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QOvi)OEL eqs. Das Nebeneinander von 'taÜ'ta und den folgenden Dativen war schon Herdein anstößig, der deshalb die Dative ändern wollte. Einfacher ist 'tUU't!} zu schreiben (Hiatmeidung ist auch in dieser Rede nicht durchgeführt), die alte Formulierung livitQWno;, fl civitQwno; zog die Dative nach sich. 3, 18, 20 (73 b) ßMLAElJ!; öe, ou J.l.EV ahij; EQyov ea'ti xat i}uJ.l.oÜ, XQTj'tat 'toi; l>ni..OLS xat xQa'te'i ;uJ.l.ßouH�, ov öt J.l.OVOV eÖETJOE YVWJ.l.TJS, tautn xußEQVQ.. ;uJ.�.ßou/..(a ist nicht Ein tlliiCJat . . ., xut ou no�ehat TO\i l!iTQou •Tic; >tj.Lijc; xtiQtov •ov Tij� ßaat At:lac;. Philostorg p. 72, 18-20 Bidez: a-öToc; ln:t nJ..eio'V T<j) 1:0\i KalaaQoc; axiJ�tan Elva� l!ll O.vaax6�tt:vo�, 1:6 T& Ö�ÖlJ!!Cl JtEQI>l�nat xat 'tijc; �tt:l�ovoc; O.�runuat tsaa!At:lac;. u Wir haben darüber die unabhängigen Berichte von Ammian und Zonaras. Ob Leonas tatsächlich vor der Versammlung Julian den Brief . • .
sicht, sondern Rat als Ergebnis gemeinsamer Besprechung; 21, 5 (75 b) braucht es Julian neben ÖTJJ.I.TJYOQ(a. Deshalb hat Wyttenbach e'lißouA.t�, Herdein ;vv e\lßou/..l4 vermutet. Aber den Gegensatz zu yvOOJ.l.TJ im zweiten Teil duldet hier überhaupt kein Wort, das die Klugheit hereinbringt. XQ
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Kurt Latte
"quaecumque de his rebus diximus, ea omnia brevia et concisa diximus" (Reiske). 20, 1 (74 d) -coouütu rtEQL t&v ßuotA.eoo; EQyoov e v ß Q u Xe t 1\ L e I. rt I. {dh:qA.E v weist auf unsere Stelle zurück, Ju lian steht am Absmluß der rtQcl�EL; und will nur nom einen Punkt 3, 19, 13 kurz behandeln. Das ergibt &JtoMvte; (und änuvtu). (74 a) �i) AijQo; ii xat
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weil man glaubte, auf paläographische Wahrscheinlichkeit Rücksicht nehmen zu müssen. Es liegt der seltene Fall vor, daß ein Wortbild aus dem folgenden vom Schreiber vorweggenommen ist. Wir sind in der Gestaltung der Stammsilbe also frei, eveyxat.tEVOV entsprimt Julians Spramgebraucll (ep. 30 S. 36, 2 B.-C.). Eine ähnliclle Verderbnis hat Boulenger 1, 15, 10 (vgl. 13) aufgedeckt. 5, 1, 27 (269 b) 1\fit.tov 1\E �Aov xut :rtOALV EQno-ca; EQyrov xut Myoov 1\txntoov (t:xro) E�oo tij; naQ' 'Ö�iv ov (l(ti\Lov ei.rceiv, der Einschub liegt ebenso nahe, wie Cobets .i\nderung EUQdv. Der Druck ist erfreulicll korrekt. Ein paar falsclle Zeilenzahlen im kritischen Apparat verbessert man leicllt (3, 7, 34, wo 52 steht, 3, 23, 45, wo die Zahl ausgefallen ist). Sinnstörend ist nur 3, 21, 2 (tÖlv) O:yoovoov für (-c&v) e; tov. Außerdem sei 5, 4, 48 yQil als Oxytonon hervorgehoben, weil sich der Fehler aus Herdein fort geerbt hat; die Akzentregel für das Wort steht Arcadius 182, 9 B. Unter der Masse der ersclleinenden Ausgaben sind die selten, in denen ganze Arbeit geleistet wird. In der vorliegenden ist das nacll den versclliedensten Seiten hin gescllehen, und vor diesem Gesamt urteil verlieren Einzelausstellungen an Gewicllt. Man darf hoffen, daß der Sclllußband, der die smwierigen theologiscllen Reden Ju lians enthält, uns in ähnlicller Weise nicllt nur eine gesimerte Text-
Besprechung von: L'empereur Julien
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grundlage, sondern auch aus Bidez' Kenntnis der neuplatonischen Literatur reichen Gewinn für die Erklärung bringen wird. , Tome 2, 1 . partie: Discours. Texte et. et trad. par Gabriel Roche fort. Paris: Beiles Lettres 1963. XVI, 191 z. T. Doppels. (Coll. des Univ. de France.) Es ist J. Bidez nicht vergönnt gewesen, seine Arbeit an den Hand schriften und am Texte Julians durch Vollendung der begonnenen Ausgabe zu krönen. Nur die Briefe sind nach der großen, mit Cumont gemeinsam gearbeiteten Ausgabe in einer kleineren für die Edition Beiles Lettres fertig geworden (1924), dazu die Reden aus der Frühzeit auf Konstantios und Eusebia, die Trostschrift bei der Trennung von seinem Freunde Sallust und der Brief an Rat und Volk der Athener (1932. I, 1 . 2). So wird man begrüßen, daß Rochefort nach 30 Jahren versucht, den Faden wiederaufzunehmen und hier zunächst den Brief an Themistios, die beiden Reden gegen die Kyniker und die über die Göttermutter vorlegt. Die Anordnung ist die chronologische geblieben, was für die Zählung unbequem ist. �ußerlich unterscheidet sich der neue Text von Bidez durch den Fortfall der Zeilenzählung der Kapitel; der kritische Apparat ist auf die Seitenzahlen und Buchstabenunterteilungen von Spanheim gestellt. Es hilft wenig, daß dazu noch Zeilenzählung vom Typ 225 B 8 hinzutritt, die dem Benutzer zumutet, jeweils innerhalb der 6-10 Zeilen langen Perikopen, die sich unter Umständen auf 2 Seiten verteilen, abzuzählen, welche Zeile gemeint ist. Die Überlieferung dieser Reden ruht, wie Bidez nachgewiesen hat, nur auf dem Vossianus V und für einen Teil seiner Lücken auf dem früh aus ihm abgeschriebenen Parisinus U. Sie ist keineswegs be sonders gut, und das Vertrauen, das R. ihr schenkt, führt zu sprach lichen Unmöglichkeiten. Hier, wie überall, werden nur wenige Proben gegeben. 6, 260 d läßt U!J.EAÖ>v statt Reiskes aj.L&),iö den Nachsatz ohne ver bum finitum. 266 a in l!;&<m yaQ ao� qJLI.oao<pous ärco
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Kurt Laue
wenn im vorhergehenden ein Gegensatz dazu steckt, also Herdeins Einschub (nollou(;) q>LA.. nicht zu umgehen. 7, 221 c erhalten wir gar als Ergänzung q>(lCt�ew (t)e YQCt(q>ew), Verbindung zweierr Be griffe durch hinter das erste gestellte tt ohne folgendes x.aL Andere Mißverständnisse dedtt die Übersetzung auf. 6, 263 c tov 'A(luJtO tEA'YJ tov oaq>Ov txW.eL� f.LCt(rtuQa " tu faisais appel au sage temoignage d'Aristote •· Daß oo
Bespredlung von: L'empereur Julien
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$. 167. 168 wird auf Bergk statt auf Diels verwiesen. Für den viel angeführten Vers linoAL�, äOLxo�, natelöo� totEQTJf.lEVO� erhalten wir $. 16 die zwei Parallelstellen, S. 162 steht "Nauck, Adespota Fr. 6". Es ist Nr. 284, und ein Blick auf den dort folgenden Vers hätte R. den metrischen Fehler ersparen können, die hier anschlie ßenden Worte Julians Olm Ö�OAOV, ou ÖQ
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Kurt Latte: Bespredtung von: L'empereur Julien
Iamblichos (Asmus, Der Alkibiadeskommentar des Iamblichos als Hauptquelle für Kaiser Julian. SBHeid 1917, 3) nicht verfolgt ist. Es fehlt jeder Hinweis auf G. Mau, Die Religionsphilosophie Kaiser Julians in seinen Reden auf König Helios und die Göttermutter,
1907. Man wird bedauern, daß die zweifellos aufgewendete Mühe und förderliche Einzelbemerkungen zum Text im ganzen ein so unbe friedigendes Resultat geliefert haben. Aber ohne eine scharfe Sich tung und Modernisierung des traditionellen Erklärungsmaterials und eine exakte, auf die Kenntnis dieser späten Gräzität gestützte Interpretation des Textes wird sich eine der Leistung von Bidez gleichwertige Ausgabe nicht herstellen lassen.
Die Antike 14 (1938), S. 252-254.
AUF DEN SPUREN JULIANS IN TRIER Von ALFRED KöRTE Wie ein Roman liest sich die Untersuchung, durch die Rudolf Herzog kürzlich (Trierer Zeitschrift 12, 1937, S. 121 ff.) einen vor langen Jahren auf deutschem Boden, in Trier, gefundenen Stein zu neuem Leben erweckt hat. Die Ergebnisse seiner mit bewunderns werter Geduld, glänzendem Scharfsinn und reicher Gelehrsamkeit durchgeführten Arbeit sind so merkwürdig, daß ein Hinweis auf sie weiteren für die Antike interessierten Kreisen willkommen sein dürfte. Der in Abb. S. 203 wiedergegebene Stein wurde um 1865 in der Werkstatt eines Trierer Dekorationsmalers entdeckt, der auf der Rückseite der Marmorplatte seine Farben zu reiben pflegte. Schon sein Vater hatte ihn zu gleichem Zwecke benutzt und dem Sohn gesagt, er sei in Trier gefunden. Was den Stein auf den ersten Blick anziehend macht, ist die unge wöhnliche Schönheit und Sorgfalt der Schrift; schwerlich wird es eine diesseits der Alpen gefundene griechische Inschrift geben, die an Ebenmaß und Eleganz der Buchstaben mit ihr wetteifern kann. Aber wer mit griechischen Inschriften etwas vertraut ist, der sieht sofort ihren gewaltigen Abstand von denen der klassischen Zeit. Diese runden C, €, W sind nicht für den Meißel geschaffen, der am lieb sten mit geraden Linien und scharfen Ecken arbeitet - in einer attischen Inschrift des 4. Jh.s v. Chr. würden sie etwa so aussehen �. E, Q - sie sind auf die Feder berechnet, die auf Papyrus oder Pergament lieber gerundete Buchstaben malt. Herzog erkannte, daß die Buchstabenformen genau den Prunkhandschriften der im Jahre 331 n. Chr. von Constantin dem Großen in seiner neuen Kaiserstadt am Bosporus gegründeten Kalligraphenschule entspre chen, deren Leistungen wir aus verschiedenen Beispielen kennen. Die Blüte dieser Kalligraphenschule währte nicht lange, und so
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Alfred Körte
ergab sich für Herzog etwa das zweite Drittel des 4. Jh.s als Ab fassungszeit der Inschrift. Aber damit war für ihr Verständnis noch nicht viel gewonnen. Freilich hatte man längst gesehen, daß die sieben Zeilen Hexameterschlüsse enthielten, hatte auch erkannt, daß in Z. 3 von dem "vieläugigen Argos", in Z. 4 von einem "Be schwichtigungsmittel der Leiden", in Z. 5 von Zeus und Hermes die Rede sei, ja man hatte mit viel Phantasie versucht, die Reste zu einem Hymnus auf Hermes zu ergänzen. Aber das blieb ein Spiel, solange kein neues Material hinzukam. Tatsächlich lag solches schon seit 1917 vor, aber es war 20 Jahre lang ungenutzt geblieben. Der um die Erforschung Triers sehr verdiente Baurat Kutzbach hatte bei Ausgrabungen unter St. Maximin in der Umrahmung karolin gischer Gräber Mörtelabdrücke von wiederverwendeten und dafür zugeschnittenen Inschrifttafeln gefunden. Die Tafeln selbst waren bis auf geringe Reste verschwunden, aber der harte Mörtel hatte die Schriftzüge so treu i m Abdruck bewahrt, wie es die Papier abklatsche tun, in denen der Epigraphiker Inschriften festzuhalten pflegt. Die Zugehörigkeit der Mörtelabdrücke zu der über 50 Jahre früher gefundenen Marmortafel hatte der Direktor des Trierer Museums, Professor Krüger, erkannt, aber erst Herzog gelang es mit unendlicher Mühe, ihre gegenseitige Stellung und die zur Mar mortafel herauszufinden. Es ergaben sich 17 verstümmelte Hexa meter, der Anfang des Gedichtes fehlt. Wenn im römischen Trier m i zweiten Drittel des 4. Jh.s ein griechisches Gedicht mit so ungewöhnlicher Pracht und Sorgfalt in eine importierte Marmorplatte gemeißelt wurde, so mußte dies in Zusammenhang mit dem kaiserlichen Hof stehen, der ja seit Ende des 3. Jh.s vielfach in Trier residierte. Weiter führte der offenbar heidnische Charakter des Gedichts. Ein Weihegedicht an Hermes ist nach Constantin nur einem Mitglied des Kaiserhauses zuzutrauen, dem großen Apostaten Julian. Er verehrte den neuplatonischen Hermes nächst Helios von allen Göttern am höchsten und, wie uns Ammianus Marcellinus erzählt, eröffnete er während seiner Tätigkeit als Cäsar in Gallien seinen Tageslauf jeweils bald nach Mitternacht mit einem heimlichen Gebet an Hermes. Es ist nicht überliefert, daß Julian in den Jahren 355-361, in denen er das schwer darnieder liegende Gallien neu organisierte und harte, aber erfolgreiche Kriege
Auf. den Spuren Julians in Trier
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gegen die Alemannen und andere Germanenstämme führte, längere Zeit in Trier residiert hat. Zum Winterquartier konnte er es wegen der Nähe der immer wieder bedrohten Grenze nicht nehmen, aber es ist nicht zu bezweifeln, daß er in dieser wichtigsten Stadt des Landes, von der Ausonius wenig später sagt: "Sie, die die Kräfte des Reiches ernährt, bekleidet, bewaffnet", häufiger geweilt hat.
InschriftbrudlStück aus Trier
Zufällig wissen wir, daß der Kaiser in diesen arbeitsreichen und sorgenvollen Jahren noch Zeit zu dichterischen Spielereien fand. Neben einer Anzahl anderer Epigramme ist uns von ihm ein der Wortspiele wegen leider unübersetzbares Spottgedicht auf das schlechte Bier erhalten, das den Galliern als Ersatz für den fehlen den Wein dienen muß. Daß der Kaiser in der Tat der Verfasser des in Stein gehauenen Weihegedichts ist, ergibt eine genauere Be trachtung der von Herzog dem Sinne nach zweifellos in den Haupt zügen richtig ergänzten Verse. Ich will versuchen, das schwierige und künstliche Gedicht in metrischer Übersetzung wiederzugeben, muß aber einige Bemerkungen voranschicken. Das Weihegeschenk an Hermes war ein kunstvoll mit Gold,
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Alfred Körte
Glaspasten und einem großen geschnittenen Amethyst geschmückter Prunkgürtel, wie er damals zum Ornat des Kaisers gehörte und von ihm allein getragen werden durfte. Die genaue Schilderung, wie dieser Gürtel gearbeitet wurde, und vor allem die Verherrlichung des großen, kostbaren Amethysts füllen die erhaltenen 17 Verse fast ganz aus. Man trieb damals in den neuplatonischen Kreisen, zu denen Julian gehörte, einen förmlichen Kultus mit Edelsteinen, über den wir durch ein seltsames, später unter Orpheus' Namen gehendes Gedicht Adh-x.U gut unterrichtet sind. Man maß den einzelnen Edelsteinen magische Kräfte bei, die zum Teil schon in den Namen der Steine angedeutet sind, so ist der Amethystos der Stein, der gegen die Trunkenheit schützt; bereits Plinius weiß von seinen magischen Eigenschaften mancherlei zu erzählen. Gesteigert werden die geheimnisvollen Eigenschaften der Edelsteine noch, wenn man entsprechende Darstellungen in sie schneidet. Deshalb ist dem Kai ser das eingeschnittene Bild kaum weniger wichtig als die Schönheit des Steines selbst, die durch kunstvollen Schliff zunächst festgestellt wird. Er wählt als Bild eine Szene, die für den Gott Hermes, aber auch für den weihenden Kaiser von Bedeutung ist. Dargestellt wird Hermes, wie er auf Befehl des Zeus den hundertäugigen Argos, den Wächter der von Hera in eine Kuh verwandelten Io, mit seinem Stabe einschläfert. Io aber, nach deren Irrfahrt der Bosporus (Rinderfurt) heißt, gilt der damaligen Zeit als die Großmutter des Byzas, des Gründers von Byzanz, also gleichsam als die Ahnmutter von Konstantinopel, und mit dieser seiner Vaterstadt fühlte Julian sich stets aufs engste verbunden. Audt in einem Brief an den Neu platoniker Jamblich, dessen bestrittene Echtheit Herzog mit Glück verteidigt, spielt der Kaiser in neuplatonischer Art mit dem alle gorisch gedeuteten Mythos von Argos, Io und Hermes. Und nun die Verse selbst, deren Härten ich nicht ausschließlich auf das Schuldkonto des Ergänzcrs und des Obersetzers zu schreiben bitte, vor allem die überlange Sperrung in der Bildbeschreibung rührt zweifellos vom Verfasser her: Darauf prüfte ein Meister, ein kunstberühmter, das Kleinod, Das ich als Hauptstück gab, in den Gürtel der Lenden zu fügen, Während das übrige Gold mit geschmolzenem Glase belegt ward. Der verstand seinen Glanz mit feuchtem Wetzstein zu wecken
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Auf den Spuren Julians in Trier
Und er brachte heraus die göttliche Schönheit des Steines, Gab den Beweis seiner Kraft und zugleich des menschlichen Könnens. Der Amethyst vermag so sehr das Gesicht zu erquicken, Wenn man den ,nüchternen' Stein sanft irisierenden Glanzes Hält in der Hand und lenkt seine herrlichen Strahlen zum Auge, Wie des Heilgottes Hand im Verein mit dem Wehen des Zephyr. Und er schnitt in den Stein den Hermes, wie gegen Argos (Den mit schlaflosen Augen gleich Sternen prangenden Hirten, Der auf Geheiß der Hera die Hörner tragende Schwester Hütet als grausamer Wächter) er schwingt im Dienste des Vaters Zeus den Zauberstab, der alle Leiden beschwichtigt Nimm das Geschenk. Ich rufe dich an im Gefilde der Trierer, Herr des goldenen Stabs, du größter Stiller der Leiden. .
So unverhohlen durfte Julian seine Verehrung der alten Götter erst bekennen, nachdem er im Februar 360 in Paris von seinen Soldaten zum Augustus ausgerufen war und sich nach einigem Zögern entschlossen hatte, diese Würde gegen seinen Vetter Con stantius zu behaupten. Vor dem Abmarsch aus Gallien gegen Con stantius (Juli 361) muß das Gedicht verfaßt sein. Ganz gewiß ist das Gedicht kein Kunstwerk in höherem Sinne, das ständige Schwanken zwischen Technik und Mystik macht es unharmonisch, wie es die Person ihres Verfassers trotz wirklich großer Eigenschaf ten immer gewesen ist. Daß aber auf deutschem Boden ein Zeugnis aus den kritischen Zeiten des letzten kaiserlichen Verteidigers der alten Götterwelt zutage gekommen und durch scharfsinnige For schung wiederhergestellt worden ist, darf als ein hocherfreulicher Gewinn für die deutsche Wjssenschaft gebucht werden.
Clauica et Mediaevalia
VI (1944), S. 179-193.
KAISER JULIAN ALS PHILOSOPH UND RELIGIOSER REFORMATOR Von HANS RAEDER In seiner vielbesprodtenen Sdtrift über den Kaiser Julian 1 gibt
D. F. Strauß zuerst eine übersidtt über die Art und Weise, wie frühere Historiker den genannten "abtrünnigen" Kaiser beurteilt haben. Er zeigt u. a., daß das Urteil, das von vielen Seiten über diesen entsdtiedenen Gegner des Christentums gefällt wird, keines wegs von der Haltung bestimmt wird, die der betreffende Histo riker selbst zum Christentum einnimmt. Während z. B. der pieti stisdte Arnold2 die guten Eigenschaften des Kaisers rühmt und gegenüber der Heudtelei der redttgläubigen Christenheit, die "ihren meisten Gottesdienst sdton in äußerlidtem gepränge und ceremonien setzte", den Verstand und Mut sowie die Toleranz des heidnischen Kaisers hervorhebt, legt Gibbon, der scharfe Gegner des Christen tums, eine starke Antipathie gegen Julian an den Tag und bezeich net ihn als einen abergläubischen Schwärmer, dessen Schwärmerei "nidtt ganz ohne Beimischung frommen Betruges war" s. Umgekehrt fällt es auf, daß ein "eifriger Verfechter des wunder glaubigen Christenthums" wie Neander ein mildes Urteil über J ulian fällt und dessen Abfall in einer Weise erklärt, "welche ihm fast mehr zum Lob als zum Tadel aussdtlägt" 4• Die Vorliebe dieses Kirdtenhistorikers für Julian erklärt sidt nach Strauß durch seine romantische Einstellung. Unter Romantik versteht er eine reaktionäre Geistesrichtung, die durch eine "Verquickung des Alten und Neuen (in diesem Falle der religiösen Traditionen und der neu platonischen Philosophie) zum Behuf der Wiederherstellung oder besseren Conservirung des ersteren" gekennzeichnet wird. Dadurch erklärt er das Wohlwollen der romantischen Theologen für Julian, "in welchem sie Fleisch von ihrem Fleische wittern", und als Be weis hierfür zitiert er eine Stelle Neanders, wo dieser dem abtrün-
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nigen Kaiser einen ,.Glauben an die göttliche Abkunft und Bestim mung des Menschen" beilegt und dazu den von einem christlichen Standpunkt aus bedenklichen Zusatz macht: "Der Glaube kann göttlich seyn, wenngleich die Dogmen, in denen er sich materialisirt, menschlich sind" 6. Das Urteil, das Strauß selbst über den ,.Romantiker" Julian fäHt, iSt hart, obgleidl sie beide in ihrer Verdammung des Christen tums übereinstimmen. Wenn auch Strauß zugleich auf die ,.roman tischen" Theologen und Staatsmänner unter seinen Zeitgenossen zielt, läßt es sich doch nicht bestreiten, daß das Verdammungs urteil, das er über den Kaiser Julian ausspricht, aufrichtig gemeint ist. Wenn man die Geistesrichtung des Kaisers beurteilen will, muß man sowohl die negative als die positive Seite seiner Bestrebungen betrachten. Offenbar hat er aber seine Stärke im Negativen, wäh rend seine positive Philosophie wenig klar und wenig originell ist •. Wie originell er in seiner kritischen Hauptarbeit, der Schrift gegen die Christen, ist, läßt sich aber nidlt mit Sicherheit entscheiden, da die Schriften seiner Vorgänger, Kelsos und Porphyrios, nur teil weise erhahen sind; seine positiven Anschauungen verdankt er aber hauptsächlich dem Neuplatoniker Jamblidlos. Julians Schrift gegen die Christen umfaßte drei Büdler, von denen uns jedoch nur das erste, und selbst dieses nicht direkt, son dern lediglich durch die Entgegnungen des Kyrillos, überliefert ist; von den beiden anderen haben wir nur ganz kleine Fragmente 7• Obgleich Julian im ersten Buch seine Kritik hauptsächlidl gegen das Alte Testament richtet, greift er doch schon hier an manchen Stellen auch die Christen an, so daß es uns allein durch dieses Budl recht gut möglich ist, uns von seiner Haltung den Christen gegenüber eine klare Vorstellung zu bilden. Julian fragt, weshalb die Christen den Juden vor den Griechen den Vorzug gegeben haben und trotzdem die Lehre der Juden von der Gottheit aufgegeben haben. Er gibt zu, daß die Griechen törichte Mythen gedichtet haben, findet aber die jüdischen Erzäh lungen von der Weltschöpfung und dem Sündenfall ebenso sinnlos. Die Juden betradlteten den Gott, der die Welt geschaffen hatte, als ihren eigenen besonderen Gott und sidl selbst als sein auserwähltes
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Volk. Paulus sagte aber, Gott sei nicht allein Gott der Juden, son dern auch der Griechen; dann müßte man aber fragen, weshalb er Moses und die Propheten und viele andere Gnadengeschenke und schließlich Jesus an die Juden gesandt hatte, ohne Rücksicht auf die übrigen Völker. Julian dagegen sah in dem Weltschöpfer den Vater und König aller Völker; jedes einzelne Volk hätte aber seine besonderen Götter, von denen jeder seine besondere Funktion aus übte, ganz wie der Kaiser jedem seiner Statthalter eine Provinz anvertraut hatte. Die zehn Gebote der Juden verdienen alle Achtung, sagt Julian, stimmen aber mit den von allen Völkern anerkannten Moral begriffen überein; Ausnahme bilden bloß zwei Gebote: das Verbot gegen die Verehrung anderer Götter und der Befehl zur Heilig haltung des Sabbats. Namentlich äußert Julian sich mit Heftigkeit gegen den strengen Monotheismus der Juden, die ihren Gott als einen "eifrigen" Gott bezeichnen; mit um so derberem Spott greift er aber die Christen an, die tatsächlich den Monotheismus auf gegeben haben und Gottes illegitimen Sohn als Gott verehren. Den religiösen Standpunkt der Christen bezeichnet Julian als Gottlosig keit, die durch eine Vereinigung des Obermuts der Juden und der Immoralität der Heiden entstanden sei. Anstoß bietet ihm beson ders die Lehre des Evangelisten Johannes von dem Logos, der als Gott bezeichnet wird; und daß die Christen Jesu Mutter Maria unter dem Namen "Mutter Gottes" verehren, findet er ebenso anstößig. Daneben bemerkt er aber, daß die Evangelisten Matthäus und Lukas die johanneische Christologie nicht anerkennen können, da die von ihnen aufgestellten Stammbäume die Abstammung Jesu von David durch Joseph ableiten. Was Julian gegen die Christen einzuwenden hat, läßt sich in der Kürze so zusammen fassen : wie es ihm einen schweren Anstoß bietet, daß die Juden eine Sonderstellung als das auserwählte Volk Gottes beanspruchen, so findet er es im allerhöchsten Grade verwerflich, daß man einen einfachen Mann aus Galiläa als der gesamten Menschheit Heiland und als Sohn Gottes verehrt. Julian war aber keineswegs ein bloß negativer Kritiker: er war vielmehr eine eminent religiöse Natur, jedoch so, daß er die alt griechische Volksreligion mit der platonischen Philosophie zu ver-
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einigen und dadurch zu läutern strebte. Philosophie und Religion sind bei Julian nicht zu trennen. Sein philosophischer und religiöser Standpunkt ist uns namentlich durch zwei seiner Reden bekannt, die Rede auf den König Hclios und die Rede auf die Göttermutter, nach der gewöhnlieben Zählung Rede IV und V s. Diese Reden, die in großer Eile ausgearbeitet sind, die eine in drei Nächten, die andere sogar in einer Nacht, geben natürlich nicht eine selbständige Darstellung von Julians Philo sophie, sondern ein Referat der Anschauungen, die er in der neuplatonischen Schule, und hauptsächlich bei Jamblichos, vor gefunden hatte, und es darf nicht verhehlt werden, daß sein Vor trag durchaus weitschweifig und voll von Unklarheiten und Wiederholungen ist. In der Rede auf den König Heüos geht Julian von einer Haupt thesis der platonischen Philosophie aus, nämlich der Unterschei dung der Ideenwelt, die lediglich durch reine Denktätigkeit erkannt werden kann, und der sinnlichen Welt. Als Haupt der Ideenwelt setzte Platon die Idee des Guten, der er in der Ideenwelt dieselbe Stelle zuwies, die in der sinnlichen Welt die Sonne einnimmt, und darin folgt ihm Julian, jedoch so, daß e r - nicht ohne Anknüpfung an die platonische Philosophie - das Gute auch als "das Eine" oder als "König des Alls" bezeichnet. Darin weicht aber Julian von Platon ab, daß er zwischen jene zwei Welten eine dritte einschiebt, nämlich die denkende Welt, an deren Spitze der von dem König des Alls erzeugte denkende König Helios steht. Dieser ist verschieden von der sichtbaren Sonne, die als sein Abbild aufzufassen ist. Es besteht also zwischen den drei Welten und ihren Vorstehern ein genauer Parallelismus: das oberste Prinzip, das Gute oder der All könig, verhält sich zu den bloß durch das abstrakte Denken zu erfassenden Ideen, wie der denkende König Helios zu den übrigen denkenden Göttern, und wie die sichtbare Sonne zu den übrigen sichtbaren Göttern, d. h. den Gestirnen. Der König Helios, an den Julian seine Rede richtet, befindet sich in jeder Hinsicht in der Mitte. Erstens ist seine Welt, die denkende Welt, unter den drei Welten die mittlere, und selbst nimmt er in dieser Welt eine zentrale Stelle ein, ganz wie die sichtbare Sonne unter den Planeten in der Mitte sich befindet '· Mitte bedeutet aber
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nicht nur, was von den beiden Enden gleich weit entfernt ist, son dern das, was die Gegensätze zusammenhält. Sowohl die Ge dankenwelt als die sinnliche Welt machen eine Einheit aus, . und beide werden wiederum von dem denkenden Helios zu einer Ein heit zusammengefaßt. Wie dieser Helios von dem obersten Prinzip, das die Gedankenwelt zusammenhält, erzeugt ist, dient er selbst als Führer für das fünfte Element, den .i\ther, der die sichtbare Welt zusammenhält, und dessen Gipfel als Sonnenstrahl bezeichnet wird. Er ist auch mit der Vernunft identisch, die die Erkenntnis der Wahrheit bedingt, ebenso wie erst das Licht es ermöglicht, die körperlichen Dinge zu sehen. Obgleich das, was Julian über den König Helios vorträgt, eine Frucht philosophischer Spekulation ist, nimmt er doch daneben in großem Umfang Rücksicht auf die Volksreligion. Unter Helios und den übrigen Göttern besteht eine Gemeinschaft, die einer Identität fast gleichkommt. Zeus und Apollon wirken mit Helios zusammen, und sogar Hades, der auch mit Serapis identifiziert wird, wird dem Helios gleichgesetzt; man soll den Todesgott nicht fürchten, denn er befreit die Seele vom Körper und führt sie nach oben, in die Welt der reinen Gedanken. Die mit Helios verbundenen Götter leisten den Menschen allerlei Gutes, Apollon, Athena und Aphrodite; ge priesen wird besonders Asklepios, der Heiland der Welt, der erzeugt ist von Helios oder von dem mit ihm identifizierten Apollon to, der ihn schon vor Beginn der Welt bei sich hatte. Auch der Sonnengott Mithras, der in vielen Teilen des Römerreichs ver ehrt wurde, nennt Julian neben Helios. Es fällt auf, daß die von Julian dem Christenfeind vorgetrage nen Lehrsätze in mehreren Beziehungen an die christliche Theologie anklingen. Mit Recht haben Kenner die geistigen Bewegungen jener Zeit darauf hingewiesen, daß Julian sich in demselben Ideenkreis bewegt wie seine christlichen Gegner 11 • Man könnte versucht sein, das von Julian behauptete Dreiweltensystem mit der christlichen Dreieinigkeitslehre in Verbindung zu setzen; aber der Parallelismus zwischen den beiden ist doch ziemlich ungenau 12. Insofern stimmen jedoch beide miteinander überein, als sowohl bei Julian wie im ersten Kapitel des Johannesevangeliums aus dem obersten Gotte ein Vernunftprinzip - der denkende Helios und der Logos -
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abgeleitet wird, das alles geschaffen oder jedenfalls mit seinen Gaben gesegnet hat. Wie der Logos im Johannesevangelium von Anfang an bei Gott war und selbst Gott war, so war auch nach Julian Asklepios von Anfang an bei Helios. Und auch was Julian über das Licht ausspricht, das er mit der Vernunft parallelisiert, findet eine Parallele im Johannesevangelium. Nur darf man nicht annehmen, Julian habe seine Philosophie einfach aus der christlichen Religion, in der er ja erzogen war, geschöpft; sie hat vielmehr ihre Wurzeln im Neuplatonismus. Obgleich Julian nur an wenigen Stellen die Michrasreligion di rekt erwähnt, soll doch deren i\hnlichkeit mit dem Christentum kurz berührt werden. Wie Christus ist Michras Vermittler zwischen Gott und Menschen 13, aber daneben tritt auch Helios als Sohn des Mithras und als Vermittler zwischen diesem und den Menschen auf. Es waltet also in der Mithrasreligion eine gewisse Unklarheit, in sofern als es auch vorkommt, daß der höchste Gott als "der große Gott Helios Mithras" bezeichnet wird: "der Vater und der Sohn sind eins" 14. Die Verbindung der sekundären Götter mit dem König Helios drückt Julian auch durch Worte aus, die an die Formulierung er innern, wodurch man von christlicher Seite das Rätsel der Dreieinig keit zu lösen versucht hat. Es heißt, daß die Götter ohne Ver mischung mit Helios zu einer Einheit verbunden sind und ohne Teilung in Fülle um ihn versammelt sind, Worte, die an einen wohlbekannten Passus des Athanasianischen Symbols anklingen 15• Die zweite Rede, in der Julian seine Philosophie vorträgt, ist die Rede auf die Göttermutter. Sie unterscheidet sich insofern von der Rede auf den König Helios, als die Lehre von den drei Welten keine Rolle hier spielt (wenn sie nicht vorausgesetzt wird); aber auch hier legt Julian auf die segensreiche Tätigkeit der Sonne ein bedeutendes Gewicht. Er geht aus von dem Mythus vom schönen Jüngling Attis, der am Ufer des Gallosflusses ausgesetzt war, wo die Göttermutter, die von Liebe zu ihm ergriffen war, mit ihm zu sammmentraf. Er wurde ihr aber untreu, begab sich in eine Höhle, wo er sich mit einer Nymphe in Liebe vereinigte. Als seine Untreue angezeigt wurde, floh er in den Wald, entmannte sich unter einer Föhre und starb, wodurch er wieder zur Göttermutter zurückge-
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führt wurde. Dem Attis zu Ehren wurden große Feste gefeiert, die Julian besdueibt; u. a. wurde eine heilige Föhre gefällt, und nach dem man den Tod des Attis bejammert hatte, feierte man seine Rückkehr zur Göttermutter durch ein Freudenfest. Diesen Mythos und die daran geknüpften Feste erklärt nun Julian in allegorischer Weise. Unter Attis versteht er die Kraft des dritten Schöpfers, d. h. der Sonne, die von den Sternen bis zur Erde heruntersteigt und alles erzeugt; Attis bedeutet also die Sonnenstrahlen. Durch seine Vereinigung mit der Materie schafft er das Leben. Der Gallosfluß, den die Göttermutter ihn zu über sdueiten verbot, ist die Milchstraße. Die Nymphe, mit der er sich vereinigte, ist zwar nicht die Materie selbst, aber die körperlose Ursache, die der Materie übergeordnet ist. Was ist aber die Götter mutter? Sie ist die Quelle der denkenden und schaffenden Götter, Gattin des Zeus, eine Jungfrau ohne Mutter und wahrhaftig aller Götter Mutter (eher als die heilige Jungfrau, die die Christen als "Mutter Gottes" verehrten); die Göttermutter ist also in der Tat mit dem obersten Prinzip, das uns aus der Rede auf den König Helios bekannt ist, identisch. Durch seine Selbstentmannung macht Attis der "Maßlosigkeit" ein Ende und vollzieht die "Begrenzung", wodurch er zur Göttermutter zurückgeführt wird. Nun behauptet Julian aber schließlich, daß das Hinabsteigen des Attis in die Höhle nicht gegen den Willen der Götter und ihrer Mutter statt gefunden habe; Zweck des Hinabsteigens sei vielmehr, das Irdische nach oben emporzuheben. Auch für die Zeremonien des Festes gibt Julian seine Erklärungen. Es findet an der Tag- und Nachtgleiche statt, wo die größte Be grenzung eintritt - denn das Gleiche ist begrenzt -, und zwar im Frühling, wenn die Sonne sich uns nähert. Das Fällen der heiligen Föhre ist ein Symbol der Entmannung; nachher klingt die Trom pete, die nicht nur für Attis, sondern für uns alle, das Signal .zur Rückkehr in den Himmel gibt. Am Ende folgt das Freudenfest (die "Hilarien"), wodurch die Erlösung des Attis gefeiert wird. Nun betont aber Julian, daß das, was Attis erlebt, nicht ein einmaliges Ereignis ist; es wiederholt sich vielmehr, und sein Schick sal ist allgemeines Vorbild für die Menschen, die alle dem Ruf der Trompete folgen und zum Begrenzten, zum Einen, aufsteigen soll-
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ten. Man sieht, daß Julian auch in dieser Rede Gedanken Ausdruck gibt, die mit den von der christlichen Theologie vorgetragenen verwandt sind, ohne daß wir doch genötigt sind anzunehmen, er habe sie seinen christlichen Gegnern einfach entlehnt 16. Wenn Attis als eine Personifizierung der Sonnenstrahlen aufzu fassen ist, drückt Julian also auch in dieser Rede seine Ehrfurcht vor der Sonne aus. Immer war er ein Verehrer der Sonne. Schon in seiner Kindheit, lange vor seinem "Abfall", war er von einer hef tigen Sehnsucht nach den Strahlen der Sonne ergriffen und richtete seine Gedanken auf das ätherische Sonnenlicht 17; die Sonne war ihm der "Heiland", der - wie Homer sagt - alles sieht 18. Man könnte meinen, es hätte dem kaiserlichen Philosophen Schwierigkeit gemacht, seine anscheinend wissenschaftliche Philo sophie mit der volkstümlichen Religion zu vereinigen. Er macht sich die Sache in der Weise zurecht, daß er die zum Teil wider sinnigen Mythen als Symbole betrachtet, die den Laien genügen müssen, während die feineren Geister sich eben durch den Wider sinn der Mythen veranlaßt sehen, die darunter versteckte Wahr heit zu suchen und zu finden, was ihnen auch mit Hilfe der Götter möglich ist 19• Eine hiermit nahe verwandte Theorie finden wir bei den christlichen TI1eologen, namentlich Origenes, die den buchstäblichen Sinn der Bibelworte von dem wahren und tieferen unterscheiden 2o. Julians praktische Reformarbeit zerfällt in zwei Teile: erstens seine Maßnahmen gegen die Christen, und sodann seine positiven Bestrebungen für die Reformierung des Heidentums. Viel bespro chen ist die Verordnung, wodurch bestimmt wird, daß, wer als Lehrer in Rhetorik und Literaturkunde auftreten wollte, einer Genehmigung der städtischen Behörden bedürfe, wobei nicht allein auf seine Fähigkeiten, sondern auch auf seine moralischen Eigen schaften zu achten sei; und zwar behielt der Kaiser sich vor, in solchen Fällen selbst die endgültige Entscheidung zu treffen. An sich bedeutet diese Bestimmung nur, daß das höhere Unterrichtswesen unter öffentliche Kontrolle gestellt wurde, was wir nicht als unbillig betrachten dürfen; aber daß Julian hiermit auch den weiteren Zweck verfolgte, den Christen den Zugang zum Lehramt zu ver sperren, geht aus einem erläuternden Schreiben 21 des Kaisers deut-
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lieh hervor, in dem er es als moralisch verwerflich bezeichnet, wenn jemand etwas lehrt, was seinen eigenen Überzeugungen wider spricht; die Christen sollten sich also davon fernhalten, die Werke der alten Schriftsteller zu erklären, die an die Götter Griechenlands glaubten, und vielmehr die Evangelien des Matthäus und Lukas erläutern. Man hat diese kaiserliche Verordnung sehr verschieden beurteilt. Die christlichen Schriftsteller wie Gregorios von Nazianz und die Kirchenhistoriker Sokrates, Sozomenos und Theodoretos verdam men sie mit großer Heftigkeit und stellen die Sache so dar, als ob Julian den christlichen Jünglingen verboten hätte, die Schulen zu besuchen, in denen die altgriechische Literatur gelehrt wurde, ob gleich der Kaiser in dem genannten Schreiben ausdrücklich erklärt, es sei den jungen Leuten, die es wünschen, gestattet, jene Schulen zu besuchen 22• Aber auffallend ist es, daß auch ein heidnischer Histo riker, Ammianus Marcellinus, mit großer Schärfe die Verordnung als unbillig verurteilt. Dabei ist aber zu bemerken, daß er an den beiden Stellen, wo er die Sache erwähnt, sich über den Inhalt der Verordnung so unklar ausdrückt, daß es auch möglich ist, deren Worte in dem Sinne zu erklären, daß es den Lehrern verboten wird, den Christen Unterricht zu geben 23, In neuerer Zeit beurteilt man die Verfügung des Kaisers wesent lich günstiger. Es kommt zwar vor, daß man sie als "einen brutalen Versuch, die Wissenschaft im Dienste der Politik zu benutzen" kennzeichnet 24, und man muß auch zugeben, daß die Verordnung indirekt den Christen verbietet, die altgriechische Literatur zu studieren, weil sie es nicht über sich gewinnen könnten, die Schulen der Heiden zu frequentieren 2•. Aber vom Standpunkte Julians aus ist seine Verfügung leicht verständlich. Er betrachtete die griechischen Literaturwerke, z. B. die Homerischen Gedichte, als Religionsurkunden, deren Erklärung nur solchen Lehrern anver traut werden durfte, die selbst in einem positiven Verhältnis zur alten Religion standen - ganz wie man jetzt in christlichen Län dern gewöhnlich an die Religionslehrer die Forderung stellt, daß sie selbst des christlichen Glaubens teilhaftig sind 26• Julians eigener religiöser Standpunkt war äußerst konservativ. Er eiferte gegen jede Neuerung, namentlich im Verhältnis zu den
Kaiser Julian als Philosoph Göttern !7, er übernahm die Würde als
Pontifex maximus
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teiligte sidl persönlidl an den Opferungen. Ammianus Marcellinus bemerkt spöttisch, wenn er vom Perserkrieg zurückgekehrt wäre, sollte man meinen, die Odlsen würden nidlt ausreidlen, und be zeidlnet ihn ausdrücklich als abergläubisdl !8. Der Kaiser betradttete sidl selbst als Vertreter einer viel höheren Religion als der der Juden und Christen. Die Juden seien nur zum Teil gottesfürdttig; sie verehrten in der Tat einen überaus· mädl tigen und guten Gott, den auch die Griechen, wenn auch unter an derem Namen, verehrten; sie verdienten aber Tadel, weil sie die übrigen Götter vernachlässigten; die Galiläer seien aber noch viel tadelnswerter 29.
Trotz seiner Abneigung gegen die Christen trägt dodl Julian,
wie oben dargelegt ist, nicht selten Lehrsätze vor, die mit den christlidlen verwandt sind, und auch seine praktischen Verfügungen in religiösen Angelegenheiten erinnern vielfach an christliche Ver anstaltungen. Er hatte es auf eine Reformierung des gesamten Religionswesens abgesehen, und man hat mit Fug und Recht seine Bestrebungen mit der katholischen Gegenreformation des 16. Jahr hunderts verglidten 30. Namentlich zielte er auf eine Reformierung des Priesterstandes und richtete zu diesem Zweck an hervorragende heidnisdle Priester verschiedene noch erhaltene Briefe, die man als Hirtenbriefe bezeidlnet hat u. Hervorzuheben sind ein Brief an den galatisdlen Hohepriester Arsakios und ein längeres Fragment eines Briefes, dessen Adressat unbekannt ist 82• In diesen Briefen beschäftigt der Kaiser sich hauptsädtlidl mit den Pflidtten der Priester, aber spricht sich daneben audt über allgemeine religiöse Fragen aus. Die Götter, heißt es, versprechen uns allerlei Gutes nadl dem Tode; wenn sie vermöge ihrer übergroßen Kraft im stande sind, uns sdton in diesem Leben zu helfen, sollten sie dann nidlt späterhin, wenn die unsterblidle Seele abgetrennt ist, und der tote Körper zur Erde geworden ist, ihr Verspredlen an uns erfüllen können? 33 Die Forderung, die Julian vor allem an die Priester stellt, ist, daß sie Menschenliebe betätigen sollen, wodurch sie als Lohn erreichen werden, von den Göttern, die selbst mensdtenfreundlich sind, ge liebt zu werden 34• Er stellt auch die Forderung auf, die er selbst als
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paradox bezeichnet, man solle auch seinen Feinden Anteil an Kleidern und Nahrung geben und sich ebenfalls der Gefangenen annehmen und für notleidende Fremde Sorge tragen, was dadurch motiviert wird, daß alle Menschen miteinander verwandt sind 35• Die Heiligtümer der Götter und ihre Standbilder und Altäre sind der Verehrung würdig; die Standbilder sind freilich nicht mit den Göttern selbst identisch 36, aber auch nicht einfach Stein oder Holz; sie sind aber Symbole, die die Anwesenheit der Götter anzeigen, damit wir durch sie die Götter anbeten 37. Wenn auch Frömmigkeit gegen die Götter Pflicht aller Menschen ist, müssen doch an die Priester besonders hohe Forderungen gestellt werden. Die Priester sollen sich nicht nur aller schmutzigen Hand lungen enthalten, sondern auch allerlei unpassendes Gerede und plumpen Scherz meiden. Deshalb soll es ihnen untersagt sein, die Gedichte des Archilochos und Hipponax wie auch die alten Komö dien zu lesen as und sich mit der epikureischen und pyrrhonischen (skeptischen) Philosophie zu befassen 39• Sie dürfen bloß die Schrif ten solcher Philosophen lesen, die von den Göttern lehren, erstens, daß sie existieren, und sodann, daß sie für die irdischen Verhältnisse Sorge tragen und weder den Menschen noch einander Böses antun 40• Vom Theater sollen die Priester sich fernhalten; nur den heiligen Festspielen dürfen sie beiwohnen, wenn es ihnen beliebt, jedoch nicht den Jagdaufführungen, die im Theater stattfinden 41• Die Priester sollen die heiligen Psalmen auswendig lernen. Einige von diesen haben die Götter uns selbst geschenkt; andere sind von Menschen, die von Göttern inspiriert waren, gedichtet worden. Auch das Gebet dürfen die Priester nicht versäumen: dreimal am Tage, oder mindestens morgens und abends, sollen sie die Götter anbeten 42• Auf die Musik beim Gottesdienst legte Julian auch viel Wen•s. Es gibt n i diesen Verordnungen vieles, das den Anschein hat, aus dem Christentum entlehnt zu sein, und so behaupten es in der Tat manche Schriftsteller aus alter und neuer Zeit 44• Man hat auch Julians Kirchenpolitik als eine "Christianisierung des Heidentums" bezeichnet 45• Es bleibt jedoch zu beachten, daß Julians Betonung der Menschenliebe nicht spezifisch christlich ist. Seine hohe Schät zung des Priesteramtes hat er auch mit seinen christlichen Gegnern
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gemein, so daß er sogar als "eine Art Kirchenvater des Hellenis mus" aufgefaßt worden ist 48• Aber wenn er auch an seine Priester Forderungen stellt, die denen ähnlich sind, die auch an christliche Priester gestellt werden können, bestehen doch Unterschiede, die genauer darzulegen nicht nötig ist. Es ist jedoch bemerkenswert, daß Julian selbst in seinem Brief an Arsakios darauf hinweist, daß gerade die Menschenliebe gegen über den Fremden und die Fürsorge für die Gräber die "Gottlosig keit" (d. h. das Christentum) gefördert haben 47• Er weist darauf hin, daß es bei den Juden keine Bettler gibt und daß die Christen nicht nur ihre eigenen Armen, sondern auch die der Griechen unter stützen •s und findet hierin ein Motiv zur Nachahmung. Aber an einer anderen Stelle urteilt der Kaiser freilich weniger günstig über die Wohltätigkeit der Christen. Er vergleich sie mit Sklavenhänd lern, die durch Kuchen Kinder zu sich locken und sie, wenn sie sie von ihrer Heimat entfernt haben, in ein Schiff werfen und ent führen 49• Immerhin muß man sich den Parallelismus oder vielmehr die Rivalität zwischen dem heranwamsenden Christentum und der heidnischen Reaktion vor Augen halten. Von Julian wird sogar berichtet, er sei mit Plänen umgegangen, klosterähnlime An stalten, die philosophischen Studien dienen sollten, zu errimten �o. Gleichwie die damalige christlime Kirche darauf tendierte, die Entwicklung eines mächtigen Priesterstandes zu fördern, arbeitet auch Julian auf die Hebung des heidnismen Priesterstandes. Man kann sich ausmalen, wie die Verhältnisse sich entwickelt hätten, wenn das Christentum im Kampfe der Religionen unterlegen wäre. Die heidnischen Priester hätten dann vielleimt eine ähnliche Macht stellung gewonnen wie die katholische Kirche, und, wie man gesagt hat, wäre vielleicht statt einer katholischen Theokratie eine Mithrastheokratie entstanden 51• Man könnte sich auch denken, daß zwischen dem Staat und einer heidnischen Kirche ein Streit ent brannt wäre 62. Wie eben gezeigt ist, war die Macht der christlichen Kirme zu Kaiser Julians Zeit smon so groß, daß sie auf die Politik ihres Gegners einen nicht unbedeutenden Einfluß ausüben konnte, und der absolute Sieg der Kirche war nicht fern. Aber auf der anderen
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Seite darf man nicht vergessen, daß der Einfluß, den das antike Heidentum auf Christentum und Kirche ausgeübt hat, nicht weniger bedeutend ist. Von der Volksreligion hat die Kirche den Polytheismus geerbt, der in der Verehrung der Heiligen den Aus schlag gegeben hat, und die Einwirkung der altgriechischen Philo sophie, sowohl der neuplatonischen als der aristotelischen, auf die christliche Theologie ist auch genügend bekannt.
Anmerkungen 1 D. F. Strauß: Der Romantiker auf dem Throne der Cäsaren oder Julian der Abtrünnige, Mannheim 1847. t Gottfried Arnold: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie, Frankfurt a. M. 1729, Th. I, Buch 4, Cap. 1, S 1 1 ff. (S. 138 ff.). Strauß s. 5 ff. 3 Edward Gibbon: The history of the decline and fall of the Roman Empire. New ed., London 1783, IV, S. 72 ("vulgar superstition ") und 77 ("pious fraud and hypocrisy"). Strauß S. 8-10. 4 August Neander: Ueber den Kayser Julianus und sein Zeitalter, Leipzig 1812. Strauß S. 13 ff. 6 Strauß S. 19 zitiert Neander S. 170. 1 0. Seedc Geschichte des Untergangs der antiken Welt, Berlin 1911, IV, S. 241: n]ulian war durchaus kein philosophischer Kopf: so klar er seine Gründe darzulegen weiß, wo er das Christentum negiert, so ver worren und nebelhaft wird er in den Schriften, die sein positives Be kenntnis geben wollen." - A. Rzder: Julian den frafalne, Oslo 1932, S. 52: ,.Han bar sin styrke i kritikken; der viser han sig skarp og opfin som, mens han er forholdsvis svak när han skal finne de positive sider ved en sak; her er det at original tenkningsevne svikter." 7 Herausgegeben von C. J. Neumann, Leipzig 1880. 8 Obersetzt und erläutert von Georg Mau: Die Religionsphilosophie Kaiser Julians, Leipzig u. Berlin 1908 (besprochen von mir Nordisk Tidsskrift for Filologi 3. R. XVIII, S. 6 1 ff.). 1 Julian sagt ausdrücklich, daß die Planeten sich um die Sonne bewegen (Or. IV 135 A-B und 146 C-D). Man könnte meinen, er sei ein An hänger des Tychonischen Weltsystems gewesen. 10 In der Schrift gegen die Christen 200 A nennt Julian Zeus als Vater des Asklepios.
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11 Gaetano Negri: L'Imperatore Giuliano l'Apostata, 2. ed., Milano 1902, S. 195: »L'acerrimo nemico del Cristianesimo si moveva nel mede simo circolo di idee in cui si trovavano coloro ch'egli combatteva." F. Cumont: Les religions orientales dans Je paganisme romain, 2. ed., Paris 1909, S. 312: Les deux croyances opposees se meuvent dans Ia m�me sphere intellectuelle et morale." - Vgl. J. Bidez: La vie de l'Empereur Julien, Paris 1930, S. 69: "" Cette philosophie antichnhienne fut plus pareille a Ia foi nouvelle qu'elle attaquait, qu'a la religiosite ancienne qu'elle dHendait. • 12 Vgl. J. Centerwall: Julianus Affällingen, Stockholm 1884, S. 139. Paul Allard : Julien !'Apostat, Paris 1900-03, II, S. 236 f. leugnet den Zusammenhang, meint jedoch - und zwar mit Unrecht -, daß Julian einige Charakterzüge seines Helios dem Logos des Johannesevangeliums entnommen hat. u F. Cumont: Les mysteres de Mithra, 3. ed., Bruxelles 1913, 202 f. 14 Albrecht Dieterich: Eine Mithrasliturgie, Leipzig 1903, S. 68. 15 Or. IV 149 D: ötx.a ovyx.uoeooc; etc; llvooow. 157 A: neet av-cO'Y Ü!!E(llotooc; nATJihl'Vo!AEvoov xat tvoea.öii>c; ali-cqi 0\/Vl)f.l!AEvOOv. Im Atha nasianischen Symbol wird der Glaube an die Dreieinigkeit durch die Formel gekennzeichnet: »neque confundentes personas neque substantiam separantes". - Vgl. Strauß S. 25 f. 18 Paul Wendland: Die hellenistisch-römische Kultur in ihren Bezie hungen zu Judentum und Christentum, 2.-3. Aufl., Tübingen 1912, S. 180: "Es wäre leicht, diese Gedankenreihen, die in mannigfachen Varia tionen wiederholt werden, ins Christliche zu transponieren oder christ liche Parallelen dafür zusammenzustellen." 17 Or. IV 130 C. 18 Epist. 44 Herdein (11 Bidez-Cumont) 425 B: -coü navTa EqJO(lÖ>v-coc; oro-ciieoc;. Das Wort oro-ci'jeoc; fehlt bei Herdein wie in den älteren Aus gaben. - Als »Heiland" gelten ihm auch Herakles (Or. VII 220 A) und Asklepios (contra Christ. 200 B). 19 Or. V 170 A-B. l\hnlich Or. VII 216 C-D. 20 Strauß S. 64. 21 Epist. 42 H. (61 c B.-C.). 22 424 A. 23 Ammianus Marcellinus XXII 10, 7: Illud autem erat inclemens, «
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obruendum perenni silentio, quod arcebat docere magistras rhetoricos et grammaticos ritus Christiani cultores. - XXV 4, 19: lllud inclemens, quod docere vetuit magistras rhetoricos et grammaticos Christianos, ni transissent ad numinum cultum. In beiden Fällen ist es möglich, die Worte ritus Christiani cultores und Christianos als Objekt zu fassen. -
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Auch Augustinus De civ. Dei XVIII 52 sagt von Julian : Christianos liberales litteras docere ac discere vetuit; Conf. VIII 5 spricht er aber nur von docere. Chr. Bang: Julian den Frafaldne, Christiania 1881, S. 116. Gibbon IV, S. 1 1289. J. Getfcken: Kaiser Julianus (Das Erbe der Alten 8, Leipzig 1914) S. 109. 26 So schon C. Ullmann: Gregor von Nazianz, Darmstadt 1825, S. 892• Strauß S. 40. Negri S. 342 f. 27 Epist. 63 H. (89 a B-C) 453 B: XC11VO'tOfÜCl. 28 Ammianus Marcellinus XXV 4, 17: superstitiosus magis quam sa24
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crorum legitimus observator.
Epist. 63 H. (89 a B.-C.) 453 D-454 B. Centerwall S. 179. 31 Gibbon IV, S. 88. Centerwall S. 187. 3! Der Brief an Arsakios ist Epist. 49 H. (84 a B.-C.); er ist überliefert vom Kirchenhistoriker Sozomenos V 16. Das Fragment bildet nach der Ansicht von Bidez und Cumont einen Teil des Briefes an den Hohepriester Theodoros (63 H., 89 B.-C.). Diese schon von Reiske aufgestellte Ver mutung ist ausführlich begründet von J. R. Asmus in der Zeitschrift für Kirchengeschichte 16, 1896, S. 45 tf. 33 298 D-299 A. 34 289 A-B. 35 290 D-291 D. Für Fremde soll man m allen Städten Herbergen errichten (430 B). 36 Vgl. Jamblichos: De mysteriis 3, 29. 37 Vgl. Porphyrios: über die Götterbilder (bei Eusebios : Praep. evang. III7,1). 38 300 C-D. 39 301 c. 40 301 A. Dies ist ganz im Sinne Platons (Gesetze X 885 B tf.). 41 304 C-D. 42 301 D-302 A. 43 Epist. 56 H. (109 B.-C.) an Ekdikios, 442 A-C. 44 Z. B. Sozomenos : Kirchengeschichte V 16. Getfcken S. 92 tf. leugnet in den meisten Fällen die Entlehnung, aber findet doch den Vorwurf der Nachahmung zum Teil berechtigt. 45 Negri S. 219 f. 245 ff. 46 Getfcken S. 96. 47 429 D. 48 430D. 49 305 c. 29
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50 Gregorios von Nazianz Or. IV 1 1 1 und Sozomenos V 16 sprechen beide von
Hinoria IV (1955), S. l39-352.
KAISER JULIAN üBER SEINEN OHEIM CONSTANTIN DEN GROSSEN Von JosEPH VOGT Unter den frühen historischen Zeugen für Constantin den Großen nimmt Kaiser Julian eine besondere Stellung ein. Er ge hörte zur Dynastie der zweiten Flavier, hatte in seinen jungen Jahren unter den Nachfolgern Constantins schwer zu leiden und wurde von Constantius erst dann zum Caesar erhoben, als kein Mitglied der engeren constantinischen Familie mehr zur Verfügung stand. Seine .i\ußerungen über das Kaiserhaus und dessen über ragende Gestalt Constantin stammen also von einem zurückgesetz ten Verwandten, etwa so wie wenn wir Auskünfte von Kaiser Claudius über Augustus besäßen. Der Abstand von der regierenden Familie erhielt dann durch die persönliche religiöse Entscheidung Julians das Ausmaß einer tiefen Kluft. In seiner Jugend in das Christentum und gleichmäßig in die heidnische Bildung eingeführt, ergriff er herangewachsen den Glauben des späten Neuplatonismus und betrachtete als Kaiser die Wiederherstellung des Götterglaubens als seine Mission. Wenn er den Begründer des neuen religiösen Kurses ins Auge faßte, so tat er es mit dem scharfen Blick eines Revertiten. Zu alledem war er Literat, dem das geschriebene Wort mehr galt als die Tat, und Jünger einer mystischen Philosophie, der an den Werten der Tugendlehre und des Mithrasglaubens seine Maßstäbe zur Beurteilung der Macht fand. Es ist klar, daß er in ganz anderer Weise zum Kritiker Constantins berufen war als der Bischof Eusebius von Caesarea, aber auch als der Offizier und Geschichtsschreiber Ammianus Marcellinus. Die .i\ußerungen Julians über seinen Oheim erstredten sich über sechs Jahre, sie begleiten den Übergang vom Caesar zum Gegner und Nachfolger des Constantius und die damit verbundene Wand lung zum Christenfeind. Diese Lebensbahn hat das Urteil Julians
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über Constantin stark beeinflußt. Dazu kommen die Gegensätze, die durch die Situationsbedingtheit der Äußerungen und ihre Zu gehörigkeit zu ganz verschiedenen literarischen Gattungen gegeben sind. Doch läßt sich bei allem, was wir von Julian hören, eine sehr persönliche Note erkennen. Von den panegyrischen Reden auf Constantius, den Sohn Con stantins, ist die erste gegen Ende 356, die zweite im Winter 358/9 geschrieben. Beide wurden von Julian, dem damaligen Regenten Galliens, an den kaiserlichen Hof gesandt, um sich die Gunst des mißtrauischen Kaisers zu erhalten 1• Wie Themistius und Libanius, die schon vordem Lobreden auf Constantius abgefaßt hatten, folgte Julian den rhetorischen Vorschriften des ßaot.Atxo; 'Aoyo; und be mühte sich, seinen Helden als vollkommenen Herrscher darzu stellen. Nach den Eingangsworten behandelt er die edle Herkunft, die Geburt und Erziehung des Constantius, erwähnt hier in beiden Reden rühmend den Gründer des Hauses Claudius (Gothicus) und die beiden Großväter Constantius (Chlorus) und Maximianus Her culius und kommt dann auf Constantin zu sprechen. In der ersten Rede (1, 6) entwirft er von diesem ein Bild, das bei aller Anpassung an die Konvention eine Reihe persönlicher Züge aufweist. Daß Con stantin durch die Entscheidung seines Vaters und die Wahl des ganzen Heeres die Herrschaft erlangt habe, daß er, seine kriegerische Kraft bewährend, tyrannische Gewalten, nicht etwa rechtmäßige Herrschaften, niedergeworfen und so den ganzen Erdkreis gewon nen habe, das entspricht der offiziellen, von Constantin selbst aus gegebenen Version. Julian bekräftigt diese Version, indem er das Wohlwollen hervorhebt, das Constantin bei seinen Untertanen ge wonnen habe, bei den Soldaten, "die in Erinnerung an seine groß zügigen Geschenke und Gunstbeweise ihn jetzt noch wie einen Gott verehren", und bei der Volksmenge in Stadt und Land. Aus den Jahren der Universalherrschaft wird festgehalten, daß Con stantin die durch die Habsucht seines Vorgängers entstandene schwere Krisis behoben habe, indem er die Schatzkammern des Palastes öffnete und die Welt mit Reichtum übergoß. Daran schließt sich unmittelbar - offenkundig als ein Akt dieser Bereicherung und ganz positiv bewertet - die Gründung der Stadt seines Namens, die in weniger als zehn Jahren vollendet wurde und nach Rom die
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zweite Stadt des Reidtes ist. Stark betont wird daneben die fort dauernde Ehrung Athens durdt Constantin, der in dieser Stadt das Strategenamt bekleidete, dafür von den Athenern mit einer Statue bedadtt wurde, um seinerseits mit mehrfadten Getreide spenden zu erwidern. Constantinopel, Rom, Athen - mit diesen drei Namen bekundet der Redner sein Bestreben, die Städte politik Constantins als eine Synthese von Altem und Neuern zu deuten. Daß er in diesem kurzen Lebensabriß von den Kämpfen Constantins gegen die Barbarenvölker nidtts erwähnt, ist be merkenswert und hat tiefere Gründe, wie sidt zeigen wird (unten s. 227 ff.). Nadt der Verherrlidtung der Vorfahren geht Julian zum Preis der Geburt und der Erziehung seines Helden über (1, 7-1 1). Es wird als das größte Verdienst des Vaters Constantin bezeidtnet, daß er seine hervorragende Regierung in seinem Sohn förmlidt fort setzte, so daß man glauben kann, er regiere immer noch weiter (öo�Ei yoiiv exei:vo; lit>xew dotn). Ja, Constantius übertrifft seinen Vater durdt Milde und viele andere Eigensdtaften, was allerdings auf die vortrefflidte Erziehung zurückgeht, die der Vater ihm hat zuteil werden lassen. Julian rühmt zunädtst die Mutter des Con stantius für ihre edle Herkunft, Schönheit und Tugend, und die Brüder des Kaisers für ihre Waffentaten, ohne die Namen der Fausta und der Brüder zu nennen (1, 7). Von der Katastrophe der Fausta und des Crispus, der im übrigen als einer ihrer Söhne figu rierte, fehlt jede Andeutung. Dann behandelt er die einzelnen Elemente der körperlidten und geistigen Erziehung, spridtt aus führlidt von der Gymnastik und den militärischen übungen, ganz kurz nur von der rhetorisdten und literarisdten Bildung, um die Aktivität des Vaters bei der Einführung des Sohnes in die Tatwelt voll zur Geltung zu bringen (1, 9-11). Constantin hat seinen Sohn in Gallien die Kriegskunst ohne jede Gefährdung - nämlich durdt Beobadttung der Kämpfe, die die Barbaren unter sich austrugen erlernen lassen; audt an politischer Unterweisung hat es nidtt ge fehlt, so wird merkwürdig schwach angedeutet (1, 9 S. 24, 2 f.); dann hat er ihm allein das Kommando im Osten des Reidtes über tragen. So hat Constantius durdt die Einführung in aJie Fronten, Länder und Völker die Vorbereitung zu universaler Herrsdtaft
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genossen und, indem er dem Vater gehorchen lernte, die Voll endung seiner Erziehung erfahren. In dem nun beginnenden Hauptteil, der dem Lob des Constantius selbst gilt, wird Constantin nur dann genannt, wenn seine Er wähnung dem höheren Ruhm des regierenden Kaisers dient. Con stantius hat dem Erzeuger und Erzieher den Dank abgestattet nach seinem Tod oder, wie es vieldeutig heißt, "nachdem die Gottheit ihm das vorbestimmte, sehr glückliche Ende gewährt hatte" (•0 1tO"tQl 1:-ljv el!-l(lQ!.lEVTJV 'tEAEUtlJV tOÜ Öat�tOVO� �ta/,a oA.ß[av 1tUQU0)(0VtO� 1, 12), durch den Schmuck des Grabes und vor allem da
durch, daß er als einziger von den Söhnen zu dem erkrankten Vater eilte und den Toten aufs höd1Ste ehrte. Unter den Großtaten des Constantius erscheint der Sieg bei Mursa glänzender als der Sieg des Vaters, der mit unbesiegten Truppen einen unglücklichen Greis (Licinius) überwand (1, 30). Unter den Tugenden des Constantius wird die Sohnesliebe gefeiert (1, 34), die Mäßigung auf das Zeugnis des Vaters gegründet, "der dir allein, obwohl du nicht der älteste von seinen Söhnen warst, die Frage der Herrschaft und das Ver hältnis zu den Brüdern zur Regelung übertrug" (1, 37), und über dies noch auf die Tatsache, daß Constantius immerfort den Vater persönlich verehrte und öffentlich als gütigen Heros (t]eroa &yaMv) verkündete. Das ist eine betont heidnische Formulierung für die Ehrung eines Toten, der in einem christlichen Heroon ruhte. Nur weniges von dieser Verherrlichung Constantins kehrt in der späteren Rede wieder. Die .fromme Erwerbung der Herrschaft, die Erweiterung durch den Sieg über die Tyrannen, die Berufung der drei Söhne zu Mitherrschern werden erwähnt (3, 2). Dann wird für die edle Gesinnung des Constantius wieder der Vater als Zeuge angeführt, "der zwar zu seinen Nachkommen nicht besonders milde war und weniger auf die Natur als auf den Charakter gab", aber diesen untadeligen Sohn mit Vorzug liebte, wie man daraus sieht, daß er ihm den Reichsteil zusprach, den er bis dahin sich selbst vorbehalten hatte, und daß er gegen Ende des Lebens ihn, nicht den ältesten und nicht den jüngsten der Söhne, zu sich rief und ihm "das Gesamte der Herrschaft" übertrug (3, 34). Der Gesichts punkt der Rechtmäßigkeit der Regierung bestimmt ganz offen kundig die Auswahl dieser wenigen Daten, und es ist dabei vor
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allem an die Regierung des Constantius selbst gedacht, dem durch eine in beiden Reden recht unklar gehaltene Formulierung (ta neQt t�v ap)(�V xat 't'Ct ltQO� tou; aÖEA!pOU� 1, 37; tv TOÜ a\rcoxpatoeo� npa;eo>v handeln will. Aber daß der Redner diese Wendung zum Allgemei nen nahm, ist ein Symptom seiner beginnenden Emanzipation von Constantius. Dafür spricht, wie man längst gesehen hat, auch die spürbar freiere Haltung gegenüber dem Kaiser und das Anschlagen von deutlich heidnischen Tönen3. Es ist in unserem Zusammenhang bedeutsam, daß Juüan in demselben Maße, in dem er die Konven tion überwindet und zu sich selbst gelangt, auch von Constantin Abstand gewinnt. Im übrigen zeigt auch die erste Rede, wenn man sie mit dem von Julian als vorbildlich herangezogenen Panegyricus des Libanius auf Constantius und Constans vom Jahr 348 oder 349 (or. 59 Foerster) vergleicht., die besondere Haltung des Caesars gerade gegenüber Constantin. Libanius will davon wissen, daß Constantius (Chlorus) von mehreren Söhnen den geeignetSten ausgesucht und zur Herrschaft gerufen habe (59, 16) - eine Angabe, die Julian schon im Hinblick auf seinen Vater sich wohlweislich nicht zu eigen macht. Libanius spricht sehr ausführlich über Constantin (59, 18 bis 47), er bringt Einzelheiten über den Feldzug gegen Maxentius (59, 1 9 f.), er feiert die umfassende Erziehung, die Constantin seinen Söhnen zuteil werden ließ (Tfl !Jlv nQO� ßacnlel.ct� ÖlOLXTIOLV . . . 't'fl öe neo� öew6Tt'lta Myo>v xat QTitOQLXij� toxw) und schreibt die Ein führung in das königliche Wissen (ßao"lltx� bttotiJJ.lt'l) dem Kaiser selbst zu, er stellt neben die Waffenübung die Unterweisung in den Tugenden und hebt die Erfüllung mit I!EYUAO!p(>OOUV'l'} hervor (59, 36-38), er berichtet über die Heranziehung der Söhne zur Herr schaft in ihren einzelnen Stufen und über die geistige Leitung, die der Vater sich über die nach Osten und Westen geschickten Regenten vorbehielt (59, 39-47). Wenn Julian die persönliche Tätigkeit Constantins in der Erziehung des Constantius auf die Vermittlung
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der Kriegskunst beschränkt, so ist dies klare Absicht; er wollte durch sein Schweigen sagen, daß die väterliche Erziehung Wesent liches versäumt habe. Später, als er frei reden konnte, hat er Con stantin den schwersten Vorwurf daraus gemacht, daß er seine Nach folger nicht in die Staatsverwaltung eingeführt habe (unten S. 230). Im übrigen ist auch die Unterdrückung von besonderen Angaben über den Feldzug gegen Maxentius und die Nichterwähnung des allgemeinen Verhältnisses zwischen Constantin und seinen Caesares für die geistige Haltung Julians sehr aufschlußreich. Libanius hat diese Dinge, wie man wahrscheinlich gemacht hat4, im Anschluß an Eusebs Kirchengeschichte und Vita Constantini dargestellt und in diesem ganzen Passus die offizielle heidnische Version wieder gegeben. Julian dagegen übergeht, was ihm unerwünscht ist, und vermeidet es, Schriften des Eusebius direkt oder indirekt zu Rate zu ziehen. Wie sehr die Distanzierung von Constantius, seiner Politik und seiner Religion zugleich auch eine Entfernung von Constantin war, zeigt eine Kundgebung aus der Zeit des Vormarsches gegen Constan tius. Damals hat Julian in offenen Schreiben an griechische Städte, von denen uns der Brief an die Athener ganz erhalten ist 5, den pro pagandistischen Kampf gegen Constantius als den Mörder seiner Verwandten eröffnet. Im römischen Senat hat er eine Invektive gegen ihn verlesen lassen, die wegen ihrer maßlosen Schärfe die Ent rüstung der ganzen Versammlung hervorrief. Nebenher ging ein Pamphlet gegen Constantin ut novatoris turbatorisque priscarum legum et moris antiquitus recepti mit der besonderen Anklage, Constantin habe den Anfang damit gemacht, die Barbaren in hohe Stellungen zu bringen 6. Mit dieser Kampfschrift gegen Constantin, die eine lang angesammelte Erbitterung offenbarte, wurde erst klar, daß es bei diesem Feldzug nicht nur um einen Thronstreit, sondern um einen Kurswechsel ging. Die Gesetzgebung und Reichsverwal tung Constantins wurde grundsätzlich angefochten. Hier äußerte sich jener Widerspruch gegen die hellenistisch-orientalischen Ten denzen in der constantinischen Gesetzgebung, der Julian in den bald folgenden eigenen Gesetzen wiederholt zu ausdrücklicher Verwer fung von Bestimmungen Constantins geführt hat 7• Mit novator und turbator aber war deutlich genug Constantin als christlicher
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Kaiser getroffen, denn auf Neuerung und Verwirrung lauteten die alten heidnischen Beschuldigungen der Christen, die Julian bis an sein Ende wiederholen sollte 8• Nach dem Tode des Constantius hat Julian die Alleinherrsdtaft angetreten. Der neue Kurs zeigte sich sogleich in Sparmaßnahmen, Steuererleichterungen und Gesetzen zur Gesundung der Finanzen der Städte und des Reiches. Die Religionspolitik führte stufenweise über die Restitution des Götterkultes und die Unterdrückung der Christen zur Erneuerung des heidnischen Glaubens. In seinem gan zen Denken und Handeln richtete sich der Kaiser gegen die Hinter lassenschaft des Constantius, erkannte dabei aber immer klarer Constantin als den Begründer der von ihm bekämpften Welt. Ein höchst aufsdtlußreiches Zeugnis dafür ist das auch in seiner lite rarischen Form bemerkenswerte autobiographische Stück, das Julian Anfang 362 in Constantinopel seiner polemischen Rede 1t(>O; 'HQttxAttOv Kvwxov eingefügt hat8• Die Rede ist, wie auch die bald darauf folgende 6. Rede, eine vom Neuplatonismus ausgehende Invektive gegen Glauben und Gebaren gewisser Kyniker, die dem Christentum nahestanden. Heraclius hatte durch seine Götter allegorien bei Julian schweren Anstoß erregt und erfuhr nun durch die schnell hingeworfene Antwort des Kaisers eine öffentliche Ab fuhr. Den lästerlichen kynischen Reden über die Götter stellte Julian (or. 7, 227 C ff.) einen vorbildlichen Mythos gegenüber, in dem er unter Verwertung von Dio Cbrysostomus und Plutarch und in engem Anschluß an Jamblich von der göttlichen Erwählung und Sendung eines die Welt reinigenden Jünglings berichtet. Man cherlei Motive des in aller Welt bekannten Mythos von der Einkehr und Rückkehr des begnadeten Menschen sind in dieser heiligen Erzählung zusammengefaßt: die mystische Seelenreise, die Schau der Gottheit, die Obernahme des göttlichen Auftrags. Der Erwählte ist kein anderer als Julian selbst, der in der Einsamkeit den Helios schaut, sich ihm weiht und von ihm den Auftrag empfängt, die schwer leidende Herde der Menschen zu weiden. Kühn wie der ganze Anspruch dieses autobiographischen Mythos ist auch die historisch genaue Kennzeichnung der Notlage des Gemeinwesens, aus der nur das Erbarmen des Zeus durch die Berufung des Jüng lings Rettung bringen kann. In dem Bild einer ganz verderbten
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königlichen Hauswirtschaft, in dem platonische Züge begegnen, ist mit aller Schärfe das constantinische Haus getroffen: ein reicher Mann, Besitzer vieler Herden, hatte viel von seinem Vater über nommen, noch mehr selbst erworben, "da er reich werden wollte auf gerechte wie auf ungerechte Weise, denn er kümmerte sich nicht viel um die Götter". Er teilte seine Habe unter seinen vielen Nach kommen, "ohne sie irgendwie in der Vermögensverwaltung unter wiesen oder gezeigt zu haben, wie man einen derartigen Besitz, falls er noch nicht vorhanden, erwerben oder, wenn er vorhanden, erhalten könne. Denn in seiner Unbildsamkeit meinte er, die Menge (der Erben) sei hierzu an und für sich schon ausreichend. Er ver stand sich nämlich auch selbst nicht recht auf die hierfür nötige Kunst, da er sich dieselbe nicht durch Studium, sondern mehr durch eine Art von Gewohnheit und Erfahrung angeeignet hatte . . . So hatte er denn im Glauben, die Menge seiner Söhne sei ausreichend, nicht dafür Sorge getragen, daß sie gute Männer würden" (227 C bis 228 A). Nun begannen die Ungerechtigkeiten der Söhne unter einander, Mordtaten, Kriege, Unordnung. "Die von den Vorfahren erbauten Heiligtümer wurden von den Söhnen niedergerissen, nach dem ihr Vater sie schon früher vernachlässigt und der Weihdenk mäler beraubt hatte, welche, von vielen anderen abgesehen, beson ders von seinen Ahnen gestiftet worden waren" (228 C). In der allgemeinen Verwirrung wurde Göttliches und Menschliches ent weiht. Da erbarmte sich Zeus und sprach zu Helios: ". . . Bist du noch gewillt, dem anmaßenden und frechen Mann seinen Hochmut zu vergelten, dem Mann, der dich verließ und über sich, sein Geschlecht und seine Söhne diese so großen Leiden gebracht hat? Oder glaubst du etwa, wenn du ihm nicht grollst und zürnst und nicht gegen sein Geschlecht deine Pfeile schärfst, dadurch weniger Unheil über ihn zu bringen, daß du sein Haus verwaisen läßt?" (228 D). Nun wurden die Moiren gerufen und befragt, ob dem Mann geholfen werden könne, aber die Moiren wiesen auf Hosiotes und Dike, die solcher Hilfe im Wege stehen; diese aber überließen die Entscheidung ihrem Vater Zeus mit der Bitte: "Sieh zu, daß unter den Menschen der schlimme Eifer der Gottlosigkeit nicht völlig überhand nimmt" (229 AB). Darauf begann Zeus sein Ret tungswerk durch die Berufung des Jünglings.
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In dieser Kennzeichnung der Verderbnis und Verwirrung ist ganz eindeutig Constantin als der Hauptschuldige gebrandmarkt. Er hat, unwissend wie er selbst war, die Einführung seiner Erben in · die Verwaltung, überhaupt ihre sittliche Erziehung versäumt. So heftig spricht also Julian nun aus, was er in seinem Panegyricus nur durch Schweigen angedeutet hatte. Die letzte Ursache des Unheils aber sieht er in der Art und Haltung Constantins: er wollte reich wer den, ob mit Recht oder Unrecht, und er vernachlässigte die Götter. Damit hat er gegen die beiden heiligen Gebote verstoßen, von denen Julian im ersten Teil dieser Rede ausführlich gesprochen: gegen die Scheu vor den Göttern und die Achtung fremden Eigen tums. Menschen, die solche Ansichten billigen, heißt es dort gegen die christenfreundlichen Kyniker, müßte man steinigen ; sie sind schlimmer als Räuber, sie stolzieren offen einher und verwirren die allgemein anerkannten Sitten dadurch, daß sie, statt eine bessere und reinere, eine schlechtere und verabscheuungswürdige Verfas sung einführen wollen (209 B-210 D). Der novator und turbator Constantin hat also die Gesetze, "die uns von den Göttern ins Herz geschrieben sind", übertreten, er ist der Schuldige, dem Hosiotes und Dike die Hilfe verwehren. Wenn auch erst die Söhne die Heilig tümer niedergerissen haben, so hat doch er mit der Vernachlässigung der Götter den Anfang gemacht, er hat den schlimmen Eifer der Frevelhaftigkeit begründet, er hat den Helios verlassen to. Was im mer man der Erfindungsfreiheit des Mythos zugute halten mag, so viel ist sicher, daß Julian inmitten seiner Aufgabe, "alle jene Gott losigkeiten zu sühnen" und "sein Stammhaus zu reinigen", seinen Vorfahren Constantin ganz wesentlich als religiösen Frevler ge sehen hat. Wie eine folgerichtige Durchführung dieser Linie bis zum Ende mutet es an, wenn Julian in seiner letzten Äußerung über Constan tin sich nicht mehr mit den negativen Zügen der Vernachlässigupg der Götter und der Verletzung heiliger Gebote begnügt, sondern mit brutaler Offenheit ausgesprochen hat, welchem Dämon Con stantin anhing. Man kennt die Szene in seiner Satire �UJ.ttcoowv '11 KQ6vta (336 A B Hertlein), die mutmaßlich im Winter 362/3 in Antiochia geschrieben ist: Constantin, der im Olymp unter den Göttern keine Gestalt findet, der er sich anschließen kann, wendet
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sich Jesus zu, der markrschreierisdl allen Verbrechern die Reinigung durch das Taufbad verspricht, und verläßt mit seinen Söhnen die Götterversammlung. Man hat dies Zerrbild mit Recht dahin ver standen, daß Julian den Übergang Constantins zum Christentum aus dem Verlangen des Kaisers nadl einer billigen Entsühnung von seinen Verbrechen habe herleiten wollen. Es ist kein Zweifel, daß man dem verbitterten Apostaten eine soldle Insinuation, die den Kaiser und seine neue Religion in gleicher Weise verächtlidl macht, zutrauen darf. Doch ist die Rolle, die dem Kaiser Constantin in diesem Göttergelage zukommt, viel bedeutsamer, als es die ge nannte, ganz am Schluß des Ganzen befindliche Szene zunächst nahelegen mag. Die Szene selbst und der tiefernste Ausgang des Stückes, der sich sofort ansdlließt, zeigen freilich mit Klarheit, daß wir es hier nidlt mit einer gewöhnlichen Satire in der Art des Menipp, nidlt nur mit einer Götterversammlung und einem himm lischen Prozeß m i Stil des Seneca oder Lukian zu tun haben 11. Schon im Proömium hat Julian es in rührender Selbsterkenntnis ausgesprochen, daß er nicht begabt sei zu spotten, zu parodieren und zu scherzen und daß er anstelle des lustigen Spiels einen Mythos nach Platons Art bringen wolle, eine Mischung von Wahrheit und Dichtung (306 f.). Da die Erzählung auf Hermes als Urheber zurückgeführt wird, haftet ihr von Haus aus etwas von einer Offenbarung an. In der Tat erhalten wir dann in dem Phantasie bild des Göttermahls und des Aufzugs und Rangstreits der Kaiser nichts Geringeres als ein philosophisches Bekenntnis Julians 12, eine erneute Behandlung seiner großen Anliegen : des Götterglaubens, des Herrscherideals und des Abfalls von diesen hohen Werten. Mit diesen Themen ist für Julian, wie wir nun die Entwicklung seines Denkens kennen, die Auseinandersetzung mit Constantin und dem Christentum unausweichlich. So wird Constancin zwar nicht zur Hauptfigur, aber doch zu einer Figur, ohne die das Ganze seinen eigentümlidlen Sinn verlöre. Es ist seltsam, daß dieser Constantin überhaupt in diese Ver sammlung der Götter und Heroen eingelassen wird. Manche der früher erscheinenden Kaiser werden ja doch wegen irgendwelcher Fehler von Dike hinausgewiesen oder sie werden gefesselt oder in den Tartarus geworfen. Von dem "sdllimmen, rauben und un-
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ruhigen Kollegium" der zweiten Tetrarchie, mit dem Constantin ankommt, werden zwei nicht genannte Kaiser von Dike abgewehrt, Licinius wird von Minos ausgewiesen, Constantin darf überraschen derweise eintreten und sich setzen (315 D). Daß dies aus ganz be sonderen Gründen geschieht, zeigt sich später, als einige der Heroen zum Wettkampf um den Vorrang aufgerufen werden. Zu den Kriegshelden und zu dem philosophischen Herrsdter Marcus soll nach dem Vorsdtlag des Dionysos "der Vollständigkeit halber" noch ein Genußmensch geladen werden. Zeus erwidert darauf, es wäre nicht recht, daß "einer, der es nicht mit uns hält", hereinkäme, aber Dionysos findet den Ausweg, daß die Prüfung auf dem Vorplatz der Götter abgehalten wird, und läßt den Constantin rufen als "einen zwar nicht unkriegerisdten, aber der Lust und dem Genuß anhängenden Mann" (317 D, 318 A). Es steht also von vornherein fest, daß dieser Bewerber es nidtt mit den Göttern hält; er ist ganz offenkundig nur zugelassen, um durch sein eigenes Zutun seine Ver werfung herbeizuführen. Das geschieht dann auf dreifache Weise und um so nachdrück licher, als Constantin jeweils als letzter an die Reihe kommt. Die Bewerber messen sich zuerst, wie es sich bei einem Agon unter Königen gebührt, mit einem Lebens- und Tatenbericbt. Nachdem Caesar, Alexander, Octavian, Trajan und Marcus eindrucksvoll berichtet haben, kommt sich Constantin ganz klein vor. "Denn er hatte, die Wahrheit zu sagen, zwei Tyrannen gestürzt, doch der eine war unkriegerisch und weichlich, der andere elend und alters schwach, beide den Göttern und Menschen verhaßt. Seine Taten gegen die Barbaren aber waren ihm lächerlich, denn er hatte bei nahe Tribute bezahlt . . . und richtete sein Augenmerk auf die Tryphe {Üppigkeit). Diese stand fern von den Göttern am Vor platz der Selene, er war in sie verliebt und ganz mit den Augen an ihr hängend kümmerte er sieb nicht um den Sieg." 13 So werden von vornherein seine Leistungen abgewertet; seine Taten gegen die Barbaren, über die Julian in seinen Reden so vielsagend ge schwiegen hatte, erscheinen geradezu lächerlich. Er selbst aber sucht sieb, weibisch wie er ist, mit der Göttin der Üppigkeit zu trösten. Wie er dann aber doch reden muß, nimmt er - nicht ungeschickt - den Vorrang in Anspruch, indem er behauptet, daß
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gerade die Punkte, die bei seinen Vorrednern schwach waren, bei ihm besser bestellt seien. Aber dieser rhetorische Kniff wird von Silen spöttisch zunichte gemacht mit der Bemerkung, daß der Spre cher Taten vorführe, die wie Adonisgärten nur kurze Zeit grünen und dann wieder verwelken - eine Kritik, die Constantin selbst zum Erröten bringt. So hat er im ersten Gang weitaus am kläglich sten abgeschnitten. Die zweite Prüfung gilt, da die Taten (tel. nen{Hlyj.liva), vielfach vom Glück begünstigt, zur Beurteilung nicht ausreichen, den Grund sätzen (nQOULQEOEL�) der Helden. Die anderen bekennen sich zu großartigen Maximen: siegen, herrschen, gut regieren, die Götter nachahmen. Dann wird Constantin nach seinem Ideal gefragt und antwortet: "Viel erwerben, viel verschenken, den eigenen und der Freunde Begierden dienen." Wieder hat es Silen leicht, ihn zu bla mieren: "Du wolltest also ein Geldwechsler sein und wurdest, ohne es zu merken, ein Zuckerbäcker und Frisiermädcben von Beruf. Darauf deutete schon immer deine Haartracht und dein Aussehen hin, jetzt aber klagt dich deine eigene Maxime an" (335 B). Con stantin erhebt also Habsucht, Verschwendung und Sinneslust zum Prinzip; er bekennt sich zu den bösen Dämonen des qaAOXQ�IUltO� und �:ptÄi)Öovo;, die in der kynisch-stoischen Diatribe seit langem gebrandmarkt werden; nur der dritte böse Dämon, der
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Jesus sich aufhalten und allen verkünden: 'Jeder Verführer, jeder Mordbefleckte, jeder Fluchbeladene, jedes Scheusal komme zuver sichtlich hierher. Ich werde ihn mit Wasser waschen und sogleich rein machen. Und wenn er abermals derselben Schuld verfällt, so möge er an die Brust schlagen und sich vor den Kopf stoßen und er sei rein!' Der Umgang mit diesem gab ihm großes Vergnügen, und er führte auch seine Söhne aus der Versammlung der Götter heraus. Aber ihn und jene quälten die Rachegeister der Gottlosig keit mit Strafen für das vergossene Verwandtenblut, bis Zeus dem Claudius und Constantius zuliebe ihnen eine Atempause gewährte" (336 AB). Mit dieser Schlußwendung gibt Julian dem grimmigen Haß gegen Constantin, der sich in ihm angestaut hat, freien Lauf. Bei Tryphe und Asotia, schlimmen Gestalten, aber immerhin noch Figuren der hellenischen Welt,l& ist der lasterhafte Constantin noch nicht richtig untergebracht, er gehört zu Jesus - der Name muß endlim ausgespromen werden -, einem Dämon, der sich da herum treibt, um die Ausgestoßenen und die Verbrecher zu sammeln. Die Einladung, die Jesus an die Mühseligen und Beladenen gerichtet hat, ist hier parodiert und gräßlich entstellt; die Gemeinde, die sich um ihn gebildet hat, pflegt die Laster der 'tQV
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beispiellos, daß ein Caesar die Tugenden seines hödmen Herrn in einer pomphaften Rede feierte" 18. Immerhin kann man zugunsten Julians anführen, daß sein Lob, wie sich uns gezeigt hat und wie es für die Ohren der Zeitgenossen vernehmbar gewesen sein dürfte, smon die Keime seines Widersprums enthielt. Die besonderen Züge, die er dann als Augustus dem Bild des Constantin gegeben hat, sind in seiner persönlichen Anlage begründet, in der sich die sophistische Intelligenz mit einer tiefen Frömmigkeit vereinigte. Er hatte als Literat kein Organ für die große Macht und war außerstande, Con stantins Aufstieg zur Universalherrschaft und seine Verdienste um den Schutz des Reiches gerecht zu würdigen. Es mutet schulmeister lich an, wie er die von Libanius voll anerkannte Erziehung, die Constantin seinen Söhnen angedeihen ließ, kritisiert; geradezu kleinlich ist es, daß er sogar die kriegerische Leistung des Oheims herabzusetzen für nötig hält; seinen Einwand gegen die Heran ziehung von Germanen zu hohen Funktionen hat sdlon Ammian (21, 10, 8 ; 21, 12, 25) mit dem Hinweis zurückgewiesen, daß er selbst dieselbe Praxis eingeschlagen hat. Der völlige Mangel an Charme, mit dem er sich im Misopogon geradezu aufspielt, ver wehrte es ihm, in der persönlichen Gefälligkeit, in der Sinnenfreude Constantins und im Glanz seines Auftretens etwas Gutes zu erken nen. Was er in seinem Ressentiment sah, war nur Habsucht, Üppigkeit und Verschwendung. Daß es daran nicht gefehlt hat, be zeugen uns verläßliche Autoren, jedoch ist es bei Ammian (16, 8, 12) die von Constantin geduldete Habsucht der Verwandten, und beim Anonymus Valesianus (30) die Verschwendung bei der Ausstat tung von Constantinopel, was Tadel findet"· Die Exekutionen von Verwandten verdüstern ohne Zweifel das Bild Constantins aufs schwerste. Für Julian ist es charakteristisch, daß er diese Schuld Constantins mit seinem Abfall von den Göttern, mit seinem über tritt zum Christentum in eine nicht zeitliche, aber innerliche Ver bindung bringt. Die Frömmigkeit des heidnischen Gottsuchers ist es überhaupt, die das Verdikt über Constantin herbeiführt: in der Götterlosigkeit finden alle lasterhaften Züge so sehr ihre letzte Begründung, daß die Befleckung mit Verwandtenblut gar nicht mehr fehlen darf. Wie schwer Julian mit diesem Urteil über die Bekehrung Gonstaotins auch irregeht, er hat doch als religiöser
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Mensch die Glaubensfrage als das entscheidende Problem dieses Zeitalters angesprochen und als erster unter den Heiden die Regie rung Constantins als die große Wende erkannt. Das ist ein histo risches Urteil, das - mit anderen Vorzeichen - der Auffassung des Euseb entspricht. Diese Einsicht war dem frommen Heiden beschie den, der von sich sagen konnte, er betrachte die Erkenntnis der Götter als ein Gut, das er weit höher anschlage als die Herrschaft über die gesamte Barbarenwelt zusammengenommen mit dem Römischen Reich (or. 7, 222 BC). Die nachfolgenden Heiden haben keineswegs alle die geschicht liche Rolle Constantins in seiner religiösen Entscheidung gesehen. Eutrop und Aurelius Victor, der Anonymus Valesianus und der Verfasser der Epitome behalten die seit langem gebräuchliche Praxis der Heiden bei, das Christentum als historisches Phänomen zu ignorieren 20. Wahrscheinlich könnten wir Ähnliches von Ammian
sagen, wenn uns seine Darstellung der Regierung Constantins er halten wäre 21• Daß die Historia Augusta mit der Vita Numerians schließt, also vor Diocletian haltmacht, könnte, wie man vermutet hat, mit dem Wunsch des Verfassers zusammenhängen, eine Stel lungnahme zum Glaubenskampf zu vermeiden 22• Nur bei wenigen Autoren, die dem religiösen Hellenismus tiefer verpflichtet waren, hat Julian Nachfolge gefunden. Dazu gehört vor allem sein ihn lange überlebender Lehrer und Freund Libanius. In seiner wohl 386 gehaltenen Rede im:ee trov teerov argumentiert er zwar gegen die Religionspolitik des Gratian und Theodosius mit der Behauptung, Constantin habe am rechtmäßigen Götterkult nichts geändert, spricht aber mit um so größerem Nachdruck von der Entscheidung Constantins, daß es für ihn vorteilhaft sei, einen anderen Gott anzuerkennen, und verlegt diesen Entschluß in das Jahr 312: "Er führte ein Heer von Galliern gegen Rom, die die Götter bekämpf ten, zu denen sie früher gebetet hatten" (or. 30, 6 Foerster). Es ist nicht so, wie W. Seston angenommen hat23, daß erst in dieser Zeit bei den Heiden überhaupt die Auffassung aufgekommen sei, an der Milvischen Brücke habe Constantin als Vorkämpfer des Chri stentums gesiegt. Vielmehr lassen sich die Keime dieser Vorstellung schon in den Panegyrici auf Constantin aus den Jahren 313 und 320 erkennen24• Was aber Libanius betrifft, so hat er schon lange
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vor seinem Eintreten für die Tempel in einer Rede, die bald nach der Hinrichtung des Andronicus, eines hochgestellten Anhängers des Usurpators Procopius, also bald nach 366 niedergeschrieben wurde, die Meinung vertreten, Constantius habe "den Funken des Übels von seinem Vater übernommen und die Sache dann zu einer großen Flamme weitergetrieben" (or. 62, 8 Foerster), nämlich die Entehrung · der teQa und der MyoL, des Götterkults und der Bil dung. Das entspricht der julianischen Überzeugung, daß die große Wende zum Schlimmen mit Constantin eingetreten sei. Die letzten uns bekannten Vertreter dieser Anschauung waren Eunapius und der diesen als Quelle benützende Zosimus, dessen Werk uns als ein heidnisches Zeugnis wertvoll ist. Mit Begriffen und Angaben, die letztlich aus Julian übernommen und weiter gesponnen sind, hat Zosimus das Bild des umstürzlerischen, üppigen, verschwenderischen, treulosen Herrschers, also eines vollendeten Tyrannen, gestaltet, der in seiner Schuldbeladenheit sich dem Christentum zuwendet und so den Anfang der Gottlosigkeit und damit des allgemeinen Verfalls macht. Der Constantin des Zosimus ist in seinen späteren Jahren der tQUqnl ergeben (2, 32), er stürzt die guten Einrichtungen um (ta xaA.&s ')((l�Eot&ta xtv&v 2, 33), er zerstört die Sicherheit der Grenzverteidigung (2, 34), er verschleu dert die Einkünfte durch Geschenke an unwürdige und unnütze Menschen, ti]v YUQ aowt(av Tjyti:to <JllAOtll-ttClV (2, 38). Seine Treu losigkeit tritt schon in den beiden Kriegen gegen Licinius zutage (2, 18, 20), aber nach dem Erwerb der Alleinherrschaft verbirgt er seine xaxoi)�na nicht mehr. Da glaubt er, die Gottlosigkeit am eigenen Herd eröffnen zu müssen (a
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Konstruktion, gegen die Sozomenus {1 , 5) mit gewichtigen Gründen polemisiert25. Zosimus führt die Deutung Julians ganz zu Ende, indem er das wesenhafte und zeitlidte Zusammenfallen von .Ver wandtenmord und Obergang zum Christentum als aexi] t'�; UOE ßdn; verkündet. Götterlosigkeit war - darüber hat er schon in seinem Bericht über die Säkularspiele keinen Zweifel gelassen (2, 7) die Ursache des mit der Epoche Constantins beginnenden Zerfalls und der Barbarisierung des Reiches. So hat Julian in dem späten Sophisten, der beim Beginn seiner Berichterstattung über die Regie rung Julians ausdrücklich auf dessen Reden und Briefe verweist (3, 2), einen ihm blind ergebenen Nadtfolger gefunden. -
Anmerkungen 1 Zur Datierung J. Bidez, L'empereur Julien. CEuvres completes I 1 : Discours, Paris 1932, S . 3 ff., 108 ff. Ich übernehme den Text und die Zählweise dieser Ausgabe. 2 Die Kircnengeschichtsscnreiber Socr. 1, 39, 4 f. und Sozom. 2, 34, 2 berichten davon, Constantin habe sein Testament, in dem er u. a. die Tei lung der Herrschaft festlegte, dem Constantius aushändigen lassen. 3 Bide:z:, a. 0. S. 112 ff. • P. Petit, Libanius et Ia Vita Constantini, Historia 1 (1950), S. 562 ff. Durcn K. Stroheker als Herausgeber dieser Zeitscnrift erhalte ich Einblick in den Beitrag von J. Moreau [Hist. IV S. 234 ff.], der begründete Ein wände gegen Petit vorbringt, ohne aber seine These im ganzen erscnüttern zu können. 5 Bidez, a. 0. S. 210 ff. 8 Ammian 21, 10, 7 f.; J. Bidez-F. Cumont, Imp. Caes. Flav. Claud. Jul. epist.leg. poem. fragm. var., Paris 1922, Nr. 21. 7 W. Enßlin, Kaiser Julians Gesetzgebungswerk und Reicnsverwaltung, Klio 18 (1922), S. 152 ff.; Bidez-Cumont, a. 0. Nr. 118, 131. 8 R. Asmus, Julians Galiläerschrift im Zusammenhang mit seinen übri gen Werken, Progr. Freiburg i. Br., 1904, S. 13, 26. 9 Or. 7 Hertlein. Vgl. J. Geffcken, Kaiser Julianus, Leipzig 1914, S. 95 f., 155 f.; R. Asmus, Der Alkibiades-Kommentar des Jamblichos als Hauptquelle für Kaiser Julian, S. B. Heidelb. Ak. 1917, 3, bes. S. 65 ff.; J. Bidez, Julian der Abtrünnige, München 1940, S. 262 ff. - Übersetzung der Rede bei R. Asmus, Kaiser Julians philosophische Werke (Philo sophische Bibliothek 116), S. 87 ff. -
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10 Zum Vorgehen Constantins gegen heidnische Kulte und Tempel vgl. zuletzt F. Vittinghoff, Euseb als Verfasser der •Vita Constantini< Rhein. Mus. 96 (1953) S. 358 ff. - Für das in der modernen Forschung umstrittene Verhältnis des Kaisers zu Helios ist die klare Angabe Julians, Constantin habe den Gott verlassen, aller Beachtung wert. Vgl. meinen Artikel ,.Con stantinus« in Reallexikon f. Ant. u. Christ. [III 315 f., 327, 354 ff.) 11 Zum Charakter des Satura Menippea 0. Weinreich, Senecas Apocolo cyntosis, Berlin 1923, S. 8 ff.; ders., Römische Satiren (Bibliothek der Alten Welt), 1949, S. XXXVII tf., XC ff.; J. Geffcken, Studien zur griechischen Satire, N. Jbb. f. d. klass. Altertum 27 (1911) S. 393 tf., 469 tf. 11 Vgl. auch R. Pack, Notes on the Caesars of Julian, Transact. and Proc. Am. Philol. Ass. 77 (1946), S. 151 tf. 18 328 D 329 A. Ich übernehme den Text von Herdein mit Ausnahme des letzten Wortes. Nach hnd.elxtl hat Cobet eine Lücke festgestellt. Hier muß gesagt gewesen sein, daß Constantin in Verlegenheit war. Es charakterisiert ihn, daß er gerade in diesem Augenblick sich mit Tryphe einläßt, die ihn später so zärtlich aufnimmt. o-öötv �!!eh.ev a\n(il n&pt tii� vlxT}�: die Lesart lllxT}<; scheint durch den Zusammenhang ausgeschlossen, da eine so gewichtige Angabe wie die Vernachlässigung der öixT} nicht so nebenbei und nicht so unbegründet gemacht werden kann. Eben weil Constantin nicht bei der Sache ist, wird mit Betonung fortgefahren tnd lit hl>iiv xal. aÖTÖV dJtEiv Tl. - Mögen eine neue Textausgabe des Sym posion und ein Kommentar nicht mehr lange auf sich warten lassen! u Vgl. Dio Chrys. 4, 91 ff. Hier wird vom
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11 Der Anonymus >De rebus bellicis< sieht in der Münzpoitik l Con stantins die Ursache für die schwere Wirtschaftsnot seiner Zeit, der Zeit Constantius' II. Darüber S. Mazzarino, Aspetti sociali del quarto s�colo, Rom 1951 und W. Seston, Rclazioni X Congr. internaz. di Scienze Storiche VI 789 tf. N Zu diesem Verfahren vgl. Artikel .Christenverfolgung" in Real lexikon f. Ant. u. Christ. II 1 160 f., 1204. 11 Vgl. W. Enßlin, Zur Geschichtsschreibung und Weltanschauung des Ammianus Marcellinus, Klio Beih. 16, Leipzig 1932, S. 48 f. 21 J. Straub, Studien zur Historia Augusta (Diss. Bern. 1, 4) 1952, S. 138. Ober den Anfang der Historia Augusta W. Hartke, Römische Kinderkaiser, Berlin 1951, S. 326 tf. u La conversion de Constantin et l'opinion pai·enne, Rev. d'hist. et de philos. relig. 16 (1936), S. 256 tf. 14 J. Vogt, Relazioni X Congr. inte maz . die Scienze Storiche VI 739 tf. und Artikel .Constantinus• in Reallexikon f. Ant. u. Christ. [111 319 f.]. 15 Seston, a. 0. S. 258 ff.
