Springer-Lehrbuch
Prof. Dr.-Ing. Dietmar Gross studierte Angewandte Mechanik und promovierte an der Universität Rostoc...
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Springer-Lehrbuch
Prof. Dr.-Ing. Dietmar Gross studierte Angewandte Mechanik und promovierte an der Universität Rostock. Er habilitierte an der Universität Stuttgart und ist seit 1976 Professor für Mechanik an der TU Darmstadt. Seine Arbeitsgebiete sind unter anderen die Festkörper- und Strukturmechanik sowie die Bruchmechanik. Hierbei ist er auch mit der Modellierung mikromechanischer Prozesse befasst. Er ist Mitherausgeber mehrerer internationaler Fachzeitschriften sowie Autor zahlreicher Lehrund Fachbücher.
Prof. Dr. Werner Hauger studierte Angewandte Mathematik und Mechanik an der Universität Karlsruhe und promovierte an der Northwestern University in Evanston/Illinois. Er war mehrere Jahre in der Industrie tätig, hatte eine Professur an der Universität der Bundeswehr in Hamburg und wurde 1978 an die TU Darmstadt berufen. Sein Arbeitsgebiet ist die Festkörpermechanik mit den Schwerpunkten Stabilitätstheorie, Plastodynamik und Biomechanik. Er ist Autor von Lehrbüchern und Mitherausgeber internationaler Fachzeitschriften. Prof. Dr.-Ing. Jörg Schröder studierte Bauingenieurwesen, promovierte an der Universität Hannover und habilitierte an der Universität Stuttgart. Nach einer Professur für Mechanik an der TU Darmstadt ist er seit 2001 Professor für Mechanik an der Universität Duisburg-Essen. Seine Arbeitsgebiete sind unter anderem die theoretische und die computerorientierte Kontinuumsmechanik sowie die phänomenologische Materialtheorie mit Schwerpunkten auf der Formulierung anisotroper Materialgleichungen und der Weiterentwicklung der Finite-Elemente-Methode. Prof. Dr. mont. Ewald A. Werner studierte Werkstoffwissenschaften, promovierte und habilitierte an der Montanuniversität Leoben. Er forschte am Erich Schmid Institut für Festkörperphysik der österreichischen Akademie der Wissenschaften und an der ETH Zürich. Von 1997 bis 2002 war er Professor für Mechanik an der TU München, seit 2002 leitet er dort den Lehrstuhl für Werkstoffkunde und Werkstoffmechanik. Seine Arbeitsgebiete sind die Metallphysik und die Werkstoffmechanik. Er ist Koautor von Lehrbüchern und Mitherausgeber mehrerer internationaler Fachzeitschriften.
Dietmar Gross · Werner Hauger Jörg Schröder · Ewald Werner
FormelnundAufgaben zur Technischen Mechanik 4 Hydromechanik, Elemente der Höheren Mechanik, Numerische Methoden 1. Auflage
Mit 350 Abbildungen
123
Prof. Dr.-Ing. Dietmar Gross Prof. Dr. Werner Hauger Institut für Mechanik Technische Universität Darmstadt Hochschulstraße 1 64289 Darmstadt
Prof. Dr.-Ing. Jörg Schröder Institut für Mechanik Universität Duisburg-Essen Campus Essen Universitätsstraße 15 45117 Essen
Prof. Dr. mont. Ewald A. Werner Lehrstuhl für Werkstoffkunde und Werkstoffmechanik TU München Boltzmannstraße 15 85747 Garching b. München
ISBN 978-3-540-21488-5
e-ISBN 978-3-540-49843-8
DOI 10.1007/978-3-540-49843-8 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2008 Springer-Verlag Berlin Heidelberg Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z.B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. Satz: Reproduktionsfertige Vorlagen der Autoren Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Umschlaggestaltung: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier 987654321 springer.com
Vorwort Mit dem vorliegenden Band stellen wir Studienmaterial zu ausgew¨ ahlten Gebieten der Technischen Mechanik zur Verf¨ ugung. Behandelt werden die Grundlagen der Hydromechanik, der Elastizit¨ atstheorie, der Tragwerkslehre, der Schwingungen von Kontinua, der Stabilit¨ atstheorie, der Plastizit¨ at und Viskoelastizit¨ at sowie der Numerischen Methoden. Mit dieser Stoffauswahl kann das Werk als Erg¨ anzung zum Lehrbuch Technische Mechanik 4 angesehen werden, an dem zwei der Autoren beteiligt sind. Unabh¨ angig davon kann die Sammlung von Formeln und Aufgaben eine Hilfestellung beim Eindringen in die genannten Gebiete sein. Bei der Gestaltung der Aufgaben haben wir uns um m¨ oglichste Klarheit und Verst¨ andlichkeit bem¨ uht. Auch haben wir versucht, die Themengebiete weitgehend abzudecken. Deutlich warnen wollen wir aber vor einem reinen Nachlesen der L¨ osungen. Sinnvoll wird diese Sammlung nur dann genutzt, wenn die Leserin oder der Leser zun¨ achst selbst¨ andig versucht, zur L¨ osung einer Aufgabe zu gelangen und erst danach auf den hier angebotenen L¨ osungsweg blickt. Selbstverst¨ andlich kann diese Sammlung kein Lehrbuch ersetzen. Wem die theoretischen Grundlagen oder die Begr¨ undung verschiedener Formeln und Verfahren nicht mehr gel¨ aufig sind, den verweisen wir auf das schon genannte Lehrbuch Technische Mechanik 4 sowie auf die darin enthaltenen Literaturempfehlungen. Dem Springer-Verlag danken wir f¨ ur die gute Zusammenarbeit und die ansprechende Ausstattung des Buches. Gedankt sei an dieser Stelle auch Vera Ebbing, Sarah Brinkhues, Dominik Brands und Hamid Aslami in Essen sowie Volker Mannl (†), Cornelia Schwarz und Robert Werner in M¨ unchen f¨ ur die Unterst¨ utzung bei der Erstellung des Manuskripts. Wir w¨ unschen dem Band eine freundliche Aufnahme bei der Leserschaft und sind f¨ ur kritische Anmerkungen und Anregungen dankbar. Darmstadt, Essen und M¨ unchen, im Dezember 2007
D. Gross W. Hauger J. Schr¨ oder E. Werner
Inhaltsverzeichnis 1
2
3
4
5
6
7
Hydromechanik Formelsammlung ...................................................
2
Aufgaben und L¨ osungen ..........................................
8
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie Formelsammlung ...................................................
56
Aufgaben und L¨ osungen ..........................................
64
Statik spezieller Tragwerke Formelsammlung ...................................................
114
Aufgaben und L¨ osungen ..........................................
119
Schwingungen kontinuierlicher Systeme Formelsammlung ...................................................
150
Aufgaben und L¨ osungen ..........................................
156
Stabilit¨ at elastischer Strukturen Formelsammlung ...................................................
214
Aufgaben und L¨ osungen ..........................................
221
Viskoelastizit¨ at und Plastizit¨ at Formelsammlung ...................................................
286
Aufgaben und L¨ osungen ..........................................
296
Numerische Methoden in der Mechanik Formelsammlung ...................................................
354
Aufgaben und L¨ osungen ..........................................
361
Kapitel 1 Hydromechanik
1
2
Hydromechanik
Hydrostatik Voraussetzung: Die Dichte ρ der Fl¨ ussigkeit ist konstant. Druck in einer ruhenden Fl¨ ussigkeit: Der Druck p ist eine Fl¨ achenkraft. Er ist in einer ruhenden Fl¨ ussigkeit in allen (gedachten) Schnitten durch einen Punkt gleich groß und wirkt orthogonal zur jeweiligen Schnittfl¨ ache: hydrostatischer Spannungszustand. In einer Fl¨ ussigkeit unter der Wirkung der Schwerkraft w¨ achst der Druck linear mit der Tiefe: p0 p0 z ρ p(z) = p0 + ρgz. p(z) Auftrieb: Der Auftrieb eines ganz oder teilweise in eine Fl¨ ussigkeit eingetauchten K¨ orpers ist gleich dem Gewicht der verdr¨ angten Fl¨ ussigkeitsmenge: α1 dA1 p1 dA1 ρ dA FA = ρgV.
h
V SF dA2
α2
p2 dA2
Die Wirkungslinie des Auftriebs geht durch den Schwerpunkt SF der verdr¨ angten Fl¨ ussigkeitsmenge. Schwimmender K¨ orper: Ein schwimmender K¨ orper taucht so tief in eine Fl¨ ussigkeit ein, bis das Gewicht der verdr¨ angten Fl¨ ussigkeitsmenge gleich seinem eigenen Gewicht ist. Die entsprechende Schwimmlage ist stabil, wenn das Metazentrum M oberhalb des Schwerpunkts SK des K¨ orpers liegt: hM
( Ix > 0 : stabile Gleichgewichtslage, = −e V < 0 : instabile Gleichgewichtslage.
3
Hydromechanik
M A hM
x y
SK
e
SF V z
achentr¨ agheitsmoment der von der x, y-Ebene aus dem Ix : Fl¨ K¨ orper geschnittenen Fl¨ ache A (Schwimmfl¨ ache), V : Volumen der verdr¨ angten Fl¨ ussigkeitsmenge, e: Abstand des K¨ orperschwerpunkts SK vom Schwerpunkt SF der verdr¨ angten Fl¨ ussigkeitsmenge. Druck einer Fl¨ ussigkeit auf ebene Fl¨ achen: Die resultierende Kraft F einer Fl¨ ussigkeit auf eine ebene Fl¨ ache A ist gleich dem Proachenschwerpunkt S und der Fl¨ ache: dukt aus dem Druck pS im Fl¨ F = pS A = ρgzS A.
x α
z F
x
y
ρ p
yD
yS
yD S D A
dA A
xS y
4
Hydromechanik
Die Wirkungslinie von F geht durch den Druckmittelpunkt D: xD = − Ixy /Sx ,
yD = Ix /Sx = yS + IxS /(yS A).
Ix , Ixy : Fl¨ achentr¨ agheitsmomente bzgl. des x, y-Koordinatensystems, Sx : statisches Moment bzgl. der x-Achse, IxS : Fl¨ achentr¨ agheitsmoment bzgl. einer zur x-Achse parallelen Achse durch den Schwerpunkt S der Fl¨ ache, yS : Abstand des Schwerpunkts S von der x-Achse. Druck einer Fl¨ ussigkeit auf gekr¨ ummte Fl¨ achen: Die Vertikalussigkeit auf eine gekomponente FV der resultierenden Kraft einer Fl¨ kr¨ ummte Fl¨ ache ist gleich dem Gewicht der Fl¨ ussigkeit, die sich oberhalb der Fl¨ ache befindet: FV = ρgV. Ihre Wirkungslinie geht durch den Schwerpunkt des Fl¨ ussigkeitsvolumens V . dA¯ z
dV V α
ρ
dA∗
dF
S dA
ρ
∗
A∗
A
Die Horizontalkomponente FH ist das Produkt aus der projizierten ache: Fl¨ ache A∗ und dem Druck pS ∗ im Schwerpunkt S ∗ dieser Fl¨ FH = pS ∗ A∗ . Sie stimmt mit der Kraft u ussigkeit auf die verti¨ berein, die von der Fl¨ ubt wird. Diese Aussagen gelten sinngem¨ aß kale ebene Fl¨ ache A∗ ausge¨ auch dann, wenn sich eine Fl¨ ussigkeit unterhalb einer gekr¨ ummten Fl¨ ache befindet.
Hydromechanik
5
Hydrodynamik Kinematik Das Geschwindigkeitsfeld v(x, t) beschreibt die Bewegung einer Fl¨ ussigkeit: jedem Ort x in der Fl¨ ussigkeit wird eine Geschwindigkeit v zur Zeit t zugewiesen. Das Geschwindigkeitsfeld ist station¨ ar f¨ ur ∂v/∂t = 0, ansonsten instation¨ ar. Bahnlinie: Kurve der Bahn, die ein Fl¨ ussigkeitsteilchen im Laufe der Zeit zur¨ ucklegt. Die Bahnlinie x(t) ergibt sich aus der Differentialgleichung d x(t) = v(x(t), t). dt Stromlinien: Kurvenschar, deren Tangentenrichtung in jedem Raumpunkt x mit der Richtung des ¨ ortlichen Geschwindigkeitsvektors u ¨ bereinstimmt. Das Stromlinienfeld ergibt sich aus der Differentialgleichung d x(s) = v(x(s), t), ds wobei s die Bogenl¨ ange einer Stromlinie ist. Bei station¨ aren Str¨ omungen fallen die Bahn- und die Stromlinien zusammen. Stromfadentheorie Bei der station¨ aren Str¨ omung einer idealen Fl¨ ussigkeit in einer Stromr¨ ohre h¨ angen die Geschwindigkeit und der Druck nur von der Bogenl¨ ange s entlang der Leitstromlinie ab:
Leitstromlinie
v = v(s), Stromr¨ohre
p = p(s). s
Kontinuit¨ atsgleichung: Das pro Zeiteinheit durch einen beliebigen festen Querschnitt str¨ omende Fl¨ ussigkeitsvolumen (Volumenstrom: Q = A v) ist konstant:
6
Hydromechanik
A2
v2
2
p2 Av = const, d.h.
1
A1
A1 v1 = A2 v2 .
Leitstromlinie z
s
v1
p1
x Bernoullische Gleichung: a) F¨ ur reibungsfreie Fl¨ ussigkeiten (Str¨ omungen ohne Energieverluste) gilt ρv 2 /2 + p + ρgz = const, bzw. v 2 /(2g) + p/(ρg) + z = H = const. Staudruck (dyn. Druck): ρv 2 /2, statischer Druck: p, geod¨ atischer Druck: ρgz, Gesamtdruck: ρv 2 /2 + p,
Geschwindigkeitsh¨ ohe: v 2 /(2g), Druckh¨ ohe: p/(ρg), Ortsh¨ ohe: z, hydraulische H¨ ohe: H.
Anwendung: Ausfluss aus einem großen Beh¨ alter. Torricellische Ausflussformel: As
1
p0
vs = 0 v=
p
2gh.
h
ρ A As Leitstromlinie 2
v
b) F¨ ur reibungsbehaftete Fl¨ ussigkeiten (Str¨ omungen mit Energieverlusten) gilt die verallgemeinerte Bernoullische Gleichung
Hydromechanik
7
ρv12 /2 + p1 + ρgz1 = ρv22 /2 + p2 + ρgz2 + Δpv . Druckverlust: Δpv ,
Druckverlustzahl: ζ =
Δpv . ρv12 /2
Beispiel: Carnotscher Stoßverlust
p1 v1 ρ
v2 p1
A1
p1
p2 A2
Δpv =
„ «2 A1 ρ 2 . v1 1 − 2 A2
Impulssatz: Die resultierende Kraft auf eine abgeschlossene Fl¨ ussigkeitsmenge ist gleich der Differenz des pro Zeiteinheit aus dem entsprechenden Kontrollvolumen ausfließenden Impulses und des einfließenden Impulses: v2 dt v2 A2 F =m ˙ (v 2 − v 1 ).
v
v1 dt dm v1
A1
Massenstrom:
m ˙ = ρAv = ρ Q,
ausfließender Impulsstrom: mv ˙ 2, einfließender Impulsstrom: mv ˙ 1.
8
A1.1
Hydromechanik
Aufgabe 1.1 Zwei Beh¨alter, die jeweils mit einem Gas der Dichte ρ1 gef¨ ullt sind, werden durch ein Manometer verbunden. Die Dichte der ucke in den Beh¨ altern u Manometerfl¨ ussigkeit ist ρ2 . Wenn die Dr¨ ¨ bereinachen zwischen den Gasen stimmen (pa = pb ), befinden sich die Trennfl¨ ¨ und der Fl¨ ussigkeit in der H¨ ohe . Bei Uberdruck Δp = pa − pb > 0 im linken Beh¨ alter senkt sich die Fl¨ ussigkeit im Manometergef¨ aß um die H¨ ohe Δz, im Rohr steigt sie um die Strecke Δl. ¨ Man bestimme den Uberdruck Δp als Funktion von Δl. pa
A1
ρ1
2
ρ1
ρ2
Δz 1
ρ1
h
H 0
pb
Δl α
A2
L¨ osung Wir sehen die Dichten in den Gasen als konstant an. Dann k¨ onnen wir die Gase wie Fl¨ ussigkeiten behandeln. Die Dr¨ ucke in den Trennfl¨ achen im Gef¨ aß (H¨ ohe {), bzw. im Steigrohr (H¨ ohe |) sind somit nach der hydrostatischen Druckgleichung durch p1 = pa + ρ1 g (H + Δz)
bzw.
p2 = pb + ρ1 g h
gegeben. Der Druck im Rohr in der H¨ ohe { stimmt mit dem Druck in der Trennfl¨ ache im Gef¨ aß u ¨ berein: p1 = p2 + ρ2 g (Δl sin α + Δz) →
pa + ρ1 g (H + Δz) = pb + ρ1 g h + ρ2 g (Δl sin α + Δz).
F¨ ur das Volumen V der aus dem Gef¨ aß in das Rohr verdr¨ angten Fl¨ ussigkeit gilt V = A2 Δz =
A1 Δl sin α sin α
→
Δz =
A1 Δl. A2
Mit H − h = Δl sin α folgt Δp = pa − pb = Δl g (ρ2 − ρ1 )(A1 /A2 + sin α). Die Bestimmung eines kleinen Druckunterschieds Δp wird umso genauer, je gr¨ oßer Δl ist. Daher sollten z. B. bei gegebenen Dichten der oglichst klein sein. Winkel α und das Fl¨ achenverh¨ altnis A1 /A2 m¨
Aufgaben und L¨ osungen
a
Aufgabe 1.2 Ein Prisma (L¨ange l, Dichte ρP ), dessen Querschnittsfl¨ ache die Form eines gleichseitigen Dreiecks (Kantenl¨ ange a) hat, schwimmt in einer Fl¨ ussigkeit (Dichte ρF ). ρF
L¨ osung Am freigeschnittenen Prisma wirken das Gewicht G und der Auftrieb FA . Aus der Gleichgewichtsbedingung
folgt, dass das Prisma so tief eintaucht, bis das Gewicht der verdr¨ angten Fl¨ ussigkeitsmenge (= Auftrieb) gleich seinem eigenen Gewicht ist. Mit
A1.2
ρP
Wie tief taucht es infolge seines Eigengewichts ein? Ist diese Lage stabil?
FA − G = 0
9
a G x
√
SP SF
3 a=H √ 2
3 a 3
e FA
V
2 h 3
h
h √ 3
√ √ 1 3 3 al = ρ ga2 l G = ρP g a 2 2 4 P und 1 1 2 FA = ρF g √ h h l = √ ρF gh2 l 2 3 3 erh¨ alt man √ 1 3 ρ ga2 l = √ ρF gh2 l 4 P 3
s →
a h= 2
Damit das Prisma schwimmt, muss h < s √ ρP 3 a 3ρP a → < < 1. 2 ρF 2 ρF
√
3ρP . ρF 3a/2 sein:
Die Dichte des Prismas muss kleiner als die Dichte der Fl¨ ussigkeit sein.
10
Hydromechanik
Um die Stabilit¨ at der ermittelten Gleichgewichtslage des Prismas zu untersuchen, bestimmen wir die Lage des Metazentrums: hM =
Ix − e. V
achenmoment zweiter Ordnung bez¨ uglich der xDabei sind Ix das Fl¨ Achse, V das Volumen der verdr¨ angten Fl¨ ussigkeitsmenge und e der angten Fl¨ ussigkeitsmenge vom Abstand des Schwerpunkts SF der verdr¨ Schwerpunkt SP des Prismas. Mit „ «3 2h l √ 1 2lh3 3 Ix = = √ , V = √ h2 l, 12 9 3 3 √ 3 2 e= a− h 3 3 folgt hM =
√ ” 1“ 8h − 3 3 a . 9
ur hM < 0. Die Gleichgewichtslage ist stabil f¨ ur hM > 0 und instabil f¨ Bei einem vorgegebenen Wert von a gilt daher: √ h > 3 3a/8 = 3H/4 → stabile Lage, und √ h < 3 3a/8 = 3H/4
→
instabile Lage.
Man kann das Stabilit¨ atskriterium r auch mit Hilfe der Dichten ρP a 3ρP und ρF formulieren. Wegen h = folgt 2 ρF s √ r ρP a 3ρP 3 3 3 ≶ ≶ , a → 2 ρF 8 ρF 4 d.h. ρP 9 > ρF 16
→
stabile Lage,
9 ρP < ρF 16
→
instabile Lage.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.3 In einem mit einer Fl¨ ussigkeit (Dichte ρ) gef¨ ullten Becken schwimmt ein zylindrischer K¨ orper (Gewicht G, Grundfl¨ ache A). Er ist u ¨ ber eine in B gelenkig gelagerte Stange (L¨ ange 2l, Gewicht ver- H nachl¨ assigbar) und eine Feder (Federkonstante c) mit dem Becken verbunden. Bei horizontaler Lage der Stange (α = 0) ist die Feder entspannt.
11
A1.3
A
G h
l l B H0
c
ρ
α
Man bestimme die Eintauchtiefe h des Schwimmk¨ orpers bei gegebener F¨ ullh¨ ohe H.
L¨ osung Auf das freigeschnittene System wirken in vertikaler Richtung das Gewicht G, der Auftrieb FA , die Federkraft FF und die Lagerreaktion B. Dabei gilt FA = ρ g Ah,
h
G p
p
FF = c l sin α.
Der auf den Stab wirkende Auftrieb wird vernachl¨ assigt. Die Momentengleichgewichtsbedingung bez¨ uglich des Lagers B lautet
FA FF B
α
B : FF l cos α+G2l cos α−FA 2l cos α = 0 → c l sin α+2G−2ρgAh = 0. Der geometrische Zusammenhang zwischen der Eintauchtiefe h und der F¨ ullh¨ ohe H ist durch H = H0 + 2 l sin α + h gegeben. Elimination von l sin α aus den letzten beiden Gleichungen liefert h=
4G + c (H − H0 ) . 4ρgA + c
12
A1.4
Hydromechanik
Aufgabe 1.4 Ein mit Wasser (Dichte ρ) gef¨ ullter Beh¨ alter ist mit einem runden Deckel (Gewicht GD , Radius r) zum Abfluss hin verschlossen. Der Deckel ist u ¨ ber eine Stange (Gewicht vernachl¨ assigbar) mit einem kreiszylindrischen Schwimmk¨ orper ohe H) (Gewicht GS , Radius R > r, H¨ verbunden.
R p0 H
GS h
ρ h0 GD p0
Wie hoch muss das Wasser steigen, damit der Verschluss angehoben wird?
r
L¨ osung Auf den Schwimmk¨orper wirken in vertikaler Richtung als außere Kr¨ afte sein Gewicht GS so¨ wie der Auftrieb FA = ρ g h πR2 .
GS
Dabei ist vorausgesetzt, dass h < H ist. Auf den Deckel wirkt neben seinem Gewicht GD und der Lagerkraft FD der Wasserdruck pD mit der resultierenden Kraft FW , wobei pD = ρg(h + h0 ),
h
p
FW = pD πr 2
gilt. Da der Atmosph¨ arendruck sowohl von innen (¨ uber das Wasser) als auch von außen auf den Deckel wirkt, braucht er nicht ber¨ ucksichtigt zu werden.
h0
Aus der Gleichgewichtsbedingung
FA
p
GD pD
FD
↑: FA − GS + FD − GD − FW = 0 folgt durch Einsetzen ρ g h πR2 − ρ g (h + h0 )πr 2 − GS − GD + FD = 0. Beim Abheben wird FD Null. Dann kann man nach der F¨ ullh¨ ohe aufl¨ osen: h0 + h =
GS + GD + ρ g π h0 R2 . ρ g π (R2 − r 2 )
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.5 Ein Stab (L¨ange l, Querschnittsfl¨ ache A, Dichte ρS ) ist am Boden eines Beh¨ alters gelenkig befestigt. Am freien Ende wird der Stab durch eine vertikale Druckkraft F belastet. Der Beh¨ alter ist bis zur H¨ ohe h (h < l) mit Fl¨ ussigkeit (Dichte ullt. ρF ) gef¨
A1.5
F ρS
l A
h
Wir groß darf die Kraft F h¨ ochstens sein, damit der Stab nicht umkippt?
ρF
L¨ osung Um die Stabilit¨at der vertikalen Gleichgewichtslage zu untersuchen, denken wir uns den Stab um den Winkel ϕ ausgelenkt. Auf den Stab wirken die Kraft F , das Gewicht G und der Auftrieb FA , gegeben durch G = ρS gAl,
F
FA = ρF gAh∗ ,
sowie die Lagerreaktion B. Hierange bei ist h∗ = h/ cos ϕ die L¨ des Teilstabs, der sich unter dem Fl¨ ussigkeitsspiegel befindet. Damit der Stab in der vertikalen Lage bleibt, muss in der ausgelenkten Lage ein resultierendes R¨ uckstellmoment auftreten. Dann folgt aus dem Momentengleichgewicht bez¨ uglich B die Bedingung
13
G FA
h∗
ϕ
B
h∗ l 1 h2 1 F l sin ϕ + G sin ϕ < FA sin ϕ → F + ρS gAl < ρF gA . 2 2 2 2 l cos2 ϕ F¨ ur kleine Winkel ϕ (cos ϕ ≈ 1) erh¨ alt man daraus „ « 2 ρF h 1 −1 . F < ρS gAl 2 ρS l 2 Wegen F ≥ 0 darf die runde Klammer nicht negativ sein: Daher muss f¨ ur die Dichten gelten:
ρF l2 ≥ 2 > 1. ρS h
ρF h2 −1 ≥ 0. ρS l 2
14
A1.6
Hydromechanik
Aufgabe 1.6 Ein Beh¨alter, der bis zur H¨ ohe h mit einer Fl¨ ussigullt ist, hat keit (Dichte ρ1 ) gef¨ im Boden ein kreisf¨ ormiges Loch (Radius r). Das Loch wird durch einen kegelf¨ ormigen Pfropfen (Grundkreisradius R = 2r, H¨ ohe H mit H/2 < h, Dichte ρ2 ) verschlossen.
h
ρ1
ρ2 H 2r 2R
Mit welcher Kraft wird der Kegel auf die Lochkante gepresst?
L¨ osung Auf den Kegel wirken sein Gewicht G, der Auftrieb FA sowie die Kontaktkraft FK mit der Lochkante. Das Gewicht des Kegels ist durch
G FA
1 4 G = ρ2 g πR2 H = ρ2 g πr 2 H 3 3
FK
gegeben. Die Auftriebskraft wird durch den Fl¨ ussigkeitsdruck auf den Kegelstumpf oberhalb des Beh¨ alterbodens erzeugt. Da die Unterseite des Kegelstumpfs (Fl¨ ache A = πr 2 ) nicht dem Fl¨ ussigkeitsdruck ausgesetzt ist, ist der Auftrieb gleich dem angten um die Kraft F = ρ1 ghπr 2 verminderten Gewicht der verdr¨ Fl¨ ussigkeitsmenge: FA = ρ1 gVKS − ρ1 ghπr 2 mit VKS =
π π H 7π 2 (2r)2 H − r 2 = r H, 3 3 2 6
wobei VKS das Volumen des Kegelstumpfs ist. Die Gleichgewichtsbedingung liefert «– „ » h π ρ1 7−6 ↑: FK + FA − G = 0 → FK = ρ2 gr 2 H 8 − . 6 ρ2 H Wenn der Kegel nicht abheben soll, muss FK > 0
→
6h/H + 8ρ2 /ρ1 > 7
gelten. Nach der Aufgabenstellung ist außerdem h > H/2
→
h H 1
FK > 0
h/H > 1/2.
Dies f¨ uhrt auf den dargestellten Bereich f¨ ur FK > 0.
1
ρ2 ρ1
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.7 Ein mit Wasser (Dichte ρ) gef¨ ullter Beh¨ alter besitzt eine schr¨ age Wand mit einer quadratischen Verschlussklappe K (Geange b). wicht GK , Seitenl¨ Die Verschlussklappe ist am oberen Ende gelenkig mit der Beh¨ alterwand verbunden. An der Klappe ist mit einer Stange (L¨ ange h0 , Gewicht vernachl¨ assigbar) ein Schwimmk¨ orper (Gewicht GS , quadratischer Querschnitt mit Seitenl¨ ange B, H¨ ohe H) angebracht.
15
A1.7
B p0
H
GS h
ρ
A
b 2
K
h0 b p0
α
Wie hoch muss das Wasser steigen, damit die Klappe angehoben wird?
L¨ osung Wir schneiden den Schwimmk¨ orper und die Klappe frei und tragen die darauf wirkenden Kr¨ afte in das Freik¨ orperbild ein. Der Auftrieb ist durch
GS h
FA
p
p
FA = ρghB 2 S
gegeben. Dabei wird vorausgesetzt, dass h < H ist. Die Kr¨ afte AH , AV und FK sind die u ¨ ber die Breite der Klappe verteilten Lagerreaktionen. F¨ ur die resultierende Kraft FP aus dem Wasserdruck auf die Klappe und deren Wirkungslinie gilt (Band 4, Gln. (1.17) und (1.24))
a S FP
b p1 + 2p2 a= . 3 p1 + p2
AH
AV
p2 FP = ρg(h + h0 )b2 ,
p1
α FK
GK
16
Hydromechanik
Mit den Werten b sin α), 2 b p2 = ρg(h + h0 + sin α) 2
p1 = ρg(h + h0 −
folgt a=
6(h + h0 ) + b sin α b. 12(h + h0 )
Wir bilden nun das Kr¨ aftegleichgewicht am Schwimmk¨ orper ↑: FA − GS − S = 0 und das Momentengleichgewicht an der Klappe:
A: FK b − FP a + S
b b cos α − GK cos α = 0. 2 2
Aus diesen beiden Gleichgewichtsbedingungen wird die Stabkraft S eliminiert: b b FK b − FP a + (FA − GS ) cos α − GK cos α = 0. 2 2 Diese Gleichung k¨ onnte man auch sofort anschreiben. Man erh¨ alt sie unmittelbar, wenn man den Schwimmk¨ orper und die Klappe nicht trennt und am gesamten System das Momentengleichgewicht bez¨ uglich A aufstellt (vgl. die Aufgaben 1.3 and 1.4). Beim Anheben der Klappe wird die Lagerkraft FK Null. Einsetzen der Kr¨ afte FA , FP und des Abstands a in die letzte Gleichung und Aufl¨ osen nach (h0 + h) liefert h0 + h =
6(GK + GS ) cos α + ρg(6h0 B 2 cos α + b3 sin α) . 6ρg(B 2 cos α − b2 )
Bei einer erforderlichen H¨ ohe h > H und f¨ ur b2 > B 2 cos α wird die Klappe nicht angehoben. Im Sonderfall α = 0 ergibt sich h0 + h =
GK + GS + ρgh0 B 2 , ρg(B 2 − b2 )
(vgl. Aufgabe 1.4).
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.8 Ein mit Wasser (Dichte ρ) gef¨ ullter Beh¨ alter besitzt einen Rohrstutzen mit Kreisquerschnitt (Radius r). Der Stutzen ist durch eine Klappe (Eigengewicht vernachl¨ assigbar) mit Gegengewicht G verschlossen.
A1.8
ρ hS a
r
α
G
S
Bei welcher Wassertiefe ¨ offnet sich die Klappe?
L¨ osung Wir schneiden die Klappe mit dem Gegengewicht frei. Beim ¨ Offnen der Klappe verschwindet die Kontaktkraft. Sie ist daher im Freik¨ orperbild nicht eingezeichnet. Wegen pS = ρghS und A = πr 2 ist die resultierende Druckkraft des Wassers auf die Klappe durch F = pS A = πρghS r
17
α
x
y b
B
α BV
F
2
BH G
S D
gegeben. Dabei wird vorausgesetzt, dass sich die Klappe erst dann ¨ offnet, wenn sie sich vollst¨ andig unterhalb des Wasserspiegels befindet. Die Wirkungslinie der Kraft F (Druckmittelpunkt D) kann nach I xS yS A hS , bestimmt werden. Mit yS = cos α 2 hS r cos α . yD = + cos α 4hS yD = y S +
I xS =
πr 4 erh¨ alt man 4
Damit folgt f¨ ur den Hebelarm b der Kraft F bez¨ uglich des Punktes B b = yD − yS + r =
r 2 cos α + r. 4hS
¨ Beim Offnen der Klappe gilt
B : F b − Ga cos α = 0. Einsetzen von b und F und Aufl¨ osen nach hS liefert « „ aG r cos α. − hS = πρgr 3 4
18
A1.9
Hydromechanik
Aufgabe 1.9 Zwei Wasserbeh¨ alter sind durch eine in B drehbar gelagerte Klappe (Gewicht G, L¨ ange l) voneinander getrennt.
C h
ρ G t
Bei welcher H¨ ohe h > t ¨ offnet sich die Klappe?
B t 2
L¨ osung Wir schneiden die Klappe frei. Die auf sie wirkenden Kr¨ afte sind im Freik¨ orperbild dargestellt. Die Dr¨ ucke fassen wir zu ihren Resultierenden zusammen: 1 1 ρgt2 l, F2 = ρgt2 l, 2 2 1 F3 = ρg (h − t + h) a l √2 5 ρg(2h − t) t l. = 4
F1 =
ρ
C
p = ρg(h−t)
p = ρgh G BH
p = ρgt
BV
Die Wirkungslinien sind durch a1 = t/3,
a2 = t/4,
a 2(h − t) + h a3 = 3 h−t+h √ 5 3h − 2t t = 6 2h − t gegeben. Die Klappe ¨ offnet sich, wenn die Lagerkraft C Null wird. Das Momentengleichgewicht bez¨ uglich B liefert dann
B : Gt/3 − F1 a1 − F2 a2 + F3 a3 = 0 17 8G . →h= t− 15 15ρgtl
C a F3
a3 B
F1
G
a1
BH F2 a2
BV t 3
Diese L¨ osung gilt nur f¨ ur h > t, d.h. f¨ ur G < ρgt2 l/4.
Aufgaben und L¨ osungen
19
a 2
Aufgabe 1.10 Zwei Becken mit unterschiedlichen Wasserstandsh¨ ohen h1 und h2 sind durch eine dreiecksf¨ ormige Verschlussklappe (Gewicht G, L¨ ange l senkrecht zur Zeichenebene) voneinander getrennt. Die Verschlussklappe ist in A gelenkig gelagert. Ein quaderf¨ ormiger Schwimmk¨ orper (Breite b = a/2, L¨ ange l, Eigengewicht vernachl¨ assigbar) ist durch ein Seil im Punkt C mit der Verschlussklappe verbunden.
A1.10
h
c
ρ
h1 A
C a
h2 ρ
G B a
Man bestimme die Lagerreaktionen in A und B.
L¨ osung Das Freik¨orperbild zeigt die auf den Schwimmk¨ orper und auf die Klappe wirkenden Kr¨ afte. Dabei ist der Auftrieb des Schwimmk¨ orpers durch FA∗ = ρgahl/2 gegeben.
FA∗ S AV p = ρg(h2 −a)
S p = ρg(h1 −a)
AH
G Da der Hebelarm der resultierenden Kraft auf die schr¨ age Fl¨ ache der Klappe bez¨ uglich des Punktes A nicht unmittelbar angegeben werden kann, w¨ ahlen wir hier einen anderen Weg als in Aufgabe 1.9. Wir zerlegen den auf diese Fl¨ ache wirkenden Druck in zwei Komponenten. Die Resultierende der vertikalen Komponente und die Kraft auf die obere Fl¨ ache bilden den Auftrieb der Klappe: FA = ρgV = ρga2 l/2.
B p = ρgh2 p = ρgh1 S
FA
ρg(h1 −a) a 2
AV A ρg(h2 −a) AH
H ρgh1
G a 3
B
ρgh2
20
Hydromechanik
Wenn man beachtet, dass sich die linearen Anteile der horizontalen Komponente und des Drucks auf die rechte Fl¨ ache aufheben, dann kann man die resultierende Horizontalkomponente H des Wasserdrucks auf die Klappe als Differenz der konstanten Anteile sofort anschreiben: H = ρg(h1 − h2 )al. Aus dem Gleichgewicht am Schwimmk¨ orper erh¨ alt man die Kraft im Seil: ↑: FA∗ − S = 0
→
S = ρgahl/2.
Die Lagerreaktionen folgen dann aus den Gleichgewichtsbedingungen an der Klappe:
A: (G − FA )a/3 − (B + S)a + Ha/2 = 0 → B = G/3 + ρgal(3h1 − 3h2 − 3h − a)/6,
→: AH − B + H = 0 → AH = G/3 + ρgal(3h2 − 3h1 − 3h − a)/6, ↑: AV + S + FA − G = 0 → AV = G − ρgal(h + a)/2. Die Kr¨ afte sind u ange der Klappe verteilt. ¨ ber die L¨ F¨ ur h ≥ 2G/(3ρgal) + h1 − h2 − a/3 wird B ≤ 0. Dann ¨ offnet sich die Klappe.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.11 Ein gleichschenk¨ liges Profil (Offnungswinkel π/3, Schenkell¨ ange b, L¨ ange l, Gewicht G) liegt in einer Uf¨ ormigen Rinne. Es wird durch ¨ eine Offnung an der oberen Kante mit einer Fl¨ ussigkeit (Dichte ρ) gef¨ ullt. Die Trennfugen sind so ausgebildet, dass keine Haftungskr¨ afte wirken k¨ onnen und keine Fl¨ ussigkeit austritt.
A1.11
l 60◦ b h
Bei welcher F¨ ullh¨ ohe h hebt das Profil von der Unterlage ab?
L¨ osung Das Freik¨orperbild zeigt das freigeschnittene Prisma mit der eingef¨ ullten Fl¨ ussigkeit (Erstarrungsprinzip). Die darauf wirkenden Kr¨ afte sind das Gewicht G des Profils, das Gewicht GF = ρgAF l der Fl¨ ussigkeit, der hydrostatische Druck p = ρgh sowie die Bodenkontaktkraft B. Die Gleichgewichtsbedingung in vertikaler Richtung lautet ↑: 2B + pbl − G − GF = 0.
21
√
3 h 3
√ 2 3 h 3
G AF
B
GF
h B
p b
Beim Abheben verschwindet die Bodenkontaktkraft: B = 0. Mit √ √ 3 2 1 3 AF = bh − 2 hh = bh − h 2 3 3 folgt dann √ r „ « √ 3 2 G 4 ρghbl − G − ρg bh − . h l=0 → h= 3 3 ρgl ¨ Die Aufgabe kann auch mit folgender Uberlegung gel¨ ost werden. ussigBeim Abheben ist die Vertikalkomponente FV der aus dem Fl¨ keitsdruck resultierenden Kraft F auf jeden der beiden Schenkel gleich dem halben Gewicht des Profils: FV = G/2. Die resultierende Kraft auf jede Fl¨ ache des Profils ist durch F = pS A gegeben. Dabei ist A die unterhalb des Fl¨ ussigkeitsspiegels liegende Fl¨ ache eines Schenkels. Mit √ 1 2 3 hl, FV = F cos 60◦ pS = ρgh, A = 2 √ 32 folgt daraus FV = 3ρgh l/6, und man erh¨ alt wieder r √ √ 3 G G 4 ρgh2 l = → h= 3 . 6 2 ρgl
22
A1.12
Hydromechanik
Aufgabe 1.12 Auf dem Boden eines Gew¨ assers (Dichte des unnWassers ρ0 ) steht eine d¨ wandige halbkugelf¨ ormige Taucherglocke (Radius r, Wandst¨ arke t, Dichte ρ1 , Innendruck p0 + Δp).
p0 ρ0 t
ρ1
¨ Wie groß darf der Uberdruck Δp h¨ ochstens sein, damit die Glocke am Boden bleibt?
L¨ osung An der freigeschnittenen Glocke wirken das Gewicht G, die Kontaktkraft B mit dem Boden sowie die Resultierenden Fw und Fi aus dem Wasserdruck bzw. dem Innendruck. Da der Atmosph¨ arendruck p0 sowohl von innen als auch von außen (¨ uber das Wasser) auf die Glocke wirkt, braucht er nicht ber¨ ucksichtigt zu werden. Die Kraft Fw ist gleich dem Gewicht des Wassers u ¨ber der Glocke (Band 4, Gl. (1.25)):
h
p0 + Δp 2r
Fw G Fi B
Fw = ρ0 g(πr 2 h − 2πr 3 /3). Die Kraft Fi und das Gewicht G sind durch Fi = Δpπr 2 ,
G = ρ1 g2πr 2 t
gegeben. Beim Abheben verschwindet die Kontaktkraft B. Dann folgt ¨ aus der Gleichgewichtsbedingung G + Fw − Fi = 0 der gesuchte Uberdruck zu Δp = [2ρ1 t + ρ0 (h − 2r/3)]g. ¨ Die Aufgabe kann auch mit folgender Uberlegung gel¨ ost werden. Um die resultierende Kraft (= Auftrieb) aus dem Wasserdruck und dem Innendruck auf die Glocke zu ermitteln, betrachten wir zun¨ achst eine unten geschlossene und vom Wasser untersp¨ ulte Halbkugel in der gleichen Tiefe. Auf diese Halbkugel wirkt der Auftrieb FAg = ρ0 gVHK = 2πρ0 gr 3 /3. Dabei ist der Druck auf der Unterseite durch p = p0 + ρ0 gh gegeben. Bei der unten offenen Glocke wirkt statt dieses Drucks der gegebene
Aufgaben und L¨ osungen
23
Innendruck p = p0 + Δp. Daher erh¨ alt man f¨ ur den Auftrieb bei der offenen Halbkugel p FA = 2πρ0 gr 3 /3 − (p0 + ρ0 gh)πr 2 + VHK + (p0 + Δp)πr 2 = πr 2 (2ρ0 gr/3 − ρ0 gh + Δp). Aus der Gleichgewichtsbedingung FA − G = 0 folgt wieder der ge¨ suchte Uberdruck Δp.
p0 + ρ0 gh
p
=
+
Wenn man die resultierende Kraft Fw aus dem Wasserdruck durch Integration bestimmen will, w¨ ahlt man zweckm¨ aßigerweise ein ringf¨ ormiges Fl¨ achenelement:
p0 + Δp dA
r⊥
dA = 2πr⊥ rdϕ mit r⊥ = r cos ϕ. Mit der Vertikalkomponente dFw = p dA sin ϕ
dFw
der Kraft dF und dem Druck
h
r⊥
p = ρ0 g(h − r sin ϕ)
r
dF dA
ϕ in der Tiefe des Fl¨ achenelements folgt durch Integration wieder Z π/2 ρ0 g(h − r sin ϕ)2πr 2 cos ϕ sin ϕ dϕ Fw = 0 ! Z π/2 Z π/2 2 2 = 2πρ0 gr h sin ϕ cos ϕ dϕ − r sin ϕ cos ϕ dϕ 0
→
Fw = πρ0 gr 2 (h − 2r/3).
0
24
A1.13
Hydromechanik
Aufgabe 1.13 Man bestimme die von einer Fl¨ ussigkeit auf eine zylinderf¨ ormige Fl¨ ache (Radius r, L¨ ange l) ausge¨ ubte resultierende Kraft durch Integration.
t
ρ r
L¨ osung Die resultierende Kraft F ist aus Symmetriegr¨ unden vertikal; ihre Wirkungslinie geht durch den Mittelpunkt M des Kreisbogens. Wir w¨ ahlen ein Fl¨ achenelement dA = r dϕ l.
dA = rdϕl
Auf dieses Fl¨ achenelement wirkt die Kraft
t
F M
dF = p dA.
p ϕ
Mit p = ρg(t − r sin ϕ) und der Vertikalkomponente
V
dFV = p dA sin ϕ t
erhalten wir Z
r
π
dFV
F = Z
0 π
ρg(t − r sin ϕ) sin ϕ rl dϕ
= 0
→
F = ρgl(2rt − πr 2 /2)
.
Die Kraft F ist gleich groß (aber entgegengesetzt gerichtet) wie die resultierende Kraft einer Fl¨ ussigkeit, die sich oberhalb der Fl¨ ache befindet, n¨ amlich gleich dem Gewicht dieser Fl¨ ussigkeit: F = ρgV = ρgl(2rt − πr 2 /2).
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.14 Der Querschnitt eines Wehrs aus Holz (Dichte ohe H = 7r/3, Breite ρH , H¨ b) besteht aus einem Rechteck und einem Viertelkreis.
25
A1.14 ρH
A
ρW
7r 3
h
In welcher H¨ ohe a muss das Lager A angebracht werden, damit sich das Wehr bei einem Wasserstand h = 2r selbstt¨ atig offnet? ¨
r
a
L¨ osung Das Freik¨orperbild zeigt die auf das Wehr wirkenden Kr¨afte. Das Gewicht des Wehrs ist durch G = ρH g[πr 2 /4 + (H − r)r]b = ρH gbr 2 (π/4 + 4/3) gegeben. Die Horizontalkomponente FH der resultierenden Kraft des
c A AH
G
AV h
d S
FH e FV
a
B f
Wasserdrucks ist das Produkt aus der projizierten Fl¨ ache A∗ = hb und ∗ ache (Band 4, Gl. dem Druck pS = ρW gh/2 im Schwerpunkt dieser Fl¨ (1.25)): FH = pS ∗ A∗ = ρW gh2 b/2 = 2ρW gbr 2 . Die Vertikalkomponente FV ist gleich dem Gewicht der oberhalb der gekr¨ ummten Fl¨ ache gedachten Fl¨ ussigkeit:
26
Hydromechanik
ˆ ˜ FV = ρW g πr 2 /4 + (h − r)r b = ρW gbr 2 (π/4 + 1). Die Wirkungslinie der Kraft G erh¨ alt man mit dem Schwerpunktsabstand d = 4r/(3π) nach Band 1, Gl. (4.13) zu 4r πr 2 r + (H − r)r 3π 4 2 c = πr 2 + (H − r)r 4 12 = r. 3π + 16 Die Wirkungslinie der Kraft FH ist durch e = h/3 = 2r/3 gegeben, und die Wirkungslinie der Kraft FV geht durch den Schwerpunkt des gedachten Fl¨ ussigkeitsvolumens: r 4r πr 2 + (h − r)r 3π 4 2 f = πr 2 + (h − r)r 4 10 = r. 3π + 12 Das Momentengleichgewicht bez¨ uglich A liefert
A: G c + FH (a − e) − FV f − B a = 0.
¨ Beim Offnen des Wehrs wird B = 0. Dann folgt durch Einsetzen und Aufl¨ osen „ « ρ r 13 − 6 H . a = 12 ρW
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.15 Eine kreissegmentf¨ ormige Verschlussklappe (Gewicht G, L¨ ange l) ist in B drehbar gelagert. Sie verhindert, dass Wasser aus dem linken in das rechte Becken str¨ omt. Durch das Moment M0 wird sie in der dargestellten Lage gehalten.
27
A1.15
ρ B
h1
M0
h2
r
Man bestimme die Kraft im Lager B und das Moment M0 .
2α = π/3
L¨ osung Im Freik¨ orperbild sind die vom Wasser auf BV die Klappe ausge¨ ubten Druckρg(h2 −r) ρg(h1 −r) BH kr¨ afte zu ihren Resultierenden c V und H zusammengefasst. M0 Die vertikale Kraft V ist gleich dem Auftrieb: V = ρgAl. Mit 30◦ S der Querschnittsfl¨ ache A = H πr 2 /6 des Wehrs folgt daraus G A V = πρgr 2l/6. Die Wirkungsρgh ρgh2 1 V linie von V geht durch den Schwerpunkt S der verdr¨ angten Fl¨ ussigkeitsmenge (hier: = Schwerpunkt der Klappe). Der Abstand des Punktes S vom Lager B ergibt sich zu c=
2 sin α r 3 α
→
c=
2r . π
Wenn man beachtet, dass sich die linearen Anteile der Dr¨ ucke auf der rechten und der linken Seite aufheben, dann kann man die resultierende horizontale Kraft auf die Klappe als Differenz der konstanten Anteile sofort anschreiben (vgl. Aufgabe 1.10): H = ρg(h1 − h2 )rl. Ihre Wirkungslinie hat den Abstand r/2 vom Lager B. Damit liefern die Gleichgewichtsbedingungen: →: ↑:
B:
H − BH = 0
→
BH = ρg(h1 − h2 )rl,
V − G − BV = 0
→
BV = πρgr 2 l/6 − G,
(G − V )c sin 30◦ − Hr/2 + M0 = 0 →
M0 = ρg(h1 − h2 )r 2 l/2 + ρgr 3 l/6 − Gr/π.
28
A1.16
Hydromechanik
Aufgabe 1.16 Der Querschnitt einer Staumauer (Gewicht G, L¨ange l) besteht aus einem Rechteck und zwei Viertelkreisen. Die vertikalen Fundamentkr¨ afte (Normalspannungen) seien linear verteilt, die horizontalen Kr¨ afte (Schubspannungen) sind zur Resultierenden H zusammengefasst. Wie groß sind q0 , q1 und H, wenn der Stausee die Tiefe h = 2r hat? 2a = r
ρ h
G
r
r H q0
q0 +q1
L¨ osung Die auf die Staumauer wirkenden Kr¨afte sind im Freik¨orperbild dargestellt. Dabei sind die vertikalen Fundamentkr¨ afte durch ihre Resultierende V =
1 (2q0 + q1 )(2a + 2r) 2 2a = r
F h
d r
G
M FH FV H
V
c
ersetzt worden, deren Wirkungslinie durch c =
2(a + r) 3q0 + 2q1 2(a + r) 2q0 + 2q1 + q0 = 3 q0 + q1 + q0 3 2q0 + q1
Aufgaben und L¨ osungen
29
gegeben ist. F¨ ur die resultierende Kraft auf die vertikale Wand der Staumauer gilt F = ρg
h−r (h − r)l, 2
d = (h − r)/3, und f¨ ur die Horizontalkomponente FH bzw. die Vertikalkomponente FV auf den Kreisbogen erh¨ alt man FH = ρg(h − r/2)rl, ˆ ˜ FV = ρg πr 2 /4 + (h − r)r l. Damit lauten die Gleichgewichtsbedingungen (die Wirkungslinie der resultierenden Kraft auf den Kreisbogen geht durch den Momentenbezugspunkt M ): →:
F + FH − H = 0,
↑:
V − FV − G = 0,
M:
F d + G(r + a) + Hr − V c = 0.
Mit h = 2r und a = r/2 folgt daraus q0 =
3π − 1 G ρgrl + , 9 3r
q1 = −
9π − 16 ρgrl, 18
H = 2ρgr 2 l. Wegen q1 < 0 sind die Normalspannungen auf der linken Seite der Staumauer gr¨ oßer als auf der rechten Seite.
30
A1.17
Hydromechanik
Aufgabe 1.17 Um den Wasserstand in einem Beh¨ alter auf die H¨ ohe h zu begrenzen, wird eine schlitzf¨ ormige Boden¨ offnung (Breite 2r, L¨ ange l) durch einen liegenden Kreiszylinderschwimmer (Radius R = 2r) verschlossen.
R
h
ρ 2r
Wie schwer muss der Schwimmer sein, damit er abhebt, wenn die Ebene des Fl¨ ussigkeitsspiegels durch die Achse des Zylinders geht?
L¨ osung Die Kontaktkraft B des Zylinders mit dem Boden verschwindet, wenn der Auftrieb FA gleich dem Gewicht des Zylinders wird: ↑:
FA −G = 0
→
G G = FA .
Der Auftrieb ist gleich dem Gewicht
A∗
α
α α
A∗
GF = ρgV der verdr¨ angten Fl¨ ussigkeitsmenge. Da sich im Spalt keine Fl¨ ussigkeit befindet, wird sie nur in den grau unterlegten Bereichen verdr¨ angt. Wegen R = 2r
folgt
B
FA
B
2r
α = π/3.
Mit der halben Kreisabschnittsfl¨ ache A∗ = R2 (2α − sin 2α)/4 = (2π/3 −
√ 3/2)R2 /4
(vgl. Band 1, Abschnitt 4.3) folgt √ V = 2A∗ l = (π/3 − 3/4)R2 l. Daher erhalten wir mit G = ρgV das Gewicht des Schwimmers zu √ G = (π/3 − 3/4)ρgR2 l.
h
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.18 Ein Walzenwehr (Radius R, L¨ ange l) verhindert, dass Oberwasser zum Unterwasser fließt.
31
A1.18
R 30◦ B
ρ 30◦
Man bestimme die Lagerreaktion in B infolge des Wasserdrucks.
L¨ osung Das rechte Bild zeigt die Druckverteiluna gen in den projizierten ρga Ebenen. Man erkennt, dass sich die schraffierb 30◦ ten Anteile jeweils aufheρgb ρg(a+b) ben. Mit den geometrischen Beziehungen ρgR √ ◦ a = R cos 30 = 3R/2, b = R sin 30◦ = R/2
ρ
30◦ BH BV
ρgb ρgR
folgt aus dem Kr¨ aftegleichgewicht in horizontaler Richtung „ « √ ” 1“ 1 2 a + ab l → BH = 3 + 2 3 ρgR2 l. BH = ρg 2 8 c
A2 − 30◦ + A1
30◦
=
−
a
+
+ d
Die vertikale Komponente der aus dem Wasserdruck resultierenden Lagerkraft ist gleich dem Auftrieb. Die Querschnittsfl¨ ache A der verdr¨ angten Wassermenge ist oben dargestellt; von der Fl¨ ache A1 muss die Fl¨ ache A2 abgezogen werden, weil dort das Wasser nur von oben dr¨ uckt: A = A1 − A2 . Es folgt « „ 2 1 A = πR2 − da − ca . 3 2 √ ◦ Mit c = R sin 30 = R/2, d = R cos 30◦ = 3R/2 erh¨ alt man somit » – √ 1 2 π − (6 − 3) ρgR2 l. BV = ρgAl → BV = 3 8
32
A1.19
Hydromechanik
Aufgabe 1.19 Eine ebene Str¨omung wird durch das Geschwindigkeitsfeld v = [vx , vy , 0]T beschrieben. Die Komponenten des Geschwindigkeitsvektors sind durch vx = c(y − x) und vy = c(y + x) gegeben, wobei c eine Konstante ist.
y
dx
v
x
Man bestimme die Stromlinien. x
L¨ osung Zur Herleitung der Differentialgleichung der Stromlinien verwenden wir die Tatsache, dass der infinitesimale Tangentenvektor dx = [dx, dy, 0]T in einem beliebigen Punkt x einer Stromlinie die gleiche Richtung hat wie der Geschwindigkeitsvektor v in diesem Punkt. Daraus folgt, dass das Vektorprodukt der beiden Vektoren verschwindet: v × dx = 0
→
vx dy − vy dx = 0.
Einsetzen der gegebenen Geschwindigkeitskomponenten liefert die Differentialgleichung der Stromlinien: c(y − x)dy − c(y + x)dx = 0 →
y =
dy y+x y/x + 1 = = . dx y−x y/x − 1
Um die allgemeine L¨ osung dieser Differentialgleichung zu finden, verwenden wir zun¨ achst die Substitution y/x = t. Mit y = tx und y = t x + t erhalten wir t x + t =
t+1 t−1
→
t x =
1 + 2t − t2 . t−1
Trennen der Variablen x und t ergibt t−1 dx dt = . 1 + 2t − t2 x Wir f¨ uhren nun eine weitere Substitution durch: 1 + 2t − t2 = z.
Aufgaben und L¨ osungen
33
Aus dz/dt = 2(1 − t)
2(t − 1)dt = −dz.
folgt
Einsetzen in die obige Gleichung und Integration liefern dz dx = −2 z x
→
lnz = − 2 lnx + lnC
→
z=
C . x2
Dabei ist C eine Integrationskonstante. Durch R¨ ucksubstitution erhalten wir schließlich die Gleichung der Stromlinien: x2 + 2xy − y 2 = C. Die Stromlinien sind Hyperbeln. Da die Str¨ omung station¨ ar ist, fallen die Stromlinien und die Bahnlinien zusammen. Durch die Wahl des Wertes C = x20 + 2x0 y0 − y02 , f¨ ur die Integrationskonstante, z.B. wie im Bild f¨ ur C = 0, 100, 300, 500, wird aus der Schar der Stromlinien diejenige Stromlinie festgelegt, die durch den Punkt mit den Koordinaten x0 , y0 geht. y/y0
60 00 Ŧ1 0 0 10
40
0
50 0
0
Ŧ500 Ŧ300
Ŧ500 Ŧ300 Ŧ100 0 100 300
10
20
0
30
0 Ŧ50 0 Ŧ30 0 0 1 Ŧ 0
Ŧ100 0
300
0
50
10 0 0 Ŧ100
Ŧ100
10
0
0
Ŧ300 Ŧ500
0
Ŧ20
0 Ŧ10 0 Ŧ30 0 Ŧ50
0
30
Ŧ40
Ŧ60 Ŧ20
0 10 0 00 Ŧ1 00 Ŧ3 0 Ŧ50
Ŧ15
Ŧ10
Ŧ5
0
5
10
15
20 x/x0
34
A1.20
Hydromechanik
Aufgabe 1.20 Ein Wasserstrahl tritt mit der Geschwindigkeit v0 vertikal nach unten aus einem Rohr mit Kreisquerschnitt (Radius a) aus.
2a
Wie groß ist der Radius r des Freistrahls im Abstand h von der Ausflussstelle?
v0 g
Welche Geschwindigkeit hat dort der Strahl?
h p0
2r ρ
L¨ osung Der Druck im Freistrahl ist an jeder Stelle gleich dem Atmosph¨ arendruck p0 . Mit der Kontinuit¨ atsgleichung und der Bernoullischen Gleichung f¨ ur eine Stromlinie zwischen den Punkten und { liegen zwei Gleichungen f¨ ur die beiden Unbekannten v1 und r vor:
0
πa2 v0 = πr 2 v1 , 1 2 1 ρv0 + p0 + ρgh = ρv12 + p0 + 0. 2 2
v0
1
Aufl¨ osen liefert f¨ ur den gesuchten Radius r= p 4
a 1 + 2gh/v02
und f¨ ur die Geschwindigkeit q v1 = v0 1 + 2gh/v02 .
p0
v1
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.21 Aus einem großen Beh¨ alter (Querschnittsfl¨ ache A0 , F¨ ullh¨ ohe h) fließt Wasser durch ein Ausflussrohr (Querschnittsange l) aus. fl¨ ache A1 , L¨ Man bestimme den Verlauf des statischen Drucks p im Beh¨ alter und im Abflussrohr.
p0
35
A1.21
A0
ρ
h
A1 A0
l
L¨ osung Wir fassen den Beh¨alter mit dem Ausfluss als Stromr¨ ohre auf und w¨ ahlen eine Leitstromlinie vom Spiegel bis zum Ausfluss. Die Koordinate z z¨ ahlen wir von der Ausfluss¨ offnung (Stelle {) nach oben. Um den Druckverlauf im Beh¨ alter zu ermitteln, betrachten wir einen Punkt | in der H¨ ohe z auf der Leitstromlinie. Die Bernoullische Gleiund | lauchung f¨ ur die Punkte tet
0
p0
2
3 z 1 v1
ρv02 /2 + p0 + ρg(h + l) = ρv22 /2 + p2 + ρgz. Aus der Kontinuit¨ atsgleichung A0 v0 = A0 v2 erhalten wir v2 = v0 . Damit ergibt sich die Druckverteilung im Beh¨ alter zu p2 = p0 + ρg(h + l − z),
l < z ≤ l + h.
Bevor wir die Druckverteilung im Rohr bestimmen k¨ onnen, m¨ ussen wir die Ausflussgeschwindigkeit v1 kennen. Sie folgt aus der Bernoulliund { schen Gleichung f¨ ur die Punkte ρv02 /2 + p0 + ρg(h + l) = ρv12 /2 + p0 + 0
36
Hydromechanik
und der Kontinuit¨ atsgleichung A0 v0 = A1 v1 . Wegen A0 A1 gilt v1 v0 . Somit d¨ urfen wir den ersten Term in der Bernoullischen Gleichung vernachl¨ assigen und erhalten p v1 = 2g(h + l). Dies entspricht der Torricellischen Ausflussformel (Band 4, Gl. (1.39)). Die Bernoullische Gleichung f¨ ur die Punkte { und } ρv12 /2 + p0 + 0 = ρv32 /2 + p3 + ρgz sowie die Kontinuit¨ atsgleichung A1 v1 = A1 v3
→
v3 = v1
z h+l
p0
liefern nun die Druckverteilung im Rohr: p3 = p0 − ρgz,
0 ≤ z < l.
l
Der Druckverlauf hat einen ¨ Sprung am Ubergang vom Beh¨ alter zum Rohr (z = l). Am oberen Ende des Fallrohrs ist der Druck am kleinsten: pmin = p0 − ρgl.
p0 +ρgh p0 −ρgl 0
p0
p
Da der Druck nicht negativ sein kann (genauer: nicht kleiner als der Dampfdruck pD ≈ 0), folgt daraus p0 − ρgl ≥ 0
→
lmax =
p0 . ρg
omung ab. Wenn das Rohr l¨ anger als lmax ist, reisst die Str¨
Aufgaben und L¨ osungen
37
Aufgabe 1.22 Aus einem großen Reservoir fließt Wasser verlustfrei durch ein Leitungssystem (Querschnitt A). Die Leitung ist zwischen { und | halbkreisf¨ ormig gef¨ uhrt. Um die Durchflussmenge zu steigern, wird bei } ein Diffusor angebracht. p0 h
ρ
Diffusor
r
A
AD ≡ p0
1 2 3 Wie groß darf der Endquerschnitt AD des Diffusors h¨ ochstens sein, damit an keiner Stelle der gegebene Druck p∗ unterschritten wird?
L¨ osung Wir bestimmen zun¨achst die Ausflussgeschwindigkeit v5 mit und einer Hilfe der Bernoullischen Gleichung f¨ ur die Punkte Stromlinie: p 0 + p0 + ρgh = ρv52 /2 + p0 + 0 → v5 = 2gh. 0 p0 ρ
4
h
r 1
2
3
5 Aus der Kontinuit¨ atsgleichung folgt die Geschwindigkeit an Stelle }: AD p 2gh. Av3 = AD v5 → v3 = A Da die Querschnittsfl¨ ache der Leitung konstant ist, ist dies auch die Geschwindigkeit in der Leitung vor der Stelle }. Nach der Bernoullischen Gleichung ist die Summe aus der Geschwindigkeitsh¨ ohe, der Druckh¨ ohe und der Ortsh¨ ohe konstant. Daher wird bei konstanter Geschwindigkeit am h¨ ochsten Punkt der Leitung (Stelle ~) der Druck am kleinsten. F¨ ur die Punkte ~ und einer Stromlinie gilt ρv42 /2 + p4 + ρgr = ρv52 /2 + p0 + 0. Mit v4 = v3 und dem Druck p4 = p∗ folgt daraus ∗ ρgh(AD /A)2 + rp + ρgr =∗ρgh + p0 p0 − p r → AD = A 1 + − . ρgh h
Damit AD > A ist, muss r < (p0 − p∗ )/(ρg) sein.
A1.22
38
A1.23
Hydromechanik
Aufgabe 1.23 Aus einem großen Beh¨ alter str¨ omt eine Fl¨ ussigkeit (Dichte ρ) durch ein kreisf¨ ormiges Rohr (mittlerer Rohrbogenradius R) mit ver¨ anderlicher Querschnittsfl¨ ache aus. An der Fl¨ ussigkeitsoberfl¨ ache im Beh¨ alter herrsche der Druck pi , außerhalb des Beh¨ alters sei der Druck pa .
A0
pi ρ
h ϕ R
A1 pa
a) F¨ ur den Fall pi = pa bestimme man bei gegebenem A1 << A0 den Querschnittsverlauf A(ϕ) so, dass im gesamten Ausflussrohr der Druck konstant ist. Wie groß ist dabei der Volumenstrom Qa ? b) F¨ ur die berechnete Querschnittsfl¨ ache A(ϕ) ermittle man den Druckverlauf p(ϕ) und den Volumenstrom Qb , wenn im Beh¨ alter der Druck pi = pa + ρg(R + h) herrscht.
L¨ osung a) Wir bestimmen zuerst die Geschwindigkeitsverteilung v(ϕ) mit Hilfe der Bernoullischen und | Gleichung f¨ ur die Punkte einer Stromlinie (Nullniveau in der H¨ ohe des Punktes }):
A0
pi
0
h 1 A1
pi + ρg(R + h) =
ρv22 /2
+ p2
+ ρgR(1 − sin ϕ).
2 pa
ϕ R A3
3 Wenn der Druck im gesamten Rohr konstant ist, dann ist er gleich dem Außendruck: p2 = pa . Somit folgt wegen pi = pa f¨ ur die Geschwindigkeit p v2 = v(ϕ) = 2g(h + R sin ϕ). Die Eintrittsgeschwindigkeit v1 der Fl¨ ussigkeit in das Rohr erhalten wir mit ϕ = 0 zu p v1 = 2gh.
Aufgaben und L¨ osungen
39
Den gesuchten Verlauf der Querschnittsfl¨ ache liefert die Kontinuit¨ atsgleichung: s h , A(ϕ)v(ϕ) = A1 v1 → A(ϕ) = A1 h + R sin ϕ und der Volumenstrom ergibt sich zu p Qa = A v → Qa = A1 2gh.
b) Wenn im Beh¨ alter der Druck pi = pa + ρg(R + h) herrscht, lautet die Bernoullische Gleichung f¨ ur die Punkte einer Stromlinie
und |
pa + ρg (R + h) + ρg (R + h) = ρv22 /2 + p2 + ρgR (1 − sin ϕ) mit dem noch unbekannten Druckverlauf p2 = p(ϕ). Wir bestimmen daher zuerst die Ausflussgeschwindigkeit v3 mit Hilfe der Bernoullischen und } : Gleichung f¨ ur die Punkte pa + ρg (R + h) + ρg (R + h) = ρv32 /2 + pa p → v3 = 4g(R + h). Anschließend ermitteln wir mit der Kontinuit¨ atsgleichung den Geschwindigkeitsverlauf im Rohr: p A(ϕ)v(ϕ) = A3 v3 → v(ϕ) = 4g(h + R sin ϕ). Einsetzen in die Bernoullische Gleichung f¨ ur die Punkte p(ϕ) = pa + ρgR(1 − sin ϕ). Der Volumenstrom ergibt sich nun zu p Qb = A v → Qb = A1 4gh.
und | liefert
40
A1.24
Hydromechanik
Aufgabe 1.24 Aus einem großen Tank fließen aus zwei vertikal u o¨bereinander angeordneten L¨ chern Wasserstrahlen mit horizontalen Tangenten. Das obere Loch hat den Abstand a von der h Wasseroberfl¨ ache.
a ρ b
In welchem Abstand b vom Boden muss sich das untere Loch befinden, damit beide Strahlen an der gleichen Stelle auf dem Boden auftreffen?
L¨ osung Die Ausflussgeschwindigkeiten v1 und v2 sind nach der Torricellischen Ausflussformel (Band √ 4, 2ga Abschnitt 1.3.2.3) durch v 1 = p 2g(h − b) gegeben. und v2 = Wenn wir den Ursprung eines Koordinatensystems jeweils an die Stelle einer Ausfluss¨ offnung legen, dann hat der Auftreffpunkt P die Koordinaten
bzw.
x1 = L,
z1 = − (h − a)
x2 = L,
z2 = − b.
z1
a
v1
x1
z2
h
v2
x2
b P L
Einsetzen in die Bahngleichung f¨ ur den schiefen Wurf (Band 3, Gl. (1.41)) liefert mit α = 0 und v0 = v1 bzw. v0 = v2 : (h − a) =
gL2 4ga
bzw.
b=
gL2 . 4g(h − b)
Elimination von L f¨ uhrt auf b(h − b) = a(h − a). Dies ist erf¨ ullt f¨ ur b = a. Es sei angemerkt, dass auch die L¨ osung b = h − a zugelassen ist. Dann fallen beide L¨ ocher zusammen.
Aufgaben und L¨ osungen
41
Aufgabe 1.25 Ein Radialdiffusor wird von einem inkompressiblen Medium (Dichte ρ) so durchstr¨ omt, dass sich zwischen den Radien r1 und are, rotationssymmetrische Radialstr¨ omung ausbildet, in r2 eine station¨ der die Geschwindigkeit v und der Druck p n¨ aherungsweise nur von der Koordinate r abh¨ angen. Am Ende des Spaltes bei r = r2 tritt das Meare (Druck p0 ) dium mit der Geschwindigkeit v2 in die freie Atmosph¨ aus. Die Spalth¨ ohe h ist gegeben durch p ur r1 ≤ r ≤ r2 . h(r) = h2 r2 /r f¨ Die Str¨ omung sei reibungsfrei, die Gewichtskraft des Mediums vernachl¨ assigbar. r2 r1 p0 S
h(r)
h2
r
v2
v2
Man bestimme die Geschwindigkeit v(r) und den Druck p(r) im Bereich r1 ≤ r ≤ r2 . Welche resultierende Kraft F u ¨ bt das Medium in diesem Bereich auf die kreisringf¨ ormige Scheibe S aus?
L¨ osung Der Verlauf der Geschwindigkeit im Spalt folgt aus der Kontinuit¨ atsgleichung: r1 v(r)2πrh(r) = v2 2πr2 h2 →
v(r) = v2
p r2 /r,
r1 ≤ r ≤ r2 Aus der Bernoullischen Gleiund | chung f¨ ur die Punkte einer Stromlinie erh¨ alt man da-
r2 0 2
r
h2 v2
A1.25
42
Hydromechanik
mit die Druckverteilung: 1 2 1 ρv (r) = p0 + ρv22 2 2 1 2“ r2 ” → p(r) = p0 + ρv2 1 − , 2 r
p(r) +
r1 ≤ r ≤ r2 .
Wegen r ≤ r2 gilt p(r) ≤ p0 . Da der Druck nicht negativ sein kann (genauer: nicht kleiner als der Dampfdruck), sind die Ergebnisse nur f¨ ur r2 2p0 < 1+ 2 r1 ρv2 r1
physikalisch sinnvoll. Auf die Scheibe wirkt von unten der Druck p(r) und von oben der Atmosph¨ arendruck p0 . Die resultierende Kraft auf die Scheibe erh¨ alt man durch Integration der Druckdifferenz auf ein Fl¨ achenelement zu Z r2 F = [p(r) − p0 ] dA r1
1 = ρv22 2
Z
r2
r1
r2 p0
F p(r)
« „ r2 dA. 1− r
Wir w¨ ahlen als Fl¨ achenelement einen Kreisring mit dem Radius r und der Dicke dr. Mit dA = 2πr dr folgt dann Z r2 1 F = πρv22 (r − r2 )dr → F = − πρv22 (r2 − r1 )2 . 2 r1 Die resultierende Kraft ist nach unten gerichtet: Die Str¨ omung versucht, die Scheibe anzusaugen.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.26 Aus einem großen Beh¨ alter fließt Wasser u ¨ ber ein Rohr (Querschnitte A1 und A2 ) aus. Das ausstr¨ omende Wasser trifft auf eine Platte, die mit einer Feder (Federsteifigkeit c) an der Wand befestigt ist.
43
A1.26
p0 ρ
A1
h
z1
A2
c 2
1
Man bestimme die Geschwindigkeit v1 an der Stelle { und die Spieuckt? gelh¨ ohe z1 im Steigrohr. Wie weit wird die Feder zusammengedr¨
L¨ osung Wir bestimmen zuerst die Ausflussgeschwindigkeit aus dem Rohr nach der Formel√ von Torricel2gh. Die Geli: v2 = schwindigkeit an der Stelle { l¨ asst sich dann mit Hilfe der Kontinuit¨ atsgleichung berechnen: A1 v1 = A2 v2
→
v1 =
v3 v2
F
Kontrollvolumen F
v3 A2 A2 p v2 = 2gh. A1 A1
Um die Spiegelh¨ ohe im Steigrohr zu ermitteln, bestimmen wir zun¨ achst den Druck an der Stelle {. Dazu verwenden wir die Bernoullische Gleichung f¨ ur die Punkte { und | einer Stromlinie: ρv12 /2 + p1 = ρv22 /2 + p0 →
p1 = p0 + ρ(v22 − v12 )/2 = p0 + ρgh[1 − (A2 /A1 )2 ].
Damit folgt aus der hydrostatischen Druckgleichung f¨ ur das Steigrohr die gesuchte H¨ ohe: p1 = p0 + ρgz1
→
z1 = h[1 − (A2 /A1 )2 ].
F¨ ur A2 = A1 wird z1 = 0. Die von der Platte auf das Wasser ausge¨ ubte Kraft erh¨ alt man mit dem Massenstrom m ˙ = ρA2 v2 aus dem Impulssatz: →:
− F = 0 − mv ˙ 2
→
F = 2ρghA2 .
Die Kraft auf die Platte ist entgegengesetzt gleich groß. Sie dr¨ uckt die Feder um die Strecke Δl = F/c zusammen.
→
Δl = 2ρghA2 /c
44
A1.27
Hydromechanik
Aufgabe 1.27 Aus einer D¨ use tritt ein Fl¨ ussigkeitsstrahl (Querschnittsfl¨ ache A0 ) mit der ohe Geschwindigkeit v0 aus. Nach der Fallh¨ h trifft der Strahl auf eine Schneide, die den Strahl halbiert und die Teilstrahlen horizontal bzw. unter dem Winkel α ableitet. Die vertikale Abmessung der Schneide ist vernachl¨ assigbar.
v0
A0 h α
Wie groß sind die Horizontal- und die Vertikalkomponente der Kraft auf die Schneide?
L¨ osung Wir bestimmen zun¨achst die Geschwinache A1 des digkeit v1 und die Querschnittsfl¨ Strahls beim Auftreffen auf die Schneide mit Hilfe der Bernoullischen Gleichung f¨ ur eine Stromlinie zwischen den Punkten und { und der Kontinuit¨ atsgleichung: p ρv02 /2 + ρgh = ρv12 /2 → v1 = v02 + 2gh, v0 A0 . A0 v0 = A1 v1 → A1 = p v02 + 2gh In der Gleichung von Bernoulli wurde ber¨ ucksichtigt, dass der Druck an jeder Stelle im Strahl gleich dem Atmosph¨ arendruck ist. Aus den Bernoullischen Gleichungen f¨ ur die Stromlinien von { nach | bzw. { nach } erhalten wir mit p2 = v ur die Geschwindigkeiten (ver- 2 p3 = p0 f¨ tikale Abmessungen vernachl¨ assigt): v2 = v3 = v1 . Da der Strahl halbiert wird, gilt omen A2 = A3 = A1 /2. Mit den Massenstr¨ m ˙ j = ρAj vj , j = 1, 2, 3 folgt aus dem Impulssatz die von der Schneide auf das Wasser ausge¨ ubte Kraft:
0 A0
v0
1 3
2
v1 KontrollŦ volumen
α FH FV FV
→: FH = − m ˙ 2 v2 + m ˙ 3 v3 cos p α → FH = − (1 − cos α)ρv0 v02 + 2ghA0 /2, ↑:
˙ 3 v3 sin α − (− m ˙ 1 v1 ) FV = − m p 1 → FV = (1 − sin α)ρv0 v02 + 2ghA0 . 2
Die Kraft auf die Schneide ist entgegengesetzt gleich groß.
v3
FH
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.28 Aus einer D¨ use mit Kreisquerschnitt (Fl¨ ache A0 ) str¨ omt eine Fl¨ ussigkeit mit der Geschwindigkeit v0 vertikal nach oben. Der Strahl trifft auf eine Kugelkalotte (Gewicht G) und wird dadurch symmetrisch umgelenkt. Die vertikale Abmessung h der Kalotte sei vernachl¨ assigbar.
45
A1.28
G h α
α ρ A0
H
v0
In welcher H¨ ohe schwimmt die Kalotte?
L¨ osung Im Freistrahl ist der Druck an jeder Stelle gleich dem Atmosph¨ arendruck p0 . Daher liefert die Bernoullische Gleichung f¨ ur eine nach { die GeStromlinie von ohe H: schwindigkeit v1 in der H¨ ρv02 /2 →
+ p0 = v1 =
ρv12 /2 p
v02
1 2 0 v0
+ p0 + ρgh
− 2gh.
Aus der Bernoullischen Gleichung f¨ ur eine Stromlinie von { nach | erhalten wir f¨ ur die Geschwindigkeit im umgelenkten Strahl v2 = v1 . Aus Symmetriegr¨ unden ist die von der Kalotte auf die Fl¨ ussigkeit ausge¨ ubte Kraft F vertikal. Sie folgt aus dem Impulssatz: ˙ 1 ↑: − F = − m(v ˙ 2 sin α) − mv
G
= − (1 + sin α)mv ˙ 1. Dabei ist der Massenstrom durch m ˙ = ρA0 v0 gegeben.
F
Beim Schwimmen ist die von der Fl¨ ussigkeit auf die Kalotte ausge¨ ubte Kraft gleich deren Gewicht: F =G → G = (1 + sin α)ρA0 v0
F α
v2 p
v02
− 2gh.
v2 v1
Kontrollvolumen
Aufl¨ osen liefert die gesuchte H¨ ohe: " «2 # „ v02 G . H= 1− 2g (1 + sin α)ρA0 v02
46
A1.29
Hydromechanik
Aufgabe 1.29 Die Turbine eines Wasserkraftwerks wird aus einem Speicherbecken gespeist. Der aus der D¨ use D austretende Strahl (Querschnittsfl¨ ache A) trifft auf den Schaufelkranz der Turbine. Dabei wird der Strahl symmetrisch aufgeteilt und so umgelenkt, dass er die Schaufeln unter dem Winkel α verl¨ asst.
p0 ρ
ω
R H
A D
vD
α
Wie groß ist die Kraft auf eine Schaufel bei einer Winkelgeschwindigkeit ω der Turbine?
L¨ osung Die Ausstr¨ omgeschwindigkeit des Strahls aus der D¨ use ist nach der Formel von Torricel√ li durch vD = 2gH gegeben. Die Auftreffgeschwindigkeit des Strahls v1 auf die Schaufel erh¨ alt man zu
v2 Kontrollvolumen 1 F
F
v1 = vD − Rω. Aus der Bernoullischen Gleichung f¨ ur eine Stromlinie von { nach | folgt mit
α v2
2
p1 = p2 = p0 f¨ ur die Geschwindigkeit v2 = v1 . Die Kontinuit¨ atsgleichung liefert wegen der Symmetrie der Aufteilung A2 = A/2. F¨ ur die Massenstr¨ ome in den Strahlen gilt m ˙ 1 = ρAv1
und
m ˙ 2 = ρA2 v2 = ρAv1 /2.
Mit dem dargestellten Kontrollvolumen liefert der Impulssatz die von der Schaufel auf den Strahl ausge¨ ubte Kraft: ˙ 1 v1 →: − F = −2m ˙ 2 v2 cos α − m `√ ´2 → F = (1 + cos α)ρA 2gH − Rω . Die Kraft auf die Schaufel ist entgegengesetzt gleich groß.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.30 Beim Einschenken von Kaffee (Dichte ρ) trifft ein Strahl (Querschnittsfl¨ ache A) mit der Geschwindigkeit v auf die Wand einer Tasse (Gewicht G). Die Tasse steht auf einer rauhen Unterlage. Die Kr¨ ummung der Tasse sei vernachl¨ assigbar.
47
A1.30
60◦ v ρ,A h 60◦
G rauh
l Wie schwer muss die Tasse mindestens sein, damit sie beim Auftreffen des Strahls nicht kippt?
L¨ osung Wir bestimmen zun¨achst die zwischen der Tasse und dem Kaffee wirkende Normalkraft. Mit dem dargestellten Kontrollvolumen und dem Massenstrom h
N G
√ 2h/ 3
m ˙ = ρAv lautet der Impulssatz in Normalenrichtung
CV
l
: N = m(0 ˙ + v cos 30◦ ) √ → N = 3ρAv 2 /2.
30◦
v Dann liefert das Momentengleichgewicht an der Tasse
BH BV
CH
60◦
v
√ C : BV l + N 2h/ 3 − Gl/2 = 0. Kontrollvolumen
Damit die Tasse nicht kippt, muss BV > 0 sein. Daraus folgt √ Gl/2 − N 2h/ 3 > 0 →
G > 2ρAv 2 h/l.
N
v
48
A1.31
Hydromechanik
Aufgabe 1.31 Die Str¨omung in einem Rohr (Querschnittsfl¨ ache A), das sich in einer horizontalen Ebene befindet, wird durch den Bogen { - | rechtwinklig umgelenkt. Gegeben sind die Geschwindigkeit v1 und der statische Druck p1 .
A
v1
1
p1
2 ρ
Man bestimme die Kraft, die von der str¨ omenden Fl¨ ussigkeit auf den Bogen ausge¨ ubt wird.
L¨ osung Um die gesuchte Kraft zu ermitteln, w¨ ahlen wir das dargestellte Kontrollvolumen. Aus der Kontinuit¨ atsgleichung folgt wegen
v2 = v
v1 = v 1
Kontrollvolumen
2
A1 = A2 = A f¨ ur die Geschwindigkeiten
p1 = p
Fx
v1 = v2 = v,
p2 = p
Fy
und die Bernoullische Gleichung liefert dann f¨ ur die statischen Dr¨ ucke
y x
p1 = p2 = p. Die resultierende Kraft auf die Fl¨ ussigkeit setzt sich aus den Druckkr¨ aften p1 A1 und p2 A2 in den Endquerschnitten sowie der vom Bogen auf die Mantelfl¨ ache ausge¨ ubten Kraft F zusammen. Mit dem Massenstrom m ˙ = ρAv lautet der Impulssatz →:
√ √ √ √ ˙ 2 2/2 − v1 2/2), p1 A1 2/2 − p2 A2 2/2 + Fx = m(v
√ √ √ √ ˙ 2 2/2 − (− v1 2/2)]. ↑: − p1 A1 2/2 − p2 A2 2/2 + Fy = m[v Daraus folgt Fx = 0,
Fy =
√
2 (p + ρv 2 ) A.
Die Kraft auf den Bogen ist wegen actio = reactio entgegengesetzt gerichtet: Sie zeigt in die negative y-Richtung.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.32 Eine D¨ use wird von einer Fl¨ ussigkeit (Dichte ρ) durchstr¨ omt. An der D¨ use ist ein Manometer angeschlossen, an dem eine H¨ ohendifferenz Δh der Messfl¨ ussigkeit (Dichte ρM ρ) abgelesen wird. Wie groß ist die Austrittsgeschwindigkeit v3 ?
1 A1
g
49
A1.32
2 A2 3 ρ
Δh
p0 ρM
Welche Kraft wird von der Fl¨ ussigkeit im Bereich { - } auf die D¨ use ausge¨ ubt?
L¨ osung Die Bernoullische Gleichung liefert einen Zusammenhang zwischen den Geschwindigkeiten und den Dr¨ ucken in den Querschnitten { und | : ρv12 /2 + p1 = ρv22 /2 + p2 .
Kontrollvolumen
p1 v1
p0
F
v3
3 1
Eine Beziehung zwischen den Geschwindigkeiten ist durch die Kontinuit¨ atsgleichung
F
A1 v1 = A2 v2 gegeben. Da die Fl¨ ussigkeiten im Manometer ruhen, erh¨ alt man einen Zusammenhang zwischen den Dr¨ ucken p1 und p2 aus den hydrostatischen Druckgleichungen f¨ ur das linke bzw. das rechte Rohr des Manometers. Der Druck in der Trennfl¨ ache der beiden Fl¨ ussigkeiten und der Druck in der Messfl¨ ussigkeit in H¨ ohe der Trennfl¨ ache sind gleich groß. Daher folgt p1 + ρgΔh = p2 + ρM gΔh →
p1 − p2 = (ρM − ρ)gΔh ≈ ρM gΔh.
50
Hydromechanik
Aus den obigen Gleichungen erh¨ alt man durch Aufl¨ osen „ « 2 ρ A2 ρv22 ρv 2 v22 + p1 − p2 = 1 + p1 − p2 = 2 2 2 A1 2ρ gΔh → v22 = " M„ «2 # . A2 ρ 1− A1 Wegen A3 = A2 folgt aus der Kontinuit¨ atsgleichung die Austrittsgeschwindigkeit zu s 2ρM gΔh . v3 = v2 = ρ[1 − (A2 /A1 )2 ]
Wir w¨ ahlen nun das dargestellte Kontrollvolumen. Die resultierende Kraft auf die Fl¨ ussigkeit setzt sich aus den Druckkr¨ aften p1 A1 und use auf die Mantelfl¨ ache p0 A3 in den Querschnitten sowie der von der D¨ ausge¨ ubten Kraft F zusammen. Der Impulssatz lautet daher →:
˙ 3 − v1 ) p1 A1 − p0 A3 − F = m(v
mit dem Massenstrom m ˙ = ρA2 v2 . Einsetzen und Aufl¨ osen liefert F = p1 A1 − p0 A2 − ρA2 v2 (v2 − v1 ) = (p1 − p0 )A1 + p0 (A1 − A2 ) − ρA2 (1 − A2 /A1 )v22 →
F = ρM gA1 Δh + p0 (A1 − A2 ) −
2ρM gA2 Δh . 1 + A2 /A1
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 1.33 Ein durchstr¨omtes horizontales Rohr mit Rechteckquerschnitt (H¨ ohe h) verengt sich an einer Umlenkung von der Breite b1 auf die Breite b2 . Durch innere Reibung tritt in der Umlenkung ein Druckverlust Δpv auf. Die Druckverlustzahl ζ (d.h., der auf den Staudruck an der Stelle { bezogene Druckverlust) sei bekannt.
51
A1.33
α
2 b2
ρ 1 v1
b1 p1
Wie groß sind bei gegebener Anstr¨ omgeschwindigkeit v1 und gegebeomgeschwindigkeit v2 und der Druck nem statischen Druck p1 die Abstr¨ p2 hinter der Umlenkung? Welche Kraft u ussigkeit (Dichte ρ) im Bereich { bis | auf ¨ bt die Fl¨ das Rohr aus?
L¨ osung Die Abstr¨ omgeschwindigkeit folgt unmittelbar aus der Kontinuit¨ atsgleichung
Kontrollvolumen
p2 b2 h v2
b1 hv1 = b2 hv2 Fx
zu
Fy
v2 = v1 b1 /b2 . p1 b1 h Der durch die Umlenkung auftretende Druckverlust wird mit Hilfe der verallgemeinerten Bernoullischen Gleichung erfasst. Sie lautet mit z2 = z1 :
v1 α
y x
ρv12 /2 + p1 = ρv22 /2 + p2 + Δpv . Die Druckverlustzahl ζ ist der auf den Staudruck ρv12 /2 bezogene Druckverlust: ζ = Δpv /(ρv12 /2)
→
Δpv = ζρv12 /2.
52
Hydromechanik
Damit erhalten wir aus der Bernoullischen Gleichung den statischen Druck hinter der Umlenkung: "„ « # 2 b1 ρ 2 − (1 − ζ) . p2 = p1 − v1 2 b2
Zur Ermittlung der vom Rohr auf die Fl¨ ussigkeit ausge¨ ubten Kraft w¨ ahlen wir das dargestellte Kontrollvolumen. Mit dem Massenstrom m ˙ = ρb1 hv1 lautet der Impulssatz: →: p1 b1 h cos α − p2 b2 h + Fx = ρb1 hv1 (v2 − v1 cos α), ↑: p1 b1 h sin α + Fy = ρb1 hv1 (0 − v1 sin α). Einsetzen und Aufl¨ osen liefert » Fx =
ρv12 h
– b21 b2 + (1 − ζ) − b1 cos α + p1 h(b2 − b1 cos α), 2b2 2
Fy = −b1 h sin α(p1 + ρv12 ). Die Kraft von der Fl¨ ussigkeit auf das Rohr ist entgegengesetzt gleich groß.
Aufgaben und L¨ osungen
53
Aufgabe 1.34 Die Querschnitts2 3 1 fl¨ ache eines durchstr¨ omten Rohrs verj¨ ungt sich im Bereich { bis | vom Wert A1 ρ auf den Wert A2 und springt v1 A2 dann wieder auf den Wert A3 = A1 A1 p1 A1 . An der Stelle { sind die Geschwindigkeit bzw. der Druck ¨ durch v1 bzw. p1 gegeben. Am Ende des Ubergangsgebiets | bis } stellt sich wieder eine nahezu gleichf¨ ormige Str¨ omung ein. Wie groß sind der Druck p3 und die von der Fl¨ ussigkeit auf das Rohr im Bereich { bis } ausge¨ ubte Kraft F ?
