peristaltik, die sich durch glucksende Geräusche bemerkbar macht. Die Peristaltik funktioniert ununterbrochen und beruht auf der Tätigkeit der Eingeweidemuskeln in der Darmwand. Der Darm hat daher einen vergleichsweise hohen Energieverbrauch. Er stellt zwar nur 2% der Körpermasse, verbraucht aber 6% des Grundumsatzes. Die Zeit, die ein unverdaulicher Nahrungsbestandteil braucht, um den gesamten Magen-Darmtrakt vom Verzehr bis zur Ausscheidung zu durchmessen, nennt man die Darmpassagezeit, die entscheidend durch die Effizienz der Peristaltik geprägt ist. Sie beträgt normalerweise zwischen 12 und 24 Stunden, kann aber durchaus individuell stark schwanken. Je rascher die Darmpassage wird, desto mehr Wasser enthält der Stuhl und desto voluminöser wird er. Umgekehrt wird der Stuhl umso fester und das Stuhlgewicht umso geringer je länger die Passagezeit wird. Rasche Passagezeit geht auch mit einer höheren Stuhlfrequenz einher und umgekehrt, eine längere Passagezeit mit
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einer geringeren. Ganz allgemein kann man sagen, dass jede spontane Stuhlfrequenz zwischen dreimal an einem Tag und einmal in drei Tagen normal ist, sofern keinerlei Beschwerden bestehen und es sich um eine stabile Gewohnheit handelt. Täglicher Stuhlgang ist also nicht zwingend eine Voraussetzung für Gesundheit und Wohlbefinden. Auffällig ist vor allem, wenn sich stabile Stuhlgewohnheiten ändern, oder wenn Beschwerden auftreten. Ein wichtiger Reiz für die Anregung der Peristaltik ist die Dehnung der Darmwand, die durch die Füllung des Darms erreicht wird. Das ist eine wichtige Funktion der an sich unverdaulichen Ballaststoffe: in Verbindung mit ausreichend Flüssigkeit, durch die die Ballaststoffe im Darm aufquellen können, sind sie ein wesentliches Element eines voluminösen Darminhaltes und damit der Anregung der Peristaltik. Wenn eine solche Anregung gewünscht ist, so empfiehlt es sich die übliche Kost mit 1 – 2 Esslöffel Kleie anzureichern und reichlich zu trinken.
Der Darm, eine innere Oberfläche Obwohl der Darm, wegen seiner Länge von 6 – 8 m vielfach verschlungen, im Körper liegt, gehört sein Hohlraum, das Darmlumen, nicht zum wirklichen Körperinneren, also zum Extrazellulärraum. Das Darmlumen gehört eigentlich zur Außenwelt und ist durch die Darmwand vom eigentlichen Körperinneren getrennt. Dies kann gelegentlich beobachtet werden, wenn ein Kind einen kleinen Fremdkörper verschluckt. Wenn es sich um ein unverdauliches Material handelt, dann wird der Fremdkörper nach 1 – 2 Tagen wieder unverändert ausgeschieden. Daher gibt es z.B. auch im Darmlumen Bakterien, während das Körperinnere vollkommen steril also frei von Bakterien ist. Gelangen diese Darmbakterien krankhafterweise doch durch die Darmwand ins Körperinnere, dann können sie, wie immer, wenn Bakterien aus der Außenwelt ins Körperinnere gelangen, schwere Infektionen auslösen. Die Darmoberfläche ist also eine ins Körperinnere verlagerte „innere“ Oberfläche, die natürlich auch von einer Haut, im konkreten Fall von einer Schleimhaut bedeckt ist.
DER DARM, EINE INNERE OBERFLÄCHE
Die Konstruktion des Darmrohres löst allerdings noch nicht das Problem der Dimension der Darmoberfläche. Wäre diese glattwandig, dann wäre sie auch nicht größer als die übrige Köperoberfläche, nämlich zirka 2 m2. Tatsächlich ist die Darmschleimhaut auf eine sehr spezielle Weise konstruiert, wodurch die Oberfläche enorm vergrößert wird: die Schleimhaut bildet zum Darmlumen hin zahllose mikroskopisch kleine haarförmige Ausstülpungen, die als Darmzotten bezeichnet werden. Die Darmoberfläche bekommt dadurch ein samtförmiges Aussehen. Und diese Darmzotten vergrößern die tatsächliche Oberfläche der Darmschleimhaut auf insgesamt 700 – 800 m2, eine Fläche die der Aufnahmefläche der Körperzellen in Summe in etwa entspricht. Die Darmschleimhaut selbst ist ein sehr stoffwechselaktives Gewebe, das Nährstoffe nicht nur passiv durchlässt sondern an der Aufnahme und Weitergabe der Nährstoffe auch aktiv beteiligt ist. Die Oberflächenzellen der Schleimhaut werden regelmäßig abgestoßen, so dass sich die gesamte Darmschleimhaut etwa alle 7 Tage einmal vollständig erneuert.
Funktionsweise der Verdauung Die Verdauung beginnt bereits im Mund. Zunächst wird die Nahrung durch das Kauen mechanisch zerkleinert. Dadurch werden Fasern zerrissen, Zellverbände aufgelöst und Zellwände zerstört, so dass die Nahrung dann im Weiteren leichter aufgeschlossen werden kann. Die Speicheldrüsen mischen den Speichel dazu, wodurch der Speisebrei dann gleitfähig wird und mit dem Schluckakt leicht durch die relativ lange Speiseröhre weiter befördert werden kann. Insgesamt werden pro Tag 1 – 1 1/2 Liter Speichel produziert. Schließlich enthält der Speichel schon ein Enzym, das Ptyalin, durch das bereits in der Mundhöhle die Verdauung der Stärke beginnt. Zur optimalen Ausnutzung dieser Möglichkeiten wäre es allerdings notwendig jeden Bissen oft genug zu kauen. Erfahrungsgemäß sind sehr viele Menschen Schnellesser, das heißt, dass sie einen Bissen nur 5 bis maxi-
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Die Leber produziert die Galle, die in der Gallenblase gespeichert wird und für die Fettverdauung notwendig ist. Die Bauchspeicheldrüse produziert den Bauchspeichel, der Enzyme zur Aufspaltung sowohl von Fett als auch von Stärke als auch von Eiweiß enthält. Beide Drüsen entleeren ihre Sekrete über eine gemeinsame Öffnung in den Zwölffingerdarm.
mal 10-mal kauen. Empfehlenswert wäre aus der Sicht der Vorbereitung der Verdauung durch Kauen jeden Bissen wenigstens 20 – 30-mal zu kauen. Danach gelangt der Speisebrei in den Magen. Die Magenschleimhaut bildet Salzsäure, durch die die Proteine für die weitere Verdauung vorbereitet werden und Eisen in eine vom Darm absorbierbare Form gebracht wird und die auch eine antibakterielle Wirkung hat. Ferner produziert die Magenschleimhaut Pepsin, ein eiweißspaltendes Enzym und einen so genannten intrinsischen Faktor, ohne den das Vitamin B12 im Darm nicht absorbiert werden kann. Der nächste Schritt findet im Zwölffingerdarm (Duodenum) statt. Die Hauptfunktion des Zwölffingerdarms ist es dem Speisebrei die Verdauungsekrete der beiden großen Verdauungsdrüsen zuzuführen, nämlich die Gallensalze der Leber und das Sekret der Bauchspeicheldrüse (des Pankreas). Der Bauchspeichel enthält
FUNKTIONSWEISE DER VERDAUUNG
Schlacken gibt es z.B. beim Hochofen. Allerdings werden weder im Darm noch in den Geweben irgendwelche Schlacken abgelagert, die durch Darmbäder oder besondere Diäten entfernt werden müssten.
! die eiweißspaltenden Enzyme Trypsin und Chymotrypsin. Durch sie werden die Proteine bis zu den einzelnen Aminosäuren aufgespalten und diese werden dann von der Darmschleimhaut absorbiert und ans Blut weitergegeben. ! Das kohlehydratspaltende Enzym Amylase. Es spaltet Kohlehydrat bis auf die Stufe von Monosacchariden, die dann von der Darmschleimhaut absorbiert werden. ! Lipase ist das fettspaltende Enzym. Zur Aufnahme von Fettsäuren durch die Darmschleimhautzellen sind allerdings noch die Gallensalze unbedingt erforderlich.
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Die Produktion der Sekrete von Magen und Zwölffingerdarm wird durch die Nahrungsaufnahme selbst ausgelöst, wobei sowohl die mechanische Dehnung von Magen und Darm als auch eine Vermittlung durch Hormone eine Rolle spielen. Die Sekrete sind immer gleich und werden durch die Zusammensetzung der Nahrung nicht beeinflusst. Es ist also egal, ob die Nahrung nur aus Eiweiß oder nur aus Kohlehydraten, mit oder ohne Fett oder aus allen drei Nährstoffen besteht: die Verdauungssekrete sind immer die gleichen. Es ist daher nicht richtig, dass die Verdauung besser ist, wenn Eiweiß und Kohlehydrate getrennt aufgenommen werden. Die Empfehlung solches zu tun ist das Prinzip der Trennkost, für die es allerdings keine rationale, physiologisch argumentierbare Begründung gibt. Ein guter Beleg dafür, dass das Prinzip der Trennkost mit wissenschaftlich fundierten Grundlagen nicht viel zu tun hat, ist der Umstand, dass schon die Muttermilch Kohlehydrat, Fett und Eiweiß in etwa gleichen Mengen enthält. Nach dem Duodenum wird dann der Speisebrei im Dünndarm weiterbefördert, wo die vollständige Verdauung und Absorption der Spaltprodukte stattfindet. Etwa 1/2 Liter Speisebrei gelangt täglich in den Dickdarm (Kolon), wo noch Wasser und Elektrolyte aufgenommen und der Speisebrei auf diese Weise eingedickt und letztlich der Stuhl gebildet wird. Durch den Abbau von unverdaulichen Ballaststoffen durch Darmbakterien können noch Gase, wie Kohlendioxid, Methan oder Wasserstoff gebildet werden. Nirgendwo im Darm gibt es übrigens „Schlacken“, die durch besondere Maßnahmen, wie zum Beispiel Darmbäder, entfernt werden müssten.
DIE DARMFLORA
Die Darmflora Darmflora ist der Sammelbegriff für mehrere hundert verschiedene Arten von Bakterien, die den gesamten Magen-Darmtrakt besiedeln. Die Besiedelung beginnt schon im Magen, wo sich einzelne Bakterienarten trotz der bakterientötenden Eigenschaft der Salzsäure haben einnisten können und nimmt bis zum Dickdarm ständig zu. Dabei handelt es sich um zwei Hauptgruppen von Bakterien. Etwa 1% der Bakterien sind solche, die Sauerstoff zum Atmen brauchen und daher Aerobier genannt werden. Sie verbrauchen die geringen Mengen an freiem Sauerstoff, die im Darm noch vorkommen so dass das Darminnere vollkommen sauerstofffrei ist. Damit finden solche Bakterien optimale Lebensbedingungen vor, für die Sauerstoff giftig ist, und die daher auf ein sauerstofffreies Milieu angewiesen sind Sie werden Anaerobier genannt. Sie machen über 95% der gesamten Darmflora aus. Bekannte Vertreter der Anaerobier sind Bifidusbakterien und solche der Aerobier Laktobazillen oder sogenannte
Die Darmbakterien spielen eine wichtige Rolle in der Abwehr fremder krankheitserregender Keime, die mit der Nahrung aufgenommen werden.
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Enterokokken. Alle drei Bakterienarten werden als Probiotika in verschiedenen Nahrungsmitteln, meist Milchprodukte, eingesetzt. Die gesamte Darmflora bildet insgesamt eine Biomasse von 1 – 3 kg (!). Die Zahl der Bakterienzellen übersteigt die Zahl sämtlicher Körperzellen um das 10 – 100-fache. Bakterien sind allerdings erheblich kleiner als die Körperzellen, so dass es sich trotz der großen Zahl eben insgesamt nur um 1 – 3 kg handelt. 50% des Trockengewichts des Stuhls machen abgeschilferte Darmschleimhautzellen und Bakterienmasse aus. Von der Masse her hat die Darmflora durchaus die Dimensionen eines Organs. Und wie ein Organ erfüllt die Darmflora auch wichtige Funktionen. Zunächst einmal handelt es sich beim Zusammenleben von Darmbakterien und Menschen um eine Symbiose, so bezeichnet man ein Zusammenleben zum gegenseitigen Vorteil. Der Vorteil für die Bakterien ist klar: sie werden reichlich mit Nährstoffen versorgt. Aber worin besteht der Vorteil für den Menschen? Nun, das ist in erster Linie die Abwehr potentiell gefährlicher Krankheitserreger: Die Darmbakterien besetzen alle Nischen der Darmschleimhaut und verhindern dadurch, dass sich fremde Bakterien an die Schleimhaut anlegen können und entweder eine Darmentzündung verursachen oder durch die Darmwand ins Körperinnere vordringen und dort schwere Infektionskrankheiten verursachen. Außerdem produziert die Darmflora gegen fremde Bakterien gerichtete bakterientötende Substanzen und sorgt durch eine Ansäuerung des Darmmilieus für ungünstige Wachstumsbedingungen z.B. für Fäulnisbakterien. Eine zweite wichtige Funktion ist die Beteiligung an der Verdauung. Im Dickdarm werden die unverdaulichen Kohlehydrate, die Balaststoffe, von Bakterien abgebaut, wobei neben gasförmigem Kohlendioxid, Methan und Wasserstoff auch Fettsäuren entstehen, die von den Zellen der Darmschleimhaut für ihren Energiestoffwechsel genutzt werden. Zirka 50% des Energieumsatzes der Schleimhautzellen stammt aus dieser Quelle. Die Ansäuerung wirkt sich auch günstig auf die Peristaltik und damit auf die Beförderung des Darminhaltes aus.
DIE DARMFLORA
Wie bereits weiter oben erwähnt worden ist, enthalten probiotische Lebensmittel Darmbakterien, meist Laktobazillen oder Bifidusbakterien, die auch unbeschadet den Magen passieren und sich im Dickdarm vermehren können. Sie verstärken die Darmflora und auch die geschilderten günstigen Effekte. Allerdings nur solange als sie auch regelmäßig eingenommen werden. Wird der regelmäßige Verzehr wieder eingestellt, dann geht auch die entsprechende Bakterienzahl wieder zurück. An der Abwehr von Fremdkeimen ist natürlich nicht nur die Darmflora beteiligt. Tatsächlich ist der Darm selbst das größte Organ des menschlichen Immunsystems, was durch die große Oberfläche und den engen Kontakt mit symbiotischen und fremden Bakterien verständlich ist.
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Ernährung in der 2. Lebenshälfte Das Altern
Die zweite Lebenshälfte ist physiologisch eindeutig durch den Alterungsprozess gekennzeichnet. Es ist anzunehmen, dass Menschen, seit sie in der Lage sind über ihre eigene Existenz nachzudenken, auch über das Alter und das Altern nachdenken. Wahrscheinlich ist es richtiger zu sagen: über die verlorene Jugend. Denn sicherlich ist es nicht das Alter an sich, das den Menschen Probleme macht. Eigentlich möchte doch jeder möglichst alt werden und möglichst lange leben. Es sind die mit dem Alter einhergehenden Veränderungen des Aussehens und der Verlust der körperlichen Leistungsfähigkeit, die Menschen seit jeher wehmütig gestimmt und zu Träumen Anlass gegeben haben. Eine der bekanntesten, weil zeitlosen diesbezüglichen Träume ist der vom Jungbrunnen, in den man alt, faltig und schwach eintaucht und den man jung, glatt und kräftig wieder verlässt. Der eigentliche Wunsch der meisten Menschen ist es also möglichst alt zu werden aber dabei jung zu bleiben. Die entscheidende Frage für uns ist jetzt: ist dieser Wunsch zumindest teilweise erfüllbar? Gibt es Möglichkeiten den Alterungsprozess zu verlangsamen, aufzuhalten oder gar umzukehren? Um für diese Fragen plausible Antworten zu finden ist es sinnvoll sich einmal zu überlegen, was das Altern eigentlich ist. Zuerst einmal ist fest zustellen, dass das Alter keine Krankheit ist. Es ist ein physiologischer Prozess, der natürlicherweise zum Tod führt. Gäbe es Altern und Tod nicht, hätte vor langer, langer Zeit die Natur unsterbliche Zellen „erfunden“, dann gäbe es keine Generationenabfolge. Die Konsequenz wäre allerdings, dass es dann auch keine evolutionäre Entwicklung gäbe. Altern und Tod ist also die Voraussetzung aber auch der „Preis“ für die Entstehung höherer Lebensformen bis hin zum Menschen. Das Altern und auch der Tod ist also seit undenklichen Zeiten und seit unseren frühesten tierischen
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ERNÄHRUNG IN DER ZWEITEN LEBENSHÄLFTE
Vorfahren ein in unserem Erbgut genetisch festgeschriebener Prozess, der prinzipiell unaufhaltbar ist. Gelegentliche vollmundige Ankündigungen von Wissenschaftlern, dass die menschliche Lebenszeit auf mehrere hundert Jahre verlängert werden könne, sind daher nicht allzu ernst zu nehmen. Wie ich schon in der Einleitung erwähnt habe, liegt die natürliche Lebenserwartung unserer Art, der Spezies Homo sapiens, bei ca. 100 Jahren, die unter günstigen Umständen erreicht werden. Natürlich würden auch bei günstigsten Umständen nicht alle Menschen genau 100 Jahre alt werden. Manche würden auch bei günstigen Umständen dennoch nicht so alt werden und dafür andere noch älter. Diese Schwankungen um den Mittelwert von 100 Jahren sind durch eine unterschiedliche, individuelle, genetische Veranlagung für Langlebigkeit bedingt. Für das Ausmaß derartiger Schwankungen von angeborenen Merkmalen nimmt man in der Regel je 15% des Mittelwertes nach oben und nach unten an, so dass wir auf eine Spanne von 85 – 115 Jahren kommen. Tatsächlich liegt die durchschnittliche Lebenserwartung auch in den hochentwickelten Industrieländern heute noch deutlich unter 100 Jahren. Und das bedeutet, dass immer noch die meisten Menschen die ihnen eigentlich zugemessene Lebenszeit nicht erreichen. Dafür sind Umweltfaktoren zuständig, bei denen man hauptsächlich zwei Arten unterscheiden kann. Einmal solche Umweltfaktoren, die vom Individuum schlecht oder gar nicht beeinflusst werden können. Das sind vorwiegend gesellschaftliche Faktoren, wie Lebensstandard, soziale Schicht, Arbeitswelt, Bildungsniveau, verfügbare medizinische Versorgung und viele andere, die zu etwa 30 % die Unterschiede im erreichten Lebensalter erklären. Aber zum anderen sind es solche Faktoren, die vom Individuum selbst sehr gut beeinflussbar sind und in etwa den persönlichen Lebensstil ausmachen. Also, Ernährung, Bewegung, Sozialverhalten und viele andere, die zirka 40% der Unterschiede erklären. Die genetische Veranlagung erklärt ebenfalls etwa 30% der Unterschiede im erreichten Lebensalter. Das heißt im Klartext: es ist kein Kraut dagegen gewachsen, dass man altert. Allerdings hängt das erreichbare Lebensalter zu einem
DAS ALTERN
nicht unerheblichen Ausmaß auch vom eigenen, im Prinzip selbst wählbaren Verhalten ab. Das gilt sogar dann, wenn durch die genetische Veranlagung ungünstige Voraussetzungen bestehen, z.B. wenn in der Familie schon einige Verwandte an Herzinfarkt verstorben sind, weil ein angeborener hoher Cholesterinspiegel im Blut vererbt wird. Werden schon von Jugend an mit Ernährung, Bewegung und Medikamenten Maßnahmen gesetzt, die den Cholesterinspiegel senken, dann kann vielleicht der Infarkt letztlich nicht verhindert werden, aber er passiert um viele Jahr später als er sich ohne diese Maßnahmen ereignet hätte. Aber bei Betrachtungen über das Altern geht es heute ja längst nicht mehr nur um das erreichbare Lebensalter. Neben der Frage wie alt man wird, wird auch die Frage immer wichtiger, wie man alt wird. Also nicht nur die simple Zahl der Lebensjahre, sondern auch die Qualität mit der diese Jahre gelebt werden können. Es macht natürlich einen großen Unterschied, ob man auch im Alter ein aktives und selbstbestimmtes Leben führt oder auf fremde Hilfe oder gar Pflege angewiesen ist. Und gerade hier kann durch persönliches Verhalten, das ja bekanntlich aus Handlungen und Unterlassungen besteht, enorm viel zu einer zufrieden stellenden Lebensqualität beigetragen werden. Dieser Aspekt, dass nämlich zusätzliche Lebensjahre sinnvolle, erfüllte und aktive Lebensjahre sind, wird in meinen Betrachtungen über das Alter eine entscheidende Rolle spielen. Es geht daher nicht nur um die Vermeidung von Krankheiten, sondern auch um die Erhaltung von körperlicher und geistiger Fitness, die für die aktive Gestaltung des dritten Lebensabschnitts eine unverzichtbare Grundlage sind.
Die Altersmerkmale Nach diesen eher allgemeinen Betrachtungen wollen wir uns einer konkreten Frage zuwenden: worin besteht dieser Alterungsprozess? Dazu gibt es sicher sehr viele individuelle Antworten, je nachdem was
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ERNÄHRUNG IN DER ZWEITEN LEBENSHÄLFTE
einem Menschen am meisten zu schaffen mach. Aber, abseits von Falten und Altersichtigkeit lassen sich einige so genannte Altersmerkmale definieren; physiologische Merkmale, deren Veränderung (Zunahme oder Abnahme) den Alterungsprozess eindeutig kennzeichnen (der Pfeil zeigt die Richtung der altersbedingten Veränderung). ! Körperliche Merkmale: Muskelmasse " (Muskelkraft) Sauerstoffaufnahmefähigkeit " (Ausdauer) # Körperfettanteil Knochendichte " ! Aktivitätsmerkmal: täglicher Energieumsatz (PAL) " ! Stoffwechselmerkmal: Insulinempfindlichkeit " Zusammensetzung der Blutfette " ! Kreislaufmerkmal: Blutdruck # Auf der Basis dieser Altersmerkmale kann man die Begriffe chronologisches Alter und biologisches Alter unterscheiden. Das chronologische Alter ist einfach die Anzahl der Lebensjahre. Das biologische Alter ist hingegen definiert durch den Zustand der Altersmerkmale. So kann ein 60-jähriger Mensch mit seinen Altersmerkmalen auf dem Niveau eines 75-jährigen und umgekehrt, kann ein 80-jähriger Mensch biologisch, das heißt mit Muskelmasse, Körperfettanteil oder Blutdruck auf dem Niveau eines 60-jährigen sein.
Körperliche Merkmale Muskelmasse und Sauerstoffaufnahmefähigkeit Die Schlüsselmerkmale des biologischen Alters sind die Muskelmasse und die Sauerstoffaufnahmefähigkeit. Sie sind die unmittelbare organische
DIE ALTERSMERKMALE
Grundlage der körperlichen Leistungsfähigkeit. Durch die Muskelmasse wird die Muskelkraft definiert, eine Fähigkeit, durch die Bewegung an sich, z.B. auch gegen Widerstände, ermöglicht wird. Ein solcher Widerstand kann auch das eigene Körpergewicht sein, z.B. beim Treppensteigen oder dem Heraussteigen aus einer Badewanne. Ein Mangel an Muskelmasse wird als Sarkopenie bezeichnet und ist gleichbedeutend mit einer geringen Muskelkraft. Bei ausgeprägter Sarkopenie, wie sie bei einer Kombination von Alter und Bewegungsmangel nicht selten ist, werden sogar solche Alltagstätigkeiten zu einem Problem. Die Sauerstoffaufnahmefähigkeit steht für die Ausdauer, das ist die Fähigkeit in den Mitochondrien der Muskelzellen durch die Verbrennung der Nährstoffe mit Sauerstoff ausreichend Energie für die Muskeltätigkeit bereitzustellen. Dabei wird der Sauerstoff von den Lungen aus der Luft ins Blut aufgenommen und das Herz transportiert den Sauerstoff mit dem Blut zu den Muskeln. Die Ausdauer beruht daher auf der kombinierten Funktionsfähigkeit von Atmung, Kreislauf und Stoffwechsel der Muskulatur. Geringe Ausdauer äußert sich durch Atemnot schon bei geringen Belastungen und nach kurzer Zeit.
Maximale Leistungsfähigkeit (Watt)
Maximale LF im Altersgang
225
Männer Frauen
200 175 150 125 100 75 20
30
40
50
60
70
80
Abb. 3: die Sauerstoffaufnahmefähigkeit im Altersgang bei Männern und Frauen. Frauen sind in jungen Jahren um ca. 20% weniger ausdauernd als Männer, dafür nimmt die Ausdauer weniger rasch ab. Mit 80 Jahren sind dann die geschlechtsspezifischen Unterschiede weitgehend aufgehoben. Der Altersgang der Muskelmasse und Muskelkraft verläuft ähnlich.
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ERNÄHRUNG IN DER ZWEITEN LEBENSHÄLFTE
Der Alterungsprozess beginnt etwa zwischen dem 30. – 40. Lebensjahr und bedeutet, dass Muskelmasse und Sauerstoffaufnahmefähigkeit, sozusagen gesetzmäßig, um zirka 1% pro Jahr abnehmen. Mit 80 Jahren sind die normale Muskelmasse, und damit die normale Muskelkraft, und die normale Sauerstoffaufnahmefähigkeit, und damit die normale Ausdauer, dann nur mehr zirka halb so groß wie mit 30. Dieser Prozess kann durch Ernährungsmaßnahmen nicht verlangsamt oder gar aufgehalten werden. Es ist, im Gegenteil, die angemessene Versorgung mit Nahrungsenergie und Protein eine Voraussetzung, dass der Muskelabbau nicht noch schneller verläuft. Eine Mangelversorgung mit Energie und Protein ist aber bei uns normalerweise nicht zu erwarten. Vorstellbar ist das allerdings bei Gesundheitsstörungen, z.B. bei lang anhaltender Appetitlosigkeit. Die Muskelmasse und Ausdauer können, auch wenn sie vermindert sind, ausschließlich durch körperliche Bewegung, insbesondere durch körperliches Training, verbessert werden. Das heißt im Klartext, dass es absolut kein Medikament gibt, das eine verminderte Muskelmasse oder Ausdauer verbessern kann. Auch nicht die im Sport zu zweifelhafter Berühmtheit gelangten Anabolika (muskelaufbauende Medikamente). Sie können ihre Wirkung nämlich nur dann entfalten, wenn die Muskulatur gleichzeitig angemessen trainiert wird. Werden Anabolika ohne angemessene muskuläre Belastung verabreicht, dann kommt es nicht zum erwünschten Muskelwachstum sondern bei Frauen eventuell zu einem Stimmbruch und bei Männern zu Problemen mit der Prostata und unter Umständen auch zu Störungen des Zucker- oder Fettstoffwechsels. Nachdem wir nun besprochen haben, wie man die Muskelmasse und die Ausdauer nicht verbessern kann, wollen Sie jetzt natürlich wissen, ob das überhaupt möglich ist. Wenn es möglich ist, wie man es anstellt und, eine ganz wichtige Frage, ist das auch noch möglich, wenn man schon über 50 Jahre oder noch älter ist? Also der Reihe nach: ! Muskelmasse und Sauerstoffaufnahmefähigkeit können verbessert werden.
DIE ALTERSMERKMALE
Da diese beiden die entscheidenden Altersmerkmale des biologischen Alters sind, heißt das tatsächlich, dass es möglich ist, die Uhr des biologischen Alters etwas zurückzudrehen. ! Das wirksamste, schnellste und sicherste Mittel Muskelmasse und Sauerstoffaufnahmefähigkeit zu verbessern, ist regelmäßiges körperliches Training der Muskelkraft und der Ausdauer. ! Diese Möglichkeit der Verbesserung besteht bis ans Lebensende. Also, wenn das keine gute Nachricht ist! Die Muskelmasse und die Sauerstoffaufnahmefähigkeit sind zwei dominante Altersmerkmale, weil alle anderen noch zu besprechenden, wirklich alle, ohne Ausnahme, durch eine Zunahme dieser beiden günstig beeinflusst werden. Also: ! Überdurchschnittlich muskelstarke und ausdauernde Menschen sind in jedem Alter nicht nur einfach leistungsfähiger sondern sie sind auch biologisch jünger und haben daher eine geringere Wahrscheinlichkeit binnen einer bestimmten Frist krank zu werden oder zu sterben als muskelschwache und wenig ausdauernde Menschen.
Körperfettanteil Der Körperfettanteil ist das eigentliche Maß für die Beurteilung des individuellen Ernährungszustandes. Er gibt an wie viel Prozent des Körpergewichtes das Fett ausmacht. Der restliche Teil des Körpers wird dann die fettfreie Körpermasse (FFM) oder auch schlanke Körpermasse genannt. Eine häufig gebrauchte, aus dem englischen stammende Abkürzung ist LBM (für lean bodymass). Die Tabelle 19 auf der nächsten Seite zeigt die Werte für normalen und erhöhten Körperfettanteil von Männern und Frauen.