A. j. Fenucihe, julien 1 Macellum. The Journal of Roman Studiet Vol. XLVU (19S7), pp. S3-S8. Aus dem Französischen übersetzt von Benh Schalow.
JULIAN IN MACELLUM Von A. J. FESTUGIEllE Julian hatte bekanntlich 1 eine strenge und traurige Kindheit. Seine wenige Monate nach seiner Geburt verstorbene Mutter (Misop. 352 B) hat er nicht gekannt. Im Alter von sieben Jahren (337) wurde er Augenzeuge der Ermordung seines Vaters, eines älteren Halbbruders, eines Onkels und zweier Vettern, und blieb allein übrig, mit Gallus, einem Halbbruder, der sich zu einem Roh ling entwickelte. Die Anfänge seiner Erziehung verdankt er dem Eunuchen Mardonius, der ihm eine asketische Moralvorstellung ver mittelt. Später im >Misopogon< - und dies ist einer der ansprechen den Züge Julians - preist er seinen alten Lehrer dafür, daß dieser ihn von frühester Kindheit an die Tugend gelehrt habe (Misop. 351 A ff., hier nach der französischen Übersetzung des Au tors) : Was mich anbelangt, so verbietet es mir mein Charakter, überallhin schmachtende Blicke zu richten, nur um Euch schön zu erscheinen, schön von Angesicht, nicht in der Seele. Nach Eurer Ansicht besteht die wahre Schönheit der Seele offenbar in einem ausschweifenden Lebenswandel, mein Lehrer aber hat mich gelehrt, die Augen auf den Erdboden zu richten, wenn idt zur Sdtule ging. Ich habe keiner Theateraufführung bei gewohnt, bevor ich nicht mehr Haare am Kinn als auf dem Kopf hatte, und selbst in diesem Alter geschah es dann niemals aus persönlidtem Geschmack und aus eigenem Antrieb, sondern drei- oder viermal befahl es mir, 'um Patroklus zu gefallen', der Regent, mein naher Verwandter, wie Ihr wohl wißt. Damals war ich einfacher Bürger, und aus diesem Grunde muß man wenigstens mir vergeben, denn ich liefere Euch meinen bösartigen Lehrer aus, den Ihr mit größerer Berechtigung hassen müßt als mich. Er hat midt schon damals 2 zu meinem großen Kummer gelehrt, geradeaus meines Weges zu gehen, und er ist heute der Anlaß meines Streites mit Euch. Denn er hat in meiner Seele das wachsen lassen und sozusagen in sie hineingedrückt, was ich damals selbst ablehnte; er legte es aber mit seinem ganzen Eifer hinein, als ob er wirklich etwas Wert-
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volles betriebe. Er nannte, glaube ich, das bäuerliche, ungeschlachte Wesen Würde, die Grobheit Mäßigung, den Leidenschaften nicht untertan zu sein und nicht in ihnen das Glück zu suchen, nannte er Seelenstärke. Bei Zeus und den Musen, ihr sollt wissen, daß dieser Lehrer mir oft ;agte, als ich noch ganz klein war: 'Laß dich nicht von der Schar deiner Kame raden, die ins Theater rennen, dazu verleiten, jemals diese Art Schauspiel zu begehren. Und zu den Pferderennen willst du gehen? Homer be schreibt eines auf die kundigste Weise, nimm sein Buch zur Hand und lies den Bericht von Anfang bis Ende. Du hörst die Leute von Pantomimen Tänzern erzählen? Laß sie nur, du wirst einen männlicheren Tanz bei den jungen Phäaken finden. Bei ihnen wird Phernios für dich auf der Leier spielen, und Demodokos wird dazu singen. Und auch Bäume gibt es bei Homer, von denen zu hören viel angenehmer ist, als diese Bühnen dekoration anzuschauen 3 : "In Delos sah ich einst am Apollonaltar die selbe Schönheit, den Stamm einer zum Himmel anstrebenden Palme." 4 Ebenso die bewaldete Insel der Kalypso, die Höhle der Kirke, der Garten des Alkinoos. Denke daran, du wirst niemals reizendere Deko rationen Iinden.' Soll ich Euch auch den Namen meines Lehrers nennen, und von welcher Rasse er war, um so sprechen zu können? Nun, bei den Göttern und Göttinnen, er war ein Barbar, von Geburt Skythe 5 und trug denselben Namen wie der, welcher Xerxes zum Zug gegen Griechenland überredete8• Noch dazu war er Eunuch, ein Wort, das man vor 20 Mo naten nicht müde wurde, voller Respekt immer wieder zu gebrauchen, und das jetzt als Beleidigung und Beschimpfung gilt. Er war unter dem Schutz meines Großvaters aufgezogen worden für die Erziehung meiner Mutter (Basilina) mittels der Gedichte Horncrs und Hesiods7• Einige Monate, nachdem sie mich auf die Welt gebracht hatte, als ihr erstes und einziges Kind, verstarb sie noch als ganz junge Frau und blieb so von viel Unheil verschont. In meinem achten Lebensjahr wurde ich, mutterlos, seiner Sorgfalt anvertraut. Von dieser Zeit an überzeugte er mich von diesen Wahrheiten und lehrte mich, auf meinem Weg zur Schule gerade aus zu gehen. Und deshalb trägt er die Verantwortung dafür, daß ich Euch allen hassenswert erscheine, da er selbst keinerlei andere Lebens weise kennenlernen wollte noch auch mir erlaubte, einer anderen zu folgen . . . (353 A ff.) 'Aber ist es denn nicht trotzdem möglich', werdet Ihr fragen, 'heute dieses bäurische Wesen abzulegen und zu ändern, selbst wenn man es mir dereinst anerzogen hat?' Es ist nicht möglich, denn die Gewohnheit ist, wie man sagt, eine zweite Natur, und es ist nicht leicht, gegen sie anzukämpfen. Sich von einer dreißigjährigen Praxis zu be freien, ist äußerst schwierig, besonders wenn man diese mit soviel Mühe erworben hat. Und ich bin bereits mehr als dreißig Jahre alt. 'Gut, aber
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wie kommst du dazu, selbst die streitenden Parteien anhören zu wollen und ein Urteil über abgeschlossene Verträge abzugeben? Dies hat dich dein Lehrer gewiß nicht gelehrt, da er ja überhaupt nicht wußte, daß du eines Tages herrschen würdest.' Aber gewiß doch, auch hier hat mich wieder dieser schreckliche alte Mann dazu gebracht, so zu handeln. Ihr schließt ihn also zu Recht in alle die Beleidigungen ein, die Ihr an mich richtet, denn er ist in erster Linie für meine Lebensweise verantwortlich. Ihr sollt aber wissen, daß er selbst wiederum sich von anderen hat be trügen lassen. Manche Namen sind sogar bis an Eure Ohren gedrungen, denn sie werden oft von den Komödienschreibern verspottet: Platon, Sokrates, Aristoteles, Theophrast. Dies sind die Männer, denen sich der Greis in seiner Narrheit angeschlossen hat. Als er dann in mir schon in frühester Jugend den Hang zu philosophischen Diskussionen erkannt hatte, gab er mir den Rat, ich müßte mich bemühen, besser zu werden, wenn ich in allen Dingen in Wettstreit mit diesen großen Namen treten wollte, besser nicht vielleicht als einer dieser Männer - denn nicht mit ihnen hatte ich zu kämpfen -, besser aber jedenfalls, als ich selbst bisher war. Ich ließ mich damals überzeugen, denn ich hatte keinerlei Möglich keit, anders zu handeln, und ich vermag mich nicht mehr zu ändern, selbst wenn ich oft die Neigung dazu verspüre. Dies geht so weit, daß ich mich oft selbst dafür tadle, nicht allen volle Freiheit zur Verübung jeglicher Ungerechtigkeit zuzugestehen.
Man hat sich oft darüber gewundert, daß in diesen Lehren des Mardonius jede Anspielung auf die christliche Moral fehlte, und man hat daraus schließen wollen, daß dieser alte Lehrer wahr scheinlich kein Christ gewesen ist. Danach hätte Julian von frühe ster Kindheit an eine zweigleisige Erziehung genossen, ins Christen tum wäre er durch Priester und in die Wissenschaften und die Philosophie durm den Heiden Mardonius eingeführt worden. Man muß indessen mit Seeck s beamten, daß Julian zur Zeit der Abfas sung des >Misopogon< 9 das Christentum vollständig aufgegeben hatte. Was er in sim an Gutem findet, schreibt er der antiken Ober lieferung zu. Da der Grammatiker Mardonius ihm diese Oberliefe rung als erster ersmlossen hatte, läßt Julian ihn ganz selbstver ständlim eine von der reinsten klassismen Philosophie geprägte Sprame führen. Es steht außer Zweifel, daß Julian als mristlimes Kind erzogen worden ist. Dies war in der Familie Gonstaotins eine festgefügte
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Tradition, selbst wenn man in ihr, entsprechend der Gewohnheit der Zeit, die Taufe erst ganz am Ende des Lebens empfing. Nach dem Tod seines Vaters kam der kleine Julian mit sieben Jahren unter die Vormundschaft des Bischofs Eusebius von Nikomedien, zuerst daselbst, dann in· Konstantinopel nach der Berufung des Eusebius dorthin. Und schließlich ist uns bekannt, daß er nach sei ner Verbannung mit seinem Bruder Gallus auf dem Landgut Macel lum in Kappadokien nicht nur ein christliches, sondern ein geist liches Leben führte. Sie hatten die Funktion von Vorlesern in der Kirche, was notwendigerweise ihre Taufe einschließt. Die sechs Jahre (345-351) in Macellum sind für die Entwicklung von Julians Charakter entscheidend gewesen. Vom vierzehnten bis zum zwanzigsten Jahr sind es in seinem Leben die Jünglingsjahre, im Leben des Gallus die Jahre der frühen Jugend, vom neunzehnten bis zum fünfundzwanzigsten Jahr. Der Kaiser hat später (351) in seinem >Brief an die Athener< die Umstände dieses Aufenthaltes beschrieben (271 B/D): Dies also erzählte man uns immer wieder 10 auf einem dieser Landgüter Kappadokiens, wo wir festgehalten wurden. Meinen Bruder hatte man aus seiner Verbannung nach Tralles zurückgeholt, mir hatte man als ganz jungem Burschen den schulischen Unterricht genommen. Wie soll ich diese sechs Jahre beschreiben, die wir dort auf dem Gut eines Fremden ver brachten? Man bewachte uns wie Häftlinge in einer persischen Garnison, kein Fremder kam mit uns in Berührung, keiner unser alten Freunde durfte uns besuchen. Wir waren von jedem ernsthaften Studium, von jedem Kontakt mit freien Menschen abgeschnitten, von einer erstklassigen Dienerschaft umgeben und hatten als Übungspartner nur unsere eigenen Sklaven, denn kein einziger unserer Altersgefährten kam uns besuchen oder hatte das Recht dazu.
Man stelle sim ein dieser Lebensweise unterworfenes Kind vor! Es war in dem Alter, in dem man in sim alle möglichen neue.n Fähigkeiten entdeckt, zu lieben und sich hinzugeben, und wo das Bedürfnis, sich anderen mitzuteilen, sozusagen eine Naturnotwen digkeit ist. Er verspürte dieses um so mehr, als er die mütterlimen Liebkosungen und die Wärme eines Heims hatte entbehren müssen. Nichts deutet darauf hin, daß er bis dahin wirklim unglücklim ge wesen wäre. Eusebius war aber eine angesehene Persönlichkeit und
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konnte ihm nicht viel Zeit widmen, so väterlich man ihn sich auch vorstellen mag. Und der hervorragende Mardonius war eigentlich nur da, um ihn zu bessern. Seine Suche nach Zuneigung richtete sich folglich auf Jungen seines Alters. Zunächst war er also in der Zwangslage gewesen, Freundschaften suchen zu müssen, im weite ren Verlauf seines Lebens reift er dann zu einem wirklichen Freund. Diese Freundschaften stellten für ihn die Gefühlswelt dar, die jeder Heranwachsende benötigt, und gerade zu der Zeit, da er sie am dringendsten gebraucht hätte, war sie ihm mit brutaler Gewalt ver sagt. Schon früh hatte sich Julian in die Welt der Bücher zurück gezogen. Viele Kinder sind große Leser, denn die Gesellschaft der Bücher ist für ein einsames und träumerisches Kind die ideale Zu flucht. Auch von ihnen war er nun urplötzlich abgeschnitten, gewiß nicht so, daß man sie ihm auf Befehl des Regenten verweigert hätte u, aber es läßt sich unschwer vermuten, daß dieses in Kappau dokiens Weiten verlorene castellum keinerlei Bibliothek enthielt. Dafür bietet die folgende Begebenheit einen unerwarteten Anhalts punkt. Am 24. Dez. 361, als Julian in Konstantinopel residierte, wurde Georgius, der arianisdle Bischof von Alexandrien, von der Volksmenge gelyncht und seine Bibliothek zusammen mit dem Bischofssitz geplündert. Einige Monate danach richtete nun Julian zwei dringende Briefe an Porphyrius, den obersten Finanzver walter in Alexandrien, und an Ecdicius, den Präfekten i\gyptens, mit der Bitte, für ihn diese Bücher aufzuspüren 12• In letzterem Brief bezeugt er seine Liebe zu den Büchern: "Seit meiner frühen Kindheit", so schreibt er, "bin ich ein Büchernarr gewesen" (378 A 1/2). Den Bestand der Bibliothek beschreibt er mit großer Genauigkeit (378 B 1/3): "Er hatte viel über die Philosophie, über die Rhetorik, viel auch über die Lehre der ketzerischen Galiläer." Und er schließt mit folgenden Worten: "Ich selbst kenne die Büdler des Georgius gut, wenn audl nicht alle, so doch einen großen Teil von ihnen, denn er lieh sie mir, als ich in Kappadokien war, damit ich aus ihnen Abschnitte abschreiben konnte, und anschließend gab ich sie ihm zurück" (378 C 2 ff.). Julian war also als Heranwachsender von jeder Verbindung mit seinen Lehrern und seinen Freunden abgesdlnitteo, umgeben von
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ihn bespitzelnden Sklaven, die im Solde des Kaisers Constantius standen, und er war darauf angewiesen, von einem arianiscben Priester der benachbarten Stadt Bücher zu entleihen. Fand er · nun wenigstens bei seinem fünf Jahre älteren Halbbruder Gallus etwas Trost? Ihr gemeinsames Schicksal war dazu geeignet, die beiden Knaben einander nähenubringen, und in der Tat deutet nichtS darauf hin, daß sie sich schlecht verstanden hätten. In seinem >Brief an die Athener< versucht später Julian die Verbrechen des Gallus, die er gar nicht beschönigt, zum Teil durch die schlechte Behandlung zu erklären, die ihnen unter Constantius zuteil geworden war (271 D/272 A): Von diesem Ort (Macellum) wurde ich für meinen Teil glücldidter weise, wenn auch unter großen Sdtwierigkeiten, durch den Beistand der Götter erlöst; mein Bruder aber wurde für ein grausames Schicksal, wie es selten eines gab, am kaiserlieben Hof festgehalten. Und wenn sidt in
seinem Charakter sdton ein wilder und harter Grundzug gebildet hatte, so wurde dieser durdt unsere Erziehung in den Bergen tatsäenlieb nodt sehr verstärkt. Meiner Meinung nach ist es daher angebradtt, daß audt hierfür die Verantwortung derjenige :zu tragen hat, der uns diese Er ziehung aufgezwungen hat. Die Götter haben es gefügt, daß ich aus ihr rein und ohne Schaden hervorgegangen bin, dank der Philosophie, meinem Bruder hingegen ist dieser Vorteil nicht :zuteil geworden.
Jedoch selbst wenn man annimmt, die beiden Brüder hätten sich gut verstanden, so konnte es trotzdem keine sehr enge Bindung zwischen ihnen geben, dazu waren sie zu verschieden. Als Vertrau ten wählt sieb ein jüngerer Bruder nicht immer den älteren. Julian war also einsam, und dies auch in der schwersten Krise seiner Entwicklungsjahre, der religiösen Krise. Er war ein frommes, zur Meditation, man kann fast sagen, zur Mystik neigendes Kind gewesen. Einer der schönsten Texte der Antike ist der, mit dem die >Hymne an den König Heliosc beginnt (130 C/0) : Idt bin ein Gefolgsmann des Königs Helios. Dafür habe idt in meinem tiefsten Ionern Beweise, die idt niemandem nenne. Nur folgendes kann im sagen, ohne midt einem Tadc:l auszusetzen. Seit meiner Kindheit bin ich von leidensdtafdicber Liebe zu den Strahlen des Gottes durdtdrungen gewesen, seit meinem zartesten Alter hat das Lidtt des Äthers meinen Sinn in derartige Ekstase versetzt, daß ich nicht nur meine Blicke auf die
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Strahlen der Sonne zu lenken wünschte, sondern auch mich von jedem anderen Gedanken freimachte und mich dem Leuchten des Himmels hingab, wenn ich zufällig des Nachts bei heiterem, wolkenlosem und klarem Wetter das Haus verließ. Dabei drang nicht zu mir, was man zu mir sprach, noch war ich mir meines eigenen Tuns bewußt.
Julian kam nach Macellum im Alter von vierzehn Jahren, und er führte hier alles in allem das Leben eines Novizen in seinem Kloster, unter der ordentlichen Erziehung des Mardonius, fernge halten von jeder Versuchung, so lebte er innerhalb des jungen Kle rus, nahm an den religiösen Kulthandlungen teil und las den Gläu bigen von der Chortribüne aus die heiligen Texte vor. Nun gibt es in der Pubertät bekanntlich zwei Krisen, die Krise der Sinne und die des Glaubens. Beide sind normal, sie sind bedingt durch die physische und intellektuelle Entwicklung des Menschen. Immerhin ist zu beachten, daß sie sich, abhängig von dem jeweiligen Indivi duum, auf hunderterlei Weise verschieden ausprägen. Manche Heranwachsenden erfahren die erste Krise erst später, in den Zwanzigern, andere wieder bleiben von der zweiten völlig ver schont. Sie nehmen einfach hin, und sie fahren fort, das zu tun, was sie immer geglaubt haben. Ihr kritischer Geist hat sieb nicht ent wickelt oder hat sieb zumindest nicht gegen das religiöse Problem gewendet, kurz gesagt, für sie existiert dieses Problem nicht einmal. Bei anderen, begabteren Kindern verläuft diese Zeit anders, und zwar um so mehr, je ausgeprägter ihr religiöses Bedürfnis ist. Wel ten liegen zwischen dem naiven Glauben, der rein im Gemüt ver ankerten Frömmigkeit des Kindes einerseits und dem Glauben, der Frömmigkeit des Erwachsenen. Hundert Schwierigkeiten tauchen nun auf, gerade weil jetzt der junge Mensch seine Kritikfähigkeit entfaltet und weil das Gefühl für das Göttliche jetzt viel kühler, undeutlicher und wie abwesend erscheint, das doch in sehr frühem Alter ganz natürlich und nahe schien. Diese Krise ist für viele unvermeidbar, und man könnte fast behaupten, daß es für sie nor mal ist, für eine Zeitlang 'den Glauben zu verlieren'. Die intellek tuellen Schwierigkeiten sind zahlreich, jedem bekannt und müssen daher hier nicht aufgezählt werden. Wir wollen aber immerhin Folgendes festhalten. Es ist im allgemeinen nicht ein bestimmter Punkt der Lehre, der einen Heranwachsenden schwanken läßt.
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Deshalb erscheint es sehr unwahrscheinlich, im Gegensatz zu dem, was man vermutet hat •a, daß der Arianismus des Eusebius von Nikomedien oder des Georgius von Kappadokien auf Julian irgend welchen Einfluß ausgeübt hätte. Noch dazu bezeichneten zu dieser Zeit die Orthodoxen nicht nur diejenigen als Arianer, die offen den Lehren des Arius anhingen, sondern auch alle die weitaus zahl reicheren, denen die Einheit der Kirche oberstes Ziel war und die deshalb nach einer Einigungsformel für die beiden Parteien suchten. Und schließlich soHten sich die Historiker eine ganz schlichte Frage stellen: Was hätte ein weniger als vierzehn Jahre altes oder sogar ein älteres Kind von diesen Feinheiten der homoousia und der homoiousia des Gottessohnes begreifen können? Was ihnen dem gegenüber mißfällt, woran sie Anstoß nehmen und was sie bis weilen quält, das sind metaphysische Fragen nach dem Sinn der Welt und des Lebens, das Problem des Leidens, das in der Tat von der Grundannahme eines guten Gottes aus gesehen ein Skandal ist. Es ist heutzutage ziemlich selten, daß ein Heranwachsender sich an Auslegungsschwierigkeiten stößt, denn er liest wenig in der Bibel. Man hat aber mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen 14, daß Julian sich während dieser Zeit mit ihr vertraut gemacht hat. Es ist nicht recht ersichtlich, wann er später die Zeit zu ihrer Lektüre gefunden haben soHte, und als 'Vorleser' ergab sich diese Aufgabe für ihn bereits durch seine Funktion. Daß nun die Bibel Anlaß zu Mißdeutungen in FüJJe bietet, hat die Kirche nie bestritten, so sehr, daß die römische Kirche von ihrer Lektüre abrät, wenn der Text nicht durch einen Kommentar erklärt ist. Die Kirchenväter haben für derartige Texterklärungen seit dem dritten Jahrhundert Sorge getragen, und daraus ist die allegorische Exegese entstanden 15 mit ihrem wenn auch begrenzten Wert, die so lange Zeit erfolgreich war. Daß auch Julian alle diese Ungereimtheiten, welche die Heilige Schrift enthält, nicht verborgen geblieben sind, beweist nur, daß er sie las, und zwar aufmerksam. Aber der Kern des Problems liegt nicht hier, möchte ich sagen. Wie wir oben festStellten, spielen bei der Glaubenskrise der Heran wachsenden intellektuelle Schwierigkeiten mit, und es gibt daneben andere, tiefergehende, grundlegendere Schwierigkeiten, die in der Entwicklung des religiösen Gefühls begründet sind. Julians gesam-
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tes späteres Verhalten beweist, daß er einen Glauben brauchte, ge nauer gesagt, eine Mystik, daß er leidenschaftlich danach begehrte, die Gottheit gegenwärtig zu spüren, ihr Wohlwollen, ihren Schutz, ihre Aufmerksamkeit für seine Lebensführung, ihre Anteilnahme an seinem Schicksal. Er kann zwar den Glauben, nicht aber sein Temperament wechseln. Er ist alles andere als ein Skeptiker, Welten stehen zwischen ihm und Lukian. Man hat ihn, weil er den Christen gegenüber von einer trockenen und Voltaire ähnlichen Ironie ist, mit diesem verglichen 16, jedoch sehr zu Unrecht, denn der Ursprung dieser Ironie ist ein ganz anderer. Sie entspringt bei ihm meiner Ansicht nach einer ungeheuren Enttäuschung. Ein im eigentlichen Sinne geistliches Drama hat diesem Leben seine Richtung gegeben. Julian war, wie wir oben gezeigt haben, ein zur Mystik neigendes Kind gewesen. Das Kind bewegt sich ganz ungezwungen im Über natürlichen, denn es hat überhaupt noch keine Vorstellung von der Natur. Christus, die Heilige Jungfrau und die Engel existieren für das Kind ebenso selbstverständlich wie der Ochs und der Esel, und sein himmlischer Vater ist im Sonnenstrahl, in der Blume, im Vogel. Wenn es nur eine religiöse Seele hat, findet das Kind Gott überall. Wie wir weiter dargelegt haben, ist es unausweichlich und normal, daß diese Neigung sich nach und nach verliert. Im christlichen System ist es gerecht und angemessen, daß der christliche Glaube zur Tugend erhoben wird ___: ich spreche hier als Historiker, der lediglich Tatsachen darstellt, wie Sainte-Beuve in seinem >Port Royal< -, daß der Akt des Glaubens wirklich ein menschlicher Akt ist, also von Willen und Vernunft gelenkt. Dieser Akt und die Tugend oder, wenn man so will, die Gewohnheit des Glaubens, Ergebnis einer unendlich oft wiederholten Vielzahl von Einzel akten, reichen für sich genommen gewiß nicht aus, um zur Mystik zu gelangen, aber sie sind die unerläßliche Bedingung dazu. Man muß außerdem beachten, daß in einem christlich erzogenen Kind diese Mystik in der Pubertät latent vorhanden ist. Sie wird jetzt nicht mehr denselben Charakter haben, und sie wird von nun an diese Art Hingabe erfordern, die der Akt des Glaubens erfor dert, auch der von Willen und Vernunft gelenkte. Sie erfordert die Hingabe an das Mysterium Gottes. Im übrigen ist dieses neue mystische Leben, das von nun an das eigentlich christliche ist,
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schwierig, und es läßt sich nur nach einer langen und harten Lehr zeit erreichen. Mit einem Wort, der Weg führt über das Kreuz! Gefordert wird nicht nur die Hingabe an das Geheimnis Gottes, sondern auch an die spezifisch christlichen Mysterien der Mensch werdung Christi und der Erlösung. Es versteht sich von selbst, daß es sich dabei nicht um eine rein spekulative Erkenntnis handeln darf. Das wahre Christentum ist Mystik, oder es ist nicht vorhan den, d. h., es wird gelebt und dadurch verwirklicht. Glaube, Lebens führung, Empfang der Sakramente, Askese und Mystik sind eng verbunden. Ein Heranwachsender ist zu all diesem sehr wohl befähigt. Ein Christ kann in diesen entscheidenden Jahren vom vierzehnten bis zwanzigsten Lebensjahr von der naiven und zarten Frömmigkeit seiner Kindheit zu dieser Inbrunst des Erwachsenen gelangen, die sich unaufhörlich von den Mysterien des Glaubens nährt. Eine Bedingung aber ist unerläßlich, wenn nicht ein Wunder geschieht. Das Kind braucht einen Führer, der es in jedem Augenblick unter stützt, der ihm in einem Aufklärung über sich selbst und über seine Religion gibt, ich meine damit, ihm seine Zweifel auflöst, ihm den Anteil des Mysteriums aufzeigt und es auf dem Weg zum Licht ermuntert. Es ist gut, wenn dieser Führer gelehrt ist, es s i t noch besser, sogar unerläßlich, daß er ein Apostel ist, ein Mann Gottes. Johannes Chrysostomus traf mit achtzehn Jahren Diodor von Tarsos (Socr. HE VI, 3 = PG 67, 665 B 8); Theodoret erstieg als Jüngling die Abhänge des Silpius, um sich mit dem Einsiedler Mace donius zu unterhalten (HR 1 3 - PG, 82, 1400 C 7 ff., 1409B 14 ff.). Es wird daraus deutlich, daß sich der Seele Julians kein wirklich geistlicher Mann annahm gerade zu der Zeit, als er diese Zu wendung dringend nötig gehabt hätte. Georgius von Kappadokien, der ihm Bücher lieh, war ein bloßer Abenteurer 17• Für den alten Mardonius hat Julian in seinen Schriften hochherzige Worte des Dankes gefunden. Wenn in diesen traurigen Jahren von Macellum ihm irgendein Priester väterliches Verständnis gezeigt hätte, wäre es sehr sonderbar, daß Julian, auch als Abtrünniger, darauf später nie eine Anspielung gemacht hätte, selbst wenn er dabei christliche Belehrung 'philosophisch' umgedeutet hätte. Julian war nie un dankbar.
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Das Kind blieb also sich selbst überlassen mit seinen unaufgelösten Zweifeln und allen Qualen der Pubertät. Die erste naive Inbrunst des Glaubens war vorbei, nun erwachte der kritische Geist. Er hatte übrigens von sich selbst und seinem moralischen Wert eine sehr hohe Meinung, wenigstens nach seinen späteren i\ußerungen im >Miso· pogon< ZU urteilen. Er seneint tatsächlich nicht den üblichen Leiden schaften der Jugend erlegen zu sein, nicht einmal den Versudlungen der Sinne. Ammian rühmt seine inviolata castitas und weist darauf hin, daß nach dem Tode seiner Gattin 18 'es allgemein bekannt war, daß er nie je einen Gedanken an die Liebe verschwendete' (ut . . . nihil umquam venereum attigisse eum constaret XXV 4, 2). Nach Julians eigener Aussage werfen die Einwohner Antiochiens ihm vor, daß er Ständig allein schlafe (xaitEUÖEL� ro� bttJtav vUx't{l)Q JA6VOS 345 C/D). Vielleicht ist dies die Frucht der strengen christlichen Er ziehung, die in diesen Dingen die Söhne und Enkel Constantins erhielten 18• Nun ist bisweilen das Leben stärker als die moralischen Belehrungen, ganz zu schweigen in diesem Zusammenhang von Crispus, der, Ende 306 oder 307 geboren, noch nicht unter die diristliehe Periode Constantins fällt!O, und zumindest von einem seiner übrigen Söhne, Constans, der schöne Knaben liebte!1• Julian nun konnten, schreibt Ammian, nicht einmal seine privatesten Diener je der geringsten sinnlichen Regung bezichtigen (ut ne suspi cione quidem tenus Jibidinis ullius . . . incusaretur, XXV 4, 3). Nachdem er auf diese Weise, mit Tugenden sozusagen fest ge wappnet, die gefährliche Klippe der Pubertät hinter sich gebracht hatte - Tugenden, deren er sich voll bewußt ist 2! -, war Julian nicht den Gewissensnöten des jungen Christen ausgesetzt., welcher den Versuchungen unterliegt und sie im seihen Moment als Verfeh lungen bereut. Seinen naiven Kinderglauben hatte er abgelegt, ihn aber nicht ersetzt durch eine ernstere und höhere Form des geist lichen Lebens. Sein nun geweckter kritischer Geist stieß sich an den üblichen Schwierigkeiten der Bibel, vielleimt auch an anderen. Er war sich keiner Sünde bewußt und empfand daher nicht das Be dürfnis, sich rechtfertigen zu müssen. Was konnte ihm daher noch eine Religion bedeuten, von der er nur noch die 1\ußerlichkeiten sah, die seinem Streben zum Göttlichen keinen Raum mehr bot und die ihm jetzt in moralischer Hinsicht nicht nur unnütz, sondern so-
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gar der heidnischen Weisheit unterlegen erschien? Später schildert er dann in den >Caesares<, im Jahre 361, den ausschweifenden Lebenswandel seines Onkels Constantin, der aber trotzdem seines Seelenheils gewiß ist, da er zu einer Religion übergewechselt ist, welche die Reinigung jeder Schuld ermöglicht (336 A/B): Weil Constantin für sich kein Vorbild für seine Lebensführung unter den Göttern gefunden hatte, so begab er sich zur Schwelgerei (t'Quc:pf)), als er diese nicht weit von sich entfernt bemerkt hatte; diese empfing ihn, küßte ihn zärtlich und führte ihn zur Ausschweifung (uOOO"t(Cl), nachdem sie ihn mit einem Prachtgewand in verschiedenen Farben angetan und geschmückt hatte. Und dort stieß er auch auf Christus, der sich bei ihr niedergelassen hatte und jedem Neuankömmling verhieß: .Ob Ver führer, Mörder, Gotteslästerer und Verbrecher, jeder nähere sich furcht los! Ich werde ihn mit diesem Wasser waschen und alsbald reinigen; und hat er sich erneut derselben Vergehen schuldig gemacht, so werde ich es ihm möglich machen, sich erneut zu reinigen, wenn er sich nur an Brust und Haupt schlägt." Constantin begab sich also voller Freude zu diesem, nachdem er alle seine Söhne geheißen hatte, gemeinsam die Versamm lung der Götter zu verlassen.
Diese Sprache ist gewiß abstoßend, man muß sich aber daran erinnern, daß Julian beständig, während er die >Caesares< schreibt, dem Argwohn des Regenten ausgesetzt ist, welcher eine zur Schau getragene Demut mit den abscheulichsten Verbrechen verbindet. Diese Zeit der Verdächtigungen beginnt mit seinem vierzehnten Lebensjahr (345), in dem er gesetzlich volljährig wurde, und ver schlimmert sich ab seinem 24. Lebensjahr (355), d. h. seit der Er mordung des Gallus und seiner eigenen Wahl. Julian bindet kein gefühlsmäßiges Band mehr an das Christentum, es sind persönliche Gründe, die ihn so sprechen lassen. Seine ehemalige Religion sieht er nur noch entstellt im Zerrspiegel der Untaten des Constantius, macht sie für diese verantwortlich und empfindet vor den Galiläern nur noch Abscheu. Wir wollen hinzufügen, wie man oft bemerkt hat, daß einerseits die inneren Zwistigkeiten im Schoße der östlichen Kirche kein besonders anziehendes Bild boten, die zu Christus hät ten zurückführen können, und daß andererseits seine neuen Meister und Freunde, heidnische Rhetoren und Philosophen, für die Christen nur Haß empfanden.
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Wie dem auch sei, seine Entfremdung vom Christentum scheint 351 schon unwiderruflich 23, als Julian nach Ernennung des Gallus
zum Herrscher selbst die Erlaubnis erhielt, Macellum zu verlassen und zu reisen. Seine Aufenthalte in Kleinasien, Pergarnon und Ephesos, bei den Neuplatonikern Aedesius, Chrysanthius, Eusebius und vor allem Maximus ließen ihn eine Form irregeleiteter Mystik kennenlernen, welche den Bedürfnissen seiner Seele entsprach, die unter hochmütigem Äußeren nichts von ihrer kindlichen Naivität verloren hatte. In der Folgezeit vermittelten ihm seine militärischen Erfolge in Gallien von 356 bis 361 die Überzeugung, von den olym pischen Göttern beschützt zu sein, und er faßte so immer mehr Zutrauen in seine neue Religion. Er fand Kraft bei dem Gedanken, daß die Götter ihn wegen seiner Tugendhaftigkeit zu lieben schienen.
Anmerkungen 1 Nähere Einzelheiten s. die gebräuchlichen Biographien, so P. Allard, Julien l'Apostat 1 (1906); Seeck, Untergang der Antiken Welt IV (1911), S. 205-307; E. von Borries, RE X 1 (1918), S. 26-91; J. Bidez, La vie de l'empereur Julien, Paris 1930. Seeck hat den großen Vorzug, den Originaltext der meisten alten Quellen zu bieten (IV 455 ff.), und sein Urteil scheint mir oft sehr begründet. ! Seil. 'als ich noch ganz klein war'. 3 Ich lese (351 D), wie mir auf der Hand zu liegen scheint, rroA/..!j> (noA/..a cod.) Tt(lnv6Tt(la cixouoat. Was TÖ>v ÖQWftBvwv angeht, so hat Talbot (Paris, 1863) glaube ich den Sinn erkannt. Es kann sich nicht um wirkliche Bäume handeln. Von seiten des Mardonius wäre es absurd gewesen, dem kleinen Julian die Freude an der Natur zu nehmen, die in Nikomedien seine einzige Abwechslung darstellte, vgl. Lettre 4 Bidez Cumont, 427 C (zu dem kleinen Landgut, das ihm seine Großmutter mütterlicherseits in Bithynien vermacht hatte und wo er als Kind lebte):
TOUTO EftOL ftEl(IClXi(!l XOftt�ii VE(!l itEQb�LOV eMxtL q>iATClTOV.
4 Od. VI 162 ff. 5 Skythe, d. h. sehr wahrscheinlich Gote. Vgl. z. B. I (Lobrede auf Constantius) 30 B 7 Bidez CJTQClT6nella Ta JtQOCJxCl�ftEva Toi; l:x\r6at; ev ITawvlq. (Pannonien) und Seeck IV 511 (Fußnote zu 352, 9): .Scythen ist bekanntlich die griechische Bezeichnung der Gothen." e D. h. Mardonius. Einer der Manierismen der Zeit besteht darin, Eigen namen zu vermeiden und sie durch eine undeutliche Bezeichnung oder
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eine Periphrase zu ersetzen. So unten 352 B/C vno -.:ijc; a�llJ"tOQoc; naQßt vou (Athene), und in der einzigen Lobrede auf Constantius 5 B/C i) �liv ßc.tOlAEUOUOc.t 'tWV U1t(lv"t(I)V 1t0Al<; und 5 D 112 (Bidez) i) a& ent -cqi Boozt6QQ> n6A.1c; öA.ou -coü yevouc; -coü Kwvo-cavtlwv tnwvu�toc; (Kolman tinopel), 27 B 5 i) n6A.1c; (Nisibis), 29 D 4 TOv Mc:pov heivov ov -co toü �loc; ac:plÖQU"tc.tl ßQhac; (das Kapitol), 23 c 8 6 -.:ijc; ßaQßc.t{llxijc; txt:lV'IJc; öuv&�tt:wc; YtYE�tWv (Sapor), 18 A 5 6 xawae (Maximianus Galerius), A 6 toü Tijc; olxou!tEVYJc; an6:0'1Jc; ÜQXOvtoc; (Dioklctian), 26 C 1 tqi tu{laVVQ> und 30 B 9 -coii tuQ6.vvou (Magnentius), 26 C 5 'tWV -.:uQ6.vvwv (Magnen tius und Marcellinus), 26 C 4 -.:6v 'tEWc; Ol:Qc.t"t'IJYOV und 30 B 8 -cov neeo ßu-.:l)v (Vctranio), usw. 1 Seil. er war Grammatiker bei Basilina gewesen. Die Anfangsunter weisung der Kinder bestand in Lektüre und Erklärung der Dichter. 8 Seeck IV 457: Fußnote zu 206, 1 1 . • Und die anderen Werke, in denen Mardonius erwähnt wird, vgl. Seeck a. a. 0. 10 Nämlich daß Constantius nicht für die Ermordungen des Jahres 337 verantwortlich war, sondern ausschließlich die Soldaten. 11 Wie Sceck es IV 208, 22 ff. aufzufassen scheint: "Ja, wie es scheint, wurden ihm sogar die Bücher versagt, soweit sie nicht christlichen Inhalts waren.• n Lettres 106 und 107 Bidez-Cumont. Auf dieses Geschehnis bezieht sich auch Brief 60, an die Alexandriner gerichtet. •a P. Allard I 270 ff., 287. •• P. Allard 285 ff., Seeck 208 ff. 15 Ich mcinc damit die Anwendung der allegorischen Methode, die an sich viel älter ist, auf die heiligen Texte. 11 Bidez 33 ff. S. a. Allard I 286 ff. 11 Vgl. Amm. Mare. XXII 1 1 , 3 ff. und Bidez 25. t8 Helena, Tochter Constantins mit Fausta, Schwester des Constantius. Nach Seeck IV 469 (Fußnote zu 236, 2) war sie wenigstens fünf Jahre älter als Julian. Sie wurde ihm zur selben Zeit zur Frau gegeben, als Constantius ihn zum Cäsar erklärte (6. Nov. 355). Sie lebte mit Julian nur fünf Jahre und starb 360, cf. Amm. Mare. XXI I, 5. Julian erwähnt sie nie. u Vgl. Seeck IV 50, 3 ff.: "In streng religiöser Erziehung war ihm (Constans) vor allem die Keuschheitsforderung des Christentums einge prägt worden und scheint sich in ihm bis zu einer krankhaften Scheu vor dem Weibe gesteigert zu haben.• Vgl. zu Julian Amm. Mare. XXIV 4, 27: ,Ex virginibus autem, quae speciosae sunt eaptae (bei der Einnahme von Maozamalcha auf dem Feldzug von 363) ut in Perside, ubi feminarum pulchritudo excellit, nec contrectare aliquam voluit nec videre.'
Julian in Macellum
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Vgl. Seeck I 442 (Fußnote zu 63, 25). Vgl. Seeck IV 50, und die Fußnote zu SO, 14, S. 401. n Vgl. Seeck IV 343 ff.: "Es gibt in der Literatur aller Länder und Zeiten wohl kein zweites Beispiel, daß ein Schriftsteller seine eigenen Tugenden mit solcher Breite und Selbstgefälligkeit aufzählt, wie dies Julian in seiner Streitschrift gegen die Antiodlener tut." Ammianus weist auf die Liebe zum Selbstlob bei Julian hin XXV 4, 18; vgl. auch XXII 10, 4. u Als er von Antiochien aus an die Alexandriner im November 362 schreibt (Brief 1 1 1 Bidez-Cumont), sagt Julian selbst, daß er seit elf Jahren mit Hilfe der Götter dem Weg der Heiden folge, nachdem er bis zu seinem zwanzigsten Jahr den der Christen gegangen sei (434 D 5/435 A 1): o\m UflaQl:ijat<J�& Ti;S OQ�c; Oöoii ntdt6f.ltVOI T
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J. P. C. Kent, An introducrion to rhe coinage of julian rhe Apostate (A. D. }60-}63). Numismuic Cbronicle 19 (1959), p. 109-117. Aus dem Englischen überseru von Richard Klein.
EINE EINFüHRUNG IN DIE MÜNZPRAGUNG DES JULIAN APOSTATA (360-363)* Von J. P. C. KENT Es ist bemerkenswert, daß bis jetzt so wenige Untersuchungen der Münzprägung des Julian Apostata gewidmet wurden, der all gemein als die interessanteste Persönlichkeit aller römischen Kaiser zwischen Constantin dem Großen und Justinian angesehen wird.1 Der Grund hierfür dürfte teilweise in der enttäuschenden Beschaf fenheit seiner Münztypen zu suchen sein. Läßt man die "Stier" Münzen einmal unberücksichtigt (sie bleiben einer späteren Untersuchung vorbehalten), so ist festzustellen, daß sich die Rück seiten von den herkömmlichen Abbildungen in der ersten Hälfte seiner Herrschaft in rein kriegerische Darstellungen am Ende seiner Regierungszeit verwandeln und daß sie somit wenig Möglichkeiten für eine differenziertere Interpretation übriglassen. Es ist jedoch notwendig, für die Herrschaft Julians eine zuverlässige numis matische Chronologie zu liefern. Diese Abhandlung versucht nun, die augenscheinlich reichhaltige literarische Oberlieferung mit den Münzzeugnissen in Zusammenhang zu bringen. Was die Münz prägung angeht, so sind wir auf eine recht relative zeitliche Reihen folge angewiesen. Eine absolute Datierung ist an manchen Stellen noch nicht möglich, aber weitere Forschungen könnten Anhalts punkte liefern, die bisher noch im verborgenen liegen. Indes lassen sich vernünftige Schlüsse aus dem ziehen, was bereits bekannt ist.
* Mit den Tafeln I und II.
Die
Münzprägung des Julian Apostata
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Münzsorten Die Münzprägung in der Regierungszeit Julians setzt die der letzten Jahre des Kaisers Constantius' II. unmittelbar fort. Zu den Goldmünzen zählen Solidus, Semissis und Tremissis zu l1/2 Scri pula. Es ist nicht bekannt, daß Multiple und Medaillons geprägt wurden. Das Silber besteht meist aus schweren und leichten Milia rensia - um die herkömmliche Terminologie zu verwenden - von 1/so bzw. 1!12 Pfund und der sogenannten Siliqua von annähernd 2 Gramm. Wiederum sind größere Stücke nicht bekannt. In Bronze war ein kleiner AE 3 von etwas über 2 Gramm zu Beginn von Ju lians Regierungszeit im Umlauf. Er war aber gegen Ende durch einen AE 1 von 8,5 Gramm und einen großen AE 3 von 3 Gramm ersetzt worden.
Zeittafel Das genaue Datum von Julians Augustus-Proklamation in Paris ist unbekannt; denn der üblichen spätrömischen Praxis entsprechend wurden seine Regierungsjahre von der Annahme der Caesarwürde an gerechnet (6. November 355).2 Es muß erschlossen werden durch einen sorgfältigen Vergleich zwischen dem nicht datierten Ammian bericht und dem Zeugnis des Codex Theodosianus und ist wahrschein lich auf Februar oder März 360 festzulegen.S Aber während Constan tius es rundweg ablehnte; die widerrechtliche Machtergreifung zu bestätigen 4, erkannte Julian in einer recht bedenklichen Weise die Rechte des Constantius als des älteren Augustus an und verblieb wirk lich bis zu dessen Tode bei dieser Anerkennung. In der Tat kann seine Besetzung der Balkanländer 361 nur als Anspruch auf den gesamten Reichsteil angesehen werden, der früher von Constans beherrscht wurde - also eine Erneuerung der friedlichen Teilung von 340-350. Die Regierungszeit Julians als selbsternannter Kollege des Con stantius gliedert sich in zwei Abschnitte: 1. Februar 360 bis Ok tober 361 - Julian regiert nur in Gallien (Münzstätten in Trier, Lyon und Arles). 2. Oktober bis November 361 - Besetzung von Italien und Illyricum (Münzstätten in Rom, Siscia, Sirmium und Thessalonike - Aquileia war während eines großen Teils dieser
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Zeitspanne von constantiusfreundlichen Truppen besetzt) 5• Julian feierte seine Quinquennalien in Vienne im November 360 6, aber wir können seine Vota Siliquae nicht als Grundlage für die Chrono logie dieses Abschnittes seiner Regierung heranziehen. Unglück licherweise wurde nämlich die Formel VOTISIV/MULTIS/X von ihm als Caesar in Gallien verwendet und diese mißbräuchliche Ver wendung wurde nach dem November 360 beibehalten (als sie kor rekt wurde). So findet sie sich auf Siliquae von Sirmium und auf einem Tremissis von Thessalonike (Tl. I. 18), die nicht vor Oktober 361 datiert werden können.
Münzprägung - Erste Periode (bis Oktober 361) Gold Die Goldmünzen, leicht erkennbar am bartlosen Profilporträt des Herrschers, wurden nur im Namen Julians geprägt. Typus al ler drei Münzstätten ist Gloria Reipublicae Votis/V/Multis/X (Tl. X. 1), durch die Münzzeichen unterscheiden sich diese Emis sionen von denen, die Constantius II. einschließen. Da nur in Trier Solidi mit dem Profilporträt des Constantius zu finden sind, ist es klar, daß Julian nur in seinem eigenen Namen Goldmünzen prägen ließ. Lediglich auf dem Lyoner Semissis Victoria DD NN Augg Vot/X (Tl. X. 2) und auf einem vergleichbaren Tremissis aus Arles ist an die gemeinsame Regierung erinnert. Im Hinblick auf die Vota X suscepta des Semissis und des Tremissis ist es wahr scheinlich, daß diese Münzen alle auf die Periode der Quinquen nalien (November 360) zu datieren sind; denn die Vota suscepta seiner Caesarzeit (und deshalb seines ersten Quinquenniums) wur den mit V auf den Emissionen von Arles ausgedrückt (Tl. I. 3). -
Silber
Trier: Zwei Stücke der Siliqua VOTIS/V/MULTIS/X, nur im Namen Julians geprägt, sind die einzigen Silbermünzen dieser
Die Münzprägung des Julian Apostata
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Münzstätte. Es ist wahrscheinlich, daß sie in gleicher Weise wie die Goldmünzen auf die Feier seiner Quinquennalien zu datieren sind. Lyon: Es gibt zwei Emissionen: 1 . Münzzeichen LVG, ein leichtes Miliarense (VIRTUS EXERCITUS - Tl. I. 4) und zwei Siliquae Typen a. VOTIS/XXX/MULTIS/XXXX Constantius (Tf. X. 7) VOTIS/V/MULTIS/X Julian (Tf. X. 8) b. VICTORIA - DD NN AUG Constantius und Julian (Tf. X. 5-6) Es ist unmöglich, die Vota Siliquae des Constantius auf eine frü here Periode zu datieren, trotz des Fehlens gemeinsamer Prägun gen, die in Arles gefunden wurden. Der Haupteinwand ist da.s vollständige Fehlen entsprechender Silbermünzen aus Lyon, die nur im Namen des Caesar Julian hergestellt sind. Da sie in Arles, Thessalonike und Antiochia vorhanden sind, ergibt sich, daß die Siliqua den Argenteus als gebräuchliche Silberwerteinheit bis nach Julians Regierungsantritt nicht ersetzt hat. Wir können daher die Möglichkeit einer großen gallischen Emission von 356 bis 360 aus schließen, auf deren Vorderseite der dort regierende Caesar nicht erschienen wäre. 2. P, SLVG, die Siliqua VOTIS/V/MULTIS/X nur im Namen Julians (Tl. X. 9}. Diese Emission gehört wahrscheinlieb in die Zeit der Quinquennalien, die andere in die vorhergehenden Monate. Arles: Es gibt zwei Ausgaben von Siliquae, die erste begleitet von einem leichten Miliarense VIRTUS EXERCITUM (Tl. I. 10), beide im Namen von Constantius und Julian gefertigt. a. VOTIS/XXXJMULTIS/XXXX Constantius Julian-Vorders. DN VOTISN/MULTIS/X JULIANUS PF AUG b. VOTIS/XXX/MULTIS/XXXX Constantius VOTIS/V/MULTIS/X Julian-Vorders. DN CL JULIANUS AUG oder IULIA-NUS (Tl. I. 11) Die Beteiligung des Constantius an beiden Serien läßt sich be weisen durch gemeinsame Stücke, welche beide Formen von Julians Vorderseitenlegende mit den VOTIS/XXX/MULTIS/XXXX
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Rückseiten verbinden. Vorderseitenlegenden des Constantius sind ähnlich gepaart mit VOTIS/V/MULTIS/X-Rückseiten (Tl. I. 12). Der Beweis, daß diese gerneinsame Prägung ein echtes Zeugnis einer verbundenen Ern�ssion der zwei Augusti ist und nicht auf eine bloße Weiterbenutzung gerneinsamer Stempel oder Präge formen aus Julians Caesarzeit zurückzuführen ist, leitet sich von der Aufteilung der Officinae ab. Während der Regierungszeit Ju lians als Caesar waren P und S dem Constantius zugeteilt, wäh rend T dem Julian vorbehalten war. Die leicht zu trennende Bronze dieser Periode zeigt, mit welcher Strenge die Aufteilung vorgenom men wurde. Ebenso stammen alle VOTISIV/MULTIS/X Siliquae des Caesar Julian aus der Officina T. Ähnliche Siliquae des Augustus Julian stammen aus allen drei Officinae, so daß man an nehmen kann, daß alle VOTIS/XXX/MULTIS/XXXX Stem pel der Officina T dieser späteren Periode angehören, als es keine Aufteilung der geMfifiten Art mehr gab. Da die gemeinsame Prä gung des Constantius mit V/X-Rückseiten in allen Officinae be gegnet und die des Julian mit XXXIXXXX die Officina T-Stempel einschließt, so ist damit eine gemeinsame Münzprägung sicher bewiesen. Bronze 7 Trier: Von dieser Prägestätte gibt es keine Bronzemünzen.
Lyon: Hier gibt es zwei Ausgaben von kleinen AE 3 SPES REI PUBLICE. Bisher ist nur eine bekanntgeworden mit einer Con stantius-Vorderseite. Arles: Hier gibt es zwei Ausgaben mit SPES REI-PUBLICE, geprägt im Namen von Constantius (Tl. I. 13) und Julian (Tl. I. 14 ). Sie zeigen die Rückseitenlegende des letzteren, welche der ersten Gruppe der Silberprägungen entspricht.
Die Münzprägung des Julian Apostata
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Zweite Periode (Oktober bis November 361) Gold Zwei recht seltene Gruppen von Solidi, die nur im Namen Julians geprägt wurden, sind wahrscheinlich dieser Periode zuzuweisen, eine aus Gallien und eine aus dem Balkan. Lyon und Arles: Der Solidus VIRTUS EX-ERC GALL, der in beiden Münzstätten auftaucht (Tl. I. 15), zeigt ein bärtiges Por trät und einen rohen Stil, der nicht vergleichbar ist mit irgend welchen Siliquae oder Bronzestücken dieser Orte. In Arles erscheint der Adler, der für spätere Ausgaben charakteristisch ist, und außer dem der vollständige Bildtypus, welcher eine bewaffnete, unbeklei dete Gestalt zeigt, die einen knienden Gefangenen niederdrückt und eine Trophäe hält, welche auf einem kurzen Stab angebracht ist. Diese Münzen scheinen am Anfang der langen Serie von Virtus Typen zu stehen, die später noch zu behandeln sein werden. Der besondere Hinweis auf das gallische Heer läßt die starke Vermu tung aufkommen, daß die Ausgabe geprägt wurde zur Truppen entlohnung, unmittelbar, bevor Julian in die Balkanländer aufbrac:h.8 Sirmium und 1hessalonike: Eine Besonderheit dieser Prägestätten, obwohl nur in der letzteren verhältnismäßig häufig, ist der Solidus VIRTUS EXERCITUS ROMANI, mit einer bildliehen Darstel lung wie oben (Tl. I. 16 ). Es ist unwahrscheinlich, daß solche Stücke lediglich als lokale Varianten des Typus 2 VIRTUS EXERCITUS ROMANORUM der folgenden Periode zu betrachten sind, da Münzen mit der gewöhnlichen Legende in beiden Stätten begegnen. Da die genannten Ausgaben sonst nicht auftauchen, ist es arn sinn vollsten, sie der Zeitspanne von Julians Aufenthalt in Naissus zuzuweisen o und die Legende so zu interpretieren, daß Julian die Basis der für ihn notwendigen militärischen Hilfe erweitern wollte. Man sollte wahrscheinlich dieser Periode auch den Tremissis von Thessalonike mit der Angabe VOTIS V/MULTIS X (Tl. I. 17) zu weisen, obwohl hier nur auf einen Kaiser Bezug genommen ist. Ein Stück mit einer gleichlautenden Legende, geprägt im Namen von Constantius li., gehört offensichtlich auf Grund der Angabe Vota XXXIXXXX in die Zeit von 353 bis 357.10 Es ist wahr-
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scheinlich, daß die Legende VICTORIAE DN AUG lediglich einer Gewohnheit entspricht.
Die Alleinherrschaft Julians (361 bis 363) Zeittafel Constantius II., der am 3. November 361 in Mopsukrene starb,11 ernannte auf dem Totenbett Julian zu seinem Nachfolger. Sein Tod wurde in Alexandria am 30. November bekanntgegeben 12 Julian erfuhr davon in Naissus wahrscheinlich etwas früher. Er beeilte sich jedoch, Konstantinopel in seine Hand zu bekommen, das er am 1 1 . Dezember betrat.u Sein letztes in Konstantinopel erlas senes Gesetz stammt vom 12. Mai,14 sein erstes Gesetz aus Antioc:hia vom 28. Juli.t5 Sein Marsch dorthin führte ihn über Nikomedien, Nicaea, Ancyra, Tyana und Tarsus, und er erreichte Antiochia mit ten unter den Klagerufen während des Adonisfestes, also zu einem unheilverkündenden Zeitpunkt.!& Julian trat sein 4. Konsulat am 1. Januar 363 17 in Antiochia an, das er schließlich am 5. März 18 verließ, um zu seinem persischen Feldzug aufzubrechen. Am 26. Juni 363 tt wurde er in der Schlacht getötet, sein Nachfolger Jovian wurde bereits am folgenden Tag zum Kaiser ausgerufen. Beide Ereignisse wurden in Alexandria am 19. August bekannt gegeben.2o In Gallien wird es wohl bis Ende des Monats gedauert haben, ehe man von diesen Vorgängen erfuhr.21
Münzprägung Die Münzausgaben während der Alleinherrschaft Julians kann man in zwei größere Gruppen einteilen, welche durch das Fehlen bzw. das Vorhandensein des Anfangstitels DN auseinandergehalten werden können. Die Einführung dieses Bestandteils in Julians Titu latur kann recht genau unmittelbar auf den Beginn des Jahres 363 festgelegt werden, und zwar dunh die zweite Gruppe der Solidi, welche sein Konsulat verherrlichen (Typus 7 unten). Nur auf diesen
Die Münzprägung des Julian Apostata
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Solidi ersdleint Julian bisweilen mit dem Titel ON, woraus zu schließen ist, daß sämtliche Gold- und Silberemissionen, auf denen das ON fehlt, in die Zeit von November 361 bis Januar 363 fallen, während die Silber- und Bronzeprägungen, auf denen das DN be gegnet, in die erste Hälfte des Jahres 363 gehören müssen.
Gold Die Solidi zeigen ausschließlich den Virtus Exercitus Romano rum-Typus, aber man kann hier mehrere Varianten unterscheiden : 1. Virtus, ohne Umhang, auf einen knienden Gefangenen blickend. Die Trophäe wird auf einem kurzen Stab getragen, der ent weder senkrecht steht oder leicht nach vorne geneigt ist. Dies entspricht genau den Virtus-Typen der vorangegangenen
riode. Die Stücke stammen aus
Pe
den Münzstätten Rom, Siscia,
Sirmium, Thessalonike und Antiochia. Nur in Sirmium und Amiochia sind sie verhältnismäßig häufig.
2. Wie Typus 1 , der Stab reicht hier jedoch bis zum Knie und neigt sich leicht nach hinten. Geprägt ausschließlich in Antiochia. 3. Wie Typus 2, Virtus trägt jedoch einen nach hinten flatternden Umhang und blickt rückwärts über den Kopf des Gefangenen hinweg. Geprägt in Antiochia (Tl. II. 1). Entsprechende Varian ten in Konstantinopel (Tl. I. 18) und Nikomedien zeigen den flatternden Umhang, behalten aber den nach unten gerichteten Blick und den kurzen senkrechten Stab bei. 4.
Wie Typus 3, aber Virtus trägt die Trophäe schräg über der linken Schulter, und der Gefangene duckt sich, anstatt zu knien. Geprägt in Konstantinopel und Antiochia (Tl. II. 1 ).
5. Wie Typus 4, aber der Umhang hängt senkrecht von den Schul tern. Geprägt aussdlließlich in Antiochia. 6. Der Kaiser in Vorderansicht thronend, mit der Kleidung und den Insignien eines Konsuls. Geprägt ausschließlich in Antiochia (Fig. 1).
7. Der Kaiser stehend, nach links gewandt, mit der Kleidung und den Insignien eines Konsuls. Geprägt ausschließlich in Antiochia (Tl. II. 3-4).
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Typus 1 kann nicht vor Oktober 361 datiert werden; denn Julian hatte vorher keine der genannten Münzstätten in seinem Besitz und es ist bereits gezeigt worden, daß die ausschließlich .auf den Balkan beschränkte Variante Virtus Exercitus Romani in der Tat die erste Ausgabe nach diesem Datum war. Es ist wahrschein lich, daß der Wechsel in der Legende von "Tapferkeit des römischen Heeres" - vielleicht in dem angedeuteten Gegensatz zu den "orientalischen" Truppen des Constantius - zu dem mehr all gemeinen "Tapferkeit des Heeres der Römer" nicht eher eintrat, als die vorher einander feindlichen Truppen auf Grund der Nachricht von Constantius' Tod sich vereinigt hatten. Es erscheint daher unwahrscheinlich, daß die Münzen vom Typus 1 erheblidt vor Be ginn des Jahres 362 geprägt wurden, vor allem die reichhaltigen Ausgaben in dem fernen Antiochia.22 Das übergewidtt der Münz stätte Sirmium paßt gut zu Julians bereits erwähntem Interesse für die untere Donaufront zu dieser Zeit.t3 Typus 2 erweist sidt auf Grund der Vorderseiten, die normaler weise dafür gebraudlt werden, lediglidt als eine lokale Variante des Typus 1 aus der Stadt Antiochia. Für die Datierung des Typus 3 sind die Ausgaben von Konstan tinopel und Nikomedien bedeutsam. Von Julian wird beridttet, daß er sein kaiserliches Gefolge (comitatus) entlohnte, kurz bevor er Konstantinopel verließ,24 und daß er ansehnliche Zuweisungen für den Wiederaufbau der Stadt Nikomedien leistete, welche durch das Erdbeben vom Jahre 358 zerstört worden war.25 Da die Solidi Typen 1 nidtt in Konstantinopel geprägt wurden, gehen wir wahr scheinlidt nidtt fehl, den Beginn von Typus 3 in Verbindung zu bringen mit den finanziellen Aufwendungen bei Julians Weggang nach Antiochia in den Monaten Mai-Juli 362. Die Typen 6 und 7 lassen sidt fest datieren auf den Januar des Jahres 363 durch den Hinweis auf Julians Konsulat. Der Typus 7 bildet sicherlich den Abschluß der angeführten Serien; denn er allein ist verbunden mit einer Vorderseite, welche den Titel DN trägt, und somit bleibt uns die zweite Hälfte von 362 für die Aus gabe von Typus 4 und ihre seltenere antiochenische Variante, den Typus 5. Es läßt sich im übrigen eine auffällige stilistische Ent wicklung an Julians antiochenisdtem Bildnis beobachten. Der erste
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Stil, der sich auf den Typen 1 und 2 findet, bringt ein Bild mit einem kleinen Kopf, mit feinen Gesichtszügen und einem ziemlich kurzen Bart. Mit Typus 3 verbindet sich gewöhnlich ein kühnes und grob geformtes Kaiserporträt, ein langes Gesicht und ein voller Bart. Die letzten zwei Gruppen, 4 und 5, kehren zu dem kleineren Kopf zurück, zeigen jedoch einen Mann von kräftiger Statur und wallendem Bart. Antiomenische Tremisses mit der Aufschrift VOT/XX !6 und Siliquae zeigen das Bild der zweiten und dritten Art. Stücke mit einer langen Legende (Votis - Multis) haben die zweite Art, während die dritte Art eine kurze Legende besitzt (Vot - Mult; Tl. II. 13). Es gibt natürlich eine Anzahl von Obergangs bildnissen und mancherlei Hinweise, daß alte Rückseiten-Präge stempel bisweilen weiter benützt, aber mit späteren Porträts ver bunden wurden. Silber
Vota Siliquae und ihre Datierung: Eine der nicht erklärbaren Besonderheiten in Julians Chronologie ist der Wechsel in seinen Vota von V/X zu X/XX während seiner Alleinherrschaft. Das späteste Stück, welches die alte, korrekte Zählung trägt, ist ein Tremissis aus Thessalonike (Tl. I. 18). Die frühesten, sicher datier baren Emissionen mit der neuen Votaangabe sind die Siliquae aus Antiochia, welche dem Typus 4 der Solidi aus der zweiten Hälfte des Jahres 362 (Tl. II. 13) entsprechen. Eine tatsächliche Feier ist bezeugt durch Ausgaben aus Lyon, bei welchen V/X und X/XX Siliquae die gleichen Stempel aufweisen (Tl. II. 5-6). Die zahlrei chen X/XX aus Lyon und Antiochia, auf welchen der Titel DN fehlt, beweisen, daß die Votaangabe sich im Verlauf des Jahres 362 än derte. Es gibt jedoch keinen direkten Hinweis darauf, ob der Wech sel während Julians Aufenthalt in Konstantinopel oder in Antiochia eintrat. Der Grund der neuen Zählung ist unklar, da sie weder zu seinen Jahren als Caesar noch als Augustus paßt. Ich frage mich, ob er seine Zählung nicht an die des Constantius angepaßt hat, dessen vierzigstes Regierungsjubiläum - bei gebräuchlicher Zählweise in den Monaten Oktober/November hätte gefeiert werden müs sen.27 Ein solcher Anschluß an die Zählung des Constantius würde
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die Kontinuität jener Serien garantieren, womit Julian bei seinem fünfjährigen Jubiläum das außerordentlich wichtige Heer des Ostens entlohnte, und zugleich die Einheit der Herrschaft mit sei nem Vorgänger dokumentieren. Die Wahl der Vota X/XX wäre somit zwar willkürlich, aber erklärlich; denn wenn man die Not wendigkeit für ein neues Jubiläum als gegeben annimmt, dann gab es keine andere Wahl als die Numerierung zu erhöhen. Stimmt man dieser Hypothese zu, so kann man diesen vorgezogenen Decen nalien die Virtus Solidi-Typen 4 und 5 zuweisen, die antiochenischen Sub-Multiplen, sämtliche antiochenische Silbermünzen sowie die Siliquae aus Lyon, welche die Aufschrift VOTIV/MULT/X und VOT/X/MULT/XX tragen, jedoch ohne den Titel DN. Lyon: Hier gibt es Siliquae-Emissionen mit der Votaangabe V/X, welche zu trennen sind von denen, die zu Beginn der Regie rungszeit Julians herauskamen, und zwar auf Grund des massigen Kaiserporträts und wegen einer Prägestempel-Verbindung mit den X/XX-Ausgaben, die von der zweiten Hälfte des Jahres 362 an zu datieren sind, wie ich es aus ihrer zeitlichen Reihenfolge in Anciochia gezeigt habe. Diese Stücke mit ihrer charakteristischen Verkürzung VOT (für VOTIS) beweisen, daß es einen bestimmten Zeitpunkt gab im Wechsel von den niedrigeren zur höheren Zäh lung. Die meisten dieser Siliquae haben die frühere Vorderseite ohne DN (Tl. I. 5-7), aber die letzte Ausgabe, geprägt in zwei Officinae, umfaßt auch einige wenige Stücke mit der späteren Form (Tl. 11. 8). Diese Lyon-Prägung kann auf die Zeit Oktober 362/ Januar 363 datiert werden. Arles: Wenn die Siliquae aus Lyon gerade bis an das Jahr 363 heranreichen, könnte es so aussehen, daß in Arles die späteren Silbermünzen nicht vor diesem Jahr begannen und bis zum Ende der kaiserlichen Regierungszeit reichten. Siliquae ohne DN scheinen irregulär zu sein (Tl. II. 9), nur die späteren Vota X/XX sind auf ihnen vorhanden. Typische Münzen dieser Ausgabe mit dem Titel DN zeigen den Adler an der Spitze eines Kranzes (Tl. Il. 10}, in ihrem Gefolge gibt es leichte Miliarensia des VIRTUS EXERCI TUS-Typus (Tl. II. 11). Einige wenige Siliquae zeigen ein mehr rundes Kaiserporträt und lassen den Adler weg (Tl. II. 12). Sie sind sicherlich spät und leiten über zu den ersten Emissionen Jovians
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Die Münzprägung des Julian Apostata
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(Tl. li. 17). Vota Siliquae aus Konstantinopel tragen außerdem den Titel DN (Tl. II. 14) und fallen somit in die erste Hälfte des Jahres 363. Sie finden ebenfalls eine direkte Nachfolge durch eine Prägung für Jovian. Bronze Eine sehr seltene Emission von kleinen AE 3- oder AE 4-Stücken wurde in Rom mit der Bilddarstellung und der Legende von Ty pus 3 des Virtus-Solidus hergestellt (Tl. I. 19). Die genaue Lesart ist nicht klar, aber der Typus und die Vorderseite ohne DN sind ein Hinweis, daß sie in das letzte Viertel des Jahres 361 gehören. Sie sollten vielleicht in Beziehung gesetzt werden zu der Produktion des MONETA AUG Bronzemedaillons. Alle übrigen Bronzemünzen scheint man unmittelbar auf das Ende von Julians Regierungszeit festlegen zu können; denn in beiden Einheiten tragen sie stets den DN-Titel. In Arles weist fer ner die Vorderseite einige Varianten auf, welche denen der X/XX Siliquae entsprechen. Es gibt nur zwei Typen - den Stier (SECURITAS REIPUB) auf den AE 1 (Tl. II. 15) und die Angabe VOT/X/MULT/XX auf den AE 3-Stücken (Tl. II. 16). Die Ent deckung eines Apisstieres in .i\gypten gegen Ende 362 legt die Möglichkeit nahe, daß der AE 1-Typus auf diese Erscheinung an spielt. Ich habe jedoch bereits Gründe vorgebracht, welche daran zweifeln lassen,28 und es ist offensichtlich, daß das Hauptinteresse der Bronze- wie der Silberprägungen auf den vorweggenommenen Decennalien vom Ende des Jahres 362 liegt.
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Anmerkungen 1 P. H.
Webb: The coinage of the reign of Julian the Philosopher, NC 191 235. G. Eimer: Die Kupfergeldreform unter Julianus Philosophus, NZ 1937 25 geht sehr ins einzelne, ist aber nicht immer zuverlässig. A. Alföldi: A Festival of Isis in Rome under the Christian Emperors of the IV'h Century, Budapest 1937, handelt von den vota publica, von den Isis- und Serapisbronzen und zeigt, daß sie nichtoffizielle Produkte der Münzstätte von Rom sind und daß die Mehrzahl von ihnen nicht aus der Regierungszeit Julians stammt. Auf sie wird in dieser Untersuchung nicht eingegangen. 2 Amm. XV 8, 17. ILS 753 zeigt, daß seine Kaiserbegrüßungen von seiner Caesarzeit ab gezählt wurden. 3 Er war noch in den Winterquartieren (Amm. XX 8, 2). 4 Amm. XX 9, 4. Julian ad Ath. 285 D; ep. 9 (382 C). 5 Amm. XXI 11, 1-12, 20. Obwohl er sich ständig als Befreier von der Tyrannei präsentiert (ILS 750 bis 752; Jul. ad Ath. 286 D, 287 A; ep. 57 - ed. Loeb; Amm. XXI 10, 7), ist es offenkundig, daß die Hilfe, welche ihm außerhalb Galliens zuteil wurde, spärlich war und daß ein entschei dender letzter Erfolg für unwahrscheinlich gehalten wurde (vgl. Amm. XXI 9, 8; 10, 7 usw.). s Amm. XXI 1, 1-4. 7 Für Julians Bronzeprägung vgl. R. A. G. Carson und J. P. C. Kent: Bronze Roman Imperial Coinage of the later empire 346-498 und Spink's Num. Circ. Sept. 1957 und folgende, neu gedruckt als Late Roman Bronze Coinage. 8 Eutrop. X 15 gibt an, daß Julians Vormarsch von Gallien nach Illy ricum ein Jahr nach seiner Proklamation zum Augustus stattfand, aber Ammian macht deutlich, daß ein beträchtlicher Teil der Jahreszeit für einen Feldzug tatsächlich schon verstrichen war. 9 Amm. XXI 10, 5; 12, 1. 10 Im Osten waren die vota XXXIXXXX des Constantius, ehe er Illy ricum verlor, aufgegeben worden zugunsten der XXXX suscepta. Die Abfolge der Ausgaben von Sirmium zeigt, daß diese Formel später ist als XXXV/XXXX, welche 357 eingeführt wurde. 11 Amm. XXI 15, 3, korrigiert durch andere Quellen. 12 0. Seeck: Regesten der Kaiser und Päpste . . . 209. 13 Amm. XXII 2, 4. 14 Cod. Theod. XIII 3, 4. Ein ausführlicherer Text ist erhalten bei Julian ep. 31 (398 B). 15 Cod. Theod. I 16, 8. Vgl. Julian ep. 41 (436 A), gegeben zu An tiochia am t. August.
Die Münzprägung des Julian Apostata
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Amm. XXII 9, 15. Amm. XXIII 1, 1. 1s Amm. XXIII 2, 6. 19 Eutrop. X 16; Amm. XXV 5, 1. 20 Seed c Regesten . . . 213. 21 über die Zeitspanne zwischen Jovians Ausrufung und der offiziellen Bekanntgabe in Illyricum und Gallien vgl. Amm. XXV 8, 8. 22 Die vermuteten gemeinsamen Stücke mit einer Julian-Vorderseite und einer antiochenischen Rückseite Constantius' II. (cf. Cahn 66 1930 788) müssen als Fälschung angesehen werden angesichts der Stempelver bindung mit dem absurden LAETITIA COS III (Ars Classica XII 3041). u Amm. XXII 7, 7. 24 Amm. XXII 9, 2. u Amm. XXII 9, 5. 26 Ex Nummis Historia IV 1951 645. 27 Constantius' fünfunddreißigstes Regierungsjubiläum wurde 357 wäh rend seines Besuches in Rom gefeiert (Hydatius, Chron. sub anno). 28 Amm. XXII 14, 6. Vgl. meine Untersuchung "Notes on some fourth century coin types", NC 1954 216. u n
W. R. Ch•lmers : Eunapius, Ammianus Marcellinus, and Zosimus on Julian's Persian Expedition. The Classical Quarttrly 10 (1960), 152-160. Aus dem Englischen übersetzt von Udo Kindermann.
JULIANS PERSERZUG BEI EUNAPIUS, AMMIANUS MARCELLINUS UND ZOSIMUS Von W. R. CHALMERS Unlängst hat Dr. A. F. Norman • dem Eunapius ein Suda Fragment (Adler A 2094 s. v. &.vaoxoiioa) zugewiesen, das sich ein deutig auf die Belagerung von Maiozamalcha bezieht. Normans Beweisführung ist stringent und muß daher wohl akzeptiert wer den. Leichte Unterstützung erfährt die Zuweisung dadurch, daß das Fragment das Adverb Ötacp&Q6v-rw� enthält, das Eunapius nach dem Nachweis von Vollebregt 2 ganz besonders schätzte. Norman vergleicht dieses Fragment mit den einschlägigen Passagen bei Ammianus Marcellinus (XXIV, 4, 23) und Zosimus (III, 22, 4) und macht darauf aufmerksam, daß unter der Voraussetzung, daß die Zuweisung berechtigt ist, 'wir hier das erste Mal eine Oberliefe rung zum nämlichen Vorfall der Persischen Expedition in den Berichten des Ammian, des Eunapius und des Zosimus haben'. Er kommt zu der Folgerung, daß Zosimus den Eunapius benutzte, welcher seinerseits aus dem un:6JA.VIJ!lO des Oribasius schöpfte, und daß Zosimus den allgemeinen Bericht des Oribasius korrigierte, und zwar 'in Details, die bis zu einem gewissen Grade Überein stimmung mit Ammian zeigen'. Später argumentiert er, 'falls Zosi mus den Eunapius benuute und wie hier korrigierte, können wir die Annahme einer direkten oder indirekten Abhängigkeit des Eunapius von Ammianus gleichfalls verwerfen, und wir sind auf dem besten Wege, die vielen Diskrepanzen zu erklären, die sich hinsichtlich der Eigennamen und der militärischen Bewegungen in den Berichten von Ammian und Zosimus finden. Die meisten Irr tümer des Zosimus beruhen auf solchen des Eunapius oder Ori ba.sius, für die Zosimus keine detaillierten Angaben anderswo finden konnte'. Hinsichtlich der Quelle, nach der Zosimus den Eunapius korrigierte, ist sich Norman nicht sicher, und er beschließt seinen
Julians Perserzug
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Aufsatz mit dem Bemerken 'Falls . . . Ammian glaubwürdig ist und Zosimus Zugang zu den von jenem gebotenen Nachrichten baue, ist sein Verhalten hier nahezu unerklärlich, da er eine Einzel heit nur halb korrigiert und soviel unkorrigiert stehenläßt'. Wenn man dem folgt, ist diese Zuweisung in jeder künftigen Erörterung des Abhängigkeitsverhältnisses von Zosimus und Am mian zu berüd<Sichtigen, doch ist es klar, daß dies keineswegs alle anstehenden Probleme löst. Falls die Diskrepanzen aus der Benut zung des Eunapius und damit des Oribasius durch Zosimus erwach sen, wie soll man dann die oft auffälligen Ähnlichkeiten erklären? Hat Zosimus wirklich Ammian benutzt, um so den Eunapius zu korrigieren? Es gibt gelehrte Versuche, die i\hnlichkeiten in den Berichten von Ammian und Zosimus durch das Postulat einer gemeinsamen Quelle zu erklären. Sudhaus' stellte die Behauptung auf, die l!ltOf.LvTJIJ.U'ta (sie) des Oribasius seien offizielle Kriegsberichte ge wesen, geschrieben auf Anordnung Julians, und daß sie nicht nur von Eunapius, sondern gleichfalls von Ammian eingesehen wurden. Der Zosimus-Herausgeber Mendelssohn4 konnte zeigen, daß die Oribasius-Benutzung (Fragment 8) 5 durch Eunapius darauf hin weise, daß dessen Werk allein für ihn geschrieben worden war und nicht auch Ammian zur Verfügung gestanden haben konnte. Diese Ansicht wird m. E. zu Recht allgemein geteilt, trotz des Wider spruches durch Laqueur 8• Heckers7 Hypothese, daß Schriften Julians selbst die gemeinsame Q!Jelle gewesen sein könnten, ist deshalb unhaltbar, weil nach dem Nachweis von Reinhardt die Ähnlich keiten in den Berichten über Julians Tod hinaus anhalten. Rein bardts8 eigene Hypothese war die, daß die Berichte über Julians persisches Unternehmen auf einem offiziellen Feldzugsjournal basierten. Dies wird eigentlich schon dadurch widerlegt, daß die auffälligsten Diskrepanzen solche der Nomenklatur und von Zahlen und topographischen Details sind, bei denen man doch einer offiziellen Angabe als besonders zuverlässiger Quelle gefolgt wäre.e Unter den Hypothesen von einer gemeinsamen Quelle hat die von Mendelssohn •o vorgebrachte die meiste Zustimmung gefunden. Seiner Meinung nach bat Zosimus bei dem Bericht über die per-
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sische Expedition auf Eunapius verzichtet und als Quelle Magnus von Carrhae benutzt, einen Historiker, den wir aus dem Auszug in Malalas (Chron. p. 328) u kennen, dessen Werk gleichfalls Quelle für Ammian war. Mendelssohn übernahm auch Müllers t2 Ver mutung, Magnus von Carrhae sei derjenige Magnus, der sieb einen unterirdischen Weg nach Maiozamalcha bahnte. Sowohl diese Gleichsetzung als auch die gesamte Hypothese von der Benutzung des Magnus durch Ammian und Zosimus wurden gültig widerlegt durch Professor E. A. Thompson 13, die Magni nominis umbra durch seinen Beweisgang vertrieben. Deonoch sind einige Argumente zugunsren der Mendelssohnschen Hypothese ertragreich weiter zu verfolgen. See� 14 äußerte den Gedanken, die Erwähnung des Namens Magnus im Zusammenhang des Berichts über Maiozamalcha deute darauf hin, daß dieser Magnus der Historiker gewesen sei, der auf diesem Wege seine eige nen Taten bekanntmachen wollte. Diese Hypothese und ihre Ausfaltung durch Klotz u haben durch Thompson eine hinreichende Widerlegung erfahren, doch sollte man sich nach Normans Artikel fragen, warum es Ammian, Eunapius und Zosimus allesamt für notwendig befunden haben, irgendwie die Namen der Beteiligten an zugeben. Ich glaube, Ammian (XXIV, 4, 24) gibt uns einen Hinweis auf die Antwort. Nach der Belagerung, so sagt er, enituerunt hi qui fecere fortissime, obsidionalibus coronis donati, et pro contione laudati, veterum more. Wir dürfen sicher sein, daß die drei Tunnelgräber zu denen gehörten, qui fecere fortissime und daß sie die corona obsidionalis erhielten. Diese Ehrung widerfuhr sonst
nur Generälen, die eine eingeschlossene Stadt entsetzten.16 Der außerordentliche Charakter der Auszeichnung mag durchaus dazu geführt haben, daß die Namen zumindest einiger der Ausgezeich neten und die Umstände, unter denen sie sieb ausgezeichnet hatten, überliefert wurden. Sie können ja von anderen Historikern berich tet worden sein, deren Werke verlorengegangen sind, und Zosimus hat zu dieser Begebenheit möglicherweise ein heute verlorenes Werk benutzt. Ferner ist zu untersuchen, ob Mendelssohns 11 Hypothese irgend eine Grundlage hat, Zosimus verlasse bei seinem Bericht über die persische Unternehmung seine sonstige Quelle Eunapius. Zwei An-
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haltspunkte gibt es dafür, einmal den, daß Zosimus selbst angibt, er wechsle jetzt seinen Gewährsmann (3, 2), und zweitens jenen, daß sich von keinem der erhaltenen Eunapius-Fragmente über die persische Expedition eine Spur im Werk des Zosimus findet. Die von Mendelssohn aus Zosimus zitierte Textstelle lautet: dgf]oe't<xt xat iJJ.ti:v
xat �taA.�o'ta Öoa 1:0"i� aAA.o�� JtllQUAEAei:qr(}a� Öoxei:.
Nach Mendelssohn bezog sich Zosimus mit dem Ausdruck
'tOL� äAA.o�� auf Eunapius. Nun ist jedoch zu sagen, daß dieser Satz fällt, bevor Zosimus über Julians Unternehmungen in Gallien berichtet, und wir haben keinen Hinweis darauf, daß die von Magnus behandelt wurden. Daher ist ein gewisses Mißtrauen gegen Mendelssohns Hypothese angebracht. Und das wird sich bei einem Blick auf das Eunapius-Fragment 9 noch verstärken, da dieses eindeutig im nämlichen historischen Zusammenhang steht wie der zitierte Text aus Zosimus. Eunapius sagt dort, er wolle nicht zu Julians eigenem Bericht über die Schlacht von Straßburg in Kon kurrenz treten. Er benutzt die Wendung 'tOL� J.lEV ßouA.o�thot� 'tO J.lEyd)o� -cÜ>v txdvou A.Oyoov -ce xat t(lyoov avaoxorret:v 'tÖ JtEQL tovtoov ß�ßl..tov Em'ta�OJ.lEV. Das erinnert unbestreitbar an die Worte des Zosimus unmittelbar vor der wiedergegebenen Passage: JtaQEO't� M t<ji ßouAOJ.lEVq>
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sem sehen drei Viertel so aus, als seien sie aus Oribasius ge schöpft, während der Rest mit Ammian übereinstimmt, ausgenom men die Diskrepanz eines Eigennamens.' Das vierte einschlägige Fragment ist Nummer 22, 3, in dem Eunapius von der Gefahr spricht, die der Gesundheit des Heeres durch den überfluß an Nahrungsmitteln in den Vorstädten von Ktesiphon drohte. Thomp son bemerkt, daß diese Erzählung eine Parallele bei Ammian (XXIV, 3, 14) findet, nur daß dort die Armee in der Nähe von Maiozamakha liegt, nicht vor Ktesiphon. Ich halte auch eine an dere Lösung für denkbar. Die Parallelität von Fragment und Ammianstelle kann zufällig sein, und vielleicht bezieht sich Euna pius auf die Geschehnisse bei Hucumbra (Iil�-tßea bei Zosimus). Wenn Ammian auf die Ankunft des Heeres bei Hucumbra zu spre chen kommt, erwähnt er nicht, daß die Gesundheit der Truppe durch übermäßige Nahrungsaufnahme in Gefahr gewesen sei. Doch er sagt unmißverständlich, daß es vor dem Eintreffen dort sehr wenig zu essen gegeben habe und man dort dann eine satietas frumenti (XXV 1, 4) vorgefunden habe. Im Eunapius-Fragment ist die Wendung &
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Es möchte scheinen, daß es keinen vernünftigen Grund gebe, der Feststellung des Photius (cod. 98) zu mißtrauen, Zosimus habe sich in seinem Werk sehr stark auf Eunapius gestützt. Nun konnte Norman zeigen, daß er gelegentlich den Eunapius-Bericht korri gierte, doch scheint selbst an der von Norman angeführten Stelle seine Abhängigkeit von Eunapius offensichdich zu sein. Es ist auch sehr wahrscheinlich, daß sich Eunapius stark auf Oribasius stützte. Beide waren enge Freunde, wie wir aus Eunapius (Fragment 8) erfahren und wie wir daraus schließen, daß Oribasius dem Euna pius nicht nur die historische Darstellung lieferte, sondern auch ein medizinisches Handbuch, das ganz auf seinen persönlichen Ge brauch zugeschnitten war.21 Außerdem war Oribasius noch am Leben, als Euoapius sein Werk über Julian verfaßte 22• Unter diesen Umständen dürfen wir m. E. unterstellen, daß Eunapius jede Nach richt, die er durch Oribasius vermittelt bekam, sorgfältig behandelt haben wird. Man hat schon daran gedacht, daß die Darstellung des Oribasius keinen großen historischen Wert gehabt haben könnte 23, zu Unrecht, wie mir scheint. Natürlich ist es schwer, etwas über den historischen Wert eines Werkes zu sagen, das nicht erhalten ist, doch wissen wir aus anderen Quellen über Oribasius und seine Art zu schreiben Bescheid. Der Medizinhistoriker Sir Clifford Allbutt 24 lobt nach einer Untersuchung der medizinischen Schriften des Ori basius diesen, der habe ,ehrlich und genau seine Quellen angegeben und von keinem der benutzten Autoren etwas als sein Eigentum ausgegeben'. Da das Gegenteil nicht bewiesen ist, haben wir kein Recht, zu unterstellen, Oribasius sei nicht ebenso sorgfältig bei seinen Ausflügen ins Gebiet der Historiographie verfahren wie in seinen medizinischen Abhandlungen. Hinzu kommt, daß es keinen wirk lichen Beweis für die These von Seeck 25 gibt, der Bericht sei erst eine Generation nach den behandelten Ereignissen abgefaßt wor den. Er kann sehr wohl früher geschrieben worden sein und mög licherweise auf Notizen beruhen, die während des Feldzuges nieder gelegt wurden. Wahrscheinlich brachte der Bericht viele Anekdoten über Julian (vgl. Eunapius, Fragment 24), ebenso wahrscheinlich war aber auch der Rahmen um diese Anekdoten ein solides und ehrliches Stück Arbeit. Man kann wohl Norman beipflichten, daß die Nachrichten, die Eunapius von Oribasius bezog, ,wohl den
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wesentlichen Teil seiner Erzählung ausmachten, und es gibt in der Tat keinen Beweis für irgendeine andere Quelle'. Wenn wir einerseits davon ausgehen, daß das Werk des Zosimus eine historische Tradition repräsentiert, die von dem Bericht des Oribasius ihren Ursprung nimmt, und wenn wir andererseits nicht in der Lage sind, eine andere Quelle zu benennen, die gemeinsam benutzt wurde sowohl von dieser Tradition als auch von Ammian, so gibt es drei mögliche Erklärungen für die �hnlichkeiten im Be richt des Zosimus und dem des Ammianus, nämlich 1 . Eunapius benutzte den Ammian, 2. Zosimus benutzte den Ammian und 3. Ammian benutzte den Eunapius. Da die zweite Möglichkeit von Norman 26 bejaht wurde, will ich zunächst sie besprechen. Zosimus muß beträchtliche Zeit nach Ammian 27 geschrieben haben, und als ehemaliger advocatus konnte er vermutlich Latein. Wie wir sahen, korrigierte er an einer Stelle Eunapius nach einer anderen Quelle Prima vista ließe sich daher die These halten, daß er aus Ammian schöpfte. Doch gibt es Anzeichen dafür, daß dem nicht so war. Bei seinem Beridlt über die Belagerung von Pirisa bora (III 18) beschreibt Zosimus eine Belagerungsmaschine, die Ammian bei gleicher Gelegenheit (XXIV 2, 18) mit Bestimmtheit eine helepolis nennt. Zosimus drückt sich folgendermaßen aus: -c6tt öl] o ßaotf..tu�, Etn E� obtt(a� Evvota�. -cfl -cii>v -c61toov UQf.A.OOa f.A.EVO� 'fr€ott, Etn xat -coii-co tx 1tof..wattda� /..aßwv, f.A.'I'JX.UVllf.A.U tt xatEOXEUaOE tot6vöt. Auf der anderen Seite betont Ammian so wohl hier als auch bei seiner allgemeinen Beschreibung der hele polis (XXIII 4, 10-13), daß diese Maschine häufig von Deme trius Poliorketes benutzt wurde. Auch wenn ein für Julian vor eingenommener Zivilist aus Unwissenheit den Kaiser mit dieser Erfindung bedacht haben könnte, so ist es doch kaum wahrschein lich, daß er dies auch noch nach der Lektüre von Ammians maß gebender Beschreibung getan hätte. Ammians Wiederholung der Detailangabe über Demetrius Poliorketes wäre in der Tat leidJter erklärlich, wenn er von anderen Autoren Kunde gehabt hätte, daß sie die Erfindung der helepolis Julian zuschrieben. Beide Verfasser geben eine interessante Beschreibung des An griffs auf die erste Inselfestung, die die Römer auf ihrem Marsch euphratabwärts antrafen (Amm. XXIV 1, 5-8 und Zos. III 14). .
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Die Details und ihre Abfolge bei jedem Autor ähneln sich so stark, daß wir die Möglichkeit ausschließen können, die 1\.hnlichkeit beruhe allein darauf, daß beide dieselben Ereignisse beschrieben. Es muß eine Verbindung zwischen beiden Berichten geben, und die eine bemerkenswerte Diskrepanz in ihnen weist auch darauf hin, welche Verbindung das gewesen sein könnte. Bei Ammian wird der Name der Festung mit Bestimmtheit als Anatha angegeben, wäh rend Zosimus ihren Namen offensichtlich nicht kennt und nur an geben kann, sie liege gegenüber
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weisen, den Verdacht nahe, daß diese noch nicht als geschlossene systematische Abhandlung vorlag, sondern vielleicht aus einer Vita Constantins und einer Vita Julians bestand, und diesen eine Uni versalgeschichte ab dem Jahre 363 folgte. Selbst wenn es sich um eine allgemeine Geschichte ab dem Jahre 270 gehandelt haben sollte, was hätte deren Publikation in einzelnen Lieferungen ausgeschlos sen? Später hat er dann noch eine weitere Lieferung erscheinen lassen, welche die Jahre 395 bis 404 zum Inhalt hatte. Nichts beweist, daß Eunapius keine Historiographie vor seinem 50. Lebens jahre veröffentlichte, und es ist sogar wahrscheinlich, daß zumin dest ein Teil eher anzusetzen ist 31 . Soweit wir das erkennen kön nen, kann das Werk des Eunapius über Julian durchaus für Am mian verfügbar gewesen sein. Die wichtigste Frage ist aber nicht die, ob Ammian aus Eunapius geschöpft haben kann, sondern ob er es auch getan haben dürfte. Ich meine, es ist klar, daß er selbst an dem Feldzug nach Persien teilgenommen hat 32 und daher aus persönlicher Erinnerung darüber schreiben konnte, höchstwahrscheinlich unter Hinzuziehung eige ner Aufzeichnungen. In vielerlei Hinsicht ist es dem Historiker eines Feldzuges von Wert, wenn er selbst daran teilgenommen hat, doch haben wenige Soldaten im Feld die Möglichkeit, zu dem Gesamtüberblick zu kommen, den ein Werk der Militärgeschichte erheischt. Ammian kann durchaus das Gefühl gehabt haben, er könne von dem Bericht eines Teilnehmers profitieren, der zwar eingestandenermaßen Zivilist war, aber dennoch engsten Kontakt mit dem Feldherrn und dem Generalstab hatte (die Teilnahme des Oribasius am Feldzug kann aus Eunapius, Fragment 8, erschlossen werden : x.a� -c&v ye 1CQa;eoov, Jtaoa� öe iptlo-ca-co JtaQrov &naoat�, f.tUAa UXQtßoo� UJt6f..lVTJJ..Ul (J1JVE"t'EAEL 1CQO� -ci}v waqrfjv).
Wenn man diesem Ansatz folgt, kann man zwei verwirrende Besonderheiten in der Erzählung Ammians erklären. Sein Ausdruck obtecti scutis vimine firmissimo tectis (XXIV 2, 10) scheint eine Verdichtung der Beschreibung zu sein, die Eunapius in Fragment 21 bietet. Ich vermute, daß Ammian die Weidenschilde der Perser ver gessen hatte, bis er durch die Lektüre des Eunapius an sie erinnert wurde, und daß er es nicht für nötig erachtete, die bei Eunapius beschriebenen Helme zu erwähnen. Jetzt wird die offensichtliche
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Genauigkeit in medizinischen Details bei Ammian XXV 3 erklär lich. Nach Büttner-Wobst 3S deutet diese Genauigkeit darauf hin, daß die Details aus der Feder des Oribasius stammten. Ich pflichte dem bei mit der Ergänzung: durch die Vermittlung des Eunapius. Auch der Hinweis auf Julians Gespräch auf dem Sterbelager mit Maximus und Priscus kann aus Eunapius stammen. Aus den Sophistenviten weiß man, wie interessiert er an diesen beiden Per sönlichkeiten war, und natürlich finden sie in dieser Reihenfolge in seinem Fragment 19 Erwähnung. Doch will ich diesen Punkt nicht überstrapazieren, da die entsprechende Nachricht aus anderer Quelle gekommen sein kann 34. Nimmt man an, daß Ammian das Werk des Eunapius benutzen konnte, sind gewisse Rückschlüsse hinsichtlich der Ähnlichkeiten und der Diskrepanzen in seinem und des Zosirnus Bericht möglich. Wenn die Ähnlichkeit eine starke ist, kann man annehmen, daß Ammian die Version des Eunapius als zuverlässig angesehen und seiner eige nen Erzählung eingepaßt hat, mit den Abänderungen, die ihm nötig erschienen. Auf die oben besprochenen Stellen (Amm. XXIV 1, 5 bis 8 und Zos. III 14) angewendet: Vielleicht schrieb Ammian, daß eine Festung namens Anatha genommen wurde, konnte sich aber nicht an die Einzelheiten erinnern. Eunapius konnte die Einzel heiten beitragen, wußte jedoch den Namen nicht mehr. Oribasius könnte nur berichtet haben, daß die Festung Phathousas gegenüber lag, einem Platz, der möglicherweise Julians Hauptquartier auf nahm. Die Diskrepanzen können nicht auf einen alleinigen Grund zu rückgeführt werden. Einer der Gründe ist in des Zosimus Technik der Materialverdichtung zu sehen, durch die er von Ammian über lieferte Einzelheiten unterdrückte. Auch kann er, wie zu sehen war, leichte Abänderungen unter Rückgriff auf eine andere Quelle vor genommen haben. Auch können sowohl ihm als vor ihm schon Eunapius Fehler bei der Wiedergabe fremder Namen unterlaufen sein. Natürlich kann Oribasius selbst persische Namen sehr wohl auf eine andere Art wiedergegeben haben als Ammian. Ammian zeigt beträchtliche Persien-Kenntnis, und seine jeweilige Version verdient wohl den Vorzug. Gelegentlich mag sich Ammian selbst geirrt, doch seinen Irrtum auch nach der Lektüre des Eunapius nicht
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verbessert haben. Beispielsweise kann man hier auf seine Erwäh nung des Naarmalcha verweisen (XXIV 6, 1), wo es an sich um einen vom Naarmaldla gespeisten Kanal geht36. Hinzu kommen Fälle, bei denen trotz untersdliedlidlem Beridlt m. E. beide bis zu einem gewissen Grade recht haben mögen. So gibt Ammian (XXIV 2, 7-8) eine andere Version vom Übergang über den bei ihm so genannten Naarmalcha als Zosimus (III 16). Zosimus beschreibt, wie die Armee durdl den morastigen Unter grund aufgehalten wurde, während Ammian beridltet, die Infan terie sei auf sorgfältig gebauten Brücken hinübergelangt und die Kavallerie habe die clementiores gurgites in voller Rüstung schwimmend überwunden. Wie wir aus XXIV 1 , 2 wissen, rückte die Kavallerie auf der linken Flanke vor und stand demnach wei ter vom Euphrat entfernt. Dort mögen die Bedingungen andere gewesen sein als die vom Hauptkontingent vorgefundenen. Wenn Ammian mit der Kavallerie übergesetzt war, hatte ihn vielleicht die Besdlreibung der Schwierigkeiten bei der Infanterie durch Eunapius wenig beeindruckt, obwohl sein Hinweis auf pontes caute digesti zeigt, daß er wußte, daß der Übergang kein einfacher gewesen war. In XXIV 3, 10-11 sagt Ammian vom Übergang über einen gefluteten Kanal, daß er non sine difficultate bewerk stelligt worden sei, während Zosimus den Ausdruck J.te"t
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erwähnt die doppelte Umwallung, die steile Straße vom inneren Wall hinauf zur Akropolis, die Akropolis mit ihrer Kreissegment Form, die �ht;oöo; (in diesem Zusammenhang vermutlich ein Fluß kanal) nach Westen und Süden, die Umleitung des Flusses, welcher die Stadt im Norden schützte, und Wall und Graben im Osten. Dazu beschreibt er die TC1JQ'YOl, sie seien aus gebrannten Ziegeln erbaut, die in der unteren Hälfte mit Erdpech verbunden seien, und sie bestünden in der oberen Hälfte aus gebrannten Ziegeln mit Gips. Die Details bei Ammian sind weniger präzise. Er be schreibt die Stadt als ambitu insulari circumvallatam und bietet keine genauen Angaben über die allseitigen Befestigungsanlagen. Er unterscheidet nicht zwischen unterem und oberem Ziegelgefüge der Mauern, sondern sagt nur, sie seien alle bitumine et coctilibus latercuüs fabricatae. Die Akropolis wird mit einem argolischen Schild verglichen. Und die einzige weitergehende topographische Information, die Ammian liefert, ist die, daß die Akropolis an der nördlichen geraden Seite durch steil zum Euphrat abfallende Kliffe geschützt war. Dieses Detail könnte freilich auch bei Euna pius gestanden haben. Wenn dessen Fragment 21 sieb auf die Belagerung von Pirisabora bezieht, ist es offenbar, daß zumindest ein Teil seines Berichtes hier von Zosimus unterdrückt wurde. Diese Schwierigkeit taucht immer auf, wenn Ammian mehr Nad'!Iichten bietet als Zosimus. Solche Nachrichten sind dann entweder seine eigene Zutat oder sie standen vielleicht schon bei Eunapius und wurden dann von Zosimus unterdrückt. Hier insbesondere wäre es durchaus möglich, sieb vorzustellen, daß Ammian seine leben dige Erzählung niederschrieb, dabei seinem Gedächtnis durch einen Blick in den Bericht des Eunapius nachhalf; hingegen kann man unmöglich annehmen, des Zosimus topographischer Bericht basiere auf Ammian. Die Genauigkeit der Topographie ist möglicherweise auf Oribasius zurückzuführen, der als Nichtkombattant Muße hatte, die Stadt nach ihrer Einnahme zu besichtigen und sieb ge naue Notizen darüber zu machen. Es brächte nichts ein, bei jeder Ähnlichkeit und jeder Diskrepanz den Grund bestimmen zu wollen; ich wollte hier nur einige Wege aufzeigen, wo die Gründe zu suchen sein könnten. leb hoffe, hin reichend Beispiele geliefert zu haben, um zu zeigen, daß meine
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Hypothese vertretbar ist. Wenn sie richtig ist und Ammian in der Lage war, vor der Veröffentlichung seiner eigenen Darstellung Eunapius einzusehen, so folgt daraus, daß er Teile der Erzählung des Eunapius in bewußter Wahl entweder übernommen oder ver worfen hat. Sein Sujet konnte er aus eigener Erinnerung und all gemeiner militärischer Erfahrung37 gestalten und mit einem zu ge sundem kritischem Urteil fähigen Geist, auch hinsichdich dessen, was der Kaiser tat. Normalerweise hat er sich wohl vorzüglich auf sein eigenes Gedächtnis oder seine Notizen verlassen, die möglicher weise aus anderen Quellen ergänzt wurden, wenn es um Einzel heiten wie Truppenstärke und -verteilung ging, oder um Einflüsse auf die Truppenmoral und um Namen Beteiligter oder wichtige Ortsnamen. Andererseits hatte er die Möglichkeit, bei Eunapius nachzuschlagen, wenn er von einer Begebenheit keine Kenntnis hatte oder sie nicht mehr erinnerte. Wenn meine Hypothese richtig ist, verdient auch der Bericht des Zosimus Aufmerksamkeit, da er hauptsächlich auf einen Mann zurückgeht, der zwar über keine besondere militärische Erfahrung verfügte und möglicherweise ziemlich für Julian voreingenommen war, der aber ein ehrlicher Mann war und ein guter Beobachter.
