Klaus Brandmeyer / Peter Pirck / Andreas Pogoda / Luise Althanns Markenkraft zum Nulltarif
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Klaus Brandmeyer / Peter Pirck / Andreas Pogoda / Luise Althanns Markenkraft zum Nulltarif
Klaus Brandmeyer / Peter Pirck Andreas Pogoda / Luise Althanns
Markenkraft zum Nulltarif Der Trick mit den Resonanzfeldern
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GABLER
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Barbara Möller I Manuela Eckstein Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Seience-Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Umschlagmotiv: mattjeacock / www.istockphoto.com Satz: Sascha Niemann workformedia, Frankfurt Druck und buchbinderische Verarbeitung: AZ Druck und Datentechnik, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2212-0
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"Die Beredsamkeit will ergreifen, aberdurch Reize und Motive, die in der Brust dessen liegen, aufden sie esabgesehen hat ... Siewill einefreie Seele bezaubern und beherrschen." Adam Müllerin seinen berühmten "Zwölf Reden über die Beredsamkeit und deren Verfall in Deutschland", gehalten in Wien 2010
"Marken, die emotional aufgeladen sind, weilsie aufvertrauten Erfahrungen und Strukturen aufsetzen, haben einen neurophysiologisch messbaren Einfluss aufdie Kaufentscheidung." Dr. Peter Kenning, Professor an derZeppelin Universität Friedrichshafen, über Erkenntnisse des Neuromarketings
Vorwort Was wir Ihnen in diesem Buch vorführen, werden Sie vermutlich auch schon einmal gedacht haben. Vielleicht haben Sie die "Resonanzfeld-Technik" sogar schon einmal genutzt, um Ihr Angebot - ob Markenartikel oder Dienstleistung mit attraktiven Vorstellungen aufzuladen. Mit Sicherheit aber werden Ihnen unsere sogenannten Resonanzfelder allesamt bekannt vorkommen. Das liegt in der Natur der Sache. Denn als Resonanzfelder bezeichnet man allgemein im Publikum verbreitete Vorstellungen und kollektive Denkmuster, die jedem zugänglich sind, also kein Geheimwissen darstellen. Trotzdem ernten wir im Seminar immer ein verblüfftes Schmunzeln, wenn wir von einem in Deutschland tätigen Inkasso-Unternehmen berichten, das sich bei seiner Gründung den Markennamen "Inkasso Team Moskau" gab. Es hatte - so unsere Erklärung - das Reso-
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nanzfeld "Moskau bedeutet Gewalt" für sich aktiviert, mitsamt den kollektiven Assoziationen von Brutalität. Kostenfrei und zugleich höchst wirksam, wie man einigen Fernsehberichten über die glatzköpfigen sonnenbebrillten Männer in Schwarz entnehmen durfte. Sie galten eine Zeit lang sogar als Popstars der Szene. Der ITM-Slogan hieß "Ihr Kunde muss kein Russisch sprechen, er versteht uns auch so". In der Tat: Schwarze Männer und der Name Moskau riefen auch bei einem rein deutschsprachigen Gegenüber automatisch die gewünschten Assoziationen hervor. Dass es kollektive Vorstellungen gibt, die von den Menschen einer Gesellschaft geteilt werden, ist keine neue Entdeckung der Autoren. Mit diesem Buch schließen wir vielmehr an wesentliche Ergebnisse und Erkenntnisse der Sozial- und Kulturwissenschaften aus den letzten Jahrzehnten an. Fruchtbar für dieses Buch ist beispielsweise der strukturalistische Ansatz von Claude Levi-Strauss. Der Kulturanthropologe durchsuchte die Volkserzählungen Nord- und Südamerikas nach wiederkehrenden Strukturen, um sowohl an kulturimmanente als auch an übergreifende Denkmuster zu gelangen. Die Vorgehensweise dieses Buches ist ähnlich. Denn auch hier werden kollektive Vorstellungen, die in Gesellschaften vorhanden sind, ermittelt. Das Suchfeld allerdings ist umfassender: Resonanzfelder sind kollektive Vorstellungen, die in jeglichen menschlichen Äußerungen und kulturellen Manifestationen auftauchen können, nicht nur in Volkserzählungen und Märchen. Wie weit Resonanzfelder der Wahrheit und der aktuellen Wirklichkeit entsprechen, dieser kritischen Frage werden wir nicht nachgehen. Denn was in einer Gesellschaft allgemein als wahr, richtig und wirklich angesehen wird, ist letztlieh das Ergebnis von sozialer Konstruktion, also eines Wettbewerbs an Vorstellungen, Ideen und Interpretationen, bei dem sich manche durchsetzen und manche unterliegen. Wie sich Vorstellungen gesellschaftlich durchsetzen und mächtig werden können, hat Michel Foucault in seinen Werken eingehend behandelt. Es gibt also Wissenschaften, die auf analytischem Wege die Existenz kollektiver Denkmuster nachweisen und sie beschreiben. Fundamental neu an diesem Buch ist die ausdrückliche Empfehlung, das Wissen über solche kollektiven Vorstellungen operativ zu nutzen, um so die Annehmbarkeit und Überzeugungskraft einer Marke zu stärken. Dabei wird dieses Wissen mit rhetorischen Techniken verknüpft, die bereits Aristoteles zum Gebrauch im Meinungswettbewerb entwickelt hatte und die bis ins neunzehnte Jahrhundert an europäischen Universitäten auch gelehrt wurden. Die aus dieser Verknüpfung mit der Rhetorik
