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Ä.ov (Act 26,7; 1 Clem 55,6; Protev 1,3) auf die Christen übertragen worden ist. Vgl. ferner syrBar 77,2; 84,3. S. oben S. 20. Dem Wort n^a (ftiba) entspricht griechisch Siaanopd (Schmidt, ThWNT II 99,33). Das Fehlen eines Schlussgrusses in Jak könnte auch von dieser Tradition her verstanden werden, denn der Schlussgruss fehlt in den jüdischen Diasporabriefen häufig (vgl. 2 Makk 1,9; 2,18; syrBar 86,3; Briefe Gamaliels I. u.a.). Dies dürfte den Gepflogenheiten der aramäischen Epistolographie entsprechen (s. oben 1.1.2.2). Zu anderen Meinungen vgl. unten Vorbemerkung zu 1.3.1. Die Echtheitsfrage, die unten 1.3.1 erörtert werden soll, spielt hier vorerst keine Rolle. Taatz, Briefe 105 (auch Zitat). Taatz, aaO. 105. Z.B. Abraham (Ps 104,42); Moses (Mal 3,22; Apk 15,3); Josua (Jos 24,29 [LXX V.30]; Jdc 2,8); Da vid (Ps 88,4; Ez 34,23); Propheten (2 Reg 17,23; Am 3,7; Jon 1,9LXX; 1QS 1,3; lQpHab 2,9; ParJer 1,4; 6,19; Apk 10,7 u.a.).
Diasporabrief-Tradition und Jakobusbrief
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Christentum verbreiteten Titel für Amtsträger »Knecht von Jesus Christus« (Rom 1,1; Gal 1,10; Phil 1,1; 2 Petr 1,1; Jud 1; vgl. auch Rom 14,18; 16,18; 1 Kor 7,22; Tit 1,1 [8o\)Axx; Geoü]) und den alttestamentlich-jüdischen Ehrentitel »Knecht Gottes« ver bunden hat. Dadurch stellt sich Jakobus auf der einen Seite als Amtsträger in der christli chen Gemeinde dar, erhebt aber auf der anderen Seite auch den Anspruch, Träger der alttestamentlich-jüdischen Tradition zu sein. Die Aufnahme der prophetischen Gattungen im Briefkorpus (bes. 4,13-5,6) lässt uns vermuten, dass er mit »Knecht Gottes« in erster Linie an die alttestamentlichen Propheten denkt, was besonders zum zweiten Typ des Diasporabriefes passt. Daraus wird ferner klar, warum sich der Verfasser den Namen des Herrenbruders beilegt. Er greift auf dessen Autorität in Jerusalem als dem Mutterland zurück, von dem aus ein Diasporabrief an die Glaubensgenossen in der Zerstreuung gerichtet wird, um »die Einheit des jüdischen Volkes [hierbei: der christlichen Mitgläubigen] in der Gemein schaft von Mutterland und Diaspora zu stärken« . Der Brief will von einer Jerusalemer Autorität abgefasst worden sein; das ist ebenfalls ein wichtiges Merkmal der Diaspora briefe. 138
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1.2.2.2 Die Anfechtungsthematik Jak ist nicht nur formal, sondern auch thematisch durch die Diasporabrief-Tradition geprägt. Ein Überblick über den Inhalt des Briefes lässt sofort erkennen, dass es sich am Anfang und am Schluss des Briefes um »Anfechtungen und Geduld« handelt, die das Rahmenthema des Briefes (Jak 1,2-12; 5,7-12) bilden. Diese Thematik lässt sich im Vergleich mit dem jüdischen Diasporabrief gut erklären: Im jüdischen Diasporabrief ist das Motiv vorhanden, die Leute, die ins Exil weggeführt wurden, dazu zu ermahnen, trotz der anfechtungsvollen Situation ihren Glauben zu bewahren (Jer 29,1-23; EpJer; syrBar 78-86; vgl. ferner ParJer 6,19-25). Zu beachten ist, dass dieses Motiv, wie die hier genannten Parallelen zeigen, in den »prophetisch autorisierten« Diasporabriefen, denen Jak angehört (s. oben), vorkommt, während es sich in den »Ge meindeschreiben« (2 Makk, die Briefe von Gamaliel I. u.a.) um den kultischen Zusammenhalt zwischen Palästina bzw. Jerusalem und der Diaspora handelt. Die Anfechtungsthematik ist demnach ein gattungs spezifisches Motiv der »prophetisch autorisierten« Diasporabriefe.
Dass die Anfechtungsthematik in Jak auf diese Tradition zurückgeht, lässt sich wie folgt begründen: Erstens gibt es parallele Aussagen in 1 Petr (1,6; 4,12f). Wenn man keine literarische Abhängigkeit voneinander annimmt, dann ist eine gemeinchristliche
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Paulus verwendet »Knecht Christi (Jesu)« fast immer als eine Art Amtstitel in Analogie zum oben genannten alttestamentlich-jüdischen Vorbild. Er redet dagegen kaum von den Gläubigen als dmftoi Xpioroö (od. Oeoü). Die Selbstbezeichnung der Christen als Knechte Gottes, die auch vom AT sowie vom Frühjudentum übernommen wurde, erscheint erst bei den Apostolischen Vätern (z.B. 2 Clem 20,1; Herrn). Zum 5oöA,oq-Verständnis des Paulus vgl. Sass Bedeutung 28-32; ferner Rengstorff, ThWNT II 276-280; Jeremias, ThWNT V 676-679. Vgl. Jak 3, lf. S. auch S.46. Taatz, Briefe 104. y
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Der Jakobusbrief als christlicher Diasporabrief 142
Tradition dieser Thematik hinter den beiden Schriften zu vermuten. Zweitens: Jakobus verwendet in 1,13ff. das Wort neupac^c^neipd£(D in einem anderen Sinne als in 1,2-4. Einerseits scheint in 1,2-4 Tceipccouxw; in Verbindung mit \)7cop.ovrt (Geduld) vor allem auf äusserliche Anfechtungen und Leiden hinzudeuten. Mindestens muss die Tradition, die Jakobus aufgenommen hat, in diese Richtung gezeigt haben. In 1,13f. wird andererseits durch den Kontext klar, dass Jakobus rceipd^o) im Sinne von »Verlockung zur Sünde« verwendet. Dieser semantische Unterschied wird auf die Redaktion des Verfassers zurückzufuhren sein; Jakobus hat die Tradition der Anfechtungsthematik aufgenommen und die Bedeutung zu »mancherlei Versuchungen« erweitert. Warum hat Jakobus überhaupt diese Tradition als Thema der Rahmung des Briefkorpus aufgenommen? Auf diese Frage bietet die Gattung eine Antwort: In Anlehnung an die Tradition des Diasporabriefes hat Jakobus seinen Brief als Anrede an die »Zerstreuten« (Suxanopct), d.h. an die In-Anfechtung-Lebenden, gestaltet. Der Inhalt des Briefkorpus des Jak ist dieser Tradition nicht fremd, sind doch die Ermahnungen, in einer glaubenskritischen Situation die Treue zu Gott zu bewahren, für die jüdischen Diasporabriefe charakteristisch. Dabei betonen sie Vergänglichkeit und Vergeblichkeit der Lebensweise der heidnischen Umwelt, mit der sich die Diasporaleute konfrontiert sehen (EpJer; syrBar 83). Die negative Vorstellung der »Welt« (KOOUXX;) in Jak 1,27 und 4,4 wird in diesem Zusammenhang gut verständlich; genauso wie die jüdische Diaspora stehen die Christen einer »Welt« gegenüber, die sie versuchen und Gott entfremden will. 143
1.2.2.3 Folgerung Aus den obigen Betrachtungen lässt sich schliessen: Jak rezipiert die jüdische Diasporabrief-Tradition. Im Anschluss an diese Tradition stellt Jak einen Brief dar, den der Herrenbruder Jakobus als Jerusalemer Autorität an die Christen in der Diaspora richtet, um sie, die inmitten einer heidnischen Umwelt mit Anfechtungen zu leben haben, zu Geduld zu ermannen. So kann die Gesamtgestalt des Jak sowohl formgeschichtlich als auch inhaltlich erfasst werden. In bezug auf den »Sitz im Leben« des Jak ist eine weitere Folgerung hinzuzufügen: Jak zielt primär darauf ab, im Gottesdienst verlesen zu werden. Dafür sprechen: 1) die Analogie zu den jüdischen Diasporabriefen und den Paulusbriefen, die diese jüdische Gepflogenheit rezipiert haben; und 2) Indizien in Jak selbst. ad 7: In jüdischen Diasporabriefen findet sich die Anweisung, dass die Briefe in der Versammlung verlesen werden sollen (syrBar 86,1; vgl. ParJer 7,16.21ff; Bar 1,14). Dies widerspiegelt wahrscheinlich die Tatsache, dass Diasporabriefe, und zwar besonders diejenigen der mahnenden Art, in Versammlungen der Synagoge verlesen wurden. Der Befehl des Paulus, seinen Brief »allen Brüdern« vorzulesen (1 Thess 5,27), belegt, dass das Urchristentum die Gepflogenheit der BriefVerlesung in der Gemeindeversammlung aus dem Judentum übernommen hat. Paulus setzt deutlich die Verlesung sei144
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Vgl. unten 1.2.3.2. 1 Petr hat ebenso Nähe zur Diasporabrief-Tradition. BA 1291. Als Ersatz der Predigt? Rabbinische Belege dafür findet man aber nicht.
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ner Briefe im Gottesdienst voraus. Nach Kol 4,16 wurden Paulusbriefe unter den Ge meinden ausgetauscht. Der Brauch der Briefverlesung im Gottesdienst scheint auch bei Apk vorausgesetzt zu werden (Apk 1,4; 22,18f.). Ein Zeugnis aus dem 2. Jh. n. Chr. ist bei Euseb erhalten: Der Bischof Dionysius von Korinth erwähnt in seinem Brief an den römischen Bischof Soter die Verlesung des 1 Clem im Gottesdienst: »Wir feiern heute den heiligen Tag des Herrn und haben an demselben euren Brief verlesen, welchen wir gleich dem früheren durch Klemens uns zugesandten Schreiben stets zur Belehrung verlesen werden« (HE IV 23,11). Ferner stellt die Tatsache, dass der Baruchbrief in vie len Peschitta-Handschriften des Alten Testaments erhalten ist, einen Beweis der Verle sung des Briefes in der syrischen Kirche dar. Daher drängt sich die Annahme geradezu auf, dass Jak ebenfalls diesen jüdisch christlichen Brauch voraussetzt. ad 2: Dass Jak im Gottesdienst verlesen werden will, kann man folgenden Merkmalen entnehmen; a) Im Brief handelt es sich darum, dass die Adressaten »das Wort hören« (1,22-25; vgl. 2,5; 5,11); b) Jakobus verwendet die Diatribe (bes.2,14-26), die Gattung des Schulvortrages. Diatribenartige Anrede wie »du törichter Mensch« (2,20) oder »nun wohlan, die ihr sagt« (4,13; 5,1) wirkt wohl auf Zuhörer besonders stark; c) Im Schlussteil des Briefes kommen Ermahnungen zum Gebet, Lobsingen sowie gegenseiti ges Sündenbekenntnis vor (5,13-18). Das weist auf den Gottesdienst als Sitz im Leben dieses Briefes hin, obwohl man nicht mehr weiss, ob diese Vollzüge im Gottesdienst auch auf die Briefverlesung folgten. Daraus lässt sich schliessen. Jak zielt darauf ab, ebenso wie die jüdischen Dia sporabriefe und die Paulusbriefe, im Gottesdienst verlesen zu werden. 146
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Manche Autoren weisen z.B. darauf hin, dass 1 Kor 16,20ff. einen Übergang zur Herrenmahlslitur gie bilde: die Aufforderung zum heiligen Kuss (vgl. Rom 16,16; 1 Thess 5,26; 2 Kor 13,12; 1 Petr 5,14) sowie das »Anathema und Maranatha« (vgl. Did 10,6) gehörten zur Liturgie (Bornkamm, Verständnis 123-126; so auch Hahn, TRE XIV 34). Bornkamm, aaO. 126f., erkennt in Apk 22,17-21 Anklänge an die eucharistische Liturgie. Dagegen Satake, Apk II 736 Anm. 53. Vgl. oben Anm. 11. Der Ort des Gebetes wird zwar nicht auf den Gottesdienst begrenzt; »Lobsingen« (ydXXa), V.13) wird aber im Neuen Testament immer als gemeinsame Handlung der Gemeinde erwähnt (1 Kor 14,15; Eph 5,19; ferner Barn 6,16. Rom 15,9 ist Zitat von LXX Ps 17,50). Es wird vor allem die Gemeindeversammlung sein, wo man »einander die Sünden bekennt und füreinander betet« (V.16). Als Ausdrücke, die uns zu erkennen geben, dass Jak auf die zum Gottesdienst versammelte Ge meinde zielt, führt Reicke, Diakonie 345, folgende an: »eucpuToq Xbyot; (1,21); Gprioxeia (1,27); avvayayyri (2,2); imaytxt ev eipfjvri (2,16); Abrahams Opfer auf das Gvoiaorfipiov als Vorbild für die Christen (2,21); Rahab als Prototyp der (gegenüber reisenden Missionsarbeitern) gastfreundlichen Gemeinde (2,25); xö aö^ia mit Rücksicht auf die Gemeinde (3,6); zvkcyia, Kaxdpa (3,10); der Akkersmann und seine Erde als Bild der Gemeindevorsteher und ihrer Gemeinden (5,7ff.); und überhaupt das 5. Kapitel bis zum Ende«.
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Der Jakobusbrief als christlicher Diasporabrief
1.2.3 Diasporabrief-Tradition
im Frühchristentum
Als christlicher Diasporabrief steht Jak nicht allein in der frühchristlichen Geschichte da. Es gibt weitere Schriften im Frühchristentum, die, wenn auch nicht so stark wie Jak, un ter dem Einfluss der jüdischen Diasporabrief-Tradition stehen. In Betracht kommen folgende: 1) das Aposteldekret (Act 15,23-29); 2) 1 Petr; 3) Jud; 4) 2 Petr und 5) weite re frühchristliche Briefe. Sie sollen im folgenden kurz behandelt werden. 150
1.2.3.1 Das Aposteldekret (Act 15,23-29) Nach der Schilderung der Apostelgeschichte wurde auf Beschluss des Apostelkonzils (Act 15,6ff.) ein Brief verfasst und nach Antiochia gesandt (Act 15,23-29), das soge nannte Aposteldekret. Auf eine Verwandtschaft mit dem jüdischen Diasporabrief weist vor allem das Präskript des Aposteldekretes hin: »Die Apostel und die Ältesten, [eure] Brüder, grüssen die Brüder in Antiochia und Syrien und Cilicien, die aus den Heiden stammen« (V.23b) . ' Die Absender sind »die Apostel und die Ältesten, [eure] Brüder«, d.h. die Jerusale mer Autoritäten. Dieser Brief richtet sich also von der autoritativen Jerusalemer Gemein de an die Gemeinden in Antiochia, Syrien und Cilicien. Das Präskript, das zur Tradition des Diasporabriefes gut passt, erinnert an die zwei Einleitungsbriefe des 2 Makk: genau so ist der zweite Brief der Jerusalemer Autoritäten (2 Makk 1,10: »Die [Brüder] in Jeru salem und die in Judäa und der Rat und Judas«) an die Diaspora (Aristbul und die Juden in Ägypten) adressiert. Im ersten Brief werden die Absender nicht ausdrücklich als Au toritäten bezeichnet, dennoch ist dies unzweifelhaft ein Brief, den die Muttergemeinde in Jerusalem/Judäa an die Diasporagemeinde geschrieben hat. Unübersehbar ist, dass das Aposteldekret die Form »von Brüdern an Brüder« hat (V.23), was dem Präskript in 2 Makk 1,1 entspricht. Das Aposteldekret ist ein Gemeindebrief an die Diasporagemein den, dessen Vorlage man in 2 Makk findet. Das wird auch durch den Inhalt des Aposteldekretes bestätigt. Das Dekret zielt auf den Zusammenhalt zwischen der Jerusalemer Gemeinde und den Gemeinden der Heiden christen, indem die Jerusalemer Autoritäten einige kultische Ansprüche an die Heiden christen stellen (Act 15,29). Das ist auch bei den beiden Briefen in 2 Makk, wo »die Empfänger zur Feier des Chanukkahfestes am 25. Kislew [...] aufgefordert werden«, der Fall. Der Brief des Aposteldekretes steht folglich ganz und gar unter dem Einfluss der jüdischen Tradition des Diasporabriefes. Das belegt, dass das Christentum schon in seiner 151
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7 . Taatz beschränkt ihre Untersuchung leider auf den Vergleich zwischen dieser jüdischen Brieftra dition und der paulinischen Briefliteratur (vgl. Briefe 9; ferner aaO. 112-114), weshalb sie nur be grenzte Parallelen finden konnte. Im Frühchristentum gäbe es jedoch andere Briefe, einschliesslich des Jak, die dieser jüdischen Brieftradition näher stehen als die Paulusbriefe. Übersetzung von mir. Vgl. Taatz, Briefe 19. Taatz, aaO. 45.
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Anfangszeit diese Brieftradition rezipiert hat. Act 15,23-29 ist der älteste erhaltene christliche Diasporabrief, der als Rundbrief an die Gemeinden in Antiochia, Syrien und Cilicien adressiert wurde. Hier handelt es sich aber, anders als bei Jak, um einen Gemein debrief.
1.2.3.2 Der erste Petrusbrief Das Präskript des 1 Petr, das die Adressaten als »Diaspora« bezeichnet (»Petrus, Apostel Jesu Christi, an die Fremdlinge in der Zerstreuung [8ux
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Den Brief verdankt Lukas ohne Zweifel einer Quelle, ungeachtet der Frage, ob sich dieses Dekret auf das Apostelkonzil oder, wie es z.B. R. Pesch (Act II 71-74) vertritt, auf den »Antiochenischen Kon flikt« (Gal 2,11-16) bezieht. Gegen die Ansicht, dass Lukas selbst die Briefform geschaffen habe (Haenchen, Quellenanalyse 16 lf), sprechen schon die begrenzte Adressatenangabe, die die Gemein den der ersten Missionsreise (Act 13-14) nicht erwähnt, und die »vage und wenig elegante« Absen derangabe (Trocme, Livre 157), in der die hier zu erwartenden Namen von Petrus und vor allem von Jakobus fehlen. Haenchens Einwand, dass Lukas eigentlich die Adressierung des Briefes nicht beschränkt, sondern erweitert habe (in Kap. 15 geht es nur um die antiochenische Gemeinde), um damit den Lesern mitzuteilen, »dass auch in Syrien und Cilicien christliche Gemeinden gegründet waren« (aaO. 162), ist kaum überzeugend. Vgl. die oben in Anm. 89 genannten Autoren. Schnider, 25. Andresen, Formular 243: »Ohne falsch zu übertreiben, kann der Autor eines Diasporaschreibens aus dem Selbstverständnis der Diaspora heraus die örtlich verfolgte Gemeinde mit dem Hinweis auf die >Leiden< der andern Gemeinden trösten.« Die Ortsangabe deutet wohl auf Rom hin (vgl. Goppelt, 1 Petr 35 lf; Brox, 1 Petr 41.43), kann aber kein entscheidendes Argument für die Entstehung des 1 Petr in Rom sein, denn sie kann gegebenenfalls samt der Verfasserschaft des Petrus Fiktion sein, die nichts über den wirklichen Abfassungsort aussagt. 158 setzen diefingierteVerfasserschaft des Petrus voraus. Vgl. Schnelle, Einleitung 456-458. 1 5 5 l56
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zen in Kleinasien mit bestimmten Problemen« . Dem läuft nicht zuwider, dass in 1 Petr konkrete Hinweise auf eine Briefsituation so spärlich begegnen, dass die Schrift nicht historisch exakt verortet werden könnte. Als Rundbrief konnte sich 1 Petr einfach nicht auf die Einzelprobleme jeder Adressatengemeinde beziehen, sondern musste sich auf die Probleme beschränken, die mehr oder weniger alle Empfänger betrafen. Dies gilt m.E. auch für Jak. Zugleich ist zu bemerken, dass im Vergleich zu Jak bei 1 Petr der Charakter des jü dischen Diasporabriefes eher zurücktritt. Das lässt sich als »Christianisierung« der Diasporabrief-Tradition begreifen. Im Vergleich zum Präskript des Jak fallt auf, dass bei 1 Petr nicht von »zwölf Stämmen« die Rede ist. Das erweckt den Eindruck, dass der jüdische Charakter dieser Brieftradition bei 1 Petr zurücktritt. In der Tat verdeutlicht 1 Petr 1,2, anders als Jak, dass die Empfanger Christen sind: »in der Heiligung durch den Geist zum Gehorsam und zur Besprechung mit dem Blute Jesu Christi«. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass 1 Petr folgende Termini für die Diasporaexistenz aufnimmt, die in Jak nicht begegnen: rcapejri&njioq (1,1; 2,11) und nctpoiKO<; (2,11). Beide Termini, vor allem aberrcdpoiKCx;,bezeichnen in der LXX das babylonische Exil; 1 Petr gebraucht sie, der jüdischen Brieftradition entsprechend, um seine Adres saten in Analogie zur jüdischen Diaspora anzusprechen. Diese Ausdrücke unterscheiden sich aber sehr stark vom Fachwort Siaanopct: Sie haben nicht wenige Belege auch im ausserjüdischen Schrifttum, während 8iao7copd fast ausschliesslich in den alttestament lich-jüdischen und den neutestamentlichen Schriften vorkommt. Das muss für den Ver fasser des 1 Petr von grosser Bedeutung gewesen sein: Er hat wohl diese dem Hei160
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Frankemölle, 1 Petr 1 lf. Diese Adressatenangabe ist mit »ganz Kleinasien« schwerlich gleichzuset zen (gegen Brox, 1 Petr 25; Goppelt, 1 Petr 28; ferner Schnider/Stenger, Studien 24: »die Christen ganzer Kirchenprovinzen«). So z.B. Brox, aaO. 31f. Auch Frankemölle, aaO. 14 erwähnt diese Schwierigkeit. Unter den Diasporabriefen gibt es auch diejenigen, die keine Rundbriefe sind: z.B. ParJer 6,19-25 und 7,24-34. Hier ist wohl auch mit fingierter Verfasserschaft zu rechnen: In einer Fiktion, die einem Menschen vergangener Zeit zugeschrieben wird, redet man von aktuellen Angelegenheiten nicht allzu konkret und ausführlich; vgl. Act 20,29-31; 1 Tim 4,lff.; 2 Tim 4,3-5 u.a. Dies gilt m.E. von allen katholi schen Briefen exkl. der Johannesbriefe. Das ist um so auffälliger, als der Verfasser in 2,9f. von der christlichen Gemeinde als Gottes er wähltem Volk redet. Trotz dieser ekklesiologischen Auffassung, aufgrund deren die Aufnahme der Tradition des Diasporabriefes ermöglicht wurde, verwendet er nicht die Bezeichnung »zwölf Stämme«, wohl weil sie zu ethnisch gefärbt ist, als dass man sie direkt auf die christliche Gemeinde hätte übertragen können. Vgl. auch n a p o i K i a (1,17). Während «apeni%io<; (und dessen Wortfamilie) im ausserjüdischen Schrifttum »einen (meist kür zeren) Aufenthalt von Menschen an einem Ort bezeichnet, an dem sie nicht beheimatet sind und auch nicht dauerhaft ansässig zu werden beabsichtigen« (Feldmeier, Christen 11, dort teilweise kur siv gedruckt), wird mit JiapoiKia (und Ääpoucoq) »ein längerer Aufenthalt in einem fremden Land in einer Position minderen Rechts bezeichnet« (aaO. 18; so auch Elliott, Home 30). In der LXX kommt aber JwxpejiiSrpoq nur zweimal vor (Gen 23,4; Ps 38[39],13), wo es als Hendiadyoin mit näpoucoq zusammengestellt wird. Dieser Wendung der LXX folgt wohl 1 Petr (so aaO. 21). Vgl. LXX 1 Esr 5,7; 2 Esr 8,35 ( n o p o i K i a ) ; auch 2 Esr 1,4 (KOOOIKEIV). Feldmeier, Christen 10-15; Elliott, Home 24-27.
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Diasporabrief-Tradition im Frühchristentum
dentum vertrauten Wörter eingeführt, damit auch die Heidenchristen (seine Adressaten!) den Begriff der Diaspora verstehen können. Dieser Annahme entspricht sehr wahrscheinlich das Fehlen des Ausdrucks »zwölf Stämme« (Jak 1,1), der den jüdischen Charakter der Diasporaexistenz stark betont. Daraus lässt sich erschliessen, dass 1 Petr dazu neigt, den jüdisch-ethnisch geprägten Diaspora-Begriff abzuschwächen, damit sich der Begriff auch auf die Heidenchristen anwenden lässt. Aus dem Zurücktreten der jüdisch-ethnischen Prägung folgt: »Diaspora« bedeutet nicht mehr konkret die Zerstreutheit aus Jerusalem wegen des Exils, sondern stärker im übertragenen Sinne das Fremdsein in dieser Welt. Die Heimat der Diaspora ist nicht mehr Jerusalem; Diaspora ist jetzt auf die Seligkeit der Endzeit hin (1,5) orientiert, wo sie »ein unvergängliches und unbeflecktes und unverwelkliches Erbe, das in den Himmeln aufbehalten wird« (1,4), antreten wird. Dieses Diaspora-Verständnis hat einen neuen Stil des Diasporabriefes ermöglicht. 1 Petr ist kein Diasporabrief mehr in dem Sinne, dass man damit »die Einheit des jüdischen Volkes in der Gemeinschaft von Mutterland und Diaspora zu stärken« versucht. Der Deckname Babylon (5,13) weist deutlich daraufhin, dass, wie bereits oben erwähnt, 1 Petr ein Brief »der Diaspora an die Diaspora« ist. Dies ist ein wichtiger Charakterzug dieses »christlichen Diasporabriefes«, während Jak diese »Christianisierung« (noch) nicht vollzogen hat. Es scheint wahrscheinlich, dass das Vorbild der Paulusbriefe zu dieser Christianisierung beigetragen hat. Das Präskript (1 Petr l,lf.) weist auf paulinischen Einfluss hin: die Selbstbezeichnung des Absenders als »Apostel« sowie der Gruss X^P^S tyiiv Kai eipfjVTircA.TiG'uvöeiTi,obwohl die Form eipfjvn 7&T]6'uv6£un auf eine jüdische Grussform zurückgeht. Die Aufforderung zum Kuss der Liebe (5,14) erinnert ebenfalls an die Paulusbriefe (Rom 16,16; 2 Kor 13,12; 1 Thess 5,26). Da sich die für das Diaspora-Verständnis des 1 Petr konstitutive, dualistische Vorstellung auch bei Paulus findet (Gal 4,26; Phil 3,20), und sich darüber hinaus ein unverkennbarer Einfluss paulinischer Aussagen in 1 Petr findet, wird man schliessen dürfen, 168
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Dass der Verfasser die Heimat der Diaspora eschatologisch (als Gegensatz zu dieser Zeit) versteht, verrät die Aussage 1,17 »so wandelt in Furcht während der Zeit eurer Pilgerschaft (xöv xfß «otpoiKIOU; tyidäv xpovov)« (Betonung von mir). Eine räumliche Vorstellung wird aber auch nicht ausgeschlossen (1,4: das Erbe in den Himmeln). Diese sowohl zeitlich wie räumlich dualistischen Vorstellungen verdankt 1 Petr dem Judentum (Feldmeier, aaO. 98). Selbst im Frühchristentum ist 1 Petr in diesem Punkt kein Einzelgänger: Das Jerusalem droben als unsere Mutter (Gal 4,26); »das Reich, in dem wir Bürger sind, ist in den Himmeln, und aus ihm erwarten wir [die Endzeit!] auch als Heiland den Herrn Jesus Christus« (Phil 3,20); ein himmlisches Vaterland (Hebr 11,16); »Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern wir suchen die zukünftige« (Hebr 13,14). Vgl. dazu ausführlich Feldmeier, aaO. 75-94; aber kritisch Elliott, aaO. 45. Taatz, Briefe 104 (Betonung von mir). Es ist unsicher, ob Babylon hier, wie K. Berger (Formgeschichte 316) meint, »wie in den Jeremiaund Baruch-Briefen für die gedachte Mitte der Diaspora [steht]«. Vgl. Dan LXX 4,37c; 6 4,1; 6,26. Paulus sagt
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Der Jakobusbrief als christlicher Diasporabrief
dass die paulinische Brieftradition zur »Christianisierung« des Diasporabriefes beigetragen hat. Als Fazit kann man sagen: 1 Petr ist ein Diasporabrief unter der Autorität des Petrus, der aber stärker als Jak christianisiert worden ist. 175
1.2.3.3 Der Judasbrief Das Präskript des Jud enthält einige Hinweise, die für unsere Fragestellung von Bedeutung sind (»Judas, Knecht Jesu Christi, Bruder aber [6e] des Jakobus, an die Berufenen, die in Gott, dem Vater, geliebt und für Jesus Christus bewahrt sind«). Vorausgesetzt, dass Jud eine Pseudonyme Schrift ist, fallt die Absenderangabe auf; der Verfasser bezeichnet Judas nicht etwa als »Bruder des Herrn«, sondern als »Bruder des Jakobus«. Diese Erwähnung des Jakobus in Zusammenhang mit der Wahl des Judas als Verfasser wird am besten durch die Annahme erklärt, dass der Verfasser des Jud den Jakobusbrief kennt. Die Selbstbezeichnung I'npo'ü Xpiorov oo'uAxx;, die derjenigen des Jak wörtlich entspricht, stützt unsere Annahme. Jud kennt wahrscheinlich den Diasporabrief-Charakter des Jak; trotzdem fehlen in Jud die für einen Diasporabrief charakteristischen Ausdrücke (8taanopä, CVOOEKCX qyoXxxi, oder rcap£7tioT|p.o<;, notpoucoq u.a.). Das ist um so auffälliger, als der Gruss (V.2) stark jüdisch ist: »Barmherzigkeit und Friede und Liebe werde euch in Fülle zuteil!« Die Adressaten sind, wie bei Jak, durch keine Ortsangabe bestimmt: »die Berufenen, die in Gott, dem Vater, geliebt und für Jesus Christus bewahrt sind« (V.l). Gewiss erweckt diese Adscriptio den Eindurck, dass sich Jud »an die gesamte Christenheit wendet«. Dieser Eindruck widerspricht aber dem, was der Verfasser im Briefkorpus beschreibt: Einige recht konkrete Schilderungen der »Gottlosen« (V.4) legen die Vermu176
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»Direkte literarische Anspielungen Hessen sich freilich allenfalls wahrscheinlich machen, nicht aber nachweisen.« (Lindemann, aaO. 257) Das ist, trotz des Einwandes von Bauckham, Jud 14-16, sehr wahrscheinlich. Ausschlaggebend ist V.17f. Dort erinnert der Verfasser die Empfanger ganz generell an »die Apostel« und deren Weissagung, was gegen die Annahme spricht, dass er auf ein bestimmtes Ereignis der nahen Vergangenheit (z.B. »Christian instruction, received at the time of the founding of their church<es>«, Bauckham, aaO. 103) anspiele. Zwischen der Zeit der apostolischen Weissagung und der vorausgesagten »Endzeit«, zu der der Verfasser und die Empfänger gehören (V.l9), ist eine nicht kurze Zeitspanne anzunehmen. Daraus muss geschlossen werden, dass der Brief in der nachapostolischen Zeit abgefasst worden ist. Nimmt man noch das sprachliche Argument (gepflegtes Griechisch) dazu, so wird eine authentische Verfasserschaft des Herrenbruders Judas völlig unwahrscheinlich. So denkt auch Schräge, Jud 227. Die Wortstellung, bei der der Genitiv \rpox> Xpioroü voausgeht, ist unpaulinisch. Vgl. z.B. Rom 1,1; Phil 1,1; auch Tit 1,1. Ferner 1 Petr 1,1; 2 Petr 1,1. Der GrussfeteoqKai eipf|vr| kommt in der LXX nur Tob 7,12(S) vor als mündlicher Segenswunsch. Als briefliche Salutatio ist er nicht belegt. Aber in syrBar 78,2 begegnet »Gnade und Friede sei mit euch« am Anfang des Baruchbriefes. Bogaert, L'Apocalypse I 520; Charles, APOT II 521, und Taatz, Briefe 67, übersetzen dies zurück auf griechisch IXeoq Kai eipf|vr| (vgl. 1 Tim 1,2; 2 Tim 1,2) als jüdisch geläufige Wendung. Anders Klijn, Baruch-Apokalypse 175 (xäpt£ Kai eipf|vrj aufgrund Rom 1,7; 1 Kor 1,3; 2 Kor 1,2 u.a.). Zum Argument fürfeteo;, s. Taatz, aaO. 67 Anm. 274. Vielhauer, Geschichte 590.
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Diasporabrief-Tradition im Frühchristentum 181
tung nahe, dass er eine konkrete Situation der Adressaten im Auge hat. Darum darf man nicht von vornherein von einer ökumenischen Leserschaft reden. Jud richtet sich vielmehr primär an bestimmte Gemeinde(n). Diese Unstimmigkeit zwischen der Adscriptio und dem Briefkorpus wird durch den Rundbrief-Charakter des Jud erklärt. Der Verfasser denkt wahrscheinlich an die Möglichkeit, dass der Brief unter den Gemeinden der adressierten Gegend (bzw. darüberhinaus) zirkulieren wird. Daher begrenzt er im Präskript die Adressaten nicht auf die Gemeinde(n), an die er sich zunächst wendet. Diesen Rundbrief-Charakter hat er wohl von Jak übernommen. Jud hat also von Jak folgende Züge des Diasporabriefes rezipiert: die Abfassung von einer Person, die Autorität beanspruchen kann, und den Rundbrief-Charakter. Nicht übernommen hat er die Bezeichnung der Adressaten als Diaspora sowie als der zwölf Stämme und die Anfechtungsthematik, welche beide für den Diasporabrief cha rakteristisch sind.
1.2.3.4 Der zweite Petrusbrief 182
Da 2 Petr von 1 Petr und Jud literarisch abhängig ist, wird sein Charakter vor allem im Vergleich mit den beiden Briefen deutlich. Die Superscriptio (»Simeon Petrus, Knecht und Apostel Jesu Christi«) folgt der des 1 Petr, abgesehen von dem Namen »Simeon« und der Bezeichnung »Knecht« (8o'üA,o<;). Der zweite Zusatz mag von Jud 1 herkommen, aber ein Einfluss von paulinischen Briefen (Rom 1,1; Phil 1,1; vgl. Tit 1,1) ist wahrscheinlicher, weil der Verfasser ohne Zweifel die Paulusbriefe kannte (2 Petr 3,15f.). Die Nebeneinanderstellung von oouAxx; und anöcxoXoc, erinnert vorerst einmal an Rom 1,1. Durch den Einfluss von Jud zu verstehen ist die Adscriptio (»an die, welche durch die Gerechtigkeit unsres Gottes und des Heilandes Jesus Christus einen gleich wertvollen Glauben erlangt haben wie wir«). Der Verfasser nennt anders als 1 Petr keine Ortsnamen. Das passt aber schlecht zu den Aussagen des Briefkorpus. Denn 3,1 verrät, dass der Brief beim Leserkreis die Kenntnis von 1 Petr voraussetzt. Die Situation der Empfänger trifft der Verfasser trotz der von Jud abhängigen Wendungen ziemlich gut: Es handelt sich um Irrlehrer, die innerhalb der Gemeinde aufgetreten sind (2,1) und die 183
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So auch Frankemölle, Jud 123; Kelly, Jud 242f. Ausschlaggebend ist V.12. Ferner V.10 (»lästern al les, was sie nicht kennen«). 16.19. V.4 weist schon daraufhin, dass sich diese Gottlosen (von ausser halb der Gemeinde) »nebeneingeschlichen haben«. Diese Aussagen lassen erschliessen, dass es in Jud um von aussen eingedrungene Irrlehrer geht. Darum ist 2 Petr eine Pseudonyme Schrift (Argumente bei Bauckham, 2 Peter 3722-3724). 2 Petr 3,1 (»Dies ist nunmehr der zweite Brief«) weist unverkennbar auf 1 Petr hin, wobei sich der Einfluss des 1 Petr aber in 2 Petr kaum findet (vgl. Bauckham, aaO. 3716-3718). Andererseits ist »das Urteil, dass 2 Pt von Jud abhängig ist, nicht etwa umgekehrt, [...] heute fast allgemein anerkannt« (Kümmel, Einleitung 350). Ein synoptischer Vergleich der parallelen Stellen bei Frankemölle, 2 Petr 82. »Es ist klar, dass >Petrus< hier an eine Sammlung von Paulusbriefen denkt.« (Lindemann, Paulus 93) Dafür spricht der Ausdruck »(wie auch) in allen Briefen« (3,16). Mit Bauckham, 2 Peter 3729 u.a. (Vgl. ebd. Anm. 238) Anders als bei Jud, bei dem die Gegner von ausserhalb der Gemeinde hereingekommen sind (Jud 4). So Frankemölle, 2 Petr 73.
Der Jakobusbrief ats christlicher Diasporabrief
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Verheissung der Wiederkunft Christi ablehnen (3,4). Und sie berufen sich irgendwie auf Paulus (3,15f.). Bei 2 Petr stösst man auf dieselbe Schwierigkeit wie bei Jud, d.h. auf eine trotz der konkreten Schilderungen im Briefkorpus unbestimmte Adscriptio. Dabei sollte man aber nicht die Aktualität des Briefkorpus, wie man es bisher getan hat, sondern eher die All gemeinheit der Adscriptio bezweifeln. Denn diese Komplexität kann man am besten durch den Einfluss von Jud verstehen: Der Verfasser des 2 Petr rechnet damit, dass sein Brief wie Jud unter den verschiedenen Gemeinden zirkulieren wird. Von 2 Petr gilt das, was wir zu Jud feststellten: Die fingierte Verfasserschaft des Petrus als urchristlicher Autorität und der Rundbrief-Charakter gehen auf einen indirek ten Einfluss der Diasporabrief-Tradition zurück. Sonst weist aber 2 Petr keine weiteren Eigenschaften dieser Brieftradition auf. 186
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Exkurs: Die Johannesapokalypse K. Berger versucht, die Gattung der Briefe der Apk durch die Tradition der »Briefe als Mittel pro phetischer Verkündigung«, die »besonders aus dem Bereich der Jeremia/Baruch-Tradition bekannt« ist, zu erklären. Er versucht, die sieben Briefe der Apk in Verbindung mit dem Baruchbrief (syrBar 7886[87]) auszulegen. Diese Verbindung ist auch von anderen Autoren gemacht worden: P.-M. Bogaert redet sogar von einer Nachahmung des syrBar durch den Verfasser der Apk. In Analogie zu syrBar 86,1 (Forderung zur Verlesung in Versammlungen) vermutet U. B. Müller, dass der Verfasser der Apk auf die Verlesung seiner Apokalypse innerhalb der gottesdienstlichen Versammlungen abziele. Dagegen lehnt es M. Karrer ab, die literarische Gattung der Apk im Licht von syrBar bzw. der Je remia/Baruch-Tradition zu sehen: Zunächst findet er es, gegen Berger\ unmöglich, eine »einheitliche Entwicklungslinie — etwa von den Prophetenbriefen über den Einsatz von Briefen in Apokalypsen zu brieflich gefassten Apokalypsen« zu erkennen. Anders als bei den Prophetenbriefen fehle dem Ba ruchbrief, der für einen Vergleich mit Apk das wichtigste Material wäre, sowohl eine direkte Rückführung des Briefes auf einen Auftrag Gottes als auch eine prophetische Botenformel. Das ma che einen gattungskritischen Analogieschluss auf die Briefe der Apk, die sich an der alttestamentlichprophetischen Tradition orientierten, sehr schwierig. Auch lasse sich Müllers Vermutung nicht 188f
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Vgl. Lindemann, Paulus 97.262. Bei der Gattungsbestimmung des 2 Petr muss man die Gattung »Testament« in Betracht ziehen (s. bes. l,12ff.; dazu Bauckham, 2 Peter 3734f). Dies spielt aber im Rahmen unserer Fragestellung kei ne grosse Rolle; diese Gattung kann der Briefgattung untergeordnet werden (z.B. Baruchbrief, vgl. syrBar 78,5), und hängt vor allem mit der Pseudonymität der Schrift zusammen. * Berger, Apostelbrief 212-219 (Beide Zitate 213). Zur Jeremia/Baruch-Tradition, vgl. bes. Taatz, Briefe 46-81. Bogaert, Apocalypses 55: »J'expliquerais volontiere le double recours de l'Apocalypse johannique ä la forme epistolaire par une imitation de II Baruch.« Müller, Bestimmung 606. »Er [sc. Vf von syrBar] will mit Hilfe der Fiktion des Baruchbriefes und seiner Verbreitungsnotiz die Publikation seiner ganzen Apokalypse sichern. Sie soll in den Rang gottesdienstlicher Verlesung gelangen und so besondere Geltung bekommen.« (ebd.) Karrer, Johannesoffenbarung 59. Karrer, aaO. 50. Zu den Briefen der Apk vgl. auch Karrer, aaO. 159-165.
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begründen, denn der Verlesungsbefehl in syrBar 86,1 beziehe sich nicht auf die Verlesung der ganzen Apokalypse, sondern nur auf die des abschliessenden Briefes. Was die Gesamtgestalt der Apk angeht, so kann man sie mit Karrer vor allem von der paulinischen Brieftradition her sehen. Das wird schon durch die vorpaulinisch nicht belegte Grussform im Präskript XOPW tyuv Kai eipf]vr| (1,4) bezeugt. Hinzu kommt der Schlussgruss f) %äpi£ xox> Kupiao'ItKKn) Xpioroü u€td navwv (22,21; vgl. Phil 4,23; 2 Thess 3,18; Eph 6,24; ferner Hebr 13,25). Im Unterschied dazu verstehen sich die Briefe in Apk 2-3 sicher vor allem von der alttestamentlichprophetischen Tradition her. Dennoch ist es für unsere Fragestellung interessant, dass sieben Briefe gleicherweise stilisiert werden und eine Einheit bilden: Es ist keineswegs eine blosse Sammlung der an verschiedene Einzelgemeinden adressierten Briefe, sondern alle zusammen formen einen Rundbrief an sieben Gemeinden in Kleinasien (vgl. 1,11). Das wird auch durch den Nachsatz des Weckrufs, der am Ende jedes Einzelbriefes vorkommt, nahegelegt: »Wer ein Ohr hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt.« Die Einzelbriefe haben nicht nur ihre primäre Adressatengemeinde, sondern auch alle übrigen Gemeinden im Auge. Dies gilt auch für die Gesamtgestalt der Apk, denn die Adscriptio 1,4 weist deutlich auf die Gattung des Rundbriefes hin. In dieser Hinsicht ist Apk in der Gattungsgeschichte des Frühchristentums kein Einzelgänger. Der Einfluss der paulinischen Briefkonvention findet sich auch in anderen Rundbriefen (1 Petr; 2 Petr), zu deren Gruppe Apk gehören dürfte. Apk weist aber nicht die Eigenschaften des Diasporabriefes auf. 194
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1.2.3.5 Andere frühchristliche Briefe Von einem möglichen Einfluss der Diasporabrief-Tradition kann man bei einigen Briefen der Apostolischen Väter sprechen: 1 Clem, Polyk und MartPol. Im Präskript des 1 Clem werden sowohl Absender- als auch Adressaten-Gemeinde als äKKkrpia TtapoiKOwra (< napouce©) gekennzeichnet: »Die Kirche Gottes, die Rom als Fremde bewohnt, an die Kirche Gottes, die Korinth als Fremde bewohnt«. Diese Kennzeichnung, die ihre Parallele in 1 Petr findet, deutet hier wie dort auf das Selbstverständnis der Christen hin, Fremde auf Erden zu sein. 1 Clem will demnach ein Brief der Diaspora an die Diaspora sein. Im Unterschied zu 1 Petr fehlt aber in 1 Clem das Motiv des Fremdseins der Christen. Ausserdem ist 1 Clem als Gemeindebrief formuliert; 200
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Karrer, aaO. 51f. Die Beschränkung des Verlesungsauftrags auf den Brief bemerkt aber auch Müller (Bestimmung 606). Er vermutet jedoch: »In Wahrheit beabsichtigt der Verfasser des Buches aber wohl mehr.« (ebd.) Karrer, aaO. 73-83. Dort spricht er aber mit Recht auch über »Modifikation und Adaptionen« (aaO. 82) der paulinischen Briefkonvention. Soweit hat also Berger, Apostelbrief 214, recht, wenn er die Briefe der Apk von der Gattung des prophetischen Briefes her versteht. Apk 2,7.11.17.29; 3,6.13.22. Betonung von mir. Es ist also einseitig, wie Schüssler-Fiorenza, Apocalypsis 125, nur den formalen Unterschied zwischen den sieben Briefen (»prophetic letter«) und dem Rahmen der Apk (»Pauline pattern«) zu betonen (in ihrem späteren Werk bemerkt sie aber mit Recht, dass »die [sieben] Briefe nicht an einzelne Gemeinden adressiert sind, sondern überall vorgelesen werden sollen« [dies., Buch 74], und dass die paulinische Briefform der Absicht des Verfassers entspringt, »die Worte der Prophezeiung den Kirchen in Kleinasien mitzuteilen« [aaO. 60]). Es ist bemerkenswert, dass sich diese Briefe (1 Petr; Apk; wahrscheinlich auch 2 Petr) an die Gemeinden in Kleinasien richten. Lindemann, 1 Clem 25. Eine Parallele mit 1 Petr findet sich ferner im Gnadenwunsch: x^P ^ ^ Kai eipf|vn JcA,T|9\>v0eir| (vgl. 1 Petr 1,2; 2 Petr 1,2). Deutet dies auf eine literarische Abhängigkeit des 1 Clem von 1 Petr hin, wie sie Hagner, Use 238-256, für wahrscheinlich hält? 1
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dies könnte auf die Tradition des jüdischen Diasporabriefes zurückgehen (Briefe in 2 Makk; Briefe des Gamaliel I.), auch wenn die römische Gemeinde nicht in dem Masse wie die Jerusalemer Autorität beansprucht . Dasselbe gilt von Polyk und MartPol. Beides sind Gemeindebriefe und beide haben eine mit 1 Clem übereinstimmende Adscriptio: »an die Kirche Gottes, die in Philippi als Beisassin wohnt [jcapotKOvoa]« (Polyk); »an die Kirche Gottes in Philomelium [wohnend: Kapouco'oaa] und an alle Gemeinden der heiligen und allgemeinen Kirche an jedem Ort« (MartPol). Um eine Diaspora-Existenz der Christen geht es aber in beiden Briefen nicht. Bei diesen drei Schriften der Apostolischen Väter kann also wohl nur von einem indirekten Einfluss der Diasporabrief-Tradition die Rede sein (Gemeindebrief-Gattung, Kennzeichnung tKKXryfia napotKOwra für christliche Gemeinde). Es scheint so, dass der Ausdruck EKKÄTJOIOI napoiKowra in ihnen einfach als fixierte christliche Wendung rezipiert wurde. 201
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Im 2. Jh. n. Chr. finden sich auch andere Schriften, die in diesem Zusammenhang erwähnt werden sollen. Der Bericht über die Verfolgung von 177/8 n.Chr., den die gallische Gemeinde an die Gemeinden in Asien und Phrygien geschickt hat (Euseb, HE V l,3ff.), hat ein briefliches Präskript, in dem sich die Absender wie folgt bezeichnen: oi fev Biewfl Kai Aovy5o\>vü> x f £ raXXiaq JcapoiKOVvre^ Soütoi Xpurrov (V 1,3). Der formelhafte Gebrauch von napoiK- begegnet auch im sogenannten »Friedensbrief« des Irenaus an Viktor in Rom (HE V 24,1 lff.), wo er den Ausdruck n a p o i K i a (ohnefeicKXTKxia)gebraucht, und damit »Gemeinde« meint. Euseb erwähnt anderenorts die Briefe, die der korinthische Bischof Dionysius an die Gemeinden in Gortyna und Kreta sowie Amastris gesandt habe, wobei Euseb den Ausdruck eKK^rjoia napoiKo\>aa scheinbar als fixierte Wendung aufnimmt. Von grösserer Bedeutung sind die Synodalbriefe (vgl. HE V 23,2-4). Dort findet man die beiden Gattungen von Gemeindebrief und Rundbrief, die sich auf jüdische Briefe zurückführen. Der Brief von den palästinischen Bischöfen (HE V 25), dessen Abschriften an jede Gemeinde geschickt worden sein sollen (»katholischer« Brief!), belegt den brieflichen Verkehr zwischen den Gemeinden in Palästina und Alexandrien für die liturgische Einheit. Dies entspricht der Funktion der jüdischen Diasporabriefe (2 Makk, Gamalielbriefe). 204
1.2.3.6 Folgerung Neben Jak finden sich im Frühchristentum weitere Briefe, die von der jüdischen Diasporabrief-Tradition beeinflusst sind. Dabei ist der Einfluss aber bei jeder Schrift unterschiedlich. Das Aposteldekret (Act 15,23-29) belegt, dass das Christentum schon sehr früh diese jüdische Brieftradition rezipierte. Das Dekret hat einen Brief-Charakter, der sich formal und inhaltlich an jüdische Gemeindebriefe an die Diaspora anschliesst. Neben ihm und Jak kann man auch bei 1 Petr von einem christlichen Diasporabrief reden. Durch die autoritative Verfasserschaft und die Anfechtungsthematik erweist sich 1 2 0 1 2 0 2
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So Lindemann, aaO. 17. Die Absenderangabe des Polyk (»Polykarp und die Presbyter, die mit ihm sind«) entspricht der in 2 Makk 1,10 (»Die [Brüder] in Jerusalem und die in Judäa und der Rat und Judas«). Eine literarische Abhängigkeit des Polyk von 1 Clem ist möglich, aber schwerlich nachzuweisen (so Lindemann, Paulus 222; anders Vielhauer, Geschichte 564); dagegen kennt der Verfasser des MartPol wahrscheinlich 1 Clem (Lindemann, 1 Clem 13). Zum Synodalbrief vgl. Andresen, Formular 252-255.
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Petr als ein Diasporabrief, der sich an die inmitten von Anfechtungen lebenden DiasporaChristen richtet. In 1 Petr ist aber andererseits das jüdische Diaspora-Verständnis zurückgetreten; mit der »Diaspora« sind in 1 Petr nicht die Zerstreuten aus Jerusalem, sondern die Christen als Fremde auf Erden gemeint. Bei Jud und 2 Petr, der von Jud literarisch abhängig ist, handelt es sich um einen indi rekten Einfluss der Diasporabrief-Tradition, der durch Jak (und bei 2 Petr weiter durch Jud) vermittelt wurde. Die Form eines von einer autoritativen Person abgefassten Rund briefes mit allgemeiner Adressatenangabe geht auf die genannte Brieftradition zurück. In beiden Briefen geht es allerdings nicht mehr um die Diaspora-Thematik. Bei den behandelten Schriften der Apostolischen Väter kann wohl von einem indi rekten Einfluss der Diasporabrief-Tradition geredet werden. 1 Clem, Polyk und MartPol bezeichnen im Präskript die Absender- und die Adressatengemeinde als EKKA/notct natr poucoüoa; dahinter steckt das Selbstverständnis der Kirche als Fremdling auf Erden, das sich auch in 1 Petr findet. Diese Schriften scheinen gleichzeitig auch die Gattung des Ge meindebriefes der Diasporabrief-Tradition (indirekt?) zu verdanken.
1.3 Christlicher Hintergrund des Präskriptes des Jakobusbriefes Jak will, wie wir oben sahen, als ein Diasporabrief, den der Herrenbruder Jakobus von Jerusalem an die gesamte Christenheit sendet, gelesen werden. Diese Deutung setzt vor aus, dass Absender- und Adressatenangabe von den ersten Empfängern, d.h von den Gemeinden, für die Jak bestimmt war, verstanden werden konnten. Es gilt daher nach den Hintergründen zu fragen, die die Entstehung eines christlichen Diasporabriefes ermöglichten, der vom Herrenbruder Jakobus als Geov Kai lcopiot) Inao-u Xpicrcov ÖO'oXxx; an die »zwölf Stämme« geschrieben worden sein will. Zuerst müssen wir uns aber mit der Verfasserfrage befassen.
1.3.1 Die Verfasserfrage Vorbemerkung: Forschungsstand Es ist eine sehr alte Frage, wer der Verfasser sei. Schon Origenes, der unseren Brief als i\ (pepouivn'IaKößo'ü tniaxaki] charakterisierte, lässt erahnen, dass die Verfasserschaft des Jak damals umstritten war. Euseb machte folgende Bemerkung: »Von Jakobus soll der erste der sogenannten Katholischen Briefe verfasst sein. Doch ist zu bemerken, dass er für unecht gehalten wird.« An die Reihe derer, die Zweifel an der Authentizität des Jak anmeldeten, schlössen sich ferner Erasmus und Luther an, wobei jener aus stilisti schen, dieser aus dogmatischen Gründen die Verfasserschaft des Herrenbruders ablehn t e . Im 19. und 20. Jh. ist Zweifel zumeist von historisch-kritischer Seite her geäussert worden. Bei der Echtheitsdiskussion kam — abgesehen von einigen Ausnahmen — fast immer nur der Herrenbruder Jakobus als echter oder angeblicher Verfasser des Briefes in Frage. 205
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Freilich ist es nicht selbstverständlich, dass »Jakobus« in Jak 1,1 den Herrenbruder meinen muss. J. Mojfatt nimmt an, dass Jak kein Pseudepigraphon, sondern von einem unbekannten Jakobus geschrieben
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Origenes, Joh XIX 23 §152 (zu Joh 8,24). Euseb, HE II 23,24f. Vgl. auch aaO. III 25,3. Erasmus, Annotaüones in epistolam Iacobi, in: Novum Testamentum 606: »Nec enim referre uivet usquequaque maiestatem illam et grauitatem apostolicam. Nec hebraismi tantem, quantum ab apostolo Iacobo, qui fuerit episcopus Hierosolymi tanus expectaretur.« In seiner »Vorrhede auff die Sanct Jacobi vnnd Judas« sagt Luther, »acht ich sie für keyns Apostel Schlifft, vnnd ist das meyn vrsach« (WA. DB 7, 384); denn Jak »gedenckt nicht ein mal ynn solcher langes lere, des leydens, der aufferstehung, des geysts Christi«, was das Amt eines rechten Apostels wäre (ebd.). Ferner und ausführlicher vgl. Dibelius, 74-81; Kümmel, Einleitung 357f. Vgl. Dibelius, 79. Luther denkt z.B. an Jakobus den Sohn des Zebedäus (WA. DB 7, 386; vgl. Di belius, 79). Calvin lässt offen, ob der Verfasser der Herrenbruder oder der Alphäussohn ist, während er den Zebedaiden ausschliesst (Opera Omnia LV, CR 83, 382).
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Christlicher Hintergrund des Präskriptes 210
und später (versehentlich) dem Herrenbruder zugeschrieben worden sei. Diese Möglichkeit ist zwar nicht ganz ausgeschlossen, aber doch eher unwahrscheinlich. Denn die Adressatenangabe »an die zwölf Stämme in der Diaspora« setzt voraus, dass der Verfasser bei den Christen seiner Zeit so gut be kannt war, dass er sich ohne weitere Bezeichnung identifizieren liess. Es ist doch undenkbar, dass man nirgendwo Zeugnisse von ihm in der christlichen Literaturfindet.Als angeblicher Verfasser ist nur eine Person anzunehmen, die für die ganze Christenheit zuständig war. Mit der undeutlichen Ver fasserangabe beginnt A Meyer seine Untersuchung und kommt zu der bekannten, heute aber nicht mehr akzeptierten Hypothese, »dass ursprünglich nicht Jac, sondern Jakob, der Patriarch, an die zwölf Stämme Israels schrieb, und dass er und diese Stämme den Gegenstand einer im Schreiben durchge führten Allegorese bildeten.« Es wird wohl nicht nötig sein, uns hier mit dieser Hypothese auseinan derzusetzen. 211
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So handelt es sich um das Problem, ob der Brief vom Herrenbruder tatsächlich ge schrieben oder als ihm zugeschriebenes Pseudepigraphon verfasst wurde. Diese lange diskutierte Frage findet bis heute noch nicht ihr Ende. Selbst in den achtziger und neunziger Jahren unseres Jahrhunderts wurden nach einander Kommentare und Monographien zu Jak veröffentlicht, unter denen man noch eine grosse Divergenz von Meinungen zur Verfasserfrage findet. Auffallend ist dabei, dass bei den deutschsprachigen Exegeten, mit Ausnahme von M Hengel und G. Maier sowie W. Popkes, Jak als Pseudepigraphon angesehen wird, während amerikanische For scher Jak wieder dem Herrenbruder selbst zuschreiben wollen. Wir fragen im folgenden, ob diese wiederauftauchende Echtheitshypothese haltbar ist. 215
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1.3.1.1 Argumente für Jak als Pseudepigraphon Da die Echtheitshypothese als Antwort auf die Annahme einer fingierten Verfasserschaft, wie sie in den siebziger Jahren überwiegend vertreten wurde , aufgestellt worden ist, wird es hilfreich sein, die Argumente für die letztere zuerst kurz zu überblicken. (1) Der Verfasser des Jak schreibt so gut Griechisch, dass es kaum vorstellbar ist, dass der Herrenbruder Jakobus, der aus Galiläa stammt und dessen Muttersprache zwei fellos Aramäisch ist, diesen Brief geschrieben hat. 217
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Moffatt, 2. Mit Ropes, 51; Adamson, James 9; ferner Martin, xxxii. Darum sind auch die anderen Träger des Namens Jakobus im NT (z.B. der Sohn des Zebedäus sowie Jakobus der Kleine) auszuschliessen. Der Sohn des Zebedäus war nur als einer der zwölf Apostel von Belang und hatte keinen persönlichen Einfluss im Urchristentum. Meyer, Rätsel 298. Vgl. oben 1.1.1.5. Zur Kritik vgl. Conzelmann/Lindemann, Arbeitsbuch 313f.; Kürzdörfer, Charakter 28-86. Zu den Meinungen in 20. Jh. bis 1980 vgl. die Tabelle bei Davids, 4. Pseudepigraphon: Ruckstuhl, 8f.; Schnider, 16-19; Pratscher, Herrenbruder 209-213; Hoppe, 12f; Frankemölle, 145-54; Klein, Werk 190f. Auch Vouga, 17f., negiert die Authentizität, ohne dabei von Pseudonymität zu reden. Authentizität: Moo, 17f; Hengel, Jakobusbrief 25lf.; Adamson, James 352; Hartin, James 233-240; Maier, 11; Maynard-Reid, Poverty 5-11; Stulac, 13-17. Michl, 20, lässt diese Frage offen. Die »zwei-Stufen« Hypothese (s. unten Exkurs): Davids, 2-22 (bes. 12f); Martin, lxix-lxxvii; Popkes, Adressaten 188. S. die Tabelle bei Davids, 4. Vgl. Kümmel, Einleitung 364; Dibelius, 31-35; Pratscher, Herrenbruder 209-213, u.a.
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(2) Am Gesetzesverständnis des Jak fehlt das sog. Ritualgesetz, dessen Observanz — wie man aus Act 15; 21 sowie Gal 2 ableiten kann — für den Herrenbruder sehr wichtig war. (3) Jak enthält eine Auseinandersetzung mit einem missverstandenen Paulinismus, der als Nachwirkung der paulinischen Theologie zu erfassen ist. Dies kann sich kaum bereits zu Lebzeiten des Herrenbruders ereignet haben. (4) In Jak fehlen Aussagen, die die persönliche Nähe des Verfassers zu Jesus aufwei sen, was gegen die Verfasserschaft des Herrenbruders spricht. (5) In der alten Kirche hat Jak nur relativ späte Anerkennung gefunden. Wäre wirklich der Herrenbruder der Verfasser, so wäre dies kaum verständlich. 219
1.3.1.2 Argumente für die Authentizität Gegen die obengenannten Argumente erheben die Exegeten, die Jak für authentisch hal ten, folgende Einwände: (1) Heutzutage ist die Ansicht nicht mehr vertretbar, dass ein Jude aus Galiläa kein gebildetes Griechisch schreiben konnte. »So könnte man das gute Griechisch und die rhetorische Form aufgrund unseres besseren Wissens über die Verbreitung >griechischer Bildung< im jüdischen Palästina mit Jakobus als Autor durchaus vereinbaren.« (2) Von den strikten Judaisten, die an der Observanz des Ritualgesetzes festhalten, ist die Position des Herrenbruders zu unterscheiden. In Gal differenziert Paulus zwischen dem Verhalten des Herrenbruders (2,9) und dem derjenigen, die von Jakobus kamen (2,12). Auch in Act 15 ist die Meinung des Herrenbruders (15,13-21) nicht identisch mit der von »etlichen aus Judäa« (15,1), die von den Brüdern in Antiochien die Beschnei dung gefordert haben (vgl. 15,24: »einige von uns, denen wir keinen Auftrag gegeben hatten«). Später hat er Paulus ein freundliches Willkommen geboten, als Paulus ihn be sucht und über seine Missionstätigkeiten berichtet hat (Act 21,17ff.). Und er hat sich bemüht, das Missverständnis zu berichtigen, dass Paulus alle Juden, die unter Heiden sind, veranlasse, vom mosaischen Gesetz abzufallen (Act 21,21). (3) Die paulinische Theologie wurde schon zu Lebzeiten des Herrenbruders missver standen (Vgl. Rom 3,8; 6,1; Gal 5,13). Jakobus wendet sich wohl gegen einen solchen missverstandenen Paulinismus, ohne selber Paulusbrief(e) oder überhaupt seine eigent liche Lehre gekannt zu haben. Dass Jak sich nicht direkt auf die Paulusbriefe beruft 220
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Das älteste Zeugnis von Jak bietet wohl die pseudoclementinische Schrift De virginitate I 11,4 (in: Funk/Diekamp, 19f, 3. Jh.). Auch Origenes erwähnt Jak (s. oben Anm. 205). Im Kanon Muratori (Ende 2. Jh.) fehlt Jak (vgl. SchneemeIcher, Apokryphen I, 27-29). Hengel, Jakobusbrief 251. Zum Griechisch in Palästina vgl. ders, Judentum 108-114; Fitzmyer, Languages 507-518; Sevenster, Greek 23-191. Hengel zeigt erneut aufgrund vieler Beweismaterialien aus Texten und vor allem Inschriften, dass die griechische Sprache im Palästina des 1. Jh. n. Chr. gängig war (Hellenization 7-18). Robinson, Redating 131. Mussner, 19: »Die Briefe des Apostels scheint aber Jakobus nicht gekannt zu haben, sonst hätte er die Pseudopaulinisten doch wohl mit Hilfe ihres eigenen, angeblichen Meisters geschlagen. Aus ih rer Argumentation konnte aber Jakobus das Abrahamsbeispiel kennengelernt und es dann im Sinne seines Anliegens interpretiert haben.« Moo, 28.
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und dass er in 2,14ff. bloss von epya statt epycc v6p.oi) — einem wichtigen Begriff für die paulinische Rechtfertigungslehre — redet, sprechen für diese Annahme. (4) Dass sich im Brief kein Hinweis auf des Verfassers Verwandtschaft zu Jesus fin det, spricht eher für die Authentizität des Jak. Denn »special interest in physical ties to Jesus emerged only after the time of James' death« . Bei 2 Petr, dessen fingierte Ver fasserschaft unzweifelhaft ist, unterstreicht der angebliche Verfasser sein persönliches Verhältnis zu Jesus (2 Petr 1,17f.). (5) Das Fehlen an Zeugnissen des Jak im Frühchristentum spricht weder für noch gegen die Authentizität des Briefes, »since citation and attestation are so fortuitous a matter« . (6) Im Zusammenhang mit (4): Wenn Jak ein Pseudepigraphon wäre, hätte der Ver fasser wohl deutlicher hervorgehoben, dass er der Herrenbruder sein will. Die schlichte Angabe des Verfassers in Jak 1,1 »Knecht Gottes und des Herrn Jesus Christus« ist zu undeutlich, als dass man daraus die Verfasserschaft des Herrenbruders ablesen könnte, was die Wirkung eines Pseudepigraphons nicht wenig gefährdet. (7) J. B. Adamson weist im Anschluss an J. B. Mayor auf sprachliche Berührungen zwischen Jak und der Rede des Herrenbruders sowie dem Brief in Act 15,23-29 hin. 224
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1.3.1.3 Gegenkritik Gegen den Versuch einer Rehabilitierung der Authentizität des Jak kann man aber fol gende — m.E. überzeugende — Einwände erheben. (1) Um das gebildete Griechisch dem Herrenbruder zuzuschreiben, beruft man sich gern auf die Untersuchung von J. N. Sevenster. Diese belegt zwar einleuchtend die 230
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Anders denkt Hengel, Jakobusbrief 255: Der Herrenbruder übe eine antipaulinische Polemik »aufgrund mündlicher Kenntnisse der paulinischen Theologie, die ihm im ganzen fremd und ver dächtig ist. Es besteht so eine Verstehensbarriere zwischen den beiden — offenbar extrem verschie denen — grossen Gestalten des Urchristentums« (Betonung von Hengel). Moo, 24. Es ist aber eine reine Vermutung, wenn er weiter sagt: »Moreover, James' physical relationship to Jesus did not spill over into a spritual relationship« (ebd.). Auch Klein, Werk 197 Anm. 60, der die Authentizität zurückweist, ist der Meinung, dass der Mangel an der Vertrautheit mit der Botschaft Jesu nicht unbedingt gegen die Authentizität des Jak spricht: »Wie wichtig ihm [dem Her renbruder] die Botschaft Jesu war, die er ja als Nicht-Nachfolger zu dessen Lebzeiten (vgl. Mk 3,21.31-35; Joh 7,5) ebensowenig aus eigenem Zuhören kannte wie Paulus, entzieht sich [...] unserer Kenntnis.« Moo, ebd. Auch Dibelius, 30, der Jak als Pseudepigraphon ansieht (aaO. 33), hält dieses Argument für schwach. Vgl. auch Davids, 15f. Robinson, Redating 132. Mussner, 20 Anm. 4, erklärt die Sachlage daraus, »dass er [sc. Jak] (a) an juden-chnsthche Gemeinden geschrieben ist, die schon bald fast ganz aus der Gemeinschaft der Grosskirche verschwunden sind, und vor allem daraus, dass (b) das häretische Judenchristentum den Herrenbruder Jak zu seinem Papst erhob« (Betonung von Mussner). Dagegen mit Recht Pratscher, Herrenbruder 212. Zu weiteren Erklärungsversuchen, die jedoch unhaltbar sind, vgl. Sevenster, Greek 8f. Sevenster, aaO. 14f.; Davids, 9; Adamson, James 9-11. Adamson, aaO. 22-24. Beispiele bei aaO. 22 Anm. 111. Vgl. auch Hengel, Hellenization 7-18; ferner Adamson, aaO. 35-37; Moo, 25; Hengel, Jakobusbrief 270 Anm. 31.
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Verbreitung des Griechischen im Palästina des 1. Jh. n. Chr.; man geht jedoch allzu weit, wenn man daraus den Schluss zieht, dass auch der Herrenbruder so gutes Griechisch hätte schreiben können. Sowohl Hengel als auch Sevenster berufen sich auf griechische Inschriften, um zu zeigen, wie zahlreich griechischsprechende Juden im Palästina des 1. Jh. n. Chr. gewesen sind. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass man — anders als bei der Abfassung eines längeren Briefes — über keine so grosse griechische Sprachkenntnis verfügen muss, um eine Inschrift mit kürzeren Sätzen zu konstruieren. Hengel hat also völlig recht, wenn er, anders als Sevenster, trotz seiner Annahme der guten Sprachfertigkeit des Herrenbruders Jakobus auf die Supposition verzichtet, dass er selber den Jakobusbrief geschrieben habe. Da aber die Mitarbeiter- (bzw. Sekretär-) Hypo these, die er unterstützt, unplausibel ist (s. unten Exkurs), scheitert der Versuch, den Ja kobusbrief dem Herrenbruder zuzuschreiben. Für den Verfasser ist Griechisch unzweifel haft die Muttersprache, was bei dem Herrenbruder nicht der Fall ist. (2) Dass der Herrenbruder kein Judaist war und die gesetzesfreie Heidenmission von Paulus akzeptierte, ist eine zutreffende Beobachtung. Dies besagt aber freilich nicht, dass das Ritualgesetz für ihn nicht mehr von Belang war. Denn er fordert von den Juden christen immer noch die Observanz des Gesetzes, wie dies die Berichte in Act 21,17ff.; Gal 2,11 ff. aufzeigen. Von einem gesetzestreuen Judenchristen wie ihm kann man kaum ein Gesetzesverständnis erwarten, das das Ritualgesetz aufgibt. Es ist ausserdem unverständlich, dass der Herrenbruder in seiner Auseinandersetzung mit Paulus (Jak 2,14-26) die Gesetzesthematik ausklammert, um die es beim Treffen der beiden immer ging (Act 15,lff.; 21,17ff.; Gal 2,lff.). Dies entspricht eher dem Jakobusbild späterer ju denchristlicher Tradition; dort wird er als vollkommener Gerechter und Asket dargestellt, aber die Auseinandersetzung um die Gesetzesfrage tritt auffalligerweise zurück. (3) Es ist zwar nicht ganz unmöglich, dass der Herrenbruder die paulinische Theolo gie durch mündliche Vermittlung kennengelernt hat. Eine Verwechselung von epyct mit epycc vö[iov ist aber bei ihm und in seiner Zeit schwerlich denkbar. Denn für ihn kam es vor allem auf das Verhältnis von Gesetz und Glauben an, das Paulus bedrohen soll (vgl. Act 21,21; Gal 2,12). Sollte der Herrenbruder der Verfasser gewesen sein, dann hätte er den Gesetzesbegriff der paulinischen Rechtfertigungslehre kaum weggelassen. Diese Sachlage passt viel besser zum nachpaulinischen Zeitalter, in dem man trotz der Rezep231
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Vgl. Hengel, Hellenization 10. So mit Recht Lewis, Greek 588. Jakobusbrief 251f.; Hellenization 17. Dafür ist m.E. der rhetorische Charakter des Briefes entscheidend, z.B. Paronomasie (1,1.2 xaipeiv Xapdv), Parechese (1,24 äneXf|AA>8ev - ejceXaöexo) sowie Pleonasmus (3,7 5a^id^Exai K a i 5efiätiaorai); vgl. ausführlicher Dibelius, 56. Mit Dibelius, 31; Pratscher, Herrenbruder 210f; Frankemölle, I 53; Klein, Werk 190. Vgl. ferner Davids, 11; Martin, lxx; Kümmel, Einleitung 364. Klein, ebd., weist ferner auf das stark hellenistisch geprägte Gottes- und Menschenbild des Briefes hin (»Gott als Schöpfer der Ursprung alles Guten und als solcher unveränderlich« [vgl. Jak 1,5.13.17] und »die sittliche Vollkommenheit als Ziel allen menschlichen Strebens und die eiciOutiia als dessen Hauptverhindernis« als gängige Topoi der hel lenistischen Ethik), was bei dem Herrenbruder kaum vorstellbar ist. 236 Ygi p tscher, aaO. bes. 77-100; ferner Kittel, Stellung 145f. Pratscher, aaO. 82; 101. Vgl. auch Hartin, James 228; Aland, Herrenbruder 239. Zum Gesetzesverständnis des Jak vgl. unten 3.4.2. Hengel, Jakobus 90. Vgl. Euseb, HE II 23,4-7. Eine Ausnahme stellt aber PsClem, Horn. Ep.Petr 8,3ff. dar. 2 3 2 2 3 3
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tion der Rechtfertigungslehre den Unterschied zwischen »Gesetzeswerken« und »Werken« nicht mehr berücksichtigte. (4) Abgesehen davon, dass Act 15,23ff. lukanische Formulierung sein könnte, sind die sprachlichen Parallelen zu Act 15,23-29 zu allgemein, um daraus irgendeine Bezie hung herleiten zu können. Diese Einwände führen zum Schluss, dass die Argumente für die Authentizität in der Tat nicht überzeugen — mit einer Ausnahme. Man wird mit Zuversicht die fingierte Verfasserschaft des Jak feststellen können, wenn man die letzte, uns bleibende Schwie rigkeit beseitigen kann: Der Verfasser scheint sich nicht darum zu sorgen, ob aufgrund der knappen Absenderangabe auch wirklich die echte Verfasserschaft des Herrenbruders angenommen wird. Bei einem Pseudepigraphon wäre zu erwarten, dass er den Verfasser deutlicher identifizieren würde. 240
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Exkurs: Die Mitarbeiter-Hypothese und die Zwei-Stufen-Hypothese (1) Mitarbeiter-Hypothese: F. Mussner nimmt einen »griechisch sprechenden Mitarbeiter« für »das sprachliche und stilistische Kleid des Briefes« a n . Für diese Hypothese beruft er sich auf 1 Petr, »in dem der Mitarbeiter ausdrücklich in 5,12 genannt wird (Silvanus)« . Dagegen sprechen aber: (a) 1 Petr 5,12 kann kein Argument sein, denn Silvanus ist nicht Mitarbei ter bzw. Sekretär des Petrus, sondern Überbringer des Briefes. (b) Noch wichtiger und entscheidend ist, dass es in Jak keine Angabe solcher Mitarbeiter gibt. (2) Zwei-Stufen-Hypothese: P. H Davids versucht, das sprachliche Problem durch eine »ZweiStufen« Hypothese zu beseitigen: »The epistle is very likely a two-stage work. The first stage is a series of Jewish Christian homilies, sayings, and maxims, many of which would have been composed in Greek by a person who spoke Aramaic as his mother tongue, while others may have been translations. The second stage is the compilation of an epistle by editing these pieces together into a whole.« Nach Davids seien vom Herrenbruder selbst die erste, und vielleicht auch die zweite Stufe durchgeführt wor242
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So auch Lindemann, Paulus 248f. Vgl. Eph 2,8f; 2 Tim 1,9; Tit 3,5-7; 1 Clem 32,4; Polyk 1,3. Vgl. Adamson, James 22 Anm. 111. Die Verbindung von dfieAxpoq und ayanvpbc; (Jak 1,16.19; 2,5; Act 15,25) wird nicht auf Jak und Act begrenzt. Die Anrede avfipe; ä&Axpoi (, äKouoaxe JIOD) (Act 15,13; vgl. Jak 2,5 dKowaxe d&Xxpoi uov) findet sich ferner in Act 7,2; 13,15; 22,1, so dass es na heliegt, dass dies eine lukanische Wendung ist. Ähnliche Kritik bei Pratscher, Herrenbruder 210. Mussner, 8 (beide Zitate). Er denkt, dass der Herrenbruder selbst den Brief auf Griechisch geschrie ben habe, wobei er einen sprachlichen Mitarbeiter zu Hilfe genommen habe; trotzdem habe »diese Annahme [...] noch nichts mit >Sekretärhypothese< zu tun« (ebd.). Zur Sekretärhypothese vgl. Sev enster, Greek 10-14. Diese Möglichkeit spricht auch Hengel, Jakobusbrief 25 lf, an. Kittel, Ort 79f, denkt an die Möglichkeit, dass der Herrenbruder den Brief »durch einen der zur Urgemeinde gehörigen hellenistischen Judenchristen schreiben liess, vielleicht des Stephanus-Kreises«. Ebd. Anm. 5. Die Wendung ypaqxD 5id bezeichnet wohl den Überbringer, und nicht den Sekretär. So Richards, Secretary 69-73; Brox, 1 Petr 242f. Dagegen Goppelt, 1 Petr 347. Richards, aaO. 80, nennt vier relativ zuverlässige Kriterien für implizites Anzeichen des Gebrauchs eines Sekretärs: »(1) the presence of a postscript, (2) the preference of the author [sc. of using a se cretary], (3) the particular letter type [sc. e.g. official and business letters], and (4) stylistic variations in an authentic letter«. Für Jak könnte allenfalls das letzte Kriterium gelten, allerdings kennen wir den Stil des historischen Herrenbruders nicht, so dass es unmöglich ist, den Anteil des Sekretärs zu eruieren, auch wenn man einen solchen Anteil bei Jak annehmen dürfte. Ähnlich Kümmel, Einlei tung 364; Pratscher, Herrenbruder 211. Davids, 12.
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den, wobei »an amanuensis with considerable ability in literary Greek may have assisted the author [sc. den Herrenbruder] in writing this work.« Daran schliesst sich R. P. Martin an, der aufgrund der Nähe des Jak zu Mt vermutet, dass eine Sammlung von Lehren des Herrenbruders von seinen Schülern nach Antiochien gebracht und im zwei sprachigen Milieu redigiert worden sei. Diese Hypothese ist offenbar dadurch entstanden, dass man die Schwierigkeit, das gute Griechisch dem Herrenbruder zuzuschreiben, anerkennt, und trotzdem versucht, inhaltlich den Brief auf ihn zu rückzuführen. Für diesen Zweck weist man das gute Griechisch und die Semitismen im Brief zwei verschiedenen Personen zu und führt somit die sprachliche Gepflegtheit auf einen anderen Redaktor zurück. Diese durch den Text des Jak nicht begründete Hypothese scheitert aber daran, dass man aus dem Nebeneinander von gutem Griechisch und Semitismen keineswegs zwei Entstehungsstufen erschliessen kann. Denn dieses Nebeneinander kann man bei griechisch sprechenden Juden in der Diaspora ohne Schwierigkeiten annehmen. Das gepflegte Griechisch ist also auf den Verfasser selber zurückzuführen; und deshalb ist das ein starkes Argument gegen die Authentizität des Briefes 247
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1.3.1.4 Schlussfolgerung Trotz des Plädoyers etlicher (zumeist amerikanischer) Exegeten für die Authentizität ist Jak als Pseudepigraphon, das auf den Herrenbruder zurückgehen will, anzusehen. Es findet sich nämlich nur ein einziges erwägenswertes Argument für die Authentizität, nämlich dass der Verfasser sich nicht um eine Beglaubigung der Authentizität des Briefes zu bemühen scheint. Ob dies zutrifft und wie sich diese Sachlage aus der Sicht der Pseudepigraphie erklären lässt, ist im folgenden zu untersuchen.
1.3.2 Jakobus als Gottes Knecht Es scheint der allgemeinen Tendenz der Pseudepigraphie zu widersprechen, dass der Brief keinen deutlichen Hinweis auf den Herrenbruder als angeblichen Verfasser zu ent halten scheint. Zu bemerken ist aber, dass es verschiedene Arten der Fälschung unter 253
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AaO. 13. Er (aaO. 22) vermutet die Endredaktion zwischen 55-65 oder möglicherweise zwischen 7585 (nach dem Tod des Herrenbruders). Die Ansicht, dass Jak ein Kompendium von Äusserungen des Herrenbruders sei, äusserte schon Rendali, Epistle 33 (vgl. oben 1.1.1.4). Vgl. auch Popkes, Adressa ten 188. Martin, lxxvi. Er setzt die Endredaktion einige Jahrzehnte nach dem Tod des Herrenbruders an (aaO. lxxviii). Dies gilt auch für die Mitarbeiter-Hypothese. Zu den Semitismen in Jak vgl. Dibelius, 55ff.; Moulton/Turner, Grammar IV 117ff. Die Semitismen in Jak dürften damit zu tun haben, dass der Verfasser mit der LXX vertraut ist. Vgl. Moulton/Turner, aaO. 116-120; Dibelius, 54f. Gegen Lindemann, Paulus 241 Anm. 57; Pratscher, Herrenbruder 211, und Schnelle, Einleitung 440, die das sprachliche Argument herunterspielen. Brox, Verfasserangaben 60, bemerkt, »dass antike fälschende Schriftsteller nicht schüchtern und zö gernd ihr Handwerk betrieben, sondern ohne Vorbehalt jedes erdenkliche Mittel, das dem Erfolg ih res Unternehmens günstig sein konnte, anwandten. Sie suchten also möglichst undurchschaubar zu
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Pseudepigraphen gibt, was man schon durch einen Überblick der neutestamentlichen Pseudepigraphen erkennen kann: Während man in den Pastoralbriefen sowie in 2 Petr auf sorgfältige Manipulationen stösst, findet sich bei 1 Petr und Jud keine weitere An strengung zur Fälschung ausser der Absenderangabe des Briefes. Für Jak gilt das zwei fellos auch. Es kommt also darauf an, ob und wie das Präskript Jak 1,1 auf die Verfas serschaft des Herrenbruders hinweist. Um den Schluss vorwegzunehmen: Das Präskript bezieht sich auf das Bild des Herrenbruders, das sich in judenchristlicher Tradition (bzw. judenchristlichen Traditionen) bis zur 1. Hälfte des 2. Jh. gebildet hat. Der Verfasser musste m.E. nicht eine Bezeichnung verwenden, die deutlicher auf den Herrenbruder hingewiesen hätte, weil der Herrenbruder zur Zeit der Abfassung keine weitere Bezeichnung benötigte, um sich von anderen Trägern desselben Namens zu un terscheiden. Im NT wird er einmal »Herrenbruder« (Gal 1,19), aber sonst immer bloss »Jakobus« genannt (Act 12,17; 15,13; 21,18; 1 Kor 15,7; Gal 2,9.12; wohl auch Jud 1). In einem bei Euseb (HE II 23,4-18) überlieferten Fragment der »Hypomnemata« von Hegesipp kommt der Titel »der Gerechte« vor. Diesen Titel hätte aber der Verfasser, selbst wenn er ihn gekannt hätte, als Selbstbezeichnung des Herrenbruders nicht benützen können. Zu bemerken ist, dass der Titel emoKorccx; in der HegesippTradition noch keine Rolle spielt. Der Bischofstitel taucht erst bei den den Pseudoclementinen zugrundeliegenden Quellen Kerygmata Petrou (Kn) (Epistula Petri 1,1) und AJ II-Quelle (Rekognitionen I 43,3; 62,2.5; 70,3) auf, die wohl in der 2. Hälfte des 2. Jh. anzusetzen sind. Daraus kann man wohl schliessen, dass Jak das Jakobusbild der Zeit vor der 2. Hälfte des 2. Jh. widerspiegelt. 254
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falschen, möglichst gut zu täuschen, möglichst perfekt zu fingieren«. Zum Mittel der Fälschung vgl. aaO. 57ff.; Speyer, RAC VII 239f. 1 Tim 1,3; 2 Tim l,15ff.; 4,9ff.; Tit 1,5; 3,12ff.; 2 Petr l,16ff. Als solche Bezeichnungen nennt Davids, 8: »Brother of the Lord«, »eider in Jerusalem«, »apostle of Christ«. Haiton, TRE XIV 560, denkt, »Hypomnemata« sei nicht der Name des Werkes, sondern einer lite rarischen Gattung. Dazu vgl. aber Vielhauer, Geschichte 767. Dort wird gesagt, dass er »von den Zeiten des Herrn an bis auf unsere Tage allgemein der Gerechte genannt wurde; denn es gab noch viele, die den namen Jakobus führten« (II 23,4). Diese Aussage widerspricht allerdings den Belegen des NT (s. oben) und muss deshalb eine spätere Bildung sein {Pratscher, Herrenbruder 114). Es steht ausser Zweifel, dass Hegesipp auf einer älteren (wohl mündlichen) judenchristlichen Tra dition beruht. Vgl. Strecker, Problem 278; Lüdemann, Paulus II 226; Haiton, TRE XIV 560; Gustafsson, Sources 227f. Dagegen nimmt Pratscher, Herrenbruder 106f., eine schriftliche Quelle an. Hegesipp stellt den Herrenbruder als ersten Bischof in Jerusalem dar (HE IV 22,4); dies geht aller dings nicht auf die von ihm übernommene judenchristliche Tradition, sondern auf ihn selbst zurück {Pratscher, Herrenbruder 109). »Der unter anderem in Korinth und Rom zu Hegesipps Zeiten üb liche Sprachgebrauch wird auf die Situation der frühen Jerusalemer Gemeinde übertragen« (ebd.). Zur literargeschichtlichen Analyse der Pseudoclementinen vgl. Strecker, Pseudoklementinen 443447; ders., Judenchristentum 137-270; Pratscher, Herrenbruder 122-126. Als Entstehungszeit von Kn denkt Strecker an 200 (Pseudoklementinen 447; Judenchristentum 219); nach Pratscher, aaO. 142f. ist an die 2. Hälfte des 2. Jh. zu denken. Er setzt AJ II-Quelle, eine andere, ebenfalls vom Grundschriftverfasser benützte judenchristliche Quelle, auch in die 2. Hälfte des 2 Jh., wobei für die KU »infolge der gnostischen Tendenzen eine etwas spätere Zeit anzunehmen« ist (aaO. 143). Lüdemann, Paulus II 242f. datiert die R I-Quelle, die Streckers AJ-Quelle (Grundstock von AJ IIQuelle) entspricht, zwischen 135 und »irgendwann im 3. Jahrhundert«. Terminus a quo der Hegesipp-Tradition ist ca. 75 n.Chr., weil dort von der Belagerung von Jerusa lem durch Vespasianus (unter der Leitung von Titus) die Rede ist (HE II 23,18). Diese jakobus-
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Diese Betrachtung lässt sich noch präzisieren, wenn man die Aufmerksamkeit auf die Bezeichnung 6eoi> Kai Küpioi) 'ITJOOÜ Xpioroi) 5aoXo£ richtet: Sie ist, wie oben gesagt, die Kombination des frühchristlichen Titels für Amtsträger »Knecht von Jesus Christus« und des alttestamentlich-jüdischen Ehrentitels »Knecht Gottes«. In der Hegesipp-Tradition kommt ein Zeugnis vor, wonach letzterer tatsächlich auf den Herrenbruder angewandt worden war. Nach Hegesipp wurde der Herrenbruder 6 Sucaioq Kai c&ßXiaq genannt (HE II 23,7). Der umstrittene Titel äßXicu; wird, trotz verschiedener Lösungsvorschläge , am besten erklärt als Textverderbnis aus QBAIAZ zu QBAIAZ. Da
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zentrierte Tradition findet sich wohl bei griechischsprechenden Judenchristen (vgl. Pratscher, aaO. 107) in Syrien oder Palästina, was mit den Abfassungsverhältnissen von Hegesipps Hypomnemata übereinstimmt (vgl. Harnack, Chronologie I 311-313; Vielhauer, Geschichte 766. Das Werk ist ca. 180 n.Chr. in seiner Heimat, wohl Syrien bzw. Palästina [Harnack, aaO. 312], entstanden). Vgl. oben S. 24. 263 Ygi Torrey, James 93-96; Pratscher, Herrenbruder 116f; ferner Hengel, Jakobus 78 Anm. 28. M i t Torrey, aaO. 96; Sahlin, Jakobus 152f; Balzer/Köster, Bezeichnung 141; letztlich Pratscher, aaO. 117. Vgl. Balzer/Köster, aaO. 141. Bei Josephus findet sich der Name'QßeSicu; als Übertragung von 0)7TH3'J) (Ant VIII 13,4f; IX 4,2). Zur griechischen Schreibung des Namens Obadja vgl. Pratscher, aaO.117 Anm. 53. Torrey, James 96f. Balzer/Köster, Bezeichnung 142; Pratscher, Herrenbruder 117. So Pratscher, aaO. 117 Anm. 54; Balzer/Köster, Bezeichnung 142. Pratscher, ebd., denkt, dass Jakobus durch die Anlehnung an die Gestalt des Ebed Jahwe bei Deuterojesaja charakterisiert wurde: »Dieser wohl primär gegebene Bezug bei der Wahl der Ehrenbezeichnung Obadja für Jakobus stellt ihn in Analogie zum atl. Vorbild als den leidenden Gottesknecht dar, und dieser Zug passt vorzüglich in einen Martyriumsbericht«. Dies scheint die Wendung cbc, oi Äpoqrifiai änAxrixriv jiepi avzov bei Hegesipp verständlich zu machen. Dies dürfte für die Beheimatung des Jak in Syrien/Palästina sprechen, wo die von Hegesipp belegte Tradition wohl verbreitet war (s. oben Anm. 261). 2 6 2
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1.3.3 Zu den Adressaten des Jakobusbriefes als den »zwölf Stämmen« 1.3.3.1 »Alle Christen« als Fiktion Beim Präskript bleibt noch die Frage, wen der Verfasser mit den »zwölf Stämmen« meint. Es scheint zweifelsfrei, wie man gern in Analogie zu den verwandten Vorstellungen in anderen frühchristlichen Schriften angenommen hat, dass diese Kennzeichnung im übertragenen Sinne »die Christenheit als das wahre Gottesvolk« bedeutet. Unerklärlich bleibt dabei nur, weshalb der Verfasser eine nicht ohne weiteres deutliche Kennzeichnung verwendet. Denn er hätte wie Jud und 2 Petr eine den Christen vertrautere Adressaten angabe wählen können, wenn er damit lediglich »alle Christen« ansprechen wollte. 270
Die Adscriptio lässt sich aber auch durch die Annahme der Authentizität nicht gut erklären. Hierbei will man die Adressaten auf die Judenchristen begrenzen. Die recht ethnisch gefärbte Adscriptio, der eine nähere Bestimmung fehlt, scheint zwar dafür zu sprechen; auf der anderen Seite ist es aber kaum vorstellbar, dass der Herrenbruder diesen Brief ausschliesslich an die Judenchristen adressiert hätte, auch wenn er, wie W. Pratscher feststellt, »sich nur für die Judenchristen verantwortlich wusste« . Der Brief verrät nämlich keine Spuren einer solchen Begrenzung des Adressatenkreises. Der Herrenbru der hätte dann die Adressaten noch deutlicher bezeichnen müssen. 271
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Wozu hat der Verfasser diese auf die jüdische Diasporabrief-Tradition zurück gehende Adscriptio gewählt? Dies lässt sich m.E. am ehesten beantworten, wenn man annimmt, dass sie eine Fiktion ist, die sich mit der fiktiven Verfasserschaft des Herren bruders verbindet: Sie dient vor allem als Autoritätszeichen des Herrenbruders, der im Anschluss an die Diasporabrief-Tradition als autoritative Person die gesamte Christenheit anzusprechen vermag. Es handelt sich aber zugleich um die Autorität dieses Briefes, des sen Inhalt für alle Christen gelten will. So ist diese Adressatenangabe vor allem auf der fiktiven Ebene von Bedeutung. Ist die Adressatenangabe primär auf der fiktiven Ebene zu deuten, hat man zu fragen, ob sie mit den wirklichen Empfängern übereinstimmt. Denn es ist gut möglich, dass der Verfasser in Wirklichkeit einen bestimmten Adressatenkreis im Visier hat, aber den Brief 274
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Vielhauer, Geschichte 570. So die meisten Exegeten, die Jak als pseudepigraphisch ansehen, z.B. Kümmel, Einleitung 359, und Pratscher, Herrenbruder 210. Vgl. die oben in Anm. 216 genannten Autoren. Pratscher, Standort 54. Hinzu kommt, dass der Herrenbruder, bei dem sich eine Trennung (und Gegenüberstellung) von Judentum und werdendem Christentum noch nicht angebahnt hatte, die Christenheit kaum mit »zwölf Stämme« angeredet hätte. Klein, Werk 189, gibt für die Pseudonymität einen anderen Grund an: »Denn der historische Jakobus [...] hätte die Situation seiner [sc. Jerusalemer] Gemeinde, die damals noch einen gewichtigen Teil der christlichen >zwölf Stämme< bildete, sicher nicht als Diaspora verstanden«. Die Adressatenangabe unseres Briefes dürfte aber immerhin die Ekklesiologie des Verfassers selbst andeuten; da er wohl Jerusalem als (mindestens geistliches) Zentrum des Christentums gesehen hat, konnte er die jüdische Diasporabrief-Tradition christlich verarbeiten.