Anmerkungen 1 Magnus in Ammianus, Eunapius, and Zosimus. New Evidence, tn: Classical Quarterly, N. S. 7 (1957) 129-133. 1 Symbola in novam Eunapii V itarum editionem, Amsterdam 1929, s. 1 1 1 . 3 D e ratione quae intercedat inter Zosimi et Ammiani d e bello a Iuliano imperatore cum Persis gesto relationes, Bonn 1870, S. 89 ff. 4 Leipzig 1887, S. XXXIX. G Die historischen Fragmente des Eunapius sind zugänglich bei Müller, Fragmenta Historicorum Graecorum, IV 11-56 und bei Dindorf, Hi storici Graeci Minores, I 207-274. 1 RE XIV 491-493. 7 Zur Geschichte des Kaisers Julianus, eine Quellenstudie, in: Programm Kreuznach 1886. Auf diese Hypothese stieß ich durch einen Verweis bei G. Reinhardt, Der Perserkrieg des Kaisers Julian, in: Schulnachrichten des Herzoglichen Friedrichsrealgymnasiums 1892, S. 15.
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A. a. 0., S. 17.
9 Vgl. Klotz, Die Quellen Ammians in der Darstellung von Julians
Perserzug, in: Rheinisches Museum 71 (1916) 461, Anm. 1. 1 o A. a. 0., S. XLII ff. 11 Vgl. Müller a. a. 0., S. 4-6; Dindorf a. a. 0., S. 366-369 und Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker, II B, S. 951-954. 12 A. a. 0., S. 4. l3 The Historical Work of Ammianus Marcellinus, Cambridge 1947, S. 28-33. Die Theorie übernahmen mit individuellen Weiterentwick lungen oder Einschränkungen u. a. Seeck: Zur Chronologie und Quellen kritik des Ammianus Marcellinus, in: Hermes 41 (1906) 481-539, Klein, Studien zu Ammianus Marcellinus, in: Klio, Beiheft 13 (1914) und Klotz, a.a.O. 14 A. a. 0., S. 532. I$ A. a. 0., S. 490. 1' Vgl. Rolfcs Angabe in der Loeb-Ausgabe des Ammianus, II, London 1950, S. 444; Fiebiger s. v. Corona, RE 4, 1636-1643 und die Angaben im Thes. Ling. Lat. s. v. Corona I B 2 b: haec corona ab Iuliano resti tuebatur quidem, sed non amplius ex more antiquo donabatur. 17 A. a. 0., S. XXXIX-XLVII. 18 Mit Interesse las ich nach Abfassung dieser Zeilen ein gleiches Er gebnis bei M. F. A. Brok, De Perzische Expeditie van Keizer Julianus volgens Ammianus Marcellinus, Groningen 1959, S. 14-15. Ich danke Herrn Professor A. D. Momigliano für den Hinweis auf diese Unter suchung und den Herausgebern des Classical Quarterly für die Erlaubnis, darauf zu verweisen. 19 A. a. 0., Appendix I, S. 134-137. 20 Die Eunapius-Fragmente in den Excerpta de sententiis scheinen normalerweise chronologisch angeordnet zu sein. Einige Unterstützung erfährt meine Hypothese durch den Umstand, daß sich das Fragment 22, 2 auf Ereignisse 1t(?O Kt'I]
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ist wieder abgedruckt in Eunapii Vitae Sophistarum, hrsg. v. Giangrande, Rom 1956, S. XXXVII f. 22 Er war noch am Leben, als Eunapius sein später liegendes Werk Vitae Sophistarum schrieb (vgl. dort S. 105-499). 23 Vgl. Thompson a. a. 0., S. 134. 24 Greek Medicine in Rome, London 1921, S. 407-408; vgl. auch S. 277 und 413. Allgemein über Oribasius informiert Sehröder in der RE, Suppl. 7, 797-812. 25 A. a. 0., S. 531. 26 Vgl. oben S. 270. 27 Zur Datierung des Zosimus vgl. Mendelssohn a. a. 0., S. V ff. 28 Zur Diskussion der Geographie dieses Gebietes vgl. Brok a. a. 0., s. 102 f. 2& Vgl. Thompson a. a. 0., S. 18. 30 The vta ilxöo
Ch.
e Julien ct Ia tradition Romaine. Pallas IX (1960), 155-16-4. Aus dem Fnnzösischen übersetu von Berth Sdalow.
Lacombrad�, L'�rnpu ur pp.
UND
KAISER JULIAN DIE ROMISCHE TRADITION Von CH. LACOMBRADE
Man hat schon oft dargelegt, aus welcnen Gründen Julian scheiterte, als er versuchte, den heidnischen Glauben wiederzu beleben. Jean Bayet verzeid:met innerhalb des viel umfassenderen Rahmens seiner Religionsgeschichte Roms 1 auf dem Passivkonto des Heidentums im 4. Jh. eine beeindruckende Reihe von Schwä chen : Unentschiedenes Ringen zwischen der Tendenz zum Mono theismus und dem hartnäckigen Festhalten an lokalen Kulten, fortschreitende Abwertung des Rationalismus durch das Falschgeld der Astrologie und anderer mit ihr zusammenhängender "Wissen schaften", die politische Anerkennung der rivalisierenden Religion, ihre intellektuelle Weiterentwicklung und die Erschließung neuer Volksschichten durch diese, die sterile Rückwendung der heidnischen Eliteschichten zur Vergangenheit und zur gleichen Zeit der Ver drängung des politischen Leitgedankens des orbis Romanus durch die Idee der christlichen otxouf.t.EVIJ, alles Einflüsse, die gemeinsam dazu beitrugen, dem Polytheismus den Untergang zu bereiten 2• War dieser Untergang nun unausweichlich? Sollte ein so ent schlossener Kaiser wie Julian nicht in der Lage gewesen sein, das Verhängnis aufzuhalten und dem Lauf der Ereignisse die gegensätz liche Richtung aufzuzwingen? Dies scheint die Meinung eines seiner scharfsinnigsten Richter zu sein, Andre Piganiol, der dazu neigt, den Mißerfolg des Herrschers einem die römischen Wertbegriffe aufgebenden "Hellenismus" zuzuschreiben: "War er ein Weiser? Seit Sokrates bereitete sich eine Revolution vor, die im Christentum ihren Triumph feiert. Für Julian bilden ebenso wie für die Christen Religion und Moral eine untrennbare Einheit. Aber das Christen tum war den Massen verständlich, Julians Hellenismus dagegen erschloß sich nur einem kleinen Kreis. Cicero und Seneca, welche
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Ch. Lacombrade
Julian unbekannt sind, verdienten sicherlich eine größere Anhänger schaft als Jamblich und Julian, der Theosoph. Es ist sehr schade, daß Julian nicht wirklich alle geistigen Energien des Heidentums hinter sich scharen konnte, daß er auf derartige Verbündete verzich tete und daß er sich nicht der Schar derer anschloß, die auf dem immer noch hell lodernden Herd der heidnischen Götter in Rom opferten. Julians Denken nährte sich von einer intellektuellen Be geisterung, welche um 350 die Intellektuellen in Jonien erfaßt hatte. Dieser Philosoph hat in seiner Unkenntnis der heidnischen Moralisten Roms die Sache des Heidentums mit den närrischsten Hirngespinsten verwoben." 3 Dieses strenge Urteil zielt auf zwei sehr verschiedene Haupt anklagepunkte, wie wir gleich zu Anfang bemerken wollen. Der erste umfaßt den Hauptfehler der angeblichen Weisheit des Ab trünnigen, nämlich seine eigentümliche Vermischung religiöser und moralischer Prinzipien, der zweite die intellektuellen Führer, denen diese Pseudoweisheit sich anvertraut hat. Obwohl beide Ansatz punkte dieser Kritik logisch nicht zu trennen sind, wird es der klaren Gedankenführung des vorliegenden Aufsatzes sicher zu träglicher sein, sie säuberlich zu scheiden. Da es hier darum geht, Julians persönlichen Anteil beim Scheitern seiner Reform zu erken nen, wäre es meines Erachtens eine gewisse Ungerechtigkeit, ihm deswegen Vorhaltungen zu machen, daß er "Religion und Moral für untrennbar" hält. Konnte denn Julian überhaupt dem Deter minismus seiner Vorurteile entgehen, da doch dieses für das Christentum so vorteilhafte Mißverständnis in der Nachfolge des "Sokrates" in den Bereich der Wertvorstellungen eingeführt wor den war? Nach Tilgung dieser Hypothek läßt sich nun das einzige Problem wie folgt umschreiben, dessen Grundtatsachen man hier zusammen zustellen hofft, will man den Rahmen nachprüfbarer Tatsachen nicht überschreiten: Trifft es, unter Berücksichtigung der Taten oder verbindlich geäußerten Absichten des Kaisers, zu, daß die neupla tonischen "Hirngespinste" auf ihn einen bestimmenden Ein1luß aus geübt haben, welcher den Interessen seiner eigenen Sache geschadet hätte? Hat nicht der Herrscher im Gegenteil diese oder jene Aus läufer der von Rom ausgegangenen heidnischen Tradition gesam-
Kaiser Julian und d.ie römische Tradition
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melt? Sollte dies zutreffen, um welche handelt es sich dann, und in welchem Umfang haben sich diese dem lateinischen Heidentum entlehnten Elemente in seine Propaganda eingefügt? Daß Julian der lateinischen Welt fremd gegenübersteht, sieht man auf den ersten Blick. Dies hat seinen Grund in seiner Herkunft, seinem intellektuellen Werdegang und seinen tief in ihm verwurzel ten Neigungen. Das eine wie das andere ist zu bekannt, als daß es hier näher beschrieben werden müßte. Dieser aus Thrakien stam mende Grieche 4, den sein Lehrer Mardonios in die Zauberwelt Homers und Hesiods eingeführt hat 5, stimmt bei jeder sich bie tenden Gelegenheit das Loblied auf sein geliebtes Griechenland an. Die eigentliche Heimat seines Herzens ist Athen, und in diesen Zeiten der Dürre, wo das freie Denken von Austrocknung bedroht ist, bietet Athen seinem unruhevollen Suchen die Frische der Oase, schreibt er 6• Er kann sich nicht genug tun, der Kaiserin Eusebia da für seine Dankbarkeit zu bezeigen, daß sie ihn bei seiner Abreise nach Gallien reichlich mit griechischen Büchern versehen hat, damit er sich in der Nebelkälte Germaniens wieder ein wirkliches MouoEÜJV smaffe 7. Diese Vorliebe, die der junge Herrsmer zu dieser Zeit mit nur wenigen Vertrauten teilt (seinem Arzt und Bibliothekar Oribasius, noch mehr mit seinem Quästor Sallust, dem Verfasser des nom ge heimen >De deis et mundo< 8), findet dann später einen derart übersteigerten schrifttimen Ausdruck, daß man den Sinn auf seine angemessenen Grenzen zurückführen muß, will man Voreingenom menheit vermeiden. Er smreibt: "Griemismen Ursprungs sind nicht nur die Römer selbst, sondern aum ihre heiligen Riten sowie das Vertrauen, das sie im Verlauf ihrer gesamten Gesdlimte in die Götter gesetzt und bewahrt haben." 9 Hier darf man ihm nimt so sehr vorwerfen, die irrtümliche Auffassung der Besiedlung Italiens durch aus Griechenland kommende Stämme zu wiederholen, die durm ernstzunehmende antike Autoritäten verbürgt war to, man muß ihm vielmehr dafür dankbar sein, daß er eine heute völlig bestätigte Wahrheit ausspricht, nämlim die der ein Jahrhundert dauernden Durmdringung der römismen religiösen Mentalität durm den Hellenismus. Sein einziges Unremt - wenn man dies in seiner Epome so nennen kann - besteht darin, diesen Hellenismus
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als Ursache angesehen zu haben, während ihm doch nur eine ver mittelnde Rolle zukam u. Ungeachtet der von ihm in Übereinstimmung mit allen guten Köpfen seiner Zeit bekräftigten Überlegenheit des griechischen Geistes - er versteigt sich spielerisch sogar zu der Behauptung, ein geeinigtes und blühendes Griechenland hätte dereinst die römische Eroberung abwenden können 12 - hat Julian umgekehrt beileibe nicht die Elemente vernachlässigt, weldle ihm die latei nische Tradition zur Verteidigung der antiken Kultur liefern konnte. Er hat sicher nicht wie Constantius die Möglidlkeit einer Wall fahrt zu den Quellen gehabt, er zog audl nidlt als Triumphator das Kapitol hinauf. Hätte er schon vor seiner Thronbesteigung - was kaum anzunehmen ist - die Anziehungskraft der Haupt stadt verspürt, so hätte er zu diesem Zeitpunkt nicht die nötige Bewegungsfreiheit gehabt, um ihr den Tribut seiner Bewunderung zu zollen. Nach der Erhebung von Lutetia hingegen waren die Amtspflichten zu drückend, die Tage seiner Herrsdlaft zu gezählt, als daß er auch nur einen Augenblick von seinem Marsdl gegen Osten hätte abweichen können. Nichtsdestoweniger verläuft alles so, als sei er sidl plötzlich zu dieser Zeit seiner Verantwortung als Römer bewußt geworden. In diesem Zusammenhang ist die Beobachtung nicht ohne Reiz, daß die >Reden des Caesar Julian< IS kaum Berührungspunkte mit der römischen Wirklichkeit aufweisen, sieht man von einigen Ge meinplätzen oder Anspielungen auf die neueste Geschichte ab. Ein sehr lebhaftes Interesse für diese bezeugen dagegen die Schriften des Augustus Julian. Durch hastige Lektüre und eine fieberhaft betriebene Information, deren Vermittler sich identifizieren lassen, scheint der neue Kaiser sich plötzlich diesem "Genius des römischen Volkes" zugewandt zu haben, dessen lebendiges Abbild er von nun an durch die Wahl seiner Legionen darstellte. Es erhebt sich die Frage, wie und in welchem Umfang er sich Roms Überlieferungen und Geschichte zu eigen gemacht hat, ohne die Stadt je mit eigenen Augen gesehen zu haben. Als einfachste Vermittler kommen natürlich nur seine geliebten Griechen in Frage. Er hat in der Tat die >Römischen Altertümer<
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des Dionys von Halikarnass viel verwendet. Seine schon oben er wähnten und im >Bankett der Caesaren< wiederholten 14 ethnogra phischen Ketzereien über Italien haben keine andere Quelle 15• Aus eben derselben, notwendigerweise oberflächlichen Lektüre bezieht er das Bild, das er sich von den Ursprüngen der Stadt macht, von der göttlichen Abstammung des Quirinus, von der Sonnenfinsternis, welche auf die Geburt und den Tod des Halbgottes hinwies, von dem wunderbaren Charakter der römischen Expansion, von dem unversöhnlichen Willen der Abkömmlinge des Mars, ihre beleidigte Ehre zu rächen 16. Man wird auch nicht fehlgehen in der Annahme, daß die >Vitae< des Plutarch eines seiner bevorzugten Werke gewesen seien. Viele Ahnlichkeiten beweisen 17, daß er dem "Mann aus Chaeronea" ts alles verdankt, was er über seinen entfernten Urahn weiß, den Eroberer Galliens. Auch die >Vitae< des Pompejus, des Camillus und Crassus hat er mit Gewinn benutzt t9. Die sonderbare Be merkung, daß die Priesterinnen der Vesta das heilige Feuer mit einem Brennspiegel aJtC) tov 'llA.tov wieder entzünden müssen, unter streicht das Interesse, das er bei der Lektüre Plutarchs für den König Numa bezeigt, den sagenhaften Begründer des römischen Rituals20• Wie Plutarch preist er ihn übrigens dafür, daß er im römischen Festkalender dem Monat Januar den ersten Platz zu gewiesen hat21, und wir werden weiter unten sehen, welche Be deutung er gerade dieser Tatsache beimißt22• Es stellt sich die Frage .nach Gehalt und Bedeutung seiner spezi fisch lateinischen Bildung. Einer seiner besten Biographen, J. Bidez, gesteht ihm nicht ohne gewissen Vorbehalt zu, daß er "genug Latein konnte . . . " 23. In einer Welt, in der Zweisprachigkeit die Regel war, war die Kenntnis der Umgangssprache in der Tat unerläßlich, um auch nur das geringste öffentliche Amt zu bekleiden, besonders in der pars Occidentis des Reiches, wie im Falle des Caesars Julian. In welchem Umfang aber kannte er die geschriebenen Zeugnisse der lateinischen Sprache? Die Prüfung des >Banketts der Caesaren< und bestimmter charak teristischer Züge, die der Autor Augustus und Tiberius verleiht, könnte leicht zu der Annahme verleiten, er habe Suetons Caesaren leben benutzt, wo diese seihen Bemerkungen noch ausführlicher
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verzeichnet sind 24• Entgegen dem ersten Anschein gibt es vielleicht eine andere Erklärung. Um 360 herum beendete Aurelius Victor seine •Caesarenleben<, eine von Sueton abhängige Biographien sammlung. Wenn nun zutreffen sollte, daß das unter diesem Titel auf uns gekommene Werk nur eine Kurzfassung des heute ver schollenen Originals war25, und sein Verfasser von Julian hin reichend geschätzt wurde, um im Jahre 361 die Statthalterschaft über Pannonien zu erlangen 26, dann ist es sicher eher sein Verdienst als das Suetons, den Herrscher über die Lebensführung seiner Vor gänger unterrichtet zu haben. Es ist auch nicht weiter verwunderlich, daß dieser auf der Suche nach Stoff für seine Satire aus den zeitgenössischen Autoren der •Historia Augusta< geschöpft hat, nämlich Aelius Lampridius, aus Julius Capitolinus für Antoninus und Pertinax, und aus anderen, mehr oder weniger bedeutenden Geschichtsschreibern, wie z. B. Florus 27. Unerwarteter ist seine, wenn auch ziemlich begrenzte Kenntnis eines Aspekts der lateinischen Poesie. Bei näherem Zusehen jedoch ist die Begegnung mit den •Fasti< Ovids für einen späten Neo phyten des Romkults nicht überraschend. Man stößt auf ihre un abweisbare Spur auf den ersten Seiten der >Fünften Rede< (über die Göttermutter). Das Werk beginnt mit dem Bericht über die feier liche Ankunft der syrischen Göttin in Rom. Das Schiff, welches das Götterbild transportiert, läuft im Tiber auf Grund und wird so zum wunderbaren Gottesurteil, aus dem die Priesterin Clodia ge rechtfertigt hervorgehen wird. Aber besser als jeder Kommentar mag der Vergleich zwischen Original und Nachahmung sein: Julian, Or. V 159 D-160 D Ovid, >Fasti< IV 293-324 Omnis eques mixtaque gravis cum plebe senatus I Obvius ad Tusci fluminis ora venit. Procedunt pariter matres nataeque nurusque I Quaeque colunt sanc tos virginitate focos . . . Illa [sc. carinaJ velut medio stabi lis sedet insula ponto. Attoniti monstro stantque pavent·
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Kaiser Julian und die römische Tradition que viri. . . . . . . . . . . . . Claudia Quinta. . . . . . . . . Casta quidem, sed non et credita : rumor iniquus I Laeserat, et falsi criminis acca rea est . . . .
•
. . . . alma . . . . . . . . genetrix [. . . . . . . . . .) . . . . . . . castas casta sequere manus.
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Da Julians Erzählung um die Sommersonnenwende des Jahres 362 abgefaßt ist und da andererseits der Mythos von Attis und Kybele audl in dem zwisdlen März und Ende Oktober desselben Jahres verfaßten Werk >Oe deis< bei Sallust vorkommt ts, crsmeint es glaubhaft, in dem dlarakteristisdlen "Mentor" !t des Herrschers seinen Freund zu erblicken, der ihn in das römische Altertum ein geführt hat. So ist Roms Bild immer gegenwärtig, selbst in einem seiner "närrischsten Hirngespinste", wo sidl der Verfasser, wie Franz Cumont schrieb 30, von einem übersteigerten Symbolismus forttragen läßt". Es gesdlieht ebenfalls nicht von ungefähr, daß Julian in seinem Sdllußgebet die Göttermutter besdlwörend an fleht, "vom römischen Volk . . . den Makel der Gottlosigkeit zu nehmen"31• Hat nidlt einst die Magna Mater Rom vor der punischen Gefahr errettet? Hat sie nidlt seit Jahrhunderten den Palatin zu ihrem Wohnsitz erwählt?U Wir wollen gewiß nicht in Abrede stellen, daß der theosophische Wahn der >Fünften Rede<, deren Themen zu entwirren hier nicht der Ort ist, nur einer Handvoll Eingeweihter verständlich war. Aber wie ergreifend ist dodl der brennende Eifer, den der Abtrün nige für "die höchste Stadt des Universums, die Lehrerin jeglicher Tugend . . . " zeigt ss. Diese frommen Ergüsse sind konzentrierter und dem Außenstehenden leichter faßbar in der >Vierten Rede< (über den König Helios), in der auch dem Problem der Gegenwart Roms - Zentralthema dieser Debatte - breiter Raum gewidmet ist. Dieses Mal nämlich ist die Absidlt des Autors klar. Es geht in erster Linie um den Beweis, daß ausschJießlidl der Kult des Sonnen gottes vernünftig ist, ferner - und dies führt uns zu unserem ,.
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Thema -, daß die römisdte Religion seit der Frühzeit ihrer Ge sdtidtte diesen Kult gekannt und autorisiert hat. In einem heute nom berühmten Aufsatz hat F. Cumont, aus gehend von einer Bemerkung E. Renans, gezeigt, daß der in Rom offiziell im Jahre 274 von Aurelian eingeführte Kult des Sol lnvic tus .,das logisme Ergebnis des Heidentums war, welches wegen sei ner Vergöttlimung der Natur notwendigerweise dem eine Vorherr s
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teilen, hatte seine Seele zur Erde hinabsteigen lassen, und dieselbe günstige Stellung ließ sie bei seinem Abschied von der Erde wieder hinaufsteigen, nachdem sein sterblicher Leib in der Glut des Blitzes zu nichts geworden war." ss Es hieße den Verfasser dieser Zeilen aber verkennen, sähe man in ihm zunächst und vor allem einen Sophisten. Nodt ungerechter wäre es, von Betrug zu reden oder ihn der Lächerlichkeit preiszu geben. Wenn Julians Dogmatismus heute lächeln läßt, so nötigt seine Aufrichtigkeit Respekt ab. Diese aufrichtige Oberzeugung tritt um so deutlicher hervor, wie man ihren Ausdruck den "historischen" Tatsachen gegenüberstellt, auf welchen zu fußen er vorgibt. Diese "Fundamente" sind begreiflicherweise alles andere als gesichert. Dafür zwei Beispiele. Oie göttliche Abstammung des Romulus ist durch Oionys und Plutarch überhaupt nicht verbürgt, welche in dieser Hinsicht eine vorsichtige Skepsis zur Schau tragen n. Sie hüten sich ebenfalls - hier vor allem Plutarch 40 - an die ge samte Apotheose zu glauben. Julian seinerseits tut gerade dies, ohne zu zögern. Er zeigt die typische Haltung des dogmatischen Gläu bigen: Er will, daß die Dinge sich so verhalten. Diese Vorrangstellung der Theologie und dieses sein ganz und gar religiöses Anliegen machen hinreichend deutlich, daß die Vor schriften der lateinischen Moralisten seine Seele kalt gelassen hätten, falls er die Muße und die Neugier besessen hätte, diese kennenzu lernen. Selbst wenn man einmal annimmt, er wäre über seinen teuren Mark Aurel bis zu "Cicero und Seneca" zurückgegangen, womit hätte denn ihr stoischer Pragmatismus eine Zeit fesseln kön nen, die gebannt auf ein mystisches Jenseits starrte? Daher ist Julian auf moralischem Gebiet auch in großer Verlegenheit. Der Inhalt seines Programms offenbart, wenn man so sagen darf, einen offensichtlichen Minderwertigkeitskomplex. Oie sonderbaren, nach einander an Arsacius, den großen Priester von Galatien, und an Theodorus, einen anderen großen Priester, gerichteten Rund schreiben stellen eine wenig geglückte Nachahmung der christlichen Pflichtenlehre dar 41 • Gewiß ist hier wieder einmal der formale Rahmen der römischen Religion respektiert. Wie August weist der Kaiser Julian bei jedem sich bietenden Anlaß auf seinen Titel eines "großen Oberpriesters" (&Q>:ttQtu;) hin •t. Wie dieser und in der
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Nachfolge seiner anderen Vorgänger beansprucht er für sich das Recht, jeden Vertrag z.wischen seinen Untertanen und den Göttern z.u besiegeln. Durch die Macht der Verhältnisse aber hat sich der Geist verändert, von dem er beseelt ist. Eine letzte Beobachtung wird uns diesen wesentlichen Unterschied deutlich herausstellen. Obwohl Julian ein entfernter Erbe des Kaisers Augustus und seiner geheiligten Vorrechte ist, klagt er - ein einz.iges Mal un dankbar - den Begründer der Dynastie, der für Caesar die Ehren der Apotheose einführte, an, dem Volk "wie ein Puppenfabrikant" (xoQorrA.Cd�o;) ts neue Götter gegeben zu haben. So schaut er in eine umgekehrte Blidnichtung. Dem Octavianus-Augustus hatten seine religiösen Reformen noch politische und soziale Erfordernisse kurz vor Anbruch der christlichen Ara diktiert, vier Jahrhunderte später, angesichts des triumphierenden und die vaterländischen Götter verschmähenden Christentums, ordnet Julian jegliche Politik seiner persönlichen Vorstellung vom Göttlichen unter. Trotz dieser schwerwiegenden Einschränkung, die, wie man nicht genug betonen kann, durch das Auftreten einer ungewöhnlichen und jedem Kompromiß hartnäckig abgeneigten Religion bedingt ist, hat Kaiser Julian, wie mir scheint, das Anliegen, wenn nicht so gar den wahren Geist des römischen Heidentums nicht verkannt, obwohl er Grieche war. Aber selbst wenn er mehr Weihrauch in das "ungeheure Feuer des Heidentums, das noch in Rom loderte", geworfen hätte, hätte er zu diesen in der Dämmerung verlöschen den Flammen das Jahrhundert sicher nicht erfolgreicher Z-urück geführt, welches sich schon einer neuen Morgenröte zuwandte.
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Anmerkungen 1 Jean Bayet, Histoire politique et psychologique de Ia religion romaine, Paris 1957. t lbid., Kp. XI, p. 239 sqq. s Andre Piganiol, L'Empire Chretien, Paris 1947, p. 144 sq. • Misopogon, 348 D, p. 4<49, Henlein. a Ibid., 352 B, p. 454. • Or. III, 119 BC = Bidez, Or. II, E.loge d'Eus�bie, 12. 7 Ibid., 124 A = ibid., 15. 8 Ober den Gallier Sallustius (oder Salutius) Saturninus Secundus, den Ratgeber Julians, dem dieser bei weitem am meisten folgte und den er bald zum Praefectus praetorio Orientis machte, cf. G. Rochefort, R. E. G., LXIX, 1956, 50-66; J. Bidez, La vie de l'empereur Julien, Paris 1930, p. 140 und p. 377, n. 12 hatte diese Persönlichkeit bereits erkannt und identifiziert. 1 Or. IV, 152 D, p. 198. to V. weiter unten, n. 15. tt Cf. J. Bayet, I. c., p. 197 et passim; P. Boyance, R. E. A., LX, 1958, p. 159 sqq. tt Conviv. Caes. 324 C, p. 417. " Zur Erinnerung; Die beiden Lobreden auf Constantius, die Lobrede auf die Kaiserin Eusebia (Or. 1-III), die Trostschrift über den Abschied von Sallust (Or. IV (VIII)), der Brief an Senat und Volk von Athen (Or. V), wobei man noch die Korrespondenz derselben Periode hinzufügen könnte. 14 Conviv. Caes. 324 A, p. 416. tS D. H., A. R. I, X. 18 Zu Quirinus cf. Or. IV 154 A/C, pp. 199-200 und D. H., A. R. I, LXXVII 2; zur Sonnenfinsternis cf. ibid. 154 C, p. 200, und id. ibid., vervollständigt durch ll, LVI 6 (das Ereignis wird ebenfalls von Plutarch erwähnt, De Fort. Roman. 8, 320 A). Zur römischen Expansion cf. Conviv. Caes. 320 AlB, p. 4ll und A. R. II, 16; zur römischen Rache cf. Misop. 355 D, p. 459 und A.R., bes. p. 2339 sqq. 17 Es empfiehlt s ich, die folgenden Abschnitte der •Conviv. Caes.< mit dem •Leben Julius Caesars< bei Plutarch zu vergleichen: Zur Bilanz der Eroberungen Julian 321, p. 413 und Plutarch 15; zu Caesar in Agypten Julian ibid. C, ibid., und Plutarch 48; zu Caesars Helvetierfeldzug Julian, ibid. D, ibid., und Plutarch 18; zu Caesars Tränen vor der Statue Alex anders 322 C, p. 414, und Plutarch 7 (das Geschehnis wird auch von Sueton, Caesar 7 berichtet).
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ts Misop. 359 A, p. 463. Conviv. Caes., passim. to Or. IV, 155 A, pp. 200-201 und Plutarch, Numa 9, 12, p. 194, Flaceliere. 11 Nach J. Geffcken (Kaiser Julianus, Leipzig 1914, Register, unter dem Stichwort .]ulians SchriftStellerei") ist auch die Gesdtichte des Cassius Dio benutzt worden. Dies scheint aber eine weniger wichtige Quelle zu sein, die Textvergleiche sind weit weniger schlüssig. " Siehe weiter unten n. 36 und den Text dazu. n ]. Bidez, 1. c., p. 132. u Ober die fleckige Haut von Augustus cf. Conviv. Caes. 309 A, p. 397 und Sueton, Div. Aug., 80; über die Schärfe seines Blickes Conviv. Caes. 309 B, p. 397 und Sueton, Div. Aug., 79; über die von Tiberius dem Gram matiker und dem Fischer von Capri auferlegten Strafen cf. Conviv. Caes. 310 A, p. 398, und Sueton, Tiber., 56, 60. u .Der wahre Charakter dieses Buches über die Kaiser ist deutlich in dem Titel ausgesprochen, den es in der einzigen uns erhaltenen Hand schrift trägt" : .Abriß der Geschichten des Victor" (P. Monceaux, Les Africains, Paris 1894, p. 420). u Unter Aufstellung einer Bronzestatue, cf. Ammian XXI 9, 6 sqq. und XXI 14. 17 Conviv. passim. Es erscheint müßig, hier alle diese klei nen Plagiate zu verzeichnen. 18 H. Rochefort, I. c. p. 61 (der Attis-Mythos) und p. 66 (das Datum des Vertragsschlusses). n Der Ausdruck stammt von J. Bidez. 30 In R. H. R., 1906, p. 22, und wieder in Les religions orientales dans !'Empire romain, Paris 1929. 31 Or. V, 180 B, p. 232. 11 Cf. ]. Bayet, 1. c. p. 124. u Der Ausdruck wird Constantius zugeschrieben in Or. I 6 B Bidez, 1 4. 34 F. Cumont, La theologie solaire du paganisme romain, p. 448, in Mem. Ac. loser. und B. L. XII 1913, pp. 447-479. 35 Or. IV 153 D, p. 199, nach dem aus den Chaldäischen Orakeln entlehnten Vers 136 A, p. 175. 31 Ibid. 156 A, p. 202. 17 Ibid. 155 A, p. 200. a8 lbid. 154 c, p. 200. at D. H., A. R. I, LXXVII 2 sq. und Il, LVI, 6; Plut., Rom., 2, 3; 12; 27, 3 sqq. 1'
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Plut., Rom. 28, 10.
41 Briefe 84, p. 144 sqq.; 89, p. 155; J. Bidez, cf. p. 144: "Sehen wir
nicht, daß die Menschlichkeit gegenüber den Fremden dazu beigetragen hat, den Atheismus zu fördern?" 42 Briefe, 84, p. 144; 88, p. 151; 89 b, p. 166. 43 Conviv. 332 D, p. 427.
Andreas Alföldi, Some Portraits of Julianus Aposrau. American Journal of Arcbaeology 66 (1962), pp. 403--405. Aus dem Englischen übersetzt von Karl Nicolai.
EINIGE PORTR�TS DES KAISERS JULIAN APOSTATA Von ANDREAS ALFÖLDI Wie sah der Mann aus, der versuchte, die Politik Konstantins des Großen rückgängig zu machen, die Kirche - die unter Constan tius II. allmählich größten Einfluß gewann - zu entthronen, den Kult der alten Götter neuzubegründen und die antike Kultur wiederherzustellen? Eine beträchtliche Zahl kompetenter Wissen schaftler haben diese Frage zu beantworten versucht. Um nur jene Abhandlungen zu erwähnen, die nichts von ihrer Bedeutung eingebüßt haben : E. Babelon ordnete in einer zuverlässigen Ober sicht das ikonographische Material der Münzen 1 ; A. Piganiol wies nach, daß die seltsame Krone der beiden Pariser Marmorstatuen in Wirklichkeit der Kopfschmuck Julians ist, der ihm als dem Hohenpriester des wiederbelebten Heidentums gebührte t; R. An dreotti a lieferte gewichtige Argumente dafür, daß die Statue in Acerenza den Apostaten darstellt, und schließlich bestätigte P. Lev�que 4 mit Hilfe eines auf Thasos gefundenen neuen Fragments, daß die beiden Pariser Marmorstatuen Julian zuzuschreiben sind. Das Verdienst dieser Beiträge wird nicht geschmälert, wenn man der Reihe von Porträts, die sie sorgfältig ausgewählt und erörtert haben, ein paar neue hinzufügt. Es gibt - schon J. J. Bernoulli hat nachdrücklich darauf hinge wiesen 6 - eine Schwierigkeit, die der Analyse der Bildnisse Julians im Wege steht: diese weichen stark voneinander ab und zeigen auf fällige Unterschiede, die es einem sehr schwer machen, alle die widersprüchlichen Züge derselben Persönlichkeit zuzuweisen. Dieser Mangel an Obereinstimmung ist auf zwei Ursachen zurück zuführen : 1 . Das bartlose Gesicht des jungen Caesar (Tafel I, Abb. 1 ) - mit Haaren, die sorgfältig nach der Mode der konstan tinischen Zeit gekämmt sind - wird abgelöst von einem Porträt mit einem rasch wachsenden Bart, und zwar in der Zeit, als Julian zum
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Abb. 1. Solidus in Paris, Cab. des M�d. (vergrößen).
Abb. 2. Kontorniaten-Mcdaillon in Florenz, Mus. arch. (vergrößert).
TAFEL li
Abb. 3. Kleine Bronzebüste im Museum von Lyon (verkleinert).
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Abb. 4 a-b. Gemme in Paris, Cab. des Med. (vergrößert).
Abb. 5. Kontorniaten-Medaillon in Berlin, Münzkabinett (natürliche Größe).
Abb. 6. Kontorniaten-Medaillon in Florenz, Mus. arch. (natürliche Größe).
TAFEL IV
TAFEL V
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Einige Porträts des Kaisers Julian Apostata
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Augustus erhoben wurde und als solcher von 360 bis 363 regierte. Dieser ununterbrochene Wechsel vom glattrasierten Gesicht des Caesar zum bärtigen Augustus wird durch E. Babelon gut illustriert, und auch unsere Illustrationen (Taf. IV, Abb. 7-9) liefern Bei spiele dafür. 2. Weit verhängnisvoller waren die Konsequenzen einer anderen Tatsache, die eine Vielfalt von gegensätzlichen Julianporträts hervorbrachte. Das ist der deutliche Verfall der Bildhauerkunst - nicht die von Julian gewährte Freiheit, die es den Künstlern gestattete, seine Gesichtszüge nach ihrem Geschmack darzustellen. Es gab nur ganz wenige Künstler, die fähig waren, das menschliche Antlitz überzeugend zu gestalten; die plumpen Handwerker, die Münzstempel schnitten und Aufträge für Bronze und Marmorstatuen ausführten, waren sehr oft nicht fähig, etwas Wertvolleres zu schaffen als die unzulängliche Statue von Acerenza. Trotzdem besitzen wir ein paar wirklich wertvolle Porträts jener warmen, mensd-tlid-ten Persönlichkeit, die von ihrem Idealismus, ihrem Mut und ihrer Leidenschaft zu einem hoffnungslosen Kampf gegen den Strom der Geschichte getrieben wurde. 1 . Eine Gemme aus Felskristall in Paris, Cabinet des Medailles, Taf. 111, Abb. 4 a-b; Höhe, 25,3 cm.s Das Profil entspricht ge nau dem einer Reihe von Goldmünzen, die zwischen 355 und 360 für den Caesar Julian geprägt wurden. Wir bilden zum Vergleich einen solidus der Münzstätte Konstantinopel ab (Taf. I, Abb. 1); dieser beweist hinlänglich, daß die in die Gemme eingeschnittene Person mit dem jugendlichen Caesar identisch ist. Das Gemmen porträt stellt natürlich eine weitaus bedeutendere künstlerische Leistung dar; es atmet Leben und spiegelt den Charakter des noch unschuldigen Caesar wider, der gütig lächelt. Seine Haarpracht ist sorgfältig nach der Mode der Zeit gestaltet; wie auf der Münze trägt Julian über dem Brustpanzer das kaiserliche paludamentum. Die lange, vorspringende, nach unten zeigende Nase ist nicht so vollkommen geradlinig wie auf dem solidus, sie weist vielmehr eine ganz leichte Krümmung auf; aber ansonsten sind die Schläfen, das Kinn und die breite Wange die gleichen. In seiner bekannten Schil derung der äußeren Erscheinung Julians rühmt Ammianus Marcel linus 7 seine schönen, leuchtenden Augen, die seinen scharfen Ver stand widerspiegelten, den wohlgeformten Bogen seiner Augen-
Andreas Alföldi
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brauen (venustate oculorum micantium flagrans, qui mentis eius argutias indicabant, superciliis decoris) mit der geraden Nase (naso rectissimo); er bemerkt, daß Julian durch seinen etwas zu großen Mund, dessen Unterlippe ein wenig herabhing (ore paulo maiore, labro inferiore demisso), sowie durch seinen kräftigen Nacken auf fiel. Unsere Gemme zeigt die vorstehende Unterlippe des großen Mundes nicht; unschöne Züge wurden in jenem Zeitalter der Schmeichelei unterschlagen. Zur Zeit seiner Ausrufung zum Caesar war Julian fünfundzwanzig Jahre alt; auf der Gemme hat er un gefähr dieses Alter. R. Delbrück identifiziene dieses Gemmenporträt mit dem Bruder Julians, Constantius Gallus, dessen Gesichtszüge tatsächlich sehr stark denen Julians gleichen 8; aber alles, was wir über den Charak ter der beiden Brüder wissen, spricht für die Zuweisung an Julian •.
2. Das zweite Julianporträt, das wir in die bisher bekannte Serie einfügen müssen, befindet sich auf einem sogenannten Kontor
niat-Medaillon.
Wie ich früher nachgewiesen
habe,10
wurden
diese "Schaumünzen" zuerst unter Constans in Rom ausgegeben; mit ihren erhöhten Rändern und ihren eingravierten Kreisen ver drängten sie die diffizileren Kreisanordnungen der Gedenkrnedail lons; in den letzten Regierungsjahren des Kaisers Constantius II. wurden - neben einigen Prägungen mit den Köpfen regierender Kaiser - normale Ausgaben dieser Kontorniaten hergestellt, die mit allen möglichen Anspielungen an das Glück der guten alten Zeit erinnerten; man verteilte sie als Neujahrsgeschenke. Die ersten Prägungen, von einem hervorragenden Stempelschneider ausgeführt, stellen hauptsächlich Alexander den Großen dar, dessen Münzen als glückbringende Gegenstände galten.11 Ich veröffentlichte 12 eine Variante aus Berlin, auf der Alexanders Kopf statt eines klassischen Profils eine lange Adlernase zeigt (Taf. 111, Abb. 5); sie erinnert an einige Seleukidenherrscher auf syrischen Tetradrachrnen. Die Er klärung für diesen ungewöhnlichen Gesichtszug liefert jetzt die Vorderseite eines zweiten Kontorniaten, den ich in Florenz ent deckte (Taf. III, Abb. 6). Dieses neue Exemplar zeigt den ursprünglichen Zustand des Stempels: der Dargestellte hat einen leichten Bart und einen Schnurrbart - ein Herrscher, der Alexander ähnlich, aber nicht mit
Einige Porträts des Kaisers Julian Apostata
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ihm identisch ist. Auf dem Berliner Exemplar wurden Bart und Schnurrbart entfernt, um den Kopf vollständig dem Alexanders anzugleichen. Der ursprünglidle Zustand des Kopfes (Taf. 111, Abb. 6) zeigt - statt des Schleifenknotens des hellenistisdlen Band diadems - deutlidl die aus Kügelchen bestehenden Gehänge des kaiserlichen Diadems, wie es im vierten Jahrhundert üblich war (vgl. Taf. IV, Abb. 7-9). Infolgedessen handelt es sich um einen römischen Kaiser in der Gestalt Alexanders. Die hervorragende Ausführung beweist, daß der Kopf nidlt aus der Zeit des Theodo sius stammt (wie ich früher glaubte), sondern den ersten und besten Prägungen nahesteht, die unter Constantius II. ausgegeben wurden; und der Bart gestattet überhaupt keine andere Identifizie rung als Julian. Das Profil mit der geraden, unkonstantinischen Nase bestätigt
diese Zuweisung.
Die großen,
weitgeöffneten,
lebendigen Augen des jugendlidlen Helden, sein weiches, stets wie frisiert wirkendes Haar (capillis tamquam pexis et mollibus), das nadl der Frisur Alexanders gestaltet ist, passen gut zu dem Bild Julians auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn (Taf. I, Abb. 2, stark vergrößert, gibt uns eine deutlichere Vorstellung von der künst lerischen Qualität dieses Meisterwerks). Das Diadem Julians auf diesem Kontorniaten ist ein ganz beson deres. Es ist weder das weiße Band Alexanders nodl das normale Diadem der Kaiser, sondern ein flacher Goldreif, der mit einer Reihe kostbarer Steine a cabochon verziert ist. Ein derartiges Gold band ist uns aus derselben Epoche als Halskette germanischen Ursprungs bekannt 13; und da wir ferner wissen, daß Julian bei
seiner Erhebung zum Augustus vom Heer mit einer solchen Hals
kette 14 gekrönt wurde, müssen wir auf dem Kontorniaten-Medail lon (Taf. I, Abb. 2) das torques-Diadem seiner Krönung erkennen. Zweifellos war die Rückseite, die ursprünglich zu jenem herr lichen Kopf Julians als Alexander der Große gehörte, nidlt die
venatio (Taf. Ill, Abb. 6), sondern der Triumphzug (Taf. III, Abb. 5). Ein Mann steht aufredlt auf einem Triumphwagen, der - wie mir scheint - von einem Löwen und einem Eber gezogen wird; diese Tiere sind von Herakles zusammengespannt worden, der sie mit geschulterter Keule begleitet. Der Mann auf dem Wagen ist entweder - als ein göttlidles Wesen - nackt oder trägt einen
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Brustpanzer, über dem an der Schulter ein paludamentum befestigt ist; in der rechten Hand hält er die Siegespalme, in der linken den Globus der Weltherrschaft. Auf dem Prototyp dieser Komposition stand Alexander als der neue Dionysos, von Herakles begleitet, auf dem Wagen. Das Sujet feiert - am Vorabend von Julians Perserfeldzug - im voraus die erhoffte Eroberung des Orients. Das . Scheitern dieses Unternehmens und der Tod Julians erklären ohne weiteres, warum sein Porträt verschwinden mußte - und außer dem, warum die auf die Eroberung des Ostens hinweisende Szene später mit dem Bild des wirklichen Eroberers, Trajan, verbunden wurde.15 3. Die kleine Bronzebüste eines Kaisers im Museum von Lyon (Taf. II, Abb. 3) ist von R. Delbrück16 als Magnus Maximus identifiziert worden, jedoch ohne zwingende Gründe. Die Münzen dieses Usurpators weisen keinen Bart auf. Gratian, der auf seinen Münzen manchmal mit Bart dargestellt wird, wäre ein besserer Kandidat. Andererseits sprechen die Umrisse des Profils und beson ders die herabhängende Unterlippe für eine Zuweisung an Julian. Die seltsame Darstellung des in die Wange eingravierten Bartes spiegelt den Geschmack des Handwerkers wider, der an glatt rasierte Gesichter gewöhnt ist und deshalb den Bart in einer solchen Weise nachahmt, daß dieser die glatte Oberfläche so wenig wie möglich stört. Julian starb im Alter von dreiunddreißig Jahren; dazu könnte die vorliegende, ziemlich grob gearbeitete Bronzebüste passen. 4. Das bisher unveröffentlichte Bronze-exagium (Taf. V, Abb. 10) gehört zu einer großartigen Kollektion solcher amtlicher Münzgewichte, die L. Naville gesammelt hat und die jetzt - als großzügige Schenkung seiner Familie - im Musee d' Art et d'Hi stoire in Genf aufbewahrt wird. Der Konservator, N. Dürr, gab mir freundlicherweise die ·Erlaubnis, dieses einzigartige Stück hier abzubilden, bevor er einen umfassenden Katalog dieser Spezial sammlung veröffentlicht. Eine der Neuerungen Julians bestand darin, in jeder Stadt einen Aufsichtsbeamten einzusetzen, der ein solches offizielles Kontrollgewicht benutzte.l7 Die Rückseite des vorliegenden Exemplars - sie zeigt eine Hand, die eine Waage hält - beschreibt das neue Verfahren und erklärt den Zweck des
Einige Porträts des Kaisers Julian Apostata
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Gewichts. Die sehr regelmäßigen Buchstaben der Inschrift EXAGIUM SOLIDI - übertreffen bei weitem die Ausführung der gleichzeitigen Münzen ; das glückbringende Efeublatt unterhalb der Waage muß ein besonderes Kontrollzeichen darstellen. Das Porträt in Frontalansicht ist ein bemerkenswertes Beispiel des damaligen Stils. Die Augen werden enger zusammengerückt; auf diese Weise entsteht ein scharfer, durchdringender Blick. Der Bart ist in senkrecht herabfallenden Strähnen angeordnet, wie das Haar in dem jugendlichen Porträt (Taf. 111, Abb. 4). Julian trägt das Perlendiadem der Augusti und über dem Brustpanzer den kaiserlichen Purpur, d. h. das paludamentum. Die rechte Hand ist offen ausgestreckt, um die Welt zu schützen : Ringfinger und kleiner Finger sind nicht gekrümmt wie in der Geste der benedictio Latina, sondern ebenso gestreckt wie die anderen. In der erhobenen linken Hand steht eine kleine Siegesgöttin auf dem Globus; sie hält einen Kranz, als wolle sie den Kosmokrator krönen. Dieses Porträt ist zweifellos das Werk der Stempelschneider, die in der gleichen Weise die Münzporträts von Constantius li. gestalteten. Seine Qualität ist für die damalige Zeit außergewöhnlich gut; sie hält jedoch keinen Vergleich aus mit der Leistung des Stempelschneiders, der den Florentiner Kontorniaten (Taf. I, Abb. 2) schuf.
Anmerkungen 1 E. Babelon, Revue Numismatique (1903), S. 130 ff., Taf. 7-10. Vgl. auch die brauchbaren Illustrationen bei J. P. C. Kent, An lntro duction to the Coinage of Julian the Apostate (A. D. 360-363), Numis matic Chronide 19 (1959), S. 109-117, Taf. 10-11. t A. Piganiol, La couronne de Julien Cesar, Byzantion 13 (1938), S. 243 ff., und P. Lev�que, Observations sur l'iconographie de Julien dit l'apostat d'apr�s une t�te inedite de Thasos, Monuments Piot 51 (1960), S. 109 ff. Vgl. �t. Michon, La pretendue natue de Julien l'apostat au Musee du Louvre, Revue Ardleologique, 3. serie, 39 (1901), S. 259 ff. 3 R. Andreotti, L'iconografia dell'imperatore Giuliano, Bulletino del Museo dell'Impero Romano 2 (abgedruckt in: Bulletino della Commis sione Ardleologica Communale di Roma 59, 1931), S. 47 ff. 4 Monuments Piot 51 (1960), S. 105 f. mit einer Obersicht über die gesamte ältere Literatur.
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Andreas Alföldi: Einige Porträts des Kaisers Julian Apostata
� ]. J. Bernoulli, Römisme Ikonographie, Stuttgart-Berlin-Leipzig 1894, Bd. li, 3, S. 242 f. P. Uvaque, a. a. 0., S. 124 f. 6 R. Delbrück, Spätantike Kaiserporträts, Berlin-Leipzig 1933, S. 158 f. und Taf. 75, Abb. 1. 1 Amm. Mare. 25, 4, 22. 8 R. Delbrück, a. a. 0., Taf. 9, Abb. 2. 1 Eine Photograph ie des Gipsabgusses der Gemme (Taf. III, Abb. 4 a) scheint - wie das Original (Taf. III, Abb. 4 b) - in Obereinstimmung mit der Schilderung Ammians eine vorstehende Unterlippe zu zeigen. Aber ]. Yvon, der Direktor des Cabinet des Mcdailles, der auf meine Bitte hin freundlicherweise das Original überprüfte, konnte keine Spur von diesem Detail feststellen. Vgl. auch die Abbildung in dem Werk von Delbrück, Taf. 75, Abb. 1. 10 A. Alföldi, Die Kontorniaten, Budapest 1943. II Vgl. ebd. Taf. 3-4. tt Ebd. S. 104, Anm. 17 mü Taf. 44, Abb. 1 ; vgl. ebd. S. 2. 13 A. Roes, Some Gold Tores Found in Holland, Acta Archaeologica 18 (1947), S. 175-187; siehe S. 183 f. Vgl. meine Bemerkungen in derselben Zeitschrift 5 (1934), S. 108 ff. (über die Verwendung kostbarer Steine oder ihrer Imitationen durch das Personal des kaiserlichen Haushalts). u Vgl. Mitteilungen des Deutschen Armäologischen Instituts, Römisme Abteilung 50 ( 1935), S. 119 ff.; im werde dieses Problem in der Neuauflage meiner Untersudlungen über kaiserliche Repräsentation erörtern. •� Vgl. A. Alföldi, Die Kontorniaten, Budapest 1943, Taf. 44. Abb. 2. Zu der Eroberung Alexander� in dem letzten Kapitel: H. J. Mette, 'Roma' (Augustus) und Alexander, Hcrmes 86 (1960), S. 458 f. •• R. Delbrück, a. a. 0., S. 203 f. 17 K. Pink, Römische und byzantinische Gewichte in Österreichischen Sammlungen, Sonderschriften des Osterreichismen Archäologischen Insti tuts 12 (1938), S. 74 f.
Pi•rr•
Livtqu<, D< oouv
NEUE PORTR�TS DES KAISERS JULIAN Von PtERltE LfvEQUE Die schwierige Frage der Ikonographie Julians des Großen, in der seit Anfang des Jahrhunderts kaum Fortschritte zu verzeichnen waren, hellt sich seit etwa anderthalb Jahrzehnten ein wenig auf. Im Jahre 1946 publizierte R. Jonas einen Kopf zweifellos syrischer Herkunft 1 ; 1959 stellte J. P. C. Kent über die Münzen des Aposta ten eine Untersuchung an, die zwar, was die Chronologie angeht, sehr sorgfältig s i t, für unser Anliegen jedoch nur geringe Bedeutung hat 2; 1960 habe ich versud!t, den gesamten Fragenkomplex anläß lich eines bei den Ausgrabungen der Agora von Thasos gefundenen Kopfes erneut aufzunehmen a. In diesem Jahr nun bringen zwei
Arbeiten im Abstand weniger Monate neue Unterlagen, die ich in
Ergänzung meiner letzten Arbeit vorstellen möchte. In der letzten Ausgabe des Bulletin du Musee de !'Ermitage 4 stellt Frau V. Likhacheva kurz eine Büste vor [Tafel I, Abb. 1 ), die sich seit langem in den Leningrader Sammlungen befindet, je doch falsch gedeutet wurde 6, Ich möchte zunächst auf dieses Porträt eingehen, das aus zwei Gründen besonders wertvoll ist, einmal wegen seiner großen Schönheit, zum anderen, weil es Einblick ge währt in den Charakter Julians.
Es handelt sich um eine Büste aus Chalcedon von 9,2 cm Höhe, die einen bärtigen Mann mittleren Alters darstellt. Er ist mit einem auf der linken Schulter durch eine Fibel gehaltenen Umhang be kleidet, dessen Saum mit einer Reihe von Rauten verziert ist. Seine rechte Hand drückt er stark auf sein Herz. Sein in breiten Flädlen einfacher Formen dargestelltes Antlitz macht einen stark ver geistigten Eindruck. Die Gesichtszüge sind vereinfacht, das Profil ist gestreckt. Die weit geöffneten Augen mit zum Himmel gerichte tem Bück liegen in tiefen, vielleicht für eine heute nicht mehr vor handene lnkrustierung bestimmten Höhlen. Die Nase hebt sich
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Pierre Uveque
wenig vom Gesicht ab, ihre Wurzel ist flach. Haar und Bart setzen sich streng und genau ab von den Hautpartien der Stirn, des Nak kens und der Wangen : Sie sind auf stilisierte Weise in kräftigen, durch Rillen getrennten Strähnen wiedergegeben und haben eher graphische Ornamentik als realistische Wiedergabe zum Ziel. Ein breites vertieftes Band um den Kopf war zweifellos dazu bestimmt, ein Diadem oder einen Lorbeerkranz aufzunehmen, wie sie die Kaiser tragen. In der kräftigen Betonung der Vorderansicht ist das Ganze der tiefe Ausdruck eines kraftvollen, konzentrierten Innen lebens und widerspricht jedem Naturalismus, wie es so oft bei den Porträts des 4. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung der Fall ist. V. Likhameva ist zuzustimmen, daß diese Büste ein Werk hoher Meistersmaft ist. Auch besteht kein Zweifel daran, daß man sie in die späte Kaiserzeit datieren muß, genauer noch ins 4. Jahrhundert, obgleich sie noch im jüngsten Katalog der byzantinischen Alter tümer der Eremitage steht e. Die Identifizierung macht offenbar keine Schwierigkeiten. V. Likhacheva schlägt vor, Julian darin zu sehen, und die von ihr vorgeschlagenen Vergleiche mit Münzen aus Konstantinopel oder Antiochia, die des Kaisers Porträt tragen, sind ganz überzeugend 7• Es erstaunt weder das pallium der Philosophen, in das der Kaiser hier gehüllt ist, noch der Bart, der sein Gesicht ziert. Dieser Bart erlaubt sogar eine Datierung: Julian hat zweimal einen Bart getragen, einmal, bevor er Caesar wurde {355), dann als Augustus nach seiner Ankunft in Antiochia (361); doch kann man hier nur an diesen zweiten Zeitabschnitt denken; denn die scharfen Gesichtszüge sind bereits die eines reifen Mannes. Es ist sogar möglich, noch genauer zu sein: Zwischen seiner Erhebung zum
Augustus und seinem Tod (Dezember 361 - Juni 363) nahm sein Bart immer größere Ausmaße an und wurde immer dimter. Im ·Misopogon<, der Schmähschrift, die er in Antiochia kurz vor seinem Aufbruch zu seinem letzten Feldzug schrieb, gibt er in humorvollen Wendungen einen Eindruck von seinem Äußeren: "Die Natur hat mir ein Gesicht gesmenkt, das weder übermäßig schön noch ange nehm und liebreizend ist. Im habe mir daher in wunderlichem Eigensinn diesen enormen Bart zugelegt, offenbar um sie dafür zu strafen, daß sie mim nicht schöner gemacht hat." s Ein heller Sar donyx aus dem Cabinet des medailles t illustriert mit seinem strup-
Neue Porträts des Kaisers Julian
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pigen Bart diese Textstelle sehr gut. Doch in der Chalcedon-Büste der Eremitage erscheint Julian ganz eindeutig nicht in dieser Weise; hier wirkt der Bart sparsam und unaufdringlich, die Darstellung muß daher auf die ersten Monate der Kaiserwürde verweisen. Ich stimme infolgedessen mit V. Likhacheva überein, sie an den Anfang des Aufenthaltes in Antiochia zu setzen, der im Juli 362 begann. Es bleibt noch übrig, die Büste der Eremitage in die Ikonographie Julians einzuordnen. Auf diesem Gebiet werde ich V. Likhacheva nid:lt mehr folgen. Sie spricht einerseits solchen Stücken eine große Bedeutung zu, die unter dem Aspekt der Ikonographie recht zwei felhaft sind; hierbei handelt es sich 1. um einen großen Karneo aus Antiochia im Cabinet des medailles 10, der womöglich gar nicht antik ist und in dem man ebensogut das Bildnis des Basileus Julian 111. erkennen konnte 11, 2. um einen Karneo der Sammlung Marlborough (jetzt im Britischen Museum), den ich eindeutig als ein modernes Werk ansehe 12, 3. um ein Elfenbein-Diptychon der Staatsbibliothek in München, auf dem man in einem von einer geflügelten Victoria gehaltenen Medaillon im vergangeneu Jahrhundert 13 eine Büste Julians zu erkennen glaubte, und zwar durch den Vergleich mit einem Kopf des Kapitolinischen Museums 14• Diese Identifizierung wurde jedoch aufgegeben 15• Das Werk ist eindeutig jünger, und das Medaillon muß - welche Ironie! - eher Christus oder einen Apostel dar stellen 16. Andererseits zeigt sich V. Likhacheva äußerst zurück haltend gegenüber den beiden Statuen des Louvre, dem Kopf des Athener Nationalmuseums und dem Kopf der Agora von Thasos. Im Rückgriff auf die Argumente der Ikonographen des letzten Jahrhunderts, die wenigstens die beiden erstgenannten Stücke kann ten, und auf die von A. Piganiol habe ich wohl zeigen können, daß hierin Julian zu erkennen sei, der seine kaiserliche Würde unter dem Mantel des Philosophen und der Krone des Oberpriesters verbirgt 17• Ein genauer Vergleich mit Münzen aus den Münzstätten Konstantinopels und Antiochias läßt nach meiner Ansicht keinen Zweifel an dieser Identifizierung, der ich auch weiterhin völlig an hänge. Ich glaube nicht, daß man viel gewinnt, mit der großen
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Leningrader Gelehrten anzunehmen 18, ,.daß es sich vielmehr ledig lich um einen Philosophen handelt, der Julian gleicht". Man muß in diesem Zusammenhang auf einen wichtigen Unter schied aufmerksam machen: In der so verwickelten Ikonographie des Apostaten müssen naCh dem unumstößlichen Zeugnis der Mün zen zwei Gruppen unterschieden werden. Die erste, repräsentiert durch die Ausgabe aller Prägestätten und vor allem durch die herr liche Julian-Serie des Louvre - deren weite Verbreitung durch das ganze Reich andeutet, daß es sich hier um ein offizielles Porträt handelt - ist durch eine deutlich betonte Vertiefung an der Nasen wurzel unter dem Stirnbein und durch eine Adlernase charakteri siert. Die zweite, zu der außer zahlreichen Münzen der syrische Kopf aus der Sammlung Jonas und die Gemme aus hellem Sardonyx des Cabinet des m�dailles gehören, zeigt hingegen in Verlängerung der Stirn eine gerade Nase, ohne Vertiefung und ohne Krümmung; sie entspricht somit ganz der Beschreibung, die Ammianus MareeiliDus vom Gesicht seines Herrn gibt 18: Naso rec
tissimo .
. .
Auf den ersten Blick ordnet sich die Büste der Eremitage
in diese zweite Gruppe ein, doch läßt sich bei näherer Betrachtung eine leichte Wölbung der Stirn feststellen, unter der die Linie der Nase in einer auf Augenhöhe gut sichtbaren Vertiefung einknickt und sich anschließend biegt. Von hier aus ließe sich dieses Profil wo möglich ganz in die Nähe der Pariser Serie rücken. Diese Abweichungen von einem Zeugnis zum anderen, die seit mehr als einem halben Jahrhundert die Gelehrten beschäftigt haben, bilden wohl das hervorstechendste Merkmal der Ikonogra phie des Neffen Constantins. Die Gruppe des Louvre zeigt Julian in einer Haltung priesterlicher Würde und mit einem Ausdruck unnahbarer Strenge. In den besten Repliken scheint etwas durch von der kämpferischen Energie des Kaisers, der in den wenigen Monaten seiner Herrschaft so viele Reformen durchsetzte, von dein Gläubigen, der seinen Glauben an den Hellenismus so weit trieb, daß er zum Verfolger der Christen wurde. Auf dem Kopf der Sammlung Jonas, der in gewisser Hinsicht mit der Gemme des Cabinet des medailles verglichen werden kann, weicht die betonte Strenge einer mehr gelassenen Offenheit: Er zeigt mehr Sammlung, Verinnerlichung und Menschenfreundlichkeit. Es sind genau die
Neue Porträts des Kaisers Julian
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Züge des Prinzen, der schrieb 20: "Man muß durch den Verstand überzeugen." Ich möchte annehmen, daß hier die Darstellungen von Philosophen, wie sie seit dem Hellenismus üblich waren 21, künstle risch eingewirkt haben. In all diesen Stücken sind trotz des hieratischen Charakters der Gruppe des Louvre die realistischen Züge, Erbe der großen Tradi tion der Kaiserporträts, nicht zu verkennen. Ganz anders die Chalcedon-Büste der Eremitage! Die Vereinfachung und Ideali sierung des Antlitzes führen uns in eine Welt, in der allein das Geistige zählt. Der Prinz, der uns hier in gespannter Gelassenheit begegnet, ist derselbe, in dem Ammianus Marcellinus 22 die vier von den Moraltheoretikern unterschiedenen Kardinaltugenden er kannte: Mäßigung, Weisheit, Gerechtigkeit und Mut; es ist der begeisterte und bisweilen einfältige Bewunderer der Theurgen. Wir haben es hier weder mit dem Oberpriester noch mit dem Philo sophen zu tun, sondern mit dem Menschen, der seine Drangsal in der Suche nach innerer Läuterung zu mildern sucht, der für das menschliche Leben kein anderes Ziel annimmt als das ständige Gespräch mit den Göttern und der bald darauf auf eine Weise in den Tod geht, die zu den bewundernswertesten des Altertums ge hört.23 Es ist nicht mehr Julian der Abtrünnige, sondern Julian der Heilige! Die zweite Arbeit, die in diesem Jahr der Ikonographie Julians gewidmet ist, stammt aus der Feder von A. Alföldi 24 und bietet uns eine reiche Erme. Allerdings kann ich nicht alle seine Schluß folgerungen mitvollziehen, da sie meiner Meinung nach nicht kri tisch genug sind. Zum einen muß man auf das sogenannte Porträt von Acerenza 25 verzichten, und zwar trotz der Argumentation von R. Andreotti 26, dessen Gründe mir noch weniger stichhaltig zu sein scheinen als die von Alföldi 27• Zum anderen zögere ich, mich hin sichtlich einer Gemme aus Bergkristall des Cabinet des medailles der Nationalbibliothek festzulegen 2s, die er in die Nähe einer Serie von Goldmünzen rückt, welche Kaiser Julian zwischen 355 und 360 prägen ließ. Der von ihm vorgeschlagene Vergleich 2� mit einem solidus aus Konstantinopel kann mich nicht ganz überzeugen. Zwar haben beide Profile im großen und ganzen eine gewisse Khnlichkeit,
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die noch unterstrichen wird durch die Obereinstimmung der auf wendigen und in ähnlicher Weise behandelten Frisuren, doch tritt auf der Gemme der Backenknochen hervor, vor allem aber ist das Auge tief versenkt, so daß es in den beiden vorgestellten Repro duktionen in einem breiten Schatten verschwimmt. Das ist ein einzigartiger Fall in der Ikonographie Julians, dessen Auge in aller Regel kugelförmig vorsteht. Muß man in diesem ernsten und den noch ein wenig lächelnden jungen Mann den "noch unschuldigen" Kaiser Julian im Alter von etwa 25 Jahren erkennen? Hat er sich also in der Folgezeit mit so vielen Verbrechen beladen? Oder ist es besser, sich an die Deutung von R. Delbrück so zu halten, der darin Gallus erkennen will, Julians Halbbruder? Ich wage hier keine Entscheidung st, wenn ich auch sehr verwundert bin über das tief liegende Auge, das sich sonst bei keinem der mit ziemlicher Sicher heit den Apostaten darstellenden Porträts wiederfindet. Die anderen Zeugnisse scheinen mir von ganz anderem Interesse zu sein, zumal sie, bis auf eine Ausnahme, neu sind. I. Eine kleine Bronzebüste des Museums von Lyon (Höhe mit Basis 1 8 cm [Tafel II, Abb. 2]) zeigt einen bärtigen Kaiser, dessen Haupt von einem breiten, mit Perlen und Edelsteinen verzierten Kranz umgeben ist und der eine Chlamys trägt 32• Die Adlernase bildet mit der Stirn einen stumpfen Winkel, und zwar ohne den charakteristischen Einschnitt an der Nasenwurzel, den die Serie des Louvre aufweist. Das Haar, das in parallelen Strähnen gekämmt ist, fällt gleichmäßig in die Stirn, zeigt also nicht die asymme trischen Windungen der Zeugnisse des Louvre und aus Thasos. Der krause Bart ist in sehr flacher Reliefbildung wiedergegeben; die Darstellungsweise erinnert an den Kopf 2006 des Athener Natio nalmuseums33. Es handelt sich hierbei meiner Ansicht nach eher um eine dekorative Absicht als - wie A. Alföldi annimmt - um die Ungeschicklichkeit eines Künstlers, der an glattrasierte Kaiser gl! wöhnt war. R. Delbrück 34 hat, freilich unter Vorbehalt, vorgeschlagen, in dieser Büste Magnus Maximus zu sehen, doch in Wirklichkeit zeigen die Münzen diesen Usurpator niemals bärtig. Ohne Gratian auszu schließen neigt A. Alföldi eher dazu, hier Julian zu erkennen, was ich ihm gern zugebe, vor allem wegen der hängenden Unterlippe,
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die gut zu der Beschreibung des Ammianus Marcellinus paßt 35: Labro inferiore demisso. Das Profil entspricht dem mehrerer Münz ausgaben, die Nase ähnelt der des Chalcedonkopfes der Eremitage. Auf den ersten Blick glaubt man hier, Ähnlichkeiten mit den Köp fen des Louvre festzustellen, doch stehen die Backenknochen zu hoch, ist vor allem der Ausdruck weniger gesammelt und überlegen, weniger hieratisch, eher kräftiger und kriegerischer. I n dieser kleinen Bronze steht ein mehr traditioneller Kaiser vor uns. II. Ein exagium aus Bronze des Genfer Musee d'art et d'histoire [Tafel III, Abb. 4), das hier zum ersten Mal kurz vorgestellt wird 36, zeigt auf der Rückseite eine Hand, die eine Waage hält, und in der Umschrift die Worte: EXAGIUM SOLIDI. Die Vorder seite zeigt ein bemerkenswertes Frontalporträt des Kaisers, das in seinem etwas barbarischen Ausdruck den Gesetzen der zeitgenös sischen Kunst entspricht. Der �opf ist ganz unproportioniert im Vergleich zu der schmalen und sparsamen Büste, die mit einem paludamentum bekleidet ist. Haare, Bart und Schnurrbart scheinen das ganze Gesicht zu verdecken und verleihen ihm einen Ausdruck von Wildheit. Das von einem breiten Diadem gehaltene Haupthaar fällt tief in die Stirn, die beinahe ganz verschwindet. Der sehr betonte Bogen der buschigen Augenbrauen überwölbt große und nah beieinander stehende Augen, die nicht aus der Gesichtsfläche hervortreten. Die Nase ist lang, der Mund schmal. Der kräftige Bart besteht aus dicken, parallel fallenden Strähnen, die an die Ausführung des Kopfes der Sammlung Jonas erinnern, jedoch viel dichter beieinanderliegen.37 Die Rechte ist mit gespreiztem Daumen in einer die Welt segnenclen Geste ausgestreckt, die Linke hält eine Kugel mit einer geflügelten Victoria, die dem Kaiser eine ganz kleine Krone entgegenstreckt. Zweifellos handelt es sich auf diesem exagium um ein offizielles Porträt des Kaisers, das sorgfältiger gearbeitet ist als auf den Münzen. Man ist beeindruckt vom Ernst dieses Antlitzes, von den so nah beieinanderstehenden Augen, die gleichsam verurteilend blicken, von dem Kosmokrator, der die Welt segnet, die er hält. Dieser neue Typus, in dem sich bereits in seiner ganzen mystischen Strenge der byzantinische basileus ankündigt, will so gar nicht zu dem Apostaten passen, und A. Alföldi bemerkt mit Recht, daß
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man ihn schon auf den Münzen des Constantius II. findet 38: Helle nismus und Christentum vereinigen sich im gleichen theokratischen Ideal. Doch es ist sehr wohl Julian, der unter den klaren, noch über Julians Vetter Constantius hinausreichenden und auf eine lange Tradition zurückblickenden Symbolen auf diesem Stück erscheint, dessen Unbeholfenheit dem Ausdruck keineswegs schaden kann; es läßt sich sogar noch genauer auf Julian vor dem Antritt seiner kurzen Herrschaft eingrenzen, wenn man den Bartwuchs in die Berechnung einbezieht ae. Der Vergleich mit den Münzen, auf denen das kaiserliche Bildnis immer im Profil steht, ist schwer zu ziehen. Doch kann man dieses exagium in die Nähe der Serie des Louvre rücken, trotz der feinen Unterschiede, die bestehen bleiben: Hier ist die Nase viel länger, das Gesicht in der Augenpartie breiter, die Augen stehen enger beieinander, der Bart ist stärker und läuft weniger spitz. zu. Der scharfe, ja durchdringende Ausdruck und der hieratische Mystizismus finden sich hier wie dort. Zweifellos ein wenig älter als auf den Exemplaren des Louvre, steht Julian hier in seiner Rolle als Kaiser vor uns; auf der einen Seite hält er das Universum, auf der anderen schafft er dem Recht Respekt, und zwar mit dem gleichen stolzen Ernst und der gleichen inneren Unruhe, die uns die Köpfe des Louvre an ihm als Philosophen und Oberpriester ausweisen.
111. Ein stilistisch sehr hochstehendes Kontorniaten-Medaillon aus Florenz [Tafel Ill, Abb. 3] 40, das in auffälliger Weise an die
besten Prägungen des Constantius II. erinnert, zeigt auf der Vorder seite da.s Profil eines bärtigen Mannes, gewiß eines Kaisers - nach
dem Diadem, das ihn krönt41• Wie A. Alföldi gut zeigt, kann es sich hierbei nur um Julian handeln, dessen von Ammianus Marcel linus 4! beschriebenes weiches Haupthaar man hier wiederfindet:
Capillis tamquam pexis et mollibus. Das Gesicht ist gestreckt, wobei der obere Teil (Stirn und Nase) besonders betont ist. Das Auge ist weit geöffnet und flach gehalten; der Backenknochen liegt tief, und unter den Augen bemerkt man wie bei den Exemplaren von Lenin grad und vor allem des Louvre eine große Abflachung; die Nase ist lang und spitz, sie bildet die Verlängerung der Stirnlinie, freilich mit einer deutlichen Einkerbung an der Nasenwurzel ; der Bart ist weich und kraus. Die Ähnlichkeit mit dem Chalcedon der Eremi-
Neue Porträts des Kaisers Julian
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tage ist deutlich, besonders, was das Profil betrifft, das beherrscht wird von der langen Linie der Stirn und der leicht an der Wurzel gebogenen Nase, ferner, was die weit geöffneten Augen angeht und den verinnerlichten und vergeistigten Gesamteindruck. Freilich ist auf dem Stein von Leningrad, dessen Stilisierung so deutlich hervor tritt, die Formgebung weniger kontrastreich, nivellierter und von flachen Erhöhungen gekennzeichnet; um
so
kräftiger ist die Relief
gebung auf dem Kontorniaten; er bewahrt in höherem Maße den realistischen Aspekt der Münzen, und bei ihm ist der Anteil der idealisierenden Interpretation geringer. Doch handelt es sich hier nur um Kleinigkeiten: Der Julian, der sich auf dem Medaillon im Profil zeigt, hat vom ästhetischen Standpunkt aus keinerlei Ge meinsamkeit
mit
den
mehr allgemein
gehaltenen
und
recht
großzügigen Porträts der Münzen. Es stammt von einem großen Künstler; er verstand es, ihm alle die Züge zu verleihen, die aus ihm jenen vergeistigten Menschen machen konnten, als der er - freilich mit noch größerer Sammlung und noch sehnlicherem Streben nach dem Göttlichen - auf dem Chalcedon der Eremitage erscheint. Muß man noch. weiter gehen? Der große Kenner der Kontor niaten vergleicht mit dem Medaillon aus Florenz ein anderes aus Berlin •s, das ohne Zweifel Alexander darstellt, aber einen Alex ander, der sich deutlich unterscheidet von den frühen Prägungen sehr zahlreicher Medaillons, die sein Bild tragen: Er soll in Ent sprechung zu Julian gebildet sein, was besonders seine Adlernase erklärte. Diese Hypothese ist sehr verführerisch, und es läßt sich. sehr wohl verstehen, daß man eine Entsprechung zwismen dem Kaiser
und
dem großen
Makedonen
nahelegen
wollte,
der
sich vor ihm zur Eroberung des Ostens aufgemamt hatte. Gleichwohl tun sich mir Bedenken auf, die beiden Medaillons zu vergleichen. Das vorwärtsstrebende Profil Alexanders ist entgegen der Annahme A. Alföldis von dem Julians doch sehr verschieden; die deutlich gebogene Nase bildet nimt die Verlängerung der Stirn linie; das Auge hat länglichere Form und liegt tief unter der Braue. Wenn eine Ahnlimkeit besteht, ist sie äußerst flüchtig. Im bin daher nimt sicher, daß man mit A. Alföldi annehmen muß, die ursprüng-
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Pierre Uveque
liehe Rückseite des Medaillons Julians stelle nicht die venatio dar, die auf dem Exemplar aus Florenz erscheint - ein übliches Thema der kaiserlichen Ideologie seit der späten Kaiserzeit 44 -, söndcrn den Triumphzug in einem von Rehwild gezogenen Wagen, ein beredtes Symbol für die orientalischen Züge des Dionysos und des Alexander, das auf der Rückseite des Alexander-Medaillons erscheint. Im Jahre 1960 habe ich zu Unrecht die Ikonographie Julians als relativ arm angesehen.4� Heute verfügen wir über folgende Zeug nisse, die sich mit Ausnahme einer zweifelhaften Gemme alle auf seine Zeit als Augustus beziehen: 1. Münzen und Medaillen: eine reiche Serie verschiedener Münzen; Kontorniat-Medaillons 44, die mit Ausnahme des sehr schönen von A. Alföldi publizierten Exemplars aus Florenz mit den Münzen sehr eng verwandt sind; das exagium aus Genf. 2. Porträts in erhabener Arbeit: die vier Stücke der Serie des Louvre; den Kopf der Sammlung Jonas; die kleine Bronze aus Lyon. 3. Gemmen:
die Gemme aus Bergkristall des Cabinet des medailles die Gemme aus hellem Sardonyx des Cabinet des medailles den Chalcedon der Eremitage. Die Erklärung dafür, daß Julians verschiedene Porträts sich nur sehr schwer auf einen Nenner bringen lassen, liegt zweifellos in der so schillernden Persönlichkeit dieses letzten großen heidnischen Kai sers. Nimmt man nur die Münzen, die sich trotz ihrer tiefgreifenden Unterschiede auf der konventionellen Linie der kaiserlichen Ikono graphie bewegen, so lassen sich meiner Meinung nach drei Gruppen unterscheiden. Zuvor muß ich jedoch noch bemerken, daß mich angesichts dieser Fülle neuer Zeugnisse die Bedenken, die ich schon zur Identifizierung des Kopfes der Sammlung Jonas 47 geäußert habe, nunmehr noch stärker bewegen: Auf keinem anderen Zeugnis finden wir diese hohe Stirn, diese kleinen und auseinanderstehenden Augen, diese breite Nasenwurzel und diese weiten und fleischigen
TAFEL I
Abb. 1. Chalcedon-Büste im Musee de !'Ermitage (nach V. Likhacheva, Bulletin du Musee de !'Ermitage, 1962, p. 18).
TAFEL II
Abb. 2. Bronzebüste im Palais des Beaux-Ans de Lyon.
TAFEL I1I
Abb. 3. Kontorniaten-Medaillon aus Florenz (nach A. Alföldi, AJA 1962, pl. 118).
Abb. 4. Exagium solidi aus Genf (nach A. Alföldi, AJA 1962, pl. 119).
Neue Porträts des Kaisers Julian
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Nasenflügel. Doch der Vergleich mit den Münzen und die Ent sprechungen zur Beschreibung des Ammianus Marcellinus erlauben nicht, den Kopf auszuscheiden. Er bildet also mit dem hellen Sar donyx einen ersten Typus, den des Philosophen. Die Serie des Louvre und das Genfer exagium stellen den Oberpriester dar. Hier zu läßt sich wohl die Bronze aus Lyon gesellen, wenn sie auch schlichter ist und mehr von traditionellen Zügen beeinflußt. Schließlich erscheint als dritter Typus der Verklärte, und zwar auf dem Kontorniaten von Florenz und, noch besser, auf dem Chalcedon der Eremitage; hier zeigt sich uns die wunderbare Stilisierung Julians als Theurg. Der ästhetische Wert dieser Stücke ist ebenfalls sehr unterschied lich. Oftmals läßt sich der Künstler - auf den Münzen oder dem exagium - zur Glätte des Expressionismus verleiten, der sich seit Constantin durchsetzt. Doch der Archetyp der Statuen des Louvre kommt aus dem Atelier eines Bildners, der die Unterweisungen der klassischen Zeit und kleiner Meisterwerke, wie z. B. des mit be stimmten hellenistischen Münzen noch so eng verwandten Kontor niats aus Florenz oder des Calcedons der Eremitage, der umge kehrt die byzantinische Ikonographie ankündigt, nicht vergessen hat; es sind erstaunliebe Leistungen, da es ihnen gelingt, im toten Material die Seele eines jungen Heros lebendig werden zu lassen, der glaubte, allein mit Hilfe seiner Götter das Rad der Geschichte zurückdrehen zu können.
Anmerkungen AJA 1946, S. 277-284. 2 An introduction to the coinage of Julian the Apostate, in: NC 1959, S. 109-1 17 [in diesem Band S. 256 ff.]. 3 Observations sur l'iconographie de Julien dit !'Apostat d'apres une t�te int!dite de Thasos, in: Fondation Eugene Piot, Monuments et me moires, 1960, S. 105-128 (eine bereits vor der Association des etudes grecques in der Sitzung vom 2. März 1959 vorgestellte Arbeit; vgl. REG 1959, S. XIV-XV). Ich zitiere fortan diesen Artikel unter der bloßen Bezeichnung: P. Lev@que • Soobchtenia Gosudarstvennogo Ermitaja (Bulletin du Musee d'Er mitage), XXII, 1962, S. 18-21. Die Büste ist auf S. 18 wiedergegeben, 1
.
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Pierre Lcveque
doch leider nur im Profil. - Ich danke Frau V. Likhacheva für ihre Freundlichkeit, die sie mir durch das überlassen ihrer Arbeit erwiesen hat. � Museum der Eremitage, ro 80. 6 Vgl. die Bibliographie bei V. Likhacheva a. a. 0. S. 21 Anm. 1. 7 Die Tafel auf S. 19 zeigt drei dieser Münzen. 8 Misopogon, 2 (Übersetzung Talbot). 9 E. Babelon, in: RN 1903, S. 154-155; P. Leveque, S. 126. 10 E . Babelon, in: BSAF 1898, S. 275 und 1899, S. 209; P. Uveque, s. 126. 11 R. Mowat, in: BSAF 1898, S. 289 f. 12 S. Reinach, Pierres gravees, Tafel 115, Nr. 33; P. Uveque, S. 125 Anm.2. 13 W. Meyer, in: Abhandlungen der philosophisch-philologischen Classe der königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften 15, 1879, S. 54 und Tafel III. W. Meyer sagte selbst, daß er diese Identifizierung als wahrscheinlich, aber nicht als sicher betrachte. " 14 über diese und entsprechende Büsten, die man fälschlich als Por träts Julians ansieht, vgl. die Bibliographie bei P. Leveque, S. 120, Anm. 4. 1 5 Vgl. besonders R. Delbrück, die Consulardiptychen und verwandte Denkmäler, N 45, S. 180 f., der das Werk um 450 datiert. 16 Obwohl V. Likhacheva dieses Diptychon heranzieht, das überein stimmend nicht mit Julian identifiziert wird, übergeht sie erstaunlicher weise ein anderes Diptychon (im Britischen Museum, N 59), das vielleicht die Apotheose Julians in einem von vier Elefanten gezogenen Wagen darstellt. Vgl. P. Leveque, S. 120, wo ich mich zu den Schwierigkeiten geäußert habe, dieses Zeugnis zu verwenden. Die Identifizierung mit Julian ist jüngst bestritten worden: Vgl. A. Rumpf, Römische historische Reliefs, in: Bonner Jahrbücher, 1955-56, S. 127-135 und Tafel 24, 1 , der hierin eher Antoninus Pius als Julian sieht. 17 P. Uveque, S. 114 f. Die von mir vorgeschlagene Identifizierung hat A. Alföldi, in: AJA 1962, S. 403 akzeptiert. 18 A. a. 0. S. 20. 19 Rerum gestarum libri 25, 4. 20 Briefe 114. 21 Vgl. K. Schefold: Die Bildnisse der antiken Dichter, Redner und Denker. 22 Rerum gestarum libri 25, 4. 23 Den wegen seiner Knappheit und Sachlichkeit so bewegenden Be richt darüber findet man bei Ammianus Marcellinus, Rerum gestarum libri 25, 3.
Neue Porträts des Kaisers Julian
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2 4 Some portraits of Julianus Apostata, in: AJA 1952, S. 403-405 [in diesem Band S. 298 ff.]. 2s Zu diesem Porträt vgl. P. Uveque, S. 120-121, wo ich mich der alten Auffassung von R. Delbrück, ZBK 1902, S. 17-21, angeschlossen habe, der hierin eine Darstellung Friedrichs II. sah. 26 L'iconografia dell'imperatore Giuliano, m: Bulletino del Museo dell'Impero Romano, 1931, S. 47-53. 27 A. a. 0. S. 403. 23 A. Alföldi a. a. 0. S. 403 und Tafel 118, 4a-b (in diesem Band s. 305). 29 A. a. 0. S. 403. Der 5olidus ist auf Tafel 118, 1 [in diesem Band s. 305). 30 Spätantike Kaiserporträts, S. 158 f. und Tafel 75, 1. 31 Der Vergleich mit der einen oder anderen Gallus-Münze (z. B. R. Del brück a. a. 0. Tafel 7, 9) ist ebenso überzeugend wie der von A. Alföldi vorgeschlagene Vergleich mit einer Julian-Münze. Doch die Frage ist nicht zu lösen, da sich die beiden Brüder auf den Münzen sehr ähnlich sehen. 32 A. Alföldi a. a. 0. S. 404 und Tafel 118, 3. 33 Zu diesem Kopf, der, wenn auch nur sehr lose, zur Serie des Louvre paßt, vgl. P. Lev�que, S. 112-113. 34 A. a. 0. S. 203 f. 35 Rerum gestarum libri 25, 4. 36 A. a. 0. S. 404-405 und Tafel 119, 10. 37 Vgl. P. Lev@que, S. 122. 38 Vgl. z. B. R. Delbrück a. a. 0. Tafel 7, 9. 39 Ober den Bart als Kriterium für die Datierung von Porträts Julians siehe oben, S. 306 f. 40 A. Alföldi a. a. 0. S. 404 und Tafel 118, 2; 119, 6 [in diesem Band s. 305). 41 Nach A. Alföldi ist dieses goldene, mit kostbaren Steinen geschmückte Diadem der torques von Julians Krönung. 4� Rerum gestarum libri 25, 4. •s A. Alföldi a. a. 0. Tafel 119, 5 (in diesem Band S. 305]. 44 Vgl. J. Aymard, Les chasses romaines, S. 527 f., über die hadria nischen Jagddenkmäler, deren tondi auf dem Constantinsbogen zu sehen sind, vgl. G. Charles-Picard, Les trophees romains, S. 64 Anm. 1. 4 5 P. Uveque, S. 127. 46 Zu den Kontorniaten Julians vgl. die Bibliographie bei P. Lev�que, S. 116 Anm. 1 . 47 P. Lev�que, S . 122-123.
J. J. Hatt!J. Schwanz, Le champ de bataille de Oberhausbergen. Bulletin de Ia Facult� des Lettres de Strasbourg XLII (1963-M), pp. 427-434. Aus dem Französischen über setzt von Ellen Karge.
DAS SCHLACHTFELD VON OBERHAUSBERGEN (357 n. Chr.) Von J. J. HATT und J. ScHWARTZ Berichte, deren .i\hnlichkeit weder zufällig noch forciert ist, haben uns veranlaßt, zwei Schlachten zu untersuchen, von denen die eine ein bekanntes Ereignis der alten Geschichte ist, und die andere nur der anschaulichen Erzählweise ihres Chronisten einen gewissen Bekanntheitsgrad verdankt. Dies sind der Sieg Julian Apostatas über die Alemannen im Jahre 357 n. Chr. und der Sieg der Straßburger über ihren Bischof im Jahre 1262. Fiir die sogenannte Schlacht bei Straßburg, die Ende August 357 n. Chr. stattfand (vgl. W. Wiegand, Die Alamannenschlacht vor Straßburg, 357. Eine kriegsgeschichtliche Studie, 1887, S. 19 bis 20 = Beiträge zur Landes- und Volkskunde von Elsaß-Lothrin gen, III. Heft) t, ist Ammianus Marcellinus (XVI 12) unsere Hauptquelle; Libanius (XVIII 53 ff.) gibt gewisse wichtige Details genauer an, während Zosimus (III 3) die zeitweilige Schwäche des rechten Flügels des römischen Heeres bezeugt. Nach Libanius (XIII 25) hatte Julian Apostata selbst, wie Euna pius bestätigt (vgl. J. Bidez und F. Cumont, Imp. Caesaris Flavii Claudii Juliani epistulae etc. . . . 1922, S. 212-13) einen Bericht über seinen Feldzug, genauer gesagt auch über die Schlacht bei Straßburg, geschrieben, und man ist sich im allgemeinen darüber einig, daß Libanius und Ammianus beide aus dieser Quelle ge schöpft haben.2 Außerdem gab es in Rom eine offizielle Version, von der Ammianus am Ende seines 16. Buches spricht, die zwar bewußt entstellend die Rolle des Julian verheimlichte, aber doch vielleicht im einzelnen zuverlässig war. Zwar ist nicht alles in die möglichen Quellen des Ammianus eingegangen ; denn er hebt nachdrücklich hervor, daß der Name eines der vier Oberbefehlshaber, die in der
Das Smlachtfeld von Oberhausbergen
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Sd-tlad-tt gefallen waren, nicht überliefert ist, aber trotzdem ver fügen wir über hervorragendes Beweismaterial, um diesen denk würdigen Tag zu rekonstruieren. Julian bricht eines Morgens mit 1 3 000 Mann von Saverne auf (A. M. XVI 12). W. Wiegand hat dabei überzeugend nachgewiesen, daß er seine Truppen die Richtung der römischen Straße, die an Kütollsheim und Hurtigheim vorbeiführt, einschlagen ließ, und daß aufgrund der 1 4 leugae, die Saverne vom valturn barbaricurn trennten, dieses bei Oberhausbergen liegen mußte (Westdeutsche Zeitschrift . . . VII 1888, S. 12). Allerdings ist Ammianus etwas un genau. Kurz vor Mittag (iarn dies in rneridiern vergit) konnte der Feind noch nicht zu sehen sein (. . . hostern . . . conspicuurn . . .), denn nach den Julian zugeschriebenen Worten mußte das Heer erst noch durch Schluchten marschieren (scrupulosi trarnites . . . et ob scuri). Diese identifiziert R. Forrer (a. a. 0. S. 36) insbesondere mit einem Hohlweg vor Kütollsheim. Die Onsangabe ist nun zwar sehr überzeugend, aber demnach konnte man die Alemannen, wenn sie auf dem Höhenzug vor Hausbergen standen, nicht vor der Ankunft in Hurtigheim sehen, es sei denn, daß aufgewirbelter Staub oder Sonnenreflexe auf den Waffen ihre Anwesenheit ver muten ließen. Daß man sie nicht sehen konnte, trifft aber noch um so wahrscheinlicher zu, wenn sich der größte Teil der feindlichen Truppen vor dem Höhenzug von Hausbergen, und zwar auf der Ostseite, befand. Genau betrachtet, setzt.der Schlachtbericht erst mit der Ankunft des römischen Heeres ein: prope collern . . . rnolliter editurn, oper
turn segetibus iarn rnaturis, a superciliis Rheni haud longo intervallo distantern. Es handelt sich hier, ganz abgesehen von dem damaligen Verlauf des Rheins, eindeutig um die letzte Erhebung vor der oberrheinischen Tiefebene, und das führt uns unmißverständlid-t zu dem Höhenzug von Hausbergen. Hinter Hurtigheim führt nun aber die römische Straße hinunter zu dem Bach Musau, und nach einem für diese Gegend ziemlich steilen Anstieg gelangt man zu der heutigen Abzweigung der römischen Straße von der Straße, die von Straßburg über Itten heim, �a�ne,...Marmo_utier -{Markierung 171) nad-t Saverne führ�; kurz danach führt sie direkt nach Straßburg hinab, und
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]. J. Hatt und J. Sdtwartz
einige 100 m weiter befindet man sich schon in der oberrheinischen Tiefebene. Wenn man von eben dieser Höhenmarkierung 171 nach Osten blickt, verdeckt den Südhang des Höhenzuges von Hausbergen eine sanft ansteigende Anhöhe (maximale Höhe 1 75) s, eigentlich nur dessen Ausläufer auf der Ost-West-Achse, so daß dieser erst von der Straße aus 500 m nach der Markierung 171 wieder sichtbar wird. Nach dem letzten Abstieg in die Tiefebene also wurde eine Pause eingelegt (cum iam prope . . . conspexere ductores, steterunt vestigiis Dabei mußte man sich auf einen Standort auf der linken Seite der Straße beschränken, um dem Feind gegenüberzustehen.
fixis).
