Sabine Plötz Rüdiger Hein Johannes Ring Häufige Hauttumoren in der Praxis
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Hä...
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Sabine Plötz Rüdiger Hein Johannes Ring Häufige Hauttumoren in der Praxis
Sabine Plötz Rüdiger Hein Johannes Ring
Häufige Hauttumoren in der Praxis Unter Mitarbeit von Birgit Aigner, Benedetta Belloni und Christian Andres
Mit 305 Abbildungen
1 23
Prof. Dr. med. habil. Sabine G. Plötz
Prof. Dr. med. Dr. phil. Johannes Ring
Dermatologische Praxis Grünwalderstraße 248 81545 München
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, Technische Universität München Biedersteiner Str. 29 80802 München
Prof. Dr. med. Rüdiger Hein Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, Technische Universität München Biedersteiner Str. 29 80802 München
ISBN-13 978-3-642-24701-9 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Springer-Verlag GmbH ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden.
Planung: Dr. Klaus Richter, Heidelberg Projektmanagement: Hiltrud Wilbertz, Heidelberg Lektorat: Susanne Meinrenken, Bremen Coverabbildung links: © Prof. Dr. Sabine Plötz, München/Dermatoskop mit freundlicher Genehmigung von HEINE Optotechnik, Herrsching Coverabbildung rechts: © Dermatologische Klinik, TU München Umschlaggestaltung: deblik, Berlin Satz: TypoStudio Tobias Schaedla, Heidelberg SPIN: 80113347 Gedruckt auf säurefreiem Papier
106/2111 wi – 5 4 3 2 1 0
V
Vorwort Das Anliegen des vorliegenden Buchs ist eine möglichst einfach zu handhabende Zusammenstellung von Klinik und Therapie der Hauttumoren, die dem Arzt in der Praxis am häufigsten begegnen. Hierfür wählten wir eine Gegenüberstellung von Bildmaterial und Therapie. Hauptaugenmerk legten wir auf die bildliche Darstellung der häufigen typischen Hautveränderungen und ihrer Varianten, aus diesem Grunde wurde auf die Abbildung und Abhandlung seltener Krankheiten verzichtet. Mit diesem Buch haben wir uns das Ziel gesetzt, in übersichtlicher und einfacher Form ausschließlich Informationen zu Diagnose, Differenzialdiagnose und Behandlung praxisrelevanter Kriterien bei der Begutachtung und Einordnung häufiger Hauttumoren zu geben. Ausführliche theoretische Erörterungen zu Pathogenese, Histologie etc. sowie umfassende Literaturangaben wurden zugunsten von Übersichtlichkeit und einfacher Benutzung bewusst nicht berücksichtigt. Differenzialdiagnostische Erwägungen wurden nur dort aufgenommen, wo sie v.a. zur Abgrenzung von malignen Hautveränderungen unbedingt nötig erschienen. Mit so wenig Text wie möglich, aber mit der ausführlichen bildlichen Darstellung klinischer Varianten werden diagnostisch führende Merkmale in diesem kurz gefassten Leitfaden betont. Ausführlich dargestellt werden die benignen und malignen Hauttumoren, die dem Arzt in der Praxis häufig begegnen. Auch therapeutische Möglichkeiten, die in der Praxis sinnvoll und möglich sind, werden erörtert. Auf die detaillierte Abhandlung klinisch-stationärer Behandlungsmaßnahmen wurde verzichtet und jeweils nur hingewiesen. Das vorliegende, reich illustrierte Handbuch soll dem Studenten, dem Arzt in der Weiterbildung sowie Kollegen und Kolleginnen in der Praxis und v.a. auch Vertretern benachbarter Fachgebiete, wie Hausärzten, Internisten oder Kinderärzten, bei der Begutachtung und Einordnung häufig auftretender Hauttumoren ein Leitfaden sein. Sabine Plötz Rüdiger Hein Johannes Ring München, im Herbst 2011
VII
Autoren Prof. Dr. med. habil. Sabine G. Plötz Dermatologische Praxis Grünwalderstraße 248 81545 München
Prof. Dr. med. Rüdiger Hein Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, Technische Universität München Biedersteiner Str. 29 80802 München
Prof. Dr. med. Dr. phil. Johannes Ring Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, Technische Universität München Biedersteiner Str. 29 80802 München
Unter Mitarbeit von
Dr. Univ. Birgit Aigner (Kapitel 2, 9, 15) Dermatologische Praxis Grünwalderstraße 248 81545 München
Dr. Benedetta Belloni (Kapitel 12, 13, 15) Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, Technische Universität München Biedersteiner Str. 29 80802 München
Priv.-Doz. Dr. med. Christian Andres (Kapitel 12, 13) Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, Technische Universität München Biedersteiner Str. 29 80802 München
IX
Inhaltsverzeichnis 1
Differenzialdiagnosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Differenzialdiagnose Zysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Differenzialdiagnose Benigne mesenchymale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Differenzialdiagnose Benigne epitheliale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Differenzialdiagnose Fehlbildungen der Haut . . . . . . 4 Differenzialdiagnose Gefäßtumoren . . . . . . . . . . . . . . . 5 Differenzialdiagnose Narben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Differenzialdiagnose Warzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Differenzialdiagnose Nävi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Differenzialdiagnose Melanom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Differenzialdiagnose Maligne epitheliale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Differenzialdiagnose Kutane Lymphome . . . . . . . . . 12
2
Hautkrebsvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13
2.1 2.2 2.2.1 2.2.2
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Ablauf der Hautkrebsvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Visuelle Ganzkörperinspektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
3
Zysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6
Atherome (Trichilemmalzysten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Retentionszysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Skrotalzysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Milien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Mukoide Dorsalzysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Hidrozystom (Schweißdrüsenzysten) . . . . . . . . . . . . . 22
4
Benigne mesenchymale Tumoren . . . . . . . . . . . .23
4.1 4.2 4.3
Fibroma molle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Fibrosis nodularis (Nase) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Dermatofibrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
5
Benigne Tumoren bzw. Gebilde der Schweißdrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29
5.1
Syringome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
6
Benigne epitheliale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . .31
6.1 6.2
Seborrhoische Keratosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Melanoakanthom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
7
Lipome und andere Fettgewebstumoren . . . . .37
7.1 7.2 7.2.1 7.2.2
Lipome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Sonderformen von Fettgewebstumoren . . . . . . . . . . 39 Piezogene Knötchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Hibernom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
7.2.3 7.3 7.4
Lipomatosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Xanthome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Xanthelasma palpeprarum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
8
Anomalien und Fehlbildungen der Haut . . . . .43
8.1 8.2
Akzessorische Mamille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Aurikularanhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
9
Gefäßtumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .45
9.1 9.2 9.3 9.4 9.4.1 9.5 9.5.1 9.5.2 9.5.3 9.6 9.7
Eruptive (senile) Angiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Thrombosiertes Hämangiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Lippenrandangiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Lokalisierte klassische Hämangiome . . . . . . . . . . . . . . 48 Kavernöses Hämangiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Kapilläres Hämangiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Angiokeratome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Syndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Vaskuläre Malformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Spider-Nävi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Granuloma pyogenicum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
10
Keloide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
11
Virusinduzierte benigne Hauttumoren (Warzen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .59
11.1 11.1.1 11.1.2 11.2 11.3 11.3.1 11.4
Verrucae vulgares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Verrucae plantares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Filiforme Verrucae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Verrucae planae juveniles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Condylomata acuminata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Sonderformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Molluscum contagiosum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
12
Nävi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69
12.1 12.1.1 12.1.2 12.1.3 12.2 12.2.1 12.2.2 12.2.3 12.2.4 12.3
Organoide Nävi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Papillomatöser weicher epidermaler Nävus . . . . . . . 70 Nävus sebaceus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Talgdrüsenhyperplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Melanotische Flecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Epheliden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Café-au-lait-Fleck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Becker-Nävus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Lentigo simplex, Lentigines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Melanozytäre Nävi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
X
Inhaltsverzeichnis
12.3.1 12.3.2 12.3.3 12.3.4 12.3.5 12.4 12.4.1 12.4.2 12.4.3 12.4.4 12.4.5 12.5
12.6 12.6.1 12.6.2 12.6.3
13
Nävus coeruleus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Nävuszellnävi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Dermale Nävi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Kongenitale melanozytäre Nävi . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Tierfellnävus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Sonderformen und Differenzialdiagnosen von Nävi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Schwarzer Nävus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Nävus Spitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Sutton-Nävus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Nävus spilus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Atypischer Nävus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Management von Patienten mit multiplen und atypischen Nävi (Syndrom der dysplastischen Nävi) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Nävus versus Melanom (Differenzialdiagnose) . . . . 83 Vorveränderungen und Frühformen . . . . . . . . . . . . . . 83 Melanomsimulatoren und deren Differenzialdiagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Diagnostische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Malignes Melanom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .87
13.1 13.2 13.2.1 13.2.2 13.2.3 13.3 13.4 13.4.1 13.5 13.6
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Sonderformen des Melanoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Amelanotische maligne Melanome . . . . . . . . . . . . . . . 93 Desmoplastische Melanome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Schleimhautmelanome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Diagnose des Primärtumors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Präoperative Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Ausbreitungsdiagnostik und Stadieneinteilung . . . 94 Wächterlymphknoten-Biopsie zum Nachweis einer Mikrometastasierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 13.7 Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 13.8 Metastasierung des Melanoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 13.9 Entwicklung neuer Möglichkeiten der Immuntherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 13.10 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
14
Epitheliale maligne Hauttumoren (»Weißer Hautkrebs«) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
14.1 14.2
Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Risikofaktoren für die Entwicklung kutaner epithelialer Karzinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Tumortypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Aktinische Keratose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Morbus Bowen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Keratoakanthom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Spinaliom (Plattenepithelzellkarzinom der Haut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
14.3 14.3.1 14.3.2 14.3.3 14.3.4
14.3.5 Basaliom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 14.4 Tumornachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
15
Kutane Lymphome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
15.1 15.2 15.2.1 15.2.2 15.2.3 15.3
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Primär kutane T-Zell-Lymphome . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Mycosis fungoides . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Sézary-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Lymphomatoide Papulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Kutane B-Zell-Lymphome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
16
Sonnenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
16.1
Regeln für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Sonne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Sonnenschutzmittel – Zusammensetzung und Lichtschutzfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
16.2 16.3
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
1
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnose Zysten – 2 Differenzialdiagnose Benigne mesenchymale Tumoren – 3 Differenzialdiagnose Benigne epitheliale Tumoren – 3 Differenzialdiagnose Fehlbildungen der Haut
– 4
Differenzialdiagnose Gefäßtumoren – 5 Differenzialdiagnose Narben
– 6
Differenzialdiagnose Warzen
– 6
Differenzialdiagnose Nävi
– 7
Differenzialdiagnose Melanom
– 10
Differenzialdiagnose Maligne epitheliale Tumoren Differenzialdiagnose Kutane Lymphome
– 11
– 12
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
2
1
Kapitel 1 · Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnose Zysten Wegweisende Effloreszenz
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Kugelige, prall elastische, bis pflaumengroße, verschiebliche Tumoren, mit weißlich breiigem Inhalt
Trichilemmalzyste
18
Stecknadelkopf- bis zu tennisballgroße, kugelige, kutan-subkutan gelegene Tumoren, an Haarfollikel-reichen Stellen; oft mit Ausführungsgang und käsig riechendem Inhalt
Epidermalzyste
18
An der Skrotalhaut zahlreiche disseminierte stecknadelkopf- bis kirschgroße, prall vorgewölbte Zysten mit z.T. gelblichem Farbton
Skrotalzysten
20
Weiße oder gelbe etwa 1–2 mm große, flache, v.a. periorbital gelegene Papeln
Milie
20
Meist an den Dorsalseiten der Finger- bzw. Zehenendphalangen umschriebene, weiche, oft transparente Zyste. Bei Stichinzision entleert sich ein muköses, gelartiges Sekret
Mukoide Dorsalzyste
21
Solitärer, stecknadelkopf- bis erbsengroßer, zystischer, prall elastischer Tumor. Bei Stichinzision entleert sich wässrige Flüssigkeit
Hidrozystom
22
1
3 Differenzialdiagnose Benigne epitheliale Tumoren
Differenzialdiagnose Benigne mesenchymale Tumoren Wegweisende Effloreszenz
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Hautfarbene, oft gestielte, meist linsengroße Tumoren v.a. an den seitlichen Halspartien, über den Schultern, in den Achseln, submammär und gelegentlich auch inguinal
Fibroma molle
24
Solitäre, linsengroße, hautfarbene, weißliche oder bräunliche Papeln an der Nase
Fibrosis nodularis nasi
25
Solitäre, derbe, halbkugelige, platten- teils pastillenartige, rot- bis bräunliche Knötchen, die gut verschieblich sind
Dermatofibrom
25
Multiple, einige Millimeter große, hautfarbene, mäßig derbe, helle Papeln am Unterlid (selten Hals, Brust Genitale)
Syringome
30
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Solitäre oder multiple, hell bis dunkelbraune, 0,2–1 cm große, scharf begrenzte, exophytisch, papillomatöse Läsionen mit gefelderter oder gepunzter Oberfläche
Seborrhoische Keratosen
32
Besonders dunkle seborrhoische Keratosen
Melanoakanthom
34
Differenzialdiagnose Benigne epitheliale Tumoren Wegweisende Effloreszenz
▼
4
1
Kapitel 1 · Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnose Benigne epitheliale Tumoren (Fortsetzung) Wegweisende Effloreszenz
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Weicher glatter flacher, subkutan tastbarer Tumor
Lipom
38
Kleine, manchmal schmerzhafte Fetthernien im Fersenbereich
Piezogene Knötchen
39
Benigne, v.a.im Schulterbereich auftretende Lipome
Hibernom
39
Eruptive Xanthome: glasstecknadelkopf- bis erbsgroße, gelbe Knötchen, disseminiert und in größerer Anzahl mit bevorzugter Lokalisation am Gesäß, aber auch an Brust, Bauch, Rücken, Armen und Gesicht Tuberöse Xanthome: orange-gelblich schimmernde, Knoten- bis Plaque-artige Fettablagerungen an der Haut
Xanthome
40
Weiche, samtartige, gelbe, scharf begrenzte, konfluierende Knötchen in der Haut, v.a. in den Lidwinkeln vorkommend
Xanthelasma palpeprarum
40
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
An der Brust und am Oberbauch finden unterhalb der Mamille braune oder rosafarbene, z.T. genabelte Papeln mit einem pigmentierten Hof
Akzessorische Mamille
44
Kongenitale, hautfarbene Höcker oder Papeln, üblicherweise präaurikulär gelegen, von weicher oder knorpelharter Konsistenz
Aurikularanhang
44
Differenzialdiagnose Fehlbildungen der Haut Wegweisende Effloreszenz
1
5 Differenzialdiagnose Gefäßtumoren
Differenzialdiagnose Gefäßtumoren Wegweisende Effloreszenz
▼
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Stecknadelkopf- bis erbsengroße, hell- bis dunkelrote Tumoren, die äußerst selten bluten. Sie sind vorwiegend am Stamm, aber auch an Extremitäten und Gesicht lokalisiert
Eruptive, senile Angiome
46
Blau-schwarze, gelegentlich grau-blaue, derbe Hautveränderung
Thrombosiertes Hämangiom
46
Im Lippenrot findet sich ein etwa linsengroßer, bläulicher oder schwärzlicher weicher Nodus, bevorzugt in der zweiten Lebenshälfte
Lippenrandangiom
48
Halbkugelig oder flach tumorös erhabener, tief roter blau-roter oder nur bläulich durchschimmernder, hautfarbener, weicher Tumor in Einoder Mehrzahl
Kavernöses Hämangiom
49
Scharf begrenzte, meist münzgroße, teils erhabene, weiche Knoten von hellroter Farbe
Kapilläres Hämangiom
50
Seit der Geburt bestehende, zunächst hyperkeratotische, dunkelrote bis blau-schwarze Veränderung in Form einer Papel oder eines Knotens, bevorzugt am Unterschenkel, an Hüfte oder Gesäß lokalisiert
Angiokeratom
51
6
1
Kapitel 1 · Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnose Gefäßtumoren (Fortsetzung) Wegweisende Effloreszenz
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Typisch ist eine pulsierende (unter Lupe, Glasspateldruck), zentrale Arteriole mit sternförmig angeordneten, abführenden, stärker gefüllten Kapillaren
Spider-Nävus
52
Es entwickelt sich aus Verletzungen oder auf entzündlich veränderter Haut innerhalb weniger Wochen ein erbsen- bis kirschgroßer, weicher, teils kugeliger teils aufsitzender, benigner Tumor von roter, blau-roter oder blau-schwarzer Farbe mit umgebender Epithelkrause. Die Oberfläche ist glatt oder erosiv, evtl. nässend oder blutend oder von einer gelblichen Fibrinschicht bedeckt
Granuloma pyogenicum
52
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Keloide
55
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Asymptomatische, hautfarbene, flache oder derbe, kalottenförmige Knötchen mit rauer-keratotischer Oberfläche, mit Warzenhämorrhagien
Verrucae vulgares
60
Dünne, zapfenartige oder fadenförmige Verrucae vulgares, häufig im Gesicht und am Hals lokalisiert.
Verrucae filiformes
64
Differenzialdiagnose Narben Wegweisende Effloreszenz Zunächst hellrote, später blasse oder hyperpigmentierte wulstförmig über der Haut stehende Herde mit z.T. scherenartigen Ausläufern
Differenzialdiagnose Warzen Wegweisende Effloreszenz
▼
1
7 Differenzialdiagnose Nävi
Differenzialdiagnose Warzen (Fortsetzung) Wegweisende Effloreszenz
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Flache, rötliche oder hautfarbene, 1–4 mm große Papeln, die v.a. bei Jugendlichen im Gesicht, an Händen oder distalen Unterarmen auftreten
Verrucae planae
64
Initial stecknadelkopfgroße, rosa bis weißliche Papel. Später oft multiple, exophytische Papillome mit flacher oder spitzer Oberfläche, die hautfarben, braun oder weißlich mazeriert sind
Condyloma acuminata
65
Multiple hautfarbene bis perlweiße, etwas durchscheinende, symptomlose halbkugelige Papeln von 3–5 mm Durchmesser und glatter Oberfläche
Mollusca contagiosa
66
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Kongenital oder seit der Kindheit, meist umschriebene Areale mit aggregierten weichen pigmentierten oder hautfarbenen Papeln und unterschiedlich stark ausgeprägter keratotischer Oberfläche
Papillomatöser weicher epidermaler Nävus
70
Meist am Capillitium gelegene, scharf begrenzte, leicht erhabene, haarlose, orange-gelbe Plaque, häufig schon bei Geburt bestehend
Nävus sebaceus
70
In UV-exponierten Arealen, bevorzugt an Stirn und Wangen, kleine, hautfarbene bis gelbliche, zentral genabelte Papel
Talgdrüsenhyperplasie
71
Differenzialdiagnose Nävi Wegweisende Effloreszenz
▼
8
1
Kapitel 1 · Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnose Nävi (Fortsetzung) Wegweisende Effloreszenz
▼
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Scharf begrenzte, bizarr konfigurierte meist bräunliche Pigmentflecken
Ephelide
71
Hellbraune, unregelmäßige konfigurierte, scharf begrenzte, münz- bis handtellergroße, gleichmäßige, hellbraune Hyperpigmentierung
Café-au-lait-Fleck
72
Bizarr konfigurierte größere hell- bis dunkelbraune Hyperpigmentierung, bei der im Verlauf das Wachstum von Haaren beobachtet werden kann
Becker-Nävus
72
Regelmäßig begrenzte, hellbraune bis dunkelbraune im Hautniveau verbleibende linsen- bis münzgroße Maculae
Lentigines
72
Flach, gelegentlich knotig erhabene Läsionen mit glatter Oberfläche, dunkelblau, zentral gelegentlich grau bis weißlich und überschreiten einen Durchmesser von 1 cm nur selten
Nävus coeruleus
73
Hautfarbene, halbkugelige, fibromähnliche Gebilde mit glatter Oberfläche, aus denen gelegentlich borstige Haare ragen
Dermale Nävi
75
1
9 Differenzialdiagnose Nävi
Differenzialdiagnose Nävi (Fortsetzung) Wegweisende Effloreszenz
▼
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Unterschiedlich große, umschriebene Maculae mit hellbrauner bis schwärzlicher Pigmentierung, die häufig vermehrte Behaarung aufweisen
Kongenitale Nävi
76
Meist dunkelbraun, abschnittweise aber oft auch hellere weiche Tumoren, die großflächig sind und an der Oberfläche teilweise glatt oder gefurcht bis papillomatös erscheinen. Dicke, braun-schwarze Haare bedecken häufig den Tumor
Tierfellnävus
77
Dunkelbraune, meist jedoch schwarze Maculae und Papeln, die bevorzugt am Rücken lokalisiert sind
Schwarzer Nävus
79
Meist in früher Kindheit entwickelt sich ein runder halbkugeliger oder kegelförmig erhabener Tumor. Dieser ist aufgrund seiner starken Durchblutung rot oder rot-braun gefärbt, in seltenen Fällen aber auch braun
Spindelzellnävus
79
Rundlicher, depigmentierter Hof um den zentral liegenden, pigmentierten oder nicht pigmentierten Nävuszellnävus
Halo-Nävus (SuttonNävus)
80
10
1
Kapitel 1 · Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnose Nävi (Fortsetzung) Wegweisende Effloreszenz
Verdachtsdiagnose
Seitenverweis
Großflächige, unregelmäßig konfigurierte, scharf begrenzte, hellbraune Verfärbung (Café-au-laitFleck) mit einliegenden Lentigines und Nävuszellnävi
Nävus spilus
80
Auffällige, meist >5 mm große Nävuszellnävi mit dunkler Pigmentierung und unregelmäßiger Konfiguration, individuell verschieden. Ihre Kontur ist oft unregelmäßig, die Begrenzung eher unscharf, die Pigmentierung meist unregelmäßig
Atypischer Nävus
81
Differenzialdiagnose Melanom Wegweisende Effloreszenz
▼
Verdachtsdiagnose
Häufigkeit
Seitenverweis
Flache, horizontale Ausbreitung und farbliche Vielfalt. Einzelne, zentrale oder randständige Bezirke sind als Zeichen einer spontanen Rückbildung wieder hautfarbenrötlich oder wegen des tiefliegenden Restpigments bläulich gefärbt. Später entstehen knotige, oft erosive Anteile. Das SSM findet sich besonders häufig am Stamm und den Extremitäten und hierbei mit einer Bevorzugung des Rumpfs beim männlichen und der Extremitäten beim weiblichen Geschlecht
Superfiziell spreitendes Melanom
Inzidenz aller Melanome: ca. 20/100.000*, ** >60% aller Melanome
88
Dunkelbraun bis schwarz pigmentierter exophytischer Tumor, der knotig zur Tiefe (vertikales Wachstum) wächst
Noduläres Melanom
15% aller Melanome**
89
Geht aus jahre- bis jahrzehntelangem Bestand einer Lentigo maligna hervor, häufig im Gesichtsbereich älterer Patienten. Klinisch ist der Tumor durch eine unscharf begrenzte, inhomogene, unterschiedliche Hell- bis Schwarzbraunfärbung im Niveau der umgebenen Haut charakterisiert
LentigomalignaMelanom
15% aller Melanome**
89
1
11 Differenzialdiagnose Maligne epitheliale Tumoren
Differenzialdiagnose Melanom (Fortsetzung) Verdachtsdiagnose
Häufigkeit
Seitenverweis
Überwiegend palmoplantar, auch subungual oder periungual. Klinisch zeigt sich ein sich vergrößernder, brauner Fleck
Akrolentiginöses Melanom
5% aller Melanome**
91
Depigmentiert, selten. Klinisch präsentieren sich amelanotische Melanome oft als rötliche oder hautfarbene, teils erosive Areale
Amelanotisches Melanom
<5% aller Melanome**
93
Wegweisende Effloreszenz
* Garbe C, Blum A (2001) Epidemiology of cutaneous melanoma in Germany and worldwide. Skin Pharmacol Appl Skin Physiol 14: 280-290 ** Medical University Vienna. http://hauttumoren-boesartige.universimed.com/
Differenzialdiagnose Maligne epitheliale Tumoren Wegweisende Effloreszenz
▼
Verdachtsdiagnose
Häufigkeit
Seitenverweis
Häufig im Gesicht oder am Handrücken lokalisierte asymptomatische, schuppende, persistierende, hautfarbene bis rötlichbraune Herde
Aktinische Keratosen
Prävalenz >70-Jähriger in Europa 34% (Männer), 18% (Frauen)*****
102
Scharf begrenztes, unregelmäßig geformtes, gelegentlich eleviertes Erythem mit silbrig glänzender Schuppung (»psoriasiformer Aspekt«) mit Prädilektion an Rumpf und distalen Extremitäten
Morbus Bowen
Keine genauen Angaben (seltener als aktinische Keratosen)
106
Erbs- bis münzgroßer, halbkugeliger, hautfarbener bis rötlicher Knoten mit zentralem, horngefülltem Krater
Keratoakanthom
Inzidenz ist niedriger bis halb so hoch wie bei Plattenepithelkarzinomen ****
107
12
1
Kapitel 1 · Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnose Maligne epitheliale Tumoren (Fortsetzung) Verdachtsdiagnose
Häufigkeit
Seitenverweis
Hyperkeratotischer Knoten, häufig mit Krusten und Ulzerationen aus einer hautfarbenen bis gelb-grau-bräunlichen, keratotischen Plaque
Spinaliom
Inzidenz in Mitteleuropa: 20–30/100.000 ***
108
Meist Beginn mit einem kleinen harten Knoten oder einer umschriebenen Induration der Haut. Oft finden sich am Rand der Läsion feine rötliche Teleangiektasien sowie perlschnurartige Verdickungen am Rand des Tumors. Auch Ulzeration nach langem Wachstum möglich
Basaliom
Inzidenz: Männer: 80/100.000 Frauen: 50/ 100.000 (in Südstaaten der USA: 400/ 100.000) *, **
110
Wegweisende Effloreszenz
* Alexander Meves. Intensivkurs Dermatologie. 1. Auflage. Urban und Fischer Verlag. ISBN 9783437411625 **Pfeifer B, Preiß J, Unger C. Onkologie integrativ. 1. Auflage. Urban und Fischer Verlag. ISBN 9783437564208 *** ADO Leitlinie: http://www.krebsgesellschaft.de/download/leitlinie_spinaliom_ado_2009.pdf **** Fritsch P. Dermatologie und Venerologie für das Studium. 1. Auflage. Springer Verlag. ISBN 978-3-540-79302-1 ***** Ado Leitlinie Aktinische Keratose http://www.ado-homepage.de/projekte/1/upload/leitlinie_aktinische_keratose_ado_2009.pdf
Differenzialdiagnose Kutane Lymphome Wegweisende Effloreszenz
Verdachtsdiagnose
Häufigkeit
Seitenverweis
Charakteristischer Stadienverlauf: von Maculae (»Flecken«), ekzemähnlichen Läsionen (prämykosides Stadium) über Plaques (infiltratives Stadium) hin zu Tumoren (tumoröses Stadium)
Mycosis fungoides
Inzidenz: 0,36/100.000 (laut Studie, die in den USA zwischen 1973–1992 durchgeführt wurde) ***
122
Erythrodermie, Lymphknotenschwellungen, quälender Juckreiz. Ekzematöse sowie psoriasiforme, lange bestehende Hautveränderungen münden in eine Erythrodermie mit stark infiltrierter und schuppender Haut
SézarySyndrom
Inzidenz: 0,56 pro 1 Mio.**
123
Vor allem am Stamm und den Extremitäten, rötlich bräunliche gruppierte Papeln und Nodi, die im Verlauf teils pityriasiforme Schuppung oder hämorrhagisch nekrotische Ulzera aufweisen. Varioliforme Narbenbildung
Lymphomatoide Papulose
Inzidenz 1,2– 1,9 Neuerkrankungen pro 1 Mio.*
125
* Korpusik D, Ruzicka T. Klinische Verlaufsformen und Therapie der lymphomatoiden Papulose. Der Hautarzt 2007; 58: 870-881 ** Bernengo MG, Quaglino P, Novelli M et al. Prognostic factors in Sézary syndrome. Annals of oncology 1998; 9: 857-863 *** Weinstock MA, Gardstein B. Twenty year trends in the reported incidence and mortality of mycosis fungoides AM J Public health 1999
2
Hautkrebsvorsorge
2.1
Einleitung
– 14
2.2
Ablauf der Hautkrebsvorsorge – 14
2.2.1 2.2.2
Anamnese – 14 Visuelle Ganzkörperinspektion
– 14
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
2
14
Kapitel 2 · Hautkrebsvorsorge
2.1
Einleitung
In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der Neuerkrankungen von malignen Hauttumoren in Europa sprunghaft angestiegen. Jährlich erkranken in Deutschland über 75000 Menschen an Hautkrebs. Als Ursache hierfür werden sowohl verändertes Freizeitverhalten (häufige UV-Exposition) als auch Umweltfaktoren, welche zu einem Anstieg der UV-Belastung führen, angeführt. Zugleich ist bekannt, dass gerade bei Malignomen der Haut durch gezielte Früherkennung die Heilungschancen ausgezeichnet sind. Ziel der Vorsorgeuntersuchung, auch »Hautscreening (Filteruntersuchung)« genannt, ist deshalb die Erkennung von Vorläuferläsionen oder frühen Stadien der Hautmalignome, um Heilungschancen zu erhöhen. Als Oberflächenorgan ist die Haut einer genauen und vollständigen Inspektion gut zugänglich, bösartige Hautveränderungen oder deren Vorstufen können durch bloße Inspektion durch den erfahrenen Untersucher ohne Hilfsmittel erkannt werden. Darüber hinaus korreliert die Prognose der Hauttumoren ganz entscheidend mit dem Stadium, und durch frühzeitige Erkennung von Hautmalignomen und deren Vorstufen können Risiken, wie die Metastasierung von Melanomen oder auch das Auftreten nahezu inoperabler epidermaler Malignome, erheblich minimiert werden. Durch gezielte Aufklärung über das individuelle Risiko des Patienten kann die Zahl der schweren, spät erkannten Hautkrebsformen verringert werden. Die Vorsorge ist jedem Patienten, auch Kindern, aber v.a. Patienten mit folgenden Merkmalen anzuraten: ▬ Häufige Sonnenbrände in der Kindheit und Jugend ▬ Häufige UV-Exposition in der Anamnese ▬ Heller Hauttyp ▬ Hohe Anzahl an Nävuszellnävi ▬ Familiäre Melanomanamnese ▬ Berufliche Exposition zu Teer oder Arsen ▬ Radiatio (z.B. nach Radiotherapie) ▬ Einnahme von immunsupprimierenden Medikamenten ▬ Kongenitale Nävuszellnävi ▬ Atypische/dysplastische Nävuszellnävi in der Anamnese Die Untersuchungsintervalle richten sich nach dem jeweiligen Risikoprofil des Patienten, in der Regel erfolgen Hautkrebsvorsorgeuntersuchungen in jährlichem Abstand, bei Patienten mit hoher Anzahl von Nävuszellnävi oder anamnestisch atypischen/dysplastischen Nävi halbjährlich.
2.2
Ablauf der Hautkrebsvorsorge
Die Hautkrebsvorsorge beinhaltet: ▬ Gezielte Anamnese ▬ Visuelle Ganzkörperinspektion ▬ Befundmitteilung und Beratung
2.2.1
Anamnese
Die Anamnese ist die erste wichtige Kontaktaufnahme mit dem Patienten, bevor er sich entkleidet. In der Anamnese sind insbesondere die Eigen- und Familienanamnese in Bezug auf Hautkrebs sowie das Vorkommen früherer atypischer oder dysplastischer Nävi von Bedeutung. Zudem sollte jeder Patient gefragt werden, ob denn eine Veränderung eines Muttermals aufgefallen sei oder er eine nicht heilende, sich verändernde oder gar blutende Läsion entdeckt habe, ob er frühe und häufige Sonnenbrände gehabt oder in sonnenreichen Regionen gelebt habe.
2.2.2
Visuelle Ganzkörperinspektion
Die klinische Untersuchung des Patienten von Kopf bis Fuß muss in angemessenem Abstand stets bei guter Beleuchtung erfolgen. Hierfür sollte sich der Patient zunächst bis auf die Unterwäsche entkleiden. Während der Untersuchung oder im Anschluss kann die Inspektion der Genitoanalregion durchgeführt werden. Die visuelle Untersuchung des Integuments einschließlich der Mundschleimhaut, des Capillitiums, der Palmae, Plantae, der Hautfalten einschließlich der Analfalte, und des äußeren Genitales erfolgt standardisiert. Es ist durchaus möglich, dass maligne Hautveränderungen auch an Stellen lokalisiert sind, welche nicht übermäßig der Sonne exponiert wurden. Deshalb ist es wichtig, das gesamte Integument zu betrachten. Da jedoch bevorzugt Gesicht und Capillitium hoher Sonnenexposition ausgesetzt sind und diese Regionen häufige Prädilektionsstellen für aktinische Keratosen, Basaliome und Spinaliome darstellen, müssen diese akribisch untersucht werden. Auch die retroaurikuläre Region, der äußere Gehörgang sowie die Helix müssen begutachtet werden. Sehhilfen sollten abgenommen werden, um auch die Augeninnenwinkel beurteilen zu können. Es hat sich bewährt, zunächst das Gesamtbild der Pigmentmale zu betrachten und dann auffällige Nävuszellnävi oder verdächtige nichtpigmentäre Hautläsionen im Detail zu erfassen. Auffällige Läsionen, welche mit bloßem Auge nicht eindeutig zu beurteilen sind, werden mit einer ca. 10bis 50-fachen Vergrößerung durch das Dermatoskop
15 2.2 · Ablauf der Hautkrebsvorsorge
⊡ Abb. 2.1 Handelsübliches Dermatoskop (Mit freundlicher Genehmigung von HEINE Optotechnik)
(Auflichtmikroskop) untersucht (⊡ Abb. 2.1, ⊡ Abb. 2.4, ⊡ Abb. 2.6, ⊡ Abb. 2.8). Die häufig genutzten monokularen Dermatoskope weisen eine 10-fache Vergrößerung auf. Diagnostisch erlaubt das Dermatoskop eine genauere Beurteilung der pigmentierten Tumoren ( Kap. 1 und Kap. 12.7, Differenzialdiagnose: Nävus versus Melanom), aber auch die nichtpigmentierten Tumoren weisen spezifische dermatoskopische Merkmale auf, die für die Diagnose hilfreich sind. Bei pigmentären Hautveränderungen (z.B. pigmentierte Nävuszellnävi) kann neben Symmetrie oder Asymmetrie der vorliegenden Läsionen insbesondere die Pigmentstruktur beurteilt werden (regulär, engmaschig, feintrabekulär, prominent, irregulär), aber auch spezifische dermatoskopische Kriterien wie Globuli, Pseudopodien, radiäre Ausläufer, schwarze Punkte (black dots), Schleier, grau-blaue Areale, Hypopigmentierung und stahlblaue Anteile werden sichtbar ( Kap. 1 und Kap. 13, Differenzialdiagnose Malignes Melanom). Nichtpigmentäre Hauttumoren wie seborrhoische Keratosen können dermatoskopisch durch die Darstellung von z.B. Pseudohornzysten bei fehlendem Pigmentnetz abgegrenzt werden. Rötlich-schwarze Lakunen sprechen für thrombosierte Angiome, baumartig verzweigte Gefäße und ahornblattartiges Pigmentmuster können auf ein Basaliom hinweisen. Vielfach werden im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung der Haut auch computerunterstützte Kamerasysteme mit dermatoskopischem Aufsatz verwendet, die eine Speicherung der Daten zur Verlaufskontrolle erlauben. Verdächtige Läsionen können so vom Untersucher und Patienten am Bildschirm betrachtet, vergrößert (ZoomFunktion), beurteilt und dokumentiert werden. Die so genannte Videodermatoskopie ist besonders sinnvoll bei Patienten mit hohem Melanomrisiko (familiäre Melanomanamnese, eigene Melanomanamnese, anamnestisch hohe Sonnenexposition, mehr als 50 Nävuszellnävi, atypische oder dysplastische Nävi) (⊡ Abb. 2.2).
⊡ Abb. 2.2 Videogestützte auflichtdermatoskopische Untersuchung eines Nävus
Im Anschluss an die Ganzkörperinspektion wird das Ergebnis schriftlich dokumentiert und mit dem Patienten besprochen. Fällt im Rahmen der Früherkennung eine verdächtige Läsion auf, so erfolgt nach Inspektion durch den erfahrenen Dermatologen die Exzision und feingewebliche Untersuchung der Hautläsion. Auch bei gründlicher Untersuchung durch erfahrene Dermatologen ist es möglich, dass bösartige Hautveränderungen mit ungewöhnlich diskretem Aussehen nicht entdeckt werden (initiale Basaliome, »desmoplastische« Melanome). Dennoch werden durch die schmerzlose und risikoarme Vorsorgeuntersuchung in einer hohen Fallzahl Hautkrebsvorstufen oder Frühformen entdeckt und behandelt, welche in späteren Stadien potenziell lebensbedrohliche Hautkrebserkrankungen darstellen würden (⊡ Abb. 2.7, ⊡ Abb. 2.8) ( Kap. 12, Kap. 13).
2
16
Kapitel 2 · Hautkrebsvorsorge
2
⊡ Abb. 2.3 Klinisches Bild multipler, harmloser seborrhoischer Keratosen
⊡ Abb. 2.4 Dermatoskopisches Bild einer harmlosen seborrhoischen Keratose mit typischen Pseudohornzysten
⊡ Abb. 2.5 Klinisches Bild eines unauffälligen Nävus
⊡ Abb. 2.6 Dermatoskopisches Bild eines unauffälligen Nävus: reguläres Pigmentnetz und symmetrischer Gesamtaufbau, homogene Farbgebung
⊡ Abb. 2.7 Klinisches Bild eines malignen Melanoms: Irregulär pigmentierte bräunlich-dunkel-schwärzliche Macula mit zentraler, bereits makroskopisch erkennbarer Regressionszone
⊡ Abb. 2.8 Dermatoskopisches Bild eines malignen Melanoms: Im Randbereich ist das Pigmentnetz erkennbar, das eine melanozytäre Hautveränderung belegt. Zudem findet sich eine unregelmäßige Verteilung mehrerer Farben (hellbraun, dunkelbraun, schwärzlich, rötlich, milchig-bläulich) und strukturlose Areale. Zentral finden sich eine deutlich zu erkennende weiße Regressionszone und weitere Zonen mit milchig-bläulicher und blau-roten Farbtönen
3
Zysten
3.1
Atherome (Trichilemmalzysten)
– 18
3.2
Retentionszysten – 18
3.3
Skrotalzysten – 20
3.4
Milien
3.5
Mukoide Dorsalzysten
3.6
Hidrozystom (Schweißdrüsenzysten)
– 20 – 21 – 22
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_3, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
18
Kapitel 3 · Zysten
3.1
Atherome (Trichilemmalzysten)
Syn.: Balggeschwulst, Grießknoten, Grützbeutel
3
Als Atherome bezeichnet man im Wesentlichen Zysten an der Kopfhaut, die sich von der Haarwurzelscheide ableiten, und welche auch als Trichilemmalzysten bezeichnet werden. Atherome entstehen infolge einer Verlegung des Ausführungsgangs für das Talgdrüsensekret. Im Volksmund werden diese Zysten auch als Grützbeutel, Balggeschwulst oder Grießknoten bezeichnet. Atherome treten bei etwa 30% der Patienten solitär, in der Mehrzahl der Erkrankungsfälle multipel auf. z
Klinisches Bild
Es handelt sich um kugelige, prall elastische, bis pflaumengroße Tumoren, die auf der Unterlage verschieblich und mit atrophisch verdünnter Haut bedeckt sind. Gefüllt sind die dickwandigen, stabilen Zysten mit einer weißen pastösen Masse. Diese besteht aus Hornmaterial, welches von der Haarwurzelscheide produziert wird. Eine Verbindung nach außen, wie oft bei Epidermalzysten, findet sich nicht. Atherome treten praktisch nur am behaarten Kopf auf. Sind sie größer, ist die darüber gelegene Haut nicht selten unbehaart. Nach Traumatisierung kommt es nur selten zu Entzündungen mit stärkerer Proliferation. z
Differenzialdiagnose
Zylindrom, Epidermalzyste, proliferierende Trichilemmalzyste, proliferierender Trichilemmaltumor. z
Therapie
Bei wiederholter Entzündung, Proliferation oder sonstiger Beeinträchtigung ist eine operative Entfernung ratsam. Es empfiehlt sich die Exzision durch vorsichtiges,
a
b
stumpfes Herauspräparieren mit einem spindelförmigen Hautstück. Alternativ kann nach Stanzbiopsie das pastöse Material exprimiert und im Anschluss mittels einer Klemme die verbleibende Zystenwand durch den minimalen Hautschnitt entfernt werden (⊡ Abb. 3.1). Der Vorteil des letztgenannten Verfahrens ist die geringere Narbenbildung.