L¨ osung Wegen der pl¨ otzlichen Querschnitts¨ anderung an der Stelle Kontrollvolumen | bilden sich Wirbel, und es geht Str¨ omungsenergie verloren. Dieser F Energieverlust ist durch den Car- v1 p1 A1 p3 A3 v3 notschen Stoßverlust „ «2 A2 ρ Δpv = v22 1 − 2 A3 gegeben und wird in der verallgemeinerten Bernoullischen Gleichung erfasst: „ «2 A2 ρ . ρv12 /2 + p1 = ρv32 /2 + p3 + v22 1 − 2 A3 Mit Hilfe der Kontinuit¨ atsgleichungen A1 v1 = A2 v2 → v2 = v1 A1 /A2 bzw. A1 v1 = A3 v3 → v3 = v1 erhalten wir daraus «2 „ «2 „ ρ 2 ρ 2 A1 A2 = p1 − v1 −1 . p3 = p1 − v2 1 − 2 A1 2 A2 Die vom Rohr im Bereich { bis } auf die Fl¨ ussigkeit ausge¨ ubte ur Kraft folgt mit dem Massenstrom m ˙ = ρA1 v1 aus dem Impulssatz f¨ das Kontrollvolumen: →:
p1 A1 − p3 A3 + F = ρA1 v1 (v3 − v1 ) „ «2 A1 ρ − 1 A1 . → F = − (p1 − p3 )A1 = − v12 2 A2
Die von der Fl¨ ussigkeit auf das Rohr ausge¨ ubte Kraft ist entgegengesetzt gleich groß.
A1.34
Kapitel 2 Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
2
56
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Vorbemerkungen: Die Darstellung beschr¨ ankt sich auf die lineare Theorie (kleine Verzerrungen, lineares Elastizit¨ atsgesetz). Dabei werden die nachfolgenden Bezeichnungen und Regeln verwendet: Kartesische Koordinaten: x1 , x2 , x3 oder x, y, z. Indexnotation: Kennzeichnung eines Vektors n bzw. Tensors σ durch seine Komponenten: n = [ni ] bzw. σ = [σij ] mit i, j = 1, 2, 3. Indizes nach einem Komma kennzeichnen Ableitungen: ui,j = ∂ui /∂xj . Summationskonvention: Treten in einem Term zwei gleiche Indizes auf, so ist dar¨ uber zu summieren: σij nj = σi1 n1 + σi2 n2 + σi3 n3 . j 1 f¨ ur i = j , Kronecker-Symbol: δij = 0 f¨ ur i = j . ( +1 f¨ ur ijk = 123, 231, 312 , Permutationssymbol: ijk = 0 f¨ ur 2 oder 3 gleiche Indizes, −1 f¨ ur ijk = 213, 132, 321 .
Grundlagen Grundgleichungen der Elastizit¨ atstheorie σij,j + fi = ρ¨ ui εij = 12 (ui,j + uj,i ) σij = Eijkl εkl
Bewegungsgesetz , Kinematik , Elastizit¨ atsgesetz .
Hinzu kommen Randbedingungen f¨ ur die Verschiebung ui oder den ur u ¨i = 0 reSpannungsvektor ti sowie die Anfangsbedingungen. F¨ duziert sich das Bewegungsgesetz auf die Gleichgewichtsbedingung. Spannungsvektor:
t = [ti ] =
Cauchysche Formel:
dF . dA
ti = σij nj
mit ti = Spannungsvektor im Schnitt mit Normale nj . Spannungstensor " σx τxy σ = [σij ] = τyx σy τzx τzy
# " τxz σ11 τyz = σ21 σz σ31
• Normalspannungen: σx = σ11 , • Schubspannungen: τxy = σ12 ,
σ12 σ22 σ32 ... ...
# σ13 σ23 . σ33
57
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
• σ ist symmetrisch: σij = σji . • Transformationsbeziehungen:
σij = σkl aik ajl
mit
σkl Spannungskomponenten im x1 , x2 , x3 -System, Spannungskomponenten im x1 , x2 , x3 -System, σij aik = cos(xi , xk ) Transformationskoeffizienten. • Invarianten des Spannungstensors: I1 = σii = σ1 + σ2 + σ3 , I2 = 12 (σij σij − σii σjj ) = −(σ1 σ2 + σ2 σ3 + σ3 σ1 ) , I3 = det[σij ] = σ1 σ2 σ3 . • Hauptspannungen: σ1 , σ2 , σ3 ,
(σ1 ≥ σ2 ≥ σ3 )
sind Station¨ arwerte (Extrema) der Normalspannung, ergeben sich aus
σ 3 − I1 σ 2 − I2 σ − I3 = 0 ,
treten in senkrecht aufeinander stehenden Schnitten (Richtungen) auf, in denen die Schubspannung Null ist (= Hauptachsensystem). Hauptachsenrichtungen folgen aus
(σij − σ δij )nj = 0
mit σ = σ1 , σ2 , σ3 (Hauptachsentransformation). Maximale Schubspannung: τmax = 12 (σ1 − σ3 ) in Schnitten unter 45◦ zu Richtungen von σ1 und σ3 . • Spannungstensor " σ1 0 σ = 0 σ2 0 0
im Hauptachsensystem: # 0 0 . σ3
• Aufspaltung des Spannungstensors: σm = 13 σkk = Spannung,
1 (σ1 3
σij = σm δij + sij
mit
+ σ2 + σ3 ) = hydrostatische (mittlere)
σm δij = Kugeltensor (hydrostatischer Spannungszustand), sij = σij − σm δij = Spannungsdeviator, ˆ ˜ J2 = 12 sij sij = 16 (σ1 − σ2 )2 + (σ2 − σ3 )2 + (σ3 − σ1 )2 = 2. Invariante des Spannungsdeviators.
58
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Verschiebungsvektor: u = [ui ] mit Verschiebungskomponenten ui . Verzerrungstensor: 2 εx ε = [εij ] = 4 12 γyx 1 γ 2 zx
1 γ 2 xy εy 1 γ 2 zy
3
1 γ 2 xz 1 γ 5 2 yz εz
• Dehnungen: ε11 = εx = u1,1 ,
"
ε11 = ε21 ε31
ε12 ε22 ε32
# ε13 ε23 . ε33
...
• Winkel¨ anderungen: 2 ε12 = γxy = u1,2 + u2,1 ,
...
• ε ist symmetrisch: εij = εji . • Transformationsbeziehungen:
εij = εkl aik ajl .
• Invarianten: wie bei Spannungstensor. • Hauptdehnungen: ε1 , ε2 , ε3 ,
(ε1 ≥ ε2 ≥ ε3 )
sind Station¨ arwerte (Extrema) der Dehnung, errechnen sich analog zu den Spannungen, treten im Hauptachsensystem auf. Hauptachsenrichtungen errechnen sich analog zu den Hauptachsenrichtungen bei den Spannungen. • Verzerrungstensor im Hauptachsensystem: " # ε1 0 0 ε = 0 ε2 0 . 0 0 ε3 • Aufspaltung des Verzerrungstensors: εm =
1 3
εkk =
1 (ε1 3
εv = 3εm = εkk εm δij
+ ε2 + ε3 )
εij = εm δij + eij
mit
= mittlere Dehnung,
= Volumendehnung,
= Kugeltensor (Volumen¨ anderung),
eij = εij − εm δij
= Verzerrungsdeviator.
• Kompatibilit¨ atsbedingungen: ε11,22 + ε22,11 = 2ε12,12 , ε22,33 + ε33,22 = 2ε23,23 , ε33,11 + ε11,33 = 2ε31,31 ,
(− ε23,1 + ε13,2 + ε12,3 ),1 = ε11,23 , (− ε31,2 + ε21,3 + ε23,1 ),2 = ε22,31 , (− ε12,3 + ε32,1 + ε31,2 ),3 = ε33,12 .
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Elastizit¨ atsgesetz:
59
σij = Eijkl εkl
• Elastizit¨ atstensor hat bei allgemeiner Anisotropie 21 unabh¨ angige Konstanten; es gilt: Eijkl = Ejikl = Eijlk = Eklij . • Stoffgesetz bei Isotropie in 3 alternativen Formulierungen (je 2 unabh¨ angige Konstanten): σij = λ εkk δij + 2μ εij , 1+ν ν εij = σij − σkk δij , E E σkk = 3Kεkk , sij = 2G eij , μ(3λ + 2μ) λ E , ν= , G=μ= , λ+μ 2(λ + μ) 2(1 + ν) E νE 2 , λ= . K =λ+ μ= 3 3(1 − 2ν) (1 + ν)(1 − 2ν)
E=
• Isotropie, Ber¨ ucksichtigung von Temperatur¨ anderungen T (um eine Verwechslung mit dem Laplace-Operator Δ zu vermeiden, werden Temperatur¨ anderungen hier nicht mit ΔT bezeichnet!): εij =
1+ν ν σij − σkk δij + αT T δij . E E
• Orthotropie (9 unabh¨ angige Konstanten): νE212 = νE121 0 1 1 ν ν 0 1 0 1 − E212 − E313 0 0 0 E1 σ11 ε11 ν ν 1 B − 12 C 32 − 0 0 0 C Bσ22 C B ε22 C B νE1 Eν2 E3 CB C B C B 1 B ε33 C B − E131 − E232 E3 0 0 0 C Bσ33 C CB C . B C=B 1 B2 ε23 C B 0 0 0 G23 0 0 C Bσ23 C C@ A @ A B 1 2 ε31 @ 0 0 0 0 G13 0 A σ31 1 2 ε12 σ12 0 0 0 0 0 G12 Form¨ anderungsenergiedichte:
U = 12 Eijkl εij εkl ,
U = 12 σij εij = Uv + Ug , Uv = 16 σkk εll
Volumen¨ anderungsenergie ,
Ug = 12 sij eij
Gestalt¨ anderungsenergie .
Isotropie:
Uv = 12 K ε2v ,
Ug = G eij eij .
Form¨ anderungsenergie (Potential der inneren Kr¨ afte): Z U dV . Πi = V
60
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Πi = Wa ,
Arbeitssatz:
afte , Πi = Potential der inneren Kr¨ Wa = Arbeit der ¨ außeren Kr¨ afte . 2Πi + Πa = 0 ,
Satz von Clapeyron:
außeren Totlasten . Πa = Potential der ¨ Z Z (1) (2) (2) (1) ti ui dA = ti ui dA . Satz von Betti: A
A
Prinzip der virtuellen Verr¨ uckungen: Z Z Z σij δεij dV = ti δui dA+ fi δui dV V
A
bzw.
δWi = δWa .
V
Prinzip vom Station¨ arwert des Gesamtpotentials: δ(Πi + Πa ) = 0
bzw.
Π = Πi + Πa = station¨ ar .
Grundgleichungen fu ¨r das ebene Problem Kartesische Koordinaten Gleichgewicht: ∂σx ∂τxy + + fx = 0 , ∂x ∂y Kinematik: ∂u εx = , ∂x
εy =
∂v , ∂y
∂τxy ∂σy + + fy = 0 . ∂x ∂y
γxy =
∂u ∂v + . ∂y ∂x
Elastizit¨ atsgesetz (ESZ, Isotropie): Eεx = σx − νσy ,
Eεy = σy − νσx ,
f¨ ur den EVZ ersetzen: Kompatibilit¨ atsbedingung: ∂ 2 εy ∂ 2 γxy ∂ 2 εx + = . ∂y 2 ∂x2 ∂x∂y
Gγxy = τxy ,
E → E/(1 − ν 2 ),
ν → ν/(1 − ν) .
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
61
Polarkoordinaten Gleichgewicht: ∂σr 1 ∂τrϕ σr − σϕ + + +fr = 0, ∂r r ∂ϕ r Kinematik: ∂ur εr = , ∂r
εϕ =
∂τrϕ 1 ∂σϕ 2τrϕ + + +fϕ = 0. ∂r r ∂ϕ r
1 ∂uϕ ur + , r ∂ϕ r
γrϕ =
1 ∂ur ∂uϕ uϕ + − . r ∂ϕ ∂r r
Elastizit¨ atsgesetz (ESZ, Isotropie): Eεr = σr − νσϕ ,
Eεϕ = σϕ − νσr ,
Gγrϕ = τrϕ ,
E → E/(1 − ν 2 ),
f¨ ur den EVZ ersetzen:
ν → ν/(1 − ν) .
Kompatibilit¨ atsbedingung: 1 ∂ 2 εr 1 ∂εr 2 ∂εϕ ∂ 2 εϕ 1 ∂ 2 γrϕ 1 ∂γrϕ − + + = + 2 . 2 2 2 r ∂ϕ r ∂r ∂r r ∂r r ∂r∂ϕ r ∂ϕ L¨ osungsansatz mit Airyscher Spannungsfunktion F Bipotentialgleichung ΔΔF = 0 σx =
∂2F , ∂y 2
(fx = fy = 0, T = 0) : ∂4F ∂4F ∂4F +2 2 2 + = 0, ∂x4 ∂x ∂y ∂y 4
bzw. σy =
∂2F , ∂x2
τxy = −
∂2F . ∂x∂y
Bipotentialgleichung in Polarkoordinaten: ΔΔF = 0 σr =
mit
1 ∂2F 1 ∂F + , r 2 ∂ϕ2 r ∂r
Δ=
∂2 1 ∂2 1 ∂ , + + ∂r 2 r 2 ∂ϕ2 r ∂r
σϕ =
∂2F , ∂r 2
τrϕ = −
Rotationssymmetrischer Spannungszustand 2
∂ “ 1 ∂F ” . ∂r r ∂ϕ
(τrϕ = 0) :
2
F (r) = C0 + C1 lnr + C2 r + C3 r lnr , σr =
C1 + 2C2 + C3 (1 + 2 lnr) , r2
Erweiterte Bipotentialgleichung ΔΔF = −EαT ΔT .
σϕ = −
C1 + 2C2 + C3 (3 + 2 lnr). r2
(fx = fy = 0, T = 0) :
62
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Rotationssymmetrischer Zustand
( ∂(·) = 0) ∂ϕ
Gleichgewicht: dσr σ r − σϕ + + fr = 0 , dr r
dτrϕ 2τrϕ + + fϕ = 0 . dr r
Kinematik: dur ur duϕ uϕ εr = , εϕ = , γrϕ = − . dr r dr r Elastizit¨ atsgesetz (ESZ, Isotropie): Eεr = σr − νσϕ ,
Eεϕ = σϕ − νσr ,
f¨ ur den EVZ ersetzen:
Gγrϕ = τrϕ ,
E → E/(1 − ν 2 ),
Verschiebungsdifferentialgleichungen: d2 ur ur 1 dur − 2 = 0, + dr 2 r dr r mit den allgemeinen L¨ osungen C2 , ur = C1 r + r h E C2 i (1 + ν)C1 − (1 − ν) 2 , σr = 2 1−ν r E h C2 i (1 + ν)C1 + (1 − ν) 2 . σϕ = 2 1−ν r
ν → ν/(1 − ν) .
uϕ d2 uϕ 1 duϕ − 2 =0 + dr 2 r dr r C4 , r 2C4 = −G 2 , r
uϕ = C3 r + τrϕ
Grundgleichungen f¨ ur Kugelsymmetrie r
Gleichgewicht: dσr 2 + (σr − σϕ ) + fr = 0 , dr r
z
σ ϑ = σϕ .
Kinematik: dur ur εr = , ε ϕ = εϑ = . dr r Elastizit¨ atsgesetz (Isotropie): Eεr = σr − 2νσϕ ,
Eεϕ = (1 − ν)σϕ − νσr .
Verschiebungsdifferentialgleichung: 2 dur d2 ur 2ur + − 2 =0 dr 2 r dr r mit der allgemeinen L¨ osung ur = C1 r +
C2 . r2
ϑ x
ϕ
y
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
63
Reine Torsion Annahme: κT =
dϑ MT = const. = dx GIT
Formulierung mit der Verw¨ olbungsfunktion U (y, z) Differentialgleichung f¨ ur die Verw¨ olbungsfunktion: ΔU = 0
∂2U ∂2U + = 0. 2 ∂y ∂z 2
bzw.
y
Randbedingung auf C:
C n
Spannungen: τxy = GκT
x
∂U = z ny − y nz . ∂n
“ ∂U ∂y
”
−z ,
τxz = GκT
“ ∂U ∂z
z
” +y .
Formulierung mit der Torsionsfunktion Φ(y, z ) Differentialgleichung f¨ ur die Torsionsfunktion: ΔΦ = 1
bzw.
∂2Φ ∂2Φ + = 1. 2 ∂y ∂z 2
Randbedingung auf C (kompakte Querschnitte):
Φ = 0.
Spannungen: τxy = − 2GκT
∂Φ , ∂z
τxz = 2GκT
∂Φ , ∂y
τ = 2GκT | grad Φ| .
Torsionstr¨ agheitsmoment: Z IT = −4 Φ dA . A
Prandtlsche Seifenhautanalogie Die Differentialgleichung f¨ ur die Auslenkung einer durch einen konstanten Druck p belasteten Membran (vgl. Kapitel 3) Δw = −
p σ0 t
und die Differentialgleichung f¨ ur die Torsionsfunktion sind analog. Danach entspricht die Form einer druckbelasteten Membran, die u ¨ ber die Querschnittskontur gespannt ist, der Form der Torsionsfunktion. Ihre Neigung (Gradient) ist proportional zur Schubspannung, das Volumen unter der Membran ist proportional zum Torsionstr¨ agheitsmoment.
64
A2.1
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Aufgabe 2.1 Der Spannungszustand in einem Punkt sei bezogen auf kartesische Koordinaten gegeben durch # " 18 0 24 σ = 0 −50 0 MPa . 24 0 32 Man bestimme die Hauptspannungen, die Hauptachsenrichtungen und die maximale Schubspannung.
L¨ osung Die Hauptspannungen werden aus der Eigenwertgleichung σ 3 − I1 σ 2 − I2 σ − I3 = 0 bestimmt. Mit den Invarianten des Spannungstensors I1 = σ11 + σ22 + σ33 = 18 − 50 + 32 = 0 , 2 2 2 + σ23 + σ31 I2 = −(σ11 σ22 + σ22 σ33 + σ33 σ11 ) + σ12 2 = 900 + 1600 − 576 + 576 = 2500 MPa ,
I3 = det[σij ] = −28800 + 28800 = 0 folgt daraus die Gleichung σ 3 − 2500 σ = 0
→
σ (σ 2 − 2500) = 0
mit den drei nach Gr¨ oße geordneten L¨ osungen σ1 = 50 MPa ,
σ2 = 0 ,
σ3 = −50 MPa .
Die Hauptachsenrichtungen folgen aus dem Gleichungssystem (σij − σ δij ) nj = 0, bzw. ausgeschrieben (σ11 − σ) n1 + σ12 n2 + σ13 n3 = 0 , σ21 n1 + (σ22 − σ) n2 + σ23 n3 = 0 , σ31 n1 + σ32 n2 + (σ33 − σ) n3 = 0 . Um die zu σ1 geh¨ orige Richtung zu ermitteln, verwenden wir die ersten beiden Gleichungen sowie die Bedingung, dass der Richtungsvektor den Betrag 1 haben soll: 9 −32 n1 + 24 n3 = 0 ,= → n1 = 3/5, n2 = 0, n3 = 4/5 . −100 n2 = 0 , ; n21 + n22 + n23 = 1 ,
Aufgaben und L¨ osungen
65
Der Richtungsvektor lautet dementsprechend n T1 = (3/5, 0, 4/5) . Auf gleiche Weise erhalten wir f¨ ur die Richtung von σ2 ) 18 n1 + 24 n3 = 0 , → n1 = −4/5, n2 = 0, n3 = 3/5 , −50 n2 = 0 , n21 + n22 + n23 = 1 , bzw. n T2 = (−4/5, 0, 3/5) . F¨ ur die Richtung von σ3 verwenden wir die erste und die dritte Gleichung, da die zweite identisch erf¨ ullt ist: ) 68 n1 + 24 n3 = 0 , → n1 = 0, n2 = ±1, n3 = 0 . 24 n1 + 82 n3 = 0 , n21 + n22 + n23 = 1 , Damit das System der Richtungsvektoren ein Rechtssystem darstellt, w¨ ahlen wir bei n2 von den zwei m¨ oglichen Vorzeichen das Minuszeichen aus, d.h. es wird n T3 = (0, −1, 0) . Man kann sich davon u ¨ berzeugen, dass die drei Richtungsvektoren senkrecht aufeinander stehen (n1 · n2 = 0, etc.) und dass n1 × n2 = n3 gilt. Die maximale Schubspannung ergibt sich zu τmax =
σ1 − σ3 50 + 50 = = 50 MPa . 2 2
Sie tritt in Schnitten auf, deren Normale senkrecht zu n2 und unter 45◦ zu n1 sowie n3 steht. Anmerkungen: • Beim gegebenen Spannungszustand sind τ21 = 0, σ22 = 0 und τ23 = 0. Dementsprechend sind σ22 eine Hauptspannung und die x2 -Richtung eine Hauptrichtung. • Die Schubspannungen in Schnitten mit der Normale senkrecht zu n1 bzw. n3 sowie unter 45◦ zu den jeweils anderen Richtungen haben die Gr¨ oße τ1 = τ3 = 25 MPa. • Wegen I1 = 0 ist der Spannungszustand rein deviatorisch.
66
A2.2
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Aufgabe 2.2 Der Spannungszustand in einem Punkt sei durch den Spannungstensor σ gegeben. a) Man zeige, dass zwischen den Invarianten I1 , I2 , I3 von σ und den Invarianten J1 , J2 , J3 des Deviators s folgende Beziehungen bestehen: J1 = 0,
J2 =
1 2 (I1 + 3I2 ), 3
J3 =
1 (2I13 + 9I1 I2 + 27I3 ) . 27
b) Wie groß ist die Schubspannung τoct in der ache mit der √ Oktaederfl¨ im Hauptachsensystem durch nToct = (1, 1, 1)/ 3 gegebenen Normalen? c) Wie h¨ angt τoct mit den Invarianten des Spannungstensors bzw. des Deviators zusammen? d) Man zeige, dass f¨ ur den reinen Schubspannungszustand σ1 = −σ3 = τ , σ2 = 0 die relative Abweichung Δ = (τmax − τoct )/τmax zwischen den beiden Schubspannungen maximal wird. Wie groß ist in diesem Fall Δ? e) Welchen Winkel schließen die Normalen der Schnittfl¨ achen, in denen τoct und τmax auftreten, ein? f) Man bestimme die Hauptspannungen, die Invarianten des Deviators, ur den Spannungstensor τmax und τoct f¨ # " 1 0 0 σ = 0 3 −1 MPa . 0 −1 3
L¨ osung a) Mit I1 = σkk , I2 = sij = σij − I1 δij folgen
1 (σij σij 2
− σii σjj ), I3 = det[σij ] und
J1 = sii = (σ11 − I1 /3) + (σ22 − I1 /3) + (σ33 − I1 /3) = 0 , J2 = 12 (sij sij − sii sjj ) = −(s11 s22 + s22 s33 + s33 s11 ) + s212 + s223 + s231 = −([σ11 − 13 I1 ][σ22 − 13 I1 ] + [σ22 − 13 I1 ][σ33 − 13 I1 ] 2 2 2 + σ23 + σ31 +[σ33 − 13 I1 ][σ11 − 13 I1 ]) + σ12 2 2 2 = −(σ11 σ22 + σ22 σ33 + σ33 σ11 ) + σ12 + σ23 + σ31 1 3 2 +2 3 I1 (σ11 + σ22 + σ33 ) − 9 I1
= I2 + 23 I12 − 13 I12 = 13 (3I2 + I12 ) , ˛ ˛ ˛ ˛ ˛ σ12 σ13 ˛s11 s12 s13 ˛ ˛˛(σ11 − 13 I1 ) ˛ ˛ ˛ ˛ σ21 (σ22 − 13 I1 ) σ23 J3 = det[sij ] = ˛s21 s22 s23 ˛ = ˛˛ ˛ ˛s s s ˛ ˛ 1 ˛ σ σ (σ − I ) 31 32 33 31 32 33 3 1
Aufgaben und L¨ osungen
67
und weiter ˛ ˛ ˛σ11 σ12 σ13 ˛ ˛ ˛ J3 = ˛σ21 σ22 σ23 ˛ − 13 I1 σ22 σ33 − 13 I1 σ33 σ11 − 13 I1 σ11 σ22 ˛σ σ σ ˛ 31 32 33 2 2 2 1 3 + 91 I12 (σ11 + σ22 + σ33 ) − 27 I1 + 13 I1 (σ23 + σ31 + σ12 ) = I3 + 13 I1 I2 + 19 I13 −
1 3 I 27 1
=
1 (2I13 27
+ 9I1 I2 + 27I3 ) .
b) Mit der Darstellung des Spannungstensors σ und des Normalenvektors noct im Hauptachsensystem ergibt sich f¨ ur den Spannungsvektor ache toct in der Oktaederfl¨ " #" # " # σ1 0 0 1 1 1 σ1 toct = σ · noct = 0 σ2 0 1 √ = √ σ2 . 3 3 σ3 0 0 σ3 1 Hieraus folgen f¨ ur seine Normalspannungskomponente, seinen Betrag und f¨ ur die gesuchte Schubspannungskomponente 1 I1 σoct = toct · noct = (σ1 + σ2 + σ3 ) = , 3 3 q 1 σ12 + σ22 + σ32 , toct = √ 3 q q 1 2 = 3(σ12 + σ22 + σ32 ) − (σ1 + σ2 + σ3 )2 τoct = t2oct − σoct 3 q 1 = 2(σ12 + σ22 + σ32 − σ1 σ2 − σ2 σ3 − σ3 σ1 ) 3 1p (σ1 − σ2 )2 + (σ2 − σ3 )2 + (σ3 − σ1 )2 . = 3 c) Durch Umformung und unter Verwendung des Ergebnisses aus a) erh¨ alt man q 1 2(σ12 + σ22 + σ32 − σ1 σ2 − σ2 σ3 − σ3 σ1 ) τoct = 3 1p 2(σ1 + σ2 + σ3 )2 − 6(σ1 σ2 + σ2 σ3 + σ3 σ1 ) = 3 r q 1 2 2 2 = 2I12 + 6I2 = = J2 . J2 bzw. τoct 3 3 3 d) Mit τmax = 12 (σ1 − σ3 ) und τoct aus c) gilt allgemein p 2 2(σ1 + σ2 + σ3 )2 − 6(σ1 σ2 + σ2 σ3 + σ3 σ1 ) τmax − τoct =1− Δ= , τmax 3(σ1 − σ3 )
68
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
und f¨ ur die Ableitungen ergibt sich unter Verwendung der Abk¨ urzung √ A f¨ ur den Wurzelausdruck in Δ 4σ22 + 2σ32 − 2σ1 σ2 − 6σ2 σ3 + 2σ1 σ3 ∂Δ √ , = ∂σ1 3(σ1 − σ3 )2 A ∂Δ 2σ1 − 4σ2 + 2σ3 √ , = ∂σ2 3(σ1 − σ3 )2 A ∂Δ 4σ 2 + 2σ12 − 2σ2 σ3 − 6σ1 σ2 + 2σ1 σ3 √ . =− 2 ∂σ3 3(σ1 − σ3 )2 A Die Abweichung Δ nimmt ein Extremum an, wenn alle drei Ableitungen verschwinden. Durch Einsetzen von σ1 = τ , σ2 = 0 und σ3 = −τ kann man sich davon u ur den reinen Schubspan¨ berzeugen, dass dies f¨ nungszustand der Fall ist: ∂Δ ∂Δ ∂Δ = = = 0. ∂σ1 ∂σ2 ∂σ3 F¨ ur Δ ergibt sich dann √ √ 2 6τ 2 6 =1− = 0, 183 . Δ=1− 6τ 3 e) Der Normalenvektor eines Schnittes, in dem τmax = √ (σ1 − σ3 )/2 auftritt, ist im Hauptachsensystem durch nTmax = (1, 0, 1)/ 2 gegeben. alt man F¨ ur den mit noct eingeschlossenen Winkel erh¨ 2 cos ϑ = noct · n max = √ 6
→
ϑ = 35, 3◦ .
Man beachte, dass es noch weitere Schnitte gibt, in denen τmax auftritt. f ) Mit den Invarianten I1 = 7 MPa, I2 = −3 − 9 − 3 + 1 = −14 MPa2 , I3 = 9 − 1 = 8 MPa3 errechnen sich die Hauptspannungen wie folgt: σ 3 − 7σ 2 + 14 σ − 8 = 0 →
σ1 = 4 MPa ,
→
(σ 2 − 6 σ + 8)(σ − 1) = 0
σ2 = 2 MPa ,
σ3 = 1 MPa .
Die weiteren gesuchten Gr¨ oßen ergeben sich zu J2 = 13 (I12 + 3I2 ) = 73 MPa2 , J3 = τmax = 12 (σ1 − σ3 ) = 32 MPa ,
τoct
1 (2I13 27
+ 9I1 I2 + 27I3 ) = q q = 23 J2 = 14 MPa . 9
20 MPa3 27
,
Aufgaben und L¨ osungen
69
Aufgabe 2.3 Der Spannungszustand in einem Punkt sei im Hauptachsensystem x1 , x2 , x3 gegeben durch # " 2 0 0 σ = 0 1 0 MPa . 0 0 −3 a) Wie muss das Achsensystem gedreht werden, damit die Normalspannungen (Diagonalelemente von σ) im neuen System alle Null sind. b) Man zeige, dass im Fall σkk = 0 immer ein Achsensystem existiert, in dem alle Diagonalelemente Null sind. c) Zeigen Sie, dass jeder reine Schubspannungszustand als Superposition von drei elementaren Schubspannungszust¨ anden aufgefasst werden kann, bei denen jeweils nur zwei von Null verschiedene Nichtdiagonalelemente existieren.
L¨ osung Der Spannungszustand ist wegen σkk = 0 rein deviatorisch. a) Die Spannungskomponenten σij im gedrehten System x1 , x2 , x3 er = rechnen sich dabei allgemein aus den Transformationsbeziehungen σij σkl aik ajl . Bei einer Drehung mit dem Winkel ϕ um die x3 -Achse vereinfachen sie sich unter Beachtung von a11 = a22 = cos ϕ ,
a33 = 1 ,
a21 = cos(π/2 + ϕ) = − sin ϕ ,
a12 = cos(π/2 − ϕ) = sin ϕ , a13 = a31 = a23 = a32 = 0
zu σ11 = 12 (σ11 + σ22 ) + 12 (σ11 − σ22 ) cos 2ϕ + σ12 sin 2ϕ , σ22 = 12 (σ11 + σ22 ) − 12 (σ11 − σ22 ) cos 2ϕ − σ12 sin 2ϕ , = σ33 , σ33 = − 12 (σ11 − σ22 ) sin 2ϕ + σ12 sin 2ϕ , σ12 = −σ13 sin ϕ + σ23 cos ϕ , σ23 = σ13 cos ϕ + σ23 sin ϕ . σ31
Entsprechende Beziehungen ergeben sich f¨ ur eine Drehung um die x1 bzw. um die x2 -Achse durch zyklische Vertauschung. Wir betrachten im weiteren zwei aufeinander folgende Drehungen. verschwindet. Mit Die erste erfolgt um die x1 -Achse gerade so, dass σ33 den Spannungskomponenten im Hauptachsensystem folgt dann =0 σ33
→ (σ2 + σ3 ) − (σ2 − σ3 ) cos 2ϕ0 = 0 → 1 σ2 + σ 3 −2 =− → 2ϕ0 = 120◦ → = cos 2ϕ0 = σ2 − σ 3 4 2
ϕ0 = 60◦
A2.3
70
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
und damit σ11 = σ11 = σ1 ,
σ33 = σ12 = σ13 = 0,
= 12 (σ2 + σ3 ) + 12 (σ2 − σ3 ) cos 2ϕ0 = −2 MPa , σ22 √ = − 12 (σ2 − σ3 ) sin 2ϕ0 = − 3 MPa . σ23
Im neuen Achsensystem hat σ dementsprechend die Gestalt 2 3 2 0 0 √ 6 7 σ = 40 −2 − 35 MPa . √ 0 − 3 0 Jetzt gehen wir durch eine zweite Drehung mit dem Winkel ψ um die x3 -Achse vom Achsensystem x1 , x2 , x3 auf ein System x1 , x2 , x3 u ¨ ber. gilt dann Mit den bekannten Spannungskomponenten σij = 12 (σ11 + σ22 ) + 12 (σ11 − σ22 ) cos 2ψ = 2 cos 2ψ MPa , σ11 = 12 (σ11 + σ22 ) − 12 (σ11 − σ22 ) cos 2ψ = −2 cos 2ψ MPa , σ22 = σ33 = 0, σ33 = − 12 (σ11 − σ22 ) sin 2ψ = −2 sin 2ψ MPa , σ12 √ = −σ13 sin ψ + σ23 cos ψ = − 3 cos ϕ MPa , σ23 √ = σ13 cos ψ + σ23 sin ψ = − 3 sin ϕ MPa . σ31 Aus der Forderung σ11 = σ22 = 0 folgen der erforderliche Drehwinkel
cos 2ψ0 = 0
→
2ψ0 = 90◦
→
ψ0 = 45◦
und damit σ11 = σ22 = σ33 = 0, σ12 = −2 MPa ,
σ23 =−
q
3 2
MPa ,
σ31 =−
q
3 2
MPa .
In diesem Achsensystem hat der Spannungstensor dann die gesuchte Form p 3 2 0 −2 − 3/2 p 7 6 σ = 4 −2 0 − 3/25 MPa . p p − 3/2 − 3/2 0
Aufgaben und L¨ osungen
71
b) F¨ ur den Fall, dass nicht alle Diagonalelemente verschwinden, muss wegen I1 = σ11 + σ22 + σ33 = 0 mindestens ein Diagonalelement negativ sein. Dann ist es durch geeignete Drehung um x1 oder x2 immer = 0 zu erf¨ ullen. Wegen der Invarianz von I1 m¨ oglich, die Bedingung σ33 gegen¨ uber dieser Drehung gilt dann σ11 = −σ22 . Eine zweite Drehung um die x3 -Achse mit dem Drehwinkel ψ0 = 45◦ liefert damit stets den Spannungstensor in der Form 3 2 σ13 0 σ12 6 7 σ = 4σ21 0 σ23 5. σ31 σ32 0
c) Der reine Schubspannungszustand ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Achsensystem existiert, in dessen zugeh¨ origen Schnitten keine Normalspannungen auftreten. Der Spannungstensor hat in diesem System die Gestalt 3 2 0 σ12 σ13 7 6 σ = 4σ21 0 σ23 5 . σ31 σ32 0 Dann ist die folgende Aufspaltung m¨ oglich: 2 3 2 3 2 3 3 2 0 0 0 0 σ12 σ13 0 0 σ13 0 σ12 0 6 7 7 6 7 6 σ = 4σ21 0 σ23 5 = 4σ21 0 05 + 4 0 0 0 5 + 40 0 σ23 5 . 0 0 0 σ31 σ32 0 0 σ32 0 σ31 0 0 Der reine Schubspannungszustand kann danach immer durch Superposition dreier elementarer Schubspannungszust¨ ande dargestellt werden.
72
A2.4
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Aufgabe 2.4 F¨ ur den Verschiebungsvektor u in kartesischen Koordinaten # " # " 5x1 u1 u(x1 , x2 , x3 ) = u2 = x2 + 2x3 10−3 u3 2x2 + x3 ermittle man a) den Verzerrungstensor ε, b) die Hauptdehnungen nach Gr¨ oße und Richtung sowie die Volumendehnung.
L¨ osung a) Mit ∂u1 = 5 · 10−3 , ∂x1 ∂u2 = = 1 · 10−3 , ∂x2 ∂u3 = = 1 · 10−3 , ∂x3
∂u1 ∂u2 + = 0, ∂x2 ∂x1 ∂u2 ∂u3 = + = 4 · 10−3 , ∂x3 ∂x2 ∂u3 ∂u1 = + =0 ∂x1 ∂x3
ε11 =
2ε12 =
ε22
2ε23
ε33
2ε31
wird der Verzerrungstensor " # 5 0 0 ε = 0 1 2 10−3 . 0 2 1
b) Die Hauptdehnungen bestimmen wir aus der Eigenwertgleichung ε3 − I 1 ε2 − I 2 ε − I 3 = 0 . Mit den Invarianten des Verzerrungstensors I1 = ε11 + ε22 + ε33 = 5 + 1 + 1 = 7 · 10−3 , I2 = −(ε11 ε22 + ε22 ε33 + ε33 ε11 ) + ε212 + ε223 + ε231 = −7 · 10−6 , I3 = det[εij ] = 5 − 20 = −15 · 10−9 folgt daraus ε3 − 7 · 10−3 ε2 + 7 · 10−6 ε + 15 · 10−9 = 0 bzw. (ε − 5 · 10−3 )(ε2 − 2 · 10−3 ε − 3 · 10−6 ) = 0
Aufgaben und L¨ osungen
73
mit den nach der Gr¨ oße geordneten L¨ osungen ε1 = 5 · 10−3 ,
ε2 = 3 · 10−3 ,
ε3 = −1 · 10−3 .
Die Hauptachsenrichtungen folgen aus dem Gleichungssystem (εij − ε δij ) nj = 0 und der Bedingung, dass der Richtungsvektor den Betrag 1 haben soll. Zur Bestimmung der Richtung von ε1 verwenden wir dabei die letzten beiden Gleichungen des Gleichungssystems: 9 −4 n2 + 2 n3 = 0 ,> = → n1 = 1, n2 = 0, n3 = 0 . 2 n2 − 4n3 = 0 , > ; n21 + n22 + n23 = 1 , Der Richtungsvektor lautet dementsprechend n 1 = (1, 0, 0)T . F¨ ur die Richtung von ε2 erhalten wir unter Verwendung der ersten beiden Gleichungen von (εij − ε δij ) nj = 0: 9 2 n1 = 0 ,> = √ √ → n1 = 0, n2 = 1/ 2, n3 = 1/ 2 . −2 n2 + 2n3 = 0 , > ; n21 + n22 + n23 = 1 , bzw. n 2 = (0,
T √1 , √1 ) 2 2
.
Auf gleiche Weise ergibt sich die Richtung von ε3 : 9 6 n1 = 0 ,> = √ → n1 = 0, n2 = 1/ 2, 2 n2 + 2n3 = 0 , > ; n21 + n22 + n23 = 1 ,
√ n3 = −1/ 2 .
d.h. n 3 = (0,
T √1 , − √1 ) 2 2
.
Dieser Vektor steht senkrecht auf n1 sowie n2 und bildet mit ihnen ein Rechtssystem: n 3 = n1 × n2 . F¨ ur die Volumendehnung folgt εv = ε11 + ε22 + ε33 = ε1 + ε2 + ε3 = 7 · 10−3 .
74
A2.5
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Aufgabe 2.5 Die Verschiebungen in einem Balken mit Rechteckquerschnitt unter reiner Biegung sind gegeben durch u (x, y, z) = κ xz + C1 z + C2 y + C3 , v (x, y, z) = −κ ν yz − C4 z − C2 x + C6 , w (x, y, z) = − 12 κ [x2 + ν (z 2 − y 2 )] − C1 x + C4 y + C5 , wobei κ = 1/R die Kr¨ ummung (R=Kr¨ ummungsradius) und ν die Querkontraktionszahl sind. M0
M0 x
t h
y
l
z
z a) Man bestimme die Komponenten des Verzerrungstensors und des Drehtensors. b) Sind die Vertr¨ aglichkeitsbedingungen erf¨ ullt? c) Wie groß ist die Volumendehnung? d) Was folgt f¨ ur die Konstanten Ci , wenn die Verschiebungen im Ursprung alle Null sind? e) Wie groß sind die Drehungen im Punkt (l, 0, 0), wenn zus¨ atzlich zu den Verschiebungen auch die Drehungen im Ursprung alle Null sind? Was liefert in diesem Fall die Biegelinie w(x, 0, 0)?
L¨ osung a) Durch Ableitung der Verschiebungen ergibt sich f¨ ur die Komponenten des Verzerrungstensors ∂u ∂v ∂w εxx = = κ z , εyy = = −κ ν z , εzz = = −κ ν z , ∂x ∂y ∂z ∂v ∂w ∂u ∂u ∂v ∂w + = 0 , 2εyz = + = 0 , 2εzx = + =0 2εxy = ∂y ∂x ∂z ∂y ∂x ∂z und des Drehtensors 1 “ ∂u ∂v ” = C2 , ωxy = − ωyx = − 2 ∂y ∂x “ ” 1 ∂v ∂w = − (κ ν y + C4 ) , ωyz = − ωzy = − 2 ∂z ∂y 1 “ ∂w ∂u ” ωzx = − ωxz = − = − (κ x + C1 ) . 2 ∂x ∂z Dementsprechend gelten die Darstellungen
Aufgaben und L¨ osungen
# κz 0 0 , ε = 0 −κν z 0 0 0 −κν z "
75
"
# 0 C2 κ x + C1 ω= −C2 0 −κν y − C4 . −κ x − C1 κν y + C4 0
b) Im konkreten Fall gilt εxy = εyz = εzx = 0. Damit vereinfachen sich die Vertr¨ aglichkeitsbedingungen zu ∂ 2 εxx ∂ 2 εyy ∂ 2 εyy ∂ 2 εzz + = 0, + = 0, 2 2 2 ∂y ∂x ∂z ∂y 2 2 2 2 ∂ εyy ∂ εzz ∂ εxx = 0, = 0, = 0. ∂y∂z ∂x∂z ∂x∂y
∂ 2 εxx ∂ 2 εzz + = 0, 2 ∂z ∂x2
Durch Einsetzen der Verzerrungen erkennt man, dass alle Bedingungen erf¨ ullt sind. c) F¨ ur die Volumendehnung ergibt sich εv = εxx + εyy + εzz = κ z (1 − 2ν) . d) Sind die Verschiebungen im Ursprung alle Null, dann folgen aus u (0, 0, 0) = v (0, 0, 0) = w (0, 0, 0) = 0 die Konstanten C3 = 0 ,
C6 = 0 ,
C5 = 0 ,
w¨ ahrend C1 , C2 und C4 unbestimmt bleiben. e) Sind zus¨ atzlich noch alle Drehungen im Ursprung Null, so werden mit ωxy (0, 0, 0) = ωyz (0, 0, 0) = ωzx (0, 0, 0) = 0 auch C2 = 0 ,
C4 = 0 ,
C1 = 0 .
F¨ ur die Drehungen im Punkt (l, 0, 0) folgen dann ωxy = ωyz = 0 ,
ωzx = −κ l .
Aus der Biegelinie w(x, 0, 0) = −
κ 2 [x + ν(z 2 − y 2 )] 2
erh¨ alt man f¨ ur die Neigung w =
∂w = −κ x ∂x
→
w (l, 0, 0) = −κ l .
Die mittlere Drehung ωzx beschreibt danach die Neigung der Biegelinie.
76
A2.6
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Aufgabe 2.6 Mit einer Dehnungsmessstreifenrosette werden auf der Oberfl¨ ache eines Bauteiles die folgenden Dehnungen in den Richtungen unter 0◦ , 45◦ und 90◦ zur x-Achse gemessen:
y
ε0 = 0, 6 · 10−3 , ε45 = −1, 1 · 10−3 , ε90 = −1, 8 · 10−3 .
x
Es sind die Hauptdehnungen und die zugeh¨ origen Richtungen zu bestimmen.
L¨ osung Allgemein gelten die folgenden Transformationsbeziehungen zwischen den Komponenten im Hauptachsensystem und im ξ, η-System: ε1 + ε2 ε1 − ε 2 + cos 2ϕ , εξ = 2 2 ε1 + ε2 ε1 − ε 2 − cos 2ϕ . εη = 2 2
y 2
1 −( π4 ϕ0 π 4
− ϕ0 ) x
Setzen wir f¨ ur εξ bzw. εη die bekannten Dehnungen ε0 , ε45 und ε90 ein, so erhalten wir drei Gleichungen f¨ ur die beiden Hauptdehnungen und den zugeh¨ origen Richtungswinkel ϕ0 : ε1 + ε2 ε1 − ε 2 + cos 2ϕ0 , 2 2 ε1 − ε 2 ε1 + ε2 − cos 2ϕ0 , = 2 2 ε1 − ε 2 ε1 + ε2 + cos(2ϕ0 − = 2 2
ε0 = ε90 ε45
π ) 2
=
ε1 − ε 2 ε1 + ε2 − sin 2ϕ0 . 2 2
Aufl¨ osen nach dem unbekannten Winkel und den Hauptdehnungen liefert 2ε45 − ε0 − ε90 −2, 2 − 0, 6 + 1, 8 = = 0, 416 ε90 − ε0 −1, 8 − 0, 6 ◦ ◦ → ϕ01 = 11, 3 , ϕ02 = 11, 3◦ ± 90◦ , 2ϕ0 = 22, 6
tan 2ϕ0 = →
1 ε0 + ε90 ε0 − ε90 = 0, 7 · 10−3 , + 2 2 cos 2ϕ0 ε0 + ε90 ε0 − ε90 1 = −1, 9 · 10−3 . ε2 = − 2 2 cos 2ϕ0 ε1 =
Aufgaben und L¨ osungen
77
Aufgabe 2.7 Bei einem ebenen Problem sei das Verzerrungsfeld in kartesischen Koordinaten gegeben durch εx (x, y) = c x2 y − a y 2 ,
εy (x, y) = a x y ,
εxy (x, y) = b x y ,
wobei a und c bekannte Konstanten sind. Man bestimme a) die Konstante b so, dass die Kompatibilit¨ atsbedingung erf¨ ullt ist, b) das Verschiebungsfeld.
L¨ osung a) Die Kompatibilit¨atsbedingung liefert ∂ 2 εx ∂ 2 εy ∂ 2 εxy + =2 ∂y 2 ∂x2 ∂x∂y
→
−2 a = 2 b
→
b = −a .
b) Durch Integration von εx = ∂u/∂x und εy = ∂v/∂y ergibt sich zun¨ achst u = 13 c x3 y − a x y 2 + f (y) ,
v = 12 a x y 2 + g(x) .
Einsetzen in 2εxy = ∂u/∂y + ∂v/∂x ergibt mit b = −a den Zusammenhang −2a x y =
df (y) dg(x) 1 1 3 c x − 2a x y + + a y2 + , 3 dy 2 dx
bzw. nach Trennung der Variablen 1 1 df (y) dg(x) + a y2 = − − c x3 = −φ = const . dy 2 dx 3 {z } | {z } | F (y)
G(x)
Damit folgen f¨ ur f (y) und g(x) die Darstellungen f (y) = − 61 a y 3 − φ y + u0 ,
1 g(x) = − 12 c x4 + φ x + v0 ,
und die Verschiebungen werden 1 1 3 c x y − a x y 2 − a y 3 − φ y + u0 , 3 6 1 1 v(x, y) = a x y 2 − c x4 + φ x + v0 . 2 12 u(x, y) =
Anmerkung: Durch die Konstante φ wird eine infinitesimale Drehung und durch die Konstanten u0 , v0 eine beliebige Starrk¨ orperverschiebung ausgedr¨ uckt, welche zu keinen Verzerrungen f¨ uhren.
A2.7
78
A2.8
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Aufgabe 2.8 In einem isotropen elastischen Balken mit Rechteckquerschnitt unter der dargestellten Belastung treten bei Annahme eines ebenen Spannungszustandes die folgenden Spannungen auf (vgl. Aufgabe 2.9):
pz M0
M0 x l/2
l/2
6pz “ h2 − z2) x , h3 4 6pz “ z 3 h2 h3 ” , σz = − 3 − z+ h 3 4 12 12 “ M0 4pz pz l 2 pz h2 ” 6pz σx = 3 + − z − 3 x2 z + 3 z 3 . h t 8 20 h h
z
τxz = −
h t
a) Man u ufe, ob die Kompatibilit¨ atsbedingung erf¨ ullt ist. ¨berpr¨ ¨ b) Wie groß ist die Anderung Δh der Balkenh¨ ohe?
L¨ osung a) Die Kompatibilit¨atsbedingung lautet ∂ 2 εz ∂ 2 γxz ∂ 2 εx + = . ∂z 2 ∂x2 ∂x∂z Mit dem Elastizit¨ atsgesetz εx =
1 (σx − ν σz ) , E
εz =
1 (σz − ν σx ) , E
γxz =
2(1 + ν) τxz E
erh¨ alt man daraus ∂ 2 σz ∂ 2 σz ∂ 2 σx ∂ 2 τxz ∂ 2 σx − ν + − ν = 2(1 + ν) . ∂z 2 ∂z 2 ∂x2 ∂x2 ∂x∂z Einsetzen liefert 24 pz 12 pz 12 pz 12 pz z+ν z+ν z = 2(1 + ν) 3 z , h3 h3 h3 h d.h. die Kompatibilit¨ atsbedingung ist erf¨ ullt. achst b) Aus εz = (σz − ν σx )/E folgt zun¨ ) ( i 12M0 z3 h 6pz h3 h2 l2 −ν 3 z, E εz = − 3 (1+2ν) + −(5+2ν) +ν −x2 z+ h 3 20 4 12 h t und durch Integration ergibt sich Z h/2 pz h εz dz = − . Δh = 2E −h/2
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 2.9 Bei der Biegung eines scheibenf¨ ormigen Balkens mit Rechteckquerschnitt treten unter Annahme eines ebenen Spannungszustandes die folgenden Spannungen auf:
79
A2.9 x l/2
6B “ h2 − z2) x , h3 4 y 6B “ z 3 h2 h3 ” , σz = − 3 − z+ h 3 4 12 6B Bh2 ” 12 “ 4B Bl2 σx = 3 A + − z − 3 x2 z + 3 z 3 . h 8 20 h h
h
l/2 z t
τxz = −
z
a) Sind die Gleichgewichtsbedingungen erf¨ ullt? b) Aus welchen Randlasten resultieren die Spannungen? Welche Bedeutung haben die Konstanten A und B?
L¨ osung a) Setzt man die Ableitungen ∂σx ∂τxz 12B 12B = − 3 xz , = 3 xz , ∂x h ∂z h “ ” 2 ∂τxz h2 ” 6B h 6B “ ∂σz =− 3 − z2 , = − 3 z2 − ∂x h 4 ∂z h 4 in die beiden Gleichgewichtsbedingungen ∂σx τxz + = 0, ∂x ∂z
τxz ∂σz + =0 ∂x ∂z
ein, so erkennt man, dass diese identisch erf¨ ullt werden. b) Wir betrachten zun¨ achst den unteren und den oberen Rand und bestimmen dort die Komponenten des Spannungsvektors. Rand z = h/2: 6B “ h3 h3 h3 ” = 0, − + 3 h 24 8 12 6B “ h2 h2 ” τxz (x) = − 3 x = 0. − h 4 4
σz (x) = −
80
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Rand z = −h/2: 6B “ h3 h3 h3 ” = −B , − + + 3 h 24 8 12 6B “ h2 h2 ” τxz (x) = − 3 x = 0. − h 4 4
σz (x) = −
Dementsprechend ist der obere Rand durch einen konstanten Druck in z-Richtung der Gr¨ oße pz = −σz = B belastet, w¨ ahrend der untere Rand belastungsfrei ist. An den beiden Seitenr¨ andern gilt: Rand x = l/2: 4B 12 “ Bh2 ” z + 3 z3 , A− 3 h 20 h “ ” 2 3Bl h − z2 . τxz (z) = − 3 h 4 σx (z) =
Rand x = −l/2: 4B Bh2 ” 12 “ z + 3 z3 , σx (z) = 3 A − h 20 h “ ” 2 3Bl h − z2 . τxz (z) = 3 h 4 Hieraus ergeben sich die resultierenden Kr¨ afte und Momente Z h/2 N (l/2) = N (−l/2) = t σx dz = 0 , −h/2
Z Q(l/2) = −Q(−l/2) = t Z
h/2
τxz dz = −h/2
Blt 1 = pz l t , 2 2
h/2
M (l/2) = M (−l/2) = t
z σx dz = A t . −h/2
An diesen R¨ andern wirken Querkr¨ afte, die der Randlast durch pz gerade das Gleichgewicht halten. Unabh¨ angig davon ist der Balken dort durch je ein Randmoment der Gr¨ oße M0 = A t belastet.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 2.10 Der Rand eines Halbraumes ist durch eine konstante Linienlast q0 belastet. Dadurch werden im ebenen Verzerrungszustand die von Null verschiedenen Spannungen c c cos3 ϕ, σ22 = cos ϕ sin2 ϕ, r r c νc = cos2 ϕ sin ϕ, σ33 = cos ϕ r r
σ11 = σ12
81
A2.10 q0
x3
x2 x1 ϕ r
hervorgerufen. a) Man bestimme die Konstante c. b) Man zeige, dass die maximale Schubspannung in Schnitten auftritt, deren Normalen senkrecht auf x3 stehen. c) Man bestimme τmax als Funktion von r und ϕ.
L¨ osung a) Zur Ermittlung der Konstante c bestimmen wir die aus den q0 Spannungen resultierende Kraft auf eix2 ne Halbkreiskontur vom beliebigen Raa dius r = a. Mit dem Normalenvektor x1 ϕ t2 nT = (cos ϕ, sin ϕ, 0) ergibt sich nach achst f¨ ur die Komponenti = σij nj zun¨ t1 ten des Spannungsvektors entlang der Kontur c c t1 = σ11 n1 + σ12 n2 = (cos4 ϕ + cos2 ϕ sin2 ϕ) = cos2 ϕ, a a c c t2 = σ21 n1 + σ22 n2 = (cos3 ϕ sin ϕ + cos ϕ sin3 ϕ) = sin ϕ cos ϕ, a a t3 = 0. Als resultierende Kr¨ afte pro L¨ angeneinheit ergeben sich damit durch Integration u ¨ ber die Kontur Z π/2 Z π/2 π t1 a dϕ = c , T2 = t2 a dϕ = 0, T3 = 0. T1 = 2 −π/2 −π/2 Aus der globalen Gleichgewichtsbedingung in x1 -Richtung folgt schließlich q0 + T1 = 0
→
c=−
2 q0 . π
b) Um zu entscheiden, in welchem Schnitt die maximale Schubspannung auftritt, ben¨ otigen wir die Hauptspannungen sowie deren Richtungen. Eine Hauptspannung muss σ33 sein, da σ31 = σ32 = 0 ist, d.h.
82
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
die x3 -Richtung ist eine Hauptrichtung. Die restlichen Hauptspannungen ergeben sich mit den Invarianten I1 = σ11 + σ22 + σ33 = −(1 + ν)
2q0 cosϕ , πr
2 2 2 I2 = −(σ11 σ22 + σ22 σ33 + σ33 σ11 ) + σ12 + σ23 + σ31 2 4q = ν 2 02 cos2 ϕ , π r I3 = det[σij ] = 0
aus der Eigenwertgleichung σ 3 − I1 σ 2 − I2 σ − I3 = 0 bzw. ” “ 2q0 4q 2 σ σ 2 + (1 + ν) cos ϕ σ − ν 2 02 cos2 ϕ = 0 . πr π r Aus ihr folgen die L¨ osungen in (f¨ ur ν > 0) nach Gr¨ oße geordneter Form σ1 = 0 ,
σ2 = σ33 = −ν
2q0 cos ϕ , π
σ3 = −
2q0 cos ϕ . π
F¨ ur 0 < ν < 1/2 ist danach σ2 = σ33 die mittlere Hauptspannung: σ1 > σ2 > σ3 . Dementsprechend findet sich die maximale Schubspannung in Schnitten, deren Normale tats¨ achlich senkrecht zur Richtung von σ2 , d.h. zur x3 -Achse steht und mit den Richtungen von σ1 und σ3 Winkel von 45◦ einschließt. origen Richtungsvektor n3 k¨ onnen wir wie bei Aufgabe Den zu σ3 geh¨ 2.1 aus den letzten beiden Gleichungen von (σij − σ3 δij )nj = 0 und der Festlegung als Einheitsvektor bestimmen: ) − sin ϕ n1 + cos ϕ n2 = 0, (ν − 1) n3 = 0, → n1 = cos ϕ, n2 = sin ϕ, n3 = 0, n21 + n22 + n23 = 1, d.h. nT3 = (cos ϕ, sin ϕ, 0). Demnach stimmt die Richtung von σ3 mit der Normale n zur Kreiskontur u ¨ berein; sie ist also in radiale Richtung gerichtet: σ3 = σr . Da die drei Hauptrichtungen senkrecht aufeinander stehen, muss σ1 schließlich in Umfangsrichtung orientiert sein: σ1 = σϕ . F¨ ur 0 > ν > −1 (auxetisches Materialverhalten) wird dagegen σ33 die gr¨ oßte Hauptspannung, w¨ ahrend σr die kleinste bleibt. Dann tritt die maximale Schubspannung in Schnitten senkrecht zur Umfangsrichtung und unter 45◦ zur x3 - und zur radialen Richtung auf. c) Die maximale Schubspannung folgt im Fall 0 < ν < 1/2 zu τmax =
1 q0 (σ1 − σ3 ) = cos ϕ . 2 πr
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 2.11 Eine innen festgehaltene Kreisringscheibe wird entlang ihres Umfangs mit dem Außendruck p0 belastet.
83
A2.11 p0
b a
Man ermittle die Deformationen und die Spannungen im Fall des ebenen Spannungszustandes.
r
L¨ osung Es liegt Rotationssymmetrie vor, bei der nur Radialverschiebungen ur auftreten: uϕ = 0. Sie werden durch die VerschiebungsDifferentialgleichung und die zugeh¨ orige allgemeine L¨ osung d2 ur 1 dur ur + − 2 = 0, dr 2 r dr r
ur = C1 r +
C2 r
beschrieben. Aus ihr ergeben sich unter Verwendung der kinematischen Beziehungen und des Elastizit¨ atsgesetzes εr =
dur , dr
εϕ =
ur , r
σr =
E (εr +νεϕ ), 1−ν 2
σϕ =
E (εϕ +νεr ) 1−ν 2
die Spannungen » – E C2 σr = (1 + ν)C1 − (1 − ν) 2 , 1 − ν2 r » – E C2 (1 + ν)C . + (1 − ν) σϕ = 1 1 − ν2 r2 Die Konstanten C1 und C2 erh¨ alt man aus den Randbedingungen σr (b) = −p0 ,
ur (a) = 0
zu C1 = −
p0 1 − ν2 , (1 + ν) + (1 − ν)a2 /b2 E
C2 = −C1 a2 .
Damit folgt f¨ ur die gesuchte Verschiebung und f¨ ur die Spannungen « „ 1 − ν2 p0 a2 , r 1 − ur (r) = − E (1 + ν) + (1 − ν)a2 /b2 r2 (1 + ν) + (1 − ν)a2 /r 2 , σr (r) = −p0 (1 + ν) + (1 − ν)a2 /b2 (1 + ν) − (1 − ν)a2 /r 2 σϕ (r) = −p0 . (1 + ν) + (1 − ν)a2 /b2
84
A2.12
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Aufgabe 2.12 Auf eine starre Welle wird eine Kreisringscheibe aufgeschrumpft. Dazu muss ihr Innenradius um das Schrumpfmaß c auf den Wellenradius a aufgeweitet werden. Danach wird die Scheibe durch ein Moment infolge einer u ¨ ber den Umfang konstant verteilten Schubspannung τ0 belastet.
τ0 b a
a) Man bestimme die Spannungen in der Scheibe. assig, damit die maximale b) Welches maximale Schrumpfmaß c∗ ist zul¨ Schubspannung den Wert τ ∗ = 2τ0 ( ab )2 nicht u ¨ berschreitet?
L¨ osung a) In der Scheibe liegt ein rotationssymmetrischer Zustand vor. Wir betrachten die Lastf¨ alle Aufweitung“ und Umfangsschub” ” spannung“ getrennt. Im Fall Aufweitung“ lauten die Differentialglei” chung f¨ ur die Radialverschiebung und die zugeh¨ orige allgemeine L¨ osung f¨ ur die Verschiebung und f¨ ur die daraus folgenden Spannungen 1 dur C2 d2 ur ur + → ur = C1 r + − 2 =0 , dr 2 r dr r r h i E C2 (1 + ν)C1 − (1 − ν) 2 , σr = 1 − ν2 r E h C2 i (1 + ν)C1 + (1 − ν) 2 . σϕ = 2 1−ν r Die Randbedingungen ur (a) = c und σr (b) = 0 liefern C1 a + →
C2 = c, a
C1 =
C2 =0 b2 ca(1 + ν)b2 C2 = , (1 − ν)a2 + (1 + ν)b2
(1 + ν)C1 − (1 − ν)
ca(1 − ν) , (1 − ν)a2 + (1 + ν)b2
womit sich die Spannungen ” “ b2 Eca −1 , 2 2 (1 − + (1 + ν)b r ” “ b2 Eca σϕ = + 1 (1 − ν)a2 + (1 + ν)b2 r 2
σr = −
ν)a2
ergeben. Im Lastfall Umfangsschubspannung“ gelten ” d2 uϕ 1 duϕ C4 uϕ + − 2 = 0 → uϕ = C3 r + , dr 2 r dr r r
τrϕ = −G
2 C4 . r2
Aufgaben und L¨ osungen
85
Aus den Randbedingungen uϕ (a) = 0 und τrϕ (b) = τ0 folgen C3 a + →
C4 2 C4 = 0, −G 2 = τ0 a b τ 0 b2 τ 0 b2 C3 = , C4 = − . 2 2Ga 2G
Damit ergibt sich f¨ ur die gesuchte Schubspannung τrϕ = τ0
b2 . r2
b) Die maximale Schubspannung errechnet sich aus r“ σr − σ ϕ ” 2 2 . + τrϕ τmax = 2 angig von r, w¨ ahrend τrϕ nach innen zuDie Gr¨ oße σr − σϕ ist unabh¨ nimmt. Daher tritt τmax am Innenrand (r = a) der Scheibe auf. Mit Ec a b2 σr − σϕ , =− 2 (1 − ν)a2 + (1 + ν)b2 a2 erh¨ alt man τmax
b2 = 2 a
s
“
τrϕ (a) = τ0
b2 a2
”2 Ec a + τ02 . (1 − ν)a2 + (1 + ν)b2 2
ur das Einsetzen von τmax = τ ∗ = 2τ0 ab 2 liefert nach Quadrieren f¨ zul¨ assige Schrumpfmaß c∗ : “ ”2 Ec∗ a 4 τ02 = + τ02 2 2 (1 − ν)a + (1 + ν)b bzw. c∗ =
√
3a
b2 i τ0 h 1 − ν + (1 + ν) 2 . E a
Als Beispiel betrachten wir den konkreten Fall b/a = 2, a = 10 mm, τ0 = 10 MPa, E = 2 · 105 MPa, wobei wir ν = 1/3 setzen. Dann ergeben sich √ τ0 = 1, 04 · 10−2 mm . und c∗ = 6 3 a τ ∗ = 8 τ0 E
86
A2.13
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Aufgabe 2.13 Auf eine Vollkreisscheibe wird ein Kreisring aus gleichem Material (Dichte ρ) und gleicher Dicke aufgeschrumpft (Schrumpf¨ ubermaß cs ). a) Man bestimme die Eigenspannungen und die Verschiebungen nach dem Aufschrumpfen. b) Bei welcher kritischen Winkelgeschwindigkeit ωk geht bei der Drehung des Schrumpfverbundes der Kontakt zwischen Vollscheibe und Kreisring verloren?
b a ω
L¨ osung a) Nach dem Aufschrumpfen liegt ein statischer, rotationssymmetrischer Zustand vor, der f¨ ur beide Teile jeweils durch die Verschiebungsdifferentialgleichung d2 ur 1 dur ur + − 2 =0 dr 2 r dr r beschrieben wird. Ihre allgemeine L¨ osung f¨ ur die Verschiebungen und f¨ ur die daraus folgenden Spannungen lautet f¨ ur die Vollscheibe (V ) und den Kreisring (K) C2 E h C2 i (1 + ν)C1 − (1 − ν) 2 , uVr = C1 r + , σrV = 2 r 1−ν r E h C2 i V (1 + ν)C1 + (1 − ν) 2 , σϕ = 1 − ν2 r h C4 E C4 i K = C r + = − (1 − ν) , σ (1 + ν)C , uK 3 3 r r r 1 − ν2 r2 h i E C4 K = (1 + ν)C3 + (1 − ν) 2 . σϕ 1 − ν2 r Die Konstanten ergeben sich aus der Bedingung, dass in der Vollscheibe bei r = 0 die Spannungen beschr¨ ankt sind (Regularit¨ atsbedingung) ¨ sowie aus den Rand- und Ubergangsbedingungen V (0) = ∞ σrV (0) , σϕ
uK r (a)
−
uVr
→
(a) = cs
→
σrK (a) = σrV (a)
→
σrK (b) = 0
→
zu C1 =
(1 − ν)(a2 − b2 ) cs , 2b2 a
C2 = 0 , C4 C3 a + − C1 a = cs , a C4 (1 + ν)C3 − (1 − ν) 2 − (1 + ν)C1 = 0 , a C4 (1 + ν)C3 − (1 − ν) 2 = 0 b C3 =
(1 − ν)a cs , 2b2
C4 =
(1 + ν)a cs . 2
Aufgaben und L¨ osungen
87
F¨ ur die Verschiebungen und die Spannungen nach dem Aufschrumpfen erh¨ alt man damit E cs “ a2 ” r a2 ” 1−ν“ V , σrV = σϕ =− 1− 2 1− 2 , uVr = −cs 2 b a 2a b ” “ a2 “ 1 − ν a2 r 2” 1 + ν a E c a s + , σrK = − − 2 , uK r = cs 2 b2 a 2 r 2a r 2 b “ 2 2” E cs a a K = + 2 . σϕ 2a r 2 b Beachte: Die Druckspannungen in der Vollscheibe sind konstant! Die K (a). maximal auftretende Spannung ist die Umfangsspannung σϕ b) Wenn sich der Verbund mit der Winkelgeschwindigkeit ω dreht, m¨ ussen die Tr¨ agheitskr¨ afte ber¨ ucksichtigt werden, bzw. die Gleichgewichtsbedingung muss durch die entsprechende Bewegungsgleichung ersetzt werden. Die Grundgleichungen (Bewegungsgleichung, Kinematik, Elastizit¨ atsgesetz) f¨ ur den rotationssymmetrischen ebenen Spannungszustand lauten dann 1 dur dσr + (σr − σϕ ) = ρ ar , , εr = dr r dr Eεϕ = σϕ − νσr . Eεr = σr − νσϕ ,
εϕ =
ur , r
Eliminieren der Spannungen und der Dehnungen liefert mit der Radialbeschleunigung ar = −r ω 2 die Verschiebungsdifferentialgleichung 1 dur (1 − ν 2 )ρω 2 d2 ur ur + − 2 =− r. 2 dr r dr r E Ihre allgemeine L¨ osung f¨ ur die Verschiebungen und die daraus folgenden Spannungen lauten f¨ ur die Vollscheibe (V) und den Kreisring (K) (1 − ν 2 )ρω 2 3 C2 − r , r 8E h E C2 (1 + ν)C1 − (1 − ν) 2 = 1 − ν2 r E h C2 = (1 + ν)C1 + (1 − ν) 2 1 − ν2 r C4 (1 − ν 2 )ρω 2 3 = C3 r + − r , r 8E h E C4 = (1 + ν)C3 − (1 − ν) 2 1 − ν2 r E h C4 = (1 + ν)C3 + (1 − ν) 2 1 − ν2 r
uVr = C1 r + σrV V σϕ
uK r σrK K σϕ
(3 + ν)(1 − ν 2 )ρω 2 2 i r , 8E 2 2 (1 + 3ν)(1 − ν )ρω 2 i − r , 8E −
(3 + ν)(1 − ν 2 )ρω 2 2 i r , 8E 2 2 (1 + 3ν)(1 − ν )ρω 2 i r . − 8E −
88
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Die Konstanten lassen sich wie im statischen Fall aus der Regularit¨ ats¨ bedingung f¨ ur die Vollscheibe sowie aus den Rand- und Ubergangsbedingungen ermitteln. Da uns hier nur der kritische Fall interessiert, formulieren wir die Bedingungen gleich hierf¨ ur. Er ist durch den Kontaktverlust gekennzeichnet, d.h. am Außenrand der Vollscheibe und am Innenrand des Kreisrings wird die Radialspannung gerade Null. Damit gelten f¨ ur ω = ωk die Bedingungen V (0) = ∞ σrV (0) , σϕ
→
C2 = 0 ,
σrV
→
(1 + ν)C1 −
(a) = 0
C4 − C1 a = cs , a C4 (3 + ν)(1 − ν 2 ) (1 + ν)C3 − (1 − ν) 2 − ρ ωk2 a2 = 0 , a 8E C4 (3 + ν)(1 − ν 2 ) ρ ωk2 b2 = 0 . (1 + ν)C3 − (1 − ν) 2 − b 8E
V uK r (a) − ur (a) = cs
σrK (a) = 0
→
σrK (b) = 0
→
(3 + ν)(1 − ν 2 ) ρ ωk2 a2 = 0 , 8E
→
C3 a +
Aus der zweiten, der vierten und der f¨ unften Gleichung ergeben sich (3 + ν)(1 − ν)ρ ωk2 a2 (3 + ν)(1 − ν)ρ ωk2 (a2 + b2 ) , C3 = , 8E 8E 2 2 2 (3 + ν)(1 + ν)ρ ωk a b . C4 = 8E
C1 =
Einsetzen in die dritte Gleichung liefert die gesuchte Winkelgeschwindigkeit: s (3 + ν)ρ ωk2 ab2 4 cs E → ωk = . = cs 4E (3 + ν)ρ a b2 Wir bestimmen noch die bei ihr auftretenden Spannungen: “ 3+ν r 2 ” cs a E “ r2 ” ρ ωk2 a2 1 − 2 1− 2 , 2 8 a 2b a b2 cs a E “ b2 r2 ” 1+ 2 − 2 − 2 , = 2b2 a r a “ cs a E b2 r2 ” b2 = 1+ 2 + 2 − 2 . 2 2b a r a
V σrV = σϕ =
σrK K σϕ
Anmerkungen: • Bei der Rotation tritt in der Vollscheibe die gr¨ oßte Spannung bei r = 0 auf. • Die maximal auftretende Spannung ist die Umfangsspannung am K (a) = cs E/a. Innenrand des Kreisrings: σmax = σϕ
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 2.14 Eine Fliehkraftkupplung sei durch einen starren Außenring und einen rotierenden elastischen Innenring (Radien a, b) der Dicke t und Dichte ρ modelliert. Die Spaltbreite zwischen Innen- und Außenring sei s. a) Bei welcher Winkelgeschwindigkeit ω0 beginnt die Kupplung zu greifen und welche Spannungen herrschen dann? Im Innenring soll dabei ein ebener Spannungszustand zugrunde gelegt werden. b) Wie groß ist die Verdrehung Δϑ des Innenrings, wenn bei einer Winkelgeschwindigkeit ω > ω0 das Drehmoment M0 u ¨bertragen wird?
89
A2.14
b a
ω s
L¨ osung a) Das Problem ist rotationssymmetrisch. Da bei konstanter Drehzahl nur eine Radialbeschleunigung ar auftritt (aϕ = 0), lauten die Grundgleichungen in Radial- und in Umfangsrichtung dτrϕ 1 2 dσr + (σr − σϕ ) = ρ ar , + τrϕ = 0 , dr r dr r dur ur duϕ uϕ , εϕ = , γrϕ = − , εr = dr r dr r E E (εr +νεϕ ), σϕ = (εϕ +νεr ), τrϕ = Gγrϕ . σr = 1−ν 2 1−ν 2 Eliminieren der Spannungen und Verzerrungen f¨ uhrt mit ar = −rω 2 auf die Verschiebungsdifferentialgleichungen 1 dur (1 − ν 2 )ρω 2 d2 ur ur + = − − r, dr 2 r dr r2 E
1 duϕ d2 uϕ uϕ + − 2 = 0. dr 2 r dr r
Ihre allgemeinen L¨ osungen f¨ ur die Verschiebungen und f¨ ur die daraus folgenden Spannungen lauten C2 C4 (1 − ν 2 )ρω 2 3 uϕ = C3 r + − r , , r 8E r h E C2 (3 + ν)(1 − ν 2 )ρω 2 2 i r , (1 + ν)C − (1 − ν) − σr = 1 1 − ν2 r2 8E h 2 2 E C2 (1 + 3ν)(1 − ν )ρω 2 i σϕ = + (1 − ν) − (1 + ν)C r , 1 1 − ν2 r2 8E 2C4 E C4 . τrϕ = −G 2 = − r 1 + ν r2 ur = C1 r +
ussen die RadialBei der Winkelgeschwindigkeit ω0 des Innenrings m¨
90
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
verschiebung am Scheibenrand r = b gleich der Spaltbreite und die Radialspannung bei r = a und r = b Null sein (die Umfangsverschiebung uϕ und die Schubspannung τrϕ sind dann noch Null!): ur (b) = c
→
σr (a) = 0
→
σr (b) = 0
→
C2 (1 − ν 2 )ρω02 3 − b = c, b 8E C2 (3 + ν)(1 − ν 2 )ρω02 2 (1 + ν)C1 − (1 − ν) 2 − a = 0, a 8E 2 2 (3 + ν)(1 − ν )ρω0 2 C2 (1 + ν)C1 − (1 − ν) 2 − b = 0. b 8E
C1 b +
Hieraus folgen f¨ ur die Konstanten und f¨ ur die gesuchte Winkelgeschwindigkeit C1 =
(3 + ν)(1 − ν)ρω02 2 (a + b2 ), 8E s
C2 =
(3 + ν)(1 + ν)ρω02 2 2 a b , 8E
c 4E 1 . b ρb2 (3 + ν)(a/b)2 + 1 − ν
ω0 =
Damit ergeben sich die Spannungen zu ρ ω02 b2 (3 + ν) “ a2 a2 r2 ” +1− 2 − 2 , 2 8 b r b “ 2 2 2 2 ρ ω0 b (3 + ν) a a 1 + 3ν r 2 ” σϕ = + 1 + − . 8 b2 r2 3 + ν b2
σr =
b) Damit das Drehmoment M0 u ¨ bertragen wird, muss am Scheibenrand r = b eine Schubspannung τ0 wirken, die sich aus der Bedingung M0 = b (τ0 2πbt) zu τ0 = M0 /(2πb2 t) errechnet. Setzen wir die Verschiebung ankung der Allgemeinheit zu Null, dann uϕ am Rand r = a ohne Beschr¨ achst liefern die Randbedingungen τrϕ (b) = τ0 und uϕ (a) = 0 zun¨ C3 =
M0 (1 + ν) , 2πEta2
C4 = −
M0 (1 + ν) , 2πEt
womit sich bei r = b die Umfangsverschiebung uϕ (b) =
” M0 (1 + ν) “ b2 −1 2 2πEtb a
ergibt. Definieren wir schließlich die Verdrehung des Innenrings durch b Δϑ = uϕ (b), so ergibt sich Δϑ =
” M0 (1 + ν) “ b2 −1 . 2 2 2πEtb a
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 2.15 F¨ ur einen Damm mit Rechteckquerschnitt, der durch den Wasserdruck p = p0 x/h belastet ist, bestimme man die Verl¨ aufe der Spannungen σx , σy und τxy . Man gehe dabei vom Ansatz f¨ ur die Spannungsfunktion
91
A2.15
2d y x h p(x)
F = A xy + B y 2 + C x3 + D x3 y + E xy 3 + G [x3 y 3 − (3/5)xy 5 ] aus. Hinweis: nicht alle Randbedingungen k¨ onnen exakt erf¨ ullt werden.
L¨ osung Die Bipotentialgleichung ΔΔF = 0 wird durch den Ansatz identisch erf¨ ullt. F¨ ur die Spannungen ergibt sich zun¨ achst allgemein ∂2F = 2B + 6E xy + 6G(x3 y − 2xy 3 ) , ∂y 2 ∂2F = 6C x + 6D xy + 6G xy 3 , σy = ∂x2 ∂2F = −A − 3D x2 − 3E y 2 − 3G(3x2 y 2 − y 4 ) . τxy = − ∂x∂y
σx =
Die freien Konstanten A, B, . . . , G m¨ ussen wir aus den Randbedingungen bestimmen. Dabei versuchen wir, die Randbedingungen σy (x, d) = −p0 x/h ,
σy (x, −d) = 0 ,
τxy (x, ±d) = 0
an den Seitenr¨ andern exakt zu erf¨ ullen: 6C x + 6dD x + 6d3 G x = −p0 x/h , 6C x − 6dD x − 6d3 G x = 0 , −A − 3D x2 − 3E d2 − 9G d2 x2 + 3G d4 = 0 . Aus den ersten beiden Gleichungen folgen C=−
p0 , 12 h
D + d2 G = −
p0 , 12 dh
(a)
und die dritte Gleichung liefert durch Koeffizientenvergleich die zwei Beziehungen −A − 3E d2 + 3G d4 = 0 ,
−3D − 9 G d2 = 0 .
(b)
Damit liegt C fest, und aus den jeweils zweiten Beziehungen aus (a)
92
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
und (b) erh¨ alt man f¨ ur D und G D=−
p0 , 8dh
G=
p0 . 24d3 h
(c)
Die Randbedingungen am oberen Rand (x = 0) erf¨ ullen wir nur noch im integralen Mittel. Danach m¨ ussen dort die Normalkraft in xRichtung, das Biegemoment um die z-Achse und die Querkraft in yRichtung verschwinden: 9 Rd > > σx (0, y)dy = 0 ,> = −d → B = 0, Rd > > y σx (0, y)dy = 0 ,> ; −d Rd
τxy (0, y)dy = 0
−d
→
−A − 3E d2 + 3G d4 = 0 .
Letztere Gleichung stimmt mit der ersten in (b) u ¨ berein. Man kann sich davon u berzeugen, dass am unteren Rand (x = h) ¨ Rd die Normalkraft −d σx (h, y)dy mit den bereits bestimmten Konstanten verschwindet. Die Querkraft und das Biegemoment m¨ ussen die Gleichgewichtsbedingungen am Gesamtsystem Z d Z d h p0 h 1 , y σx (h, y)dy = τxy (0, y)dy = p0 h 3 2 2 −d −d befriedigen. Hieraus ergeben sich “2 ” 4 4E hd3 + 6G h3 d3 − hd5 = 3“ 5 1 ” −2Ad − 6Dh2 d − 2Ed3 − 6G h2 d3 − d5 = 5
1 p0 h2 , 6 1 p0 h 2
und durch Einsetzen von (b) und (c) E=
p0 , 20 dh
A=−
p0 d . 40 h
Damit sind alle Konstanten bestimmt, und die gesuchten Spannungsverteilungen lassen sich unter Verwendung von ξ = x/h, η = y/d und κ = h/d in folgender Form darstellen: p0 ξη (5κξ 2 + 6 − 10η) , 20 p0 ξ (1 + η) , σy = 2 p0 [1 − 15 κ ξ 2 (1 − η 2 ) − 6 η 2 + 5 η 4 ] . τxy = 40 κ
σx =
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 2.16 Ein einseitig eingespannter Balken mit Rechteckquerschnitt wird durch eine Einzellast P belastet. Zur Ermittlung der Spannungen wird der Ansatz f¨ ur die Spannungsfunktion
93
A2.16 t
P x l
F (x, z) = C1 xz 3 + C2 xz
z
h
y z
gemacht. a) Man bestimme die Konstanten Ci und u ufe, inwieweit die ¨ berpr¨ Randbedingungen erf¨ ullt sind. b) Bestimmen Sie die Verschiebungen u(x, z) und w(x, z). c) Man vergleiche die Ergebnisse mit denen der technischen Balkentheorie.
L¨ osung a) Der Ansatz erf¨ ullt die Bipotentialgleichung ΔΔF = 0, und f¨ ur die Spannungen erh¨ alt man aus ihm σx =
∂2F = 6C1 xz, ∂z 2
σz =
∂2F = 0, ∂x2
τxz = −
∂2F = −3C1 z 2 −C2 . ∂x∂z
Am oberen und am unteren Rand (z = ±h/2) m¨ ussen die Normalspannung σz und die Schubspannung τxz verschwinden. Die Bedingung f¨ ur ullt, die f¨ ur τxz liefert σz ist automatisch erf¨ −3C1
h2 − C2 = 0 . 4
Die Randbedingungen am linken und am rechten Rand k¨ onnen nur im integralen Mittel erf¨ ullt werden. Am linken Rand bei x = 0 gilt f¨ ur die resultierende Kraft in z-Richtung Z h/2 P h3 τxz t dz = −P → C1 + C2 h = . 4 t −h/2 Damit erh¨ alt man f¨ ur die Konstanten C1 = −
2P , th3
C2 =
3P , 2th
und die Spannungen lassen sich wie folgt darstellen: σx = −
12P xz , th3
σz = 0 ,
τxz = −
4z 2 ” 3P “ 1− 2 . 2th h
Da am linken Rand (x = 0) die Normalspannung σx verschwindet, sind dort die resultierende Normalkraft N und das resultierende Moment M
94
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Null. Am rechten Rand (x = l) werden N=
h/2 R
σx t dz = 0, Q =
−h/2
h/2 R
−h/2
τxz t dz = −P, M =
h/2 R
−h/2
z σx t dz = −lP,
d.h. die Randbedingungen sind im Mittel erf¨ ullt. b) Aus den Spannungen ergeben sich mit dem Elastizit¨ atsgesetz zun¨ achst die Dehnungen: ∂u 12P 1 xz , = (σx − νσz ) = − ∂x E Eth3 ∂w 12P 1 xz , εz = = (σz − νσx ) = ν ∂z E Eth3 ” ∂u 12P “ h2 ∂w 2(1 + ν) 2 γxz = . + = τxz = −(1 + ν) − z ∂z ∂x E Eth3 4 εx =
Durch Integration von εx und εz folgen u=−
i 12P h x2 z + f (z) , 3 Eth 2
w=ν
i 12P h xz 2 + g(x) , 3 Eth 2
und Einsetzen in γxz liefert −
“ h2 ” “ z2 x2 df dg ” = −(1 + ν) − +ν + − z2 2 dz 2 dx 4
bzw. nach Trennung der Variablen ν
” “ h2 dg z2 x2 df − = + (1 + ν) − z2 − ν . dx 2 dz 4 2
Diese Gleichung vom Typ G(x) = H(z) ist nur dann erf¨ ullt, wenn G(x) = H(z) = c1 = const, d.h. es gilt ν
dg x2 − = c1 , dx 2
” “ h2 z2 df + (1 + ν) − z2 − ν = c1 . dz 4 2
Damit erh¨ alt man f¨ ur die unbekannten Funktionen g(x) und f (z) zun¨ achst x3 + c1 x + c2 , 6 “ h2 z3 z3 ” −ν f (z) = −(1 + ν) z− + c1 z + c3 . 4 3 6
ν g(x) =
Die freien Konstanten werden aus den Randbedingungen an der Stelle x = l, z = 0 bestimmt: u(l, 0) = 0 :
→
f (0) = 0
→
c3 = 0 ,
Aufgaben und L¨ osungen
w(l, 0) = 0 : ˛ ∂w ˛ =0 : ˛ ∂x (l,0)
→ → →
95
l3 + c1 l + c2 = 0 , 6 2 l + c1 = 0 g (l) = 0 → 2 l2 l3 . c1 = − , c2 = 2 3 g(l) = 0
→
Damit liegen g(x) und f (z) fest, und die Verschiebungen ergeben sich endg¨ ultig zu 1+ν 2 2 + ν 3i 6P h 2 2 − x )z − z + (l h z , u= Eth3 2 3 6P h 1 2 i w= ν xz 2 + x3 − l2 x + l3 . 3 Eth 3 3
c) Die technische Balkentheorie liefert mit M (x) = −P x ,
Q(x) = −P ,
I=
th3 , 12
S(z) =
th2 “ 4z 2 ” 1− 2 8 h
f¨ ur die Normalspannung aus dem Biegemoment und die Schubspannung infolge Querkraft (vgl. Band 2, Kapitel 4) σx =
M (x) 12 P z = − 3 xz , I th
τxz =
4z 2 ” Q S(z) 3P “ 1− 2 . =− It 2th h
Sie stimmen mit den aus der Spannungsfunktion ermittelten Gr¨ oßen u ¨ berein. F¨ ur die Verschiebung w(x) folgt aus der Balkentheorie durch Integration von EI w = −M (x) unter Beachtung der Randbedingungen ˜ P ˆ 3 2 3i 6P h 1 3 2 x l . w(x) = − l x + x − 3l2 x + 2l3 = 6EI Eth3 3 3 Sie stimmt bis auf den fehlenden Term ν xz 2 mit dem Ergebnis der Elastizit¨ atstheorie u uckt die vorhandene Querdeh¨ berein. Dieser Term dr¨ nung in z-Richtung aus, die in der Balkentheorie vernachl¨ assigt wird. Die Verschiebung u ist in der Balkentheorie durch die Bernoullische Annahme vom Ebenbleiben der Querschnitte festgelegt. Sie f¨ uhrt auf die Dgl. EI u = M (x) z, aus der sich durch Integration und Beachtung der Randbedingung die Verschiebung wie folgt ergibt: u=
6P (l2 − x2 )z . Eth3
Die L¨ osung der Elastizit¨ atstheorie enth¨ alt zwei zus¨ atzliche Terme, von denen der in z kubische Term die Querschnittsverw¨ olbung beschreibt.
96
A2.17
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Aufgabe 2.17 Ein dickwandiger Zylinder (Außenradius a, Innenradius b) ist durch einen Außendruck pa und einen Innendruck pi belastet.
pa
a r
b
Man bestimme die Spannungen im Zylinder.
pi
L¨ osung Es liegt ein reines Spannungsrandwertproblem vor, das zudem rotationssymmetrisch ist. Deshalb ist es zweckm¨ aßig, eine Spannungsfunktion zu verwenden. F¨ ur Rotationssymmetrie hat die Bipotentialgleichung ΔΔF = 0 die allgemeine L¨ osung F = C0 + C1 lnr + C2 r 2 + C3 r 2 lnr , aus der unter Beachtung von ∂F/∂ϕ = 0 die Spannungen 1 dF C1 = 2 + 2C2 + C3 (1 + 2 lnr) , r dr r d2 F C1 = − 2 + 2C2 + C3 (3 + 2 lnr) , σϕ = dr 2 r σr =
τrϕ = 0
folgen. Da der logarithmische Anteil zwar auf rotationssymmetrische Spannungen aber nichtrotationssymmetrische Verschiebungen f¨ uhrt, welche wir hier ausschließen wollen, setzen wir C3 = 0. Die Spannungen lauten daher allgemein σr =
C1 + 2 C2 , r2
σϕ = −
C1 + 2 C2 . r2
Die Konstanten C1 und C2 bestimmen sich aus den Randbedingungen: 9 C1 a2 b2 (pa − pi ) + 2 C2 = −pa ,> σr (a) = −pa : = , C1 = 2 a a 2 − b2 → 2 2 > b pi − a pa C1 . 2 C2 = − σr (b) = −pi : + 2 C2 = −pi ; a 2 − b2 b2 Damit erh¨ alt man f¨ ur die Spannungen ”i “ “ a2 1 h b2 ” − p a a 2 1 − 2 − p i b2 2 − 1 , 2 −b r r ”i “ “ 2 1 h b2 ” 2 2 a a b + 1 . − p 1 + + p σϕ = 2 a i a − b2 r2 r2
σr =
a2
Anmerkung: Die Aufgabe l¨ asst sich auch ausgehend von der Verschiebungsdifferentialgleichung f¨ ur ur l¨ osen.
Aufgaben und L¨ osungen
97
Aufgabe 2.18 Eine einseitig eingespannte Kreisbogenscheibe (Radien a, b, Dicke t) ist durch die Kraft H belastet. a) Unter Verwendung einer Spannungsfunktion F (r, ϕ) bestimme man die Spannungen in der Scheibe. Dabei kann angenommen werden, dass sich σϕ proportional zu sin ϕ ¨ andert. b) Man vergleiche die Spannungen σϕ an den R¨ andern r = a und r = b. c) F¨ ur den Fall b = 2a bestimme man ur den σr maximal ist. den Abstand r ∗ f¨ Wie groß ist dort σr ?
