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und <S> enthalten, die in einer realen Relation stehen, die die Art der Zusammengesetztheit von (7) genau widerspiegelt. Es ist unwichtig, wie wir diese Relation bezeichnen. Die einfachste Art wäre wahrscheinlich: (8)
∃x∃yEx∗ <J>x ∧ Ex∗
y ∧ Ex∗ <S>xy
Man muss dabei nur eines immer vor Augen halten: Eine propositionale Intentionalität besteht nach dieser Auffassung darin, dass zwischen den einfachen (nominalen) Inhalten eine reale Relation besteht, und diese reale Relation nimmt genauso viele Gestalten an, wie es Weisen gibt, in der die einfachen Eigenschaften und Relationen im Rahmen eines Objektivs durch Quantoren und Variablen kombiniert werden können.11 11
Vielleicht könnte man diese Sachlage auch so interpretieren, dass die reale Relation zwischen den Teilinhalten auch das Subjekt der intentionalen Beziehung involviert. Die repräsentierende Struktur wäre in diesem Fall eigentlich das Subjekt mit dem Inhalt. Diese Interpretation würde uns zusätzlich eine Explikation des kantischen Gedankens liefern, dass die Einheit des Gegenstands einer intentionalen Beziehung ein Korrelat der Einheit ihres Subjekts ist.
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Wir glauben also, dass Meinongs Sorgen, was das Verhältnis zwischen den zusammengesetzten Gegenständen und den Inhalten betrifft, unbegründet sind. Eine konsequente Theorie „der Meinong’schen Art“ sollte annehmen, dass der psychische Inhalt ein Objektiv ist, dessen Struktur der des repräsentierten Objektivs isomorph ist. Die einfachen Teilinhalte entsprechen dabei den einfachen Elementen des repräsentierten Objektivs, und die externe Relation zwischen den Teilinhalten entspricht dem (ebenfalls externen) Nexus, durch den diese einfachen Elemente in einem Objektiv vereinigt sind. Das ist natürlich wieder das Bild der Intentionalität, das Wittgenstein in seinem Tractatus entwickelt hat. Bei Wittgenstein heißt es ebenfalls, dass sich die syntaktisch einfachen Namen auf die ontologisch einfachen Gegenstände beziehen und dass die Konfiguration, in der die Namen in einem Satz auftreten, die Konfiguration repräsentiert, in der die einfachen Gegenstände in einem Sachverhalt „zusammenhängen“. Wittgenstein sagt übrigens explizit, dass ein Satz die ontologische Form eines Sachverhalts hat.12 Wenn Wittgenstein von „Namen“ und „Sätzen“ spricht, geht es ihm nicht nur (und nicht einmal in erster Linie) um sprachliche Zeichen. Die im Tractatus dargestellte Intentionalitätstheorie ist nicht bloß eine Theorie der sprachlichen Intentionalität, die die sprachunabhängige mentale Intentionalität leugnet oder außer Acht lässt. Wittgenstein sagt explizit, dass auch jeder Gedanke, der überhaupt als intentional klassifiziert werden kann, eine ähnliche Struktur haben muss.13 Denn das sei die einzige Weise, wie man sich überhaupt intentional auf etwas beziehen kann. Wenn es also eine mentale, sprachunabhängige Intentionalität gibt, dann muss es auch einfache mentale Namen und zusammengesetzte mentale Sätze geben. Die mentalen Namen beziehen sich direkt auf die entsprechenden einfachen Gegenstände, und die mentalen Sätze repräsentieren die Sachverhalte in der Weise, dass sie selbst Sachverhalte sind, die aus mentalen Namen bestehen. Wenn wir in Wittgensteins
12
Vgl. „Das Satzzeichen ist eine Tatsache.“, Tractatus, 3.14. Vgl. die folgenden Thesen des Tractatus: „2.141 Das Bild ist eine Tatsache. [ ] 3 Das logische Bild der Tatsachen ist der Gedanke. [ ] 3.1 Im Satz drückt sich der Gedanke sinnlich wahrnehmbar aus.“
13
meinongs gegenstände und die intentionale beziehung 287 Theorie für die einfachen mentalen Namen einfache mentale Inhalte substituieren, ist die Analogie komplett. Die Intentionalitätstheorie Meinongs ergibt bei dieser Interpretation das folgende Bild: psychologische Immanenz
Inhalt
Objektiv
Subjekt Relation Ex*
Relation Ex
IMM
V-Inhalt F
F
V-Inhalt G
V-Inhalt H
G
REPR
H
Das Subjekt steht hier zu einem psychischen Inhalt in einer Relation, die darin besteht, dass es einen psychischen Akt mit dem entsprechenden Inhalt vollzieht. Wir nennen diese Relation „IMM“, was eine reelle psychische Immanenz im Sinne Husserls symbolisieren soll. Der psychische Inhalt hat die Struktur eines Objektivs. Einfache Teilinhalte (die man sich als Inhalte der entsprechenden Vorstellungen denken kann) stehen in einer realen Relation zueinander, die sie zu einem zusammengesetzten Inhalt (dem Inhalt eines Urteils oder einer Annahme) vereinigt. Diese Relation haben wir oben Ex∗ genannt (und wir wissen, dass sie sehr verschiedene Formen annehmen kann). Die intentionale Repräsentation besteht darin, dass die einfachen Inhalte mit den einfachen gegenständlichen Elementen durch eine primitive Relation, die wir „REPR“ genannt haben, korreliert sind und dass die reale Relation, in der die Teilinhalte zueinander stehen, auf eine Relation hinweist, die die einfachen gegenständlichen Elemente zu einem zusammengesetzten Objektiv vereinigt. Es gilt zu betonen, dass diese vereinigende Relation Ex, die ebenfalls viele Gestalten annimmt, nicht als ein zusätzliches Element des Objektivs betrachtet
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werden darf. In diesem Fall wäre sie vorstellbar und müsste nach der Lehre Meinongs durch eine neue Relation mit dem restlichen Material des Objektivs verbunden werden. Diese vereinigende Relation ist vielmehr das, was wir oben metaphorisch den „Zement“ des Objektivs genannt haben. Sie kann nicht vorgestellt, sondern nur angenommen (bzw. geurteilt) werden. Bei Wittgenstein hieße sie die Konfiguration, in der die einfachen Gegenstände stehen müssen, um einen Sachverhalt zu bilden. Die Repräsentationsrelation zwischen dem zusammengesetzten mentalen Inhalt und dem vollständigen Objektiv ist intern. Sie wird vom „inneren Aufbau“ des Inhalts und des Zielobjektivs mit Notwendigkeit impliziert. Einen wichtigen Punkt kann man in dieser Darstellung gut erkennen. Die Repräsentationsrelation zwischen den zusammengesetzten Inhalten und Gegenständen ist zwar intern, denn sie wird durch den inneren Aufbau der beiden Glieder mit Notwendigkeit erzeugt; die Bedingung für dieses Generieren ist allerdings, dass es zwischen den einfachen Elementen beider Glieder bereits eine primitive Zuordnung gibt, die wir in unserem Schema als REPR bezeichnet haben. Das zeigt, dass die Repräsentationsrelation zwischen den einfachen Teilinhalten und den einfachen Gegenständen nicht mehr als intern betrachtet werden kann, so wie die Repräsentationsrelation zwischen den zusammengesetzten Inhalten und den Gegenständen. Die einfachen Elemente sind eben ontologisch einfach, und wenn sie voneinander verschieden sind (was hier wohl anzunehmen ist), ist es schwer zu verstehen, worauf die Relation REPR supervenieren könnte. Wir werden im letzten Abschnitt dieses Kapitels noch genauer darauf zu sprechen kommen.
9. Modale Eigenschaften noch einmal Wir wissen, dass unser letztes Schema nicht ganz dem entspricht, was der späte Meinong gelehrt hat. Bei ihm treten neben den unvollständigen Objektiven und ihren einfachen Elementen viele andere Gegenstände auf. Die „wahre“ Struktur der intentionalen Beziehung, wie sie sich Meinong vorgestellt hat, würde also eher dem folgenden Schema entsprechen:
meinongs gegenstände und die intentionale beziehung 289 "nächste" Gegenstände (Objektive)
etwas, das F ist F etwas, das G ist G etwas, das H ist H
psychologische Immanenz Subjekt Relation Ex*
V-Inhalt F
V-Inhalt G
V-Inhalt H
Relation Ex
Ex
F
F
G
G
H
H vollständiges Objektiv (unendlich kompliziert)
V(?)-Inhalt Vollständigkeit unvollständiges Objektiv
"Vollständigkeitseigenschaft" erzwingt die "Verlängerung" der Intention
Trotzdem möchten wir behaupten, dass eine konsequente Intentionalitätstheorie „der Meinong’schen Art“ besser im Rahmen des einfacheren „Wittgenstein’schen“ Schemas verbleiben sollte, das wir im vorigen Abschnitt entworfen haben. Der Grund für diese Behauptung ist folgender: Das wichtigste zusätzliche Element in dem obigen Schema ist die Vollständigkeitsannahme. Sie ist bei Meinong jenes Element der intentionalen Beziehung, das die Verlängerung der Intentionalität in den Bereich der vollständigen Objektive erzwingt, und wir haben gesehen, dass sich eine solche Verlängerung nicht kohärent interpretieren lässt. Wenn wir eine solche Vollständigkeitsannahme ernst nehmen wollen, dann muss sie darin bestehen, dass auf der Seite des psychischen Inhalts ein zusätzlicher Teilinhalt auftritt, dem auf der gegenständlichen Seite eine Eigenschaft der Vollständigkeit entspricht. Diese Eigenschaft
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ist nach Meinong außerkonstitutorisch, und sie muss außerdem als depotenziert interpretiert werden. Denn das Objektiv, dem sie zukommt, ist eben nicht vollständig. Sie bewirkt jedoch, dass wir uns „durch“ dieses unvollständige Objektiv auf ein vollständiges Objektiv beziehen. Das Ergebnis der letzten Abschnitte spricht aber dafür, dass man sich zumindest von dieser außerkonstitutorischen Eigenschaft endgültig verabschieden muss. Wir brauchen diese Eigenschaft nicht, denn alle Objektive, die in den intentionalen Beziehungen eines endlichen Geistes eine Rolle spielen, sind unvollständig. Die Frage, ob sie in der Vermittlungsoder in der Zielposition stehen, ist zwar unklar, aber eigentlich irrelevant. Denn wir können erklären, wann eine solche Beziehung wahr ist, ohne uns an die Verlängerungsmetapher klammern zu müssen. Eine intentionale Beziehung ist genau dann wahr, wenn ihr unvollständiges Objektiv einen Teil der aktuellen Welt bildet (Meinong würde sagen: wenn es in der aktuellen Welt implektiert ist). Eine andere Eigenschaft, die unser letztes Schema von dem Schema des vorigen Abschnitts unterscheidet, ist, dass wir jetzt für jede konstitutorische Eigenschaft, die in dem unvollständigen Objektiv involviert ist, einen besonderen unvollständigen Gegenstand eingeführt haben, so wie es Meinong um 1915 wollte. Auf solche extrem unvollständigen Objektive (etwas, das F ist; etwas, das G ist und etwas, das H ist), die Meinong noch zusätzlich den einzelnen Vorstellungen zuordnet, kann man ebenfalls ruhig verzichten. Da wir einerseits ein Objektiv (etwas, das F, G und H ist) und andererseits seine einfachen Elemente F, G und H haben, könnten wir diese drei Objektive im Notfall immer „konstruieren“, und in diesem Sinne können wir sie als konzeptuelle Abstraktionsprodukte betrachten. Auf der anderen Seite ist aber auch wahr, dass in einem Meinong’schen Universum diese drei Objektive (etwas, das F ist; etwas, das G ist und etwas, das H ist) automatisch enthalten sind. Insofern hat man eigentlich keinen Grund, auf sie zu verzichten. Im Gegenteil: Man kann hoffen, dass sich vielleicht die einfachen Elemente F, G und H in Termini von solchen „eineigenschaftigen“ Objektiven definieren lassen. Diese Interpretationslinie wird sich im nächsten Kapitel tatsächlich als höchst interessant erweisen. Die außerkonstitutorische Eigenschaft der Vollständigkeit brauchen wir also nicht. Wie steht es aber mit den anderen außerkonstitutorischen
meinongs gegenstände und die intentionale beziehung 291 Eigenschaften wie Exisistenz, Widerspruchsfreiheit oder Möglichkeit (im Sinne der objektiven Wahrscheinlichkeit)? Können wir vielleicht auch von ihnen Abschied nehmen? Die Antwort lautet, dass dies in der Tat teilweise möglich ist, und der erste Kandidat für eine Reduktion ist hier sicherlich die Möglichkeit. Im fünften Kapitel haben wir gesehen, dass die Möglichkeit von Meinong primär als die modale Eigenschaft eines Objektivs gesehen wird. Er sagt zwar gelegentlich, dass es sich dabei um eine pimitive Eigenschaft handelt; das Buch Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit (1915) ist aber im Grunde nichts anderes als ein Versuch einer Analyse dieser Eigenschaft in Termini der Implexierungsverhältnisse, in denen verschiedene Objektive zueinander stehen. Wir können also annehmen, dass ein Gedanke mit dem Inhalt, dass das-und-das in dem-und-dem Grad möglich ist, ein solches kompliziertes Gebilde von Objektiven zum Gegenstand hat. Ein solcher Gedanke beschränkt sich natürlich nicht auf den Bereich des Existierenden (bzw. des Bestehenden), und er ist genau dann treffend, wenn im Bereich des Außerseins die betreffenden Objektive in den entsprechenden Verhältnissen zueinander stehen. Die zwei anderen modalen Eigenschaften – Tatsächlichkeit und Notwendigkeit, denen die außerkonstitutorischen Eigenschaften Existenz (Bestand) und Widersprüchlichkeit entsprechen14 – lassen sich aber nicht so einfach wegerklären. Was die Tatsächlichkeit betrifft, so handelt es sich dabei – wie wir in Über Annahmen erfahren – um eine primitive Aufteilung der Objektive in die bestehenden und die nicht-bestehenden, die sich keineswegs umgehen lässt. Und was die Notwendigkeit eines Objektivs betrifft, so ist sie bei Meinong ebenfalls als eine undefinierbare modale Eigenschaft zu betrachten. Wir haben zwar gesehen, dass man versuchen kann, die Notwendigkeit eines Objektivs auf gewisse primitive Relationen zwischen den involvierten einfachen Bestandteilen zurückzuführen; das ist aber nicht der Weg, den Meinong gehen wollte. Aus der Perspektive der späteren Lehre Über Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit muss man übrigens sagen, dass es nur ein einziges bestehendes 14
Der Übergang von der Widersprüchlichkeit zur Notwendigkeit ist, dass die NichtExistenz eines widersprüchlichen Gegenstands notwendig ist.
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Objektiv (nämlich die komplette aktuelle Welt) gibt und dass die unvollständigen Objektive, die wir ungenau als bestehend bezeichnen, diejenigen sind, die von der aktuellen Welt implektiert sind. Ein Objektiv ist natürlich genau dann notwendig, wenn es von allen möglichen Welten implektiert wird. Es ist aber unklar, ob wir die Notwendigkeit eines Objektivs so definieren dürfen. Wenn wir nämlich Meinongs These der Primitivität der Notwendigkeit ernst nehmen, dann scheint es, dass sich eher die Entscheidung, welche Welten möglich sind (d.h. welche Objektive zugleich maximal und widerspruchsfrei sind), auf den primitiven Begriff der Notwendigkeit stützt anstatt umgekehrt. Was wir aber im Fall der Tatsächlichkeit und der Notwendigkeit tun können, ist, auf die depotenzierten Entsprechungen dieser Eigenschaften, bezüglich derer wir Annahmefreiheit haben sollen, zu verzichten, und zwar in der Weise, dass wir sie durch die entsprechenden psychischen Modi ersetzen. Wie wir uns erinnern, brauchten wir die depotenzierten außerkonstitutorischen Eigenschaften, um uns auf Gegenstände wie einen existierenden gegenwärtigen deutschen Bundeskanzler, der der Liberalen Partei angehört, oder einen notwendig vierbeinigen Hund beziehen zu können. Dasselbe können wir aber vermutlich auch erreichen, wenn wir den Inhalt „Der gegenwärtige deutsche Bundeskanzler gehört der Liberalen Partei an“ urteilen (und nicht bloß annehmen) bzw. wenn wir ein Urteil mit dem Inhalt „Ein Hund ist vierbeinig“ nicht bloß assertorisch sondern apodiktisch fällen. Wenden wir uns zunächst dem Existenz-Prädikat zu. Auf den ersten Blick scheint es, dass unser Vorschlag einen sehr wichtigen Punkt der Meinong’schen Lehre verletzt. Meinong scheint nämlich zu behaupten, dass die Unterschiede Annahme-Urteil und Soseinsmeinen-Seinsmeinen zwei aufeinander unreduzierbare Dimensionen darstellen, so dass wir die folgende vierfache Klassifikation bekommen:
Annahme Urteil
Soseinsmeinen
Seinsmeinen
∃xFx ∧
∃xFx ∧
∃xFx ∧ ∧ E!x
∃xFx ∧ ∧ E!x
meinongs gegenstände und die intentionale beziehung 293 Die Teilung der psychischen Akte in Annahmen und Urteile geschieht bezüglich des Modus, während die Teilung in Soseinsmeinungen und Seinsmeinungen je nach dem Inhalt erfolgt. Die große Frage lautet aber, ob einige Kategorien dieser Klassifikation nicht redundant sind. Untersuchen wir zuerst die Soseinsmeinungen. Meinong sagt unmissverständlich, dass alle urteilsmäßigen Soseinsmeinungen a priori wahr sind, weil man im Bereich des Außerseins für jedes Soseinsmeinen einen passenden Gegenstand finden kann. Ein solcher Gegenstand existiert zwar nicht immer, aber davon spricht ein Soseinsmeinen nicht. Das heißt aber nichts weniger, als dass wir bei einem Soseinsmeinen keinen Grund haben, noch eine zusätzliche Differenzierung zwischen Urteilen und Annahmen einzuführen. Alle Soseinsurteile verhalten sich nämlich genauso wie Soseinsannahmen: Sie sind immer treffend. Wir können also annehmen, dass alle Soseinsmeinungen im Grunde Soseinsannahmen sind, was zur folgenden Vereinfachung unserer Tabelle führt:
Annahme Urteil
Soseinsmeinen
Seinsmeinen
∃xFx ∧
∃xFx ∧ ∧ E!x
∃xFx ∧ ∧ E!x
Auf der Seite der Urteile haben wir also nur Seinsmeinungen, und jetzt fragen wir, ob es berechtigt ist, zwischen zwei Formen von Annahmen „∃x(Fx ∧ )“ und „∃x(Fx ∧ ∧ E!x“ zu unterscheiden. Sie unterscheiden sich voneinander dadurch, dass die zweite dieser Formen ihren Gegenstand zusätzlich als „existierend“ bestimmt. Was sollte das aber genau bedeuten? Laut dem Prinzip der Annahmefreiheit sind alle Annahmen treffend, und das heißt, dass sich die Annahme der Form „∃x(Fx ∧ ∧ E!x“ keineswegs auf den Bereich des Existierenden beschränkt. Auch sie sucht ihren Gegenstand im ganzen Bereich des Außerseins und ist genau deswegen immer treffend, weil sie ein Objektiv findet, das der Form „∃x(Fx ∧ )“ entspricht. Das ist aber genau dasselbe Objektiv, das auch von der Annahme der Form „∃x(Fx ∧ )“ gesucht wird, was nichts anderes bedeutet, als dass das Existenz-Prädikat „E!“ im Rahmen einer Annahme keine interessante semantische Funktion erfüllt.
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Wir können uns also ruhig auf eine der Annahmeformen beschränken, nämlich auf die Form ohne das Existenz-Prädikat „∃x(Fx ∧ )“, was zur folgenden Klassifikation führt: Soseinsmeinen Annahme Urteil
∃xFx ∧
Seinsmeinen
∃xFx ∧ ∧ E!x
Nach dieser Reduktion haben wir also nur eine Form der Annahme (eine Soseinsannahme) und nur eine Form des Urteils (ein Seinsurteil), was man auch so ausdrücken kann, dass wir es dort, wo das Bestehen des Objektivs irrelevant ist, immer mit einer Annahme, und dort, wo es relevant ist, immer mit einem Urteil zu tun haben. Zugleich bemerken wir aber eine interessante Tatsache. In der Urteilsform haben wir gleich zwei Elemente, die sie von der Annahmeform unterscheiden. Zum einen haben wir den „ontologisch ernsthaften“ Modus „ “ und zum zweiten das Existenz-Prädikat „E!“. Vom semantischen Standpunkt aus brauchen wir aber nur ein distinktives Element, denn es geht ja nur darum, ob die Teilung in die bestehenden und nichtbestehenden Objektive eine Rolle spielt oder nicht. Wir können also auf eines dieser Elemente verzichten, und angesichts der konzeptuellen Schwierigkeiten mit den außerkonstitutiven Eigenschaften scheint es, dass wir auf das Existenz-Prädikat „E!“ verzichten sollten. Am Ende erhalten wir also die folgende Klassifikation: Soseinsmeinen Annahme Urteil
Seinsmeinen
∃xFx ∧
∃xFx ∧
Nach diesem Vorschlag sind also alle propositionalen Akte Soseinsmeinungen. Wenn ein solcher Akt im „unverpflichtenden“ Modus der Annahme vollzogen wird, dann ist er immer treffend, denn er sucht seinen Gegenstand im ganzen Bereich des Außerseins. Wenn er hingegen den „ernsthaften“ Modus des Urteils trägt, ist er nur dann treffend, wenn sein
meinongs gegenstände und die intentionale beziehung 295 Objektiv im Unterbereich des Bestehenden (bzw. unter den Objektiven, die in einem bestehenden Objektiv implektiert sind) zu finden ist. Wir sehen damit, dass die Rolle des Prädikats „E!“, das als ein innerer Bestandteil eines Objektivs darüber entscheiden sollte, ob der betreffende psychische Akt sein Interesse auf den Bereich des Seienden einschränkt, vom Unterschied zwischen dem Modus des Urteils und dem Modus der Annahme übernommen werden kann. Der Unterschied liegt dementsprechend nicht in dem, was wir meinen, sondern darin, wie wir es meinen. Es scheint mithin, dass Russell, der den Unterschied zwischen einem existierenden goldenen Berg und einem goldenen Berg, der existiert, nicht zu verstehen vermochte, am Ende doch Recht behält. Ähnlich ist es mit dem Unterschied zwischen dem assertorischen und dem apodiktischen Modus. Auch hier brauchen wir keine depotenzierten außerkonstitutorischen Eigenschaften in die intendierten Objektive einzubauen. Ein apodiktisches Urteil, dass p, ist nämlich genau dann wahr, wenn sein Objektiv notwendig (d.h. von allen möglichen Welten implektiert) ist. Im entgegengesetzten Fall ist es falsch. Das Ergebnis ist also, dass die Möglichkeit (d.h. die objektive Wahrscheinlichkeit) auf die Implektierungsverhältnisse reduziert wird. Die Tatsächlichkeit und die Notwendigkeit bleiben zwar als unreduzierbare primitive Einteilungen der Objektive, aber wir brauchen keine depotenzierten Entsprechungen von ihnen (d.h. keine frei annehmbaren außerkonstitutorischen Eigenschaften). Ihre Rolle wird von den psychischen Modi (Annahme, Urteil und apodiktisches Urteil) übernommen. 10. Ein allgemeines Problem für die Inhaltsrepräsentation Zum Schluss besprechen wir noch ein anderes Problem, das im Zusammenhang mit der Theorie des psychischen Inhalts auftaucht. Dieses Problem ist viel allgemeiner als Meinongs Sorgen um die intentionale Beziehung auf die Gegenstände höherer Ordnung, und es betrifft in gleichem Maße die Theorien Twardowskis und Husserls wie auch Wittgensteins Theorie des Tractatus. In unserem Schema in Abschnitt 6.7 gibt es zwei wichtige Relationen. Wir haben sie als „IMM“ und „REPR“ bezeichnet. Die Relation IMM ist die Relation zwischen dem Subjekt und dem mentalen Inhalt, den es gerade „benutzt“, und die Relation REPR ist die Relation
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zwischen einem einfachen Inhalt und dem einfachen Gegenstand, den er repräsentiert. Was die Relation IMM betrifft, so ist klar, dass sie als eine externe Relation interpretiert werden muss. Es gibt keine monadischen Eigenschaften eines Subjekts und eines Inhalts, aus denen man schließen könnte, dass dieses Subjekt gerade einen psychischen Akt mit diesem Inhalt vollzieht.15 Was hingegen REPR angeht, so ist nicht weniger klar, dass sie nach Meinong als eine interne Relation betrachtet werden soll. Meinong sagt das explizit, wenn er die Relation Inhalt-Gegenstand als eine ideale Relation klassifiziert, und selbst wenn er das nicht sagen würde, spricht vieles dafür, REPR als intern zu interpretieren. Der psychische Inhalt wird ja im Rahmen seiner Theorie als dasjenige Element eingeführt, das bestimmen soll, auf welchen Gegenstand sich das Subjekt bezieht. Das Bestehen von REPR hängt also auf jeden Fall von den Eigenschaften des Inhalts ab. Dass sie außerdem auch von den Eigenschaften des intendierten Gegenstands abhängen muss, wird klar, sobald wir uns daran erinnern, dass dieser Gegenstand nach Meinong aus dem Bereich des Außerseins „aufgrund seiner Bestimmungen“ ausgewählt wird. In Kapitel 3 haben wir die verschiedenen Gründe besprochen, die zur Einführung von psychischen Inhalten führen können. Einer dieser Gründe, der vor allem für Husserl zur Zeit der Logischen Untersuchungen maßgeblich war, war die Möglichkeit, in dieser Weise die Intentionalität der gegenstandslosen Akte zu erklären. Für Meinong hatte das aber ab 1904 keine Bedeutung, denn seit dieser Zeit gab es bei ihm keine gegenstandslosen Akte mehr. Ein anderer Grund, dessen Legitimität, wie wir gesehen haben, nicht unumstritten ist, liegt in dem Wunsch, die intentionale Beziehung durch
15
Die relativen Eigenschaften, die man durch die Prädikate „denkt an ein Pferd“, „ist ein Inhalt, der gerade von Bill Clinton benutzt wird“ ausdrückt, müssen wir natürlich ausschließen. Das ist aber ein allgemeines Problem, dessen Lösbarkeit bei jeder Klassifikation der Relationen in interne und externe vorausgesetzt werden muss. Wir behaupten nicht, dass die Aufteilung von Eigenschaften in genuin monadische und relationale eine einfache (oder sogar eine praktisch lösbare) Aufgabe ist. Wir behaupten nur, dass sie im Prinzip lösbar ist.