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ERNÄHRUNG IN DER ZWEITEN LEBENSHÄLFTE
Tabelle 19 Kategorie
Männer
Frauen
Normal
15 - 20
25 - 30
Übergewicht
20 - 25
30 - 35
Adipositas Grad I
25 - 35
35 - 45
Adipositas Grad II
> 35
> 45
normaler und adipöser Köperfettanteil von Männern und Frauen in %
Der Körperfettanteil kann ausreichend genau mit so genannten Körperfettwaagen bestimmt werden, die nicht nur das Gewicht, sondern auch den Körperfettanteil angeben (für Interessierte: es wird mit der Bioimpedanzmethode gemessen). Wichtig ist, dass die Messung immer im gleichen Zustand (das heißt: standardisiert) stattfindet. Also z.B.: morgens, nach dem Aufstehen, nach dem Gang auf die Toilette, vor dem Frühstück und ohne Kleider. Ein anderes viel verwendetes Maß für den Ernährungszustand ist der so genannte Bodymass-Index (BMI). Er errechnet sich aus dem Gewicht und der Körpergröße (in Meter) mit folgender kleiner Formel:
BMI = Gewicht [kg] / (Größe [m])2
(also: Gewicht in kg dividiert durch die Größe in Metern zum Quadrat)
DIE ALTERSMERKMALE
Wenn zwei Männer gleich groß und gleich schwer sind, so haben sie den gleichen Body-Mass-Index. Aber nicht unbedingt den gleichen Körperfettanteil.
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ERNÄHRUNG IN DER ZWEITEN LEBENSHÄLFTE
Die Tabelle 20 zeigt die übliche Zuordnung des BMI zu verschiedenen Stadien des Ernährungszustandes bei Männern und Frauen.
Tabelle 20 Kategorie
BMI
Untergewicht
< 18,5
Normalgewicht
18,5 - 24,9
Übergewicht
> 25
Präadipositas
25 - 29,9
Adipositas Grad I
30 - 34,9
Adipositas Grad II
35 - 39,9
Adipositas Grad III
> 40
1) World Health Organization (WHO), 2000
Gewichtsklassifikation bei Erwachsenen anhand BMI1)
Der Körperfettanteil ist, vor allem für den Einzelfall, wesentlich besser geeignet den Ernährungszustand wiederzugeben als der BMI. Ein kleines Beispiel soll das zeigen: nehmen wir 2 Männer, beide sind 1,75 m groß und 80 kg schwer. Daher haben beide den gleichen BMI von 26,1. Der eine aber ist muskulös und hat einen Körperfettanteil von sehr schlanken 10% und der andere ist adipös mit einem Körperfettanteil von 30%. Mit dem BMI kann man diese individuelle Differenzierung nicht treffen. Wir werden deshalb im Weiteren immer vom Körperfettanteil sprechen. Ab etwa 50 Jahren beträgt der durchschnittliche Körperfettanteil bei Männern 25% und bei Frauen 35%. Der Körperfettanteil ist also in 30 Jahren um 10% angestiegen, der Unterschied zwischen Männern und Frauen bleibt aber erhalten. Sie werden vielleicht bemerkt haben, dass ich bei den Menschen im 3. Lebensjahrzehnt vom normalen, ab dem 6. Lebensjahrzehnt hingegen vom durchschnittlichen Körperfettanteil spreche. Das deswegen, weil auch ab
DIE ALTERSMERKMALE
dem 6. Lebensjahrzehnt der optimale Körperfettanteil dem in der Tabelle 19 angegebenen Normalwerten entsprechen würde. Der tatsächlich festgestellte Anstieg ist Ausdruck des Alterungsprozesses. Die Ursachen sind vor allem die Abnahme der Muskelmasse, wodurch der Grundumsatz abnimmt. Und auch die Abnahme der körperlichen Aktivität, wodurch sich der Tagesenergieumsatz, also der Verbrauch an Energie vermindert. Die mit der Nahrung aufgenommene Energie bleibt aber in aller Regel gleich. Daher resultiert eine positive Energiebilanz, die sich in einer Zunahme des Körperfettanteils niederschlägt. Die Adipositas ist ein von Muskelmasse und Sauerstoffaufnahmefähigkeit unabhängiger Risikofaktor, was durch viele Untersuchungen in verschiedenen Ländern bestätigt ist. Es stellt sich übereinstimmend heraus, dass mit dem Körperfettanteil, der meistens mit dem leichter zu bestimmenden BMI beschrieben wird, die Sterblichkeit an Krebserkrankungen und Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems zunimmt. Eine gewisse Bedeutung für die Gefährlichkeit eines erhöhten Körperfettanteiles hat dabei das Fettverteilungsmuster. Man unterscheidet dabei zwei Verteilungstypen: ! Die Stammfettsucht. Synonyme sind männlicher Verteilungstyp, weil dies häufiger (keineswegs ausschließlich) bei Männern vorkommt oder Apfeltyp. Hier sammelt sich das Fett vorwiegend im Unterhautgewebe des Bauches und unter der Bauchdecke. ! Die Hüftfettsucht. Synomyme sind weiblicher Verteilungstyp (analog zum männlichen) oder Reithosen- oder Birnentyp. Hier kommt es vor allem an den Hüften, den Pobacken und den Oberschenkeln zur Fettansammlung. Problematischer im Hinblick auf die gesundheitliche Gefährdung ist die Stammfettsucht, weshalb auch der Bauchumfang oder auch das Verhältnis von Bauchumfang zu Hüftumfang zur Beurteilung des durch die Adipositas bedingten Risikos herangezogen wird: Der Bauchumfang sollte in Europa bei Männern nicht über 95 cm und bei Frauen nicht über 80 cm sein (in anderen Kontinenten gelten andere
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ERNÄHRUNG IN DER ZWEITEN LEBENSHÄLFTE
Werte). Ein anderer häufig verwendeter Wert ist der Quotient aus Bauchumfang / Hüftumfang: ein Wert von über 1 signalisiert das erhöhte Risiko! Was kann man nun tun um die Zunahme des Körperfettanteiles hintan zuhalten oder mindestens zu bremsen? Aus den geschilderten Ursachen der Zunahme ergeben sich 3 strategische Richtungen der empfehlenswerten Maßnahmen: ! Vermehrung der Muskelmasse durch regelmäßiges Muskeltraining, wodurch auch der Grundumsatz erhöht wird. ! Erhöhung des durchschnittlichen Tagesenergieumsatzes durch Vermehrung der Alltagsbewegung und durch regelmäßiges Ausdauertraining. ! Maßvolle Kontrolle der mit der Nahrung aufgenommenen Energie Natürlich ist Ihnen bekannt, dass man durch mehr Bewegung und weniger Essen den Körperfettanteil verringern kann. Dabei wird, zu Recht, dem Ausdauertraining ein hoher Stellenwert eingeräumt. Neu ist Ihnen wahrscheinlich, dass auch Muskeltraining mit Vermehrung der Muskelmasse dazu einen Beitrag leisten kann. Und zwar nicht nur durch die Bewegung, die mit dem Training verbunden ist. In dieser Beziehung ist das Muskeltraining dem Ausdauertraining unterlegen, weil der Energieverbrauch pro Stunde Muskeltraining nur etwa halb so hoch ist wie der Energieverbrauch während einer Stunde Ausdauertraining. Sondern durch den speziellen Effekt des Muskeltrainings, nämlich die zusätzliche Muskelmasse: jedes Kilogramm Muskel, das durch das Training aufgebaut wird, erhöht den Grundumsatz um 15 kcal in 24 Stunden. (Wie Sie sich sicher erinnern ist der Grundumsatz jener Energieverbrauch, der ohne Bewegung, z.B. auch im Schlaf anfällt). Eine berechtigte Frage in diesem Zusammenhang ist, ob man mit 70 oder gar 80 Jahren noch seine Muskelmasse durch Training vermehren kann. Nun, diese Frage kann ich eindeutig mit ja beantworten. Einer meiner Studenten hat in seiner Dissertation zeigen können, dass eine Gruppe von durchschnittlich 80jährigen Menschen, die zweimal pro Woche ein Muskeltraining absol-
DIE ALTERSMERKMALE
viert haben, nach 3 Monaten 3 kg an Muskelmasse (und 30 – 50% an Muskelkraft) zugelegt haben. Damit hat der Grundumsatz um 45 kcal/Tag zugenommen! Der Körperfettanteil hat um durchschnittlich 4 kg abgenommen! Das Körpergewicht, als Differenz zwischen Zunahme der Muskelmasse und Abnahme von Körperfett, hat um 1 kg abgenommen. Somit waren diese Menschen nach der Trainingsperiode, was Muskelmasse, Muskelkraft und Körperfettanteil betrifft, um rund 10 Jahre jünger als vorher. Verdientermaßen ist dieser Student mit dieser Dissertation zum Doktor der Medizin promoviert worden. Die Möglichkeiten, einen erhöhten Körperfettanteil, also die Fettsucht oder Adipositas mittels Ernährung zu behandeln werden noch weiter unten ausführlich besprochen.
Knochendichte Das dritte körperliche Altersmerkmal ist die gesamte Knochenmasse. Auch die Knochenmasse ist mit ca. 30 Jahren am höchsten und beginnt dann mit einer Geschwindigkeit von ca. 1% pro Jahr abzunehmen, so dass auch die normale Knochenmasse mit 80 Jahren nur mehr halb so groß ist wie mit 30. Die Größe und Form der Knochen bleibt aber über Jahrzehnte hinweg, trotz der Abnahme der Knochenmasse gleich. Abnehmende Knochenmasse bedeutet daher, dass die einzelnen Knochenbälkchen und Knochenlamellen, aus denen jeder Knochen aufgebaut ist, dünner werden. Ein Knochen, z.B. der Oberschenkelknochen, wird daher bei Verlust an Knochenmasse nicht kleiner, wohl aber leichter. Da die gesamte Knochenmasse nicht gemessen werden kann, nimmt man als leicht bestimmbaren Messwert die Knochenmasse pro cm3 Knochenvolumen und bezeichnet das als die Knochendichte. Der Befund einer verminderten Knochendichte weist also auf eine verminderte Knochenmasse hin. Der Zustand einer hochgradig verminderten Knochendichte wird als Osteoporose bezeichnet. Die bedeutsamste Folge der Osteoporose für ältere Menschen ist die Gefahr, dass Knochen bei Belastungen, z.B. bei einem Sturz, leichter
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brechen. Verstärkt wird diese Entwicklung, wenn die Ernährung nicht optimal zusammengesetzt ist: wenn sie einerseits zu wenig Kalzium enthält, das, wie wir schon wissen, ein wesentliches Strukturelement des Knochens ist und andererseits zuwenig Vitamin D, das eine entscheidende Funktion bei der Neubildung von Knochen erfüllt. Wie wir bereits, bei der Besprechung der Nahrungsergänzungsstoffe, festgestellt haben, trifft das für viele Menschen über 65 Jahren zu. Daher kann man in Hinblick auf die Verhinderung eines beschleunigten Abbauprozesses der Knochen durchaus plausible Ernährungsempfehlungen abgeben: ! Täglich 2-mal fettreduzierte Milchprodukte (Kalzium) ! Wöchentlich 2-mal (oder öfter) Seefisch (Vitamin D) Beide Nahrungsmittel enthalten erfreulicherweise auch biologisch hochwertiges Protein und Fisch außerdem auch die essentiellen Omega-3-Fettsäuren. Im Übrigen kann nicht oft genug der noch wenig bekannte Umstand betont werden, dass die Knochendichte direkt und unmittelbar von der Muskelmasse abhängt: Je mehr Muskelmasse, desto höher ist die Knochendichte!
Dieser Zusammenhang ist leicht erklärbar: auch der scheinbar stabile Knochen unterliegt einem beständigem Umbau. Das heißt, er wird ununterbrochen durch so genannte Knochenfresszellen (das sind die Osteoklasten) abgebaut. Ebenso beständig wird er durch Knochenbildungszellen (das sind die Osteoblasten) aufgebaut. Im Normalfall ist die Bilanz dieser gleichzeitig ablaufenden Ab- und Aufbauvorgänge ausgeglichen, so dass die Knochenmasse und die Knochendichte gleich bleiben. Allerdings gibt es zwischen den Ab- und den Aufbauvorgängen einen fundamentalen Unterschied: der Abbau erfolgt von ganz allein, sozusagen automatisch. Der Aufbau hingegen erfolgt nur durch angemessene Knochenbildungsreize, durch die die
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Osteoblasten stimuliert werden. Unterbleibt die Stimulierung, dann wird die Funktion der Osteoblasten und somit die Knochenneubildung abgeschwächt und die Bilanz des Knochenumbaus wird negativ. Und das bedeutet, dass die Knochenmasse abnimmt. Nun wird der Zusammenhang mit der Muskelmasse verständlich: der wichtigste biologische Stimulus zur Neubildung von Knochen ist die kräftige mechanische Beanspruchung und Verformung des Knochens durch eine kräftige Muskulatur. Glücklicherweise kann, wie ich oben schon betont habe, die Muskelmasse in jedem Alter durch ein angemessenes regelmäßiges Muskeltraining vermehrt werden, was tatsächlich eine Erhöhung der Knochendichte und z.B. eine Verringerung der Anzahl von Rückenwirbeleinbrüchen bei Frauen über 60 Jahren zur Folge hat.
Aktivität Wir haben bereits früher festgestellt, dass das Gesamtausmaß an körperlicher Aktivität eines Menschen mit dem täglichen Energieumsatz (in kcal) genau beschrieben werden kann. Und um diesen Energieumsatz zwischen Menschen unterschiedlicher Größe, unterschiedlichen Alters und beiderlei Geschlecht vergleichbar zu machen, hat es sich bewährt, den gesamten täglichen Energieumsatz, also den Grundumsatz und den zusätzlichen Aktivitätsumsatz, als Vielfaches des Grundumsatzes in 24 Stunden anzugeben. Das wird dann als „physical activity level“ bezeichnet und mit dem Akronym PAL abgekürzt. Ein entscheidenden Merkmal des Alterns ist es, dass das PAL, also das Ausmaß der täglichen Aktivität zum Teil drastisch abnimmt. Die Abnahme der körperlichen Aktivität ist wiederum ein Hauptgrund, dass die Muskelmasse und die Sauerstoffaufnahmefähigkeit stärker abnehmen, als es eigentlich dem chronologischen Alter entsprechen würde. In sehr vielen Fällen ist die Abnahme der Aktivität im Alter keineswegs unmittelbar durch eine Krankheit bedingt sondern sie ist Teil eines Lebensstils, in dem der körperlichen Aktivität keine besondere Bedeutung zugemessen wird. Um zu vermeiden, dass das Alters-
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merkmal Aktivität altersentsprechend oder sogar stärker abnimmt gibt es nur eine einzige Empfehlung: Bewegung!!!
Damit ist keineswegs nur sportliche Bewegung oder gar Leistungssport gemeint. Sondern in erster Linie die regelmäßige Bewegung im Alltag, vor allem in Form von schlichtem Gehen im Ausmaß von 2 – 3 Stunden am Tag. Aber natürlich auch das systematische Training von Muskelkraft und Ausdauer an 3 Tagen der Woche. Wie gesagt, keineswegs leistungssportliches Training, sondern individuell angemessenes Training, ohne Ehrgeiz und Leistungsstreben als Maßnahme der umfassenden Körper- und Gesundheitspflege für Menschen in der zweiten Lebenshälfte. In den letzten Jahren haben umfangreiche Untersuchungen ergeben, dass es bei Menschen über 60 Jahren einen klaren Zusammenhang zwischen dem täglichen Energieumsatz (das heißt, wie wir schon festgestellt haben, dem täglichen Ausmaß an Bewegung) und der Häufigkeit des Auftretens von Demenzerkrankungen (Nachlassen der geistigen Fähigkeiten) gibt. Je größer der tägliche Energieumsatz ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit an einer Demenz zu erkranken. Einen ähnlichen Zusammenhang gibt es zwischen der Aktivität und der Wahrscheinlichkeit in den nächsten 20 Jahren an einer Kreislaufoder Krebserkrankung zu sterben. Die Wahrscheinlichkeit ist deutlich geringer bei mehr als 3 Stunden körperlicher Bewegung pro Woche verglichen mit Menschen mit weniger als 3 Stunden.
Stoffwechsel Die bislang besprochenen Merkmale haben, neben ihrer Funktion als Altersmerkmale, auch unmittelbaren Einfluss auf die körperliche Leistungsfähigkeit oder auch auf das Aussehen und die Lebensqualität.
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Das heißt, dass jeder eine ungünstige Ausprägung dieser Merkmale selbst spürt bzw. sieht. Die nun zu besprechenden Altersmerkmale beeinflussen, zumindest zu Beginn, das körperliche Befinden nicht wesentlich und machen sich auch nicht äußerlich bemerkbar, sind aber gleichwohl wirksam. Sie erhöhen das Risiko zu erkranken und in der Folge an den Krankheiten auch zu versterben. Dabei handelt es sich in der Hauptsache um Erkrankungen des Stoffwechsel, des Kreislaufs und Krebserkrankungen. Diese Altersmerkmale sind selbst also keine eigentlichen Krankheiten. Es ist auch nicht so, dass sie in jedem Einzelfall zu einer Krankheit führen. Sie erhöhen allerdings mehr oder weniger stark die Wahrscheinlichkeit, also das Risiko, eine der erwähnten Krankheiten zu bekommen. Diese Merkmale werden daher auch Risikofaktoren genannt.
Insulinempfindlichkeit Insulin ist ein Hormon, das von den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse produziert wird. Es hat zwei Hauptwirkungen:
Die blutzuckersenkende Wirkung Insulin sorgt dafür, dass die Körperzellen durch die Zellmembran Glukose aus dem Blut aufnehmen können und damit auch der Blutzuckerspiegel, insbesondere nach den Mahlzeiten, nur mäßig ansteigt. Da die Muskelzellen bei Männern 40% und bei Frauen 30% des Körpergewichtes ausmachen, ist die Muskulatur das entscheidende glukoseaufnehmende Gewebe des Körpers. Die Muskelzellen haben in ihrer Zellmembran Empfängermoleküle, sogenannte Insulinrezeptoren, an die die Insulinmoleküle andocken und auf diese Weise die Membran für die Aufnahme von Glukosemolekülen vorbereiten. Fehlt das Insulin, z.B. nach einer Erkrankung des Pankreas, dann bleibt die Membran undurchlässig für Glukose, so dass sich selbige im Blut
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anhäuft. Das ist das prinzipielle Problem des jugendlichen Zuckerkranken (Diabetes mellitus vom Typ 1). Die verminderte Insulinempfindlichkeit beruht darauf, dass die Zahl der Insulinrezeptoren und damit die Durchlässigkeit der Muskelzellmembran für Glukose zurückgeht. Dafür gibt es drei Hauptursachen: ! Adipositas ! Verringerung der Muskelmasse ! Verringerung der Sauerstoffaufnahmefähigkeit Die Folge der verminderten Insulinempfindlichkeit ist, dass der Blutzucker schwerer in die Zellen aufgenommen werden kann. Um jetzt zu verhindern, dass der Blutzuckerspiegel allzu stark ansteigt, muss das Pankreas mehr Insulin produzieren. Eine verminderte Insulinempfindlichkeit hat also letztlich eine erhöhte Insulinkonzentration im Blut zur Folge. Ein Zustand, den man als Hyperinsulinismus bezeichnet. Und nun haben wir jene Situation, die eindeutig als Risikosituation für die Entstehung der Zuckerkrankheit vom Typ 2 (Diabetes mellitus 2) identifiziert worden ist. Wenn dieser Zustand nur lange genug anhält, dann reicht auch die Überproduktion des Pankreas an Insulin nicht mehr aus um den Blutzuckerspiegel im Normalbereich zu halten und das Hauptsymptom der Zuckerkrankheit tritt auf: der erhöhte Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie). Da diese Art der Zuckerkrankheit praktisch nur in der zweiten Lebenshälfte auftritt, wird sie auch „Alterszucker“ genannt. Das Insulin hat noch eine zweite Haupteigenschaft, die insbesondere beim Hyperinsulinismus zum tragen kommt.
Die anabole Wirkung Anabol bedeutet aufbauend oder wachstumfördernd. Insulin ist also auch ein anaboles Hormon und fördert z.B. das Muskelwachstum. Tatsächlich wird es deshalb auch missbräuchlich im Kraftsport als Dopingmittel verwendet. Es wirkt aber nicht nur auf Skelettmuskelzellen wachstumfördernd, was ja unter Umständen sogar
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erwünscht sein könnte. Sondern auch auf die glatten Muskelzellen in den Gefäßwänden der Arterien, die dadurch dicker werden. Und das fördert die Entstehung von Bluthochdruck. Dieser Zusammenhang macht verständlich, warum die verminderte Insulinempfindlichkeit und der Bluthochdruck so häufig vergesellschaftet vorkommen und damit auch die vom Bluthochdruck abhängigen Folgekrankheiten des Kreislaufs. Ein weiterer Aspekt der anabolen Wirkung ist, dass auch Karzinomzellen in ihrem Wachstum gefördert werden. Insulin ist nicht daran schuld, dass irgendwo im Körper eine zunächst gesunde Zelle in eine Krebszelle umgewandelt wird. Aber wenn einmal eine Krebszelle entstanden ist, dann fördert Insulin auch deren Wachstum. Das wäre eine Erklärung für den Zusammenhang von Adipositas und geringer körperlicher Fitness und dem nachweislich damit verbundenen häufigeren Auftreten von Krebserkrankungen. Aus der Schilderung der Ursachen der verminderten Insulinempfindlichkeit ergeben sich auch sehr klar die entscheidenden Maßnahmen zur deren Verbesserung: ! Verminderung des Körperfettanteils ! Vermehrung der Muskelmasse ! Verbesserung der Sauerstoffaufnahmefähigkeit Beim ersten Punkt kann Ernährung wesentlich beitragen, wie im Weiteren noch besprochen wird. Die Realisierung des zweiten und des dritten Punktes ist eigentlich nur durch regelmäßiges und lebenslanges körperliches Training möglich. Große Untersuchungen haben gezeigt, dass durch geeignete Ernährungsmaßnahmen etwa die Hälfte aller neu auftretenden Diabeteserkrankungen verhindert werden könnten. Und viele Patienten, die schon an Diabetes 2 erkrankt sind, könnten durch eine Kombination von Ernährung und Training geheilt werden. Das ist sicher eine gute Nachricht. Aber diese Maßnahmen erfordern, zugegebenermaßen, einen nicht unwesentlichen Einsatz von den betroffenen Menschen selbst! Möglicherweise gerade auch von Ihnen? Jetzt werden Sie, zu Recht, fragen, ob den die Medizin da
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nichts Einfacheres zu bieten hat? Z.B. eine Tablette, mit der die Insulinempfindlichkeit verbessert werden kann? Nun das gibt es heute tatsächlich. Es handelt sich um die Substanzgruppe der sogenannten Glitazone, deren Wirkung unter Anderem darin besteht, die Muskelzellen für das Insulin empfindlicher zu machen und die deshalb in der Behandlung des Diabetes 2 eingesetzt werden. Natürlich drängt sich die Überlegungen auf die Glitazone auch zur Vorbeugung (zur Prophylaxe) des Diabetes 2 bei entsprechend gefährdeten, also übergewichtigen und konditionsschwachen Menschen einzusetzen, noch bevor die Krankheit wirklich aufgetreten ist. Tatsächlich kann die Häufigkeit des Auftretens von Diabetes 2 damit vermindert werden. Allerdings bleibt die Grundsituation der Altersmerkmale, die die erhöhte Gefährdung ja erst erzeugt, durch die Medikamenteneinnahme unverändert. Außerdem haben Untersuchungen der letzten Jahre eine Erkenntnis gebracht, die doch sehr nachdenklich stimmt und Anlass sein sollte die alleinige Verwendung von Medikamenten zur Prophylaxe kritisch zu überdenken: bei Patienten, die regelmäßig Glitazone einnehmen ist ein etwas häufigeres Auftreten von Herzschwäche beobachtet worden. Wir können daraus lernen, dass der Stoffwechsel ein sehr komplexes System ist und die Folgen eines Eingriffes im Detail nicht mit Sicherheit vorhergesehen werden können.
Arteriosklerose
DIE ALTERSMERKMALE
Das LDL-Cholesterin lagert sich in den Aterienwänden ab und bahnt damit die Entwicklung zur Arteriosklerose. Das HDL-Cholesterin gehört zu den Guten, weil es das LDL wieder aus der Arterienwand herauslöst und abtransportiert. Entscheidend für den Zustand der Arterienwände ist daher das Verhältnis von HDL : LDL. Es soll kleiner als 2,5 sein.
Zusammensetzung der Blutfette Unter dem Begriff „Blutfette“(Blutlipide) werden mehrere verschiedene Substanzen verstanden, die bei einer Blutuntersuchung gemessen werden können:
Blutfett Dabei handelt es sich chemisch gesehen um Fett (Triglyzeride). Sie werden besonders durch das Nahrungsfett und auch durch regelmäßigen Alkoholgenuss beeinflusst. Erhöhte Werte können daher meist durch eine Reduzierung des Fettgehalts der Nahrung gesenkt werden. Ebenso hilft der Verzicht auf regelmäßigen Alkoholgenuss. Cholesterin Das Cholesterin ist kein eigentliches Fett, sondern gehört zu den fettähnlichen Substanzen. Wie alle fettähnlichen Substanzen ist
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ERNÄHRUNG IN DER ZWEITEN LEBENSHÄLFTE
Cholesterin nicht wasserlöslich. Damit es im wässrigen Blutplasma transportiert werden kann, ist das Cholesterin in eine spezielle Eiweißhülle eingepackt, das Lipoprotein, welches die Wasserlöslichkeit vermittelt. Und je nachdem wie viel Cholesterin in der Lipoproteinhülle verpackt ist unterscheidet man mehrere Cholesterinarten. Für die Funktion als Altersmerkmale sind vor allem zwei Cholesterinarten von Bedeutung: 1.
Das Cholesterin mit niedriger Dichte, LDL-Cholesterin (von der englischen Bezeichnung: Low-Density-Lipoprotein)
Bei dieser Cholesterinart ist viel lockeres Cholesterin in der dichten Lipoproteinhülle verpackt. Es repräsentiert das eigentliche Risiko für die Gefäßwände der Arterien, da es das Cholesterin in den Arterienwänden ablagert und den Krankheitsprozess der Arteriosklerose in Gang setzt. 2.
Das Cholesterin mit hoher Dichte, HDL-Cholesterin (von der englischen Bezeichnung: High-Density-Lipoprotein)
Bei dieser Cholesterinart ist wenig lockeres Cholesterin in der dichten Lipoproteinhülle verpackt. Es hat eine dem LDL-Cholesterin entgegen gesetzte Funktion: es mobilisiert das Cholesterin aus den Arterienwänden und transportiert es zur Leber, wo es weiter verarbeitet werden kann. Auf diese Weise übt es eine Schutzfunktion für die Arterien aus und verhindert oder verzögert die Entwicklung der Arteriosklerose! Beide Prozesse finden ununterbrochen und gleichzeitig statt: das LDL-Cholesterin lagert Cholesterin in den Arterienwänden ab und vom HDL-Cholesterin wird es wieder mobilisiert und abtransportiert. Die entscheidende Frage ist jetzt natürlich welcher dieser beiden entgegen gesetzten Vorgänge überwiegt. Überwiegt die Ablagerung, dann bleibt Cholesterin in den Arterienwänden liegen und die Entwicklung zur Arteriosklerose wird in Gang gesetzt. Überwiegt hingegen die Mobilisierung, dann bleiben die Arterienwände frei von Cholesterin und frei von Arteriosklerose. Oder, mit anderen Worten, die Arterien bleiben jung.
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Jetzt wird sicher verständlich, dass der entscheidende Punkt nicht einfach die Höhe der Konzentration des gesamten Cholesterins im Blut ist sondern das Verhältnis von LDL- zu HDL-Cholesterin. Dieses Verhältnis bestimmt ob die Ablagerung oder die Mobilisierung von Cholesterin überwiegt und die Arterien jung bleiben oder altern. Um dieses Verhältnis zu beschreiben wird ein Index gebildet: Cholesterinindex = Gesamt-Cholesterin / HDL-Cholesterin < 5
Damit die Mobilisation überwiegt und die Entwicklung der Arteriosklerose zumindest nicht beschleunigt wird, muss dieser Index unter 5 sein, d.h., dass das HDL-Cholesterin mehr als 20% des gesamten Cholesterins ausmachen soll. Dieser Index ist weitgehend unabhängig vom Wert des Gesamtcholesterins. Was das bedeutet soll mit 2 Beispielen erläutert werden: 1.
2.
Es wird ein Cholesterinwert von 240 mg% gemessen, was deutlich über dem empfohlenen Grenzwert von 200 mg% liegt. Bevor man jetzt allerdings mit Cholesterin senkenden Maßnahmen beginnt, seien sie jetzt diätetischer oder gar medikamentöser Art, sollte man noch das HDL-Cholesterin bestimmen. Es ergibt sich ein Wert von 80 mg%, der Cholesterinindex ist 3,0. Und das bedeutet, dass die Zusammensetzung der Blutfette, trotz des erhöhten Gesamtcholesterinwertes optimal ist. Besondere Maßnahmen zur Cholesterinsenkung sind daher überflüssig. Im zweiten Fall wird ein Cholesterinwert von 180 mg% gemessen, was deutlich unter dem empfohlenen Grenzwert liegt. Auch hier sollte, bevor Entwarnung gegeben wird, das HDL-Cholesterin bestimmt werden. Es beträgt 20 mg%! Der Cholesterinindex ist 9, also weit im roten Bereich! Hier sollten allerdings Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammensetzung der Blutfette ergriffen werden.