A2.18
ϕ
H
b r
a
L¨ osung a) Die Bipotentialgleichung lautet in Polarkoordinaten ΔΔF = 0 Damit σϕ =
mit ∂2F ∂r 2
Δ=
∂2 1 ∂2 1 ∂ . + + ∂r 2 r 2 ∂ϕ2 r ∂r
proportional zu sin ϕ ist, machen wir den Ansatz
F (r, ϕ) = f (r) sin ϕ . Einsetzen in ΔΔF = 0 liefert die Eulersche Differentialgleichung 2 d3 f 3 d2 f 3 df d4 f 3 + − 2 2 + 3 − 4f =0 4 3 dr r dr r dr r dr r mit der allgemeinen L¨ osung f (r) = C1 r 3 + C2
1 + C3 r + C4 r ln r . r
Damit ergibt sich allgemein f¨ ur die Spannungen “ 1 ∂2F 1 ∂F 2C2 C4 ” sin ϕ , + = 2C1 r − 3 + 2 2 r ∂ϕ r ∂r r r “ ∂2F 2C2 C4 ” σϕ = sin ϕ , = 6C1 r + 3 + 2 ∂r r r “ ” “ ∂ 1 ∂F 2C2 C4 ” = − 2C1 r − 3 + cos ϕ . τrϕ = − ∂r r ∂ϕ r r
σr =
Die Konstanten C1 , C2 und C4 bestimmen wir aus den Randbedingungen (die Konstante C3 geht in die Spannungen nicht ein!). Diese Bedingungen k¨ onnen an den R¨ andern r = a und r = b exakt und am Rand ϕ = 0 in integraler Form erf¨ ullt werden; die Bedingung σϕ (r, 0) = 0 ist
98
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
durch die Wahl des Ansatzes identisch erf¨ ullt: 2C2 C4 = 0, + a3 a 2C2 C4 σr (b, ϕ) = τrϕ (b, ϕ) = 0 → 2C1 b − 3 + = 0, b b Z b “1 1” b H τrϕ (r, 0)t dr = −H → C1 (b2 − a2 ) + C2 2 − 2 + C4 ln = . b a a t a σr (a, ϕ) = τrϕ (a, ϕ) = 0
→
2C1 a −
Au߬ osen liefert C1 =
Ha2 a2 H“ a2 ” , C4 = − 1+ 2 2tκ tκ b a2 ” a a2 “ κ = 1 − 2 + 1 + 2 ln , b b b
H , 2b2 tκ
mit
C2 = −
und damit erh¨ alt man f¨ ur die Spannungen ba2 “ H hr a2 ” b i + 3 − 1+ 2 sin ϕ , σr = tb κ b r b r H h r a2 ” b i ba2 “ σϕ = 3 − 3 − 1+ 2 sin ϕ , tb κ b r b r H h r a2 ” b i ba2 “ − − 3 + 1+ 2 cos ϕ . τrϕ = tb κ b r b r b) Einsetzen von r = a bzw. r = b liefert σϕ (a) = −
a2 ” 2H b “ 1 + 2 sin ϕ , tb κ a b
σϕ (b) =
a2 ” 2H “ 1 + 2 sin ϕ tb κ b
und damit |σϕ (a)| b = . σϕ (b) a Danach ist wegen b > a die Umfangsspannung σϕ am Innenrand (Druck) betragsm¨ aßig gr¨ oßer als am Außenrand (Zug). c) Das Maximum von σr ergibt sich aus der Bedingung mit b = 2a auf die L¨ osung r 4 + 5a2 r 2 − 12a4 = 0
→
dσr dr
r ∗ = 1, 33 a
f¨ uhrt. Damit erh¨ alt man h r∗ H 5 ai a3 H σr (r ∗ ) = + ∗3 − sin ϕ . sin ϕ = −0, 18 ta κ 4a r 4 r∗ ta κ
= 0, die
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 2.19 Eine Kreisringscheibe ist durch die folgende rotationssymmetrische Temperaturverteilung belastet: “ r ”2 . T (r) = T0 b a) Man bestimme die Spannungen durch L¨ osen der auf Temperaturbelastung erweiterten Bipotentialgleichung ΔΔF = −EαT ΔT .
99
A2.19 b a r T (r)
b) Leiten Sie alternativ die Verschiebungsdifferentialgleichung her und bestimmen Sie durch ihre L¨ osung die Verschiebungen und die Spannungen.
L¨ osung a) Wegen der vorliegenden Rotationssymmetrie gilt Δ = d2 d + 1r dr , und die erweiterte Scheibengleichung wird dr 2 4EαT T0 d4 F 2 d3 F 1 d2 F 1 dF =− + − 2 + 3 . 4 3 dr r dr r dr 2 r dr b2 Ihre L¨ osung F = Fh + Fp setzt sich aus der L¨ osung Fh der homogenen Gleichung und der Partikul¨ arl¨ osung Fp zusammen: Fh = C0 + C1 lnr + C2 r 2 + C3 r 2 lnr , Fp = −
EαT T0 4 r . 16 b2
Damit folgen die Spannungen (τrϕ = 0) EαT T0 2 1 ∂F C1 r , = 2 + 2C2 + C3 (1 + 2 lnr) − r ∂r r 4 b2 3 EαT T0 2 ∂2F C1 = − 2 + 2C2 + C3 (3 + 2 lnr) − r . σϕ = ∂r 2 r 4 b2
σr =
Da die Terme mit C3 zu einem nichtrotationssymmetrischen Verschiebungsfeld f¨ uhren, muss C3 = 0 gelten. Die Konstanten C1 , C2 ergeben sich aus den Randbedingungen σr (a) = 0 und σr (b) = 0 zu C1 = −
EαT T0 a2 , 4
C2 =
“ a ”2 i EαT T0 h 1+ . 8 b
F¨ ur die Spannungen erh¨ alt man damit σr =
EαT T0 “ a2 a2 r2 ” − 2 +1+ 2 − 2 , 4 r b b
100
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
σϕ =
EαT T0 “ a2 a2 r2 ” + 1 + − 3 . 4 r2 b2 b2
b) Im ebenen, rotationssymmetrischen Fall reduzieren sich die Gleichgewichtsbedingungen, die Kinematik und das Elastizit¨ atsgesetz unter Ber¨ ucksichtigung von Temperatur¨ anderungen auf 1 dur ur dσr + (σr − σϕ ) = 0 , , εϕ = , εr = dr r dr r Eεr = σr − νσϕ + EαT T , Eεϕ = σϕ − νσr + EαT T . Eliminieren der Spannungen und der Dehnungen liefert mit der gegebenen Temperaturverteilung T (r) die Verschiebungsdifferentialgleichung 2(1 + ν)αT T0 ur 1 dur d2 ur − 2 = + r. dr 2 r dr r b2 Sie hat die allgemeine L¨ osung ur = C1 r +
3(1 + ν)αT T0 3 C2 r , + r 4b2
aus der sich die Spannungen (1 − ν 2 )αT T0 2 i E h C2 r , (1 + ν)C1 − (1 − ν) 2 − 2 1−ν r 4b2 h 2 E C2 3(1 − ν )αT T0 2 i r σϕ = (1 + ν)C1 + (1 − ν) 2 − 2 1−ν r 4b2
σr =
ergeben. Die Randbedingungen σr (a) = 0 und σr (b) = 0 f¨ uhren auf die beiden Konstanten (1 − ν)αT T0 “ (1 + ν)αT T0 2 a2 ” 1 + 2 , C2 = a . C1 = 4 b 4 Damit erh¨ alt man schließlich “ α T0 b h b2 ” r a2 b r3 i (1 − ν) 1 + 2 ur = T + (1 + ν) 2 + (1 + ν) 3 , 4 a b b r b “ 2 2 2” EαT T0 a a r − 2 +1+ 2 − 2 , σr = 4 r b b EαT T0 “ a2 a2 r2 ” σϕ = +1+ 2 −3 2 . 4 r2 b b Anmerkung: Maximale Spannung ist die Umfangsspannung σϕ . Sie ist am Innenrand r = a eine Zugspannung, am Außenrand r = b eine Druckspannung.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 2.20 Die Spannungsfunktion f¨ ur eine Halbscheibe (Dicke t) unter einer senkrecht zum Rand wirkenden Einzelkraft P ist gegeben durch FP (r, ϕ) =
P rϕ cos ϕ . πt
a) Unter Verwendung der bekannten Spannungsfunktion f¨ ur die Einzelkraft bestimme man die Spannungsfunktion ur die Halbscheibe unter einem im FM f¨ Ursprung wirkenden Einzelmoment M0 . b) Man ermittle die Spannungsverteilung in der durch M0 belasteten Scheibe und diskutiere sie.
L¨ osung a) Wir l¨osen die Aufgabe, indem wir das Einzelmoment M0 durch ein Kr¨ aftepaar ersetzen, dessen Abstand ε wir gegen Null gehen lassen. In kartesischen Koordinaten lassen sich die Spannungsfunktionen f¨ ur die im Ursprung und die bei x = ε angreifenden Kr¨ afte formal durch FP (x, y)
und
101
A2.20 P x ϕ r
y
M0 x ϕ r
y
ε P
P x
y
ϕ r
− FP (x − ε, y)
darstellen. Superposition beider Funk∗ tionen liefert die Spannungsfunktion FM f¨ ur das Kr¨ aftepaar, dessen Abstand ε allerdings noch endlich ist: ∗ = −FP (x − ε, y) + FP (x, y) . FM
Dividiert man durch ε und bildet den Grenzwert ε → 0, dann wird hierdurch gerade die partielle Ableitung von FP nach x definiert: ∂FP −FP (x − ε, y) + FP (x, y) = lim . ε→0 ∂x ε Damit l¨ asst sich die Spannungsfunktion f¨ ur das Kr¨ aftepaar mit infinitesimalem Abstand ε, d.h. die gesuchte Spannungsfunktion FM folgendermaßen darstellen: FM = ε
∂FP . ∂x
102
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Wir gehen jetzt wieder auf Polarkoordinaten u ¨ ber. Mit x = r cos ϕ und ∂ ∂ ∂ = ∂r cos ϕ − r1 ∂ϕ sin ϕ und damit y = r sin ϕ erh¨ alt man ∂x FM = ε
“ ∂F
P
∂r
cos ϕ −
” 1 ∂FP sin ϕ . r ∂ϕ
Mit den Ableitungen P ∂FP = ϕ cos ϕ , ∂r πt
1 ∂FP P = (cos ϕ − ϕ sin ϕ) r ∂ϕ πt
und mit M0 = P ε erh¨ alt man schließlich FM =
Pε M0 (ϕ cos2 ϕ − sin ϕ cos ϕ + ϕ sin2 ϕ) = (2ϕ − sin 2ϕ). πt 2 πt
b) Die Spannungen ergeben sich zu σr =
1 ∂ 2 FM 1 ∂FM 2M0 + sin 2ϕ , = r 2 ∂ϕ2 r ∂r πt r 2
∂ 2 FM = 0, ∂r 2 „ « ∂ 1 ∂FM =− = 0. ∂r r ∂ϕ
σϕ = τrϕ
Die Spannungen haben folgende bemerkenswerte Eigenschaften: • Es handelt sich um einen strahligen Spannungszustand, bei dem nur Spannungen σr in radialer Richtung auftrteten. • Wegen τrϕ = 0 sind die radiale Richtung und die Umfangsrichtung Hauptrichtungen. Die Spannungen σr und σϕ sind Hauptspannungen. • Die Spannung σr ist f¨ ur r → 0 singul¨ ar vom Typ 1/r 2 . Das Einzelmoment f¨ uhrt danach zu einer st¨ arkeren Spannungssingularit¨ at als die Einzelkraft, welche nur vom Typ 1/r singul¨ ar ist. • Betrachtet man die Winkelabh¨ angigkeit von σr (r, ϕ), dann gilt σr > 0
(Zug)
f¨ ur
σr < 0
(Druck)
f¨ ur
π 0<ϕ< , 2 π < ϕ < π. 2
oßten, w¨ ahrend es An den Stellen ϕ = 14 π und ϕ = 34 π ist σr am gr¨ an den Stellen ϕ = 0, ϕ = 12 π und ϕ = π Null ist.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 2.21 Zeigen Sie, dass sich der Spannungszustand in einer Kreisscheibe (Radius R, Dicke t), die durch zwei entgegengesetzt gerichtete Kr¨ afte P belastet ist, durch Superposition von drei Spannungszust¨ anden darstellen l¨ asst: 1. Einzelkraft auf Halbebene, 2. Einzelkraft auf eine um π gedrehte und 2R verschobene Halbebene, 3. biaxialer Zug mit gleicher Spannung in beide Richtungen. Wie groß sind die Spannungen im Innern der Scheibe?
103
A2.21
P
R
P
L¨ osung Der Spannungszustand in der Halbebene y ≥ 0 unter einer Einzelkraft P ist alternativ in kartesischen Koordinaten und in Polarkoordinaten gegeben durch (vgl. Band 4, Kapitel 2) σx = −
2P sin ϕ cos2 ϕ , πt r
σr = −
2P sin ϕ , πt r
σy = −
2P sin3 ϕ , πt r
τxy = −
σϕ = τrϕ = 0 . P
Verwenden wir im weiteren zun¨ achst die Darstellung in Polarkoordinaten, dann gilt mit r = 2R sin ϕ entlang des Kreises K mit dem Radius R σrK = −
P , πRt
2P sin2 ϕ cos ϕ , πt r
K K σϕ = τrϕ = 0.
x ϕ R
r 2ϕ
ξ
1
η −ϕ ξ
In einem beliebigen Punkt 1 auf dem R ϕ 2 Kreis f¨ uhren wir jetzt ein zur rRichtung um −ϕ gedrehtes ξ, η-System η ein, wobei die ξ-Achse tangential und y die η-Achse normal gerichtet sind. Die Spannungskomponenten in diesem System ergeben sich aus den Transformationsbeziehungen zu σξ1 =
1 K σr (1 + cos 2ϕ) , 2
ση1 =
1 K σr (1 − cos 2ϕ) , 2
1 τξη =
1 K σr sin 2ϕ . 2
F¨ ur den gegen¨ uberliegenden Punkt 2 erh¨ alt man daraus mit ϕ2 = ϕ + π/2 σξ2 =
1 K σr (1−cos 2ϕ) , 2
ση2 =
1 K σr (1+cos 2ϕ) , 2
1 2 τξη = − σrK sin 2ϕ . 2
104
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Wir superponieren jetzt die Spannungszust¨ ande in der urspr¨ unglichen Halbebene und in der um π gedrehten und um 2R verschobenen Halbebene. F¨ ur einen Punkt auf dem Kreis ergibt sich dann mit den vorherigen Ergebnissen 1 2 +τξη = 0. σξ1 +σξ2 = σrK, ση1 +ση2 = σrK, τξη
P x1 y1 2R
η ξ
y2 Entlang des Kreises herrscht danach ein konstanter Hauptspannungszustand x2 (τξη = 0) mit gleichen Spannungen in P ξ- und in η-Richtung, der invariant gegen¨ uber einer beliebigen Drehung des Koordinatensystems ist. Superponieren wir dementsprechend noch den homogenen Spannungszustand
σx3 = σy3 = σξ3 = ση3 = −σrK ,
3 3 τxy = τξη = 0,
dann verschwinden entlang des Kreises alle Spannungen, d.h. die Randbedingungen sind erf¨ ullt: σξ = σξ1 +σξ2 +σξ3 = 0,
ση = ση1 +ση2 +ση3 = 0,
1 2 3 τξη = τξη +τξη +τξη = 0.
Die Spannungen im Innern der Scheibe ergeben sich ebenfalls durch ¨ Uberlagerung der drei Zust¨ ande. Zur Darstellung seiner kartesischen Komponenten verwenden wir zweckm¨ aßig die Bipolarkoordinaten r1 , ϑ1 , r2 , ϑ2 . Mit ϕ1 = π2 − ϑ1 und ϕ2 = π2 + ϑ2 sowie mit dem bekannten σrK erh¨ alt man P „ « 2P cos ϑ1 sin2 ϑ1 cos ϑ2 sin2 ϑ2 1 x σx = − + − , πt r1 r2 2R r y ϑ1 1 „ « 2P cos3 ϑ1 cos3 ϑ2 1 + − , σy = − r2 πt r1 r2 2R ϑ2 „ « 2P cos2 ϑ1 sin ϑ1 cos2 ϑ2 sin ϑ2 − . τxy = − πt r1 r2 P Man kann sich davon u ¨ berzeugen, dass am Rand der Scheibe alle Spannungen verschwinden. Dort gelten ja ϑ2 = π2 − ϑ1 , r1 = 2R cos ϑ1 , r2 = 2R cos ϑ2 , sin ϑ2 = cos ϑ1 und cos ϑ2 = sin ϑ1 . In der Mitte der Scheibe ergeben sich mit ϑ1 = ϑ2 = 0 und r1 = r2 = R die Spannungen σx = 0 ,
σy = −
3P , πtR
τxy = 0 .
F¨ ur r1 → 0 bzw. f¨ ur r2 → 0 gehen die Spannungen gegen Unendlich.
Aufgaben und L¨ osungen
105
Aufgabe 2.22 Ein kugelsymmetrischer Druckbeh¨ alter (Radien a, b) ist durch den Innendruck p belastet. a) Wie lauten die Grundgleichungen im kugelsymmetrischen Fall? b) Man stelle die Verschiebungsdifferentialgleichung auf und gebe deren allgemeine L¨ osung an. Was folgt daraus f¨ ur die Spannungen? c) Man bestimme die Spannungen und die Verschiebungen im konkreten Fall.
A2.22
a r
b
ϑ ϕ p
L¨ osung a) Aufgrund der vorliegenden Kugelsymmetrie des Spannungsund Deformationszustandes gelten ∂(·) ∂(·) = 0, = 0, ∂ϕ ∂ϑ εrϕ = εrϑ = εϕϑ = 0 ,
∂(·) d(·) = , ∂r dr εϕϕ = εϑϑ ,
τrϕ = τrϑ = τϕϑ = 0 ,
σϕϕ = σϑϑ .
uϕ = uϑ = 0 ,
Damit reduzieren sich die Gleichgewichtsbedingungen, die Kinematik und das Elastizit¨ atsgesetz auf dσrr 2 + (σrr − σϕϕ ) = 0 , dr r dur ur , εϕϕ = , εrr = dr r E εrr = σrr − 2ν σϕϕ , E εϕϕ = (1 − ν) σϕϕ − ν σrr . Aus den beiden kinematischen Beziehungen folgt noch die Kompatibilit¨ atsbedingung εrr =
d (r εϕϕ ) . dr
b) Durch Aufl¨ osen nach den Spannungen und Eliminieren der Verzerrungen l¨ asst sich das Elastizit¨ atsgesetz in der Form h dur ur i E (1 − ν) + 2ν , σrr = (1 + ν)(1 − 2ν) dr r hu E dur i r σϕϕ = +ν (1 + ν)(1 − 2ν) r dr
106
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
schreiben. Einsetzen in die Gleichgewichtsbedingung liefert die Verschiebungsdifferentialgleichung 2 dur d2 ur 2 ur + − 2 = 0. dr 2 r dr r Sie hat die allgemeine L¨ osung ur = C1 r +
C2 . r2
Daraus ergibt sich f¨ ur die Spannungen allgemein h E C2 i (1 + ν) C1 − 2 (1 − 2 ν) 3 , σrr = (1 + ν)(1 − 2ν) r h E C2 i σϕϕ = σϑϑ (1 + ν) C1 + (1 − 2ν) 3 . (1 + ν)(1 − 2ν) r uhren auf die c) Die Randbedingungen σrr (b) = 0 und σrr (a) = −p f¨ zwei Gleichungen f¨ ur die Konstanten C1 und C2 : C2 = 0, b3 C2 (1 + ν)(1 − 2ν) p (1 + ν) C1 − 2 (1 − 2 ν) 3 = − . a E
(1 + ν) C1 − 2 (1 − 2 ν)
Daraus folgen C1 =
a3 p (1 − 2ν) , 3 E b − a3
C2 =
p (1 + ν) a3 b3 2E b3 − a 3
und damit f¨ ur die Spannungen und die Verschiebung h b3 i p −1 , 3 3 (b/a) − 1 r h 1 b3 i p σϕϕ = σϑϑ +1 , 3 3 (b/a) − 1 2 r h 1 r pb b2 i 2(1 − 2ν) ur = . + (1 + ν) 2 E (b/a)3 − 1 b r2 σrr −
Anmerkungen: • Die gr¨ oßte Normalspannung ist σϕϕ = σϑϑ . Sie tritt am Innenrand r = a auf, da dort die eckige Klammer am gr¨ oßten wird. • F¨ ur b → ∞ (unendliches Gebiet mit Hohlraum vom Radius a) ergibt sich σrr = −2 σϕϕ = −p (a/r)3 .
Aufgaben und L¨ osungen
107
Aufgabe 2.23 Das Verschiebungsfeld y einer Stufenversetzung ist in Zylinderkor ordinaten gegeben durch ri ϕ b h b x ra − 2(1 − 2ν) ln r sin ϕ ur = 8π(1 − ν) i + 4(1 − ν)ϕ cos ϕ + sin ϕ , h i b uϕ = − 2(1 − 2ν) ln r cos ϕ − 4(1 − ν)ϕ sin ϕ − cos ϕ , 8π(1 − ν) uz = 0 . a) Man zeige, dass hierdurch ein Verschiebungssprung der Gr¨ oße b entlang der x-Achse beschrieben wird. b) Wie groß sind die Verzerrungen und die Volumendehnung? c) Man bestimme die Spannungen. d) Wie groß ist die Form¨ anderungsenergie in einem hohlzylindrischen ange L um die z-Achse? Bereich (Radien ri , ra ) der L¨
L¨ osung a) Der Verschiebungssprung entlang der x-Achse ergibt sich aus der Differenz der Verschiebungen an der Stelle ϕ = 2π und der Stelle ϕ = 0: h i b 4(1 − ν)2π − 0 = b , Δur = ur (2π) − ur (0) = 8π(1 − ν) Δuz = 0 . Δuϕ = uϕ (2π) − uϕ (0) = 0 , b) Wegen uz = 0 liegt ein ebener Verzerrungszustand vor. Die Verzerrungen εr =
∂ur , ∂r
εϕ =
1 ∂uϕ ur + , r r ∂ϕ
γrϕ =
∂uϕ uϕ 1 ∂ur + − r ∂ϕ ∂r r
ergeben sich mit den Ableitungen (Abk¨ urzung b∗ = b/[8π(1 − ν)]) ∂ur sin ϕ cos ϕ ∂uϕ = −b∗ 2(1 − 2ν) , = −b∗ 2(1 − 2ν) , ∂r r ∂r r h i ∂ur = −b∗ 2(1 − 2ν) ln r cos ϕ − 4(1 − ν)(cos ϕ − ϕ sin ϕ) − cos ϕ , ∂ϕ h i ∂uϕ = b∗ 2(1 − 2ν) ln r sin ϕ − 4(1 − ν)(sin ϕ + ϕ cos ϕ) + sin ϕ ∂ϕ zu ε r = εϕ = −
b (1 − 2ν) sin ϕ , 4π(1 − ν) r
γrϕ =
cos ϕ b . 2π(1 − ν) r
A2.23
108
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
F¨ ur die Volumendehnung erh¨ alt man damit εv = εr + εϕ + εz = −
b (1 − 2ν) sin ϕ . 2π(1 − ν) r
c) Unter Beachtung, dass ein ebener Verzerrungszustand vorliegt, folgen die Spannungen aus E E (εr + ν εϕ ) , σϕ = (εϕ + ν εr ) , 2 1−ν 1 − ν 2 = G γxy , Eεz = σz − ν (σr + σϕ ) = 0
σr = τrϕ
mit εr = εϕ sowie G = E /2(1 + ν ) = E/2(1 + ν) und ν = ν/(1 − ν) zu σ r = σϕ =
2G Gb sin ϕ , εr = − 1 − 2ν 2π(1 − ν) r
σz = ν (σr + σϕ ) = − τrϕ =
2ν G b sin ϕ , 2π(1 − ν) r
Gb cos ϕ . 2π(1 − ν) r
d) Mit den bekannten Spannungen und Verzerrungen errechnet sich die Form¨ anderungsenergiedichte: U (r, ϕ) =
1 2
σij εij = 12 (σr εr + σϕ εϕ + τrϕ γrϕ /2 + τϕr γϕr /2)
= σr εr + 12 τrϕ γrϕ =
(1 − 2ν) sin2 ϕ + cos2 ϕ G b2 . 2 − ν) r2
8π 2 (1
F¨ ur die Form¨ anderungsenergie im Hohlzylinder erh¨ alt man damit durch Integration Z Z LZ raZ 2π G b2 L ra U dV = U (r, ϕ) r dϕ dr dz = . ln Πi = 4π(1 − ν) ri 0 0 V ri Anmerkungen: • F¨ ur r → 0 sind die Verschiebungen logarithmisch singul¨ ar, die Verzerrungen und die Spannungen singul¨ ar vom Typ 1/r. • Entlang des Verschiebungssprunges ϕ = 0 wirken nur Schubspannungen; die Normalspannungen sind dort Null.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 2.24 Ein beliebig geformter K¨ orper wird durch zwei entgegengesetzt gerichtete Oberfl¨ achenkr¨ afte F , die den Abstand d haben, zusammengepresst.
109
A2.24 P
F
d
Wie groß ist die Volumen¨ anderung ΔV des K¨ orpers?
Q
F
R R (2) (1) (2) L¨ osung Wir wenden den Satz von Betti A t(1) i ui dA = A ti ui dA an. Der Zustand (1) sei dabei der gegebene Belastungszustand durch (1) die Kr¨ afte F mit den zugeh¨ origen Verschiebungen ui . Wegen der punktf¨ ormigen und entgegengesetzten Belastung bei P und Q entartet dann das linke Integral zu hR i hR i (1) (2) (1) (2) (1) (2) (2) (2) ti dA uiP + ti dA uiQ = FiP [uiP − uiQ ] = F ΔuF , Il = P
Q
(2) ΔuF
wobei die Relativverschiebung der Randpunkte P und Q in Richtung von F im Zustand (2) ist. Als Zustand (2) w¨ ahlen wir den hydrostatischen Spannungszustand orper allseitig gleiche Spannungen infolge eines Drucks p0 . Er ruft im K¨ und Dehnungen hervor: (2)
σij = −p0 δij ,
(2)
εij = ε0 δij .
Diese sind u atsgesetz σm = K εv miteinander ver¨ ber das Elastizit¨ kn¨ upft. Mit σm = −p0 und εv = 3 ε0 gilt danach ε0 = −
p0 . 3K
F¨ ur die Relativverschiebung der gegen¨ uberliegenden Kraftangriffspunkte in Richtung von F folgt damit (2)
ΔuF = −
p0 d 3K
→
Il = −F
p0 d . 3K (2)
(2)
Das rechte Integral liefert unter Beachtung von ti = σij nj Z Z Z (2) (1) (1) (1) Ir = ti ui dA = −p0 ui δij nj dA = −p0 ui ni dA = −p0 ΔV. A
A
A
Durch Gleichsetzen der beiden Integrale ergibt sich schließlich −F
p0 d = −p0 ΔV 3K
→
ΔV =
Fd . 3K
Anmerkung: Die Volumen¨ anderung ist von der Form des K¨ orpers unabh¨ angig!
110
A2.25
Grundlagen der Elastizit¨ atstheorie
Aufgabe 2.25 Ein Stab mit dem dargestellten, durch zwei Kreisb¨ ogen (Radien a und b) berandeten Querschnitt wird auf reine Torsion beansprucht. a) Konstruieren Sie eine geeignete Torsionsfunktion Φ(r, ϕ). b) Wie groß sind die Spannungen am Rand und speziell in den Punkten A und B? c) Wie groß ist das √Torsionstr¨ agheitsmoment im Fall b = 2 a?
a
b
A
B
y
ϕ r
z
L¨ osung a) Eine geeignete Torsionsfunktion gen¨ ugt der Differentialgleichung ΔΦ = 1, d.h. in Polarkoordinaten 1 ∂2Φ ∂2Φ 1 ∂Φ + 2 + =1 2 ∂r r ∂r r ∂ϕ2
mit
Φ|Rand = 0 .
ullt werden, wenn Φ multiDie Randbedingung Φ|Rand = 0 kann erf¨ plikativ aus zwei Funktionen gebildet wird, die an je einem Rand verschwinden. Dies ist f¨ ur f (r) = r 2 − b2 am kleinen Kreis r = b und f¨ ur
a
ϕ
a
g(r, ϕ) = r − 2a cos ϕ am großen Kreis r = 2a cos ϕ der Fall. Als Ansatz, welcher die Randbedingung erf¨ ullt, w¨ ahlen wir dementsprechend Φ=
r
b C
“ cos ϕ ” C . f (r) g(r, ϕ) = C r 2 − b2 − 2ar cos ϕ + 2ab2 r r
Einsetzen in ΔΦ = 1 liefert mit ” “ “ ∂Φ 2ab2 2ab2 ” ∂Φ = C 2r − 2a cos ϕ − 2 cos ϕ , = C 2ar − sin ϕ, ∂r r ∂ϕ r “ ” “ ∂2Φ 4ab2 ∂2Φ 2ab2 ” cos ϕ = C 2 + 3 cos ϕ , = C 2ar − 2 2 ∂r r ∂ϕ r die Konstante C = 14 . Damit lautet die Torsionsfunktion cos ϕ ” 1“ 2 r − b2 − 2ar cos ϕ + 2ab2 . Φ= 4 r
Aufgaben und L¨ osungen
111
b) Die Spannungen ergeben sich aus Φ durch Ableitung zu “ 1 ∂Φ b2 ” = GκT a 1 − 2 sin ϕ , r ∂ϕ r “r ” b2 ∂Φ = −2GκT = −GκT a − cos ϕ − 2 cos ϕ , ∂r a r
τxr = 2GκT τxϕ
ur die Randspanwobei κT = MT /(GIT ). Daraus folgen mit r = b f¨ nungen entlang des kleinen Kreisbogens (dort ist τxr normal und τxϕ tangential zum Rand gerichtet) ” “b − 2 cos ϕ . τxϕ = −GκT a τxr = 0 , a Entlang des großen Kreisbogens bestimmen wir zweckm¨ aßig die Komponenten in normale (n) und in tangentiale (t) Richtung. Mit r = 2a cos ϕ erh¨ alt man dort f¨ ur die Randspannungen τxn = τxr cos ϕ + τxϕ sin ϕ = 0 , “ τxt = −τxr sin ϕ + τxϕ cos ϕ = −GκT a 1 −
4a2
” b2 . 2 cos ϕ
Speziell an den Punkten A und B ergibt sich (ϕ = 0) “ b” A = GκT a 2 − , τxϕ a
“ b2 ” B τxt = −GκT a 1 − 2 . 4a
c) Das Torsionstr¨ agheitsmoment erh¨ alt man durch Integration der Torsionsfunktion u ache. Durch ¨ ber die Querschnittsfl¨ √ 2 a ≤ r ≤ 2a cos ϕ , b ≤ r ≤ 2a cos ϕ → √ 2 b π = → ϕC = mit cos ϕC = ϕC ≤ ϕ ≤ −ϕC 2a 2 4 sind dabei die Integrationsgrenzen festgelegt: π
−4 Z
Z IT = −4 A −π 4
=−
2aZcos ϕ
φ dA = −
Z “
−π 4
−π 4
√
“ cos ϕ ” rdr dϕ r 2 − b2 − 2ar cos ϕ + 2ab2 r
2a
√ ” 8 2 4 4 4 4 4 2 4 a cos ϕ dϕ − a cos ϕ + 4a cos ϕ + a + 3 3
“ 5π ” 4 = 4− a = 0, 073 a4 . 4
Kapitel 3 Statik spezieller Tragwerke
3
114
Statik spezieller Tragwerke
Bogentr¨ ager Gleichgewichtsbedingungen f¨ ur den Bogentr¨ ager: 1 dQ + N = −q , ds r dN 1 − Q = −n , ds r dM − Q= 0. ds
q n s
F
r
Spezialfall Kreisbogentr¨ ager mit n = q = 0, r = a und s = rϕ: Q = A cos ϕ + B sin ϕ , N = A sin ϕ − B cos ϕ , M = (A sin ϕ − B cos ϕ)a + C .
Das biegeschlaffe Seil Differentialgleichung der Seillinie f¨ ur lotrechte Belastung: y
q(x) d2 y = , dx2 H Horizontalzug: Seilkraft: Seill¨ ange:
x
H,
p S = H 1 + y 2 , Z lp L= 1 + y 2 dx .
q(x) l
0
Anmerkung: Aus der Differentialgleichung f¨ ur die Seillinie erh¨ alt man die Differentialgleichung f¨ ur St¨ utzlinie eines momentenfreien Bogentr¨ agers, indem man H durch −H (Druckkraft!) ersetzt. F¨ ur das schwere Seil gilt die Differentialgleichung f¨ ur die Kettenlinie q0 p 1 + y 2 = 0 , q0 = Gewicht pro L¨ angeneinheit y − H mit der L¨ osung y = y0 +
hq i H cosh 0 (x − x0 ) . q0 H
115
Bogentr¨ ager, Seil, Schubfeldtr¨ ager, Seite, Membran
Der Schubfeldtr¨ ager • Ein Schubfeldtr¨ ager ist zusammengesetzt aus in Knoten gelenkig verbundenen St¨ aben und rechteckigen Schubfeldern. ¨ • Außere Lasten greifen nur in den Knoten an. • Schubfelder u ormig verteilte Schubfl¨ usse Ti . ¨ bertragen nur gleichf¨ • Auf St¨ abe wirken nur die Knotenkr¨ afte und die Schubkr¨ afte. • Notwendige Bedingung f¨ ur statische Bestimmtheit eines Schubfeldtr¨ agers: 2k = s + f + r mit k = Zahl der Knoten, s = Zahl der St¨ abe, f = Zahl der Schubfelder, r = Zahl der Lagerreaktionen. • F¨ ur Tr¨ ager unter Belastung nur durch Biegemoment M und Querkraft Q (N = 0) gelten S Si+1
i
Fi
Qi , h Mi = . h
Si+1
Si+1 = Si + Ti l ,
h
i
x
Ti h
Ti−1 h Ti h
Hinzu kommen die Gleichgewichtsbedingungen
Fi+1
Ti l
Ti =
Ti l
z Si
Ti = Ti−1 −
Si+1
l
Fi . h
Die Saite Differentialgleichung f¨ ur die Auslenkung einer gespannten Saite: q
F
q d2 w =− dx2 S
S w(x)
mit S = Spannkraft. z
x
Die Membran Differentialgleichung f¨ ur die Auslenkung einer gespannten Membran: Δw = −
x
p , σ0 t
homogene Zugspannung: Laplace Operator: Membrandicke:
p
σ0 , Δ, t.
z
σ0
σ0 y
116
Statik spezieller Tragwerke
Membrantheorie von Rotationsschalen • Die ¨ außere Belastung erfolge nur durch rotationssymmetrische Fl¨ achenlasten pn und pϑ . • Die Schale muss so gelagert sein, dass an den R¨ andern keine Biegemomente und Querkr¨ afte auftreten. • In der Schale treten nur die rotationssymmetrischen Membranspanafte auf nungen σϕ , σϑ bzw. die aus ihnen folgenden Membrankr¨ (Schalendicke t = const): Nϕ = σϕ t = Umfangskraft, Nϑ = σϑ t = Meridiankraft.
z pn
Nϕ pϑ
• Gleichgewichtsbedingungen:
ϕ
ϑ r
Nϑ
rϑ
ϑ
Nϕ Nϑ = pn , sin ϑ + r rϑ Z 1 (pn cos ϑ − pϑ sin ϑ)r rϑ dϑ , Nϑ = r sin ϑ ummungsradius des Meridians. mit rϑ = Kr¨
ϕ
x
y
z ϑ
pn pϑ
r rϑ
Nϑ
• Sonderfall Kugelschale (r/ sin ϑ = rϑ = a): Nϕ + Nϑ = pn a , Z a (pn cos ϑ − pϑ sin ϑ) sin ϑ dϑ . Nϑ = 2 sin ϑ • Sonderfall Kreiszylinderschale (r = a, ϑ = π/2, rϑ dϑ = ds, rϑ → ∞, pϑ = ps , Nϑ = Ns ): Nϕ = pn a , Z Ns = − ps ds .
a
• Sonderfall Kegelschale (r = s sin α, rϑ dϑ = ds, ϑ = π/2 − α, rϑ → ∞, pϑ = ps , Nϑ = Ns ): Nϕ = pn s tan α , Z 1 Ns = (pn sin α − ps cos α)s ds . s cos α
s α r
s
Rotationsschale, Platte
117
Die Platte ¨ • Platte = ebenes Fl¨ achentragwerk. Außere Belastung erfolgt nur durch Lasten senkrecht zur Oberfl¨ ache oder durch Randmomente. • Schnittgr¨ oßen (t = Plattendicke): p x Z M y y Mxy Querkr¨ afte Qx = τxz dz , Mx Zt Qx Myx Q z y Qy = τyz dz , Zt Z My = σy z dz , Biegemomente Mx = σx z dz , t t Z Torsionsmomente Mxy = Myx = τxy z dz . t
• Gleichgewichtsbedingungen: ∂Qy ∂Qx + = −p , ∂x ∂y ∂Mx ∂Mxy + = Qx , ∂x ∂y
∂Mxy ∂My + = Qy . ∂x ∂y
• Kinematische Annahmen f¨ ur die schubstarre Platte (Kirchhoffsche Plattentheorie): w = w(x, y):
Verschiebung in z-Richtung ist unabh¨ angig von z,
∂w ∂w u = −z , v = −z : Linien senkrecht zur Plattenmittelebe∂x ∂y ne bleiben bei der Deformation senkrecht zur deformierten Plattenmittelebene. • Elastizit¨ atsgesetz (Isotropie): Mx = −K
“ ∂2w
Mxy = Myx
mit
K=
“ ∂2w ∂2w ” ∂2w ” +ν , My = −K , 2 2 ∂y ∂y ∂x2 ∂2w = −K(1 − ν) , ∂x∂y
∂x2
+ν
E t3 = Plattensteifigkeit. 12(1 − ν 2 )
• Spannungen an Plattenoberfl¨ achen z = ± t/2: σx = ± 6
Mx , t2
σy = ± 6
My , t2
τxy = ± 6
Mxy . t2
118
Statik spezieller Tragwerke
• Kirchhoffsche Plattengleichung: p K
ΔΔ w =
∂4w ∂4w ∂4w p . +2 2 2 + = 4 ∂x ∂x ∂y ∂y 4 K
bzw.
• Randbedingungen: Gelenkig gelagerter Rand x = const: w = 0,
Mx = 0
bzw.
w = 0,
Δw = 0 .
Freier Rand x = const: ¯x = 0 , Q
Mx = 0 ,
mit der Ersatzquerkraft ∂ h ∂2w ∂M ∂2w i xy ¯ x = Qx + = −K Q + (2 − ν) . ∂y ∂x ∂x2 ∂y 2
Eingespannter Rand x = const: w = 0,
∂w = 0. ∂x
Eckenkraft: FE = 2Mxy . An freier Ecke muss die Bedingung FE = 0 erf¨ ullt werden. An frei drehbar gelagerter Ecke muss FE vom Lager aufgenommen werden. An eingespannter Ecke tritt FE nicht auf. • Kreisplatte; rotationssymmetrische Belastung und Deformation: Plattengleichung: d4 w 2 d3 w 1 d2 w 1 dw p + − + 3 = , dr 4 r dr 3 r 2 dr 2 r dr K mit allgemeiner L¨ osung (a = Bezugsl¨ ange) w(r) = wp + wh = wp + C0 + C1 ln
r r + C2 r 2 + C3 r 2 ln . a a
Schnittgr¨ oßen (Mrϕ = Qϕ = 0): Mr = −K Qr = −K
“ d2 w dr 2
+
ν dw ” , r dr
“ d2 w 1 dw ” Mϕ = −K ν 2 + , dr r dr
d (Δw). dr
• Plattengleichung f¨ ur elastisch gebettete Platte (Winkler Bettung): ΔΔw + k w =
p , K
k = Bettungszahl.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 3.1 Ein halbkreisf¨ormiger Bogentr¨ ager (Radius a) ist durch sein u ¨ ber die Bogenl¨ ange gleichf¨ ormig verteiltes Eigengewicht G belastet.
119
A3.1
g
G a
Es sind die Verl¨ aufe der Schnittgr¨ oßen N , Q und M zu bestimmen.
L¨ osung Zur Ermittlung der Schnittgr¨oßen wenden wir die Gleichgewichtsbedingungen 1 dQ + N = −q , ds r dN 1 − Q = −n , ds r dM −Q=0 ds
ϕ
p0
p0 cos ϕ
p0 sin ϕ s ϕ
an. Zu diesem Zweck muss die Streckenlast p0 = G/(πa) in die Normalkomponente q und die Tangentialkomponente n zerlegt werden: q = p0 sin ϕ ,
n = −p0 cos ϕ .
Aus den ersten beiden Gleichgewichtsbedingungen ergibt sich dann nach Eliminieren von N mit r = a, ds = a dϕ die inhomogene Differentialgleichung d2 Q + Q = −2p0 a cos ϕ . dϕ2 Sie hat die allgemeine L¨ osung Q = A cos ϕ + B sin ϕ − p0 a ϕ sin ϕ . Damit erh¨ alt man aus der ersten und aus der dritten Gleichgewichtsbedingung dQ − q a = A sin ϕ − B cos ϕ + p0 a ϕ cos ϕ , dϕ Z M = a Q dϕ = a[A sin ϕ − B cos ϕ − p0 a(sin ϕ − ϕ cos ϕ)] + C .
N =−
Die noch freien Konstanten A, B und C bestimmen wir aus den Randbedingungen: ff M (0) = 0 : −a B + C = 0 , π π → B = p0 a , C = p 0 a2 , 2 2 M (π) = 0 : a B + C = p 0 a2 π ,
120
Statik spezieller Tragwerke
Q(π) = 0 :
A = 0.
F¨ ur die Schnittgr¨ oßen ergibt sich damit unter Beachtung von p0 = G/(πa) endg¨ ultig 2ϕ ” 2ϕ ” G“ G“ 1− sin ϕ , 1− cos ϕ , Q= N =− 2 π 2 π ” 2 2ϕ Ga “ − cos ϕ − sin ϕ + cos ϕ + 1 . M= 2 π π Man kann diese Aufgabe auch elementar l¨ osen, indem man die Lagerreaktionen bestimmt und anschließend die Gleichgewichtsbedingungen am geschnittenen Bogen formuliert. Aufgrund der Symmetrie des Bogens haben die vertikalen Lagerkr¨ afte jeweils die Gr¨ oße G/2; horizontale Lagerkr¨ afte treten keine auf. Unter Beachtung des Gewichts G ϕ/π des betrachteten Bogenteils und der Geometrie lauten damit die Kr¨ aftegleichgewichtsbedingungen am geschnittenen Bogen :
:
ϕ G cos ϕ − G cos ϕ = 0 , 2 π G ϕ Q − sin ϕ + G sin ϕ = 0 . 2 π
M
N
N+
Gϕ/π
Hieraus folgen die schon bekannten Ergebnisse G/2 2ϕ ” G“ 2ϕ ” G“ 1− cos ϕ , Q = 1− sin ϕ . N =− 2 π 2 π
S B
Q rB
ϕ b
1 ϕ 2
C
a(1 − cos ϕ)
F¨ ur die Momentengleichgewichtsbedingung wird die Lage des Schwerpunkts B des geschnittenen Bogenteils ben¨ otigt. Sein Abstand vom Kr¨ ummungsmittelpunkt C betr¨ agt (vgl. Band 1, Abschnitt 4.4) rB =
sin(ϕ/2) a. ϕ/2
Damit erh¨ alt man f¨ ur den Abstand b des Gewichts G ϕ/π des Bogenteils von der Schnittstelle S b = rB cos
ϕ 2 ϕ ϕ sin ϕ − a cos ϕ = a sin cos − a cos ϕ = a − a cos ϕ . 2 ϕ 2 2 ϕ
Die Momentengleichgewichtsbedingung G ϕ S : M − a (1 − cos ϕ) + b G = 0 2 π liefert hiermit das ebenfalls schon bekannte Resultat ” 2 Ga “ 2ϕ 1 − cos ϕ − sin ϕ + M= cos ϕ . 2 π π
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 3.2 Leiten Sie aus den Gleichgewichtsbedingungen f¨ ur den Bogentr¨ ager dQ 1 + N = −q , ds r dM −Q=0 ds
A3.2
q
y n
dN 1 − Q = −n , ds r
121
r
s
x
die Differentialgleichung f¨ ur die St¨ utzlinie eines momentenfreien Tr¨ agers unter einer lotrechten Belastung p(x) her.
L¨ osung Die Bedingung M (s) = 0 hat auch dM/ds = Q = 0 zur Folge. Die Gleichgewichtsbedingungen des momentenfreien Bogentr¨ agers lauten somit 1 N = −q , r
y
α
p r
s
y(x)
dN = −n . ds
x
Da die Streckenlast lotrecht sein soll, folgen daraus q sin α + n cos α = 0
→
q cos α − n sin α = p(s)
→
α
−n
N dN sin α + cos α = 0 , r ds N dN − cos α + sin α = p(s) , r ds
α p q
bzw. nach Eliminieren von dN/ds N = −p(s) cos α . r Diese Gleichung l¨ asst sich mit der Horizontalkraft H = N cos α = const (als Zugkraft positiv) und mit den Beziehungen 1 y , =− r (1 + y 2 )3/2 p ds = 1 + y 2 dx ,
cos α =
1 , (1 + y 2 )1/2
p(s)ds = p(x)dx
→
d(·) (·) = , dx p p(s) 1 + y 2 = p(x)
umformen zur gesuchten Differentialgleichung f¨ ur die St¨ utzlinie: 1 p(x) cos2 α p = r N cos α 1 + y 2
→
d2 y p(x) = . dx2 H
Anmerkungen: • Die Differentialgleichung beschreibt in gleicher Form auch die Seillinie. • Die Differentialgleichung f¨ ur die Kettenline erh¨ alt man, indem p(x) p durch p0 1 + y 2 ersetzt wird.
122
A3.3
Statik spezieller Tragwerke
Aufgabe 3.3 Der viertelkreisf¨ormige Bogentr¨ ager ist durch die Kraft F und die konstante vertikale Streckenlast p(x) = p0 belastet.
p0 x
s F a
Es sind die Verl¨ aufe der Schnittgr¨ oßen zu bestimmen.
L¨ osung Um die Gleichgewichtsbedingungen f¨ ur den Bogentr¨ ager dQ 1 + N = −q , ds r
dN 1 − Q = −n , ds r
dM −Q = 0 ds
anwenden zu k¨ onnen, muss die Streckenlast p(x) in die Belastungen q(s) und n(s) umgerechnet werden. Dabei ist es zweckm¨ aßig, anstelle von s den Winkel ϕ einzuf¨ uhren: s = aϕ. Mit dx = ds cos ϕ und ds = adϕ gelten dann nds = p0 dx sin ϕ → n = p0 sin ϕ cos ϕ = 12 p0 sin 2ϕ , qds = p0 dx cos ϕ → q = p0 cos2 ϕ = 12 p0 (1 + cos 2ϕ) .
s x a ϕ nds p0 dx
qds ϕ
Damit lauten die ersten beiden Gleichgewichtsbedingungen dQ p0 a +N =− (1 + cos 2ϕ) , dϕ 2
dN p0 a −Q=− sin 2ϕ . dϕ 2
Eliminieren von N liefert die Differentialgleichung d2 Q 3p0 a sin 2ϕ . +Q= dϕ2 2 Sie hat die allgemeine L¨ osung Q = C1 cos ϕ + C2 sin ϕ −
p0 a sin 2ϕ . 2
F¨ ur N und M folgen daraus unter Verwendung der ersten und der dritten Gleichgewichtsbedingung dQ p0 a − (1 + cos 2ϕ) dϕ 2 p0 a = −C1 sin ϕ + C2 cos ϕ − (1 − cos 2ϕ) , 2 Z ” “ p0 a cos 2ϕ + C3 . M = a Q dϕ = a C1 sin ϕ − C2 cos ϕ + 4 N =−
Aufgaben und L¨ osungen
123
Die Konstanten C1 , C2 und C3 werden aus den Randbedingungen M (0) = 0 : M (π/2) = 0 : Q(0) = −F :
p0 a2 + C3 = 0 , 4 2 p0 a + C3 = 0 , a C1 − 4 C1 = −F
−a C2 +
bestimmt. Aus ihnen erhalten wir C1 = −F ,
C2 =
p0 a +F , 2
C3 =
p0 a2 + aF . 4
F¨ ur die Schnittgr¨ oßen ergibt sich damit schließlich p0 a (sin ϕ − sin 2ϕ) , 2 p0 a N = −F (sin ϕ + cos ϕ) − (cos ϕ + 1 − cos 2ϕ) , 2
Q = F (sin ϕ − cos ϕ) +
M = F a(1 − sin ϕ − cos ϕ) +
p0 a2 (1 − 2 cos ϕ + cos 2ϕ) . 4
Aus den Schnittgr¨ oßen lassen sich unter anderem die Lagerreaktionen ermitteln: p0 a , BV = −N (π/2) = F + p0 a , A = −N (0) = F + 2 p0 a p0 a . BH = Q(π/2) = F + A 2 Man kann sie mit Hilfe der Gleichgewichtsbedingungen f¨ ur das Gesamtsystem u ufen. ¨ berpr¨ So liefert zum Beispiel das Gleichgewicht in vertikaler Richtung ↑ : BV − F − q0 a = 0
→
BV = F + q0 a .
F
a BV
a(1 − cos ϕ)
BH
p0 x
Q Zur Probe ermitteln wir noch das BiegemoA M ment aus der Gleichgewichtsbedingung am geS F schnittenen System: N : M + x F − a (1 − cos ϕ)A + x p x = 0 . x/2 S 0 2 2 1 Durch Einsetzen von A, x = a sin ϕ und sin ϕ = 2 (1 − cos 2ϕ) erh¨ alt man das schon bekannte Ergebnis
M = F a(1 − sin ϕ − cos ϕ) +
p0 a2 (1 − 2 cos ϕ + cos 2ϕ) . 4
124
A3.4
Statik spezieller Tragwerke
Aufgabe 3.4 Ein Seil mit vernachl¨assigbarem Eigengewicht ist durch eine Streckenlast q(x) = q0 x/l belastet. Es ist zwischen den beiden Aufh¨ angepunkten so gespannt, dass sein Durchhang f betr¨ agt.
y x f q(x)
Man bestimme die Horizontalkraft H und die Seillinie y(x).
l
L¨ osung Mit der gegebenen Belastung q(x) liefert die zweimalige Integration der Differentialgleichung der Seillinie x , l 2 x H y = q0 + C1 , 2l 3 x H y = q0 + C1 x + C2 . 6l
H y = q0
Die Integrationskonstanten ergeben sich aus den Randbedingungen: y(0) = 0 : y(l) = 0 :
C2 = 0 , l3 q0 + C1 l = 0 6l
→
C1 = −
q0 l . 6
Die noch unbekannte Horizontalkraft H folgt aus dem vorgegebenen Durchhang f . Der Ort xf , an dem f auftritt, ist festgelegt durch die Bedingung y = 0
→
q0
x2 l − q0 = 0 2l 6
→
l xf = √ . 3
Damit ergibt sich y(xf ) = −f
→
−H f = q0
x3f l − q0 x 6l 6
→
q0 l2 H= √ . 9 3f
F¨ ur die Seillinie erh¨ alt man durch Einsetzen x3 l q0 l2 √ y(x) = q0 − q0 6l 6 9 3f
→
√ x” 3 3 “ x3 . y(x) = f 3 − 2 l l
p Anmerkung: Die Seilkraft errechnet sich aus S = H 1 + y 2 . Sie ist 2 oßten Wert y 2 (l) = am rechten Lager am gr¨ oßten, weil dort y den gr¨ 2 2 27f /l annimmt.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 3.5 Ein Luftschiff wird mittels eines Seils (L¨ ange L, Gewicht pro L¨ ange q0 ) gehalten. Dabei treten am Ankerpunkt A der Winkel α und die Seilkraft SA auf.
A3.5
h
In welcher H¨ ohe h befindet sich das Luftschiff? Gegeben: L = 100 m, q0 = 50 N/m, α = 60◦ , SA = 8 kN.
α
A
L¨ osung Wir f¨ uhren ein Koordinatensystem mit dem Ursprung in A ein und benennen den Befestigungpunkt am Luftschiff mit B. Mit der Seillinie des schweren Seils (Kettenline) y = y0 +
125
B
hq i H 0 cosh (x − x0 ) q0 H
h y
kann die gesuchte H¨ ohe h aus
A
hq i H 0 (xB − x0 ) h = y0 + cosh q0 H
α xB
x
bestimmt werden. Zu diesem Zweck m¨ ussen die noch unbekannten Gr¨ oßen H, x0 , y0 und xB aus bekannten Angaben ermittelt werden. Die Horizontalkraft H kann zun¨ achst aus der bekannten Richtung und Gr¨ oße der Seilkraft am Ankerpunkt bestimmt werden: H = SA cos α
→
H = 8 kN · 0, 5 = 4 kN .
SA α
Aus der Ableitung (Anstieg) der Seillinie hq i 0 (x − x0 ) . y = sinh H
H
und dem bekannten Neigungswinkel α am Ankerpunkt folgt y (0) = tan α
→
sinh
q0 x0 = − tan α , H
bzw. durch Bilden der Umkehrfunktion q0 x0 = −Ar sinh[tan α] H
→
x0 = −
H Ar sinh[tan α] . q0
126
Statik spezieller Tragwerke
Einsetzen von α, H und q0 liefert x0 = −
√ 4000 Ar sinh 3 = −80 · 1, 32 = −105, 6 m . 50
ange L. Unter VerwenDen Wert von xB ermitteln wir aus der Seill¨ dung des Additionstheorems f¨ ur Hyperbelfunktionen cosh2 z− alt man sinh2 z = 1 erh¨ Z xB p hq i˛xB H ˛ 0 1 + y 2 dx = sinh L= (x − x0 ) ˛ q0 H 0 0 i hq Hn q0 x0 o 0 = (xB − x0 ) + sinh . sinh q0 H H Wir l¨ osen diese Gleichung zweckm¨ aßig nicht direkt nach xB sondern gleich nach dem ben¨ otigten Argument des Hyperbelsinus auf: hq i q0 x0 q0 L 0 (xB − x0 ) = − sinh sinh H H H h i q0 L q0 → (xB − x0 ) = Ar sinh + tan α H H h 50 · 100 √ i + 3 = Ar sinh 4000 = 1, 81 . Die Konstante y0 ergibt sich aus der Bedingung y(0) = 0
→
H q0 x0 cosh q0 H r hq x i H 0 0 =− 1 + sinh2 q0 H Hp =− 1 + tan2 α q0 H H√ 1 + 3 = −2 = −160 m . =− q0 q0
y0 = −
F¨ ur die gesuchte H¨ ohe folgt schließlich durch Einsetzen der zuvor bestimmten Werte hq i H 0 (xB − x0 ) h = y0 + cosh q0 H =
4000 H (−2 + cosh 1, 81) = (−2 + 3, 14) = 91, 2 m . q0 50
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 3.6 Es ist die St¨ utzlinie eines Bogentr¨ agers zu bestimmen, dessen Belastung durch Sch¨ uttgut“ proportional ” zur H¨ ohe des Sch¨ uttguts ist: q(x) = q(x) −αy(x). Wie groß sind die Horizontalkraft H und die St¨ utzkraft S am Lager?
127
A3.6
y
x h
f a
a
Gegeben: a = 20 m, h = 7 m, f = 6, 5 m, α = 2, 2 · 104 N/m2 .
L¨ osung Die Differentialgleichung f¨ ur die St¨ utzlinie eines momentenfreien Bogentr¨ agers Hy = −q(x) lautet mit der gegebenen Belastung H y = α y , wobei H als Druckkraft positiv angenommen worden ist. Mit der Abasst sie sich in der Form k¨ urzung κ2 = α/H l¨ y − κ2 y = 0 schreiben. Sie hat die allgemeine L¨ osung y(x) = A cosh κx + B sinh κx . Die Symmetrie- und die Randbedingungen f¨ uhren auf y (0) = 0 : y(0) = −(h − f ) :
B = 0, A = −(h − f ) ,
y(a) = −h :
A cosh κa = −h
→
κa = arcosh
h . h−f
Damit ergeben sich f¨ ur die die St¨ utzlinie und f¨ ur die Horizontalkraft r α αa2 α H= 2 = “ . x, y(x) = −(h − f ) cosh h ”2 H κ arcosh h−f Die St¨ utzkraft S am Lager errechnet sich zu r “h − f ”2 p 2 κa sinh κa . S(a) = H 1 + y (a) = H 1 + a Mit den gegebenen Zahlenwerten erh¨ alt man y(x) = −0, 5 cosh (3, 33
x )m , a
H = 793 kN ,
S(a) = 1216 kN .
128
A3.7
Statik spezieller Tragwerke
Aufgabe 3.7 F¨ ur das dargestellte System aus St¨ aben und Schubfeldern sind die Stabkr¨ afte und Schubfl¨ usse zu bestimmen.
2F
B 2a
A a
L¨ osung Mit k = 8 Knoten, s = 10 St¨aben, f = 3 Schubfeldern und r = 3 Lagerreaktionen ist die notwendige Bedingung f¨ ur statische Bestimmtheit 2k = s + f + r erf¨ ullt. Aus den Gleichgewichtsbedingungen am Gesamtsystem ermitteln wir zun¨ achst die Lagerreaktionen: AV = F ,
AH = F/2 ,
a
a
F
2F
B
AV
F
AH
B = F/2 .
Nun zerlegen wir das System in seine Bestandteile und stellen f¨ ur die 5
T1 a
S56 2F
S67
6
2
1
1
AV = F AH = F/2
2
3 T2 2a T3 2a
T3 2a
T1 a
T2 a
T3 a
8
9
10
S89
B = F/2 4
3
T1 2a T2 2a
T1 2a
7
T3 a
T2 a
S910
F
St¨ abe die Gleichgewichtsbedingungen auf. Damit ergeben sich schrittweise Stab Stab Stab Stab Stab Stab Stab
1: 2: 3: 5: 6: 8: 9:
F − T1 2a = 0 (T1 − T2 )2a − 2F = 0 (T2 − T3 )2a = 0 T1 a + S56 = 0 T2 a + S67 − S56 = 0 S89 − F/2 − T1 a = 0 S910 − S89 − T2 a = 0
→ → → → → → →
T1 = F/2a , T2 = −F/2a , T3 = T2 = −F/2a , S56 = −T1 a = −F/2 , S67 = 0 , S89 = F , S910 = F/2 .
Die St¨ abe 4, 7 und 10 k¨ onnen zur Probe verwendet werden. So folgt zum Beispiel f¨ ur den Stab 4 T3 2a + F = 0
→
−F + F = 0 .
Aufgaben und L¨ osungen
129
Aufgabe 3.8 F¨ ur den dargestellten Schubfeldtr¨ ager sollen die Schubfl¨ usse in den Feldern 3 und 9 sowie die Gurtkr¨ afte S5 und S8 ermittelt werden. q0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
a
a
a
a
a
a
a
a
a
a
h
L¨ osung Da im Tr¨ager keine L¨angskraft auftritt, k¨onnen die Schubfl¨ usse und die Gurtkr¨ afte unmittelbar aus der Querkraft und dem Moment ermittelt werden: Ti = Qi /h ,
Si+1 = Mi /h .
Ersetzt man die Streckenlast durch statisch ¨ aquivalente Einzelkr¨ afte in den Knoten, dann erh¨ alt man die dargestellten Schnittgr¨ oßenverl¨ aufe:
1
Q q0 a
15 2
2
13 2
3
11 2
1 qa 2 0
q0 a q0 a
q0 a
q0 a
q0 a
1 qa 2 0
4
6
5
9 2
7 2
5 2
q0 a 8
7
3 2
q0 a
q0 a
10
9
1 2
− 12 M q0 a2 − 60 2
3 2
− 45 2
− 21 2 − 32 2
− 12 2
1 qa 2 0
4 2
− 32 3 2
− 52
Mit den Schnittgr¨ oßen Q3 =
11 q0 a , 2
1 Q9 = − q0 a , 2
12 q0 a2 , 2
M7 =
3 q0 a2 2
12 q0 a2 , 2 h
S8 =
3 q0 a2 . 2 h
M4 = −
ergibt sich f¨ ur die gesuchten Gr¨ oßen T3 =
11 q0 a , 2 h
T9 = −
1 q0 a , 2 h
S5 = −
A3.8
130
A3.9
Statik spezieller Tragwerke
Aufgabe 3.9 Eine gespannte Saite ist wie dargestellt durch zwei Kr¨ afte F1 und F2 belastet. a) Zeigen Sie, dass der Satz von Betti auch f¨ ur die Saite gilt. b) Wie lautet die L¨ osung w(x), wenn die beiden Kr¨ afte entgegengesetzt gleich groß sind? Wie groß ist dann Δw = w(a) − w(b)? c) Bestimmen Sie die Auslenkung der Saite f¨ ur eine Belastung durch ein Einzelmoment M0 .
a
x
l
M0
S
a
z
F1 S w1 (b)
x ≤ a,
f¨ ur
x > a.
F1 a (l − b) . w1 (b) = S l
b
x
f¨ ur
An der Stelle x = b > a erh¨ alt man demnach
F2 S
z
L¨ osung a) Die Auslenkung der Saite unter einer bei x = a wirkenden Kraft F1 lautet nach Band 4, Abschnitt 3.5.1 8l − a < x F1 l w1 (x) = a S : (l − x) l
F1
x
z w1 (x) a b F2 S w2 (a) z
w2 (x) l
Entsprechend gelten f¨ ur eine an der Stelle x = b wirkende Kraft F2 8 >l − b f¨ ur x ≤ b , F2 < l x w2 (x) = S > : b (l − x) f¨ ur x > b . l und w2 (a) =
F2 l − b a. S l
Damit kann man sich durch Einsetzen davon u ¨ berzeugen, dass der Satz von Betti auch f¨ ur die Saite g¨ ultig ist: F1 w2 (b) = F2 w1 (a)
→
F1
F2 l − b F1 a a = F2 (l − b) . S l S l
Aufgaben und L¨ osungen
131
b) Sind die beiden Kr¨ afte entgegengesetzt gleich groß, dann erh¨ alt man f¨ ur die Auslenkung durch Superposition 8b − a > x f¨ ur x ≤ a , > > > l < F l−b+a w(x) = w1 + w2 = a− x f¨ ur a ≤ x ≤ b , S > l > > > : a − b (l − x) f¨ ur x > b . l F
x
S w(a)
z
a b
Hieraus ergibt sich Δw = w(a) − w(b) =
w(b) w(x) F l
F b−a (l − b + a) . S l
aftepaares c) Wir stellen das Moment M0 durch die Wirkung des Kr¨ aus F und −F dar: M0 = F δ
mit
δ = b − a.
Dann erh¨ alt man aus b) mit δ → 0 8x f¨ ur x ≤ a , M0 < l w(x) = x − l S : f¨ ur x > b . l
w(x)
x
S M0
z
a l
Danach ist der Anstieg w links bzw. rechts vom Angriffspunkt des Moments gleich groß. Am Angriffspunkt selbst ergibt sich ein Verschiebungssprung der Gr¨ oße Δw =
M0 . S
Anmerkung: Die L¨ osung w(x) f¨ ur die Belastung durch das Moment M0 ist in der unmittelbaren Umgebung des Angriffspunktes von M0 nicht g¨ ultig. Dort erf¨ ahrt die Verschiebung einen Sprung, d.h. einen Anstieg, der gegen Unendlich geht. Dies widerspricht der Annahme w 1, die bei der Herleitung der Differentialgleichung der Saite verwendet wird.
132
A3.10
Statik spezieller Tragwerke
Aufgabe 3.10 Eine gespannte Saite ist durch die Streckenlast q(x) belastet. a) Man l¨ ose die Differentialgleichung der Saite, indem w(x) und q(x) durch Fourierreihen dargestellt werden. b) Wie lautet die L¨ osung im Spezialfall q(x) = q0 = const, a = l/2 und b = l/4? Wie groß ist dann die Auslenkung in der Mitte der Saite?
x
q(x) S b a
z
b
l
L¨ osung a) Um die Randbedingungen w(0) = 0 und w(l) = 0 zu erf¨ ullen, w¨ ahlen wir f¨ ur w(x) und f¨ ur q(x) die Fourier-Darstellungen w(x) =
X
wn sin
nπx , l
q(x) =
X
qn sin
nπx , l
n = 1, 2, 3, . . . ,
wobei die Fourierkoeffizienten Z Z 2 l nπx nπx 2 a+b q(x) sin q(x) sin dx = dx qn = l 0 l l a−b l durch die gegebene Belastung festgelegt sind. Einsetzen in die Differentialgleichung der Saite Sw = −q(x) liefert die Fourierkoeffizienten der Auslenkung und damit die L¨ osung: wn =
qn l2 n2 π 2 S
→
w(x) =
nπx l2 X qn sin . π2S n2 l
b) Mit q(x) = q0 , a = l/2 und b = l/4 ergibt sich Z 4q0 nπ nπ 2q0 l/2+l/4 nπx dx = sin sin . sin qn = l l/2−l/4 l nπ 2 4 Dann wird w(x) =
4q0 l2 X 1 nπ nπ nπx sin , sin sin π3 S n3 2 4 l
und in der Mitte erh¨ alt man mit x = l/2 l 4q0 l2 X 1 nπ nπ w( ) = 3 sin2 . sin 2 π S n3 2 4 Die Reihe konvergiert sehr schnell. So erh¨ alt man bei Ber¨ ucksichtigung nur des 1. Reihengliedes den Wert w( 2l ) = 0, 0912 q0 l2 /S, der von der exakten L¨ osung nur um 2,5 % abweicht.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 3.11 Eine l¨angs ihres Randes gelagerte quadratische Membran (Seitenl¨ ange a, Dicke t) ist durch die Spannung σ0 vorgespannt und durch den konstanten Druck p0 belastet.
133
A3.11
p0 σ0
σ0 a
z
Wie groß ist die Auslenkung wmax der Membran in der Mitte ?
a x
L¨ osung Wir l¨osen die Differentialgleichung der Membran
y
∂2w ∂2w p , + =− 2 ∂x ∂y 2 σ0 t
(a)
indem wir w und p durch die doppelten Fourierreihen XX nπy mπx sin , w(x, y) = wmn sin a a XX nπy mπx sin m, n = 1, 2, 3, . . . p(x, y) = pmn sin a a darstellen. Der Ansatz f¨ ur w erf¨ ullt die Randbedingung w = 0 an den R¨ andern, und die Fourierkoeffizienten pmn sind mit p(x, y) = p0 durch Z aZ a 4 mπx nπy 16 p0 p(x, y) sin pmn = 2 sin dx dy = 2 a 0 0 a a π mn festgelegt, wobei m, n = 1, 3, 5, . . .. Einsetzen in (a) liefert durch Koeffizientenvergleich die Fourierkoeffizienten wmn : wmn =
σ0
16 p0 a2 4 t π mn (m2
+ n2 )
m, n = 1, 3, 5, . . . .
Damit ergibt sich f¨ ur die Auslenkung w(x, y) =
16 p0 a2 X X 1 mπx nπy sin sin π 4 σ0 t mn (m2 + n2 ) a a
mit m, n = 1, 3, 5, . . .. In der Mitte der Membran (x = y = a/2) erh¨ alt man daraus 1 16 p0 a2 X X mπ nπ wmax = 4 sin sin π σ0 t mn (m2 + n2 ) 2 2 ” 16 p0 a2 “ 1 1 1 1 1 1 1 p0 a2 = 4 . − − + − . . . ≈ 0, 0951 π σ0 t 2 3 10 3 10 9 18 σ0 t Zum Vergleich sei die maximale Auslenkung einer kreisf¨ ormigen Membran mit dem Durchmesser a unter der gleichen Belastung angegeben: Kreis = 0, 0625 p0 a2 /(σ0 t). wmax
134
A3.12
Statik spezieller Tragwerke
Aufgabe 3.12 Eine Membran (Dicke t) ist mit der Vorspannung σ0 u ¨ber einen kreisf¨ ormigen Rand (Radius a) gespannt. Es ist die Auslenkung f¨ ur folgende rotionssymmetrischen Belastungen zu ermitteln: a) konstanter Druck p0 auf eine Kreisfl¨ ache mit dem Radius b, b) konstante Verschiebung einer starren Kreisfl¨ ache mit dem Radius b durch eine Kraft F , c) konstante Ringlast q0 entlang eines Kreises mit dem Radius b.
a)
p0
σ0
b
a
z b)
F
σ0
b
σ0
r
starr
σ0
r a
c) σ0
q0 b
σ0
r a
L¨ osung a) Die L¨osung der Differentialgleichung der Membran Δw = −
p σ0 t
unterscheidet sich in den beiden unterschiedlich belasteten Bereichen: Bereich 1 (p = p0 ):
0≤r≤b
p0 2 w1 = C1 ln r + C2 − r , 4 σ0 t C p 1 0 w1 = − r, r 2σ0 t
Bereich 2 (p = 0):
b≤r≤a
w2 = C3 ln r + C4 , w2 =
C3 . r
atsbedingung, Die Konstanten C1 bis C4 ergeben sich aus der Regularit¨ ¨ der Randbedingung und den Ubergangsbedingungen: w1 (0) = beschr¨ ankt :
C1 = 0 ,
w2 (a) = 0 :
C3 ln a + C4 = 0 , p 0 b2 C2 − = C3 ln b + C4 , w1 (b) = w2 (b) : 4 σ0 t b p C3 0 w1 (b) = w2 (b) : − = , 2σ0 t b b” p 0 b2 “ p 0 b2 p 0 b2 1 − 2 ln , C3 = − → C2 = , C4 = ln a . 4σ0 t a 2 σ0 t 2σ0 t Damit ergibt sich f¨ ur die Auslenkung in den beiden Bereichen w1 =
b r2 ” p 0 b2 “ 1 − 2 ln − 2 , 4 σ0 t a b
w2 = −
r p 0 b2 ln . 2 σ0 t a
Aufgaben und L¨ osungen
135
b) In diesem Fall tritt nur ein Bereich auf: b ≤ r ≤ a. Wegen p = 0 lautet f¨ ur ihn die allgemeine L¨ osung w =
w = C1 ln r + C2 ,
C1 . r
Die Verschiebungsrandbedingung bei r = a liefert w(a) = 0 :
C1 ln a + C2 = 0 .
(a)
Eine zweite Gleichung erhalten wir, indem wir die Membran bei r = b schneiden und die Gleichgewichtsbedingung f¨ ur die starre Kreisfl¨ ache aufstellen. Ber¨ ucksichtigen wir, dass der Neigungswinkel α der Membran klein ist σ0 t σ0 t F und sich die Vorspannung bei der Deforα mation nicht ¨ andert, dann erhalten wir mit b sin α ≈ tan α = −w σ0 t 2πb sin α − F = 0
→
w (b) =
−F 2πb σ0 t
→
C1 =
−F . 2π σ0 t
Mit (a) liegt damit auch C2 fest, und die Auslenkung wird w=−
r F ln . 2π σ0 t a
c) Nun m¨ ussen wir wieder zwei Bereiche unterscheiden, wobei in beiden jedoch p = 0 ist. Daher lauten die L¨ osungen w1 = C1 ln r + C2
f¨ ur
0 ≤ r ≤ b,
w2 = C3 ln r + C4
f¨ ur
b ≤ r ≤ a.
Wegen der Beschr¨ anktheit von w1 muss C1 = 0 sein. Die restlichen ¨ Konstanten folgen aus den Rand- und Ubergangsbedingungen w2 (a) = 0 : w1 (b) = w2 (b) :
C3 ln a + C4 = 0 , C2 = C3 ln b + C4
und der Gleichgewichtsbedingung (sin α ≈ −w2 ) −σ0 t 2πb w2 − q0 2πb = 0
→
C3 = −
F¨ ur die Auslenkungen ergibt sich damit w1 = −
q0 b b ln , σ0 t a
w2 = −
q0 b r ln . σ0 t a
q0 b . q0 σ0 t σ0 t
q0 σ0 t b
σ0 t α
136
A3.13
Statik spezieller Tragwerke
Aufgabe 3.13 Eine Kugelschale (Radius a, Dicke t) mit vernachl¨ assigbarem Eigengewicht ist durch eine Schnee” last“ p0 belastet. Es sind die Membrankr¨ afte sowie die Aufweitung w der Schale am Rand zu bestimmen.
p0 r a
α
w
ϑ
L¨ osung Bei der Kugelschale ergeben sich die Membrankr¨afte aus Z a Nϑ = (pn cos ϑ − pϑ sin ϑ) sin ϑ dϑ , Nϕ = pn a − Nϑ . 2 sin ϑ Mit pn = −p0 cos2 ϑ und pϑ = p0 sin ϑ cos ϑ erh¨ alt man daraus zun¨ achst Z ” a p0 a p0 “ 1 sin2 ϑ + C . sin ϑ cos ϑ dϑ = − 2 Nϑ = − 2 sin ϑ sin ϑ 2 ur ϑ → 0 Die Konstante bestimmen wir aus der Bedingung, dass Nϑ f¨ beschr¨ ankt bleiben muss. Hieraus folgt C = 0, und die Membrankr¨ afte werden a p0 a p0 (1 − 2 cos2 ϑ) . , Nϕ = Nϑ = − 2 2 Danach ¨ andert die Umfangskraft Nϕ bei ϑ = π/4 das Vorzeichen: f¨ ur ur ϑ > π/4 positiv (Zug). ϑ < π/4 ist Nϕ negativ (Druck), f¨ Die Aufweitung w ermitteln wir mit Hilfe des (mit der Schalendicke t multiplizierten) Elastizit¨ atsgesetzes aus der Umfangsdehnung: Et εϕ = Nϕ − ν Nϑ
→
εϕ (α) =
a p0 (1 + ν − 2 cos2 α) . 2 Et
Unter Verwendung der Definition der Umfangsdehnung mittels der Umfangs¨ anderung εϕ (α) =
2π(a sin α + w) − 2πa sin α w = 2πa sin α a sin α
ergibt sich damit w=
a2 p0 (1 + ν − 2 cos2 α) sin α . 2 Et
F¨ ur den Sonderfall der Halbkugelschale folgt daraus zum Beispiel w=
a2 p0 (1 + ν) . 2 Et
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 3.14 F¨ ur die dargestellte Kegelschale (Dichte ρ, Dicke t) sollen die Membrankr¨ afte infolge Eigengewicht und der axialen Last F ermittelt werden.
A3.14
s F
s0
137
g
r0 α
L¨ osung Bei der Kegelschale ergeben sich die Membrankr¨ afte aus Z 1 Ns = (pn sin α − ps cos α)s ds , s cos α
t
Nϕ = pn s tan α .
Mit pn = −ρgt sin α ,
ps = ρgt cos α
erhalten wir f¨ ur die Meridiankraft zun¨ achst Z “ ” s2 ρgt ρgt s ds = − +C . Ns = − s cos α s cos α 2 Die Konstante C bestimmen wir aus der Randbedingung am oberen Rand. Die dort verteilte Axialkraft F muss zu diesem Zweck in Richtung von s und in eine Ringkraft“ R mit verschwindender Resultie” render aufgespalten werden. Mit r0 = s0 sin α ergibt sich Ns (s0 ) = −
1 F 2πr0 cos α
→
C=−
s20 F + . 2 2π sin α ρgt
Damit folgt f¨ ur Ns Ns = −
– » 1 F + ρgt (s2 − s20 ) . 2s cos α π sin α
F 2πr 0 α R
Die Umfangskraft ergibt sich unabh¨ angig von Ns zu Nϕ = −(ρgt sin α tan α) s .
Anmerkungen: • Die Ringkraft R muss von einem Druckring“ aufgenommen werden ” und darf nicht auf die Schale wirken. Anderenfalls w¨ urde sie Biegemomente hervorrufen, die durch die Membrantheorie nicht beschrieben werden k¨ onnen. • F¨ ur s0 → 0 geht Ns → ∞.
138
A3.15
Statik spezieller Tragwerke
¨ Aufgabe 3.15 Ein Wasser¨ uberlauf (Offnungsradius r0 ) in einem Becken hat die Form einer Kegelschale. Er ist in der Tiefe h so gelagert, dass keine Biegung auftritt. a) Es sind die Membrankr¨ afte infolge des Fl¨ ussigkeitsdrucks zu bestimmen. √ afte b) Wie groß sind im Sonderfall α = 30◦ , h/r0 = 3 die Membrankr¨ bei z = h ? c) Wie groß sind die Membrankr¨ afte bei z = h in einer vergleichbaren ¨ ¨ Halbkugelschale mit dem Offnungsradius r0 und dem Offnungswinkel ϑ0 = 30◦ ? s b α ρ
z
r0 r0 h
ρ
ϑ0
a ϑ
a
L¨ osung a) Die Membrankr¨afte ergeben sich bei der Kegelschale aus Z 1 Ns = Nϕ = pn s tan α . (pn sin α − ps cos α)s ds , s cos α Es ist in diesem Fall zweckm¨ aßig, die Variable s durch z zu ersetzen. Dabei gelten die geometrischen Beziehungen z + b = s cos α ,
r0 = b tan α ,
s=
z tan α + r0 , sin α
ds =
dz . cos α
Die Fl¨ achenlast auf die Membran ist durch den Fl¨ ussigkeitsdruck gegeben (vgl. Kapitel 1): pn = −ρ gz , ps = 0 . Damit erhalten wir f¨ ur die Meridiankraft Z ρ g tan α z (z tan α + r0 ) dz Ns = − (z tan α + r0 ) cos α “ z3 ” ρ g tan α r0 z 2 =− tan α + +C . (z tan α + r0 ) cos α 3 2 Die Randbedingung Ns (0) = 0 am Einlauf liefert C = 0, und damit wird Ns = −
ρ g tan α 2z tan α + 3 r0 2 z . 6 cos α z tan α + r0
Aufgaben und L¨ osungen
139
F¨ ur die Umfangskraft ergibt sich Nϕ = −
ρg (z tan α + r0 ) z . cos α
√ √ b) Mit tan α = 1/ 3, cos α = 3/2 und den geometrischen Beziehungen √ h tan α + r0 = a , r0 = a/2 , h = ( 3/2)a erh¨ alt man bei z = h die Kr¨ afte Ns (h) = −
5 ρ ga2 = −0, 21 ρ ga2 , 24
Nϕ (h) = −ρ ga2 .
ur die Meridiankraft c) Mit z = a(cos ϑ0 − cos ϑ) und pn = −ρ gz folgt f¨ Z ρ ga2 Nϑ = − 2 (cos ϑ0 − cos ϑ) sin ϑ cos ϑ dϑ sin ϑ ” ρ ga2 “ 1 1 sin2 ϑ cos ϑ0 + cos3 ϑ + C . =− 2 3 sin ϑ 2 Die Randbedingung am Einlauf liefert Nϑ (ϑ0 ) = 0
→
C=−
1 1 + cos ϑ0 , 2 6
und damit wird Nϑ = −
ρ ga2 (3 cos ϑ0 sin2 ϑ + 2 cos3 ϑ − 3 + cos3 ϑ0 ) . 6 sin2 ϑ
Die Umfangskraft ergibt sich aus Nϕ = pn a − Nϑ = −ρ ga2 (cos ϑ0 − cos ϑ) − Nϑ . afte bei Einsetzen von ϑ0 = 30◦ und ϑ = 90◦ liefert die Membrankr¨ z = h: ” “5√ Nϑ = −ρ ga2 3 − 2 = −0, 17 ρ ga2 , 4 ” “ √ 2 7 3 − 2 = −0, 70 ρ ga2 . Nϕ = −ρ ga 4 Ein Vergleich mit den Ergebnissen der Kegelschale zeigt, dass beide Membrankr¨ afte bei der Kugelschale kleiner sind.
140
A3.16
Statik spezieller Tragwerke
Aufgabe 3.16 Eine allseits frei drehbar gelagerte Rechteckplatte (Seitenl¨ angen a, b, Dicke t) ist durch die Fl¨ achenlast p(x, y) = p0 x/a belastet. Mit Hilfe eines doppelten Fourierreihenansatzes sind die Durchbiegung w(x, y) sowie die Spannung σx in den Plattenoberfl¨ achen zu bestimmen. Welche Werte nehmen sie f¨ ur a = 2b in der Plattenmitte an?
p0 x z
x
b
y
a
L¨ osung Wir stellen die Durchbiegung w und die Belastung p durch die doppelten Fourierreihen XX mπx nπy w(x, y) = wmn sin sin , a b m n XX mπx nπy pmn sin sin mit m, n = 1, 2, 3 . . . p(x, y) = a b m n dar, wobei der Ansatz f¨ ur w alle Randbedingungen streng erf¨ ullt (vgl. Band 4, Abschnitt 3.6). Die Fourierkoeffizienten pmn sind durch die gegebene Belastung bestimmt: Z aZ b 4 mπx nπy p(x, y) sin pmn = sin dx dy ab 0 0 a b Z aZ b mπx nπy x 4 p0 sin sin dx dy = ab 0 0 a a b 8 < 8 p0 (−1)m+1 , n = 1, 3, 5, . . . 4 p0 n m mnπ 2 = [(−1) − 1] (−1) = : mnπ 2 0 n = 2, 4, 6, . . . Einsetzen der Reihenans¨ atze in die Plattengleichung KΔΔw = p liefert damit f¨ ur die nichtverschwindenden Fourierkoeffizienten der Durchbiegung wmn =
8 p0 (−1)m+1 , h m2 n2 i2 6 Kπ mn 2 + 2 a b
m = 1, 2, 3, . . .
n = 1, 3, 5 . . . ,
und die Durchbiegung wird mit den genannten m, n XX 8 p0 mπx nπy (−1)m+1 sin . sin w(x, y) = h m2 2 i2 a b n m n Kπ 6 mn + a2 b2
Aufgaben und L¨ osungen
141
Um die Spannung σx an den Plattenoberfl¨ achen aus « „ 2 Mx ∂ w ∂2w und Mx = −K + ν σx = ±6 2 t ∂x2 ∂y 2 zu berechnen, ben¨ otigen wir die Verschiebungsableitungen “ mπ ”2 XX nπy ∂2w mπx sin , =− wmn sin 2 ∂x a a b m n “ nπ ”2 XX ∂2w mπx nπy =− wmn sin sin . 2 ∂y b a b m n Damit erh¨ alt man 48 p0 X X σx = 4 2 π t m n
m2 n2 +ν 2 2 mπx nπy a b (−1)m+1 sin . sin h m2 a b n2 i2 mn + a2 b2
Man erkennt, dass die Koeffizienten der Reihe f¨ ur die Verschiebung w die Zahlen m, n in der f¨ unften Potenz im Nenner enthalten. In der Reihe f¨ ur die Spannung treten m, n dagegen nur in der dritten Potenz im Nenner auf. Daher konvergiert die Reihe f¨ ur die Verschiebung sehr schnell, w¨ ahren die Reihe f¨ ur die Spannung vergleichsweise langsamer konvergiert. Einsetzen von a = 2b, x = a/2 und y = b/2 liefert f¨ ur die Verschiebung in der Plattenmitte w=
=
1 8 · 16 p0 b4 X X mπ nπ (−1)m+1 sin sin 2 + 4n2 ]2 π6K mn [m 2 2 m n ” 1 1 p 0 b4 8 · 16 p0 b4 “ 1 − − + − . . . ≈ 0, 00546 . 6 π K 25 507 1369 K
F¨ ur die Spannung ergibt sich in der Plattenmitte unter Annahme von ν = 0, 3 σx =
4 · 48 p0 b2 X X m2 + 4νn2 mπ nπ (−1)m+1 sin sin 2 + 4n2 ]2 π 4 t2 mn [m 2 2 m n
” 4 · 48 p0 b2 “ 1 + 4ν 9 + 4ν 1 + 36ν − − +−... 4 2 π t 25 507 1369 p 0 b2 ≈ 0, 23 2 . t =
142
A3.17
Statik spezieller Tragwerke
Aufgabe 3.17 Ein halbunendlicher Plattenstreifen ist an drei Seiten gelenkig gelagert; der vierte Rand befindet sich im Unendlichen (y → ∞). Es soll die Plattendurchbiegung w(x, y) unter einer Fl¨ achenlast p = p0 sin πx/a ermittelt werden.
y x a
z
L¨ osung Die L¨osung der Plattengleichung KΔΔw = p kann aus der L¨ osung wh der homogenen Differentialgleichung ΔΔw = 0 und der Partikul¨ arl¨ osung wp zusammensetzt werden: w = wp + wh . Da p unabh¨ angig von y ist, finden wir die Partikul¨ arl¨ osung (vom Typ angig von y ansehen. der rechten Seite), indem wir auch wp als unabh¨ Die Plattengleichung entartet dann, und wir erhalten K
d4 wp πx = p0 sin dx4 a
→
wp =
p 0 a4 πx sin . π4K a
Zur L¨ osung der homogenen Differentialgleichung w¨ ahlen wir den Ansatz wh = C eλy sin
πx , a
der die Randbedingungen bei x = 0 und x = a erf¨ ullt. Einsetzen in ΔΔw = 0 liefert f¨ ur λ die Doppelwurzeln λ1,2 = π/a und λ3,4 = −π/a, womit die L¨ osung wh = (C1 e−πy/a + C2 y e−πy/a + C3 eπy/a + C4 y eπy/a ) sin
πx a
folgt. Da die Durchbiegung mit y nicht unbeschr¨ ankt wachsen darf, osung lautet damit nach m¨ ussen C3 = 0 und C4 = 0 sein. Die Gesamtl¨ geeigneter Umbenennung der Konstanten w = wp + wh =
“ πy ” −πy/a i p 0 a4 h πx 1+ A+B e sin . 4 π K a a
Die Randbedingungen am gelenkigen Rand y = 0 f¨ uhren auf πx p0 a4 [1 + A] sin = 0 → A = −1 , π4 K a p 0 a4 π 2 πx A 1 Δw(x, 0) = 0 : 4 [−2B + A] sin =0 → B= =− π K a2 a 2 2 w(x, 0) = 0 :
und schließlich auf die endg¨ ultige L¨ osung w=
“ p0 a4 h πy ” −πy/a i πx . 1− 1+ e sin 4 π K 2a a
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 3.18 Eine Rechteckplatte ist an zwei gegen¨ uberliegenden R¨ andern frei drehbar gelagert und an den beiden anderen R¨ andern eingespannt. Sie ist durch eine von y unabh¨ angige Fl¨ achenlast p(x) belastet.