meinongs gegenstände und die intentionale beziehung 297 einen „genuin mentalen“ Mechanismus zu erklären. Das war wahrscheinlich die Hauptmotivation, die Twardowski und Meinong dazu geführt hat, trotz der Einführung der nicht-existierenden Gegenstände auf dem mentalen Inhalt zu bestehen. In diesem Kapitel wollen wir nun eine Schwierigkeit skizzieren, die die erklärende Rolle des mentalen Inhalts sehr überzeugend in Frage stellt und deshalb nahe legt, die Idee einer unvermittelten externen Relation zwischen einem Subjekt und einem außerseienden Gegenstand neu zu bedenken. Die Schwierigkeit liegt in der Relation REPR, die die einfachen mentalen Inhalte mit ihren einfachen Gegenständen korreliert. Wie gesagt, soll sie eine interne Relation sein, die auf ihren Gliedern superveniert. Zu sagen, dass sie von den monadischen Eigenschaften ihrer Glieder impliziert wird, wäre zwar wahrscheinlich unangebracht, denn es handelt sich ja (zumindest auf der einen Seite der Relation) um absolut einfache Gegenstände, von denen höchstwahrscheinlich keine normalen Eigenschaften prädiziert werden können.16 Unabhängig davon ist aber diese Relation durch die „absoluten Naturen“ ihrer Glieder impliziert, so wie nach einigen Philosophen die Ähnlichkeitsrelation zwischen zwei Tropen (die als solche auch keine „normalen“ Eigenschaften haben, sondern eben Eigenschaften sind) von ihren absoluten Naturen impliziert wird. Ein Röte-Tropus hat zwar nicht die Eigenschaft, rot zu sein (denn er ist vielmehr diese Eigenschaft), er hat aber dennoch etwas, was ihn zu dem macht, was er ist, und was man als seine „absolute immanente Natur“ bezeichnen kann. Eine solche Natur kann auch – sagen uns die Anhänger dieser Auffassung – als eine Supervenienzbasis für eine Relation funktionieren.17 Am Ende von Abschnitt 6.7 haben wir aber darauf hingewiesen, dass der Sinn, in dem man in solchen Fällen von der Internalität
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Ob die „semantisch einfachen“ Inhalte auch unbedingt „ontologisch einfach“ sein müssen, werden wir nicht untersuchen. Diese Frage ist aber für unsere Argumentation völlig irrelevant. 17 Vgl. „The resemblance relation among the Fs hold in virtue of the fact that those items are F, not the other way around. Tropes (abstract particulars, quality-instances) must be particular natures. They are not ,bare particulars‘ which, without some similarity-tie, would have no nature at all.“, Campbell 1990, 59f.
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und Supervenienz sprechen kann, grundverschieden ist von dem Sinn, in dem man das in Bezug auf die zusammengesetzten Gegenstände tun kann. Bleiben wir zunächst noch eine Weile bei den Tropen. Was könnte die Natur eines Röte-Tropus sein, die die Supervenienzbasis der Ähnlichkeitsrelation, in der dieser Tropus zu den anderen Röte-Tropen steht, bilden soll? Ist sie etwa die rote Farbe, so dass der Mechanismus der Supervenienz der Ähnlichkeitsrelation folgendermaßen zusammengefasst werden könnte: a und b sind ähnlich genau dann, wenn a und b dieselbe Farbe sind? Auf den ersten Blick erscheint das nicht unplausibel. Das Problem besteht aber darin, dass wir hier wieder mit dem Begriff Dieselbe-Farbe hantieren, der eigentlich das Ausgangsproblem für die Entwicklung der ganzen Tropentheorie war. Die Ausgangsfrage lautete doch: Was heißt es, dass zwei Individuen eine gemeinsame Eigenschaft haben. Die Antwort eines Tropentheoretikers lautet: Genau das, dass sie zwei individuell verschiedene Tropen involvieren, die einander streng ähnlich sind. Jetzt versuchen wir zu erklären, woran es liegt, dass zwei Tropen streng ähnlich sind, indem wir sagen, dass sie dieselbe Eigenschaft sind. Bringt aber das Ersetzen der Idee, dass zwei mereologisch disjunkte Individuen eine gemeinsame Eigenschaft haben, durch die Idee, dass zwei mereologisch disjunkte Individuen dieselbe Eigenschaft sind, einen Erklärungsgewinn, oder haben wir es hier vielmehr mit einem ignotum per ignotum zu tun, das zusätzlich noch in die gefährliche Nähe eines idem per idem rückt? Wenn wir darauf beharren wollen, dass die Ähnlichkeit zwischen a und b zwar aufgrund ihrer immanenten Naturen besteht, dass diese Naturen aber nach wie vor individuell verschieden sind, dann stellt sich sofort die Frage, was diese Naturen zu der Supervenienzbasis für die Ähnlichkeitsrelation macht. Es scheint, dass man darauf nur eine Antwort geben kann, nämlich, dass es sich dabei um eine bestimmte Relation handeln muss, die zwischen diesen Naturen besteht. Wenn wir uns daran erinnern, dass die involvierten Tropen ihre Naturen nicht haben, sondern eigentlich diese Naturen sind, dann wird sofort klar, dass die angesprochene Relation nichts anderes sein kann als die Ähnlichkeitsrelation zwischen den Tropen selbst, die wir gerade zu erklären versuchen. Idem per idem ist in diesem Fall perfekt.
meinongs gegenstände und die intentionale beziehung 299 Die Ähnlichkeitsrelation zwischen zwei Tropen kann also keine interne Relation im normalen Sinne des Wortes sein, und zwar deswegen nicht, weil hier offensichtlich jede verständliche Supervenienzbasis fehlt. Es ist nicht so, dass die immanente Ausstattung von zwei Tropen die Ähnlichkeitsrelation zwischen ihnen automatisch generiert. Es ist vielmehr diese Ähnlichkeitsrelation selbst, die die Tropen zu dem macht, was sie vom ontologischen Standpunkt her gesehen sind – die ihnen also ihre Naturen erst verleiht. Die Ähnlichkeitsrelation zwischen zwei Tropen ist also keine interne Relation, es ist aber ebenso klar, dass sie nicht als eine externe Relation betrachtet werden kann. Für eine externe Relation soll doch gelten, dass sie entfallen kann, auch wenn ihre Glieder in ihren monadischen Bestimmungen genau gleich bleiben. Im Fall von zwei ähnlichen Tropen ist das jedoch klarerweise nicht der Fall. Da es die relevanten Ähnlichkeitsrelationen sind, die einen Tropus zu dem machen, was er ist, würde er sich natürlich beim Entfallen von solchen Relationen in seiner Natur beträchtlich verändern müssen. Die Ähnlichkeitsrelation zwischen Tropen ist also auf jeden Fall nicht extern, jedoch nicht deswegen, weil sie auf den monadischen Naturen der entsprechenden Tropen superveniert, sondern deswegen, weil sie einen Tropus erst zu dem macht, was er in seiner eigenen Natur ist. Man kann es auch so fassen, dass ein Tropus eine wesentlich relationale Entität ist. Die Ähnlichkeitsrelationen zu den anderen Tropen sind für seine immanente Natur absolut konstitutiv. Ganz ähnlich sieht es mit der Relation REPR aus, die zwischen einem semantisch einfachen Inhalt und einem ontologisch einfachen Gegenstand bestehen soll. Wie gesagt, liegt es nahe, sie als intern zu interpretieren. Es ist doch der ganze Witz der Theorie des psychischen Inhalts, dass uns ein solcher Inhalt sagen soll, welcher Gegenstand intendiert wird, und der Gegenstand soll seinerseits aufgrund seiner Bestimmungen „ausgewählt“ werden. Wenn wir aber nach der Supervenienzbasis dieser Relation fragen, dann geraten wir in ähnliche Schwierigkeiten wie im Fall der Ähnlichkeitsrelation zwischen zwei Tropen. Der intendierte Gegenstand (nennen wir ihn g ist einfach. Er ist also nicht etwas, das Eigenschaften oder „eine Natur“ hat. Er ist vielmehr so etwas wie eine einfache Natur selbst. Der entsprechende mentale
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Inhalt (nennen wir ihn i ist vom semantischen Standpunkt her gesehen ebenfalls einfach. Das heißt, dass er seinen Gegenstand nicht durch eine Beschreibung (was im Fall eines einfachen Gegenstands ja auch unmöglich wäre), sondern durch eine direkte Zuordnung repräsentiert. Könnte diese Zuordnung auf den Naturen von g und i supervenieren? Es scheint, dass es nur zwei Weisen gibt, wie das zustande kommen könnte. (i) Die erste Möglichkeit wäre, dass der mentale Inhalt i mit dem Gegenstand g einfach identisch ist. In diesem Fall ist die involvierte Repräsentationsrelation einfach die Identitätsrelation, und es ist nicht unplausibel, dass eine solche Relation auf jedem Gegenstand superveniert. (ii) Eine andere Möglichkeit wäre, dass der mentale Inhalt i von vornherein als ein Repräsentant von g bestimmt wird. In diesem Fall würde die Relation REPR zwischen i und g bloß dadurch generiert, weil i „an sich“ als ein Repräsentant von g bestimmt wird. REPR würde dann schon aufgrund der Natur eines ihrer Glieder ins Leben gerufen und wäre somit intern sogar im Sinne Bradleys.18 (iii) Wenn wir keinem der Vorschläge (i) und (ii) folgen wollen, dann müssen wir annehmen, dass die Relation REPR nicht auf den absoluten Naturen von i und g superveniert. Sie ist dann ein zusätzliches primitives Element, das postuliert werden muss, damit das System funktioniert, und sich nicht auf die monadischen Naturen seiner Glieder reduzieren lässt. Wenn wir jetzt diese drei Möglichkeiten (i), (ii) und (iii) etwas genauer unter die Lupe nehmen, müssen wir feststellen, dass die Relation REPR, die die einfachen mentalen Inhalte mit ihren einfachen Gegenständen
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Das wirft übrigens ein interessantes Licht auf die internen Relationen im Sinne Bradleys. Solche Relationen sollen, wie gesagt, bereits auf einem ihrer Glieder supervenieren. Es sieht aber so aus, als ob dies nur dann funktionieren kann, wenn die betreffende Relation in der Definition dieses Gliedes wesentlich involviert ist und somit als ein primitives Element vorausgesetzt wird, die nicht einmal im Sinne Russells als „intern“ zu bezeichnen wäre. Eine interne Relation im Sinne Bradleys involviert also auf jeden Fall eine Relation, die keine interne Relation im Sinne Russells ist!
meinongs gegenstände und die intentionale beziehung 301 korreliert, auf keinen Fall als im normalen Sinne intern (d.h. supervenient) betrachtet werden kann. Was die Möglichkeit (i) betrifft, so können wir sie ruhig ausschließen. Die mentalen Inhalte sind sicherlich etwas anderes als die involvierten Gegenstände (die doch sehr oft nicht mental sind). Die Annahme (ii) bedeutet nichts anderes, als dass der Inhalt i als Entität definiert wird, die in der Relation REPR zu g steht. Die Relation REPR kehrt hier also als ein primitives Element zurück. Sie in der Weise (ii) wegerklären zu wollen, ist also ein klassisches idem per idem. Es bleibt uns also nur noch der Weg (iii). Die Relation REPR muss als ein primitives, unreduzierbares Element des Systems anerkannt werden. Es wäre aber auch in diesem Fall voreilig, die Relation REPR deshalb als eine externe Relation zu klassifizieren. Denn eine externe Relation kann ja, wie gesagt, entfallen, ohne dass sich ihre Glieder dadurch in ihren monadischen Bestimmungen irgendwie verändern. Bei einem Inhalt-Gegenstand-Paar, das durch die Relation REPR konstituiert wird, ist das natürlich nicht der Fall. Wenn die Relation REPR zwischen i und g entfallen soll, dann muss sich entweder g oder i innerlich so verändern, dass es sich nicht mehr um denselben Gegenstand bzw. denselben Inhalt handelt. Der Grund dafür besteht aber auch hier nicht darin, dass die Relation REPR auf den monadischen Naturen von g und i superveniert, sondern vielmehr darin, dass diese Relation für die innere Natur des Inhalts konstitutiv ist. Man kann es auch so ausdrücken, dass die repräsentierenden (einfachen) Inhalte keine rein monadischen Naturen haben können. Ähnlich wie Tropen sind auch sie wesentlich relationale Entitäten. Jetzt können wir auch sehen, wo die Idee der inneren Zuordnung zwischen einem psychischen Inhalt und dem dazugehörigen Gegenstand ihre Quelle hat. Sie liegt in den zusammengesetzten Inhalten. Wenn nämlich der Mechanismus der Inhaltsrepräsentation im Wesentlichen so funktioniert, wie wir es oben beschrieben haben, dann ist die Repräsentationsrelation zwischen einem zusammengesetzten Inhalt und einem zusammengesetzten Gegenstand in der Tat intern. Sie ist aber intern nur unter einer Voraussetzung, nämlich dass die primitiven Zuordnungen zwischen den einfachen Teilinhalten und einfachen gegenständlichen Elementen bereits vorausgesetzt sind. Ohne diese Zuordnungen repräsentiert der Inhalt schlicht und einfach nichts.
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Wir können das durch das folgende Schema illustrieren: R*(,,
Subjekt
R(a,b,c)
a
REPR
IMM
REPR*
b
REPR
R*
R
REPR
c
Das Subjekt steht in Relation IMM zum zusammengesetzten Inhalt R∗ (,,
meinongs gegenstände und die intentionale beziehung 303 intentionale Beziehung durch die Anwesenheit einer stellvertretenden Entität (eines psychischen Inhalts, eines Frege’schen Sinnes oder einer wie auch immer definierten Entität) erklärt, die die eigentliche Referenzentität lediglich repräsentiert, bleibt uns nämlich die Erklärung der Natur dieser Repräsentation schuldig. Solange wir mit zusammengesetzten Strukturen operieren und die entsprechende Repräsentationszuordnung zwischen ihren einfachen Elementen stillschweigend voraussetzen, scheint zwar alles zu funktionieren; aber sobald wir diese primitive Zuordnung etwas genauer unter die Lupe nehmen, entstehen ernsthafte Zweifel. Wenn wir nämlich nicht annehmen wollen, dass die repräsentierende und die repräsentierte Entität identisch sind (und das wird wahrscheinlich kein Anhänger einer MT akzeptieren, denn dann kollabiert seine Theorie zu einer Objekt-Theorie), dann muss die Repräsentationsrelation REPR als ein unreduzierbares Element des Systems betrachtet werden. Wie gesagt, ist die repräsentierende Entität durch die Relation REPR mitkonstituiert; und hier liegt die eigentliche Schwierigkeit, denn das heißt ja nichts weniger, als dass die repräsentierende Entität, die den Referenzgegenstand für das Subjekt gewissermaßen vertreten soll, gewissermaßen schon „im Voraus“ eine Relation zu diesem Gegenstand involviert. Heißt das aber nicht, dass ein Subjekt den Referenzgegenstand (den Terminus von REPR) ohnehin schon irgendwie „vor Augen“ haben muss, „bevor“ es einen repräsentierenden Inhalt verwenden kann? Und heißt das nicht, dass ein Subjekt bereits über einen unabhängigen Zugang zum Referenzgegenstand verfügen muss, um einen repräsentierenden Inhalt überhaupt „verwenden zu können“? Die Hauptvoraussetzung einer MT ist aber, dass der intentionale Zugang zu einem Gegenstand nur über die vermittelnde Entität erfolgen kann. In diesem Kontext lohnt es sich, noch einmal auf die Entwicklung der Husserl’schen Lehre zu blicken. Wie wir gesehen haben, präsentierte er in seinen Logischen Untersuchungen (1901) eine konsequente MT, in der mentale Inhalte die repräsentierende Rolle spielen. Er führte damals auch keine speziellen Zielentitäten ein, so dass ein untreffender psychischer Akt schlicht und einfach keinen Gegenstand hat. Diese Theorie sieht auf den ersten Blick sehr plausibel und elegant aus, und man kann zunächst schwer verstehen, warum Husserl schon ein paar Jahre später in seinen Vorlesungen über Bedeutungslehre (1908) jedem Akt eine zusätzliche Referenzentität zugeordnet hat, die er damals ontische Bedeutung und später Noema nannte.
304
kapitel 6
Jetzt können wir seine Gründe vielleicht etwas besser verstehen. Gegen die Theorie der Logischen Untersuchungen richten sich nämlich auch die Bedenken, die wir oben angeführt haben. Ein mentaler Inhalt im Sinne Twardowskis ist, wie gesagt, keine völlig monadische Entität. Er ist durch die Repräsentationsrelation auf seinen Referenzgegenstand mitdefiniert, und das heißt, dass immer, wenn ein Subjekt einen solchen Inhalt benutzt, es dadurch auch diesen Referenzgegenstand mit einbezieht. Gemäß der Lehre der Logischen Untersuchungen soll das aber (zumindest im Fall der untreffenden intentionalen Beziehungen) gerade nicht der Fall sein. Wenn es in der Welt keinen Referenzgegenstand gibt, dann endet die intentionale Beziehung gewissermaßen beim Inhalt. Nun scheint es aber so zu sein, dass sie in dieser Weise aus prinzipiellen Gründen nicht enden kann. Das, was dem Subjekt „vor Augen“ steht, ist immer der Referenzgegenstand. Nicht nur der Übergang Husserls zu seiner Theorie des Noemas, sondern auch Twardowskis Einführung der nicht-existierenden Gegenstände sollten vor diesem Hintergrund viel verständlicher sein. Auch bei Twardowski schien es zunächst, als würden sich alle Rätsel der Intentionalität mit dem Begriff des Inhalts erklären lassen, und die zusätzliche Einführung spezieller Gegenstände wäre eine reine ontologische Verschwendung. Jetzt zeigt sich aber, dass man einen Referenzgegenstand auch dann braucht, wenn der mentale Inhalt schon da ist. Der Gedanke, dass man im Rahmen einer Intentionalitätstheorie auf jeden Fall einen Gegenstand braucht, der als Referenzentität fungiert, war übrigens der Grundstein der Lehre Brentanos. Seine Theorie der immanenten Gegenstände, die wir im ersten Kapitel besprochen haben, ist natürlich ein klares Beispiel dafür. Aber auch seine späte Intentionalitätstheorie, die keine speziellen immanenten Entitäten einführt, versucht weiterhin, dem Gedanken Rechnung zu tragen, dass jeder psychische Akt seinen Gegenstand haben soll. Brentano geht dabei sogar so weit, dass er deswegen ontologisch sehr problematische, unreduzierbar nichtextensionale Relationen in Kauf nimmt, bei denen eines der Glieder nicht zu existieren braucht.19
19
Vgl. dazu Chrudzimski 2001a, S. 233–242. Wir können dieses Thema hier nicht weiter entwickeln.
meinongs gegenstände und die intentionale beziehung 305 Der Fall Brentanos ist übrigens ein guter Anlass, um zu einem Punkt zurückzukehren, den wir schon ein paar Mal angesprochen haben. Wir haben gesagt, dass es im Licht unserer Analyse verständlich wird, warum sich manche Philosophen, die mentale Inhalte eingeführt haben, doch gezwungen fühlten, zusätzlich noch spezielle Referenzentitäten einzuführen. Eine andere Frage ist, ob man mentale Inhalte überhaupt einführen muss, wenn man schon die speziellen Referenzentitäten hat. Brentano hat diese Frage entschieden verneint, und wir sind geneigt, in diesem Punkt seiner Position zu folgen. Wenn es richtig ist, dass ein Referenzgegenstand „vor den geistigen Augen“ des sich intentional beziehenden Subjekts stehen muss, und wenn ein vermittelnder Inhalt nur gewissermaßen auf dem Umweg über seinen Gegenstand definiert und „benutzt“ werden kann, dann scheint ein solcher Inhalt wirklich überflüssig zu sein. Wenn wir bereit sind, für jeden psychischen Akt entweder einen speziellen geistabhängigen (Brentano) oder einen außerseienden Gegenstand (Meinong) einzuführen, dann können wir auch die Relation zwischen dem Subjekt und einem solchen Gegenstand als eine nicht vermittelte, externe Relation interpretieren.
KAPITEL 7
MEINONG’SCHE „KONSTITUTIONSSYSTEME“
In diesem Kapitel versuchen wir, in die Gegenstandstheorie Meinongs ein wenig Ordnung zu bringen. Wir haben gesehen, dass Meinong auf keinen Fall als „sparsamer Ontologe“ bezeichnet werden darf, und die Leichtigkeit, mit der er in seiner späteren Periode immer neue Gegenstände eingeführt hat, hat manchen zu dem Schluss gebracht, dass man in der Meinong-Schule Entitäten aufgrund der zufälligsten Züge der Oberflächengrammatik der Umgangssprache ohne Bedenken erfindet.1 Das ist auch der Grund, warum man in Meinongs Philosophie lange Zeit geradezu das Paradigma eines ungepflegten ontologischen Dschungels gesehen hat. Die Gegenstände, die Meinong eingeführt hat, stehen jedoch zueinander in diversen Beziehungen, so dass man versuchen kann, einige Kategorien als „primitiv“ und die anderen als im Prinzip „konstruierbar“ zu betrachten, um am Ende so etwas wie ein Meinong’sches Konstitutionssystem zu erhalten. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass bei Meinong sowohl die primitiven als auch die konstruierbaren Gegenstände genau denselben Status des Außerseins genießen. In unserer Rekonstruktion werden wir die explizit widersprüchlichen Gegenstände, von denen Meinong oft zu sprechen scheint, zunächst beiseite lassen. Dieses Problem wird in den letzten Abschnitten dieses Kapitels separat behandelt.
1
So schreibt z.B. Ehrenfels: „Dagegen die Richtung der Meinong-Schule, welche fast alljährlich mit der Annahme eines neuen Grundelements auf den Plan rückte und hierbei – wie die Anhänger Brentanos behaupteten und ich (trotz größter persönlicher Sympathien mit dem Kreis der Grazer Philosophen und voran mit ihrem Führer) nicht zu bestreiten vermochte – immer mehr in das Fahrwasser der für seriöse Philosophie wohl gefährlichsten aller Bahnleitungen geriet, die Mannigfaltigkeit sprachlicher Bilder ohne weiteres in die Annahmen ontologischer Grundelemente zu übersetzen.“, Ehrenfels 1922, S. 156.