3.2
Retentionszysten
Syn.: Epidermalzysten
Retentionszysten (Epidermalzysten) sind in der Dermis lokalisierte gutartige Tumoren, die aus epidermalen Zellen bestehen. Sie sind wesentlich häufiger als Trichilemmalzysten, jedoch vom klinisch äußeren Aspekt nur schwierig von diesen zu unterscheiden. Im Gegensatz zu Trichilemmalzysten entstehen Retentionszysten durch die Proliferation von Epidermalzellen und einer Retention der Hornmassen; eine Folge von Hyperkeratose am Infundibulum der Follikel. Histologisch bestehen Epidermalzysten aus einer dünnen Plattenepithelschicht mit Hornlamellen, die z.T. abgeschilfert sein können. z
Klinisches Bild
Hierbei handelt es sich je nach Entwicklungsstadium um stecknadelkopf- bis zu tennisballgroße, kugelige, kutan-subkutan gelegene Tumoren (⊡ Abb. 3.2, ⊡ Abb. 3.3, ⊡ Abb. 3.4). Diese können prinzipiell überall dort auftreten, wo Haarfollikel vorhanden sind. Die Epidermalzysten finden sich oft im Gesicht, Hals und Rumpfbereich. Bei den Epidermalzysten ist nicht selten der erweiterte Follikel als Ausführungsgang erhalten, sodass der übel riechende Inhalt (ranzige Lipide und Debris) exprimiert werden kann (⊡ Abb. 3.5). Die Zysten füllen sich nach
c
⊡ Abb. 3.1a–c Präparation einer Trichilemmalzyste mittels Stanzbiopsie. Nach Eröffnung der Zyste durch Stanzbiopsie (a) erfolgt die Exprimation des Zysteninhalts, danach das Fassen der Zystenwand und die Exstirpation mit einer Klemme (b). Vorteil dieses Verfahrens ist die geringe Schnittführung (Stanzbiopsie) (c)
19 3.2 · Retentionszysten
einiger Zeit erneut, da die Zystenwand erhalten bleibt. Durch Manipulation kann das in den dünnwandigen, leicht rupturierenden Zysten befindliche Hornmaterial in das umgebende Gewebe gepresst werden und durch den Fremdkörperreiz eine Granulombildung auslösen. Entzündet sich die Zyste, so können bis zu faustgroße Abszesse entstehen.
z
⊡ Abb. 3.2 Hühnereigroßer, subkutaner Tumor am Rücken, ein Ausführungsgang ist nicht sichtbar. Es handelt sich um eine Retentionszyste (Epidermalzyste)
⊡ Abb. 3.3 Hühnereigroßer, subkutaner Tumor an der rechten Axilla. Es handelt sich hierbei um eine Retentionszyste (Epidermalzyste)
⊡ Abb. 3.4 Subkutaner Tumor am Kinn: Epidermalzyste
⊡ Abb. 3.5 Subkutaner Tumor mit sichtbarem Ausführungsgang (Riesenpore)
a
Differenzialdiagnose
Zylindrom, Trichilemmalzysten, Lipome, Dermoidzysten. z
Therapie
Bei klinischer Symptomatik besteht die Therapie, soweit möglich, in einer chirurgischen Entfernung der Zyste (⊡ Abb. 3.6). Es ist nicht immer gesichert, dass die Zyste
b
⊡ Abb. 3.6a,b Eröffnete Epidermalzyste, mit Zystenwand (a), mit eröffnetem Zystensack (b)
3
20
3
Kapitel 3 · Zysten
radikal entfernt werden kann, sodass es oftmals zu Rezidiven kommt. Es empfiehlt sich die Exzision durch vorsichtiges, stumpfes Herauspräparieren mit einem spindelförmigen Hautstück. Alternativ kann ähnlich wie bei Atheromen nach Stanzbiopsie oder Inzision das pastöse Material exprimiert, mit Wasserstoffperoxidlösung gespült und im Anschluss mittels einer Klemme die verbleibende Zystenwand durch die Hautöffnung herausgezogen werden. Der Vorteil des letztgenannten Verfahrens ist die geringe Narbenbildung. > Therapiehinweis: Bei mehrfach vorausgegangenen Entzündungen gestaltet sich die Präparation wegen unter Umständen tiefreichenden Narbensträngen technisch nicht einfach. Verbleiben Zystenwandreste im Gewebe, so bildet sich die Zyste erneut (Rezidiv).
z
z
Differenzialdiagnose
Heterotope Talgdrüsen, Hirsuties papillaris penis. Bei solitären, derben Läsionen der Skrotalhaut auch Dermatofibrom, Neurofibrom, Leiomyom oder Leimyosarkom. z
Therapie
Es handelt sich um einen nicht therapiebedürftigen Befund. Kosmetisch störende Zysten können exzidiert werden, wobei gelegentlich über 50–100 Zysten zugleich vorkommen.
3.4 3.3
Klinisches Bild
An der Skrotalhaut zahlreiche disseminierte stecknadelkopf- bis kirschgroße, prall vorgewölbte Zysten mit z.T. gelblichem Farbton (⊡ Abb. 3.7).
Milien
Skrotalzysten Syn.: Grießkörner
Syn.: Sebocystomatosis scroti, Epidermalzysten am Skrotum
Hierbei handelt es sich um Epidermalzysten am Skrotum. In der Skrotalhaut sind zahlreiche Talgdrüsen vorhanden, aus denen sich Zysten entwickeln können. Der Zysteninhalt verkäst oder verkalkt (verkalkte Skrotalzyste).
Milien sind kleine, subepidermal gelegene Keratinzysten (⊡ Abb. 3.8, ⊡ Abb. 3.9, ⊡ Abb. 3.10). Sie kommen von der Kindheit bis in hohe Alter vor und sind ein häufiger Befund von nur kosmetischer Bedeutung. Manchmal sind Milien Folge von intensiver Besonnung. Nicht ganz selten, insbesondere bei jungen Frauen, treten sie relativ rasch, eruptiv und in größerer Zahl auf. Ferner können sie als Folge einer Verlagerung verhornender Epithelabschnitte unter die Epidermis als so genannte »sekundäre Milien« auftreten, so z.B. posttraumatisch nach Verbrennungen, bei subepidermaler Blasenbildung, Porphyria cutanea tarda, einem bullösem Pemphigoid oder einer Epidermolysis bullosa. z
a
Klinisches Bild
Es finden sich weiße oder gelbe etwa 1–2 mm große, flache, gelblich weißliche Papeln. Die Lokalisation betrifft meistens das Gesicht, v.a. die periorbitale Region. z
Differenzialdiagnose
Hidradenome (bei Sitz an den Unterlidern), Xanthelasmen, bei größeren Milien dermale Nävi, Fibrome, Basaliom. z
b ⊡ Abb. 3.7a,b Skrotalzysten (Epidermalzysten am Skrotum). Es handelt sich um stecknadel- bis kirschgroße weißlich-gelbliche Hauttumoren
Therapie
Bei kosmetischer Beeinträchtigung empfiehlt sich ein Anritzen der Epitheldecke mittels steriler Injektionskanüle und Exprimation des Miliums. Alternativ kommt eine Abtragung mittels ablativen Lasers (CO2- oder ErbiumLaser) infrage. Hierbei muss der Patient über entsprechende Risiken (Narbenbildung) aufgeklärt werden. Milia neonatorum. Milien treten bei vielen Neugeborenen auf. Prädilektionsstellen liegen v.a. das Gesicht,
21 3.5 · Mukoide Dorsalzysten
gelegentlich werden sie auch auf dem Zahnfleisch beobachtet. Treten sie an der Linie zwischen hartem und weichen Gaumen auf, spricht man von Epstein-Perlen. Die Hautveränderungen heilen ohne Behandlung innerhalb weniger Tage wieder ab.
3.5
Mukoide Dorsalzysten
Syn.: Digitale mukoide Zyste, mukoide Fingerzyste z Klinisches Bild
⊡ Abb. 3.8 Multiple Milien an beiden Unterlidern, teils am Oberlid
Meist an den Dorsalseiten der Finger- bzw. Zehenendphalangen gelegene, umschriebene, weiche, oft transparente Zyste, welche gelegentlich Schmerzen verursachen kann (⊡ Abb. 3.11, ⊡ Abb. 3.12). Bei Stichinzision entleert sich ein muköses, gelartiges Sekret, das aus sauren Mukopolysachariden besteht (⊡ Abb. 3.13). Nach Entleerung füllen sich die Zysten erneut auf. Bei periungualer Lokalisation kann es zu Nagelwachstumsstörungen kommen. z
Differenzialdiagnose
Keratoakanthom, Spinaliom, Basaliom. Abzugrenzen sind so genannte »Pseudozysten«, die keine epitheliale Wandausstattung besitzen. Ein typisches Beispiel sind Mukozelen, die nach traumatischer Verlegung der Schleimdrüsenausführungsgänge entstehen. Am häufigsten finden sich solche Schleimretentionszysten an der Unterlippe. ⊡ Abb. 3.9 Milien auf dem Handrücken bei einem Patienten mit Porphyria cutanea tarda
⊡ Abb. 3.10 Milien um das Auge (periorbital). Es handelt sich um kleine, gelegentlich singuläre, oft disseminierte weißliche stecknadelkopfgroße subkutane Zysten
z
Therapie
Eine Therapie bei symptomlosen mukoiden Dorsalzysten ist nicht notwendig. Bei Druckschmerzhaftigkeit profitieren manche Patienten von der wiederholten Entleerung des Sekrets nach Stichinjektion. Nach Entleerung füllt sich die Zyste nach einiger Zeit jedoch erneut. Kryotherapie mit flüssigem Stickstoff stellt ein simples, nicht immer Erfolg versprechendes Therapieverfahren dar. Alternativ kann eine Injektion mit verdünnter Glukokortikoidkristallsuspension, z.B. von Triamcinolonazetonid (Volon-AKristallsupension; 2 mg Volon-A-Kristalle, 1:5 mit NaClLösung verdünnt) und anschließendem Druckverband versucht werden. Bei starker Beeinträchtigung können Dorsalzysten exzidiert werden.
3
22
Kapitel 3 · Zysten
3
⊡ Abb. 3.11 Mukoide Dorsalzyste an der Großzehe
⊡ Abb. 3.12 Mukoide Dorsalzyste an einer Großzehe. Hier ist die Zyste als halbkugeliger, hautfarbener Tumor deutlich zu sehen
⊡ Abb. 3.13 Muköses, gelartiges Sekret, welches sich nach Inzision oder spontanen Eröffnung einer mukoiden Dorsalzyste entleert
⊡ Abb. 3.14 Hidrozystom: hautfarbener, gutartiger, zystischer Tumor. Nach Einstich entleert sich Schweiß
Hidrozystom (Schweißdrüsenzysten)
klinisch eindeutigem Befund ist bei kosmetischer Beeinträchtigung eine Abtragung, z.B. mittels ablativen Lasers empfehlenswert.
3.6
Syn.: Schweißdrüsenretentionszyste, zystisches ekkrines Hidradenom z Klinisches Bild
Meist solitärer, stecknadelkopf- bis erbsengroßer, zystischer, prall elastischer Tumor (»wie ein tief sitzendes Bläschen«, nach Einstich entleert sich wässrige Flüssigkeit) (⊡ Abb. 3.14). Gelegentlich ist bläuliche Verfärbung erkennbar (»Hidrocystome noir«). z
Differenzialdiagnose
Basaliom, bei bläulicher Verfärbung Nävus coeruleus (blauer Nävus), Melanom. z
Therapie
Eine Exzision und feingewebliche Sicherung sind bei klinisch nicht eindeutigem Befund erforderlich. Nur bei
! Cave Gelegentlich kann die Abgrenzung des Hidrozystoms zum zystischen Basaliom Schwierigkeiten bereiten.
4
Benigne mesenchymale Tumoren
4.1
Fibroma molle
– 24
4.2
Fibrosis nodularis (Nase) – 25
4.3
Dermatofibrom
– 25
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
24
Kapitel 4 · Benigne mesenchymale Tumoren
Man unterscheidet weiche, gestielte Fibrome (Fibroma molle, Fibroma pendulans) und derbe Fibrome (Dermatofibrom, auch Histiozytom genannt).
4.1
4
Fibroma molle
Syn.: Hautanhang, »Hautanhängsel«, Fibroma pendulans z Klinisches Bild
Fibrome sind häufig vorkommende, gutartige Neubildungen. Es handelt sich um hautfarbene, oft gestielte, meist linsengroße Tumoren (Fibroma pendulans) (⊡ Abb. 4.1, ⊡ Abb. 4.2, ⊡ Abb. 4.3, ⊡ Abb. 4.4, ⊡ Abb. 4.5, ⊡ Abb. 4.6, ⊡ Abb. 4.7). In seltenen Fällen können sie die Größe eines kleinen Balls erreichen. Pendulierende Fibrome finden sich häufig an den seitlichen Halspartien, über den Schultern, in den Achseln, submammär und gelegentlich auch inguinal. Häufig treten sie in Vielzahl auf. Die kleinen, linsen- bis knapp erbsengroßen, gestielten, hautfarbenen Tumoren finden sich v.a. bei Erwachsenen und können familiär gehäuft auftreten. Gelegentlich ist auch eine Entzün-
⊡ Abb. 4.3 Multiple Fibromata pendulantes (Axilla)
⊡ Abb. 4.1 Fibroma pendulans (Fibroma molle) am Hals: weicher gestielter, linsengroßer, hautfarbener Tumor
⊡ Abb. 4.4 Fibroma molle mit etwas breiterer Basis
⊡ Abb. 4.2 Fibroma pendulans (Fibroma molle) an der Axilla: weicher, gestielter, hautfarbener, gutartiger Hauttumor
⊡ Abb. 4.5 Fibroma pendulans
25 4.3 · Dermatofibrom
⊡ Abb. 4.6 Fibrom am Oberlid (Lidfibrom) a
b ⊡ Abb. 4.7 Mamillenfibrom
⊡ Abb. 4.8a,b Fibrosis nodularis nasi (fibröse Nasenpapel) an der Nasenspitze (a) und am linken Nasenflügel (b)
dung oder eine hämorrhagische Infarzierung nach Torsion einzelner weicher Fibrome zu beobachten (⊡ Abb. 4.1).
spitze. Es handelt sich um harmlose Hautveränderungen ohne Krankheitswert.
z
z
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnose
Dermale Nävuszellnävi, seborrhoische Keratosen.
Basaliom, dermaler Nävus.
z
z
Therapie
Falls vom Patienten erwünscht, können Fibrome mittels Scherenschlags, Elektrokauters oder ablativen Lasers entfernt werden.
4.2
Fibrosis nodularis (Nase)
Therapie
Insbesondere zum Ausschluss eines Basalioms oder aus ästhetischen Gründen wird gelegentlich zur Exzision oder Flachabtragung geraten. Bei klinisch eindeutigem Befund oder nach erfolgter histologischer Sicherung ist eine Abtragung mittels einer ablativen Laserung ratsam.
Dermatofibrom
Syn.: Fibröse Nasenpapel z Klinisches Bild
4.3
Bei Fibrosis nodularis nasi handelt es sich um linsengroße, hautfarbene, weißliche oder bräunliche Papeln an der Nase (⊡ Abb. 4.8). Häufige Lokalisation ist die Nasen-
Syn.: Histiozytom, derbes Fibrom, Fibroma en pastille
Derbe Fibrome (Histiozytome, Dermatofibrome) treten vorwiegend bei Erwachsenen auf. Prädilektionsstellen
4
26
Kapitel 4 · Benigne mesenchymale Tumoren
4
⊡ Abb. 4.9 Dermatofibrom: halbkugeliger, hier bräunlicher, derb tastbarer Nodus
⊡ Abb. 4.10 Dermatofibrom: Singulärer, halbkugeliger, derber Tumor
sind die Extremitäten. Häufig werden vorangegangene Insektenstiche oder Mikrotraumata beschrieben. Dermatofibrome persistieren lebenslang, ohne dass sie Beschwerden verursachen. Eine maligne Entartung ist nicht beschrieben. z
Klinisches Bild
Sehr derbe, vereinzelt liegende, halbkugelige, platten-, teils pastillenartige Knötchen, die gut verschieblich sind (⊡ Abb. 4.9). Die Größe schwankt zwischen 0,2 und 10 mm Durchmesser, selten größer als 2–3 cm. Die Farbe ist rötlich oder entspricht dem Hautton, nicht selten kommt es jedoch zu einer Braunverfärbung durch einliegendes Hämosiderin. Manchmal überragen Histiozytome nicht tumorartig das Hautniveau, sondern sind subkutan als eine Verdichtung palpabel. Die Hauptlokalisation sind die Extremitäten, wobei die Beine häufiger betroffen sind als die Arme. Verschiedene Erscheinungsformen des Histiozytoms (Dermatofibrom) sind in ⊡ Abb. 4.10, ⊡ Abb. 4.11 und ⊡ Abb. 4.12 dargestellt. z
⊡ Abb. 4.11 Dermatofibrom: Linsengroßer, derber, hellbraun pigmentierter Tumor
Differenzialdiagnose
Eine wichtige Differenzialdiagnose bei klinisch nicht eindeutigem Dermatofibrom ist das so genannte Dermatofibrosarcoma protuberans, das häufigste Sarkom der Haut (⊡ Abb. 4.13). Klinisch zeigen sich hautfarbene bis rötlich derbe Plaques oder Nodi, welche über Jahre langsam und asymptomatisch wachsen können. Frühe Formen können mit Dermatofibromen, Keloiden oder hypertrophen Narben verwechselt werden. Eine tiefe Exzision mit 3 cm Sicherheitsabstand ist erforderlich.
⊡ Abb. 4.12 Dermatofibrom: Halbkugeliger, derber Tumor mit bräunlichem Randsaum
27 4.3 · Dermatofibrom
a
b ⊡ Abb. 4.13a,b Dermatofibrosarcoma protuberans als wichtige Differenzialdiagnose des Dermatofibroms. Es handelt sich um das häufigste kutane Sarkom. Teils hautfarbener, teils rötlicher, derber, unregelmäßig konfigurierter Tumor (a). Rötlicher, exophytischer Tumor (b) (beide Bilder mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
z
Therapie
Eine Therapie dieser Hautveränderungen ist nicht notwendig, sofern die Diagnose eindeutig ist. Bei kosmetischer Beeinträchtigung, v.a. aber in diagnostischen Zweifelsfällen Exzision mit feingeweblicher Sicherung.
4
5
Benigne Tumoren bzw. Gebilde der Schweißdrüsen
5.1
Syringome
– 30
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
30
Kapitel 5 · Benigne Tumoren bzw. Gebilde der Schweißdrüsen
5.1
Syringome
Syn.: Hidradenom
Syringome treten überwiegend bei Erwachsenen mit einer Bevorzugung des weiblichen Geschlechts im mittleren Lebensalter auf (⊡ Abb. 5.1, ⊡ Abb. 5.2, ⊡ Abb. 5.3). Es handelt sich um hamartomatöse Fehlbildungen der ekkrinen Schweißdrüsen. z
5
Klinisches Bild
Multiple, einige Millimeter große, hautfarbene, mäßig derbe, helle Papeln am Unterlid (selten Hals, Brust, Genitale).
⊡ Abb. 5.1 Syringome periorbital, multiple glasstecknadelkopfgroße, hautfarbene Papeln. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 5.2 Syringome periorbital beidseits, multiple glasstecknadelkopfgroße, hautfarbene Papeln. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 5.3 Syringome periorbital
z
Differenzialdiagnose
Xanthelasmen (diese sind meist größer, gelblich, auch am Oberlid gelegen), Milien (derbe weißliche Zysten), Trichoepitheliome. z
Therapie
Eine Therapie ist nicht erforderlich. Bei kosmetischer Beeinträchtigung und klinisch eindeutigem Befund ist eine Abtragung mit ablativem Laser (CO2-Laser oder ErbiumLaser) möglich.
6
Benigne epitheliale Tumoren
6.1
Seborrhoische Keratosen
6.2
Melanoakanthom
– 32
– 34
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
32
Kapitel 6 · Benigne epitheliale Tumoren
6.1
Seborrhoische Keratosen
Syn.: Seborrhoische Warze, Alterswarze, Basalzellpapillom
6
Bei den seborrhoischen Keratosen handelt es sich um altersbedingte, harmlose, ausgesprochen häufig auftretende Hautveränderungen. Die Ursache des Wachstums seborrhoischer Keratosen ist unbekannt. Histologisch sind seborrhoische Keratosen durch Epithelverbreiterung mit Hyperkeratose und unterschiedlich stark ausgeprägter Hyperpigmentierung gekennzeichnet. Prädilektionsstellen sind Gesicht, Oberkörper, Handrücken und die Vorderseiten der Extremitäten. Meist treten sie in fortgeschrittenem Lebensalter, gelegentlich auch schon bei jungen Erwachsenen bei beiden Geschlechtern gleich häufig, auf zuvor klinisch gesunder Haut auf. Wie viele dieser Alterswarzen auftreten und wie früh oder spät ein Mensch diese entwickelt, beeinflussen u.a. genetische Faktoren. Äußere Faktoren (z.B. UVStrahlung oder chemische Faktoren) spielen bei der Entstehung keine signifikante Rolle. Der Ausdruck Verrucae ist auch nicht im Sinne einer Virusätiologie zu verstehen, seborrhoische Warzen sind keine Viruspapillome. Dieser Hauttumor bereitet in der Regel keine Beschwerden und es kommt nicht zur malignen Entartung. Es kann allerdings zu mechanischen Irritationen der Alterswarzen kommen. Dadurch können sie als Blutungsquelle oder Eintrittspforte für bakterielle Infektionen dienen. Gelegentlich können seborrhoische Keratosen gänzlich oder in »Bröckeln« unter Hinterlassung normaler Haut abfallen. z
a
b ⊡ Abb. 6.1a,b Multiple seborrhoische Keratosen
Klinisches Bild
Seborrhoische Keratosen weisen vom Bild her eine große Variationsbreite auf (⊡ Abb. 6.1, ⊡ Abb. 6.2). Sie können zwischen hellen und dunklen Brauntönen bis schwarz fast jede Färbung aufweisen (⊡ Abb. 6.4). Meist sind sie eher klein (Durchmesser von 0,2–1 cm), können jedoch in seltenen Fällen auch handtellergroße Größe erreichen. Sie sind stets scharf begrenzt und wachsen mehr oder weniger exophytisch (papillomatös, teils halbkugelig erhaben) (⊡ Abb. 6.5, ⊡ Abb. 6.6, ⊡ Abb. 6.7, ⊡ Abb. 6.8). Die Oberfläche der Alterswarze ist matt, gefeldert, gepunzt oder im fortgeschrittenen Stadium regelrecht zerklüftet. Sie fühlt sich speckig, fettig, talgig an (daher auch der Name »seborrhoische« Keratose). Bei genauer Betrachtung sind Hornpfröpfe in den Krypten erkennbar, die differenzialdiagnostisch wichtig und dermatoskopisch sehr gut nachzuweisen sind (⊡ Abb. 6.3). ! Cave Auch neben harmlosen seborrhoischen Keratosen können sich maligne Hautveränderungen »verstecken«.
⊡ Abb. 6.2 Dunkle seborrhoische Keratose neben einer hellen flachen seborrhoischen Keratose
z Erscheinungsformen seborrhoischer Keratosen kFlacher Typ
Hell- bis dunkelbraune Papeln oder Plaques mit wachsartiger und gepunzter Oberfläche.
33 6.1 · Seborrhoische Keratosen
⊡ Abb. 6.3 Dermatoskopisches Bild einer seborrhoischen Keratose. Ein Pigmentnetz ist nicht darstellbar. Typisch für das dermatoskopische Bild einer »seborrhoischen Keratose« ist das Vorliegen von so genannten »Pseudohornzysten«
a
b
a
b
⊡ Abb. 6.4a,b Multiple seborrhoische Keratosen am Stamm
⊡ Abb. 6.6a,b Seborrhoische Keratosen
⊡ Abb. 6.5 Seborrhoische Keratosen
⊡ Abb. 6.7 Seborrhoische Keratosen
6
34
Kapitel 6 · Benigne epitheliale Tumoren
6 ⊡ Abb. 6.8 Typisches Erscheinungsbild einer seborrhoischen Keratose mit Hornperlen
⊡ Abb. 6.9 Melanoakanthom: besonders dunkel pigmentierte seborrhoische Keratose
kAkanthotische seborrhoische Keratose
Breitbasig aufsitzend, stärker pigmentiert halbkugelige Form, meist solitär auftretend. Oft sind einzelne gelblichbraune Hornperlen erkennbar. kVerruköse (hyperkeratotische) seborrhoische Keratose
Hellgraue oft kirschgroße Tumoren mit verruköser Oberfläche. kStukkokeratosen
Flache, nicht pigmentierte, linsengroße Papeln an den unteren Extremitäten oder Unterarmen, vorwiegend bei älteren Menschen auftretend. z
Differenzialdiagnosen
In manchen Fällen können maligne Melanome, pigmentierte Basaliome oder Spinaliome das Erscheinungsbild einer Alterswarze imitieren. Besonders bei einer Vielzahl von seborrhoischen Keratosen können klinisch auffällige Nävuszellnävi vom ungeübten Beobachter oder vom Patienten selbst nicht bemerkt oder übersehen werden. z
Therapie
Eine Therapie ist aufgrund der Harmlosigkeit bei eindeutiger Diagnose nicht erforderlich. Die Exzision in toto mit nachfolgender histologischer Sicherung muss jedoch erfolgen, wenn differenzialdiagnostisch ein maligner Tumor erwogen wird. Bei häufiger oder starker Irritation oder bei wesentlicher kosmetischer Beeinträchtigung kann eine Entfernung der seborrhoischen Keratosen mittels verschiedener anderer Verfahren erfolgen, welche nur infrage kommen, wenn die Diagnose seborrhoische Keratose eindeutig ist.
⊡ Abb. 6.10 Melanoakanthom: es handelt sich um besonders dunkel pigmentierte seborrhoische Keratosen, die schwer von atypischen Nävi oder dem Malignen Melanom zu unterscheiden sind. Hilfreich ist hierbei die Dermatoskopie
Häufig werden seborrhoische Keratosen mittels scharfen Löffels oder einer Kürrette (»Kürettage«) abgetragen. Auch die »Shaveexcision« mit einem horizontal angesetzten Skalpell oder Abtragung mittels eines ablativen Lasers (CO2, Erbium-Laser) sind möglich. > Die äußerliche Behandlung mit z.B. keratolytischen Externa ist nicht erfolgreich.
6.2 z
Melanoakanthom Klinisches Bild
Melanoakanthome sind besonders dunkel pigmentierte seborrhoische Keratosen (⊡ Abb. 6.9, ⊡ Abb. 6.10).
35 6.2 · Melanoakanthom
z
Differenzialdiagnose
Melanoakanthome sind klinisch oft schwer von malignen Melanomen, Angiokeratomen oder pigmentierten Basaliomen abzugrenzen. Als wichtiges Unterscheidungskriterium können dermatoskopisch so genannte Hornperlen (Hornablagerungen in den Krypten) nachgewiesen werden (⊡ Abb. 6.8). z
Therapie
In diagnostischen Zweifelsfällen sollte eine Exzision mit nachfolgender feingeweblicher Sicherung erfolgen.
6
7
Lipome und andere Fettgewebstumoren
7.1
Lipome
– 38
7.2
Sonderformen von Fettgewebstumoren – 39
7.2.1 7.2.2 7.2.3
Piezogene Knötchen – 39 Hibernom – 39 Lipomatosen – 39
Literatur
– 40
7.3
Xanthome
– 40
7.4
Xanthelasma palpeprarum – 40
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
38
Kapitel 7 · Lipome und andere Fettgewebstumoren
7.1
Lipome
Lipome sind die häufigsten mesenchymalen Tumoren des Menschen und zeichnen sich meist durch ihre oberflächliche Lage, gute Abgrenzung und langsames Wachstum aus. Als umschriebene, tumorartige Vermehrung des Fettgewebes treten Lipome im subkutanen Fettgewebe von Nacken, Rumpf und proximalen Extremitäten meist solitär, gelegentlich auch multipel (bei 7% der Lipomträger) auf. Die Größe schwankt von Millimetern bis zu Faustgröße. Für Lipome gibt es keine Geschlechtsprävalenz. Ursächliche Faktoren sind nicht bekannt. Gelegentlich bereitet die differenzialdiagnostische Abklärung zur Epidermalzyste Schwierigkeiten.
7
z
Klinisches Bild
Der weiche glatte, flache, subkutan tastbare Tumor ist im kleinen Zustand durch Ertasten als harte Stelle unter der Haut zu erspüren (⊡ Abb. 7.1, ⊡ Abb. 7.2). Größere Tumoren treten deutlich als Beule auf der Haut hervor. Enthalten sie viel Bindegewebe, können sie auch hart tastbar sein. Lipome finden sich dort am häufigsten, wo reichlich subkutanes Fettgewebe vorhanden ist, also vorwiegend am Stamm und an den proximalen Extremitäten. Die Lokalisation ist jedoch überall dort möglich, wo Fettgewebe vorhanden ist, also praktisch am gesamten Körper und selbst in der Mundschleimhaut. In seltenen Fällen können sie auch im Fettgewebe in Muskeln und inneren Organen auftreten. Meist sind Lipome symptomlos. Grundsätzlich kann jedes Lipom bei einem Wachstumsschub zeitweise schmerzen. Dies gilt insbesondere für zahlreiche Lipome im Rahmen einer Lipomatose. z
⊡ Abb. 7.1 Lipom am Rücken: halbkugeliger, subkutan gelegener, weicher Tumor
Differenzialdiagnose
Gelegentlich bereitet die differenzialdiagnostische Abklärung zu Epidermalzysten Schwierigkeiten. Die weitere Differenzialdiagnose umfasst Steatozystome, Fibrome, Pannikulitiden und selten subkutane Metastasen oder das Liposarkom. Differenzialdiagnose Liposarkom: In seltenen Fällen können sich subkutane Tumoren als Liposarkome präsentieren. Kennzeichen hierfür sind derber Tastbefund und nicht verschiebbare Struktur, da sie mit dem umliegenden Gewebe verwachsen sind. Bevorzugte Lokalisationen sind der Rumpf, die Retroperitoneal-, die Inguinalregion und die Beine. Häufig sind Männer (40–70 Jahre) betroffen. Verdächtige subkutane Tumoren sollten im Verdachtsfall histologisch untersucht werden. Nach der Diagnosestellung sollte nach Überweisung des Patienten an ein ausgewiesenes Zentrum der Tumor sofort möglichst radikal entfernt werden. Die Prognose hängt vom histologischen Typ des Tumors ab.
a
b ⊡ Abb. 7.2a,b Lipom am Rücken (a) und am Arm (b)
39 7.2 · Sonderformen von Fettgewebstumoren
z
Therapie
Lipome sind gutartige Tumore, entarten fast nie und bedürfen keiner ärztlichen Behandlung. Nur aufgrund von Druck- oder Schmerzsymptomen oder aus kosmetischen Gründen kann manchmal eine chirurgische Intervention notwendig werden. Die Behandlung erfolgt bei oberflächlichen Tumoren durch Exzision meist zur Diagnosesicherung oder auch aus kosmetischen oder mechanischen Gründen. Dabei wird die Geschwulst unter lokaler Betäubung entfernt und einer histologischen Untersuchung zugeführt. Ein operatives Ausschälen ist meist leicht möglich, da die Lipome hautnah und klar abgegrenzt sind. Nach heutigem Wissensstand gibt es weder eine Möglichkeit, Lipome z.B. durch Ernährungsumstellung, Abnehmen oder Massage zu verhindern, noch auf deren Wachstum durch Salben oder Medikamente Einfluss zu nehmen.
7.2
Sonderformen von Fettgewebstumoren
7.2.1
Piezogene Knötchen
Hierbei handelt es sich um kleine, manchmal schmerzhafte Fetthernien im Fersenbereich, welche keiner Therapie bedürfen (⊡ Abb. 7.3).
7.2.2
Hibernom
Selten sind Lipome bei jungen Erwachsenen als Hibernome vorhanden. Hibernome sind benigne, treten bevorzugt im Schulterbereich auf und unterscheiden sich histologisch von Lipomen durch so genannte »braune« Fettzellen.
7.2.3
Multiple Lipome können zu mehreren oder auch zahlreich in regelloser, asymmetrischer Verteilung diffus oder auch regional beschränkt in Erscheinung treten, ohne dass ein definiertes Krankheitsbild vorliegt dem diese Lipomatose zuzuordnen wäre. Lipome kommen im Rahmen anderer Krankheiten vor, insbesondere der benignen symmetrischen Lipomatose, seltener auch beim Gardner-Syndrom und bei der Neurofibromatose von Recklinghausen.
Benigne, symmetrische Lipomatose (Lanois-Bensaude-Syndrom) z
Klinisches Bild
Multiple, symmetrisch angeordnete, diffuse Lipome sind das führende Symptom der benignen, symmetrischen Lipomatose, einer seltenen zumeist nicht hereditären Krankheit, die Männer 5-mal häufiger befällt als Frauen. Die Krankheit tritt in der Regel zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr auf. Besonders häufig sind die Lipome in der Hals- und Nackenregion, Schulterregion, an den Oberarmen oder im Beckenbereich lokalisiert. Weitere Lipome finden sich vielfach am Kopf an den oberen Rumpfanteilen und den proximalen Teilen der oberen Extremitäten. Selten können Lipome im Rahmen jeder Lipomatose, so auch der benignen symmetrischen Lipomatose, im Bereich des Atem-, des Magendarm- und der Urogenitaltrakts entstehen. Bei einem Teil der Patienten liegt eine Hepatopathie durch Alkoholismus vor. Hyperurikämie und rheumatoide Gelenkschmerzen können gleichfalls vorhanden sein. Klinisch wird die benigne symmetrische Lipomatose in 3 Subtypen unterteilt: ▬ Typ I entspricht dem Madelung-Fetthals (zervikale symmetrische Lipomatose), der durch lokalisierte nuchale Fettmassen charakterisiert ist und durch sein verdrängendes Wachstum zu einer Einengung des Atem- und Speisewegs sowie zu einer Halsvenenstauung führen kann. ▬ Typ II entspricht dem pseudoathletischen Typ (pseudoathletischer Erscheinungstyp) mit Fettmassen im Bereich der Schultern, der Arme und der oberen Rumpfpartien. ▬ Typ III, der Beckengürteltyp, imponiert durch gynäkoide Fettverteilung, die oftmals auch dem Bild einer Adipositas ähnelt. z
⊡ Abb. 7.3 Piezogene Knötchen an der Ferse: Fettgewebshernien ohne Krankheitswert
Lipomatosen
Therapie
Nach eingehender Operationsplanung (Sonografie, CT, MRT) stellt die chirurgische Entfernung des lipomatösen Gewebes die Therapie der Wahl dar. Diese kann in Form einer Lipektomie, einer Liposuktion oder einer Kombination beider Verfahren erfolgen. Aufgrund der Größe und schlechten intraoperativen Abgrenzbarkeit der Fettmas-
7
40
Kapitel 7 · Lipome und andere Fettgewebstumoren
sen, welche in der Literatur auf das Fehlen einer Kapsel zurückgeführt wird, ist jedoch in vielen Fällen nur eine Lipomreduktion bzw. ein schrittweises Vorgehen möglich.
Literatur Enzi G, Busetto L, Ceschin E, Coin A, Digito M, Pigizzo S (2002) Multiple symmetric lipomatosis: clinical aspects and outcome in a long-term longitudinal study. Int J Obesity 26: 253-261 Hödl S (2005) Regionale und spezielle Erkrankungen des Fettgewebes. In: Braun-Falco O, Plewig G, Wolff HH, Burgdorf WHC, Landthaler M. Dermatologie und Venerologie. 5. Auflage. Heidelberg, Springer: 1021-22
7
7.3
Xanthome
z Klinisches Bild kEruptive Xanthome
Hierbei handelt es sich um glasstecknadelkopf bis erbsgroße, gelbe Knötchen, disseminiert und in größerer Anzahl mit bevorzugter Lokalisation am Gesäß, aber auch an Brust, Bauch, Rücken, Armen und Gesicht. kTuberöse Xanthome
Diese sind an sich harmlose, orange-gelblich schimmernde, knoten- bis plaqueartige Fettablagerungen an der Haut. Es sind lokalisierte Ansammlungen von Makrophagen, welche massenhaft Fette eingelagert haben und sich zu so genannten Schaumzellen umformen. Xanthome entstehen durch eine Reihe unterschiedlicher Fettstoffwechselstörungen, überwiegend bei erhöhtem Cholesterinspiegel. z
Xanthome sind Markerläsionen für Fettstoffwechselstörungen (Dyslipoproteinämien), jedoch nicht immer mit Fettstoffwechselstörungen korreliert (⊡ Abb. 7.4).
Differenzialdiagnose
Dermatofibrom, Talgdrüsenhyperplaise, dermale Nävi. z
Therapie
Im Vordergrund sollte die Therapie der zugrunde liegenden Fettstoffwechselstörungen stehen. Gelegentlich kommt es nach Senkung der erhöhten Blutfettwerte auch zu einer begleitenden Rückbildung der Xanthome. Xanthome selber werden bei kosmetischer Beeinträchtigung örtlich chirurgisch oder mit ablativen Lasersystemen (CO2-Laser, Erbium-Laser) abgetragen.
7.4 z
a
Xanthelasma palpeprarum Klinisches Bild
Bei Xanthelasmen handelt es sich um weiche, samtartige, gelbe, scharf begrenzte, konfluierende Knötchen in der Haut. Häufig findet man die meist auf beiden Gesichts-
b ⊡ Abb. 7.4a,b Tuberöse Xanthome an den Fingern (a) und am Knie (b) bei Patienten mit hereditärer Hypercholesterinämie
⊡ Abb. 7.5 Xanthelasma palpeprarum. Weiche, samtartige, gelbe, scharf begrenzte, konfluierende Knötchen in den Lidwinkeln
41 7.4 · Xanthelasma palpeprarum
hälften auftretenden Xanthelasmen unterhalb der Augen sowie am inneren Lidwinkel (⊡ Abb. 7.5). Xanthelasmen sind üblicherweise bleibende Einlagerungen, die sich nicht zurückbilden. Die Betroffenen fühlen sich häufig stigmatisiert, da das Krankheitsbild den optischen Eindruck »vernarbter« Augen vermittelt. z
Therapie
Medikamentös lassen sich Xanthelasmen nicht behandeln. Eine Therapie ist nur aus kosmetischen Gründen erforderlich. Äußerliche Anwendungen von stark ätzenden Substanzen wurden nur mit geringem Erfolg durchgeführt. Exzision in Lokalanästhesie war lange Zeit Therapie der Wahl. In heutiger Zeit ist die Laserchirurgie das meistangewandte Verfahren zur Entfernung von Xanthelasmen. Mit dem Laser werden hierbei die betroffenen Hautstellen oberflächlich abgetragen. Da alle Behandlungsmethoden nur auf die Entfernung der betroffenen Hautpartien abzielen, aber nicht die (weitgehend unbekannten) Ursachen ausmerzen, besteht nach erfolgter Behandlung eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Rezidiven.
7
8
Anomalien und Fehlbildungen der Haut
8.1
Akzessorische Mamille
8.2
Aurikularanhang
– 44
– 44
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
44
Kapitel 8 · Anomalien und Fehlbildungen der Haut
8.1
Akzessorische Mamille
Syn.: Polythelie, überzählige Brustwarzen
Überzählige Brustwarzen, die ein Relikt der embryonalen Milchleiste darstellen, treten bei etwa 2% der Mädchen, seltener bei Jungen auf. z
Klinisches Bild
An der Brust und am Oberbauch finden unterhalb der Mamille braune oder rosafarbene, z.T. genabelte Papeln mit einem pigmentierten Hof. Singuläres Auftreten ist häufig, gelegentlich treten akzessorische Mamillen bilateral und multipel auf (⊡ Abb. 8.1). z
8
a
Therapie
Eine Exzision ist nur bei Vergrößerung während der Pubertät oder Schwangerschaft angezeigt, um eine spätere maligne Transformation zu verhindern.