Dieser mußte sich ungefähr bei dem heutigen Oberhausbergen, parallel zu der Straße, die heute das Dorf durchquert, im Abstand von nahezu einem Kilometer von den römischen Truppen entfernt, formieren. Zuvor hatte sich ein wichtiger Vorfall ereignet: Vier feindliche
speculatores waren bei
der Markierung 175 gesichtet und einer von ihnen war von der römischen Reiterei gefangengenommen worden. Zwar ist, was hier erzählt wird, für das folgende Geschehen un bedeutend, aber das Erscheinen auf der Höhe verlangt eine Er klärung. Die Alemannen, die auf dem Höhenzug von Hausbergen oder vielleicht nur am Fuße davon auf der Ostseite standen, hatten Kundschafter zum Nordende der Höhe, um die Straße von Bru
math (Brocomagus), und zu ihrem Südende, um die Straße von Saverne zu überwachen, ausgeschickt. Aber die vier Männer bei der Höhenmarkierung 175 mußten, wie wir gleich sehen werden, eine etwas andere Aufgabe haben. Das Heer der Barbaren, das nach Ammian 35 000 Soldaten zählte, steht also in der Nähe und ist zudem flexibel genug auf gestellt, um sich der Formation des römischen Heeres anzupassen. Nach Ammian hatten die Alemannen von einem Überläufer aus dem Heer des Barbatio erfahren, daß die römische Reiterei den rechten Flügel, oder anders gesagt, die Vorhut des Heeres auf dem Marsch bilden würde. Deshalb stellten sie ihre besten Truppen, im wesentlichen die Reiter, auf dem linken Flügel auf. An diesem Punkt stützen sich Libanius und Ammian gegenseitig. Lihanius (XVIII 56) fügt im Anschluß noch genauer hinzu, daß die Bar· ·
Das Schlachtfeld von Oberhausbergen
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baren "auf dem rechten Flügel zusätzlich noch eine Abteilung auf stellten, die sie am Fuße einer Oberführung in einem sumpfigen Gebiet versteckten, und daß die Römer sie bt' axQ(!) 1:{il tilwvl!�t(!) sahen, d. h. von der Höhe, die auf der linken Seite lag, genau gesagt, von der Anhöhe an der Markierung 175. Ammian seinerseits schreibt mitten in seinen allgemeinen Be trachtungen über das Heer der Barbaren, "daß sie auf ihrer rechten Seite eine andere Art von Überraschung für uns bereithielten . . . Severus, der Befehlshaber unseres linken Flügels, bemerkte nämlich in der Nähe vor sich Gräben, in denen sich bewaffnete Mänoer drängten" (. . . prope fossas armatorum refertas). Die Oberführung war Teil des Aquädukts, der von Kütollsheim her Straßburg versorgte und mit einer Oberführung den Bach Musau ungefähr an der Stelle des heutigen alten Bahnhofs von Dingsheim überqueren mußte (vgl. Cahiers d'Archeologie et d'hi stoire d'Alsace, 1931-32, S. 1 1 ff.: Ch. Goehner und F. Jaenger Nouveaux tron�ons de l'aqueduc romain de Kutollsheim a Straß burg). Die Barbaren, die hier versteckt waren, bildeten die Spitze des Heeres und brauchten Kundschafter, da sie die Straße, auf der die Römer kommen konnten, nicht sehen konnten. Also waren es diese Männer im Hinterhalt, welche die vier erwähnten specula tores ausgeschickt hauen. An diesem Punkt angelangt, übersehen wir ungefähr die Auf stellung der jeweiligen Flügel zu Beginn der Schlacht. Libanius (XVIII 54) deutet an, daß auf dem linken Flügel des römischen Heeres die Reiterei stand, während Ammian dies eher nicht zu behaupten scheint. Aber fest steht, daß römische Reiter ziemlich zu Anfang der Schlacht auf die Höhe der Markierung 175 hinauf ritten, um sich zu vergewissern, daß sich in der Nähe der Ober führung des Aquäduktes etwas Verdächtiges abspielte. Andererseits berichtet Libanius (XVIII 59), daß das Gepäck auf der Anhöhe gelagert war. Dies kann nur die Kuppe des Höhen zuges mit der Markierung 175 sein. Mit anderen Worten, die zweite Hälfte des römischen Heeres muß die Straße ungefähr an der Markierung 171, am bivium, verlassen haben, um hintenherum von Nord-Westen die Anhöhe mit der Markierung 175 einzuneh men. (Diesen Höhenzug durchquert heute entlang der Hauptachse ,
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J. ). Hatt und J. Schwarn
ein Weg, der zu einer alten Straße zwischen Dingsheim und Ober sdtaeffolsheim führt. Diese kreuzte die alte Römerstraße etwas un terhalb der Markierung 171 am Fuß des Hanges.) Unter diesen Bedingungen mußte die Schlachtreihe der Römer ursprünglich etwas krummlinig verlaufen, was auf die Dauer nicht beizubehalten war. Deshalb verlagerte sie sich im ganzen etwas nach Osten, und dadurch wurden nach Libanius (XVIII 56) die Barbaren, die in der Nähe des Aquädukts verstedn waren, auf gestöbert, mit anderen Worten, in Richtung Oberhausbergen ge drängt, und stifteten in den eigenen Reihen Unruhe. Nach Am mians Ansicht mischte sich, als der erste allgemeine Kampf Mann gegen Mann vorüber war, der linke Flügel der Römer in das Kampfgetümmel, nachdem er vorher germanische Gruppen unge stüm davongejagt hatte (cum cornu sinistrum altius gradims
urgentium tot agmina Germanorum vi nimia pepulisset iretque in barbaros fremens); dieses stimmt mit einer gewaltsamen Räumung der Zugänge zu dem überführten Aquädukt überein, die nur kurz bevor die römische Reiterei auf dem rechten Flügel versagte, statt fand (equites nostri cornu tenentes dextrum praeter spem incondite discesserunt). Severus ließ sich, bevor er an diese Räumung ging, Zeit (stetit impatJidus), während der größte Teil der römischen Streitkräfte auf den Feind zumarschierte (Julianus . . . maiorem exercitus par tem primae barbarorum opposuit fronti). In diesem Augenblick stehen übrigens die vorhandenen Streitkräfte sehr nahe beieinander, da die Römer die in den Reihen der Feinde ausbrechenden Proteste begreifen. Hier ergibt sich eine kleine Schwierigkeit: juüan habe, wie Ammian sagt, gesehen, daß Severus haltmachen ließ und habe sich mit 200 Reitern in seine Richtung begeben; normalerweise
aber steht Julian auf dem rechten Flügel, und zwar genau an der
Stelle, wo Fußvolk und Reiterei aufeinandertreffen, d. h. irgendwo in der Ebene, jenseits der Markierung 171. Von dort aus aber kann er unmöglich sehen, daß Severus zögert oder in Schwierigkeiten steckt. Das von Ammian gebrauchte ,.quo viso" muß sieb deshalb auf eine kleine Unschlüssigkeit in der Schlachtreihe rechts von Severus beziehen, nachdem er haltgemacht hatte. Libanius dagegen erwähnt das Eingreifen Julians gar nicht und
Das Schlachtfeld von Oberhausbergen [Unter der metrischen Skala oben rechtS ergänze den Namen Mundolsheim)
bausbergen tze den Namen Mundolsheim)
Das Scblacbtfeld von Oberhausbergen
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hätte sidl somit eine gute Gelegenheit entgehen lassen, seinen Sdlüler zu loben. übrigens berichtet Arnmian nicht, daß Julians 200 Reiter Severus geholfen haben. Man muß schon annehmen, daß Ammian zum· Zeitpunkt der Rede des Julian an die Soldaten vor der Schlacht die Fakten etwas zurechtgerückt hat. Wir haben vermutet, daß die Schlachtreihe anfangs krummlinig verlief, wobei sich der äußere Bogen nach Westen erstreckte. Danach haben die Römer sich vermutlich beim Vorrücken gegen den Feind zugleich nach Osten verlagert, so daß die Krümmung der Front linie, deren linker Flügel den nördlichsten Teil bildete, und zeit weilig auch der Angelpunkt sich soweit wie möglich verringerte. (Hierzu sei zu bemerken, daß eine Schlachtreihe von solcher Länge sich nur in einer wirkHeben Ebene, gegenüber dem bivium entfalten konnte.) Von dem Augenblick an, wo die Reiterei auf dem rechten Flügel versagte\ lassen sich die folgenden Episoden der Schlacht nicht mehr lokalisieren. Der Versuch, die bewaldete Anhöhe, auf die sich Chnodomar zu flüchten versuchte, zu identifizieren, wäre ver geblich. Ammian berichtet uns, daß die römischen Fußsoldaten bei Kampfbeginn ein Schilddach bildeten. Dies kann die Frontaus dehnung nur eingeschränkt haben, und sie schlug, sobald der Feind von der Oberführung verjagt worden war, eine merklich nordwest lich-südöstliche Richtung ein, so daß der Abstand zwischen dem Bahnhof von Dingsheim und de{ römischen Straße �au �was _ mehr als einen Kilometer betrug: In diesem Augenblidt lag cfle Anhöhe 175 genau im Rücken der Front. Dies erklärt, warum dort das Gepäck abgestellt wurde, und auch warum, nach Libanius' Zeugnis (XVIII 59), die Hüter des Gepäcks, als die Feinde zu
fliehen begannen, den Hang hinuntereilten, um bei der Niederlage mitzuhelfen, die sie vor ihren Augen herankommen sahen. Kurz gesagt, die Schlacht verdient die Bezeichnung Schlacht von Ober hausbergen genausogut wie die aus dem Jahre 1262 n. Chr. Wir haben uns bisher nur wenig auf die Arbeiten zahlreicher Vorgänger bezogen, die sich zwar mit dieser Schlacht befaßt haben, aber sich öfter mehr für den Verlauf als für den Ort interessierten. Dessen Bestimmung hängt von einer guten Darstellung der vorbe reitenden Kampfbewegungen ab, die wir glauben gegeben zu
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J. J. Hatt und J. Schwart'Z
haben. Will man allerdings die genaue Funktion jeder Formation und besonders die der Kontingente der Barbaren ayf römischer Seite bestimmen (nicht wenige erhielten nämlich d�Pt·ihre militä rische Ausbildung), begibt man sich unvermeidlich in das Reich der Phantasie. Hinzu kommt bei einigen eine völlig nutzlose deutsche Romantik. Doch sollten die bedeutendsten Arbeiten kurz besprochen wer den. Zweifellos am meisten Beachtung verdient die Arbeit von W. Wiegand, dem nach einleitender Zusammenfassung der früheren Forschungsergebnisse (a. a. 0., S. 10 ff.) das große Verdienst gehört, nachgewiesen zu haben, daß die Schlacht nur in der Nähe der Straße von Tres Tabernae nach Argentorate (S. 12 und 24) und in der Nähe des bivium bei der Markierung 171 stattgefunden haben kann. Außerdem gibt er ein ungefähres Datum an (S. 19-20) und lokalisiert ungefähr die Gegend, wo die erste Marschpause eingelegt wurde (S. 21). Auch versteht er sehr gut Libanius' Beschreibung des benachbarten Aquädukts, welcher sehr wahrscheinlich wohl nur ein Erdhügel mit einer Stegbrücke gewesen ist (S. 25). Andererseits möchte er aber den collem . . . molliter editum mit der "Höhe von Hurtigheim" identifizieren (S. 23). Ganz abgesehen davon, was er mit dieser ungenauen Bezeichnung meint (wahr scheinlich die Umgebung der Markierung 180), befinden wir uns eindeutig auf dem linken Ufer des Musaubaches und es ist schwer verständlich, wie ein speculator sich bis dahin zu Fuß vorgewagt haben sollte. Andererseits vermutet Wiegand, daß der Aquädukt den Musaubach an der Markierung 154, d. h. 500 m bergauf von dem wirklichen Punkt entfernt überquerte. Nun sind aber Reste der unterirdischen Kanalisation des Aquädukts am Bahnhof von Dings heim gefunden worden, und in Anbetracht des späteren Verlaufs der Wasserleitung (über Oberhausbergen), muß sie die Musau a.n dieser Stelle überquert haben. Unter diesen Voraussetzungen schreibt Wiegand der Markierung 180 die Funktion zu, die wir der Markierung 175 zugeschrieben haben, nämlich zunächst äußerstes Ende des linken römischen Flügels, dann Lagerplatz für das Gepäck gewesen zu sein. Infolge dessen siedelt er den rechten römischen Flügel, die Kavallerie, auf der Straße von lttenheim zum bivium an, während die Mitte der
Das Schlachtfeld von Oberhausbergen
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Schlachtreihe zwischen der römischen Straße und dem Musaubach aufgestellt war (S. 33). Die Alemannen sind nach seiner Dar stellung in Richtung Schiltigheim und Bischheim geflohen. Tatsächlich begreift man danach weder, wo das gesamte Bar barenheer Wartestellung bezogen hatte, noch, wie es auf der Flucht den Höhenzug von Hausbergen oder dessen Ausläufer überquert haben soll. Wiegand hat eindeutig das Schlachtfeld zu sehr nach Westen verlegt, und die Entdeckung der von Forrer falsch gedeute ten phalerae von Ittenheim hat seine Hypothese nur kurzfristig erhellt. E. Nischer (a. a. 0., S. 391-403) identifiziert unter Verwendung von Generalstabskarten den collem . . . molliter editum mit dem gesamten Höhenzug von Hausbergen bis Mundolsheim einschließ lich. Diese Hypothese ist gänzlich unhaltbar. Er siedelt die Schlacht in dem Gebiet zwischen dem Höhenzug im Westen und einer Linie Höhenheim-Souffelweyerheim im Osten an. Die Frage der Über führung ist in seine Untersuchung gar nicht mit einbezogen, und sein Versuch, den Schlachtort zu bestimmen, ist gänzlich wertlos, da er von falschen Voraussetzungen ausgeht. R. Forrer, der den Artikel Nischers nicht kennt, nimmt an, daß die Barbaren in der Ebene zwischen Sduffelweyersheim und Wol • fisheim ($. 35) östlich des Höhenzuges von Hausbergen ihr Lager aufgeschlagen haben, und zwar vor der Schlacht, da sie nicht wußten, welchen Weg Julian einschlagen würde. Forrer weist jeden Hinweis auf den Aquädukt zurück, zieht aber eine Artillerie, die gar nicht existiert, in Betracht. Nach seiner Annahme haben sich die Alemannen unmittelbar westlich des Höhenzuges mit der Markie rung 175 zwischen den Straßen, die vom bivium (Markierung 171) jeweils nach Hurtigheim und nach lttenheim führen, gesammelt, während die Römer gegenüber die Schlachtreibe parallel zur Fluchtlinie dieser beiden Dörfer aufgestellt hätten. In Wirklich keit konnte nur der Gedanke, daß das Schlachtfeld in der Nähe von lttenheim lag, zu dieser völlig willkürlichen Anordnung geführt haben. Demnach findet die Schlacht nämlich auf beiden Seiten der Musau statt, in einem Gebiet, wo das Flußbett kein wirkliches Hindernis bildet, während die Hypothese Wiegands ganz anders lautet.
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J. ]. Hatt und J. Schwartz
Nachdem wir also den Ansichten Wiegands den Vorzug gegeben haben, müssen wir noch einige kritische Bemerkungen, die H. Hecker, der schärfste Kritiker, erhoben hat, untersuchen (in: Jahrbücher für klassische Philologie, 139, Band 1889, S. 59-80). Während er zugibt, daß Ammian und Libanius dieselbe Quelle für ihren Schlachtbericht benutzten, verwirft er Libanius mit dem Argument, er habe seinen Bericht rhetorisch ausgestaltet. Seine kri tischen Anmerkungen, die W. Koch aBe akzeptiert, sind im einzel nen unterschiedlicher Art. 1. Das Datum der Schlacht müßte einen Monat früher liegen, da die Ernte noch nicht eingebracht war (a. a. 0., S. 74). C. Jullian (a. a. 0., Bd. VII, S. 194) widerlegt diesen Gedanken, da Julian am 24. Juni in Autun war (Ammian XVI, 2, 2). Damit bliebe nicht genug Spielraum für alles, was sich zwischen diesem Datum und der Schlacht ereignete. Zugunsten des von Wiegand erstellten und all gemein angenommenen Datums kann man auch anführen, daß man die Ernte nicht in der beabsichtigten Zeit im "Niemandsland", das zu der Zeit das Gebiet um Straßburg sein mußte, eingebracht habe . . . Außerdem war es in der zweiten Augusthälfte für die Truppen der Alemannen leichter, den Rhein zu überqueren. 2. Trotz H. Heckers Einwand schließt die Episode, daß die Be fehlshaber der Alemannen zu Fuß kämpfen mußten, die Flucht Chnodomars zu Pferde nicht aus. Die von Arnmian vorgebrachten Proteste, die wir in unserer obigen Skizze der Schlacht unter gebracht haben, behalten in ihrem Zusammenhang ihre Gültigkeit. 3. H. Hecker (a. a. 0., S. 73) glaubt nicht, daß die Rede vor Mit tag, die Ammian Julian in den Mund legt, wirklich gehalten wor den ist. Er vermutet, daß es sich wegen der darin erwähnten unbekannten Wege (obscuri) und des Wassermangels, dem das römische Heer künftig ausgesetzt sei, um eine bunte Sammlung von Schwierigkeiten handelt, die einem Heer zwar begegnen können, aber die zu dieser Zeit nicht vorhanden waren. Wir geben ihm diesbezüglich aus zwei Gründen gerne recht: a) Wir haben schon vorher eine der Schwierigkeiten dieser Rede betont. Ammian hat, da er niemals die Schauplätze seiner Berichte gesehen hat, entweder seinen Bericht rhetorisch ausgeschmückt, wie Hecker meint, oder hat sich auf ein offizielles Dokument bezogen. Dieses muß die Straße
Das Schlachtfeld von Oberhausbergen
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von Saverne nach Straßburg beschrieben und auf einige Hügel in diesem Gebiet hingewiesen haben, die nach Ammians falscher Dar stellung dem römischen Heer noch bevorstanden, während es tat sächlich schon darüber hinweg war. b) Der verdächtige Charakter dieser Rede bedingt gewisse Vorbehalte gegenüber den Ermahnun gen, die Julian nach Ammians Bericht vor der Schlacht aussprach. Auch die oben geäußerten Zweifel am Bericht vor diesen Er mahnungen werden aus demselben Grund verstärkt.5 4. In derselben Weise habe Libanius nach Hecker (a. a. 0., S. 64) auch den Bericht von den Hütern des Gepäcks, die am Ende der Schlacht über die Alemannen herfallen, rhetorisch gestaltet. Ebenso negativ beurteilt er auch die Erwähnung der Oberführung (a. a. 0., S. 62 ff.). Beide Episoden sind jedoch Kernstücke unserer Rekon struktion der Schlacht; und ohne diese Gegebenheiten einzu beziehen, ist eine auch nur annähernd genaue Beschreibung des Ortes nicht möglich. Wir müssen sie als solche beachten, und dies um so mehr, als sie in das Gebiet, das wir durchforscht und be stimmt haben, genau passen. Auch andere Forscher, wie H. Nielssen und E. v. Borries, weigern sich, auf die immerhin unleugbare Oberführung einzugehen. Der eine siedelt die Sdtlacht im Wald von Hagenau an und letz�erer verlegt sie an den Südrand dieses Waldes in das Ried um Bischwiller. Diese Lokalisierungen tun den Texten Gewalt an und tragen dem Gebiet so wenig Rechnung, daß es sich nicht lohnt, sie hier noch einmal zu widerlegen.' Zusammenfassend darf man Folgendes feststellen: Die Funktion, welche die Markierung 175 zu Beginn der Schlacht als Tarnung der Stellung der Alemannen und als Kundschafterposten hat, der Um stand, daß der linke römische Flügel sich bis in die Nähe der Ober führung des Aquädukts erstreckte, bei der die Feinde in Hinterhalt lagen und die neben dem heute außer Betrieb gesetzten Bahnhof von Dingsheim lag, und die Tatsache, daß die so verschanzten Bar baren von der Markierung 175 aus von den Reitern des Severus gesehen worden sind, ferner die Nachricht, daß das Gepäck der Römer auf eben diesen Hügel zusammengetragen wurde, nachdem die Barbaren aufgescheucht worden waren, und endlich auch der Hinweis darauf, daß die Hüter des Gepäcks als erste die Niederlage
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]. ]. Hatt und J. Sdlwam:
des Feindes bemerkten und sich daraufhin einschalteten, dies alles läuft darauf hinaus, daß die Schlacht nicht, wie alle unsere Vor gänger geglaubt haben, im Westen dieser Markierung, sondern im Osten und in der Ebene südlich des heutigen Dorfes Oberhausbergen stattfand. [Der folgende Teil, weldler sidl mit der Sdllacht von 1262 befaßt, wurde hier weggelassen.)
Anmerkungen 1 Verzeichnis der älteren Literatur: H. Nissen, Die Alamannenschlacht bei Straßburg, in: Westdeutsche Zeit schrift für Gesdlidlte und Kunst VI 1887, S. 319-335. W. Wiegand, Die Alamannenschlacht bei Straßburg, in: Westdeutsche Zeitschrift . . . VII 1888, S. 63-73. H. Hecker, Die Alamannenschlacht bei Straßburg, in: Jahrbücher für klassische Philologie, 139. Band, 1889, S. 59-80. E. v. Borries, Die Alamannensdlladlt des Jahres 357, in: Jahresbericht der neuen Realschule zu Straßburg, 1892, S. 3-28 (vgl. Rez. von Wie gand, in: Zeitschrift für die Gesdlidlte des Oberrheins, N. F. Band VIII 1893, s. 134-136). E. v. Borries, Nodl einmal die Ortlichkeit der Alamannenschlacht von 357 n. Chr., in: Westdeutsche Zeitschrift . . 1893, S. 242-255. W. Koch, Kaiser Julian der Abtrünnige. Seine Jugend und Kriegstaten bis zum Tode des Kaisers Constantius (331-361). Eine Quellenunter sudlung, in: Jahrbücher für klassische Philologie, Supplementband 25, 1899, S. 239-488, bes. S. 388). C. Jullian, Histoire de Ia Gaule, Bd. VII, S. 190 ff. E. Nischer, Die Schlacht bei Straßburg im Jahre 357 n. Chr.: Klio 21, 1927, s. 391-403. ]. Bidez, La vie de l'Empereur Julian, 1930, S. 150-153 und S. 380-381. R. Forrer, Decouverte de phaleres honorifiques romaines a Ittenheim et Ia bataille du Cesar Julien de !'an 357, in: Cahiers d'Archeologie et d'histoire d'Alsace 1931-32, S. 17-46. J. ]. Hatt, Histoire de Ia Gaule Romaine, 1959, S. 302-304. 2 Das historiographisdle Problem der Feldzüge des Ka isers Julian hat eine umfangreime Sekundärliteratur, von der hier nur die widltig sten Veröffentlichungen genannt werden sollen, hervorgerufen: H. Hecker, Zur Gesdlidlte des Kaisers Julian, Programm des Kgl. Gym nasiums zu Kreuznach 1886. .
Das Schlachtfeld von Oberhausbergen
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W. Koch, De Juliano imperatore scriptorum, qui res in Gallia ab eo gestas enarrarunt, auctore disputatio, Arnhem 1890 (rez. in: Wochen schrift für klassische Philologie, 22-24, 1891, Kolumne 452-455; Histo rische Zeitschrift 1891, II, S. 289-91; Berliner Philologische Wochen schrift, 1 1 . 3. 1893,S. 829-31). E. v. Borries, Die Quellen zu den Feldzügen Julians des Abtrünnigen gegen die Germanen, in: Hermes 27, 1892, S. 170-209 (vgl. W. Koch, in: Jahrbücher für klassische Philologie, 147, 1893, S. 362-68). W. Koch, Kaiser Julian der Abtrünnige. Seine Jugend . . . (vgl. vorige Anmerkung). 3 Diese Anhöhe, die heutzutage zur nordöstlichen Ecke des Gebietes von Oberschaeffolsheim gehört, scheint dieselbe zu sein, die De Morelet (Notice sur !es anciens aqueducs de Strasbourg 1860) Stinusberg nennt (vgl. Westdeutsche Zeitschrift 1893, S. 245). Laut der jetzigen Grund bucheintragung heißt der in Richtung Musaubach und Oberhausbergen liegende Teil der Anhöhe Stimmelsberg. Die Eintragungen von 1760 sagen hierüber nichts, und keiner dieser Namen findet sich nach F.-J. Himlys Forschungsergebnissen in entlegenen Quellen des 17. Jahrhunderts. 4 Während Ammian und Libanius behaupten, daß Julian es verstand, sie wieder in den Kampf zu führen, ist Zosimus III 3 ganz anderer Mei nung. 5 0. Seeck, Geschichte des Untergangs der antiken Welt, IV, S. 265, und J. Gelfcken, Kaiser Julianus, S. 134 sehen in Julians Truppenparade und seiner Rede an die Soldaten nicht ganz unzutreffend homerische Remi niszenzen. Die Behauptung jedoch, daß die Schildkrötenformation der Römer aus der Ilias (XIII 131) stamme, geht bestimmt zu weit. Immerhin aber muß man sich fragen, ob die beiden Reden des Julian, während der Marschpause vor Mittag und direkt vor dem Kampf, und das Ma növer, das ihn und seine Reiter vom rechten auf den linken Flügel brachte, nicht aus dem schon erwähnten offiziellen Schlachtbericht stam men, der von der Umgebung des Constantius aufgesetzt worden war. Danach muß Constantius ordnungsgemäß selbst an der Schlacht teilnehmen und Ammian könnte sehr wohl die fiktiven Interventionen und Reden, die in dem offiziellen und verfälschten Bericht Constantius in den Mund gelegt wurden, für Julian entlehnt haben. Dazu muß man bedenken, daß aus der Sichtweise Ammians 30 Jahre später Reden an Soldaten kaiserliche Privilegien waren, und wenn man die Rede wäh rend der Marschpause mit der des Constantius über die Alemannen, die sich auch bei Ammian (XIV 10) findet, vergleicht, läßt die Parallele peinliche Zweifel an ihrer Echtheit aufkommen. 8 Eine Anmerkung, die von v. Borries stammt, erscheint immerhin
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330 ]. J. Hatt und J. Schwanz: Das Schlachtfeld von Oberhausbergen zutreffend. Im entscheidenden Augenblick stand, wie Wiegand feststellt, die Front merklich in ost-westlicher Richtung und die Römer stießen nach Süden vor. Chnodomars Flucht nach Norden, eine feststehende Tatsad!e, würde zunäd!st eine Flucht nad! Osten voraussetzen. Da er auf dem linken Flügel steht, ist dies eine Schwierigkeit, die sid! aber löst, wenn man, wie wir oben angenommen haben, davon ausgeht, daß die Front von Nordwesten nad! Südosten verlief.
Walter Emil Kaegi, The Emperor Julian's Assessment of the Significance and Function of Hisrory. In: Proceedings of tbe American Philosopbical Society 108 (1964), pp. 29-38. Aus dem Englischen übersetzt von Udo Kindermano.
KAISER JULIAN üBER BEDEUTUNG UND FUNKTION VON GESCHICHTE Von WALTER EMIL KAEGI '' Philosophische und religiöse Ansichten des Kaisers Julian wurden in den vergangeneo hundert Jahren weidlich untersucht 1 . Dem gegenüber wies Francis Dvornik darauf hin, daß das politische Ver ständnis des unchristlichen Kaisers und seine Handlungen erst jetzt langsam die nötige Aufmerksamkeit fänden 2. Glanville Downey machte unlängst die Beobachtung, daß Julians historische Bildung seine politische Einstellung bedeutend mitbestimmtes. Ober die Bedeutung, die Julian der Geschichte beimaß, gibt es jedoch noch keine Spezialuntersuchung, und man erkennt auch leicht den Grund dafür. Wiewohl verschiedene Abhandlungen des Kaisers zu Reli gion, Philosophie und Politik zahlreiche historische Bezüge ent halten, so kann man doch keines seiner Werke als historisches ansprechen, und auch er verstand sich nie als Historiker. Nie ver breitete er sich systematisch über Geschichte im allgemeinen. Die berühmten antiken Werke der Philosophie, Rhetorik und Poetik nahmen nahezu völlig sein Bildungsinteresse ein und hinterließen denn auch stärkere Spuren in seinen schriftlichen i\ußerungen als irgend eines der großen Geschichtswerke der Antike. Will man die Bedeutung historischer Bildung für Julian würdigen, muß man seine verstreuten Bemerkungen über historische Studien und zu verschie denen historischen Ereignissen sammeln und sichten. Solche finden sich in seinen zahlreichen Schriften zwischen dem Jahre 356 (Kaiser wurde er 361) und 363, als er im Juni auf der verhängnisvollen Persien-Expedition den Tod fand 4• Das Belegmaterial ist frag•> Für hilfreichen Rat und Zuspruch danke ich herzlich Herrn Professor Mason Harnmond von der Harvard-Universität und Herrn Professor Glanville Downey von der Dumbarton Oaks Research Library.
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mentarisch, doch wert, auf historische Anschauungen eines Mannes überprüft zu werden, dessen politische und religiöse Ziele durch eine starke Bewunderung der Vergangenheit mitbestimmt wurden ; in der Tat hat man Julian ja einen ,Reaktionär' genannt 5. Eine Untersuchung über die Art von Funktion und Bedeutung, die er in der Geschichte sah, und die Art, wie er sein Wissen von der Ver gangenheit praktisch verwandte, ermöglicht ein vollständigeres Verständnis sowohl des Kaisers Julian als auch der Bedeutung historischer Studien im geistigen Leben des vierten Jahrhunderts. Julian glaubte, die Geschichte habe verschiedene wertvolle Funk tionen. In seinem >Panegyrikos auf die Kaiserin Eusebia< vom Win ter 356/7 stellt er fest, daß die Geschichte das Fundament ab geben könne, auf dem ein reifer Mann zu Einsiebt und Urteil
komme. Besonders nützlich hielt er sie für junge Männer wie ihn. In seinen Worten :
. . . Viele Oberlieferungen der von den vergangeneo Generationen ge madnen Erfahrungen, gekonnt verfaßt, vermitteln denjenigen, die auf Grund ihres jugendlichen Alters nicht selbst Augenzeugen sein konnten, ein klares, leuchtendes Bild von den Taten der Vergangenheit ; dadurch sind auch schon zahlreime junge Mensdten an Verstand und Sinn reifer geworden als sehr viele betagte Leute: Diese Oberlieferungen geben den ernsthaft Bemühten in den Reihen der Jugend dasjenige Gut, das nach sonstiger Meinung die Mensdteo nur infolge eines hohen Lebensalters besitzen können, nämlich die Erfahrung, der es der alte Mensch ver dankt, wenn er etwas Klügeres und Weiseres als die Jugend äußern kann.• Das Zitat läßt erkennen, daß Julian an den Wert historischer Bildung glaubte, daß er sie für nicht leicht zu erwerben hielt, son dern der Ansicht war, sie erfordere und verdiene auch erhebliche geistige Anstrengung. Bei seiner Hochachtung vor der Geschichte hatte er sich darüber gefreut, unter den Büchern, die ihm die Kaise rin geschenkt hatte, auch einige historische zu finden 7• Im selben >Panegyrikos auf Eusebia< stellt Julian fest, daß eine besondere Art des durch die Geschichte vermittelten Verständnisses die wahre Einsicht in die Natur politischer Institutionen sei. Er glaubte, daß eine genaue Kenntnis zeitgenössischer Staatsämter ohne hinreichende Kenntnis ihrer historischen Entwicklung unmög-
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lieh sei. Z. B. war seiner Meinung nach der Wert des Konsulats nur dann einsichtig, wenn man seine Geschichte mitberücksichtigte:
Da nun aber infolge des Übergangs der Staatsform zur Monarchie heute die reale Gewalt des Konsulats dahin ist, scheint die bloße Ehrenstel lung, aller anderen Realfunktionen ledig, alle wirkliche Macht aufzu wiegen; dabei liegt sie für die Privatleute aus, gleichsam als Preis und Ehrengabe fiir Tüchtigkeit, Treue, irgendeine Gefälligkeit und Dienst leistung gegenüber den Kaisern oder für eine herrliche Tat; den Kaisern aber wird sie übertragen gewissermaßen als Zierde und Schmuck zusätz lich zu ihren bereits bestehenden Vorteilen und Privilegien. Denn all die übrigen Titel und Funktionen, die noch ein schwaches und schattenhaftes Bild jener alten Staatsform bewahren, haben die Kaiser entweder auf Grund ihrer wirklichen Machtfülle voll Verachtung gänzlich abgelehnt, oder aber sie ziehen sie an sich und sind so lebenslänglich mit deren Titel geziert. Nur das Konsulat haben sie, so meine ich, von Anfang an nicht verachtet, sondern sie freuen sich sogar, dieses wenigstens für ein Jahr zu erreichen; und keinen einzigen Privatmann oder Kaiser gibt es oder hat es gegeben, der es nidtt für heiß erstrebenswert gehalten hätte, den Titel Konsul zu erhalten.8 Seine historische Würdigung dieses Amtes ließ Julian abfärben auf das, was er tat. So berichtet der Historiker Ammianus Marcel linus, wie Julian nach seiner Wahl zum Kaiser sich erniedrigt habe, zu Fuß im Zug der neuen Konsuln Mamertinus und Nevitta mit zugehen. Ein andermal verurteilte er sich selbst zu zehn Pfund Gold als Strafe für eine Beeinträchtigung der Autorität des Konsuls Mamertinus. Diese auffällige Ehrerbietung vor dem Amt des Konsuls fand offensichtlich ein zwiespältiges Echo; denn Ammian berichtet von mehrfacher, aber ungenannter Kritik an Julians Ver halten; es sei affektiert und gewöhnlich 9• Wie Julian glaubte, daß die Geschichte ein Verständnis für poli tische Einrichtungen erwecke, so war er auch überzeugt, daß sie einen Mann dazu in die Lage setzte, den wahren Charakter
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einer Stadt und ihrer Bürger zu erkennen. In seiner berühmten Satire gegen sieb selbst, dem >Misopogon< (geschrieben 362 als Antwort auf den Spott der Antiocbener auf seinen Bart sowie seine politischen und religiösen Tendenzen 1 0), überlegt er vor aller Öffentlichkeit:
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aus Unverstand habe ich nicht gemerkt, welchen Charakter diese Stadt von Anfang an haue, obwohl ich überzeugt bin, nicht weniger Bücher gelesen zu haben als irgendeiner meiner Altersgenossen.11 Dann erklärt er den Zug zu Verweichlichung und Luxus bei den zeitgenössischen Bewohnern Antiochias als natürliche geschichtliche Folge der Gewohnheiten des Antiochus, des damaligen Gründers der Stadt. Er beschließt seine Erklärung mit der Feststellung:
Dies waren also die Taten des Antiochus. Seinen Abkömmlingen kann man es aber nicht verargen, wenn sie dem Gründer oder dem Namens· geber ihrer Stadt nacheifern. Wie es nämlich bei den Pflanzen natürlich ist, daß die spezifischen Eigenheiten auf lange Zeit hin weitergegeben werden, daß die neuentstandenen Pflanzen vielleicht sogar in völliger Khnlichkeit mit denen heranwachsen, denen sie entsprossen sind, ebenso ist es auch bei den Menschen natürlich, daß die Abkömmlinge in der Wesensart ihren Vorfahren gleichen.lt Von seinen historischen Kenntnissen machte Julian bei Verhand lungen mit anderen Städten Gebrauch. Im Dezember 361 hatten die Einwohner von Alexandria ihren Bischof, den unbeliebten Georgius von Kappadokien, umgebracht. Der Kaiser verurteilte in einem offenen Brief an die Bürger der Stadt die Gewalttat, die ihm das Andenken an den Gründer der Stadt zu mißachten schien, an Alexander. In Anbetracht des ehrwürdigen Ursprungs der Stadt wollte er jedoch Milde walten lassen :
Ich aber wende euch gegenüber aus den eben genannten Gründen das sanfteste Mittel an, nämlich Ermahnung und Zureden; denn davon, das weiß ich wohl, werdet ihr euch eher überzeugen lassen, wenn ihr wirklich, wie ich gehört habe, von eurem Ursprung her Griechen seid und ihr auch heute noch mächtig und urkräftig in Sinnesart und Handeln von jener edlen Herkunft geprägt seid.u Wie im Falle von Antiochia wurde die Meinung des Kaisers über die Stadt und ihre Bewohner stark durch ihre Gründungsgeschichte beeinflußt. Noch einmal, im November 362, benutzte Julian seine historischen Kenntnisse für eine Antwort auf neue Probleme in Alexandria. Er konnte nicht verstehen, warum die Einwohner der Stadt ihren streitsüchtigen und eigensinnigen strenggläubigen Bischof Athana sius akzeptierten. Oberhaupt, daß die Bürger von Alexandria am
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Christentum festhielten, schien ihm unverständlich. Seiner Meinung nach schloß die Geschichte der Stadt solch einen Glauben aus. In einem anderen Brief an die Bevölkerung führt er aus:
Gewaltig smäme im mim, bei den Göttern, ihr Männer von Alexan dria, wenn überhaupt einer von den Einwohnern eurer Stadt bekennt, ein Galiläer (= Christ) zu sein. Die Väter der wirklimcn Hebräer waren in alten Zeiten Sklaven der �gypter; jetzt aber unterzieht ihr euch, Männer von Alexandria, als Sieger über die �gypter - euer Stadtgründer hat �gypten unterworfen - im Angesimt eurer alten Satzungen einer freiwilligen Knechtschaft unter den Leuten, die den Glauben eurer Väter verachtet haben. Und in euch kommt keine Erinnerung auf an jenes ehe malige Glück, wo ganz �gypten Gemeinschaft mit den Göttern hatte und wir im Gcnuß vieler Güter waren.14 Was Alexandrias Rückkehr zu früherem Ruhm angeht, gab sich Julian in diesem Brief viel pessimistischer. Er glaubte weiterhin an den Wert historismer Verweise in seinen Briefen. Die oben zitierte Anspielung auf Alexandrias Vergangenheit fügte er wahrscheinlich einmal deswegen in seinen Brief ein, um historische Bildung zu be weisen, und zum anderen Mal - was wichtiger war - in der Hoffnung, die Bürger Alexandrias wieder stolz zu machen auf ihre alten heidnischen Traditionen.1 5 Im nämlichen Jahre 362 griff Julian zur Beilegung eines poli tischen Streits der Stadt Argos auf seine historischen Kenntnisse zurück. Die Argiver hatten gegen ein unlängst errichtetes Steuer recht Korinths über Argos protestiert 16• Der Kaiser schrieb eine umfängliche Stellungnahme zu ihrem Rechtsstreit. Er begann mit einem Oberblick über die Taten der Argiver vor Troia und in den Perserkriegen; er wies auf die argivische Abstammung Alexanders des Großen hin und behauptete, auf Argos müsse zumindest ein Teil vom Ruhme des Eroberers fallen ; dann führte er noch den früheren privilegierten Status der Stadt unter römischer Verwal tung an. Er schloß mit dem Bemerken, das vorgebliche korinthische Steuereinnahmerecht sei eine ganz neue Einführung, und seiner Mei nung nach sollten die Argiver von den Abgaben freigestellt sein. Wieder also läßt der Brief seine Überzeugung erkennen, daß die Politik der Regierung die historische Entwicklung einer jeweiligen Stadt mit zu berücksichtigen habe. Ganz offensichtlich glaubte er,
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daß ein Zustand zu einer gar nicht genau bestimmbaren Zeit in der Vergangenheit Berücksichtigung verdiene. Es steht außer Zwei
fel, daß er daneben die Hoffnung hegte, die Erwähnung positiver
Leistungen der Argiver in der Vergangenheit würde Argos wohl tun und ihm und seiner Politik die Gunst der Bevölkerung sichern 17• Geradeso wie er überzeugt war, die Geschichte könne hilfreich sein, den wahren Charakter einer Stadt zu erkennen, glaubte er auch, daß historische Erfahrung einen handlichen und verläß lichen Prüfstein für die Bewertung verschiedener religiöser oder philosophischer Streitfragen darstellte. Im Bemühen, eine Lehre des Philosophen Chrysipp zu widerlegen, bemerkte der Kaiser: . . . da er (sc. Chrysipp) aber das Schicksal, den Zufall und andere derartige von außen auf tatkräftige Männer eindringende Ursachen ver kennt, sagt er Dinge, die nicht gerade sehr im Einklang damit stehen, was uns die Zeit an Hand zahlloser Beispiele deutlieb lehrt.'8 Historische Bildung konnte noch auf andere Weise für philoso phische Beschäftigung von Nutzen sein : Vermittels historischer Kri tik wurde der wabre Charakter verschiedener philosophischer Sy steme genau erkennbar. So versuchte er z. B. in seinen Reden >An die ungebildeten Kyniker< und >An den Kyniker Herakleios< den historischen Charakter und die Botschaft des Diogenes als des Be gründers der kynischen Philosophie darzustellen. Im erstgenannten Werkchen erklärte er, seine Kenntnis der Literatur erlaube es ihm, den wahren Diogenes besser zu verstehen, als es die derzeitigen Kyniker vermöchten. Er schlug vor, die Kyniker seiner Tage möch ten doch den wahren Weg des Diogenes durchs Leben suchen und nicht ihre eigenen Abweichungen davon. Da er also überzeugt war, daß heidnische Philosophie und Religion einst heilsam und stark waren, hoffte er vermittels historischer Kritik den Schutt späteren Aberglaubens und falscher Anschauungen abtragen zu können, der das Herz des Heidenrums abzudrücken drohte 18• Historische Kritik verwandte Julian audt in seinen Auseinander seezungen mit den Christen. Seiner Ansicht nadt gab die Geschichte einen hervorragenden Prüfstein für die Wahrheit heidnischer bzw. christlicher Ansprüdte ab. In seiner bekannten Abhandlung >Wider die Galiläer< versuchte er nachzuweisen, daß der Gott der Christen
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bloß ein nationaler (jüdischer) Gott unter vielen nationalen Göttern sei, während hingegen das höchste Wesen der Heiden vor all diesen Gottheiten den Vorrang habe. Der Streitpunkt sollte durch Ober prüfung der geschichtlichen Überlieferung beigelegt werden, meinte er:
Wenn also die Erfahrung kein Zeugnis für unsere Lehren abgibt, dann sollen unsere Xußerungen Fiktion und unzei�gemäße Überredungsversuche sein, euer Standpunkt hingegen Beifall finden. Wenn jedoch ganz im Gegensatz dazu für das, was wir vertreten, die aus den weitest zurück reichenden Zeiten herrührende Erfahrung Zeugnis ablegt, mit euren Lehren aber offensichtlich nichts in irgendeiner Beziehung übereinstimmt, weshalb haltet ihr dann noch an einer so gewaltigen Auseinandersetzung fest? 20 Der Kaiser beabsichtigte in dieser Schrift Wert und Ansehen des Christentums durch eine kritische Analyse seiner Ursprünge zu unterminieren. Er zeigte zu seiner eigenen Genugtuung, daß die Juden keinen nennenswerten Beitrag zur Kultur 21 geleistet hätten, und er verspottete ihre Geschichte der Knechtschaft unter anderen Völkern 22• Er wies darauf hin, daß Jesus und Paulus nicht erwar tet hätten, daß ihre Religion einen so weltlichen Erfolg haben würde, wie im vierten Jahrhundert tatsächlich. Um seine Behaup tung vom unrühmlichen Ursprung des Christentums zu stützen, for derte er die Christen heraus, auch nur eine Zeile über Jesus Christus in irgendeinem der wohlbekannten klassischen Werke aus der Zeit des Tiberius und des Claudius zu finden. Doch war Julian nicht der erste Heide, der das Christentum durch Anwendung historischer Kritik zu unterminieren versuchte; ähnlich war schon Celsus im zweiten Jahrhundert vorgegangen 2S. Hinter all diesen Argumenten stand die feste Überzeugung, daß irgendwann in der fernen Vergangenheit 2' jede Stadt, jede Nation, jede Religion und· jede Philosophie ihr natürliches Leistungsniveau erreicht und ihren angestammten Platz gefunden hatte. Im Laufe der Zeit sei diese rechtmäßige Ordnung der Dinge gestört worden. Durch das Studium der Geschichte jedoch könne man Natur, Wert und Zweck einer jeden Komponente des Universums erkennen. Hatte man dies erkannt, so konnte man die Dinge wieder in ihre rechtmäßige Ordnung bringen.
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Die Geschichte, so unterstrich Julian, zeigte die Wahrheit der Argumente der Heiden. Die Gunst der Götter hatte die Griechen zu ihren Höchstleistungen in der Philosophie, der Astronomie, ·der Geometrie und der Musik geführt. Anders als die Juden hätten die Griechen fähige Gesetzgeber und fähige Feldherrn hervorgebracht. Noch deutlicher zeigten 2000 Jahre römischer Freiheit und römischer Expansion die Macht der heidnischen Götter und setzten sie in auf fälligen Kontrast zum Unvermögen der Juden, auch nur ihre eigene politische Unabhängigkeit zu bewahren. Auch diese Argumente hatte schon Celsus ins Feld geführt n. Die bedeutendste Funktion der Geschichte lag für Julian sicher darin, daß sie das moralische Wesen eines Mannes entwickelte. In seinem >Panegyrikos auf die Kaiserin Eusebia< schreibt er: Es liegt, glaube ich, (in diesen Geschichtswerken) auch gewissermaßen ein erzieherisches Hinführen zu edler Sinnesart, wenn man die treff lichsten Männer, Worte und Taten kennengelernt hat - wie ein Künstler, der sich Modelle vor Augen stellt -, damit man danach seine eigene Denkweise herausbilden und seine Worte angleichen kann.28 Es muß jedoch betont werden, daß sich Julian keinen Illusionen darüber hingab, man könne etwa hier und heute eine genaue Imita tion vergangener Taten oder Einrichtungen schaffen. Doch war er überzeugt von dem großen Wert einer auch nur oberflächlichen Khn lichkeit zu großen Taten und großen Gestalten der Vergangenheit: " . . . wenn man sie nicht gänzlich verfehlen, sondern immerhin ein wenig Khnlichkeit erreichen sollte, dann dürfte man wohl keinen geringen Nutzen davontragen, wie ihr sehr wohl wißt." 27 Demnach hegte Julian keine grenzenlosen Erwartungen hinsicht lich der Möglichkeit einer Restauration vergangeuer Zustände, war jedoch der Meinung, daß es der Mühe wert sei, soviel davon wie nur eben möglich wiederherzustellen. Als er Kaiser wurde, versuchte er, anderen seine Ansichten über die ethische Funktion von Geschichte einzupflanzen. Während sei nes Aufenthalts in Antiochia im Jahre 362 schrieb er einen Brief an einen unbekannten heidnischen Priester. Da er gegen christliche Angriffe auf den sagenhaften und oft lasziven Ton heidnischer Er zählungen empfindlich war, fühlte sich Julian verpflichtet, die
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Lektüre der heidnischen Priesterschaft zu regeln. Er stellte den Unterschied zwischen wirklich geschichtlichen Werken und solchen heraus, die zwar äußerlich die Form von Geschichtswerken hätten, wesentlich aber erotische Literatur seien. Seine Ansichten wurden mitbestimmt von seiner Annahme, Geschichte habe eine ethische Funktion; um ihre im wesentlichen didaktische Rolle spielen zu können, habe sie auf realen Geschehnissen und nicht auf einge bildeten Vorstellungen zu beruhen. Diesem Standpunkt gemäß grenzte er den für Priester akzeptablen Lektürekanon rigoros ein : . . . E s wäre für uns angebracht> Geschichten z u lesen, die über Taten geschrieben worden sind, die auch wirklich ausgeführt wurden. Aber wir müssen jede Fiktion meiden, die unter dem Deckmantel der Ge schichte unseren Vorfahren berichtet wurde: erotische Stoffe und all gemein alle derartigen Themen. Denn geradeso, wie nicht jede Straße einem geweihten Priester angemessen ist, sondern die Straßen, auf denen diese reisen, richtig vorgeschrieben sein sollten, so sind nicht alle Arten von Lektüre für einen Priester geeignet. Es wird nämlich in der Seele eine bestimmte Einstellung durch Worte hervorgerufen, und diese läßt allmählich die Leidenschaften erwachen, dann entfacht sie eine furchtbare Flamme, gegen die man sich meiner Meinung nach von ferne vorbereiten muß.28 Julians Überzeugung von der ethischen Funktion von Geschichte führte nicht nur dazu, daß er auf der sorgfältigen Unterscheidung von Fiktivem und Historischem bestand, sondern auch auf der richtigen Auswahl derer, welche die Lektionen der Vergangenheit vermitteln sollten. Er meinte, die Lehrer müßten selbst die Prin zipien, die sie andere lehrten, akzeptieren und an ihnen festhalten. Seine Ansichten formulierte er in dem berühmten Brief, in dem er es den Christen untersagte, heidnische Stoffe zu lehren. Der Inhalt dieser wohlbekannten Anweisung aus Konstantinopel zu Beginn des Jahres 362 braucht hier nicht im einzelnen wiedergegeben zu werden 29• Festzuhalten ist jedoch, daß Julian die Christen sowohl vom Lehren der Geschichte ausschloß als auch von dem der Dich tung und der Philosophie. Er erklärte, daß die Historiographen Herodot und Thukydides ihre Inspirationen in gleicher Weise von den Göttern bezogen hätten wie die Dichter Homer und Hesiod und die Redner Demosthenes, Isokrates und Lysias. Er hielt die
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Geschichte für unlösbar mit dem gesamten System der Erziehung verbunden und meinte, sie würde ihrer wesentlichen ethischen Funktion beraubt, wenn ihre Lehrer gerade die religiösen Über zeugungen nicht hätten, die ein richtiges Verständnis der alten Historiographen ermöglichten. Da die Götter diese verehrungs würdigen Autoren inspiriert hätten, seien Männer, die unfähig oder nicht willens seien, diese Götter anzuerkennen, folglich auch nicht in der Lage, die wesentliche Botsmaft in diesen Büchern selbst zu verstehen und anderen zu vermitteln so. Nam dem Berimt des Rhetors Libanius wünsmte Julian, daß seine Statthalter in den Provinzen über eine Ausbildung verfügten, die aum historisme Studien mit einschloß. Im Sinne dieser Anweisung unternahm es der Kaiser, . . . die Barbaren als "Steuermänner" der Provinzvölker abzusetzen, die eilig sd!rieben, doch keinen Verstand hatten und so die Schiffe zum Umkippen brachten. Und er sah, daß diejenigen aüf die Seite gedrängt waren, die von den Did!tern, Geschid!tsschreibern und von denen erfüllt waren, von weld!en man lernen konnte, was die Vorzüge eines Regierenden seien: Soldie Männer setzte er als Statthalter über die Provinzvölker ein.31 Kein einziges Werk liefert mehr Angaben über Julians Belesen heit in der alten Geschichte als seine historische Satire >Caesares<. Das genaue Entstehungsdatum des Werkes ist unbekannt.32 Obwohl sieb der Kaiser in gewissem Umfang von Lukians >Totengespr ächen< leiten ließ, kann man diesem Werk dom viel über seine Ansichten zur Geschichte entnehmen. Die Szenerie für die Satire gibt ein Bankett ab, das Romulus gibt. Die Götter lassen eine Anzahl römischer Kaiser wegen schiernten Betragens nicht ein. Dann be urteilen die Götter vergleichsweise die Verdienste von Alexander dem Großen, Julius Caesar, Augustus, Trajan, Mare Aurel UJ?d Constantin. Jeder der Kandidaten zählt seine jeweiligen Leistungen auf und muß sich dann einem gestrengen Kreuzverhör durch die Götter unterziehen. Alle Konkurrenten außer Mare Aurel kehren ihre militärischen Leistungen hervor. Er jedoch wird schließlich in einer Abstimmung deshalb zum Sieger erklärt, weil er sich be scheiden um die Nachfolge der Götter bemüht habe; an allen ande ren Kandidaten findet man ernsthafte Mängel, meist moralische.
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So geben die •Caesares< ein hervorragendes Beispiel für Julians Bemühen ab, eine moralische Botschaft in der Geschichte zu finden. Er glaubte, daß dieses Buch sowohl der Unterhaltung dienen würde als auch ethische Kriterien liefern könnte, alle menschliche Ver haltensweisen zu beurteilen - auch die Taten von Kaisern 33, In den >Caesares< wird Julians Ansicht erkennbar, daß nur sehr wenige Herrscher der Vergangenheit vollkommen waren. Er erkannte die Notwendigkeit, zwischen wertvollen und
weniger wertvollen
Präzedentien der Vergangenheit zu unterscheiden. Durch sorgfäl tiges historisches Studium konnte man so bewundernswerte Vor bilder finden wie Mare Aurel, um ihnen nachzueifern. Und letztlich ist die Tatsache der Abfassung der •Caesares< an sich schon ein Hinweis auf Julians tiefwurzelndes Interesse am Wesen historischer Größe; er war bestrebt herauszufinden, was nötig war, auch sich selbst einen bleibenden Platz in der späteren Gesdlichte zu sichern. Julian glaubte ferner daran, daß Geschichte auch einem beschei deneren, wenngleidl ebenfalls ernsten Zwecke nutzbar zu machen sei, nämlich dem Trost menschlicher Sorge. Als Julian
Caesar
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Gallien war, mußte ihn sein enger Freund, der Quästor Secundus Saturninius Salutius, infolge einer Intrige am Kaiserhof in Kon stantinopel verlassen, um sich im Winter 358/59 nach Konstan tinopel zu begeben 34• Julian war sehr traurig über den Weggang seines Freundes und richtete darüber eine gefühlsreiche Abhandlung an sich selbst. Er suchte Trost in der Geschichte. Er raisonnierte: . . . Sollen wir aus den früheren Taten, deren Ruhm wir erfahren haben, wie der Dichter (Homer, Ilias 9, 524) sagt, gleichsam wie aus einer vielfarbigen, bunten Wiese die schönsten Blumen und Blüten pflü
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das, was unnötigerweise belästigend wirkt, sowie überflüssigen Wortreich tum beseitigen. 36 Demgemäß rief er sich den Bericht über die Trauer des Scipio Aemilianus über den We&gang seines Freundes Laelius ins Gedächt nis. Doch statt eine historische Schilderung der Freundschaft Scipio Laelius in Angriff zu nehmen, unterbricht er diese Erzählung mit ernsten moralischen Zitaten aus Hesiod, Pythagoras und Zenon darüber, wann man Ratschläge annehmen solle, und über die Art, wie Freunde ihren Besitz miteinander teilen sollten. Erst nach eige nen Gedanken über diese moralische Thematik kehrt Julian zu seiner Erzählung von Scipio und Laelius zurück.37 Doch war Julian nicht der Ansicht, Geschichte müsse unbedingt moralischen Zwecken dienen. Berichte von Vergangenern konnten auch der Unterhaltung dienen. Im >Misopogon< z. B. wiederholte er die Erzählung von Catos Besuch in Antiochia, um dann anzufügen: Von dem Bithynier Damophilos sind solche Schriften verfaßt worden, in die er mittels Entlehnung aus zahlreichen Büchern Erzählungen ein arbeitete, die einem jungen wie älteren Menschen sehr willkommen sind, wenn der Betreffende nur gerne Geschichte hört, denn das Alter führt die bejahrteren Menschen gern wieder zu der Vorliebe der Jungen zurück, Geschichten zu hören. Deshalb lieben meiner Meinung nach junge wie alte Menschen gleichermaßen Erzählungen.38 Julians Ansichten über den Nutzen der Geschichte waren natür lich nicht neu. Er versuchte sie sogar dadurch zu rechtfertigen, daß er nachwies, auch die Alten hätten schon ähnliche Gedanken gehabt. So verteidigte er z. B. seine ethische Auslegung vom Wert der Geschichte damit, daß er darauf hinwies, auch Xenophon habe den Preis von Tugenden nicht aus seinen historischen Werken ver bannt.39 Viele Historiker und andere gebildete Männer der Antike hatten der Historie eine didaktische und moralische Funktion zugl; schrieben, und wie manche von ihnen konnte, wie es scheint, auch Julian nicht immer Historie von Rhetorik unterscheiden.40 Es exi stiert kein Hinweis darauf, er sei je an der Geschichte als einer eigenständigen Disziplin interessiert gewesen. Doch zeigt er wenig stens in einem Brief, daß er theoretisch eine Unterscheidung zwi schen Geschichte und Rhetorik zu machen verstand. In einem Brief an den Rhetor Prohairesios aus dem Winter 361/2 entschuldigte
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sidt Julian für den Mangel an mitgeteilten Details über seine Reise von Gallien nadt Konstantinopel. Falls der Rhetor jedodt einen historischen Beridtt über die Reise verfassen wollte, so würde er ihn gern mit dem nötigen Quellenmaterial versorgen, Briefen und ge nauen Angaben über die Begebenheiten. Falls Prohairesios jedoch, sdtrieb Julian, hauptsächlidt an der Rhetorik interessiert sein sollte, möge er des Kaisers Kürze entscbuldigen.41 Man merkt, daß juüan hier sdterzt, doch audt soldte leimt hingeworfenen Bemer kungen lassen erkennen, daß er sieb der Notwendigkeit für den Historiker bewußt war, verläßliche Primärquellen einzusehen. Wiewohl Julian durch die bemerkenswerten Leistungen großer Männer im frühen Altertum beeindruckt war, so glaubte er dodt nicht, daß man nur in der fernen Vergangenheit edler Taten fähig gewesen sei. Er war völlig davon überzeugt, daß er und seine Zeit genossen gleidtes Ansehen gewinnen oder den Ruhm h i rer Vor
fahren sogar noch übertreffen konnten. Dieser Meinung verlieh er in seinem Panegyrikos auf Kaiserin Eusebia Ausdruck. Er hatte da von gesprochen, daß ihr Vater als erster aus der Familie zum Konsulat aufgestiegen war. Auf jeden Fall ist es meines Erachtens trefflicher und respektgebietender, den Nachkommen den Anbeginn einer solch glänunden Stellung zu über geben, als sie von den Vorfahren zu erben. Ist es doch auch trefflicher, Gründer einer gewaltigen Stadt als (nur) ihr Bürger zu sein, und ist es doch unbedingt weniger rühmlich, irgendeine Wohltat zu empfangen, als sie zu erweisen. Es scheinen aber die Söhne von ihren Vätern und die Bürger von ihren Städten gleichsam einen Ausgangspunkt für den Ruhmes weg zu bekommen. Doch ein jeder, der seinen Vorfahren und seiner Heimat kraft eigener Leistung die Ehre in größerem Maß wieder zurückbezahlt, wobei er seine Heimat noch strahlender und erhabener, seine Väter noch berühmter macht, derjenige scheint keinem die Möglichkeit zu hinterlassen, seinen Adel anzufechten; und es gibt auch niemanden, der behaupten könnte, trefflicher zu sein als jener Mann. Denn edlen Eltern müssen zwangsläufig edle Kinder entsprießen: Aber wer, ruhmreichen Eltern ent stammend, noch ruhmreicher wird, wobei das Glück in die gleiche Richtung weht wie die Tüchtigkeit, derjenige gibt niemandem Anlaß zum Zweifel, ob er seinen Adel mit Recht beanspruche.«
Es ist klar, daß Julians hier vertretene positive Ansichten über die Möglidtkeiten seiner Zeitgenossen durch seine große J:ioch-
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achtung vor der Vergangenheit kompensiert wurden: Ein Mann kann seinen Ahnen an Ruhm gleichkommen, wenn er große Taten mit dem Ziel vollbringt, seinen Vorfahren Ehre zu machen. Ober die Tiefe von Julians historischen Kenntnissen eine defini tive Angabe zu machen, ist gefährlich. Seine Schriften tragen, wie gesagt, hauptsächlich einen politischen, rhetorischen oder religiösen Charakter. Doch schloß W. Schwarz aus einer Analyse der Werke des Kaisers, er habe nur geringe Kenntnisse der klassischen grie chischen Geschichtsschreiber besessen, Herodot, Thukydides und Xenophon eingeschlossen.43 Nach E. A. Thompson ist es unwahr scheinlich, daß Julian zur römischen Geschichte direkt lateinische Quellen einsah; die meisten seiner Bemerkungen über das republika nische Rom scheinen aus Plutarch genommen zu sein.44 R. Andreotti vertrat die Ansicht, Julian habe sich nie entscheiden können, welche Periode der römischen Geschichte nun als der ideale Archetyp für
seine Bemühungen dienen sollte, die alten Einrichtungen wieder vollständig in Funktion zu setzen; dieses Schwanken war ganz sicherlich eine Gefahr für den Erfolg des gesamten Programms des Kaisers.45 Einige andere verlockende Schlußfolgerungen bieten sich an. Man hat den Eindruck, als habe Julian zumindest eine ver nünftige Kenntnis der groben Linien der Geschichte des Altertums besessen. Obwohl er Mark Aurel mehr als jeden anderen Herrscher der Antike bewunderte, tat er Alexanders des Großen in seinen er haltenen Werken sehr häufig Erwähnung. Zu den anderen, die häufig genannt werden, gehören Julius Caesar und Augustus, Pompejus, Trajan, Kyros der Große und Xerxes. Julian war mit der Geschichte des Römischen Reiches hinreichend gut vertraut, um in seinen >Caesares< einen jeden von ihnen kurz nach seinen äußeren Kennzeichen und nach seinem persönlichen Gehabe zu beschreiben und eine kurze Aussage über ihre jeweilige Herrschaft zu machen. Andererseits gibt es im gesamten Werk des Julian nur ein paar Bezugnahmen auf einzelne Gestalten der römischen Königszeit und der Republik, ausgenommen Julius Caesar und Oktavian. Romulus erscheint viermal, Numa zweimal, Scipio Aemilianus dreimal, Marius, Cato d. J., Crassus und Antonius je zweimal. Auf Camillus, Cato d. Ä., Brutus, Cassius, Cicero und Sextus Pompeius kam er nur je einmal.46
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Julian hatte zwar mehrfach erklärt, daß sich Geschichte auf das Wahre beschränken müßte, doch war er zu anderen Gelegenheiten entweder nimt fähig oder nicht willens, einen wirklich kritischen Standpunkt zu finden und einzunehmen. Nicht immer wollte er zwischen Geschimtlichem und Mythismem unterscheiden. So ver· leibte er seiner philosophischen Abhandlung mit dem Titel >Hymnus an die Mutter der Götter< eine Erzählung über die Reise ein, die diese Gottheit von Anatolien nach Rom gemacht hatte. Dabei er· zählt er unter anderem, wie das Schiff, das sie tiberaufwärts trug, auf Grund lief, und wie die jungfräuliche Priesterin Claudia, die man der Unkeusmheit geziehen hatte, ihren Gürtel löste und das Schiff stromauf treidelte. Er war sim der Skepsis bewußt, die er mit dieser Erzählung bei einigen Zeitgenossen wohl erregen würde, und fügte daher an: Was nun diese Geschichte betrifft, wenn sie auch manmen unwahr und eines Philosophen oder Theologen keinesfalls würdig erscheinen wird, so soll sie nimtsdestoweniger hier erzählt werden; ist sie doch allgemein von sehr vielen Geschichtsschreibern schriftlich überliefert und außerdem auch auf Bronzebildern im allmämtigen, von den Göttern geliebten Rom erhalten. Gleimwobl s i t mir völlig klar, daß manche unter den ganz klugen Leuten dies als unenrägliches Altweiber geschwätz bezeichnen werden Doch bin im eher bereit, solme Oberliefe rungen den Städten zu glauben als diesen (spitzfindigen) Leuten, deren kleiner Geist zwar recht scharf ist, aber auch nicht eine gesunde Sache scheinlich vorkommen
.
sieht.47
So war es zwar sein ehrlicher Wunsm, dem christlichen Angriff auf das Heidentum durch einen Appell an die historische Wahr· heitsliebe der Heiden die Spitze zu nehmen, doch war des Kaisers eigener Maßstab für die Historizität von Ereignissen letztlim kein allzu kritischer. Demungeachtet war Julian nicht bereit, jedes an· gebliche Ereignis oder jede angebliche Einrichtung der Vergangen· heit automatisch für wahr zu nehmen. Er weigerte sim z. B., an die Wahrheit alter Berimte über versmiedene göttliche Flüche zu glau· ben :
.,In alten Zeiten pflegten die Alten die Flüche seitens der Götter zu nennen und aufzuschreiben; dom meines Erachtens war das nimt gut so. Denn nirgends wird offensichdim, daß die Götter selbst
·
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solche Flüche hervorbrachten." 48 Er lehnte diese Flüche nicht nur ab, weil sie menschlichem Erfahrungswissen zuwiderliefen, sondern auch, weil sie nicht zu seinen eigenen A-priori-Vorstellungen, von Religion paßten: "Und im übrigen sollen wir Diener der Gebete (sc. und nicht der Flüche) sein." 49
Dieses Zitat aus einem seiner Briefe unterstreicht noch einmal,
daß Julian sich nicht damit beschied, das ganze Erbe der alten Ge schichte, so wie sie in seinen Tagen verstanden wurde, unverändert zu übernehmen, sondern daß er bestrebt war, aus jenen Oberliefe rungen der Vergangenheit das auszusieben und zu verwerfen, was ihm mit seinen eigenen Wertvorstellungen unvereinbar erschien. Julians nahezu ausschließliches Interesse an moralischen Lehren aus der Geschichte ließ ihn zu einem recht engen Geschichtsverständ nis kommen, und seine historischen Neigungen wurden noch weiter eingeschränkt durch die Überzeugung, daß der Mensch nicht Herr seiner Handlungen sei. Alle Macht liege
in den Händen der Götter,
erklärte er in einem Brief an den Philosophen Themistios: . . . Mit Recht rufe ich aus und beschwöre euch, keine großen Dinge von mir zu verlangen, sondern alles Gott anheimzustellen. Denn so dürfte ich wohl einerseits für meine Unzulänglichkeiten und Fehler keine Verant wortung tragen; andererseits wäre ich wohl, falls sich alles als positiv und günstig herausstellte, verständig und maßvoll, indem ich nicht auf die Leistungen anderer meinen Namen daraufschriebe, sondern, indem ich billigerweise alles Gott zuschreibe, werde ich selbst Dank empfinden, und euch (sc. Philosophen) dränge ich dazu, den gleichen Dank zu hegen.50 Reiner Fatalismus ist auch der Gehalt eines gemeinhin Julian zu gewiesenen Epigramms : "Da das Schicksal dich tragen will, laß dich tragen! Wenn du dich aber widersetzt, so wirst du dir selber schaden, und das Schicksal trägt dich doch." 51 Ein derartiger Pessimismus, was die Fähigkeit des Menschen an geht, den Gang der Dinge zu beeinflussen, mußte wohl jeder prak tischen Rechtfertigung historischer Forschung Eintrag tun; denn zu sätzliches Wissen aus der Geschichte konnte dem Einzelnen im Angesicht der arbiträren göttlichen Macht gar nichts helfen. So überrascht es nicht, daß Julian religiöser und philosophischer The matik vor historischen Studien weitaus den Vorzug gab.5% Zwei weitere Umstände gab
es,
die Julian davon abhielten, sich
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tiefergreifend mit der Geschichte zu befassen. Er hatte ein für historische Studien nicht sonderlich förderliches Temperament. Zwar berichtet der Historiker Eutropius zu Recht, daß Julian über ein sehr gutes Gedächtnis verfügte,5s doch wurde dieser Vorzug durch seine unstete Gemütsart und seine extreme Reizbarkeit mehr denn wettgemacht. Sowohl der hl. Gregor von Nazianz - ein Studienkollege Julians aus Athener Tagen - als auch Ammianus Marcellinus erwähnen dieses sprunghafte Verhalten.54 Eine der artige nervliche Labilität hätte sich wohl schlecht mit einer vorsich tigen und besonnenen Erforschung der Vergangenheit vertragen. Und schließlich war Julian, nachdem er einmal Kaiser geworden war, so mit Staatsgeschäften ausgelastet, daß ihm tatsächlich keine Muße blieb, historische Werke oder andere Literatur zu lesen. Über diesen Mangel an Muße beklagte er sich einmal in einem Brief an seinen Onkel Julian.55
Wiewohl also Julian weniger
Interesse für
die
Geschichte als für
die Philosophie, die Politik und die Religion hatte, so beeindrudtte seine historische Gelehrsamkeit doch seine Zeitgenossen. Die christ liche Polemik war schnell bei der Hand, ihm das anzukreiden, was sie als dreist erhobenen Anspruch ansah, die Geschichte des Alter tums genauestens zu kennen. Der hl. Gregor von Nazianz ver höhnte Julian als eitlen Imitator eines Epaminondas oder Scipio.56 Dieser Heilige aus Kappadokien hielt die schicksalhafte Entschei dung des Kaisers zugunsten einer Invasion in Persien, die katastro phal enden sollte, für die natürliche Folge eines anmaßenden Ver suches, die alte Geschichte für sich selbst passend zurechtzulegen ohne daß dabei alle relevanten Tatsachen berücksichtigt worden wären. Er bemerkte voll Sarkasmus, daß Julian doch nicht genug alte Geschichte gelernt hätte : . . . ohne Umsicht scheint er mir das in Angriff genommen zu haben, wozu er sich entschlossen hatte; dabei waren die Römer über ihn schmerz lich erbittert und besonders wegen der Verfolgung aufgebracht. Er aber dachte an die Herrschaft über fremdes Gebiet und dachte, er sei ein Salmoneus, der auf der Trommel Donner erzeugte; dabei richtete er seinen Blick auf jene Kaiser wie Trajan und Hadrian, an denen man doch ihre Vorsicht nicht weniger als ihren Mut bewunderte. An jenen Carus jedoch dachte er nicht noch an Valerian, die für ihr unüberlegtes Ungestüm büßen
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mußten ("damit ich nicht das Schicksal tadle", wie es in der Tragödie heißt), indem sie im Gebiet der Perser, auf dem Gipfelpunkt ihres Glücks vernichtet wurden.67 Im fünften Jahrhundert erklärt der Kirchenhistoriker Sokrates noch nachdrücklicher, Julian sei deswegen in Persien untergegangen, weil er die Geschichte studiert und demzufolge vel:"sucht habe, seine Handlungen an den Taten der Großen des Altertums auszurichten. In einer außergewöhnlichen Passage berichtet er, wie persische Bot schafter durch Friedensvorschläge versuchten, Julian von einer In vasion ihres Gebietes abzubringen, wie er dann . . . im Vertrauen auf gewisse Prophezeiungen, die sein Freund, der Philosoph Maximus, von sich gab, und weil er davon träumte, Alexanders Ruhm zu erlangen und sogar noch zu übertreffen, die inständigen Bitten der Perser zurückwies. Er glaubte auch, im Einklang mit der Meinung von Pythagoras und Platon, daß er Alexanders Seele durch deren Wanderung besitze, oder er glaubte vielmehr, er selbst sei Alexander in einem anderen Körper. Dieser Glaube täuschte ihn und ließ ihn damals die dringende Bitte des Perserkönigs zurückweisen.58 Die Behauptung des Sokrates, Julian habe wirklich geglaubt, eine Reinkarnation Alexanders zu sein, wird durch keine andere Oberlieferung gestützt. Die Zugänglichkeit des Kaisers für Wahr sagerei hat zweifellos dazu beigetragen, daß diese Angabe zumin dest möglich erschien. In den >Caesares< äußerte sich Julian sogar kritisch über Alexander, indem er ihm mangelnde Selbstbeherr schung, ungerechte Behandlung von Freunden und unnütze Zerstö rung von Städten vorwarf.59 Doch ist es klar, daß Julians Interesse für die alte Geschichte ihn aufsehenerregenden Angriffen aussetzen mußte. Vieles in der Kritik der Christen an Julians historischem Inter esse war Aufbauschung. Eine grundsätzliche Schwäche in des Kai sers historischem Blickwinkel fand demgegenüber der hl. Gregor von Nazianz : Und nicht einmal das erkannte der allerverständigste und allertreff
lichste Schirmer und Lenker des Staates, daß es bei den vorausgegangenen Verfolgungen nur wenig Verwirrung und Aufwühlung gab, weil ja unser Glaube noch nicht viele erreicht hatte, sondern die Wahrheit erst bei wenigen Menschen fest bestand und noch keinen weitausstrahlenden Glanz
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besaß. Doch jetzt, da das Heilswort verbreitet ist und bei uns überaus mächtig geworden ist, war der Versuch, das Christentum zu ändern und zu verwirren, nichts anderes, als das Römerreich zum Wanken zu bringen und das ganze Gemeinwesen zu gefährden, und solche Dinge, wie sie in ihrer Bösartigkeit nicht einmal unsere Feinde auf uns herabwünschen würden, von unseren eigenen Leuten zu erleiden und von seiten dieser neuen und wunderbaren Philosophie und Königsherrschaft, der wir unser Glück und d'ie Rückkehr zu jenem goldenen Zeitalter und zu jenem Leben ohne Zwist und Kämpfe verdanken.eo Gregor wollte darauf hinaus, daß Julian, wieviel auch immer er von der alten Geschichte gewußt haben mochte, die notwendige Erkenntniskraft für das Verständnis der historischen Bedeutung seiner eigenen Zeit fehlte. Nach der Ansicht des Mannes aus Kappa dokien war dem Kaiser entgangen, wie grundlegend sich das Reich im vierten Jahrhundert gewandelt hatte, so daß er nicht begreifen
konnte, wieviel
Spannungen und Unglück
die Folge eines Versuchs
wären, eine vermeintlich segensreiche frühere Gesellschaftsform wiedereinzuführen. Der Heilige wies darauf hin, daß Julian zwar die Hoffnung gehabt habe, durch Anwendung seiner historischen Kenntnisse auf aktuelle Probleme die gegenwärtige Lage zu bes sern, er in der Tat aber alles nur noch schlimmer gemacht habe. Er deutete an, Julian hätte sich eher über zeitgenössische Probleme informieren als nach einem Allheilmittel in der Vergangenheit suchen sollen. Um es zusammenzufassen: Julian hatte eine hohe Meinung vom Studium der Geschichte. Er war überzeugt davon, daß diese Wissen schaft einen wichtigen Weg zur Wahrheit bot, einen guten Führer abgab, wenn es um Charakterbildung zu tun war, daß sie kluge Entscheidungen beförderte und daß sie eine aufregende Heraus forderung zu eigenen großen Taten darstellte. Einer der besonders charakteristischen Punkte in der Auffassung des Kaisers vom Studium der Geschichte ist der, daß er nicht nur die genannten Ansichten verkündete, sondern auch versuchte, seine Überzeugung von der praktischen Anwendbarkeit historischen Wissens in die Tat umzusetzen. Er benutzte sein historisches Wissen bei der Abfassung von Briefen zu aktuellen politischen Problemen, indem er sein Vorgehen durch einen besonderen Verweis auf historische Präzeden�
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tien rechtfertigte. Zweifellos machte es ihm nicht wenig Vergnügen, ' seine Bildung durch überall in seine Werke eingestreute historische Reminiszenzen zu zeigen. Am allerwichtigsten ist jedoch, daß er sich trotz seiner Bewunderung für die Vergangenheit nicht durch irgendeine geschichtliche Überlieferung blind leiten ließ; seiner Überzeugung nach konnte man ein wahres Verständnis der Ge schichte nur erreichen und in gültige Schlußfolgerungen münden las sen, wenn man die Vergangenheit im Lichte religiöser und philoso phischer Wenvorstellungen sah, die außerhalb der Geschichte lagen. Diese Überzeugung ließ ihn Tatsachen auswählen, übergehen oder nach seinen eigenen vorher gefaßten Vorstellungen interpretieren; sie führte eher zu einer noch stärkeren Bevorzugung philosophischer und religiöser Studien vor historischer Forschung.
Anmerkungen 1 Anm. d. Obers.: Die Zitierweise in den folgenden Anmerkungen ent spricht den Gepflogenheiten des Originals. - Das Standardwerk über Julian sduieb Joseph Bidez: La vie de l'empereur Julien (Paris, 1930). Von Nutzen sind ferner: Ernest Stein, Histoire du Bas-Empire, hrsg. u. überarb. v. J.-R. Palanque (2 Bde., 2. Aufl., Paris, 1959) I, pp. 158-170; Johannes Geffcken, Kaiser Julianus, Das Erbe der Alten (Leipzig, 1914) 8; Roberto Andreotti, Il regno dell' imperatore Giuliano (Bologna, 1936); Andre Piganiol, L'empire chretien (325-395), in Histoire gcnerale (Paris, 1947) 4, 2: pp. 110-145; Giuseppe Ricciotti, L'imperatore Giuliano se condo i documenti (Rom, 1956); E. van Borries, "Julianos (Apostata)", Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft {Stuttgart, 1917) 19, pp. 26-91; und Corrado Barbagallo, Iulianus", Dizionario epigra " fico di antichita romana di Ettore de Ruggiero (Rom, 1943-1945) 4 : pp. 177-209; P. d e Labriolle, L a reaction paienne {10. Aufl., Paris, 1950), pp. 369-436. 2 Francis Dvornik, "The Emperor Julian's 'Reactionary' Ideas on Kingship", Late Classical and Mediaeval Sturlies in Honor of Albert Mathias Friend jr. (Princeton, 1955), pp. 71 ff. 3 Glanville Downey, "The Emperor Julian and the Schools ", Classical Journal 53 (1957), 101. 4 Julian schrieb viel, das meiste blieb erhalten. In diesem Aufsatz wer den Julians Schriften an erster Stelle möglichst mit der eingebürgerten
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Seitenzählung nadl der Leipziger Ausgabe von 1696 durdl Spanheim zitiert. Den Standard-Text der Werke Julians bietet die Teubner-Ausgabe von F. C. Herdein >Juliani imperatoris quae supersunt< . . . (2 Bde., Leip zig, 1875-1876). Den besten Text der Abhandlung ,.Gegen die Galiläer" bietet die Edition von C. J. Neumann, Juliani imperatoris librorum contra Christianos quae supersunt (Leipzig, 1880). Grundlegend ist die kritisdle Ausgabe der Briefe durdl Joseph Bidez und Franz Cumont: Iuliani episrulae Ieges poemata fragmenta varia (Paris, 1922). Leider ist die geplante Edition mit Übersetzung des Gesamtwerks von Julian durcb Bidez und Cumont unvollendet: CEuvres completes I, Tom. 1 Discours und Tom. 2 Lettres (Paris, 1924-1932). Die wahrscbeinlicb am ehesten zugäng licbe Gesamtausgabe (mit Übersetzung ins Engliscbe) ist in The Loeb Classical Library von Mrs. W. C. Wright vorgelegt worden: The Works of the Emperor Julian (3 Bde., London und Cambridge, Mass., 1913 bis 1923). Diese Ausgaben werden im folgenden zitiert als ,.Hertlein", ,.Bidez Episr.\ Bidez Discours "Bidez Letues" und "Wright•. " 1 Dvornik, "The Emperor Julian's 'Reactionary' Ideas on Kingship , loc. cit., p. 101. 8 Oratio 3, 124 B-C; Herrlein, pp. 159-160; Bidez Discours, p. 98. Die Belegstellen aus der griecbiscben Literatur, die in diesem Aufsatz verwendet werden, hat Herr Dr. Lothar Semmlinger (Erlangen) aus dem Original übertragen. 7 Ibid., 123 C-124 A; Hertlein, pp. 159-160; Bidez Discours, p. 98. 8 Ibid., 108 A-C; Hertlein, pp. 138-139; Bidez Discours, pp. 79-80. 1 Ammiani Marcellini, Rerum gestarum libri qui supersunt 22, 7, 1-2; rec. C. Clark (Berlin, 1910), p. 259. 10 Augusto Rostagnis italieniscbe Übersetzung des Misopogon enthält wertvolle Anmerkungen: Giuliano I'Apostata (Turin, 1920), pp. 237 bis 292. Zum Hintergrund vgl. aucb Rudolf Asmus, ,.Kaiser Julians Misopogon und seine Quelle", Philologus 76 (1920), 766-792; 77 (1921), 109-141; Glanville Downey, A History of Anciodl from Seleucus to the Arab Conquest (Princeton, 1961), pp. 380-397. 11 Misopogon 347 A; Hertlein, p. 447. 12 Ibid. 348 B; Hertlein, p. 449. 13 Epist. 10; Henlein, p. 491 ; Bidez epist. 60, pp. 68, 69. 14 Epist. 51; Hertlein, p. 556; Bidez epist. 111, p. 170; vgl. Joseph Vogt, Kaiser Julian und das Judentum. Studien zum Weltanscbauungs kampf der Spätantike, Morgenland 30 (Leipzig, 1939), pp. 38-41. u Downey hat Julians Scbmeicbeleien - und seine Kritik - gegenüber einer anderen Stadt, Antiodlia, besprodlen in: • Julian the Apostate at Antiocb", Churcb History 8 (1939), 307 ff. •
•,
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11 Bidez epist. 198, p. 267 und Lettres, pp. 219-221, stellte die Eduheit des Werkes in Frage; vgl. jedoch den Kommentar dazu bei Wright, 3,
PP· xxn-xxnr.
17 Epist. 34; Hertlein, pp. 526-531; Bidez epist. 198, pp. 267-273. 18 Orat. ad Themistium 255 D-256 A; Hertlein, p. 331. at Or. 6; 202 D-203 B; Hertlein, pp. 262-263. tt Librorum contra Christianos 115 E-116 A ; ed. C. Neumann, pp. 179 bis 180. Zu einer grundlegenden kritischen Untersuchung des Textes siehe: Rudolf Asmus, Julians Galiläcrschrift im Zusammenhang mit seinen übri gen Werken (Freiburg, 1904). Zu Julians historischer Kritik an den Ur sprüngen des Christentums siehe: Johannes Geffcken, Kaiser Julian und die Streitschriften seiner Gegner, Neue Jahrbücher für das klassische Altertum 21 (1908), 171. 11 Lib. contra Christ. 176 A-B und 218 A-224 E; Neumann, pp. 193, 202-204. " Ibid. 209 E-213 A; Neumann, pp. 200-201. 11 lbid. 206 A-B; Neumann, pp. 199-200. Zu einigen Beispielen von historischer Kritik an jüdisch-christlichen Glaubensvorstellungen durch Celsus vgl.: Die acht Bücher gegen Celsus 4, pp. 31-36, in Origenes, Werke, hrsg. v. Paul Koetschau (Leipzig, 1899) 1, pp. 301-307. u Andreoui, II regno dell'imperatore Giuliano, pp. 127-128, weist darauf hin, daß Julian trotz seiner Bewunderung für die Vergangenheit nicht genau wußte, welche Periode der Vergangenheit nun eigentlich den Idealzustand geboten haben sollte. 15 Lib. contra Christ. 178 A-194 D, 218 A-C; Neumann, pp. 193 bis 196, 202. Zu Celsus vgl.: Die acht Bücher gegen Celsus in Origencs, Werke 2 (Leipzig, 1899) 8, 69, pp. 285-287. u Or. 3, 124 C; Herdein, p. 160; Bidez Discours, p. 99. 17 Ibid. 124 C-D. 18 Fragmentum epistulae 301 C-D; Hertlein, p. 386. tt Eine kurze Untersuchung dieses Briefes bei : Glanville Downey, "The Emperor Julian and the Schoo)s», Classical Journal 53 (1957), 97-103. 30 Epist. 42; Hertlein, pp. 544-547; Bidez epist. 61, pp. 69-73. 31 libanius Or. 18, 158 in Opera, ed. R. Förster (Leipzig, 1904) 2, pp. 304-305. u Wright 2, p. 343, versuchte die Abfassung der •Caesares< nach Kon stantinopel ins Jahr 361 zu verlegen. Bidez, La vie de l'empereur Julien, p. 300 und Anm. 3 auf p. 403, glaubte an eine Abfassung in Antiochia, womit man das Datum natürlich etwas später ansetzen müßte. Zum Einfluß Lukians vgl. ]. Geffcken, Studien zur griechischen Satire II, Neue Jahrbücher für das klassische Altertum 'Z7 (1911), 469-493, bes. pp. 476-478 u. 492.
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33 Die Reden der Kandidaten: Convivium/Caesares 320 A-329 D; Hertlein, pp. 411-423; das Kreuzverhör durch die Götter: 329 D-335 D; Hertlein, pp. 423-431. Nützliche Anmerkungen bei Rostagni, Giuliano I'Apostata, pp. 179-236. Vgl. auch: Roger Pack, "Notes on the Cesars of Julian", Transactions of the American Philological Association 27 (1946), 151-157. 34 Salutius wurde beschuldigt, Julian gegen Kaiser Constantius li. auf zuwiegeln. Der Kaiser rief seinen Quaestor daher nach Konstantinopel zurück. 3S Or. VIII, 244 B-C; Henlein, p. 316; Bidez Discours, p. 194. 38 Ibid. 37 Ibid. 244 C-245 C; Hertlein, pp. 316-317; Bidcz Discours, p. 75. 38 Misopogon 358 C-D; Herdein, pp. 462-463. 39 Or. 3, 104 A; Hertlein, p. 133; Bidez Discours, p. 75. 40 Zu einer kurzen Untersuchung der antiken Auffassung der Geschichte als eines Teils der Rhetorik vgl. John B. Bury, The Ancient Greek Historians (New York1 1909; Nachdr. 1958), pp. 160-1 78; und John F. D'Alton, Roman Literary Theory and Criticism (London und New York, 1931), pp. 491-524. 41 Epist. 2, 373 D-374 B; Herdein, p. 482; Bidez Epist. 31, p. 38. 42 Or. 3, 108 C-109 A; Hertlein, pp. 139-140; Bidez Discours, p. 80. 43 W. Schwarz, "Julianstudien", Philologus 51 (1892), 640-641. 44 E. A. Thompson, "The Emperor Julian's Knowledge of Latin ", Classical Review 58 (1944), 51. 45 Andreotti, I1 regno dell' imperatore Giuliano, pp. 127-128. 46 Die Mehrzahl von Julians Zitaten aus der alten Geschichte findet sich in seinen >Caesares<, beträchtlich weniger in den beiden Panegyrikoi auf Constantius II. und Eusebia, in seiner langen Abhandlung an Themi stios und in seiner Polemik .Gegen die Galiäer<. Sehr wenig Anspielungen auf Geschichtliches bieten seine anderen Werke. 47 Or. 5, 161 B; Hertlein, p. 209. 48 Epist. 62, 451 C-D; Hertlein, p. 584; Bidez epist. 88, p. 123. •n Ibid. 50 Epistola ad Themistium 267 A-B; Hertlein, p. 345. 51 Wright 3, 308; Bidez epist. 170, p. 220. Es gibt eine Reihe von Zeug nissen für Julians exzessiven Glauben an göttliche Eingriffe in die An gelegenheiten dieser Welt und, folgerichtig, die Notwendigkeit, sich die Götter geneigt zu machen: Ammianus Marcellinus Rerum gestarum libri 25, 4, 17; ed. Clark 1, p. 370; Gregor von Nazianz, Contra Julianum, 53-57, 96; 2, 23, in Migne, Patrologia Graeca 35, 576-581, 629, 692. 52 Kritisch untersucht bei Georg Mau, >Die Religionsphilosophie Kaiser
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Walter Emil Kaegi: Kaiser Julian über Geschichte
Julians< . . . (Leipzig-Berlin, 1907); R. Asmus, >Kaiser Julians philoso phische Werke< (Leipzig, 1908), und in jünge.rer Zeit bei Jürgen Kabiersch, >Untersuchungen zum Begriff der Philanthropia bei dem Kaiser JulifUl<, Klassisch-Philologische Studien 21 (Wiesbaden, 1960). M Eutropius, Breviarium ab urbe condita 10, 16, 3; ed. F. Ruehl (Leip zig, 1919), p. 76. 5' Ammianus Marcellinus, Rerum gestarum libri 25, 4, 16-17; ed. Clark, pp. 369-370; Gregor von Nazianz, Contra Julianum 2, 20, 23; loc. cit. 688-89, 692. 55 Wright Brief 29, Bd. 3, 96; Bidez epist. 80, p. 96. 56 Gregor von Nazianz, Contra Julianum 1, 71, loc. cit., p. 593. 57 Contra Julianum 2, 8 ; loc. cit., p. 673. 63 Socrates Ecclesiasticus, Historia ecclesiastica 3, 21; Patrologia Graeca 67, p. 432. Maximus von Edessa war ein bedeutender neuplatonischer Philosoph, erst Lehrer Julians, dann sein Berater; hingerichtet von Valens. 511 Convivium/Caesares 320 C-321 D, 330 A-331 C; Herdein, p. 412, 424. Vgl. auch Epistola ad Themistium 264 C-265 A; Hertlein, p. 342. 60 Gregor von Nazianz, Contra Julianum 1, 74; loc. cit., p. 600.
Dominique Conduch�, Ammien Marcellin et Ia mort de Julien. Latomus XXIV (1965}, pp. 359-380. Aus dem Französischen übersetzt von Hartmut Froesch.
AMMIANUS MARCELLINUS UND DER TOD JULIANS Von DoMINIQUE CoNDUCHE Der Tod Julians hat schon recht bald Anlaß zur Diskussion gegeben. Ammianus Marcellinus, Teilnehmer an dem Feldzug gegen die Perser, beschreibt ihn in sehr verständlicher Weise: zunächst wird die Nachhut angegriffen, dann weicht der linke Flügel; eine Panik droht. Der Kaiser will die Situation retten, vergißt aber ,in der Eile sein Panzerhemd und versieht sich nur mit einem Schild. Unvorsichtig und ungestüm entfernt er sich sogar von seiner Leib wache; die klare Folge davon ist eine tödliche Verwundung durch einen Wurf, von dem man nicht weiß, woher er kommt, und der ihm vielleicht gar nicht selbst gilt: Julian stürzte sidt tollkühn mitten ins KampfgetümmeL Seine Leibgarde, die der Sdtrecken zerstreut hatte, rief ihm nodt von da und dort zu, er möge sidt vor der Menge der FJiehenden wie vor dem Einsturz eines bau fälligen Hauses in adtt nehmen, da. streifte plötzlidt - man weiß nidtt von woher - das Gesdtoß eines Reiters die Haut an seinem Arme, durm behrte die Rippen und blieb m i untersten Lappen der Leber stecken.1 Aber ein wenig später muß Ammianus Marcellinus bemerken, daß sich sogleich das Gerücht verbreitete, Julian sei von einer römischen Hand getötet worden. Diese Nachricht hatte sogar die Perser erreicht: . . . als sie uns audt sdton von den waldigen Höhen aus mit Gesdtossen versdtiedener Art und mit Beschimpfungen zusetzten; Verräter nannten sie uns und Mörder des trefflidtsten Kaisers. Durdt Oberläufer war nämlidt audt zu ihnen das - freilich ganz dunkle - Gerücht gedrungen, Julian sei durch ein Geschoß von Römerhand gefallen.2 Übrigens schließt der Bericht, den Ammian vom Tode Julians gibt, eine solche Vermutung nicht aus: einer der Fliehenden hätte tatsächlich in seiner Kopflosigkeit den Kaiser treffen können. Doch
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Dominique Conducne
hierüber sagt er jedenfalls nichts und vermittelt in keiner Weise den Eindruck, daß es sich um einen vorsätzlichen Mord hätte handeln können. Dennoch wird gerade das von zahlreichen Stimmen. be hauptet, die sich bis heute der Theorie angeschlossen haben, der Mörder Julians sei ein Römer gewesen. Derjenige, der diese These am entschiedensten vertritt, ist Liba nios in seiner Rede 1tEQt tf]<; toii 'IouAtavoii tt�WQLa<;.3 Er erklärt hier, daß der Mörder zum römischen Heer gehörte und ein Christ gewesen sei, einer der Araber, die Julian zum Heeresdienst ver pflichtet hatte. Der beste Beweis dafür, daß er nicht zum Perserheer gehören konnte, sei zudem die Tatsache, daß kein Soldat vom König die ihm für eine solche Heldentat mit Recht zustehende Belohnung gefordert habe. Doch hat Libanios diese Vermutung nicht unmittelbar nach dem Tode Julians geäußert, wenngleich er in Antiochia die Nachrichten und Gerüchte nach der Rückkehr des Heeres hat aufnehmen kön nen. Man erklärt sich dieses Schweigen durch die politischen Ver hältnisse. Zweimal hat Libanios seine Theorie dargelegt. Schon 365, also unter Valens, spricht er von Mord.4 Aber nur in der Oratio 24 gibt er dieser Hypothese ihre ganz religiöse Färbung: das Unglück des Römischen Reiches ist die Strafe für das Verbrechen.• Die Datierung dieser Rede ist keineswegs gesichert. Das Haupt argument in der Diskussion ist die Anspielung des Libanios auf zwei Usurpationen seit dem Tode Julians. Reiske sieht darin die des Procopius und Eugenius und datiert die Oratio 24 auf 394-95; Förster dagegen nimmt an, daß Libanios nur von Procopius spricht, und setzt sie in das Jahr 379, also kurz bevor die Katastrophen ein setzten. Hahn datiert die Rede an das Ende des Jahres 383 oder an den Anfang von 384, indem er die zweite Usurpation mit der des Maximus und Andragathius gleichsetzt.6 Libanios hätte also seine oratio in einer Katastrophenstimmung gehalten, und sie wird somit nur noch verständlicher. Auf jeden Fall mußte er die Toleranz der Zeit des Valens abwar ten und die sich in den Jahren um 380 abzeichnende heidnische Reak tion, um versuchen zu können, dieses Ereignis gegen das Christen tum zu kehren.7 Der Tod Julians war zunächst von den Christen als
Ammianus Marcellinus und der Tod Julians
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eine Strafe Gottes für seine religiöse Haltung und seinen Abfall angesehen worden. In Wirklichkeit geht er, nach Libanios, auf ein Verbrechen zurück, und seitdem rächen sich die Götter am Impe rium, indem sie es von einer Katastrophe in die andere stürzen. Wie dem auch sei, es bleibt, daß nur ein einziger christlicher Autor die Hypothese, daß Julian von einer römischen Hand ge tötet worden sei, ganz zurückgewiesen hat. Philostorgios, der um
424-433 schrieb, sagt, daß der arabische Mörder im Dienste der Perser, nicht der Römer gestanden habe. Das ist möglich; eine ge wisse Anzahl von Arabern, die Julian angeworben hatte, war zum Feind übergelaufen.s Der Mörder könnte dann sogleich von Julians Leibgarde getötet worden sein, was sein Schweigen erklärte. Gregor von Nazianz sah als Zeitgenosse vier Möglichkeiten: einen persischen Soldaten, einen Römer, den eine Bemerkung des Kaisers aufgebracht hatte, irgendeinen barbarischen Zauberer, den die Römer gefangen hatten, einen Araber.D Insgesamt scheint man also überzeugt von einem Mord an Julian. Die christliche Legende läßt später sogar Christus selbst zur Bestrafung des Apostaten ein
schreiten.10 Eine stattliche Zahl moderner Autoren nimmt die Theorien des Libanios an (vgl. Seeck, Bidez). Wie kommt es also, daß Ammianus Marcellinus, fast ein Augen zeuge, diese Version dementiert und sie durch
rumore iactato
incerto zustande gekommen bezeichnet? Auch das hat man durch die politischen Verhältnisse zu erklären gesucht. Er schrieb in den Jahren 389-391, unter Theodosius, als die Heiden nicht gerade in Gunst standen, und hat demnach ganz
einfach die offizielle Version übernommen. 11
Das ist möglich, ja sogar wahrscheinlich: im Buch XXV seiner Rerum Gestarum hat Ammian vom Tod Julians und der kurzen Regierung seines Nachfolgers Jovian berichtet. Nun prüft er die Notwendigkeit, das Buch XXVI zu beginnen, durch einen Blick auf die Gefahren, die damit verbunden sind, die Wahrheit über aktuelle Ereignisse zu berichten : Mit besonderer Sorgfalt haben wir die Reihe der Geschehnisse bis an die Grenzen der unmittelbaren Vergangenheit verfolgt und waren dabei schon entschlossen, unseren Fuß von einem wohlbekannten Gebiet zurückzu ziehen. Wir wollten auf diese Weise den Gefahren aus dem Wege gehen,
358
Dominique ConducM
wie sie sich häufig der Wahrheit zugesellen, und uns weiterhin dem Urteil unzeitiger Kritiker an einem erst in Entstehung begriffenen Werk ent ziehen.11 Freilich hat er an anderer Stelle erklärt, vor allem nach der Wahrheit zu streben: Bis hierher habe ich, soweit die Wahrheit zu erforschen war, sämtliche Ereignisse, die ich als Zeitgenosse miterleben oder durch eindringliche Nadtfrage von Augenzeugen erfahren konnte, in der Reihenfolge der ver schiedenen Begebenheiten zur Darstellung gebracht.11 Im vorliegenden Fall scheint er jedoch Bedenken gehabt zu haben. Auffallend ist, daß er sich nicht die Mühe macht, nach dem Ursprung eines Gerüchts zu fragen, welches sich doch sogleich der maßen ausgebreitet hatte, daß es sogar das feindliche Heer erreichte. Läßt sich daraus ablesen, daß er in Wirklichkeit die Meinung des Libanios teilte? Einen Beweis dafür gibt es nicht. Sein Bericht über den Tod Julians enthält keinerlei Anspielung; er klagt niemanden an. Außerdem hebt er die Differenz zwischen Julian und den Christen in keiner Weise besonders hervor: Unter seinen im ganzen maßvollen und in ihren Geboten wie Verboten eindeutigen Gesetzen gab es nämlidt audt einige andere, darunter jene harte Anordnung, daß christliche Rhetoren und Grammatiklehrer nicht unterrichten dürften, wenn sie sich nicht zur Verehrung der Götter be quemten.14 Das ist alles, was er hierüber in der Zusammenfassung der Vorzüge und Fehler des Kaisers sagt, die sich dem Bericht über
seinen Tod anschließt.
Wurde Jovian, Julians Nachfolger, gewählt, weil er Christ war? Ammian sagt darüber nichts und beschäftigt sich in dem Porträt, das er nach seinem Tod von ihm zeichnet, nicht damit, ihn vom reli giösen Standpunkt her einzuordnen: Ein eifriger Anhänger der cbristlidten Lehre, erwies er ihr mandte Aus zeichnung." Das ist alles und wenig, wenn man an die Bedeutung der Religionspolitik des Jovian denkt, wie sie Themistios bezeugt:
Ammianus Marcellinus und der Tod Julians
359
Deine Sorge und Liebe für die Menschen �eigte sich vor allem im Eifer für die Festigung des Glaubens.a
Die Politik des Theodosius konnte von Ammian nicht verlangen, den Glauben an einen seiner Vorgänger zu schmälern. Hingegen scheint Ammian sich um den Nachweis zu bemühen, daß Jovian aufgrund seiner angeblichen Bedeutungslosigkeit gewählt wurde. Die Heerführer versammeln sich, wissen nicht, was sie beschließen sollen; in diesem Augenblick . . . schlugen, wie es in äußerster Bedrängnis schon oft geschah, einige wenige Hitzköpfe bereits Lärm. So wurde Jovianus, der die höchste Rang stufe innerhalb der Gardetruppen innehatte, zum Kaiser gewählt.U
Das weist recht deutlich auf eine Aktion von Männern hin, die in der allgemeinen Verwirrung auf das Ereignis vorbereitet waren. Den Kaiser aus den hohen Offizieren zu wählen, war üblich, doch gleimermaßen erstaunlich ist, daß es hier aufgrund des Ansehens seines Vaters geschah. Wenn Ammianus Marcellinus den Eindruck hätte vermitteln wollen, daß Jovian gerade wegen seiner angeb lichen Mittelmäßigkeit und in der Hoffnung gewählt wurde, den Vorstellungen derer zu entsprechen, die ihn an die Macht brachten, hätte er es nicht anders ausdrücken können. Jovian hatte sieb bis dahin durch keinerlei besondere Popularität ausgezeichnet; freilich stammte er aus einer ausreichend guten Familie und war genügend hohen Ranges, um nach der Herrschaft zu streben, ohne lächerlich zu wirken. Wer aber sind die Leute, die den Tod Julians zwar nicht provo ziert, aber doch unmittelbar ausgenützt haben? Um hierzu eine Ver mutung äußern zu können, ist es dienlich, auf den Bericht Ammians über den Tod Julians zurückzugreifen, freilich ohne ihn auf das eigentliche Geschehen bei der Schlacht zu beschränken. Die Bücher XXIV und XXV bilden im Werk des Ammianus Marcellinus ein Ganzes; man könnte ihnen die Oberschrift geben : "Der Tod des Kaisers". In der Tat ist dieser Tod bereits zur gleichen Zeit bestimmt, in der der Feldzug gegen die Perser feststeht: Vor zeichen künden ihn schon vor dem Aufbruch Julians von Antiocbia im März 363 an ta; sie wiederholen sich regelmäßig auf dem Marsch. Oberdies bieten die letzten Kapitel des Buches XXV, die die Herr-
360
Dominique Condume
schaft Julians behandeln, im Grunde nichts anderes als eine Dar stellung der Folgen seines Todes. Zahlreiche Vorzeichen ereignen sich, unter anderem der Tod eines Priesters auf den Stufen des Tempels des Genius im Januar 363, außerdem ein Erdbeben in Konstantinopel; alle Wahrsager raten von dem Feldzug ab.10 Obereinstimmend will niemand, daß Julian einen gefahrvollen Feldzug unternimmt, dessen letzte Not wendigkeit man nicht einsieht. Doch ist folgendes besonders be merkenswert: Zur gleimen Zeit erhielt Julian aum die smriftlime Namricht, man habe, wie befohlen, die Sibyllinismen Bümer in Rom wegen des geplanten Krieges befragt, und diese hätten in klarer Antwort dem Kaiser verboten, im Laufe dieses Jahres die Grenz.en seines Reimes zu überschreiten.20
Er schenkt auch zu Beginn des Feldzuges einem Brief des Präfek ten von Gallien keine Beachtung, der doch, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen, auf den Willen der Götter hinweist: Während sim nun Julian in Cercusium aufhielt . . ., empfing er von Salu tius dem Statthalter Galliens, ein dringendes Smreiben. Darin bat er ihn, den Feldzug gegen die Parther zu versmiebcn, und fügte noch be smwörend hinzu, der Kaiser möge sim dom nicht zu solcher Unzeit und ohne den Smutz der Himmlischen erfleht zu haben, unwiderruflim ins Verderben stürzen.11
War Salutius bloß beunruhigt durch eine böse Ahnung, die auf den sich häufenden schlechten Vorzeichen beruhte, von denen er womöglich Kenntnis erhalten hatte, oder war er über einen be stimmten Plan unterrichtet? Wie dem auch sei, die Umgebung Julians war in zwei Parteien gespalten : die eine begünstigte den Feldzug, die andere war da gegen. Diese zweite war bei weitem größer, da sie die ganze Oppo sition gegen den Kaiser mit einschloß, dazu noch das Militär, das sich nach dem Westen sehnte. Eine Militärverschwörung während einer Truppenschau in Antiochia ging bis zu einem Attentatsversuch an Julian.t! Im Verlauf des Feldzuges sind die etruskischen Haruspices die Wortführer dieser Opposition.23 Die Bewegung hat also eine gänzlich nach Westen hin orientierte Haltung, was nicht
Ammianus Marcdlinus und der Tod Julians
361
besonders verwunderlieb ist, bedenkt man, wie Julian an die Macht gekommen ist. Zunächst denkt Constantius daran, einen neuen
Caesar
zu er
nennen ; er sieht nämlich ein, daß er nicht gleichzeitig in Gallien, wohin die Barbaren eindringen, ohne auf Widerstand zu stoßen, in Italien und im Osten sein kann, wo der Friede mit den Persern immer unsicherer wird.u Er denkt dabei an Julian als den letzten Oberlebenden seiner Familie seit dem Tode des Gallus und bespricht sich darüber mit seiner Umgebung, die, mit Ausnahme der Kaiserin, diesem Plan wenig abgewinnen kann.25 Sogar der Kaiser selbst hat, wenn man der allgemeinen Meinung glauben darf, nur geringes Vertrauen zu Julian 26, doch zwingt ihn praktisch die Situation in Gallien zum Handeln. Zur Rettung Galliens also wurde Julian im Jahre 355 in den Rang eines
Caesar
erhoben.27 Julian stellt in
Gallien die Ordnung wieder her, doch wächst nunmehr endgültig
Mißtrauen zwischen Constantius und ihm.t8
Im Jahre 359 versucht
der Kaiser, ihn zu schwächen, indem er ihm seine besten Truppen entzieht, die er übrigens im Osten dringend benötigte.29 Die Sol daten weigern sich, ihr Land zu verlassen, wenden sich gegen Constantius und erheben im Februar 360 Julian zum Augustus; ibm vertrauen sie somit die Verteidigung ihrer Familien und Galliens an.ao Für Gallien ist Julian
Augustus.