307
308
kapitel 7 1. Eine Meinong’sche Ontologie der möglichen Welten
Unter den Entitäten, die beim späten Meinong eine prominente Rolle spielen, gibt es auf jeden Fall Objektive, und unter ihnen gibt es natürlich auch die maximal-widerspruchsfreien Objektive, die den möglichen Welten der zeitgenössischen Modalsemantik entsprechen. Man kann also versuchen, diese maximal widerspruchsfreien Objektive als die primitiven Elemente des Systems zu betrachten und die ganze Gegenstandstheorie Meinongs als eine Art der Ontologie der möglichen Welten zu interpretieren. Die Semantik der möglichen Welten wurde bekanntlich entwickelt, um die logischen Anomalien der modalen Kontexte in den Griff zu bekommen. Diese Kontexte, die durch die Operatoren „Es ist möglich / notwendig, dass “ (♦/2) eingeleitet werden, sind nachweisbar nichtextensional. Syntaktisch verhalten sich die modalen Operatoren wie die Negation (¬). Sie sind Satzoperatoren und gehören also zur Kategorie (s/s), was bedeutet, dass sie in Verbindung mit einem Satz einen neuen Satz bilden. Während aber für die Negation eine einfache semantische Tafel gilt: p
¬p
T
F
F
T
bekommen wir für die modalen Operatoren eine Tafel, in der gewisse Positionen unbestimmt bleiben: p
p
p
T
T
?
F
?
F
Wir haben hier zwei unbestimmte Werte. Was aktuell ist, ist auch möglich, und was nicht-aktuell ist, ist natürlich auch nicht notwendig. Nicht alles jedoch, was nicht-aktuell ist, ist schon deshalb unmöglich, und nicht alles, was aktuell ist, ist eo ipso notwendig. Für die Semantik der
meinong’sche „konstitutionssysteme“
309
modalen Kontexte brauchen wir also semantische Werte, die wesentlich feinkörniger sind als die Frege’schen das Wahre und das Falsche. Die Standardprozedur, die man hier anwendet, ist der Übergang zur Semantik der möglichen Welten. Gemäß dieser Auffassung werden den Sätzen als semantische Korrelate nicht länger einfach Wahrheitswerte zugeordnet. Jedem Satz entspricht jetzt eine Funktion, die die möglichen Welten in die Wahrheitswerte abbildet. Im Rahmen der Standardsemantik für extensionale Kontexte, die sich auf die aktuelle Welt beschränkt, können die Sätze als 0-stellige Prädikate betrachtet werden. Im Rahmen einer Semantik der möglichen Welten werden sie hingegen zu 1-stelligen Prädikaten.2 Im Rahmen einer Semantik der möglichen Welten führt man also die Menge von möglichen Welten W ein und legt Folgendes fest: (i) Ein nicht modalisierter Satz ist genau dann wahr, wenn er für ein ausgezeichnetes Element von W (für die Welt w∗ , die intuitiv als die aktuelle Welt zu verstehen ist) den Wahrheitswert wahr annimmt; (ii) ein Satz der Form „♦p“ ist genau dann wahr, wenn es zumindest ein Element von W gibt, für das der Satz p den Wahrheitswert wahr annimmt; und (iii) ein Satz der Form „2p“ ist genau dann wahr, wenn der Satz „p“ für alle Elemente von W den Wahrheitswert wahr annimmt. In den entgegengesetzten Fällen sind die entsprechenden Sätze falsch. Man kann das auch so verstehen, dass die Semantik der möglichen Welten die folgende „Extensionalisierung“ des modalen Diskurses vorschlägt:
2
Der modale Diskurs
Der „extensionalisierte“ modale Diskurs
p
p(w*)
p
w[p(w)]
p
w[p(w)]
Jedes n-stellige Prädikat wird dadurch zu einem n + 1-stelligen Prädikat.
310
kapitel 7
Wie wir sehen, werden die Sätze im Rahmen einer Semantik der möglichen Welten gewissermaßen zu 1-stelligen Prädikaten, und ihre semantischen Werte sind dementsprechend Funktionen. Da wir es aber in diesem Fall mit Funktionen zu tun haben, die nur zwei Werte zuordnen (wahr und falsch), reicht es, wenn die semantischen Werte von Sätzen als die entsprechenden Mengen interpretiert werden, und zwar als die Mengen von denjenigen Argumenten, für die der jeweilige Satz den Wert wahr erhält. Auf diese Weise gelangen wir zur üblichen Auffassung, nach der die semantischen Werte mit den Mengen von möglichen Welten identifiziert werden. Dies entspricht übrigens genau der Weise, in der die Standardsemantik für die Prädikatenlogik erster Stufe entwickelt wird. Auch hier sind die semantischen Werte eigentlich Funktionen. Nur die Tatsache, dass nur zwei Fälle als ihre Werte zugelassen werden – ein Prädikat wird durch einen Gegenstand (bzw. durch ein geordnetes n-Tupel von Gegenständen) entweder erfüllt oder nicht erfüllt –, macht es möglich, die semantischen Werte von Prädikaten einfach als die entsprechenden Mengen zu interpretieren, und zwar standardmäßig als die Mengen von denjenigen Gegenständen (bzw. von denjenigen geordneten n-Tupeln von Gegenständen), die die entsprechenden Prädikate erfüllen. Wir sehen jetzt auch deutlicher, warum man die Semantik der möglichen Welten als eine „Extensionalisierung“ der modalen Kontexte betrachten kann. Im Rahmen einer Semantik der möglichen Welten erhalten wir also folgendes Bild: (1) Wir haben eine Domäne von möglichen Welten W mit dem ausgezeichneten Element w∗ . (2) Mit jedem Satz wird als sein Wahrheitswert eine entsprechende Untermenge von W korreliert (intuitiv: die Menge derjenigen Welten, in denen der Satz wahr ist). Für den Grenzfall eines Satzes, der eine komplette mögliche Welt beschreibt, wird es eine Einermenge sein. In dieser Weise werden also alle Sachverhalte (Objektive), die intuitiv gesehen lediglich „Teile“ einer kompletten möglichen Welt bilden, als mengentheoretische Konstruktionen aus möglichen Welten uminterpretiert. Das Meinong’sche Konstitutionssystem, das wir erhalten, enthält also als primitive Elemente die Domäne der möglichen Welten W mit dem ausgezeichneten Element w∗ . Die Sachverhalte (Objektive) werden als Mengen der Elemente von W konstruiert. Wie wir gesehen haben, werden die konkreten Individuen beim späten Meinong im Grunde
meinong’sche „konstitutionssysteme“
311
als Objektive interpretiert. Sie können also ebenfalls als Mengen von möglichen Welten betrachtet werden. Bei Meinong gibt es allerdings noch ein Paar Besonderheiten, die erwähnt werden müssen. Erstens finden wir bei ihm die einfachen Objekte der Form „[F]“. Gibt es einen Weg, auch sie als mengentheoretische Konstruktionen aus den möglichen Welten zu interpretieren? Es scheint, dass man das zumindest annährend erreichen kann. Wir erinnern uns, dass es bei Meinong zwei Formen gibt, in denen eine Eigenschaft auftreten kann. Einerseits haben wir die Form „[F]“. In dieser Form ist die Eigenschaft als ein absolut einfaches Objekt zu interpretieren, das in dieser Form mit keinem anderen Objekt kombiniert werden kann. Die Eigenschaften der Form „[F]“ sind somit definitiv unprädizierbar. Um eine prädizierbare Eigenschaft zu bekommen, muss ein solches einfaches Objekt gewissermaßen in ein Objektiv eingebettet werden, nämlich in ein Objektiv der Form „∃xExF x“, das bei Meinong der Frege’schen Form „∃xFx“ entspricht. Die Meinong’schen einfachen Objekte der Form „[F]“ werden also mit den atomaren Sachverhalten der Form „∃xFx“ ein-eindeutig korreliert, und man kann versuchen, im Rahmen einer Meinong’schen Ontologie der möglichen Welten auf die Entitäten der Form „[F]“ zugunsten der Entitäten der Form „∃xFx“ einfach zu verzichten. Das ist zweifellos eine gewisse Abweichung von der Lehre Meinongs; wir erachten sie aber nicht als gravierend, denn es ist höchst fraglich, ob wir wirklich die beiden Eigenschaftsformen (eine prädizierbare und eine unprädizierbare) benötigen. Der zweite Punkt betrifft die Meinong’sche Auffassung der Modalitäten „Es ist möglich / notwendig, dass“ (♦/). Wie wir gesehen haben, betrachtet er die Notwendigkeit als primitive modale Bestimmung von Objektiven, die sich nicht reduzieren lässt. Im System, das wir gerade vorschlagen, ist dies nicht der Fall. Als notwendig sind diejenigen Objektive definiert, die in allen möglichen Welten vorkommen (denen also die Menge von allen möglichen Welten entspricht), und was primitiv ist, ist die festgelegte Menge der möglichen Welten. Zum Schluss müssen wir noch etwas über das Verhältnis des Implektiertseins sagen. Wie wir uns erinnern, definierte Meinong zunächst ein wahres Urteil als ein solches, dessen Objektiv besteht; später behauptete er aber, dass nur vollständige Objektive bestehen können. Urteile, denen
312
kapitel 7
unvollständige Objektive entsprechen – und das sind ja alle Urteile, die von einem endlichen Subjekt vollzogen werden können –, können unter dieser Voraussetzung nur auf einem Umweg über das Verhältnis des Implektiertseins wahr sein. Ein Urteil ist genau dann wahr, wenn sein Objektiv in einem bestehenden Objektiv implektiert ist. Wie ist aber das Verhältnis des Implektiertseins im Rahmen der Auffassung, die wir hier präsentieren, zu definieren? Da alle Objektive als Mengen von möglichen Welten definiert sind, ist Objektiv a im Objektiv b genau dann implektiert, wenn b eine Untermenge von a ist, wobei natürlich die Identität von a und b nicht ausgeschlossen ist. a is implektiert in b = Df b ⊂ a (Damit diese Definition uneingeschränkt funktioniert, müssen natürlich die Objektive, die den vollständigen möglichen Welten entsprechen, als entsprechende Einermengen interpretiert werden.) Da es nur ein einziges bestehendes Objektiv (die aktuelle Welt w∗ ) gibt, können wir sagen, dass ein Urteil mit dem Objektiv x genau dann wahr ist, wenn w∗ ⊂ x. Das heißt natürlich, dass die aktuelle Welt ein Element der x-Menge bilden muss (w∗ ∈ x), was der üblichen Definition im Rahmen der Ontologie der möglichen Welten entspricht. 2. Eine Meinong’sche Sachverhaltsontologie Das oben skizzierte System scheint kohärent und elegant zu sein. Es gibt aber ein paar Punkte, die es als Rekonstruktion der Meinong’schen Gegenstandstheorie in Frage stellen. Der erste Punkt betrifft das Postulat der epistemischen Transparenz, das wir in diesem Buch schon mehrmals angesprochen haben. Wenn ein Objektiv vom gegenstandstheoretischen Standpunkt her betrachtet wirklich als eine Menge von möglichen Welten zu interpretieren wäre, dann müsste auch jede intentionale Beziehung darin bestehen, dass sich das betreffende Subjekt auf eine solche Menge bezieht. In Kapitel 6 haben wir aber darauf hingewiesen, dass es sehr schwer zu verstehen ist, wie eine solche Menge von möglichen Welten für das entsprechende Subjekt im geforderten Sinn epistemisch transparent sein könnte, es sei denn, sie wird von vornherein als die Menge der Welten definiert, die ein bestimmtes Objektiv enthalten. In diesem
meinong’sche „konstitutionssysteme“
313
Fall darf man aber keineswegs sagen, dass die Objektive als Mengen von möglichen Welten definiert werden, denn sie wurden vielmehr als Mittel der Konstruktion der entsprechenden Mengen vorausgesetzt. Diese Beobachtung führt uns zu einer Auffassung, nach der eher die atomaren Objektive als primitiv betrachtet werden sollten, die zusammengesetzten Objektive (und darunter auch die „maximal“ zusammengesetzten Objektive – die möglichen Welten) hingegen als Mengen von solchen atomaren Objektiven interpretiert werden sollten. Der zweite kritische Punkt der Meinong’schen Ontologie der möglichen Welten betrifft das bekannte Problem, das im Rahmen einer solchen Ontologie im Zusammenhang mit dem Begriff der logischen Notwendigkeit und der logischen Äquivalenz auftritt. Der semantische Wert eines Satzes (d.h. das, was einem Sachverhalt, einem Objektiv bzw. einer Proposition entspricht) ist im Rahmen der weltentheoretischen Auffassung die Menge von denjenigen Welten, in denen der betreffende Satz wahr ist. Für alle logisch äquivalenten Sätze wird es aber genau dieselbe Menge sein, und so bekommen wir die Konsequenz, dass allen logisch äquivalenten Sätzen derselbe semantische Wert entspricht, was bedeutet, dass sie alle dieselbe Bedeutung haben. In einer extremen Form tritt dieses Problem im Fall der notwendig wahren Sätze auf. Alle solche Sätze sind natürlich in allen möglichen Welten wahr. Das scheint aber nach sich zu ziehen, dass sie alle dieselbe Bedeutung haben! Auf diese Schwierigkeiten kann man unterschiedlich reagieren. Es gibt viele Philosophen, die die Begriffe der notwendigen Wahrheit und notwendigen Äquivalenz als derart technisch erachten, dass sie bereit sind, die Konsequenz, dass alle logisch äquivalenten Propositionen zu einer einzigen Proposition kollabieren, in Kauf zu nehmen. Es gibt aber auch viele, die diese Konsequenz doch zu kontraintuitiv finden. Sie werden ebenfalls zur Auffassung neigen, die die Erklärungsmuster umkehrt und eher die möglichen Welten als mengentheoretische Konstruktionen aus den atomaren Objektiven sieht. Nach dieser Auffassung sind die Grundentitäten des Systems die atomaren Objektive. Andere Objektive werden als mengentheoretische Konstruktionen aus den atomaren Objektiven interpretiert. Im Besonderen ist jede mögliche Welt eine maximal widerspruchsfreie Menge von atomaren Objektiven. Maximalität und Widerspruchsfreiheit sind
314
kapitel 7
hier so zu verstehen, dass eine Welt-Menge für jedes atomare Objektiv p entweder p oder seine Negation, nicht aber beides enthält. Dazu muss noch eine primitive Aufteilung der atomaren Objektive kommen, die die Rolle der ausgezeichneten Welt w∗ aus dem vorigen System übernimmt. Das entspricht der ursprünglichen Auffassung Meinongs, nach der die atomaren Objektive einfach in die bestehenden und nicht-bestehenden aufgeteilt werden. Nach der gegenwärtigen Auffassung ist also der Satz „p“ genau dann wahr, wenn „sein“ Objektiv (d.h. das Objektiv, das dem Satz „p“ als semantischer Wert zugeordnet wird) zur Menge der bestehenden Objektive gehört. Es ist ohnehin klar, dass die aktuelle Welt w∗ genau als die Menge aller bestehenden Objektive definiert wird (w∗ = Df p p besteht ). Nach der Semantik der möglichen Welten aus dem vorigen Abschnitt war es umgekehrt: Der Satz „p“ war genau dann wahr, wenn w∗ zur Menge gehörte, die den semantischen Wert von „p“ bildete. Dem Gedanken des späten Meinong, dass nur vollständige Objektive bestehen können, können wir im Rahmen des gegenwärtigen Systems nicht Rechnung tragen. Wenn wir die aktuelle Welt w∗ als die Menge aller bestehenden Objektive definieren, dann können wir natürlich nicht zugleich sagen, dass erst eine komplette Welt bestehen kann. Wir können höchstens eine ziemlich künstliche Lösung einführen, die die unvollständigen Objektive, die zur Welt w∗ gehören, „noch nicht als bestehend“ (sondern etwa als „quasi-bestehend“) bezeichnet und erst der Menge aller quasibestehenden Objektive den Status des „wahren“ Bestehens zumisst. Wir können dann auch sagen, dass ein Objektiv genau dann quasi-besteht, wenn es in einem bestehenden Objektiv implektiert wird, wobei das Verhältnis des Implektiertseins diesmal folgendermaßen definiert wird: a ist implektiert in b = Df a ⊂ b (Damit diese Definition funktioniert, muss man natürlich die atomaren Objektive als die entsprechenden Einermengen interpretieren.) Man muss aber sagen, dass uns eine solche Unterscheidung zwischen dem Bestand und dem Quasi-Bestand sehr wenig bringt. Was weiterhin bleibt, ist nämlich ein besonderer Status, der schon auf der Stufe der atomaren Objektive auftritt. Ob wir ihn „Bestand“ oder irgendwie anders (z.B. „Quasi-Bestand“) nennen, ist eine rein verbale Entscheidung. Meinongs einfache Elemente der Form „[F]“ können, wie es scheint, auch hier als Objektive der Form „∃xFx“ uminterpretiert werden. Was
meinong’sche „konstitutionssysteme“
315
aber den Begriff der Notwendigkeit betrifft, so scheint es, dass seine Explikation im Rahmen des gegenwärtigen Systems den Formulierungen Meinongs viel näher liegen könnte. Die möglichen Welten sind nämlich nicht länger primitiv, sondern als bestimmte Mengen von atomaren Objektiven konstruierbar. Diese Konstruktion verläuft nach gewissen Prinzipien (z.B., dass eine mögliche Welt nicht zugleich p und ¬p enthalten darf), und man könnte annehmen, dass diese Prinzipien in gewissen Objektiven kodifiziert werden, die primitiv als „notwendig“ markiert sind. (Alle solche notwendigen Objektive wären natürlich in jeder möglichen Welt enthalten.) Die modale Bestimmung „notwendig“ könnte dann als eine primitive (nicht definierbare) Bestimmung eines Objektivs betrachtet werden, genauso wie es Meinong wollte. 3. Die Form der atomaren Objektive Im Kontext unserer Rekonstruktion der Meinong’schen Lehre müssen wir allerdings auf einen wichtigen Punkt aufmerksam machen. Wir haben gesehen, dass sich seine Intentionalitätstheorie vollständig im Russell’schen deskriptionstheoretischen Schema bewegt. Genauer gesagt geht Meinong sogar einen Schritt weiter als Russell und nähert sich in dieser Hinsicht der Position Quines. Wie wir uns erinnern, war es das Ziel der Russell’schen Theorie der Kennzeichnungen (Russell 1905a), die Meinong’schen Gegenstände als überflüssig zu diskreditieren. Die Aussagen, die Meinong als Beispiele nennt, wie z.B. (1)
Der goldene Berg ist aus Gold
seien nach Russell irreführend. Sie hätten die oberflächengrammatische Form einer Prädikation, in der man eine Eigenschaft von einem nichtexistierenden Gegenstand aussagt. Ihre logische Form sehe aber ganz anders aus. Der Satz (1) sollte beispielsweise folgendermaßen übersetzt werden: (2)
∃xBx ∧ Gx ∧ ∀yBy ∧ Gy ⊃ y = x ∧ Gx
wobei die Prädikate „B“ und „G“ als „ist ein Berg“ und „ist aus Gold“ zu lesen sind. Da die intendierte Bedeutung des Russell’schen ExistenzQuantors unserem „normalen“ Existenzbegriff entsprechen soll, erweist
316
kapitel 7
sich der Satz, den Meinong für wahr gehalten hatte, nach der Russell’schen Übersetzung als falsch. Und das ist, behauptet Russell, die einfachste Weise, in der man mit den nicht-referierenden singulären Termen umgehen kann. Sie sind nur angebliche Terme, da ihre logische Form nur Prädikate und quantifizierte Variablen enthält, wobei die Kombination dieser Prädikate durch keinen Gegenstand erfüllt ist. Quine geht noch einen Schritt weiter. Wenn wir die entsprechenden Sätze gemäß den Russell’schen Richtlinien wirklich vollständig analysieren, dann sehen wir, behauptet er, dass wir gar keine Eigennamen brauchen. Jeder Eigenname kann nämlich nach Quine in ein entsprechendes Prädikat umgewandelt werden. Der Satz (3)
Sokrates denkt
wird beispielsweise zum Satz (4)
∃xsokratisiert ∧ ∀yy sokratisiert ⊃ y = x ∧ x denkt
und der Satz (5)
Pegasus fliegt
soll als (6)
∃xx pegasiert ∧ ∀yy pegasiert ⊃ y = x ∧ x fliegt
gelesen werden. Wir sehen, dass die Quinesche Lesart ziemlich genau dem entspricht, was uns der späte Meinong vorschlägt. Er sagt ebenfalls, dass jede intentionale Beziehung auf ein konkretes Individuum nur durch eine Kombination von Prädikaten erfolgen kann, die auf dieses Individuum zutreffen. Auch bei Meinong gibt es also keine genuinen Eigennamen. Es ist sicherlich eine Ironie der Geschichte, dass das Instrumentarium, das Russell und Quine in einer explizit antimeinongschen Absicht entwickelten, zugleich auch von Meinong angewendet wurde. Es gibt aber einen grundlegenden Unterschied zwischen der Meinong’schen und der Russell-Quine’schen Position, der diese Kontroverse ein wenig erklärt.
meinong’sche „konstitutionssysteme“
317
Bekanntermaßen hat Quine alle Prädikate als ontologisch belanglos betrachtet. Die einzige syntaktische Position, die etwas über die involvierte Ontologie besagt, ist eine nominale Position; und da Quine alle singulären Terme durch quantifizierte Variablen ersetzt, bilden diese Variablen den einzigen Maßstab, an dem man die ontologischen Verpflichtungen der jeweiligen Theorie messen kann. Das ist der Hintergrund von Quines Slogan, dass Existieren nichts anderes heißt als ein Wert einer quantifizierten Variable Sein. Was Russell betrifft, so ist die Sache bei ihm ein wenig komplizierter. Zweifellos hatte er eine starke Neigung, platonische Universalia als semantische Werte der Prädikate zu stipulieren. Gemäß dieser Auffassung darf man natürlich auf keinen Fall sagen, dass die Prädikate ontologisch belanglos sind, denn jedem Prädikat (einer entsprechend analysierten Sprache) entspricht jetzt eine ewige platonische Entität. Was aber wichtig ist, ist die Tatsache, dass solche Universalien im Vergleich zu den konkreten Individuen oft einen ziemlich speziellen theoretischen Status genießen. Viele Philosophen, die solche Universalien einführen, betrachten sie nämlich (merkwürdigerweise) als „nicht so wichtig“ wie konkrete Individuen. Universalien „gebe es“ zwar, sie seien jedoch „bloß abstrakt“ (was hier heißen soll, dass sie nicht raumzeitlich lokalisiert sind – die weit verbreitete Verwendung des Wortes „abstrakt“, die wir in diesem Buch konsequent vermeiden). Aus der so verstandenen „Abstraktheit“ soll dann folgen, dass man derartige Entitäten für semantische Zwecke ontologisch „fast harmlos“ postulieren darf. Worum es „wirklich gehe“, das seien doch die konkreten (d.h. raumzeitlich lokalisierten) Individuen, von denen die Naturwissenschaften handeln. Es scheint, dass auch Russell (zumindest zur Zeit als er den Aufsatz „On Denoting“ schrieb) mit dieser Auffassung sympathisierte. Nur dadurch wäre ja zu erklären, dass er seine Deskriptionstheorie als eine Lösung des Meinong’schen Problems betrachten konnte. Dass die semantischen Werte der involvierten Prädikate von vornherein als „ontologisch weniger anstößig“ als die entsprechenden Werte für die singulären Terme betrachtet werden, war eine wichtige Voraussetzung seiner Analyse. Bei Meinong sieht die ganze Sache natürlich völlig anders aus. Als semantische Werte der Prädikate werden die prädizierbaren Eigenschaften angenommen, die bei Meinong, wie wir wissen, die Form „∃xExF x“ (d.h. „∃xFx“) haben. Den gegenstandstheoretischen Kern solcher Eigen-
318
kapitel 7
schaften bilden die einfachen Objekte (die nicht-prädizierbaren, vorstellbaren Eigenschaften) der Form „[F]“. Weder die einfachen Objekte noch die einfachsten Objektive sind nun vom gegenstandstheoretischen Standpunkt aus gesehen belanglos. Ganz im Gegenteil, was die ontologischen Verpflichtungen angeht, werden sie von Meinong auf genau dieselbe Stufe gestellt wie die konkreten Individuen (die übrigens, wie wir wissen, in ihren tieferen Strukturen ebenfalls Objektive sind). Dass Meinong die Russell-Quine’sche Übersetzung im Grunde akzeptiert, führt bei ihm also nicht zur Auffassung, die der syntaktischen Position der quantifizierten Variable irgendeine vom ontologischen (oder genauer gesagt: gegenstandstheoretischen) Standpunkt her privilegierte Stellung zumisst. Sowohl die semantischen Werte der quantifizierten Variablen als auch die semantischen Werte der Prädikate und der Symbole der Form „[F]“ genießen zunächst genau denselben gegenstandstheoretischen Status: den des Außerseins. Eine für unsere Rekonstruktion wichtige Konsequenz betrifft allerdings die syntaktische Form der atomaren Sätze und die gegenstandstheoretische Form der atomaren Objektive. Die atomaren Sätze der Form (7)
Fn a1 a2 an
wobei das Symbol „Fn “ für ein n-stelliges Prädikat und die Symbole „a1 “, ,,a2 “ ,,an “ für n Individuenkonstanten stehen, gibt es nämlich in einer nach den Richtlinien des späten Meinong rekonstruierten Sprache schlicht und einfach nicht, und zwar deshalb, weil es in einer solchen Sprache überhaupt keine Individuenkonstanten gibt. Ein atomarer Satz der Form (8)
Fa
nimmt bei Meinong die Form (9)
∃xAx ∧ Fx
an, wobei das Prädikat „A“ soviel wie „ist (ein) a“ bedeutet und so in seiner Rolle dem Quine’schen „sokratisiert“ oder „pegasiert“ entspricht.