8.2
Aurikularanhang
Syn.: Akzessorische Tragi
Aurikularanhänge gehen auf Entwicklungsstörungen des ersten (mandibulären) Kiemenbogens zurück. z
Klinisches Bild
Kongenitale, hautfarbene Höcker oder Papeln, üblicherweise präaurikulär gelegen, von weicher oder knorpelharter Konsistenz (⊡ Abb. 8.2). Selten kommen Aurikularanhänge in der Mandibularregion und am lateralen Hals vor. z
b ⊡ Abb. 8.1a,b Unterhalb der Mamille finden sich in der vorderen Axillarline akzessorische Mamillen
Therapie
Exzision oder Abtragung mittels ablativen Lasers (CO2Laser, Erbium-Laser), falls erwünscht.
⊡ Abb. 8.2 Aurikularanhang: präaurikulär gelegene, hautfarbene Papel
9
Gefäßtumoren
9.1
Eruptive (senile) Angiome – 46
9.2
Thrombosiertes Hämangiom – 46
9.3
Lippenrandangiom – 48
9.4
Lokalisierte klassische Hämangiome – 48
9.4.1
Kavernöses Hämangiom
9.5
Kapilläres Hämangiom – 50
9.5.1 9.5.2 9.5.3
Angiokeratome – 51 Syndrome – 51 Vaskuläre Malformationen
– 49
Weiterführende Literatur
– 51
– 52
9.6
Spider-Nävi – 52
9.7
Granuloma pyogenicum – 52 Weiterführende Literatur
– 58
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
46
Kapitel 9 · Gefäßtumoren
Gefäßanomalien beinhalten vaskuläre Tumoren und vaskuläre Malformationen. Den mit Abstand größten Anteil an vaskulären Tumoren im Erwachsenenalter stellen eruptive Angiome dar. Im Kindesalter treten so genannte »lokalisierte klassische Hämangiome« (LKH) auf, zu welchen auch die in der früheren Nomenklatur als »kavernöse Hämangiome« bezeichneten Gefäßtumoren zählen.
9.1
Eruptive (senile) Angiome
Syn.: Eruptive Hämangiome, senile Angiome, senile Hämangiome, Rubinflecken
Diese sind gutartige Tumoren bzw. aggregierte Gefäßerweiterungen. Es handelt sich um einen normalen Befund der Altershaut, wobei bei familiärer Disposition auch ein Auftreten vor der zweiten Lebenshälfte möglich ist. z
9
Differenzialdiagnose Morbus Osler: Angiome treten häufig und verstärkt auch in höherem Lebensalter auf und stellen hier einen harmlosen Hautbefund dar. Bei multiplem Auftreten von Teleangiektasien und Angiomen in Kindheit und Jugend muss an Morbus Osler gedacht werden, eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung. Neben dem Auftreten vieler Teleangiektasien und Angiome zeichnet sich diese Erkrankung durch rezidivierende Haut- und Schleimhautblutungen (z.B. Epistaxis) aus. Zudem können auch intestinal klinisch bedeutsame Gefäßerweiterungen auftreten. z
Therapie
Eine Therapie von eruptiven Angiomen ist nicht notwendig. Bei Entfernung aus kosmetischen Gründen ist die Behandlung mittels verschiedener Lasersysteme möglich, so z.B. Farbstofflaser, KTP-Laser oder Diodenlaser.
Klinisches Bild
Stecknadelkopf- bis erbsengroße, hell- bis dunkelrote Tumoren, die äußerst selten bluten. Sie sind vorwiegend am Stamm, aber auch an Extremitäten und Gesicht lokalisiert (⊡ Abb. 9.1). z
Differenzialdiagnose
Teleangiektasien, Spider-Nävi, Granuloma pyogenicum, Teleangiectasia hereditaria haemorrhagica (Morbus Osler), systemische Sklerodermie.
a
d
9.2 z
Thrombosiertes Hämangiom Klinisches Bild
Bei Thrombosierung eruptiver Hämangiome können entzündliche blau-schwarze, gelegentlich grau-blaue, derbe Hautveränderungen entstehen (⊡ Abb. 9.2, ⊡ Abb. 9.3, ⊡ Abb. 9.4, ⊡ Abb. 9.5).
b
c
e
⊡ Abb. 9.1a–e Eruptive Hämangiome: Mittel bis dunkelrote, linsengroße Tumoren. Sie stellen einen Normalbefund der Altershaut dar
47 9.2 · Thrombosiertes Hämangiom
z
Differenzialdiagnose
Thrombosierte Hämangiome können Melanomen oder blauen Nävi (Nävi coerulei) ähneln. Hilfreich ist hier die dermatoskopische Untersuchung mit Darstellung von Gefäßlakunen bei fehlendem Pigmentnetz, welche für ein thrombosiertes Hämangiom sprechen. Weitere Differenzialdiagnosen umfassen Spitz-Nävi, atypische (dysplastische) Nävi, seborrhoische Keratosen (Melanoakanthom) und pigmentierte Basaliome. z
Therapie
Bei sicherer klinischer Ansprache ist keine Therapie notwendig. Bei differenzialdiagnostischer Unsicherheit (Abgrenzung Melanom!) sollten Exzision und feingewebliche Untersuchung erfolgen.
a
b
⊡ Abb. 9.2 Thrombosiertes Angiom an der Brust
⊡ Abb. 9.4a,b Thrombosiertes Angiom. Dunkle, umschriebene Macula mit leicht gerötetem Randsaum (a). Zur Abgrenzung zum Melanom ist die dermatoskopische Untersuchung hilfreich: das thrombosierte Angiom besitzt kein Pigmentnetz (b)
⊡ Abb. 9.3 Nahaufnahme eines thrombosierten Angioms
⊡ Abb. 9.5 Thrombosiertes Angiom, dermatoskopisches Bild: Gefäßlakunen sichtbar, jedoch kein Pigmentnetz (wichtige Abgrenzung zu pigmenttragenden Zellen, insbesondere zum Melanom)
9
48
Kapitel 9 · Gefäßtumoren
9.3
Lippenrandangiom
Syn.: Venous lake z Klinisches Bild
Im Lippenrot findet sich ein etwa linsengroßer, bläulicher oder schwärzlicher weicher Nodus, bevorzugt in der zweiten Lebenshälfte (⊡ Abb. 9.6). z
Differenzialdiagnose
Nävus coeruleus, Melanom. z
Therapie
Eine Therapie ist nur bei differenzialdiagnostischer Unsicherheit notwendig. Falls erwünscht, kann eine Exzision oder Lasertherapie erfolgen.
9.4
⊡ Abb. 9.6 Weicher, linsengroßer, bläulicher Nodus an der Oberlippe (Lippenrandangiom)
Lokalisierte klassische Hämangiome
Syn.: Blutschwamm
9
Hämangiome sind gutartige, proliferierende, vaskuläre, embryonale Tumore. Oft sind Hämangiome bei Geburt noch klein und nehmen v.a. im 1. Lebensjahr deutlich an Größe zu (⊡ Abb. 9.7). Einige Formen treten nach dem 3. Lebensjahrzehnt auf. Hämangiome treten bei 2–3% aller Neugeborenen auf, bei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht von <1 kg liegt eine Häufigkeit von bis zu 22% vor. Das weibliche Geschlecht ist häufiger betroffen. In 60% der Fälle kommen sie im Kopf- und Halsbereich vor. Hämangiome sind meist angeboren, zeigen unterschiedliche Wachstumstendenzen und bilden sich z.T. von alleine wieder zurück. Sie durchlaufen in der Regel 3 Phasen. Eine Wachstumsphase (dauert selten länger als 9 Monate), gefolgt von einer Stillstand- und einer Rückbildungsphase. Kleine Hämangiome bilden sich meist ohne Residuen zurück, größere aber können Residuen hinterlassen, z.B. Hypo- und Hyperpigmentierungen, Teleangiektasien oder narbige Veränderungen. Hämangiome entarten in der Regel nicht. z
a
Klinisches Bild
Klinisch kann zwischen planen, tuberösen und kavernösen Hämangiomen unterschieden werden (⊡ Tab. 9.1). Die histologische Untersuchung erlaubt eine Einteilung in kapilläre und kavernöse Hämangiome. Eine weitere Einteilung bei fazialen Hämangiomen ist die segmentale Einteilung; hierbei wird das Gesicht in eine frontotemporale, eine frontonasale, eine maxilläre und mandibuläre Region unterteilt. Zur Differenzierung und Abgrenzung anderer Tumoren und auch zur Bestimmung des Tiefenwachstums ist die farbkodierte Duplexsonografie hilfreich.
b ⊡ Abb. 9.7a,b Lokalisiertes Hämangiom bei einem Kind (a), lokalisiertes Hämangiom (b)
z
Differenzialdiagnose
Andere kapilläre, venöse und arterielle Malformationen sowie Neubildungen, wie auch das seltene, aber aggressiv wachsende Hämangioendotheliom, müssen abgegrenzt werden.
49 9.4 · Lokalisierte klassische Hämangiome
⊡ Tab. 9.1 Klassifizierung der Hämangiome (Aus: Cremer et al. 2006)
z
Gruppe
Bezeichnung
Lokalisierte Hämangiome (LH)
LH im Schädelbereich LH im Stamm und/oder Extremitätenbereich
Segmentale Hämangiome (SH)
SH im Schädelbereich SH im Stamm und/oder Extremitätenbereich
Nicht determinierte Hämangiome (NDH)
NDH im Schädelbereich NDH im Stamm- und/oder Extremitätenbereich
Abortive Formen
»Weiße Hämangiome« (Hämangiom-Vorläufer) Teleangiektatische Hämangiome
Hämangiome mit abgeschlossener Entwicklung bereits bei Geburt
Mit spontaner Rückbildung (RICH) Ohne spontaner Rückbildung (NICH)
Vaskuläre Tumoren mit histologischen Besonderheiten
Tufted Angiom Kaposiformes Hämangioendotheliom Spindelzellhämangioendotheliom
Hämangiomatosen
Benigne neonatale Hämangiomatose Disseminierte Hämangiomatose
a
Therapie
Therapeutisch wird bei Hämangiomen ein besonderes Augenmerk auf ungünstige Lokalisationen gelegt. Bei Auftreten in der anogenitalen Region sowie dem gesamten Gesicht, insbesondere der periorbitalen und perioralen Region, treten funktionelle und v.a. ästhetische Beeinträchtigungen auf. Hier sollte die Indikation zur Therapie rasch gestellt werden.
9.4.1
Kavernöses Hämangiom
Syn.: Hämangioma cavernosum, Kavernom
Das kavernöse Hämangiom oder Kavernom ist eine hellrote bis purpurne Gefäßmissbildung mit großen, kavernösen Gefäßhohlräumen. Es ist manchmal schon bei der Geburt vorhanden, entsteht aber häufiger erst in den ersten Lebenstagen. Kavernöse Hämangiome lassen sich in kutane, kutan-subkutane und subkutane Hämangiome untergliedern. Die Rückbildungsrate der kavernösen Hämangiome liegt bei rund 80%. Kavernöse Hämangiome können arteriovenöse Gefäßfehlbildungen enthalten und daher stark bluten. Weitere Komplikationen können Superinfektion, Nekrose und
b ⊡ Abb. 9.8a,b Kavernöses Hämangiom am Capillitium (a) und am Stamm (b). (Beide Bilder mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
eine Verbrauchskoagulopathie (s.u. Kasabach-MerrittSyndrom) sein. Große, kavernöse Hämangiome können bei Kindern das Wachstum einer Extremität beeinflussen und sollten dann therapeutisch angegangen werden. Das kavernöse Hämangiom ist fast ausnahmslos ein Tumor des Kindesalters, Erwachsene mit einem kavernösen Hämangiom sind eine Seltenheit. In der Regel bilden sich kavernöse Hämangiome im Laufe der Jahre noch in der Kindheit spontan zurück, und hierbei die tiefen später als die oberflächlichen. z
Klinisches Bild
Halbkugelig oder flach-tumorös erhabener, tief roter blauroter oder nur bläulich durchschimmernder, hautfarbener, weicher Tumor in Ein- oder Mehrzahl (⊡ Abb. 9.8, ⊡ Abb. 9.9). Nur gelegentlich sind die kavernösen Hämangiome ulzeriert oder krustös bedeckt. Bedrohliche
9
50
Kapitel 9 · Gefäßtumoren
Blutungen aus kavernösen Hämangiomen kommen sehr selten vor. Die Tumoren können überall an der Haut lokalisiert sein, auch im Gesicht sind sie nicht selten. Die beginnende oder fortgeschrittene Spontanregression zeigt sich in der Entwicklung eines grauen Farbtons. Ist eine Rückbildung nicht zu verzeichnen oder dehnt sich der Tumor in der Größe aus, müssen verschiedene Vorgehensweisen in Betracht gezogen werden. z
9
Therapie
Hämangiome weisen häufig eine Rückbildungsphase und einen selbstlimitierenden Verlauf auf. Die Indikation zur Therapie ist daher abzuwägen. Indikationen zur Behandlung sind eine rasche Größenzunahme, funktionelle Beeinträchtigungen, spezielle Lokalisationen oder Komplikationen wie Blutungen. Hat man sich zur Behandlung entschlossen, ist ein rascher, frühzeitiger Beginn anzuraten. Ein besonderes Augenmerk wird auf ungünstige Lokalisationen gelegt. Lokalisierte klassische Hämangiome sollten wegen der guten Behandelbarkeit bei eindeutiger Wachstumstendenz heute in der Regel frühzeitig therapeutisch angegangen werden. Bei Hämangiomen in komplizierter Lokalisation sollte ein Eingriff möglichst früh erfolgen, am besten in den ersten 4–8 Wochen, in denen sich das Hämangiom noch in der Proliferationsphase befindet. Auch für Hämangiome im Gesichts- oder Anogenitalbereich stehen weitgehend nebenwirkungsfreie Therapiemethoden zur Verfügung. Jene »kritischen« Bereiche sollten wegen einer potenziellen raschen Größenzunahme therapiert werden. Hier sollten engmaschige Kontrollen wöchentlich nach dem 1. Lebensmonat erfolgen. Therapeutisch kommt u.a. die Kryotherapie bei flachen, kleinen Hämangiomen infrage. Das Auftragen einer anästhesierenden Salbe (z.B. Emla-Creme) ist von Vorteil. Bei größeren und tiefer reichenden Hämangiomen steht die Lasertherapie mit Farbstofflaser oder dem Nd:YAG-Laser zur
⊡ Abb. 9.9 Hämangiom
Verfügung. Eine weitere Therapieoption für große Hämangiome, z.B. im Augenlidbereich, oder für tiefe kavernöse Hämangiome ist dabei die plastisch-chirurgische Exstirpation, optional nach vorhergehender Verödung. Auch eine Embolisation mit z.B. Fibrinkleber, unter Berücksichtigung der Zu- und Abflussgebiete, kann versucht werden. Eine systemische Therapie ist bei komplizierten Arealen, inoperablen Hämangiomen und rascher Größenprogredienz anzuraten. In der Vergangenheit haben sich Glukokortikoide bewährt. In jüngster Zeit wurden große kongenitale Hämangiome mit Propanolol, das ein besseres Nutzen-Risiko-Profil als systemische Kortikoide bieten kann, erfolgreich behandelt. Als Nebenwirkungen sind eine mögliche Hypoglykämie, Hypotonie und Bradykardie angeführt. ! Cave Propanolol wird als »off-label-use« angewandt und muss deshalb unter strengster Aufklärung der Eltern erfolgen.
9.5
Kapilläres Hämangiom
Syn.: Erdbeerangiom, Haemangioma capillare
Das kapilläre Hämangiom ist – mit einer auf 200 Geburten – recht häufig und meist angeboren. Es wächst in der Regel in den ersten Lebensmonaten. Mehr als 70% der kapillären Hämangiome verschwinden bis zum 10. Lebensjahr fast vollständig. Befindet sich das Hämangiom im Gesicht oder im Anogenitalbereich, sollte eine frühzeitige Therapie erfolgen, ansonsten bei eindeutiger Wachstumstendenz. z
Klinisches Bild
Scharf begrenzte, meist münzgroße, teils erhabene, weiche Knoten von hellroter Farbe (⊡ Abb. 9.10).
⊡ Abb. 9.10 Kapilläres Angiom (Erdbeerangiom)
51 9.5 · Kapilläres Hämangiom
In der histopathologischen Untersuchung können Konglomerate teils dilatierter kapillärer Gefäße gesehen werden. z
Therapie
Die Therapie erfolgt mithilfe der Kryotechnik (Kältetherapie) oder dem Farbstofflaser. Dieses Verfahren ist schmerzlos und nebenwirkungsfrei. Bei sehr großen kapillären Hämangiomen erfolgt eine Behandlung mit Steroiden und anderen Medikamenten. > Die Therapie von Hämangiomen soll bei nachweislichem Wachstum, bei ungünstiger Lokalisation (Gesicht, Anogenitalbereich) sofort erfolgen.
9.5.1
Angiokeratome
Angiokeratome sind Gefäßfehlbildungen oberflächlicher Gefäße, die mit einer Entwicklung proliferativer Hautveränderungen einhergehen. Sie treten lokalisiert, singulär oder multipel auf. Eine spontane Rückbildung dieser Gefäßveränderungen ist nicht wahrscheinlich.
z
Therapie
Eine Behandlungsbedürftigkeit besteht bei sicherer klinischer Ansprache nicht. In diagnostischen Zweifelsfällen oder aus ästhetischen Gründen ist die chirurgische Entfernung möglich.
9.5.2
Syndrome
Angiokeratoma corporis diffusum Syn.: Morbus Anderson-Fabry
Beim Morbus Fabry handelt es sich um eine X-chromosomal-rezessive Erkrankung mit konsekutivem Defekt der α-Galaktosidase A. Durch Einlagerung von Glykosphingolipiden in Endothelzellen, Perithelzellen und Muskelzellen kommt es zur Schädigung von Augen, ZNS, Gastrointestinaltrakt (GIT), Herz und Nieren. z
Klinisches Bild
Nävus coeruleus, Melanom.
Vor Beginn der Pubertät treten z.T. disseminiert, z.T. konfluierend an größeren Hautarealen multiple, stecknadelkopfgroße, dunkelrote, mit dem Glasspatel nicht wegdrückbare Papeln auf. Gelegentlich finden sich schmerzhafte Parästhesien an Palmae und Plantae. Bei den Patienten finden sich bei der Spaltlampenuntersuchung korneale Eintrübungen, die so genannten Cornea verticillata.
z
z
Angiokeratoma circumscriptum z
Differenzialdiagnose
Klinisches Bild
Seit der Geburt bestehende, zunächst hyperkeratotische, dunkelrote bis blau-schwarze Veränderung in Form einer Papel oder eines Knotens, bevorzugt am Unterschenkel, an Hüfte oder Gesäß lokalisiert. (⊡ Abb. 9.11) Gelegentlich treten Angiokeratome in streifenförmiger Anordnung auf.
Therapie
Indiziert ist eine lasertherapeutische Behandlung der Angiokeratome, sofern sie kosmetisch beeinträchtigen. Die kausale Therapie besteht in der Enzymsubstitution, gentherapeutische Ansätze stellen viel versprechende Optionen dar.
Kasabach-Merritt-Syndrom Beim Kasabach-Merritt-Syndrom kommt es zur Ausbildung von benignen, kavernösen und großen bis riesigen Hämangiomen. Überwiegend betrifft dies Frauen. Aufgrund einer lokalisierten, disseminierten, intravasalen Gerinnung mit Thrombenbildung innerhalb der Hämangiome kann eine Verbrauchskoagulopathie bzw. Thrombozytopenie entstehen.
9.5.3
⊡ Abb. 9.11 Angiokeratoma circumscriptum: seit der Geburt bestehender, solitärer, hyperkeratotischer schwärzlicher Knoten
Vaskuläre Malformationen
Zu den weiteren vaskulären Malformationen zählen die AV-Malformationen (starker Blutfluss), die venösen Malformationen (geringer Blutfluss), lymphatische Malformationen (Lymphangiome) und kapilläre Malformationen (z.B. Nävus flammeus) (⊡ Abb. 9.12, ⊡ Abb. 9.13). Ferner können in seltenen Fällen auch bösartige Gefäßtumoren vorliegen.
9
52
Kapitel 9 · Gefäßtumoren
Kutzner H (2003) Gefäßtumoren der Haut. In: Kerl H et al (Hrsg) Histopathologie der Haut. Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 759 Waldschmidt U, Berger S, Zachariou Z (2007) Die Behandlung von Hämangiomen im Kindesalter. Schweiz med forum 7:613-620
9.6
Spider-Nävi
Syn.: Naevus araneus, Spinnen-Nävus, Epinasternchen
Spider-Nävi finden sich bei Gesunden sowie ferner bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen (v.a. Zirrhosis hepatis), bei Patienten mit Östrogentherapie und in der Schwangerschaft. Auch bei Kindern tritt ein »Naevus araneus« häufig auf. z
9 ⊡ Abb. 9.12 Nävus flammeus
Klinisches Bild
Typisch ist eine pulsierende (unter Lupe, Glasspateldruck), zentrale Arteriole mit sternförmig angeordneten, abführenden, stärker gefüllten Kapillaren (⊡ Abb. 9.14, ⊡ Abb. 9.15). Spider-Nävi sind v.a. im Gesicht sowie Brustbereich und am oberen Rücken lokalisiert, seltener im Nacken und an den Handrücken. Assoziiertes Symptom kann mit oder ohne Leberkrankheit ein Palmarerythem sein. In Ausnahmefällen können Spider-Nävi pfenniggroß werden mit deutlich prominenter, zentraler Arteriole. Stoßartig arterielle Blutungen nach Minimalverletzungen oder spontan sind möglich. z
Therapie
Spider-Nävi, die in der Schwangerschaft auftreten, bilden sich häufig spontan zurück. Die Therapie erfolgt aus kosmetischen Gründen. Hervorragende Therapieerfolge zeigen sich nach Behandlung mit verschiedenen Lasersystemen, so z.B. Farbstofflaser, KTP-Laser oder Diodenlaser.
⊡ Abb. 9.13 Nävus flammeus am Unterarm im Rahmen eines KlippelTrenaunay-Syndroms. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Weiterführende Literatur Barrio VR, Drolet BA (2005) Treatment of hemangiomas in infancy. Dermatol Ther 18:151-159 Cremer HJ, Rössler J, Brause H (2006) Hämangiome im Säuglingsalterrichtig klassifizieren und behandeln. Pädiatrie hautnah 6:320-327 Frieden IJ, Haggstrom AN, Drolet BA (2005) Infantile hemangiomas: current knowledge, future directions. Proceedings of a research workshop on infantile hemangiomas. Pediatr Dermatol 22:383-406 Grantzow R. Schmittenbecher PP, Cremers HJ et al. (2009) AWMF Leitlinie 2009; Hämangiome im Säuglings und Kleinkindesalter. http://www.uni-duesseldorf.de/awmf/ll/
9.7
Granuloma pyogenicum
Syn.: Granuloma teleangiectaticum, Granuloma pediculatum
Nach kleinen Verletzungen oder nach entzündlichen Veränderungen (z.B. in superinfizierten Erosionen bei Unguis incarnatus) können tumorartige Neubildungen aus frischem, gefäßreichem Granulationsgewebe entstehen. Diese zeichnen sich durch rasches Wachstum und Neigung zur Blutung sowie durch eine erosive, nässende Oberfläche aus und werden daher gelegentlich mit malignen Tumoren, insbesondere mit einem malignen Melanom, verwechselt. Bei Kindern, bei jungen Erwachsenen und in der Schwangerschaft kommt dieser entzündliche Tumor häufiger vor.
53 9.7 · Granuloma pyogenicum
⊡ Abb. 9.14 Spider-Nävus (Nävus araneus) an der Nase
⊡ Abb. 9.15 Dermatoskopisches Bild eines Spider-Nävus: darstellbar sind die spinnennetzartig angeordneten Kapillaren
z
Differenzialdiagnose
Irritierte seborrhoische Keratosen, Mollusca contagiosa, Angiome, amelanotische Melanome, Kaposi-Sarkom und kutane Metastasen. ! Cave Beim Granuloma pyogenicum ist die Abgrenzung zum malignen Melanom von immenser Bedeutung. In diagnostischen Zweifelsfällen muss ein malignes Melanom immer sicher ausgeschlossen werden. z
⊡ Abb. 9.16 Granuloma pyogenicum am Finger
z
Klinisches Bild
Häufige Lokalisationen sind Lippen, Mundschleimhaut (»Epulis teleangiectatica«), Kopfhaut, Finger und Zehen (⊡ Abb. 9.16). Es entwickelt sich aus Verletzungen oder auf entzündlich veränderter Haut innerhalb weniger Wochen ein erbsen- bis kirschgroßer, weicher, teils kugeliger, teils aufsitzender, benigner Tumor von roter, blau-roter oder blau-schwarzer Farbe mit umgebender Epithelkrause. Die Oberfläche ist glatt oder erosiv, evtl. nässend oder blutend oder von einer gelblichen Fibrinschicht bedeckt. Typisch ist die leichte Verletzlichkeit des Granuloms, das oft schwer stillbar blutet. Dadurch entstehen dunkle Blutkrusten (»hämorrhagische Kruste«) an der Oberfläche.
Therapie
Die beste Therapie der Wahl ist eine vollständige Exzision. Auch eine Abtragung mit Elektrokauter oder ablativen Lasersystemen (CO2-Laser, Erbium-Laser) nach histologischer Sicherung oder bei klinisch eindeutigem Befund sind weitere Möglichkeiten der Entfernung. Wichtig hierbei ist die vollständige tiefe Abtragung, da der verbleibende Rest (der in die Kutis reichende Stiel des Granuloma pyogenicum) zu Rezidiven führen kann. Bei sicherer Diagnosestellung kann die Verätzung mittels Silbernitrat (Argentum nitricum, Höllensteinstift) an Fingern oder Zehen versucht werden. Bei diesem Verfahren muss der Patient über die tiefschwarze Verfärbung des Gewebes nach Anwendung des Argentum nitricum aufgeklärt werden.
9
10
Keloide
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_10, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
56
Kapitel 10 · Keloide
Syn.: Narbengeschwulst
Keloide stellen gutartige, umschriebene Bindegewebsproliferationen dar, die meist nach einer Verletzung, aber auch spontan bzw. nach Mikrotraumen bei prädisponierten Patienten entstehen können. Sie treten meist nach Verletzungen auf, besonders häufig nach Verbrennungen und Verätzungen. Es gibt aber auch Patienten, bei denen kein vorausgegangenes Trauma eruierbar ist, solche Keloide werden »Spontankeloide« genannt. Risikofaktoren für das Auftreten von Keloiden sind genetische Faktoren (Keloide in der Familienanamnese), die Zugehörigkeit zur dunkelhäutigen Rasse sowie eine erhöhte Hautspannung nach operativen Eingriffen. Traumen, die zu Keloiden führen können, sind in erster Linie chirurgische Eingriffe oder Unfalltraumen, aber auch Piercing und Tätowierungen. Auch bestimmte entzündliche Hautkrankheiten, hier v.a. die Akne, stellen eine Prädisposition zur Entwicklung von Keloiden dar. Bei entsprechend veranlagten Patienten können auch leichte Verletzungen der Haut durch Injektion, Impfung oder Insektenstich Keloide provozieren.
10
z
Klinisches Bild
Bevorzugt an Ohrläppchen, Sternalregion, Schultern und Rumpf und Brust zeigen sich zunächst hellrote, später blasse oder hyperpigmentierte wulstförmig über der Haut stehende Herde mit z.T. scherenartigen Ausläufern (griechisch: keloid, Krebsschere). Auch im Bereich einer vorangegangenen Verletzung oder spontan findet sich eine große scharf umschriebene, derbe Wulstung des Bindegewebes von rötlicher Farbe (⊡ Abb. 10.1, ⊡ Abb. 10.2, ⊡ Abb. 10.3a). Auch größere, teleangiektatisch erweiterte Gefäße sind gelegentlich zu sehen. Die bedeckende Haut ist oft atrophisch verdünnt, Follikelöffnungen und Haare fehlen. An Missempfindungen werden Druckschmerzhaftigkeit, Hyperästhesie oder Juckreiz angegeben, Keloide können Funktionseinschränkung, Spannungsgefühl und Schmerzen verursachen. > Keloide dehnen sich im Gegensatz zu Narben über die Grenze der ursprünglichen Verletzung aus. z
⊡ Abb. 10.1 Sternale Keloide. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Differenzialdiagnose
Von den Keloiden müssen die histologisch und klinisch sehr ähnlichen hypertrophischen Narbenzüge abgegrenzt werden (⊡ Abb. 10.4). Im Unterschied zu hypertrophen Narben dehnen sich Keloide über die Grenze der ursprünglichen Verletzung hinaus aus und neigen nicht zur spontanen Rückbildung. Hypertrophische Narbenzüge entstehen ohne besondere Disposition nach Verletzungen oder in Operationsnarben. Weitere Differenzialdiagnosen umfassen das Dermatofibrom, das Dermatofibrosarcoma protuberans (⊡ Abb. 10.3b) und dermale Nävi.
⊡ Abb. 10.2 Keloid
z
Therapie
Es gibt zahlreiche Behandlungsoptionen, jedoch bis heute keine sicher wirksame, nebenwirkungsarme Therapie. Nur für wenige Verfahren liegen breit abgesicherte klinische Ergebnisse vor. In Abhängigkeit von Lokalisation, Größe, Bestandsdauer und Anzahl der Keloide, vom Alter und von der Hautfarbe des Patienten kann aus verschiedenen Behandlungsoptionen gewählt werden. Bei frischen Keloiden kann man mit einer örtlichen Fluorokortikoidbehandlung als Salbe unter Okklusionsbedingungen eine Rückbildung erzielen. Umschriebene derbe Keloidstränge können auch durch regelmäßige Massage z.B. mit verschiedenen Externa (Contractubex, Dermatix, Kelocote etc.) weicher werden. Bei günstigem anatomischem Sitz kann durch eine Druckpellote, die ähnlich wie ein Bruchband angelegt wird, eine gewisse Rückbildung erzielt werden.
57 Kapitel 10 · Keloide
a
b ⊡ Abb. 10.3a,b a Ausdehnung über die Grenzen der ursprünglichen Verletzung: Keloide am Rücken. b Cave: Hier handelt es sich um kein Keloid! Das häufigste Sarkom der Haut, das Dermatofibrosarcoma protuberans stellt eine wichtige Differenzialdiagnose zu Keloiden dar. (Beide Bilder mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
einer Glukortikoidkristallsuspension kann man allerdings versuchen, diese erneute Keloidbildung zu unterdrücken. Adjuvant ist eine kryotherapeutische Behandlung hilfreich. Anders stellt sich die Situation bei hypertrophen Narben dar. Hier kann durch eine Narbenexzision und anschließende Umgestaltung des Narbenverlaufs oftmals ein befriedigendes kosmetisches Ergebnis erzielt werden. Ziel der Behandlung ist es, Größe, Volumen und Erhabenheit des Keloids zu reduzieren, ein meist vorhandenes Erythem zu vermindern, evtl. Funktionseinschränkungen (»Spannung«) zu verbessern, subjektive Beschwerden wie Juckreiz, Spannungsgefühl oder Schmerzen zu verringern und ein zufriedenstellendes, kosmetisches Ergebnis nach Therapie zu erzielen. Im optimalen Fall kann eine Reduktion der Größe und eine normale Narbe erreicht werden, jedoch nie normale Haut. > Es existiert keine sicher wirksame standardisierte Therapie für Keloide. Bei frischen Keloiden wird zunächst die Anwendung von Silikongelfolien und/oder eine intraläsionale Kortikosteroidgabe empfohlen, bevor invasive Therapieverfahren oder Kombinationstherapien zum Einsatz kommen. Rezidivraten bei Monotherapien sind hoch, wirksamer sind Kombinationstherapien. z Therapieformen kMonotherapien
Hier stehen Silikongel, die Okklusionstherapie, Steroide, Kryotherapie sowie chirurgische Optionen zur Verfügung. Silikongel. Silikongelfolien oder Silikongel gehören zu
den am häufigsten primär eingesetzten Verfahren. Die derzeitige Studienlage liefert unterschiedliche Ergebnisse, die therapeutische Wirksamkeit betreffend. Während eine internationale Expertenkommission die Anwendung von Silikongelfolien als First-line-Therapie von Keloiden empfiehlt, führt die aktuelle deutsche Leitlinie zur Therapie von pathologischen Narben die Silikongele als Therapieform mit noch ungenügend verifizierter oder fraglicher Wirksamkeit auf. Okklusionstherapie. Eine andere Methode ist das Abde-
⊡ Abb. 10.4 Hypertrophe Narben am Unterarm. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
cken des Narbengewebes mit Silikonfolien. Als Wirkmechanismen werden hierbei Okklusions- und Hydratationseffekte angenommen. Intraläsionale Kortikosteroide (Triamcinolonazetonid).
Mit chirurgischen Maßnahmen sollte man im Allgemeinen zurückhaltend sein. Einer Exzision folgt meist eine erneute Keloidbildung. Durch operative Techniken, die eine erhöhte Wundspannung reduzieren und sofortige Injektion
Diese gehören zu den etablierten Therapieformen. Besonders wirksam ist die intraläsionale Steroidtherapie bei noch aktiven, hellroten Keloiden. In der Regel wird Triamcinolonazetonid (10-40 mg, optional in Kombination mit Lidocain 1:2 bis 1:4 verdünnt) streng intraläsional injiziert. Um
10
58
Kapitel 10 · Keloide
die intraläsionale Injektion zu verbessern und um Schmerzen zu reduzieren, kann kurz vor der Injektion eine leichte Kryotherapie (Einfrierzeit: 5–15 s) durchgeführt werden. Zu den Nebenwirkungen gehören subkutane Atrophie (Lipodystrophie, Fettgewebsverlust), Teleangiektasien im behandelten Gebiet und Pigmentverschiebung. Systemische Effekte sind in der Regel nicht zu erwarten. Die Injektion sollte monatlich, keinesfalls häufiger, bis zum gewünschten Ergebnis, erfolgen. Nebenwirkungen bei zu häufiger Anwendung umfassen Atrophie der Haut bis hin zur Einsenkung des behandelten Gebiets (Lipatrophie). Kryotherapie. Eine Therapie mit flüssigem Stickstoff ge-
10
hört zu den Standardtherapieverfahren von Keloiden. In mehreren Sitzungen wird die Läsion mittels des Kontaktoder Sprühverfahrens eingefroren und dabei schrittweise reduziert. Das Keloid wird dabei 2-malig über je etwa 10– 20 s mittels des geschlossenen Kontakt- oder des offenen Sprühverfahrens eingefroren. Nach dem ersten Einfrieren sollte die Läsion wieder vollständig auftauen, bevor der 2. Einfrierzyklus erfolgt. Die Therapie sollte nach Abheilung der nässenden Erosion nach 4–6 Wochen wiederholt werden, bis sich der gewünschte Therapieerfolg einstellt. In der Regel sind 2–8 Behandlungszyklen notwendig. Als Nebenwirkung tritt während der Therapie ein Gefrierschmerz auf und meist am darauffolgenden Tag eine Blasenbildung. Die daraus entstehenden Erosionen und Krusten benötigen oft einige Wochen bis zur kompletten Abheilung. Sobald die Wunde wieder reepithelialisiert ist, kann der nächste Therapiezyklus durchgeführt werden. Nach Kryotherapie kann es v.a. bei dunkelhäutigen Personen zu Hypopigmentierungen kommen. Chirurgie. Operative Verfahren ohne adjuvante Thera-
pie führen bei Keloiden meistens zum raschen Rezidiv. Daher ist bezüglich isoliert eingesetzter operativer Verfahren Zurückhaltung geboten. Eine operative Therapie sollte immer von zusätzlichen Therapiemaßnahmen gefolgt sein, z.B. intraläsionale Steroidinjektion, Kryotherapie, Druckbehandlung. Die Exzision sollte innerhalb der Keloidgrenzen liegen (intramarginale Narbenresektion), zur Verminderung der Hautspannung können Entlastungsplastiken notwendig sein. Die Schnittlinienführung sollte möglichst entlang der Spannungslinien der Haut erfolgen. Kompressionstherapie. Eine prophylaktische Kompressi-
onstherapie ist im Anschluss an eine Exzision von Keloiden ebenfalls wirksam und nebenwirkungsarm. Sie ist jedoch nur an bestimmten Lokalisationen, z.B. an den Ohrläppchen, gut praktikabel. Hierfür sind spezielle Ohrclips (Austernschalenepithetik) verfügbar.
Kompressionsverbände sollten 24 h täglich, mindestens 6 Monate bis zu 2 Jahren getragen werden, was eine hohe Compliance erfordert. Ältere Keloide sprechen auf eine Drucktherapie in der Regel nicht an. kKombinationstherapien
Zu viel versprechenden Ansätzen gehören die Kombinationstherapien, bei denen zwei oder mehrere Ansätze gleichzeitig oder nacheinander eingesetzt werden. Exzision plus Kortikosteroide. Eine Exzision mit dem Skalpell, gefolgt von wiederholter intraläsionaler Gabe von Triamcinolon (10 mg/cm) in das Wundbett, weist Heilungsraten von etwa 80% auf. Die erste Steroidinjektion kann am Tag der Operation durchgeführt werden. Exzision plus Strahlentherapie. Ein bewährter Therapie-
ansatz ist die Anwendung ionisierender Strahlung. Wenn ein störendes Keloid chirurgisch entfernt wird, ist die Rezidivrate ohne nachfolgende Therapie sehr hoch. Bei Anwendung der Strahlentherapie (z.B. 5×3 Gy) wird dieses Rezidiv mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert. Die Strahlentherapie sollte unbedingt innerhalb der ersten Stunden nach chirurgischer Exzision des Keloids beginnen (erfordert zwingend eine vorherige Koordination von Operateur und Strahlentherapeut). Die Exzision, gefolgt von einer sofortigen postoperativen Strahlentherapie, zeigt Heilungsraten zwischen 65 und 99% und wird als eine der effektivsten Therapiemöglichkeiten zur Behandlung von ansonsten therapieresistenten Keloiden angesehen. CO2-Laser plus Kortikosteroide. Die Abtragung von Kelo-
iden, gefolgt von intraläsionaler Injektion von Steroiden, zeigt ähnliche Ansprechraten wie die Exzision plus Kortikosteroide. Exzision plus Kompression. Insbesondere bei Ohrläpp-
chen führt die Exzision, gefolgt von einer konsequenten Kompression, zu Heilungsraten >80%.