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Ein anderer häufig verwendeter Wert ist direkt das Verhältnis von LDLzu HDL-Cholesterin, das dann bestimmt werden kann, wenn das LDLCholesterin ebenfalls gemessen worden ist:
LDL-Cholesterin / HDL-Cholesterin < 2,5
Die Interpretation dieses Quotienten ist identisch mit der des Cholesterinindex. Also: ist das Gesamtcholesterin erhöht aber dieser Quotient < 2,5, dann sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Ist das Gesamtcholesterin niedrig aber dieser Quotient ist über 2,5, dann ist eine Verbesserung der Zusammensetzung der Blutfette zu empfehlen. Wie kann nun das Cholesterin, genauer gesagt das LDL-Cholesterin gesenkt und damit die Zusammensetzung der Blutfette verbessert werden? Nun, das ist durchaus eine Domäne einer Reihe von Ernährungmaßnahmen, ! Verminderung des Körperfettanteiles Die Verminderung des Körperfettanteiles löst meist eine Cholesterinsenkung aus. ! Radikales Vermeiden von tierischem Fett Die entsprechenden Nahrungsmittel, fettes Fleisch, Wurst, sind fast immer auch sehr cholesterinreich ! Vermeiden von Nahrungsmitteln mit hohem Cholesteringehalt: z.B. Ei, Innereien, Meeresfrüchte Nach diesen Hinweisen zur Verringerung des Cholesterinverzehrs zwei Hinweise zur Erhöhung der Zufuhr von einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die einen cholesterinsenkenden Effekt haben
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! Mindestens 2-mal oder öfter pro Woche Seefisch ! Ausschließliche Verwendung von pflanzlichen Ölen: Sonnenblumenöl, Maiskeimöl, Olivenöl Darüber hinaus haben sowohl regelmäßiges Ausdauertraining als auch regelmäßiges Muskeltraining eine deutliche Cholesterin senkende Wirkung.
Kreislauf Das Altersmerkmal, das für die speziell den Kreislauf betreffenden Alterungsprozesse steht, ist der arterielle Blutdruck, der, zumindest noch in Österreich, in den Einheiten mmHg (mm Quecksilbersäule) gemessen wird. (In den meisten anderen Ländern wird die Einheit Kilopascal [kPa] verwendet). Der Blutdruck wird mit zwei Messgrößen angegeben: ! Der systolische Blutdruck ist der höchste von einem Herzschlag (der Systole) erzeugte Wert. Der obere Grenzwert für einen normalen systolischen Blutdruck ist 140 mmHg. Dieser Wert gilt, wenn alle anderen Altersmerkmale im altersentsprechenden Normalbereich sind und keine Kreislauf- oder Stoffwechselerkrankung vorliegt. Bestehen derartige Krankheiten, wird der Grenzwert bis auf 125 mmHg heruntergesetzt, z.B. bei einem Menschen, der sowohl einen Diabetes Typ 2 als auch eine koronare Herzkrankheit hat. ! Der diastolische Blutdruck ist der niedrigste Blutdruck, der zwischen zwei Herzschlägen (diese Phase wird Diastole genannt) aufrechterhalten wird. Der obere Grenzwert ist 90 mmHg. Auch hier gilt, dass bei bestehenden Risikofaktoren oder gar Krankheiten der Grenzwert heruntergesetzt wird, in obigem Beispiel auf 80 mmHg. Es werden immer beide Werte gemessen und angegeben. Der obere Grenzwert lautet also: 140/90 mmHg. Zu hoch ist der Blutdruck dann, wenn auch nur einer der beiden Werte überschritten wird. Dieser
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Zustand eines erhöhten Blutdrucks ist der Bluthochdruck oder Hypertonie. Die Hypertonie belastet das gesamte arterielle Gefäßsystem, indem das Entstehen und das Fortschreiten der Arteriosklerose gefördert werden. Ein weiterer unangenehmer Effekt ist die Schädigung des Herzmuskels. Der Blutdruck steigt mit dem Alter langsam an, ohne aber im Normalfall den oben angeführten Grenzwert von 140/90 mmHg zu überschreiten. Einige Umstände fördern diesen Anstieg und können, früher oder später, zur Ausbildung einer Hypertonie führen bzw. die Entstehung begünstigen und damit den Alterungsprozess der Arterien beschleunigen. ! Adipositas ! Verringerte Sauerstoffaufnahmefähigkeit ! Verminderte Muskelmasse Aus dieser Aufzählung ergeben sich sehr klar die Maßnahmen, mit denen die durch den Blutdruck bedingte Beschleunigung des Alterungsprozesses der Gefäße wieder eingebremst werden kann. ! Gewichtabnahme (Verringerung des Körperfettanteiles) ! Verbesserung der Sauerstoffaufnahmefähigkeit durch Ausdauertraining ! Vermehrung der Muskelmasse durch Muskelaufbautraining
Zusammenfassende Betrachtung Fassen wir die besprochenen Altersmerkmale, es sind 8 an der Zahl, noch einmal zusammen: ! ! ! !
Muskelmasse (Kraft) Sauerstoffaufnahmefähigkeit (Ausdauer) Körperfettanteil Knochendichte
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! ! ! !
Körperliche Aktivität Insulinempfindlichkeit Zusammensetzung der Blutfette Blutdruck
Wenn wir das auf den vorhergehenden Seiten Besprochene Revue passieren lassen, dann fällt auf, dass für eine ungünstige Ausprägung sowohl der Insulinempfindlichkeit als auch der Zusammensetzung der Blutfette als auch des Blutdrucks immer die gleichen Ursachen angegeben werden, nämlich: ! Adipositas ! Verminderte Sauerstoffaufnahmefähigkeit ! Verminderte Muskelmasse Daher werden auch immer die gleichen Maßnahmen zur Verbesserung dieser Altersmerkmale empfohlen: ! Verringerung des Körperfettanteils (Gewichtsabnahme) ! Verbesserung der Sauerstoffaufnahmefähigkeit durch Ausdauertraining ! Vermehrung der Muskelmasse durch Muskelaufbautraining Diese, Ihnen vielleicht monoton erscheinende Aufzählung der immer gleichen Ursachen und Empfehlungen entspringt keineswegs nur einem Mangel an Phantasie sondern hat handfeste physiologische Grundlagen: es gibt nämlich zwischen den Altersmerkmalen starke Zusammenhänge und Abhängigkeiten und auch das unmittelbar krankheitsfördernde Potential ist unterschiedlich. Das möchte ich an einigen Beispielen erläutern: Eine verminderte Muskelmasse und/oder Sauerstoffaufnahmefähigkeit erzeugt selbst noch keine Krankheit. Aber sie gehen häufig einher mit einer Verminderung der Insulinempfindlichkeit, einer ungünstigen Zusammensetzung der Blutfette und einem erhöhten Blutdruck. Und diese Altersmerkmale begünstigen direkt die Entwicklung von Krankheiten des Stoffwechsels und der Gefäße.
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Die Senkung eines erhöhten Blutdrucks, z.B. durch ein Medikament, vermindert zwar das durch die Hypertonie ausgelöste erhöhte Risiko. Sie vermindert aber nicht jenes Risiko, das durch eine zu hohe LDLCholesterinkonzentration im Blut, oder durch eine verminderte Insulinempfindlichkeit verursacht wird. Das blutdrucksenkende Medikament verbessert auch nicht die Sauerstoffaufnahmefähigkeit, die Muskelmasse oder die Knochendichte. Werden aber, umgekehrt, Muskelmasse und Sauerstoffaufnahmefähigkeit, durch eine spezielle Form körperlicher Aktivität, nämlich Training, verbessert, dann werden alle anderen Altersmerkmale, wirklich alle, ohne Ausnahme, ebenfalls verbessert! Eine ähnliche Rolle spielt auch die Adipositas. Sie selbst greift nicht direkt in die Entstehung von Krankheiten ein. Aber sie beeinflusst in sehr ungünstiger Weise die Altersmerkmale des Stoffwechsels und des Kreislaufs. Auch hier existiert ein ähnlicher Zusammenhang: wird eines dieser Altersmerkmale (bzw. Risikofaktoren) medikamentös verbessert, so wird deshalb die Adipositas nicht verringert. Hingegen bewirkt eine Gewichtsabnahme durch Senkung des Körperfettanteiles fast immer auch eine Verbesserung der Insulinempfindlichkeit, des Cholesterins und des Blutdrucks. Diese Wirkung ist übrigens unabhängig von der der körperlichen Aktivität. Sowohl Gewichtsabnahme ohne zusätzliche körperliche Bewegung als auch vermehrte Bewegung ohne Gewichtsabnahme wirken günstig auf Stoffwechsel und Kreislauf. Allerdings: Gewichtsabnahme allein verbessert weder Muskelmasse noch Sauerstoffaufnahmefähigkeit! Hingegen wird die Gewichtsabnahme durch mehr körperliche Bewegung sehr unterstützt. Es gibt also bei den Altersmerkmalen eine gewisse Hierarchie in der gegenseitigen Beeinflussung, so dass zwei Gruppen unterschieden werden können: Die erste ist jene Gruppe von funktionellen und körperlichen Merkmalen, die ganz entscheidend das biologische Alter bestimmen. Sie umfasst die körperliche Aktivität (die als Tagesenergieumsatz oder als PAL beschrieben werden kann), die Muskelmasse, die Sauerstoffaufnahmefähigkeit und den Körperfettanteil. Keines dieser Altersmerkmale kann durch Medikamente ver-
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bessert werden, wohl aber durch zweckmäßige Ernährung und/oder Bewegung. Die zweite Gruppe sind jene Altersmerkmale, deren Ausprägung ganz wesentlich durch die der ersten Gruppe bestimmt wird. Sie können auch durch Medikamente verbessert werden, man braucht aber für jedes dieser Altersmerkmale eine andere Tablette. Und keine dieser Tabletten hat auch nur die geringste Wirkung auf eine der Altersmerkmale der ersten Gruppe, so dass die Grundsituation des höheren biologischen Alters erhalten bleibt. Darüber hinaus sind die Muskelmasse und die Sauerstoffaufnahmefähigkeit die Grundlagen der körperlichen Leistungsfähigkeit und somit eine der entscheidenden Grundlagen einer zufrieden stellenden Lebensqualität auch im Alter. (Das körperliche Training im Alter wird sehr ausführlich in folgendem Buch beschrieben: P. Haber, J. Tomasits: Medizinische Trainingslehre, erschienen im Springer Verlag). Diese Hierarchie der Altersmerkmale erklärt den auffallenden Umstand, dass nämlich die grundlegenden Maßnahmen zur
Bewegung Ernährung
Körperfettanteil
Muskelmasse Sauerstoffaufnahmefähigkeit
Insulinempfindlichkeit Blutfette Blutdruck
Knochendichte
Abb. 4: Die Hierarchie der Altersmerkmale. Die Pfeile zeigen die Richtung der Beeinflussung
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Verbesserung der Insulinempfindlichkeit, der Zusammensetzung der Blutfette und des Blutdrucks, immer die gleichen sind: ! die Verringerung des erhöhten Körperfettanteils ! die Vermehrung der Muskelmasse ! die Verbesserung der Sauerstoffaufnahmefähigkeit Erreicht wird dies am Besten durch die Kombination von körperlicher Bewegung und Ernährungsmaßnahmen. Allerdings muss angemerkt werden, dass Muskelmasse und Sauerstoffaufnahmefähigkeit ausschließlich durch angemessene körperliche Bewegung beeinflusst werden können.
Übergewicht Das Übergewicht, die Adipositas, gehört also, wie wir soeben feststellen konnten, zu den übergeordneten Altersmerkmalen. Übergewicht öffnet sozusagen eine Pforte, durch die dann weitere Gesundheitsrisiken und das Altern beschleunigende Faktoren in den Körper eindringen können. Da es auch jenes Altersmerkmal ist, das am unmittelbarsten der Beeinflussung durch die Ernährung zugänglich ist, wollen wir uns mit der Adipositas gründlich auseinandersetzen.
Was ist eigentlich Übergewicht Übergewicht bedeutet, dass das Körpergewicht im Verhältnis zur Körpergröße zu hoch ist. Um dieses Verhältnis anschaulich zu machen verwendet man Verhältniszahlen, einen so genannten Index. Die erste derartige Verhältniszahl, die breite Verwendung gefunden hat, ist der Broca-Index (benannt nach einem Herrn Broca). Er errechnet sich mit folgender kleiner Formel: Broca-Index = Körpergewicht [kg] / (Körpergröße [cm] – 100)
ÜBERGEWICHT
Einen Wert von 1 bezeichnet man als „Normalgewicht“. Werte über 1 gelten als Übergewicht. Differenzierter, nämlich nach Geschlecht, ist der dem „Idealgewicht“ entsprechende Broca-Index: Frauen 0,85 und Männer 0,9. Diese Idealwerte sind von Lebensversicherungsgesellschaften ermittelt worden, die festgestellt haben, dass bei diesen Werte jeweils die höchste Lebenserwartung besteht. Das heißt, dass nicht nur Übergewicht sondern auch Untergewicht mit Werten von unter 0,85 bzw. 0,9 mit einer tendenziellen Verringerung der Lebenserwartung einhergeht. Eine andere Möglichkeit der Indexbildung ist der schon beschriebene Body-Mass-Index BMI, der heute praktisch ausschließlich verwendet wird. Die verschiedenen Kategorien des Übergewichts und der Adipositas, beschrieben durch den BMI, sind in der Tabelle 20 dargestellt. Beide Indizes haben gemeinsam, dass sie nur das Verhältnis von Größe und Gewicht beschreiben aber auf die jeweilige Körperzusammensetzung keine Rücksicht nehmen. Wie wir aber oben besprochen haben, ist das eigentliche Altersmerkmal nicht das Gewicht sondern der Körperfettanteil. Und jetzt nehmen wir den Fall eines Menschen mit einem normalen BMI, das heißt einer normalen Relation zwischen Größe und Gewicht. Das normale Gewicht setzt sich aber nicht aus einem normalen Fettanteil und einer normalen Muskelmasse zusammen sondern aus einem erhöhten Fettanteil und einer verminderten Muskelmasse. Dieser Zustand ist als Folge einer sitzenden Lebensweise leider nicht selten und kann durch wiederholte Hungerkuren noch verstärkt werden. Dieser Mensch ist „sinngemäß“ übergewichtig, nämlich tatsächlich adipös, obwohl das Körpergewicht und der BMI im Normalbereich sind und auch das Erscheinungsbild nicht wie übergewichtig imponiert. Man könnte derartige Menschen als „normalgewichtig aber dennoch fett“ bezeichnen. Auch die umgekehrte Konstellation ist denkbar: zwei Menschen mit gleichem erhöhten BMI, von denen aber einer eine erhöhte Muskelmasse und einen normalen Körperfettanteil hat, z.B. ein Sportler, und der andere eine normale oder verminderte Muskelmasse und einen erhöhten Körperfettanteil. Adipös ist natürlich nur die zweite Variante.
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Schließlich kann durch die Bestimmung des Körperfettanteiles auch die Qualität einer Gewichtsreduktion beurteilt werden: ob es sich nämlich mehr um eine erwünschte Abnahme von Körperfett oder eher um eine unerwünschte Abnahme von Muskelmasse handelt. Für die individuelle Beurteilung des Ernährungszustandes empfiehlt sich daher wirklich die Bestimmung des Körperfettanteiles. Für den privaten Gebrauch sind dafür kommerziell erhältliche Körperfettwaagen geeignet, die nicht nur das Körpergewicht messen, sondern, mit der sogenannten Bioimpedanzmethode, auch den Körperfettanteil bestimmen. Dabei wird mittels eines schwachen Stroms der elektrische Widerstand (=Impedanz) des Körpergewebes gemessen. Da das Fett ein schlechter elektrischer Leiter ist, im Gegensatz zum Muskelgewebe, das ein guter Leiter ist, wird der Widerstand im Wesentlichen durch das Verhältnis von Fett zu Muskelgewebe bestimmt. In der Tabelle 19 ist der Schweregrad der Adipositas definiert nach dem Körperfettanteil bei Männern und Frauen dargestellt.
Wie entsteht Adipositas? Wir können uns also darauf einigen, dass wir die Begriffe Fettsucht bzw. Adipositas grundsätzlich nicht vom Körpergewicht abhängig machen sondern von einer abnormen Körperzusammensetzung mit einem erhöhten Fettanteil. Der durchtrainierte muskulöse Athlet mit 180 cm und 85 kg (BMI: 26,2) aber einem Fettanteil von nur 10% ist daher zwar übergewichtig aber nicht adipös. Hingegen ist ein männlicher Couchpotato, mit 180 cm und 80 kg (BMI: 24,7) aber einem Körperfettanteil von 27% zwar nicht übergewichtig aber eindeutig adipös! Nach dieser Klärung wollen wir uns nun der eingangs gestellten Frage zuwenden: wie entsteht Adipositas? Beziehungsweise, da es sich bei Adipositas immer um eine vermehrte Bildung von Fett handelt: wie kommt es zur vermehrten Bildung und Anlagerung von Körperfett? Nun, zunächst ist anzumerken, dass die Fähigkeit Fett zu bilden und in den Fettzellen abzulagern von größtem biologischem Nutzen ist. Fett
ÜBERGEWICHT
ist ein Stoff mit hoher Energiedichte, es enthält pro Gramm mehr als doppelt soviel Energie als die beiden anderen Nährstoffe Protein und Kohlehydrat. Fett eignet sich daher auch hervorragend als Energiespeicher, der in Zeiten des Nahrungsmangels lebensnotwendige Energie zur Verfügung stellen kann. Daher hat der Körper die fundamentale Fähigkeit mit jener Energie, die mit der Nahrung aufgenommen worden ist, aber für den laufenden Betrieb nicht gebraucht wird, in den Fettzellen des Unterhautfettgewebes Fettmoleküle aufzubauen und zu deponieren. Grundsätzlich kann man daher davon ausgehen, dass jede einzelne Kalorie, die über den laufenden Bedarf hinaus verzehrt wird, auf diese Weise in die Synthese von Fett investiert wird. Dabei ist es völlig gleichgültig ob die überflüssigen Kalorien aus Eiweiß, aus Fett oder aus Kohlehydraten stammen. Wie früher schon geschildert, entstehen bei einer stark eiweißlastigen Kost allerdings weniger leicht überschüssige Kalorien, weil durch die nahrungsmittelinduzierte Thermogenese rund 25% der an sich im Eiweiß enthaltenen Kalorien schon bei der Verdauung als Wärme verpuffen. Überschüssige Fettkalorien werden eins zu eins in Körperfett umgewandelt. Anders ist das bei Kohlehydraten. Die Synthese von Fett aus Kohlehydraten erfordert selbst Energie und zwar zirka 25% der bei der Verbrennung von Kohlehydraten freiwerdenden Energiemenge. Daher werden überschüssige Kohlehydratkalorien nur zu 75% in Körperfett umgewandelt. Wenn man also einmal schlemmen möchte, dann wäre es unter diesem Aspekt günstiger dafür Nudeln oder Reis mit magerem Fleisch oder Fisch auszusuchen und den fetten Braten mit Pommes frittes zu vermeiden. Die Entstehung von zusätzlichem Körperfett ist aber insgesamt ein einfaches Problem der Energiebilanz, so dass wir in aller Klarheit und Eindeutigkeit formulieren können:
Die einzige Ursache der Adipositas ist eine längerfristig positive Energiebilanz!
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ERNÄHRUNG IN DER ZWEITEN LEBENSHÄLFTE
Wir erinnern uns: positive Energiebilanz bedeutet, dass die mit der Nahrung aufgenommene Energiemenge die durch Grundumsatz und körperliche Aktivität verbrauchte Energiemenge übersteigt. Das Ausmaß des Überschusses ist dabei für die Geschwindigkeit des Zuwachses an Körperfett verantwortlich. 1 kg Fett entspricht energiemäßig 9.500 kcal. Daher hat das körpereigene Fettdepot immer dann um 1 kg zugenommen, wenn der Kalorienüberschuss auf 9.500 kcal angewachsen ist. Das gilt auch dann, wenn der tägliche Energieüberschuss nur gering ist. Nehmen wir als Beispiel einen täglichen Kalorienüberschuss von 50 kcal, das entspricht in etwa dem Energiegehalt von 3 Stück Würfelzucker oder 1/16 Liter Wein. Das ergibt alle 190 Tage einen kumulativen Überschuss von 9.500 kcal. Da sie nicht verbraucht worden sind, werden sie in Form von Fett für schlechtere Zeiten deponiert. Pro Jahr sind das 1,9 kg, die vielleicht noch nicht so ins Gewicht fallen aber in 10 Jahren summiert sich das auf 20 kg, und das ist bereits eine beträchtliche Adipositas. Diese kleine Rechnung zeigt, dass Adipositas, auch ausgeprägte Adipositas, nicht unbedingt auf gewohnheitsmäßiger „Völlerei“ beruhen muss; es genügen kleine Energiebilanzüberschüsse, dafür regelmäßig und über lange Zeit. Wahrscheinlich finden sich unter Ihnen, verehrte LeserInnen, einige, die sich schon mit dem Problem der Adipositas auseinander gesetzt und einiges dazu gelesen haben. Und Sie werden jetzt mit Recht anmerken, dass ich nur eine einzige Ursache der Adipositas genannt habe, nämlich die positive Energiebilanz. Hingegen wird im Schrifttum über Adipositas immer die multifaktorielle Entstehung betont, das heißt, dass mehrere Ursachen bei der Entstehung zusammenwirken. Sehr häufig wird die genetische Disposition, also die erbliche Veranlagung für Adipositas betont aber auch andere Einflüsse, wie im Folgenden exemplarisch aufgezählt: ! Genetische Veranlagung ! Hormonelle Erkrankungen (z.B. Unterfunktion der Schilddrüse) ! Essstörungen
ÜBERGEWICHT
! Erhöhter Fettkonsum ! Zu wenig körperliche Aktivität Was ist jetzt davon zu halten? Wieso kann ich schreiben, dass die einzige Ursache der Adipositas eine positive Energiebilanz ist, wenn doch andere Experten so viele verschiedene Ursachen aufzählen können. Besonders angenehm (für adipöse Menschen) ist die Nennung der genetischen Veranlagung als Ursache, denn dies suggeriert, dass Dicksein einfach eine Folge der Gene ist und man selber ja eigentlich gar nichts dafür kann (und daher auch nichts dagegen unternehmen kann). Tatsächlich handelt es sich bei dieser Aufzählung nicht um eigentliche Ursachen sondern um Faktoren, die das Entstehen der eigentlichen Ursache, nämlich der positiven Energiebilanz, begünstigen. Die Bedeutung der einzelnen Faktoren für die Entstehung und daher auch für die Behandlung der Adipositas ist allerdings sehr unterschiedlich. Daher sollen sie im Folgenden näher besprochen werden.
Faktoren, die die Entstehung der Adipositas begünstigen Die Gene sind an allem schuld Im Zeitalter der Genforschung ist es verständlich, dass die Forschung bei einem so massenhaft auftretenden Phänomen, wie der Adipositas, nach erblichen also genetischen Gründen sucht. Immerhin ist zumindest eine leichte Adipositas bei Menschen über 50 schon fast der Normalzustand. Besonders auffällig ist, dass heute schon bei Kindern und Jugendlichen der Anteil adipöser bei zirka 20% liegt. Ich erwähne das deshalb, weil gerade bei dieser Gruppe sehr klar gezeigt werden kann, dass die genetische Veranlagung bei dem Phänomen Adipositas nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts war die durchschnittliche genetische Veranlagung der damaligen Kinder in Österreich mit der Veranlagung der Kinder von heute mit absoluter Sicherheit identisch, da in nur 50 Jahren genetische Veränderungen in einer Bevölkerung nicht
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Gekränkt weisen die Gene die Schuld an der Adipositas-„Epidemie“ zurück. Durchaus zurecht! Die genetische Veranlagung ist seit Jahrhunderten die gleiche. Die Adipositasepidemie ist aber erst eine Entwicklung der letzten 50 Jahre.
stattfinden können. Somit ist auch die genetische Veranlagung zur Adipositas damals und heute identisch. Dennoch ist der Prozentsatz der adipösen Kinder von damals vielleicht 1 oder 2% auf die erwähnten 20 % von heute angestiegen. Damit ist klar, dass die genetische Veranlagung bei der Entstehung der Adipositas tatsächlich nur eine marginale Rolle spielt. Sie ist eine fixe Größe, die sich seit Jahrhunderten nicht verändert hat. Am tatsächlichen Ausbruch der „Epidemie“ der Adipositas haben andere Faktoren den entscheidenden Anteil!
ÜBERGEWICHT
In welcher physiologischen Eigenschaft manifestiert sich die genetische Veranlagung? Klar ist, dass sie einen Einfluss auf die Energiebilanz haben muss. Eine solche Eigenschaft ist die zitterfreie Thermogenese, die auf Seite 31 ausführlich besprochen wurde. Wenn Menschen mit einer höheren Thermogenese Nahrungsmittel mit einem bestimmten Energiegehalt verzehren, dann wird ein etwas größerer Anteil der bei der biologischen Verbrennung freiwerdenden Energie in Form von Wärme verstrahlt und ein etwas kleinerer Anteil wird als ATP gebunden und steht für die Lebensvorgänge des Körpers zur Verfügung. Und Energie, die in Form von Wärme abgestrahlt worden ist, kann nicht mehr in Form von Fett abgelagert werden. Umgekehrt begünstigt eine geringere zitterfreie Thermogenese die Anlage von Fett. Nun bedeutet eine geringere Thermogenese keineswegs das unabänderliche Schicksal dick zu werden, wie der Ausdruck „genetische Veranlagung“ suggeriert. (Wie erwähnt, sind in früheren Zeiten auch solche Menschen NICHT dick geworden). Sondern eine geringere Thermogenese kann selbstverständlich durch eine etwas geringere Nahrungsaufnahme kompensiert werden, und ebenfalls, da eine Bilanz ja auch eine Ausgabenseite hat, durch etwas mehr an körperlicher Bewegung. Es ist jedenfalls nicht sinnvoll, die Ursache einer Adipositas in der genetischen Veranlagung zu suchen und noch weniger sinnvoll ist es, bei der Behandlung der Adipositas auf eine Gentherapie zu warten.
Die Hormone sind an allem schuld Nun, in einigen wenigen Fällen mag tatsächlich eine Hormonstörung die Adipositas begünstigen. Es könnte dies z.B. eine leichte Unterfunktion der Schilddrüse sein, wie das bei älteren Menschen gelegentlich vorkommen kann. Eine derartige Ursache ist allerdings medizinisch leicht zu diagnostizieren und auch leicht zu behandeln. Insgesamt spielen Hormonstörungen als Ursache der Adipositas eine vernachlässigbare Rolle.
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Es ist daher auch nicht weiter überraschend, dass es derzeit keine Erfolg versprechenden Ansätze einer Hormontherapie der Adipositas gibt.
Das Essen ist an allem schuld Das, könnte man meinen, klingt ja logisch. Die Nahrung enthält Energie, zuviel Nahrung enthält zuviel Energie und, wie ich ja ausdrücklich betont habe, jede Kalorie, die zuviel aufgenommen wird, wird zur Synthese von Körperfett verwendet. Also, die Ursache der heute epidemisch auftretenden Adipositas ist, dass wir alle zu viel essen! Aber ist das wirklich so einfach? Essen wir alle oder zumindest sehr viele von uns „zuviel“? Betrachten wir einmal die Abbildung 5, die ebenso wie die Abbildungen 6 und 7, die Entwicklung in den USA schildert: Energiebedarf und Energieaufnahme 3500
3000
kcal/Tag
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2500
Energieaufnahme
2000
Energiebedarf
1500 1880
1950
2000
Jahr
Abb. 5: Tagesenergieumsatz und tägliche Energieaufnahme mit der Nahrung in den USA in den Jahren 1880 bis 2000
ÜBERGEWICHT
Diese Abbildung zeigt zwei Sachverhalte: ! Seit dem Jahr 1880 ist die durchschnittliche Energieaufnahme von 3400 kcal pro Tag auf 3120 kcal im Jahr 2000 zurückgegangen. Das heißt wir essen heute sogar durchschnittlich weniger als die Menschen vor 120 Jahren. ! Allerdings, und das ist das entscheidende, der Energiebedarf, also die Energie, die durch den Grundumsatz und den durch Aktivität bedingten Leistungsumsatz verbraucht wird, hat im gleichen Zeitraum von 3400 kcal auf 2500 kcal abgenommen. Die Menschen essen heute also im Durchschnitt weniger als vor 120 Jahren und dennoch ist die Zahl der Adipösen angestiegen. Die logische Schlussfolgerung: es kann nicht am Essen allein liegen! Also was ist es noch? 1880 war die Situation noch so wie in den vergangenen 2 oder 3 Millionen Jahren der Menschheitsgeschichte auch: Die Beschaffung der für die Lebenserhaltung erforderlichen Nahrung war nur mit etwa 5 – 6 Stunden mittlerer körperlicher Aktivität pro Tag möglich. Das war hunderttausende Jahre Jagen und Sammeln, aber auch landwirtschaftliche oder handwerkliche Tätigkeit, aber auch die Hausarbeit. Der tägliche Energieverbrauch war in einem Bereich von mindestens 1,8 PAL oder mehr und damit in einer Größenordnung, wo der natürliche Appetit gerade reicht, um den tatsächlichen Energiebedarf auch abzudecken. Die Menschen haben nach ihrem Appetit gegessen und haben alles wieder durch die körperlich Aktivität verbrannt, so dass keine überflüssigen Kalorien zur Synthese von Körperfett übrig geblieben sind. Bei einem PAL von über 1,8 funktioniert offensichtlich eine Abstimmung des Appetits und damit der Energieaufnahme auf den tatsächlichen Energiebedarf, so dass an Tagen mit geringerer körperlicher Aktivität weniger und an Tagen mit mehr körperlicher Aktivität mehr Nahrungsenergie aufgenommen worden ist. Diese Situation hat, trotz sinkenden Energieverbrauchs, in etwa noch bis in die 50-er Jahren des vorigen Jahrhunderts angehalten, weil die Abnahme des Energieverbrauchs so gering war, dass eine einigermaßen entsprechende Reduzierung der Energieaufnahme durch
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eine Herunterregelung des Appetits noch möglich war. Seit damals ist die Energieaufnahme mit der Nahrung gleich geblieben, während der tatsächliche Energieverbrauch weiter auf 2500 kcal abgenommen hat. Offensichtlich ist aber eine Herunterregelung des Appetits auf eine Energieaufnahme von 1,5 PAL nicht mehr möglich. Somit ist die in der Geschichte der Menschheit einmalige Situation aufgetreten, dass für eine große Zahl von Menschen jeweils über längere Zeit mit einer positiven Energiebilanz zu rechnen ist. Mit der Folge, dass eben eine große Zahl von Menschen auch zur Adipositas tendiert. Was ist nun der Grund für diesen erheblichen Rückgang des täglichen Energieverbrauchs um durchschnittlich 900 kcal (das entspricht zirka 5 – 6 Stunden einer mittelschweren Tätigkeit). Betrachten wir dazu die Abbildung 6: Leichte und schwere Arbeit 100
% aller Berufstätigen
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Leichte Arbeit Schwere Arbeit
80 60 40 20 0 1880
1950
2000
Jahr
Abb. 6: Der Anteil der Berufstätigen mit leichter und mit schwerer körperlicher Arbeit in Prozent aller Berufstätigen in den USA von 1880 bis 2000
Sie zeigt den Anteil von Berufstätigen mit leichter körperlicher Arbeit (definiert durch einen Leistungsumsatz bis zu 1,5 METs) und den Anteil jener mit schwerer körperlicher Arbeit (definiert durch einen Leistungsumsatz von > 3 METs) von 1880 bis 2000. Der Anteil der körperlichen Schwerarbeiter fällt von knapp 60% auf 5 % und jener der Leichtarbeiter steigt von 22 auf 86%. (Der Rest auf 100% sind die
ÜBERGEWICHT
Berufstätigen mit mittelschwerer Arbeit). Damit sinkt auch der durchschnittliche Tagesenergieumsatz aller Berufstätigen, wie in Abb. 5 gezeigt. Was ist die Ursache dieser geradezu dramatischen Entwicklung. Es ist die Entwicklung unserer Gesellschaft an sich, die diese gravierenden Folgen zeitigt. Es war zunächst die Mechanisierung der Arbeit in allen Bereichen der Gesellschaft und in den letzten Jahrzehnten auch die Automatisierung. Diese Prozesse haben in unumkehrbarer Weise zur Folge, dass die körperliche Arbeit mit höherem Energieumsatz aus der modernen Arbeitswelt weitgehend verschwunden und durch sitzende Tätigkeit ersetzt worden ist. Die weitere Folge ist, dass der PAL (Sie erinnern sich: das körperliche Aktivitätsniveau als Vielfaches des Grundumsatzes in 24 Stunden) von 2,0 – 2,5 auf 1,4 – 1,8 zurückgegangen ist. Das Verschwinden der körperlichen Aktivität betrifft übrigens nicht nur die erwerbstätige Arbeitswelt, sondern auch die Haushaltsarbeit und die Freizeit. Die Abb. 7 zeigt die Ergebnisse einer Untersuchung aus den USA. Dargestellt sind die Zahl der Verkäufe an Autos und Haushaltsgeräten, hier von Waschmaschinen, die durchschnittliche tägliche Energieaufnahme und der jeweilige Anteil von übergewichtigen Personen an der Gesamtbevölkerung der USA zum jeweils gleichen Zeitpunkt. Das besondere daran ist, dass die tägliche Energieaufnahme gleich geblieben ist, aber der Anteil der Übergewichtigen dramatisch zugenommen hat. Die Zunahme der Verkäufe an Autos und Waschmaschinen steht für die Abnahme der körperlichen Arbeit in Haushalt und Freizeit, die mit der entsprechenden Entwicklung der Arbeitswelt konform geht.