Caesar
geworden, durch Gallien aber
Es ist daher nicht erstaunlich, daß sich der Präfekt von
Gallien beunruhigt zeigt, als er feststellen muß, wie er sieb mehr und mehr in Persien engagiert, so fern von dem Land, das er ursprünglich schützen sollte. Seine Soldaten, die ihrem siegreichen Feldherrn aus Zuneigung gefolgt waren, sind nun nicht weniger in Unruhe, als sie sich so weit von ihrem Vaterland entfernt sehen, und sie sind um so eher geneigt, das auch zu zeigen, als sieb Schwierigkeiten auftun. Die Sicherheit Galliens ist auch die des gesamten Westens, und daran denkt zweifellos der Senat, als er Julian die Antwort der Sibyllinischen Bücher übermittelt. Daß also die Opposition gegen den persischen Feldzug Julians westlich orientiert ist, ist nur ganz natürlich. Es sind ein und dieselben Leute, die ihm geholfen haben, die Macht zu ergreifen, die sich nun bemühen, ihn von seinen Plä-
Dominique Condudu:
362
nen abzubringen. Sie sind überdies als einzige in der Lage, es so offen zu tun, da die Gegner der Anfänge Julians wenigstens zum Teil ausgeschaltet sind.3• Während seines Aufenthalts in Antiochia erweist Julian Mit gliedern der römischen Aristokratie verschiedene Ehren :
In den nämlichen Tagen erwies der Kaiser den Gesandten, welche aus der ewigen Stadt zu ihm gekommen waren und sich durch vornehme Ab kunft und die Verdienste eines rühmlichen Lebens auszeichneten, ver schiedene Ehrungen. So bestellte er den Apronianus zum Präfekten von Rom, Octavianus zum Prokonsul von Afrika, übertrug dem Venustus das Vikariat von Spanien und beförderte Ru.finus Aradius an Stelle seines jüngst verstorbenen Onkels Julianus zum Comes des Ostens.32 Die Kombination verschiedener Daten erlaubt die Feststellung, daß Rufinus Aradius nur wenige Monate nach der Ernennung des
Apronianus
zum
Comes
des
Ostens ernannt wurde.33 Doch
nichts
weist demgegenüber darauf hin, daß die Ernennung von Venustus und Octavianus von der des Apronianus unabhängig gesehen wer den muß. In der Tat beeilte sich Julian im letzten Drittel des Jahres 363 nach einer römischen Gesandtschaft, die Angelegenheiten des Westens zu regeln. Er legt Rom, Afrika und Spanien in die sicheren Hände von Heiden 34, während sich Gallien schon darin befand.35 Einige Monate später war nur noch die Stelle des
Comes des Ostens
frei, und zwar infolge eines Todesfalles. Kurz vor seinem Aufbruch, vielleicht sogar schon auf dem Marsch ae, sorgte der Kaiser hierfür so schnell wie möglich, indem er einen Mann ernannte, der gerade zur Stelle war. Rufinus Aradius, der nach der Abreise der übrigen Mitglieder der römischen Gesandtschaft vom Herbst 362 87 in Antiochia geblieben war, steht den Problernen des Westens viel leicht ein wenig ferner. In der Tat sind arn Ende des Aufenthalts Julians in Antiochia, also zum Zeitpunkt seiner Ernennung oder gar ein wenig früher, die Spannungen zwischen Julian und wenig stens einem Teil der römischen Aristokratie bereits offenkundig. Es hat verschiedene schlechte Vorzeichen gegeben; aus Rom ist der Brief eingetroffen, der ihm das Ergebnis der Befragung der Sibyl linischen Bücher mitteiJt.ss Die Opposition nimmt durch diese Befragung der Sibyllinischen
Ammianus Marcellinus und der 'rod Julians
363
Bücher, die der Kaiser selbst verlangt hatte, eine religiöse Haltung ein, die sie im Verlauf des Feldzuges nicht mehr ablegt. Ohne Rücksicht auf alle Warnungen bricht Julian am 5. März
363 auf39, und alle möglichen Zwischenfälle von schlechter Vor bedeutung übers
Die zeichenkundigen etruskischen Wahrsager, die das Heer begleiteten, fanden indessen mit ihren wiederholten Warnungen vor dem Feldzug kein Gehör. Sie legten daher ihre Kriegsbücher vor und erklärten, das erwähnte Zeichen bedeute Ablehnung und sei einem Kaiser, der, obschon mit gutem Recht, Feindesland angreife, entgegen. Indessen wurden ihre Bedenken gegenüber dem Widerspruch der Philosophen nicht weiter beachtet, die sich damals eines beachtlichen Ansehens erfreuten, obschon sie wiederholt irren und sich hartnädtig auf Dinge versteifen, die sie zu wenig kennen.41 Im Verlauf des Feldzuges sind es jedesmal, wenn Julian ersucht wird, von der Fortsetzung des begonnenen Unternehmens abzulas sen, die
Haruspices,
die im Namen ihrer Wahrsagekunst und des
Götterwillens zu ihm sprechen. Sie stehen einer zweiten Gruppe gegenüber, die gleidlfalls von ihrer Religion her bestimmt ist, nämlich den philosophi, Anhängern dessen, was man als Neu heidentum synkretistisdlen und philosophischen Charakters bezeich nen kann, das dem konservativen Heidentum gewisser römischer Kreise gegenübersteht. Es genügt sdlon, auf den Ton zu achten, in dem Ammianus Marcellinus von den Philosophen spridlt, um die Antipathie zu erkennen, die zwischen beiden Parteien besteht. Es
364
Dominique Conduche
ist eine bekannte Tatsache, daß Julian von seinen Studien in Griechenland her 42 v om griechischen und östlichen Denken ange zogen wurde und mit Philosophen Umgang pflegte. Er hatte selbst einige orientalische Verhaltensweisen angenommen, was von seinen Gegnern dazu benutzt wurde, ihn bei Constantius anzuschwärzen:
Als man bald danach am Hoflager des Constantius von diesen Taten erfuhr - der Cäsar mußte ja wie ein niederer Beamter über alle Vor kommnisse an den Augustus Bericht erstatten -, zogen alle einflußreichen Chargen als bereits gelehrte Meister der Schmeichclkunst die wohldurch dachten Entscheidungen und die erfolgreich ausgeführten Unternehmen ins Lächerliche und ließen unaufhörlich folgende geschmaddose Bemerkungen fallen: "Widerlich wird einem noch mit seinen Siegen dieser Ziegenbock, der ja gar kein Mensch ist"; dabei spielten sie auf Julian und seineo starken Bart an. Sie nannten ihn auch einen "geschwätzigen Maulwurf", "einen Affen im Purpurkleid", "ein griechisches Schulmeisterlein" und vielerlei dergleichen.43 Als Julian dann an der Macht war, zeigte er sich sogleich sehr bemüht um seine ehemaligen Lehrer:
Eines Tages wohnte er wiederum den Verhandlungen (des Senats in Kon stantinopel) bei, als man ihm die Ankunft des Philosophen Maximus aus Asien meldete; da sprang Julian in unschicklicher Weise auf und vergaß sich so weit, daß er in schnellem Lauf weit über den Vorhof hinaus diesem entgegeneilte, ihn küßte und nach solch ehrendem Empfang in die Ver sammlung einführte. Das war ein unpassendes Schauspiel und mußte den Eindruck erwecken, als hasche der Kaiser allzusehr nach eitlem Ruhm und denke nicht an jenes herrliche Wort Ciceros, wo er sich über den Menschen solcher Art folgendermaßen ausspricht: "Gerade jene Philosophen setzen auch auf Bücher, welche sie über die Geringschätzung des Ruhmes schreiben, ihren Namen und wollen sich an eben der Stelle, wo sie Lobpreis und Ansehen verachten, gerühmt und genannt sehen." 44 Von neuem genügt der Ton Ammians, um deutlich zu machen, welche Auswirkungen das Verhalten Julians wenigstens auf einen Teil der Meinung über ihn hatte. Es gab also zwei unterschiedliche und gegensätzliche religiöse Strömungen. Die religiöse Opposition stößt zur Zeit des persischen Feldzugs auf die politische Opposition des Westens und Roms. Die religiöse Spaltung, die sich in der Umgebung Julians deutlich zeigt,
Ammianus Marcellinus und der Tod Julians
365
ist auch in gewissem Maße eine geographische und soziale : Tradi tionalisteo sind die Angehörigen des Westens, die römischen Aristo kraten, während die Philosophen von der griechischen Kultur durch drungene Orientalen sind.45 Diese Opposition gegen Julian ist die einzige, die Ammian im Verlauf des persischen Feldzuges erwähnt. Die
Haruspices
scheinen
stellvertretend für alle Unzufriedenen zu sprechen. Die Opposition hat sehr wohl religiöse, jedoch heidnische, keineswegs christliche Färbung. Auch von ihr aus gesehen ist es Julians Gottlosigkeit, die ihn in den Tod führt. Er weigert sich nicht nur, die zahlreichen Hinweise zu beachten, die ihm die Götter geben, sondern er geht bis zur Lästerung: Im Mai 363 hatte er soeben einen Erfolg über die Perser durch das überschreiten des Tigris errungen; vielleicht hätte er sogar Ktesiphon einnehmen können, wenn seine Soldaten sich nicht mit der Plünderung des Lagers des Surena aufgehalten hätten.4&
Zutiefst überzeugt, daß nach solchen Erfolgen noch ähnliche kommen müßten, traf er Vorbereitungen, dem Mars Ultor viele Opfer darzu bringen ; jedoch als zehn der herrlichsten Stiere für diesen Zweck heran geführt wurden, stürzten, noch ehe sie den Altar erreicht hatten, neun von selbst recht erbärmlich zu Boden, während der zehnte das Leitseil zerriß und davonlief; nur mit Mühe konnte er wieder zurückgeholt werden, ließ aber nach seiner Schlachtung unheilkündende Zeichen erkennen. Julian sah dies und rief in zorniger Erregung mit lauter Stimme Jupiter als Zeugen an, daß er dem Mars künftighin nicht mehr opfern wolle. Ein rascher Tod raffte ihn aus dem Leben hinweg, und so brauchte er seinen Schwur nicht zu brechen.47 Am Vorabend der für ihn verhängnisvollen Schlacht, am 25. Juni
363, hatte er eine erneute Auseinandersetzung mit den Haruspices 48; und auf dem Sterbebett verbrachte er seine letzten Stunden in einem Gespräch mit den Philosophen Maximus und Priscus über das Erhabene der Seele.49 Was nun ereignete sich sogleich nach seinem Tod und nach der Thronbesteigung Jovians?
So verfuhr man denn auf unserer und auf der Seite der Feinde. Wie nun für Jovianus Opfer dargebracht und die Eingeweide beschaut wurden, lautete der Ausspruch dahin, der neue Kaiser werde alles verlieren, wenn
366
Dominique ConducM
er seinem Plane nach sich innerhalb des Lagerwalls verschanzt halte, bei Weitermarsch jedoch die Oberhand gewinnen. Als wir daraufhin gleich mit dem Aufbruch begannen, griffen uns die Perser an. Voraus gin,gen ihnen Elefanten.50 Anders gesagt: Im Namen Jovians führt man ein Opfer tradi tionellster Art durch, das den Haruspices erlaubt, ihre Meinung zu äußern; ihr Spruch wird unmittelbar befolgt, übrigens mit ver heerenden Folgen. Das Christentum Jovians scheint kaum eine Rolle zu spielen, und die persische Frage wird ganz nach den Vorstellungen der römischen Partei geregelt: man schließt einen faulen Frieden, der dem Gegner nur Vorteile bringt; freilich ermöglicht er dem Kaiser und seinen Truppen, sich auf römisches Gebiet zurückzuziehen und dort für die so notwendige Verteidigung der Rhein- und Donaufront bereit zustehen. Die Orientalen aber fühlen sich verraten, in gewissem Maße auch das Heer selbst, dessen Stolz dadurch verletzt ist, daß es sehen muß, wie die Früchte all seiner Anstrengungen so ganz ver spielt werden. Obwohl doch Ammianus Marcellinus den Starrsinn Julians bei der Mißachtung der göttlichen Warnungen getadelt hat, zeigt er Verständnis für dieses Gefühl. Dieser teilweise Meinungs umschwung erklärt vielleicht zum Teil die Machtübernahme durch Jovian. Wie dem auch sei, es läßt sich nunmehr folgende Hypothese auf stellen : eine nicht große, aber entschlossene Partei in der Um gebung ] ulians (pauci) mißbilligt mehr und mehr die Religions politik des Kaisers, und zwar vom heidnischen Standpunkt aus. Vor allem ist sie gegen den persischen Feldzug eingestellt, und hierin wird sie unterstützt durch den ganzen Teil des Heeres, der aus Gal lien kommt, ferner bald durch all jene, die durch die Kette der Mißerfolge entmutigt werden. Sie entschließt sich, die Situation zu nutzen und wählt Jovian zum Nachfolger Julians aufgrund seiner Mittelmäßigkeit 6l und vielleicht auch, weil er Christ ist, was ihm die zweifellos nötige Zustimmung eines Teils des Heeres sichern kann.62 Seine illyrische Herkunft ist womöglich ebenfalls berücksichtigt worden.68 Haben nun die Haruspices und die Partei, die sie repräsentieren, den Tod Julians provoziert? Ammian sagt darüber nichts; auf
Ammianus Marcellinus und der Tod Julians
367
jeden Fall aber waren sie bereit, davon zu profitieren, und zwar, wie es scheint, als einzige. Die zur Wahl eines Nachfolgers für Julian zusammengetretene Versammlung scheint sich in die ganz gegensätzlichen Parteien zu spalten, die sich schon im Verlauf des Feldzuges abgezeichnet hat ten:
Arintheus, Victor und was von den Hofbeamten des Constantius noch übriggeblieben war, stritten sich leidenschaftlich und suchten unter ihrer Partei nach einem geeigneten Manne; Nevitta, Dagalaifus und die vor nehmen Gallier hingegen forschten nach solch einem Kandidaten im Kreise ihrer Kameraden. 64 Die Existenz dieser beiden Parteien ist somit erwiesen, doch wird aus dem Text Ammians deutlich, daß sie kaum organisiert waren und weder die eine noch die andere auf den Tod Julians vorbereitet war. Sie hatten ja noch nicht einmal einen Kandidaten für die Nachfolge. Dasselbe läßt sich über die Partei sagen, die Julian am Ende seines Lebens am meisten begünstigte. Kurz vor seinem Tod spürte der Kaiser eine gewisse durch die Niederlage verstärkte Feindselig keit in seiner Umgebung; infolgedessen sorgte er dafür, daß kein Nachfolger benannt wurde:
Was die Wahl eines Kaisers anlangt, bewahre ich vorsichtiges Schweigen, damit ich nicht aus Unwissenheit einen würdigen Mann übergehe oder einen Bewerber, den ich unter namentlicher Nennung für geeignet hafte, in schlimmste Bedrängnis bringe, wenn ihm vielleicht ein anderer vorgezogen wird.$$ Gewiß lief, vielleicht zu diesem Zeitpunkt oder nach der Rück kehr des Heeres nach Syrien, das Gerücht um, daß Julian sein heimlich Procopius anvertraut hätte mit dem Auf trag, die Macht zu übernehmen, falls ihm in Persien etwas zustoßen
paludamentum
sollte. Doch Procopius ist zu der Zeit nicht beim Heer,58 das in sei ner schwierigen Lage sofort einen Führer braucht. In diesem Augenblick ergreifen einige entschlossene Männer die Initiative:
In der Zwischenzeit wählen - bedenklich, wenn man die Bedeutung des anstehenden Problems betrachtet -, bevor noch die verschiedenen Mei nungen durchdacht waren - wie es ja oft in Extremsituationen vor kommt -, wenige entschlossene Männer Jovian zum Kaiser.67
368
Dominique Conduche
Und wir kennen die Haltung, die Jovian unmittelbar nach seiner Wahl einnahm. Für Ammianus Marcellinus hat also die starke Opposition gegen Julian im gesamten Verlauf des persischen Feldzuges einen wesentlich heidnischen Charakter, und sie ist es, welcher der Tod Julians nützt. Nun ist aber Jovian Christ, und Libanios sollte die Christen des Mordes an Julian anklagen. Sicher gab es Christen im Heer; Jovian selbst ist ja ein Beispiel dafür. Nachdem man nun Syrien verlassen hat, fällt auch nicht mehr das geringste Wort über sie. Die einf?chste Erklärung wäre die, daß Julian darauf geachtet hat, in den Rängen des Heeres keine qualifizierten Christen zu haben oder wenigstens keine, die sich zum Führer einer Partei hät ten aufschwingen können. Und tatsächlich sehen wir, daß er vor der Erklärung seiner Zugehörigkeit zur heidnischen Religion unter den hohen Beamten und dem ganzen Personal des Hofes des Constan tius eine Säuberung vornahm.os Man kann nun nicht sagen, daß es zu einer wirklichen Säuberung im Heer gekommen ist, doch Gregor von Nazianz, Theodoret und Sozomenos überliefern, daß Julian bei seinem Aufenthalt in Antiochia, also im Herbst 362, die kaiserlichen Garden nacheinander einer Prüfung unterzog. Im Verlauf eines
donativum
wurden sie aufgefordert, eine Gratifika
tion unter der Bedingung entgegenzunehmen, mit einigen Weib rauchkörnern eine heidnische Opfergeste vollziehen.59 Unvor sichtige i\ußerungen über die kaiserliche Apostasie hatten für Juventinus und Maximinus, zwei Gardeoffiziere Julians, Gefängnis und Enthauptung zur Folge.60 Es muß also im Heer eine freilich recht gemäßigte christliche Partei gegeben haben. Möglicherweise ist sie mit der Julian feindlich gesinnten heidnischen Partei, von der Ammian spricht, zu einem Einverständnis gekommen, dessen Wurzeln einerseits der Verzicht auf den persischen Feldzug61, an dererseits die religiöse Toleranz waren. Jedenfalls preist Themistius Jovian, als er ihn auf dem Wege nach Konstantinopel empfängt, wegen dieser beiden Punkte:
Ich betrachte dieses Gesetz als ebenso bedeutend für uns wie den mit den Persern geschlossenen Vertrag; denn durch den Vertrag können wir mit den Barbaren in Frieden leben, Dein Gesetz ermöglicht uns, miteinander ohne Unruhen und Zwiespalt zu leben.t2
Ammianus Marcellinus und der Tod Julians
369
Doch aus welchem Grunde spricht Ammian niemals von dieser Partei? Hier tut sich die Frage nach seinen Quellen auf. Es ist sicher, daß er an dem Feldzug teilgenommen hat, doch das bedeutet ja nicht, daß er alles mit eigenen Augen angesehen hat. Möglicher weise hat er, wie Gimazane zeigt, offizielle Dokumente der Zeit herangezogen, etwa die Senatsakten, Volksbeschlüsse oder die Tagesjournale der Kaiser 64; das gilt praktisch für sein gesamtes Werk. Doch für den Feldzug von 363 verfügen wir neben Ammian über die "Neue Geschichte" des Zosimos, das 13. Kapitel der Chronographie des Malalas, die Oratio XVIII des Libanios und mehrere kleinere Berichte.64 Die Ähnlichkeiten zwischen den ver schiedenen Autoren sind unbestreitbar, vor allem zwischen Am mian und Zosimos. Sudhaus 65 hat hierüber eine strenge Untersuchung durchgeführt: Nach Photios (Bibi., cod. 98, p. 84) hat sich Zosimos insgesamt dar
auf beschränkt, Eunapios zusammenzufassen, und Eunapios (F. G. H. IV p. 7 f., frgm. 8) verfügte über eine auf sein Ersuchen hin verfaßte Denkschrift des Oreibasios, Julians Arzt. In der Annahme, die Ähnlichkeiten zwischen Ammian und Zosimos seien größer als die Unterschiede, ferner, Eunapios hätte Ammian nicht weiter be nutzt - sonst hätte er ihn ja statt des Oreibasios als Hauptquelle angegeben -, erklärte ei: diese Ahnlichkeiten dadurch, daß er den beiden Geschichtsschreibern eine gemeinsame Quelle gibt, die des Eunapios, also die Denkschrift des Oreibasios. Doch diese ganze Beweisführung setzt voraus, daß Eunapios
später erschien als Ammian· und somit von diesem nicht benutzt wer den konnte. W.
R. Chalmers hat kürzlich gezeigt, daß das keines wegs gesichert ist.GG Ammian mag also sehr wohl Eunapios be nutzt haben, wobei er natürlich durch seine eigenen Erinnerungen und von anderer Seite eingeholte Nachrichten Korrekturen an bringen konnte. Diese Hypothese erklärte gut Ähnlichkeiten zwi schen Ammian und Zosimos. Doch da die Hauptquelle des Eunapios wahrscheinlich Oreibasios ist, werden wir, was den persischen Feld zug angeht, auf das ursprüngliche Problem zurückverwiesen. Ammian hätte demnach über eine Quelle aus der unmittelbaren Umgebung Julians verfügt, die im wesentlichen von den Differen zen berichtete, mit denen er zu tun hatte. Wenn man annimmt -
Dominique Conducb�
370
was zwar möglich, doch nicht erwiesen ist -, daß es keine Christen oder wenigstens nur unbedeutende Christen unter den Männern gab, die in der Umgebung Julians und zum großen Teil selbst von ihm ausgewählt worden waren, hätte man eine Erklärung für das Schweigen Ammians. Aber wenn Oreibasios nur die Umgebung Julians gesehen hat, mußte Ammian andere Quellen zu Rate ziehen. Wie aber konnten diese systematisch einen Aspekt der Realität übersehen, der Libanius so wichtig schien? Wenn Oreibasios an dererseits, wie Sudhaus behauptet, das Problem in seinem ganzen Umfang
sehen
konnte,
wird
die Frage einfach verschoben.
Oreibasios ist einer der ältesten Freunde Julians •7, Eunapios ein neuplatonischer Philosoph. Es ist von daher wenig wahrscheinlich, daß der eine oder der andere darauf bedacht gewesen wäre, einer seits die Haltung Julians auch nur im geringsten zu tadeln, anderer seits einen Teil der Verantwortung für den Mißerfolg des Feldzuges
auf die Philosophen in der Umgebung Julians zu sdlieben. Oberdies zeigt sich Ammian, was diesen Feldzug von 363 an�eht, viel umfassender informiert als die anderen Geschichtsschreiber, die auf uns gekommen sind.t8 Welche Quellen er also auch immer be nutzt haben mag, wir müssen bei Ammian selbst, der ja, was wir nicht vergessen dürfen, Augenzeuge war, die Gründe für dieses seltsame Schweigen suchen. Die Redlichkeit des Ammianus Marcel linus steht dabei außer Frage; wie Gimazane 6t bemerkt, ist er so aufrichtig, trotz seiner heidnischen Ansichten vom Mißerfolg des Versuchs zu berichten, den Tempel von Jerusalem wiederaufzu bauen.70 Wenn er also nicht von einer christlichen Opposition gegen Julian auf dem persischen Feldzug spricht, dann deshalb, weil sie nicht in Erscheinung trat. Hiernach reicht die Untersuchung der Bedingungen, unter denen Libanios und Ammian den Tod Julians gesehen haben, fast aus, um ihre Abweichungen voneinander zu erklären. Libanios, der Antiochia nicht verlassen hat, hat in seinem Gedächtnis den ganz frischen Eindruck eines Julian behalten, der sich einer starken christlichen Opposition in dieser Stadt ausgesetzt sah.71 Von hier aus zieht er die Schlußfolgerung, daß der Kaiser durch ein Mitglied dieser Sekte ermordet worden sei. Ammian dagegen erinnert sich vor allem an die Auseinandersetzungen des
Ammianus Marcellinus und der Tod Julians
371
Kaisers mit den Haruspices während des ganzen Feldzuges. Und zu diesem Unterschied kann man noch folgenden hinzurechnen : Libanios war Rhetor, nicht Historiker! Doch gibt es da noch etwas anderes: Ammian bat den größten Teil seines Geschichtswerkes, besonders die Bücher XIV und XXV, in Rom geschrieben in den Jahren von 385-391.72 Was geschah in Rom zu dieser Zeit? Im Jahre 382 wurde der Altar der Victoria, den Augustus in der Kurie errichtet hatte, auf Geheiß des Kaisers von dort entfernt. 392 bricht der Aufstand des Eugenius los. Den Heiden Roms sollte es gelingen, die Rückführung des Altars der Victoria durchzusetzen, indem sie dem Usurpator ihre Hilfe zu kommen ließen. Es ist bekannt, wie sehr diese Angelegenheit den heidnischen Kreis des Symmachus und Praetextatus bewegt hat.73 Ammian hat in Rom genau diesen Kreis gekannt, ja er ist wohl mit ihm verkehrt.74 Der Altar der Victoria hat schließlich das gesamte Heidentum des alten Rom symbolisiert. Er erinnert gleichermaßen an eine Theolo gie, auf der zu einem großen Teil die Theorie der kaiserlichen Macht während der vorangehenden Jahrhunderte beruhte:
Das Imperium besteht nicht nur in jenem an sich schon bedeutenden Sach verhalt, dessen Auswirkungen so oft dargestellt worden sind, daß nämlich eine einzige Person ohne Kontrolle über die bewaffnete Macht verfügt. Sein charakteristisches Merkmal, das aus ihm in gewissem Maß ein reli giöses Phänomen macht, ist vielmehr die Tatsache, daß dieser Allein herrscher das dauernde Privileg hat, der einzige und ständige Sieger zu sein. Das römische Imperium beruht auf einer Theologie der kaiserlichen Victoria.75 Diese Theologie, wie sie sich etwa auf den Gedenkmünzen der alle zehn Jahre erneuerten Gelübde dokumentiert, ist noch im vier ten Jahrhundert sehr wirksam.76 In der Praxis ist es ja meist ein siegreicher Feldherr, den die Soldaten an die Macht bringen 77: er
ist erwählt durch die Victoria, die ihn auch in der Folgezeit be
gleitet. Das römische Imperium hat eine Reihe von Niederlagen hinneh men müssen. Die Victoria und die Götter insgesamt schienen sim wenigstens zeitweise von ihm abgewendet zu haben. Die Erklärung dieser Tatsache ist einfach : sie waren durch die Anwesenheit einer zu
372
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großen Zahl von Gottlosen, nämlim Christen, im römismen Staats gebiet beleidigt. Dom stellt sim im besonderen Fall des Julian im religiösen Sinne ein schwieriges Problem: der Kaiser hat dom den Götterkult wiederhergestellt, ihnen zahlreime Opfer dargebracht, die hier und da sogar als übertrieben angesehen wurden 78, und den nom haben ihn die Victoria und alle Götter, die hinter ihr stehen, verlassen. Mehr nom, solange er wenigstens dem Namen nam nom Christ war, war er in Gallien und Illyrien siegreich, ja, hat er ohne Schwertstreich die Mamt an sim gerissen. Nun erklärt er sim offen als Heide, und nur wenig später wird er in Persien gesmlagen! Das Problem ist so offensichtlim, daß Zosimos die Tatsame ver smleiert, daß der Rückzug aus Persien durm Julian eingeleitet wurde; er versumt, die alleinige Verantwortung dafür Jovian zu zusdtieben.79 Doch das ist eine wenig befriedigende Lösung, da sie eine gewisse Unredlimkeit einschließt und das Problem nimt wirk lich löst. Libanios versucht demgegenüber die Sache dadurch zu erklären, daß er Julian durm die Hand eines Christen umkommen läßt. Der Aufenthalt des Kaisers in Antiochia mag ihn auf diesen Gedanken gebramt haben. Doch diese Lösung ist erst remt nimt befriedigend, hätten sich doch die Götter unfähig gezeigt, ihren Verehrer vor der Hand des Gottlosen zu schützen, wenngleim ja auch die Götter dem Smicksal unterworfen sind. Wie dem auch sei, für Ammian stellt sich das Problem 80 - vor allem, da er in Rom lebte - in einem Augenblick, in dem die Theologie der Victoria nimt übersehen werden konnte. Und es konfrontierte ihn mit den Tatsachen. Mehr oder weniger bewußt kam er smließlich dazu, diese so zu interpretieren, daß er es lösen konnte. So, wie er das Leben Julians darstellt, ist es in zwei klare Ab sdmitte eingeteilt: bis zu seiner Ankunft in Konstantinopel verehrt Julian die Götter, wenn auch im Verborgenen, übt die Tugenden der Gerechtigkeit, Milde usw. . . . und ist siegreim. Seit seiner Thronbesteigung nimmt er es weniger genau mit der Geremtigkeit, und seit dem Aufenthalt in Antiochia vernamlässigt er sträflimer weise die Warnungen, die ihm die wohlwollenden Götter geben.S1 Er übertreibt seine Frömmigkeit und zeigt eher Aberglauben als
Ammianus Marcellinus und der Tod Julians
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wahre Religiosität.82 Im gleichen Maße, in dem sich der persische Feldzug entwi
es,
die die Gemüter
bewegt hat. Ammianus Marcellinus ist ein ernst zu nehmender Geschichts schreiber. Selbst wenn Alföldi seine Parteilichkeit aufzeigt, benutzt er dazu Argumente, die er Ammian selbst entnimmt.84 Wenn er also nicht von einer christlichen Partei auf dem persischen Feldzug spricht, dann deshalb, weil es keine christliche Demonstration ge geben hat, deren Bedeutung die der Haruspices erreicht hätte. Er hat auch die heidnische Opposition gegen Julian nicht erfun den. Das wäre ihm auch gar nicht möglich gewesen, denn er ver öffentlichte seine Bücher in Rom zu einer Zeit, in der der Feldzug gegen Persien sicher noch in guter Erinnerung war.85 Man hat sie zwar kritisiert, doch nicht so sehr, daß er sie zurückgezogen
hätte.86
Ammian bleibt bei der Wirklichkeit, soweit er kann, doch be schränkt er sich nicht darauf, ein bloßer Annalist zu sein, sondern sucht die Bedeutung der Ereignisse aufzudecken und setzt sie in Be ziehung zueinander, wobei er das betont, was ihm am wichtigsten erscheint. Infolgedessen kann man aus seinem Bericht zwei Arten von Er kenntnissen gewinnen. Die einen betreffen die Geisteshaltung der heidnischen Meinung unter Julian, die keineswegs einheitlich zu sei nen Gunsten war, sondern eine starke Opposition hervorgebracht hatte, deren politische und religiöse Wurzeln vor allem im Westen zu suchen sind.S7 Übrigens war die Notwendigkeit, gleichzeitig zwei Herrscher zu haben, den einen im Osten, den anderen im Westen, schon so sehr ins Bewußtsein gedrungen, daß das Heer Valentinian sofort auf forderte, sich einen Kollegen zu wählen.88 Doch Ammian bezeugt auch die Bedeutung der religiösen
374
Dominique Conduche
Frage, vielleicht nodl mehr zu der Zeit, in der er schrieb, als
un
Jahre 363.
Anmerkungen 1 Ammianus Marcellinus XXV 3, 6, hrsg. v. C. U. Clark: . . . audenttr effunderet semet n i pugnam, clamabant hinc inde candidati (quos disie eerat terror) ut fugientium molem tamquam ruinam male conpositi culmi nis declinaret, et (incertum unde) subita equestris hasta, cute bracchii eius praestricta, costis perfossis, haesit in ima iecoris fibra. Die deutsche Über setzung dieses und der folgenden Ammianzitate wurde entnommen aus Ammianus Marcellinus, Das römische Weltreich vor dem Untergang, 0. Veh-G. Wirth, Zürich-München 1974. 1 A. M., XXV 6, 6: . . . e saltibus nos hosti s diversitate ulorum et verbis turpibus incessebant, ut perfidos et lectissimi principis peremptores : audierant tnim ipsi quoque referentibus transfugis rumore actato i incerto, lulianum telo cecidisse Romano. 3 Oratio XXIV; benutzt wird die Zählung der Ausgabe von R. Förster. 4 Or. XVIII 274. 5 Libanii opera, Ausg. v. Förster, 2, 508. ' Zum gesamten Komplex der Datierung der Oratio XXIV vgl. lstvan Hahn, Der Tod Julians des Abtrünnigen, in: K.lio LIII, 1960, S. 225 ff. 1 Vgl. I. Hahn, a. a. 0., S. 225 I. • A. M. XXV 6, 9-10. ' Vgl. Oratio IV und V (P. G. 35, Paris 1857, Sp. 53 f., zitiert von I. Hahn, a. a. 0., S. 231, Anm. 3). 10 Vgl. I. Hahn, a. a. 0., S. 232, Anm. 3: Ephraem Syrus, Or. contra Iulianum, Ausg. v. E. Beck, Löwen 1957 (Corpus scriptorum Christiano rum Scr. Syri, 78-79). 11 Vgl. E. A. Thompson, The Historical Work of Ammianus Marcel linus, Cambridge 1946; W. Hartke, Geschichte und Politik im spätantiken Rom, Wiesbaden 1962; J. Straub, Studien zur Historia Augusta, Bern 1940. 11 A. M. XXVI 1, 1 : Dictis impensiore cura rerum ordinibus ad usque memoriat confinia propioris, convenerat iam referre a notioribus pedem, ut et pericula declinentur veritati saepe contigua et examinatores con texendi operis deinde non perfuamus intempestivos. " A. M. XV 1, 1 : Utcumque potui veritatem scrutari, ea quae videre licuit per aetatem, vel perplexe interrogando versatos in medio scire narravimus ordine casuum exposito diversorum. 14 A. M. XXV 4, 20: Namque et iura condidit non molesta, absolute
Ammianus Marcellinus und der Tod Julians
375
quaedam iubentia fieri vel arcentia, praeter pauca, inter quae erat illud inclemens, quod docere vetuit magistras rhetoricos et grammaticos chri stianos ni transissent ad numinum cultum. 15 A. M. XXV 10, 15: Christianae legis itidem studiosus et nonnun quam honorificus.
16 Themistios, oratio V, zitiert v. A. Beugnot, Histoire de Ia destruction du paganisme en Occident, Paris 1832, I, S. 226. 17 A. M. XXV 5, 4: tumultuantibus paucis (ut in rebus extremis saepe
est factum) lovianus eligitur imperator, domesticorum ordinis primus, paterns i meritis mediocriter commemorabilis. Auch mag sich die panno
nische Herkunft des Jovian zu seinen Gunsten ausgewirkt haben. Vgl. A. Alföldi, A Conflict of Ideas in the Late Roman Empire, Oxford 1952,
s. 13.
1a A. M. XXIII 1, 5, 6-7. 19 A.a.O. 20 A. M. XXIII 1, 7: Esdem i diebus nuntiatum est ei per litteras, Romae
super hoc bello libros Sibyllae consultos, ut iusserat, imperatorem eo anno discedere a limitibus suis aperto prohibuisse responso. 21 A. M. XXIII 5, 4: . . . litteras tristes Sallusti, Galliarum praefecti, suscepit, orantis suspendi expeditionem in Parthos obtestantisque, ne ita intempestive nondum pace numinum exorata, irrevocabile subiret exitium.
Zur Person des Sallustius siehe R. !tienne, Flavius Sallustius et Secundus Salutius, in: R. E. A. LXV, 1963, S. 104-113. 22 Vgl. J. Bidez, La vie de l'empereur Julien, Paris 1930, S. 315; Liba nios, Or. XVIII, 194; XV 43; XII 84 f. 23 Z. B. A. M. XXIII 5, 10; XXIII 5, 13. 24 A. M. XV 8, 1 : Constantium vero exagitabant adsidui nuntii deploratas am i Gallias indicantes, nullo renitente ad internecionem bar baris vastantibus universa; aestuansque diu, qua vi propulsaret aerumnas, ipse in ltalia residens, ut cupiebat - periculosum enim existimabat se in partem cantrudere Longe dimotam - repperit tandem consilium rectum, et lulianum patruelem fratrem haut ita dudum ab Achaico tractu accitum, etiam tum palliatum in societatem imperii adsciscere cogitabat. Zu alldem vgl. J. Bidez, a. a. 0., S. 125 f. 25 A. M. XV 8, 3 : Quis adnitentibus obstinate, opponebat se sola regina, ncertum i migrationem ad Ionginqua pertimescens an pro nativa prudentia consulens in commune, omnibusque memorans anteponi debere propin quum. 28 A. M. XVI 11, 13: lllud tarnen rumore tenus ubique iactatur, quod lulianus non levaturus incommoda Galliarum electus est, sed ut possit per bella deleri saevissima, rudis etiam tum ut existimabatur, et ne sonitum
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quidem duraturus armorum. Julian selbst bestätigt dieses Gerede : Julian 277 A f.; vgl. Eunapios, Vitae Sophistarum, Ausg. v. J. F. Boissonade, Paris 1920, S. 476 und 498. "Kaum hatte ich Titel und Mantel des Cae�ar
erhalten, wurde ich wie ein Knecht behandelt . . . Verschlossene Türen, Kerkermeister, Sklaven, die sorgfältig untersucht wurden, damit auch nicht das kleinste Briefehen eines Freundes zu mir gelange, fremde Diener schaften. Nur mit Mühe hatte ich durchsetzen können, daß ich zu meiner persönlichen Bedienung vier meiner Leute behielt: zwei ganz junge Bur schen, zwei etwas ältere." Zitat aus J. Bidez, a. a. 0., S. 130 (hier nach rde Nr. 26, S. 86 f.). 27 Vgl. J. Bidez, a. a. 0., S. 178. 28 A. M. XX 4, 1 : Properantem Constantium orienti ferre suppetias . . ., urebant luliani virtutes, quas per ora gentium diversarum fama celebrior effundebat . . . �9 A. M. XX 4, 2: Ob haec et similia percitus metuensque ne augerentur in maius stimulante (ut ferebatur) praefecto Florentio, Decentium tri bunum et notarium misi.t, auxiliares milites exinde protinus, abstructurum, Herulos et Batavos, cumque Petulantibus Celtas . . . 30 A. M. XX 4, 16-18; vgl. J. Bidez, a. a. 0., S. 183-186. 31 A. M. XXII 3 und 4; vgl. J. Bidez, a. a. 0., S. 209-212. 32 A. M. XXIII 1, 4: Eisdem diebus, legatos ad se missos ab urbe aeterna, clare natos meritisque probabilis vitae compertos, imperator honoribus diversis adfecit, et Apronianum Romae decrevit esse praefectum, Octavianum proconsulem Africae, Venusto vicariam commsit i Hispaniae, Rufinum Aradium comitem Orientis, in locum avunculi sui luliani recem defuncti, provexit. 33 Vom 9. Dezember 362 datiert eine die suarii betreffende Konsti
tution von Antiochia an Rufinus Aradius, den Präfekten von Rom (Cod. Theod. XIV 4, 3); vgl. A. Chastagnol, Les Fastes de Ia PrHecture de Rome au Bas-Empire, Paris 1962, S. 157. Eine weitere Konstitution vom 17. Januar 363 ist an Apronianus gerichtet: vgl. B. Bisehoff und D. Nörr, Eine unbekannte Konstitution Kaiser Julians, München 1963. Aradius Rufinus ist erst nach dem Tode seines Vorgängers im Februar oder März 363 ernannt worden; vgl. Libanios, Ep. 825, 1365, 1379, 1380, 1398 und 1493; vgl. A. Chastagnol, a. a. 0., S. 197. 3• Apronianus bekam ein Priesteramt: das Quindecimvirat sacris fa ciundis (vgl. CIL VI 1768 und CIL VI 1769; A. Chastagnol, a. a. 0., S. 157). Er ist demnach Heide. Venustus ist der Vater des Nicomachus Flavianus und vielleicht der Schwager des Symmachus, des Präfekten von 384-85. Seine ganze Familie ist also heidnisch und er selbst zweifellos auch; vgl. A. Chastagnol, a. a. 0., S. 159. über Octavianus wissen wir
Ammianus Marcellinus und der Tod Julians
377
nicht viel, doch in dieser Umgebung ist es nur wahrscheinlich, daß auch er Heide war. 3$ A. M. XXIII 5, 4; vgl. R. �tienne, a. a. 0. 36 Der Kaiser reiste am 5. März 363 ab. 37 Wenigstens nach der Abreise des Apronianus, wahrscheinlich nach der des Octavianus und Venustus; siehe oben Anm. 33 und 34. 38 A. M. XXIII 1, 5-7. 39 Vgl. ]. Bidez, a. a. 0., S. 316. 40 A. M. XXIII 2; Julian, Briefe, Nr. 98; Zosimos III 12, 1 f. Vgl. ]. Bidez, a. a. 0., S. 318-320. 41 A. M. XXIII 5, 10, 1 1 : Etrusci tarnen haruspices qui cornitabantur gnaros prodigaliurn rerurn, curn illis proeineturn hunc saepe arcentibus non crederetur, prolatis libris exercitualibus, ostendebant signurn hoc esse prohibitoriurn principique aliena licet uste i invadenti, contrariurn, sed calcabantur philosophis refragantibus, quorurn reverenda tune erat aucto ritas, errantiurn subinde, et in parurn cogniti s perseverantiurn diu.
42 A. M. XV 8, 1. 43 A. M. XVII 11, 1: Haec curn in cornitatu Constantii subinde nosce rentur . . ., ornnes qui plus poterant in palatio, adulandi professores iarn docti, recte consulta prospereque cornpleta vertebant in deridiculurn, talia sine rnodo strepentes insulse: "In odiurn venit curn victoriis suis capella, non horno", ut hirsuturn lulianurn carpentes, appellantesque "loquacern talparn" et "purpuratarn sirniarn" et "litterionern graecurn" et his con gruentia plurirna.
44 A. M. XXII 7, 3, 4: Et curn die quodarn ei causas ibi spectanti, venisse nuntiatus esset ex Asia philosophus
Maxirnus,
exiluit indecore: et
qui esset oblitus, effuso cursu a vestibulo longe progressus, exosculaturn suscepturnque reverenter, securn induxit per ostentationem ntempestivarn i nimius captator inanis gloriae visus, praeclarique illius dicti immemor Tulliani, quo tales notando ita relatum: "lpsi illi philosophi etiam in his libris quos de contemnenda gloria scribunt, nornen suum inscribunt, ut in eo ipso, quo praedicationern nobilitatemque despiciunt, predicari de se ac se norninari velint."
4$ Ammian nennt nur zwei von ihnen beim Namen: Maximus und Priscus (vgl. XXV 3, 23). Man muß daran denken, daß Ammian selbst griechischer Herkunft und Erziehung ist, sich aber nichtsdestoweniger auf die Seite der Weströmer stellt. Wahrscheinlich ist er nicht der einzige, für den die geographische und sogar die soziale Zugehörigkeit nicht aus schlaggebend ist; zu alldem vgl. J. Bidez, a. a. 0., S. 261 f. 46 Vgl. ]. Bidez, a. a. 0., S. 327. 47 A. M. XXIV 6, 16: Abunde ratus post haec prosperitates sirniles
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Dominique Conduche
adventare, complures hostias Marti parabat Ultori et ex tauris pulcher rimis decem ad hoc perducti s, nondum aris admoti, voluntate sua novem procubuere tristissimi, decimus vero, qui diffractis vinculis Lapsus afgre reductus est, mactatus ominosa signa monstravit, quibus visi s, exclamavit indignatus acriter Juianus l Iovemque testatus est nulla Marti iam sacra facturum: nec resecravit, celeri morte praereptus. 48
A. M. XXV 2, 7; Julian starb am 27. Juni 363; vgl. J. Bidez, a. a. 0.,
s. 328.
49 A. M. XXV 3, 23: Quibus ideo iam silentibus, ipse cum Maximo et
Prisco philosophis super animorum sublimate perplexius disputans . . . 50
A. M. XXV 6, 1 : Quae
dum ultro citroque ordinantur, hostiis pro
loviano, extisque inspectis, pronuntiatum est eum omnia perditurum, si intra vallum remansisset (ut cogitabat) superiorem vero fore profec tum. Proinde egredi iam coeptantes, adoriuntur nos elephantis praeviis Persae.
51 A. M. XXV 5, 8 : Docet Saporem iam propinquantem, extincto quem verebatur, turbine concitato calonum, ad umbram imperii lovianum adhuc protectorem adscitum, inertem quendam et mollem.
s! Bei Ammian findet sich wenigstens ein weiteres Beispiel für eine mögliche Verbindung zwischen der heidnischen Senatspartei von Rom und den Christen, nämlich unter Valentinian I. (z. B. A. M. VIII 1 und A. Alföldi, a. a. 0., S. 84). s3 Vgl. A. Alföldi, a. a. 0., S. 13. 54 A. M. XXV 5, 2: Di sci ssisque studiis turbulentis, Arintheus et Victor, et e palatio Constanti residui, de parte sua quendam habilem scrutabantur; contra Nevitta et Dagalaifus proceresque Gallorum virum talem ex com militio suo quaeritabant. 55
A. M. XXV 3, 20:
Super imperatore vero creando caute reticeo ne
per imprudentiam dignum praeteream, aut nominaturn quem habilem reor, anteposito forsitan alio, ad discrimem ultimum trudam. 58
A. M. XXIII 3, 2: . . .
dicitur ante aras, nullo arbitrorum admisso
occulte paludamentum purpureum propinquo suo tradidisse Procopio, mandasseque arripere fidentius principatum, si se interisse didicerit apud Parthos;
A. M. XXV 8, 7:
. . . cibos ferentes ex his quos relictus cum
Procopio . . .
57 A. M. XXV 5, 4. 58
A. M. XXII 3 und 4.
59 Vgl. Gregor v. Naz.ianz, Oratio IV in Iulianum, I 82 f. (PG 35,
Sp. 68c, Paris 1857); Theodoret, Kirchengesch., 3, 16, 6-17, 8; Sozo menos, Kirchengesch. 5, 17. 50 Vgl. Johannes Chrysostomos, In Iuvencinum et Maximinum marty-
Ammianus Marcellinus und der Tod Julians
379
res, PG 50, Sp. 571 f. (Paris 1862; vgl. P. Peeters, A. B. XLII 1924, S. 77 ff.; vgl. J. Bidez, a. a. 0., S. 315). 61 Im Grunde konnte es bei der gegebenen militärischen Lage keine andere Wahl geben. 62 Vgl. Themistios, Oratio V, übers. v. A. Beugnot, I, S. 226. 63 Vgl. ]. Gimazane, Ammien Marcellin, sa vie et son ceuvre, Toulouse
1889, s. 201. 84 Vgl. G. Dillemann, Ammien Marcellin et !es Pays de I'Euphrate et du Tigre, in: Syria 1961, S. 115.
6$ H. Sudhaus, De ratione quae intercedat inter Zosimi et Ammiani de bello a Iuliano imperatore cum Persis gesto relationes, Bonn 1870. 66 Vgl. W. R. Chalmers, Eunapius, Ammianus Marcellinus and Zosimus on Iulians' Persian Expedition, in: The Classical Quarterly LIV, 1960, S. 152-160. Zur Frage der Beziehungen zwischen Eunapios, Ammianus Marcellinus und Zosimos vgl. auch A. D. E. Cameron, An alleged fragment of Eunapius, in: The Classical Quarterly LVI, 1963, S. 231-236. 67 Vgl. Julian, 277 A f.; vgl. Eunapios, Vitae Sophistarum, Ausg. v. ]. F. Boissonade, Paris 1920, S. 476 und 498. Vgl. ]. Bidez, a. a. 0., S. 130 bis 131. 68 Vgl. L. Dillemann, a. a. 0., S. 120. 69 Vgl. J. Gimazane, a. a. 0., S. 325. 70 Vgl. A. M. XXIII 1 , 3 : Ammian spricht außer kirchlichen Autoren als einziger davon. 71 A. M. XXII 13 und 14. 72 Vgl. W. Hartke, Römische Kinderkaiser, Berlin 1951, S. 68 und 71. 73 Vgl. Symmachus, Relatio 3. 74 Vgl. W. Hartke, a. a. 0., S. 61 und A. M. XXIII 1, 4. - A. D. E. Cameron, The Roman Friends of Ammianus, in: The Journal of Roman Studies LIV, 1964, S. 15-28 zeigt, daß es wenigstens entfernte Beziehun gen von Ammian zu den Symmachi gegeben hat. Das Fehlen enger sozialer Beziehungen bedeutet nicht, daß Ammianus Marcellinus nicht dem Einfluß des aktivsten intellektuellen Kreises in Rom ausgesetzt gewesen wäre. Wie A. Cameron sagt, ist er sich selbst bewußt, den römischen Standpunkt einzunehmen (XIV 6, 2; XXII 9, 7). Er konnte römische Quellen benutzen und im übrigen durch die römische Aktualität beeinflußt werden. 75 Vgl. ]. Gage, La theologie de Ia Victoire Imperiale, in: Rev. Hist. LVII, 1933, S. 1. 76 Vgl. J. Gage, a. a. 0., S. 32. 77 A. M. XXI 5, 9: Hoc sermone imperatoris vice alicuius oraculi com
probato, mota est incitatius contio, et rerum C1fpida novandarum, unani manti consensu, voces borrendas immani scutorum fragore miscebat,
380 Dominique Condu
·
reiches, darf ich an dieser Stelle mit Recht den Vorwurf machen, daß du in dem Augenblick, da die Stürme unseren Staat auflösten, seinem erfah renen Lenker das Steuerruder entwunden hast . . . 81 Vgl. A. M. XXIII. 82 Vgl. A. M. XXII 12, 6 f.; XXV 4, 17: superstitiosus magis quam "
sacrorum legitimus observator . . . 83 Das Rechtsdenken der Römer, das den Schutz der Götter als Gegen leistung für Opfer verlangte, kann in gewisser Weise die Haltung Julians erklären. Aber der Ton Ammians zeigt gut, daß er sie ni
contigua, et examinatores contexendi operis deinde non perferamus intempestivos . . .
Das kann zur Erklärung der Tatsame beitragen, daß die Verherr lichung Julians durch heidnis
Hinoria 15 (1966), S. 380-384.
DIE TODESSTUNDE KAISER JULIANS Von GUNTHER ScHEDA J. Geffcken schreibt in seinem Buch >Kaiser Julianus< 1, Am mianus Marcellinus lasse seinen Helden wie Sokrates sterben. In der Tat ist die Ahnlicbkeit zwischen Ammians Bericht (XXV 3) und Platons Darstellung im >Phaidon< auffällig. Wie Sokrates vor seinem Tode sich mit Freunden über die Unsterblichkeit der Seele unterhält, so spricht Julian mit zwei Philosophen
super animorum sublimitate
(XXV 3, 23). Der sterbende Kaiser tadelt die Anwesenden, weil sie
ihre Tränen nicht zurückhalten können (et flentes inter haec omnes,
qui aderant, . . . increpabat):
als Sokrates den Giftbecher trinkt,
brechen seine Freunde in Tränen aus und müssen von ihm ermahnt werden:
quibus ideo iam silentibus.
Ferner läßt die An
gabe Ammians, daß der Kaiser nach einem Schluck kalten Wassers
(epota gelida aqua)
gestorben sei, den Leser an den Trunk aus dem
Schierlingsbecher denken. Untersucht man hierauf auch die Rede, dieder Gescbicbtsscbreiber dem bereits von der Lanze tödlich Getroffenen vor der besproche nen Szene in den Mund legt, nach Anklängen an Worte, die Sokra tes im Gefängnis spricht, so stellt man überraschende Gemeinsam keiten mit dem Schluß des platonischen >Kriton< fest, in dem Sokra tes unbedingten Gehorsam gegenüber den Gesetzen fordert: wie man väterliebe Entscheidungen ohne Widerstand hinnehme, so müsse man ausführen, was auch immer die Stadt oder das Vaterland fordere (51 b). In gleicher Weise sagt Julian: gaudensque . . . , quod,
ubicumque me velut imperiosa parens consideratis periculis obiecit res publica, steti fundatus (XXV 3, 18). Wenn er sich zum Schluß alumnus rei publicae frugi nennt, wird man an Stellen im >Kriton<
382
Gunther Scheda
erinnert, wo die Gesetze Sokrates als ihren Exyovo� (50 e), sich selbst als seine Ernährer und Erzieher bezeichnen: {54 b), vgl. auch 51 c : TH.lEl� y6.Q O'E YEVVlJO'ClV'tE�, exitQE'IJ!ClVtE�, TCCltÖEUO'ClVtE�. J. Geffcken bezweifelt a. a.
0., daß der Bericht Ammians authen
tisch sei, mit dem Hinweis, daß die antike Geschichtsschreibung auch andere so sokratisch sterben lasse. Hier ist besonders der von Taci tus geschilderte Tod des Stoikers Paenis Thrasea zu nennen.2 Der Philosoph unterhält sich im Anblick des Todes mit dem Kyniker Demetrius - auch Ammian erwähnt die Gesprächspartner Julians 3 -
de natura animae et dissociatione spiritus corporisque.
Sowohl
Paetus Thrasea als auch Julian haben noch die Kraft und Ruhe zu einer intensiven Erörterung dieses Problems (Tacitus: maxime in tentus . . . inquirebat; Ammian: perplexius 4 disputans). Es fehlt auch bei Tacitus nicht die Angabe, daß die Anwesenden auf die Nachricht vom Senatsbeschluß hin in Tränen und Klagen aus brechen (igitur flentes queritantesque, qui aderant . . . hortatur). H.
Furneaux bemerkt in seinem Kommentar 5 z. St.: "Such subjects of discussion (Unsterblichkeit der Seele) were usual in the last hours of " men of intelleer and character. Daher hebt Tacitus hervor, daß Petron in derselben Situation gegen diese Tradition verstößt: er führt kein Gespräch über ernste Dinge, das ihm den Ruf der Stand haftigkeit eingebracht hätte. Vielmehr läßt er sich Gedichte leich teren Inhalts vortragen und nichts - das betont Tacitus - über die Unsterblichkeit der Seele e. Im Hinblick auf solche Parallelen könnte man mit J. Geffcken Ammians Bericht über die Sterbestunde Julians abtun als eine mit Reminiszenzen aus Platon und römischen Historikern geschmückte Darstellung von zweifelhaftem historischen Wert. Dies ist jedoch nicht möglich wegen eines Passus in der 18. Rede des Libanios, der J. Geffcken entgangen ist und auch sonst in der Literatur zu Am mian keine Beachtung erfuhr7• In diesem Nachruf auf Julian 8 spielt der Rhetor auf die Szene im athenischen Kerker nicht nur an, sondern er führt einen genauen Vergleich mit Nennung des Sokrates durch, wobei er möglichst viele Gemeinsamkeiten aufzuspüren be müht ist. Die Schilderung von Julians Tod bei Ammianus Marcellinus und Libanios durchzieht also derselbe Tenor. Hier von einem Zufall zu
383
Die Todesstunde Kaiser Julians
sprechen, geht nicht an. Ist die Annahme einer direkten Abhängig keit des einen vom anderen bei der Darstellung dieser Szene möglich? Damit geraten wir in ein ziemlich unübersichtliches Feld, nämlich in das Problem, welche Quellen die beiden Autoren für ihre Berichte über Julians Perserfeldzug benutzt haben 9. Es ist communis opinio, daß Ammian die Schriften des Rhetors seiner Darstellung nicht zugrunde gelegt hat 1o, obwohl dies chronologisch möglich gewesen wäre: der Epitaphios ist nur wenige Jahre nach dem Tode
Julians
geschrieben
worden u,
während
Ammians
Bücher, die das Wirken des Kaisers schildern, erst in den 80er Jah ren entstanden sind. Bei der Frage des Abhängigkeitsverhältnisses darf man nicht außer acht lassen, daß es eine weitere auffällige Gemeinsamkeit zwischen Libanios' Trauerrede und Ammian gibt, die - im Gegen satz zur .i\hnlichkeit der Sterbeszene - längst gesehen ist und die Forschung beschäftigt hat 12. In der Schilderung der Schlacht bei Straßburg findet sich sowohl bei Ammian (XVI 12, 41) als auch bei Libanios (18, 58) die Bemerkung, Julian habe in einer kritischen Situation, um seine Soldaten zum Widerstand gegen die Barbaren anzufeuern, die Haltung des homerischen Aias (so Libanios) bzw. Sullas (Ammian) gezeigt. Hier ist Ammian nicht dem Rhetor ver pflichtet, sondern beide einer Mittelquelle: offenbar dem Bericht Julians über seine Taten in Gallien 13. Daher empfiehlt es sich, auch bei der Sterbeszene nach einer gemeinsamen Quelle zu suchen. Im allgemeinen findet man die Ansicht vertreten, daß dem Histo riker die Aufzeichnungen eines gewissen Magnus von Carrhae, der an dem Feldzug als Offizier teilgenommen hatte, vorlagen. Zu diesem Ergebnis kommen auf Grund ihrer Forschungen überein stimmend 0. Seeck 14, W. Klein 15 und A. Klotz 18. In neuerer Zeit hat E. A. Thompson gegen diese These Bedenken angemeldet.17 Um stritten ist auch die Frage, ob Libanios für die 18. Rede die Schrift des Magnus von Carrhae benutzt hat. Während W. Klein diese Ansicht vertritt, weist A. Klotz sie zurück. Damit fehlt uns jegliche Sicherheit für die Annahme, daß Magnus die gemeinsame Quelle ist. Dies ist nun für unsere Quellenfrage kein Unglück, denn selbst wenn Magnus die gemeinsame Vorlage gewesen sein sollte, dürften wir nicht die These vertreten, daß er es war, der die Sterbeszene im
384
Gunther Scheda
Zelt der im athenischen Kerker angeglichen hat: glaubt doch A. Klotz ihn als nüchternen, "hauptsächlich militärisch interessierten Frontoffizier" charakterisieren zu können 18. Die liebevolle Aus malung der Sterbeszene mit platonischen Farben hätte zu seinem Werk, das lediglich "hypomnematischen Charakter" gehabt haben kann, nicht gepaßt. Wenn wir damit Magnos von Carrhae für unsere Überlegungen außer Betracht lassen müssen, bleibt uns nur die Annahme übrig, daß Ammian sich auf den Bericht eines uns namentlich nicht mehr greifbaren Gewährsmannes stützt. In der Tat kommt die Forschung immer wieder zu dem Ergebnis, daß Ammian außer den Aufzeichnungen des Magnos von Carrhae und eigenen Notizen - er hatte ja ebenfalls am Perserfeldzug teilgenommen eine geschichtliche Darstellung eines Mannes aus der Umgebung des Kaisers verwendet hat. Nach A. Klotz muß dessen Schilderung "gewisse Spuren ausgesprochen altrömischen Wesens" enthalten haben 19. E. A. Thompson führt Ammians Bericht vom Tode Julians auf einen Neuplatoniker zurück 20• Diese beiden Thesen sind durchaus vereinbar, wenn man bedenkt, welch starke altrömische Färbung der Neuplatonismus erfahren hatte 21• In der von uns postulierten Vorlage muß geschildert worden sein, wie Julian in einer Haltung gestorben ist, die an die Worte und den Tod des Sokrates erinnerte. Libanios und Ammian haben an dieser Szene Gefallen gefunden und sie übernommen: jener, indem er bis ins letzte Detail auf die Gemeinsamkeiten hinwies (in einer geradezu aufdringlichen Art, die aber durch das rhetorische Genos bestimmt ist), dieser, indem er Sokrates zwar nicht ausdrücklich erwähnte, je doch eine Atmosphäre schuf, die den Leser zwingt, an die Todes stunde des athenischen Philosophen zu denken. Die Frage, ob Julian selbst sich für die letzte Stunde den sterben den Sokrates zum Vorbild genommen hat, soll hier nicht entschie den werden. Es bedarf aber der Klärung, aus welchen Motiven der Anonymus, Libanios und Ammian übereinstimmend die Sterbeszene der platonischen Darstellung angeglichen haben. Diese Antwort kann nicht schwerfallen, wenn man sich das hohe Ansehen ver gegenwärtigt, das die Gestalt des Sokrates nicht nur bei den Heiden, sondern auch bei den Christen im vierten nachchristlichen Jahr hundert hatte. Während noch Tertullian und Laktanz den Philo-
Die Todesstunde Kaiser Julians
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sophen in jeder Hinsicht zu verunglimpfen versucht haben, trat im Laufe des 4. Jahrhunderts, hervorgerufen durch das stärker wer dende Interesse der Christen am paganen Bildungsgut, ein Wandel ein. "Wenn auch im einzelnen herbe Urteile nicht fehlen, so hat doch niemand wieder mit roher Hand an die Szene in Sokrates' Kerker gerührt, keine scheltende Stimme den Denker einen Toren genannt." 22 Wenn nun heidnische Autoren Julian wie Sokrates sterben lassen, so tun sie das nicht zuletzt in
apologetischer Absicht.
Die genannten
Schriften fallen ja in eine Zeit, in der eine heftige Auseinander setzung um die Gestalt Julians entbrannt war. Wie leidenschaftlich die Polemik z. B. hinsichtlich der Apotheose des Kaisers gewesen sein muß, hat ]. Straub gezeigt 2s. In einer solchen Zeit des welt anschaulichen Kampfes unter Einsatz aller literarischen Mittel muß die liebevolle Ausstattung der Sterbeszene mit sokratischen Zügen in der Absicht erfolgt sein,
den verstorbenen
Kaiser
gegen
die
wütenden Angriffe der Christen in Schutz zu nehmen. Vielleicht hofften die Anhänger Julians, das Andenken des Toten dadurch zu retten, daß man seine schwerste Stunde mit dem Sterben des Man nes verglich, dem auch die Christen ihre Ehrfurcht nicht versagen konnten.
Anmerkungen 1 Erbe der Alten VIII, Leipzig, 1914, 168. 2 Ann. XVI 34. s Es handelt sich um die Philosophen Maximus und Priseus. 4 Zu der vorliegenden (seltenen) Bedeutung von perplexus vgl. Amm. XV 1, 1 : perplexe interrogando, gesagt von sorgfältigen Befragungen von
Augenzeugen. s Vol. II, Oxford 1891. 6 Ann. XVI 19. 1 Auf diese Stelle weist H. Tränkle hin, ohne Amm. XXV 3 zu er wähnen (Amm. Mare. als römischer Geschichtsschreiber, Ant. und Abend land XI 1962, 31). s 'Em-ca
Darüber zuletzt J. Vogt, Amm. Mare. als erzählender Geschichts-
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Gunther Scheda: Die Todesstunde Kaiser Julians
schreiher der Spätzeit, Abh. d. Mainzer Ak. d. Wiss., geistes- u. sozialwiss. Kl. 1963, Nr. 8, 4. 10 E. v. Borries, Herm. 27 (1892), 170 ff.; 0. Seeck, Herrn. 41 (19Q6), 528. 11 Nach J. Bidez (Kaiser Julian, dt. Obersetzg., Harnburg 1956, 2'18) im Jahre 368 n. Chr. n W. Hartke, Geschichte und Politik im spätantiken Rom. Klio Beih. XLV, 1940, 144. 11 Darüber J. Vogt a. a. 0., 18. Libanios dürfte das Aiasexemplum der Vorlage entnommen haben; Ammian hat es durch ein Beispiel aus der römischen Geschichte ersetzt, da er exempla aus der Heroenzeit ablehnte: XXIV 6, 14. 14 A. a. 0., 531 f. 11 Studien zu Amm. Mare., Klio Beih. 13, 1914, 58 ff. 11 Rh. Mus. 71 (1916), 461 ff. 17 The historieal work of Amm. Mare., Cambridge 1947, 31 f. 18 A. a. 0., 506. 1' A. a. 0., 506. 20 A.a.0.,31. 21 W. Enßlin (Zur Geschichtsschreibung und Weltanschauung des Amm. Mare., Klio Beih. 16, 1923) weist in diesem Zusammenhang besonders auf Cornelius Labeo hin. u J. Geffcken, Sokrates und das alte Chr istentum, Heidelberg 1908, 31. n Die Himmelfahrt des Julianus Apostata, Gymn. 69, 1962, 310 ff.
B. Carmon Hardy, The Emperor Julian and his Sdtool Law. Churdt History 37 pp. t3t-H3. Aus dem Englischen übersetzt von Eva Klopsen.
(1968),
KAISER JULIAN UND SEIN SCHULGESETZ Von B. CARMON HARDY Wenige historische Gestalten haben in der Nachwelt eine so starre, einengende Darstellung erfahren wie Flavius Claudius Ju lianus, römischer Kaiser des vierten Jahrhunderts. Es darf aber bezweifelt werden, daß er ohne ein bestimmtes Ereignis in seiner kurzen, weniger als zweijährigen Regierungszeit mehr als nur einen Bruchteil der Kommentare, die seitdem seiner Herrschaft gewidmet wurden, ausgelöst haben würde. Als er bei der Thronbesteigung als Nachfolger des Constantius seinen Abfall vom Christentum be kanntgegeben hatte, erwartete man wahrscheinlich, daß nun sofort politischer Terror wie im dritten Jahrhundert auf die Anhänger Jesu losgelassen werden würde. Es vergingen jedoch sieben Monate, ehe so etwas wie der erwartete Schlag eintraf. Und dieser war seltsamerweise ein unblutiges Vorgehen mit dem Ziel, lediglich die öffentlichen Schulen von ihren christlichen Mitgliedern zu säubern. Die Deklaration vom Juni des Jahres 362, laut welcher alle Grammatiker und Rhetoren im Reich ihre Stellen nicht nur mit Genehmigung der örtlichen Kurie, sondern außerdem durch das persönliche Wohlwollen des Kaisers innehatten, war das erste An zeichen dafür, daß eine Einmischung in das herkömmliche Bil dungssystem geplant war.1 Traditionsgemäß hatte die Wahl der städtischen Lehrer den Magistraten, den curiales und optimi 2, ob gelegen. Auch jetzt noch konnte man die Tatsache, daß nun zusätz lich zu den für ein öffentliches Lehramt geforderten Voraussetzun gen die kaiserliche Beurteilung eingeführt wurde, als eine lang versäumte Maßnahme gegen pädagogischen Mißbrauch ansehen.3 Ju lians ganze Regierungsarbeit war bis zu diesem Zeitpunkt mit Kor rekturbemühungen angefüllt gewesen. Reform lag in der Luft. Und es war wohlbekannt, daß der Kaiser ein ungewöhnliches Inter esse an kulturellen und intellektuellen Dingen zeigte. Als aber dem
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B. Carmon Hardy
Edikt vom Juni ein Erlaß folgte, der die örtlichen Behörden an wies, die Christen von allen pädagogisdlen �mtern auszuschließen, da erhob sidl ein Entrüstungssturm, der nach dem eigenen Zuge ständnis der Christen mehr Unruhe bradlte, als wenn der Kaiser Blut und Folter verlangt hätte.4 Es ist ziemlich wahrscheinlich, daß sidl das Verbot Julians auf die iatrosophistae, die medizinischen Dozenten, erstreckte.5 Und nach der christlieben Berichterstattung ging der Kaiser sogar so weit, daß er den Kindern von christlichen Eltern den Schulbesuch verbot. Dieses scheint heute zweifelhaft.s Aber was die Lehrer anbetrifft, so hatten sie, auch wenn es für sie wirtschaftlidle Härte bedeutete, kaum eine Wahl. Sie mußten entweder ihre religiöse Oberzeugung widerrufen oder ihren Posten verlassen. Obwohl Julian bei wenig stens einem der berühmteren christlidlen Erzieher eine Ausnahme anstrebte, so wurden, soweit wir wissen, solche Vergünstigungen stets abgelehnt, und die große Mehrheit der Betroffenen gab ihre �mter auf.7 Von den vielen Stimmen, die sich gegen Julians Schulgesetz er hoben, war die von Gregor von Nazianz wohl die lauteste. Keine Scbmähung, sei sie noch so mißtönig, durfte in seinen Angriffen auf Julian fehlen. Gregor nannte den jungen Kaiser den "schlimmsten und gottlosesten aller Menschen'? einen "wahren Nebukad nezar 0". "Als Verfolger trittSt du in die Fußtapfen des Herodes, als Verräter in die des Judas . . . Als Christusmörder folgst du Pilatus nadl, als Gotteshasser den Juden. " 1o Diese Ausbrüche Gre gors waren vor allem eine Antwort auf Julians Scbulerlaß,11 und ihr leidenschafdimer Haß hatte in hohem Maße Anteil an der Formung des Bildes, das die Christen sich von dem jungen Kaiser madlten. Ambrosius zum Beispiel verwies später auf diese verach tete Tat, als er Valentinian II. drängte, die Petition des Symmachus für die Wiederherstellung des Altars der Victoria abzulehnen}! Die Kirdienhistoriker des 4. und 5. Jahrhunderts unterließen es nie, an das Sdlulgesecz als an Julians heimtückischste Waffe zu er innern.13 Und die Richtigkeit dieser christlichen Urteile schien durch den heidnisdlen Historiker Ammianus Marcellinus voll bestätigt zu sein, der den Erlaß als grausam verurteilte und als wert, für immer aus dem Gedädltnis gestrichen zu werden.14
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Diese frühe Prägung, durch die Julian als religiöser Eiferer ab gestempelt wurde, der begierig darauf war, die Christen von aller geistigen Nahrung abzuschneiden und dadurch ihren endlichen Rück fall in die Barbarei zu sichern, wurde die historische Standard Interpretation, die von denen, die über den "Abtrünnigen" schrie ben, einfach übernommen wurde. Günstige Einschätzungen von Julians Leben und Herrschaft gingen zum größten Teil entweder verloren oder wurden unterdrückt.15 Mittelalterliche Legenden malten den Kaiser als mönchisch und diabolisch, als einen Tyrannen, der böswillig Christenkinder von den Schulen ausschloß.t6 Zonaras, byzantinischer Historiker des 12. Jahrhunderts, bewahrt in seiner Beschreibung Julians noch treulich die bildliehe Ausdrucksweise des Gregor von NazianzP Und ein syrischer Schriftsteller derselben Zeit schließt seinen Bericht über Julian mit dem Ausruf: "Möge sein Andenken verflucht sein! Amen".18 Seit der Renaissance ist es Julian und seinem Schulgesetz wenig besser ergangen. Der Abbe de Ia B!eterie sagte, es sei kein Zweifel, daß Julian auf nichts anderes bedacht gewesen sei als auf die Aus rottung des Christentums.19 Der Anglikaner Nathaniel Lardner stimmte ihm zu: "Es kann nicht geleugnet werden, daß Julian ein Verfolger der Kirche war." !O Und wie war es mit seinen guten Eigenschaften? Nach den Worten eines anderen französischen Historikers wog seine Schlechtigkeit bei weitem alles auf, was etwa gut an ihm war. Hatte Julian nicht schließlich sein Christen tum widerrufen? Und "was verdient ein Mann, der seine Seele für immer verloren hat?" 21 Welche Form auch immer die Kritik annahm, der Schulerlaß ist der zentrale und am deutlichsten mißbilligte Zug an Julians Herr schaft geblieben. Noch Francis Bacon nahm in seinen Tagen das Urteil der Kirchenväter wieder auf, wenn er sagte, das Gesetz sei ein verderblicheres Instrument gegen den christlichen Glauben ge wesen als alle blutigen Verfolgungen seiner Vorgänger !2. Cotton Mather berief sidt in einer Rede, die er zur Förderung einer guten Erziehung von Neu-Englands christlicher Jugend hielt, voll Ver achtung auf eben dieses Ereignis als auf das Musterbeispiel eines nidttswürdigen, gottlosen Entschlusses.23 Und obwohl im 18. Jahr hundert Gibbon sagen konnte, daß "ein schwerer und gerechter
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Tadel über dieses Gesetz verhängt worden ist", so haben viele dar auf bestanden, noch Negativeres zu sagen.24 Nur Grausamkeit, so vermutete ein Autor, könne einen Kaiser dazu bringen, so viele zuverlässige Lehrer aus ihren mit Liebe verwalteten Amtern heraus zureißen.25 Die ausführliche und eindrucksvolle Studie von Paul Allard kommt zu dem Schluß, daß der Erlaß "ein Denkmal der Intoleranz" war, nichts anders als
«
l'hypocrisie sectaire . . . dans
tout son lustre ».2& Vollert entrüstete sich weniger über die Härten, die der Christenheit durch den vielbesprochenen Erlaß angetan worden waren, verurteilte diesen aber wegen seines Angriffes auf die akademische Freiheit.27 Eugen Müller sagte, er sei aufrichtig ge nug zuzugeben, daß die Christen dem Reich echte Verpflichtungen auferlegten, aber dies alles verdienten sie tatsächlich nicht.2S Es ist also an dem, daß bis in die letzten Jahrzehnte hinein eine überwältigende Einigkeit des Urteils darüber bestanden hat, daß Julians Schulgesetz, um es mit den Worten Ledercqs zu sagen, nahe zu "ein Werk der Tyrannei" war.29 Im Jahre 1908 beklagte Johannes Geffcken den Mangel an Sachlichkeit in Abhandlungen, die sich mit dem Urheber des anti christlichen Schulgesetzes befaßten, und rief nach gründlicherer Forschung für die kommenden Jahre.30 Und dennoch, obwohl die Arbeiten des 20. Jahrhunderts allgemein eine freundlichere Ein stellung zu Julian an den Tag legen - mit bestimmten Ausnah men, die später genannt werden sollen -, ist die von christlichem Geist geprägte Methode, das Verhalten des Kaisers ausschließlich religiös zu interpretieren, geblieben, und mit ihr lebt das Schul gesetz weiter als der sichtbarste Ausdruck seiner heidnischen Vor eingenommenheit. Zum Beispiel baut Norman Baynes in seinem Artikel in The Cambridge Medieval History seine ganze Beur teilung Julians um das Thema der reaktionären Religionspolitik herum auf.31 Die hochverdiente Biographie von Joseph Bidez be schreibt des Kaisers Regierungsperiode als eine Zeit der wachsenden Unzufriedenheit mit seinen eigenen milden Maßnahmen. Das Schul gesetz markierte einen Wendepunkt von einer Politik der zumin dest vorgegebenen Toleranz zur offenen Feindschaft gegen das Christentum. Bidez plädiert dafür, die frühen kirchlichen Kritiker Julians mehr zu beachten.32 Wie viele andere folgte Pierre de
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Labriolle Bidez' Vorbild, indem er Julians Herrschaft unter dem Zeichen einer langsam, aber stetig wachsenden Zügellosigkeit sah.SS In der Folge legten Hans Lietzmann und Giuseppe Ricciotti ihre Untersuchungen vor, in denen sie zwar den Wert und eine allge meine gewisse Gerechtigkeit von Julians Reformen anerkennen, aber immer noch den Erlaß gegen die christlichen Lehrer als die hervorstechendste aller Julianischen Unterdrückungsmaßnahmen bezeichnen.'' Die große Schwierigkeit bei diesen Interpretationen ist, daß sie sich schlecht mit der wohlwollenden Beurteilung vereinbaren lassen, die üblicherweise der WirtSchaftspolitik Julians und seinem Ver halten als Verwalter des Reiches gezollt wird.ss Eine der ersten Reformen Julians war die einmalig Überale Verfügung, seinen Hof für alle Arten von Intellektuellen, Sophisten und Philosophen zu öffnen." Sowohl Christen als Heiden erhielten die kaiserliche Be rufung;n es wurde die religiöse Toleranz proklamiert, und die ver scniedenen häretischen Sekten, die unter Constantin und Constan tius ins Exil gegangen waren, wurden zurückgerufen.38 Der Erlaß, welcher Leichenbegängnisse bei Tage verbot., seneint die Christen zwar härter getroffen zu haben als die Heiden, hatte aber einen berechtigten Grund und behandelte alle religiösen Gruppen gleich." Indem Julian christliche Symbolik durch heidnische Zeichen ersetzte, wie besonders auf dem Labarum und anderen militärischen Stan darten, handelt er nicht nur klar nach seinem Hoheitsrecht, sondern mag damit auch sehr wohl einer wenigstens in der Armee sicher vorhandenen nichtchristliehen Mehrheit entgegengekommen sein.40 Es ist zuzugeben, daß er eine offene Parteilichkeit gegenüber Atbanasius an den Tag legte, den er aus Alexandria verbannte;41 auch seine Antwort auf den Brand des Apollontempels von Daphne verdient kaum Lob.'t Was jedoch die persönliche Behandlung von Christen angeht, so erklärte er mehr als einmal, daß sie aus gar keinem Grunde zu Unrecht geschädigt werden dürften, sondern daß man ihnen die freie Ausübung ihres privaten Glaubens gestatten müsse.41 Wenn er die Bürgerschaft von Bostra aufforderte, sich selbst von h i rem christlichen Bischof zu befreien, so war das ge waltlos gemeint. Denn "durch Vernunftgründe sollten wir", sagt Julian, "Menschen überzeugen, nicht durch Schläge oder Beschimp-
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fungen . . . " 44 Für die Zähigkeit, mit der er an soldien hohen Grundsätzen festhielt, haben wir Zeugnisse von den Christen selbst, die einen Hauptvorwurf gegen ihn darin sahen, daß er ihnen das Redtt auf ein Märtyrertum verweigerte.45 Falls Julian in seiner Eigensdtaft als Reimsverwalter willkürlidt oder grausam gehandelt hat, dann gibt es dafür auffallend wenig BeweismateriaL Er sdteint vielmehr einen ausgezeidtneten Ruf bei denen genossen zu haben, die seine Leisrungen beurteilten. Eutro pius verglid! ihn mit Marcus Aurelius;•o Ammian sagte, daß er von einer genuina lenitudo erfüllt war und daß seine Geredttigkeit weit über die Mittelmeerwelt hinaus bekannt war.47 Die in Anbe tradtt seiner kurzen Regierungszeit ungewöhnlidt zahlreimen In sdtriften preisen die Toleranz und besonders die Milde und Weis heit des "Wiederherstellers der Freiheit" _48 Nidtt nur der Christ Prudentius lobte seine Regierungsweise, sondern sogar Gregor von Nazianz
mamte gelegentlidt
eine
unfreiwillige
Konzession in die
sem Sinne.49 Sdtließlidt haben wir nodt das Zeugnis seiner Rede auf dem Totenbett, worin der Kaiser sid! selbst rühmt, daß er die "öffentlidten Angelegenheiten maßvoll geführt" habe.so Das tra ditionelle Urteil über Julian, besonders in bezug auf sein Sdtul gesetz, anzuerkennen heißt, ein gebrochenes Porträt, das Bild eines Mannes mit total entgegengesetzten Zügen zu überliefern: Julian, der sorgsame Reimsverwalter und gelassene Philosoph, zugleim ein tyrannisdter religiöser Eiferer der sdtlimmsten Sorte! Erst im letzten halben Jahrhundert sind weitere Schritte unter nommen worden, um das julianische Programm im Zusammenhang zu rekonstruieren. Wilhelm Enßlin wa.r in seiner gründlichen Arbeit über Julians Gesetzgebung vielleimt der erste, der deutlidt den festen und wahrhaft konstruktiven Geist erkannte, der sein Re gierungswerk auszeidtnete. Die Reformen des Kaisers waren keine Äußerungen eines fehlgeleiteten Fanatismus. Was wie ein radikaler Brudt aussah, waren in Wirklichkeit Bemühungen um politisdte und religiöse Wiederherstellung.&1 Es folgte das hervorragende Budt von Charles Norris Cocbrane, das während des Zweiten Weltkrieges veröffentlidtt wurde. Cocbrane machte mit seiner detaillierten Dar stellung der verwirrenden Auseinandersetzungen, in die Kirdte und Staat im 4. Jahrhundert verstrickt waren, eine neue, erfreulidte
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Einschätzung von Julians Intentionen möglich.02 Cochranes These besagt, kurz zusammengefaßt, daß die verbindlichen Eigenschaften der christlichen Weltanschauung im Jahre 325 auf dem Konzil von Nicaea festgelegt wurden. Die Anerkennung der athanasischen Posi tion, die Jesus nicht einfach als eine mögliche Erscheinungsform Gottes interpretierte, sondern als die Essenz Gottes an sich, ver langte von denen, die an ihn glaubten, eine ganz und gar geistliche Lebensführung. Auf der anderen Seite würde die verwerfene arianische Formel, welche den historischen Jesus Gott unterordnete und Christus mit zeitlichen Attributen ausstattete, den Führer der Christenheit mit der endlichen Natur und den Interessen der Men schen identifiziert haben. Der Arianismus würde sich, metaphysisch gesehen, freundlich zu der klassischen Erwartung gestellt haben, daß der Staat eine zentrale Rolle bei der Vervollkommnung der Menschheit spielen könne und müsse.53 Als aber mit der Billigung
Constantins die Kirche die athanasische Interpretation der Gottheit Christi wählte, konnte das einzig logische Resultat nur eine In differenz der ganz auf die göttliche Gnade gestellten Christen gegenüber dem weltlichen Leben sein. Constantin hatte so jedes Bedürfnis nach irdischer Hilfe erstickt. Die Verderbnis dieser Welt würde allein in einer civitas dei ihre Strafe finden. Die Sympathie, die das constantinische Herrscherhaus danach dem Arianismus entgegenbrachte, war nach Cochranes Ansicht die unausweidlliche Antwort auf die unangenehmen Folgen, die sich aus der constantinisch-christlichen Allianz ergaben.54 Julian war nur die Konsequenz aus einer wamsenden Unzufriedenheit mit der Logik des athanasischen Christentums. Cochrane sucht aber zu zeigen, daß Julians Anliegen ebensosehr weltlicher wie religiöser Art war. In der Tat war die religiöse Restauration Julians größe ren politischen Plänen untergeordnet. Sidler, er wollte den heid nischen Glauben wiederherstellen, "aber nur als Grundlage für eine rehabilitierte po1is, in welcher das religiöse Gefühl seinen natür lidlen Ausdruck als eine Funktion organisierten politischen Lebens finden würde" 55• Dieser erweiterte Gesichtswinkel hat zusätzlidle Oberzeugungskraft durdl die Arbeit von Frantisek Dvornik ge wonnen.56 Durch gründlidles Studium der politisdlen Sdlriften so wie mehrerer Reformen des Kaisers gelangte Dvornik zu der
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Überzeugung, daß Julian so gesetzestreu war, daß er sich lieber ent.schloß, zu früheren römischen Verfassungsformen zurückzu kehren, als zu dem theokratischen Absolutismus der neueren Zeit.57 Er suchte eine Wiederbelebung der alten römischen Idee, daß der princeps eher dem Gesetz unterworfen und sein gewissenhafter Hüter sei als dessen Personifikation. Julian betrachtete sich selbst nur als einen Menschen,ss und als ein solcher interpretierte er seine eigene politische Rolle nach typisch römischen und nicht nach orien talischen oder theokratischen Vorstellungen.n Es drängt sidl hier der Gedanke auf, daß man das Sdlulgesetz viel leichter als eine Maßnahme zur Unterstützung von Julians konservativer politischer Vision erklären kann denn, wie
so
viele
Kirchenmänner und Historiker behaupteten, als eine aus Haß und Bosheit entstandene Verfolgungsmaßnahme. Daß der Kaiser seine Reformen auf das Erziehungswesen ausdehnte, geschah nidlt ohne historisches
Vorbild. Wie Grasherger vor einem
Jahrhundert auf·
zeigte und in jüngerer Vergangenheit Marrou, empfand und han delte das Rom der Republik bei der Ausbildung seiner Jugend genauso wie das antike Sparta.'0 Daß in jenen Zeiten ein Mann mit Strafe bedroht werden konnte, weil er vor Gericht gegähnt hatte,61 oder daß jemandes Speiseplan und Tischsitten der gleichen Kon trolle unterlagen wie sein Benehmen in der öffentlidlkeit, sagt viel darüber aus, was die Republik von der Erziehung ihrer Bürger erwartete." Julian wird wohl von der Vorschrift gewußt haben, nach welcher angeblich die christlichen Grammatiker ihren Sdlülern beibringen mußten, daß "die Götter der Heiden Teufel sind" .63 In diesem Falle war seine Reaktion mit einem Jahrhunderte zurück liegenden Ereignis vergleichbar, als eine Gruppe von Philosophen und Rhetoren verbannt wurde, weil sie Dinge gelehrt hatten, die angeblich dem römischen mos maiorum widerspradlen.64 Julians Strenge und seine sozialen und pädagogischen Vorstellungen spie geln deutlich den Kulturstolz und die konservative Haltung frühe rer Tage wider. Indem der Kaiser darauf bestand, daß den christlidlen Lehrern nicht länger gestattet wurde, die Schriften der Heiden zu einer Verteidigung der Einführung ihres eigenen Glaubens herabzuwür digen oder, was als noch schlimmer galt, aus Texten zu unterrichten,
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die sie in Wirklichkeit für wertlos hielten, zielte der Kaiser auf einen der meistverbreiteten Kulturschäden seiner Zeit, nämlich auf die wachsende Unversöhnlichkeit geistlicher und weltlicher Inter essen. Eine der ältesten griechisch-römischen Traditionen war der Respekt vor integrierten Erziehungsobjekten oder, wie Grasherger sim ausdrückt, die "Sorge für die harmonisme Ausbildung des künf tigen Bürgers" .o5 Eine Pflege der traditionellen philosphism-reli giösen Gefühle gehörte ebenso zu den öffentlimen Anliegen wie die Förderung der literarischen Bildung"· Und vom Lehrer erwartete man vor allem anderen, daß er vollständig die Moral der Autoren verkörperte, die den jungen Gemütern durm seine Worte vermittelt wurden. Es wurde einmal ein Grammatiker von Aristoteles dazu bestimmt, einen Mann darzustellen, der vollständig eins mit seiner Arbeit war.•7 Auch Plutarch hat mit Namdruck auf die Notwendig keit wissenschafdimer und geistiger Integrität hingewiesen.es Es war das Fehlen solcher Identifikation bei Lehrern und anderen Menschen, das Julian schon zu Beginn seiner Laufbahn dazu bewog, gegen solme, die zwar "die homerismen Helden preisen, aber sich weigern, sie nachzuahmen", zu Felde zu ziehen.88 Für Juüan war ein Geist, der zwischen entgegengesetzten Verpflichtungen von Kirme und Staat hin- und hergerissen wurde, nicht nur ein gefähr liches Element n i dem hochgradig auf Nachahmung beruhenden antiken Bildungssystem, sondern auch kaum in der Lage, Glück seligkeit, sei es im Himmel oder auf der Erde, zu erlangen. Natürlich hatte Juüan, ganz abgesehen von der Verurteilung derer, die mit zwiespältiger Absimt lehrten, auch darin Erfolg, daß er die christliche Praxis mit dem Hinweis auf das entgegen gesetzte christliche Gebot beschämte: Es gab ja trotz einer wamsen den Neigung für die klassische Literatur eine starke und fest gegründete Tradition bei den Christen, die jeden Umgang mit welt lichem Gedankengut mißbilligen hieß. Eines der älteren erhalte nen patristischen Zeugnisse empfiehlt den Christen, heidnische Bücher als unpassend und gottlos zu meiden, und legt den Lehrern nahe, ihr Amt aufzugeben.70 Theophilos brandmarkte heidnische Schriftsteller und Denker als verderbt und ungebildet.71 Arnobius hatte nichts als Abscheu für heidnische Bildung.7! Und Tertullian, fast als ob er die Folgen, die aus Julians Edikt entstanden, vor-
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wegnehmen wollte, warnte vor dem notwendigen Kompromiß mit ihrem Gewissen, falls Christen die Aufgabe erhielten, heidnische Bücher auszulegen.73 Julian hatte ohne Zweifel Gefallen an. der moralischen Verwirrung, die er mit seinem Gesetz heraufbes
Glauben war eine vom Kaiser oft ausdrücklich hervorgehobene Eigenschaft.77 Daß er sie hier forderte, geschah, wie Enßlin über zeugend darlegte, in voller Obereinstimmung mit Julians Bemühun gen um die allgemeine Hebung der RegierungsmoraJ.78 Der Versuch, Obereinstimmung von Wort und Sinn in den Schulen sicherzu stellen, verstieß nirgendwo gegen die Regierungsgepflogenheiten des Kaisers und stand auch nicht im Gegensatz zu einer konservati ven Staatsphilosophie. Alles dies ergänzt jedoch nur eine Betrachtung im größeren Rahmen, die zu einer politisch wertenden Interpretation der Schul reform hinzugehört. Es geht um die Frage der klassischen Literatur und ihrer Aneignung durch das westliche Europa des vierten Jahrhun derts. Bei den Alten war, wenigstens seit der Zeit der frühen Sophi stik, die Kultur durch eine menschliche Gesellschaft verkörpert, die historisch und geographisch von dem Band fester sprachlicher Traditionen zusammengehalten wurde.7e Es war die Annahme und die Anerkennung dieser Sprachzeichen, der gemeinsame Schatz an menschlichen Versuchen und Gedanken, welcher die Ganzheit des griechisch-römischen Bildungsangebots bestimmte. Der Gebrauch der zusammenhängenden Rede und des Dialogs, sowohl direkt als indirekt, galt als Keimzelle des klassischen humanistischen Ideals, griechisch paideia und lateinisch
humanitas
genannt. Aus diesem
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Grund hatte Juüan so wenig Verständnis für Mensmen, die eine Wüste der Stadt vorzogen, die, wie Gregor von Nazianz es aus drückte, nicht nur auf die Verfügung über ihren Körper, sondern ebenso leicht auf die Möglichkeit der Kommunikation durch die Sprache verzichten konnten.so Der Kaiser war darüber erstaunt, daß irgend jemand die Priorität der traditionellen literarischen Belange in Frage stellen konnte. Und an einer Stelle, die beredt den klassischen Standpunkt vertritt, sagt Julian, daß jeder, auch wenn er völlig unbegabt sei, durm das Studium "unserer Schrif ten" besser werde, als er vorher war.81 "Ist er aber begabt und be kommt noch dazu die Erziehung durch unsere Literatur, so wird er geradezu ein Göttergeschenk für die Menschheit." 82 Die Weigerung der Christen, die.se Errungensmaften menschümen Geistes und menschlicher Tatkraft zu verehren und im Gedämtnis zu behalten, konnte nur zur Zerstörung aller menschlichen Zielsetzung oder, wie Julian es formuliert, zu einem Haß auf die
Menschheit führen.83
Mündliche und literarische Gespräche waren nicht nur in ihrer Art geschätzte Vergnügungen, sondern der einzig wahre Zugang zu der berechtigten Hoffnung, die Bedingungen des mensmlimen Lebens zu verbessern.S4 Der Kaiser betramtete das Christentum mit seinen antigesellsmaftlichen und anti-intellektuellen Neigungen als grund sätzlich unvereinbar mit allem, was nach seiner Meinung der Mensch darstellte und darstellen sollte.&$ Julian, der sich selbst einmal als einen Römer und die Griechen als seine Blutsverwandten bezeichnete, deutete seine Rolle als Kai se.r in vergilismer Ausdrucksweise.Bf In seinem Wunsch, die poli tischen und religiösen Kräfte des Reimes zu vereinen, üeß er sich von dem Traum eines irdischen Reims von materieller und geistiger Blüte leiten. Die Idee von einer fortschreitenden und siegreichen Humanität ist schon zu Aischylos' Zeiten ausgesprochen worden,87 Aber erst Vergil, der diese Vorstellung in epischen Bildern formte und ausmalte, entwarf die Vision von einer realisierbaren Romani
tas.
Und bezeimnenderweise stand, als ausdrückliche Übernahme,
im Mittelpunkt des Idealbildes neben politisd:ter Eintracht eine hohe Achtung vor mündlimer und schriftlicher Tradition.SS Einzig die Literatur und die Beschäftigung mit ihr konnte durch eine Verschmelzung des Erbes mit neuer Zuversicht einen Traumstaat
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von humanem Geist versprechen. Es gab zwar die glücklichere Sphäre der Götter, aber diese "übertrafen die Menschen nur", wie Julian sagte, "durch ihr größeres Wissen".89 Julian hätte sich keinen besseren Vermittler als die Schulen aussuchen können, um eine Rückkehr zu augusteischen Anschauungen zu sichern. Aber eine Reform dieser Art hätte ihrer Natur nach sowohl Intellektualismus als auch festen Glauben erfordert. Den Christen fehlte es nach Julians Meinung an beidem. Nicht nur, daß sie die Stellung des Menschen erniedrigten, sie erschienen auch so konträr in ihren ge sellschaftlichen und kulturellen Errungenschaften, daß sie als bäu risch gelten konnten, religionis agrestis, nicht besser als fanatische Anhänger eines Bekenntnisses, das für "grobe und dumme Fischer" erfunden worden war.90 Für einen praktizierenden Christen war, wenn er seinen Verpflichtungen streng nachkam, kein Platz in einer griechisch-römischen Schule.
Das über die Christen verhängte Verbot war eine konstruktive Maßnahme. Es war ein Versuch, die Schulen zu ihren traditio nellen Aufgaben zurückzuführen und nur in einem Punkt intolerant, nämlich darin, daß sich Julian weigerte, irgendwelche Entstellun gen oder Verdrehungen nichtchristlicher, klassischer Gedanken zu dem Zwecke zu dulden, daß die klassische Kultur verunglimpft wurde.91 In der Breite seiner Reformen liegt der Beweis dafür, daß seine Pläne weit mehr umfaßten, als einfach den christlichen Leh rern ihre Stellen wegzunehmen. Es wurden öffentliche Vorlesungen veranstaltet, Unterkünfte und Gymnasien wiederaufgebaut. Die Wissenschaften wurden öffentlich propagiert und Lehrstühle ein gerichtet. Berytos wurde wieder als ein großes Zentrum für das Rechtsstudium zum Leben erweckt, so wie Alexandria für Medizin und Athen für Philosophie.92 Diese neuen Einrichtungen waren oft mit heidnischen Symbolen und Ideen ausgestattet; das war aber, wie wir zu zeigen suchten, ein wesentlicher Teil seiner poli tischen Leitlinien. Mamertinus verbreitet sich in seinem Panegyricus auf Julian, wohl wissend, was dem Kaiser am meisten gefallen würde, ausführlich über die kulturellen und erzieherischen Refor men in der Regierung seines jungen Gönners:
Du, Du größter aller Herrsdler, Du hast die ausgewanderten und ver
triebenen Tugenden wieder in ihre Redlte eingesetzt und in unseren
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Staat zurückgebracht. Du hast das schon erloschene Studium der Literatur neu angefacht, Du hast die Philosophie, die vorher verachtet und ihrer Ehren beraubt, ja sogar angeklagt und schuldig gesprochen wurde, nicht nur durch Deinen Richterspruch befreit, sondern bekleidet mit Purpur und bekränzt mit Gold und Edelsteinen auf den höchsten Thron erhoben.93 Es kann kaum eine Frage sein, daß der Traum, Glanz und Pracht des augusteischen Reiches wiederaufzurichten, eine treibende Kraft in Julians Geist war. Die Reform der Schule mußte ganz logischer weise ein Teil von einem solchen ehrgeizigen Vorhaben sein. Wenn auch Gibbon viele Gründe für den Verfall des Römischen Reiches den Christen zur Last legte und sie einer "lässigen oder gar kriminellen Mißachtung des öffentlichen Wohles" zeihen konnte,94 so war sich Julian doch klar darüber, daß die Probleme, die den Staat belasteten, nicht einfach durch eine Anklage des staatsbürger lichen Ungehorsams der Christen beseitigt werden konnten. Seine Kritik an den neuen Kynikern war nicht weniger streng als seine antichristliehen Anwürfe.95 Die Schärfe seiner administrativen Ein griffe traf hart auf die allgemeine Korruption und den allgemeinen Schlendrian, unabhängig von seiner religiösen Sympathie. Bloße Linderungsmittel duldete er nicht: Seine Vorschriften waren ab gestimmt auf die gefährliche Natur der Krankheit. Er suchte die Reform weit tiefer anzusetzen als bloß in der Ordnung des konfes sionellen Erbes. Wenn der Staat wirklich erneuert, nicht nur repro duziert werden sollte, dann mußten auch die Vorstellungen vom Staat erneuert werden. Und gerade auf den Umschlagplätzen des Geistes, auf den Schulen und Universitäten, fand Julian nichts, was ihn so erschreckte wie der christliche Unglaube fn"'einy' kontinuier lichelf Weltordnung.98 Aber wenn er die Gerüchte vom Weltunter gang zerstreuen wollte, dann mußte er die Schulen ebenso wie die Tempel mit neuem Leben erfüllen. Julian wußte, daß der Staat nur dann seinen Zweck erfüllen konnte, wenn die staatlichen Lehrer ebenso wie die Regierung überzeugt waren, daß er überdauern werde. Mitten in einer schweren Kampagne gegen die Perser wurde Julian, der sich unvorsichtigerweise ohne seine Rüstung in ein Handgemenge eingelassen hatte, von einer gegnerischen Lanze ge troffen und sank tödlich verwundet von seinem Pferd. Der Kaiser
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war zweiunddreißig Jahre alt. Seine gesamte Regierungszeit hatte nur kapp neunzehn Monate betragen. In den Köpfen seiner reli giösen Gegner gab es kaum einen Zweifel, daß der Fall des Ab trünnigen vom Schicksal gewollt war.97 Und was den Erlaß gegen die christlichen Lehrer betrifft, so hatte er nur geringen Einfluß auf die Erziehung im Reich. Seine Nachfolger sorgten dafür, daß
6 Monate nach Julians Tod das Gesetz abgeschafft wurde.98 Jedoch das Urteil, das den Erlaß als Beispiel der Tyrannei brandmarkte, dauerte über Jahrhunderte. Die Interpretationen von Julians Politik, die unser Verständnis für seine Motive erweitert haben, sollten mit dem Ziel fortgesetzt werden, den Historikern eine gerechtere Darstellung von Julians Regierung zu ermöglichen. Eine auf das kulturelle Gebiet ausge dehnte Deutung seiner Beweggründe, wie die hier vorliegende, ist nur eine Anpassung an diese Revisionen des Urteils über die am meisten umstrittene Tat des "Abtrünnigen". Die Betonung der kulturellen Erneuerung vor der religiösen Verfolgung macht uns den Weg frei für ein nicht nur freundlicheres, sondern auch in sich stimmigeres Bild von Julian.
Anmerkungen 1 Cod. Theod. XIII 3, 5 ; Cod. Just. X 53,7. Cod. Theod. XIII 3, 1 -4.