143
A3.18
p(x) y x
a) Es ist die Durchbiegung w(x, y) zu ermitteln. b) Wie groß ist die Durchbiegung in der Plattenmitte im Sonderfall einer quadratischen Platte unter einer konstanten Fl¨ achenlast p = p0 ?
b a
b
z
L¨ osung a) Die Belastung p(x) l¨asst sich als einfache Fourierreihe Z X mπx 2 a mπx pm sin p(x) sin p(x) = mit pm = dx a a a 0 m darstellen. Damit kann man die Partikul¨ arl¨ osung von KΔΔw = p in der Form X mπx pm a4 wm sin (a) mit wm = wp (x) = a K m4 π 4 m angeben. Zur L¨ osung der homogenen Differentialgleichung verwenden wir den Produktansatz X mπx wh = Ym (y) sin . (b) a m Einsetzen in ΔΔw = 0 liefert die gew¨ ohnliche Differentialgleichung “ mπ ”2 d2 Y “ mπ ”4 d4 Ym m − 2 + Ym = 0 . dy 4 a dy 2 a Ihre allgemeine L¨ osung lautet mit der Abk¨ urzung yˆm = mπy/a Ym = Am cosh yˆm + Bm yˆm sinh yˆm + Cm sinh yˆm + Dm yˆm cosh yˆm . Damit ergibt sich aus (a) und (b) die Gesamtl¨ osung X mπx w = wp + wh = [wm + Ym (y)] sin . a m
(c)
Sie erf¨ ullt die Randbedingungen entlang der beiden frei drehbaren R¨ ander. Durch die Randbedingungen entlang y = ±b werden die Konstan-
144
Statik spezieller Tragwerke
ten Am bis Dm bestimmt. Aufgrund der Symmetrie des Problems muss die Durchbiegung bez¨ uglich y eine gerade Funktion sein: w(x, y) = w(x, −y). Dementsprechend m¨ ussen Cm = 0 und Dm = 0 sein. Die restlichen Konstanten folgen unter Verwendung der Bezeichnungen (·) = ∂(·)/∂y und ˆb = mπb/a aus den Bedingungen w(x, ±b) = 0 → Ym (±b) = −wm :
w (x, ±b) = 0 →
Ym (±b)
=0:
Am cosh ˆb + Bmˆb sinh ˆb = −wm , (Am + Bm ) sinh ˆb + Bmˆb cosh ˆb = 0
zu Am = −wm
sinh ˆb + ˆb cosh ˆb , ˆb + sinh ˆb cosh ˆb
Bm = wm
sinh ˆb . ˆb + sinh ˆb cosh ˆb
Damit ist die Gesamtl¨ osung (c) eindeutig festgelegt. b) F¨ ur die Plattenmitte (x = a/2, y = 0) erh¨ alt man aus (c) zun¨ achst die Durchbiegung X a mπ [wm + Am ] sin . wM = w( , 0) = 2 2 m ur die quadratische Platte mit b = Die Koeffizienten Am ergeben sich f¨ a/2 und der Beziehung 2 sinh ˆb cosh ˆb = sinh 2ˆb zu Am = − wm womit wM =
X
2 sinh
mπ mπ + mπ cosh 2 2 , mπ + sinh mπ
2 wm 41 −
m
2 sinh
mπ mπ 3 + mπ cosh 2 2 5 sin mπ mπ + sinh mπ 2
folgt. Schließlich erh¨ alt man f¨ ur p = p0 = const die nichtverschwindenden Fourierkoeffizienten pm =
4p0 mπ
→
wm =
4p0 a4 , K m5 π 5
m = 1, 3, 5, . . . ,
was auf das endg¨ ultige Resultat f¨ uhrt: mπ 3 mπ mπ 2 + mπ cosh 2 sinh 4p0 a4 X sin 2 4 2 2 5 1− wM = 5 π K m m5 mπ + sinh mπ » – 1 4p0 a4 4p0 a4 . (1 − 0, 85) − (1 − 0, 90) + − . . . ≈ 0, 15 5 = 5 π K 243 π K
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 3.19 Eine Kreisringplatte ist durch eine Fl¨ achenlast p = p0 = const belastet. a) Wie groß ist die Durchbiegung wa am freien Innenrand, wenn der Außenrand eingespannt ist? b) Wie groß ist die Durchbiegung wa am freien Innenrand, wenn der Außenrand frei drehbar gelagert ist? c) Wie groß ist die Durchbiegung wb am freien Außenrand, wenn der Innenrand frei drehbar gelagert ist? Gegeben: a = b/2, ν = 0, 3.
145
A3.19 p0 a
b
r z
a)
p0
b)
p0
c)
p0
L¨ osung a) Die L¨osung der Plattengleichung KΔΔw = p lautet f¨ ur das rotationssymmetrische Problem w(r) = wp + wh = wp + C0 + C1 ln
r r + C2 r 2 + C3 r 2 ln , b b
wobei wir als Bezugsl¨ ange den Außenradius b verwendet haben. F¨ ur arl¨ osung eine konstante Fl¨ achenlast p0 ist die Partikul¨ wp =
p0 4 r . 64 K
Im weiteren ist es zweckm¨ aßig anstelle von r den dimensionslosen Radius ρ = r/b zu verwenden. Dann kann die Durchbiegung in der Form w(ρ) = P (ρ4 + A0 + A1 ln ρ + A2 ρ2 + A3 ρ2 ln ρ)
mit
P =
p 0 b4 64 K
und den neuen Konstanten A0 bis A3 geschrieben werden. Mit d(·) 1 d(·) 1 = = (·) , dr b dρ b
d2 (·) 1 = 2 (·) , dr 2 b
d3 (·) 1 = 2 (·) dr 3 b
und den Ableitungen h i A1 w = P 4 ρ3 + + 2 A2 ρ + A3 ρ (2 ln ρ + 1) , ρ h i A1 2 w = P 12ρ − 2 + 2 A2 + A3 (2 ln ρ + 3) , ρ h A1 A2 i w = P 24 ρ + 2 3 + 2 ρ ρ ur die Querkraft Qr , welche f¨ ur ergibt sich f¨ ur das Moment Mr und f¨
146
Statik spezieller Tragwerke
die Formulierung der Randbedingungen ben¨ otigt werden: Mr = −K
“ d2 w
+
K“ ν dw ” ν ” = − 2 w + w r dr b ρ
dr 2 KP n A1 =− 2 4(3 + ν)ρ2 − (1 − ν) 2 + 2(1 + ν) A2 b ρ o +A3 [2(1 + ν) ln ρ + (3 + ν)] , d w K“ w ” (Δw) = − 3 w + − 2 dr b ρ ρ A3 ” KP “ . = − 3 32 ρ + 4 b ρ
Qr = −K
Die Konstanten A0 bis A3 werden aus den Randbedingungen am Außenrand r = b, d.h. ρ = 1 und am Innenrand r = a, d.h. ρ = a/b = α bestimmt: w(1) = 0 :
w (1) = 0 :
1 + A0 + A 2 = 0 ,
(a)
4 + A1 + 2A2 + A3 = 0 ,
(b)
A1 + 2(1 + ν) A2 α2 +A3 [2(1 + ν) ln α + (3 + ν)] = 0 ,
Mr (α) = 0 :
4(3 + ν)α2 − (1 − ν)
Qr (α) = 0 :
A3 32 α + 4 =0 α
→
A3 = −8 α2 .
(c) (d)
Setzt man das Ergebnis aus (d) in (b) und (c) ein, so erh¨ alt man aus den sich ergebenden Gleichungen A1 + 2 A2 = −4 + 8 α2 −(1 − ν) A1 + 2(1 + ν) α2 A2 = 4α4 [4(1 + ν) ln α + (3 + ν)] die Konstanten A1 = − A2 =
4(1 + ν) α2 + 8(5 + ν) α4 + 16(1 + ν) α4 ln α , (1 − ν) + (1 + ν) α2
2(1 − ν)(−1 + 2 α2 ) + 2 α4 [4(1 + ν) ln α + (3 + ν)] , (1 − ν) + (1 + ν) α2
mit denen nach (a) auch A0 festliegt. Im konkreten Fall α = a/b = 1/2 und ν = 0.3 ergeben sich die Werte A0 = −0, 28 ,
A1 = −2, 98 ,
A2 = −0, 72 ,
A3 = −2 .
Die gesuchte Durchbiegung am Innenrand folgt damit zu
Aufgaben und L¨ osungen
147
p 0 b4 (α4 + A0 + A1 ln α + A2 α2 + A3 α2 ln α) 64 K p 0 b4 . = 2, 01 64 K
wa = w(α) =
b) Wegen der gelenkigen Lagerung am Außenrand lauten die Randbedingungen nun w(1) = 0 :
1 + A0 + A2 = 0 ,
Mr (1) = 0 :
4(3 + ν) − (1 − ν) A1 + 2(1 + ν) A2 + A3 (3 + ν) = 0 ,
Mr (α) = 0 :
4(3 + ν)α2 − (1 − ν)
Qr (α) = 0 :
32 α + 4
A1 + 2(1 + ν) A2 α2 +A3 [2(1 + ν) ln α + (3 + ν)] = 0 ,
A3 =0 α
→
A3 = −8 α2 .
Die Konstanten folgen daraus f¨ ur die gegebenen Werte zu A0 = 2, 35 ,
A1 = −2, 99 ,
A2 = −3, 35 ,
A3 = −2 ,
und die Durchbiegung am Innenrand wird wa =
p 0 b4 p 0 b4 . (α4 + A0 + A1 ln α + A2 α2 + A3 α2 ln α) = 4, 0 64 K 64 K
c) In diesem Fall lauten die Randbedingungen w(α) = 0 :
α4 + A0 + A1 ln α + A2 α2 + A3 α2 ln α = 0 ,
Mr (α) = 0 :
A1 4(3 + ν)α2 − (1 − ν) 2 + 2(1 + ν) A2 α +A3 [2(1 + ν) ln α + (3 + ν)] = 0 ,
Mr (1) = 0 :
4(3 + ν) − (1 − ν) A1 + 2(1 + ν) A2 + A3 (3 + ν) = 0 ,
Qr (1) = 0 :
32 + 4 A3 = 0 ,
und die Konstanten ergeben sich zu A0 = −1, 37 ,
A1 = 2, 15 ,
A2 = 5, 66 ,
A3 = −8 .
Damit folgt f¨ ur die Durchbiegung am Außenrand (ρ = 1) wb =
p 0 b4 p 0 b4 . (1 + A0 + A2 ) = 5, 28 64 K 64 K
148
A3.20
Statik spezieller Tragwerke
Aufgabe 3.20 Eine homogene Kreisplatte ist in der Mitte aufgeh¨ angt und nur durch ihr Eigengewicht G belastet. Es sind die Verl¨ aufe der Durchbiegung, der Momente Mr , Mϕ und der Querkraft Qr zu ermitteln. Hinweis: Es ist zweckm¨ aßig, wie bei der L¨ osung der vorhergehenden Aufgabe einen dimensionslosen Radius zu verwenden.
G r
a z
g
L¨ osung Auf die Platte wirkt die konstante Belastung p0 = G/(πa2 ). Unter Verwendung des dimensionslosen Radius ρ = r/a lautet damit die allgemeine L¨ osung w(ρ) der Plattengleichung w(ρ) = P (ρ4 + A0 + A1 ln ρ + A2 ρ2 + A3 ρ2 ln ρ)
mit
P =
p 0 a4 . 64 K
Da die Durchbiegung in der Mitte Null ist, m¨ ussen A0 = 0 und A1 = 0 sein. F¨ ur die Momente und f¨ ur die Querkraft erh¨ alt man somit o n KP Mr = − 2 4(3 + ν)ρ2 + 2(1 + ν) A2 + A3 [2(1 + ν) ln ρ + 3 + ν] , a o KP n Mϕ = − 2 4(1 + 3ν)ρ2 + 2(1 + ν) A2 + A3 [2(1 + ν) ln ρ + 1 + 3ν] , a KP “ A3 ” Qr = − 3 32 ρ + 4 . a ρ Die Konstanten A2 und A3 ermitteln wir aus den Randbedingungen am ullt): freien Rand r = a (die Bedingung w (0) = 0 ist automatisch erf¨ Mr (1) = 0 :
4(3 + ν) + 2(1 + ν) A2 + A3 (3 + ν) = 0 ,
Qr (1) = 0 :
32 + 4 A3 = 0
→
A2 = 2
3+ν , 1+ν
Damit erh¨ alt man f¨ ur die gesuchten Verl¨ aufe ” p 0 a4 “ 4 3+ν 2 ρ +2 ρ − 8ρ2 ln ρ , 64 K 1+ν i p0 a2 h (3 + ν)(1 − ρ2 ) + 4(1 + ν) ln ρ , Mr = 16 i p0 a2 h Mϕ = − (1 + 3ν)ρ2 + 1 − 5ν − 4(1 + ν) ln ρ , 16 p0 a “ 1” Qr = − ρ+ . 2 ρ w=
A3 = −8 .
Kapitel 4 Schwingungen kontinuierlicher Systeme
4
150
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Schwingungen einer Saite Bewegungsgleichung f¨ ur homogene Saite: ∂2w ∂2w = c2 2 2 ∂t ∂x
(Wellengleichung)
bzw. w ¨ = c2 w ,
( ). =
∂ , ∂t
( ) =
∂ , ∂x
w(x, t) : Auslenkung der Saite. Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit: r r S σ = , c= μ ρ S : Zugkraft in der Saite, μ : Masse pro L¨ angeneinheit, σ : Spannung in der Saite, ρ : Dichte. Allgemeine L¨ osung der Bewegungsgleichung (Bernoullische L¨ osung): w(x, t) =
P∞
k=1 (Ak
cos
ωk ωk x + Bk sin c)(Ck cos ωk t + Dk sin ωk t), c c
Ak , Bk : Konstanten, folgen aus zwei Randbedingungen, Ck , Dk : Konstanten, folgen aus den Anfangsbedingungen, ωk : Eigenfrequenzen, folgen aus der charakteristischen Gleichung. Allgemeine L¨ osung der Wellengleichung (d’Alembertsche L¨ osung): w(x, t) = f1 (x − c t) + f2 (x + c t), f1 , f2 : beliebige Funktionen.
Longitudinalschwingungen eines Stabes Bewegungsgleichung f¨ ur homogenen Stab: u ¨ = c2 u , u(x, t) : Verschiebung eines Stabquerschnitts.
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit: r E , c= ρ E : Elastizit¨ atsmodul. L¨ osung der Wellengleichung wie bei der Saite.
Torsionsschwingungen eines Stabes Bewegungsgleichung f¨ ur homogenen Stab: ϑ¨ = c2 ϑ , ϑ(x, t) : Verdrehwinkel. Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit: s GIT , c= ρIp G : Schubmodul, agheitsmoment, IT : Torsionstr¨ Ip : polares Fl¨ achentr¨ agheitsmoment. Sonderfall: Stab mit Kreisquerschnitt (IT = Ip ) r G c= . ρ L¨ osung der Wellengleichung wie bei der Saite.
Biegeschwingungen von Balken Bewegungsgleichung f¨ ur homogenen Euler-Bernoulli-Balken: wIV +
ρA w ¨ = 0, EI
w(x, t) : Auslenkung des Balkens, A : Querschnittsfl¨ ache, EI : Biegesteifigkeit.
151
152
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
L¨ osungsansatz: w(x, t) = W (x) cos(ωt − α). Differentialgleichung f¨ ur W (x): W IV − κ4 W = 0,
κ4 = ω 2
ρA . EI
Allgemeine L¨ osung der Differentialgleichung: W (x) = A cos κx + B sin κx + C cosh κx + D sinh κx , A, B, C, D : Integrationskonstanten, folgen aus vier Randbedingungen. Die Randbedingungen liefern die charakteristische Gleichung. Aus ihr folgen die Eigenfrequenzen ωk . Eigenschwingung mit der Frequenz ωk : wk (x, t) = Wk (x) cos(ωk t − αk ) = Wk (x)(Ek cos ωk t + Fk sin ωk t). L¨ osung f¨ ur ein Anfangswertproblem: w(x, t) =
P∞ k=1
Wk (x)(Ek cos ωk t + Fk sin ωk t) ,
Ek , Fk : Konstanten, folgen aus den Anfangsbedingungen. Erzwungene Schwingungen: ¨=q, EIwIV + ρAw q(x, t) : Belastung (Streckenlast). Bei realen Systemen klingen die freien Schwingungen (L¨ osung des homogenen Problems) wegen der stets vorhandenen D¨ ampfung mit der Zeit ab. Im eingeschwungenen Zustand wird die Schwingung daher allein durch die Partikularl¨ osung der Differentialgleichung beschrieben. Bewegungsgleichung f¨ ur Timoshenko-Balken: « „ EA ρI ¨ w ¨ + ρA EIwIV + ρAw ¨ − ρI 1 + w ¨ = 0, GAS GAS EA : Dehnsteifigkeit, EI : Biegesteifigkeit, GAS : Schubsteifigkeit.
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
153
Energieprinzipien Verfahren von Ritz Funktionale f¨ ur Longitudinalschwingungen eines Stabes bzw. f¨ ur Biegeschwingungen eines Balkens: Π=
1 2
Z
l
(EA U 2 − ω 2 ρA U 2 )dx
→ stat.
0
bzw. Π=
1 2
Z
l
(EI W 2 − ω 2 ρA W 2 )dx
→ stat.
0
N¨ aherungsansatz: n X ˜ bzw. W ˜ = ak φk (x) , U k=1
ussen die geometrischen Randbedingunφk : Ansatzfunktionen, m¨ gen erf¨ ullen, ak : Koeffizienten, werden aus der Forderung bestimmt, dass das Funktional station¨ ar sein muss. Nach Einsetzen des N¨ aherungsansatzes in Π und Berechnen der Inte˜ nur noch von den Koeffizienten ak ab: grale h¨ angt die N¨ aherung Π ˜ = Π(a ˜ k ). Notwendige Bedingung f¨ Π ur das Annehmen eines station¨ aren Wertes: ˜ ∂Π = 0, ∂ak
k = 1, 2, ..., n.
Dies sind n Gleichungen f¨ ur die n unbekannten Koeffizienten ak . Die Eigenfrequenzen ω ˜ k folgen aus der Forderung nach einer nichttrivialen L¨ osung (vgl. Formelsammlung in Kapitel 5). Rayleigh-Quotient f¨ ur Longitudinalschwingungen eines Stabes bzw. f¨ ur Biegeschwingungen eines Balkens: Z 2
l
EA φ2 dx
0
ω ˜ = Z
l
ρA φ2 dx 0
154
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
bzw. Z 2
l
EI φ2 dx
0
ω ˜ = Z
l
. ρA φ2 dx
0
Membranschwingungen Bewegungsgleichung: w ¨ = c2 Δw , σ0 , ρ σ0 : Spannung in der Membran. Δ : Laplace-Operator,
c2 =
Beispiel: Rechteckmembran „ 2 « ∂2w ∂2w ∂ w 2 = c + . ∂t2 ∂x2 ∂y 2 L¨ osungsansatz: w(x, y, t) = W (x, y) cos ωt →
ΔW + κ2 W = 0,
κ=
ω . c
Der Produktansatz W (x, y) = X(x)Y (y) f¨ uhrt auf zwei gew¨ ohnliche Differentialgleichungen f¨ ur X und Y . L¨ osen der Differentialgleichungen und Einarbeiten der Randbedingungen liefert die Eigenfrequenzen und die Eigenfunktionen (siehe Band 4, Abschnitt 4.4.1). Laplace-Operator in Polarkoordinaten bei Rotationssymmetrie: Δ=
1 d d2 + . dr 2 r dr
Plattenschwingungen Bewegungsgleichung: ΔΔw +
ρtp w ¨ = 0, K
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
155
tp : Dicke der Platte, K : Plattensteifigkeit. L¨ osungsansatz: w(x, y, t) = W (x, y) cos ωt →
ΔΔW − κ4 W = 0,
κ4 =
ρtp ω 2 . K
Beispiel: Rechteckplatte ∂4W ∂4W ∂4W +2 2 2 + − κ4 W = 0 . 4 ∂x ∂x ∂y ∂y 4 Separationsansatz: W (x, y) = X(x)Y (y). Weiteres Vorgehen wie bei einer Membran. Analytische L¨ osungen sind nur in Sonderf¨ allen m¨ oglich.
156
A4.1
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.1 Eine Saite mit festen R¨ andern wird zum Zeitpunkt t = 0 parabelf¨ ormig ausgelenkt (maximale Auslenkung wmax = h). Die Anfangsgeschwindigkeit ist Null. Man bestimme die Auslenkung w(x, t).
x
l 2
l 2 h
z
L¨ osung Die Bewegungsgleichung lautet w ¨ = c2 w ,
c2 = S/μ ,
und die Randbedingungen sowie die Anfangsbedingungen sind durch w(0, t)= w(l, t) = 0 , 4h x (l − x) , l2 v0 (x) = w(x, ˙ 0) = 0
w0 (x) = w(x, 0) =
gegeben. Da die Saite feste R¨ ander besitzt, lautet die allgemeine L¨ osung der Bewegungsgleichung nach Band 4, Gl.(4.17) unter Ber¨ ucksichtigung der Randbedingungen w(x, t) =
∞ X k=1
sin
kπx (Ck cos ωk t + Dk sin ωk t) , l
wobei f¨ ur die Eigenfrequenzen nach Band 4, Gl.(4.14) ωk =
kπ c, l
k = 1, 2, ...
gilt. alt man (Band 4, Gl.(4.20)) zu Die Koeffizienten Ck erh¨ Z Z l 2 kπx kπx 8h l w0 (x) sin x(l − x) sin Ck = dx = 3 dx l 0 l l l 0 =
16 h [1 − (−1)k ] k3 π 3
Aufgaben und L¨ osungen
→
Ck =
8 <0,
k gerade ,
: 32 h , k3 π 3
k ungerade .
157
Dies kann in der Form C2k = 0 ,
C2k−1 =
1 32 h , π 3 (2k − 1)3
k = 1, 2, ...
geschrieben werden. Alle Konstanten Dk sind wegen v0 (x) = 0 nach Band 4, Gl.(4.20), gleich Null. Damit erhalten wir f¨ ur die gesuchte Auslenkung w(x, t) =
∞ (2 k − 1) π c t 1 (2 k − 1) π x 32 h X cos sin . π 3 k=1 (2 k − 1)3 l l
158
A4.2
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.2 Eine Saite mit festen R¨ andern schwingt in einem Medium, das eine geschwindigkeitsproportionale D¨ ampfungskraft (D¨ ampfungskoeffizient α) auf die Saite aus¨ ubt.
l x
z
Man ermittle den Verlauf w(x, t) der Schwingung.
q(x, t) = α w(x, ˙ t) x
L¨ osung Wir leiten zuerst die Bewegungsgleichung her. Dazu betrachten wir ein freigeschnittenes Element der ausgelenkten Saite. Auf das Element wirken die konstante Spannkraft S und die D¨ amfungskraft FD = α w˙ dx.
x+dx
x
S S FD = α w˙ dx
z Aus ↓:
μ dx w ¨ = Sw dx − α w˙ dx
(vgl. Band 4, Abschnitt 4.1.1) erhalten wir die Bewegungsgleichung w ¨ − c2 w + 2β w˙ = 0 ,
c2 =
S , μ
2β =
α . μ
Die Randbedingungen sind durch w(0, t) = w(l, t) = 0 gegeben. Zur L¨ osung der partiellen Differentialgleichung machen wir den Ansatz w(x, t) =
∞ X k=1
Wk (x) Tk (t)
mit
Wk (x) = sin
kπx . l
Bei dieser Wahl erf¨ ullt der L¨ osungsansatz die Randbedingungen. Einsetzen in die Bewegungsgleichung liefert " „ «2 # ∞ X kπx kπ T¨k + 2β T˙k + c Tk sin = 0. l l k=1
Da der Sinus f¨ ur beliebige Werte von x im allgemeinen von Null verschieden ist, muss die eckige Klammer f¨ ur jeden Wert von k gleich Null sein: „ «2 kπ c Tk = 0 , k = 1, 2, ... . T¨k + 2β T˙k + l
Aufgaben und L¨ osungen
159
F¨ ur diese gew¨ ohnliche Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten machen wir den L¨ osungsansatz Tk = Ak ei ωk t . Durch Einsetzen erhalten wir die charakteristische Gleichung: " „ «2 # kπ 2 −ωk + 2i βωk + Ak ei ωk t = 0 c l →
ωk2 − 2i βωk − ω ¯ k2 = 0 ,
ω ¯k =
kπ c. l
osungen Dies ist eine quadratische Gleichung f¨ ur ωk . Sie hat die L¨ s „ «2 q β ¯ k2 = i β ± ω ¯k 1 − . ωk = i β ± −β 2 + ω ω ¯k Dies liefert mit r − β t±i ω ¯k
Tk = A k e
”2 “ β 1− ω t ¯k
r ±i ω ¯k
= Ak e− β t e
”2 “ β 1− ω t ¯k
die Auslenkung 2
0s
1 k π 4Ak cos @ 1 − w(x, t) = c tA l k=1 13 0s „ «2 kπ β k πx c tA5 e− β t sin . + Bk sin @ 1 − ω ¯k l l ∞ X
„
β ω ¯k
«2
Die Konstanten Ak und Bk sind aus Anfangsbedingungen zu bestimmen.
160
A4.3
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.3 Auf eine Saite mit festen R¨ andern wirkt eine Streckenlast, die mit der Erregerfrequenz Ω ver¨ anderlich ist:
q(x, t) = f˜(x)eiΩt
q(x, t) = f˜(x)ei Ω t .
x
Welche Auslenkung w(x, t) stellt sich im eingeschwungenen Zustand ein?
z l
Welche Auslenkung erh¨ alt man im Sonderfall einer Gleichstreckenlast?
L¨ osung Um die Bewegungsgleichung herzuleiten, betrachten wir ein freigeschnittenes Element der ausgelenkten Saite. Auf das Element wirken die Zugkraft S und die Erregerkraft q(x, t) dx. Aus
x
S
x+dx
x
qdx = f˜(x)eiΩt dx S
z
↓: μ dx w ¨ = S w dx + f˜(x) ei Ω t dx erhalten wir w ¨ − c2 w = f (x)ei Ω t
(a)
mit c2 =
S μ
und
f (x) =
f˜(x) . μ
Die Randbedingungen lauten w(0, t) = w(l, t) = 0 . Da die freie Schwingung wegen der stets vorhandenen D¨ ampfung mit der Zeit abklingt und daher im eingeschwungenen Zustand nicht ber¨ ucksichtigt werden muss, ist die gesuchte Auslenkung durch die Partikularl¨ osung der Bewegungsgleichung gegeben. Wir machen daf¨ ur einen Ansatz vom Typ der rechten Seite: w(x, t) = G(x)ei Ω t .
Aufgaben und L¨ osungen
161
Die Ortsfunktion G(x) entwickeln wir nun in eine Fourier-Reihe: G(x) =
∞ X
gk Wk (x) .
k=1
Als Ansatzfunktionen w¨ ahlen wir die Eigenfunktionen Wk (x) = sin
ωk kπx x = sin , c l
ωk =
kπ c l
der freien Saitenschwingung. Damit folgt f¨ ur die Auslenkung w(x, t) =
∞ X
gk Wk (x) ei Ω t .
(b)
k=1
Die Funktion f (x) in der Bewegungsgleichung wird ebenfalls in eine Reihe entwickelt: f (x) =
∞ X
fk Wk (x) .
(c)
k=1
Dabei sind die Fourier-Koeffizienten durch Z Z 2 l 2 l kπx dx f (x)Wk (x) dx = f (x) sin fk = l 0 l 0 l gegeben. Sie k¨ onnen bei gegebener Funktion f (x) berechnet werden. Wir setzen nun (b) und (c) in die Bewegungsgleichung (a) ein und erhalten ∞ X ˆ
˜ gk Wk (− Ω2 ) − c2 gk Wk − fk Wk ei Ω t = 0 .
k=1
Wegen Wk = −
ωk2 Wk c2
folgt daraus ∞ X ` ´ − Ω2 gk + ωk2 gk − fk Wk = 0 . k=1
162
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Damit diese Gleichung f¨ ur beliebige Werte von x erf¨ ullt ist, muss die Klammer f¨ ur alle Werte von k verschwinden: − Ω2 gk + ωk2 gk − fk = 0 ,
k = 1, 2, ... .
Daraus folgt gk =
fk , ωk2 − Ω2
und wir erhalten f¨ ur die gesuchte Auslenkung w(x, t) =
∞ X k=1
k π x iΩt fk sin . e ωk2 − Ω2 l
(d)
Wenn die Erregerfrequenz gleich einer Eigenfrequenz ist (Ω = ωk ), dann tritt Resonanz ein. Im Sonderfall einer Gleichstreckenlast f˜(x) = f˜0 = const lauten die Fourier-Koeffizienten mit f (x) = f˜(x)/μ = f˜0 /μ Z 2 f˜0 l kπx 2 f˜0 l fk = sin dx = − (cos k π − 1) l μ 0 l μl kπ 4 f˜0 1 , k = 1, 2, ... . → f2k = 0 , f2k−1 = μπ 2k−1 Damit ergibt sich die Auslenkung zu w(x, t) =
∞ 1 1 (2 k − 1) π x i Ω t 4 f˜0 X sin . e 2 μ π k=1 2 k − 1 ω2k−1 − Ω2 l
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 4.4 Auf eine Saite mit festen R¨ andern (L¨ ange l) wirkt an einer Stelle x = ξ die harmonisch ver¨ anderliche Einzelkraft F = F0 ei Ω t . Welche Auslenkung w(x, t) stellt sich im eingeschwungenen Zustand ein?
163
A4.4
ξ
F = F0 eiΩt
x z
L¨ osung Bei der Saite unter einer Streckenlast nach Aufgabe 4.3 kann man die Bewegungsgleichung in der Form μw ¨ = Sw + q schreiben. Wenn an der Stelle x = ξ eine harmonisch ver¨ anderliche Einzelkraft wirkt, dann l¨ asst sich die Belastung durch q = F0 δ(x − ξ)ei Ω t ausdr¨ ucken (vgl. Band 4, Gl.(4.84)). Dabei ist δ(x − ξ) die Diracsche Delta-Funktion. Somit lauten die Bewegungsgleichung und die Randbedingungen F0 δ(x − ξ)ei Ω t , μ w(0, t) = w(l, t) = 0 . w ¨ − c2 w =
Durch Vergleich mit der Bewegungsgleichung (a) in Aufgabe 4.3 erkennt man, dass f¨ ur die Funktion f (x) auf der rechten Seite jetzt f (x) =
F0 δ(x − ξ) μ
zu setzen ist. Die Fourier-Koeffizienten erhalten wir damit zu Z 2 l kπx fk = f (x) sin dx l 0 l Z kπx 2 F0 kπξ 2 F0 l δ(x − ξ) sin dx = sin . = μl 0 l μl l Dies liefert nach Aufgabe 4.3, Gleichung (d), die gesuchte Auslenkung: w(x, t) =
∞ kπξ k π x iΩt 1 2 F0 X sin . sin e μl ωk2 − Ω2 l l k=1
164
A4.5
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.5 Auf eine Saite (L¨ange l) wirkt eine zeitlich ver¨ anderliche Streckenlast q(x, t).
q(x, t)
Man ermittle die dadurch hervorgerufene Auslenkung w(x, t) im eingeschwungenen Zustand. x Wie lautet das Ergebnis f¨ ur eine mit der Erregerfrequenz harmonisch ver¨ anderliche Streckenlast (vgl. Aufgabe 4.3)?
z
L¨ osung Die Bewegungsgleichung und die Randbedingungen lauten (vgl. Aufgabe 4.3) 1 q(x, t) , μ w(0, t) = w(l, t) = 0 .
w ¨ − c2 w =
c2 =
S , μ
Wir machen den Ansatz w(x, t) =
∞ X
Wk (x)Tk (t)
k=1
und w¨ ahlen als Ansatzfunktionen Wk (x) die Eigenformen der freien Schwingung: Wk (x) = sin
kπx . l
Einsetzen in die Differentialgleichung liefert ∞ X
(Wk T¨k − c2 Wk Tk ) =
k=1
1 q(x, t) . μ
Mit Wk = −
ωk2 Wk , c2
ωk kπ = c l
folgt daraus ∞ “ X k=1
” 1 T¨k + ωk2 Tk Wk = q(x, t) . μ
(a)
Wir mulitplizieren diese Gleichung nun mit Wj und integrieren u ¨ ber
Aufgaben und L¨ osungen
165
die L¨ ange der Saite: Z Z lX ∞ “ ” 1 l T¨k + ωk2 Tk Wj Wk dx = q(x, t)Wj dx . μ 0 0 k=1 Da die Eigenformen orthogonal sind (Band 4, Gl.(4.19)), bleibt aus der Summe nur ein einziger Term: Z Z l ” “ 1 l Wj2 dx T¨j + ωj2 Tj = q(x, t)Wj dx . μ 0 0 Dies liefert die gew¨ ohnlichen Differentialgleichungen R l 1 q(x, t)Wj dx μ 0 , j = 1, 2, ... T¨j + ωj2 Tj = Rl 2 Wj dx 0 f¨ ur die Zeitfunktionen Tj (t). Mit Z l l Wj2 dx = 2 0 und der Abk¨ urzung Z l 2 qj (t) = q(x, t)Wj (x) dx μl 0 wird daraus T¨j + ωj2 Tj = qj (t) ,
j = 1, 2, ... .
Nach hinreichend großer Zeit kann die L¨ osung des homogenen Problems (=Eigenschwingungen) vernachl¨ assigt werden. Dann erhalten wir mit der Partikularl¨ osung dieser Differentialgleichung die gesuchte Auslenkung. Die Partikularl¨ osung kann in der Form Z t 1 qj (τ ) sin ωj (t − τ )dτ , j = 1, 2, ... Tj (t) = ωj τ =0 geschrieben werden (siehe Aufgabe 4.6). Dieses Integral wird nach Duhamel benannt. ur die Mit dem Duhamel-Integral f¨ ur die Zeitfunktionen Tk folgt f¨ gesuchte Auslenkung w(x, t) =
∞ X k=1
sin
kπx Tk (t) . l
166
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Dabei haben die Zeitfunktionen Tk die Dimension L¨ ange. Im Sonderfall einer zeitlich harmonisch ver¨ anderlichen Streckenlast gilt (siehe Aufgabe 4.3) q(x, t) = f˜(x)eiΩt . Damit erhalten wir Z 2eiΩt l μf (x)Wj dx = fj eiΩt qj (t) = μl 0 mit den Fourier-Koeffizienten nach Aufgabe 4.3. Daher lautet die Differentialgleichung f¨ ur die Zeitfunktionen T¨j + ωj2 Tj = fj eiΩt . Die Partikularl¨ osung Tj =
fi eiΩt ωj2 − Ω2
¨ kann sofort ausgeschrieben werden. Dies liefert in Ubereinstimmung mit dem Ergebnis von Aufgabe 4.3 w(x, t) =
∞ X k=1
sin
fk kπx eiΩt . l ωk2 − Ω2
Aufgaben und L¨ osungen
167
Aufgabe 4.6 Die allgemeine L¨osung der Differentialgleichung f¨ ur die Zeitfunktion Tj nach Aufgabe 4.5 wird durch das Duhamel-Integral gegeben. Man leite dieses Integral her.
L¨ osung Wir gehen von der Differentialgleichung T¨ + ω 2 T = q(t) aus (Auf den Index j verzichten wir hier). Multiplikation mit sin ωt liefert T¨ sin ωt + ω 2 T sin ωt = q sin ωt . Durch Differentiation l¨ aßt sich leicht u ufen, dass dann ¨ berpr¨ “ ” d ˙ T sin ωt − ωT cos ωt = q sin ωt dt gilt. Integration liefert Z T˙ sin ωt − ωT cos ωt =
t
q(τ ) sin ωτ dτ + A¯
(a)
τ =0
¯ mit der Integrationskonstanten A. Entsprechend folgen aus T¨ cos ωt + ω 2 T cos ωt = q cos ωt die Beziehungen ” d “˙ T cos ωt + ωT sin ωt = q cos ωt dt Z t ¯. → T˙ cos ωt + ωT sin ωt = q(τ ) cos ωτ dτ + B
(b)
τ =0
Wir multiplizieren nun (a) mit cos ωt und (b) mit sin ωt und subtrahieren die Gleichungen. Dann erhalten wir Z t ¯ sin ωt + sin ωt ωT = B q(τ ) cos ωτ dτ τ =0 Z t ¯ cos ωt − cos ωt −A q(τ ) sin ωτ dτ . τ =0
A4.6
168
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
¯ ¯ Mit den neuen Konstanten A = −A/ω und B = B/ω folgt schließlich T = A cos ωt + B sin ωt Z 1 t + q(τ ) [sin ωt cos ωτ − cos ωt sin ωτ ] dτ ω τ =0 →
T = A cos ωt + B sin ωt +
1 ω
Z
t
q(τ ) sin ω(t − τ ) dτ . τ =0
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 4.7 Ein einseitig eingespannter Stab wird durch eine Kraft F am freien Ende gedehnt. Zur Zeit t = 0 wird die Kraft entfernt.
169
A4.7
x
EA
F
l
Man bestimme die sich anschließende Longitudinalschwingung des Stabes.
L¨ osung Die Bewegungsgleichung und die Randbedingungen f¨ ur t > 0 sind durch u ¨ = c2 u ,
c2 = E/ρ
und u(0, t) = 0 , N (l, t) = 0
→
EA u (l, t) = 0
→
u (l, t) = 0
gegeben. Da die Kraft F f¨ ur t < 0 eine Verschiebung u=
F x EA
der Stabquerschnitte verursacht, lauten die Anfangsbedingungen F x , EA ˙ 0) = 0 . v0 (x) = u(x,
u0 (x) = u(x, 0) =
Zur L¨ osung der Aufgabe machen wir den Ansatz u(x, t) =
∞ X
Uk (x) (Ck cos ωk t + Dk sin ωk t)
k=1
mit den Eigenfrequenzen r 2k−1π E , k = 1, 2, ... ωk = 2 l ρ und den Eigenformen « „ 2k−1π x , Uk (x) = sin 2 l
k = 1, 2, ...
170
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
des eingespannt-freien Stabes (siehe Band 4, Gln.(4.30 b)). Einsetzen in die Anfangsbedingungen liefert u0 (x) = v0 (x) =
X X
Ck Uk (x) =
F x , EA
ωk Dk Uk (x) = 0 .
Analog zu Gl.(4.20) in Band 4 erhalten wir die Konstanten zu « „ Z Z x 2 l 2F 2k−1π x dx u0 (x)Uk (x) dx = x sin Ck = l 0 EA l 0 2 l (−1)k−1 8 F l , (2 k − 1)2 π 2 EA Z l 2 v0 (x)Uk (x) dx = 0 . Dk = ωk l 0 =
Damit wird die Longitudinalschwingung durch u(x, t) =
∞ 8 F l X (−1)k−1 (2 k − 1)π x (2 k − 1)π c t sin cos 2 π EA (2 k − 1)2 2l 2l k=1
beschrieben. Mit m = 2k − 1 kann dies auch in der Form u(x, t) =
8F l π 2 EA
∞ X m=1,3,...
geschrieben werden.
(−1)(m−1)/2 mπx mπct sin cos m2 2l 2l
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 4.8 Ein links eingespannter Stab tr¨ agt am rechten Ende eine Einzelmasse, die auf einer glatten Unterlage gleiten kann. Der Stab f¨ uhrt Longitudinalschwingungen aus. a) Man zeige, dass die Eigenfunktionen nicht orthogonal sind. b) Wie k¨ onnen bei gegebenen Anfangsbedingungen die zugeh¨ origen FourierKoeffizienten ermittelt werden?
171
A4.8
x
EA
m
l
L¨ osung a) Die Bewegungsgleichung und die Randbedingungen entnehmen wir Band 4, Abschnitt 4.2.1: u ¨ = c2 u ,
c2 = E/ρ ,
u(0, t) = 0 , ¨(l, t) . EA u (l, t) = − m u Der L¨ osungsansatz u(x, t) = U (x) cos ω t f¨ uhrt auf die gew¨ ohnliche Differentialgleichung “ ω ”2 U + U =0 c f¨ ur die Ortsfunktion U (x) (siehe Band 4, Gln.(4.26, 4.27)). Die Differentialgleichung f¨ ur die Eigenfunktionen Uk lautet somit Uk + λk Uk = 0 ,
λk = (ωk /c)2 ,
k = 1, 2, ... .
Wir multiplizieren sie mit einer anderen Eigenfunktion Uj (j = k) und integrieren u ange: ¨ ber die Stabl¨ Z l Z l Uj Uk dx = Uj Uk dx . − λk 0
0
172
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Partielle Integration liefert Z l Z l ˜l ˆ − λk Uj Uk dx = Uj Uk 0 − Uj Uk dx 0 0 Z l ˜l ˆ ˜l ˆ Uj Uk dx . = Uj Uk 0 − Uj Uk 0 + 0
An der Stelle x = 0 verschwinden wegen der ersten Randbedingung die Eigenfunktionen: Uj (0) = Uk (0) = 0. Mit Uj (x) = − λj Uj (x) bleibt daher Z l Z l − λk Uj Uk dx = Uj (l)Uk (l) − Uj (l)Uk (l) − λj Uj Uk dx 0 0 Z l Uj Uk dx = Uj (l)Uk (l) − Uj (l)Uk (l) . → (λj − λk ) 0
Aus der zweiten Randbedingung erhalten wir EAUk (l) = m ωk2 Uk (l)
→
Uk (l) =
m ωk2 Uk (l) . EA
Damit folgt «Z l « „ 2 „ 2 ωj ωj2 m ωk2 ωk c2 − U U dx = − Uj (l)Uk (l) j k c2 c2 c2 c2 EA 0 – „ 2 « »Z l ωj ωk2 2 m − U U dx + c (l)U (l) =0. U → j j k k c2 c2 EA 0 F¨ ur j = k ist ωj = ωk . Daher bleibt Z l m Uj Uk dx + c2 Uj (l)Uk (l) = 0 , EA 0
j = k .
Wegen c2
m E m m ml = = = , EA ρ EA ρA M
wobei M = ρA l die Masse des Stabes ist, kann man dies in der Form Z l ml Uj (l)Uk (l) = 0 , j = k , Uj Uk dx + (a) M 0 schreiben. Wegen Uj (l) = 0 und Uk (l) = 0 ist das Integral ungleich
Aufgaben und L¨ osungen
173
Null: die Eigenfunktionen Uj und Uk sind nicht orthogonal. b) Bei gegebenen Anfangsbedingungen u(x, 0) = u0 (x) ,
u(x, ˙ 0) = v0 (x)
machen wir den L¨ osungsansatz u(x, t) =
∞ X
Uk (x) (Ck sin ωk t + Dk cos ωk t) .
k=1
Damit lautet zum Beispiel die erste Anfangsbedingung ∞ X
u0 (x) =
Dk Uk (x) .
k=1
Wir multiplizieren dies mit der Eigenfunktion Uj (x) und integrieren u ange: ¨ ber die Stabl¨ Z lX Z l ∞ u0 (x)Uj (x) dx = Dk Uj (x)Uk (x) dx . (b) 0
0 k=1
Wegen u0 (l) =
∞ X
Dk Uk (l)
k=1
gilt ∞ X ml ml u0 (l)Uj (l) = Uj (l) Dk Uk (l) . M M k=1
(c)
Addition von (b) und (c) sowie Vertauschen der Reihenfolge von Integration und Summation liefert Z l ml u0 (x)Uj (x) dx + u0 (l)Uj (l) M 0 ∞ Z l ∞ X X ml Dk Uj (x)Uk (x) dx + Dk Uk (l) = Uj (l) M k=1 0 k=1 ff jZ l ∞ X ml Dk Uj (x)Uk (x) dx + = Uj (l)Uk (l) . M 0 k=1
Wegen der Orthogonalit¨ atsbeziehung (a) ist die geschweifte Klammer f¨ ur j = k gleich Null. Daher bleibt aus der Summe nur der einzige Term
174
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
k = j. Somit gilt Z l ml u0 (x)Uj (x) dx + u0 (l)Uj (l) M 0 ff jZ l ml 2 Uj2 (x) dx + Uj (l) . = Dj M 0 Nach Aufl¨ osen und Umtaufen (ersetze den Index i durch k) erhalten wir die Fourier-Koeffizienten Z l ml u0 (x)Uk (x) dx + u0 (l)Uk (l) M , k = 1, 2, ... . Dk = 0 Z l ml 2 2 Uk (x) dx + U (l) M k 0 Durch eine entsprechende Rechnung findet man aus der zweiten Anfangsbedingung die Fourier-Koeffizienten Ck .
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 4.9 Man ermittle die Longitudinalschwingungen eines einseitig eingespannten Stabes unter Ber¨ ucksichtigung von innerer D¨ ampfung. Die innere D¨ ampfung wird dabei durch das Stoffgesetz σ = Eε + η ε˙ beschrieben, wobei η die D¨ ampfungskonstante ist (vgl. Band 4, Abschnitt 6.2.1.1).
175
A4.9
E, A, η, x l dm = Adx N
N+ dx
∂N dx ∂x
L¨ osung Wir leiten zuerst die Bewegungsgleichung her. Das Newtonsche Grundgesetz f¨ ur ein Element des Stabes lautet ρA¨ u = N
→
ρ¨ u = σ ,
(siehe Band 4, Gl. (4.23)). Mit ε = u und σ = Eε + η ε˙ = Eu + η u˙ folgt σ = Eu + η u˙ . Damit erhalten wir die Bewegungsgleichung: ρ¨ u = Eu + η u˙ →
u ¨ = c2 u + γ u˙ ,
c2 =
E , ρ
γ=
η . ρ
Wir setzen nun den L¨ osungsansatz u(x, t) = U (x)T (t) in die Bewegungsgleichung ein: U T¨ = U (c2 T + γ T˙ ) . Daraus folgt “ ω ”2 T¨ U . = =− U c c2 T + γ T˙ Da die linke Seite dieser Gleichung nur von t, die rechte nur von x abh¨ angt, kann sie f¨ ur alle x und t nur dann erf¨ ullt sein, wenn beide Seiten einer Konstanten gleich sind. Diese Konstanten bezeichnen wir
176
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
mit −(ω/c)2 . Hiermit erhalten wir die beiden gew¨ ohnlichen Differentialgleichungen “ ω ”2 U = 0, U + c “ ω ”2 T¨ + γ T˙ + ω 2 T = 0 . c Die allgemeine L¨ osung f¨ ur die Ortsfunktion U (x) lautet U (x) = A cos
ω ω x + B sin x . c c
F¨ ur die Zeitfunktion T (t) machen wir den Ansatz T (t) = Ceλ t . Einsetzen liefert “ ω ”2 γλ + ω 2 = 0 . λ2 + c Wir schreiben diese quadratische Gleichung f¨ ur λ in der Form λ2 + 2βλ + ω 2 = 0 mit 2β =
“ ω ”2 c
γ=η
ω2 . E
Sie hat die L¨ osungen p p λ = − β ± β2 − ω2 = − β ± i ω2 − β2 . Wenn wir die Abk¨ urzung p ω ¯ = ω2 − β2 einf¨ uhren, lautet die Zeitfunktion T (t) = Ceλ1 t + Deλ2 t ¯ t = Ce(−β+iω¯ ) t + De(−β−iω)
bzw. T (t) = (C cos ω ¯ t + D sin ω ¯ t) e−β t .
Aufgaben und L¨ osungen
177
Um eine allgemeine Darstellung der L¨ osung zu erhalten, setzen wir die Verschiebung in Form einer Fourier-Reihe an: u(x, t) =
∞ “ X
Ak cos
k=1
ωk ωk ” ¯ k t + Dk sin ω ¯ k t) e−β t . x + Bk sin x (Ck cos ω c c
Die Randbedingungen lauten u(0, t) = 0
→
Ak = 0 ,
u (l, t)= 0
→
cos
ωk l = 0. c
Aus der zweiten Randbedingung folgt ωk 2k − 1 l= π c 2
→
ωk =
2k − 1 c π , 2 l
k = 1, 2, ... .
Somit gilt u(x, t) =
∞ X k=1
(Ck cos ω ¯ k t + Dk sin ω ¯ k t) sin
ωk x −β t . e c
Die Konstanten Ck und Dk sind aus Anfangsbedingungen zu ermitteln.
178
A4.10
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.10 Das obere Ende eines Stabes (L¨ ange l, Dehnsteifigkeit EA) wird mit der Frequenz Ω harmonisch bewegt. Die Amplitude der Bewegung ist durch U0 gegeben. Das untere Ende des Stabes ist frei.
u(0, t) = U0 sin Ωt
x
l
EA
Welche Schwingung stellt sich im eingeschwungenen Zustand ein? Bei welcher Erregerfrequenz tritt Resonanz auf?
L¨ osung Wir verwenden zur L¨osung der Aufgabe die Bewegungsgleichung u ¨ = c2 u ,
c2 = E/ρ
und die Randbedingungen u(0, t) = U0 sin Ωt , N (l, t) = 0
→
u (l, t) = 0 .
Anfangsbedingungen brauchen im eingeschwungenen Zustand nicht ber¨ ucksichtigt zu werden. Mit dem Ansatz u(x, t) = U (x) sin Ωt folgt aus der Bewegungsgleichung − Ω2 U sin Ωt = c2 U sin Ωt „ «2 Ω → U + U = 0. c Die allgemeine L¨ osung dieser gew¨ ohnlichen Differentialgleichung lautet U (x) = C cos
Ω Ω x + D sin x . c c
Damit gilt u(x, t) =
„ « Ω Ω C cos x + D sin x sin Ωt . c c
Aufgaben und L¨ osungen
179
Aus der ersten Randbedingung erhalten wir u(0, t) = C sin Ωt = U0 sin Ωt
→
C = U0 .
Die zweite Randbedingung liefert dann « „ Ω Ωl Ω Ωl sin Ωt = 0 − C sin + D cos c c c c Ωl → D = U0 tan c Somit erhalten wir f¨ ur die Longitudinalschwingung « „ Ωl Ω Ω sin x sin Ωt . u(x, t) = U0 cos x + tan c c c Resonanz tritt auf f¨ ur | tan Ωl/c| → ∞. Dann gilt cos
Ωl = 0. c
Diese Gleichung entspricht der Eigenwertgleichung f¨ ur einen einseitig fest eingespannten Stab (Band 4, Gl.(4.30 a)). Daher tritt Resonanz auf, wenn die Erregerfrequenz Ω mit einer Eigenfrequenz der freien Stabschwingung (Band 4, Gl.(4.30 b)) u ¨bereinstimmt: r 2k −1 π E . Ω= 2 l ρ
180
A4.11
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.11 Das linke Ende eines f¨ ur t < 0 ruhenden elastischen Stabes (Randbedingungen: frei-frei) wird f¨ ur t > 0 mit der konstanten Beschleunigung a = a0 H(t) = const nach rechts bewegt. Dadurch treten Longitudinalschwingungen im Stab auf. Man bestimme u(x, t).
die
x
EA, ρ l
Funktion a
L¨ osung Die Differentialgleichung und die Anfangsbedingungen f¨ ur die L¨ angsschwingungen lauten
a0 t
EA E = , μ ρ
u ¨ = c2 u ,
c2 =
u(x, 0) = 0 ,
u(x, ˙ 0) = 0 .
Wegen a = a0 ,
v = a0 t ,
u=
1 a0 t2 , 2
t > 0,
gelten f¨ ur das linke Ende des Stabes die Randbedingungen u(0, t) =
1 a0 t2 = f (t) , 2
u (l, t) = 0 .
Die erste Randbedingung ist inhomogen. Man kann sie in eine homogene Randbedingung transformieren. Dazu f¨ uhren wir mit u ¯(x, t) eine neue Funktion gem¨ aß u(x, t) = u ¯(x, t) + f (t) ein. Einsetzen in Differentialgleichung, Anfangsbedingungen und Randbedingungen liefert ¨ ¯ u ¯ + f¨ = c2 u
→
¨ u ¯ − c2 u ¯ = −a0 ,
u ¯(x, 0) = 0, u ¯˙ (x, 0) = 0, u ¯(0, t) + f (t) = f (t)
u ¯ (l, t) = 0.
→
u ¯(0, t) = 0,
Aufgaben und L¨ osungen
181
Wir haben damit homogene Randbedingungen erhalten, allerdings hat die Bewegungsgleichung nun die Form der Differentialgleichung bei einer erzwungenen Schwingung. Wir machen nun den L¨ osungsansatz u ¯(x, t) =
∞ X
Uk (x)Tk (t).
k=1
Als Ansatzfunktionen w¨ ahlen wir dabei gem¨ aß den Randbedingungen f¨ ur u ¯ die Eigenfunktionen f¨ ur einen links fest gelagerten und rechts freien Stab. Daf¨ ur gilt nach Band 4, Gl. (4.30b) r « „ 2k − 1 πx 2k − 1 π E , wk = Uk = sin , k = 1, 2, ... . 2 l 2 l ρ Wenn wir den L¨ osungsansatz in die Differentialgleichung einsetzen, dann erhalten wir ∞ “ ” X Uk T¨k − c2 Uk Tk = −a0 . k=1
Daraus folgt mit “ ω ”2 k Uk = − Uk = 0 c die Beziehung ∞ “ X
” T¨k + ωk2 Tk Uk = −a0 .
k=1
Sie entspricht der Gleichung (a) in Aufgabe 4.5 und f¨ uhrt wegen Z l l q Uj2 dx = = −a0 , μ 2 0 und 1 Rl Z l qUj dx 2 4a0 μ 0 qj = R l = (−a0 ) Uj dx = − , 2 l (2j − 1)π U dx 0 0 j auf die Differentialgleichung T¨j + ωj2 Tj = −
4a0 (2j − 1)π
j = 1, 2, ...
182
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
f¨ ur die Zeitfunktionen Tj (t). Deren allgemeine L¨ osung setzt sich aus der allgemeinen L¨ osung der homogenen Differentialgleichung und einer Partikularl¨ osung zusammen: Tj = Aj cos ωj t + Bj sin ωj t −
1 4a0 . (2j − 1)π ωj2
Die Anfangsbedingungen liefern u ¯(x, 0) = 0
→
Tj (0) = 0
→
Aj = −
u ¯˙ (x, 0) = 0
→
T˙j (0) = 0
→
Bj = 0 .
1 4a0 , (2j − 1)π ωj2
Damit folgt Tj = −
16 a0 l2 1 (1 − cos ωj t) , π 3 c2 (2j − 1)3
und wir erhalten mit u = u ¯ + f (t) und u ¯= u(x, t) = −
P
Uk Tk das Ergebnis
1 a 0 t2 2
16 a0 l2 P∞ (2k − 1) π x 1 (1 − cos ωk t) sin . k=1 π 3 c2 (2k − 1)3 2l
Der erste Term beschreibt eine Starrk¨ orperbewegung.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 4.12 Man ermittle die freien Torsionsschwingungen f¨ ur einen homogenen Stab (L¨ ange l, Dichte ρ, Schubmodul G, polares Fl¨ achentr¨ agheitsmoment agheitsmoment IT ) Ip , Torsionstr¨ mit den Randbedingungen
183
A4.12
G, x
IT , Ip
a)
a) eingespannt-frei, b) eingespannt-eingespannt,
b)
c) frei-frei. l c)
L¨ osung Die Bernoullische L¨osung der Differentialgleichung ϑ¨ = c2 ϑ ,
c2 =
GIT , ρIp
lautet
“ ω ” ω ϑ(x, t) = θ(x)T (t) = A cos x + B sin x (C cos ωt + D sin ωt) . c c
a) Bei einem eingespannt-freien Torsionsstab gelten die Randbedingungen θ(0) = 0 ,
MT (l) = 0 .
Wegen MT = GIT ϑ (Band 4, Gl. (4.44)) wird aus der zweiten Randbedingung θ (l) = 0 . Damit erhalten wir ω ω A = 0 , B cos l = 0 . c c Dies liefert die charakteristische Gleichung cos
ω l=0 c
→
ωk 2k − 1 l= π c 2
→
ωk =
2k − 1 π c 2 l
f¨ ur k = 1, 2, ... . Durch Einsetzen von ωk erh¨ alt man die Eigenfunktionen « „ 2k − 1 π x , k = 1, 2, ... , θk (x) = sin 2 l
184
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
und die Torsionsschwingung wird durch « „ ∞ X 2k − 1 π x (Ck cos ωk t + Dk sin ωk t) ϑ(x, t) = sin 2 l k=1 beschrieben. Die Konstanten Ck und Dk werden aus Anfangsbedingungen ermittelt. b) Bei einem beidseitig eingespannten Stab sind die Randbedingungen θ(0) = 0 ,
θ(l) = 0 .
Sie f¨ uhren auf A = 0,
ω l=0 c
sin
→
c ωk = k π , l
k = 1, 2, ... ,
sowie θk = sin
kπx l
und ∞ X
ϑ(x, t) =
sin
k=1
kπx (Ck cos ωk t + Dk sin ωk t) . l
c) Die Randbedingungen bei einem frei-freien Stab lauten θ (0) = 0 ,
θ (l) = 0 .
Mit B = 0,
sin
ω l=0 c
→
c ωk = k π , l
k = 1, 2, ... ,
erhalten wir θk = cos
kπx l
und ϑ(x, t) =
∞ X k=1
cos
kπx (Ck cos ωk t + Dk sin ωk t) . l
Die Eigenfrequenzen in den F¨ allen fest-fest“ und frei-frei“ sind gleich, ” ” die Eigenfunktionen aber verschieden. Ein entsprechendes Ergebnis erh¨ alt man auch bei Longitudinalschwingungen von St¨ aben (vgl. Band 4, Abschnitt 4.2.1).
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 4.13 Ein einseitig eingespannter Torsionsstab (L¨ ange l, Dichte ρ, Schubmodul G, polares Fl¨ achentr¨ agheitsmoment Torsionstr¨ agheitsmoment Ip , agt am freien Ende IT ) tr¨ eine starre Scheibe (Massentr¨ agheitsmoment ΘS ).
185
A4.13
G, x IT , Tp , l
ΘS S
Man ermittle die Eigenwertgleichung. MT
ΘS
L¨ osung Die Torsionsschwingungen werden durch die Bewegungsgleichung ϑ¨ = c2 ϑ ,
c2 =
GIT , ρIp
beschrieben. Ihre L¨ osung lautet “ ω ω ” ϑ(x, t) = A cos x + B sin x (C cos ωt + D sin ωt) . c c An der Einspannung gilt die Randbedingung →
ϑ(0, t) = 0
A = 0.
Um die Randbedingung am freien Ende zu formulieren, trennen wir die Scheibe vom Stab. Das Bewegungsgesetz f¨ ur die Scheibe ¨ t) = − MT ΘS ϑ(l, liefert dann mit MT = GIT ϑ (l, t) die Randbedingung ¨ t) + GIT ϑ (l, t) = 0 . ΘS ϑ(l, Daraus folgt wegen A = 0 die Beziehung − ω 2 ΘS sin
ω ω ω l + GIT cos l = 0 . c c c
186
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Durch Au߬ osen erhalten wir die Eigenwertgleichung tan
ω GIT . l= c ω c ΘS
Sie kann mit der Abk¨ urzung λ=
ω l c
in der Form tan λ =
ρ l Ip 1 . ΘS λ
geschrieben werden.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 4.14 Ein einseitig eingespannter Stab mit Kreisquerschnitt (Radius R) wird durch ein Torsionsmoment am freien Ende belastet. Das Torsionsmoment ist mit der Erregerfrequenz Ω zeitlich harmonisch ver¨ anderlich.
187
A4.14
, G, IT = Ip
MT = M0 eiΩt
l
Welche Torsionsschwingungen stellen sich im eingeschwungenen Zustand ein?
L¨ osung Wir gehen von der Bewegungsgleichung f¨ ur freie Torsionsschwingungen aus: ¨ t) = c2 ϑ (x, t) . ϑ(x, Da bei einem Kreisquerschnitt das polare Fl¨ achentr¨ agheitsmoment Ip und das Torsionstr¨ agheitsmoment IT u ¨bereinstimmen, gilt hier c2 = G/ρ . Die Randbedingungen lauten ϑ(0, t) = 0 GIT ϑ (l, t) = MT
→
GIT ϑ (l, t) = M0 eiΩ t .
Somit liegt am freien Rand eine inhomogene Randbedingung vor. Da wir nur den eingeschwungenen Zustand betrachten, vernachl¨ assigen wir die L¨ osung des homogenen Problems. F¨ ur die Partikularl¨ osung machen wir einen Ansatz vom Typ der rechten Seite: ϑ(x, t) = θ(x)eiΩ t . Er liefert die gew¨ ohnliche Differentialgleichung „ «2 Ω θ=0 θ + c mit der allgemeinen L¨ osung θ(x) = A cos
Ω Ω x + B sin x . c c
188
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Die Konstanten A und B bestimmen wir aus den Randbedingungen: →
θ(0) = 0 θ (l)=
M0 GIT
A = 0, →
B
Ω Ω M0 cos l = c c GIT
→
B=
M0 . Ωl Ω GIT cos c c
Die Torsionsschwingungen im eingeschwungenen Zustand lauten daher ϑ(x, t) =
M0 l Ωx iΩ t 1 sin . e Ωl GIT Ωl c cos c c
Dabei ist das Torsionstr¨ agheitsmoment bei einem Kreisquerschnitt durch IT =
πR4 2
gegeben. Durch Vergleich mit den erzwungenen Longitudinalschwingungen bei einem einseitig eingespannten Stab (Band 4, Gl. (4.42)) erkennt man, dass die Torsionsschwingungen und die Longitudinalschwingungen die gleiche Form haben.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 4.15 Man leite die charakteristische Gleichung f¨ ur einen eingespannt-gelenkig gelagerten Balken nach der Euler-Bernoullischen Theorie her.
189
A4.15
x
μ, EI, l
z L¨ osung Die freien Schwingungen des Euler-Bernoulli-Balkens werden durch die Bewegungsgleichung wIV +
ρA w ¨=0 EI
beschrieben. Wir suchen nach L¨ osungen der Form w(x, t) = W (x) cos(ωt − α) . Dies f¨ uhrt auf die gew¨ ohnliche Differentialgleichung W IV − κ4 W = 0 ,
κ4 = ω 2
ρA . EI
Sie hat die allgemeine L¨ osung W (x) = A cos κx + B sin κx + C cosh κx + D sinh κx , siehe Band 4, Gl.(4.59). F¨ ur die vorliegende Lagerung gelten die Randbedingungen W (0) = W (l) = 0,
W (0) = 0,
W (l) = 0 .
Sie liefern das Gleichungssystem W (0) = 0
→
A + C = 0,
W (0) = 0
→
B + D = 0,
W (l) = 0
→
A cos κl + B sin κl + C cosh κl + D sinh κl = 0 ,
W (l) = 0
→ − A cos κl − B sin κl + C cosh κl + D sinh κl = 0 .
Mit C = −A und D = −B folgen daraus die beiden Gleichungen (cos κl − cosh κl) A + (sin κl − sinh κl) B = 0, (cos κl + cosh κl) A + (sin κl + sinh κl) B = 0.
190
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Damit eine nichttriviale L¨ osung existiert, muss die Koeffizientendeterminante verschwinden: (cos κl − cosh κl)(sin κl + sinh κl) −(cos κl + cosh κl)(sin κl − sinh κl) = 0 . Ausmultiplizieren f¨ uhrt auf die charakteristische Gleichung tan κl − tanh κl = 0 . Daraus erh¨ alt man f¨ ur die Eigenwerte κ1 l = 3, 927, κ2 l = 7, 069, « „ 1 π, k > 3, κk l ≈ k + 4 vgl. Band 4, Tabelle 4.1.
κ3 l = 10, 210,
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 4.16 Man leite die charakteristische Gleichung f¨ ur einen beidseitig eingespannten EulerBernoulli-Balken her.
x
191
μ, EI, l
z
L¨ osung F¨ ur die Ortsfunktion W (x) = A cos κx + B sin κx + C cosh κx + D sinh κx gelten beim beidseitig eingespannten Balken die Randbedingungen W (0) = W (l) = 0,
W (0) = W (l) = 0.
Damit erhalten wir das Gleichungssystem W (0) = 0
→
A + C = 0,
W (0) = 0
→
B + D = 0,
W (l) = 0
→
A cos κl + B sin κl + C cosh κl + D sinh κl = 0,
W (l) = 0
→ − A sin κl + B cos κl + C sinh κl + D cosh κl = 0 .
Mit C = −A und D = −B folgen daraus die beiden Gleichungen (cos κl − cosh κl) A + (sin κl − sinh κl) B = 0, (sin κl + sinh κl) A − (cos κl − cosh κl) B = 0. Damit eine nichttriviale L¨ osung existiert, muss die Koeffizientendeterminante verschwinden: (cos κl − cosh κl)2 + (sin κl + sinh κl)(sin κl − sinh κl) = 0. Ausmultiplizieren f¨ uhrt auf die charakteristische Gleichung cos κl cosh κl − 1 = 0 . Daraus erh¨ alt man f¨ ur die Eigenwerte κ1 l = 4, 730, κ2 l = 7, 853, „ « 1 κk l ≈ k + π, k > 3, 2 vgl. Band 4, Tabelle 4.1.
κ3 l = 10, 996,
A4.16
192
A4.17
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.17 Man leite die Orthogonalit¨ atsrelation der Eigenfunktionen f¨ ur die Schwingung von Balken her. Wie lautet sie f¨ ur einen einseitig eingespannten Balken mit einer Endmasse m am freien Ende?
, A, EI
x
m
l z
L¨ osung Die Differentialgleichung f¨ ur die Eigenfunktion Wj lautet WjIV − κ4j Wj = 0,
κ4j = ωj2
ρA , EI
j = 1, 2, ...
(vgl. Band 4, Gl.(4.58)). Wir multiplizieren sie mit einer anderen Eiange des Balkens: genfunktion Wk (k = j) und integrieren u ¨ ber die L¨ Z l Z l κ4j Wj Wk dx = WjIV Wk dx. 0
0
Partielle Integrationen liefern Z l Z l ˜l ˆ Wj Wk dx = Wj Wk 0 − Wj Wk dx κ4j 0 Z l0 ˜l ˆ ˜l ˆ Wj Wk dx = Wj Wk 0 − Wj Wk 0 + 0 Z l ˜l ˆ ˜l ˆ Wj Wk dx = Wj Wk − Wj Wk 0 + Wj Wk 0 − 0 Z l ˜l ˆ ˜l ˆ Wj WkIV dx . = Wj Wk − Wj Wk + Wj Wk 0 − Wj Wk 0 + 0
Mit Z WkIV = κ4k Wk
l
→ 0
Z
l
Wj WkIV dx = κ4k
Wj Wk dx 0
erhalten wir daraus Z l ˜l ˆ Wj Wk dx = Wj Wk − Wj Wk + Wj Wk − Wj Wk 0 . (κ4j − κ4k ) 0
Wegen κ4j − κ4k = (ωj2 − ωk2 )
ρA EI
Aufgaben und L¨ osungen
193
folgt die Orthogonalit¨ atsrelation zu Z l ˆ EI 1 Wj Wk dx = 2 2 Wj Wk − Wj Wk ρA ω − ω 0 j k ˜l + Wj Wk − Wj Wk 0 ,
j = k .
Bei einem einseitig eingespannten Balken mit einer Einzelmasse m am freien Ende lauten die Randbedingungen Wj (0) = 0,
Wj (l) = 0,
Wj (0) = 0,
Wj (l) = −
m 2 ωj Wj (l), EI
(vgl. Band 4, Beispiel 4.4). Mit den ersten drei Randbedingungen reduziert sich die Orthogonalit¨ atsrelation: Z l 1 EI Wj Wk dx = [Wj (l) Wk (l) − Wj (l) Wk (l)]. ρA ωj2 − ωk2 0 Einsetzen der vierten Randbedingung liefert Z l 1 m EI Wj Wk dx = [−ωj2 Wj (l)Wk (l) + ωk2 Wj (l)Wk (l)] ρA ωj2 − ωk2 EI 0 =
ml ωk2 − ωj2 [Wj (l) Wk (l)] . ρAl ωj2 − ωk2
Mit der Masse des Balkens M = ρAl erh¨ alt man schließlich Z l ml Wj Wk dx = − Wj (l)Wk (l) , M 0
j = k .
Im Sonderfall verschwindender Einzelmasse (m=0) sind die Eigenfunktionen orthogonal: Z l Wj Wk dx = 0 , j = k . 0
194
A4.18
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.18 Ein Balken, der auf der einen Seite gelenkig gelagert ist, wird auf der anderen Seite durch eine Feder gest¨ utzt. Man ermittle die Eigenwertgleichung und gebe einen Ausdruck f¨ ur die Eigenfunktionen an.
x
μ, EI
c z l
Q(l) c W (l)
L¨ osung Wir gehen von der Differentialgleichung W IV − κ4 W = 0,
κ4 = ω 2
ρA EI
aus (Band 4, Gl (4.58)). Sie gilt unabh¨ angig von den Lagern an den Enden des Balkens und hat die allgemeine L¨ osung W (x) = A cos κx + B sin κx + C cosh κx + D sinh κx . Die Randbedingungen lauten W (0) = 0,
W (l) = 0 ,
W (0) = 0,
Q(l) = − c W (l) .
Mit der Beziehung Q = − EIW f¨ ur die Querkraft kann die vierte Randbedingung in der Form W (l) −
c W (l) = 0 EI
geschrieben werden. Die Randbedingungen f¨ uhren auf das Gleichungssystem A +C = 0, − A +C = 0, − A cos κl − B sin κl + C cosh κl + D sinh κl = 0 , κ3 (A sin κl − B cos κl + C sinh κl + D cosh κl) −
c (A cos κl + B sin κl + C cosh κl + D sinh κl) = 0 . EI
Aufgaben und L¨ osungen
195
Daraus folgen A = C = 0 sowie − B sin κl + D sinh κl = 0 , “ ” “ ” c c − B cos κl + 3 sin κl + D cosh κl − 3 sinh κl = 0 . κ EI κ EI Die Forderung nach dem Verschwinden der Koeffizientendeterminante liefert die Eigenwertgleichung coth κl − cot κl =
2c . κ3 EI
Sie kann numerisch gel¨ ost werden, wenn f¨ ur die Parameter Zahlenwerte vorliegen. Mit sin κn l Dn = Bn sinh κn l folgen dann die Eigenfunktionen zu j ff sin κn l Wn = Bn sin κn x + sinh κn x . sinh κn l
196
A4.19
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.19 Ein beidseitig gelenkig gelagerter Balken wird durch ein Moment M = M = M0 cos Ωt M0 cos Ωt am linken Lager zu erzwungenen Schwingunx gen angeregt. Wie lauten diese im eingeschwungenen Zustand?
EI, A l
z
L¨ osung Zur L¨osung der Bewegungsgleichung EIwIV + ρAw ¨=0 machen wir den Ansatz w(x, t) = W (x) cos Ωt . Damit erhalten wir die gew¨ ohnliche Differentialgleichung EIW IV − ρAΩ2 W = 0 , deren allgemeine L¨ osung durch W = A sin κx + B cos κx + C sinh κx + D cosh κx, gegeben ist. Die Randbedingungen lauten W (0) = 0 ,
W (l) = 0 ,
M (0) = M0 cos Ωt ,
W (l)= 0 .
Mit der Beziehung M = − EI W kann die dritte Randbedingung in der Form W (0) = −
M0 EI
κ4 = Ω2
ρA , EI
Aufgaben und L¨ osungen
197
geschrieben werden. Aus den Randbedingungen folgt das Gleichungssystem B + D = 0, −B+D =−
M0 , κ2 EI
A sin κl + B cos κl + C sinh κl + D cosh κl = 0 , − A sin κl − B cos κl + C sinh κl + D cosh κl = 0 . Aufl¨ osen liefert A=− C=
M0 cos κl , 2 κ2 EI sin κl
B = −D =
M0 , 2 κ2 EI
M0 cosh κl . 2 κ2 EI sinh κl
Damit ergibt sich die erzwungene Schwingung zu j M0 cos κl w(x, t) = − sin κx + cos κx 2 κ2 EI sin κl −
ff cosh κl sinh κx − cosh κx cos Ωt . sinh κl
F¨ ur sin κl = 0 und f¨ ur sinh κl = 0 tritt Resonanz auf.
198
A4.20
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.20 Ein einseitig eingespannter Balken wird am freien Ende durch das eingepr¨ agte Moment M = M0 eiΩt belastet. Man ermittle die Zwangsschwingungen unter Ber¨ ucksichtigung von innerer D¨ ampfung.
M = M0 eiΩt
x EI, A, η l z
L¨ osung Die innere D¨ampfung beschreiben wir durch das Stoffgesetz σ = Eε + η ε˙ (siehe Aufgabe 4.9 und Band 4, Gl.(6.5)). Dabei ist η die D¨ ampfungskonstante. Dieser Ansatz f¨ ur die innere D¨ ampfung liefert nach Band 4, Gl.(6.11), die Differentialgleichung EIw + η I w˙ = −M der Biegelinie f¨ ur einen Balken aus Kelvin-Voigt-Material. Durch Differenzieren und Einsetzen in ρAw ¨=M (siehe Band 4, Gl.(4.53)) erhalten wir die Bewegungsleichung ¨ = 0. EIwIV + η I w˙ IV + ρ A w F¨ ur die Zwangsschwingung (eingeschwungener Zustand) machen wir den Ansatz w(x, t) = W (x)eiΩt . Einsetzen in die Bewegungsgleichung liefert ” “ EI W IV + i η I Ω W IV − ρ A Ω2 W eiΩt = 0 . Damit erhalten wir f¨ ur die Ortsfunktion die gew¨ ohnliche Differentialgleichung (EI + i η I Ω)W IV − ρ A Ω2 W = 0 . Wir schreiben dies in der Form W IV − κ4 W = 0 ,
κ4 =
1 ρA ρ A Ω2 = Ω2 . EI + i η I Ω EI 1 + i τ Ω
Aufgaben und L¨ osungen
199
Dabei wurde mit τ = η/E eine Konstante mit der Dimension einer Zeit eingef¨ uhrt. Sie heißt Retardationszeit (Band 4, Abschnitt 6.2.1.1). Die allgemeine L¨ osung der gew¨ ohnlichen Differentialgleichung lautet W (x) = A cos κx + B sin κx + C cosh κx + D sinh κx . Die Integrationskonstanten sind aus den Randbedingungen zu ermitteln. Diese lauten w(0, t) = 0,
w (0, t)= 0,
Q(l, t) = 0, M (l, t) = M0 ei Ω t .
Mit Q(l, t) = −EI w (l, t) ,
M (l, t) = −EI w (l, t)
erhalten wir aus den Randbedingungen am rechten Balkenende W (l) = 0,
W (l) = −
M0 . EI
Die Randbedingungen liefern das Gleichungssystem A+C = 0, B + D = 0, A sin κl − B cos κl + C sinh κl + D cosh κl = 0 , − A cos κl − B sin κl + C cosh κl + D sinh κl = −
M0 . κ2 EI
Daraus folgen A=−C=
M0 cos κl + cosh κl , 2EI κ2 (1 + cos κl cosh κl)
B=−D=
sin κl − sinh κl M0 . 2EI κ2 (1 + cos κl cosh κl)
Die Zwangsschwingung ergibt sich damit zu w(x, t) =
M0 1 2 κ2 EI 1 + cos κl cosh κl [(cos κl + cosh κl)(cos κx − cosh κx) + (sin κl − sinh κl)(sin κx − sinh κx)] ei Ω t .
200
A4.21
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.21 Ein einseitig eingespannter Balken wird durch eine harmonische Wegerregung w(0, t) = W0 eiΩt an der Einspannung zu Zwangsschwingungen angeregt. Man ermittle die erzwungene Schwingung.
w(0, t) = W0 eiΩt x
EI, A
z
l
L¨ osung Wir schreiben die L¨osung der Bewegungsgleichung EIwIV + ρ A w ¨=0 in der Form w(x, t) = W (x)eiΩt mit W (x) = A cos κx + B sin κx + C cosh κx + D sinh κx und κ4 = Ω2
ρA . EI
Die Randbedingungen w(0, t) = W0 eiΩt
→
W (0) = W0 ,
w (0, t)= 0
→
W (0) = 0,
M (l, t) = 0
→
W (l) = 0,
Q(l, t) = 0
→
W (l) = 0
liefern das Gleichungssystem A + C = W0 , B + D = 0, − A cos κl − B sin κl + C cosh κl + D sinh κl = 0, A sin κl − B cos κl + C sinh κl + D cosh κl = 0 .
Aufgaben und L¨ osungen
201
Durch Au߬ osen erhalten wir A =
W0 (1 + cos κl cosh κl − sin κl sinh κl) , 2 (1 + cos κl cosh κl)
B = −D =
C =
W0 (sin κl cosh κl 2 (1 + cos κl cosh κl) + cos κl sinh κl) ,
W0 (1 + cos κl cosh κl + sin κl sinh κl) . 2 (1 + cos κl cosh κl)
Damit folgt w(x, t) =
W0 {(1 + cos κl cosh κl) 2 (1 + cos κl cosh κl) ·(cos κx + cosh κx) + sin κl sinh κl(cosh κx − cos κx) + (sin κl cosh κl + cos κl sinh κl)(sin κx − sinh κx)} eiΩt .
F¨ ur cos κl cosh κl + 1 = 0 (Eigenwertgleichung des einseitig eingespannten Balkens) tritt Resonanz auf.
202
A4.22
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.22 Auf einen beidseitig gelenkig gelagerten Balken wirkt eine zeitlich ver¨ anderliche Streckenlast q(x, t).
q(x, t)
Man ermittle die dadurch hervorgerufene Auslenkung w(x, t) im eingeschwungenen Zustand.
x
μ, EI l
z
L¨ osung Die Bewegungsgleichung und die Randbedingungen der erzwungenen Schwingung lauten ¨ = q(x, t), EIwIV + μw w(0, t) = w(l, t) = 0,
w (0, t) = w (l, t) = 0 .
Wir machen den Ansatz w(x, t) =
∞ X
Wk (x)Tk (t)
k=1
und w¨ ahlen als Ansatzfunktionen Wk (x) die Eigenformen der freien Schwingung: Wk (x) = sin
kπx . l
Einsetzen in die Differentialgleichung liefert ∞ X
(EI WkIV Tk + μWk T¨k ) = q(x, t) .
k=1
Mit WkIV = κ4k Wk ,
κ4k = ωk2
μ EI
folgt daraus ∞ X
(T¨k + ωk2 Tk )Wk =
k=1
1 q(x, t) . μ
Diese Gleichung stimmt mit der Gleichung (a) in Aufgabe 4.5 u ¨ berein. Bei gleichem Vorgehen wie in Aufgabe 4.5 erhalten wir daher die Aus-
Aufgaben und L¨ osungen
lenkung zu w(x, t) =
∞ X k=1
sin
kπx Tk (t) l
mit den Duhamel-Integralen Z t 1 qk (τ ) sin ωk (t − τ )dτ, Tk (t) = ωk τ =0 Die Gr¨ oßen qk sind dabei wieder durch Z l 2 qk (t) = q(x, t)Wk (x)dx μl 0 gegeben.
k = 1, 2, ... .
203
204
A4.23
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
Aufgabe 4.23 Man bestimme die kleinste Eigenfrequenz und die zugeh¨ orige Eigenform eines einseitig eingespannten Balkens mit Hilfe des Ritzschen Verfahrens. Man verwende einen zweigliedrigen N¨ aherungsansatz und ben¨ utze Polynome als Ansatzfunktionen.
μ, EI x l
L¨ osung Beim Verfahren von Ritz gehen wir vom Station¨arwert des Gesamtpotentials aus: Z ´ 1 l` EI W 2 − ω 2 μ W 2 dx , μ = ρ A , Π= 2 0 (siehe Band 4, Abschnitt 7.5.6). Wir machen einen zweigliedrigen N¨ aherungsansatz ˜ (x) = W
2 X
ak φk (x) = a1 φ1 (x) + a2 φ2 (x)
k=1
und w¨ ahlen als Ansatzfunktionen Polynome: φ1 = x 2 ,
φ2 = x3 .
Sie erf¨ ullen, wie beim Ritzschen Verfahren gefordert, die geometrischen Randbedingungen W (0) = 0 ,
W (0) = 0
(ein Ansatz φ = x verletzt die zweite Randbedingung und ist daher nicht zul¨ assig). Mit dem N¨ aherungsansatz lautet das Gesamtpotential – Z l» “X ”2 X ˜ = Π(a ˜ k) = 1 EI ak φk −ω ˜2 μ (ak φk )2 dx . Π 2 0 Notwendige Bedingung daf¨ ur, dass das Gesamtpotential ein Extremum annimmt, ist ˜ ∂Π = 0, ∂ak
k = 1, 2 .
Aufgaben und L¨ osungen
Daraus folgt ! Z l" X EI ak φk φj − ω ˜2 μ 0
X
k
! ak φk
205
# φj
dx = 0, j = 1, 2 .
k
Wir vertauschen nun die Reihenfolge von Integration und Summation und erhalten – X »Z l ` ´ ˜ 2 μ φj φk dx ak = 0 . EI φj φk − ω k
0
Dies stellt ein lineares homogenes Gleichungssystem f¨ ur die Konstanten ak dar. Es kann mit den Koeffizienten Z l ` ´ ˜ 2 μ φj φk dx EI φj φk − ω αjk = 0
in der Kurzform 2 X
αjk ak = 0
(a)
k=1
geschrieben werden. Damit eine nichttriviale L¨ osung existiert, muss die Koeffizientendeterminante verschwinden: det αjk = 0 . Berechnen der Koeffizienten ergibt 1 μω ˜ 2 l5 , 5 1 = α21 = 6 EI l2 − μ ω ˜ 2 l6 , 6 1 = 12 EI l3 − μ ω ˜ 2 l7 . 7
α11 = 4 EI l − α12 α22
Die Forderung det αjk = α11 α22 − α12 α21 = 0 f¨ uhrt auf die quadratische Gleichung ξ 2 − 1224 ξ + 15 120 = 0 ,
ξ=
μω ˜2 4 l , EI
206
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
mit den L¨ osungen ξ1 = 12, 480 ,
ξ2 = 1211, 5 .
Damit erhalten wir die N¨ aherungen r r 3, 533 34, 81 EI EI , ω ˜ = ω ˜1 = 2 l2 μ l2 μ f¨ ur die ersten beiden Eigenfrequenzen. Die exakten Werte lauten r r 3, 516 EI 22, 04 EI = , ω . ω1 = 2 l2 μ l2 μ agt etwa Der Fehler der N¨ aherung f¨ ur die kleinste Eigenfrequenz ω1 betr¨ oßer als 50 %. 0, 5 %, der Fehler bei ω2 ist gr¨ Um eine N¨ aherung f¨ ur die erste Eigenschwingungsform W1 zu erhalten, setzen wir den Wert ω ˜ 1 in eine der beiden Gleichungen (a) ein. Wir w¨ ahlen dabei die erste Gleichung: α11 a1 + α12 a2 = 0 →
(4 EI l −
1 5
μω ˜ 12 l5 ) a1 + (6 EI l2 −
1 6
μω ˜ 12 l6 ) a2 = 0 .
Dies liefert „ « « „ 12, 480 12, 480 a1 + 6 − l a2 = 0 4− 5 6 bzw. 1, 504 a1 + 3, 920 l a2 = 0 . Daraus folgt f¨ ur das Verh¨ altnis der Konstanten a1 = − 2, 606 l , a2 und die Eigenform ergibt sich zu ˜ 1 = c (− 2, 606 l x2 + x3 ) . W Die Konstante c bleibt unbestimmt.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 4.24 Man bestimme eine N¨ aherung f¨ ur die Frequenz der Grundschwingung eines beiderseits gelenkig gelagerten Balkens mit Hilfe des Rayleigh-Quotienten. Als Ansatzfunktion w¨ ahle man ein Polynom.
207
A4.24
x
μ, EI, l
z
L¨ osung Der Rayleigh-Quotient f¨ ur die Schwingung eines Balkens lautet Rl EI W 2 dx ω 2 = 0R l μW 2 dx 0 (vgl. Band 4, Gl.(4.129)). Wir w¨ ahlen zuerst einen Ansatz, der nur die geometrischen Randbedingungen W (0) = W (l) = 0 erf¨ ullt: ” “ 2 ˜ =x 1− x =x− x . W l l Mit W = −2/l erhalten wir Z l Z l 1 1 3 W 2 dx = 4 , W 2 dx = l l 30 0 0 →
ω ˜ 2 = 120
EI . μ l4
Der Fehler der N¨ aherung r EI ω ˜ = 10, 95 μ l4 im Vergleich zum exakten Wert r r EI EI ω = π2 = 9, 87 μ l4 μ l4 betr¨ agt etwas mehr als 10 %. Ein besseres Ergebnis erhalten wir, wenn wir einen Ansatz w¨ ahlen, der auch die mechanischen Randbedingungen W (0) = W (l) = 0
208
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
erf¨ ullt. Dies ist mit 3 4 ˜ = x− 2 x + x W 2 3 l l
der Fall. Mit Z l ˜ 2 dx = 4, 8 1 , W l 0 erhalten wir nun EI ω ˜ = 100 4 μl 2
→
Z
l
˜ 2 dx = 0, 048l3 W
0
r EI ω ˜ = 10 . μ l4
Der Fehler der N¨ aherungsl¨ osung betr¨ agt jetzt nur noch etwa 1,3%.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 4.25 Die Eigenfrequenzen einer Rechteckmembran (L¨ ange a, Breite b), die an allen vier R¨ andern unverschieblich gelagert ist, sind nach Band 4, Gl. (4.102) durch r“ r m π ” 2 “ n π ” 2 σ0 + ωmn = a b ρ
209
A4.25
y a
b
gegeben. Dabei ist σ0 die Vorspannung in der Membran.
x
Es kann vorkommen, dass unterschiedliche Wertepaare m, n die gleiche Eigenfrequenz liefern (entarteter Fall). a) Kann dieser entartete Fall bei beliebigen Abmessungen der Membran auftreten? ¨ b) Man untersuche, ob die Knotenlinie bei einer Uberlagerung der Schwingungsformen W12 und W21 im Fall einer quadratischen Membran parallel zu den R¨ andern ist.
L¨ osung a) Wir betrachten die zwei Eigenfrequenzen mit den Wertepaaren m, n bzw. p, q und fordern, dass sie gleich sind: ωmn = ωpq . Daraus folgt “ m ”2 “ n ”2 “ p ” 2 “ q ” 2 + = + , a b a b achst Wir multiplizieren diese Gleichung mit (ab)2 und erhalten zun¨ (m b)2 + (n a)2 = (p b)2 + (q a)2 . Aufl¨ osen nach dem Verh¨ altnis der Abmessungen der Membran liefert b2 (m2 − p2 ) = a2 (q 2 − n2 ) →
b2 q 2 − n2 = 2 . 2 a m − p2
Da die rechte Seite eine rationale Zahl darstellt, kann der entartete Fall nur dann auftreten, wenn das Verh¨ altnis b2 /a2 eine rationale Zahl ist.
210
Schwingungen kontinuierlicher Systeme
b) Bei einer quadratischen Membran (a = b) gilt r π cp 2 σ0 m + n2 , c = . ωmn = a ρ Wegen ω12 = ω21 =
√ πc 5 a
liegt hier ein entarteter Fall vor. Die Eigenformen f¨ ur m = 1, n = 2 bzw. f¨ ur p = 2, q = 1 lauten 2πy πx sin , a a 2πx πy = C2 sin sin . a a
W12 = C1 sin W21
Wenn wir diese Eigenformen u ¨ berlagern, erhalten wir W = W12 + W21 = C1 sin πξ sin 2πη + C2 sin 2πξ sin πη mit den dimensionslosen Koordinaten x y ξ= η= . a a angen von den Anfangsbedingungen ab. Die Konstanten C1 und C2 h¨ Es gibt in diesem Beispiel nur eine Knotenlinie. Sie folgt aus der Forderung W =0
→
C1 sin πξ sin 2πη + C2 sin 2πξ sin πη = 0 .
Mit der trigonometrischen Beziehung sin 2α = 2 sin α cos α erhalten wir daraus 2 sin πξ sin πη (C1 cos πη + C2 cos πξ) = 0 . Da der Ausdruck vor der Klammer im Inneren der Membran ungleich Null ist, muss C1 cos πη + C2 cos πξ = 0 sein. Dies ist die Gleichung der Knotenlinie.
Aufgaben und L¨ osungen
211
Bei der Wahl von C2 /C1 = −1 ergibt sich →
cos πη = cos πξ
ξ = η.
Die zugeh¨ orige Knotenlinie ist eine Diagonale der Membran (siehe folgende Abbildung). W¨ ahlen wir dagegen die Anfangsbedingungen so, dass C2 /C1 = −2 gilt, dann ergibt sich aus der Gleichung der Knotenlinie die transzendente Gleichung cos πη = 2 cos πξ . Sie kann numerisch gel¨ ost werden. Das Ergebnis ist ebenfalls in der folgenden Abbildung dargestellt. η 2/3
1/3
ξ
Nur dann, wenn eine der beiden Konstanten gleich Null ist, also keine ¨ Uberlagerung stattfindet, sondern nur eine der beiden Eigenschwingungen auftritt, ist die Knotenlinie parallel zu einem Rand. So erhalten wir f¨ ur C2 = 0 aus der Forderung cos πη = 0 den Wert η = 1/2. Dies ist die Knotenlinie f¨ ur die Eigenform W12 . Entsprechend liefert C1 = 0 den Wert ξ = 1/2. Dies ist die Knotenlinie f¨ ur die Eigenform W21 (vgl. Band 4, Abb. 4.22).