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in ein autoritatives Präskript einkleidet; dies wird um so plausibler, als Jak eine bestimm te Briefsituation widerspiegeln könnte. 275
1.3.3.2 Jakobus als »Leiter der Gesamtkirche« In bezug auf die fiktive Adressatenangabe hat man ferner zu bemerken, dass hier offenbar die Autorität des Herrenbruders über die Gesamtchristenheit vorausgesetzt ist; diese Vorstellung ist aber, historisch gesehen, nicht selbstverständlich. Es ist überhaupt verdächtig, dass der »historische« Herrenbruder Jakobus ein solches Selbstverständnis gehabt hat; wahrscheinlicher wäre vielmehr, wenn man z.B. Act 15 sowie Gal 2 berücksichtigt, dass er »sich nur für die Judenchristen verantwortlich wusste, etwas überspitzt könnte man sogar sagen, die Heidenchristen interessierten ihn nur so weit, als sie das Verhalten der Judenchristen beeinflussten« . 276
M Hengel unterstreicht die hervorragende Stellung des Herrenbruders in der Jerusalemer Gemein de, die sich als »die Mutter- und Hauptgemeinde der ganzen Kirche« betrachten solle, so sehr, dass er vom »ersten >Papst«< zu reden vermag. Unzweifelhaft verhält sich Jakobus, besonders nach der Verfol gung des Petrus (Act 12,1-9), als Vertreter der Jerusalemer Gemeinde; es ist allerdings fragwürdig, ob man da einen »Primatsanspruch« postulieren kann. Wie die Darstellungen in Act 15 und Gal 2 er kennen lassen, handelt er durchaus als Mitglied des »Säulen«-Kollegiums (vgl. Gal 2,9). Auch später, als Paulus ihn zum letzten Mal besuchte (Act 21,17-26), spricht er nicht als die absolute Autorität, son dern als primus interpares (vgl. Act 21,18.23: »tue nun das, was wir dir sagen!«). Es ist ferner wenig wahrscheinlich, dass »er sich [...] nicht nur für die Judenchristen in Judäa, sondern für alle Gemeinden verantwortlich sah« . Dem widerspricht offenkundig, dass das heikle Thema der Tischgemeinschaft zwischen Juden- und Heidenchristen erst beim Apostelkonzil (Act 15) zur Diskussion gestellt und durch eine nachgeholte Lösung abgeschlossen wurde. Kann dies der Fall sein, wenn sich der Herrenbruder für alle Gemeinden zuständig sähe? Zwar übt er seinen Einfluss über die Jerusalemer Gemeinde hinaus aus, aber nur insoweit, als es um die Judenchristen geht (Gal 2,12! Ferner Act 21,21). 277
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Dem entspricht das Jakobusbild in der Grosskirche. Da lässt sich eine Tendenz er kennen, die Autorität des Herrenbruders zu restringieren, indem man sie von den Apo steln herstammen lässt. . Seine Zuständigkeit ist jedenfalls auf die Jerusalemer Ortsge meinde beschränkt. 282
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Vgl. oben S. 15. Dabei ist es aber wohl nicht auszuschliessen, dass der Verfasser, wenn er einmal die Adressaten so umfassend bezeichnete, damit rechnete, dass der Brief über den primär intendierten Adressatenkreis hinaus zirkulieren würde. Pratscher, Standort 54. Vgl. auch Kittel, Stellung 153. Hengel, Jakobus 88, Hervorhebung von ihm. * So Hengel, aaO. 100. Oder entspringt dies der Tendenz des Lukas, »das Gewicht des >Herrenbruders< zugunsten eines Petrus und vor allem eines Paulus, seines wahren Helden, ab[zu]schwächen« (Hengel, aaO. 99)? AaO. 98. Pratscher, Standort 53. Clemens Alex., Hypotyposen VI (Euseb, HE II 1,3): »Petrus, Jakobus und Johannes sollen nach der Himmelfahrt des Heilands, weil sie schon vom Heiland mit besonderen Ehren ausgezeichnet worden waren, nicht um Geltung gestritten, sondern Jakobus den Gerechten zum Bischof von Jerusalem gewählt haben«; ferner Interpolation von Euseb zur Hegesipp-Tradition (s. unten Anm. 284). HE II 23,1: »Jakobus, der Bruder des Herrn, welchem von den Aposteln der bischöfliche Stuhl in Jerusa-
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Christlicher Hintergrund des Präskriptes
Hingegen wird er in der von Hegesipp überlieferten judenchristlichen Tradition un verkennbar als »Leiter der Gesamtkirche« hervorgehoben: »(Mit den Aposteln) hat der Herrenbruder Jakobus rr\v kKKkvpiav übernommen« . Die Überlegenheit des Herren bruders über die Apostel wird ferner durch die judenchristliche Tradition, die hinter dem Hebräer-Evangelium und dem Thomas-Evangelium steht, bezeugt. In EvHebr 7 wird der Herrenbruder, der schon beim letzten Mahl Jesu anwesend war (»von jener Stunde an, in der er [sc. Jakobus] den Kelch des Herrn getrunken hatte«), als der erste und also wich tigste Zeuge des Auferstandenen dargestellt. Auch in EvThom 12, wo der Herrenbru der anders als in EvHebr 7 nicht dem engeren Jüngerkreis zugehörig gedacht ist, wird offenbar »die absolute Autorität über die Jünger nach dem Weggang Jesu« vorausge setzt. 284
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Die Absenderangabe des Jak entspricht offenbar diesem Autoritätsanspruch des Herrenbruders in der judenchristlichen Tradition; vgl. Act 15,23, wo das Aposteldekret im Namen der »Apostel und der Ältesten« abgesandt wird, obwohl der Herrenbruder als Absender zu erwarten wäre, wenn er den Primat in der Jerusalemer Gemeinde gehabt hätte.
Daraus geht hervor, dass die Vorstellung des Herrenbruders Jakobus, der für die Ge samtkirche zuständig sei, der judenchristlichen Tradition eigentümlich ist. Es liegt also nahe, dass die Adressatenangabe des Jak, die die Autorität des Herren bruders über die Gesamtkirche voraussetzt, auf dieses judenchristliche Jakobusbild zurückgreift. Dies passt zu dem, was wir oben 1.3.2 besprachen: Das Präskripit des Jak reflektiert ein Jakobusbild judenchristlicher Tradition.
lern anvertraut worden ist«; VII 19; Constitutiones Apostolorum VII 46,lf. (Funk I 452); VIII 46,13 (aaO. I 560); Hieronymus, Liber de viris inlustribus 2. Vgl. auch Hengel, Jakobus 83f. Clemens Alex, Hypotyposen VI (s. oben Anm. 282); Didascalia (syr) 24 (Vööbus, 215). Hiernach soll er für die Jerusalemer Gemeinde verantwortlich gewesen sein, während die Apostel darüber hin aus die Aufgabe der Mission getragen hätten. HE II 23,4. Meid XQV anooxöXw ist nach Pratscher, Herrenbruder 108, und Ludemann, Paulus II 221 f., eine Interpolation von Euseb, der — der Tendenz der Grosskirche entsprechend (s. oben) — die Stellung des Herrenbruders mit derjenigen der Apostel harmonisieren wollte. Vgl. Hengel, Jakobus 82f; Pratscher, Herrenbruder 46-48. /fe/ige/, aaO. 79. Nach Pratscher, Herrenbruder 153f, gehen EvThom 12 und EvHebr7 auf gemeinsame judenchrist liche Tradition zurück; vgl. ferner Fieger, Thomasevangelium 64-66.
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1.4 Ergebnisse (1) Bei der Frage nach der literarischen »Gattung« geht es darum zu bestimmen, durch welche Gattung der Verfasser auf die Leser einwirken will. Demzufolge war von der Briefformel von 1,1 auszugehen. Jak hat einen brieflichen Charakter nicht nur in 1,1, sondern auch in seinem Schlussteil (5,7-20). Ferner kann man dem Briefkorpus des Jak gewisse Briefsituationen entnehmen. In Berücksichtigung der Vielfalt der Briefgattung ist Jak in seiner Gesamtgestalt als Brief zu betrachten. (2) Jak rezipiert die frühjüdische Tradition des Diasporabriefes, wenn er vom Herren bruder Jakobus, der Jerusalemer Autorität, mit dem Titel »Gottes Knecht« an die »zwölf Stämme in der Diaspora« geschickt worden sein will. Zu dieser Brieftradition gehört die Anfechtungsthematik (Jak 1,1-12; 5,7-12): Jak präsentiert sich, wie etliche Diasporabrie fe im Frühjudentum, als Brief, der die in der Diaspora inmitten der heidnischen Umwelt Lebenden zur Geduld in ihren Glaubenskrisen ermahnt. Den Einfluss dieser Brieftradition belegen schon das Aposteldekret in Act 15 und 1 Petr, sodann wahrscheinlich durch Jak indirekt auch Jud und 2 Petr. (3) Jak ist ein Pseudepigraphon unter dem Namen des Herrenbruders Jakobus. Die Absender- und die Adressatenangabe gehören zu einer Fiktion, die ihren Hintergrund in judenchristlichem Milieu (wohl in Syrien/Palästina früher als Mitte 2. Jh.) hat. Da das Präskript Fiktion ist, wodurch die Autorität des Briefes für alle Christen hervorgehoben wird, muss das nicht mit den wirklichen Empfängern, auf die der Verfasser primär zielt, übereinstimmen. Der Brief kann in der Tat einen genau bestimmten Adressatenkreis, wenn nicht sogar eine Einzelgemeinde, im Blick haben.
2. Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema des Jakobusbriefes Im vorigen Teil haben wir durch die Rehabilitierung des Jak als Brief in formaler Hinsicht das Kontext- und das Situationsverbot aufgehoben: Jak hat als Rundbrief eine bestimmte Briefsituation. Als christlicher Diasporabrief hat er die Funktion, die mit Anfechtungen konfrontierten Glaubensgenossen anzusprechen. Nun wollen wir auch noch vom inhaltlichem Aspekt her das Kontextverbot in Frage stellen. Kritisch überprüft sei, ob Jak wirklich keinen gedanklichen Zusammenhang zwi schen den einzelnen Textteilen hat, oder ob die Schrift nicht doch eine thematische Kohärenz aufweist, die eine kontextuelle Auslegung erlaubt. Unser Anliegen ist natürlich, den Beweis für letzteres zu erbringen, um es zu ermöglichen, den Brief in Verbindung mit seinen Abfassungsverhältnissen zu lesen.
2.1 Hauptmotive im Jakobusbrief: Forschungsgeschichtlicher Rückblick In Jak finden sich Begriffe, die wiederholt auftauchen und die wohl für den Ge dankengang des Briefes eine wichtige Rolle spielen. Aufgrund dieses Befundes hat man bisher oft versucht, einen dieser Begriffe in der Art zum theologischen Mittelpunkt des Jak zu machen, dass er die übrigen Einzelmotive in sich integriert. Dahinter steckt un zweifelhaft das Interesse, entgegen dem Dibelius'schen Kontextverbot eine thematische Ordnung nachzuweisen. Darum beginnen wir unsere Überlegung mit einem kurzen Überblick über die Versu che, in denen sich unser Ausgangspunkt nach dem »Jenseits« des Kontextverbotes finden lässt. Folgende Begriffe sollen aufgegriffen werden: 1) Glaube und Werke; 2) Vollkom menheit; 3) Weisheit; 4) Anfechtung/Versuchung und Geduld. 1
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Vgl. auch Frankemölle, 1160.
Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
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2.1.1 Glaube und Werke Es ist nach wie vor beliebt, Jak 2,14-26 als theologisches Zentrum dieser Schrift zu se hen. Dem Thema »Glaube und Werke« gilt fast immer das Hauptinteresse der Exegeten. Zu beachten ist freilich, dass dieses Interesse sozusagen von »ausserhalb« an den Brief herangetragen wurde. Dieses Interesse, das vor allem im protestantischen Bereich anzusiedeln ist, entstand wohl als Reaktion auf die allgemein bekannte Aussage Martin Luthers in seiner Vorrede zum Neuen Testament in der Septemberbibel von 1522 . Lu ther hat Jak aufgrund seines an der paulinischen Rechtfertigungslehre orientierten Glau bensverständnisses beurteilt und hat ihn wohl deshalb wegen eines Mangels an »Evangelium« theologisch unterschätzt. Diese Äusserung hat aber seine Anhänger in Verlegenheit gebracht. Denn auch Jak gehört zum Kanon des Neuen Testaments. So ist es seitdem für protestantische Exegeten eine unvermeidbare Aufgabe geworden, Jak mit dem Glaubensverständnis Luthers zu versöhnen. »Glaube und Werke« ist ohne Zweifel ein theologisch wichtiges Thema des Jak, be sonders wegen der Erwähnung der paulinischen Rechtfertigungslehre. Aber das bedeutet nicht, dass es auch das Gesamtthema des Jak ist. Wäre dem so, wie würden dann die übrigen Teile, besonders die zweite Hälfte des Briefes mit diesem Thema zu sammenhängen? 2
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Etwa Lohse Glaube 287; Walker, Werken 156.163; Lindemann, Paulus 240; Dassmann, Stachel 115; Schulz, Ethik 642.684ff.; Kümmel, Einleitung 365-367; Vielhauer, Geschichte 574-576. Auch Dibelius, 19, nimmt an, dass in 2,14-26 (und 2,1-12) »die Art und Absicht des Verf. am ehesten zu spüren sei«. Etwa Burchard, Jakobus; Eichholz, Jakobus; ders., Glaube; Lackmann, Sola fide; Lohse, Glaube; Walker, Werken; Ward, Works; Lodge, James; Jeremias, Paul; Luck, Weisheit; ders., Jakobusbrief; Lorenzen, Faith; Nicol, Faith; Bürge, Paper; Rusche, Glauben. »Summa, Sanct Johannis Euangeli und seyne erste Epistel, Sanct Paulus Epistel, sonderlich die zu den Romern, Galatern, Ephesern, und Sanct Peters erste Epistel, das sind die bucher, die dyr Chri stum zeygen, und alles leren, das dyr zu wissen nott und selig ist, ob du schon kein ander buch noch lere nummer sehest noch honst, Darumb ist Sanct Jacobs Epistel eyn rechte stroern Epistel gegen sie, denn sie doch keyn Euangelisch art an yhr hat, Doch davon weytter ynn andern vorrheden« (WA. DB 6,10). Vgl. auch die »Vorrhede auff die Episteln Sanct Jacobi vnnd Judas« (WA. DB 7,384f). Dort verneint Luther, dass Jak »Apostel schriflt« ist, denn » sie stracks widder Sanct Paulon vnnd alle ander schrifft, den wercken die rechtfertigung gibt, vnd spricht, Abraham sey aus seynen wercken rechtfertig worden«. Dazu Heinz, Jakobus 141-146; Meinertz, Luthers 271-274; Eichholz Jakobus 10-16; Schmidt-Clausing, Stellung 568-585. Zur Wirkungsgeschichte von Luthers Äusserung zu Jak vgl. Meinertz, Kritik 274-286. Seiner Zu sammenfassung nach »suchten die meisten protestantischen Gelehrten des 17. und 18. Jahrhunderts Luthers Urteil nach Möglichkeit zu entschuldigen. Gerade das Gegenteil geschah von katholischer Seite« (aaO. 286). y
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Forschungsgeschichtlicher Rückblick
2.1.2 Vollkommenheit 7
Jak erwähnt oft den Begriff »vollkommen«. Schon zu Anfang des Briefes begegnet die Aufforderung zu einem vollkommenen Werk (1,4). Die Wichtigkeit dieses Begriffs geht auch aus der Tatsache hervor, dass Jakobus ihn hier durch zwei synonyme Ausdrücke betont (öXcncXiipos und ev u,Tjoevi teutousvoq). G. Schule (1977) will diesen Begriff zur Grundthese des Jak erheben. Vom ersten Abschnitt (1,2-18) leitet er folgende These ab: »Weil Gott ungespalten ist (haplos), sollte der Glaube nicht gespalten erscheinen (dipsychos)« . Die weiteren Abschnitte seien Bei spiele für diese These. Jak rede von Anfang bis Ende über die »Schizophrenie des Glaubens« . Auch,/. Zmijewski (1980) stösst auf xeXeio^ als »Schlüsselwort« der Theologie des Jak. Inwiefern der Begriff Vollkommenheit für Jakobus bedeutsam sei, zeige sich dar an, dass sich der Begriff mit den anderen tragenden Wörtern des Briefes verbindet (epyov 1,4; 2,22; aocpicc vgl. 1,5.17; motu; 2,22; vgl. 1,6; vo^ioq 1,25; 2,8.10). Erschliessen könne man diese Theologie der »Vollkommenheit« sowohl aus den Einzelparänesen wie auch aus den »grundsätzlichen Abhandlungen« des Jak, in denen Jakobus die we sentlichen Aspekte seiner Theologie darstelle: Der Glaube wird »vollkommen« in der Einheit mit den Werken (2,14-26); »die
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T e t e t a ; : 1,4.17.25; 3,2; xeXeiöco: 2,22. Vgl. auch TEXECO (2,8). Schule, Gespaltenheit 71-89. AaO. 77. Gespaltenheit des Glaubens im Hör- und Tatbereich (1,19-27); »das bekenntniswidrige a-soziale Engagement vieler Gemeinden« (2,1-13); »die Aufspaltung des Glaubens in Theologie und Praxis« (2,14-26); die Gespaltenheit des Redenden (3,1-12); der Widerspruch zwischen Bekenntnis (Wahrheit) und Handeln (3,13-18); der Zwiespalt, der sich in allerlei Uneinigkeit innerhalb der Ge meinde bemerkbar macht (4,1-12); der Widerspruch zwischen dem für das Handeln zwangsläufigen Plan und dem für das Bekenntnis charakteristischen Wissen (4,13-17; 5,1-6). Im Schlussabschnitt gehe es darum, »wie der aufgedeckte Schaden zu heilen ist« (aaO. 78-86). Schille verwendet wiederholt diesen pathologischen Ausdruck (aaO. 76 et passim). Zmijewski, Vollkommenheit 50-78. AaO. 53. AaO. 54. Zmijewski nennt beispielsweise 2,1-4; 3,1-12; 5,12. Bei den Paränesen aber werde diese Theologie manchmal nicht ausdrücklich erwähnt. Aa0.68f. AaO. 68-75. Hoppe, 21. Ders., Hintergrund 27.
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Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema 19
der dieses »Programm« aus Jak 1,2-12 herleitet, entnimmt auch Frankemölle diesen Versen das einheitliche Thema des Jak, das lautet: »Die angeredeten Christen sollen voll kommen/ganz, nicht gespalten/unbeständig sein!« Er begrenzt dies nicht auf den an thropologischen Aspekt (etwa »die innere Gespaltenheit des Menschen«) wie Schule und Zmijewski, sondern sieht darüber hinaus darin die ekklesiologische Idee des Jak: Die Ge spaltenheit des Menschen äussere sich als »a-soziales, unwürdiges zwischenmenschliches Verhalten«. Im Briefkorpus zeige Jakobus, »wie sich diese Forderung [sc. der Vollkom menheit] inhaltlich konkretisiert« . Jakobus belehrte nämlich seine Christen über inno vatives, kommunikatives Handeln, indem er das Handeln Gottes als Orientierungsmodell aufweist. Dies solle sich als innerkirchliche Solidarität äussern, weil »innergemeindliche soziale Spannungen den soziologischen Kontext des Jak bilden« . Frankemölle bemerkt mit Recht: »Jedoch ergibt nicht der einzelne Aspekt das um fassende Thema, wohl gehören die einzelnen Aspekte als Sinnfaden zum Gewebe (textum bzw. textus) des semantischen Netzes des Jakobusbriefes« . Wir können ihm allerdings nicht zustimmen, wenn er »die grund-legende theozentrische Perspektive des Briefes, wovon auch der Prolog entscheidend geprägt ist« , hervorzuheben versucht. Demnach laute das Thema des Jak: »Weil Gott ganz ist und ungeteilt handelt, sollen auch die Christen individuell und sozial-ekklesiologisch nicht gespalten, sondern vollkommen sein und entsprechend handeln!« Sehr fraglich ist, ob dieser theozentrische Aspekt den Brief durchzieht, was Frankemölle m.E. nur mit etlichen Schwierigkeiten beweisen kann. Zum Beispiel ist in Jak 2,14-26 vom Verhältnis von Glauben und Werken die Rede, wobei Jakobus das zu fordernde Verhalten des Menschen nicht auf Gottes Sein und Handeln bezieht. Weder das Vorkommen des Begriffs »Gott« noch das »theolo gische Passiv« (V. 21.23-25) spricht für seine Ansicht. Dies gilt auch für den Abschnitt 3,1-12. Frankemölle erweckt fast den Eindruck, etwas bereits dann als »theozentrisch« zu etikettieren, wenn Gott erwähnt wird. Selbst im Abschnitt 1,2-18, den er als Prolog versteht (dazu s. unten), ist der »theozentrische« Aspekt nicht so sicher, wie er meint. 20
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Ders.,24. Frankemölle, Gespalten 163. AaO. 164. AaO. 170. In seinem späteren Aufsatz hebt Frankemölle noch stärker die Opposition Mensch-Gott als Grundstruktur des Jak hervor (ders., Netz). »Gottes Handeln auf die Menschen hin bildet Mass stab und Ermöglichung für das von Jakobus angezielte neue Handeln der Christen, ebenso ist Gottes Sein vorgegebenes Ideal für menschliches Sein« (aaO. 182). Auf dieser »theozentrischen« Grund struktur würden einzelne Aspekte (wie »Freude im Leiden«, Vollkommenheit, Glaube und Werke) als »Sinnfäden« in den Text eingewoben (aaO. 188-190). Die Einheit des Themas liege darin, dass die Unvollkommenheit des Menschen stets in der Korrelation mit der Vollkommenheit Gottes dar gestellt wird. (Diese Ansicht wiederholt er in seinem Jakobus-Kommentar 115 lf.) Frankemölle, I 160. Ebd. AaO. 151. Vgl. aaO. 312-317. Gegen aaO. 313.
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Forschungsgeschichtlicher Rückblick
2.1.3 Weisheit Schon Dibelius hat in bezug auf den Hintergrund der christlichen Paränese auf die Spruchdichtung der Weisheitsliteratur hingewiesen, aus deren Umsetzung in Prosa die jüdische Paränese entstand. Die Christen machten sich dann diese Paränese zunutzte. R. Hoppe (1977) wirft ein Licht auf diesen weisheitlichen Hintergrund des Jak, wenn er Weisheit und Glaube als theologische Leitgedanken der Schrift vorstellt. Nach ihm lasse sich der theologische Hauptgedanke des Jak durch die alttestamentlich-jüdische Weisheitstheologie, die hinter der urchristlichen Paränese stehe, verdeutlichen. Er behandelt zuerst 1,2-12 und 3,13-18, um zu zeigen, dass »Weisheit« einer der theologischen Grundgedanken sei. Jakobus verstehe die Weisheit in 1,2-12 »als unein geschränkte Notwendigkeit für den Besitz der eschatologischen Verheissung« . Und in 3,13-18 ermahne er unter dem Aspekt »die rettende und den Menschen neuprägende Weisheit Gottes« die Christen dazu, »die von Gott kommende Weisheit als Gabe Gottes aufzunehmen« . Die zweite grosse Thematik, d.h. das Verhältnis des Glaubens zur Weisheit, entfalte Jakobus in Kap. 2. Die Formel Ktipioq TT^ oo§n<; (2,1) habe ihre einzi ge neutestamentliche Parallelstelle in 1 Kor 2,8 und stehe dort im Zusammenhang mit der Weisheitschristologie. 2,1-5 habe sachliche und terminologische Parallelen in 1 Kor 1,26 und Mt 11,25 par, deren religionsgeschichtlicher Hintergrund die frühjüdische Weisheitstheologie bilde. Ferner werde in 2,1-13 das Gesetz als Weg zu Vollkommenheit und Weisheit verstanden. 2,14-26 könne wie folgt zusammengefasst werden: »Der Glaube als formales Bekenntnis hat keine rettende Kraft. Erst wenn der Mensch seine Werke aufzuweisen hat, gelangt er zu Vollkommenheit und Weisheit, die ihm Gerechtig keit vor Gott erwirkt.« Hier werde Abraham (V. 21-23) als Weiser bezeichnet. Zu den Vertretern dieser Richtung zählt unzweifelhaft auch U. Luck (1967; 1984), obwohl er sich offensichtlich nicht so sehr wie Hoppe darum bemüht, die »Weisheit« als das den Brief durchziehende Thema aufzuzeigen. Ihm liegt vielmehr daran, auf die altte stamentlich-jüdische Weisheitstradition hinzuweisen, die den theologischen Hintergrund einzelner Paränesen in Jak bilde. Freilich verzichtet er nicht auf »die Zuordnung der ein zelnen Abschnitte« . Nach ihm verbinde sich der Abschnitt 1,2-18 thematisch mit fol genden Abschnitten: neipao|i6<; (4,1-12); niaxu; (2,14-26); xeteioq (1,19-27; 3,1-12); oocpia (3,13-18) und SictKpiveoGat (2,1-13). In 1,2-18 handle es sich um Anfechtungen (Tcetpaouxri), deren Erduldung zur Vollkommenheit führt (1,2-4). Dies lasse sich von der 28
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Dibelius, 17. Er führt Tob 4,5-19 und 12,6-10 an als Beispiele jüdischer Paränese. Auch Schlatter, 9, hält die Weisheit für das Zentrum des Briefes: »Der Brief sagt, dass Jakobus die Zuversicht hatte, sich vor die ganze Judenschaft zu stellen mit dem Anspruch, sie höre von ihm, wie die göttliche Weisheit sie in das Leben führe«. Hoppe, Hintergrund 17. AaO. 146. AaO. 71. Gegen diese Interpretation, vgl. unten S. 75. Hoppe, Hintergrund 98f. AaO. 118 (auch Zitat). Luck, Theologie 11. AaO. llf.
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Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
jüdischen Weisheitsüberlieferung her verstehen, die vom »Weise-werden durch die Er fahrung des Lebens und Leidens« spricht. Was W. Popkes gegen Luck bemerkt, gilt m.E. ebensogut auch für Hoppe: »Man muss [...] dem Luck'schen Vorgehen ein Zuviel an Religionsgeschichte vorwerfen.« Denn ausser in 3,13ff. und l,2ff., wo das Wort Weisheit vorkommt, gelingt es den beiden nur, einen weisheitlichen Hintergrund der Einzelaussagen aufzuweisen. Darin gehen sie aber kaum über Dibelius hinaus, der schon in bezug auf den Hintergrund der christlichen Paränese auf die Weisheit hingewiesen hat (s. oben). Die Vertrautheit mit der weisheitli chen Tradition beweist aber noch nicht, dass Jak eine Weisheitstheologie entfaltet. Diese Kritik kann man ferner auch an H Frankemölle (1989) üben, der auf die thematische Verwandtschaft zwischen Jak 1,2-4.12-18 und Sir 2,1-18; 15,11-20 hinweist, und der, da für ihn Jak 1,2-18 als Prolog der Schrift gilt, meint sagen zu können, dass Jak thema tisch von den Sir-Texten abhängig sei. Wie lassen sich aber von diesem Ansatz her fol gende Themen erklären, die den Rahmen weisheitlicher Tradition sprengen: die scharfe Kritik an den Reichen , die Eschatologie und die Abgrenzungstendenzen gegen die »Welt«? Ein weiterer Versuch, die ganze Schrift unter dem Begriff der Weisheit zu systematisieren, findet sich bei P. J. Hartin (1991). Seine Strukturierung basiert aller dings auf einer erzwungenen Zusammenfassung gewisser Textabschnitte. 37
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2.1.4 Anfechtung/Versuchung und Geduld Es ist auffallend, dass der Verfasser, der in l,2ff. von Versuchungen (od. Anfechtungen) und Geduld spricht, das Thema der Geduld in 5,7ff. wieder aufnimmt. Er setzt damit offensichtlich den thematischen Rahmen des Briefes. Dies wird uns konsequenterweise zur Frage führen, wie der Inhalt der dazwischen stehenden Abschnitte mit diesem Thema zusammenhängt. Man findet in der Forschungsgeschichte folgende Lösungsversuche: 44
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Ders., Weisheit 254. Popkes, Adressaten 27. Zur Frage des »Prologs«, vgl. unten S. 61. Frankemölle, Thema 33-38 (ders., I 190-196). Er postuliert eine literarische Abhängigkeit von den genannten Sir-Texten. Dazu s. die Kritik bei Klein, Werk 83 mit Anm. 249. Zwar fehlt die Kritik an den Reichen auch in der weisheitlichen Literatur nicht ganz (vgl. Sir 34,2427). Das ist aber, wie Hengel, Eigentum 25, zu Recht bemerkt, »nur die eine Seite der Medaille«. Vgl. z.B. Sir 13,24; 31,8; 40,25-30. Die Kritik dieser Art übernimmt Jak zweifellos von den alttestamentlichen Propheten (Jak 5,1-6). Mit Lips, Traditionen 432; Baasland, Jakobusbrief 124. Harun, James 24-32. Redet 4,1-10 wirklich über »advicefrorna wise man (art of Irving happily)«? Und 4,13-17 über »doers of what is right«? Zum ersteren müsste man vielmehr auf den innerkirchli chen Streit und die daran geübte harte Kritik des Verfassers (nicht »advice«!) verweisen. Und beim letzteren müsste der Schwerpunkt auf die Kritik an den wirtschaftlichen Tätigkeiten gelegt werden. Der Nachteil dieser Strukturierung liegt aber vor allem darin, dass Hartin Motive der einzelnen Perikopen bloss nebeneinanderstellt, ohne in Betracht zu ziehen, wie jene Motive vom Verfasser ent faltet wurden. Darauf weist auch Klein, Werk 35, hin.
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Forschungsgeschichtlicher Rückblick
E. Fry (1978) versucht, »Testing and patient endurance« als Hauptthema der ganzen Schrift zu vertreten. Er teilt zuerst den Briefkorpus in drei Teile: A (1,2-18)/B (1,194,12)/A (4,13-5,18). Die beiden Teile von A sieht er als Rahmenstruktur und versteht den Teil B als Entwicklung des Hauptthemas. Er fasst darum alle acht Abschnitte in B unter dem Stichwort »Test« zusammen. Der Versuch, alle Abschnitte in 1,19-4,12 unter dem Thema »Test« zusammenzufassen, scheitert jedoch bereits an der Tatsache, dass nirgendwo in jenen Abschnitten dieses Stichwort vorkommen. Fry versucht diese Schwierigkeit durch folgende Bedeutungserweiterung von »Test« zu beheben: »Something to be proved to be genuine, the trial of some wrong action or attitude to be overcome« . Diese Erklärung macht aber einen etwas gezwungenen Eindruck. Wie könnte man denn vermuten, wenn man 1,19-4,12 durchliest, dass es sich dort um einen »Test« handelt? P. H. Davids (1980; 1982) meint, dass Jak primär durch eine »Leidenstheologie« geprägt sei. Er bezieht dabei 7ceipaouö<; auf die Situation der Christen, wobei er zwei Seiten von K£\paa\ibc, unterscheidet: »suffering, not acute persecution, but circumstances which the author sees as a test« und »temptation to blame God in the testing Situation as Israel did in the wildnerness« . W. H. Wuellner (1978) kommt aufgrund seiner textpragmatischen Methode zu einer ähnlichen Antwort. Diese erzielt er dadurch, indem er den Inhalt des Briefes mit dessen »argumentativer Situation« und dem Aktionsziel des Jak verbindet. Wuellner sieht »mancherlei Anfechtungen« (1,2) als Reflexion der innerkirchlichen Polemik unter den »zwölf Stämmen«, d.h. der ganzen Christenheit (1,1). Jakobus habe das Ziel, die Leser in dieser Situation »zur Grossmütigkeit oder Geduld, m.a.W. zur tatkräftigen Glaubensbewährung bis zur Vollendung zu bewegen« . Dabei werde dieses Ziel »durch Bewahrung der Gemeinschaft, also ekklesiologisch, motiviert« . Der Briefkorpus werde also zusammengehalten durch das Aktionsziel des Verfassers. Im Grunde genommen ist es ein richtiger Lösungsansatz, die Versuchungsthematik mit der Situation der Adressaten zu verbinden. Zu fragen ist jedoch, wie der Verfasser die verschiedenen Abhandlungen des Briefes auf diese Thematik bezieht. Da Jakobus, ausser im Rahmenteil (l,2ff.; 5,7ff), im ganzen Briefkorpus nicht ausdrücklich vom genannten Thema redet, muss deutlich gemacht werden können, wie das Thema heisst und wie sich der Gedankengang in Jak darauf bezieht. 45
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Fry, Testing 427-435. Auch Hiebert, Theme 221-231, kommt zu einem ähnlichen Schluss. AaO. 430-432: 1,19-25: The test of genuine obedience to God's word; 1,26-27: The test of genuine religion; 2,1-13: The test of right attitude to people; 2,14-26: The test pf real faith; 3,1-12: The test of blameless speach; 3,13-18: The test of true wisdom; 4,1-10: The test of true allegiance to God; 4,11-12: The test of real fellowship. AaO. 432. Davids, 35-38, und ders., Perspectives 97-103. Perspectives 97. Davids, 37. Vgl. auch ders., Perspectives 98. Obermüller, Themen 234, denkt auch, dass der Verfasser des Jak die Gemeindesituation als Prüfstand sieht. Wuellner, Jakobusbrief 21-65. AaO. 21. AaO. 55. Ebd.
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Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
2.1.5 Offene Frage Keiner dieser Aspekte lässt sich von der Frage trennen, die wir schon bei »Glaube und Werke« stellten: Wie hängt der jeweilige Aspekt mit dem ganzen Brief zusammen? Denn keiner dieser Aspekte tritt in allen Abschnitten des Jak auf. Es stimmt zweifellos, dass sie für Jak wichtige Aspekte sind; mir scheint aber, dass das Gesamtthema des Jak erst dann auftaucht, wenn man deutlich machen kann, wie diese Motive untereinander zusam menhängen. Bei der Suche nach der inhaltlichen Kohärenz und dem Gesamtthema dürfen wir von einem Anhaltspunkt ausgehen, den wir beim Rückblick auf die bisherigen Vorschläge fanden: Das Motiv »Anfechtung (bzw. Versuchung) und Geduld« bildet eine thematische »Inclusio« in l,2ff. und 5,7ff. Die Frage lautet also, wie dieses Motiv mit den übrigen Abschnitten zusammenhängt.
2.2 Struktur des Briefes und Grundthema des Kap. 1 Die Inclusio durch das Motiv »Versuchungen und Geduld« dürfte die Auslegung erlau ben, dass dieses Motiv als Einleitung und Schluss des Jak dienen soll. Dies stellt uns dann vor zwei weitere Fragen. Die erste betrifft den Umfang von Einleitungs- und Schlussteil. Wo sind die Zäsuren zwischen der Einleitung bzw. dem Schlussteil und dem Hauptteil anzusetzen? Diese Frage ist selbstverständlich mit dem Problem der Strukturierung des ganzen Briefes verbunden. Daran schliesst sich die Frage an, welche Rolle das Versu chungsthema im Einleitungsteil und im ganzen Brief spielt. Hier nehmen wir unsere Antwort vorweg, um den Argumentationsgang zu ver deutlichen: Der Einleitungsteil (1,2-27) hat eine Doppelstruktur (1,2-12 und 1,13-27), wobei die zweite Hälfte (V. 13-27) das in V.2-12 eingeleitete Motiv (Versuchungen und Geduld) amplifiziert, um es auf die Situation der Adressaten anzuwenden. Dabei wird das Motiv als Gegensatz zwischen den von der Begierde verursachten Versuchungen und dem Festhalten am Gotteswort formuliert: Es handelt sich um die Alternative, ob man den von der Begierde bewirkten Versuchungen erliegt oder ob man sich gegen sie durch das Verharren im Gotteswort wehrt. Die »Versuchungen« werden dann in Richtung Be fleckung durch die Welt gedeutet, wovon der Hauptteil des Briefes (2,1-5,6) handelt. Das ist das Grundthema, das in Kap. 1 angeschnitten wird. Der Schlussteil besteht eben so wie der Einleitungsteil aus zwei Abschnitten (5,7-12 und 5,13-20), wobei ersterer, in dem das Motiv der Geduld wieder vorkommt (thematische Reprise), den thematischen Schluss darstellt, während letzterer eine Reihe von Schlussparänesen darstellt, in denen vom Grundthema des Briefes nicht mehr die Rede ist.
2.2.1 Disposition des Jakobusbriefes Wir beginnen mit der ersten Frage: Ist in Jak eine Disposition zu finden, und wenn ja, welche? Als Widerspruch gegen die Ansicht, dass Jak keine erkennbare Disposition habe, hat man seit langem versucht, sie im Brief herauszuarbeiten. Am Anfang dieses Jahr hunderts hat H. J. Cladder die Meinung vertreten, dass Jak eine planmässige, konzentri sche Anlage habe, in deren Zentrum die Aussage von 2,12 stehe: Oörox; XateitE Kai oircax; Tcoieixe. Das ist aber geradezu ein klassisches Beispiel für eine allzu gezwungene Einordnung. 55
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Vgl. Cladder, Anlage 37-40. Dies hat schon Luther festgestellt. Vgl. WA. DB 7,386; WA. TR 5,157. Zu älteren Versuchen vgl. Dibelius, 20 Anm. 2. Popkes, Adressaten 18-23, und Schnider, 12f, füh ren weitere Beispiele an. Vgl. auch Crotty, Structure 45 Anm. 1. Cladder, Aufbau bes. 295-303. (Vgl. die Tabelle aaO. 303) Reese, Exegete 83, wiederholt diesen Fehler. Er teilt den Brief in fünf Abschnitte ein (1,2-27; 2.1-26; 3,1-18; 4,1-5,6; 5,7-20) und konstruiert wie Cladder eine konzentrische Struktur, wonach die Bot schaft an die Gemeindeleiter im Zentrum stehe: »the terrifying responsibility of teacher and sage«. Die Künstlichkeit dieser Schematisierung zeigt sich bei den Abschnitten 2,1-26 und 4,1-5,6, die
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Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
Als Beispiel für einen Gliederungsversuch, der die Inclusio des Briefkorpus berücksichtigt, ist u.a. E. Baasland zu nennen: Er nimmt zwischen dem Eröffhungs- (1,218) und dem Schlussabschnitt (5,7-20) zwei Hauptteile an: 1,19-3,12 (>>Confirmatio<<) und 3,13-5,6 (»Confutatio«). »Im Confirmatio-Teil stehen die positiven Mahnungen zur Nächstenliebe im Zentrum«, während im Confutatio-Teil die Anklage in antagonisti schem Ton dominiere. Es ist aber kaum vertretbar, zwischen 3,12 und 3,13 eine so grosse Zäsur anzusetzen, denn 3,1-12 und 3,13-18 hängen thematisch eng zusammen (s. unten 2.3.2). Man findet ausserdem in 2,1-13 sowie in 2,14-26 schon einen kritisierenden Ton, der nicht zu seinem »Confirmatio«-Teil passt. F. O. Francis meint, eine systematische Struktur des Jak im Rahmen der helleni stischen Epistolographie aufzeigen zu können: Kap. 1 habe die Form eines »double opening Statement«, d.h. Vorstellung und Wiedervorstellung der Themen im Briefkorpus. Diese Struktur finde sich gewöhnlich sowohl in privaten und in offiziellen hellenistischen Briefen wie auch in secondary letters, »which for one reason or another lack situational immediacy« . Die doppelte Einleitung entspreche dem Briefkorpus : a) testing (1,24.12-18) liege der ganzen Schrift zugrunde; b) wisdom-words/reproaching (1,5-8.19-21) dem Teil von 3,1-5,6 und c) rich-poor/doers (1,9-11.22-25) dem Teil von 2,1-26. 1,2-25 habe demnach eine abc/abc-Struktur, mit der 2,1-26 (c) und 3,1-5,6 (b) thematisch übereinstimmten. So habe Jak eine chiastische Struktur. Das ist aber m.E. eine allzu künstliche Schematisierung, denn, wie Francis selbst gesteht, kommen auch in 3,1-5,6 (=b) Themen vor, die eigentlich zu (c) gehören: nämlich Gericht, Gesetz, Reiche sowie Werke. Er geht ausserdem allzu weit, wenn er meint, in 1,5-8/19-21 und in 1,9-11/2225 je eine parallele Aussage finden zu können, obwohl er mit Recht bemerkt, dass 1,2-4 und 12-18 eine Parallele bilden. Darauf werden wir nachher zurückkommen. Als Ausgangspunkt unserer Diskussion sei hier festzustellen: In Jak lassen sich zwei deutliche Zäsuren finden: die erste zwischen 1,27 und 2,1 und die zweite zwischen 5,6 und 5,7. Demnach ist Jak in drei grosse Teile zu gliedern: 1,1-27; 2,1-5,6 und 5,7-20. Der Mittelteil hebt sich dadurch hervor, dass der Verfasser hier offenbar die Situation der Adressaten berücksichtigt, indem er ihr Verhalten aufgreift (2,2-4.6.15f; 3,lf.9f.l3f; 4,lff.l2.13ff; 5,lff.). Dies ist in 1,1-27 und 5,7ff. nicht der Fall. Wir nennen die betref fenden Einheiten: Einleitung (1,1-27), Hauptteil (2,1-5,6) und Schlussteil (5,7-20). Zu fragen ist also, wie die Einleitung mit dem Hauptteil zusammenhängt. Zur Lösung dieser Frage ist eine strukturelle Analyse des Einleitungsteils unentbehrlich. Wie ist die Einleitung des Jak (1,1-27) strukturiert? Zu erinnern ist hier nun an die Ansicht von Francis, wonach V.2-4 und V.l2-18 eine thematische Parallele bilden. Im Anschluss daran möchten auch wir den Prolog in zwei Teile gliedern, wobei wir aber 59
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nach Reese thematisch miteinander übereinstimmen sollen: »how to care for widows and orphans in his warnings against the rieh« (aaO. 83). Crotty, Structure 45-57, ist letztlich ein weiteres Beispiel für eine derartige Künstlichkeit. Nach ihm habe Jak eine chiastische Struktur, deren Kern sich in 4,1-3 finde; chiastisch entsprächen sich: 1,6-18/5,19-20; 1,19-27/5,12-18; 2,1-26/4,11-5,11; 3,118/4,4-10. Baasland, Jakobusbrief 122 (auch Zitat). Zur Kritik vgl. auch Popkes, Adressaten 21; Klein, Werk 36. Francis, Form 111. Er rechnet Jak diesen »secondary letters« zu. Siehe das Schema aaO. 120f. Davids, 24-29, schliesst sich mit einer kleinen Modifikation Francis an. Vgl. das Diagramm aaO. 29. AaO. 119.
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Disposition des Jakobusbriefes
darin abweichen, dass wir eine andere thematische Doppelstruktur als diejenige von Francis vertreten, und die Zäsur zwischen den beiden Teilen nicht zwischen V . l l / 1 2 , sondern zwischen V. 12/13 setzen. Für unsere Gliederung sprechen: 1) V.12 enthält die Wörter, die in V.2f. begegnen (rceipaaum, i)jcou,ovf|/\)icouivö), oOKiu,iov/ooiciu.oQ). Daher ist es klar, dass sich der Vers stärker auf den vorhergehenden Teil bezieht und mit V.2-4 eine thematische Rahmung bildet. 2) Während V.12 wie V.2-11 eher vom Ertragen der von aussen kommenden Versuchungen zu sprechen scheint, zeigt V.13 deutlicher in Richtung innerlicher »Verlockung zur Sünde« . 3) V.2-12 und V. 13-25 bilden eine for male Parallele: jede Einheit beginnt mit der Prämisse, versucht zu werden (V.2/13), und schliesst mit einem Makarismus (V. 12/25). Man wird also V.2-12 und V. 13-25 als zwei formal parallele Einheiten ansehen können. Dabei können aber auch V.26f. als weitere Amplifizierung des ersten Teils (V.2-12) angesehen werden. Welche Funktion hat diese so strukturierte Einleitung im Zusammenhang mit dem Hauptteil? Hier gilt es vor allem einen Beitrag von H. Frankemölle zu erwähnen. Durch eine formkritische und semantische Analyse des Jak kommt er zur Auffassung, dass Jak 1,2-18 eine thematische Einheit bilden (Thema: »Prüfungen«) und »als Exordium bzw. Prolog fungieren« . Er bestimmt die Funktion des Prologs so, »dass im Prolog auch jene Themen benannt sind, die in 1,19-5,6 entfaltet werden« . Er nennt diese Funktion »Stichwortlieferant« . Die Funktion des Prologs als Stichwortlieferanten weist Frankemölle sehr ein leuchtend auf, aber seine Auffassung kann nicht unbesehen übernommen werden. Die grössten Bedenken beziehen sich auf die Frage, ob die Zäsur zwischen Prolog und Hauptteil des Briefes zwischen 1,18/19 zu finden ist. Das läuft unserer obigen Be trachtung zuwider, wonach V. 13-25 eine Einheit bildet. Man kann diesen Zweifel ferner untermauern: 1) Beim Durchsehen der von Frankemölle aufgestellten Matrix bemerkt man wichti ge Stichwörter, die nicht in 1,2-18, sondern erst in 1,19-27 vorkommen und nachher wiederholt werden, nämlich »Gebot, Gesetz« und »Zunge«. Ersteres findet sich zunächst in 1,25, dann in 2,5-13 und nochmals in 4,1 lf. Letzteres begegnet das erste Mal in 1,26, dann in 3,5-12. Da das Problem der Zunge sehr wahrscheinlich eng mit den zwischen menschlichen Streitigkeiten in 4,lff. zusammenhängt (vgl. unten 2.3.2), spielt dieses 64
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So z.B. Martin, 30: »At 1:2-4 the occasion is the sufTering encountered in the face of persecution [...]. At 1:12 James seems to probe deeper and penetrate beneath the surface of outward distresses and injuries. [...] Hence the neipao>iöc, of v.12 is more >moral temptation< than testing per se«; Laws, 66: »He [sc. Jakobus] returns to the interlinked ideas of trial, probation and endurance, now [sc. V. 12] seen not in relation to the present perfecting of character, as in i.2-4, but to the prospect of a future reward«. Vgl. ferner Moo, 70. BA 1291. Für unsere Gliederung spricht ferner, dass sie von Cod.B, einem der ältesten Zeugnisse, belegt ist (vgl. Duplacy, divisions 126f); nach Amphoux, Systemes 393 mit Anm. 8, ist sie ferner von georgi schen, armenischen und koptischen Lektionaren u.a. bezeugt. Frankemölle, Netz 170 (auch ders., I 153). Vgl. auch ders., Thema 24-31. Er sieht dann 5,7-20 als Peroratio an, die eng mit 1,2-18 zusammenhängt (Netz 175ff.). Frankemölle, Thema 25. Vor Frankemölle hat Baasland, Jakobusbrief 122, schon bemerkt, dass in 1,2-18 »der Scopus der Schrift deutlich hervor[tritt]«, ohne es aber so wie Frankemölle ausfuhrlich zu begründen. Ähnlich auch Luck, Theologie 11 (s. oben S. 55); Johnson, 1272. AaO. 24; ders., I 154; Netz 184. Das stellt Frankemölle in einer Matrix dar, die er dem Aufsatz (Netz) beifügt (s. ders., 1 175-180, oder Ende des Aufsatzheftes).
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Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
Stichwort im Brief eine grosse Rolle. Hinzuweisen ist ferner auf das Stichwort »Werk«. Es kommt sicher in 1,4 vor, aber viel wichtiger ist 1,25, wo es im Kontrast zu »Hören« steht, besonders wenn man 2,14ff. sowie 3,13ff. in Betracht zieht.; dort steht »Werk« im Gegensatz zu »Glauben« und »Weisheit«, Das »Werk« ist m.E. erst dann von Wichtigkeit, wenn es diesen gegenübersteht. Diese Beobachtungen fuhren zur Frage, ob nicht auch 1,19-27 als Stichwortlieferant dient. 2) Gegen die Setzung der Zäsur zwischen 1,18/19 spricht der viel diskutierte Text 1,19b: I
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Frankemölle will, im Anschluss an die antike Rhetorik, V.2-18 als Prolog (exordium, prooemium) und V. 19-27 als propositio bestimmen. Es ist aber zu bezweifeln, dass Jakobus sich beim Abfassen dieses Briefes den Regeln der Redekunst verpflichtet gefühlt hat. Es ist m.E. äusserst problematisch, Jak 76
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Iore wird in ZB als Indikativ (»ihr wisst«) übersetzt; so auch Schlatter, 139; Mayor, 65; Reiche, 20, und neuerdings Cargal, Diaspora 82. Zumeist denkt man aber an einen Imperativ. Denn Jakobus verwendet auch sonst Imperative am Anfang eines Abschnittes (vgl. 1,2.9.13.22 usw.). Für den Indikativ hat er eine andere Form olSorce (4,4). Die Lesart <äore wird wegen der schwachen Zeugen (P *F H sfy abgelehnt (gegen Adamson, 78). Vgl. Metzger, Commentary 680. Dibelius, 140f. So auch Davids, 91. Mussner, 99 (Beide Zitate). S. unten S. 65 und 66. Amphoux, relecture 558, schlägt vor, V. 19 in Kontrast zu V. 13a zu lesen: Nach dem ersten Teil (1,212) kommt V. 13-27 als der zweite, wobei V13-18 und V. 19-27 einen Gegensatz bilden: »L'antithese principale est ici entre parier ä la legere contre Dieu (v.13) et etre lent ä parier (v.19)« (vgl. auch ders., Systemes 390-393). Das ist aber eine allzu ungeschickte Komposition; die Partikel fie ist doch auf die direkt vorangehende Aussage zu beziehen. Ausserdem ist die von ihm supponierte Antithese nicht stichhaltig. Zu unserer Deutung dieser Partikel s. unten S. 68. Frankemölle, I 325. So auch Baasland, Form 3655f. Lausberg, Elemente 25 (§43): »Der (kurze) Anfangsteil (exordium, prooemium) der Rede soll Aufmerksamkeit, Aufnahmewilligkeit und Wohlwollen des Richters auf die in der Rede vertretene Parteisache lenken« (Hervorhebung von Lausberg), während die Aufgabe der propositio darin besteht, »das ^f|iaxa klarzulegen und die Hörer auf den kommenden Beweis aufmerksam zu machen« (Martin, Rhetorik 82).
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Grundmotiv und Einleitung (Jak 1)
eine rhetorische Komposition zu entnehmen, bes. wenn man damit die Struktur des ganzen Briefes er klären will. 77
Damit kommen wir zu einem ersten Ergebnis: Kap. 1 des Jak lässt sich in zwei Teile gliedern, wobei beide Teile formal parallel sind, da sie mit dem Anfechtungsthema begin nen und mit einem Makarismus schliessen.
2.2.2 Grundmotiv
und Einleitung (Jak 1)
Nun beschäftigen wir uns mit der inhaltlichen Frage, wie das Motiv »Versuchungen und Geduld« im Brief entfaltet wird. Da es auf der Hand liegt, dass Jakobus in seinem Brief weder von einer tatsächlichen Anfechtung noch von einer Verfolgung der Christen reden will, gilt es zu verdeutlichen, was mit diesem Motiv gemeint ist. Klärung bringen soll nachfolgende Textanalyse des Einleitungsteils (V.2-12; 13-27). Um den Schwerpunkt der Aussagen des Verfassers herauszuarbeiten, nehmen wir dabei im Anschluss an H. Frankemölle eine Theorie des Textaufbaus zu Hilfe, nämlich die von Thema und Rhema. Nach dieser von der Prager Schule aufgestellten Theorie unter scheidet man in einer Aussage »das, worüber etwas mitgeteilt wird« (DAS THEMA) und das, was darüber mitgeteilt wird (DAS RHEMA, die Aussage im eigenen, engeren Sin ne)« . Vom kontextbezogenen Aspekt aus »wird die im Satz enthaltene >bekannte< oder >gegebene< Information als >Thema< bezeichnet, die >neue< oder >unbekannte< Informa tion als >Rhema<« . Dies ist für unsere Aufgabe von Bedeutung. Dadurch, dass man im jeweiligen Textabschnitt das »Rhema«, d.h. die neue, unbekannte Information ermittelt und beachtet, gelangt man zum Schwerpunkt der Aussage. 78
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Baasland, aaO. 3656, hat insoweit recht, als er einen detaillierten rhetorischen Aufbau für unnach weisbar hält. Ein anderes Beispiel für die Detaillierung findet sich bei Wuellner, Jakobusbrief 37-45: das briefliche Präskript (1,1), das eigentliche Exordium (1,2-4), Narratio (1,5-11), Propositio (1,12), Argumentatio (1,13-5,6) und Schlussteil (5,7-20). Es ist m.E. schwer zu verstehen, dass Baasland, aaO. 3654, trotzdem Jak dem ykvoq auußouXevuKÖv zuordnen will, zumal er zu Recht die Wichtig keit der Briefform bei Jak feststellt (aaO. 3653; vgl. auch Berger, Formgeschichte 147). In bezug auf die Anwendung einer rhetorischen Gattung auf die neutestamentliche Briefliteratur ist im allgemei nen mehr Vorsicht geboten. Hierzu vgl. Classen, Paulus 1-33, bes. 27ff. Zur rhetorischen Analyse eines einzelnen Abschnittes des Jak vgl. Watson, James 94-121 (zu Jak 2); ders., Rhetoric 48-64 (zu Jak 3,1-12). Man hat gelegentlich versucht, aus Aussagen wie 2,6f. (Gewalt über euch ausüben, euch vor Gericht ziehen, den über euch ausgesprochenen schönen Namen lästern) gewisse Verfolgungen gegen die Adressaten zu erschliessen (vgl. etwa Schlatter, 171f; Mussner, 122; Reicke, 28). Dazu s.u. 4.1.1.1. Es ist aber zumindest sicher, dass Jakobus unter neipaoum nicht solche Fälle versteht. Frankemölle, 1140. DaneS, Analyse 72f. Stammerjohann, Handbuch 156. Vgl. ferner Schweizer, Grammatik 294-314. Deppe, Sayings 60, sieht diesen Textaufbau in Jak, wenn er meint: »James begins almost every Para graph with an exhortation, then stitches already known material (apostolic teaching, sayings of Jesus, OT allusions, illustrations from nature etc.) into the flow of thought, and finally offers his own conclusion or explanation.«
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Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
2.2.2.1 Jak 1,2-12 Jakobus eröffnet das Briefkorpus mit dem Thema »Anfechtungen und Geduld«. Die Ermahnung (V.2) wird dadurch begründet, »dass die Erprobung eures Glaubens Geduld wirkt« (V.3). Dabei setzt der Verfasser voraus, dass seine Leser diese Idee kennen (YivokTKOvra;). Eine solche Kenntnis wird auf den Traditionsstrom der christlichen Mahnung zurückgehen, der sich auch in Rom 5,3-5 und in 1 Petr l,6f. findet. Ebensowohl lässt sich das Motiv >der Freude in Anfechtung< auf die Tradition zurückfuhren (vgl. ferner 1 Petr 4,13f; Mt 5,11 par.) . Demgegenüber lässt sich V.4 der Redaktion des Verfassers zuschreiben. Dadurch gibt er der »Geduld« einen besonderen Akzent: Bei mancherlei Versuchungen kommt es nicht einfach auf Geduld, sondern auf »ein vollkommenes Werk« an. Das ist zweifellos eine neue Information (Rhema!) und also der Schwerpunkt des Eröffhungsabschnittes. Man soll »ein vollkommenes Werk« haben, damit man »vollkommen und untadelhaft« (xeteux; Kai öAx>KÄT|po<;) ist. Da diese Vollkommenheit durch Geduld in Versuchungen bewiesen werden soll, kann das »vollkommene Werk« nichts anderes sein als vollkommene Treue zu Gott. Dies ist auch vom traditionsgeschichtlichen Hintergrund des Wortes her einleuchtend. In V.2-4 wird also das Thema dieses Briefes, nämlich Tcetpaouxx; und izXzioq, vorgestellt. Beachtenswert ist, dass der Verfasser jceipccauxw; nicht präzisiert; er redet nur von rc£ipaau.di<; t c o i k I X o k ; , wobei offenbleibt, ob es um (äusserliche) Anfechtungen (z.B. Verfolgungen) oder um innerliche Versuchungen geht. Die von ihm rezipierte Überlieferung lässt eher an ersteres denken. Nach der Stellung des Themas (rceipaou.oi und xtXzioq) greift er anschliessend folgende zwei Motive auf: Weisheit (V.5-8) und Reiche (V.9-11). Diese Motive tauchen im Hauptteil wieder auf: Weisheit in 3,13-18 und Arme/Reiche in 2,lff.l5f. und in 4,135,6. Da der Abschnitt 3,13-18, wie unten erklärt wird, in einem Zusammenhang mit 3,1-12 sowie mit 4,1-12 steht (Kontext: innergemeindliche Konflikte), ist es sehr wahr83
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Cargal, Diaspora 61f., liest frynoacfte als Indikativ und schreibt die Aussage den Gedanken der »impliziten Leser« zu, denen der Verfasser in V.4 gegenüberstehe: »You considered it complete joy, [...] because you knew that the testing of your faith produces patience.« But »you must let >endurance< have its >complete< work if you are going to be >perfected< by it.« (ebd.) Dagegen spricht die formale Einheit des Kap. 1, in dem jeder Abschnitt mit einem Imperativ beginnt (V.5.9.13.19.22). To OOKIUIOV bedeutet in 1 Petr 1,7 wohl »eure Echtheit des Glaubens«; in unserem Kontext bezieht es sich aber unverkennbar auf »mancherlei Versuchungen« (V.2), so dass es mit »Erprobung« (so ZB) oder »Prüfstein, Prüfungsmittel« (BA 407) zu übersetzen ist. Zum Verhältnis dieser drei Stellen vgl. z.B. Dibelius, 103-105; Schmder, 28-30; Frankemölle, I 183188; Hoppe, Hintergrund 20-26 und Klein, Werk 50-53. Gegen die Mehrheit der Ausleger vertritt Barnett, Paul 187, eine literarische Abhängigkeit des Jak von Rom 5,3-5. Auch Sato, Jakobusbrief 72 Anm. 44, hält dies für möglich. Heiligenthal, Werke 28, meint im Anschluss an Berger, Exegese 50, dass »Jakobus in l,3f. die frühchristliche Konzeption, dass die Liebe eine Folge des Glaubens sei, in der Weise aufnimmt], dass er die äyäicr) am Ende des Kettenschlusses durch epyov xe^eiov ersetzt«. Diese Ersetzung bleibt allerdings blosse Vermutung. Nauck, Freude 68-80, vermutet, dass dies eine gemeinsame spätjüdisch-urchristliche Tradition ist, deren ursprünglicher Sitz im Leben die Situation der Frommen zur Zeit der Makkabäerkämpfe war. S. unten 3.1. Vgl. Diagramme bei Davids, 29, und Frankemölle, 1162.
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Grundmotiv und Einleitung (Jak 1)
scheinlich, dass Jakobus in V.5-8 und V.9-11 die Stichworte der zwei grossen Themenbereiche des Hauptteils (Arme/Reiche; Konflikte in der Gemeinde) vorwegnimmt, was gut zur Funktion des Prologs, »Hinweis auf die Hauptsache« zu sein (s.o.), passt. V.5-8: Mit einer Stichwort-Verbindung fuhrt Jakobus einen zweiten Paragraphen ein (ev u.Tio€vi teuc6|i£V0i - teircetai). Der Einfuhrungssatz »wenn aber jemand...« (ei 6e t i q ) weist daraufhin, dass man V.5 im Zusammenhang mit V.4 zu lesen hat. Diesem Zusammenhang kann man entnehmen, dass es sich bei V.5ff. um einen Fall handelt, wo die »Vollkommenheit« nicht erreicht wurde. Für den Zusammenhang von Vollkommenheit und Weisheit beruft man sich zu Recht auf die alttestamentlich-frühjüdische Weisheitstradition. Es ist aber zu bedenken, dass der Verfasser selbst nicht von der Weisheit spricht, sondern vom »Bitten« um Weisheit. Das zeigt einerseits, dass der Zusammenhang von Vollkommenheit und Weisheit den Adressaten so gut bekannt ist, dass Jakobus ihn nicht mehr zu erläutern braucht; und andererseits, dass es nicht die Weisheit ist, über die er etwas mitteilen will. Die Weisheit ist also hier nicht Rhema, sondern Thema. Der Schwerpunkt des Abschnittes verschiebt sich von der Weisheit als solcher auf das »Bitten« um Weisheit. »Erbitte [sc. die Weisheit] von Gott« (V.5b) bezieht sich ohne Zweifel auf das Gebet. Und in bezug auf das Gebet wird in V.6 eine erste Alternative dem Leser vorgelegt: aixecD ev Tciaxei oder 8ixxKpivoum. Hier handelt es sich um das Vertrauen auf Gott. Derjenige, dem es an Vertrauen zu Gott mangelt, wird als 8i\|ruxo<; bezeichnet (V.8). Es steht ausser Zweifel, dass der Begriff 8i\|/D%o<; einen Gegensatz zu xeXeioq bildet. Dieses Attribut bezieht sich aber nicht nur auf das Gebet, sondern auf das ganze Leben: »in allen seinen Wegen« (V.8). In V.5-8 geht also der Verfasser von der Kenntnis aus, die er mit den Adressaten gemein hat, dass nämlich für die Vollkommenheit die Weisheit, um die man Gott bitten soll, unentbehrlich ist (V.5: Thema). Er bringt aber dann ans Licht, dass in der Weisheit die Gefahr steckt, nicht mehr xeteioq, sondern 8i\|ro%o<; zu werden, wenn sie nicht durch das Vertrauen auf Gott begleitet wird (= Rhema). V.9-11: Man zweifelt meistens nicht daran, dass es hier um »Arme und Reiche« geht. Wenn man jedoch unseren Abschnitt genauer betrachtet, wird diese Ansicht einer Modifikation bedürfen. Man wird sofort bemerken, dass zwischen ö zamivöq (der Niedrige, V.9) und ö rikovaioq (der Reiche, V.10) ein Gegensatz besteht. Dieser Gegensatz bezieht sich zweifellos auf das wichtige Thema »Arme und Reiche« (vgl. 2,lff.l5f; 4,13-5,6). Aber warum hat Jakobus anstelle von xaneivöc, nicht tct(d%ö<; verwendet? Der Kontrast zu nfoybaicx; deutet zwar auf die Konnotation »arm« hin, was auch durch Beispiele in der 89
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Gegen Dibelius, 97. Vgl. Mussner, 68; Hoppe, Hintergrund 32ff.; Gowan, Wisdom 145-153. Klein, Werk 92, unterschätzt die Funktion der Weisheit in diesem Abschnitt, wenn er meint, das Gebet um Weisheit habe nur Oberleitungsfunktion zwischen V.4 und V.5flf. und es gehe in V.5-8 nicht speziell um das Gebet um Weisheit. V.5ff. dient hier offensichtlich als Stichwortlieferant für 3,13-18, wo es um die »Weisheit von oben« (3,15.17) geht. Nicht zu übersehen ist auch, dass das Motiv »Erbitten« wieder in 4,2f. vorkommt, und zwar im Anschluss an 3,13-18! 'Ev «iorei (V.6) besagt »im Vertrauen«. Dazu vgl. unten 3.6.2.2. Vgl. unten 3.1. »The8i\|f\>xo<; is described as wavering (Siord^cov I Clem. XXIII:3; cf. XI:3; II Clem. XI:2; Mand. IX:5), or hesitating (5iaKpiv6u£voc, James l:6f.) i.e. between two beliefs or courses of conduct« (Seitz, Antecedents 212).
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LXX gestützt wird. Aber man kann hier xamivöq nicht einfach mit JCTCDXCM; gleichsetzen. Jakobus benützt das Wort auch in 4,6 (4,10: mneivoo), wo es vom Kontext her gesehen deutlich »demütig, Gott gehorsam« bedeutet und mit Armut nichts zu tun hat. Andererseits bezeichnet Jakobus in Kap. 2 den Armen ausschliesslich als KTCOXÖC; und niemals als tcwceivos (2,2.3.5.6). Dies führt uns zur Einsicht, dass tcwcetvös in 1,9 nicht einfach Synonym von 7CTG>XÖ£ ist, sondern vor allem in religiösem Sinne »niedrig« bedeutet, also solche meint, »die Gottes Rechtsforderung erfüllen, dh sich recht zu Gott verhalten (vgl Ps 119,67)« , wobei sich freilich die soziale bzw. wirtschaftliche Bedeutung »gebeugt, bedrückt, niedergedrückt« nicht ausschliessen lässt. Diese Deutung von Tajieivöq verdeutlicht den Zusammenhang von V.8 und 9 (6e in V.9!): Als Gegensatz zum dvf|p 8i\|ro%oq, dem es an Vertrauen auf Gott mangelt, erscheint 6 d6eAxpo£ 6 TCCKEIVCX; als einer, der Gott gehorsam ist. Und da 6 nkvbaioq als Gegenstück zu ö Tcwcetvoq erwähnt wird, versteht der Leser dort, dass der Verfasser den Reichen theologisch als 8i\|roxo£ charakterisiert. Dass unsere Auslegung nicht weithergeholt ist, bezeugt das dem Reichen zugeworfene Wort in V. 11 ev tau; jropetau; axnov uxtpavOfiaeTcxi, das offenbar parallel zu V.8 dKaTctoxaTcx; ev ndaau; tau; öooiq amov steht. Entgegen der Mehrheitsmeinung, dass es sich in V.9-11 um den Gegensatz zwischen »arm« und »reich« handle, ist daran festzuhalten, dass der Gegensatz vielmehr zwischen dem Niedrigen, der Gott gehorsam ist, und dem Reichen, dem es an Vertrauen auf Gott mangelt, zu sehen ist. In V.9-11 ist also von einem anderen Fall von »Zweiseeligkeit« die Rede. Hinzu gilt es zu beachten, dass V.9 die Wiedergabe eines traditionellen Schemas ist. Auch in diesem Abschnitt geht Jakobus von einer Aussage aus, mit der die Leser gut vertraut sind (Thema!). Unter Anwendung des Schemas leitet er aber dann in V.lOf. zu dem über, was in diesem Abschnitt eigentlich ausgesagt werden soll (Rhema): die Antipathie gegen Reiche. Daher legt sich nahe, dass es hier eigentlich nicht um »Arme 95
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In der LXX rinden sich Beispiele, die vxmivöq im Sinne von »arm« verwenden: Am 2,7; 8,6; Ps 73(74),21 (raceivcxD); 81(82),3 und Sir 13,21f. (vgl. V.23). Vgl. auch Jes 58,4 und 61,1S*. Gegen Grundmann, ThWNT VIII 20,5-9: »der durch Armut gebeugte Bruder, der was sowohl mit Äxcoxöq wie mittajceivöq übersetzt wird« (aaO. 20,6f). Grundmann, aaO. 9,27f. Dort spricht Grundmann von den Wendungen in der LXX. Vgl. auch aaO. 10,24-26: »Die Septuaginta lässt erkennen, dass für sie der vxmivbc; der Fromme ist, der sich recht gegenüber Jahwe verhält; denn ihm wird entgegengesetzt derdoEpf|<; (vgl. auch Sir 12,5)«. Dies entspricht der Charakterisierung der Reichen in Jak (vgl. Jak 4,16; 5,5. Dazu s. unten). Grundmann, aaO. 9,42. »ZB durch fremde politische u[nd] militärische Mächte Jdt 16,11; 1 Makk 14,14; durch Erpressung seitens der Reichen ufndj Mächtigen Am 2,7; Js 58,4« (aaO. 9,42-44. Betonung von mir. Vgl. Jak 2,6f). So auch Cargal, Diaspora 72f. Dafür spricht die Tatsache, dass Jakobus den reichen Leuten ihr Fehlen an Frömmigkeit vor Gott (TowceivoKJic,fevamiovicvpiov! vgl. 4,10) vorwirft. Vgl. 4,15f; 5,6. Diese negative Charakterisierung der Reichen ist auf das AT zuriickzufuhren; vgl. z.B. LXX Ps 36(37),l-40. Crotty, Structure 48, sieht die Opposition zwischen ö xafteivöc, (»the person ready to receive wisdom«) und dem Reichen (»the self-sufficient who does not see the need to ask for anything«). Hinter der Aussage V.9f. steht ein alttestamentlich-jüdisches Schema: »Gott erhöht den Niedrigen« (vgl. Ez 17,24; 21,31; Hi 5,11; Mt 23,12; Lk 1,52).
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und Reiche« geht, sondern vielmehr nur um »Reiche«. Der Reichtum ist nämlich für Jakobus ein weiterer Fall, bei dem die Adressaten in Versuchung geführt werden können. V.12. Der Vers rekurriert auf V.2 und bezeichnet das Ende der ersten Einheit. Nun sind die Leser einigermassen darüber orientiert, wie das Grundthema von V.2f, »Versuchungen und Geduld«, zu verstehen ist: Es handelt sich um die Gefahr, die Treue zu Gott zu verlieren (8i\|roxoq), * die Vollkommenheit (teXeioq), die gegen jede Gefahr die Treue zu Gott verteidigt. Zugleich werden die Leser auch über die Momente der Versuchungen informiert: Weisheit und Reichtum. u n a
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2.2.2.2 Jak 1J3-27 Dieser Teil lässt sich als Amplifikation von V.2-12 begreifen. Hier werden die Leser weiter über das Grundthema informiert. Nun lässt sich diese zweite Hälfte des Kap. 1 in V. 13-18 und V. 19-27 untergliedern, wobei sich die zwei Teile gegenüberstehen. Im ersten Teil (V. 13-18) entfaltet Jakobus eine theologische Darlegung über die Herkunft der Versuchungen. Er übernimmt das Versuchungs-Motiv aus V.2.12 und macht dazu folgende neue Aussage: Gott versucht nicht (V.13). In dieser Hinsicht kann V. 13 als Rhema angesehen werden. Es gilt allerdings zu beachten, dass es dem Verfasser nicht nur darauf ankommt, ob Gott versucht oder nicht. Für ihn ist es noch wichtiger, die Begierde (^TciG'üu.ta, V.14f.) als etwas hervorzuheben, was jeden Menschen Gott entfremdet. Zu diesem Zweck beruft er sich zunächst auf die traditionelle Einstellung, dass Gott nicht ver sucht , um dann als Antwort auf die implizierte Frage, woher dann die Versuchungen kommen, die Hauptaussage des Abschnittes einzuführen. Vom kontextbezogenen Aspekt aus gesehen ist es also wohl sachgemässer, V.13 als Thema und V.14f. als Rhema zu begreifen. Somit belehrt Jakobus die Leser über die »Anfechtungen«. Es handelt sich hier um die Begierde, die jeder in sich hat, und um die durch sie hervorgerufenen Versuchungen. Alle Versuchungen kommen von dieser Begierde her, die einen dem Willen Gottes ent fremdet und zur Sünde verführt (V. 14f). V.16-18 lässt sich entnehmen, dass Jakobus V.13 nicht lediglich als Einleitung zu V. 14f. versteht, denn er betont hier nochmals, Gott habe mit den Versuchungen nichts zu tun. Dies könnte wohl damit zusammenhängen, dass diese Idee in der alttestamentlich102
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Dibelius, 113: »Vom Reichen und seinem Untergang handelt er: V.9 zeichnet nur die Folie dazu« (Betonung von Dibelius)', so auch Boggan, Wealth 239. Davids, Meaning 391, und Vouga, 53, nehmen an, dass Jakobus hier einer theologischen Tradition, die Gott als Geber von Versuchungen ansieht, kritisch gegenübersteht (vgl. auch Frankemölle, 1279281; dagegen Cargal, Diaspora 81 Anm. 84). Das könnte ja der Fall sein. Sicher ist aber, dass die Aussage, Gott versuche nicht, erst als Pendant zu V. 13-15 eine Rolle spielt, wo Jakobus die Begierde als Quelle der Versuchungen bezeichnet. Vgl. Sir 15,llf.20; äthHen 98,4f; Philo, Det 122; ferner Josephus, Ant XVI 395ff. Vgl. auch 1 Chr 21,1 mit 2 Sam 24,1; Jub 17,16 mit Gen 22,1. Ausserbiblisch: Ps. Libanius, Epistolary Styles 78 (in: Malherbe, Theorists 78f).
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jüdischen und urchristlichen Tradition nicht herrschend war. Vom kontextbezogenen Aspekt aus gesehen, sind V.16-18 aber als Pendant zu V.14f. zu deuten: Jakobus unter streicht den widergöttlichen Charakter der Begierde dadurch, dass er sie in einen Gegen satz zu Gott stellt. Während Gott uns Menschen das Gute anerschaffen hat (V.18) und uns stets nur das G u t e gibt (V.17), bewirkt die Begierde Versuchungen, die uns zur Sünde und zum Tod fuhren (V. 15). Hieraus geht also hervor, dass es sich bei der Versu chungsthematik eigentlich um den Gegensatz von Gott und Begierde handelt. Ein Kon trast zu den vorigen Versen lässt sich deutlich in V.18 erkennen, wo Jakobus statt »schaffen« den Ausdruck »gebären« (ccrcoioxö) benützt, dasselbe Wort wie in V. 1 5 . So müssen V.16-18 zusammen mit V. 13-15 gelesen werden. V. 19-25: Nun redet Jakobus im Zusammenhang mit dem Vorhergehenden davon, wie man sich verhalten soll, um die Begierde zu überwinden. Dafür sprechen: 1) Die Partikel 6e in V.19b (s. unten); 2) Auf die »Geduld« in V.3.12 rekurriert V.25 mit xeXeioq (vgl. V.4) und Makarismus (vgl. V.12); in der Er mahnungsreihe in V. 19-25 geht es also um eine Amplifikation der »Geduld« und des »vollkommenen Werks« gegen die Versuchungen. Die umstrittene Partikel oe in V. 19b (coro) 5e) zeigt, dass der Vers als Erklärung der direkt vorangehenden Aussage V.18 funktioniert. Danach stellt die Mahnung »jeder Mensch sei schnell zum Hören, ...« eine Erklärung bzw. Präzisierung von »Wort der Wahrheit« (A,öyo<; d^TiGeic«;) dar. 105
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Diese Deutung lässt sich durch Überprüfung der Bedeutung von Xbyoq aXvfiivuq in V.18 vertei digen, denn erst dadurch wird es möglich, gegen die Tendenz der Auslegermehrheit den genannten Aus druck als »ein wahres Wort« zu verstehen. Dibelius identifiziert es mit dem »Evangelium« . Diese Gleichsetzung ist aber nicht so »zweifellos« wie er meint. Der Ausdruck findet sich ausser in Jak auch in 2 Kor 6,7; Kol 1,5; Eph 1,13 und 2 Tim 2,15 (bei den letzten drei Stellen mit Artikel, ö Ä,6yoc, v% dA/nOeiac,). Dabei ist nicht zu übersehen, dass er in Kol und Eph eine erklärende Ergänzung hat: »das Wort der Wahrheit [, näm lich] des Evangeliums« (Kol 1,5); »das Wort der Wahrheit, das Evangelium eures Heils« (Eph 1,13). Diese Ergänzungen bezeugen, dass der Ausdruck »das Wort der Wahrheit« nicht selbstverständlich mit dem Evangelium gleichgesetzt werden konnte. In 2 Tim 2,15 hat der Ausdruck zwar keine Ergänzung; aber auch hier wird er nicht einfach als Synonym von Evangelium verwendet. Der Verfasser des 2 Tim spricht vom »Wort der Wahrheit« offenbar im Kontrast zum Wort derjenigen, »die von der Wahrheit 109
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»Die gängige Vorstellung war die, dass Gott selbst Menschen erprobt und versucht, wie in besonders ausdrücklicher Weise an den Gestalten Abraham und Ijob deutlich wird (zu Abraham vgl. Gen 22,19; Jdt 8,22; 1 Makk 2,52; Sir 44,20), wie es aber auch für andere belegt ist (Ex 16,4; 20,20; Dtn 8,2; Ri 2,22)« {Frankemölle, 1280). Vgl. ferner 1 Kor 10,13. Es ist zu bemerken, dass Gottes Gabe als »vollkommen« bezeichnet wird: »Alle gute Gabe und alles vollkommene Geschenk kommt von oben herab«. Man wird also durch die Begierde versucht, sich dieser Vollkommenheit zu entfremden. Edsman, Schöpferwille 14-23, beweist überzeugend, dass sich das d7toK\>eiv immer auf das Gebären einer Frau bezieht. Trotzdem wendet Jakobus das Verb in Entsprechung zu V.15 auf Gott (maskulin!) an (so auch Klein, Werk 130). Ähnlich Michl, 33:»Das >Wort der Wahrheit^ dem die Christen die Zeugung aus Gott verdanken (V. 18), verlangt von ihnen ein entsprechendes Leben« (Hervorhebung von mir). Das 5e lässt sich also weder adversativ noch kopulativ deuten, sondern als »Erklärung oder Steige rung: >und zwar«< (BDR §447, lc). Dibelius, 136f. Hierzu vgl. Ludwig, Wort 25-27. AaO. 137. Ergänzung der ZB.
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abgeirrt sind« (2,18). Daraus kann man nicht schliessen, dass »das Wort der Wahrheit« fester Ausdruck für Evangelium ist. Wie in Jak 1,17 so fehlt auch in 2 Kor 6,7 der Artikel. Paulus sagt dort: »in Rein heit, in Erkenntnis, in Langmut, in Gütigkeit, in heiligem Geist, in ungeheuchelter Liebe; im Wort der Wahrheit, in Gotteskraft, durch die Waffen der Gerechtigkeit in der Rechten und Linken [erweisen wir uns als Diener Gottes]« (2 Kor 6,6f.) Dieses Nebeneinander erschwert die Auffassung, dass Paulus mit »Wort der Wahrheit« sein Evangelium meint. Der Ausdruck betont vielmehr, dass sein Wort nicht irreführend, sondern wahrhaftig ist (vgl. V.8: »wie irreführend, und doch wahrhaftig [dÄ,Ti0eicJ«). Dem nach kann der Ausdruck »Wort der Wahrheit« keine feste Wendung für Evangelium sein. Diese Gleichsetzung hängt ausserdem mit der Auslegung zusammen, dass Jakobus hier von der Taufe spreche: es sei das Wort, durch das die Christen geboren wurden. Man muss aber mehr auf den Kontext achten: diese Interpretation passt schlecht zu V.17, in dem Jakobus im Zusammenhang mit V. 13-15 argumentiert, dass die Begierde (feniOt^iia), die die Versuchungen verursacht, nicht von Gott geschaffen wurde. Daher handelt es sich um Gottes Schöpfung, und keineswegs um die Taufe. V.18 ist von diesem Aspekt her auszulegen. Gottes Schöpfung durch das Wort ist eine der alttestamentlich-jüdischen Tradition vertraute Vor stellung; Ps 33,6: »Durch das Wort von Jahwe sind die Himmel gemacht« . Unser Ausdruck lässt sich an diesen Traditionsstrom anschliessen; dabei kann der Genitiv »der Wahrheit« (
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ZB: »Reden«. So auch Elliott-Binns, James 152. Vgl. z.B. Popkes, Adressaten 149, der aber anerkennt, dass die Anspielung auf die Taufe (auch 1,21) »für den Gedankengang nicht unbedingt erforderlich« ist. Klein, Werk 131-133, erkennt einerseits mit Recht, dass »eine engere Beziehung zu einer mit Taufe verbundenen Wiedergeburtsvorstellung [...] jedenfalls nicht deutlich [wird]« (aaO. 133), beharrt an dererseits trotzdem auf der Interpretation der »Geburt« als des »Christ-Werdens«. Aus »der Näherbestimmung des Xöyoq dXrtOeiaq« allein lässt sich aber nicht herleiten, »dass hier [...] nicht von der Schöpfung am Anfang, sondern von Gottes geschichtlichem Heilshandeln die Rede ist« (aaO. 133). Der Ausdruck »Erstlinge seiner Geschöpfe« spricht nicht gegen, sondern für unsere Auffassung. Denn es ist äusserst schwierig, ihn aufgrund der paulinischen Wendungen zu erklären, um ihn mit der Taufe zu verbinden (vgl. u.a. Rom 16,5; 1 Kor 16,15; 2 Thess 2,13). Der Ausdruck führt wohl eher auf das alttestamentlich-jüdische Selbstverständnis zurück, dass Israel der »Erstling« der Got tesgeschöpfe sei. Jer 2,3 »Heilig war Israel dem Herrn wie ein Erstling der Ernte«; Philo, SpecLeg IV 180, ist noch auffälliger: Das jüdische Volk wurde »wie eine Art Erstlingsgabe (Tic, owtapXTi) des ganzen Menschengeschlechtes dem Schöpfer und Vater zugewiesen«. (Rabbinische Belege bei Schlatter, 137 Anm. 1.) Dabei handelt es sich offenbar um Gottes besondere Gnade für Israel. Es ist gut vorstellbar, dass Jakobus, der die Christen als Israel anredet (vgl. 1,1), als Judenchrist diese Idee aufgenommen hat. Er wendet das Selbstverständnis von Israel auf die Christen an. Vgl. auch ElliottBinns, James 152-154. Er denkt, dass es hier um Gottes »original creation« und »mankind as its firstfruits« (aaO. 159) geht, dass aber der Terminus »Erstlinge« die Möglichkeit weiterer Entwick lungen vorbereitet hat. Vgl. auch Berger, Theologiegeschichte 169. Ferner Weish 9,1; Jub 12,4; syrBar 14,17; 21,4; 56,4; Sib 3,20; MAbot 5,1 usw. 118 vgl H8(119),43; TestGad 3,1; ferner OdSal 8,8. Das Wort »Wahrheit« begegnet in Jak zudem in 3,14 und 5,19; dort scheint es sich auf eine christliche Lehre zu beziehen (s. unten 4.2.1.2). Die Konnotation dieser Bedeutung kann man aber nicht unserer Stelle entnehmen, denn 1) passt sie schlecht zum Kontext, in dem es sich um Gottes Schöpfung handelt (s. oben) und 2) hat oArjOeias in 1,18 keinen Artikel. Daher ist dieser Genitiv m.E. als semitischer »Genitifv] von Abstrakta zum Er satz des Adjektivums« (Dibelius, 55) zu begreifen, der ferner in 1,25 (dKpoatfiqfejciXrjojiovfß);2,4 (Kpvcai SiaXoyiavicov) und 3,13 (npaxnxy; oocpiac,) begegnet. 1 1 3
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Für unsere Deutung von 6e in V.19b spricht ausserdem, dass sich die Mahnung in V.19 an »jeden Menschen« richtet, was der Schöpfungsaussage von V.18 entspricht. So geht es in V. 19 um ein »wahres Wort«, durch das man den Willen des Schöpfers erfährt. Die Mahnung lautet, »schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn«. »Hören und Reden« dürfte auf eine paränetische Tradition zurückgehen. Dibelius hat wohl recht, wenn er das dritte Güed »als ein[en] steigernde[n] Anhang zur zweiten Mah nung« begreift, denn im folgenden (V.20f.) geht es um den Zorn und das Hören, und nicht mehr um das Reden. Daher legt es sich wohl nahe, dass sich Jakobus hier, wie in V.2.9.13 am Anfang des Abschnittes, auf eine traditionelle Aussage bezieht. So stellt er das Thema für das Rhema auf. Zu bemerken ist, dass Zorn ein Begriff ist, der mit der Be gierde eng zusammenhängt. Jakobus spricht vom Zorn, weil er ein Produkt der Begierde ist. Ferner ist unübersehbar, dass diese Mahnung als »Stichwortlieferant« funktioniert für: Reden (Zunge: 1,26; 3,2ff.) und Zorn (Konflikt: 3,13ff.; 4,lff.llf.). Die Ermahnung von V.21 hat sich als Konsequenz aus V.19f. ergeben (8to). Hier fasst Jakobus zunächst sein Rezept gegen die Begierde zusammen: »Leget alle Unsauberkeit und allen Überrest von Bosheit ab und nehmet mit Sanftmut das [euch] einge pflanzte Wort auf, das eure Seele retten kann!« Es geht um einen Gegensatz: weg von Unreinheit und Bosheit, bleib fest beim Gotteswort ! Dieses Rezept ist allerdings etwas zu allgemein und muss präzisiert werden, was Jakobus in V.22ff. unternimmt. Darum kann man sagen, dass V.21 zunächst Rhema zu V.19f. und zusammen mit V.19f. zu gleich Thema zu V.22ff. ist. V.22-25 erklären die Bedeutung von »das Wort aufnehmen« (V.21): Es geht nicht einfach um das Hören des Wortes, sondern vielmehr um das Tun des Wortes (V.22-24). In V.25 wird präzisiert, wie das Wort getan werden soll: gemäss »dem vollkommenen Gesetz der Freiheit« . Das Adjektiv »vollkommen« rekurriert offensichtlich auf das »vollkommene Werk« in 1,4. Es handelt sich also darum, wie das »vollkommene Werk«, d.h. vollständiger Gehorsam gegen Gott, trotz Versuchungen durchzuführen ist: Man soll nicht nur das Gotteswort hören, sondern durch das Gesetz der Freiheit Täter des Wortes werden. 119
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In V.23f. nimmt er einen Vergleich mit einem Spiegel vor, mit dem er seine Mahnung erläutert. Dass der Spiegel eine Metapher für das Gesetz ist, gibt V.25 zu erkennen: »in das vollkommene Gesetz der Freiheit hineinblicken«} In diesem Spiegel betrachtet man sein »natürliches Aussehen« (bzw. 11
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So Dibelius, 141; Davids, 91. Vgl. Sir 5,11; Bill. III 753. Dibelius, 141. Es ist beachtenswert, dass in Lasterkatalogen (Kol 3,8; Eph 4,31) der Zorn mit der Zungensünde verbunden ist. Daher lässt sich erschliessen, dass Jakobus durch die Zufiigung von Zorn das »Reden« auf diese »Zungensünde« hin orientiert. Anders Baker, Speech-Ethics 86, wonach V.26 auf xö XaXfjoai rekurriert. Der Zorn wird im Zusammenhang mit der Begierde genannt als zu vermeidendes Laster (Tesüud 14,1: öpyftfe*i6\)uia<;;vgl. Herrn mand VI 2,5; X 1,1; 2,4; vgl. auch 1QS 4,10; 1QH 1,34-37; TBQ 9,31; MAbot 2,11). Dazu vgl. auch Baker, Speech-Ethics 99-104. Zu öfem>woc,toyoc,s. unten S. 108 Anm. 58. Zum Gesetzesverständnis des Jak s. unten 3.4.2. Für die Beziehung des V.25 zu V.4 spricht, dass Jakobus in V.25 nicht einfach »Täter des Wortes« sagt, sondern »Täter des Werkes« (icotrtxfiq epyou), wobei er sich dieser Beziehung sicher bewusst ist. Das ist unverkennbar, obwohl — mindestens ausdrücklich — »von einem Vergleich des Xöyoc, mit dem Spiegel nichts gesagt wird« (Dibelius, 147).
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Gesicht, xö npöoconov xf|q yweamq, d.h., »das ihm von seiner Geburt, seiner Abstammung her gegeben ist«) . Man kann hier einen Anschluss an die vorhergehenden Aussagen rinden: Jakobus sagt nicht einfach »Aussehen«, sondern »natürliches Aussehen«, wodurch er rückwärts darauf hinweist, dass man die Begierde von Natur aus in sich hat. Der Spiegel des Gesetzes gibt diesen Status quo des Men schen zu erkennen, aber er zeigt gleichzeitig auch das ideale Bild, nach dem man streben soll. Bei dem Vergleich kontrastiert derjenige, der sich nach dem Betrachten vom Spiegel der Tora abwendet und vergisst, was er gesehen hat, mit demjenigen, der beim Spiegel der Tora bleibt und sich ständig damit beschäftigt. Dies entspricht dem Gegensatz von (nur) Hören und (nicht nur Hören, sondern auch) Tun. 128
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Der Abschnitt V. 13-25, der durch den am Ende gesetzten Makarismus (V.25; vgl. V.12) zu V.2-12 eine Parallele bildet, lässt sich somit als Amplifikation von V.2-12 be greifen. Sie informiert darüber, was es mit den »Versuchungen« und der »Geduld« auf sich hat. Die Versuchungen werden als von der Begierde verursachte Gelegenheiten zu »allerart Unsauberkeit und Bosheit« (V.21) gedeutet. Dagegen soll man solche Unsauberkeit und Bosheit ablegen und am Gotteswort festhalten, d.h. das Gotteswort hören und nach dem »Gesetz der Freiheit« handeln (V.22-25). Dies lässt sich als Amplifikation von »Geduld« (V.3) und »vollkommenem Werk« (V.4) verstehen. V.26-27: Die Schlussverse des Kap. 1 übernehmen und konkretisieren das Thema »Tun des Wortes«, wobei der Verfasser jene Taten nennt, um die es im Hauptteil des Briefes geht: »Zunge im Zaum halten« (3,2ff.); »Waisen und Witwen in ihrer Trübsal zu besuchen«, d.h. die Sorge um Arme (2,lff.l5f.) und »sich von der Welt unbefleckt zu halten« (4,lff.). So verdeutlicht sich, dass die im Hauptteil geforderten Taten eben »Tun des Wortes« sind, durch das man vor Gott vollkommen werden kann. Es gilt ferner zu bemerken, dass Jakobus den idealen Stand der Christen durch »reine und unbefleckte Gottesverehrung« (V.27: OpTicnceia KaGapd Kai äu.iavroq)
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terisiert. Dies bildet eindeutig einen Gegensatz zur »Welt«, dergegenüber man sich un befleckt halten soll. Erinnert man sich an die Ermahnung des V.21, in der es um den Ge gensatz zwischen »allerart Unreinheit und Bosheit« und dem Festhalten am Gotteswort geht (s.o.), dann legt sich nahe, dass es bei den Versuchungen, die von der Begierde pro voziert werden, um die Gefahr der Befleckung durch die Unreinheit der Welt geht.
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Mussner, 105. 4 Esr 3,21: »Weil er nämlich ein böses Herz (in sich) trug, verging sich der erste Adam [bzw. Adam zuerst] und wurde besiegt, ebenso aber auch alle, die von ihm abstammen« (Übers, von Schreiner, JSHRZ V z.St. Ergänzung von mir nach ebd. Anm. 21a). Nach den Rabbinen herrscht der böse Trieb von frühester Kindheit an im Menschen (Belege bei Bill. IV/1 47lf.). Hierzu vgl. unten 3.2. Johnson, Mirror 636-641, beweist aufgrund der hellenistischen Parallelen überzeugend, dass der Spiegel in moralischen Lehren als Metapher für Verbesserung fungieren kann, indem er sowohl das tatsächliche als auch das ideale Bild des Menschen zeigt. Die Verbindung von Spiegel und Tora fin det sich bei Philo (aaO. 641. Vgl. VitCont 78). Man kann also den Vergleich nicht so interpretieren wie etwaAdamson, James 409: »Perhaps James is contrasting the dim, fleshy image in the mirror with the perfect picture of truth in the gospel (law of liberty)«. ZB: »ein reiner und unbefleckter Dienst vor Gott«. Der Ausdruck KaOapd Kai du,iavxoq hat Paralle len (Plutarch, Perikles 39,2; Philo, All I 50; Herrn mand II 7; sim V 7,1: weitere Belege bei Mayor, 76) und bedeutet als Hendiadyoin »ganz rein« (so auch Davids, 102). Nach Baker, Speech-Ethics 97, verwendet der Verfasser die kultischen Motive, um die religiöse und geistliche Wichtigkeit der ethi schen Reinheit hervorzuheben. Vielmehr hält Jakobus es aber für verfehlt, ohne Tun des Gotteswor tes von der kultischen Reinheit zu reden.