2
3 Tatsächlich war die Intervention des Kaisers bei der Einstellung von Lehrern nichts Neues; vgl. die Zusammenfassung bei H.-I. Marrou: Histoire de l'education dans l'antiquite, Paris 1 9606, 407-408. Zu Korrup tion und Mißbrauch im pädagogischen Bereich vgl. T. ]. Haarhoff: Schools of Gaul. A Study of Pagan and Christian Education in the Last Century of the Western Empire, Johannesburg 1958, 134 und G. Boissier: La fin du paganisme. Etude sur !es dernieres luttes religieuses en occident au quatrieme siede, Band 1, Paris 19077, 169. 4 Dieser Erlaß ist in keiner der Gesetzsammlungen von Theodosius oder Justinian zu finden, sondern ist unter Julians Briefen aufgeführt. Für englische Leser bringt die Übersetzung von Mrs. W. Cave Wright: The Works of the Emperor Julian (3 Bde., London u. New York 1923) den Erlaß als ep. 36, Bd. 3, 1 1 7-23. Die unvollendete, aber bessere Ausgabe von J. Bidez: L'Empereur Julien. CEuvres compleces, Tome I, 2• Partie,
Kaiser Julian und sein Schulgesetz
401
Lettres et fragments, Paris 1924, führt den Erlaß als ep. 61c auf. Bidez' dreibändige Sammlung enthält ferner Tome I, 1,.. partie, discours de Julien Cesar, Paris 1932, und, gemeinsam mit Franz Cumont herausgegeben, lmp. Caesaris Flavii Claudii Juliani epistulae Ieges poemata fragmenta varia, Paris 1922, im folgenden als ELPF bezeichnet. Alle Verweisungen auf Julians Schriften werden zitiert nach Wright und, wenn möglich, nach der weniger vollständigen Sammlung von Bidez. Da beide Sammlungen Konkordanzen haben, die ihre Zählungen mit der älteren Teubneriana von F. C. Hertlein, Leipzig 1875-76, vergleichen, braucht diese ältere Ausgabe nicht mehr zitiert zu werden. Dazu, daß die Christen die Anwendung von Gewalt gegen sich selbst der unblutigen Schulreform Julians vorgezogen hätten, vgl. Sozomenos, hist. eccl. V 5; Theodoret, hist. eccl. III 3 ; Gregor v. Na zianz, or. XLII 3. Vgl. auch die Zeugnisse und Kommentare bei Bidez ELPF 69-75 unter »de professoribus". 6 Joh. Chrys., inS. S. mart. Juv. et Max. I. 6 Zu der christlichen Behauptung vgl. Sozom. hist. eccl. V 18 und Theodoret, hist. ecd. III 8, 1 . Julian selbst wies ausdrücklich darauf hin, daß Christenkindern der Schulbesuch gestattet sein sollte: ep. 36 Wright, III 121-23; ep. 61c Bidez, Jettres 45-46; ]. Geffcken: Kaiser Julianus, Leipzig 1914, 108; W. Enßlin : Kaiser Julians Gesetzgebungswerk und Reichsverwaltung, Klio XVIII 1922, 189. 7 Prohaeresius, der angesehene Athener Sophist, den Julian wahrscheinlich selbst gehört hatte, war einer von denen, die von dem Gesetz ausgenom men werden sollten; vgl. Hieronymus, "Julianus", Chronica XXXVIII. Vgl. auch Eunapius, Prohaeresius (Lives of the Philosophcrs and Sophists, transl. W. C. Wright; The Loeb Classical Library, Cambridge and London 1952, Vol. 184, 513). Wir wissen auch von einem Simplicianus, der lieber seinen Lehrstuhl aufgab als seine Religion (Aug. conf. VIII 5). Orosius berichtet im 5. Jh., daß die Einmütigkeit, mit der bei dieser Gelegenheit die christlichen Lehrer den Abfall von ihrer Religion verweigerten, sprich wörtlich geworden sei (adv. pag. VII 30). 8 Contr. Iu!. or. IV 38. 9 Or. XLII 3. 10 Or. IV 68. u Z. B. or. IV 100. 12 Ep. XVII 4. 13 Theodoret hist. eccl. III 8; Socrates Scholasticus hist. eccl. III 12; Sozom. hist. eccl. V 18. Joh. Chrysostomos folgte einfach dem Vorbild des Gregor, indem er Julian beschuldigte, alle seine Vorgänger an Gottlosigkeit übertroffen zu haben (In S. S. Martyres Juv. et Max. I.).
402
B. Carxnon Hardy
Und Augustin tat dasselbe mit der beharrlichen Forderung, Julian müsse, ungeachtet des FehJens von Blut, definitiv unter die Verfolger der Kirche eingereiht werden (civ. dei XVIII 52). 14 XX 10, 7; XXV 4, 20. 15 Siehe dazu den Oberblick bei Bidez in seiner glänzenden Biographie: La Vie de l'Empereur Julien, Paris 1930, 333-36. Die höchst inter essanten Ausnahmen sind natürlich die Reden XVII, XVIII und XXIV des Libanius und die Schriften von Ammianus Marcellinus, ausgenommen sein Urteil über das Schulgesetz. 16 F. J. E. Raby: A History of Christian-Latin Poetry from the Beginnings to tbe Close of the Middle Age, Oxford 19532, 198; K. Philip: Julianus Apostata in der deutschen Literatur, Berlin-Leipzig 1929 6 tf.; Bidez, La Vie . . . 334 f. 17 Annal. XIII 12, 24 f. 18 Michael der Syrer: « Que sa memoire soit en malediction. Amen. » Aus der französ. Übersetzung von J. B. Chabot (ed.): Chronique de Michel le Syrien, Patriarche Jacobite d'Antioche (1166-99), 4 Bde. Bruxelles 1963, I 282. 19 Vie de L'Empereur Julien, rev. ed. Paris 1746, 222. 20 A Large Collection of Ancient Jewish and Heathen Testimonies to the Truth of the Christian Religion, 4 Bde., London 1764-67, VI 42. 21 « Que gagne celui qui perd son ame pour l'eternite Lenain de Tillemont: Histoire des Empereurs, 6 Bde., rev. ed. Venise 1732-1739, IV 554 f. Deutsche Urteile s. bei K. Philip : Julianus Apostata in der deut schen Literatur 19-52. 22 Advancement of Learning, I 6, 14. Und Milton spricht aus dem selben Grund von Julian als von "dem heimtückischsten Feind unseres Glaubens", vgl. Merrit Y. Hughes (ed.), John Milton, Complete Poems and Major Prose, New York 1957, 726. n Magnalia Christi Americana, 2 Bde., Hartford 1853, II 8. 24 The History of the Decline and Fall of the Roman Empire (ed. J. B. Bury), 7 Bde., London 1909, II 487. 25 A. de Broglie: L'F.glise et !'Empire Romain au IV• siede, deuxieme partie: Constance et Julien, 3 pts., Paris 1857-1866, II 213. 26 Julien !'Apostat, 3 Bde., Paris 1900-1903, II 357,360. 27 W. Vollen: Kaiser Julians religiöse und philosophische Überzeugung, Gütersloh 1899 40. 28 E. Müller: Kaiser Flavius Claudius Julianus. Biographie nebst Aus wahl seiner Schriften, Hannover 1901 43. 29 H. Leclercq: Julien !'Apostat in «Dictionnaire d'Archeologie Chre tienne et de Liturgie ,., Paris 1928, VIII 373. Das Gesetz und der nach"•
Kaiser Julian und sein Schulgesetz
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folgende Erlaß konnten, so sagte L. Duchesne, "durch keine noch so tOle rante Betrachtungsweise gerechtfertigt werden", Early HistOry of the Christian Church from its Foundation to the End of the Fifth Century, transl. C. Jenkins, 3 Bde., London 1909-1924, II 263. 30 Kaiser Julianus und die Streitschriften seiner Gegner, Neue Jahr bücher für die Klassische Altertumswissenschaft (1908} 161-162. 31 N. H. Baynes : Constantine's Successors to Jovian and the Struggle with Persia, The Cambridge Medieval History, 8 Bde., New York 1924 bis 1936, I 102-112. 32 La Vie de l'Empereur Julien, Paris 1930, 262, 310 ff. Hierzu sollte man auch desselben Autors frühere Arbeit lesen: L'evolution de Ia politi que de l'empereur Julien en matiere religieuse, Academie royale des sciences, des Jettres et des beaux arts de Belgique, Bull. no. 7, Brussel 1914, 406-461. 33 La reaction paienne, Etude sur la polemique antichretienne du I"' au rv• Siede, Paris 1934, 373. :w H. Lietzmann: Histoire de l'eglise ancienne, 3 Bde., Paris 1936 bis 1941, III 273, 287-295; G. Riciotti, Julian the Apostate, transl. M. Costelloe, Milwaukee 1959, bes. 179-195. " Zwei der bedeutendsten Julian-Studien dieses Jahrhunderts tendier ten beide dahin, Julian als einen Administrator von höchsten Graden hinzustellen: R. Andreotti, 11 Regno dell'lmperatore Giuliano, Bologna 1936, und W. Enßlin : Kaiser Julians Gesetzgebungswerk und Reichsver waltung a. a. 0. 104-199. Wichtig außerdem A. Gardner: Julian, Philosopher and Emperor and the last Struggle of Paganism against Christianity, New York 1895, 223 ff. et passim; E. v. Borries: Iulianus Apostata RE X 1 5 1 ; J. Geffcken: Kaiser Julianus und die Streitschriften seiner Gegner a. a. 0. 168; E. Stein : Histoire du Bas-Empire, hrsg. u. verb. von J. R. Palanque, 2 Bde., Paris 1959, I 158. Die Kompliziertheit von Julians Motiven wird noch durch ein anderes Problem vermehrt. Niemand wußte besser als der Kaiser, daß es das wirksamste Mittel war, den Erfolg des Christentums aufzuhalten, wenn man es mit klassischer Gelehrsamkeit überschüttete und einschüchterte. Seine eigene Biographie war ein Beispiel dafür, was er von anderen erwarten konnte. Das Lesen und Prüfen der antiken Texte erwies sich nach seiner eigenen Aussage schon häufig als Grund, sich aus den Reihen der Christen zurückzuziehen ("Gegen die Galiläer", Wright III 384; zum Teubner-Text: Iuliani lmperatoris librorum contra Christianos quae supersunt, ed. K. J. Neurnann, Leipzig 1880, 204). Warum sollte er auch, wenn sein Sinn speziell darauf gerichtet war, die Sekte um ihren Erfolg zu bringen, seine eigenen Erfahrungen ignoriert haben?
404
B. Carmon Hardy
38 Jedoch rief die Leidltgläubigkeit Julians und die Pfuscherei, die von einigen dieser Leute betrieben wurde, verdientermaßen Kritik hervor. Vgl. z. B. Eunapius; Lives of the Philosophers, S. 447. 37 An den Philosophen Aristoxenos, Wright III 115-117, und Bidez 84-85, wo Julian sagt, daß sein Hof für jeden offenstehe, der einen guten Ruf als Philosoph habe. Zur Einladung an Basilius s. ep. 26 Wright, lii 8 1 ; ep. 32 Bidez 52; an den Arianer Aetios vgl. ep. 15 Wright III 35-37; ep. 46 Bidez, 65-66. 3l! Amm. XXII 5, 3-4; Sozomenos h ist. eccl. V 5; an den Arianer Aetios ep. 15 Wright III 35-37; ep. 46 Bidez, 65 f.; und an die Bürger von Bostra ep. 41 Wright III 129; ep. 1 1 4 Bidez 193. Vgl. dazu die Be merkungen von Andreotti, Il Regno . 130. 39 Wright III 191-197; Bidez, Lettres 197-200; ELPF 194-198; und Cod. Theod. IX 17, 5. 40 Greg. Naz. or. IV 66; Sozom. hist. eccl. V 17, 2. Zur zahlenmäßigen Verteilung der Heiden im römischen Heer vgl. ]. B. Bury : A History of the later Roman Empire, From Arcadius to Irene (395 A. D. to 800 A. D.), 2 vols., London and New York 1889, I 35 f.; Geffcken: Kaiser Julianus und die Streitschriften . . . 175; Stein, Histoire I 97. 41 Als zu Beginn von Julians Regierung die Toleranz auf alle exilierten Kleriker ausgedehnt wurde, war Athanasius nach Alexandria zurück gekehrt und hatte sein bischöflic.hes Amt wiederaufgenommen. Das hatte aber Julian nic.ht beabsic.htigt und fand es von Athanasius anmaßend, mehr zu tun, als nur zu einem Leben als Privatmann zurückzukehren, und er sc.hickte ihn wieder ins Exil. Ep. 24 Wright III 75-77; ep. 110 Bidez, 187-188. Athanasius ignorierte den Befehl, setzte seine Arbeit fort und taufte sogar versc.hiedene Griec.hen in Alexandria. Das erzürnte den Kaiser, und er ordnete abermals die sofortige Abreise des Bisc.hofs an. Ep. 46 Wright III 141-143; ep. 12 Bidez 192. Die Alexandriner schienen ebensowenig wie ihr Bisc.hof betroffen über die Tatsac.he zu sein, daß Julian bereits zum drittenmal den Befehl ergehen lassen mußte, Athana sius aus Agypten auszuweisen. Ep. 47 Wright III 134-151; ep. 1 1 1 Bidez 188-192. u Amm. XXII 12-13. Misopogon, Wright II 445. Die beste Darstel lung dieser Affäre bleibt Gibbons "The Decline and Fall of the Roman Empire" II 491-495. 43 An Sallustius or. VIII, Wright II 173; or. IV Bidez, Discours 192; an Atarbios ep. 37, Wright III 123; ep. 83, Bidez 143-144; an Heke bolios, ep. 40, Wright III 127-129; ep. 115, Bidez 196-197. 44 An die Bürger von Bostra ep. 41, Wright III 135; ep. 114, Bidez 194-195. Vgl. auc.h Misopogon, Wright II 447-453. . .
Kaiser Julian und sein Schulgeset:t
405
45 Socr. bist. eccl. III 12, 15; Greg. Na:t. or. IV 58 und XLII 3. 41 Brevarium X 16. Desgl. Sextus Aurelius Victor: Epitome de Caesari bus XLII 5 ; und Zosimos. Nova historia III 2. 47 XXV 4, 9; XXII 7, 9. Vgl. auch Libanius or. I 119, 125. 48 Herrmann Dessau: Inscriptiones Latinae Selectae, 3 Bde., Berlin 1962, I 167-168; Nr. 749-754. 4• Apotheosis 449; 454 bei J. H. Thomas (eng!. Obers.); Prudentius, 2 Bde. (Cambridge, Loeb Cla.ssical Library, vol. 104, pt. 1, 1949), I 155; Greg. Na:t. or. IV 62; 74. 6o Amm. XXV 3, 17. 61 Kaiser Julians Geset:tgebungswerk . . . bes. 118-125. 62 Christianity and Classical Culture, A Study of Thought and Action from Augustus to Augustine, London 1944, 231-249. 63 Ibid. 64 Ibid. 273 f. " Ibid. Und da:tu das Kapitel ,.Der Kampf :twischen duistlimer Esmatologie und römismem Imperialismus" bei Werner Hanke: Römisme Kinderkaiser, Eine Strukturanalyse römismen Denkens und Daseins, Berlin 1951, 352-402. 5' "The Emperor Julians 'Reactionary' Ideas on Kingship", Late Classical and Medieval Studies in Honor of Albert Mathias Friend Jr., ed. Kurt Weinmann, Princeton 1955, 71-81. 57 Ibid. 73-76. 68 In diesem Punkt rief Julians offene Vernamlässigung althergebram ter Förmlichkeiten und Eitelkeiten oft Kritik hervor und war eine ge wisse Quelle von Unpopularität; vgl. etwa Liban. or. I 129-130; XVIII
155.
In Ensslins Worten: ,.Auf allen Gebieten aber ist es Julians Be streben, dessen ( = Constantin; d. Os.) Gedankenwelt :turückzudrängen, also auch auf dem Boden des römischen Rechtes." Kaiser Julians Geset:t gebungswerk . . . 156. Andere gute Zusammenfassungen findet man bei G. Downey: The Emperor Julian and the Smools, The Classical Journal LIII 1957, 97-98 und vom seihen Verf.: Julian and Justinian and the Unity of Faith and Culture, Churm History XXVIII 1959, 341-343. eo Loren:t Grasberger: Eniehung und Unterrimt im klassismen Alter tum, 3 Bde., Wür:tburg 1864-1881, 111 528; H. I. Marrou: Histoire de l':education dans I'Antiquite, Paris 19605, 313-314. 11 Gellius noct. Att. IV 20, 7-10. " ,.Cato maior" XVI t-2 in Plutarchs vitae parallelae. Vgl. auch W. Dilthey: Pädagogik, Geschichte und Grundlinien des Systems, Bd. IX 60 (Gesammelte Schriften, Leipzig und Berlin 1934). 60
406
B. Carmon Hardy
Zitiert bei Marrou: Histoire de l'l!.ducation 465. Es ist die Verbannung der Epikureer Alkaios und Philiskos von Rom im Jahre 173 v. Chr. gemeint (vgl. Athenaios, Deipnosophistae XII 547 /\.). Dazu gehört auch die Behandlung der griechischen und römischen Rheto ren, die von den Römern 161, 155 und nochmals 92 v. Chr. ins Exil ge schickt wurden; vgl. Suet. de rhet. I ; Gell. noct. Att. XV 11. " Erziehung und Unterricht im klassischen Altertum II 15. " M. P. Nilsson: Die hellenistische Schule, München 1955, 61-81 und M. Defournys Bemerkung, daß pedagogie et politique ont Je m�me Aristote et l'�ducation, Annales de but, Je bonheur de Ia cit� . . . !'Institut Supcrieur de Philosophie, IV, 1920, 20. n Nikomachische Ethik II 4. 18 Vgl. eng!. Os. und Kommentar bei K. M. Westaway, The Educational Theory of Plutarcb, London 1922, 139. .. Or. VIII, Wright II 191; Bidez or. IV, Discours 202. 10 Constitutiones ApostOlorum I 6. Vgl. auch R. H. Connolly, The so-called Egyptian Church Order and Derived Documents, vol. VIII: Texts and Studies Contributions to Biblical and Patristic Literature, ed. J. Armitage Robinson, Cambridge 1916, 63-64. 71 Ad Autolycum XVIII und Tatian or. adv. Graec. I-III. 12 Adv. nat. III 1 1 ; IV 26-27, 35. 7l De idololatria X, XIX; Ad nationes 1I 1 f. Nach sorgfältiger Lek türe christlieber Texte, die sieb mit Erziehung befassen, ist man wie 0. Seeck erstaunt, daß die Christen Julians Schulgesetz so gänzlich ver worfen haben, während es ihnen doch so viel von dem garantierte, was sie immer gefordert hatten : Freiheit von Verpflichtungen zu weltlicher Unterweisung und das Recht auf ungestörte Auslegung des Matthäus und Lukas nach ihrem eigenen Gutdünken (Geschichte des Untergangs der antiken Welt, Berlin und Stuttgart 1897-1920, IV 328). 74 Der Kaiser drehte deutlieb den Spieß um, wenn er z. B. fragte: Weshalb nascht ihr noch von den Wissenschaften der Griechen, wenn die Lektüre eurer eigenen Schriften euch genug ist?• (Gegen die Galiläer, Wright III 384; Neumann 205). 15 An den Kyniker Herakleios, or. VII, Wright II 153-155. 11 Ep. 36, Wright III 117; ep. 61c, Bidez 73. Vgl. hier bes. die Kom mentare von Andreotti, 11 regno . . . 139-140 und Joh. Gelfcken, Zwei griechische Apologeten, Leipzig und Berlin 1907, 307. n Or. VIII Wright, li 191; or. IV Bidez, Discours 202; Brief an Themistios, Wright li 235 u. Misopogon, Wright II 465-467. 78 Kaiser Julians Gesetzgebungswerk . . . 187. Das seinem Wesen nach eher moralische als auf Verfolgung gerichtete Bestreben des Kaisers wird 11 54
c
"•
•
Kaiser Julian und sein Schulgesetz
407
noch glaubhafter, wenn man die Behauptung Denks gelten läßt, daß Julian es mit einer Berufsgruppe zu tun hatte, deren Mitglieder noch vorwiegend heidnischen Bekenntnissen anhingen (V. M. 0. Denk: Die Geschichte des galle-fränkischen Unterrichts- und Bildungswesens von den ältesten Zeiten bis auf Karl den Großen, Mainz 1892, 157). Zum selben Thema bemerkte Dvornik, daß es zwar Differenzen der Standpunkte gegeben habe, daß aber Julian "nie auf eine ernsthafte Opposition unter den zeitgenössischen Rednern und Philosophen" gestoßen sei (The Emperor Julian's "Reac tionary" Ideas on Kingship 79; dazu auch A. H. M. Jones: The Social Background of the Struggle between Paganism and Christianity, in "The Conflict between Paganism and Christianity in the Fourth Century", ed. A. Momigliano, Oxford 1963, 20-21; 30-32; deutsch WSF CCLXVII 337 ff.). 79 W. Jaeger, Paideia: The Ideals of Greek Culture, transl. Highet, 3 Bde., New York 1945, I 299 ff.; Marrou, Histoire de l'Education . . . 306. 8o Greg. Naz. or. IV 5. 81 Contra Gal., Wright III 384-386; Neumann 205. 82 Ibid. 83 Fragment des Briefes an einen Priester, Wright II 296; ep. 89b, Bidez 155 f. 84 Panegyricus auf die Kaiserin Eusebia, or. III Wright, I 317; 329 bis 331; or. li Bidez, Discours 92, 97-98; an Sallustius, or. VIII, Wright II 179; or. IV Bidez, Discours 195. 85 Contra Ga!., Wright III 325-327; Neumann 168-169; s. auch or. VI Wright, II 9, 15; or. IV Wright, I 411. 81 Es geht um die Sage von Asklepios: sie (die Gabe der Heil kunst) ist nicht uns allein zu eigen, sondern wir haben sie, wie ich meine, mit unseren Blutsverwandten, den Griechen gemeinsam." (Contra Ga!., Wright III 374; Neumann 197.) 87 Eumenides 1003-1047. 88 Bes. Aen. VI 790-793 ; XII 188-191, 834-840. Daß Julian bei weitem nicht als einziger Vergils Stempel trug, zeigt D. Comparetti, Virgilio nel Medio Evo, Firenze o. J. 89 Or. VI Wright, II 15. 90 Ep. 55 Wright, Ill 189; ep. 90 Bidez, 21-22. 91 Fragm. 7 Wright, III 299; Bidez ELPF 73-75. 92 Greg. Naz. or. IV 109; Lib. or. XVIII 159-160; vgl. die Obersicht bei W. L. Langer u. a.: Western Civilisation, 2 Bde., New York 1968, I 304-305. 93 Gratiarum actio; bei Migne, Patr. Lat. XVIII 424 f. Vgl. auch Lib. or. I 1 1 8-120 u. bes. XVIII 156 ff. n· • •
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B. Carmon Hardy: Kaiser Julian und sein Schulgesetz
9• The Decline and Fall . . . II 41. 95 An die ungebildeten Kyniker, or. VI Wright, I1 5-65; an den Kyniker Herakleios, or. VII Wright, II 73-161. Vgl. den Kommef!tar von W. Vollert : Kaiser Julians religiöse und philosophische Oberzeugung 97. 93 Julians Antwort auf die christliche Eschatologie findet sich in Fragm. I Wright, III 429; Fragm. III Neumann, 234. 97 So versichert z. B. ein norwegisches Zeugnis aus dem 11. Jh., daß der Kaiser vorsätzlich vom heiligen Mercurius niedergestreckt worden sei. Vgl. M. Ashdown: English and Norse Documents Relating to the Reign of Ethelred the Unready, Cambridge 1930, 155. Das Ausmaß des öffent lichen Interesses an Julian und seinen Reformen, welches zu seinen Leb zeiten bestand, ist auf gewisse Art von der großen Masse der Legenden übertroffen worden, die sich recht bald um seinen Tod rankten. S. G. Reinhardt: Der Tod des Kaisers Julian, Köthen 1891. 9s Cod. Theod. XIII 3, 6.
Acta Classica Vol. Xll (1969), S. 121-149.
BEOBACHTUNGEN ZUR ERHEBUNG JULIANS 360-361 n. Chr. Von KLAUS RosEN Im Frühjahr 360 wurde Julian von den Truppen in Gallien zum Augustus ausgerufen, nachdem er dort fünf Jahre lang erfolgreich als Caesar gewirkt hatte. Unter den vielen Erhebungen des 3. und 4. Jahrhunderts haben wir für diese die reichhaltigste und zuver lässigste Oberlieferung.1 Sie gibt nicht nur genauer als sonst Aus kunft über den Ablauf der Erhebung, sie läßt auch die verschiede nen Bedingungen für eine Herrschaftsübernahme sichtbar werden und erlaubt so, wichtige Züge des spätantiken Kaisertums zu erkennen. Die zahlreichen Julianbiographien beschränken sich ihrer Absicht gemäß vornehmlich auf das historische Geschehen.! Die eigentliche Struktur der Erhebung hat erstmals J. Straub grundlegend unter sucht.a Für ihre Erkenntnis ist das Zeremoniell von Bedeutung; nach Straub und A. Alföldi • hat es eingehend W. Enßlin erörtert.5 Im Zusammenhang damit steht das seit Julians Zeit umstrittene Problem, inwieweit er die Erhebung beabsichtigt hatte; zuletzt hat I. Müller-Seidel gewichtige Gründe für seine Planung angeführt.' Im Anschluß
an
die genannten Studien betont die vorliegende
Arbeit zunächst stärker, als es bisher geschehen ist, die formale Gültigkeit des Ausnahmezeremoniells. Sie untersucht dann im Hin blidc auf die Frage, ob Julian Usurpator war, die rechtlichen und ideologischen Grundlagen seiner Herrschaft. Dabei wird sich sein Bemühen erweisen, solche Grundlagen von Anfang an so genau und umfassend wie möglich zu schaffen. Dieses Bemühen legt den Verdacht nahe, daß die Erhebung geplant war. Er wird durch einige neue Argumente gestützt. Zum Schluß werden Julians Pläne für
eine
behandelt.
Samtherrschaft
und
deren
unmittelbares
Vorbild
410
Klaus Rosen I. Das Zeremoniell a) Die Schilderhebung
360 trat in Paris zum ersten Mal der Fall ein, daß ein rechtmäßig ernannter Caesar ohne Einwilligung des regierenden Kaisers zum Augustus proklamiert wurde. Wir müssen daher von vornherein mit Besonderheiten rechnen, die der einmaligen Situation entspran gen. Solche waren die Schilderhebung und die Torqueskrönung. Die Schilderhebung wurde stets als eigentümlich germanischer Brauch angesehen, in dem sich der Einfluß äußerte, den germanische Truppen beim Pronunciamento hatten.7 I n der bisherigen Kaiser geschichte war sie ohne Vorbild.S Allerdings ist der Einbruch der germanischen Sitte in das römische Zeremoniell nur ein Aspekt, und, wie ich glaube, nicht der entscheidende.G Ammian sagt
XX 4, 17:
inpositusque scuto pedestri et sublatius eminens nullo silente Augustus renuntiatus. Die Worte inpositusque scuto sind zweifellos
eine Reminiszenz an die Schilderhebung des Cannenifaten Brinno bei Tacitus, Hist. IV 15, 2 : impositusque scuto more gentis et sustinentium umeris vibratus dux deligitur. Verwunderlich ist, daß
Ammian den ethnologischen Hinweis nicht übernommen hat, ob wohl er solche Details liebt.10 Man könnte das Fehlen damit er klären, daß er literarische Anspielungen meistens abwandelt. Doch der weitere Wortlaut im Unterschied zu Tacitus läßt seine Absicht erkennen. Er spricht von scutum pedestre und will mit dieser bei ihm sonst nicht vorkommenden Bezeichnung nicht allein auf die Größe des Schildes abheben,u sondern wie bei früheren Historikern impliziert der vollständige Terminus technicus für den Langschild des römischen Legionärs einen Gegensatz zu Nichtrömern und ihrer Bewaffnung.12 Für die Schilde der Germanen oder Sarmaten ge braucht er sonst eher clipeus,13 das auch als Synonym für scutum erscheint.14
XX 4, 17 sucht er den Gedanken an eine fremde Sitte und an die Beteiligung der Germanen also eher fernzuhalten.
Statt des bildhaften et sustinentium umeris vibratus bei Tacitus bemerkt Ammian sachlich: et sublatius eminens. Die scheinbare Abundanz verrät, worauf es ihm weiterhin ankommt : Es ist die zeremonielle Erhöhung des neugewählten Herrschers vor den
Beobachtungen zur Erhebung Julians
411
akklamierenden Truppen.15 Für gewöhnlich diente dazu ein Tribu nal. Beim spontanen Vorgehen der Soldaten war das Emporheben auf einem Legionärsschild naheliegender Ersatz. Daß es auch bei den Germanen vorkam, war belanglos. Für den Römer kam es allein auf das zeremonielle Element der "Erhebung" an. Dem entsprechend nennt Julian den Schild überhaupt nicht und sagt lediglich, die Soldaten hätten ihn auf die Schultern genommen.16 Der Wortlaut bei Zosimos III 9, 3 paßt in allen Einzelheiten zu dieser Interpretation: "Die Soldaten hoben den Caesar auf irgend einem Schild
(btt nvos &mctöos)
in die Höhe empor
(J.tE'tE(J)(>OV
äpav,;es)" .17 b) Die Torqueskrönung Enßlin hat gegen Alföldi 18 nachgewiesen, daß auch die Torques krönung vor 360 nie vorgekommen ist.l8 Den
für
ein
früheres
Datum angeführten Zeugnissen entzog er die Beweiskraft und be tonte, daß die Quellen den Torques deutlich als Ersatz für das Dia dem bezeichnen. Er hätte dafür noch auf zwei Ammianstellen ver weisen können. XXI 1,
4:
Bei den Quinquennalien in Vienne im
November 360 trug Julian ein eclelsteingeschmücktes Diadem, cum inter exordia principatus adsumpta vili corona circumdatus erat, xystarchae similis purpurato; XXXI
10,21: Julian war sich un
schlüssig super corona capiti inponenda. Dazu darf man ein allge meines Argument nicht übersehen: Wäre die Krönung mit dem Torques als eine gültige Form anerkannt gewesen oder hätte sie
zumindest einen Präzedenzfall gehabt, so hätten ihn die Soldaten Julian sofort angeboten. Sie hätten nicht erst versucht, ihn statt dessen mit dem Schmuck seiner Frau oder mit einer Pferdephalera zu krönen, die er beide als unwürdig ahlehnte.20 Den Torques nahm er an, nicht aus historischen Gründen, sondern weil bei ihm die formale Identität mit dem Diadem in bestmöglicher Weise gegeben war. Laut Zooaras 21 war er golden und hatte goldgefaßte Edel steine. Das kaiserliche Diadem der zweiten Flavier hatte ebenfalls einen Belag von rechteckig oder oval gefaßten Edelsteinen.22 Es war mit Perlenschnüren gesäumt, an die die Windungen des Torques erinnern konnten, und wenn dessen Enden, wie es häufig vorkam,
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Klaus Rosen
umgebogen waren, so entSprachen sie den in den Nacken herab fallenden Diadembändern. Der Torques ließ sich auch ohne weiteres um den Kopf oder Helrn befestigen.2S Constantius trug eine beson dere Ausführung des Diadems, das "perlengesäumte Kettendiadem", bisweilen um den Helm,2• und die dadurch ausgedrückte Beziehung zum militärischen Bereich rechtfertigte ebenfalls die krönung.
Torques
Libanios lobt or. XIII 33-34 Schilderhebung und Torques krönung überschwenglich und stellt sie in ihrem Wert über Tribu nal und Diadem. Auch dadurch werden sie im Grunde nur als Ersatzformen gekennzeichnet, die der Rhetor in typism panegy rischem Stil umdeutet und rechtfertigt. Sie smienen unmittelbar der Situation zu entspringen und wurden ohne Zweifel von den Be teiligten als gültiges Surrogat anerkannt, so daß der durm sie konstituierte Remtsakt in keiner Weise beeinträchtigt wurde.
Weiterhin schienen sie
klar zu erweisen, wie wenig die Erhebung
geplant war, wie sehr Julian überrasmt wurde und nur dem augenblicklichen Zwang namgab.2s Mit der Krönung verzichtete Julian simtbar auf den Widerstand, den er bis dahin dem Vorgehen der Soldaten entgegengebramt hatte. Unabhängig von seiner persönlimen Einstellung hatte er mit seiner Ablehnung eine zeremonielle Forderung erfüllt: Vom ordent limen Prätendenten erwartete man im Gegensatz zum Usurpator
Recusatio.26 Die Bestätigung, daß er trotz des Diademersatzes nun mehr das kaiserlime Imperium rechtskräftig übernommen hatte,
war das Donativ, das er unmittelbar darauf den Soldaten ver spram.27 Es war eine traditionelle erste Regierungshandlung, und aum in der Höhe des Betrages, fünf Solidi und ein Pfund Silber, richtete er sich nach der üblichen Surnrne.2s
c) Die Erhöhung der kaiserlimen Person Julian zog sich danam in den Palast zurück und erschien längere Zeit nicht mehr in der Offent!imkeit. Das war merkwürdig, nam dern er als Caesar selbst in Friedenszeiten das alltäglime Leben mit seinen Soldaten geteilt hatte.29 Er selbst erklärte, er sei verwirrt
Beobachtungen zur Erhebung Julians
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und beschämt über die ihm aufgezwungene Erhebung gewesen.so Aber auch hier läßt sich in seinem veränderten Benehmen der for male Charakter nicht ausschließen: Die Person des Kaisers gehörte einer höheren sakralen Sphäre an, zu der man nicht ohne weiteres Zutritt hatte.st Wichtig war eine solche Erhöhung natürlich vor allem für den neuen Augustus, dessen Stellung noch nicht gesichert war, wie sich im Zusammenhang damit zeigte. Indem Julian durch die Absonderung bekundete, daß er nicht mehr Caesar war, die Soldaten aber an den kameradschaftlichen Umgang mit ihm ge wöhnt waren, konnte das Gerücht entstehen, er sei von den Anhän gern des Constantius ermordet worden, die nach der Proklamation gegen ihn intrigierten.32 Ein besorgter Decurio palatii alarmierte die Petulantes und Celtae, die bewaffnet zum Palast stürmten, haesitantes super salute principis.33 Die salus des legitimus princeps
muß im Interesse aller liegen.34 Sie ist eine heilige Verpflichtung. der Hilfe der Soldaten mehr als nur eine militärische Aktion 35: Der Decurio war vor Sorge von Sinnen
Deswegen sieht Julian in
WO'n:tp ot �tOAY}l't'tOL,36 auf seinen Alarmruf hin befiel die Soldaten ein �'Uf.l.O<;, und die Begeisterung, als sie ihren Herrscher in Sicher heit sahen, glich einem evfto'U<Jla<Jf.l.OS· Der Zwischenfall erweiterte zugleich in doppelter Weise die Repräsentation der neuen Würde Julians: 1 . Dc:r Erhöhung des Kaisers entspricht eine Erhöhung seines Hauses; der Palast wird zum Tempel, der Audienzsaal zur Kultstätte (sacrum palatium).37 Hier ziemt sich kultisches Schweigen. Ammians Worte X X 4, 22: viso tarnen otio summo quieti stetere paulisper . . . diu tacendo, deu
ten diese tU
Eine weitere Ergänzung des Zeremoniells brachte die Heeresver-
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Klaus Rosen
sammlung, die Julian am Tage nach der Rückkehr der früher mit Sintula abgezogenen Truppen abhielt.42 Nun stand der neue Herr scher in der üblichen Weise auf einem fahnengeschmückten Tribu.nal und erläuterte sein Regierungsprogramm. Es war die Thronrede, die an sich ihren Platz bei der Erhebung nach der Vorstellung im Ornat gehabt hätte.43 Mit dem einmütigen Beifall, den sie fand, wurde die Akklamation der bei der Erhebung beteiligten Soldaten um die Zustimmung der zurückgekehrten Truppen erweitert. Be deutsam war die Episode am Schluß der Versammlung: Petulantes und Celtae baten Julian, die für die militärische Verpflegung zu ständigen Actuarii als Provinzstatthalter einzusetzen, der aber lehnte ab. Straub meint,44 er habe sich erst mit Constantius einigen und nicht schon vorher die ihm bis jetzt nur vom Heer übertragene Befugnis ausüben wollen. Das Gegenteil war der Fall: In dem Augenblick, als die Soldaten den Kaiser ausgerufen hatten, ver
loren sie jede weitere Initiative. Nicht weil Julian an die Regelung mit Constantius dachte, dem er auch später nur die Ernennung des Praefectus praetorio zugestand,45 schlug er die Bitte ab, sondern
weil er betonen wollte, daß seine Hoheitsrechte uneingeschränkt und frei von jeder Beeinflussung galten.46 An sich hätte nichts im Wege gestanden, eine solche Bitte zu erfüllen, und unter anderen Umständen hätte er es gewiß getan, wenn sie berechtigt gewesen wäre. Aber hier, zu Beginn seiner neuen Laufbahn, kam alles auf das Prinzip an, das er auch um seiner Sicherheit willen nicht ver letzen durfte. Die Bittenden sahen das auch ein und gaben sich sofort zufrieden. Julian handelte in einer weniger wichtigen An gelegenheit genauso wie vier Jahre später Valentinian, als er sich von der Heeresversammlung, die ihn gerade zum Kaiser ausgerufen hatte und einen Mitregenten forderte, nicht unter Druck setzen ließ.47 li. Die rechtlichen Grundlagen der Herrschaft
a) Die Krönung als Rechtsakt Mommsen StR ns 842: "überall wird das Imperium strengge nommen nicht übertragen; es wird von dem Träger genommen,
Beobachtungen zur Erhebung Julians
415
. . . entweder auf Aufforderung des Senats oder auf Aufforderung der Truppen." Die Erhebung Julians illustriert aufs beste Momm sens Definition. In so gut wie allen Quellen erscheint die Krönung als der entscheidende Akt, durch den er zum Augustus wurde. Indem er sich den angebotenen Torques als provisorisches Diadem aufsetzte, "nahm" er das kaiserliche Imperium. Er hat si
110� O"t(>atui:n:ov öOv"tO; J.lClVtclXTJV nEQtEftEJ.l1lY (11, 284 d). Die Gorn
munis opinio folgt allerdings
der Mehrheit der Quellen, der Draco
narius Maurus habe ihn mit seinem Torques gekrönt.48 Gewiß ist Julian bisweilen ungenau,4' aber Ammian selbst schränkt XXXI 10, 21 ein, wo er no
. luliano Caesari . . . torquem obtulisse collo abstractam. Die Worte entsprechen Julians Darstellung: OT(>Cl�ul>rou .
öO�o; J.lClVUlXTJV. Der Historiker korrigiert stillschweigend seine frühere Version, andernfalls würde er das wesentlichere
sibi torquem . . . capiti luliani inposuit
abstractum
von XX 4, 1 8 wieder
holen.60 Wurde der Prätendent vom Senior Augustus zum Mit augustus erhoben, so empfing er aus dessen Hand die Insignien.u War der Thron vakant und der Prätendent nicht schon Caesar, dann verlieh ihm der hödme anwesende Offizier oder Reimsbeamte
Paludamentum
und Diadem.5t Aber als Purpurträger konnte sich
Julian nur selbst das Zeichen der höchsten Würde aufsetzen; keines falls hätte dies der einfache Draconarius gültig tun können. Sicher hatte sich bereits Constantin d. Gr. an den Vicennalien 325 selbst gekrönt, als er nach vereinzelten früheren Ansätzen das Diadem zum Abzeichen der kaiserli
Paludamentum,
früher das Vorre
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Klaus Rosen
Paludamentum, und so haben sie sich auf Zuruf der Truppen wohl ebenfalls eigenhändig gekrönt. Julian folgte ihrem Beispiel.
b) Der Consensus Der Krönung ging die Akklamation voraus, in der sich der
Consensus der Soldaten äußerte. Ihm kam ebenfalls rechtliche Bedeu tung zu, wenn sie auch nur zusammen mit der Krönung wirksam wurde.64 Der Rechtscharakter, der nicht immer erkannt wurde,66 zeigt sich besser noch als bei der Erhebung in der Reaktion Julians, nachdem er den Befehl des Constantius erhalten hatte, den AugustuStitel niederzulegen.6• Er erklärte sich dazu bereit, aber nur auf den Entscheid der Truppen hin, yvw�tn "tWV oteat&u�{n(l>V.66" Die yvW�T), der consensus der Soldaten hatte ihn erhoben, wie er in seiner Thronrede sagte: Caesarem vestrum firmo iudicio ( =
consensu) ad potestatum omnium columen sustulistis.57 Der con sensus war die Grundlage seiner Herrschaft, wurde er entzogen, so war sie widerrechtlich.58 Aus diesem Grund legen die julian freundlichen Autoren, insbesondere Ammian" und Libanios 60, solchen Nachdruck auf die Zustimmung des Heeres, während die Julian feindlich gesinnten Gregor und Philostorg dieses überhaupt nicht erwähnen und statt dessen seine eigene Initiative betonen, ihn also als Usurpator hinstellen.•• Als Leonas in Paris mit der Aufforderung des Constantius ein traf, hielt Julian auf dem Marsfeld eine Versammlung ab, zu der er in gleicher Weise Soldaten und Zivilbevölkerung einlud.t! Das kaiserliche Schreiben wurde verlesen, und als man zu der Stelle kam, wo Constantius das Vorgefallene mißbilligte und bestimmte, Julian habe sich mit dem Caesariat zu begnügen, rief die Menge dazwischen: Auguste luliane, ut provincialis et miles et rei publicae decrevit auctoritas recreatae quidem, sed adhuc metuentis redivi vos barbarorum excursu.s.ea Nicht mehr das Heer allein gab seine Einwilligung, sondern die Akklamation demonstrierte gegenüber dem Senior Augusrus, daß Julians Rechtstitel auf dem consensus
universorum beruhte. ut miles decrevit meint die erstmalige Akkla mation der Pariser Truppen bei der Erhebung, wozu der spätere
Beobachtungen zur Erhebung Julians
417
Entscheid der mit Sintula zurückgekehrten Soldaten kam 64 und all derjenigen Verbände, die nicht in der Nähe des Hauptquartiers standen. Möglicherweise war er in Form eines decretum noch einmal ausgesprochen worden, um dem Vorwurf des Constantius zu begegnen, chax,;cp {}opvßcp O't(><mw,;&v öil;ao'6m a1m' l'V ,;
AuyovO'tO\J Y..A.'ytatv.65
ut provincialis decrevit
bezieht sich auf die
Beschlüsse der gallischen Provinziallandtage. Daß sie erst nach der Erhebung erfolgt waren, minderte ihren Rechtswert nicht; in der Akklamation wurden sie sogar an erster Stelle genannt. Die Akkla manten fügten hinzu:
et rei publicae decrevit auctoritas. Provin ziale und Soldaten handelten mit ihrem Entscheid nach dem Willen
und im Interesse des Staates, den Julian in Gallien gegen die Barbaren wiederhergestellt hatte und der ihn deswegen mit der Kaiserwürde belohnte.66 res publica wird hier personifiziert als überirdische Staatsmacht vorgestellt. Es zeigt sich darin, daß man im
Consensus
den rechtlichen und ideologischen Bereich nicht scharf
voneinander getrennt hat.67 In einer ausführlichen Erörterung sucht L. de Vos nachzuweisen,
et rei publicae decrevit auctoritas bedeute einen Beschluß der Kurie von Paris, res publica stehe für civitas Parisiorum; C. Jullian stimmt ihm bei.68 Doch diese Deutung, die sie zu weitgehenden Folgerungen veranlaßt, ist nicht haltbar. Die von de Vos 69 angeführten in schriftlichen Parallelen, wo
civitas
an Stelle von
res publica
er
scheint, fügen alle den Orts- oder Stammesnamen hinzu. Der Name wird nur weggelassen, wenn allgemein von der Gemeinde die Rede ist.70 Er hätte auch in der Akklamation nicht fehlen dürfen, und Ammian hätte ihn zitiert, obwohl und die
multitudo plebeia
Parisii
vorher genannt war7t
sicher zum größten Teil von dort
stammte.72 Damit wird die Behauptung hinfällig, die Pariser Ge meinde habe ein Concilium von ganz Gallien einberufen, das seine Stimme für Julian abgegeben habe. Der Gesamtlandtag, das Con bestand seit der Neuordnung und Ver mehrung der Provinzen unter Diokletian nicht mehr. An seine Stelle waren die Landtage der einzelnen Provinzen getreten,73 die
cilium Trium Galliarum,
Julian gefördert hat.7• Die Akklamation bildet eine Klimax,
publicae auctoritas
rei
steht als wichtigstes Glied am Ende. Einem
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Entschluß der Kurie von Paris, der gewiß erfolgt war und in
provincialis decrevit
ut
enthalten ist, kam jedoch keine solche Bedeu
tung zu.75 Zur Personifikation von res publica finden sich drei Parallelen bei Ammian. XV 8, 14 endet Constantius seine Ansprache an den neu ernannten Caesar Julian mit der Aufforderung: ad summam i,
propera sociis omnium votis velut adsignatam tibi ab ipsa re publica stationem cura pervigili defensurus. XXV 3, 18 zieht der sterbende Julian an der markantesten Stelle seiner Abschiedsrede das Fazit seines Lebens: . . . gaudensque abeo sciens, quod ubicumque me velut imperiosa parens consideratis periculis obiecit res publica, steti fundatus turbines calcare fortuitorum adsuefactus. Wenig später nennt er sich alumnus rei publicae frugi (3, 20). Die Akkla mation XX 9,
7 hat Ammian offensichtlich als Mittelglied zwischen
den Stellen am Anfang und am Ende der Laufbahn Julians gedacht. Das führt
zu
der Frage, ob die Akklamation so, wie sie bei
Ammian vorliegt, authentisch ist. Während die früheren Heraus geber Lindenbrog und Gardthausen den ganzen Satz als Ruf gefaßt haben, wie auch de Vos und Jullian, beschränkt ihn Clark auf die beiden Vokative
Auguste luliane, und
die jüngste Ammianausgabe
von W. Seyfarth folgt ihm.76 Der Grund dafür ist wohl der Um fang der Akklamation, die sich insgesamt auch schlecht in der für solche Äußerungen üblichen rhythmischen Weise sprechen läßt.77 Doch solche langen Akklamationen sind gerade in der späteren Kaiserzeit häufig. Für die inhaltliche Authentizität des Gesamt satzes spricht der charismatische Gedanke in
et rei publicae decrevit auctoritas, der bei der Erhebung tatsächlich eine große Rolle gespielt
hat, den aber gerade Ammian im historischen Bericht sonst zurück stellt.78 Er hat den Ruf natürlich stilisiert; die partizipialen Attri bute zu mit
rei publicae sind seine Ausdrucksweise. Wie die Begründung
widersprechen sie dem aus kleinen unverbundenen Gliedern bestehenden Akklamationsstil etwa der Art: Auguste Iuliane, pro
ut
vincialis decrevit, miles decrevit, rei publicae decrevit auctoritas. Schließlich geht sowohl aus dem relativen Anschluß XX 9, 8 (quibus auditis Leonas) wie aus den darauffolgenden Worten (cum Iuliani litteris haec eadem indicantibus revertit) hervor, daß Ammian den ganzen Satz als Akklamation verstanden wissen wollte. Andern-
Beobachtungen zur Erhebung Julians
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falls würden sich die beiden parallelstehenden pronominalen Rück weise nur auf die Vokative beziehen, was wenig sinnvoll ist.79 Eine letzte besondere Ausdrucksform des
consensus
der Soldaten
und Provinzialen war der Eid vor dem Aufbruch Julians gegen Constantius.so In einer Rede hatte er zuvor seine Pläne dargelegt, die
unanimanti consensu
gebilligt wurden. Anschließend schworen
die Soldaten auf ihren Kriegsherrn, und die Statthalter leisteten ihm stellvertretend für die Provinzialen den Treueid. Der Zwi schenfall mit Nebridius bewies, wie sehr Julian darauf bedacht war, die herkömmliche Freiwilligkeit des Eides zu wahren.S1
c) Das Problem der Usurpation Wäre Julian
von Constantius als dem Senior
Augusws dem ,
"dienstältesten Kaiser" 82, unter Zustimmung des Heeres zum Mit augustus erhoben worden, niemand hätte die Rechtlichkeit seiner Würde bezweifelt. Machte ihn die fehlende Einwilligung des Senior zum Usurpator? In dem Brief, den er nach der Proklamation
an
den Kaiser sduieb,S3 betonte er, die Soldaten hätten ihm ihren Willen aufgezwungen. Das war eine persönliche Rechtfertigung. Um des Nutzens für den Staat willen bat er, Constantius möge das Geschehene billigen und sich zur
concordia bereitfinden.84
Nirgends
ist davon die Rede, daß er um dessen Legitimation als rechtlich notwendige Ergänzung zur Erhebung nachgesucht, seine Stellung also als defektiv und vorläufig aufgefaßt habe.S5 Dasselbe besagte sein Verhalten am Schluß der Thronrede, als er die Bitte des Petu lanres und Celtae abschlug.s& Auch die gallischen Truppen sprachen sich in einem Brief an Constantius nur für Öj.tovoux concordia aus,87 d. h. ein Bürgerkrieg sollte vermieden werden. Wenn Julian =
alle seine Korrespondenz mit dem Senior Augustus mit ,.Caesar" unterzeichnete, so setzte er sich damit absichtlich zurück, um seine Ehrerbietung zu zeigen, wie er selbst hervorhob,87" oder er han delte aus diplomatischer Klugheit.SS Nach dieser Auffassung war er also kein Usurpator, war die Erhebung gültig vollzogen worden. Man hatte ja streng darauf geachtet, daß alle zeremoniellen Forde-
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rungen erfüllt wurden und an dem darin sich äußernden Rechts vorgang nichts auszusetzen war. Constantius jedoch verweigerte nicht nur seine Anerkennung, sondern bestritt überhaupt die Legalität der Proklamation. Seine Rechtsvorstellung gibt am genauesten Zonaras wieder: !.llJ Y.QLoEt toü -ri)v e;ouatav �)(OVtO�, aH' chaxtq> ßoeußcp Ot(lanrot&v ot;ao{}at autov ti}v toü AuyouotO'U x1.Tjotv.S9 Für ihn war Julian ein Usurpator. Mit der Frage, welche Seite recht hatte, berühren wir ein Grundproblem des römischen Kaisertums. Die Quellen vertreten natürlich je nach der Einstellung die eine oder die andere Meinung.uo Ergibt sich aus dem historischen Geschehen eine klarere Antwort? Es gab in Paris eine starke Gruppe von Constantiusanhängern, vor allem unter den höheren Offizieren und Beamten, die sich von Anfang an der Proklamation widersetzte. Julian selbst beschreibt
am besten ihre Gegenbemühungen.91 Der Prätorianerpräfekt Flo rentius in Vienne war trotz seiner dringenden Bitte gar nicht erst nach Paris gekommen aus Furcht vor den Soldaten.92 Er sah vor aus, daß ihm die Loyalität gegenüber Constantius gefährlich wer den konnte. Für ihn war Julian ein
perduellis.93 Allerdings hatte er
schon vorher ein sehr gespanntes Verhältnis zu ihm. Den Heer meister Lupicinus, der sich ahnungslos in England befand, ließ Julian bei der Rückkehr zusammen mit drei anderen verhaften.94 Das ungünstige Bild, das Ammian bei seinem Amtsantritt von ihm zeichnet (XX 1, 2), ist sicherer Hinweis, daß er ebenfalls von Be ginn an mit Julian nicht gut auskam. Der Prätorianerpräfekt Nebridius, in dessen Ernennung durch den Senior Julian im Rah men der geplanten Samtherrschaft eingewilligt hatte,95 handelte nicht eigentlich aus Rechtsgründen, sondern aus dem Gefühl der Dankbarkeit gegenüber Constantius, als er den Eid nicht leistete.96 Dagegen war der Tribunus stabuli Sintula, der als zuverlässiger Beamter von Constantius den Auftrag erhalten hatte, die ausge wählten Scutarii und Gentiles nach dem Osten zu führen, sofort nach der Erhebung umgekehrt und hatte sich dem schlossen.
consensus
ange
Soweit handelte es sich um römische Beamte und Offiziere. Auf schlußreich ist auch das Verhalten des Germanenfürsten Vadomar.
Beobachtungen zur Erhebung Julians
421
Julian gegenüber ließ er nicht im geringsten in Zweifel, daß er ihn anerkenne; in Briefen redete er ihn mit dominus et Augustus et deus an. Aber zur gleichen Zeit schrieb er an Constantius: Caesar tu.us disciplinam non habet.!YT Als Julian das doppelte Spiel durchschaute, stellte er ihm eine Falle und verhaftete ihn.98 Es scheinen bei Römern wie Nichtrömern zumindest teilweise subjektive Gründe gewesen zu sein, die über die Haltung gegenüber dem neuen Augustus ent schieden oder von der eindeutigen Parteinahme abrieten. Der Vormarsch gegen Constantius bringt dafür neue Beispiele. Für dessen Anhänger hat Julian damit den Bürgerkrieg eröffnet.99 Selbst Ammian, der bisher der Erhebung positiv gegenüberstand, wird nun bisweilen zurückhaltender oder kritisiert Julian sogar scharf.too Zum ersten Mal spricht er von defectio (XXI 5, 1) und verschweigt auch nicht die gerechten Einwände, die Constantius in einer Rede vor dem Abmarsch gegen Julian vorbringt.101 Nicht die Erhebung war
defectio,
wohl aber das jetzige militärische Unter
nehmen, das gegen die von Julian selbst so einleuchtend verteidigte
concordia verstieß. XXI 10, 1
schildert er, wie Julian in Sirmium
in feierlichem Zeremoniell eingeholt und als
Augustus et dominus
begrüßt wurde. Zosimos ergänzt III 10, 3, die Bewohner hätten bei der Nachricht, der Kaiser komme, selbstverständlich angenommen, es handle sich um Constantius, und sie seien über ihren Irrtum erschrocken gewesen. Ihr sofortiger Sinneswandel war wohl vor allem durch den augenblicklichen militärischen Druck bedingt. li.hnlich ist auch zuvor das Verhalten des
Comes Lucillianus zu ver
stehen, der bei Sirmium eine Verteidigungslinie gegen Julian auf gebaut hatte, aber von ihm überrumpelt wurde. Als er ihm vor geführt wurde, nannte er ihn nicht Caesar, sondern imperator,102 was seit dem zweiten Jahrhundert die übliche Anrede für die Kaiser war.t03 In Sirmium traf Julian den Historiker Aurelius Victor, dessen >Liber de Caesaribus< kurz zuvor fertig geworden war. Im Schluß kapitel hatte er sich für Constantius und gegen den Usurpator ausgesprochen.to4 Trotzdem hatte er keine Bedenken, in Naissus wenig später von Julian die Statthalterschaft der Pannonia Secunda anzunehmen und sich mit einem ehernen Standbild ehren zu lassen. Nach Ammian
XXI 10, 6
verdankte er die Auszeichnung seiner
422
Klaus Rosen
nachahmenswerten sobrietas. Auf die damalige Situation bezogen besagt das, daß er gute Gründe für seine Gesinnungsänderung hatte; er handelte weder opportunistisch, noch war er von Jul1an gedrängt worden. Die Treue der beiden Legionen des Constantius, die Julian bei Sirrnium übernahm, war von Anfang an zweifelhaft. Sie fielen bei der ersten Gelegenheit ab und verschanzten sich in Aquileia, unter stützt von der Bevölkerung, cui Constantii nomen erat tum etiam
initium.105 Andere Städte wurden durch ihr Beispiel ermuntert ad favendum Constantii partibus.t06 Aquileia ergab sich erst nach dem Tode des Constantius, als Widerstand sinnlos geworden war. Nun forderten die Einwohner selbst die Hinrichtung der Anstifter wegen
crimina laesae maiestatis, 107 gaben also nachträglich zu, daß sie sich gegen einen Kaiser empört hatten. Der römische Senat entschied sich während der Auseinanderset
zung zwischen Constantius und Julian weniger eindeutig. Dessen Invektive gegen den Senior Augustus lehnte er ab mit dem Ruf:
auctori tuo reverentiam rogamus.108 Mit der schmähenden Akkla mation 108 protestierte er jedoch in erster Linie gegen die Unschick lichkeit Julians.uo Der ausdrückliche Vorwurf der Usurpation wurde vermieden.111 Auch die Gesandtschaft des älteren Sym machus und des Valerius Maximus verriet, daß der Senat beiden Seiten Rechnung trug, oder wenigstens, daß die Meinungen geteilt waren. Nach dem Besuch bei Constantius wählten die Gesandten den Rückweg über Naissus, wo Valerius Maximus von Julian zum Praefectus urbi ernannt wurde.ut Schließlich ist die Reaktion auf Constantius' Tod aufschlußreich. Seine höchsten Beamten sahen ohne Zögern in Julian den Nach folger; nur eine kleine Gruppe um Eusebius, der um sein Leben fürchten mußte, machte den heimlichen Versuch, einen Gegenkaiser zu wählen.113 Die Nachricht, Constantius habe sterbend Julian designiert, war eine Fiktion, mit der manche Anhänger des Verstor benen die Anerkennung dessen rechtfertigen wollten, der für sie bis dahin Usurpator war.ll4 Julian übernahm die Herrschaft kraft des ordinarium ius.m Er verstand es nicht sosehr im Sinne der dynastischen Erbfolge,11' sondern vielmehr so, daß er als lunior dem ordo der Dyarchie gemäß nach dem Tode des Senior an dessen
Beobachtungen zur Erhebung Julians
�23
Stelle aufrückte. Daher hören wir auch nichts von einer Inaugura tion. Sie war staatsrechtlich überflüssig. Julian hätte mit ihr nach träglich zugegeben, daß er in der Zeit zwischen seiner Erhebung und dem Tode des Constantius tatsächlich Usurpator gewesen wäre. Er vermied auch bewußt, dem Einzug in die Hauptstadt Konstanti nopel den Charakter eines Triumphzuges zu geben, der als offi zieller Antritt der Kaiserherrschaft hätte ausgelegt werden können. Gewiß akklamierten ihn die Heere des Ostens,117 was aber nur hieß, daß der consensus erweitert wurde, wie das für Teile der gallischen Truppen geschehen war.J18 Für Mommsen war das römische Kaisertum "eine durch die remt lich permanente Revolution temperirte Autokratie",11' und Seeck meinte noch drastischer, "jede Soldatenbande von beliebigem Um
fang durfte sich nach Gutdünken ihren Kaiser machen " I!O. Dagegen wandte sich Straub l!l und verwies auf die festen rechtlichen For men und Vorstellungen, die der Herrschaftsübertragung zugrunde lagen. Daß es eine typische Usurpation gab, war für ihn die Probe aufs Exempel.122 Im Grunde war damit Mommsen jedoch nicht widerlegt, wie Straub selbst zugab und an der Erhebung Julians bei Ammian nachwies, aus der sich andererseits für ihn die Tatsame der Usurpation zweifelsfrei ergab.m Die obige Interpretation hat jedoch gezeigt, daß sich das so eindeutig nicht sagen läßt und daß es auch nicht die einhellige Meinung der Zeitgenossen war. Mit der Proklamation in Paris war eine rechtlich offene Situation entstan den, in der die Entscheidung in erster Linie nach persönlichen und politischen Umständen gefällt wurde, nicht nach übergeordneten re
424
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Re
Magister militum
Gomoarius nicht
getraut, weil er Vetranio verraten hatte, suum principem. Vetranio war ebensowenig schlechthin Usurpator wie Procopius. Als Valens dessen Verräter hinrichten ließ, geschah das non pensata
ratione, und
Ammian begründet seine Auffassung mit der aufschlußreichen Er örterung:
nam si principem legitimum prodidissent, vel ipsa lustitia iure caesos pronuntiaret; si rebellem et oppugnatorem internae quietis, ut ferebatur, amplas eis memorabilis facti oportuerat deferri mercedes (XXVI 9, 10). Hier spricht er am deutlichsten aus, wie ambivalent die Frage nach der Rechtsgrundlage konkurrierender Augusti ist,12t und das gleiche geht aus seiner Gesamtdarstellung der
Jahre
360-361 hervor, gerade auch dort, wo er einander spondierende Briefe und Reden der Gegner bringt.127
korre
/I!. Die ideologischen Grundlagen der Herrschaft a) Die charismatische Legitimität Es ist nach dem vorher Gesagten verständlich, daß Julian im Brief an Constantius, mit dem er zu einer friedlichen Regelung kommen wollte, seinen Re
Beobachtungen zur Erhebung Julians
425
Brief an die Athener: Er schrieb ihn in Naissus, zu einem Zeitpunkt, als ihm alles darauf ankommen mußte, nicht als Usurpator zu gelten und Anhänger zu gewinnen; seine militärische Lage hatte sich verschlechtert; gerade hatte er mit dem Abfall Aquileias und der beiden Legionen einen schweren Rückschlag erlitten;131 die Gegen maßnahmen des Constantius wurden wirksam,U! mit dessen Sieg man allgemein redmete.laa Aber selbst nach dem Tode des Constantius rechtferti�te sich Julian immer wieder mit dem Willen der Götter. Im Mustermythos vom Frühjahr
362, dessen autobiographischer Charakter kaum ver
hüllt ist, erwählen Zeus und Helios den Knaben Julian, das ver rottete Gesdtlecht Constantins zu beseitigen.184 Sie beauftragen Athene, ihn für seine Aufgabe, gegen die er sich auch hier wehrt, vorzubereiten. Das wertvollste weil private Zeugnis für seine Ober zeugung, die Erhebung gründe sich auf göttliche Berufung, ist der Brief an den gleichnamigen OnkeJ,136 den er von Constantius' Tod schrieb.
unter dem Eindruck
Ebenso nachdrücklich vertritt Libanios or. XII 59 und XIII
34
die charismatische Legitimität als die eigentliche Grundlage der neuen Herrschaft, dergegenüber der historische Ablauf nur Folie ist. Umgekehrt ist es bei den Historikern. Ammian geht lediglich am Ende des Zeremoniells (XX 5, 10) kurz auf die Geniuserschei nung ein, die Julian in der Nacht vor der Erhebung gehabt hat,ae und bei Zosimos findet sich eine Andeutung III 9, 4, wo Julian auf Constantius' ablehnenden Bescheid antwortet, man müsse sein Leben mehr den Göttern als den Worten des Kaisers anheimstellen. Darauf beschränkt sich Libanios auch im Epitaphios (XVIII 103), wo er ausführlicher als in den anderen Reden das historische Ge schehen erzählt. b) Die dynastische Legitimität Der Mustermythos enthält eine klare Absage an das dynastische Prinzip, das seit Beginn der Kaiserzeit die Nachfolge immer wieder bestimmt 131 und sich gerade auch in der zweiten ßavischen Dynastie gegenüber der diokletianischen Ordnung durchgesetzt hatte. Julian begab sich in der Auseinandersetzung mit Constantius und der
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Reichsöffentlichkeit eines unschätzbaren Vorteils, als er, der Neffe Gonstaotins d. Gr. und Enkel des Dynastiegründers, keinerlei dyna stische Legitimität beanspruchte. Nur im Rechtfertigungsbrief an Constantius appellierte er laut Ammian
sanguinis.
XX 8, 1 1
an die
caritas
Im ersten Panegyricus auf Constantius hatte er dagegen
das dynastische Prinzip durchaus anerkannt und gepriesen: Con stantin hat durch die Bestimmung seines Vaters und die Wahl des Heeres den Thron erlangt. Unter seinen Ruhmestaten war die höchste die Zeugung und Erziehung seines Sohnes Constantius, denn in ihm, dem im Purpur Geborenen, setzte er seine vorzügliche Herrschaft fort.1ss Das schrieb Julian Ende des Jahres 356.139 Aber schon im zweiten Panegyricus vom Winter 358/59 uo war er
zurückhaltender, obwohl er auch hier die Aszendenz des Constan
tius behandelte, um die Rechtmäßigkeit seiner Regierung zu be kräftigen.14t Die Zurückhaltung ist eines der Symptome beginnen der Emanzipation.142 Sie endete in der Erhebung, die zugleidl be wußte Loslösung vom flavischen Hause war. Deshalb überging er das Angebot aus Kreisen der Constantiusanhänger, als designierter Nachfolger aufzutreten.t43 Das zeigt auch der Panegyricus des Mamertinus. Er wurde in Konstantinopel am Neujahrstag 363 vor Julian gehalten, vier Wochen nachdem er in die Stadt eingezogen war. Entgegen der rhetorischen Vorschrift 144 und der Vorliebe der Panegyriker für die dynastische Legitimität 145 ging der Redner mit keinem Wort auf die Abstammung des Gefeierten ein, was nur gerechtfertigt war, wenn sich dazu nichts Rühmendes sagen lie.ß. ue Das war bei Julian gewiß nicht der Fall. Mamertinus trug seinem Wunsche Rechnung: "Selbstverständlich wird kein Vortrag, der in Gegenwart des Kaisers gehalten wurde, ohne Zensur genehmigt worden sein, aber es leuchtet ein, daß von vornherein eine Über einstimmung zwischen den politischen Bestrebungen des Kaisers und den Außerungen des Redners vorausgesetzt wurde." 147 Im Brief an die Athener kommt Julian auf die gemeinsame Ab stammung mit Constantius nur zu sprechen, um ihn als Mörder seiner Verwandten anzuklagen.t48 Das Blutbad von Konstantinopel, dem nach Constantins Tod die männlichen Seitenlinien des fla vischen Hauses bis auf die Kinder Gallus und Julian zum Opfer fielen, konnte oder wollte Constantius nicht verhindern. Jedenfalls
Beobachtungen zur Erhebung Julians
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hatte er stets, auch nach dem Tode seiner Brüder, die Absicht, die Herrschaft nur auf direkte Nachkommen zu übertragen, und er er hoffte sich bis zuletzt einen leiblichen Thronfolger. Wohl machte er Gallus und Julian zu Caesaren, da sie seine Vettern waren,ut und band sie noch enger an sich, indem er sie mit seinen Schwestern verheiratete. Aber die übliche Anwartschaft des Caesar auf den Thron schloß er von vornherein aus, da er sie nicht adoptierte.160 Als Gallus den Erwartungen nicht entsprach und sich sogar des Abfalls verdächtig machte,m hat er ihn rücksichtslos beseitigt, und das gleiche Schicksal dachte er Julian zu, falls er sich nicht fügte.u2 Solche persönlichen Erfahrungen waren gewiß mit ein Anlaß, warum Julian die dynastische Legitimität ablehnte.
c) Die virtuelle Legitimität Im Mustermythos wirft Julian dem reichen Mann, d. h. Constan tin, vor, er habe geglaubt, die Menge der Nachkommen sei aus reichend, um den Besitz zu erhalten, er habe nicht dafür gesorgt, daß sie tüchtige Männer wurden.1" Julian wendet sich damit zu gleich gegen den alten römischen Grundsatz, vornehme Abstam mung und virtus gingen stets zusammen. In der Kaiserideologie trat er insbesondere als Rechtfertigung zur dynastischen Legitimi tät auf.u• Julian ist überzeugt, daß ihn nicht seine Abstammung, son dern die Hilfe der Götter zu seinen Taten befähigt habe; der Brief an die Athener wird von diesem Gedanken durchzogen. Für ihn verbinden sich charismatische und virtuelle Legitimität. Diese aller dings offen zu beanspruchen, hätte gegen die Sitte verstoßen. Daher nimmt der Rechenschaftsbericht in dem Propagandaschreiben zwar einen wichtigen Platz ein, und e silentio ergibt sich aus ihm, daß die Erfolge des Caesar die Voraussetzung für die Erhebung waren, aber eine unmittelbare Kausalität wird nicht hergestellt. Ammian bietet dazu die "laizisierte" Parallele. Wo bei ihm Julian spricht, betont er die virtuelle Legitimität ohne ihre charis matische Komponente.165 Aber auch hier ist der junge Augustus auf decus und modestia bedacht und vermeidet die direkte Anspielung. In der Thronrede stellt er statt dessen die Verdienste seiner Sol-
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daten in den Vordergrund. Dcxh bezeichnend für die eigentliche Ab sicht ist bereits die Anrede:
propugnatores mei reique publicae fortes et fidi, qui mecum pro statu provinciarum vitam saepius obiecistis, quoniam Caesarem vestrum firmo iudicio ad potestatum omnium columen sustulistis . . . (XX 5, 3). Dann gibt Julian einen . . .
überblick über das, was er mit ihnen zusammen in den Kämpfen gegen die Germanen erreicht hat. Er nennt namentlich Straßburg, und die Zuhörer erinnerten sich gewiß, daß sie damals nach der Schlacht schon einmal versucht hatten, ihn auf Grund seiner
merita
zum Augustus zu erheben.'" Im Rechtfertigungssdueiben an Con stantius verknüpft er geschickt die Hintergründe der Erhebung mit seinen eigenen Taten und denen der Soldaten (XX 8, 6-8). Vor dem Marsch gegen Constantius beschwört er ncxh einmal die ge meinsam errungenen Erfolge, rückt jetzt aber stärker die eigene Leistung als die unentbehrliche Voraussetzung in den Mittelpunkt (XXI 5, 3-5). Dieser Rede korrespondiert bei Ammian die Ansprache des Con stantius an seine Truppen in Hierapolis, als er sich gegen den Usurpator wendet. Auch er stellt - in abwertender Interpretation - Julians Erfolge als alleinige Ursache der Usurpation hin (XXI 13, 13). d) Das
bonum commune
Virrus als Voraussetzung der Herrschaft hat nod:l einen besonde ren Aspekt, der als eigenes legitimistisches Prinzip gegolten hat, das bonum commune. Im Rechtfertigungsbrief an Constantius legte Julian darauf das Schwergewidlt und versucht, ihn so zur concordia zu bewegen.'57 Er konnte sich davon um so eher eine Wirkung ver sprechen, als Constantius selbst nachdrücklich auf den Nutzen für das Reich verwiesen hatte, als er ihn zum Caesar ernannte.'" Der
consensus universorum,
der seiner Ablehnung entgegengehalten
wurde, wurde ebenfalls vom bonum commune bestimmt: Die res publica, die Julian vor den Barbaren gerettet hat, die aber immer noch bedroht ist, hat ihm den Augustustitel verliehen.m Eunap nennt im Anschluß an Julians Leibarzt Oreibasios allein das bonum commtme, dessentwegen er die Kaiserwürde übernommen habe.'"
Beobachtungen zur Erhebung Juians l
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Das Gemeinwohl erscheint auch im Mustermythos, wo Helios das Idealbild der zukünftigen Herrschaft Julians entwirft, im Gegen satz zur Mißwirtschaft seines Vorgängers.lfl Als Julian den Angriff gegen Constantius eröffnete, verantwor tete er diesen schwerwiegenden Schritt vor den Soldaten mit den Worten, er sei reinen Gewissens,
quod nihil voluntate praeter ea, quae in commune conducunt, adgrediar aut temptabo.16! Im Brief an die Athener erinnert er sich rückblickend an diese Ausführungen, nämlid:l daß ihn wohl die eigene Sicherheit zum Angriff bestimmt
habe, mehr aber nodt i) t&v xotv&v eun{)ayLa und die Freiheit der Gallier.u� Insgesamt war die ideologisd:le Legitimität ihrer Natur nach flexibler als die faktische Legitimation. Diese war an feste äußere Bedingungen gebunden, die erfüllt werden mußten, um sie nid:lt von vornherein zu diskreditieren. Dagegen konnten von
den ver
schiedenen Legitimitätsarten nötigenfalls eine oder mehrere fiktiv beansprucht werden.184 Das hing zu einem großen Teil von den äußeren Umständen ab, der persönlichen Auffassung des Präten denten, der Einstellung der Angeredeten. Das Obergewicht der charismatischen Legitimität in den Schriften Julians entsprang sei ner ionersten Überzeugung. Aber im Rechtfertigungsbrief an Con stantius, wie ihn Ammian und Zonaras überliefern, erwähnte er sie nid:lt und betonte statt dessen das bonum commune, das er als das für den Kaiser ausschlaggebende Moment betrachtete. Ebenso ist das Vorherrschen der virtuellen Legitimität bei Ammian in dem betreffenden Zusammenhang gewiß historisch. Der ehemalige Soldat richtete seine Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken Julians und seiner Truppen. Für diese gab vor allem die
virtus
des Feld
herrn den Ausschlag. Eine unangebrachte Legitimitätspolitik konnte aber auch schaden. Das erfuhr Julian, als er an den römischen Senat die Invektive gegen Constantius schickte 165 und zur gleichen Zeit Constantin d. Gr. verunglimpfte."e Mit der darin zum Vorschein kommenden Verurteilung der dynastischen Legitimität schoß er nad:l Ansicht der Senatoren über das Ziel hinaus.
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IV. Die geplante Erhebung Der Ablauf der Proklamation, wie er von Julian und Libanios, Ammian und Zosimos geschildert wird, und die plausiblen psycho logischen Gründe, die sie für das kollektive Vorgehen der Soldaten anführen, waren meistens der Anlaß, die Oberlieferung bei Eunap, Zooaras und den ohnehin voreingenommenen christlichen Schrift stellern zu verwerfen, Julian selbst oder sein Freund Oreibasios habe die Erhebung betrieben. War nicht die Recusatio der beste Gegenbeweis? Doch diese konnte wohl echte Ablehnung bedeuten, aber ebensogut nur zeremonielle Haltung sein.l67 Im zweiten Fall wäre zumindest Julians plötzliche Wandlung bei der eigenhändigen Krönung leichter zu verstehen,168 obwohl die andere Oberlieferung dafür die beste Erklärung hat: Er vermochte den drohenden Sol daten, letztlich dem göttlichen Auftrag nicht länger zu widerstehen.
Aber verriet er seine wahre Absicht nicht bereits vorher, als er
mit
den Soldaten über den geziemenden Krönungsschmuck verhandelte? Oder dachte er im Gegenteil, sie von ihrem Vorhaben abzubringen, wenn kein Diadem vorhanden war und er ihre Ersatzvorschläge ablehnte? Wieso konnten sie überhaupt von ihm verlangen, ein Diadem beizuschaffen, da sie sich doch im klaren waren, daß nur der Augustus ein solches besaß, und sie ihn selbst mit dem Band diadem der Caesares tso nie gesehen hatten? 170 Denn bei der Er nennung zum Caesar bekleidete ihn Constantius nur mit dem Purpur.171 War die Forderung für sie deswegen so selbstverständ lich, weil sie wußten, daß die Proklamation in irgendeiner Weise vorbereitet war? Der Verlauf der Erhebung und das Verhalten Julians bis zur Krönung sind also zumindest zweideutig. Sie schlie ßen die Möglichkeit einer äußerst geschickten Regie nicht aus, die dafür sorgte, daß man ihm nicht den geringsten Vorwurf machen konnte, bis er endlich dem Zwang der Soldaten bzw. dem Willen der Götter nachgab. Es gibt aus der Zeit vor der Erhebung Indizien, die diese Annahme erhärten: Julian berichtet in einem Brief an Oreibasios, er habe im Traum in einem Triklinion einen großen umgestürzten Baum erblickt, aus dessen Wurzel ein Schößling gesprossen sei.m Man hat darin ver schiedentlich eine Andeutung gesehen, daß er sich in Gedanken mit
Beobachtungen zur Erhebung Julians
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weitergehenden Plänen beschäftigt habe. Beweiskräftiger wird der Brief, wenn man den Traum als literarische Fiktion erkennt.l73 Julian benutzte eine Traumsymbolik Nach Artemidor 174 weissagen die vor dem Haus und im Inneren stehenden großen Bäume den Tod des Hausherrn; blühende, fruchttragende Bäume verheißen Gutes, verdorrte, entwurzelte oder vom Blitz getroffene Bäume bedeuten Unglück. Zuvor hatte Oreibasios einen Traum mitgeteilt, aus dem er auf zukünftige Ereignisse schloß, und Julian stimmte seiner Deutung zu.m Möglicherweise verschlüsselten die beiden Freunde in dieser Weise ihren Gedankenaustausch über gemeinsame Pläne vor den Spitzeln des Constantius. Ein weiteres Zeugnis aus den Schriften Julians ist der Eingang des zweiten Panegyricus auf Constantius. Er eröffnet ihn program matisch mit dem homerischen Paar Agamemnon und Achill, das sich zerstritten und wieder versöhnt habe. Der Dichter habe die Könige belehren wollen, ihre Macht nicht im Obermut zu gebrauchen, und die Feldherrn, deren Vorwürfe gelassen zu ertragen.176 Bei dieser allegorischen Darstellung mag Julian einen konkreten Anlaß vor Augen gehabt haben,177 aber sie betraf nicht allgemein das bisherige Verhältnis zwischen Caesar und Augustus,178 die noch keinen ernst haften Konflikt miteinander gehabt hatten. Sie bekommt jedoch einen hintergründigen Sinn, wenn man an die bevorstehende Aus einandersetzung denkt : Im Hinblick darauf paraphrasiert Julian ausführlich die Versöhnungsszene der Helden 179 und preist an schließend - eine durchsichtige
captatio benevolentiae
-
die
O'l.lyyvwJA.'l'J des Constantius, den er im Rechtfertigungsschreiben bitten wird: ignosce enim 18° Auch das dortige Lob der concordia .
klingt im ersten Kapitel des Panegyricus bereits an. Der zeitliche Ansatz des zweiten Panegyricus und des Briefes an Oreibasios, die Jahreswende 358/59,181 paßt zu einem weiteren Indiz, das Müller-Seidel an Hand der Germanenpolitik gewonnen hat182: Mit dem Kriegsjahr 359 wandte sich Julian von seiner bis herigen ausgreifenden Politik ab und beschränkte sich darauf, Gal lien zu sichern; er habe das getan, um für andere Ziele den Rücken frei zu haben. Man kann dagegen einwenden, daß eine weiter gehende Expansion für das Römische Reich im vierten Jahrhundert gar nicht mehr möglich war und der Caesar sich in richtiger Ein-
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schätzung seiner Kräfte zurückgezogen habe, nachdem er den Gegner eingeschüchtert und sozusagen aktive Defensive betrieben hatte.183 Erst die Verbindung mit den vorhergenannten Indizien t84 erlaubt den Schluß, daß sich im Wandel der Germanenpolitik sach liche Notwendigkeit und persönliches Interesse verbunden haben, und zwar geraume Zeit vor dem endgültigen Bruch. Im folgenden Jahr bis zur Usurpation finden sich weitere Anzeichen,185 und noch während der Verwicklungen, die auf die Truppenforderung des Constantius folgen,186 ist die Loyalität Julians nicht über jeden Zweifel erhaben.t87 Zu den von Müller-Seidel genannten Argu menten sind noch die folgenden beiden hinzuzufügen : 1 . Julian be hauptet, er habe bis zum Tag der Proklamation nichts von den Absichten der Soldaten gewußt.188 Im Brief an Constantius heißt es dagegen bei Ammian richtig, das Heer habe mit der Proklamation längst Beschlossenes erfüllt (XX 8, 7). Es ist undenkbar, daß der Caesar, der ein so enges Vertrauensverhältnis zu Offizieren und Soldaten gehabt hat, nichts von dem, was hier drohte, bemerkt haben soll; der Anlaß zur Klage war ja schon älter, wie er selbst sagt. 2. Die Revolte wurde dadurch ausgelöst, daß die germanischen Auxilien entgegen früheren Vereinbarungen Gallien verlassen soll ten. Auch Julians Angebot, ihre Familien auf Staatskosten mitzu schicken, konnte sie nicht umstimmen. Ein Jahr später überredete er sie, eben das zu tun, was sie vorher verweigert hatten, wobei sie ihre Familien zurücklassen mußten und der Erfolg für sie selbst unsiche rer war. Thompson gibt zu, diesen schon lange erkannten Wider spruch nicht lösen zu können, wendet nur ein, daß man im zweiten Falle nicht einfach auf Julians Beredsamkeit verweisen dürfe.t8t Der Widerspruch ist nur scheinbar. Die Tatsache, daß Julian ein Jahr später die Auxilien unter wesentlich schlechteren Vorausset zungen zum Abmarsch bewegen konnte, läßt nur den Schluß zu, daß er dasselbe 360 auch erreicht haben würde, hätte er nur gewollt und seine Überredungskunst ehrlich eingesetzt. An seinem Wunsch, die untergeordnete Stellung aufzugeben, be steht also kein Zweifel. Doch läßt sich gegen sein Verhalten wäh rend dieser Zeit ebensowenig ein direkter Vorwurf machen wie bei der Proklamation selbst. Die Doppeldeutigkeit erlaubte ihm, auch als Alleinherrscher noch zu schreiben, er sei gegen seinen Willen
Beobachtungen zur Erhebung Julians
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Augustus geworden.190 Abgesehen davon modlte er es aus Ober zeugung verkünden, da ihn Skrupel nicht nur während der Vor bereitung und bei der Proklamation quälten,191 sondern noch bis zum Tode des Constantius.m Sie waren gewiß ein Grund für diese Doppeldeutigkeit. Ein zweiter äußerer Grund kam hinzu, die Furcht vor den Constantius ergebenen Beamten und Offizieren. Ihre Opposition war leicht vorauszusehen, und tatsächlich setzten ihre Gegenbemühungen sofort nach der Proklamation ein und brachten Julian in eine gefährliche Lage.t93 Er verdankte seine Ret tung den gallisch-germanischen Auxilien der Petulantes und Celtae. Seine Gegner hatten sich natürlich vor allem um die römischen Truppen bemüht, die vom Abmarschbefehl des Constantius weniger berührt worden waren. Zur Sorge um die persönliche Sicherheit kam die Sorge um die Legitimität. Sie war der dritte Grund für seine Zurückhaltung. Er mußte den Schein jeder Initiative ver meiden, um nid:tt als Usurpator zu gelten. Das hätte dem charis matischen Prinzip widersprochen. Außerdem hätte er seinen christ lichen Gegnern zugegeben, daß der Wille der Götter eine Manipu lation gewesen wäre, und hätte auf diese Weise seinen religiösen Reformabsiehten geschadet. Betrachten wir jetzt noch einmal das besondere Zeremoniell der Proklamation, so spiegelt sich auch hierin die geschickte Politik Julians. Er achtete darauf, daß es den Rechtsvorgang nicht beein trächtigte; im äußersten Notfall aber hätte es ihm erlaubt, sich leichter zu distanzieren. Die drei genannten Gründe veranlaßten ihn, nachdem er mit der Krönung den entscheidenden Sd:tritt voll zogen hatte, sein neues Amt nur in dem Maße zu repräsentieren, wie sich seine Macht festigte, so, als die Petulantes und Celtae den Palast besetzt hatten 194 und als Sintula mit den früher abgezoge nen Truppen zurückgekehrt war. Diese waren eine willkommene militärische Verstärkung; noch wichtiger war der moralische Er folg.195 Von nun an konnte er selbstsicherer auftreten t96 und hielt seine Thronrede. Den Abschluß dieser Entwicklung bildete der consensus universorum, mit dem seine Würde als Augustus wenig
stens in Gallien endgültig gesichert war.t97
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434 V. Julians
Pläne für eine Samtherrschaft
Julian spielte mit der Erhebung ein gewagtes Spiel. Er spielte es geschickt und hatte Erfolg. Damit stand er vor der Aufgabe, seine Stellung im Reim neben dem Senior Augustus neu zu regeln. Die Lösungen, die er vorschlug, hielten sich eng an die geschichtlich vor gegebenen Möglimkeiten. Obwohl sie nicht verwirklimt wurden, sind sie ein Zeugnis in der Reihe der Reformen des vierten Jahr hunderts, die sich um eine Neuorganisation der Spitze des Reimes bemühten aus der Einsicht, daß der einzelne Herrscher dessen Krise nicht mehr wirksam begegnen konnte. Julian hatte zunämst keineswegs die Absicht, über das Gebiet, das er als Caesar verwaltet hatte, die gallische Präfektur, hinaus zugreifen.'" Im Redltfertigungsschreiben an Constantius erkannte er dessen Vorrang vorbehaltlos an, indem er ihm zugestand, das Amt des Praefectus praetorio zu besetzen,190 ihm also die Gelegen heit ließ, jederzeit mittelbar in seinem Verwaltungsbereich einzu greifen. Daß er die Interessen des Gesamtreimes wie bisher vertre ten würde durch Abwehr der vordringenden Germanen und Siche rung der Grenzen, verstand sim von selbst. DO<:h wollte er dabei nach eigenem Gutdünken verfahren, ebenso dort, wo es um die zi vilen Belange seines Reimsteiles ging und um die persönliche Form seiner Herrschaft. Daher behielt er sim vor, iudices und stipatores zu ernennen.200 Für diese Vorschläge gab es ein nahes Vorbild: Nach Constantins Tod hatten sich seine drei Söhne Constantin 11., Constantius und Constans in der Konferenz von Viminacium in der folgenden Weise geeinigt!01: Das Reim wurde zweigeteilt. Entsprechend den Ver waltungssprengeln der Caesares erhielt Constantius den Osten, vermehrt um Thrakien, das dem ermordeten Dalmatius unterstan den hatte ( = Praefectura Orientis). Constantin li. regierte im Westen; sein Kerngebiet war die Praefectura Galliarum (Gallien, Britannien, Spanien). Ihm als dem .i\hesten kam wie dem Jovius in der diokletianischen Ordnung eine Vorrangstellung zu, verbunden mit der Oberhoheit über den minderjährigen Constans, der weiter hin wie als Caesar Italien, Illyricum und Africa verwaltete, wozu aus dem ehemaligen Sprengel des Dalmatius Adlaia und Macedonia
Beobadltungen zur Erhebung Julians kamen
{= Praefectura ltaliae).202
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Die Oberhoheit bestand einmal
in der Initiative bei der Gesetzgebung, die sich ohne Unterschied auch auf das Gebiet des Constans erstreckte.203 Zum anderen konnte der jüngste
Augustus
den
Praefectus praetorio
für sein Gebiet nicht
selbst ernennen. Gleichwohl hatte er wie seine Brüder einen eigenen
comitatus t04
und eigene Truppen, die er selbständig befehligte.tos
Julian wollte die Ordnung erneuern, die
337-340
zwischen Con
stantin II. und Constans bestanden hatte, nur stand jetzt nicht die gallische Präfektur gegen die italische, sondern diese mit der orien talischen gegen die gallische; auch das Kräfteverhältnis stand ein deutig zugunsten des Constantius. Der Appell an die
concordia exemplum maiorum, mit dem Julian den Brief an den schloß (Amm. XX 8, 17}, mochte um so eher wirken, als
und das Senior
Constans, solange er nachgeordneter Augustus war, ein gutes Ver hältnis zu Constantius gehabt hatte.2" Als Constamius ablehnte, kortnte Julian nicht mehr zurück, wollte er sich und seine bisherigen Anstrengungen nicht aufgeben.2°7 Damit schien der bewaffnete Konflikt unvermeidlich. Welches kon krete Ziel strebte er jetzt an? Denn daß ihm die Alleinherrschaft durch den Tod des Constamius zufallen würde, konnte er nicht wissen.t08 In Gallien verkündete er, er wolle bis an die Grenzen Dakiens vordringen,201 und tatsächlich machte er auf seinem Vor marsch halt am Paß von Succi, der die dakische Diözese von der thrakischen trennte, die zum Bereich des
Orientern
gehörte. Von
340 bis 350
Praefectus praetorio per
war der Paß die Grenze zwi
schen dem Ostteil unter Constantius und dem Westteil unter Con stans. Dessen Nachfolger wollte Julian nun offensiebtlieb werden. Denn nachdem er die strategische Schlüsselstellung gesichert hatte, zog er sieb nach Naissus zurück. Allgemein nimmt man an, er habe bei Succi eingesehen, daß er seine Kräfte überspannt habe. Doch nicht militärische Gründe waren für die Umkehr verantwortlich. Er hätte zu diesem Zeitpunkt leicht durch Thrakien nach Konstanti nopel vorstoßen können.!IO Der Machtzuwachs durch die thrakische Diözese hätte den Nachteil der verlängerten Nachschubwege aus Gallien bei weitem aufgewogen. Auch war ihm die strategische Be deutung der Meerengen wohlbekannt, und nicht weniger der ideelle Gewinn, den ihm die Herrschaft über die Nea Pro!J.YJ gebracht
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bätte.m Er respektierte die Scheide zwischen Ost und West,m wieder dem exemplum maiorum folgend, das eine Lösung des Kon flikts nach Art der zehnjährigen Samtherrschaft des Constans und Constantius anbot. Er stellte es dem Senior Augustus anheim, das Angebot anzunehmen oder sein Glück mit den Waffen zu ver suchen, wobei, wie er wußte, der Ausgang für beide ungewiß ge wesen wäre.m Constantius' plötzlicher Tod bat die Entscheidung überflüssig gemacht.
Anmerkungen 1 Julians eigener Bericht im Brief an die Atbener (zitiert wie seine übrigen Schriften nach der Collection Bude); die umfangreiche Darstel lung Ammians; die Abrisse in der Epitome de Caesaribus des Ps. Aurelius Victor, bei Zosimos und Zonaras; verstreute Bemerkungen bei Eunap (vita Maximi, vita Oribasii, FHG IV 14) und bei christlichen Schrift stellern, vor allem Gregor von Nazianz, Philostorg und Socrates; die Reden des Libanios (or. XII; XIII; XVIII). t Die wichtigsten, auf selbständiger Quellenarbeit beruhenden Werke sind W. Koch, >Kaiser Julian der Abtrünnige. Seine Jugend und Kriegs thaten bis zum Tode des Kaisers Constantius (331-361). Eine Quellen untersuchung•, Jahrbücher für .classische Philologie, Suppl. 25, 1899, 329 bis 488; J. Geffcken, Kaiser Julianus (Das Erbe der Alten 8), Leipzig 1914; J. Bidez, La vie de l'empereur Julien, Paris 1930. 3 Vom Herrscherideal in der Spätantike, Stuttgart 1939, bes. 58-66. ' >Insignien und Tracht der römischen Kaiser•, RM 50, 1935, 52-54. 6 •Zur Torqueskrönung und Schilderhebung bei der Kaiserwahl<, Klio 35,1942, 268-298. • •Die Usurpation Julians des Abtrünnigen im Lichte seiner Ger manenpolitik<, HZ 180, 1955, 225-2-44. 1 Vgl. zuletzt K. Hauck, •Halsring und Ahnenstab als herrscherliebes Würdezeichen•, in: P. E. Schramm, Herrschaftszeichen und Staatssymbolik. Beiträge zu ihrer Geschichte vom 3. bis zum 16. Jahrhundert, Bd. I (= Schriften der Monomenta Germaniae historica 13, 1 ), Stuttgart 1954, 184-186. 8 Bereits J. Grimm, Deuuche Rechualtertümer, Göttingen 1828, 235 (1899', 324) wies darauf hin, daß man dort, wo die Quellen bei früheren Proklamationen von lware oder ai(lew sprechen, nicht auf eine Schildererhe bung schließen darf. Enßlin hat das a. a. 0. 294-296 weiter ausgeführt. • Anders Straub, Herrscherideal 61; 64-65.
Beobachtungen zur Erhebung Julians
437
10 ]. Vogt •Ammianus Marcellinus als erzählender Geschichtsschreiber der Spätzeit<, Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Geistes- und sozialwissensch. Kl. 1963, Nr. 8, 7-15. 11 R. Much, Die Germania des Tacitus, Heidelberg 1937, 106. 12 Claudius Quadrigarius (bei Gellius N. A. IX 13, 14) und Livius VII 10, 5 : T. Manlius Torquatus bewaffnet sich gegen den Gallier mit einem scutum pedestre. u XVI 12, 57; XVII 12, 10. 14 XXV 3, 8. 15 Straub, Herrscherideal 15-18 hat ihre Bedeutung an Hand von Ammians Bericht über die Proklamation des Valentinian, Valens und Gratian herausgearbeitet. l6 Ep. ad. Athen. 11, 285c. Allerdings ist er in der Abfolge nicht genau, da er die 'Erhebung' erst bei dem wenig späteren Zusammentreffen mit den Soldaten im Palast (vgl. S. 413) erwähnt. 17 Zosimos läßt das Pronomen indefinitum gewöhnlich unmittelbar auf die Präposition folgen (I 6, 2; Il 41, 5; li 14, 2; 15, 5 ; 16, 1 ). Zu Lib. or. XIII 33-34 vgl. S. 412. 18 A. a. 0. 52-54. 19 A. a. 0. 268-282. 20 Quintilian, Inst. XI 1, 3 : ut monilibus et margaritis . . ., quae sunt ornamenta feminarum, deformentur viri . . .
XIII 10, p. 204A Dindorf. 22 R. Delbrück, Spätantike Kaiserporträts von Constantinus Magnus bis zum Ende des Westreichs, Berlin-Leipzig 1933, 62-63; M. R. Alföldi, Die constantinische Goldprägung. Untersuchungen zu ihrer Bedeutung für Kaiserpolitik und Hofkunst, Mainz 1963, 98; 105. 23 Jul. ep. ad Athen. 11, 284d: �tavuixT}v Ttt()Lt�2!1TJV. 24 Delbrück a. a. 0. 25 Vgl. S.419ff. 26 Ihre Rolle hat nach Straub, Herrscherideal 62-64 umfassend ]. Beranger geklärt: Recherehes sur l'aspect ideologique du principat (Schweizerische Beiträge zur Altertumswissenschaft Heft 6), Basel 1953, 137-169. Sie wird für die Frage nach einer etwaigen absichtlichen Usurpation wichtig sein (vgl. S. 430). 27 Amm. XX 4, 18. 28 5 Solidi wurden an den Quinquennalien verteilt (Fiebiger, RE V 1544-45 s. v. Donativum). Macrinus spendete 217 anläßlich der Thron erhebung seines Sohnes 3 Aurei ( = Solidi), und als er den Kaisernamen Antoninus erhielt, noch 5 Aurei dazu (SHA vita Diad. 2, 1). Enßlin a. a. 0. 272-73 verweist auf zwei spätere Parallelen. u
438 tt
Klaus Rosen Amm. XVI 5, 3; 5, 10.
30 Ep. ad Athen. 11, 285a; vgl. Amm. X.X4, 19-20. 31 A. Alföldi, >Die Ausgestaltung des monardlischen Zeremoniells ;�m römischen Kaiserhofe<, RM 49, 1934, 25-38; W. Enßlin, >Der Kaiser in der Spätantike<, HZ 177, 1954, 455. 11 Ep. ad Athen. 11, 285a; ep. 26, 415b-c; Amm. XX 4, 20; Lib. or. XVIII 102-103. 33 Amm. XX 4, 22. 34 Amm. XIX 12, 17. u Ep. ad Athen. 11, 285b-c. 38 Lib. or. XVIII 102: <1'tQ
Beobachtungen zur Erhebung Julians
439
nt:QtßAiu.L«1:� Ötaq>alv
t!;al{>h(f>
die folgende Stelle 5, 6 als Beleg an, wo Euseb ausdrücklich ciAouQyl� und 6t6.6rt!!« nebeneinanderstellt. Doch bereits 1:0 ,;fis Ö.J.Utex6vytc; neQl ßltj!« meint das Diadem. Ö.J.Utex6vyt, das einen feinen Schal, in über tragener Bedeutung einen entsprechenden Kopfschmuck bezeichnet (vgl. Stephanus TGL s. v.), paßt gut für das Banddiadem; neQlßl'I'Jj!Cl ist die übliche Obersetzung von palla, deren Enden oft über dem Kopf getragen wurden (vgl. H. Blümner, Die römischen Privataltertümer, HdAW IV 2, 2, München 1911, 236). 6a• Die Entwicklung behandelt M. R. Alföldi, Goldprägung 93-104. " Daher sagt julian, ep. ad Athen. 11, 284d : oiin 1:1)v 1tQOOQ'I'JOW oüu 'tOV odcpavov 1tQOOIEI!TI"· " Vgl. für die Spätantike L. Wicken, RE XXII (1954), 2292, s. v. Princeps. Mommsen hat dem constnsus die Rechtsfunktion generell ab gesprochen, was aber selbSt für den frühen Prinzipat nur mit Einschrän kung gilt (vgl. H. U. lnstinsky, >Consensus universorum<, Hermes 75, 1940, 276). 68 Amm. XX 9, 4; Zon. XIII 10, p. 205C. "" Zoo. XIII 10, p. 206D. 67 Amm. XX 5, 3 ; vgl. die Rede vor dem Abmarsch gegen Constantius XXI 5, 5: at nunc, cum auetoritau vtstri iudicii rtrumque nectssitatt conpulsus ad Augustum tlatus sum culmtn . . . 68 Ein Präzedenzfall war die Abdankung Vetranios 354: novo inusita toque more consensu militum deponere insigne conpulsus (Eutrop X 11, 1). 61 Er unterstreicht den consensus bereits beim Vorspiel zur Erhebung XX 4, 14: . . . Augustum lulianum horrendis clamoribus concrepabant, . . . Augustum appellavere consensione firmissima; 4, 17: conclamabatur post haec ex omni partt nihilo minus uno parique ardore nitentibus universis ; vgl. Eutrop X 1 5, 1 : consensu militum Juli anus factus Augustus est. to Or. XVIII 97-98; Or. XII 59 und XIII 33-34 handeln die Sol daten unter dem Einfluß der Götter (vgl. S. 425). •• Gregor or. IV 46 (PG 35, p. 569): xat 1:0 J,tev 3tQ<ÖTov a\n:
. . •
440
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überreicht hat, wie Ammian XX 9, 6 behauptet, ist nach Zonaras' Worten unwahrscheinlich, der XIII 10, p. 206D sagt, der Gesandte habe allein mit Julian verhandelt und ihn aus Angst gebeten, ihm den Auftritt yor den Soldaten zu ersparen. Das klingt wie eine Berichtigung der Über lieferung bei Ammian. Zooaras hat eine gute Quelle benutzt, denn die Leonasepisode hebt sich durch Umfang und pathetische Gestaltung von ihrer Umgebung ab. Sie geht vielleicht auf eine Sammlung nach Art von Const. Porphyr. de Iegationibos zurüdl. Eunap, der von Zosimos benutzt wurde, kann die Quelle nicht sein, da dieser III 9, 4 von mehreren Ge sandten spricht. Zooaras fährt fort: (Aerovii;) u1tE17TQ&IjJE fA.&Ta YQ
Beobachtungen zur Erhebung Julians
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Vgl. Instiosky a. a. 0. 18 >Le mode d'�lection de Julien a Ia dignite d'empereur•, REA 12, 1910, 47-66; JuUians Nachtrag ib. 377-82. •• A. a. 0. 49-50. e1
70 Vgl. die ebendort genannten Gesetze des Codex Theodosianus.
71 XX 9, 6.
Auch kommt res publica als Synonym für citJitas bei Ammian nicht vor. ]. A. 0. Larsen, >The Position of Provincial Assernblies in the Government and Society of the Late Roman Empire•, Cl Ph 29, 1934, 209-220; J. Deininger, >Die Provinziallandtage der römiscnen Kaiserzeit von Augustus bis zum Ende des 3. ]h. n. Chr.<, Vestigia 6, 1965, 184. 74 Vgl. die Anm. 66 zitierte Libaniosstelle. 71 JuUian a. a. 0. 379-81 überschätzt ihre Rolle. 7• Ammianus Marcellinus, Römiscne Gescnicnte, Lateiniscn und Deutsen II (Scnriften und Quellen der Alten Welt 21, 2}, Berlin 1968. 77 Zum rhythmischen Akklamieren vgl. Alföldi, RM 49, 79. 78 Vgl. S. 429. 71 litteris haec eadem indicantibus bedeutet nicht, wie Seyfarth a. a. 0. 199, 91 annimmt, daß Julian in dem neuen Brief Constantius dieselben Vorsenläge wie früher gemacnt habe. Dem widerspricnt auch Zonaras' Paraphrase (vgl. Anm. 62). •• Amm. XXI 5, 9-10; vgl. A. v. Premerstein, Vom Werden und Wesen des Prinzipats, MündJen 1937, 78. 81 Vgl. S. 420. 81 Zu dieser Bedeutung von senior vgl. Hartke a. a. 0. 153-54. 8S Die Glaubwürdigkeit des von Ammian XX 8, 5-17 wiedergegebenen Briefes bemißt sicn nach dem Redensatz des Thukydides I 22 (vgl. aucn Hartke a. a. 0. 166 und Anm. 3). Die Paraphrase bei Zooaras XIII 10, p. 204A-205B stimmt in den Hauptpunkten mit Ammian überein; vgl. Zos. III 9, 3; Lib. or. XIII 34. 84 Zur vorgescnlagenen Samtherrschaft vgl. S. 434 ff. 86 Die entscneidenden Worte bei Zooaras und Ammian lauten: xat 71
71
&sui>v lltsaofra� 1:ijv 1:ij� &Q�ii� xo�vrovlav, EL� oo
442
Klaus Rosen
concordia vicissim sibi cedentium principum meliorem revocavit in statum (8, 17). iustitia 8, 1 1 bezieht sidt nidtt auf das formale Redtt, sondern
meint die Billigkeit (vgl. Verf. Studien zur Darstellungskunst und Glaub ' würdigkeit des Ammianus Marcellinus, Diss. Heidelberg 1968, 2'24). 88 Vgl. S. 414. 87 Ep. ad Athen. 12, 286a. 87• Ep. ad Athen. 12, 285d; vgl. 8, 280 d-281 a. 88 Zon. XIII 10, p. 205 B. 89 ib. 90 Vgl. S. 425 und Anm. 59-61. Zonaras geht nach der Leonasepisode (vgl. Anm. 62) offensichtlidt zu einer dtristlidten Quelle über, in der Julian als TU(>ctvvo� = usurpator erscheint (XIII 10, p. 206D; 11, p. 206A; 11, p. 207C). 91 Ep. ad Athen. 11, 285a; ep. 26, 415b; vgl. Lib. or. XVIII 102-103. 92 Amm. XX 4, 6-8. 93 ib. 8, 21. 94 Ep. ad Athen. 8, 281a; Amm. XX 9, 9. 9s Amm. XX 9, 8; vgl. S. 434. 98 Vgl. S. 419. 97 Amm. XXI 3, 6. 98 ib. 4, 1-6. 99 Zon. XIII 11, p. 206A: mho� ös ('Iou)..ßvo�) neo; Ef!<JlUAtov 1iTOLf!Ctl;El:O TCOAEf!OV. Dagegen Zos. III 9, 5: xat Kc.ova'taV'ttO; �-t€v neos E!l<JlUALOV 1tCI.(>EGXE\Jal;ETO n6At�-tOV.