Kapitel 5 Stabilit¨ at elastischer Strukturen
5
214
5 Stabilit¨at elastischer Strukturen
Methoden zur Ermittlung einer kritischen Last Wir beschr¨ anken uns auf die Untersuchung der Stabilit¨ at von Gleichgewichtslagen. Energiemethode. Voraussetzung: Konservatives System. In einer Gleichgewichtslage ist die gesamte potentielle Energie Π des Systems station¨ ar. Stabilit¨ atskriterium: Wenn Π in einer Gleichgewichtslage ein Minimum (Maximum) annimmt, dann ist die Gleichgewichtslage stabil (instabil). Gleichgewichtsmethode. Voraussetzung: Konservatives System. ¨ Der Ubergang von Stabilit¨ at zu Instabilit¨ at ist charakterisiert durch die Existenz einer infinitesimal benachbarten Gleichgewichtslage. Charakteristische Frage zur Ermittlung der kritischen Last: F¨ ur welchen Wert der Last existiert neben der untersuchten Gleichgewichtslage eine infinitesimal benachbarte Gleichgewichtslage? Imperfektionsmethode. Voraussetzung: Konservatives System. Wir betrachten ein System mit einer Imperfektion. Charakteristische Frage zur Ermittlung der kritischen Last des perfekten Systems: Bei welcher Gr¨ oße der Last werden die statischen Auslenkungen des imperfekten Systems sehr groß (eventuell sogar unendlich groß)? Kinetische Methode. Wir betrachten eine St¨ orung der Gleichgewichtslage, d.h. kleine Schwingungen um die Gleichgewichtslage. Charakteristische Frage zur Ermittlung der kritischen Last: Bei welcher Gr¨ oße der Belastung w¨ achst die St¨ orung mit der Zeit unbegrenzt an?
5 Stabilit¨ at elastischer Strukturen
215
Energiemethode bei diskreten Systemen Konservative Systeme mit einem Freiheitsgrad: Das Gesamtpotential Π des Systems h¨ angt nur von einer Koordinate ab: Π = Π(x). Gleichgewichtslagen folgen aus dΠ = Π = 0. dx Stabilit¨ atskriterium: Π > 0: stabile Gleichgewichtslage , Π < 0: instabile Gleichgewichtslage , Π = 0: h¨ ohere Ableitungen entscheiden u at . ¨ ber die Stabilit¨ Beispiele f¨ ur Potentiale: 1. Potential einer Federkraft bzw. eines Drehfedermoments Π=
1 2
c x2 bzw. Π =
1 2
cT ϕ2 .
c: Federkonstante, x: L¨ angen¨ anderung der ungespannten Feder, cT : Federkonstante, ϕ: Verdrehwinkel der ungespannten Feder. 2. Potential einer Gewichtskraft Π = Gz , z: H¨ ohe des Schwerpunkts des K¨ orpers (Gewicht G) u ¨ber einem Nullniveau. Konservative Systeme mit mehreren Freiheitsgraden: Wir betrachten ein System aus starren K¨ orpern und Federn mit n Freiheitsgraden. Eine beliebige Lage wird durch die verallgemeinerten Koordinaten qj , j = 1, 2, ..., n (Verschiebungen, Winkel, vgl. Band 3, Abschnitt 4.3) beschrieben. Das Gesamtpotential ist eine Funktion der verallgemeinerten Koordinaten: Π = Π(qj ). Gleichgewichtslagen folgen aus δΠ = 0
→
δΠ =
X ∂Π δqj = 0 . ∂qj
216
5 Stabilit¨at elastischer Strukturen
Daraus erh¨ alt man n Gleichgewichtsbedingungen: ∂Π = 0, ∂q1
∂Π = 0, ∂q2
∂Π =0. ∂qn
... ,
Stabilit¨ atskriterium: Eine Gleichgewichtslage ist stabil, wenn die Determinante Dn und alle Unterdeterminanten, die l¨ angs der Hauptdiagonale gebildet werden k¨ onnen, positiv sind: D1 > 0 ,
D2 > 0 ,
... ,
Dn > 0 .
Dabei gilt: 3 ∂2Π ∂2Π » 2 – 6 ∂q 2 ∂q1 ∂q2 7 ∂ Π 7 6 1 , D2 = det 6 2 D1 = det 7, 2 ∂q1 4 ∂ Π ∂2Π 5 2
∂q2 ∂q1 2
∂2Π 6 ∂q12 6 6 2 6 ∂ Π 6 6 ∂q2 ∂q1 6 Dn = det 6 6 .. 6 . 6 6 6 4 ∂2Π ∂qn ∂q1
∂2Π ∂q1 ∂q2
···
∂2Π ∂q22
···
.. .
···
∂2Π ∂qn ∂q2
···
∂q22
3 ∂2Π ∂q1 ∂qn 7 7 7 7 .. 7 . 7 7 7 . 7 .. 7 . 7 7 7 ∂2Π 5 ∂qn2
Ein Verzweigungspunkt liegt vor, wenn die Bedingungen ∂Π , ∂qj erf¨ ullt sind.
j = 1, 2, ... , n
und
Dn = 0
5 Stabilit¨ at elastischer Strukturen
217
Kontinuierliche Systeme
Wir untersuchen die Stabilit¨ at der Gleichgewichtslage w ≡ 0 von St¨ aben bzw. Platten. Gleichgewichtsmethode Knickgleichung f¨ ur einen Stab unter einer Druckkraft F : (EIw ) + F w = 0 . Sonderfall EI = const: wIV + λ2 w = 0 ,
λ2 =
F . EI
Allgemeine L¨ osung dieser Differentialgleichung: w(x) = A cos λx + B sin λx + C λx + D , A, B, C, D : Integrationskonstanten . Einsetzen von w(x) in die Randbedingungen liefert ein Gleichungssystem f¨ ur die Integrationskonstanten. Die Forderung nach einer nichttrivialen L¨ osung w ≡ / 0 f¨ uhrt auf die charakteristische Gleichung. Deren kleinste L¨ osung (kleinster Eigenwert) liefert die kritische Last. Beulgleichung f¨ ur eine Platte: Kw + Nx
∂2w ∂2w ∂2w + 2 Nxy + Ny 2 = 0 , 2 ∂x ∂x ∂y ∂y
K: Plattensteifigkeit, Nx , Ny : Normalkr¨ afte, Nxy : Schubkraft. Sonderfall: Allseitig konstanter Druck Nx = Ny = N , Nxy = 0: Kw + N w = 0 . Sonderfall: Einseitig konstanter Druck Nx = N , Ny = 0, Nxy = 0: Kw + N
∂2w = 0. ∂x2
Eine analytische L¨ osung ist beim Beulen von Platten oft nicht m¨ oglich. Anmerkung: Zur Aufstellung einer Knickgleichung bzw. einer Beulgleichung mit Hilfe von Gleichgewichtsbedingungen muss das Gleichgewicht am verformten K¨ orper gebildet werden.
218
5 Stabilit¨at elastischer Strukturen
Energiemethode Form¨ anderungsenergie bei einem dehnstarren Balken:
Πi =
Zl
1 2
EI w 2 dx
bzw.
0
Πi =
1 2
Zl
M2 dx . EI
0
Potential einer richtungstreuen Druckkraft (N = −F ) am Ende x = l: Πa = −
1 F 2
Zl
w 2 dx .
0
Gesamte Form¨ anderungsenergie: Π = Πi + Πa . Form¨ anderungsenergie bei einer Platte (K = const): «2 Z Z („ 2 ∂ w 1 ∂2w Πi = K + 2 ∂x2 ∂y 2 A " „ 2 «2 #) ∂2w ∂2w ∂ w − 2 (1 − ν) − dx dy . ∂x2 ∂y 2 ∂x ∂y Prinzip vom Station¨ arwert des Gesamtpotentials: δΠ = 0 . Auf diesem Prinzip beruhen verschiedene Verfahren zur n¨ aherungsweisen Ermittlung von kritischen Lasten. N¨ aherungsverfahren 1) Verfahren von Ritz: Dem Verfahren von Ritz liegt das Prinzip vom Station¨ arwert des Gesamtpotentials zugrunde. Beispiel: Stabknicken Gesamtpotential: 1 Π = 2
Zl 0
(EI w 2 − F w 2 ) dx = Π (w) .
5 Stabilit¨ at elastischer Strukturen
219
N¨ aherungsansatz f¨ ur die Durchbiegung: w(x) e =
n X
aj φj (x) ,
j=1
φj : Ansatzfunktionen, m¨ ussen die geometrischen (wesentlichen) Randbedingungen erf¨ ullen, aj : Koeffizienten, werden aus der Forderung bestimmt, dass das Gesamtpotential extremal werden muss. Nach Einsetzen von w e in Π und Berechnen der Integrale ist das Potene (w) e (aj ). e → Π tial nur noch eine Funktion der Koeffizienten aj : Π e einen Extremalwert annimmt: Notwendige Bedingung daf¨ ur, daß Π e ∂Π = 0, ∂aj
j = 1, 2, ..., n.
Dies sind n lineare homogene Gleichungen f¨ ur die n unbekannten Koeffizienten aj . Die kritische Last folgt aus der Forderung nach einer nichttrivialen L¨ osung. Der exakte Eigenwert stellt eine untere Schranke f¨ ur die N¨ aherungsl¨ osung dar. Anmerkung: Wenn zum Beispiel Federn oder Streckenlasten zu ber¨ ucksichtigen sind, dann ist das Gesamtpotential entsprechend zu erweitern. 2) Rayleigh-Quotient: Wird im Verfahren von Ritz ein Ansatz mit nur ahlt, dann kann der zugeh¨ orige Eieinem einzigen Koeffizienten a1 gew¨ genwert (die kritische Last) direkt angegeben werden. Beispiel: Stabknicken Rl Fekrit =
EI φ dx 2
0
Rl
. φ 2 dx
0
Der exakte Eigenwert stellt eine untere Schranke f¨ ur die N¨ aherungsl¨ osung dar. 3) Verfahren von Galerkin: Beim Verfahren von Galerkin gehen wir nicht vom Gesamtpotential sondern von der Differentialgleichung des Problems aus. Beispiel: Stabknicken Knickgleichung (Sonderfall EI = const): L[w] ≡ EI wIV + F w = 0 .
220
5 Stabilit¨at elastischer Strukturen
N¨ aherungsansatz: w(x) e =
n X
aj Φj (x) .
j=1
Beim Verfahren von Galerkin m¨ ussen die Ansatzfunktionen Φj alle Randbedingungen erf¨ ullen. Forderung: Die Ansatzfunktionen sind orthogonal zum Differentialoperator L[w]: e Zl L[w] e Φk dx = 0 ,
k = 1, 2, ..., n
0
Zl h i X X → aj Φj Φk dx = 0 , EI aj ΦjIV + F 0
k = 1, 2, ..., n . Berechnen der Integrale liefert ein System von n linearen homogenen Gleichungen f¨ ur die Koeffizienten aj . Die kritische Last folgt auch hier aus der Forderung nach einer nichttrivialen L¨ osung. Anmerkung: Da beim Verfahren von Galerkin von der Differentialgleichung ausgegangen wird und nicht vom Station¨ arwert des Gesamtpotentials, ist es auch bei nichtkonservativen Systemen (bei denen ja kein Gesamtpotential existiert) anwendbar.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 5.1 Zwei gelenkig verbundene starre St¨ abe werden durch eine Druckkraft F belastet. Die Drehfeder (Federsteifigkeit cT ) ist in der gestreckten Lage entspannt. Man bestimme die kritische Last Fkrit sowie die Last-Verformungskurve und untersuche die Stabilit¨ at der entsprechenden Gleichgewichtslagen. L¨ osung Zur Ermittlung der Gleichgewichtslagen und ihrer Stabilit¨ at wenden wir die Energiemethode an. Das System hat einen Freiheitsgrad. Bei einer Auslenkung um den Winkel ϕ wird in der Feder die potentielle Energie Πi =
221
A5.1
F B l cT l A
F u
ϕ
1 cT (2 ϕ)2 2
gespeichert, und das Potential der Druckkraft ist durch Πa = − F u gegeben (Nullniveau in der H¨ ohe des Lagers B in der gestreckten Lage). Mit der geometrischen Beziehung u = 2 l (1 − cos ϕ) lautet das Gesamtpotential Π = Πi + Πa = 2 cT ϕ2 − 2 F l (1 − cos ϕ). Die Gleichgewichtslagen folgen nach Band 1, Gl. (8.11), aus dΠ = Π = 0 dϕ
→
4 cT ϕ − 2 F l sin ϕ = 0.
Hieraus erh¨ alt man die Lage ϕ = 0 sowie die Bestimmungsgleichung p=
ϕ sin ϕ
mit
p=
Fl 2cT
f¨ ur weitere Gleichgewichtslagen. Dabei wurde der dimensionslose Lastparameter p eingef¨ uhrt. Die zugeh¨ orige Last-Verformungskurve ist in
222
Stabilit¨at elastischer Strukturen
der folgenden Abbildung dargestellt. Man nennt P1 den Prim¨ arpfad arpfad. Ihr Schnittpunkt ist der Verzweigungspunkt und P2 den Sekund¨ C. p
1,6
P2
instabil
1,2 C
0,8
stabil
0,4 P1
0 Ŧ2
Ŧ1,5
Ŧ1
Ŧ0,5
0
0,5
1
1,5
ϕ
2
Um Aussagen u at der Gleichgewichtslagen treffen zu ¨ ber die Stabilit¨ k¨ onnen, m¨ ussen wir die zweite Ableitung des Gesamtpotentials bilden: d2 Π = Π = 4 cT − 2 F l cos ϕ = 4 cT (1 − p cos ϕ). dϕ2 Auf dem Prim¨ arpfad (ϕ = 0) gilt: ( > 0 f¨ ur p < 1 Π = 4 cT (1 − p) < 0 f¨ ur p > 1
→
stabile GGL,
→
instabile GGL.
Die kritische Last ist somit durch pkrit = 1
→
Fkrit =
2 cT l
gegeben. Auf dem Sekund¨ arpfad wird wegen ϕ < tan ϕ (f¨ ur ϕ = 0) die zweite Ableitung positiv: Π = 4 cT (1 −
ϕ ) > 0 tan ϕ
f¨ ur
ϕ = 0 .
Die Punkte auf dem Sekund¨ arpfad entsprechen daher stabilen Gleichgewichtslagen.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 5.2 Zwei gelenkig verbundene starre St¨ abe werden durch zwei Federn gehalten. Die Federn werden so gef¨ uhrt, dass sie in jeder Lage des Systems waagerecht sind. Im unbelasteten Zustand befindet sich das System in der gestreckten Lage.
Πi = 2 ·
1 c (l sin ϕ)2 2
A5.2
F
l c
Man bestimme die kritische Last Fkrit sowie die Last-Verformungskurve und untersuche die Stabilit¨ at der entsprechenden Gleichgewichtslagen.
L¨ osung Wir wenden die Energiemethode an. Das System hat einen Freiheitsgrad. Bei einer Auslenkung um den Winkel ϕ wird in den beiden Federn die potentielle Energie
223
c
l
F u
ϕ
gespeichert, und das Potential der Druckkraft F ist durch Πa = − 2 F l (1 − cos ϕ) gegeben (Nullniveau in der H¨ ohe des oberen Lagers in der gestreckten Lage, vgl. Aufgabe 5.1). Damit lautet das Gesamtpotential Π = Πi + Πa = c l2 sin2 ϕ − 2 F l (1 − cos ϕ) . Wir bestimmen zun¨ achst die Ableitungen Π = 2 c l2 sin ϕ cos ϕ − 2 F l sin ϕ, Π = 2 c l2 (cos2 ϕ − sin2 ϕ) − 2 F l cos ϕ . Die Gleichgewichtslagen folgen aus Π = 0
→
2 c l2 sin ϕ (cos ϕ − p) = 0,
wobei der dimensionslose Lastparameter p = F/(c l)
224
Stabilit¨at elastischer Strukturen
eingef¨ uhrt wurde. Somit erh¨ alt man die Gleichgewichtslagen ϕ=0
und
ϕ = arccos p.
p
1,6 instabil
1,2
0,8 P2
P1
0,4
stabil
0 Ŧ2
Ŧ1,5
Ŧ1
Ŧ0,5
0
0,5
1
1,5
ϕ
2
Die oben stehende Abbildung zeigt die zugeh¨ orige Last-Verformungskurve. Aussagen u at der Gleichgewichtslagen erhalten wir ¨ ber die Stabilit¨ aus der zweiten Ableitung des Gesamtpotentials. Auf dem Prim¨ arpfad (ϕ = 0) gilt: ( > 0 f¨ ur p < 1 → stabile GGL, 2 Π = 2 c l (1 − p) < 0 f¨ ur p > 1 → instabile GGL. Die kritische Last ist somit durch pkrit = 1
→
Fkrit = c l
gegeben. Auf dem Sekund¨ arpfad (p = cos ϕ) wird die zweite Ableitung des Potentials negativ: Π = 2 c l2 (cos2 ϕ − sin2 ϕ) − 2 c l2 cos2 ϕ = − 2 c l2 sin2 ϕ < 0
f¨ ur
ϕ = 0 .
Die Punkte auf dem Sekund¨ arpfad entsprechen daher instabilen Gleichgewichtslagen. Dieses System zeigt somit ein v¨ ollig anderes Verhalten als das System aus Aufgabe 5.1.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 5.3 Man bestimme die Last-Verformungskurve und untersuche die Stabilit¨ at der Gleichgewichtslagen f¨ ur das System aus Aufgabe 5.1, wenn im unbelasteten Zustand und bei entspannter Drehfeder eine kleine Auslenkung (Imperfektion) um den Winkel ϕ0 vorhanden ist.
225
B
cT ϕ0 A
L¨ osung Wir z¨ahlen die Koordinate ϕ von der gestreckten Lage aus. Wenn wir als Nullniveau f¨ ur das Gesamtpotential die unbelastete Lage w¨ ahlen (Π(ϕ0 ) = 0), dann gilt
F
Π = 2 cT (ϕ − ϕ0 )2 − 2 F l (cos ϕ0 − cos ϕ). ϕ
Die Ableitungen folgen zu Π = 4 cT (ϕ − ϕ0 ) − 2 F l sin ϕ, Π = 4 cT − 2 F l cos ϕ. Die Bedingung Π = 0 liefert mit p = p=
ϕ − ϕ0 sin ϕ
F l den Zusammenhang 2 cT
zwischen der Last und der Verformung. Last-Verformungskurven f¨ ur verschiedene Werte des Parameters ϕ0 sind in der folgenden Abbildung dargestellt. Zum Vergleich ist auch das Ergebnis f¨ ur das perfekte System (ϕ0 = 0) eingetragen. Man erkennt, dass es beim imperfekten System keinen Verzweigungspunkt und in diesem Beispiel auch keine kritische Last gibt. F¨ ur Punkte auf der Last-Verformungskurve l¨ asst sich die zweite Ableitung des Gesamtpotentials in der Form « „ ϕ − ϕ0 Π = 4 cT (1 − p cos ϕ) = 4 cT 1 − tan ϕ schreiben. Auf dem rechten L¨ osungsast ist wegen ϕ − ϕ0 < tan ϕ der Bruch kleiner als Eins und damit wird die zweite Ableitung positiv. Die Punkte auf diesem Ast entsprechen daher stabilen Gleichgewichtslagen.
A5.3
226
Stabilit¨at elastischer Strukturen
p
1,6
instabil stabil ϕ0 = 0
1,2
stabil
ϕ0 = 0.1 ϕ0 = 0.01
0,8
ϕ0 = 0.1 ϕ0 = 0.01
0,4
0 Ŧ2
Ŧ1,5
Ŧ1
Ŧ0,5
0
0,5
1
1,5
ϕ 2
Um Aussagen u at der Gleichgewichtslagen f¨ ur den ¨ ber die Stabilit¨ linken Ast zu treffen, bilden wir zun¨ achst die Ableitung der Lastfunktion: sin ϕ − (ϕ − ϕ0 ) cos ϕ sin2 ϕ ϕ − ϕ0 1− Π (ϕ) tan ϕ = . = sin ϕ 4 cT sin ϕ
p (ϕ) =
(a)
F¨ ur den Punkt mit horizontaler Tangente gilt p = 0
→
Π = 0.
Im Bereich positiver Steigung (p > 0) des linken Astes (ϕ < 0 → sin ϕ < 0) muss wegen des negativen Nenners in (a) auch der Z¨ ahler negativ sein: Π < 0. Daher entsprechen diese Punkte instabilen Gleichgewichtslagen. Analog kann man zeigen, dass die Punkte im Bereich negativer Steigung stabilen Gleichgewichtslagen entsprechen.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 5.4 Man bestimme die Last-Verformungskurve und untersuche die Stabilit¨ at der Gleichgewichtslagen f¨ ur das System aus Aufgabe 5.2, wenn im unbelasteten Zustand eine kleine Auslenkung um den Winkel ϕ0 vorhanden ist.
227
A5.4
c
c
ϕ0
Wie h¨ angt die kritische Last von der Imperfektion ϕ0 ab?
L¨ osung Wir z¨ahlen die Koordinate ϕ von der gestreckten Lage aus. Wenn wir als Nullniveau f¨ ur das Gesamtpotential die unbelastete Lage w¨ ahlen, dann gilt f¨ ur das Potential und seine Ableitungen
F
Π = c l2 (sin ϕ − sin ϕ0 )2
ϕ
− 2 F l (cos ϕ0 − cos ϕ),
Π = 2 c l2 (sin ϕ − sin ϕ0 ) cos ϕ − 2 F l sin ϕ, Π = 2 c l2 (cos2 ϕ − sin2 ϕ + sin ϕ0 sin ϕ) − 2 F l cos ϕ. Aus der Bedingung Π = 0 folgt p=
sin ϕ cos ϕ − sin ϕ0 cos ϕ sin ϕ − sin ϕ0 = , sin ϕ tan ϕ
p=
F . cl
(a)
Die folgende Abbildung zeigt die Last-Verformungskurven f¨ ur verschiedene Werte des Parameters ϕ0 . Beim imperfekten System gibt es keinen Verzweigungspunkt, allerdings existiert in diesem Beispiel f¨ ur jeden Wert von ϕ0 eine kritische Last pkrit (vgl. dagegen Aufgabe 5.3). Die kritische Last ist jeweils durch den Punkt mit horizontaler Tangente gekennzeichnet. Um sie zu bestimmen, bilden wir die Ableitung p (ϕ) =
− sin3 ϕ + sin ϕ0 . sin2 ϕ
228
Stabilit¨at elastischer Strukturen
p
1,6
ϕ0 = 0 ϕ0 = 0.01
1,2
ϕ0 = 0.1 instabil
0,8
ϕ0 = 0.2
0,4 stabil pkrit
0 Ŧ2
Ŧ1,5
Ŧ1
Ŧ0,5
0
0,5 ϕkrit 1
1,5
ϕ
2
Aus p = 0 erhalten wir p sin ϕkrit = 3 sin ϕ0 . Einsetzen in (a) liefert die kritische Last pkrit = →
sin ϕkrit − sin3 ϕkrit = cos3 ϕkrit tan ϕkrit “ ”3/2 pkrit = 1 − (sin ϕ0 )2/3 .
angigkeit von der Imperfektion ϕ0 ist in Der Verlauf von pkrit in Abh¨ der folgenden Abbildung dargestellt. pkrit 1
0,9
0,8
0,7
0,6
Ŧ0,2 Ŧ0,15
Ŧ0,1 Ŧ0,05
0
0,05
0,1
0,15
0,2 ϕ0
Aufgaben und L¨ osungen
229
Aus der Ableitung q 1 dpkrit = − (1 − (sin ϕ0 )2/3 ) cos ϕ0 √ 3 dϕ0 sin ϕ0 erkennt man, dass die Steigung der Kurve f¨ ur ϕ0 → 0 gegen Unendlich geht. Dies bedeutet, dass das System extrem sensitiv gegen¨ uber Imperfektionen ist: eine kleine Imperfektion reduziert die kritische Last deutlich. Ein solches Verhalten stellt den Konstrukteur vor betr¨ achtliche Probleme, da die Imperfektionen im allgemeinen unbekannt sind, aber sehr große Auswirkungen auf das Verhalten des Systems haben. Um eine Aussage u at der Gleichgewichtslagen zu tref¨ ber die Stabilit¨ fen, setzen wir den Gleichgewichtspfad (a) in die zweite Ableitung des Potentials ein: Π = 2 c l2 (cos2 ϕ − sin2 ϕ + sin ϕ0 sin ϕ) − 2 c l2 = 2 c l2
sin ϕ cos ϕ − sin ϕ0 cos ϕ cos ϕ sin ϕ
− sin3 ϕ + sin ϕ0 . sin ϕ
Dies kann man mit (b) in der Form Π = 2 c l2 p (ϕ) sin ϕ schreiben. F¨ ur |ϕ| < |ϕkrit | ist Π > 0 . Daher geh¨ oren zu diesem Bereich stabile Gleichgewichtslagen. Entsprechend geh¨ oren zum Bereich |ϕ| > |ϕkrit | instabile Gleichgewichtslagen.
230
A5.5
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.5 Zwei gelenkig verbundene starre St¨ abe sind an den Lagern symmetrisch durch zwei horizontale Federn und zwei Drehfedern elastisch gest¨ utzt. Im unbelasteten Zustand sind die Federn entspannt, und jeder Stab bildet einen Winkel α mit der Horizontalen.
l
l cT
cT
α
α
c
c
Man bestimme den Zusammenhang zwischen der Last und der Verformung, wenn im Gelenk eine vertikale Kraft F angreift und skizziere altnisses die Verl¨ aufe f¨ ur α = 30◦ und verschiedene Werte des Verh¨ ur α = 30◦ und γ = 2 cT /(c l2 ). Wie groß ist die Durchschlaglast f¨ γ = 0, 1? Wie groß muss bei gegebener Steifigkeit der Schraubenfedern die Steifigkeit der Drehfedern mindestens sein, damit kein Durchschlagen auftreten kann?
L¨ osung Das System hat einen Freiheitsgrad. Wir z¨ ahlen die Koordinate ϕ von der unbelasteten Lage aus und w¨ ahlen diese Lage als Nullniveau f¨ ur die potentielle Energie. Dann erhalten wir
F ϕ α
ϕ α
Π = c l2 [cos(α − ϕ) − cos α]2 + cT ϕ2 − F l [sin α − sin(α − ϕ)] , Π = 2 c l2 [cos(α − ϕ) − cos α] sin(α − ϕ) + 2 cT ϕ − F l cos(α − ϕ). Der Zusammenhang zwischen der Last und der Verformung folgt mit den dimensionslosen Parametern λ=
F , cl
γ=
2 cT c l2
aus Π = 0 zu γϕ + 2 [cos(α − ϕ) − cos α] tan(α − ϕ). λ= cos(α − ϕ)
(a)
(b)
Die folgende Abbildung zeigt die Verl¨ aufe f¨ ur α = 30◦ und verschiedene Werte von γ. Die Durchschlaglast FD wird bei einer Steigerung der Kraft F dann erreicht, wenn die Last-Verformungskurve eine horizontale Tangente
Aufgaben und L¨ osungen
231
0,2 α = 30◦
λ
γ = 0.3
0,15 γ = 0.2
0,1 λD
γ = 0.1
0,05
0 γ=0
Ŧ0,05 0,8
1 2α ϕ 1,2
annimmt (Band 4, Abschnitt 5.2.3). Die Bedingung
dλ = 0 f¨ uhrt auf dϕ
0
0,2 ϕD
0,4
α 0,6
dλ γ = [cos(α − ϕ) − ϕ sin(α − ϕ)] dϕ cos2 (α − ϕ) + 2 sin(α − ϕ) tan(α − ϕ)
→
(c)
1 =0 − 2 [cos(α − ϕ) − cos α] cos2 (α − ϕ) ˜ ˆ 3 γ [cos(α − ϕ) − ϕ sin(α − ϕ)] = 2 cos (α − ϕ) − cos α .
Dies ist eine transzendente Gleichung f¨ ur ϕ. Sie kann bei gegebenen Parametern α und γ numerisch oder graphisch gel¨ ost werden. Bei einer graphischen L¨ osung k¨ onnen wir zum Beispiel den Schnittpunkt von f1 (ϕ) = γ [cos(α − ϕ) − ϕ sin(α − ϕ)] und f2 (ϕ) = 2 [cos3 (α − ϕ) − cos α] suchen. F¨ ur α = 30◦ und γ = 0, 1 erh¨ alt man ϕD = 0,276 = b 15, 8◦
232
Stabilit¨at elastischer Strukturen
(siehe folgende Abbildung). Einsetzen in (b) liefert mit (a) die Durchschlaglast: λD = 0, 079
0,12 f1 , f2 0,11
→
FD = 0, 079 c l.
α = 30◦ γ = 0, 1 f2
0,1 0,09
f1
0,08 0,07 0,06 0,26
0,27
ϕD
0,28
ϕ
0,29
Aus der Last-Verformungskurve erkennt man, dass mit wachsendem orige WinWert des Parameters γ die Durchschlaglast FD und der zugeh¨ oßer werden. Im Grenzfall fallen das Maximum, das Minimum kel ϕD gr¨ und der Wendepunkt der Kurve zusammen, wobei der Winkel den Wert ur welche Steifigkeit der DrehfeϕD = α annimmt. Um zu ermitteln, f¨ dern kein Durchschlagen auftreten kann, ist somit der Parameterwert ur den die Funktion λ(ϕ) bei ϕD eine horizontale γ zu bestimmen, f¨ Tangente besitzt: ˛ d λ ˛˛ = 0. d ϕ ˛ϕ=ϕ =α D
Damit folgt aus (c) und (a) γ − 2 (1 − cos α) = 0
→
cT = (1 − cos α) c l2 .
F¨ ur α = 30◦ ergibt sich cT = 0, 134 c l2 . Wenn die Steifigkeit der Drehfedern gr¨ oßer als cT ist, kann kein Durchschlagen auftreten. Der entsprechende Wert des Parameters γ nach (a) ist durch γ = 0,268 gegeben (vgl. die Last-Verformungskuve).
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 5.6 Ein symmetrischer Stabzweischlag ist in A und B gelenkig und unverschieblich gelagert und wird in C durch eine Feder gehalten. Im unbelasteten Zustand ist die Feder entspannt, und die St¨ abe (L¨ angen l0 ) bilden den Winkel α0 mit der Horizontalen. Die St¨ abe seien biegestarr (EI → ∞), der Zusammenhang zwischen der Stabkraft und der L¨ angen¨ anderung eines Stabes sei linear.
233
A5.6
c A
C
l0
l0
B
α0
α0
Man bestimme die Absenkung des Knotens C, wenn dort eine vertikale Kraft F angreift und skizziere die Last-Verformungskurve f¨ ur α0 = 7, 5◦ und verschiedene Werte des Verh¨ altnisses der Steifigkeiten von Feder und St¨ aben. Wie h¨ angt die Durchschlaglast vom Winkel α0 und vom Steifigkeitsverh¨ altnis ab?
L¨ osung Das System ist einfach statisch unbestimmt. Zur Ermittlung der Verschiebung des Knotens C verwenden wir die Gleichgewichtsbedingung am freigeschnittenen ausgelenkten Knoten C , die Feder- A gesetze f¨ ur die Schraubenfeder und die St¨ abe sowie die Kinematik der Verformung. Die Gleichgewichtsbedingung ↑:
Ff C
S α
S
F
Ff − F − 2 S sin α = 0
(a)
afte S (Symmetrie) mit der verkn¨ upft die Federkraft Ff und die Stabkr¨ Belastung F . Dabei ist α der Winkel, den die St¨ abe im ausgelenkten Zustand mit der Horizontalen bilden. Da sich die St¨ abe bei der L¨ angen¨ anderung wie lineare Federn verhalten sollen, gilt (vgl. Band 3, Abschnitt 5.2.2) S = c l = c (l − l0 ),
c=
EA , l0
(b)
und die Federkraft ist durch (c)
Ff = c f gegeben. Hier sind l die Stabl¨ angen in der ausgelenkten Lage und f die Verschiebung des Punktes C sowie EA die Dehnsteifigkeit der St¨ abe. Einsetzen von (b), (c) und der geometrischen Beziehung achst l sin α = h0 − f in (a) liefert zun¨
l0 l a
α0 α
C C
f h0
h0 −f
234
Stabilit¨at elastischer Strukturen
l0 − l (d) . l Um die L¨ ange l durch die gegebenen Gr¨ oßen l0 und α0 sowie durch die Absenkung f auszudr¨ ucken, verwenden wir den Satz von Pythagoras: ff l2 = a2 + (h0 − f )2 → l2 = l02 − 2 h0 f + f 2 . l02 = a2 + h20 F = c f + 2 c (h0 − f )
Mit der Ausgangsh¨ ohe h0 = l0 sin α0 folgt dann aus (d) F = c f + 2 c (l0 sin α0 − f )
! l0 p −1 . l02 − 2 l0 sin α0 f + f 2
(e)
Wir f¨ uhren nun die dimensionslosen Parameter F c l0 , γ= EA EA ein. Damit erhalten wir aus (e)
(f)
η=
f h0 8 „ «< f 1 q + 2 sin α0 1 − h0 : 1 − sin2 α [2 0
η = γ sin α0
f h0
9 = (g) −1 . ; − ( hf0 )2 ]
Durch (g) wird der Zusammenhang zwischen der Belastung und der Absenkung des Knotens C beschrieben. Nach Festlegung der Parameter α0 und γ kann f¨ ur eine gew¨ ahlte Absenkung f /h0 die zugeh¨ orige Kraft η bestimmt werden. Die folgende Abbildung zeigt die entsprechenden ur α0 = 7, 5◦ und verschiedene Last-Verformungskurven η = η(f /h0 ) f¨ Werte des Steifigkeitsparameters γ. Eine einfachere Darstellung erhalten wir, wenn wir als kinematische Gr¨ oße nicht die Absenkung f sondern den Winkel α w¨ ahlen. Mit Hilfe der geometrischen Beziehungen h0 − f = a tan α ,
a = l cos α ,
a = l0 cos α0
eliminieren wir dann die Gr¨ oßen f , h0 und l aus (d). Mit c nach (b) folgt zun¨ achst « „ 2 EA a tan α . F = c h0 + 2 EA sin α − c a + l0 Einf¨ uhren der dimensionslosen Parameter nach (f) liefert schließlich den Zusammenhang
Aufgaben und L¨ osungen
η = γ sin α0 + 2 sin α − (γ + 2) cos α0 tan α
235
(h)
zwischen der Kraft η und dem Winkel α.
× 10Ŧ3 3
α0 = 7, 5◦
η
2,5 γ = 1, 2 ∗ 10−2
2 1,5 ηD
γ = 8 ∗ 10−3
1
γ = 4 ∗ 10−3
0,5 0
γ=0
Ŧ0,5 Ŧ1
0
0,5
1
1,5
2
f /h0
2,5
Zur Ermittlung der Durchschlaglast verwenden wir zweckm¨ aßigerweise die Darstellung (h). Die Bedingung dη =0 dα f¨ uhrt auf cos α0 γ = 0 → cos3 αD = ( +1) cos α0 . cos2 α 2 Einsetzen in (h) liefert die dimensionslose Durchschlaglast 2 cos α − (γ+2)
(i)
ηD = γ sin α0 + 2 sin αD − 2 cos3 αD tan αD → ηD = γ sin α0 + 2 sin3 αD mit αD nach (i). F¨ ur die Parameter α0 = 7, 5◦ und γ = 8 · 10−3 erh¨ alt man aus der oben gezeigten Abbildung den Wert ηD = 1, 38 · 10−3
→
FD = 1, 38 · 10−3 EA .
236
A5.7
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.7 Zwei starre St¨abe (Gewicht jeweils G, L¨ ange l) sind gelenkig verbunden und werden durch zwei Federn in der vertikalen Lage gehalten. Die Federn werden so gef¨ uhrt, dass sie in jeder Lage des Systems horizontal sind. Wie groß muss die Federsteifigkeit c mindestens sein, damit dies eine stabile Gleichgewichtslage ist?
c
l, G c
L¨ osung Das System hat zwei Freiheitsgrade. Eine beliebige ausgelenkte Lage wird durch die beiden Winkel ϕ1 und ϕ2 beschrieben. Die in den Federn gespeicherte potentielle Energie und das Potential der Gewichtskraft lauten (Nullniveau in der gestreckten Lage) Πi =
1 1 c (l sin ϕ1 )2 + c (l sin ϕ1 + l sin ϕ2 )2 2 2
l, G
ϕ2 G ϕ1 G
und Πa = −
Gl Gl (1 − cos ϕ1 ) − Gl (1 − cos ϕ1 ) − (1 − cos ϕ2 ) . 2 2
Da wir nur die Stabilit¨ at der Lage ϕ1 = ϕ2 = 0 untersuchen wollen, k¨ onnen wir uns auf kleine Winkel beschr¨ anken. Mit sin ϕj ≈ ϕj und cos ϕj ≈ 1 −
ϕ2j , 2
j = 1, 2
ist dann die potentielle Energie durch Π=
3 1 1 2 2 1 2 c l ϕ1 + c l (ϕ1 + ϕ2 )2 − G l ( ϕ21 + ϕ22 ) 2 2 4 4
gegeben (die quadratischen Glieder bei der Reihenentwicklung des Cosinus m¨ ussen mitgenommen werden). Die Gleichgewichtslagen sind durch δΠ = 0
→
Π,ϕ1 = 0, Π,ϕ2 = 0
Aufgaben und L¨ osungen
237
charakterisiert (Band 4, Abschnitt 5.3). Dabei kennzeichnet das Komma jeweils die partielle Ableitung. Aus Π,ϕ1 = c l2 (2 ϕ1 + ϕ2 ) − Π,ϕ2 = c l2 (ϕ1 + ϕ2 ) −
3 G l ϕ1 = 0 , 2
1 G l ϕ2 2
=0
erkennt man, dass ϕ1 = ϕ2 = 0 die Bedingung δΠ = 0 f¨ ur eine Gleichgewichtslage erf¨ ullt. Damit diese Gleichgewichtslage stabil ist, m¨ ussen folgende Determinanten positiv sein (Band 4, Abschnitt 5.3): D1 = Π,ϕ1 ϕ1 > 0 , 2
3
6 Π,ϕ1 ϕ1 Π,ϕ1 ϕ2 7 D2 = det 4 5 Π,ϕ2 ϕ1 Π,ϕ2 ϕ2 = Π,ϕ1 ϕ1 Π,ϕ2 ϕ2 − Π,ϕ2 ϕ1 Π,ϕ1 ϕ2 > 0 . Mit den zweiten Ableitungen Π,ϕ1 ϕ1 = 2 c l2 −
3 Gl, 2
Π,ϕ1 ϕ2 = Π,ϕ2 ϕ1 = c l2 , Π,ϕ2 ϕ2 = c l2 −
1 Gl 2
erh¨ alt man D1 > 0
→
D2 > 0
→
3 > 0, 2 5 3 γ 2 − γ + > 0. 2 4 2γ−
Dabei wurde die dimensionslose Gr¨ oße γ = c l/G eingef¨ uhrt. Aus den daraus folgenden Bedingungen √ √ 3 5 − 13 5 + 13 γ > , γ < oder γ > 4 4 4 ergibt sich die Mindeststeifigkeit der Federn zu √ √ 5 + 13 5 + 13 G γ= . → c= 4 4 l
238
A5.8
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.8 Das in einer horizontalen Ebene bewegliche Doppelpendel besteht aus zwei gelenkig verbundenen, starren St¨ aben (Massen vernachl¨ assigbar), zwei Massenpunkten und zwei Drehfedern. Die Massenpunkte sind am freien Ende bzw. am Gelenk in der Mitte des Pendels angebracht. Es wird durch eine richtungstreue Kraft F belastet. Die Drehfedern sind in der gestreckten Lage entspannt. Man bestimme die Knicklast Fkrit mit Hilfe der kinetischen Methode.
F m2 = m l m1 = 2m
cT l
cT
L¨ osung Das System ist konservativ, und es hat zwei Freiheitsgrade. Wir wollen das Verhalten von Schwingungen um die gestreckte Gleichgewichtslage untersuchen. Als Koordinaten verwenden wir die Winkel ϕ1 und ϕ2 und beschr¨ anken uns dabei auf kleine Winkel (|ϕj | 1). Da das Pendel in einer horizontalen Ebene schwingt, gehen die Gewichtskr¨ afte der Massenpunkte nicht in die Bewegungsgleichungen ein. Diese Gleichungen stellen wir mit Hilfe der Lagrangeschen Gleichungen 2. Art auf (Band 3, Abschnitt 4.3): „ « ∂L d ∂L − = 0, j = 1, 2 . dt ∂ ϕ˙ j ∂ϕj
F
ϕ2
ϕ1
(a)
Mit der kinetischen Energie Ek =
1 1 1 m1 v12 + m2 v22 = m l2 (3 ϕ˙ 21 + 2 ϕ˙ 1 ϕ˙ 2 + ϕ˙ 22 ) , 2 2 2
der potentiellen Energie Ep =
1 cT (2 ϕ21 − 2 ϕ1 ϕ2 + ϕ22 ) 2 „ « ϕ21 ϕ22 +F l 1− +1− 2 2
und der Lagrangeschen Funktion L = Ek − Ep erhalten wir aus (a) 3 m l2 ϕ ¨1 + m l2 ϕ ¨2 + (2 cT − F l) ϕ1 − cT ϕ2 = 0 , m l2 ϕ ¨1 + m l2 ϕ ¨2 − cT ϕ1 + (cT − F l) ϕ2
(b)
= 0.
Zur L¨ osung dieses Systems von zwei gekoppelten homogenen Differentialgleichungen 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten machen wir
Aufgaben und L¨ osungen
239
den Ansatz ϕj = Aj e i ω t ,
i=
√
−1 ,
j = 1, 2 .
(c)
Einsetzen in (b) liefert das homogene algebraische Gleichungssystem (− 3 m l2 ω 2 + 2 cT − F l) A1 − (m l2 ω 2 + cT ) A2 = 0, − (m l2 ω 2 + cT ) A1 + (− m l2 ω 2 + cT − F l) A2 = 0 f¨ ur die Konstanten A1 und A2 . Nichttriviale L¨ osungen existieren, wenn die Koeffizientendeterminante Null wird: " # − 3 m l2 ω 2 + 2 cT − F l − m l2 ω 2 − cT det = 0. − m l2 ω 2 − cT − m l2 ω 2 + cT − F l Aufl¨ osen liefert die charakteristische Gleichung a0 ω 4 − a2 ω 2 + a4 = 0
(d)
mit a0 = 2 m2 l 4 , a2 = m l2 (7 cT − 4 F l), a4 =
c2T
(e)
− 3 cT F l + F l . 2 2
Die charakteristische Gleichung stellt einen Zusammenhang zwischen den Eigenfrequenzen“ ω des belasteten Systems und der Last F dar. ” In der folgenden Abbildung ist dieser Zusammenhang f¨ ur die dimensionslosen Parameter m l2 2 F l (f) und Ω2 = ω cT cT dargestellt. F¨ ur hinreichend kleine Werte von η sind die zugeh¨ origen Werte von Ω2 positiv, d.h. die Eigenfrequenzen ω1 und ω2 sind reell. ¨ Dann f¨ uhrt das System harmonische Schwingungen aus. Bei Uberschreiten des Wertes ηkrit wird Ω21 < 0, und somit wird die erste Eigenfrear: ω1 = ± i α, α reell. Wegen quenz ω1 rein imagin¨ η=
ei ω t = ei (± i α) t = e± α t f¨ uhrt dies nach dem Ansatz (c) zu einer mit der Zeit exponentiell anwachsenden Auslenkung. Die kritische Last ist daher durch die Existenz einer nichttrivialen Gleichgewichtslage (ω = 0) bestimmt. Damit folgt
240
Stabilit¨at elastischer Strukturen
3 η 2,5
2 Ω22
1,5
1
0,5 ηkrit
Ω21
0 Ŧ1
0
1
2
3
Ω2 4
nach (d) bis (f) →
a4 = 0
η2 − 3 η + 1 = 0
→
η1,2 =
√ 3± 5 . 2
Die kleinere L¨ osung liefert die Knicklast: ηkrit =
√ 1 (3 − 5) 2
→
Fkrit =
√ cT 1 (3 − 5) . 2 l
Dieses Ergebnis kann man nat¨ urlich viel einfacher mit Hilfe einer statischen Methode erhalten. Es sei angemerkt, dass die Knickformen mit ϕ ¨j = 0 aus (b) zu η = η1 :
ϕ1 ϕ2
= 1, 62 ,
η = η2 :
ϕ1 ϕ2
= − 0, 62
folgen.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 5.9 Das in einer horizontalen Ebene bewegliche Doppelpendel nach Aufgabe 5.8 wird durch eine Kraft F belastet, die bei einer Auslenkung immer in Richtung des oberen Stabes zeigen soll. Die Drehfedern sind in der gestreckten Lage entspannt.
241
A5.9
F m2 = m l cT
m1 = 2m
l
Man bestimme die kritische Last Fkrit mit Hilfe der kinetischen Methode.
cT
L¨ osung Das Problem ist im Gegensatz zum Problem in Aufgabe 5.8 nichtkonservativ: f¨ ur die Kraft F existiert hier kein Potential. Daher muss man die Lagrangeschen Gleichungen in der Form „ « ∂L ∂L d − = Qj , j = 1, 2 dt ∂ ϕ˙ j ∂ϕj
F
ϕ2
ϕ1
anwenden, wobei Qj die der Belastung zugeordneten verallgemeinerten Kr¨ afte sind. Mit Q1 = F l ϕ1 ,
Q2 = 0
lauten die Bewegungsgleichungen nun 3 m l2 ϕ¨1 + m l2 ϕ¨2 + (2 cT − F l) ϕ1 + (F l − cT ) ϕ2 = 0 , m l2 ϕ¨1 + m l2 ϕ¨2 − cT ϕ1 + cT ϕ2 = 0 . Der Ansatz ϕj = Aj ei ω t ,
i=
√
−1 ,
(a)
j = 1, 2
f¨ uhrt wieder auf die charakteristische Gleichung a 0 ω 4 − a2 ω 2 + a4 = 0 ,
(b)
die jetzt die Koeffizienten a0 = 2 m2 l 4 ,
a2 = m l2 (7 cT − 2 F l) ,
a4 = c2T
besitzt. Den Zusammenhang zwischen der Last η = F l/cT und dem Quadrat der Frequenzen Ω2 = m l2 ω 2 /cT zeigt die folgende Abbildung. Man erkennt, dass die Kurve keinen Schnittpunkt mit der Lastachse besitzt: es existiert keine nichttriviale Gleichgewichtslage. Die kritische Last ist in diesem Fall durch den Punkt mit horizontaler Tangente
242
Stabilit¨at elastischer Strukturen
2,5 η ηkrit 2 1,5 1
Ω22 Ω21
0,5 0 0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5 Ω2 4
¨ gegeben. Uberschreitet der Lastparameter n¨ amlich den Wert ηkrit , dann werden die Werte von Ω2 und damit auch von ω komplex: ω = α ± i β, α, β: reell. Wegen ei ω t = ei (α ± i β) t = ei α t e± β t = (cos α t + i sin α t) e± β t f¨ uhrt das System nach (a) Schwingungen mit exponentiell anwachsenden Amplituden aus. osungen Ω21 und Ω22 der charakterisF¨ ur η = ηkrit fallen die beiden L¨ tischen Gleichung (b) zusammen. Daher muss dort die Diskriminante der quadratischen Gleichung in Ω2 verschwinden: (7 − 2 η)2 − 8 = 0
→
η=
Dies liefert die kritische Last zu ηkrit =
7 √ − 2 2
→
Fkrit =
7 √ ± 2. 2 „
« 7 √ cT − 2 . 2 l
Sie kann nicht mit einer statischen Methode gefunden werden. Wenn die Belastung den kritischen Wert u uhrt ¨ berschreitet, dann f¨ das System Schwingungen mit exponentiell anwachsenden Amplituden um die Gleichgewichtslage aus. Ein solches Verhalten nennt man Flattern“. Es tritt nur bei nichtkonservativen Systemen auf. Ein In” stabilit¨ atsverhalten mit exponentiell anwachsender Auslenkung wie bei Aufgabe 5.8 heißt Divergenz“. Es sei darauf hingewiesen, dass auch ” bei nichtkonservativen Systemen die Stabilit¨ at der Gleichgewichtslage durch Divergenz verloren gehen kann. Da man aber in der Regel nicht von vornherein weiß, ob Divergenz oder Flattern auftritt, ist bei solchen Systemen i.a. die Anwendung der kinetischen Methode erforderlich.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 5.10 Man bestimme f¨ ur den einseitig eingespannten Stab (Biegesteifigkeit EI) mit exzentrischer Belastung den Zusammenhang zwischen der Last und der Durchbiegung.
A5.10
e F
EI
l
L¨ osung Da das Problem statisch bestimmt ist, k¨ onnen wir zur Ermittlung der Durchbiegung w(x) die Differentialgleichung der Biegelinie in der Form
w (l) w(l)
EI w (x) = − M (x)
S:
F
w (l)
verwenden. Das Biegemoment m¨ ussen wir dabei aus dem Gleichgewicht am verformten Stab bestimmen:
243
w(x) M N x
e
S Q h
M + F h = 0.
Mit h = w(l) + e cos w (l) − w(x) und unter der Voraussetzung kleiner Neigungswinkel (w (l) 1) folgt daraus M (x) = − F [w(l) + e − w(x)] . Einsetzen in die Differentialgleichung der Biegelinie liefert dann w + λ2 w = λ2 [w(l) + e] ,
λ2 =
F . EI
(a)
Die allgemeine L¨ osung dieser Differentialgleichung setzt sich aus der allgemeinen L¨ osung der homogenen Differentialgleichung und einer Partikularl¨ osung der inhomogenen Gleichung zusammen. Sie lautet w(x) = A cos λ x + B sin λ x + w(l) + e . Zur Ermittlung der Integrationskonstanten A und B sowie der noch unbekannten Auslenkung w(l) stehen die drei Randbedingungen
244
Stabilit¨at elastischer Strukturen
w(0) = 0 ,
w (0) = 0 ,
EI w (l) = − M (l)
(b)
zur Verf¨ ugung. Mit den Ableitungen w = − Aλ sin λx + Bλ cos λx , w = − Aλ2 cos λx − Bλ2 sin λx erhalten wir w (0) = 0 EI w (l) = F e w(0) = 0
→
B = 0,
→
A=−
→
A + w(l) + e = 0
→
w(l) + e =
e , cos λ l
e . cos λ l
Damit folgt der Zusammenhang w(x) ¯ =
1 − cos λ x e cos λ l
(c)
zwischen der Belastung und der Auslenkung. Dabei wurden die dimensionslosen Gr¨ oßen e w e= w ¯= , l l eingef¨ uhrt. Man beachte, dass der Zusammenhang in (c) nichtlinear ist, obgleich sowohl die Differentialgleichung (a) als auch die Randbedingungen (b) linear sind. Der Grund daf¨ ur ist, dass wir das Gleichgewicht am verformten System aufgestellt haben. Die folgende Abbildung zeigt den Zusammenhang 1 − cos λ l e¯ (d) cos λ l zwischen der dimensionslosen Auslenkung w(l) ¯ am freien Ende und dem dimensionslosen Lastparameter λ l f¨ ur verschiedene Werte des Parameters e¯. Man erkennt, dass alle Kurven die Asymptote λ l = π/2 besitzen. Wenn sich der Lastparameter dem Wert λ l = π/2 n¨ ahert, wird die Auslenkung auch bei sehr kleiner Exzentrizit¨ at (imperfektes System) sehr groß. Durch diese Tatsache wird die Knicklast des perfekten Systems (e = 0 : zentrische Belastung) gekennzeichnet. Die Methode der w(l) ¯ =
Aufgaben und L¨ osungen
245
e = 0.001
λl
e = 0.002
π/2 1,5 e = 0.01 e = 0.005
1
e = 0.05
0,5
0 0
0,02
0,04
0,06
0,08
w(l) ¯ 0,1
Imperfektionen liefert somit die kritische Last λ2 l 2 =
π2 4
→
F = Fkrit =
π 2 EI , 4 l2
vgl. Aufgabe 5.11 und Band 2, Abschnitt 7.2, erster Euler-Fall. Es sei angemerkt, dass die verwendete Differentialgleichung der Biegelinie nur f¨ ur kleine Durchbiegungen gilt. Daher sind (c) und (d) auch nur f¨ ur hinreichend kleine Werte der Auslenkung g¨ ultig.
246
A5.11
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.11 Man bestimme die charakteristische Gleichung, die kritische Last sowie die Knickform f¨ ur den Euler-Fall I.
F
l, EI x
L¨ osung Die Knickgleichung wIV + λ2 w = 0 ,
λ2 =
F , EI
und ihre allgemeine L¨ osung (a)
w(x) = A cos λ x + B sin λ x + C λ x + D
entnehmen wir Band 2, Gln.(7.13) und (7.14). Die Ableitungen von (a) lauten w = − A λ sin λ x
+ B λ cos λ x + C λ ,
w = − A λ2 cos λ x − B λ2 sin λ x , w =
A λ3 sin λ x − B λ3 cos λ x .
Zur Ermittlung der Integrationskonstanten stehen vier Randbedingungen zur Verf¨ ugung: w(0) = 0
→
A + D = 0,
w (0) = 0
→
B + C = 0,
w (l) = 0
→
A cos λ l + B sin λ l = 0 ,
EI w (l) + F w (l) = 0
→
C λ = 0.
Dabei folgt die vierte Randbedingung aus EI w (l) = − Q(l)
mit
Aus der letzten Randbedingung folgt C = 0. Damit liefert die zweite Gleichung in (b) auch B = 0 und aus der dritten erhalten wir die charakteristische Gleichung cosλ l = 0 .
M
Q(l) = F w (l) . N
(b)
Q F w (l)
(c)
Aufgaben und L¨ osungen
247
Die kleinste L¨ osung von (c) liefert die Knicklast λkrit l =
π 2
→
Fkrit =
π 2 EI , 4 l2
und die Knickform erh¨ alt man mit A = − D und λ = λkrit zu “ π x” . w(x) = D 1 − cos 2l
(d)
F¨ ur F = Fkrit existiert neben der trivialen Gleichgewichtslage (w ≡ 0) die Gleichgewichtslage w(x) nach (d). Die Konstante D bleibt unbestimmt. Da der Stab bei diesem Euler-Fall statisch bestimmt gelagert ist, kann man das Problem auch mit Hilfe der Differentialgleichung EI w (x) = − M (x)
mit
M (x) = − F [w(l) − w(x)]
l¨ osen (siehe Aufgabe 5.10). Diese Differentialgleichung kann in der Form w + λ2 w = λ2 w(l) geschrieben werden. Ihre allgemeine L¨ osung lautet w = A cos λx + B sin λx + w(l) . Aus den Randbedingungen →
A + w(l) = 0 ,
w (0) = 0
→
B = 0,
w (l) = 0
→
A cos λl = 0
w(0) = 0
erhalten wir wieder die charakteristische Gleichung (c). Die vierte Randbedingung ist automatisch erf¨ ullt. Die Knickform folgt mit der ersten Randbedingung zu “ π x” , w(x) = w(l) 1 − cos 2l wobei w(l) unbestimmt bleibt.
248
A5.12
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.12 Man bestimme die kritische Last f¨ ur den Euler-Fall II mit Hilfe der kinetischen Methode.
l, EI
F
x
L¨ osung Wenn wir die kinetische Methode anwenden wollen, m¨ ussen wir statt der statischen Knickgleichung EIwIV + F w = 0 (Band 2, Gl. (7.13)) die Bewegungsgleichung f¨ ur einen Balken unter einer L¨ angskraft benutzen. Wir erhalten sie, indem wir den Beschleunigungsterm ρAw ¨ ber¨ ucksichtigen (vgl. auch Band 4, Gl. (4.56)): ¨ = 0. EIwIV + F w + ρ A w
(a)
Hierbei sind die Dichte des Stabmaterials und A die Querschnittsfl¨ ache des Stabes. Wir suchen nun wie bei den freien Schwingungen eines Balkens ohne Normalkraft (vgl. Kapitel 4 und Band 4, Abschnitt 4.3.2.1) nach L¨ osungen der Form w(x, t) = W (x) cos(ω t − α) .
(b)
Mit diesem Ansatz folgt aus der partiellen Differentialgleichung (a) die gew¨ ohnliche Differentialgleichung EI W IV + F W − A ω 2 W = 0 .
(c)
ussen diese Differentialgleichung und die RandDie Eigenformen Wk (x) m¨ bedingungen Wk (0) = Wk (l) = 0 ,
Wk (0) = Wk (l) = 0 ,
k = 1, 2, ...
¨ erf¨ ullen. Durch Uberlagerung aller Eigenschwingungen erhalten wir die L¨ osung ∞ X Wk (x) cos(ωk t − αk ) w(x, t) = k=1
f¨ ur ein beliebiges Anfangswertproblem. Wir nehmen an, dass die Eigenfunktionen wie beim Balken ohne Normalkraft durch kπx , k = 1, 2, ... (d) l gegeben sind (Band 4, Gl. (4.64c)). Damit sind die Randbedingungen erf¨ ullt. Um auch die Differentialgleichung zu erf¨ ullen, setzen wir (d) in (c) ein. Dies liefert „ «2 „ «4 kπ kπ EI − F − A ωk2 = 0, k = 1, 2, ... . (e) l l Wk (x) = Bk sin
Aufgaben und L¨ osungen
249
Die Gleichung (e) stellt einen Zusammenhang zwischen den Eigenfrequenzen ωk des Balkens und der Kraft F dar. Mit Ω2k =
Al4 2 ωk EI
und
η=
F l2 EI
lautet (e) in dimensionsloser Form Ω2k = (kπ)2 [(kπ)2 − η] . Die folgende Abbildung zeigt die Abh¨ angigkeit der Quadrate der Eigenfrequenzen von der Belastung f¨ ur k = 1 und k = 2. Man erkennt, dass f¨ ur η < π 2 alle Werte von Ω2k > 0 sind. Dann sind die Eigenfrequenzen uhrt nach (b) harmonische Schwingungen aus. ωk reell, und der Balken f¨ ¨ Beim Uberschreiten des Wertes η = π 2 wird Ω21 < 0, und somit wird ar. Dies f¨ uhrt nach (b) zu einer die erste Eigenfrequenz ω1 rein imagin¨ mit der Zeit exponentiell anwachsenden Auslenkung. Die kritische Last ist daher durch Ω1 = 0 (Gleichgewicht, vgl. Aufgabe 5.8) bestimmt: η1 = π 2
→
Fkrit = π 2
EI . l2
50 η (2π)2
30
20 k=2 π2 k=1
0 Ŧ10 Ŧ400
0 π4
400
800
1200
(2π)4
Ω2k 2000
Es sei angemerkt, dass die Schnittpunkte der Kurven in der obigen Abbildung mit der Ordinate die Eigenwerte des Knickproblems und die Schnittpunkte mit der Abszisse die Quadrate der Eigenfrequenzen des Balkens ohne Normalkraft darstellen.
250
A5.13
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.13 Man bestimme die Knicklast f¨ ur den Euler-Fall I (siehe Aufgabe 5.11) n¨ aherungsweise mit Hilfe des Rayleigh-Quotienten und verwende dabei als Ansatzfunktion ein Polynom. L¨ osung Der Rayleigh-Quotient f¨ ur den Knickstab lautet Rl EI φ 2 (x) dx 0 Fekrit = Rl φ 2 (x) dx
(a)
0
(Band 4, Gl. (7.61)). Dabei muss die Ansatzfunktion φ(x) die geometrischen Randbedingungen erf¨ ullen: φ(0) = 0 ,
φ (0) = 0 .
(b)
Wir machen zun¨ achst einen quadratischen N¨ aherungsansatz f¨ ur die Knickform (Eigenform): w(x) e = a x2 = a φ(x)
→
φ(x) = x2 ,
φ = 2x ,
φ = 2 .
Er erf¨ ullt die Randbedingungen (b). Der dimensionsbehaftete Faktor a ([a] = 1/l) wurde eingef¨ uhrt, damit die Durchbiegung w e die Dimension L¨ ange“ hat. Berechnen der Integrale und Einsetzen in (a) liefert ” EI Fekrit = 3 2 . l Der Fehler im Vergleich zur exakten Knicklast Fkrit =
π 2 EI EI = 2, 467 2 4 l2 l
ist sehr groß. Er betr¨ agt ungef¨ ahr 22%. Ein wesentlich besseres Ergebnis erhalten wir, wenn wir einen kubischen Ansatz machen: w(x) e = a (b x2 + x3 ) = a φ(x)
→
2
φ(x) = b x2 + x3
(c)
ahlen wir den noch offenen Wert von b so, (hier gilt: [a] = 1/l ). Dabei w¨ dass ausser den geometrischen Randbedingungen auch die mechanische ullt wird. Mit Randbedingung φ (l) = 0 (d.h. M (l) = 0) erf¨ φ = 2 b x + 3 x 2 ,
φ = 2 b + 6 x
und der Bedingung φ (l) = 0 folgt b = − 3 l.
Aufgaben und L¨ osungen
251
Nun erhalten wir den Rayleigh-Quotient 5 EI Fekrit = 2 l2
(d)
mit einem Fehler von etwa 1,3%. Mit dem Ansatz (c) kann man ein noch besseres Ergebnis als (d) erzielen, wenn man den Parameter b zun¨ achst offen l¨ aßt. Einsetzen von (c) in (a) und Berechnen der Integrale liefert dann Fekrit = 60
ξ 2 + 3 ξ + 3 EI 20 ξ 2 + 4 ξ + 27 l2
,
ξ=
b . l
(e)
Nun w¨ ahlen wir den Wert von ξ so, daß der Bruch in (e) ein Minimum annimmt (vgl. Abb. unten): ξ=
b = − 3, 31 l
→
EI Fekrit = 2, 486 2 . l
l2 Fekrit EI 2,68
2,64 2,6 2,56 2,52 2,48 2,44 Ŧ4
Ŧ3,75
Ŧ3,5
Ŧ3,25
Ŧ3
Ŧ2,75
ξ
Ŧ2,5
Es sei angemerkt, dass ein kubischer Ansatz mit nur einem Term (d.h. b = 0) ein noch schlechteres Ergebnis als der quadratische Ansatz liefert. Dies liegt daran, dass die Funktion φ(x) = x3 eine schlechte N¨ aherung f¨ ur die Knickform ist (zum Beispiel ist hierf¨ ur die Kr¨ ummung (und damit auch das Biegemoment) wegen φ (0) = 0 an der Einspannstelle gleich Null). Die Genauigkeit der N¨ aherung h¨ angt also sehr stark von der Wahl der Ansatzfunktion ab.
252
A5.14
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.14 Der dargestellte Stab tr¨ agt in der H¨ ohe l/3 eine Kugel (Gewicht G, Radius vernachl¨ assigbar). Man bestimme das Gewicht Gkrit , bei dem der Stab knickt
EI l G
a) exakt,
l/3 x
b) n¨ aherungsweise mit Hilfe des Rayleigh-Quotienten.
H2
L¨ osung a) Wir f¨ uhren die Koordinaten ur die beiden Bereiche 1 und x1 und x2 f¨ 2 ein. Aus den Gleichgewichtsbedingungen folgt zun¨ achst
x2 2
H1 = H2 = H , V = G , H = GwG / l .
wG x1
Dabei ist die Durchbiegung wG unbekannt. Die Biegemomente in den beiden Bereichen lauten M1 (x1 ) = G w1 (x1 ) − Hx1 ,
H1
1 G V
(a)
M2 (x2 ) = Hx2 .
Wir integrieren die Differentialgleichung der Biegelinie bereichsweise und erhalten im Bereich 1 EIw1 = − Gw1 + Hx1 → w1 + λ2 w1 =
H x1 , EI
λ2 =
G EI
mit der allgemeinen L¨ osung w1 = A sin λx1 + B cos λx1 + wG
x1 . l
Im Bereich 2 folgt aus EIw2 = − Hx2 durch Integration EIw2 = − H
x22 + C1 , 2
EIw2 = − H
x32 + C1 x 2 + C2 . 6
Zur Ermittlung der Integrationskonstanten und der Durchbiegung wG ¨ verwenden wir Rand- und Ubergangsbedingungen: w1 (0) = 0
→
B = 0,
w2 (0) = 0
→
C2 = 0 ,
Aufgaben und L¨ osungen
w1
253
„ « „ « l 2l = w2 3 3
wG 4 l2 G wG 2l λl + = − + C1 , (b) 3 „ 3« 81„EI « 3EI l 2l w1 = − w2 3 3 wG 2 l G wG 1 λl + = − C1 , → A λ cos (c) 3 „ l« 9 EI EI „ « l 2l = M2 M1 3 3 λl 3 wG wG 2 wG λl → A sin + − = → wG = A sin . 3 3 3 3 2 3 Einsetzen von λ2 = G/EI und Elimination von wG aus (b) und (c) liefert das homogene Gleichungssystem » „ «– 3 1 2l λl 4 22 1+ − A sin + λ l C1 = 0 , 3 2 3 81 3EI » „ «– λl 2 3 λl l A λ l cos + sin 1 − λ2 l 2 C1 = 0 + 3 2 3 9 EI → A sin
osung existiert, muss die Kof¨ ur A und C1 . Damit eine nichttriviale L¨ effizientendeterminante verschwinden: » „ «– 3 1 4 22 λl l 1+ + λ l sin 3 2 3 81 EI » „ – « λl 3 2 λl 2l + λ l cos + 1 − λ2 l2 sin = 0. 3 2 9 3 3EI Aufl¨ osen liefert „ «2 „ « 5 λl 4 λl λl + = 0. cot − 2 3 3 3 3 2 Den kleinsten Eigenwert findet man mit ξ = λ l/3 numerisch oder grafisch (siehe folgende Abbildung) zu (λl)krit = 4, 375
→
Gkrit = 19, 14
EI . l2
(d)
254
Stabilit¨at elastischer Strukturen
3 f1 ,f2
f1 = 2ξ cot ξ 4 5 f2 = ξ 2 − 3 2
2 f1
1 0 Ŧ1
f2
Ŧ2 Ŧ3
0
0,4
0,8
1,2
ξkrit 1,6
ξ=
λl 3
2
b) Der Rayleigh-Quotient f¨ ur das gegebene System lautet e krit = G
Zl EI φ 0
2
ffi Zl/3 (x) dx φ 2 (x) dx .
(e)
0
Dabei haben wir statt der beiden Koordinaten x1 und x2 die Koordinaahlt. Man beachte, dass die obere Grenze des Integrals im te x1 = x gew¨ Nenner durch x = l/3 gegeben ist, da die Normalkraft f¨ ur x > l/3 verschwindet. Als Ansatzfunktion w¨ ahlen wir zuerst φ(x) = sin(πx/l) und machen den N¨ aherungsansatz w e = a φ(x) f¨ ur die Auslenkung (es gilt [a] = l). Damit sind die geometrischen Randbedingungen φ(0) = φ(l) = 0 erf¨ ullt. Mit φ (x) = (π/l) cos(πx/l) und φ (x) = −(π/l)2 sin(πx/l) erh¨ alt man aus (e) “ π ”3 π EI ekrit = 20, 9 EI . e krit = G „ l √2 « → G l2 π 2π 3 + 4l 3 2 Der Fehler im Vergleich zur exakten L¨ osung (d) betr¨ agt etwa 9%. Wir w¨ ahlen nun den Ansatz w e = a φ(x) mit der Ansatzfunktion „ « 8 5 2 l > > x l − x2 , x≤ , < 9 3 „ «3 « „ φ(x) = (f) l 3 l 5 2 > > :x x− , x≥ . l − x2 + 9 2 3 3
Aufgaben und L¨ osungen
Hier gilt [a] = 1/l2 . Die Ansatzfunktion (f) gibt die Form der Biegelinie an, wenn der Balken an der Stelle x = l/3 durch eine Kraft quer zu seiner Achse belastet wird (siehe nebenstehende Abb. und Band 2, Tabelle 4.3). Damit erhalten wir (man beachte, dass das Integral im Z¨ ahler in zwei Integrale aufgespalten werden muss)
1
F
x
255
2
EI l 3
2l 3
ekrit = 19, 28 EI . G l2 Der Fehler betr¨ agt hier weniger als 1 %. Man erh¨ alt die Funktion (f), indem man das durch die senkrecht zur Balkenachse wirkenden Kr¨ afte erzeugte Biegemoment (bereichsweise) zweimal integriert. Der Anteil G w1 (x1 ) in (a) geht dabei nicht ein. Man kann auch diesen Anteil ber¨ ucksichtigen, wenn man den Rayleighe (x) in der Form Quotient (e) mit w(x) e = a φ(x) und EI w e (x) = −M ekrit = G
ffi Zl/3 Zl e 2 M 2 dx w e dx EI 0
0
schreibt. Mit H=G
wG l
(g)
→
e =Gaφ H l
„ « 4 l = a l2 G 3 27
erh¨ alt man aus (a) und (f) „ « 8 5 2 4 G a l2 2 > > G a x − − x l x > > 9 27„ > « > > < l 11 2 3 , x< , l x−x = Ga e (x) = M 27 3 > > > > > 2 > > l :H e (l − x) = 4 G a l (l − x) , x> . 27 3 Einsetzen in (g) und integrieren liefert ekrit = 19, 14 EI . G l2 Dies stimmt im Rahmen der angegebenen Stellen mit dem exakten Ergebnis (d) u ¨berein.
256
A5.15
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.15 Ein Stab (L¨ange l, Biegesteifigkeit EI) ist links gelenkig gelagert und rechts elastisch eingespannt. Man bestimme mit Hilfe
F
x
cT EI
l
a) des Rayleigh-Quotienten, b) des Ritzschen Verfahrens eine N¨ aherung Fekrit f¨ ur die kritische Last in Abh¨ angigkeit des Parameters γ = cT l/EI und vergleiche mit der exakten L¨ osung Fkrit .
L¨ osung a) Der Rayleigh-Quotient f¨ ur den Knickstab mit elastischer Einspannung lautet Rl EI φ 2 (x) dx + cT φ 2 (l) 0 Fe krit = (a) Rl 2 φ (x) dx 0
(vgl. Band 4, Abschnitte 4.5 und 7.5.6). Dabei muss die Ansatzfunktion φ(x) die geometrischen Randbedingungen, d.h. φ(0) = 0 und φ(l) = 0 erf¨ ullen. Als einfachsten Ansatz w¨ ahlen wir zun¨ achst den parabelf¨ ormigen Verlauf w(x) e = a x (l − x) = a φ(x) . Er erf¨ ullt die geometrischen Randbedingungen. Mit den Ableitungen R φ (x) R= l − 2 x und φ (x) = −2 folgen die Integrale zu φ 2 dx = 3 2 2 2 l /3 , φ dx = 4 l, und es gilt φ (l) = l . Einsetzen in den RayleighQuotienten (a) liefert 4 EI + cT l Fekrit = l2 /3
bzw.
ηe krit = 3 (4 + γ)
(b)
mit η=
F l2 EI
und
γ=
cT l . EI
ur die dimensionslose exakte kritische Last η krit ist Die N¨ aherung ηe krit f¨ in der folgenden Abbildung als Funktion des Parameters γ aufgetragen. Eine bessere N¨ aherung ist mit der Ansatzfunktion φ(x) = sin(π x / l) zu erwarten, da dies die exakte Eigenform f¨ ur den Sonderfall cT = 0 darstellt (2. Euler-Fall) und zus¨ atzlich zu den geometrischen Randbe-
Aufgaben und L¨ osungen
257
60 ηkrit
50
Gl.(b)
40
Gl.(c)
30 Gl.(g)
20 Gl.(d)
10
0 0
2
4
6
8
10
12
14
γ 16
ullt. Man dingungen auch die mechanische Randbedingung φ (0) = 0 erf¨ erh¨ alt nun mit φ (x) = (π/ l) cos( πlx ) und φ (x) = −(π/ l)2 sin( πlx ) aus (a) “ π ”3 π “ π ”2 + cT l 2 l (c) Fe krit = → ηe krit = π 2 + 2 γ . ππ l 2 Dieser Verlauf ist ebenfalls in der vorangegangenen Abbildung dargestellt. EI
Die exakte L¨ osung folgt nach Band 2, Beispiel 7.1, aus der Eigenwertgleichung √ γ η √ (d) = 0. tan η − γ+η Diese Gleichung kann zum Beispiel graphisch ausgewertet werden. Mit √ ξ = η und f1 = tan ξ sowie f2 = γ ξ/(γ + ξ 2 ) 2 f¨ ur verschieliefert die folgende Abbildung die Eigenwerte η krit = ξkrit dene Werte von γ. Der Verlauf der exakten kritischen Last in Abh¨ angigkeit vom Parameter γ zeigt, dass der Parabelansatz keine brauchbare N¨ aherung liefert. Beim Sinus-Ansatz erh¨ alt man zwar f¨ ur γ = 0 die
258
Stabilit¨at elastischer Strukturen
2 f1 ,f2
1,5
f1
f2 mit γ = 10
1 f2 mit γ = 5
0,5
f2 mit γ = 2
0 f1 = tan ξ
Ŧ0,5
Ŧ1
f1
γξ f2 = γ + ξ2
0
1
2
3
ξkrit
4
ξ=
√
η 5
exakte L¨ osung, f¨ ur wachsende Werte von γ weicht aber auch hier die N¨ aherungsl¨ osung immer mehr von der exakten L¨ osung ab. F¨ ur γ → ∞ wird in der Feder keine Energie mehr gespeichert, sondern es tritt eine geometrische Randbedingung (w (l) = 0) auf, die von beiden Ansatzfunktionen nicht erf¨ ullt wird. Daher kann man f¨ ur gr¨ oßere Werte von γ keine guten Ergebnisse erwarten. b) Eine bessere N¨ aherung erh¨ alt man mit dem zweigliedrigen Ansatz πx 2π x + a2 sin . (e) l l ullen (wie beim Die Ansatzfunktionen φk (x) = sin(k π x/l), k = 1, 2, erf¨ Verfahren von Ritz gefordert) die geometrischen Randbedingungen. Wir gehen vom Prinzip des Station¨ arwerts der potentiellen Energie aus. Das Gesamtpotential des Systems lautet w(x) e = a1 sin
Π=
1 2
Zl 0
EI w 2 dx −
F 2
Zl
w 2 dx +
1 cT w 2 (l) . 2
(f)
0
Wenn wir die N¨ aherungsfunktion w e nach (e) in (f) einsetzen und die
Aufgaben und L¨ osungen
259
Integrale berechnen, so ergibt sich 2 ˆ 2 ` ´ e = π EI π a21 + 16a22 Π 2l2 2l ´ ` ´˜ l ` 2 a1 + 4a22 + cT a21 + 4a1 a2 + 4a22 . −F 2
Die notwendige Bedingung daf¨ ur, dass das Gesamtpotential ein Extremum annimmt, ist (Band 4, Gl. (7.45)) e ∂Π = 0, ∂ ak
k = 1, 2 .
Daraus folgt: „
k=1:
k=2:
« EI − F l a1 + 4 cT a2 = 0 , l „ « EI cT a1 + 2 cT + 4 π 2 − F l a2 = 0 . l 2 cT + π 2
Damit dieses homogene lineare Gleichungssystem f¨ ur a1 und a2 eine nichttriviale L¨ osung hat, muss die Koeffizientendeterminante verschwinden: (π 2 + 2γ − ηe)(4π 2 + 2γ − ηe) − 4γ 2 = 0 . Ausmultiplizieren und Aufl¨ osen liefert die kritische Last ηe krit als Funktion von γ: s„ «2 5 π2 5 π2 + 2γ − + 2γ ηe krit = − 10 π 2 γ − 4 π 4 . (g) 2 2 Der Verlauf von ηe krit (γ) nach (g) ist ebenfalls in der Abbildung eingetragen. Man sieht, dass der zweigliedrige Ansatz ein deutlich besseres Ergebnis liefert als die eingliedrigen Ans¨ atze.
260
A5.16
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.16 Ein beidseitig gelenkig gelagerter Balken wird in der Mitte durch eine Feder gest¨ utzt. Man bestimme die Knickals Funktion last Fkrit des Steifigkeitsparameters γ = c l3 /EI und ermittle die Knickformen f¨ ur γ = 100 und γ = 200.
EI c l 2
l 2
L¨ osung Wir f¨ uhren die Koorur die beidinaten x1 und x2 f¨ den Bereiche 1 und 2 ein und integrieren die Differentialgleichung der Biegelinie bereichsweise. Mit den Biegemomenten M1 (x1 ) = A x1 + F w1 ,
x
F
1
F
2
F
x2
x1 w1
w2 B
A Ff
M2 (x2 ) = B x2 + F w2
erhalten wir die Differentialgleichungen EI w1 = − (A x1 + F w1 ),
EI w2 = − (B x2 + F w2 ) .
Dabei sind die Lagerreaktionen A und B noch unbekannt (statisch unbestimmtes System!). Die allgemeinen L¨ osungen der Differentialgleichungen lauten mit λ2 = F/EI A x1 , EI λ2 B x2 . w2 (x2 ) = C3 sin λx2 + C4 cos λx2 − EI λ2
w1 (x1 ) = C1 sin λx1 + C2 cos λx1 −
(a)
Zur Bestimmung der vier Integrationskonstanten Cj sowie der zwei Lagerreaktionen A und B stehen sechs Bedingungen zur Verf¨ ugung: w1 (0) = 0 → w2 (0) = 0 → „ « „ « l l w1 = w2 2 2 → C1 sin
C2 = 0 , C4 = 0 ,
λl λl Al Bl = C3 sin , − − 2 2 EI λ2 2 2 EI λ2
(b)
Aufgaben und L¨ osungen
w1
261
„ « „ « l l = − w2 2 2 → C1 λ cos
w1
„ « „ « l l = w2 2 2
↑:
A + B + Ff = 0
λl λl A B = − C3 λ cos , − + 2 EI λ2 2 EI λ2
(c)
λl λl = C3 sin , 2 2
(d)
» – λl Al → A + B + c C1 sin − = 0. 2 2 EI λ2
(e)
→
C1 sin
Aus (b) und (d) folgen A = B sowie (C1 − C3 ) sin
λl = 0. 2
(f)
Wir m¨ ussen nun zwei F¨ alle unterscheiden. Wenn sin(λ l/2) = 0 ist, d.h. λ l/2 = π, dann liefern (c) und (e) (C1 + C3 ) λ3 EI + 2 A = 0 , (4 EI λ2 − c l) A
= 0.
F¨ ur 4 EIλ2 − c l = 0 → γ = 16 π 2 muss dann gelten A = 0 , C 3 = − C1 . Die kritische Last ergibt sich in diesem Fall zu λkrit
l =π 2
→
Fkrit = 4 π 2
EI . l2
(g)
Ist dagegen sin(λ l/2) = 0, dann muß nach (f) C3 = C1 sein. Dann lauten (c) und (e) C1 λ3 EI cos
λl − A = 0, 2
(4 λ2 EI − c l) A + 2 C1 c λ2 EI sin
(h) λl = 0. 2
Elimination von A liefert mit γ = c l3 /EI die Eigenwertgleichung – „ «3 » λl λl λl λl λl (i) − 16 γ cos cos − sin = 0. 2 2 2 2 2 Der jeweils kleinste Eigenwert λ l/2 bei verschiedenen Werten von γ kann grafisch ermittelt werden. Mit der Abk¨ urzung ξ = λ l/2 lautet die
262
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Eigenwertgleichung γ(ξ cos ξ − sin ξ) = 16 ξ 3 cos ξ „ « 16 2 → tan ξ = ξ 1 − . ξ γ F¨ uhrt man die Funktionen f1 (ξ) = tan ξ und f2 (ξ) = ξ (1 − 16 ξ 2 ) ein, γ osung von (i) sucht man daher dann wird daraus f1 (ξ) = f2 (ξ). Zur L¨ die Schnittpunkte von f1 und f2 (siehe Abbildung).
2 f1 ,f2
f1
f2 (γ = 200)
1 f2 (γ = 100) f2 (γ = 50)
0 f1
Ŧ1
Ŧ2
f1 = tan ξ « „ 16 2 f2 = ξ 1 − ξ γ
0
1
2
3
ξ=
λl 2
4
In der folgenden Abbildung ist die dimensionslose kritische Last angigkeit vom Parameter γ dargestellt. (λ krit l)2 = Fkrit l2 /EI in Abh¨ Man erkennt, dass im Bereich 0 < γ < γ ∗ die Gleichung (i) die Knicklast liefert, w¨ ahrend sie f¨ ur γ > γ ∗ durch (g) gegeben ist. Den Wert ∗ f¨ ur γ findet man mit λ l/2 = π aus (i) zu γ ∗ = 16 π 2 . Die Abbildung zeigt auch, dass durch eine Erh¨ ohung der Federsteifigkeit u ¨ ber den Wert c∗ = γ ∗ EI/l3 hinaus die kritische Last nicht mehr gesteigert werden kann. F¨ ur γ = 100 liefert (i) den Eigenwert λkrit l/2 = 2,706. Mit B = A und C3 = C1 sowie „ « A λkrit l = cos = − 0,907 C1 λ3krit EI 2
Aufgaben und L¨ osungen
263
50 2
λkrit l2 4π 2 Gl. (g)
30 Gl. (i)
20 π2
0
0
25
50
75
100
125 γ ∗ = 16π 2 175 γ 200
nach (h) erhalten wir die Eigenfunktion aus (a) zu (Abb. rechts) x1 x1 ) + 4, 91 ] , l l x2 x2 w2 (x2 ) = C1 [sin(5, 41 ) + 4, 91 ] . l l w1 (x1 ) = C1 [sin(5, 41
x1
x2
w
Die Konstante C1 bleibt unbestimmt. F¨ ur γ = 200 folgt nach (g) der Eigenwert zu λkrit l/2 = π. Mit A = 0 alt man nun (Abb. und C3 = −C1 erh¨ rechts)
x1 x2 w
2π x1 , l 2π x2 w2 (x2 ) = − C1 sin . l
w1 (x1 ) =
C1 sin
Der Balken knickt dann in der zweiten Eigenform. Dabei erf¨ ahrt die Feder keine L¨ angen¨ anderung. Man erkennt nun, warum ein Erh¨ ohen der Federsteifigkeit keine Erh¨ ohung der Knicklast bewirkt. Es sei noch einmal ausdr¨ ucklich darauf hingewiesen, dass das Knicken nicht immer in der ersten Eigenform erfolgen muss.
264
A5.17
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.17 Ein beidseitig gelenkig gelagerter Balken wird durch zwei Federn gest¨ utzt. Man bestimme die Knicklast mit Hilfe des Verfahrens von Ritz.
F
x
EI c l 3
c l 3
l 3
L¨ osung Wir gehen bei der L¨osung vom Prinzip des Station¨arwerts der potentiellen Energie aus. Das Gesamtpotential des Systems ist durch Zl Zl F 1 2 EIw dx − w 2 dx Π = 2 2 0 0 (a) » „ « „ «– l 2l c w2 + w2 + 2 3 3 gegeben. Nach Aufgabe 5.16 existieren bei einem Balken, der nur durch eine einzige Feder gest¨ utzt wird, f¨ ur den Steifigkeitsparameter zwei Bereiche mit unterschiedlichen Stabilit¨ atsverhalten. Wird der Balken durch zwei Federn gest¨ utzt, so erwarten wir drei Bereiche. Dementsprechend w¨ ahlen wir als N¨ aherung f¨ ur die Durchbiegung w(x) einen dreigliedrigen Ansatz w(x) e =
3 X
(b)
ak φk (x),
k=1
wobei die Ansatzfunktionen φk (x) = sin
kπx , l
k = 1, 2, 3
verwendet werden. Diese Ansatzfunktionen erf¨ ullen die wesentlichen Randbedingungen φk (0) = φk (l) = 0. Wenn wir (b) in (a) einsetzen, erhalten wir nach der Berechnung der Integrale f¨ ur das Potential 4 e = π EI (a21 + 16a22 + 81a23 ) Π 4l3 3 π2F 2 + c (a21 + a22 ) − (a1 + 4a22 + 9a23 ). 4 4l
Die notwendige Bedingung daf¨ ur, dass das Gesamtpotential ein Extremum annimmt, ist (Band 4, Gl. (7.45)) e ∂Π = 0, ∂ak
k = 1, 2, 3.
Aufgaben und L¨ osungen
265
Daraus folgt 3 γ, π2 3 = 4π 2 + γ, 4 π2
f¨ ur k = 1 :
ηekrit = π 2 +
f¨ ur k = 2 :
ηekrit
f¨ ur k = 3 :
ηekrit = 9π 2
mit ηekrit =
Fekrit l2 , EI
γ=
c l3 . EI
Die kritische Last ηekrit ist als Funktion des Parameters γ in der folgenden Abbildung dargestellt. Man erkennt, dass in diesem Beispiel die kritische Last durch ein Erh¨ ohen des Steifigkeitsparameters u ¨ ber den Wert γ = 20 π 4 /3 hinaus nicht mehr gesteigert werden kann: der Balken knickt dann in der dritten Eigenform (ohne dass die Federn L¨ angen¨ anderungen erfahren). Zum Vergleich ist in der Abbildung auch die kritische Last aus Aufgabe 5.16 eingetragen (f¨ ur die in den Aufgaben verwendeten Lastparameter gilt der Zusammenhang η = (λ l)2 ). Man sieht, dass durch die zweite Feder die Knicklast gr¨ oßer geworden ist: eine zus¨ atzliche Fesselung erh¨ oht bei einem konservativen System die kritische Last. Es sei angemerkt, dass eine zus¨ atzliche Fesselung bei einem nichtkonservativen System destabilisierend wirken kann. ηkrit
k=3
9π 2
Aufg. 5.17
80 k=2
70 60 4π 2
40 k = 1
Aufg. 5.16
30 20 π2
0 0
4 4 π 3
250
500
20 4 π 3
750
γ
1000
266
A5.18
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.18 Ein beidseitig gelenkig gelagerter Balken ruht auf einer kontinuierlichen elastischen Bettung. Die Bettungszahl c (Federkonstante pro L¨ angeneinheit) sei konstant. Gesucht ist die kritische Last.
x
F
EI
c l
L¨ osung Bei einer Auslenkung w(x) des Balkens wirkt auf ein Element der L¨ ange dx an der Stelle x die R¨ uckstellkraft FR = c dx w(x). Somit ist die in der Bettung im Element gleicher L¨ ange gespeicherte Energie durch ΠB = c dx w2 (x)/2 gegeben. Die in der gesamten Bettung gespeicherte Energie erh¨ alt man durch Integration: Zl 1 ΠB = c w2 (x) dx . 2 0
Damit lautet die gesamte potentielle Energie des Systems EI Π = 2
Zl w
2
c dx + 2
0
Zl
F w dx − 2
Zl
2
0
w 2 dx .
(a)
0
Wir wenden das Prinzip vom Station¨ arwert der potentiellen Energie an und machen den n-gliedrigen Ansatz w(x) e =
n X k=1
X kπx ak φk (x) = l n
ak sin
(b)
k=1
f¨ ur die Durchbiegung. Alle Ansatzfunktionen φk (x) und somit auch w(x) e erf¨ ullen die geometrischen Randbedingungen. Einsetzen von (b) in (a) und Integration liefern n n n 4 X cl X 2 π2 F X 2 2 e = π EI k4 a2k + ak − k ak . Π 3 4 l k=1 4 k=1 4 l k=1
e Aus den Ableitungen ∂ Π/∂a k = 0 folgt π 2 k2 Fekrit cl π 4 k4 EI + − = 0, 2 l3 2 2l
k = 1, 2, ..., n .
Dies kann nach der kritischen Last aufgel¨ ost werden: « „ k2 π 2 EI c l2 c l4 2 EI 2 . k Fekrit = + = π + l2 k2 π 2 l2 k2 π 4 EI
(c)
Um die kritische Last als Funktion der Bettungszahl graphisch darzustellen, erweist es sich als zweckm¨ aßig, den dimensionslosen Parameter
Aufgaben und L¨ osungen
r γ=
c l4 EI
267
(d)
einf¨ uhren. Mit (d) sowie der Eulerschen Knicklast FE = π 2 EI/l2 des Euler-Falls II und dem dimensionslosen Lastparameter Fekrit FE kann man (c) in der Form ηekrit =
ηekrit = k2 +
(e)
1 γ2 k2 π 4
(f)
schreiben.