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Verständlicherweise wird dann das Gegenteil durch den ReinheitsbegrifF formuliert: xeXewx; heisst, »reine und unbefleckte Gottesverehrung« zu haben.
2.2.2.3 Zusammenfassung Der Einleitungsteil des Jak (1,2-27) lässt sich folgendermassen gliedern. V.2-12: Grundmotiv V.2-4: Stellung des Grundmotivs: Tceipccaum und xeteux; V.5-8: Hinweis auf neipaou.oi (1): Weisheit ohne Vertrauen auf Gott V.9-11: Hinweis auf 7ceipaou.oi (2): die Reichen V. 12: Wiederholung des Grundmotivs
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V. 13-27: Amplifikation des Grundmotivs V. 13-18: Begierde als Herkunft von neipaoum V. 19-21: Rezept gegen die Begierde: Aufnahme des Gotteswortes (V.22-25: /Präzisierung: Tun des Gotteswortes durch das Gesetz der Freiheit) V.26-27: Hinweise auf den Inhalt von »Tun des Gotteswortes« 134
In V. 13-27 wird das Grundmotiv (rceipccoum und izkzioq) so amplifiziert: Das Mo tiv »Versuchungen« belehrt darüber, dass es einem am vollkommenen Gehorsam ge genüber Gott (TtXzioq) fehlt (8i\|/oxo<;) wegen der Begierde im Menschen. Deshalb soll man diese Begierde überwinden, indem man die Unreinheit und Bosheit der Welt ablegt und am Gotteswort festhält. Dafür soll man das Gotteswort hören und dann danach han deln. Daher lässt sich das in Kap. 1 aufgegriffene Thema kurz formulieren: Versuchungen der Begierde und Gehorsam gegenüber Gott. Im folgenden soll gezeigt werden, wie dies den Hauptteil durchzieht. Dabei ist darauf zu achten, dass es in V.26, dem Ende der Einleitung, um den Gegensatz von Unreinheit der Welt und reiner Gottesverehrung geht. ,
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Auch Klein, Werk 39.44f, erblickt in V.5-8 und V.9-11 zwei Beispiele der »Versuchung«, wobei er das Weisheit-Motiv ausser acht lässt. Dagegen vgl. oben S. 65 Anm. 91. Vgl. Klein, Werk 39f, der eine strukturelle Analyse von Jak 1 aufstellt, die trotz Unterschieden in Einzelheiten unserem Ergebnis sehr ähnlich ist. Auch er sieht in Jak 1 eine doppelte thematische Struktur, wobei er aber, anders als wir, das Kapitel in V.2-18 und V. 19-27 untergliedert: in der er sten »propositio« handle es sich um die Einfuhrung des ersten Themas (»Zielthema«), nämlich »das vollkommene Werk als Ziel der Bewährung des Glaubens in den Versuchungen des Lebens«, in der zweiten gehe es dann als »Wegthema« um »das Tun des Gesetzes der Freiheit als Weg zur Rettung«.
2.3 Hauptteil (Jak 2,1-5,6) und Gesamtthema Hier soll aufzuzeigen versucht werden, wie das obengenannte Thema im Hauptteil des Jak (2,1-5,6) im Zusammenhang mit Kap. 1 entfaltet wird. Um den Argumentationsgang verständlicher zu machen, empfiehlt es sich, einen kur zen Überblick über die Unterteilung von 2,1-5,6 und den Inhalt jedes Abschnittes vor auszuschicken: Der Hauptteil des Briefes lässt sich in drei thematische Einheiten glie dern: (1) 2,1-26. Hier geht es um das Problem »Arm und Reich«. Der Gotteswille ver langt Sorge für die Armen, doch die weltliche Gesinnung zeigt sich in der Bevorzugung der Reichen. Dieses Thema ist in 1,9-11 und 1,27 vorgezeichnet. (2) 3,1-4,12. In diesem durch das Problem der Zunge eingeführten Teil beschäftigt sich Jakobus mit den Strei tigkeiten in der Gemeinde. Dem Gotteswillen entspricht der Friede mit dem Bruder, der durch das Zäumen der Zunge erreicht werden kann. Demgegenüber entsteht Streit auf grund der Neigung zu weltlicher Gesinnung. Dieser Teil wurde vom Verfasser in 1,58.19.26 vorbereitet. (3) 4,13-5,6. Hier entfaltet Jakobus die Anklage der Reichen, die die weltliche Gesinnung geradezu verkörpern. Der Hauptteil des Briefes behandelt also fol gende zwei Themenbereiche: Arm und Reich sowie innergemeindliche Zwietracht. In beiden Themenbereichen zeigt sich eine Assimilationstendenz der Christen an die Gesin nung der »Welt«, der man durch das Festhalten an Gottes Wort (= Gesetz) widerstehen soll.
2.3.1 Jak 2,1-26: Arme und
Reiche
2.3.1.1 Jak 2,1-13 Das Leitmotiv dieses Abschnittes wird im Einführungssatz erwähnt (2,1): »Meine Brüder, habet den Glauben an unsern Herrn Jesus Christus der Herrlichkeit nicht in Be vorzugung der Person (jcpoaa)7coXr|\|/ia)« . Es handelt sich also um ein sich gegenseiti ges Ausschliessen von Glaube und Bevorzugung der Person. Dieses Motiv wird in den nachfolgenden Versen konkretisiert. Das Beispiel in V.2f. macht deutlich, dass es in der Tat um eine Bevorzugung des Reichen geht. In V.5-7 schildert Jakobus die Armen und die Reichen in bezug auf ihr Verhältnis zu Gott. Zuerst stellt er den Gotteswillen in den Vordergrund: Gott wählt — im Gegensatz zum Urteil der Welt — die Armen. Hat nicht Gott die, welche vor der Welt arm sind, dazu erwählt, dass sie im Glauben reich und Erben des Reiches seien, das er denen verheissen hat, die ihn lieben? (V.5) Wichtig ist, dass tcicttk; im Gegensatz zu Koapxx; steht. Dieser »Glaube« entspricht unzweifelhaft dem in V.l. Jakobus meint also: Gemäss dem Glauben sollten die Armen als Erwählte Gottes und als Erben des Gottesreiches geachtet 135
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Übers, von mir.
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werden. Dennoch habt ihr sie, im Anschluss ans Urteil der Welt, verachtet. Hier stehen die Gesinnung der Welt, die den Reichen bevorzugt, und der Gotteswille in einem deutlichen Kontrast. Jakobus stellt dann das Verhalten der Reichen dar, um aufzuweisen, inwiefern deren Verhalten christlichem Glauben widerspricht und warum es deshalb absurd ist, sie zu bevorzugen (V.6f): Sie vergewaltigen euch (Kaxo6i)vaaxe\)0'üaiv) — was den Reichen schon von den alttestamentlichen Propheten vorgeworfen wurde — und ziehen euch vor Gericht. Ausserdem machen sie Schande dem Namen Christi , was dem Glauben an die Ehre Christi (86£<x, V. 1) total zuwiderläuft! Es ist also eindeutig, dass Jakobus seinen Adressaten vorwirft, dass sie nicht nach dem Willen Gottes, sondern nach der Gesinnung der Welt handeln. In V.8-13 macht der Verfasser klar, wie man den Gotteswillen tun soll: gemäss dem »königlichen Gesetz« bzw. dem »Gesetz der Freiheit« ( V . l l ) soll man das Gebot der Nächstenliebe befolgen. Dass er hier das Motiv von 1,22-25 (das Tun des Gotteswortes) entfaltet, geht unverkennbar aus V.12 hervor: »Redet so und handelt so« (omax; Äxxtevce Kai oxnw; Tcoievce, vgl. 1,22: Seid Täter des Wortes und nicht bloss Hörer«). Daher lässt sich folgern: In 2,1-13 handelt es sich um die Alternative, ob man der Gesinnung der Welt gemäss den Reichen bevorzugt und den Armen benachteiligt, oder dem Gotteswillen folgt, der durch das Gesetz das Tun der Nächstenliebe befiehlt. 137
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Exkurs: Zur Auslegung von Jak 2,1 In 2,1 begegnet eine ungewöhnlich klingende Wendung: nicrnc, TOÜ K u p i o v f|udävTr|aov Xpioroü xf|<; 5Ö£T£. Über die Struktur dieses Satzteils, bes. die Bedeutung von 5ö£a, divergieren die Meinungen der Exegeten.
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Cantinat, 126, lehnt die Antithese zwischen x© KÖcyico und ev Triam ab, denn »cela ne cadre guere avec le reste de la lettre oü nous voyons que les destinataires ont bien besoin d'etre Stimulus dans leur fois (l,2ss; 4,lss)«. Aber Cantinat geht von einer falschen Voraussetzung aus, wenn er die Adressaten mit diesem »Armen« identifiziert (mit Cargal, Diaspora 107 mit Anm. 47). Da das Wort »vergewaltigen« (Karaßwaoroteiv) in der LXX öfter im Sinne von Misshandlung der Waisen, Witwen, Ausländer sowie Armen durch Reiche verwendet wird (Jer 7,6; 22,3; Ez 18,12; 22,7.29; Am 4,1; 8,4; Hab 1,4; Sach 7,10; Mal 3,5 u.a.), weist auch Jakobus mit diesem Wort wahrscheinlich auf das gewaltsame Benehmen der Reichen hin, wenn er vom Ziehen vor Gericht spricht. Dieser Ausdruck ist für die »soziale[...] Strafpredigt der Propheten, die sich gegen die reiche Oberschicht des Volkesrichtete«(Mussner, 122) charakteristisch, obwohl er auch in der Weisheitsliteratur vorkommt (Weish 2,10). Ob ßtacHpriiEiv »lästern« oder »Schande machen« bedeutet, hängt davon ab, ob sich unter den »Reichen« auch Christen finden. Wir sind der Meinung, dass darunter auch Christen sein können (also »Schande machen«. Siehe unten S. 138 mit Anm. 21), aber vorläufig spielt dieser Unterschied keine Rolle. »Der schöne Name, der über euch ausgesprochen worden ist« deutet nach der Mehrheitsmeinung die Ausrufung des Namens Jesu in der Taufe an. Anders aber Lautenschlager, Gegenstand 168 Anm. 29, der meint, dass dieser Ausdruck nicht unbedingt mit der Taufe verbunden sein muss. Vgl. Act 15,17 (Zitat von Am 9,12); Herrn sim VIII 6,4. Zu den Ausdrücken s. unten 3.4.2.
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Jak 2,1-26: Arme und Reiche 141
Abgesehen von der sogenannten Interpolationshypothese können die bisherigen Auslegungsvorschläge in fünf Richtungen unterteilt werden. 142
(1) Calvin legt 5ö£a als »Meinung« aus. Diese Bedeutung, die im ausserbiblischen Griechisch häufig ist, kommt aber merkwürdigerweise im Neuen Testament sonst nicht vor. Diese Deutung findet daher keine Anhänger in der modernen Diskussion. (2) J. B. Mayor versteht 5ö£a im Anschluss an Bengel als Apposition zu »Jesus Christus«: »the faith of our Lord Jesus Christ, who is the glory«. Dabei kennzeichne 56£a das Wesen Jesu Christi als Schekinah Gottes. (3) Eine beliebte Deutung ist es, hieraus den Christustitel icupioc, TT£ fiö£r£ herzuleiten. Diejenigen, die den weisheitlichen Hintergrund des Jak in den Vordergrund rücken wollen, treten für diese Deutung ein, denn in 1 Kor 2,6-16 ist Jesus Christus als »Herr der Herrlichkeit« (2,8) mit »Gottes Weisheit« (2,8) verbunden. Hierbei müsste man aber ein Hyperbaton annehmen. (4) C. Burchard vermutet in einem späteren Aufsatz ein anderes Hyperbaton und liest T f ] v nixmv TT£ So£r]<;, wonach xou icupiou ft^äv'Irpou Xpiotou als Attribut zu rr£ Sbfyy; zu verstehen sei: der Glaube an die Herrlichkeit unseres Herrn Jesu Christi. (5) Von vielen Kommentatoren akzeptiert ist die Lösung, die xf^ äö£nc, als Genitivus qualitatis versteht: »der Glaube an unsern Herrn Jesus Christus in der Herrlichkeit«, »our glorious Lord Jesus Christ«. Dibelius begründet dies damit, dass Jakobus oft diese »hebraisierenden« Genitive gebraucht. 143
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Der Ansatzpunkt aller dieser Auslegungsversuche besteht in der Annahme, dass dieser Wortlaut »befremdend« oder »überladen« klingt. Aber dieser Eindruck ist unzutreffend, denn er verschwände, wenn xf^ So^fV; fehlen würde.'O ictpioc,fyidivIrjaoäx; Xpioröq erscheint als formelhafter 150
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Sputa, Jakobusbrief 4ff., scheidet die Worte fmÄv'Irjoov Xpiorou als spätere christliche Interpolation zur originalen jüdischen Schrift aus. So auch Meyer, Rätsel 118-121. Mossebieau, LTEpitre 249259, begrenzt die Interpolation auf Xvpoü Xpurrou Dagegen vertritt zu Recht schon Dibelius, 159, dass man nicht eine Interpolationshypothese annehmen soll, die von der Textüberlieferung nicht belegt wird. Calvin, Commentarius in Iacobi Apostoli Epistola, in: Opera quae supersunt omnia LV 397: »ne in acceptionibus personarum fidem habeatis Domini nostri Iesu Christi ex opinione.« Er kommentiert: »Nam dum opum vel honorum opinio nostros oculos perstringit, veritas supprimitur: quae sola valere debebat.« Calvin übernimmt diese Deutung aus Erasmus', s. Annotationes in epistolam Iacobi, in: Novum Instrumentum 602. Vgl. Hegermann, EWNT I 833; Kittel, ThWNT II 240. Zum ausserbiblischen Gebrauch vgl. Kittel, aaO. 236-240. Mayor, 81f. So auch Sidebottom, 38; Laws, Basis 304f; Bieder, Existenz 99 Anm. 12. Brinktrine, Jak 40-42; Burchard, Jakobus 28; Windisch, 14 (mit Fragezeichen); Lautenschlager, Gegenstand 170 Anm. 39; Lührmann, Glaube 80, u.a. Etwa Hoppe, Hintergrund 72-78; Luck, Theologie 22f; Hartin, James 96. Burchard, Stellen 354-359. Auch Reicke, 65 Anm. 13, verbindet tfjc, Sö^rjc, mitxfiv jrixmv, aber anders als Burchard (aaO. 357) übersetzt er tfß 66^1^ als Genitivus qualitatis: »the glorious faith«. Auch Brinktrine, Jak 40-42, hält diese Verbindung für möglich. Dibelius, 160; Cantinat, 121; Ropes, 187f; Mussner, 116; Davids, 106f; Martin, 60; Vouga, 69 (Vouga hält auch die zweite, dritte und vierte Deutung für möglich.); Klein, Werk 167-169, rechnet ausser der dritten und fünften auch mit einer weiteren Deutungsmöglichkeit, die iov icupiou T^LÖÖV Inaoü Xpiorov als genitivus subjectivus betrachtet. Er hält aber eine definitive Entscheidung für unmöglich. AaO. 160. Z.B. < X K p o a T f | q än\Xr\o\iovr£ (1,25); K p i x a i SiaXoyioyuDV «ovnpcäv (2,4); «paürnc, oxxpiac, (3,13); wohl auchf] evxfj xfig niaxwq (5,15). (Vgl. aaO. 55.) Dibelius, 160. Schmder, 56.
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Ausdruck sowohl im Neuen Testament wie bei den Apostolischen Vätern. Er ist also als feste Formel zu betrachten. Deshalb kann sich TT£ Sbfyy; nur auf das Ganze dieser Formel beziehen. Möglichkeit (3) ist somit zurückzuweisen. Die Vorschläge (3) und (4) haben den Nachteil, dass man dabei nicht ohne Hyperbaton auskommt. Aber wozu? Jakobus hätte dann wohl xf|v niaxxv Tfjq föfyy; xox> K v p i o u f|icöv'lT|aov Xpioroö oder xrjv Tiicmv toi) icüpioi) xfjq 5ö^r|q Irpov Xpiowu geschrieben. Aus diesem Grund sind diese Vorschläge nicht akzeptierbar. Der zweite Vorschlag ist grammatisch möglich, stösst aber auf die grosse Schwierigkeit, dass es keinen Beleg dieses Titels gibt, der sich auf Jesus bezieht. Es ist etwas weit hergeholt, diesem einen Wort (56£a), das ohne weitere Bestimmung (z.B. xov Geoü) bleibt, eine theologisch so grosse Bedeutung wie Schekinah zuzuschreiben. Relativ befriedigend ist lediglich der fünfte Auslegungsversuch, obwohl zu bezweifeln ist, dass xfy; SofyYi einfach ein Genitivus qualitatis ist. Mir scheint vielmehr, dass Jakobus den Akzent auf »TTV; SofyYZ« legt: ScEpL muss ein Schlüsselwort zur Auslegung dieses Abschnittes sein. Dibelius vermutet, dass dieser Ausdruck aus »dem immer vorhandenen Bedürfnis der kultischen Sprache nach reicheren Formen« entstanden ist. Dies lässt sich m.E. durch die Beobachtung begründen, dass sich ö icupioc, fiiiäv'lTiaoüq Xpioro; sehr oft im Gebet, in der Danksagung zu Gott oder im Schlussgebet vorkommt. Daraus kann man schliessen, dass es sich hierbei um eine Wendung handelt, die an den Gottesdienst erinnert. Auch rr£ oo^r^ steht auf dieser Linie. Denn 86£a hängt mit der Liturgie, vor allem aber mit der Doxologie zusammen. Aö^a bezeichnet hier die »Ehre«, welche die Christen im Gottesdienst Gott bzw. Christus geben. Für unsere Deutung sprechen stark V.2f, wo es der Mehrheitsmeinung nach um eine Szene aus dem christlichen Gottesdienst geht. 153
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Act 15,26; Rom 5,1.11; 15,6.30; 1 Kor 1,2.7.10; 15,57; 2 Kor 1,3; 8,9; Gal 6,14.18; Eph 1,3.17; (3,11;) 5,20; 6,24; Kol 1,3; 1 Thess 1,3; 5,9.23.28; 2 Thess 2,1.14.16; 3,18; 1 Tim 6,3.14; Jak 2,1; 1 Petr 1,3; 2 Petr 1,8.(11.)14.16; (2,20;) 3,18; Jud 4.17.21; Barn 2,6; 1 Clem insc; 20,11; 42,3; 44,1; 65,2; Ign.Phild 4,1; 9,2; Polyk 1,1.2. In 2 Kor 1,2; Gal 1,3; Eph 1,2; (2 Thess 1,1;) und Philm 3 fehlt fpdöv wohl deshalb, weil das vorausgehende Oeoü naxpöq schon diesen Genitiv hat. Um diese Schwierigkeit zu überbrücken versetzt Adamson, 103f. (und ders., James 274), fpcäv an das Ende des Wortlautes und liest »faith in the Lord Jesus Christ, our glory«. Das wird aber von den Textzeugen nicht unterstützt. Unakzeptabel ist auch die Deutung von Klein, Werk 170f., der aus dem Titel »Herr der Herrlichkeit« in äthHen schliessen will, »dass das Prädikat der Herrlichkeit hier wie in der synoptischen Menschensohntradition Jesus Christus vor allem als den kommenden Richter kennzeichnet«. Dagegen spricht, dass sowohl in äthHen (s. ebd. Anm. 45) als bei den Synoptikern (ebd. Anm. 46) erst vom Kontext und dem Ausdruck »Thron seiner Herrlichkeit« her klar wird, dass vom Gericht die Rede ist. Das ist aber in Jak 2,1 gar nicht der Fall. Auch sein kontextuelles Argument (Termini aus der Gerichtssprache wie npoacondkv^ia und Kprcoti, die Erwählung der Armen) ist m.E. zu schwach, als dass man vom blossen Wort »Herrlichkeit« her an den Titel des kommenden Richters denken sollte. Burchard, Stellen 357, bemerkt mit Recht, dass die Endstellung von rfV; 5ofy\; diesen Ausdruck betont. Dibelius, 160. R o m 7,25; 15,6; [16,24;] 1 Kor 15,57; 2 Kor 1,3; Gal 1,3; 6,18; Eph 1,3.17; 5,20; 6,24; Kol 1,3; 1 Thess 1,3; 5,23.28; 2 Thess 2,16; 3,18; 1 Clem 65,2. Vgl. auch 2 Kor 1,2; Eph 1,2; Phil 1,2; 2 Thess 1,12; 1 Tim 1,12. Lk 2,14; 19,38; Rom 11,36; 16,27; Gal 1,5; Eph 3,21; Phil 2,11; 4,20; 1 Tim 1,17; 2 Tim 4,18; Hebr 13,21; 1 Petr 4,11; 2 Petr 3,18; Jud 25; Apk 1,6; 5,12.13; 7,12. Vgl. 2 Kor 1,20. Auch Rusche, Erbarmer 236-247, weist darauf hin, dass das Wort 66£a »oft in hymnischen Preisungen der Liturgie erscheint« (aaO. 237). Ward, Partiality 87-97, bezieht sich auf rabbinische Belege, die vom Richter verlangen, beim Prozess zwischen einem gut Gekleideten und einem in Lumpen Gehüllten die beiden gleich einzukleiden (DtnR V.6 zu 16,19; Schebu 31a) und nicht den einen sitzen und den anderen stehen zu lassen (Sifra, Kedoschim Perek IV [Winter, S. 505] zu Lev 19,15; ARN(A) 10 u.a.). Ward meint, dass V.2f.
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Unser Vers könnte also paraphrasiert werden: »Meine Brüder, habet den Glauben an unsern Herrn Jesus Christus, dem ihr (im Gottesdienst) die Ehre gebt, nicht mit Bevorzugung der Person.« Demnach geht es hier um die Opposition von Treue zu Gott im Gottesdienst und Bevorzugung der Person. Damit deutet Jakobus etwas ironisch die gottesdienstliche Formel an. Denn die Bevorzugung der Reichen, die überdies dem Namen Christi Schande machen (V.7), widerspricht dem Glauben, der im Gottesdienst Christus (bzw. Gott) die Ehre erweist. Die Christen sollen sich ihrem Wort des Glaubens entsprechend verhalten; das ist der Aspekt, auf den die Aussage »Seid Täter des Wortes und nicht bloss Hörer« (1,22) hinweist. 160
2.3.1.2 Jak 2,14-26 Dieser Abschnitt ist thematisch mit V. 1-13 verbunden: Durch eine theologische Diskus sion über Glauben und Werke ergänzt und verstärkt Jakobus seine Forderung nach dem Tun des Gesetzes der Freiheit (2,8-13). Ohne Zweifel liegt der Schwerpunkt unseres Abschnittes darauf, dass der Glaube unbedingt von Werken begleitet werden muss. Dies kann erst im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Abschnitt, in dem dem Glau ben (V.l) entsprechendes Verhalten gefordert wird (s.o.), kontextgerecht verstanden werden. Die Kontinuität des Gedankengangs lässt sich eindeutig erkennen: 1) Jakobus fragt in V.14, ob der Glaube ohne Werke »rettet«. Dies bezieht sich unverkennbar auf das Endgericht, von dem im vorigen Vers (2,13) die Rede war. 2) In V.15f. fuhrt Jakobus ein Beispiel für Glauben ohne Werke an, wobei nicht zu übersehen ist, dass es sich hier wie auch in V.2ff. um das Verhalten den Armen gegenüber handelt. Das Werk, dessen Fehlen er in V.15f. den Adressaten vorwirft, entspricht genau dem, was er in V.8ff. als Tat des Gesetzes der Freiheit verlangt, nämlich der Sorge für arme Geschwister. 3) Nicht zu übersehen ist ferner, dass Jakobus im Anschluss an V.l ff. den »Glauben« im Zusam menhang des Gottesdienstes begreift: »Jemand von euch« redet die armen Geschwister an: »Gehet hin in Frieden (vnäyzxe ev eipf]vr|)! Kleidet euch warm und esset euch satt!« (V.l6) »Gehet hin in Frieden« ist eine alttestamentlich-jüdische Grussformel beim Ab161
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eine urchristliche Gerichtsversammlung darstelle. Dagegen aber mit Recht Lews, 10 lf.; Burchard, Gemeinde 322f.; Smit, Partiality 64. Das Hören des Wortes Gottes lässt uns an seinen »Sitz im Leben«, an den Gottesdienst, denken, auf den wohl ebenso Oprtoiceia hinweist. Denn 1) kann dieses Wort Gottesdienst bedeuten (vgl. Schmidt, ThWNT III 156,8-157,16; BA 738) und 2) verbindet es sich in V.27 mit kultischen Begriffen (icaOapot K a i äuiavroc,). Daraus ist zu schliessen, dass sowohl in V.22-25 wie in V.26f. ein Aspekt durchläuft, der dem Gottesdienst gegenüber kritisch ist: Es ist keine wahre GprjoicEia, wenn man nur innerhalb des Gottesdienstes Gott gegenüber treu ist (das Wort hören!), dem aber keine eigenen Ta ten folgen lässt. Frankemölle, II 428, hat recht, wenn er betont, dass die Opposition nicht Glaube - Werke, sondern Glaube allein - Glaube mit Werken lautet. V g l . Dibelius, 188. Gegen Dibelius, 188f., der meint, dass dies kein Beispiel für Glauben ohne Werke sei, sondern ein Vergleich (tertium comparationis: Unfruchtbarkeit; so auch Mussner, 131; Schräge, 31; Burchard, Gemeinde 325). Jakobus verwendet zwar nicht das Wort »Glauben«, aber durch dieses Beispiel äussert er sich dazu, was er unter »Glauben« versteht. Es geht nicht nur um den »Kontrast von guten Worten und guten Taten« (Schräge, 31).
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schied (1 Sam 20,42; 29,7), wird aber auch als Segnungsformel verwendet (Jdc 18,6; 1 Sam 1,17 und Jdt 8,35. Wohl auch 2 Reg 5,19 ist einzurechnen). Im Neuen Testament gebraucht Jesus diesen Ausdruck zur Segnung (Mk 5,34 par. ; Lk 7,50. Vgl. Act 16,36). Daraus folgert E. Trocme, dass Jakobus in 2,15f. an das Ende eines Gottesdienstes denkt, wo diese Formel ausgesprochen wird. B. Reiche meint, dass diese Segnung am Ende des Herrenmahls von Diakonen gesprochen wurde. Auf jeden Fall liegt es sehr nahe, dass Jakobus damit die gottesdiensthche Formel meint. Dieses Beispiel behandelt also denselben »Sitz« und dasselbe Problem wie in V.2ff. Wie dort geht es hier um die Inkonsequenz zwischen dem im Gottesdienst geäusserten Glaubenswort (hier: Segnung) und dem Verhalten der Gläubigen. Das ist zweifellos das Anliegen des Verfassers, das durch »Glaube und Werke« formuliert wird: Der im Gottesdienst geäusserte Glaube soll durch die Erfüllung des Gotteswillens, der die Armen erwählt hat, begleitet werden. Die Aussage von V.17, der Glaube sei ohne Werke tot , soll also mit diesem kontinuierlichen Anliegen des Verfassers gelesen werden. Dem Grundthema entspricht ferner das Beispiel Abrahams (V.21-23): Jakobus hebt hervor, dass Abraham aufgrund seiner Tat der Opferung Isaaks, also aufgrund seines unbedingten Gehorsams Gott gegenüber, gerechtgesprochen, und sein Glaube durch die Werke »vollendet« (feteteicöOTi) wurde (V.22). Hier geht es eindeutig um ein in der Versuchung gezeigtes Werk des Gehorsams gegenüber Gott, der einen zur Vollkommenheit fuhrt (vgl. 1,4). So wird ersichtlich, dass Jakobus von »Glaube und Werke« im Zusammenhang mit dem Grundthema und dem Problem von »Arm und Reich« redet. 165
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2.3.1.3 Fazit von 2,1-26 2,1-13 und 2,14-26 bilden eine thematische Einheit. Es handelt sich darum, die Gesinnung der Welt, d.h. die Bevorzugung der Reichen, abzulegen und dem Willen Gottes Gehorsam zu leisten, indem man sich dem Gebot der Nächstenliebe gemäss um die Ar1 6 4
Auch bei den Rabbinen: »als Abschiedsgruss war üblich ütvh "p oder oYazn "p bzw. D"fan "TT« (Foerster, ThWNT II 407). Freilich stimmt keine dieser LXX-Stellen wörtlich mit Jak 2,16 überein. Sie lauten: Jiope\>eoi)e (bzw. 7iop£\x)\), ßdÖi^e,fcopo)eic, eipf|vrjv. 166 "Yuaye eic, eipf|vr|v (Mk 5,34) verwendet Jesus nicht nur als blossen Abschiedsgruss, sondern auch als Segnung. Er kann auch nur xmayz sagen (Mk 7,29; 10,52). Matthäus lässt diesen Ausdruck weg (Mt 9,22), und Lukas ändert in die in der LXX häufige Formel (Lk 8,48 nopewo eic, eipr|vnv. Vgl. auch Lk 7,50; Act 16,36). Trocmä, Eglises 663. Burchard, Gemeinde 325f., vermutet, Jakobus denke im Gegensatz zu V.2-4 (Anfang der Versammlung) hier an ihr Ende. Ferner Hamman, Priere 36. Reiche, 32. Diese Deutung beruht auf Constitutiones ecclesiae aegypticae I 33f.: »Diaconus dicit: Abite in pace. Et post haec absoluta est eucharistia« (in: Funk, Didascalia II z.St.). So auch Vouga, 87. Auch Popkes, Adressaten 98 Anm. 241, hält es für denkbar, »dass dabei die Verlogenheit einer gottesdienstlichen Praxis ironisiert wird«. Vouga, 86: »Je dönoncerait le contraste entre la confession de la foi et l'absence d'engagement existentiel.« Vgl. auch Popkes, aaO. 99. Ka8' feavtfiv ist wohl, mit Davids, 122, und Cargal, Diaspora 119 Anm. 92, als »für sich« (engl.: »by itself«) zu übersetzen, was zum Kontext besser passt als »in sich«; so ZB; anders Ropes, 207f, der die Übersetzung »in itself« vorzieht. 165
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men kümmert. Auf diesen Sachverhalt wurde in der Einleitung in 1,9-11 (Antipathie ge gen die Reichen) und in 1,27 (Sorge um Waisen und Witwen) im voraus hingedeutet. Ausserdem betont der Verfasser, dass der Gehorsam gegenüber Gott durch das Tun des Gotteswortes (»Gesetz der Freiheit«: 2,12; ferner 2,8; vgl. 1,25) geleistet werden soll. Die Abhandlung über »Glaube und Werke« (2,14-26) lässt sich erst in diesem themati schen Zusammenhang richtig auslegen. Ferner ist zu betonen, dass es bei diesem Thema um die Unvereinbarkeit von dem im Gottesdienst geäusserten Glaubenswort (2,1.16) und den tatsächlichen Handlungen der Adressaten geht. Dies rekurriert offenbar auf »Hören und Tun« des Gotteswortes in l,22ff.
2.3.2 Jak 3,1-4,12: innergemeindliche Streitigkeiten Vorüberlegung: Zur thematischen Einheit von Jak 3,1-4,12 172
Nun handelt der Verfasser des Jak von einem anderen Problem: nämlich von Konflik ten in der Gemeinde. Dass man die Abschnitte 3,1-12; 3,13-18; 4,1-10 und 4,11-12 unter diesem Motiv bündeln kann, lässt sich durch den Hinweis begründen, dass in 3,9f. von der Verfluchung von Menschen die Rede ist, was sich am ehesten im Zusammenhang mit dem Problem innergemeindlicher Konflikte, um die es offenbar in 3,13-18; 4,1-10 und 4,11 f. geht, verstehen lässt. Einen Zusammenhang zwischen den ersten beiden Ab schnitten gibt ferner die Frage von V. 13a zu erkennen: »Wer ist weise und verständig unter euch?« »Weise und verständig« (acxpo<; Kai tniavr\\i(av) ist ein fester Ausdruck, der in Dtn 1,13.15 und in 4,6 begegnet. Interessanterweise sind dies in Dtn die Eigen schaften derjenigen, die als »Häupter« bzw. »Oberste« der Israeliten gewählt werden können (vgl. Dtn 1,13-15). Hinzu kommt die Tatsache, dass im Judentum der Lehrer (Rabbi) mit dem »Weisen« (co
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172 Ygi ate,. xiein, Werk 78: »Vielleicht handelt es sich inhaltlich um die >Lehre< der Gegner von 2,1426, so dass sich doch eine Verbindung zum unmittelbar Vorhergehenden herstellen Hesse«. Die Ermahnung von der zweifachen Art der Zunge findet sich schon in der alttestamentlich-jüdischen Tradition (Ps 62[LXX61],5; Sir 5,13; 28,12; TestBenj 6,5). Aber dort richtet sich sowohl der Segen als auch der Fluch auf den Menschen (vgl. Ps 62[61],5; TestBenj 6,5); dagegen ist in Jak 3,9f. vom Lob Gottes und vom Fluch über den Menschen die Rede. Diese Anwendung des traditionellen Schemas geht höchstwahrscheinlich auf Redaktion des Verfassers zurück (gegen Hoppe, Hinter grund 8). Jastrow, Dictionary I 463. Nach Lohse, ThWNT VI 963,14-17, wurde ein Schüler nach der Erler nung des mündlich überlieferten Traditionsstoffes zum •DrrTD ?n ernannt und konnte als selbständi ger Rabbi ein Lehramt fuhren. Anders Watson, Rhetoric 52; Klein, Werk 154f, wonach die erwartete Antwort auf die Wer-Frage »Alle« sei. Als Argument beruft er sich auf 1,5, wonach Weisheit eine Gottesgabe für alle Menschen sei. Dort ist aber offenbar vorausgesetzt, dass man dachte, diese Gottesgabe sei nicht jedem Gemein deglied gleich gegeben: Während es Leute gab, die an Weisheit Mangel hatten, meinten andere »weise und vollständig« zu sein (3,13).
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Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
80 2.3.2.1 Jak 3,1-12
Nun wendet sich der Verfasser einem neuen Problem zu. Er beginnt mit der Ermahnung, dass nicht viele (Leute) Lehrer werden sollen ( V . l ) . Er scheint aber den Horizont der Problematik nicht auf die Lehrer zu begrenzen. Die folgende Aussage redet offensichtlich schon von »allen [Leuten]« (änavxeq) . Der Verfasser spricht nun wohl von der Sünde der Zunge, die auch die übrigen Menschen betrifft. Das Thema der Zunge erinnert an die Aussagen in 1,19 (»langsam zum Reden«) und 1,26 (»die Zunge im Zaum halten«). Jetzt nimmt Jakobus die in Kap. 1 eingeführte Mahnung wieder auf und führt sie aus. Dass das Problem der Zunge im Zusammenhang mit dem Grundthema des Briefes steht, lässt V.2b erkennen: »Wenn jemand in der Rede nicht fehlt, der ist ein vollkomme ner Mann«. Man wird, so der Verfasser, wegen eines Fehlers in der Rede daran gehin dert, teteux;, nämlich Gott gehorsam zu sein. Beachtenswert ist, dass Jakobus die Zunge als »Welt der Ungerechtigkeit« charak terisiert (V.6; vgl. 1,27). Er sieht die Zunge als Angehörige der gottwidrigen Welt (»der Ungerechtigkeit«). An welchen Tatbestand denkt aber Jakobus in bezug auf das Problem der Zunge? Die Antwort findet sich in V.9f: »Mit ihr [sc. der Zunge] preisen wir den Herrn und Vater, und mit ihr verfluchen wir die Menschen, die nach dem Bilde Gottes geschaffen sind. Aus demselben Munde geht Preis und Fluch hervor. Das soll, meine Brüder, nicht so sein«. Das Lob Gottes hat seinen »Sitz im Leben« primär im Gottesdienst, sekundär auch im persönlichen Gebet. »Der Herr und Vater« ist ein seltener Ausdruck (vgl. 1,27: »der Gott und Vater«). Eine wörtlich gleiche Wendung findet sich in der zeit genössischen Literatur nicht. Verwandte alttestamentlich-jüdische Wendungen weisen m.E. auf den Gebrauch im Gebet hin (1 Chr 29,10; Jes 63,16; Sir 23,1.4). Es lässt sich daraus schliessen, dass es im Anschluss an 2,1-13 und 14-26 wieder auf den Gottesdienst und das dort gebrauchte Wort ankommt. Ganz genauso wie in den vo rigen Abschnitten weist der Verfasser auf die Folgewidrigkeit der Glaubensäusserung hin. 176
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Die Schwierigkeit dieses Satzes besteht darin, ob noXKoi temporal (»häufig«; »bei jeder Gelegen heit«) oder quantitativ (»zahlreiche«) zu verstehen ist. Hierbei ist m.E. das letztere vorzuziehen; vgl. unten 4.2.1.2. Gegen ZB, die änavz&; auf Lehrer beschränkt. In V.6 besteht die syntaktische Schwierigkeit, wie die Funktion von ö KÖO>IOC, xfy; äSiKicxc, zu verste hen ist. Zu Lösungsvorschlägen vgl. Laws, 148f.; Davids, 14 lf. Davids hat wohl recht, wenn er die »structure with the nominal sentence plus a clause with predicative-subject-verb order« (aaO. 142) vorzieht. Also: »Auch die Zunge ist Feuer, als Welt der Ungerechtigkeit steht die Zunge da unter unsern Gliedern...« Mussner, 167; Popkes, Adressaten 98 Anm. 239. Man könnte ferner mit der jüdischen Gewohnheit rechnen, dem Gottesnamen »gepriesen sei er« hinzuzufügen (Dibelius, 245; Ropes, 24 lf; Cantinat, 179f., u.a.). Vgl. auch Reiche, Diakonie 340. Dibelius, 245: »Das Fehlen der literarischen Zeugnisse ist für die kultische Sprache nicht bewei send«. Er vermutet aber einen vorchristlichen Ursprung dieser Gottesbezeichnung.
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Jak 3,1-4,12: innergemeindliche Streitigkeiten
Daraus geht das Anliegen des Jakobus hervor: Es handelt sich darum, dass man ei nerseits im Gottesdienst Gott lobt, während man andererseits die Menschen verflucht. Das »Fehlen in der Rede« (V.2) ist also auf dieses Fluchen zu beziehen. Warum diese Doppelheit der Zunge die Treue zu Gott diskreditiert, wird durch die Bemerkung des Verfassers erklärt, dass der Mensch »nach dem Bilde Gottes« geschaffen ist. Dadurch hebt er hervor, dass man vor Gott nicht mehr »vollkommen« sein könne. Vom Grundthema greift er hier den Aspekt des »Fluches« auf. Nicht zu übersehen ist schliesslich, dass Jakobus das Zungenproblem auf die Begier de im Menschen zurückfuhrt. Durch die Beispiele vom Zaum des Pferdes und Steuerru der des Schiffs (V.3f.) und durch die Metapher des Feuers (V.6) charakterisiert er die Zunge in Analogie zur Begierde. Letztere wird oft mit dem Feuer verglichen und übt ihre Macht über den ganzen Körper des Menschen aus . Die Zunge soll im Zaum gehalten werden, weil sie das Organ ist, durch das die Begierde ihre Macht ausübt. 181
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2.3.2.2 Jak 3,13-18 Hier leitet der Verfasser zu einem neuen Thema über: der Weisheit. Man merkt aber so fort, dass der Schwerpunkt eigentlich nicht auf der Weisheit selbst (z.B. ob man die Weisheit besitzt oder nicht) liegt, sondern auf den der Weisheit würdigen Werken (V.13b). In dieser Hinsicht funktioniert die Weisheit wie der Glaube in 2,1.14: Das, wor auf es ankommt, ist nicht, ob man den Glauben bzw. die Weisheit hat, sondern ob der Glaube bzw. die Weisheit von den entsprechenden Werken begleitet wird. Die Werke sollen »in Sanftmut der Weisheit« gezeigt werden. Diese Eigenschaft der Weisheit (vgl. Mt 11,29) erwähnt Jakobus schon in 1,21: »Legt alle Unsauberkeit und allen Überrest von Bosheit in Sanftmut ab«. Man erinnere sich daran, dass die Sanftmut dort im Gegensatz zum Zorn (öpyfO steht. Dementsprechend stellt Jakobus in V.l4 der Sanftmut »bittern Eifer und Selbstsucht« (ZfyXov nncpöv Kai epiGeiav) gegenüber.
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Demnach ist die Deutung von Baker, Speech-Ethics 131, hier fehl am Platz: »Perhaps James implies man's praise of God is always tainted by impure motives.« Wenig wahrscheinlich ist ferner seine Ansicht, dass sich der Tadel in 3,10 über den Fluch hinaus auf verschiedenartige Probleme der Fol gewidrigkeit beziehe (aaO. 185). Hier bezieht er sich auf Bilder, die in der hellenistischen Welt wohl gut bekannt waren. Zu den bei den Bildern in V.3f. vgl. u.a. Dibelius, 227-233, und Watson, Rhetoric 58 mit Anm 57f. Die Redak tion des Verfassers zeigt sich nach Dibelius, 227.,233, darin, dass er die beiden Bilder, in deren Pa rallelen-Material sich kaum die Andeutung einer pessimistischen Tönung des Gedankens findet, zu Beispielen für »die schlimme Herrschaft der Zunge« (aaO. 233) verarbeitet hat. Die Vorstellung von der Zunge als Feuer begegnet in Prov 16,27; Sir 28,22; PsSal 12,2f. Philo, SpecLeg IV 83; Decal 49; 173; VitMos II 58 u.a. Weitere hellenistische Belege bei Davids, 141. Diese Vorstellung findet sich bei dem rabbinischen »bösen Trieb«. Bill. IV/1 470: »Er [sc. der böse Trieb] erlangt die Herrschaft über die sämtlichen 248 Glieder des menschlichen Körpers, wenn die Stimme des guten Triebes noch machtlos verhallt«. Vgl. ARN(A) 16: »When a man bestirs himself and goes off to some unchastity, all his limbs obey him, for the evil impulse is king over his two hundred and forty-eight limbs«. Weitere Belege vgl. Bill. aaO. 472 (b). Die Bedeutung von epiGeia ist umstritten. Die Übersetzungen »Zanksucht« (ZB), »Parteienbuhlerlei« (Mussner, 169) sowie »Streitsucht« (Schräge, 41) berufen sich auf Ipic, (»Streit, Hader, Zwiespalt«), was nicht unmöglich ist und zu unserem Kontext gut passen würde. Wir schliessen uns allerdings
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Diese Laster lassen innergemeindliche Zwietracht erahnen, was bereits im vorigen Ab schnitt angedeutet wurde (vgl. 3,9-12). In V.15f. charakterisiert Jakobus die mit Eifer und Selbstsucht verbundene Weisheit als widergöttlich, weil Eifer und Selbstsucht »Un ruhe und alle schlechte Tat«, mithin innergemeindliche Unordnung , verursachen. Demgegenüber steht die »Weisheit von oben«, die durch das Stichwort »Frieden« cha rakterisiert wird (V.17f). Daher wird klar, dass das Kriterium der Weisheit darin besteht, ob sie in der Gemeinde Zwietracht sät oder Frieden stiftet. Der Verfasser vergisst nicht, dieses Problem der Weisheit von seinem thematischen Aspekt her zu formulieren. Der Gegensatz zwischen der von oben kommenden und der »irdischen, seelischen, teuflischen« Weisheit entspricht demjenigen zwischen Gott und der Welt. Die zur Zwietracht fuhrende Weisheit stammt nicht von Gott, sondern von Dämonen (Gegenmacht gegen Gott, vgl. 4,7), und bindet uns an diese Welt (irdisch und seelisch ). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Weisheit nicht nur Gabe Gottes ist, sondern u.U. auch etwas Gottwidriges sein kann. Hierin erkennt Jakobus die Gefahr der Weisheit. Fazit: Hier fuhrt Jakobus das neue Thema »Weisheit« ein, wobei das Grundthema des Kap. 1 zugrundeliegt: Man soll nicht die Weisheit, die einen an diese Welt bindet, sondern die Weisheit von Gott haben (Gegensatz von Gott - Welt). Dafür soll die Weis heit durch die Werke bestätigt werden (Täter des Wortes!), genauer: durch Sanftmut, der zum Frieden in der Gemeinde führt. Irdische Weisheit bewirkt hingegen lediglich inner gemeindliche Unordnung. 188
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2.3.2.3 Jak 4,1-10 Hier redet Jakobus weiter und eingehender unter dem Aspekt des Grundthemas vom in nergemeindlichen Konflikt. Daher verdeutlicht sich in diesem Abschnitt, wie der Kon flikt mit dem Grundthema des Kap. 1 zusammenhängt. Die Streitigkeiten und Kämpfe kommen »aus euren Lüsten (f]5ovat)« (4,1). Diese Aussage steht parallel zu 1,14: »Jeder wird von seiner eignen Lust (zniQv\iia) gezogen und gelockt.« Dies lässt vermuten, dass die fi&ovai parallel zur ETciG'up.ia stehen. 191
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hier BA 626 an, wo die Bedeutung »Selbstsucht« von EpiOe\)ouai (»zum eigenen Nutzen tätig sein«) hergeleitet wird. ZiiXo<; undfepiGeia rinden sich in den Lasterkatalogen der Paulusbriefe (2 Kor 12,20; Gal 5,20. Vgl. Rom 13,13; Sir 40,4; 1 Clem 3,2; 4,7). Bemerkenswert ist, dass sie sich dort in Gesellschaft mit an deren Lastern, die sich auf Streitigkeiten beziehen, befinden (z.B. 2 Kor 12,20: »Hader, Eifersucht, Zornausbrüche, Ränke, Verleumdungen, Ohrenbläsereien, Überhebungen, Zerrüttungen«). ZuäKaT<xoraoia vgl. 1 Kor 14,33, wo es um die Ordnung des Gottesdienstes geht, und 2 Kor 12,20 (vgl. oben Anm. 187). näv qxxüXov npaYuxx dürfte quasi eine Zusammenfassung von verschiedenen Lastern sein (vgl. ähnlich 1,21: »Alle Unsauberkeit und aller Überrest von Bosheit«) und dem »guten Wandel« (V.13) gegenüberstehen. Gemeint ist dabei ohne Zweifel »von Gott her« (vgl. 1,5). \|H)%IKÖC,. ZB: »sinnlich«. BA 1783: »Eigtl. seelisch, in uns. Lit. aber stets als Bezeichnung] für d. Diesseitige u. das, was ihm angehört« (Betonung von BA. Dort teilweise kursiv gesetzt). Crotty, Structure 55, will nöke\ioi und iidx<xi auf »interior ethical struggle [...] of the individual Christians« deuten. Er übersieht aber den Zusammenhang mit den vorhergehenden Abschnitten. Vgl. unten 3.2.
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Schwer zu beantworten ist, warum Jakobus hier f]6ovf| stattfcmG'uuAaverwendet. P. H. Davids denkt an folgende Möglichkeiten: 1) dass es auf eine Quelle (bzw. Predigt) zurückzufuhren ist, oder 2) dass Jakobus eine Wiederholung von emOi)u.- (V.2: kni6i)U£(ö) vermeiden wollte. Nach R P. Martin ziehe Jakobus ifiavi] vor, um den widergöttlichen Charakter klarzumachen. Mir scheint dies eher damit zusammenzuhängen, dass es hier nicht zuletzt um die Neigung zur Lust sowie Freude dieser Welt geht, die er für widergöttlich hält (vgl. V.9: »Lachen, Freude«); darum hat er wohl die fiöovr), die »auf dieselbe Wurzel zurückgeht] wie rfixx; süss, angenehm, erfreulich« , gewählt. Die Lüste streiten in »euren Gliedern« (£v zoiq uiteatv tyiöv). Mit \xzkr\ (Glieder) sind hier nicht die Glieder der Gemeinde , sondern die Gliedmassen des menschlichen Körpers gemeint. Unklar ist, womit die fi&ovctt kämpfen. Gemeint ist wohl, dass der Streit aus der rfiwi] hervorgeht . So erscheint in V. 1 der thematische Aspekt des Abschnittes: Jakobus führt die Streitigkeiten auf die Wirkung der Begierde im Menschen zurück. Aus den Streitigkeiten wird ersichtlich, dass man von der Begierde beherrscht ist. Diese lässt einen vom Gehorsam gegenüber Gott abirren. Der Satzbau von V.2f. ist so undeutlich, dass verschiedene Vorschläge zur Interpunktion gemacht worden sind. Welche Interpunktion auch vorzuziehen sein mag, unverkennbar gilt folgendes: Jakobus führt die Zwietracht auf die Begierde im Menschen zurück, die dem Vertrauen auf Gott widerspricht. Da es den Menschen an Vertrauen auf 193
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Davids, 156f. Martin, 145. Stählin, ThWNT II 912,8f. Betonung von ihm. So Martin, 140. So die meisten Ausleger. Dafür sprechen: 1) Das Wort wird in 3,5.6 trotz dem Einwand von Martin doch in diesem Sinne verwendet, und 2) ist hier von der Begierde die Rede, somit passt diese anthropologische Bedeutung besser dazu. Vgl. Stählin, ThWNT II 924ff. In 4 Makk 1,26 werden als Eigenschaft von fjSovfi aufgezählt: Prahlerei (dAo^oveia), Geldgier (
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Gott mangelt, bitten sie Gott nicht um die Weisheit; sie wird ihnen aber auch dann nicht gegeben, wenn sie bitten (V.2f.)! Das Bitten bedeutet sicher das Gebet zu Gott, und vom Zusammenhang mit 1,5 sowie mit dem vorhergehenden Abschnitt her ist es sehr naheliegend anzunehmen, dass es um das Bitten um die Weisheit geht. Es ist daher verständlich, dass es sich in den nachfolgenden Versen (V.4-10) um Ta del gegen die Untreue zu Gott und um Mahnungen zum Gehorsam handelt. Der Schwerpunkt des Abschnittes wird in V.4 klar formuliert. Diejenigen, die ohne Treue Gott bitten, sind »Ehebrecherinnen« (V.4). Hinter dem Ausdruck steht eine alttestamentliche Tradition, »nach der Jahwe auf Grund des Bundes der Eheherr Israels ist und der Abfall von ihm als >Ehebruch< gebrandmarkt wird« . Es ist Ehebruch, d.h. Un treue zu Gott, wenn man »Freundschaft (bzw. Liebe,
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Exkurs: Zur Deutung von Jak 4,5 Man stösst in Jak 4,5 auf zwei Schwierigkeiten: 1) Jakobus zitiert offensichtlich ein Schriftwort (»oder meint ihr, die Schrift sage umsonst?«), dessen Quelle aber unbekannt ist, und 2) das Subjekt von eiunoGel ist unklar. 1) Es gibt m.E. zwei erwägenswerte Lösungsmöglichkeiten. Entweder fuhrt man das Zitat auf eine uns nicht mehr bekannte Schrift zurück, oder man verzichtet auf die Behauptung einer direkten Zitie rung. Gemäss der zweiten Lösung spiele der Verfasser auf eine bestimmte Bibelstelle a n , oder verweise in allgemeinerer Weise auf das Thema Eifer, wie es im AT erscheint . Die Schwäche dieser Auffassung ist, dass Jakobus sicher an ein Zitat denkt, wenn er das Wort ypo«pf| verwendet (2,8.23). Ausserdem könnte man dann die Verbindung von Neid und Pneuma — sei letzteres nun Subjekt des 204
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Die Aussage bezieht sich ohne Zweifel auf die Jesusüberlieferung (Mt 7,7 par.), auf die Jakobus schon in 1,5 hindeutet. Vgl. dazu unten 3.6.2.1. Mussner, 180. Vgl. Hos 1,2; 2,4ff.l6; 9,1; Jes 1,21; 50,1; Jer 2,20ff.; 3,7ff.; Ez 16,23ff.; 23,1-49 usw. Schmitt, Adulteress 331-333, verneint diese alttestamentliche Tradition, wobei er aber Hos 2 nicht berücksichtigt. Er will unseren Ausdruck auf Prov 30,20 beziehen (aaO. 336f). Dort geht es aber nicht um das Verhältnis zu Gott, das für unseren Kontext konstitutiv ist. »Grössere Gnade« kontrastiert wahrscheinlich mit der »Schöpfungsgnade« (Mussner, 184), dem Menschen den Geist anzuerschaffen (V.5b). Eine dritte Möglichkeit wäre, dass V.5b-6a eine parenthetische Bemerkung ist und dass das Schriftwort erst in V.6b zitiert wird. Dagegen sprechen aber: 1) das Zitat hätte dann eine doppelte Einlei tung (8iö A&yei), was überflüssig ist (mit Laws, Scripture 210), und 2) in V.5b erwähnt Jakobus plötzlich xö irveüuxx. Dies erweckt den Eindruck, dass es sich um ein Zitat handelt. So Laws, aaO. 210-215. Als Bibelstelle denkt sie an LXX Ps 83 (od. Ps 41). Prockter, James 625627, will unsere Aussage auf LXX Gen 8,21 beziehen. Obwohl er den pejorativen Ton erkennt, ist dieser Bezug samt seinem Versuch, Jak 4,4-6 als Midrasch zur Geschichte des Noah anzusehen, kaum überzeugend. So Moo, 146, und Martin, 149. Sie weisen als diesbezügliche Stellen (aber Gottes Eifer!) auf Ex 20,5; 34,14; Sach 8,2; Ps 42(LXX41),2; 84(LXX83),3 hin.
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Neidens oder Objekt — nicht gut erklären. Wahrscheinlicher ist m.E. die erste Lösung. Das grösste Gegenargument gegen die Behauptung eines Zitates wäre, dass Jakobus in seinem Brief nur Stellen aus der LXX zitiert (Jak 2,8/Lev 19,18; Jak 2,23/Gen 15,6; vgl. auch Jak 4,6/Prov 3,34). Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass Jakobus auch ausserkanonische Schriften als ypaqri\ bezeichnet, denn es muss damals noch nicht festgelegt worden sein, welche Schriften kanonisch sind (vgl. 1 Clem 23,3 ). Und da kein bisheriger Versuch, dieses Zitat zu identifizieren, erfolgreich war, wird man damit zufrieden sein müssen, das Wort auf eine unbekannte Quelle zurückzuführen. 2) Umstritten ist, ob das Subjekt Gott oder xö nv£v\ia ist. Es spricht nicht unbedingt für erstere Möglichkeit, dass im folgenden V.6 das Subjekt Gott ist; vgl. 1,12b övfeirrrfyeiXaxoxoic, ayanöaiv avcov, dessen Subjekt deutlich Gott ist, ohne dass bis zu V.12a etwa von Gott geredet worden wäre. Für letztere Lösung argumentiert J. Marcus überzeugend: a) Für Gottes Eifer verwendet die LXX nicht
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In den in Anm. 206 genannten Stellen findet sich die Vorstellung nicht, dass Gott das menschliche ÄVEÜUXX beneidet. Ps 83 und 42, worauf sich Laws beruft, reden nicht von nvzv\ia, sondern von \|TI>XTI. Dieser Unterschied ist m.E. entgegen ihrer Ansicht, dass beide Begriffe gleichzusetzen sind, doch unübersehbar. Der Erklärungsversuch von Laws, 179, dass Jakobus wegen der pejorativen Wendungen v^XiKÖq (3,15) und Siyvxoq (1,8; 4,8) die yt>xfi mit nvtv\ia ersetzt habe, ist unplausibel, denn, wie sie selbst bemerkt, hat in 1,21 und 5,20 keinen pejorativen Sinn. Hinzu kommt, dass Jakobus nicht ein so pejoratives Wort wie cpöövoc,, das die Bedeutung der angedeuteten Stellen verändern könnte, zugesetzt hätte, wenn er die Adressaten an die genannten Psalm-Stellen erinnern wollte. 208 Yg| Lindemann, 1 Clem 82f. Dort wird ein Text, dessen Quelle uns unbekannt ist, als ypoxpfi zitiert. Spitta, Brief 121-123, will den Text der Schrift »Eldad und Modad« zuschreiben, die in Herrn vis II 3,4 zitiert wird, wobei er auch V.6a ins Zitat einschliesst (auch Deppe, Sayings 39f.). Es gibt aber keinen Beweis, dass in der Schrift vom Neid des Geistes die Rede wäre. Zur Kritik vgl. auch Dibelius, 266 Anm. 2. Jeremias, Jac 137f, weist auf Theodotion Hi 14,15b und das Fragmententargum Gen 2,9 als biblische Stelle hin, der die unbekannte Schrift die genannte Idee verdanke. Bei diesen Stellen handelt es sich aber nicht um den Geist. Schulz, Ethik 647, denkt an die »paränetische Tradition des hellenistischen Judenchristentums«. Diese wird sich aber kaum als ypowpfi bezeichnen lassen. Vgl. auch Michl, Spruch 172-174, und Klein, Werk 113. Mit Marcus, Inclination 608f. Anm. 7; gegen Mussner, 181.
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Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
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»Geist« verbunden, und der Geist hat eine unübersehbare Verwandtschaft zum Jezer. Es rindet sich dort sogar eine Stelle, die den Eifer mitfcni0\)ui(xverbindet (TestRub 6,4). Daraus wird man schhessen können, dass Jakobus aufgrund dieser Tradition die »Begierde« mit dem »Geist« zu identifizieren vermochte. 220
V.7-10 sind Mahnungen zum Gehorsam gegenüber Gott. In V.7 handelt es sich um die Alternative Gott - Teufel. Als Gegenstück zu Gott nennt Jakobus den Teufel (SuxßoXoq), der den Menschen Gott entfremden soll. Dass man durch Gehorsam gegen Gott den Teufel vertreiben kann, war wahrscheinlich eine vertraute Idee. In V.8 geht es um »Reinheit«, wobei die kultischen Ausdrücke offenbar in übertragenem Sinne zu deuten sind. Für Jakobus gehört es zur Reinheit, Gott gehorsam zu sein. Dass dies ein wichtiger Aspekt des Jak ist, deuteten schon 1,21 (Unreinheit able gen) und 1,27 (sich von der Welt unbefleckt erhalten) an. Man soll sich reinigen und hei ligen, indem man aufgibt, »zweiseelig« (8i\|ruxo<;, vgl. 1,8), d.h. ein Freund der Welt (V.4) zu sein. V.10 erinnert deutlich an 1,9 (tajcEivoo) - vyo&fTamivbq - vyoc,). »Demut« heisst hier wie dort, Gott gehorsam zu sein (also Synonym für xkteioq) und ist deshalb ein Gegenbegriff zu onjroxoc;. Fazit: In 4,1-10 behandelt Jakobus das Problem des innergemeindlichen Konfliktes mehr in Verbindung mit dem Grundthema. Der Konflikt stammt aus der Begierde, die vom Gehorsam gegenüber Gott wegführt hin zur Lust der Welt. Man soll darum sich reinigen und heiligen, indem man der Begierde (dem Teufel, V.7) widersteht und die Freundschaft mit der Welt aufgibt. 221
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»Geist des Neides«: TestSim 2,7; 3,1; 4,7; TesUud 13,3; TestDan 1,6; ferner TestSim 4,9; TestGad 4,5. Dieser Geist verursacht Streitigkeiten; TestSim 4,8: »Zorn und Krieg bereitet er [sc. der Geist] dem Denken; und zum Blut(vergiessen) reizt er
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Jak 3,1-4,12: innergemeindliche Streitigkeiten
2.3.2.4 Jak 4,11-12 Dieser kleine Abschnitt ist, trotz der Anrede »Brüder«, die durchaus den Anfang eines neuen Themas bezeichnen könnte, inhaltlich mit dem Vorhergehenden verbunden. Dibelius beobachtet richtig, dass das Verbot der Verleumdung in christlicher Paränese (bes. Lasterkataloge) neben mehr oder weniger allgemeinen Begriffen er scheint. Unübersehbar ist aber, dass das Verbot für christliche Paränese cha rakteristisch ist und dass es sich dabei sehr oft auf die Verleumdung zwischen »Brüdern« bezieht. Dass Jakobus dabei auch daran denkt, ist nicht zu bezweifeln. Es ist also unverkennbar, dass es hier um innergemeindliche Zwietracht geht, was sich harmonisch der Abhandlung in 3,1-4,10 anschliesst. Merkwürdigerweise setzt Jakobus in V.llb die Verleumdung mit dem Richten gleich. Bei dieser etwas gezwungenen Identifizierung dürfte der Verfasser wohl an eine kirchliche Tradition denken. Noch auffälliger ist aber die Begründung des Verbotes: Der Angriff auf den Bruder sei damit identisch, »das Gesetz zu verleumden und zu rich ten«. Der Sinn dieses Ausdrucks ist wohl, wie Dibelius formuliert: »Er vergeht sich wi der das Gesetz« . Das muss der Schwerpunkt des Abschnittes sein. Jakobus greift das Problem der Zwietracht nun unter dem Aspekt des Gesetzes auf. Hat man Streitigkeiten gegen den Bruder, so verunglimpft man das Gesetz. Wie der Ausdruck »Täter des Ge setzes« (noivpY; v6u.oi), V . l l ) erkennen lässt, bezieht sich diese Aussage auf die Mah nung in 1,22-25 (yiveoOe TcoiTrtai Äx>yoi)) und ferner auf 2,8ff. »Du bist Richter!« (V.l lc). In der Folge erinnert Jakobus daran, dass der Gesetzge ber und Richter »einer«, d.h. Gott ist. So erhebt er den Vorwurf: Du vergisst Gott und verachtest sein Gebot, wenn du dich wie Gott verhältst und deinen Nächsten richtest. Das ist gerade das Gegenteil zur Treue zu Gott. Der Vorwurf, dass innergemeindliche Zwietracht gotteswidrig ist, entspricht dem Aspekt des vorigen Abschnittes (vgl. 4,4). Warum ist aber die Verleumdung des Bruders gesetzeswidrig? Man erinnere sich daran, dass das Gebot der Nächstenliebe für das Gesetzesverständnis des Jakobus eine wichtige Rolle spielt (vgl. 2,8). Sehr wahrscheinlich denkt Jakobus hierbei an dieses Ge bot. Dafür spricht, dass er in V. 12 »Nächster« statt »Bruder« sagt. 223
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Z.B. 1,19; 2,1.14; 3,1; 5,7. Vgl. aber 1,16; 2,5. Dibelius, 272. 1 Petr 2,1: Kocicia, Sokoq, tmoicpioEic,,
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Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
Schlussfolgerung: Den Horizont des Problems der Gemeinde bildet weiterhin die innergemeindliche Zwietracht. Hier verhandelt nun der Verfasser dieses Problem unter dem Aspekt des Gesetzes. Zwietracht ist ein Vergehen gegen das Gesetz, insbesondere gegen das Liebesgebot. Und sie ist widergöttlich, denn man berücksichtigt nicht den Gotteswillen und sitzt zu Gericht über den Bruder, macht also etwas, das eigentlich Gott vorbehalten ist. So begründet Jakobus wie bereits in 2,8£f. seinen Vorwurf durch das Gesetz.
2.3.2.5 Fazit von 3,1-4,12 Es stellte sich heraus, dass auch der ganze Abschnitt von 3,1-4,12 thematisch einheitlich das Problem innergemeindlicher Streitigkeiten behandelt. Dabei unterstreicht der Verfasser des Jak verschiedentlich, inwiefern der Konflikt dem Gotteswillen widerspricht und er seine Wurzeln in der Neigung zu weltlicher Gesinnung hat: Er wird durch die Zunge bewirkt, die das Organ der Begierde und die »Welt der Ungerechtigkeit« (3,6) im Körper ist (3,1-12). Der Konflikt hat mit der von Gott kommenden Weisheit nichts zu tun, sondern mit der irdischen (3,13-18). Er stammt aus der Begierde, die einen zur Freundschaft mit der Welt verfuhrt (4,1-10). Er ist gesetzeswidrig und läuft deshalb dem Gotteswillen zuwider (4,11 f.). Jakobus fordert auch hier, »Täter des Wortes« (1,22) zu werden: Man soll den Menschen, der nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, nicht verfluchen, denn dies würde dem Lob Gottes im Gottesdienst zuwiderlaufen (3,9-12). Die Weisheit, die von Gott kommen soll, soll durch die Werke der Sanftmut, die jeden Streit ausschliessen, bestätigt werden (3,13f). Schliesslich unterstreicht er, dass man sich gemäss dem Gesetz, das die Nächstenliebe befiehlt, verhalten soll (4,11 f.). Damit wird, so Jakobus, die »reine und unbefleckte Gottesverehrung« (1,27) realisiert (vgl. 4,8). 231
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Dass 3,13-18 und 4,1-10 eng miteinander zusammenhängen, erwähnt schon L. T. Johnson. Er erfasst 3,13-4,10 als rhetorische Einheit aufgrund des Themas »Neid« (
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Jak 3,1-4,12: innergemeindliche Streitigkeiten
2.3.3 Jak 4,13-5,6: Reiche und weltliche Gesinnung Vorüberlegung: Zur Einheit von Jak 4,73-5,6 In 4,13-17 und 5,1-6 greift Jakobus wieder das Problem der Reichen (vgl. 2.1-13) auf, ohne aber den thematischen Zusammenhang zu 4,1-12 aufzugeben: Diese Einheit lässt sich gut auf das vorhergehende Thema beziehen, wenn man sich daran erinnert, dass es in 4,lfF. um den Vorwurf an die weltliche Einstellung der Adressaten geht (s. oben 2.3.2.3): Jakobus spricht jetzt von Kaufleuten (4,13ff.) und »den Reichen« (5,lff.) als »Verkörperung« dieser weltlichen Gesinnung. Das ist keineswegs lediglich »Ideen assoziation« , sondern eine geplante Zusammensetzung, die sich schon in 1,8/9-11, wo der Reiche als 8iyuxo<; charakterisiert wird, abzeichnet. In Jak erscheint der Reiche als derjenige, der sich auf die Seite der »Welt« stellt. Bei dieser Deutung hat man aber die umstrittene Frage aufzuwerfen, ob man 4,13ff. und 5,1 ff. in gleicher Weise als Abschnitte über die Reichen behandeln kann. Gegen eine Gleichsetzung werden folgende Einwände erhoben: 1) Die Kaufleute in 4,13ff. werden nicht »Reiche« genannt; in der Tat sind es (noch?) keine »Reichen«. 2) »Die Kritik in 4,13-17 bleibt letztlich positiv (Ruf zur Frömmigkeit und zum Tun des Guten), während 5,1-6 eine reine Gerichtsansage ist, die keine Chance lässt« . 3) Jakobus wendet sich in 4,13ff. (zumindest teilweise) auch gegen Christen, während unter den »Reichen« in 5,1 ff. keine Christen sind. Diese Einwände lassen sich aber wie folgt zurückweisen: 1) Zu beachten ist, dass der »Reiche« in Jak eine Bezeichnung für reiche Leute im allgemeinen ist (vgl. 1,9; 2,6). M.E. spricht Jakobus auch in 5,1 ff. von den »Reichen« in diesem umfassenden Sinne. Dagegen denkt er in 4,13-17 ziemlich konkret an Kaufleute (vgl. 4,13) und kann darum auf die allgemeine Bezeichnung verzichten. Ob diese Leute tatsächlich »reich« waren, spielt für unsere Frage nur eine geringe Rolle. Wichtig ist vielmehr, ob Jakobus sie als reich empfand, was m.E. der Fall ist. Man kann die formale Parallelität (äye vvv, 4,13 und 5,1) nicht übersehen. 2) Es ist äusserst zweifelhaft, ob die Kritik in 4,13ff. wirklich »positiv« ist. Man könnte ihr allenfalls zugutehalten, dass sie nicht so »heftig« wie in 5,1 ff. ist. Der Unterschied in der Heftigkeit zwischen den beiden Abschnitten ist aber nicht als Gegensatz (positiv/negativ), sondern als Steigerung zu verstehen. Die Ansicht, dass Jakobus nicht die geschäftliche Tätigkeit, sondern nur die Hochmütigkeit kritisiere, übersieht, dass seine Kritik am gottwidrigen Hochmut der Kaufleute keineswegs von ihrer Tätigkeit getrennt werden kann. Es ist eine »theologische« Kritik an ihrer Tätigkeit. 232
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Mussner, 189. Vgl. oben S. 66. Obermüller, Themen 243, hält 4,13-5,6 für einen Midrasch zu Prov 3,34 (vgl. Jak 4,6). Dies scheitert aber daran, dass man dabei 4,7-12 ausser acht lassen müsste. Davids, 171: »The circumlocution [sc. oi Xeyovrec, KTÄ,.] may also indicate that the merchants were not wealthy yet«; Popkes, Adressaten 56f: »Die Grosskaufleute wiederum reisten nicht selber [...]. Es ist die Rede von einer Mittelschicht, rührig und über einige Mittel verfugend«. Popkes, aaO. 56. Sato, Jakobusbrief 60: »Interessant erscheint, dass in 4,13-17 die wirtschaftliche Tätigkeit an sich kaum kritisiert wird«; Burchard, Gemeinde 327: »Pläne ja, nur sub conditione Jacobaea und ohne Hymnen auf unternehmerische Leistung«; ferner Boggan, Wealth 168. S. unten 2.3.3.2 und 4.1.1.1. Die Reichen in 5,lff. können wahrscheinlich nicht auf die grossen Landbesitzer (vgl. 5,4) beschränkt werden.
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3) Es ist eine schwere Frage, ob es in 4,13ff. und 5,1ff.um Christen geht. Die Anrede oi Xiyovxeq KXX. (4,13) ist zweideutig: Das Fehlen von dßeAxpov könnte man einerseits als Hinweis auf NichtChristen begreifen, während Jakobus diese Leute von den Reichen (oi nfoyboiai) in 5,lff, zu denen man gern nur Nichtgläubige zählt, zu unterscheiden scheint. Man sollte aber zuerst überlegen, ob Jakobus überhaupt zwischen christlichen und nichtchristlichen Kaufleuten unterscheiden wollte: Obgleich es wohl christliche Kaufleute unter den Adressaten des Jak gab (s. unten 4.1.1.1), kommt es m.E. bei dieser an die Kaufleute gerichteten Kritik nicht darauf an, ob sie Christen sind oder nicht. Dies gilt auch für die »Reichen« in 5,lff. In dieser Hinsicht gibt es also keinen Unterschied zwischen 4,13ff. und 5,1 ff. 4) In diesem Zusammenhang lässt sich ferner auf den auffälligen Ausdruck in 1,11 hinweisen: »in seinen [sc. des Reichen] Wegen« (ev xaiq T t o p e i a t q atooö). Der Plural 7copeiai dürfte ein ironischer Hinweis auf Geschäftsreisen sein. Trifft diese Deutung zu, spricht vieles dafür, dass Jakobus diese Kaufleute als Reiche ansieht. Aus diesen Betrachtungen lässt sich schliessen, dass man 4,13-17 und 5,1-6 unter dem Thema »Vorwurf an den Reichen« bündeln kann. Im folgenden werden beide Ab schnitte unter diesem Aspekt analysiert. 237
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2.3.3.1Jak4,13-17 Zuerst definiert Jakobus, an wen seine Worte gerichtet sind (V. 13): Hier werden unzwei felhaft Kaufleute angesprochen, zu denen wohl auch Christen gehören. Jakobus erhellt, weswegen diese Kaufleute angeprangert werden sollen. Sie nehmen sich vor, »Handel zu treiben und Gewinn zu machen«. Man erinnere sich daran, dass die Geldgier als eine Erscheinungsweise der r\8ovr\ (Lust) betrachtet wird. Wohl deswegen 242
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So Laws, 190. Nach Reiche, 49, denke der Verfasser an »certain successful businessmen who have come in contact with either Jewish or Christian biblical instruction«. So Davids, 171. Diese Kaufleute werden auch von Ruckstuhl, 27; Sato, Jakobusbrief 59; Klein, Werk 183; Williams, 128, und Mussner, 189ff., für Christen gehalten. Daher ist es nicht notwendig, wie Klein, Werk 183, es tut, die »Reichen« von den »Gerechten« (V.6) und den »Brüdern« (V.7) strikt zu unterscheiden, zumal sich der »Gerechte« (ö Sixaioc,) nicht auf die Christen begrenzen lässt (s. unten S. 144). In der LXX begegnet das Wort 29mal, davon nur 2mal der Plural (Ps 67,25; Prov 4,27). Im NT nur in Lk 13,22 (Singular). Dibelius, 116, will es auf den »Lebenswandel« beziehen, aber die von ihm genannten Belege (LXX Prov 2,7; 1 Clem 48,4; Herrn sim V 6,6) sind alle Singular. Dies wird zur Annahme berechtigen, dass Jakobus mit Plural nopeiat nicht bloss den Lebenswandel, sondern tatsächliche »Reisen« meint. Dibelius, ebd., und BA 1387 behaupten die Möglichkeit von »Lebenswandel« wegen der Parallelität zu 1,8 ev TOIC, oSoic, avrou Allerdings ist dieser Plural o5ot als Hinweis auf den Lebensweg seltsam; vgl. Jak 5,20, wo er den Singular öSöc, bestimmt in diesem Sinne verwendet. Mit Windisch, 7, und Mayor, 47; auch BA 1387 zieht diese Deutung vor. Vgl. unten 4.1.1.1. Hengel, Jakobusbrief 255ff., versucht, aus dieser Anrede eine Metapher für die Missionstätigkeit von Paulus und seinen Mitarbeitern abzulesen. Der Tadel Jak 4,16 richte sich »ge gen Missionare, die in einem grossräumigen Stil planten und sich ihrer Erfolge rühmten wie Paulus« (aaO. 257). Dies ist allerdings nichts anderes als eine etwas weithergeholte Spekulation. 4 Makk 1,26. Vgl. oben Anm. 199.
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Jak 4,13-5,6: Reiche und weltliche Gesinnung
prangert er sie an, weil sie ihrer Lust verfallen sind und infolgedessen weltlicher Gesin nung unterliegen. Die Kritik des Verfassers richtet sich aber auch darauf, dass sie ihre Vergänglichkeit vergessen und sich einbilden, ihr Leben selber bestimmen zu können, was eigentlich zum Gotteswillen gehört. Eingreifen in den Gottesbereich — das ist der Aspekt der Kritik, den wir auch in 4,11 f. sahen (s. oben 2.3.2.4). Die folgenden Verse bilden einen Gegensatz: entweder gehorcht man dem Gotteswil len (V.l5), oder man rühmt »sich in Prahlereien « (V.16). Dies entspricht genau dem Kontrast von xcwieivcu; und \>rcepf|<pavo<; (4,6) und dem Thema »Gott oder Welt«. Es ist für Jak charakteristisch, am Ende eines Abschnittes den Schlusssatz in der dritten Person zu formulieren (vgl. 1,12; 2,13; 3,18). In 4,17 ist aber der Zusammenhang mit dem Gedankengang von V. 13-16 nicht sofort erkennbar, obwohl das otiv andeutet, dass der Verfasser unseren Vers bewusst als Schluss des Abschnittes formuliert. Den Ausdruck »Gutes tun« beziehen einige Ausleger auf Almosen ; aber dieser Ausdruck, der wohl auf die Tradition zurückgeht, dürfte eher im Sinne von »Richtiges tun« auf zufassen sein. Wie hängt dieser Vers dann aber mit dem Vorhergehenden zusammen? Das »Wissen« um das Richtige bezieht sich m.E. wohl auf die conditio Jacobaea von V.15: »So Gott will«. Da diese nicht eine Schöpfung des Jakobus, sondern eine ältere Aussage ist, kann das Wissen um dieses Wort bei den Adressaten vorausgesetzt wer den. Wohl darauf beruft sich Jakobus: »Ihr wisst, was das richtige Verhalten ist: so zu tun, wie Gott will!« Für Jakobus ist es eben Sünde, dies nicht zu tun. Hier begegnet wie der das Thema »Täter des Wortes«. Fazit. Die Kaufleute erscheinen als Beispiel für die Reichen, die geradezu die welt liche Gesinnung verkörpern. Darin schliesst unser Abschnitt an 4,1 ff. an, wo es um die Alternative Gott/Welt geht. Sie haben eine derartige Gier auf geschäftlichen Gewinn, dass sie dabei vergessen, »Gutes«, d.h. den Gotteswillen zu tun. Ihre Sünde verdeutlicht sich zumal darin, dass sie eigentlich wissen, was zu tun ist, es aber trotzdem nicht tun. Hier geht es demzufolge thematisch um »Gott oder Welt« und »Tun des Gotteswortes«. 244
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2.3.3.2 Jak 5,1-6 Wie wir oben sahen, behandelt dieser Abschnitt zusammen mit 4,13-17 die Kritik an rei chen Leuten, die ihre weltliche Einstellung dem Gotteswillen vorziehen. Hierbei spricht der Verfasser aber anders als in 4,13ff. (Kaufleute) lediglich »die Reichen« an. 2 4 4
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»Prahlerei« (dXot^oveia) stammt auch von fjöovfj (4 Makk 1,26). Vgl. 1 Joh 2,16: »Denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und die Prahlerei in der Lebensweise (f] dXxx^oveia xox> ßiou), stammt nicht vom Vater, sondern es stammt von der Welt«. Diese Konnotation wird man wohl auch unserem Text entnehmen können. Gegen Dibelius, 275, der unseren Vers als isolierten Spruch ansieht. Z.B. Burchard, Gemeinde 327; Schlatter, 265, und Davids, 174. Sato, Jakobusbrief 60, denkt auch an diese Möglichkeit. Vgl. u.a. Davids, 174. Mit Mussner, 192. Auch Baker, Speech-Ethics 235, weist auf diesen Zusammenhang hin. Ähnlich auch Klein, Werk 127f. Vgl. Dibelius, 21*.
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Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
Auch in diesem stark prophetisch geprägten Abschnitt ist der dem Grundthema des Briefes entsprechende Aspekt des Verfassers sichtbar. Die Reichen hängen an ihrem Reichtum, von dem sie trotz der Ankunft des Gerichtstages nicht loskommen: »Ihr habt Schätze gesammelt in den letzten Tagen« (V.3). Am Gerichtstag (V.5: »Tag der Schlachtung« ) werden sie verurteilt werden, weil sie ihre Habgier der Gerechtigkeit vorziehen (V.4-6). Jakobus sieht in den Reichen deutlich eine Verkörperung der Einstel lung »lieber die Welt als Gott« und prophezeit ihnen ein katastrophales Ende. Dies wirkte als Warnung sicher auf alle Adressaten des Briefes. 251
2.3.4 Zusammenfassung: Hauptteil und Gesamtthema Unsere Beobachtungen haben klar gemacht, dass es sich im Hauptteil des Jak thematisch um die Opposition Welt - Gott handelt: Es kommt darauf an, nicht nach der Gesinnung der Welt zu handeln, sondern nach dem Gotteswillen. Diese Opposition erscheint beim Themenbereich »Arme und Reiche« in der Form der Bevorzugung der Reichen bei gleichzeitiger Benachteiligung der Armen bzw. der Achtung der und der Fürsorge für die Armen; und beim innergemeindlichen Konflikt in der Form des Streites untereinander bzw. des Schaffens von Frieden in der Gemeinde. Daraus geht hervor: Die Macht der Begierde, von der im Grundthema des Kap. 1 die Rede ist, bewirkt eine Assimilationstendenz an die Gesinnung der Welt. Dies meint Ja kobus eben mit den »Versuchungen«. Man erinnere sich an das, was wir oben (Ende 2.2) bemerkten: Jakobus weist schon am Ende der Einleitung (1,27) auf die Opposition zwi schen der Unreinheit der Welt und der reinen Gottesverehrung hin. Für ihn kommt es auf die Gefahr an, dass seine Adressaten durch die Gesinnung der Welt befleckt werden. Er sieht die Ursache dieser Gefahr in der Macht der Begierde. Dementsprechend ist auch im Hauptteil von der Begierde die Rede (ausdrücklich 4,2ff; ferner 3,6 ); auch dem Thema »Arme und Reiche« liegt die Begierde zugrunde, die sich da als Habgier zeigt. Eine Entsprechung zwischen der Einleitung (Kap. 1) und dem Hauptteil findet sich ferner darin, dass Jakobus als Rezept gegen die Begierde und gegen die Assi milationstendenz an die Welt das Tun des Gesetzeswortes fordert (2,8ff; 4,1 lf; vgl. 1,25). Für ihn ist das Festhalten am Gesetzeswort, durch das man den Gotteswillen erfährt, ein Bollwerk gegen die Gesinnung der Welt. 252
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Zum Ausdruck vgl. unten S. 144 Anm. 66. Vgl. oben S. 81. Vgl. oben Anm. 199.
2.4 Schlussteil (Jak 5,7-20) und das Gesamtthema 2.4.1 Struktur des Schlussteils Es steht fest, dass der Schlussteil des Jak in 5,7 beginnt. Hier greift der Verfasser das Motiv der Geduld wieder auf, von dem zu Anfang des Briefes (l,2ff.) die Rede war. Die se Inclusio lässt den Leser erahnen, dass der ganze Brief unter diesem thematischen Aspekt abgefasst worden ist, und dass man nun am Ende des Briefes steht. Der Briefschluss besteht offensichtlich aus zwei Einheiten: V.7-11 und V. 13-20. Um das Motiv der Geduld geht es in V.7-11, danach ist davon keine Rede mehr. Zu fragen ist, zu welcher Einheit V.12 gehört. Der Vers dürfte eher mit V.7-11 verbunden wer den, denn: 1) Das Eidverbot wird durch den Hinweis auf das eschatologische Gericht 254
begründet (V.l2b: Iva JXT| imo Kpiaiv Tcecmxe), was zu V.9 (Iva |xf| KpiOTyce) eine Pa
rallele aufweist; bis V.12 dauern also die Mahnungen in eschatologischer Hinsicht. 2) Das Eidverbot passt schlecht zu V.13ff., wo es um die gegenseitige Sorge in der Ge meinde geht. 3) Da es wohl richtig ist, dass der Ausdruck »vor allem« (rcpö rcccvrcov) eine feste Wendung ist, kann man ihn nicht mit F. O. Francis als »closing formula« des Briefes bestimmen. Dieser Vers dürfte wegen npö TCOCVTCÖV »6e« im Zusammenhang mit den vorhergehenden zu verstehen sein. 4) Die Anrede »meine Brüder« ist nicht gezwungenermassen Einführungsformel eines völlig neuen Abschnittes (vgl. 1,16; 2,5; 3,12; aber vor allem 5,9.10). 5) Zu berücksichtigen ist schliesslich der Hinweis von W. R. Baker: »5:12 may also be seen as the last in a series of admonitions regarding control 255
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of Speech« (vgl. 4,11 JXT| KaxaXxxXelxe; 5,9
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OTEV&^ETE) . Darum ist wohl wie folgt
zu unterteilen: V.7-12 und V. 13-20. 2 5 4
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Wir berücksichtigen die Ansicht von Dibelius nicht mehr, dass 5,12 ein »isolierter Spruch« sei. Gegen Cargal, Diaspora 171.189, der 5,10-20 unter dem Stichwort »the believer's responsibility to others« zusammenfasst. Mir fällt es schwer, den Eid mit der Verantwortlichkeit für andere Gemein deglieder zu verbinden. Vgl. 1 Petr 4,8; 3 Joh 2 (jcepi Jtdvrojv). Francis, Form 125. Ihm folgen Martin, 203; Cargal, Diaspora 189; vgl. ferner Laws, 219f.; Vouga, 139. Francis' Ansicht beruht auf einem einzigen Beleg in Exler, Form 114. Diese Formel begegnet aber in der griechischen Briefkonvention vielmehr am Anfang des Briefkorpus in Verbindung mit dem Gesundheitswunsch (White, Light 200f.; dafür nennt White Beispiele in Anm. 50, von denen einige auf den Anfang des 2. Jh. n. Chr. zurückgehen. Vgl. auch Deissmann, Licht 147); 3 Joh 2 folgt dieser Konvention. Francis versucht ferner, das Eidverbot in Analogie zur Eid-Formel am Ende des hellenistischen Briefes zu erfassen (ebd. Belege bei Exler, aaO. 127-132). Dagegen bemerkt Car gal, aaO. 214, zu Recht: »He [sc. Jakobus] does not utilize an oath formula, but rather prohibits the use of oath formula«. Dieser Unterschied ist m.E. so gross, dass man Francis' Versuch nicht akzep tieren kann. Cargal ist aber zu grosszügig, wenn er im Sinne von Francis sagt: »Nevertheless, it seems certain that ftrst Century readers would have perceived more epistolary features within this writing than just its prescript« (aaO. 214f.). Gegen Klein, Werk 36f., trotz seines richtigen Hinweises auf den Abschlusscharakter der Selig preisung in 5,11. Gegen Davids, 189. Baker, Speech-Ethics 278.
Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
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V. 13-20 enthält Gemeindeparänesen in der Form eines Gebetes (V. 13-18) und eines Ketzerschlusses (V,19f). Hier folgt der Verfasser der Konvention der neutestamentlichen Briefe, ohne den Gedankengang des Briefkorpus fortzusetzen. Darum behan deln wir im folgenden nur V.7-12. 261
2.4.2
Jak
262
5,7-72
Im Anschluss an den vorigen Abschnitt (o'öv), in dem vom eschatologischen Untergang die Rede war, kehrt Jakobus nun zur Mahnung zur Geduld zurück (vgl. 1,2-4). Hier sagt er uxxKpo0i>uilv statt wcouiveiv (1,3.12; aber 5,11), womit er wohl den Aspekt betont, geduldig die Parusie zu erwarten *. Wie ein Landmann die Frucht der Erde geduldig erwartet, so soll man die Parusie des Herrn geduldig erwarten (V.7f). Es fällt auf, dass dabei nicht deutlich gesagt wird, was man mit Geduld ertragen soll. Der Kontext deutet zwar an, dass es wohl etwas mit schwierigen Umständen zu tun hat (Zusammenhang mit Gewalttaten der Reichen; Vorbild der Propheten und Hiobs); aber der Vergleich des Landmanns enthält kein Motiv des Leidens. Diese Undeutlichkeit ent spricht l,2ff., wo der Verfasser bloss von »mancherlei Versuchungen« redet. Dibelius äussert den Eindruck, dass »V.9 völlig vereinzelt steht« . Dieser Eindruck wird darauf zurückgehen, dass der Verfasser den Vers in den Kontext eingeschoben hat, um sein eigenes Anliegen zu zeigen. Zxevd^eiv bedeutet eigentlich »seufzen, stöhnen über einen unerwünschten Zustand« . Auffalligerweise heisst es hier aber xaz aXkr\X(ov (»gegeneinander«). Deshalb handelt es sich wohl nicht bloss um »inneres Klagen über den Nächsten [...], gleichviel aus welcher Ursache« , sondern um »die gemeindeinter nen Spannungen« ; also: »Murret nicht gegeneinander«. Darin spiegelt sich ohne Zweifel das Interesse des Verfassers an innergemeindlicher Zwietracht (vgl. 4,1 l f . ) . In V.lOf. fuhrt Jakobus zwei Vorbilder von »Ausdauer und Geduld« an: die Pro pheten und Hiob. Es ist eine jüdische Tradition, die vom Frühchristentum übernommen 26
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Vgl. oben 1.1.2.2. Darum können wir T. B. Cargal nicht zustimmen, der das Hauptziel des Jak aus der Entsprechung von 1,1 und 5,19f. herzuleiten versucht. Danach ziele Jak darauf, »>restoring< those who >wander from the truth< [d.h. Diaspora]« (Diaspora 49). Er übersieht, dass V. 13-18 bloss ein Briefschluss ist und ausserhalb des Hauptgedankengangs des Briefes steht. Für den Gedankengang des Jak ist die Entsprechung von l,2ff. und 5,7ff. (Versuchung und Geduld) konstitutiv. 263 vgl. BA 990 (»geduldig auf erw. warten«). Dibelius, 290 (s. auch aaO. 287). Mit Davids, 184: »Surely the redactor put it here precisely because he feit it interpreted this context«. BA 1529 (dort teilweise betont). Vgl. 2 Kor 5,2.4; Hebr 13,17. Dibelius, 290. Hoppe, 109. Hainthaler, Ausdauer 318, weist auf die strukturelle Übereinstimmung zwischen 4,1 lf. und 5,9 hin: verneinter Imperativ, OMJIXODV, d&Xxpoi, Kpi(v), KpiTffc. Vgl. auch Baker, Speech-Ethics 180. Da vids, 185, sieht unsere Aussage als »commentary on the type of reciprocity expressed in Mt 7:1« an. Zur Traditionsgeschichte s. unten 3.6.2.11. Nach BA 806 bedeutet KaKonaGia (V.10) neben »Leiden, Unglück, Drangsal« (in passivem Sinne) auch »in der aktiven Bedeutung d. Leiden, das einer trägt, d. Anstrengung, die er macht, d. Aus dauer, die er aufbringt« (Betonung von BA). Dem folgt eine zutreffende Bemerkung: »Die letztere
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wurde, sich an die Grossen der Glaubensgeschichte als Vorbild zurückzuerinnern (vgl. Sir 44-50; Hebr 11; 1 Clem 4-19). Vom gewaltsamen Schicksal der Propheten ist auch in Mt 5,12; 23,34.37 die Rede. Für Jakobus ist aber eher von Bedeutung, dass die Propheten mit Geduld »im Namen des Herrn geredet haben« (V. 10) . Sie sind nämlich Vorbild für das geduldige Festhalten am Herrn. Dass unser Abschnitt zusammen mit 1,2-12 den Rahmen des Briefkorpus bildet, zeigt schliesslich V . l l : Der Makarismus (»Siehe, wir preisen die selig [uxxKapi£ou£v], die ausgeharrt haben [xoix; i)7iou£ivavra<;]«) greift unverkennbar auf denjenigen in 1,12 (und 25) zurück. Wie am Anfang liegt hier das Schema vor: Geduld fuhrt zur Seligkeit. Dies wird durch die »Geduld Hiobs« bewiesen. 271
Der Hinweis auf Hieb bietet zwei Probleme: 1) Es ist umstritten, ob Jakobus auf das kanonische Hiob-Buch verweist, wenn er von der Ausdauer Hiobs spricht. Dies passt wohl schlecht zu dessen Charakterisierung im kanonischen Buch, dessen Hauptteil (Hi 3,1-42,6) »eher trotziges Ringen mit Gott als geduldiges Ausharren von seinem Helden« schildert. Daher vertritt P. H. Davids die Ansicht, dass sich der Verfasser hier nicht auf das Buch Hiob, sondern auf eine Tradition, wie sie in TestHiob niedergeschrieben ist, berufe. Zwar sind Berührungen mit dieser Tradition gut möglich, aber die Vorstellung von Hiob als Vorbild der vmouovri findet sich schon im Prolog und Epilog des kanonischen Buches. Darum wird man wohl nicht auf die Beziehung zum kanonischen Buch verzichten müssen. 2) Die andere Frage betrifft xö x&oc, icupiou Trotz Versuchen, diesen schlichten Ausdruck auf das Lebensende Jesu oder auf die Parusie zu beziehen, ist folgendes Verständnis wohl sachgemäss: »das Ende, das der Herr bereitet hat« , wobei man an das Ende der Geschichte Hiobs (Hi 42,1 Off.) denken soll. 272
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Am Ende des Abschnittes erwähnt Jakobus das Eidverbot (V.12), eine Tradition, die auf Jesus zurückgeht. Diese mit Hervorhebung (npö raxvxov 6e) eingeführte Mahnung 279
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Bedeutung ist in der späteren Zeit offensichtlich die bevorzugte und daher auch Jk 5io anzunehmen, wo sie zudem besser in den Zshg. passt« (Betonung von BA). Der Ausdruck TT>; KOKOftaOiac, Kai xry; uxxicfx>0vuAac, bildet also ein Hendiadyoin (vgl. 4 Makk 9,8: 5id Trpfie rr£ KctKOftotOeiac, Kai u7cc|iovfiq). Auch BDR §442,29 fuhrt unseren Vers als Beispiel für ein Hendiadyoin an, übersetzt aber trotzdem mit »des Ausharrens im Leiden«. Zum Ausdruck vgl. Jer 20,9; 44,16 (51,16 LXX); Dan 9,6. Dibelius, 292. Davids, 187; ders., Tradition 117f; vgl. auch Laws, 215f. Mussner, 206 Anm. 5, bezieht unsere Aussage auf TestHiob 26,5 (»Lasst uns geduldig sein, bis dass der Herr sich rühren lässt und unser sich wieder erbarmt!«); so auch Schräge, 54. »Die auf Prolog und Epilog verteilte Rahmenerzählung 1-2; 42,7-17 ist nach fast allgemeiner Ansicht eine ursprünglich selbständige Erzählung« (Fohrer, Einleitung 354. Dort teilweise gesperrt). Hainthaler, Ausdauer 311-324.337f., vertritt, »dass unter imouovrt Icbß das ganze kanonische Buch Ijob gefasst werden kann« (aaO. 315), denn \>7co^ovf) verstehe sich als die Haltung Hiobs, »nicht zu sündigen, Gott nichts Unvernünftiges zur Last zu legen« (aaO. 317). Ähnlich Martin, 194. Bischoff, xeXoq 274-279. Dagegen spricht der folgende Satz (»dass der Herr reich ist an innigem Erbarmen und voll Mitleid«), zu dem das Lebensende Jesu sachlich nicht passt, und in dem der »Herr« eindeutig Gott bedeutet (so auch Mussner, 207 Anm. 1). Strohel, Untersuchungen 259; Gordon, TEAOZ 91-95. Gordon verbindet »Ende des Herrn« mit einem aramäischen Ausdruck im Fragment-Targum 'm K2Tp ülp für »the time of the Israelites' release from Egypt« (aaO. 93) und nimmt an, »the Exodus as the appointed end of Israelites' sufferings in Egypt corresponds to the Parousia as the terminus ad quem of the sufferings of the Christian communities addressed in the letter of James« (aaO. 94. Betonung von Gordon). Aber wer könnte diesem kurzen Ausdruck eine Anspielung auf den Exodus entnehmen? Mussner, 207. Zur Überlieferungsgeschichte unten 3.6.2.3.