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Mechanische Hilfen und Übergewicht 20000 Autos Waschmaschinen 15000 kcal/Tag bzw. Verkäufe/Tag
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Tagesumsatz
10000
5000
0 13
15
23
31
Anteil Übergewichtiger %
Abb. 7: Die Anzahl der Verkäufe mechanischer Hilfen in Alltag und Haushalt (Autos und Waschmaschinen), der durchschnittliche Tagesenergieumsatz in kcal/Tag und der jeweilig Anteil der Übergewichtigen in % an der Bevölkerung in den USA zu jeweils gleichen Zeitpunkten. Man beachte, dass trotz des Ersatzes der körperlichen Arbeit durch die enorme Zunahme der mechanischen Hilfen im Alltag der Tagesenergieumsatz in der gleichen Zeit nicht wesentlich zurückgegangen ist und dass trotz des gleich Bleibens der Energieaufnahme der Prozentsatz der übergewichtigen Amerikaner zugenommen hat.
Wenn wir diese Fakten zusammenfassen, dann kann man feststellen, dass keineswegs dem Essen die alleinige Schuld am massenhaften Auftreten der Adipositas gegeben werden kann. Tatsächlich essen wir eher weniger als frühere Generationen. Das erheblich mehr ins Gewicht fallende Faktum ist, dass die körperliche Arbeit, als eine Hauptdeterminante des täglichen Energieumsatzes, aus unserem Alltag, also sowohl Arbeitswelt als auch Haushalt und Freizeit weitgehend verschwunden ist. Man könnte daher durchaus auch so formulieren
ÜBERGEWICHT
Die Adipositas ist in Wirklichkeit nicht nur ein Problem des zuviel Essens sondern auch und sogar in noch größerem Ausmaß ein Problem des sich zuwenig Bewegens.
Obwohl es bilanzmäßig gleich ist, macht es physiologisch auf jeden Fall einen wesentlichen Unterschied, ob die Adipositas überwiegend durch zuviel Essen, bei normalem Bewegungsniveau oder durch zu wenig Bewegung, bei normaler Energieaufnahme zustande kommt. Im ersten Fall nimmt zwar der Körperfettanteil zu aber die anderen Altersmerkmale, wie Muskelmasse oder Sauerstoffaufnahmefähigkeit bleiben normal. Im zweiten Fall hingegen kommt zum erhöhten Körperfettanteil noch eine in Relation zum Alter überproportionale Verschlechterung der übrigen Altersmerkmale hinzu. Wichtig ist auch noch die Feststellung, dass für eine letztlich massive Fettleibigkeit keineswegs tägliche Völlerei die Voraussetzung ist. Es genügen geringe aber tägliche Energiebilanzüberschüsse über einen langen Zeitraum. Dies kann auch zustande kommen, indem z.B. am Wochenende mit dem Sonntagsbraten und der Jause einige hundert Kilokalorien zusätzlich aufgenommen werden; während der Woche wird dann zwar ausgewogen gegessen, der Überschuss vom Wochenende aber nicht kompensiert.
Warum ist Adipositas ein Problem Nun abgesehen von kosmetischen Aspekten ist die Adipositas, wie ich bereits eingangs dieses Kapitels beschrieben habe, eines der übergeordneten Altersmerkmale, das eine Reihe anderer beeinflusst. Im Prinzip unabhängig vom Körperfettanteil sind die Muskelmasse, die Sauerstoffaufnahmefähigkeit und die Knochendichte. Hingegen werden die Altersmerkmale des Stoffwechsels, nämlich die Zusammensetzung der Blutfette und die Insulinempfindlichkeit und das Altersmerkmal des Kreislaufs, der Blutdruck, direkt und unmittelbar beeinflusst. Natürlich geht Adipositas durchaus sehr häufig auch mit verminderter Muskelmasse und Sauerstoffaufnahmefähigkeit einher,
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Die wichtigsten Maßnahmen zur Verbesserung der Altersmerkmale (bzw. Risikofaktoren) sind: Verringerung des Körperfettanteils Vermehrung der Muskelmasse Verbesserung der Sauerstoffaufnahmefähigkeit Die beiden Bilder, die mit der modernsten Technik bildgebender Verfahren angefertigt worden sind, zeigen das Herz 1. vor Beginn 2. nach erfolgreicher Durchführung derartiger Maßnahmen.
ÜBERGEWICHT
weil der gleiche Lebensstil, der die Adipositas fördert, auch die beiden anderen Altersmerkmale negativ beeinflusst. Es gibt aber durchaus auch ausdauernde und kräftige aber adipöse Menschen. In solchen Fällen werden die gesundheitlich nachteiligen Effekte der Adipositas auf Stoffwechsel und Kreislauf weitgehend kompensiert, so dass fitte, aber adipöse Menschen, was ihre statistische Lebenserwartung betrifft, nicht unbedingt schlechter dran sind als unfitte schlanke Menschen. Bei unfitten Menschen schlagen allerdings die gesundheitlichen Risiken der Adipositas voll durch. Am besten steigen – nicht mehr wirklich überraschend – die fitten schlanken Menschen aus. Was sind nun diese Risiken? Wir wollen sie noch einmal zusammenfassen.
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ERNÄHRUNG IN DER ZWEITEN LEBENSHÄLFTE
Adipositas bewirkt eine Abnahme der Insulinempfindlichkeit des Muskelgewebes. Die Folge ist eine Überproduktion an Insulin durch das Pankreas, ein Zustand der als Hyperinsulinismus bezeichnet wird und der viele Jahre bestehen kann, bevor es zur Entwicklung eines Diabetes Typ 2 kommt. Vor allem die anabole, wachstumsfördernde Wirkung des Insulins wird für einige nachteilige Folgen dieses Zustandes verantwortlich gemacht. So steht heute weitgehend außer Frage, dass bei adipösen Menschen bestimmte Krebserkrankungen (also unkontrolliertes Wachstum) etwas häufiger auftreten als bei schlanken. Genannt wird vor allem der Brustkrebs der Frau (das Mammakarzinom), der Krebs des Dickdarms und Mastdarms (das Kolorektale Karzinom) und das Prostatakarzinom des Mannes. Der Hyperinsulinismus fördert auch die Entstehung des Bluthochdrucks. Möglicherweise dadurch, dass die glatten Muskelfasern in den Arterienwänden zum Wachstum angeregt werden. Die Adipositas beeinflusst ungünstig die Zusammensetzung der Blutfette. Man findet daher sehr häufig eine Kombination von Adipositas mit erhöhtem Blutdruck, erhöhten Blutcholesterin und verminderter Insulinempfindlichkeit. Diese Kombination bezeichnet man als das metabolische Syndrom. Menschen mit einem metabolischen Syndrom sind in hohem Maß gefährdet in den folgenden Jahren an Diabetes Typ 2 zu erkranken bzw. eine Arteriosklerose mit allen möglichen Komplikationen zu entwickeln. Adipositas ist aber nicht nur ungünstig für Kreislauf und Stoffwechsel. Adipositas schädigt auch, nämlich durch das schiere Gewicht, das Skelett, im Besonderen die Gelenke, was häufig unterschätzt wird. Die Abbildung 8, die dem Gesundheitssurvey der Bundesrepublik Deutschland des Jahres 2005 entstammt, zeigt sehr deutlich, dass mit dem Übergewicht, hier quantifiziert durch den BMI, auch die Häufigkeit von Gelenksschädigungen (den Arthrosen) zunimmt. Andererseits wird die Gefahr von Gelenksschädigungen und Arthrosen durch Sport und Bewegung häufig übertrieben dargestellt. Tatsächlich stellt regelmäßige Bewegung auch einen Schutzfaktor für die Gelenke
ÜBERGEWICHT
Bodymassindex (BMI) und Arthrosehäufigkeit
Arthrosehäufigkeit in %
50 40 30 20 10 0 < 20
20 − 25
25 − 30
30 − 40
> 40
Body Mass Index
Abb. 8: Die Häufigkeit von Arthrose in Abhängigkeit vom BMI
dar. Die Abbildung 9 zeigt die Häufigkeit von Arthrosen in Abhängigkeit vom wöchentlichen Umfang an Bewegung bzw. Sport und demonstriert die tatsächliche Schutzwirkung von körperlicher Bewegung auch für die Gelenke.
Sport und Arthrosehäufigkeit 35
Arthrosehäufigkeit in %
30 25 20 15 10 5 0 0
<1
1−2
3−4
>4
Sport in Stunden pro Woche
Abb. 9: Die Häufigkeit von Arthrosen in Abhängigkeit von sportlicher Bewegung, angegeben in Stunden/Woche
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Jetzt wird abgenommen Für viele Menschen ist der Wunsch das Aussehen zu verbessern eine wichtige Motivation Übergewicht abzubauen bzw. Körperfett zu reduzieren. Aber abseits von kosmetischen Überlegungen liegen auch handfeste Gründe aus der Sicht der Präventivmedizin vor: schlanke Menschen haben ein geringeres Risiko für verschiedene Erkrankungen des Stoffwechsels und des Kreislaufs, bis hin zu Krebserkrankungen. Ist man z.B. an Diabetes mellitus Typ 2 schon erkrankt, dann kann er durch Abbau von überflüssigem Körperfett wirksamer behandelt werden als mit Medikamenten, da durch das Abnehmen die Insulinempfindlichkeit der Muskelzellen verbessert wird. Medizinische Schätzungen besagen, dass ca. 60% der Patienten mit Diabetes Typ 2 keine Diabetiker mehr wären, wenn es ihnen gelänge ihr Normalgewicht zu erreichen. Da die Gefahr diese Erkrankungen zu bekommen mit dem Alter per se zunimmt, gilt die medizinische Empfehlung zur Erhaltung bzw. Erreichung und dann Erhaltung des Normalgewichtes (bzw. des normalen Körperfettanteiles) besonders für Menschen über 50. Wir wollen aber noch einmal festhalten: Das Ziel der Empfehlung ist nicht einfach Abnehmen sondern Abmagern! Also Körperfett abnehmen bis zum Normalgewicht und dann das Normalgewicht dauerhaft erhalten.
Dieses Ziel können wir als nachhaltiges Abnehmen bezeichnen. Allerdings: nachhaltiges Abnehmen ist leichter gesagt als getan! Es ist offensichtlich sogar ziemlich schwierig, wie die zunehmende Zahl adipöser und sogar schwer adipöser Menschen zeigt. Die eine Methode mit durchschlagender Wirkung, bei der die Kilos dahin schmelzen und auch nicht mehr wiederkommen, gibt es offensichtlich nicht. Die Richtigkeit dieser Aussage ergibt sich aus dem Umkehrschluss: wenn es diese eine Methode mit durchschlagender Wirkung gäbe, dann hätte sie sich schon weltweit durchgesetzt; so wie die
ÜBERGEWICHT
Blinddarmoperation bei Blinddarmentzündung oder die Penizillintherapie bei Lungenentzündung. In solchen Fällen, wenn eben eine wirklich wirksame Behandlungsmethode fehlt, schießen häufig viele, zum Teil sehr verschiedene Methoden ins Kraut. Manche von ihnen sind zumindest teilweise hilfreich und die Empfehlungen lassen sich ernährungsphysiologisch nachvollziehen. Aber sehr viele sind skurril und irrational und manche sind sogar der Gesundheit abträglich. Aus ernährungsmedizinischer Sicht wollen wir nicht vergessen, dass der Abbau von Körperfett, in Umkehrung des Zunehmens, nur eine einzige physiologische Voraussetzung hat: Die Energiebilanz muss längerfristig negativ sein!
Wie das erreicht wird ist im Grunde von nachgeordneter Bedeutung. Die ernährungsbasierten Methoden zur Gewichtsreduktion können unter dem Überbegriff „Diäten“ zusammengefasst werden. Dabei lassen sich zwei Hauptgruppen von Diäten unterscheiden: 1. 2.
Zeitlich begrenzte Diäten mit einem definierten Anfang und Ende, die wir als Abmagerungskuren bezeichnen. Diäten, die dazu gedacht sind langfristig, unter Umständen auch lebenslang eingehalten zu werden. Das sind Diäten im eigentlichen Sinn.
Eine sehr gute Übersicht über 55 verschiedene Kuren und Diäten zum Abnehmen bieten K. Vetter und H. Berger in: Der neue Diättest. Belavista, (Verlag K. Müller Köln 2003)
Abmagerungskuren Wie bereits erwähnt haben alle Abmagerungskuren ein gemeinsames Merkmal: die zeitliche Begrenzung von meist 1 – 3 Wochen. Länger sollten derartige Kuren aus gesundheitlichen Gründen nicht oder wenigs-
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tens nicht ohne ärztliche Aufsicht durchgeführt werden. Man kann solche Kuren zu Hause durchführen oder auch in besonderen Institutionen. Auf jeden Fall gibt es einen definierten Anfang und ein ebenso definiertes Ende der Kur. Und darin liegt auch bereits die Problematik dieser Abmagerungskuren in Bezug auf die Nachhaltigkeit des Effektes. Wie wir bereits besprochen haben, beruht die Zunahme des Körperfettanteiles immer auf einer über längere Zeit positiven Energiebilanz. Die positive Energiebilanz ist das Ergebnis sowohl von Essgewohnheiten als auch von Bewegungsgewohnheiten, also von positiver und negativer Seite der Bilanz. Derartige Gewohnheiten bleiben über längere Zeit, das heißt durchaus über viele Jahre, konstant und unverändert. Da die Essund Bewegungsgewohnheiten wesentliche Bestandteile des persönlichen Lebensstils sind kann man auch festhalten: Adipositas ist in den meisten Fällen das Ergebnis eines über viele Jahre eingehaltenen, die Gewichtszunahme fördernden Lebensstils.
Eine Abmagerungskur ist daher, auf Grund ihrer zeitlichen Beschränktheit, grundsätzlich nur eine Unterbrechung jenes Lebensstils, der zur Adipositas geführt hat. Auch wenn die Kur wirksam ist, das heißt tatsächlich zu einer Abnahme von Körperfett führt, so wird fast immer nach Beendigung der Kur der bis dahin gewohnte Lebensstil wieder aufgenommen. Und da dieser Lebensstil schon einmal zur Fettleibigkeit geführt hat, ist es natürlich nicht erstaunlich, dass er auch nach einer an sich erfolgreichen Abmagerungskur wieder zur Körperfettzunahme führt. Tatsächlich sind fast alle Abmagerungskuren mit einer fast 100%-igen Rückfallquote behaftet. Daraus ergibt sich dann der Wunsch nach einer Wiederholung der Kur, mit dem gleichen nur kurzfristigen Effekt. Es kann zu einem mehrfachen Ab und Auf des Körpergewichts kommen, was unter der Bezeichnung Yo-YoEffekt schon einige Bekanntheit erlangt hat. (Das Yo-Yo ist ein Spiel, bei dem ein Kreisel, an dessen Achse eine Schnur aufgerollt ist, durch geschickte Handbewegungen zur Abwärts- und Aufwärtsbewegung gebracht wird).
ÜBERGEWICHT
Sie merken schon, dass ich den Abmagerungskuren prinzipiell skeptisch gegenüber stehe und zwar unabhängig von der Art der Kur. Das Problem ist nämlich nicht die Kur selbst, die ja, wie erwähnt durchaus wirksam sein kann, sondern die zeitliche Beschränkung und der fehlende Einfluss auf den generellen Lebensstil. Dennoch sind Abmagerungskuren sehr beliebt und da keine einzige dauerhaft wirksam ist, gibt es eine Unzahl von verschiedenen Vorschlägen. Im Wesentlichen folgen sie aber zwei Mustern ! Fasten- bzw. radikal kalorienreduzierte Kuren ! Proteinkuren
Fastenkuren bzw. radikal kalorienreduzierte Kuren Es ist natürlich nahe liegend anzunehmen, dass die wirksamste Form einer Abmagerungskur darin besteht eine Zeit lang gar nichts zu essen, also zu fasten oder zumindest sehr wenig zu essen. Also eine Diät mit radikal kalorienreduzierter Kost einzuhalten, was in vielen Varianten angeboten wird, z.B.: ! Nulldiät ! Saftfasten ! Traubenkur ! Schrothkur ! F. X. Mayr-Kur ! Reisdiät ! Kartoffeldiät und viele andere. Selbstverständlich kann das Fasten nur die Nahrungsaufnahme betreffen und nicht die Flüssigkeitsaufnahme. Da die in der festen Nahrung enthaltene Flüssigkeit beim Fasten wegfällt, muss sie durch zusätzliches Trinken ersetzt werden, so dass 2 – 3 Liter Flüssigkeit erforderlich sind. Derartige Fastenkuren, die in der Regel 1 – 2 Wochen dauern, können durchaus einen Gewichtsverlust in der Größenordnung von 10 kg oder mehr bringen.
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Das Fasten als bewusstes Verzichten auf Nahrung hat eine lange spirituelle Tradition. Das spielt sicher auch heute noch für manche Menschen eine Rolle, wenn sie einmal im Jahr, womöglich in einem Kloster, eine derartige Kur absolvieren. Dieser Aspekt ist hier aber nicht gemeint, sondern das Fasten als Mittel zum nachhaltigen Abnehmen. Um die Sinnhaftigkeit des Fastens für dieses Ziel zu beurteilen, wollen wir uns einmal vergegenwärtigen, was während längeren Fastens im Körper so passiert. Durch Umstände erzwungenes Fasten, also Hungerperioden, sind ja in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit nichts Ungewöhnliches, daher hat der Körper Strategien entwickelt um auch in Hungerperioden möglichst lange überleben zu können. Die auffälligste Anpassung an eine Hungerperiode ist der Übergang zu einem Hungerstoffwechsel, der vor allem in einer Verminderung des Grundumsatzes besteht. Dies kann bei mehrwöchigen Fasten bis zu 50% ausmachen. Für das Abnehmen bedeutet das, dass der Körperfettabbau umso geringer und langsamer wird je länger das Fasten dauert. Eine interessante Frage ist jetzt natürlich, wie viel Körperfett in, sagen wir, 2 Wochen Fasten nun tatsächlich abgebaut wird. Wenn wir von der eher optimistischen Annahme ausgehen, dass trotz Hungerstoffwechsels der Energieverbrauch 2000 kcal pro Tag beträgt, so sind das in 14 Tagen 28.000 kcal, das entspricht ziemlich genau 3 kg Körperfett. Das ist die eigentlich erwünschte Gewichtsabnahme. Das ist erstaunlich wenig für die Mühe des 14-tägigen Fastens und Sie werden jetzt mit Recht fragen, wie denn ein Gewichtsverlust von über 10 kg zustande kommen soll. Nun, ein beträchtlicher Teil der Gewichtsabnahme beruht auf der Ausscheidung des Speisebreis aus dem Darm, was einige Liter ausmachen kann und auch eines Teils der Darmflora, was auch 1 – 2 Liter betragen kann. Auch wird im Fettgewebe gebundenes Wasser frei und ausgeschieden. Dieser Gewichtsverlust ist allerdings für das eigentliche Ziel der Körperfettabnahme neutral bzw. irrelevant. Und schließlich ist auch Folgendes zu berücksichtigen: auch beim Fasten wird Körpereiweiß abgebaut, zwar weniger als bei Normalkost,
ÜBERGEWICHT
da der Tagesumsatz vermindert ist. Aber doch zirka 25 – 30 g pro Tag (8 En% von 1.500 kcal). Das einzige nennenswerte Eiweißdepot des Körpers ist das Muskelgewebe, aus dem dieser Verlust gedeckt werden kann. Es werden pro Tag des Fastens somit auch knapp 100 g Muskulatur abgebaut, was sich in 14 Tagen auf über 1 kg summiert. Dieses Kilogramm ist ein vollkommen unerwünschter Gewichtsverlust. Da dieser Muskelverlust durch das Fasten selbst bedingt ist, kann er durch körperliche Bewegung nicht verhindert werden. Der gesamte Gewichtsverlust von über 10 kg setzt sich somit aus 3 Anteilen zusammen: ! 3 kg erwünschter Gewichtsverlust: Fett ! 1 kg unerwünschter Gewichtsverlust: Muskulatur ! 7 – 10 kg irrelevanter Gewichtsverlust: Darminhalt, Gewebswasser Das ist eine bescheidene, um nicht zu sagen problematische Bilanz, die auch nicht viel besser wird, wenn der fastenbedingte Muskelabbau durch die Einnahme eines Eiweißpulvers zur Deckung des Eiweißminimums verhindert wird, was als modifiziertes Fasten bezeichnet wird. Ein weiteres Problem ist die Zeit unmittelbar nach dem Fastenbrechen: die normale Nahrungsaufnahme bedeutet zunächst einen beträchtlichen Energieüberschuss, da der Grundumsatz erst wieder hochfahren muss. Dies unterstützt den neuerlichen Fettaufbau (und den Yo-Yo-Effekt bei wiederholten Kuren). Ein weiterer eher ungünstiger Aspekt ist, dass der fastenbedingte Muskelabbau nach dem Fastenbrechen meist nicht kompensiert wird, da für den Muskelaufbau ja nicht nur Protein sondern auch eine geeignete Muskelbelastung (z.B. in Form von Muskeltraining) notwendig ist. Wiederholte Fastenkuren können daher zu einem beschleunigten Abbau von Muskelmasse beitragen. Letztendlich könnte nach mehreren Fastenkuren das Körpergewicht immer noch – oder schon wieder – auf dem alten Stand sein; die Körperzusammensetzung ist aber ungünstiger, nämlich mehr Körperfettanteil und weniger Muskulatur.
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Proteinkuren Die Protein- oder Eiweißdiät ist ein Überbegriff für eine ganze Reihe von verschiedenen Diätvarianten, die alle auf einer drastischen Reduktion der Kohlehydratzufuhr beruhen. Bekannte Varianten sind: ! Atkinsdiät ! Mayo-Diät ! Lowcarb-Diät und viele andere. Durch die starke Einschränkung der Kohlehydrate, die ja normalerweise 50% des Tagesenergieumsatzes bestreiten, steigt automatisch der Anteil des Eiweiß an der Energieerzeugung an. In einer normalen gemischten Kost beträgt dieser Anteil, wie erinnerlich, 10 – 12 En%. Bei einer kohlehydratreduzierten, eiweißreichen Diät wird dieser Anteil auf 50% gesteigert. Der Rest stammt aus Fett (das nicht besonders reduziert wird) und nur zu einem geringen Anteil aus Kohlehydraten. Um die Wirkung dieser Proteindiät zu verstehen müssen wir uns an die nahrungsmittelinduzierte Thermogenese erinnern. Das ist die Wärme, die bei der biochemischen Bearbeitung der Nährstoffe in der Leber entsteht und vom Körper abgegeben wird, bevor noch die Nährstoffe in den Kreislauf und damit zur weiteren Verwendung in die Körperzellen gelangen. Der Energiegehalt der Nährstoffe, der dem Körper dann tatsächlich nach der biologischen Verbrennung zur Verfügung steht, vermindert sich um die bei der nahrungsmittelinduzierten Thermogenese abgestrahlte Wärmeenergiemenge. Bei Kohlehydraten und Fett beträgt diese Verminderung 3 – 4%, beim Eiweiß 25%. Durch den normalerweise geringen Anteil der Eiweißkalorien am gesamten Tagesumsatz liegt die durchschnittliche Thermogenese einer gemischten Kost bei zirka 6%. Bei einer Proteindiät steigt sie allerdings bis auf 15% an. Nimmt man also pro Tag 3.000 kcal mit gemischter Kost auf, so kann man rund 180 kcal für die Thermogenese abziehen und es verbleiben 2.820, die dann tatsächlich im Körper ankommen. Nimmt man hingegen 3.000 kcal mit einer Proteindiät auf, so kann man 450 kcal für die Thermogenese abziehen und es kommen im Körper nur 2.550 kcal an. Das Geheimnis der Wirkung liegt also in der
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zusätzlich abgegebenen Wärmeenergie. Es entsteht also, bei gleicher Energieaufnahme, eine Kalorienreduktion von 270 kcal pro Tag, was einen Körperfettabbau von rund 1 kg pro Monat erwarten lässt. Eine Proteindiät ist also tatsächlich in gewünschter Weise, nämlich durch Körperfettabbau wirksam. Die Wirkung wird verstärkt, wenn eine Proteindiät mit einer Kalorienreduktion kombiniert wird (z.B. die Eier-Kur). Mehr als 1 kg Körperfett pro Woche sind aber nicht möglich. Ähnlich wie bei der Fastenkur beruhen größere Gewichtsverluste nicht auf einer Körperfettabnahme sondern auf Wasserausscheidung. Die Proteindiät hat allerdings auch einige Nachteile, weil sie eine sehr einseitige Kost ist! Durch den Verzicht auf jene Nahrungsmittel, die die Kohlehydrate zur Verfügung stellen, das sind vor allem die Getreideprodukte, Gemüse und Obst, verliert man auch die Mineralstoffe (z.B. Magnesium), Vitamine (z.B. Vitamin C oder E) und sekundären Pflanzenstoffe, die eben nur oder überwiegend durch diese Nahrungsmittel zur Verfügung gestellt werden. Aus ernährungsmedizinischer Sicht ist eine derartige Diät daher keinesfalls als Dauerkost zu empfehlen. Gegen eine kurzfristige kurmäßige Anwendung ist allerdings nichts einzuwenden. Es gelten dann aber die prinzipiellen Bedenken über Kuren an sich, nämlich die fehlende Nachhaltigkeit.
Abmagerungsdiäten Darunter wollen wir Diätempfehlungen verstehen, die nicht für eine kurzfristige kurmäßige Anwendung sondern als Grundlage für eine tägliche Ernährung über lange Zeit gedacht sind. Manche dieser Empfehlungen lassen sich ernährungsphysiologisch nachvollziehen, wie z.B. die Varianten der Glyx-Diäten. Für manche gibt es keine ernährungsphysiologische Grundlage, wie z.B. für die Trennkost und andere wiederum sind purer Schwachsinn, wie z.B. die Blutgruppendiät.