50 ηekrit 40
k=4
30 ηekrit =
3
20
2 γ π2
2
10 1
0
0
50
100
150
200
γ
250
Die Abbildung zeigt ηekrit in Abh¨ angigkeit von γ f¨ ur verschiedene Werte von k. Man erkennt, dass f¨ ur kleine Werte von γ die Kurve f¨ ur k = 1 die kritische Last liefert. F¨ ur gr¨ oßere Werte von γ folgt ηekrit aus den Kurven f¨ ur k = 2, 3, usw. Wenn man die Schnittpunkte der Geraden ¨ der Girlandenkurve in der Abηekrit = m γ mit den einzelnen Asten ¨ gerade bildung sucht, dann findet man, dass f¨ ur m = 2/π 2 alle Aste ber¨ uhrt werden. Die Gerade ηekrit = 2 γ/π 2 ist demnach Tangente an ¨ alle Aste der Girlandenkurve. Dies liefert mit FE = π 2 EI/l2 sowie (e) und (d) eine einfache untere Schranke f¨ ur die kritische Last: √ Fkrit = 2 c EI . Es sei angemerkt, dass durch (f) die Knicklast nicht nur n¨ aherungsweise, sondern sogar exakt gegeben wird.
268
A5.19
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.19 Ein einseitig eingespannter Stab wird durch sein gleichm¨ aßig verteiltes Eigengewicht μ g = G/l belastet (μ = Masse/L¨ angeneinheit). Man bestimme die kritische Last mit Hilfe des Ritzschen Verfahrens.
EI μ l
μg
x
L¨ osung Das Gesamtpotential lautet nach Band 4, Abschnitt 5.4.2, Zl Zl 1 1 2 Π = EI w dx − μg (l − x)w 2 dx . (a) 2 2 0
0
Wir w¨ ahlen f¨ ur die Auslenkung den N¨ aherungsansatz πx ). (b) 2l Dieser Ansatz beschreibt die Eigenform beim Knicken eines einseitig eingespannten Stabes unter einer Einzelkraft (Euler-Fall I) und erf¨ ullt die Randbedingungen w e = a(1 − cos
w(0) = 0,
w (0) = 0,
w (l) = 0 .
(c)
Einsetzen der N¨ aherungsfunktion (b) in (a) und Berechnen der Integrale liefert " # “ π ”4 l “ π ”2 „ l « 2 „ l « 2 1 1 2 2 e Π = EIa . − − μga 2 2l 2 2 2l 2 π Die notwendige Bedingung daf¨ ur, dass das Gesamtpotential einen Extremwert annimmt, ist e ∂Π = 0. ∂a Daraus folgt " # “ π ”4 l “ π ”2 „ l « 2 „ l « 2 − EI =0. − μg 2l 2 2l 2 π
Aufgaben und L¨ osungen
269
Die kritische Last ergibt sich hieraus zu l “ π ”2 EI (f μg)krit = „ 2 «22l „ «2 l l − 2 π →
“ ” f μgl
krit
= 0, 841π 2
EI . l2
(d)
Der Vergleich mit der exakten L¨ osung (μgl)krit = 0, 795π 2 EI/l2 (Band 4, Gl. (5.35)) zeigt, dass die N¨ aherung (d) einen um 5, 8% zu großen Wert liefert. Die kritische Last wurde in Band 4, Abschnitt 7.5.5 mit Hilfe des Galerkin-Verfahrens bestimmt. Die Ansatzfunktion (b) f¨ uhrte dort ebenfalls auf die N¨ aherung (d): das Verfahren von Ritz und das Verfahren von Galerkin liefern bei der Wahl gleicher Ansatzfunktionen das gleiche Ergebnis. Eine bessere N¨ aherungsl¨ osung als (d) erh¨ alt man mit dem Polynomansatz – »“ ” x 2 1 “ x ”3 − w e=a l 3 l (vgl. Aufgabe 5.13). Er erf¨ ullt ebenfalls die Randbedingungen (c). Dieser Ansatz f¨ uhrt auf “ ” EI EI f → μgl = 0, 811π 2 2 . (f μg)krit = 8 3 l l krit Der Fehler betr¨ agt hier nur etwa 2%. Auch mit der Ansatzfunktion (b) l¨ asst sich ein besseres Ergebnis als (d) erzielen. Wenn man n¨ amlich mit EIw = −M das Gesamtpotential in der Form 1 Π= 2EI
Zl
1 M dx − μg 2
Zl
2
0
(l − x)w 2 dx
(e)
0
schreibt, dann kann man die Gleichstreckenlast μg im ersten Term von Π ber¨ ucksichtigen (vgl. Aufgabe 5.14). Um das Biegemoment M an der Stelle x zu ermitteln, betrachten wir den an der Stelle x geschnittenen Teilstab aus der folgenden Abbildung. An einem Element der L¨ ange dξ wirkt die Kraft μg dξ. Diese Kraft erzeugt ein Moment dM = − μg dξ[w(ξ) − w(x)] bez¨ uglich der
270
Stabilit¨at elastischer Strukturen
x
ξ
dξ
w(ξ)
μg dξ
x
w(x) Q M N
z Schnittstelle. Das Biegemoment an der Stelle x folgt durch Integration: Zl [w(ξ) − w(x)] dξ .
M (x) = − μg x
Mit dem N¨ aherungsansatz (b) liefert (e) nun „ « e = 1 a2 (μg)2 l3 1 + 9 − 32 Π 2EI 6 π2 π3 "„ « „ «2 # 2 ” “ π 2 l 1 l − μg a2 − , 2 2l 2 π und wir erhalten „ « π2 1 1 − 2 4 4 π EI (f μg)krit = 1 32 l3 9 + 2 − 3 6 π π “ ” EI f → μgl = 0, 799π 2 2 . l krit Nun betr¨ agt der Fehler nur etwa 0, 5%.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 5.20 Ein einseitig eingespannter Stab wird durch eine Kraft F belastet, die bei einer Auslenkung immer tangential zur Stabachse wirken soll. Man bestimme die kritische Last Fkrit mit Hilfe des Verfahrens von Galerkin.
271
A5.20
F
EI ρA l x
L¨ osung Das Problem ist nichtkonservativ, da die Kraft nicht aus einem F Potential herleitbar ist (die Arbeit der Kraft ist wegabh¨ angig), vgl. Aufgabe 5.9. Wir nehmen zun¨ achst an, es existiere eine nichttriviale Gleichgewichtslage gem¨ ass der nebenstehenden Abbildung. Dabei st¨ unde aber das Vorzeichen des von der Kraft erzeugten Biegemoments im Widerspruch zum Vorzeichen der sich einstellenden Kr¨ ummung. Daher kann keine nichttriviale Gleichgewichtslage existieren. Dies bedeutet, daß die kritische Last auch hier (wie in Aufgabe 5.9) nur mit Hilfe der kinetischen Methode ermittelt werden kann. Die Bewegungsgleichung f¨ ur einen Balken unter Normalkraft lautet ¨=0 EI wIV + F w + A w (vgl. Aufgabe 5.12). Mit dem Ansatz w(x, t) = v(x) ei ω t erh¨ alt man daraus die gew¨ ohnliche Differentialgleichung EI v IV + F v − A ω 2 v = 0 .
(a)
Da am ungelagerten Stabende sowohl das Biegemoment als auch die Querkraft verschwinden, gelten die Randbedingungen v(0) = 0 ,
v (0) = 0 ,
v (l) = 0 ,
v (l) = 0
(vgl. dagegen die Randbedingungen in Aufgabe 5.11).
(b)
272
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Wir machen nun den L¨ osungsansatz ve(x) =
n X
aj Φj (x) .
j=1
Anwenden des Verfahrens von Galerkin (Band 4, Abschnitt 7.5.3) liefert n Zl X
(EI aj ΦjIV + F aj Φj − ρ A ω 2 aj Φj )Φk dx = 0,
(c)
j=1 0
k = 1, 2, ..., n. Dabei m¨ ussen die Ansatzfunktionen Φj (x) alle (d.h. sowohl die geometrischen als auch die mechanischen) Randbedingungen (b) erf¨ ullen. Mit der Abk¨ urzung Zl αjk =
(EI ΦjIV + F Φj − ρ A ω 2 Φj )Φk dx
(d)
0
kann man (c) kurz als n X
αjk aj = 0 ,
k = 1, 2, ..., n ,
j=1
schreiben. Dies ist ein homogenes lineares Gleichungssystem f¨ ur die osungen existieren, wenn die KoeffizienKonstanten aj . Nichttriviale L¨ tendeterminante verschwindet: (e)
det αjk = 0 .
Wir w¨ ahlen als Ansatzfunktionen die Eigenformen der freien Schwingungen des unbelasteten eingespannt-freien Balkens und beschr¨ anken uns auf einen zweigliedrigen N¨ aherungsansatz (n = 2). Die Eigenformen (vgl. Band 4, Abschnitt 4.3.2.1) schreiben wir in der Form Φj (x) = − cos κj x + cosh κj x + kj (sin κj x − sinh κj x) mit κ1 l = 1, 875 , κ2 l = 4, 694 ,
k1 = 0, 734 , k2 = 1, 018 .
Berechnen der Integrale in (d) (Beachte: die Ansatzfunktionen Φj und Φk sind orthogonal, und es gilt ΦjIV = κ4j Φj ) und Einsetzen der Koef-
Aufgaben und L¨ osungen
273
fizienten αjk in (e) liefert die Eigenwertgleichung 1, 666 ξ 2 + 20, 73 ξ η + 17, 39 η 2 − 831, 3 ξ + 428, 7 η + 104 = 0 . Dabei werden die Parameter ξ=
μ ω 2 l4 EI
und
η=
F l2 EI
verwendet. Die Abbildung zeigt die Eigenwertkurve. Die kritische Be-
25 η ηekrit
15 10 5 0 Ŧ5 Ŧ10
0
100
200
300
400
ξ
500
lastung ηekrit wird durch den Punkt mit horizontaler Tangente charakterisiert (vgl. Aufgabe 5.9). Man erh¨ alt ηekrit = 20, 3
→
EI Fekrit = 20, 3 2 . l
Da die Differentialgleichung (a) konstante Koeffizienten hat, kann man leicht die exakte L¨ osung ermitteln. Sie lautet Fkrit = 20, 05
EI . l2
In diesem Beispiel liefert das Verfahren von Galerkin mit einem zweigliedrigen Ansatz offensichtlich eine sehr gute N¨ aherung. Es sei aber ausdr¨ ucklich darauf hingewiesen, dass ein zweigliedriger N¨ aherungsansatz bei nichtkonservativen Systemen (mathematisch: bei nichtselbstadjungierten Eigenwertproblemen) auch sehr schlechte Ergebnisse liefern kann und oft sogar die Art der Instabilit¨ at (Divergenz oder Flattern) falsch angibt.
274
A5.21
Stabilit¨at elastischer Strukturen
Aufgabe 5.21 Eine allseits gelenkig gelagerte quadratische Platte wird durch allseitig konstanten Druck Nx∗ = Ny∗ = N belastet. Man ermittle die Beullast Nkrit .
a N x a
N y
L¨ osung Die Differentialgleichung f¨ ur die Beulform w(x, y) lautet bei allseitig konstantem Druck nach Band 4, Gl. (5.51) (a) K w + N w = 0 . Dabei ist K die Plattensteifigkeit. Der Doppelreihenansatz ∞ ∞ X X mπ x nπy w(x, y) = wmn sin sin (b) a a m=1 n=1 erf¨ ullt die Randbedingungen w(0, y) = w(a, y) = 0 , Mx (0, y) = Mx (a, y) = 0 ,
w(x, 0) = w(x, a) = 0 , My (x, 0) = My (x, b) = 0 .
Setzt man (b) in (a) ein, so erh¨ alt man » ∞ ∞ “ m π ”2 “ n π ”2 – 2 XX {K + a a m=1 n=1 – »“ ” ” “ 2 2 mπ nπ nπy mπx sin = 0. } wmn sin −N + a a a a Da mindestens ein Koeffizient wmn = 0 sein muss, muss die geschweifte Klammer verschwinden. Damit folgt »“ “ n π ”2 – m π ”2 π2 K N = K = (m2 + n2 ) 2 . + a a a Wir f¨ uhren in Analogie zu Gl. (5.46a) in Band 4 mit N = k(m, n)
π2 K a2
den Beulwert k = m2 + n2 ein. Er nimmt f¨ ur m = n = 1 den kleinsten Wert an: k = 2. Damit erhalten wir die kritische Last zu π2 K Nkrit = 2 2 . a
Aufgaben und L¨ osungen
N0
Aufgabe 5.22 Eine allseits gelenkig gelagerte quadratische Platte (Plattensteifigkeit K) wird durch einen linear verteilten einseitigen Druck belastet.
N0
275
A5.22
x
a
Man bestimme die kritische Last mit Hilfe des Prinzips vom Station¨ arwert der potentiellen Energie.
N1
N1 = ρN0
y a
L¨ osung Die Belastung wird durch Nx∗ = N0 +
N1 − N0 y a
→
h N1 yi , ρ= Nx∗ = N0 1 + (ρ − 1) a N0
beschrieben. Um das Potential Πa dieser ¨ außeren Kr¨ afte zu ermitteln, betrachten wir zun¨ achst ein Element der Breite dy an der Stelle y und erhalten daf¨ ur «2 Z „ h 1 yi ∂w dx dΠa = − N0 1 + (ρ − 1) dy 2 a ∂x R (vgl. das Potential Πa = − 21 F w 2 dx der a ¨ußeren Kraft bei einem Druckstab). Integration in y-Richtung liefert dann „ «2 Z Z h 1 y i ∂w dx dy . Πa = − N0 1 + (ρ − 1) (a) 2 a ∂x Die Form¨ anderungsenergie der Platte ist durch «2 Z Z („ 2 ∂ w 1 ∂2w Πi = K + 2 ∂x2 ∂y 2 " „ 2 «2 #) ∂2w ∂2w ∂ w − 2(1 − ν) − dx dy ∂x2 ∂y 2 ∂x∂y
(b)
gegeben, und f¨ ur die gesamte potentielle Energie Π gilt Π = Πi + Πa . Das Prinzip vom Station¨ arwert der potentiellen Energie fordert δΠ = 0
→
(c)
δΠi + δΠa = 0 .
Wir beschr¨ anken uns hier auf einen eingliedrigen N¨ aherungsansatz f¨ ur die Auslenkung: w e = c sin
πx πy sin a a
→
δw e = δc sin
πx πy sin a a
(d)
276
Stabilit¨at elastischer Strukturen
mit dem Freiwert c. Der Ansatz erf¨ ullt die Randbedingungen w = 0,
Δw = 0
l¨ angs der vier Berandungen. Die Ableitungen ∂w e ∂x ∂2w e ∂x∂y e ∂2w ∂2x ∂2w e ∂2y
π πx πy cos sin , a a a “ π ”2 πx πy cos = c cos , a a a “ π ”2 πy πx = −c sin , sin a a a “ π ”2 πx πy sin = −c sin a a a = c
setzen wir nun in (a) und (b) ein. Unter Verwendung der Integrale Za
πx sin dx = a
Za
2
0
a πx cos dx = , a 2
Za
2
0
y sin2
a2 πy dy = a 4
0
erhalten wir dann aus (c) – “ π ”4 a a “ π ”2 » a a 1 1 1 a a2 =0 K4(δc)2 − N0 (δc)2 + (ρ − 1) 2 a 22 2 a 22 a2 4 » →
π 2 K = N0 a2
1 1 + (ρ − 1) 4 8
–
(die Terme mit dem Faktor (1 − ν) fallen bei der Integration heraus). Aufl¨ osen liefert die kritische Last N0 krit =
8π 2 K . (1 + ρ)a2
(e)
Im Sonderfall konstanten Drucks N1 = N0 = N gilt ρ = 1. Dann folgt aus (e) Nkrit = 4π 2
K . a2
Dies ist nach Band 4, Gl.(5.48), die exakte L¨ osung f¨ ur den Sonderfall, und durch (d) wird die exakte Beulform beschrieben. Daher kann man annehmen, dass der eingliedrige Ansatz (d) f¨ ur Werte ρ = 1 gute Ergebnisse liefert, wenn der Parameter ρ nicht zu sehr vom Wert 1 abweicht. Bei gr¨ oßeren Abweichungen muss man zur Erzielung genauerer N¨ aherungsl¨ osungen allerdings einen mehrgliedrigen Ansatz verwenden.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 5.23 Eine Rechteckplatte (Plattensteifigkeit K) ist an den R¨ andern x = 0 und x = a gelenkig gelagert und an den R¨ andern y = ± b / 2 elastisch eingespannt (c : Drehfederkonstante pro L¨ ange). Auf die Platte wirkt der einseitige Druck Nx∗ = N = const.
c
N
277
N
A5.23
x
b
c
y a
a) Man bestimme die Beulbedingung. Dabei verwende man die Parameter α = a / b (Seitenverh¨ altnis) und κ = c a / K (Steifigkeitsparameter). Anschließend leite man einen Ausdruck f¨ ur den Beulwert k her. b) Wie groß ist der Beulwert bei einer quadratischen Platte (α = 1), die an den Querr¨ andern fest eingespannt ist (κ → ∞)? c) Man gebe eine obere und eine untere Schranke f¨ ur den Beulwert an, wenn α = 1 und 0 ≤ κ < ∞ gilt.
L¨ osung a) Die Differentialgleichung f¨ ur die Beulform w(x, y) lautet nach Band 4, Gl.(5.44), ∂2w = 0. ∂x2 Zu ihrer L¨ osung w¨ ahlen wir den Produktansatz KΔΔw + N
w(x, y) =
∞ X m=1
Wm (y) sin
mπ x . a
(a)
(b)
Er erf¨ ullt die Randbedingungen w(0, y) = w(a, y) = 0 und Mx (0, y) = andern. Einsetzen von (b) in Mx (a, y) = 0 an den gelenkig gelagerten R¨ (a) f¨ uhrt auf »“ – ∞ j “ m π ”2 d2 W X m π ”4 d4 Wm m K Wm − 2 + a a dy 2 dy 4 m=1 ff “ m π ”2 mπ x = 0. Wm sin −N a a Da der Sinus f¨ ur beliebige x im allgemeinen von Null verschieden ist, muss die geschweifte Klammer f¨ ur jedes m gleich Null sein. Wir k¨ onnen dann bei Wm auf den Index verzichten und erhalten mit den Abk¨ urzungen N mπ und n2x = a K die gew¨ ohnliche Differentialgleichung μ=
(c)
278
Stabilit¨at elastischer Strukturen
d4 W d2 W − 2 μ2 + ( μ4 − μ2 n2x ) W = 0 . 4 dy dy 2
(d)
Zu ihrer L¨ osung machen wir den Ansatz W (y) = C eλ y .
(e)
Einsetzen in (d) liefert die charakteristische Gleichung λ4 − 2 μ2 λ2 + ( μ4 − μ2 n2x ) = 0 . Wenn wir annehmen, daß N > K μ2 , d.h. nx > μ ist (siehe Band 4, Abschnitt 5.5.2), dann hat sie die L¨ osungen p λ1,2 = ± μ2 + μ nx = ± β , (f) p λ3,4 = ±i −μ2 + μ nx = ± i γ . Setzt man diese Wurzeln in (e) ein und fasst die Exponentialfunktionen mit reellen Exponenten zu Hyperbelfunktionen und die mit imagin¨ aren Exponenten zu Kreisfunktionen zusammen, so erh¨ alt man W (y) = A cosh βy + B sinh βy + C cos γy + D sin γy .
(g)
antimetrisch Zur Vereinfachung der folgen¨ den Uberlegungen nehmen wir an, daß die symmetrische Beuly form einen kleineren Beulwert symmetrisch z liefert als die antimetrische b Beulform. (Es sei angemerkt, dass diese Annahme nicht allgemein gilt: in manchen F¨ allen geh¨ ort zum kleinsten Beulwert eine antimetrische Beulform). Dann k¨ onnen wir in (g) die antimetrischen Terme streichen und erhalten
(h)
W (y) = A cosh βy + C cos γy .
Zur Ermittlung der Konstanten A und C stehen die Randbedingungen an den Querr¨ andern y = ± b/2 zur Verf¨ ugung. Wir w¨ ahlen die Randbedingungen bei y = + b/2 (aus Symmetriegr¨ unden sind dann die Randbedingungen bei y = − b/2 auch erf¨ ullt): w=0
,
Wegen My = − K
My = c „
∂w . ∂y
∂2w ∂2w +ν 2 ∂y ∂x2
« und
∂ 2 w(x, b/2) =0 ∂x2
Aufgaben und L¨ osungen
279
folgt schließlich W (b/2) = 0 ,
−K
dW (b/2) d2 W (b/2) =c . dy 2 dy
(i)
Einsetzen von (h) in (i) liefert mit den Abk¨ urzungen b b und η=γ 2 2 das homogene lineare Gleichungssystem ξ=β
(j)
A cosh ξ + C cos η = 0 , − K (A β 2 cosh ξ − C γ 2 cos η) = c (A β sinh ξ − C γ sin η) . Damit eine nichttriviale L¨ osung existiert, muss die Koeffizientendeterminante verschwinden: cosh ξ
cos η
−K β 2 cosh ξ − c β sinh ξ K γ 2 cos η + c γ sin η
= 0.
Entwickeln der Determinante f¨ uhrt nach einfacher Zwischenrechnung auf die Beulbedingung i h κ (ξ tanh ξ + η tan η) = 0 . cosh ξ cos η ξ 2 + η 2 + (k) 2α Dabei werden die Parameter a ac α= und κ= b K verwendet. Die Beulbedingung (k) ist eine erste Gleichung f¨ ur die zwei vom Druck N abh¨ angigen Gr¨ oßen ξ und η. Damit wir diese Gr¨ oßen berechnen k¨ onnen, brauchen wir noch eine zweite Gleichung. Um sie herzuleiten, quadrieren wir (j) und setzen (f) ein: ξ2 = β2
b2 b2 = μ(nx + μ) , 4 4
b2 b2 = μ(nx − μ) . 4 4 Durch Subtraktion erhalten wir mit (c) die zweite Gleichung:
(l)
η2 = γ 2
π 2 “ m ”2 b2 (m) . → ξ2 − η2 = 2 2 α Mit (k) und (m) stehen somit zwei Gleichungen f¨ ur ξ und η zur Verf¨ ugung. ξ 2 − η 2 = μ2
Wir f¨ uhren nun in Analogie zu Gl. (5.46a) in Band 4 den Beulwert
280
Stabilit¨at elastischer Strukturen
k ein: N =k
π2 K . b2
Durch Vergleich mit N = K n2x nach (c) erhalten wir k = n2x
b2 . π2
(n)
Um hieraus die Gr¨ oße nx zu eliminieren, addieren wir die beiden Gleichungen (l): ξ 2 + η 2 = μ nx
b2 2
→
nx =
2 (ξ 2 + η 2 ) . μ b2
(o)
Einsetzen von (o) in (n) f¨ uhrt unter Verwendung von (c) schließlich auf – » ´ 2 2α ` 2 2 + η . ξ k= (p) π2 m Nun kann der Beulwert numerisch bestimmt werden. Zun¨ achst w¨ ahlt man die Parameter α und κ sowie m. Anschließend ermittelt man (zum Beispiel graphisch) aus (k) und (m) die zugeh¨ origen Werte von ξ und η. Der Beulwert k folgt dann nach (p). b) Als Beispiel betrachten wir eine quadratische Platte mit fest eingespannten Querr¨ andern (α = 1, κ → ∞). Hierf¨ ur vereinfacht sich die Beulbedingung (k) zu (q)
ξ tanh ξ + η tan η = 0 .
Wir l¨ osen das Gleichungssystem (q) und (m) graphisch (siehe folgende Abbildung) f¨ ur verschiedene Werte von m und erhalten dann nach (p) die zugeh¨ origen Werte von k: m=1 :
ξ = 3, 12 , η = 2, 18
→
k = 8, 60 ,
m=2 :
ξ = 4, 85 , η = 1, 95
→
k = 7, 69 ,
m=3 :
ξ = 6, 91 , η = 1, 83
→
k = 11, 92 .
(r)
Der kleinste Wert ist der kritische Wert: kkrit = 7, 69 . Man erh¨ alt ihn f¨ ur m = 2. c) Bei einem konservativen System erh¨ oht sich die kritische Last mit zunehmender Fesselung. Daher liefert der Sonderfall κ = 0 (gelenkige
Aufgaben und L¨ osungen
η
m =1 α
4
2
3
281
4
Gl.(m)
3
Gl.(q)
2 π 2 1
0 0
2
4
6
8
10
ξ
12
Lagerung an den Querr¨ andern) eine untere Schranke f¨ ur die Beullast im Fall κ = 0. Mit κ = 0 reduziert sich die Beulbedingung (k) auf cosh ξ cos η (ξ 2 + η 2 ) = 0
→
η=
π . 2
Damit folgt aus (m) π ξ= 2
r 1+ 2
“ m ”2 α
und (p) liefert “m α ”2 + k= . α m
,
(s)
Dies ist der Beulwert f¨ ur die allseits gelenkig gelagerte Platte, siehe Band 4, Gl. (5.46b). Die entsprechende Girlandenkurve nach Band 4, Abb. 5.13b, ist hier in der nachfolgenden Abbildung noch einmal dargestellt. Eine obere Schranke erh¨ alt man im Fall κ → ∞ (feste Einspannung). Die Beulwerte f¨ ur gew¨ ahlte Werte von α und m k¨ onnen wie oben beschrieben ermittelt werden. Die entsprechende Girlandenkurve k = f (α) mit m als Parameter wird punktweise bestimmt und ist ebenfalls in der folgenden Abbildung dargestellt. Der Sonderfall der quadratischen Platte (α = 1) ist in dieser Girlande enthalten. Die Abbildung best¨ atigt, dass der Beulwert f¨ ur α = 1 auf der Kurve f¨ ur m = 2
282
Stabilit¨at elastischer Strukturen
9 k
8 kkrit 1
2
3
m=4
7 κ → inf : Gl.(p) mit Gl.(r)
6
5 1
2
m=3
4 κ = 0 : Gl.(s)
3
0
0,5
1
1,5
2
2,5
α
3
liegt. Girlandenkurven f¨ ur beliebige Werte von κ liegen zwischen den beiden dargestellten Grenzkurven.
Aufgaben und L¨ osungen
283
N x Aufgabe 5.24 Eine RechteckN platte (Plattensteifigkeit K) ist an den R¨ andern x = 0, b x = a sowie y = 0 gelenkig gelagert und am Rand y = b eingespannt. Sie wird durch den y konstanten einseitigen Druck a ∗ Nx = N belastet. Man bestimme die Beulbedingung sowie den Beulwert und skizziere den Beulwert als Funktion des Seitenverh¨ altnisses α = a/b. Wie groß ist die kritische Last Nkrit f¨ ur eine quadratische Platte?
L¨ osung Der L¨osungsweg ist identisch mit dem in Aufgabe 5.23 einschließlich Gleichung (g). Zur Ermittlung der Integrationskonstanten in (a) W (y) = A cosh βy + B sinh βy + C cos γy + D sin γy stehen hier die vier Randbedingungen w(x, 0) = 0 → W (0) = 0 ,
∂ 2 w(x, 0) = 0 → W (0) = 0, ∂y 2
w(x, b) = 0 → W (b) = 0 ,
∂w(x, b) = 0 → W (b) = 0 ∂y
(b)
zur Verf¨ ugung. Wir setzen (a) in (b) ein und erhalten mit den Abk¨ urzungen ξ = βb und η = γb das homogene lineare Gleichungsystem A+C Aβ 2 − Cγ 2 A cosh ξ + B sinh ξ + C cos η + D sin η Aβ sinh ξ + Bβ cosh ξ − Cγ sin η + Dγ cos η
= = = =
0, 0, 0, 0.
(c)
Aus (c) folgen A = C = 0 sowie die Bedingung sinh ξ β cosh ξ
sin η = 0. γ cos η
Entwickeln der Determinante liefert die Beulbedingung γ cos η sinh ξ − β cosh ξ sin η = 0 → ξ cotanh ξ − η cotan η = 0 .(d) Das weitere Vorgehen entspricht dem Vorgehen in Aufgabe 5.23. Die zweite Gleichung f¨ ur ξ und η lautet nun “ m ”2 a , α= , ξ 2 − η 2 = 2π 2 (e) α b und der Beulwert ergibt sich zu
A5.24
284
Stabilit¨at elastischer Strukturen
» k=
– ´ 2 1 “ α ”` 2 2 ξ + η . 2π 2 m m α
4,8
(f)
= 0 0,8 1 1,2 1,4
1,7
2
η Gl.(e)
4,4 Gl.(d)
4 3,6 3,2 0
2
4
6
8
ξ
10
12
Nach Wahl von α und m (bzw. von m/α) kann man aus (d) und (e) die zugeh¨ origen Werte von ξ und η ermitteln. Der Beulwert k folgt dann aus (f). Als Ergebnis erh¨ alt man f¨ ur m = 1, 2, ... je eine Kurve k(α). Diese Girlandenkurve ist in der folgendenen Abbildung dargestellt. Im Sonderfall einer quadratischen Platte (α = 1) liest man f¨ ur m = 1 aus der Abbildung ab: ξ = 5,79 ,
η = 3,71 .
Dies liefert nach (f) mit N = kπ 2 K/b2 : k = 5,74
→
Nkrit = 5, 74π 2
K . b2
6,5 k m=1
6 5,74 2
5,5
5
0
0,5
1
1,5
3
2
2,5
4
3
5
3,5
4 α 4,5
Kapitel 6 Viskoelastizit¨ at und Plastizit¨ at
6
286
Viskoelastizit¨ at und Plastizit¨ at
Viskoelastizit¨ at Kriechversuch und Relaxationsversuch: Die mechanischen Eigenschaften von Materialien, die sich sowohl elastisch als auch viskos verhalten, werden durch charakteristische Materialfunktionen beschrieben, deren Parameter in Experimenten zu bestimmen sind. Der Kriechversuch und der Relaxationsversuch werden daf¨ ur h¨ aufig verwendet. Im Kriechversuch (auch Retardationsversuch) wird der zeitliche Verlauf der Dehnung zufolge einer instantan aufgebrachten Last σ0 studiert. Die Kriechfunktion beschreibt die auf die angelegte Last bezogene Dehnung: J J(∞)
σ σ0
ε(t) J(t) = . σ0
J(0) t
t
J(0) ist die momentane Nachgiebigkeit, J(∞) die Gleichgewichtsnachgiebigkeit. alt diese Bringt man zum Zeitpunkt t = 0 die Dehnung ε0 auf und h¨ konstant, so charakterisiert die Relaxationsfunktion ε
G G(0)
ε0
σ(t) G(t) = ε0
G(∞) t
t
den zeitlichen Verlauf der Spannung. G(0) heißt momentaner Elastizit¨ atsmodul, G(∞) wird Gleichgewichts- oder Langzeitmodul genannt. Modellrheologie: Oft ist es zweckm¨ aßig, das rheologische Verhalten von viskoelastischen Materialien durch geeignete Kombinationen von Grundelementen wie Federn und D¨ ampfern abzubilden. Grundelemente: • Hookescher K¨ orper (H; Feder) σ σ
E
σ E
σ = Eε
1
ε
Viskoelastizit¨ at und Plastizit¨ at
287
• Newtonscher K¨ orper (N; D¨ ampfer) σ
σ
η
σ η
σ = η ε˙
1
2-Element-K¨ orper : • Kelvin-Voigt-K¨ orper (KV) E σ
ε˙
J J(∞)
σ
1 E t
η
σ = σH + σN = Eε + η ε˙ = E (ε + τ ε) ˙ . Der Quotient τ = η/E heißt Retardationszeit. Die Kriechfunktion und die Relaxationsfunktion des K¨ orpers lauten: J(t) =
1 (1 − e−t/τ ) , E
G(t) = E + ηδ(t) .
Das Produkt ηδ(t) charakterisiert eine unendlich große“ Kraft beim ” Aufbringen des Dehnungssprungs (der Gr¨ oße 1“ ), δ(t) ist die Di” racsche Deltafunktion. • Maxwell-K¨ orper (M) J
σ
η
E
tieg Ans
σ 1 E
ε˙ = ε˙H + ε˙N
→
G
1 η
E t
t
σ + τ¯σ˙ = η ε˙ .
Der Quotient τ¯ = η/E heißt Relaxationszeit. Die Kriechfunktion und die Relaxationsfunktion des K¨ orpers lauten: J(t) =
1 t + , E η
G(t) = Ee−t/¯τ .
288
Viskoelastizit¨ at und Plastizit¨ at
3-Element-K¨ orper : • Linearer Standardk¨ orper:
p0 σ + p1 σ˙ = q0 ε + q1 ε˙
F¨ ur die Reihenschaltung eines Hookeschen K¨ orpers und eines Kelvin-Voigt-K¨ orpers gilt (Kelvin-Voigt-Typ) ε = εH + εKV →
p0 =
E0 + E1 η1 , p1 = , q0 = E1 , q1 = η1 . E0 E0
E1 σ
E0
J σ
1 E1 1 E0
t
η1
Die Kriechfunktion des K¨ orpers lautet: J(t) =
1 1 + (1 − e−t/τ ) , E0 E1
τ =
η1 . E1
F¨ ur die Parallelschaltung eines Hookeschen K¨ orpers und eines Maxwell-K¨ orpers gilt (Maxwell-Typ) σ = σH +σM →
p0 =
¯∞ ¯1 + E ¯∞ 1 1 E E , p1 = ¯ , q0 = , q1 = . ¯ η¯1 η ¯ E1 E1 1
¯∞ E
G
σ
σ
¯1 E ¯∞ E
¯1 E
η¯1
Die Relaxationsfunktion des K¨ orpers lautet: ¯∞ + E ¯1 e−t/¯τ , G(t) = E
η¯1 τ¯ = ¯ . E1
t
289
Viskoelastizit¨ at und Plastizit¨ at
• 3-Element-Fl¨ ussigkeit:
p0 σ + p1 σ˙ = q1 ε˙ + q2 ε¨
E1 σ
η∞
η¯0 σ
σ
σ
¯1 E
η1
η¯1
F¨ ur die Reihenschaltung eines Newtonschen K¨ orpers und eines Kelvin-Voigt-K¨ orpers gilt (Kelvin-Voigt-Typ) p0 =
E1 η1 + η∞ , p1 = , q1 = E1 , q2 = η1 . η∞ η∞
Die Kriechfunktion des K¨ orpers lautet: J(t) =
t 1 + (1 − e−t/τ ) , η∞ E1
τ=
η1 . E1
F¨ ur die Parallelschaltung eines Newtonschen K¨ orpers und eines Maxwell-K¨ orpers gilt (Maxwell-Typ) p0 =
1 1 η¯0 + η¯1 η¯0 , p1 = ¯ , q1 = , q2 = ¯ . η¯1 η¯1 E1 E1
Die Relaxationsfunktion des K¨ orpers lautet: ¯1 e−t/¯τ , G(t) = η¯0 δ(t) + E
η¯1 τ¯ = ¯ . E1
Verallgemeinerte Modelle: Eine Reihenschaltung von einem Hookeschen K¨ orper, einem Newtonschen K¨ orper und n Kelvin-Voigt-K¨ orpern bezeichnet man als N -Element-K¨ orper (N = 2n + 2) oder als Kelvin-Voigt-Gruppe. Der K¨ orper stellt eine Fl¨ ussigkeit dar. Entfernt man den Einzeld¨ ampfer, so repr¨ asentiert das verbleibende Modell einen Festk¨ orper. Eine Parallelschaltung von einem Hookeschen K¨ orper, einem Newtonschen K¨ orper und n Maxwell-K¨ orpern charakterisiert einen Festk¨ orper (der MaxwellGruppe). Wegnahme der Einzelfeder ergibt eine N -Element Fl¨ ussigkeit (N = 2n + 1). Das Stoffgesetz des N -Element-K¨ orpers ist allgemein
290
Viskoelastizit¨ at und Plastizit¨ at
durch die lineare Differentialgleichung X j
pj
X ∂kε ∂j σ = qk k ∂tj ∂t k
gegeben. Die Kriechfunktion eines N -Element-K¨ orpers erh¨ alt man f¨ ur die Kelvin-Voigt-Gruppe durch Superposition der Dehnungen: X 1 1 t + + (1 − e−t/τj ) , E0 η∞ j=1 Ej n
J(t) =
τj =
ηj . Ej
Die Gesamtheit der Wertepaare (Jj = 1/Ej , τj ) nennt man diskretes Retardationsspektrum. Die Relaxationsfunktion eines N -Element-K¨ orpers erh¨ alt man f¨ ur die Maxwell-Gruppe durch Superposition der Spannungen: ¯∞ + η¯0 δ(t) + G(t) = E
n X
¯j e−t/¯τj , E
j=1
η¯j τ¯j = ¯ . Ej
¯j , τj ) nennt man diskretes Die Gesamtheit der Wertepaare (Gj = E Relaxationsspektrum. Materialgesetz in integraler Form: Kennt man J(t) bzw. G(t), so kann man das Materialverhalten auch ohne die das rheologische Modell beschreibende Differentialgleichung charakterisieren. Das Materialgesetz in integraler Form lautet f¨ ur die Dehnung: Z
t
J(t − ϑ)
ε(t) = σ(0)J(t) + Z
0 t
σ(t − s)
= σ(t)J(0) + 0
dσ dϑ dϑ
dJ ds , ds
wobei σ(0)J(t) bzw. σ(t)J(0) einen eventuellen Sprung der Spannung bzw. der Nachgiebigkeit zum Zeitpunkt t = 0 ber¨ ucksichtigen. Die entsprechende Darstellung der Spannung lautet bei bekannter Relaxationsfunktion: Z t dε σ(t) = ε(0)G(t) + G(t − ϑ) dϑ dϑ 0 Z t dG = ε(t)G(0) + ε(t − s) ds . ds 0
Viskoelastizit¨ at und Plastizit¨ at
291
Zwischen der Kriechfunktion und der Relaxationsfunktion besteht der Zusammenhang Z
Z
t
J(t − ϑ)G(ϑ)dϑ = 0
t
J(ϑ)G(t − ϑ)dϑ = t H(t) . 0
H(t) ist die Heavisidesche Einheitssprungfunktion j 0 ... t < 0 H(t) = . 1 ... t ≥ 0 Da das Integral als Faltungsintegral der Laplacetransformation L aufgefasst werden kann, besteht im Laplace-Bildraum zwischen den beiden Funktionen der Zusammenhang ff jZ t 1 J(t − ϑ) G(ϑ) dϑ = L{t H(t)} = 2 . L{J(t)} L{G(t)} = L s 0 Die Ermittlung von z.B. G(t) aus J(t) reduziert sich damit auf die Berechnung der inversen Laplacetransformation des Ausdrucks ff j 1 −1 . G(t) = L s2 L{J(t)} Korrespondenzprinzip: Zur Berechnung des Spannungs- oder Verformungszustands eines belasteten viskoelastischen K¨ orpers ben¨ otigt man so wie im elastischen Fall die Gleichgewichtsbedingungen, kinematische Beziehungen und das Stoffgesetz. F¨ ur einfache Geometrien, Lastsituationen und Stoffgesetze gelingt es oft, die Feldgleichungen direkt zu integrieren. Kompliziertere Verh¨ altnisse lassen sich einfacher mit dem Korrespondenzprinzip behandeln. Dieses besagt, dass die Laplacetransformierte der Feldgleichungen des viskoelastischen Problems in ihrer Struktur zu jener des korrespondierenden elastischen Problems analog sind. Dies bietet die M¨ oglichkeit, elastische L¨ osungen auf viskoelastische Materialien zu u ¨bertragen. In welcher Form das Stoffgesetz ber¨ ucksichtigt wird, h¨ angt von der Problemstellung ab. Es ist m¨ oglich, das Stoffgesetz in differentieller oder in integraler Form zu verwenden.
292
Viskoelastizit¨ at und Plastizit¨ at
Plastizit¨ at Spannung und Dehnung: Stab (Ausgangsl¨ ange l0 , Ausgangsquerschnitt A0 ) wird durch Zugkraft F belastet. σ A0 F
F
Entlastung
σF E
l0
1
εel εpl
ε
Nominelle Spannung, technische Dehnung: σ=
F , A0
ε=
Δl l − l0 = . l0 l0
F¨ ur σ ≤ σF , σF . . . Fließspannung, gilt das Hookesche Gesetz σ = Eε. Bei σ = σF setzt plastisches Fließen ein. Die gesamte Dehnung des Zugstabs ist: ε = εel + εpl =
σ + εpl . E
Bei der plastischen Verformung gilt meist die Volumenkonstanz (A, l . . . aktueller Querschnitt, aktuelle Stabl¨ ange): V 0 = A 0 l0 = A l = V . Wirkliche (wahre, physikalische) Spannung: σw =
F l l0 + l − l 0 Fl =σ =σ = σ(1 + ε) . = A A 0 l0 l0 l0
Logarithmische (nat¨ urliche) Dehnung: Z l ˆ dl l εl = = ln = ln(1 + ε) . l0 l l0 ˆ Ludwiksches Potenzgesetz (Dehnungen nicht zu klein bzw. zu groß; n . . . Verfestigungsexponent): σw = C εn l ,
0 ≤ n < 1.
Modellrheologie: Grundelement: Prandtlscher K¨ orper (Reibelement), σF . . . Fließspannung. Der K¨ orper gibt das starr-ideal plastische Verhalten wieder.
Viskoelastizit¨ at und Plastizit¨ at
σ
σF
293
σ σ σF
σ = σF sgn ε˙ ε
Kombinationen von Reibelement mit Feder(n) und D¨ ampfer(n) dienen zur modellm¨ aßigen Beschreibung anderer Stoffgesetze. Eine Feder in Reihe mit dem Reibelement verh¨ alt sich elastisch-ideal plastisch, eine weitere Feder parallel dazu angeordnet ergibt einen K¨ orper, der elastisch-plastisches Verhalten mit Verfestigung zeigt. Die Parallelschaltung von Feder, D¨ ampfer und Reibelement charakterisiert elastischviskoplastisches Materialverhalten. Wegnahme der Feder f¨ uhrt zu einem K¨ orper, der sich starr-viskoplastisch verh¨ alt (Bingham-K¨ orper). Fließbedingungen basieren auf Festigkeitshypothesen, wobei Versa” gen“ eintritt, wenn die Vergleichsspannung im Bauteil die Fließgrenze des Werkstoffs erreicht (vgl. Technische Mechanik, Teil 2, Kap. 3). In der Praxis sind zwei Fließbedingungen bedeutsam. • Fließbedingung nach Tresca: Die Bedingung besagt, dass plastisches Fließen unter der Einwirkung einer kritischen Schubspannung beginnt, welche Scherfließgrenze k genannt wird. F¨ ur die Hauptnormalspannungen σ1 ≥ σ2 ≥ σ3 gilt σ1 − σ3 = 2k . Im ebenen Fall (σ3 = 0) gilt q 2 = 2k , σ1 − σ2 = (σx − σy )2 + 4τxy wobei σ1 und σ2 unterschiedliche Vorzeichen haben m¨ ussen. Andernfalls muss die betragm¨ aßig gr¨ oßte Spannung σ1 oder σ2 verwendet werden. Zwischen der Scherfließgrenze k und der Fließspannung σF eines Zugstabs besteht der Zusammenhang σF = 2k . • Fließbedingung nach von Mises: Plastisches Fließen setzt ein, wenn die Gestalt¨ anderungsenergiedichte einen kritischen Wert annimmt. anderungsF¨ ur die Hauptnormalspannungen σ1 , σ2 , σ3 ist die Gestalt¨ energiedichte: ˜ ˆ ¯g = 1 + ν (σ1 − σ2 )2 + (σ2 − σ3 )2 + (σ3 − σ1 )2 . U 6E
294
Viskoelastizit¨ at und Plastizit¨ at
F¨ ur den einachsigen Zugversuch (σ1 = 0, σ2 = σ3 = 0) gelten bei Fließbeginn σ1 = σF und ¯g = 1 + ν 2σF2 . U 6E Somit lautet die Fließbedingung nach von Mises: r
1 [(σ1 − σ2 )2 + (σ2 − σ3 )2 + (σ3 − σ1 )2 ] = σF . 2
F¨ ur den ebenen Fall (σ3 = 0) ergibt sich q σ12 + σ22 − σ1 σ2 = σF . Plastische Verformung von Balken: Annahmen: • Der Balkenquerschnitt ist symmetrisch zur z-Achse, • die Querschnitte bleiben bei der Verformung eben, • das Material des Balkens sei hinsichtlich der Normalspannungen elastisch-ideal plastisch mit betragsm¨ aßig gleicher Fließspannung σF im Zug- und Druckbereich, • die Normalkraft am Balken sei Null. Elastisches Grenzmoment (W . . . Widerstandsmoment): Mel = W σF .
Ao
Vollplastisches Moment: Mpl = σF
A (zo + zu ) = Wpl σF . 2
So zo S Au
zu
Plastisches Widerstandsmoment: Wpl =
A (zo + zu ) . 2
Der Formfaktor α h¨ angt nur vom Querschnitt ab: α=
Mpl Wpl = . Mel W
Su A z
Viskoelastizit¨ at und Plastizit¨ at
Querschnitt W
h
Wpl
α
bh2 6
bh2 4
3 = 1, 50 2
πr 3 4
4r 3 3
16 = 1, 70 3π
5th2 18
th2 2
9 = 1, 80 5
bh2 24
(2 −
295
b
r
h t t
h
h
√ 6
2)bh2 4(2 −
√
2) = 2, 34
b
Differentialgleichung der Biegelinie (Rechteckquerschnitt b × h): w = −
1 2σF p , Eh 3 − 2m(x)
m(x) =
M (x) , Mel
1 ≤ |m(x)| <
Elastische Kr¨ ummung des Balkens bei Fließbeginn (|m| = 1): κel =
2σF . Eh
Kr¨ ummung κ beim Auftreten von plastischen Zonen: » – 1 “ κel ”2 |M | 3 1− . = Mel 2 3 κ
3 . 2
296
A6.1
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.1 Die Teilbilder a und b zeigen die rheologischen Modelle eines 4-Element-Festk¨ orpers als Kelvin-Voigt- bzw. Maxwell-Gruppe. Man zeige, dass f¨ ur beide Modelle ein Materialgesetz der Form p0 σ + p1 σ˙ = q0 ε + q1 ε˙ + q2 ε¨ gilt. σ E1
E2
σ
σ
¯∞ E
η¯0
¯1 E η¯1
η1
η2
a
σ b
L¨ osung Die Kelvin-Voigt-Gruppe ist eine Reihenschaltung zweier Kelvin-Voigt-K¨ orper (KV1 und KV2). Es werden daher die Dehnungen superponiert: ε = ε(t) = εKV1 + εKV2 . In den beiden Teilk¨ orpern KV1 und KV2 ist die Spannung gleich, d.h. σ = σ(t) = E1 εKV1 + η1 ε˙KV1 = E2 εKV2 + η2 ε˙KV2 . Setzt man εKV2 = ε − εKV1
bzw.
ε˙KV2 = ε˙ − ε˙KV1
und ε˙KV1 =
σ − E1 εKV1 η1
in das Stoffgesetzes des Kelvin-Voigt-K¨ orpers KV2 ein, so erh¨ alt man den Ausdruck „ « σ − E1 εKV1 . σ = E2 (ε − εKV1 ) + η2 ε˙ − η1
Aufgaben und L¨ osungen
297
Daraus errechnen sich εKV1 und seine Ableitung zu 1 (E2 η1 ε + η1 η2 ε˙ − (η1 + η2 ) σ) , E2 η1 − E1 η2 1 = (E2 η1 ε˙ + η1 η2 ε¨ − (η1 + η2 ) σ) ˙ . E2 η1 − E1 η2
εKV1 = ε˙KV1
Einsetzen in das Stoffgesetz des Kelvin-Voigt-K¨ orpers KV1 f¨ uhrt zur gesuchten Differentialgleichung „ « η1 + η2 η2 η1 η1 η2 E1 + E2 σ+ σ˙ = ε + + ε¨ . ε˙ + E1 E2 E1 E2 E1 E2 E1 E2 Die Maxwell-Gruppe (Teilbild b) ist eine Parallelschaltung eines Hookeschen (H), eines Newtonschen (N) und eines Maxwellschen K¨ orpers (M). Es werden daher die Spannungen superponiert: σ = σ(t) = σH + σN + σM . Dabei gelten die Stoffgesetze ¯∞ ε , σH = E
σN = η¯0 ε˙ ,
¯1 σM + η¯1 σ˙ M = E ¯1 η¯1 ε˙ . E
Setzt man die Ausdr¨ ucke ¯∞ ε − η¯0 ε˙ σM = σ − E und ¯∞ ε˙ − η¯0 ε¨ σ˙ M = σ˙ − E in das Stoffgesetz des Maxwell-K¨ orpers ein, so ergibt sich die gesuchte Differentialgleichung „ «« „ ¯ η¯0 η¯1 η¯1 ¯∞ ε + η¯0 + η¯1 1 + E∞ ε˙ + ¯ ε¨ . σ + ¯ σ˙ = E ¯1 E1 E E1
298
A6.2
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.2 Die Teilbilder a und b zeigen die rheologischen Modelle einer 4-Element-Fl¨ ussigkeit als Kelvin-Voigt- bzw. Maxwell-Gruppe. Man zeige, dass f¨ ur beide Modelle ein Materialgesetz der Form p0 σ + ¨ = q1 ε˙ + q2 ε¨ gilt. p1 σ˙ + p2 σ σ E1 σ
E0
η∞
¯1 E
¯2 E
η¯1
η¯2
σ
η1
σ
a
b
L¨ osung Die Kelvin-Voigt-Gruppe ist eine Reihenschaltung eines Hookeschen (H), eines Newtonschen (N) und eines Kelvin-Voigtschen K¨ orpers (KV). Es werden daher die Dehnungen superponiert: ε = ε(t) = εH + εN + εKV . Dabei gelten die Stoffgesetze εH =
σ , E0
ε˙N =
σ , η∞
σ = σ(t) = E1 εKV + η1 ε˙KV .
Setzt man die erste und die zweite Ableitung des Ausdrucks f¨ ur die Dehnung des Kelvin-Voigt-K¨ orpers ε˙KV = ε˙ −
σ˙ σ − , E0 η∞
ε¨KV = ε¨ −
σ ¨ σ˙ − E0 η∞
in die erste Ableitung des Stoffgesetzes des Kelvin-Voigt-K¨ orpers σ˙ = E1 ε˙KV + η1 ε¨KV ein, so erh¨ alt man die erw¨ unschte Differentialgleichung « „ η1 η∞ η∞ η1 η∞ η1 + η∞ σ˙ + + σ ¨ = η∞ ε˙ + ε¨ . σ+ E1 E0 E0 E1 E1
Aufgaben und L¨ osungen
299
Die Maxwell-Gruppe (Teilbild b) ist eine Parallelschaltung zweier Maxwellscher K¨ orper (M1 und M2). Es werden daher die Spannungen superponiert: σ = σ(t) = σM1 + σM2 . Dabei gelten die Stoffgesetze ¯1 σM1 + η¯1 σ˙ M1 = E ¯1 η¯1 ε˙ , E
¯2 σM2 + η¯2 σ˙ M2 = E ¯2 η¯2 ε˙ . E
Setzt man σM2 = σ − σM1 ,
σ˙ M2 = σ˙ − σ˙ M1 ,
σ˙ M1 =
¯1 η¯1 ε˙ − E ¯1 σM1 E η¯1
in das Stoffgesetz des Maxwellschen K¨ orpers M2 ein, so ergibt sich der Ausdruck „ « ¯ ¯ ¯2 (σ − σM1 ) + η¯2 σ˙ − E1 η¯1 ε˙ − E1 σM1 = E ¯2 η¯2 ε˙ . E η¯1 Aufl¨ osen nach σM1 und Einsetzen dieses Ausdrucks und seiner ersten orpers M1 f¨ uhrt Ableitung σ˙ M1 in das Stoffgesetz des Maxwellschen K¨ zur gesuchten Differentialgleichung „ σ+
η¯1 η¯2 ¯1 + E ¯2 E
«
¯1 + E ¯2 E η¯1 η¯2 σ˙ + ¯ ¯ σ ¨ = (¯ η1 + η¯2 ) ε˙ + ¯ ¯ η¯1 η¯2 ε¨ . E1 E2 E1 E2
300
A6.3
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.3 Die Teilbilder a und b zeigen die rheologischen Modelle eines 5-Element-Festk¨ orpers als Kelvin-Voigt- bzw. Maxwell-Gruppe. Man zeige, dass f¨ ur beide Modelle ein Materialgesetz der Form p0 σ + ¨ = q0 ε + q1 ε˙ + q2 ε¨ gilt. p1 σ˙ + p2 σ σ E1 σ
E2
E0
σ
η1
¯1 E
¯2 E
η¯1
η¯2
¯∞ E
η2
σ b
a
L¨ osung Die Kelvin-Voigt-Gruppe ist eine Reihenschaltung eines Hookeschen (H) und zweier Kelvin-Voigt-K¨ orper (KV1 und KV2). Es werden daher die Dehnungen superponiert: ε = ε(t) = εH + εKV1 + εKV2 . In den drei Teilk¨ orpern H, KV1 und KV2 ist die Spannung gleich, d.h. σ = σ(t) = E0 εH = E1 εKV1 + η1 ε˙KV1 = E2 εKV2 + η2 ε˙KV2 . Setzt man εKV2 = ε −
σ − εKV1 E0
bzw.
ε˙KV2 = ε˙ −
σ˙ − ε˙KV1 E0
und ε˙KV1 =
σ − E1 εKV1 η1
in das Stoffgesetzes des Kelvin-Voigt-K¨ orpers KV2 ein, so erh¨ alt man „ « „ « σ σ˙ σ − E1 εKV1 σ = E2 ε − . − εKV1 + η2 ε˙ − − E0 E0 η1 Aufl¨ osen nach εKV1 und Einsetzen dieses Ausdrucks und seiner Ableiorpers KV1 f¨ uhrt zur tung ε˙KV1 in das Stoffgesetz des Kelvin-Voigt-K¨
Aufgaben und L¨ osungen
301
gesuchten Differentialgleichung „ « 1 η1 (E0 + E2 ) + η2 (E0 + E1 ) 1 1 σ+ + + σ˙ E0 E1 E2 E0 E1 E2 « „ η1 η2 η1 η2 η1 η2 ε˙ + + σ ¨ =ε+ + ε¨ . E0 E1 E2 E1 E2 E1 E2 Die Maxwell-Gruppe (Teilbild b) ist eine Parallelschaltung eines Hookeschen (H) und zweier Maxwellscher K¨ orper (M1 und M2). Es werden daher die Spannungen superponiert: σ = σ(t) = σH + σM1 + σM2 . Dabei gelten die Stoffgesetze ¯∞ ε , σH = E ¯1 σM1 + η¯1 σ˙ M1 = E ¯1 η¯1 ε˙ , E
¯2 σM2 + η¯2 σ˙ M2 = E ¯2 η¯2 ε. E ˙
Setzt man ¯∞ ε − σM1 , σM2 = σ − E
¯∞ ε˙ − σ˙ M1 σ˙ M2 = σ˙ − E
und σ˙ M1 =
¯1 η¯1 ε˙ − E ¯1 σM1 E η¯1
in das Stoffgesetz des Maxwellschen K¨ orpers M2 ein, so ergibt sich der Ausdruck „ « ¯ ¯ ¯∞ ε˙ − E1 η¯1 ε˙ − E1 σM1 = E ¯2 η¯2 ε˙ . ¯2 (σ− E ¯∞ ε−σM1 )+ η¯2 σ˙ − E E η¯1 Aufl¨ osen nach σM1 und Einsetzen dieses Ausdrucks und seiner ersten orpers M1 f¨ uhrt Ableitung σ˙ M1 in das Stoffgesetz des Maxwellschen K¨ zur gesuchten Differentialgleichung „ « η¯1 η¯2 η¯1 η¯2 σ+ ¯ + ¯ ¨ σ˙ + ¯ ¯ σ E1 E2 E1 E2 „ « « „ ¯ ¯ ¯ ¯∞ ε + E ¯∞ η¯1 + η¯2 + η¯1 + η¯2 ε˙ + E1 + E2 + E∞ η1 η2 ε¨ . =E ¯ ¯ ¯ ¯ E1 E2 E1 E2
302
A6.4
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.4 Die Teilbilder a und b zeigen die rheologischen Modelle einer 5-Element-Fl¨ ussigkeit als Kelvin-Voigt- bzw. Maxwell-Gruppe. Man zeige, dass f¨ ur beide Modelle ein Materialgesetz der Form p0 σ + ... ¨ = q1 ε˙ + q2 ε¨ + q3 ε gilt. p1 σ˙ + p2 σ σ E1
E2
η∞ σ
σ
η1
¯2 E
η¯1
η¯2
η¯0
η2
a
¯1 E
σ b
L¨ osung Die Kelvin-Voigt-Gruppe ist eine Reihenschaltung eines Newtonschen (N) und zweier Kelvin-Voigt-K¨ orper (KV1 und KV2). Es werden daher die Dehnungen superponiert: ε = ε(t) = εN + εKV1 + εKV2 . Dabei gelten die Stoffgesetze ε˙N =
σ , η∞
σ = σ(t) = E1 εKV1 + η1 ε˙KV1 = E2 εKV2 + η2 ε˙KV2 .
Setzt man die erste und die zweite Ableitung des Ausdrucks f¨ ur die Dehnung des Kelvin-Voigt-K¨ orpers KV2 ε˙KV2 = ε˙ −
σ − ε˙KV1 , η∞
ε¨KV2 = ε¨ −
σ˙ − ε¨KV1 η∞
und ε¨KV1 =
σ˙ − E1 ε˙KV1 η1
in die erste Ableitung des Stoffgesetzes des Kelvin-Voigt-K¨ orpers KV2 σ˙ = E2 ε˙KV2 − η2 ε¨KV2 ein, so ergibt sich „ « „ « σ σ˙ σ˙ − E1 ε˙KV1 σ˙ = E2 ε˙ − . − ε˙KV1 + η2 ε¨ − − η∞ η∞ η1
Aufgaben und L¨ osungen
303
Aufl¨ osen nach ε˙KV1 und Einsetzen dieses Ausdrucks und seiner Ableiorpers KV1 f¨ uhrt zur tung ε¨KV1 in das Stoffgesetz des Kelvin-Voigt-K¨ gesuchten Differentialgleichung « „ η1 η2 + η1 η∞ + η2 η∞ η1 + η∞ η2 + η∞ σ˙ + σ+ + σ ¨ E1 E2 E1 E2 « „ η1 η2 η1 η2 η∞ ... ε. η∞ ε¨ + = η∞ ε˙ + + E1 E2 E1 E2 Die Maxwell-Gruppe (Teilbild b) ist eine Parallelschaltung eines Newtonschen K¨ orpers (N) und zweier Maxwellscher K¨ orper (M1 und M2). Es werden daher die Spannungen superponiert: σ = σ(t) = σN + σM1 + σM2 . Dabei gelten die Stoffgesetze σN = η¯0 ε˙ , ¯1 σM1 + η¯1 σ˙ M1 = E ¯1 η¯1 ε˙ , E
¯2 σM2 + η¯2 σ˙ M2 = E ¯2 η¯2 ε˙ . E
Setzt man σM2 = σ − η¯0 ε˙ − σM1 ,
σ˙ M2 = σ˙ − η¯0 ε¨ − σ˙ M1
und σ˙ M1 =
¯1 η¯1 ε˙ − E ¯1 σM1 E η¯1
in das Stoffgesetz des Maxwellschen K¨ orpers M2 ein, so ergibt sich „ « ¯ ¯ ¯2 η¯2 ε˙ . ¯2 (σ − η¯0 ε˙ − σM1 ) + η¯2 σ˙ − η¯0 ε¨ − E1 η¯1 ε˙ − E1 σM1 = E E η¯1 Ausrechnen von σM1 und Einsetzen dieses Ausdrucks und seiner ersten orpers M1 f¨ uhrt Ableitung σ˙ M1 in das Stoffgesetz des Maxwellschen K¨ zur gesuchten Differentialgleichung « η¯1 η¯2 η¯2 η¯1 σ˙ + ¯ ¯ σ + ¨ ¯ ¯ E1 E2 E1 E2 „ « η¯0 η¯1 + η¯1 η¯2 η¯0 η¯2 + η¯1 η¯2 η¯0 η¯1 η¯2 ... = (¯ η0 + η¯1 + η¯2 ) ε˙ + + ε¨ + ¯ ¯ ε . ¯1 ¯2 E E E1 E2 „
σ+
304
A6.5
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.5 F¨ ur den linearen Standardk¨ orper der Anordnungen wie in den Teilbildern a und b bestimme man die Dehnung ε, wenn die Spannung den dargestellten Verlauf hat und σ(t = 0+ ) = σ0 ist. σ E1 σ
¯1 E
E0
¯∞ E
σ
η¯1
η1
σ
a
b
σ σ0
t
T
L¨ osung F¨ ur den linearen Standardk¨ orper, der durch die Reihenschaltung eines Hookeschen und eines Kelvin-Voigt-K¨ orpers entsteht, gilt die Stoffgleichung (E0 + E1 ) σ + η1 σ˙ = E0 E1 ε + E0 η1 ε˙ . Im Intervall 0+ ≤ t < T gilt σ(t) = σ0 und σ(t) ˙ = 0. Damit erh¨ alt man die Gleichung ε + τ1 ε˙ =
E0 + E1 σ0 E0 E1
mit
τ1 =
η1 . E1
Die allgemeine L¨ osung der homogenen Differentialgleichung ε+τ1 ε˙ = 0 ist εh (t) = C1 e−t/τ1 ,
C1 . . . Konstante .
Aufgaben und L¨ osungen
305
Eine partikul¨ are L¨ osung der inhomogenen Differentialgleichung ist εp (t) =
E0 + E1 σ0 , E0 E1
die allgemeine L¨ osung der inhomogenen Differentialgleichung lautet ε(t) = εi (t) = εh (t) + εp (t) . Die Konstante C1 erh¨ alt man aus der Anfangsbedingung ε(t = 0+ ) =
σ0 E0 + E1 = C1 + σ0 E0 E0 E1
→
C1 = −
σ0 . E1
Die gesuchte Dehnung f¨ ur t < T ist daher “ ” σ0 σ0 1 − e−t/τ1 . + ε(t) = E0 E1 F¨ ur t ≥ T gilt σ(t) = σ(t) ˙ = 0. Die zu l¨ osende Differentialgleichung ε + τ1 ε˙ = 0 ist homogen. Die Integrationskonstante C2 der L¨ osung ε(t) = C2 e−t/τ1 erh¨ alt man aus der Bedingung σ0 (1 − e−T /τ1 ) = C2 e−T /τ1 E1 “ ” σ0 C2 = eT /τ1 − 1 , E1
ε(t = T ) = →
da die elastische Deformation σ0 /E0 des Hookeschen K¨ orpers durch auft die Dehnung Wegnahme der Spannung σ0 verschwindet. Somit verl¨ f¨ ur t ≥ T gem¨ aß “ ” σ0 eT /τ1 − 1 e−t/τ1 . ε(t) = E1
306
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Die grafische Darstellung zeigt die Dehnung in beiden Zeitintervallen. Man spricht von einer Kriecherholungskurve. ε
σ0 E1
σ0 E0
σ0 E0
T t Realisiert man den linearen Standardk¨ orper durch eine Parallelschaltung eines Hookeschen K¨ orpers und eines Maxwell-K¨ orpers (Teilbild b), so lautet die Stoffgleichung ¯ ∞ ε + (E ¯1 + E ¯∞ ) τ¯1 ε˙ σ + η¯1 σ˙ = E ¯1 des Maxwell-K¨ mit der Relaxationszeit τ¯1 = η¯1 /E orpers. Eine zu vorhin analoge Vorgehensweise liefert die Dehnung f¨ ur t < T ¯∞ t E − ¯ 1 σ0 E σ0 ¯ ¯∞ ) τ¯1 (E1 + E , ε(t) = ¯ − ¯ ¯1 + E ¯∞ ) e E∞ E ∞ (E bzw. f¨ ur t ≥ T 0 1 ¯∞ T ¯∞ t E E − ¯ 1 σ0 E ¯ ¯ ¯ ¯ B τ¯1 (E1 + E∞ ) C − 1A e τ¯1 (E1 + E∞ ) . ε(t) = ¯ ¯1 + E ¯∞ ) @e E ∞ (E Mit Hilfe der Verkn¨ upfungen ¯1 = E
E02 E0 + E1
¯∞ = E0 E1 E E0 + E1
τ¯1 =
E1 τ1 E0 + E1
lassen sich die Ergebnisse f¨ ur die Dehnung ineinander u uhren. ¨ berf¨
Aufgaben und L¨ osungen
307
Aufgabe 6.6 F¨ ur das skizzierte rheologische Modell einer 3-ElementFl¨ ussigkeit bestimme man die Spannung σ(t), wenn die Dehnung den dargestellten Verlauf hat. E1 σ
η∞
σ
η1 ε
ε˙ ε0 T
ε0
T
t
T
t
L¨ osung Die betrachtete 3-Element-Fl¨ ussigkeit ist eine Reihenschaltung eines Newtonschen und eines Kelvin-Voigt-K¨ orpers. Die Stoffgleichung lautet E1 σ + (η1 + η∞ ) σ˙ = E1 η∞ ε˙ + η1 η∞ ε¨ . Im Intervall 0 ≤ t < T gelten ε(t) =
ε0 t, T
ε(t) ˙ =
ε0 , T
ε¨(t) = 0 .
Dies ergibt die Differentialgleichung η1 η1 ε0 η1 η∞ σ+ σ˙ = . η1 + η∞ E1 T η1 + η∞ Die homogene Differentialgleichung besitzt die allgemeine L¨ osung σh (t) = C1 e−(α/τ1 ) t ,
τ1 =
η1 , E1
α=
η1 , η1 + η∞
C1 = const .
A6.6
308
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Die allgemeine L¨ osung der inhomogenen Differentialgleichung erh¨ alt man mit der Methode der Variation der Konstanten: σ(t) = C1 (t) e−(α/τ1 ) t . Einsetzen von σ(t) und σ(t) ˙ in die inhomogene Differentialgleichung ergibt ε0 η1 η∞ (α/τ1 ) t C˙ 1 (t) = e . τ1 T η1 + η∞ Integration u ¨ber die Zeit liefert C1 (t) =
ε0 η∞ (α/τ1 ) t + K1 e T
und f¨ ur σ(t) den Ausdruck σ(t) = K1 e−(α/τ1 ) t +
ε0 η∞ . T
Die Konstante K1 erh¨ alt man aus der Anfangsbedingung σ(t = 0) =
ε0 η1 η∞ T η1 + η∞
→
K1 = −
2 ε0 η∞ . η1 + η∞
Schließlich ergibt sich f¨ ur die Spannung im Intervall t < T „ « η∞ ε0 η∞ 1− σ(t) = e−(α/τ1 ) t . T η1 + η∞ F¨ ur t ≥ T l¨ asst sich die Spannung auch ohne L¨ osen der Differentialgleichung η1 /(η1 + η∞ ) σ + τ1 σ˙ = 0 herleiten. Stellt man die gegebene Dehnung f¨ ur t ≥ T in der Form ε(t) =
ε0 (t H(t) − (t − T ) H(t − T )) = ε0 T
dar, so kann die Spannung in diesem Intervall durch folgende Superposition des oben angegebenen Resultats ermittelt werden: j ff ε0 η∞ η∞ η∞ σ(t) = e−(α/τ1 ) t − 1 + e−(α/τ1 ) (t−T ) . 1− T η1 + η∞ η1 + η∞ Zusammenfassen ergibt σ(t) =
” “ 2 η∞ ε0 e(α/τ1 ) T − 1 e−(α/τ1 ) t . T η1 + η∞
Durch Einsetzen in die Stoffgleichung f¨ ur den Zeitbereich t ≥ T kann man sich von der Richtigkeit dieses Ausdrucks u ¨ berzeugen.
Aufgaben und L¨ osungen
309
In der grafischen Darstellung des Spannungsverlaufs sieht man den Sprung bei t = T , der durch das Verschwinden der Dehngeschwindigkeit verursacht wird. F¨ ur t → ∞ geht die Spannung gegen Null. σ
2 ε0 η∞ T η1 + η∞
ε0 η1 η∞ T η1 + η∞
ε0 η1 η∞ T η1 + η∞
T
t
310
A6.7
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.7 Gegeben sei ein 4-ElementFestk¨ orper der Maxwell-Gruppe. Man berechne die Spannung σ(t) f¨ ur den angegebenen Verlauf der Dehnung a) mittels der L¨ osung der Differentialgleichung des Stoffgesetzes und b) mit der Methode des Materialgesetzes in integraler Darstellung.
σ
η¯0
¯∞ E
¯1 E η¯1
σ ε
ε˙
3ε0
2
ε0 T
2T
ε0 T ε0 T
t
T
2T
t
L¨ osung a) Das Stoffgesetz lautet mit τ¯1 = η¯1 /E¯1 ¯ ∞ ε + (E ¯∞ τ¯1 + η¯0 + η¯1 ) ε˙ + η¯0 τ¯1 ε¨ . σ + τ¯1 σ˙ = E F¨ ur die Dehnung und die Dehngeschwindigkeit gelten ε0 (t H(t) + (t − T ) H(t − T ) − 2(t − 2T ) H(t − 2T )) , T ε0 ε(t) ˙ = (H(t) + H(t − T ) − 2 H(t − 2T )) . T
ε(t) =
Wegen der Konstanz der Dehngeschwindigkeit in allen Zeitintervallen ist ε¨(t) = 0, t ≥ 0. Die zu l¨ osende Differentialgleichung lautet daher f¨ ur das Intervall I (0 ≤ t < T ): σI + τ¯1 σ˙ I =
ε0 ¯ ¯∞ τ¯1 + η¯0 + η¯1 ) . (E ∞ t + E T
Die homogene Differentialgleichung besitzt die allgemeine L¨ osung σIh = CI e−t/¯τ1 ,
CI . . . Konstante .
Aufgaben und L¨ osungen
311
Eine partikul¨ are L¨ osung der inhomogenen Differentialgleichung ist σIp =
ε0 ¯ (E∞ t + η¯0 + η¯1 ) . T
Die L¨ osung der inhomogenen Differentialgleichung ist dann σI = CI e−t/¯τ1 +
ε0 ¯ (E∞ t + η¯0 + η¯1 ) . T
Die Konstante l¨ asst sich aus der Anfangsbedingung σI (t = 0) = (ε0 /T ) η¯0 errechnen zu ε0 CI = − η¯1 . T Damit ergibt sich f¨ ur die Spannung im Intervall I σI (t) =
ε0 ¯ {E∞ t + η¯0 + η¯1 (1 − e−t/¯τ1 )} , T
t
In analoger Vorgehensweise lassen sich die Spannungen in den beiden anderen Zeitintervallen ermitteln. b) F¨ ur die Ermittlung der Spannung u ¨ ber das Stoffgesetz in integraler Form wird die Relaxationsfunktion G(t) des Modellk¨ orpers ben¨ otigt. Diese lautet ¯1 e−t/¯τ1 . ¯∞ + η¯0 δ(t) + E G(t) = E Setzt man diese, die Anfangsbedingung ε(0) = 0 f¨ ur die Dehnung und den Ausdruck ε0 dε(ϑ) = (H(ϑ) + H(ϑ − T ) − 2 H(ϑ − 2T )) dϑ T f¨ ur die Dehngeschwindigkeit in die Beziehung Z t dε(ϑ) σ(t) = ε(0) G(t) + G(t − ϑ) dϑ dϑ 0 ein, so erh¨ alt man Z t ε0 (H(ϑ) + H(ϑ − T ) − 2 H(ϑ − 2T )) σ(t) = T 0 ¯∞ + η¯0 δ(t − ϑ) + E ¯1 e−(t−ϑ)/¯τ1 ) dϑ . ×(E
312
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Die Spannungen in den Zeitintervallen I bis III ergeben sich durch bereichsweise Integration. F¨ ur t < T (Intervall I) ist Z t ε0 ¯∞ + η¯0 δ(t − ϑ) + E ¯1 e−(t−ϑ)/¯τ1 ) dϑ σI (t) = (E T 0 ε0 ¯ (E∞ t + η¯0 + η¯1 (1 − e−t/¯τ1 )) . = T Im Intervall II (T ≤ t < 2T ) ist die Spannung Z t ε0 ¯∞ + η¯0 δ(t − ϑ) + E ¯1 e−(t−ϑ)/¯τ1 ) dϑ σII (t) = σI (t) + (E T T ε0 ¯ η0 + η¯1 (2 − (1 + eT /¯τ1 ) e−t/¯τ1 )) . = (E∞ (2t − T ) + 2¯ T F¨ ur das dritte Intervall (t ≥ 2T ) findet man schließlich Z t ε0 ¯∞ + η¯0 δ(t − ϑ) + E ¯1 e−(t−ϑ)/¯τ1 ) dϑ σIII (t) = σII (t) − 2 (E T 2T ε0 ¯∞ T − η¯1 (1 + eT /¯τ1 − 2e2T /¯τ1 ) e−t/¯τ1 ) . = (3E T In der grafischen Darstellung des Spannungsverlaufs haben die Spannungsgr¨ oßen folgende Bedeutung: Δσ 1 =
ε0 η¯0 , T
Δσ 2 =
ε0 η¯1 , T
Δσ 3 =
ε0 ¯∞ T + η¯0 + η¯1 ) . (−E T
σ
A
¯∞ ε0 E 2 T g e i nst
Δσ 3
ε0 ¯ g E∞ Anstie T
Δσ 2
σI
Δσ
ε0 η1 ) (2¯ η0 + 3¯ T
σII ε0 η¯0 T
σIII ¯ ∞ ε0 3E
1
T
2T
t
Aufgaben und L¨ osungen
313
Aufgabe 6.8 Gegeben sei eine 4-Element-Fl¨ ussigkeit der Kelvin-VoigtGruppe. Auf eine Substanz, deren Verhalten sich so beschreiben lasse, wirke die Spannung σ(t). Man ermittle die Dehnung mit der Methode des Materialgesetzes in integraler Darstellung. E1 σ
E0
η∞
σ σ
σ1
η1
T
2T
3T t
L¨ osung Die Dehnung l¨asst sich mit Hilfe der Kriechfunktion J(t) des rheologischen Modells darstellen: Z t dσ(ϑ) J(t − ϑ) dϑ . ε(t) = σ(0) J(t) + dϑ 0 F¨ ur den gegebenen Verlauf der Spannung gelten σ(0) = 0 und σ(t) =
σ1 (ϑ H(ϑ) − (ϑ − T ) H(ϑ − T ) − (ϑ − 2T ) H(ϑ − 2T )) T
sowie dσ(ϑ) σ1 = (H(ϑ) − H(ϑ − T ) − H(ϑ − 2T )) . dϑ T Die Kriechfunktion des rheologischen Modells lautet J(t) =
t 1 1 + + (1 − e−t/τ1 ) , E0 η∞ E1
τ1 =
η1 . E1
F¨ ur ε(t) ergibt sich der Ausdruck Z t σ1 (H(ϑ) − H(ϑ − T ) − H(ϑ − 2T )) ε(t) = T 0 1 t−ϑ 1 ×( + + (1 − e−(t−ϑ)/τ1 )) dϑ . E0 η∞ E1 F¨ ur die Auswertung des Integrals ist es zweckm¨ aßig, den Integrationsbereich in die Intervalle 0 ≤ t < T (I), T ≤ t < 2T (II), 2T ≤ t < 3T (III) und t ≥ 3T (IV) einzuteilen. Bezeichnet man mit f (t − ϑ) den Ausdruck 1 t−ϑ 1 + + (1 − e−(t−ϑ)/τ1 ) , E0 η∞ E1
A6.8
314
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
so erh¨ alt man Z t σ1 εI (t) = f (t − ϑ) dϑ T 0 2 1 1 t τ1 σ1 {( + )t + − (1 − e−t/τ1 )} , = T E0 E1 2η∞ E1 Z t σ1 εII (t) = εI (t) − f (t − ϑ) dϑ T T 1 2T t − T 2 τ1 σ1 1 + )T + + (1 − eT /τ1 )e−t/τ1 } , = {( T E0 E1 2η∞ E1 Z t σ1 σ1 1 1 εIII (t) = εII (t) − f (t − ϑ) dϑ = + ) (3T − t) {( T 2T T E0 E1 5T 2 − 6t T + t2 τ1 + (1 + (1 − eT /τ1 − e2T /τ1 )e−t/τ1 )} , 2η∞ E1 Z t σ1 εIV (t) = εIII (t) − f (t − ϑ) dϑ T 3T 2 τ1 σ1 2T + (1 − eT /τ1 − e2T /τ1 + e3T /τ1 )e−t/τ1 } . = { T η∞ E1 −
Den Verlauf der Dehnung zeigt die nachstehende Grafik. Die Dehnung zeigt Knicke, aber keine Spr¨ unge. Sie durchl¨ auft ein Maximum und n¨ ahert sich f¨ ur große Zeiten (angelegte Spannung gleich Null) dem Grenzwert 2σ1 T /η∞ . ε εIII εIV εII (2T ) − εI (T )
εII
2 εI (T )
σ1 T η∞
εI
T
2T
3T
t
Aufgaben und L¨ osungen
315
Aufgabe 6.9 Ein Stab bestehe aus einem Material, dessen Relaxati¯∞ + E ¯1 e−t/¯τ1 , τ¯1 = η¯1 /E ¯1 , gegeben ist. onsfunktion durch G(t) = E Man bestimme mittels der Laplace-Transformation die Retardationsfunktion J(t) durch Anwendung einer Beziehung zwischen J(t) und G(t).
L¨ osung Zwischen J(t) und G(t) besteht der Zusammenhang Z t J(t − ϑ) G(ϑ) dϑ = t H(t) . 0
Das Integral kann als Faltungsintegral der Laplacetransformation aufgefasst werden ff jZ t J(t − ϑ) G(ϑ) dϑ = L{t H(t)} , j(s) g(s) = L 0
wobei L die Laplacetransformierte bezeichnet: Z ∞ ˆ L{F (t)} = F (tˆ) e−st dtˆ = f (s) . 0
Mit der Laplacetransformierten L{t H(t)} = 1/s2 lautet der Zusammenhang von J(t) und G(t) im Laplace-Bildraum j(s) g(s) =
1 s2
→
j(s) =
1 . s2 g(s)
Die Laplacetransformierte von G(t) ist g(s) =
¯∞ ¯1 E E , + s s + 1/¯ τ1
und somit gilt 1 s (s + 1/¯ τ1 ) s + 1/¯ τ1 1 = ¯ ¯∞ (s + 1/¯ ¯ ¯ s2 E s(s + α/¯ τ1 ) E∞ + E1 τ1 ) + E 1 s ff j ¯ E∞ 1 1 1/¯ τ1 , α= ¯ = ¯ + ¯1 s + α/¯ ¯1 . τ1 s(s + α/¯ τ1 ) E∞ + E E∞ + E j(s) =
Die gesuchte Retardationsfunktion ist die inverse Laplacetransformierte von j(s). Der erste Teil des Ausdrucks in der Klammer besitzt die R¨ ucktransformation j ff 1 = e−(α/¯τ1 ) t . L−1 s + α/¯ τ1
A6.9
316
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Die R¨ ucktransformation des zweiten Terms gelingt durch Anwendung des Integrationssatzes der Laplace-Transformation ff j Z t 1 1 1/¯ τ1 ˆ e−(α/¯τ1 ) t dtˆ = (1 − e−(α/¯τ1 ) t ) . = L−1 s (s + α/¯ τ1 ) τ¯1 0 α Damit erh¨ alt man f¨ ur die Retardationsfunktion das Ergebnis 1 1 1 −(α/¯τ1 ) t ) J(t) = ¯ ¯1 ( α + (1 − α ) e E∞ + E ¯ E∞ − t ¯1 1 E ¯1 + E ¯∞ )¯ ( E τ1 . e = ¯ − ¯ ¯∞ + E ¯1 ) E∞ E ∞ (E Die gegebene Relaxationsfunktion ist die eines linearen Standardk¨ or¯∞ ) und einem dazu paralpers, der aus einem Hookeschen K¨ orper (E ¯1 , η¯1 ) besteht. Seine Retardationslel angeordneten Maxwell-K¨ orper (E funktion kann in jene des ¨ aquivalenten linearen Standardk¨ orpers (Seorper rienschaltung von Hookeschem K¨ orper (E0 ) und Kelvin-Voigt-K¨ (E1 , η1 )) umgerechnet werden, wenn die Beziehungen ¯1 = E
E02 E0 + E1
¯∞ = E0 E1 E E0 + E1
τ¯1 =
E1 τ1 E0 + E1
in das obige Ergebnis eingesetzt werden. Man erh¨ alt dann J(t) =
1 1 + (1 − e−t/τ1 ) . E0 E1
σ E1 ¯1 E
σ
E0
σ
¯∞ E η¯1 η1 σ
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 6.10 Ein einseitig fest eingespannter Balken besteht aus einem Material, dessen mechanisches Verhalten durch einen linearen Standardk¨ orper (der Kelvin-VoigtGruppe) beschrieben werden kann. Man bestimme die Durchbiegung w(x, t) des Balkens, wenn er durch eine Streckenlast q(x, t) = q0 sin(πx/l) H(t) = q0 sin(πx/l), t ≥ 0, belastet wird.
317
A6.10 q0 A x z l
L¨ osung Das Stoffgesetz des Balkens lautet E0 + E1 τ1 σ+ σ˙ = ε + τ1 ε˙ , E0 E1 E0
τ1 =
η1 . E1
R Wir verwenden die statische Beziehung My (x) = zσ dA, die kinema tische Beziehung ε = −w z und das Stoffgesetz. Wie in der Elastostatik nehmen wir an, dass die Durchbiegung unabh¨ angig von z ist und im Rahmen der Viskoelastizit¨ at neben x auch von der Zeit abh¨ angt. Setzt man die kinematische Beziehung in das Stoffgesetz ein, so erh¨ alt man E0 + E1 τ1 σ+ σ˙ = −w z − τ1 w˙ z , E0 E1 E0 worin w˙ die Ableitung der Durchbiegung nach der Zeit bedeutet. Multiplikation mit z und Integration u ache A des ¨ ber die Querschnittsfl¨ Balkens ergibt E0 + E1 τ1 ˙ My (x) = −Iy w − τ1 Iy w˙ . My (x) + E0 E1 E0 2
− 1) und M˙ y (x) = 0 folgt „ « l 2 E0 + E1 1 πx x ˙ = −q0 (Iy w + τ1 Iy w) sin + −1 . π E0 E1 π l l
Mit My (x) = q0 lπ ( π1 sin
πx l
+
x l
E1 Zweimalige Integration u urzung S = EE00+E ¨ ber x liefert mit der Abk¨ 1 „ « 2 2 l l πx x − 2 cos (Iy w + τ1 Iy w) ˙ = −q0 + − x + f (t) , πS π l 2l „ 2 « l l2 πx x3 x2 − 3 sin + f (t) x + g(t) . + − Iy w + τ1 Iy w˙ = −q0 πS π l 6l 2
318
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Ber¨ ucksichtigt man die Randbedingungen an der Einspannstelle w(0, t) = w(0, ˙ t) = 0 ,
w (0, t) = w˙ (0, t) = 0 ,
so ergibt sich f (t) = −q0
l3 , πS
g(t) = 0 .
Die noch zu l¨ osende Differentialgleichung f¨ ur w(x, t) ist w + τ1 w˙ = F (x) =
q0 l4 F (x) , π S Iy
1 πx x 1 “ x ” 2 1 “ x ”3 sin − . − + 3 π l l 2 l 6 l
Ihre allgemeine L¨ osung lautet − τt
w(x, t) = Ce
1
+
q0 l4 F (x) . π S Iy
Wegen der momentanen Nachgiebigkeit 1/E0 des linearen Standardk¨ orpers hat das Aufbringen der Streckenlast eine sofortige Absenkung des Balkens zur Folge. Die Integrationskonstante l¨ asst sich daher aus der Anfangsbedingung w(x, 0) =
q0 l4 q0 l4 F (x) = C + F (x) π E0 Iy π S Iy
ermitteln. Ausrechnen von C f¨ uhrt auf C=−
q0 l4 F (x) . π E1 Iy
F¨ ur die Durchbiegung ergibt sich damit „ « q0 l4 πx x 1 “ x ”2 1 “ x ”3 1 w(x, t) = sin − − + π Iy π 3 l l 2 l 6 l „ « 1 1 − t × + (1 − e τ1 ) . E0 E1 F¨ ur große Zeiten wird die Absenkung des Balkens von der Gleichgewichtsnachgiebigkeit E10 + E11 des linearen Standardk¨ orpers bestimmt.
Aufgaben und L¨ osungen
319
Aufgabe 6.11 Ein beidseitig gelenkig gelagerter, vorgekr¨ ummter Balken (Vorkr¨ ummung w0 (x) = w0 sin(πx/l)) wird durch die spontan aufgebrachte Last F (t) = F0 H(t) belastet. Der Balken besteht aus einem Material, welches sich einem linearen Standardk¨ orper der Kelvin-VoigtGruppe entsprechend verh¨ alt. Man bestimme die Absenkung des Balkens. E 1
σ
F0 H(t)
E0
w0 (x)
σ
η1
w(x, t) x l
L¨ osung Wir bezeichnen die gesamte Absenkung des Balkens infolge atzlich der Vorkr¨ ummung w0 (x) und der sich infolge der Belastung zus¨ einstellenden Absenkung w(x, t) mit wG (x, t) = w0 (x) + w(x, t) . Das Stoffgesetz des Balkens lautet L ε + τ E0 ε˙ = σ + τ σ˙ ,
L=
E0 E1 , E0 + E1
τ =
η1 . E0 + E1
Mit Hilfe der kinematischen R Beziehung ε = −w z und der Beziehung aus der Statik My (x, t) = zσ(x, t) dA gewinnt man
−L Iy w − τ E0 Iy w˙ = My + τ M˙ y . Das Moment My = My (x, t) setzen wir am ausgelenkten Balken an: ” “ πx + f (x) g(t) , t ≥ 0 , My (x, t) = F0 wG H(t) = F0 w0 sin l wobei f¨ ur w(x, t) = f (x) g(t) = sin πx g(t) ein Produktansatz gew¨ ahlt l wird. Setzt man My (x, t), M˙ y (x, t) = f (x) g(t), ˙ w (x, t) = f (x) g(t) ˙ in das Stoffgesetz ein, ergibt dies die gew¨ ohnund w˙ (x, t) = f (x) g(t)
A6.11
320
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
liche Differentialgleichung erster Ordnung f¨ ur g(t): ` π ´2 L I y l − F0 F0 w0 g(t) + τ g(t) ˙ = . ` π ´2 ` ´2 E 0 I y l − F0 E0 Iy πl − F0 Ihre allgemeine L¨ osung ist B
g(t) = gh (t) + gp (t) = C e− τ t +
A B
mit den Abk¨ urzungen A=
E0 Iy
F0 w0 ` π ´2 l
− F0
,
B=
L Iy
` π ´2
E0 Iy
l
` π ´2 l
− F0 − F0
.
Die Anfangsbedingung, die f¨ ur die Berechnung der Konstanten C ben¨ otigt wird, l¨ asst sich durch L¨ osen der Differentialgleichung der Biegelinie des vorgekr¨ ummten Balkens f¨ ur ein linear-elastisches Material mit dem Elastizit¨ atsmodul E0 ermitteln. Die Gleichung −E0 Iy w (x, 0) = My (x, 0) = F0 (w0 + g(0)) sin
πx l
hat die L¨ osung g(0) = E0 Iy
F0 w0 ` π ´2 l
− F0
= A.