meinong’sche „konstitutionssysteme“
319
Hier sehen wir übrigens einen weiteren wichtigen Punkt, der die Position Meinongs von der Russell-Quine’schen Auffassung unterscheidet. Wenn wir uns die Übersetzung Quines noch einmal vor Augen halten: (6)
∃xx pegasiert ∧ ∀yy pegasiert ⊃ y = x ∧ x fliegt
bemerken wir, dass es dort eine wichtige Einzigkeitsbedingung „∀yy pegasiert ⊃ y=x“ gibt. Sie besagt, dass es nur einen einzigen Gegenstand geben kann, der pegasiert, und wir finden das auch in Ordnung, denn der paraphrasierte Term „Pegasus“ soll ja ein singulärer Term sein. Bei Meinong ist dem aber anders. Wir finden bei ihm keine solche Einzigkeisbedingung, und wir wissen, dass auch das in Ordnung ist. Eine solche Bedingung wäre prinzipiell unerfüllbar, denn im Meinong’schen Außerseinsbereich gibt es für jede Kombination von Prädikaten garantiert mehrere Gegenstände, die sie erfüllen. Man kann es auch so fassen, dass es in einer Meinong’schen Sprache streng genommen keine singulären Terme (und zwar nicht einmal paraphrasierte singuläre Terme!) gibt. Genauer gesagt gibt es bei Meinong zwei Fälle, in denen die Einzigkeitsbedingung erfüllt sein könnte. Der erste Fall betrifft die Situationen, in denen der Referenzbereich von vornherein auf die existierenden Gegenstände eingeschränkt wird. Dies ist bei Meinong dann der Fall, wenn nicht bloß ein Soseinsmeinen, sondern ein Seinsmeinen im Spiel ist. In diesem Fall haben wir die folgende Form: (10)
∃xAx ∧ Fx ∧ E!x
und der ganze semantische Apparat funktioniert hier ähnlich wie bei Russell. Existiert kein Gegenstand, auf den zugleich die Prädikate „A“ und „F“ zutreffen, dann ist (10) falsch. Bei einem Soseinsmeinen, das seine semantischen Werte im ganzen Bereich des Außerseins sucht, finden wir natürlich immer einen Gegenstand – und normalerweise sogar mehrere Gegenstände –, die zugleich A und F sind. Innerhalb des Bereichs des Existierenden ist es wohl auch möglich, dass es nur einen einzigen Gegenstand gibt, der zugleich A und F ist.
320
kapitel 7
Eine entsprechende Einzigkeitsklausel ist also nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Form (11)
∃xAx ∧ ∀yAy ⊃ y = x ∧ Fx ∧ E!x
scheint also sinnvoll zu sein. Das Problem besteht jedoch darin, dass es nach Meinong nicht nur Urteile, sondern auch Annahmen gibt und dass sich diese zwei Gruppen von Phänomenen nicht durch ihren Inhalt, sondern vielmehr durch den psychischen Modus, in dem sie vollzogen werden, unterscheiden sollen. Ist also die Form, in der eine Einzigkeitsbedingung „∀yAy ⊃ y = x“ auftritt, als die Form einer Annahme unzulässig, soll sie ebenfalls als die Form eines Urteils disqualifiziert werden. Und als die Form einer Annahme ist eine solche Form zweifelsohne unzulässig. Ein wichtiges Prinzip der Meinong’schen Gegenstandstheorie ist nämlich das Prinzip der Annahmefreiheit. Es besagt, dass man für jede Annahme im Bereich des Außerseins ein geeignetes Objektiv finden kann. Wäre nun die Einzigkeitsbedingung ein zulässiger Bestandteil eines Urteils, könnten wir sie auch in einer Annahme verwenden und den Inhalt (11) annehmen. In diesem Fall würde aber das Prinzip scheitern, denn die Einzigkeitsbedingung „∀yAy ⊃ y=x“ ist, wie gesagt, im Bereich des Außerseins garantiert nicht erfüllt. Für die Russell’sche Einzigkeitsbedingung kann es also im Rahmen der Meinong’schen Gegenstandstheorie keine Entsprechung geben. Ein Ausweg aus dieser Situation könnte höchstens darin bestehen, die Einzigkeitsbedingung als eine außerkonstitutorische Bestimmung zu betrachten, d.h. als eine Bestimmung, für die das Prinzip der Annahmefreiheit ex definitione nicht gilt. Es gibt aber einen ziemlich speziellen Fall, in dem man sogar im Fall einer reinen Soseinsmeinung (d.h., wenn man sich nicht auf den Bereich des Existierenden beschränken will) von der Einzigkeit des intendierten Gegenstands sprechen kann. Dieser Fall liegt dann vor, wenn die Beschreibung des Gegenstands absolut vollständig ist, wenn sie jede kleinste Einzelheit des relevanten Gegenstands spezifiziert, wenn sie für jedes einfache Element des Meinong’schen Universums genau spezifiziert, in welchem Verhältnis es zum diskutierten Gegenstand
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steht. Eine solche „Leibniz’sche“ Beschreibung,3 die die Einzigkeit ihres Gegenstands wirklich garantiert, könnte natürlich nur eine vollständige Beschreibung einer kompletten möglichen Welt sein. Wir haben schon oben darauf hingewiesen, dass die Meinong’schen vollständigen Gegenstände unvermeidbar zu den vollständigen möglichen Welten auswachsen. Zwei Voraussetzungen sind notwendig, damit eine vollständige Beschreibung einer möglichen Welt wirklich die Einzigkeit ihres Gegenstands garantiert. Die erste Voraussetzung ist das Prinzip der Identität des Ununterscheidbaren, das oft auch Leibniz’ Prinzip genannt wird. Wir haben gesehen, dass Meinong dieses Prinzip akzeptiert. Die zweite Voraussetzung ist, dass wir unser gegenstandstheoretisches Universum auf mögliche Welten einschränken. Wenn wir auch unmögliche (widersprüchliche) Welten zulassen würden, würde es für jede mögliche Welt w zumindest eine unmögliche Welt w geben, die alles enthält, was in w zu finden ist, und dazu noch einige Objektive, die zu dem „Inhalt“ von w in Widerspruch stehen.4 Die Voraussetzung, dass es im Meinong’schen Universum nur mögliche Welten gibt, machen wir vorläufig in diesem
3
Vgl. die folgenden Bemerkungen Leibniz’ zum Begriff der Substanz: „Es ist wohl wahr, dass man, wenn mehrere Prädikate ein und demselben Subjekte zugeschrieben werden, und wenn dieses Subjekt wiederum keinem anderen mehr zugeschrieben wird, dies eine individuelle Substanz nennt; das ist aber nicht ausreichend, und eine solche Erklärung ist nur nominal. [ ] Nun steht fest, dass jede wahre Aussage eine Grundlage in der Natur der Sache hat, und wenn ein Satz nicht identisch ist, das heißt, wenn das Prädikat nicht im Subjekte enthalten ist, so muss es darin virtuell enthalten sein, und das nennen die Philosophen in-esse (In-sein), indem sie sagen, dass das Prädikat im Subjekt ist. So muss der Subjektbegriff immer den des Prädikats in sich schließen, derart, dass derjenige, der den Begriff des Subjektes vollkommen verstünde, auch urteilen würde, dass das Prädikat ihm zugehört. Da dies so ist, können wir sagen, dass die Natur einer individuellen Substanz oder eines vollständigen Wesens darin besteht, einen so erfüllten Begriff zu haben, dass er zureichend ist, um alle Prädikate des Subjekts, dem dieser Begriff zugeschrieben wird, zu verstehen und daraus abzuleiten.“, Leibniz 1686, S. 75. 4 Ob es nur eine einzige derartige mögliche Welt oder mehrere davon gibt, hängt davon ab, ob die unmöglichen Welten unter der logischen Implikation abgeschlossen sind. Wäre das der Fall, hätten wir überhaupt nur eine einzige unmögliche Welt, die für jedes Objektiv o sowohl o als auch seine Negation enthielte.
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kapitel 7
Kapitel. In den zwei letzten Abschnitten werden wir noch untersuchen, ob sie zu halten ist. 4. Eine Meinong’sche Eigenschaftsontologie Meinong hat, wie wir gesehen haben, auch von den einfachen Elementen der Form [F] gesprochen, die erst durch eine Verbindungsform (Konfiguration) zu einem Individuum (der propositionalen Form) zusammengesetzt werden. Das legt den Gedanken nahe, dass ein Meinong’sches Konstitutionssystem auch die Gestalt einer Eigenschaftsontologie annehmen könnte. Die Entitäten, die wir bei Meinong finden, sind entweder einfache Objekte der Form [F] oder zusammengesetzte Objektive, die Zusammenfügungen von einfachen Objekten sind. Die Objekte selbst sind nun letzten Endes das, was Meinong als Entsprechungen von Prädikaten in „absoluter Bedeutung“ betrachtet, denn wir erinnern uns, dass das, was wir vorphilosophisch als ein Objekt bezeichnen würden, nach Meinong erst durch eine identifizierende Kennzeichnung aus dem Bereich des Außerseins ausgewählt werden kann, und zwar durch eine propositionale intentionale Beziehung der Form ∃xFx ∧ Gx ∧ Hx ∧ so dass von einem vorphilosophischen nominalen Objekt eigentlich nur die Form ∃x ∧ ∧ ∧ übrig bleibt. Das ist aber gerade die Form der Zusammenfügung von einfachen Eigenschaftsobjekten – die Form des Objektivs. Es sollte also im Prinzip möglich sein, als die grundlegende Stufe der Meinong’schen Gegenstandstheorie die einfachen Eigenschaften anzunehmen und alle anderen Gegenstände als „aus Eigenschaften frei komponierbar“ zu betrachten. Ein zusammengesetzter Gegenstand wäre nach dieser Auffassung so etwas wie ein Bündel von „kompräsenten“ Eigenschaften. In diesem Abschnitt versuchen wir, diese Interpretation zu entwickeln.
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Wenn wir diesen Weg gehen, dann sind die primitiven Entitäten des Systems die einfachen Eigenschaften und Relationen der Form [F] (sie bilden die Domäne E, und alle anderen Entitäten werden als mengentheoretische Konstruktionen aus den Elementen von E interpretiert. Wir erinnern uns, dass eine der wichtigsten Thesen Meinongs die These der Annahmefreiheit war. Diese These lässt sich auch so fassen, dass man in einer Annahme jede beliebige Kollektion von Eigenschaften zu einem Gegenstand vereinigen kann und dass jeder solchen Annahme garantiert ein Gegenstand „jenseits von Sein und Nichtsein“ entspricht. Die zusammengesetzten Gegenstände werden also als Mengen von Eigenschaften aufgefasst, etwa: F G , F G H etc.5 Wenn man auch die mehrstelligen Relationen berücksichtigt, kompliziert sich die Konstruktion ein wenig. Bei einer 2-stelligen Relation R muss man z.B. zwei Stellen unterscheiden, an denen diese Relation mit einer gewissen Eigenschaft (oder einer Stelle einer anderen Relation) kompräsent sein kann. Es reicht also nicht, eine Menge {[F], [R]} zu bilden, denn dies sagt nichts darüber aus, welches Glied der Relation R einen F-Gegenstand bildet. Man muss die Relationen irgendwie „indizieren“, so dass man bei jeder n-stelligen Relation n Positionen der Kompräsenz unterscheiden kann (bei einer 2-stelligen Relation etwa: F R1 bzw. F R2 . Mit mengentheoretischen Mitteln kann man eine solche Indizierung simulieren, indem man geordnete Paare (oder allgemeiner: geordnete n-Tupeln) bildet. Bei einer 2-stelligen Relation würde man z.B. zwischen < R F G > und < R G F > unterscheiden müssen, je nachdem, ob die Relation R von einem F-Gegenstand zu einem G-Gegenstand oder umgekehrt verläuft. Ein geordnetes Paar < a b > kann man dann bekanntlich als a b a darstellen, und die geordneten n-Tupeln kann man mittels der geordneten Paare (z.B. < a b c > als << a b > c > usw.) definieren. Am Ende würde also < R F G > etwa folgendermaßen aussehen: R F R G R F R 5
Das entspricht weitgehend der Auffassung Parsons’. Er sagt zwar, dass die individuellen Gegenstände (Parsons 1980, S. 93) nicht Mengen von Eigenschaften sind, repräsentiert sie aber in seinem Buch als derartige Mengen.
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kapitel 7
Die Konstruktion sieht ziemlich unübersichtlich aus, der Punkt ist aber, dass man die beliebig zusammengesetzten Gegenstände als mengentheoretische Konstruktionen aus den einfachen Objekten der Form [F] interpretieren kann. Was wir noch brauchen, ist die primitive Aufteilung von allen solchen mengentheoretischen Konstruktionen in bestehende und nichtbestehende. Eine alternative Möglichkeit wäre hier, nur eine der maximalen Konstruktionen als bestehend zu bezeichnen (sie würde dann natürlich die Rolle der aktuellen Welt w∗ übernehmen) und das entsprechende Verhältnis des Implektiertseins zu definieren, etwa: a is implektiert in b = Df a ⊂ b 5. Die Struktur der konkreten Individuen Um diese Interpretationsmöglichkeit zu konkretisieren, müssen wir aber zuerst sagen, in welchem Sinn Meinongs zusammengesetzte Gegenstände „aus Eigenschaften bestehen“. Dieses Problem ist in der Tat eines der ewigen Themen der Ontologie. In der Umgangssprache sagt man oft, dass Dinge Eigenschaften „haben“, und die Metaphysik bemüht sich, diesen Sinn des „Habens“ zu präzisieren. In unserem Kontext werden vor allem zwei Dimensionen dieser Präzisierung wichtig. Die erste Dimension betrifft die Struktur der konkreten Individuen – die Art und Weise ihrer Komposition. Wir werden hier zwischen der Bündeltheorie, der Substrattheorie und der Substanztheorie unterscheiden. Die zweite Dimension betrifft die Natur der Eigenschaften selbst. Wir besprechen hier den Unterschied zwischen der Universalien- und Tropenontologie einerseits und der mengentheoretischen Auffassung der Eigenschaften als Mengen von konkreten Individuen andererseits. Im Rahmen der letztgenannten Theorie wird übrigens das ontologische Gesamtbild so stark geändert, dass uns diese Auffassung zum nächsten Meinong’schen Konstitutionssystem führen wird. Die erste Auffassung, die wir „Bündeltheorie“ nennen, ist auch die auf den ersten Blick einfachste. Nach der Bündeltheorie hat ein Gegenstand seine Eigenschaften genau in der Weise, dass er ein Bündel von diesen Eigenschaften ist. Nach dieser Theorie bilden also die Eigenschaften Teile ihrer Gegenstände, wobei der Sinn, in dem man hier von einem
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Teil spricht, dem paradigmatischen Sinn, in dem man von mereologischen Teilen spricht, sehr nahe liegt. Gegenstände sind Bündel von ihren Eigenschaften. Sie bestehen aus ihren Eigenschaften. Außer den Eigenschaften gibt es, wollte man sagen, nichts, was in einem Gegenstand noch zu finden wäre. Viele Philosophen haben allerdings argumentiert, dass diese Auffassung nicht ganz richtig ist. Dass man in einem Gegenstand noch etwas außer seinen Eigenschaften postulieren muss, begreifen wir, sobald wir an Eigenschaften denken, die zu verschiedenen Gegenständen gehören. Denken wir uns eine Welt, in der es nur einen weißen Kubus und eine schwarze Kugel gibt. Unter der Voraussetzung, dass es in unserer Welt keine nicht-exemplifizierten Eigenschaften gibt, haben wir also nur vier Eigenschaften: weiße Farbe (W), schwarze Farbe (S), Kugel-Gestalt (Kg) und Kubus-Gestalt (Kb). Aus diesen Eigenschaften können wir nun folgende Mengen konstruieren: W S Kg Kb W S Kg W S Kb W Kg Kb S Kg Kb W S W Kg W Kb S Kg S Kb Kg Kb W S Kg Kb . Der großen Mehrheit von diesen Mengen entsprechen allerdings keine Gegenstände. Die einzigen Mengen, denen Gegenstände entsprechen, sind ex hypothesi W Kb und S Kg . Es muss also noch etwas geben, das ausschließlich für die Mengen W Kb und S Kg charakteristisch ist und das diese Mengen im Vergleich zu den anderen Mengen auszeichnet. Eine typische Bündeltheorie sagt uns, dass die Eigenart der Mengen W Kb und S Kg darin besteht, dass zwischen den Eigenschaften, die zu diesen Mengen gehören, eine besondere Relation besteht, die wir die Relation der Kompräsenz (KP) nennen können. Die Tatsache, dass es in unserer Welt genau zwei Gegenstände gibt, lässt sich also auch folgendermaßen ausdrücken: ∀ ∀ KP ≡ = W ∧ = Kb∨ = S ∧ = Kg Diese Formel sagt uns, dass es in unserer Welt nur zwei Paare von Eigenschaften gibt, die kompräsent sind: das Paar W Kb und das Paar S Kg . Wie gut eine derartige Bündeltheorie funktionieren wird, hängt allerdings stark davon ab, mit welchem Begriff der Eigenschaft man
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dabei hantiert. Es scheint, dass die Eigenschaften, die sich für eine solche Bündeltheorie eignen, nicht Universalien, sondern individuelle Eigenschaften (Tropen) sein müssen. Um das zu verstehen, rufen wir uns die nachstehende bekannte Argumentation in Erinnerung. Individuen sind nach der Bündeltheorie gewissermaßen Zusammenfügungen von Eigenschaften. Der ganze Witz der Bündeltheorie besteht darin, dass ein konkretes Individuum (außer der bündelnden Relation) nicht mehr enthält als seine Eigenschaften. Stellen wir uns jetzt eine Welt vor, die aus den raumzeitlich lokalisierten Punkten besteht. Solche Punkte sind jetzt unsere Individuen. Betrachten wir ferner die räumliche und zeitliche Lokalisierung als absolute Eigenschaften (wie man es gewöhnlich in der Brentano-Schule tat). In dieser Welt erhalten wir ein Individuum, wenn wir drei Eigenschaften, Qualität, Raum und Zeit (nennen wir sie: Q R Z), durch die Relation der Kompräsenz verbinden. Stellen wir uns jetzt vor, dass die involvierten Eigenschaften Universalien sind. In diesem Fall können sie, als numerisch dieselben, von mehreren Individuen gehabt werden. Dieselbe Qualität Q könnte auch in einer anderen raumzeitlichen Position präsent sein, und dieselbe zeitliche Position Z könnte auch mit anderen räumlich-qualitativen Aspekten verbunden werden. Warum gilt aber dasselbe nicht von der Zusammenfügung von Q R und Z? Mit anderen Worten: Warum bilden die Bündel von kompräsenten Eigenschaften nicht bloß neue (zusammengesetzte) Universalien, die als solche immer noch von mehreren Individuen exemplifiziert werden könnten? Welche Zauberkraft erzeugt die Individualität? Ein Anhänger der Universalien-Bündeltheorie kann diese Zauberkunst auf verschiedene Weisen erklären, aber keine dieser Erklärungen funktioniert völlig zufrieden stellend. Zum einen kann die Antwort in der Eigenart der Relation der Kompräsenz gesucht werden. Kompräsenz ist nach diesem Vorschlag wesentlich mehr als eine bloße Zusammenfügung von Eigenschaften. Zur Kompräsenz gehört wesentlich, dass die kompräsenten Eigenschaften eben kompräsent im Rahmen eines Individuums sind. Dies ist eine primitive, weiter unerklärbare Eigenschaft der Kompräsenz-Relation; und eine traurige, aber auch ernüchternde Wahrheit lautet, dass jede Theorie derartige primitive Termini und Axiome enthalten muss.
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Dieser Vorschlag sieht zum Teil ganz vernünftig aus. Primitive Axiome muss es in der Tat in jeder Theorie geben. Nach genauerem Hinsehen scheint es allerdings, dass durch eine derartige Präzisierung die ganze anfängliche Einfachheit und Eleganz der Theorie verloren geht. Was nämlich die Bündeltheorie so attraktiv macht, ist der Eindruck, dass das ganze „Material“, aus dem die Welt der Individuen besteht, „fast ausschließlich“ Eigenschaften sind. Was dazukommt, ist „lediglich“ die Relation der Kompräsenz. Diese Relation ist aber sehr einfach. Sie „hält“ bloß die Eigenschaften „zusammen“, induziert aber keine zusätzliche Struktur, die ontologisch interessant wäre. Nur deswegen können wir uns mit dem Bild erfreuen, nach dem Eigenschaften gewissermaßen „Teile“ von konkreten Individuen bilden. Dieses Bild kommt uns aber jetzt endgültig abhanden. Die Relation der Kompräsenz erweist sich als extrem theoretisch beladen. Sie fügt nicht nur Eigenschaften zusammen, sondern bewirkt auch, dass diese zusammengefügten Eigenschaften ihren ontologischen Status dramatisch ändern. So zusammengefügt bilden sie nicht ein zusammengesetztes, mehrfach exemplifizierbares Universale, sondern werden stattdessen zum einmaligen Individuum. Der Mechanismus dieser Zauberei ist uns unbekannt, aber wir können vermuten, dass sich dadurch die innere Struktur des Bündels wesentlich komplizieren muss, so dass es unklar ist, inwiefern wir dabei noch von einem Bündel sprechen dürfen. Wir können diese Fragen nicht beantworten, weil die individuierende Kraft der Kompräsenz-Relation zu einem primitiven weiter unerklärbaren Definitionsmerkmal gemacht wurde. Dem Eindruck, dass man dabei an der falschen Ecke gespart hat, ist sehr schwer zu widerstehen. Angesichts dieser Verkomplizierung ist es nicht verwunderlich, dass es auch andere Vorschläge gibt. Einer davon ist die berühmt-berüchtigte Lehre von individuellen Naturen, die wir Duns Scotus verdanken. Was ein Individuum individuiert, behauptet Duns Scotus, ist nichts anderes als eine weitere Eigenschaft. So wie man aus einer Eigenschaft (einem genus): Tier durch Hinzufügung einer differentia specifica: vernünftig eine neue, reicher bestimmte Eigenschaft (eine species): Mensch bekommt, so bekommt man einen konkreten individuellen Menschen durch nichts anderes als durch Hinzufügung einer neuen differentia zu einer species
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(zur species Mensch). Diese differenzierende Eigenschaft – die individuelle Natur – heißt bei Scotus haecceitas, was soviel wie Diesheit bedeutet.6 Diese Lehre sagt uns also weiter, dass ein Individuum streng genommen aus lauter Eigenschaften besteht. Was es zu einem einmaligen Individuum macht, ist die Anwesenheit einer Eigenschaft die ex definitione nur einmalig exemplifiziert werden kann. Diese Besonderheit folgt aber nicht etwa daraus, dass haecceitas eine individuelle Eigenschaft (ein Tropus) wäre; haecceitas ist „an sich“ immer noch ein Universale, ihre Einmaligkeit folgt eher daraus, dass sie – bildlich gesprochen – „so genau“ ist, dass sie nur von einem einzigen Individuum exemplifiziert werden kann. Die Schwierigkeit dieser Lehre liegt in erster Linie im Begriff der haecceitas. Gibt es wirklich solche individuellen Naturen? Gibt es eine Qualität der Individualität? Dass man sich so etwas nur sehr schwer vorstellen kann, ist auch der Grund dafür, dass man in der zeitgenössischen Literatur haecceitas häufig als eine nicht-qualitative Eigenschaft versteht, etwa als Eigenschaft, die dem Prädikat „ist identisch mit a“ entsprechen würde, wenn hier „a“ als ein genuiner Eigenname (also keine verkappte Kennzeichnung) zu verstehen wäre. Es scheint jedoch, dass diese Umdeutung einerseits der ursprünglichen Lehre von Scotus nicht entspricht und andererseits auch wenig bringt. Denn die Idee einer solchen nicht-qualitativen individuierenden Eigenschaft ist keineswegs leichter zu verstehen.