Weiterführende Literatur Bock O, Mrowietz U (2002) Keloide. Hautarzt 53:515-523 Hackert I, Aschoff R, Sebastian G (2003) Keloide und ihre Therapie. Hautarzt 54:1003-1017 Karrer, S (2007) Therapie von Keloiden. Hautarzt 58:979-990. Koller J, Sebastian G (2004) Therapie pathologischer Narben (hypertrophe Narben und Keloide) Leitlinie. JDDG 2:308-312
11
Virusinduzierte benigne Hauttumoren (Warzen)
11.1
Verrucae vulgares – 60
11.1.1 Verrucae plantares – 61 11.1.2 Filiforme Verrucae – 64
11.2
Verrucae planae juveniles – 64
11.3
Condylomata acuminata – 65
11.3.1 Sonderformen
11.4
– 66
Molluscum contagiosum – 66 Weiterführende Literatur
– 68
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_11, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
60
Kapitel 11 · Virusinduzierte benigne Hauttumoren (Warzen)
Infektiöse Warzen sind durch humanpathogene Papillomviren (HPV) induzierte Akanthome an Haut und Schleimhäuten. Bislang sind über 100 genetisch differente humanpathogene Papillomviren (HPV-Typen) bekannt, welche mithilfe molekularbiologischer Methoden unterschieden werden. Zudem werden HPV-Viren auch aufgrund unterschiedlichen Tropismus zur Haut oder zur Mukosa unterschieden, außerdem je nach onkogenem Potenzial in »Low-risk«- und »High-risk«-Typen. HPV-Viren zeigen einen ausgeprägten Epitheltropismus und infizieren ausschließlich Epithelzellen von Haut und Schleimhaut. Dort rufen Papillomviren die warzigen Veränderungen hervor, welche histologisch durch eine Epithelhyperplasie gekennzeichnet sind. In Abhängigkeit vom HPV-Typ treten Warzen in unterschiedlichen Erscheinungsformen an verschiedenen Lokalisationen auf. z
11
Warzentyp
HPV-Typ
Verrucae vulgares
1, 2, 3, 4
»Fleischerwarzen«
7
Verrucae planae juveniles
3, 10
Condylomata acuminata
6, 11
Condylomata plana
6, 11 (low risk)
Übertragung und Inkubationszeit
Papillomviren sind durch das Fehlen einer Lipoproteinhülle (im Gegensatz zu z.B. Herpes-simplex-Viren) relativ widerstandsfähig gegen Austrocknung und Detergenzien. Eine HPV-Infektion erfolgt zumeist durch direkten Hautoder Schleimhautkontakt, kann aber auch indirekt über kontaminierte Flächen, z.B. den Boden von Turnsaal oder Schwimmbad, übertragen werden. Über Autoinokulation können sich HPV-Infektionen ebenfalls ausbreiten. Eine anogenitale HPV-Infektion wird meist sexuell übertragen und ist an mehreren Lokalisationen gleichzeitig nachweisbar. Die Inkubationszeit beträgt mehrere Wochen bis Monate. Die meisten Infektionen verlaufen subklinisch. Wie bei vielen anderen Infektionserkrankungen gehört zur Krankheitsmanifestation nach Viruskontakt bzw. Inokulation eine Disposition des Patienten. Kühle, feuchte Akren sind ein begünstigender Faktor, ferner treten vulgäre Warzen in multipler Aussaat bei Patienten mit gestörter Immunität auf. z
⊡ Tab. 11.1 Häufige Erreger bei klinischen Warzentypen
Einteilung
Klinisch unterscheidet man vulgäre Warzen (Verrucae vulgares), denen auch plantare Warzen oder Dornwarzen (Verrucae plantares) zugeordnet werden, plane juvenile Warzen und die Feigwarzen (Condylomata acuminata) (⊡ Tab. 11.1).
11.1
Verrucae vulgares
Syn.: Vulgäre Warze
Die vulgären Warzen (Verrucae vulgares) sind die häufigsten Warzenformen und befallen Personen aller Altersstufen, besonders aber Kinder und Jugendliche. Sie treten
⊡ Abb. 11.1 Multiple Verrucae vulgares am Daumen. (Aus: Münchner Medizinische Wochenschrift 2011; mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
bevorzugt an den Dorsalseiten der Finger und Handrücken auf. Ein unangenehmes therapeutisches Problem sind die periungualen Warzen aufgrund der Gefahr der Verletzung der Nagelmatrix. z
Klinisches Bild
Vulgäre Warzen sind asymptomatische hautfarbene, flache oder derbe, kalottenförmige Knötchen mit rauerkeratotischer Oberfläche; die Begrenzung ist stets scharf (⊡ Abb. 11.1, ⊡ Abb. 11.3). Durch thrombosierte Kapillaren und Verschmutzung entsteht oft das Bild einer punktförmigen, schwarzen Hyperkeratose mit kleinsten hämorrhagischen schwarzen Punkten (Warzenhämorrhagien), die die Abgrenzung zum Clavus (Hühnerauge) ermöglichen (⊡ Abb. 11.5, ⊡ Abb. 11.6). Durch Konfluenz können flächenhafte Warzenbeete entstehen (⊡ Abb. 11.2, ⊡ Abb. 11.4, ⊡ Abb. 11.7). Bevorzugte Lokalisationen sind der Handrücken oder die periunguale Region. Zunächst zeigt sich die solitäre Verruca vulgaris (so genannte Mutterwarze) zu Beginn der Erkrankung, gewöhnlich in Form eines scharf begrenzten, derben hautfarbenen Knötchens mit glatter Oberfläche. Im weiteren Verlauf nimmt der Tumor meist rasch an Größe zu. Durch Autoinokulation
61 11.1 · Verrucae vulgares
⊡ Abb. 11.2 Beet von Warzen an Zeige- und Ringfinger. (Aus: Münchner Medizinische Wochenschrift 2011; mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 11.4 Periunguales Warzenbeet mit gut erkennbaren Einschlusskörperchen. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 11.3 Multiple Verrucae vulgares an der linken Hand. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
kann es zu Ausbildung weiterer Warzen kommen (so genannte Tochterwarzen), die meist in der unmittelbaren Nachbarschaft der Primäreffloreszenz lokalisiert sind. z
Differenzialdiagnose
Lichen ruber, seborrhoische Keratose, aktinische Keratosen, Plattenepithelkarzinom, Cornu cutaneum, Clavi (Hühneraugen), Calli (Schwielenbildung).
⊡ Abb. 11.5 Verruca vulgaris am Finger mit sichtbaren Einschlusskörperchen. (Aus: Münchner Medizinische Wochenschrift 2011; mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
11.1.1
Verrucae plantares
Syn.: Dornwarzen, Fußwarzen
Zu den vulgären Warzen zählen auch Verrucae plantares, die an den Fußsohlen entweder als einzeln stehende, tiefe, endophytische, teils schmerzhafte Läsionen (Dornwarzen) oder zu Beeten aggregiert auftreten (⊡ Abb. 11.7). Aufgrund der Lokalisation (Fußsohlen) und aufgrund
11
62
Kapitel 11 · Virusinduzierte benigne Hauttumoren (Warzen)
der Körperlast beim Gehen und Stehen können Plantarwarzen nicht exophytisch wachsen und werden in die Dermis eingedrückt. Normalerweise sind Warzen asymptomatisch, an druckbelasteten Stellen der Fußsohle können sie jedoch durch endophytisches Wachstum sehr schmerzhaft sein. Bei genauer Betrachtung entdeckt man zahlreiche braunschwarze Punkte, die durch Thrombosierung von Kapillarschlingen entstehen (⊡ Abb. 11.6). Diese »Warzenhämorrhagien« sind für die in der Praxis differenzialdiagnostische Abklärung von Plantarwarzen zu Clavi (Hühneraugen) und einfacher Schwielenbildung (Callus) wichtig (⊡ Tab. 11.2). Verrucae plantares sind aufwendiger in der Therapie als Verrucae vulgares in anderer Lokalisation, sind schwer zu therapieren und gelten als besonders ansteckend. Es wird angenommen, dass die Ansteckung dort möglich ist, wo viele Menschen barfuß laufen (Schwimmbäder, Turnhallen, Umkleidekabinen etc.).
⊡ Tab. 11.2 Differenzialdiagnose »Verruca – Clavus – Callus« Charakteristika Verucca plantaris (Dornwarze)
Harte, hautfarbene Papel mit zentralem Verlust der Papillarleisten und Warzenhämorrhagien (»braunschwarze Pünktchen«)
Clavus (Hühnerauge)
Typische Lokalisation: Druckstellen z.B. vordere Planta medial oder an den Zehengelenken, fehlende Warzenhämorrhagien (»braunschwarze Pünktchen«)
Callus (Schwiele)
Typische Lokalisation: mechanisch belastete Areale, gelblicher Farbton, fehlende Warzenhämorrhagien (»braunschwarze Pünktchen«)
! Cave Gelegentlich werden Clavi (typische Lokalisation, fehlende Virushämorragien (»braunschwarze Punkte«) über Jahre als vermeintliche Warzen behandelt.
11
z
Differenzialdiagnose
Die differenzialdiagnostische Abklärung wird in ⊡ Tab. 11.2 dargestellt. ⊡ Abb. 11.6 Plantare Verruca mit typischen Warzenhämorrhagien
z
Therapie
Derzeit existiert keine spezifische antivirale Therapie gegen humane Papillomviren. Da es nach Monaten oder erst nach Jahren zur spontanen Regression von Hautwarzen kommen kann, ist aufgrund des zeitlich limitierten Verlaufs abwartendes Verhalten gerechtfertigt. Bei Ausbreitungstendenz (Absiedlung kleiner Satellitenwarzen), bei Lokalisation an den Händen und bei ausgedehnten Warzenbeeten ist jedoch eine intensive Therapie zur Vermeidung der Weiterverbreitung angezeigt. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden therapeutischen Verfahren ist groß. Viele der angewandten Verfahren weisen vergleichbare Heilungs- und Rezidivraten auf. Die verfügbaren Optionen und üblichen Therapieverfahren zielen entweder auf die Destruktion oder Entfernung von sichtbaren Läsionen oder sind für infizierte Zellen zytotoxisch. Bislang ist jedoch keine gänzlich befriedigende Therapieform bekannt, und Angaben über Effizienz und Rezidivraten schwanken. Viele der traditionellen Therapiemethoden, z.B. die Elektrokoagulation, Kürettage oder Kryotherapie, sind primär destruktiv, schmerzhaft und können Narben verursachen. Bei den übrigen Verfahren, z.B. der Keratolyse, Gabe von Virostatika, Immunmodulatoren (Imiquimod) oder Glutaraldehyd, Behandlung
⊡ Abb. 11.7 Plantares Warzenbeet
mit dem Farbstofflaser, Behandlung mit wassergefiltertem Infrarot (wIRA), schwanken die Angaben über die Erfolgsraten. Zunächst ist – unter Berücksichtigung eines selbstlimitierten Verlaufs – konservativen Maßnahmen der Vor-
63 11.1 · Verrucae vulgares
zug zu geben. Bei Lokalisation an den Händen, aber auch bei Ausbreitungstendenz (Absiedlung kleiner Satellitenwarzen) und bei ausgedehnten Warzenbeeten ist dennoch eine intensive Therapie angezeigt. Hat man sich zur Behandlung entschlossen, so ist der Patient dahingehend aufzuklären, dass eine erfolgreiche Abheilung bei keinem der zahlreich vorhandenen Therapieschemen garantiert werden kann. Günstig erweist sich eine Therapie durch den Arzt (z.B. Kryotherapie) gefolgt von einer Selbstbehandlung durch den Patienten über mehrere Zyklen. > Verrucae plantares sind schwer zu therapieren. Der Therapieerfolg erfordert aktive Mithilfe des Patienten.
Die Behandlung richtet sich nach Warzentyp, Größe, Anzahl, Lokalisation, Eigenerfahrung des Arztes und Behandlungswunsch des Patienten. Bewährt hat sich in der Praxis folgendes Vorgehen: ▬ 1. Schritt: Keratolyse – Erweichung des Hornmaterials. Ein salicylhaltiges Pflaster (Wurzeltod, Guttaplast) wird etwa auf die Größe der entsprechenden Warzen zugeschnitten oder aufgeklebt (Wurzeltod). Dieses Salicylsäure-Pflaster wird wiederum mit Fixierungspflaster (Leukoplast) fest fixiert. Alternativ regelmäßiges Auftragen entsprechender keratolytischer Lösungen (Culmac, Duofilm, Verrucid). ▬ 2. Schritt: Abtragen der Hornmassen (Keratolyse): Nach 3–4 Tagen Behandlung mit dem Salicylpflaster werden die zusätzlich durch ein heißes Bad erweichten Hornmassen mit dem scharfen Löffel, einer Skalpellklinge oder einem Hornhauthobel abgetragen. Evtl. mehrmalige Wiederholung. ▬ 3. Schritt: Kryotherapie: Durch den flüssigen Stickstoff wird die Warze eingefroren (angezeigt durch Weißfärbung), nach vollständigem Auftauen wird die Prozedur wiederholt (für 5–10 s, evtl. 2- bis 3-mal pro Sitzung). Die Kryotherapie ist bei 50% der Patienten gut wirksam, wird aber bei Kindern gelegentlich als schmerzhaft empfunden. Nach Abtragen der Hornmassen stehen für die intermittierende Behandlung verschiedene Behandlungsmethoden zur Verfügung, welche in Kombination mit vorgenanntem keratolytisch-mechanischem Abtragungsschema oder auch konsequent isoliert eingesetzt werden können: ▬ Salicylsäurehaltige Externa (Duofilm, Verrucid) sollten 3-mal täglich appliziert werden. ▬ 5-Fluorouracil in Kombination mit Salicylsäure (Verrumal-Lösung) wird nach Abtragung der Hornmassen 3-mal täglich auf die befallenen Areale aufgetragen. Bei nur kleinen behandelten Flächen sind systemische Wirkungen nicht zu befürchten. Intermittierend Abtragen der Hornmassen wie beschrieben.
▬ Dithranol (Warzenpaste NRF [Anthralin-Salicylsäurehaltig]) 2-mal täglich über 10 Tage auftragen und mit Pflaster abdecken. Durch die Warzensalbe kann es zu einer blauschwarzen Verfärbung der Wäsche und der Haut kommen. Intermittierend Abtragen der Hornmassen wie beschrieben, ggf. Wiederholung der Behandlung. ▬ Glutaraldehyd-Lösung: Einige Tropfen einer 10%igen Glutaraldehyd-Lösung (Glutaraldehyd-Lösung 50% 2 g, Isopropylalkohol ad 10 g) werden aufgetragen und über Nacht belassen. Morgens Entfernung mittels Sprühdesinfektion. kOperative und laserchirurgische Maßnahmen
Bei isolierten Verrucae am Integument und Verrucae vulgares sind operative und laserchirurgische Maßnahmen eine Alternative zur keratolytischen Therapie. Bei Plantarwarzen sollten erst nach erfolgloser konservativer Therapie operative Maßnahmen eingesetzt werden. Exzision, Behandlung mit der Diathermie-Schlinge. Die Exzision von vulgären Warzen mit dem Skalpell ist besonders an der Fußsohle wegen möglicher Wundheilungsstörungen und generell wegen der resultierenden Narbenbildung und der häufigen Rezidive nicht als Therapie der ersten Wahl zu empfehlen. CO2-Laser, Erbium-Laser. Sind konservative Maßnahmen
fehlgeschlagen, kann die Abtragung der vulgären Warzen mittels CO2-Laser oder Erbium-Laser (ablativen Lasersystemen) versucht werden. Dieser ist besonders effektiv bei singulären Warzen. Als Nebenwirkung wurden verzögerte Abheilung, Narbenbildung und Hyperpigmentierungen beschrieben. ! Cave Da bei der CO2- oder Erbium-Lasertherapie Dämpfe entstehen, in denen virale Partikel nachweisbar sind, sollte die Lasertherapie nur mit gut funktionierender Absaugvorrichtung und mit Mundschutz durchgeführt werden. Farbstofflaser. Eine Behandlung von Verrucae mittels
Farbstofflasers ist weniger aggressiv, kann schnell durchgeführt werden und basiert auf der Zerstörung der Blutgefäße, die die Warze versorgen. Allerdings muss auch bei diesem nebenwirkungsarmen Verfahren mehrfach behandelt werden und eine Kombination mit vorgenanntem keratolytisch-mechanischem Schema ist sinnvoll. Die Blutgefäße in der Papillarspitze der Warze stellen die Zielstruktur für das gelbe Licht des Farbstofflasers dar, der üblicherweise als etabliertes Therapieverfahren zur Behandlung von Hämangiomen eingesetzt wird. Die
11
64
Kapitel 11 · Virusinduzierte benigne Hauttumoren (Warzen)
Ergebnisse sind bei periungualen Warzen besser als bei Plantarwarzen. Die Komplikationsrate bei der Behandlung ist niedrig.
Wichtige Verhaltensmaßnahmen zur Vermeidung der Übertragung von HPV-Viren ▬ Keine gemeinsame Benutzung von Handtüchern,
11.2
Verrucae planae juveniles
Syn.: Plane juvenile Warzen, Flachwarzen z Klinisches Bild
Flache, rötliche oder hautfarbene, 1–4 mm große Papeln, die v.a. bei Jugendlichen im Gesicht, an Händen oder distalen Unterarmen auftreten (⊡ Abb. 11.9, ⊡ Abb. 11.10). Plane juvenile Warzen sind rezidivfreudig und können
Cremes, Schuhen etc.
▬ Plantare Warzen abkleben beim Barfußgehen ▬ Patienten, die zu Plantarwarzen neigen, sollten das Barfußgehen vermeiden (Schwimmbäder, Sporthallen) ▬ Abkleben von Warzen oder Schutzsocken beim Sportunterricht
11.1.2
Filiforme Verrucae
Syn.: Pinselwarzen z Klinisches Bild
11
Es handelt sich um dünne, zapfenartige oder fadenförmige Verrucae vulgares, häufig im Gesicht und am Hals lokalisiert (⊡ Abb. 11.8). z
⊡ Abb. 11.9 Plane juvenile Warzen an der Stirn. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Therapie
Filiforme Warzen können am einfachsten (optional mit Lokalanästhesie) mittels Flachexzision, mittels ablativen Lasersystemen oder mit dem scharfen Löffel abgetragen werden. Externe Therapien haben sich hier nicht bewährt.
⊡ Abb. 11.8 Multiple Verrucae im Mund- und Kinnbereich. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 11.10 Plane juvenile Warzen an den Wangen. (Aus: Münchner Medizinische Wochenschrift 2011)
65 11.3 · Condylomata acuminata
über Jahre persistieren. Häufig geht ihrer Spontanregression eine Zunahme von Zahl und Größe der vorhandenen Läsion aus.
dien-Infektionen) zu denken. Zur Vermeidung der Wiederansteckung ist eine Untersuchung und ggf. Therapie des Partners notwendig.
z Therapie Tretinoin zur Behandlung planer juveniler Warzen. Plane
Das Vorliegen von Condylomata acuminata bei Kindern ist nicht beweisend für sexuellen Missbrauch. In der Mehrzahl kommen Autoinokulation mit Hauttypen oder (nicht missbräuchlicher) Familienkontakt als Transmissionsweg in Betracht. Indizien für sexuellen Missbrauch sind u.a. andere sexuell übertragbare Infektionen, Verletzungen im Genitalbereich, während der Nachweis von kutanen HPV-Typen (z.B. HPV2) für eine Autoinokulation durch Kratzen spricht.
juvenile Warzen sprechen in der Regel auf externe Therapie mit Tretinoin an, welches jedoch hautirritierend wirken kann. Vitamin-A-Säure-Lösung (z.B. Airol-Lösung) kann mit einem Watteträger oder Q-Tip auf jede Warze 2- bis 3-mal täglich aufgetragen werden. Alternativ kann Tretinoin extern in einer Konzentration von 0,025 (hydrophile Tretinoin Creme 0,025%; NRF) einmal täglich abends über eine Woche aufgetragen werden. Bei guter Verträglichkeit kann die Behandlung mit 0,05% (z.B. hydrophile Tretinoin-Creme 0,05%, NRF, Cordes VASCreme) fortgesetzt werden. Bei zu starker Reizung der Haut muss eine Therapiepause eingelegt werden. Bei einzeln stehenden Verrucae planae kann eine Kürettage (Abtragung mittels Löffel oder Ringkürette) versucht werden. ! Cave Die Patienten sind auf die Notwendigkeit des konsequenten Sonnenschutzes aufmerksam zu machen. Kryotherapie. Ein in flüssigen Stickstoff getauchter Stieltupfer wird auf die Warzen aufgepresst. Durch die entstehende Blase kann das Warzengewebe nekrotisiert und abgehoben werden. Aufgrund der Möglichkeit einer postinflammatorischen Hyperpigmentierung und möglicher Schmerzhaftigkeit sollte das Verfahren zurückhaltend und im Gesicht nur durch den erfahrenen Therapeuten eingesetzt werden.
11.3
Condylomata acuminata
Syn.: Feigwarzen, Feuchtwarzen, venerische Warzen
Condylomata acuminata zählen zu den häufigsten sexuell übertragenen Geschlechtskrankheiten (sexually transmitted diseases, STD). Etwa 1% aller jungen Erwachsenen haben sichtbare Genitalwarzen. Condylomata treten ausschließlich im Anogenitalbereich auf (äußeres und inneres Genitale, perianal, im Analkanal, Perineum, Mons pubis und der Inguinalfalte). Die Inkubationszeit beträgt Wochen bis Monate. Die meisten Infektionen verlaufen subklinisch, in 80% der Fälle wird die Infektion in einem Zeitraum von 12 Monaten durch Immunantwort spontan geklärt. > Bei Vorliegen von Condylomata acuminata ist an den Ausschluss anderer Geschlechtskrankheiten (Gonorrhoe, Syphilis, Trichomonaden und Chlamy-
z
Klinisches Bild
Die initiale Läsion zeigt sich als stecknadelkopfgroße, rosa bis weißliche Papel. Klinisch zeigen sich oft multiple, exophytische Papillome mit flacher oder spitzer Oberfläche, die hautfarben, braun oder weißlich mazeriert sind. Condylomata sind gestielt oder breitbasig aufsitzend. Mit zunehmender Bestandsdauer kommt es zur Ausbildung von Beeten und blumenkohlartigen Wucherungen, die durch Autookulation schließlich die gesamte Anogenitalregion einnehmen können. Beim weiblichen Geschlecht findet man spitze Kondylome am häufigsten an den Labia majora und minora, sie können aber auch bis in die Vagina und an die Portio verschleppt werden. Beim männlichen Geschlecht werden bevorzugt das innere Präputialblatt und der Sulcus coronarius befallen (⊡ Abb. 11.11). Auch ein Befall der Urethra ist möglich. Bei Kondylomen in der Perianalregion ist auch an eine Beteiligung der Analschleimhaut als Ausgangspunkt von Rezidiven zu denken. Bei immunsupprimierten Patienten ist eine großflächige Ausbreitung möglich. z
Differenzialdiagnose
Condyloma lata (Lues), Verrucae vulgares, Fibrome, dermale Nävi, Papillae coronae glandis. z Therapie Podophyllotoxin. Zur konservativen Behandlung kann
Podophyllin (25%, in alkoholischer Lösung, ein Extrakt aus Wurzeln unterschiedlicher Spezies von Berberidaceae [Maiapfel]) durch den Arzt 1- bis 2-mal pro Woche auf die betroffenen Bezirke aufgetragen werden und muss durch den Patienten nach 2–4 h im Sitzbad abgewaschen werden. ! Cave Es ist bei der Behandlung darauf zu achten, dass pro Behandlungstag nicht mehr als 1–2 ml dieser Lösung angewendet werden (Gefahr einer Podophyllinvergiftung durch Resorption).
11
66
Kapitel 11 · Virusinduzierte benigne Hauttumoren (Warzen)
Ablation durch Chirurgie, Laser, Elektrokauter. Bei ein-
zeln stehenden Condylomata acuminata bietet sich die operative Entfernung in Lokalanästhesie an. Diese Therapie kann – vom erfahrenen Therapeuten – jedoch auch bei Condylomata in disseminierter Aussaat durchgeführt werden. Hierzu können die Kondylome elektrokautisch oder mit dem CO2-Laser nach lokaler Anästhesie abgetragen werden. Oft sind mehrere Sitzungen notwendig.
a
! Cave Da in den bei der Lasertherapie entstehenden Dämpfen virale Partikel nachweisbar sind, sollte die Lasertherapie nur mit gut funktionierender Absaugvorrichtung und mit Mundschutz durchgeführt werden.
11.3.1
Sonderformen
Condylomata giganteum Buschke-Löwenstein beschreibt ein destruierend wachsendes, oft blumenkohlartiges Plattenepithelkarzinom nach jahrelang bestehenden Condylomata acuminata. Die Gefahr der malignen Transformation und Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms ist hier besonders hoch.
11
11.4 b ⊡ Abb. 11.11a,b Condylomata acuminata am Penisschaft
Weiterhin steht Podophyllotoxin (Condylox, Wartec) für die Selbstbehandlung des Patienten zur Verfügung, das in Deutschland jedoch – trotz guter Verträglichkeit – nur zur äußerlichen Behandlung von umschriebenen, nicht entzündeten Feigwarzen bei Männern im äußeren Genitalbereich zugelassen ist. Diese Lösung wird 2-mal täglich über einen Zeitraum von 3 Tagen aufgetragen. Nach einer Woche kann der Behandlungszyklus wiederholt werden. Imiquimod. Der topische Immunmodulator Imiquimod (Aldara 5% Creme) ist ebenfalls zur Behandlung von Kondylomen zugelassen. Die Anwendung der 5% ImiquimodCreme erfolgt 3-mal wöchentlich über Nacht für maximal 16 Wochen. Morgens wird das behandelte Areal mit Wasser abgewaschen. Nebenwirkungen treten in Form von lokaler Irritation, Brennen, Rötung, Juckreiz oder leichten Schmerzen auf, selten werden systemische Reaktionen wie Fieber oder Krankheitsgefühl beobachtet.
Molluscum contagiosum
Syn.: Dellwarze
Mollusca contagiosa treten meist bei Kindern, gelegentlich aber auch bei Erwachsenen auf. Bevorzugt werden Kinder im Alter von 2–5 Jahren und immunsupprimierte Patienten befallen. Im Normalfall sind die Betroffenen sonst vollkommen gesund. Im Gegensatz zu den anderen infektiösen Warzen werden sie nicht durch Humane Papillomviren (HPV), sondern durch ein streng epidermotropes Virus der Gruppe unklassifizierter Pockenviren verursacht. Die Inkubationsperiode beträgt 2–3 Wochen. Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt von Mensch zu Mensch durch Schmierinfektion. z
Klinisches Bild
Oft multiple, disseminiert stehende, hautfarbene bis perlweiße, etwas durchscheinende, symptomlose halbkugelige Papeln von 3–5 mm Durchmesser (⊡ Abb. 11.12, ⊡ Abb. 11.13, ⊡ Abb. 11.14, ⊡ Abb. 11.15). Auf seitlichen Druck, nach Abtragung oder Druck mit der Pinzette entleert sich ein weißliches Exprimat aus zerstörten virushaltigen Epidermiszellen. Dellwarzen sind häufig gruppiert. Alle Lokalisationen sind möglich. Selten können sich erbs- bis kirschgroße Knoten (Mollusca contagiosa gigantia) bilden. Komplikationen sind Ausbildung eines
67 11.4 · Molluscum contagiosum
⊡ Abb. 11.12 Multiple Dellwarzen (Mollusca contagiosa) am Hals eines Kindes. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 11.13 Multiple Dellwarzen. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 11.15 Multiple Mollusca contagiosa am Stamm eines Kindes. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 11.14 Mollusca contagiosa. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Ekzems (Eczema molluscatum), Impetiginisierung und entzündliche Veränderung mit Rötung und Ausbildung eines Erysipels. Spontanregression erfolgt in den meisten Fällen innerhalb von 6 Monaten. Somit ist eine Behandlung von Dellwarzen nicht in allen Fällen zwingend. Allerdings ist ein prolongierter Verlauf möglich. z
Entfernung die Ausbreitung verhindert und die Dauer der Erkrankung verkürzt werden. Schmerzen, welche den wichtigsten limitierenden Faktor für die Therapie darstellen, können durch okklusive Anwendung einer Lidocain-Prilocain-Creme 1–2 h vor Abtragung vermindert werden. Exprimation mit der Pinzette nach Emla-Applikation.
Nach Auftragen von topischem Anästhetikum wird das einzelne Molluskum mit einer gebogenen Pinzette umfasst und der breiige Inhalt durch Zusammendrücken der Pinzettenarme ausgepresst.
Therapie
Da es sich um eine selbstlimitierende Dermatose handelt, ist eine Behandlung nicht in allen Fällen zwingend. Rasche Entfernung allerdings verhindert eine Ausbreitung der Mollusken und eine Infektion anderer. Vor allem bei Befall mit nur vereinzelten Mollusken kann durch rasche
Kürettage nach Emla-Applikation. Ein bewährtes Ver-
fahren ist Kürettage mit Ringkürette nach topischer Anwendung von Anästhetika (Emla-Creme). Man trägt die Creme etwa 1 h vor der Kürettage auf und deckt sie mit einem Okklusivverband ab. Die Dosierung von Emla darf
11
68
Kapitel 11 · Virusinduzierte benigne Hauttumoren (Warzen)
3 mg/kg Körpergewicht nicht übersteigen. Die Mollusken werden rasch abgetragen und mit Gentianaviolett-Lösung (0,1–bis 0,25%) betupft. Bei kooperativen Kindern können durch einen in der Kürettage erfahrenen Arzt in einer Sitzung 100 und mehr Dellwarzen entfernt werden. Gepulste Farbstofflaserbehandlung. Dellwarzen können
in Einzelfällen mit dem Farbstofflaser behandelt werden. Schmerzreduktion kann durch Vorbehandlung mit EmlaCreme erreicht werden.
Weiterführende Literatur
11
Braue A, Ross G, Varigos G, Kelly H (2005) Epidemiology and impact of childhood molluscum contagiosum: a case series and critical review of the literature. Pediatric Dermatology; 22: 287-294 Hammes S, Greve B, Raulin C (2001) Mollusca contagiosa – Behandlung durch gepulsten Farbstofflaser. Hautarzt; 52: 38-42 Jayasinghe Y, Garland SM (2006) Genital warts in children: what do they mean? Arch Dis Child; 91(8) 696-700 Kirnbauer R, Lenz P, Okun MM (2008) Human Papillomavirus. In: Bolognia J, Jorizzo J, Rapini R: Dermatology; Vol. 1., Mosby, London: 1183-98 Ploetz S.G., Ring J (2011) Was hilft wirklich gegen Warzen? Münchner Medizinische Wochenschrift 153 (12): 38-42 Smolinski KN, Yan AC (2005) How and when to treat molluscum contagiosum and warts in children. Pediatric Annales; 34: 211-221
12
Nävi
12.1
Organoide Nävi – 70
12.1.1 Papillomatöser weicher epidermaler Nävus 12.1.2 Nävus sebaceus – 70 12.1.3 Talgdrüsenhyperplasie – 71
– 70
12.2
Melanotische Flecken – 71
12.2.1 12.2.2 12.2.3 12.2.4
Epheliden – 71 Café-au-lait-Fleck – 72 Becker-Nävus – 72 Lentigo simplex, Lentigines – 72
12.3
Melanozytäre Nävi – 73
12.3.1 12.3.2 12.3.3 12.3.4 12.3.5
Nävus coeruleus – 73 Nävuszellnävi – 74 Dermale Nävi – 75 Kongenitale melanozytäre Nävi Tierfellnävus – 77
12.4
Sonderformen und Differenzialdiagnosen von Nävi – 79
12.4.1 12.4.2 12.4.3 12.4.4 12.4.5
Schwarzer Nävus – 79 Nävus Spitz – 79 Sutton-Nävus – 80 Nävus spilus – 80 Atypischer Nävus – 81
12.5
Management von Patienten mit multiplen und atypischen Nävi (Syndrom der dysplastischen Nävi) – 82
12.6
Nävus versus Melanom (Differenzialdiagnose) – 83
– 76
12.6.1 Vorveränderungen und Frühformen – 83 12.6.2 Melanomsimulatoren und deren Differenzialdiagnose 12.6.3 Diagnostische Methoden – 83
Weiterführende Literatur
– 83
– 85
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_12, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
70
Kapitel 12 · Nävi
Unter Nävi versteht man umschriebene Fehlbildungen auf dem Boden embryonaler Entwicklungsstörungen. Diesen werden nicht nur pigmentierte Hautveränderungen, sondern auch eine Vielzahl anderer angeborener unterschiedlicher Hautveränderungen zugeordnet, welche aufgrund embryonaler Entwicklungsstörungen auftreten. Der Einfachheit halber unterschieden werden hier organoide Nävi (Bindegewebsnävi), Pigmentzellnävi und Nävuszellnävi.
12.1
Organoide Nävi
12.1.1
Papillomatöser weicher epidermaler Nävus
z
⊡ Abb. 12.1 Papillomatöser, weicher epidermaler Nävus am Hals eines 7-jährigen Mädchens
Differenzialdiagnose
Papillomatöser Nävuszellnävus, Verruca seborrhoica. z
Klinisches Bild
Kongenital oder seit der Kindheit treten meist umschriebene Areale auf mit aggregierten, weichen, pigmentierten oder hautfarbenen Papeln und unterschiedlich stark ausgeprägter keratotischer Oberfläche (⊡ Abb. 12.1). z
12
Therapie
Störende epidermale Nävi lassen sich durch Exzision, tiefe Dermabrasion oder Abtragung mit ablativen Lasern entfernen. ⊡ Abb. 12.2 Nävus sebaceus an der Stirn eines Kleinkindes
12.1.2
Nävus sebaceus
Ein gelegentlich anzutreffender Vertreter von so genannten epithelialen Nävi als Unterform von organoiden Nävi ist ein Talgdrüsennävus, der so genannte Nävus sebaceus. Es handelt sich um eine angeborene umschriebene Talgdrüsenhyperplasie, meist am Capillitium gelegen. z
Klinisches Bild
Meist am Capillitium gelegene, scharf begrenzte, leicht erhabene, haarlose, orange-gelbe Plaque, häufig schon bei Geburt bestehend (⊡ Abb. 12.2, ⊡ Abb. 12.3). z
Differenzialdiagnose
Basaliom, dermaler Nävus, Atherom. z
Therapie
Da die Entwicklung verschiedener Tumoren (Basaliom, Spiradenom, Trichoblastom, Spinaliom) beschrieben ist, sollte die Exzision bis zum jüngeren Erwachsenenalter angestrebt werden. Bis dahin sind regelmäßige, klinische Kontrollen erforderlich.
⊡ Abb. 12.3 Epidermaler Nävus an der Schläfe
71 12.2 · Melanotische Flecken
12.1.3
Talgdrüsenhyperplasie
Syn.: Nävus sebaceus senilis, seniler Talgdrüsennävus
Es handelt sich um umschriebene Taldrüsenhyperplasien bei älteren Menschen. z
Klinisches Bild
In UV-exponierten Arealen, bevorzugt an Stirn und Wangen, zeigen sich kleine, hautfarbene bis gelbliche, zentral genabelte Papeln, die häufig auch multipel auftreten können (⊡ Abb. 12.4). z
Differenzialdiagnose
Talgdrüsenhyperplasien können einem Basaliom gelegentlich täuschend ähneln. Weitere Differenzialdiagnosen umfassen epidermale Zysten und Pilomatrixome. z
⊡ Abb. 12.4 Talgdrüsenhyperplasie. Kleine, hautfarbene bis gelbliche, zentral genabelte Papel
Therapie
Bei diagnostischer Unklarheit mit Blick auf mögliche Differenzialdiagnosen empfiehlt sich eine Probeexzision. Bei Erfahrung und sicherer klinischer Diagnose ist eine Abtragung mit tangentiell angesetztem Skalpell möglich. Bei sicherer Diagnose (gesicherte Abgrenzung zum Basaliom) und falls der Patient dies aus kosmetischen Gründen wünscht, können Talgdrüsenhyperplasien auch mit ablativem Lasersystemen (CO2-Laser, Erbium-Laser) abgetragen werden.
12.2
Melanotische Flecken
Bei den melanotischen Flecken handelt es sich um umschriebene Vermehrung von Melaninpigment. Die Anzahl der epidermalen Melanozyten ist weitgehend normal. Zu den melanotischen Flecken gezählt werden: ▬ Epheliden ▬ Café-au-lait-Flecken ▬ Becker-Nävus ▬ Lentigo solaris/simplex
12.2.1
⊡ Abb. 12.5 Epheliden an der linken Wange; multiple, bizarr konfigurierte, bräunliche, melanotische Maculae. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Epheliden
Epheliden, auch Sommersprossen genannt, sind häufige melanotische Flecken ohne Krankheitswert. Durch UVStimulation bilden die Melanozyten rascher und mehr Melanin als in der umgebenden Region. Daher werden Sommersprossen v.a. im Sommer deutlich. z
Klinisches Bild
Scharf begrenzte, bizarr konfigurierte meist bräunliche Pigmentflecken (⊡ Abb. 12.5, ⊡ Abb. 12.6).
⊡ Abb. 12.6 Epheliden. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
12
72
z
Kapitel 12 · Nävi
Therapie
Eine Therapie ist nicht erforderlich. Sonnenschutz wird angeraten.
12.2.2
Café-au-lait-Fleck
Beim Café-au-lait-Fleck handelt es sich um eine meist bereits bei Geburt vorhandene Hyperpigmentierung. z
Klinisches Bild
Hellbraune, unregelmäßig konfigurierte, scharf begrenzte, münz- bis handtellergroße, gleichmäßige, hellbraune Hyperpigmentierung (⊡ Abb. 12.7). z
Therapie
Eine Therapie ist nicht notwendig. ! Cave Mehr als 5 Café-au-lait-Flecken sind verdächtig und können auf das Vorliegen einer Neurofibromatose hinweisen.
12.2.3
Becker-Nävus
⊡ Abb. 12.7 Café-au-lait-Fleck am Oberschenkel: scharf begrenzte, hellbraune Hyperpigmentierung. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Syn.: Melanosis näviformia
12
Der Becker-Nävus ist ein v.a. bei Männern im Schulterbereich auftretendes Hamartom. Stimuliert wird die Hyperpigmentierung durch UV-Exposition und Hormone. z
Klinisches Bild
Bizarr konfigurierte größere hell- bis dunkelbraune Hyperpigmentierung, bei der im Verlauf das Wachstum von Haaren beobachtet werden kann (⊡ Abb. 12.8). z
Therapie
Eine Therapie ist nicht möglich. Ein kosmetisch störender Haarwuchs kann durch Rasur, Epilation, Laserbehandlung oder Bleichung behandelt werden. ⊡ Abb. 12.8 Becker-Nävus. Bizarr konfigurierter, hellbrauner Nävus im Schulterbereich
12.2.4
Lentigo simplex, Lentigines
Syn.: Altersflecken
Lentigines solares bzw. seniles kommen mit zunehmendem Alter in lichtexponierten Arealen (Handrücken, Gesicht) vor. z
Klinisches Bild
Regelmäßig begrenzte, hellbraune bis dunkelbraune im Hautniveau verbleibende linsen- bis münzgroße Maculae (⊡ Abb. 12.9, ⊡ Abb. 12.10, ⊡ Abb. 12.11).
> Lentigo-Formen im Gesicht Besondere Vorsicht ist bei der Behandlung von Lentigo-Formen im Gesicht geboten, da sich aus diesen Formen eine Lentigo maligna und ein Lentigo maligna-Melanom entwickeln kann. Bei invasiveren Methoden der Entfernung, wie z.B. der Entfernung mittels ablativen Lasers, sollte in diagnostischen Zweifelsfällen immer eine histologische Sicherung der Diagnose (z.B. mittels Biopsie) erfolgen.
73 12.3 · Melanozytäre Nävi
⊡ Abb. 12.9 Lentigo simplex an der Wange: münzgroße hellbraune im Hautniveau gelegene Macula. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 12.10 Lentigo simplex über der linken Augenbraue, helle Lentigines ebenfalls an der Wangenregion. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
z
Therapie
Eine Therapie ist nicht notwendig. Bei kosmetischer Beeinträchtigung kann Kryotherapie (Einfrierzeit 8–10 s), Therapie mit Tretinoin 0,1–0,5% (Tretinoin 0,1% in DAC-Basiscreme) oder Ablation mittels eines Chemical Peelings (cave Hyperpigmentierung) versucht werden. Lentigines am Handrücken können darüber hinaus mit ablativen Lasersystemen, mit dem Rubin- oder dem Alexandritlaser, behandelt werden.
12.3
Melanozytäre Nävi
12.3.1
Nävus coeruleus
Syn.: Blauer Nävus
⊡ Abb. 12.11 Hellbraune Macula: Lentigo simplex an der rechten Schläfenregion
Hierbei handelt es sich um sehr langsam wachsende, aus pigmentierten Melanozyten bestehende, blaue oder blauschwarze Tumoren, deren Farbton durch die tiefe Lagerung des Melanins im Korium zustande kommt. Blaue Nävi können bereits bei der Geburt vorhanden sein, sich aber auch erst im Laufe des Lebens entwickeln. Eine maligne Entartung ist bisher gemessen an der Tumorhäufigkeit in verschwindend wenigen Einzelfällen beobachtet worden.