96
Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
ist für ihn wohl deshalb von grosser Bedeutung, weil er in dieser Überlieferung seinen eigenen Gesichtspunkt wahrnimmt, dass Treue zu Gott nur durch konsequentes Zusam mengehen von Wort und Verhalten bewahrt werden kann. Und in der Tat birgt der Eid die grosse Gefahr, diesen Zusammenhang zu verdecken. 280
281
Hinter diesem Verbot steht vor allem die jüdische Tradition der Eidkritik (vgl. Sir 23,9-11; CD 15, lf; Philo, Decal 9 2 ) , obwohl die Eidkritik über das Judentum hinaus im Hellenismus sehr verbrei tet war. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass Jakobus, anders als die jüdische Eidkritik, nicht nur leichtsinniges Schwören bzw. Meineid kritisiert, sondern dem Befehl entsprechend jeden Eid verbietet. 282
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285
Um die Treue zu Gott zu bewahren, gelte: »euer Ja sei ein Ja, und euer Nein sei ein Nein« (V.12b). Diese Forderung bezieht sich zweifellos auf den die Werke betonenden Aspekt des Jak; wo der Gotteswille durch die Werke der Gläubigen verwirklicht wird, dort wird kein Eid mehr nötig sein. Um zusammenzufassen: 5,7-12 bildet zusammen mit 1,2-12 den thematischen Rah men des Briefes. Thematisch geht es wieder um »Geduld«. Dabei ist aber davon keine Rede, was man mit Geduld ertragen soll. Für den Verfasser bedeutet »Geduld« offen sichtlich die Vermeidung von gemeindeinterner Zwietracht (V.9) und vor allem absolute Treue zu Gott (V.12). So durchzieht das Hauptthema des Briefes, das Jakobus in Kap. 1 vorgelegt hat, auch den Schlussteil. 286
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Dazu vgl. Baker, Contexts 57-70. Baker, Speech-Ethics 279: »perhaps he [der Verfasser] considers swearing the most serious [vice] because it most directly involves God, either by name or by association.« Weitere Belege bei Dautzenberg, Schwurverbot 53f. Vgl. auch Haraguchi, Prohibition 69-87 (AT). 88-96 (Judentum); Ito, Understanding 32-52; Strecker, Antithesen 59f; Luz, Mt 1282f. Belege bei Dautzenberg, aaO. 54f; Haraguchi, aaO. 105-109; Luz, aaO. 282; Baker, Contexts 65-67. Der Bericht von Josephus, dass die Essener den Eid vermieden hätten (Bell II 135; vgl. Ant XV 371), ist, da er den Belegen der Qumran-Schriften widerspricht (vgl. 1QS 5,8-11; CD 9,8-12; 15,3f), historisch unzuverlässig (mit Haraguchi, aaO. 96 u.a.). So zu Recht Schnider, 131. Gegen Davids, 190, der meint, dass von diesem Verbot »official oaths, such as in courts« ausgeschlossen würden. Es handelt sich nicht bloss um »absolute Wahrhaftigkeit in der Rede« (Mussner, 212), denn beim Eid geht es um die Frage, ob man dem Eid entsprechend handelt oder nicht.
2.5 Schlussfolgerungen 2.5.1 Disposition des Jak 287
Gegen den alten Konsens, nach dem Jak keine bestimmte Disposition aufweise, lässt sich ein gut erkennbarer Aufbau vertreten. Dies widerlegt die Ansicht, die Jak als blosse Aneinanderreihung einzelner Mahnungen begreift. 1,1-27
Einleitung:
2,1-5,6 5,7-20
Hauptteil Schlussteil
Stellung des Grundthemas (V.2-12) Amplifikation des Grundthemas (V.l3-27)
2.5.2 Inhaltliche Kohärenz des Jak Der Einleitungsteil (1,1-27) und der Hauptteil (2,1-5,6) korrelieren thematisch miteinan der. Der Schlussteil (5,7-20), vor allem dessen erste Hälfte (5,7-12), bezieht sich auf 1,212 zurück und bildet damit eine thematische Inclusio. (1,1
Präskript)
1.2-27: Einleitung: Stellung des Grundthemas 1,2-12: Thema: Versuchungen und Geduld V.2-4 Stellung des Themas: Versuchungen und vollkommener Gehorsam V.5-8 Hinweis auf Versuchung 1: Weisheit ohne Vertrauen auf Gott V.9-11 Hinweis auf Versuchung 2: die Reichen V. 12 Wiederholung des Themas 1,13-27: Thema: Macht der Begierde und Festhalten am Wort Gottes V. 13-18 Begierde als Herkunft der Versuchungen V. 19-25 Rezept gegen die Begierde Unreinheit u. Bosheit ablegen, am Gotteswort festhalten V.22-25 Präzisierung: Tun des Gotteswortes nach dem Gesetz der Freiheit V.26-27 Hinweise auf den Inhalt vom »Tun des Wortes« Zunge im Zaum halten Fürsorge für die Armen Sich von der Welt unbefleckt erhalten
2 8 7
Etwa Dibelius, 20f; Mussner, 23.
(A) (B)
f
(A ) (B') (A/B)
98
Die inhaltliche Kohärenz und das Gesamtthema
2.1-26: Arme und Reiche Bevorzugung der Reichen als Gesinnung der Welt Fürsorge für die Armen als Wille Gottes 3. 1-4. 12: Konflikte in der Gemeinde Zunge als Welt der Ungerechtigkeit und Anlass zum Konflikt Weisheit von Gott und Weisheit der Welt (irdische Weisheit) Konflikt wegen der Freundschaft mit der Welt Mahnung zur Reinheit und zum Gehorsam gegenüber Gott 4.13-5.6: die Reichen als Verkörperung der weltlichen Gesinnung
(B) (B')
(A') (A)
(B)
5.7-12: Schluss: Versuchungen und) Geduld (5,1'3-20: Schlussparänesen)
Hieraus lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: a) Der ßrief ist durch das Motiv »Versuchungen und Geduld«, das am Anfang und wieder am Ende des Briefes vorkommt, geprägt. Dabei wird die »Geduld« schon in l,2ff. erweitert und so gedeutet, dass es um ein »vollkommenes Werk« geht, durch das man xzkzioq, d.h. Gott vollkommen gehorsam sein kann (1,4). Dieses Motiv ist in V. 13-27 weiter amplifiziert: Bei den »Versuchungen« handelt es sich um die »eigene Begierde« (1,14), gegen die man sich wehren soll, indem man das Gotteswort nach dem Gesetz der Freiheit vollführt (1,22-25). Das Thema lautet also. Versuchungen durch Begierde und Gehorsam gegenüber Gott. Im Hauptteil handelt es sich, wie schon in 1,27 vorgezeich net, um die Assimilation der Christen an die weltliche Gesinnung, eine Assimilation, die Jakobus in Kap. 1 als Versuchung deutet. Es kommt darauf an, ob man von der Begierde zur weltlichen Gesinnung, die dem Gotteswillen zuwiderläuft, verführt wird und sich mit der Unreinheit der Welt befleckt oder beim Gotteswort unbefleckt festbleibt. Das ist das Gesamtthema des Jak. Da man nun eine thematische Kohärenz in Jak konstatieren kann, gilt das »Kontextverbot« nicht mehr. Jak ist eine an ganz bestimmten Motiven orientierte Schrift, deren Inhalt kontextuell gelesen werden will. b) Der Brief wird durch das Thema »Versuchungen und Geduld« gerahmt; das lässt sich allerdings nur indirekt mit dem Inhalt des Briefes verbinden, nämlich erst nach der Amplifikation dieses Themas, bei der man unter den Versuchungen eine Assimilations tendenz an die Gesinnung der Welt versteht und unter der Geduld das Festhalten am Gotteswort als Reaktion auf eine solche weltliche Gesinnung. Diese Struktur lässt sich m.E. im Zusammenhang mit der Diasporabrief-Tradition gut erklären. Das Motiv »Versuchungen und Geduld« ist typisch für diese Brieftradition (s. oben 1.2.2.2). Durch die Aufnahme dieses Motivs gibt Jakobus seinem Brief im Anschluss an diese Tradition eine charakteristische Gestalt. Er konnte dies, denn das Ge samtthema des Briefes passt sehr gut zu demjenigen der jüdischen Diasporabriefe, die zur Treue zu Gott in glaubenskritischer Situation ermahnen, wobei sie die Vergänglichkeit und Vergeblichkeit der Lebensweise der heidnischen Umwelt, der die Diasporaleute ge genüberstehen, betonen (EpJer; syrBar 83; vgl. oben 1.2.2.2).
Schlussfolgerungen
99
Hier besteht also eine Übereinstimmung von Briefgattung und Gesamtthema. Jako bus versucht, in Anlehnung an die Diasporabrief-Tradition seine »in der Welt zerstreu ten« Christen, die den Versuchungen dieser Welt gegenüberstehen, anzusprechen. c) Dass Jak an ganz bestimmten Motiven orientiert ist, macht den Weg zu einer situationsbezogenen Exegese frei. Bei den konkreten Versuchungen der Welt denkt Jako bus an die Reichen und an den innergemeindlichen Konflikt (B und A der obigen Tabel le). Unten in 4.1 und 4.2 wird versucht, diese Motive in Verbindung mit der Briefsitua tion zu deuten. Unsere Untersuchung hat uns über die Barrieren des Kontext- und Situations verbotes hinausgeführt (Ziel der Aufgabe I ) . Im folgenden wird daher eine situationsbezogene Auslegung des Briefes versucht, wobei es sich um den Standort des Ver fassers und seiner Adressaten im Frühchristentum, ferner um Abfassungsanlass und -ziel des Jak handeln soll (Ziel der Aufgaben II und III). 288
2 8 8
Vgl. oben Einleitung 3.
3. Der theologische Hintergrund des Jakobusbriefes Unsere nächste Aufgabe ist es, anhand der Beschreibungen in Jak die Abfassungsverhältnisse des Briefes zu beleuchten. Dies soll einerseits durch eine Rekonstruktion des Gemeindebildes, das der Verfasser im Visier hat, und andererseits durch diejenige des Standortes des Verfassers getan werden. Die erstere Rekonstruktion wird später in 4.1 und 4.2 vorgenommen werden. Hier wenden wir uns dem Verfasser zu. Während man über die Gestalt des Verfassers nicht mehr weiss, als dass er »Lehrer« in einer christlichen Gemeinde war (3,1 f.), zeigen die einzelnen Beschreibungen im Brief, welcher theologischen Tradition der Verfasser entstammt. Hier gehen wir daher auf den theologischen Hintergrund jener Begriffe ein, die in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen, um dann näher bestimmen zu können, welchen theologischen Ort im Frühchristentum der Verfasser einnimmt. Im Laufe der bisherigen Beobachtungen ist schon klar geworden, dass der Verfasser des Jak in der judenchristlichen Tradition zu Hause ist. Im folgenden soll diese Erkenntnis noch weiter präzisiert werden. Erwogen seien folgende Begriffe: 1) »vollkommen« und »zweiseelig«; 2) Begierde; 3) Welt; 4) Wort und Gesetz; 5) Weisheit; und schliesslich 6) die Jesusüberlieferung in Jak. Daraus soll ersichtlich werden, dass und inwiefern der Verfasser des Jak den Grundgedanken seinem jüdischen Hintergrund verdankt, und inwiefern er seinen Brief durch die Aufnahme christlicher Momente entscheidend prägte.
3.1 »Vollkommen« (xeteux;) und »zweiseelig« (Sty-ox«*;) Der Verfasser des Jak charakterisiert das Verhältnis des Menschen zu Gott mit zwei gegensätzlichen Begriffen: tzkEioq (1,4; vgl. 1,17.25; 2,8.22; 3,2) und 8h|n)xo<; (1,8; vgl. 4,8). In 1,4 verlangt er im Zusammenhang mit der in den Versuchungen auf die Probe gestellten Geduld des Glaubens ein »vollkommenes Werk«. Damit spricht er die Vollkommenheit an, die der Glaube zur Folge haben soll, nämlich die vollkommene Treue zu Gott. Jakobus weist am Anfang des Briefes bezüglich des Zieles des Handelns auf »vollkommen« (xäteicx;) hin (1,4). Darauf rekurriert er später wiederholt (1,17.25; 3,2; vgl. 2,22). Die Verbindung von xeA£io<; und öXoKÄ/npcx; in 1,4 deutet zunächst auf ein ethisches Verständnis von xeteux; hin, das in der griechisch-hellenistischen Philosophie oft begegnet. Allerdings ist Jakobus wohl eher vom alttestamentlich-jüdischen Verständnis der 1
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Belege bei Dibelius, 103 Anm. 2. Vgl. Delling, ThWNT VIII 70-72.
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»Vollkommen« und »zweiseelig«
Vollkommenheit abhängig. Für Juden ist Noah, der Gerechte, ein Vorbild der Vollkommenheit (LXX Gen 6,9; vgl. Sir 44,17; Jub 5,19; Philo, Abr 34). Philo spricht ferner auch von der Vollkommenheit des Mose und des Abraham. Unter den Vorkommen des Wortes in der LXX fallt besonders dessen Verbindung mit Kap8ia auf (3 Reg 8,61; ll,4.10[Cod.B]; 15,3.14; 1 Chr 28,9). Dabei handelt es sich um das Herz, »das ungeteilt 3
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ist jcpcx; K\>piov oder U£xct K-opioo) in seiner ausschliesslichen Verehrung, ohne fremden 5
Gottesdienst, u[nd] im ganzen Gehorsam gegenüber seinem Willen« . Eine ähnliche Auffassung findet sich auch in der Qumran-Literatur. Dort begegnet oft der Ausdruck »vollkommen wandeln« (man *pn, 1QS 2,2; 3,9; 9,9.19 u.a.), was durch die Befolgung der »Satzungen der Gemeinde, die ihr als Auslegung der Thora offenbart worden sind« , möglich sein soll. Das erinnert an Jak 1,25, wo Jakobus auf das Gesetz und dessen genaue Befolgung den Begriff »vollkommen« anwendet. Vgl. ferner Jak 2,22, wonach der Glaube des Abraham durch seine Werke »vollendet wurde« (zztXziG)Qr\). Das ist schon in Jub 23,10 und Philo, Abr 177, auf Abraham angewandt worden, aber der Gedanke, dass sein Glaube durch Werke vollendet wird, ist neu in Jak. Hier meint Jakobus unzweifelhaft den »vollkommenen« Gehorsam des Abraham gegenüber Gott. Ferner lautet es in 3,2: »Wenn jemand in der Rede nicht fehlt, der ist ein vollkommener Mann (xkteioc, dvfjp)«. Mit derselben Zunge lobt man einerseits Gott, verflucht aber andererseits die Menschen, »die nach dem Bilde Gottes geschaffen sind« (3,9). Das ist nicht nur ein unvollkommenes, sondern geradezu ein zwiespältiges Verhalten Gott gegenüber. Schliesslich lässt sich in dieser Hinsicht gut verstehen, dass Jakobus in 4,7-10 von den Adressaten Gehorsamkeit gegen Gott fordert. 6
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M. Klein versteht unter dem TEXEIOQ des Jak sittliche Vollkommenheit in griechischhellenistischem Sinne und weist das hebräische Verständnis der Vollkommenheit im Sinne des ganzen Gehorsams gegenüber Gott und seinem Gebot zurück. Für seine Ansicht spricht zwar Jak 1,4, wo der 10
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Denn Noah ist gemäss MT »mit Gott gewandelt« (nr^'pnnn D'n^KrrnK). Hier wird deutlich, dass »vollkommen« (O'pn) die vollkommene Treue zu Gott besagt. Die LXX hat wohl diesen Sachverhalt nicht verstanden und deswegen übersetzt: »Noah hat Gott gut gefallen« (T
Der theologische Hintergrund des Jakobusbriefes
102
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Verfasser xeXeicx; durch bXbKkr\poq und ev ur|5eviteutoufivoc,,zwei hellenistische Begriffe bestimmt. Auch die Aussage in 3,2 dürfte auf diese Richtung weisen, wenn man sie an sich betrachtet. Er geht aber m.E. zu weit, wenn er der »Vollkommenheit« des Jak die Ganzheit der Gottesbeziehung absprechen will. Sie wird deutlich, wenn Jakobus in 1,5 vom Mangel an Weisheit redet, um die man Gott bitten soll. 3,2 bezieht sich, wie oben gesagt, auf Lob und Fluch derselben Zunge (3,9), also auf ein zwiespältiges Verhalten gegenüber Gott. Gegen seine Ansicht spricht entscheidend 1,25: Wenn Jakobus im Kontext von Hören und Tun verlangt, das »vollkommene Gesetz der Freiheit« zu befolgen, geht es unverkennbar um einen vollkommenen Gehorsam gegenüber Gott. Es erübrigt sich, das Abrahambeispiel in 2,21-23 nochmals zu erwähnen. Klein hat völlig recht, wenn er feststellt, »dass sich der Verfasser auf diesem Gebiet hellenistischer Terminologie bedient, die allerdings [...] längst auch ins hellenistische Judentum eingedrungen war, so dass sie am ehesten auf diesem Weg zu ihm gelangt ist«. Demnach ist ein strenges Entweder-Oder nicht notwendig und nicht richtig. Gegen ihn ist allerdings zu unterstreichen, dass »die Ganzheit der Gottesbeziehung« für das teXeioq-Verständnis des Jak doch unentbehrlich ist. 12
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Das Wort 8i\|/i)xo<;, das vorbiblisch nicht belegt ist, begegnet im NT nur in Jak 1,8 und 4,8 und bei den Apostolischen Vätern in 1 Clem 11,2; 23,3; 2 Clem 11,2, vor allem aber in Herrn . Dieser Terminus birgt zwei Probleme: 1. Der theologische Hintergrund und 2. Der Ursprung der Wendung. Das 8i\|ruxo<; verbindet man gern mit der rabbinischen Lehre der zwei Jezerim ("W nin und inn "i£). Diese Hypothese hat aber folgende Nachteile: a) Das chronologische Problem der rabbinischen Literatur. Diese Lehre ist nur in der rabbinischen Literatur belegt, deren Datierung höchst problematisch ist. b) Das wichtigere Hindernis besteht darin, dass \|/i>CT nicht das griechische Äquivalent für 12T ist. So vermutet N. Brox mit S. S. Marshall (= Laws), »dass ein Hellenist die jüdische Anschauung in seiner griechischen Diktion artikuliert hätte und es bei einer wenig verbreiteten, lokalen Sprachregel geblieben wäre« . Aufgrund dessen ist zu bezweifeln, dass das Wort 8ii|rüxo<; direkt dieser rabbinischen Lehre entnommen wurde. In der Tat kann man ohne Hilfe dieser Lehre die Entstehung dieses Wortes erklären: Das 8i\|/t)%o<; charakterisiert in Jak das Verhältnis zu Gott. Als Gegensatz zu XEXZIOC, meint es das Fehlen der Treue zu bzw. des Vertrauens auf Gott. Das ist sachlich eng verwandt mit Sir 1,28 (»Nahe dich ihm nicht EV Kap8icc Siaafj«) ; TestAss 3,1 und 6,lf. (Sucpöoamoq). Daraus lässt sich schliessen, dass man gerne pejora14
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Aa0.63f. AaO. 81. Ebd. 20mal (s. Kraft, Clavis 113f). Vgl. auch biyvxm (Did 4,4; Barn 19,5; 1 Clem 23,2; 2 Clem 11,5; Herrn 21 mal); 8iy\>xia (2 Clem 19,2; Herrn 17mal). Die Berührungen mit Herrn sind wahrscheinlich auf gemeinsames Traditionsgut und nicht auf eine literarische Abhängigkeit zurückzuführen (so auch Klein, Werk 94). Vgl. Seitz, Antecedents bes. 213f; ders., Spirits 82-95, und Marshall, Aiyxrxoq 348. Zu dieser rabbinischen Lehre vgl. unten Anm. 37. Etwa MidrPss zu Ps 14,1; SifDt 32 zu Dtn 6,5; TBer 7,7. Allerdings zeigen die sachlichen Parallelen der folgenden Stellen, dass dieses Gegenargument nicht entscheidend ist: TestAss l,3ff. (5\x> 5iaßotiXta) und 1QS 3,18ff. (die Geister der Wahrheit und des Frevels). Darauf verweist Marshall, Aiyvxoq 348f, hält aber trotzdem diese Übersetzung für möglich. Brox, Herrn 552, mit Marshall, aaO. 349. Mit Porter, dipsuchos 477. Sowohl in Jak 1,8 wie in 4,8 isttiiyvxoqmit dem Gebet (vgl. 1,5-7; 4,2f.) verbunden, was Sir l,28f. entspricht. Vgl. auch Herrn mand IX 1-12. Vgl. Jes 29,13; Ps 78,35-37.
103
»Vollkommen« und »zweiseelig«
tive Begriffe mit 81- schuf, um dadurch auf das falsche Gottesverhältnis hinzuweisen. Diese Tendenz zeigt sich verstärkt im Frühchristentum: In Did und Barn finden sich Wörter mit 8t-, die weder in der LXX noch im NT begegnen: Siyvouxüv (Did 2,4; Barn 19,7); SiyXoxraoq (Did 2,4; Barn 19,7) ; 8i\|roxe!v (Did 4,4; Barn 19,5) ; 8uiAx>Kap8ia (Did 5,1; Barn 20, l ) . Da diese Wörter in der sog. Zwei-Wege-Lehre erscheinen, liegt die Annahme nahe, dass unser Terminus zusammen mit den anderen in jüdisch-christlicher paränetischer Tradition entstanden ist (Lösung zu 2). Dabei hat das 8t\|n>xoq eine Bedeutung, die mit der von KapStcc 8ia<xf| (Sir 1,28) sowie von 8ucXoKap8ia verwandt ist. Diese Parallelität von \|/t>XTl zu KxxpSia ermöglicht die Annahme, dass sie auf folgenden Vers des S c h ^ a s zurückgeht: »Du sollst Jahwe, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele (e^ öXr^ xf\<; KapSicu; aox> K a i fc£ bkry; ir\<; yv%rfc cov)...« (Dtn 6,5). Trifft dies zu, so ist man nicht genötigt, das 8i\|roxo<; direkt von der genannten rabbinischen Lehre herzuleiten. Freilich kann damit gerechnet werden, dass dieser Begriff nachträglich mit dem Jezer in Zusammenhang gebracht wurde (Lösung zu l ) . Jakobus ist sich offensichtlich dieses Zusammenhangs bewusst, wenn er von der Begierde und der Zweiseeligkeit im selben Kontext spricht (4,lf.8). Auf jeden Fall ist unverkennbar, dass der Verfasser des Jak, wenn er das Verhältnis zwischen Gott und Menschen mit teteux; und 8i\j/'ü%o<; charakterisiert, diese Vorstellungen der alttestamentlich-jüdischen Tradition verdankt. 22
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Dieses Wort kommt allerdings in der LXX vor: Prov 11,13; Sir 5,9.14; 6,1; 28,13. Weitere Belege oben Anm. 14. Vgl. schon im NT: SimaCp (»zweifeln«, Mt 14,31; 28,17; Did 4,7; Barn 19,11; 1 Clem 11,2; 23,3; 2 Clem 11,2; Herrn mand II 4; IX 5; sim V 4,3; IX 28,7). Auf diese Weise wird man die Tatsache erklären können, dass b\yv%oq und dessen Wortgruppe bei den Apostolischen Vätern, deren literarische Abhängigkeit von Jak zweifelhaft ist (gegen Porter, dipsuchos), wiederholt vorkommt. Unwahrscheinlich ist die Hypothese von Porter (aaO. 474), dass der Verfasser des Jak das Wort 5n|/ux°€ selber geprägt habe, denn dann müsste man die Belege der Apostolischen Vätern von Jak abhängen lassen, was Porter m.E. ohne stichhaltiges Argument vertritt. Marshall, Ah)/\)xoc, 350f, will Siyvxoc, als »local term« in Rom erklären, wohin wohl 1 Clem, 2 Clem sowie Herrn gehören. Zur von Seitz vertretenen, aber unhaltbaren Annahme einer gemeinsamen schriftlichen Vorlage für Shjruxoc, in Jak, 1-2 Clem und Herrn vgl. Brox, Herrn 551. Vgl. 2 Clem 11,2: xaXaiKcopoi e i o a v o i 8iy\>xoi, o i 8IÖTO£OVTEC, xr\ KapÖia,... Hier stehen yuxfi und Kopfiia in Parallele. Vgl. Herrn vis III 7, lf; mand XI1 f. Jak verbindet auch Siyvxoc, mit der Begierde (4, lfif.). Zur Begierde und Jezer s. unten 3.2.
3.2 Begierde (emG^ia, fi8ovf|) Es wurde bereits dargelegt, dass der Begriff »Begierde« dem Gesamtthema des Jak zu grundeliegt: Von ihr ist in Jak 4,2ff. ausdrücklich die Rede; ausserdem sind folgende Motive auf die Begierde zu beziehen: Ärgernis (l,19f), Zunge (l,26f; 3,2f.) und Streit . Ferner hängt das Motiv der Reichen mit ihr zusammen, denn Geldgier/Habgier ist eine ihrer Erscheinungsweisen. Hinter der Aussage von eiuG'üuia lässt sich eine jüdische Tradition feststellen, die die Begierde als Quelle aller Übel ansieht ; dies entspricht der Gesinnung der hellenisti schen Welt, bes. der stoischen Philosophie, deren ethischer Schwerpunkt in der Überwindung der Leidenschaft besteht. Im Judentum hat sich diese Tradition mit dem 10. Gebot des Dekalogs (O\>K emGvurjaeu;, Ex 20,17 LXX) verbunden, so dass man das Wesentliche des Gesetzes im Verbot der Begierde sehen konnte. Da unsere Aussage offensichtlich in dieser Tradition steht, ist sich Jakobus wohl des Verbotes der Begierde durch das Gesetz bewusst (vgl. 1,21-25; 2,8ff.). Die f]5oVt] war in der griechischen Philosophie ursprünglich ein neutraler Begriff und konnte sogar als Grundtrieb des menschlichen Wesens verstanden werden. Sie wurde aber vor allem in 4 Makk und bei Philo unter stoischem Einfluss als negativ, wi dergöttlich charakterisiert, was offenbar auf das Neue Testament eingewirkt hat. Die Verwandtschaft der beiden Begriffe kann durch andere Texte belegt werden: In Tit 3,3 stehen sie wie ein Hendiadyoin nebeneinander (So'üte'bovra; femO^ioog Kai f|6oval<; TCOIKIAXXK;); Mk 4,19 redet von »Begierden nach anderen Dingen« (<xi Tcepi xct Xoinä ejuGDuica), während die Parallele in Lukas von »Genüssen des Lebens« (f|8ovai xov ßiov) spricht (8,14). Es sind also wahrscheinlich untereinander austauschbare Be griffe. 29
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Vgl. Rom 13,13f; Gal 5,16ff.; 2 Tim 2,22f; Tit 3,3. Philo, SpecLeg IV 84: »Ein so grosses und überragendes Übel ist also die Begierde oder vielmehr, um es richtig zu bezeichnen, sie ist die Quelle aller Übel«; 130f; Decal 142; 173; ApkMos 19,3: »Begierde ist der Anfang aller Sünde«; ApkAbr 24,8; im NT Rom 7,7f.; 1 Kor 10,6. Z.B. Epiktet, II 16,45; 18,8. Vgl. Pohlenz, Stoa 1148; Büchsei, ThWNT III 168,33-169,10. 4 Makk 2,6; Philo, Decal 173. Paulus steht auch in dieser Tradition: Rom 7,7f. »>Nicht begehren< kann im hellenistischen Judentum die zweite Dekalogtafel zusammenfassen. Das Begehren ist die von all diesen Geboten anvisierte und alle Verstösse gegen sie motivierende Wurzelsünde« (Klauck, 4. Makkabäerbuch [JSRHZ 111,6] 695 Anm. 6). Vgl. auch Wtlckens, Rom II 78; Theissen, Aspekte 297f, und vor allem Berger, Gesetzesauslegung 343-349, bes. 346f. Stählin, ThWNT II 913,21ff.; 916,16ff. Stählin, aaO. 918,21-919,31. Beachtlich ist 4 Makk 1,25: »Zur Lust gehört auch jene innere Disposi tion zur Bosheit, die von allen Leidenschaften die mit Abstand wandlungsfähigste ist«. Vgl. Philo, Praem 17; Decal 142f. (entGvusiv und fjoovfi als Grundsünde des 10. Gebotes). Vgl. Stählin, aaO. 916,25ff.; 917,37ff. Mit z.B. Dibelius, 258 Anm. 4; Davids, 156; Martin, 145; vgl. auch Ropes, 253f. 4 Makk 1,22 be stimmt das Verhältnis der beiden Begriffe zueinander wie folgt: JCDÖ usv otiv tfV; fßoviy; EOTIV ejciGuuia, usxöc Se rr|v Tjßovfjv xapd (»Vor der Lust kommt die Begierde, nach der Lust das Wohlgefühl«, vgl. Jak 4,9!). Zum durch die Begierde hervorgerufenen Krieg vgl. Beispiele bei Dibelius, 258f. Anm. 5.
Begierde
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Es ist ferner damit zu rechnen, dass in der »Begierde« die rabbinische Lehre vom »bösen Trieb« (inn mitklingt. Für diese Anschauung spricht der Ausdruck £m6DU.ia jcovnpd in Herrn , der dem rabbinischen inn *w entspricht Dies dürfte durch eine Verbindung der erwähnten Tradition von kn\^v\\xa mit der Lehre von narj entstanden sein. Dies wird auch bei Jak der Fall sein. Es scheint kein Zufall zu sein, dass V. 13 eine sehr enge Parallele zu Sir 15,1 lff. aufweist, wo es ebenfalls um *w geht. Es steht also fest, dass Jakobus diesen Begriff dem Judentum verdankt. Diese Idee muss schon im Frühchristentum rezipiert worden sein, was Paulus in Rom 1,1f. bezeugt. Daraus geht hervor, dass das Grundthema des Jak stark jüdisch geprägt ist. 37
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Auf diese Lehre verweisen z.B. Windisch, 9; Mussner, 88; Cantinat, 87f.; Davids, 83f.; Martin, 36, und Schnider, 41. Kritisch Klein, Werk 89-91. Zum Inhalt der Lehre vgl. vor allem Porter, Yecer bes. 108-135; ferner Moore, Judaism 1479-493; Bill. IV/1 466-483. Moore, aaO. 481, fasst die Lehre folgendermassen zusammen: »The opportunity or the invitation to sin may come from without, but it is the response of the evil impulse in man to it that converts it into a temptation. It pictures in imagination the pleasures of sin, conceives the plan, seduces the will, incites to the act«. Dies entspricht genau Jak l,13ff. Herrn vis 11,8; 2,4; III 8,4; mand XII 1,1-3 usw. Brox, Herrn 78.272. Rabbinische Belege sind immer vom Problem der Datierung begleitet; die Lehre der "I2T hat aber Vorstufen schon in Sir 15,14; TestAss l,3ff.; 3,lf; 4 Esr 3,20-22. Zwar wird dort nicht mit toitoiiia übersetzt (Sir, TestAss: 5t<xßoi>A,tov. 4 Esr: cor), steht aber in TestAss 3,2 8iaßot)A,tov parallel zu ertt6i)uia. Dies deutet in Richtung einer Identifizierung von ejctOt^ia und *W (dort liest De Jonge, Testaments 138, SidßoXov statt SiaßouXiov; aber jener ist wahrscheinlich von TestNaph 8,4 [das Gute tun, um den Teufel fliehen zu lassen] beeinflusst und deshalb sekundär. Vgl. Becker, Testamente z.St.). Sir 15,14: »Am Anfang, als Gott den Menschen erschuf, da hat er ihn ausgeliefert in die Hand seines Jezer Cmr 1*2)«; dies wird aber in der LXX mitfev%Bipi 8taßoi)Xio\) avcoü übersetzt. Zu dieser Parallele vgl. oben 2.1.3 zu Frankemölles Hypothese.
3.3 Welt (Köoixa;) In Jak wird die »Welt« in gewisser Beziehung durchaus als Gegenbereich zur göttlichen Sphäre dargestellt (1,27; 2,5; 3,6; 4,4). Diese Weltanschauung dürfte auf die jüdische Apokalyptik zurückgehen; dort begegnet »der Gedanke, dass die Welt die Stätte der Sünde sei und unter der Herrschaft des Bösen stehe und eben darum dem göttlichen Ge richt verfallen sei« . In der Apokalyptik kommt es allerdings auf eine Gegenüberstellung von kommendem und gegenwärtigem Äon an, worauf gerade die Bezeichnung »diese Welt« deutlich hinweist (vgl. 4 Esr 4,26ff.; äthHen 48,7; 108,8f). Dies ist Jak aber fremd. Eine derartige Idee findet sich jedoch nicht nur in der Apokalyptik. In Testlss 4,6 kommt ein ähnlicher Welt-Begriff vor: »Und er [sc. der Lautere, V.2] nimmt nicht die bösen Augen von der Verführung der Welt an, damit er nicht die Gebote des Herrn ver dreht sieht«. Auffällig ist, dass hier, ähnlich wie bei Jak, die Verführung der Welt in Op position zu den »Geboten des Herrn« steht. Auch in Qumran fehlt diese Idee nicht: »Und dann/wird die Wahrheit der Welt für immer hervorkommen; denn sie hat sich dahingeschleppt auf den Wegen der Gottlosigkeit unter der Herrschaft des Frevels bis zum Zeitpunkt des bestimmten Gerichtes« (1QS 4,19f.). Daraus kann man schliessen, dass ein solcher Welt-Begriff im Frühjudentum weitum bekannt war. Freilich kann man in dieser Hinsicht nicht ohne die Erwähnung von Paulus und den johanneischen Schriften auskommen. Das Christentum hat diesen Welt-Begriff aus dem Judentum übernommen und ihn auf seine eigene Weise entfaltet. Bei Paulus spielt die Welt die Rolle des »Schauplatz[es] der Heilsgeschichte« : »Der KÖOUXX; ist der Inbegriff der durch den Sündenfall zerrütteten und unter dem Gericht stehenden Schöpfung Got tes, in welcher Jesus Christus als der Erlöser erscheint« . Es braucht nicht näher erläutert zu werden, inwiefern der Welt-Begriff im johanneischen Dualismus wichtig ist (s. Joh 8,23; 15,18ff.; 16,33; 17,14ff.; 18,36). Dabei geht es um »Entfremdung und Widergöttlichkeit des durch den Logos geschaffenen K. und der dennoch durchgehal tenen Liebe Gottes zum K . « . S O entwickeln sowohl Paulus als auch der Verfasser des 42
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Vgl. oben die Analysen zu den jeweiligen Stellen. Sasse, ThWNT III 891,6-8. Vgl. syrBar 73,4f.; 4 Esr 4,26ff.; 14,20f.; äthHen 48,7; 108,8f. Vgl. ferner TestBenj 8,3: »Befleckung der Erde«. Von der Herrschaft der Welt durch das Böse ist auch ohne Welt-Begriff die Rede: vgl. 1QS l,17f.; 2,19; 3,21ff.; lQSa 1,3; CD 4,12ff.; 6,14ff.: »Wahrlich, sie sollen darauf achten, der Deutung des Gesetzes entsprechend zu handeln zur Zeit der Gottlosigkeit...« Vgl. Schnackenburg, 1-3 Joh 136f. Sasse, ThWNT III 893,8f. Dort gesperrt gesetzt. Sasse, aaO. 893,24-27. Vgl. Rom 11,15; 1 Kor 15,24; 2 Kor 5,19. In Joh begegnet der Dualismus sonst als: Licht/Finsternis (z.B. 3,19ff.; 8,12; 11,9; 12,35f.46); oben/unten (3,31; 8,23); Leben/Tod (5,24; 6,47ff.) sowie Wahrheit/Lüge (8,43ff.). Balz, EWNT II 772. Barrett, Joh 188: »Die Welt hasst Jesus und seine Jünger. Die Welt, in die er kommt, ist jedoch auch der Schauplatz rettenden Wirkens Jesu (l,9f; 3,17.19; 6,14; 8,26; 10,36; 12,46; 16,28; 17,13.18; 18,20.37), und seine Sendung in die Welt gründet in der Liebe Gottes für die Welt (3,16).«
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Welt
Joh den Welt-Begriff unter ihren eigenen Gesichtspunkten, indem sie ihn jeweils auf ihre Art in die Botschaft des Evangeliums eingliedern. Bei Jak fehlt allerdings eine solche Entfaltung des Welt-Begriffs. In dieser Hinsicht dürfte Jak eher dem 1 Joh näherstehen (vgl. 1 Joh 2,16f; 5,19). Da diese WeltVorstellung ausserdem in anderen frühchristlichen Schriften begegnet, liegt es nahe, dass sie im Frühchristentum ziemlich weit verbreitet war. Für Jak ist dabei der Zusammenhang von Welt und Begierde von Bedeutung. Aus vielen Belegen geht hervor, dass die Welt der Schauplatz ist, der von der Begierde beherrscht wird (Mk 4,19; Tit 2,12; 2 Petr 1,4; 2,18; 1 Joh 2,16f; 2 Clem 5,6f; IgnRöm 7,1; Polyk 5,3; Herrn vis I 1,8 [Reichtum!]). Dies erklärt den Sachverhalt, dass in Jak die Begierde mit der Neigung zur Welt korreliert: Die Begierde verfuhrt den Menschen dazu, sich in einer Welt einzurichten, die wegen der Herrschaft der Begierde erfüllt ist von Sünde und Unreinheit. Hinter diesem Zusammenhang steht wohl eine jüdische Vorstellung, die die »Welt« als Umwelt der Heiden begreift: In der Welt finden sich Heiden, die Gott nicht kennen und deren Lebensweise von der Begierde diktiert wird. Dies ist in die frühchristliche Paränese eingeführt worden, wobei dazu ermahnt wird, sich nicht mehr wie Heiden nach den Begierden zu richten. Hinter dem Welt-Begriff des Jak dürfte wohl diese Tradition stehen. Bei Jak fallt aber auf, dass die Opposition »Juden bzw. Christen - Heiden« vollständig fehlt. Trotzdem lässt sich der jüdische (und judenchristliche) Hintergrund seines Welt-Begriffs nicht verleugnen. Dies geht nicht zuletzt auch daraus hervor, dass der Verfasser des Jak ausdrücklich von der Unreinheit der Welt redet (Jak 1,27; vgl. 1,21; 3,6; 4,8). 51
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Vor allem 2 Petr 1,4; 2,20; femer IgnRöm 7,1; Polyk 5,3. Vgl. auch Mk 4,19; Tit 2,12; Barn 4,1; 2 Clem 5,6f; 6,6; Polyk 9,2; Herrn vis 11,8. Diese Idee findet sich auch in der rabbinischen Literatur. Vgl. Bill. IV/2 847ff. In Rom 11,12 setzt Paulus die Welt und die Heiden gleich: »Wenn aber ihre Verfehlung der Reichtum der Welt geworden ist und ihr Fernbleiben der Reichtum der Heiden«; vgl. auch Lk 12,30: TO eGvrj xov KÖOUOU; das ist nach Bill II 191 »eine der häufigsten rabbin. Bezeichnungen der ausserisraelitischen Menschheit« Qob\sn niDK). Vgl. 1 Thess 4,5; 1 Petr 1,14. Sowohl ayvoia als auch £7u9\)ul<x »ist nach at.-jüdisch-urchristlicher Tradition Kennzeichen des Heidentums« (Goppelt, 1 Petr 117); vgl. Jer 10,25; Ps 79,6; Weish 14,22; PsSal 2,24. Vgl. ausser den Stellen in der vorigen Anm., Eph 2,3; 4,22; 1 Petr 2,11; 4,2f.; 2 Petr 2,20; vgl. auch Gal 5,16.24. Vgl. 2 Petr 1,4; 2,20; 1 Thess 4,3-7. Zur jüdischen Vorstellung der Immoralität der Heiden: TestLev 9,10; 14,6; TestJud 23,2; TestDan 5,5.8; TestNaph 3,3; 4,1; ferner TestBenj 8,3: »so wirkt auch der reine Verstand aufbauend, selbst wenn er in den Befleckungen der Erde festgehalten wird.«
3.4 »Wort« und »Gesetz der Freiheit« Man hat m.W. bisher nicht genügend beachtet, inwiefern das »Gesetz« für den Gedan kengang des Jak konstitutiv ist. Dank der kontextuellen Lektüre des Briefes konnten wir allerdings feststellen, dass das Gesetz eine wichtige Rolle im Brief spielt. Unten soll zuerst diese Funktion des Gesetzes kurz zusammengefasst und dann nach dem Gesetzes verständnis des Verfassers gefragt werden. 57
3.4.1 Funktion des Gesetzes im Kontext des Briefes In Jak kommt das »Gesetz« zuerst in 1,25, dann in 2,8-12 und 4,1 lf. vor. Wenn man die Disposition des Briefes berücksichtigt, fällt auf, dass das Gesetz zuerst in der Einleitung und dann in beiden Themenbereichen (Arm und Reich 2,1-26; innergemeindliche Konflik te 3,1-4,12) des Hauptteiles erscheint. Das scheint nicht von ungefähr zu sein. Das Wort »Gesetz« begegnet zwar erst in 1,25, aber vom Gesetz spricht Jakobus schon in l,21ff., wenn er dazu ermahnt, das »eingepflanzte Wort« (ö euxprocx; Xoyo^) aufzunehmen und es zu tun. Er setzt hier das »Wort« (X-oyoq) offenbar mit dem Gesetz gleich. Diese Gleichsetzung lässt sich vor dem Hintergrund des Judentums verstehen. Schon in der stoischen Philosophie ist der Logos als Nomos bestimmt worden. Dabei wurde er als »Naturrecht« oder »Weltgesetz« verstanden, »das alle Menschen auf der Erde in gleicherweise bindet« . Philo setzt nun diesen Nomos mit dem mosaischen Gesetz gleich. Dieser Prozess dürfte auf das palästinische Judentum eingewirkt haben, wo bei den Rabbinen die Tora anstelle der Weisheit kosmische Funktionen bekam. Die Tora erscheint dort als »Gerät« bzw. »Werkzeug«, »mit dessen Hilfe bzw. >durch das< Gott die Welt erschaffen hat« . 58
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Vgl. aber Ludwig, Wort 143-192. Der Ausdruck erinnert an den stoischen Terminus A-öyoc, crjrepuxmKCx; (vgl. Pohlenz, Stoa I 78f.). Allerdings kann man unseren Ausdruck nicht einfach als Entlehnung einer stoischen Vorstellung erklären, denn dieser Logos soll bei Jak jetzt gehört (V.22f), aufgenommen (V.21b) und getan (V.22a) werden, und ausserdem die Seele »retten«, was alles beim stoischen Logos unmöglich wäre (so mit Recht Davids, 95. Nach Lautenschlager, Gegenstand 167, könne »das Wort« auf keinen Fall das Evangelium vom Heilstod und der Auferstehung Jesu Christi sein, weil es verkündigt, bezeugt und gehört, aber niemals »getan« wird). Daraus ist zu schliessen, dass Jakobus hier eventuell indi rekt von der stoischen Vorstellung beeinflusst sein könnte, aber sich zweifellos einen vom stoischen Xoyoq (jnepuimicöc, verschiedenen »Logos« vorstellt. Zum stoischen »Nomos« vgl. Pohlenz, Stoa 1132ff.; Weiss, Untersuchungen 275fif. Pohlenz, aaO. 133. Dies hängt mit der stoischen Idee der Kosmopolis zusammen. Mack, Logos 148-150; Weiss, Untersuchungen 278. Hengel, Judentum 309f; Weiss, aaO. 289ff. Weiss, aaO. 294. Vgl. MAbot 3,14; GenR 1,1; weitere Belege bei Bill. II 356f.
»Wort« und »Gesetz der Freiheit«
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In dieser Beziehung lässt sich auch der Ausdruck ä euxproo^ Xvyoc, verstehen. Frei lich findet er sich nicht in der LXX, entspricht aber sachlich der Vorstellung des Gesetzes im Menschenherzen (Dtn 30,14; Jer 31,33; 1QH 4,10: »dein Gesetz, das du in mein Herz gegraben hast«) . Hinzuzufügen ist, dass der Ausdruck »Wort der Wahrheit« (V.l8) auch in Verbindung mit dem Gesetz verstanden werden kann (Ps 118[119],43-45; TestGad 3,1; vgl. Joh 17,17). Daraus geht hervor, dass der Verfasser unter dem Einfluss der jüdischen Tradition des Logos steht. Aber warum spricht Jakobus zuerst vom »Wort« und dann vom »Gesetz«? Das geht aus dem Zusammenhang mit V.l3-18 hervor: Im Kontrast zur Begierde, der Herkunft aller Übel, weist Jakobus auf Gott hin, von dem »alle gute Gabe und alles vollkommene Geschenk kommt« (V.17). Und in V.l8 sagt er, dass Gott uns durch sein Wort geschaf fen hat. Es scheint klar: Wenn Jakobus in V.21 vom »eingepflanzten Wort« spricht, bezieht er sich zurück auf dieses Wort Gottes. Sein Gedankengang lässt sich wie folgt zusammenfassen: Um die Begierde zu überwinden und sich von Versuchungen fernzuhal ten, soll man am Gotteswort festhalten, durch das er uns geschaffen hat. Dieses Wort Gottes ist jedoch nichts anderes als das Gesetz. Der Verfasser ruft also in V.21-25 zum Festhalten am Gotteswort, dem Gesetz auf, als einem Rezept gegen die Begierde. Diese Idee geht auf die jüdische Tradition zurück, wo man das Wesentliche des Gesetzes im Verbot der Begierde, der Quelle aller Übel, sieht. Dieser Gedankengang hat eine Parallele in der rabbinischen Lehre von inn die besagt, dass die Tora als Mittel gegen diesen Trieb geschaffen wurde; Qid 30b: »Meine Kinder, ich habe den bösen Trieb erschaffen, und ich habe die Tora als Mittel gegen ihn erschaffen, wenn ihr euch mit der Tora befasset, so werdet ihr nicht in seine Hand ausgeliefert« . So erhellt sich die Funktion des Gesetzes im Gedankengang des 1. Kap.: Bei den Versuchungen (neipaaum, V.2/13) handelt es sich um durch die Begierde her vorgerufene Anlässe, von Gottes Willen abzuirren. Dagegen soll man Geduld (\)7to|iovf|, V.3f.) aufbringen, nämlich an Gottes Willen festhalten und Gott gehorsam bleiben. Dies wird aber erst durch ein »vollkommenes Werk« (V.4) ermöglicht, nämlich durch das Hören auf Gottes Wort, auf das Gesetz. Dementsprechend spielt das Gesetz auch im Hauptteil des Briefes eine wichtige Rolle. Hier behandelt der Verfasser zwei Probleme bei den Adressaten: die soziale Schichtung der Gemeindeglieder (2,1-26; 4,13-5,6) und die innergemeindlichen Konflikte 64
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Mit Lautenschlager, Gegenstand 167. Vgl. ferner 1QH 8,10 (»Aber der hei[li]ge Schössling treibt Blüten zur Pflanzung der Wahrheit«); 4QDibHam 2,13 (»et pour implanter ta loi dans notre coeur«; Text bei Baillet, recueil 200f). Manns, tradition 87-89, weist mit Recht auf diesen jüdischen Hinter grund hin. Er verbindet trotzdem den Ausdruck »das eingepflanzte Wort« mit der Taufkatechese. Vgl. auch Ludwig, Wort 135-137. Darauf weist Lautenschlager, aaO. 168f, hin. Ausfuhrlicher Ludwig, aaO. 151-157. Vgl. Ludwig, aaO. 143-170; Klein, Werk 135-137. S. oben 3.2. Zu Xoyoc, dX,rj0eicx^ vgl. oben S. 68ff. Vgl. oben 3.2. Ferner SifDt 45; Ber 5a. Vgl. Bill IV/1 473 (k). Die Idee findet sich nicht erst bei den Rabbinen: Sir 21,11: »Der, der das Gesetz bewahrt, beherrscht sein Sinnen«. Zu dieser Stelle vgl. Bousset/Gressmann, Religion 403.
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Der theologische Hintergrund des Jakobusbriefes 71
(3,1-4,12). In bezug auf die soziale Schichtung spricht er in 2,8£f. vom Gesetz. Nachdem er in V.2ff. das Verhalten der Adressaten dargestellt hat, bei dem es um die Bevorzugung eines reichen und die Benachteiligung eines armen Mitgliedes geht, weist er zuerst in V.5-7 daraufhin, dass dabei der Wille Gottes, der die Armen erwählt hat, vernachlässigt wird. Was dann der Gotteswille ist, zeigt er in V.8ff. mit der Berufung auf das Gesetz auf: Man soll nach dem Gesetzeswort den Armen als Nächsten lieben. In bezug auf die innergemeindlichen Konflikte taucht das Gesetz in 4,11 f. auf, also im Anschluss an 4,1-10, wo Jakobus den Adressaten ihren Konflikt vorwirft. Hier behandelt er das Problem unter dem Aspekt des Gesetzes und beleuchtet, inwiefern der Konflikt gesetzwidrig ist: Wer seinen Bruder verleumdet oder richtet, verletzt das Gesetz, das die Nächstenliebe gebietet. Solch ein Christ ist nicht »Täter des Gesetzes« (V.12). Dieser Ausdruck rekurriert unzweifelhaft auf 1,21-25, wo vom »Täter des Wortes« die Rede ist. 72
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3.4.2 »Gesetz der Freiheit« Der Verfasser des Jak verleiht dem Gesetz jeweils auffällige Attribute, was etliche Exegeten vermuten Hess, dass er nicht mehr an die alttestamentliche Tora, sondern an ein neues, christlich verstandenes Gesetz denkt: VÖJKX; ztXzioq ö xf\q eteDGepic«; (1,25); vouxx; ßccotAiKCw; (2,8); vojioq £Ä£i)0£pi<x<; (2,12). In 4,11 f. ist dagegen einfach vom »Gesetz« die Rede. Dass Jakobus das Gesetz »christlich« begreift, kann aus dem Ausdruck »königliches Gesetz« geschlossen werden. Die Kennzeichnung »königlich« (ßccaikucoq) ist, trotz dessen befrachtetem Hintergrund, primär im Zusammenhang mit 2,5, wo von Gottes Erwählung der Armen und von ihrer Erbschaft des Gottesreichs (ßaaiXeia) die Rede ist, zu interpretieren: Es ist ßaaiXucö*;, denn es ist vom Herrn der ßaoiteia für deren Erben gegeben worden. Dahinter liegt wahrscheinlich eine Vorstellung von Gott als König und Gesetzgeber (vgl. 4,11 f.) vor. Da die Aussage von 2,5 fast sicher auf die christliche Verkündigung zurückgeht (1 Kor l,26ff.), kann man daraus postulieren, dass Jakobus das Gesetz für konstitutiv für die Verkündigung des Christentums hält. 75
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Vgl. oben 2.5.2. Hierzu vgl. unten 4.1.1.1. Vgl. oben 2.3.1.1. Vgl. oben 2.3.2.4. Der vöjio; ßoxnA,iKÖq bezieht sich auf die Gesamtheit des Gesetzes, nicht nur auf das Gebot der Nächstenliebe in V.8 (so zuletzt Ludwig, Wort 171). Vgl. Dibelius, 177f; Klein, Werk 145-152; ferner Ludwig, aaO. 171; Popkes, Law 134. Nach Klein, Werk 148f, ist der Sinn unserer Formel nicht das Gesetz für die »Erben der ßaaiteia«, sondern »das vom König [d.h. Gott] gegebene Gesetz«. Sie kommt allerdings offensichtlich von der ßacnXeia des V.5 her und hat nur in diesem Zusammenhang den kontextgemässen Sinn. In ihr dürfte dann auch die erstere Bedeutung mitschwingen. Obwohl Paulus in 1 Kor weder ÄTCOXÖC, noch nA-owioc, verwendet (aber vgl. 1 Kor 4,8: fjSn enXot)fpatE), hat seine Aussage in 1 Kor l,26ff. mit Jak 2,5 sowohl sprachliche (ö 6eoq &£k&pxo) als auch sachliche (Gegensatz 6eöc/Köou,oq) Gemeinsamkeiten. »Erben des Reiches« (KA/npovön.oi try; ßctaiXeiac,) ist wohl auch ein traditioneller Ausdruck. Eine ähnliche Wendung »das Reich (Gottes) ererben« kommt einmal in Mt 25,34 (vgl. Mt 5,5) und viermal bei Paulus (1 Kor 6,9.10; 15,50; Gal
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»Wort« und »Gesetz der Freiheit«
Das Adjektiv teteux; in 1,25 lässt sich gleicherweise vom Kontext des Briefes her erklären. Es ist wahrscheinlich von ihm eingesetzt worden, um die Wichtigkeit des Gesetzes zu unterstreichen: voucx; xtkzioq bezieht sich offensichtlich zurück auf epyov xeXetov (1,4; vgl. V.25 jcovnrris epyoi)). Daraus lässt sich die Bedeutung des Adjektivs erschliessen: Es ist das Gesetz, wodurch das vollkommene Werk, d.h. der totale Gehorsam gegen Gott, ermöglicht wird. Dagegen fallt es schwer, das Attribut »der Freiheit« (1,25; 2,12) vom Kontext her zu interpretieren, denn der Begriff »Freiheit« spielt im jeweiligen Kontext offensichtlich keine Rolle. Darum empfiehlt es sich, das »Gesetz der Freiheit« als eine feste Wendung zu betrachten. Was ist aber damit gemeint? Vom Inhalt des Gesetzes redet Jakobus erst in 2,8-12. In 2,8-12 legt Jakobus sein Gesetzesverständnis im Zusammenhang mit dem Problem der Bevorzugung der Reichen dar. Für sein Verständnis charakteristisch sind: 1) dass das Gebot der Nächstenliebe im Vordergrund steht; 2) dass kultische Gebote nicht beachtet werden. 1) Es lässt sich nicht verleugnen, dass Jakobus das Gebot der Nächstenliebe für sehr wichtig hält. Dieses Gebot scheint ihm immer dann am Herzen zu Hegen, wenn vom Gesetz die Rede ist. In 1,25-27 schliesst Jakobus an das »vollkommene Gesetz der Freiheit« die Aufforderung zum Besuch der Waisen und Witwen an, was eine wichtige Tat der Nächstenliebe ist. Ferner wird auch in 4,11 f. daran gedacht (s. oben 2.3.2.4). Daraus wird klar, dass dieses Gebot im Gesetzesverständnis des Jakobus eine besondere Stelle einnimmt. 79
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5,21) vor, und auch für Paulus ist es eine unübliche, wohl übernommene Wendung {Schräge, 1 Kor I 426). Die Wendung »er [sc. Gott] hat denen verheissen, die ihn lieben« gebraucht Jakobus in 1,12. Toig dyowtäkTiv a w ö v ist eine schon in der LXX und dem Frühjudentum feste Formel (vgl. Ludwig, aaO. 144-150), aber es gibt kein anderes Beispiel, das sich mit eTiayyeXXojiai verbindet (vgl. noiw eteoc, Ex 20,6; Dtn 5,10; PsSal 6,6; ^XOKKHDV öiaefpoiv Kai feteoc, Dtn 7,9; 2 Esra 11,5; Dan 9,4(0); ^x°P Tm ev avrfiv [sc. aocpiav] Sir 1,10. Vgl. weiter Dibelius, 120). Am nächsten ist noch 1 Kor 2,9: ä frroiuxxoEv ö 8eöc, xoic, a y a n ö a i v a v t ö v . Da dieses Zitat, das sich nirgendwo im Alten Testament finden lässt, wohl aus der synagogalen Liturgie stammt (Prigent, l'oeil bes. 426-429. Ponsot, D'Isaie 229-242, der Prigents Ansicht akzeptiert, nimmt an, dass Paulus das traditionelle Motiv xotq \)ÄOU£VOIXTIV orÖTÖv mit xolq dyancaaiv avrov ersetzt habe; vgl. 1 Clem 34,8), könnte auch Jakobus seine Wendung der synagogalen Liturgie verdanken. Trifft dies zu, so kritisiert Jakobus das dem Wort im Gottesdienst zuwiderlaufende Verhalten der Adressaten. Die Idee, dass das Gesetz vollkommen sei, findet sich schon im AT und im Frühjudentum, vgl. Ps 19,8; 119; Arist 31 (»rein«). Anders Schräge, Ethik 293, nach dem unser Ausdruck als »das ganze Gesetz«, »also nicht im Sinne der Vollendung des Gesetzes zu verstehen [ist], sondern im Sinne seiner Ganzheit« (Betonung von ihm); ähnlich Schulz, Ethik 645: »das ganze Gesetz im Unterschied zu den Einzelgeboten, wie 2, lOf bestätigt«. Vollenweider, Freiheit 184f., erblickt in der Formel »den Gegensatz zu einem unvollkommenen Gesetz der Knechtschaft« (Betonung von ihm). In 1,25 spricht Jakobus möglicherweise von der Freiheit vom »bösen Trieb« (vgl. 1,13ff.), der gegen die Vorschriften Gottes Einwendungen erhebt: Man könnte davon nur dann frei sein, wenn man das Gesetz befolgt. Diese Deutung gilt aber nicht für 2,12. Hier handelt es sich vor allem um die Gebote, die in der Heidenmission zum Problem wurden: z.B. Beschneidung und Reinheitsvorschriften (vgl. Gal 2,lff.; Rom 3,25ff.; Act ll,lff.; 15,lff.). Der Einfachheit halber verwenden wir unten die Ausdrücke »kultische Gebote« bzw. »Kultgesetz«, darum wissend, dass sie erst aufgrund der christlichen Scheidung in Sitten- und Kultgesetz (Zeremonialgesetz) gebildet wurden (vgl. Lüdemann, Paulus II 201 Anm. 27). 1
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Der theologische Hintergrund des Jakobusbriefes 82
Wichtig ist aber, dass es immer noch neben anderen Geboten steht. Dafür spricht V.lOf.: Jakobus hält an der jüdischen Denkweise fest, dass man das ganze Gesetz hal ten soll . In V. 11 führt er zwei weitere Gebote auf und gibt damit zu erkennen, dass für ihn neben dem Gebot der Nächstenliebe (zumindest) die zweite Tafel des Dekalogs von Belang ist. Wenn er vom »ganzen Gesetz« redet, wird es kaum plausibel sein, das jakobinische Gesetz auf das Gebot der Nächstenliebe zu reduzieren oder ins »Evangelium« umzuset zen. Angesichts des durch jüdische Tradition geprägten Wort-Begriffs (s. oben 3.4.1) und von V. 11, in dem es um zwei Gebote des Dekalogs geht, liegt die Vermutung nahe, dass es sich grundsätzlich um das alttestamentliche Gesetz handelt, wobei freilich über dessen Inhalt, vor allem bezüglich der kultischen Gebote (s. unten), zu diskutieren ist. 2) Die Tatsache, dass Jakobus die kultischen Gebote ausspart, ist um so auffalliger, als er trotzdem befiehlt, das ganze Gesetz zu halten. Wie ist dieses Schweigen zu deuten? Setzt Jakobus judenchristliche Leser voraus und spricht deshalb vom Kultgesetz, dessen Halten für sie selbstverständlich wäre, einfach nicht? Das ist aber sehr unwahrscheinlich, wenn man Jak 2,14-26 berücksichtigt. Die Tatsache, dass er trotz seiner guten Kenntnis der paulinischen Rechtfertigungslehre nicht das paulinische Gesetzesverständnis attakkiert (Jakobus spricht von epycc statt wie Paulus von epya vouxn)), deutet darauf hin, dass er sich nicht an diesem Gesetzesverständnis stiess, das die Geltung der kultischen Gebote in Frage stellte. Dies kann nur unter der Voraussetzung der Fall sein, dass für Ja kobus die kultischen Gebote völlig abrogiert worden sind und deshalb nicht mehr erwähnt werden mussten. Sonst hätte er, wenn die kultischen Gebote faktisch in den Hintergrund getreten wären, prinzipiell aber ihre Gültigkeit beibehalten hätten, sicher polemisch auf die paulinische These xcopiq epycov vöuxn) (Rom 3,28) reagiert. Die pauli nische Botschaft muss bei Juden mehr oder weniger Anstoss erregt haben, da sie an der Gültigkeit des ganzen jüdischen Gesetzes inkl. der kultischen Gebote festhielten. Dies gilt gerade auch für die in heidnischer Umwelt lebenden hellenistischen Juden (vgl. unten). 83
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Vgl. Dibelius, 177. Anders Hoppe, Hintergrund 89: »Das Liebesgebot gilt als die Zusammenfassung des Gesetzes schlechthin, in ihm gehen alle anderen Gebote auf, im Gebot der Liebe erfahren alle Einzelgebote ihre Auslegung.« (Betonung von Hoppe) Belege bei Davids, 116. Boyle, Paradox 611-617, weist auf eine stoische Parallele hin, die allerdings als »Parallele«, aber nicht als Quelle unserer Aussage zu betrachten ist (mit Burchard, Nächstenliebegebot 528 Anm. 30). »Das ganze Gesetz« (oKov xöv vouov) bedeutet, wie in Gal 5,3, alle Gebote des Gesetzes. Im Unter schied dazu heisst es in Gal 5,14 ö naq vöuoc,, wobei Paulus die qualitative Totalität des Gesetzes meint: »Euer ganzes Gesetz ist dieser eine Logos« (Hübner, Gesetz 239-256, Zitat 246, Betonung von ihm). Das Ehebruchs- und das Tötungsverbot werden hier wahrscheinlich deshalb aufgeführt, weil sie bei der Rezitation des Dekalogs, bes. dessen zweiter Tafel, am Anfang stehen und somit dessen Gebote vertreten konnten. Vgl. Philo, Decal 51; 121; Mk 10,19; Rom 13,9. Man braucht also die beiden Ge bote nicht unmittelbar auf die Situation der Adressaten zu beziehen (gegen Davids, 117; Cargal, Diaspora 116). Klein, Werk 147, bezieht wegen Parallelität zwischen V. 10 und V. 1 lb das Verbot des Ehebrechens als Pars pro toto auf das »ganze Gesetz« (V. 10). Etwa gegen Michl, 34; Schräge, 24; Schmder, 51; ferner Frankemölle, Gesetz 205. Nach Burchard, Nächstenliebegebot 528-531, sei das »Gesetz der Freiheit« einfach eine Gebotsreihe, zu der das Nächstenliebegebot, die zweite Tafel des Dekalogs sowie das Verbot der Parteilichkeit gehörten. Aber konnten die Adressaten unter dem viy^oq E^euGepia^ eine solche Gebotsreihe, die sonst nirgendwo belegt ist, verstehen? Vgl. unten 5.1.
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»Wort« und »Gesetz der Freiheit«
Aus diesem Grund ist eine judenchristliche Adressatenschaft gar nicht vorstellbar, denn bei ihnen hätte die Gesetzespolemik sicher Anstoss erregt. Daher liegt die Annahme viel näher, dass für Jakobus das Kultgesetz keine Geltung mehr hat. Obwohl er die Abrogation nicht ausdrücklich erklärt, deutet dies m.E. trotz dem darauf hin, dass sie für ihn vorgegeben war. Diese Gesetzesauffassung muss er si cher mit den heidenchristlichen Adressaten geteilt haben. Das Gesetzesverständnis des Jak lässt sich also wie folgt zusammenfassen: grund sätzlich hält er am alttestamentlichen Gesetz fest, wobei der ethische Aspekt hervorge hoben wird, während die kultischen Gebote zurücktreten bzw. faktisch sogar schon abrogiert sind. Der Verfasser des Jak setzt offenbar bei seinen Adressaten sowohl dieses Gesetzes verständnis wie auch die Formel »Gesetz der Freiheit« voraus, denn er erläutert beides nicht weiter. Wenn er das Gesetzesverständnis und die Formel nicht selber erfunden hat, sondern einer Tradition verdankte, was naheliegt, gilt es zu fragen, auf welche Tradition er sich bezog. Hinsichtlich der Hervorhebung des Gebotes der Nächstenliebe ist zunächst auf das Frühjudentum hinzuweisen, in dessen Rahmen Jak bleibt. Auch in der rabbinischen Li teratur fehlt sie nicht. Hier ist also nicht von etwas besonders Christlichem die Rede. Jakobus hat diese Idee aus dem Judentum übernommen, in dem sie sehr verbreitet war. Eine Beziehung zur Jesusüberlieferung (Mk 12,28-34 par.) wird zwar oft angenommen, ist aber m.E. wenig wahrscheinlich. Ein neues Gesetzesverständnis begegnet erst dann, wenn man auf das Problem des Kultgesetzes näher eingeht, denn hier besteht eben ein grundsätzlicher Unterschied zum jüdischen Gesetzesverständnis. 89
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Eine kultkritische Gesinnung ist schon im AT, vor allem bei den Propheten belegt. Hier geht es allerdings um Kritik am Ungehorsam gegen Gott, welcher den Gottesdienst (Kult) verdirbt, und nicht um die Entbehrlichkeit des Kultes. Eine derartige Kultkritik wird wohl nicht zur Abrogation des Kultes (und des Kultgesetzes) geführt haben. Dass es im griechischsprachigen Diasporajudentum Leute gab, die versuchten, durch Allegorese die kultischen Gebote umzudeuten und sie von ihrer wörtlichen Geltung abzulösen, bezeugt Philo. Diesen Leuten gegenüber vertritt er, der selber die kultischen Gebote allegorisch auf Tugenden oder sittliche Grundprinzipien deutet , dass neben dem allegorischen auch der wörtliche Sinn der Gebote beibehalten werden soll. Das gilt ebenfalls vom Aristeasbrief (234: »>Was ist der höchste Ruhm?< Der antwortete: 95
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Gegen etwa Smend/Luz, Gesetz 134, wonach Jak »überhaupt kein Verhältnis zum jüdischen Gesetz hat«. So auch Klein, Werk 153: »Es handelt sich um die — bewusst oder unbewusst — auf ihre ethischen Bestandteile reduzierte Tora«. Dass das »Gesetz« des Jak weitere Materialien enthält, wie z.B. die Jesustradition (vgl. etwa 5,12), ist m.E. eher unplausibel (gegen Klein, ebd.), denn Jakobus legt auf die Jesusüberlieferung kein theologisch grosses Gewicht, sondern übernimmt sie zusammen mit an deren paränetischen Traditionen (s. unten 3.6.3). Testlss 5,2; 7,6; TestDan 5,3; TestSeb 5,1; TestJos 11,1; Philo, SpecLeg II 63; ferner Jub 36,7ff. Sifra zu Lev 19,18 [89b] (vgl. Nissen, Gott 400-407). Vgl. auch Schab 31a (aaO. 390-399). Dort sagt Hillel: »Was dir verhasst ist, das tue deinem Nächsten nicht. Das ist die ganze Tora; das andere ist ihre Auslegung«. Mit diesem Gebot erläutert Targum Jerusalem I (zu Lev 19,18.34) das Gebot der Nächstenliebe (Bill. I 357). S. unten 3.6.2.8. Vgl. 1 Sam 15,22f; Hos 6,6; Jes 1,11; Ps 40,7; 51,18-21; Prov 21,3. Philo, Migr 87-93. SpecLeg III 208f. Hierzu vgl. Hübner, Mark 337.
Der theologische Hintergrund des Jakobusbriefes
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>Gott zu ehren! Dies geschieht aber nicht durch Gaben und Opfer, sondern durch die Reinheit der See le..^«), wobei sich die allegorische Exegese nicht um die Aufhebung der kultischen Gebote bemühte, sondern um eine apologetische Erklärung ihrer Bedeutung, damit sie in der hellenistischen Umwelt gültig bleiben können. In Frage kommt letztlich Pseudo-Phokylides 228: »(Rituelle) Reinigungen bedeuten die Heiligung der Seele, nicht des Körpers«. Es bleibt aber unsicher, ob man hieraus eine Ne gierung der kultischen Gebote herleiten kann. M.E. deutet diese Aussage eher in die gleiche Richtung wie Philo und der Aristeasbrief. 97
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In der Tat herrschte im Judentum die Gesinnung der Gesetzesverteidigung vor. Dort findet sich der Konsens, dass alle Gebote der Tora in praxi gültig bleiben . Daher ist es im Rahmen des Judentums äusserst schwer vorstellbar, dass man dort auf die Ab schaffung der kultischen Gebote gezielt hat. Man kann also das Gesetzesverständnis des Jak nicht ausschliesslich von seinem hellenistisch-jüdischen Hintergrund her erklären. Die radikale Kritik am Kultgesetz und die Proklamation seiner Ungültigkeit kommt erst im Urchristentum auf. Bei den frühen hellenistischen Judenchristen, von denen die Heidenmission ausging (Act ll,19ff.), findet sich wohl ein Gesetzesverständnis, für das das Kultgesetz nicht mehr bindend ist. Hier handelt es sich offenbar um die Freiheit ge genüber dem Kultgesetz. Im Hintergrund dieses Gesetzesverständnisses steht wohl die Heidenmission durch die Diaspo^agemeinden. Diese Gesetzesauffassung hat den Judenchristen der Diasporagemeinden die Heidenmission ohne Observanz der Ritualgebote ermöglicht, ohne dabei ihre eigene Verbundenheit mit dem Gesetz zu verlieren. Das Gesetzesverständnis des Jak, in dem das Kultgesetz stillschweigend ausgelassen ist, steht wahrscheinlich unter dem Einfluss derjenigen Traditionen, die auf das 99
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Arist 143: »Einerseits ist nämlich alles im ganzen genommen hinsichtlich des natürlichen Sinnes gleich, da es ja durch eine Macht regiert wird, andererseits hat jedes für sich einen tiefen Sinn: so wohl das, was wir vermeiden, als auch, was wir benutzen«; vgl. auch 170 (Opferung). Bei den weis heitlichen Schriften ist das kultische Interesse zwar in den Hintergrund getreten, was sich primär vom Aufgabenbereich der Weisheitslehrer her verstehen lässt (von Rad, Weisheit 242), aber nicht ganz ausgelöscht worden; vgl. Sir 7,9.29-31; 14,11; 31(34),21-23; 32(35),l-4.6-13; 44,20; 45,6-22; 50,lff.; Weish 3,6; 18,9; TestRub 1,10; 6,8-10; TestLev 3,6; 9,7-14; TestJud 18,5; Testlss 3,6; 5,3; TestDan 5,9. Horst, Pseudo-Phocylides 202. Vollenweider, Freiheit 179. Vgl. Jak 2,10f.; Gal 5,3. Vgl. Hengel, Judentum 563f. Ob diese Freiheit auf die »Hellenisten« zurückgeht, lässt sich nur schwer sagen. Gegen die verbreite te Haltung vertritt neuerdings Rau, Jesus bes. 15-83, dass Stephanus und die Hellenisten nicht geset zeskritisch eingestellt waren. So auch Berger, Theologiegeschichte 146. Zum Verzicht der antiochenischen Gemeinde auf die Beschneidung der Heiden meint Rau: »Er ist ursprünglich offen bar eher beiläufig vorgenommen worden und zieht erst zu einem relativ späten Zeitpunkt die Auf merksamkeit auf sich, und zwar dann, als von judenchristlicher Seite Anstoss daran genommen wird« (aaO. 82. Hervorhebung von Rau). Diese Diskussion spielt hier aber vorläufig keine Rolle; uns kommt es nur darauf an, dass bei der antiochenischen Heidenmission auf die Beschneidung verzich tet wurde. Dass die Heidenmission bereits vor und auch neben Paulus betrieben wurde, ist unzweifelhaft: Act 8,4ff. (Mission in Samarien durch Philippus, einen der Hellenisten); 10,lff. (Bekehrung von Korne lius durch Petrus); ll,19ff. (Heidenmission durch Hellenisten in Zypern, Phönizien und Antiochien). Ferner: die römische Gemeinde, die sicher ohne Zutun des Paulus entstand; der Heidenmissionar Apollos aus Alexandrien, wo eine heidenchristliche Gemeinde anzunehmen ist; die Wander missionare in 2 Kor, die zwar jüdischer Herkunft sind, aber offensichtlich weder Beschneidung noch strikte Gesetzesobservanz fordern. Vgl. Becker, Paulus 98f.
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»Wort« und »Gesetz der Freiheit«
»antiochenische« Christentum zurückgehen. Der Verfasser des Jak muss in diesem ju denchristlichen Strom zu Hause sein, der sich seit langem mit der Heidenmission beschäftigte. Da er aber dieses Gesetzesverständnis ohne Kultgesetz einfach vorausset zen kann, ohne darüber weiter diskutieren zu müssen, ist für ihn die Gesetzesdiskussion des frühesten Christentums offensichtlich nicht mehr aktuell. Da sowohl Paulus als auch Jakobus ihr Gesetzesverständnis grundsätzlich dieser antiochenischen Auffassung verdanken, lässt sich das Verständnis des Jak nicht als »antipaulinisch« bezeichnen; es dürfte eher nebenpaulimsch sein, denn die beiden sind sich in der Aufhebung der kultischen Gebote einig. Das jakobinische Verständnis unterscheidet sich nur, aber entscheidend von dem paulinischen darin, dass man dort an der grundsätzlichen Geltung des »Gesetzes« festhält, freilich wird es bei Jak als »Gesetz der Freiheit« bezeichnet. Schliesslich ist nach der Formel »Gesetz der Freiheit« zu fragen: Worauf ist das At tribut »der Freiheit« zu beziehen? Wenn man von der zwar nicht selbstverständlichen, aber doch naheliegenden Vor aussetzung ausgeht, dass das Attribut mit dem oben beschriebenen Gesetzesverständnis des Jak zusammenhängt, legt sich die Vermutung nahe, dass »die praktizierte Freiheit vom (Kult-) Gesetz auf den Begriff gebracht worden« ist. Jakobus dürfte diese For mel samt dem dadurch formulierten Gesetzesverständnis einfach rezipiert und wiederge geben haben, obwohl für ihn die Freiheit vom Kultgesetz eine schon längst erledigte Fra ge war. Es wird dann wohl unnötig sein, das »Gesetz der Freiheit« als eine ironische Reak tion auf die paulinische Auffassung von »Freiheit vom Gesetz« anzusehen. Die Formel war in ihrem ursprünglichen Sinne nicht antipaulinisch. Jakobus greift ja gerade nicht das Gesetzesverständnis des Paulus an, was man aus Jak 2,14-26 ersehen kann. 103
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Vollenweider, Freiheit 186. Zu anderen Interpretationen vgl. Popkes, Law 13 lf. Zu Versuchen, die Verbindung vom Gesetz und der Freiheit aus jüdischer Tradition bzw. aus hellenistisch-stoischen Texten abzuleiten, vgl. Franke mölle, I 354, der zu Recht bemerkt: »Diesen Gedanken, dass die jüdischen und griechischen stoi schen Weisen, die sich der göttlichen Weltordnung unterordnen, wahrhaft frei werden, ist nicht die Aussage des Jakobus«. Er selber (aaO. 346) will den Genitiv rry;feXetftepiou;qualitativ verstehen: »Das Gesetz ist Freiheit, Jakobus kennt ein freies Gesetz, wie er ein vollkommenes und königliches Gesetz kennt«. Ihm gelingt es m.E. aber nicht, dieses »freie Gesetz« durch Verbindung mit der schöpfungstheologischen Aussage in l,17f. als »redaktionell« (aaO. 354) zu erklären (hierzu vgl. obenS. 111 Anm. 80). Gegen Popkes, Adressaten 68-70; vgl. Eckart, Terminologie 524-526; kritisch Hoppe, 48. Popkes mutmasst in seinem späteren Aufsatz, dass das »Gesetz der Freiheit« eine aus der Freiheitsbotschaft des Paulus deduzierte Formel gewesen sei, die ursprünglich mit dem Nächstenliebegebot identisch gewesen, aber falsch verstanden und in Richtung Libertinismus gedeutet worden sei, was Jakobus korrigieren wollte (ders., Law 137ff.). So ist man wiederum um die Versöhnung von Jak und Paulus bemüht. Klein, Werk 137-144, kommt nach einem traditionsgeschichtlichen Überblick zu der inter essanten, aber schwer verifizierbaren These, dass die Formel vöuoc,feXevOepiac,»im Umkreis der paulinischen Theologie durch eine Verbindung seiner Lehre der christlichen Freiheit mit seiner Rede vom >Gesetz Christi< entstanden« ist (aaO. 143; vgl. Rom 8,2; Gal 5,13; 6,2).
3.5 Weisheit (ocxpia) Es besteht kein Zweifel daran, dass der Verfasser des Jak mit der alttestamentlichjüdischen Weisheitstradition gut vertraut ist. Das lässt sich schon daran erkennen, dass er in 1,5 und 3,13 ff, wo es um »ein Problem auf Seiten der Adressaten« geht, von der Weisheit selbst unverkennbar positiv redet. Sein weisheitlicher Hintergrund ist auch aus seinem Wortschatz ersichtlich: Nach B. R. Halson entstammen von 67 Hapaxlegomena des Jak im NT 52 der Septuaginta, und davon 34 den weisheitlichen Schriften (= 65%). Ausserdem enthält Jak 21 Wörter, die ausser Jak nur noch einmal im NT vorkommen, von denen aber 19 in der Weisheitslitera tur erscheinen (= 90%). Dass Jak von der alttestamentlich-jüdischen Weisheitstradition beeinflusst ist, lässt sich wohl auch aus Jak 1,5 ersehen, wo es um die Vollkommenheit und die Weisheit geht, was stark an die Aussage in Weish 9,6 erinnert. Man stösst aber auf Schwierigkeiten, wenn man über diese etwas allgemeine Feststel lung hinaus versucht, die Weisheit in Jak traditionsgeschichtlich zu präzisieren, denn der Weisheitsbegriff spielt in Jak nur eine untergeordnete Rolle. In 1,5 ist vom Inhalt der Weisheit gar keine Rede. In 3,13-18 geht es hingegen um den Gegensatz zwischen der Weisheit »von oben« und der »irdischen« Weisheit (3,15.17), wobei aber zu bemerken ist, dass es dem Verfasser des Jak durchaus darauf ankommt, durch welche Handlungen die Weisheit zu bestätigen ist; vom Inhalt der Weisheit ist wiederum kaum die Rede. Einen Anhalt zur Traditionsgeschichte könnte der Gegensatz zwischen der Weisheit von oben und der irdischen bieten, wenn es sich dabei tatsächlich um zwei gegensätzliche Weisheiten handelt, denn es ist in einem bestimmten Strom der Weisheitstradition auffallig, von zwei gegensätzlichen Weisheiten zu reden. Hier geht es aber wahr scheinlich nicht um eine Lehre über zwei Arten von Weisheiten, sondern um eine polemi sche Zuspitzung des Verfassers, weil der Gegensatz zwischen der Weisheit »von oben« und der »irdischen, seelischen, teuflischen« Weisheit offensichtlich dem Gesamtthema des Briefes (Alternative zwischen Gott und der Welt, vgl. oben 2.5) entspricht. Die Ei genschaften »irdisch, seelisch, teuflisch« sind unter diesem Aspekt kontextuell gut veran kert. 106
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Vgl. oben 2.1.3. Popkes, Adressaten 112. tfa/so/j, Epistle 308f. Vgl. Frankemölle, I 212-214, der auch auf Sir 4,11-19 (Zusammenhang von Prüfungen und Weis heit) hinweist. Vgl. ferner Gowan, Wisdom 145-153. Vgl. oben 2.2.2.1 zu Jak 1,5 und 2.3.2.2 zu Jak 3,13-18. In 1,5-8 liegt der Schwerpunkt nicht auf der Weisheit an sich, sondern auf dem »Bitten« um die Weisheit. In 3,13-18 handelt es sich nicht um Inhalt der Weisheit, sondern um die Werke, die die Weisheit bzw. das Weise-Sein bestätigen. von Ups, Traditionen 435. Die Aussage Sir 19,20.22, auf die Frankemölle (II 544) gegen von Ups hinweist, lässt sich nicht als Analogie verstehen (mit von Ups, ebd.), denn es geht dort offenbar nicht um zwei Weisheiten (Sir 19,22: K a i OUK EOTIV aocpia novnpiac, kni<mpx\). Das »irdisch« (ejuyeioc,) steht unzweifelhaft im Kontrast zu »von oben kommend« (avcoöev K a x e p XeuevrO, vgl. 1 Kor 15,40; 2 Kor 5,1; Phil 2,10; 3,19; ferner Joh 3,12. Zu »teuflisch« (5aiu<)ntDön<;) vgl. Jak 4,7: Da der Teufel (SidßoAxx;) dort zu Gott kontrastiert (vgl. auch 2,19: 8ai|i6via), wird
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Weisheit
Die Formulierung axm\ i\ aocpia (3,15) darf hingegen nicht einfach den rhetorischen Aussagen des Verfassers zugeschrieben werden. Hier handelt es sich wohl um ein Selbst verständnis seitens der Adressaten: Es gibt unter den Adressaten Christen, die sich ihrer angeblichen Weisheit (bzw. ihres Weise-Seins) rühmen (3,14), wobei aber wenig wahr scheinlich ist, dass es um eine bestimmte Weisheitslehre geht. Sonst hätte der Verfas ser den Inhalt der Lehre aufgegriffen. Daher gelingt es kaum, Jak mit einer bestimmten Weisheitstradition zu verbinden. Vielmehr wird man sich mit der allgemeinen Feststellung zufriedengeben müssen, dass Jak in der alttestamentlich-jüdischen Weisheitstradition steht. Da Jakobus sein Weis heitsverständnis bei den Adressaten voraussetzt, ist dahinter ein gemeinchristlicher Hin tergrund zu vermuten. Dabei muss als Überlieferungsmittel der weisheitlichen Tradition wohl primär an urchristliche Paränese gedacht werden. Dafür spricht, dass Jakobus in 3,14.16f. Laster und Tugenden katalogartig anreiht. Er dürfte dann von der Weisheit wohl ganz allgemein reden, wenn er sich auf das gemeinchristliche Einverständnis be zieht, dass die Weisheit für den Glaubenden wertvoll und unentbehrlich sei, um Gott ge horsam zu sein (vgl. Jak 1,5). Daher kann man sagen, dass die »Weisheit« für Jak ein zusammen mit den paränetischen Materialien übernommenes theologisches Element dar stellt. 113
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»teuflische« Weisheit das Gegenteil der »von oben kommenden« Weisheit bedeuten. Das Adjektiv fallt wegen der paulinischen Belege auf (1 Kor 2,14; 15,44[bis].46; auch Jud 19). Das wird allerdings wohl dem hellenistisch-jüdischen Hintergrund des Verfassers entstammen (vgl. Fran kemölle, II 540-543); bei Jak scheint der Dualismus von nvzx^iaxiKix; und yvxiKÖc, anders als bei Paulus nicht problematisch zu sein (gegen Pearson, Terminology 14, nach dem Jakobus den 1 Kor gelesen habe). Zur alten Hypothese, die hinter unserer Stelle eine antignositische Front annimmt (Schammberger, Einheitlichkeit bes. 33-37; Schoeps, Theologie 343-349), vgl. die Kritik bei Popkes, Adressaten 35; Kürzdörfer, Charakter 14f. Vgl. hierzu eingehend unten 4.2.1.2. Klein, Werk 195, bemerkt mit Recht: »Wenn man natürlich alle Schriften, die in irgendeiner Form weisheitliche Traditionen verarbeiten, als >weisheitlich< bezeichnen wollte, dann wäre auch der Jako busbrief eine Weisheitsschrift. Es ist allerdings fraglich, ob bei einem so weiten und undiffe renzierten Begriff von >weisheitlich< sinnvolle traditionsgeschichtliche Arbeit überhaupt noch möglich ist.« Vgl. Ups, Traditionen 431. Vgl. oben 2.3.2.2.
3.6 Jesusüberlieferung im Jakobusbrief 3.6.1 Voraussetzungen der Analyse Es wird allgemein anerkannt, dass sich in Jak bestimmte Logia Jesu finden. Die Exegeten sind sich aber nicht einig, wie folgende Fragen beantwortet werden können: Wieviele Logia enthält der Brief und woher stammen sie? Kennt der Verfasser des Jak einfach einzelne Logia oder entnimmt er sie einem ganzen Traditionskomplex? Wie haben ihn die Logia erreicht — durch literarische Abhängigkeit von einer Evangelienschrift oder durch überlieferungsgeschichtliche Beziehung? Kennt er die Logia überhaupt als Worte Jesu? Diese Fragen sind von grossem Belang bei der Frage nach dem Ort des Jak in der früh christlichen Geschichte. Die Schwierigkeiten dieser Fragen ergeben sich vor allem daraus, dass der Verfasser des Jak die Logia nicht mit einer Zitationsformel zitiert. Darum kann man meistens kaum mit Sicherheit entscheiden, ob sich Jakobus auf ein Wort Jesu bezieht oder nicht. Die Meinungen der Exegeten gehen so sehr auseinander, dass einer nur 4 Logia in Jak er kennt, während ein anderer 65 zu finden meint. Es gibt 20 Stellen in Jak, denen weitum eine Beziehung zur Jesusüberlieferung zu gestanden werden. Während sich einige unzweifelhafte Parallelen, wie z.B. Jak 5,12, finden, kann man bei manchen Fällen nur von thematischen Ähnlichkeiten sprechen. Da die historische Zuverlässigkeit des rekonstruierten Überlieferungsprozesses für unsere Arbeit von Belang ist, empfiehlt es sich, die Analyse auf die Stellen zu beschränken, de nen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Beziehung zur Jesusüberlieferung zugestanden werden kann, um zu vermeiden, aufgrund einer unsicheren Analyse eine noch unsicherere Hypothese aufzustellen. Analysiert seien folgende Textabschnitte. Bei der Beurteilung der Beziehung zur Jesusüberlieferung wird vor allem die wörtliche Übereinstimmung berücksichtigt, denn sie ist ein primär gültiges Kriterium der überlieferungsgeschichtlichen Beobachtung. Mo tivische Verwandtschaft wird nur sekundär in Betracht gezogen: 117
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Vgl. die ausfuhrliche Liste bei Deppe, Sayings 231-233; danach nennend. H. McNeile und E. Lohse nur 4 Logia, wobei Lohse bemerkt, die Beispiele noch vermehren zu können {ders., Glaube 9). An dererseits zählt J. B. Mayor 65 (ders., lxxxv-lxxxviii), A. Schlatter 57 (ders., 10-21) und P. H. Da vids 52 Logia (James 66f). Alle genannten Stellen wurden von Deppe, aaO. 233-257, aufgelistet. Deppe, aaO. 237f., sammelt die Meinungen von 60 Exegeten; mehr als 20 von ihnen nennen diese 20 Stellen, die Deppe selbst ausführlich analysiert (aaO. 61-149). Davids, James 66f. mit Anm. 15, klassifiziert wie folgt jede von ihm angeführte Stelle nach der Wahrscheinlichkeit der Beziehung: »close allusion = verbal parallels as well as same idea, possible allusion = less convincing verbal similarity yet same idea, basic concept = no verbal parallels, but similar idea«. Als Beispiel für »basic concept« vgl. Jak l,9f. (Mt 18,4; 23,12; Lk 14,11; 22,26); 1,17 (Mt 7,11; Lk 11,13). Die unten genannten Stellen entsprechen mit Ausnahme von Jak 5,9 den von Deppe aufgelisteten 20 Stellen, auf die mehr als 20 Exegeten hinweisen; aber auch Jak 5,9 wurde noch relativ häufig (18 Exegeten) aufgegriffen (s. Deppe, aaO. 238).
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Jesusüberlieferung im Jakobusbrief
(1) Beziehung zur Jesusüberlieferung fast sicher. Jak l,5/4,2f. (Mt 7,7/Lk 11,9); (Mk ll,23f./Mt 21,21f); 5,12 (Mt 5,33-37). (2) Beziehung zur Jesusüberlieferung wahrscheinlich: Jak 4,9 (Lk 6,25). (3) Beziehung zur Jesusüberlieferung unsicher bzw. wenig wahrscheinlich: Jak 1,2 5,llf./Lk 6,22f); l,22f. (Mt 7,24.26/Lk 6,46f.49); 2,5 (Mt 5,3/Lk 6,20); 2,8 12,28-34/Mt 22,39/Lk 10,27); 3,12 (Mt 7,16-18; 12,33-35/Lk 6,43f); 4,10 23,12/Lk 14,11; 18,14); 4,11 (Mt 7,lf./Lk 6,37f); 5,9 (Mk 13,29/Mt 24,33).
l,6f.
(Mt (Mk (Mt
Die Mehrheit der Forscher nimmt an, dass Jak nicht von einem der synoptischen Evangelien abhängig ist, sondern mit den Logia Jesu eine überlieferungsgeschichtliche Beziehung hat. Dabei richtet man die Aufmerksamkeit besonders auf das Verhältnis von Jak zur Bergpredigt bzw. zur Feldrede. Gern wird auf die »Anklänge an die Entfaltung des Q-Materials der Q weiterüberliefernden matthäischen Gemeinde« hingewiesen. Diese überlieferungsgeschichtliche Hypothese soll unten kritisch überprüft werden. 121
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3.6.2 Überlieferungsgeschichtliche Analyse (1) Fangen wir mit der ersten Gruppe an:
3.6.2.1 Jak1,5; 4,2/. (Mt 7,7/Lk 11,9; vgl. Lk6,38a) Jak 1,5: aucerc© rcapa w o Sioovroq Oeou.Kai 8o6f]
kockom;
Xjaußavete
Sum
aixeiaGe,...