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Iss die Hälfte (FdH) Sie fragen jetzt sicher: wieso wird „Iss die Hälfte“ mit „F“dH abgekürzt? Nun das kommt daher, weil diese schon lange bekannte Diätform im Volksmund eigentlich als „Friss die Hälfte“ bezeichnet wird. Sie bedeutet, dass einfach von allem, was bisher gegessen worden ist die Hälfte oder zumindest deutlich weniger gegessen wird. Das klingt bestechend einfach und ist wirklich wirksam und man fragt sich, warum noch immer so viele adipöse Menschen herumlaufen. Die Erklärung liegt vor allem darin, dass die Ursache des Übergewichts keineswegs nur in der Nahrungsaufnahme liegt, sondern dass auch der Rückgang der körperlichen Aktivität eine gravierende Rolle spielt. Der Rückgang der körperlichen Aktivität hat einen entsprechenden Rückgang des Energiebedarfs zur Folge, was in einer entsprechenden Verminderung der Nahrungsaufnahme seinen Niederschlag finden müsste. Unglücklicherweise gibt es aber so etwas wie einen natürlichen Appetit, der auf einen ursprünglichen, natürlichen PAL von etwa 2 ausgerichtet ist, also ca. 3000 kcal pro Tag oder mehr verlangt. Und unglücklicherweise ist der Energiebedarf seit den 50-er Jahren des letzten Jahrhunderts durch den Wegfall der physischen Aktivität im Alltag auf ca. 2.500 kcal zurückgegangen. Salopp formuliert könnte man sagen: Bei einem heute vorherrschenden PAL von 1,4 – 1,6 ist es für die meisten Menschen auf die Dauer sehr schwierig sowenig zu essen, wie es dem geringen Energieverbrauch entspricht!
Das führt zu der eher pessimistischen Annahme, dass man mit der generellen Empfehlung von FdH, als billige und wirksame Diätform zur Gewichtsreduktion keinen durchschlagenden Erfolg haben wird. Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt, der FdH in unserer westlichen Welt nicht zur besten aller Diätformen macht: FdH nimmt keinen Einfluss auf die Zusammensetzung der Nahrung, daher bleibt z.B. der En%-Anteil von Fett bei den bei uns üblichen 40% und eine Kost, die arm an Vitaminen ist bleibt das auch mit FdH. Im Gegenteil, ist
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schon die Normalkost arm an z.B. Magnesium oder sekundären Pflanzenstoffen, dann wird dieser Mangel bei FdH natürlich verstärkt. Für eine dauerhafte Anwendung ist daher eine zusätzliche Ernährungsumstellung, die weiter unten besprochen wird, einer simplen FdH-Diät in den meisten Fällen vorzuziehen.
Trennkost Die Trennkost ist von Dr. Hay erfunden worden, der der Ansicht war, dass die Nährstoffe Eiweiß und Kohlehydrat besser verdaut werden würden, wenn sie nicht gleichzeitig in einer Mahlzeit kombiniert verzehrt werden. Interessanterweise gibt er dem Fett einen neutralen Status, so dass es mit den beiden anderen Nährstoffen jeweils kombiniert werden kann. Ernährungsphysiologisch entbehren diese Ansichten jeglicher Grundlage, schließlich enthält schon die Muttermilch sowohl Eiweiß als auch Kohlehydrat in gleichen Mengen. Andererseits gibt es viele durchaus glaubhafte Berichte, dass Menschen bei Einhaltung der Prinzipien der Trennkost tatsächlich abnehmen. Ist das vielleicht ein Beweis für die Richtigkeit der Hay´schen Lehren? Nun, das ist es keineswegs. Allerdings, die allgemeinen Regeln der Trennkost entsprechen einer vernünftigen Mischkost mit Schwerpunkt auf Obst und Gemüse sowie Vollkornprodukten und eher sparsamen Umgang mit Fett. Die Regeln sind auch etwas kompliziert, so dass Trennkostanhänger sich mit ihrer Ernährung ernsthaft auseinander setzen müssen. Alles zusammen ist durchaus geeignet die persönliche Ernährungssituation zu verbessern und eine Gewichtsabnahme zu unterstützen. Obwohl also die Grundlagen der Hay´schen Trennkost wissenschaftlich nicht nachvollzogen werden können, ist aus medizinischer Sicht gegen ihre Einhaltung nichts einzuwenden.
Glyx-Diät Das Wort „Glyx“ ist ein Kunstwort, das aus „glykämischer Index“ gebildet worden ist. Die Glyx-Diät basiert auf folgenden physiologischen Fakten:
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Kohlehydrathältige Nahrungsmittel mit hohem glykämischem Index führen nach dem Verzehr zu einem raschen und ausgeprägteren Anstieg des Blutzuckers. Dies löst eine starke Antwort der Bauchspeicheldrüse in Form von Insulinbildung aus. Die hohe Insulinkonzentration im Blut bewirkt wiederum einen raschen Abfall des Blutzuckers. Dies kann zum Auftreten von Müdigkeit aber auch zu Appetit und Hungergefühl führen. Nahrungsmittel mit hohem glykämischen Index fördern eine frühzeitige neuerliche Nahrungsaufnahme und insgesamt eine höhere Energieaufnahme. Der bevorzugte Verzehr von derartigen Nahrungsmitteln unterstützt daher die Vermehrung des Körperfetts. Gegenteilige Effekte sind bei Nahrungsmitteln mit niedrigem glykämischen Index zu erwarten: langsamer und geringer Anstieg des Blutzuckers, entsprechend geringere Insulinantwort und daher auch langsamer Abfall des Blutzuckers. Es kommt nicht zur Müdigkeit dafür aber zu einem länger anhaltenden Sättigungsgefühl. Nahrungsmittel mit niedrigem glykämischen Index erleichtern daher eine geringere Nahrungsaufnahme und fördern die Gewichtsabnahme. Als niedriger glykämischer Index gilt ein solcher unter 55. Wie die Tabelle 8 zeigt sind hier die meisten Gemüse- und Obstsorten, Vollkornprodukte, sowie Milchprodukte und sogar dunkle Schokolade vertreten. Gegen eine Glyx-Diät als allgemeine Richtlinie für eine Modifizierung der persönlichen Ernährung ist daher aus medizinischer Sicht nichts einzuwenden. Es ist aber sicher sinnvoll wieder einmal zu betonen, dass die Voraussetzung für eine Körperfettabnahme eine negative Energiebilanz ist. Auch mit Glyx-Diät kann man ohne weiteres zu viele Kalorien aufnehmen. Zu beachten ist ferner, dass sich bei ein und demselben Nahrungsmittel der glykämische Index in Abhängigkeit von der Zubereitungsart verändern kann. So haben z.B. rohe Karotten einen niedrigen, gekochte Karotten hingegen einen deutlich höheren glykämischen Index. Ähnliches gilt für Spagetti: nicht ganz durch (al dente) gekocht haben sie einen deutlich niedrigeren glykämischen Index als weich gekocht.
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Medikamente Das ist natürlich ein Wunschtraum vieler Menschen, die einige Kilo zu viel mit sich herumschleppen: der Arzt verschreibt eine Tablette, die man nach dem Essen (und nicht anstatt des Essens) einnimmt, und schon schmelzen die Kilos dahin, wie der Schnee in der Frühlingssonne. Leider wird das auf absehbare Zeit ein Wunschtraum bleiben. Natürlich gibt es Medikamente, die das Abnehmen unterstützen. Sie haben aber alle den gleichen Nachteil, wie er schon bei den Kuren besprochen worden ist: auch wenn sie gut wirken, so tun sie das nur, solange sie eingenommen werden. Wird die Behandlung wieder abgebrochen, und es werden die gleichen langfristigen Ess- und Bewegungsgewohnheiten beibehalten, die vor der Behandlung zur Fettleibigkeit geführt haben, dann passiert das nach der Behandlung ebenso und es wird fast immer das Ausgangsgewicht wieder erreicht. Wenn Sie also wieder einmal in einer Zeitschrift eine Werbeeinschaltung lesen, die eine wundersame Tablette zur raschen, problemlosen und dauerhaften Gewichtsabnahme anpreist, dann können Sie getrost davon ausgehen, dass es sich bei diesen Versprechungen um schlichte Lügen handelt und die Tablette im günstigsten Fall harmlos ist, das heißt keine gesundheitlich schädlichen Wirkstoffe enthält. Unter den seriösen Medikamenten, die zur Abmagerung angeboten werden, kann man in etwa drei Typen unterscheiden: ! Zentral wirksame Appetitzügler ! Fettblocker ! Magenfüllstoffe
Zentral wirksame Appetitzügler Derartige Medikamente entfalten ihre Wirkung im Gehirn, indem sie dort die Entstehung des Hungergefühls blockieren. Da also der Appetit wegfällt kommt es zur erwünschten geringeren Nahrungsaufnahme. Das klingt zwar bestechend, diese erwünschte Wirkung wird aber mit einer Reihe von unerwünschten Wirkungen erkauft. Die häufigsten
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sind ein Anstieg von Puls, Blutdruck und eine Verschlechterung der Schlafqualität. Es hat in der Vergangenheit auch derartige Medikamente gegeben, die bei einigen Menschen viele Jahre nach dem Gebrauch Veränderungen der Lungenschlagadern und letztlich einen unheilbaren Lungenhochdruck ausgelöst haben. Das derzeit verwendete Medikament dieser Gruppe enthält die Substanz Sildenafil und ist in den Apotheken in Österreich unter dem Namen Reductil®‚ erhältlich. Bei diesem Medikament sind bislang noch keine Fälle von potentiell tödlichem Lungenhochdruck aufgetreten, dennoch ist von einer längeren Einnahme (über Monate) abzuraten.
Fettblocker Diese Medikamente wirken im Darm, indem sie die Aufnahme von Fett aus dem Darm in den Kreislauf blockieren. Das Fett wird also auf natürlichem Weg mit dem Stuhl wieder ausgeschieden. Und entsprechend dieser nicht aufgenommenen und ausgeschiedenen Menge an Fett nimmt die mit der Nahrung aufgenommene Energie ab. Auch das klingt bestechend. Es gibt auch keine den übrigen Körper oder andere Organe betreffende gefährliche Wirkungen. Es gibt allerdings einen Effekt, der mit der erwünschten Wirkung, der Blockade der Fettresorption zusammenhängt: wird der Fettgehalt der Ernährung nicht drastisch reduziert, dann führt das im Darm verbleibende Fett zu Fettstühlen und sogar zu öligen Durchfällen. In solchen Fällen ist es ratsam Gesellschaften, in die man wieder eingeladen werden will, zu meiden. Spaß beiseite, dies ist eine wirklich unangenehme Nebenwirkung, die nur vermieden werden kann, wenn die Nahrung sehr wenig Fett enthält. Wem es also gelingt seine Ernährung so zu verändern, dass ein erheblicher Teil des bisher enthaltenen Fetts ersatzlos weggelassen wird, der hat auch keine öligen Durchfälle durch den Fettblocker. Allerdings könnte dieser Mensch dann auf den Fettblocker auch getrost verzichten. Das Ziel der Verminderung der Energieaufnahme durch eine Verringerung der Fettaufnahme ist bereits durch die Ernährungsumstellung erreicht worden. Man könnte also sagen: ein Mensch, der zum Zweck der Gewichtsabnahme eine
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fettreduzierte Kost einhalten sollte, dies aber nicht tut und statt dessen lieber einen Fettblocker nimmt, wird durch den Fettblocker daran erinnert, dass er lieber eine fettreduzierte Kost einhalten sollte. Die wirksame Substanz heißt Orlistat und ist unter dem Namen Xenical®‚ erhältlich.
Magenfüllstoffe Dabei handelt es sich um Stoffe, die vor dem Essen eingenommen werden und die zusammen mit Wasser im Magen auf ein vielfaches ihres ursprünglichen Volumens aufquellen. Da der Magen auf diese Weise mit praktisch „leeren“ Ballaststoffen gefüllt ist, wird ein Sättigungsgefühl „vorgetäuscht“, das, je nach Substanz, einige Stunden anhalten kann. Zur Verwendung kommen pflanzliche, unverdauliche Quellstoffe, die als Ballaststoffe bekannt sind, und hochkonzentriert z.B. in Leinsamen oder Kleie enthalten sind. Natürlich kann man einen derartigen Quellstoff mit exotischer Herkunft auch als teure Tablette anbieten. An der prinzipiellen Wirkungsweise ändert das nichts. Andere Quellstoffe sind tierischer Provenienz, wie z.B. Matricur®, dessen Tabletten aus sehr quellfähigem und nur schwer verdaulichem Kollagen hergestellt werden. Alle Medikamente zur Gewichtsabnahme haben ein gemeinsames nicht unwesentliches Merkmal: sie sind ziemlich teuer!
Die Änderung von Lebensgewohnheiten Bis jetzt haben wir uns vor allem recht ausführlich darüber unterhalten wie man nicht nachhaltig abnehmen kann. Es gibt eine Unzahl von Empfehlungen zum Abnehmen, die von allen möglichen wirklichen oder auch selbst ernannten Experten propagiert werden und die die ganze Spanne von sinnvoller Empfehlung bis zu vollkommenem Schwachsinn umfassen. Ich hoffe, dass die bisherige Lektüre dazu beigetragen hat, dass Sie sich in diesem Labyrinth besser zu Recht finden
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und ein bisschen gelernt haben die Spreu vom Weizen zu trennen. Aber jetzt werden Sie schon mit einiger Ungeduld darauf warten, dass wir endlich auch einmal darüber sprechen, wie man nun eigentlich doch nachhaltig abnehmen kann! In der Besprechung der Kuren ist schon einiges dazu angeklungen. Wir wollen uns dazu noch einmal in Erinnerung rufen, dass die meisten Menschen mit Übergewicht nicht unbedingt durch Fraß und Völlerei zugenommen haben. Sondern die überschüssigen Kilo sind das Ergebnis an sich geringer durchschnittlicher Energiebilanzüberschüsse, die sich allerdings regelmäßig über lange Zeit ereignen, und letztlich nach Jahren zu zweistelligen Gewichtszuwächsen kumulieren. Diese Überschüsse sind das Ergebnis bestimmter Lebensgewohnheiten, die insgesamt ein Teil des persönlichen Lebensstils sind. Sofern sich die Lebensumstände nicht ändern, neigen Menschen dazu ihren persönlichen Lebensstil über lange Zeit ziemlich unverändert beizubehalten. Die Methode des nachhaltigen Abnehmens kann jetzt einfach definiert werden: Sie besteht in einer Umkehrung der oben geschilderten Art des Zunehmens, das heißt: Es sollen über längere Zeit kleine durchschnittliche Energiebilanzdefizite erzielt werden!
Diese können dann in Summe ebenfalls größere Gewichtsdifferenzen ausmachen. Und das Mittel dazu sind nicht bestimmte Kuren oder Diäten, sondern die gezielte Veränderung von Gewohnheiten. Also der Ersatz von Gewohnheiten, die das Zunehmen unterstützen durch solche, die das Abnehmen unterstützen, also insgesamt durch eine Änderung des persönlichen Lebensstils. Der Unterschied zwischen einer Kur und einer Gewohnheit ist der, dass eine Kur einen Anfang und ein Ende hat, eine Gewohnheit aber nicht. Sie hat allenfalls einen Anfang aber, weil es sich dann um ein gewohnheitsmäßiges Verhalten handelt, kein wirkliches Ende. Eine Gewohnheit kann also, wenn sie einmal etabliert ist, im Prinzip mit geringem Aufwand lebenslänglich beibehalten werden! Und das ist die Grundlage der Nachhaltigkeit. Bei Änderun-
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gen des Lebensstils als Grundlage des Fettabbaus gibt es keinen Yo-Yo-Effekt. Wir wollen uns also etwas näher mit der Änderung von Gewohnheiten befassen. Zunächst ist leider festzustellen, dass es kaum etwas Schwierigeres gibt als Gewohnheiten, die seit vielen Jahren den persönlichen Lebensstil geprägt haben, zu ändern. Es gehört auch nicht zu den traditionellen Aufgaben der Medizin derartiges zu veranlassen. Die Problemstellung an sich, nämlich die Anleitung zu gezielten Verhaltensänderungen, gehört eher in das Gebiet der Pädagogik, die also keineswegs nur für Kinder da ist. Da der Zweck der pädagogischen Maßnahmen darin besteht medizinisch relevante Therapieziele zu erreichen, kann man dieses spezielle Gebiet auch als medizinische Pädagogik bezeichnen. Für die ärztliche Behandlung mittels gezielter Veränderung des persönlichen Lebensstils hat sich auch schon die Bezeichnung Lebensstilmedizin eingebürgert. Tatsächlich bin ich der Meinung, dass die Maßnahmen der Lebensstilmedizin als die bei weitem wirkungsvollsten aber auch sichersten zur nachhaltigen Reduzierung des Körperfettanteils und der Verbesserung der anderen übergeordneten Altersmerkmale (Muskelmasse, Sauerstoffaufnahmefähigkeit und Knochendichte) anzusehen sind.
Es gibt kein Medikament und auch keine Kombination von Medikamenten, die auch nur im Entferntesten an die Wirksamkeit und Sicherheit der Lebensstilmaßnahmen heranreicht.
Nun wollen wir uns mit der Frage befassen um welche Gewohnheiten im Besonderen es sich bei der nachhaltigen Gewichtsabnahme eigentlich handelt? Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei dieser konkreten Zielstellung zwei Bedingungen erfüllt sein müssen: ! Die durchschnittliche tägliche Energiebilanz muss langfristig negativ sein ! Die für die Erhaltung der Muskelmasse notwendige Eiweißzufuhr muss gewährleistet sein.
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Die übrigen Aspekte einer ausgewogenen Ernährung bleiben bei dieser Betrachtung zunächst einmal ausgeblendet. Nicht weil sie nicht insgesamt von großer Bedeutung wären, sondern weil sie für das spezielle Problem des Abnehmens noch nicht besprochen werden müssen. (Sie werden dann weiter unten, auf Seite 203 ff ausführlich erörtert). Die nachhaltige Reduktion des Körperfettanteiles alleine hat ja, wie wir inzwischen gelernt haben, eine umfassende präventive Wirkung auf die Insulinempfindlichkeit, auf die Zusammensetzung der Blutfette und auf den Blutdruck und damit auf alle von diesen Altersmerkmalen abhängigen Erkrankungen wie z.B. Diabetes 2 oder Arteriosklerose. Es handelt sich in erster Linie um zwei Gewohnheitsbereiche: ! Essgewohnheiten ! Bewegungsgewohnheiten
Essgewohnheiten Es ist natürlich einleuchtend, dass das Übergewicht mit Ess- bzw. Ernährungsgewohnheiten zusammenhängt. Das ist auch der Grund, dass praktisch alle Empfehlungen zur Gewichtsreduktion sich mit der Ernährung befassen, was, wie ich ja ausführlich erörtert habe, eine etwas einseitige Betrachtungsweise ist. Immerhin, die Veränderung von Ernährungsgewohnheiten ist eine der beiden Schlüsselmaßnahmen auf dem Weg zu einem normalen Körperfettanteil. Beim Essverhalten können wir, für unsere Zwecke, zwei strategische Hauptlinien unterscheiden: ! Was essen wir! Das betrifft die Auswahl und die Zubereitung der Nahrungsmittel ! Wie essen wir! Das betrifft die Art und Weise des Essens selbst. Wir wollen uns wieder ins Gedächtnis rufen, das der Nährstoff mit der größten Energiedichte das Fett ist: 9,5 kcal / Gramm. Und weiter, dass 35 – 45% der täglichen Nahrungskalorien aus Fett stammen. Dabei würden sowohl aus geschmacklichen Gründen aber auch zur
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Versorgung mit essentiellen Fettsäuren und fettlöslichen Vitaminen 25 – 30% völlig ausreichen. Daraus ergibt sich die strategische Antwort auf die Frage „Was essen wir“: durch das Vermeiden von Fett sollen 10 – 15% des Tagesenergieumsatzes eingespart werden, das sind ungefähr 200 – 450 kcal (je nach Geschlecht und Körpergröße). Das ist der Brennwert von 21 – 32 g reinen Fettes oder z.B. 27 – 40 g Butter. Ich möchte besonders betonen, dass es hier nicht darum geht ungünstigere tierische Fette durch gesündere pflanzliche Fette zu ersetzen. Sondern es geht wirklich darum Fett ersatzlos weg zu lassen. Rein energetisch ist nämlich 1g tierisches und 1 g pflanzliches Fett identisch. Nur bei der Fettmenge, die nach dem Verzicht von 10% des Nahrungsfettes überbleibt, sollen pflanzliche Fette bevorzugt werden. Das weggelassene Fett darf übrigens auch nicht durch Kohlehydrate ersetzt werden: das würde ja die Negativierung der Energiebilanz verhindern. Für dieses strategische Ziel des Vermeidens von zirka 300 kcal aus Fett müssen wir bei zwei alltäglichen Tätigkeiten die Gewohnheiten modifizieren. ! Bei der Auswahl der Nahrungsmittel ! Bei der Zubereitung der Speisen. Bei der Auswahl der Nahrungsmittel, die schon beim Einkaufen beginnt, geht es z.B. um folgende Maßnahmen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): ! Sichtbare Fette weglassen: Streichfette (Butter oder Margarine), Fettränder beim Fleisch wegschneiden, magere Fleischsorten wählen ! Magermilchprodukte statt Vollmilch ! Lebensmittel mit hohem unsichtbarem Fettanteil weglassen (z.B.Brotaufstriche, die meisten Wurstsorten aber auch die meisten Süßwaren, z.B. Kekse). Dafür sollen bevorzugt Nahrungsmittel mit einem niedrigeren Fettanteil gewählt werden. Leichter fällt dies, wenn anstatt industriell
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erzeugter Lebensmittel frische Produkte der Landwirtschaft gewählt werden. Die zweite Möglichkeit Fett einzusparen ergibt sich bei der Zubereitung der Speisen. Auch hier einige Beispiele für jeden Gang einer Mahlzeit (ohne Anspruch auf Vollständigkeit, siehe auch Tab. 7): ! Anstatt einer dicken Cremesuppe lieber eine klare Suppe löffeln ! Fleisch anstatt zu panieren lieber grillen und keine Sauce mit Rahm oder Obers (Schlagobers) ! Statt Chips oder Pommes frittes lieber Kartoffel im ganzen gekocht ! Statt Kuchen Obstsalat ! Öl anstatt aus der Flasche zugießen mit Teelöffel portionieren. Auf diese Weise kann man auf einfache Weise aus einem 3-gängigen Menu mit deftiger Hausmannskost und 1.200 kcal ein ebenfalls 3gängiges Menu mit fettreduzierter Auswahl und Zubereitung und 800 kcal machen. Das sind 400 kcal bei einer einzigen Mahlzeit. Wir streben aber als dauerhafte Einsparung nur 200 – 450 kcal insgesamt pro Tag an, was offensichtlich eine eher moderate Maßnahme ist, die keineswegs schwerwiegend in den Tagesablauf eingreift. Eine fettärmere Auswahl von Nahrungsmitteln und Zubereitungsarten kann man auch im Restaurant oder in der Betriebsküche vornehmen, so dass man auch bei Beachtung dieser Richtlinien durchaus mit anderen mitessen kann und nicht zum essensmäßigen „Außenseiter“ wird. Eine Kost, bei der die Maßnahmen zur Reduktion des Fettanteiles konsequent umgesetzt werden, wird auch häufig mit einem aus dem Englischen kommenden Begriff als „low fat diet“ bezeichnet. Wie essen wir Keine Angst, hier sind nicht die Tischsitten gemeint, sondern es geht mehr darum wie schnell wir essen. Um Ihnen zu verdeutlichen, was damit gemeint ist, stelle ich Ihnen eine Frage: Wie oft kauen sie beim Essen einen Bissen?
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Die meisten Menschen mit Übergewicht werden jetzt eine Zahl unter 10 nennen, sehr viele sogar unter 5! Jetzt werden Sie fragen, was das mit der Adipositas zu tun hat. Tatsächlich Einiges, aber um das zu verstehen müssen wir uns ein wenig mit der Tätigkeit des Essens befassen. Wir essen, um unseren Hunger zu stillen. Dieser Satz ist unzweifelhaft richtig aber er beschreibt nur einen Teil aller „Zwecke“ denen das Essen dient. Ein physiologischer Zweck des Essens ist sicherlich, dem Körper ausreichend Energie und Nährstoffe zu zuführen. Das ist ebenso richtig aber immer noch nicht vollständig. Essen hat nämlich darüber hinaus z.B. noch den Zweck unseren Appetit zu stillen, die Esslust zu befriedigen (das heißt z.B. einige Zeit kauen zu können), Geschmackserlebnisse zu vermitteln, soziales Verhalten zu fördern und hat sicher noch einige andere Zwecke mehr zu erfüllen. Zur Erfüllung all dieser Zwecke genügt es aber nicht nur den Magen in kurzer Zeit mit einer ausreichenden Menge an Nährstoffen zu füllen. Dazu ist etwas ganz unphysiologisches erforderlich, nämlich einfach Zeit, die mit der Tätigkeit des Essens, also mit Kauen, Schmecken, Riechen, Besteck klappern und ähnlichem verbracht wird. Diese Zeit ist auf das natürliche PAL von ca. 2 abgestimmt, also auf 3.000 kcal pro Tag oder mehr. Werden die Speisen mit wenigen Kaubewegungen pro Bissen in kurzer Zeit herunter“geschlungen“, dann sind die ernährungsphysiologischen Bedürfnisse für ein PAL von 1,6 durchaus rasch abgedeckt. Alle anderen erwähnten Zwecke sind noch nicht befriedigt, weil die dafür erforderliche Zeit, die mit der Tätigkeit des Essens verbracht werden muss, noch nicht vergangen ist. Die wahrscheinliche Folge ist, dass man sich noch einen Nachschlag nimmt oder eine Nachspeise oder ruhelos durch die Wohnung irrt, bis man endlich etwas zum Knabbern gefunden hat. (Kommt Ihnen das eventuell bekannt vor?) Und auf diese Weise hat man endlich mehr gegessen als für unseren bewegungsarmen Alltag rein physiologisch erforderlich gewesen wäre! Nach diesen Erläuterungen wird die folgende Empfehlung zum Essverhalten verständlich. Eine Empfehlung, die einerseits hilft sich ausreichend lange mit der Tätigkeit des Essens befassen zu können
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und andererseits hilft dennoch weniger Nahrung zu verzehren. Diese Zauberformel lautet ganz einfach: Langsam essen!
Die konkrete Empfehlung dazu lautet: ! Kauen Sie jeden Bissen (wirklich jeden) 30, besser 40-mal (50-mal wäre das non plus ultra, ist aber vielleicht doch etwas extrem)
Eine Essgewohnheit, die das nachhaltige Abnehmen unterstützt, ist: langsam essen. Der konkrete Tipp: lernen Sie jeden Bissen, egal was, 30 – 40-mal zu kauen.
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Also: egal was Sie essen, egal wo Sie essen (zu Hause, Würstelstand oder Galadiner) und egal wann Sie essen (morgens oder abends): jeden Bissen 30 – 40-mal kauen. Das Rationale hinter dieser Empfehlung ist Folgendes: um die Esslust zu befriedigen bedarf es einer bestimmten Zeit des Essens bzw. könnte man auch sagen: einer bestimmten Anzahl von Kaubewegungen. Nun gilt eine einfache Rechnung: Bei wenig Kaubewegungen pro Bissen ist eine größere Anzahl von Bissen erforderlich um die Esslust zu stillen als bei vielen Kaubewegungen pro Bissen. (Man kann davon ausgehen, dass die physiologisch erforderliche Menge an Nahrungsmitteln auf jeden Fall gewährleistet ist.) Das Ergebnis des oftmaligen Kauens ist, dass nicht nur das physiologische Erfordernis erfüllt, sondern auch der Appetit und die Esslust mit einer geringeren Menge an Bissen gestillt werden und somit auch die aufgenommene Energiemenge reduziert werden kann. Weitere Verhaltensweisen, die diese Empfehlung unterstützen sind: ! Legen Sie, während Sie kauen, das Essbesteck ab und nehmen Sie es erst wieder auf, wenn Sie geschluckt haben ! Nehmen Sie kleinere Portionen auf den Teller ! Hören Sie auf jeden Fall auf zu essen, wenn alle anderen schon fertig sind Das besondere an dieser Empfehlung ist, dass Sie bei konsequenter Befolgung auch dann schon weniger essen und damit weniger Energie aufnehmen, wenn Sie die Auswahl der Nahrungsmittel und die Zubereitung der Speisen unverändert lassen. Das heißt natürlich nicht, dass Sie auf die ebenfalls nicht sehr eingreifende Möglichkeit des Weglassens von Fett verzichten sollen. Es soll nicht verschwiegen werden, dass die Umstellung von 3 – 5-mal auf 30 – 40-mal Kauen schwieriger ist als es zunächst einmal klingt. Es ist tatsächlich eine ziemlich eingreifende Veränderung des Essverhaltens und entsprechend schwierig zu erlernen. Auch wenn Sie es wirklich ernsthaft versuchen werden Sie viele, viele Male rückfällig werden. Es handelt sich um das Erlernen eines neuen Verhaltens, was keine leichte Aufgabe ist. Wenn man dieses Lernen sehr
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konsequent betreibt und sich von vielen Rückfällen nicht von seinem Ziel abbringen lässt, dann dauert es zirka 9 – 12 Monate bis dieses neue Essverhalten eine Gewohnheit geworden ist. Und Gewohnheit bedeutet, dass Sie nicht mehr mitzählen müssen und auch nie mehr darauf vergessen, weil es nun Ihre Art zu Essen geworden ist. Sie haben somit eine das Zunehmen unterstützende Gewohnheit aufgegeben und durch eine ersetzt, die das Abnehmen unterstützt. Durch eine erfolgreiche Kombination dieser beiden Verhaltensänderungen, nämlich der etwas fettärmeren Ernährung und des langsamen Essens, sollte es für Sie möglich sein langfristig rund 10 – 15% der Nahrungskalorien, das sind zirka 200 – 450 kcal, je nach Größe und Geschlecht, einzusparen. Das bedeutet, dass alleine durch die Veränderung von Ernährungsgewohnheiten, die absolut nichts mit Hungern und Kasteien oder ausgefallenen Diäten zu tun haben, etwa 1 kg Körperfett pro Monat abgebaut werden kann, was sich über ein Jahr auf ca. 12 kg summieren sollte. Ein Energiedefizit von bis zu 500 kcal pro Tag, das durch Einschränkung der Energiezufuhr erreicht wird, kann in einen solchen, energetisch entsprechenden Fettabbau umgesetzt werden. Größere ernährungsmäßige Energiedefizite bringen den Körper nur dazu auf Hungerstoffwechsel umzustellen, das heißt den Grundumsatz herunter zu fahren, was die weitere Gewichtsabnahme nachhaltig beeinträchtigt. Die Abbildung 10, die aus einer Arbeit des Grazer Adipositasforschers Prof. Dr. Toplak stammt, zeigt sehr schön, dass ein tägliches Energiedefizit von 1.000 kcal über ein Jahr um nichts mehr bringt als ein tägliches Defizit von 500 kcal.