12
74
z
Kapitel 12 · Nävi
Klinisches Bild
Die Tumoren sind meist nur flach, gelegentlich einmal knotig erhaben und besitzen eine glatte Oberfläche (⊡ Abb. 12.12, ⊡ Abb. 12.13). Sie sind dunkelblau, zentral gelegentlich grau bis weißlich und überschreiten einen Durchmesser von 1 cm nur selten. Blaue Nävi finden sich v.a. an den Extremitäten, besonders an Handrücken und Füßen, aber auch am Gesäß und im Gesicht. z
z
Therapie
Bei sicherer klinischer Ansprache ist v.a. bei langem, stabilem Bestand eine operative Entfernung nicht notwendig. Kürzlich aufgetretene oder größere Läsionen sollten exzidiert werden (Ausschluss eines Melanoms oder Melanommetastasen). Entschließt man sich zu einer Exzision und einer diagnostischen Abklärung, sollte diese bis in die Subkutis reichen, da sich blaue Nävi oft bis ins tiefe Korium erstrecken.
Differenzialdiagnose
Nävuszellnävi, thrombosiertes Angiom, Melanom, Melanommetastasen, pigmentierter Spindelzellnävus, Tätowierung.
12.3.2
Nävuszellnävi
Unter Nävuszellnävi versteht man pigmentierte, teils auch hautfarbene Läsionen, die durch einzelne oder in Aggregaten liegende Pigmentzellnester (Nävuszellnester) verursacht sind. Klinisch wichtig ist die Unterscheidung zwischen erworbenen (im Laufe des Lebens entstandenen) und kongenitalen (angeborenen) Nävuszellnävi. ! Cave 20–30% der maligen Melanome entstehen im Bereich eines präexistenten Nävuszellnävus. Daher ist große klinische Erfahrung in der Beurteilung der Dignität von Nävuszellnävi besonders wichtig.
Erworbene Nävuszellnävi
12 ⊡ Abb. 12.12 Nävus coeruleus: umschriebene dunkel-bläuliche Macula
Nävuszellnävi sind gutartige, melanozytäre Tumoren der Haut, die durch Proliferation von Nävozyten (Nävuszellnester) entstehen. Sie sind praktisch bei jedem Menschen zu finden. Bei Geburt sind sie nur einzeln oder zu wenigen vorhanden, nehmen jedoch in den ersten Lebensjahren in ihrer Anzahl bis zum 3.–4. Lebensjahr zu, um sich anschließend langsam zurückzubilden. Einzelne Nävuszellnävi können auch noch im höheren Lebensalter neu entstehen. z
⊡ Abb. 12.13 Nävus coeruleus an der Nasenspitze
Klinisches Bild
Meist hell- bis dunkelbräunliche, flache, gelegentlich auch erhabene, rundliche, wenige mm große Maculae bis hin zu stärker prominenten Tumoren in allen Brauntönen (⊡ Abb. 12.14). Häufig sind Nävuszellnävi behaart, und zwar mit dicken braunen Haaren (Nävus pigmentosus et pilosus). Erhabene papillomatöse, behaarte Nävuszellnävi sind meist gutartig (Nävus papillomatosus et pilosus). Eine Faustregel besagt, dass Nävi von mehr als 1,5 cm Durchmesser entweder atypische oder kongenitale Nävi oder Melanome sind. Diese Faustregel trifft aber nicht immer zu. An der Mundschleimhaut kommen Nävuszellnävi nicht vor, auch am Lippenrot handelt es sich bei umschriebener Pigmentierung in den meisten Fällen um Lentigines und nicht um einen Nävuszellnävus.
75 12.3 · Melanozytäre Nävi
erfolgt diese bei größeren Nävuszellnävi durch (knappe) Exzision. Wichtig ist die nachfolgende histologische Sicherung, da diese den Beweis liefert, dass kein Melanom vorgelegen hat. Aus kosmetischen Gründen können besonders störende, papillomatöse Nävuszellnävi auch durch tangentiale Kappung mit dem Skalpell entfernt werden. Die inkomplette Entfernung eines Nävus ist allerdings zu vermeiden, da ein Rezidiv klinisch und histologisch einem Melanom ähnlich sehen kann (»Pseudomelanom«).
Klinische Auffälligkeiten Nävuszellnävi sind klinisch meist unverwechselbar. Bei folgenden klinischen Zeichen sollten Nävuszellnävi dermatoskopisch untersucht und ggf. exzidiert werden ( Kap. 12.7, Nävus versus Melanom): ▬ Zunahme der Fläche oder der Erhabenheit ▬ Zunahme der Pigmentierung, Änderung der Pigmentierung ▬ Entwicklung eines pigmentierten Hofes um einen Nävus ▬ Entzündliche Reaktionen an Nävuszellnävi ▬ Juckreiz ▬ Erosion und Blutung
⊡ Abb. 12.14 Kongenitaler Riesennävus: sehr ausgedehnter Nävus papillomatosus am Rücken. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
12.3.3
Histologisch werden – je nach Lage der Nävuszellen in der Haut – Junktionsnävi, Compoundnävi und dermale Nävi unterschieden. z
Differenzialdiagnose
Sehr wichtig ist die Differenzialdiagnose zum malignen Melanom (s.a. Kap. 12.6, Nävus versus Melanom). Bei merklicher, rascher Größenzunahme, Veränderung des Farbtons oder gar Nässen, Blutung und Juckreiz sollte ein erfahrener Spezialist hinzugezogen werden. Sehr frühe Stadien eines malignen Melanoms sind klinisch, manchmal auch dermatoskopisch oft schwierig von einem Nävuszellnävus zu unterscheiden. z
Therapie
Liegt nicht die Sonderform eines atypischen Nävus oder eines großen kongenitalen Nävus vor, so ist keine Behandlung notwendig. Nävuszellnävi müssen nicht generell entfernt werden; dies ist jedoch immer indiziert, wenn der Verdacht auf eine einsetzende oder bevorstehende Umwandlung in ein Melanom besteht. Empfohlen wird auch die Exzision von Nävi, die einer ständigen Traumatisierung ausgesetzt sind (z.B. Nävi der Fußsohlen oder in der Gürtelregion). Entscheidet man sich zur Therapie,
z
Dermale Nävi
Klinisches Bild
Dermale Nävi sind hautfarbene, halbkugelige, fibromähnliche Gebilde mit glatter Oberfläche, aus denen gelegentlich borstige Haare ragen (Volksmund: »Hexenwarze«, bei Lokalisation an der Nase) (⊡ Abb. 12.15, ⊡ Abb. 12.16, ⊡ Abb. 12.17). Histologisch liegen bei diesem Nävusztyp die Nävuszellnester in der Dermis. z
Differenzialdiagnose
Basaliom, Dermatofibrom, Melanom, seborrhoische Keratosen. z
Therapie
Eine Behandlung ist nicht erforderlich. Gelegentlich ist eine Exzision aus kosmetischen Gründen erwünscht. Bei tieferen dermalen Nävi empfiehlt sich die Exzision mittels Stanzbiopsie und anschließender feinster Naht. Bei papillomatösen Läsionen kann eine Abtragung mittels ablativen Lasers versucht werden (hierbei muss die klinische Diagnose absolut sicher gestellt sein). ! Cave Rezidivgefahr: Bei der Ablation mittels CO2- oder Erbiumlaser können Rezidive auftreten.
12
76
Kapitel 12 · Nävi
12.3.4
Kongenitale melanozytäre Nävi
Syn.: Angeborene Nävi
Hierbei handelt es sich um angeborene oder kurz nach der Geburt entstehende Nävuszellnävi. Kongenitale Nävi sind seltener als so genannte erworbene Nävuszellnävi. Etwa 1% aller Neugeborenen weisen Pigmentläsionen im Sinne kongenitaler Nävuszellnävi auf. Bei großer Ausdehnung oder ungünstiger Lokalisation können sie zu erheblicher ästhetischer Beeinträchtigung führen. Insbesondere aus größeren kongenitalen Nävi können mit höherer Wahrscheinlichkeit Melanome entstehen, deshalb werden sie zu den so genannten Melanom-Präkursorläsionen gerechnet. Zudem besteht bei großen kongenitalen Nävi das Risiko einer Beteiligung des Zentralnervensystems (neurokutane Melanose). ⊡ Abb. 12.15 Dermale hautfarbene Nävi, die als halbkugelige Tumoren imponieren
12
⊡ Abb. 12.16 Papillomatöser, pigmentierter, klinisch unauffälliger Nävus
a ⊡ Abb. 12.17a–c Papillomatöse Nävi
b
z
Klinisches Bild
Unterschiedlich große, umschriebene Maculae mit hellbrauner bis schwärzlicher Pigmentierung, die häufig vermehrte Behaarung aufweisen (Tierfellnävus). Üblicherweise wird zwischen kleinen (<1,5 cm Durchmesser), mittelgroßen (1,5–19,9 cm) und großen kongenitalen Nävi (>20 cm Durchmesser) unterschieden. Hierbei wird vom Durchmesser ausgegangen, der beim Erwachsenen zu erwarten ist. Eine neuere Klassifikation unterscheidet zwischen kleinen (<1,5 cm), mittelgroßen (1,5–10 cm) und großen kongenitalen Nävi (>10 cm) und Riesennävus (>20 cm), wobei der Riesennävus in G1 (21–30 cm), G2 (31–40 cm) und G3 (>40 cm) eingeteilt wird, und das Vorliegen von 50 Satellitenläsionen zur Einordnung in die nächsthöhere Kategorie führt. Riesennävi mit zahlreichen Satelliten können Pigmentzellen auch im Zentralnervensystem aufweisen (neurokutane Melanose) und haben ein erhöhtes Entartungsrisiko. Kongenitale Nävi wachsen proportional zum Größenwachstum der Haut. Ist der Durchmesser eines kongenitalen Nävus am Rumpf 6 cm groß, so wird sich daraus ein großer kongenitaler Nävus entwickeln.
c
77 12.3 · Melanozytäre Nävi
Entartungsrisiko Von vielen Autoren wurde ein erhöhtes Entartungsrisiko kongenitaler Nävi auch im Kindesalter postuliert. Für kleine und mittelgroße kongenitale Nävi gibt es keine gesicherten Daten über das Entartungsrisiko. Unabhängig von der Größe wird das Entartungsrisiko kongenitaler Nävi mit 0,7% und ein 465-fach erhöhtes relatives Risiko für die Entwicklung eines malignen Melanoms angegeben. Ein vielfach erhöhtes Entartungsrisiko geht von großen kongenitalen Nävi und Riesennävi aus (5–15%). Die Melanom-Mortalität ist bei Patienten mit großen kongenitalen Nävi 1046-fach erhöht. Melanome in kongenitalen Nävi zeichnen sich durch Auftreten in der Kindheit und oft unbemerkten Beginn mit aggressivem Verlauf aus. Unter den großen kongenitalen Nävi penetrieren 75% in die Subkutis, sodass hier ein Teil der Melanome nicht in der Epidermis, sondern in der Dermis oder tieferen Strukturen entsteht.
z
Therapie
Jüngst wurden abgestufte Empfehlungen durch die Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft festgelegt, und kongenitale Nävi als eine »relative Behandlungsindikation« dargestellt. Einige Autoren legten jedoch die Exzision auch kleiner und mittelgroßer kongenitaler Nävi für die Pubertätszeit nahe. Zudem können neben der medizinischen Indikation zur Melanomprophylaxe psychosoziale und ästhetische Aspekte eine Indikation zur Exzision darstellen, insbesondere bei entstellenden Nävi im Gesicht. In jedem Fall sollten auch kleine und mittelgroße kongenitale Nävi regelmäßig dermatologischen Kontrollen unterzogen werden, eine computergestützte Speicherung und Photodokumentation des klinischen und auflichtmikroskopischen Bildes kann hilfreich sein. > Therapiehinweis: Bei dermatoskopischen Auffälligkeiten sollten kongenitale Nävi exzidiert werden, wobei stets das Melanomrisiko mit dem Operationsrisiko und den kosmetischen Konsequenzen abgewogen werden sollte. z
Prävention
Der Beratung von Eltern mit Kindern, die große kongenitale Nävi oder kongenitale Riesennävi aufweisen, kommt eine außerordentlich große Bedeutung zu. Bereits kurz nach der Geburt sollten die Eltern an spezialisierte Zentren verwiesen werden. Auch über das Internet (http:// www.naevus-netzwerk.de, http://ww.nevus.org) kann Austausch unter Betroffenen und der Kontakt zu spezialisierten Zentren vermittelt werden. Eltern mit Kindern und kongenitalen Nävi ab einem Durchmesser von 10 cm sollen an spezialisierte Zentren
bereits kurz nach der Geburt vermittelt werden. Entschließen sich die Eltern zur Exzision, so wird diese früh, möglichst im ersten Lebensjahr, empfohlen. Oft sind mehrzeitige Operationen (Serienexzisionen) unter großer Hautspannung mit umliegender Hautexpansion notwendig oder Expansion der Haut mit Expandertechnik und plastische Deckung erforderlich. Die operative Entfernung betreffend wird erwähnt, dass neben einer Allgemeinanästhesie auch im Kindesalter Tumeszenz-Lokalanästhesie möglich ist und dass der Nävus im Säuglingsalter am kleinsten und die Haut am besten zu mobilisieren ist. Bei ausgedehntem Befall ist eine Totalentfernung nicht möglich; in diesem Fall sind oberflächlich ablative Behandlungen (Dermabrasio) beschrieben. Hierbei werden die besten kosmetischen Ergebnisse erreicht, wenn die Hautabrasion innerhalb der ersten 2–3 Lebensmonate erfolgt. Da oberflächlich ablative Verfahren (Dermabrasio, Laserbehandlung) die tieferen Anteile nicht erreichen, sind diese Verfahren nur bedingt eine therapeutische Alternative, um das Entartungsrisiko zu minimieren oder um ästhetisch gute Ergebnisse zu erzielen.
12.3.5
Tierfellnävus
Syn.: Nävus pigmentosus et pilosus
Tierfellnävi (Riesennävi) sind große, zumeist behaarte kongenitale Nävuszellnävi, die gelegentlich auch in Vielzahl vorhanden sind und sich nicht zurückbilden. Sie weisen eine stark pigmentierte derbe, Behaarung auf. Da sie den kongenitalen Nävuszellnävi zugeordnet werden, werden kleine (<1,5 cm), mittelgroße (1,5–20 cm) und große (>20 cm) Nävi unterschieden, die sich in ihrer Prognose hinsichtlich Melanomentwicklung unterscheiden. Bei der Melanosis neurocutanea (Touraine-Syndrome) liegen ausgedehnte kongenitale pigmentierte und behaarte Nävuszellnävi vor (bei Neugeborenen >9 cm am Kopf und >6 cm am Körper) in Verbindung mit Ansammlung von pigmentbildenden Nävuszellen in den Leptomeningen von Gehirn und Rückenmark. In 64% der Fälle entwickelt sich ein okklusiver Hydrocephalus internus, in 62% der Fälle ein malignes Melanom. Gelegentlich nehmen sie große Teile des Rumpfs ein. Entsprechend ihrer Anordnung spricht man von Badehosennävus etc. Die Entwicklung eines malignen Melanoms in einem großen Tierfellnävus kommt insgesamt häufiger vor als in anderen Nävuszellnävi. z
Klinisches Bild
Meist dunkelbraun abschnittsweise, aber oft auch hellere weiche Tumoren, die großflächig sind und an der Oberfläche teilweise glatt oder gefurcht bis papillomatös erscheinen. Dicke, braun-schwarze Haare bedecken häufig
12
78
Kapitel 12 · Nävi
den Tumor, wobei sie Wirbel bilden. Die Größe variiert beträchtlich; sie reicht von Münzgröße bis zur Bedeckung größerer Körperareale z.B. einer gesamten Extremität. Alle Körperpartien können betroffen sein (⊡ Abb. 12.18, ⊡ Abb. 12.19, ⊡ Abb. 12.20, ⊡ Abb. 12.21, ⊡ Abb. 12.22). z
Differenzialdiagnose
Melanom. z
Therapie
Eine operative Entfernung ist, falls möglich, indiziert, v.a. bei großen Nävi. Auch hier werden bei großen Nävi die Exzision bzw. Serienexzisionen möglichst im ersten Lebensjahr empfohlen. Gerade bei den Tierfellnävi kann allerdings die plastisch-chirurgische Therapie wegen der
⊡ Abb. 12.20 Großer hellbrauner Nävus pigmentosus et pilosus am Oberschenkel. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
12 ⊡ Abb. 12.18 Mittelgroßer hell- bis dunkelbrauner Nävus pigmentosus et pilosus am Rücken. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München) ⊡ Abb. 12.21 Mittelgroßer hellbrauner Nävus pigmentosus et pilosus vor dem Tragus links
⊡ Abb. 12.19 Mittelgroßer bis großer dunkelbrauner Nävus pigmentosus et pilosus am Unterschenkel. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 12.22 Nävus pigmentosus et pilosus
79 12.4 · Sonderformen und Differenzialdiagnosen von Nävi
Größe und der Lokalisation der Herde besonders schwierig sein (s. Therapie bei kongenitalen Nävi).
12.4
Sonderformen und Differenzialdiagnosen von Nävi
12.4.1
Schwarzer Nävus
tierter Spindelzelltumor, thrombosiertes Angiom, pigmentiertes Basaliom (⊡ Abb. 12.24, ⊡ Abb. 12.25).
12.4.2
Nävus Spitz
Syn.: Juveniles Melanom
Syn.: hypermelanotic naevus z Klinisches Bild
Klinisch handelt es sich um dunkelbraune, meist jedoch schwarze Maculae und Papeln, die bevorzugt am Rücken lokalisiert sind (⊡ Abb. 12.23). Der Durchmesser der Läsion ist eher klein und erreicht etwa 6 mm. Das Durchschnittsalter der Patienten beträgt 40 Jahre. Diese melanozytären Tumoren können klinisch v.a. mit einem frühen malignen Melanom verwechselt werden. Die homogene schwarze Farbe, der kleine Durchmesser, die Symmetrie und scharfe Begrenzung erlauben jedoch oft die Abgrenzung zum Melanom.
Dieser stets gutartige, häufig pigmentarme, gelegentlich dunkelpigmentierte Tumor kommt hauptsächlich bei Kindern und nur selten bei Erwachsenen vor. Es handelt sich um eine besondere Form eines Pigmentzellnävus, die histologisch spitzoide Melanozyten aufweist. z
Klinisches Bild
Melanom, Lentigo simplex, Lentigo solaris, retikuläre Lentigo, dysplastischer Nävus, Nävus coeruleus, pigmen-
Meist in früher Kindheit entwickelt sich ein runder halbkugeliger oder kegelförmig erhabener Tumor. Dieser ist aufgrund seiner starken Durchblutung rot oder rotbraun gefärbt, in seltenen Fällen aber auch braun. Maximal wird eine Größe von 1–2 cm im Durchmesser erreicht (⊡ Abb. 12.26). Die Oberfläche ist manchmal verletzlich oder krustös; nach geringer Traumatisierung kann es sogar zu Blutungen kommen. Die häufigste Lokalisation ist das Gesicht, v.a. die Wangen; dann folgen Beine und andere Hautregionen. Gelegentlich kann sich der SpitzNävus auch pigmentiert präsentieren.
⊡ Abb. 12.23 Dunkel-schwärzlicher leicht papulöser Nävus mit homogener Farbe und Pigmentierung
⊡ Abb. 12.24 Amalgantätowierung: schwärzliche Verfärbung als Differenzialdiagnose zu Nävi und dem malignen Melanom
⊡ Abb. 12.25 Schmutztätowierung: eingesprenkelte Schmutzpartikel als Differenzialdiagnose
⊡ Abb. 12.26 Nävus Spitz (Spindelzellnävus)
z
Differenzialdiagnose
12
80
Kapitel 12 · Nävi
z
Differenzialdiagnose
Melanom. z
Therapie
Die Behandlung der Wahl ist die operative, totale Entfernung des Tumors. Eine größere Exzision mit einem Sicherheitsabstand ist nicht erforderlich.
12.4.3
Sutton-Nävus
Syn.: Halo-Nävus z Klinisches Bild
Dies ist eine Sonderform eines Nävuszellnävus, die durch einen runden oder rundlichen depigmentierten Hof um
den zentral liegenden, pigmentierten oder nicht pigmentierten Nävuszellnävus gekennzeichnet ist (⊡ Abb. 12.27, ⊡ Abb. 12.28, ⊡ Abb. 12.29). Später kann sich der Nävuszellnävus in der Mitte zurückbilden, sodass eine Zeit lang nur noch das runde Leukoderm als weißer Hof sichtbar ist. Schließlich kann dieses durch Repigmentierung verschwinden. Sutton-Nävi können einzeln oder in der Vielzahl zwischen anderen unauffälligen Nävuszellnävi auftreten und beunruhigen oft den Patienten, sind jedoch nicht maligne. Eine Exzision ist nicht zwingend erforderlich. Der weiße Hof kann sich jedoch gelegentlich um ein Melanom bilden, was zu Verwechslungen führen kann. Deshalb soll in Zweifelsfällen die Exzision mit histologischer Sicherung erfolgen. z
Differenzialdiagnose
Regressives Melanom.
12.4.4
Nävus spilus
Syn.: Kiebitzeinävus z Klinisches Bild
Der Nävus spilus ist eine großflächige, unregelmäßig konfigurierte, scharf begrenzte, hellbraune Verfärbung ⊡ Abb. 12.27 Sutton-Nävus (Halo-Nävus): runder, depigmentierter, weißer Hof um einen pigmentierten Nävuszellnävus
12
⊡ Abb. 12.30 Nävus spilus, Lentigines auf Café-au-lait-Fleck ⊡ Abb. 12.28 Multiple Sutton-Nävi (Halo-Nävi) über der Klavikula und am Hals
⊡ Abb. 12.29 Sutton-Nävus (Halo-Nävus): runder, depigmentierter, weißer Hof um einen pigmentierten Nävuszellnävus
⊡ Abb. 12.31 Nävus spilus. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
81 12.4 · Sonderformen und Differenzialdiagnosen von Nävi
(Café-au-lait-Fleck) mit einliegenden Lentigines und Nävuszellnävi (⊡ Abb. 12.30, ⊡ Abb. 12.31, ⊡ Abb. 12.32, ⊡ Abb. 12.33). Nävi spili kommen solitär als harmloser Befund häufig vor.
z
Therapie
Die Entfernung von Nävi spili ist nicht erforderlich. Äußerst selten kann sich allerdings in den dunklen Bereichen ein Melanom entwickeln, weshalb regelmäßige Kontrollen empfohlen werden.
12.4.5
Atypischer Nävus
Syn.: atypical mole, atypischer melanozytärer Nävus, dysplastischer Nävus, Clark Nävus
⊡ Abb. 12.32 Halbseitiger Nävus spilus. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Zur Namensgebung: Der Begriff »dysplastischer Nävus« wird kontrovers diskutiert. 1992 wurde empfohlen, die Bezeichnung dysplastischer Nävus nicht mehr zu verwenden. Es wurde vorgeschlagen, den klinischen Begriff atypischer Nävus (atypical mole) einzuführen. Genaue Definitionen wurden nicht präsentiert. Dieser Vorschlag wurde von einigen anderen Autoren als unverständlich angeführt. Derzeit werden beide Begriffe (teils synonym) verwendet. Auf Vorschlag einer Konsensus-Arbeitsgruppe wird empfohlen, von atypischen Nävi und dem Syndrom atypischer Nävi zu sprechen. Atypische oder dysplastische Nävi weisen ein »unruhigeres Bild« als normale Nävi auf. Die klinische und auflichtmikroskopische Unterscheidung zwischen einem atypischen Nävus und einem Melanoma in situ ist nicht immer möglich. Der Zusammenhang zwischen atypischen Nävi und einem erhöhten Risiko zur Melanomentstehung ist nicht eindeutig klar. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass Personen mit atypischen Nävi in Familien mit familiärem Melanom (dysplastisches Nävus-Syndrom) ein erhöhtes Melanomrisiko aufweisen. Ebenso ist von Bedeutung, dass Personen mit einer großen Anzahl gewöhnlicher Nävi und zusätzlich vielen atypischen Nävi als Patienten mit einem erhöhten Melanomrisiko identifiziert werden können. z
Klinisches Bild
Atypische Nävi sind auffällige, meist mehr als 5 mm große Nävuszellnävi mit dunkler Pigmentierung und unregelmäßiger Konfiguration. Sie wirken »wie Fremdkörper« am Hintergrund der Haut und sind auch individuell verschieden. Ihre Kontur ist oft unregelmäßig, die Begrenzung eher unscharf, die Pigmentierung meist unregelmäßig (⊡ Abb. 12.34, ⊡ Abb. 12.35). z
Differenzialdiagnose
Melanom, seborrhoische Keratosen, Nävus coeruleus. z ⊡ Abb. 12.33 Nävus spilus: scharf begrenzte hellbraune Macula mit multiplen dunkleren Lentigines. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Therapie
Atypische Nävi, die klinisch nicht eindeutig von einem frühen Melanom unterscheidbar sind, sollten operativ entfernt und histologisch untersucht werden.
12
82
Kapitel 12 · Nävi
Melanompräkursoren Hierunter werden Nävuszellnävi verstanden, die mit höherer Wahrscheinlichkeit in ein Melanom übergehen. Davon zu unterscheiden sind die Frühformen des Melanoms (Melanoma in situ). Zu den Melanompräkursoren zählen kongenitale Nävuszellnävi und die Lentigo maligna. Auch atypische Nävi (dysplastische Nävi) werden als Melanompräkursoren diskutiert.
12.5
⊡ Abb. 12.34 Atypischer (dysplastischer) Nävus mit beginnender maligner Transformation
12
a
Management von Patienten mit multiplen und atypischen Nävi (Syndrom der dysplastischen Nävi)
Neben der Exzision verdächtiger Läsionen müssen bei Patienten mit multiplen oder atypischen (dysplastischen) Nävi regelmäßige Kontrollen durchgeführt werden (alle 6–12 Monate) (⊡ Abb. 12.36). Der Patient sollte auf Warnzeichen und auf prompte Wiedervorstellung bei Veränderung der Nävi hingewiesen werden (ABCD-Regel). Vor UV-Exposition müssen Patienten mit multiplen oder atypischen (dysplastischen) Nävi gewarnt werden. Besonders geeignet sind in diesen Krankheitsfällen computerassistierte digitale Photodokumentation der Nävuszellnävi und die Speicherung des dermatoskopischen Bildes einiger auffälliger Nävi. Hierbei wird das Integument regionenweise photographiert, dies kann mit auflichtmikroskopischen Verfahren kombiniert werden (computergestützte Photodokumentation und Dermatoskopie). Bei den regelmäßigen Vorstellungen der Patienten werden Nävi kontrolliert, das auflichtmikroskopische Bild mit dem Vorbefund verglichen und aktiv wachsende Nävi
b ⊡ Abb. 12.35a,b Dysplastische Nävi
⊡ Abb. 12.36 Rücken eines Patienten mit multiplen Nävuszellnävi
83 12.6 · Nävus versus Melanom (Differenzialdiagnose)
aufgespürt. Auf diese Weise wird neben den morphologischen Kriterien das Kriterium »dynamisches Verhalten« mit eingebunden.
12.6
12.6.1
Nävus versus Melanom (Differenzialdiagnose) Vorveränderungen und Frühformen
Gerade in der Anfangsphase ist das Melanom besonders schwierig von Nävuszellnävi abzugrenzen, insbesondere von den atypischen Nävuszellnävi. Diese gelten neben kongenitalen Nävuszellnävi und der Lentigo maligna nach heutiger Ansicht als fakultative Vorstufen eines malignen Melanoms. In der Regel entsteht ein malignes Melanom auf vorher unveränderter Haut, doch entwickelt sich auch ein geringer Teil innerhalb eines benignen Nävuszellnävus, der längere Zeit vorher bestanden hat. Verdächtige Anzeichen sind in der Übersicht aufgeführt.
Symptome verdächtiger Nävuszellnävi ▬ Rasche Größenzunahme innerhalb von wenigen Wochen oder Monaten
▬ Veränderung der Pigmentierung, v.a. Dunkelfärbung
▬ Zentrale Hyper- oder Hypopigmentierung ▬ Grau-, Blau- und Rottöne innerhalb des Pigmentmals Entzündlich roter Rand Unscharfe Begrenzung Nässen, Krustenbildung Blutungen, spontan oder durch leichte Verletzungen ▬ Juckreiz
▬ ▬ ▬ ▬
Hilfreich für die Untersuchung ist ebenfalls die so genannte ABCD-Regel, durch die die Früherkennung melanomverdächtiger Pigmentmale erleichtert wird ( Übersicht).
ABCD-Regel für die Verdachtsdiagnose des kutanen Melanoms ▬ A: Asymmetrie ▬ B: Begrenzung unregelmäßig ▬ C: Kolorit in der Läsion variierend ▬ D: Durchmesser >5 mm
! Cave Die ABCD-Regel lässt sich nicht auf alle malignen Melanome anwenden. Sie trifft insbesondere nur eingeschränkt auf noduläre Melanome zu.
12.6.2
Melanomsimulatoren und deren Differenzialdiagnose
Bei der klinischen Diagnose maligner Melanome ist ein breites Spektrum von Differenzialdiagnosen zu berücksichtigen. Die Differenzialdiagnose auch der Frühformen umfasst neben den Pigmentnävi zahlreiche weitere Hauttumoren (Angiokeratom, pigmentiertes Basaliom, seborrhoische Warze, pyogenes Granulom etc.). Insbesondere für die Abgrenzung gegenüber den dysplastischen melanozytären Nävi und so genannten Melanomsimulatoren (Nävus coeruleus, thrombosierte Angiome, Spitznävus, akrale Nävi, genitale Nävi etc.) ist eine spezielle Erfahrung erforderlich. Die wichtigsten Melanomsimulatoren sind in der Übersicht aufgeführt.
Die wichtigsten klinischen Simulatoren des malignen Melanoms ▬ Spitznävi und Varianten ▬ Dysplastische Nävi ▬ Kombinierte Nävi ▬ Blaue Nävi ▬ Rezidiv-Nävi ▬ Halo-Nävi ▬ Kongenitale Nävi bei Neugeborenen ▬ Akrale Nävi ▬ Genitale Nävi ▬ Trombosierte Angiome ▬ Pigmentierte Basaliome
12.6.3
Diagnostische Methoden
Mit der auflichtmikroskopischen Untersuchung lässt sich die Sensitivität der Melanomdiagnose auf 70–80% auf gar 90% anheben. Insbesondere die Unterscheidung von dysplastischen, melanozytären Nävi und malignen Melanomen ist mit dieser Methode in den meisten Fällen möglich (⊡ Abb. 12.37, ⊡ Abb. 12.38). Die wichtigsten auflichtmikroskopischen Kriterien für die Melanomdiagnose sind in ⊡ Tab. 12.1 zusammen gefasst. Die hochauflösende Ultraschalluntersuchung mit 20 mgHz-Sonden trägt wenig zur Differenzialdiagnose des Melanoms bei, sie kann allenfalls zur Abgrenzung
12
84
Kapitel 12 · Nävi
⊡ Tab. 12.1 Dermatoskopische Abgrenzung eines Nävus zum Melanom
12
Kriterium
Nävus
Melanom
Pigmentnetz
Regelmäßig, diskret, engmaschig fein
Unregelmäßig, prominent, weitmaschig grob, Abbrüche des Pigmentnetzes, irreguläre Ausläufer
»Braune Tupfer« (Pigmentzellnester)
Regelmäßig
Unregelmäßig
»Schwarze Pünktchen« (Pigmentzellnest der Hornschicht)
–
+
»Schleier«
–
+
Fibrose, Regression
–
+
Grau-blaue Areale
–
+
a
b
⊡ Abb. 12.37a,b Dermatoskopische Bilder von Nävuszellnävi: symmetrisches Bild, regelmäßiges Pigmentnetz, homogene Farbe, regelmäßige Begrenzung
seborrhoischer Keratosen und zur Abschätzung der Tumordicke herangezogen werden. > Jeder auf ein Melanom verdächtige Tumor sollte vor einer Therapie unverzüglich von einem Dermatologen beurteilt werden, da oft auch zahlreiche andere Hauttumoren differenzialdiagnostisch in Betracht kommen ( Übersicht »Melanomsimulatoren«). Zu deren Abgrenzung und zur sicheren Diagnosestellung sollten auflichtmikroskopische (dermatoskopische) Untersuchungen erfolgen sowie ggf. eine Sonografie der Haut zur Abschätzung der Tumordicke. Die weitere Diagnostik und Therapie erfolgt in Abhängigkeit von der Tumordicke und anderen Faktoren.
⊡ Abb. 12.38 Beginnendes Melanom (superfiziell spreitend) in einem kongenitalen Nävus: inhomogene, schwärzlich braune Pigmentierung in einigen Arealen des Pigmentmals. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
85 Weiterführende Literatur
Weiterführende Literatur Cohan LM, Benjon SD, Johnsen TB, Golit LE (1997) Hypermelanotic naevus. Am J Dermatopatol 19: 23-30 Hauschild A, Garbe C, Bauer J, et al (2006) Melanozytäre Nävi: J Dtsch Dermtol Ges 4: 686-697 Hein R (1997) Besonderheiten der Wundheilung im Kindesalter zwischen adulter und fetaler Haut. In: Hohenleutner U, Landthaler M. Fortschritte der operativen und onkologischen Dermatologie. Band 12. Berlin: Blackwell Verlag: 167-172 Kerl H (1992) Das maligne Melanom. Hoffmann La Roche; Wien. Kerl H, Soja HP, Zeroni L, Wolf (1993) Ancient Naevus: a benign simulator of melanoma. J Cutan pathol 20: 550 Krengel S, Breuninger H, Hauschild A, Höger P, Merl V, Hamm H (2008) Aufbau eines deutschsprachigen Netzwerks für Patienten mit kongenitalen melanozytären Nävi. J Dtsch Dermtol Ges (JDDG) 54: 868-870 Krengel S, Hauschild A, Schäfer T (2006) Melanoma risk in congenital melanocytic naevi – a systematic review. Br J Dermatol 155: 1-8 Rothfuß M, Schilling M, Breuninger H (2009) Frühzeitige Exzision kongenitaler melanozytärer Nävi in Tumeszenz-Lokalanästhesie mit Hautexpansion durch intrakutane Achter-Schmetterlingsnaht. J Dtsch Dermatol Ges (JDDG) 7: 427-433 Ruiz-Maldonado R (2004) Measuring congenital melanocytic nevi Pediatr Dermatol 21:179-179 Sahin S, Levin L, Kopf AW (1998) Risk of melanoma in medium-sized congenital melanocytic nevi: a follow up study. J Am Acad Dermatol 39: 428-433 Swerdlow Aj, English JSC, Qiao Z (1995) The risk of melanoma in patients with congenital nevi. A cohort study. J Am Acad Dermatol 32: 595-599
12
13
Malignes Melanom
13.1
Grundlagen
– 88
13.2
Sonderformen des Melanoms – 93
13.2.1 Amelanotische maligne Melanome – 93 13.2.2 Desmoplastische Melanome – 93 13.2.3 Schleimhautmelanome – 93
13.3
Diagnose des Primärtumors – 94
13.4
Präoperative Diagnostik – 94
13.4.1 Operative Therapie – 94
13.5
Ausbreitungsdiagnostik und Stadieneinteilung – 94
13.6
Wächterlymphknoten-Biopsie zum Nachweis einer Mikrometastasierung – 94
13.7
Prognose – 96
13.8
Metastasierung des Melanoms
13.9
Entwicklung neuer Möglichkeiten der Immuntherapie – 98
13.10 Nachsorge
– 96
– 98
Weiterführende Literatur
– 99
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_13, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
88
Kapitel 13 · Malignes Melanom
13.1 z
Grundlagen
Epidemiologie und Pathogenese
Das maligne Melanom ist der maligne Tumor der Pigmentzellen, es ist die am häufigsten tödlich verlaufende Hautkrankheit. Das Melanom stellt in mittleren Breiten 3% aller Krebsfälle und 1–2% aller Todesfälle dar. Frauen sind 1,5-mal häufiger betroffen, haben insgesamt jedoch eine etwas bessere Prognose. Melanome können in jedem Alter auftreten, sind jedoch im Kindesalter sehr selten (meist aus kongenitalen Nävi entstehend). In der Übersicht sind die Risikofaktoren für die Entwicklung eines Melanoms dargestellt.
Risikofaktoren für das Auftreten eines malignen Melanoms ▬ Atypisches (dysplastisches) NävuszellnävusSyndrom
▬ Hauttyp I oder II (heller Hauttyp) ▬ Mehr als 50 Nävuszellnävi, mehr als 5 dysplastische ▬ ▬ ▬ ▬
13
▬
Nävi Kongenitale Nävuszellnävi, falls größer als 20 cm oder unruhig Häufige oder schwere Sonnenbrände in der Kindheit Melanom in der Eigenanamnese Melanom in der Familienanamnese (Verwandte 1. Grades) Immunsuppression
Ätiologisch ist die Beziehung des malignen Melanoms zur Lichtexposition nicht so klar und nicht so direkt wie bei epithelialen Tumoren. Die Bedeutung der Photokarzinogenität bei prädisponiertem, hellhäutigem Hauttyp ist auch beim Melanom unstrittig, wenngleich eine klare Abhängigkeit des Auftretens maligner Melanome an sonnenexponierten Arealen statistisch nicht belegt werden konnte. Eine besondere Neigung zur Entwicklung eines malignen Melanoms liegt weiterhin bei denjenigen Patienten vor, die multiple oder atypische (dysplastische) Nävuszellnävi aufweisen, die früher schon ein primäres Melanom hatten oder bei denjenigen, in deren Familie anamnestisch oder manifest maligne Melanome vorkommen ( Übersicht). Melanome können de novo oder auf dem Boden von Vorläuferläsionen, wie kongenitalen, atypischen oder blauen Nävi, entstehen ( Kap. 12). Hierbei ist entscheidend, dass der Tumor möglichst in den ersten Phasen seiner Umwandlung von einem Pigmentmal in ein Melanom vom Arzt erfasst wird. Die Erkennung des Tumors zum frühestmöglichen Zeitpunkt ist außerordentlich wichtig,
denn die Überlebenschance ist wesentlich hiervon abhängig. Die Prognose richtet sich bei dem einzelnen Patienten weitgehend nach der maximalen Dicke des Tumors bzw. nach seiner Eindringtiefe. Oberflächlich wachsende Formen haben deshalb bei rechtzeitiger Entfernung eine günstigere Prognose. Gerade in der Anfangsphase, also wenn der Tumor einen Durchmesser von wenigen Millimetern noch nicht überschritten hat, ist das Melanom besonders schwierig von Nävuszellnävi abzugrenzen, insbesondere von den so genannten atypischen (aktiven) Nävuszellnävi ( Kap. 12). Das maligne Melanom galt noch vor zwei Jahrzehnten als seltener Tumor, heute rangiert es unter den zehn häufigsten soliden Malignomen. Während die Inzidenz beständig steigt, hat sich bei den Mortalitätszahlen eine Stabilisierung eingestellt. Die Ursache dafür liegt in einer Verbesserung der Früherkennung mit einer beständigen Abnahme der Tumordicke bei primärer Diagnose des Melanoms und einer damit verbesserten Prognose. z
Klinisches Bild
Das maligne Melanom der Haut wird nach klinischen und histologischen Kriterien in verschiedene Typen eingeteilt. Einige Melanomtypen sind nicht klassifizierbar oder repräsentieren Mischformen: ▬ das superfiziell spreitende Melanom (SSM) ▬ das noduläre Melanom (NM) ▬ das Lentigo-maligna-Melanom (LMM) ▬ das akral-lentiginöse Melanom (ALM) ▬ weitere unklassifizierbare Typen ▬ klinische Sonderformen, wie das amelanotische Melanom, Schleimhautmelanom oder extrakutane Melanome Nach neueren molekular-biologischen Erkenntnissen werden Melanome eingeteilt in: ▬ UV-induzierte Melanome (Melanome in chronisch sonnengeschädigter Haut = CSD) ▬ Sporadisch auftretende Melanome (Melanome in nicht chronisch sonnengeschädigter Haut = nonCSD) ▬ Akrale Melanome ▬ Mukosamelanome kSuperfiziell spreitendes Melanom
Das superfiziell-spreitende Melanom (SSM, oberflächlich-spreitendes Melanom, 70% aller Melanome) zeigt sich in der Regel über Monate bis wenige Jahre in seiner oberflächlichen Form mit mehr oder weniger rascher Vergrößerung (⊡ Abb. 13.1, ⊡ Abb. 13.2, ⊡ Abb. 13.3). Typisch ist die flache, horizontale Ausbreitung und farbliche Vielfalt. Einzelne, zentrale oder randständige Bezirke sind als Zeichen einer spontanen Rückbildung wieder
89 13.1 · Grundlagen
⊡ Abb. 13.1 Superfiziell-spreitendes Melanom am Unterarm: unregelmäßige Konfiguration. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 13.4 Noduläres Melanom mit partieller Regression; schwarz pigmentierter, erhabener Tumor, mit Zeichen der Regression (weißlich-rötliche Areale). (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 13.2 Anfangsstadium eines SSM. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 13.5 Noduläres Melanom: schwarz pigmentierter, erhabener Tumor. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
kNoduläres Melanom
⊡ Abb. 13.3 Superfiziell-spreitendes Melanom. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
hautfarben-rötlich oder wegen des tief liegenden Restpigments bläulich gefärbt. Später entstehen knotige, oft erosive Anteile, welche die Prognose verschlechtern (höhere maximale Tumordicke). Das SSM findet sich besonders häufig am Stamm und den Extremitäten und hierbei mit einer Bevorzugung des Rumpfs beim männlichen und der Extremitäten beim weiblichen Geschlecht.