Mt 7,7/Lk 11,9: a i t e l x e Kai 6oGfi
Zur Forschungsgeschichte vgl. u.a. Deppe, aaO. 13-30. In Frage kam vor allem die Abhängigkeit vom Matthäusevangelium: Shepherd, Epistle 40-51, meint, Jakobus kenne Mt, wobei Shepherd den Mangel von exakten Zitaten so erläutert: Jakobus habe keine schriftliche Kopie des Mt vor sich, sondern das Evangelium »was known to him from hearing it read in his church« (aaO. 47). Dagegen nimmt Gryglewwz, L'Epitre 33-55, eine schriftliche Abhängigkeit an. Vgl. dagegen Mussner, 51 Anm. 1; Deppe, aaO. 261150-166. 122 vgl Popkes, Adressaten 156-176; ferner Davids, James 63-84; Hartin, Sermon 440-457. Hoppe, Hintergrund 148 (vgl. aaO. 119-148; ders., 54-58). Dies vertritt ferner Hartin, James 140198, mit ausführlichen Textanalysen. 1 2 3
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Der theologische Hintergrund des Jakobusbriefes 124
Da man hierbei zwischen Aktiv und Medium keinen Bedeutungsunterschied findet, wird man dieses Phänomen mit G. Kittel so erläutern dürfen, »dass der Verfasser zwar im allgemeinen das Medium gebrauchte, dass aber in der ihm vertrauten griechischen Überlieferung des Jesuswortes die aktivische Form gegeben war« . Bezüglich 4,3 ist aber zu bemerken, dass im Nachsatz nicht wie in 1,5 6o6fiaetai, sondern Xcqißdvexe erscheint. Das Paar aixelv und Äxxußaveiv dürfte neben Mt 7,7/Lk 11,9 auf eine andere Überlieferung hinweisen: Mk ll,23f./Mt 21,21f. (vgl. unten). Vielleicht könnte Jak 4,3 eine Vermischung beider Überlieferungen sein, die sowohl formal wie inhaltlich sehr verwandt sind. 125
3.6.2.2 Jak l,6f. (Mk ll,23f./Mt 21,21f.) Jak l,6f: CCVCEVCCD 5e ev rciom u.T}oev 8uxKpiv6u£vo<;*... JJLT| Y&p oieoGco ö dvGpcöJccx; eKeivoq Ott Xx\\\xfzxox xi rcapa xov Kupioi),... Mk ll,23f: K a i jxf| 8iaKpi6f\ ev tf\ KapSia axrari) aXka mare\>r|... Mt 21,21 f.: edv e%r|Te niaxiv K a i |if| SmKpiGfrre,... Kai.jcdvra ö a a av aiTnarrte ev xr\ rcpoae'oxfi mare\)ovTe<; Xfp\|rea0e.
Hinter V.6 lässt sich aus sprachlichen Gründen eine Aufnahme der Überlieferung postulieren: Erstens, Jakobus verwendet das Wort Tciaxtq hier deutlich im Sinne »Vertrauen«, während er es sonst im Sinne von christlichem »Glauben« gebraucht (vgl. 2,1.5.14ff.). Zweitens, das Verb ouxKpivoum bedeutet hier »zweifeln«, anders als in 2,4 (»unter euch selbst Unterscheidungen vornehmen« ), wo das Wort nicht auf Überlieferung zurückgeht und deshalb des Verfassers eigenen Gebrauch dieses Wortes zeigt. Die Wörter aixelv, niaxv;, SiaKpiveiv sowie Xaußdveiv legen die Annahme einer Beziehung zu Mk 1 l,23f./Mt 21,21f. nahe. Wenn man Mk und Mt vergleicht, wird man wohl sagen können, dass die matthäische Version unserem Text nähersteht als die markinische, denn in Mt 21,22 ist das aixeiv im Aktiv (aiTnarrce. Mk 11,24: avceioGe) und das Empfangen erscheint als Konsequenz des Erbittens (Ä,f|UA|/ea6e). Allerdings finden sich wörtliche Übereinstimmungen weder in Mt noch in Mk, so dass eine Abhängigkeit von einer dieser Versionen unwahrscheinlich ist. 126
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So Dibelius, 26lf., und Moo, 142. Mayor, 137f, erklärt die Unterscheidung so, dass das Aktiv »using the words without the spirit of prayer« impliziere. Dagegen BA 48. Nach Dibelius, ebd., sei der Wechsel »rein formal bedingt« (ent6vu£vte,
1 2 5
Kittel, Ort 89. So auch Mussner, 179; Davids, 160; Adamson, 169. Jak 5,15: fj evxfi xfjc, niorttoc,. Die Bedeutung des Ausdrucks ist nicht klar, aber hier könnte vielleicht vom »Vertrauen« zu Gott die Rede sein. Übersetzung von Schnider, 54. Ropes, 192 übersetzt SifiKpiörrce »Ye have wavered, doubled« (vgl. auch BA 37lf.: »Bedenken tragen, zweifeln«); dagegen spricht ev eauroic, (»unter euch«. Gegen Mussner, 119, nach dem dies mit »in eurem Innern« zu übersetzen sei). Hierzu passt »unterscheiden« viel besser. Vgl. Davids, 110; Martin, 57. Insofern hat Shepherd, Epistle 44, recht.
aixevce). 1 2 6
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121
Jesusüberlieferung im Jakobusbrief
Femer ist zu bemerken, dass diese Überlieferung Variationen hat, die sich in Lk 17,6 und Mt 17,20 finden, wobei in Lk 17,6 die ältere Fassung erhalten sein dürfte. Wenn man diesen Sachverhalt zusammen mit dem unterschiedlichen Wortlaut zwischen Mt 17,20 und Lk 17,6 sowie zwischen Mk ll,23f. und Mt 21,21 f. berücksichtigt, hegt die Annahme relativ nahe, dass dieses Logion ausser in Mk 11,23 f. auch in weiteren Versionen isoliert überliefert worden ist. Trifft diese Annahme zu, dann kann man bei Jak mit der m.E. wahrscheinlichen Möglichkeit rechnen, dass Jakobus nicht die von Mk aufgenommene und von Mt revidierte und auch nicht die in Mt 17,20 und Lk 17,6 tradierte, sondern eine andere Überlieferung gleicher Wurzel kennt. Die Abhängigkeit von einem Evangelium ist also auszuschliessen. 129
130
3.6.2.3 Jak5J2
(Mt 5,33-37)
Jak 5,12: \Lr\ 6u,v\>£xe \IX\ZE xöv ovpavöv u.f\xe xi\v yr\v u,fyce dXÄov ttvot öpKov fJTtD 8e TO vai vai Kai TÖ QX> oft, Iva \ir\ imö Kpiaiv icearyce. Mt 5,33ff.: frycb 6e A&yco vu.iv öuaom öAxoq- \irytE ev t o otipavd), &u..., |if|xe ev zr\ yn, 6xi..., u,f|X£ exc, 'IepoaoÄ/uua, oxi..., |if|xe ev zf\ KeqxxXfi aot) 6|i6or|q, 6xi... eoxcö 8e 6 Xoyoq tyiaiv vai vai, oft ox>t o 6e jcepiaaov tovccov eK xox> navr\pax> eariv. Dass Jak 5,12 mit Mt 5,33-37 überlieferungsgeschichtlich zusammenhängt, steht ausser Zweifel. Hier handelt es sich um zwei Versionen einer Überlieferung, die auf Jesus zurückgeht. Die Exegeten sind sich jedoch darin nicht einig, ob Jak oder Mt die ältere Fassung des Logions bewahrt hat; m.E. findet sich die ursprüngliche Form wohl in Jak 5,12 (u.fj öu,v\>£T£...) ohne den Schlusssatz (iva |xfi i)no Kpiaiv nkarpe). 131
132
Die Argumente sind: 1) Die antithetische Form Mt 5,33f. wurde wahrscheinlich sekundär zugesetzt, um unser Logion in die Antithesen einzureihen. Denn diese These bezieht sich, anders als die übrigen Thesen (Mt 5,21.27.38.43), nicht direkt auf ein alttestamentliches Gebot. 2) Sowohl die Begründungssätze in Mt 5,34-36 wie die Hinweise auf Jerusalem und auf »dein Haupt« (Mt 5,35f.) sind sekundäre Zufügungen, denn Jakobus hätte diese Komponenten nicht auslassen müssen. 3) Die jakobim133
1 2 9
So Gnilka, Mk II 133, und Schulz, Q 465-467. Nach Sato, Q 21, ist die Zugehörigkeit dieses Spruchs zu Q »wohl möglich, aber unsicher«. Gnilka, ebd.: »Die drei Jesusworte [Mk ll,]23-25 sind von Haus aus isoliert überlieferte Sprüche, wie ihr Vorkommen an verschiedenen Stellen in den synoptischen Evangelien beweist«. Dautzenberg, Schwurverbot 47-66, meint, der Ursprung dieser Überlieferung sei nicht Jesus, sondern sei »in strengeren (hellenistisch?)-judenchristlichen Kreisen zu suchen. Über sie ist die im Judentum beheimatete Eidkritik in das Neue Testament gekommen« (aaO. 65). Dagegen spricht aber schon die Singularität des absoluten Eidverbotes im Judentum. Zur Eidkritik im Judentum vgl. Haraguchi, Prohibition 88-96, und Luz, Mt 1282f. Weitere Einwände gegen Dautzenberg bei Ito, Question 5-13. 132 pfl,. Priorität des Jak entscheiden sich: Luz, aaO. 280f.; Davies/Allison, Mt I 533; Schräge 55f.; Hoppe 111; Haraguchi, aaO. 112-118, u.a. Dagegen Mussner, 216; Ropes, 301; Kutsch, Rede 214; Ito, Understanding 118ff., u.a. Luz, aaO. 280f; Gnilka, Mt I 173. Strecker, Antithesen 57f, hält es hingegen für denkbarer, »dass im Zusammenhang sekundärer paränetischer Überlieferung die ursprüngliche antithetische Form verlorenging.« 1 3 0
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Der theologische Hintergrund des Jakobusbriefes
sehe Form uuüv xö vai vai Kai tö au ao ist ursprünglicher gegenüber Mt 5,37 eara> & ö Xöyoc, üp.o)v vai vai, oti o\>; in der letzteren lässt sich deutlich der Versuch erkennen, die jakobinische Form verständlicher zu machen, abgesehen davon, ob das doppelte Ja bzw. Nein eine neue, die alte Form ersetzende Beteuerungsformel sei. 4) Der Schlusssatz des Jak (Iva UTJ WCÖ Kpiaiv jcKrnxe) ist wahr scheinlich in Hinblick auf eine Entsprechung mit 5,9 (Iva ut] KpiOrrte) redaktionell zugefügt worden. Andererseits dürfte aber auch Mt 5,37b sekundär sein. 134
135
Es ist also wahrscheinlicher, dass Jak 5,12 die ursprünglichere Fassung der in Mt 5,33-37 bewahrten Überlieferung belegt. Dies schliesst die Möglichkeit einer direkten Abhängigkeit des Jak von Mt aus. Da aber diese Überlieferung zum matthäischen Son dergut gehört, wird man daraus wohl auf eine geographische Nähe zwischen Jak und Mt schhessen dürfen. Dass spätere Zeugen unserer Überlieferung eine gemischte Form von Jak und Mt aufweisen, spricht wohl auch dafür . 136
(2) Bei folgender Stelle ist eine Beziehung zur Jesusüberlieferung wahrscheinlich.
3.6.2.4 Jak 4,9 (Lk 6,25) Jak 4,9: xaAxxuccoprnoaTe Kai TtevO^oaxe Kai
KÄXXVGQLXE,
o yeXax;tiu,ä>veic; nevOoc; iieTaxpanfricD, i\ x«pa eiq KaTf|
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Man neigt immer mehr dazu, dies nicht als Beteuerungsformel anzusehen: Luz, aaO. 285f; Gnilka, aaO. 175f; Davies/Allison, Mt I 538. Gnilka, aaO. 172f, und Davies/Allison, aaO. 538, weisen den Satz der matthäischen Redaktion zu, denn JcepioxjEuco/jceppiooöq sowie Jtovnpöc, sind Vorzugswörter von Mt (vgl. Davies/Allison, ebd. Anm. 45). Etwa Justin, Apol I 16,5: loxoa 5e uuüv xö vai vai, Kai xö ox> ox>- xöfie«epioxiöv xouxcov EK XOU Äovrpou. Ferner Clem.Alex., Strom V 99,1; PsClem, Horn III 55,1; 56,3. Weitere Belege bei Da vies/Allison, aaO. 538, und Deppe, Sayings 148f. Dibelius, 212.
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Jesusüberlieferung im Jakobusbrief 138
der LXX belegt wird, ist die Umkehr von Lachen zu Trauern und Weinen bei Lk und Jak auffallend. P. J. Hartin rechnet aufgrund dieser Verwandtschaft »not in form, but in content« damit, »that James and Luke have utilized a traditional saying of Jesus and have adapted it to the context of their own teaching« . Dies kann aber nicht ganz überzeugen, denn Lk 6,25b ist ursprünglich keine isolierte Überlieferung, sondern muss vielmehr ein aufgrund von Lk 6,21b und wohl auch von Mt 5,4 sekundär formulierter Satz sein und konnte deshalb nur im Rahmen der Weherufe begriffen werden. Darum kann man nur an diesen Weheruf denken, falls man hinter Jak 4,9 eine Jesusüberlieferung postuliert. Dies ist aber nicht selbstverständlich. 139
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(3) Bei folgenden Stellen ist eine Beziehung zur Jesusüberlieferung unsicher bzw. wenig wahrscheinlich.
3.6.2.5 Jak 1,2 (Mt 5,llf./Lk 6,22/.) Jak 1,2: näcav %apdv fiynactoGe, ...öxccv neipaou,oi<; rcepureanre Mt 5,12: %aiptxt K a i dyaXAiäaGe, bxi... Lk 6,23: xäpTpE &v £Keivr| xf\ f|U£pa Kai OKiprnaaTE,...
JIOIK&OU;, ...
P. H. Davids hält es für »quite possible«, dass das Q-Logion hinter Jak 1,2 steckt, denn: 1) Es gibt weitere Berührungen von Jak mit der Makarismus-Überlieferung. 2) Das Stichwort %apdv (Jak) - %atpexe (Mt)/xäprjT£ (Lk). 3) Das Beispiel der Propheten, die
man trotz ihres früheren Leides jetzt selig preist (vgl. Jak 5,10f; Mt 5,12/Lk 6,23). P. J. Hartin bringt ein weiteres Argument vor: 4) Das Verb uaKapi£ou£v (Jak 5,11) erinnert anu.aKdpioi.
143
Man weiss aber nicht sicher, ob die Makarismen in Jak (1,12.25; 5,11) von den synoptischen beeinflusst sind. Für ein negatives Urteil spricht m.E., dass der Makarismus des Jak nicht mit der Form der Synoptiker (uxxKdpiot oi...), sondern mit derjenigen der LXX (uxxKdpux; dvf]p ö $ . . . ) übereinstimmt. Dies legt die Vermutung nahe, dass Jakobus nicht die synoptischen Makarismen, sondern die LXX-Makarismen nachbildet. 144
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Vgl. LXX Gen 37,35; 2 Reg(2 Sam) 19,2; 2 Esr(Ne) 11(1),4; 18(8),9; Sir 7,34; femer 2 Reg(2 Sam) 13,37; Ps 77(78),63f; Jes 16,8f. Vgl. Deppe, Sayings 110 mit weiteren Argumenten. Dies wird zu einer weiteren Supposition führen, dass Jak 5,1 auf den Weheruf von Lk 6,24 zurückgehen könnte. Hartin, James 152. Gemeint ist wohl die fehlende Weheruf-Form. Ebd. Luz, Mt 1200 Anm. 9, sieht, dass die Weherufe Lk 6,24.25b den matthäischen Wortlaut (jtevÖowTec, statt KXaiövxeq) voraussetzen. Sato, Q 49, denkt, dass Mt 5,4 »den Wortlaut der Weherufe Lk 6,24f. in Q-Lukas beeinflusst« hat. Einen Einfluss in umgekehrter Richtung nimmt Schürmann, Lk I 339f, an. Vgl. auch Davies/Allison, Mt 1447. Davids, James 71; Hartin, James 158-161. Auch Kittel, Ort 85, bringt Argumente 2, 3 und 4 vor. LXX Ps 1,1; 31(32),2; 33(34),8; 39(40),4; 83(84),5; 111(112),!; Prov 8,32; 28,14; Sir 14,1.20.
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Der theologische Hintergrund des Jakobusbriefes 145
Das Vorbild der Propheten ist zu allgemein, als dass es ein Argument sein könnte. Gegen das erste Argument spricht die überlieferungsgeschichtliche Beobachtung, dass die Seligpreisung in Mt 5,llf./Lk 6,22f. sekundär den drei ursprünglichen Seligpreisungen (Mt 5,3f.6/Lk 6,20b.21) zugefügt worden war. Sie geht m.E. wohl auf eine frühchristliche Tradition zurück, bei der von Freude in Anfechtungen die Rede ist (vgl. Rom 5,3-5; 1 Petr l,6f; 4,13f.). Ob diese Tradition auf eine Überlieferung, die auf Jesus zurückgeht, basiert, weiss man nicht mehr. Auf jeden Fall ist Jak 1,2 mit diesem Traditionsstrom verwandt, muss aber trotzdem nicht mit dem genannten synoptischen Makarismus verbunden werden. In Frage kommt schliesslich das Motiv von xopd/xaipeiv. Dieser Terminus kann aber auch eine Komponente der genannten Tradition sein (vgl. 1 Petr 4,13). Daraus ist zu schliessen: Hinter Jak 1,2 und Mt 5,11 f. par. liegt je eine Gemeindetradition vor, die vielleicht auf eine jesuanische Überlieferung zurückgeht. Aufgrund dessen kann man allerdings nicht unbedingt diese beiden Stellen überlieferungsgeschichtlich verbinden, geschweige denn die Kenntnis des synoptischen Makarismus bei Jak postulieren. 146
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3.6.2.6 Jak 1,22/. (Mt 7,24.26/Lk 6,46f.49) Jak 1,22: yiveoOe 6e Ttoinrai Xoyo'ü Kai |xf| uovov dKpoaxai... Mt 7,24: näq oüv ÖCTTK; ctKOvet \iox> xovc, Xoyoax; xovcoix; Kai noiei ax>TO\x;,... Lk 6,46f.: xi oe u£ KaÄilxe* Kopie Kopie, Kai ov noieixe ä Xeyoo; näc, ö epxöuevo<; rcpoq ue Kai ÖIKOXXDV um) xä>v A,6ya>v Kai TCOIÜOV atixoix;,... Im Anschluss an die Ermahnung zur Annahme des »Wortes« (1,21) gibt Jakobus eine zweite Ermahnung, bei der es sich um den Gegensatz von blossem Hören und Tun des »Wortes« handelt (l,22f). Dieser Kontrast erinnert an Mt 7,24-27/Lk 6,47-49. Kann man aber hier eine überlieferungsgeschichtliche Beziehung annehmen? Während sprachliche Übereinstimmungen gering sind, ist die thematische Verwandtschaft doch bemerkenswert. Denn gegenüber den alttestamentlich-jüdischen Stel149
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Vgl. Mt 23,29ff.; Mk 12,1-9; Lk 11,50; 13,33ff.; Rom 11,3; 1 Thess 2,15; Hebr 11,36-38; im AT schon Jer 2,30b. Luz, Mt I 201. »Wahrscheinlich ist, dass der Spruch in der Gemeinde (Verfolgungssituation, explizite Christologie) gebildet wurde« (aaO. 202). Nach Davies/Allison, Mt I 435, wurde dieser Makarismus für den Übergang von den Makarismen zum Paragraphen der Feindesliebe hinzugefügt oder neu gebildet. Vgl. oben 2.2.2.1. So auch Deppe, Sayings 61-65. Davids, James 71f, vermutet, dass der seltsame Ausdruck »Täter des Wortes« die genannte Überlieferung, in der die Phrase »diese meine Worte hören und sie tun« vorkommt, voraussetze, was aber kaum überzeugend ist. Laws, 85, hält die Abhängigkeit des Jak von dieser Überlieferung für unwahrscheinlich wegen des Fehlens einer Erwähnung der illustrierenden Parabel der zwei Häuser. Unübersehbar ist, dass Jakobus das Wort äKpoaxfic, (Hörer) verwendet, während bei Mt/Lk nicht dKpodou<xi, sondern dnarixo gebraucht wird.
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Jesusüberlieferung im Jakobusbrief
len, die man gern als Parallelen dieser jesuanischen Aussage anfuhrt, ist ein exakter Ge gensatz von blossem Hören und Tun des Gotteswortes singulär. Da Jakobus wie Mt/Lk dazu ermahnt, das Wort nicht bloss zu hören, sondern mit Taten zu vollführen, kann man es für möglich halten, dass auf Jak l,22f. die genannte Überlieferung eingewirkt hat. Darüber hinaus lässt sich nichts Genaueres sagen. 151
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3.6.2.7 Jak2,5
(Mt5,3/Lk6,20)
Jak 2,5: owc 6 Geöq ec^Xe^axo xo\x; 7cxa>xo\x; xq> KOOUXD nkxyvaiaxx; ev Tticrxei Kai K^rpovonoix; rry; ßamteiaq... Mt 5,3: iiaKdptoi oi Ttxoxoi xö) Ttve'ouxtTi, öxi avcäiv fj ßaoiAsia xä>v o\>pava>v. Lk 6,20: uaKäpioi oi 7rca>xoi, 6xi tyiexepa e<mv f| ßaatteia xoo Geo-o. Mt 5,5: uxxKdpioi oi npaeu;, 6xi a\>xoi KXipovo^ifiao'üaiv xf|v ynv. Die Frage, die Jakobus hier den Adressaten stellt, erwartet eine bejahende Antwort. Da her liegt die Annahme nahe, dass der Inhalt der Aussage ihnen schon bekannt ist. Diese Kenntnis wird auf eine Tradition zurückgehen. Welche Tradition kann aber hierbei postuliert werden? Man hat häufig an eine über lieferungsgeschichtliche Beziehung auf das in Mt 5,3/Lk 6,20 (Q) erhaltene Logion Jesu gedacht. Ist diese wegen des motivischen Einklangs leicht einfallende Beziehung aber überlieferungsgeschichtlich nachvollziehbar? In Hinsicht auf wörtliche Übereinstimmung ist eine Beziehung zu Q auszuschliessen, denn es gibt keine weiteren Übereinstimmungen als nurrcx(D%oiund ßamXsia. Dazu kommt, dass Jakobus die Makarismus-Formel des Logions offenbar nicht kennt. Ihm ist, wie schon gesagt, zwar der Makarismus gut vertraut (1,12; ferner 1,25; 5,11), trotzdem bezieht er sich nicht auf die Formel des genannten Q-Logions (jiaKdpioi oi...), sondern auf diejenige, die in der LXX begegnet (paKccptoc; dvf|p ö<; o.a.). Gegen eine Bezie hung zu Q spricht ferner, dass bei Jak Gott Subjekt ist, während es in Q um eine Erklärung Je«/ geht. 153
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In Dtn 4,1.6; 31,12 geht es zwar um das Hören und Tun, aber nicht um die Warnung vor blossem Hören. Bei den Rabbinen kommt es auf den Kontrast von Torastudium und Praxis an: vgl. Bill. I 469. Bei den Qumran-Schriften begegnet der Ausdruck »Täter des Gesetzes« (lQpHab 7,11; 8,1; 12,4; 4QpPs37 2,14.22), dabei geht es aber nicht um den Gegensatz zum blossen Hören. Unserer Aussage am nächsten stehen Ez 33,32 (»sie hören wohl deine Worte, aber sie tun nicht darnach«) und Rom 2,13 (»Denn nicht die Hörer des Gesetzes sind gerecht vor Gott, sondern die Täter des Ge setzes werden gerechtgesprochen werden«). Deppe, Sayings 86f, verneint die Beziehung zu einer jesuanischen Aussage und fuhrt unsere Stelle auf eine Paränese der Kirche zurück. Etwa Hoppe, Hintergrund 82; Hartin, James 149-151; Davids, James 72f; Deppe, Sayings 89-91. Der neueste Jakobus-Kommentar von Frankemölle lässt offen, ob Jakobus auf die Jesustradition zurückgreift (II 393f). S. oben Anm. 144. Deppe, Sayings 90. Hingegen ist sein anderer Hinweis, dass es sich in dem Logion um den »contrast between the poverty in this age and the eschatological wealth in the age to come« handle, während es sich in Jak um den »contrast of being poor in worldly goods vs. rieh in faith« (ebd.) handle, m.E. un zutreffend, weil der Ausdruck Ktopovöurn xf^ ßaaiXeiaq offenbar einen eschatologischen Aspekt hat.
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Der theologische Hintergrund des Jakobusbriefes
Femer gelingt es m.E. auch nicht, Jak auf eine Entwicklungsstufe zwischen Q und Matthäusredaktion (sog. QMt)i36 beziehen. P. J. Hartin meint: »It seems that James knew of this development of the Q beatitudes within the Matthean Community« , indem er sich auf Mt 5,5 beruft, wo der Ausdruck KXTpovo|it]co\xjtv TTJV yf\v (vgl. Jak 2,5: KXrpovouxnx; Tffe ßaotXeias) vorkommt. Es ist aber nicht überzeugend, nur aufgrund der Übereinstimmung von KXTPOVOU,- eine solche Beziehung anzunehmen. Ausserdem übersieht Hartin einen grossen Unterschied: Mt 5,5 spricht vom Erben des »Landes«, aber nicht vom Erben des »(Gottes-) Reiches«, was in Jak 2,5 der Fall ist. Dieser Unter schied ist doch von grosser Bedeutung. Das »Erben des Reiches« ist eher ein traditioneller Ausdruck, der im Früh christentum verbreitet war (vgl. Mt 25,34; 1 Kor 6,9.10; 15,50; Gal 5,21; ferner Eph 5,5). Auffallend ist vor allem die Verwandtschaft unseres Verses mit 1 Kor 1,26-31. Dies legt die Annahme nahe, dass sich der Verfasser des Jak hier auf eine kirchliche Tra dition, die wohl hinter der paulinischen Aussage in 1 Kor l,26ff. steckt, beziehen dürfte. Dafür sprechen die genannte Wendung »Erben des Reiches« und ferner der Ausdruck »[das Reich,] das er denen verheissen hat, die ihn lieben« (vgl. 1,12) . Er beruft sich hier sehr wahrscheinlich auf ein weit verbreitetes Traditionsgut des Urchristentums. Daher bleibt nur das Wort nmxoi übrig, das auf eine Beziehung zur Jesusüberlieferüng deuten könnte. Es ist aber ein allzu gebräuchliches Wort, um eine Beziehung nahelegen zu können. Es wird sich vielmehr auf den alttestamentlich-jüdischen Topos der Armenfrömmigkeit zurückfuhren lassen. Es steht also fest, dass unsere Stelle wahrscheinlich nicht — mindestens nicht unmit telbar — auf die Jesusüberlieferung zu beziehen ist. Möglich wäre nur, dass die kirchli che Tradition, die hinter unserer Stelle stecken dürfte, ursprünglich auf das Logion Jesu zurückgeht, was aber Spekulation bleibt. m
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3.6.2.8 Jak 2,8 (Mk 12,28-34/Mt 22,39/Lk 10,27) Jak 2,8: äyarcfiaeu; TÖV nXrpiov GQV ax; oea-axov,...
Mk 12,31: oewepa aurrr ayanr\atiq TÖV KÄ/naiov ooi) d><; aeawov. Mt 22,39: oeroepa 6e öu,oia avrfy ayanryszic, TÖV 7cA.TKriov am) dx; aeauröv. Lk 10,27: äyaTcfiaeu; icupiov TÖV Geöv a o u . K c d TÖV jcA/rKriov dx; aeauröv.
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Vgl. Luz, Mt 1200f.; Sato, Q 48f. (s. das Schema aaO. 49). Hartin, James 150. Vgl. oben Anm. 78. Es gibt sowohl sprachliche (ö Gebe, ^eXefyno) wie sachliche (Gegensatz von Geöc, und KOOUOC,) Gemeinsamkeiten. So auch Deppe, Sayings 90. Schräge, 1 Kor I 429 (zu 1 Kor 6,9) denkt als Sitz im Leben des Satzes an die »Missionsunterwei sung oder Taufermahnung«. Vgl. oben Anm. 78. Deppe, Sayings 91: »The decisive clue for the presence of a saying of Jesus lies in the fact that the word >kingdom< is not Jamesian vocabulary«. Das »Reich« lässt sich aber, wie oben beschrieben, zu sammen mit dem »Erben« auf einen gemeinchristlichen Topos zurückfuhren, ist also auch ohne An nahme einer Beziehung zur Jesusüberlieferung erklärbar.
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Jesusüberlieferung im Jakobusbrief
Es wird trotz fehlender Zitationsformel gern angenommen, dass sich Jak 2,8 auf das Logion Mk 12,28-34 par. beruft. Dies setzt die Deutung voraus, dass Jakobus hier das Liebesgebot als das oberste Gebot ansieht. Allerdings, wie wir schon sahen, ist sie nicht aufrechtzuerhalten: Beim Gesetzesverständnis des Jak steht das Gebot der Nächstenliebe zwar an besonderer Stelle, aber immer noch neben anderen Geboten, was mit dem Logion nicht ganz übereinstimmt. Ferner ist zu bemerken, dass Jak hierbei das andere oberste Gebot, d.h. die Liebe zu Gott, nicht erwähnt. Eine Kenntnis der Jesustradition ist also zwar nicht ganz unmöglich, aber wenig wahrscheinlich. Denkbar wäre, wenn man überhaupt von einer Beziehung reden will, eher ein indirekter Einfluss in der Weise, dass sich Jakobus an die im Frühchristentum verbreitete Hochschätzung des Gebotes der Nächstenliebe anschliesst, die ihren Ursprung in dem Logion haben könnte (vgl. Rom 13,9f; Gal 5,14; ferner 1 Joh 2,7-11 et passim) . 162
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3.6.2.9 Jak3,12 (Mt 7,16-18; 12,33-35/Lk 6,43f.) Jak 3,12: \n\ ftuvatm, ...ax>\d\fcXxxicu;noupjca
ä\inEkxx;
GVKOL;
Mt 7,16: \ii\xi avXXkyo\>aiv CCJCÖ <XKCtvGä>v oxoqn)Axx<; dticö Tpißotaov o r a ; Lk 6,44: o\> ydp fe£ <XKO;V0G>V avXkzyaxxjw OVKCL o\>öe £K ßctwo am
Das Beispiel vom Feigenbaum und vom Weinstock kann man in seiner jetzigen Form schwerlich auf die synoptische Überlieferung zurückfuhren, denn man findet ausser O^KCX (Feigen) keine terminologischen Übereinstimmungen. Der Wortlaut des Jak hat zwar in der Stoa Parallelen, trotzdem drängt sich die Annahme einer Abhängigkeit davon nicht auf. Jakobus gebraucht einfach eine mit einer Pflanze verbundene Vorstellung, die ihm vertraut ist. Bei unserer Stelle ist trotz der terminologischen Verschiedenheit eine überlieferungsgeschichtliche Beziehung nicht ganz auszuschliessen. Zu bemerken ist, dass der Wortlaut auch zwischen Mt 7,16b und Lk 6,44b ziemlich verschieden ist. Bei einem solchen Beispiel ersetzt man gern tradierte Vorstellungen durch andere, mit denen man selbst vertraut ist. Dies könnte auch bei Jak der Fall sein. 166
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Etwa Laws, 109f.; Cantinat, 132f.; Davids, James 72; Baker, Speech-Ethics 178f. Vgl. oben S. 112. Die Hervorhebung des Gebotes der Nächstenliebe ist nicht für Jesus eigentümlich, sondern findet sich auch im Judentum. Vgl. TestDan 5,3; Testlss 5,2; 7,6; Philo, SpecLeg II 63; rabbinische Belege bei Bill. 1907. Dunn, Rom II 779, ist bezüglich Rom 13,9 der Meinung: »Paul is drawing here on the tradition that Jesus himself summed up the Law by reference to Lev 19,18«. Dagegen kann aber, genauso wie bei Jak, auf den Mangel an der Erwähnung der Gottesliebe hingewiesen werden. Vgl. Dibelius, 246f. Vor allem Plutarch, De tranquilitate animi 13, p. 472EF: vx>v & xrjv u£v fyineXov CTUKOC
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Der theologische Hintergrund des Jakobusbriefes
In bezug auf eine formale Verwandtschaft weist P. J. Hartin daraufhin, dass sowohl Q als Jak eine rhetorische Frage stellen, die eine verneinende Antwort erwartet. Noch auffälliger ist aber die Verwandtschaft des Motivs: Das Beispiel der Früchte besagt bei den Synoptikern, dass der Mund redet, was man im Herzen hat (Mt 12,34/Lk 6,45). Dies passt sehr gut zum Kontext von Jak 3,12, wo es um das Problem der Zunge geht. Diese Entsprechung ist um so bemerkenswerter, als es sich bei den stoischen Parallelen nicht um dieses Motiv handelt. Diese Beobachtungen fuhren zum Urteil, dass eine Kenntnis der synoptischen Überlieferung bei Jak zwar wenig wahrscheinlich, aber nicht ganz unmöglich ist. 169
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3.6.2.10 Jak 4,10 (Mt 23,12/Lk 14,11; 18,14. Vgl. Jak l,9f.) Jak 4,10: TajceivcbOrixe evamiov K'opioa) Kai tiyoKjei iypaq. Mt 23,12: öoru; 5e \)\|/axj£i eavcöv xa7ceivco6f|
Die Antithese vonrarceivocDund a)\|/6a>, die Jakobus in 1,9 und 4,10 verwendet, begegnet auch in Mt 23,12; Lk 14,11; 18,14. Sie ist aber nicht etwa auf die Synoptiker beschränkt, sondern begegnet schon im A T . P. J. Hartin rechnet wegen der sprachlichen Ähnlichkeit trotzdem mit der Abhängigkeit des Jak von Q . Allerdings kann man eigentlich keine so grossen Ähnlichkeiten zwischen Jak und den synoptischen Texten finden, dass man eine überlieferungsgeschichtliche Beziehung postulieren könnte. Gegen die Annahme von Hartin spricht ferner, dass das Logion wahrscheinlich nicht zu Q gehörte. Das Logion erscheint, wie Hartin selbst bemerkt, jeweils in ganz verschiedenen Zusammenhängen, und zwar bei Lk in den nicht zu Q gehörenden Parabeln (14,714; 18,9-14). Daher empfiehlt es sich, mit R. Bultmann festzustellen, dass dieses Logion »offenbar ein geläufiges Wort [ist], das in der Tradition bald hier, bald da angehängt wurde« . Das wird bei Jak auch der Fall sein. Ob Jakobus dieses Logion als Wort Jesu aufgenommen hat, bleibt ganz offen. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, könnte man trotzdem nicht auf eine Beziehung zu Q schliessen. 171
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Hartin, James 169. Dibelius, 247: »Es handelt sich um die optimistische, bis zum religiösen Pathos sich steigernde stoische Betrachtung der Natur: in ihrem Reich ist alles miteinander verflochten, alles aufeinander angewiesen; jede Besonderheit hat in dieser Gegenseitigkeit ihr Recht.« Vgl. LXX Hi 5,11; 22,29; Ez 17,24; 21,31. Hartin, James 185. Er setzt dabei den von Polag, Fragmenta 86, rekonstruierten Q-Text voraus, den Polag jedoch den »unsichere[n] Texte[n]« zuordnet. Bultmann, Geschichte 108. Nach Sato, Q 21, sind Lk 14,11 und 18,14 nicht von Lukas gebildete Dubletten, sondern gehen je auf eine eigene Überlieferung zurück.
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Jesusüberlieferung im Jakobusbrief
3.6.2.11 Jak 4,11 (Mt 7,lf./Lk 6,37f. Vgl. Jak5,9) Jak 4,11: ö KataXxxXxav äoeAxpoi) f\ Kpivcov xöv ä&eÄxpdv avcou.. Jak 5,9: «ravc^ete, doeXcpoi, Kaf vXkr\km tva |if] KpiOryce-
Mt 7,1: \ir\ KpivETE, Iva |xf| KpiGiyceLk 6,37: Kai uri Kpivexe, Kai o\> \ir\ KpiGfycE-
Ob hinter Jak 4,11 in irgendeiner Form das Logion Jesu, das das Richten verbietet, steckt, ist schwer zu entscheiden. Eine direkte Beziehung zu Q lässt sich aber wahr scheinlich nicht vertreten, denn Jak fehlt die Form eines strengen Verbotes, die für das Logion charakteristisch ist. Das ius talionis, das auch für das Logion charakteristisch ist, begegnet in 5,9, und zwar im gleichen Wortlaut wie in Mt 7,1 (Iva KpiGiycE). Darin wollen etliche Ausle ger eine Anwendung des Logions erkennen. Es bleibt aber unsicher, ob man das Verbot »murret nicht gegeneinander« als »illustration« oder »commentary« des genannten Logions verstehen kann, obwohl das gegenseitige Murren hierbei wie die Verleumdung der Brüder (4,11) auf innergemeindliche Zwietracht deuten dürfte. Das starke Interesse des Verfassers am Richten (vgl. auch 2,4) lässt sich wohl eher aus paränetischer Tradition in der Kirche erklären (vgl. Rom 2,1 ff.; 14,1 ff.; 1 Kor 4,5; 5,3.12; 10,29; Kol 2,16). Dabei ist es, wie/). B. Deppe meint, nicht ausgeschlossen, dass »Jesus' condemnation of judging as witnessed in Mt. 7:1-2 and Lk. 6:37 was taken into the paraenetic tradition and developed independently by the various teachers in the Christian Community« . 174
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3.6.2.12 Jak5,9 (Mk 13,29/Mt 24,33) Jak 5,9: i6o\) ö Kprrr|<; rcpö TGÖV Gi)pö>v fcorrpcev. Mk 13,29/Mt 24,33: yivcbaKete ÖTI kyyxx; eoxiv zni Gtipau;. Die eschatologische Vorstellung, dass der Richter (gemeint ist wohl Christus) »vor der Türe steht«, begegnet auch in Mk 13,29/Mt 24,33: »dass er [sc. der Sohn des Menschen] nahe vor der Türe ist«. Verwandte Überlieferungen kommen ferner Lk 12,36; Apk 3,20 vor. Diese Aussage scheint im Rahmen der urchristlichen eschatologischen Lehre verbreitet gewesen zu sein. 179
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Hartin, James 167: »This saying about not judging another has had a decided influence upon Ja mes«; so ferner Baker, Speech-Ethics 179; Klein, Werk 125f. (aber nicht eine direkte Beziehung); andererseits Deppe, Saying 119: »Jas. 4:11-12 is not alluding to any specific saying of Jesus«. ™Hartin,2&0. 168. Davids, 185. Vgl. oben 2.3.2.4 und 2.4.2. Hartin, James 168, geht allzu weit, wenn er auch hinter Jak 5,6 eine Spur des Q-Logions annehmen will. Deppe, Sayings 119 Anm. 373. Lk 21,31 wird tni 0\>paic, ausgelassen und als Subjekt f| ßaoiXeia %ox> Geov ergänzt. In Lk 12,36 und Apk 3,20 geht es um ein weiteres Motiv: um das Anklopfen an der Türe. 1 7 6
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Der theologische Hintergrund des Jakobusbriefes
Man wird daher F. Mussner recht geben können, der sagt: »Es scheint eine ziemlich festgeprägte Wendung aus der eschatologischen Belehrung und Erwartung der christli chen Gemeinde vorzuliegen.« Unsere Stelle ist also wohl nicht von den synoptischen Parallelen abhängig, mit denen sie auch sprachlich kaum übereinstimmt, sondern bezieht sich auf einen anderen Überlieferungsstrom gleicher Wurzel. 181
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3.6.3 Ergebnis der Analysen Aus den obigen Textanalysen müssen wir zuerst einen negativen Schluss ziehen: In Jak finden sich nur wenige Stellen, die mit Sicherheit auf eine Jesusüberlieferung zurückgehen. In den meisten Fällen ist die Beziehung auf ein Logion Jesu unsicher oder sogar wenig wahrscheinlich. Dieses Ergebnis warnt uns davor, in dem Verhältnis zur Jesusüberlieferung den Schlüssel zur Jak-Auslegung finden zu wollen. Trotz spärlicher Belege kann man aber aufgrund der Stellen, die fast sicher eine Be ziehung zur Jesusüberlieferung haben (Jak l,5/4,2f; l,6f; 5,12), zwei wichtige, wieder um negative Folgerungen ziehen: 1) Man kann Jak nicht von einer Evangelienschrift abhängen lassen. 2) Der Verfasser des Jak verdankt jene Logien wahrscheinlich weder Q noch deren Rezensionen ( Q , Q *). Das überlieferungsgeschichtliche Urteil, zu dem unsere Analysen fuhren, besagt, dass der Verfasser des Jak nur einzelne Logien kennt, die ihm ohne Zusammenhang mit einem bestimmten Traditionskomplex wie z.B. Q wohl mündlich überliefert worden sind. M t
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Solches findet sich sowohl bei Paulus wie bei späteren Schriften (1 Clem und vielleicht auch Ign ), so dass solche von den Evangelien unabhängige Überlieferungen von Logien Jesu gut an genommen werden können. 185
Diese Logien waren dabei wahrscheinlich zusammen mit anderen paränetischen Überlieferungen einfach als kirchliche Tradition in verschiedenen Bereichen des kirchli-
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Mussner, 205. Hartin, James 197, hat zwar recht, wenn er eine direkte Abhängigkeit des Jak von Mk ausschliesst; aber dies bedeutet nicht sofort, dass Jak »via the Matthean Community« (ebd.) diese Überlieferung bekommen hätte. Allison, Epistles 10-18, identifiziert die Kenntnis des Paulus von Lk 6,27-38; Mk 9,33-50; Mk 6,6b13 par. und schliesst daraus: »In taking up the commands of Luke 6.27-38 Paul was perhaps simply following common Christian practice: the words may already have been widely set forth as the Stan dard of Christian conduct« (aaO. 18). Die Logien, die in 1 Clem 13,2 und 46,8 zitiert werden, stammen mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht aus den synoptischen Evangelien, sondern aus (mündlichen?) Überlieferungen. Lindemann, 1 Clem 54 (zu 46,8 hält er es für wahrscheinlicher, dass Clemens die Logien Mt 26,24b und 18,6 »frei zitiert und dabei die Kombination selbst hergestellt hat«; aaO. 137; vgl. auch Köhler, Rezeption 6264); Hagner, Use 135-164 (»an extra-canonical tradition which was known also to his Corinthian readers«; aaO. 151); Köster, Überlieferung 12-19. Bei Ign steht dahin, ob er die kanonischen Evangelien gekannt hat. Köster, aaO. 60, lehnt die Ab hängigkeit von einem Evangelium ab und weist Berührungen mit den Evangelien der »freien Über lieferung« zu (ebd.). Ihm folgt Bauer/Paulsen, Ign 92, zu IgnSm 3,2. Zurückhaltender Vielhauer, Geschichte 551.
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chen Lebens überliefert worden. Dafür spricht, dass in etlichen Fällen, bei denen wir die Beziehung auf ein Logion als unsicher bzw. wenig wahrscheinlich bestimmten, hinter der Aussage eine kirchliche Tradition, die ursprünglich auf ein Logion zurückgehen könnte, postuliert werden kann (vgl. Analysen zu Jak 1,2; 2,5; 2,8; 4,11). Ferner ist m.E. auch das Fehlen der Zitationsformel von diesem Aspekt her zu erfas sen: Das zeigt, dass Jakobus diese Logien nicht aus anderen paränetischen Überliefe rungen herausheben musste, sondern sie als ein Teil der kirchlichen Tradition behandeln konnte, obwohl er sie wohl auch als Worte Jesu gekannt hatte. So hat sich Jakobus dem Brauch im Christentum des 1. Jh. entsprechend verhalten, wo die Jesuslogien — mit Ausnahme von Paulus — nicht mit der Einleitungsformel zi tiert werden. Und selbst bei Paulus lassen sich, obwohl nur sechs deutliche Hinweise auf Herrenworte in seinen Briefen begegnen, viel mehr Berührungen herausfinden. 187
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G. Kittel hat versucht, aus dieser Gemeinsamkeit zwischen Jak und Paulus auf eine frühe Zeitansetzung des Jak zu schliessen. Hiernach sei das Fehlen der Zitationsformel für den Zeitraum vorstellbar, wo das Herrenwort — anders als in der Zeit der Apostolischen Väter — noch nicht als »Schrift« (ypo
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Dass der Verfasser als »Lehrer« (3,1) daran beteiligt war, ist eine naheliegende Vermutung. Dibelius, Formgeschichte 242, hat wohl in der Hinsicht recht, dass man im Urchristentum authenti sche Jesussprüche mit anderen christlichen Mahnungen hätte anreichern können; freilich ist zu be zweifeln, ob dies deswegen passierte, weil alle Sprüche der Paränese als »von Geist oder vom Herrn gewirkt« (ebd.) gegolten hätten. Nach ihm sei dies geschehen neben der Sammlung von Worten Jesu als solchen (vgl. 1 Kor 7,10; 9,14; 1 Clem 13,2), die auch im paränetischen Interesse stattgefunden habe. Gegen Klein, Werk 196. Goppelt, 1 Petr 53f, fuhrt Berührungen von 1 Petr mit der synoptischen Überlieferung vor allem auf die »indirekte Vermittlung von Jesusüberlieferung durch paränetische und andere kirchliche Tradition« (aaO. 54 Anm. 94) zurück. 1 Kor7,llf.25; 9,14; 11,23-26; 14,37; 1 Thess 4,15-17. Allison, Epistles 10, fuhrt folgende Stellen als »minimum breadth of Paul's knowledge of the tradition« auf: (1) Rom 12,14 = Mt 5,44/Lk 6,27f; (2) Rom 12,17 = Mt 5,39-42/Lk 6,29f.; (3) Rom 13,7 = Mk 12,13-17/Mt 22,15-22/Lk 20,20-26; (4) Rom 14,13f. = Mk 9,42/Mt 18,7/Lk 17,lf.; (5) Rom 14,4 = Mk 7,15/Mt 15,11; (6) 1 Thess 5,2.4 = Mt 24,43/Lk 12,39f; (7) 1 Thess 5,15 = Mt 5,3948/Lk 6,27-38; (8) 1 Kor 13,2 = Mk 11,23/Mt 21,21. Zum überlieferungsgeschichtlichen Verhältnis von Paulus und Jesustradition vgl. aaO. 17. Kittel, Ort 93. Dies sollte aber nicht, wie Kittel es will, aus dem Fehlen der ypcMpfj-Autorität, sondern aus einzelnen Textvergleichen, die wir vorhin durchführten, gefolgert werden. Eine ypoxpfi-Autorität von Her renworten findet sich eigentlich auch bei den Apostolischen Vätern kaum. Es ist so gut wie immer das AT, das bei ihnen mit ybfpawwx, Xeyei fj YP°W - zitiert wird (vgl. Köster, Überlieferung 4.25; 63-66 zu 1 Clem, Ign und 2 Clem). Kittel will Jak auf »etwa Mitte der vierziger Jahre« datieren (ders., Ort 71). Dort werden die Logia zweifellos als Herrenwort verstanden. Vgl. Niederwimmer, Did 91.257; ferner Davids, James 68 mit Anm. 22. 195 ygi lindemann, 2 Clem 193f. und z.St. Davids, ebd., beruft sich ferner auf Herrn, was m.E. aller dings wenig überzeugend ist. l % 1
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hung der Schrift vor den Evangelien, denn mündliche Überlieferungen waren auch noch nach ihrem Niederschlag in den Evangelien im Umlauf. 196
D. C. Allison weist daraufhin, dass Paulus die Kenntnisse der von ihm zitierten bzw. alludierten Logien bei seinen Adressaten voraussetzt. Diese Kenntnisse werden dann auf vorsynoptische Überlieferungen zurückgehen, sei es mündlich, sei es schriftlich. Bei Jak lässt sich vielleicht auch diese Sachlage voraussetzen: Jakobus konnte die Logia ohne Zitationsformel heranziehen, da er wusste, dass seine Adressaten mit ihnen vertraut sind. Dafür spricht, dass die von Jak aufgegriffenen Überlieferungen offensicht lich im Frühchristentum weit bekannt waren: Bergpredigt-Überlieferung ; ferner finden sich folgende Parallelen: Jak 2,5 mit 1 Kor l,26ff.; Jak 5,12 mit 2 Kor 1,17; Jak l,6f. mit 1 Kor 13,2; Mk 12,23-25; Jak 5,9 mit Mk 13,29 par.; Lk 12,36; Apk 3,20; Jak 1,2 mit 1 Petr 1,6; 4,13f; Rom 5,3-5; Mt 5,llf. par. 197
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Vgl. Act 20,35; 1 Clem 13,lf. Allison, Epistles 21. Vgl. 1 Thess 5,2 (Mt 23,43f./Lk 12,39f.); 1 Kor 11,23 (Herrenmahlsüberlieferung); ferner 1 Kor 7,10 (Mk 10,12); 9,14 (Mt 10,10/Lk 10,7). Es ist zu bemerken, dass die paulinischen Texte in Rom 12,14.17.21; 14,10 und 1 Thess 5,15 zu Lk 6,27-38/Mt 5,38-48; 7,12 Parallelen aufweisen (vgl. Allison, aaO. llf.).
3.7 Zusammenfassung Von einem theologischen Hintergrund des Jak kann in zweierlei Hinsicht die Rede sein: 1) in bezug auf die alttestamentlich-jüdische Tradition und 2) in bezug auf die dem Chri stentum eigentümlichen Charakteristika. 1) Aus den obigen Betrachtungen geht deutlich hervor, dass Jak die Schlüsselbegriffe des Briefes der alttestamentlich-jüdischen Tradition verdankt: vollkommen/zweiseelig, Begierde, Welt, Gesetz und Weisheit. Dies lässt keinen Zweifel an seiner jüdischen Herkunft aufkommen. Jak ist in seinem Grundton eindeutig durch das vom Judentum rezipierte Gedankengut geprägt. 2) Freilich enthält Jak auch Charakteristika, die einen christlichen Hintergrund auf zeigen: das Gesetzesverständnis und die Jesusüberlieferung. Das Gesetzesverständnis des Jak, bei dem die kultischen Gebote nicht mehr in Geltung stehen, dürfte auf Juden christen zurückgehen, die die Heidenmission ohne den Zwang zur Observanz der Ritual gebote betrieben. Bei Jak gehört aber die Gesetzespolemik, die sich bei Paulus findet, offensichtlich schon der Vergangenheit an, was für eine nachpaulinische Entstehung des Briefes spricht. Es ist auch ein eindeutig christlicher Zug des Jak, dass Logia Jesu im Brief begegnen, ohne jedoch ausdrücklich als Worte Jesu bezeichnet zu werden. Jakobus hatte wahr scheinlich einzelne Logientraditionen, die nicht zu Q gehören, zusammen mit anderen paränetischen Überlieferungen als kirchliche Tradition zur Verfügung. Daraus lässt sich der Standort des Jakobus im Frühchristentum ungefähr erkennen Er ist unzweifelhaft jüdischer Herkunft, aber nicht mehr Judenchrist in engerem Sinne, der sich an das Kultgesetz gebunden weiss. Sein Gesetzesverständnis deutet auf seine Beheimatung im Einflussbereich der Traditionen hin, die auf das »antiochenische« Chri stentum zurückgehen. Ausserdem lässt die Jesusüberlieferung in 5,12 (vgl. Mt 5,33ff.) eine geographische Nähe zu Mt vermuten, freilich ohne dass Jakobus diese Evangelien schrift direkt kennen würde (s. oben 3.6.2.3). Diese Betrachtungen und die anhand von Jak 1,1 gemachten Überlegungen deuten auf Syrien-Palästina als traditionsgeschicht lichen Hintergrund des Verfassers. 199
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Das Gesetzesverständnis des Jak ist, wie oben gesagt, dem Christentum eigentümlich. Allerdings hat man als Vorstufe, die das christliche Verständnis vorbereitete, unzweifelhaft das griechischsprachige Diasporajudentum zu berücksichtigen (s. oben). S. oben 1.3.2
4. Die Adressaten des Jakobusbriefes Vorbemerkung Durch die Aufhebung des Kontext- und Situationsverbotes wird es möglich, sich anhand von einzelnen Beschreibungen im Brief ein Bild der Adressatengemeinde(n) zu machen. Dies wirft ein Licht auf die Frage der Situation, in der sich die Adressaten des Jak befan den, und auf die Probleme, die den Verfasser zur Abfassung eines solchen Briefes veran lassten. Aufgrund der bisherigen Ergebnisse können wir unseren Ausgangspunkt folgendermassen bestimmen: Jak gestaltet sich als Anrede an Christen, die in heidnischer Umwelt leben und deren Glaube durch äussere Umstände auf die Probe gestellt wird. Bei dieser Glaubenskrise handelt es sich um eine Assimilationstendenz der Christen an die weltliche Gesinnung, eine Tendenz, die Jakobus an zwei Problemen der Gemeinde fest macht: 1) Arme und Reiche in der Gemeinde, 2) innergemeindliche Konflikte. In folgen den sei anhand der Schilderung dieser Probleme durch den Verfasser eine Re konstruktion des Gemeindebildes versucht. Das rekonstruierte Gemeindebild soll dann quasi vor Ort im Frühchristentum anhand eines Vergleichs mit anderen frühchristlichen Schriften, in denen die obengenannten Probleme begegnen, diskutiert werden. Hierbei soll der Schwerpunkt auf den pauli nischen Missionsbereich gelegt werden. Die Beziehung zum paulinischen Missionsbe reich, auf die in neueren Forschungen oft aufmerksam gemacht wird, legt sich allein schon dadurch nahe, dass man durch die Aufhebung des Kontextverbotes nun Jak 2,1426 in Verbindung mit den anderen Textabschnitten des Briefes lesen kann: Hat der Ver fasser des Jak in 2,14ff. die paulinische Theologie im Visier, so gilt dies auch von den übrigen Teilen des Jak. Diese Vorüberlegung soll im nachstehenden untermauert werden. 1
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Vgl. Frankemölle, I 59; Popkes, Adressaten 53-124; Schnelle, Einleitung 444f.
4.1 Arme und Reiche in der Gemeinde 4.1.1 Arme und Reiche im Jakobusbrief In Jak begegnet das Thema »Arm und Reich« nicht nur 2,1-26, sondern auch 1,9-11, ferner 4,13-17 und 5,1-6. Dies gibt Anlass zur Annahme, dass dieses im Brief wiederholt angesprochene Thema im Zentrum des Interesses des Verfassers steht. Die Frage, die in diesem Zusammenhang in der exegetischen Literatur immer wieder aufgeworfen wird, ist: Handelt es sich dabei um christliche oder um nichtchristliche Rei che? Da sich die Exegeten nicht einig sind, möchten wir uns zuerst dieser umstrittenen Frage zuwenden (4.1.1.1), denn sie ist für die Rekonstruktion des Gemeindebildes sehr wichtig. Danach sollen die Begriffe »arm bzw. reich« geklärt werden (4.1.1.2). 2
4.1.1.1 Die »Reichen«: Christen oder NichtChristen? Der Betrachtung der für unsere Frage relevanten Textpassagen wollen wir eine Bemer kung zur obigen Fragestellung vorausschicken: Ausser der erwähnten Alternative ist noch eine dritte Antwort denkbar, nämlich dass der Verfasser des Jak weder ausschliess lich reiche Christen noch ausschliesslich nichtchristliche Reiche im Blick hat, sondern Reiche in toto. Dies würde allerdings die innergemeindliche Existenz von reichen Chri sten zumindest nicht ausschliessen. Es macht aber einen deutlichen Unterschied, ob der Verfasser nur reiche Christen anspricht, oder Reiche im ganzen. Letzteres ist meines Er achtens der Fall. In 1,9 spricht Jakobus ö äoetajxx; ö TarceiWx; an und in V. 10 ö nfoyboioc,. Hierbei ist umstritten, ob 6 döetapcx; von V.9 auf ö nXoxxJioc, zu beziehen ist, d.h. ob der Verfasser an reiche Christen denkt oder an nichtchristliche Reiche. Der formale Aufbau spricht zwar nicht entscheidend, aber doch eher für die erstere Möglichkeit. Hinzu kommt, dass es schwer denkbar ist, dass Jakobus ausgerechnet am Anfang seines zweifellos an Chri sten adressierten Briefes auch aussergemeindliche Leute angeredet hätte. Daher ist es unplausibel, ö nkovoxoc, nur auf NichtChristen zu beziehen. Auf der anderen Seite ist aber auch fraglich, ob man »den Reichen« auf denjenigen in der Gemeinde einschränken kann. Jakobus prophezeit in V.l Ob-11 unverkennbar den Untergang des Reichen als Reichen, ohne genauer auszuführen, dass er speziell den 3
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Dagegen besteht kein Zweifel an der innergemeindlichen Existenz von »Armen«. Das Christsein des Reichen sehen: Mayor, 45f; Mussner, 74; Ropes, 145f; Cantinat, 78; Reicke, 15; Williams, 100; Adamson, 61; Moo, 68; Frankemölle, I 242; ferner Boggan, Wealth 203; 240; Pop kes, Adressaten 61; Countryman, Christian 98 Anm. 42. Dagegen sind Michl, 29; Laws, 64; Davids, 11; Hoppe, 36. Vgl. auch Maynard-Reid, Poverty 41-44. Vorzuziehen wäre die Parallelität KauxdoOco & ö dSeXcpöq (a) ö xajceivöq fev w üyei auroü (b) ö SercXowtoc,kv xr\ xamivtixsEi avroü (so Mussner, ebd.), weil sich dann zwei Adjektive gegenüber ständen. Aber es ist auch nicht unmöglich, den Gegensatz zwischen 6 ä&Axpöq 6 TCWCEIVÖC, und ö KXOVGMX; zu sehen.
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Die Adressaten des Jakobusbriefes
christlichen Reichen im Visier hat. Dafür ist die Aussage zu allgemein gefasst. In seinem Blickfeld muss sich »der Reiche« befinden, ohne Rücksicht darauf, ob er Glaubender ist oder nicht. Dies entspricht der Offenheit der Formulierung mit ö TCXOXXTUX; in V. 10a: Der Verfasser macht bewusst keinen Unterschied zwischen dem reichen Bruder und den Rei chen im allgemeinen. Daraus lässt sich schliessen, dass es bei den Adressaten des Briefes reiche Christen gab, obwohl Jak 1,9-11 auch nichtchristliche Reiche im Blickfeld hat. Die Beantwortung dieser Frage hat unmittelbar Konsequenzen in bezug auf das Verständnis derTOTceivoxju;des Reichen (V.lOa). Diejenigen, die den Reichen nicht als »Bruder« verstehen, interpretieren die Aussage »der Reiche rühme sich seiner Niedrig keit« gern ironisch. Ist er aber »Bruder«, wird diese Aussage als ernsthafte Ermahnung gedeutet, ohne dabei genauer abzuklären, was mit TccTceivcDau; gemeint ist. Wenn, wie wir annehmen, reiche Christen gemeint sind, ist die zweite Lösung vorzuziehen, wobei der Verfasser von den Reichen fordern dürfte, auf ihren Reichtum und ihre Lebensweise zu verzichten — unabhängig davon, ob er dies wirklich für möglich hält. Denn es gibt keinen anderen Ausweg aus dem auf sie wartenden Untergang, den Jakobus in V. 10b-l 1 schildert. Daher kann man mit F. Vouga sagen: »ces versets sont ä la fois invective contre les riches et parole pour les riches des communautes chretiennes« . Auch bei der Szene in 2,2f. sind sich die Exegeten uneinig, ob die zwei Männer — ein reich gekleideter Mann und ein unsauber gekleideter Armer —, die in die cwaycnyi] eintreten, Gemeindeglieder sind oder nicht. Die Ansicht, dass sie NichtChristen sind, wird gern mit dem Argument vertreten, dass nur solchen Plätze angewiesen werden müssen, die dort fremd sind. Das ist aber eine Überinterpretation. Die Szene spricht nur davon, dass diesen Männern ihrem Aussehen und dem dadurch angedeuteten Status gemäss unterschiedliche Plätze zugewiesen werden. Dies zeigt nur, dass in dieser Gemeinde der Reiche dem Ar men vorgezogen wird, aber nicht, ob sie Gemeindeglieder sind oder Aussenstehende. 5
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Mit Maynard-Reid, Poverty 44; vgl. ferner Dibelius, 115, und Vouga, 47. Nach Mayor, 47; Ropes, 147, undAdamson, 62, geht es in V.lOa um christliche Reiche und in V.10b-ll um den Reichen im allgemeinen. Das ist aber unplausibel, denn V.lOa und 10b beziehen sich auf dasselbe Subjekt. Wahrscheinlicher ist unser Vorschlag, dass schon in V. 10a vom Reichen allgemein die Rede ist. Dibelius, 114f; Davids, 76; Laws, 63; Hauck, 53; Sato, Jakobusbrief 58; Hoppe, 36: »Dem Reichen wird jede Zukunftsperspektive abgesprochen, er ist dem Vergehen verfallen« (vgl. V. 10-11). Ropes, 146, denkt an den Verlust von Gütern wegen antichristlicher Verfolgungen o.a., die Jakobus als neipaouoi (1,2) andeute. Nach Hauck 53 sind es »die Nachteile [...], die die Zugehörigkeit zum verachteten Christenstand mit sich brachten oder der bevorstehende Verlust des Reichtums«. Ähnlich Ruckstuhl, 12; vgl. auch Dibelius, 114, und Schmder, 35f. Nach Boggan, Wealth 254, sei es für reiche Christen ein 7ceipaou.öc„ wenn sie ihren Reichtum um der Bedürftigen willen verlieren. Vouga, 47. Gemeint ist kaum eine jüdische Synagoge (gegen Maynard-Reid, Poverty 55, der die Szene auf die ersten Christen in Palästina, die eine jüdische Synagoge besuchten, beziehen will), sondern wohl eher eine christliche Versammlung (Dibelius, 167. Zu cvmy
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Man kann sich auch gut vorstellen, dass — wohl dem Brauch der Gemeinde gemäss — einem reichen und deshalb einflussreichen Mitglied ein besserer Platz angeboten wird als dem Armen. Für die Mitgliedschaft dieser Männer spricht m.E. entschieden V.4: »habt ihr nicht unter euch selbst Unterscheidungen vorgenommen?« Jakobus wirft unverkennbar den Adressaten vor, dass sie innergemeindlich gewisse bevorzugen, andere hingegen zurücksetzen. Daraus wird klar, dass die dargestellten Männer der Gemeinde angehören. Einen den bisherigen Stellen widersprechenden Eindruck macht allerdings V.6f. Hier treten oi TCAXXXKIIOI anscheinend als NichtChristen auf. Man sollte sich aber davor hüten, diesen Eindruck in die Szene von V.2-4 hineinzulesen. Denn der prächtig gekleidete Mann von V.2 kann nicht einfach mit oi JCÄXNKTIOI identifiziert werden. Oi nhvbaioi ist m.E. vielmehr ein umfassender Begriff: Dieser steht deutlich oi TCTCOXOI in V.5 gegenüber, wo mit diesem Wort nicht bloss arme Christen, sondern Arme in toto gemeint sind. Ferner muss darauf geachtet werden, dass Jakobus in dieser Szene den Ausdruck 6 TcXotxrtoq meidet. Er verwendet ihn nur, wenn er vom Reichen allgemein spricht, wie z.B. in der Wendung in l,10f. Jakobus weist die Widersprüchlichkeit der innergemeindlichen Bevorzugung dadurch auf (V.2-4), dass er sich in V.6f. auf das beruft, was die Reichen im Alltag tun. Es ist kaum daran zu zweifeln, dass im Blickfeld des Verfassers nichtchristliche Reiche stehen. Dabei bleibt aber die Frage offen, ob nicht auch reiche Christen mitgemeint sind, wie es etwa in 1,9-11 der Fall ist. Die Reichen »üben über euch Gewalt aus (KaToSwaaretieiv)« (V.6). Hier wird vor allem an die Unterdrückung im sozial-ökonomischen Bereich zu denken sein. Denn der Verfasser verwendet wohl bewusst das KaToforaareveiv, das in der LXX »ein häufiger Ausdruck der sozialen Strafpredigt der Propheten, die sich gegen die reiche Oberschicht des Volkes richtete« , ist. Jakobus redet hier ganz umfassend, ohne den Inhalt der Un12
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Sitzordnungen rinden sich schon in jüdischen Synagogen: Schürer, History II 447f. »In the Diaspora deserving men or women were given the JtpoeSpicc [sc. Vorrang] by a communal decree after the Greek fashion« (ebd. Anm. 98). Übers, nach Schnider, 54. So auch Windisch, 14. AiocKpivcum ist, anders als in 1,6 (»Er bitte aber mit Zuversicht und zweifle nicht hinSev 8iaKpivöu£vocJ«), nicht mit »zweifeln«, sondern mit »Unterscheidung machen«) zu übersetzen (gegen BA 371; BDR §78 Anm. 3). Denn 1) die Wendung 1,6 geht auf eine ältere Tradition zurück (s. oben 3.6.2.2) und ist deshalb in bezug auf unsere Stelle nicht relevant, so dass gleich übersetzt werden müsste (Dibelius, 169; Mussner, 70); 2) »Zweifeln« passt offenbar nicht zu unserem Kontext (Dibelius, 170). Das Passiv SiaKpiGnre, das nach BDR §78 und Dibelius, ebd., als medialer Aorist zu verstehen ist, lässt sich hierbei gut als reflexive Wendung begreifen: »Habt ihr euch dann nicht untereinander geschieden?« (Dibelius ebd.). Inakzeptabel ist Mussners Vermutung, dass ev eawdiq »in eurem Innern« bedeuten könne (ders., 119), denn die vorgeworfene Unterscheidung wird als äusserliche Tat dargestellt. Mit Schräge, 58; Maier, Reich 11; Countryman, Christian 98 Anm. 42; Schule, Gespaltenheit 72; Smit, partiality 64; ferner Frankemölle, Gespalten 177 Anm. 34;\ Aland, Herrenbruder 241. Gegen z.B. Ropes, 197. Mit Recht so Dibelius, 168 Anm. 1. Z.B. mit Hauch, 102, und Schnider, 61. Um Verfolgungen aus einem religiösen Grund (Mussner, 122; Feuillet, sens 274) wird es wohl nur gehen können, wenn etwa die christliche Mission die wirtschaftlichen Interessen der Reichen negativ beeinflusst hätte (vgl. Act 16,19; 19,24; dazu Dibelius, 174. Maier, Reich 17, denkt an derartige Situationen). Mussner, 122. Vgl. Jer 7,6; 22,3; Ez 18,12; 22,7.29; Am 4,1; 8,4; Hab 1,4; Sach 7,10; Mal 3,5 u.a.
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terdrückung konkret zu bestimmen, so dass fraglich wird, ob ihm überhaupt an einer Unterscheidung zwischen reichen Christen und nichtchristlichen Reichen liegt. Die nachstehende Aussage, dass die Reichen »euch vor Gericht ziehen« (V.6b), ist wohl als ein Beispiel von Unterdrückung zu verstehen. Hier verstärkt sich unsere Frage, denn man kann sich auch Prozesse zwischen Mitgläubigen vorstellen, wie sie z.B. 1 Kor 6,lff. belegt. Auch V.7 schliesst die Möglichkeit nicht aus, dass mit oi nXovaioi auch Christen gemeint sind. Das ßXa<pr|U£iv kann sowohl die »Lästerung«, die von aussen gegen das Christentum ausgestossen wird (so manche Ausleger), als auch »Schande machen« sein, wobei es sich dann um innerchristliche Reiche handelt. Diese Beobachtungen fuhren zum Schluss, dass die Reichen von V.6f. nicht auf aussergemeindliche Reiche beschränkt werden dürfen. Wenn man die generelle Redeweise des Verfassers berücksichtigt, legt sich vielmehr die Annahme nahe, dass er hier die Reichen als »eine strukturelle Grösse, die sich sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Gemeinde findet« , versteht. Die Exegeten sind sich insoweit einig, dass in 4,13-17 Kaufleute gemeint sind. Umstritten ist hingegen, 1) ob diese Leute, vom Verfasser aus gesehen, unter die Kategorie der »Reichen« fallen, und 2) ob sie ausschliesslich, eventuell teilweise oder gar nicht Christen sind. 1) Schon beim ersten Blick fällt auf, dass Jakobus die Bezeichnung oi nXoixnoi nicht verwendet. Daraus kann man aber nicht schliessen, dass er sie nicht als »Reiche« ansähe. Dies lässt sich eher dadurch erklären, dass er sich hier konkret gegen Kaufleute wendet und deshalb die genannte Bezeichnung, bei der er an die Reichen in toto denkt (vgl. 1,1 Of.; 2,6f), einfach vermeidet. Zu beachten ist vielmehr die Beschreibung ihrer Tätigkeit: »Heute oder morgen wollen wir in die und die Stadt ziehen und wollen da18
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Mit Vouga, 75. KaxaSwaoreveiv seitens christlicher Reicher zeige sich, so Burchard, Nächstenliebegebot 524 Anm. 18, in Jak 4,2 und in 1 Kor 1 l,20ff. So auch Frankemölle, I 256. Der Verfasser lässt offen, worum die Reichen gegen »euch« prozessieren. Aber da das Subjekt des Prozesses die Reichen sind, liegt es wohl nahe, dass es sich um finanzielle Angelegenheiten handelt: Schnider, 61, denkt an arbeitsrechtliche Prozesse, etwa die Vorenthaltung des Tageslohnes (vgl. Jak 5,4) oder Schuldprozesse; ähnlich Ropes, 195f.; Maynard-Reid, Poverty 64f. Baker, Speech-Ethics 183, legt den Vers im Zusammenhang mit V.6 aus: »he [Jakobus] pictures the rieh slandering or insulting Christians, or perhaps perjuring in court against them, in light of 2:6. The Lord, thus, is indirectly discredited in this way.« Schnider, 621, hält dies für wahrscheinlicher; ferner Vouga, IT, Burchard, Stellen 364 Anm. 59; Maier, Reich 17. Vgl. auch Michl, 38. Bei Herrn finden sich Parallelen zu dieser Wendung: In sim VI 2,3f. handelt es sich interessanterweise um diejenigen, die »in Betrug und eitler Schwelgerei [xp\xpf|: 2,2; vgl. Jak 5,5 fexptxpf|oaTe kni xrV; yr&]« wandeln und sich den »Begierden dieser Welt [feTuG^iai TOX) aiävoc, xovtot): vgl. Jak 1,14; 4,2]« ergeben haben. Hier ist zweifellos an die Reichen gedacht. In sim VIII 8,2 ist von Geschäftsmännern die Rede, die »um ihrer Geschäfte willen den Herrn gelästert [feßXao^fmtioav] und ihn verleugnet« haben. Dies ist im Blick auf Jak 4,13-17 eine sehr interessante Stelle. In sim VIII 6,4 werden »die Abtrünnigen und Verräter der Kirche« erwähnt, die »in ihren Sünden den Herrn gelästert und sich überdies des Namens des Herrn geschämt haben, der über ihnen genannt ist« (Betonung von mir). Maier, Reich 17. Hengel, Jakobusbrief 255-259, will Jak 4,13ff. auf die Missionsreise des Paulus deuten; das ist aber reine Spekulation. Dagegen vgl. auch Sato, Jakobusbrief 59f. Anm. 17. Gegen Davids, 171.
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selbst ein Jahr zubringen und Handel treiben und Gewinn machen« (V.13). Hier ist ganz offensichtlich Grosshandel gemeint. Dies wird durch das Verb eu,7iopet>ou,ai gestützt. 25
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In diesem Zusammenhang ist auf Apk 18 hinzuweisen. Dort stellt der Verfasser der Apk sehr kri tisch dar, wie sich Grosskaufleute in römischer Gesellschaft durch ihren Überseehandel bereichern (vgl. bes. V.3.11-19). Wahrscheinlich hat Jakobus derartige Kaufleute im Kopf, die »von ihrer gewaltigen Üppigkeit reich geworden« (Apk 18,3) sind. 27
Ferner ist die Parallelität zu 1,9-11 nicht zu übersehen. Wahrscheinlich sind es die selben Kaufleute wie die, die in 1,1 Of. vom Verfasser als ö nfoybaioq bezeichnet werden. Daraus wird man schliessen können, dass der Verfasser des Jak an Kaufleute denkt, die — vor allem im Überseehandel — ziemlich grosse Geschäfte machen. Somit gehören sie selbstredend auch in die Kategorie der von Jakobus gemeinten »Reichen«. 2) Gegen die von der überwiegenden Mehrheit vertretene Ansicht, dass es hier um Christen geht , meint S. Laws, es sei sehr unwahrscheinlich, »that persons of this Status and influence would at this period have been attracted into a Christian Community in such numbers as to constitute a group within it which is the object of special criticism« . Als Argument dafür wertet sie die fehlende Anrede »Brüder«. Dies kann aber nicht als Argument dafür angesehen werden, dass es sich um Nichtchristen handelt, sondern vielmehr dafür, dass wohl nicht nur Christen dazu gehören. Und dies ist m.E. gut möglich, denn das entspricht der bisher beobachteten Tendenz, dass unser Verfasser keine Grenzlinie zwischen reichen Christen und nichtchristlichen Reichen zieht (vgl. oben zu 1,1 Of. und 2,6f.) und dass er jene Anrede selbst dort vermei det, wo offensichtlich von christlichen Reichen die Rede ist (s. oben zu 1,10a). Dies ist wohl mit seiner Abneigung gegen die Reichen zu begründen. Dass auch Kaufleute urchristlichen Gemeinden angehörten, kann man Be schreibungen des NT entnehmen, etwa Act 16,11-15 (Purpurhändlerin Lydia); Apk 3,14ff. (Christen in Laodicea) . Es ist daher naheliegend, dass vor allem an solche 28
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Vgl. Burchard, Gemeinde 326f. Auf die Frage, ob es hier tatsächlich nur um Grosshändler geht, werden wir später zurückkommen. Jakobus scheint alle grösseren Kaufleute über einen Kamm zu scheren. Von ihm aus gesehen sind sie alle Grosshändler. Oder er könnte möglicherweise die Be zeichnung oiftAxrixnoideswegen vermieden haben, weil er auch Kaufleute aus mittleren Betrieben im Visier hatte. Der enTcopoc, meint »der Grosshändler im Ggs zu KäJtnXoc,, dem Krämer« (BA 518); so auch Popkes, Adressaten 56; Noack, Jakobus 14. Nach Popkes seien diese Leute aber keine Grosskaufleute, denn »die Grosskaufleute [...] reisten nicht selber« (aaO. 56f; so auch Klein, Werk 100). Dagegen muss aber gefragt werden, ob man vom Verfasser des Jak eine so detaillierte, fast pedantische Darstellung fordern darf, ob jene Kaufleute tatsächlich selber reisten oder lediglich ihre Agenten schicken. 1,11: tv xdxq nopeiaic, avrov; 4,13: ^ucopeixro^eGa. Hierzu näher vgl. oben 2.3.3. Dagegen spricht nicht, dass Jakobus in 5,1 wiederum mit aye vw die Reichen anredet. Er wendet sich m.E. zuerst in 4,13ff. gegen eine bestimmte Gruppe (= Kaufleute) der Reichen, dann in 5,1ff.an die Reichen in toto. Vgl. auch Noack, Jakobus 12, der zum Vergleich auf die lukanischen Weherufe hinweist, bei denen auch nicht verschiedene angeredete Gruppen angenommen werden müssen. Etwa Mussner, 189-192; Ruckstuhl, 27, und Davids, 171. Laws, 190. Reicke, 49: »Probably the author is thinking of certain successful businessmen who have come in contact with either Jewish or Christian biblical instruction«. S. bes. V.18. Die Stadt Laodicea hat sich durch Handel und Industrie bereichert (Roloff, Apk 63; s. unten 4.1.2.2.4). Theissen, Schichtung 253f, vermutet »zumindest einige« Kaufleute in der korinthi schen Gemeinde; dazu vgl. auch Meeks, Christians 55-73.
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christliche Kaufleute gedacht wird. Die Worte des Jak machen keine Einschränkung; sie gelten allen Kaufleuten. In 5,1-6 bewirft der Verfasser »die Reichen« mit so heftigen Scheltworten, weil er ihnen offensichtlich jede Regung zur Busse abspricht. Darum glauben manche Ausleger, es könne sich hier nicht um reiche Christen handeln. Allerdings ist es m.E. auch hier unsachgemäss, sich auf die einfache Alternative »entweder Christen oder NichtChristen« festzulegen. Denn erstens verwendet Jakobus die Bezeichnung oi nAxrixnoi (oder ö nAxrixjio«;) bis anhin immer im Sinn von den Rei chen in toto, wobei nicht zwischen Christen und NichtChristen unterschieden wird (vgl. l,10f; 2,6f). Zweitens liefert V.4, wo es um die Ausbeutung der Landarbeiter geht, kei nen Anhalt für dieses Entweder-Oder, weil Jakobus darin bloss ein Beispiel ungerechten Schatzsammelns sieht und deshalb die »Reichen« nicht auf die in V.4 erwähnten Gross grundbesitzer beschränkt. Ferner ist kaum auszuschliessen, dass es Grossgrundbesitzer in frühchristlichen Gemeinden gab. Die Schicht der Grundbesitzer wurde hauptsächlich gebildet von Leuten der Oberschicht der römischen Gesellschaft, d.h. von solchen aus dem Senatoren- und Ritterstand, deren Zugehörigkeit zum Christentum man sich für diese Zeit allerdings nur schwer vorstellen konnte , aber auch von einem Teil der rei chen Freigelassenen, deren Finanzquellen sich »sehr häufig im Handel, im Bankwesen und in der handwerklichen Produktion« fanden. Es ist gut möglich, dass einige aus letzterer Gruppe frühchristlichen Gemeinden angehörten. Schliesslich ist zu bezweifeln, dass Jakobus von 4,13-17, wo unzweifelhaft an Christen gedacht ist, zu einem anderen, mit derselben Anrede beginnenden, sich aber ausschliesslich an NichtChristen richtenden Abschnitt überginge, ohne diesen Wechsel präziser zu kennzeichnen. 33
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Interessanterweise erwähnt Jakobus in seinen Drohworten gegen die Reichen deren Kleider und Edelmetall (V.2f.). Dies erinnert an die Darstellung des reichen Mannes in 2,2, der goldene Ringe und ein prächtiges Kleid trägt. Der Verfasser könnte hier vielleicht bewusst diese Übereinstimmung heraus gestrichen haben.
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Die conditio Jacobaea (4,15:fcävö ic\)pio<; öeXfjCTri) spricht wohl dafür (s. oben 2.3.3.1). Für christ liche Belege dieser Formel vgl. Act 18,21; 1 Kor 4,19; ferner 16,7; Hebr 6,3. Etwa Windisch, 30; Davids, 174; Moo, 159; Sato, Jakobusbrief 59; Klein, Werk 182; vgl. auch Hop pe, 106. Maynard-Reid, Poverty 87f., will die Grossgrundbesitzer (V.4) mit den Sadduzäern identi fizieren. Anders Frankemölle, I 256: »Wohl werden — wie in anderen Texten des NT Hausbesitzer mit entsprechenden Sklaven — von Jakobus Landbesitzer mit ihren Arbeitern als Mitglieder christ licher Gemeinden genannt.« Boggan, Wealth 237: »By means of rhetorical devices, the author addresses the wealthy Christians, who run the risk of committing similar crimes within the Community of faith.« Vgl. oben 2.3.3.2. Ausbeutungen dieser Art waren gar nichts Seltenes (Finley, Economy 103). Nach einigen älteren Kommentatoren sei mit dem »verfaulten Reichtum (ö nXoxnoq)« (5,2) Getreide gemeint (so Schlatter, 267; Windisch, 30; Spitta, Brief 130). Dies würde zur Kritik an Grundbesit zern in V.4 gut passen, aber es liegt näher, wegen des Nachklanges von TtXoxxnoi (V.l), dass ö TtAxwroc, umfassend allen Reichtum meint (mit Hauch, 217; Dibelius, 194; Cantinat, 222, u.a.). Nach Eck, Eindringen 383, findet sich kein sicheres Zeugnis für die Konversion von Angehörigen des Senatorenstandes zum Christentum bis zum Ende des 2. Jh. Zu Act 13,12, wo der Verfasser der Act berichtet, der Statthalter Sergius Paulus »wurde gläubig«, vgl. ebd. Anm. 8. Alföldy, Sozialgeschichte 112f. (Zitat 112). Dies stützt die Annahme, dass es in 4,13ff. und 5,lff. nicht um Menschen verschiedener Kreise geht. Dieses kontextuelle Argument nennt Popkes, Adressaten 40.
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Es ist also naheliegend, dass der Verfasser in diesem Abschnitt nicht nur ausserchristliche Reiche, sondern wie bereits bei den vorhergehenden Stellen die Reichen in toto meint. V.4 kann man vielleicht entnehmen, dass es Christen auch in der grossen Grundbesitzerschicht gab. Dies bleibt aber unsicher. Fazit: Aus diesen Betrachtungen lässt sich in bezug auf den ganzen Brief folgende Folgerung ziehen. Die Bezeichnung 6 nXvbaioc, (oder oi nXvbaioi) bezieht sich weder nur auf reiche Christen noch nur auf nichtchristliche Reiche, sondern auf die Reichen in toto. Dass die gegen die Reichen gerichteten Worte auch den christlichen Reichen unter den Adressaten galten, geht besonders aus 1,9-11 hervor. Die Existenz reicher Christen wird aber auch durch 2,2-4 und 4,13-17 belegt; ebenso wohl auch durch 5,1-6. Zu beachten ist besonders die in 2,2ff. geschilderte Szene. Dar aus lässt sich entnehmen, dass reichen Gemeindegliedern eine bevorzugte Stellung zuge standen wird. 39
4.1.1.2 Die Armen und die Reichen — wer sind sie? Stimmt unsere Beobachtung, dass Jak unter seinen Adressaten auch reiche Christen weiss, ist danach zu fragen, an welche Gestalten er dabei denkt, insbesondere weil er diese allgemeine Bezeichnung nicht präzisiert. M.a.W.: Welche reichen Leute gehören zur Gemeinde? Diese historische Frage gilt selbstverständlich auch für die »Armen« in Jak. Bei dieser Frage ist zuerst auf die Szene in 2,2f. zu verweisen, denn Jakobus schil dert dort das Aussehen von einem reichen und einem armen Christen. Wie bereits erwähnt, steht M. Dibelius dem Versuch ablehnend gegenüber, eine solche Darstellung als historische Quelle für die Zustände der Adressatengemeinde zu benützen. Danach erzähle Jakobus dem betreffenden paränetischen Zweck entsprechend ein typisches, »stilisiertes« Beispiel, wobei es »mehr auf die Leuchtkraft der Farbe als auf die Übereinstimmung jedes Zuges mit der Wirklichkeit« ankomme. Dibelius geht aber deutlich zu weit, wenn er die Aktualität der Szene aufgrund ihrer Stilisierung ablehnen will. Denn, auch wenn die Szene gewisse Tatbestände bei den Adressaten nicht genau wieder gibt — was freilich gut denkbar ist —, bedeutet dies nicht, dass sie nicht auf eine konkrete Situation der Adressaten abzielt. Wenn man mit dem rhetorischen Effekt eines Beispiels rechnet, ist die Annahme viel sachgemässer, dass die Szene mit einer konkreten Situation zusammenhängt. 40
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Der bevorzugte Mann trägt einen (oder mehrere?) goldenen Ring und ein prächtiges Kleid (fcv eoÖTyci Axxu,7cpa). Wer ist dieser Mann? B. Reiche denkt, der goldene Ring deute darauf, dass er »ein römischer Bürger senatorischen oder ritterlichen Ranges oder wenigstens [...] ein durch 3 9
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Etwa mit Ropes, 282; Popkes, Adressaten 60 und Maier, Reich 34. Ferner Michl, 55, wonach sich die Vorwürfe vorwiegend auf reiche NichtChristen richten, obwohl »das eine oder andere Unrecht auch bei reichen Christen vorgefallen sein [mag]«. Dibelius, 161-163 (Zitate 161). Ihm folgen z.B. Hartin, James 90; Osiek, Rieh 36; Karrer, Christus 180 Anm. 81; und wohl auch Ruckstuhl, 16. Mit Laws, 98; Watson, James 120: »since examples are to be akin to the case and portray what might reasonably to be expected, we are on firm ground in inferring that partiality is exhibited by the audience. However, we cannot affirm that the partiality takes on the exaet form given in the examples.«
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besondere Leistungen Gleichgestellter« sei. Denn nur solche Leute durften in der frühen Kaiserzeit Roms goldene Ringe tragen. Reiche geht weiter und will ioOry; ÄÄU,rcpä mit toga Candida identifizieren und daraus schliessen, dieser Mann sei ein politischer Kandidat, der mit den Christen Verbindungen anknüpft, um ihre Stimmen in corpore für irgendeine Wahl zu gewinnen. Seitens der Christen werde auf Sportein und Schutz sowie Hilfe gegen Verfolgungen gerechnet. Gegen dieses Argument kann man aber folgendes einwenden: Dass goldene Ringe nur von Bürgern senatorischen oder ritterlichen Ranges getragen werden durften, gilt sicher für die republikanische Zeit. Für die Kaiserzeit führt aber Maynard-Reid* Gegenbeweise an: Epiktet redet von einem alten Mann mit vielen goldenen Ringen an seinen Fingern, der aber offensichtlich nicht Aristokrat ist. Bei Juvenal tritt ein Crispinus auf, der, obwohl Freigelassener, einen goldenen Ring trägt. Dass dies keine Ausnahmefalle sind, lässt sich aus den Klagen über das häufige Tragen vieler Ringe erschliessen. Bei seiner Identifizierung von £<j0fj<; Xou.np<x mit toga Candida beruft sich Reiche auf Polybius. Dort meint £<J0f|<; zwar die Toga, allerdings nicht deshalb, weil das Wort etwa der lateinischen toga entsprechen würde, sondern nur weil es sich auf die vorangehende rnßewa — das griechische Wort für toga — bezieht. Ausserhalb dieses Kontextes ist es daher eher unwahrscheinlich, dass der Ausdruck eoöfjq Axxujcpa mit toga Candida zu identifizieren ist. Zumindest für Jak 2,2 ist Reiches Annahme nicht haltbar. Die Schilderung dieses Mannes ist einfach als Ausdruck seines Reichtums zu verstehen. Sein prächtiges Kleid, im Kontrast zum schmutzigen Kleid (pvnapä fcc6f|<;) des Armen, soll zweifellos seinen Reichtum zur Geltung bringen, ebenso der goldene Ring. Allerdings scheint der Verfasser nicht einen Mann bestimmten Berufs darzustellen. Es muss offenbleiben, ob dieser Mann »ein römischer Bürger senatorischen oder ritterlichen Ranges« ist. Den anderen Mann bestimmt Jakobus als TTKDXCX; (V.2b). Dabei scheint der Verfasser dieses Wort in seinem eigentlichen Sinne, d.h. im Unterschied zu KEVTY; , ZU verwen42
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Reiche, Diakonie 342f. (auch Zitat); ders., 27. Diakonie 343. »Es lässt sich dann voraussetzen, dass er nach üblichem antiken Gebrauch seinen Ambitus durch persönlichen Anschluss an eine Korporation zu erleichtern sucht« (ebd.). Vgl. Gross, KP IV 1434. Maynard-Reid, Poverty 60. Epiktet, 122,18. Juvenal, 126-30. Z.B. Seneca, Naturales Quaestiones VII31,2. Weitere Belege bei Gross, KP IV 1435. Polybius, X 4,8-5,1: »Er [sc. Scipio] hat gefordert, für ihn sofort eine weisse Toga [ T f j ß e w a v AÄHnpäv] zu besorgen, denn dies [sc. sie anzuziehen] ist eine Gewohnheit für die sich um das Amt Bewerbenden. [...] Und erst nachdem er die weisse Kleidung [fax\inpav EoOrfccc] bekam, erschien er auf dem Forum« (Übers, von mir). Rusche, Erbarmer 237f., sieht einen Gegensatz zwischen der Herrlichkeit von Jesus Christus (V.l) und derjenigen eines Menschen, die durch den goldenen Schmuck und das prächtige Kleid zum Ausdruck kommt. Judge, Gruppen 52, glaubt, »dass der Verfasser an einen der reichen Geschäftsleute in den östlichen Städten denkt«, die »die Insignien des Ritterstandes nur als einen Beweis ihres Reichtums« trugen; ähnlich Adamson, James 253, der aber an einen jüdischen Kaufmann denkt, was m.E. unbegründet und unwahrscheinlich ist. Vgl. Grundmann, ThWNT VIII 3,8-11; 9,45ff. Im Unterschied zu ÄTG>%ÖC, bezeichnet «evry; den, »der wegen Mangels an Besitz sich durch eigene Arbeit erhalten muss« (Hauch, ThWNT VI 886,30). Der Unterschied zwischen nevric, und TTWDXÖC, ist in der L X X , wo die beiden Verben nebeneinanderstehen
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den. Dafür spricht, dass diese Szene der Ermahnung dient: die Bevorzugung gewisser Personen muss aufhören. Dafür soll man Nächstenliebe (2,8) bzw. »Barmherzigkeit üben« (2,13). Daher kann man vermuten, dass Jakobus mit ircoyxoq an einen »Armen« denkt, dem Wohltaten zu erweisen sind. Diese ntoaxos-Vorstellung gilt auch für 2,15f. Wie in 2,2fF. handelt es sich hier um arme Brüder bzw. Schwestern. Mit unserer Beobachtung bei 2,2ff. stimmt V.l5 in zwei erlei Hinsicht überein. 1) Hier geht es ohne Zweifel um Gemeindeglieder (döefopoc; f\ d&Axpfi) ; 2) Diese sind mittellos, also im eigentlichen Sinne des Wortes nx(ü%oi. Dass Jakobus in 4,13-17 die Tätigkeit von Kaufleuten, die offensichtlich Über seehandel treiben, als Beispiel anführt, legt nahe, dass ihm vor allem diese Leute vor schweben, wenn er von »Reichen« spricht. Jakobus redet sie hier zwar generell als Kaufleute an (s. oben 4.1.1.1), schliesst damit aber nicht aus, dass darunter auch christli che Grosshändler zu finden sind. Es darf ferner bezweifelt werden, dass er nur grosse Kaufleute im Visier hat. Denn da er die kritisierten Kaufleute offensichtlich stilisiert dar stellt, muss damit gerechnet werden, dass er nicht nur eigentliche Grosshändler, sondern auch kleinere Kaufleute im Visier hat. Während sich der Vorwurf in 4,13-17 auf ein konkretes Verhalten der Kaufleute bezieht, formuliert der Verfasser in 5,1-6 seine Worte ganz in Anlehnung an die Rede weise der alttestamentlichen Propheten. Dementsprechend herrscht in diesem Abschnitt der prophetische Ton vor: Formgeschichtlich muss 5,1-6 dem prophetischen Unheilswort zugeordnet werden. Jakobus ahmt hier ohne Zweifel prophetische Redeweise nach, ohne sich selbst als Prophet zu verstehen. 54
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(nxayxpq Kai KEvrjc,), nicht mehr erkennbar. Vgl. Ps 34(35),10; 36(37),14; 39(40),17; 40(41),2; 69(70),5; 71(72),13; 73(74),21; 81(82),3f; 108(109),22; Am 4,1; Ez 16,49; 18,12; 22,29. TOWCEIVÖC, kann parallel zu ÄEVTJC, verwendet werden: Kpivaxe öpcpavöv Kai JTUDXÖV, WTCEIVÖV Kai jtEvrrra SiKatcboaxE (Ps 81[82],3). Durch xaiiEivöc, könnte ferner »die gedrückte Situation« (Grundmann, aaO. 3,8. Betonung von ihm) der Adressaten, die von Reichen ausgeübt wird (vgl. Jak 2,6f; 5,4-6), ange deutet werden. Darum kann man den »niedrigen Bruder« in 1,9 mit diesem Armen, der zwar auch als Mitglied der Gemeinde dargestellt wird, nicht völlig identifizieren. Nicht ohne Absicht verwendet Jakobus als Kontrast zu ö nkovaioq (der Reiche) ö xamivöq (der Niedrige) statt des zu erwartenden ö JCTCDXOC, (der Arme). Er vermeidet offensichtlich bewusst ö nxwxfe, das »völlige Mittellosigkeit« (Hauck, aaO. 886,31) ausdrückt, und gebraucht stattdessen ö tajieivöq, das ähnlich wie ö «Evry; in einem weiteren Sinne die soziale Niedrigkeit, und in einem religiösen Sinne Gehorsamkeit gegen Gott be zeichnet, was m.E. in unserem Kontext von Belang ist. Durch xanEivöc, werden also gleichzeitig so ziale Niedrigkeit (im Vergleich zu ö TtXorxitoq) und Gehorsamkeit (im Vergleich zu ö Siyvxoq) aus gedrückt (ähnlich Cargal, Diaspora 73). Sein schmutziges Kleid kann auch ein — etwas subjektives — Argument dafür sein. Burchard, Ge meinde 323f. Anm. 60, bemerkt: »Natürlich wäre mancher, der etwa abends direkt nach der Arbeit in die Gemeinde kommt, nicht sauber«. Der Ausdruck ößekyoq f\ däetapf) (statt einfach d&tapöq) zeigt m.E., dass Jakobus hier an eine kon krete Situation denkt. Für d&X
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In unserem Abschnitt begegnen viele Motive, die aus dem AT, zumal aus den prophetischen Schriften, entlehnt wurden: V.l: »weinet und jammert!« Diese Unheilsdrohung, besonders »jammert« , ist eine bei den alttestamentlichen Propheten (vor allem bei Jesaja) charakteristische Redeweise. V.2: Von Motten zerfres sene Kleider. Das crnxoßpoyToq (NT Hapaxlegomenon) findet sich in der LXX nur Hi 13,28. Aber diese Vorstellung ist vertraut in Verbindung mit dem Ende des Ungerechten. V.3: p e r Rost von Gold und Silber wird] »euer Fleisch verzehren wie Feuer«. Das Feuer begegnet oft in der prophetischen Gerichts sprache. V.4: die Ausbeutung der Arbeiter wurde im AT wiederholt aufgegriffen und verboten. Be sonders auffällig ist die Gottesbezeichnung »Herr der Heerscharen« (lcopioc, ooßcubG) ; sie ist in der LXX typisch für Jesaja. V.5: der Ausdruck »der Tag der Schlachtung« als der grosse Gerichtstag fin det sich schon in Jer 12,3. 59
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Dass jede dieser Aussagen, die in den Augen des Verfassers eine bestimmte Sachlage reflektieren dürfte, in traditionelle Vorstellungen gekleidet ist, erschwert es, aus dem Hinweis in V.4 zu folgern, dass es bei den Adressaten besonders um die Ausbeutung von Seiten der grossen Landbesitzer ginge. Freilich könnte man sich dies in der Umgebung des Verfassers vorstellen. In unserem Kontext dürfte dieser Hinweis aber eher als klas sisches Beispiel dafür fungieren, wie Reiche auf ungerechte Weise »Schätze sammeln« (V.3). 67
Dies gilt auch für V.6, in dem es um den Mord am »Gerechten« geht. Da sowohl die ungerechte Verurteilung als auch der Mord am Gerechten eine traditionelle Anklage gegen die Ungerechten ist, muss man entweder annehmen, dass sich der Verfasser auf einen konkreten Mord unter den Adressaten bezieht, oder man muss dieses »Töten« metaphorisch interpretieren. Für Jakobus handelt es sich wohl einfach um den Hinweis auf ein ungerechtes Gerichtsverfahren, das er auf 2,6 (»Ziehen nicht sie euch vor Gericht?«), wo es sich um Erfahrungen der Adressaten handelt, zurückbezogen haben will. Das »Töten« wird zum Umfeld der traditionellen Vorstellung gehören: Damit zielt Jakobus auf eine ein drucksvolle Steigerung des Tons seiner Anklage. Auf die Frage, wer dieser »Gerechte« ist, kann man daher so antworten: Jakobus denkt ihn ganz »kollektivisch« , ohne ihn mit bestimmten Menschen zu identifizieren (vgl. äthHen). 68
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Hier Partizip bkdkvCfivzeq im imperativischen Sinne (Mussner, 193). Jes 13,6; 14,31; 15,2.3 usw.; Jer 31[48],20; Ez 21,17; Sach 11,2; Am 8,3. In der LXX begegnet das Wort 20mal, davon 12mal in Jes. Im NT ist es ein Hapaxlegomenon. Jes 33,1 LXX; 50,9; 51,8; ferner Hos 5,12. Jes 5,24; 10,16; 30,27; Ez 15,7; Am 5,6; vgl. Jdt 16,17. Lev 19,13; Dtn 24,14f.; Jer 22,13; Mal 3,5 usw. Im NT sonst nur Rom 9,29, wo es sich aber um ein Zitat aus Jes 1,9 handelt. Vgl. u.a. Jes 5,9: TJKOIXJÖII Y«P ^ ™ K u p i o v ooßcwbO xaxna. In der LXX begegnet das Wort 65mal, davon 56mal in Jes. Vgl. auch 1QH 15,17 (nann Di'); ferner Jes 34,5-8; Jer 46,10; 50,26f; Ez 39,17; Zeph 1,7. Dibelius, 285, denkt an die Möglichkeit, dass es ein Unglückstag sei, »bei dem es nur den Armen schlecht er ging oder gar an dem die Armen von den Reichen zu leiden hatten«. Dagegen sprechen aber schon die genannten Parallelstellen. Vgl. Hengel, Eigentum 23ff. Weish 2,20; äthHen 100,10; ferner Jes 10, lf. äthHen 96,8; 99,15; 103,15; Prov l,llff. Anders Baker, Speech-Ethics 184, der an Hunger, Krankheit und einen vorzeitigen Tod, der durch die in V.4f. dargestellten ungerechten Taten der Reichen verursacht wird, denkt. Mussner, 198. Es ist wenig wahrscheinlich, dass Jakobus hierbei an das Vorbild Jesu oder des Herrenbruders Ja kobus, wenn auch nicht ausschliesslich, gedacht habe (etwa Mussner, 199; Davids, 179f.). e
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Arme und Reiche im Jakobusbrief
Aus diesen Betrachtungen lässt sich folgern: Redet Jakobus von den »Reichen«, denkt er primär an Kaufleute, die sich mit Überseehandel beschäftigen. Daraus dürfte geschlossen werden, dass Jakobus unter seinen Adressaten christliche Kaufleute voraus setzt, wobei nicht nur ausschliesslich reiche Grosskaufleute, sondern wohl auch Kaufleu te mit kleineren Handelsvolumen gemeint sind. Es ist in zweierlei Hinsicht sehr schwierig zu bestimmen, welcher sozialen Schicht die von Jakobus kritisch aufgegriffenen reichen Christen angehörten: Erstens, wie gesagt, formuliert er seine an die Rei chen gerichteten Worte so, dass auch nichtchristliche Reiche im Blickfeld sind. Dies macht es besonders schwierig, seinen Worten das zu entnehmen, was nur die reichen Christen betrifft. Zweitens redet Jako bus von den Reichen nur in groben Zügen. Konkrete Beschreibungen findet man immerhin in 4,13-17, wo von grossen Kaufleuten die Rede ist, aber das kann schwerlich als Merkmal für die spezifische Sta tuszugehörigkeit der Reichen unter den Adressaten benützt werden. Denn der Handel war in dieser Zeit nicht nur das Charakteristikum des Ritterstandes, sondern auch eine Finanzquelle anderer römischer Bürger. 73
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Von den »Armen« in der Gemeinde erzählt Jakobus ganz eindeutig: Der Gemeinde gehören arme Brüder und Schwestern an, die »in einem schmutzigen Kleid« (2,2) oder sogar »unbekleidet« sind und »an der täglichen Nahrung Mangel« leiden (2,15). Dies sind nicht etwa Tcevrjxeq, sondern echte WTCöxoi- Als Gemeindeglieder nahmen diese Ar men auch am Gottesdienst teil, aber sie wurden von den anderen Christen nicht nur nicht berücksichtigt, sondern sogar verachtet (vgl. z.B. 2,2-4). Und neben jenen »Reichen« und »Armen« gab es Gemeindeglieder, die Jakobus pau schal und zusammen mit den Armen als 6 doeXxpöq 6 lamwöc, bezeichnet (1,9). Es sind diese Leute, die auf der einen Seite dem reichen Mitglied Hochachtung erwiesen und auf der anderen Seite den armen Bruder unberücksichtigt Hessen (2,2-4.15f). Sie lebten si cher nicht in Wohlstand, waren aber auch nicht arm und werden wohl deshalb von »den Armen« unterschieden. Daraus ergibt sich also ein Gemeindebild, das aus mehreren sozialen Schichten be steht. Von mittellosen Armen bis zu Grosskaufleuten gehörten Mitglieder verschiede ner sozialer Schichten der Gemeinde an. Dieser soziale Unterschied blieb jedoch offen sichtlich in der Gemeinde unaufgehoben: Während die reichen Christen bevorzugt wur den, wurden die armen Brüder einfach verachtet. 75
4.1.1.3 Position des Jakobus und ihr Hintergrund Man weist gern darauf hin, dass Jakobus sich zwar gegen eine Krise in der Gemeinde wendet, aber kein Programm für eine soziale Reform vorweist.7 Dieser Hinweis ist an 6
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Bleicken, Sozialgeschichte 1295. AaO. 316. Nach Alßldy, Sozialgeschichte 112f, gab es auch reiche Freigelassene, die neben anderen Tätigkeiten wie Bankwesen und handwerklicher Produktion auch Grosshandel trieben (s. oben S. 140). Vgl. Frankemölle, I 253f. Vgl. z.B. Schulz, Ethik 655; Popkes, Adressaten 88.