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Gewichtsabnahme mit 500 und 1.000 kcal Defizit/Tag 0,0
Gewichtsabnahme in kg
–2,0 500 kcal/Tag
–4,0
1.000 kcal/Tag
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Wochen
Abb. 10 : Gewichtsabnahme bei zwei Gruppen von adipösen Menschen. Bei einer Gruppe wurde ein tägliches Kaloriendefizit von 500 kcal und bei der anderen von 1.000 kcal pro Tag über ein Jahr eingehalten. Die zusätzliche Mühe der drastischen Energiereduktion steht in keinem vernünftigen Verhältnis zum zusätzlichen Effekt.
Bewegungsgewohnheiten Nach allem, was wir bisher über das Abnehmen erfahren haben, sind Bemühungen, die nur die Energiezufuhr beschränken wollen, also nur die Ernährung betreffen, im wahrsten Sinne des Wortes eine halbe Sache. Die andere Hälfte der Sache ist die Erhöhung des Energieverbrauchs. Allerdings, mehr Energie zu verbrauchen ist auch nicht einfacher als weniger Energie aufzunehmen! Für die Möglichkeit den Energieverbrauch zu erhöhen kann nämlich eine klare Feststellung getroffen werden: Der Energieverbrauch kann nur durch körperliche Bewegung erhöht werden!
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Wir erinnern uns, dass der „natürliche“ tägliche Energieverbrauch 2 – 2,5 PAL beträgt. Also zusätzlich zum Grundumsatz noch einmal ein- bis eineinhalbmal die gleiche Energiemenge für körperliche Aktivität in Beruf und Freizeit. Mit diesem täglichen Energieverbrauch hätten wir keine Schwierigkeiten einen normalen Körperfettanteil und übrigens auch eine normale Muskelmasse und Sauerstoffaufnahmefähigkeit zu erhalten. Das PAL des westlichen Zivilisationsmenschen beträgt aber 1,4 – 1,8, und das bedeutet, dass unser Bewegungsdefizit gegenüber dem „natürlichen“ Zustand zirka 0,6 PAL beträgt. Je nach Körpergröße entspricht das rund 900 – 1000 kcal pro Tag, entsprechend zirka 5 – 7 Stunden mittelschwerer körperlicher Tätigkeit (z.B. Gehen mit 4 km/h) bzw. 6.000 – 7.000 kcal, die pro Woche durch körperliche Aktivität verbraucht werden müssten. Glücklicherweise haben umfangreiche Untersuchungen gezeigt, dass für die von uns angestrebten präventivmedizinischen Effekte auch schon ein geringerer Energieverbrauch ausreichend ist. Wie die Abbildung 11 zeigt, genügen schon 2.000 – 3.000 kcal, die pro Woche durch körperliche Aktivität zusätzlich verbraucht werden um den maximalen Effekt, z.B. auf die Reduzierung der Rate an Herzinfarkten zu erreichen. Das entspricht einem mittleren Mehrverbrauch durch körperliche Bewegung von 300 – 450 kcal pro Tag. Mit etwa 2 – 3 Stunden Gehen bzw. 1 Stunde Ausdauertraining pro Tag kann dies zustande gebracht werden. Glücklicherweise gibt es hier kein entweder oder, sondern dieses Ziel von zirka 2.500 kcal pro Woche lässt sich am leichtesten erreichen, wenn wir es auf tägliches Gehen bzw. Alltagsbewegung und Ausdauertraining an 2 – 3 Tagen pro Woche aufteilen.
Alltagsbewegung Unter Alltagsbewegung ist jene körperliche Aktivität gemeint, die durch die Erfordernisse von Beruf und Freizeit anfällt. Gerade in diesem Bereich ist, wie wir gehört haben, die stärkste Einbuße zu verzeichnen. Wir gehen Wege nicht mehr zu Fuß sondern fahren, nicht nur mit dem Auto sondern auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Aus der Sicht des Energieumsatzes ist es nämlich egal ob man in einem
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Myokardinfarkt und mot. Energieumsatz/Woche 100 Tödliche MI
Myokardinfarktrate
80
Nichttödliche MI 60
Alle MI
40 20 0 < 0,5
0,5 – 1
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2–3
3–4
>4
mot. mcal pro Woche
Abb. 11: Die Rate an Herzinfarkten (Myokardinfarkt, MI) in Abhängigkeit von der durch körperliche Aktivität verbrauchten Energiemenge in Megakalorien (1 mcal =1.000 kcal). Das Maximum des positiven Effektes liegt bei 2 – 3 mcal/Woche.
Auto oder in einer Straßenbahn sitzt. Wir benützen Aufzüge und Rolltreppen anstatt unserer Beine. Für die meisten früher händisch durchgeführten Tätigkeiten in Beruf, Haushalt und Freizeit stehen heute preiswerte elektrische oder elektronische Geräte zur Verfügung. Meine Empfehlung – in Umkehrung dieser Entwicklung – lautet: Bringen Sie mehr körperliche Bewegung in Ihren Alltag!
Die Mittel dazu sind: ! Verzichten Sie auf mechanische, elektrische oder elektronische Bewegungshilfen Also: Verzichten Sie für kürzere Wege sowohl auf Auto als auch auf Straßenbahn und gehen Sie zu Fuß. Verkehrswissenschaftliche
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Untersuchungen zeigen, dass in einem städtischen Umfeld bei Zielen, die bis zu einem Kilometer entfernt sind, die benötigte Zeit von Tür zu Tür, also nicht nur die Zeit auf der Straße, zu Fuß am kürzesten ist. Mit anderen Worten: im innerstädtischen Bereich bedeutet der Verzicht auf Auto oder Straßenbahn gegenüber dem zu Fuß Gehen keinen Zeitverlust. ! Verzichten Sie konsequent auf die Benützung von Aufzügen und Rolltreppen. ! Verrichten Sie so oft wie möglich Tätigkeiten lieber im Stehen als im Sitzen (z.B. ein Stehpult im Büro) Den Effekt dieser Maßnahmen können Sie folgendermaßen überprüfen: Besorgen Sie sich einen Schrittzähler, der am Gürtel getragen wird, und zählen Sie die Schritte, die sich in Ihrem bisher gewohnten Tagesablauf ergeben. Wenn Sie diese Empfehlungen, die sicher keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, konsequent befolgen, dann sollten sich pro Tag um zirka 5.000 Schritte mehr ergeben, das entspricht zirka 50 – 60 Minuten Gehzeit und 120 – 150 kcal, die durch diese körperliche Aktivität pro Tag mehr verbraucht worden sind. Das ist, mit zirka 1.000 kcal, knapp die Hälfte des angestrebten Energieumsatzes von 2.500 kcal pro Woche. Aber alle 60 – 80 Tage summiert sich das auf den energetischen Gehalt von 1 kg Körperfett, das Sie tatsächlich abnehmen, wenn Sie nicht mehr Nahrung zu sich nehmen als vorher!
Ausdauertraining Regelmäßiges Ausdauertraining ist die zweite Möglichkeit den durchschnittlichen täglichen Energieverbrauch zu erhöhen. Im Gegensatz zur Alltagsbewegung hat Ausdauertraining noch die zusätzliche Wirkung auch die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit zu erhöhen, also auch eines der entscheidenden Altersmerkmale positiv zu beeinflussen. Der direkte Einfluss auf die Energiebilanz wird aber im Allgemeinen etwas überschätzt. Eine Stunde Ausdauertraining ver-
ÜBERGEWICHT
braucht zusätzlich rund 400 - 600 kcal, je nach Größe und Trainingszustand. (Höhere Werte, wie man sie häufig in entsprechenden Tabellen lesen kann, beziehen sich auf hochtrainierte Sportler, die hier nicht gemeint sind). Nehmen wir also den Mittelwert von 500 kcal pro Stunde Lauf- oder Radtraining, dann braucht es insgesamt 3 Stunden Training pro Woche um auf die noch fehlenden 1.500 kcal zu kommen, z.B. an 3 Tagen der Woche je eine Stunde Ausdauertraining. Mit Alltagsbewegung, die keinen nennenswerten zusätzlichen Zeitaufwand braucht, und Ausdauertraining, für das wir an 3 Tagen der Woche maximal je 2 Stunden investieren müssen (inklusive umziehen und Duschen), kommen wir auf die angestrebten 2.500 kcal Mehrverbrauch durch körperliche Tätigkeit pro Woche (oder ca. 350 kcal pro Tag). Energetisch bedeutet das einen Körperfettabbau von 1 Kilogramm pro Monat, alleine durch körperliche Bewegung. Allerdings unter der Bedingung, dass Sie nicht mehr essen als vorher! Dafür müssen Sie, um auf diese Weise durch Bewegung abzunehmen, auch nicht weniger essen als zuvor.
Von allem etwas Jede einzelne der geschilderten Verhaltensänderungen beeinflusst die Energiebilanz in der gewünschten Weise, jede für sich ein bisschen. Entweder durch die Verringerung der Energiezufuhr, wenn es um die Ernährung geht, oder durch die Vermehrung des Energieverbrauchs, soweit die körperliche Bewegung betroffen ist. Am besten ist natürlich die Wirkung, wenn alle Möglichkeiten zusammen genützt werden, weil sich dann die Wirkungen der Einzelmaßnahmen addieren. Dabei taucht natürlich die Frage auf, ob das mit dem Addieren von Energiebilanzdefiziten aus Ernährung und Bewegung wirklich so einfach geht. Dieser Frage ist einer meiner Studenten in seiner Diplomarbeit nachgegangen, die er zur Erlangung des Magisters der Ernährungswissenschaften verfasst hat. Er hat dazu 30 übergewichtige und abnahmewillige Frauen zur Mitarbeit gewonnen, die in zwei Gruppen geteilt wurden. Für alle wurde ein tägliches Energiedefizit von 400 kcal vorgesehen. In der einen Gruppe wurde das ausschließlich durch Ernährungsmaßnahmen erreicht. In der anderen Gruppe kam dieses
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Defizit zur Hälfte aus Ernährungsmaßnahmen und zur anderen Hälfte von moderatem Lauftraining, das 3 mal pro Woche je eine Stunde durchgeführt wurde. Tatsächlich war in beiden Gruppen der Abbau von Körperfett nach 12 Wochen mit zirka 2,5 kg völlig gleich. Allerdings war, eigentlich wenig überraschend, die körperliche Ausdauerleistungsfähigkeit (also die Sauerstoffaufnahmefähigkeit) in der Gruppe mit dem kombinierten Programm besser.
Kalorienzählen ist doch nicht alles! Viele der geneigten LeserInnen werden jetzt genau das einwenden. Und insbesondere jene LeserInnen, die die früheren Kapitel sorgfältig gelesen haben werden jetzt fragen: Geht es wirklich nur um den Energieverbrauch? Was ist mit der Qualität der Ernährung? Was ist mit den Vitaminen, den Spurenelementen oder den pflanzlichen Inhaltsstoffen? Spielen die denn keine Rolle? Das sind alles berechtigte Fragen mit deren Beantwortung wir uns daher jetzt befassen wollen.
Was macht die Qualität der Ernährung aus? Wir haben schon eingangs festgestellt, dass die Qualität einer optimalen Ernährung zwar allgemein aber dafür eindeutig definiert werden kann: ! Eine optimale Ernährung versorgt den Körper mit genau jener Menge an Energie, die zum Betreiben sämtlicher Lebensvorgänge erforderlich ist. ! Eine optimale Ernährung versorgt den Körper mit genau jener Menge an Nährstoffen, die zur Erhaltung der materiellen Grundlagen sämtlicher Strukturen und Funktionen des Körpers erforderlich sind.
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Jetzt, so viele Kapitel später, können wir diese allgemeinen Vorgaben recht genau präzisieren. Wir können abschätzen, wie groß die individuelle angemessene Energiemenge sein soll und haben festgestellt, dass für viele Menschen die tatsächlich aufgenommene Energiemenge über lange Zeit etwas größer sein kann als die tatsächlich benötigte. Wir haben auch besprochen welche Nährstoffe der Körper braucht, welche Funktion sie erfüllen und in welcher Menge sie in etwa benötigt werden und auch hier können bei vielen Menschen mehr oder weniger starke Abweichungen vom Optimum auftreten. Wir können die oben gestellten Fragen daher ganz klar und eindeutig beantworten: natürlich spielen neben den quantitativen Aspekten des Energieumsatzes auch die qualitativen Aspekte der Zusammensetzung der Ernährung eine bedeutsame Rolle. Auf dieser Erkenntnis basiert auch die kaum überschaubare Vielfalt an einzelnen Nährstoffen und Nahrungsergänzungsmitteln der verschiedensten Art und Herkunft, die auf dem Gesundheitsmarkt angeboten werden und die, bei regelmäßigem Konsum, Gesundheit und langes Leben versprechen. Nun, Gesundheit, ein langes Leben und sicherlich auch eine angemessene körperliche und auch geistige Leistungsfähigkeit bis ans Ende eines langen Lebens ist mit Sicherheit das, was sich die meisten Menschen wünschen. Deshalb wollen wir uns einmal mit der Frage beschäftigen welchen Stellenwert der angemessenen Versorgung mit Energie, also den quantitativen Aspekten, einerseits und der optimalen Versorgung mit allen Nährstoffen, also den qualitativen Aspekten, andererseits zukommt.
Wie gefährlich sind unsere westlichen Ernährungsgewohnheiten? Die potentiell gesundheitsgefährdenden Aspekte der Ernährung können zwei Kategorien zugeordnet werden: ! Probleme mit der Energiebilanz. Probleme können sowohl bei langfristig negativer Bilanz, also bei Unterernährung, als auch bei
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langfristig positiver Bilanz, also bei Überernährung, auftreten. ! Probleme mit der Bilanz einzelner Nährstoffe, die auch bei ausgeglichener Energiebilanz auftreten können was als Fehlernährung bezeichnet wird.
Unterernährung Bis in das letzte Jahrhundert, war die Unterernährung, also der chronische Hunger, das Haupternährungsproblem der Menschheit. Dabei muss es sich gar nicht um Hungerkatastrophen handeln, bei denen Menschen wirklich verhungern. Auch eine längerfristig verringerte Zufuhr an Nahrungsenergie führt zum Hungerstoffwechsel und zu einer Beeinträchtigung und Verlangsamung wichtiger Lebensfunktionen. Die Folgen sind z.B. chronische Müdigkeit und erhöhte Anfälligkeit für Infektionskrankheiten. Ein demographisches Merkmal von armen Gesellschaften, in denen die Unterernährung ein Problem darstellt, ist nicht nur die geringere Lebenserwartung sondern auch der Umstand, dass die häufigste Todesursache eine Infektionskrankheit ist. Die endgültige Lösung des Unterernährungsproblems in den westlichen Industriestaaten ist sicherlich eine der wesentlichen Ursachen für den dramatischen Rückgang der Infektionskrankheiten, z.B. der Tuberkulose, und für den damit verbundenen ebenso dramatischen Anstieg der Lebenserwartung im Verlauf des 20. Jahrhunderts. Wir können also feststellen, dass, unabhängig von der Qualität der Ernährung im Detail, die ausreichende Versorgung mit Nahrungsenergie die wichtigste Voraussetzung für Gesundheit und Leistungsfähigkeit ist. Der vorherrschende westliche Ernährungsstil bedeutet keineswegs eine optimale Versorgung mit einzelnen Nährstoffen, wobei sowohl ein Zuviel, wie z.B. an Fett, als auch ein zu Wenig, wie z.B. an Magnesium auftreten kann. Dennoch ist die Grundversorgung an allen wichtigen Nährstoffen offensichtlich gewährleistet. Ein Beleg dafür ist, dass die Lebenswartung auch im letzten halben Jahrhundert angestiegen ist, in dem sich diese Ernährungsgewohnheiten zunehmend verbreitet haben, und dass die Lebenserwartung auch heute
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noch weiter ansteigt. Auch treten Mangelkrankheiten, die auf das Fehlen bestimmter Nährstoffe zurückzuführen sind, bei uns nicht auf, wie z.B. die Vitaminmangelkrankheiten Skorbut, bei Mangel an Vitamin C, Beri Beri, bei Mangel an Vitamin B oder Rachitis, bei Mangel an Vitamin D. Es erscheint also die Feststellung berechtigt, dass die ausreichende quantitative Versorgung mit Lebensmitteln, im Rahmen der allgemeinen Entwicklung des Lebensstandards, die ernährungsmäßig entscheidende Voraussetzung für die allgemeine Verbesserung der Chancen auf Gesundheit und ein langes Leben ist.
Überernährung Die Überernährung, also ein beständiger, wenn auch geringer Überschuss der mit der Nahrung aufgenommenen Energie gegenüber der tatsächlich verbrauchten, war sicherlich die längste Zeit der Geschichte der Menschheit das Problem einer verschwindenden Minderheit. Erst seit ca. 50 Jahren wird das ein sozusagen epidemisch auftretender Zustand und weltweit sind heute etwa ebenso viele Menschen von den Folgen der Überernährung bedroht, wie von den Folgen der Unterernährung. Es bestehen allerdings gravierende Unterschiede zwischen diesen beiden Bedrohungsszenarien: Die Folgen der Unterernährung, die ganz überwiegend auf die armen Entwicklungsländer konzentriert sind, sind existenziell und oft unmittelbar lebensbedrohend. Gravierend ist auch, dass die häufigste Ursache der Unterernährung, die Armut, vom einzelnen Menschen in der Regel nicht beeinflusst werden kann. Die Folgen der Überernährung, die überwiegend auf die reichen Länder konzentriert sind, entwickeln sich langsam, machen lange Zeit keine wirklichen Probleme und werden in der Regel erst jenseits des 50. Lebensjahres schlagend. Sie verhindern auch nicht die weitere Zunahme der Lebenserwartung in den reichen Ländern. Und ein – wie ich meine wesentlicher – Unterschied ist, dass die Überernährung und
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ihre Folgen von jedem einzelnen betroffenen Menschen im Prinzip beeinflusst werden können. Ich hoffe sehr, dass die Lektüre dieses Buches Sie von der grundsätzlichen Richtigkeit dieser Feststellung überzeugt hat. Zivilisationskrankheiten sind Erkrankungen, die in der Folge der gestiegenen Lebenserwartung, aber auch als Folge des westlichen Lebensstils, in den Industrieländern dominieren. Es handelt sich um das schon erwähnte metabolische Syndrom, insbesondere mit Adipositas vom Typ der Stammfettsucht, mit Hypertonie, gestörter Blutfettzusammensetzung und verminderter Insulinempfindlichkeit. Und um der Diabetes mellitus Typ 2 und die Arteriosklerose mit ihren organspezifischen Manifestationen an Herz, am Gehirn oder an den Beinen als Folgekrankheiten, aber auch um Karzinome und Arthrosen. Diese Zivilisationskrankheiten werden durch die Adipositas infolge Überernährung gefördert. Daher ist die Erhaltung eines normalen Körperfettanteiles eine der entscheidenden Möglichkeiten der Vorbeugung. Nicht, dass die Aussicht bestünde diese Krankheiten einfach zu verhindern, wie z.B. die meisten Infektionskrankheiten. Diese Zivilisationskrankheiten sind auch eine Folge des physiologischen Alterungsprozesses und werden daher auf jeden Fall häufiger, wenn der Anteil alter Menschen an einer Bevölkerung zunimmt. Was man aber beeinflussen kann ist, ob diese Krankheiten vorzeitig auftreten, z.B. schon vor dem 60. Lebensjahr, oder erst viele Jahre später. Die wesentlichen Maßnahmen zum Erreichen und Erhalten eines normalen Körperfettanteiles sind ausführlich besprochen worden. Es geht um die Erhöhung des Energieumsatzes durch Bewegung und um die Verringerung der Energieaufnahme durch Vermeidung von überflüssigem Fett in den Nahrungsmitteln und Speisen und durch sehr langsames Essen. Alle empfohlenen Maßnahmen haben eigentlich nichts mit Kalorienzählen zu tun (auch wenn ich einige Rechenbeispiele mit Kalorien angeführt habe). Sondern es handelt sich um Verhaltensmodifikationen, die erlernt und in Gewohnheiten übergeführt werden sollen. Wenn das gelingt, wenn diese neuen Essgewohnheiten und Bewegungsgewohnheiten zu einem Teil des persönlichen Lebensstils geworden sind und es daher keiner besonde-
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ren Motivation und Überwindung mehr bedarf, sie langfristig – und das heißt „lebenslänglich“-einzuhalten; ja dann ergibt sich die gewünschte Beeinflussung der Energiebilanz sozusagen von selbst. Die Empfehlungen zur Änderung des Bewegungs- und Ernährungsverhaltens enthalten, mit Ausnahme des ersatzlosen Vermeidens von Fett, noch keine wesentlichen Empfehlungen zur sonstigen Zusammensetzung der Ernährung und Auswahl von Nahrungsmitteln, da ich tatsächlich die Erhaltung eines normalen Körperfettanteiles aber auch einer normalen Muskelmasse und einer normalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit für die bei Weitem wichtigsten und wirksamsten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Gesundheit und Lebensqualität im Alter halte. Daher kommt ihnen im Maßnahmenkatalog auch eindeutige Priorität zu. Sind diese drei Altersmerkmale schlecht ausgeprägt, dann gibt es keine Diät und keinen Nahrungsergänzungsstoff und auch kein Medikament, welche dieses Manko vollkommen wettmachen könnten. Ganz abgesehen davon, dass die Muskelmasse und die Sauerstoffaufnahmefähigkeit ja nicht nur zur Vermeidung von Krankheiten wichtig sind, sondern auch die Grundlage von Leistungsfähigkeit, von Beweglichkeit, Mobilität und Selbständigkeit und somit ganz allgemein von Lebensqualität im Alter sind.
Die Zusammensetzung einer guten Ernährung Bislang haben wir uns überwiegend mit den energetischen Aspekten der Ernährung befasst. Und ich habe mehrfach betont, dass ohne ausreichende körperliche Bewegung als Alltagsbewegung und/oder Training, auf die entscheidende und wirkungsvollste Möglichkeit der positiven Beeinflussung des Alterungsprozesses verzichtet wird. Aber dennoch bietet auch eine optimale Zusammensetzung der Ernährung eine Möglichkeit die Entwicklung der geschilderten gesundheitlichen Probleme des Alters zu bremsen. Was soll nun eine optimale Ernährung enthalten? Zunächst einmal die dem tatsächlichen Verbrauch angemessenen Menge an Energie also eine ausgeglichene Energiebilanz bei normalem Körperfettanteil.
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Ist der Körperfettanteil zu hoch, dann kann auch für eine Zeit eine moderat negative Energiebilanz optimal sein, solange bis ein annähernd normaler Körperfettanteil erreicht ist. Aber neben der angemessenen Menge an Energie muss eine optimale Ernährung natürlich auch eine angemessene Menge an allen erforderlichen Nährstoffen enthalten. Glücklicherweise ist es nicht erforderlich für jeden einzelnen Nährstoff komplizierte Bedarfsberechnungen anzustellen, weil der angemessene Bedarf bei den allermeisten Nährstoffen proportional dem Tagesenergiebedarf ist. Das bedeutet Folgendes: Steigt der Tagesenergiebedarf an und besteht die Ernährung aus einer ausgewogenen Mischkost aus frischen Produkten der Landwirtschaft, dann ist auch der erhöhte Bedarf an allen Nährstoffen automatisch mit abgedeckt. Die wichtigen Nährstoffe und Nährstoffgruppen werden im Folgenden noch einmal aufgezählt: ! Eiweiß, 10 – 12 En%, unter Berücksichtigung der biologischen Wertigkeit ! Fett, 25 – 30 En%, unter Berücksichtigung der essentiellen Fettsäuren ! Kohlehydrate, 58 – 65 En%, vorzugsweise Vollkornprodukte, Gemüse, Obst ! Wasser ! Mineralstoffe, Mengenelemente und Spurenelemente ! Vitamine ! Sekundäre Pflanzenstoffe ! Ballaststoffe Muss man jetzt um eine jeweils optimale Menge an Nährstoffen aus den angeführten Gruppen zur Verfügung zu stellen ein kompliziertes Menü zusammenstellen mit ausgetüftelten Rezepten und besonderen Zutaten? Das ist glücklicherweise nicht der Fall, sondern man kann auf altes Erfahrungsgut der Menschen zurückgreifen. Z.B. in Form traditioneller Ernährungsweisen, die unter verschiedenen Bezeichnungen in praktisch allen alten Hochkulturgebieten, also auch in China oder Amerika, grundsätzliche Ähnlichkeiten aufweisen. Bei uns sind für
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diese traditionelle Ernährungsweise verschiedene Bezeichnungen geläufig: ! ! ! !
Indische Kost Mediterrane oder Mittelmeerkost Indo-mediterrane Kost Kretadiet
Alle diese Kostformen meinen in etwa die gleiche Ernährungsweise, die später noch ausführlicher erläutert wird. Also sowohl die „indische“ als auch die „Mittelmeer“kost beruhen auf ganz ähnlichen Grundlagen. In der Zwischenzeit ist die Wirkung der Mittelmeerkost mehrfach wissenschaftlich untersucht worden. Eine dieser international bekannten Untersuchungen überprüfte die Wirkung einer indo-mediterranen Kost bei Menschen mit einem hohen Risiko einen Diabetes mellitus 2 zu entwickeln, also bei Menschen mit metabolischen Syndrom. Dazu wurden 3 vergleichbare Gruppen gebildet. Eine Gruppe erhielt über 4 Jahre ein Medikament zur Vorbeugung des Diabetes (Metformin) aber keine besonderen Ernährungsempfehlungen. Die zweite Gruppe wurde intensiv mit den Grundlagen der indo-mediterranen Kost vertraut gemacht erhielt aber kein Medikament. Und die dritte Gruppe wurde nur 4 Jahre lang beobachtet, erhielt aber weder ein Medikament noch eine Ernährungsschulung. Nach 4 Jahren waren aus der 3. Gruppe knapp 40% Diabetiker geworden, aus der Gruppe mit dem Medikament 30% aber aus der Gruppe mit der Ernährungsschulung weniger als 20%! Eine andere bemerkenswerte Analyse befasste sich mit der Wirkung verschiedener Behandlungsmaßnahmen auf die Häufigkei des Auftretens von Herzinfarkten. Die Wirkung der Behandlung wird dabei durch eine statistische Maßzahl angegeben: es wird berechnet, wieviele Menschen durchschnittlich auf eine bestimmte Art behandelt werden müssen, um einen Herzinfarkt pro Jahr zu verhindern. Diese Zahl wird mit dem englischen Ausdruck „number needed to treat“ (NNT)
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bezeichnet. Die Analyse verglich die NNT von zwei verschiedenen Arten von Behandlung. Einmal, eine Gruppe von drei großen wissenschaftlichen Untersuchungen, in denen das Cholesterin oder der Blutdruck mit modernen Medikamenten behandelt worden ist. Bei diesen Untersuchungen ergab sich eine NNT von 150 – 200. Soviele Menschen müssen behandelt werden, damit mit einem Medikament ein Herzinfarkt pro Jahr verhindert wird. In der zweiten Gruppe waren, neben anderen, auch drei Untersuchungen, in denen der Effekt einer Ernährungsumstellung überprüft worden ist. In diesen Untersuchungen war die NNT 40 – 50! Nur 40 – 50 Menschen müssen ihre Kost umstellen, damit ein Herzinfarkt pro Jahr verhindert wird. Diese Zahlen sprechen für sich. Sie zeigen auch deutlich, dass es durchaus für einen einzelnen Menschen, auf den einer oder gar mehrere dieser Risikofaktoren zutreffen, sinnvoll ist durch eine Verbesserung von Ernährungsgewohnheiten das persönliche Risiko einer Erkrankung an Diabetes 2 oder an Herzinfarkt zu verringern. Die geschilderten Untersuchungen befassen sich mit Menschen, die bereits Risikofaktoren aufweisen, zu Beginn der Untersuchung aber noch gesund sind. Nach den Empfehlungen internationaler medizinisch-wissenschaftlicher Fachgesellschaften sollen solche Menschen prophylaktisch mit Medikamenten, z.B. zur Blutdruck- oder Cholesterinsenkung behandelt werden. Untersuchungen der oben erwähnten Art zeigen allerdings, dass Veränderungen des Lebensstils und hier insbesondere auch der Ernährungsgewohnheiten, diesen medikamentösen Behandlungsstrategien zur Verhinderung der Folgekrankheiten eindeutig überlegen sind. Eine andere große Untersuchung, bei der insgesamt mehr als 22.000 Menschen über 4 Jahre hinweg beobachtet wurden, liefert einen weiteren eindrucksvollen Beweis für diese Feststellung. Es wurde die Wirkung einer mediterranen Kost auf Menschen, die zu Beginn der Untersuchung keinerlei Risikofaktoren oder Krankheitszeichen aufwiesen, untersucht. Bei jedem einzelnen Teilnehmer wurden mit aufwändigen Fragebogen die Ernährungsgewohnheiten, insbesondere die hauptsächlich verwendeten Nahrungsmitteln dokumentiert und nach ihrer Übereinstimmung mit den Merkmalen der Mittelmeerkost beur-
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teilt. Verglichen wurden die Häufigkeit des Auftretens von Todesfällen infolge von Herzinfarkt, von Krebserkrankungen sowie die Gesamtzahl von Todesfällen mit dem Grad der Übereinstimmung der persönlichen Ernährungsgewohnheiten mit der Mittelmeerkost. Das Ergebnis dieser und auch anderer ähnlicher Studien war, dass die Häufigkeit von Todesfällen an Herzinfarkt und Krebserkrankungen umso geringer war, je mehr die persönlichen Ernährungsgewohnheiten der Mittelmehrkost entsprachen. Bemerkenswerterweise war dieser Effekt unabhängig vom Niveau der körperlichen Aktivität und auch vom BMI. Dies bestätigt, dass die Mittelmeerkost eine eigenständige präventive Wirkung hat, die nicht von anderen Faktoren abhängt. Keineswegs erstaunlich war übrigens das Ergebnis, dass auch ein höheres Ausmaß an körperlicher Aktivität die Gefahr eines Todesfalles verringert. Ebenfalls bemerkenswert war der Umstand, dass die Schutzwirkung der Mittelmeerkost bei Menschen über 55 Jahren deutlich stärker ausgeprägt war als bei Menschen unter 55. Diese und sehr viele ähnliche wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass auch die Beachtung der Zusammensetzung der Ernährung, zusätzlich zum Energiegehalt ein vernünftiger und eigentlich auch von jedem einzelnen machbarer Beitrag zur persönlichen Gesundheitsvorsorge ist.