Das noduläre Melanom (knotiges Melanom, NM; 16% aller Melanome) zeigt meist einen dunkelbraun bis schwarz pigmentierten exophytischen Tumor, der knotig zur Tiefe (vertikales Wachstum) wächst (⊡ Abb. 13.4, ⊡ Abb. 13.5, ⊡ Abb. 13.6, ⊡ Abb. 13.7, ⊡ Abb. 13.8). Bei geringer Traumatisierung blutet und nässt die Läsion. Noduläre Melanome haben aufgrund der höheren Tumordicke eine schlechtere Prognose. kLentigo-maligna-Melanom
Das Lentigo-maligna-Melanom (LMM) (5% aller Melanome) geht aus jahre- bis jahrzehntelangem Bestand einer Lentigo maligna (präinvasives Melanom) hervor. Sie ist eine Läsion des höheren Lebensalters und findet sich fast ausschließlich in UV-exponierten Regionen und hierbei überaus häufig im Gesichtsbereich älterer Patien-
13
90
Kapitel 13 · Malignes Melanom
⊡ Abb. 13.6 Melanom: am Tragus befindet sich auf einer hell- bis dunkelbraunen Macula ein ca. 0,5 cm großer nodulärer Tumor. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 13.9 Lentigo-maligna-Melanom an der linken Wange: disseminierte hellbraune Maculae. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
13
⊡ Abb. 13.7 Cave: Dieser Tumor ist kein noduläres Melanom, sondern ein Hämangiom, das auf einem (vermutlich) superfiziell spreitenden malignen Melanom wächst. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 13.8 Cave: Dies ist kein noduläres Melanom, sondern eine Blutblase. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 13.10 Lentigo-maligna-Melanom, das sich hier schon fortgeschritten präsentiert. An der Wange entwickelten sich aus einer vorbestehenden braunen Macula knotig-schwärzliche Läsionen, die sich im Laufe der Zeit ausbreiteten. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
91 13.1 · Grundlagen
⊡ Abb. 13.11 Lentigo-maligna-Melanom an der Wange: hell- und dunkelbraune Maculae mit einem nodulären schwarzen Bereich in der Mitte. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 13.12 Akrolentiginöses Melanom am Großzehennagel: An der Großzehe zunächst subunguale dunkle Verfärbung, im Laufe der Zeit zudem erosive rötliche Anteile unter dem distalen Nagel. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
ten (Gesicht, Handrücken und Unterarme) (⊡ Abb. 13.9, ⊡ Abb. 13.10, ⊡ Abb. 13.11). Klinisch ist der Tumor durch eine unscharf begrenzte, inhomogene, unterschiedliche Hell- bis Schwarzbraunfärbung im Niveau der umgebenen Haut charakterisiert. Sofern nur horizontales und noch kein vertikales Wachstum vorliegt, ist die Prognose außerordentlich günstig. Besondere Vorsicht ist bei (Laser-)chirurgischer Behandlung scheinbar unauffälliger Hautveränderungen im Gesicht geboten. Ein Lentigo-maligna-Melanom kann unauffällig wirken und nicht durch starke Pigmentierung auffallen. ! Cave Lentigo-maligna-Formen im Gesicht: Besondere Vorsicht ist bei der Behandlung von Lentigo-Formen im Gesicht geboten, da sich aus diesen Formen eine Lentigo maligna und ein Lentigo-maligna-Melanom entwickeln kann (⊡ Abb. 13.9, ⊡ Abb. 13.10, ⊡ Abb. 13.11). Bei invasiveren Methoden der Entfernung, z.B. der Entfernung mittels ablativen Lasers, sollte in diagnostischen Zweifelsfällen immer eine histologische Sicherung der Diagnose (z.B. mittels Biopsie und nachfolgender histologischer Sicherung) erfolgen. kAkral-lentiginöses Melanom
Das akral-lentiginöse Melanom (ALM) (5–10% aller Melanome) findet sich überwiegend palmoplantar, auch subungual oder periungual. Das akrolentiginöse Melanom tritt weniger in der weißen, eher in der japanischen und afroamerikanischen Bevölkerung auf. Auch hierbei handelt es sich um eine Tumorform, die erst längere Zeit horizontal wächst und klinisch einen sich vergrößernden, braunen Fleck zeigt.
⊡ Abb. 13.13 Subunguales Hämatom. Differenzialdiagnostisch sollte bei jeder subungualen Verfärbung auch an ein subunguales Melanom gedacht werden!
Typisch ist die Lokalisation an Händen und Füßen (⊡ Abb. 13.14, ⊡ Abb. 13.15, ⊡ Abb. 13.18), nicht selten auch subungual oder in der Umgebung der Nägel (⊡ Abb. 13.17). Gelegentlich wird ein subunguales Melanom (im Nagelbereich) nicht erkannt oder mit einer Onychomykose verwechselt. Insofern ist bei Pigmentveränderungen am Nagel, bei nicht einzuordnendem subungualem Hämatom oder auch nur bei Nagelveränderungen (Nagelwachstumsstörungen) die nachfolgende Zuweisung an einen dermatologischen Fachkollegen außerordentlich wichtig (⊡ Abb. 13.12, ⊡ Abb. 13.13, ⊡ Abb. 13.16).
13
92
Kapitel 13 · Malignes Melanom
⊡ Abb. 13.16 Subunguales Hämatom nach Trauma. Wichtig: nicht jede subunguale Verfärbung ist ein Hämatom. Differenzialdiagnostisch muss immer an einen Nävus und ein Melanom gedacht werden. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
13
⊡ Abb. 13.14 Akrolentiginöses Melanom an der Fußkante: unregelmäßig konfigurierte, unregelmäßig begrenzte und unregelmäßig hell- bis dunkelbraun pigmentierte Macula. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 13.15 Akrolentiginöses Melanom an der Hand: unscharf begrenzte, inhomogene Pigmentierung mit hellbraunen, dunkelbraunen und schwärzlichen Farbanteilen, zudem erosive rötliche Areale als Zeichen der Tumorprogression (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 13.17 Subunguales Melanom als Variante des akrolentiginösen Melanoms: subunguale schwärzliche, teils hell- und dunkelbraune Pigmentierung, die hier schon die gesamte subunguale Region betrifft. Zudem schwärzliche Pigmentierung über das distale Nagelbett hinausgehend. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
93 13.2 · Sonderformen des Melanoms
⊡ Abb. 13.18 Akrolentiginöses Melanom an der Ferse: In einer unregelmäßig konfigurierten, unregelmäßigen begrenzten und unregelmäßigen hell- bis dunkelbrauen pigmentierten Macula entwickelten sich erosive, rötliche Areale. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
13.2
Sonderformen des Melanoms
13.2.1
Amelanotische maligne Melanome
Amelanotische maligne Melanome (AMM) sind depigmentiert und selten. Manche werden dem nodulären Melanomtyp zugeordnet und werfen oft große differenzialdiagnostische Schwierigkeiten auf. Klinisch präsentieren sich amelanotische Melanome oft als rötliche oder hautfarbene, teils erosive Areale (⊡ Abb. 13.19, ⊡ Abb. 13.20), die von einem Spinaliom oder Granuloma pyogenicum oft nur schwer zu unterscheiden sind. Die Prognose ist ungünstig.
13.2.2
⊡ Abb. 13.19 Amelanotisches Melanom. Hier präsentiert sich das Melanom als unscharf begrenzte und unregelmäßig figurierte rötliche Macula mit zentraler Erosion. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 13.20 Amelanotisches Melanom; rötlicher, knotiger, halbkugeliger Tumor mit zentraler Erosion. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Desmoplastische Melanome
Prädilektionsstellen von desmoplastischen Melanomen sind Gesicht und Akren. Klinisch ist das desmoplastische Melanom schwierig zu diagnostizieren, da es häufig depigmentiert ist und sich klinisch uncharakteristisch präsentiert, in der Art eines Dermatofibroms, Basalioms oder einer aktinischen Keratose. Desmoplastische Melanome führen häufig zu Rezidiven, selten zu Fernmetastasen.
13.2.3
Schleimhautmelanome
An den Schleimhäuten des Mund-und Genitalbereiches wie auch an den Bindehäuten des Auges können Schleimhautmelanome auftreten (⊡ Abb. 13.21). Sie besitzen eine schlechtere Prognose als Melanome an der Haut.
⊡ Abb. 13.21 Melanom der Mundschleimhaut, fortgeschritten mit Metastasierung. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
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94
13.3
Kapitel 13 · Malignes Melanom
Diagnose des Primärtumors
Die Verdachtsdiagnose eines Melanoms der Haut wird zunächst klinisch gestellt. In jedem Fall sollte eine auflichtmikroskopische Untersuchung zur Absicherung der klinischen Diagnose durchgeführt werden. Die präoperative Vermessung des Tumors mittels hochauflösenden Ultraschalls kann fallweise nützlich sein, um den Sicherheitsabstand für die Exzision festzulegen. In jedem Fall ist die Durchführung einer histologischen Untersuchung unbedingt erforderlich. Die Voraussetzung dafür ist eine Exzisionsbiopsie des gesamten Tumors, Behandlungsverfahren ohne histologische Beurteilungsmöglichkeit, z.B. eine Lasertherapie oder Kryotherapie, sind bei Melanomverdacht strikt abzulehnen. > Inzisionsbiopsien sind in der Regel nicht geeignet, um eine histologische Diagnose zu ermöglichen. Eine Ausnahme besteht bei Verdacht auf ein Lentigo-maligna-Melanom oder bei schwer operablen ausgedehnten akralen Melanomen, bei dem zur Diagnosestellung eine Inzisionsbiopsie möglich ist.
13.4
13
Präoperative Diagnostik
Jeder auf ein Melanom verdächtige Tumor sollte vor einer Therapie unverzüglich von einem erfahrenen Spezialisten beurteilt werden, da oft zahlreiche andere Hauttumoren differenzialdiagnostisch in Betracht kommen. Eine diagnostische Probebiopsie ist nicht indiziert. Ausnahmen sind Lentigo-maligna-Melanome oder schwer operable, akrale Melanome.
13.4.1
Operative Therapie
Die operative Exzision mit ausreichendem Sicherheitsabstand hat Vorrang vor allen anderen Verfahren. Bei Verdacht auf das Vorliegen eines Melanoms sollte die Hautveränderung zunächst knapp in toto exzidiert werden. Größere Sicherheitsabstände sollten aufgrund der ggf. durchzuführenden Wächterlymphknoten-Biopsie (Sentinel-Lymphknoten-Biopsie) vermieden werden (s.a. im Folgenden). Die Wahl des endgültigen Sicherheitsabstandes bei der Nachexzision hängt von der Tumordicke und dem damit assoziierten Metastasierungsrisiko ab (⊡ Tab. 13.1). Bei zweizeitigem Vorgehen innerhalb von 3 Wochen ergibt sich kein prognostischer Unterschied gegenüber einem einzeitigen Vorgehen nach 3 Wochen. Dünne, invasive Melanome werden mit 1 cm Sicherheitsabstand versorgt, sodass die meisten Tumoren in lokaler Anäs-
⊡ Tab. 13.1 Sicherheitsabstand bei der Exzision eines Melanoms Tumordicke
Sicherheitsabstand
Melanoma in situ
0,5 cm
bis 2 mm
1 cm
>2 mm
2 cm
thesie mit Dehnungsplastik operiert werden können. Beim Lentigo-maligna-Melanom kann bei Anwendung mikrografischer Chirurgie ein reduzierter Sicherheitsabstand verwendet werden, was insbesondere bei Tumoren im Gesichtsbereich von Vorteil sein kann. Bei Lentigo-maligna-Melanomen im Gesicht kann eine Radiotherapie alternativ zu operativen Vorgehen angesetzt werden.
13.5
Ausbreitungsdiagnostik und Stadieneinteilung
Bei allen invasiven Melanomen wird nach Diagnosestellung die Durchführung einer Ausbreitungsdiagnostik empfohlen (⊡ Tab. 13.2). Diese ist nicht nur zur Erkennung möglicher Metastasierung sinnvoll, sondern dokumentiert gleichzeitig einen Ausgangsbefund, mit dem im weiteren Verlauf erhobene Befunde verglichen werden können. Die empfohlenen Untersuchungen im Rahmen der Ausbreitungsdiagnostik sind: ▬ Lymphknotensonografie ▬ Abdomensonografie und/oder CT-Abdomen ▬ Röntgen-Thorax und/oder CT-Thorax ▬ CT-Schädel oder Kernspintomografie bei Tumordicke >2 mm ▬ Blutuntersuchung: Blutbild, BSG, Leberwerte, LDH, Nierenretentionswerte Die Untersuchungsmethode, mit der am häufigsten die frühen Metastasierungen erkannt werden, ist die Lymphknotensonografie. In den meisten Fällen können metastatisch befallenen Lymphknoten und reaktive Lymphknoten gut voneinander abgegrenzt werden.
13.6
WächterlymphknotenBiopsie zum Nachweis einer Mikrometastasierung
Bei Melanomen mit höherer Tumordicke (>1 mm) wird heute in spezialisierten Zentren zur Abklärung eines
95 13.6 · Wächterlymphknoten-Biopsie zum Nachweis einer Mikrometastasierung
⊡ Tab. 13.2 TNM-Klassifikation des malignen Melanoms T-Klassifikation
Tumordicke
Weitere prognostische Parameter
Tis Tx
Keine Angabe
Melanoma in situ, keine Tumorinvasion Stadium nicht bestimmbar
T1
<1,0 mm
a: ohne Ulzeration, Mitoserate <1/m2 b: mit Ulzeration, Mitoserate >1/mm2
T2
1,01–2,0 mm
a: ohne Ulzeration b: mit Ulzeration
T3
2,01–4,0 mm
a: ohne Ulzeration b: mit Ulzeration
T4
>4,0 mm
a: ohne Ulzeration b: mit Ulzeration
N-Klassifikation
Zahl metastatisch befallener LK
Ausmaß der Lymphknotenmetastasierung
N0
0
Keine Angabe
N1
1 LK
a: Mikrometastasierung b: Makrometastasierung
N2
2–3 LK
a: Mikrometastasierung b: Makrometastasierung c: Satelliten oder In-transit Metastasen
N3
>4 LK, Satelliten oder In-transit-Metastasen plus Lymphknotenbeteiligung
Keine Angabe
M-Klassifikation
Art der Fernmetastasierung
LDH
M0
Keine Fernmetastasen
Keine Angabe
M1a
Haut, subkutan oder Lymphknoten
Normal
M1b
Lunge
Normal
M1c
Alle anderen Organmetastasen, jede Art von Fernmetastasen
Normal Erhöht
⊡ Tab. 13.3 Stadieneinteilung des malignen Melanoms Stadium
Primärtumor (pT)
Regionäre Lymphknotenmetastase n (N)
Fernmtetastasen (M)
0
In situ Tumoren
Keine
Keine
IA
<1,0 mm, keine Ulzeration
Keine
Keine
IB
<1,0 mm mit Ulzeration oder Clark Level IV oder V 1,01–2,0 mm, keine Ulzeration
Keine Keine
Keine Keine
IIA
1,01–2,0 mm mit Ulzeration 2,01–4,0 mm, keine Ulzeration
Keine Keine
Keine Keine
IIB
2,01–4,0 mm mit Ulzeration >4,0 mm, keine Ulzeration
Keine Keine
Keine Keine
IIC
>4,0 mm mit Ulzeration
Keine
Keine
IIIA
Jede Tumordicke, keine Ulzeration
Mikrometastasen
Keine
IIIB
Jede Tumordicke mit Ulzeration Jede Tumordicke, keine Ulzeration Jede Tumordicke, +/- Ulzeration
Mikrometastasen Bis zu 3 Mikrometastasen Keine, aber Satelliten- und/oder In-transitMetastasen
Keine Keine Keine
IIIC
Jede Tumordicke mit Ulzeration Jede Tumordicke ± Ulzeration
Bis zu 3 Mikrometastasen 4 oder mehr Makrometastasen oder kapselüberschreitender Lymphknotenbefall oder Satelliten
Keine Keine
IV
Fernmetastasen
13
96
13
Kapitel 13 · Malignes Melanom
Lymphknotenbefalls auch die Wächterlymphknoten-Biopsie (Sentinel-Lymphknoten-Biopsie) durchgeführt. Bei ungünstigen Prognosefaktoren (MI>1/mm2, Ulzeration des Primärtumors) kann auch bei geringer Tumordicke eine Wächterlymphknoten-Biopsie durchgeführt werden. Der Eingriff sollte vorrangig mit dieser Operationstechnik und nuklear-medizinischer Darstellungstechnik versierten Zentren durchgeführt werden. Der Eingriff besteht darin, den ersten drainierenden Wächter-(Sentinel-) Lymphknoten der Region mittels Szintigrafie und/oder Farbstoffmarkierung nach Unterspritzung des Primärtumors oder der Exzisionsnarbe aufzuspüren, ihn selektiv zu exzidieren und diesen histologisch mit sensitiven immunhistochemischen Verfahren und speziellen Antikörpern auf den Gehalt von Zellen mesenchymalen Ursprungs und somit auf das Vorliegen von Mikrometastasen zu untersuchen. Durch die selektive Exzision des drainierenden Lymphknotens und dessen immunhistopathologische Aufarbeitung ist es möglich, einen Lymphknotenbefall ohne radikale Dissektion zu diagnostizieren. Bei fehlendem Nachweis einer Mikrometastasierung sind keine weiteren operativen Maßnahmen an den regionalen Lymphknotenstationen indiziert. Therapeutisch können Patienten mit positivem Wächterlymphknoten einer gezielten radikalen Lymphadenektomie unterzogen werden und ggf. einer adjuvanten Therapie sowie einem engmaschigen Nachsorgekonzept zugeführt werden. Während die radikale Lymphadenektomie nach der Diagnose eines positiven Wächterlymphknotens eine signifikante Prognoseverbesserung hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens darstellt, konnte kein Überlebensvorteil für diese Patienten gegenüber einem Wächterlymphknoten-negativem Kontrollkollektiv gezeigt werden. Tumormarker sind beim malignen Melanom noch nicht lange etabliert. In jüngster Zeit wurde über ein erhöhtes Serumprotein S100 bei metastasiertem Melanom berichtet. Zudem wird in spezialisierten Zentren ein Serumspiegel des Melanommarker MIA (melanomy inhibitory activity) bestimmt und im Rahmen der Tumornachsorge regelmäßig kontrolliert. Hierbei konnte ein Anstieg von MIA im Serum häufig schon vor Auffinden von Filiae aufgezeigt werden. Der Nutzen der Laktatdehydrogenase (LDH) als Tumormarker wird diskutiert. Bei vorhandenen Lebermetastasen scheint sich der Marker zu bewähren. Der LDH-Serumspiegel zeigt sich insbesondere bei Lebermetastasierung erhöht. Erhöhte LDHWerte werden als Zeichen eines erhöhten Tumorzellstoffwechsels angesehen, sind aber nicht als spezifische Marker für Melanome zu betrachten.
13.7
Prognose
Die Prognose des Melanoms hat sich aufgrund der Früherkennungsmaßnahmen, der Aufklärung der Bevölkerung und Prophylaxe (Hautkrebsvorsorge, Kap. 2) drastisch verbessert. Melanome werden heute häufiger in frühen, prognostisch günstigen Stadien diagnostiziert und sachgerechter therapiert. In frühen Stadien erkannt, ist die Prognose des Melanoms sehr günstig. Das Risiko zur Progression ist bei Primärmelanomen überwiegend von der Eindringtiefe (Tumordicke nach Breslow) abhängig. Diese wird bei der histologischen Begutachtung mittels eines Messokulars bestimmt (Distanz vom Stratum granulosum bis zum unteren Tumorrand). Der so genannte Clark-Level (CL), der die Invasionstiefe an den ergriffenen anatomischen Hautschichten misst, wurde 2005 durch den Mitoseindex/mm2 ersetzt. Weiterhin ist die Prognose weniger stark mit anderen klinischen Kriterien assoziiert. Die wichtigsten prognostischen Faktoren bei den malignen Melanomen ohne Metastasen sind folgende: ▬ Vertikale Tumordicke nach Breslow ▬ Invasionslevel nach Clark ▬ Klinisch histologischer Subtyp ▬ Geschlecht ▬ Tumorlokalisation ▬ Vorhandensein einer Ulzeration
13.8
Metastasierung des Melanoms
Das maligne Melanom kann, bevorzugt bei höherer Tumordicke des Primärtumors, sowohl primär lymphogen als auch primär hämatogen metastasieren. Etwa zwei Drittel aller Erstmetastasen sind zunächst auf das regionäre Lymphabflussgebiet beschränkt. Eine regionäre Metastasierung kann mit Satellitenmetastasen (bis zu 2 cm um den Primärtumor) sowie mit lokalen Rezidiven nach Entfernung des Primärtumors erfolgen (⊡ Abb. 13.22). Intransit-Metastasen sind mehr als 2 cm vom Primärtumor entfernte, bis zur 1. Lymphknotenstation gelegene kutane, subkutane oder lymphogene Metastasen (⊡ Abb. 13.23, ⊡ Abb. 13.24). Regionäre Lymphknotenmetastasen finden sich in regionärem Lymphabflussgebiet. Eine über die erste Lymphknotenstation hinausgehende Metastasierung wird als Fernmetastasierung eingeordnet. Satelliten- und/oder In-transit-Metastasen werden nach Möglichkeit ebenfalls operativ entfernt. Hier wird die vollständige Entfernung ohne größere Sicherheitsabstände angestrebt. Da bei diesem Metastasierungstypen in der Regel die regionalen Lymphknoten mitbefallen sind, wird frühzeitig eine selektive Lymphadenektomie empfohlen.
97 13.8 · Metastasierung des Melanoms
⊡ Abb. 13.22 Satellitenmetastasen beim Melanom. Metastatische Absiedlungen des Melanoms mit kleinen dunkel pigmentierten Maculae befinden sich bis zu 2 cm um den Primärtumor. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 13.23 Melanom mit Satelliten- und In-transit-Metastasen. Der Primärtumor präsentiert sich als noduläre, inhomogen (schwärzlichbräunlich-rötlich-weißlich) pigmentierte Macula. Kleine noduläre schwärzlich pigmentierte Maculae, die Metastasen des Primärtumors darstellen, befinden sich bis zu 2 cm um den Primärtumor (Satellitenmetastasen) sowie weiter als 2 cm entfernt entlang der Lymphbahnen (In-transit-Metastasen). (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 13.24 In-transit-Metastasen bei malignem Melanom: Ausbreitung der Metastasen entlang der Lymphbahnen bis zur regionären Lymphknotenstation. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Beim Vorliegen regionärer Lymphknotenmetastasen oder bei Verdacht auf eine regionale Lymphknotenmetastasierung muss eine radikale Lymphadenektomie unter kurativer Intention vorgenommen werden. Eine adjuvante Strahlentherapie wird generell nicht empfohlen. Bei Vorliegen von Fernmetastasen sollten einzelne oder einige wenige Metastasen in einem Organ soweit möglich komplett entfernt werden. Es bleibt fraglich, ob eine chirurgische Metastasenentfernung im Sinne einer Tumormassenreduktion auch dann für den Patienten vorteilhaft ist, wenn keine Tumorfreiheit erreicht wird. Bei einer Resektion non in sano bzw. Inoperabilität wird im Allgemeinen die Indikation zur Strahlentherapie der befallenen Regionen gestellt. Zur Behandlung von Primärtumoren kommt die Strahlentherapie bei inoperablen Patienten mit Lentigomaligna-Melanomen in Betracht. Die adjuvante Therapie (Immuntherapie) wird zur Verhinderung eines Rezidivs nach der operativen Behandlung des Primärtumors ab einer Tumordicke von 1,5 mm eingesetzt. Interferon-alpha ist die bisher einzige Substanz in der adjuvanten Therapie des kutanen Melanoms, die in prospektiv randomisierten Studien nachweislich einen signifikanten Vorteil im progressionsfreien Überleben gezeigt hat. Eine adjuvante Behandlung mit Interferon-alpha sollte daher allen Patienten mit erhöhtem Metastasierungsrisiko angeboten werden, soweit keine Kontraindikationen bestehen. Überwiegend wird neben verschiedenen randomisierten Studien Interferon-alpha s.c. in Monotherapie eingesetzt. Interferon findet heute nur bei N1a, Zustand nach LK-Metastasen oder Zustand nach T4b Verwendung. Eine adjuvante Immuntherapie muss auch aufgrund der möglichen Nebenwirkungen durch Zentren mit großer Erfahrung in der Behandlung von Melanompatienten durchgeführt werden. Bei Vorliegen von Fernmetastasen werden Patienten vorwiegend unter palliativen Gesichtspunkten behandelt. Unmittelbares Ziel ist die Einleitung einer möglichst lang andauernden Remission mit der Verlängerung der Überlebenszeit, wenn auch eine Heilung in der Regel nicht zu erwarten ist. Bei singulärem Organbefall stellt die operative Therapie wahrscheinlich die Maßnahme mit dem größten Einfluss auf die Prognose dar. Die Indikation für eine systemische Chemo- oder Chemoimmuntherapie wird bei einer disseminierten Metastasierung mehrerer Organsysteme oder bei unzureichender Resektabilität gestellt. Leider spricht nur ein kleiner Teil der Melanome auf eine zytostatische Behandlung an. Metastasen der Haut, Weichteile und der Lunge sprechen am ehesten auf eine Chemotherapie an. Geringeres Ansprechen wird dagegen für Lebermetastasen, Ske-
13
98
Kapitel 13 · Malignes Melanom
lettmetastasen und Gehirnmetastasen angegeben. Eine Standardempfehlung zur medikamentösen Behandlung des fernmetastasierten Melanoms besteht bis dato nicht. Als Standard wird am ehesten die Monochemotherapie mit Dacarbazin (DTIC) angesehen. Zu weiteren wirksamsten Chemotherapeutika gehören die Substanzen Cisplatin, Carboplatin, Fotemustin, Vindesine. Die Ansprechrate kann durch eine Kombination mehrerer Medikamente (ggf. auch kombiniert mit Zytokinen wie Interferon-alpha oder Interleukin-2) verbessert werden.
13.9
13
Entwicklung neuer Möglichkeiten der Immuntherapie
Da nicht zu erwarten ist, dass die Entwicklung neuer zytostatischer Substanzen einen Durchbruch in der Therapie des fortgeschrittenen Melanoms bringen wird, konzentriert sich die Forschung derzeit auf die Möglichkeiten der Immuntherapie mit Vakzination und den Einsatz neuer Substanzklassen, die eine Blockade molekularer Zielstrukturen beim kutanen Melanom bewirken (»targeted therapies«). Neuere Klassifikationen werden vermutlich auf genetischen Charakteristika, wie Mutationen und Deletionen beruhen. Mittlerweile werden molekulargenetische Einteilungen diskutiert und hierbei korrelieren die bislang histologisch definierten Subtypen des malignen Melanoms nicht eindeutig mit den molekulargenetischen Gruppen. Auch in der Behandlung des malignen Melanoms könnte die Identifikation von Mutationen zu einer maßgeschneiderten individuell angepassten Therapie für Patienten führen. Eine Phase-III-Studie mit Ipilimumab, einem monoklonalem Antikörper, konnte bis dato ein verbessertes Gesamtüberleben bei bereits behandelten Patienten mit metastasiertem Melanom aufzeigen. Ipilimumab ist seit 2011 in den USA und Europa zur Therapie des metastasierten malignen Melanoms zugelassen. Wegen der schweren Nebenwirkungen sind besondere Sicherheitsmaßnahmen zu beachten. Die bislang bekannten identifizierten Signalwege und/ oder Gene bei der Entwicklung des malignen Melanoms sind: ▬ (RAS/RASF/MEK)-MAPK-Signalweg ▬ c-KIT ▬ ERBB4 (tyrosine kinase-type cell surface receptor HER4) ▬ PTEN (Phosphate and tensin homologue deleted on chromosome 10) ▬ PI3K (Phosphatidylinositol-3,4,5-TriphosphatKinase)
In 50–70% aller primären und metastatischen Melanome ist eine Mutation des BRAF-Gens auffindbar. Vor allem beim nodulären- und superfiziell spreitenden Melanom konnten jene BRAF-Mutationen detektiert werden. Neuere Therapieansätze versuchen nun die Blockade molekularer Prozesse in der Signaltransduktion. Kürzlich konnte eine 90%ige Blockierung des Signaltransduktionswegs durch einen oral verabreichten Inhibitor, der selektiv an die mutierte Form des BRAF-Proteins bindet, erreicht werden. In der klinischen Phase-I-Studie ließ sich eine 70%ige Ansprechrate erzielen. In akralen- und Mukosamelanomen werden bis zu 15,6% KIT-Mutationen detektiert. Diese Melanomtypen weisen eher keine BRAF-Mutationen auf. Noch ist nicht klar, durch welche Substanzen am ehesten die verschiedenen Subtypen der KIT-Mutationen behandelt werden können. Untersucht werden v.a. Sunitinib, Imatinib, Dasatinib, Sorafenib und Nilotinib. Noch gibt es keinen Durchbruch in der Behandlung des malignen Melanoms, aber Medikamente, welche molekulare Zielstrukturen blockieren, sind bereits in klinischer Erprobung.
13.10
Nachsorge
Mit der Tumornachsorge werden beim malignen Melanom mehrere Ziele verfolgt: ▬ Früherkennung von Melanomrezidiven durch klinische und technische Untersuchungen ▬ Früherkennung sich neu entwickelnder Zweitmelanome ▬ Aufklärung und Anleitung der Patienten zur Selbstuntersuchung ▬ Dokumentation des Krankheitsverlaufs Auf der Grundlage der Erfahrung verschiedener Zentren hat die Deutsche Dermatologische Gesellschaft Empfehlungen über die Gestaltung der Nachsorge veröffentlicht, an denen sich die in ⊡ Tab. 13.4 wiedergegebenen Empfehlungen orientieren. In Abhängigkeit von der Tumordicke werden Patienten in definierten Abständen regelmäßig klinisch untersucht. Häufigkeit und Art der apparativen Untersuchungen richten sich ebenfalls nach dem Stadium, das wiederum mit der Tumordicke korreliert. Die Nachsorge ist in den ersten 5 Jahren postoperativ intensiv zu gestalten, da hier 90% der Metastasen auftreten. Generell wird eine Nachsorge über 10 Jahre empfohlen.
99 Weiterführende Literatur
⊡ Tab. 13.4 Empfehlungen für die Nachsorge kutaner maligner Melanome (Intervalle in Monaten; Aus: C. Garbe, D. Schadenfort, 2008) Stadium und Tumordicke
Körperliche Untersuchung 1.–5. Jahr
Körperliche Untersuchung 6.–10. Jahr
Lymphknotensonografie 1.–5. Jahr
Blutuntersuchung1
Bildgebende Untersuchung 1.–5. Jahr2
I = <1 mm
6
12
Keine
Keine
Keine3
I + II = >1 mm
3
6–12
6
6
Keine
III
3
6
3–6
3–6
6
IV
Individuell
1
Laktatdehydrogenase (LDH) und Protein S-100β Abdomen-Sonografie und Röntgen-Thorax-Untersuchung oder CT bzw. MRT oder PET 3 Bei Durchführung adjuvanter Therapien alle 6–12 Monate 2
Weiterführende Literatur Breslow (1970) Thickness, cross-sectional areas and depth of invasion in the prognosis of cutaneous melanoma. Ann Surg 172(5): 902-908 Garbe C, Hauschild A, Volkenandt M et al. (2005) Deutsche Leitlinie: Malignes Melanom. In: Garbe C (Hrsg.) Interdisziplinäre Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung von Hauttumoren. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag: 23-55 Garbe C, Schadendorf D, Stolz W. (2007) AWMF Leitlinie 2007 Malignes Melanom http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/032-024. htm Kuphal S, Meier F, Bosserhoff A. (2010) Therapie beim malignen Melanom individualisieren. Im Focus Onkologie 9: 66-71
13
14
Epitheliale maligne Hauttumoren (»Weißer Hautkrebs«)
14.1
Einteilung – 102
14.2
Risikofaktoren für die Entwicklung kutaner epithelialer Karzinome – 102
14.3
Tumortypen
14.3.1 14.3.2 14.3.3 14.3.4 14.3.5
Aktinische Keratose – 102 Morbus Bowen – 106 Keratoakanthom – 107 Spinaliom (Plattenepithelzellkarzinom der Haut) Basaliom – 110
14.4
Tumornachsorge
– 102
– 108
– 119
Weiterführende Literatur
– 119
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_14, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
102
Kapitel 14 · Epitheliale maligne Hauttumoren (»Weißer Hautkrebs«)
Einteilung
14.1
▬ Längerfristige Immunsuppression ▬ Assoziierte Syndrome (z.B. Xeroderma pigmento-
Weltweit ist eine Zunahme der Inzidenz der epithelialen Hauttumoren, die im Jargon als »weiße Hautkrebsformen« bezeichnet werden, um 8% jährlich zu vermerken. Die häufigsten Vertreter stellen die aktinische Keratose, das Basalzellkarzinom (Basaliom) und das Spinaliom (Plattenepithelkarzinom) dar ( Übersicht). Sie entwickeln sich aus den Keratinozyten der Epidermis und der Adnexstrukturen.
Häufige epitheliale Tumoren ▬ Aktinische Keratosen (In-situ-Karzinome) ▬ Spinaliome (spinozelluläres Karzinom) ▬ Morbus Bowen (in situ) ▬ Bowen-Karzinom ▬ Basaliom (Basalzellkarzinom) – – – –
14.2
14
Noduläres Basaliom Superfizielles Basaliom Sklerodermiformes Basaliom Pigmentiertes Basaliom
Risikofaktoren für die Entwicklung kutaner epithelialer Karzinome
UV-Exposition gilt als der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung von malignen Hauttumoren ( Übersicht), so entstehen epitheliale maligne Tumoren meist auf chronisch sonnenexponierter Haut (Gesicht, Kopfhaut, Handrücken) als Folge kumulativer UV-Schädigung ( Kap. 15, Sonnenschutz). Daneben stellen heller Hauttyp (I, II), aber auch genetische Faktoren weitere Risikofaktoren dar. Weiterhin gibt es Erkrankungen/Syndrome, die mit der Entwicklung vieler kutaner epithelialer Neoplasien assoziiert sind, wie das Xeroderma pigmentosum oder das Basalzellnävussyndrom. Neben Karzinogenen wie Teer (Straßenarbeiter), Arsen (welches früher von Winzern im Weinbau verwendet wurde) oder Polyvinylchlorid können auch infektiöse Faktoren eine Rolle spielen, etwa humane Papillomviren, insbesondere im Genitalbereich. Bekannt ist Entwicklung epithelialer Hauttumoren bei Patienten mit längerfristiger Immunsuppression.
Risikofaktoren für das Auftreten von aktinischen Keratosen, Spinaliomen, Basaliomen (epitheliale Hauttumore) ▬ Kumulative UV-Exposition ▬ Hauttyp I oder II (heller Hauttyp) ▼
sum, Albinismus, Basalzellnävussyndrom)
▬ Chronische Entzündung, lange andauernde Infektionen mit humanen Papillomviren (Genitalbereich)
▬ Karzinogene (Teer, Arsen, Polyvinylchlorid) ▬ Ionisierende Strahlen ▬ Narben
Neben einer vermehrten Sonnenexposition ist die demografische Überalterung der Bevölkerung ein weiterer Grund für die steigende Inzidenz epithelialer Tumoren. Epitheliale Tumoren stellen somit durch eine Steigerung der Kosten im Gesundheitswesen ein großes medizinisches Problem dar. Ebenso wie eine frühe Diagnosestellung stellt der präventive, intensive Sonnenschutz mit spezifischen Verhaltensänderungen, textilem Schutz und der Verwendung von UV-Schutzpräparaten eine wichtige dermatologische Intervention dar ( Kap. 16).
14.3
Tumortypen
14.3.1
Aktinische Keratose
Syn.: Solare Keratose, Lichtwarze
Die aktinischen Keratosen (solare Keratosen) gehören zu den häufigsten kutanen In-situ-Neoplasien. Die aktinische Keratose ist ein Carcinoma in situ und somit eine Frühform des invasiven Plattenepithelkarzinoms. Es erfüllt alle Kriterien eines Plattenepithelkarzinoms, bleibt jedoch auf die Epidermis beschränkt, ohne die Basalmembran zu durchbrechen. Die Häufigkeit der Entstehung von Plattenepithelkarzinomen aus aktinischen Keratosen wird auf etwa 20% geschätzt. Durch adäquate Behandlung und adäquaten Lichtschutz kann das Risiko weit niedriger gehalten werden. Bisher sind keine eindeutigen Kriterien definiert, mit deren Hilfe man vorhersagen könnte, welche aktinische Keratose invasiv wachsen wird. Deswegen gilt es, aktinische Keratosen zu behandeln. Bei immunsupprimierten Patienten, v.a. Transplantatempfängern, liegt eine höhere Progressionsrate von aktinischen Keratosen zu invasiven Plattenepithelkarzinomen vor. z
Klinisches Bild
Aktinische Keratosen treten ungefähr ab dem 50. Lebensjahr auf, typischerweise auf UV-geschädigter Haut. Besonders gefährdet sind hellhäutige Patienten mit hoher Lichtexposition. Prädilektionsstellen sind Gesicht, Capillitium (insbesondere der Glatzenbereich bei Männern) sowie Ohren und Handrücken. Häufig sind multiple Läsionen vor-
103 14.3 · Tumortypen
⊡ Abb. 14.1 Chronisch lichtgeschädigte Haut mit multiplen aktinischen Keratosen (rötlich-bräunliche keratotische Auflagerungen an Wangen, Nase, Stirn). (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
a
⊡ Abb. 14.2 Chronisch lichtgeschädigte Kopfhaut mit multiplen aktinischen Keratosen. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München) b
handen, die sich klinisch als asymptomatische, schuppende, persistierende, hautfarbene, bis rötlich-braune, gelegentlich pigmentierte Herde präsentieren (⊡ Abb. 14.1, ⊡ Abb. 14.2, ⊡ Abb. 14.3, ⊡ Abb. 14.5, ⊡ Abb. 14.6, ⊡ Abb. 14.7). Bei starker Schuppenauflagerung bzw. Keratose spricht man von hypertrophen, aktinischen Keratosen. Diese sind gelegentlich klinisch schwierig von einem infiltrativ wachsenden Spinaliom zu unterscheiden.
⊡ Abb. 14.3a,b Aktinische Keratose am Nasenrücken
> Cornu cutaneum: Aktinische Keratosen können in dorn- oder hornartige gelbgraue derbe Höcker auswachsen. An der Basis solcher Höcker infiltrieren gewöhnlich schon Tumorzapfen die Epidermis (beginnendes Plattenepithelkarzinom). Hier ist die operative Entfernung angebracht (⊡ Abb. 14.4). z
Differenzialdiagnose
Verrucae seborrhoicae, Lupus-erythematodes-Läsionen, Basaliom, Lentigines.