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Die Adressaten des Jakobusbriefes
und für sich richtig; Jakobus fordert in der Tat die Adressaten lediglich dazu auf, ge genüber den Armen Barmherzigkeit zu üben (2,13; vgl. 1,27; 2,16). Dies bedeutet aber nicht, dass für Jakobus Reichtum ohne weiteres legitim war, denn er kritisiert nicht nur den ungerechten Erwerb und Gebrauch des Reichtums. In 1,1 Of. erklärt der Verfasser den Untergang jedes Reichen, unabhängig davon, ob er den Reichtum auf ungerechte Weise erworben hat oder nicht. Der Verfasser findet das »Reich«-sein schon des Untergangs wert. Dabei muss beachtet werden, dass Jakobus diesen Reichen dem »niedrigen« (xanexvöq) Bruder gegenüberstellt, wobei er ohne Aus nahme jeden Reichen theologisch als jemanden charakterisiert, dem es an Niedrigkeit vor Gott mangelt, d.h. >reich< wird fast zu einem Synonym für >hochmütig<. Dies ist der theologische Aspekt, von dem aus er seine Kritik an den Reichen übt. Das sieht man z.B. in 4,16: »Jetzt aber rühmt ihr euch in euren Prahlereien. Jedes derartige Rühmen ist böse« . Hier wird zwar nicht auf ihre Tätigkeit als Geschäftsleute angespielt, trotzdem sollte man nicht übersehen, dass Jakobus dies im Kontext ihrer Geschäftstätigkeit sieht (4,13). Ohne Zweifel hält er ihre Tätigkeit für widergöttlich. An der Frage, ob auch eine nicht widergöttliche Ansammlung von Reichtum durch Handelstätigkeit möglich ist, scheint Jakobus nicht interessiert zu sein. Dieser Vorwurf erreicht in 5,lff. seinen Höhepunkt. Hier greift Jakobus die Reichen samt ihrem Reichtum (5,2f.) so heftig an, dass er offensichtlich keine Möglichkeit mehr sieht, dass sie dem Untergang, der schon gegenwärtig ist, entgehen können, un abhängig davon, ob sie ihren Reichtum auf ungerechte Weise erworben haben oder nicht. In den Augen des Jakobus ist keine Ansammlung von Reichtum möglich ohne Ungerechtigkeit (5,4-6). Das ist keine analytische Bemerkung zum Reichtum, sondern Ausdruck seiner Antipathie gegenüber allen Reichen. Die Antipathie des Verfassers richtet sich somit auch auf innergemeindliche Reiche. Jak weiss, dass es in der Gemeinde auch reiche Christen gibt (2,2-4). Trotzdem schildert er sie als der Gemeinde Unwürdige, indem er sie als Gegner der Christen charakterisiert (2,6f). Dies kann wohl nur als Zeichen seiner Unzufriedenheit mit der innerchristlichen Existenz von Reichen gedeutet werden. Daraus wird klar, dass Jakobus nicht nur den ungerechterweise erworbenen Reich tum, sondern den Reichtum an sich und die Reichen als Besitzer solchen Reichtums an77
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Zu »Gutes zu tun« in 4,17 s. oben 2.3.3.1. Diesen Ausdruck verstehen wir nicht als Hinweis auf Almosen. Gegen Popkes, Adressaten 88. GegenFrankemölle \257;Boggan, Wealth235. Vgl. ferner 5,5: »Ihr habt auf Erden wollüstig und üppig gelebt, ihr habt eure Herzen gesättigt...«. Gegen Burchard, Gemeinde 327: »Pläne ja, nur sub conditione Jacobaea und ohne Hymnen auf un ternehmerische Leistung«; Sato, Jakobusbrief 60; Davids, 171, u.a. Die Perfektformen in V.2f. (GEOTJUEV,CTircößpeoxayk/ovev, Kaxicoxai) deuten nicht auf ein im zu künftigen Gericht geschehendes, sondern auf ein gegenwärtiges Unglück (mit Mayordomo-Marin, Jak 132-137). Gegen Boggan, Wealth 237, der meint: »the need for repentance is minimized because the prevention of such dastardly deeds within the Community of faith is the author's major concern.« Vgl. auch l,9f., wo er es offensichtlich vermeidet, den Reichen »Bruder« zu nennen (s. oben S. 135). Zwar redet Jakobus in 2,1 ff. von christlichen Reichen, aber dies bedeutet nicht, dass er sie als Mitgläubige akzeptierte. Diesen Unterschied verwechselt Maier, Reich 24, wenn er meint, »Sie [sc. die Reichen] sind als Menschen und Sünder wie alle anderen Menschen von Gott geliebt und nicht y
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Verstössen«.
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Arme und Reiche im Jakobusbrief
greift. Er kritisiert die Reichen, unabhängig von der Art und Weise des Erwerbes von Reichtum und unabhängig davon, ob sie Christen sind oder nicht. Seine Kritik ist aber in erster Linie durch die innergemeindliche Existenz von Rei chen motiviert: Dass jene, eigentlich des Christseins unwürdigen Reichen in der Gemein de den Armen, die von Gott als die Seinen erwählt wurden (2,5), vorgezogen werden (2,2-4), ist Jakobus' Hauptanklagepunkt. An diese Anklage schliesst Jakobus allerdings kein Programm an, das auf eine Ge sellschaftsveränderung abzielt, sondern er plädiert einfach für die persönliche Anstren gung der Einzelnen in Form von Wohltätigkeit. Man sollte sich aber davor hüten, allein aufgrund des Fehlens eines weitergehenden Programms von einer »konservativen« Ein stellung des Jak zu reden. Man darf nicht übersehen, dass Jakobus den Umsturz vom jüngsten Gericht erwartet; dort erwartet den Reichen der Untergang (5,lff.; vgl. l,10f). Wegen dieser apokalyptischen Hoffnung ist für Jak ein solches Programm sozialer Re formen unnötig. Schliesslich ist nach dem geistlichen Hintergrund der Kritik des Jakobus am Reich tum zu fragen. Oben wurde festgestellt, dass Jakobus in 5,1-6 seinen Vorwurf an die Reichen in Anlehnung an die Redeweise der alttestamentlichen Propheten formulierte. Eine derartige Anlehnung ist auch in 1,1 Ob-11 zu beobachten, wo sich Jakobus auf Jes 40,6ff. bezieht und den Untergang des Reichen schildert. Ferner ist seine Redeweise prophetisch geprägt, wenn er in 2,6 die Reichen als jene darstellt, die über die Gläubigen »Gewalt ausüben« (vgl. Jer 7,6; 22,3; Ez 18,12; 22,7.29; Am 4,1; 8,4; Hab 1,4; Sach 7,10; Mal 3,5 u.a.). Daher ist wohl zu folgern, dass unser Verfasser sehr stark durch den sozialkritischen Geist der alttestamentlichen Propheten beeinflusst war. Diese kriti sche Gesinnung ist bei Jak, wie oben gesagt, mit einer apokalyptischen Naherwartung verbunden. In Hinsicht auf die Kritik am Reichen gibt es allerdings kaum weisheitliche Parallelen. Jak geht in folgenden Punkten über die weisheitlich geprägte Tradition hinaus: 1) Jakobus redet die Reichen direkt an und greift sie an. 2) Im Hintergrund von Jako bus' Zuversicht steht die Vorstellung eines eschatologischen Umsturzes. 3) In der Weis85
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Dies könnte mit dem Rundbrief-Charakter des Jak zusammenhängen: Jakobus konnte von den Rei chen in toto reden, denn der Brief musste sich nicht an die konkrete Situation einer bestimmten Ge meinde richten, wie es bei den Paulusbriefen der Fall war, sonst wäre Jakobus wohl auf das Problem der reichen Christen näher und vorsichtiger eingegangen. Dies schliesst freilich nicht aus, dass Jak von einer konkreten Situation der Adressatengemeinde(n) motiviert worden ist. Dies könnte damit zusammenhängen, dass Jakobus selbst nicht den Armen angehört, sondern quasi deren Fürsprecher ist. Zum sozial-ökonomischen Niveau des Verfassers vgl. z.B. Boggan, Wealth 156-161: Jakobus sei »a man of education, and of, at least, moderate financial means« (aaO. 160). Gegen Maier, Reich 24. Heiligenthal, Werke 46, scheint auch die harte Kritik des Jak herabzumin dern, wenn er meint, »dass die Forderung nach Caritas einen durchgängigen Zug des Jakobusbriefes darstellt.« Diese mit apokalyptischer Zuversicht verbundene Kritik an den Reichen findet sich noch in äthHen 94-105 und in Apk 3,14ff.; 18,lff. Hier beruft sich Jakobus auf das im Frühchristentum wohl bekannte Jesaja-Wort (vgl. 1 Petr l,24f), formt es aber für seine Zwecke um. Vgl. etwa »und die Schönheit ihres [sc. der Blume] Aussehens ist dahin« (V. 11); hier weicht er vom Jesaja-Wort ab, wahrscheinlich um auf die prächtigen Kleider des Reichen anzuspielen (s. 2,2; 5,2). Vgl. oben S. 74 Anm. 137. Zur prophetischen Kritik am Reichtum vgl. Hengel, Eigentum 20-23; Koch, Entstehung 236-257. Darum fällt es mir schwer, mit von Ups, Traditionen 429f, die Arm-Reich-Thematik in äthHen, die offensichtlich prophetisch geprägt ist, als Einfluss weisheitlicher Tradition zu verstehen.
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Die Adressaten des Jakobusbriefes
heitsliteratur findet sich neben Polemik gegen den Reichtum zugleich auch dessen Hoch schätzung, eine Vorstellung, die Jak total fremd ist. In dieser Hinsicht orientiert sich Jak also eher prophetisch-apokalyptisch. 93
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In diesem Zusammenhang ist die »Armenfrömmigkeit« zu erwähnen. Diese jüdische Tradition, die den Begriff der Armut im religiösen Sinne von »fromm, gerecht« verwendet (vgl. 1QH 2,31-35; 5,2022; 1QM 11,9.13; 4QpPs37 2,9 u.a.m.), beeinflusste sicher unseren Verfasser. Dies wird klar, wenn er das Wort xamivöq im sozialen und zugleich religiösen Sinne verwendet (1,9) und ihm gegenüber den nXoixncx; setzt, der in dieser Tradition immer als ungerechter und widergöttlicher Gegner der frommen Armen erscheint. Von dieser Tradition aus wird verständlich, dass Jakobus den Reichen vorwirft, sie hätten den »Gerechten« verurteilt und getötet (5,6). Das theologische Urteil des Jakobus, die Reichen seien hochmütig, lässt sich auf diese Tradition zunickfuhren. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass Jakobus von dieser Tradition in dem wichtigen Punkt ab weicht, dass er von dem Armen (ö TTCGDXÖC,) ohne jede religiöse Konnotation spricht. Man könnte viel leicht aufgrund von Jak 2,5, wo von Gottes Erwählung der Armen die Rede ist, Einspruch erheben. Man muss aber beachten: Dort wird von der Frömmigkeit der Armen nichts gesagt. Vielmehr unterstreicht der Verfasser durch den Ausdruck »die Armen vor der Welt (oi nxtaxoi TÖ KÖoy.(p)«, dass die Armut in materiellem Sinne verstanden werden soll. Ihm geht es nicht um Armut als religiösen Begriff, sondern um Armut als solche. 95
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Vgl. Hengel, Eigentum 25; ders., Judentum 249f. Vgl. Sir 13,24; 31,8; 40,25f. u.a.m. Zugleich ist aber auch zu bemerken, dass Jakobus doch judenchristlicher Lehrer bleibt, wenn er, gleich wie das Rabbinat (Hengel, Eigentum 27f.), als Mittel gegen den Gegensatz zwischen Arm und Reich vorläufig nichts anderes als Wohltätigkeit anzubieten weiss. Freilich überbietet er die Rabbinen mit seiner wesentlich radikaleren Kritik am Reichtum. Diese Tradition findet sich schon in den alttestamentlichen Psalmen. Vgl. Dibelius, 58ff.; Mussner, 76ff. Vgl. etwa mit Mt 5,3, wo von Armut »im Geist« die Rede ist.
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Arme und Reiche im Frühchristentum
4.1.2 Arme und Reiche im Frühchristentum Aufgrund der Beschreibungen des Jak haben wir oben das Gemeindebild rekonstruiert: Es ist eine Gemeinde, deren Mitglieder verschiedensten sozialen Schichten angehören. Neben mittellosen Armen, die fast ganz übersehen wurden, gab es reiche Mitglieder (z.B. Grosskaufleute), die bevorzugt behandelt wurden. Ein derartiges Gemeindebild findet sich aber nicht nur in Jak. Nicht wenige Autoren frühchristlicher Schriften haben ein Interesse am Problem der »Armen und Reichen«, wobei hinter jeder einzelnen Schrift eine bestimmte Gemeindesituation steht. Ein Überblick über die frühchristlichen Schriften, in denen das genannte Thema be gegnet, zeigt, dass sich das genannte Thema vor allem in den Schriften des paulinischen Missionsbereichs findet (1 Kor; 1 Tim; Lk-Act; Apk und 1 Clem). Dies gibt der Ver mutung Nahrung, dass Jak sich an die Gemeinden im Einflussbereich des paulinischen Christentums richtet. Um diese Hypothese zu untermauern, sollen im nachstehenden die obengenannten Schriften näher betrachtet werden; dabei richten wir unsere Aufmerksamkeit darauf, ob man hinter der jeweiligen Schrift eine Gemeinde vermuten kann, deren soziale Zusam mensetzung der von Jak gleicht, und, wenn ja, inwiefern jene Gemeinde Probleme mit ihren reichen Mitgliedern hat und ob die Reichen in derselben Weise kritisiert werden wie in Jak. 97
Es ist hier zu bemerken, dass wir im folgenden nicht darauf abzielen, durch den Vergleich die Abfassungszeit des Jak genauer zu bestimmen, sondern darauf, eine Gesamttendenz des nachpaulinischen Christentums von der zweiten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. bis zur ersten Hälfte des 2. Jh. zu über blicken. Darum erübrigt sich eine Diskussion über die Abfassungszeiten der hier behandelten Schriften, soweit man ihre Einordnung in diesen Zeitraum akzeptieren kann.
4.1.2.1 Gemeinde des Paulus (1 Kor) Von den Paulusbriefen (Rom, 1-2 Kor, Gal, Phil, 1 Thess und Phlm) ist hier vor allem 1 Kor zu nennen, der uns über den Themenbereich »Arme und Reiche in der Gemeinde« verschiedene Auskünfte erteilt. Die Forschung zu diesem Themenbereich hat in den letzten Jahrzehnten gegenüber der früher dominierenden Ansicht einen »neue[n] Konsensus« erreicht, wonach »the social Status of early Christians may be higher than Deissmann had supposed« . 98
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In diesem Zusammenhang müssen auch die Jerusalemer Urgemeinde und der Hirt des Hermas er wähnt werden, die beide ausserhalb der paulinischen Missionstätigkeit stehen. In der Jerusalemer Urgemeinde, so berichtet Lukas, gab es einen Konflikt um die Versorgung der Witwen (Act 6,1). Von einem gemeindeinternen Problem mit den Reichen, wie es bei den paulinischen und nachpaulinischen Gemeinden der Fall war, wird nichts gesagt. In Herrn tritt dagegen dieses Problem ganz in den Vordergrund, weshalb diese Schrift nach der Betrachtung der nachpaulinischen Schriften noch aufgegriffen werden soll (unten 4.1.2.3). Vgl. dazu Kreissig, Zusammensetzung 91-96. Malherbe, Ebene 196 (ders., Aspects 31). Malherbe, Aspects 31. (Dieser Satz fehlt in der dt. Übers, [ders., Ebene 196].) Vgl. Judge, Gruppen 48-60, bes. 59f; Kreissig, Zusammensetzung 96-99; Meeks, Christians 51-73. Deissmann sieht das
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Dieser Konsensus beruht hauptsächlich auf einer soziologischen Analyse der korin thischen Gemeinde. Sie beginnt mit der Aussage des Paulus in 1 Kor 1,26. »Sehet doch nur eure Berufung an, ihr Brüder: Nicht viele Weise nach dem Fleische, nicht viele Mächtige, nicht viele Leute von vornehmer Geburt [sind berufen] «. Aus dieser Aussa ge, die sich auf einen sozialen Sachverhalt der Gemeinde bezieht, schliesst G. Weis sen, dass es in der korinthischen Gemeinde einige Christen aus höheren Sozialschichten gab, während die Mehrheit der Gemeindemitglieder niedrigeren Sozialstatus war. Um diese Einsicht zu stützen, versucht er, einzelne Personen der korinthischen Gemeinde, die namentlich genannt werden, prosopographisch auszuwerten. Daraus schliesst er: »Der grösste Teil der namentlich genannten Korinther hat wahrscheinlich einen gehobenen Sozialstatus. Man braucht deswegen die Aussage des Paulus nicht in Zweifel zu ziehen, dass >nicht viele< Korinther den höheren Schichten angehören (1 Kor I26)« . Aufgrund der prosopographischen Analyse der Korinther und eigenen aus den Pau lusbriefen herausgearbeiteten Indizien geht W. A. Meeks weiter als Theissen. Er stellt die These auf: »The >typical< Christian [...], the one who most often signals his presence in the letters by one or another small clue, is a free artisan or small trader«, und »a Pauline congregation generally reflected a fair cross-section of urban society« . Bei dem auf diesen Untersuchungen beruhenden »Konsensus« ist aber Vorsicht ge boten. Erstens: Sollte auch die Analyse der korinthischen Gemeinde bestätigt werden, kommen doch Bedenken, ob die Sozialstruktur der korinthischen Gemeinde unbesehen auf andere paulinische Gemeinden übertragen werden kann. Dagegen wird man aber daran festhalten können, dass man zwar nicht von einer »identische[n] sozialefn] Schichtung aller paulinischen Gemeinden« sprechen kann, sich aber trotzdem einen innergemeindlichen Unterschied zwischen den sozial besserge stellten und den übrigen Christen vorstellen kann, insofern Paulus immer von einer Mis sionsstrategie ausgeht, bei der er und die dadurch gegründete Gemeinde materiell von den Beiträgen von begüterten Leuten abhängig sind (vgl. unten). Dass sich dieser Sach verhalt nicht auf die korinthische Gemeinde beschränkt, beweisen die nachpaulinischen Schriften, bei denen das Problem der Armen und Reichen ausdrücklich vorkommt (vgl. 101
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Urchristentum als »Bewegung der Mühseligen und Beladenen, der Menschen ohne Macht und An sehen, der >Unmündigen<, wie sie Jesus selbst nennt, der Armen, Unedlen, Toren, wie sie Paulus mit prophetischer Sympathie schildert« (Licht 404). S. Malherbe, Ebene 194-196 (Aspects 29-31). Judge, Gruppen 48-60, bezieht sich in seiner Argu mentation mehr auf die Apostelgeschichte. Ergänzung von ZB. Theissen, Schichtung 232-234. »Mächtige wären dann Leute mit Einfluss, Weise Angehörige gebil deter Schichten, nämlich >Weise nach irdischen Massstäben<, bei denen Weisheit auch Zeichen so zialen Status ist« (aaO. 233); so auch Schräge, 1 Kor 1208. AaO. 234. AaO. 256. Vgl. die Tabelle der ausgewerteten Korinther aaO. 255f. Meeks, Christians 73 (beide Zitate). Vgl. seine Analyse aaO. 55-72. Schöllgen, Sozialstruktur 73f. Der Aufsatz von Schöllgen beabsichtigt, wie der Untertitel zeigt, »kritische Anmerkungen zu einem neuen Buch von W. A. Meeks« [sc. ders., Christians] zu geben. Vgl. die Feststellung von Judge, Gruppen 59: »Die Christen also waren, wenn man die Korinther als einigermassen typisch ansehen kann, nicht nur keine sozial unterdrückte Schicht, sondern das in ih nen vorherrschende Element stammte aus der selbstbewussten sozialen Oberschicht der Grossstädte« (Hervorhebung von mir). »In keinem Fall darf man jedoch die identische soziale Schichtung aller paulinischen Gemeinden einfach voraussetzen« (Schöllgen, aaO. 74). S. die vorige Anm. Hervorhebung von mir.
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unten 4.1.2.2). Es handelt sich also nicht um ein spezielles, auf Korinth beschränktes Problem, sondern es geht um die Methode der Missionstätigkeit des Paulus, die dieses Problem zur Folge hat. Zweitens ist die Sozialstruktur der korinthischen Gemeinde doch nicht so deutlich, wie Theissen und Meeks meinen durch ihre Analysen bewiesen zu haben, so dass man mit Sicherheit vom obengenannten »neuen Konsensus« reden könnte, geschweige denn da von, dass die soziale Schichtung der paulinischen Gemeinde ihrer städtischen Umwelt entspräche. Bei näherer Betrachtung der genannten prosopographischen Auswertun gen findet man in der Tat bei den Korinthern fast kein sicheres Merkmal für die Zu gehörigkeit zu einer bestimmten Sozialschicht. Höchstens bei Erastus (Rom 16,23), dem »Schatzmeister der Stadt« (6 OIKOVÖUXX; rry;rcoÄscos),kann man eventuell den Dekurionenstand annehmen. Zwar wird von Priscilla und Aquila (Act 18; 1 Kor 16,19; Rom 16,3) die Arbeit (Handwerker) deutlich erwähnt, weshalb eine Zugehörigkeit zur unteren Schicht der römischen Gesellschaft vorstellbar ist, doch begegnen derartige Informa tionen sonst kaum. Es gibt keine Stelle, die deutlich von christlichen Kaufleuten in der korinthischen Gemeinde spricht. Auch in bezug auf den Besitzstand der namentlich genannten Korinther hat man kein so deutliches Merkmal, dass man deren finanzielle Lage exakt bestimmen könnte. Man muss daher mit der etwas unpräzisen Feststellung, die aufgrund der spärlichen Belege nicht zu vermeiden ist, zufrieden sein, dass es in der korinthischen Gemeinde einige relativ gutsituierte Christen gab, zu deren (sicher höherem) Sozialstatus und deren (sicher besserer) finanzielle Lage sich nichts präziseres sagen lässt. Selbst diese Feststellung gilt aber nicht für alle namentlich genannten Korin ther. Jedenfalls bilden sie eine Minderheit in der korinthischen Gemeinde. H. Merklein bemerkt darum: »Als keineswegs gesichert kann der >neue Konsens< gelten« . Trotz diesem Vorbehalt legt es sich doch nahe, von einer sozialen Schichtung in der korinthi schen Gemeinde auszugehen, da deren Mitglieder aus verschiedenen Sozialschichten und verschiedenen Finanzlagen stammten. 109
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1 Kor nennt die unter den Gemeindegliedern ausgebrochenen Konflikte, die Paulus zur Abfassung des Briefes veranlasst haben. Sie betreffen Parteiungen (1,10-17; 3,1-23), Prozesse zwischen den Mitgliedern (6,1-11), das Essen von Götzenopferfleisch (8,1-13; 10,14-11,1) und das Abendmahl (11,17-34) u.a. Es ist wichtig zu beachten, dass sich in diesen Konflikten die genannte Sozial schichtung der Gemeinde widerspiegelt. Dies ist, wie Theissens Untersuchung zeigt , besonders offensichtlich beim Konflikt um das Herrenmahl (11,17-34). Theissen sieht hier einen Konflikt zwischen ärmeren und reicheren Christen: Dieser, so vermutet er, wurde dadurch verursacht, dass die reicheren Christen, deren Spenden erst das Gemein schaftsmahl ermöglichten, »über Brot und Wein hinaus noch eine Zukost assen, deren Verteilung an die Gemeinschaft in den Einsetzungsworten gar nicht vorgesehen war« . Auf diese Weise haben sie anderen Mitgliedern gegenüber ihren höheren Status demon striert. Paulus' Kritik an den Prozessen unter den korinthischen Christen (6,1 ff.) lässt sich auch gut begreifen, wenn man ihre sozialen Verhältnisse in Betracht zieht. Hier geht es darum, dass sie »Dinge des gewöhnlichen Lebens« (ßiamicä, V.4) von nichtchristlichen Richtern richten lassen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Paulus dabei begüterte Christen anvisiert, denn 1) Prozesse beanspruchen viel Geld. 2) Die ßiamicä beziehen sich wahrscheinlich auf »Vermögensangelegenheit[en] oder Angelegenheiten des Er werbs« . 3) Die Frage »so wenig ist unter euch irgendein Weiser (aocpoq), der Bruder und Bruder entscheiden könnte?« richtet sich wohl ironisch an die gutsituierten Christen in der Gemeinde (vgl. 1,26: »nicht viele Weise [oocpoi] nach dem Fleisch«). 4) A. C. Mitchell denkt, dass auch »Scham« (V.5) auf den Sozialstatus dieser Christen hinweist, da man auf Ehre und Scham grossen Wert legte: »people of higher Status postured for honour and avoided shame at all costs« . 116
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Unser Text erzählt nichts davon, gegen wen die reicheren Christen prozessierten. Mitchell folgert aus folgenden Beobachtungen, dass sie Christen niedrigeren Status vor Gericht brachten: 1) »People of
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Theissen, Integration 179-206. Vgl. auch Lampe, Herrenmahl 183-213. AaO. 196. Auch Lampe, aaO. 192, erblickt hierin einen Konflikt zwischen den »sozial Arrivier terein]« und »kleinere[n] Leute[n]«, wobei er aber den Sachverhalt etwas anders sieht als Theissen: Die Speisen für die gemeinsame Mahlzeit wurden nicht vom Gastgeber und einigen reicheren Christen bereitgestellt (so Theissen, Integration 183), sondern von jedem Teilnehmer selber mitge bracht. Da aber die ärmeren Christen keine Speise zur Mitnahme vorbereiten konnten, blieben sie hungrig (1 Kor 11,22; vgl. aaO. 192-198). Als sie in der Gemeinde ankamen, hatten die Reicheren schon die selber mitgebrachten Speisen aufgegessen, ohne sie für die später Kommenden zugänglich zu machen, denn dies entsprach den Speise-Sitten beim Gemeinschaftsmahl ihrer paganen Vergan genheit (aaO. 198-203). Mitchell, Rieh 579. Theissen, Schichtung 259. Er beruft sich auf Preisigke, Wörterbuch I 270, und Epiktet, I 26,1-7. Vorsichtiger Schräge, 1 Kor 1405: »Dass es sich um wirtschaftliche Streitfragen oder Eigentumsde likte gehandelt hat, ist speziell von V 7f her eine naheliegende, gleichwohl aber unsicher bleibende Vermutung«. Mitchell, Rieh 572f; Theissen, aaO. 259. Nach Mitchell bezieht sich diese Ironie ferner auf einen philosophischen Topos: »Part of the philosophical topos on the wise person included the idea that such an individual would rather be wronged than wrong« (aaO. 573. Hervorhebung von Mitchell). Paulus ironisiere, dass sie sich trotz ihrem Selbstbewusstsein nicht der Weisen würdig verhielten (6,7f). Mitchell, aaO. 574.
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higher Status are favoured in the legal process, are more likely to litigate against those of lower Status, and are less likely to litigate against one another« . 2) Über die Probleme in Kap. 5 - 6 ist Paulus mündlich informiert; mündliche Informationen, bei denen er die Probleme aus einer Perspektive »von unten« sieht (l,llff; ll,17ff.), stammen sicher vom »unteren« Teil der Gemeinde, während er schrift lich »von oben« informiert ist (vgl. 7,1; 8,1; »Wir haben insgesamt Erkenntnis«). 3) Da in Korinth den Einwohnern verschiedene Dienstleistungen angeboten wurden, lässt sich vermuten, dass es bei Prozessen zwischen Reichen und Armen um solche Dienstleistungen ging, die in dieser Stadt von Arbei tern niedrigeren Status verrichtet wurden. 4) Paulus fordert von den Prozessierenden, ihr Verhalten zu modifizieren; dies deutet an, dass sie gegen Christen niedrigeren Status prozessierten. Denn »elsewhere in the letter, in matters where the strong were offending the weak (wealthy were offending the poor), Paul sought a modification of behaviour in favour of the weak« . Das sind jedoch entweder Indizienbeweise (1 und 2) oder reine Vermutungen (3 und 4), aufgrund deren man nicht auf Prozesse zwischen Reichen und Armen schliessen kann, obwohl sie nicht ganz auszuschliessen sind. Konstatieren kann man allenfalls, dass derartige Prozesse nicht von ärmeren, sondern von reicheren Christen gefuhrt worden sein müssen. 122
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Man wird bemerken, dass es unter den korinthischen Konflikten eine Gemeinsamkeit gibt: Konflikte werden von Christen höheren Status, d.h. von »einflussreichen Mino ritäten«, verursacht, und zwar dadurch, dass sie sich in der Gemeinde gemäss der ihnen vertrauten und geläufigen »weltlichen« Lebensart verhalten. Sie orientierten sich an dem Verhaltensmuster, das damals in der römischen Gesellschaft anerkannt war, wenn sie bei Gemeinschaftsmählern das Essen nach dem Sozialstatus abstuften. Sie nahmen offen sichtlich kaum Anstoss daran, um »Dinge alltäglichen Lebens« gegen Mitgläubige Pro zesse zu fuhren, denn sie hielten sich dabei lediglich ans Verhaltensschema der Umwelt. Man kann wohl hierzu auch den Unfrieden zählen, den das Essen von Götzenopferfleisch verursachte (1 Kor 8,1-13; 10,14-11,1). Dies war das grosse »Problem des Verhältnisses der Christen zur antiken Gesellschaft« . Denn dieses Problem betrifft, so meint Meis sen, besonders Christen mit höherem Sozialstatus, die mehr Kontakte mit der heidni schen Gesellschaft haben als Christen aus bescheidenen Verhältnissen. 128
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Die korinthischen Konflikte lassen sich also auf die Konfrontation mit der Lebensart der Umwelt, welche die einflussreichen Christen höheren Sozialstatus mit in die Gemein de einbrachten, zurückfuhren. Man wird daher sagen können, dass jene Konflikte mit den obengenannten sozialen Schichten der Gemeinde zusammenhängen. Sie dürften eine Konsequenz daraus gewesen sein, dass die Gemeinde aus Christen mit verschiedenem
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AaO. 576. »People of the same rank are more likely to work out a compromise rather than go to court« (ebd.). Zur Einheit von Kap. 5 und 6 vgl. Schräge, 1 Kor 1403. Mitchell, Rieh 582. Er beruft sich auf Theissen, Starken 169. Die Dienstleistungen »would include religious, educational, cultural, and judical activities that brought rural residents into the city« (Engels, Corinth 43). Dazu näher s. aaO. 43-50. AaO. 582f. AaO. 583. Als Beispiel ist wohl auf ll,17ff. hinzuweisen, obgleich er selber kein Beispiel nennt. Theissen, Integration 191-198. Er beruft sich auf die Regelung im antiken Verein, dass Mitglieder, die sich um die Gemeinschaft mehr verdient machen, mehr Zuteilungen bekommen als andere, und auf die Gewohnheit, dass römische Patrone ihren Status dadurch demonstrierten, dass sie »bei ihren Gastmählern Klienten und Freigelassene als Gastfreunde zweiten Ranges« (aaO. 198) behandelten. Theissen, Starken 163. AaO. 162-165. Seine Ansicht, dass »die Christen mit gehobenem Sozialstatus wohl mehr in die heidnische Gesellschaft integriert waren« (164), ist aber von Meeks, Christians 70, kritisiert worden.
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Sozialstatus bestand. Aber dann ist zu fragen, wie jene soziale Struktur der Gemeinde zustande gekommen ist. Ein sehr wichtiger Faktor ist dabei, dass wohlhabende Christen als Förderer der Ge meinde fungierten. Zwar hat Paulus durch Handwerksarbeit seine Lebenskosten bestrei ten können, war aber während seines Aufenthaltes und für seine Missionstätigkeit auf wohlhabende Leute angewiesen, die ihm Wohnung und Räume zur Verfügung stellen konnten. Ferner wurde das Gemeinschaftsmahl der Gemeinde erst durch Spenden von wohlhabenden Christen ermöglicht. Es war also ein unvermeidbares Erfordernis, das sich aus der Art und Weise paulinischer Misson und seiner Gründung von Gemeinden ergab, dass die Gemeinde materiell von begüterten Leuten abhängig war. Damit hängt ein weiterer Faktor zusammen: die »konservative« Stellungnahme des Paulus zum Unfrieden in der Gemeinde, der aufgrund der innergemeindlichen Sozial schichtung ausbrach. Paulus bemüht sich immer darum, innergemeindliche Konflikte und Unfrieden durch die Aufforderung an die »weisen, mächtigen [und] vornehmen« (1 Kor 1,26) Christen beizulegen, doch mit Rücksicht auf andere, schwächere Mitglieder ihre eigene Verhaltensweise anzupassen, ohne dass er dabei den sozialen Unterschied zwi schen den Armen und Reichen an sich grundsätzlich kritisiert hätte (vgl. 1 Kor 6,5; 8,713; 11,22.34; ferner 7,21-24; 11,2-16). Ihm kommt es vor allem darauf an, Einheit und Frieden in der Gemeinde zu bewahren (vgl. 1 Kor 1,10; 6,5; 8,13; 10,32; 12,4-31 u.a.). Dies erklärt sich wohl so, dass seine Mission und die dadurch gegründeten Gemeinden auf Beiträge von sozial stärkeren Christen angewiesen waren. Fazit: 1 Kor stellt eine sozial geschichtete Gemeinde dar, in der die Minderheit der reichen, gutsituierten Christen Konflikte insbesondere mit den sozial schwächeren Mit gliedern verursachte. Da die Konflikte darauf zurückgehen, dass sich jene Christen die ihnen durch den Verkehr mit der römischen Gesellschaft vertraute Lebensweise nicht nehmen Hessen, lässt sich dies als »Assimilation« der Kirche an die Welt bezeichnen. Die se Gefahr kann man aber als Begleiterscheinung der paulinischen Missionstätigkeit ver stehen, die aufgrund der notwendigerweise in Kauf zu nehmenden, sozial verschiedenen Zusammensetzung der Gemeinde entstand. Paulus und seine Gemeinde waren finanziell auf die Förderung durch begüterte Mitgläubige angewiesen, so dass es für die Gemeinde unvermeidbar war, unter dem Einfluss dieser Leute zu stehen. Paulus erkennt diese sozia le Schichtung grundsätzlich an, nur fordert er Christen höheren Sozialstatus auf, mit Rücksicht auf andere Mitglieder und im Blick auf Frieden innerhalb der Gemeinde ihr 131
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Zu seiner Arbeit als Zeltmacher vgl. Hoch, Context. Theissen, Schichtung 267f.; Maier, Setting 35. Er kritisiert an Hock, dass dieser »the evidence of Paul in the household of patrons« ignoriert (aaO. 48 Anm. 18). Theissen, Integration 182-184. »>Mitgliederbeiträge< wie bei den heidnischen Collegia — derartiges gibt es bei den Christen nicht« (Lampe/Luz, Christentum 195). »Solche Leute zu gewinnen war daher eine durchaus nützliche soziologische Voraussetzung für die Verbreitung des christlichen Glaubens und die Gründung christlicher Gemeinden« (Merklein, 1 Kor 141). Diesen Sachverhalt formuliert Theissen, Schichtung 269f, durch den von E. Troeltsch übernomme nen Ausdruck »Liebespatriarchalismus« (s. unten Anm. 224). Dieser »nimmt die sozialen Unter schiede als gegeben hin, mildert sie jedoch durch die Verpflichtung zu Rücksichtsnahme und Liebe, eine Verpflichtung, die gerade gegenüber dem sozial Stärkeren geltend gemacht wird, während vom sozial Schwächeren Unterordnung, Treue und Achtung verlangt werden« (ebd.). Vgl. Rom 14,lff.; 15,lff.; Gal 5,15.26; Phil 2,lff.
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Verhalten anzupassen, während er sozial schwächere Christen ermahnt, sich der Sozial ordnung gemäss zu verhalten (»Liebespatriarchalismus«). Während sich die soziale Schichtung der korinthischen Gemeinde gut erkennen lässt, kann man die soziale Struktur der Gemeinde sowie den Sozialstatus der einzelnen Ge meindeglieder kaum mehr präzisieren. In diesem Zusammenhang ist aber zu beachten, dass Paulus anders als Jakobus weder von »armen« (TCTCÖXOQ) noch von »reichen« (nkxyvaioq) Christen spricht. Wie wir gleich sehen werden, begegnen diese Begriffe erst in den nachpaulinischen Schriften.
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4.1.2.2 Nachpaulinische Gemeinden™
Dass die soziale Schichtung der paulinischen Gemeinde, von der oben anhand von 1 Kor die Rede war, keinesfalls ein auf Korinth begrenztes Phänomen ist, lässt sich aus den nachpaulinischen Schriften ersehen, obschon man dort nicht auf so deutliche Einzelfälle von durch soziale Schichtung bedingten Konflikten stösst wie in 1 Kor. Hier handelt es sich um Kontinuität und Verschiedenheit zwischen Paulus und den nachpaulinischen Autoren, bzw. zwischen der korinthischen und den nachpaulinischen Gemeinden. Die Verschiedenheit besteht, wie oben erwähnt, im ausdrücklichen Interesse an den »armen« und »reichen« Christen, während sich die Kontinuität in der Stellung nahme nachpaulinischer Autoren zu Sozialschichtung und Reichtum finden. Im folgenden sei versucht, diese Beobachtung zu untermauern.
4.1.2.2.1 Haustafeln Die sog. Haustafeln (Kol 3,18-4,1; Eph 5,22-6,9; 1 Tim 2,8-15; 6,lf; Tit 2,2-10; 1 Petr 2,18-3,7; IgnPol 4,1-3; Polyk 4,2-6,l) , die erst in den nachpaulinischen Schriften vor kommen, bezeugen, dass sich die innergemeindliche soziale Schichtung in den nachpauli nischen Gemeinden durchgehalten bzw. stabilisiert hat. Zwar ist die Haustafel ein tradi tioneller Topos christlicher Ermahnung, es ist aber durchaus berechtigt, hinter der Entstehung dieses Schemas ein aktuelles Anliegen der frühen Christenheit zu vermuten: Ohne hier nun auszudiskutieren, ob die aktuellen Verhältnisse bestimmter Gemeinden zur 137
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Unter den »nachpaulinischen Gemeinden« verstehen wir hier mit Lampe/Luz, Christentum 185: »das paulinische Missionsgebiet zwischen Rom und Kleinasien in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhun derts«. Lampe/Luz, aaO. 190, bemerken mit Recht, »dass sie [sc. die Haustafeln] in den nachpaulinischen Schriften besonders häufig vorkommen und sonst eher selten begegnen«. Vgl. Did 4,9-11; Barn 19,5-7; 1 Clem 21,6-9, wo die Aussagen »nur bedingt den Haustafeln entsprechen« (ebd.). Zur Forschungsgeschichte der Haustafeln vgl. Crouch, Origin 9-31; Balch, Wives 2-10; Lührmann, Sklave 71-79; Gielert, Tradition 24-67. »The material from which the Haustafel was formed was Hellenistic Jewish and, thus not specifically Christian. Yet, this material was formulated into a code by Christian teachers to deal with problems in Christian churches« (Crouch, aaO. 147. Hervorhe bung von Crouch).
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Formulierung von Haustafeln Anlass gaben, oder welches konkrete Ziel jeder Autor mit ihrer Aufnahme verfolgte, kann man feststellen, dass dabei die innergemeindliche Existenz von Sklaven und Sklavenhaltern vorausgesetzt wurde und dass dieser soziale Unterschied durch die Haustafeln noch zementiert wurde. Dass die Ermahnung der Skla ven immer sehr ausfuhrlich ist und in allen Haustafeln des NT zusammen mit der Ermah nung der Frauen vorkommt, lässt die Aktualität dieser Ermahnung erkennen. Hier werden die christlichen Sklaven dazu aufgefordert, sich der Sitte der römischen Gesell schaft entsprechend zu verhalten, sei es ausserhalb der Gemeinde, sei es in der Gemein de. Diese Betrachtung berechtigt zur Annahme, dass sich die soziale Schichtung in der paulinischen Gemeinde, die wir in der korinthischen Gemeinde festgestellt haben (s. oben), auch in nachpaulinischer Zeit erhalten hat. Nicht zu übersehen ist, dass diese Aufforderung mit dem genau übereinstimmt, was Paulus selbst meinte (1 Kor 7,17-24; ferner zu den Frauen 1 Kor 11,2-16; 14,34-36). Die Haustafeln sind Fortsetzung und Intensivierung des paulinischen Prinzips: »Worin jeder berufen worden ist, darin bleibe er vor Gott« (1 Kor 7,17.24). Wenn der Verfasser des Kol, gerade nachdem er die traditionelle Aussage »kein Grieche noch Jude, keine Beschneidung noch Vorhaut, keine Barbar, Skythe, Sklave, Freier« (3,11; vgl. Gal 3,28; 1 Kor 12,13) vorgelegt hat, anhand der Haustafeln den Unterschied zwischen Sklaven und ihren Herren unterstreicht (3,22-4,1), verhält er sich dabei unzweifelhaft »paulinisch«. Bei anderen Schriften, die Haustafeln enthalten, kann man wohl sogar von ei ner Intensivierung des paulinischen Ja zur Sozialschichtung reden. Denn die genannte traditionelle Aussage, die eine innergemeindliche Gleichstellung aller Mitglieder prokla140
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Crouch, aaO. bes. 149-151, nimmt an, dass eine enthusiastische Bewegung, die er in 1 Kor belegt sieht, zur Entstehung der Haustafeln motiviert habe; dagegen aber Schräge, Haustafeln 6 Anm. 1; Thraede, Hintergrund 361 Anm. 9; Gielen, aaO. 54; von Ups, Haustafel 274f. Als eine Ursache zur Bildung von Haustafeln nimmt auch Schweizer, Weltlichkeit 405, die Front gegen den Freiheitsbegriff an, der auf Losungen wie Gal 3,28 und 1 Kor 12,13 zurückgeht (vgl. aber Balch, Wives 106f.). Schräge, aaO. 4, denkt an »eine schwärmerische Überbetonung der eschatologischen Naher wartung«. Balch, aaO. bes. 81-106, unterstreicht die apologetische Funktion der Haustafel in 1 Petr: Durch die Aufforderung zu einem Verhalten, das der Sitte der römischen Gesellschaft entspricht, versucht der Verfasser des 1 Petr, seine Adressaten gegen Verleumdung zu verteidigen. »Whenever Judaism or Christianity made proselytes and changed the new converts' religious habits, they were accused of corruption and reversing Roman social and household customs« (aaO. 119). Ein apologetisches Mo tiv ist m.E. bei jeder Aufnahme der Haustafeln (also nicht nur bei 1 Petr) in irgendeiner Form zu berücksichtigen; vgl. Kol 4,5; Eph 5,15; 1 Tim 2,lf. Vgl. dazu ferner Malherbe, Moralists 307-313. In 1 Tim, Tit und 1 Petr fehlt die Ermahnung der Herren der Sklaven. Die Ermahnung der Kinder spielt ausser in Kol und Eph keine Rolle mehr; daher folgert Crouch, Origin 149: »The exhortation to children was added because of the familiarity of the framers of the Haustafel with the Schema wives-children-slaves« (Hervorhebung von Crouch). Vgl. auch Did 4,9-11; Barn 19,7; IgnPol 4,1-3. Anders von Ups, Haustafel 265-276, wonach man überhaupt »nicht die Haustafel in Kol/Eph als Norm ansehen [kann], von der 1 Petr und Tit abweichen« (aaO. 276). »Obwohl der Topos Haustafel zum festen Element der Paränese geworden ist, tritt er nicht in gleichbleibend fester Form auf. KolEph einerseits und 1 Petr-Tit andererseits stellen unterschiedliche Ausprägungen dar« (ebd. Hervor hebung von ihm). Schräge, Haustafeln 5; Crouch, aaO. 122f.; Gielen, Tradition 550-553. Lührmann, Sklave 79: »Werden sie [sc. die Haustafeln] im Gefolge von Dibelius und Weidinger im wesentlichen als Verbürgerlichung des frühen Christentums interpretiert, als Übernahme von Ethik, die sich auf den engsten Bereich der Familie bezieht, so scheint mir [...], dass auch die Haustafeln den Anspruch auf Universalität durchhalten, der in dem paulinischen Dreierschema liegt«.
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miert, kommt ausser in Kol in keiner nachpaulinischen Schrift mehr vor. Die Idee der Gleichheit innerhalb der Gemeinde scheint, anders als bei Paulus, in den nachpaulinischen Gemeinden vergessen worden zu sein. 144
4.1.2.2.2 Gemeinde im ersten Timotheusbrief Unter den deuteropaulinischen Briefen lässt besonders der 1. Timotheusbrief eine soziale Schichtung der Gemeinde erkennen. Zur Gemeinde gehören einerseits Mittellose, z.B. Witwen , und andererseits auch gutsituierte Christen. Die Ermahnung der Sklaven in 1 Tim 6,1 f. enthält beachtliche Züge: Erstens fehlt dieser Haustafel eine entsprechende Ermahnung der Herren der Sklaven. Dies deutet auf die Aktualität dieser Ermahnung hin: Es gibt wahrscheinlich nicht wenige Sklaven in der Gemeinde; das bedeutet aber nicht, dass sie in der Gemeinde Unfrieden verursacht hätten. Der Verfasser findet die an sie gerichtete Ermahnung wichtig, wahrscheinlich aus einem apologetischen Grund. Sie müssen gegenüber ihren Herren gehorsam sein, »damit nicht der Name Gottes und die Lehre gelästert wird« (6,1). Hier meint der Verfasser des 1 Tim zweifellos die Lästerung durch Aussenstehende, d.h. durch Nichtchristen. Daher wird man postulieren dürfen, dass in V. 1 an nichtchristliche Herren gedacht ist. Zweitens erwähnt der Verfasser im Kontrast zu V.l die Existenz von »gläubigen Herren«, d.h. Herren christlichen Glaubens. Hieraus kann man schliessen, dass es in der Gemeinde des 1 Tim sowohl Sklaven, die zusammen mit ihren Herren der Gemeinde angehörten, als auch Sklaven mit nichtchristlichen Herren gab. Dies stimmt mit der Situation der paulinischen Gemeinden zu Lebzeiten des Paulus überein. Der Verfasser des 1 Tim spricht deutlich von »Reichen« in der Gemeinde (6,9.1719) , freilich kann man nicht den sozialen Status dieser »Reichen« präzisieren. In dieser 145
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Vgl. Lampe/Luz, Christentum 190f. Zum Verhältnis zwischen »wirklichen« (1 Tim 5,3.16) und »ins Verzeichnis eingetragenen« Witwen (5,9) vgl. Kidd, Wealth 103-106. Das Fehlen einer an die Herren der Sklaven gerichteten Ermahnung kommt wahrscheinlich daher, weil der Verfasser keinen Anlass dazu hatte, den Sklavenhaltern Ermahnungen zu geben. Es ist einfach »the author's lack of interest in viewing matters from the Standpoint of the slave« (Verner, Household 141). Nach Oberlinner, 1 Tim 264, fehlt die Mahnung an die Herren in Berücksichtigung derjenigen, die selbst nicht Christen sind (V.l: vgl. die nächste Anmerkung). Gegen Verner, aaO. 141. Dafür spricht, dass der Verfasser in V.2, in Kontrast zu V.l, an Sklaven mit christlichen Herren denkt: »Die aber [&], welche gläubige Herren haben,...« Rom 16,10f. »Leute des Aristobulus, Leute des Narzissus«; 1 Kor 1,11 »Leute der Chloe«; Phlm 16. Vgl. Theissen, Schichtung 255f. Oi ßovXx^evoi jtXovteiv (6,9) wird gern mit »die reich werden wollen« übersetzt (etwa ZB; Verner, Household 174; Merklein, EWNT III 277). Hier ist aber, im Anschluss an Kidd, Wealth 95-97, unter nfayvzeiv nicht »reich werden«, sondern »reich sein« zu verstehen. Kidd argumentiert: 1) Hätten sich oi ßov\cu£voi ffXovteiv auf die, die noch nicht reich sind, bezogen, wäre statt des Inf. Präs. ein Inf. Aor. zu erwarten, denn das ßovköusvoi bevorzugt für den abhängigen Inf. den Aor. (BDR §338,2. 19mal mit Inf. Aor., lOmal mit Inf. Präs.), und das Verb nko\nm bedeutet erst im Aor. »reich werden«, während es im Präs. »reich sein« heisst (BA 1354. Vgl. Herrn vis III 6,6 mit sim VIII 9,1). 2) Die Kritik an der (piXapyopia (V.10) kommt sonst in den Pastoralbriefen vor, wo es um die Amtsträger der Gemeinde geht, die reiche Herren ihres Hauses sind (1 Tim 3,3f.8.12; Tit 1,7). Und: »Love of money, in a word, is preeminently a vice of those who have money to love« (aaO. 97. Vgl.
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Beziehung lässt sich weiter vom Brief ablesen, dass es in der Gemeinde gutsituierte Frauen gab (2,9f; 5,16). Daraus erhellt, dass der Verfasser des 1 Tim eine sozial ge schichtete Gemeinde vor Augen hat. Zu bemerken ist dabei, dass in 1 Tim ausdrücklich sowohl von armen, mittellosen Christen (Witwen) als auch von reichen Christen die Re de ist. Das ist bei Paulus (1 Kor) nicht der Fall. Die Erwähnung der Reichen durch den Verfasser verrät, dass sie nicht ohne Proble me in der Gemeinde vorkamen. Er warnt darum vor der Schädlichkeit des Reichseins (6,9f). Er ist sich der Gefahr des Reichseins bewusst, dass man nämlich vom Glauben abirrt (6,10), wenn man der Hoffnung auf Gott diejenige auf den Reichtum vorzieht (6,17). Dabei richtet er aber beachtlicherweise seinen Angriff nicht auf die Reichen selbst, sondern auf die sie begleitende »Begierde« (emG'ouia; vgl. Jak 1,14!) und Geldgier ((ptÄapv'üpia). Abzulehnen ist also für ihn die Habgier, die viele dem Glauben vorziehen (V. 10.17), aber nicht der Besitz an sich. Die Stellungnahme des Verfassers zum Reichtum lässt sich an folgendem Merkmal erkennen: Genügsamkeit (aörocpKeia, 6,6). In Anlehnung an die Tradition der Popularphilosophie unterstreicht er diese Tugend, um die Geldgier der reichen Gläubigen zu verhindern ,(6,9f). Das ist also kein unbedingtes Ja zum Reichtum (vgl. auch 6,17), aber auch nicht ein Nein. »Dem einzelnen wird ein bescheidenes, lebensnotwendiges Mass an Besitz zugestanden.« Insofern ist das doch ein Ja zum Reichtum. Wichtig ist, dass sich diese Stellungnahme auf die von Paulus zurückbezieht (Phil 4,1 lf; ferner 1 Kor 6,12). Dieses Paulusbild ist sehr wahrscheinlich vom Verfasser des 1 Tim bewusst aufgenommen worden, um seine Gemeinde unter die paulinische Tra dition zu stellen, der diese Tugend als Grundprinzip gilt (vgl. 2 Kor 9,8). Die Ermahnung zur Genügsamkeit und die Warnung vor Geldgier führen zur prakti schen Aufforderung, dass die Reichen »freigebig, zum Teilen bereit« sein sollen (6,18). Sie sollen aber wegen ihres Reichtums nicht hochmütig sein (6,17). Hier findet der Ver fasser einen Mittelweg, wie eine sozial geschichtete Gemeinde ihren Frieden erhalten kann. Dieser Weg führt aber zugleich zur Stabilisierung der sozialen Schichtung der Ge meinde und der Abhängigkeit von den wohlhabenden Mitgliedern. Und das ist der Weg, der auf das paulinische Prinzip zurückführt (s. oben 4.1.2.1), und den nicht nur der Ver150
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Plutarch, Moralia 524A-528B). In bezug auf das erste Argument ist ferner darauf hinzuweisen, dass der Verfasser das nkoxazvv auch in 6,18 verwendet, wo es unverkennbar »reich sein« bedeutet. Aus diesen Betrachtungen kann man schliessen, dass es in 6,9f. nicht um die, die noch nicht reich sind aber reich werden wollen, geht, sondern um die, die schon Reichtum besitzen und von denen in V. 17-19 wieder die Rede ist (so auch Maier, Setting 44). »The denunciation of wealthy women's dress was a common Hellemstic topos« (Kidd, aaO. 85. Vgl. Juvenal, VI 492ff.; Petronius, 67). Ferner Countryman, Christian 153. Zur »Frau, die [in ihrer Ver wandtschaft] Witwen hat« (5,16) vgl. Act 9,36ff. Hier ist wahrscheinlich an Frauen gedacht, »who have the power to take actions that can affect the financial health of the church« (Verner, Household 139). Nach Lampe/Luz, Christentum 187, gehörten diese Frauen »am ehesten zum Dekurionenstand, denn Frauen unterhalb der Oberschichten tragen in der Regel nur Achatschmuck, eine Handwer kersgattin lediglich Korallen«. Hengel, Eigentum 63. Hengel, aaO. 60-63. Zum Paulusbild in den Pastoralbriefen vgl. Lindemann, Paulus 44-49 (aber keine Bemerkung zu un serer Stelle). Oberlinner, 1 Tim 278, erwähnt Phil 4,11 nur als »Parallele« zu unserer Stelle: »Lite rarische Abhängigkeit von dieser Phil-Stelle ist aber nicht anzunehmen« (ebd. Anm. 32).
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fasser des 1 Tim, sondern auch andere in der paulinischen Tradition stehende Christen aufgenommen haben, wie wir unten bei den lukanischen Schriften noch sehen werden.
4.1.2.2.3 Gemeinde hinter den lukanischen Schriften Trotz der theologischen Distanz zu der anhand der Paulusbriefe rekonstruierten »pauli nischen« Theologie ist es durchaus berechtigt zu postulieren, dass Lukas, der Verfas ser von Lk und Act, seine Werke im Einflussbereich paulinischen Christentums verfasst hat. Aufgrund der Beschreibungen in Act bekommt man den Eindruck, dass sich das Interesse des Verfassers, je mehr sich die Geschichte dem Ende nähert, um so stärker auf die Gestalt des Paulus konzentriert. A. Lindemann bemerkt mit Recht: »Paulus tritt in der Apg als eine durch nichts in Frage gestellte, absolute Autorität auf« . Eine solche Schrift kann nur in einer Gemeinde entstanden sein, die stark durch das paulinische Erbe geprägt ist. Berücksichtigt man dieses paulinische Erbe beim lukanischen Doppelwerk, so ist die Tatsache, auf die oft hingewiesen wird, sehr beachtenswert, dass Lukas in seinem Werk wohlhabende Christen im Visier hat. Dies lässt sich wohl schon am Anfang des Lk erkennen: Lukas widmet sein Doppelwerk einem »hochangesehenen Theophilus« (Lk 1,3; auch Act 1,1), sehr wahrscheinlich einem vornehmen Mann. Hieraus kann abgele sen werden, dass das Doppelwerk erwartet, mit den Augen solcher sozial gutsituierter Leute — wohl in erster Linie Christen — gelesen zu werden. Es ist bekannt, dass Lukas eine »Armentheologie« vertritt. Mit dem Magnifikat ein geführt, wird dann zum Programm der Tätigkeit Jesu erklärt, dass sich sein Evangelium an die Armen wendet (Lk 4,16ff.; 7,22f; aber vor allem 6,20). Dies bildet eine Einheit zusammen mit der Kritik an den Wohlhabenden (Lk 6,24ff.; 12,13ff.; 16,19ff.; 18,18ff.). Bei näherer Betrachtung geht allerdings hervor, dass Lukas so ziemlich alle Aus sagen der »Armentheologie« der Tradition verdankt. Er überliefert zwar das »Evange lium der Armen« von Jesus, »fugt aber keine zusätzliche Anschauung aus der Perspekti ve der Armen bei« . Dies deutet daraufhin, dass sein eigenes Interesse nicht direkt den Armen galt. 154
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Dagegen spricht Lukas oft durch den Mund Jesu wohlhabende Christen an. Dies wird besonders deutlich bei der Rede von Feindesliebe (Lk 6,27-36). Hier fallen, an ders als in Mt, finanzielle Aussagen auf: Geldverleihen ohne Zurückerwartung (V.34.35), Betonung des Gebens (V.30: jedem). »Gutes tun« (V.27.35) ist wohl auch in diesem Sinne zu verstehen. Hieraus wird klar, dass Lukas ein aktuelles Interesse an Geldpro blemen hat, und zwar am Verleihen ohne Zurückerwartung bzw. am Geben. Lukas richtet diese Worte unzweifelhaft an die Begüterten. Des Verfassers eigenes Interesse an Geldproblemen beschränkt sich keineswegs auf diese Perikope. Es ist nicht zu übersehen, dass Lukas oft von Almosen redet (Lk 11,41; 12,33; Act 3,lff; 9,36; 10,lffi; 24,17). Dadurch äussert er sein Anliegen, dass die Ha benden den Nichthabenden wohltun sollen. Erst in diesem Licht kann seine Kritik an den Reichen richtig verstanden werden: Sie funktioniert als Warnung vor dem Festhalten an Reichtum und zugleich als Aufforderung zur Bereitschaft zum Teilen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass Lukas wohl habende Christen anredet. Kann man aus diesen Betrachtungen ein Bild der lukanischen Gemeinde herleiten? Fragt man so, hat man zu beachten, dass Lukas, anders als die Autoren der neutesta mentlichen Briefe, die aktuellen Probleme seiner Gemeinde nur indirekt aufnimmt. Diese Bedingung/übersieht m.E. etwa C. Osiek, wenn sie die »Reichen« in Lk deswegen als Aussenstehende ansieht, weil die TCAOXXJIOI in Lk immer als Aussenstehende erschei nen. Denn Aussenstehende in der Geschichte Jesu können selbst als Aussenstehende Identifikationsfiguren für die Leser der lukanischen Gemeinde sein. In dieser Hinsicht ist die Rolle der »Pharisäer« in Lk zu beachten. Sie erscheinen durchwegs als solche, die über das Verhalten Jesu, der »nicht Gerechte beruft, sondern Sünder zur Busse« (Lk 5,32), murren (vgl. 5,21.30; 7,39; 15,2; ferner 6,2; 11,38; 19,39). Lk schildert sie ferner als solche, die, wie die 99 Gerechten, »der Busse nicht bedürfen« (15,7), und als solche, »die sich selbst zutrauten, gerecht zu sein, und die übrigen verach teten« (18,9). Andererseits treten sie aber nicht von vornherein als Feinde Jesu auf: Sie laden Jesus wiederholt zum Gastmahl (Lk 7,36ff.; ll,37ff.; 14,lff.). Dies legt die An nahme nahe, dass sich im Verhalten der Pharisäer das Bild bestimmter Christen spiegelt. Dies müssen dann angesehene und wohlhabende Christen sein (Einladung zum Gast mahl!). In Lk haben also selbst die Pharisäer, die gegenüber Jesus und seinen Nachfol gern deutlich als Aussenstehende auftreten (vgl. Lk 11,37-54), eine paradigmatische Funktion für christliche Leser. Es liegt ausserdem nahe, dass auch die Geschichten von den »Reichen«, mögen diese auch nicht als Jünger Jesu dargestellt werden, als Paradigmen für wohlhabende Christen funktionieren. Es ist m.E. keineswegs von ungefähr, dass Lukas erst am Ende dieser Rei161
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Hierzu vgl. Schottroff/Stegemann, aaO. 144-148; Theissen, Gewaltverzicht 18 lf. Vgl. Spicq, Agape 1102 Anm. 1. Ferner vgl. Lk 6,37f. mit Mt 7,lf. (dazu Theissen, Gewaltverzicht 181f). Petzke, Sondergut 249. Osiek, Rieh 29-31. Vgl. Lk 6,24; 12,16; 14,12; 16,1.9.19.22; 18,23.25; 19,2; 21,1. Zum folgenden vgl. Schottroff/Stegemann, Jesus 114-116; Petzke, Sondergut 246-248; Horn, Glaube 225f. Lk 14,12-14 setzt voraus, »that there are members in Luke's Community who have the wherewithal to host festival meals« (Karris, Sitz 120). Hinzuweisen ist ferner darauf, dass Lukas die Pharisäer als »geldgierig« («piAxxpyupoi; vgl. 1 Tim 6,10) charakterisiert.
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he der Erwähnungen der »Reichen« den Oberzöllner Zachäus auftreten lässt, dem Jesus dann sogar das Heil zuspricht (19,9. Vgl. den Kontrast zum reichen Vorsteher in 18,182 3 ) . So gibt Lukas den Lesern zu erkennen, dass der Heilsweg auch für Reiche offen ist. Zieht man in Betracht, dass Lukas ein grosses Interesse an Geldproblemen hat (s. oben), so wird es völlig berechtigt sein, anzunehmen, dass Lukas unter seinen Lesern nicht wenige wohlhabende Christen weiss. Wie beziehen sich dann die »Armen« in Lk auf die lukanische Gemeinde? Unplausi bel ist die Annahme von D. P. Seccombe, dass »die Armen« eine Charakterisierung von Israel und dessen Bedürfnis nach Heil seien. Dagegen sprechen die Belege von 7rca>xö<; in Lk, wo das Wort durchwegs in ökonomisch-sozialem Sinne verwendet wird, und zwar vor allem die Makarismen (6,20). Dort spricht Jesus unverkennbar seine Jünger an (V.20a), nicht nur die Zwölf (vgl. 6,13), und auch nicht »eine grosse Menge Volkes« (6,17). Da es sehr naheliegend ist, dass die »Jünger« die Christen der lukanischen Ge genwart repräsentieren, werden die Makarismen am besten so ausgelegt, dass sie den »Armen« in der lukanischen Gemeinde gelten. 168
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Dies gilt gleicherweise von den Weherufen (6,24-26). In unserem Kontext ist die Folgerung unver meidbar, dass diese Weherufe an die »Jünger«, also an die christlichen Leser des Lk gerichtet sind. Diese Deutung passt gut zu den folgenden Geboten der Feindesliebe, in denen es bei Lukas besonders um »Gutes tun« (6,27.33) und um Geldprobleme (6,30.34f.) geht (s. oben). 174
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Seccombe, Possessions 128, meint, die Geschichte Lk 18,18-30 richte sich nicht an Gemein deglieder, denn: 1) der reiche Vorsteher geht nicht weg (so Mk 10,22), sondern bleibt in der Szene. »He is kept suspended between obedience and refusal«. 2) »The disciples are kept out of the way until Peter's question in v.28 (cf. Mark 10,23-24)«. Aber »suspended between obedience and refusal« ist nur seine vom Text unbegründete Vermutung. Der Vorsteher bleibt lediglich in der Szene, um zu sammen mit Petrus u.a. die folgenden Worte Jesu zu hören. Diese Redaktion hat m.E. eher die Ab sicht, dass sich wohlhabende Christen in diesem Mann wiedererkennen sollen. Seccombe, aaO. 24-96. Ausser Lk 4,18 und 7,22, s. 6,20; 14,13.21; 16,20.22; 18,22; 19,8; 21,3. Lukas vermeidet die Bezeichnung »Jünger«, wenn er nur die zwölf Jünger meint; stattdessen nennt er sie »die Zwölf« bzw. »die Apostel« (vgl. 9,1.10; 22,14.24.35.47; Act 1,6.25 u.ö.). »Jünger« ist in Lk ein Oberbegriff von »Apostel, Zwölf«; wer Jesus nachfolgt und an seinen Tätigkeiten teilnimmt, ist Jünger Jesu (6,17; 14,26f.33; 19,37 [vgl. mit Mk 11,9; Mt 21,8f.]). Dafür spricht, dass Lukas an manchen Stellen neu schafft bzw. unterstreicht, dass Jesus sein Wort an seine Jünger richtet (10,23; 11,1; 12,1.22; 14,26f.33; 16,1; 17,1). Seccombe, Possessions 85f., hat soweit recht, als er einsieht, dass sich die Makarismen weder nur an die Apostel noch an »eine gros se Menge Volkes« richtet, trotzdem übersieht er aber, dass die Worte Jesu hier an die »Jünger« ge richtet sind. Mit Karris, Sitz 118. Man darf nicht denken, dass die Makarismen allen zuhörenden Jüngern (also allen Christen der lukanischen Gemeinde) gelten würden. Darum ist es unnötig, wie Schot troff/Stegemann, Jesus 118, zu postulieren: »Es [sc. dieses >Programm<] meint die armen Je susjünger, die durch ihren völligen Besitzverzicht zu ptöchoi geworden sind« (Hervorhebung von mir). Sowohl unter den Nachfolgern Jesu wie auch in der lukanischen Gemeinde wird es »Jünger« gegeben haben, die so arm waren, dass sie überhaupt kaum etwas zum Verzicht hatten. Dies sind m.E. eben die Armen, die Jesus paradoxerweise seliggepriesen hat. Gegen Schmithals, Lk 81f; Petzke, Sondergut 89; Horn, Glaube 131-134. Aus 6,27 kann man nicht herleiten, dass die Weherufe nicht an die Zuhörer der Feldrede gerichtet wären; V.27 dürfte einfach eine rhetorische Anrede an diejenigen sein, »who are responding positively to Jesus' words« (Seccombe, Possessions 86). Vgl. ferner Minear, Audiences 108f.
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Aus diesen Erwägungen lässt sich schliessen: Zur Gemeinde des Lk gehören sowohl wohlhabende, wenn auch nicht immer reiche, als auch arme Christen. Das Bild von den Pharisäern spiegelt wohl die Situation der Gemeinde, in der sich wohlhabende Mitglieder gegenüber den anderen, vor allem den armen Christen unsolidarisch verhalten (vgl. u.a. Lk 18,9-14) . Die lukanische Gemeinde kennt wohl noch keine organisierte Armen pflege. Daraus wird sich die Feststellung ergeben, dass auch in Lk eine sozial ge schichtete Gemeinde vorausgesetzt ist, in der sich die reicheren Mitglieder kaum um die anderen, insbesondere nicht um die armen Christen kümmerten. Zu beachten ist dabei, wie oft Lukas, wohl bedingt durch die Überlieferungen, von den »Reichen« redet. Wie stellt sich dann Lk zu dieser Gemeindesituation? Es lässt sich nicht verleugnen, dass er dem Reichtum gegenüber eine kritische Einstellung hat: Ausser den deutlich rei chenkritischen Stellen wie Lk 6,24f. und 18,18-30, finden sich noch Aussagen, die vom Reichtum bzw. vom Besitz negativ reden (Lk 8,14; 9,25; 16,19-31; Act 1,18; 5,1-11; ferner die von Gewinnsucht motivierten Gegner der paulinischen Botschaft in Act 16,1624; 19,23-40; 24,25f. ). Dazu kommt das obengenannte paradigmatische Bild der Pha risäer in Lk. Man geht aber zu weit, wenn man dies als »kompromisslose Kritik an den Rei chen« deutet. Denn Lukas lässt andererseits Heilsmöglichkeiten für die Reichen offen. Dies wird bei der Geschichte von Zachäus (Lk 19,lff.) sichtbar, die die Reihe der Aussa gen über die Reichen beschliesst. Lukas bezieht sich auf die reichenkritischen Überlieferungen mit dem Ziel, die reichen Christen auf den richtigen Weg der Glau benden zu führen. F. W. Horn macht zu Recht darauf aufmerksam, dass es in bezug auf die innere Si tuation der lukanischen Gemeinde um deren »Weltlichkeit« geht. Das Problem der Reichen sieht Lukas eindeutig in diesem Zusammenhang: Es handelt sich um die, die »in ihrem Wandel von Sorgen und Reichtum und Genüssen des Lebens erstickt« werden (Lk 8,14), und um solche, die »die ganze Welt gewinnen« wollen (9,25), deren »Herzen 175
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Interessanterweise kommt hier eines der wichtigen Stichworte der paulinischen Rechtfertigungslehre vor (Succaoc,, 5IKOUO\)V. Vgl. Lindemann, Paulus 162f.). Das ist wahrscheinlich ein Indiz dafür, dass die lukanische Gemeinde theologisch an der paulinischen Lehre orientiert ist. Siehe auch Lk 16,15. Schottroff/Stegemann, Jesus 14 lf. Sie weisen ferner mit Recht daraufhin, dass Lukas immer von der »Barmherzigkeit mit nichtchristlichen Armen« redet (aaO. 142.). Aber sie gehen allzu weit, wenn sie daraus schliessen wollen, »dass es in der Gemeinde des Lk gar keine bettelarmen Menschen (ptöchoi) gegeben hat« (ebd.). Dagegen spricht schon die Seligpreisung Lk 6,20f. (s. oben). Reiche treten zumeist im lukanischen Sondergut auf: Lk 6,24; 12,16; 14,12; 16,1.19.21f; 19,2. Sonst 18,23 (Red.); 21,1 (Mk). Vgl. Horn, Glaube 226. Schottroff/Stegemann, Jesus 113. Sowohl die Weherufe (Lk 6,24f.) als auch die Geschichte vom reichen Vorsteher (Lk 18,18-30) ge hen auf die Tradition zurück; zu den Weherufen vgl. oben 3.6.2.4 und Horn, Glaube 122ff. Horn, aaO. 221-223. »>Weltlichkeit< soll in diesem Zusammenhang bedeuten: die Christen fallen aus dem Glauben ab in ihr vorchristliches Ethos, welches sie von ihrer nichtchristlichen Umwelt vom Erscheinungsbild her nicht mehr trennen lässt.« (aaO. 221) Vgl. Mk 4,19. Bei Lk ist statt von fj arfänr) xou ÄXOVTOU (Mk) von ö nXoxnoq, und statt von unbe stimmten td XoinafeniGuuiai(Mk) umfassend von f|5ovai die Rede, womit »Lk im Gegenüber zu Mk alle Möglichkeiten, diese Laster zu relativieren, ausschaltet« (Horn, aaO. 222). Vgl. Mk 8,36. »Während die Mk-Vorlage [...] ganz von dem eschatologischen Horizont bestimmt war (vgl. Mk 8,37) und den endzeitlichen Schaden der Seele thematisierte, beschreibt Lk gegenwär tig erfahrbare, durch Menschen verursachte Verfehlungen.« (Horn, ebd.).
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durch Rausch und Trunkenheit und Sorgen um den Lebensunterhalt beschwert werden« (21,34). In der Gestalt der Reichen erblickt Lukas die Gefahr der »Weltlichkeit«, in der der Glaube erstickt. Dies fuhrt ihn aber nicht dazu, die Reichen völlig abzulehnen. Zurück zur Geschichte von Zachäus: ihm wird durch Jesus das Heil zugesprochen, als er anbietet, die Hälfte seines Besitzes den Armen zu geben (19,8). Lukas akzeptiert grundsätzlich die reichen Christen, wobei er von ihnen eigentlich nur Wohltätigkeit fordert (s. oben S. 160), die sie von ihrer Habsucht befreien kann. Er sagt Ja zum Reichtum, sofern er den Armen ab gegeben und geteilt wird. 184
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4.1.2.2.4 Gemeinden in der Johannesapokalypse Im nachpaulinischen Zusammenhang ist auch Apk in Betracht zu ziehen. Zwar ist in Apk weder ein Einfluss paulinischer Theologie erkennbar, noch sagt Apk etwas zu den Ämtern, die in den paulinischen Gemeinden vorkommen, nämlich zum Amt des Bischofs und des Diakons (Phil 1,1; Rom 16,1; vgl. aber Act 20,17 [die Ältesten der ephesischen Gemeinde]). Trotzdem schliesst diese dem Verfasser zuzuschreibende Distanz zu Paulus nicht die obige These aus, dass die Adressaten möglicherweise unter paulinischem Einfluss stehen. Im Zusammenhang unserer Fragestellung kommen von den sieben vom Verfasser angeschriebenen Gemeinden nur diejenigen von Smyrna und Laodicea in Betracht, da lediglich in jenen Briefen das Stichwortpaar »arm/reich« begegnet. 188
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»Lk setzt eine >Weltlichkeit< voraus, die durch die zurückgetretene Parusieerwartung masslos gewor den ist (vgl. auch 17,27f), sich in dieser Masslosigkeit aber der Welt ausgeliefert hat.« (Horn, aaO. 223) V. 8 ist mit grosser Wahrscheinlichkeit ein redaktioneller Zusatz (Petzke, Sondergut 168f.; Horn, aaO. 115). Die vierfache Erstattung (V.8b) entspricht den »Normen des römischen und wohl allge mein antiken Rechtes einer vierfachen Erstattung bei Diebstahl« (Schottroff/Stegemann, Jesus 20. Vgl. auch Horn, aaO. 116). Dahingegen findet sich beim Geben der Hälfte des Besitzes kein entspre chendes Rechtsmaterial. Dieser Besitzverzicht hat daher wahrscheinlich primär eine paradigmati sche Funktion für die lukanische Gemeinde (vgl. Lk 3,11; s. unten Anm. 187). Vgl. die Gebote der Genügsamkeit in Lk 3,14; 12,15; Act 20,33f. Das Abgeben der Hälfte des Besitzes (Lk 19,8) könnte dem Ideal von Lukas an Besitzausgleich in der Gemeinde entsprechen (Schottroff/Stegemann, Jesus 138; vgl. Act 2,44f.; 4,32ff.). Die Hälfte lässt sich aber wohl nur paradigmatisch verstehen, was keine direkte Entsprechung erwartet (mit Horn, Glaube 117; hierzu vgl. auch Klauck, Gütergemeinschaft 96: »Die Zeit der Kirche hat ihre ei genen Erfordernisse, die mit denen der Zeit Jesu nicht in allem vergleichbar sind«). Lindemann, Paulus 233; Lohse, Revelation 365. Satake, Apk II 751. Er hält es für wahrscheinlicher, dass der Verfasser der Apk zu nichtpaulinischen Gemeinden Beziehungen unterhielt (ebd. und aaO. I 167; ferner ders., Gemeindeordnung 18.192). Anders Lampe/Luz, Christentum 185, m.E. mit Recht: »Es gibt keine Andeutungen dafür, dass die Gemeinden, für die er [sc. Verfasser der Apk] seine Sendschreiben verfasste, andere waren als die von Paulus direkt oder mittelbar gegründeten«. Das betont Karrer, Johannesoffenbarung, wonach »der Apk-Autor auf die paulinische Briefkonven tion zurückgriff, weil er sich an Adressaten paulinischer Tradition orientierte« (aaO. 83). Das Schweigen von den Gemeindeämtern erklärt Aune, Matrix 24-26: »John intentionally ignored local church officials since his role as a mediator of divine revelation transcended local Community concerns and because his message was directed to the entire Community not just its leaders« (aaO. 24).
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In Apk 2,9 redet Johannes die Gemeindeglieder von Smyrna an: »Ich kenne [ZB: weiss] deine Trübsal und deine Armut«. Während er den Inhalt der »Trübsal« in V.9f. ausfuhrt, ist von einer »Armut« der Christen in Smyrna nicht mehr die Rede. Diese Ar mut ist aber nicht bloss ein Synonym für die Trübsal, sondern vielmehr auf die äusserliche, d.h. materielle Lage der Gemeinde zu beziehen. So kontrastiert hierzu effektvoll die Aussage »Du bist aber reich« (V.9b), die im übertragenen Sinn den Reichtum an Glauben bedeutet. Aus dieser kurzen Aussage kann man aber keine weitere Auskunft über die wirt schaftliche Lage der Gemeinde herleiten. Festzustellen ist nur, dass die Gemeinde in Smyrna wirtschaftlich in schlechter Lage war und sich heftigen Angriffen von Juden aus gesetzt sah. Im Sendschreiben an die Gemeinde in Laodicea (Apk 3,14-22) ist, im Kontrast zu Smyrna, vom Reichtum der dortigen Christen die Rede (V.l7). Dabei muss die Frage gestellt werden, ob dieser »Reichtum« wörtlich, d.h. materiell oder geistlich zu deuten ist. Dass das Wort nXvbaioc, in 2,9 die Fülle von Glauben bezeichnet, kann kein Argu ment für letztere Deutung sein, denn die dazu kontrastierende Armut bezieht sich in 2,9 auf die materielle, in 3,17 aber auf die geistliche Lage. Dass das mnXovvr{Ka (»Ich bin reich geworden«) ihre (innere) Veränderung durch den Glauben andeute, ist aus die sem einen Wort schwerlich herzuleiten. Zwar kann man vielleicht das »reich« anhand der Analogie zur paulinischen Wendung auf »eine volle präsentische Heilsbehauptung in Laodizea« deuten. Da man aber dafür in unserem Text sonst keine Indizien findet, ist hier m.E. doch die wörtliche Bedeutung vorzuziehen: Wie in 2,9 stehen hier auch die äussere (= Reichtum) und die innere Lage (= Armut) im Kontrast. Der Vorwurf des Verfassers, die Christen in Laodicea wüssten nicht, dass sie »arm und blind und nackt« seien (V.l7b), wird unter der Voraussetzung seine volle Wirkung entfalten, dass sie in ihrer äusseren Lage nicht so sind. Dieser Vorwurf und die Aufforderung, Gold und weisse Kleider sowie Augensalbe zu kaufen, beziehen sich darauf, dass Laodicea eine Industrie- und Handelsstadt war, deren Wollmanufakturen, Bankwesen und medizinische Schule bekannt waren. Dies gibt Anlass zur Annahme, dass manche Christen dieser reichen Gemeinde einer solchen Tätigkeit nachgingen. Darum empfiehlt ihnen Christus, »von mir« die genannten Waren zu kaufen, damit sie innerlich, am Glauben reich werden können (V.l8). Dieses Wort kann als Kritik an diejenigen verstanden werden, die meist mehr an ihre Geschäfte als an den Glauben dachten. 191
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Satake Apk I 199f., bezieht »Trübsal und Armut« auf LXX Ps 43,25 fxva xi [...] ejuXav6ävr| xf^ jrca>Xeiac, fpäiv Kai T r y ; GUyeooqfyiäiv;).Er vermutet, der Verfasser der Apk meine, dass die Ant wort auf diese Frage des AT nun von Christus gegeben wird. Und Satake folgert daraus, die »Armut« bedeute hier zusammen mit der »Trübsal« die schwierige Lage der Christen im Smyrna. Roloff, Apk 51; Ritt, Apk 26. Zu »Reichtum« an Glauben vgl. 2 Kor 6,10; 8,9; Jak 2,5. Caird, Apk 35, denkt, ihre Armut »must have been due in part to mob violence and looting (cf. Heb. x.35), in part to the difficulty of making a Irving in an antagonistic environment«. Davon erzählt aber unser Text nichts (so mit Recht Satake, Apk 1200 Anm. 2). Gegen Karrer, Johannesoffenbarung 207. So Satake, ApkI326f. 2 Kor 6,10; 8,9. Karrer, Johannesoffenbarung 207. Vgl. u.a. Hemer, Letters 196-201. y
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Das Sendschreiben an Smyrna verbietet uns, die wirtschaftliche Situation der Ge meinde in Laodicea verallgemeinernd auf die anderen Gemeinden in Apk anzuwenden. Laodicea dürfte allerdings als ein Beispiel für eine städtische Gemeinde angesehen wer den, deren Mitglieder durch Handelsgeschäfte ihren Reichtum erwerben, und, laut der Kritik des Verfassers, wegen ihres äusseren Reichtums ihre innerliche Armut nicht be merken. 200
4.1.2.2.5 Die korinthische Gemeinde im ersten Clemensbrief Dass die soziale Schichtung, die wir oben anhand des 1 Kor feststellten, nicht auf die Frühzeit der korinthischen Gemeinde begrenzt ist, lässt sich aus 1 Clem ersehen, der ge gen Ende des 1. Jh. an die Gemeinde von Korinth gesandt worden war. Der Verfasser des 1 Clem redet nicht viel von der Sozialstruktur der Adressatengemeinde, trotzdem gibt es darüber einige Informationen. In 3 7,1 ff. ermahnt der Verfasser unter Verwendung eines Kriegsdienstvergleichs zur Einheit der Gemeinde durch gegenseitige Abhängigkeit (37,3: »Nicht alle sind Befehls haber, [...] sondern jeder vollzieht auf seinem eigenen Posten das vom König und von dem Herrschenden Angeordnete«). Es lautet folgendermassen: »Die Grossen können ohne die Kleinen nicht sein; und die Kleinen nicht ohne die Grossen« (37,4). Dies unter streicht er weiter in 37,5-38,1 in Anknüpfung an die oa>utx-Ekklesiologie von 1 Kor 12,12-21, um dann konkreter auf die Situation der korinthischen Gemeinde einzuge hen: »Der Starke soll für den Schwachen sorgen, der Schwache aber soll den Starken achten. Der Reiche soll den Armen unterstützen, der Arme aber soll Gott dafür danken, dass er ihm (einen) gegeben hat, durch den seinem Mangel abgeholfen wird« (38,2). Daraus wird deutlich, dass die soziale Schichtung in der korinthischen Gemeinde noch in den 90er Jahren des 1. Jh. dieselbe war. Dabei ist für unsere Fragestellung wichtig, dass der Verfasser diese Schichtung ausdrücklich als Verhältnis von Arm und Reich for muliert, was mit der Sachlage in 1 Tim verwandt ist. Diese Ausdrucksweise gebraucht der Verfasser, nicht ohne dass er die Situation in der korinthischen Gemeinde in Betracht zieht. Die Existenz von armen Mitgliedern lässt sich weiter aus 59,4 ersehen. Dort bittet der Verfasser, »die Hungernden zu sättigen« und »die Schwachen aufzurichten«. Diese Gebetsworte legen nahe, dass für die Gemein de in Korinth »die Christen, die am untersten Rande des Existenzminimums leben, [...] als Problem geblieben« sind. 201
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200 y der Sozialschicht dieser reichen Christen erzählt Apk nichts. Vermutlich könnte aber an die gedacht sein, die ziemlich grosse Geschäfte treiben, denn in Apk kommt das Wort »reich« in diesem Zusammenhang vor (Apk 18, Iff.; wohl auch 13,16f.). Zu den Abfassungsverhältnissen des 1 Clem vgl. Lindemann, 1 Clem 12f; Bowe, Church 1-3. Lindemann, Paulus 189. 203 Ygj Lampe^ Christen 69. Lampe bemerkt dies zur römischen Gemeinde. Das ist aber auch auf die korinthische Gemeinde zu beziehen, an die der Verfasser des 1 Clem unter Voraussetzung der glei chen Gemeindesituation in Korinth wie in Rom diese Aussagen gerichtet haben dürfte. Lampe, ebd. Vgl. ferner 13,lf. Wenn der Verfasser im Anschluss an die Mahnung, der Reiche solle sich nicht in seinem Reichtum rühmen, ein Wort Jesu zitiert (»Erbarmt euch, damit ihr Erbarmen erlangt; [...] Wie ihr tut, so wird euch getan werden; wie ihr gebt, so wird euch gegeben werden«), o n
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Der Verfasser nimmt die soziale Schichtung in der korinthischen Gemeinde als vor gegeben hin; hier ist kaum eine kritische Besinnung wie bei Jak und Apk (s. oben) zu bemerken. Er bemüht sich vielmehr, in Anknüpfung an die paulinische Ekklesiologie die wirtschaftliche Struktur der Gemeinde, die auf Beiträge seitens wohlhabender Mitglieder angewiesen ist, theologisch zu rechtfertigen und zu verstärken. Hier kann man daher gut vom Weitergang des »Liebespatriarchalismus« reden.