100 Ammians militärische Kritik am Vormarsch behandeltE. A. Thomp son, >Three Notes on Julian in 361 A.D.<, Hermathena 62, 1943, 83-95, bes. 88-90. 10I XXI 13, 10-15; vgl. Verf. a. a. 0. 133. 102 Amm. XXI 9, 8. 103 Nach der übersieht bei Dessau ILS III 1, 257-311 führen die Caesares so gut wie nie den ImperatortiteL Audt in den Panegyrici wer den nur die Kaiser, nie die Caesares mit imperator angeredet. 104 ]. Straub, Studien zur Historia Augusta, Bern 1952, 147-148; Verf. a. a. 0. S. 70. 105 Amm. XXI 11, 2. initium wird von den Herausgebern zu Unredtt verdädttigt; Seyfarth a. a. 0. 207, 109 verweist auf Ta lt(>ÖJ'tct in der Be deutung "die erste oder hödtste Stelle". 106 Amm. XXI 11, 3. 107 ib. 12, 19. 108 ib. 10, 7. 109 Vgl. RAC I Sp. 222; 224 s. v. Akklamation (Th. Klauser).
Beobamtungen zur Erhebung Julians
443
110
Eine Anzahl der Vorwürfe, die Ammian im weiteren Verlauf gegen Julian erhebt, richtet sieb insbesondere gegen dessen Benehmen; vgl. Verf. a. a. 0. 132 ff. 111 Anders Straub, Herrsd!erideal40. 11r Amm. XXI 12, 24. m Amm. XXI 15, 4. 114 Ammian spricht zweimal nachdrücklieb von einem Gerücht (XXI 15, 2; 15, 5). XXII 2, 1 läßt er die Gesandten, die Julian die Todesnach riebe überbringen, die Designation hinzufügen. Verdächtig ist, daß ein Mann wie Libanios nimts von ihr weiß. 116 Amm. XXII 2, 3, der damit auf den Gegensatz zum bisherigen militärismen Vorgehen abhebt; vgl. de Vos a. a. 0. 51, 1 . 111 Vgl. S. 425 ff. 117 Zos. III 11, 2; Zon. XIII 12, p. 209A. 118 Vgl. S. 416 ff. m StR 111 1133. 110 Geschichte des Untergangs der antiken Welt I, Srutcgan 19214, 16. 111 Vgl. seine grundsätzlicnen Bemerkungen, Herrscnerideal 8-10, wo aucn Mommsen und Seeck zitiert werden. 11t A. a. 0. 22-25. m A. a. 0. 59-62; 65-66; 74-75; vgl. id., Studien zur Historia Augusta 1 1 7-118. 114 Sein Interesse für formale Probleme betont Straub, Herrscherideal 20; 58; 60; 66; 75; Studien zur Historia Augusta 118. ua Vgl. Verf. a. a. 0. 136. ut Vgl. aucn Wickert, RE XXII 2291. Zur remtmäßigen Erhebung Valeminians II. (Amm. XXX 10, 5: imperator legitime declaratus) vgl. die Bemerkung Hartkes a. a. 0. 217/18, Anm. 3, der sieb gegen Straub, Herrscnerideal 19 (und Studien zur Historia Augusta 144-145) wendet. 117 Ablehnungsbescheid des Constantius - Julians Antwort und der consensus uni'!Jersorum (S. 416 ff.); die beiderseitigen Reden vor dem Aufbrucn zum Krieg (S. 421). 118 11, 284c-d. m Im untersmeide Legitimität und Legitimation, wo Hanke a. a. 0. 171 in die durative Legitimität und das punktuelle Moment der Prokla mation trennt. Der Begriff der Legitimität hat sicn in Anlehnung an moderne staatsrechtliebe Theorien bei einem Teil der Forschung speziell als Bezeicnnung für die ideologischen Grundlagen des Kaiserrums ein gebürgert. Grundlegend zur cnarismatiscnen Legitimität im 4. Jh. Straub, Herrscnerideal 76-145; W. Enßlin, >Gottkaiser und Kaiser von Gottes Gnaden•, SBAW 1943, 6, MündJen 1943.
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Ep. ad Athen. 6, 275d-276d. Amm. XXI 11-12; vgl. S. 435. 132 ib. 12,21-22. 133 ib. 11, 3. 134 Contra Heraclium 22, 227c-234c. 135 Ep. 28, 382b-c. 136 Vgl. Straub, Herrs
131
. .
Beobachtungen zur Erhebung Julians
445
FHG IV 23. Contra Heraclium 22, 233d-234a. 162 Amm. XXI 5, 7. 163 13, 287a. lU Vgl. die angebliche Abstammung der zweiten Flavier von Claudius Gothicus (P. Damerau, >Kaiser Claudius Il. Goticus [268-270 n. Chr.]<, Klio-Beiheft 20, 1934, 82-84). 165 Vgl. S. 422. 186 Amm. XXI 10, 8. 167 Vgl. S. 413. 168 Vgl. ib. 169 Vgl. S. 411. no Amm. XX 4, 17: . . . negansque umquam habuisse (sc. diadema). 171 Amm. XV 8, 11. m Ep. 14, 384b. 173 Als Fiktion wurde der Traum bisher nur von R. Asmus, Philologus 61, 578-579, und Geff
161
446
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A. a. 0. 88-89, 10. Ep. 26, 414b. Die Behauptung gehört zusammen mit der im zeitlich anschließenden Brief an den Onkel Julian, er habe den Tod des Constan. tius nie gewollt (ep. 28, 382b). tet Ep. ad Athen. 11, 284b-285a; Amm. XX 4, 19. tn Amm. XXI 1, 1 ; 5, 1 ; XXII 1. tt3 Vgl. S. 420 und Anm. 91. ••• Vgl. S. 413. lU Vgl. s. 414. 1" Vgl. die einleitende Schilderung Arnrnians XX 5, 1-2 und das Nach spiel 5, 8-9 (S. 414). m Vgl. S. 416-417. 188 Ep. ad Athen. 12, 285d: xat ;rbtuxa -roilr; a-roanw-rar; Ö!LÖ<JaL 1101 �tl)ÖEVOt; E;tLi)UilTJOELV, EÜ'CEQ T}JliV E3tLTQE1jiELEV t'xbtwr; oixtiv TUt; raJ. t8t
ttO
ltar;, 'tOit; ;r&;rQay�LEVOLt; ouvaLvtaar;.
1" Amm. XX 8, 14. Julian verspricht zuvor, daß er stets spanische Wagenpferde und germanische Hilfstruppen schidten werde: Die Forde rung des Constantius, die den Konflikt ausgelöst hatte, sollte erfüllt werden. 200 Amm. ib. 201 A. Piganiol, Histoire Romaine, Tome IV 2, Paris 1947, 75; J. Mo reau, JAC 2, 1959, 160-161 s. v. Constantinus 11. tOt M. Fortina, La legislazione dell'irnperatore Costante, Novara 1955, 4-5. Damals wurde die Zahl der Präfekturen auf drei beschränkt: Prae fectura Orientis, Italiae, Galliarum. m Fortina a. a. 0. 6. 104 A. H. M. Jones, The Later Roman Empire I, Oxford 1964, 126. 101 Unabhängig führte er 339 gegen die Sarmaten Krieg. Der Erfolg veranlaßte ihn, die Vormundschaft seines Bruders abzuschütteln und alle Hoheitsrechte für sich in Anspruch zu nehmen (Seedt, Untergang IV, 46; 399). Als Constantin gegen ihn 340 fiel, hatte Constantius keine Gelegenheit einzugreifen, da er an der persischen Front festgehalten wurde. roe Ein Bündnis der beiden jüngeren Brüder gegen den älteren Constantin erschließt Seedt a. a. 0. 46-47; 400 aus Zos. II 41, 1. 207 Ep. ad Athen. 12, 286c-13, 287c; Amm. XXI 1, 2. 108 Amm. XXI 1, 6 ist eine lnurprttatio tx e�tntN. "' Amm. XXI 5, 6. rtt Vom Abfall Aquileias wußte er noch nichts (Amm. XXI 12, 1 : agens tune apud Naissum nihil a ttrgo timens ad�trsum); die gegnerischen Truppen waren weit zerstreut, und es waren kaum die besten, da sie nicht
Beobachtungen zur Erhebung Julians
447
gegen die Perser eingesetzt worden waren; der Gegenstoß des Comes Martianus (Amm. XXI 12, 22) hatte noch nicht begonnen. 21 1 H. G. Beck, >Konstantinopel - das neue Rom<, Gymnasium 71, 1964, 171: .Für den Caesar Julian, den kaum etwas mit Konstantinopel verbindet, ist diese Stadt jedenfalls schon bedeutender als jede andere; das Prädikat secunda sei ihr höchster Ehrentitel" (or. I 4, 5d-6c; 6, Sb-c). Zuletzt vertrat Thompson a. a. 0. 9 1 die Ansicht, Julians Ziel sei Kon stantinopel gewesen und er habe es auch in Naissus nicht aufgegeben. Er stützt sich auf Lib. or. XVIII 116 und die S. Artemii Passio 19-20, p. 72-73 Bidez. Doch geben sie nur die Auffassung wieder, die sich im Osten nach Julians raschem Vordringen verbreitet hat. Libanios lebte in Antiocheia, und der Verfasser der Artemii Passio geht auf Philosearg zurück, der als Eunomianer aus der Sicht des Ostens schrieb. Ein Argu rnenturn e silentio gegen die übliche Auffassung sind auch die Propaganda schriften, die Julian in Naissus verfaßt hat. Sie richten sich ausschließlich an Gemeinden der westlichen Reichshälfte. Hätte er weitergehende Ziele verfolgt, so hätte er die psychologische Kriegführung" auch auf den Osten
.
ausgedehnt.
111 Lediglich Seeck, Untergang IV 298 hat das erkannt, aber seine Mei nung RE X 44 s. v. Julianos insofern revidiert, als er für den Aufenthalt in Naissus wieder nur den Abfall Aquileias verantwortlich macht. tta Ep. ad Atben. 13, 287b; ep. 28, 382c.
Frank 0. Gilliard, The Birch·date of Julian the Apostate. California Studies in Classical Vol. IV (1971), pp. 147-151. Published in 1971 by The Regents of the University of California; reprinted by permiuion of the University of California Press. Aus dem Englisdlen übersetzt von Evo Klopsdl.
Antiquity.
DAS GEBURTSDATUM VON JULIAN APOSTATA Von FRANK D.
GILLIARD
Bereits früher habe ich kurz gegen die weit verbreitete Meinung Stellung genommen, nach welcher die Geburt Julians des Abtrün nigen an das Ende des Jahres 331 gesetzt wird.l Diese Datierung, die hauptsächlich auf dem Werk von Otto Seec:k fußt, ist mit einem idiomatischen Problem verknüpft, das im Englischen und Deut schen, nicht aber im Lateinischen und Griechischen auftritt. Wenn wir sagen, daß jemand "zwanzig Jahre alt" (oder "twenty years " old ) ist, dann implizieren wir, daß er in seinem einundzwanzig sten Lebensjahr steht. Mangelnde Beachtung dieser Doppeldeutig keit hat zu Mißverständnissen bei antiken Datierungen im allge meinen und, wie ich glaube, speziell hier bei der Fixierung von Julians Geburtsdatum geführt.! Präzision ist in diesem Falle sehr wichtig, wenigstens was meine früher veröffentlichten Folgerungen zur Numismatik und Ikonographie angeht, und deshalb möchte ich nun die literarischen Zeugnisse detaillierter untersuchen. Die grundlegenden Texte zur Gewinnung von Julians Geburts datum sind nach einhelliger Meinung die von Ammianus Marcel linus und von Julian selbst. Julians Selbstzeugnis ist allerdings das weniger genaue. In einem Brief an die Alexandriner, den er im November des Jahres 3621 (434 D, Ep. 51, Hertlein) schrieb, spricht er von den zwei Wegen, die er gewandert sei, zuerst den der Christenheit, danach den des Heidentums: oux cif.AQ()"C�O'€<Ji}e yO.p -cijc; Öp�ijc; Moü 1ttl�6f.IEVOL -c(il noptuittvn xaxtlv'I)V 't�V ÖÖÖv ÜX()Lc; hrov ttXOO'L xat
öooötxa-.:ov �Toc;.
"CQU"C'I)V -ljÖ'I)
O'Vv iltoic; 1tO()EUOf.ltv<.ll
Ihr werdet den rechten Weg nicht verfehlen, wenn Ihr mir vertraut, der jenen [falschen] Weg bis zu zwanzig Jahren ging und diesen [rechten] mit Hilfe der Götter bereitS im zwölften Jahr beschreitet.
Das Geburtsdatum von Julian Apostata
449
Seeck schloß aus dieser Passage, daß Julian bei der Abfassung dieses Briefes in seinem zweiunddreißigsten Jahr stand; aber seine Folgerung ist nicht stichhaltig.4 Julian sagt nämlich, daß er dem christlichen Pfad äxeu; hiöv Ell«>Ot folgte, das heißt, "bis zu zwan zig Jahren". Das problematische Wort ist hier i'ixet;, welches ge meinhin mit "usque ad", "bis zu" (eng!. up to) übersetzt wird.
Kann aber äxet; nicht auch die Bedeutungen "bis zu (und aus schließlich)", "bis zu (und einschließlich)" oder "bis zu (und dar über hinaus) " umfassen? Auch wenn es Argumente dagegen gibt, grammatische Präpositionen wie mathematische Thesen zu behan deln, so erlaubt uns doch vielleicht Julians Gebrauch von äxet;, mehr Genauigkeit zu erzielen, als die Übersetzung "bis zu" es kann.
Wenn i'iXQt; "bis zu (und ausschließlich) " bedeutet, dann war Julian wahrscheinlich in seinem neunzehnten Lebensjahr, das heißt acht zehn Jahre alt, als er abtrünnig wurde. Wenn äxet; "bis zu (und einschließlich) bedeutet, dann war er wahrscheinlich in seinem zwanzigsten Lebensjahr. Nur wenn es "bis zu (und darüber hin "
aus)" bedeutet, konnte er im einundzwanzigsten Lebensjahr, das heißt zwanzig Jahre alt sein. Ich kenne dreizehn Stellen, an denen Julian das Wort i'iXQt; gebraucht. Die Bedeutung "bis zu (und ein schließlich)" ist dabei mehrere Male sicher, ohne daß die anderen möglichen Bedeutungen auch nur mit hineinspielen.s Deshalb scheint mir, insofern man überhaupt an Julians rhetorisches Griechisch so strenge Maßstäbe anlegen kann, die Stelle auszusagen, daß er im zwanzigsten Lebensjahr stand, also neunzehn Jahre alt war, als er abtrünnig wurde. Leichter zu interpretieren ist der zweite Teil des Satzes : Julian sagt, daß er im zwölften Jahr (i\Ö'l') öroöExcn:ov ho;) auf dem rechten Wege sei, nämlich dem des Neuplatonismus. . . •
Mit anderen Worten, als Christ hatte er neunzehn volle Jahre plus eine unbekannte Zahl von Tagen und/oder Monaten gelebt, und als Heide hatte er elf volle Jahre plus eine unbekannte Zahl von Tagen und/oder Monaten gelebt. Sein wirkliches Alter läßt sich durch Addition dieser beiden Größen berechnen : 19 + X und
1 1 + X.
Das Resultat, 30 + 2 X, sagt lediglich aus, daß Julian
wenigstens dreißig, nicht aber zweiunddreißig Jahre alt war, als er den Brief schrieb, da selbst ein Annäherungswert von 2 X nicht gegeben werden kann (außer daß er weniger als zwei Jahre
450
Frank D. Gilliard
beträgt}. Das heißt also, daß Julian entweder in seinem ein unddreißigsten oder in seinem zweiunddreißigsten Lebensjahr stand. Wenn wir uns also auf Julians Selbstzeugnis verlassen, dann können wir sein Geburtsdatum auf jede beliebige Zeit zwisdten Dezember 330 und November 332 legen; • diese Aussage ist aber hier nur insoweit von Nutzen, als sie das präzisere Zeugnis von Ammian stützt. Im Zusammenhang mit der Nennung von Julians Todestag (der sidter fixiert ist auf den 26. Juni 363)1 sagt Ammian (XXV 3, 23):
vita facilius est absolutus anno aetatis altero et tricesirno "er wurde sanft erlöst im zweiunddreißigsten Jahr seines Lebens". Mit anderen Worten, Julian starb im zweiunddreißigsten Lebens jahr oder, wie es im Deutsdten und Englisdten heißt, als er ein
unddreißig Jahre
alt war. Es muß also sein
einunddreißigster Ge
burtstag auf irgendeinen Tag des voraufgegangenen Jahres gefallen sein, das heißt, irgendwann zwisdten den
27.
Juni 362 und den
25. Juni 363 (unter der Voraussetzung, daß er nidtt gerade an sei nem Geburtstag starb). Er wurde demnadt zwisdten dem
27.
Juni
331 und dem 25. Juni 332 geboren. Diese zeitlidte Eingrenzung erlaubt uns, andere antike Zeugnisse auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Eutropius 8 paßt deutlidt in unser Sdtema ebenso wie Athanasius 1 und Zooaras 10; Sokrates u hingegen ist in seiner Zusammenfassung redtt verworren, und so wohl er 12 als audt Sozomenos u irren dort, wo sie sidt auf die blu tigen Ereignisse nadt Constantins des Großen Tod beziehen, denn sie wollten Julian zu diesem Zeitpunkt sieben Jahre alt sein lassen. Aber nadt dem Datum, das wir von Ammian gewonnen haben, gerechnet., müßte Julians siebenter Gehurtstag zwisdten den 27. Juni
338 und den 25. Juni 339 gefallen sein, das ist viel zu spät, als daß Julian zur Zeit der Massaker hätte sieben Jahre alt sein können.14 Nodt weiter fehl geht Zosimus u, der Julian gegen Ende 358 als Dreiundzwanzigjährigen in Gallien sein läßt. Der Kritik hält sdtließlidt audt Pseudo-Aurelius Victor 11 nidtt stand, selbst bei zu gestandenem Spielraum wegen seines eigenwilligen Gehraums von /ere, da er für den 6. November 355 (Tag
der
Ernennung zum
Das Geburtsdatum von Julian Apostata
451
Caesar) 17 Julians Alter mit "ungefähr" zweiundzwanzig Jahren angibt. Soviel ich weiß, bleibt nur noch ein antiker literarischer Beleg zu betrachten übrig, die Überschrift zu Anthologia Palatina 14, 148:
XQ1'JO'f10<; öo�Etc; 'IouA.tetv -r W.:oa-ra-rn ISn ,;ljv yevißA.tov ilflEQCtv tmnl.&v Eau,;oü Ötijyev JtEQt K'tl'jaup&v,;et &y&vetc; l.nmxo\Jc; ßtwj4evoc;.
Ein dem Julian Apostata gegebenes Orakel, als er sich zur Feier seines Geburtstages bei Ktesiphon aufhielt, um die Pferderennen anzuschauen. Seeck wandte sich dagegen, diese Überschrift anzuerkennen.JS Er machte geltend, daß Libanius 19, Rufius Festos 2°, Eunapius !1 und Sozomenos 22 die Spiele vor der Stadt Ktesiphon erwähnen, sie aber nicht als Geburtstagsspiele bezeichnen. Er verwies auch auf zwei Be sonderheiten, die für ihn die Glaubwürdigkeit der Überschrift herabsetzen : Obwohl sie sich auf ein Orakel bezieht, ist das, was folgt, kein
Orakel, sondern (wie Radioger erkannte) ein Akrosti
chon auf den Namen Germanus. Ferner war der Autor des Epi grammes, Germanus, ein Heide und würde kaum Julian "abtrün nig" genannt haben. Es müssen also Überschrift und Epigramm verschiedene Verfasser haben. Seeck sagt abschließend: "Das Epi gramm selbst enthält jedenfalls keine Geburtstagsgratulation, und schon dies allein würde genügen, um der Überschrift jede Bedeu tung zu rauben." Nichtsdestoweniger, ob nun eine Verbindung zwischen Über schrift und Epigramm besteht oder nicht, bleibt die klare Aussage der Überschrift über Geburtstagsspiele erhalten. Wenn man die Überschrift, für sich allein betrachtet, als gefälscht zurückweist, dann muß man zwangsläufig annehmen, daß jemand sie wohlüber legt fälschte. Cui bono? Der einzige Grund für eine Zurückweisung der Überschrift ist das Seecksche Argurnenturn e silentio, bezogen auf Libanius, Rufius Festus, Eunapius und Sozomenos. Solche Gründe sind aber immer suspekt.23 Außerdem glaubte Seeck augenschein lich, als er gegen die Glaubwürdigkeit der Oberschrift argumen tierte, daß Julian Ep. 51 in seinem zweiunddreißigsten Lebensjahr schrieb. Sieht man hingegen die Überschrift als echt an, dann muß man folgerichtig den zweiunddreißigsten Geburtstag Julians in den Frühling legen (d. h. daß Julian im Frühling in sein dreiunddreißig-
452
Frank D. Gilliard
stes Lebensjahr eintrat) und dadurch der klaren Aussage Ammians
über Julians Sterbealter widersprechen. Wir haben aber gesehen, daß Julian entweder im einunddreißigsten oder im zweiunddreißig sten Jahr stand, als er jenen Brief schrieb. So sind also die Angaben von Julian, Ammianus rind die der Überschrift nicht widersprüch lich. Fernerhin stehen sie in vollem Einklang mit meiner früheren Be hauptung, daß Julians wohlbekannte Münzprägung mit dem Stier als eine dem Tierkreis entnommene Anspielung auf den Kaiser ge dacht war, der geboren wurde, als die Sonne im Zeichen des Stiers stand.24 (Die astrologische Signifikanz dieser Prägung hat natürlich weiterreichende Folgerungen für die Geistesgeschichte des 4. Jahr hunderts sowie für die religiösen Ideen und das Programm Ju lians.) 25 Im Jahre 332 stand die Sonne vom 20. April bis 21. Mai im Stier, und einunddreißig Jahre später feierte Julian Geburtstags spiel e bei Ktesiphon zwischen dem 23. April und 16. Juni 26• Eine Kombination des literarischen und numismatischen Befundes zeigt also, daß sich die Geburt von Julian Apostata in der letzten April woche oder in den drei ersten Maiwochen des Jahres 332 ereignet haben muß.
Anmerkungen i tergrund siehe C. Radinger, •Das Geburtsjahr des Kaisers 1 Für den Hn Julian Apostata<, Philologus 50 (1891), 761; K. J. Neumann, Das Ge burtsjahr Kaiser Julians<, ibid. 761 f.; Otto Seeck, >Geschichte des Unter gangs der antiken Welt IV< (Berlin 1911 ), 391 f., A. 34, und >Das Epigramm des Germanus und seine Überschrift<, RhM N. F. 69 (1914), 565 ff.; Norman H. Baynes, >The Early Life of Julian the Apostate<, JHS 45 (1925), 251-254; Eberhard Richtsteig, >Einige Daten aus dem Leben Kaiser Julians<, PhW 51 (1931), 428; und meine >Notes on the Coinage of Julian the Apostate<, JRS 54 (1964), 135-141. Die folgenden Abhand lungen über den Zeitraum datieren sämtlich Julians Geburt nach Seeck: Andre Piganiol, >L'empire chnhien< (Paris 1947), 111, A. 4; Ernst Stein, >Histoire du Bas-Empire I< (ed. 2, Paris 1959), 484, A. 3, und A. H. M. Jones, >The Later Roman Empire 284-602 I< (Oxford 1964), 119. 2 Lateinische Probleme erörtert Reinhold Meyer, >A Contribution to Biographical Chronology , CW 26 (1933), 172-175, griechische J. M. Carter, •Eighteen Years Old?<, BICS 14 (1967), 51-57, der sich hier >
<
Das Geburtsdatum von Julian Apostata
453
hauptsächlich mit der Athenaion politeia des Aristoteles befaßt. Carter schließt: "Bis wir mehr Gewißheit haben, bleibt uns keine andere Wahl, als die Worte Öx'troxulöexu h'l'j yeyov6ur; mit ,in ihrem 18. Lebensjahr' oder ,wenn sie 18 Jahre alt sind' zu übersetzen. Es folgt natürlich, daß ox,;roxatöex' h:rov und öx,;roxaLÖexh'l']; dasselbe bedeuten." 3 Zu dem Datum s. J. Bidez und Franz Cumont, Imperatoris Caesaris Flavii Claudii Iuliani Epistulae Leges Poemata Fragmenta Varia (Paris 1922), 169. 4 Seeck, Geschichte, loc. cit.: Julian starb am 26. Juni 363 im 32. Le bensjahr . . . und war in dasselbe sdion eingetreten, als er die Bitte des alexandrinischen Volkes, den Athanasius aus der Verbannung zurück zurufen, ablehnte (Julian. Epist. 51, S. 434 D)." 5 Siehe besonders 186 D, Or. 6 und 285 A, Brief an die Athener. Vgl. auch 165 C, Or. 5 ; 167 B, Or. 5 ; 416, Ep. 38, Hertlein, und 374 B, Ep. 2, Hertlein. 6 Zur leidJteren Berechnung lasse man die Tage des Monats unberück sichtigt. 1 S. Seeck, Regesten der Kaiser und Päpste (Stuttgart 1919}, 213. s X 16, 2: . . . hostili manu interfectus est VI Kal. lul., imperii anno "
septimo, aetatis altero et tricesimo . . .
9 Bei Photios, Bibi. 258, S. 484 b (Migne, PG 104, 153): Ka'tao''tQE
Caesaris assumit anno natum fere tres atque viginti. 17
S. Seeck, Regesten 201.
18 Seeck, •Das Epigramm<. t9 Or. 1, 133; 18, 249; 24, 37. 20
28.
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Frank D. Gilliard: Das Geburtsdatum von Julian Apostata
Frg. 22, 2. VI 1, 6. n Im Falle des Libanius läßt sich argumentieren, daß die Erwähnung der Pferderennen als Teil einer persönlichen Geburtstagsfeier einem übel wollenden Leser den Einwand hätte erlauben können, Julian habe aus selbstsüchtigen Motiven gehandelt, was aber den Intentionen des Libanius entgegenstehen würde. Das Schweigen der anderen mag auf ihre Abhängig keit von Libanius als ihrer Quelle zurückzuführen sein. u Gilliard, •Notes<. 26 William D. Stahlman und Owen Gingerich, Solar and Planetary Longitudes for Years - 2500 to + 2000 by 10-Day Intervals (Madison 1963). H Seeck, Regesten 212 f. H
Ori,inalbeiuag 1976.
JULIANS PERSERKRIEG KRITERIEN EINER KATASTROPHE Von GERHARD WIRTli johannes Straub zum 18. Oktober 1977 Der Name Juüan markiert den Ausgang der Antike und leuchtet von da an durch die Jahrhunderte bis zu unserer eigenen Gegenwart fort. Mensch, Held und Herrscher zugleich von einer weder vor noch nach ihm von seinesgleichen erreichten, wenngleich nicht ganz unbeabsichtigten Transparenz, komprimiert sich in ihm alles, was historische Größe schlechtbin auszumachen scheint. Sein früher Tod und das Scheitern seiner hochfliegenden Pläne gestalten eine Tragik, die angesichts erhaltener, fast minuziöser Selbstzeugnisse deutlicher spürbar wird als selbst die eines Alexander, und erweckten ein Ge fühl, zumindest die Illusion inneren Verstehens bei allen, die sich je mit dem Phänomen beschäftigten. Zeugnisse hierfür ließen sich in der einschlägigen Literatur auch dort erbringen, wo sich Interesse in Abwertung oder Kritik niederschlägt. Nicht zuletzt dadurch freilich wohl ist es gekommen, daß die Tradition des Julianbildes immer sehr einseitig blieb. Denn unver kennbar haben antike Auseinandersetzung 1 wie spätere Deutung 1 sich über Gebühr darauf beschränkt, den Menschen Julian zum Mittelpunkt zu machen, und sich dabei, um es banal zu sagen, in Sympathie oder Antipathie für den Philosophen auf dem Throne allzu gerne verleiten lassen, den Thron selbst zu übersehen. Mit dem Romantiker ging es ähnlich, vorausgesetzt, man hatte jeweils eine Definition des Begriffes Romantiker parat. So war es denn nicht zu vermeiden, daß der Mensch mit seinen interessanten, zugleich lie benswerten Zügen alle anderen Aspekte beiseite schob und das Gefüge vielfältiger Kräfte seiner Zeit, aus dem heraus allein er doch zu verstehen wäre, verblassen ließ. Indes, nicht nur daß beim Versuche, dieses Wechselverhältnis zwischen literarischen und eigent-
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lieh historischen Perspektiven nachträglich zu überprüfen, das Bild Julians, Taten, Ziele wie Tugenden, eigenartig früh in einen leeren Raum geraten - gerade die lgnorierung von Zeitumständen, Per sonen und der pragmatisch faßbaren Voraussetzungen scheint nach Prüfung einschlägigen Materials nur den einen Schluß zuzulassen, selbst bei dem traditionell fixierten Menschenbilde schon müsse es sich um eine Fälschung handeln. Korrekturversuche im 20. Jahrhundert etwa sind über Detail studien kaum hinausgekommen 3, so als ob eine Scheu immer- noch wirke, im Suchen nach Hintergründen und Kausalitäten mittels jenes pragmatischen Aspektes alte, liebgewordene Ideale zu zerstö ren. An der Berechtigung solchen Selbstzerstörens zweifeln zu machen, tun überdies vielleicht Pro und Contra bereits zeitgenös sischer Quellen das Ihre. Und die nicht zu übersehende, auch gar nicht zu umgehende Simplizität entsprechender Ansätze birgt die Gefahr einer Simplifizierung im Allgemeinen in sich, die, wie leimt zu erkennen, auch ihrerseits verhindert, etwas wie Wirklichkeit zu erkennen, geschweige denn, ihr gerecht zu werden. Sicher, das Julianbild, das einer solchen Wirklichkeit welchen Kolorits auch immer entspräche, würde sich von dem eines Geffcken 4, Bidez, Andreotti, Rostagni und selbst dem eines Wilhelm Enßlin zwangs läufig unterscheiden. Es würde auch fragwürdiger bleiben, ja wäre vielleicht monographisch nicht einmal zu zeichnen. Denn nicht nur, daß die drei Sphären Mensch, Herrscher, Philosoph, hier beinahe sui generis, Barrieren schaffen, das Phänomen als Ganzes zu be greifen : Jede dieser drei Sphären scheint in eine Fülle von Bereichen mit ihren eigenen Aspekten und den entsprechenden Auslegungs möglichkeiten eigens wieder untergliedert, die ineinander verwoben und weder objektiv noch subjektiv zu durchschauen, einem Julian selbst bereits das Verständnis seiner eigenen Persönlichkeit und ihrer historischen Rolle erschwert haben müssen. Erwähnte Fülle von Selbstzeugnissen, ernst genommen, erschwert das Verstehen ebenfalls, und eine ganze Anzahl direkter wie indirekter Hinweise etwa bei Libanios läßt erkennen, daß es Zeitgenossen auch aus der nächsten Umgebung Julians so gut wie unmöglich gewesen sein muß, mit dem Herrscherphilosophen die von diesem eine kurze Zeit ge staltete Wirklichkeit in Einklang zu bringen.
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So war es denn auch für sie kaum zu klären, ob es allein der Apostat mit seinem Versuche gewaltsamer, allgemeinverbindlicher Rückverwandlung des eben erst für das Imperium gleichsam er worbenen Christentums war, der solche Verwirrung schuf. Sicher, er tat alles, sich verständlich zu machen : Die Stellungnahme, zu der er gerade dadurch für seine und die nächsten zwei Generationen Gegner und Anhänger zwang, mußte selbst das für antike Ver hältnisse gültige Minimum an historischer Objektivität ver nebeln. Was Sprachregelung von seiner und nach ihm von anderer Seite tat, Herrscherbilder je nach Belieben oder Absicht zu zeichnen oder zu deformieren, läßt sich geradezu mit Händen greifen; genauer be sehen indes spielt für einen Constantius wie auch für Jovian, Va lentinian, Valens oder Theodosius der Apostat in unserem Falle die geringste Rolle. Was sie alle zur Kontrastfigur macht, ist nicht eigentlich Julians religiöses Selbstverständnis, sondern vielmehr das Bemühen, die weiteren Folgen dieses Apostatenturns zu verhindern oder sie so zu bewältigen, daß keine politische Katastrophe aus ihm erwuchs. Eine religionsgeschichtliche Wirkung hat in der Tat Julian denn auch so gut wie nicht gehabt und weder westliches noch öst liches Heidentum sich an ihm orientiert. In den Auseinanderset zungen eines Gregor von Nazianz, eines Johannes Chrysostomos und selbst eines Kyrill von Alexandria erscheint er demnach nur als Modell, nicht aber als wirkliche Gefahr, wobei freilich die Aus malung psychologischer Details das Ihre tat, Julians Unterfangen ad absurdum zu führen. Die engagierten Anhänger wiederum hat ten sicher ihre Gründe, über die Apostasie sich in lediglich vagen Formulierungen oder gar nicht auszulassen. Bleibe daher die Apostasie vorerst ausgeklammert und auch spä ter nur als vordergründig wirksames Politikum angedeutet, wie es in der kurzen Regierungszeit Julians allein vornehmlich wichtig gewesen sein kann. Um zum Phänomen Julian ein Verhältnis zu gewinnen, können Zeitgenossen, Gegner wie Anhänger, wenig mehr gehabt haben als eben das Gefüge scheinbar vordergründiger Fak ten aus dem politisch-historischen Bereich. Wie groß der Kreis war, der die Möglichkeit besaß, von ihnen aus zu Hintergründen, Mo tiven und Kausalitäten vorzudringen, ist unbekannt. Die indes,
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denen dies gelang, müssen sich früh vor einem unlösbaren Dilemma gesehen haben. Wie immer man Constantin und sein Verhältnis zur christlichen Religion deutet 5, seine Religionspolitik erscheint als ein Gebot der Stunde, die aus dem 3. Jh. überkommene Reichskrise in einer zwar weitgehend bereitS durch die Vorgänger vorgezeichneten Weise zu lösen, zugleich aber anders als diese und dennoch über sie hinausgehend neue, sich gleichsam anbietende Möglichkeiten innerer Stabilisierung zu nutzen. Persönliche Religiosität des Kaisers bildet hierzu keinen Widerspruch; daß Constantin als Förderer des Christentums eigentlich nur den durch die Constitutio Antoniniana von 212 gewiesenen Weg weiter verfolgte, wurde von Verehrern wie Gegnern in gleicher Weise übersehen. Die vom Christentum im ersten Drittel des JahrhundertS ausgehenden Impulse nach innen
wie nach außen zu freilich führten geradezu zwangsläufig zur Her ausgestaltung einer neuen Imperiumskonzeption; sie muß Constan tin klar gewesen sein, voll ausgeprägt erscheint sie wohl erst unter Theodosius 8. So bleibt es trotz einem Eusebius unklar, ob jene Offensivität römischer Außenpolitik gegen Ende von Constantins Regierungszeit bereits von einem christlichen Imperiumsbewußt sein 7 bestimmt ist: Näher liegt, es handle sich dabei, wenngleich unter Ausnutzung nunmehr des neugewonnenen Potentials, vorerst doch in erster Linie um eine notwendige, kraftvolle Bewältigung anstehender, traditioneller Probleme; auch Sapors Christenver folgung 8 ist von hier aus gesehen bezeichnend. Traditionell wohl wäre dann auch die Zielsetzung zu verstehen. Es gibt kaum einen
Anhaltspunkt dafür, daß nach Sicherung der Donaugrenze in her
kömmlicher Weise 332-335 der für 337 beabsichtigte Perserkrieg mehr war als eine Lösung des Armenienproblems, zu der die vor ausgegangene Behandlung Trdats durch Sapor zwang; Funktion und Rolle des rex Hannibalianus jedenfalls bleibt bei all dem eben so unklar und vage wie die möglicher religiöser Missionsgedanken, und selbst das Christentum der Armenier scheint im Politischen kein Diskussionsgegenstand gewesen zu sein. Constantius freilich hatte nach inneren Rückschlägen 337 unter neuen, erschwerten Be dingungen zu beginnen •. Erscheinen einerseits die dem Vater in
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geballter Masse verfügbaren Kräfte von nun an vorerst in drei Teile aufgegliedert, so ist es anderseits nicht verwunderlich, wenn Sa por, um die Gefährdung seines eben wieder einigermaßen konsoli dierten Reichsgefüges abzuwehren, schon 338 selbst die Offensive begann. Das Bild römischer Kriegführung bis 350 ist denn wohl von derartiger Schwäche mitbestimmt. Zugleich freilich bleibt zu fragen, inwieweit das Hin und Her der Ereignisse in diesen Jahren ein schließlich auch der Schlacht von Singara zugleich auch mit dem Kalkül eines Abnutzungskrieges 10 erklärt werden muß, wie er sich aus den Organisationsformen der beiden Reiche geradezu zwangs läufig ergab und am ehesten noch zu einer stabilen Lösung zugun sten Roms gewisse Aussichten bot. Darüber, daß es eine Lösung auf Dauer nicht geben konnte, war man sich nach Erfahrungen und Erkenntnissen über räumliche, ethnische und soziale Verhältnisse innerhalb des Sassanidenimperiums sicher im klaren 11, und sicher
übersah man auch nicht den wirtschaftlichen Faktor, der Herrscher wie Imperium in gleicher Weise betraf tt. Daß es nicht Ziel sein könne, das persische Reich zu zerstören oder auch nur zu unter werfen und über Gebühr zu schwächen, war wohl einer der Gründe dafür mit gewesen, wenn man die gleichsam als notwendiges Sich abreagieren innerer Prozesse sich äußernden Vorstöße dieses Nach barn merkwürdig selbstverständlich 13 in Kauf na�m: Nunmehr, in einer Zeit deutlicher Verstärkung drohender Kräfte an anderen, gemeinsamen Grenzen mochte man sich zwangsläung mehr denn je aufeinander angewiesen fühlen 14. Zwar bleibt zu bezweifeln, daß römische Außenpolitik um eines günstigen Ausgleichs willen bereit war, einer Revision etwa des Friedens von 298 zuzustimmen. Auf fallend indes ist bereits unter Constantin die Toleranz etwa gegen über dem Ausgreifen 15 Sapors in die arabische Welt. Ich halte für möglich, daß man sich römischerseits in einem solchen nicht nur natürliche Kompensation jener persischen Verluste 1' versprach, sondern in neuer und geduldeter persischer Suprematie sogar eigene Vorteile in diesen Räumen erwartete. Sicher, mit einem Schlag ließ sich das Dilemma zwischen traditionellem west-östlichen Antagonis mus einerseits und gemeinsamen Interessen vom Rhein bis zum Hindukusch anderseits nicht beseitigen, und überdies hatten alle entsprechenden Lösungen stets nur Provisoriumscharakter. Es ließe
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sich indes sehr wohl als Versuch eines solchen Ansatzes verstehen, wenn Constantius in mehr als einem Jahrzehnt des Krieges Ent scheidungsschlachten vermied und radikalen Lösungen geradezu aus dem Wege ging, dafür aber bei minimalem militärischen Kräfte verschleiß den Gegner in jährlich sich erneuernden Angriffen sich allmählich erschöpfen ließ 11. Nach den spektakulären ts Verlusten des Sassaniden im Osten gilt ein gleiches fast noch mehr für die Zeit nach 358: Die Folge ist deutliches Nachlassen des persischen Elans ab 360, während nunmehr Constantius seinerseits ein weit gespanntes System offensiver Verteidigung über die gefährdeten Gebiete und deren Hinterland errichtet 18, neu gewonnene Ver bündete mobilisiert und die jetzt verfügbaren Verbände aus ande ren Teilen des Imperiums heranzuholen sucht. 361 bricht Sapor seine Unternehmungen vorzeitig ab. Zwar überwiegt, wie schon angedeutet, in der Oberlieferung zur Person des Constantius die Kritik, und trotz analoger Erfahrungen aus den Ereignissen des 3. Jh. scheint, mit Ausnahme des Themi stios vielleicht, keiner der überlieferten zeitgenössischen Autoren für seine strategisch-politische Konzeption Verständnis aufgebracht zu haben. Indes durfte, wie die Dinge standen, im Herbst 361 der Kaiser sich fast am Ziele sehen 20. Angesichts des ihm gegenüber auf gebauten Verteidigungskomplexes blieb Sapor kaum anderes übrig als das Einlenken und die Annahme einer Lösung, wie sie nunmehr von römischer Seite vorzuschlagen, ganz deutlidl zum Nutzen bei der jedodl dann erst zu vereinbaren war. Hatten in der Tat die in den fünfziger Jahren bereits einmal aufgenommenen, jedoch wie der abgebrochenen Verhandlungen etwas wie eine formale Basis angedeutet, von der man ausgehen konnte, um für die nädlste Zeit ein Nebeneinander zu schaffen, einem Sapor mußte nach leidvollen Erfahrungen im Osten der Vorteil einer Interessenverlagerung nach anderen Grenzen hin als etwas Unabdingbares erscheinen, und sicher ließen sich unter entsprechenden Voraussetzungen die in unse ren Quellen allzu rhetorisch und vage umschriebenen Folgen des bisherigen Krieges unschwer beheben. In dieser Hoffnung scheint Constantius gestorben zu sein. Per sische Friedensangebote 21 im folgenden und übernädlsten Jahre und auch noch der mit Jovian ausgehandelte Friede!! lassen sich
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tatsächlich nur aus persischem Eingehen auf die römischen Inter essen und damit als Triumph einer Politik allmählichen Umgewöh nens an neue, allgemeine Konstellationen verstehen. Erst die Zer störung dieser Ansätze durch Julian bedeutet das Scheitern seines Vorgängers. Ihn zum Erben des Constantius oder gar zum Voll strecker von Forderungen römischer Geschichte zu machen, ist Miß achtung allgemeiner wie subjektiver Hintergründe und Voraus setzungen. Und bezeichnenderweise reimen sich von allem, was über ihn durch die Zeitgenossen überliefert wird, denn die Nach richten über sein Verhältnis zum Persienproblem am wenigsten zu sammen. Zwar vermag Ammian durch heroische Züge 23 und epische Gestaltung der einschlägigen Partien seines Werkes über die eigent liche Problematik hinwegzugehen; die Art, wie er dies tut, läßt vermuten, er habe in der Tat hier einiges gefunden, was er besser verschwieg. Dem Julian besonders nahestehenden Libanios24 ist sein Abbruch römischer Persienpolitik unverständlich, Eutrop, Aure lius Victor und Zosimos schweigen sich aus. Freilich, gemessen an dem, was spätestens beim Tode des Constantius an differenzierten Erwägungen, Notwendigkeiten und nicht zuletzt durch ihn erst ge schaffenen Gegebenheiten für das Verhältnis zum Osten allgemein bekannt gewesen sein kann, müssen Julians Absichten sich als mut willige Vergröberung und Rückschritt in längst
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Dauer. Für eine Eroberung nach dem Vorbilde jenes Alexander aber fehlten, abgesehen von den Gefahren an den Grenzen anderer, weit entfernter Reichsteile, dem Imperium des 4. Jahrhunderts einfach die Kräfte 27• Politik wie Kriegführung eines Constantius waren demnach der einzig gangbare Weg gewesen, unter solchen Voraus setzungen doch noch ein Ziel zu erreichen. Auf Julian etwa wirft schon die Tatsache, daß ihm die Schwierigkeiten einer möglichen Klientelkönigsrolle des Hormisdas erst während des Feldzuges t8 klar wurden, ein eigenartiges Licht in diesem Zusammenhang. So mußte denn sein Plan endgültiger Abrechnung von vornherein Vor behalte schaffen��. die auch durch den deutlich hervorgehobenen Gegensatz zum Vorgänger nicht zu beseitigen waren 30• Man mochte die Dinge optimistisch sehen : Dafür, den Krieg als die längst er wünschte Krönung jahrhundertelanger Auseinandersetzungen zu deuten, ergab sich einiges an Anhaltspunkten. Der Kaiser wiederum brachte für eine Verwirklichung seiner Ziele, durch den Tod des Constantius auf den Höhepunkt von Macht und Erfolg gelangt a•, persönlich an Voraussetzungen mehr in das Spiel als irgendeiner seiner Vorgänger, Stärke und Operationsfähigkeit der Armee müs sen den Eindruck eines Höchstmaßes an verfügbaren Mitteln er weckt haben. Durch einen derart gespeisten Optimismus nun mochte sich die oben angedeutete Frage nach Art des erhofften Erfolges ebenso übertönen lassen wie die Sorge um die Vereinbarkeie des Krieges mit den soeben begonnenen, grundlegenden und vielfältigen inneren Reformen, in die als Bestandteil der Krieg einerseits einge bettet warn, die anderseits aber nunmehr für unabsehbare, auf jeden Fall geraume Zeit wieder im Stich gelassen werden mußten. Wieweit Zeitgenossen und Verantwortliche das gerade damit ein gegangene Risiko wirklich sahen, ist nicht mehr festzustellen. Un klarheit und Unsicherheit jedoch als das natürliche Ergebnis eines in Bewegung geratenen innenpolitischen Gefüges freilich mußte sich katastrophal auf jeden, auch den kleinsten militärischen Rückschlag auswirken und war überdies das letzte, was der Kaiser nach jahr hundertealten Perserkriegserfahrungen brauchen konnte. Man mochte sich für den Augenblick ins Gedächtnis rufen, daß außer Traian 33 keiner der Sieger über Persien ohne Schwierigkeiten im Hintergrunde seinen Krieg begonnen hatte. Gemäß den Forderun-
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gen eines philosophisch bestimmten Lebenslaufes, die er sich selbst gestellt hatte, gerierte sich der Kaiser als Asket, was Nachfolge probleme aufwarf. Indes, den damit vollzogenen Bruch zu dem seit Constantin selbstverständlichen dynastischen Prinzip machte er wenigstens zum Teil dadurch wett, daß er mit Obergabe gewisser Teile kaiserlicher Insignien an seinen Vetter Prokop etwas von dem vorwegnahm 34, was 355 in Mailand Constantius an ihm selbst voll zogen hatte; hierzu paßt audl die Betrauung des militärisch bisher kaum genügend ausgewiesenen Mannes mit einer Aufgabe, für die erfahrenere, auch durchaus verfügbare Truppenführer eher am Platze scheinen modlten ss. Optimismus solcher Art hatte, wie zu allen Zeiten, eine Reihe grundsätzlicher Erwägungen zu ignorieren; die Ernüdlterung ließ denn sicher kaum lange auf sich warten und begann mit den ersten Nachrichten vom Kriegsschauplatz und den Kämpfen. Bedeutet in des als Ganzes der Krieg einen Bruch mit bisheriger römischer Praxis 3°, wie man ihn sich radikaler kaum vorstellen kann, so muß bereits vorher einiges an bekanntgewordenen Details seiner Einleitung geeignet gewesen sein, Optimismus entscheidend zu dämpfen. So modlte Julians Zurückweisung angebotener arabischer Hilfe 37 wohl alten römischen Idealvorstellungen entsprechen und war angesichts verfügbarer eigener Kräfte vielleicht sogar gerecht fertigt ss. Nach einem Odenathus und der Entwicklung innerhalb der arabischen Welt seit dem 3. Jahrhundert aber kann diese Zu rückweisung indes nichts als einen Affront bedeutet haben, der nicht nur jede Operation erschwerte, sondern auch künftige Beziehungen belasten würde. Der überlieferte Hinweis Julians auf mangelnde finanzielle Reserven, gelegentlich auch den Soldaten gegenüber an gewandt, wurde in solchem- Zusammenhang sicher als das Einge ständnis eines selbstverschuldeten Bankrottes angesehen; der Ver gleich etwa mit der Kriegsdiplomatie eines Constantius in diesen Räumen ließ überdies schlagartig erkennen, wo Julians Grenzen lagen. Ein eigenartiges Licht auf solche Kriegsdiplomatie aber mußte es auch werfen, wenn Julian nicht lange danach doch wieder Araber an sich zog und sich ihrer auch im Kampfe bediente ae. übrigens scheint der Gegner entsprechende eigene Erfahrungen mit arabischer Hilfe erfolgreicher genutzt zu haben •o.
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Zweifelhaft war denn auch seine Behandlung des Armenien problems 41• Das Land war Anlaß des Krieges 338 gewesen und der Constantius seine Herrschaft verdankende Arsakes hatte trotz viel fältiger Schwierigkeiten 42, vielleicht sogar erzwungener, vorüber gehender Liaison mit Persien, sich im großen ganzen loyal verhal ten 43. Darf man etwa Faustus trauen, so lagen dabei für ihn die Gefahren weniger in der äußeren Bedrohung als der inneren Struk tur des Reiches 44, die die klare Entscheidung für die eine oder andere Seite erschwerte, ja stets die Stellung des Monarchen als prekär erscheinen läßt. So hatte wohlweislich Constantius denn Ar menien niemals zu aktiver Bundesleistung aufgefordert und dafür das Verhältnis zu Rom auf andere Weise zu stärken gesucht: Wenn nunmehr aber Julian Arsakes 45 in seine strategischen Pläne einbe zog 46, so verschoben sich mit dem außenpolitischen Gleichgewicht für diesen auch die innenpolitischen Verhältnisse gefährlich zu sei nen Ungunsten, ohne daß ihm dafür neue Möglichkeiten der Siche rung geboten wurden. Bei all dem aber erscheint jetzt, 363, die tak tische Verwendung des Armenierkönigs als überflüssig und ist nur als Demonstration zu verstehen. Zu der beabsichtigten Kooperation mit Prokop und Sebastian kam es wohl nicht, und ganz offensicht lich trugen die gerade dadurch verursachten Verzögerungen ent scheidend zur Katastrophe Julians bei. Daß trotz später unternom mener Versuche einer Kittung des unfreiwilligen Bruches mit Per sien Armeoien verloren war, betont selbst Ammian.47 Dazu aber kommt noch ein anderes. In Erkenntnis des für ihn Erreichbaren hatte sich Sapor, eine Generation älter als Julian und diesem nicht zuletzt dadurch überlegen, 361 als geschlagen gegeben. Sein Friedensangebot 48 ist zwar in keiner Quelle präzi siert, indes müssen seine Intentionen weitgehend denen des Con stantius entsprochen haben. Nun aber ließ die von Julian erteilte Antwort kaum einen Zweifel, daß von diesem weitaus Schlimmeres als seinerzeit von Constantin zu erwarten war: Was unter solchen Prämissen blieb, konnte nur der Widerstand bis zum .i\ußersten sein, sollte der Untergang des Sassanidenreiches verhindert werden. über die gerade damit sich erschwerenden Bedingungen der Krieg führung und die provozierte Verhärtung der Kämpfe geben die Quellen genügend Auskunft. Sicher, Julians Vordringen bis Ktesi-
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phon war ein Erfolg49, wie ihn gegen die Sassaniden noch kein Kaiser errungen hatte. Sapor, an sich geschwächt, verfügte offen sichtlich nicht mehr über die vertraglich verpflichteten Bundesgenos sen von 359: Für die Aufstellung einer Armee aus Panzerreitern, Elefanten und Leichtbewaffneten indes hatte Julians allzu frühe Theatralik ihm Zeit gegeben; daß diese Kräfte es dann vermochten, den Vormarsch der Römer bei Ktesiphon allzu schnell in einen angstvollen Rückzug zu verwandeln, beruht freilich weniger auf persischer Überlegenheit als auf den Fehlern und zu wenig berück sichtigten Schwierigkeiten auf der anderen Seite und scheint auch Sapor unerwartet gekommen zu sein. Im übrigen war Julians Ver halten wohl angetan gewesen, die Voraussetzungen eines sassani dischen Nationalkrieges zu entfachen.5° Alles in allem, Fragen und Zweifel zu Julians Perserkrieg noch vor dessen Beginn im Frühjahr 363 müssen sich, und dies besonders in den östlichen Reichsgebieten mit ihren einschlägigen Erfahrun gen, gehäuft haben, so daß auch persönliche Freunde mit ihren be rechtigten Sorgen kaum anders konnten als Schlimmstes zu be fürchten. Im Westen beeinflußten diese Zweifel die Sprüche auch der offiziellen Orakel und drängten selbst einen Sallust in Gallien zur Warnung 51, Argumente indes scheinen ignoriert worden zu sein, von Diskussionen einschlägiger Fragen und Eingehen Julians auf Einwände ist trotz seiner bekannten Umgänglichkeit nichts be kannt. Bleibt damit der Krieg gleichsam seine persönliche Ange legenheit, so muß denn zeit-genössische Prüfung aller Umstände und Voraussetzungen früh zu dem Ergebnis gekommen sein, nach einem ersten, n i vielem sensationellen Auftreten des Kaisers werde auch nach einem militärischen Erfolge gegen Pers'ien an der weiteren Ent wicklung seiner Politik wie des Imperiums vieles fraglich bleiben, und zwar aus Gründen, die in der Persönlichkeit des Kaisers lagen. Starrheit und Eigenwilligkeit, wie sie hier zutage treten, konnten kaum an der Folgerung vorbeiführen, daß Julian nicht willens oder aber nicht in der Lage war, seine Pläne und Absichten den auch für seine Regierung gültigen historischen Gegebenheiten oder aber auch nur den pragmatischen Notwendigkeiten zu deren Bewältigung anzupassen.52 Seine Behandlung der Persienfrage mochte als sym ptomatisch dafür gelten, was auch in anderen Bereichen zu erwarten
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war. Die Art aber, wie ein Kaiser hier alles Herkömmliche gleich sam auf den Kopf stellte, mußte zwangsläufig zur Frage nach psychologischen Erklärungsmöglichkeiten für die entsprechenden Denkweisen und das sich aus ihnen ableitende Verhalten führen, und dies auch bei denen, die den Menschen Julian vielleicht bereits zu kennen glaubten.
Nach Hintergründen solcher Art zu suchen freilich muß gerade von Zeitgenossen als ein keineswegs leichtes Unterfangen empfun den worden sein. Sicher, oben erwähnte Fülle von Selbstzeugnissen Julians in Briefen und Schriften, von denen übrigens ja nur ein Teil auf uns gekommen ist, entstammt, von einem extrem ausgeprägten Mitteilungsbedürfnis abgesehen, zweifellos nicht zuletzt auch der Erkenntnis von allgemeiner Verständnislosigkeit innerhalb der Im periumsbevölkerung für seine Absichten und Ziele; als demnach im mer mehr sich steigerndes Bemühen, mit Zustimmung zu dem, was noch zu erwarten war, auf solche Weise zugleich sich auch einen ge wissen Vorschuß an gutem Willen zu sichern, mochte diese Schrift stellerei die Öffentlichkeit sogar sympathisch berühren. Anderseits freilich kann die Tatsache, daß Julian nicht immer und überall sach lich blieb und die Einseitigkeit seiner Darlegungen gelegentlieb allzu leicht nachzuprüfen war, die Wirkung solcher Schriften als Z eugnis für den Menschen nur beeinträchtigt und ihnen in den Augen vieler den Charakter propagandistischer Pamph lete verliehen haben. Und sieht man davon ab, daß Julian in seinen Selbstdarstellungen nicht immer eine glückliche Hand bewies - das Novum, daß ein Kaiser als Mensch wie als Herrscher sich in solcher Weise recht fertigen zu mü.ssen glaubte, machte mit seiner Regierung ihn selbst von vornherein suspekt, und dies auch im Falle, er hätte geringeres erstrebt als er es tat. Die Vorbehalte gegenüber Julian aber mußten sich beim Vergleich seiner Selbstdarstellung mit seiner Verhaltens weise als Staatsmann und Kriegspolitiker etwa in angeschnittenem Fragenkomplex noch vertiefen. So wird denn in der Tat der Unter ton in diesen Schriften immer verzweifelter, ja beginnt nicht lange nach der Herrschaftsübernahme eine Kluft sichtbar zu werden, die kaum mehr zu überwinden war, und rückwirkend muß denn auch das Bild des Menschen, das sich unter solchen Umständen gestaltete,
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noch fragwürdiger geworden sein. Späteren bleiben nur Vermutun gen und der Versuch, diese mit Hilfe von überlieferten Fakten zu bestätigen. Es liegt nahe, daß bei auffallender Frühreife 53 und Empfäng lichkeit für äußere Eindrücke sein Verhältnis zu Constantius durch erste Jugenderlebnisse entscheidend beeinflußt worden ist.54 Eine aus ihnen resultierende Aversion wird sich mit den Jahren vertieft haben; aus ihr und ihren Fernwirkungen erklärt sich weitgehend alles Spätere. So erscheint sein Sichhineinsteigern in die als Form von Exklusivität und zugleich Askese sich mehr und mehr aus prägenden, für seine Zeit charakteristischen Studien und das Sichversenken in das Altertum als Folge der Wahl eines Lebens bewußt abseits von den Interessensphären des Kaiserhofes und offizieller Betätigung. Die aus solcher Wahl erwachsenen Ver haltensweisen lassen sich nicht mehr ablegen und wirken - dann freilich fehl am Platze - auch an dem späteren Kaiser noch wie gleichsam instinktives, permanentes Fliehen vor Verdachts momenten oder erneuter Bedrohung in die Bereiche notorischer Harmlosigkeit.55 Seine von ihm selbst immer wieder und fast über Gebühr betonte Distanz zur erlebten Wirklichkeit mag sich dabei zugleich aus dem Mangel an geeigneten Lehrern erklären, die ihm hätten helfen können, diese Wirklichkeit zu verarbeiten: Zwangsläufig erreicht die damit sich abzeichnende Entwicklung früh den Punkt, an dem die Fähigkeit für jegliches Verhältnis zur Realität als gefährlich beeinträchtigt erscheinen muß. Dazu kom men offiziell angeordnete Bewahrung vor schädlichen äußeren Ein flüssen und Abgeschiedenheit in Macellum während wichtiger Ent wicklungsjahre: Sie müssen Egozentrizität und das Entstehen einer Idealwelt gefördert haben, in der allein Julian mit sich zufrieden gewesen sein mag. Als er Gelegenheit bekam, das wirkliche Leben kennenzulernen, war er bereits so vorgeprägt, daß es ihm unmöglich wurde, diese Welt wieder aufzugeben : Als Folge davon transpo nierte er sie in die Wirklichkeit hinein. Studien als Mittel notwen diger Heuchelei um des Überlebens willen freilich verfälschen über dies wiederum jedes objektive wie auch subjektive Verhältnis zu ihnen selbst und müssen früh auf die gleichsam fanatische Beflissen heit Julians ein eigenartiges Licht geworfen haben.56 Auf jeden Fall
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werden die Selbstzeugnisse Julians, die sich auf sein Bildungs erlebnis beziehen, vor solchem Hintergrunde zweifelhaft, auch wenn eine bewußte Verfälschung dabei nicht angenommen zu werden braucht. All dies nun aber kompliziert sich angesichts einer ursprünglich eigentlich geradezu ins Gegenteil drängenden natürlichen Veran lagung. Sie wird erst nach 355 deutlich, äußert sich dann aber in
einem dammbruchartig zutage tretenden Übermaße an Tatenlust,
Energie67, beinahe haltloser Verwirklichung von anderseits aus gesprochenen Führungsqualitäten und Organisationstalent, kurz eben jener Begabung für eine Rolle an der Spitze von Armee und Staat, die man ihm scheinbar vorenthalten hatte. I n den für die Persönlichkeitsformung entscheidenden, vorausgegangenen Jahren nun hatte solche Begabung reprimiert nur reflexiv auf das Subjekt Julian hin wirksam werden können; 58 daß sie, nunmehr frei geworden, in der gleichen Richtung ebenfalls weiterwirkte, liegt ge wissermaßen in der Natur der Dinge. Als äußeres Kennzeichen einer damit gleichsam neu beginnenden Entwicklung nach nunmehr zwei Seiten hin, ja vielleicht bereits deren frühes Ergebnis, erscheinen eine auffallende Ziellosigkeit und Hektik in allem, was er beginnt, wachsende Vielfalt kaum vereinbarer Interessen, zugleich immenses Engagement in Bewältigung offizieller Aufgaben wie zugleich auch noch privater Bildungsimpulse, dazu Rücksichtslosigkeit und Gleich gültigkeit gegenüber eigenen physischen Kräften wie auch anderen, an sich keineswegs zu ignorierenden Notwendigkeiten. Zu all dem aber kommt eine nicht zu übersehende Hartnäckigkeit und die Starrheit eines Sichverhaltens, die in allzu eigenwillig zur Schau getragener Skurrilität seines Auftretens zum Ausdruck eines Aut arkiebewußtseins wird, zugleich aber allen Geboten von Tradition und Rolle ins Gesicht schlägt.511 Die durch Gregor von Nazianz verfaßte Charakteristik könnte unseren Mutmaßungen und Erfah rungen über ein unter solchen Voraussetzungen zustande gekom menes, genetisch entwickeltes Persönlichkeitsbild ungefähr entspre chen. Sie bezieht sich auf den Privatmann Julian •0, als bewußte Protesthaltung haben bezeichnenderweise denn auch selbst die schärfsten Gegner Julians Sich-Gerieren nie verstanden. Freilich, an der Spitze des Imperiums werden derartige Verhaltensweisen, wenn
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sie beibehalten werden, zum Problem, und dies nicht mehr nur im Formalen.61 Die angedeuteten Voraussetzungen lassen denn auch die eigenem Bekenntnis nach bereits 351 vollzogene Apostasie 62 als die Folge einer Wechselwirkung von Bildungserlebnis und persönlicher see lischer Disposition verstehen. In ihren Uneergrund ist wieder jene Eigenwilligkeit erkennbar, die in einem solchen Schritt wohl ihre Fortentwicklung bis hin zu einer Trotzhaltung zu erkennen gibt und jede Möglichkeit ergreift, eine solche in die Tat umzusetzen. Zugleich mag es eine kaum mehr zu bewältigende innere Spannung sein, die nach entsprechenden Aktionen drängt. Angesichts der all gemeinen, religionsgeschichtlichen wie auch politischen Umstände dieser Zeit wie auch der von vornherein stets exponierten Stellung Julians, der seinen auffallenden Schritt bezeichnenderweise heim lich tat, könnte dieser Apostasie sehr wohl ein ernst gemeintes Stre ben nach eigener, das heißt einer privaten, nur für ihn selbst gül tigen Lebensgestaltung zugrunde liegen; Entsprechendes wird selten aus dieser Zeit berichtet, muß aber vorgekommen sein. Wenn es Julian indes später unternahm, als Kaiser diese persönliche Erneue rung und die damit gewonnene philosophische, religiöse Weltschau zum Kerne einer allgemeinverbindlichen Religion zu machen," und allzu eilig daranging, in kürzester Zeit den Prozeß notwendiger innerer Ausgestaltung nachzuholen, dann kann ein solcher Akt den bisherigen Erfahrungen nach nur als letzte Steigerung jener intro vertierten Wirklichkeitsferne gedeutet worden sein und Verständ nislosigkeit nicht nur bei Theologen gefunden haben. Dabei mochte die Frage nach möglichen Vorbildern und Mddellen, Augusrus, Gal lien, Aurelian und selbst Constantin schon angesidns eines Mangels an Vergleichskriterien an Intention wie Dimension unerörtert blei ben: Indes, für die Notwendigkeit eines derartigen religionspoli tischen Kraftaktes war ein Argument nur schwer beizubringen, gleichgültig wie man die Wichtigkeit des Verhältnisses von Religion und Politik zugunsten oder zuungunsten des Imperiums einschätzte oder zu dem am meisten von solchem Umbruch betroffenen Christentum stand. Denn sieht man von den Möglichkeiten etwa sozialer Stabiüsation im 4. Jahrhundert ab, die trotz innerer Strei tigkeiten und dogmatischer Differenzen christlicher Religion und
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christlicher Kinne im Sinne Constantins eine politische Funktion zuwiesen, und die niemand, auch ein Julian nicht, übersehen konnte - zur Motivierung seines Unterfangens konnte weder der Ver gleich von Glaubensinhalten ausreichen, der Neues kaum ergab, ja · das Unterfangen selbst bagatellisieren mußte, noch die etwa im Formalen durch einen Jamblich geleistete Vorarbeit.&' Daß Julians neue Religion trotz ihrer alles einbeziehenden Mythologie es nicht zu einer spezifiseben theologischen und von da aus ethischen Aus formung brachte, die ihr einen Vorzug vor anderen geben konnte, war mit der Kürze hierzu verfügbarer Zeit sicher nicht zu ent schuldigen: Um ein Imperium damit von innen heraus zu reformie ren, hätte derartiges von Anfang an bis ins letzte ausgeprägt vor handen sein müssen; interessierte Zeitgenossen mochten sich gerade deshalb an die Behutsamkeit erinnert fühlen, mit der erwähnte Vorläufer Julians ihre Ziele gesetzt und dann ihre Schritte unter nommen hatten. Mangelnde Ausgestaltung von Kult wie Glaubens lehre aber mußten neben dem rein Formalen denn eine allgemeine Skepsis vertiefen, ob einem Reformversucb, wie er hier unternom men wurde, nicht doch ein fundamentales Mißverstehen von Reli gion als Ausdruck von Religiosität zugrunde lag. Und ob der Initiator nicht über Gebühr die seit über einem Jahrhundert gewon nenen Erkenntnisse für die Bedeutung dieser Religiosität als Be standteil des menschlieben Lebens in allen seinen Äußerungen igno riere oder aber für derartiges gar kein Gespür besitze. Sieht man von den Kritiken eines Gregor oder eines Kyrill ab, ich halte für möglich, daß man selbst in den Schriften Julians entsprechende Vermutungen bestätigt fand. Dabei hatte das Christentum als die Religion des herrschenden Feindes seinerzeit vielleicht gerade deshalb den Anlaß zum Abfall gegeben.86 Seine schnelle, gewaltlose Auflösung scheint Julian ge wonnenen Einsiebten gemäß als gleichsam nebensächliches Ereignis des großen Erneuerungsprozesses erwartet zu haben 68, das man durch Toleranz und Gewährenlassen am besten förderte. Wider stand von dieser Seite kam ihm offensiebtlieb überraschend und traf ihn unvorbereitet, und vieles an der sieb abzeichnenden Härte seines Vorgehens •7 seit 362 wird aus solcher Überraschung zu er klären sein. Indes, dieser Widerstand nun stellte sofort den ganzen
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eingeleiteten Entwicklungsprozeß in Frage, denn er brachte zwangs läufig das allzu sehr konstruierte, diffizile Gefüge anderer notwen diger Schritte durcheinander, die parallel zu dieser Auflösung ge tan werden mußten und wohl auch beabsichtigt waren. Bei all dem nun fällt auf, wie wenig Julian die angesichts solchen Widerstandes sich aufdrängenden Fragen wirklich angeht oder gar mit wirksamen Mitteln zu bewältigen unternimmt. Sicher, briefliche Ordnungs- und Klärungsversuche besonders aus dem letzten Regierungsjahr scheinen Versäumtes nachzuholen. Eine Schrift indes, die den eingeleiteten Prozeß als Ganzes umfassend charakterisierte oder auch nur umrisse, ist weder erhalten noch erwähnt; überliefertes aber bezieht sich ausschließlich auf Detail, hat etwas von Intensität der Verzweif lung an sich und paßt so zu den aus dieser Zeit berichteten Dro hungen. Man fragt sich, wie denn bei indirekten Selbstzeugnissen dieser Art Julian überhaupt noch ein Erreichen seiner Ziele sich vor stellte. Als Fazit freilich scheint der damit vorwegnehmend umris senen Entwicklung zu entnehmen, er habe die volle Tragweite der von ihm gleichsam weltweit ausgelösten Gegensätzlichkeiten nie ganz erfaßt. Dies aber wäre dann eine Bestätigung dafür, er sei innerlich über jenen Bereich von Egozentrik und gesteigerter Sub jektivität nie ganz hinausgelangt. Zeitgenossen mit Einblick aber wie einem Gregor erscheint in der Tat Julians Religionspolitik vor nehmlich als die weitere Stufe einer immer fragwürdigeren Persön lichkeitsentwicklung. Und zu einem anderen sachlichen Erklärungs versuch ist es nie gekommen. Dies wiederum aber macht verständ lich, daß Julian innerlich nahestehende Autoren sie entweder in vagen Formulierungen glorifizieren oder aber mit Schweigen über gehen. Alles in allem freilich kommt der mit dem gallischen Erlebnis schnell sich vollziehende Durchbruch zu spät. Die alten Aver sionen bleiben, ja erweitern sich unter einem neuartigen Zwang nunmehr gerade zu gegenseitiger Unterstützung und gemeinsamem Handeln mit dem natürlichen Feinde einerseits zu immer mehr sich differenzierenden Formen von Hypokrisie. Anderseits brachen zu sammen mit den sich abzeichnenden, unbestreitbaren Fähigkeiten gerade jetzt persönlicher Ehrgeiz und jenes seltsam auftrumpfende Selbstbewußtsein hervor, beides wie nur natürlich von Anfang an
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gegen Constantius gerichtet. Und nicht bei allen Beobachtern kann die Wirkung der gallischen Erfolge auf jene Persönlichkeitsentwick lung Zustimmung oder Begeisterung ausgelöst haben. Mag sein, daß Julian anfangs sein spektakuläres Sichbewähren selbst als Wunder erschien: Was auffallen mußte, ist, daß er seine Erfolge fast durch weg unter Zuhilfenahme unorthodoxer Mittel gegen Ratgeber und einschlägige Erfahrungen errang, gleichsam als sei nun in der Tat die ersehnte Zeit gekommen, in der sich die Aversion in Opposition und offenem Widerspruch gleichsam versachlicht. Zu ihm gehören nicht nur die andauernden Kontroversen mit den offiziell bestellten Funktionären in Armee und Verwaltung, sondern auch eine der offiziellen entgegengesetzte, strategische wie politische Konzeption. Sie hebt das von Constantius geplante Föderatengefüge auf und smafft an den Grenzen Galliens neue, ursprünglim in solcher Form kaum beabsichtigte Abhängigkeitsverhältnisse. Vor- und Nachteile sind hier unwichtig; ich mödlte annehmen, der Zusammenbruch des Gefüges unmittelbar nach seinem Tode erklärt sich weitgehend aus der Methode seiner Gestaltung. Die bereits 357 ausgeprägten Unter schiede zwischen Julian und Constantius scheinen sich mit den Jah ren noch zu vertiefen; sie müssen, wenngleich geduldet, in letzterem eine Summe von Vorbehalten grundsätzlicher Art erweckt haben,68 bedeuten sie doch nichts weniger als Zweifel an der eigenen Konzeption. Nicht zu übersehen ist dazu, wie schnell sich auf diese Weise ein gewonnenes Erfahrungsschema des Caesar fixiert und von da an eine Modifizierbarkeit nur noch in Nuancen erkennbar ist. In Arsakes-, Hormisdas- und selbst Araberfrage erscheint es recht bedenkenlos auf den Orient übertragen und gibt so einen Durchblick vielleicht auf die Grenzen geistiger Flexibilität des neuen Kaisers frei. Für Julian hingegen müssen Erfolgserlebnis, Usurpation 360 und Tod des Constantius 361 etwas wie Recht fertigung des bisherigen Weges und damit aum eine Steigerung bisheriger Intentionen nach allen Richtungen hin bedeutet haben.n Fehlt von nun an der Zwang zu Sichanpassen und Zurückhaltung, allein obige subjektive Voraussetzungen lassen vermuten, die psy chische Entwicklung müsse damit ein gefährliches Stadium erreid-tt haben. Es wäre zu prüfen, wieweit die eigene Zeimnung dieser Entwick-
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Jung durch Julian bereits Rechtfertigung der interessanterweise nicht überall gebilligten Usurpation 70 ist und wieweit bewußtes oder unbewußtes Sichhineinsteigern in subjektive Wirklichkeitsver fälschung. Beides wird einander durchdringen; so mag denn auch das allgemein übernommene, abnorme Bild von Herrschaft und Per sönlichkeit des Vorgängers Ergebnis weitgehend entsprechender Sprachregelung sein.7' Denn trotz betonten Mißtrauens, trotz ln trigenwirtschaft am Hofe, Unsicherheit kaiserlicher Entscheidungen und Grausamkeit ihrer Durchführung widerspricht eigendich schon Julians Ernennung 355 einem solchen Bilde von vornherein. Sie scheint vielmehr Vertrauensbeweis, wie er unter analogen Bedin gungen in der Geschichte, nicht nur der römischen, seinesgleichen sucht, und erklärt sich aus den vorausgehenden Enttäuschungen der Galluskatastrophe oder der Silvanusaffäre m. E. allein ebenso wenig wie aus dynastischen Erwägungen und der Rolle Eusebias, sondern setzt ein besonderes Maß an vorhandenert'l Wohlwollen voraus. Sie läßt überdies auch vermuten,72 bezüglich der Ereig nisse 337 habe der Kaiser ein besseres Gewissen gehabt als allgemein angenommen wird.73 Die Erziehung in Abgeschiedenheit, die Julian immer wieder beklagt, hatte politische Gründe; daß sie zu seinen Gunsren geschah, beweist er selbst durch seinen Bildungsgrad, und war nicht alles so, wie Julian es sich nachträglich wünschte, dem Kaiser dies anzulasten wird den Umständen einfach nicht gerecht.74 Lamentationen über Schnüffelei 76, Bespitzelung und Bedrückung selbst noch des Caesar wiederum erklären sich nicht zuletzt aus einer Situation, die derartiges aus vielen, keineswegs neuen Gründen er forderte und zu Loyalitätsbeweisen zwang, schon um dem Kaiser Gewißheit zu scha1fen; sie sind überdies wohl auch Verzeichnung von vorerst notwendiger Kontrolle angesichts mangelnder Profi liertheit Julians für die 355 übertragene Rolle.78 Überdies, gewisse Überwachung mochte auch die angedeutete, sicher nicht unbekannt gebliebene psychische Entwicklung Julians als angezeigt erscheinen lassen, auch wenn man sie keineswegs als gefährlich ansah; ich halte für möglich, selbst die mit der Ernennung verbundene Eheschließung könne neben politischen Gründen 77 den Sinn eines Regulativs ge rade von hier aus gesehen gehabt haben.78 In der Tat, wirklich beengt erscheint Julian in Gallien nicht. Erwähnte Streitigkeiten
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wurden stets durch den Kaiser in seinem Sinne personalpolitisch entschieden, Geldmittel hatte er zur Verfügung, und den Oberbe fehl erhielt er, sobald er dafür die notwendigen Voraussetzungen bewiesen hatte.79 Ging es Constantius ganz offensichtlich um die systematische Heranbildung eines potentiellen Nachfolgers für seine Rolle unter besseren Prämissen als bei der überstürzten Ernennung des unvorbereiteten Gallus, so sind denn mehrfach bereits von den Zeitgenossen geäußerte Mutmaßungen über Ausrottungsab sicht 80 und Sendung in den Tod, an sich wohl Ausweitung eines auf Julian selbst zurückgehenden lyrischen Selbstvergleiches, nichts als törichte Verzeichnung der Wirklichkeit. Aus der traditionellen Formalität allein zur Genüge wiederum erklärt sich der vielbe klagte Mangel an Ehrerweisen 8t für den Sieger von Straßburg; daß er zugleich pädagogischen Erwägungen entstammen könnte, widerspricht dem nicht, nachdem kurz zuvor wohl nicht mehr zu ignorierende Taktlosigkeiten s2 als Zeugnis neuedimer Persön lichkeitsemwicklung vor ein Dilemma gestellt haben müssen.83 In Einschätzung dieser Sachlage indes muß der Hof auch Bruch und mögliche Usurpation früh als kaum vermeidlich angesehen haben.84 Vorbeugungsmaßnahmen indes ergriff man nicht, galt doch das dynastische Prinzip auch nach der Wiederverheira tung des Kaisers, und mochte man die Hoffnung auf einen Sieg der Vernunft bei dem an sich ja hochqualifizierten Caesar wenigstens vorerst noch nicht aufgeben.85 So scheint denn auch jene Decentiusmission im Winter 359/60, vom Kreis um Julian zum Anlaß eines zweifellos lange vorbereiteten Abfalls genommen 86, eher eine neuerliche Geste von Vertrauen, geht man von den Fakten aus. Denn ganz sicher hatte Julian auch in offizieller Darstellung eigener Leistungen ein Bild gallischer Verhältnisse gezeichnet 87, das einen Truppenabzug rechtfertigte, während anderseits der Ausbau des erwähnten Abwehrsystems im Osten die Massierung verfügbarer Verbände verlangte.S8 Julians Argumentation mit Klauseln von Germanenverträgen wirkt daher nicht nur angesichts ihrer Ignorierung im nächsten Jahre merkwürdig;89 sein Angebot plausibler Ersatzleistungen kommt bezeichnenderweise erst nach der Usurpation und ist demnach wohl nur rhetorisch gemeint. Auffal lend ist denn nicht zuletzt auch die Konzentration des Kaisers in
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beiden folgenden Sommern auf den Perserkrieg 80; erklären läßt sie sich nur damit, daß er eine Vernichtung im Sinne eines Maxentius nicht erwog und solange es ging auf einen Ausgleich hoffte.9t Ich halte für möglich, er wäre auch nach Einleitung vorbereitender Gegenmaßnahmen in Italien, Afrika sowie an der germanischen Grenze t1 zu einer Lösung unter Bedingungen bereit gewesen, selbst wenn die Hoffnung auf einen wirklichen Neuansatz und neuerliche Verwendung des Caesar schwand. Die Nachricht von der Herr schaftsübertragung auf dem Totenbett 93 zwar wird als zweifelhaft wiedergegeben; sie scheint indes bezeichnend für das, was man bei Constantius auch jetzt noch für möglich hielt. Die Dinge diploma tisch sich zuspitzen und dann durch die eigene Offensive 361 den Kampf als unvermeidlich erscheinen zu lassen, ist in der Tat Sache Julians gewesen. Konsequenzen solcher Art passen denn zu dem oben angedeuteten Persönlichkeitsbild und den möglichen Entwick lungslinien seiner allmählichen Formierung. Das für die Zeit nach dem November 361 Oberlieferte nun scheint sich geradezu nahtlos an das über die gallische Epoche Be richtete anzuschließen." Es bedeutet die Synthese des bisher offen sichtlich unterdrückten und deshalb in fragwürdige Bahnen gelenk ten Persönlichen mit der Wirklichkeit und gleichsam die Gewinnung eines Experimentierfeldes ohne Grenzen für das, was diese Synthese zeitigen mochte. So bleibt zu fragen, wieweit der von Julian ein geleitete Umwandlungsprozeß außerhalb des Hofes vorerst wirk lich bemerkbar wurde 95 und von wann ab etwa seine Folgen auch in der westlichen Reichshälfte spürbar waren - die Schnelligkeit, mit der er sich in anderthalb Jahren ausweitete, ließ die Durchdrin gung des ganzen Imperiumsraumes durch seine Folgen und Aus wirkungen sicher nur als die Frage kurzer Zeit erscheinen. Aber wie bereits oben angedeutet, gerade damit beginnt die Verstrickung sei nes Initiators in eine unentwirrbare Problematik. Als mit dem wich tigsten, eigentlich einzigen und allem anderen zugrundeliegenden Ziele wird sofort mit Maßnahmen zu jener inneren, religiös geistigen Erneuerung begonnen - nach Gregor bereits Wurzel der Usurpation," als Absicht bisher wohl nur den nächsten Vertrauten bekannt. Der oben angedeutete Plan eines philosophisch nicht nur geleiteten,87 sondern auch gelebten Gottesstaates freilich, der das
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Imperium abzulösen haben würde, muß auch vor dem Hinter grunde spezifisch antiker Religiosität als Utopie erschienen sein, selbst wenn er versprach, Bestehendes zu lassen und die Pluralität vorhandener Religionsformen gleichsam in sich einzuschließen.os Was dabei abstoßend und fremdartig wirkte, war weniger das Fak tum dieser Pluralität, sondern die Spekulation, die in solcher Weise mit ihr angestellt wurde. Sicher, in wenigstens tD zwei seiner Schrif ten hat Julian sich gerade über die in solchem Zusammenhang wichtigen Fragen ausgelassen. Diese Schriften indes haben als per sönliches Bekenntnis zu gelten, und so bleibt fraglich, wieweit auch beim Tode Julians dessen wirkliche Absichten und die Möglich keit einer Erreichung seines Zieles von dieser aufgezeigten Grund lage aus verständlich geworden waren. Und ignorierte man die Glaubensinhalte - das in mystischem Sichversenken entstandene Welt- und Herrschaftsbild Julians war sicher nicht jedem nachvoll
ziehbar,100 auf den es ankam: Unschwer nachzuweisende innere Verwandtschaft einzelner Komponenten zu längst Vorhandenem und
allgemein
Bekanntem,
ja
geradezu
Selbstverständlichem
wiederum mochte dieses Weltbild als keineswegs in allem und voll kommen abwegig erscheinen lassen. Gerade unter solchen Voraus setzungen freilich drängte sich dann erneut die Frage nach den Zielen wie auch ihrer Erreichbarkeit auf, die bei wirklichem über denken auch ursprüngliche Sympathie und Zustimmung in einen unlösbaren Kreis von Zirkelschlüssen hineinzwang. Um subjektive Glaubensbekenntnisse in eine StaatSreligion zu übertragen und darüber hinaus ein Grundgefüge ethischer Postulate zu schaffen, die bei aller oben erwähnter Pluralität für jedermann verbindlich waren, aber reichten die Mittel auch eines römischen StaatSdirigis mus nicht aus,101 was immer Julian sich von ihnen versprach. Und von vornherein blieb zu fragen, ob nicht bei einem solchen Prozeß möglicherweise mit dem Apparat auch der Dirigierende selbst in eine Entwicklung hineingeriet, die zwangsläufig schnell seine allzu theoretisch gewonnenen Ansätze zunichte machte und bald sich nicht mehr kontrollieren ließ. Wie bereits vermutet, begreifen ließ sich ein derartiges Unterfangen von den gegebenen Voraussetzungen aus wohl nur aus der enthusiastischen 1o2 Selbstdeutung des Kaisers heraus. Dann freilich blieb nur der Schluß, trotz mehrjähriger Er-
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folge im Sinne einer nunmehr tatsächlich übernommenen Rolle als Herrscher des Imperiums müsse Julian während dieser Zeit an einen Punkt völliger innerer Beziehungslosigkeit zur Realität gelangt sem. Damit aber wurde denn auch alles scheinbar Plausible an Maß nahmen und Äußerungen fragwürdig. Und es konnte nicht aus bleiben, daß die Kluft zwischen Wünschen und Wirklichkeit, wie sie hier sich auftat, mit den Zweifeln Opposition hervorrief.'03 Brauch bare Nachrichten über eine solche sind zwar nicht erhalten, sieht man von einigen eingestreuten Bemerkungen Ammians ab; christ liche Kirchenhistoriker etwa unterschlagen, was nicht direkt ihren Bereich betrifft, Martyrienberichte wiederum beschränken sich auf eine Topik, die von vornherein entsprechende Folgerungen ver bietet. Sicher, von den rein politischen Maßnahmen Julians mochte vieles Zustimmung finden,104 anderes, wie etwa seine Curialen erlasse, wenigstens bei den Betroffenen zur Verärgerung reizen. Ob· wohl nun die Religion während seiner Herrschaftszeit diese Tages politik in sich einschließt und erwähnte Anordnungen in einen weitgespannten Zusammenhang einordnet, fällt indes auf, wie wenig eigentlich von der Wirkung erhaltener, als wichtige Etappe jener Erneuerung gedachter Gesetze zur Religion die Rede ist; Julians Rhetorenerlaß etwa wird lediglich als Affront gegen die Christen diskutiert. Sollte diese Lücke auf ein bewußtes Totschwei gen der Ziele Julians auch in der nichtchristliehen Darstellung zu rückgehen? In der Tat, bei aller Toleranz gegenüber nichtchrist licher Religiosität,105 Pessimismus gegenüber Julians Konzeption muß sich früh auch in heidnischen Kreisen eingestellt haben, wenn sie für sich keinen Grund zur Umwandlung sahen, nunmehr aber vor einer Entwicklung standen, die auch vor ihnen 106 nicht halt machen würde: Der skizzierte Ausbau eigener Kultformen ließ keine andere Deutung zu. Die entsprechende Reaktion solcher Kreise wird sich denn, von äußeren Anlässen abgesehen, etwa in der auffallend einmütigen Resistenz aller Bevölkerungsteile Antio ebias wie auch in Julians Abschied von dieser Stadt äußern,107 jener verbitterten Motivierung für die Einsetzung Alexanders von Heliopolis lOS in Syrien und letztlich auch der bereits erwähnten, allen politischen Prinzipien zuwiderlaufenden Drohung gegen die
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Einwohner von Nisibis.lot In allen Fällen handelt es sich bei den Betroffenen keineswegs nur um Christen allein. Opposition solcher Art mochte sich an einzelnen Maßnahmen entzünden; gerichtet sein kann sie nur gegen seine Zielsetzung als Ganzes und damit gegen seine Person, die man demnach als Gefahr ansah, gleichgültig unter welchen Perspektiven dies geschah. Bezeichnend freilich ist Julians Reaktion. Sie besteht keineswegs etwa im Suchen nach Gründen und Argumenten, auch nicht im Eingehen auf die sich artikulieren den Forderungen oder im Suchen nach Möglichkeiten, den Gegner doch noch zu gewinnen. Im Gegenteil, die Widerstände führen zu neuer, wachsender Eigenwilligkeit, weiterem Sichabschließen und sichtbarer Rücksichtslosigkeit im Hervorkehren des für die eigene Person als gültig Erkannten, obwohl es der Herrscherrolle gleich sam ins Gesicht schlägt. Das Ergebnis hiervon wiederum ist die fast totale Isolation als Mensch wie als Herrscher, was sehr bald zu katastrophalen Auswirkungen für beides geführt haben muß, und auf der anderen Seite die bewußte Aufhebung des Herkömm lichen im Bereich der für die Herrscherrolle verbindlichen Formen und Formalitäten. So hat denn selbst ein Ammian an Julian bereits in Konstantinopel ein Sichgerieren zu tadeln, das mit den gängigen Vorstellungen von kaiserlicher Würde nichts mehr zu tun hat daß er dabei kritisiert, was er von anderer Seite her gesehen bil ligen muß, enthüllt das ganze Dilemma der Umstände. Seit Diokletian ideologisch wie zeremoniell fest verankert,110 war ohne große Mühe der von der Gottheit zur Wahrnehmung seiner Rolle herausgehobene und eigens beauftragte Herrscher auch von christlicher Imperiumsdeutung übernommen worden; gerade das von einem Ammian zu Unrecht persiflierte Constantiusbild 111 ver mag einen tiefen Eindruck von den Formen jener Imperiums repräsentanz und ihrer Verankerung zu geben. Eine Gottheit 11! zwar nun hatte auch Julian für seine Aufgabe bescimmt und unter ihren Schutt gestellt.113 Indes, es ist weder die christliche noch die im vorschristlichen Staatskult verehrte, sondern eine bisher nur mystisch faßbare, wenngleich in Zeichen sich verständlich machende Kraft. Sie teilt sich vorerst allein ihm mit und erwartet durch ihn erst ihre Erhebung zur Gottheit des Imperiums, um dieses dann im Sinne einer Theokratie zu regieren. Als Religionsstifter 114 aber und
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Mittelpunkt eines Kreises von Eingeweihten wird Julian als Kaiser allen fremd, die zu gleichem mystischem Erlebnis nicht in der Lage sind. Was er beabsichtigt, bedeutet für diese die Unterwerfung unter rigorose, unverständliche 115 ethische Gebote, ohne ihnen ihre bisherigen Heilsgewißheiten zu lassen. Mehr noch: Dem Stifter einer neuen, theokratischen Ordnung muß das kaiserliche Amt als lediglich Mittel zum Zweck erschienen sein. Sein Ziel ist ein Kosmos menschlicher Wesen,118 vom gleichen Geiste erfüllt und sich in Freundschaft einander verbunden fühlend.117 Antiker Philosophie sind diese Gedanken nichts Neues - anders als je zuvor aber wird nun in Julian der Herrscher als Instrument des göttlichen Willens innerhalb dieses Freundeskreises zum primus inter pares, nicht mehr; die Verhaltensweisen erwähnten Sich-Gerierens erwecken den Eindruck, es handle sich um die unverstandene Vorwegnahme eines solchen Endzustandes.ll8 Freilich, trifft dies zu, so kamen sie zu früh. Unvorbereitete Beobachter mußten in ihnen und dem, was sich hinter ihnen verbarg, die Tendenz zu Aufhebung staatlicher und sozialer Ordnung erkennen und den Schluß ziehen, daß man den Weg zur Anarchie beschritten hatte.118 Daß für Julian derartige Voraussetzungen nicht nur die Er reichung seiner Ziele in die Ferne rückten, sondern auch die Tages politik erschwerten, liegt nahe. Wie immer aber er sich um die Wirkung seines persönlichen Verhaltens kümmerte, er hatte vor erst nichts nötiger als Stillehalten und Kooperation aller Kreise und Schichten der Imperiumsbevölkerung. Daß er hierzu indes nicht nur Konzessionen und Wohltaten, sondern auch die Machtmittel kaiserlicher Autorität einzusetzen gewillt war, konnte nur verwir ren und früh zur Verwechslung von ehrlichen Absichten mit prag matischen Sophismen führen. Anderseits auch verkehrte sich etwa sein Toleranzideal trotz. vermiedener Christenverfolgung wie er wähnt früh ins Gegenteil,120 wobei die versteckten Aufforderungen zu Christenpogromen um so mehr als unehrliche Manipulation empfunden worden sein müssen, als Julian vieles von dem gerade für das Christentum Charakteristischen an Form wie selbst Inhalt für seine neue Religion übernahm.m Alles in allem nun, wie immer man dies deuten mochte,'" die aus solchem Zwiespalt resultierenden Schwierigkeiten vergrößerten sich angesichts der bevorstehenden,
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für die weitere Entwicklung entscheidenden kriegerischen Ausein andersetzung. Im Mittelpunkt des solcherart von ihm initiierten, von ihm getragenen Prozesses aber stand J ulian allein; daß er. es unterlassen hatte, sich einen Kreis profilierter Helfer seiner Politik zu schaffen, paßt zu seinem Bild: Personalpolitik ist seine Stärke nie gewesen. So muß bei einer gerade dadurch um ein Vielfaches sich vermehrenden Fülle m von Aufgaben und Verpflichtungen zusätzlich zu denen des Herrschers allein denn schon die körper liche Beanspruchung Julians t%4 früh die Grenze des Zurnutbaren erreicht haben, ohne daß sich vorerst die Aussichten auf eine Lösung abzeichneten. Dies wiederum aber bedeutet für die weitere Ent wicklung einen oeuen, unheilvollen Aspekt, denn es schließt einen Kreis von Ursachen und Wirkungen, dem sieb zu entziehen nach dem einmal Begonnenen nicht ohne die allgemeine Katastrophe möglich war. Und es bleibt zu fragen, von wann ab jene scheinbar allzu starre Konsequenz und die deutliche Obersteigerung des von früher Bekannten an Hektik, Selbstvergessenheit und Planlosig keit 125 bereits Zeichen von Erschöpfung ist.126 Zugleich trägt das für die Monate nach der Mitte des Jahres 362 Berichtete deutliche Züge von Menschenverachtung, Verbitterung und Resignation.m Die Hartnäckigkeit, mit der er trotzdem an dem Begonnenen fest hielt, widerspricht dem nicht. Sie ist eher eine Bestätigung. Vor diesem Hintergrunde eines eigenartigen Wechselverhältnisses zwischen persönlicher Entwicklung, aus ihr erwachsener Zielsetzung und allgemeinen Verhältnissen aber erhält auch der Perserkrieg erst seinen bestimmenden Aspekt. Denn obzwar ignorierte historisch oder auch nur pragmatisch zu deutende Wirklichkeit 1!8, ist er be wußt herbeigeführte letzte Kraftanstrengung, ja provozierte Wil lensdemonstration angesichts von Voraussetzungen, die ausnahms los dagegen sprechen. Freilich, als eigentlicher Durchbruch jener theokratisch-philosophischen Erneuerungsidee unabdingbarer näch ster Schritt in dem einmal begonnenen Prozeß muß er seit je ge plant gewesen sein tte; rückwirkend konnte der errungene Sieg auch im Reiche selbst dann die vorher begonnene, unterbrochene Ent wicklung vollenden. Indem der Krieg überdies auch zum Mittel wird, die noch vorhandenen Gegenkräfte innerlich zu wandeln, er-
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halten früher Beginn und fragwürdige äußere Umstände, ja selbst die Einschätzung außenpolitischer Verhältnisse und strategischer Möglichkeiten eigentlich allein ihren Sinn. Und das Wunschdenken einer deutlichen Illusionswelt entwickelt gleichsam aus sich heraus Kausalitäten, die scheinbar auch die wirklichen Gegebenheiten mit zu bewältigen vermögen. Zwar waren die geringen Erfolgsaus sichten, die eine objektive Prüfung dem Kriege zubilligte, einer ganzen Anzahl von Warnungen zu entnehmen. Die Bahn indes, auf die sich Julian begeben hatte, erlaubte ein Anhalten nicht mehr. So blieb denn abzuwarten, wann Illusion und Wirklichkeit, vorerst gleichsam zusammengezwungen, beginnen würden, auseinanderzu klaffen. Dazu aber kam noch ein anderes. Selbstverständnis und Politik Roms seit Augustus scheinen von der Vorstellung räumlicher Be grenztheit eigenen Machtgebietes und eigener Interessensphären bestimmt und haben in der Tat seither in bewußter Einengung le diglich noch zu territorialen Abrundungen und Grenzkorrekturen geführt: Daß bei solcher Wendung römischer Geschichte das Ab gehen von Weltherrschaftsideologie und Oikumenegedanken durch das literarisch immer wieder formulierte Postulat einer Kultur- und Zivilisierungsmission ersetzt worden war, spielt eine geringe Rolle. Ganz deutlich nehmen in römischer Kriegspolitik wie auch strate gischem Denken in den ersten drei Jahrhunderten denn auch die Erwägungen zur Erhaltung des Bestehenden zu, Folge wohl immer wieder angestellter rationaler Prüfung wirklicher Existenzbedin gungen des Imperiums unter zunehmend fragwürdigeren äußeren Verhältnissen. Julians Ziel einer theokratisch-philosophischen Herr schaft nun stellt alles an derartigen Erwägungen gleichsam auf den Kopf. Es impliziert von vornherein die ganze Menschheit und da mit eben jenen Weltherrschaftsgedanken,tao ja macht gerade die Expansion als Missionierung unter Zuhilfenahme der Mittel des Imperiums zur ethischen Verpflichtung. Indem er so dem Imperium und der Imperiumsgeschichte einen neuen Sinn gibt, zwingt er nun zu einem Umdenken, auf das selbst von den ihm am nächsten ste henden Persönlichkeiten keine genügend vorbereitet war.m Und mochten die Weltherrschaftspläne auch bereits mit der Apostasie zeitlich zusammenfallen, der parallel zur 1\nderung des Imperiums-
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charakters notwendige Prozeß der Umerziehung der unabdingbar notwendigen, gleichsam dienenden Kräfte, Heer, Beamtenschaft, Bevölkerung, konnte wiederum doch erst später beginnen. Sieht man aber auch in diesem Zusammenhang von den vorerst selbst dem Initiator unklaren Vorstellungen ab, nicht an allen Stellen ließ sich kontrollieren, ob dieser Prozeß sich in der von ihm ge wünschten Weise vollzog. In der Tat scheint Julian die Wirklich keit allzu leicht und vielleicht allzu gerne zu übersehen : Die eigen artige Zeichnung des Heeres etwa in Hinbli<:k eben auf angedeutete künftige Rolle zu einem verhältnismäßig frühen Zeitpunkt 132 läßt sich nur als eine folgenschwere Täuschung verstehen, ist man nicht geneigt, Autosuggestion anzunehmen,133 die freilich auch nicht wei ter half. Man wird sich denn auch die Bestürzung über den Bruch mit der Imperiumstradition und die sich aufdrängenden Assoziatio nen zur Alexanderideologie nicht groß genug vorstellen können.tS4 Es war vielleicht zu übersehen daß gerade die Affinität der neuen, auf solche Weise gewaltsam verwirklichten Lehre zur persischen Religion eigentlich den Ausgleich fördern und nicht zuletzt deshalb bei mangelnder Ausprägung zu allgemeiner Verwirrung führen mußte. Was versucht wird, die innere Einstellung der Armee zu beeinflussen und ihr den Krieg plausibel zu machen, ist offenkundig derart von der Kürze verfügbarer Zeit bestimmt und daher ober flächlich angelegt, daß es ganz zwangsläufig seinen Sinn verfehlt, ja die gegenteilige Wirkung zeitigt. Denn die Prüfung einschlägiger Zeugnisse ergibt gerade für den inneren Zustand dieser Armee ein mehr als fragwürdiges Bild. Wohl hatte schon in Gallien Julian alles unternommen, Emotionen zu seinen Gunsten aufzuwiegeln. Versuche, im Osten seit 361 dies nachzuholen, lassen bereits eine Peripetie erkennen. So muß der Prozeß von Chalkedon und das schon einem Ammian auffallende, fragwürdige Verhalten des Kai sers dabei als ein Schlag gegen jedes Gerechtigkeitsprinzip Zweifel erregt haben: Allzu bereitwillige, weil vordringliche Konzession an die vorerst noch nicht völlig gewonnenen Elemente der Armee 135, waren seine Urteile wenn auch nicht zu entschuldigen so doch ver ständlich l36 ; eine gewisse Hilflosigkeit aber den einmal gewe<:kten Geistern gegenüber, die hier erstmals sichtbar wird, scheint Julian nicht mehr zu verlassen, mochte es auch gelingen, bald danach einen ,
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Arbetio kaltzustellen.137 Der Autoritätsverlust aber zeigt sich auch an anderer Stelle.138 Bestand die innere Vorbereitung der Armee auf den Krieg in einer verstärkten Beeinflussung im Sinne der Ethik Julians 139, was zu oben erwähnter Aussage führen mochte, so riß sie einen Zwiespalt auf, der sich mit der Zeit zwangsläufig ver tiefte und nicht ohne Konsequenzen bleiben konnte. Wieweit er die zahlenmäßig das stärkste Kontingent darstellenden Barbaren betraf, ist ohne Belang. Den Nachrichten von ausgeübtem Druck und verordnetem Opferzwang für Garde und Offizierskorps uo in des stehen auf der anderen Seite Verwendung, ja Aktivierung christlicher Offiziere wie sogar eines Valentinian entgegen und ver stärken den Eindruck von Konsequenzlosigkeit und erzwungenem Schwanken zwischen den Extremen. Waren von vier profilierten Armeeführern Arintheus und Victor überzeugte Christen, Nevitta und Dagalaif Germanen, die Tatsache, daß analog zu diesem Zah lenverhältnis ein großer Teil der Armee allen Grund hatte, ein Scheitern des Feldzuges zu wünschen, belastete diesen mit einer Hypothek, die ihm neben Erfolgsaussichten einfach den Sinn nah men.141 Angesichts der mit ihm verbundenen Ziele wiederum kam nur die Unterwerfung des Perserreiches, ja des ganzen Ostens in Frage, und von hier aus war das Alexandermodell keineswegs ab wegig: All dem aber widerspricht die überlieferte Vorbereitung 142 von Quartieren für den folgenden Winter in Tarsus; sie wäre denn entweder als Euphorie 143 des Kaisers oder aber als bewußte Täu schung von Öffentlichkeit wie Armee zu verstehen, denen die Harm losigkeit eines Sommerfeldzuges vorgegaukelt wurde. Zugleich aber mußte derartiges die Frage nach Konzeption und Planung aufdrängen: Glaubte der Kaiser, ähnlich wie gegen Alemannen und Franken mit Improvisationen operieren zu können, und mußte ihn nicht gerade das Alexanderbeispiel belehren, daß schon die räum lichen Bedingungen eine vorzeitige Kapitulation Persiens ausschlos sen? Mit anderen Worten, kritische Prüfung mußte auch in der Vor bereitung des Entscheidungskampfes gegen Persien ein Gefüge von Halbheiten sehen, das nur auf eine unüberbrückbare Kluft von Illu sion und Wirklichkeit zurückzuführen war. Aus ihr erklärt sich indes sein Verlauf. Man hatte mit den taktischen Vorbereitungen früh be gonnen und das Überraschungsmoment zu nutzen versucht.144 Schon
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die Nachridnen über die Versorgung des Heeres widersprechen sich und erwecken Zweifel.14S Hinweisen auf Transportflotte tu und gut gelöste 147 Verpflegungsfragen stehen solche über Mangel,'48 Rück greifen auf Beute 149 und drastische Strafen bei Unterschleif t5o ge rade in diesen Dingen entgegen.151 Und offensichtlich sind bei Ktesiphon die Reserven aufgezehrt, so als habe man in der Tat mit einer Fortführung des Krieges über die Eroberung von Ktesiphon hinaus niemals gerechnet. Dementsprechend wird von da an der Rückzug durch die Not mehr als durch die persischen Angriffe be stimmt und zwingen unsere Nachrichten von den Ereignissen nach dem Tode Julians zur Vermutung, auch diesem wäre letztlich nichts übriggeblieben als ein Vertrag, wie er seinem Nachfolger ange kreidet wurde. Die Verbände der Armee selbst waren im Westen für den Ger manenkrieg 15!, im Osten durch die Operationen des hinhaltenden Widerstandes jeder in seiner Weise geübt, das heißt, beide Teile ohne Vorbereitung für die Offensive großen Stils, die man nunmehr plante.'53 Julians oben erwähnte Bemerkung freilich läßt erkennen, daß es ihm um anderes ging als taktische Erwägungen, und so ist in der Tat wenig bekannt von dringend nötiger Ausbildung oder Gewöhnung an die klimatischen Bedingungen. An ihrer Stelle er geben die berichteten Ausschreitungen in Antiochia 164 das Bild einer geradezu planmäßig verdorbenen Soldateska, die den erforderten Prämissen fast bis ins Detail widerspricht. Mangelnde taktische wie auch moralische Vorbereitung sind wohl als ein anderer Aspekt jener zweischneidigen Konzession zu verstehen und lassen sich über dies als die Folge jenes inneren Zwiespaltes erklären, wie er sich in vielfältiger Weise auf die verschiedenen Rangstufen und Bestand teile des Heereskörpers ausgebreitet haben muß. Was Julian blieb, kann unter solchen Bedingungen nur die Hoffnung gewesen sein, durch ein Selbstbewußtsein aus Anfangserfolgen die bestehenden Lücken zu schließen, und mit ihm diese merkwürdig disparaten Massen dann weiter mitzureißen, so daß sie doch noch zum Instru ment seines Willens werden würden. Gelang dies nicht, mußte das Dilemma unweigerlich in die Katastrophe führen. Sicher, die Armee war als solche nicht besser und nicht schlechter als die anderen, die zuvor je diesen Marsch angetreten hatten: Für das Unterfangen
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Julians genügten diese Qualitäten nun einmal nicht, und nicht zu letzt enthüllt auch diese Tatsache das Rücksichtslos-Wirklichkeits ferne seiner Ziele. Wohl geht der Zug bis Ktesiphon ohne größere Rückschläge und Enttäuschungen vonstatten. Was freilich bereits am Anfang auf fällt, ist die notwendig werdende Bestrafung von Offiziereo,U$ ein mal sogar die Dezimierung von Truppen, beides Zeichen offen sichtlieb einer Kampfesunlust bis zur Feigheit und passiven Resi stenz einschließlieb klarer Befehlsverweigerung 166• Parallelbeispiele etwa aus der Schlacht von Straßburg haben dabei wenig Sinn; was im Durcheinander der Schlacht psychologisch noch verständlich war, ist hier, auf einen längeren Zeitraum sich erstreckend, das Bild fundierter Gleichgültigkeit und Interesselosigkeit gegenüber dem Krieg und seinen Zielen, und zwar in Solidarität aller beteiligten Verbände.U7 Bezeichnend ist denn auf diesem eigenartigen Siegeszuge ein bisher nie gekanntes Spektrum an Exzessen, Grausamkeit und Härte 158 in Verhalten wie Kampfesweise, das sich weder mit be wußter Abschreckung motivieren läßt noch den Absichten Julians entsprochen 168 haben kann, der überdies, meist vergeblich, zu retten sucht, was zu retten ist. Plünderung uo, Verbrennung von Siedlun gen 161 und Verwüstung 162 zeigen eine Blindwütigkeit der Truppen, die nicht nur die Notwendigkeit späteren Rückmarsches nicht mehr einzukalkulieren scheint, sondern auch nicht nach der Wirkung beim Gegner fragt. Dabei werden Gefangenentötung und Niedermetze Jung von Weibern 163 und Kindern ganz offenkundig durch die Symptome von Panik und innerer Schwäche begleitet, und dem Kaiser muß auch in diesen Dingen früh die Führung entglitten sein.u• Es sind auch diese Symptome, die die Einnahme Ktesiphons unmöglich machen.m Daß er selbst mehr und mehr in diesen Strudel nicht gebannter Kräfte hineingezogen wurde, kann Julian nicht entgangen sein, Ja, wenn etwas, dann muß es das Scheitern vor der feindlichen Haupt stadt gewesen sein, das ihm spätestens jetzt die Augen über wirk liche Voraussetzungen und weitere Aussiebten des Krieges öffnete. Zwar verhindert die Oberlieferung über die Ereignisse von da ab ein klares Bild der weiteren Entwicklung. Ich halte indes für mög-
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lieh, daß man die Verbrennung der Flotte als den nächsten Sduitt von einer solchen, gleichsam inneren Wende zu erklären hat.ue Der zur Begründung der Aktion angeführte Personalmangel war sicher ein plausibles Argument.187 Zwar hatte man offensichtlich die Rück kehr der Flotte niemals ernstlich erwogen; da indes auch dem Gegner die Mittel fehlten, sie zu bekämpfen, wäre sie wohl in der Lage gewesen, die Verbindung mit der Heimat aufrechtzuerhalten, und so läßt sich ihre Zerstörung vom Strategischen her eigendich nicht rechtfertigen. Anderseits nun hatte Julian bereits früher die Mit nahme von Troß und Händlern verboten und einmal auch eine Brückenzerstörung als Akt von Zwangserziehung des Heeres für die ihm zugedachte Rolle hingestellt.188 Trifft gleiches auch hier zu, dann hat die Schiffsverbrennung den Sinn einer Strafe und zugleich der inneren Verhärtung, um so die Armee durch Vernichtung der Rückzugsmöglichkeiten für Weitermarsch und EntScheidungskampf zu
stärken und ihr gleichsam den Mut der Verzweiflung einzu
flößen. Strategisch überflüssig und psychologisch riskant, wenn gleich verständlich, ist der Anlaß zu solcher Aktion freilich nicht zuletzt in Verbitterung und Enttäuschung Julians zu suchen, der den Feldzug in der ursprünglich gedachten Form vorerst als geschei tert ansehen mußte, auf diese Weise die in seinen Augen Schuldigen die Folgen spüren ließ und zugleich doch noch zu tun bemüht war, was sich tun ließ, die Entscheidungsschlacht vorzubereiten. Gregor von Nazianz überliefert einen merkwürdigen Ausspruch Julians von der Sinnlosigkeit einer Heimkehr der aufgebotenen Menschen massen.l40 Er braucht nicht historisch zu sein, spiegelt aber gut das Dilemma dieserTage wider, in das man sich hineinmanövriert hatte. So bedeutet der wiederaufgenommene Vormarsch nach Osten den Versuch,170 doch noch, und zwar
so
schnell wie möglich, die
Entscheidungsschlacht herbeizuführen, und damit Rückfall in die alten Illusionen. Indes, besitzt auch die in der Oberlieferung offen sichtlich früh bereits verzerrte, von Ammian wohl in Dublette wiedergegebene Nachricht von Irreführung Julians durch Gefan gene oder persische Agenten einen Tatsachenkern m, so enthüllt sie nicht nur eine Ignoranz räumlicher Verhältnisse 17! und Euphorie in logistischer Vorbereitung des Unternehmens, die eine Alternative zur Unterwerfung Persiens spätestens vor Ktesiphon ausgeschlossen
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haben muß. Was nodt mehr auffällt, ist eine Unsmlüssigkeit, ein Simtreibenlassen, in dem smon etwas wie Resignation nunmehr aum für den Krieg anklingt. Es könnte sein, daß das erneute Friedensangebot Sapors vor Ktesiphon Julian nom einmal in seiner Selbstillusion beflügelte, ja vielleicht sogar zu gewissem Neuauf leben jener Analogien zur Alexandergeschichte führte. Kurz darauf bereits marsdliert er an den Tigris zurück.m Daß Umkehr und Rückmarsen stromaufwärts als nunmehr allen sichtbares Zeichen der Niederlage einen Smock für das innere Gefüge der Armee be deuteten, liegt nahe.174 Was folgt, ist in der Tat ein Verzweiflungs· kampf,175 nun aber nur noch um die eigene Existenz; es bleibt zu fragen, ob in der sich mehr und mehr abzeichnenden Katastrophe Julian selbst nach den Erfahrungen eines Gordian, Carus oder Numerian damit rechnete, die Heimat zu erreichen. Dieses Bild eines Smeiterns nun läßt sich von anderer Seite her noch ergänzen. Bereits an dem Kaiser, der soeben zur Herrschaft ge kommen 178 war, hatte ein Ammian Hektik und überflüssige Viel geschäftigkeit getadelt und damit vielleimt einen Bruch in dessen Persönlimkeitsentwicklung anzudeuten versucht. Bestandteil seines subjektiv bestimmten philosophisdlen Mensmenbildes, wurde sol ches Sim-Gerieren und das Hervorkehren des allzu Menschlichen wohl nimt zuletzt als bewußter Gegensatz zum Vorgänger emp funden; es mußte den Eindruck des Undisziplinierten, Halt- und Zügellosen 177 erwecken und war alles in allem nur mit einem Naturell zu entschuldigen, das diesen Kaiser von vornherein dis qualifizierte.178 Julians literarische Rechtfertigung in Antiochia nt, die als solche wie auch ihrem Inhalt nach allen gängigen Vorstel lungen von menschlicher Würde ins Gesicht schlug, konnte diesen Eindruck nur vertiefen. Genaugenommen freilich erscheint soldies Verhalten als lediglich die Fortsetzung dessen, was sich bereits in Gallien ausgeprägt hatte. Denn Bestandteil des Unkonventionellen, nimt Programmäßigen, hatte Julian gleichsam instinktiv gerade dies seinerzeit gewählt, um sich das überleben zu sichern. Indem er sim nicht nur belehren ließ, sondern sich selbst überblick ver· sdlaffte, hatte er sich schnell in seine Rolle eingewöhnt, sich immer wieder persönlich engagiert, persönlich Entscheidungen gefällt und auf diese Weise bewirkt, daß er unersetzbar wurde. Wie bekannt,
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Gerhard Wirtb
wurden Konflikte wegen Kompetenzüberschreitung durch wach sende Zuneigung von Heer und wohl auch Bevölkerung wettge macht, 180 die ihm als letzte Konsequenz hierfür dann die Augustus würde verschafften. Denn bei aller Manipulation der Affäre, der erstmals praktizierte Krönungsritus weist Julian als einen der Ihren aus,1B1 während um die gleiche Zeit in Selbstdeutung wie Panegyrik auch bereits die Fusion mit den gängigen Heldenidealen vollzogen gewesen sein wird. Zu fragen freilich bleibt, wo mit der Kompen sation jener Belastungen der Jugendzeit auch in diesem Zusammen hang das Gefährliche solcher Entwicklung begann. Sieht man von den Möglichkeiten subjektiver Verstiegenheit in das Illusionäre 182 einerseits und jener ebenfalls von Ammian getadelten Neigung zur Beifallshascherei l8a als Zeichen von besonderer Labilität anderseits ab - schwer muß gewogen haben, daß er sich mit all dem halb unbewußt in die Abhängigkeit von Zustimmung und Sympathie der Masse begab.1B-4 Bezeichnenderweise fordert man etwa bereits un mittelbar nach der Krönung die Absetzung mißliebiger Verwal tungsbeamter in Gallien und ist bereit zur Volksjustiz über den Kaiser hinweg. So braucht denn nicht zu verwundern, wenn in der Folgezeit Versammlungen und Ansprachen 1� zunehmen, um Ent scheidungen zu begleiten und zu bestätigen, so daß Julian gleichsam nachträglich zum Demagogen und seine Erhebung zum Pronuncia mento zu werden scheinen. Während sich so die manifestierten Be ziehungen äußerlich noch vertiefen, entwickelt sich das frappierende, ideale Verhältnis Kaiser - Heer schnell zu einer Kameraderie 188, die das Ihre tut, ihn auf der einmal betretenen Bahn fortzureißen, und zugleich mehr und mehr seine Entscheidungsfreiheit beeinflußt. Auf der anderen Seite aber nimmt zwangsläufig auch Wichtigkeit und Intensität gerade jener Kriterien zu, die ihm seinerzeit den Erfolg verschafften. Sicher, auch hier mögen sich Naturell und Notwendigkeit ergänzen: Die Selbstbestätigung,187 die im Hoch gefühl eigener Unentbehrlichkeit lag, hat sicherlich das eben im Entstehen begriffene neue Herrscherbild mit beeinflußt. Ob Julian die Grenzen der Übertragbarkeit gallischer Verhältnisse und Ver haltensweisen in die neue Sphäre und dann auch auf den Perser krieg erkannt hat, ist zweifelhaft; aber auch wenn er sie erkannte, ändern konnte er nichts, wollte er in solcher Selbstentäußerung
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nicht allen Kredit gerade bei den Elementen verlieren, auf die es ihm ankam. Geldgeschenke 188, obwohl jenen philosophischen Inten tionen widersprechend, erscheinen demnam als das Mittel, unter neuen Bedingungen in der Kontinuität Sympathie und Zuneigung zu erhalten; bis ZU gewissem Grade könnte von hier aus aum die ge währte Zügellosigkeit während des Feldzuges mit zu erklären sein. Der allzu früheKriegsbeginn hat politisme und strategischeGründe: Im halte indes für möglim, daß sim psymologisme und militä risme Erwägungen bei den entspremenden Entsmeidungen die Waage hielten und Julian sim nimt zuletzt auch deshalb zur Offen sive bereits 363 entsmloß, um zu verhindern, daß Beeinflussung und Demoralisation jenes Kräftepotential an Zustimmung zerstörten,tst ohne das er, wie sim die Dinge gestaltet hatten, ein Nimts war.••o So blieb denn in der Tat nur das bis ins gleichsam Obermenschlime gesteigerte Engagement, das Dilemma zu überwinden. Es ist Julian persönlich, der die Vorbereitungen tot und dann alle wichtigen Einzelaktionen leitet m, wobei er wie stets immer wieder die Mü hen gewöhnlimer Soldaten auf sich nimmt,193 in Lebensgefahr gerät und alle Warnungen vor sinnlosem Simexponieren in den Wind smlägt.1'4 Zu fragen bleibt, wieweit bei all dem jenes Mißtrauen gegen Feldherren und auch Unterführer mitspielte, das aus anderen Gründen nur natürlim und alles in allem wohl weniger zu über sehen war, als unsere Quellen dies berichten. Einiges mag bewußte Heldenimitation sein oder aum jener weltfernen Selbstvergessen heit entstammen: Wimtig scheint, daß das Heer, so wie er selbst es geformt hatte, von ihm derartiges einfach verlangte, sollte es aum jetzt nodt und weiterhin das Instrument schlemthin für ihn bleiben. Wenngleich in anderen Dimensionen, führt Julian demnadt wieder den Kampf um die bloße Existenz. Wohl hatte ein Alexander an der Spitze seines Heeres sich täglidt zu dessen Vorbild gemacht wie er, es durm eigene Gegenwart und sein Beispiel angefeuert und so seine Siege errungen. Ihm war es indes geglückt, sim mit den Jahren einen Personenkreis heranzu ziehen, der ihn ergänzte, zu eigenem taktismen Operieren wie zur Erfüllung anderer Aufgaben jedwelmer Art in der Lage war, und an dessen Loyalität kein Zweifel bestand. Erst dadurm, daß er die Masse des Heeres zur Einheit zusammenschweißte, hatte dieser
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Kreis die Rolle Alexanders überhaupt ermöglicht. Julian hingegen hat dergleichen nie besessen. Trotz verzweifelter Anstrengung, sie zu gewinnen, blieb die Führung gespalten, die Armee für den Krieg unvorbereitet: Bei Zielen aber, die keineswegs erst aus dem Kriege selbst erwuchsen, sondern in vagen Umrissen bekannt, nur als Uto pie zu verstehen waren - was blieb ihm außer scheinbarer Toll kühnheit bis zum Wahnwitz m, um Resistenz und Trägheit zu überwinden, die abzubauen eigentlich unmöglich war? 1" Die mit Verlauf des Feldzuges sichtlich wachsende Reizbarkeit und Heftigkeit Julians lassen erkennen,m daß auch er sich immer mehr der Grenzen seiner physischen wie seelischen Belastbarkeit bewußt geworden sein muß und wohl auch erkannte, wie es unter gegebenen, falsch eingeschätzten Umständen um die Erreichbarkeit seiner Ziele stand. Und auch von hier aus gesehen drängte sich zwangsläufig die Frage auf, wie es weitergehen werde. Der bis herige Lebensweg indes ließ nur eine Antwort offen. Ungepanzert in den Kampf zu stürzen,as war sonst seine Art nicht. Daß er dies am letzten Tage tat, läßt vermuten, dies könne nur in voller Absicht geschehen sein. Kurz zuvor aber noch muß er seinen Freunden er zählt haben, daß in der vorausgehenden Nacht bereits der Genius des Reiches von ihm Abschied genommen hatte.1"
Anmerkungen 1 S. dazu ]. Straub, Die Himmelfahrt des Julianus Apostata, zuletzt in: Regeneratio Imperii, Darmstadt 1972, 159 ff. t Oberblick vordringlicher Forschungsprobleme bei W. E. Kaegi, in : The ClassicaJ World 58, 1865, 229 ff.; fraglich bleibt indes, ob Fortschritte im Sinne des S. 238 f. aufgestellten Desideratenkatalogs als Neuinter pretation von an sich längst Bekanntem über den Charakter des Hypothe tischen hinauszugelangen vermögen. 3 S. dazu Kaegi a. a. 0. • Oberblick über frühe Deutungsprämissen des Julianbildes bei B. K. Weis, Das Restitutionsedikt Kaiser Julians, Diss. Heidelberg 1933, 1 ff. S. ]. Getfcken, Kaiser Julian, Leipzig 1914; J. Bidez, La vie de l'empereur Julien, 2. Au11. Paris 1965: Beide Monographien als die nach wie vor am meisten verbreiteten gehen von dem Philosophen Julian aus und suchen von hier aus den Politiker zu verstehen. Nicht zuletzt deshalb scheint das
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Schicksal des Menschen ihre Darstellung zu bestimmen, der zur früh vollendeten Idealgestalt wird. Von Julian als philosophisch geprägtem Ideal eines Menschen wie Herrschers geht auch W. Enßlin aus (Kaiser Julians Gesetzgebungswerk und Reichsverwaltung, Klio 18, 1923, 104 ff.). Sachliche Kritik im einzelnen bei G. Ricciotti, L'imperatore Giuliano l'Apostata secondo i documenti, Mailand 1956, und G. Gigli, Giuliano l'Apostata, Rom 1960. R. Browning, The Emperor Julian, London 1975, ist ansprechende Darstellung, läßt aber eine Grundlinie vermissen. Auch fehlt Auseinandersetzung mit Quellen und Forschung. 5 Dazu jetzt Material bei H. Kraft, Konstantin der Große, Wege der Forschung 131, Darmstadt 1974. Für die Außenpolitik Constantins, be sonders gegen Persien, fehlt eine erschöpfende Untersuchung vorerst. 8 Vgl. dazu zuletzt A. Lippold, Theodosius der Große und seine Zeit, Stuttgart 1968, 102 ff. 7 Zu Euseb. VC 4, 56; Philostorg. 26; Eutrop 10, 8, 2 ; Zon. 13, 5 s. Enßlin, Klio 29, 1936, 102 ff., Bidez S. 13. Hannibalians Rolle wird zu Recht als unbedeutend veranschlagt; Unterwerfung Armeniens setzte Vernichtung des armenischen, längst christlichen, Herrscherhauses voraus und scheint schon deswegen kaum glaubhaft. 8 Dazu immer noch P. Peeters, Rev. Et. Arm. 1, 1920, 15 ff., der erste Repressalien erst ab 340 annimmt (s. bes. S. 29). Die Christensteuer betraf im wesentlichen wohl Bevölkerungsteile westlicher Gebiete mit Handels möglichkeiten und Bargeldvermögen; sie erklärt sich aus den Kosten eines als langwierig vorauszusehenden Krieges. System und Konsequenz in der Verfolgung ist an sich nicht nachzuweisen. Zur einschlägigen Stelle der Chronik von Arbela s. E. Sachau, ABW H. 6, 1915, 75. 9 Vgl. dazu G. Pighi, Nuovi Studi Ammianei, Mailand 1936, 162. Zu den um diese Zeit noch ungeklärten Herrschaftsverhältnissen an der un teren Donau, die für Constantius bis 340 eine Belastung dargestellt haben müssen, s. immer noch 0. Seeck, ZfN 21, 1898, 17 ff., vgl. auch E. A. Thompson, Hermes 90, 1962, 372, dazu E. Demougeot, in: Mel. off. a W. Seston, Paris 1974, 143 ff. 10 S. dazu Jul. or. 1 , 47 C . . . xa-rao-.:eat"llY�oa� . . . In den Rahmen römischer Ausmanövrierungstaktik gehört sicher auch die Theophilos mission zur Aktivierung arabischer Stämme. 11 Allgemein dazu K. H. Ziegler, Die Beziehungen zwischen Rom und dem Partherreich, Wiesbaden 1964, bes. 129 ff. 12 Dazu zusammenfassend immer noch F. Altheim u. R. Stiehl, Finanz geschichte der Spätantike, Frankfurt 1957, 7 ff. 13 Alles in allem hatte man bereits unter Aurelian den Staat von Palmyra m. E. entsprechenden Erwägungen geopfert.