6
Vgl. „Alles Rangniedere [inferius] schließt in sich wesensmäßig etwas ein, das nicht im Begriff des Ranghöheren [superius] eingeschlossen wird; ansonsten wäre der Begriff des Rangniederen genauso allgemein wie der Begriff des Ranghöheren und damit das ,wesensmäßig Rangniedere‘ nicht wesensmäßig Rangniederes, da es ja nicht unter dem Allgemeinen und Ranghöheren stände; folglich wird im Begriff des Individuums wesensmäßig etwas eingeschlossen, das nicht im Begriff der Natur eingeschlossen wird. Dieses ,Eingeschlossene‘ ist nun aber eine positive Entität [ ]; und es schafft ein ,wesensmäßig Eines‘ mit der Natur gemeinsam [d.h. es ist nichts Akzidentelles]: folglich ist es das jene Natur von sich aus zur Singularität bzw. zum Begriff jenes Rangniederen Bestimmende.“, Johannes Duns Scotus, Ordinatio, S. 81. „Es gibt also außer der Natur in diesem und in jenem Bestimmten gewisses primär voneinander Verschiedenes [primo diversa], auf Grund dessen dieses und jenes Bestimmte sich voneinander unterscheiden [ ]: dies können nun nicht Negationen sein [ ], und auch nicht Akzidentien [ ]; also werden es gewisse positive Entitäten sein, die an und für sich eine Natur genau bestimmen.“, ibid., S. 86.
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Interessant ist dabei, dass die Idee einer qualitativen individuierenden Eigenschaft in der Brentano-Schule durchaus präsent war, und zwar trotz der Tatsache, dass man dort die Eigenschaften vorwiegend nach dem Muster der Tropentheorie verstand – die Auffassung, bei der die oben besprochenen Probleme der Individuierung bei weitem nicht so akut ausfallen wie im Rahmen des metaphysischen Realismus in Bezug auf Universalien. Die Lieblingsbeispiele für solche individuelle Naturen bei Brentanisten waren raumzeitliche Positionen; und wenn sie nur einen einzigen zeitlichen Durchschnitt des Universums betrachteten, dann sprachen sie oft sogar von der räumlichen Position allein als von der „Substanz“ der Dinge.7 Diese quasi-skotistische Lösung ist aber noch weniger überzeugend als seine originale Lehre. Die These, dass sich in einer und derselben raumzeitlichen Position nicht zwei verschiedene Individuen treffen können, mag – falls sie überhaupt wahr ist8 – metaphysisch interessant sein. Wenn man aber dabei die raumzeitlichen Positionen als „normale“ Eigenschaften betrachtet, hinterlässt die Behauptung, dass gerade ihre Anwesenheit aus den Bündeln von Eigenschaften Individuen macht, nach wie vor den Eindruck schwarzer Magie. Auch die skotistischen und quasi-skotistischen Lösungen haben also ihre Probleme. Ein Individuum aus Universalien zu bauen, scheint eine äußerst schwierige Aufgabe zu sein. Es gibt deshalb Philosophen, die bereit sind, neben den Eigenschaften ein zusätzliches Element einzufügen. Auf diese Weise erhalten wir verschiedene Versionen der Substrattheorie. Im Aufbau eines Individuums gibt es danach nicht nur (allgemeine) Eigenschaften, sondern auch einen Träger, der diese Eigenschaften „hat“. Dieser Träger wird gewöhnlich Substrat genannt, und die Substrattheorie sagt, dass ein konkretes Individuum deshalb einmalig ist, weil sein Substrat einmalig ist. Ein konkretes Individuum erbt also seine Individualität von seinem Substrat.9 In unserer einfachen Welt mit einem Kubus und einer Kugel gibt es nach dieser Auffassung nicht nur die genannten vier Eigenschaften. Außer ihnen gibt es auch zwei Substrate, von denen einem die 7
Im Abschnitt 5.9 konnten wir diese Redeweise auch bei Meinong klar beobachten. Diejenigen, die sich in der Quantenphysik gut auskennen, ziehen dies oft in Zweifel. 9 Der bekannteste Verfechter der Substrattheorie ist wohl Bergmann. Vgl. Bergmann 1967, S. 26. 8
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Eigenschaften W und Kb und dem anderen die Eigenschaften S und Kg zukommen. Dass es keine Gegenstände gibt, die den anderen Kombinationen von Eigenschaften entsprechen, ist darauf zurückzuführen, dass es keine Substrate gibt, die solche Kollektionen von Eigenschaften exemplifizieren; und die Individualität beider Individuen folgt aus der Individualität ihrer Substrate. Die Hauptprobleme der Substrattheorie drehen sich um den Begriff des Substrats. Substrate sind ex definitione etwas, was den Eigenschaften als der individuierende Faktor gegenübergestellt wird. Das heißt aber, dass ein bloßes Substrat „als solches“ eigenschaftslos ist. Es gibt keine Eigenschaft, die es notwendig hätte: ∀xx ist ein bloßes Substrat ⊃ ∀ ♦¬ x Es ist aber ebenfalls plausibel anzunehmen, dass es in der Welt keine „frei schwebenden“ bloßen Substrate – keine „Objekte ohne Eigenschaften“ – gibt, und das heißt, dass das Prinzip ∀xx ist ein bloßes Substrat ⊃ ♦∀ ¬ x nicht gilt. Ein bloßes Substrat wäre also eine Entität, die notwendigerweise eine (aber keine bestimmte) Eigenschaft hätte: ∀xx ist ein bloßes Substrat ⊃ ∀ ♦¬ x ∧ ∃ x Die unangenehmsten Fragen bezüglich der Substrattheorie haben modalen Charakter. Nehmen wir an, dass der individuierende Aspekt im Aufbau eines konkreten Individuums wirklich ein solches bloßes Substrat ist. In diesem Fall wäre es die Anwesenheit eines solchen Substrats, was Sokrates zu Sokrates und Platon zu Platon machte. Da aber die genannten Substrate keine Eigenschaften wesentlich exemplifizieren, wäre es denkbar, dass dem Sokrates-Substrat alle Eigenschaften von Platon und dem Platon-Substrat alle Eigenschaften von Sokrates zukämen. Wir würden dann eine Welt erhalten, die von unserer Welt deskriptiv nicht zu unterscheiden wäre, in der aber die Substrate von Sokrates und Platon ihre Plätze gewechselt hätten. Sollten wir wirklich
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darauf bestehen, dass es zwischen diesen zwei Welten einen ontologischen Unterschied gibt? Und dies ist nicht das Ende der Geschichte, denn wenn es wirklich so ist, dass das Sokrates-Substrat keine seiner Eigenschaften wesentlich besitzt, dann sollte es auch denkbar sein, dass Sokrates anstatt der Menschennatur etwa eine Pferdenatur hat. Sollten wir also die modale Behauptung „Sokrates könnte ein Pferd sein“ etwa als wahr akzeptieren? Es gibt Philosophen, denen das eindeutig zu weit geht; und die Lehre aus den Schwierigkeiten der Substrattheorie scheint die zu sein, dass man eine Verbindung sowohl zwischen der Individualität und den wesentlichen Eigenschaften (der Natur) des betreffenden Gegenstands als auch zwischen seiner Individualität und seinen charakteristischen akzidentellen Eigenschaften suchen muss. Die Theorie, die den beiden Punkten Rechnung zu tragen scheint, ist eine Version der klassischen aristotelischen Substanzlehre.10 Aristoteles hat vor allem zwei Gruppen von Eigenschaften scharf unterschieden. Auf einer Seite haben wir die Akzidentien, die einem konkreten Individuum mehr oder weniger zufällig zukommen. Auf der anderen Seite gibt es substantiale Formen, die die konkreten Individuen wesentlich konstituieren. Diese Formen werden heutzutage oft unter dem Namen der natürlichen Arten (natural kinds) behandelt. Was für die Version der aristotelischen Lehre, die wir gerade besprechen, charakteristisch ist, ist die These, dass sich die Exemplifizierungsweise von solchen Arten von der Exemplifizierungsweise der Akzidentien wesentlich unterscheidet. Akzidentien werden durch Substrate exemplifiziert, und sie bleiben dabei Eigenschaften, die im Prinzip in vielen Individuen „wiederholbar“ sind. Sowohl Sokrates als auch Platon sind weiß. Was hingegen die Exemplifizierungsweise der substantialen Formen betrifft, so ist hier ein Prinzip der numerischen Unterscheidung involviert. Sokrates ist ein Mensch und Platon ist ein anderer Mensch. Das zeigt sich deutlich in den Situationen, in denen wir versuchen, Gegenstände zu zählen. Bezüglich solcher Begriffe wie Mensch oder Pferd kann man immer fragen, wie viele Menschen oder Pferde es gibt, und eine solche Frage hat immer eine bestimmte Antwort. In Bezug auf die
10
Unter den Vertretern dieser Auffassung finden wir J. Lowe, D. Wiggins und M. Loux.
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Akzidensbegriffe wie weiß oder die Massenterme wie golden macht hingegen eine solche unqualifizierte Frage zunächst keinen Sinn. Nehmen wir an, dass auf einem Tisch zwei goldene Ringe liegen, und stellen wir die Frage, wie viele goldene Dinge es auf dem Tisch gibt. Können wir diese Frage ohne weiteres mit „zwei“ beantworten? Auf keinen Fall, denn die Antwort hängt ja davon ab, ob wir unter dem „goldenen Ding“ einen Ring, eine Hälfte eines Ringes, zwei Ringe, oder noch etwas anderes verstehen. Der Begriff golden involviert, im Gegensatz zu solchen Begriffen wie Pferd oder Mensch, kein Individuierungs- und Zählungsprinzip. Solche Zusammenhänge unterstützen die These, dass es sich bei der Unterscheidung zwischen Substanz- und Akzidensbegriffen um keine bloß verbale Distinktion handelt, die lediglich den Besonderheiten unserer Oberflächengrammatik zuzuordnen wäre. Es scheint, dass man hier etwas metaphysisch Relevantes erfasst, und die Anhänger der neoaristotelischen Auffassung behaupten, dass wir genau hier den Schlüssel zum Geheimnis der Individualität suchen sollen. Die natürlichen Arten sind – so ihre These – solche Universalien, die bei ihrer Exemplifizierung „auf einen Schlag“ konkrete Individuen abgeben; und sie werden durch keine zusätzlichen Substrate exemplifiziert. Dieser letzte Punkt ist übrigens das, was die oben dargestellte neoaristotelische Theorie von der ursprünglichen Lehre des Meisters aus Stagira unterscheidet. Aristoteles hat bekanntlich von der ersten Materie gesprochen, die – neben zahlreichen anderen Funktionen – auch als Quasi-Substrat für die substantialen Formen dient. (Vgl. Metaphysik, 1029a 22–24) Wir haben also eine Landkarte der möglichen Lösungen skizziert, und jetzt geht es darum, Meinongs Theorie auf ihr zu situieren. Gleich am Anfang können wir sagen, dass die aristotelische Theorie für unsere Analyse keine Bedeutung haben wird. Der späte Meinong unterscheidet zwar gelegentlich zwischen Wassein und Wiesein des Gegenstands, was natürlich aristotelische Wurzeln hat; wie wir aber gesehen haben, behauptet er zugleich, dass jedes Wassein letztlich auf ein Wiesein reduzierbar ist. Alle Eigenschaften, die dem Gegenstand zukommen, sind also nach Meinong ontologisch gleichberechtigt. Das Erbe der britischen Empiristen, das Meinong zeit seines Lebens mit sich trug, ließ bei ihm den aristotelischen Gedanken nicht richtig zum Ausdruck kommen.
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Es bleiben uns also die Bündeltheorie und die Substrattheorie. Wir erinnern uns, dass der junge Meinong zur Bündeltheorie mit der Relation der Kompräsenz neigte. Ab 1906 scheint er hingegen so etwas wie Substrate für Eigenschaften zu postulieren.11 6. Tropen und Substrate Ein wichtiger Punkt ist, dass Meinongs Eigenschaften nicht als Universalien, sondern als Tropen zu verstehen sind. Dies hat zur Folge, dass man sich über die Probleme der Individuierung, die wir oben besprochen haben, nicht so sehr den Kopf zu zerbrechen braucht. Die Frage, was ein Bündel von Tropen zu einem Individuum macht, stellt sich nicht einmal, denn die Tropen sind ja bereits Individuen. Was den Tropen fehlt, ist nicht die Individualität (Einmaligkeit), sondern die Konkretheit (Vollständigkeit, ontologische Selbstständigkeit). Tropen sind abstrakte Individuen, die ein konkretes Individuum eben in der Weise konstituieren, dass sie zusammengefügt werden. Ein Tropenontologe kann also eine Bündeltheorie der konkreten Individuen mit einem wesentlich leichteren Gewissen vertreten als ein metaphysischer Realist; und Meinong hat bis etwa 1906 tatsächlich eine solche Theorie meistens stillschweigend vorausgesetzt. Wir wollen hier nicht verschweigen, dass es einige allgemeine Probleme der Bündeltheorie gibt, von denen man sich auch mit Hilfe von Tropen nicht befreien kann. Diese Probleme betreffen vor allem die modalen Fragen. Wenn man ein konkretes Individuum wirklich als ein Bündel seiner Eigenschaften definiert, dann scheinen alle seine Eigenschaften auf einmal wesentlich zu werden. Bündel ähneln nämlich Mengen, indem sie durch einen Verlust (oder ein Ersetzen) von irgendeinem ihrer Elemente unausweichlich zu einem anderen Bündel werden. Das bedeutet aber nichts weniger, als dass die so verstandenen Bündel keine Akzidentien haben können. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, muss man den Bündelbegriff beträchtlich verkomplizieren. In jedem Bündelindividuum muss man einen wesentlichen Kern und eine akzidentielle Oberfläche 11
Vgl. oben Abschnitt 5.9.
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unterscheiden und dann axiomatisch festlegen, dass ein Individuum erst dann zu einem anderen Individuum wird, wenn sein wesentlicher Kern angetastet wird.12 Das zerstört natürlich die anfängliche, fast „mengentheoretische“ Einfachheit der Tropentheorie zum großen Teil und stellt einen der Gründe dar, warum man zur neoaristotelischen Auffassung neigen kann. Fairerweise muss man dazu sagen, dass die gerade angesprochenen Probleme Meinong nicht beunruhigt haben. Der Grund dafür ist, dass er sich in seiner philosophischen Arbeit vorwiegend auf sehr allgemeine Analysen konzentrierte, die für alle Gegenstände gelten sollten. Unter diesen Gegenständen befanden sich nun z.B. die Daten der rudimentären Wahrnehmung, die man sich zu dieser Zeit oft als unstrukturierte raumzeitlich lokalisierte Qualitäten vorgestellt hat. Für solche, äußerst „dünne“ Gegenstände ist es tatsächlich nicht unplausibel anzunehmen, dass alle ihre Eigenschaften wesentlich sind. Die Gegenstände dieser Art wurden für Meinong für lange Zeit zum zentralen Forschungsgebiet, und später sind ihm die propositionalen Entitäten ins Zentrum des Blickfeldes gerückt. Für solche Gegenstände wie Organismen oder ethisch handelnde Personen, an denen die angesprochenen modalen Probleme am klarsten auftreten, fehlte Meinong offensichtlich die Zeit. Dies waren die Gründe, warum Meinong die Bündeltheorie lange Zeit symphatisch fand; und selbst nach 1906, als er sich von ihr langsam zu verabschieden scheint, spricht er nicht von aristotelischen Substanzen, sondern eher von etwas, was an die Theorie des bloßen Substrats erinnert. Die Argumente, die Meinong gegen seine frühere Bündeltheorie anführt, sind übrigens unschlüssig. Wie wir am Ende des fünften Kapitels gesehen haben, scheint er zu behaupten, dass ein Bündeltheoretiker in Wirklichkeit nicht Eigenschaften, sondern bereits die (einseitig qualifizierten) Dinge zusammenfügt – also nicht das, was man mit den Worten „grün“ und „dreieckig“, sondern eher das, was man mit den Worten „Grünes“ und „Dreieckiges“ bezeichnet. (Meinong 1906, S. 395) Diese Behauptung scheint aber einfach falsch zu sein. Ein Tropentheoretiker fügt wirklich Tropen zusammen, und wenn man den Unterschied zwischen den wesentlichen und akzidentellen Eigenschaften mal 12
Eine solche Theorie hat Simons formuliert. Vgl. Simons 1994.
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beiseite lässt, scheint ihm das auch zu gelingen. Was uns Meinong 1906 unter den Namen „Grünes“ und „Dreieckiges“ vorschlägt, sind in Wirklichkeit seine unvollständigen Gegenstände, die er, wie wir uns erinnern, schon ein Jahr später explizit einführt, und die, wie wir wissen, von ihm letztlich als Objektive klassifiziert werden. Die Theorie der individuellen Dinge, die Meinong 1906 skizziert, ist also keine klassische SubstratTheorie, sondern eher eine sanfte Einführung in die Lehre, nach der jedes konkrete Individuum eine propositionale Struktur involviert. Zugegeben, auch (und vielleicht sogar besonders) nach dieser Lehre involviert jedes Individuum etwas mehr als nur seine Eigenschaften, was man, wenn man unbedingt will, auch als Anwesenheit eines „Substrats“ bezeichnen kann. Diese Anwesenheit muss aber nicht mehr bedeuten, als dass die betreffenden Eigenschaften durch eine besondere Relation (der Kompräsenz) zusammengehalten werden, was ja auch die meisten Bündeltheoretiker behaupten. Aus diesen Gründen halten wir es für angebracht, auch in Bezug auf den späten Meinong von einer Bündeltheorie zu sprechen. Wir vergessen dabei nicht, dass er in Wahrheit eine propositionale Theorie vertreten hat, in der die Anwesenheit des vereinigenden Substrats als die Anwesenheit einer besonderen (propositionalen) Form der Komposition zu verstehen ist. Wir weichen hier von der Meinong’schen Lehre ab und zeigen, inwiefern sich seine Gegenstandstheorie auch als eine Eigenschaftsontologie darstellen lässt, die die konkreten Gegenstände als Bündel von Eigenschaften interpretiert. Besonders wichtig ist dabei die Tatsache, dass wir im Rahmen einer Meinong’schen Ontologie auch von der bündelnden Relation absehen können. Der Hauptgrund, der einen Nicht-Meinongianer dazu zwingt, sie zu postulieren, besteht ja darin, dass in seiner Welt nicht alle erdenklichen Mengen von Eigenschaften automatisch Individuen bilden. Die charakteristische Eigenschaft der Meinong’schen Philosophie besteht aber gerade darin, dass bei ihm eben diese Bedingung aufgrund des Prinzips der Annahmefreiheit perfekt erfüllt ist. Es scheint also so zu sein, dass man bei Meinong die Individuen wirklich als Mengen von Eigenschaften betrachten kann. Die Theorie, die wir dann bekommen, ist sehr einfach. Als primitive Elemente nimmt man die Domäne E von einfachen Eigenschaften und Relationen (d.h. den Elementen der Form [F]) an, und die anderen
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Gegenstände werden als mengentheoretische Konstruktionen interpretiert. Wenn sie bloß aus den monadischen Eigenschaften bestehen würden, könnten sie einfach als Mengen dargestellt werden, etwa die Menge rot Ort O Zeit Z , um noch einmal das Lieblingsindividuum der Empiristen aller Zeiten anzuführen. Da wir bei Meinong auch alle unvollständigen Gegenstände haben, wäre in diesem Fall die Menge seiner Gegenstände einfach als die Potenzmenge der Menge E zu interpretieren. Wenn wir auch mehrstellige Relationen berücksichtigen wollen, müssen wir die Plätze unterscheiden, an denen sie mit einer gegebenen Kollektion von Eigenschaften kompräsent sind. Wie wir aber wissen, kann man das mit Hilfe von geordneten n-Tupeln (die wieder mit Hilfe von ungeordneten Paaren definierbar sind) im Prinzip immer bewältigen. 7. Eigenschaften als Mengen von Individuen Neben der Universalien- und Tropenauffassung gibt es noch eine wohlbekannte Theorie von Eigenschaften, die im Rahmen unserer Rekonstruktion nicht fehlen darf. Wir meinen hier die „extensionale“ Auffassung, nach der die Eigenschaft F einfach als eine bestimmte Menge von Individuen (intuitiv: als die Menge von denjenigen Individuen, die F sind) verstanden wird. Das Schicksal dieser Auffassung ist für den methodologischen Sonderstatus der Philosophie geradezu exemplarisch. Während sie in den Einführungskursen der logischen Semantik als eine Art Selbstverständlichkeit vorausgesetzt wird, wird sie von der Mehrheit der Ontologen mit der gleichen Selbstverständlichkeit für grundverfehlt gehalten. Die Argumente der Ontologen sind bekannt. Wenn es wirklich so wäre, dass man eine Eigenschaft mit der Menge ihrer Träger gleichsetzen könnte, dann würden alle koextensionalen Eigenschaften zu einer einzigen Eigenschaft kollabieren. Ein Mensch zu sein hieße dann genau dasselbe wie ein federloser Zweibeiner zu sein, und eine Niere zu haben wäre nichts anderes als ein Herz zu haben. Können wir wirklich hoffen, mit dieser mehrfach diskreditierten Theorie noch etwas anfangen zu können? Unsere Hoffnung stützt sich darauf, dass wir im Meinong’schen Universum beinahe alle Probleme der Koextensionalität ruhig vergessen
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können. In der realen Welt haben zwar alle mit einem Herz ausgestattete Lebewesen zugleich auch Nieren, im Meinong’schen Universum gibt es aber einen Menschen ohne Herz im völlig nicht-metaphorischen Sinne. Das einzige Problem könnten die notwendig koextensionalen Eigenschaften sein, aber nur deswegen, weil wir unsere Untersuchungen vorläufig auf die logisch konsistenten Gegenstände einschränken. Das Meinong’sche System, das wir jetzt erhalten, enthält also als primitive Entitäten eine Domäne von konkreten Individuen G, unter denen die Untermenge der existierenden Individuen primitiv festgelegt wird. Alle Eigenschaften werden als Mengen von konkreten Individuen (und die mehrstelligen Relationen als Mengen ihrer geordneten nTupeln) konstruiert. (Wenn wir uns auf die einstelligen Eigenschaften einschränken, dann bildet die Menge von Eigenschaften einfach die Potenzmenge der Menge G.) Die unvollständigen Gegenstände können dann (falls wir sie benötigen) als Mengen von Eigenschaften und Relationen „rückkonstruiert“ werden.13
8. Zusammenfassung Wir haben also vier Meinong’sche Konstitutionssysteme skizziert, die einige seiner Gegenstände als primitiv und andere als konstruierbar interpretieren. Am Anfang dieses Kapitels haben wir aber gesagt, dass es bei Meinong streng genommen alle diese Gegenstände „jenseits von Sein und Nichtsein“ gibt. Besonders lehrreich wird es deshalb sein, wenn wir die Beziehungen, die zwischen diesen Konstitutionssystemen bestehen, noch einmal systematisch zeigen. Der Einfachheit halber berücksichtigen wir dabei nur monadische Eigenschaften.
13
Eine interessante „Mischform“ schlägt Pas´niczek (1998) vor. Im ersten Schritt führt er nur existierende individuelle Objekte ein, und dann interpretiert er Eigenschaften als Mengen von Individuen. Schließlich konstruiert er nicht-existierende Objekte als Mengen von solchen Eigenschaften (also als Mengen von Mengen von existierenden Objekten). Der Nachteil dieser Auffassung besteht darin, dass man hier keine nichtexemplifizierten Eigenschaften einführen kann und zugleich noch das Problem der Koextensionalität hat.