4.1.2.3 Gemeinde hinter dem »Hirten des Hermas« Es ist bekannt, dass sich in Herrn kaum ein Einfluss paulinischer Theologie findet. Der Verfasser von Herrn erwähnt überhaupt keine Paulusbriefe. Das ist sicherlich nicht einer antipaulinischen Gesinnung zuzuschreiben; es ist aber auch nicht einleuchtend, sein Schweigen über Paulus und die Paulusbriefe auf blosse Unkenntnis zurückzuführen, zumal man in Herrn vereinzelte Stellen findet, die an paulinische Briefe erinnern. Es fällt mir schwer, anzunehmen, dass diese Schrift, die sehr wahr scheinlich jn der 1. Hälfte des 2. Jh. in Rom entstanden ist, bei ihren Lesern (den Christen von Rom) gar keine Kenntnisse von Gedanken der paulinischen Theologie vor ausgesetzt hätte, auch wenn man bei Herrn nicht von Christen sprechen kann, die bewusst das paulinische Erbe pflegten. Nur fand sich der Verfasser nicht zu einer ausdrücklichen Erwähnung — weder positiv noch kritisch — genötigt. Für unsere Fragestellung spielt Herrn eine grosse Rolle, nicht nur weil er die Situa tion der römischen Christen gegen Ende des 1. Jh. bzw. des frühen 2. Jh. widerspiegelt, sondern auch weil er eine Verwandtschaft zu Jak aufweist. Dazu zählt sein starkes Interesse am Problem von »Arm und Reich«. 205
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besteht kein Zweifel, dass damit die Almosen gemeint sind (vgl. Countryman, Christian 176 Anm. 14). Lindemann, Paulus 284; Dassmann, Stachel 227. Lindemann, aaO. 290; Dassmann, aaO. 228. »Das ergibt sich schon aus dem Umstand, dass genausowenig wie Paulus die Evangelien sowie die übrigen neutestamentlichen Schriften zitiert oder benutzt werden; über Barnabas hinaus fehlt sogar die Anführung alttestamentlicher Stellen« (Dassmann, ebd.). Lindemann, Paulus 284-289. Danach hat der Verfasser des Herrn wohl »paulinische Briefe, insbe sondere 1 Kor, gekannt« (aaO. 289). Brox, Herrn 25, datiert ihn »als einen statistischen Mittelwert aus allen Überlegungen« um 140 n. Chr. Vielhauer, Geschichte 522f, setzt ihn ins »dritte, höchstens vierte Jahrzehnt des 2. Jh.s« an. Als Entstehungszeit ist hierbei an den Zeitpunkt der Endredaktion gedacht, »denn das Buch ist aus verschiedenen Teilen komponiert, die man sich als im Laufe einiger Jahrzehnte oder jedenfalls Jahre sukzessiv entstanden vorstellen muss« (Brox, aaO.23). Trotz einem komplizierten Entstehungsprozess ist aber für den gesamten Teil ein Verfasser anzunehmen (Brox, aaO. 25-33; Vielhauer, aaO. 516; Lampe, Christen 197 Anm. 243; Maier, Setting 56-58. Eine multiple Autorschaft nimmt zuletzt Osiek, Rieh 6f. an). Vgl. Brox, aaO. 45-49. Er hält die von ihm aufgelisteten Berührungen zwischen Jak und Herrn als Nachweis literarischer Abhängigkeit für nicht ausreichend (aaO. 47). Unter den Beruhrungen ist vor allem diejenige des Wortstammes 5iyvx- auffallend; dazu vgl. oben 3.1.
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Der Verfasser des Herrn erwähnt wiederholt arme Leute. Zu beachten ist dabei, dass er den Ausdruck »arm« (icxcoxo^) meidet und stattdessen ganz konkret Witwen und Waisen (mand VIII 10; sim I 8; V 3,7; IX 26,2; 27,2), die Bedürftigen (oi \XTOpo\>u£voi, vis HI 9,2-6; sim V 3,7; IX 27,2) sowie die Hungernden (oi iceivövxeq, vis III 9,5) nennt. Diese Leute gehören zweifelsohne zur Gemeinde, denn der Verfasser spricht von ihrer Versorgung durch die Hände von Gemeindeamtsträgern (sim IX 26,2; 27,2). Dass der Verfasser des Herrn seine Ermahnungen kaum an jene armen Mitglieder richtet, berechtigt zur Ansicht, dass sie in der Gemeinde keine fuhrende Rolle spielen. Sie treten in Herrn durchwegs eher als Objekt kirchlicher Versorgung und Barmherzigkeit (z.B. vis III 9,2ff.; mand VIII 10) auf. Selbst das Existenzminimum war offensichtlich kaum garantiert, und sie waren auf Unterstützung von Seiten der Gemeinde angewiesen; in der Gemeinde gab es aber Diakonen, die »Witwen und Waisen den Unterhalt geraubt« haben, um sich damit zu bereichern (sim IX 26,2). Es liegt auf der Hand, dass sich das grosse Interesse der Schrift unter anderem auf die Reichen in der Gemeinde richtet. Man kann sogar hier einen Anlass zur Abfassung des Herrn finden. Der Verfasser nimmt Anstoss an ihrer »Verstrickung in die Welt« . Manche reiche Christen erwerben ihren Reichtum durch ihre Geschäftstätigkeit, durch die sie mit dieser Welt in engem Kontakt bleiben (mand X 1,4). Solche Leute sind zwar Christen, ziehen aber ihre Geschäfte der kirchlichen Gemeinschaft vor (sim VII 8,1; 9,1; IX 20,1). Zur sozialen Struktur der Gemeinde lässt sich daher sagen: Der Verfasser des Herrn setzt eine sozial geschichtete Gemeinde voraus, zu der sowohl arme Leute, die knapp am Existenzminimum leben, als auch reiche Christen, die durch ihre Geschäftstätigkeit 211
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begegnet nur sim II 4. Ferner kommen nxtoxEixa (sim II 5) und ÄTOXÖTTIQ (vis III 12) je einmal vor. Vgl. auch Osiek, Rieh 44f. Die Sorge für Witwen und Waisen ist zwar ein traditioneller Topos aus der jüdisch-christlichen Paränese (Gülzow, Christentum 90), was aber seine Aktualität für den Verfasser des Herrn keineswegs ausschliesst (mit Lampe, Christen 71 Anm. 204). Ferner könnte der Ausdruck »bedrängte Seelen zu gewinnen [bzw. >kaufen<, dyopd^o)]« (sim I 8) die Existenz von christlichen Sklaven in paganen Häusern andeuten (so ausdrücklich Gülzow, aaO. 89; vorsichtiger Lampe, aaO. 72). Vgl. Leutzsch, Wahrnehmung 127-130. Anders Leutzsch, aaO. 130: »Die Gemeindeglieder aus der Unterschicht nahmen wohl am intensivsten Anteil am Gemeindeleben, waren aber auch am stärksten von der Unterstützung durch die Gemeinde abhängig.« Osiek, Rieh 46.55. Das Wort nkoixnoq begegnet zwar nur in sim II 4-8 (10 mal) und IX 20, lf. (3 mal). Der Verfasser stellt aber sonst den Reichtum der reichen Christen konkret dar — Grundbesitz, Häuser bzw. Wohnungen sowie kostbare Einrichtungen (Lampe, Christen 72; vgl. Sim I). Lampe, aaO. 73. Vgl. ferner Osiek, Rieh 47-49. Es gab offensichtlich auch solche, die erst als Christen reich geworden sind (sim VIII 9,1). Zwar stellt Hermas gelegentlich die Reichen dar, als ob er sie von den »in Geschäfte Verwickelten« unterscheide (sim VIII 8,1-9,3; IX 20; vgl. mand X 1,4), aber: »Die Charakterisierung der Reichen stimmt in wesentlichen Punkten mit der der Geschäftsleute überein. Es handelt sich also wohl nicht um zwei scharf voneinander abzuhebende Gruppen, sondern um eine vertikal stärker in sich gegliederte Schicht.« (Leutzsch, Wahrnehmung 131) Die Ansicht von Osiek, Rieh 133, die Gemeinde enthalte nicht viele Arme, sondern sei ökonomisch relativ homogen, lässt sich vom Text her nicht begründen (so auch Lampe, Christen 72 Anm. 207). ITKDXÖC,
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Die Adressaten des Jakobusbriefes 220
Reichtum erwerben, gehören. Hier ist ausdrücklich von Armen und Reichen innerhalb der Gemeinde die Rede, was der Situation in 1 Tim sowie in 1 Clem entspricht. An die reichen Christen wendet sich der Verfasser sehr kritisch. »Denn die Viel geschäftigen tun auch viel Sünde, da sie von ihren Geschäften abgelenkt werden und ihrem Herrn nicht dienen« (sim IV 5). Das ist eben die Zweiseeligkeit (8u|ruxia). Er vergleicht sie mit weissen, runden Steinen, die nicht in den Bau des Turms, der Metapher für die Kirche ist (vis III 3,3), passen (6,5f; sim IX 30,4f; 31,lf). Sie werden »verblendet und geraten in Verderben und Verwilderung«, weil sie »verwickelt bleiben in Geschäftsangelegenheiten, Reichtum, Freundschaft mit den Heiden und viele andere Geschäfte dieser Welt« (mand X 1,4). Beachtlich ist aber, dass Herrn auch Aussagen enthält, die diesen kritischen Bemer kungen anscheinend zuwiderlaufen. In sim II erzählt der Verfasser das Gleichnis vom Weinstock und der Ulme, das »auf die Knechte Gottes ab[zielt], auf den Armen und den Reichen« (II 4). Hier handelt es sich um die gegenseitige Unterstützung von armen und reichen Christen; der Arme durch sein Gebet, und der Reiche durch seinen Reichtum. Zweifellos wird hier der Reichtum ganz positiv verstanden. Der Verfasser preist die Rei chen sogar selig, soweit sie zur Erhaltung dieser Gemeinschaft beitragen: »Selig sind, die Besitz haben und die Einsicht gewinnen, dass ihr Reichtum vom Herrn stammt. Denn wer diese Einsicht gewinnt, ist imstande einen guten Dienst zu leisten« (II 10). Daraus geht hervor, dass der Verfasser mit den kritischen Worten gegen die reichen Christen beabsichtigt, sie aktiv in die Gemeinde zu integrieren, d.h. sie durch ihren fi nanziellen Beitrag »zu verantwortlichem Handeln gegenüber den ärmeren zu bewe gen« . Seine Bemerkung, dass die Reichen erst dann brauchbar für Gott werden, wenn ihr Reichtum von ihnen abgehauen wird (vis III 6,6), ist in dieser Hinsicht gut zu verste hen. Sie müssen allerdings, sagt er, ihren Reichtum nicht ganz ausschlagen, »damit sie von dem, was ihnen geblieben, Gutes tun können« (sim IX 30,5). Daraus kann man erse hen, dass der Verfasser des Herrn nicht eigentlich auf die Ablehnung der Reichen zielt, sondern auf deren Engagement in der Gemeinde durch die Unterstützung der armen Brüder (sim II 5ff.). Dieses grundsätzliche Ja zum Reichtum und die Ermahnung zum Teilen erinnern uns unverkennbar an die anderen nachpaulinischen Autoren, die wir oben behandelt haben (1 Tim; Lk; 1 Clem). 221
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4.1.2.4 Ergebnis Aus den obigen Betrachtungen lässt sich schliessen, dass sich, trotz begrenzter Quellen lage in bezug auf das Christentum des 1. Jh., das Problem der Armen und Reichen vor allem in Gemeinden des paulinischen Missionsbereichs findet. Dazu bietet unter den Paulusbriefen 1 Kor aufschlussreiche Informationen an. Dort tritt ein Gemeindebild hervor, das aus Mitgliedern aus verschiedenen Sozialschichten besteht. Diese innergemeindliche Schichtung hat mit den in 1 Kor begegnenden Konflik2 2 0
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Zu den nicht zu den »Reichen« gehörenden Handwerkern und Kleinhändlern vgl. Leutzsch, Wahr nehmung 130.133f. sim VIII 8,lff.; 9,4. Vgl. Osiek, Rieh 50; ferner Brox, Herrn 551-553. Zu sim II vgl. die Analyse von Osiek, aaO. 78-90. Lampe, Christen 74.
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Arme und Reiche im Frühchristentum
ten viel zu tun: Sie kommen daher, dass sich Christen mit einem höheren Sozialstatus, die vom Verkehr mit der Umwelt Vorteile haben, gemäss dem Verhaltensmuster der »Welt« verhalten, was der Gemeinschaft mit den anderen, besonders den sozial schwächeren Mitgliedern schadet. Es handelt sich also um die von jenen Christen in die Gemeinde eingeführte Assimilationstendenz an die »Welt«. Gegen diese Situation wendet sich Paulus zwar nicht ohne Kritik, fordert aber ledig lich die sozial stärkeren Christen dazu auf, mit Rücksicht auf andere, schwächere Brüder, und mit »Liebe« zu ihnen (1 Kor 8,1), ihre eigene Verhaltensweise anzupassen, ohne dass er ihnen dabei ihren Reichtum vorwirft. Vielmehr erkennt er die soziale Ungleichheit unter den Gemeindegliedern als gegeben an, um dann durch die »Liebe« den Frieden innerhalb der Gemeinde zu bewahren (Liebespatriarchalismus) . Für seine Mis sionstätigkeit war er auf die Unterstützung durch wohlhabende Leute angewiesen. In von ihm gegründeten Gemeinden haben gutsituierte Christen eine wichtige Rolle gespielt und hatten deshalb verständlicherweise auf die Gemeinde einen grossen Einfluss. Zwar können wir die korinthische Sachlage nicht sofort verallgemeinernd auf das. ge samte Missionsgebiet des Paulus anwenden, aber da sich dies auf sein grundsätzliches Missionsprinzip bezieht, werden wir m.E. eine derartige Schichtung in mehr oder weni ger allen anderen, besonders in den städtischen Gemeinden annehmen dürfen, wofür die Belege in den nachpaulinischen Schriften sprechen. Bei den nachpaulinischen Schriften, die wir oben behandelten, geht es um Verschie denheit und Kontinuität zu Paulus. Während in 1 Kor weder von (nicht nur gutsituierten, sondern) »reichen« noch von bettelarmen Christen ausdrücklich die Rede ist, wird in den nachpaulinischen Schriften deutlich von »armen und reichen« Christen gesprochen (1 Tim; Lk; 1 Clem; Herrn; ferner Apk). Das ist aber m.E. als Entwicklung der bereits in 1 Kor festgestellten Sozialschichtung anzusehen. Denn aus den Haustafeln, die erst in nachpaulinischer Zeit vorkommen, ist zu ersehen, dass die Autoren der nachpaulinischen Zeit die innergemeindliche Ungleichheit im Anschluss an Paulus, teilweise sogar positiver als er, anerkannt haben. Es ist auch zu beachten, dass sowohl in 1 Kor als auch in jenen nachpaulinischen Schriften die gutsituierten bzw. reichen Christen als Problem empfun den wurden, weil sie sich an der »Welt« orientieren, was Gemeinschaft und Solidarität mit ärmeren Mitgläubigen verhindert. Darum mussten sich Paulus und die nachpaulini schen Autoren bemühen, sie ausdrücklich zum Engagement in der kirchlichen Gemein schaft aufzurufen. Die Stellungnahme der nachpaulinischen Autoren zu den reichen Christen und zu deren Reichtum lässt sich kurz formulieren: ein grundsätzliches Ja zum Reichtum und aber gleichzeitig auch die Ermahnung zum Teilen. Dabei wird der Reich tum solange positiv gewertet, als er der Gemeinde Nutzen bringt. Dass dieser Status quo nicht ausschliesslich im paulinischen Einflussbereich begeg net, spricht nicht gegen unsere Annahme. Der Verfasser des Jak muss damit gerechnet haben, als er seinen Brief an die »zwölf Stämme«, d.h. an alle Christen gerichtet hatte: Er wusste wahrscheinlich, dass die im Brief dargestellte Sachlage über seine primäre Adres saten hinaus auch für andere Gemeinden Geltung haben kann. Er wendet sich aber primär wegen seines Antipaulinismus an die nachpaulinischen Gemeinden (vgl. unten 5.2). 224
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»Als Haushalter Gottes sorgen sich die Grossen für die Kleinen und als Diener Gottes ordnen sich die Kleinen den Grossen unter« (Troeltsch, Soziallehren 68).
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Die Adressaten des Jakobusbriefes
4.1.3 Jakobus im (nach-)paulinischen Kontext Nun kommen wir noch zum Vergleich zwischen Jak und den anderen frühchristlichen Schriften in bezug auf das Problem der Armen und Reichen. 1. Man hat zuerst von den Übereinstimmungen zwischen Jak und den Schriften der paulinischen Tradition zu reden. (1) Das Gemeindebild der Adressaten des Jak passt zu dem der Gemeinden im pauli nischen Missionsbereich, wenn auch nicht ausschliesslich (vgl. Herrn). Von einer sozial geschichteten Gemeinde ist bereits in 1 Kor die Rede. Dort wird aber noch nicht ausdrücklich von »armen und reichen« Christen gesprochen, während den nachpaulini schen Autoren übereinstimmend »arme und reiche« Christen am Herzen liegen, wie dies auch bei Jak der Fall ist. In dieser Hinsicht dürfte Jakobus das Problembewusstsein der nachpaulinischen Autoren teilen. Zwar findet sich ausser in Jak 2,2ff. kein Hinweis darauf, dass die Reichen in der Ge meinde »bevorzugt« wurden. Es ist aber zu vermuten, dass sie in einer Gemeinde, auf die sie einen grossen Einfluss hatten, eine solche Aufnahme gemessen konnten. Dass ärmere Mitglieder l^ingegen eine schlechtere Behandlung in der Gemeinde in Kauf nehmen mussten, belogt schon 1 Kor (vgl. ll,17ff.). Darum hat sich Paulus um die Einheit der verschiedenen »Glieder« bemüht (1 Kor 12,12ff., bes. V.22-24). Dieses Anliegen ist von den nachpaulinischen Autoren aufgenommen worden (vgl. 1 Clem 37,5ff.; Herrn sim II), indem sie deutlich für eine finanzielle Unterstützung seitens der Reichen zugunsten der Armen eintraten. Jene Aussagen verraten aber zugleich, dass die Armen in der Ge meinde tatsächlich nur ungenügend versorgt blieben. Während sich in 1 Kor kein sicherer Hinweis auf christliche Kaufleute in der Ge meinde findet, deren Existenz man dennoch vermuten kann, ist in Apk 3,14ff. und in Herrn von Christen, die im Handelsbereich tätig waren, die Rede. Dort erscheinen sie unverkennbar als »Reiche«. Aus diesen Überlegungen lässt sich, in bezug auf das Problem der armen und reichen Christen, folgender Schluss ziehen: Dem Verfasser des Jak schwebt vor allem der Status quo der nachpaulinischen Gemeinden vor, wenn er von »Arm und Reich« spricht. Dies spricht dafür, die Adressaten des Jak im paulinischen Missionsbereich anzusetzen. 225
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Eine derartige kirchliche Situation rindet sich zwar nicht ausschliesslich im Einflussbereich des paulinischen Christentums, wie Herrn es aufweist. Dies läuft aber unserer Annahme nicht zuwider.
(2) Wie wir oben sahen, handelt es sich in den paulinischen und nachpaulinischen Schriften stets um die Assimilationstendenz der Reichen an die Welt. Sie weichen vom Glauben und den dementsprechenden Werken ab, denn sie verwickeln sich in die Ange legenheit der Welt und verhalten sich nach der Verhaltensnorm der Welt. Den Autoren liegt diese »Verweltlichung« auf dem Magen, was völlig mit Jak übereinstimmt. 2 2 5
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Als Beispiel für die Armen erwähnt Jakobus »Waisen und Witwen in ihrer Trübsal«, die von Ge meindegliedern zu besuchen sind (Jak 1,27). Interessanterweise spricht Paulus nie von den von der Gemeinde zu versorgenden Witwen (vgl. 1 Kor 7,8), während bei nachpaulinischen Autoren davon wiederholt die Rede ist (1 Tim 5; 1 Clem 8,4; IgnPol 4,1; Polyk 4,3; 6,1; Herrn mand VIII 10; sim I 8; V 3,7; IX 26,2; 27,2). Vgl. ferner die wiederholte Ermahnung, Almosen zu geben, in Lk (s. oben 4.1.2.2.3). Vgl. Theissen, Schichtung 254; Merklein, 1 Kor 140.
Jakobus im (nach-)paulinischen Kontext
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2. So gut die Gemeinsamkeiten von Jak und anderen nachpaulinischen Schriften zu erkennen sind, so deutlich tritt dessen Eigentümlichkeit hervor. Unter den frühchristlichen Schriften ist Jak wegen seiner Stellungnahme zu Reichtum und Sozialschichtung der Kirche ganz auffallend. Bei anderen Schriften, wo davon die Rede ist, wird der Reichtum an sich nicht verworfen, und die innergemeindliche Schich tung wird als gegebene Voraussetzung anerkannt. Da wird der Reichtum nur soweit kri tisiert, als die Reichen auf dessen Erwerb dringen und die kirchliche Gemeinschaft, be sonders die Pflichten den armen Mitgläubigen gegenüber, vernachlässigen. M.a.W.: Der Reichtum wird dann positiv geweitet, wenn er zur kirchlichen Existenz beiträgt. Dies haben wir als grundsätzliches Ja zum Reichtum und als Ermahnung zum Teilen formu liert. Dagegen ist die Stellungnahme des Jak als radikales Nein zum Reichtum zu charak terisieren. Er teilt zwar noch den Lösungsversuch anderer Autoren, wenn er Barm herzigkeit an die Armen fordert (Jak 2,13.16), geht aber unzweifelhaft über die anderen nachpaulinischen Autoren hinaus, wenn er den Reichen und deren Reichtum ein kom promisslos negatives Urteil verkündet, ohne dabei die christlichen von den ausserchristlichen Reichen zu unterscheiden. Jakobus verwirft grundsätzlich jeden Reichtum an sich. Hier wird man einen Anlass zur Abfassung des Jak sehen können. Jakobus kritisiert die Gemeinden der paulinischen Tradition, wo die soziale Schichtung stabilisiert und der Reichtum für das Interesse der Gemeinde positiv gewertet wird. Eine solche Situation läuft nämlich seiner prophetisch-apokalyptisch orientierten Gesinnung zuwider. 228
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Gegen Frankemölle, 1256-258, der von »einefr] mittlere[n] Position« des Jak spricht.
4.2 Streitigkeiten in der Gemeinde Ein anderes Problem, das Jakobus im Hauptteil des Briefes behandelt, betrifft die inner gemeindlichen Streitigkeiten. Im folgenden sei versucht, anhand der diesbezüglichen Textabschnitte den Gegenstand der Streitigkeiten zu rekonstruieren (4.2.1) und ihn dann mit anderen frühchristlichen Schriften, in denen dasselbe oder ein ähnlich geartetes Pro blem begegnet, zu vergleichen (4.2.2).
4.2.1 Streitigkeiten im Jakobusbrief Der Verfasser des Jak spricht an folgenden Stellen von den innergemeindlichen Streitig keiten, von denen er weiss, dass sie bei seinen Adressaten vorkommen: Jak 3,1-12; 3,13-18; 4,1-12. Dass diese Abschnitte untereinander in einem inhaltlichen Zusammen hang stehen und deshalb die Rekonstruktion eines einheitlichen Gemeindebildes ermöglichen, ist schon oben dargelegt worden. Daher wird im folgenden Jak 3,1-4,12 als Einheit aufgefasst. Bei der Behandlung dieser Texteinheit gehen wir von folgender Voraussetzung aus: Der Konflikt in der Gemeinde soll im Zusammenhang mit dem Problem der »Armen und Reichen« betrachtet werden. Dafür kann man zwei Argumente vorbringen. 1) Der Abschnitt 3,1-4,12 befindet sich zwischen den zwei Textstücken, in denen es um das Problem der Reichen geht (2,1-26 und 4,13-5,6). Diese inclusio deutet sehr wahrscheinlich darauf hin, dass auch unser Abschnitt etwas mit dem Problem der Rei chen zu tun hat. 2) Dieses strukturelle Argument lässt sich durch ein thematisches stützen: Der Kon flikt entzündete sich am selben Punkt, an dem auch die Kritik an den Reichen Anstoss nahm (s. oben Vorüberlegung zu 2.3.3), nämlich am Problem der »Weltlichkeit« (4,4). Da man unter den Adressaten des Jak wohlhabende Christen vermuten darf, legt sich die Annahme nahe, dass sie etwas mit dem Konflikt in der Gemeinde zu tun haben. Daher lautet unsere Frage: Wie bezieht sich der Konflikt auf die »Weltlichkeit«, und inwiefern sind die reichen Christen daran beteiligt (4.2.1.1)? Daran anschliessend disku tieren wir dann noch, was die Lehrer (3, lf.) damit zu tun haben (4.2.1.2). 229
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Watson, Rhetoric 54-64, versucht, V.l-12 als deliberative Gattung der Rhetorik zu verstehen und jene Verse wie folgt zu klassifizieren: propositio (V. la), ratio (V. lb), confirmatio (V.2), exomatio (V.3-10a), conplexio od. conclusio (V.10b-12). Obwohl ihm in den Einzelheiten nicht immer zuzu stimmen ist, verdeutlicht er, dass Jakobus mit V.3ff. durch allgemeine Aussagen das Argument von V.2 verstärkt, das die Proposition von V.l begründet. (Die conplexio besteht allerdings eher in V.910a, wo Jakobus anders als in V.3-8 wieder in 1. Pers. plur. redet; V.llf. sind als zusätzliche Bei spiele zu betrachten.) Vgl. oben Vorüberlegung zu 2.3.2.
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Streitigkeiten im Jakobusbrief 4.2. LI Innergemeindliche Konflikte und die »Weltlichkeit«
Jakobus spricht ausdrücklich davon, dass die Streitigkeiten unter den Adressaten ihre Wurzeln in ihrer weltlichen Assimilationstendenz, nämlich in ihrer an der Welt orientier ten Gesinnung sowie in ihrem Engagement in der Welt, haben (4,1-4). Da er sich aber hierbei mehr auf sein theologisches Urteil konzentriert als auf die Darstellung der Sach lage, ist leider nur zu erahnen, inwiefern sich die Streitigkeiten aus einer zu grossen An passung an die Welt entwickelten. Auch in 4,11 f. ist es nicht klar, worum es bei der »Verunglimpfung des Bruders« geht. Aufgrund der Beschreibungen des Jak sind immerhin einige Vermutungen möglich. Erstens: Dass Jakobus die Streitigkeiten auf die Weltlichkeit der Adressaten zurückfuhrt, deutet auf eine Beteiligung der wohlhabenden Christen, deren Charakteristikum, so Ja kobus, gerade die Weltlichkeit ist. Freilich hat man auch an die übrigen Gemeindeglieder zu denken, denn Jakobus richtet seinen Vorwurf offenbar an die gesamte Gemeinde. Zweitens: Aus der Aussage in 4,2 lässt sich erschliessen, dass es sich um eine Konkur renz in der Gemeinde handelt: »Ihr begehrt und erhaltet nicht, (daher) tötet ihr. Ihr eifert und könnt nicht erlangen, (daher) kämpft und streitet ihr«. 231
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Hierbei darf das »Töten« nicht wörtlich genommen werden. Sonst müsste man diesen schreckli chen Tatbestand für die christliche Gemeinde annehmen, was aber praktisch unvorstellbar ist. Daher hat man oft versucht, das Wort metaphorisch zu begreifen: Mord sei eine Metapher für z.B. Hass (1 Joh 3,15), für die Sünde der Zunge (Sir 28,17-21) oder für die Unterdrückung der Armen (Sir 34[31],24f.; vgl. Jak 2,11; 5,6). Dann sollte aber deutlich gezeigt werden können, womit das Töten verglichen wird (wie z.B. in 1 Joh 3,15: »Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Menschenmörder«). Eine solche Parallele fehlt aber bei Jak 4,2 völlig. Am befriedigendsten ist eine Interpretation, die S. Laws erwähnt: Jakobus dürfte vom »Töten« als unvermeidbarer Konsequenz des Begehrens sprechen, ohne auf ein konkretes Problem bei den Adressa ten hinzuweisen. Er stellt nämlich eine den Lesern gut vertraute Idee dar, wobei er wohl im Blick auf 233
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Zu dieser Interpunktion, die von der von Nestle-Aland abweicht, vgl. oben S. 83 Anm. 200. Klein, Werk 109f., übernimmt erneut einen Konjekturvorschlag <&0ONEITE statt CONEYETE (so schon Dibelius, 260f.; Hauck, 190, und Adamson, 168), indem er ähnliche Beispiele des Schreibfeh lers in den Manuskripten anderer Texte heranzieht (aaO. Anm. 414: Gal 5,21; 1 Petr 2,1; TestBenj 7,5 und PsClem Horn I 11,12). Bei diesen Beispielen handelt es sich allerdings in Gal 5,21 und 1 Petr 2,1 um einen Lasterkatalog und nicht um eine konkrete Tat der Adressaten. In TestBenj 7,5 lautet der Text: oi qxoio\)ja.evoi TÖ Kdiv ev
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Die Adressaten des Jakobusbriefes 235
den rhetorischen Effekt in der zweiten Person redet. Dass das Töten im NT häufig in einem Lasterka talog erscheint, spricht für diese Lösung. Daher ist so zu deuten, dass die erste Aussage unter Berücksichtigung der Situation der Adressaten durch die zweite konkretisiert wird. Bei der zweiten Aussage bezieht sich das »Eifern« unverkennbar auf den vorigen Abschnitt (vgl. 3,14.16), und nimmt »Kämpfen und Streiten« auf (4,1). 236
Als innergemeindliche Konkurrenz wird am ehesten ein Machtstreit in Frage kom men, obwohl Jakobus davon nicht ausdrücklich redet. Es handelt sich vermutlich um die Konkurrenz um den Prestigerang, der mit der Möglichkeit grosser Einflussnahme auf die Gemeinde verbunden ist. Dieser Gier nach dem Aufstieg scheint die Ermahnung des Ja kobus zu entsprechen, wenn er sich auf Prov 3,34 beruft (4,6: »Gott widersteht den Hochmütigen, ...«) und sie auffordert: »Demütiget euch vor dem Herrn, so wird er euch erhöhenl« (4,10) Diese Annahme läuft dem vorigen Abschnitt (3,13ff.) nicht zuwider. Die Anrede, »wer ist weise und verständig (aocpöq Kai iniovr^im) unter euch?« (V.13) legt nahe — da der Ausdruck aoqxu; Kai kni
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Laws, 172; so auch Ropes, 254f. Vgl. Rom 1,29; 1 Petr 4,15; Apk 9,21; 21,8; 22,15. Das Töten hängt in TestXII sehr oft mit dem Neid zusammen: C^oc/^nAöco (TestSim 2,6; TestLev 6,3; TestDan 1,6);
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Streitigkeiten im Jakobusbrief
4.2.1.2 Anteil der Lehrer Eine andere, sehr wichtige Information ist der Anteil der Lehrer am Konflikt (3,lf). Dies geht aus der Lektüre von 3,1-12 als literarischer Einheit hervor. In V.lb verwendet der Verfasser »wir«. Dies bezieht sich deutlich nur auf die Lehrer (»Wir werden ein strengeres Gericht empfangen«). Dagegen bezieht sich das »wir« in V.2 nicht nur auf die Lehrer, sondern auf alle Adressaten. Dieses »wir« zeigt, dass die Aussage des V.2 nicht einfach allgemeingültig vorgebracht, sondern konkret auf die Adressaten bezogen ist; denn in V.3-8, wo die Aussagen den Menschen allgemein gelten, begegnet das »wir« nicht. Und dieses »wir« kommt wieder in V.9 vor: »Mit ihr [sc. Zunge] preisen wir den Herrn und Vater, und mit ihr verfluchen wir die Menschen, die nach dem Bilde Gottes geschaffen sind«. Daraus ist zu folgern: Der Streit, den Jakobus mit dem »Fluch« andeutet, betrifft primär die Lehrer, aber dann über diese Gruppe hinaus auch andere Gemeindeglieder. Das »Fehlen« (V.2) wird andeutungsweise auf die Streitigkeiten unter den Adressaten hinweisen, was den Adressaten aber sofort klar gewesen sein dürfte. 241
Was für eine Rolle spielen nun die Lehrer bzw. deren Amt in den Streitigkeiten? Aus V.l wird gern abgeleitet, dass es sich um das Lehramt in der Gemeinde handle. Diese Auffassung ist aber m.E. nicht stichhaltig. Was fordert der Verfasser eigentlich mit dem Imperativ \xi] ndkXoi SioaoKoAm yiveoGe? Es ist zunächst zu konstatieren, dass das noAXoi besser quantitativ (»zahlreiche«) als temporal (»bei jeder Gelegenheit« o.a.) zu verstehen ist; denn die zweite Deutung würde die Grenze zwischen den Lehrern und den anderen Gemeindegliedern verwischen, 242
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die von der Begründung V.lb (die Lehrer empfangen uii£ov Kpiu.cc!) deutlich voraus244
setzt wird. Demnach warnt Jakobus sicherlich vor der Existenz von zuvielen Lehrern. Zu fragen ist aber, ob man daraus sofort herleiten darf, dass es sich dabei um einen Anarang zum Lehramt bzw. um eine Warnung an die Kandidaten handelte. Wenn man das Verb yiveaGe als Ersatz für den Imperativ von eivcci versteht, was in Rücksicht auf Jak 1,22 (viveoöe 6e rcovnrai XQJQV) plausibel ist, muss man die Warnung nicht auf diejenigen begrenzen, die Lehrer werden wollen. Für den Verfasser besteht das Problem nicht auf der Seite derer, die ins Lehramt drängen, sondern auf Seiten derer, die schon als Lehrer tätig sind: Da die Lehrer aufgrund ihrer Funktion für ihr Fehlen ein strengeres Gericht zu gewärtigen haben — Jakobus hat solche Lehrer im Visier —, warnt er vor dem Lehrerstand, wobei unverkennbar Kritik an den Lehrern als solchen mitklingt. Der Imperativ V.la soll also als Mahnung gelesen werden, die nicht lediglich den Kandidaten für das Lehramt, sondern auch den Lehrern und sogar allen übrigen Gemeindegliedern gilt. In 245
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»Zwar erwartet die Lehrer ein strengeres Urteil, aber die Gefährdung durch die Zunge gilt nicht nur für sie« (Schräge, 38). Es gehe um »eine Warnung vor übermässigem Andrang zur Tätigkeit des 5i&xoicaA,oc,« (Dibelius, 222); »die gefährliche Neigung des Menschen, sich zum selbstgerechten und machtbeanspruchenden >Lehrer< der anderen aufzuwerfen« (Mussner, 159); ferner Schräge, 38f, Davids, 136; Martin, 107; Vouga, 96 (»la proliferation des enseignants«); zuletzt Wolmarans, Tongue 524. Zimmermann, Lehrer 201: »Jak 3,1 bezweckt also, >Kandidaten< für das Lehramt von diesem abzuhalten« (dort kursiv gesetzt). Vgl. Zimmermann, aaO. 198-201, der erstere Auffassung vorzieht. Die letztere vertritt Mussner, 159 Anm. 3: »Es geht nicht um Vervielfachung des Lehrstandes in der Gemeinde, sondern um ihr allzu häufiges Auftreten, d.h. TCOXXOI steht an Stelle eines adverbiellen Ausdrucks«. Vgl. Zimmermann, aaO. 200. Dibelius, 223; Wanke, Lehrer 491.
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Die Adressaten des Jakobusbriefes
Frage kommt nicht das Lehrer- Werden, sondern das Lehrer-.Se/w und die Tätigkeit der Lehrer. Darum ist es m.E. unnötig, hinter 3,1a eine Konkurrenz um das Lehramt zu se hen. Jakobus sagt allerdings nicht, dass niemand Lehrer sein soll, sondern nur, dass es nicht zu viele Lehrer geben soll. Trotz seiner (selbstkritischen Gesinnung gegenüber den Lehrern verneint er nicht den Lehrerstand an sich (Jakobus selbst ist auch Lehrer!). Diese Nuance ist vom undeutlichen Ausdruck »nicht viel« abzulesen. Für ihn kommt es nicht auf den Lehrerstand selbst an.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es in unserem Abschnitt um die Rede (V.2) und die Zunge (V.3ff.) geht. Es liegt auf der Hand, dass sich dies primär auf die Lehrer bezieht, die den Dienst des Wortes versehen. Allerdings gilt das Problem der Zunge offenbar nicht nur den Lehrern, sondern der ganzen Gemeinde. Daher dürfte die Auffassung sachgemäss sein, dass an dem Konflikt, der alle Gemeindeglieder betrifft, die Lehrer einen besonderen Anteil haben. Der im voranstehenden erwähnte Tatbestand, dass die Lehrer im innergemeindlichen Konflikt irgendwie im Vordergrund stehen, lässt sich auch in 3,13-18 feststellen. Der Ausdruck »weise und verständig« deutet einerseits, wie oben gesagt, auf die Christen hin, die Führungsposten innehaben, aber andererseits auch auf die in V.l f. erwähnten ^ehrer. Hier weist der Verfasser daraufhin, dass es beim Konflikt um die »Weisheit« geht. Dazu passt das Verbot von KaTaKau%äa0ai (»sich rühmen«) . Hier verbietet Jakobus, sich der eigenen Weisheit (od. des eigenen Weise-seins) zu rühmen. Es handelt sich also um eine Rivalität, in der man sich gegenseitig seiner eigenen Weisheit rühmt. Auffällig ist das zweite Verbot, »wider die Wahrheit« zu lügen (V.14c). Man deutet dieses Wort gern wie folgt: Jakobus sage, dass das Streiten dem Charakter der wahren Weisheit entgegenstehe, oder dass die Selbstbezeichnung als Weiser an sich schon Betrug sei. Allerdings ist m.E. die Möglichkeit nicht auszuschliessen, dass in »dogmatischem« Sinne von der »Wahrheit«, d.h. von der rechten christlichen Lehre die Rede ist. In Jak kommt das Wort dA.f|9eia in 1,18 und 5,19 vor. 1,18 trägt nichts zur Deutung unserer Stelle bei, weil A,6yo<; dA^Geicn; ein fester Ausdruck für das Wort Got tes ist. Wichtiger ist 5,19; da geht es sehr wahrscheinlich um die »wahre Lehre« im Gegensatz zu einer Irrlehre. Und es ist gut möglich, dass Jakobus auch in 3,15 in die246
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Vgl. Burchard, Gemeinde 319: »Der Lehrer unterscheidet sich [...] von den übrigen Gemeinde gliedern nur dadurch, dass er besonders macht, was an sich alle können«. S. oben Vorüberlegung zu 2.3.2. Der Ausdruck (ftXov JCIKOÖV K a ifepiGeia(V. 14) zeigt, dass es auch in unserem Abschnitt um Strei tigkeiten geht; vgl. oben 2.3.2.2. Der Text lautet: K a x a K a u x ä c O e K a i yeuöeoüe K a t d TTJC, aX,rj0eia<;. Mfj KaxaKa\>xaoOe verbin det sich dabei nicht mit K a m TTJC, äXrjOeiac, (gegen Dibelius, 252). Cantinat, 188: »se glorifier, de präendre etre sage«; Moo 133: »it is simpler to take >boast< absolutely and infer that its object is >wisdom<«. So z.B. Laws, 160; Hoppe, 83. So Davids, 151. Gegen Hoppe, 83. Vgl. oben S. 68ff. Hier handelt es sich formgeschichtlich um den »Ketzerschluss«, der häufig am Ende neutestamentlicher Briefe begegnet. Vgl. Berger, Formgeschichte 142-144 (oben S. 14). Dafür spricht, dass Jako bus hier von der Wahrheit im Gegensatz zum »Irrweg« (V.20: JtXdviy; ö66q) spricht. In späteren
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Streitigkeiten im Jakobusbrief
sem Sinne von der »Wahrheit« spricht. Die Wahrscheinlichkeit wird um so höher, als auch die Lehrer bei diesem Konflikt offenbar mitspielen. Trifft unsere Annahme zu, so kann man postulieren, dass die Rivalität mit Differenzen im Lehrinhalt verbunden ist. Diese Divergenz der Lehren dürfte wohl vom Verfasser als »Lügen wider die Wahrheit« bezeichnet worden sein. Jakobus geht aber nicht näher auf die Lehrdivergenzen ein. Er redet zwar in diesem Abschnitt durchgehend von der Weisheit, was aber nicht unbesehen als Anlass zum Rückschluss darauf verstanden werden darf, dass es sich bei den Adressaten um eine Weisheitslehre handelte, um die miteinander gestritten wurde. Das dualistische Weis heitsverständnis in V. 15-17 ist m.E. nicht den Adressaten, sondern eher der Perspektive des Verfassers zuzuschreiben: Der Gegensatz von der Weisheit »von oben« und der »irdischen, seelischen, teuflischen« Weisheit entspricht offensichtlich dem Gesamtthema des Briefes, bei dem es um die Alternative zwischen der Welt und Gott geht (s. oben 2.3.2.2). Die Eigenschaften »irdisch, seelisch, teuflisch« lassen sich von diesem Aspekt aus gut verstehen. Der Verfasser spricht hier wahrscheinlich in einem umfassenden Sinn von der Weisheit: Sie betrifft religiöses Wissen höheren Niveaus, das von den Leh rern gegeben wird. Dabei kann aber nicht von einer bestimmten Weisheitslehre die Rede sein. Jakobus weist wohl auch in 4,11 f. in diese Richtung, wenn er den Adressaten das »Richten« des Bruders vorwirft. Da es offensichtlich um das Richten nach dem Gesetz geht, wird man wohl darauf schliessen können, dass die Zwietracht (»einander verun glimpfen«: V . l l ) über dem unterschiedlichen Glaubensverständnis aufbricht. Trifft dies zu, so kann man hinter der Auseinandersetzung über das Glaubensverständnis ge wisse Tätigkeiten der Lehrer annehmen. Worum es geht, kann allerdings nicht präzisiert werden. 256
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neutestamentlichen Schriften begegnet die n\jävr\ (»Irrtum«) im Kontext einer Irrlehre (Eph 4,14; 2 Thess 2,11; 2 Petr 2,18; 3,17; 1 Joh 4,6; Jud 11). »In the late apostolic und sub-apostolic age >the truth< tout court came to mean sound Christian teaching« (Kelly, 2 Petr 328. Betonung von ihm). Vgl. 1 Tim 6,5; 2 Tim 2,18; Tit 1,14; IgnEph 6,2; Polyk 3,2. Das »irdisch« (ejciyeioq) steht unzweifelhaft im Kontrast zu »von oben kommend« (avoaGev KaxepXoutvrO; vgl. 1 Kor 15,40; 2 Kor 5,1; Phil 2,10; 3,19; ferner Joh 3,12. Zu »teuflisch« (5aiuövuo&n<;) vgl. Jak 4,7: Da der Teufel (SidßoXoq) dort zu Gott kontrastiert (vgl. auch 2,19: 8aiux>vioc), wird mit »teuflischer« Weisheit das Gegenteil der »von oben kommenden« Weisheit gemeint sein. Das Ad jektiv yuxucöc, fällt wegen der paulinischen Belege auf (1 Kor 2,14; 15,44[bis].46; auch Jud 19). Das wird wohl des Verfassers hellenistisch-jüdischem Hintergrund entstammen. Bei Jak scheint der Dualismus von nve'uiiaTiKÖc, und yvxucbq anders als bei Paulus keine Rolle zu spielen (anders Pearson, Terminology 14, wonach Jakobus den 1 Kor gelesen habe. Auch Kfem, Werk 161, hält das für plausibel). Zum hellenistisch-jüdischen Hintergrund von yuxiKÖc, im pejorativen Sinne vgl. Fran kemölle, II bes. 541-543. Zur alten Hypothese, die hinter unserer Stelle eine antignostische Front annimmt (Schammberger, Einheitlichkeit bes. 33-37; Schoeps, Theologie 343-349), vgl. die Kritik bei Popkes, Adressaten 35; Kurzdörfer, Charakter 14f. Hauck, 206: »Während KaxaXaXeiv darauf ausgeht, den Bruder vor anderen in ein schlechtes Licht zu setzen, geht das Kpiveiv darauf aus, sich selbst über ihn zu erheben und ihn durch scharfes Urteil [...] als einen Unfrommen hinzustellen.« Unplausibel ist z.B. die Annahme, »die den Anlass zu den ganzen Invektiven und Paränesen ab 4,1 in der gesetzlichen Rechthaberei gewisser Judenchristen gegenüber den Heidenchristen sieht« (Mussner, 188). Die Gesetzesthematik soll nicht einer Streitfrage unter den Adressaten, sondern dem Interesse des Verfassers zugeschrieben werden.
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Die Adressaten des Jakobusbriefes
Man muss auch hier wegen der begrenzten Anhaltspunkte mit einem groben Bild der Gemeinde zufrieden sein: Aus 3,1-18 lässt sich erschliessen, dass die Lehrer der Gemein de am Konflikt beteiligt sind. Vorzustellen wäre wohl eine Beteiligung in der Weise, dass sich die Rivalen in der Gemeinde aufje die Lehrer stützen, die ihnen die »Weisheit« ertei len.
4.2.1.3 Rekonstruktion des Gemeindebildes Fassen wir nun unsere Erwägungen zusammen: In 3,1-4,12 handelt es sich um innerge meindliche Zwietracht. Daran scheinen die wohlhabenden Christen, die sich in der Ge meinde einflussreich gebärden, tätig Anteil zu haben. Sie streiten untereinander um die Überlegenheit ihrer eigenen Weisheit über die anderen Ansichten — der genaue Inhalt des Streites ist nicht mehr zu ermitteln. Das muss aber zugleich auf einen Machtstreit hindeuten, der, angeregt durch ihre Begierde, um die einflussreichen Positionen in der Gemeinde entbrannte. An diesem Streit sind auch die Lehrer beteiligt, die die Ri valisierenden durch ihre Lehre unterstützen und somit auch selber untereinander in Kon kurrenz treten müssen. Dagegen wendet sich der Verfasser. Er richtet seine Kritik zuerst an die Lehrer und ihre Lehrtätigkeiten in der Weise, dass er ihr »Werk« (3,13) in Frage stellt: Ihr Streit beweist schon, dass ihre angebliche Weisheit eigentlich nicht von Gott ist. Diese Kritik gilt aber nicht nur.den Lehrern, sondern auch anderen Gemeindegliedern, die an diesen Streitigkeiten beteiligt sind. Er fuhrt die Weisheit, der sie sich rühmen, ad absurdum und bringt so ans Licht, dass sie wegen ihrer weltlichen Gesinnung die Weisheit missverste hen und verderben.
4.2.2 Streitigkeiten in frühchristlichen
Gemeinden
Wir gehen nun zur Erwägung über, ob man, wie beim Problem von »Arm und Reich«, in den paulinischen und nachpaulinischen Schriften ein Gemeindebild finden kann, das demjenigen in Jak entspricht. Überprüft man die betreffenden Schriften anhand der Merkmale von Jak — wohlha bende Christen und Anteil der Lehrer —, stellt die Quellenlage allerdings vor enge Gren zen: Es gibt überhaupt nur wenige Schriften, die in diesem Zusammenhang mit Jak ver glichen werden könnten. Von innergemeindlichem Unfrieden ist freilich in manchen pau linischen und nachpaulinischen Schriften die Rede. Dabei handelt es sich zumeist um dogmatische Differenzen (Irrlehren), was die Beteiligung der »Lehrer« nahelegen würde. Aber die Schriften schweigen grösstenteils über den hinter dem jeweiligen Unfrieden stehenden sozialen Sachverhalt: Man weiss dabei nicht, ob überhaupt und wie die dog matische Differenz mit dem Machtstreit in der Gemeinde zusammenhängt, geschweige denn, ob wohlhabende Gemeindeglieder daran beteiligt sind. Derartige Spuren hinterlassen aber immerhin: 1 Kor, Past, 1 Clem und Herrn. Daher sollen diese Schriften aufgegriffen werden. Allerdings, da selbst Jak nur begrenzt von den Einzelheiten der Streitigkeiten redet, wird es kaum möglich sein, aus dem Vergleich mit
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Streitigkeiten infrühchristlichenGemeinden
den unten aufgegriffenen Schriften den historischen Ort des Jak herzuleiten. Hier werden wir uns wohl mit dem Ergebnis zufriedengeben müssen, dass der Zusammenhang von Reichen und Streit in der Gemeinde nicht ein Jak eigentümliches Phänomen ist.
4.2.2.1 Der erste Korintherbrief Die Beschreibung in Jak 3,13-18 erinnert an die Passagen in 1 Kor 1-4, wo es um Weis heit und Zwiespalt geht. Es liegt auf der Hand, dass es in der korinthischen Gemeinde eine Rivalität unter den Parteien gab, die zur Entstehung des Briefes veranlasste. Paulus ist durch die Leute von Chloe zugetragen worden, dass die Korinther sagen: »Ich gehöre Paulus an, ich aber Apollos, ich aber Kephas, ich aber Christus« (1 Kor 1,12). Ohne auf die uferlose Dis kussion über die Einzelheiten der Parteiung einzugehen, lässt sich zunächst feststellen, dass dabei die Personen der »Apostel«, sofern man auch Apollos dazurechnen darf, eine Rolle spielen. Der auffällig häufige Gebrauch des Wortes oocpicc in 1 Kor 1-3 (16mal; sonst bei Paulus nur noch 3 mal) lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass aocpia ein Stichwort in der korinthischen Gemeinde ist, das beim Parteistreit eine sehr wichtige Rolle spielt. Auf die Diskussion über den religionsgeschichtlichen Hintergrund der korinthischen Weisheit müssen wir hier nicht eingehen. Uns kommt es vielmehr darauf an, wie sich die Weisheit mit der Parteiung verhält. Dem Argumentationsgang des Paulus lässt sich sicher entnehmen, dass die Parteigänger die Lehre je ihres Apostels als Weisheit rühmten. Es werden dann aber kleinere oder grössere Spekulationen unvermeidbar, wenn man das Weisheitsverständnis jener Parteigänger näher bestimmen will. Zu260
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Popkes, Adressaten lllff.; Wilckens, ThWNT VII 526. Zu Einzelheiten der Diskussion vgl. zuletzt Lampe, ecclesiae bes. 317-322; Schräge, 1 Kor I 142152; Merklein, 1 Kor I 114-118.134-152; Lang, 1 Kor 23-26. Die Existenz einer »Christuspartei« wird zumeist bezweifelt: »Die Christusformel eycb 5e Xpioroü in 1,12 versteht sich am besten als rhetorische Zuspitzung des Paulus, die die drei vorgenannten Parteiparolen ad absurdum fuhrt« (Lampe, aaO. 356 Anm. 1. Betonung von Lampe); vgl. auch Schräge, aaO. 146f; Merklein, aaO. 146f.; anders Lang, aaO. 26 (enthusiastische Pneumatiker). Lampe, aaO. 17; Schräge, aaO. 149. Gegenüber dem gnostisch-mysterienhaften Milieu zieht man heutzutage m.E. zu Recht den jüdischweisheitlichen (und philonischen) Hintergrund vor. Einen gnostischen Hintergrund vertreten haben etwa W. Schmithals (Gnosis 110-270) sowie U. Wilckens, der diese in seiner Dissertation aufgestellte These (Weisheit bes. 205-213; vgl. auch ders., ThWNT VII 519ff.) später korrigiert hat (ders., Zu 1 Kor 501-537). Für letztere Annahme sprechen: Pearson, Terminology 35-39 u.ö.; Lampe, aaO. 88f; Merklein, aaO. 120, u.a. Vgl. auch Schräge, aaO. 242-244. Lampe, aaO. 17. Vgl. z.B. Wilckens, Zu 1 Kor 518, und Merklein, 1 Kor 1 134-139, nach denen die Apollospartei mit ihrem oxxpia-Anspruch die Entstehung der anderen Parteien provoziert habe. Dies beruht auf der Be schreibung in Act 18,24, wonach Apollos »aus Alexandrien gebürtig, ein beredter Mann, der sehr bewandert war in den Schriften«, gewesen sei. Dass er eine »weisheitliche Hermeneutik der Chri stusbotschaft« importiert habe (Merklein, aaO. 138), ist zwar möglich, kann aber nicht durch den Text begründet werden. Vgl. auch Schräge, 1 Kor 1144. Bei einem solchen Rekonstruktionsversuch soll man sich vor wenig begründeten Spekulationen in acht nehmen, zumal man vom Inhalt der von der jeweiligen Partei vertretenen »Weisheit« kaum etwas weiss. Immerhin ist Lampes Hypothese,
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Die Adressaten des Jakobusbriefes
mindest können wir hier diese Frage dahingestellt sein lassen. Uns genügt die Feststel lung, dass es sich um »Lehrdifferenzen zwischen den Parteien« handelt, wobei die Parteigänger den vom jeweiligen Apostel überkommenen Lehrinhalt als »Weisheit« ver standen und rühmten. Obwohl in Kap. 1-3 nicht von »Lehrern« die Rede ist (in 1 Kor überhaupt nur 12,28f; dazu s. unten), spielen die »Lehrer« in der Parteiung eine wichtige Rolle, denn die Parteiung geht auf die Differenzen zwischen den von den jeweiligen Aposteln überkommenen Lehrinhalten zurück. Jede Partei verehrte offensichtlich einen eigenen Apostel als Lehrer, wie dies die Parteiparole tycb + Genitiv nahelegt. Im Zusammenhang mit der Parteiung redet Paulus nicht ausdrücklich von begüterten Christen, doch stehen sie hinter den >Schismata< (1 Kor 1,10-17). So lautet die Annahme von G. Theissen, nach dem »der Konflikt zwischen den Anhängern verschiedener Apo stel ein Streit um den Prestigerang in der Gemeinde ist, der vorwiegend von den Christen mit gehobenen Sozialstatus ausgetragen wurde« . Dies legt sich nahe, wenn man berücksichtigt, dass als Anhänger der betreffenden Apostel primär diejenigen zu nennen sind, »die den Missionaren Unterkunft und Unterhalt boten« . Ferner gibt die Weis heitsthematik Anlass zur Annahme einer Beteiligung der wenigen »Weisen, Einflussrei chen und Hochgeborenen« (1 Kor 1,26), zumal wegen der Bezeichnung a<xpoi , die sich offenbar auf die aocpia bezieht. Der korinthische Befund ist mit Jak kaum direkt zu verbinden, lässt sich aber para digmatisch begreifen, wenn man erwägt, wie sich bei Jak die innergemeindliche Zwie tracht mit der Weltlichkeit der (reichen) Christen sowie mit der Weisheit verbinden kann. 266
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4.2.2.2 Die Pastoralbriefe Bei Past handelt es sich zum grossen Teil um die Warnung vor einer bei den Adressaten auftretenden Irrlehre. Dies scheint aber wiederum nicht ohne Zusammenhang mit den wohlhabenden Christen zu geschehen. 273
dass sich die Parteien in ethischen Fragen unterschieden (aaO. 317), m.E. plausibel im Hinblick auf den Briefteil 1 Kor 5ff., wo es um Probleme ethischen Verhaltens geht, ohne allerdings weiter fragen zu können, wie sich ein solches Verhalten mit der Weisheit verbindet. Lampe, aaO. 17. Die Korinther rühmten sich ihrer »Weisheit« (1 Kor 3,18ff.; 4,6ff.), was an Jak 3,14 erinnert. 268 vgl. Lampe, ecclesiae 18. Theissen, Legitimation 219. »Die Protagonisten der jeweiligen Parteien dürften zu den Christen aus den oberen Schichten gehört haben, zu den wenigen >Weisen, Einflussreichen und Hochgeborenem« (aaO. 218). Theissen, aaO. 218. »Die CKxpoi sind Angehörige gebildeter Kreise, die der sozialen Oberschicht angehören« (Sänger, ouvatoi 287). Die drei Adjektive oxxpoi, Suvaxoi und ev/eveic, bezeichnen die Zugehörigkeit dieser »nicht vielen« Christen zur sozial oberen Schicht; dies sind Christen, »die antike Bildung (crcxpoi), Reichtum (Suvaxoi) und vornehme Herkunft (Evyevei^) repräsentieren« (Sänger, aaO. 291; zur Identifizierung von Suvaxoi mit vermögenden Leuten vgl. aaO 288-291). Zum religionsgeschichtlichen Hintergrund der »Irrlehre« der Past wird meist ein Synkretismus von jüdischen (bzw. judenchristlichen) und (früh-)gnostischen Zügen angenommen, obgleich sich die 2 6 6
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In 1 Tim 6,3ff. geht es um den Vorwurf an die Irrlehrer, die »Fremdes lehren und nicht den gesunden Worten, [nämlich] denen unsres Herrn Jesus Christus, und der Lehre« beitreten. Nach dem Verfasser der Past fuhren »Streitfragen und Wortgezänk« (V.4) zu »fortwährende[n] Zänkereien (8uxrcapaTpu3cd) von Menschen«, die meinen, »die Frömmigkeit sei ein [Mittel] zum Erwerb« (V.5). Diese »Menschen« werden sehr wohl auf diejenigen deuten, die »reich sein wollen« (V.9), also auf die reichen Christen. Der Streit über den Lehrinhalt steht also im engen Zusammenhang mit den reichen Christen. Auf diesen Sachverhalt verweist der Verfasser, wenn er sagt: »Etliche, die sich ihr [sc. der Geldgier] ergaben, sind vom Glauben abgeirrt« (V.10). Vom Anlass zum tätigen Anteil der wohlhabenden Christen an den Streitigkeiten sagt der Verfasser der Past nichts. Daraus kann man wohl den Schluss ziehen, dass von den Kandidaten für das Amt eines Amtsträgers (Bischof, Diakon) gefordert wird, »nicht geldgierig« zu sein (1 Tim 3,3; ferner 3,8; Tit 1,7). Diese Forderung deutet daraufhin, dass zu den Amtsträgern der Gemeinde relativ begüterte Christen gewählt werden, was auch aus den übrigen Forderungen ersichtlich ist. Dies lässt vermuten, dass es sich beim Streit der wohlhabenden Christen um den Kampf um den Prestigerang in der Gemeinde handelt. »Wohlhabende Leute möchten auch in der Gemeinde das Sagen haben.« Dass hinter dem Streit die Lehrer in der Gemeinde stehen, steht ausser allem Zweifel, obwohl in Past der Titel 8ioa<JK<xÄ,0£ bemerkenswerterweise auf Paulus selbst beschränkt ist (1 Tim 2,7; 2 Tim 1,11). Sie müssen ihre Lehrtätigkeiten in Hausgemeinden entfaltet haben, in denen die wohlhabenden Christen sicher Einfluss hatten. So kann man den Sachzusammenhang zwischen den Lehrern, den Streitigkeiten und den wohlhabenden Christen in den Past verstehen. Schliesslich ist eine Bemerkung zum Verhältnis von paulinischer Tradition und Adressatengemeinde der Past zu machen: Auffällig ist, dass der in Past begegnende ethische Problemkreis eine gewisse Beziehung zu 1 Kor hat: die Forderung nach der Ehelosigkeit (1 Tim 4,3/1 Kor 7,lff.25ff.) und der Enthaltsamkeit von Speisen (1 Tim 4,3/1 Kor 8,lff.; 10,lff.), die Teilnahme der Frauen am Gottesdienst (1 Tim 2,8ff; Tit 2,3-5/1 Kor ll,2ff.; 14,33b-36; vgl. 2 Tim 3,6f), der innergemeindliche Status der Sklaven (1 Tim 274
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Exegeten darin nicht einig sind, auf welche Seite der Schwerpunkt zu legen ist. Vgl. dazu Schiarb, Lehre 77ff. Gegen die Deutung, die diese »Menschen« mit den Irrlehrern identifiziert (z.B. Merkel, Past 48). So lässt sich der thematische Übergang von den Irrlehren zu den Reichen sehr glatt erfassen. Zu V.9, wo es nicht um die, die reich werden wollen, sondern um die, die reich sein wollen, geht, vgl. oben S. 157 Anm. 149. Countryman, Christian 181 Anm. 42: »The important thing is that all ranks of ministers are expected to display the virtues appropriate to prosperous householders; they are to be drawn from among the elite of the church.« Vgl. auch Verner, Household 151, zu 1 Tim 3,1b. Popkes, Adressaten 79. Dies lässt sich wohl von der Situation der Past her erläutern: Der Verfasser der Past schweigt vom Lehrer in der Gemeinde und bezeichnet nur Paulus als Lehrer, damit die »Irrlehrer« erwiesen werden als die, die verwerflicherweise die alleinige Lehrautorität des Paulus verletzen; so etwa Schürmann, Lehrer 155; Zimmermann, Lehrer 212f; Roloff, 1 Tim 124 Anm. 82. 2 Tim 3,6; Tit 1,11. Diese Verse deuten m.E. nicht auf Wanderlehrer hin (mit Schiarb, Lehre 83 Anm. 57 gegen Müller, Theologiegeschichte 61f.). Lehrtätigkeiten in den Hausgemeinden konnten von innergemeindlichen, d.h. sesshaften Lehrern ausgeübt werden; vgl. auch 1 Tim 2,12-15; 2 Tim 4,3f.
Die Adressaten des Jakobusbriefes
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6,lf./l Kor 7,21ff.) u.a. Interessanterweise hat sich Paulus, abgesehen von der Frage der Frauen, zu diesen Problemen nicht definitiv und eindeutig geäussert. Er »konnte hinsichtlich der Speisevorschriften mit der Kategorie des Adiaphoron (vgl. 1 Kor 8,8), der grundsätzlichen Reinheit von allem (vgl. Rom 14,14.20) oder mit der Einheit Gottes (vgl. 1 Kor 8,4) argumentieren und daraus den geringen Stellenwert von Speisen und Speisevorschriften ableiten« . Dies macht die Annahme wahrscheinlich, dass die gegnerische Position gerade in der paulinischen Tradition entstanden ist, indem die Gegner ihre ethische Lehre auf derjenigen des Paulus aufbauten, unabhängig davon, ob sie sich dabei ausdrücklich auf die Aussagen des Paulus berufen haben oder nicht. Diese Annahme gilt für den dogmatischen Anspruch, dass die Auferstehung schon geschehen sei (2 Tim 2,18). Aus der Diskussion in 1 Kor 15 lässt sich erschliessen, dass die Frage der Auferstehung vor allem in Verbindung mit der Taufe (vgl. 1 Kor 15,29ff.) in Korinth brennend war, wobei es sich um die Taufe als Anteilhabe des Christen am Tod und an der Auferstehung Jesu handelte (vgl. 1 Kor 6,14; ferner Rom 6,3ff.; 8,lff.). Die Aussage in 2 Tim 2,18 wird am besten unter diesem Aspekt — als Nachwirkung dieser strittigen Frage — begriffen, obwohl hierbei die Position des Paulus unzweideutig war: Durch die Taufe wird man mitgekreuzigt und glaubt, mit auferweckt zu werden (Rom 6,5). Das ist allerdings offenbar nicht seiner Absicht gemäss verstanden worden. Eine Verschiebung des Auferstehungsverständnisses findet sich schon in Kol und Eph, wo — der Aussage des 2 Tim 2,18 entsprechend — von einem präsentischspiritualisierten Verständnis der Auferstehung der Christen die Rede ist (Kol 2,12; Eph 2,6). In diesem traditionsgeschichtlichen Licht wäre unsere Stelle 2 Tim 2,18 als Streit um das Paulus-Verständnis in der nachpaulinischen Gemeinde zu verstehen. 280
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4.2.2.3 Der erste Clemensbrief Bei 1 Clem kann man davon ausgehen, dass es in der korinthischen Gemeinde, an die der Brief adressiert ist, einen gewissen Konflikt gab (vgl. 1 Clem 3,1-4; 44,1-6; 46,5-9; 47,17). Allerdings bleibt sein historischer Sachverhalt im Dunkeln, weil der Verfasser des 1 Clem sehr wenig davon redet. Dies lässt sich wohl damit erklären, »dass für den Vf ja keine Notwendigkeit bestand, den Adressaten ihre eigene Situation ausfuhrlich darzustellen« . Man hat die korinthische Situation bisher verschiedentlich zu rekonstruieren ver285
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Vgl. Schiarb, aaO. 122-131. 280 pgjig i j £ 14335-36 i e spätere Einfügung ist, gilt dies um so mehr; vgl. dazu Conzelmann, 1 Kor 298f; Schüssler-Fiorenza, Memory 230-233. Trümmer, Paulustradition 168. 282 Ygi Schiarb, Lehre 122-129. Dies muss aber nicht so gedeutet werden, dass die »Irrlehrer« ihre Lehre auf Paulus bezogen hätten. Eher wäre so zu formulieren, dass sie sich auf das bezogen haben, was Paulus nicht eindeutig gelehrt hatte. Ob sie sich nicht auf Paulus »als ihren Kronzeugen« berufen hätten (so Trümmer, aaO. 172; Wolter, Pastoralbriefe 264f.), wird m.E. aus Past nicht ersichtlich. Zum folgenden vgl. Schiarb, aaO. 93-122, bes. 117ff. Lindemann, Paulus 147f. Lindemann, 1 Clem 16. Maier, Setting 91, schreibt dies dem literarischen Charakter von 1 Clem zu: »7 Clement is a document woven into the form of a highly stylized treatise, filled with apparent digressions and conflicting accounts concerning the character of the Corinthian rebels« (Hervorhebung von Maier). or
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sucht, aber kein Versuch hat den Konsensus der Exegeten erreicht. Man weiss allen falls, dass der Konflikt mit dem »Namen des Episkopos« (1 Clem 44,1) zu tun hatte, nämlich dass einige Presbyter aus ihrem Dienst herausgedrängt wurden (44,6; 47,6). Damit hängt offensichtlich eine Parteiung zusammen (47,1-6); daran scheint allerdings nicht die ganze korinthische Gemeinde beteiligt gewesen zu sein (47,6: »wegen ein oder zwei Personen«). Ob eine theologische Differenz zu diesem Streit geführt hatte, steht ganz dahin. Im Zusammenhang mit unserem Anliegen erwägenswert ist die Annahme von H O. Maier, nach dem im Hintergrund des korinthischen Ereignisses eine aus Hausgemeinden bestehende Kirche zu postulieren ist. Dies leitet er von den Passagen ab, in denen von der Hospitalität (1 Clem 10,7; 11,1; 12,1; vgl. 35,5) die Rede ist. »A simpler explanation for the significance of Clement's references to hospitality in the passages cited above is to place them in the general setting of the church gathered in wealthier persons' homes.« Trifft diese Annahme zu, so lässt sich der Konflikt als Ereignis innerhalb einer oder zwei Hausgemeinden begreifen. Da der Konflikt sich auf den Dienst der Presbyter bezieht, liegt die Annahme nahe, dass es um den Prestigerang in der Gemeinde ging, also wohl um einen Machtstreit. Dass die wohlhabenden Christen, die als Gastgeber in der Haus gemeinde von Geltung gewesen sein müssen, daran einen tätigen Anteil hatten, wird na heliegen. 287
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4.2.2.4 Der Hirt des Hermas Der Verfasser des Herrn deutet an, dass es in der Gemeinde des Herrn gewisse Schismen gab (vgl. vis III 6,3; 9,9f; sim VIII 7,2; 8,5; 9,4; 10,2; IX 23,2f; 31,6), von deren Inhalt allerdings kaum die Rede ist. Ein Anhaltspunkt dafür findet sich immerhin in vis III 9,9f. und sim IX 31,6, wo der Verfasser offensichtlich den Konflikt unter Christen, die einen Führungsposten innehaben, tadelt. Dies führt zur Vermutung, dass sie im Schisma eine führende Rolle spielten, indem sie wohl ihre jeweilige Gruppe vertraten. Dabei finden sich Aussagen, die den Reichtum dieser Leute belegen (vis III 9,2-4; sim IX 31,1). Fer ner begegnen Ausdrücke, die auf die Gastfreundschaft hindeuten (sim VIII 10,3; IX 27,2 [Bischof]]). Daraus wird man für Herrn den gleichen Hintergrund wie bei 1 Clem postu lieren können: eine Spaltung unter den Hausgemeinden. Damit haben wohl die Lehrer in der Gemeinde etwas zu tun, ohne dabei mehr über die Einzelheiten sagen zu können (vgl. mand IV 3,1; sim IX 19,2f. (»Lehrer der Bos290
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Vgl. Vielhauer, Geschichte 536ff.; Bowe, Church 18-21; Maier, aaO. 87-94. »I must conclude that, given the evidence present in 1 Clement, the actual causes and motivation [...] cannot be known« (Bowe, aaO. 21; Hervorhebung von Bowe). Zum Verhältnis von EJUOKOKOI und npeoßvcepoi in 1 Clem vgl. Lampe, Christen 336-338, nach dem mit den beiden Bezeichnungen dieselben Personen gemeint sind. Maier, Setting 93. Vgl. Maier, ebd. In der Gemeinde gab es offensichtlich mehrere Leute mit Führungsaufgaben; vgl. vis II 2,6; III 9,7 (ÄpoorryoupEVoi); vis II 4,2; III 1,8 (jrpeopuxepoi). ™ Maier, Setting 59-65. 2 8 7
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heit«); ferner sim VIII 6,5; IX 22,lff.). Hierbei scheint es um »fremde Lehren«, für die sicher gewisse Lehrer in der Gemeinde plädierten, zu gehen. Aus dem Text des Herrn geht weiter hervor, dass dort die Frage einer Busse nach der Taufe diskutiert wurde (mand IV 3,1; sim VIEL 6,5). Es scheint aber auch der Gedanke in der Gemeinde be kannt gewesen zu sein, dass das Fleisch vergänglich sei (sim V 7,2). Man vermag lei der nicht mehr, den Lehrinhalt genau zu fassen und dessen Verhältnis zum Schisma zu erklären. 293
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4.2.3 Ergebnisse Trotz der beschränkten Quellenlage begegnet man unter den frühchristlichen Schriften einigen Fällen, die den Sachzusammenhang in Jak zwischen den reichen Christen und der innergemeindlichen Zwietracht, an der die Lehrer einen Anteil haben, verstehen helfen. Bei den oben betrachteten Schriften (1 Kor, Past, 1 Clem und Herrn) kann man an nehmen, dass hinter der Zwietracht in der Gemeinde ein Machtstreit vorliegt, zu dem der Geltungsdrang der wohlhabenden Christen bzw. deren Bedürfnis nach dem Prestigerang in der Gemeinde führte. Diesen Sachverhalt wird man sehr wohl auch bei Jak postulieren können: Es ist eben der Prestigerang, den »ihr begehrt und nicht erhaltet, [...] eifert und nicht erlangen könnt« (Jak 4,2). Das heisst »Freundschaft mit der Welt« (4,4), denn die wohlhabenden Christen haben somit ihr recht weltliches Interesse in die Glaubensgemein schaft eingeführt. Die Zwietracht lässt sich also primär als ein von den wohlhabenden Christen geführter Machtstreit betrachten, wobei es freilich eine naheliegende Annahme ist, dass daran auch die übrigen Gemeindeglieder mehr oder weniger beteiligt waren. Diese Zwietracht hat dort eine dogmatische Dimension, wo die »Lehrer« (Jak 3,1) eine Rolle spielen. Sie werden an dem Streit wohl insofern beteiligt gewesen sein, als ihre Lehrtätigkeit jene rivalisierenden Gruppen dogmatisch unterstützte, so dass man sich untereinander seiner Weisheit (bzw. seines Weise-Seins) rühmen konnte (3,13ff.). 295
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Nicht in Betracht zu ziehen sind hierbei vis III 5,1; sim IX 15,4; 16,5; 25,2, denn es geht dort nicht um die Lehrer als Zeitgenossen, sondern als Grösse der Vergangenheit. Vgl. Brox, Herrn 210f. Zu diesem Thema vgl. Brox, aaO. 476-485. Aus diesen Stellen und vor allem aus sim IX 22,1 (Gekovrec, nävra yivcboKEiv) auf eine gnostisch geprägte Lehre zu schliessen (so z.B. Neymeyr, Lehrer 13f.; Dibelius, Herrn 596f.; auch Lampe, Christen 325), ist nicht stichhaltig (mit Brox, aaO. 447f). Mit Recht Sato, Jakobusbrief 65, der meint, »dass in dieser harten Kritik [sc. 4,1-4] die innerge meindlichen Auseinandersetzungen und die weltlichen Interessenkonflikte überlappt betrachtet sind«. Anders Frankemölle I 255, der die Spannungen auf das Fehlen von Solidarität zwischen den einzel nen innergemeindlichen Gruppen (= bettelarme, mehr oder weniger begüterte, und reiche Christen, vgl. aaO. 1253f.) zurückführen will: »Die jakobinischen Adressaten zeigen in hohem Masse ein un solidarisches Fehlverhalten — und dies auf beiden Seiten, nicht nur bei den Reichen. Auch die Nied riggestellten/Armen sind ihrer Hoheit (1,9), ihres Reichtums >im Glauben< (2,5) nicht bewusst, was ein sozial-ekklesiologisches Fehlverhalten gegenüber den Reichen zur Folge hat (2,1-4)« {ders., Ge spalten 171). Von der Solidarität mit den Reichen ist aber in Jak nirgendwo die Rede. Daher handelt es sich m.E. weder um die Konkurrenz ums Lehramt (so zuletzt Sato, Jakobusbrief 64f.) noch um den Wettbewerb unter den Lehrern (so Schlatter, 233).
Ergebnisse
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Hierbei kann man vielleicht den Hintergrund der Hausgemeinden, den man bei den Past, 1 Clem und Herrn, und wohl auch bei 1 Kor postulieren darf, auch für Jak in Betracht ziehen. So kann man den Streit in Jak als Nebenprodukt einer sozial geschichteten Gemeinde verstehen. Dies wird freilich kein auf paulinische und nachpaulinische Gemeinden be grenztes Problem gewesen sein (vgl. Herrn). Soweit diese Gemeinden einen sozialen Unterschied unter den Mitgliedern hatten, konnte das sicher überall passieren, wie die oben in 4.2.2 betrachteten Schriften es nachweisen.
4.3 Schlussfolgerung Auf die Frage, ob man nicht nur Jak 2,14-26, sondern den ganzen Brief im Zusammen hang mit der paulinischen Tradition begreifen kann, können wir nun eine bejahende Ant wort geben. Beim Problem von »Arm und Reich« passt das in Jak reflektierte Gemeindebild der Adressaten gut zu demjenigen der Gemeinden im paulinischen Missionsbereich; dort handelt es sich um sozial geschichtete Gemeinden, in denen sich wohlhabende Christen Geltung verschafften, während ärmere Mitglieder hingegen nur ungenügend versorgt bleiben. Aus manchen paulinischen und nachpaulinischen Schriften geht ausserdem her vor, dass die reichen Christen wegen ihres Besitzes der Gefahr der Assimilation an die weltliche Gesinnung ausgesetzt sind, vom Glauben und von dementsprechenden Taten abzuweichen, denn sie verwickeln sich in die Angelegenheiten der Welt und pflegen sich an den Verhaltensnormen der Welt zu orientieren. Bei den Autoren der paulinischen und nachpaulinischen Schriften handelt es sich um diese »Weltlichkeit«, was mit Jak völlig übereinstimmt. Als ein typischer und für die Gemeinde gefährlicher Fall dieser »Weltlichkeit« lässt sich das andere Problem »innergemeindlicher Zwietracht« ansehen. Hierbei bleibt die Rekonstruktion der Sachlage bei Jak wegen der begrenzten Anhaltspunkte hypothetisch, aber man kann immerhin bei den Adressaten einen Machtstreit postulieren, an dem die wohlhabenden Christen wegen ihres Bedürfnisses nach dem Prestigerang in der Gemein de tätig Anteil hatten. Dieser Streit hat ferner eine dogmatische Seite, indem die Lehrer in der Gemeinde dabei mitspielen: Sie werden wohl jene Rivalisierenden durch ihre Lehr tätigkeit unterstützt und somit auch selber untereinander rivalisiert haben. Davon kann man aber leider nichts Genaueres wissen. Dieser Sachzusammenhang findet sich nicht nur bei Jak, sondern auch bei etlichen frühchristlichen Schriften (1 Kor, Past, 1 Clem und Herrn). Daher wird man sagen können, dass eine Gemeinde mit sozialem Unterschied unter den Mitgliedern, welche im paulinischen Einflussbereich begegnet, immer eine Nei gung zu derartigen Streitigkeiten hatte. Dem Verfasser des Jak schwebt diese Gemeindesituation vor, die er vor allem im Einflussbereich des paulinischen Christentums wahrnimmt, wenn er diese Probleme der Kirche darstellt. Dies muss ihm Anlass zur Abfassung des Briefes gegeben haben. Da er aber wohl wusste, dass diese Probleme nicht auf den paulinischen Einflussbereich beschränkt waren (Herrn!), konnte er diesen Brief an die »zwölf Stämme«, d.h. an alle Christen adressieren, wobei er sich allerdings primär an die paulinisch orientierten Ge meinden gerichtet hat, wie Jak 2,14-26 es zeigt.
5. Der Antipaulinismus des Jakobusbriefes Vorbemerkung zum Thema: »Jakobus und Paulus« Das Thema »Jakobus und Paulus« ist als Kernpunkt des Jak von unzähligen Exegeten behandelt worden; dahinter lässt sich zweifellos ein dogmatisches Interesse vermuten, das unser Thema so stark prägt, dass dieses Interesse die Überlegungen zum historischen Verhältnis zwischen dem Brief und Paulus (bzw. seiner Theologie) nur allzu oft einseitig beeinflusst. Dieses dogmatische Interesse ist an der kanontheologischen und pauluszentrierten Forderung orientiert, die die Kanonizität des Jak beglaubigen will, ohne bereit zu sein, einzugestehen, dass dabei die Aussagen des Jak denen der paulinischen Theologie diame tral entgegengesetzt sein könnten. Dieser >Vermittlungs<-versuch zwischen Jak und Paulus versucht offenbar die durch Luthers Äusserung verursachte Verlegenheit zu bewältigen, denn Luther meinte, Jak sei »stracks widder Sanct Paulon vnnd alle ander schrifft« . Die meisten historischen Exegesen zu Jak 2,14-26 stehen m.E. — bewusst oder unbewusst — unter dem starken Einfluss dieser theologischen Forderung. Es findet sich immer derselbe Argumentationsgang: Da bei Jak die Schlüsselbegriffe, nämlich Glaube, Werke oder Gerechtigkeit, einen anderen Sinn hätten als bei Paulus, gelte die Kritik des Jakobus in der Tat nicht Paulus (theologisches Urteil), und darum beabsichtige der Ver fasser des Jak nicht, an Paulus Kritik zu üben (historisches Urteil). Daraus schliesst man dann, entweder, dass er weder gegen Paulus selbst noch gegen einen Paulinismus pole misiere, oder, dass er gegen ein Missverständnis der paulinischen Theologie kämpfe. 1
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WA.DB 7, 384. S. oben 2.1.1. Etwa: Walker, Werken 155-192; Burchard, Jakobus 27-45; vgl. zuletzt Frankemölle, II 461-474. Zu den »Werken« vgl. Dibelius, 219; Lohse, Glaube 6-8. Zu »Glauben« vgl. z.B. Jeremias, Paul 370; Goppelt, Theologie 540f. Ferner zu »Gerechtigkeit« vgl. Jeremias, aaO. 371. Walker, aaO. 191f; Frankemölle, aaO. 473; Baasland, Jakobusbrief 133; Heiligenthal, Werke 49-52; Hartin, James 238f; Tobac, probleme 804f; Cantinat, foi 30; Michl, 45: »Er [Jakobus] mochte ein zelne Paulusbriefe, etwa den Römer- und Galaterbrief, vor sich haben. Aber er hat dann offen sichtlich auf eine theologische Auseinandersetzung mit Paulus verzichtet.« Burchard, Jakobus 44 Anm. 77, denkt an eine Möglichkeit, »dass Jakobus hier >deuteropaulinische< Erwägungen über die Notwendigkeit gerechten Handelns der Glaubenden, die seiner Theologie nur fremd waren, benutzt und ihnen dadurch, dass er sie gegen den Strich in einem Zusammenhang auswertet, wo es um den Glauben geht, einen antipaulinischen Akzent gibt, den sie nicht hatten und als solchen auch jetzt nicht haben«. Das bleibt aber reine Spekulation und ist m.E. ganz unwahrscheinlich. Schammberger, Einheitlichkeit 40; Popkes, Adressaten 116; Ruegg, recherche 256; Davids, Per spectives 102; Verweijs, Evangelium 110f; Travis, James 57-70; Ropes, faith 555f; Lorenzen, Faith 233f; Meile, Opferung 115 (»vielleicht«) u.a.m.
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Der Antipaulinismus des Jakobusbriefes
Hier liegt aber ein grundsätzlicher methodischer Irrtum vor: Dass Jakobus von den Begriffen Glaube und Werke nicht im paulinischen Sinne redet, ist zwar eine an sich richtige Beobachtung, bedeutet aber nicht, dass er keine Kritik an Paulus beabsichtigt. Denn man kann nicht wie in der obigen Aussage ohne weiteres voraussetzen, dass der Verfasser des Jak die paulinischen Aussagen genauso verstanden hat, wie sie von Paulus intendiert waren. Daher sollte es eigentüch nicht um einen Vergleich zwischen dem von Paulus inten dierten Sinne und der Interpretation des Jakobus gehen, sondern um einen Vergleich zwischen der schriftlich vorhegenden Rechtfertigungslehre und Jakobus als deren Leser. Zu fragen ist also nicht, ob Jakobus die paulinische Lehre gemäss der Absicht des Paulus versteht, sondern ob er die Rechtfertigungslehre des Paulus selbst voraussetzt oder ob er etwa nur aufgrund einer vom originalen Kontext unabhängig verbreiteten Parole redet. Erst dann kann man fragen, woher der sachliche Unterschied zwischen Paulus und Jak kommt. Unten sei dieser Arbeitsgang über das historische Verhältnis der beiden durch geführt. 5
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Hier gehen wir davon aus, dass Jak ein nachpaulinisches Pseudepigraphon darstellt. Daher ziehen wir weder die Ansicht, Paulus kämpfe gegen den Jakobusbrief, noch die echte Verfasserschaft des Her renbruders Jakobus in Betracht. 9
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Lindemann, Paulus 249: »Es kommt aber weniger darauf an festzustellen, was der Vf tatsächlich er reicht hat; entscheidend ist, was er erreichen wollte«; vgl. ferner Paulsen, TRE XVI 492; Via, Epistle 257. »Ein Text kann dadurch, dass er in neuen Situationen gelesen und angewendet wird, auch Wirkun gen erzielen, die ursprünglich nicht intendiert waren« (Egger, Methodenlehre 39). Diese Formulierung schliesst die Möglichkeit der Kenntnis der Rechtfertigungslehre durch mündli che Überlieferung (noch) nicht aus. Dazu aber vgl. unten 5.1. Hierzu vgl. oben 1.3.1.4. Zahn, Einleitung I 362.
5.1 Die Kenntnis der Rechtfertigungslehre des Paulus bei Jakobus Es war eine verbreitete Meinung in der Exegese von Jak 2,14-26, dieser Abschnitt sei »nicht denkbar, ohne dass Paulus zuvor die Losung >Glaube, nicht Werke< ausgegeben hatte« . Der Verfasser kämpfe nun »gegen einen >formelhaft gewordenen Paulus< und bietet eine innerchristliche Auseinandersetzung, die Paulus nicht mehr zum direkten Gegner hat« , wobei eine Kenntnis der Paulusbriefe »angesichts des völligen Missverstehens der paulinischen Formulierungen« zumeist geleugnet wird. Demgegenüber soll jetzt die folgende, seit dem letzten Jahrzehnt immer mehr geäusserte These untermauert werden: Der Verfasser des Jak hat eine ziemlich genaue Kenntnis der paulinischen Rechtfertigungslehre, wobei eine literarische Abhängigkeit von den Paulusbriefen, vor allem vom Römerbrief und eventuell auch vom Galaterbrief für wahrscheinlich zu erachten ist. Dafür sprechen: (1) sprachliche Übereinstimmungen, (2) das Abraham-Beispiel in Jak 2,21-23 und (3) die Aussage »Gott ist ein einziger« in Jak 2,19. 10
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5.1.1 Sprachliche Übereinstimmungen Zum ersten Argument haben wir kaum mehr vorzubringen als das, was G. Lüdemann überzeugend aufgezeigt hat. Im folgenden die Stellen, auf die er hinweist: 14
Jak 2,21: 'Aßpctd|i 6 Tcaxfjp f||iä>v otnc e£ epycov e8iK<xuö0r| (äveveyKca; laa&K TÖV
möv auTOÜ krii xö Gaxjiaarrjpiov); Rom 4,2: ei yap Äßpad|i e£ epyoov eSiKatxoGrj, e^ei Kavxrpa
(, akX oi) npbq 6e6v).
Jak 2,23: (Kai £7cA,Tpa>0r| t| ypacpfj f| Xeyoixja) knimtvatv 8e Äßpa&u. xö) Gero, Kai £Ä,oyia6r| a\>x6) ei<; SiKaioativnv. Rom 4,3: (xi y d p f| ypaqrr] Ä£yei;) EKiare'üaev 6e Äßpactu, TO) 6eo) Kai eA,oyia0r| a\>xo) ei<; 8iKaioawnv. 15
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Dibelius, 220 (dort gesperrt gesetzt). Kümmel, Einleitung 362. Vgl. aber Schräge, 37, der zwar als Gegner des Jak primär an »einen verwilderten oder doch vergröberten Paulinismus« denkt, aber: »Es lässt sich allerdings nicht leugnen, dass seine Schüsse nicht nur die Pseudopaulinisten, sondern bisweilen auch Paulus selbst treffen, und für V.22 gilt nach wie vor, dass das nicht mit Paulus >zusammenzureimen< ist«. Kümmel, ebd. Lindemann, Paulus 247; Lüdemann, Paulus II 197f.; Sanders, Ethics 119-121; ders., Schismatics 223; Sato, Jakobusbrief 67f.; Hübner, Theologie II 384; auch Ludwig, Wort 191. Lüdemann, aaO. 197-201. Hier weichen beide übereinstimmend vom Text der LXX Gen 15,6 ab: 1) Aßpaö^i statt Aßpdn; 2) feniorewev 5e statt K a i fenioTEWEv. »Das bedeutet, der Verf. des Jak akzeptiert das Abrahambeispiel, fasst es aber gegen Paulus als Bestätigung dafür auf, dass der Glaube durch Werke vollendet
Der Antipaulimsmus des Jakobusbriefes
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Jak 2 , 2 4 : (öpccxe Ö T I ) e£ epycov S i K a i o w c c i ävOpCDTWx; K a i O\>K £ K niaxmq p.6vov. Gal 2 , 1 6 : o\> S i K a t o w a i avOpamoc; e £ epycov vb\iox> täv \xi\ 8ia rcioreax; I r p o i ) X p i OTOÜ.
Rom 3 , 2 8 : Ä,OYi£6|i£6a yctp Sucaio'uoGat
TTAOTEI
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ävöpamov x^P ^ epycov v6p.ou
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Ein Vergleich dieser Stellen fuhrt Lüdemann zur Feststellung, »dass Jak an den oben besprochenen Stellen bewusst gegen Paulus polemisiert« . Ausserdem hält er die literarische Abhängigkeit von den Paulusbriefen für wahrscheinlicher als blosse Kenntnis von mündlicher Tradition. Somit steht fest, dass Jakobus gute Kenntnis des paulinischen Textes gehabt haben muss. Diese sprachliche Betrachtung lässt sich sodann durch eine inhaltliche Analyse des 17
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Abraham-Beispiels (Jak 2 , 2 1 - 2 3 ) stützen.
5.1.2 Das Abraham-Beispiel (Jak 2,21-23) Dass Jakobus die Rechtfertigungslehre des Paulus nicht als blossen Slogan, sondern zusammen mit deren ursprünglichem Kontext kennt, geht aus dem Abraham-Beispiel (Jak 2,21-23) hervor, denn das Beispiel lässt sich nur als Einwand gegen eine andere Abraham-Interpretation verstehen, nämlich gegen diejenige von Paulus (Rom 4,2ff.; Gal 3,6ff.). Sowohl das Verständnis der 8tKaioa\)vn. Abrahams wie auch der Opferung Isaaks als grösster seiner Versuchungen (Jak 2,21) lassen sich vom jüdischen Hintergrund her gut erklären. Zu beachten ist, dass Jakobus hierbei den Gegensatz von »Glaube und Werke« voraussetzt und durch das Abraham-Beispiel nachzuweisen versucht, dass man nicht allein durch Glauben gerechtfertigt werden könne. Dieser Gegensatz ist ohne Zweifel nicht ein dem Beispiel immanenter Aspekt, sondern entspringt einem ausserhalb des Beispiels entstandenen Interesse, denn ohne dieses vorausgesetzte Interesse könnte man die 19
These in V.24 (e£ epyaw SiKaioircai av0pamo<; K a i O\>K E K jciaxeöx; uovov) nicht aus
dem Beispiel selbst herleiten. Dieses Interesse lässt sich nicht auf den jüdischen Hinter-
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wird (V.22b.24)« (Lüdemann, aaO. 198); »Das ist ein weiteres Indiz für die Vermutung, dass die paulinische Interpretation von Gen 15,6 mit der These von der Rechtfertigung ohne Werke der eigentliche Anlass für die ganze Darlegung im Jak gewesen ist« (Lindemann, Paulus 246). Hierauf verweist auch Ludwig, Wort 190f. Zu rechnen ist aber auch mit der Möglichkeit, dass Jakobus und Paulus je unabhängig eine Handschrift mit der genannten Lesart benützten (vgl. die Göttinger Ausgabe z.St): Die Lesart eiriorevoev 5e Aßpadcu begegnet ausser unserer Stellen noch bei Philo (Mut 177; Migr 44 [ohne 5e]) und 1 Clem 10,6 (auch Origenes, Joh XIX,3 §18 zu Joh 8,19). Ist dies der Fall, so ist die Abweichung unserer Texte von der LXX kein Argument für die literarische Abhängigkeit. »Da man nimzi in Rom 3,28 aber exklusiv zu verstehen hat, ist uovov [sc. in Jak 2,24] durchaus angemessen und kann nicht als Argument gegen eine Abhängigkeit des Jak von Paulus bewertet werden« (Lüdemann, ebd.). AaO. 199. AaO. 199f So auch Lindemann, Paulus 243-247; Sanders, Ethics 119-121; Sato, Jakobusbrief 68. Dabei wird primär an die Abhängigkeit vom Römerbrief und bzw auch vom Galaterbrief gedacht. Vgl. Dibelius, 199f. 206ff.