F¨ ur C erh¨ alt man g(0) = A = C +
A B
→
C =A−
A . B
Die gesamte Absenkung des Balkens ist daher „ „ « « B A A πx . + A− e− τ t sin wG (x, t) = w0 + B B l F¨ ur die Interpretation dieses `Ergebnisses unterscheidet man drei F¨ alle. ´2 I Fall I: 0 ≤ F0 = F0I < L Iy πl , wG (x, t) = wG . W¨ ahlt man F0 so, dann klingt die Exponentialfunktion f¨ ur lange Zeiten ab und der Balken erreicht eine endliche Durchbiegung entsprechend dem Langzeitmodul L. ` ´2 II . Die Durchbiegung f¨ ur Fall II: F0 = F0II = L Iy πl , wG (x, t) = wG t = 0 ist analog zu Fall I gegeben durch (w0 +AII ) sin πlx , danach steigt sie linear mit`der ´2 Zeit an. ` ´2 III . Wohl ist Fall III: L Iy πl < F0 = F0III < E0 Iy πl , wG (x, t) = wG die anf¨ angliche Absenkung des Balkens endlich, f¨ ur t > 0 erreicht sie
Aufgaben und L¨ osungen
321
jedoch wegen der schnell wachsenden Exponentialfunktion (unzul¨ assig) große Werte. In der grafischen Darstellung der maximalen Absenkung des Balkens (x = l/2) werden die Abk¨ urzungen ` ´2 L Iy πl − F0i F0i w0 i i , B = , i = I, II, III A = ` ´2 ` ´2 E0 Iy πl − F0i E0 Iy πl − F0i verwendet.
wG (x = 2l , t) II
III wG
An
st
A τ g e i
II wG
I wG
AIII AII
AI − AI BI
AI w0 t
322
A6.12
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.12 In einem Experiment an einem 3-Element-Material aus Feder(n) und D¨ ampfer(n) wird die skizzierte Dehnung ε(t) gemessen. Man entscheide ohne Rechnung, wie das rheologische Modell aussehen muss, damit sich dieser Dehnungsverlauf ergibt.
ε
t
L¨ osung Der gemessene Verlauf der Dehnung stammt von einer 3Element-Fl¨ ussigkeit, bei der ein Newtonscher K¨ orper in Reihe mit einem Kelvin-Voigt-K¨ orper geschaltet ist. Dies l¨ asst sich so begr¨ unden: 1. F¨ ur t → ∞ w¨ achst die Dehnung ohne Grenzen. Daher muss ein Newtonscher K¨ orper in Reihe mit einer Kombination der beiden anderen Elemente angeordnet sein. 2. F¨ ur t = 0 zeigt sich keine spontane Dehnung, d.h. der Hookesche K¨ orper (Feder) darf nur in Parallelschaltung mit einem weiteren D¨ ampfer vorliegen. Dies ist ein Kelvin-Voigt-K¨ orper.
E1 σ
η∞
σ
η1
Aufgaben und L¨ osungen
323
Aufgabe 6.13 F¨ ur einen Maxwell-K¨ orper (E, η), der durch die Spannung σ(t) = σ0 cos ωt, σ0 , ω = const, erregt wird, bestimme man die w¨ ahrend einer Periode dissipierte Arbeit W = W (ω). Man l¨ ose die Aufgabe auch f¨ ur einen Kelvin-Voigt-K¨ orper (E, η) f¨ ur Zeiten t τ = η/E.
L¨ osung F¨ ur den Maxwell-K¨ orper gilt das Stoffgesetz ε˙ =
σ σ˙ + . η E
Die Leistung ist „ P = σ ε˙ =
σ02
cos ωt
ω 1 − sin ωt + cos ωt E η
« .
Die dissipierte Arbeit in einer Periode ergibt sich durch Integration der Leistung: « Z 2π/ω „ Z 2π/ω 1 ω P dt = σ02 W = − sin ωt cos ωt + cos2 ωt dt E η 0 0 „ «˛ π 1 t 1 ˛2π/ω = σ02 − = σ02 . sin2 ωt + + sin 2ωt ˛0 2E 2η 4ηω ηω Das Stoffgesetz f¨ ur den Kelvin-Voigt-K¨ orper σ = E (ε + τ ε) ˙ = σ0 cos ωt muss integriert werden, um die Dehnung und ihre Ableitung berechnen zu k¨ onnen. Von der L¨ osung ε = C e−t/τ +
σ0 cos ωt + ωτ sin ωt E 1 + (ωτ )2
dieser inhomogenen Differentialgleichung ist f¨ ur t τ nur der zweite Term von Interesse, da die L¨ osung der homogenen Gleichung rasch abklingt. Die dissipierte Arbeit in einer Periode ist Z 2π/ω σ02 cos ωt (−ω sin ωt + ω 2 τ cos ωt) dt W = E (1 + (ωτ )2 ) 0 „ « πσ02 σ02 cos 2ωt τ sin 2ωt ˛˛2π/ω ωτ ωτ t = . = + + ˛0 2 E (1 + (ωτ ) ) 2 4ω 4 E 1 + (ωτ )2 Die dissipierte Arbeit wird maximal f¨ ur ωτ = 1.
A6.13
324
A6.14
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.14 Ein Gewicht G wird an einem Kunststofffaden aufgeh¨ angt. Der Faden besteht aus inkompressibel viskoelastischem Material und hat im unbelasteten Zustand den ange l0 . Das StoffQuerschnitt A0 und die L¨ gesetz zwischen der wahren Fadenspannung σ = G/A(ε), A(ε) . . . momentaner Fadenquerschnitt, und der technischen Dehnung ε = l−l0 , l . . . momentane Fadenl¨ ange, wird durch l0 das Kelvin-Voigt-Modell mit Federzahl E und D¨ ampfungszahl η beschrieben. Bei welchem Gewicht G ist die Fadendehnungsgeschwindigkeit konstant? Wie groß ist dann l˙ ?
l
G
L¨ osung Die Inkompressibilit¨at des Fadenmaterials hat wegen l A = l0 A0 (Volumenkonstanz) die Beziehung 1 1+ε = A A0 zur Folge. Das Kelvin-Voigt-Modell gehorcht dem Stoffgesetz E ε + η ε˙ = σ =
G G (1 + ε) . = A A0
Die Dehngeschwindigkeit ist daher „ « G E G ε˙ = + − ε. η A0 η A0 η Damit ε˙ konstant ist, muss der Ausdruck in der Klammer verschwinden: „ « G 1 −E =0 → G = A0 E . η A0 G E = folgt η A0 η „ « E d l − l0 = ε˙ = dt l0 η
Aus ε˙ =
→
E l˙ = l0 . η
Aufgaben und L¨ osungen
325
Aufgabe 6.15 Es wird behauptet, dass die (dimensionslose) Kriechfunktion J(t) = (2 − e−t ) H(t) und die (dimensionslose) Relaxationsfunktion G(t) = (1 + e−2t ) H(t) ein- und dasselbe viskoelastische Materialverhalten beschreiben. Man u ufe diese Behauptung auf ihre Richtigkeit! ¨ berpr¨
L¨ osung Die Relaxationsfunktion und die Retardationsfunktion (Kriechfunktion) eines rheologischen Modellk¨ orpers stehen zueinander in Beziehung. Wenn die Behauptung wahr ist, dann muss f¨ ur die Faltung (∗) der beiden Funktionen die Bedingung d (G(t) ∗ J(t)) = H(t) dt erf¨ ullt sein. Ausrechnen der Faltung mit Hilfe des Faltungsintegrals ergibt: Z t d (1 + e−2ϑ )(2 − e−(t−ϑ) ) H(ϑ) H(t − ϑ) dϑ dt 0 =
d {(2 ϑ − e−2ϑ − e−t eϑ + e−t e−ϑ )|t0 H(t)} dt
=
d {2 t H(t)} = 2 H(t) + 2 t δ(t) = 2 H(t) . dt
Die Behauptung ist falsch. Die Behauptung w¨ urde stimmen, wenn eine der beiden Funktionen G(t) are. oder J(t) mit dem Faktor 12 versehen w¨
A6.15
326
A6.16
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.16 Die St¨abe (Querschnitt A, L¨ange l0 ) des skizzierten Zweischlags verhalten sich viskoelastisch. F¨ ur den Zusammenhang zwischen Stabkraft und L¨ angen¨ anderung gilt beim vertikalen Stab das Kelvin-Voigt-Modell, beim horizontalen Stab das Maxwell-Modell. Am √ Gelenk G wird die Last P = 2 P0 H(t), P0 = konstant, aufgebracht. Es soll vorausgesetzt werden, dass die Verschiebungen und Stabdrehungen so klein sind, dass das Gleichgewicht am unverformten Zweischlag aufgestellt werden darf. Die Parameter des Kelvin-Voigt-Modells seien E1 = E0 und η1 = η0 , jene des Maxwell-Modells E2 = 2 E0 und oßen E0 und η0 sind gegeben, τ bezeichnet den η2 = 2 ln 2 η0 . Die Gr¨ Quotienten η0 /E0 . √
y
l0
2P0
x G
l0
a) An welcher Stelle (x, y) befindet sich das Gelenk G zum Zeitpunkt ta = 0+ ? b) An welcher Stelle ist es zum Zeitpunkt tb = τ ln 2 ?
L¨ osung Die Dehnantworten der beiden rheologischen Modelle und die Stabverl¨ angerungen sind „ « E P0 σ0 ΔlKV − 1t 1 − e η1 H(t) = εKV (t) = (1 − e−t/τ ) H(t) = , E1 A E0 l0 „ εM (t) = σ0
„ « P0 1 E0 t H(t) = H(t) + A E0 2 2 ln 2 η0 « „ ΔlM P0 1 t H(t) = = , + A E0 2 2 ln 2 τ l0
1 t + E2 η2
«
Aufgaben und L¨ osungen
ΔlKV =
ΔlM =
327
P0 l0 (1 − e−t/τ ) H(t) = Δl0 (1 − e−t/τ ) H(t) , A E0
Δl0 2
„ 1+
t ln 2 τ
« H(t) .
a) Das Kelvin-Voigt-Modell gibt zum Zeitpunkt ta = 0+ keine Dehnantwort, daher gilt ΔlKV (t = ta ) = 0. Das Maxwell-Modell hingegen liefert ΔlM (t = ta ) = Δl0 /2. Somit befindet sich das Gelenk unmittelbar nach Lastaufbringung bei „ « Δl0 (x, y)a = ,0 . 2 b) Die Verl¨ angerungen der St¨ abe nach t = tb = τ ln 2 sind ΔlKV = Δl0 (1 − e−τ ΔlM =
Δl0 2
ln 2/τ
)=
Δl0 , 2
„ « τ ln 2 1+ = Δl0 τ ln 2
→
(x, y)b =
„ « Δl0 Δl0 , . 2
328
A6.17
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.17 Eine zylindrische Stauchprobe besteht in der oberen H¨ alfte aus MaxwellMaterial, in der unteren aus Kelvin-VoigtMaterial. In einem Relaxationsversuch wird die Probe um ε(t) = ε0 H(t) gestaucht. Die Gr¨ oßen E0 , η0 , ε0 und A0 , die Querschnittsfl¨ ache der Stauchprobe, sind gegeben. a) Man leite die Differentialgleichung f¨ ur die Stauchkraft S(t) her. b) Man bestimme die L¨ osung S(t) der Differentialgleichung. c) Wie groß ist S f¨ ur t = 0+ ?
ε
M (E0 , η0 ) KV (E0 , η0 )
L¨ osung a) Wegen der Hintereinanderschaltung des Maxwell (M)- und des Kelvin-Voigt (KV)-K¨ orpers sind die Spannungen in beiden gleich, die Dehnungen addieren sich: σ = σM = σKV ,
ε = εM + εKV .
Die Stoffgleichungen der Teilk¨ orper lauten σM + τ σ˙ M = σ + τ σ˙ = η0 ε˙M ,
(i)
σKV = σ = E0 (εKV +τ ε˙KV ) ,
(ii)
mit τ = η0 /E0 . Bildet man die Summe (i) + τ sich die gesuchte Differentialgleichung
d ((i) dt
+ (ii)), so ergibt
¨ = η0 ε˙M + τ E0 ε˙KV + τ η0 ε¨M + τ 2 E0 ε¨KV σ + 3 τ σ˙ + τ 2 σ = η0 (ε˙M + ε˙KV ) + τ η0 (¨ εM + ε¨KV ) = η0 ε˙ + τ η0 ε¨ . Die Stauchkraft S ist u ¨ ber die Beziehung S = σ A0 mit der Spannung verkn¨ upft. b) Wir l¨ osen die Differentialgleichung f¨ ur die Spannung. Die Gleichung ist homogen f¨ ur t > 0, f¨ ur t = 0 ist die Inhomogenit¨ at die rechte Seite der Gleichung. Ein L¨ osungsansatz f¨ ur die homogene Gleichung ist σh = A eλt ,
σ˙ h = Aλ eλt ,
σ ¨h = Aλ2 eλt .
Einsetzen in die homogene Differentialgleichung ergibt die charakteristische Gleichung τ 2 λ2 + 3 τ λ + 1 = 0
Aufgaben und L¨ osungen
329
mit den L¨ osungen λ1/2 =
√ 1 (−3 ± 5) . 2τ
Eine L¨ osung der inhomogenen Gleichung kann man aus σh konstruieren, indem der Ansatz σi = (A eλ1 t + B eλ2 t ) H(t) und seine Ableitungen σ˙ i = (Aλ1 eλ1 t + Bλ2 eλ2 t ) H(t) + (A + B) δ(t) , ˙ σ ¨i = (Aλ21 eλ1 t + Bλ22 eλ2 t ) H(t) + (Aλ1 + Bλ2 ) δ(t) + (A + B) δ(t) in die inhomogene Differentialgleichung eingesetzt werden. Dabei bezeichnet δ(t) die Diracsche Delta-Funktion. Diese Funktion hat die Eid ˙ (f (t) δ(t)) = f (0) δ(t). Die Mulgenschaften f (t) δ(t) = f (0) δ(t) und dt osung der tiplikation mit H(t) im Ansatz f¨ ur σi stellt sicher, dass die L¨ Differentialgleichung f¨ ur t < 0 verschwindet. Wir erhalten dann {A + B + 3 τ (Aλ1 + Bλ2 ) + τ 2 (Aλ21 + Bλ22 )} H(t) ˙ +{3 τ (A + B) + τ 2 (Aλ1 + Bλ2 )} δ(t) + τ 2 (A + B) δ(t) ˙ . = η0 ε˙ + τ η0 ε¨ = η0 ε0 δ(t) + τ η0 ε0 δ(t) Ein Koeffizientenvergleich liefert: η0 ε0 ˙ = E 0 ε0 → B = E 0 ε0 − A , δ(t): A+B = τ δ(t): 3 (A + B) + τ (Aλ1 + Bλ2 ) = E0 ε0 . ur die beiden Konstanten Einsetzen von λ1 und λ2 ergibt f¨ « « „ „ E 0 ε0 1 1 E 0 ε0 , B= . 1− √ 1+ √ A= 2 2 5 5 Der Koeffizient von H(t) wird beim Einsetzen von A, B, λ1 und λ2 Null. Die Stauchkraft ist daher « « „„ « „ √ √ −3+ 5 −3− 5 1 1 E 0 A0 ε0 e 2τ t + 1 + √ e 2 τ t H(t) . 1− √ S(t) = 2 5 5 c) Die Stauchkraft f¨ ur t = 0+ ist « „ 1 E 0 A0 ε0 1 = E 0 A0 ε0 . S(t = 0+ ) = 1− √ +1+ √ 2 5 5
330
A6.18
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.18 Ein langes Kreisrohr (Innenradius a, Außenradius b = 2a) aus einem inkompressiblen Material wird zum Zeitpunkt t = 0 durch pl¨ otzliches Aufweiten auf einen starren Kern mit dem Radius ¨ a + s (Ubermaß s = 10−3 a) aufgeschrumpft. ur den Fall, dass sich das a) Man bestimme den Schrumpfdruck pa f¨ Rohr elastisch verh¨ alt (Elastizit¨ atsmodul E, Querzahl ν = 0, 5). b) F¨ ur den Fall, dass das Rohr aus Maxwell-Material (E0 , η0 ) besteht, soll der Schrumpfdruck pa den Wert pmin = 10−5 E0 nicht unterschreiur einen konstanten ten. Wie groß ist die zul¨ assige Betriebsdauer tmax f¨ Vergleichsmodul E0 und die Relaxationsfunktion G(t) = E0 e−t/τ , τ = orpers ? η0 /E0 , des Maxwell-K¨
b
a
a+s
L¨ osung a) Die Verschiebung des Rohrinnenradius betr¨agt ur (r = a) = s H(t) . Die L¨ osung f¨ ur das elastische inkompressible Rohr (ebener Verformungszustand, vgl. Technische Mechanik, Band 4, Kap. 2) lautet 3 p a a 2 b2 , 2 E b2 − a 2 r „ 2 « a2 b − 1 . σr (r) = −pa 2 b − a2 r 2 ur (r) =
F¨ ur r = a gilt ur (r = a) =
3 p a a 2 b2 = s H(t) 2 E b2 − a 2 a
σr (r = a) = −pa = −
→
2 E b2 − a 2 s H(t) . 3 a b2
pa =
2 E b2 − a 2 s H(t) , 3 a b2
Aufgaben und L¨ osungen
331
F¨ ur die gegebenen Gr¨ oßen a, b = 2a und s = 10−3 a ergibt sich pa =
2 E 3a2 −3 1 10 H(t) = 10−3 E H(t) . 3 4a2 2
b) Die elastische L¨ osung l¨ asst sich auf das viskoelastische MaxwellMaterial mit Hilfe des Korrepondenzprinzips u ¨ bertragen. Dazu ist der Elastizit¨ atsmodul durch den Operator E →
d G(t) ∗ dt
zu ersetzen, wobei ∗ die Faltung bezeichnet. Die viskoelastische L¨ osung f¨ ur den Schrumpfdruck lautet dann ” 1 1 d “ −t/τ pa (t) = 10−3 E0 ∗ H(t) = 10−3 E0 e−t/τ . e 2 dt 2 Aus der Bedingung pa (t) = pmin = 10−5 E0 =
1 −3 10 E0 e−t/τ 2
l¨ asst sich die maximale Einsatzzeit absch¨ atzen zu tmax = τ ln
1 10−3 2 10−5
= τ ln 50 ≈ 3, 91 τ .
F¨ ur eine lange Einsatzzeit ist demnach eine hohe Viskosit¨ at des D¨ ampfers des Maxwell-Materials g¨ unstig.
332
A6.19
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.19 Die Enden eines prismatischen Stabes der L¨ange L werden gegeneinander um den Winkel ϑ = ϑ0 sin ωt, ϑ0 , ω = const, verdreht. Bekannt sind das Torsionstr¨ agheitsmoment IT des Stabes sowie sein Materialverhalten vom Kelvin-Voigt-Typ mit dem Schubmodul G und der Relaxationszeit τ . Man bestimme den zeitlichen Verlauf und die Amplitude des Torsionsmoments.
L¨ osung Aus der Elastostatik u ¨ bernehmen wir den Zusammenhang zwischen dem Torsionsmoment MT , der Torsionssteifigkeit GIT und der Verwindung ϑ/L (vgl. Technische Mechanik, Band 2, Kap. 5): MT = GIT
ϑ . L
Das Stoffgesetz des Kelvin-Voigt-K¨ orpers lautet σ = E (ε + τ ε) ˙ . Ersetzt man darin die Spannung durch das Torsionsmoment und die Dehnung durch den Verdrehwinkel, so korrespondiert E mit GIT /L. Das Torsionsmoment ist daher: MT =
GIT ˙ = GIT ϑ0 (sin ωt + τ ω cos ωt) . (ϑ + τ ϑ) L L
Als Amplitude bezeichnen wir das maximale Torsionsmoment MTmax , das sich aus GIT M˙ T = ϑ0 ω (cos ωt − τ ω sin ωt) = 0 L ergibt. Bezeichnet man mit t0 die L¨ osung dieser Gleichung, so gilt «2 „ ˙ T2 (t0 ) M GIT 2 2 2 ϑ0 = MTmax = (1 + (ωτ ) ) . MT (t0 ) + ω2 L Die Amplitude des Torsionsmoments ist daher MTmax =
p
1 + (ωτ )2
GIT ϑ0 . L
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 6.20 Ein elastischer K¨ orper 1 und ein viskoelastischer K¨ orper 2 gleicher L¨ ange L und gleichen Querschnitts A werden mit zwei feststehenden und einer beweglichen starren Platte unl¨ oslich und anf¨ anglich spannungsfrei verbunden. Die bewegliche Platte wird dann mit der Kraft P = P0 H(t) belastet. Der elastische K¨ orper hat den Elastizit¨ atsmodul E1 = angsE0 . Das Stoffgesetz zwischen der L¨ angsdehnung ε2 des spannung σ2 und der L¨ zweiten K¨ orpers ist gegeben in der Form σ2 = E2 τ ε˙2 , E2 = E0 , τ = η2 /E2 . Man berechne die L¨ angsverschiebung u(t) der mittleren Platte.
333
A6.20
1(A)
L
P u 2(A)
L
F1
L¨ osung Das Kr¨aftegleichgewicht an der freigeschnittenen mittleren Platte liefert P = F1 − F2 .
P F2
Die Stoffgesetze f¨ ur die beiden K¨ orper 1 und 2 sind σ1 =
F1 = E 0 ε1 A
σ2 =
F2 = E0 τ ε˙2 . A
Die Verformungen der K¨ orper m¨ ussen zueinander kompatibel sein, also ε1 =
u = −ε2 , L
ε˙2 = −
u˙ . L
F¨ ur P gilt dann P = P0 H(t) = E0 A
u u˙ + E0 τ A L L
→
u + τ u˙ =
P0 L H(t) . E0 A
Dies ist eine inhomogene Differentialgleichung f¨ ur die Verschiebung. Ihre L¨ osung ermitteln wir mit dem Ansatz u(t) = uh + up . Die allgemeine L¨ osung der homogenen Gleichung ist uh = C
P0 L −t/τ H(t) , e E0 A
334
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
eine spezielle L¨ osung der inhomogenen Differentialgleichung lautet up =
P0 L H(t) . E0 A
Einsetzen der L¨ osung u(t) und ihrer Ableitung j ff C P0 L − e−t/τ H(t) + (1 + C) δ(t) u(t) ˙ = E0 A τ in die Differentialgleichung ergibt j„ „ « « ff C P0 L P0 L −t/τ 1+ C−τ e H(t) + τ (1 + C) δ(t) = H(t) . E0 A τ E0 A Der Klammerausdruck vor δ(t) muss Null sein: 1+C =0
→
C = −1 .
Die Verschiebung der mittleren Platte lautet daher u(t) =
P0 L (1 − e−t/τ ) H(t) . E0 A
Aufgaben und L¨ osungen
335
Aufgabe 6.21 Das skizzierte rheologische Modell, bestehend aus HookeElement (H; E), Newton-Element (N; η) und Reibelement (σF ), wird aus dem last- und deformationsfreien Zustand heraus um ε(t) = ε0 H(t) =
2 σF H(t) E
verformt. Man bestimme den Zeitverlauf σ(t) der dazugeh¨ origen Last.
σF E σ
σ
η
L¨ osung F¨ ur die Dehnungen und die Dehngeschwindigkeiten gelten εH =
σ , E
ε = εH + εN = ε0 H(t) ,
η ε˙N = σ − σF H(t) ,
ε˙H + ε˙N = ε0 δ(t) .
Diese Gleichungen kombiniert ergeben η (ε˙H + ε˙N ) = η
σ˙ + σ − σF H(t) = η ε0 δ(t) . E
Die zu l¨ osende inhomogene Differentialgleichung f¨ ur die Spannung ist η σ˙ + E (σ − σF H(t)) = E η ε0 δ(t) . Der Ansatz E
σ − σF H(t) = C e− η t H(t) und seine Ableitung σ˙ = −
E E C e− η t + C δ(t) + σF δ(t) η
in die Differentialgleichung eingesetzt liefern „ « E −E t −E t η − C e η + C δ(t) + σF δ(t) + E C e η = E η ε0 δ(t) η
A6.21
336
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
sowie C = E ε 0 − σF = E
2σF − σF . E
Die Spannungsantwort des rheologischen Modells lautet: E
σ(t) = σF (1 + e− η t ) H(t) . Der Verlauf von σ(t) macht deutlich, dass das behandelte rheologische Modell in seinem Antwortverhalten einem linearen Standardk¨ orper ¯∞ = σF , parallel zu einem Maxwell-K¨ orper (Hookescher K¨ orper mit E ¯1 = σF , η1 = η) ¨ ahnelt. mit E
σ
σF
σF
t
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 6.22 Man gebe f¨ ur das skizzierte elastoviskoplastische Modell (bekannt seien E, η, σF ) das Stoffgesetz σ = σ(ε, ε) ˙ an. Man bestimme f¨ ur σ = 2σF H(t) den Verlauf der Dehnung ε(t) unter der Bedingung, dass ε(t ≤ 0) = 0 gilt.
337
A6.22 σ
η E
σF
L¨ osung F¨ ur die Dehnung des K¨ orpers gilt σ
ε = εH = εN = εP . Die Spannungen in den Teilk¨ orpern sind ( σH = E ε ,
σN = η ε˙ ,
σP = σF sgn ε˙ =
σF . . . ε˙ > 0 0 . . . ε˙ = 0 . −σF . . . ε˙ < 0
Wegen der Parallelschaltung der Teilk¨ orper sind die Spannungen zu addieren und f¨ uhren zum Stoffgesetz σ = E ε + η ε˙ + σF sgn ε˙ . Wir nehmen nun an, dass ε(t ˙ ≥ 0) = 0 gilt (dies ist noch zu zeigen!), zudem soll ε(t ˙ < 0) verschwinden. Dann kann sgn ε˙ durch H(t) ersetzt werden. F¨ ur die vorgegebene Spannung σ = 2σF H(t) ist die Differentialgleichung η ε˙ + E ε + σF H(t) = 2σF H(t) zu l¨ osen. Wir verwenden den Ansatz “ E σF ” H(t) , ε(t) = A e− η t + E dessen Ableitung ε(t) ˙ = −A
“ E − Eη t σF ” δ(t) H(t) + A + e η E
ist. Einsetzen in die Differentialgleichung ergibt den Ausdruck “ ” E E E η −A η e− η t H(t) + A η + σF δ(t) + A E e− η t H(t) + σF H(t) η E = σF H(t) .
338
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Die Glieder mit H(t) k¨ urzen sich weg, der verbleibende Ausdruck ergibt f¨ ur die Integrationskonstante A=−
σF . E
Der gesuchte Verlauf der Dehnung ist ε(t) =
σF −E t (1 − e η ) H(t) . E
Die Ableitung ε(t) ˙ =
σF − Eη t σF E − Eη t H(t) + (1 − e0 ) δ(t) = H(t) e e E η η
ist f¨ ur t ≥ 0 ungleich Null.
Aufgaben und L¨ osungen
339
Aufgabe 6.23 Ein Stab mit konstantem Querschnitt A ist nur durch sein Eigengewicht (spezifisches Gewicht γ) in Stabrichtung belastet. Das Stoffgesetz zwischen Stabdehnung und Zugspannung ist durch das skizzierte rheologische Modell charakterisiert. Gesucht ist die L¨ angsverschiebung u(x), wenn L, A, γ, E und σF = γ L/2 bekannt sind. σF
g
x u
σ
σ
L
E
L¨ osung F¨ ur L¨ angskraft und L¨ angsspannung im Stab gelten N = γ A (L − x) ,
σ=
N = γ (L − x) . A
Als Stoffgesetz verwenden wir dem rheologischen Modell entsprechend σ = σH + σP = E ε + σF sgn ε˙ . Der Stab wird in jenem Teil fließen, f¨ ur den σ ≥ σF = γ L/2 erf¨ ullt ist. Die Grenze zwischen plastisch und nicht verformten Stabteilen, x = xG , folgt aus der Beziehung σ = σF
→
γ (L − xG ) =
γL 2
→
xG =
L . 2
F¨ ur die beiden Stabteile gilt x ≤ xG :
σ ≥ σF und ε = 0 ,
x > xG :
σ < σF und ε = 0 .
Aus der Dehnung ε(x ≤ xG ) =
σ − σF γ (L − x) − σF γ L σ − σF sgn ε˙ = = = ( − x) E E E E 2
l¨ asst sich die Verschiebung durch Integration berechnen: Z x γ L γ u(x) = ( −x ˆ) dˆ x= x (L − x) , x ≤ xG , E 0 2 2E u(x > xG ) = u(x = xG ) =
γ L2 . 8E
A6.23
340
A6.24
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.24 Ein elastisch-plastischer Zugstab wird u ¨ ber seine Fließgrenze hinaus gleichf¨ ormig bis zur Spannung σ = σ ¯ belastet, bei der er die Gesamtdehnung ε = ε¯ einnimmt. Das elastische Verhalten ist durch den Elastizit¨ atsmodul E und die Querzahl ν festgelegt, das plastische Verhalten ist inkompressibel. Wie groß sind f¨ ur den gegebenen Zustand (¯ σ, ε¯) die plastische Dehnung und die gesamte (homogene) Querdehnung (-kontraktion) ? σ σ ¯
E 1 ε¯p
ε¯
ε
L¨ osung Die Gesamtdehnung ist die Summe der elastischen und der plastischen Dehnung: ε¯ = ε¯e + ε¯p = ε¯p +
σ ¯ E
→
ε¯p = ε¯ −
σ ¯ . E
Die gesamte Querdehnung ε¯q setzt sich aus dem elastischen und dem plastischen Anteil zusammen. Wegen der Volumenkonstanz (Inkompressibilit¨ at) bei der plastischen Verformung gilt 1 ε¯qp = − ε¯p . 2 Im Bereich der elastischen Verformung ist die L¨ angsdehnung u ¨ ber die Querzahl ν mit der Querdehnung verkn¨ upft: ε¯qe = −ν ε¯e . Die gesamte Querdehnung ist dann „ « σ ¯” σ ¯ 1 1 “ 1 1 σ ¯ ε¯ − −ν ε¯q = − ε¯p − ν ε¯e = − . = − ε¯ + −ν 2 2 E E 2 2 E
Aufgaben und L¨ osungen
341
Aufgabe 6.25 In einem langen, dickwandigen Kreisrohr aus inkompressiblem, elastisch-plastischem Werkstoff herrschen bei rein elastischer Beanspruchung durch den Innendruck p die Radialspannung und die Umfangsspannung „ 2 „ 2 « « a2 a2 b b − 1 , σϕ = p 2 +1 . σr = −p 2 b − a2 r 2 b − a2 r 2 Darin sind a der Innen- und b der Außenradius des Rohres. Die Schubfließgrenze des Werkstoffs sei k = konstant. andig elasUnterhalb welchen Innendrucks pmax bleibt das Rohr vollst¨ tisch ? Welcher Radius rpl wird unter dem Innendruck pmax zuerst plastisch ?
r
b
ϕ z
a
L¨ osung Das Rohr verh¨alt sich vollst¨andig elastisch, solange die Fließbedingung nicht erf¨ ullt ist, d.h. |σr − σϕ | < 2k . Einsetzen von σr und σϕ f¨ uhrt zu ˛ ˛ 2 ˛ b2 ˛˛ ˛p a ˛ b2 − a2 2 r 2 ˛ < 2k . Man erkennt, dass die linke Seite der Ungleichung f¨ ur r = a am gr¨ oßten wird. F¨ ur rein elastisches Verhalten muss der Innendruck p kleiner sein als pmax = k
b2 − a 2 . b2
Ebenso erkennt man, dass plastisches Fließen an der Rohrinnenseite beginnen wird: rpl = a ,
p = pmax .
A6.25
342
A6.26
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.26 Ein Rohr wird am Innenrand r = a allein durch die Schubspannung τrϕ (r = a) = k belastet. Es sei ebene Deformation im Rohrquerschnitt vorausgesetzt. a) Welche Schubspannung am Rohraußenrand r = b ist f¨ ur das Gleichgewicht notwendig ? b) Das Rohr bestehe aus einem idealplastischen Werkstoff mit der Scherfließgrenze k = konstant. Welche Radialspannung muss am Außenrand zus¨ atzlich zur Schubspannung aufgebracht werden, damit sich der gesamte Querschnitt a ≤ r ≤ b bei ebener Form¨ anderung im plastischen Zustand befindet ?
τrϕ
r
b
ϕ z
r
a
τrϕ (a) = k
a
L¨ osung a) Mit Hilfe des Momentengleichgewichts f¨ ur den Rohrquerschnitt τrϕ (r) r 2 = k a2 . ergibt sich f¨ ur die erforderliche Schubspannung τrϕ (r = b) = k
a2 . b2
b) Die Fließbedingung bei ebener Form¨ anderung (τϕz = τzr = 0) lautet r a4 2 2 2 (σr − σϕ ) + 4τrϕ = 4k → σr − σϕ = ±2k 1 − 4 . r Das Gleichgewicht ist wegen der Annahme ebener Form¨ anderung in axialer (z) und azimutaler (ϕ) Richtung identisch erf¨ ullt. In radialer Richtung muss gelten r a4 σϕ − σ r 2k dσr 1− 4 . = =∓ dr r r r
Aufgaben und L¨ osungen
Daraus ergibt sich durch Integration die Radialspannung q Z r 1− Z σr (r) dˆ σr = σr (r) − σr (r = a) = σr (r) = ∓2k rˆ σr (r=a) a
a4 r ˆ4
343
dˆ r,
ur die Auswertung des Integrals ist die da σr (r = a) Null sein muss. F¨ r 2 , dˆ x = −2a2 /ˆ r 3 dˆ r zielf¨ uhrend. Dann ergibt sich Substitution x ˆ = a2 /ˆ f¨ ur die Radialspannung der Ausdruck ) (r √ Z x√ 1−x ˆ2 a4 r 2 + r 4 − a4 1 − 4 − ln . σr (r) = ± dˆ x = ±k x ˆ r a2 1 Am Außenrand des Rohres ist daher die Radialspannung (r ) √ a4 b 2 + b4 − a 4 1 − 4 − ln σr (r = b) = ±k b a2 aufzubringen. Es existieren zwei L¨ osungen f¨ ur σr (r = b), die sich im Vorzeichen unterscheiden. Die L¨ osung σr (r = b) > 0 bedeutet eine (plastische) Rohraufweitung unter (radialem) Zug, σr (r = b) < 0 eine Rohrschrumpfung unter (radialem) Druck, beide F¨ alle mit u ¨ berlagerter Verdrillung.
344
A6.27
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.27 Ein dickwandiges Kreisrohr mit verschlossenen Enden wird durch den Innendruck p belastet. Das Rohr bestehe aus elastoplastischem Material mit der Fließgrenze σF . Man bestimme den zul¨ assigen Druck pmax , damit das Rohr sich nur elastisch verformt unter Annahme der von Mises bzw. der Tresca Fließbedingung. Bekannt sind die Radien a, b > a des Rohres und σF .
r
b
p z
a
L¨ osung Aus der Elastostatik u ¨ bernehmen wir die Spannungen im dickwandigen Rohr, das an seiner Innenseite durch p belastet ist: « « „ 2 „ 2 a2 a2 b b − 1 , σ + 1 , σr = −p 2 ϕ = p b − a2 r 2 b2 − a 2 r 2 σz = p
b2
a2 . − a2
Aus der von Mises-Fließbedingung ergibt sich „ (σr − σϕ )2 + (σϕ − σz )2 + (σz − σr )2 = p2
«2 a2 b2 − a 2 „ « „ «2 „ «2 ! 2 b2 b2 b2 b2 × −( 2 − 1) − ( 2 + 1) + +1−1 + 1+ 2 −1 r r r2 r „ « 2 a2 b4 1 b2 − a 2 r 2 = p2 6 4 = 2 σF2 → p = √ σF . 2 2 b −a r a2 b2 3
Der maximale Druck tritt bei r = a auf: σF b 2 − a 2 pvM . max = √ b2 3 Da σz die mittlere Hauptspannung ist, lautet die Fließbedingung nach Tresca σϕ − σr = σF . Der maximale Druck ergibt sich so wie beim offenen Kreisrohr: pT max =
σF b 2 − a 2 . 2 b2
Aufgaben und L¨ osungen
345
Aufgabe 6.28 Ein Blechstreifen aus starr-idealplastischem Werkstoff mit der Scherfließgrenze k = konstant wird reibungsfrei u ¨ ber einen Kreiszylinder (Radius a) streckgebogen. Der Winkel α zwischen den Endquerschnitten ¨ andert sich mit der Winkelgeschwindigkeit α˙ > 0. Die Umfangsgeschwindigkeit ist vorgegeben zu v˙ = (α/α) ˙ rϕ. Es liege ebene Form¨ anderung vor. a) Man bestimme aus der Inkompressibilit¨ atsbedingung die Radialgeschwindigkeit u(r, ˙ ϕ). b) Wie groß ist die Fl¨ achenpressung p zwischen Blech und Zylinder ? c) Wie groß ist die Umfangsspannung ? u˙ v˙
r ϕ b
a
α
Zylinder
L¨ osung a) Aus der Inkompressibilit¨at des Werkstoffs εr + εϕ + εz = εr + εϕ = 0 folgt ε˙r + ε˙ϕ = 0 = =
∂ u˙ 1 + ∂r r
„
„ « « ∂ v˙ ∂ u˙ 1 α˙ + u˙ = + r + u˙ ∂ϕ ∂r r α
u˙ α˙ 1 ∂ (u˙ r) α˙ ∂ u˙ + + = + . ∂r r α r ∂r α
Integration u ¨ ber r ergibt u˙ r = −
α˙ 2 r + C (ϕ) . 2α
Die Integrationskonstante C (ϕ) ergibt sich aus der Randbedingung u˙ a = 0 = −
α˙ 2 a + C (ϕ) 2α
Die Radialgeschwindigkeit ist „ « a2 α˙ r− . u˙ = − 2α r
→
C (ϕ) =
α˙ 2 a . 2α
A6.28
346
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
b) Berechnet man die Dehngeschwindigkeiten, so erh¨ alt man „ « a2 ∂ u˙ α˙ 1 + 2 < 0 , ε˙ϕ = −ε˙r > 0 , ε˙r = =− ∂r 2α r „ „ „ „ «« «« α˙ 1 ∂ v˙ 1 ∂ u˙ 1 α˙ 1 0+ rϕ ε˙rϕ = + − v˙ = ϕ+ = 0. 2 ∂r r ∂ϕ 2 α r α Demnach sind r und ϕ Hauptachsen; das Fließgesetz lautet wegen ε˙ ϕ > ε˙r : σϕ − σr = 2k . Aus dem Gleichgewicht f¨ ur die Radialspannung dσr σϕ − σ r 2k = = dr r r und der Randbedingung σr (r = b) = 0 ergibt sich Z b Z 0 b 1 dˆ r = 2k ln . dˆ σr = −σr (r) = 2k r ˆ r σr (r) r Die Fl¨ achenpressung zwischen Blech und Zylinder ist p = −σr (r = a) = 2k ln
b . a
c) Die Umfangsspannung errechnet sich aus dem Fließgesetz und σr (r) zu « „ b . σϕ (r) = 2k + σr = 2k 1 − ln r
Aufgaben und L¨ osungen
347
Aufgabe 6.29 Ein quaderf¨ormiger Block mit den Anfangsabmessungen h0 , b0 , d0 wird reibungsfrei zwischen zwei Druckplatten zu einem Quader mit den Endabmessungen h1 < h0 , b1 , d1 = d0 umgeformt. W¨ ahrend aller Zwischenstadien hat der Block Quadergestalt mit der Dicke d0 . Der Block bestehe aus inkompressibel idealplastischem Material mit der Scherfließgrenze k = konstant. Man bestimme die wirkende Druckkraft und die bei der Umformung dissipierte Arbeit. P
z h0
h1
b0 b1
L¨ osung Da die Dicke des Quaders stets d = d0 ist, liegt ebene Form¨anderung vor. Die Inkompressibilit¨ at des Materials bedeutet f¨ ur den Block b h = b0 h0 = b1 h1 . Die Hauptspannung in Breitenrichtung ist Null. Sie ist die gr¨ oßte Hauptspannung, jene in z-Richtung ist die kleinste. Daher lautet die Fließbedingung: 0 − σz = 2k . Die gedr¨ uckte Fl¨ ache des Quaders ist b d0 , die Druckkraft ist daher P = −σz b d = 2k b d0 . Die dissipierte Arbeit ergibt sich aus der Druckkraft und der Verschiebung der oberen Druckplatte: Z h1 Z h1 Z h1 1 ˆ ˆ = −2k d0 ˆ dh ˆ = −2k d0 b0 h0 P dh b(h) W =− dh ˆ h0 h0 h0 h = 2k b0 d0 h0 ln
h0 . h1
A6.29
348
A6.30
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.30 Ein Stab aus inkompressiblem, starrplastischem Werkstoff mit der Ausgangsl¨ ange L0 und dem Ausgangsquerschnitt A0 wird durch eine Zugkraft auf die L¨ ange L > L0 gedehnt, wobei sich der Querschnitt ¨ andert. a) Bei idealplastischem Verhalten bleibt die Zugspannung σ = σF konstant (σF . . . Fließspannung). Man bestimme den Verlauf der Zugkraft F in Abh¨ angigkeit von der L¨ angsdehnung ε. b) Die Zugkraft soll bei anwachsender Dehnung ε nicht abfallen. Welchen Anstieg muss die Fließspannung σF eines verfestigenden Werkstoffs mindestens haben, damit diese Forderung erf¨ ullt ist ?
A0 A
L0 L
L¨ osung a) F¨ ur diese Teilaufgabe ist die Fließspannung konstant. Wegen der Inkompressibilit¨ at gilt A L = A0 L0 . Der Zusammenhang zwischen der Zugkraft und der Dehnung lautet F = σF A = σF A
L0 1 L = σF A 0 = σF A 0 L L − L0 + L0 1+ε
mit der technischen Dehnung ε = (L − L0 )/L0 . b) Die L¨ osung der Teilaufgabe a) kann verwendet werden, wenn die konstante Fließspannung durch σF = σF (ε) ersetzt wird. F¨ ur die Ableitung der Zugkraft nach der Dehnung muss gelten: „ « 1 dσF 1 dF ≥ 0. = A0 − σF dε dε 1 + ε (1 + ε)2 Da A0 , 1 + ε und σF s¨ amtlich gr¨ oßer als Null sind, muss f¨ ur den Anstieg der Fließspannung die Bedingung dσF σF ≥ dε 1+ε erf¨ ullt sein.
Aufgaben und L¨ osungen
349
Aufgabe 6.31 Eine elastisch-idealplastische Kreiswelle ist an einem Ende fest eingespannt. Am freien Ende wirkt ein Torsionsmoment MT . Man bestimme MT so, dass der Kern der Welle bis zum Radius r = a elastisch bleibt. Bekannt seien die Scherfließgrenze k und der Radius R der Kreiswelle. elastisch idealplastisch MT
a 1 r R 2
L¨ osung Im Bereich des elastischen Kerns h¨angt die im Querschnitt wirkende Schubspannung linear vom Radius ab (vgl. Technische Mechanik, Band 2, Kap. 5): τ12 = τ = k
r , a
0 ≤ r ≤ a,
w¨ ahrend im plastischen Teil (a ≤ r ≤ R) τ = k gilt. Das Torsionsmoment ergibt sich aus τ durch Integration: Z
Z
MT = (A)
„ = 2π k
a
r τ dA = 2π
a3 R3 a3 + − 4 3 3
rk 0
« =
r r dr + 2π a
2π k 3
„ R3 −
Z
R
r k r dr a
a3 4
« .
Plastisches Fließen beginnt am Mantel der Kreiswelle. Dann ist a = R und f¨ ur das Torsionsmoment gilt MTe = π k R3 /2. Die Welle ist vollst¨ andig plastifiziert, wenn a = 0 ist. Das erforderliche Torsionsmoment ist in diesem Fall MTp = 2π k R3 /3 = (4/3) MTe .
A6.31
350
A6.32
Viskoelastizit¨at und Plastizit¨at
Aufgabe 6.32 Man bestimme die Zugkraft P als Funktion der Verschiebung v der starren Platte f¨ ur die skizzierte Anordnung von drei elastisch-ideal plastischen St¨ aben (Querschnitt jeweils A, Fließgrenze der St¨ abe σF ), wenn P von 0 bis zum maximal m¨ oglichen Wert Pc gesteigert wird.
L L
P
v
L¨ osung Solange in keinem Stab die Fließgrenze erreicht wird, ist der Zusammenhang zwischen P und v linear mit der Steigung P1 /v1 . Aus der geometrischen Anordnung erkennt man, dass die Dehnung im mittleren Stab doppelt so groß wie in den beiden a aben ist. Der ¨ußeren St¨ außeren mittlere Stab wird daher die Fließgrenze σF vor den beiden ¨ erreichen. Das Kr¨ aftegleichgewicht an der Platte bei Fließbeginn im mittleren Stab ergibt die Zugkraft und die dazugeh¨ orige Verschiebung: P = P1 = σF A + 2
σF A = 2σF A , 2
v = v1 = εF L =
σF L. E
Bei weiterer Laststeigerung steigt die Stabkraft nur in den beiden ¨ außeren St¨ aben an, im mittleren Stab bleibt die Stabkraft wegen des idealaußeren St¨ abe gilt: plastischen Materials σF A. Bei Fließbeginn der ¨ P = Pc = 3σF A =
3 P1 , 2
v = vc = εF 2L = 2
σF L = 2v1 . E
Eine weitere Laststeigerung ist am System nicht m¨ oglich. P
1
EA L
Pc P1
2 EA L 1 v1
vc
v
Aufgaben und L¨ osungen
351
Aufgabe 6.33 Ein beidseitig gelenkig gelagerter, elastisch-idealplastischer Balken mit Rechteckquerschnitt (b × h) und Fließgrenze σF wird durch zwei Momente M0 belastet, bis der vollplastische Zustand erreicht wird. Danach wird der Balken vollkommen entlastet. Man bestimme die Restspannungsverteilung im Balkenquerschnitt. M0
M0
l
L¨ osung Aus dem elastischen Grenzmoment Mel = W σF = (b h2 /6) σF und dem Formfaktor α = 3/2 f¨ ur den Rechteckquerschnitt ergibt sich das vollplastische Moment Mpl = α Mel =
b h2 σF . 4
K¨ onnte dieses Moment elastisch ertragen werden, so w¨ urden die untere bzw. die obere Randfaser des Balkens mit der Spannung ±σ = M
3 b h2 h 12 h 1 σF = σ F = 2 I 4 2 b h3 2
belastet werden. Zwischen den beiden Randfasern verliefe die Spannung linear. Da die Entlastung rein elastisch ist, erh¨ alt man die Restspannungsverteilung im Balken durch Subtraktion dieser Spannungsverteilung von jener des vollplastischen Zustands, vgl. nachstehende Skizze.
σF
3 σ 2 F h 2
h 2
h 2
1 σ 2 F
σF σ h 2
σF z
σ h 2
3 σ 2 F
z
σF
σ
h 1 σ 2 2 F
z
A6.33
Kapitel 7 Numerische Methoden in der Mechanik
7
354
Numerische Methoden in der Mechanik
Newton-Verfahren Das Newton-Verfahren ist eine iterative L¨ osungsstrategie zur Bestimmung einer Nullstelle x∗ von f (x).
f (x)
x
x3
x2
x1
x
Ausgehend von einem gew¨ ahlten Startwert x1 wird die Aufdatierungsvorschrift xn+1 = xn −
f (xn ) f (xn )
f¨ ur
n = 1, 2, 3, ...
und
f (xn ) = 0
so oft angewandt, bis die Bedingung |f (xn )| < tol erf¨ ullt ist. Der Wert tol ist hierbei eine benutzerdefinierte Genauigkeit. Newton-Verfahren zur Bestimmung von: f (x∗ ) ≈ 0. 1. Initialisiere x und berechne f (x) 2. FOR k = 1,kmax DO 3. Berechne f (x)Δx = −f (x) → Δx 4. Aufdatierung des L¨ osungsvektors x ⇐ x + Δx 5. Berechne f (x) und |f (x)| 6. IF |f (x)| < tol THEN WRITE(’Die Berechnung war erfolgreich.’) STOP ENDIF 7. GOTO 2 8. WRITE(’Die Berechnung war nicht erfolgreich in kmax Iterationsschritten.’) STOP
Numerische Methoden in der Mechanik
355
Integrationsverfahren Zur n¨ aherungsweisen (numerischen) L¨ osung von Anfangswertproblemen unterscheidet man zwischen expliziten und impliziten Integrationsverfahren. Zun¨ achst betrachten wir gew¨ ohnliche Differentialgleichungen 1. Ordnung der Form y˙ = f (t, y(t))
mit
y(0) = y0 .
Die N¨ aherungswerte zu diskreten Zeitpunkten tn , tn+1 bezeichnen wir mit y˜n und y˜n+1 . Algorithmus: Explizites Euler-Verfahren ( Euler-Vorw¨ arts“) ” y˜n+1 = y˜n + f (˜ yn , tn )Δt . Algorithmus: Implizites Euler-Verfahren ( Euler-R¨ uckw¨ arts“) ” y˜n+1 = y˜n + f (˜ yn+1 , tn+1 )Δt . Algorithmus: Runge-Kutta-Verfahren 4. Ordnung y˜n+1 = y˜n + Δt k
mit
k = 16 (k1 + 2k2 + 2k3 + k4 ) ,
k1 = f (tn , y˜n ), k3 = f (tn +
k2 = f (tn +
Δt Δt , y˜n + k2 ), 2 2
Δt Δt , y˜n + k1 ), 2 2
k4 = f (tn + Δt, y˜n + Δt k3 ) .
Differentialgleichungen n-ter Ordnung werden zur numerischen Berechnung auf Differentialgleichungssysteme erster Ordnung mit n Differentialgleichungen transformiert. Eine gew¨ ohnliche Differentialgleichung 2. Ordnung mit den erforderlichen Anfangsbedingungen lautet: y¨ = f (t, y(t), y(t)) ˙
mit
y(0) = y0 ,
y(0) ˙ = v0 .
Transformation auf ein System 1. Ordnung: Mit Einf¨ uhrung der Hilfs˙ erhalten wir das Differentialfunktionen z1 (t) = y(t) und z2 (t) = y(t) gleichungssystem (zwei Differentialgleichungen 1. Ordnung)
356
Numerische Methoden in der Mechanik
z˙1 (t) = z2 (t), z˙2 (t) = f (t, z1 (t), z2 (t)). Auf diese Differentialgleichungen 1. Ordung k¨ onnen nun die oben genannten Verfahren angewandt werden. Newmark-Verfahren. Als weiteres implizites Zeitintegrationsverfahren betrachten wir das Einschrittverfahren von Newmark (Abschnitt 7.3.2, Band 4). Exemplarisch w¨ ahlen wir die Bewegungsgleichung d c 1 y(t) ˙ + y(t) − F (t) = 0. m m m
y¨(t) +
F¨ ur die unbekannten Geschwindigkeiten und Verschiebungen zum Zeitpunkt tk+1 werden folgende Annahmen getroffen: y˙ k+1 = y˙ k + [(1 − δ)¨ yk + δ y¨k+1 ] Δt, yk + β y¨k+1 ] (Δt)2 . yk+1 = yk + y˙ k Δt + [(0.5 − β)¨ Setzen wir die letzten beiden Gleichungen in die Bewegungsgleichung ein und werten diese an der Stelle tk+1 aus, so erhalten wir y¨k+1 +
d c 1 y˙ k+1 + yk+1 − Fk+1 = 0 m m m
→ y¨k+1 +
d d yk Δt] + δΔt y¨k+1 [y˙ k + (1 − δ)¨ m| {z } m v¯k+1
+
˜ c c ˆ Fk+1 yk + y˙ k Δt + (0.5 − β)(Δt)2 y¨k + β(Δt)2 y¨k+1 = , m| m m {z } u ¯k+1
Numerische Methoden in der Mechanik
357
bzw. » 1 + δ Δt
d c + β (Δt)2 m m
– y¨k+1 =
1 ¯k+1 ] . [Fk+1 − d v¯k+1 − c u m
F¨ ur die Newmarkparameter β = 1/4 und δ = 1/2 wird eine konstante Beschleunigung und f¨ ur β = 1/6 und δ = 1/2 eine lineare Beschleunigung angenommen. Ferner ist das Verfahren f¨ ur δ ≥ 0, 5
und
β ≥ 0, 25 (δ + 0, 5)2
unbedingt stabil.
Differenzenverfahren Das Differenzenverfahren basiert auf der direkten Approximation des Differentialquotienten durch den Differenzenquotienten. F¨ ur die folgenden Darstellungen verwenden wir die Abk¨ urzungen yl+1 = y(xl+1 ), yl = y(xl ) und yl−1 = y(xl−1 ). Bei gew¨ ohnlichen Differentialgleichungen kann die erste Ableitung y der Funktion y(x) durch den vorderen Differenzenquotienten ˛ y − yl dy ˛˛ ≈ l+1 , dx ˛xl Δx den hinteren Differenzenquotienten ˛ y − yl−1 dy ˛˛ ≈ l , ˛ dx xl Δx oder den zentralen Differenzenquotienten ˛ y − yl−1 dy ˛˛ ≈ l+1 dx ˛xl 2 Δx approximiert werden. Ferner ist die Approximation der zweiten Ableitung y gegeben durch ˛ y − 2 yl + yl−1 d2 y ˛˛ ≈ l+1 . dx2 ˛xl (Δx)2
358
Numerische Methoden in der Mechanik
Bei der n¨ aherungsweisen L¨ osung partieller Differentialgleichungen beschr¨ anken wir uns der Einfachheit halber auf rechteckige Gebiete, die durch kantenparallele Netze von Gitterpunkten diskretisiert werden. In x− bzw. y−Richtung w¨ ahlen wir die konstanten Gitterpunktabst¨ ande (Schrittweiten) hx bzw. hy . Mit der Notation u(x0 + k hx , y0 + l hy ) = uk,l lauten die zentralen Differenzenquotienten f¨ ur die ersten partiellen Ableitungen ˛ ∂u ˛˛ 1 ≈ (uk+1,l − uk−1,l ) ∂x ˛xk ,yl 2 hx und ˛ ∂u ˛˛ 1 ≈ (uk,l+1 − uk,l−1 ) . ∂y ˛xk ,yl 2 hy Ferner ben¨ otigen wir die zentralen Differenzenquotienten der zweiten partiellen Ableitungen: ˛ ∂ 2 u ˛˛ 1 ≈ 2 (uk+1,l − 2 uk,l + uk−1,l ) , ∂x2 ˛xk ,yl hx ˛ 1 ∂ 2 u ˛˛ ≈ 2 (uk,l+1 − 2 uk,l + uk,l−1 ) . ∂x2 ˛xk ,yl hy
Verfahren von Ritz Wir betrachten im Folgenden Minimalwertaufgaben von Potentialen, d.h. wir suchen Funktionen y, die die Forderung Z l F (x, y, y , y ) dx → minimal Π (y) = 0
erf¨ ullen. Typische Funktionale (Gesamtpotentiale) aus der Mechanik, wie z.B. f¨ ur einen Stab Z l„ Π (u) = 0
« 1 EA u2 − n u dx 2
Numerische Methoden in der Mechanik
359
bzw. einen Balken Z l„ Π (w) = 0
1 EI w2 − q w 2
« dx
der L¨ ange l und die zugeh¨ origen Differentialgleichungen finden sich in Band 4, Tabelle 7.3. Als N¨ aherung y˜ f¨ ur die gesuchte Funktion y w¨ ahlen wir einen Ansatz (¨ uber das gesamte Gebiet, hier die Stabl¨ ange l) der Form y˜(x) =
n X
φi (x) ci ,
i=1
wobei die Funktionen φi (x) die wesentlichen Randbedingungen erf¨ ullen. Somit erhalten wir die zu l¨ osende Minimalwertaufgabe Z
l
Π (˜ y) =
F (x, y˜, y˜ , y˜ ) dx
→
minimal .
0
Da die Ansatzfunktionen φi (x) gegebene Funktionen von x sind, folgt Π (˜ y) = Π (ci ). Es ergibt sich daher die notwendige Bedingung ∂Π =0 ∂ci
f¨ ur
i = 1, 2, ..., n .
Somit erhalten wir n Gleichungen zur Bestimmung der n unbekannten Koeffizienten ci .
Methode der finiten Elemente Bei der Methode der finiten Elemente (FEM) wird im Gegensatz zum Verfahren von Ritz der N¨ aherungsansatz nur u ¨ ber ein Teilgebiet, ein typisches finites Element, gew¨ ahlt. Das betrachtete Gebiet 0 ≤ x ≤ l wird zun¨ achst in n Teilgebiete le |e = 1, ..., n aufgeteilt. F¨ ur jedes Element w¨ ahlen wir eine N¨ aherung f¨ ur die Funktion y in der Form y˜(x) =
m X
Nj (x) dj
j=1
mit den elementweisen Ansatzfunktionen Nj (x) und den Knotenfreiwerten dj . Somit ergibt sich das approximierte Gesamtpotential zu Π =
n X e=1
Π e (˜ y(x)) =
n X e=1
Πie (˜ y(x)) +
n X e=1
Πae (˜ y(x)) ,
360
Numerische Methoden in der Mechanik
wobei Πie das Potential der inneren Kr¨ afte und Πae das Potential der a ußeren Kr¨ a fte f¨ u r ein typisches finites Element darstellen. Die Forde¨ rung, dass Π minimal wird, l¨ aßt sich u ¨ ber die erste Variation angeben: δΠ =
n X
δΠ e =
e=1
n X
δΠie +
e=1
n X
δΠae = 0 .
e=1
afte und δΠae die Hier sind nun δΠie die virtuelle Arbeit der inneren Kr¨ virtuelle Arbeit der ¨ außeren Kr¨ afte f¨ ur ein typisches Element. Generell ergeben sich nach der elementweisen Auswertung der Integrale die Matrizendarstellungen δΠie = δdeT k e de
und
δΠae = −δdeT q e ,
mit den elementbezogenen Vektoren der Knotenfreiwerte de , den virtuellen Knotenfreiwerten δde , der rechten Seite q e und der Elementsteiage auf, so folgt figkeitsmatrix k e . Summieren wir nun die Elementbeitr¨ mit den globalen Verschiebungsvektoren δD, D, der globalen rechten Seite P und der globalen Steifigkeitsmatrix K δΠ =
n X
δdeT [k e de − q e ] = δD T [KD − P ] = 0 .
e=1
Da diese Gleichung f¨ ur alle virtuellen Gr¨ oßen δD erf¨ ullt sein muss, erhalten wir das zu l¨ osende Gleichungssystem KD = P zur Berechnung der unbekannten Knotenfreiwerte D.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.1 Eine Kugel kann auf einer horizontalen F¨ uhrungsstange reibungsfrei gleiten. Die L¨ ange der entspannten Feder ist l0 , die Federsteifigkeit ist c.
361
A7.1
F h c, l0
Berechnen Sie f¨ ur den Fall einer Kraftbeanspruchung F die Gleichgewichtslage x∗ mit dem NewtonVerfahren.
x
Gegeben: h = 0, 1 m; l0 = 0, 3 m; F = 10 N; c = 20 N/m .
L¨ osung Am Freischnitt der Feder stellen wir das Kr¨ aftegleichgewicht in horizontaler Richtung auf:
F α
K cos α − F = 0. Aus der Geometrie ergibt sich f¨ ur den Winkel α die Beziehung cos α = √
K
x . h2 + x2
Die Darstellung der Federkraft als Funktion von x lautet hp i h2 + x2 − l0 . K=c Einsetzen der beiden Gleichungen in die Gleichgewichtsbedingung liefert i hp x h2 + x2 − l0 √ −F =0 f (x) = c 2 + x2 h » – l0 → f (x) = c 1 − √ x − F = 0. h2 + x2 Die Nullstelle x∗ von f (x) wird nun, ausgehend von verschiedenen Startwerten, mit dem Newton-Verfahren bestimmt. F¨ ur das NewtonVerfahren sind die folgenden Teilschritte erforderlich. 1. Ableitung der Funktion f (x) nach x: f (x) = c − √
c l0 h2 1 . 2 + x h2 + x2
h2
362
Numerische Methoden in der Mechanik
2. Berechnung des Inkrements Δx: Δx = −
f (xi ) f (xi )
f¨ ur
f (xi ) = 0 .
3. Aufdatierung der Variablen: xi+1 = xi + Δx . Die Schritte 1 bis 3 werden solange wiederholt, bis die Bestimmungsullt ist. F¨ ur die gew¨ ahlten Startwerte x1 = 0 gleichung |f (xi )| < tol erf¨ und x1 = 0, 5 ergeben sich folgende Iterationswerte: i 1 2 3 4 5 6
xi 0,0 -0,2500000000 0,3070663345 0,8320147256 0,7976813199 0,7976699668
f (xi ) -10,0 -9,429139855 -9,563765618 0,68316760 0, 22575 · 10−3 0,0
xi 0,5 0,8009851305 0,7976700838 0,7976699671
f (xi ) -5,883484054 0, 06592276 0, 232 · 10−5 0, 1 · 10−7
Algorithmische Umsetzung des Newton-Verfahrens zur L¨ osung von f (x) = 0 mit dem Programmsystem MATLAB: % Eingabewerte h = 0.1; l_0 = 0.3; F = 10; c = 20; tol = 1e-6; % Anfangswert x(1) = 0; % Beginn der Integrationsschleife for k = 1:20 % Funktionsauswertung f(k) = c*(1 - l_0/sqrt(h^2 + x(k)^2))*x(k) - F; % Abfrage der Abbruchbedingungen if abs(f(k)) < tol break end % Ableitung der Funktion f(x) fs(k) = c - c*l_0*h^2/sqrt(h^2 + x(k)^2)/(h^2 + x(k)^2); % Berechnung des Inkrements dx = -f(k)/fs(k); % Aufdatierung der Variablen x(k + 1) = x(k) + dx; end
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.2 Die Parallelschaltung eines Feder- und eines D¨ ampferelements (Kelvin-Voigt-K¨ orper) ist ein rheologisches Modell zur Beschreibung viskoelastischen Materialverhaltens. Berechnen Sie die Dehnung ε(t) mit dem Euler-Vorw¨ arts-Verfahren im Zeitintervall t = [0; 1s] bei der Spannungsbeanspruchung σ(t) = 0 f¨ ur t < 0 ur t > 0. Die Anfangsbeund σ(t) = σ0 f¨ dingung ist ε(0) = 0.
363
A7.2
σ
E
η
σ
Gegeben: E; Retardationszeit τ = η/E.
L¨ osung F¨ ur t > 0 erhalten wir die Differentialgleichung 1. Ordnung σ0 ε − mit der Anfangsbedingung ε(0) = 0. η τ N¨ aherungsl¨ osungen ε˜k+1 = ε˜(tk+1 ) zu den Zeitpunkten tk+1 folgen aus « „ ε˜k σ0 − Δt f¨ ur k = 1, ..., n mit ε˜1 = 0. ε˜k+1 = ε˜k + η τ ε˙ =
MATLAB - Programm zur Zeitintegration beim Kelvin-Voigt-Modell: % Systemparameter E = 10.0; tau = 1.0/10.0; sig0 = 2.0; eta = tau*E; % Anfangsbedingung und Zeitinkrement eps(1) = 0.0; n = 12; delta_t = (1.0-0.0)/n; % Integrationsschleife for k = 1:n eps(k + 1) = eps(k) + (sig0/eta - eps(k)/tau)*delta_t; end ε˜ Im Diagramm sind die numerischen Ergebnisse f¨ ur 0,2 das Zeitintervall [ta ; te ] = [0; 1s] f¨ ur n = 12 und n = 200 St¨ utzstellen dargestellt. 0,15 F¨ ur n = 200 stimmt die N¨ aherungsl¨ osung mit der 0,1 exakten L¨ osung ε(t) =
t σ0 (1 − e− τ ) E
sehr gut u ¨ berein.
n = 12 n = 200
0,05 0
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1t
364
A7.3
Numerische Methoden in der Mechanik
Aufgabe 7.3 Ein K¨orper (Masse m) wird in der H¨ ohe h unter dem Winkel α mit der Anfangsgeschwindigkeit v0 abgeworfen und dann sich selbst u ¨berlassen. Berechnen Sie die Flugbahn x1 (t), x2 (t) im Zeitintervall [ta ; te ] = [0; 2s] mit dem Euler-Vorw¨ arts-Verfahren und stellen Sie das Ergebnis graphisch dar.
x2
v0 g
m
α h x1
Gegeben: g = 10 m/s2 ; α = 45◦ ; h = 5 m; v0 = 10 m/s .
L¨ osung Das dynamische Grundgesetz liefert die Differentialgleichung « „ « „ « „ x ¨1 0 0 , G = mg. , a= = F = m a mit F = −g −G x ¨2 Die Anfangsbedingungen f¨ ur die Geschwindigkeit v und den Ort x lauten « „ « « „ « „ „ v0 cos α 0 v1 (0) x1 (0) . v0 = = , x0 = = h v2 (0) v0 sin α x2 (0) R Die N¨ aherungswerte f¨ ur die Geschwindigkeit v(t) = t a(t) dt + v 0 und R den Ort x(t) = t v(t) dt + x0 zur Zeit tk+1 bezeichnen wir mit ˜ k+1 = v ˜ (tk+1 ) v
und
˜ k+1 = x ˜ (tk+1 ). x
Sie ergeben sich aus dem Euler-Vorw¨ arts-Verfahren zu ˜ k+1 = v ˜ k + a Δt , v
˜ k+1 = x ˜k + v ˜ k Δt x
f¨ ur
k = 0, ..., n.
Man erh¨ alt schließlich die N¨ aherungsl¨ osungen bez¨ uglich der Koordinatenrichtungen x1 und x2 f¨ ur die Geschwindigkeiten zu « „ « „ v˜1,k+1 v˜1,k + a1 Δt = v˜2,k + a2 Δt v˜2,k+1 sowie f¨ ur den Ort, die Flugbahn, zu « « „ „ x ˜1,k + v˜1,k Δt x ˜1,k+1 . = x ˜2,k + v˜2,k Δt x ˜2,k+1
Aufgaben und L¨ osungen
365
Algorithmische Umsetzung des schiefen Wurfs: % Parameter ta = 0.0; te = 2.0; n = 5; alpha = pi/4; h = 5; v0 = 10; % Beschleunigungskomponenten a1 = 0; a2 = -10.0; % Berechnung des Zeitinkrements delta_t = (te - ta)/n; % Anfangsbedingungen fuer den Ort x1(1) = 0; x2(1) = h; % Anfangsbedingungen fuer die Geschwindigkeit v1(1) = v0*cos(alpha); v2(1) = v0*sin(alpha); % Numerische Integration for k = 1:n x1(k + 1) = x1(k) + v1(k)*delta_t; x2(k + 1) = x2(k) + v2(k)*delta_t; v1(k + 1) = v1(k) + a1*delta_t; v2(k + 1) = v2(k) + a2*delta_t; end Im Diagramm sind die Kurvenverl¨ aufe f¨ ur das Zeitintervall [ta ; te ] = [0; 2s] f¨ ur n = 5, 10 und 50 St¨ utzstellen dargestellt. F¨ ur den Fall n = 50 stimmt die N¨ aherungsl¨ osung mit der exakten L¨ osung gut u ¨ berein. x2
8 6 4
n=5 n = 10 n = 50 exakt
2 0 0
2
4
6
8
10
12
x1
Die Integration der Differentialgleichung liefert die exakte L¨ osung zu 0 1 v0 t cos α B C x(t) = @ A. 2 1 − 2 gt + v0 t sin α + h
366
A7.4
Numerische Methoden in der Mechanik
Aufgabe 7.4 F¨ ur das dargestellte Fadenpendel sind f¨ ur den Fall i) kleiner Auslenkungen (|ϕ| << 1) das Auslenkungs–Zeitdiagramm und f¨ ur den Fall ii) großer Auslenkungen das Phasendiagramm mit dem Eulerschen Polygonzugverfahren zu berechnen. Anfangsbedingungen f¨ ur die Auslenkung und die Winkelgeschwindigkeit:
l
ϕ
˙ 0) = 0 ; Fall i) ϕ(t0 ) = 0, 1 und ϕ(t
m
Fall ii) ϕ(t0 ) = π/2 und ϕ(t ˙ 0) = 0 .
L¨ osung Fall i): Die Schwingungsdifferentialgleichung bei kleinen Auslenkungen lautet ϕ ¨+
g ϕ=0. l
Mit den Hilfsfunktionen z1 (t) = ϕ(t)
und
z2 (t) = ϕ(t) ˙
transformieren wir die Differentialgleichung 2. Ordnung auf ein Differentialgleichungssystem 1. Ordnung mit den zwei Gleichungen z˙1 (t) = z2 (t)
und
g g z˙2 (t) = − z1 (t) = − ϕ. l l
Die N¨ aherungsl¨ osungen zu den Zeitpunkten tk und tk+1 = tk + Δt sind z˜1,k = z˜1 (tk ), z˜1,k+1 = z˜1 (tk+1 ), z˜2,k = z˜2 (tk ), z˜2,k+1 = z˜2 (tk+1 ). Die Rekursionsgleichungen f¨ ur die Hilfsfunktionen lauten z˜1,k+1 = z˜1,k + z˜2,k Δt, z˜2,k+1 = z˜2,k −
g z˜1,k Δt. l
Die Initialisierung der Anfangsbedingungen f¨ ur die numerischen Berechnungen erfolgt durch z˜1,0 = 0, 1
und
z˜2,0 = 0 .
Im (ϕ, t)-Diagramm sind die Kurvenverl¨ aufe f¨ ur das Zeitintervall [ta ; te ] = [0; 4s] mit n = 100, 800, 5000 St¨ utzstellen visualisiert. Man erkennt deutlich, dass die mit n = 100 Inkrementen berechnete Kurve diver-
Aufgaben und L¨ osungen
367
¨ giert. F¨ ur n = 800 und n = 5000 erhalten wir eine gute Ubereinstimmung der Kurvenverl¨ aufe. ϕ
0,2 0,1 0 Ŧ0,1
n = 100 n = 800 n = 5000
Ŧ0,2
t 0 1 2 3 4 Algorithmische Umsetzung der Schwingungsdifferentialgleichung bei kleinen Ausschl¨ agen: % Zu loesende DGL: phi’’ + g/l phi = 0 % Erdbeschleunigung g, Pendellaenge l g = 10; l = 1; % Anzahl der Stuetzstellen, Inkrement delta_t n = 100; delta_t = (4.0-0.0)/n; % Anfangsbedingungen: Auslenkungswinkel, Winkelgeschwindigkeit z1(1) = 0.1; z2(1) = 0.0; % Rekursionsformel for k = 1:n z1(k + 1) = z1(k) + z2(k)*delta_t; z2(k + 1) = z2(k) - g/l*z1(k)*delta_t; end Fall ii): Die Schwingungsdifferentialgleichung bei großen Auslenkungen ist nichtlinear: g ϕ¨ + sinϕ = 0. l Mit der Transformation der Differentialgleichung auf ein Differentialgleichungssystem 1. Ordnung erhalten wir z˙1 (t) = z2 (t)
und
z˙2 (t) = −
g g sinz1 (t) = − sinϕ. l l
368
Numerische Methoden in der Mechanik
Die Rekursionsgleichungen zur Berechnung der N¨ aherungsl¨ osungen sind z˜1,k+1 = z˜1,k + z˜2,k Δt, z˜2,k+1 = z˜2,k −
g sin(˜ z1,k ) Δt. l
Initialisierung der Anfangsbedingungen: z˜1,1 = π/2,
z˜2,1 = 0.
Im Phasendiagramm, dem (ϕ, ˙ ϕ)-Diagramm, sind die Kurvenverl¨ aufe f¨ ur n = 70 (Kreuze) und n = 3000 (durchzogene Linie) dargestellt. Bei einem System ohne Dissipation ergeben sich f¨ ur die Anfangsbedingungen ϕ0 < π und ϕ˙ 0 = 0 geschlossene Kurven. Man erkennt, dass die Kurve f¨ ur n = 70 divergiert, d.h. die Schrittweite wurde zu groß gew¨ ahlt.
ϕ˙
6 4 2 0 Ŧ2 Ŧ4 Ŧ6
Ŧ2
Ŧ1
0
1
2
3
4
ϕ
Algorithmische Umsetzung der Schwingungsdifferentialgleichung bei großen Ausschl¨ agen: % DGL des Fadenpendels: phi’’ + g/l sin(phi) = 0 % Erdbeschleunigung g, Pendellaenge l g = 10; l = 1; % Anzahl der Stuetzstellen n, Inkrement delta_t n = 70; delta_t = (4.0-0.0)/n; % Anfangsbedingungen: Auslenkungswinkel, Winkelgeschwindigkeit z1(1) = pi/2; z2(1) = 0.0; % Rekursionsformel for k = 1:n z1(k + 1) = z1(k) + z2(k)*delta_t; z2(k + 1) = z2(k) - g/l*sin(z1(k))*delta_t; end
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.5 Eine reibungsfrei gef¨ uhrte Masse m wird durch eine Feder und einen D¨ ampfer gehalten.
369
A7.5
x k
Man berechne die Eigenschwingung des ged¨ ampften Feder-Masse-Schwingers mit dem Euler-Vorw¨ arts-Verfahren f¨ ur die Anfangsbedingungen x(0) = 0, 01 m und x(0) ˙ = 0.
m d
Gegeben: m = 0, 5 kg; d = 10 kg/s; k = 500 N/m .
L¨ osung Die Differentialgleichung des ged¨ampften Schwingers lautet mx ¨ + d x˙ + k x = 0
bzw.
x ¨+
d k x˙ + x = 0 . m m
Mit den Hilfsfunktionen z1 (t) = x(t),
z2 (t) = x(t) ˙
wird die Differentialgleichung 2. Ordnung auf ein Differentialgleichungssystem 1. Ordnung mit zwei Gleichungen transformiert. Somit erhalten wir z˙1 (t) = z2 (t)
und
z˙2 (t) = −
d k z2 (t) − z1 (t) . m m
Mit den N¨ aherungswerten z˜1,k , z˜2,k und z˜1,k+1 , z˜2,k+1 der Hilfsfunktionen zu den diskreten Zeitpunkten tk und tk+1 gelten die Rekursionsgleichungen z˜1,k+1 = z˜1,k + z˜2,k Δt , z˜2,k+1 = z˜2,k − (
d k z˜2,k + z˜1,k ) Δt . m m
Die numerische L¨ osung wird der analytischen L¨ osung gegen¨ ubergestellt. Mit dem Abklingkoeffizienten δ = d/(2m) p = 10 s−1 und der Eigenkreisfrequenz des unged¨ ampften Systems ω = k/m ≈ 31, 62 s−1 erhalten wir das Lehrsche D¨ ampfungsmaß D = δ/ω ≈ 0, 032 < 1. Somit liegt der Fall der schwachen D¨ ampfung vor (Kapitel 5.2.3, Band 3). Die analytische L¨ osung ist x(t) = e−δt (A cos(ωd t) + B sin(ωd t))
370
Numerische Methoden in der Mechanik
mit ωd = ω
p
1 − D2 ≈ 31, 61 s−1 ,
A = x(0) = 0.01 m
und
B=
x(0) ˙ + δ x(0) = 3.2 · 10−4 m . ωd
Algorithmische Umsetzung der Zeitintegration der Differentialgleichung des ged¨ ampften Schwingers: % DGL: x’’ + d/m x’ + k/m x = 0 % Systemparameter m = 0.5; d = 10; k = 500; % Anzahl der Stuetzstellen n = 50; % Zeitinkrement ta = 0.0; te = 0.6; delta_t = (te - ta)/n; % Anfangsbedingungen: Ort und Geschwindigkeit z1(1) = 0.1; z2(1) = 0.0; % Numerische Integration for i = 1:n z1(i + 1) = z1(i) + z2(i)*delta_t; z2(i + 1) = z2(i) - (d/m*z2(i) + k/m*z1(i))*delta_t; end Im Diagramm sind die Kurvenverl¨ aufe im betrachteten Zeitintervall [ta ; te ] = [0; 0, 6s] f¨ ur n = 50 und 100 St¨ utzstellen sowie die analytische L¨ osung dargestellt. x 0,1 n = 50 0,08 n = 100 0,06 analytisch 0,04 0,02 0 Ŧ0,02 Ŧ0,04 Ŧ0,06 Ŧ0,08 t 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.6 Eine Kugel (Masse m) befindet sich im freien Fall. Auf die Kugel wirkt ein Luftwiderstand W = c x˙ 2 , der proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit angenommen wird.
371
A7.6
W g x
Nach der numerischen Berechnung des Geschwindigkeit-ZeitDiagramms sind die Ergebnisse des expliziten und des impliziten Eulerverfahrens gegen¨ uberzustellen. Vergleichen Sie die Ergebnisse mit der analytischen L¨ osung.
m
G=mg
Gegeben: m = 1 kg; g = 10 m/s2 ; c = 0, 01 N/m .
L¨ osung Die Auswertung des dynamischen Grundgesetzes F = m x ¨ liefert mit F =G−W ,
G = mg ,
W = c x˙ 2
die Differentialgleichung x ¨=g−
c 2 x˙ . m
Die analytischen L¨ osungen f¨ ur die Weg-Zeit- und GeschwindigkeitsZeit-Verl¨ aufe lauten " # gt m ln cosh( p x(t) = ) c mg/c und x(t) ˙ =
r
mg tanh c
gt p mg/c
! .
F¨ ur die Transformation der Differentialgleichung 2. Ordnung f¨ uhren wir die Hilfsfunktionen u(t) = x(t) ,
v(t) = x(t) ˙
ein und erhalten die zwei Differentialgleichungen 1. Ordnung c 2 v (t) . u(t) ˙ = v(t) und v(t) ˙ =g− m Die N¨ aherungsl¨ osungen zum Zeitpunkt tk+1 bezeichnen wir mit ˜(tk+1 ) , u ˜k+1 = u
v˜k+1 = v˜(tk+1 ),
372
Numerische Methoden in der Mechanik
woraus wir das Rekursionsschema des expliziten Eulerverfahrens erhalten: ˜k + v˜k Δt , u ˜k+1 = u v˜k+1 = v˜k + (g −
c 2 v˜ ) Δt . m k
Die numerische Umsetzung ist im nachfolgenden Algorithmus dargestellt. % Freier Fall mit Luftwiderstand: Explizites Euler Verfahren. % Luftwiderstand, Masse, Erdbeschleunigung c = 0.01; m = 1; g = 10; % Anfangsbedingungen u(1) = 0; v(1) = 0; % Anzahl der Stuetzstellen n = 18; % Zeitinkrement delta_t=(te-ta)/n delta_t = (20 - 0)/n; % Integration der Bewegungsgleichung for k = 1:n u(k + 1) = u(k) + v(k)*delta_t; v(k + 1) = v(k) + (g - c/m*v(k)^2)*delta_t; end Im Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm (links) sind die N¨ aherungsl¨ osungen im Zeitintervall t = [0; 20s] f¨ ur n = 8 und 18 St¨ utzstellen der analytischen L¨ osung gegen¨ ubergestellt. Die Abweichungen der numerischen L¨ osungen von der analytischen L¨ osung |v − x| ˙ sind der rechten Abbildung zu entnehmen. v |˜ v − x| ˙
35 30 25 20 15 10 5 0 0
5
n=8 n = 18
4 3
n=8 n = 18 analytisch 4
8
12
16
2 1 20
t
0 0
4
8
12
16
20
t
Aufgaben und L¨ osungen
373
Die N¨ aherungsl¨ osungen des impliziten Eulerverfahrens lauten u ˜k+1 = u ˜k + v˜k+1 Δt , v˜k+1 = v˜k + (g −
c 2 v˜ ) Δt . m k+1
Die quadratische Gleichung in der Unbekannten v˜k+1 reformulieren wir wie folgt: f (˜ vk+1 ) = v˜k − v˜k+1 + [g −
c 2 v˜k+1 ] Δt = 0 . m
Zur iterativen L¨ osung der quadratischen Gleichung wenden wir das Newton-Verfahren an. Hierzu wird die lokale Iteration (i ist der Iterationsz¨ ahler der lokalen Newton-Iteration) i i ) + f (˜ vk+1 )Δ˜ vk+1 = 0 f (˜ vk+1
mit
i+1 i Δ˜ vk+1 = v˜k+1 − v˜k+1
i so oft wiederholt, bis der Betrag der Funktion, d.h. |f (˜ vk+1 )|, kleiner i ist als eine vorgegebene Toleranz. Man erh¨ alt f¨ ur f (˜ vk+1 ) = 0 das Inkrement
Δ˜ vk+1 = −
i ) f (˜ vk+1 i f (˜ vk+1 )
mit
i vk+1 ) = −1 − f (˜
2c i Δt . v˜ m k+1
Die numerischen Ergebnisse sind in dem Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm (links) dargestellt. Im Gegensatz zum expliziten Verfahren sind insbesondere f¨ ur große Zeitinkremente die Kurvenverl¨ aufe deutlich glatter. Ferner konvergieren die Ergebnisse hier von unten gegen die analytische L¨ osung. v
30 25 20 15 10 5 0 0
4
8
|˜ v − x| ˙ 3,5 3 2,5 2 1,5 n=8 1 n = 18 0,5 analytisch 0 t 12 16 20 0 4
n=8 n = 18
8
12
16
20
t
Im rechten Diagramm sind wieder die Abweichungen der numerischen L¨ osungen von der analytischen L¨ osung |˜ v − x| ˙ dargestellt.
374
Numerische Methoden in der Mechanik
Algorithmische Umsetzung: % Freier Fall mit Luftwiderstand: Implizites Euler-Verfahren. % Luftwiderstand, Masse, Erdbeschleunigung c = 0.01; m = 1; g = 10; % Anfangsbedingungen fuer den Ort und die Geschwindigkeit u(1) = 0; v(1) = 0; % Anzahl der Stuetzstellen n = 18; % Zeitinkrement delta_t=(te-ta)/n delta_t = (20 - 0)/n; % Maximale Anzahl lokaler Iterationen maxiter = 15; % Abbruchgrenze der lokalen Newton-Iteration tol = 1e-9; % Schleife ueber die Anzahl der Zeitinkremente for k = 1:n v(k + 1) = v(k); % Schleife der lokalen Newton-Iteration for i = 1:maxiter f(i) = v(k) - v(k + 1) + (g - c/m*v(k + 1)^2)*delta_t; fs(i) = -1 - 2*c/m*v(k + 1)*delta_t; % Abbruchbedingung if abs(fs(i)) < tol disp(’ ’); disp(’Keine Konvergenz!’); end % Inkrement delta_v(i) = -f(i)/fs(i); % Aufdatierung der Loesung v(k + 1) = v(k + 1) + delta_v(i); % Konvergenzbedingung if abs(f(i)) < tol i = maxiter; end end u(k + 1) = u(k) + v(k + 1)*delta_t; end
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.7 Das skizzierte System mit einem Freiheitsgrad besteht aus der Masse m und einer Feder mit der Steifigkeit c.
375
A7.7
m
c
Bestimmen Sie f¨ ur das System die Koeffizienten des Runge-KuttaVerfahrens 4. Ordnung und die L¨ osung der Differentialgleichung f¨ ur verschiedene Schrittweiten Δt.
x
Gegeben: m = 100 kg; c = 500 N/m.
L¨ osung Die Differentialgleichung des Feder-Masse-Schwingers x ¨+
c x=0 m
˙ auf ein wird mit den Hilfsfunktionen z1 (t) = x(t) und z2 (t) = x(t) System von 2 Differentialgleichungen 1. Ordnung transformiert: z˙1 (t) = z2 (t) = f1 (z2 , t) , z˙2 (t) = −
c z1 (t) = f2 (z1 , t) . m
Da nun zwei Differentialgleichungen 1. Ordung behandelt werden, sind nun auch zweimal vier Zwischenwerte (kj1 , kj2 , kj3 , kj4 f¨ ur j = 1, 2) zu berechnen. Aus diesem Grund schreiben wir den Algorithmus wie folgt: z˜1,i+1 = z˜1,i + k1 Δt , z˜2,i+1 = z˜2,i + k2 Δt , wobei sich der jeweilige Wert k1 bzw. k2 aus kj =
1 (kj1 + 2 kj2 + 2 kj3 + kj4 ) 6
f¨ ur j = 1, 2
berechnet. Die zugeh¨ origen Zwischenwerte zur Berechnung von z˜j,i+1 = z˜j,i + kj Δt
376
Numerische Methoden in der Mechanik
ergeben sich aus dem Schema kj1 = fj (tn , z˜1,n , z˜2,n ) , kj2 = fj (tn +
Δt , 2
kj3 = fj (tn +
Δt , 2
z˜1,n +
Δt k , 2 11
z˜1,n +
Δt k , 2 12
z˜2,n +
Δt k ) 2 21
,
z˜2,n +
Δt k ) 2 22
,
kj4 = fj (tn + Δt, z˜1,n + Δt k13 , z˜2,n + Δt k23 ) . F¨ ur die numerischen Berechnungen werden die Anfangsbedingungen x(t = 0) = 0, 01 m, x(t ˙ = 0) = 0 m/s gew¨ ahlt. In den Weg-Zeit-Diagrammen sind die numerischen L¨ osungen im Zeitintervall [ta ; te ] = [0; 30s] f¨ ur n = 50 und 500 Zeitinkremente der analytischen L¨ osung gegen¨ ubergestellt. F¨ ur die L¨ osung mit 50 St¨ utzstellen ist deutlich eine numerische D¨ ampfung zu erkennen, d.h. die Zeitinkremente sind hier zu groß gew¨ ahlt worden. Mit 500 Auswertungen erhalten wir ein zufriedenstellendes Ergebnis.
0,01
n = 50 analytisch
0,005 0 Ŧ0,005 Ŧ0,01 0
5
10
15
20
25
30
0,01
n = 500 analytisch
0,005 0 Ŧ0,005 Ŧ0,01 0
5
10
15
20
25
30
Aufgaben und L¨ osungen
377
Algorithmische Umsetzung: % Vierstufiges Runga-Kutta-Verfahren fuer den Einmassenschwinger % Systemparameter m = 100; c = 500; % Berechnung des Zeitinkrements ta = 0; te = 30; n1 = 50; delta_t = (te - ta)/n1; % Funktionen des Differentialgleichungssystems f1 = ’z2’; f2 = ’-c/m*z1’; % Anfangsbedingungen fuer den Ort und die Geschwindigkeit z(1,1) = 0.01; z(2,1) = 0; t(1) = ta; % Runge-Kutta-Verfahren 4. Ordnung, Zeitintegration for i = 1:n1 % 1. Zwischenauswertung z1 = z(1,i); z2 = z(2,i); kk(1,1) = eval(f1); kk(2,1) = eval(f2); % 2. Zwischenauswertung z1 = z(1,i)+delta_t/2*kk(1,1); z2 = z(2,i)+delta_t/2*kk(2,1); kk(1,2) = eval(f1); kk(2,2) = eval(f2); % 3. Zwischenauswertung z1 = z(1,i)+delta_t/2*kk(1,2); z2 = z(2,i)+delta_t/2*kk(2,2); kk(1,3) = eval(f1); kk(2,3) = eval(f2); % 4. Zwischenauswertung z1 = z(1,i)+delta_t*kk(1,3); z2 = z(2,i)+delta_t*kk(2,3); kk(1,4) = eval(f1); kk(2,4) = eval(f2); % Berechnung der Werte zum Zeitpunkt t_i+1 z(1,i+1) = z(1,i)+1/6*(kk(1,1) +2*kk(1,2)+2*kk(1,3)+kk(1,4))*delta_t; z(2,i+1) = z(2,i)+1/6*(kk(2,1) +2*kk(2,2)+2*kk(2,3)+kk(2,4))*delta_t; t(i+1) = t(i)+delta_t; end
378
A7.8
Numerische Methoden in der Mechanik
Aufgabe 7.8 Gegeben ist ein System mit zwei Freiheitsgraden, bestehend aus zwei Massen m1 und m2 . Die Massen sind durch Federn der Steifigkeit c1 bzw. c2 mit der Wand bzw. miteinander verbunden.
m1
c1
x1
Bestimmen Sie mit Hilfe des Runge-Kutta-Verfahrens 4. Ordnung die Bewegungen x1 (t) und ur die angegebenen Anfangsx2 (t) f¨ bedingungen.
m2
c2
x2
Parameter: m1 = 40 kg; m2 = 20 kg; c1 = 1 N/mm; c2 = 1 N/mm. Anfangsbedingungen: x1 (0) = 0 mm,
x˙ 1 (0) = 0 mm/s,
x2 (0) = 10 mm,
x˙ 2 (0) = 0 mm/s.