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Gerhard Winh
14 Vgl. dazu die Diskussion bei Ziegler S.
146 if.
Zu den zweifellos
römiscnerseits kontrollierten, lange sich abzeichnenden Bewegungen s.
14, 1966, bes. 247;, 15, 544. Selbst das Ausgreifen des Ostgotenreimes kann m. E. nur
etwa R. Werner, in: Jb. f. Geschiente Osteuropas
1967,
bes.
notwendiger Vorfeldgewinnung im Hinblick auf das zu Erwartende ge dient haben. 15 Zu Tabarl bes. S. Seeck, RE IA
2334,
52
Nöld. vgl. Fest. Ruf. 26, Eutrop a. a. 0., s. auch
Altheim-Stiehl S.
229 f.
Zur arabischen Geschiente
s. bes. N. Pigulevskaja, Byzanz auf den Wegen nach Indien, Berlin Kap.
1-2,
1970,
Die Araber an der Grenze zwischen Byzanz und Iran vom
4.-6. Jh., Leningrad 1964, passim (russ.). 18 Dazu W. Enßlin, Zur Ostpolitik des Kaisers Diokletian, SBM H.
1,
1942, bes. 44 if.
17
Zum Gegensatz derartiger Strategie zu der Constantins vgl. auch
S. Mazzarino, jetzt in: Antico tardoamico ed era costantiniana, Rom
221 ff.; ich halte eine
1974,
aus diesem Gegensatz zu erklärende Sprachregelung
selbst offiziellen Charakters als Grundlage des Anonymus de Rebus Mili taribus für möglich. 18 Vgl. Amm.
16, 9, 3,
dazu Pighi S.
168.
S. auch bereits W. Koch,
Kaiser Julian der Abtrünnige. Seine Jugend und Kriegstbaten bis zum
25,
Tode des Kaisers Constantius, in: Jahrb. f. dass. Philologie, Suppl.
1899, bes. 470.
11 Vgl. dazu Amm.
21, 6-8; 20, 8, 1.
Zu
23, I, 1
s. M. Brok, Oe per
zische expeditie van Keizer Julianus volgens Ammianus Marcellinus, Groningen
7, 9.
1959, 34.
Interessant in diesem Zusammenhang auch Amm.
22,
Aus dem umfassenderen strategischen Konzept erklären sich wohl
auch der Verzimt auf Wiedereroberung Bezabdes wie die Ermahnung des Arsakes um diese Zeit. Allgemein s. Seeck, RE IV
1094, Pighi 359 zu
Demgegenüber scheint das Foederatengefüge, das Sapor
S.
146.
mobili
sieren vermochte, nur für ein Jahr bestanden zu haben; ob er mit diesem mehr als einen Frieden unter verbesserten territorialen Verhältnissen erhofft hatte, seneint fraglich. 20
Vgl. dazu Amm.
22, 2, 2-3.
Julian in seinen Entscheidungen ging
von den damit geschaffenen Verhältnissen aus. u Vgl. Pighi S. 143 zu Lib. 12, 72 if., bes. 75; 17, 19; 18, 279; Socr. 3, 19. Die Zahl der GesandtSchaften geht aus den Nachrichten nicht hervor, doch muß erste Fühlungnahme bereits 362 nicht lange nacb bekannt
gewordener HerrschaftSübernahme Julians versucht worden sein. u
18, 279, aus gegenteiliger zeitgenössischer Sicht auch 5, 15. Hinweise des Libanios auf den Ruhm Julians als persisches Einlenken (13, 32) sind ebenso rhetorische Ober-
S. dazu Lib.
Gregor v. Naz. Anlaß für
493
Julians Perserkrieg
treibung wie die auf Sieg Julians 363 (18, 268). Einen Triumph indes möchte ich im Zusammenströmen von Gesandtschaft.en aus verschiedenen Ländern auch des persischen Interessenbereiches 362 in der römischen Hauptstadt annehmen. Es ist die Folge langjähriger Politik des Constantius und steht wohl im Zusammenhang mit dessen Strategie der Ausmanövrierung Persiens. 23 Amm. 22, 12, 1. 2• S. a. a. 0. Zur Heftigkeit von Julians Gestik vgl. bereits Amm. 17, 3, 5; ich nehme an, derartiges Verhalten müsse bereits um diese Zeit Zweifel an der Person des Kaisers hervorgerufen haben. Als Erklärungs versuch von hier aus s. auch Amm. 22, 9, 1 . . . ultra hominem, dazu 23, 1, 1 ff.; 24, 1, 1 ff.; 24, 5, 17; 24, 6, 4. 25 Vgl. dazu F. Dvornik, in: Late Classical and Medieval Studies in Hon. of A. K. Friend, Princeton 1955, 71 ff., bes. 78. 2• Geffcken S. 113 z. B. scheint von Parallelität zwischen Germanen und Persien auszugehen, Bidez S. 315 läßt die Frage offen. 27 Bezeichnend etwa die Zurückhaltung Lib. 17, 20 an einer Stelle, die eigentlich Absichten Julians erfordert hätte. 28 Zu Lib. ep. 1402 vgl. Zos. 3, 23, 3. Klientel müßte in diesem Falle auch die Annahme von Julians theokratischem Prinzip bedeutet haben, vgl. dazu auch Bidez S. 274. !9 Vgl. Lib. 18, 164. Die Abrechnung freilich kann in der allgemeinen Konzeption Julians nur einen Aspekt des Unternehmens dargestellt haben. 30 Vgl. auch Amm. 22, 12, 1 . 3t Vgl. dazu Amm. 22, 7, 9-10; 22, 2 , 2 . . . in immensum elatus . . . 32 Zur Kriegsvorbereitung unter solchen Umständen s. auch Amm. 22, 7, 6. Eine Warnung glaube ich der Neujahrsrede Mamertins zu entnehmen (PL 4, 1, 4; vgl. dazu H. Gutzwiller, Die Neujahrsrede des Consulars Cl. Mamertinus vor dem Kaiser Julian, Diss. Basel 1942, 108). Zum allzu vordergründigen Komplex der Steuererleichterungen (Gallien, Thrakien, Epirus, Syrien, Antioch.ia s. Mamertin 4, 6, Gutzwiller S. 142) vgl. bes. Basilius ep. 41 B; Material Enßlin L. 127 mit m. E. allzu starker Betonung des humanen Aspekts dieser Politik. 33 Zur bewußten Analogie Traian-Julian s. zuletzt W. Hartke, Philo logus 119, 1975, 179 ff. Der Vergleich Dakien 107 Persien 363 hilft vielleicht weiter bezüglich erwähnter Zielsetzung Julians. 34 übergeben wurde nur der Feldherrnmantel; Diadem und Adoption waren Julian 355 auch von Constantius verweigert worden. Zu Prokop s. jetzt Jones-Martindale-Morris, Prosopography of the Later Roman Empire, Cambridge 1971, 742 f. Merkwürdig bleibt das . . . occulte Amm. 23, 3, 2. -
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Gerhard Winh
» Die eilige Wahl eines Nachfolgers unter Obergehung Prokops wäre nicht �uletzt wohl aus entsprechender Verärgerung der militärischen Füh rungsspitze über diesen Schritt Julians mit �u verstehen. u Vgl. dazu Pighi S. 141. 37 Amm. 23, 2, 1. ae Gleiches gilt nach Lib. 18, 169 für die .IxOOa�; handelt es sich dabei vornehmlich um Westgoten, wäre zu fragen, ob Julian dabei auch auf die seit Constantin vertraglich ausbedungenen, regelmäßig geschickten gotischen Truppen verzichten wollte. " S. dazu schon Amm. 23, 3, 8, vgl. 24, 1, 10. 40 Amm. 25, 1, 3; bezeichnend auch die Version von Tötung Julians durch Sarazenen; vgl. auch Brok S. 253 ff. 41 S. dazu Peeters, Bull. Ac. Royale Belg. 5, 1931, 10 ff., dazu N. Baynes, zuletzt in: Byzantine Studies and Other Essays, London 1955, 186 ff. (EHR 25, 1910, 625 ff.). n Bezüglich des Kriegsbeginnes besteht Differenz �wischen Seeck, RE a. a. 0. (339) und Regesten der Kaiser und Päpste, Stuttgart 1919, 186 (338). Prüfung aller einschlägigen Stellen legt 338 nahe, vgl. schon Clinton, Fasti Romani S. 396. 43 Vgl. dazu Amm. 15, 13, 4, durch Faustus und Moses von Chorene ergänzt. Zur Teilnahme des Arsakes am persischen Feld�ug 359 vgl. Faustus 4, 20 (s. Bayne.s S. 196 ff. mit plausiblem chronologischem Er eigniszusammenhang); Folge könnten die ungewöhnlich dringenden Schrei ben des Constancius 360 sein (Amm. 20, 1 t, t-3; 21, 6, 8). 44 Zu Andok v. Suania vgl. etwa Faustus a. a. 0., Baynes S. 194. 46 Vgl. Soz. 6, 1, 3, dazu Julian ep. 57 Wright; Streichung des Briefs als Fälschung durch Herdein scheint nicht gerechtfertigt (vgl. S. XXV Wright; Streichung auch in den Ausgaben von Weis, München 1973, und Goeßler, Übersetzung Zürich 1971). Gerade der überaus scharfe Ton des Briefes würde in den allgemeinen Zusammenhang zu Julians Mißachtung diplomatischer Gepflogenheiten wie auch seinem Verhältnis zu einem christlichen Herrscher passen. Vgl. auch Baynes S. 197 und Moses v. Chorene 3, 15 (mit Anmerkungen von Langlois, FHG V). •• Vgl. Amm. 23, 2, 1. 41 Vgl. dazu Baynes S. 197 ff. Ammians Hinweise auf die Zeit nach Tod Julians sind angesichts einer Verwischung von Nachricht, Reflexion und Lamentation weitgehend unbrauchbar. Die militärische Hilie scheint nach Amm. 25, 7, 1 2 gering, Zusammena.rbeit mit Prokop und Sebastian wird nirgends erwähnt, vgl. auch Theophyl. Sim. 8, 3. Dagegen fehlt für die Zeit vor Amm. 27, 12 ein Hinweis auf persische Invasionen, zu denen offensichtlich Sapor auch wegen eigener Schwäche nicht in der Lage war.
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Trotz Zos. 3, 31, 2 halte ich lediglich eine Neutralitätsklausel für nahe liegend, die man Rom abgerungen haben mag. Für möglich halte ich eine in den Quellen negativ ausgelegte Bestimmung über gemeinsame Inter essen im Kausasus (Joh. Lyd. De Mag. 3, 52) besonders von Amm. 26, 4, 6 (Imperf. de conatu?). 48 S. o., dazu Bidez S. 273. 49 Auf persischer Seite mochten mangelnde Vorbereitung, Schwäche und Überraschungsmoment zusammenwirken; erst vor Ktesiphon scheinen die persischen Truppen zahlenmäßig zu Widerstand in der Lage (vgl. bes. Zos. 3, 19, 1; 24, 1). 50 Hoffnungen auf frühzeitigen persischen Zusammenbruch mußten erstmals angesichts der Begrüßung eines Hormisdas durch die persische Bevölkerung fraglich werden (vgl. Zos. 3, 23, 3). 51 Vgl. Amm. 23, 5, 4; 23, 1, 7. Als historischen Hintergrund der Anek dote 22, 7, 8 nehme ich den Versuch der Ratgeber an, Julians Tatendrang in anderer Richtung abzulenken; vgl. auch Mamertin. 13, 1. 52 Vgl. dazu Amm. 22, 9, 1. 53 Vgl. dazu bereits Julian or. 4, 130 C, Geffcken, in: Neue Jahrb. f. Antike und deutsche Bildung 1908, 163. 54 Zur Übertragung dieses Bildes auf die ganze Dynastie s. J. Vogt, in: Orbis, Freiburg 1960, 289 ff. (Constantin). Zu ep. ad Athen. 271 C s. Koch S. 348. 55 So bereits Seeck, Geschidue des Untergangs der antiken Welt IV, 4. Auf!. Stuttgart 1921, 203. 58 Vgl. dazu auch Gregor v. Naz. 4, 24; s. Seeck, Untergang S. 212. 61 S. dazu J. Straub, Vom Herrscherideal in der Spätantike, Stuttgart 1939, 56 f., im einzelnen aul=h I. Peters, Die Germanenpolitik der Kaiser Konstantius und Julian im Rahmen der römischen Reichspolitik des 4. Jh., Diss. Heidelberg 1945 passim. ss S. dazu A. Festugiere, JRS 47, 1957, 53. 59 Zweifel an einer positiven Wirkung des Gallienerlebnisses äußert erstmals Koch S. 396 (nach Ammian 16, 12, 2; 17, 4, 3). 60 or. 5, 23, vgl. dazu L. Goessler, Kaiser Julian, der Abtrünnige. Die Briefe, Zürich 1971, 7 f.; Die Charakteristik Ammians widerspricht dem nicht, sondern ergänzt dieses Bild (bes. 25, 4, 1 ff., 4, 16). 81 Verhaltensweisen wie Amm. 22, 2, 4; 22, 9, 14 lassen sich allein aus dem betonten Gegensatz zu Constantius nicht erklären, sondern richten sich gegen die Julian wohlbekannten Formen von Zeremoniell und Herr scherbild schlechthin. u So bereits auch Lib. 12, 58; s. dazu Bidez S. 40ff.; vgl. auch 57, Seeck, Untergang S. 245, Enßlin S. 108, vgl. J. Leipoldt, Der römische
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Kaiser Julian in der Religionsgeschichte, Berlin 1964, 5, dazu H. Raeder, in: Classica et Mediaevalia 6, 1944/45, 183 ff. Bezeichnend dazu das . . multa metuens (Ammian. 22, 5, 1, vgl. dazu Weis S. 12). &3 Zur Frage nach dem Philosophen auf dem Throne s. o.; es bliebe zu fragen, wieweit die Strapazierung des Bildes in all seinen Konse quenzen einen bereits vordergründig-politischen Zweck besaß, um den Gegensatz zu den Vorgängern drastisch hervorzuheben und zugleich das eigene Unterfangen im Lichte erfüllter Forderungen herkömmlicher Herrscherideologie aufzuzeigen. In diesem Zusammenhang s. etwa OGIS 751; CIL 3, 10648. Angesichts der Zeugnisse müßte eigentlich selbst der Gedanke religiöser Toleranz und neu ermöglichter Pluralität, etwa für Gibbon das Merkmal Julians, fragwürdig werden. 64 Dazu immer noch Geffcken, Der Ausgang des griechisch-römischen Heidentums, Heidelberg 1929, 103 ff., 132; Leipoldt S. 20; 25. Trotz persönlicher Bekenntnisse etwa in den Reden an Helios und die Götter mutter (vgl. dazu immer noch G. Mau, die Religionsphilosophie K. Julians in seinen Reden auf König Helios und die Göttermuner, Leipzig 1907 passim) ist Einfluß Jamblichs auf Julian nicht klar abzuschätzen bzw. scheint durch dessen Polymathie überlagert; so fragt sich auch, wieweit das von Gibbon als charakteristisch an Julian negativ kritisierte Super stitiöse auf ihn zurückgeht. Wichtiger ist m. E., daß der durch ihn voll zogene Schritt von neoplatonischer Theorie zur Theurgie (vgl. Goeßler S. 20) unabdingbar für Julians Religionspolitik war, um die ganze Fülle von Glaubensformen gleichsam unter ein Dach zu bringen; zur Juden politik Julians in diesem Zusammenhang s. J. Vogt, Kaiser Julian und das Judentum, Leipzig 1939, bes. 9, auch 38; 53. 8$ S. Goeßler S. 13. Transposition der gallischen Erfolge ins Ethische wohl bereits im Sinne der Zielsetzung Mamertins 3, 1 ; 4, 3; 4, 7. 88 Vgl. Gregor v. Naz. 4, 95; s. Socr. 3, 11. 87 S. dazu bereits F. Rode, Geschichte der Reaction Kaiser Julians gegen die christliche Kirche, Jena 1877, 50. 8.'! S. dazu Seeck, Untergang S. 250; Pighi S. 36. Offizielle Molivierung des julianischen Systems in Gallien vielleicht Mamertin. 23, 4. 89 Vgl. Amm. 22, 2, 2; dazu A. Selem, Athenaeum n. F. 1-2, 1971, 103 zu Lib. 18, 119. 7° Zu Amm. 21, 10, 7 s. Gutzwiller S. 125. 71 Eine erschöpfende Biographie Constantius' Il., die seiner Bedeutung auch als Schlüsselfigur für das Phänomen Julian gerecht zu werden ver möchte, fehlt; der Nachtrag J. Moreaus JAC 2, 1959, 1 62 ff. kann nach Seeck, RE 4, 1044 ff. in diesem Zusammenhang nur Rückschritt sein. Belastend wirken sich gerade hier die aus verschiedenen Gründen erklär.
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Iichen Feindseligkeiten unserer Hauptquellen aus (Amm. 21, 16, 8 ff., Athanasius), doch genügen die bisher ausschließlich zur Deutung heran gezogenen direkten Hinweise nun einmal nicht, die Interdependenzen von Außen-, Innen-, Religions- und Kirchenpolitik deutlich zu machen; s. dazu etwa Bidez S. 125 ff. 72 Sprachregelung Julians im Sinne des in solchem Zusammenhang eigendich wertlosen Athenerbriefes auch Lib. 12, 43; vgl. dazu Eunap fr. 14, 4. 73 Vgl. dazu Lib. 12, 41, Bidez S. 1 26. 74 S. dazu auch Rode S. 30. 75 Lib. 18, 11 wohl auf Julian selbst zurückgehend. Entlassung aus der Kontrolle wie etwa im Frühsommer 355 (vgl. ep. ad Athen. 273 D) indes widerlegt solche Deutung, auch wenn es in der Tat nur Eusebia gewesen sein sollte, die die Staatsräson außer Kraft zu setzen vermochte. 76 Eine gewisse Bestätigung in solchem Zusammenhang mochte später der Bruch mit Florentius bedeuten, für den Julians Politik in Gallien offensichdich den Weg zum Ruin began�(vg!. Lib, 18, 89; Peters S. 113). 77 Vgl. dazu Jones-Martindale-Morris, Prosopography S. 409 f., auch zur Religiosität; ich halte für möglich, Spraduegelung Julians habe das Verhältnis der Ehegatten zueinander bewußt unterdrückt (Versuch einer Deutung zuletzt durch G. Vidal, Julian, New York 1962); aus psycholo gischen Gründen ist vielleicht bereits die Erlaubnis zum Verlassen von Macellum zu verstehen, vgl. freilich wieder Lib. 18, 13. 78 Vgl. Soz. 5, 2, 23. Trifft die Mutmaßung den Boers (VC 16, 1962, 179) zu, so wäre aus der Echtheit des Gallusbriefes zu folgern, Julians religiöse Einstellung müsse allgemein bekannt gewesen sein. Unternom men gegen ihn wurde indes nichts. Vgl. auch H. Janssen, Kaiser Julians Herrscherideal in Theorie und Praxis, Diss. Köln 1953, 99. 79 Allgemein hierzu Amm. 16, 3, 3; 4, 2; Julian ep. ad Athen. 278 B; Lib. 12, 44. Die Personalpolitik des Kaisers auch nach Abberufung des Sallust läßt bewußt herbeigeführte Verschärfung der gallischen Verhält nisse nicht erkennen, die Loyalität einzelner Verwaltungsbeamter besagt nichts. Zu Florentius s. o., vgl. auch Amm. 22, 3, 7. 80 S. dazu bes. Koch S. 371; 441 zu Amm. 15, 8, 15 ff., Eunap VSoph. 246. Die offensichtlich von Julian hervorgehobene, von anderen immer wieder bejammerte geringe militärische Bedeckung (ep. ad Athen. 277 D, vgl. Zos. 3, 3, 2; Lib. 12, 44; 18, 37 u. 119) erklärt sich aus den weitgehend befriedeten, lediglich durch kleine Germanenhaufen gestörten Verhält nissen in Gallien; in der Tat erfuhr der Zug eine Belästigung nicht. 8t Amm. 16, 12, 67-69; Lib. 12, 69; 18, 67; 90; Eunap fr. 7a; Zos. 3, 8, 3 (dazu allerdings 3, 8, 6); Julian ep. ad Athen. 277 C-D, Socr.
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3, 1, 27. Vgl. dazu Entretiens Fondation Hardt XXII, Genf 1976, 176; 205, N. Bitter, Kampfschilderungen bei Ammianus Marcellinus, Diss. Erlangen 1975 (Bonn 1976), 56; 105 ff., auch bereits Koch S. 422, Seeck, Untergang S. 263; 340. 82 Dazu immer noch Seeck, Untergang S. 273, vgl. auch Vogt, Orbis S. 293 f. Klarheit über die Aufgabe Julians ist nicht zu gewinnen, kaiser liche Repräsentation kann nur ein Teil von dieser gewesen sein. Am nächsten liegt, es sei Constantius angesichts weitgehend beruhigter mili tärischer Verhältnisse in der Tat um die Möglichkeit einer gediegenen, kontinuierlichen Ausbildung des Caesar gegangen (vgl. Lib. 12, 40; 18, 37 nichtssagendes Lamento). Zur Erteilung des Oberbefehls bereits 357 (vgl. Julian ep. ad Athen. 278 B, Zos. 3, 2, 3 ; Socr. 3, 1, dazu Peters 35) s. o.; ich halte für möglich, es handle sich um Konzession an die Mentalität Julians. Das Bild des mißtrauischen Constantius geht weitgehend wohl auf julianische Sprachregelung zurück; wirkliche Belastung des Verhältnisses in solchem Zusammenhang ist erstmals nach Straßburg sichtbar. Christliche Quellen sparen diesen Charakterzug des Kaisers aus, gewisse Ansätze auch bei Athanasius werden nicht weitergeführt. S. auch J. Szidat, Historischer Kommentar zu Ammianus Marcellinus Buch XX-XXI ; Teil I, Wiesbaden 1977, bes. 81. 83 Zum Neidmotiv in diesem Zusammenhang (Julian ep. ad Athen. 279 C) vgl. Geffcken S. 325. u Vgl. dazu Ammian 22, 1, 2 . . . cupi ditate, s. I. Müller-Seidel, in: HZ 180, 1955, bes. 230; K. Rosen, Acta Classica 12, 1969, bes. 144. Frag würdig in solchem Zusammenhang das . . . o\J 1COAt!1LOU !!LOE� . . . Lib. 13, 40 (s. freilich hier auch Seeck, Untergang S. 265). Eine Flucht nach vorn vermutet auch Gigli angesichts unvermeidlicher Bedrohung durch Con stantius, m. E. zu Unrecht. 85 Vgl. dazu Rosen S. 140. Bisher nicht vollzogene Adoption als Doku mentation von Nachfolgerschaft wie auch unterlassene Diademverleihung fallen in der Tat auf. Sie lassen sich vielleicht mit Erziehungsabsicht wie auch dem Constantius bekannten Naturell Julians erklären, die zu vor sichtiger Dosierung zwangen. 86 Amm. 20, 4, 2; 8, 20; Julian ep. ad Athen. 283 C lf.; Lib. 18, 941f. Zu Decentius s. Jones-Martindale-Morris, Prosopography S. 2'44; Heide, könnte gerade seine Sendung Geste eines Kompromisses bedeutet haben. Auffallend ist, daß ihm seine Rolle bei Julian später Nachteile nicht eintrug. Zur Vorbereitung der Auseinandersetzung schon 359 s. Szidat, Kommentar S. 84. 87 Dazu Bitter passim. Zum Bild eigener Leistungen vgl. Mamertin. 3, 1, s. auch Geffcken S. 231f. Zu Zos. 3, 3, 1 1f.; 3, 3 ; 8, 1 s. Peters S. 7;
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35. Zur Anteilnahme der Barbaren an der Krönung Julians 360 s. Lib. 18, 102, vgl. auch 13, 30. EinstelJung germanischer Kräfte schon nach 357 läßt 18, 102 vermuten. Versuch einer Störung des Germanenverhältnisses durch den geforderten Abzug nimmt Gibbon an. Vgl. Janssen S. 143. Zu früheren Detachierungen s. Szidat, Kommentar S. 139. 88 Ich halte das nQÖq>aaLv Lib. 18, 91 für Verzeichnung der Tatsachen, vgl. auch 1 2, 58. Sprachregelung Julians wohl ist die Paniksdlllderung 18, 92; vgl. auch Mamertin 9, 2. 8t Vgl. dazu Müller-Seidel S. 235 zu Amm. 20, 8, 12. Gibbon bereits verweist überdies auf starke Truppenergänzung im nächsten Jahr. 10 Amm. 20, 9; vgl. Seeck, RE 4, 1093. Eintreffen des Decentius etwa im Januar 360 läßt zweifeln, daß die benötigten Truppen bereits im Früh jahr einsatzbereit zu sein hatten (vgl. auch Amm. 20, 4, 2, Enßlin S. 114). 11 Zur Bereitwilligkeit des Kaisers, Julian zu verzeihen. vgl. Amm. 20, 9, 4; Lib. 18, 106; Zos. 3, 3, 10; Aur. Vict. 42, 16, dazu CTh 2, 20, 1, Bidez S. 191 ff. Eine Zuspitzung freilieb müssen dann Julians kaum zu motivierenden Schmähbriefe (Amm. 20, 8, 18) bedeutet haben; vgl. Geffcken S. 137, Janssen S. 157. 11 Das Abwehrsystem des Constantius zur Ausmanövrierung des Geg ners ist Analogie zu dem im Osten und schon deshalb nicht zu bezweifeln, vgl. Müller-Seidel S. 238. Berichte über die Rolle des Vadomar als römi schen Foederaten (vgl. E. A. Thompson, Hermathena 61 , 1943, 83 ff.) lassen auf Parallelen schon 350 scbließen und werden Constantius fälsch lich zum Vorwurf gemacht; daß man sein Verhalten nicht als Verrat ansah, läßt u. a. aum die spätere Wiederverwendung erkennen, vgl. dazu Kod-a S. 470; s. aum Petcrs S. 21. Zu Gaudentiusmission und schlemt motivierter Tötung 362 s. Bidez S. 191; Gutzwiller zu Mamertin 14, 1. Constantius hatte Grund, nach diesen Vorbereitungen den Krieg als Jagdpartie zu zeichnen (Amm. 21, 7, 1 . . . tamquam fltnaticiam praedam, vgl. auch 1 3, 1 5 ff.). Zur unfreundlichen Aufnahme Julians nach der Usurpation s. o., vgl. aum Gutzwiller S. 18; 147 (zu Mamertin 9, 4). Das Zuwarten des Kaisers bedeutete Versmlemterung der Position des Gegners (vgl. aum Seiern S. 99), denn es zwang in der Tat zu übereilter Offensive (vgl. Amm. 22, 2, 2; 22, 1, 3). Gegen eine Schlacht zur EntScheidung spramen bei Constantius wohl Erfahrungen und Ergebnisse von Mursa, vgl. dazu Janssen S. 60 zu Amm. 21, 16, 3. N Sie wird allgemein bezweifelt bzw. der an Beruhigung der Ver hältnisse interessierten militärischen Führung zugeschrieben. vgl. Geffcken zu Amm. 21, 15, 2 ; 22, 2, 1. Doch hätte sie, wie smon Gibbon vermutet, Sinn immer noch als dynaStische Lösung. Unklar ist mir die Akklamation
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als Augustus Amm. 16, 12, 64; ich halte sie für vielleicht bewußte Ver wechslung Ammians mit der Imperator-Ausrufung; andernfalls mani festierte sich bereits jetzt ein Bruch, den der Kaiser nicht übersehen konnte und der sein weiteres Verbalten gegen Julian bis 360 nicht erklären läßt. 04 Zu den Anordnungen· von Naissus Gutzwiller S. 19; sie bedeuten Versuch eiliger nachträglicher Rechtfertigung der Usurpation, vgl. auch M. Cahabiano, in: Contributi dell'Istituto di Storia antica II, Rom 1974, 123 ff., bes. 130 (zitierte Arbeit L. Rugginis mir nicht zugänglich), 125; vgl. auch Janssen S. 157; daß die Propagandaoffensive schon eher begann, legt Chronologie der Ereignisse nahe, vgl. J. Szidat, Historia 24, 1975, 375 f. &$ Soz. 5, 26, 4 nimmt Anhängerschaft Julians bes. im Westen an. H Gregor v. Naz. 4, 95. Vgl. dazu bes. R. Pa
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haben, von denen die allgemein bekannten Anekdoten sicher nur einen Ausschnitt geben (vgl. Lib. 18, 130; Amm. 22, 4, 10; Mamertin. 11, 2-12, 1, vgl. auch Gutzwiller zu 20, 4). 105 S. dazu bes. Weis S. 30 zu Soz. 5, 3, 1. 106 Zum Gedanken einer religiös-philosophischen Elite s. Leipoldt S. 30. Sie freilich kann nur Durchgangsstufe einer mehr und mehr sich aus breitenden, schließlich alles umfassenden Transformation sein (vgl. dazu Lib. 18, 121; zum Heer als erster Träger dieser Entwicklung 12, 95). 107 Dazu zuletzt G. Downey, in: Studies in Roman Economic and Social History in Honor of A. Ch. Johnson, Princeton 1951, 312 ff., weiteres Material s. Kaegi S. 233. Zu Amm. 23, 2, 4 . . . se esse . . . postea non visurum s. Brok S. 40 f., vgl. auch Lib. or. 15; 16. Gregor v. Naz. entnimmt den Zusammenstößen einen allgemeinen Zerfall der Herrscher autorität. 108 Amm. 23, 2, 3, vgl. Jones-Manindale Morris, Prosopography S. 40. Briefwechsel Alexanders mit Libanios läßt auf Christenfeindschaft schlie ßen. 109 Soz. 5, 2, 5. 110 Zusammenfassend A. Alföldi, Die monarchische Repräsentation im röm. Kaiserreiche, Darmstadt 1970, passim, dazu W. Enßlin, Gottkaiser und Kaiser von Gottes Gnaden, SBM 1943, H. 6, 53 ff., Bidez S. 206. 111 Zu Ammian 16, 10, 9 Alföldi S. 274, vgl. auch A. Tassi, Critica Storica 6, 1967, 157ff.; bes. 173 f. 112 Zu den Adlersymbolen gallischer Münzen 360 s. F. Gilliard, JRS 54, 1964, 135 ff. 113 Vgl. Lib. 12, 38; 18, 104, dazu auch J. Kabiersch, Untersuchungen zum Begriff der Philamhropia bei dem Kaiser Julian, Wiesbaden 1960, bes. 83; vgl. auch Janssen S. 128 zu ep. ad Athen. 275 C-D. m Vgl. dazu Amm. 22, 9, 1 ; Lib. 12, 80, dazu Dvornik a. a. 0., vgl. auch Entretiens Fondation Hardt XXII S. 200. 115 Zweifel schon bei Gibbon (s. bes. Kap. XII), zur Relation Philo sophie-libertas s. bes. S. Mazzarino, Antico, tardoantico ed era costan tiniana S. 224 f. 118 Zu Lib. 18, 124 ff. s. Kabiersch S. 64 ff. 117 Zum Einfluß des Porphyrios zusammen mit stoischen Gedanken s. bes. Kabiersch S. 65. Im übrigen scheint sich die Idee bei Julian seit 361 zu festigen und auszuweiten, vgl. Lib. 14, 14; 17, 36; 18, 4; 169; eine Persiflage Ammians glaube ich 22, 14, 5 zu erkennen. Vgl. Janssen S. 118. 118 Vgl. dazu Lib. 18, 189; Gregor v. Naz. 5, 20, Bidez S. 216; Enßlin S. 122. Zu Amrn. 22, 7, 3 s. Enßlin S. 123, zum Proskyneseverbot Alföldi S. 41; Verbot der Anrede s. Misopog. 343 C, die Schrift ist übersteige-
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rung des Gedankens aus dem Bereich der Julian bestimmenden Philo sophie und scheint in den Anfangsteilen auf Schockwirkung angelegt. In solchen Zusammenhang gehören dann wohl auch Amm. 22, 7, 1-3; 10, 2; 10, 3; Lib. 18, 155 ff. Betonung früheren Lebens als Privatmann Amm. 23, 9, 9; Lib. 13, 8. Zu 22, 9, 11 vgl. auch Lib. 18, 190; s. Amm. 22, 10, 5; 11, 2-3. Libanios, für die volle Konsequenz dieses Gedankens ver ständnislos, gebraucht die Formel . . . l}q.&u�la . . . (16, 37). Hand in Hand mit Abbau der Herrscherwürde geht Zunahme an Macht und Ansehen des Theurgen Maximos. Bezeichnend auch das Rücktrittsangebot Julians Amm. 23, 4, 7. Die Adoration (vgl. dazu Straub, Regeneratio S. 160) hatte auch für den Religionsstifter noch Sinn. In einen solchen Zusammenhang ge hörten wohl die Verhaltensweisen im Sinne betonter republikanischer Konservativität; zu Amm. 22, 7, 1 s. Seeck, Untergang S. 243; zum Auf stehen vor dem Senat s. Alföldi S. 45; zur Teilnahme an den Prozessionen der Consuln S. 101. Von hier aus erhielte wohl erwähnter Abbau des Hofstaates einen Sinn. 11t Vgl. Seeck, UntergangS. 308-309. 110 Vgl. Lib. 18, 121 ff.; Soz. 5, 5, 1, dazu bes. Leipoldt S. 15. Zum Rhetorenedikt als von den Zeitgenossen perhorreszierter Manipulation s. C. Hardy, Church History 37, 1968, 191 ff.; zur Judenpolitik bes. Gregor v. Naz. 5, 3. Zum Zwiespalt in allen Maßnahmen Julians s. Kabiersch S. 24 ff. mit weiteren Beispielen. 111 S. dazu Soz. 5, 2, 5 ff. Zu Alexandreia Enßlin S. 160, zu Bostra S. 178. Vgl. auch Amm. 22, 5, 4-5; 22, 11, 1. Berichtete Christenver folgungen (vgl. Geffcken S. 122) müssen zwar nicht auf direkten Befehl des Kaisers zurückgehen, scheinen aber angesichts berichteter Pogrom situationen seinen Intentionen zu entsprechen und waren sicher gefördert. Zwar läßt sich mit einschlägiger Oberlieferungstopik wenig anfangen, ganz aus der Luft gegriffen indes können die zuletzt von A. de Gaiffier (AB 74, 1958, S lf.) zusammengestellten 1 1 Beispiele bereits aus dem 5. Jh. nicht sein. Im übrigen bedeutet Julians Priesterethik (vgl. Koch, RBPh S. 54) die Oberwindung römischer Religiosität im Sinne einer theokrati schen Religionsauffassung und nähert sich dem Christentum; zur Kirche als Instrument religiöser Erziehung und damit Formung des einzelnen wie der Gesellschaft s. bes. auch S. 79; 136. '" S. dazu Kabiersch S. 25; zum Bild des Kaisers als Gottsucher s. Gelfcken, Ausgang S. 134. Zu wachsender Erbitterung angesichu immer deutlicher werdender Mißerfolge und Bruch in der Religionspolitik (vgl. Gregor v. Naz. 4, 111-1 12) s. auch H. Nordberg, Athanasius anJ the Emperor, Helsingfors 1963, 56, der diesen im Juni 362' ansetzt; vgl. Janssen S. 106.
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123 Vgl. Lib. 18, 174 1f., 179; Amm. 22, 10, 1 ; 23, 1, 2. Zu philosophi scher Askese und politischer Aktivität vgl. auch B. Lohse, Askese und Mönchtum in der Alten Kirche, München 1969, bes. 75. tu Vgl. dazu bes. Lib. 13, 51; 22, 12, 6-7; Mamertin. 12, 1; 14, 3. 125 S. dazu Kabiersch S. 25; ob bei all dem von Verzweiflung zu reden ist, scheint fraglich, zumindest äußert sich solche nicht in einem Gefühls ausbruch. Zur Kontinuität der Philamhropia-Gedanken auch über diesen Abschnitt hin s. S. 25. Zeitgenössische Quellen verwenden die Kriterien des Polypragmosynebildes (vgl. dazu noch immer V. Ehrenborg, in: JHS 67, 1949, 46 ff.), wohl mit dem Blick auf das Alexandermodell. Vgl. dazu H. Momgomery, Gedanke und Tat, Lund 1968, passim, bes. 206. m Dazu würde als letzte Kraftanstrengung etwa die von I. Labriola geäußerte Vermutung einer Veröffentlichung von Sendschreiben aus dem Jahr 361 passen (Belphagor 29, 1974, 550). Vgl. dazu auch Lib. 13, 47
. . . UltEQ !lCXXQOdQou �tou . . .
Vgl. schon Rode S. 5. Vgl. dazu Gregor v. Naz. 4, 74. 129 Vgl. dazu Amm. 22, 12, 1 . . . iam dudum . . ., s. auch Caltabiano 5. 135; die Frage etwa nach Klarheit über Ziele und Möglichkeiten zur Zeit der Usurpation im einzelnen ist ohne Belang dabei. S. auch Kabiersch S. 64, Vogt, Orbis S. 265, als Hinweis Julians Brief an einen Priester 291 D. 130 Vgl. Entretiens Fondation Hardt XXII S. 200; Selem S. 91. Ammian beschränkt sich auf den Rachekriegsgedanken (s. bes. 22, 12, 1-2), doch weist das . . . impatiens otii . . . indirekt auf Größe und Bedeu tung des Unternehmens darüber hinaus. Dazu s. auch Lib. 12, 13; 17, 10; 13, 5; 28; 42; 14, 24; 17, 27, interessant auch 18, 1 zum Unterwerfungs gedanken, Horrnisdas ignoriert, möglicherweise aber nachträgliche Deu tung. t3t S. dazu auch L. Berlinger, Beiträge zur inoffiziellen Titulatur der römischen Kaiser, Diss. Breslau 1935, 23 zum Invictissimus. m S. dazu cp. 8 Wright (21 Weis), 415 C . . . �Q'I')CTXEIIOf.!EvCl O.va<pav Mv . . . xat ,;o ltAftito\; ,;oii crvyxcneAM'V'tO\; �-�oo� cr'tQCl'tOlttöou 'ÖeocrEßE\; m
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133 S. dazu auch Amm. 22, 3, 2. Zum Programm einer mit der Armee beginnenden allgemeinen Umerziehung, vgl. Lib. 12, 69; 90; 18, 127. t3' Anspielungen bei Libanios als literarische Reminiszenz besagen wenig in solchem Zusammenhang, scheinbare Parallelen angesichts analo ger Situationen im persönlichen Verhalten des Kaisers gehen weitgehend wohl auf Nützlichkeitserwägungen zurück, die keine andere Wahl ließen. Für die Erreichung seines Zieles freilich besaß Julian außer Alexander kein Vorbild. Zu Kriegsplänen an anderen Grenzen s. o. zu Amm. 22, 7,
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8; 9, 10; Eunap fr. 22, 1. Erwägungen eines Skythenzuges s. Lib. 12, 77. 135 Vgl. dazu Koch S. 453 ff.; Enßlin S. 113 ff. Bezeichnend ist Teil nahme von Offiziersabordnungen einzelner Einheiten (Amm. 22, 3, 1);
handelt es sich bei loviani und Herculiani um palatinische Einheiten bereits um diese Zeit, wäre möglich, es gehe vornehmlich dabei um einen Personenkreis aus der Armee des Constantius, was den Prozeß in ein neues Licht gleichsam als Bekenntnisaktion setzen würde. Hierher paßt die Bestrafung des Ursulus. Nach Julians Schmähschriften kurz vorher halte ich die Behauptung Gregors, er sei zur Teilnahme an den Leichen feierlichkeiten für Constantius durch das Heer gezwungen worden, für nicht ganz abwegig (5, 17). 136 Zu Ursulus s. selbst Lib. 18, 152. Eine merkwürdige Mißachtung des Gerichtsbeschlusses liegt im Verzicht auf die Verhaftung des Floren tius Amm. 22, 7, 5 gleichsam als Gegensatz zur Ursulusaffäre. 137 Vgl. dazu Kaegi, Byzantinische Forschungen 2, 1967, 231. 138 Vgl. dazu Amm, 22, ), 10; auffallend ist auch die Milde gegen Offiziere 22, 1, 2. 139 Vgl. aber Lib. 18, 169. 140 Vgl. dazu CTh 6, 3, 18; Joh. Ant. fr. 179; Greg. v. Naz. 4, 78 ff.; Soz. 5, 17, 8; Lib. 18, 167; zu Rufin. Hist. Eccl. 10, 33 s. Enßlin S. 185, vgl. Bidez S. 294, Kaegi passim. Zu Valentinian s. Jones-Martindale Morris, Prosopography S. 533, A. Nagl, RE VIIA 2160; Rückberufung erst unter Jovian scheint unglaubhaft, ähnliches gilt für die Rolle des Confessors (s. bes. Joh. Ant. fr. 181). 141 S. dazu freilich Brok S. 97. 142 Vgl. dazu Seeck, Untergan g S . 341. Allerdings gibt Amm. 23, 2, 5 keine genaue Zeitangabe, ähnlich vage auch Lib. 15, 63. 143 Vgl. dazu auch Amm. 22, 2, 2. 144 S . dazu Seeck a. a. 0., Lib. 18, 214; ep. 1402, 2. 145 Vgl. dazu Brok S. 67, dazu Amm. 23, 3, 9. Nach CTh 7, 4, 6; CJ 1 2, 37, 1 (360) konnte sich Julian auf Vorbereitungen des Constantius stützen und das von ihm gesammelte Material benutzen. 146 Vgl. Amm. 23, 3, 9; 24, 3, 14. Mangelnde Verpflegung war schon in Gallien Grund zu Meuterei gewesen; hier scheint das Verbot von Troß und Genußmitteln (Lib. 18, 216) einerseits klimabedingt, ander seits als verspätete Maßnahme zur Asketisierung und Erziehung der Armee für ihre Missionsaufgabe. Troßzerstörung hatte nach Curt. Rufus auch Alexander mehrfach befohlen. 147 Vgl. dazu etwa Zos. 3, 16; Amm. 24, 2, 6; 1, 14; 3, 3 ; 3, 14; 2, 27; 5, 3; 7, 6; Lib. 18, 227.
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Vgl. Amm. 24, 4, 26; 1, 5.
149 Bezeichnend selbst das Gazellenschlachten bei Zaitha Amm. 23, 5, 7;
Lib. 18, 218. 150 Amm. 23, 5, 6. m Vgl. Amm. 24, 7, 6; 25, 1, 3; 1, 10; 2, 1. Julians vorbildliche Ent haltsamkeit erhält hier einen realen Hintergrund, vgl. dazu bereits G. Reinhardt, Der Perserkrieg des Kaisers Julian, Progr. Dessau 1892, 7 (als Bestandteil von Kaiserprogrammatik s. Mamertin. 10, 2). m Vgl. dazu Lib. 18, 166. 163 Gibbon vermutet Kriegsabsichten Julians schon für 362 (Kap. XXIV), doch Verzögerung durch Staatsgeschäfte. 154 Dazu Kaegi S. 256 zu Amm. 22, 4, 6 ff.; 12, 6 ff. 155 Vgl. Brok S. 124ff. zu Amm. 24, 3, 1 ; Zos. 3, 19, 1-2; Lib. 18, 230; Amm. 25, 1, 8-10. m Vgl. Brok a. a. 0., Lib. 18, 229 . . . xaxÖJ� -ftyoovtOf.tEvoov . . . s. auch Amm. 24, 5, 9; 25, 1, 7-9; 25, 6, 5; 5, 9, dazu Zos. 3, 25, 1. m S. auch Amm. 23, 2, 8 als Beispiel von Disziplinlosigkeit; 24, 1, 12. 168 Vgl. dazu Amm. 24, 4, 7; 6, 12; Lib. 18, 255; wichtig in diesem Zusammenhang auch 24, 5-6. 159 S. bes. Lib. 15, 32, s. Janssen S. 107 zu or. 3, 85 B; 95 D. 180 Material Brok 104 ff. Ammian unterscheidet zwischen Zorn und Habgier (vgl. 24, 3, 4) der Soldaten nicht; Parallelen aus Gallien bei Eunap fr. 10. 181 Amm. 24, 1, 14 . . . permisit, wohl als Konzession des Kaisers zu sehen. 162 Amm. 24, 5, 1-2; Zos. 3, 23, 1 (das . . . regia voluptate . . . als Ver such moralischer Rechtfertigung im Sinne des asketischen Prinzips); inter essant Lib. 18, 221; 17, 20-21 (Kriegszug als XÖJf.lO� offensichtlich im Anschluß an das Leben in Antiochia). 163 Vgl. Amm. 24, 4-6; Zos. 3, 22-23 ; 24, 6; bezeichnend auch Lib. 18, 236. Julians erzwungene Beteiligung an der Beute wohl Konzession; vgl. auch Brok S. 142. 1" Vgl. Amm. 24, 5, 4 als Zeichen wachsender Härte. 185 Vgl. Lib. 18, 215; Zos. 3, 25, 6; Amm. 24, 6, 12-17. Unklar bleibt Zurückhaltung des Heeres durch Victor (vgl. Brok S. 100), die an Sabo tage denken läßt, auf jeden Fall aber Panik zeigt. Zur Armee s. auch Lib. 18, 263. 186 Zu Amm. 24, 6, 4 ff. s. Brok 153 ff., R. T. Ridley, Historia 22, 1963, 322. Ammians Darstellungsweise zielt auf Bild von Wirklichkeits ferne des Kaisers ab, Lib. 18, 260 ff. gibt Version für den Fall, daß Gegner die Schlacht verweigert, vgl. auch Zos. 3, 26, 2.
506
Gerhard Winh
111 So Lib. a. a. 0., Soz. 6, 1 ; Amm. 24, 7, 4. Zurückführung der Flottenverbrennung auf Rat der Oberläufer scheint Ausweitung der Be richte. us Vgl. Amm. 23, 5, 5; 24, 7, 5; als Topos auch Plut. Crass. 19, 5, vgl. dazu Entretiens Fondation Hardt XXII S. 209.
... 5, 13.
170 Zur mehrtägigen Pause vor Ktesiphon (Zos. 3, 26, 1 ; Eunap fr. 22, Grund wohl Nahrungsmangel) s. Brok S. 163. Ein Ende des Vormarsches (Amm. 24, 7, 6 . . . ad interiora . . . vage) wird nicht berichtet, auffallend ist der Tenor der die Umkehr begleitenden Rede (24, 8, 1). 171 S. dazu Brok S. 161 zu Amm. 24, 7, 3 ; 7, 5 . . . tortique perfugae . . . allzu unvermittelt. 172 Vgl. dazu freilich Lib. 18, 246. Kritischer Kommentar zu den Er eignissen bei Ktesiphon ist von F. Paschoud zu erwanen. m Lib. 18, 257; Socr. 3, 21. m Bestätigung durch das Orakel als Rechtfertigung, vielleicht zugleich Konzession an die allgemeine Stimmung (Amm. 24, 8, 4). 176 Vgl. Amm. 24, 1, 2 ff. m Vgl. 22, 7; 22, 10, 3; 14, I ; 14, 3; anders Lib. 12, 83. 177 Vgl. Amm. 25, 4, 16 . . . le'IJioris ingenii . . ., innerlich verwandt mit der Qaihl,..la bei Libanios. 178 In diesen Zusammenhang gehört die für den Kaiser unpassende Oberanstrengung durch Nachtarbeit (vgl. Amm. 23, 3, 3 ff.), die julian auch während des Feldzuges nicht aufgibt (vgl. 25, 2, 5). m S. dazu Downey S. 309. 18° Vgl. dazu C. P. Naude, Acta Classica 1, 1958, bes. 93. 181 Dem widerspricht die Deutung Straubs (Herrschcrideal bes. S. 61) nicht; zu . . . mu1ßijva1 . . . J.lll n�,>oot:vavnoüoital . Caltabiano S. 133. Zur Torqueskrönung s. immer noch Enßlin, Klio 35, 1942, 268 ff., mir scheint das Zeremoniell des Ereignisses überdies auch in Richtung Weltherrschaft zu weisen. In diesen Rahmen paßt als Propagandamittel denn auch die germanisierende Darstellung eines Kontorniaten aus Florenz (dazu A. Alföldi, AJA 66, 1962, 403). Dazu denn auch Mamertin 3, 1 . . . bar bariem omnem . . . 18! Vgl. Amm. 22, 9, 1 ; 22, 2,1. I8S Amm. 22, 7, 1-3; 10, 4; 14, 3. 1� Zur sofort verlangten Absetzung mißliebiger Beamter durch das Heers. bereitS A. Mücke, Flavius Claudius Julianus, Gotha 1869, li SO. 181 Vgl. dazu etwa Amm. 22, 9, 2; Lib. 18, 108; 113; bezeichnend sind Leonas- und Nebridiusaffäre in Gallien. 18' Vgl. dazu bes. Lib. 12, 67 (Die
.
Julians Perserkrieg
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stism für Caracalla), 13, 28. Programmatisch in diesem Zusammenhang wohl bereits Mamertin. 6, 4; bezeichnend auch das . . . milites ludo habiti . . . 1, 4 und . . . improbissimum . . . ita maxime Caesaris rebus inimicum 4, 4. In diesen Zusammenhang gehört Gregor v. Naz. 5, 17. Zum
...
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PERSONENVERZEICHNIS Abel 55 Abgar, König von Edessa 101 Abraham, Stammvater 53, 55, 57 f., 91, 93, 107 Abraham Ibn Daud, jüdischer Hi storiker 1 1 0 Abraham Zakuto, jüdischer Historiker 84 Acacius, Rhetor 146 Achilles, homerischer Held 431 Adam 56 Aetius, arianischer Kleriker 404 Agamemnon, homerischer Held 431 Agilo, magister peditum 143 f., 146, 183
Aias, homerischer Held 383, 386 Aidesios, Neuplatoniker 115, 253 Aischylos 397 Akiba, Rabbi 91 Alexander der Große 1, 4, 13, 19, 29, 57, 232, 300 ff., 304, 313 f., 335, 340, 348, 455, 461 f., 482, 487, 489 f., 503 f. Alexander von Heliopolis, prae fectus Syriae 477 Alkaios, Epikureer 406 Alypios, Vertrauter Julians 79 f., 108 f., 164 Ambrosius, Bischof von Mailand 75, 168, 186 f., 221, 388 Ammianus Marcellinus 7 f., 12 ff., 21 ff., 26 f., 30 ff., 35 f., 39 ff., 44, 47, 64 f., 70, 79 ff., 84, 87 f., 100, 103, 108 ff., 138, 179 ff.,
183 ff., 186 ff., 190, 202, 214 ff., 222, 235 ff., 251, 254 f., 257, 268-284, 296, 299, 304, 308 ff., 312, 315 f., 318, 320, 326 f., 329, 333, 347, 353, 355-380, 381 ff., 385, 388, 402, 404, 410 ff., 413 f., 417 ff., 421 ff., 426 ff., 432, 448, 450, 452, 461, 464, 477 f., 482, 486 ff., 452 f., 496 ff., 500 ff., 504 f. Anatolius, magister officiorum 26, 132
Andronicus, Anhänger des Usur pators Prokop 237 Antiochos Epiphanes 105 Antiochos, sagenhafter Gründer von Antiochia 334 Antoninus Pius, röm. Kaiser 316 Antonius, Triumvir 344 Andragathios, Usurpator 356 Aphrodite 210 Apodemius, agens in rebus 102, 143
Apollo 42, 90, 210, 363 Apronianus, römischer Senator 189, 362, 376
Arbitio, magister equitum 483 Arcadius, oström. Kaiser 131, 189
Archilochos, griech. Dichter 193, 216
Argos, mytholog. Gestalt 202, 204 Arintheus, Offizier Constantius' 11. 146, 183, 367,378,483
Personenverzeichnis
524
Aristophanes, Schützling des Liba nius 167 Aristoteles 170, 174, 177, 186, 198, 243
Aristoxenos, Philosoph 404 Arius 159, 248 Arnobius, Apologet 395 Arnold, Julianbiograph 3, 206, 218 Arrian, griech. Historiker 29 Arsakes, armenischer König 464, 472,492,494
Arsakios, Oberpriester in Galatien 89, 215 ff., 293 Artaxerxes I., Perserkönig 28 Artemius, Märtyrer 36, 47 Artemidoros, Wahrsager 431 Asklepios 210 Atarbios, Hofbeamter Julians 404
Athanasius, Bischof von Alexan drien 4, 159 f., 334, 391, 404, 450, 497 Athene 210, 425 Attis 199, 211 f., 291
Augustinus, Kirchenvater 91, 162, 177, 185, 220, 402 Augustus 127, 222, 289, 293 f., 296, 340, 344, 370, 469, 481, 492 Aurelian, rörn. Kaiser 292, 469, 491
Aurelius Victor, röm. Historiker 32, 189, 236, 290, 296, 421 f., 436, 499 Ausonius, röm. Dichter 203 Avitianus, vicarius 146, 165
Basilius I., oström. Kaiser 36, 46 Brinno, germanischer Heerführer 410
Brutus, Caesarmörder 344 Byzas, sagenhafter Gründer von Byzanz 204 Caesar, Gaius Iulius 4, 57, 232, 294 f., 340 Callistus, Dichter 26 Camillus 344 Caracalla, röm. Kaiser 507 Carinus, röm. Kaiser 143 Carus, röm. Kaiser 347 Cassiodor, röm. Historiker 183 Cassius, Caesarmörder 344
Castor, mythologische Gestalt
90
Cato der Pi.ltere 405 Cato der Jüngere 342, 344 Celsus 90 f., 94, 96, 207, 337 f., 352
Chanina, Rabbi 82, 94, 109 Chanan, Rabbi 82, 109 Chnodomar, alemannischer König 326, 330
Chrysantios, Neuplatoniker 253 Chrysipp, Arzt 109 -, Stoiker 336 Cicero 285, 293, 344 Claudia, röm. Priesterin 290, 345 Claudius I., röm. Kaiser 222, 337 - II., röm. Kaiser 165, 223, 226, 234,445
Claudius Quadrigarius, Annalist 437
Constans, röm. Kaiser 15, 226, 251, Bacon, Francis 389 Barbatio, kaiserlicher comes 320 Basilina, Mutter Julians 242, 254 Basilius der Große 27, 37 f., 47, 404, 493
254, 257,300,434,446
Constantin der Große 33, 39, 49, 94, 107, 112, 124 f., 132, 146 f., 151, 158 ff., 170 f., 174 ff., 186 ff., 202, 222 ff., 251 f., 256,
Personenverzeichnis 278, 298, 308, 340, 391, 393, 405, 415, 429, 437 ff., 450, 457, 468, 470 f., 475, 486, 492, 495, 500 ff 503 f., 507 - II., röm. Kaiser 434, 446 Constaotius I. Chlorus, röm. Kai ser 223, 234 - Il., röm. Kaiser 6, 9 ff., 15 f., 21 ff., 24, 41, 49 f., 68, 86, 88, 102, 106, 112, 114, 117 ff., 122, 133, 138 f., 141 ff., 146f., 149 f., 155 f., 158, 160ff., 163 f., 181, 188, 191 f., 194, 197, 205, 222 ff., 252 ff., 257 ff., 264 ff., 288, 295, 298, 300 ff., 311 f., 315, 329, 353, 361, 364, 368, 375, 378, 387, 391, 412 ff., 416 ff., 419, 422 ff., 426ff., 431 ff., 434 ff., 441, 457 ff., 461 ff., 464, 467, 472 ff., 478, 491, 496 ff., 499, 504 - Iulius, Vater Julians 112 Crassus, Triumvir 87 Crispus, Sohn Constantins d. Gr. 224, 237, 251 Curtius Rufus, röm. Historiker 504 .•
Dagalaifus, Offizier Julians 367, 378,483 Dahn, Felix 4 Dalmatius, Caesar Constantins d. Gr. 434 Damophilos, Philosoph 341 David, jüdischer König 57, 67, 208 David Gans, Rabbi 82 ff., 109 Decentius, Tribun 376, 474, 498 f. Decius, röm. Kaiser 38 Dcmetrios, Poliorketcs 276 Demetrios, Kyniker 382 Demodokos, homerischer Sänger 242
525
Demosthenes, Redner 178, 199, 339 Dike 231 Dio Cassius, griech. Historiker 39, 296 Dio Chrysostomos (Dion von Pru sa) 192, 228, 500 Diodor von Tarsus Diokletian, röm. Kaiser 46, 104, 137, 143, 147, 158, 165, 176, 254, 417, 434, 478 Dionysos 199, 231 f., 302 Donatus, Bischof von Karthago 163 Eichendorff 4 Ekdikios, praefectus Aegypti 220, 245 Eleasar ben Asarja, Rabbi 91 Epaminondas 347 Ephräm, syrischer Bischof 2, 20, 374 Epikur 171 Esra 78 Eugenius, Usurpator 356, 371 Eunapius, griecb. Historiker 21, 42, 179 f., 185, 237, 270-284, 318, 369, 376, 379, 401, 404, 428, 430, 440, 451, 457, 504 ff. Eusebia, Gattin Constantius' II. 117, 120, 166, 191, 197, 287, 295, 332, 338, 343, 353, 407, 473, 497 Eusebius, Bischof von Caesarea 47, 58, 61, 193, 220, 222, 227, 236, 239, 438 f., 458, 491 -, Bischof von Nikomedien 112, 244 f., 248 -, Hofbeamter Constaotius' li. 102, 143, 422 Eutrop, röm. Historiker 16, 26, 45, 184, 188, 236, 268 f., 347, 354, 391, 439, 450, 491 f. Eutychianus, Chronist 43
526
Personenverzeichnis
Eutydlius, griedl. Historiker 37 Eva 57 Fausta, Gattin Gonstaotins d. Gr. 224,237 Faustus, armenischer Historiker 464,494 Felix, kaiserlicher comes 132 f. Fielding 4 Flavius Iosephus, jüdischer Histo riker 106 Flodoard, fränkisdler Historiker 182 Florentius, pracfectus praetorio Galliarum 143, 145, 156 Florus, römischer Historiker 290 Fouque, de Ia Motte 4 Friedridl II., Hohenstaufenkaiser 2 Galerius, röm. Kaiser 254 Gallienus, röm, Kaiser 469 Gallus, Halbbruder Julians 74, 88, 112 ff., 117, 143 f., 181, 187 f., 241, 244, 246, 252 f., 300, 310, 317, 361, 426 f., 473 f., 497 Gamaliel li., Rabbi 91, 94 Gaudentius, agens in rebus 499 Gedalja Ibn Jachja, Rabbi 82 ff., 109 Genius imperii 81, 288, 425, 490 Gellius 437 Georgios, Bisdlof von Alexandrien 123, 160, 182 f., 186, 188, 245, 248, 250, 334 Georgios Monachos 45 f. Germanianus, Vertrauter Julians 146 Germanicus 12 Gibbon 51, 64, 73, 87, 99 f., 106, 108, 111, 206, 218, 220, 391, 405, 499, 501, SOS
Glykas, oström. Historiker 38 Goethe 4 Gomoarius, magistcr militum, 424 Gothofredus 193 Gratian, röm. Kaiser 310, 437 Gregor Bar Hebraeus, jüdischer Historiker 101 Gregor von Nazianz 21 f., 31 f., 33 f., 38, 65, 67, 72 ff., 77 ff., 83 ff., 87 f., 100, 106f., 109, 154, 193, 214, 221, 347 f., 353 f., 357, 368, 388, 392, 397, 401, 404 f., 407, 457 f., 468, 470 f., 475, 486, 492, 495, 500 ff., 503 f., 507 Grimmeishausen 3 Hades 210 Hadrian, röm. Kaiser 50, 64, 105, 110, 347 Hannibalianus, Neffe Gonstaotins d. Gr. 458, 491 Hekebolios, Beamter in Edessa 404 Helena, Gattin Julians 473, 497 Helios 33, 37, 45, 95, 126, 164, 202, 210 f., 219, 228 ff., 239, 246, 291 f., 425, 429, 496 Herakles 90, 219, 301 Heraklios, Kyniker 228, 406, 408, 444 f. -, oström. Kaiser 37 Heraklit 198 Hermes 202 ff., 231 Hermogenes, praefectus Aegypti 144 Herades der Große 78, 105 Herodot 339,344,445 Hesiod 242, 339 Heyse, Paul 4, 19 Hierokles, Neuplatoniker 131
Personenverzeichnis Hieronymus, Kirchenvater
42, 69,
85, 87, 89, 93, 102, 109
527
Josua, Rabbi
91
Hipponax, griedt. Dichter
15, 31, 35 f., 38, 69, 84, 145, 147, 182, 262, 266, 269, 438, 457, 460, 504 -, notarius 363 Jovinus, magister equitum 144, I 82 Isis 89
Homer
Isokrates 339
Jovian, röm. Kaiser
Hilarius, Bischof von Poitiers Hillel Il., jüdischer Patriarch
166 50,
102 f.
Hippokrates
109
216 92, 95, 124, 213 f., 192 f., 242, 287, 339 Honorius, weström. Kaiser 131 Hormisdas, persischer Prinz 462, 472, 495, 503 Hortar, Alemannenkönig 461 Hroswitba von Gandersheim 2" Hymenus, jüdisdter Führer
388
Judas
Julian, Onkel des Kaisers Julian
425, 446 Julos, jüdischer Patriarch
68, 102
365
Jupiter
Justin, Märtyrer
61
Justinian 1., oström. Kaiser
67
36, 256
Juventinus, Gardeoffizier Julians Jakob, Stammvater
53, 58 f., 62,
368,378
67,95 Jakob ben Juda, Rabbi
104
Kain
115 f., 121, 125 f., 204, 220, 470, 496 Janus 296 lbsen 4, 65, 99 Jesaja 59, 61 Jesus Christus 34, 37, 45, 56, 63, 77, 100 f., 128, 208, 231, 234, 249, 252, 307, 337, 357, 387 f., 393 Jo, mythologis
Jamblichos, Neuplatoniker
242
Kedrenos, oström. Historiker
44 f.,
78 Kirke
242 198
Krates, Kyniker Kybele
290 f.
Kyrillos, Bis
20, 51 f., 59, 77, 79, 86, 88, 93, 96
-,Bischof von Jerusalem
65, 76,
86, 99, 111 344 28
Kyros der Große -
der Jüngere
Labeo, Cornelius, Neuplatoniker
386
Johannes Lydus, Neuplatoniker
35, 46, 495
Laelius, Freund des Scipio Aemilia
Johannes von Nikiu, Chronist
37,
46
nus
342,344
Leonas, Quaestor
Johannes von Rhodos, Biograph Joseph, Nährvater Jesu
55
Kalypso
208
Joseph Ha-Chohen, Rabbi
110
36
416, 418, 439,
442,506 Libanius, Rhetor H ff.,
22, 29 ff., H ff., 39 ff., 44 ff., 93, 113, 132,
528
Personenverzeidmis
Libanius, Rhetor (Forts.) 138, 154, 179 f., 184 ff., 189 f., 223, 226 ff., 235 f., 318, 320, 322, 324, 326 f., 329, 340, 356 ff., 368, 370, 372, 374, 382 ff., 385, 402, 405, 407, 412, 416, 425, 430, 437 ff., 440, 442, 447, 451, 454, 456, 461, 492 ff., 497 ff., 500 ff., 504 ff. Licinius, röm. Kaiser 225, 232, 233 Livius, röm. Historiker 437 Lorenzo di Medici 3 Lucillianus, magister militum 421 Ludwig IX. von Frankreich 49 Lukas, Evangelist 65, 208, 214, 406 Lukian 231, 249, 340, 352 Lupicinus, magister equitum 420 Luther 3 Lykurg, spartanischer Gesetzgeber 57 Lysias, Rhetor 339 Machir, Rabbi 104 Macedonius, Eremit 250 Macrinus, röm. Kaiser 437 Magna Mater 199 Magnentius, Usurpator 23, 194,254 Magnus von Carrhae, Chronist 26, 35, 179, 272 f., 282, 383 f. Maimonides 92 Malalas, oström. Historiker 26 f., 37 f., 42 ff., 45 f., 272, 369, 438 Mama.s, Märtyrer 74 Mamertinus, Claudius, Konsul (362) 16, 23, 133, 142, 175 f., 179, 181, 183, 186, 189, 333, 398, 426, 493, 495 f., 498 ff., 501, 503, 505 ff. Mana, Rabbi 89 Manlius Torquatus 437 Mare Aurel 1, 19, 172,231 f.,293, 391
Marcellinus, magister officiorum des Magnentius 254 Mardonios, Erzieher Julians 113, 170, 187, 241 f., 250, 253, 287 Maria, Mutter Jesu 208 Maris, Bischof von Chalkedon 65 Marius, römischer Feldherr 344 Mars 24, 90, 289, 293, 295 f. Martianus, kaiserlicher comes 447 Matthaeus, Evangelist 208, 214, 406 Maurus, Offizier Julians 415 Maxentius, röm. Kaiser 226 f., 475 Maximian, röm. Kaiser 223 Maximinus Daja, röm. Kaiser 164 Maximinus, Gardeoffizier Julians 368, 378 Maximus von Ephesus, Neuplato niker 26, 116, 167, 188, 253, 279, 302, 348, 354, 356, 364, 373, 378, 385, 502 -, Usurpator 310 Maximus, Usurpator 310 Menander, Rhetor 191 Menipp, Kyniker 231 Mercurius, Heiliger 37, 47, 408 Michael der Syrer, Chronist 402 Milton 402 Minerva 90, 164 Minos 232 Mithras 165, 210 f. Montaigne 3 Moses, Prophet 53 f., 56 ff., 60, 62, 96, 98, 107 - von Chorene, armenischer Hi storiker 43, 494 .
Neander, Biograph Julians 4, 89, 92 f., 95, 98, 100, 206 Nebridius, kaiserlicher comes 419 ff., 506 Nebukadnezar 104 f.
529
Personenverzeichnis Kaiser 2, 46 Nestor 192 Nevitta 143, 146, 176, 183, 333, Nero, röm.
367, 378,483
Nikephoros, oström. Historiker 41, 44, 46 f., 78, 109 Nilus, röm. Senator 167 Nonnos, Epiker 198 Numa 289, 292, 296 Ocravianus, praefectus Africae 362, 376 f. Odenathus, Herrscher von Pal myra 463 Oribasius, Leibarzt Julians 33, 35, 42, 270 f., 274 ff., 287, 369, 428, 430
Origenes, Kirchenvater 91, 93, 213,
352
Orosius, Kirebenhistoriker 86, 111, 401
Orpheus, mythischer Sänger 2'04
Osiris 89 Ovid 193 Paetus Thrasea, röm. Senator 382
Panegyrici Latini 236 Paulus, Apostel 59, 208, 337 - Catena 102, 143
Petavius 194
Petcr IV. von Aragon 49 Petrus, Apostel 159 Phemios, homerischer Sänger 242 Phitipp li. von Makedonien 178 Philippus Sidctes, Priester in Konstantinopel 89
Philiskos, Epikureer 406 Phiion von Alexandria 93, 95 Philostorgios, Kirchenhistoriker 20,
33 f., 36 f., 45 ff., 77 f., 185, 416, 436, 447
Photios, Patriarch von Konstanti nopel 45, 107, 275, 369, 453 Pilatus 388 Platon 56 f., 63, 126, 132, 170 f., 174, 177, 186 f., 208 f., 220, 229, 231, 243, 348, 381 f.
Plinius der Jüngere 204
Plotin 115 f. Plutarch, Biograph 228, 289, 293, 295 ff., 344, 406, 500, 506 Pollux, mythologische Gestalt Pompeius, Gnaeus 344 -, Sextus 344
Porphyrius, Finanzverwalter �gyptens 245 Porphyrius, Neuplatoniker
121, 131, 199, 207, 220, 344, 501 Praetextatus, röm. Senator 371 Priscus, Neuplatoniker 26, 279, 365, 377 f., 385 Probus, röm. Kaiser 165 Prohairesios, Rhetor 401 Proklos, Neuplatoniker 199 Prokop, Usurpator 192, 237, 356, 367, 378, 424, 440, 463 f., 493 f. Proteus, Meergreis 154 Prudentius, christlieber Dichter 1, 85, 168, 187, 392,405 Pythagoras 342, 348
Quirinus, röm. 295
Gottheit 289, 292,
Romulus, Gründer Roms 293, 340, 344
Roxane, Gattin Alexanders d. 29
Gr.
Rufinus, Kirchenhistoriker 42, 451, 492
530
Personenverzeichnis
Rufinus, Aradius, kaiserlicher comes 362, 376, 504 Rufius Festus, röm. Historiker 42, 451, 492 Sachs, Hans 3 Sallust, röm. Historiker 197 Sallustius Flavius, praef. praet. Galliae 360, 375, 465 Salutius (bisw. auch Sallustius) Saturninus Secundus, Quacstor, später praef. praet. Orientis 44, 142, 182, 287, 291, 295, 341, 353, 404, 438 Salmoneus, mythologische Gestalt 347 Salomon, jüdischer König 53, 60 f., 90 Sapor (Schapur) li., Perserkönig 66, 87, 129, 458 ff., 464, 487, 492,494 Schedel, Hartmann 3 Schiller 4 Scipio Aemilianus 341, 347 Scriptores Historiae Augustae 13, 236, 290 Sebastian, kaiserlicher comes 464, 494 Selene 232 Seleukos, Chronist 22 Seneca 231 Serapis 210 Severus, magister equitum 321 ff., 327 - Alexander, röm. Kaiser 50 Shaftesbury 4 Silvanus, Usurpator 473 Simplicianus, Rhetor 401 Simson 57 Sintula, Offizier Julians 414, 417, 433
Sokrates, Philosoph 26, 170, 177, 243, 283 f., 348, 354, 381 f., 384 -, Kirchenhistoriker 19, 26, 44, 65 ff., 75, 86, 88, 99, 111, 181, 183, 189, 214, 450, 492, 497 f. Solon 57 Sozomenos, Kirchenhistoriker 20, 31, 33 ff., 37, 65 f., 75 ff., 86, 88 f., 100 f., 107, 182 f., 185, 214, 220 f., 368, 450 f., 494, 497 Stobaeus, Excerpt.or 193 Strauß, David Friedrich, Biograph Julians 206, 21 8 Suda, Lexikon 270 Sueton 289 Sulla 383 Symmadtus d. lt 422 Symmachus, Stadtpraefekt von Rom (384) 184, 189,371, 379, 388 Syrischer Julianroman 36 f., 41 Tabari, arabischer Historiker 46, 492 Tacitus, röm. Historiker 12, 21, 50, 94, 382, 410 Tatian, Apologet 406 Taurus, praefectus praetorio ltaliae 424 Tertullian, Apologet 188, 395 Tertullus, Stadtpraefekt von Rom (359/61) Themistius, Rhetor 14 f., 172, 174, 192, 197, 223, 346, 352, 358, 406, 460 Theodoret, Kirchenhistoriker 20, 31, 34 ff., 37, 45 ff., 65, 76 f., 86, 107, 185, 214, 250, 368, 401 Theodoros, Oberpriester in Asien 53, 220, 293 Theodosius der Große 30, 75, 107, 301, 457 ff. - II., oström. Kaiser 33, 89, 102
Personenverzeichnis Theognis, griech. Dichter 58 Theokrit, griech. Dichter 194 Theophanes von Byzanz, Kirchenhistoriker 43 ff., 78 Theophilus von Antiochien, Apologet 395 Theophilus, Indienmissionar 491 Theopbrast, Philosoph 170, 243 Thukydides, griech. Historiker 339,
344, 441 Tiberius, röm. Kaiser 12, 337 Titus, röm. Kaiser 79, 104 Trajan, röm. Kaiser 68, 172, 232,
531
Valerius Maximus, Stadtpraefekt von Rom (361/63) 422 Valesianus Anonymus 235 Venustus, vicarius Hispaniae 362,
377 Vergil 397, 407 Vespasian, röm. Kaiser 79 Vesta 292 Vetranio, Usurpator 254, 424, 439 Victor, Hofbeamter Julians 367, 378, SOS Victoria 311, 370 ff., 388 Voltaire 3, 10, 19, 95, 249
302, 340, 344,347, 462, 493 Trdat, armenischer König 458
Xenophon, griech. Historiker 25,
Ursicinus, magister militum 12, �1 Ursulus, kaiserlicher comes 145, 504
Xerxes 242, 344
342, 355
Vadomar, alemannischer König
420, 461 Valens, röm. Kaiser Valentinian I., röm. Kaiser 69, 82,
84, 134, 147, 179, 183, 373, 378, 380, 414, 437 f., 457, 483, 504 - II., röm. Kaiser 131, 388, 443 - III., röm. Kaiser 132 Valerian, röm. Kaiser 39, 347
Zedekia, jüdischer König 60 Zenon, Stoiker 342 Zeus 63, 202, 210,212, 218, 232 Zoilos, Isokrateer 192 Zonaras, oström. Historiker 38 ff., 41 f., 44 f., 47, 389, 411, 420,
429, 436, 438 ff., 450, 491 Zosimus, griech. Historiker 17, 23,
35, 41, 46 f., 179 f., 184 f., 188, 237 f., 270-284, 369, 372, 379, 450, 493, 495 f., 498 ff., 501, 503, SOS f.