Und was ist eine Mittelmeerkost? Wir wollen die Bezeichnung Mittelmeerkost stellvertretend für traditionelle Ernährungsformen verwenden, wie sie in allen großen Kulturkreisen beobachtet werden können und die grundsätzliche Ähnlichkeiten aufweisen. Tatsächlich zeigen anthropologische Forschungen, dass auch die Ernährung unserer altsteinzeitlichen Vorfahren, deren Nahrungsbeschaffung auf Sammeln und Jagen beruhte, bereits ähnlich zusammengesetzt war. Das Fundament der Ernährung war das Sammeln. Einer Aufgabe, der vor allem die Frauen nachgingen. Gesammelt wurden die wilden Vorläufer der heutigen Kultur-
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pflanzen, also Samen von Gräsern (die Vorläufer der Getreidearten), unter der Erde wachsende Wurzeln und Knollen (Kartoffeln), Nüsse, Früchte, Beeren und anderes. Die Versorgung mit Fleisch war vom wechselnden Jagdglück der Männer abhängig und war, nimmt man heute lebende Jäger- und Sammlervölker als Beispiel, keineswegs regelmäßig. Der jungsteinzeitliche Übergang zur Landwirtschaft hat, durch die Züchtung der Kulturpflanzen, vor allem die pflanzliche Nahrungsbasis verbessert und gesichert, ohne die prinzipiellen Relationen wesentlich zu verändern. Die Unterschiede in den verschiedenen Kulturkreisen bestehen vor allem in den Pflanzenarten, die in gleicher Funktion verwendet werden. So sind in unserem Kulturkreis als Getreide Weizen, Roggen, Hafer oder Hirse gezüchtet worden, in China Reis und in Amerika Mais. Mittelmeerkost bedeutet, dass bestimmte Nahrungsmittel, z.B. Getreideprodukte, bevorzugt und häufig und andere Nahrungsmittel, z.B. Fleisch, seltener verwendet werden. Dies unterscheidet die Mittelmeerkost von anderen Ernährungsstilen, z.B. dem „westlichen“, der gerade umgekehrt Fleisch bevorzugt und vergleichsweise weniger Getreideprodukte vorsieht. Mittelmeerkost bedeutet nicht unbedingt eine bestimmte Zubereitungsform oder gar bestimmte Rezepturen, obwohl natürlich die nationalen Spezialitäten der Mittelmeerländer ihre kulinarischen Reize haben. Erwarten Sie daher jetzt nicht einen strikten Ernährungsplan von mir womöglich mit Rezepten für 5 Mahlzeiten am Tag für 4 Wochen. Derart strikte Vorgaben wären wahrscheinlich für die meisten Menschen in ihrem persönlichen Umfeld schwer einzuhalten. Es geht mehr um die Vermittlung von Richtlinien, nach denen Sie aus dem vorhandenen Angebot an Nahrungsmitteln, z.B. im Supermarkt, jene aussuchen und auswählen können, die der Mittelmeerkost entsprechen und aus denen Sie dann zu Hause Speisen bereiten können, die zwar der Mittelmeerkost entsprechen aber nicht unbedingt einem süditalienischen Rezept folgen müssen. Gleiches gilt für Speisen, die Sie in einem Restaurant aussuchen. Allerdings möchte ich Sie am Beginn Ihres neuen Lebensstils nicht gänzlich ohne rezeptmäßige Hilfe Ihrem Schicksal überlassen. Daher finden Sie im Anhang
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eine exemplarische Auswahl an Rezepten, die sowohl die Richtlinien der Mittelmeerkost als auch der Fettreduktion berücksichtigen. Sie selbst müssen dann noch das 30-malige Kauen eines jeden Bissens beitragen. Um die einzelnen Gruppen von Lebensmittel nach ihrem Stellenwert im Rahmen der Mittelmeerkost bewerten zu können, wollen wir die Lebensmittel danach einteilen, wie oft pro Tag oder pro Woche sie verzehrt werden sollen.
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Mehrmals täglich Das Fundament der Ernährung (mehr als die Hälfte der täglichen Energieaufnahme) bei allen Mahlzeiten bilden Getreide (Zerealien) bzw. die daraus hergestellten Getreideprodukte, wie Brot oder Teigwaren. Es sollten bevorzugt Produkte aus dem vollen Korn verzehrt werden, da Vitamine und Mineralstoffe aber auch Pflanzenfasern vor allem im Keimling und in der Schale enthalten sind. In die gleiche Gruppe gehören auch Mais, Reis und auch Kartoffeln. Bei jeder Mahlzeit, also bis zu fünf mal am Tag soll eine Portion aus dieser Gruppe verzehrt werden. (Eine Portion entspricht ungefähr einer Hand voll). Gemüse, drei (oder mehr) Portionen täglich. Wahlweise: Hülsenfrüchte (Leguminosen), grüne Blattsalate, „Ampelgemüse“ (rot, z.B. Tomaten oder Radieschen, gelb, z.B. Paprika oder Karotten und grün, z.B. Brokkoli oder grüne Paprika). Obst: zwei (oder mehr) Portionen. Insgesamt 1,5 – 2 l Wasser trinken Sparsam: Pflanzenöl, (Oliven, Sonnenblumen, Kürbiskern u.a.) Ein bis zweimal täglich
! Magere Milchprodukte ! Alkohol, vorzugsweise in Form von Wein. Bis zu 1/2 l für Männer und bis zu 1/4 l für Frauen pro Tag ist typischer Bestandteil der Mittelmeerkost. Wie ich erläutert habe, ist aus medizinischer Sicht gegen derartige Mengen nichts einzuwenden, auch wenn ich selbst
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regelmäßigen Alkoholkonsum wegen der damit verbundenen Suchtgefahr nicht ausdrücklich empfehlen kann.
Mehrmals wöchentlich aber nicht täglich ! Fisch insbesondere Seefisch, zwei mal pro Woche oder öfter ! Nüsse Bis zu zweimal wöchentlich ! Mageres Fleisch und Fleischprodukte ! Geflügel ! Eier Selten bzw. sehr wenig ! Zucker, Süßigkeiten ! fette Süßspeisen ! zuckerhaltige nichtalkoholische Getränke ! alles was noch nicht aufgezählt worden ist.
Eine Empfehlung für alles? Sie werden sich jetzt möglicherweise fragen: ist die Mittelmeerkost wirklich die Antwort auf alle Ernährungsprobleme unserer Zeit? Ist das nicht ein wenig zu einfach? Nun, die Bezeichnung „Mittelmeerkost“ habe ich gewählt um dieser Ernährungsempfehlung einen einprägsamen Namen zu geben, der außerdem Menschen, die sich schon ein wenig mit Ernährung befasst haben, wahrscheinlich auch geläufig ist. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass es nicht darum geht, Gerichte aus dem Mittelmeerraum nach Originalrezepten nachzukochen. Sondern unter dem Begriff „Mittelmeerkost“ sind ganz konkrete Empfehlungen zusammengefasst, die sich in erster Linie auf die Auswahl von Nahrungsmitteln beziehen. Also solche, die bevorzugt bzw. solche, die seltener verzehrt werden sollen. Die eigentliche Zubereitung, also wie die fertige Speise dannletztlich schmeckt, kann
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Die Ernährungspyramide: Getreideprodukte, Gemüse, Obst und Wasser bilden die breite Basis. Fettreduzierte Milchprodukte und Fisch die Mitte und Fleischprodukte,Mehlspeisen und Süßigkeiten die Dünne Spitze.
und soll nach regionalen und individuellen Gepflogenheiten variiert werden. In vielen Broschüren über Ernährung werden die verschiedenen Nahrungsmittel nach den Regeln der Mittelmeerkost bildhaft in Form einer Ernährungspyramide dargestellt. Dabei bilden die Nahrungsmittel, die am häufigsten verzehrt werden sollen, also Getreideprodukte, Kartoffeln, Reis, Gemüse und Obst, die breite Basis der Pyramide. Und die Nahrungsmittel, die nur selten verzehrt werden sollen, machen die dünne Spitze aus. Diese konkreten Empfehlungen, wie sie in diesem Kapitel präsentiert worden sind, sind tatsächlich universell. Das heißt, wann immer seriöse Richtlinien zur Verbesserung des Ernährungsverhaltens gegeben werden, laufen sie auf die gleichen Empfehlungen hinaus. Dabei
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ist es erstaunlicherweise unerheblich ob man sich auf traditionelle Ernährungsformen beruft, also indisch oder mediterran, oder auf wissenschaftliche Untersuchungen, wie z.B. die Ernährungsrichtlinien der American Heart Association (AHA). Möglicherweise entsprechen diese Ernährungsempfehlungen einer Art „Ur-Ernährung“ der Menschheit, die überall dort in ausreichender Menge zur Verfügung gestanden ist, wo die entscheidenden Entwicklungen der Menschheit, seien sie evolutionärer oder kultureller Art, stattgefunden haben. Die Beachtung dieser Richtlinien, verbunden mit dem sparsamen Verzehr von Fett und der Gewohnheit langsam zu essen, ist wahrscheinlich der beste Weg dafür zu sorgen, dass die Ernährung nicht nur die dem Bedarf angemessene Menge Energie sondern auch alle notwendigen Stoffe in ausreichender Menge und in angemessener Mischung enthält. Das und lebenslange körperliche Bewegung gehört zu jenen günstigen Voraussetzungen, die helfen, dass Menschen die ihnen zugemessene Lebensspanne nicht nur erleben sondern auch aktiv gestalten können. Nahrungsergänzungsstoffe irgendwelcher Art sind dann auch nicht mehr erforderlich. Eine Kost, die alles Notwendige enthält, kann nicht mehr verbessert werden.
Zum Schluss bleibt mir nur mehr übrig Ihnen GUTEN APPETIT zu wünschen und: BLEIBEN SIE IN BEWEGUNG!
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Rezepte für fettreduziertes Essen nach den Regeln der Mittelmeerkost mit dem MenüOrganizer aus dem Long-Evity Programm® Das Long-Evity Programm® Das Long-Evity Programm® ist ein komplexes Programm zur Entwicklung und Verbesserung des persönlichen Lebensstils. Es besteht aus einem individuell dosiertem Ausdauer- und Krafttraining, aus einer Ernährungsumstellung in Richtung einer fettreduzierten Mittelmeerkost und Entspannungsübungen und führt zuverlässig zu einer Steigerung der körperlichen und psychischen Leistungsfähigkeit. Es wurde von Dr. Michael Elliott, Facharzt für Innere Medizin, und einem Expertenteam aus Sport- und Ernährungswissenschaftlern entwickelt.
Der Long-Evity Programm® Menü-Organizer Der Menü-Organizer ist Bestandteil des Long-Evity Programmes® und wurde von Mag. Angelika Elliott entwickelt. Der vorliegende MenüOrganizer greift auf eine Sammlung von mehr als 1000 Rezepten zu, die zwischen 1995 und 2003 im Kurzentrum Josefinenhof, Warmbad-Villach, in Zusammenarbeit mit Küchenchef und Diätkoch, Robert Pressinger, entstanden und sich in der täglichen Praxis eines 4 Sterne
Kur- und Gesundheitshotels erfolgreich bewährten. Die Rezepte entsprechen einer fettreduzierten Mittelmeerkost. Die Küche des Josefinenhofs wurde dafür mit einer „grünen Haube“ der steirischen Gesellschaft für Gesundheitsschutz und mit einer „Haube“ von Gault Millau ausgezeichnet. Der Josefinenhof wurde für das Long-Evity Programm® 1998 zum Österreichischen Gesundheitshotel des Jahres gewählt.
Die Grundlagen des Long-Evity Programm® Menü-Organizers Die sinnvolle Nutzung des MenüOrganizers setzt voraus, dass bestimmte Eckdaten für eine persönliche optimale Ernährung bekannt sind. Vor allem sind das, im Hinblick auf persönliche Ziele wie Körperfettabbau oder das Halten des Wunschgewichtes, der Energiegehalt der Speisen, der in kcal, und der Gehalt an Fett und Kohlehydraten, der in Gramm angegeben wird, jeweils pro Portion des betreffenden Gerichtes. Wie diese Werte ermittelt werden ist im Kapitel 6 dieses Buches ausführlich besprochen worden. Die
222 222
REZEPTE
Verwendung von Nährwerttabellen ist sinnvoll um auch die entsprechende Zusammensetzung der einzelnen Lebensmittel nachvollziehen zu können. Es wird eine fettreduzierte ausgewogene Mittelmeerkost angestrebt. Daher stehen täglich frisches Obst und Gemüse, vollwertige Getreideprodukte, Salate oder ballaststoffreiche Hülsenfrüchte auf dem Menüplan. Fleisch und Geflügel gibt es selten und es werden nur fettarme Lebensmittel ausgewählt. Fisch wird Fleisch vorgezogen, tierische Fette werden vermieden. Milch und Milchprodukte werden nur in fettreduzierter Form verwendet. Auch pflanzliches Fett wird nur in geringen Mengen verwendet. Besteht die Wahl, so fällt diese auf Lebensmittel mit dem niedrigsten Fettanteil. Alle Speisen werden schonend, salz- und zuckerarm zubereitet. Tiefgefrorenes ist erlaubt, in Dosen konserviertes wird vermieden. Pro Tag sollen zirka 2-3 Liter Wasser getrunken werden.
Long-Evity Programm® Menü-Organizer: Gebrauchsanleitung Der folgende Menü-Organizer ermöglicht die Planung, Durchführung und Kontrolle des persönlichen und zielorientierten Ernährungsplanes.
Der tägliche persönliche Bedarf an Energie, Fett und Kohlehydraten ist bekannt und dementsprechend wird die Auswahl für alle Mahlzeiten des Tages getroffen, so dass die ausgewählten Gerichte in Summe den Ernährungszielen entsprechen. Die Gerichte aus den einzelnen Gruppen können nach Belieben kombiniert werden, so dass der Menüplan nicht strikt vorgegeben ist sondern variiert werden kann, ohne dass Sie die Kontrolle über Energiegehalt und Zusammensetzung verlieren. Für Frühstück und Snacks bietet der folgende Menü-Organizer nur einige wenige Vorschläge. Die Auswahl betrifft hauptsächlich Vorspeisen, Suppen, Salate, Hauptspeisen, Beilagen und Nachspeisen, aus denen die einzelnen Mahlzeiten zusammengestellt werden. Das Tages-Menü wird aus den einzelnen Mahlzeiten so kombiniert, dass die persönlichen Vorgaben betreffend Energie- und Fettgehalt eingehalten werden. Zur Kontrolle dient das kleine Tagesprotokoll, in das die unter jeder Speise angeführten Nährwertinformationen (kcal, g Fett und g KH) eingetragen und addiert werden. Das Ergebnis wird mit den angestrebten Zielen verglichen. Alle sonstigen Mahlzeiten und Getränke, die im vorliegenden Menü Organizer nicht angeführt sind, werden dazugerechnet. Die Nährwer-
LONG-EVITY PROGRAMM®
tinformationen dieser zusätzlichen Lebensmittel werden einer Nährwerttabelle oder der Beschreibung auf der Verpackung entnommen. Am Schluss sollten geplante und tatsächliche Werte übereinstimmen.
Reorganisation von Küche und Einkauf Abgelaufene Lebensmittel werden entsorgt, ebenso jene vorrätigen Lebensmittel und Getränke, die nicht in das Konzept der Mittelmeerkost passen. Die Einkaufsquellen, vor allem für Obst und Gemüse müssen überprüft werden. Erforderlich sind: Æ teflonbeschichtetes Kochgeschirr Æ Æ Æ Æ
(Pfannen und Auflaufformen) Gemüseschäler und scharfe Messer Mixer präzise Küchenwaage mit Grammanzeige Frischhaltebehälter für Obst und Gemüse, Folien
Æ Salatschleuder, Sprayflaschen für
Öl-Wassersprays Æ Nährwertinformationstabellen
zum Nachschauen.
Rezepte Die Rezepte für alle im Organizer vorgeschlagen Speisen sowie Grundrezepte für fettreduzierte Saucen und einige Tipps befinden sich auf den Seiten im Anschluss an den Menü Organizer. Für diesen Menü Organizer wurden Speisen mit einfachen Rezepten ausgewählt. Es wurde auf Machbarkeit geachtet und darauf, dass nicht allzu viele verschiedene Vorräte erforderlich sind. Es wird auch davon ausgegangen, dass nicht alle Mahlzeiten zu Hause eingenommen werden. Zusammen mit einer Nährwerttabelle, die vor der Auswahl von weiteren Speisen und Getränken konsultiert wird, ermöglicht dieser Menü-Organizer eine abwechslungsreiche Ernährung für einen Zeitraum von mehreren Wochen. Bei richtiger Durchführung werden die gesetzten Ziele erreicht.
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REZEPTE
MENÜ ORGANIZER
224
VORSPEISEN Grüne Bohnen mit Tomatensauce
NACHSPEISEN 219
45 / Sp / 5
Broccoli Vinaigrette
220 220 221
222 222 223
SALATE
224
190 / 3 / 31
Hirsetopf mit Gemüsen & Pilzen
225
260 / 2 / 46
Mohrrüben (Karotten) Dinkelauflauf
225
170 / 6 / 19
223
Pasta mit Weißkohl (Krautfleckerln)
226
210 / 2 / 34
65 / 3 / 5
100 / 3 / 10
233
HAUPTSPEISEN Melanzani Lasagne
40 / Sp / 2
Gemischter Salat mit gekochtem Gemüse
233
221
85 / Sp / 12
Gemischter Salat mit Rohkost
232
150 / 3 / 18
175 / 8 / 16
Minestrone
Ananas-Preiselbeerauflauf Liptauer Käse mit Vollkornbrot
70 / 1 / 10
Rote Linsensuppe
Warmes Kompott
170 / Sp / 37
SUPPEN
Zucchinicrèmesuppe
232
35 / Sp / 8
140 / Sp / 23
Rote Rüben Suppe
Früchtemus 40 / Sp / 8
110 / 1 / 20
Ditalini mit gebeiztem Lachs
231
120 / Sp / 23
50 / Sp / 3
Gefüllte Ofenkartoffel
Beerensuppe mit ZItroneneis
224
Polenta Soufflé mit Gemüsebouquet
226
230 / 4 / 36
MENÜ Ü OR O MENÜ ORGANIZER
MENÜ ORGANIZER
227
160 / 1 / 21
Lachsfilet pochiert mit Dillsauce
Wasser 227
0/0/0
228
210 / 5 / 5
Thunfischsteak „provencalische Art“
Orangensaft ungezuckert 1/8 l 60 / 0 / 15
228
Beeren Müsli
234
100 / 1 / 17
140 / 7 / 2
Rinderbrustkern mit Kohl & Gemüse
0/0/0
Kaffee/Tee „schwarz“
200 / 6 / 3
Saiblingsfilet im Gemüsemantel
FRÜHSTÜCK & SNACKS
229
Obstscheiben
234
80 / 0 / 15
300 / 9 / 7
Rehfilet mit Pilzen & Preiselbeerbirne
229
240 / 3 / 25
Hühnerbrüstchen mit Gemüsehaube
Sandwich 230
235
230 / 7 / 25
ca 70 / 1 / 16
Kleines Märzenbier (0,33l)
BEILAGEN
160 / 0 / 13
230
85 / Sp / 17
Gekochter Naturreis (80g)
234
Apfel (mittelgroß)
190 / 5 / 5
Gedämpfte Kartoffeln (100g)
Vollkornbrot (45 Gramm) 110 / 1 / 21
Achterl Wein trocken 75 / 0 / 0
230
140 / Sp / 30
Vollkorn Bandnudel (80g)
231
135 / 1 / 24
Gemischtes Gemüse (100g)
231
25 / Sp / 3
Name
RGANIZER G ZER Speisen Nährwert Information
kcal / Fett in Gramm / Kohlehydrate in Gramm (Sp = in Spuren, dh weniger als 1 Gramm) (12g Kh = 1 BE) Angaben EWIS kontrolliert & gerundet
kcal kc
Früh
Mittag ag Abend bend
∑ Tag
Fett g
Kh g
MENÜ ORGANIZER
Überbackene Spinatpalatschinke
225
REZEPTE
GRUNDREZEPTE Weiße Sauce fettreduziert
1 Schöpfer (zirka 60 Gramm)
1 Schöpfer (zirka 60 Gramm)
20 kcal / Fett in Spuren / 2g Kohlehydrate
25kcal / Fett in Spuren / 3g Kohlehydrate
850 Gramm Tomaten geschält aus der Dose mit Saft 12 Gramm Olivenöl 120 Gramm Zwiebeln 150 Gramm Gemüsebrühe (Würfel) 25 Gramm Tomatenmark 25 Gramm Tomatenketchup Knoblauch frisch zerdrückt Salz / Pfeffer / Basilikum trocken
Die feingehackten Zwiebel in wenig Olivenöl anglasieren, Tomatenmark dazugeben und kurz mitrösten, die gehackten Tomaten und den Tomatensaft, Tomatenketchup, Knoblauch, Basilikum dazugeben, mit Gemüsebrühe aufgießen, mit Salz und Pfeffer würzen und langsam zirka 1 Stunde zu einer konsistenten Sauce einkochen. Die Sauce ist im Kühlschrank zirka 1 Woche haltbar und eignet sich zum Einfrieren. Die Sauce wird in einigen Rezepten verwendet. Sie kann mit Kräutern variiert auch als Beilage serviert werden. Mit frisch gehacktem Basilikum eignet sie sich für alle italienischen Pasta Gerichte.
Rezept für 1000 Gramm
Tomatensauce fettreduziert
Rezept für 1000 Gramm
GRUNDREZEPTE
226 226
220 Gramm Kartoffeln geschält 35 Gramm Mohrrüben (Karotten) 35 Gramm Knollensellerie 35 Gramm Zwiebeln 70 Gramm Weißwein trocken 550 Gramm Gemüsebrühe (Würfel) Lorbeerblatt trocken Salz Pfeffer schwarz
Wurzelgemüse und Kartoffel schälen, grob schneiden und in der Gemüsebrühe mit den Gewürzen weich kochen, mit dem Mixer pürieren, durch ein feines Haarsieb passieren und noch einmal abschmecken. Die Sauce ist im Kühlschrank zirka 1 Woche haltbar und eignet sich zum Einfrieren. Die Sauce wird in einigen Rezepten verwendet. Sie kann mit Kräutern oder Gewürzen variiert auch als Beilage serviert werden. Zum Beispiel mit Dill zu Fisch; mit Schnittlauch zu gekochtem Rindfleisch; mit Petersilie oder Kerbel zu gekochtem Gemüse
VORSPEISEN
Quimiq Im Gegensatz zu Schlagsahne mit 30 % hat Quimiq einen Fettanteil von nur 15% und eignet sich gut zum Binden von Saucen und Suppen.
Gewürze Da in der fettreduzierten Küche das Fett oft als Geschmacksträger wegfällt, wird diese Wirkung durch die Verwendung von frischen, tiefgefrorenen oder getrockneten Kräutern erzielt. Kräuter wie Petersilie, Schnittlauch, Kerbel, Basilikum, Majoran, Rosmarin, Thymian usw. unterstreichen das natürliche Aroma und werden in den Rezepten nach persönlichem Geschmack verwendet, ebenso Knoblauch und Pfeffer. Salz wird sparsam verwendet.
Grüne Bohnen mit Tomatensauce Pro Portion 45 kcal / Fett in Spuren / 5g Kohlehydrate
Rezept für 4 Portionen
Die Verwendung von Öl-Wassersprays führt zu signifikanten Fett Einsparungen. Ein Teil Öl mit 7 Teilen Wasser vermischen, in eine Sprühflasche geben, vor Gebrauch gut schütteln und anstelle von Butter oder unverdünntem Öl verwenden. a) auf das teflonbeschichtete Kochgeschirr (Pfanne, Auflaufformen) sprühen. Auch das im guten Fachhandel erhältliche Trennfett Spray erzielt diese Wirkung b) auf die gut getrockneten Blattsalate sprühen.
VORSPEISEN
400 Gramm breite grüne Bohnen 150 Gramm Tomatensauce fettreduziert Basilikum frisch
Bohnen waschen, putzen und in zirka 2 cm große Stücke schneiden. In Salzwasser kochen, aus dem Fond heben, anrichten und mit der warmen Tomatensauce servieren, mit gehacktem Basilikum bestreuen.
VORSPEISEN
Öl-Wasser Spray
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REZEPTE
Gefüllte Ofenkartoffel
Pro Portion
Pro Portion
50 kcal / Fett in Spuren / 3g Kohlehydrate
110 kcal / 1g Fett / 20g Kohlehydrate
400 Gramm Broccoli 80 Gramm Joghurt mager ½ hart gekochtes Ei Kräuter frisch Weinessig Senf Salz Pfeffer weiß
Die Broccoliröschen von den Stielen entfernen, in Salzwasser kochen, aus dem Fond heben, mit kaltem Wasser abschrecken, auf Küchenkrepp legen und abtropfen lassen. Aus dem gehackten, gekochten Ei, den fein gehackten Kräutern, dem Joghurt, Salz, Pfeffer, Senf und Essig eine Marinade zubereiten. Die Röschen gefällig anrichten und mit der Marinade nappieren.
Rezept für 4 Portionen
Broccoli Vinaigrette
Rezept für 4 Portionen
VORSPEISEN
228 228
400 Gramm Kartoffeln 20 Gramm Zwiebeln 120 Gramm gekochte Gemüsemischung (Mohrrüben, Gelbe Rüben, Lauch) 40 Gramm Weiße Sauce fettreduziert Eiklar von einem Ei Maiskeimöl Petersilie frisch Salz / Pfeffer weiß
Die gründlich gewaschenen Kartoffeln im Rohr bei 200 Grad zirka eine Stunde backen, etwas abkühlen lassen, der Länge nach halbieren und aushöhlen. Die ausgehöhlten Kartoffelhälften zur Seite geben, die Kartoffelmasse passieren. Die feingehackten Zwiebel in wenig Maiskeimöl anschwitzen, die gekochten Gemüsewürfel dazu geben, mit den Gewürzen abschmecken, mit den passierten Kartoffeln, dem Eiklar und der Weißen Sauce vermischen. Die Masse in einen Spritzsack ohne Tülle einfüllen und in die ausgehöhlten Kartoffelhälften spritzen. Bei 180 Grad zirka 30 Minuten im Rohr überbacken.
SUPPEN
SUPPEN
Pro Portion
120 Gramm Ditalini (Trockengewicht) 62 Gramm Joghurt mager 50 Gramm gebeizter Lachs brauner Rohzucker Senf Pfeffer weiß Dill frisch 25 Gramm Kopfsalat 50 Gramm Tomaten
Ditalini (oder Makkaroni) in viel Salzwasser „al dente“ (bissfest) kochen, abseihen und abschrecken. Joghurt mit Rohzucker, Senf, Pfeffer, dem fein gehackten Dill und dem würfelig geschnittenen Lachs vermischen und unter die Nudel heben. Auf Blattsalat anrichten und mit Tomatenscheiben garnieren.
Rote Rüben Suppe Pro Portion 70 kcal / 1g Fett / 10g Kohlehydrate
Rezept für 4 Portionen
Rezept für 4 Portionen
140 kcal / Fett in Spuren / 23g Kohlehydrate
120 Gramm Rote Rüben gekocht 85 Gramm Kartoffeln geschält 120 Gramm Knollensellerie 60 Gramm Zwiebeln 30 Gramm Sauerkraut 400 Gramm Gemüsebrühe (Würfel) 170 Gramm Rote Rübe Gemüsesaft Maiskeimöl Salz / Knoblauch frisch zerdrückt
Die feingehackten Zwiebel in wenig Fett anlaufen lassen. Sellerie und Kartoffel in ½ cm große Würfel schneiden und kurz mitrösten, mit der Gemüsebrühe und dem Roten Rübensaft aufgießen, mit Salz und Knoblauch würzen und zirka 20 Minuten leicht kochen. Zum Schluss die ebenfalls würfelig geschnittenen, gekochten Roten Rüben und das klein geschnittenen Sauerkraut dazugeben und noch zirka 5 Minuten weiterkochen.