⊡ Abb. 14.4 Cornu cutaneum auf dem Boden eines Spinalioms (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
14
104
z
Kapitel 14 · Epitheliale maligne Hauttumoren (»Weißer Hautkrebs«)
Therapie
Eine Vielzahl unterschiedlicher Behandlungsverfahren steht zur Therapie der aktinischen Keratosen zur Verfügung. Es kann sinnvoll sein, Läsionen zu exzidieren, zu kürettieren oder mit einer kleinen Hautbiopsie zu untersuchen, um die Diagnose zu sichern und z.B. ein Plattenephitelkarzinom auszuschließen. ⊡ Tab. 14.1 fasst die wichtigsten Therapiemöglichkeiten zusammen. Die knappe Exzision ist bei singulären Läsionen möglich. Die Kürettage ist ein häufig verwendetes Verfahren zur mechanischen Abtragung von aktinischen Keratosen mittels scharfem Löffel oder Einmal-Ringkürette. Zudem
können oberflächliche Hautschichten gewonnen und das Kürettagematerial histopathologisch untersucht werden. Da tiefere Gewebsschichten bei oberflächlicher Abtragung fehlen, ist die Histologie nur eingeschränkt beurteilbar. Durch dieses Verfahren können jedoch z.B. lichenoide Keratosen oder auch Basaliome von aktinischen Keratosen abgegrenzt werden.
⊡ Abb. 14.6 Aktinische Keratosen (erythematöse, teils gelb-graue, keratotische Läsionen) auf aktinisch-geschädigter Haut
14
⊡ Abb. 14.5 Multiple aktinische Keratosen an den Wangen und periorbital. Zudem findet sich an der Schläfe temporal rechts ein großes Basaliom mit angedeutetem Randsaum und weißlich-atrophischer Haut. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 14.7 Multiple aktinische Keratosen (hier gelb-graue, keratotische Läsionen) auf aktinisch-geschädigter Haut
⊡ Tab. 14.1 Therapiemöglichkeiten von aktinischen Keratosen Invasiv
Topisch
– – – – –
– – – – – –
Kürettage Kryotherapie Elektrodissekation Ablative Laser (CO2-/Erbiumlaser) Photodynamische Therapie (PDT)
Chemical Peeling Podophylin-Lösung (25% in 70%igen Ethanol) nach 448 h abwaschen, alle 10 Tage) Isotretinoin Diclofenac (Solaraze) 2-mal täglich für 344 Monate 5-Fluorouracil (Efudix) 2-mal täglich für 346 Wochen) Imiquimod (Aldara) 3-mal/Woche über 4 Wochen
105 14.3 · Tumortypen
Die Kryotherapie (Vereisung mit flüssigem Stickstoff) ist ein häufig eingesetztes, einfaches Behandlungsverfahren, das seit mehreren Jahrzehnten mit einer großen Verbreitung im praktischen Einsatz durchgeführt wird. Im häufig angewendeten offenen Sprayverfahren wird flüssiger Stickstoff mit einer Temperatur von -196°C auf die Läsion aufgesprüht. Durch oberflächliches Einfrieren der Läsion mit flüssigem Stickstoff kommt es zur Nekrose der Epidermis mit potenziell blasiger Abhebung der Haut. Bei ausreichender Erfahrung lassen sich gute Ergebnisse in der Behandlung aktinischer Keratosen erzielen. Die Kryotherapie ist bezüglich Dauer, Intensität und Häufigkeit nicht standardisiert und so ist der Therapieerfolg mehr als bei anderen Verfahren von der Erfahrung des Therapeuten abhängig. Komplikationen sind selten (Pigmentverschiebung, Narben). Ein Nachteil dieser Methode ist die fehlende histologische Kontrolle. Aktinische Keratosen können mit ablativer Lasertherapie mittels CO2- oder Erbium-YAG-Laser abgetragen werden. Hierbei entstehen Erosionen, die in der Regel nach 2–4 Wochen abheilen. Mögliche Begleiterscheinungen sind Schmerzen, lokale Entzündung, Pigmentierungsstörungen und Narbenbildung. Ein Nachteil dieser Methode ist die fehlende histologische Kontrolle, bevorzugt sollte die Ablation von aktinischen Keratosen mittels Laser deshalb nach histologischer Sicherung erfolgen. Gute Behandlungsergebnisse können ebenfalls durch eine chemochirurgische Behandlung mittels Podophyllin erzielt werden. Nach Kürettage der Hautveränderung empfiehlt sich das Auftragen einer Podophyllin-Lösung (25%ige Lösung in 70%igem Alkohol) in 10 tägigem Abstand. Diese muss nach 4–8 h vom Patienten abgewaschen werden. Podophyllin-Lösung sollte nicht zu großflächig angewendet werden und die Applikation muss zwingend durch den Arzt erfolgen, eine Heimbehandlung ist nicht möglich. Nichtinvasive lokale topische Behandlungen kommen hauptsächlich für oberflächliche Basaliome und aktinische Keratosen infrage. Zur lokalen (topischen) Therapie der aktinischen Keratosen steht Diclofenac als 3%iges Gel zur Verfügung (Solaraze Gel), welches vom Patienten 2-mal täglich über 3–4 Monate aufgetragen werden sollte. Wenn zahlreiche aktinische Keratosen zu behandeln sind, so hat sich auch die örtliche Behandlung mit 5-Fluorouracil (Efudix) oder Imiquimod (Aldara) bewährt. Die 5%ige 5-Fluorouracil-Salbe wird 2-mal täglich üblicherweise über 2–4 Wochen, die Imiquimod-Creme wird 3-mal die Woche über 4 Wochen auf die betroffenen Areale aufgetragen. ! Cave Wichtig ist bei beiden Verfahren Augenschutz und Aufklärung des Patienten: es kommt zu einer schmerzhaft erosiven Hautentzündung der behandelten Areale mit nachfolgender Abheilung.
Starke Irritationen und Hautentzündungen sind regelmäßige Nebenwirkungen, weiterhin kann es neben Rötung, Erosion und Krustenbildung zu Juckreiz, Schmerzen, Brennen und Pigmentverschiebung kommen. Nach einer »Schälkur« mit 5-Fluorouacil oder Imiquimod erscheint die Haut glatt und rosig. Neue aktinische Keratosen können sich jedoch nach 1–3 Jahren einstellen. Ein Abtragen betroffener Hautschichten kann durch kaustisch wirkende Substanzen (Chemical Peelings) wie Trichloressigsäure, hochprozentiger Alpha-Hydroxysäure oder Phenolzubereitungen erreicht werden. Nebenwirkungen sind Rötungen, erosive Hautveränderung oder Krustenbildung. Komplikationen können in Form von Pigmentverschiebungen und sehr selten Narbenbildung auftreten. Bei der photodynamischen Therapie, die zur Behandlung von aktinischen Keratosen, von oberflächlichen und (mit Einschränkung soliden) Basaliomen wie auch des Morbus Bowen zugelassen ist, wird eine photosensibilisierende Substanz optional nach Kürettage auf die befallene Haut aufgetragen und licht- und luftdicht (z.B. durch Verband mit Aluminiumfolie) abgeklebt. Durch die Metabolisierung des Photosensibilisators in den neoplastischen Zellen ist die Wirkung weitestgehend selektiv auf das betroffene erkrankte Gewebe beschränkt. 4–6 h nach Auftragen der Substanz wird das Areal mit hochenergetischem Licht mit einer geeigneten Lichtquelle bestrahlt. Mit konsekutiver Generierung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) und Bildung von Singuletsauerstoff (1O), kann ein direkter oder indirekter zytotoxischer Effekt in erkrankten Zellen vermittelt werden. Das Maximum der Lichtabsorption wird bei einer Wellenlänge von 450 nm beschrieben (Soret-Bande), meist kommen Lampen mit Emission monochromatischen Lichts mit etwa 650 nm zum Einsatz. Durch die physikalische Penetration des Lichts ist die Tiefenwirkung der PDT beschränkt, eine Verbesserung der Tiefenwirksamkeit kann durch vorhergehende superfizielle Abtragung mittels Kürettage oder Keratolyse mit Salicylvaseline erreicht werden. Die Wirkungsweise ist in ⊡ Abb. 14.8 bildlich zusammengefasst. Eine Wiederholung der Behandlung ist meist nach 1 Woche erforderlich. Die wesentlichen Vorteile der PDT sind die einfache Durchführung, die hohe Selektivität und die guten kosmetischen Resultate. Die klinischen Daten zeigen eine komplette Abheilung bei 70–78% nach einer Anwendung, 90% Abheilung nach einer wiederholten Anwendung 1 Woche später. Auch bei diesem Verfahren kommt es zu einer schmerzhaften Rötung der Haut, die nach etwa 2–4 Wochen abheilt. Auch hier sind Schmerzen, Brennen, Erosionen und Krustenbildung mögliche Begleiterscheinungen. Hauptnebenwirkung der PDT ist der lokale Schmerz bei der Bestrahlung, der oft den systemischen Einsatz von Analgetika während und nach der Therapie erforderlich
14
106
Kapitel 14 · Epitheliale maligne Hauttumoren (»Weißer Hautkrebs«)
Nicht-kohärentes Rotlicht (630 nm) 5-Aminolävulinsäure (ALA) ROS Methyl-Aminolävulinsäure (Methyl-ALA)
macht, und die massive entzündliche Reaktion der Haut. Auf den erosiven Arealen können sich bakterielle Superinfektionen entwickeln, die den Einsatz prophylaktischer antiseptischer Externa rechtfertigen. Das Langzeitergebnis ist in kosmetischer Hinsicht sehr gut (⊡ Abb. 14.9). Die Gefahr der Pigmentverschiebung oder Narbenbildung ist gering, Rezidive sind auch bei diesem Verfahren nicht auszuschließen.
Nekrose der Tumorzellen ⊡ Abb. 14.8 Wirkmechanismus der photodynamischen Therapie (n. Szeimes): Die photosensibilisierende Substanz wird auf die befallenen Stellen topisch appliziert und akkumuliert in den erkrankten Zellen. Nach Bestrahlung mit Rotlicht bilden sich reaktive Sauerstoffspezies (ROS) mit zytotoxischen Effekten, welche zu einer Nekrose der Tumorzellen führen. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
14.3.2
Morbus Bowen
Syn.: Bowen-Krankheit, Dermatosis praecancerosa Bowen, Dyskeratosis maligna
Der Morbus Bowen ist eine besondere Form des Plattenepithelkarzinoms in situ, die entsprechende Veränderung der Schleimhaut wird als Erythroplasie Queyrat bezeichnet. Unbehandelt können beide in ein invasives Karzinom, ein Plattenepithelkarzinom vom Bowentyp, übergehen. Hierbei ist nach Übergang in ein Bowenkarzinom lymphogene Metastasierung möglich. z
Klinisches Bild
Morbus Bowen tritt ab dem 60. Lebensjahr an nicht lichtexponierten Arealen, als scharf begrenztes, unregelmäßig geformtes, gelegentlich eleviertes Erythem mit silbrig-glänzender Schuppung (»psoriasiformer Aspekt«) mit Prädilektion an Rumpf und distalen Extremitäten auf (⊡ Abb. 14.10). Eine Neigung zu Regression besteht nicht. a
z
Differenzialdiagnose
Psoriasis, lichenoide (seborrhoische) Keratose, aktinische Keratose, Basaliom, Spinaliom, Tinea, Lupus vulgaris, Lupus erythematodes .
14
z
Therapie
Die Diagnose wird bioptisch gesichert. Neben der chirurgischen Entfernung kommen zur Behandlung des Mor-
b ⊡ Abb. 14.9a,b Photodynamische Therapie (PDT) von aktinischen Keratosen. Eine Woche nach Durchführung der Therapie zur Behandlung von aktinischen Keratosen ist die entzündliche Reaktion mit Rötung, Krustenbildung etc. noch sichtbar. In der Regel bilden sich diese Veränderungen nach einigen Tagen bis Wochen mit gutem kosmetischem Ergebnis zurück. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 14.10 Morbus Bowen: psoriasiforme, ekzemähnliche Läsion. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
107 14.3 · Tumortypen
bus Bowen auch die Kryotherapie, ablative Lasertherapie, und die photodynamische Therapie (s. Aktinische Keratosen) in Betracht.
14.3.3
Keratoakanthom
Syn.: Molluscum sebaceum, Molluscum pseudocarcinomatosum, selbstheilendes primäres Stachelzellkarzinom
z
Keratoakanthome sind rasch wachsende, häufige, benigne Tumoren des Haarfollikels von charakteristischer Klinik
⊡ Abb. 14.11 Keratoakanthom an der Stirn: schnellwachsender, symptomloser, halbkugeliger Tumor mit zentralem Hornpfropf
a
c
und Histologie. Keratoakanthome bilden sich innerhalb weniger Wochen (wichtiger differenzialdiagnostischer Hinweis zur Abgrenzung eines Spinalioms/Basalioms) ohne Vorveränderung meist solitär an sonnenexponierten Arealen. Keratoakanthome können sich nach einer Bestandsdauer von wenigen Wochen oder Monaten spontan unter Hinterlassung einer schüsselförmigen Narbe zurückbilden. Klinisches Bild
Erbs- bis münzgroßer, halbkugeliger, hautfarbener bis rötlicher Knoten mit zentralem, horngefülltem Krater (⊡ Abb. 14.11, ⊡ Abb. 14.12, ⊡ Abb. 14.13).
⊡ Abb. 14.12 Typischer Befund eines Keratoakanthoms: halbkugeliger Tumor mit zentralem Hornpfropf. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
b
d
⊡ Abb. 14.13a–d Keratoakanthome. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München, außer d)
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z
Kapitel 14 · Epitheliale maligne Hauttumoren (»Weißer Hautkrebs«)
Differenzialdiagnose
Initial Molluscum contagiosum, Verruca vulgaris, Spinaliom und Basaliom. z
Therapie
Wegen der oft schwierigen klinischen und histologischen Abgrenzung eines spinozellulären Karzinoms/Basalioms ist die Exzision mit anschließender histologischer Überprüfung angezeigt.
14.3.4
z
Klinisches Bild
Typischerweise entsteht aus einer hautfarbenen bis gelbgrau-bräunlichen, keratotischen Plaque ein hyperkeratotischer Knoten, der häufig Krusten aufweist und ulzerieren kann (⊡ Abb. 14.14, ⊡ Abb. 14.15, ⊡ Abb. 14.16, ⊡ Abb. 14.17, ⊡ Abb. 14.18, ⊡ Abb. 14.19, ⊡ Abb. 14.20, ⊡ Abb. 14.21, ⊡ Abb. 14.22, ⊡ Abb. 14.23, ⊡ Abb. 14.24).
Spinaliom (Plattenepithelzellkarzinom der Haut)
Syn.: Weißer Hautkrebs, Squamous cell carcinoma (SCC), Stachelzellkarzinom
14
Plattenepithelkarzinome (Spinaliome) gehörten nach den Basalzellkarzinomen zu den zweithäufigsten Tumoren der Haut. Sonnenexposition bei genetischer Disposition (heller Hauttyp) spielt bei der Entstehung die wichtigste Rolle. Das Plattenepithelkarzinom entwickelt sich auf lichtgeschädigter Haut auf verhornenden epithelialen Zellen, typischerweise auf aktinischen Keratosen. Bevorzugte Lokalisationen sind Capillitum und Handrücken. Des Weiteren entstehen sie durch Einwirkung von ionisierender Strahlung, UV-Strahlung auf strahlengeschädigter Haut (in »Röntgenodermen«), nach Karzinogenen (Teer im Straßenbau, Arsen im Weinbau) und selten auf dem Boden chronischer Entzündungen (Ulcus cruris, Lupus vulgaris). Bei jedem nicht heilendem, persistierendem Ulcus sollte deshalb eine Probebiopsie und feingeweblichen Untersuchung veranlasst werden. ! Cave Hinter schlecht heilenden Wunden können sich ulzerierende Basaliome oder Spinaliome verbergen!
Spinozelluläre Karzinome können, wenn frühzeitig erfasst, geheilt werden. Da die Entwicklung von Spinaliomen aus aktinischen Keratosen aus z.B. aktinischen Keratosen sehr langsam vonstatten geht, werden sie oft längere Zeit nicht beachtet. Die Prognose hängt neben dem Grad der Differenzierung, analog zum Melanom, von der Tiefenausdehnung und der Tumordicke ab. Die Tumordicke wird auch hier in Millimetern angegeben. Angaben über Häufigkeit der Metastasierung schwanken. Gesichert ist die erhöhte Wahrscheinlichkeit zur Metastasierung bei Patienten unter Immunsuppression oder bei tiefem Wachstum, hoher Tumordicke (>2 mm) und schlechter Differenzierung. Einen ungünstigeren Krankheitsverlauf zeigen Lokalisationen wie Zunge, Lippe, Vulva und Penis.
⊡ Abb. 14.14 Plattenepithelkarzinom (Spinaliom) an der Lippe: ulzerierende Läsionen an der Unterlippe. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 14.15 Spinaliom an der Stirn, Entstehung auf aktinischer Keratose. Im Bereich von vorbestehenden aktinischen Keratosen kann es zur Entwicklung von initialen Spinaliomen kommen. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 14.16 Plattenepithelkarzinom (Spinaliom) an der Unterlippe mit scharf begrenzter derber Ulzeration. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
109 14.3 · Tumortypen
a
⊡ Abb. 14.17 Spinaliom an der rechten Hand. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
b ⊡ Abb. 14.20a,b Spinaliome neben aktinischen Keratosen am Capillitium in flächiger Ausdehnung bei organtransplantiertem Patienten. Auch bei niereninsuffizienten Patienten, die dialysepflichtig sind, kann es zur Entwicklung multipler epithelialer Hauttumoren kommen. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München) ⊡ Abb. 14.18 Spinaliom am Rücken
⊡ Abb. 14.19 Expansiv wachsendes Spinaliom an der Stirn. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 14.21 Initiales Spinaliom auf dem Boden einer hypertrophen aktinischen Keratose am Unterarm
14
110
Kapitel 14 · Epitheliale maligne Hauttumoren (»Weißer Hautkrebs«)
Die umgebende Haut weist als Zeichen der Lichtschädigung meist aktinische Keratosen auf. Histologisch lassen sich akantholytische, spindelzellige, verruköse und andere Plattenepithelkarzinome unterscheiden. z
Differenzialdiagnose
Aktinische Keratose, Keratoakanthom, Verruca vulgaris, Morbus Bowen, Basaliom, seborrhoische Keratose, amelanotisches Melanom, seltene Adnextumoren. z
⊡ Abb. 14.22 Initiales Spinaliom auf sonnengeschädigter Haut
14
⊡ Abb. 14.23 Initiales Spinaliom auf dem Boden einer hypertrophen aktinischen Keratose. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Therapie
Erste Wahl ist die operative Entfernung des Tumors mit histologischer Überprüfung der Schnittränder auf Tumorfreiheit. Radikale operative Maßnahmen sind bei Tumoren mit einer durch die Lokalisation bedingten schlechten Prognose (z.B. Lippe, Genitalbereich, höhere Tumordicke, ungünstiger histologischer Typ [undifferenzierte Spinaliome]) notwendig. Wegen der eher seltenen Metastasierung und dem hohen Durchschnittsalter der Patienten wird nur bei Hochrisikopatienten z.B. Organtransplantatempfängern, eine Sentinel-LymphknotenBiopsie durchgeführt. Bei Spinaliomen mit höherer Tumordicke (>2 mm) oder ungünstigem histologischem Subtyp (entdifferenzierte Spinaliome) sind Sicherheitsnachresektionen von ca. 1 cm über den tumorfreien Schnittrand angezeigt. Hier sollten zudem eine Lymphknotensonografie und ggf. weiterführende bildgebende Diagnostiken (CT, NMR) durchgeführt werden. Eine regelmäßige Tumornachsorge zur frühzeitigen Erfassung von Rezidiven, Metastasen oder neu entstandenen Tumoren ist erforderlich. Radiotherapie mit weichen Röntgenstrahlen bietet sich bei Patienten mit internistischen Begleiterkrankungen an, wenn sich ein tiefreichender Tumor in kritischen Lokalisationen wie an der Ohrhelix, periorbital oder im Bereich der Nase befindet. Ein Vorteil der Behandlung ist die Möglichkeit einer gleichzeitigen Behandlung von Flächenläsionen; ein Nachteil ist der Zeitaufwand für Personal und Patient, da viele Behandlungssitzungen notwendig sind. Bei Plattenepithelkarzinomen im Stadium III oder IV kommt unter Berücksichtigung des Allgemeinzustandes Polychemotherapie zum Einsatz.
14.3.5
Basaliom
Syn.: Basalzellkarzinom, basal cell carcinoma (BCC), Basalzellenkrebs, Epithelioma basocellulare
⊡ Abb. 14.24 Spinaliom
Basaliome sind langsam wachsende, maligne, epitheliale Hauttumoren mit bevorzugtem Auftreten in lichtexponierten Arealen. Das Basaliom (Basalzellkarzinom) ist
111 14.3 · Tumortypen
weltweit der häufigste nichtbenigne kutane Tumor der weißen Bevölkerung und tritt an haarfollikeltragenden Körperregionen auf. Es besitzt eine ausgeprägte Fähigkeit zur lokalen Invasion und Destruktion mit konsekutiver Zerstörung von Haut, Knorpel und Knochen. Dennoch ist die Metastasierungstendenz dieses erstmals 1894 von Beadles beschriebenen Tumors extrem gering. Es entsteht an Körperstellen, die dem Sonnenlicht ausgesetzt sind: bevorzugt im Gesicht, an Ohren, Kopfhaut und Hals. Blonde oder rothaarige Patienten mit hellem, lichtempfindlichem Hauttyp zählen zu den Hauptrisikogruppen für die Entwicklung eines Basalioms. z
Epidemiologie
Das Basaliom ist der häufigste maligne Tumor der Haut. Die Morbidität schwankt zwischen 20–50 (Mitteleuropa) und 250 (Australien) Erkrankungen auf 100.000 Einwohner. Selten sind letale Verläufe bei ungehemmten Wachstum in gefährlichen Strukturen (z.B. an der A. carotis) möglich. Weltweit wird in den letzten Jahrzehnten eine Verdopplung der Inzidenz für Basaliome ca. alle 10 Jahre beschrieben. Unter der hellhäutigen Bevölkerung ist das Basaliom der häufigste bösartige Hauttumor. Männer und Frauen sind gleichmäßig betroffen. Das durchschnittliche Alter beim Auftreten eines Basalioms liegt derzeit bei ca. 60 Jahren, wobei eine Tendenz zu jüngerem Manifestationsalter vorliegt. Die höchste Prävalenz ist in der hellhäutigen Bevölkerung in sonnenreichen Gebieten wie Australien und den USA zu verzeichnen. Je näher hellhäutige Personen in der Nähe des Äquators leben, desto größter ist deren Risiko für die Entstehung von Basaliomen. Die Prognose der Patienten mit Basaliomen ist quoad vitam bei einer Mortalitätsrate von 0,1:100.000 Einwohnern gut und maßgeblich von der lokalen Destruktion und dem Auftreten einer Metastasierung abhängig. Die Häufigkeit der Entstehung von Metastasen wird mit 1:50.000 angegeben. Vor allem die seltene Variante eines metatypischen Basalioms sowie große, infiltrierende und insuffizient therapierte Tumoren scheinen mit dem Auftreten von Metastasen assoziiert zu sein. In der medizinischen Literatur sind nach Erstbeschreibung bisher etwa 300 Patienten mit, teilweise fraglich objektivierter Metastasierung, von Basaliomen publiziert worden. z
Ätiologie
Zu den Risikofaktoren zählen eine genetische Veranlagung mit geringer Hautpigmentierung und langjährige kumulative Sonnenexposition. Äußere Einflüsse, die ein Basaliom hervorrufen können, sind – heutzutage in seltenen Fällen – Arsen (früher bei Winzern im Weinbau verwendet) und radioaktive Bestrahlung. Basaliome tre-
ten gehäuft auch bei Patienten mit gestörter Immunität (Malignome, Immunsuppression, Dialyse) auf. Das Basaliom tritt bevorzugt im höheren Lebensalter (um das 60. Lebensjahr), selten auch bei jüngeren Menschen mit familiärer Belastung ab dem 30. Lebensjahr auf. Auch bei Syndromen, die mit der Entwicklung von Hauttumoren assoziiert sind, wie dem Basalzellnävussyndrom, bei Albinismus oder bei Xeroderma pigmentosum, kann es zur Entwicklung von vielen Basaliomen bereits in jüngerem Lebensalter kommen. Auch aus einem Nävus sebaceus ( Kap. 12, Organoide Nävi) oder nach Radiatio kann sich ein Basaliom entwickeln. Bei etwa 30% aller Patienten findet sich bereits zu dem Zeitpunkt der Erstdiagnose mindestens ein weiteres Basaliom, bei weiteren 30% wird im weiteren Verlauf ihres Lebens mindestens ein zweites Basaliom diagnostiziert. z
Klinisches Bild
Der weitaus größte Teil der Basaliome findet sich im so genannten zentrofazialen Bereich. Etwa 15% der Basaliome sind an der Ohrmuschel, an der behaarten Kopfhaut und im unteren Gesichtsdrittel zu finden. 5% der Basaliome finden sich am Rumpf oder an den Extremitäten. Basaliome wachsen sehr langsam über einige Jahre (wichtige Differenzialdiagnose zum innerhalb von Wochen entstehenden Keratoakanthom). Den Beginn stellt meist ein kleiner, harter Knoten (»Basaliomperle«) oder eine umschriebene Induration der Haut dar. Oft finden sich am Rand der Läsion feine rötliche Teleangiektasien sowie perlschnurartige Verdickungen am Rand des Tumors. Lange Zeit findet ein Wachstum in horizontaler und vertikaler Richtung statt. Ulzerationen und Destruktionen kennzeichnen späte Stadien und sind je nach Basaliomtyp unterschiedlich stark ausgeprägt. Nach langen Verläufen können sich ulzerierende Läsionen (Ulcus rodens) bilden, die auch tiefere Gewebsstrukturen zerstören (Ulcus terebrans). Größere Basaliome neigen dazu zentral einzuschmelzen. Es entsteht eine nässende, manchmal blutende Wunde. Gelegentlich werden ulzerierende Basaliome v.a. am Unterschenkel als Ulzera verkannt. Bei schlechter Heilungstendenz chronischer Wunden sollte deshalb ein Basaliom (oder Spinaliom) differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden und eine Probebiopsie aus dem Randbereich entnommen werden. Aufgrund der unterschiedlichen Morphologie und Histologie werden verschiedene Basaliomtypen unterschieden ( Übersicht) (⊡ Abb. 14.25, ⊡ Abb. 14.26, ⊡ Abb. 14.27, ⊡ Abb. 14.28, ⊡ Abb. 14.29, ⊡ Abb. 14.30, ⊡ Abb. 14.31, ⊡ Abb. 14.32, ⊡ Abb. 14.33).
14
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Kapitel 14 · Epitheliale maligne Hauttumoren (»Weißer Hautkrebs«)
a
⊡ Abb. 14.27 Basaliom am Nasenflügel links, erythematöser Tumor mit Teleangiektasien. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
b
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⊡ Abb. 14.25a,b Basaliom am Augenwinkel/nasal. An dieser Lokalisation werden Basaliome häufig beobachtet. Wichtig ist gerade in dieser Lokalisation das frühzeitige Erkennen des Basalioms, da hier Schwierigkeiten im Hinblick auf die Entfernung in toto entstehen können. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 14.28 Basaliom im Augenwinkel links. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 14.26 Solides Basaliom in ungünstiger Lokalisation am Augenwinkel medial/nasal. Typisch ist der halbkugelige Tumor mit perlschnurartigem Randsaum und Teleangiektasien im Randbereich. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 14.29 Solides (knotiges) Basaliom an der Wange. Erythematöser halbkugeliger Tumor mit Teleangiektasie
113 14.3 · Tumortypen
⊡ Abb. 14.33 Basaliom an der Nase: der Tumor ist weitaus größer als die sichtbare hämorrhagische Kruste mit umgebendem weißlichem Randsaum. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München) ⊡ Abb. 14.30 Zystisches Basaliom: hier rötlich-hautfarbener, glasiger Tumor
Häufige klinische Varianten des Basalioms ▬ Solides (noduläres) Basaliom ▬ Oberflächliches (superfizielles multifokales) Basali▬ ▬ ▬ ▬ ▬
⊡ Abb. 14.31 Solides (knotiges) Basaliom: halbkugeliger erythematöser Tumor
om, Rumpfhautbasaliom Sklerodermiformes Basaliom Pigmentiertes Basaliom Ulcus rodens, Ulcus terebrans Fibroepitheliales Basaliom (Pinkus-Tumor) Zystisches Basaliom
Das solide Basaliom (noduläres Basaliom, knotiges Basaliom) zeigt sich als hautfarbene oder etwas hellere, halb durchscheinende, teils rötliche Papel mit darüber ziehenden, kleinen Teleangiektasien und randwärts perlartig aufgeworfenem Randsaum (⊡ Abb. 14.32, ⊡ Abb. 14.33, ⊡ Abb. 14.36, ⊡ Abb. 14.37, ⊡ Abb. 14.45). Der Durchmesser liegt in den meisten Fällen zwischen 0,5 und 5 cm. Mit einem Anteil von 60–80% an allen Basaliomen stellt die noduläre Form die häufigste dar. Mehr als 85% sind im Kopfbereich zu finden (⊡ Abb. 14.34, ⊡ Abb. 14.35, ⊡ Abb. 14.38, ⊡ Abb. 14.39, ⊡ Abb. 14.40). Von nodulären Basaliomen klinisch nicht zu unterscheiden sind histologische Subtypen, z.B. das basosquamöse Basaliom. kExulzerierend wachsendes Basaliom (Ulcus rodens: rodere = lat. nagen)
⊡ Abb. 14.32 Basaliom an der Nasenspitze: typischer perlschnurartiger Randsaum
Typisch für initiale, ulzerierend wachsende Basaliome ist eine oberflächlich gelegene Hautläsion, die mit einer Kruste bedeckt ist (⊡ Abb. 14.46). Das Bild erinnert an eine nicht heilende Wunde. Nach Monaten der Größenzunahme wird ein charakteristischer, perlschnurartiger
14
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Kapitel 14 · Epitheliale maligne Hauttumoren (»Weißer Hautkrebs«)
⊡ Abb. 14.34 Basaliom an der Nase, das sich als hämorrhagische Kruste darstellt
14
⊡ Abb. 14.36 Basaliom an der Schläfe: leicht erhabenes, plaqueförmiges, zentral arodiertes Basaliom mit Randsaum. Nebenbefundlich findet sich eine seborrhoische Keratose
⊡ Abb. 14.37 Basaliom in der Nasolabialfalte: symptomloser, zentral erodierter Nodus mit perlschnurartigem Randsaum
⊡ Abb. 14.35 Basaliom an der Ohrhelix. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Randsaum sichtbar. Ulzerierende Basaliome wachsen häufig tiefer als klinisch erwartet. Sehr häufig sind sie im Bereich der Nasolabialfalte zu finden. Gelegentlich werden ulzerierende Basaliome, v.a. am Unterschenkel, als Ulzera verkannt. Bei schlechter Heilungstendenz chronischer Wunden sollte deshalb ein Basaliom (oder Spinaliom) differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden und eine Probebiopsie aus dem Randbereich entnommen werden (⊡ Abb. 14.41).
⊡ Abb. 14.38 Pigmentiertes Basaliom. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
115 14.3 · Tumortypen
⊡ Abb. 14.39 Ulzerierendes Basaliom an der linken Stirn. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München) ⊡ Abb. 14.41 Ulzeriertes Basaliom an der Helix. Auch an der Helix treten Basaliome häufig auf (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
kDestruierend wachsendes Basaliom (auch: Ulcus terebrans; terebrare = lat. brennen)
In die Tiefe wachsende Basalzellkarzinome, die durch ihr aggressives Wachstum zu einer Zerstörung von umgebenden Strukturen führen, werden als Ulcus terebrans bezeichnet. Sie zeichnen sich durch besonders aggressives Wachstum aus und können v.a. im Gesicht zu erheblichen Zerstörungen führen, z.B. zum Verlust der Nase oder durch Einwachsen in die Orbita zum Verlust des Augenlichts. Lebensbedrohliche Komplikationen ergeben sich bei Zerstörung des Schädelknochens durch Arrosionsblutungen oder eine Meningitis. kOberflächliches Basaliom (auch: Rumpfhautbasaliom, psoriasiformes Basaliom) ⊡ Abb. 14.40 Explosives Wachstum eines irrtümlicherweise (Arbeitsdiagnose: seborrhoische Keratose) mit dem CO2-Laser behandelten Basalioms. Eine wichtige Differenzialdiagnose stellt bei dieser Läsion das amelanotische maligne Melanom dar
Ebenso häufig tritt das oberflächliche Basaliom auf, mit je zu 40% im Kopf-/Halsbereich und am Rumpf, zu etwa 20% an den Extremitäten. Die Herde ähneln Psoriasisläsionen und präsentieren sich als rötliche, scharf begrenzte,
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Kapitel 14 · Epitheliale maligne Hauttumoren (»Weißer Hautkrebs«)
a ⊡ Abb. 14.42 Oberflächliches Basaliom (Rumpfhautbasaliom). Der Herd präsentiert sich als rötliche, scharf begrenzte, ekzemähnliche Läsion
14 b
⊡ Abb. 14.43 Oberflächliches Basaliom (Rumpfhautbasaliom): Scharf begrenztes Erythem mit Schuppung
ekzemähnliche, teils psoriasiforme Herde (⊡ Abb. 14.42, ⊡ Abb. 14.43). kPigmentiertes Basaliom
Dieser Subtyp unterscheidet sich von anderen Basaliomen bei gleichem biologischem Verhalten lediglich durch die ausgeprägte Melaninpigmentierung, die unter Umständen zur Verwechslung mit einem malignem Melanom führen kann. Im Zweifelsfall ist die Dermatoskopie zur Unterscheidung hilfreich.
⊡ Abb. 14.44a,b Sklerodermiforme Basaliome, die als flache atrophische Herde imponieren. Sklerodermiforme Basaliome können einer Narbe ähneln und werden oft nicht erkannt. Gelegentlich können sie beträchtliche Größe erreichen, zumal die wahre Tumorgrenze weit über die sichtbaren Hautveränderungen hinausgehen kann
kSklerodermiformes Basaliom
Diese Variante des Basalioms (auch vernarbendes, sklerosierendes, infiltrierendes Basaliom genannt) ist häufig im Gesicht anzutreffen und besteht aus sternartig wachsenden Tumorzellsträngen, die sich über den Randbereich der klinisch sichtbaren Läsion ausdehnen. Klinisch präsentieren sich umschriebene, wachsartig-atrophische Herde, die einer flachen Narbe ähneln. Für den ungeübten Beobachter ist das sklerodermiforme Basaliom makroskopisch sehr oft nicht von normaler Haut ab-
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⊡ Abb. 14.45 Basaliom mit typischen Teleangiektasien. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 14.46 Ulzeriertes Basaliom. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
zugrenzen. Da diese Basaliome oftmals viele Jahre als Narben verkannt oder nicht erkannt werden, können sie beträchtliche Größe erreichen und dann therapeutische Probleme aufweisen, zumal die wahren Tumorgrenzen weit über die sichtbaren Hautveränderungen hinausgehen können (⊡ Abb. 14.44).
tums sollten Basaliome frühzeitig in toto entfernt werden, um eine Schädigung tieferliegender Gewebebereiche zu vermeiden; Rezidive (Wiederauftreten des Tumors) sind – auch bei Exzision in toto – möglich. Insbesondere bei alten, multimorbiden Patienten und/oder bei ungünstiger anatomischer Lokalisation kann sich die operative Therapie schwierig gestalten, sodass Therapiealternativen in Betracht gezogen werden müssen. Der Nachteil dieser Therapiealternativen liegt in der fehlenden histologischen Kontrolle des Behandlungsergebnisses. Ein Basaliom wird in der Regel unter örtlicher Betäubung exzidiert. In diagnostischen Zweifelsfällen und zur Festlegung der Vorgehensweise (bei oberflächlichen Basaliomen stehen weitere therapeutische Möglichkeiten zur Verfügung) empfiehlt sich eine Probebiopsie mit feingeweblicher Sicherung zur Festlegung des Basaliomtyps. Die Exzision reicht je nach Größe und Sitz des Basalioms von der einfachen spindelförmigen Exzisionsbiopsie bis zu aufwendigen plastischen Defektdeckungen nach mikroskopischer Kontrolle der Schnittränder auf Tumorfreiheit. Auch bei kleineren Basaliomen sollte zur Vermeidung von Rezidiven in Abhängigkeit von der anatomischen Lokalisation ein Sicherheitsabstand von 3–10 mm über das klinisch fassbare Substrat hinaus eingehalten werden Bei größeren Tumoren kann zweizeitig vorgegangen werden. Der Tumor wird in einer ersten Operation mit einem Sicherheitsabstand von einigen Millimetern entfernt. Die Tumorränder werden histologisch untersucht, ist das Basaliom nicht in toto entfernt, erfolgt eine Nachexzision. Die mikrografisch/histografisch kontrollierte Chirurgie (MKC) stellt eine ausgezeichnete Therapieoption dar. Die Exzision erfolgt mit geringem Sicherheits-
> Besonderheiten: Sklerodermiforme Basaliome präsentieren sich klinisch oft unauffällig (wachsartige Veränderung der Haut, narbenähnlich) und sind gelegentlich schwer von normaler Haut abzugrenzen. Sie können jedoch eine beträchtliche Größe – über die Grenze der sichtbaren Hautveränderungen – aufweisen. Bei dieser Variante des Basalioms ist die vollständige Entfernung unbedingt angezeigt. Therapie der Wahl sind Exzision mit histologischer Schnittrandkontrolle oder Radiatio. z
Therapie
Die Behandlungsform richtet sich nach der Tumorgröße im horizontalen Durchmesser, dem histologischen Typ des Basalioms, dem vertikalen Tumordurchmesser (Invasionstiefe), therapeutischem Sicherheitsabstand, der Lokalisation unter Berücksichtigung benachbarter anatomischer Strukturen, dem Alter und Allgemeinzustand des Patienten und der Art der Vortherapie. Die derzeit zur Verfügung stehenden Verfahren sind operative Verfahren mit histologischer Kontrolle und nichtoperative Verfahren ohne histologische Kontrolle einer kompletten Tumorentfernung. Der Goldstandard mit der geringsten Rückfallquote ist die radikale operative Exzision mit histologischer (mikroskopisch kontrollierter) Schnittrandkontrolle. Wegen des langfristig zerstörerischen (destruierenden) Wachs-
14
118
14
Kapitel 14 · Epitheliale maligne Hauttumoren (»Weißer Hautkrebs«)
abstand (2–4 mm). Eine Markierung erlaubt dem Operateur eine evtl. notwendige Nachexzision an der exakten Lokalisation. Andere Behandlungsformen kommen nur dann als alleinige Therapie zum Einsatz, wenn die Exzision in toto nicht möglich ist (Faktoren stellen hierbei z.B. Alter, Multimorbidität, ungünstige Lokalisation des Tumors dar). Die Wahl der Therapie hängt vom histologischen Typ, der Lokalisation und Ausdehnung des Basalioms sowie vom Alter und Allgemeinzustand des Patienten ab. Die Therapieoptionen beim oberflächlichen Basaliom beinhalten z.B. Kryotherapie, lokale Behandlungen mit z,B. Imiquimod oder 5-Fluorouracil (5-FUO) oder die photodynamische Therapie (PDT). Die operative Entfernung stellt jedoch nach wie vor die sicherste Methode dar und zeigt auch die wenigsten Rezidive. Falls die besondere Lage oder das hohe Alter des Erkrankten eine (komplette) chirurgische Entfernung des Basalioms nicht zulassen, kann eine Bestrahlung (Radiatio) durchgeführt werden. Das Basaliom gehört zu den strahlensensiblen kutanen Tumoren. Die therapeutische Radiatio wird heute meist fraktioniert mit Röntgenweichstrahlen und/oder schnellen Elektronen durchgeführt. Durch die Radiatio sind ähnlich gute Heilungsraten zu erzielen wie durch eine Operation. Dieses Verfahren wird hauptsächlich bei alten Patienten mit ausgedehnten Tumoren bei erhöhtem Operationsrisiko durchgeführt. Die Strahlendosis wird nach Tumorgröße, Lokalisation und den umgebenden Strukturen festgelegt. Erforderlich sind 10–20 Bestrahlungen (Einzeldosen zwischen 2,0–5,0 Gy, Gesamtdosis von 70 Gy), anschließend tritt eine wochenlange Entzündungsreaktion auf. Ein Nachteil ist der große Zeitaufwand für Patient und Personal, da viele Behandlungssitzungen erforderlich sind. Bei Patienten mit Basalzellnävussyndrom ist die Radiatio absolut kontraindiziert. Eine relative Kontraindikation sind knorpel- oder knocheninfiltrierende Tumoren. > Nichtinvasive lokale Therapiemaßnahmen wie Kryotherapie oder topische Immuntherapie kommen hauptsächlich für oberflächliche Basaliome und aktinische Keratosen infrage.