L¨ osung Die Differentialgleichungen des Zwei-Massen-Schwingers c1 + c2 c2 x1 − x2 = 0 , m1 m1 c2 c2 x2 − x1 = 0 x ¨2 + m2 m2
x ¨1 +
werden mit den vier Hilfsfunktionen z1 (t) = x1 (t),
z2 (t) = x˙ 1 (t),
z3 (t) = x2 (t)
und
z4 (t) = x˙ 2 (t)
auf ein System von vier Differentialgleichungen 1. Ordnung transformiert: z˙1 (t) = f1 (z1 , z2 , z3 , z4 , t) = z2 (t) , z˙2 (t) = f2 (z1 , z2 , z3 , z4 , t) = −
c1 + c2 c2 z1 (t) + z3 (t) , m1 m1
z˙3 (t) = f3 (z1 , z2 , z3 , z4 , t) = z4 (t) , z˙4 (t) = f4 (z1 , z2 , z3 , z4 , t) =
c2 c2 z1 (t) − z3 (t) . m2 m2
Analog zur Vorgehensweise in Aufgabe 7.7 sind nun die Zwischenwerte der N¨ aherungsl¨ osungen f¨ ur alle vier Funktionen zu berechnen. Eine
Aufgaben und L¨ osungen
379
systematische Umsetzung des Runge-Kutta-Verfahrens basiert auf dem folgenden Schema: z˜j,i+1 = z˜j,i + Δt kj kj =
1 (kj1 6
f¨ ur j = 1, 2, 3, 4
+ 2kj2 + 2kj3 + kj4 )
kj1 = fj (ti , z˜1,i , z˜2,i , z˜3,i , z˜4,i ) kj2 = fj (ti +
Δt , 2
z˜1,i +
Δt 2
k11 , z˜2,i +
Δt 2
k21 , ... , z˜4,i +
Δt 2
k41 )
kj3 = fj (ti +
Δt , 2
z˜1,i +
Δt 2
k12 , z˜2,i +
Δt 2
k22 , ... , z˜4,i +
Δt 2
k42 )
kj4 = fj (ti + Δt, z˜1,i + Δt k13 , z˜2,i + Δt k23 , ... , z˜4,i + Δt k43 ) Die numerische L¨ osung der Bewegungen der Massenpunkte m1 und ur n = 100 Zeitinkremente ist den nachfolgenden Diagrammen zu m2 f¨ entnehmen. x1 (t) 10
5 0 Ŧ5 Ŧ10
t
0
20
40
60
80
100
20
40
60
80
100
x2 (t)
10 5 0 Ŧ5 Ŧ10
t
0
380
Numerische Methoden in der Mechanik
MATLAB-code: Runge-Kutta-Verfahren % Parameter und Zeitinkrement n = 100; m1 = 40; m2 = 20; c1 = 1; c2 = 1; ta = 0; te = 100; delta_t = (te - ta)/n; % Anfangsbedingungen z1(1) = 0; z2(1) = 0; z3(1) = 10; z4(1) = 0; % Koeffizienten for i = 1:n k11(i) = z2(i); k21(i) = c2/m1*z3(i) - (c1 + c2)/m1*z1(i); k31(i) = z4(i); k41(i) = c2/m2*z1(i) - c2/m2*z3(i); k12(i) = z2(i) + delta_t/2*k21(i); k22(i) = c2/m1*(z3(i) + delta_t/2*k31(i)) - (c1 + c2)/m1*(z1(i) + delta_t/2*k11(i)); k32(i) = z4(i) + delta_t/2*k41(i); k42(i) = c2/m2*(z1(i) + delta_t/2*k11(i)) - c2/m2*(z3(i) + delta_t/2*k31(i)); k13(i) = z2(i) + delta_t/2*k22(i); k23(i) = c2/m1*(z3(i) + delta_t/2*k32(i)) - (c1 + c2)/m1*(z1(i) + delta_t/2*k12(i)); k33(i) = z4(i) + delta_t/2*k42(i); k43(i) = c2/m2*(z1(i) + delta_t/2*k12(i)) - c2/m2*(z3(i) + delta_t/2*k32(i)); k14(i) = z2(i) + delta_t*k23(i); k24(i) = c2/m1*(z3(i) + delta_t*k33(i)) - (c1 + c2)/m1*(z1(i) + delta_t*k13(i)); k34(i) = z4(i) + delta_t*k43(i); k44(i) = c2/m2*(z1(i) + delta_t*k13(i)) - c2/m2*(z3(i) + delta_t*k33(i)); k1(i) = 1/6*(k11(i) + 2*k12(i) + 2*k13(i) + k14(i)); k2(i) = 1/6*(k21(i) + 2*k22(i) + 2*k23(i) + k24(i)); k3(i) = 1/6*(k31(i) + 2*k32(i) + 2*k33(i) + k34(i)); k4(i) = 1/6*(k41(i) + 2*k42(i) + 2*k43(i) + k44(i)); z1(i + 1) = z1(i) + delta_t*k1(i); z2(i + 1) = z2(i) + delta_t*k2(i); z3(i + 1) = z3(i) + delta_t*k3(i); z4(i + 1) = z4(i) + delta_t*k4(i); end
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.9 Ein unged¨ampfter Einmassenschwinger mit der Masse m und der Federsteifigkeit c wird durch eine zeitlich ver¨ anderliche Kraft F (t) erregt.
381
A7.9
m
c
Bestimmen Sie mit Hilfe des Newmark-Verfahrens den zeitlichen Verlauf der Auslenkung u(t). Vergleichen Sie die numerischen L¨ osungen f¨ ur die Newmarkparameter (β; δ) = (0, 25; 0, 5) und (β; δ) = (0, 31; 0, 6).
F (t)
u(t)
Der Kraft-Zeit-Verlauf ist gegeben mit 8 > > f¨ ur 0 s < t < 0, 5 s > 200 t > < F (t) = − 200 t + 200 f¨ ur 0, 5 s < t < 1, 0 s > > > > : 0 f¨ ur 1, 0 s < t Gegeben: m = 1000 kg; c = 2000 N/m; u(0) = 0 m; u(0) ˙ = 0 m/s .
L¨ osung Die Differentialgleichung des Einmassenschwingers lautet mu ¨(t) + c u(t) = F (t) . Das Einsetzen der Ansatzfunktionen f¨ ur die Geschwindigkeiten u˙ k+1 = v¯k+1 + δ u ¨k+1 Δt und die Verschiebungen uk+1 = u ¯k+1 + β u ¨k+1 (Δt)2 , mit den gegebenen Werten vom letzten Zeitpunkt uk Δt, v¯k+1 = u˙ k + (1 − δ)¨
u ¯k+1 = uk + u˙ k Δt +
1 βu ¨k (Δt)2 , 2
in die diskrete Bewegungsgleichung, ausgewertet an der Stelle tk+1 , mu ¨k+1 + c uk+1 = Fk+1
382
Numerische Methoden in der Mechanik
liefert mu ¨k+1 + c [¯ uk+1 + β u ¨k+1 (Δt)2 ] = Fk+1 . L¨ osen wir diese Gleichung nach u ¨k+1 auf, so folgt die Rekursionsformel u ¨k+1 =
1 ¯k+1 ] [Fk+1 − c u κ
mit
κ = m + c β (Δt)2 ,
woraus sich nun die Geschwindigkeit u˙ k+1 und die Auslenkung uk+1 berechnen lassen. Algorithmische Umsetzung des Newmark-Verfahrens: % Systemparameter m = 1000; c = 2000; % Newmark-Parameter beta = .31; delta = .6; % Zeitintervall ta = 0; te = 100; % Zeitinkrement n = 500; delta_t = (te - ta)/n; % Anfangswerte: % Zeit, Ort, Geschwindigkeit, Beschleunigung t(1) = 0; u(1) = 0; up(1) = 0; upp(1) = 0; % Schleife ueber die Anzahl der Zeitinkremente kappa = m + c*beta*delta_t^2; for k = 1:n t(k+1) = t(k) + delta_t; if t(k+1) < .5 F = 200*t(k + 1); elseif t(k+1) < 1 F = -200*t(k + 1) + 200; else F = 0; end v_quer(k) = up(k) + (1 - delta)*upp(k)*delta_t; u_quer(k) = u(k) + up(k)*delta_t + (.5 - beta)*upp(k)*delta_t^2; upp(k+1) = (F - c*u_quer(k))/kappa; up( k+1) = v_quer(k) + delta*upp(k+1)*delta_t; u( k+1) = u_quer(k) + beta *upp(k+1)*delta_t^2; end
Aufgaben und L¨ osungen
383
Die folgenden Abbildungen zeigen die numerischen und die analytischen L¨ osungen im Bereich von t = 0 − 10 s und t = 90 − 100 s f¨ ur eine Zeitschrittweite Δt = 0, 2 s. F¨ ur die Newmarkparameter β = 0, 25, δ = 0, 5 ergibt sich folgendes Weg-Zeit-Diagramm: Amplitude der exakten L¨ osung / /
0,04 0,03 0,02 0,01 0 0,01 0,02 0,03 0,04 0
2
4
6
8
10
Amplitude der exakten L¨ osung / /
0,04 0,03 0,02 0,01 0 0,01 0,02 0,03 0,04
90
92
94
96
98
100
Der Weg-Zeit-Verlauf wird sehr gut abgebildet, lediglich eine kleine Phasenverschiebung ist im Zeitintervall t = 90 − 100 s zu erkennen. F¨ ur die numerische Berechnung des Weg-Zeit-Verlaufs mit den Newmarkparametern β = 0, 31 und δ = 0, 6 vergleichen wir das Simulationsergebnis ebenfalls mit der analytischen L¨ osung. Amplitude der exakten L¨ osung / 0,04 / 0,03 0,02 0,01 0 0,01 0,02 0,03 0,04 0 2 4 6 8 10
Amplitude der exakten L¨ osung / 0,04 / 0,03 0,02 0,01 0 0,01 0,02 0,03 0,04 90 92 94 96 98 100
In dieser Berechnung ist schon im Zeitintervall t = 0 − 10 s die numerische D¨ ampfung zu erkennen; besonders deutlich ist dieser numerische Fehler im Bereich t = 90 − 100 s.
384
A7.10
Numerische Methoden in der Mechanik
Aufgabe 7.10 Ein an beiden Enden unverschieblich gelagerter Stab wird durch i) eine konstante Streckenlast p0 und ii) eine linear ver¨ anderliche Streckenlast x p(x) = p0 + Δp l
p(x) x, u l
beansprucht. Die Dehnsteifigkeit EA ist konstant. Berechnen Sie mit der Methode der Finiten Differenzen eine N¨ aherung f¨ ur das Verschiebungsfeld u(x). Verwenden Sie f¨ ur die Berechnung der N¨ aherungsl¨ osung die konstante Schrittweite h = l/n.
1
0
h
2
h
n−1 n
h
Parameter: l = 1 m; EA = 20 kN/m2 ; p0 = 1 kN/m; Δp = 8 kN/m.
L¨ osung Die Differentialgleichung des Stabes ist EAu (x) = −p(x) . Aus den Lagerungsbedingungen folgen die Randbedingungen u(0) = 0
und
u(l) = 0 .
Die analytische L¨ osung dieses Randwertproblems erhalten wir durch zweifache Integration der Differentialgleichung und Einsetzen der Randbedingungen zu „ « Δp 3 Δp l p0 2 p0 l u(x) = + x− x − x . 2EA 6EA 2EA 6EA l F¨ ur eine konstante Streckenlast (Δp = 0) ist der Funktionsverlauf quadratisch und f¨ ur eine linear ver¨ anderliche Streckenlast (Δp = const) kubisch. Fall i) p(x) = p0 : Die Approximation der zweiten Ableitung an den Gitterpunkten 1 bis n − 1 innerhalb des betrachteten Gebiets EA
ui+1 − 2ui + ui−1 = −p0 h2
f¨ ur
i = 1, ..., n − 1
Aufgaben und L¨ osungen
385
liefert ein Gleichungssystem mit n−1 Gleichungen. F¨ ur die Gitterpunkte i = 1, ..., n − 1 ergeben sich somit die Approximationen h2 , EA 2 h = − p0 , EA .. .
u0 − 2u1 + u2
= − p0
u1 − 2u2 + u3
un−2 − 2un−1 + un = − p0 Mit u0 = 0 und un 2 2−1 0 0· · · 6−1 2−1 0· · · 6 6 0−1 2−1· · · 6 0 0−1 2· · · 6 6 . 6 . 6 . 4 0 0 0 0· · ·
= 0 erhalten 32 u1 0 0 0 07 6 u2 76 0 07 6 u3 6 0 07 7 6 u4 6 ..7 76 . .7 6 .. 2−15 4u
0 0 0 0· · ·−1 2
h2 . EA wir das lineare Gleichungssystem 2 3 3 1 617 7 6 7 7 617 7 2 6 7 7 7 = p0 h 617 . 7 7 EA 6 6 .. 7 7 6.7 7 415 5
n−2
un−1
1
x Fall ii) p(x) = p0 + Δp : Aus der Approximation der zweiten Ableil tung an den Gitterpunkten « „ ui+1 − 2ui + ui−1 ih f¨ ur i = 1, ..., n − 1 EA = − p + Δp 0 h2 l erkennen wir, dass im Vergleich zu einer konstanten Streckenlast nur die rechte Seite zu modifizieren ist. Schreiben wir diese Gleichung f¨ ur die Gitterpunkte i = 1, ..., n − 1 an, so folgt u0 − 2u1 + u2 u1 − 2u2 + u3
un−2 − 2un−1 + un
„ « h h2 = − p0 + Δp , l EA « 2 „ 2h h = − p0 + Δp , l EA .. . „ « (n − 1) h h2 = − p0 + Δp . l EA
386
Numerische Methoden in der Mechanik
Zur Aufstellung der Gleichungssysteme und deren L¨ osung wurde das folgende MATLAB Programm verwandt: % Finites Differenzen Verfahren fuer den Zug-Druck-Stab % Systemparameter l = 1; EA = 20; p0 = 1; deltap = 8; % Diskretisierung n = 4; h = l/n; % Initialisierung der Systemmatrix und der rechten Seite A = zeros(n-1,n-1); R = zeros(n-1,1); % Berechnung der Systemmatrix for i = 1:(n-1) A(i,i) = 2; if (i < (n-1)) A(i,i+1) = -1; A(i+1,i) = -1; end % Rechte Seite fuer linear veraenderliches p(x) R(i) = (p0 + deltap * i * h / l) * h^2 / EA; end % Loesung des Gleichungssystems: u = inverse(A) R u = A \ R; Der Vergleich der analytischen L¨ osung (gestrichelte Linie) mit den N¨ aherungsl¨ osungen f¨ ur n = 2 und n = 4 ist den nachfolgenden Abbildungen zu entnehmen. u(x)
× 10Ŧ2
u(x)
0,6
3
0,5
2,5
0,4
2
0,3
1,5
0,2
1 n=2 n=4
0,1 0
× 10Ŧ2
0
0,2
0,4
0,6
p(x) = p0
n=2 n=4
0,5 0,8
1
x
0
0
0,2
0,4
0,6
p(x) = p0 + Δp
0,8
x l
1
x
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.11 Eine d¨ unne quadratische Platte mit der Kantenl¨ ange l = 1 m ist durch die in der Abbildung dargestellten Temperaturverl¨ aufe an den R¨ andern beansprucht.
387
A7.11 ◦
ϑ = 200 C l=1 m
ϑ = 100◦ C
y x l=1 m
Berechnen Sie die station¨ are Temperaturverteilung ϑ(x, y) mit dem zentralen Differenzenschema. Verwenden Sie hierzu in beiden Richtungen die ¨ aquidistanten Gitterpunktabst¨ ande hx = hy = h = l/n mit n = 3 und n = 5.
L¨ osung Die station¨are Temperaturverteilung wird im zweidimensionalen Fall durch die Laplacegleichung ∂ 2 ϑ(x, y) ∂ 2 ϑ(x, y) + =0 ∂x2 ∂y 2 beschrieben. Aus der obigen Abbildung k¨ onnen wir die Temperaturverteilung an den R¨ andern ϑ(0, y) = 100, ϑ(x, 1) = 100 (1 + x), ϑ(x, 0) = 100, ϑ(1, y) = 100 (1 + y) ablesen. Mit ϑi,j bezeichnen wir die Approximation der Temperatur ϑ(xi , yi ) an den diskreten Gitterpunkten (xi , yi ). Mit der zentralen Differenzenmethode erhalten wir die Differenzengleichung 4ϑi,j − (ϑi+1,j + ϑi−1,j ) − (ϑi,j+1 + ϑi,j−1 ) = 0 . Bei einer Diskretisierung mit 4 St¨ utzstellen je Richtung, d.h. i = 0, 1, 2, 3 und j = 0, 1, 2, 3, sind insgesamt 16 Gitterpunkte vorhanden. Da die Temperaturen am Rand vorgegeben sind, sind nur an den Punkten 6, 7, 10, 11 die Werte ϑi,j zu berechnen.
13
14
15
16
9
10
11
12
5
6
7
8
4 1 2 3 Die Auswertung des zentralen Differenzenquotienten an den inneren Knoten liefert vier Gleichungen:
388
Numerische Methoden in der Mechanik
Punkt
i
j
Differenzengleichung
6
1 1 4ϑ1,1 − (ϑ2,1 + ϑ0,1 ) − (ϑ1,2 + ϑ1,0 ) = 0
7
2 1 4ϑ2,1 − (ϑ3,1 + ϑ1,1 ) − (ϑ2,2 + ϑ2,0 ) = 0
10
1 2 4ϑ1,2 − (ϑ2,2 + ϑ0,2 ) − (ϑ1,3 + ϑ1,1 ) = 0
11
2 2 4ϑ2,2 − (ϑ3,2 + ϑ1,2 ) − (ϑ2,3 + ϑ2,1 ) = 0
Alle diskreten Werte, die einen Index 0 oder 3 aufweisen, sind vorgegebene Randdaten. F¨ ur die folgenden Auswertungen identifizieren wir die zweifach indizierten Variablen mit den Knotenwerten: ϑ6 := ϑ1,1 , ϑ7 := ϑ2,1 , ϑ10 := ϑ1,2 , ϑ11 := ϑ2,2 . Hieraus ergibt sich das zu l¨ osende Gleichungssystem 4 ϑ6 − ( ϑ7 + 100 ) ¯ 4 ϑ7 − ( 133, 3 + ϑ6 ) 4 ϑ10 − ( ϑ11 + 100 ) 6 + ϑ10 ) 4 ϑ11 − ( 166, ¯
− − − −
( ϑ10 + 100) ( ϑ11 + 100) ( 133, ¯ 3 + ϑ6 ) ( 166, ¯ 6 + ϑ7 )
= 0, = 0, = 0, = 0.
In Matrizenschreibweise l¨ asst sich das Gleichungssytem in der Form A ϑ = R angeben, woraus sich der L¨ osungsvektor mit ϑ = A−1 R berechnen l¨ asst. Die zugeh¨ origen Matrizen sind: 3 2 2 3 3 3 2 2 111, ¯ 1 ϑ6 200 4−1−1 0 ¯ ¯ 6122, 27 6ϑ 7 6233, 37 6−1 4 0−17 . → ϑ=4 ; ϑ = 4 7 5; R = 4 A=4 122, ¯ 25 233, ¯ 35 −1 0 4−15 ϑ10 ¯ ¯ 144, 4 333, 3 0−1−1 4 ϑ11 Die Berechnung der L¨ osung mit einer Diskretisierung von 5 St¨ utzstellen pro Richtung, also mit i = 0, ..., 4 und j = 0, ..., 4, ist analog zur vorangegangenen Vorgehensweise. F¨ ur die im rechts dargestellten Gitter angegebene Knotennummerierung erhalten wir die L¨ osungen
ϑl
21
22
ϑo 23
24
25
16
17
18
19
20
11
12
13
14
15
6
7
8
9
10
1
2
3
4
5
ϑu
ϑr
ϑ7 = 106, 25; ϑ8 = 112, 5; ϑ9 = 118, 75; ϑ12 = 112, 5; ϑ13 = 125, 0; ϑ14 = 137, 5; ϑ17 = 118, 75; ϑ18 = 137, 5; ϑ19 = 156, 25.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.12 Ein horizontal elastisch gebetteter Stab mit konstanter Dehnsteifigkeit EA ist an beiden Enden unverschieblich gelagert. Die elastische Bettung wird mit einer konstanten Federsteifigkeit pro L¨ angeneinheit c angesetzt.
389
A7.12
p(x)
c
x, u l
Berechnen Sie f¨ ur die Streckenlast p(x) = ex/l mit dem Kollokationsverfahren eine N¨ aherung f¨ ur das Verschiebungsfeld u(x).
L¨ osung Die Differentialgleichung des elastisch gebetteten Stabes ist EAu (x) − c u(x) = − p(x) . Als linear unabh¨ angige Ansatzfunktionen, die die Randbedingungen u(0) = 0 und u(l) = 0 erf¨ ullen, w¨ ahlen wir die Polynome φk (x) = xk (l − x)
mit
k = 1, 2, ..., n .
Mit diesem Ansatz erhalten wir eine N¨ aherungsl¨ osung der Ordnung n f¨ ur das Verschiebungsfeld: u ˜(x) =
n X
ak φk (x) .
k=1
Der auftretende Fehler (Residuum) ergibt sich zu ˜(x) + p(x) . R(˜ u) = EA˜ u (x) − c u Die unbekannten Koeffizienten ak werden nun aus der Forderung bestimmt, dass das Residuum an n verschiedenen Punkten xj , den sogenannten Kollokationspunkten, verschwindet, d.h. R(˜ u(xj )) = 0
f¨ ur
j = 1, ..., n
mit R(˜ u(xj )) = EA˜ u (xj ) − c u ˜(xj ) + p(xj ) . Zur Bestimmung der Parameter ak erh¨ alt man das Gleichungssystem EA
n X k=1
ak φk (xj ) − c
n X k=1
ak φk (xj ) = − p(xj ) ,
390
Numerische Methoden in der Mechanik
welches in Matrizenschreibweise die Form 2
32
3
2
3
6 EA φ1 (x1 ) − c φ1 (x1 ) · · · EA φn (x1 ) − c φn (x1 ) 7 6 a1 7 6 −p(x1 ) 7 76 7 6 7 6 76 7 6 7 6 76 7 6 7 6 76 7 6 7 6 6 EA φ1 (x2 ) − c φ1 (x2 ) · · · EA φn (x2 ) − c φn (x2 ) 7 6 a2 7 6 −p(x2 ) 7 76 7 = 6 7, 6 76 7 6 7 6 .. .. 7 6 .. 7 6 .. 7 6 .. 76 . 7 6 . 7 6 . . . 76 7 6 7 6 76 7 6 7 6 54 5 4 5 4 an −p(xn ) EA φ1 (xn ) − c φ1 (xn )· · ·EA φn (xn ) − c φn (xn ) bzw. in symbolischer Darstellung die Gestalt Aa = r annimmt. In den folgenden Analysen werden die N¨ aherungsl¨ osungen f¨ ur ¨ aquidistante Kollokationspunkte (◦) xj =
jl n+1
und a ¨quidistante Kollokationspunkte mit Endpunkten (+) xj =
(j − 1) l n−1
miteinander verglichen. % Systemparameter l = 1; A = 1; E = 1; c = 10; n = 2; % Schleife ueber die Kollokationspunkte for j = 1:n % aequidistante Kollokationspunkte (opt. mit Endpunkten) xk = j * l/(n+1); % xk = (j-1)*l/(n-1); for k = 1:n % Initialisierung der Ansatzfunktionen & Ableitungen phi = xk^k*(l-xk); if k == 1; phiss=-2; else; phiss=l*k*(k-1)*xk^(k-2)-(k+1)*k*xk^(k-1); end % Aufstellen der Systemmatrix A Amat(j,k) = E*A*phiss-c*phi; end % rechte Seite r: axiale Streckenlast rhs(j) = -exp(xk/l); end
Aufgaben und L¨ osungen
391
% Berechnung des Loesungsvektors a = inverse(A) r; avec = Amat\rhs’; % Naeherungsloesung der Verschiebungen und deren Ableitung x = 0:0.05:1; utilde = 0; utildess = 0; for k = 1:n phi = x.^k.*(l-x); if k == 1; phiss = -2.*ones(size(x)); else; phiss = l.*k.*(k-1).*x.^(k-2) - (k+1).*k.*x.^(k-1); end utilde = utilde + avec(k).*phi; utildess = utildess + avec(k).*phiss; end residuum = E*A*utildess - c*utilde + exp(x./l); Die numerische Berechnung liefert f¨ ur n = 2 bzw. n = 6 mit den Parametern l = E = A = 1 und c = 10 folgende Verl¨ aufe f¨ ur das Residuum R(˜ u(x)) und die N¨ aherungsl¨ osung des Verschiebungsfeldes u ˜(x). R(u(x) ˜ ) 1
R(u˜(x)) 0,8
0
0,6
× 10Ŧ2
0,4 Ŧ1
0,2
Ŧ2
0 0
0,2
0,4 0,6 n=2
0,8 x 1
u ˜(x)
Ŧ0,2
0,1
0,2
0,08
0,15
0,06
0,1
0,04
0,05
0,02 0
0,2
0,4 0,6 n=6
0,8 x 1
0,2
0,4
0,8 x 1
u ˜(x)
0,25
0
0
0,2
0,4
0,6
0,8 x 1
0
0
0,6
392
A7.13
Numerische Methoden in der Mechanik
Aufgabe 7.13 Ein einseitig eingespannter Stab mit konstanter Dehnsteifigkeit EA wird durch eine konstante Streckenlast n0 und einer Randlast F beansprucht.
n0
F
x, u Gesucht ist eine N¨ aherungsl¨ osung u ˜(x) mit einem zweiparametrigen Ritzansatz.
l
L¨ osung Ein zweiparametriger Ritzansatz, der die wesentliche Randbedingung u(0) = 0 erf¨ ullt ist u ˜(x) = c1 N1 (x) + c2 N2 (x)
mit
N1 = x, N2 = x2 .
Das Minimum des Gesamtpotentials, d.h. Π (˜ u) → minimal, mit Zl Π (˜ u) =
1 u (x))2 − n(x)˜ ( EA(˜ u(x)) dx − F u ˜(l) 2
0
erhalten wir durch Auswertung der Bestimmungsgleichungen: ∂Π (c1 , c2 ) = EA ∂c1 ∂Π (c1 , c2 ) = EA ∂c2
Zl
(c1 N1 + c2 N2 )N1 dx −
Zl n0 N1 dx − F l ,
0
0
Zl
Zl
(c1 N1 + c2 N2 )N2 dx −
0
n0 N2 dx − F l2 . 0
Die Integration der letzten beiden Gleichungen ergibt das Gleichungssystem, mit dem wir die Koeffizienten bestimmen: 9 1 1 > EAlc1 + EAl2 c2 = l2 n0 + F l , = (n0 l + F ) , c1 = 2 EA → 4 1 > n0 EAl2 c1 + EAl3 c2 = l3 n0 + F l2 ,; c2 = − . 3 3 2EA Somit lautet das Verschiebungsfeld u ˜(x) =
n0 1 (n0 l + F ) x − x2 . EA 2EA
Die L¨ osung ist in diesem Fall exakt, da der N¨ aherungsansatz quadratisch ist und die exakte L¨ osung durch ein Polynom zweiten Grades beschrieben wird.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.14 Ein links eingespannter Stab mit linear ver¨ anderlichem Querschnitt
393
(1 + α)A0
A0
F
x A(x) = A0 (1 + α ) l
x
wird durch eine Last F beansprucht.
l
Berechnen Sie mit dem Ritz-Verfahren N¨ aherungsl¨ osungen f¨ ur das Verschiebungsfeld u(x) mit einem linearen bzw. einem quadratischen Ansatz und vergleichen Sie die Endverschiebungen mit der exakten L¨ osung.
L¨ osung Linearer Verschiebungsansatz: Als Ansatz, der die wesentliche Randbedingung u(0) = 0 erf¨ ullt, w¨ ahlen wir u ˜1 (x) = a1 N1
mit
N1 = x
→
N1 = 1 .
In das Gesamtpotential des Systems Z 1 EA(x) (u (x))2 dx − F u(l) Π (u)= 2 setzen wir die gew¨ ahlte Ansatzfunktion mit dem zu bestimmenden Parameter a1 ein: Z 1 x Π (a1 ) = EA0 (1 + α ) a21 dx − F a1 l . 2 l Nun muss die Bestimmungsgleichung Π (a1 ) → minimal, d.h. 0, nach dem gesuchten Parameter a1 aufgel¨ ost werden: R ∂Π (a1 ) x = a1 EA0 (1 + α ) dx − F l ∂a1 l α = a1 EA0 (1 + ) l − F l → 2
a1 =
∂Π (a1 ) = ∂a1
F EA0 (1 +
α . ) 2
Somit erhalten wir die N¨ aherungsl¨ osung sowie die Verschiebung am rechten Rand zu u ˜1 (x) = a1 x =
F
α x EA0 (1 + ) 2
und
u ˜1 (l) =
F l EA0 (1 +
α . ) 2
A7.14
394
Numerische Methoden in der Mechanik
Quadratischer Verschiebungsansatz: Die Funktionen N1 und N2 in u ˜2 (x) = b1 N1 + b2 N2 , N1 = x, N2 = x2 und N1 = 1, N2 = 2 x erf¨ ullen die wesentliche Randbedingung u(0) = 0. Das Gesamtpotential erscheint mit dem Verschiebungsansatz u ˜2 (x) in der Form 1R ˜2 (l) EA(x) (˜ u2 (x))2 dx − F u 2 R 1 EA0 (1 + α xl ) (b1 + 2b2 x)2 dx − F (b1 l + b2 l2 ) . = 2
Π (b1 , b2 ) =
Die Minimalit¨ atsbedingung Π (b1 , b2 ) → minimal, d.h. ∂Π = ∂b1 ∂Π = ∂b2
Z Z
l 0 l 0
x EA0 (1 + α ) (b1 + 2x b2 ) dx − F l l
= 0,
x EA0 (1 + α ) (b1 + 2x b2 ) 2x dx − F 2l = 0 l
liefert das Gleichungssystem „ « “ 2 α” b1 EA0 l 1 + + EA0 l2 1 + α b2 = F l , 2 3 „ „ « « 2 4 EA0 l2 1 + α b1 + EA0 l3 + α b2 = F l 2 . 3 3 Hieraus ergeben sich die gesuchten Parameter b1 und b2 zu « „ F l(1 + α) Fα 1 b1 = , b2 = − mit D = l 1 + α + α2 , EA0 D 2EA0 D 6 und wir erhalten die N¨ aherungsl¨ osung u ˜2 (x) =
Fα F (1 + α) „ « x− « x2 . „ 1 2 1 2 EA0 1 + α + α 2EA0 l 1 + α + α 6 6
Werten wir die Ergebnisse f¨ ur α = 1 aus, so folgen u ˜1 (l) =
2 Fl Fl ≈ 0, 6667 , 3 EA0 EA0
u ˜2 (l) ≈ 0, 6923
Fl EA0
im Vergleich zur exakten Verschiebung an der Stelle x = l u(l) ≈ 0, 6932
Fl . EA0
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.15 Ein einseitig eingespannter Balken wird durch eine quadratische Streckenlast q(x) = q0 (x − l)x, die Randlast Fl und das Randmoment Ml beansprucht.
395
A7.15
q(x)
Ml
x
Berechnen Sie mit einem Ritzansatz eine N¨ aherungsl¨ osung f¨ ur die Biegelinie. Verwenden Sie hierzu einen quadratischen bzw. einen kubischen Ansatz und vergleichen Sie die Ergebnisse mit der exakten L¨ osung.
z
Fl l
L¨ osung Die exakte L¨osung lautet EIw(x)=
„ « 1 1 1 1 q0 x6 − q0 lx5 + q0 l3 − Fl x3 360 120 6 « „ 36 1 1 1 4 + − q0 l + Fl l − Ml x2 . 24 2 2
Quadratischer Polynomansatz: Der Ansatz w ˜1 (x) = c1 N1 ,
N1 = x2
erf¨ ullt die wesentlichen Randbedingungen w ˜1 (0) = 0 und w ˜1 (0) = 0. Das Gesamtpotential lautet Zl „ Π (w ˜1 ) =
1 EI(w ˜ ! (x))2 − q(x)w ˜1 (x) 2
«
dx − Fl w ˜1 (l) + Ml w ˜1 (l) .
0
Die Bestimmungsgleichung f¨ ur die Berechnung der Konstanten c1 ist Π (c1 ) → minimal, d.h. Z l ∂Π = (4EIc1 − q(x)x2 ) dx − Fl l2 + 2Ml l = 0 . ∂c1 0 Nach Ausf¨ uhrung der Integration l¨ osen wir die Gleichung nach c1 auf: 4EIc1 l +
1 q0 l5 − Fl l2 + 2Ml l = 0 20
→
Die N¨ aherung f¨ ur die Biegelinie ist somit „ « Fl l Ml q0 l4 1 − − x2 . w ˜1 (x) = EI 4 2 80
c1 =
Fl l Ml q0 l4 − − . 4EI 2EI 80EI
396
Numerische Methoden in der Mechanik
Kubischer Polynomansatz: Der Ansatz w ˜2 (x) = c1 N1 + c2 N2 ,
N1 = x2 , N2 = x3
erf¨ ullt die wesentlichen Randbedingungen. Die Auswertung der Glei∂Π ∂Π = 0 und ∂c = 0 mit chungen ∂c 1 2 Z l ∂Π = (2EI(2c1 + 6c2 x) − q(x)x2 ) dx − Fl l2 + 2Ml l , ∂c1 0 Z l ∂Π = (6EI(2c1 + 6c2 x) − q(x)x3 ) dx − Fl l3 + 3Ml l2 , ∂c2 0
liefert nach Integration das zu l¨ osende Gleichungssystem 2 3 2 32 3 1 4 − q l + F l − 2M 0 l l 7 6EI l 7 6c1 7 6 20 6 4EI 7 . 4 54 5 = 6 4 5 2 1 c2 6EI l 12EI l − q0 l5 + Fl l2 − 3Ml l 30 Hieraus ergeben sich die Koeffizienten c1 und c2 zu c1 = −
1 q0 l4 1 Fl l 1 Ml + − 30 EI 2 EI 2 EI
, c2 =
1 q0 l3 1 Fl − . 72 EI 6 EI
Die N¨ aherung f¨ ur die Durchbiegung ist somit « 3 „ « 2 „ x 1 1 x 1 1 + q0 l3 − Fl . w ˜2 (x) = − q0 l4 + (Fl l − Ml ) 30 2 EI 72 6 EI ˜2 (x) f¨ ur EI = 1, q0 = 1, Werten wir die Funktionen w(x), w ˜1 (x) und w l = 1, Ml = 1 und Fl = 1 aus, so erhalten wir die folgende grafische Darstellung. w, w ˜1 , w ˜2 0
Ŧ0,1 w(x) w ˜1 (x) w ˜2 (x)
Ŧ0,2 Ŧ0,3 0
0,2
0,4
0,6
0,8
x
1
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.16 Wir betrachten einen Dehnstab der L¨ ange l mit konstanter Dehnsteifigkeit EA.
397
A7.16
n(x) N
N + dN
Leiten Sie ausgehend vom Gleichgewicht an einem infinitesimalen Stabelement die schwache Form des Gleichgewichts her.
dx
L¨ osung Die Gleichgewichtsbedingung f¨ ur ein infinitesimales Stabelement lautet N + dN + n(x) dx − N = 0 →
dN = −n(x) dx
→
N (x) = −n(x) .
Nun multiplizieren wir die letzte Gleichung mit der virtuellen Verschiebung δu, die die wesentlichen homogenen Randbedingungen erf¨ ullt, und integrieren u ange l: ¨ ber die Stabl¨ Z Z N (x) δu(x) dx = − n(x) δu(x) dx . (l)
(l)
Betrachten wir zun¨ achst nur den Integralausdruck auf der linken Seite, so folgt aus der partiellen Integration Z Z Z N (x) δu(x) dx = (N (x) δu(x)) dx − N (x) δu (x) dx (l)
(l)
(l)
˛l ˛ = N (x) δu(x) ˛˛
Z
−
0
N (x) δu (x) dx .
(l)
Setzen wir dieses Teilergebnis in die vorletzte Gleichung ein, so folgt ˛l Z Z ˛ N (x) δu (x) dx = n(x) δu(x) dx + N (x) δu(x) ˛˛ . (l)
|
{z δΠi
}
(l)
|
0
{z
}
δΠa
Hier kennzeichnen δΠi die innere virtuelle Arbeit und δΠa die virtuelle Arbeit der a ¨ußeren Einwirkungen. Die alternative Form der Gleichgewichtsbedingung ist also δΠi = δΠa .
398
Numerische Methoden in der Mechanik
Im Hinblick auf eine numerische Aufarbeitung der schwachen Form des Gleichgewichts betrachten wir zun¨ achst die konstitutive Beziehung f¨ ur den Zug-Druck-Stab. Die Normalkraft ergibt sich (bei einer konstanten Spannungsverteilung u ache) aus ¨ ber die Querschnittsfl¨ N = σA
mit
σ=Eε
und der Dehnung ε(x) = u (x). Setzen wir diese Beziehungen in δΠi ein, so folgt die gew¨ unschte Darstellung der schwachen Form des Gleichgewichts: ˛l Z Z ˛ δu (x) EA u (x) dx = n(x) δu(x) dx + N (x) δu(x)˛˛ . (l)
0
(l)
Existiert ein Potential, wie in diesem Fall, so nutzen wir im Allgemeinen das Prinzip vom Minimum des Gesamtpotentials, d.h. Π = Π i + Πa
→
minimal.
Mit dem Potential der inneren Kr¨ afte Z 1 EAε2 dx Πi (u) = 2 (l)
und dem Potential der ¨ außeren Kr¨ afte ˛l Z ˛ Πa (u) = − n(x) u(x) dx − N (x)u(x)˛˛
0
(l)
ergibt sich die erste Variation von Π zu ˛l Z Z ˛ δΠ (u, δu) = EA ε δε dx − n(x) δu(x) dx − N (x) δu(x)˛˛ . (l)
(l)
0
¨ Setzen wir ε = u und δε = δu ein, so erkennen wir sofort die Aquivalenz der beiden Formulierungen.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.17 Berechnen Sie die ur Elementsteifigkeitsmatrix k e f¨ ein linear elastisches Stabelement anderlider L¨ ange le mit linear ver¨ chem Querschnitt A(x); der Elastizit¨ atsmodul E ist konstant. Starten Sie hierbei von der ersten Variation des Potentials der inneren Kr¨ afte. F¨ ur die Verschiebungen sollen lineare Ans¨ atze verwandt werden.
399
A7.17 A2
A1 x
le
L¨ osung Die erste Variation des Potentials der inneren Kr¨afte des Dehnstabes lautet Zle δΠi (u, δu) =
δε(x) EA(x) ε(x) dx 0
mit der Dehnung ε = u und der virtuellen Dehnung δε = δu . F¨ ur die Verschiebungen w¨ ahlen wir den linearen Ansatz u(x) = N1 (x) d1 + N2 (x) d2 mit den diskreten Knotenverschiebungen d1 am linken und d2 am rechten Rand des Stabelements. Hieraus ergibt sich die Dehnung zu ε(x) = N1 (x) d1 + N2 (x) d2 . Analog ergibt sich der Ansatz der virtuellen Verschiebungen zu δu(x) = N1 (x) δd1 + N2 (x) δd2 mit den virtuellen Knotenverschiebungen δd1 , δd2 , woraus wir die virtuelle Dehnung δε(x) = N1 (x) δd1 + N2 (x) δd2 ableiten. Die Ansatzfunktionen x x N1 (x) = 1 − e , N2 (x) = e l l erf¨ ullen die Bedingungen N1 (0) = 1 ,
N1 (le ) = 0 ,
N2 (0) = 0 ,
N2 (le ) = 1
400
Numerische Methoden in der Mechanik
und N1 (x)+N2 (x) = 1. Die Ableitungen der Funktionen sind konstant: N1 = −
1 , le
N2 =
1 . le
Im Hinblick auf die numerische Umsetzung stellen wir die Dehnung in Matrizenschreibweise dar: » – d ε = B δd mit B = [N1 , N2 ] und d = 1 d2 sowie
»
δε = B δd
mit
δd =
– δd1 . δd2
Die u ange linear ver¨ anderliche Querschnittsfl¨ ache be¨ ber die Elementl¨ schreiben wir u ¨ ber x A(x) = A1 + ΔA e mit ΔA = A2 − A1 . l Setzen wir diese Beziehungen in δΠi ein, so erhalten wir Zle
Zle T
δΠi =
δd B
T
EA(x) B d dx = δd
T
0
EA(x) B T B dx d . 0
|
{z ke
}
Da die B-Matrizen konstant sind, kann die Elementsteifigkeitsmatrix in der Form Zle e
T
Z A(x) dx = E BT B
k = EB B 0
→
E(A1 + A2 ) le T ke = B B 2
(le )
(A1 + ΔA
x ) dx le
angegeben werden. Mit der expliziten Matrixdarstellung von » – 1 1 −1 T B B= e 2 (l ) −1 1 ergibt sich schließlich die Elementsteifigkeitsmatrix zu – » E(A1 + A2 ) 1 −1 . ke = −1 1 2 le
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.18 Gegeben ist ein Stab mit konstanter Dehnsteifigkeit EA, der durch zwei Einzellasten F2 und F3 beansprucht wird.
401
A7.18
Stellen Sie die Gesamtsteifigkeitsmatrix des Systems auf und berechnen Sie die Verschiebungen und die Auflaur die Finitegerkraft F1 . F¨ Elemente-Berechnung ist eine Diskretisierung mit zwei Elementen durchzuf¨ uhren.
d1
d2
d3
F2 l2
F3
l1 1 1
2
2
2
3
L¨ osung Schwache Form des Gleichgewichts δΠ (u, δu) = 0: Zl1
lZ 1 +l2
δε EA ε dx −
δε EA ε dx +
δΠ (u, δu) = 0
{z
|
} |
l1
δΠi
3 X i=1
Fi δu(xi ) , {z
}
δΠa
wobei F1 die in positive x-Richtung zeigende Auflagerkraft darstellt. Die diskrete Form der schwachen Form lautet (siehe Aufgabe 7.17) δΠ (d, δd) = δd1 k1 d1 + δd2 k 2 d2 −
3 X
Fi δdi ,
i=1
mit den Element-Verschiebungsvektoren » – » – » – d d δd1 d1 = 1 , d2 = 2 , δd1 = , d2 d3 δd2 und den Elementsteifigkeitsmatrizen – – » » EA EA 1 −1 1 −1 , k2 = . k1 = l1 −1 1 l2 −1 1 Ferner identifizieren wir δu(0) = δd1 ,
δu(l1 ) = δd2 ,
δu(l2 ) = δd3 .
» δd2 =
δd2 δd3
–
402
Numerische Methoden in der Mechanik
Aus der Summendarstellung δΠ =
2 X
δdeT ke de −
e=1
3 X
Fi δdi
i=1
folgt δΠ = δD T KD − δD T P = δD T [KD − P ] = 0 →
→
KD = P
D=K
−1
∀
δD T
P
mit der globalen Steifigkeitsmatrix K, den globalen Verschiebungsvektoren D, δD und dem globalen Lastvektor P : D = [d1 , , d2 , d3 ]T ,
δD = [δd1 , δd2 , δd3 ]T ,
P = [F1 , F2 , F3 ]T .
Die Assemblierung der Elementsteifigkeitsmatrizen liefert 32 3 2 3 2 1 1 d1 F1 − 0 76 7 6 7 6 l1 l1 76 7 6 7 6 6 1 1 1 7 6d 7 6F 7 1 EA 6 − 7 6 27 = 6 27 , + − 7 6 7 6 l l l l 1 1 2 2 76 54 5 4 5 4 1 1 d F3 3 0 − l2 l2
(a)
in die nun die geometrischen Randbedingungen d1 = 0 und δd1 = 0 eingearbeitet werden m¨ ussen. Dies f¨ uhrt zum Streichen der ersten Spalte und der ersten Zeile und wir erhalten das zu l¨ osende Gleichungssystem 32 3 2 3 2 1 l 1 + l2 − 7 6d2 7 6F2 7 6 l l l 1 2 2 76 7=6 7 6 EA 4 1 54 5 4 5 1 − d3 F3 l2 l2 2 3 →
2
1 l1 l 2 6 6d2 7 l 6 2 4 5= EA 4 1 d3 l2
32 3 1 7 6F2 7 l2 76 7 . l1 + l 2 5 4 5 F3 l1 l2
Setzen wir nun den Verschiebungsvektor in Gleichung (a) ein, so erhalten wir die Auflagerkraft: d2 EA l1 l2 F2 F3 )=− + ) ( l1 l1 EA l2 l2 F1 = −(F2 + F3 ) .
F1 = EA(− →
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.19 Ein linear-elastischer Stab der L¨ ange l mit linear ver¨ anderlichem Querschnitt ist links gehalten und wird am rechten Rand durch eine Kraft F beansprucht.
403
A7.19
A1 x
A2 F l
Berechnen Sie mit Hilfe der Finiten-Element-Methode die Verschiebung des rechten Stabendes und die Spannungen in den Elementen f¨ ur verschiedene Diskretisierungen und vergleichen Sie die Ergebnisse mit den exakten L¨ osungen. Parameter: l = 12; E; A1 = 2; A2 = 1; F = 10 .
L¨ osung Die diskrete schwache Form des Gleichgewichts bei einer Diskretisierung mit n Elementen und n + 1 Knoten lautet δΠ =
n X
δdeT k e de − F δd(l) ,
e=1
woraus sich das zu l¨ osende Gleichungssystem KD = P mit der globalen Steifigkeitsmatrix K, dem globalen Verschiebungsvektor D und dem globalen Lastvektor P ergibt. Die L¨ osung erh¨ alt man nach dem Einbau der geometrischen Randbedingung formal aus D = K −1 P . Eine typische Elementsteifigkeitsmatrix ist (siehe Aufgabe 7.17) – » E(Ae1 + Ae2 ) 1 −1 . ke = −1 1 2 le Die Querschnittsfl¨ achen Ae1 am linken und Ae2 am rechten Rand des Elements e mit der jeweiligen konstanten L¨ ange le sind Ae1 =
A2 − A1 (e − 1) · le + A1 l
und Ae2 =
A2 − A1 e · l e + A1 . l
Mit der Abk¨ urzung A¯e = Ae1 + Ae2
404
Numerische Methoden in der Mechanik
liefert die Assemblierung der Elementsteifigkeitsmatrizen zur Gesamtsteifigkeitsmatrix das Gleichungssystem 2 32 3 2 3 ¯1 ¯1 −A 6 A 7 6d1 7 6 0 7 6 76 7 6 7 1 ¯1 6 −A 7 6d2 7 6 0 7 ¯2 −A ¯2 +A 6 ¯ A 76 7 6 7 6 76 7 6 7 6 6 7 7 6 7 ¯2 + A¯3 · · · ¯2 A 7 6d3 7 6 0 7 −A E 6 6 76 7 = 6 7. 7 6. 7 6. 7 .. .. 2 le 6 6 7 6.. 7 6 .. 7 . . 6 76 7 6 7 6 76 7 6 7 6 6 7 6 7 n−1 n n ¯ ¯ −A ¯ 7 6dn 7 6 7 60 7 A +A 4 54 5 4 5 ¯n ¯n F −A dn+1 A Mit den oben angegebenen Parametern ergibt sich f¨ ur eine Diskretisierung mit 4 Elementen und nach dem Einbau der Randbedingung u(0) = d1 = 0 32 3 2 3 2 d 3, 5 −1, 625 0 0 2 76 7 60 7 6 76 7 6 7 6 6 7 7 6 −1, 625 3, 0 −1, 375 7 0 1 6 7 6 d3 7 60 7 6 76 7 = 6 7 . 6 76 7 6 E6 7 60 7 6 0 −1, 375 2, 5 −1, 125 7 6 d4 7 54 5 4 5 4 10 0 0 −1, 125 1, 125 d5 Hieraus folgt eine N¨ aherung f¨ ur die Verschiebung des rechten Stabendes von d5 ≈ 27, 65/E. Die elementweise konstanten Spannungen erhalten wir aus σe =
E (de+1 − de ) . le
Die exakte L¨ osung f¨ ur die Verschiebung an der Stelle x = l ist Z l F u(l) = dx − A A 2 1 0 E( x + A1 ) l ˛l ˛ F l 27, 73 A2 − A1 1 ln( x + A1 )˛˛ ≈ , = E (A2 − A1 ) l E 0 und der analytische Spannungsverlauf lautet σ(x) =
F F = . A2 − A1 A(x) x + A1 l
Aufgaben und L¨ osungen
405
% MATLAB-code: Zugstab mit veraenderlichem Querschnitt. % Parameter und Diskretisierung l = 12; E = 3; A1 = 2; A2 = 1; F = 10; ne = 4; le = l/ne; % Berechnung der Querschnittsflaechen for i = 1:(ne+1) A(i) = (A2-A1)/l*(2*i-1)*le + 2*A1; end % Initialisierung von K und P K_ges = zeros(ne+1,ne+1); P = zeros(ne,1); P(ne) = F; % Aufbau der Steifigekeitsmatrix K K_ges(1,1) = A(i)*E/2/le; for i = 1:ne if (i > 1) K_ges(i,i) = (A(i-1)+A(i))*E/2/le; end K_ges(i,i+1) = -A(i)*E/2/le; K_ges(i+1,i) = -A(i)*E/2/le; end K_ges(ne+1,ne+1) = A(ne)*E/2/le; % Einbringen der Randbedingung ( u(0)=d1=0 ) K = K_ges(2:ne+1,2:ne+1); % Loesung des Gleichungssystems: D = inverse(K) * P D = K \ P; % Randbedingungen in Loesungsvektor eintragen D_ges = [0 ; D]; % Berechnung der Spannungen in der Elementmitte for i = 1:ne S(i) = E/le * (D_ges(i+1)-D_ges(i)); end Abb.: Verschiebung des rechten Stabendes in Abh¨ angigkeit von der Elementanzahl (links), Spannungsapproximation bei 5 Elementen (rechts). E · dn
σ
27,7
10
diskret exakt
9 27,4
8
27,1
7 diskret exakt
26,8 26,5
6 5
1
2
3
4 n 5
0
2
4
6
8
10 x 12
406
A7.20
Numerische Methoden in der Mechanik
Aufgabe 7.20 F¨ ur ein Stabelement der L¨ ange le mit konstanter Dehnsteifigkeit EA sind die Steifigkeitsmatrix k el und die uglich des rechte Seite q el bez¨ lokalen (elementbezogenen) Koordinatensystems gegeben. Die lokalen Verschiebungsfreiwerte bezeichnen wir mit del .
yg
djy
dj
j diy
xl
djx
di α
i
dix
xg
Stellen Sie die Transformationsmatrix T e zur Umrechnung der lokalen Gr¨ oßen in ein gegebenes globales xg , yg –Koordinatensystem auf. Berechnen Sie die globale Element-Steifigkeitsmatrix k eg und den globalen Lastvektor q eg .
L¨ osung Die diskrete schwache Form des Gleichgewichts bei einer Diskretisierung des betrachteten Systems mit n Elementen lautet δΠ =
n X
δΠ e =
e=1
n X
δΠie +
e=1
n X
δΠae .
e=1
δΠie
die virtuelle Arbeit der inneren Kr¨ afte und δΠae die Hierbei stellen virtuelle Arbeit der ¨ außeren Kr¨ afte f¨ ur ein typisches Element dar: δΠie = δdel T k el del
und
δΠae = −δdel T q el .
Bevor die Assemblierung beliebig orientierter Stabelemente durchgef¨ uhrt werden kann, ist eine Transformation der lokalen Knotenverschiebungen auf globale Knotenverschiebungen erforderlich: n X
δΠie =
e=1 n X e=1
n X
δdel T kel del =
e=1
δΠae =
n X
n X
δdeg T k eg deg
→
δΠi = δD T KD ,
−δdeg T q eg
→
δΠa = δD T P .
e=1
−δdel T q el =
e=1
n X e=1
F¨ ur die weitere Herleitung ist es ausreichend, die Beziehungen f¨ ur ein typisches Element zu betrachten: δdel T k el del = deg T keg deg
und
δdel T q el = δdeg T q eg .
(a)
Die lokalen Elementmatrizen beziehen sich auf das lokale xl –Koordinatensystem. F¨ ur die lokale Elementsteifigkeitsmatrix, die lokalen Ver-
Aufgaben und L¨ osungen
schiebungsvektoren und die rechte Seite gilt – » » – » – EA 1 −1 d δdi , del = i , δdel = k el = e , −1 1 dj δdj l
q el =
407
» – qi . qj
Die Transformation der lokalen Verschiebungen del auf das globale xg , yg Koordinatensystem erfolgt mittels 2 3 – dix » – » 6 diy 7 cosα sinα 0 0 di . = del = T e deg mit dj 0 0 cosα sinα 4djx 5 djy In Analogie hierzu folgt f¨ ur die virtuellen Verschiebungen δdel = T e δdeg . Setzen wir die Transformationen in Gleichung (a) ein, so erhalten wir (T e δdeg )T kel (T e deg ) = δdeg T (T eT k el T e )deg = deg T keg deg →
k eg = T eT k el T e
und (T e δdeg )T q el = δdeg T (T eT q el ) = δdeg T q eg →
q eg = T eT q el .
Die Auswertung der Transformationen liefert die globale Elementsteifigkeitsmatrix 2 3 2 2 cos α cosα sinα −cos α −cosα sinα 6 7 6 7 2 2 6 sin α −cosα sinα −sin α 7 EA 6 cosα sinα 7 e kg = e 6 7 7 l 6 2 2 6 −cos α −cosα sinα cos α cosα sinα 7 4 5 2 2 sin α −cosα sinα −sin α cosα sinα und den globalen Lastvektor 3 2 qi cosα 6 q sinα 7 q eg = 4 i . qj cosα5 qj sinα
408
A7.21
Numerische Methoden in der Mechanik
Aufgabe 7.21 Gegeben sind die globalen Elementsteifigkeitsmatrizen der Elemente 1 und 2 und die Belastung am Knoten 2. Stellen Sie ausgehend vom Prinzip der virtuellen Arbeit die Gesamtsteifigkeitsmatrix auf. Berechnen Sie die Verschiebungen am Knoten 2 und die Auflagerkr¨ afte.
F2y 2
F2x
3
2
1
y
l
x 1 l
l
L¨ osung Die Elementsteifigkeitsmatrizen der St¨abe 1 und 2 lauten 2 1 2 2 1 1 1 3 2 2 2 3 k11 k12 k11 k12 k13 k14 k13 k14 1 1 1 1 2 2 2 2 6 k k22 k23 k24 7 6 k k22 k23 k24 7 und k2 = 4 21 k 1 = 4 21 1 1 1 1 5 2 2 2 2 5 . k31 k32 k33 k34 k31 k32 k33 k34 1 1 1 1 2 2 2 2 k41 k42 k43 k44 k41 k42 k43 k44 Die virtuelle Arbeit des Systems ist δΠ =
2 X
δΠie + δΠa .
e=1
Die einzelnen Beitr¨ age erscheinen mit den globalen Vektoren der Verschiebungen D und der virtuellen Verschiebungen δD in den Formen δΠi = δdT1 k1 d1 + δdT2 k 2 d2 = δD T KD und δΠa = −
3 X
(Fjx δdjx + Fjy δdjy ) = −δD T P .
j=1
Mit den Koeffizientenanordnungen D = [d1x , d1y , d2x , d2y , d3x , d3y ]T und δD = [δd1x , δd1y , δd2x , δd2y , δd3x , δd3y ]T k¨ onnen wir nun die Summenausdr¨ ucke in den obigen Gleichungen explizit auswerten. Anschließend ordnen wir die zugeh¨ origen Eintr¨ age der Steifigkeitsmatrizen k1 und k2 in die globale Steifigkeitsmatrix K ein.
Aufgaben und L¨ osungen
Somit erhalten 2 1 k11 1 6 k21 6 1 6 k31 K =6 1 6 k41 4 0 0
409
wir die Matrix K und den Lastvektor P : 3 2 3 1 1 1 k12 k13 k14 0 0 F1x 1 1 1 k22 k23 k24 0 0 7 6F1y 7 1 1 2 1 2 2 2 7 6F2x 7 7 k32 k33 + k11 k34 + k12 k13 k14 6 7 , P = 7 1 1 2 1 2 2 2 6F2y 7 . k42 k43 + k21 k44 + k22 k23 k24 7 4 5 2 2 2 2 5 F3x 0 k31 k32 k33 k34 2 2 2 2 F3y 0 k41 k42 k43 k44
In das globale Gleichungssystem 2 1 1 1 1 k11 k12 k13 k14 1 1 1 1 6 k21 k22 k23 k24 6 1 1 1 2 1 2 6 k31 k32 k33 + k11 k34 + k12 6 1 1 1 2 1 2 6 k41 k42 k43 + k21 k44 + k22 4 0 2 2 0 k31 k32 2 2 0 0 k41 k42
0 0 2 k13 2 k23 2 k33 2 k43
0 0 2 k14 2 k24 2 k34 2 k44
32 3 2 3 d1x F1x 7 6d1y 7 6F1y 7 76 7 6 7 6d2x 7 6F2x 7 7 76 7 = 6 7 4d2y 5 4F2y 7 5 5 d3x F3x d3y F3y
sind nun die Randbedingungen f¨ ur die Verschiebungen dix = diy = 0
f¨ ur
i = 1, 3
einzubauen. An den Knoten mit Verschiebungsrandbedingungen sind die virtuellen Verschiebungen Null, d.h. δdix = δdiy = 0
f¨ ur
i = 1, 3 .
Somit erhalten wir das reduzierte Gleichungssytem durch Streichen der 1., 2., 5. und 6. Spalte und Zeile: " 1 #" # " # 2 1 2 k34 + k12 k33 + k11 d2x F2x = . 1 2 1 2 d2y F2y k43 + k21 k44 + k22 Die Elementsteifigkeitsmatrizen bez¨ uglich des globalen system sind 3 2 2 1 1 1 −1 −1 EA 6 1 EA 6 0 1 −1 −1 7 , k2 = k1 = √ 4 5 4 −1 1 1 l 2 2 l −1 −1 0 −1 −1 1 1 woraus sich das zu l¨ osende 2 1 1 √ 1+ √ EA 6 2 2 2 2 4 1 1 l √ √ 2 2 2 2 | {z ¯ K
Gleichungssystem 32 3 2 3 F2x d2x 74 5 4 5 = 5 d2y F2y | {z } | {z } } ¯ D P¯
Koordinaten3 0 −1 0 0 0 07 , 0 1 05 0 0 0
410
Numerische Methoden in der Mechanik
ergibt. Die L¨ osung erhalten wir u ¨ ber die Operation ¯ ¯ =K ¯ −1 P D mit der expliziten Inversen der reduzierten globalen Steifigkeitsmatrix 2 1 3 −1 # " √ √ √ 1 −1 l 2 2l 6 2 2 −1 7 2 2 ¯ K = . 4 −1 √ 1 5 = EA EA −1 2 2 + 1 √ 1+ √ 2 2 2 2 Die Verschiebungen am Knoten 2 ergeben sich zu l (F2x − F2y ) , EA √ l = (−F2x + (2 2 + 1)F2y ) . EA
d2x = d2y
Ordnen wir diese Werte in den globalen Verschiebungsvektor ein und f¨ uhren anschließend die Multiplikation P = K D aus, so erhalten wir die Knotenkr¨ afte (Auflagerkr¨ afte): −EA F1x = √ (d2x + d2y ) 2 2l −EA F1y = √ (d2x + d2y ) 2 2l −EA F3x = d2x l F3y = 0 .
→
F1x = −F2y ,
→
F1y = −F2y ,
→
F3x = F2y − F2x ,
Die Vorzeichen beziehen sich hierbei auf das angegebene globale Koordinatensystem.
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.22 Leiten Sie f¨ ur das dargestellte Balkenelement im Rahmen der Bernoulli-Theorie die lokale Elementsteifigkeitsmatrix k e und den Lastvektor pe her. Verwenden Sie hierzu Hermite-Polynome. Die Biegesteifigkeit EI und die Streckenlast q0 sind konstant.
411
A7.22
q0 i wi
e z
j
x˜ ϕi
wj l
e
ϕj
L¨ osung Als Ansatz f¨ ur die Durchbiegungen w u ¨ ber ein typisches Balkenelement w¨ ahlen wir ¯i (ξ) w(ξ) = Ni (ξ) wi + N
e le ¯j (ξ) l ϕj ϕi + Nj (ξ) wj + N 2 2
mit den Knotenverschiebungen wi , wj , den Knotenverdrehungen ϕi , ϕj und den Ansatzfunktionen (Hermite-Polynome) Ni = 14 (2 − 3ξ + ξ 3 ) , Nj = 14 (2 + 3ξ − ξ 3 ) , ¯i = 1 (1 − ξ − ξ 2 + ξ 3 ) , N 4 ¯j = 1 (−1 − ξ + ξ 2 + ξ 3 ) . N 4 Die dimensionslose Variable ξ ∈ [−1, 1] dient zur Parametrisierung der Balkenachse x ∈ [0, le ]. Mit dem Vektor der Ansatzfunktionen e e ¯i l , Nj , N ¯j l ] N = [Ni , N 2 2
und dem Vektor der Knotenfreiwerte d = [wi , ϕi , wj , ϕj ]T k¨ onnen wir den Ansatz f¨ ur die Durchbiegung in der Form w=N d angeben. Das Potential der inneren Kr¨ afte f¨ ur ein typisches Element ist Πie
EI = 2
Zle x=0
(w )2 dx .
412
Numerische Methoden in der Mechanik
Zun¨ achst berechnen wir die zweite Ableitung von w. Mit der Kettenre2 dξ = e folgt gel und der Beziehung dx l „ «2 d2 w d2 w 4 d2 w dξ = = . w = dx2 dξ 2 dx le2 dξ 2 Hieraus ergibt sich die zweite Ableitung der Durchbiegung zu » – ¯i d2 Nj le dN ¯j 4 d2 Ni le dN d , , , w = e2 l dξ 2 2 dξ 2 dξ 2 2 dξ 2 =
1 [6ξ, (−1 + 3ξ)le , −6ξ, (1 + 3ξ)le ] d . l|e2 {z } B
Setzen wir diese Beziehung in den Ausdruck f¨ ur das Potential der inneren Kr¨ afte ein und substitutieren dx = le dξ/2, so erhalten wir Πie
EI T = d 2
Z1 BT B
le2 1 dξ d = dT k e d . 2 2
ξ=−1
Somit ist die lokale Elementsteifigkeitsmatrix u ¨ber EI le k = 2
Z1
e
B T B dξ ξ=−1
zu berechnen. Die einzelnen Komponenten der Steifigkeitsmatrix sind ke = 2 Z
6 6 6 6 −1 6 4
EI le 2 36ξ 2
(−6ξ + 18ξ 2 )le
−36ξ 2
(1 − 6ξ + 9ξ 2 )le2 (6ξ − 18ξ 2 )le
1
36ξ 2 sym
die nach Integration 2 12 EI 6 6l e k = e3 4 −12 l 6l
(6ξ + 18ξ 2 )le (−1 + 9ξ 2 )le2 (−6ξ − 18ξ 2 )le (1 + 6ξ + 9ξ 2 )le2
folgende Werte annehmen: 3 6l −12 6l 2 2 4l −6l 2l 7 . −6l 12 −6l 5 2l2 −6l 4l2
3 7 7 7 7dξ, 7 5
Aufgaben und L¨ osungen
413
Das Potential der ¨ außeren Last f¨ ur ein typisches Element lautet Zle Πae
=
Z1 q0 w(x) dx =
x=0
q0 w(ξ)
q0 le le dξ = 2 2
ξ=−1
Z1 w(ξ) dξ .
ξ=−1
Mit den Ansatzfunktionen w = Nd
bzw.
w T = dT N T
erhalten wir den Ausdruck Πae = dT
Z1
q0 le 2
N T dξ = dT pe ξ=−1
zur Bestimmung des Element-Lastvektors pe . Auszuwerten ist somit das Integral 2 3 2 − 3ξ + ξ 3 6 7 e 7 6 6 (1 − ξ − ξ 2 + ξ 3 ) l 7 e Z 1 16 q0 l 2 7 6 7 dξ pe = 6 7 3 2 4 2 + 3ξ − ξ ξ=−1 6 7 6 7 4 e5 2 3 l (−1 − ξ + ξ + ξ ) 2 2
2ξ −
3 2 1 4 ξ + 4ξ 2
31
6 7 6 7 1 2 1 3 1 4 le 7 6 6 (ξ − ξ − 3 ξ + 4 ξ ) 2 7 e q0 l 1 6 7 2 = 6 7 3 2 1 4 7 2 46 6 7 2ξ + ξ − 4 ξ 6 7 2 4 5 1 2 1 3 1 4 le (−ξ − ξ + 3 ξ − 4 ξ ) 2 2 −1
2
3 1 6 7 6 l7 6 7 7 q0 le 6 6 67 . → pe = 6 2 6 17 7 6 7 4 l5 − 6
414
A7.23
Numerische Methoden in der Mechanik
Aufgabe 7.23 Ein einseitig eingespannter Balken wird durch i) eine konstante Streckenlast, ii) eine Kraft und iii) ein Moment belastet.
F
q
M0
x z, w l
Berechnen Sie die Biegelinien jeweils mit einem Element und vergleichen Sie die Ergebnisse mit den exakten L¨ osungen.
L¨ osung Bei der Diskretisierung des Balkens mit einem Element ist die Elementsteifigkeitsmatrix k e identisch mit der Gesamtsteifigkeitsmatrix: 2 3 12 6l −12 6l 2 2 EI 6 6l 4l −6l 2l 7 . K= 3 4 −12 −6l 12 −6l 5 l 2 2 6l 2l −6l 4l Der Vektor der Knotenfreiheitsgrade ist D = [w1 , ϕ1 , w2 , ϕ2 ]T . Bei der Berechnung der N¨ aherungsl¨ osungen unterscheiden wir die drei Lastf¨ alle: i) konstante Streckenlast (Index q), ii) vertikale Einzellast (Index F ) und iii) Einzelmoment (Index M ). Die zugeh¨ origen rechten Seiten lauten 3 2 3 2 3 2 1 0 0 l 6 l/6 7 607 6 0 7 , PF = 4 5, PM = 4 . Pq = q 4 1 5 F 0 5 2 −l/6 0 −M0 Der Einbau der Randbedingungen w(0) = 0
→
w1 = 0
und
w (0) = 0
→
ϕ1 = 0
uhrt durch Streichen der 1. in das Gleichungssystem KD = P q,F,M f¨ und der 2. Spalte und Zeile auf das reduzierte System » –» – EI 12 −6l w2 ¯ q,F,M =P 2 ϕ2 −6l 4l l3 mit den modifizierten rechten Seiten » – » – 1 ¯q = q l ¯F = F , P , P 0 2 −l/6
» ¯M = P
0 −M0
– .
Aufgaben und L¨ osungen
415
Die L¨ osung des Gleichungssystems k¨ onnen wir mittels direkter Invertierung der Koeffizientenmatrix in analytischer Form angeben: » 2 – » – l w2 4l 6l P ¯ q,F,M . = ϕ2 q,F,M 6l 12 12 EI Die mit einem Element erzielten N¨ aherungsl¨ osungen werden in den folgenden Abbildungen den analytisch berechneten Biegelinien gegen¨ ubergestellt. F¨ ur die numerischen Auswertungen und die graphischen Darstellungen w¨ ahlen wir EI = 1 und l = 1. Die N¨ aherungsl¨ osungen reduzieren sich in allen Lastf¨ allen wegen w1 = 0 und ϕ1 = 0 auf ¯2 (ξ) l ϕ2 w(ξ) = N2 (ξ) w2 + N 2 ¯2 = 1 (−1 − ξ + ξ 2 + ξ 3 ) . mit den Polynomen N2 = 14 (2 + 3ξ − ξ 3 ) und N 4 Im Fall i) mit q = 1, F = 0, M0 = 0 ergeben sich die Knotenwerte w2 =
1 8
und
ϕ2 =
1 . 6
Hieraus ergibt sich die L¨ osung aus der Finiten-ElementBerechnung zu w(ξ) =
1 (8+14ξ+4ξ 2 −2ξ 3 ) , 192
w 0
0,05 0,1 0,15
FEM analytisch
0
0,2
0,4
0,6
welche mit der Substitution ξ = 2x − 1 in w(x) =
1 3 10 2 x − x 48 12
u osung lautet ¨ bergeht. Die analytische L¨ w(x) =
1 4 1 2 1 3 x − x + x . 4 6 24
Im Fall ii) mit q = 0, F = 1, M0 = 0 lauten die Knotenwerte w2 =
1 3
und
ϕ2 =
1 . 2
Somit erscheint die N¨ aherungsl¨ osung in der Form w(ξ) =
3 1 2 1 3 10 + ξ+ ξ − ξ . 96 16 16 48
0,8 x 1
416
Numerische Methoden in der Mechanik
Nach Substitution ergibt sich die L¨ osung w(x) =
1 2 1 3 x − x , 2 6
welche mit der analytischen L¨ osung identisch ist. Im Fall iii) mit q = 0, F = 0, M0 = 1 erhalten wir die Knotenwerte w2 = −
1 2
ϕ2 = −1 .
und
Die resultierende N¨ aherungsl¨ osung w(ξ) = −
1 1 1 − ξ − ξ2 8 4 8
lautet nach Substitution 1 w(x) = − x2 2 und ist identisch mit der analytischen L¨ osung. w
w 0
FEM analytisch
Ŧ0,5 Ŧ0,4
0,1
Ŧ0,3 Ŧ0,2
0,2 FEM analytisch
0,3
Ŧ0,1 0
0
0,2
0,4
0,6
0,8 x 1
Fall ii) q = 0, F = 1, M0 = 0
0
0,2
0,4
0,6
0,8 x 1
Fall iii) q = 0, F = 0, M0 = 1
Aufgaben und L¨ osungen
Aufgabe 7.24 Ein Biegetr¨ager mit konstanter Biegesteifigkeit EI und konstanter Dehnsteifigkeit EA wird durch eine Einzellast F in Feldmitte beansprucht. Das Gleitlager am rechten Ende des Tr¨ agers ist um den Winkel α gegen die Horizontale geneigt.
417
A7.24
F x α
z l 2
l 2
Berechnen Sie die Schnittgr¨ oßenverl¨ aufe f¨ ur das System bei einer Diskretisierung mit zwei Elementen. Gegeben: E = 20000 kN/cm2 ; A = 40 cm2 ; I = 200 cm4 ; l = 200 cm; F = 100 kN; α = 45◦ .
L¨ osung Die Elementsteifigkeitsmatrix f¨ ur ein vollst¨ andiges BalkenStab-Element ergibt sich aus der Kombination der Elementsteifigkeitsmatrizen des Zugstabes und des Bernoulli-Balkens: 32 3 3 2 2 R A 0 0 −A 0 0 ix 7 6ui 7 7 6 6 76 7 7 6 6 6 7 7 6 6 12I 6I 6I 7 12I 7 6w 7 6 6Riz 7 0 0 − e2 7 6 6 e2 e e 7 6 i7 l l l l 76 7 7 6 6 76 7 7 6 6 6I 6I 7 6ϕ 7 6 6M 7 0 4I 0 − 2I 76 i7 6 6 i7 e e E l l 76 7 7= 6 6 76 7 7 6 e 6 l 6 7 6 −A 6R 7 0 0 A 0 0 7 7 6uj 7 6 6 jx 7 76 7 7 6 6 76 7 7 6 6 6I 12I 6I 7 6 7 12I 7 6 6 − e 0 − e 7 6wj 7 0 − e2 6 6Rjz 7 e2 7 6 6 l l l l 76 7 54 5 5 4 4 6I 6I 0 2I 0 − 4I Mj ϕj le le Hierbei stellen die Kraftgr¨ oßen auf der linken Seite die Normalkr¨ afte Rix , Rjx , die Querkr¨ afte Riz , Rjz und die Momente Mi , Mj an den Knoten i und j dar. Mi
Riz
Rjz e
Rix wi ui
Rjx Mj
wj ϕi
uj l
e
ϕj
418
Numerische Methoden in der Mechanik
Dabei ist zu beachten, dass die Vorzeichendefinition gegen¨ uber derjenigen der klassischen Biegetheorie abweicht. F¨ ur die weiteren Berechnungen f¨ uhren wir die lokalen Element-Matrizen der Elementsteifigkeiten k 1l , k 2l und die Vektoren der Elementfreiheitgrade d1l , d2l ein: 3 2 2 3 2 3 e e k11 u1 u2 0 0 k14 0 0 7 6 6 7 6 7 7 7 7 6 0 ke ke 6 6 e e 0 k25 k26 7 6 6w1 7 6w2 7 22 23 7 6 6 7 6 7 6 0 ke ke 6ϕ 7 6ϕ 7 e e 7 0 k35 k36 7 6 6 17 6 27 32 33 1 2 k el = 6 7 , dl = 6 7 , d l = 6 7 . 7 6 ke 6u 7 6u 7 e 0 0 k 0 0 7 6 41 6 27 6 37 44 7 6 6 7 6 7 e e 7 6 0 ke ke 6w 7 6w 7 0 k k 52 53 55 56 5 4 4 25 4 35 e e 0 k62 k63
e e 0 k65 k66
ϕ2
ϕ3
Bei einer Diskretisierung mit zwei Elementen (drei Knoten) folgt die diskrete Darstellung der schwachen Form des Gleichgewichts zu 2 X
δdel T k el del − F δw2 = 0 .
e=1
Die Freiheitsgrade des Systems sind der folgenden Abbildung zu entnehmen. F 1
u1 = 0
2
u¯3 u2
1 ϕ1 = 0
3 ϕ3
2 w 2 ϕ2
w¯3 = 0
w1 = 0 Zum Einbau der Verschiebungsrandbedingungen am Knoten 3 ist eine Transformation der Kinematen auf ein dem schr¨ agen Auflager zugeordnetes x ¯, y¯–Koordinatensystem erforderlich. Hierzu spalten wir den Elementverschiebungsvektor d2 in zwei Anteile auf: " # " # " # u2 u3 d2li 2 2 2 mit dli = w2 und dre = w3 . d = 2 dre ϕ2 ϕ3
Aufgaben und L¨ osungen
Transformation der Kinematen am Knoten 3: #" # " # " u3 cosα sinα 0 u ¯3 w3 = −sinα cosα 0 w ¯3 0 0 1 ϕ3 ϕ3 | {z } | {z } ¯2 T re d re
419
x¯ u¯3
α u3 w ¯3 = 0
w3
¯ 2re . → d2re = T re d
z¯
F¨ ur den kompletten Element-Verschiebungsvektor folgt 2 " # " # 1 0 2 6 T li 0 dli 2 ¯ 6 T = , d = und T li = 4 0 1 ¯ 2re d 0 T re 0 0
2
¯ mit d2 = T d 3 0 7 0 7 5 . 1
Mit den Abk¨ urzungen s = sin α und c = cos α ergibt sich die transformierte Steifigkeitsmatrix k 2g f¨ ur Element 2 aus k 2g = T T k 2l T zu 2
2 k11
0
0
2 k62
0
2 ck14
2 sk14
0
2 −sk65
2 ck65
2 k66
6 2 2 2 2 2 6 0 k22 k23 −sk25 ck25 k26 6 6 2 2 2 2 2 6 0 k32 k33 −sk35 ck35 k36 k 2g = 6 6 2 2 2 2 2 2 2 2 −sk53 c2 k44 + s2 k55 cs(k44 − k55 ) −sk56 6 ck41 −sk52 6 6 2 2 2 2 2 2 2 2 ck53 cs(k44 − k55 ) s2 k44 + c2 k55 ck56 4 sk41 ck52 2 k63
3 7 7 7 7 7 7. 7 7 7 7 5
Die Steifigkeitsmatrix f¨ ur Element 1 bleibt in ihrer urspr¨ unglichen Form erhalten, d.h. k1g = k 1l . Somit ergibt sich die diskrete Darstellung ¯ 2g T k 2g d ¯ 2g − F δw2 = 0 δd1g T k1g d1g + δ d
→
KD=P
mit dem globalen generalisierten Verschiebungsvektor ¯3 , w ¯3 , ϕ3 ]T . D = [u1 , w1 , ϕ1 , u2 , w2 , ϕ2 , u Nach Assemblierung und Einbau der Randbedingungen u1 = 0,
w1 = 0,
ϕ1 = 0,
w ¯3 = 0
420
Numerische Methoden in der Mechanik
¯D ¯ =P ¯ mit der globalen Steifolgt das zu l¨ osende Gleichungssystem K figkeitsmatrix 3 2 1 2 2 k44 + k11 0 0 ck14 0 7 6 7 6 1 2 1 2 2 2 6 −sk25 k26 7 0 k55 + k22 k56 + k23 7 6 7 6 7 6 1 2 1 2 2 2 ¯ =6 K 7 0 k65 + k32 k66 + k33 −sk35 k36 7 6 7 6 6 2 2 2 2 2 2 2 2 7 ck −sk −sk c k + s k −sk 6 41 52 53 44 55 56 7 5 4 2 2 2 2 0 k62 k63 −k65 s k66 und den modifizierten globalen Vektoren 2 3 2 3 u2 0 6w2 7 6F 7 7 7 ¯ =6 ¯ =6 D 6ϕ2 7 , P 60 7 . 4u 5 4 05 ¯3 0 ϕ3 Das Einsetzen der numerischen Werte liefert die globale Steifigkeitsmatrix 3 2 16000 0 0 −5656, 85 0 7 6 7 6 7 6 0 96 0 33, 94 2400 7 6 7 6 7 6 ¯ K =6 0 0 320000 1697, 06 80000 7 . 7 6 7 6 6 −5656, 85 33, 94 1697, 06 4024 1697, 06 7 7 6 5 4 0 2400 80000 1697, 06 160000 ¯ =K ¯ L¨ osung des Gleichungssystems (D u2 = −3.9048 · 10−3 , −2
u ¯3 = −1.1044 · 10
,
−1
w2 = 1.8254,
¯ ): P ϕ2 = 7.8564 · 10−3 , ϕ3 = −3.1191 · 10−2 .
Die R¨ uckrechnung der Schnittgr¨ oßen kann direkt u ¨ ber die Gleichung S e = kel del
mit
T
S e = [Rix ,Riz ,Mi ,Rjx ,Rjz ,Mj ]
erfolgen. (Hierbei ist die Definition der positiven und negativen Schnittgr¨ oßen im Rahmen der Finite-Elemente-Methode zu beachten.) Da der ¯ sowohl globale als auch lokale Verschiebungen Verschiebungsvektor D alt, ist zun¨ achst eine R¨ ucktransformation der Verschiebungen (¯ u3 ) enth¨
Aufgaben und L¨ osungen
am Knoten 3 erforderlich. " # " u3 cosα sinα w3 = −sinα cosα 0 0 ϕ3
421
¯ 2re folgen die lokalen Gr¨ Aus d2re = T re d oßen 2 3 3 2 # −7, 8096 · 10−3 0 −1.1044 · 10−2 5 = 4 7, 8096 · 10−3 5. 0 0 4 1 −3.1191 · 10−2 −3.1191 · 10−2
Mit S 1 = k1l d1l erhalten wir die Schnittgr¨ oßen an den Knoten von Element 1: T
S 1 = [ 31, 24 −68, 76 −3752, 34 −31, 24 68, 76 −3123, 83 ] . Analog ergeben sich aus S 2 = k 2l d2l die Schnittgr¨ oßen an den Knoten von Element 2: S 2 = [ 31, 24
31, 24
3123, 83
−31, 24
−31, 24
T
0 ] .
F¨ ur die graphische Darstellung der Schnittgr¨ oßen w¨ ahlen wir die Vorzeichendefinitionen der technischen Biegetheorie. 31, 24 N 31, 24 Q
68, 76 3752, 34
M
3123, 83
422
A7.25
Numerische Methoden in der Mechanik
Aufgabe 7.25 Berechnen Sie die Elementsteifigkeitsmatrix ke f¨ ur ein linear-elastisches Ringelement unter rotationssymmetrischer Belastung. Verwenden Sie dabei lineare Ansatzfunktionen f¨ ur die Verschiebungen. Bestimmen Sie die Gesamtsteifigkeitsmatrix des durch zwei Ringelemente diskretisierten Kreisrings. Anschließend sind die Verformungen und Spannungen unter dem gegebenen Innendruck pi zu berechnen. Stellen Sie ein FE-Programm auf und f¨ uhren Sie eine Konvergenzstudie durch.
Ra Ri
M
ϕ h
Gegeben: Ri = 3, 0 cm; Ra = 6, 0 cm; h = 1, 5 cm; le = 1, 5 cm E = 2000, 0 kN/cm2 ; ν = 0, 3; pi = 10, 0 kN/cm2 .
L¨ osung Der Verschiebungsvektor ist in Polarkoordinaten gegeben durch orper mit rotationsu = [ur , uϕ ]T . Im Falle rotationssymmetrischer K¨ ur die Dehnungen gilt somit symmetrischer Belastung ist uϕ = 0. F¨ εr =
∂ur ∂r
εϕ =
und
ur . r
Typisches Ringelement: 1
2 d1
r M
d2
h
le
ra
Approximationen der Verschiebungen und der virtuellen Verschiebungen: u(r) = N1 (r) d1 + N2 (r) d2
und
δu = N1 (r) δd1 + N2 (r) δd2
mit den Knotenverschiebungen d1 , d2 und den virtuellen Knotenverschiebungen δd1 , δd2 .
Aufgaben und L¨ osungen
423
Hieraus berechnen sich die Dehnungen und die virtuellen Dehnungen zu εr (r) = N1 (r) d1 + N2 (r) d2 , δεr (r) = N1 (r) δd1 + N2 (r) δd2 , 1 1 N1 (r) d1 + N2 (r) d2 , r r 1 1 N1 (r) δd1 + N2 (r) δd2 . δεϕ (r) = r r εϕ (r) =
Die linearen Ansatzfunktionen und deren Ableitungen sind N1 (r) = 1 −
r − ra r − ra 1 1 , N2 (r) = , N1 (r) = − e , N2 (r) = e . le le l l
In Matrizenschreibweise folgt die Darstellung der 2 3 2 ∂u » – N1 6 7 εr ε= = 4 ∂r 5 = B d mit B = 4 N1 u εϕ r r
Dehnungen zu 3 N2 N2 5 . r
atsmatrix Die Spannungen σ = C ε berechnen sich mit der Elastizit¨ – » E 1 ν , C= 1 − ν2 ν 1 mit dem Elastizit¨ atsmodul E und der Querkontraktionszahl ν. Aus der schwachen Form des Gleichgewichts folgt f¨ ur ein typisches Element Z δΠie = δεT σ dV e (rZ a +l )
δεT C ε r dr
= 2πh ra
mit der Elementsteifigkeitsmatrix e (rZ a +l )
e
B T C B r dr .
k = 2πh ra
→
δΠie = δdeT k e de
424
Numerische Methoden in der Mechanik
Auswertung des Integrals: j “ E e k11 = 2π h −1 − ν + 1 + 2 1−ν j “ r ”2 E a e h 1+ν + e k22 = 2 π 2 1−ν l – »“ ” E ra 2 ra e k12 = −2 π h + 1 − ν2 le le
«ff „ r a ”2 ra + l e , ln le ra «ff „ ra + l e , ln ra „ « e ra + l ln . ra
F¨ ur ein Element ergibt sich der Lastvektor unter Vernachl¨ assigung von Volumenkr¨ aften aus der schwachen Form des Gleichgewichts zu Z δdeT pe da δΠae = δB e
Zh Z2π
Zh Z2π p2 (ra + le ) dϕ dh ,
p1 ra dϕ dh + δd2
= δd1 0
0
0
0
mit dem Innendruck p1 am inneren Rand und dem Außendruck p2 am außeren Rand. ¨ Diskretisierung mit zwei Elementen: 1
r M
2
3
d1
d2
Element 1
Element 2
le
d3
h
le
Mit den gegebenen Werten ergeben sich f¨ ur das innen- bzw. außenliegende Element: – – » » 48660,5 −50392,3 68415,8 −71507,8 , k2e = . k1e = −50392,3 60522,8 −71507,8 80558,8 Nach der Assemblierung erhalten wir die Gesamtsteifigkeitsmatrix: # " 48660,5 −50392,3 0,0 K = −50392,3 128938,6 −71507,7 0, 0 −71507,7 80558,8
Aufgaben und L¨ osungen
425
T
und den globalen Lastvektor P = [ p1 0 0 ] mit Z h Z 2π p1 = pi Ri dϕ dh = 2 π h Ri pi = 282, 74 kN . 0
0
Die L¨ osung des Gleichungssystems K D = P liefert die globalen Knotenverschiebungen: D T = [ d1 d2 d3 ] = [ 0,0286 0,0221 0,0196 ] . Analytische L¨ osungen: 1 R2 [−pi Ri2 ( 2a − 1)] , 2 − Ri r 1 R2 2 = [pi Ri (1 + 2a )] . 2 2 Ra − Ri r
σr = σϕ
Ra2
aufe f¨ ur verschieIn der Abbildung sind σ r – bzw. σ ϕ – Spannungsverl¨ dene Diskretisierungen dargestellt. Hierbei wurden die Spannungswerte an den Knoten der Elemente berechnet und linear miteinander verbunden. F¨ ur die Konvergenzstudie wurde das nachstehende FE-Programm verwandt. σr 0
Ŧ2 Ŧ4
numele= 2 numele= 5 numele= 20 analytisch
Ŧ6 Ŧ8 Ŧ10 3
3,5
4
4,5
5
σϕ 18
5,5
r
6
numele= 2 numele= 5 numele= 20 analytisch
15 12 9 6 3
3,5
4
4,5
5
5,5
r
6
426
Numerische Methoden in der Mechanik
Berechnung der Verschiebungen und Spannungen mit Matlab: % Material-, Last- und Geometrieparameter E=2000; nu=0.3; pi=10; Ri=3; Ra=6; h=1.5; % Elementanzahl und Berechnung der Elementlaenge numele = 2; le = (Ra-Ri)/numele; % Initialisierung der Gesamtsteifigkeitsmatrix K: K =zeros(numele+1); % Elementweise Berechnung der Steifigkeitsmatrix for n = 1:numele % Radius des inneren Knoten ra = Ri + (n-1)*le; % Eintraege der Elementsteifigkeitsmatrix fact = 2*pi*E/(1-nu^2)*h; k11 = fact*(-1-nu+(1+ra/le)^2*log((ra+le)/ra)); k22 = fact*(1+nu+(ra/le)^2*log((ra+le)/ra)); k12 = -fact*((ra/le)^2+ra/le)*log((ra+le)/ra); % Einordnen in die Gesamtsteifigkeitsmatrix K(n,n) = K(n,n)+k11; K(n,n+1) = K(n,n+1)+k12; K(n+1,n) = K(n+1,n)+k12; K(n+1,n+1) = K(n+1,n+1)+k22; end % Kraft aufrund des Innendrucks auf ersten Knoten p1 = 2*pi*h*Ri*pi; % Aufbau des Lastvektors p = [p1 ; zeros(numele,1)]; % Loesen des linearen Gleichungssystem d = inverse(K) * p d = K\p; % Elastizitaetsmatrix C = E/(1-nu^2)*[ 1 nu ; nu 1 ]; % Elementweise Berechnung der Spannungen for n = 1:numele % Radius des inneren Knoten ra = Ri + (n-1)*le; % "B-Matrizen" ausgewertet an der Elementknoten B1 = [ -1/le 1/le ; 1/ra 0 ]; B2 = [ -1/le 1/le ; 0 1/(ra+le) ]; % Radial- und Umfangsspannungen an den Elementknoten sig( 1:2,(2*n-1) ) = C * B1 * d( n:n+1 ); sig( 1:2,2*n ) = C * B2 * d( n:n+1 ); end