SUPPEN
Ditalini mit gebeiztem Lachs
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REZEPTE
Rote Linsensuppe
Pro Portion
Pro Portion
175 kcal / 8g Fett / 16g Kohlehydrate
85 kcal / Fett in Spuren/ 12g Kohlehydrate
400 Gramm Zucchini 40 Gramm Mohrrüben (Karotten) 40 Gramm Knollensellerie geschält 40 Gramm Lauch (Porree) 50 Gramm Zwiebeln 550 Gramm Gemüsebrühe (Würfel) Maiskeimöl 15 Gramm Tomatenmark Paprika Pulver edelsüß Weizen Mehl 30 Gramm Weißwein trocken Salz Lorbeerblatt trocken Knoblauch frisch zerdrückt Zitronensaft 10 Gramm Quimiq 40 Gramm Röstbrotwürfel
Alle Gemüse in kleine Würfel schneiden. Die Zwiebel in wenig Öl glasig anschwitzen, die Gemüse dazugeben und kurz mitrösten, Tomatenmark beigeben, paprizieren und mit Mehl stauben, mit Weißwein ablöschen und mit Gemüsebrühe auffüllen. Die Suppe mit Salz, Lorbeerblatt und Knoblauch würzen, etwas Zitronensaft dazugeben und zirka ½ Stunde kochen lassen. Die Suppe mit dem Mixer pürieren, durch ein Haarsieb passieren, nochmals aufkochen und mit Quimiq verfeinern. Mit den Röstbrotwürfeln servieren.
Rezept für 4 Portionen
Zucchinicremesuppe
Rezept für 4 Portionen
SUPPEN
230 230
45 Gramm getrocknete rote Linsen 25 Gramm Mohrrüben (Karotten) 25 Gramm Lauch (Porree) 25 Gramm Knollensellerie geschält 80 Gramm Kartoffeln geschält 40 Gramm Zwiebel Maiskeimöl 10 Gramm Weizenmehl 500 Gramm Gemüsebrühe (Würfel) Knoblauch frisch zerdrückt Salz Lorbeerblatt trocken Majoran trocken
Die Linsen über Nacht in kaltem Wasser einweichen. Die feingehackten Zwiebel in Maiskeimöl glasig anschwitzen, Gemüse und Kartoffel kleinwürfelig schneiden, dazu geben, kurz mitrösten, mit Mehl stauben und mit der Gemüsebrühe aufgießen. Die eingeweichten Linsen abseihen, gut abtropfen lassen und zur Gemüsebrühe dazugeben. Die Suppe mit Salz, Lorbeerblatt, Majoran und Knoblauch würzen und zirka 15 Minuten leicht kochen. 1/3 der Suppe mit dem Mixer pürieren, das Püree wieder zurück in die Suppe geben, nochmals aufkochen lassen und servieren.
SALATE
SALATE
Pro Portion
20 Gramm Kohlrabi 20 Gramm Mohrrüben (Karotten) 20 Gramm Knollensellerie geschält 20 Gramm Zucchini 20 Gramm Zwiebeln Sonnenblumenöl 20 Gramm Tomatenmark 25 Gramm Rotwein leicht 800 Gramm Gemüsebrühe (Würfel) Salz Basilikum frisch Knoblauch frisch zerdrückt
Die feingehackten Zwiebel in wenig Sonnenblumenöl anrösten, die blättrig geschnittenen Gemüse dazugeben und mitrösten, Tomatenmark dazugeben und nochmals kurz rösten, mit Rotwein ablöschen, die Gemüsebrühe dazugeben, mit Salz, gehacktem Basilikum und Knoblauch würzen und zirka 15-20 Minuten leicht köcheln lassen.
Gemischter Salat mit Rohkost Pro Portion 65 kcal / 3g Fett / 5g Kohlehydrate
Rezept für 4 Portionen
Rezept für 4 Portionen
40 kcal / Fett in Spuren/ 2g Kohlehydrate
100 Gramm Chicorée 60 Gramm Radicchio 40 Gramm Eisbergsalat (Eissalat) 240 Gramm Tomaten 180 Gramm Gurken 140 Gramm Mohrrüben (Karotten) 140 Gramm Rettich Salz / Pfeffer weiß Weinessig / Rapsöl 12 Gramm Kresse frisch
Die Blattsalate gründlich waschen und mit einer Salatschleuder trocknen. Tomaten und Gurken in dünne Scheiben schneiden, Karotten schälen und fein raspeln, Rettich waschen und in feine Streifen schneiden. Die zubereiteten Gemüsesorten mit den Blattsalaten vermischen. Mit Essig, Öl, Salz und Pfeffer marinieren, in Glasschüsseln anrichten und mit frischer Gartenkresse garnieren.
SALATE
Minestrone
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REZEPTE
Salat mit gekochtem Gemüse
HAUPTSPEISEN
Pro Portion
140 Gramm Mohrrüben (Karotten) 160 Gramm grüne Bohnen 140 Gramm Blumenkohl (Karfiol) 40 Gramm Kopfsalat 100 Gramm Chicorée 40 Gramm Feldsalat (Vogerlsalat) 40 Gramm Radicchio 80 Gramm Tomaten 15 Gramm Kresse 200 Gramm Joghurt mager Senf Salz Pfeffer weiß Weinessig Olivenöl Petersilie frisch
Mohrrüben, grüne Bohnen und Blumenkohl in gefällige Stücke schneiden, in Salzwasser kochen und kalt abschrecken. Die Gemüsesorten miteinander vermischen und mit Olivenöl, Essig, Salz und Pfeffer marinieren. Die Blattsalate gründlich waschen, mit einer Salatschleuder trocknen und mit den in Scheiben geschnittenen Tomaten durchmischen. Die Mischung auf einen Teller verteilen, die marinierten Gemüse in die Mitte placieren und alles mit der Marinade aus Joghurt, Senf, Essig, Salz, Pfeffer und feingehackter Petersilie nappieren, mit Kresse bestreuen.
Melanzani Lasagne Pro Portion 190 kcal / 3g Fett / 31g Kohlehydrate
Rezept für 4 Portionen
100 kcal / 3g Fett / 10g Kohlehydrate
Rezept für 4 Portionen
HAUPTSPEISEN
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170 Gramm Melanzani (Auberginen) 100 Gramm Lasagneblätter (Trockengewicht) 700 Gramm Tomatensauce fettreduziert 200 Gramm Weiße Sauce fettreduziert Öl-Wasserspray Knoblauch frisch zerdrückt Oregano trocken Salz / Pfeffer weiß Petersilie frisch
Melanzani in 3 mm dünne Scheiben schneiden, salzen und zirka 20 Min ausschwitzen lassen, gut abtrocknen, mit etwas Öl-Wasserspray besprühen und grillen. Den Boden einer Auflaufform mit Tomatensauce bedecken, darauf alternierend Schichten von Lasagneblättern, Melanzani und Tomatensauce verteilen. Die Weiße Sauce mit Knoblauch und Oregano verfeinern, mit Salz und Pfeffer abschmecken, etwas einkochen und zuletzt über den Auflauf gießen. Im vorgeheizten Rohr bei 200 Grad zirka 30 Minuten backen, mit gehackter Petersilie bestreut servieren.
HAUPTSPEISEN
Pro Portion
260 kcal / 2g Fett / 46g Kohlehydrate
170 kcal / 6g Fett / 19g Kohlehydrate
240 Gramm Hirse (Trockengewicht) 80 Gramm Sellerie geschält 80 Gramm Porree (Lauch) 160 Gramm Mohrrüben (Karotten) 40 Gramm Zwiebeln 80 Gramm Champignon 80 Gramm Gemüsebrühe (Würfel) Kräuter frisch Salz 200 Gramm Weiße Sauce fettreduziert
Hirse mit kaltem Wasser aufsetzen und zirka 15 Minuten kochen, abseihen. Gemüse in kleine Würfel schneiden, in Salzwasser kochen und abseihen. Die fein gehackten Zwiebeln anschwitzen, die würfelig geschnittenen Pilze dazu geben, kurz mitrösten und mit Gemüsebrühe aufgießen, die gekochten Gemüse, den Hirse dazugeben, mit den gehackten Gartenkräutern und Salz abschmecken. Zum Schluss die erhitzte Weiße Sauce sorgfältig darunter rühren, mit Kräutern bestreut servieren.
Rezept für 4 Portionen
Pro Portion
Rezept für 4 Portionen
Mohrrüben (Karotten)Dinkelauflauf
80 Gramm Dinkel geschrotet 40 Gramm Zwiebeln 400 Gramm Mohrrüben (Karotten) 50 Gramm saure Sahne (Rahm) mager 2 kleine Eier Pfeffer weiß Petersilie frisch Salz Öl-Wasserspray 5 Gramm Semmelbrösel 4 Gramm Parmesan
Den grob geschroteten Dinkel über Nacht einweichen. Die feingehackten Zwiebeln glasig anlaufen lassen, mit dem Lorbeerblatt zum eingeweichten Dinkel geben, langsam weich kochen und abseihen. Die Mohrrüben in Salzwasser langsam weich kochen, abseihen und im Mixer pürieren. Die saure Sahne, Eier, feingehackte Petersilie verrühren und mit Salz und Pfeffer würzen. Alle Zutaten vermischen und in eine zuvor mit Öl-Wasserspray besprühte und bebröselte Auflaufform füllen. Mit etwas Parmesan bestreuen und bei zirka 200 Grad zirka 20 Minuten im Rohr backen.
HAUPTSPEISEN
Hiresetopf mit Gemüse und Pilzen
233
REZEPTE
Polenta Souffle mit Gemüsebouquet
Pro Portion
Pro Portion
210 kcal / 2g Fett / 34g Kohlehydrate
230 kcal / 4g Fett / 36g Kohlehydrate
500 Gramm Weißkohl (Weißkraut) 150 Gramm Teigwaren Fleckerlform (Trockenware) 150 Gramm Zwiebel Maiskeimöl 10 Gramm Zucker Thymian trocken Majoran trocken Knoblauch frisch zerdrückt Salz Pfeffer weiß 125 Gramm Weißwein trocken
Die Teigwaren (Fleckerlform) in Salzwasser bissfest kochen. Die feingehackten Zwiebeln anrösten, den würflig geschnittenen Weißkohl dazugeben und mitrösten, den Zucker darüberstreuen und mitrösten (karamellisieren), mit Thymian, Majoran, Knoblauch, Salz und Pfeffer würzen, mit Weißwein ablöschen, mit etwas Wasser aufgießen und zirka1/2 Stunde leicht kochen bis das Wasser verdunstet ist. Nudel (Fleckerln) und Weißkohl (Kraut) vermischen, abschmecken und sofort servieren.
Rezept für 4 Portionen
Pasta mit Weißkohl (Krautfleckerln)
Rezept für 4 Portionen
HAUPTSPEISEN
234 234
165 Gramm Maisgrieß (Polenta) 500 Gramm Wasser Salz / Eiklar von 3 Eiern Muskatnuß / Öl-Wasserspray 20 Gramm Semmelbrösel 250 Gramm Weiße-Sauce fettreduziert / Kräuter frisch 20 Gramm Fenchel 20 Gramm Mohrrüben (Karotten) 20 Gramm breite grüne Bohnen
Den Maisgrieß (Polenta) kurz anrösten, mit Wasser aufgießen, mit Salz würzen und zirka 1/2 Stunde auf kleiner Flamme dünsten lassen. Etwas auskühlen lassen, das Eiklar zu einem steifen Schnee schlagen mit Muskatnuss würzen und vorsichtig in die Polenta einrühren. Die Souffléformen mit Öl-Wasserspray besprühen und bebröseln, die Polentamasse einfüllen und im Wasserbad zirka 25 Min. garen. Die Weiße Sauce mit den fein gehackten Kräutern vermischen, kurz aufkochen und nochmals abschmecken. Die Gemüse in Stäbchen schneiden und in Salzwasser kochen und abseihen. Die Soufflés auf einen Teller stürzen mit den Gemüsen umlegen, die Kräutersauce über das Soufflé nappieren.
HAUPTSPEISEN
Pro Portion
160 kcal / 1g Fett / 21g Kohlehydrate
200 kcal / 6g Fett / 3g Kohlehydrate
125 Gramm Milch mager 80 Gramm Weizen Mehl Eiklar von 6 Eiern Salz 100 Gramm Zwiebel 500 Gramm Blattspinat Knoblauch frisch zerdrückt Basilikum frisch 150 Gramm Weiße Sauce fettreduziert 200 Gramm Tomatensauce fettreduziert
Milch, Weizenmehl, Eiklar und etwas Salz zu einem Palatschinkenteig verrühren. In einer teflonbeschichteten, mit Öl-Wasserspray besprühten Pfanne, dünne Palatschinken backen. Die feingehackten Zwiebeln anschwitzen, zum gekochten, gehackten Blattspinat geben, mit Salz und Knoblauch würzen, in die Palatschinken einfüllen und diese in eine Auflaufform legen. Mit der Tomatensauce und der mit dem feingehackten Basilikum vermischten Weißen Sauce übergießen. Im vorgeheizten Rohr bei 180 Grad zirka 25 Minuten überbacken.
Rezept für 4 Portionen
Pro Portion
Rezept für 4 Portionen
Lachsfilet pochiert mit Dillsauce
480 Gramm Lachs Filet (4 Scheiben) 750 Gramm Wasser 80 Gramm Wurzelgemüse (Mohrrüben, Gelbe Rüben, Sellerie, Zwiebeln) Essig Lorbeerblatt trocken Pfefferkörner Wacholderbeeren trocken 160 Gramm Weiße-Sauce fettreduziert Dill frisch Salz Pfeffer weiß Zitronensaft
Wasser mit Essig, Salz, Lorbeerblatt, Pfefferkörnern, Wacholderbeeren und Wurzelgemüse in einem großen, flachen Kochtopf zum Kochen bringen. Die Haut von den Lachsfilets abziehen, in den Fond legen und bei schwacher Hitze zirka 8-10 Minuten leicht köcheln (pochieren). Die Weiße Sauce mit frisch gehacktem Dill vermengen und kurz leicht köcheln, zu Schluss den Zitronensaft dazugeben und über das pochierte Lachsfilet nappieren.
HAUPTSPEISEN
Überbackende Spinatpalatschinke
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REZEPTE
Saiblingsfilet im Gemüsemantel mit Schnittlauchsauce
Thunfischsteak auf provencalische Art
Pro Portion
140 kcal / 7g Fett / 2g Kohlehydrate
Pro Portion
480 Gramm Saibling Filets 200 Gramm Mohrrüben (Karotten) 200 Gramm Zucchini Salz Pfeffer weiß Dijonsenf Maiskeimöl 12 Gramm Weißwein trocken 80 Gramm Weiße Sauce fettreduziert Schnittlauch frisch
Die Saiblingsfilets mit Salz, Pfeffer und Dijonsenf würzen. Mohrrüben und Zucchini der Länge nach in sehr dünne Scheiben schneiden und in Salzwasser blanchieren. Die Filets mit den Gemüsestreifen einwickeln und in einer mit Öl-Wasserspray besprühten Pfanne braten. Den Weißwein auf die Hälfte einkochen, die Weiße Sauce dazugeben, kurz aufkochen, den feingehackten Schnittlauch dazugeben und die Fischfilets damit nappieren.
Rezept für 4 Portionen
210 kcal / 5g Fett / 5g Kohlehydrate
Rezept für 4 Portionen
HAUPTSPEISEN
236 236
400 Gramm Thunfischfilet (4 Scheiben) Salz Pfeffer Olivenöl Zitronensaft Knoblauch frisch zerdrückt 120 Gramm Tomatensauce fettreduziert Basilikum frisch
Thunfischfilets mit Salz, Pfeffer, Knoblauch, Zitronensaft und wenig Olivenöl einreiben und in einer teflonbeschichteten Pfanne braten. Die Tomatensauce erhitzen, das gehackte Basilikum dazumischen und über den gegrillten Thunfisch nappieren.
HAUPTSPEISEN
Pro Portion
300 kcal / 9g Fett / 7g Kohlehydrate
240 kcal / 3g Fett / 25g Kohlehydrate
600 Gramm Rindfleisch mager / 200 Gramm Gemüsemischung Mohrrüben (Karotten), Sellerie, gelbe Rüben Salz / Pfefferkörner / Lorbeerblatt trocken / Suppenkräuter Bündel / 500 Gramm Grünkohl / Sonnenblumenöl / 60 Gramm Zwiebeln / 10 Gramm Weizenmehl / Knoblauch, frisch zerdrückt / Muskatnuss / Salz / Pfeffer weiß / Schnittlauch frisch
Das Rindfleisch mit dem Gemüse, Pfefferkörnern, Lorbeerblatt und Kräuterbündel kalt zustellen und kochen: die Gemüse nach zirka 20 Minuten Kochzeit herausnehmen, das Fleisch solange weiterkochen bis es weich ist (Gesamtkochzeit zirka 1 Stunde). Den Kohl in Würfel schneiden, in Salzwasser weich kochen, abseihen und abschrecken. Die fein gehackten Zwiebel in etwas Öl anrösten, mit Mehl leicht stauben, mit Knoblauch und Muskatnuss würzen, mit dem Kohlwasser aufgießen, den Kohl wieder dazugeben und abschmecken. Die Gemüse in feine Streifen schneiden, erwärmen und über das in Scheiben geschnittenen Rindfleisch streuen, mit gehacktem Schnittlauch garnieren. Den Kohl als Beilage reichen.
Rezept für 4 Portionen
Pro Portion
Rezept für 4 Portionen
Rehfilet mit Champignons & Preiselbeerbirne
320 Gramm Rehfilet Maiskeimöl Salz Pfeffer weiß Thymian trocken Wacholderbeeren trocken 200 Gramm Champignons frisch 120 Gramm Bratensaft (Fertigprodukt Bratensaftpaste) 320 Gramm Birne 10 Gramm Zucker 10 Gramm Weißwein trocken 80 Gramm Preiselbeermarmelade (Kompott)
Das Rehfilet mit Salz, Pfeffer, Thymian, zerstoßenen Wacholderbeeren würzen und mit wenig Öl einreiben, kurz braten und im vorgeheizten Rohr warm stellen. In derselben Pfanne, die blättrig geschnittenen Champignons in wenig Öl anrösten mit dem Bratensaft aufgießen. Die Birnen schälen, halbieren, entkernen, mit Zucker bestreuen und Weißwein beträufeln, im Mikrowellenherd 1 Minute garen, mit Preiselbeeren füllen. Die Champignonsauce über die Rehfilets verteilen und mit der Birne servieren.
HAUPTSPEISEN
Rinderbrustkern mit Kohl und Gemüse
237
REZEPTE
Hühnerbrüstchen mit Gemüsehaube Pro Portion 190 kcal / 5g Fett / 5g Kohlehydrate
BEILAGEN Gedämpfte Kartoffel Pro Portion
Die Haut von den Hühnerbrüstchen entfernen, mit Salz, Pfeffer und Rosmarin würzen, mit etwas Öl einreiben und zirka 35 Minuten braten. Die feingehackten Zwiebeln in etwas Öl anlaufen lassen, das ganz feingehackte Gemüse dazugeben und kurz mitrösten, mit etwas Mehl stauben, mit Gemüsebrühe aufgießen, mit den Semmelbröseln binden, würzen, die feingehackten Kräuter dazugeben und zu einer homogenen Masse verrühren. Die Gemüsemasse über die Hühnerfilets verteilen, und unter dem Grill gratinieren, mit etwas Bratensaft servieren.
85 kcal / Fett in Spuren / 17g Kohlehydrate
Rezept für 4 Portionen
500 Gramm Hühnerbrüstchen (mit Haut) Rosmarin trocken Maiskeimöl 20 Gramm Zwiebeln 80 Gramm Gemüsemischung (Mohrrüben, Sellerie, Pilze) 10 Gramm Weizenmehl 40 Gramm Gemüsebrühe (Würfel) 10 Gramm Semmelbrösel Kräuter frisch Salz / Pfeffer weiß 80 Gramm Bratensaft (Fertigprodukt Bratensaftpaste)
440 Gramm Kartoffel (ungeschält) Kräuter frisch
Kartoffel schälen, je nach Größe halbieren oder vierteln. In Salzwasser zirka 15 Minuten dämpfen (auf kleiner Flamme kochen), abseihen und je nach Wunsch mit gehackten Kräutern bestreuen.
Gekochter Naturreis Pro Portion 140 kcal / Fett in Spuren / 30g Kohlehydrate
Rezept für 4 Portionen
Rezept für 4 Portionen
BEILAGEN
238 238
160 Gramm Reis ungeschält (Trockenware) Salz
Den Reis in reichlich Salzwasser zirka 20 Minuten bissfest kochen, abseihen.
NACHSPEISEN
NACHSPEISEN
Pro Portion
160 Gramm Vollkornbandnudel (Trockenware) Salz
Die Vollkornteigwaren zirka 7 Minuten in Salzwasser bissfest kochen, abseihen.
Gedünstetes gemischtes Gemüse Pro Portion
Beerensuppe mit Zitroneneis Pro Portion 120 kcal / Fett in Spuren / 23g Kohlehydrate
Rezept für 4 Portionen
Rezept für 4 Portionen
135 kcal / 1g Fett / 24g Kohlehydrate
100 Gramm Brombeeren 100 Gramm Heidelbeeren 250 Gramm Wasser Süßstoff 10 Gramm Kochpuddingpulver mit Vanillegeschmack 100 Gramm Erdbeeren 10 Gramm Maraschino 160 Gramm Zitroneneis (Fertigprodukt)
Rezept für 4 Portionen
25 kcal / Fett in Spuren / 3g Kohlehydrate
100 Gramm Blumenkohlröschen (Karfiol) 100 Gramm Mohrrüben (Karotten) 100 Gramm Kohlrabi 100 Gramm Zucchini Salz Petersilie frisch
Blumenkohl in Röschen zerteilen, Mohrrüben und Kohlrabi in 1/2 cm dicke und 5cm lange Streifen, Zucchini in 1/2 cm dicke Scheiben schneiden. Die Gemüse in Salzwasser zirka 15 Minuten dämpfen (auf kleiner Flamme kochen), die Zucchini erst bei halber Garzeit dazugeben. Gemüse abseihen und mit gehackter Petersilie bestreuen.
Die Brombeeren und Heidelbeeren im Wasser kurz aufkochen und mit dem angerührten Puddingpulver binden, mit Süßstoff abschmecken und mit Maraschino verfeinern. Die frischen (ungekochten) Erdbeeren in Scheiben schneiden, in die erkaltete Suppe geben, in Suppenteller anrichten, eine Kugel Zitroneneis in die Mitte placieren und mit Zitronenmelisse garnieren.
NACHSPEISEN
Vollkorn Bandnudel
239
REZEPTE
Warmes Kompott
Pro Portion
Pro Portion
40 kcal / Fett in Spuren / 8g Kohlehydrate
35 kcal / Fett in Spuren / 28g Kohlehydrate
160 Gramm Äpfel 160 Gramm Kiwi 40 Gramm Wasser 10 Gramm Zitronensaft Zimt 20 Gramm Erdbeeren
Apfel schälen und entkernen, mit Süßstoff, Zimt, Zitronensaft und wenig Wasser weich kochen, kaltstellen und mit einem Mixer pürieren. Die Kiwi schälen und mit der Gabel zerdrücken, unter das Apfelmus mischen, in einem Coupglas anrichten und mit einer Erdbeere garnieren
Rezept für 4 Portionen
Früchtemus
Rezept für 4 Portionen
NACHSPEISEN
240 240
80 Gramm Äpfel (geschält und geputzt) 80 Gramm Pflaumen 80 Gramm Ananas (geschält und zugeputzt) 160 Gramm Wasser 10 Gramm Zitronensaft 40 Gramm Orangensaft Süßstoff Zimt Orangenschale gerieben
Wasser, Orangensaft, Süßstoff, Zimtrinde, Zitronensaft und Orangenschale aufkochen. Die in Spalten geschnittenen Äpfeln dazugeben, anschließend die in ½ cm breite Stücke geschnittene Ananas und die halbierten, entkernten Pflaumen. Im vorgewärmten Rohr fertig dünsten und warm servieren.
NACHSPEISEN
Pro Portion 170 kcal / Fett in Spuren / 37g Kohlehydrate
Liptauer Käse mit Vollkornbrot Pro Portion
Die Ananas schälen, den Mittelteil entfernen und in ½ cm dicke Scheiben schneiden, in eine feuerfeste Form füllen und mit den Preiselbeeren überziehen. Das Eiklar mit dem Zucker zu einem steifen Schnee aufschlagen, die gerösteten Haferflocken darunter mischen, und über die Ananas verteilen, mit etwas Staubzucker bestreuen und im Rohr bei 200 Grad zirka 10 Minuten überbacken.
Rezept für 4 Portionen
Rezept für 4 Portionen
150 kcal / 3g Fett / 18g Kohlehydrate
320 Gramm Ananas (geschält und zugeputzt) Eiklar von 2 Eiern 50 Gramm Zucker 25 Gramm Hafer Flocken 70 Gramm Preiselbeere Marmelade (Kompott)
200 Gramm Quark (Topfen) mager 24 Gramm Zwiebeln 20 Gramm grüner Paprika 20 Gramm roter Paprika 20 Gramm Essig-Gewürzgurke Senf Schnittlauch frisch Salz Pfeffer schwarz Paprika Pulver edelsüß 160 Gramm Vollkornbrot (4 Scheiben)
Zwiebel und Paprika sehr fein hacken, Essiggurke aufreiben und mit den restlichen Zutaten zu einer glatten Masse verrühren, auf einem Salatblatt in der Mitte des Tellers anrichten und mit einer Scheibe Vollkornbrot servieren.
NACHSPEISEN
Ananas-Preiselbeer Auflauf
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REZEPTE
FRÜHSTÜCK & SNACKS Obstscheiben
Pro Portion
Pro Portion
0 kcal / 0 Fett / 0 Kohlehydrate
80 kcal / 0 Fett / 15 Kohlehydrate
Kaffee / Tee ohne Milch, ohne Zucker
Pro Portion 0 kcal / 0 Fett / 0 Kohlehydrate
Orangensaft ungezuckert 125 Gramm (1/8 Liter) 60 kcal / 0 Fett / 15 Kohlehydrate
Rezept für 1 Portion
Wasser
40 Gramm Orange (geschält) 40 Gramm Kiwi (Geschält) 40 Gramm Ananas (geschält und zugeputzt) 40 Gramm Erdbeere
Die Früchte schälen, in Scheiben schneiden und am Teller gefällig anrichten
Roggen/Weizen Vollkornbrot Beeren Müsli Pro Portion 100 kcal / 1g Fett / 17 Kohlehydrate
Rezept für 1 Portion
FRÜHSTÜCK & SNACKS
242 242
30 Gramm Joghurt mager 15 Gramm Haferflocken 15 Gramm Erdbeeren 10 Gramm Heidelbeeren 10 Gramm Himbeeren 10 Gramm Brombeeren 6 Gramm Honig
Haferflocken anrösten, die Erdbeeren aufschneiden. Alle Zutaten vermischen, anrichten und mit ein paar Haferflocken bestreuen.
45 Gramm (1 Scheibe) 110 kcal / 1g Fett / 21g Kohlehydrate
FRÜHSTÜCK & SNACKS
Pro Portion
125-150 Gramm
230 kcal / 7g Fett / 25g Kohlehydrate
zirka 70 kcal / 1g Fett / 16g Kohlehydrate
Rezept für 1 Portion
Apfel
60 Gramm Vollkorn-Weizen/Roggenbrot (2 Scheiben) 15 Gramm Hüttenkäse mager 20 Gramm gekochter magerer Schweineschinken 20 Gramm Edamer 15 Gramm Tomate 10 Gramm Salatblatt
Vollkornbrot mit etwas Hüttenkäse bestreichen, mit dünn geschnittenem Schinken, Käse und dünn geschnittener Tomatenscheibe belegen, ein frisches, trockenes Salatblatt darüber legen und mit einer zweiten Schnitte Vollkornbrot bedecken. Für späteren Verzehr gut in Klarsichtfolie einwickeln.
Kleines Märzenbier 330 Gramm zirka 160 kcal / 0 Fett / 13g Kohlehydrate
Achterl Wein rot oder weiß trocken 125 Gramm (1/8 Liter) zirka 75 kcal / 0 Fett / 0 Kohlehydrate
FRÜHSTÜCK & SNACKS
Schinken-Käse Sandwich
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Zu den Autoren des Long-Evity Menu-Organizers
Dr. med. Michael Elliott * 1951 in Warmbad-Villach, Studium der Medizin an der Universität Wien, Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin und Innere Sportheilkunde an der Universitätsklinik Wien. Lebt und arbeitet seit 1986 als niedergelassener Facharzt für Innere Medizin und Innere Sportheilkunde in Warmbad-Villach, Konsiliararzt an der Privatklinik Villach, Eigentümer und ärztlicher Leiter des Kurzentrums Josefinenhofes (bis 2004). Seit 1985 Entwicklung des LongEvity Programmes®. Mitbegründer des Europäischen Institutes für Lebenstilmedizin.
Mag. Angelika Elliott * 1954 in Klagenfurt, lebt und arbeitet in Kärnten und Wien; Studium der Anglistik und Romanistik UNI Wien, Tourismus an der Wirtschaftsuniversität Wien; Lehrtätigkeit im In-und Ausland; 1985 – 2004 Geschäftsführung Kurzentrum Josefinenhof, Warmbad-Villach, Entwicklung des Long-Evity Programmes® gemeinsam mit Dr. Michael Elliott. 1989 – 1997 Initiatorin & Präsidentin der gesundheitstouristischen Angebotsgruppe „Schlank & Schön in Österreich“, Sprecherin der „Urlaubsspezialisten“ der Österreichwerbung; seit 2004 Kultur-, Gesundheits- & touristische Projekte.
Robert Pressinger * 1970 in Villach lebt und arbeitet als Küchenchef in Kärnten. Von 1995 – 2004 Küchenchef und Diätkoch im Kurzentrum Josefinenhof, praktische Umsetzung des Long-Evity Programm® Menü Organzers, Vize Weltmeister 1999 & Vize Olympia Sieger 2000 des Weltkochverbandes, ausgezeichnet mit der „grünen Haube“ der Steirischen Gesellschaft für Gesundheitsschutz und einer „Haube“ von Gault Millau, besondere Würdigung durch den Österreichischen Herzfonds.