Bei oberflächlichen epithelialen Neoplasien, wie dem oberflächlichen Basaliom, ist die Kryotherapie eine weltverbreitete und einfache Methode. Im häufig angewendeten offenen Sprayverfahren wird flüssiger Stickstoff mit einer Temperatur von -196°C direkt auf die Läsion aufgesprüht. Ein Nachteil ist die fehlende Möglichkeit der histologischen Kontrolle. Die Kryotherapie kann insbesondere bei Problemlokalisationen wie den Augenlidern oder aufgrund eines entsprechenden Allgemeinzustandes des Patienten versucht werden Die Resultate scheinen
von der Erfahrung des Therapeuten abhängig zu sein, jedoch kann die Kryotherapie bei Patienten in höherem Lebensalter und bei kleinen, oberflächlichen Basaliomen eine Alternative sein ( Kap. 14.3.1, Kryotherapie bei aktinischen Keratosen). Eine weitere Methode zur Behandlung bestimmter knotiger oder oberflächlicher Basaliomformen ist die photodynamische Therapie (PDT) mit einem lichtsensibilisierenden Externum (z.B. Delta-Aminolävulinsäure und dessen Ester, Methyl-(5-amino-4-oxopentanoat)Creme). In der Praxis werden die soliden Anteile oder oberflächlichen Anteile des Basalioms kürettiert, um den Therapieeffekt zu verstärken. Der geeignete Photosensibilisator wird auf die Läsion aufgetragen und luftdicht sowie lichtgeschützt verbunden (z.B. unter Verwendung einer Aluminiumfolie). Nach einer Einwirkzeit von 4–6 h wird mit einer geeigneten Lichtquelle bestrahlt. Nachteile sind Schmerzen bei der Belichtung und die konsekutiv auftretenden entzündlichen Veränderungen. Über Tage vielleicht auch Wochen treten erythematöse, nässende, erosive Veränderungen auf. Ein Vorteil sind die guten kosmetischen Langzeitergebnisse. Diese Behandlungsoption zeichnet sich durch eine Kombination von guten medizinischen und kosmetischen Ergebnissen aus; jedoch ist die photodynamische Therapie in Deutschland nur zur Behandlung oberflächlicher Basaliome und solider Basaliome bis zu einer Tumordicke von 3 mm zugelassen. Ein Nachteil des Verfahrens ist die fehlende histologische Kontrollmöglichkeit. Die Gefahr der Pigmentverschiebung oder Narbenbildung ist gering, Rezidive sind auch bei diesem Verfahren nicht auszuschließen. Bei der medikamentös-örtlichen Immuntherapie kommen 5-Fluorouracil oder Imiquimod zum Einsatz. 5-Fluorouracil-Creme (Efudix) wirkt als Antimetabolit weitgehend selektiv auf die hyperproliferativen Anteile der epidermalen neoplastischen Tumorzellen. Die Behandlung ist über einen Zeitraum von 4–6 Wochen durchzuführen und kann zu ausgeprägten Irritationen mit Superinfektion, selten zu Pigmentverschiebung und Narbenbildung führen. Entscheidend ist die konsequente und korrekte Anwendung unter ärztlicher Kontrolle. Die Anwendung kann als Behandlungsversuch bei oberflächlichen Basaliomen verwendet werden; v.a. dann, wenn chirurgische oder radiologische Verfahren erfolglos waren oder nicht anwendbar sind. Der behandelnde Arzt ist hierbei auf die Compliance des Patienten angewiesen. Bei oberflächlichen Basaliomen ist seit 2004 der Wirkstoff Imiquimod (Aldara) zugelassen. Die derzeit in Deutschland erhältliche Präparation mit 5% Imiquimod in einer Creme ist für die Therapie oberflächlicher Basaliome zugelasen. Sie wird 5-mal wöchentlich über einen Zeitraum von 6 Wochen vom Patienten selbst auf-
119 Weiterführende Literatur
getragen. Entscheidend ist auch hier die konsequente und korrekte Anwendung unter ärztlicher Kontrolle. Die Behandlung kann zu ausgeprägten Irritationen mit Superinfektion, selten zu Pigmentverschiebung und auch Narbenbildung führen. > Wichtig bei der externen Therapie mit Imiquimod und 5-Fluorouracil ist, den Patienten auf die eintretenden entzündlich-erosiven Veränderungen aufmerksam zu machen. Ein Vorteil ist das kosmetische Ergebnis, ein Nachteil die Therapiedauer und die mit der Therapie verbundenen entzündlichen Gewebereaktionen.
14.4
Tumornachsorge
In regelmäßigen Abständen ist aufgrund der Rezidivgefahr die Kontrolle der Narbe durch den Dermatologen unabdingbar, unabhängig davon, welche Therapie erfolgt ist. Aus nicht primär beseitigten Basaliomnestern und auch de novo können innerhalb des behandelten Areals Basaliomrezidive oder neue Basaliome entstehen. Kontrollen sind nach 2, 5, 12 Monaten und dann jährlich anzuraten. Empfehlenswert sind Kontrollen über zumindest 3 Jahre, Basaliomrezidive können aber auch bis zu 10 Jahre nach Exzision auftreten. Besonders häufig kommt es bei Patienten nach Organtransplantationen zu epithelialem Hautkrebs. Patienten, die bereits ein Basaliom hatten, bekommen statistisch gesehen häufiger neue Basaliome. Auch deshalb sind regelmäßige »Hautkrebsvorsorgeuntersuchungen« bei diesen Patienten unabdingbar.
Weiterführende Literatur Breuninger H, Sebastian G, Kortmann RD, Wolff K, Bootz F, Garbe C (2005) Deutsche Leitlinie: Plattenepithelkarzinom der Haut, der Lippen und der Augenlider. In: Garbe C (Hrsg) Interdisziplinäre Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung von Hauttumoren. Thieme, Stuttgart; S 12-22 De Berker D, Mc Gregor JM, Hughes BR, British Association of Dermatologists Therapy Guidelines and Audit Subcommittee (2007) Guidelines for the management of actinic keratoses. Br J Dermatol 156:222-230. Erratum in: Br J Dermatol 2008, 158:873 Breuninger H, Sebastian G, Kortmann RD et al (2005) Deutsche Leitlinie: Basalzellkarzinom. In: Garbe C (Hrsg) Interdisziplinäre Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung von Hauttumoren. Thieme, Stuttgart New York, S 1-11 Ganten D, Ruckpaul K (2001) Molekularmedizinische Grundlagen von hereditären Tumorerkrankungen (Molekulare Medizin). Springer, Berlin Heidelberg New York Hausschild A, Breuninger H, Kaufmann R, et al (2007) ADO- Leitlinie: Kurzleitlinie Basalzellkarzinom der Haut. 2007. http://www. ado-homepage.de/projekte/1/upload/kurzleitliniebasalzellkarzinom2008awmf.pdf
Miller SJ et al (2007) Basal cell and squamous cell skin cancers. J Natl Compr Canc Netw 5:506-529 Stockfleth E, Kerl H (2006) Guideline Subcommitee of the European Dermatology Forum. Guidelines for the management of actinic keratoses. Eur J Dermatol 16: 599-606 Szeimes RM, Karrer S, Sauerwald A, Landthaler M. (1996) Photodynamic therapy with topical application of 5-aminolaevulinic acid in the treatment of actinic keratoses: an initial clinical study. Dermatology 192:246-51
14
15
Kutane Lymphome
15.1
Einleitung
– 122
15.2
Primär kutane T-Zell-Lymphome – 122
15.2.1 Mycosis fungoides – 122 15.2.2 Sézary-Syndrom – 123 15.2.3 Lymphomatoide Papulose – 125
15.3
Kutane B-Zell-Lymphome – 126 Weiterführende Literatur
– 127
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_15, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
122
15.1
15
Kapitel 15 · Kutane Lymphome
Einleitung
Kutane Lymphome (cutaneous lymphomas: CL) umfassen eine heterogene Gruppe einzelner Krankheitsentitäten, die sich in ihrem klinischen Verlauf, histopathologisch und möglicherweise ätiologisch voneinander unterscheiden. Sie manifestieren sich an der Haut und bilden nach den gastrointestinalen Lymphomen die zweithäufigste Gruppe extranodaler Lymphome. Kutane Lymphome werden weltweit einheitlich klassifiziert, als spezifische maligne Lymphome des Hautorgans definiert und der Gruppe der extranodalen NonHodgkin-Lymphome zugeordnet. Primäre CL entstehen in der Haut ohne weitere Organbeteiligung. Sekundäre CL sind kutane Manifestationen von nodalen Lymphomen oder Leukämien. Die Mehrheit der CL gehört der Gruppe der T-Zell-Lymphome an, nur etwa 22% sind B-Zell-Lymphome. Die Mycosis fungoides (MF) und das Sézary-Syndrom (SS) sind die häufigsten Vertreter kutaner TZell-Lymphome, die ca. 65–70% des Gesamtkollektivs ausmachen. Maligne Lymphome können sich primär oder sekundär (metastatisch) an der Haut manifestieren, wobei bei primärem Hautbefall die Erkrankung jahrelang auf die Haut beschränkt sein kann. Dies ist v.a. bei der Mycosis fungoides der Fall, seltener bei anderen Lymphomen. Pathogenetisch besteht das Konzept einer heterogen entstehenden, chronisch verlaufenden entzündlichen Reaktion, die in eine monoklonale Proliferation von einzelnen Lymphozytenpopulationen einmündet. Kutane Lymphome stellen generell eine Erkrankung des höheren Lebensalters dar. Die lymphomatoide Papulose kann sich sowohl im jüngeren als auch älteren Lebensalter manifestieren. In der Praxis des niedergelassenen Arztes ist v.a. die Kenntnis der Frühsymptome bedeutsam. Die ersten Krankheitszeichen können in Hautveränderungen, aber auch in Allgemeinsymptomen wie Abgeschlagenheit, Krankheitsgefühl, zunehmendem Gewichtsverlust bis zur Kachexie bestehen. Zudem können Symptome auftreten, die durch das lokal verdrängende Wachstum intestinaler maligner Lymphome in Lymphknoten, Leber, Milz oder Knochenmark bedingt sind. Auf palpatorisch wahrnehmbare Lymphknotenvergrößerungen ist zu achten. Je nach Malignitätsgrad erstrecken sich die Krankheitsverläufe über Monate oder Jahre. Durch frühzeitige Diagnostik und Therapie können Remissionen oft für lange Zeit erzielt werden.
In der Praxis des niedergelassenen Arztes bedeutsame kutane Lymphome sind: ▬ Mycosis fungoides (MF) ▬ Sézary-Syndrom (SS) ▬ Lymphomatoide Papulose
Einteilung der häufigsten kutanen Lymphome (modifiziert nach WHO-EORTC Klassifikation der kutanen Lymphome 2005) Kutane T-Zell-Lymphome
▬ Mycosis fungoides und Varianten ▬ Sézary Syndrom ▬ Primär kutane CD30+ lymphoproliferative Erkrankungen – Primär kutanes anaplastisches großzelliges Lymphom – Lymphomatoide Papulose
Kutane B-Zell-Lymphome
▬ Primär kutanes Marginalzonen B-Zell-Lymphom ▬ Primär kutanes Keimzentrumslymphom ▬ Primär kutanes diffus-großzelliges B-Zell-Lymphom (leg type)
▬ Primär kutanes diffus-großzelliges B-Zell-Lymphom, andere Typen
15.2
Primär kutane T-Zell-Lymphome
15.2.1
Mycosis fungoides
Die Hälfte aller primären kutanen Lymphome manifestiert sich als Mycosis fungoides, ein T-Zell-Lymphom niedrigen Malignitätsgrades. Betroffen sind v.a. ältere Patienten, im Mittel zwischen 55 und 60 Jahren. z
Klinisches Bild
Klinisch entwickelt sich die Mycosis fungoides in der klassischen Form über Jahre meist in einem charakteristischen Stadienverlauf, von Maculae (»Flecken«), ekzemähnlichen Läsionen (prämykosides Stadium) über Plaques (infiltratives Stadium) hin zu Tumoren (tumoröses Stadium) (⊡ Abb. 15.1, ⊡ Abb. 15.2, ⊡ Abb. 15.3). Alle 3 Stadien werden nach der neueren Klassifikation als »kutane Mycosis fungoides« bezeichnet. Die Krankheit entwickelt sich nach jahrelangem Vorstadium (»Fleck, Ekzem«) meistens sehr langsam und zieht sich vielfach über einen Zeitraum von 5–10 Jahren hin, gelegentlich auch länger.
123 15.2 · Primär kutane T-Zell-Lymphome
⊡ Abb. 15.1 Ekzemähnliche Läsionen am linken Knie bei einem Patienten mit Mycosis fungoides. Das Bild zeigt auf, dass bei persistierenden Ekzemen auch an das Vorliegen einer Mycosis fungoides gedacht werden muss. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
a
! Cave Hinter schlecht heilenden »Ekzemen« kann sich ein T-Zell-Lymphom der Haut verbergen! z
Differenzialdiagnose
Die Diagnose der frühen Stadien der Mycosis fungoides und des Sézary-Syndroms ist schwierig und die Abgrenzung gegenüber Ekzemen und Arzneimittelreaktionen extrem schwierig. Nur die systematische Aufarbeitung der Histologie und Charakterisierung des Immunphänotyps (CD3 positiv, CD4 positiv, CD8 negativ, CD45-ROpositiv und CD30 negativ) ermöglicht im Zusammenschluss mit der T-Zell-Rezeptor-Analyse die klinische Diagnosestellung als kutanes T-Zell-Lymphom.
15.2.2
b ⊡ Abb. 15.2a,b Plaque-Stadium der Mycosis fungoides: Am Stamm und dem rechten Arm erythematöse konfluierende, bizarr konfigurierte Plaques mit entzündlicher Note. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Sézary-Syndrom
Beim Sézary Syndrom handelt es sich um ein kutanes TZell-Lymphom der Haut mit leukämischer Ausschwemmung atypischer T-Zellen (Sézary-Zelle mit zerebriformem Kern). Die Abgrenzung zur Mycosis fungoides ist v.a. in Anfangsstadien schwierig. z
Klinisches Bild
Klinische Leitsymptome stellen Erythrodermie und Lymphknotenschwellungen dar. Der Juckreiz wird als besonders quälend empfunden und ist therapeutisch kaum zu beeinflussen. Ekzematöse und psoriasiforme, lange
⊡ Abb. 15.3 Am Unterarm findet sich das ekzematöses Stadium, am Oberarm das infiltrative Stadium der Mycosis fungoides. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
15
124
Kapitel 15 · Kutane Lymphome
bestehende Hautveränderungen münden in eine Erythrodermie mit stark infiltrierter und schuppender Haut (⊡ Abb. 15.4, ⊡ Abb. 15.5, ⊡ Abb. 15.6). Durch entzündliche Veränderung der Gesichtshaut kann es bei langandauernder Erkrankung zur Facies leontia (Löwengesicht) kommen. z
Differenzialdiagnose
Primäre und sekundäre Erythrodermieformen, Hypereosinophilie-Syndrom z
Therapie
Die Therapie kutaner T-Zell-Lymphome sollte stadienadaptiert durch spezialisierte Zentren erfolgen. Frühe ag-
⊡ Abb. 15.4 Inguinale Lymphadenopathie bei Sézary-Syndrom: typische Lymphknotenpakete in der Leiste. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
gressive Therapieansätze bei kutanen T-Zell-Lymphomen sind zu vermeiden. In frühen Stadien werden in erster Linie topische Steroide und die für die Therapie der kutanen T-Zell-Lymphome bedeutende Phototherapie (UVB-SchmalbandTherapie bzw. PUVA-Therapie: Psoralen + UVA) empfohlen. Auch lokal applizierbare Zytostatika (z.B. BCNU), Röntgenweichstrahl- oder Radiotherapie mit schnellen Elektronen stellen Therapieoptionen dar. Kombinationen von systemischen und topischen Therapien sind möglich, finden aber v.a. in fortgeschrittenen Stadien Anwendung (z.B. Kombination von PUVA mit Interferon-alpha und Bexaroten; PUVA in Kombination mit Retinoiden (= Re-PUVA).
⊡ Abb. 15.6 Hyperpigmentierung der Haut bei Sézary-Syndrom (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
15
⊡ Abb. 15.5a,b Erythrodermie bei SézarySyndrom. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
a
b
125 15.2 · Primär kutane T-Zell-Lymphome
Bei kleinen lokalisierten Hautlymphomen ist eine operative Therapie mit Sicherheitsabstand möglich und gelegentlich kurativ. Auch eine Röntgenweichstrahltherapie, in Kombination mit der Gabe von Interferon, Methotrexat oder Retinoiden kann als effizient angesehen werden. Für multiläsionale großzellige CD30+Lymphome stellt Methotrexat die Therapie der ersten Wahl dar. In fortgeschrittenen Stadien sind diverse Kombinationen, bestehend aus PUVA, Interferon-alpha, liposomal verkapseltem Doxorubicin, Methotrexat, Retinoiden (Re-PUVA) oder Röntgentherapie, sowie auch die Überführung der Patienten in laufende Studienprojekte möglich. Als Therapie der ersten Wahl beim Sézary-Syndrom gelten die nebenwirkungsarme extrakorporale Photopherese in Kombination mit Interferon-alpha, wie auch die PUVA (ebenfalls in Kombination mit IFNalpha). In den USA stehen für die Therapie kutaner TZell-Lymphome zwei weitere Substanzen zur Verfügung, die in Europa noch nicht zugelassen sind. Hierzu zählt das Fusionsprotein Denileukin-Difitox, das über den CD25-Rezeptor mit Freisetzung von Difitox zur Zerstörung von T-Lymphozyten führt, und Vorinostat, ein Histondeacetylaseinhibitor, der besonders zur Behandlung von Patienten mit Erythrodermie geeignet scheint. Dauerheilungen beim malignen Lymphom mit Hautmanifestation sind selten. Durch die verschiedenen therapeutischen Maßnahmen sind aber unter Umständen lang anhaltende Remissionen zu erzielen.
15.2.3
⊡ Abb. 15.7 Am rechten Unterarm multiple disseminierte erythematöse Papeln. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
⊡ Abb. 15.8 Exulzerierte pruriginöse Papeln mit hämorrhagischer Kruste und entzündlichem Randsaum: Lymphomatoide Papulose. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
Lymphomatoide Papulose
Die lymphomatoide Papulose ist ein seltenes, kutanes, niedrig-malignes T-Zell-Lymphom, das alle Altersklassen betreffen kann. Die Differenzierung zu anderen kutanen Lymphomen erfolgt durch die Expression des CD30Oberflächenmerkmals (CD30+). Die Erkrankung weist klinisch benigne, aber histologisch maligne Eigenschaften auf. Es ist eine chronisch rezidivierende Erkrankung mit Schüben akuter Exazerbationen. z
Klinisches Bild
Vor allem am Stamm und den Extremitäten, rötlich bräunliche gruppierte Papeln und Nodi, die im Verlauf teils pityriasiforme Schuppung oder hämorrhagisch nekrotische Ulzera aufweisen (⊡ Abb. 15.7, ⊡ Abb. 15.8, ⊡ Abb. 15.9). Die Hautläsionen zeigen eine Selbstheilungstendenz, heilen aber unter varioliformer Narbenbildung ab.
⊡ Abb. 15.9 Disseminierte bräunlich-rötliche Papeln bei lymphomatoider Papulose. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
15
126
z
Kapitel 15 · Kutane Lymphome
Differenzialdiagnose
Mycosis fungoides, PLEVA (Pityriasis lichenoides et varioliformis acuta), Skabies, Lues, Varizellen, Prurigoerkrankungen. z
Therapie
Phototherapeutische Ansätze, z.B. PUVA führen, gelegentlich zu einer Rückbildung der Hautläsionen. Verschiedene topische Behandlungen mit Kortikosteroiden, Imiquimod und Tacrolimus können die Hautveränderungen günstig beeinflussen. In schweren, rezidivierenden Fällen kommt der Einsatz von systemischer Immunsuppression mit Kortikosteroiden oder niedrig dosiertem Methotrexat infrage.
15.3
15
(5-Jahres-Überlebensrate 58%). Die Erkrankung tritt überwiegend bei älteren Patienten auf (>70 Jahre). Meist im Bereich der unteren Extremität entwickeln sich symptomlose erythematös-livide Plaques und Tumoren, die rasch tiefere Strukturen infiltrieren können. z
Differenzialdiagnose
Pseudolymphom, Dermatofibrom, sonstige kutane Metastasen, Angiosarkom, Melanom (amelanotisch), Basaliom.
Kutane B-Zell-Lymphome
Kutane B-Zell Lymphome werden in primär und sekundär kutane Lymphome unterteilt. Primär kutane B-ZellLymphome (PCBL) werden der Gruppe der Non-Hodgkin-Lymphome zugeordnet. Zu den wesentlichen klinischen Manifestationsformen der primär kutanen, niedrig-malignen B-Zell Lymphome und deren histologischen Merkmalen gehören das Keimzentrumszell-Lymphom, das Marginalzonenlymphom und das prognostisch günstige B-Zell-Lymphom am Stamm und Kopf. Auch das äußerst seltene prognostisch ungünstige großzellige B-Zell-Lymphom der unteren Extremität wird den primär kutanen B-ZellLymphomen zugeordnet. Sekundär kutane B-Zell-Lymphome stellen in der Regel Metastasen eines extrakutanen Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL) dar. Spezifische Hauterscheinungen bei einem extrakutanen B-Zell-Lymphom stellen hierbei ein prognostisch ungünstiges Zeichen dar. Primär kutane Lymphome unterliegen einer eigenen Klassifikation (EORTC, s. Übersichten oben).
a
kB-Zell-Lymphom am Stamm und Kopf
Hierbei entwickeln sich rötliche Nodi am Stamm oder Kopf, welche von Juckreiz begleitet sein können. In progredienten Stadien entwickeln sich ulzerierende Hautveränderungen sowie weitere Nodi und Plaques in der Umgebung des primären Manifestationsorts. Histologisch werden BZell-Lymphome von Stamm und Kopf primär den Keimzentrumszell-Lymphomen (⊡ Abb. 15.10), seltener dem Marginalzonenlymphom zugeordnet. Die Prognose wird als günstig angegeben (5-Jahres-Überlebensrate 97–100%). kPrimär kutanes diffus-großzelliges B-Zell-Lymphom (leg type)
Im Gegensatz zum B-Zell-Lymphom am Stamm und Kopf wird hier die Prognose als ungünstig angegeben
b ⊡ Abb. 15.10a,b Primär kutane B-Zell-Lymphome am Stamm, histologisch Keimzentrumszell-Lymphome. (Mit frdl. Genehmigung der Dermatologischen Klinik, TU München)
127 Weiterführende Literatur
z
Therapie
Grundsätzlich sollten Patienten mit der Diagnose eines B-Zell Lymphoms an spezialisierten Zentren behandelt werden. Die Therapie richtet sich nach dem histologischen Befund, der klinischen Manifestation und der Ausbreitung (unilokulär, multipel). Primär kutane Lymphome können bei unilokulärer Manifestation vollständig exzidiert werden. In Regionen, die einer Exzision schlecht zugänglich sind, sind Röntgenweichstrahltherapie und die Anwendung von schnellen Elektronen möglich. Auch die Exzision und konsekutive Radiatio ist eine therapeutische Option. Die intraläsionale Gabe von Cisplatin ist beschrieben. Bei B-Zell-Lymphomen mit schlechter Prognose wird die Exzision kleinerer Herde empfohlen, kombiniert mit nachfolgender Radiatio und Immuno- oder Chemotherapie. Ist ein Befall der regionären Lymphknoten über die Wächterlymphknoten-Biopsie nachzuweisen, wird die Radiatio der drainierenden Lymphknotenregionen empfohlen. Systemische Immuntherapien beinhalten die kombinierte Behandlung mit Interferon-alpha und Interleukin-2. Auch der CD20-Antikörper Rituximab kann bei Nachweis CD20-positiver Tumorzellen intraläsional oder intravenös verabreicht werden. Beim prognostisch ungünstigen B-Zell-Lymphom der unteren Extremität kann eine Chemotherapie (CHOPSchema) zur Regression des Befundes führen.
Weiterführende Literatur Assaf C, Gellrich S, Steinhoff M et al (2007) Kutane Lymphome in Deutschland. Eine Analyse des Zentralregisters »Kutane Lymphome der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft«. JDDG 5:662-669 Dummer R, Stadler R, Sterry W (2005) Deutsche Leitlinie: Kutane Lymphome. In: Garbe C (Hrsg) Interdisziplinäre Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung von Hauttumoren. Thieme, Stuttgart New York, S 83-95 Dummer R, Assaf C, Bagot M et al (2007) Maintenance therapy in cutaneous T-cell lymphoma: Who, when, what? Eur J Cancer 43:2321-2329 Klemke CD, Mansmann U, Poenitz N, Dippel E, Goerdt S (2005) Prognostic factors and prediction of prognosis by the CTCL Severity Index in mycosis fungoides and sezary syndrome. Br J Dermatol 153:118-24 Stadler R, Assaf C, Klemke C-D et al (2008) Kurzleitlinie – Kutane Lymphome JDDG 6 (1):29-35 VonderHeid EC, Berengo MG, Burg G et al (2002) Update on erythrodermic cutaneous T-cell lymphoma: report of the Interational Soziety for Cutaneous Lymphomas. J Am Acad Dermatol 46:95-106 Watsy KL, Longley BJ, Dvoretzky I (1992) Primary cutaneous B-cell lymphoma. Diagnosis, treatment and prognosis. J Dermatol Surg Oncol 18:951-954 Willemze R, Jaffe ES, Burg Gl et al (2005) WHO-EORTC classification for cutaneous lymphomas. Blood 105:3768-3785
15
16
Sonnenschutz
16.1
Regeln für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Sonne – 130
16.2
Sonnenschutzmittel – Zusammensetzung und Lichtschutzfaktoren – 130
16.3
Kinder
– 130
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6_16, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
130
Kapitel 16 · Sonnenschutz
Unzweifelhaft haben verändertes Freizeitverhalten, die verstärkte Nutzung von Solarien und das vermehrte Reisen in sonnige Regionen zu einem Anstieg von Hautkrebsformen geführt. Sonnenexposition gilt als der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung von malignen Hauttumoren, so entstehen epitheliale, maligne Tumoren meist auf chronisch sonnenexponierter Haut (Gesicht, Kopfhaut, Handrücken) als Folge kumulativer UV-Schädigung. Frühe Sonnenbrände in der Kindheit werden als Risikofaktor für die Entstehung eines malignen Melanoms angeführt. Aus präventiven Gründen ist es deshalb wichtig, auf die Notwendigkeit eines Sonnenschutzes v.a. bei Urlauben in sonnigen Regionen, aber auch an sonnenreichen Tagen hierzulande hinzuweisen. Der Umgang mit der Sonne soll hierbei nicht verteufelt, sondern der verantwortungsvolle Umgang propagiert werden. Schäden durch UV-Strahlung sind einfach zu vermeiden, wenn die wichtigsten Regeln beim Umgang mit der Sonne beachtet werden.
16.1
16
Regeln für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Sonne
Mittagssonne sollte gemieden werden, besonders zwischen 11 und 15 Uhr. Zudem sollte – v.a. bei Kindern – textiler Lichtschutz angewendet werden, hierbei sind dicht gewebte Stoffe wie Baumwolle oder Seide besser wirksam als leicht gewebte Materialien. Die so genannten »Sonnenterrassen«, wie Scheitel, unbehaarte Kopfhaut, Nasenrücken, Augenpartien, Ohren, Wangen, Lippen, Schultern, Rücken und Fußrücken, brauchen besonderen Schutz durch bedeckende Kleidung oder Sonnencremes mit hohem Lichtschutzfaktor. Sonnenschutzmittel sollten neben dem textilen Lichtschutz als zusätzlicher Schutz verwendet werden.
Wichtige Regeln zum Umgang mit der Sonne ▬ Eingewöhnungszeit, Sonnenbrand vermeiden ▬ Zwischen 11 Uhr und 15 Uhr (»between eleven and three stay under a tree«) im Schatten bleiben (in tropischen Ländern zwischen 10 Uhr und 16 Uhr) ▬ Geeignete Kleidung: T-Shirt/Hemd, Hut, Sonnenbrille (CE-Zeichen) ▬ Anwendung von Sonnenschutzmitteln (UVA/ UVB, wasserfest) an unbedeckten Körperarealen, regelmäßig nachcremen, Sonnenterrassen (Nase, Lippe, Ohren, Schulter) extra stark ein▼ cremen
▬ Kinder unter 1 Jahr nie direkt der Sonne aussetzen ▬ Meidung von Kosmetika, Deodorants und Parfüms von Sonnenbestrahlung
▬ Solarium-Besuche meiden
16.2
Sonnenschutzmittel – Zusammensetzung und Lichtschutzfaktoren
Ist für das Sonnenschutzmittel nur ein Sonnenschutzfaktor angegeben, so bezieht sich dieser auf den Schutz gegenüber den sonnenbrandauslösenden Strahlen (UVB). Schützt das Sonnenschutzmittel auch gegen das tiefer eindringende UVA, so ist ein zweiter Sonnenschutzfaktor mit dem Hinweis auf UVA-Schutz angegeben. Sonnencremes sollten etwa 30 min vor dem Sonnenbad aufgetragen werden. Im Verlauf des Tages sollte das Auftragen mehrfach wiederholt werden. Chemische Filter nehmen die Energie der Sonnenstrahlung auf. Es handelt sich um chemische Faktoren, die allergene Potenz besitzen können. Physikalische Filter reflektieren die UV-Strahlen. Sie sind meist durch hohe Sonnenschutzfaktoren gekennzeichnet, sind gegen UVA-Strahlung und UVB-Strahlung gleichermaßen wirksam, haben keinerlei allergene Potenz, sind aber durch eine feinen weißlichen Film auf der Haut nach dem Auftragen gekennzeichnet. Empfehlenswert ist, ein so genanntes Breitbandsonnenschutzmittel zu benutzen, das gegen UVA und UVB gleichermaßen wirksam ist. Meist reicht – in Abhängigkeit von der Sonnenintensität – ein Lichtschutzfaktor von 15 aus, lichtempfindliche Hautkranke sollten Sonnenschutzfaktor 25 oder mehr verwenden und auf guten UVA-Schutz achten. Sonnenschutzmittel werden durch folgende Angaben gekennzeichnet: ▬ LSF = LF = Lichtschutzfaktor ▬ SSF = Sonnenschutzfaktor ▬ SPF = Sun Protecting Factor Hier gilt: UVB–Lichtschutzfaktor =
Sonnenbrand–Schwellenzeit mit Sonnenschutzmittel Sonnenbrand–Schwellenzeit ohne Sonnenschutzmittel
16.3
Kinder
Kinderhaut ist um ein Vielfaches schutzbedürftiger als die Haut von Erwachsenen auch im Hinblick auf UV-
131 16.3 · Kinder
Exposition. Der UV-Eigenschutz der Haut ist in den ersten Lebensjahren noch nicht vollständig entwickelt. Kinder sollten unter keinen Umständen Sonnenbrand erleiden und Kinder unter 1 Jahr sollten nie direkt der Sonne ausgesetzt werden. Da das Hautkrebsrisiko steigt, je früher ein Mensch UV-Strahlung ausgesetzt ist, sollten besonders Kinder und Jugendliche geschützt sein. > Bezüglich des malignen Melanoms ist eine Reduktion der UV-Belastung bereits im Kindesalter von herausragender Bedeutung.
16
Stichwortverzeichnis
S. Plötz et al., Häufige Hauttumoren in der Praxis, DOI 10.1007/978-3-642-24702-6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
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Stichwortverzeichnis
A ABCD-Regel 83 Altersflecken 72 Alterswarze 32 Angiokeratom 51 Angiokeratoma circumscriptum 51 Angiokeratoma corporis diffusum 51 Angiom, eruptives, seniles 46 Atherom 18 Auflichtmikroskop 15 Aurikularanhang 44 Ausführungsgang 18
B Balggeschwulst 18 Basal cell carcinoma (BCC) 110 Basaliom 110 Basaliom, destruierend wachsendes 115 Basaliom, exulzerierend wachsendes 113 Basaliom, oberflächliches 115 Basaliom, pigmentiertes 116 Basaliom, psoriasiformes 116 Basaliom, sklerodermiformes 116 Basalzellkarzinom 110 Beckengürteltyp 39 Becker-Nävus 72 Bestrahlung 118 Bindegewebsnävus 70 Blutschwamm 48 Brustwarzen, überzählige 44 B-Zell-Lymphome 122 B-Zell-Lymphom, primär kutanes 126
C Café-au-lait-Fleck 72 Callus 61 Chemical Peeling 105 Clark-Level (CL) 96 Clark Nävus 81 Clavus 62 Condylomata acuminata 65 Condylomata giganteum BuschkeLöwenstein 66
Condylomata plana 60 Cornu cutaneum 103
Granuloma teleangiectaticum 52 Granulomatosus slack skin 122 Grießkörner 20 Grützbeutel 18
D Dellwarze 66 Dermatofibrom 25 Dermatofibrosarcoma protuberans 26 Dermatosis praecancerosa Bowen 106 Dermatoskop 14 Dornwarze 60 Dorsalzyste, mukoide 21 Dyskeratosis maligna 106
E Epheliden 71 Epidermalzyste 18 Epinasternchen 52 Epithelioma basocellulare 110 Epulis teleangiectatica 53 Erdbeerangiom 50 Erythroplasie Queyrat 106 Exzision (malignes Melanom) 94
H Halo-Nävus 80 Hämangiom, eruptives 46 Hämangiom, kapilläres 50 Hämangiom, kavernöses 48 Hämangiom, klassisches lokalisiertes 48 Hämangiom, thrombosiertes 46 Hautanhang 24 Hautkrebsvorsorge 14 Hautkrebs, weißer 108 Hautscreening 14 Hauttumor, epithelialer maligner 102 Hauttumor, virusinduzierter benigner 60 Hibernom 39 Hidradenom 22, 30 Hidrozystom 22 High-risk-Typ 60 Histiozytom 25 Hornperle 34 HPV 60
F Facies leontia 124 Farbstofflaser-Therapie 63 Feigwarze 65 Fibroma en pastille 26 Fibroma molle 24 Fibroma pendulans 24 Fibrom, derbes 25 Fibrosis nodularis nasi 25 Flachwarze 64 Flecken, melanotische 71 Fleischerwarze 60 Fußwarze 61
G Gefäßtumor, benigner 46 Granuloma pediculatum 52 Granuloma pyogenicum 53
I Immuntherapie 98 Immuntherapie, örtliche 118 In-transit-Metastasen 97 Invasionslevel nach Clark 96
K Kasabach-Merritt-Syndrom 51 Kavernom 49 Keimzentrumszell-Lymphom 126 Keloid 56 Keratoakanthom 107 Keratolyse 63 Keratose, akanthotische seborrhoische 34 Keratose, aktinische 102
135 Stichwortverzeichnis
Keratose, aktinische (solare) 102 Keratose, seborrhoische 32 Keratose, verruköse (hyperkeratotische) seborrhoische 34 Kiebitznävus 80 Knötchen, piezogene 39 Kompressionstherapie 58 Kryotherapie 105, 118 Kryotherapie (Keloide) 58 Kürettage 104
L Laktatdehydrogenase (LDH) 96 Lanois-Bensaude-Syndrom 39 Lasertherapie, ablative 105 Lentigo-maligna-Melanom (LMM) 89 Lentigo solaris/senilis 72 Lichtschutzfaktor 130 Lichtwarze 102 Lipom 38 Lipomatose 39 – benigne symmetrische 39 – zervikale symmetrische 39 Liposarkom 38 Lippenrandangiom 48 Low-risk-Typ 60 Lymphadenektomie 97 Lymphome, kutane 122
M Madelung-Fetthals 39 Malformationen, vaskuläre 51 Mamille, akzessorische 44 Melanoakanthom 34 Melanom, akrales 88, 94 Melanom, akral-lentiginöses (ALM) 91 Melanom, amelanotisches malignes (AMM) 93 Melanom, desmoplastisches 93 Melanom, extrakutanes 88 Melanom, juveniles 79 Melanom, knotiges 89 Melanom, malignes 88 Melanom, Nachsorge 98 Melanom, noduläres (NM) 89 Melanompräkursor 82 Melanomsimulatoren 83
Melanom, subunguales 91 Melanom superfiziell-spreitendes (SSM) 88 Melanosis näviformia 72 Melanosis neurocutanea 77 Milia neonatorum 20 Milien 20 Mollusca contagiosa 66 Molluscum pseudocarcinomatosum 107 Molluscum sebaceum 107 Morbus Anderson-Fabry 51 Morbus Bowen 102, 106 Morbus Osler 46 Mukosamelanom 88 Mukozele 22 Mycosis fungoides (MF) 122
N Naevus araneus 52 Narbe, hypertrophe 56 Narbengeschwulst 56 Nasenpapel, fibröse 25 Nävus 70 Nävus, atypischer 81 Nävus, atypischer melanozytärer 81 Nävus, blauer 73 Nävus coeruleus 73 Nävus, dermaler 75 Nävus, dysplastischer 81 Nävus flammeus 51 Nävus, kongenitaler 75, 76 Nävus, melanozytärer 74 Nävus, organoider 70 Nävus, papillomatöser weicher epidermaler 70 Nävus pigmentosus et pilosus 74, 77 Nävus, schwarzer 79 Nävus sebaceus 70 Nävus sebaceus senilis 71 Nävus spilus 80 Nävus Spitz 79 Nävuszellnävus 74 Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) 126
O Okklusionstherapie 57
P Papillomvirus, humaner 60 Papulose, lymphomatoide 125 Pigmentnetz 84 Pigmentzellnävus 70 Pinselwarze 64 Plattenepithelkarzinom der Haut 108 Polythelie 44 Pseudoathletischer Erscheinungstyp (Lipomatose) 39 PUVA-Therapie 124
R Retentionszyste 18 Riesennävus 76 Riesenpore 19 Risikofaktoren (Hautkrebsvorsorge) 14 Rumpfhautbasaliom 115
S Satellitenmetastasen 97 Schleimhautmelanom 93 Schweißdrüsen, benigne Tumore 30 Schweißdrüsenretentionszyste 22 Sebocystomatosis scroti 20 Sentinel-Lymphknoten-Biopsie 94 Sézary-Syndrom (SS) 122 Sicherheitsabstand 94 Skrotalzyste 20 Sommersprossen 71 Sonnenschutz 130 Sonnenschutzfaktor 130 Sonnenschutzmittel 130 Spider-Nävus 52 Spinaliom 108 Spinnen-Nävus 52 Squamous cell carcinoma (SCC) 108 Stachelzellkarzinom 107, 108 Stadieneinteilung (malignes Melanom) 94 Steroidtherapie, intraläsionale (Keloide) 57 Stukkokeratose 34 Sun Protecting Factor 130 Sutton-Nävus 80
16
136
Stichwortverzeichnis
Syndrom der dysplastischen Nävi 82 Syringom 30
T Talgdrüsenhyperplasie 70 Teleangiectasia hereditaria haemorrhagica 46 Therapie, photodynamische 105, 118 Tierfellnävus 77 Touraine-Syndrome 77 Tragus, akzessorischer 44 Trichilemmalzyste 18 Tumor, benigne epitheliale 32 Tumor, benigner mesenchymaler 24 Tumordicke nach Breslow 96 Tumorklassifikation (malignes Melanom) 94 Tumormarker 96 T-Zell-Lymphome 122
U Ulcus rodens 113 Ulcus terebrans 115 Unguis incarnatus 52 UVA-Strahlung 130 UVB-Lichtschutzfaktor 130 UVB-Strahlung 130
V Venous lake 48 Verruca, filiforme 64 Verruca plana 65 Verruca plantaris 60 Verruca seborrhoica 70 Verruca vulgaris 60 Videodermatoskopie 15
W Wächterlymphknoten-Biopsie 94 Warze, juvenile plane 64 Warzenbeet 60
Warzenhämorrhagien 60 Warze, venerische 65 Warze, vulgäre 60
X Xanthelasma palpebrarum 40 Xanthom, eruptives 40 Xanthom, tuberöses 40
Z Zysten 18