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kapitel 7 Sachverhalte
Eigenschaften
Individuenontologie
Weltenontologie
Eigenschaftsontologie
Sachverhaltsontologie Welten Sachverhalte der Form xFx
Konkrete Individuen
Wir haben hier die vier Meinong’schen Ontologien, die wir besprochen haben, gegeben: eine Weltenontologie, eine Sachverhaltsontologie, eine Eigenschaftsontologie und eine Individuenontologie. In jeder dieser Ontologien werden einige Entitäten als primitiv und andere als konstruierbar betrachtet. Besonders einfach sind die Spiegelverhältnisse zwischen der Weltenontologie und der Sachverhaltsontologie (propositionale Systeme) einerseits und zwischen der Eigenschaftsontologie und der Individuenontologie (nominale Systeme) andererseits. Die primitiven Entitäten der Weltenontologie (die möglichen Welten) werden im Rahmen der Sachverhaltsontologie zu den Mengen von Sachverhalten, und die primitiven Entitäten der Sachverhaltsontologie (Sachverhalte) werden im Rahmen der Weltenontologie zu den Mengen von möglichen Welten. Ähnlich sieht es mit der Eigenschaftsontologie und der Individuenontologie aus. Die primitiven Entitäten der Eigenschaftsontologie
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(Eigenschaften) werden im Rahmen der Individuenontologie zu den Mengen von konkreten Individuen, und die primitiven Entitäten der Individuenontologie (konkrete Individuen) werden im Rahmen der Eigenschaftsontologie zu den Mengen von Eigenschaften. Neben diesen „vertikalen Übersetzungsregeln“ gibt es aber auch Verhältnisse, die zwischen den propositionalen und nominalen Systemen verlaufen. Wir haben gesagt, dass die einfachen Eigenschaften der Form „[F ]“ im Grunde mit den atomaren Objektiven der Form „∃xFx“ korreliert werden können, und so haben wir eine Funktion, die eine Untermenge der Domäne der primitiven Entitäten der Sachverhaltsontologie (die Sachverhalte der Form „∃xFx“) auf die Domäne der primitiven Entitäten der Eigenschaftsontologie abbildet. Jede einfache Eigenschaft hat ihre Entsprechung in einem atomaren Objektiv, aber nicht umgekehrt. Es ist auch klar, dass es im Rahmen der Weltenontologie bestimmte Mengen von möglichen Welten geben wird, die den atomaren Sachverhalten der Form „∃xFx“ entsprechen. Auch im Rahmen der Individuenontologie finden wir die Mengen von konkreten Individuen, die den Eigenschaften der Form „[F ]“ entsprechen. Diese Mengen von Individuen können dann natürlich wieder mit den Mengen von möglichen Welten korreliert werden, die den atomaren Sachverhalten der Form „∃xFx“ entsprechen. 9. Negative Eigenschaften
VERSUS
Satznegation
Die zwei letzten Abschnitte dieses Kapitels widmen wir dem Problem der widersprüchlichen Gegenstände, das einige Philosophen als das Meinong’sche Problem par excellence bezeichnen würden. Wir sind zwar nicht der Meinung, dass die Problematik der widersprüchlichen Gegenstände für eine Ontologie „der Meinong’schen Art“ wirklich zentral ist; es lässt sich aber nicht bestreiten, dass Meinong von solchen Gegenständen gesprochen zu haben scheint und dass es Philosophen gibt, die diese Äußerungen sehr ernst genommen haben. Um einen widersprüchlichen Gegenstand in der Meinong’schen Weise „anzunehmen“, muss man Elemente verbinden können, die miteinander unverträglich sind. Man muss so etwas wie „Ein F, das zugleich ein Nicht-F ist, ist “ denken können. Unsere zentrale Frage wird dementsprechend sein, wie man in einer solchen Annahme etwas negieren kann.
340
kapitel 7
Die Negation ist in der Tat eines der klassischen kontroversen Themen in der Ontologie. In der Welt gibt es Menschen. Gibt es aber auch Nicht-Menschen in einem Sinne, der in irgendeiner Weise ontologisch stärker wäre als die Behauptung, dass es in der Welt Gegenstände gibt, die die Eigenschaft Mensch-zu-sein nicht haben? Bedeutet die Tatsache, dass ein Gegenstand als ein Nicht-F-Objekt bezeichnet werden kann, dass man neben der Eigenschaft F eine entsprechende negative Eigenschaft einführen muss, oder handelt es sich dabei lediglich darum, dass der betreffende Gegenstand die Eigenschaft F nicht hat? Wir haben gesehen, dass die Negation auch ein großes Thema für Meinong war. Schon der von Brentanos Begriffsempirismus beeinflusste junge Meinong behauptete, dass uns in einer einfachen Vorstellung keine Negativa gegeben sein könnten; und als er um 1902 seine reife Theorie der propositionalen Intentionalität entwickelte, behauptete er unmissverständlich, dass die Negation „niemals Sache des Vorstellens“ sei; „wo immer sich daher eine Negation vorfindet, dort ist der Bereich bloßen Vorstellens ganz gewiss überschritten.“ (Meinong 1910, S. 9) Die Negation setzt immer eine negative Annahme (bzw. ein negatives Urteil) voraus. Negativa sind also nach dem späten Meinong schlicht und einfach unvorstellbar. Diese Lehre muss man, wie es scheint, so verstehen, dass die negativen Eigenschaften nur auf einem Umweg über eine Art Abstraktion aus den negativen Objektiven zu erreichen sind, und so liegt es nahe, dass Meinong ein an und für sich sehr plausibles Prinzip akzeptiert, das wir im Folgenden das Prinzip der Eliminierbarkeit der negativen Eigenschaften nennen wollen. Dieses Prinzip besagt, dass eine Prädikatsnegation (eine interne Negation, wie z.B. im Satz „Hans ist nicht-fleißig“) immer zugunsten einer Satznegation (einer externen Negation, wie im Satz „Es ist nicht der Fall, dass Hans fleißig ist“) eliminiert werden kann, und zwar nach dem Muster: Ein Gegenstand a hat die Eigenschaft Nicht-F genau dann, wenn es nicht der Fall ist, dass a die Eigenschaft F hat. Im Folgenden bezeichnen wir die negative Entsprechung der Eigenschaft F als „∗ F“. Die syntaktische Form „∗ F“ soll dabei als das Ergebnis der Anwendung einer negierenden Operation ∗ betrachtet werden. Die Eigenschaft ∗ F hat also eine syntaktische Struktur, die uns insbesondere erlaubt, in den Bereich des ∗ -Operators zu quantifizieren, wie es z.B. in der folgenden Formulierung des ontologischen Prinzips des aus-
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geschlossenen Dritten (dessen Richtigkeit zunächst dahingestellt sei) der Fall ist: ∀x∀ x ∨ ∗ x Wenn wir diese Konventionen annehmen, dann kann das Prinzip der Eliminierbarkeit der negativen Eigenschaften folgendermaßen ausgedrückt werden: ∗/¬
∀x∀ ∗ x ≡ ¬ x
Dieses Prinzip ist prima facie sehr attraktiv. Eine gute Unterstützung liefert ihm die übliche Semantik für die Prädikatenlogik erster Stufe. Diese Semantik interpretiert nämlich die Eigenschaften als Mengen von Gegenständen aus einer Domäne D, wobei gilt, dass, wenn die Eigenschaft F die Menge M ist, die Eigenschaft ∗ F als das Komplement von M (d.h. als die Menge x ¬x ∈ M interpretiert wird. Eine solche Semantik finden wir normalerweise ganz plausibel; man sieht aber auf den ersten Blick, dass sie von vornherein so festgelegt wird, damit die Gültigkeit des Prinzips ∗ /¬ erhalten bleibt. Im Rahmen der Philosophie Meinongs wird aber diese Semantik und damit auch das Prinzip ∗ /¬ in Frage gestellt. Wir finden dort nämlich sowohl unvollständige als auch widersprüchliche Gegenstände, was zur Folge hat, dass die Menge der Gegenstände, die die Eigenschaft ∗ F haben, nicht als das Komplement der Menge der Gegenstände, die die Eigenschaft F haben, angesehen werden kann. Ein widersprüchlicher Gegenstand ist ein Gegenstand, der sowohl eine bestimmte positive Eigenschaft als auch ihre negative Entsprechung hat: D1
a ist widersprüchlich =Df ∃ a ∧ ∗ a
Mit einem unvollständigen Gegenstand haben wir hingegen dann zu tun, wenn es eine Eigenschaft gibt, die so ist, dass weder sie noch ihre negative Entsprechung von diesem Gegenstand gehabt wird: D2
a ist unvollständig =Df ∃ ¬ a ∨ ∗ a
342
kapitel 7
Wenn wir annehmen, dass das Prinzip ∗ /¬ für alle Meinong’schen Gegenstände gilt, dann führen sowohl die widersprüchlichen als auch die unvollständigen Gegenstände zu einem Widerspruch in der Theorie. Aus (D.1) und ∗ /¬ erhalten wir nämlich direkt die Konsequenz, dass für jeden widersprüchlichen Gegenstand gilt, dass ∃ a ∧ ¬ a und für jeden unvollständigen Gegenstand gilt dieselbe Konsequenz, wenn wir das Definiendum ∃ ¬ a ∨ ∗ a zunächst nach dem de Morgan’schen Muster durch ∃ ¬ a ∧ ¬∗ a ersetzen und dann das zweite Konjunkt ¬∗ a entsprechend dem Prinzip ∗ /¬ als ¬¬ a umschreiben. Wir erhalten dann: ∃ ¬ a ∧ ¬¬ a Unter Voraussetzung des Prinzips ∗ /¬ muss also jede Theorie der Meinong’schen Gegenstände selbst inkonsistent sein.14 Es gibt Meinongianer, die angesichts dieser Konsequenzen argumentieren, dass die Meinong’schen Gegenstände in Wirklichkeit keine offenen Widersprüche, wie es in der Definition (D.1) der Fall ist, involvieren dürfen.15 Es gibt aber auch andere Versuche, die zeigen, dass selbst, wenn wir die widersprüchlichen Gegenstände ontologisch ernst nehmen, die Meinong’sche Gegenstandstheorie als eine konsistente Theorie betrachtet werden kann. Dazu muss man aber das Prinzip ∗ /¬ außer Kraft setzen.16 14
Das war eines der Argumente, die Russell gegen Meinongs Theorie vorbrachte. Vgl. Russell 1905a. 15 Diesen Weg schlägt z.B. Parsons vor. Vgl. Parsons 1980, S. 39. 16 Vgl. dazu z.B. Routley 1980, S. 91 ff., 192 ff.
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In Wirklichkeit gilt das Prinzip ∗ /¬ nicht nur für alle aktuellen, sondern auch für alle möglichen Gegenstände. Wenn wir im Universum möglicher Gegenstände operieren, dann teilt jede Eigenschaft F dieses Universum glatt in zwei Teile:
{x: Fx}
{x: *Fx} {x: ¬Fx}
Meinongs Universum sieht aber anders aus. Außer den möglichen Gegenständen, für die das Prinzip ∗ /¬ gilt, enthält es sowohl widersprüchliche als auch unvollständige Gegenstände. Wir können dies durch das folgende Schema illustrieren: Das Prinzip ¬(Fa und *Fa)
gilt
Das Prinzip Fa oder *Fa
gilt
gilt nicht
(1)
(2)
mögliche Gegenstände
unmögliche Gegenstände
widerspruchsfrei und vollständig
widersprüchlich und vollständig
(3) gilt
(4)
unmögliche Gegenstände
unmögliche Gegenstände
widerspruchsfrei, aber unvollständig
widersprüchlich und unvollständig
nicht
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kapitel 7
Nur im ersten Viertel unseres Quadrats teilt jede Eigenschaft F die Gegenstände in zwei Untermengen. Im zweiten Viertel, in dem der Satz vom Widerspruch nicht gilt, finden wir für jede Eigenschaft F Gegenstände, die sowohl F als auch ∗ F sind. Im dritten Viertel, in dem das Prinzip des ausgeschlossenen Dritten außer Kraft gesetzt wird, finden wir für jede Eigenschaft F Gegenstände, die weder F noch ∗ F sind. Und im vierten Viertel, in dem die Gegenstände platziert werden, die von beiden Anomalien betroffen sind, finden wir für jedes Paar von Eigenschaften F und G Gegenstände, die sowohl F als auch ∗ F sind und die weder G noch ∗ G sind. Wichtig ist jedoch die Tatsache, dass, wenn wir das Prinzip ∗ /¬ außer Kraft setzen, diese Gegenstände zu keinen Widersprüchen innerhalb der Gegenstandstheorie führen müssen. Wenn nämlich Gegenstand a widersprüchlich ist, dann gilt, dass ∃ a ∧ ∗ a Nehmen wir an, dass es sich um die Eigenschaft F handelt. Es gilt also, dass Fa ∧ ∗ Fa Aus diesem Satz folgt aber nicht, dass Fa ∧ ¬Fa Denn das zweite Konjunkt „¬Fa“ lässt sich aus dem Satz „Fa ∧ ∗ Fa“ nicht ableiten.17 Ganz im Gegenteil, wenn a die Eigenschaft F hat, was das erste Konjunkt von „Fa ∧ ∗ Fa“ besagt, dann gilt, dass ¬¬Fa und da der Gegenstand a außerdem auch die Eigenschaft ∗ F hat, gilt auch, dass ¬¬∗ Fa Meinong unterscheidet explizit zwischen einem „Nichtsosein“ ∗ Fa) und einem „Nichtsein eines Soseins“ ¬Fa. Nur ein Nichtsein eines Soseins ¬Fa betrachtet er dabei als ein Objektiv höherer Ordnung. Vgl. Meinong 1915, S. 173.
17
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Auch aus dem Meinong’schen Sein eines unvollständigen Gegenstands, der bezüglich der Eigenschaft F unbestimmt ist, folgt kein Widerspruch. Es gilt zwar, dass solche Gegenstände die Eigenschaft F nicht haben (¬Fa,18 es folgt aber daraus keineswegs, dass sie ∗ F sind. Ein unvollständiger Gegenstand, der bezüglich der Eigenschaft F unbestimmt ist, hat weder F noch die entsprechende negative Eigenschaft ∗ F: ¬Fa ∧ ¬∗ Fa Es war lediglich das Prinzip ∗ /¬, das uns erlaubte, von ¬Fa auf ∗ Fa zu schließen, was zu einem Widerspruch in der Gegenstandstheorie führt. Die Distribution der Eigenschaften F und F∗ in einer Meinong’schen Welt sieht also folgendermaßen aus:
(3) {x: Fx und *Fx} (1)
(2) {x: Fx}
{x: *Fx}
{x: ¬*Fx}
{x: ¬Fx} (4)
{x: ¬Fx und ¬*Fx}
Einerseits haben wir die Menge von Gegenständen, die F sind 1 ∪ 3, andererseits die Menge von Gegenständen, die ∗ F sind 18
Diese Interpretation der Form „¬Fa“, nach der sie nicht nur auf einen vollständigen und nicht-widersprüchlichen Gegenstand, der ∗ F ist, sondern auch auf einen bezüglich der Eigenschaft F unvollständigen Gegenstand (d.h. einen Gegenstand, der weder F noch ∗ F ist) zutrifft, nennt Meinong eine „erweiterte Negation“. Vgl. Meinong 1915, S. 174.
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2 ∪ 3. Diese zwei Mengen haben allerdings einen gemeinsamen Teil (3), in dem sich diejenigen Gegenstände befinden, die zugleich F und ∗ F sind. Außerdem gibt es noch Gegenstände, die weder F noch ∗ F sind (nämlich im Teil (4)). Im Zusammenhang mit unserem Schema kann aber ein weiteres Problem für die Meinong’sche Theorie auftauchen. In unserem Universum finden wir nämlich die Menge von Gegenständen, die die Eigenschaft F nicht haben – die Menge x ¬Fx . Können wir aber aus der Bedingung „¬Fx“ nicht die Eigenschaft x¬Fx abstrahieren, für die die Äquivalenz ∀xx¬Fxx ≡ ¬Fx definitorisch gilt? Nennen wir eine solche Eigenschaft die supernegative Eigenschaft (in Bezug auf F) und bezeichnen wir sie als #F. Können wir jetzt nicht einen Meinong’schen Gegenstand „annehmen“, der sowohl die Eigenschaft F als auch die Eigenschaft #F hat und dementsprechend seine Gegenstandstheorie doch inkonsistent macht? Wenn wir diese Möglichkeit ausschließen möchten, müssen wir die Anwendbarkeit des Abstraktionsprinzips einschränken. Wir müssen annehmen, dass es im Grunde nur für nicht-negierte Kontexte gilt und dass die negativen Eigenschaften nur auf dem Weg eingeführt werden können, dass sie aus den positiven Eigenschaften durch den *-Operator gebildet werden. 10. Ein Negativer Exemplifizierungsnexus Das Problem besteht aber darin, ob man im Rahmen der Gegenstandstheorie Meinongs überhaupt eine plausible Interpretation für eine negative Eigenschaft ∗ F finden kann, für die das Prinzip der Eliminierbarkeit der negativen Eigenschaften nicht gelten würde. Wie gesagt ist dieses Prinzip an und für sich prima facie sehr attraktiv und plausibel. Und was Meinong betrifft, so hat er doch behauptet, dass Negativa unvorstellbar sind. Alle negativen Eigenschaften sind als Abstraktionen aus den negativen Objektiven zu verstehen. Was könnte das Prinzip der Eliminierbarkeit der negativen Eigenschaften noch näher legen?
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Es scheint auf jeden Fall, dass im Rahmen einer „Meinong’schen“ Sprache alle Prädikate zunächst als „positiv“ definiert werden müssen19 und die Negation primär als eine Satznegation gesehen werden muss. Wenn man aber dann die so genannte Lambda-Abstraktion zulässt, die uns erlaubt, aus einem beliebigen Satz eine Eigenschaft zu abstrahieren, dann können wir die negativen Eigenschaften in einer einfachen Weise „ableiten“. Aus jedem positiven Satz der Form „Fa“ können wir nämlich die Eigenschaft xFx) erhalten, die dieselbe Eigenschaft ist, die durch das Prädikat „F“ bezeichnet wird, so dass der Satz „xFxa“ soviel besagt wie „Fa“; und aus jedem negativen Satz der Form „¬Fa“ können wir in analoger Weise die Eigenschaft x¬Fx erhalten. Wenn wir aber die negativen Eigenschaften als solche Abstraktionsprodukte betrachten, dann liegt es nahe anzunehmen, dass auch in ihrem Fall (genauso wie bei den so abstrahierten positiven Eigenschaften) der Satz x¬Fxa dem Satz ¬xFxa und somit dem Satz ¬Fa logisch äquivalent sein muss. Das bedeutet aber, dass das folgende Prinzip der Eliminierbarkeit der negativen Eigenschaften: ∀y∀ x¬ xy ≡ ¬ y gilt, was uns zum Ausgangspunkt zurückführt, nämlich zur These, dass die Einführung der unvollständigen und widersprüchlichen Gegenstände 19
Vgl. „[N]egative Gegenstände (von der Form Non-A) sind stets auf positive Gegenstände (von der Form A) als auf ihre Inferiora gebaut, sie sind selbst Gegenstände höherer Ordnung.“, Meinong 1910, S. 12.
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die ganze Gegenstandstheorie zu einer inkonsistenten Theorie macht, was nur um den Preis einer (zumindest partiellen) Außerkraftsetzung der klassischen Logik vermieden werden könnte. Bevor wir weitergehen, müssen wir einen Punkt klarstellen. Meinongs These, dass die negativen Eigenschaften gewissermaßen kognitiv sekundär sind, muss im Licht seiner späten Theorie nicht unbedingt ihre gegenstandstheoretische Sekundärität bedeuten (und zwar unabhängig von der Frage, ob sie letztlich zugunsten der Satznegation eliminierbar sind oder nicht). Alle negativen Eigenschaften sind Abstraktionen aus Objektiven. Sie sind keine „direkt gegebenen“ Negativa, sondern müssen erst auf einem Umweg über negative Objektive konstruiert werden. Das alles ist zwar perfekt wahr, ebenso wahr ist aber, dass nach dem späten Meinong überhaupt alle prädizierbaren Eigenschaften solche Abstraktionen aus Objektiven darstellen. Was also die Ebene der prädizierbaren Eigenschaften betrifft, scheinen positive und negative Eigenschaften völlig gleichberechtigt zu sein. Beide setzen Objektive voraus. Die gegenstandstheoretische Ebene, auf der die Negativität wirklich im Nachteil ist, ist also erst die Ebene der einfachen vorstellbaren Elemente, die als solche noch in keiner ontologischen Verbindung mit anderen derartigen Elementen stehen können und auf die wir uns nach Meinong manchmal durch Verben und Adjektive beziehen, wenn wir sie in einer sehr ungewöhnlichen „absoluten“ Bedeutung verwenden. Wenn wir uns an unsere Notation erinnern, in der der Satz „Fa“ als „ExF a“ dargestellt wird, dann sehen wir, dass die Form einer prädizierbaren Eigenschaft gewissermaßen durch ein Wegnehmen des Subjekts unter Beibehaltung des Exemplifizierungsnexus (Ex) entsteht. Wenn wir jetzt wieder die Lambda-Abstraktion erlauben, dann sieht eine positive Eigenschaft folgendermaßen aus: xExF x während ihre negative Entsprechung folgende Form hätte: x¬ExF x Der Primat der Positivität wird erst dann deutlich, wenn wir auch den Exemplifizierungsnexus wegnehmen und zum einfachen Element [F] gelangen.
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Der Sinn der These Meinongs, dass Negativa „unvorstellbar“ sind, liegt in der Voraussetzung, dass sich die Bezeichnung „[F]“ ausschließlich auf „positive“ Gegenstände bezieht. Das Prädikat, das man für „F“ substituieren darf, kann also nicht etwa „ist nicht weiß“ oder „schläft nicht“ sein. Der syntaktische locus der Negation liegt erst im Objektiv. Die Negation ist eine syntaktische Operation, die man auf ein (positives) Objektiv anwendet. Das bedeutet aber natürlich, dass auch hier das Prinzip der Eliminierbarkeit der negativen Eigenschaften gilt, und zwar in der folgenden Form: ∀y∀ x¬Ex xy ≡ ¬ y So etwas wie ein primitives Negativum, das man vielleicht als [¬F] bezeichnen könnte, gibt es bei Meinong definitiv nicht, und so gibt es auch keine Hoffnung, dass man einen negativen Satz de Form Ex¬F a bilden könnte, bei dem das entsprechende Prinzip der Eliminierbarkeit ∀y∀ xEx¬ xy ≡ ¬ y nicht gelten würde. Der Schluss, dass man eine massive innere Inkonsistenz der Meinong’schen Gegenstandstheorie nur dadurch vermeiden kann, dass man zumindest für einige ihrer Bereiche die klassische Logik außer Kraft setzt, scheint immer näher zu rücken. Im Rahmen von Meinongs Theorie schöpfen aber die zwei genannten Möglichkeiten (Negation als eine „externe“ Satzkonjunktion der syntaktischen Kategorie s/s und Negation als ein Prädikatmodifikator der syntaktischen Kategorie n/s / n/s) nicht das ganze Interpretationsspektrum aus. Der Grund dafür liegt darin, dass wir in der Form „ExF a“ ein syntaktisches Element finden, das in der Form „Fa“ fehlt. Dieses Element ist natürlich der Exemplifizierungsnexus, und so können wir noch versuchen, die Negation in diesen Nexus zu verlegen. Um das zu erreichen, müssen wir eine negative Exemplifikation zulassen, die wir als „NEx“ bezeichnen und die besagt, dass ein bestimmter Gegenstand
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eine bestimmte Eigenschaft nicht hat.20 Die Form einer negativen Eigenschaft, die ihr Dasein einem solchen negativen Exemplifizierungsnexus verdankt, wäre also die folgende: xNExF x während eine negative Eigenschaft, die auf der externen Satznegation basiert, weiterhin wie bisher aussieht: x¬ExF x Die Idee der negativen Eigenschaften, die ihre Negativität aus dem negativen Exemplifizierungsnexus erwerben, respektiert Meinongs These, dass Negativa unvorstellbar sind. Das, was vorstellbar ist, sind nur die einfachen Elemente der Form [F], und diese bleiben weiterhin ausnahmslos positiv. Die Negation taucht erst dort auf, wo solche einfachen Elemente miteinander verbunden werden, und das ist bei Meinong die Ebene der Objektive. Man muss jetzt nur annehmen, dass das Prinzip der Eliminierbarkeit der negativen Eigenschaften, die aus dem negativen Exemplifizierungsnexus resultieren ∀y∀ xNEx xy ≡ ¬ y nicht gilt. Diese Interpretation erklärt uns, warum Meinong zwischen einem „Nichtsosein“ (a ist nicht F) und einem „Nichtsein eines Soseins“ (es ist nicht der Fall, dass a F ist scharf unterscheidet (vgl. Meinong 1915, S. 173) und zugleich jede Negation auf der Ebene der Objektive situiert. Die negative Kopula „ist nicht“ ist nämlich ernst zu nehmen. Sie kann weder durch die negativen Eigenschaften (wie in Brentanos Reform der Logik), noch durch die externe Satznegation wegerklärt werden. Unsere Interpretation erklärt auch, warum nur ein Nichtsein eines Soseins (es ist nicht der Fall, dass a F ist) von Meinong als ein Objektiv höherer Ordnung betrachtet wird. Hier haben wir es mit dem Fall zu tun, in dem 20
Dies entspricht zum Teil der Auffassung Bergmanns. Vgl. Bergmann 1967, S. 368.