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Die Kenntnis der Rechtfertigungslehre
grund zurückfuhren, denn im zeitgenössischen Judentum findet sich keine Auslegung, die den Glauben Abrahams seinen Werken gegenüberstellt. Eine derartige AbrahamInterpretation kann niemand anderem als Paulus zugeschrieben werden. Daher ist die Folgerung unvermeidbar, dass Jakobus hier das Abraham-Beispiel von Paulus im Visier hat. Beachtenswert ist sodann die Verbindung von Gen 22 und 15,6 in Jak 2,21.23. Diese Verbindung selbst lässt sich wieder vom jüdischen Hintergrund her gut erklären. Die Frage ist, warum sich der Verfasser des Jak auf Gen 15,6 beruft. Zu seiner These, die Werke seien für die Rechtfertigung unentbehrlich, ist dieses Zitat unnötig, ja sogar schädlich. Man kann dies fast nur so erklären, dass Jakobus ein sich auf Gen 15,6 beru fendes Argument zur Rechtfertigung voraussetzt und nun dagegen polemisiert. Der mögliche Gegner kann dann nur Paulus sein, der aufgrund seiner eigenen Auslegung von Gen 15,6 darin ein Argument für seine Rechtfertigungslehre findet (Rom 4,3; Gal 3,6). Die Erwähnung der Opferung Isaaks ist daher am ehesten so zu erklären, dass sich Jakobus im Anschluss an die jüdische Auslegungstradition auf das grösste der Werke Abrahams beruft, um ein Gegenargument gegen die Auslegung von Gen 15,6 durch Pau lus vorzubringen. Erst in diesem Zusammenhang spielt die Opferung Isaaks ihre kontextgemässe Rolle. In bezug auf Werke Abrahams hätte der Verfasser viel eher auf dessen Gastfreundschaft verweisen können, da auch sie im Judentum bekannt war und ausserdem sehr gut zu unserem Kontext, in dem es um Wohltätigkeit geht (Jak 2,15f), passen würde; das macht er aber erst in V.25, wo er in einem weiteren Argument an die Wohltätigkeit von Rahab erinnert. Trotzdem bezieht er sich in V.21 auf die Opferung Isaaks, weil dort die Auslegung von Gen 15,6 wichtig ist. Aus diesen Beobachtungen ist zu folgern, dass sich Jak 2,21 ff. nur als Einwand ge gen das Abraham-Bild bei Paulus verstehen lässt, das als Argument für seine Rechtferti gungslehre funktioniert. Dies beweist offenbar, dass Jakobus die Rechtfertigungslehre des Paulus zusammen mit seinem Argumentationsgang kennt. 20
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Vgl. Sir 44,19-21; 1 Makk 2,52. »Der dort [sc. Gen 15,6] bezeugte >Glaube< Abrahams ist der jüdi schen Erklärung nicht etwas, was vom Handeln, von den Werken zu unterscheiden wäre« (Dibelius, 209). Jub 18,16; 1 Makk 2,52; Philo, Imm 4. Vgl. Dibelius, 209; Jacobs, Background 457-464; Stgal, Halakhah 347f.; Bartlett, Epistle 173-175; Berger, TRE 1374; Schmitz, TRE I 383. So auch Ludwig, Wort 191. So auch Lindemann, Paulus 245f.; ferner Lautenschlager, Gegenstand 179; Hahn, Genesis 92; Nicol, Faith 18f.; Bartlett, Epistle 175. Freilich muss Jakobus berücksichtigt haben, dass die Versuchungsthematik dieser Geschichte zum Gesamtthema des Briefes passt. Vgl. Philo, Abr 167; ARN(A) 7; TestAbr(A) 1. Zu rabbinischen Belegen vgl. Ward, Works 286f. Diesen Sachverhalt übersehen Ward, Works 283-290; Bürge, Paper 38f, und Davids, Tradition 113115, wenn sie aus Jak 2,21flF. das Hospitalität-Motiv ablesen wollen. Dass Jakobus aufgrund der Op ferung Isaaks von epya (Plural) redet, ist nicht etwa »somewhat stränge« (Ward, aaO. 286), wenn man hier den Einwand gegen Paulus voraussetzt, bei dem es um nioxiq und epya (Plural) geht. Gegen Berger, Gegner 378 Anm. 39 (und ders., Theologiegeschichte 168), nach dem man bei Jak 2,20-23 keine »Gegenseite« anzunehmen brauche.
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Der Antipaulinismus des Jakobusbriefes
5.1.3 »Gott ist ein einziger« (Jak 2,19) In 2,19 schreibt Jakobus seinem Gegner die Glaubensformel »Gott ist ein einziger« (elq e<mv ö Geoq) zu. Man denkt dabei gern an die Formel des monotheistischen Glaubens des Judentums (vgl. das Sch'ma [Dtn 6,4]) und will daraus herleiten, dass Jakobus einen anderen Gegner als Paulus im Visier habe, denn für Paulus sei diese Glaubensformel nicht charakteristisch. Warum erwähnt dann aber Jakobus, gerade im Zusammenhang mit dem Thema »Glaube und Werke«, diese Formel? Hätte er einen »entarteten Pauli nismus« im Visier, wäre es um so unverständlicher, dass er sich auf eine solche Formel bezieht, bei der »die Eigenart gerade des christlichen Glaubens nicht zur Darstellung kommt« . Wenn man unseren Vers in seinem Kontext liest, scheint mir eine einzige Auslegung plausibel zu sein: Die Formel ist aus der Rechtfertigungslehre des Paulus herzuleiten; denn sie ist in der paulinischen Lehre von grosser Bedeutung (Rom 3,30). Im Römerbrief entfaltet Paulus seine Rechtfertigungslehre in systematischer Weise: In Kap. 1 und 2 stellt er fest, dass die Heiden Gott zwar kennen, aber nicht erkennen (l,20f.28), während die Juden aufgrund ihrer Verstocktheit und ihres unbussfertigen Herzenes den Zorn Gottes auf sich laden (2,5). Vgl. 3,9: »Denn wir haben soeben Juden und Griechen als schuldig erwiesen, dass sie alle unter der Herrschaft der Sünde seien«. Erst dann erwähnt er »die Rechtfertigung durch den Glauben«, die anders als die Recht fertigung durch die Gesetzeswerke sowohl für Juden wie für Heiden »ohne Unterschied« (3,22) gilt. Diese Universalität des Evangeliums (vgl. 1,16) ist unverkennbar der Kern punkt seiner Rechtfertigungslehre. Darin kommt sein Glaube zur Geltung, dass »Gott [nurP einer ist, der die Beschnittenen aus Glauben und die Unbeschnittenen durch den Glauben gerechtsprechen wird« (3,30). Die Ironie des Jakobus in Jak 2,19 lässt sich also kontextuell am besten begreifen, wenn man annimmt, dass er die Funktion von »Gott ist ein einziger« in der paulinischen Rechtfertigungslehre im Visier hat. Er weiss nicht nur um die These der Rechtfertigungs lehre, sondern auch um den Argumentationsgang, wie Paulus ihn in Rom entfaltet. 28
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In V.19 spricht nicht der Gegner, sondern zusammen mit V.18b der Verfasser (gegen z.B. Martin, 89f.; Donker, Verfasser 229). Zur Übersetzung von V.18 vgl. Neitzel, crux 286-293, dessen Vor schlag m.E. einleuchtend ist: »Aber es wird jemand sagen: Hast du Glauben? — Und ich (sc. werde sagen): Ich habe Werke. Zeige mir deinen Glauben ohne Werke, und ich werde dir aus meinen Wer ken den Glauben zeigen« (äkX epei Tic; oi) niauv exeiq; — Kdyco- epya Ix - täZpv um...) (aaO. 293). Den Text elc, &mv ö Gebe, belegen: ty K A 2464 pc. Die Lesarten elc, Geöc, ecmv (B 614 630 1505 2495 al) und elc, ö Geöc, eonv (C 33™ 81 1243 pc) entspringen wohl der Assimilation an die sonstigen paulinischen Texte (1 Kor 8,6: aXka fjulv elc, Geöc, b Jianp...; Eph 4,6: elc, Geöc, Kai natfip «dvxtov...; 1 Tim 2,5: de, ydp Geöc,; vgl. Metzger, Commentary 681). Etwa Mussner, 139; Davids, 125. Dibelius, 195, der aber unseren Vers so erklären will, »dass der Verf. im Bilde dieses Gegners nicht irgendeinen Zeitgenossen darstellen will« (ebd.). Vgl. ferner Eph 4,6; 1 Tim 1,17; 2,5. Ergänzung von ZB. Offenbar ironisiert Jakobus den Gegner mit KOÄXDC, noieic,; vgl. Dibelius, 195; Davids, 125; gegen Klein, Werk 72. 09
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5.1.4 Folgerung Aus den obigen Betrachtungen ergibt sich die unvermeidbare Folgerung, dass dem Ver fasser des Jak nicht nur die These der Rechtfertigungslehre (vgl. Jak 2,24), sondern auch deren Argumentationen (Abraham-Beispiel, »Gott ist ein einziger«) zugänglich waren. Die obengenannten sprachlichen Übereinstimmungen legen dabei eine literarische Abhängigkeit von Rom (bzw. auch von Gal) sehr nahe. Mit grosser Wahrscheinlichkeit hat Jakobus den Römerbrief gelesen, was das ironische Aufgreifen von »Gott ist ein ein ziger«, das den Argumentationsgang des Paulus in Rom 1-3 voraussetzt (s. oben), nahe legt. Demensprechend ist jede Interpretation auszuschliessen, die nicht von der Voraus setzung aussgeht, dass in Jak 2,14-26 der Verfasser aufgrund seiner genauen Kenntnis der Rechtfertigungslehre des Paulus seine Ansicht darlegt. Es steht fest, dass er sich, aus welchem Motiv auch immer, gegen die Rechtfertigungslehre des Paulus wendet. 34
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Lindemann, Paulus 247, hält es für »denkbar, dass jene paulinischen Sätze einen gewissen ParoleCharakter erhalten hatten und unabhängig von den Briefen, in denen sie standen, überliefert wur den«. Dies ist aber wenig plausibel. Es wird viel leichter sein anzunehmen, dass Jakobus den ganzen Rom gelesen, aber nur auf Kap. 1-4 reagiert hat. Bei Gal bleibt die literarische Abhängigkeit unsi cherer als bei Rom, zumal Jakobus trotz seines »Gesetzes der Freiheit« für den paulinischen Freiheitsanspsruch in Gal 5 kein Interesse zu zeigen scheint. Die Aussage in Jak 2,10, man müsse »das ganze Gesetz« behalten, entspricht zwar Gal 3,10 und 5,3 (Lindemann, aaO. 249 Anm 110). Er hätte aber die genannten Stellen nicht kritisch aufgegriffen, auch wenn er Gal gelesen und gewusst hätte, dass es sich dort um die Debatte über die Beschneidung handelt, denn er hat in dieser Hinsicht nichts gegen Paulus einzuwenden. So auch Hübner, Theologie II 384. Ludwig, Wort 191f, will ferner in den Wendungen äKpoaxfic, (X6yo\) od. vöuxn>) und icoirtxf^ vöuov in Jak l,22f.25 und 4,11 eine kritische Reaktion auf Rom 2,13 (»nicht die Hörer des Gesetzes sind gerecht vor Gott, sondern die Täter des Gesetzes werden ge rechtgesprochen werden«) sehen; die Gültigkeit dieser Aussage betone Jakobus. Diese interessante Beobachtung hat allerdings die Schwäche, dass Jak l,22ff. nicht polemisch formuliert sind.
5.2 »Werke« und »Gesetzeswerke«: ein Missverständnis? Als sachlichen Unterschied zwischen Jakobus und Paulus verweist man am häufigsten darauf, dass Jakobus statt von den paulinischen »Gesetzeswerken« (epya vöuxn)) von den »Werken« (epya) redet (Jak 2,14.17f.20-22.24-26). »Jak kennt weder den Ausdruck >Werke des Gesetzes< noch stellt er seine Gegenüberstellung von Glaube und Werken unter den Horizont der paulinischen Lehre, dass die Werke des Gesetzes nicht rechtferti gen können.« »Wobei nachdrücklich zu betonen ist, dass die Werke, die Jakobus for dert, nicht die Werke des jüdischen Gesetzes — etwa das Beschneidungsgebot — sind, sondern Nächstenliebe (1,25.27; 3,17) und vertrauensvoller Gehorsam (1,2/6; 2,21), die auch Paulus unermüdlich fordert.« Hier will man gern einen Beweis dafür finden, dass sich Jakobus nicht gegen Paulus selbst, sondern gegen Paulinisten wende, die die paulini sche Lehre missverständen oder bewusst verzerrten. Gegen diese Folgerung sprechen schon unsere vorherigen Beobachtungen (oben 5.1): Jakobus kennt die paulinische Lehre zusammen mit ihrem Kontext in Rom und wendet sich gegen die Lehre selbst. Dies legt die Annahme nahe, dass er auch den Ausdruck »Werke des Gesetzes« kennt, und zwar im Rahmen der Rechtfertigungslehre des Paulus. Man wird sodann bezweifeln können, dass Jakobus von den »Werken« in einem völlig anderen Sinne als Paulus redet. Es dürfte zwar eine richtige Beobachtung sein, dass für ihn die »Werke« »in der Erfüllung [...] vor allem der Liebes- und Barm herzigkeitsgebote« bestehen (vgl. Jak 2,15f). Es gilt aber zu fragen, ob dies keinen Zusammenhang mit dem Gesetz hat. Man kann angesichts von Jak 2,8-13 und 4,1 lf. sofort erkennen, dass es sich bei Jakobus beim »Gesetz« um die Taten der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit (2,13!) handelt. Wenn Jakobus im Anschluss an 2,8-13 von der 36
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Schnider,lS. Dassmann, Stachel 114. Vgl. auch Dibelius, 219; Hoppe, 69f; Lohse, Glaube 6f.; Heiligenthal, Werke 49f. So z.B. Schräge, 78; Hoppe, 70; Eichholz, Glaube 40f.; Dassmann, aaO. 117; Vielhauer, Geschichte 575; Kümmel, Einleitung 362; Goppelt, Theologie 539. Heiligenthal, aaO. 50, negiert sogar, »dass sich Jakobus mit paulinischem Denken kritisch oder weiterführend auseinandersetzt«. Hinter der diatribenartigen Diskussion von 2,14-26 steht offenbar als Widerpart des Jakobus »die zeitgenössische Form eines entwickelten Paulinismus« (Conzelmann/Lindemann, Arbeitsbuch 316). Klein, Werk 20lf., stellt mit Recht fest, dass Jakobus nicht etwa »paulinische« Libertinisten, die Paulus missvestanden haben, im Visier hat. Allerdings ist es nicht sicher, ob sich der Verfasser in einer Auseinandersetzung mit »echten« Paulusanhängern befindet, die ihm die Frage des V.l8 tatsächlich gestellt haben. Er setzt sich m.E. eher mit einer paulinischen Tradition auseinander, die in den nachpaulinischen Gemeinden weit verbreitet war, als mit bestimmten Paulus-»Anhängern«. Dibelius, 219. Die Privatwohltätigkeit bzw. das Almosen gehörte bei den Rabbinen »zu den >guten Werken< UtiSQ D^io (= epya KOLXJÖL oder äyaOot im NT), unter denen man für gewöhnlich Werke der Barmherzigkeit verstand« (Bill. IV/1 536), wobei die »guten Werke« »von der Tora nicht in so bestimmter Weise vorgeschrieben sind, wie es bei den übrigen Geboten der Fall ist. Allerdings sind auch die guten Werke in der Schrift begründet u. geboten, deshalb könnten auch sie zu den n t o , zu den >Geboten< der Tora, gerechnet werden« (aaO. 559).
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»Werke« und »Gesetzeswerke«
Barmherzigkeit als von Werken redet (2,15f), dürfte daran kein Zweifel sein, dass mit der Barmherzigkeit ein vom »Gesetz der Freiheit« gefordertes Werk gemeint ist. Man erinnere sich ferner daran, dass das »vollkommene Werk« (Jak 1,4) für Jakobus erst durch das Tun des »vollkommenen Gesetzes der Freiheit« ermöglicht wird (s. oben 3.4.2). Für ihn stellt das Gesetz dar, was die zu fordernden »Werke« sind. Jakobus spricht von den »Werken« also nicht ohne Zusammenhang mit dem Gesetz. Wenn Jako bus entgegen der paulinischen Lehre die Unentbehrlichkeit dieser »Werke« behauptet, so kommt es ihm doch auf die »Werke des Gesetzes« an. Trifft dies zu, dann gilt es aber um so mehr zu fragen, warum er statt von epya VÖJIGV lediglich von epya spricht. A. Lindemann denkt an die Möglichkeit, »dass der Vf des Jak die entscheidende Funktion des Gesetzesbegriffs im Rahmen der paulinischen Rechtfertigungslehre nicht verstand, und dass er deshalb zwischen >Werken< und >Gesetzeswerken< keinen Unter schied sah« . Hat aber Jakobus wirklich die Bedeutung von »Gesetzeswerken« einfach nicht verstanden und spricht er deshalb von »Werken« in einem anderen Kontext als bei Paulus? Mir scheint vielmehr, dass er die Funktion des Begriffs »Werke« absichtlich ver schoben oder erweitert hat. Zumindest weiss er offensichtlich, dass das Thema »Glaube und Werke« ursprünglich bei Paulus im Kontext der Heidenmission stand, in dem sich der Begriff »Gesetzeswerke« erst richtig verstehen lässt (vgl. Rom 3,28ff). Dafür spricht Jak 2,19, wo er die theoretische Basis der paulinischen Rechtfertigungslehre ironisch aufgreift (s. oben 5.1.3). Diese monotheistische Formel war im heidenmissionarischen Kontext von grundsätzlicher Bedeutung. Dass sich Jakobus dieses Kontexts bewusst war, geht auch aus dem Beispiel Rahabs hervor (Jak 2,25): Er fügt seiner Argumentation dieses Beispiel deshalb hinzu, »weil Rahab als Typ der Proselytin gilt« . Dies macht deutlich, dass er sich des Zusammenhangs zwischen der Rechtfertigungslehre und dem Problem der Ju den/Heiden bewusst ist. Da er Abraham und Rahab im gleichen Zusammenhang erwähnt, legt sich die Annahme nahe, dass er sich an die jüdische Tradition anschliesst, nach der Abraham als »der erste Proselyt und Urbild aller weiteren Proselyten« gilt, was auch bei Paulus der Fall ist (Rom 4,9-12). Daher ist es m.E. unplausibel, dass Jakobus die Rechtfertigungslehre des Paulus gekannt und trotzdem die Bedeutung der »Gesetzeswer ke« nicht verstanden haben sollte. Daraus wird klar: Der Verfasser des Jak hat zwar von epya statt epya vouxn) ge sprochen, aber nicht deshalb, weil er die Bedeutung von epya vöuxn) nicht verstanden hätte, sondern weil er sie verstanden hat! Er hat das Wort »des Gesetzes« bewusst ausge lassen, weil er den Unterschied zwischen den für ihn in Frage kommenden »Werken« und den paulinischen »Werken des Gesetzes« kannte. Da auch die »Werke« des Jak im Zu sammenhang mit dem Gesetz — Gesetz der Freiheit (1,25; 2,12) — stehen (s. oben), liegt es nahe, dass sich Jakobus des Unterschieds zwischen seinem »Gesetz der Freiheit« und dem Gesetz der paulinischen Rechtfertigungslehre bewusst war. 42
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Lindemann, Paulus 248f. So auch Lüdemann, Paulus II 199. Schräge, Ethik 295. Zu Rahab in der jüdischen Tradition und der urchristlichen Paränese vgl. Win disch, Rahabgeschichte 190-192. Berger, TRE I 373; Bartlett, Epistle 176-178. Vgl. Philo, Mut 16. Vgl. Wilckens, Rom 1265. So auch Sato, Jakobusbrief 69, wonach Jakobus dies getan habe, weil »er seinerseits eine mögliche Vermischung beider Arten von >Gesetz< seitens der Leser verhindern wollte«.
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Der Antipaulinismus des Jakobusbriefes
Was ist nun der Unterschied zwischen den beiden vöu,o<;-Begriffen, so dass Jakobus den paulinischen Ausdruck epya voum) vermeidet? Man erinnere sich daran, dass Jako bus die Abrogation der kultischen Gebote voraussetzt. Diese sind aber eben der Kern punkt, über den im Kontext der Heidenmission gestritten wurde, und um den es bei der Rechtfertigungslehre des Paulus in erster Linie ging (Beschneidung! Vgl. Rom 2,25ff.; 3,30; 4,9ff.; Gal 2,1-21; 5,2ff.). Daher ist gut denkbar, dass Jakobus den Ausdruck epya vou-ot) absichtlich vermieden hat, um klarzustellen, dass es ihm nicht (mehr) um das Kult gesetz und dessen »Werke« geht. Diese Annahme liegt um so näher, als Jakobus offen sichtlich voraussetzt, dass es bei Paulus um die Werke des Gesetzes im Kontext der Hei denmission geht. Jakobus wusste, dass Paulus im Zusammenhag mit seiner Aufgabe der Heidenmission von epya vouxn) redete. Da er aber die epya von einem anderen Blick winkel her in Frage stellen wollte, hat er seine epya nicht auf epya v6u.oa) beschränkt. Nun gilt es zu fragen, aus welchem Grund Jakobus Paulus und die epya kon frontieren will. Zu erinnern ist daran, dass bei Jak die Werke, die das »Gesetz der Frei heit« fordert, getan werden sollen, um dadurch die durch die Begierde hervorgerufene Versuchung zu überwinden, die Versuchung der Assimilation der Kirche an die weltli chen Verhaltensnormen. Unterstreicht Jakobus gegen die Rechtfertigungslehre des Pau lus die Unentbehrlichkeit der »Werke«, so wird daraus sichtbar, dass Jakobus in der Rechtfertigungslehre die Gefahr wahrnimmt, dass sie durch eine Verneinung der Geset zeswerke auch diejenigen Werke verhindert, die gegen die »Verweltlichung« des Glau bens getan werden sollen. Dass Jakobus die Werke von diesem Aspekt her aufgreift, bestätigt die Darlegung in 2,15f, wo es um die armen Geschwister und um die Uninteressiertheit anderer Gemeindeglieder geht. Dahinter steckt das Problem von »Arm und Reich«, also ein Phänomen der Verweltlichung der Kirche, das Jakobus in den nachpaulinischen Gemeinden wahrnimmt (s. oben 4.1). Gerade in diesem Zusammenhang spricht er von den »Werken«, die durch die Rechtfertigungslehre des Paulus gefährdet würden. Jakobus sieht also einen inneren Zusammenhang zwischen der paulinischen Rechtferti gungslehre und der Verweltlichungstendenz der Kirche. Ist das ein Missverständnis der paulinischen Theologie seitens Jakobus'? Oder ent springt die nachpaulinische Situation einem Missverständnis der paulinischen Theologie, so dass sich Jakobus in 2,14-26 doch gegen einen missverstandenen Paulus wendet? Auf diese Frage möchten wir so antworten: Gegenüber einer Etikettierung sowohl der Polemik des Jakobus als auch der nachpaulinischen Situation als »Missverständnis« ist grosse Vorsicht geboten. Dafür sprechen die folgenden Beobachtungen: (1) Zuerst ist daraufhinzuweisen, dass die Rechtfertigungslehre des Paulus, also die Rechtfertigung nur durch den Glauben, ein Nein zu Werken des Menschen als Mittel für die Heilserlangung überhaupt bedeutet, da sie in einen Gegensatz zur Gnade Gottes zu stehen kommen. Das ist keineswegs eine unzutreffende Beobachtung, denn Paulus selbst deutet auf diesen Aspekt der Rechtfertigungslehre ausdrücklich hin (vgl. Rom 11,6; fer ner 4,5; 9,32). 47
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Vgl. oben 3.4.2. Hätte Jakobus, wie Klein, Werk 200, denkt, unter den paulinischen »Werken des Glaubens« »die Befolgung der ganzen Tora, einschliesslich ihrer ethischen Gebote« (Betonung von Klein) verstan den, wäre es unverständlich, dass er in 2,14-26 »des Gesetzes« ausgelassen hat, gerade nachdem er in 2,8ff. die Befolgung des »Gesetzes der Freiheit« gefordert hatte. Vgl. Bultmann, Theologie 281-285; hierzu vgl. aber Heiligenthal, Werke 305-311.
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Werke« und »Gesetzeswerke«
Dagegen lassen sich wohl Einwände erheben: »Das paulinische Evangelium ist in seinem Kern keineswegs Werk-feindlich. Der Glaube, den Paulus verkündigt und zu dem er ruft, enthält keineswegs eine ursprüngliche, tiefwirksame Verneinung aller Aktivität des Menschen, dem Guten in der Welt Bahn zu brechen und dem Bösen zu wehren.« Es muss aber gegen eine solche »Werke-Verteidigung« gesagt werden: Es handelt sich nicht um eine solche »Aktivität des Menschen«, wenn Paulus in seinem Evangelium Nein sagt zu den Werken des Menschen. Ihm kommt es vielmehr auf die Werke an, durch die man sich von anderen unterscheiden will, was vor Gottes Gnade überhaupt sinnlos und unnötig wird. Dies drückt sich in Gal 3,28 auf: »Da ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Weib; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.« Es scheint zweifellos zu sein, dass die Rechtfertigungslehre, die Paulus in Rom und Gal entfaltet, mit dieser Botschaft eng zusammenhängt. So kann jeder, völlig un abhängig von allerlei vorgegebenen Bedingungen, als Gleichberechtigter zur Gemeinde Christi gehören; nicht durch die Werke, sondern nur durch den Glauben wird man ge rechtfertigt und in die Gemeinde aufgenommen. Zu beachten ist allerdings, dass dies keineswegs eine Aufhebung der alten vor gegebenen Bedingungen bedeutet. Jeder ist zwar »einer in Christus Jesus«, aber: »wie der Herr einem jeden zugeteilt, wie Gott einen jeden berufen hat, so wandle er. Und so verordne ich in allen Gemeinden« (1 Kor 7,17). Es ist nicht von ungefähr, dass Paulus in diesem Zusammenhang auf das dreigliedrige Schema von z.B. Gal 3,28 zurückgreift (Mann/Frau V.lff.; Beschnittener/Unbeschnittener V.18f; Sklave/Freier V.21-23). Die paulinische Botschaft geht über die sozialen Differenzen hinaus und integriert alle in den einen Leib Christi, wobei aber die vorgegebenen Differenzen erhalten bleiben. (2) In bezug auf das Problem von Arm und Reich ist daran zu erinnern, dass die Missionstätigkeit des Paulus auf die Förderung seitens der wohlhabenden Leute angewie sen war. Aufgrund dieser sozialen Bedingung der Missionstätigkeit wird die Konse quenz verständlich, dass sich die Ethik des Paulus an dem grundsätzlichen Ja zu den so zialen Differenzen unter den Bedingungen dieser Welt und am »Liebespatriarchalismus« {Theissen nach Troeltsch) orientiert. Dahinter steckt das Anliegen des Paulus, den in nergemeindlichen Frieden zu bewahren. Paulus äussert zwar sein Missbehagen über die innergemeindlichen Konflikte, die durch die sozialen Differenzen verursacht werden (vgl. 1 Kor 6,lff.; ll,23ff.; aber vor allem l,26ff.); dies fuhrt aber, anders als bei Jakobus, nicht dazu, die vorgegebenen sozialen Differenzen grundsätzlich in Frage zu stellen. 50
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Wilckens, Rom 1145. Diese in Gal 3,28 formulierte Botschaft hat für Paulus ohne Zweifel einen wesentlichen Sinn. Auf sie bezieht er sich nicht nur in Gal, sondern auch in 1 Kor 12,13, ferner in 1 Kor 7,21-24; vgl. Kol 3,11. Hierzu vgl. Lührmann, Sklave 57-71. Die Anfrage der Korinther bezieht sich nur auf das Verhältnis von Mann und Frau (1 Kor 7,1), während Paulus auf die anderen Verhältnisse (Beschnittener-Unbeschnittener; Sklave-Freier) zu rückgreift, um seine Antwort über Mann und Frau zu begründen. Daraus schliesst Lührmann, aaO. 61, dass »hinter 7,21-23 sowenig wie hinter 7,18f. konkrete Probleme der korinthischen Gemeinde stehen«. Vgl. oben S. 155. Theissen, Schichtung 269 mit Anm. 87. Daher ist es m.E. fragwürdig, dass man sich z.B. auf Gal 5,6.13 beruft, um zu argumentieren, dass auch Paulus die »Werke« für wichtig hielt: »Glaube, der sich durch Liebe wirksam erweist« (Gal 5,6); »Nur lasset die Freiheit nicht zu einem Anlass für das Fleisch werden, sondern dienet einander durch die Liebe!« (5,13) Hier liegt Paulus durchaus daran, den Frieden in der Gemeinde zu erhalten
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Der Antipaulinismus des Jakobusbriefes
(3) Diese ethische Einstellung des Paulus hat, wie wir oben sahen (4.1.2.2), Nach wirkungen in den nachpaulinischen Schriften. Hier gilt ebensogut wie bei Paulus das, was E. Troeltsch unter »Liebespatriarchalismus« versteht: »Als Haushalter Gottes sorgen sich die Grossen für die Kleinen und als Diener Gottes ordnen sich die Kleinen den Grossen unter«. Als Beispiel sei hier auf die Haustafeln verwiesen (oben 4.1.2.2.1). Aus diesen Bemerkungen geht hervor, dass man die Pauluskritik des Jak, der die weltliche Assimilationstendenz der Kirche der Rechtfertigungslehre des Paulus zu schreibt, nicht sofort als »Missverständnis« etikettieren darf, sondern dass die Rechtferti gungslehre und die paulinische Theologie überhaupt unter dem sozialgeschichtlichen Aspekt kritisch zu analysieren ist. M.a.W., es soll gefragt werden: »Wie [...] kommt es gerade von der paulinischen Verkündigung her, die so einseitig nur den gekreuzigten Christus zum Inhalt hat und als dessen Konsequenz die Rechtfertigung allein aus Glau ben, zur Bildung solcher Gemeinden? Ist hier ein innerer Zusammenhang zu erkennen? Und was bedeutet ein solcher Zusammenhang für die soziale Struktur der Gemeinden?« Diese Aufgabe geht allerdings weit über die Grenzen unserer Erwägungen hinaus. Es ist freilich schwer vorstellbar, dass Jakobus den inneren Zusammenhang zwischen der Rechtfertigungslehre des Paulus und der sozial geschichteten Gemeindestruktur so wie der Gefahr der weltlichen Assimilation theoretisch so begriff, wie wir dies oben skizzierten. Sein Hauptanklagepunkt besteht darin, dass durch die paulinische Rechtfer tigungslehre nicht nur die kultischen Gebote, sondern auch die wichtige Funktion des Gesetzes als Mittel gegen die Begierde im Menschen und als Bollwerk gegen die Verweltlichungsgefahr des Glaubens verlorengehen würde. Das ist offensichtlich ein Ein wand gegen die paulinische Rechtfertigungslehre, der von der Gesetzesfrömmigkeit des Jakobus aus erhoben wurde. Dieser Einwand kann aber eine soziale Konsequenz der paulinischen Missionstätigkeit treffen, die wohl ausserhalb der Perspektive des Paulus war. Wenn dem so ist, so hat Jakobus dann Paulus quasi an einer offenen Flanke seiner Lehre angegriffen. 56
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(vgl. V.l5), während Jakobus der sozial geschichteten Struktur der Gemeinde kritisch ge genübersteht, die Paulus und die nachpaulinischen Autoren als vorgegebene Bedingungen einfach voraussetzen. Jakobus spricht von den »Werken« also mit einer umfassenderen Perspektive als Pau lus und die deuteropaulinischen Autoren. Troeltsch, Soziallehren 68. Lührmann, Sklave 56. Hübner, Theologie II 385, hat wohl recht, wenn er annimmt, dass die theologische Auseinander setzung in Jak 2,14-26 davon herkommt, dass Paulus »die auch organisch aus dem Glauben er wachsenen Werke der Liebe (Gal 5,6) kategorisch aus dem Prozess der Rechtfertigung ausge schlossen hat«, was für Jakobus, für den die Rechtfertigung auch durch Werke zu geschehen hat (Jak 2,24), der »casus belli« ist. Wenn unser Verfasser von den »Werken« redet, durch die man gerecht gesprochen werden soll, ist zufragen,ob er damit nur die »Werke der Liebe« im Sinn hat.
5.3 Ergebnisse Unsere Beobachtungen sind wie unten zusammenzufassen: (1) Der Verfasser des Jak kennt die Rechtfertigungslehre des Paulus samt deren Ar gumentation, wobei eine literarische Abhängigkeit von Rom (bzw. auch von Gal) zu po stulieren ist. (2) Er polemisiert gegen diese paulinische Lehre. Dabei redet er bewusst von epya statt wie Paulus von epya vöurn), denn er betrachtet die »Werke« in der Rechtfertigungs lehre in einem umfassenderen Zusammenhang als die »Gesetzeswerke«, um die es für Paulus bei Rom und Gal ging. Er sieht in der Rechtfertigungslehre einen theologischen Anlass zur Assimilationstendenz an die Welt, die er im nachpaulinischen Christentum wahrnimmt. Er polemisiert also gegen Paulus aufgrund der Problematik, die ausserhalb der Perspektive der paulinischen Botschaft lag, aber eine ihrer Nachwirkungen darstellte.
6. Ergebnisse und Konsequenzen
Zum Schluss der Arbeit möchte ich die Frage, die ich am Anfang der Untersuchung stellte, in Erinnerung rufen: Was veranlasste die Entstehung des Jak, und wozu wurde er abgefasst? Bevor ich diese Frage beantworte, möchte ich einen Rückblick auf die bishe rigen Ergebnisse werfen, aus denen die Antwort als deren Konsequenzen gezogen wer den soll.
6.1 Aufhebung des Dibelius'schen »Kontextverbotes« Aufgrund der Erkenntnis, dass das Kontextverbot, das Dibelius durch die literarische Gattungsbestimmung als Paränese einführte, die uns interessierende situationsbezogene Auslegung verhinderte, haben wir in den Teilen 1 und 2 versucht, nach der Einheitlich keit des Briefes in formaler und inhaltlicher Hinsicht zu fragen Unsere Ergebnisse lauten wie folgt:
6.1.1 Formale Einheitlichkeit (1) Wenn man mehr Aufmerksamkeit darauf richtet, wie der Verfasser des Jak auf die Leser einwirken will — was bei der Gattungsbestimmung einer Schrift entscheidend ist —, so zeigt sich deutlich der briefliche Charakter des Jak Dafür sprechen ausserdem a) Jak zeigt den Briefcharakter nicht nur in 1,1, sondern auch in seinem Schlussteil (5,7-20: thematische Reprise, Schlussparänesen und Ketzerschluss). b) Unter Berücksichtigung der Vielfalt der Briefgattung ist der Hauptteil des Jak (2,1-5,6) als Briefkorpus zu be trachten, c) Dem Hauptteil des Jak kann man eine gewisse Briefsituation entnehmen (2,2ff.l4ff.;3,lff.). (2) Jak greift auf die jüdische Tradition des Diasporabriefes zurück, indem er vom Herrenbruder Jakobus, der Jerusalemer Autorität, an die »zwölf Stämme in der Diaspora« (1,1) geschickt sein will (vgl. als jüdische Vorbilder Jer 29,1-23; EpJer; syrBar 78-86). Zu dieser Brieftradition gehören der Titel des Absenders als Gottes Knecht und die Anfechtungsthematik in Jak l,2ff/5,7ff. Im Anschluss an die Diasporabrief-Tradition hat Jak die Funktion, die inmitten der heidnischen Umwelt mit Glaubenskrisen konfron tierten Glaubensgenossen zur Geduld und zum Festhalten am Glauben zu ermahnen. (3) Jak ist eine pseudepigraphische Schrift unter dem Namen des Herrenbruders Ja kobus. Daher gehören sowohl die Verfasserschaft des Herrenbruders als auch die Empfängerschaft der »zwölf Stämme«, die auf die gesamte Christenheit zu deuten ist, zu
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Aufhebung des »Kontextverbotes«
einer Fiktion, die der Hervorhebung der Autorität des Briefes dient. Der Brief kann also in Wirklichkeit einen bestimmten Adressatenkreis haben, was sich von den Beschreibun gen im Hauptteil des Briefes her nahelegt; freilich rechnet diese Adressatenangabe auch damit, dass der Brief weit darüber hinaus zirkulieren wird.
6.1.2 Inhaltliche Kohärenz (1) Jak stellt keine blosse Aneinanderreihung einzelner Mahnungen dar, sondern hat eine erkennbare Disposition: Einleitung (1,1-27), Hauptteil (2,1-5,6) und Schlussteil (5,720). In der Einleitung präsentiert der Verfasser das Gesamtthema des Briefes: die Versu chungen durch die Begierde und der Gehorsam gegen Gott. Das entspricht der Diaspora brief-Tradition, auf die sich Jak bezieht. (2) Dementsprechend handelt es sich im Hauptteil (2,1-5,6) um die Warnung vor einer dem Willen Gottes zuwiderlaufenden Assimilation an die Welt durch die Kirche. Eine solche Tendenz konkretisiert sich bei den Adressaten in Form einer sozialen Schichtung der Gemeindeglieder (Arm und Reich: 2,1-26; 4,13-5,6) und von innerge meindlichen Konflikten (3,1-4,12).
6.2 Briefsituation des Jakobusbriefes Nach der Aufhebung des Kontextverbotes und des davon abhängigen Situationsverbotes wurde in den Teilen 3-5 die Rekonstruktion der Abfassungsverhältnisse versucht.
6.2.1 Der theologische Hintergrund des Verfassers (1) Der Verfasser des Jak verdankt die Schlüsselbegriffe im Brief, wie etwa vollkommen/zweiseelig, Begierde, Welt, Gesetz und Weisheit, der alttestamentlich-jüdischen Tradition. Dies lässt keinen Zweifel an seiner jüdischen Herkunft offen. (2) Auffallig ist hingegen sein Gesetzesverständnis, das zwar die alttestamentliche Tora voraussetzt, aber die kultischen Gebote wie Beschneidung oder Reinheits vorschriften übergeht. Für Jak treten sie nicht nur zurück, sondern sind faktisch sogar schon abrogiert. Dieses Gesetzesverständnis steht wahrscheinlich im Einflussbereich derjenigen Traditionen, die auf das »antiochenische« Christentum zurückgehen. In der Formel »Gesetz der Freiheit«, die sich wohl ursprünglich auf die Freiheit vom Kultgesetz bezog, ist kein antipaulinisches Motiv zu erkennen. (3) Aus der Jesusüberlieferung in Jak kann man für den theologiegeschichtlichen Ort des Jak kaum Schlüsse ziehen. Aus den spärlichen Belegen, die deutlich auf eine Bezie hung zu Logien Jesu hinweisen, ist nur zu schliessen, dass der Verfasser weder von einer Evangelienschrift noch von Q noch von deren Rezensionen wie etwa Q abhängt, sonM t
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Ergebnisse und Konsequenzen
dem einzelne Logientraditionen zusammen mit anderen paränetischen Überlieferungen als Teil kirchlicher Tradition zur Verfugung hat.
6.2.2 Rekonstruktion der Adressatengemeinden (1) Der Verfasser des Jak visiert Gemeinden an, die aus mehreren sozialen Schichten bestehen: von mittellosen Armen bis zu Grosskaufleuten. Dieser soziale Unterschied blieb jedoch in der Gemeinde unaufgehoben: Während die reichen Christen bevorzugt wurden, wurden die armen Geschwister nicht berücksichtigt und sogar verachtet. Das ist des Verfassers Hauptanklagepunkt, in dem er eine Anpassung der Kirche an die weltliche Gesinnung wahrnimmt. Dieses Gemeindebild passt — unter anderem — zu demjenigen im paulinischen Missionsbereich, wo die weltliche Verhaltensweise der reichen Christen nicht selten zum Problem geworden ist. (2) Die innergemeindlichen Konflikte, die Jakobus in 3,1-4,12 aufgreift, hängen mit der sozialen Schichtung der Gemeinde zusammen, was die inclusio durch die Arm/ReichThematik (2,1-26 und 4,13-5,6) strukturell nahelegt. Es handelt sich wohl um einen Streit in der Gemeinde, wo die wohlhabenden und deshalb einflussreichen Christen um Machtpositionen ringen; freilich ist der genaue Inhalt des Streites nicht mehr zu erken nen. Daran sind offensichtlich auch die Lehrer der Gemeinde beteiligt, welche die Rivali sierenden durch ihre Lehrtätigkeit unterstützen. Für Jakobus sind solche Streitigkeiten nichts anderes als Ausdruck der Freundschaft mit der Welt, die dem Gotteswillen zuwi derläuft. Dieser Tatbestand, der in Jak dargestellt ist, findet einige Parallelen sowohl in den paulinischen und nachpaulinischen Schriften (1 Kor, Past, 1 Clem) als auch ausser halb des paulinischen Einflussbereiches (Herrn).
6.2.3 Jakobus und Paulus (1) Der Verfasser des Jak kennt die Rechtfertigungslehre des Paulus samt deren Argu mentationen (Abraham-Beispiel; »Gott ist ein einziger«). Dabei ist eine literarische Abhängigkeit von Rom (bzw. auch von Gal) zu postulieren. Jakobus polemisiert gegen diese Lehre selbst, nicht etwa gegen einen »entarteten« Paulinismus. (2) Jakobus spricht absichtlich von epya statt wie Paulus von epya VOU,OD, weil er sich an einer umfassenderen Perspektive der Rechtfertigungslehre orientiert als nur an Gesetzeswerken im Sinne einer Grenzlinie zwischen Juden und Heiden. Er nimmt in der Rechtfertigungslehre des Paulus, also der Rechtfertigung allein durch den Glauben, ein Nein zu den Werken des Menschen überhaupt wahr, die in einen Gegensatz zur Gnade Gottes zu stehen kommen. Er identifiziert darin einen theologischen Anlass zur weltli chen Assimilationstendenz der Christen, die in den Problemen von »Arm und Reich« und von innergemeindlichen Konflikten aufbricht.
6.3 Konsequenzen Aus den obigen Ergebnissen wird nun klar, dass Jak sowohl formal als auch inhaltlich systematisch komponiert ist. Die Absicht des Verfassers lässt seine Bemühung erkennen, sowohl sprachliche Kommunikation herzustellen — als Diasporabrief an die Christen in Glaubenskrisen! — als auch den Leser situationsgemäss zu beeinflussen und zu einem bestimmten Handeln zu bewegen (Warnung vor einer weltlichen Assimilationstendenz der Kirche). Dies ermöglicht es, den ganzen Brief in einem bestimmten Kontext zu lesen. Konkreter gesagt: Man darf nun Jak 2,14-26, wo es sich um eine Polemik gegen die Rechtfertigungslehre des Paulus handelt, im Zusammenhang mit den anderen Beschrei bungen, vor allem mit den im Hauptteil des Briefes aufgegriffenen Problemen von »Arm und Reich« sowie von innergemeindlichen Konflikten auslegen. Und dies gilt auch in umgekehrter Richtung: Jakobus redet von diesen Problemen der Kirche keineswegs in genereller Weise, sondern in Verbindung mit der in 2,14-26 polemisch aufgegriffenen Theologie des Paulus. Das heisst, dass die Beschreibungen der genannten Probleme unter anderem für diejenigen Gemeinden gelten, wo die paulinische Theologie eine Nachwir kung fand, wenn auch diese Probleme nicht nur die nachpaulinischen Gemeinden betra fen. Diese Einsicht fuhrt weiter zu folgenden Konsequenzen: (1) Der Anlass zur Entstehung des Jak lässt sich der rekonstruierten Briefsituation entnehmen: Jakobus hat eine Assimilationstendenz der christlichen Kirche an die Verhal tensnormen der »Welt« (wohl nicht ausschliesslich, aber vor allem) in den nachpaulini schen Gemeinden wahrgenommen. Diese Tendenz hat er besonders in den Problemen der sozialen Schichtung der Gemeinde (Arm und Reich) und in den damit zusam menhängenden innergemeindlichen Konflikten gefunden. Als primäre Adressaten visiert der Verfasser also die Gemeinden im paulinischen Einflussbereich an, wobei er auch mit der Möglickeit rechnet, dass dieser Rundbrief über sie hinaus weitere Leser erreicht; die im Brief kritisch aufgegriffenen Probleme müssen nicht auf den paulinischen Missionsbe reich beschränkt werden. Geographisch lassen sich die Adressaten wohl in Kleinasien, einem starken paulinischen Einfluss bereich, vermuten. Andere paulinische Missionsgebiete (z.B. Rom sowie Griechenland) kommen wohl erst im Gefolge einer weiteren Zirkulation des Briefes in Frage. Eine nähere Ortung der Adressaten ist jedenfalls unmöglich. 1
(2) Die Gattung des Diasporabriefes und das Gesamtthema des Briefes bringen das Ziel des Verfassers deutlich zum Ausdruck: Jak will die Adressaten (und weitere mögli che Leser) vor der Assimilationstendenz an die Welt warnen, von der sie beeinflusst sind, und dazu ermahnen, inmitten solcher Glaubenskrisen den Glauben zu behalten, indem sie durch das Gesetz am Gotteswort festhalten. Er bezieht sich dabei auf die Autorität des Herrenbruders Jakobus und gestaltet den Brief in Anlehnung an die DiasporabriefTradition als Anrede einer Jerusalemer Autorität an die gesamte Christenheit, um bei den Lesern im paulinischen Einflussbereich, denen er sich kritisch gegenüberstellt, Gehör zu 1
Vgl. Klein, Werk 207.
Ergebnisse und Konsequenzen
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finden. Die fiktive Verfasserschaft des Herrenbruders dient also vor allem der Hervorhebung dieser antipaulinisch orientierten Schrift, wofür die Gestalt des Herrenbruders geeignet ist. (3) Bei der Situierung des Briefes in der frühchristlichen Geschichte sind vor allem der judenchristliche Hintergrund des Verfassers und sein Antipaulinismus zu berücksichtigen. Wie die Schlüsselbegriffe im Brief zeigen (vgl. oben 3.1-3.5), ist der Verfasser zweifellos in der jüdischen (und judenchristlichen) Tradition zu Hause. Er ist ja jüdischer Christ, aber nicht mehr »Judenchrist« im engeren Sinne, wenn man das »Judenchristentum« als »Bezeichnung für diejenigen christlichen Gruppen, die eine (rituelle) Gesetzesobservanz ausübten« , versteht. Jakobus verdankt sein Gesetzesverständnis, in dem das Kultgesetz stillschweigend ausgelassen ist, wahrscheinlich dem Einfluss derjenigen Traditionen, die auf das »antiochenische« Christentum zurückgehen. Dies spricht schon für die Beheimatung des Jak in Syrien/Palästina. Darauf deutet ferner die Bezugnahme auf die Autorität des Herrenbruders hin: Das Jakobusbild als Leiter der Gesamtkirche, aber ohne &ici<JKOico£-Titel, ist durch die Hegesipp-Tradition belegt, die wohl die griechischsprachigen Judenchristen in Syrien/Palästina hinter sich hat (s. oben 1.3.2 und 1.3.3.2). Trifft unsere Annahme zu, so bringt Jak einen nachpaulinischen Antipaulinismus zum Ausdrupk, der zwar auf die antiochenische Tradition zurückgeht, aber stärker durch das jüdische Glaubensverständnis geprägt ist. 2
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In dieser Arbeit sind wir nicht auf einen ausführlichen Vergleich des Jak mit Mt eingegangen, der für die historische Einordnung unseres Briefes aufschlussreich sein könnte, zumal wir beide in Syrien/Palästina orten. Zwar hat Mt mit Jak sowohl theologisch (Vollkommenheit: Mt 5,48; 19,21; vgl. Jak 1,4.25) als auch traditionsgeschichtlich (Eidverbot: Mt 5,33ff./Jak 5,12, s. oben 3.6.2.3) Übereinstimmungen. Man darf aber auch Unterschiede zwischen ihnen nicht übersehen, die vor der Annahme einer literarischen Beziehung beider Schriften warnen. Erstens und vor allem lassen sich Mt und Jak beim Gesetzesverständnis nicht harmonisieren: Während in Jak das Kultgesetz stillschweigend übergangen wird (s. oben 3.4.2), ist es in Mt prinzipiell noch gültig, obwohl es im Vergleich mit dem wichtigen Liebesgebot (Mt 22,34-40) nur noch »zweitrangig« ist. Hinzuweisen ist ferner auf das Verhältnis zur Jesusüberlieferung: Die Parallele Mt 5,33ff./Jak 5,12 dürfte zwar eine gewisse geographische Nähe zwischen beiden nahelegen; Jakobus hat aber, anders als der Verfasser des Mt, offensichtlich nicht einen Text von Q zur Hand, was der Annahme einer engen Beziehung widerspricht. Daher wird die Vermutung naheliegen, dass trotz geographischer und theologischer Nähe (judenchristlicher Hintergrund) die beiden zu verschiedenen Traditionen des Frühchristentums gehören. Zum Verhältnis zwischen Mt und Jak wäre freilich eine weitere eingehende Untersuchung erforderlich, die den Rahmen unserer Arbeit sprengen würde. 4
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Lüdemann, Paulus II 55 (dort teilweise hervorgehoben). Diese Definition geht auf M. Simon (ders/ Benoit, Judai'sme 104.268) zurück. Die Abfassungzeit des Jak ist schwer zu bestimmen. Da der Brief pseudepigraphisch ist, wird der Terminus a quo das Martyrium des Herrenbruders Jakobus, also das Jahr 62 n.Chr. sein. Der Terminus ad quem ist die Abfassungszeit des Jud, die aber auch kaum genau zu bestimmen ist. Daher kann man allenfalls an den Zeitraum zwischen dem Jahre 62 und dem Ende des 1. Jh. denken. Luz Mt 1240. Vgl. Mt 5,17-20; 23,23.36; 24,20. Gegen Hoppe, Hintergrund 123, wonach sowohl in Jak 2,10 als auch in Mt 5,18f. »das Ritualgesetz keine Rolle mehr zu spielen« scheine. y
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Deppe 64,118,125/., 129 Dibelius 1-3, 7, 41, 52, 62, 68, 70, 76, 77, 87, 90, 122, 737, 141,144,192 Doty 75 Dünn 727
Baasland 14, 60, 61, 63 Bailey/Vander Broeck 6 Baker 71, 81,83, 87, 96,129 Balch 156 Balzer/Köester 46 Barnett 64 Barrett 106 Berger 5, 8,13, 14, 75, 31,191 Bbcher 86 Bogaert 19, 20, 21, 34 Boggan 146/. Bornkamm 27 Boyle 112 Brox 44,166 Bultmann 727, 128 Burchard 75, 78,112,176,187 Bürge 707
Eck 140 Edsman 68 Eissfeldt 19 EUiott30/ Elliott-Binns 13 Erasmus 75 Exler 13
Caird 164 Calvin 75 Cantinat 74 Cargal 62, 93/., 173 Charles 20 Church 5, 7/, 10-12 Cladder 59 Conzelmann/Lindemann 194 Countryman 757 Crotty 60, 66, 82 Crouch 155/ Dassmann 166 Davids 6, 11, 43, 45, 57, 60, 67, 80, 83, 95, 96, 118, 123,124,191 Davies/Allison 122,124 Deissmann 15,149 Delling 707
Feldmeier 30/ Fitzmyer 13 Francis 5, 60f., 93 Frankemölle 7, 72,14, 30, 53f, 56, 61, 63, 77, 140,171,184 Fry57 Gertner 11 Gnilka 722 Goppelt 707 Gordon 95 Grundmann 66 Gryglewicz 770 Haenchen 29 Hagner 35 Hainthaler 94/ Harnack2 Hartin 56, 123, 126, 128, 729/ Hauck777 Heiligenthal 16, 64,147,174 Hengel 7, 77, 39, 41, 42, 48, 90,138,159 Hoppe 53, 55f„ 79,112 Horn 162 Hübner 198 Johnson 77,88 Jonge, de 705
222 Judge 742,149 Karrer 34,164 Karris 160 Kidd 157 Kittel 43, 87, 131 Klauck 163 Klein 5,12, 47, 65, 69, 79, 101, 770, 113,173, 196 Klijn 20 Köster 730 Kreissig 149 Kümmel 33 Kürzdörfer 8f, 12 Lampe 752,165,179,183 Lampe/Luz 755,158,163 Lautenschlager 74,108 Laws 61, 85, 173 Leutzsch 167 Lindemann 31, 33, 159,188,193, 195 Luck 55f. Ludwig 193 Lüdemann 189f., 204 Lührmann 156,197 Luther 2, 10 Luz 101, 124 Maier, G. 39,146 Maier, H. O. 182, 183 Malherbe 149f. Manns 109 Marcus 85 Marshall 103 Martin 6, 44, 61,83,173 Maser 136 Massebieau 23 Maynard-Reid 142 Mayor 5,41,75,120 Mayordomo-Marin 146 Meeks 149, 150f Meinertz 52 Merklein 754 Meyer 11, 23, 39 Michl 68, 85,187 Mitchell 152f. Moffatt 38 Moo 23, 41 Moore 705 Müller 34 Mussner 8, 40f, 43, 62, 74, 96, 130,137,177 Nauck 64 Neitzel 192
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Autorenregister Torrey46 Townsend 773 Trocme' 29 Troelsch 754, 169, 198
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Ward 76,191 Watson 79,141,172 White 15, 22 Wifstrand 7 Wilckens 179 Wuellner 12, 57, 63
Vemer 158 Vielhauer 130,166 Vollenweider 111 Vouga 67, 78
Zimmermann 175 Zmijewski 53f.
B. Stellenregister 1. Altes Testament Genesis 5,22 5,24 6,9LXX 8,21LXX 15,6 22 22,1-9 22,1 23,4 37,35
30,14 101 101 101 84 85, 189-190, 191 191 68 67 30 123
Exodus 16.4 20.5 20.6 20.17 20,20 34,14
tfS 84 777 104 68 54
19,13 19.18
144 85
Deuteronomium 1,13-15 4.1 4,6 5,10 6,5 7,9 8.2 24,14f.
79,774 725 79, 725 777 103 777 68 144
109
Josua 24,29 [LXX: V.30]
24
Judicum (Richter) 2,8 2,22 18.6
24 68 78
7. Samuel 1,17 15,22f. 20,42 29.7
78 775 78 78
2. Äwwwe/ (LXX: 2. Reg) 13,37LXX 19,2LXX 24,1
725 723 67
1. Könige (LXX: 3. Reg) 8,61LXX 11,4LXX 11,10LXX 15,3LXX 15,14LXX 18,3ff.
101 101 101 101 101 46
2. Könige 5,19 17,23
78 24
224
Register
1. Chronik 21.1 28.9 29.10
67 101 80
Esra (LXX: 1. Esra) 5,7
50
Nehemia (LXX: 2. Esra) 1,4LXX 8,35LXX 11(1),4LXX 18(8),9
30 30 123 123
Hiob 1-2 5,11 13.28 22.29 42,1-17
95 67, 128 144 128 95
Psalmen 1,1LXX 12 17,50LXX 19,8 31.2 33,8LXX 33.6 34(35), 10 36(37), 1-40 36(37), 14 38,13LXX 39,4LXX 39(40),17 40(41),2 40.7 41LXX 42,2 43,25LXX 49(50),20 51,18-21 62.5 67,25LXX 69(70),5 71(72),13 73(74),21 77,63f.LXX 78,35-37 79.6 81(82),3 83LXX
83(84),3 83,5LXX 88,4 100(101),5 104,42 108(109),22 111,1LXX 118(119),43-45 118(119),43 119
84 725 25 87 25 745 725 109 69 777
Proverbien 1,1 lff. 2,7 3,34 4,27 8,32 11,13 16,27 20.13 21.3 28.14
744 90 85,89 90 725 705 87 87 775 725
Jesaja 123 11-12 27 III 725 725 69 143 66 143 30 725 745 745 775 84 84 164 87 775 79 90 745 745 66, 143 725 102 707 66, 143 85
1,11 1,21 5,9 5,24 10, lf. 10,16 13,6 14,31 15,2f. 16,8f. 29,13 30,27 33,1 34,5-8 50,1 50,9 51,8 58.4 61,1 63,16
775 84 744 744 744 744 744 744 744 725 102 744 122,744 744 84 744 744 66 66 80
Jeremia 2,3 2,20ff. 2,30 3,7ff. 4,13 7,6 10,25
69 84 724 84 122 74, 757, 147 707
225
Stellenregister 12,3 22,3 22,13 27-29 29 29,1-23 31(48),20 31,33 36LXX 46,10 50,26f.
144 74, 137, 147 144 19 24 19,25 144 109 19 144 144
Ezechiel 15,7 16,23ff. 16,43 17,24 18,2 18,12 21,17 21.31 22,7 22,29 23,1-49 33.32 34,23 39,17
144 84 143 67, 128 74 737, 743, 147 744 67, 128 74, 737, 147 74, 737, 743, 147 84 725 24 744
2,16 5.2 6.6 9,1 10,1-4
84 744 775 84 11-12
Arnos 2.7 3,7 4.1 5,6 8.3 8.4 8.6
(56 24 74, 757, 745, 147 744 744 74, 757, 147 66
Jona 1,9LXX
24
Obadja 1
46
Zephanja 1.7
744
Habakuk 1.4
74, 757, 147
Daniel 4,10 4,37LXX 6,10 9,40
57 57 57 777
Hosea
Sacharja 7,10 8.2 11,2
74, 757, 147 84 744
Maleachi
1,2 2,4ff.
84 84
3.5 3,22
74, 757, 744, 147 24
2. Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments Abraham-Apokalypse 24,8
704
äthiopischer Henoch 48.7 94-104 94-105 96.8 98,4f.
106 745 747 744 67
99,15 100,10 103,15 108,8f.
744 744 744 106
Aristeas 31
777
226
Register
4. Makkabäer
Baruch 1,1-3 1,14 3,9-4,29 3,9-4,4
Epistula Jeremiae
20 26 20 20
1,22 1.25 1.26 2,6 9.8
104 104 83, 07 104 05
19,24,25, 98
Mose-Apokalypse 2. Esra 11.5
19,3 777
4. Esra 3,20-22 3.21 4,26ff. 14,20f.
105 77 106 106
Jubiläen 5,19 12,1 17,16 18.16 23.10 36,7ff.
101 69 67 707 101 773
Judith 8.22 8,35 16.11 16.17
1. Makkabäer 2,52 8,16 12,6-8 12.6 12,19-23 14,14
68, 707 85 14 22 14 66
2. Makkabäer 1,1-9 1,1 1,10-2,18 1,10
13, 19 28 13, 19 28
3. Makkabäer 6,7
Paralipomena Jeremiae 1,4 6,19-25 6.19 7,12-23 7,16 7,2 lff. 7,24-34
85
24 27, 50 24 27 26 26 27, 50
Psalmen Salomos 2,24 6,6 12,2f.
707 777 87
Sibylllinen 3.20
(58 78 66 144
704
69
Sirach 1.10 l,28f. 1,28 2, lff. 2,1-18 4,11-19 5.9 5.11 5.13 5.14 6,1 7,9 7,29-31 7,34 12,5 13,21f. 13,24 14,1 14,11 14,20 15,1 lff. 15,11-20 15,1 lf.
777 702 103 10 56 776 705 70 70 705 705 774 774 725 66 66 56, 148 725 774 725 105 56 67
Stellenregister 15,14 15,20 19,20 19,22 23,1.4 28.12 28.13 28,17-21 28,22 31,8 31(34),21-23 32(35),l-4 32(35),6-13 34,24-27 34,24 40,4 40,25-30 40,25f. 44-50 44,17 44,19-21 44,20 45,6-12 50,111.
705 67 116 116 80 79 103 173 81 56, 148 114 114 114 56 173 82 56 148 95 101 191 68, 114 774 774
syrische Baruch-Apokalypse 14,17 21,4 56,4 73,4f. 77,17-26 77,19 78-86 78.2 78,4 83 86,1 86.3
60 69 60 706 20 29 19-20, 24-25, 34 32 24 98 20,26,34 13
Testament Abrahams 1
707
Testamente der Zwölf Patriarchen Rüben 1,10 2,2 6,4 6,8-10
774 86 85 774
Simeon 2.6 2.7
774 85
227 3.1 3,2f. 3,4-6 4.7 4,8f. 4.8 4.9
85 774 86 85-86 86 85-86 85
3,6 6.3 9,7-14 9.10 14,6
774 774 774 707 707
Juda 13,3 14.1 18,5 23.2 23,5
85 70 774 707 707
Issachar 3.4 3,6 4,6 5.2 5.3 7.2 7.6 7.7
87 774 106 775, 727 774 775 727 86
Sebulon 5,1
775
Dan 1,6 2.5 4,5 5,1 5.3 5,5f 5,5 5.8 5.9
85, 774 774 86 86 775, 727 86 707 707 774
Naphtah 3.3 4,1 8.4
707 707 86, 705
228
Register 6,5 7.5 8,3
Gad 3,1 3.3 4,5 5.4
69109 87 85 87
70 775 706-707
Tobit 7,12
52
Asser l,3ff. 1,9 3,lf. 3.1 6,lf 6.5
702, 705 86 705 102 102 86
Joseph 11,1
775
Weisheit Salomos 1,11 2,20 2,24 3.6 6,23 9,1 9,6 14,22 18,9
87 744 85 774 85 60 116 707 774
Benjamin 5.2
86
3. Philo und Josephus Philo De Specialibus Legibus
DeAbrahamo 34 107 167
101 101 707
De Decalogo 49 51 121 142f. 142 173
87 772 772 704 704 87, 704
De Migratione Abrahami 87-93 44
II 63 III 208f. IV 83 IV 84 IV180
775, 727 775 87 704 60
De Vita Contemplativa 78
77
De VitaMosis II 58
87
Legum Allegoriae 775 700
150
77
Quod Deterius Potiori insidiari soleat De Mutatwne Nommum Catnis 16 177
705 700
704
67
Quod Deus sit Immutabilis 4
De Praemiis et Poems 17
122
707
229
Stellenregister
Josephus XVI39511
Antiquitates Judaicae VHI 13,4f. 1X4,2 XV 371 XVI 166-173
46 46 96 75
67
De Bello Judaico II 135
96
2,19 3.9 3,18f. 3.2 lf. 4.10 4,19f. 9,9 9,19
106 101 702 106 70 106 101 101
4. Qumran Damaskusschrift 2,14-26 3,2f. 4,12f. 6,14f
85 85 106 106
1QH (Loblieder) 1,34-37 2,31-35 4,10 5,20-22 15,17 16,7 16,17
70 148 109 148 144 101 101
JQM(Kriegsrolle) 11,9 11,13
148 148
1QS (Gemeinderegel) 1,3 l,17f. 2,2
24 706 101
lQSa (Gemeinschaftsregel) 1.3
106
lQpHab (Habakuk-Kommentar) 2,9 7.11 8,1 12,4
24 725 725 725
4QpPs37 (Psalmenkommentar) 2,9 2,14 2,22
149 725 725
5. Rabbinisches Schrifttum Babylonischer Talmud
Mischna
Baba Batra
Abot 2,11 3,14 5,1
70 108 69
16a
86
Qiduschin 30b
109
Register
230 Sanhedrin IIb
Genesis Rabba 20,24
1,1
Schabbat 31a
Deuteronomium Rabba 113
5,6 zu Dtn 16,19
Schebuot 31a
zu Ps 14,1
89b zu Lev 19,18
32 zu Dtn 6,5 24
Baba Qamma 20
9,31
Abot de Rabbi Natan
70
Berakhot 191 76 81
1,1
102
Sanhedrin 11,6
Midrasch ha-Gadol zu Dtn 26,13
102
Targum
Sanhedrin
1 10 16
113
Sifre zu Deuteronomium
Chagiga
I,2,18d
102
Sifra 174
Palätinischer Talmud
77d
76
Midrasch Psalmen 76
Sukka 52b
108
21
20
Targum Jerusalem I zu Lev 19,18.34
113
6. Neues Testament Matthäus 5.3 5.4 5.5 5,llf. 5,12 5,33-37 5,48 7,lf. 7,7 7,16-18 7,24-27 7,24 7,26 9,22
125,148 123 110, 125 10,64, 123-124, 132 95 121-122,204 101,204 129 119 127 124 124 124 78
11,25 11,29 12,33-35 14,31 17.20 18,6 19.21 19,28 21,21f. 22,34-40 22,39 23,12 23,29ff. 23,34 23,37 24,33
55 81 127 103 121 130 204 22,23 120 204 126 67, 128 124 95 95 129
Stellenregister 25,34 26,24b 28,17
770, 126 750 103
Markus 4.19 5,34 6,6b-13 7.29 8,36 9,33-50 10,19 10,52 ll,23f. 12,1-9 12,23-25 12,28-34 13,29
104, 107,162 78 130 78 162 750 772 78 120 124 132 113, 126-127 129, 132
Lukas 1,3 1,52 3,18 4,16ff. 5,21 5.30 5,32 6.13 6,17 6.20 6.21 6,221 6,24ff. 6,24-26 6,24f. 6.24 6.25 6,27-38 6,27-36 6,37f. 6.38 6,43f. 6,46f. 6,47-49 6.49 7,22f. 7,36ff. 7.39 7.50 8.14 8,48 9,25 10,27
159 67 9 159 160 160 160 161 161 125, 159,. 161 123 123-124 159 161 162 725 122-123 750 160 129 119 127 124 124 124 159 160 160 78 104, 162 78 162 126
231 11,9 ll,37ff. 11,37-54 11,41 11,50 12,13ff. 12.30 12.33 12,36 13,22 13,33ff. 14, lff. 14,7-14 14,11 14,12-14 15,2 15.7 16,19ff. 16,19-31 17,6 18,9-14 18,9 18,14 18,18ff. 18,18-23 18,18-30 19,lff. 19.8 19.9 21.31 22,30 21.34
119 160 160 160 724 159 707 160 129, 132 90 724 160 128 128 160 160 160 159 162 121 128 160 128 159 161 162 162 163 161 729 23 163
Johannes l,9f. 3,12 3.16 3.17 3,19ff. 3,19 3,31 5,24 6,14 6,47ff. 8,12 8,23 8,26 8,43ff. 10,36 11,9 12,35f. 12,46 15,18ff. 16,28
106 776 706 706 706 706 706 706 706 706 706 106 706 706 706 706 706 706 106 706
Register
232 16,33 17,13 17.17 17.18 17,14ff. 18.20 18.36 18.37
106 106 109 106 106 106 106 106
Apostelgeschichte 1,1 1,18 3, lff. 5,1-11 6,1 8,4ff. 9,36 10,lff. ll,lff. ll,19ff. 13-14 13.12 15,lff. 15,1 15.6 15,13-21 15.13 15,17 15,23ff. 15,23-29 15.23 15.24 15.25 16,11-15 16,16-24 16,36 18 18.8 18.21 18,24 20,17 20,29-31 20,35 21,17ff. 21,17-26 21.21 24,17 24,25f. 26.7 27.9 27.22
159 162 160 162 149 114 758, 160 774, 160 777 114 29 740 42, 777 40 28 40 45 74 43 22,28-29,41,43 49 40 45 139 162 78 151 757 740 770 163 50 752 40,42 48 40 160 162 24 9 9
Römer 1.1 l,20f. 1,28 l,30f. 2, lff. 2,5 2,25ff. 3.8 3.9 3,22 3,25ff. 3.28 3,30 4.2 4.3 4,5 4,9ff. 4,9-12 5,3-5 6.1 6,3ff. 7,7f. 7,14-23 8, lff. 8.2 9.29 9,32 11.3 11.6 11.12 11.15 12 12,14 12.17 13 13,1-7 13.7 13,9f. 13,9 13,13f. 13.13 14, lff. 14.4 14,13f. 14.18 15, lff. 15,9 15,30-32 16,1 16,3 16.5 16.16 16,17f.
25, 52, 33 192 192 87 129 192 196 40 192 192 777 112, 190 192, 196 189 189, 191 196 196 195 64, 124, 132 40 182 704 83 182 775 744 196 724 196 707 106 2 757 757 3 8 757 127 772 704 82 129, 754 757 757 25 754 27 74 163 151 69 27,31 14
Stellenregister 16,18 16,23
25 151
1. Korinther 1-4 1,10-17 1,10 1,1 lff. 1,12 1,14 l,26ff. 1,26-31 1,26 2,6-16 2.8 2.9 2,14 3,1-23 3,18ff 4,5 4,6ff. 4,8 4,19 5-6 5.3 5,12 6, lff. 6,1-11 6,5 6,7f. 6,9f. 6.12 6,14 7,lff. 7,1 7,8 7.10 7,llf. 7,17-24 7,21ff. 7,21-24 7,22 7,25ff. 7,25 8,lff. 8,1-13 8,1 8.4 8,7-13 8,8 8.13 9.14 10,lff. 10,6
179 152, 180 154 153 179 151 770, 126, 132, 197 126 55, 150, 180 75 55 777 777 152 180 129 780 770 140 153 129 129 138, 197 152 154 152 770, 126 158 182 181 153 770 132 737 156, 197 182 154 25 181 737 181 152-153 153, 169 182 154 182 154 737-732 181 104
233 10,14-11,1 10,29 10.32 ll,2ff. 11,2-16 ll,17ff. 11,17-34 ll,20ff. 11.22 ll,23ff. 11,23-26 11.23 11,34 12,4-31 12,12ff. 12,12-21 12,13 13,2 14,15 14,33-36 14.33 14,34-36 14,37 15.24 15,29ff 15,40 15,44 15,50 16,7 16,15 16.19
2. Korinther 1,17 5.1 5.2 5,4 5,19 6.7 9.8 12.20 13,12
152-153 129 154 181 154, 156 153, 170 152 138 752, 154 197 757 752 154 154 170 165 156, 197 757, 132 27 181 82 156 757 106 182 116 777 770, 126 740 69 151
114 132 116 94 94 106 68-69 158 82,87 27,31
Galater 1,10 1,19 2 2,lff. 2,1-21 2.9 2,1 lff. 2,11-16 2,16
25 45 48 42, 777 196 40 42 29 190
Register
234 3,6 3,10 3,28 4,26 5,2ff. 5,3 5,6 5,13ff. 5.13 5.14 5.15 5,16ff. 5.16 5.20 5.21 5,24 5,26 6 6.2
191 193 156, 197 31 196 112, 193 197-198 2 40,115, 197 772, 127 154 104 107 82 770, 126, 173 707 154 2 775
Epheser 1.13 2.3 2,6 2,8f. 4.14 4.22 5.5 5.15 5,19 5,22-6,9 6.18 6,19f.
68-69 707 182 43 777 707 126 156 27 155 14 14
Philipper 1.1 2, lff. 2.10 3.19 3.20 4.6 4,llf.
25,52,33,163 754 116 116 31 14 158
Kolosser 1,5 2,12 2.16 3 3,8-4,1 3.11 4 4.2 4,3f.
68-69 182 129 3 155-156 156,197 3 14 14
4,5 4,16
156 27
1. Thessalonicher 2.15 4,1-12 4,3-7 4,5 4,15-17 5 5, lff. 5.2 5.4 5.26 5.27
724 2 707 707 757 8 2 757 757 27,31 26
2. Thessalonicher 2,11 2,13 3,14f.
777 69 14
1. Timotheus 1.3 2,lf. 2.7 2,8ff. 2,8-15 2,9f. 3,3 3.8 4, lff. 4,3 5 5,13 5.16 6,lf. 6,3ff. 6.5 6.6 6.9 6.10 6,17-19 6,18 6,20f.
45 756 181 181 155 158 181 181 50 181 770 757 757, 158 155, 157, 182 181 777 158 157 757 157 158 14
2. Timotheus 1,9 1.11 l,15ff. 2,15 2,18 2,22f.
45 181 45 68-69 777, 182 704
235
Stellenregister 3,6f. 3.6 4,3-5 4,9ff.
181 181 30 45
1.9 l,10f.
Titus 1,1 1,5 1.7 1.11 1,14 2,2-10 2,3-5 2.12 3,3 3,5-7 3,9-11 3,12ff.
25, 32 33 45 181 181 177 155 181 107 104 43 14 45 y
Hebräer 6,3 11 11.16 11,36-38 13,9-16 13,14 13.17 13,18f.
140 95 31 124 14 31 94 14
Jakobus 1,1-27 l,lf. 1.1 l,2ff. 1,2-27 1,2-18 1,2-12 1,2-11 1,2-4 1.2 1.3 1.4 1,5-8 1.5 l,6f. 1.8 l,9f. 1,9-11
3, 8, 60-63, 109 42 2,6, 12-13,23-25, 41, 47-49, 200 10, 56-57, 200 59, 62-63, 72 53-54 10, 25, 54-55, 61, 64-67, 95-96 5 26, 56, 60, 64, 94 123, 132 71,94 53,62,70-71, 100, 111 65 62,102, 116-117, 119-120, 130,774 120, 130, 132 65, 90, 100, 102 128 65-66, 135-136, 139
1.10 1.11 1,12-25 1,12-18 1.12 l,13ff 1,13-27 1,13-25 1,13-18 1.13 l,14f. 1.14 1,16-25 1,16-18 1,16 1.18 1,19-4,12 1,19-3,12 1,19-27 1,19-25 l,19f 1.19 1,2 lff. 1,21-25 1.21 1,22-25 l,22f. 1.22 l,23f. 1.24 1,25-27 1.25
l,26f. 1.26 1.27 2, lff. 2,1-5,6 2,1-3,13 2,1-3,12 2,1-26 2,1-13 2,1 2,2ff. 2,2-4 2,2f.
62, 66-67, 89, 135, 143, 149, 774 135, 137, 146-147, 774 135 139 5 56,60 61,67,94-95, 123, 125 26,105 67,72 61,71 67, 109 67-68, 105 67 82 53 68 6,93 10,68-70,109 57 60 61-62,67 68 104 62,68,70,80 108 104, 109 10, 70, 81, 109 27, 70-71, 87 124,193 175 71 42 111 61-62, 70-71, 92, 95, 101, 108, 110111, 123,193 61, 71, 104 61, 72, 80 26, 88, 92, 106107, 770 746 59, 73, 200 3,8 7 73,78-79, 108, 135, 172 53,73-74 55,73-77 15 137, 145-146 8, 136, 141-142
236 2,2.3.5.6 2,2 2.4 2,5-13 2,5-7 2.5 2,6f. 2.6 2.7 2,8ff. 2,8-13 2,8-12 2.8 2,10f. 2.10 2.11 2.12 2.13 2,14ff. 2,14-26
2.14 2,15f. 2.15 2.16 2.17 2,18f. 2.19 2.20 2.21 2,21-23 2.22 2,23-35 2.23 2.24 2.25 3,lf. 3,1-5,6 3,1-4,12 3,1-12 3.1 3,2f. 3.2 3,3ff. 3,3f. 3,5-12 3,6
Register 66 16, 140, 145 16, 120, 129, 137 61 73 73,93, 106, 110, 125, 132, 148 65, 74, 137-138, 146 16, 89, 144 10, 138 88,92, 104, 110 74, 194 108, 111 6, 110, 126-127, 143 112 192 112 59, 110 143, 146, 171 7 8, 16,27,52-55, 77-78, 112, 134, 187, 189, 194-198 6 8,77, 143, 191, 196 145 6,77,171 78 6 776, 192, 195 6, 27 54, 189, 191 78, 190-191 78, 101 54 189, 191 190 195 100, 175 60 79,88, 108, 172, 178 8, 16,54,79-80, 88, 772 80, 175-176, 185 104 80, 101-102, 176 176 81 61 80-81, 88, 106
3,7 3,9f. 3.12 3,13ff. 3,13-5,6 3,13-18 3,13-17 3.13 3.14 3,15-17 3.15 4,lff. 4,lf. 4,1-10 4,1-4 4.1 4,2f. 4.2 4.3 4.4 4,5-17 4.5 4.6 4,7-10 4.7 4.8 4.9 4.10 4,llf.
4.11 4.12 4,13ff. 4,13-5,6 4,13-17 4.13 4.15 4.16 4.17 5, lff. 5,1-6 5.1 5,2f. 5.2 5.3 5.4 5.5
42 8 93, 127-128 174 3,60 55,79,81-82,88, 116-117, 176 76,53 79,81,778 117, 176 177 117, 176 61,91 774 79, 82-86, 88 8, 173 6, 103 83-84, 104, 119, 130 738, 173, 184 120 16, 26, 62, 106, 172, 184 8 84-86 66, 174 86, 101, 122 82,776 86, 102-103 6, 104, 122-123 128 8,61,79,86-88, 92, 94, 108, 177, 194 87, 129, 7P5 110 758-75P 6,89-90, 172 8, 89-91, 135, 137, 140, 143, 145 27, 89-90, 139, 146 91,140 PO, 146 145 73P, 146-147 8, 56, 89, 91-92, 135, 140, 143 6,27,89-90,725, 139, 144 140 740, 144 144 758, 140, 144 144, 746
237
Stellenregister 5.6 5,7ff. 5,7-20 5,7-12 5,7-11 5.7 5,9f. 5,9 5,10-20 5.11 5,12-20 5.12 5,13f. 5,13-20 5,13-18 5.13 5.15 5.16 5,19f. 5.19 5.20
PO, 144, 148 56,200 3, 8, 10, 14, 93-94, 200 13, 25, 93 74,93 90 93 96, 129, 132 93 94-95, 123 6 93, 95-96, 121-122, 130, 132, 204 6 13,93-94 27,94 27 14, 120 27 13 P, 14, 176 90
23,29-32 30,35 31 31 29, 64, 124 10, 25, 132 64 707 30-31 747 87, 173 155 30,83,107 31 707 29 25 64, 124, 132 29 86 43 29,31 27,32
2. Petrus 1,1
55 707 45 41 33 107,777 707 33 34 33 14,777
1. Johannes 1,26 2,7-11 2,16f. 3,15 4,6 5 5,14f. 5,16f.[-19] 5.19
P7 127 107 173 777 74 14 14 107
3. Johannes
1. Petrus 1.1 1.2 1.4 1.5 l,6f. 1.6 1.7 1.14 1.17 l,24f. 2,1 2,8-3,7 2.11 2,16 4,2f. 4,12ff. 4,12f. 4,13f. 5,8ff. 5,9 5.12 5.13 5.14
1,2 1,4 l,16ff. l,17f. 2,1 2.18 2,20 3,1 3,4 3,15f. 3,17
25,52,33-34
2
93
Judas I II 19 20 22f.
25,32 777 777 14 14
Offenbarung 1,4 1,11 2,9 3,14ff. 3,14-22 3.20 10,7 15,3 18 18, lff. 18,3 22,17-21 22,18f. 22,21
27,35 35 164 139,747 164 129, 132 24 24 139 747, 765 139 27 27 35
Register
238
7 . Frühchristliche Texte und Kirchenväter Didache
47,1-7 48,4 55,6 59.4
1,2-6 2,4 4,4 4,7 4,9-11 5,1 10,16 16,1
131 103 702, 103 103 155-156 103 27 131
2. Clemens
4.1 6,16 19,5-7 19.5 19.7 19,11 20.1 20.2
107 27 755 702, 103 103,156 703 103 87
Ignatius
131 87 131 107 707 102,705 702 702
Epheser 6.2
777
Magnesier
1. Clemens Präskript 3,1-4 3.2 4-19 4,7 8,4 10.6 10.7 11.1 11.2 12.1 13,lf. 13.2 21,6-9 23.2 23.3 30.1 30.3 32.4 34.8 35.5 35.8 37, lff. 37,5ff. 37,5-38,1 38.2 44,1-6 46,5-9 46,8
3,4 4.3 4.4 5,6f. 6,6f. 11,2 11.5 19,2
182 90 24 165
35 182 82 95 82 770 790 183 183 102,703 183 732, 165 730-737 755 702 85,102, 705 87 87 43 777 87, 182 87 165 170 165 165 182 182 750
6,1
9
Polykarp 4,1-3 4.3
155,156 770
Römer 7.1
107
Smyrnäer 3.2 4.1 Polykarp 1.3 2.2 3.2 4,2-6,1 4.3 6.1 5,3 9.2
750 9 36 43 87 777 155 87, 170 770 107 707
239
Stellenregister Martyrium des Polykarp 36 Hermas
102
Visiones I 1,8 12,4 n 2,6 II 4,2 HI 1,8 m 3,3 1115,1 III 6,3 III 6,6 ffl7,lf III 8,4 III 9,1 i n 9,2f III 9,2-4 III 9,2-6 III 9,7 III 9,9f. III 9,9
105, 107 705 183 785 785 168 184 183 757, 168 705 705 757 167 183 167 785 183 183
Mandata II lf. II 4 117 IV 3,1 VI 2,5 VIII 10 IX 1-12 1X5 X 1,1 X 1,4 X 2,4 XI lf. XI9 XI 13f. XI 14 XII 1,1-3,1 XII 1,1-3 XII 2,4 XII 5,2
87 705 77 183-184 70 167, 770 702 705 70 167-168 70 705 136 136 86 85 705 86 86
Similitudmes 18 II II 4-8 II 4 II 5f. II 10 IV 5
167,770 170 167 767, 168 168 168 168
V3,7 V4,3 V6,6 V7,l V7,2 VI 2,2 VI 2,3f. VU8,1 VH9,1 Vm 6,4 VUI 6,5 Vni 7,2 Vin 8,1-9,3 VIII 8,5 VUI9,1 VUI 9,4 V m 10,2 Vffl 10,3 IX 15,4 IX 16,5 IX 17,1 IX 17,2 1X19 IX 19,1-29,3 IX 19,2f. 1X20,1 IX 22, lff. IX 23,2f. IX 23,2 IX 25,2 1X26,2 1X27,2 1X28,7 IX 30,4f IX31,lf. 1X31,1 1X31,6
167,770 705 90 77 184 758 758 167 167 74, 138 184 183 767 183 767 183 183 183 184 784 25 25 23 25 183 167 184 183 87 784 167,770 167,770,183 705 168 168 183 183
Clemens von Alexandrien Stromateis V99,l
722
Constitutione^ Apostolorum V,19,8-20,3 VII46,lf. VIII 46,13
20 49 49
De Virginitate 111,4
2,40
240
Register Oden Salomos
Euseb
8,8
Kirchengeschichte H 1,3 1123,1 H 23,4-18 H 23,4-7 H 23,4 1123,7 H 23,18 IV 22,4 IV 23,11 V l,3ff. V 23,2-4 V 24,1 lff. V25 Vn 9,2 VII ll,llf. VII19
48 48 45 42 38, 49 46 45 45 27 36 36 36 36 136 136 49
Hebräer-Evangelium 7
49
Uber de viris Illustribus 49
Justin
Kommentar zu St. Johannes XIX 23 §152 zu Joh 8,24 38 XIX 3 §18 zu Joh 8,19 190 Protoevangelium Jacobi 1,3
24
Ps. Clemens Epistula Petri 8,3ff.
42
Homileticus 111,12 11155,1 III 56,3
173 122 122
143,3 162,2.5 170,3
45 45 45
Thomas-Evangelium
Apologia I 16,5
Origenes
Rekogmtionen
Hieronymus
2
69
12
49
122
Dialogos 63,5
136
8. Griechische und römische Schriften Epiktet 122,18 126,1-7 II 16,45 II 18,8
142 152 104 104
67
158
Plutarch De Tranquilitate Ammi
Juvenal 126-30 VI 492ff
Petronius
142 158
13, P 472EF
127
Moraha 524A-528B
158
Stellenregister
Polybius X 4,8-5,1
241
Ps. Phokylides 742
228
Ps. Libanius
Seneca
Epistolary Styles
Naturales Quaestiones
2 78
16 67
114
VII 31,2
142
9. Papyri und Inschriften Aramaic Papyri 21 30
413 414 416 417
21,24 21
Tebtunis Papyri 16 29 34 314
14 14 14 14
Oxyrinchus Papyri 14 14 14 14
528 744
14 74
C. Sachregister Abraham 78, 101, 190f. Absenderangabe 24f, 32-34, 36, 44-46, 49 Adressatenangabe 20, 23, 30, 33, 47-49 Amt 163 Anfechtungsthematik 10, 25f, 29, 56f Antiochia - antiochenische Gemeinde 22, 774,115 Antipaulinismus 170 Apokalyptik 106 Aposteldekret 28f Arme und Reiche 66f, 73-79, 89-92 - im Frühchristentum 149-170 - im Jakobusbrief 135-148 Armenfrömmigkeit 148 Armentheologie 159 Assimilationstendenz 98,154, 167 Authentizität 23, 47 Begierde 67f, 70, 83, 92, 98, 104f., 107, 158 Bergpredigt 119 Bevorzugung der Person 73f, 77, 111, 137, 170 Brief 2 - Brief und Apokalypse 34f - Brief und Epistel 15f
- Briefformel 12, 22 - Briefsituation 16 - Briefkorpus 14-16, 26, 33f., 60 -Friedensbrief 36 -frühjüdischeBriefe 14, 24 - Gemeindebrief 24, 28, 36 - Privatbrief 15f - griechische Briefkonvention 22 - Schlussgruss des Briefes 13f, 35 - Schlussteil des Briefes 13f. - Synodalbriefe 36 - Verlesung des Briefes 27 - Vielfalt des Briefkorpus 15 conditio Jacobaea 91 Dekalog 104 Diasporabrief 26f, 98 - Christianisierung 31 - im Frühchristentum 27-37 - im Frühjudentum 18-21 - und Jakobusbrief 22-28 Diatribe 3, 6f, 27 Didache
242 - paränetische Didache 8 Disposition 59-63 Doppelstruktur 5f, 60 Eid95f., 12 lf. Eifer 82 Epistel/Brief 5f. Evangelium 68f. Fluch 80f., 101 Förderer der Gemeinde 154 Formgeschichte 7 Forschungsgeschichte - zum Hauptmotiv des Jak 51-58 - zur Gattung 5-12 - zur Verfasserfrage 38f. Freiheit 114f. Gattung 2, 12f. Gebet 27, 80 Geldgier 158 Genügsamkeit 158 Gerechte, der 45f, 144 Gericht, das jüngste 147 Geschäftsreise 90, 139 Gesetz 71,101, 108-110, 194f. -derFreiheit 70, 77, 110-115 - Gesetzesverständnis des Jak 40,42,110-115 - königliches Gesetz 110 - Kultgesetz/kultische Gebote 111-115 Glaube - und Werke 52, 77f. Gottesdienst 27, 35, 76, 78, 80 Griechisch 21, 39-42, 44 Grossgrundbesitzer 140 Haustafeln 155-157 Heidenchristen 31, 195f. Hellenismus 22 Herrenbruder 11, 25, 38f, 44f, 47 Hiob 94f. Homilie 10 - Midrasch-Homilie 11 Hospitalität 183
Register - in der judenchristlichen Tradition 49 Jesusüberlieferung 118-132 Jezer86, 102f, 105,109 Judenchristen 47 Jünger Jesu 161 Kandidaten 175f. Kaufleute 89-91,138-140, 143,145, 151, 167f. Knecht Gottes/Christi 25, 33,44-46 Konflikte (od. Streitigkeiten) in der Gemeinde 79-88, 94, 110,, 152-154, 172-185 Konkurrenz 173f. Kontextverbot 3, 51, 98 Kultgesetz s. Gesetz Uhrer 16f, 79, 175-178, 180f. Liebespatriarchalismus 154 166, 169,197 Lob Gottes 80 Lobsingen 27 Lust 82f. y
Machtgier 174 Makarismus71,951, 123f. Mitarbeiter-Hypothese 43 Nächstenliebe 74, 111-113, 127 Neid 84f. Neophytenunterweisung 10 Noah 101 Paränese 2f, 7-10, 87 Paraklese 9 Parteien/Parteiung 179, 183 Paulinismus 16, 40 Paulus 106, 112, 115, 130-132, 154, 156, 187f. Pharisäer 160 Präskript 13, 22-25, 28, 31f, 36, 38-49 Primatsanspruch 48 Prolog 56, 6 lf. Propheten 94f, 113, 124, 143, 147 Prozess 152 Q 119, 123, 125f., 128-130
inclusio 172 Inkohärenz s. Zusammenhangslosigkeit Interpunktion 83 Ironie 192 Irrlehre 180f.
Rabbi - rabbinische Briefe 20 Rechtfertigungslehre 42f, 52, 189-193 Reiche/reich s. Arme und Reiche Rhetorik/rhetorisch 63, 141 Richten 87, 129, 177 Ring 14 lf.
Jakobusbild 48f. - im 2. Jh. 45f. - in der Grosskirche 48
Rundbrief 10, 18, 29, 34 Sanftmut 81
Sachregister Schekinah 75 Scheltwort 8 Schöpfung 69f. Selbstsucht 82 Situationsverbot 3, 99 Sitz im Leben 9, 26f, 80 Sozialisation 9 Sozialstatus 141-145,150ff., 169 Spruchgruppen 3 Spruchreihen 3 Stichwortlieferant 61 f. Streitigkeiten s. Konflikte Sundenbekenntnis 27 Synagoge 11, 136f. Testament - allegorisches Testament 11 Teufel 86 textpragmatische Methode 57 Thema und Rhema 63f., 70 theozentrische Perspektive 54 Töten 173f. Trübsal 164 Verfasserschaft (s. auch Authentizität) 34, 3845
243
Verleumdung 87 Versuchungen und Geduld (s. auch Anfechtung) 56f, 59,63f, 67,71, 92-94, 98 Verweltlichung 171 VollkornmenheiWollkommen 53f., 64f, 70f, 80, 98,100-103, 111 - vollkommenes Gesetz 53 Wahrheit 176f. Weheruf 122f, 161f. Weisheit 55f, 65, 81f., 116f, 147, 176f, 179 Welt 71-74, 82, 89,91, 106f. Weltiichkeit 162f, 172 Werk (s. auch Glaube und Werke) 77, 194 Wort70f, 108-110, 124 - der Wahrheit 68-70 -Tundes Wortes71, 91 Zorn 70, 81 Zunge 71, 73,101 Zusammenhangslosigkeit 2, 10 Zwei-Stufen-Hypothese 43f Zweiseeligkeit 66 Zwölf Stämme 23f, 30,47
D. Griechisches Begriffsregister
244
Register
Durch diesen Beitrag zur Erforschung des Jakobusbriefes ermoglicht Manabu Tsuji besonders im Zusammenhang mit der fruhchristlichen Geschichte eine neue Sichtweise des Jakobusbriefes.