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ein „fertiger“ propositionaler Inhalt (nämlich, dass a F ist) „äußerlich“ negiert wird. Im Fall eines Nichtsoseins (aist nicht F, das im negativen Exemplifizierungsnexus besteht, haben wir es mit einer primitiven Form zu tun. Die Lehre von einem negativen Exemplifizierungsnexus kann sich übrigens auf eine sehr prominente Quelle berufen, und zwar auf die berühmte aristotelische Urteilslehre, die vom Verbinden und Trennen spricht. (Vgl. Metaphysik, 1051a 34–1051b 9) Aristoteles, der allem Anschein nach die These der Positivität aller ontologisch ernst zu nehmenden Eigenschaften vertrat, verwendet in seiner Syllogistik keine Individuen- und Prädikatenzeichen. Er operiert stattdessen mit allgemeinen Termen, die auf vier verschiedene Weisen verbunden werden können:
affirmativ (AfIrmo)
allgemein
SaP Jedes S ist P
negativ (nEgO)
SeP Jedes S ist nicht P (= Kein S ist P)
partikulär
SiP
SoP
Ein S ist P
Ein S ist nicht P (= Nicht jedes S ist P)
Diese Aufteilung der Urteile beruht auf der Auffassung, dass jedes Urteilen ein Verbinden oder ein Trennen von zwei Elementen (von aristotelischen allgemeinen Formen) involviert. Wir nehmen an, dass die beste Interpretation für eine Meinong’sche negative Eigenschaft, die dem Prinzip der Eliminierbarkeit der negativen Eigenschaften trotzt, eben die Form „xNExF x“ ist.
KAPITEL 8
DIE LOGIK DES AUSSERSEINS1
Die ausgezeichnete Stellung, die Alexius Meinong in der Geschichte der Ontologie einnimmt, hat er in erster Linie seiner Idee des Außerseins zu verdanken. Er war der erste Philosoph, der in systematischer Weise eine Disziplin in Angriff nahm, die im Vergleich zu der Disziplin, die man traditionell Metaphysik oder Ontologie nennt, viel allgemeiner sein sollte. Die Metaphysik untersucht das Seiende als Seiendes, und die seienden Entitäten bilden – so die These Meinongs – nur ein kleines Fragment dessen, was man unter dem Namen „Gegenstandstheorie“ untersuchen kann. Die Gegenstände als solche sind, wie es Meinong sagt, „außerseiend“, was bedeutet, dass sie bezüglich ihres Seins bzw. Nichtseins neutral sein sollen. Soweit der historische Meinong. Wenn wir aber seine Philosophie vom systematischen Standpunkt her betrachten, dann stellt sich die Frage, wie diese Seinsneutralität zu verstehen ist. Es gibt drei prima facie plausible Möglichkeiten, wie man sie mittels der technischen Werkzeuge der zeitgenössischen Logik in den Griff bekommen kann. Die Meinong’sche Philosophie kann als (i) eine Erweiterung der Ontologie, als (ii) eine ontologisch nicht-verpflichtende Deutung von Quantoren oder als (iii) eine Version der free logic interpretiert werden. 1. Das Quantifizieren von nicht-existierenden Gegenständen Jeder, der von Meinong gehört hat, kennt auch seine berühmte, bewusst paradoxe These: (1)
,,Es gibt Gegenstände von denen gilt dass es dergleichen Gegenständen nicht gibt “Meinong 1904 S 490
1
Dieses Kapitel ist eine leicht gekürzte Version des Aufsatzes Chrudzimski 2005a.
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kapitel 8
Meinongs Argumentation für diese These geht davon aus, dass es Wahrheiten gibt, die offensichtlich auf nicht-existierende Gegenstände zutreffen. So ist nach Meinong der goldene Berg tatsächlich aus Gold und das runde Dreieck tatsächlich rund. Wenn aber diese Prädikationen wirklich wahr sind, dann muss es in einem gewissen Sinne auch Gegenstände geben, von denen man die entsprechenden Eigenschaften prädiziert.2 Die natürliche Übersetzung von (1) in symbolische Sprache wäre daher: (2)
∃x¬E!x
wobei „∃“ der Existenz-Quantor und „E!“ das Existenz-Prädikat ist. 2
Lambert (1983) zeigt, dass man bei dieser Argumentation eine bestimmte Prädikationstheorie voraussetzt, die an sich nicht selbstverständlich ist. „Roughly it [the traditional theory of predication] says that the truth-value of a predication depends on whether what is said of the object specified by its singular term (or terms) is true (or false) of that object (or objects). However, there is also an important constraint on the traditional theory adopted by Russell and Frege, but rejected by Meinong. It says, roughly, that the objects specified in a predication must have being.“, Lambert 1983, S. 40. „The core of the traditional theory of predication, in Quinean language, is that a statement has a logical form of predication just in case it consists of an n-place general term joined to n singular terms and is true (or false) according as that general term is true (or false) of the n-tuple of objects specified by n singular terms, or of the object specified by the singular term if n = 1. (n is greater than or equal to 1.) The core principle so expressed will be designated as CT. It is worth emphasizing that in CT all singular terms must refer to objects.“, Lambert 1983, S. 44. Als Beispiel einer alternativen Prädikationstheorie zitiert Lambert Quine: „Predication joins a general term and a singular term to form a sentence that is true or false according as the general term is true or false of the object, if any, to which the singular term refers.“, Quine 1960, S. 196. Lambert betont den Zusatz „if any“, der sich in Quines Formulierung findet. (Lambert 1983, S. 77) Nach dieser Formulierung bleibt es nämlich eine offene Frage, wie der Wahrheitswert des Satzes bestimmt wird, wenn es kein Objekt gibt, auf das sich der singuläre Term bezieht. Man kann behaupten (wie die Vertreter der sogenannten „negative free logic“), dass alle solchen Sätze zwangsläufig falsch sind. Man kann aber auch einige solche Sätze als wahr betrachten, wie es die Anhänger der „positive free logic“ tun. „[W]hen a predicational statement contains an irreferential term, the particular way in which that statement is assessed for truth-value may vary considerably from one [ ] theorist to another, partly depending on the purpose at hand, be it an analysis of fictional discourse or an analysis of attribution, or whatever may be.“, Lambert 1983, S. 83. Vgl. auch Lambert 1986 und Lambert 1995, S. 130 ff.
die logik des ausserseins
355
Wir sind sehr oft geneigt, den Sinn von „es gibt“, der durch den Existenz-Quantor ausgedrückt wird, mit dem gleichzusetzen, was das Existenz-Prädikat ausdrückt. Die ganze logische Theorie der Quantifizierung, so wie sie von Frege entwickelt wurde, war ja als Präzisierung unseres Existenzbegriffs gedacht, der normalerweise durch ein (Schein-) Prädikat „ist“, „es gibt“ oder „existiert“ ausgedrückt wird. Freges Formalisierung des Existenzbegriffs ersetzt aber die umgangssprachliche Prädikation durch eine syntaktische Struktur, bei der sich Existenz nicht nur als kein „reales“, sondern überhaupt als kein grammatisches Prädikat erweist. Der Satz „a existiert“ wird konsequenterweise als syntaktisch nicht wohlgeformt angesehen. (Vgl. Frege 1879) Folgt man hingegen unserer Übersetzung (2), so erfahren wir, dass es im Sinne „∃“ Gegenstände gibt, die es im Sinne „E!“ nicht gibt. In einer logisch geordneten Sprache, die der Philosophie Meinongs Rechnung trägt, muss man also zwei Weisen unterscheiden, in denen man „es gibt“ sagen kann – zwei Weisen, die zwei verschiedene Sinne von „es gibt“ ausdrücken. Daraus ergibt sich die Aufgabe, diese zwei Sinne zu präzisieren. 2. Die ontologisch robuste interpretation Außer Frege und Russell gibt es wahrscheinlich niemanden, dessen Einfluss auf die zeitgenössische analytische Philosophie mit dem Einfluss Quines vergleichbar ist. Und zu den Überzeugungen, die Quine am erfolgreichsten verbreitet hat, gehört die Überzeugung, dass der grammatische locus der ontologischen Verpflichtung in den quantifizierten Variablen liegt. (Vgl. Quine 1948) Wenn wir dieser Auslegung folgen, dann scheint es, dass die Wahrheit von These (2) eine Erweiterung der Ontologie mit sich bringt. Die These besagt dann, dass es außer den Gegenständen, die von Philosophen und Laien als „existierend“ bezeichnet werden, noch andere gibt, wobei dieses „es gibt“ einen ontologisch verpflichtenden Sinn hat.3 3
Die Terminologie, die Meinong benutzt, ist ein wenig kompliziert. Er unterscheidet nämlich zwei Arten des aktuellen Seins. Die sogenannten realen Gegenstände (wie Tische und Äpfel) können existieren, die idealen Gegenstände (wie Zahlen oder Sachverhalte, die Meinong Objektive nennt) können nur bestehen. Alle bestehenden idealen
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kapitel 8
Es ist der engere vormeinongsche Existenzbegriff, der in der Formel (2) durch das Prädikat „E!“ ausgedrückt wird. Im Sinne „E!“ gibt es keine goldenen Berge und keine dreieckigen Kreise. Solche Gegenstände „gibt es“ jedoch im Sinne Meinongs. Und dieser Sinn wird jetzt durch den Existenz-Quantor ausgedrückt, was nach Quine impliziert, dass es gerade dieser Sinn ist, der ontologisch maßgebend ist. Das Prädikat „E!“ erscheint aus dieser Perspektive wie jedes andere Prädikat. Bis Meinong haben wir fälschlicherweise geglaubt, dass dieses Prädikat auf alle Gegenstände zutrifft. Deswegen haben wir es auch gelegentlich durch einen Existenz-Quantor ausgedrückt – eine Konvention, die dazu führen würde, dass der Satz (1) tatsächlich eine explizit widersprüchliche Form bekäme: (3)
∃x¬∃yx = y
Die Übersetzung (3) ist aber nicht korrekt. Der engere Existenzbegriff sollte nicht durch einen Existenz-Quantor, sondern durch ein ExistenzPrädikat ausgedrückt werden. Und da es Gegenstände gibt, für die das Existenz-Prädikat nicht gilt, gibt es auch ein „es gibt“, das umfassender ist als unser vertrauter Existenzbegriff. Nur dieses „es gibt“ sollte in einer logisch einwandfreien Sprache durch einen Existenz-Quantor ausgedrückt werden. Unser Existenzbegriff wird hingegen zu einem „fast normalen“ Prädikat „E!“4 degradiert, das aus dem Bereich dessen, was es gibt, den engeren Unterbereich der existierenden Entitäten ausschneidet.
Gegenstände (wie z.B. der Sachverhalt, dass Schnee weiß ist) sind also nach Meinong nicht-existierend. Unter den nicht-exstierenden Gegenständen gibt es aber auch solche, die weder existieren noch bestehen (wie z.B. ein rundes Dreieck, ein goldener Berg und der Sachverhalt, dass Schnee rosarot ist). Im Folgenden vereinfachen wir diese Terminologie und verwenden das Wort „existieren“ in Bezug auf beide Gruppen von Gegenständen. Wenn wir also von den nicht-existierenden Gegenständen sprechen, dann handelt es sich um diejenigen Entitäten, die nach der originalen Meinong’schen Terminologie weder existieren, noch bestehen. 4 Dieses Prädikat ist aber lediglich „fast normal“. Wie die bekannte Kritik Russells gezeigt hat, kann die Existenz im Rahmen des Meinong’schen Systems keineswegs als eine normale Eigenschaft betrachtet werden. Wir haben darüber bereits im Abschnitt 5.5 gesprochen.
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3. Quantoren ohne ontologische Verpflichtungen Trotz des immensen Einflusses Quines sind nicht alle Philosophen mit seiner ontologisch verpflichtenden Deutung der Quantoren zufrieden.5 Gerade bei der Interpretation der Philosophie Meinongs müssen wir äußerst vorsichtig sein, wenn wir uns dabei auf Quine berufen. Denn Quines Theorie ist gewissermaßen der Höhepunkt einer Entwicklung, die von Anfang an eindeutig antimeinongisch war. Diese Entwicklung beginnt mit der Russell’schen Theorie der Kennzeichnungen.6 Durch diese Theorie wollte Russell zeigen, dass man in Wahrheit keine Meinong’schen Gegenstände braucht. Die Aussagen, die Meinong bevorzugt, wie z.B. (4)
Der goldene Berg ist aus Gold
seien irreführend. Sie hätten die oberflächengrammatische Form einer Prädikation, in der man eine Eigenschaft von einem nicht-existierenden Gegenstand aussagt. Ihre logische Form sehe aber ganz anders aus. Der Satz (4) sollte beispielsweise folgendermaßen übersetzt werden: (5)
∃xBx ∧ Gx ∧ ∀yBy ∧ Gy ⊃ y = x ∧ Gx
wobei die Prädikate „B“ und „G“ als „ist ein Berg“ und „ist aus Gold“ zu lesen sind. Da die intendierte Bedeutung des Russell’schen ExistenzQuantors unserem „normalen“ (d.h. aus der Meinong’schen Perspektive einem „engen“) Existenzbegriff entspricht, erweist sich der Satz, den Meinong für wahr gehalten hat, nach der Russell’schen Übersetzung als falsch. Und das ist, behauptet Russell, die einfachste Weise, in der man mit den nicht-referierenden singulären Termen umgehen kann. Sie sind nur angebliche Terme, da ihre logische Form nur Prädikate und quantifizierte Variablen enthält, wobei die Kombination dieser Prädikate durch keinen Gegenstand erfüllt ist. 5
Prior schreibt: „,To be a value of a bound variable is to be‘ is just a piece of unsupported dogma [ ].“, Prior 1971, S. 48. Vgl. auch Lejewski 1955, Lejewski 1970, Lejewski 1985/86, Prior 1971, S. 35–48, Geach 1951, Alston 1958. 6 Russell 1905a.
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kapitel 8
Quine geht noch einen Schritt weiter. Wenn wir die entsprechenden Sätze gemäß den Russell’schen Richtlinien wirklich vollständig analysieren, dann sehen wir, behauptet er, dass wir gar keine Eigennamen brauchen. Jeder Eigenname kann nämlich nach Quine in ein entsprechendes Prädikat umgewandelt werden. Der Satz (6)
Sokrates denkt
wird beispielsweise zum Satz (7)
∃xx sokratisiert ∧ ∀yysokratisiert ⊃ y = x ∧ x denkt
und der Satz (8)
Pegasus fliegt
soll als (9)
∃xx pegasiert ∧ ∀yy pegasiert ⊃ y = x ∧ x fliegt
gelesen werden. Da die Prädikate, die in einer Sprache vorkommen, nach Quine nur deren „Ideologie“ und nicht deren „Ontologie“ darstellen, kommen nach Eliminierung aller Eigennamen nur noch die quantifizierten Variablen als der grammatische Platz der ontologischen Verpflichtung in Frage. Die Interpretation der Meinong’schen Lehre, die wir oben dargestellt haben und die wir im Folgenden als „Meinong1 “ bezeichnen werden, steht mit dem Geist der Auffassung Quines nicht im Widerspruch. Auch Meinong1 behauptet ja, dass die ontologischen Verpflichtungen einer Theorie durch die grammatische Struktur der Quantifizierung ans Licht kommen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass Meinong1 in seinem Universum sozusagen „mehr“ Entitäten hat, indem er seine Ontologie um den Bereich nicht-existierender Gegenstände erweitert. Nachdem wir uns das alles klargemacht haben, ist natürlich die Frage nahe liegend, ob unser Meinong1 dem historischen Meinong entspricht. Da die Auffassung Quines aus einer eindeutig antimeinongschen Einstellung resultierte, sollte man vielleicht eine Interpretation suchen, die zwischen der Auffassung Meinongs und derjenigen Quines eine viel tiefere Kluft sieht als bloß die Tatsache, dass Meinong eine weitere Domäne der Quantifikation hat.
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Eine solche Interpretation, die wir „Meinong2 “ nennen, kann in einer ontologisch nicht-verpflichtenden Deutung von Quantoren gesucht werden. Dass man sich auf gewisse Gegenstände durch die Quantifizierung von Variablen bezieht – so behauptet ein Anhänger dieser Interpretation – entscheidet noch nichts bezüglich der eventuellen ontologischen Verpflichtungen, die man dadurch in Kauf nimmt. In einer Meinong’schen Sprache hieße das, dass (i) alle Fragen hinsichtlich der ontologischen Verpflichtungen dahingestellt bleiben, solange man Gegenstände bloß als Gegenstände betrachtet, und dass (ii) Gegenstände bloß als Gegenstände betrachtet werden können, selbst wenn man über sie quantifiziert. Das Zeichen „∃“ wird also mehrdeutig. Einerseits können wir es als einen Quine’schen Quantor interpretieren, an dem man die ontologischen Verpflichtungen der jeweiligen Theorie ablesen kann. Diesen Quantor bezeichnen wir jetzt als „∃Q “. Wie gesagt, entspricht die Quantifizierung bei Meinong1 im Grunde dem Quine’schen Modell. Deswegen könnten wir alle Thesen, in denen das Zeichen „∃“ vorkommt und die wir unserem Meinong1 zuschreiben wollen, auch so umschreiben, dass wir das Zeichen „∃“ durch das explizit Quine’sche „∃Q “ ersetzen. Der Quantor, der für Meinong2 charakteristisch ist, muss jedoch anders interpretiert werden. Er soll keine ontologischen Verpflichtungen implizieren und wird im Folgenden als „∃M “ bezeichnet. Eine Folgerung „vom Quine’schen zum Meinong’schen Quantor“ (10)
∃Q xFx ⊃ ∃M xFx
gilt, während die umgekehrte Folgerung „vom Meinong’schen zum Quine’schen Quantor“ (11)
∃M xFx ⊃ ∃Q xFx
nicht gilt.7 7
Die ontologisch unverpflichtenden Quantoren werden oft substitutional interpretiert. Auf den ersten Blick scheint es zwar, dass eine adäquate Interpretation der Meinong’schen Lehre eine gegenständliche Deutung von Quantoren voraussetzen muss (Vgl. Routley 1980, S. 81 f.), in Chrudzimski 2004b zeigten wir aber, dass man recht viel von Meinongs Ideen mit einer substitutionalen Interpretation abdecken kann.
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kapitel 8
Der ontologisch verpflichtende ∃Q -Quantor kann mit Hilfe des ∃M Quantors und des Existenz-Prädikats in einfacher Weise definiert werden: (12)
∃Q xFx ≡ ∃M xFx ∧ E!x8 4. Positive F REE L OGIC
Was aber bei einer Interpretation der Meinong’schen Lehre nicht vergessen werden sollte und was man dennoch nur allzu oft vergisst, ist die Tatsache, dass Meinong seine Theorie leider nicht in der formalisierten Sprache der Prädikatenlogik ausgedrückt hat. Meinong war Schüler von Brentano, für den noch die Termenlogik maßgebend war. Wenn wir also den berühmten Satz (1)
„[E]s gibt Gegenstände, von denen gilt, dass es dergleichen Gegenstände nicht gibt [ ].“
als (2)
∃x¬E!x
übersetzt haben, haben wir bereits eine sehr schwerwiegende interpretatorische Entscheidung getroffen. Eine andere Interpretationsmöglichkeit besteht darin, dass Meinong im Satz (1) gar nicht eine Quantifizierung vornimmt. Was er sagen will, ist vielmehr, dass es im Rahmen seiner Theorie Wahrheiten gibt, die die Form (13)
¬E!a
haben. Diese Interpretation nennen wir „Meinong3 “. Meinong3 behauptet also zum Ersten, dass es in seiner Theorie leere singuläre Terme gibt in dem Sinne, dass sie keine existierenden Designate haben. Bekanntlich ist dies aber nicht alles, was Meinong in diesem Zusammenhang sagt. Ein wichtiges Prinzip, das er von Mally übernommen hat, ist das Prinzip der Unabhängigkeit des Soseins vom Sein. Das Prinzip 8
Vgl. Routley 1980, S. 187.
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besagt, dass eine Folgerung aus einer Beschreibung eines Gegenstands auf seine Existenz, d.h. eine Folgerung der Form (14)
Fa ⊃ E!a
nicht legitim ist. Dass es in Meinongs Theorie leere singuläre Terme gibt in dem Sinne, dass sie keine existierenden Designate haben, und dass die Folgerung der Form (14) nicht logisch legitim ist, gilt natürlich sowohl für Meinong1 als auch für Meinong2 . Meinong1 akzeptiert aber die Folgerung (15)
Fa ⊃ ∃Q xFx
was bedeutet, dass nach ihm die leeren singulären Terme nicht-existierende Designate haben; und Meinong2 , der die Gültigkeit von (14) bestreitet, akzeptiert dennoch zumindest die Gültigkeit von (16)
Fa ⊃ ∃M xFx
Was hingegen Meinong3 betrifft, so akzeptiert er weder (15) noch (16). Das Prinzip der Existenz-Generalisierung (17)
Fa ⊃ ∃xFx
wird von ihm verworfen, wie immer der Existenz-Quantor (∃ interpretiert werden mag. Meinong3 folgt also den Richtlinien der sogenannten free logic, die zwar Quantoren als ontologisch verpflichtend interpretiert, die aber dennoch leere singuläre Terme zulässt. Es gibt allerdings verschiedene Auffassungen von free logic. Es gibt eine negative free logic, die alle Sätze, in denen leere singuläre Terme auftreten, als falsch klassifiziert. Es gibt aber auch eine positive Variante, die zumindest alle Sätze der Form „a = a“ für wahr erklärt, unabhängig davon, ob „a“ ein Designat hat oder nicht.9 Es ist klar, dass die Variante, die für Meinong3 in Frage kommt, nur die positive Variante sein kann. 9
Vgl. „A logical system L is a free logic iff (1) L is free of existential presuppositions with respect to the singular terms of L, (2) L is free of existential presuppositions with respect to the general terms of L, and
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kapitel 8
Im Rahmen dieser Auffassung muss das Prinzip der ExistenzGeneralisierung scheitern. Betrachten wir nur den folgenden Fall des Schemas (17): (18)
a = a ⊃ ∃xx = a
Wenn „a“ ein leerer Term (z.B. „Pegasus“) ist, dann ist der Satz „∃xx = a“ im Rahmen dieser Auffassung falsch (es gibt keinen Gegenstand, der mit Pegasus identisch ist). Die Identität „a = a“ ist aber trotzdem wahr (Pegasus ist identisch mit Pegasus). Meinongs Lieblingsbeispiele für Wahrheiten über nicht-existierende Gegenstände sind Sätze der Art: (4) Der goldene Berg ist aus Gold. Es sind Prädikationen, in denen in der Subjekt-Position eine bestimmte Kennzeichnung steht und in denen das, was prädiziert wird, in dem Subjekt-Term „bereits enthalten ist“. Es handelt sich also um analytische Sätze im engen kantischen Sinne. Jeder Satz der Form (19)
G xGx ∧ Bx
in dem „ xGx ∧ Bx“ eine unbestimmte Kennzeichnung der Form „ein x, das G und B ist“ symbolisiert, ist nach Meinong wahr,10 und zwar selbst dann, wenn der Satz (20)
E! xGx ∧ Bx
falsch ist. Ein Anhänger der positiven free logic (und somit auch unser Meinong3 sagt uns, dass in diesem Fall auch der Satz (21)
∃xGx ∧ Bx
falsch ist. (3) the quantifiers of L have existential import. [ ] A logical system L is a positive free logic iff L is a free logic and there is at least one true elementary sentence of L containing at least one empty singular term.“, Morscher/Simons 2001, S. 2. 10 Wir haben gesehen, dass es bei Meinong letztlich nur unbestimmte Kennzeichnungen gibt.
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Im Rahmen der Position von Meinong3 , in der das Prinzip der Existenz-Generalisierung außer Kraft gesetzt wird, muss man also unstimmte Kennzeichnungen als Terme interpretieren, die sich nicht in der Russell’schen Weise eliminieren lassen. Die free logic-Interpretation der Meinong’schen Philosophie erscheint auf den ersten Blick als ziemlich unplausibel. In den Schriften Meinongs finden wir nämlich sehr viele Äußerungen, die eher eine der beiden alternativen Interpretationen nahe legen. Meinong scheint zu oft und zu systematisch zu behaupten, dass es nicht-existierende Gegenstände gibt.11 Alle diese Äußerungen so umzuinterpretieren, dass man letztlich behaupten könnte, dass sie keine Quantifizierung über nichtexistierende Gegenstände involvierten und mit einer positiven Variante der free logic somit zu vereinbaren wären, ist sicherlich eine schwierige Aufgabe. Da es uns hier jedoch in erster Linie um eine Skizze von Interpretationsmöglichkeiten geht, listen wir die free logicInterpretation dennoch auf. Ihre tatsächliche Durchführbarkeit sei dahingestellt.12 5. Kennzeichnungen Das erwähnte Problem der Kennzeichnungen ist in der Tat sehr wichtig. Ein schwieriges Problem für jede Meinong’sche Philosophie ist nämlich die Frage, wie leere singuläre Terme überhaupt möglich sind. Wenn nämlich eine logische Theorie, die mit solchen Termen operiert, über ein rein formales Spiel hinausgehen soll, dann muss gezeigt werden, wie ein menschliches Wesen solche Terme benutzen und verstehen
11
Lambert behauptet z.B., dass es absolut klar ist, dass Meinong keine free logic betreibt, denn „[t]he true Meinongian [ ] quantifies over nonexistent objects.“, Lambert 1983, S. 97. Vgl. auch: „[According to Meinong] nonentities could occur as genuine subjects in true statements and could occupy all subject roles; that is to say, nonentities are amenable to the normal range of logical operations such as quantification, description, instantiation and identification [ ]. Thus Meinong’s full Independence Thesis [ ] commits him in modern logical terms not merely to free logic but to a thoroughgoing non-existential logic.“, Routley 1980, S. 25. 12 In Chrudzimski 2004b versuchten wir zu zeigen, inwiefern eine solche Interpretation doch durchführbar ist.
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kann; und es scheint, dass die Annahme, die einzige Kategorie singulärer Terme, die leer sein können, seien eben Kennzeichnungen, die einfachste Erklärung liefert. Eine Überlegung dieser Art hat wohl Russell zu seiner Theorie der bestimmten Kennzeichnungen geführt. Bei Russell gibt es nämlich nur zwei Arten, wie man Wissen von einem Gegenstand haben kann. Ein solches Wissen kann entweder (i) ein Wissen durch Bekanntschaft sein, oder (ii) ein Wissen durch Beschreibung. Einen Namen können wir nun erst dann einem Gegenstand zuordnen, wenn wir diesen Gegenstand irgendwie kennen. Kennen wir ihn durch Bekanntschaft, dann kann es sich wohl um einen genuinen Eigennamen handeln (d.h. um einen Namen, der keine Beschreibung des Gegenstands involviert); der entsprechende Gegenstand muss in diesem Fall aber existieren. Wenn wir hingegen einen Gegenstand nur durch eine Beschreibung kennen, dann ist es natürlich nicht ausgeschlossen, dass der Gegenstand in Wirklichkeit nicht existiert (nämlich dann, wenn die Beschreibung durch keinen Gegenstand erfüllt wird). Ein (vermeintlicher) Name dieses (vermeintlichen) Gegenstands hätte aber in diesem Fall eine deskriptive Bedeutung, die genau dieser Beschreibung entspricht. Konsequenterweise haben wir es dann nicht mit einem genuinen Eigennamen, sondern mit einer maskierten bestimmten Kennzeichnung zu tun. Russells Intentionalitätstheorie war recht cartesianisch. Er hat dem Wissen durch Bekanntschaft so hohe epistemische Standards auferlegt, dass er schließlich angenommen hat, genuine Eigennamen könnten nur primitivsten Gegebenheiten zugeordnet werden, so dass letztlich als „logische“ Eigennamen ausschließlich Demonstrativpronomina fungieren konnten, die Sinnesdaten bezeichnen. Vor diesem Hintergrund kann man den Fleiß, mit dem Quine alle individuellen Konstanten aus seiner Sprache zu eliminieren versuchte, verstehen. In den letzten Jahrzehnten hat sich aber das analytisch-philosophische Klima wesentlich verändert, so dass es heute geradezu in Mode ist, gegen die Russell’sche Deskriptionstheorie der Eigennamen zu rebellieren. Philosophen wie Kripke, Putnam und Evans haben in überzeugender Weise gezeigt, dass die singulären Terme, deren Bedeutung wirklich so etwas wie eine Aufzählung der identifizierenden Eigenschaften ihrer Designate enthält, äußerst selten sind. Wir beziehen uns üblicherweise
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auf Gegenstände, deren identifizierende Beschreibung uns völlig unbekannt ist, und manchmal beziehen wir uns sogar auf Gegenstände, von denen wir nur eine falsche Beschreibung haben.13 Wie eine solche Referenz möglich ist, erklärt die so genannte kausale Theorie der Eigennamen. Was die Beziehung zwischen einem Namen und seinem Gegenstand konstituiert, sind – so die Theorie – vor allem real-kausale Ketten, welche die erste Verwendung des Namens bei Anwesenheit des genannten Gegenstands (die „Taufe“) mit der Situation der aktuellen Verwendung verbinden. (Kripke 1980, S. 135) Tatsache ist also, dass die Russell’sche Deskriptionstheorie der Eigennamen heute eher unpopulär ist. Für unsere Probleme, die leere Terme betreffen, hat das jedoch sehr wenig Bedeutung. Die kausale Theorie, die die antirussellsche Revolte ermöglicht hat, ist nämlich in unserem Fall prinzipiell unanwendbar, denn man müsste uns erst erklären, wie eine kausale Beziehung zu einer nicht-existierenden Entität zustande kommt und wer eine solche Entität „taufen“ könnte, um dann ihren Namen weiterzugeben. Der Auffassung, dass zumindest im Fall aller nicht-existierenden Entitäten die vermeintlichen Namen maskierte Kennzeichnungen sind, ist also schwer zu widerstehen. Doch unabhängig davon, ob sich letztlich eine plausible Theorie formulieren lässt, die die Möglichkeit leerer genuiner Eigennamen erklären würde, können wir sicher sein, dass nach Meinong alle solche Namen in der Tat maskierte Kennzeichnungen sind. Der Grund dafür besteht darin, dass Meinong überhaupt alle Namen in dieser Weise interpretierte. Meinong gehört nämlich zu den Philosophen, die als notwendige Bedingung für sprachliche Intentionalität die mentale Intentionalität betrachten. Unsere Worte sind nur deswegen intentional, weil sie mit bestimmten psychischen Akten assoziiert werden, die ihrerseits eine intrinsische Intentionalität besitzen. Dass jede intentionale Beziehung 13
Kripke nennt das Beispiel von jemandem, der den Namen „Kolumbus“ verwendet und dabei nur über die Beschreibung „der Entdecker Amerikas“ verfügt. Da diese Beschreibung in Bezug auf Kolumbus falsch ist, müsste sich der Sprecher der Deskriptionstheorie zufolge in Wirklichkeit mit dem Namen „Kolumbus“ nicht auf Kolumbus, sondern auf jemand anderen, der im Gegensatz zu Kolumbus tatsächlich Amerika entdeckt hat, beziehen – wahrscheinlich auf einen Wikinger. Vgl. Kripke 1980, S. 85.
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bei Meinong eine logische Form haben muss, die sehr an die Russell’sche Deskriptionstheorie erinnert, wird besonders klar, wenn wir uns auf den „späten“ Meinong konzentrieren. Wie wir gesehen haben, muss beim späten Meinong jede echte Intentionalität eine propositionale Form haben. In einer bloßen Vorstellung, behauptet er, wird das Objekt nur ganz passiv, rein potentiell präsentiert. (Meinong 1910, S. 238) Wenn ein solches Objekt intentional erfasst werden soll, muss sich auf die Vorstellung ein weiterer Bewusstseinszustand aufbauen (Meinong 1910, S. 235), in dem das Objekt als Material für ein (propositionales) Meinen dient. (Meinong 1910, S. 244) Meinong schreibt, dass das Objekt (der nominalen Form) in dieser Weise aus dem Bereich des Außerseins aufgrund der vorgegebenen Bestimmungen ausgewählt wird. (Meinong 1910, S. 275) Es liegt also nahe, dem Meinong’schen Meinen, das einem Gegenstand die Eigenschaft G zuschreibt, eine der folgenden drei logischen Formen zuzuschreiben: (22)
∃Q xFx ∧ Gx
(23)
∃M xFx ∧ Gx
(24)
G xFx
je nachdem, ob wir es mit Meinong1 , mit Meinong2 oder mit Meinong3 zu tun haben. Die Formen (22) und (23) sehen sehr nach Russell aus. Bei Meinong3 , der das Prinzip der existentiellen Generalisierung verwirft, bleiben hingegen die Kennzeichnungen als Terme erhalten, die sich nicht im Stile von (22) bzw. (23) eliminieren lassen,14 denn weder aus (22) noch aus (23) noch aus (24) soll folgen, dass (25) 14
E! xFx
Vgl. „In Principia Mathematica Russell held that all definite description, though grammatically correct expressions, from a logical point of view did not belong to the category of singular terms; [ ] [F]ree definite description theories treat definite descriptions as genuine singular terms (like Frege), but do not assign any existent as referent to an unfulfilled definite description – even artificially [like Frege].“, Lambert 1997, S. 99.
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Die von (22)–(24) ausgedrückten Meinungen sind alle reine Soseinsmeinungen. Ein Seinsmeinen bekommen wir erst dann, wenn wir eine der Formulierungen (22)–(24) durch die Bedingung „∧ E!x“ bzw. „∧ E! xFx“ vervollständigen. 6. Zusammenfassung Wir können jetzt versuchen, die Beziehungen zwischen unseren drei Meinong-Interpretationen ein wenig zu ordnen. Die Unterschiede zwischen ihnen bestehen zum einen in den unterschiedlichen Deutungen der Quantoren (∃Q vs. ∃M , zum anderen aber in der Stellung zum Prinzip der Existenz-Generalisierung. Meinong1 nimmt, gemeinsam mit Quine, sowohl die ∃Q -Deutung des Existenz-Quantors als auch die Gültigkeit des Prinzips der Existenz-Generalisierung an. Meinong2 besteht ebenfalls auf der Gültigkeit dieses Prinzips, nimmt aber eine ontologisch nicht-verpflichtende Interpretation des Existenz-Quantors an. Meinong3 ist der einzige Meinong, der die Gültigkeit des Prinzips der ExistenzGeneralisierung außer Kraft setzt. Dafür hat er aber wieder die ∃Q Interpretation des Existenz-Quantors. Es gibt allerdings noch eine Dimension, die in unserer Klassifikation berücksichtigt werden muss. Wenn wir nämlich unseren Meinong1 mit Quine vergleichen, sehen wir, dass sie sich weder bezüglich der Interpretation des Existenz-Quantors noch bezüglich der Stellung zum Prinzip der Existenz-Generalisierung voneinander unterscheiden. Wodurch sie sich unterscheiden, ist der Umfang des Universums, in dem die Werte für die quantifizierten Variablen gesucht werden können. Bei Quine gehören zu diesem Bereich nur diejenigen Gegenstände, die auch in der Umgangssprache im Grunde als existierend bezeichnet werden, bei Meinong1 erstreckt sich hingegen das Universum so weit, dass es auch nicht-existierende Entitäten umfasst. Deswegen wäre für Quine der Satz (2)
∃x¬E!x
zwangsläufig falsch (wenn er in seiner Sprache die Konstante „E!“ überhaupt hätte), während er für Meinong1 wahr ist, obwohl der involvierte Quantor auch bei ihm der ∃Q -Quantor ist.
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Wenn wir diese drei Dimensionen berücksichtigen, können wir das folgende Schema konstruieren: Existenz-Quantor ontologisch verpflichtend
ontologisch nicht-verpflichtend
Meinong1
enge Domäne
gilt
Quine
Meinong 2
weite Domäne
Das Prinzip der ExistenzGeneralisierung gilt nicht
Meinong3
free logic mit Außendomäne
Unser Quadrat wird zunächst in Viertel geteilt, je nach der Deutung des Existenz-Quantors und je nach der Stellung zum Prinzip der ExistenzGeneralisierung. Meinong1 und Quine befinden sich beide im ersten Viertel. Was sie voneinander unterscheidet, ist, wie gesagt, lediglich der Umfang ihrer Domänen, was wir durch das innere und das äußere Quadrat veranschaulichen. Die Positionen im inneren Quadrat setzen eine „enge“ Domäne, diejenigen im äußeren Quadrat eine „weite“ Domäne voraus. Ob die Domäne eng oder weit ist, hängt davon ab, ob sie auch solche Entitäten umfasst, die im umgangssprachlichen Sinn als nicht-existierend bezeichnet werden. Wir sehen, dass sowohl Meinong2 als auch Meinong3 mit einer engen Domäne operieren;15 und es gilt zu betonen, dass es auch so sein soll. Was 15
Die weit verbreitete Tendenz, nur diejenigen semantischen Ideen als „meinongisch“ zu bezeichnen, die ontologisch ernst zu nehmende nicht-existierende Gegenstände involvieren, ist also nicht ganz richtig. Vgl. z.B. „First, there are competing world pictures, one consisting of both a (possibly empty) set of existing objects and some set of nonexisting objects, and the other consisting only of a (possibly empty) set of existing objects. Using Scale’s useful terminology, the first kind of world picture is called the Meinongian world picture, and the second kind, the Russellian world picture.“, Lambert 1991a, S. 9.
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nämlich für beide Positionen charakteristisch ist, ist die Tatsache, dass das Prinzip der Existenz-Generalisierung, das die ∃Q -Quantifizierung voraussetzt: (15)
Fa ⊃ ∃Q xFx
nicht gilt. Meinong2 verwendet eine ontologisch nicht-verpflichtende ∃M Quantifizierung und rettet das Prinzip nur in einer ontologisch harmlosen Form: (16)
Fa ⊃ ∃M xFx
während Meinong3 überhaupt kein Prinzip der Existenz-Generalisierung akzeptiert. Es scheint, dass der einzige Grund, die Logik in dieser Weise zu komplizieren, darin bestehen kann, dass man bei einer engen Domäne bleiben will. Denn wenn wir bereit sind, unsere Domäne um die nicht-existierenden Gegenstände zu erweitern, warum sollten wir dann über diese Gegenstände nicht ∃Q -quantifizieren? Deswegen ist die Quantifizierung bei Meinong1 – dem einzigen, der eine weite Domäne zur Verfügung hat – in der Tat eine ∃Q -Quantifizierung. Es ist allerdings zu betonen, dass es Philosophen gibt, die (i) eine weite Domäne, (ii) eine ∃Q -Deutung der Quantifizierung und dennoch (iii) die Ungültigkeit des Prinzips der Existenz-Generalisierung annehmen. Es sind dies die Anhänger einer free logic, die in ihrer Semantik eine so genannte Außen- und Innendomäne haben.16 Wir finden diese Kombination nicht überzeugend, denn, wie gesagt, wenn es die entsprechenden Gegenstände in unserer „Welt“ (in diesem Fall: in der Außendomäne) gibt, dann gibt es sie eben, und sie sollten dann auch ohne Probleme ∃Q -quantifizierbar sein. Die übrigen Kombinationen scheinen eindeutig ausgeschlossen zu sein. Das letzte Viertel des Quadrats, in dem eine ontologisch unverpflichtende ∃M -Quantifizierung mit der Ungültigkeit des Prinzips 16
Zu einer solchen Semantik für eine positive free logic Vgl. Lambert 1991a, S. 10, Lambert 1995, S. 140, und Lambert 1997, S. 59–68.
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kapitel 8
der Existenz-Generalisierung verbunden wird, macht schon deswegen wenig Sinn, weil der Wunsch, das Prinzip der Existenz-Generalisierung aufrechtzuerhalten, gerade einer der wichtigsten Gründe für die ontologisch unverpflichtende Deutung der Quantifizierung ist. Die Position des letzten Viertels einzunehmen, wäre so, als ob jemand eine Fahrkarte gekauft hat und dennoch zu Fuß gehen muss. Auch die Verbindung einer ontologisch nicht-verpflichtenden Deutung der Quantifizierung mit einer weiten Domäne scheint sehr dubios zu sein. Wiederholen wir noch einmal: Eine solche Deutung der Quantifizierung brauchen wir erst dann, wenn wir möchten, dass aus dem Satz „∃xFx“ keine ontologischen Verpflichtungen resultieren. Wenn aber unsere Domäne ohnehin schon weit ist, so dass wir jeden Gegenstand, den wir für die Interpretation dieses Satzes brauchen, in dieser Domäne finden, dann gibt es keinen Grund mehr für diesen Wunsch. Eine plausible Konsequenz der ontologisch unverpflichtenden Deutung der Quantifizierung ist deswegen die Annahme einer engen Domäne, und genau das ist die Position unseres Meinong2 .
SCHLUSSWORT
Unsere Reise durch Meinongs Dschungel ist somit zu Ende. Wir haben seinen Weg von den frühen Arbeiten bis zur reifen Gegenstandstheorie verfolgt und gesehen, wie stark seine Gegenstandstheorie mit der Problematik der Intentionalitätstheorie zusammenhängt. Die Art der Erklärung, die uns Meinong zu geben versucht, ist philosophisch sehr interessant. Seine ontologisch neutrale Gegenstandstheorie sollte uns – so war Meinongs Absicht – eine ganz neue Perspektive geben und einen viel allgemeineren Rahmen liefern als alles, was die bisherige Metaphysik zu bieten hatte. In dieser Beziehung ist Meinongs Projekt ähnlich ehrgeizig wie Husserls Phänomenologie. Wir haben zwar gesehen, dass es keineswegs einfach ist, die ontologische Neutralität des Meinong’schen Außerseins zu interpretieren, das ist aber das Schicksal aller grundlegenden philosophischen Begriffe. Ähnlich schwierig ist es, den Unterschied zwischen der psychologischen und der transzendentalen Betrachtungsweise auszudrücken, die aristotelische These der Mehrdeutigkeit des Seienden auszulegen oder den Begriff der ersten Materie zu präzisieren. Die Tatsache, dass Meinong zu den wenigen Philosophen gehört, die die Gabe hatten, interessante philosophische Grundlagenarbeit zu leisten, steht jedenfalls fest. Die Antwort auf die Frage, ob es Meinong tatsächlich gelungen ist, in diesem Rahmen eine überzeugende Erklärung des Intentionalitätsphänomens zu liefern, ist hingegen nicht einfach zu beantworten. Die ernsthaften Schwierigkeiten, die mit Meinongs Unterscheidung zwischen den unvollständigen und den vollständigen Objektiven, mit seiner Theorie der modalen Bestimmungen und mit der Theorie der Inhaltsrepräsentation zusammenhängen, haben wir hier nicht verschwiegen. Wer heute eine überzeugende „Meinong’sche“ Intentionalitätstheorie entwickeln will, muss – so ist unser Fazit – über die Theorie Meinongs wesentlich hinausgehen. 371
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schlusswort
Doch unabhängig von dem Erfolg oder Misserfolg der „großen“ Reformen, die Meinong vorhatte, hat er durch seine geduldigen, ja oft peniblen Analysen sehr viele „kleinere“ Punkte wesentlich geklärt. Dazu zählen z.B. seine Argumentation für die Einführung der propositionalen Entitäten, die wichtige Schwachpunkte jeder „Dingontologie“ aufdeckt, seine philosophische „Rehabilitierung“ der Relationen oder seine verschiedenen Abstraktionstheorien, die er ständig seiner aktuellen Intentionalitätstheorie angepasst hat. Dies sind ohne Zweifel bleibende Leistungen, auf die nachfolgende Generationen von Philosophen bauen können.
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NAMENVERZEICHNIS
Alston, W. P., 13, 357 Anselm von Canterbury, 226 Antonelli, M., 8, 10f. Aristoteles, 38, 64, 195f., 249, 331f., 351 Avicenna, 197 Armstrong, D. M., 82 Baumgartner, W., 19 Beneke, F. E., 69 Bergmann, G., 195, 329, 350 Berkeley, G., 92 Bolzano, B., 112f., 149 Bradley, F. H., 82, 138, 300 Brandl, J., xii, 8 Brentano, F., 2, 7–59, 61, 68–70, 74–76, 85f., 91, 94f., 101, 103–106, 112, 114–117, 123, 130, 133f., 142f., 147, 149–164, 192–195, 198, 202, 233–237, 243, 245f., 249, 252f., 304f., 350, 360 Campbell, K., 67, 297 Carnap, R., 3 Carroll, L., 163 Chisholm, R. M., 13f. Chrudzimski, A., 1f., 8, 11, 13f., 17–19, 36, 47, 49, 53, 59, 62, 68, 75, 105, 119, 124, 159, 195, 304, 353, 359, 363 Descartes, R., 56 Duns Scotus, Johannes, 327f. Ehrenfels, Ch., von, 93, 96–100, 307 Evans, G., 364 Findlay, J. N., 124, 218 Frege, G., 3, 25, 76, 152, 162, 169–177, 263f., 267–269, 272, 303, 311, 355
Ganthaler, H., xii Geach, P., 357 Grossmann, R., 123, 139f., 172, 275f., 278f., 284
Henninger, M. G., 64 Hieke, A., xii Hillebrand, F., 151, 157 Höfler, A., 57, 105, 116f., 163 Huemer, W., xii, 121 Hume, D., 37, 70, 91f., 233f., 246 Husserl, E., 98, 101, 103f., 118–121, 123, 287, 295, 303f.
Jacquette, D., 105, 219, 223 Johansson, I., 82
Kant, I., 195 Kripke, Saul, 25, 364f. Küng, Guido, xii
Lambert, Karel, 354, 363, 366, 368f. Leibniz, Gottfried Wilhelm, 65, 205, 226, 273, 321 Lejewski, C., 357 Lewis, D., 258, 266 Locke, J., 58, 91f. Loux, M. J., 192, 331 Lowe, E. J., 192, 331 Łukaszewicz, J., 223
Mach, E., 99 Mally, E., 184, 199, 218, 360 Marek, J. C., 21 Marty, A., 32, 45, 47, 53, 57, 59f., 66, 75, 105, 149f., 161, 237, 243, 245 Mill, J. St., 58–60, 268 Moore, G. E., 123
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namenverzeichnis
Morscher, E., xii, 112f., 362 Münch, D., 8
Parsons, T., 323, 342 Pas´niczek, J., 337 Platon, 196 Półtawski, A., xii Prior, A. N., 357 Putnam, H., 25, 364
Quine, W. V. O., 315–319, 354f., 357–359, 364, 367f.
Reicher, M. E., 218f. Reid, T., 56 Rojszczak, A., 151 Rollinger, R. D., 113, 149, 158, 163 Routley, R., 342, 359f., 363 Russell, B., 25, 81, 182, 191, 211, 230, 232, 300, 315–319, 342, 356–358, 364f.
Sierszulska, A., 276 Simons, P., 40, 86, 334, 362 Smith, B., 18f., 47, 151 Sowa, R., xii Stout, G. F., 67 Stumpf, C., 47, 53, 59, 66, 98, 101, 149f. Tarski, A., 132 Thomas von Aquin, 195–197 Twardowski, K., 30, 32, 54, 103–118, 122f., 125f., 129, 131, 136, 183f., 295, 297, 304 Weiler, M., xii Wiggins, D., 192, 331 Williams, D. C., 60, 67 Wittgenstein, L., 267–272, 286, 288f., 295 Zalta, E. N., 218 Zimmermann, R., 30, 112f.