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entstandene Resonanzfeld-Technik lässt sich auch als eine Art Sozialtechnik verstehen. Diesen Begriff hat Werner Kroeber-Riel, der Pionier der Konsumentenforschung in Deutschland, aufgebracht. Er versteht darunter die systematische Anwendung verhaltenswissenschaftlicher Gesetzmäßigkeiten, um Menschen zugunsten der eigenen Sache zu beeinflussen. In Einzelfällen wird mit Resonanzfeldern schon gearbeitet, wie wir an erfolgreichen Markenbeispielen zeigen werden. Deren Macher waren dabei allerdings auf ihre Intuition angewiesen. Denn bisher gibt es kein Buch, das Resonanzfeld-Strategien zu Zwecken der Anleitung systematisch bearbeitet. Als Autoren dieses Buches wollen wir nicht mehr für uns in Anspruch nehmen, als dass wir den Schritt von der Intuition zur Systematik wagen. Gewagt ist dieses Vorhaben auch deshalb, weil wir uns dabei einer Sprache und einer Stilistik bedienen, die dem heutigen wirtschaftswissenschaftlichen Diskurs mit seinen begrifflichen Restriktionen und seiner mathematischen Leitwährung fremd sind . Um den Leser für unsere eher humanistische Blickweise auf wirtschaftliche Realitäten zu gewinnen, sei auf die allseits bekannte Einsicht verwiesen, dass etwas, was sich nicht mittels Zahlen und nur unscharf darstellen lässt, dennoch wirklich, wahr und wirksam sein kann. In unserem Willen, anschaulich und strategisch mit Resonanzfeldern umzugehen, fühlen wir uns auch durch einen Trend in der Kultur-Szene gestärkt. Immer häufiger wird dort von Produktionsschemata gesprochen, die massenhafte Erfolge von Filmen, Büchern und Musik nicht nur im Nachhinein erklären, sondern vor allem ermöglichen. Der Bonner Musikwissenschaftler Volker Kramarz weist in seinen Veröffentlichungen nach, dass weltweit verbreitete Popsongs nach wenigen "Popformeln" komponiert werden . Die Einhaltung dieser Formeln sei heute für jeden Pop-Produzenten das A und 0 seiner Arbeit; die Musiker hätten danach zu arbeiten oder wären für den internationalen MusikKommerz untauglich. Das Geheimnis der Wirkung sei, dass die Popformeln in der Seele der Hörer bereits als vertraute Muster existieren und durch den Song sofort aktiviert würden. Dieser unbewusst ablaufende, durch den Verstand nicht zu kontrollierende Prozess der Wiedererkennung erzeuge spontanes Gefallen. Von ähnlichen "Rezepten" ist heutzutage sogar beim "Büchermachen" die Rede, wenn es um Massenauflagen geht. Ein herausragendes Beispielliefert Iames Patterson, einer der auflagenstärksten lebenden Schriftsteller und Starautor in der Welt der elektronischen Bücher. Er spricht über das "Büchermachen" wie über die Zubereitung eines Cocktails. Zehn Zutaten brauche man, nur eine davon müsse neu und überraschend sein, und pro Kapitel habe man dem Leser ein
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Goldstück zu liefern, sei es eine Sexszene, einen Mord oder ein anderes prägnantes Vorkommnis. Da er sein "Erfolgsmuster" gefunden hat, verwundert es nicht, dass er Autoren beschäftigen kann, die anonym für ihn schreiben. Von einem Filmschauspieler und -produzenten wie Will Smith hört man Ähnliches. Er wisse genau, welche Zutaten und welche Handlungsmuster einen Kino- Blockbuster ausmachen, und er richte seine Arbeit gnadenlos an diesen Erkenntnissen aus. Muster, Formeln und Rezepte als Erfolgsgaranten für Resonanz in der Massenkultur mag man als Verfechter eines individualistischen Künstlerbegriffs missbilligen. Einen Markentechniker aber, der Massen für ein Angebot gewinnen will, sollten diese Begriffe und der Trend zur Systematisierung kultureller Produktion aufhorchen lassen. Wir empfehlen Ihnen, liebe Leser, sich auch bei der Markenführung für derartige Praktiken zu öffnen. Sie werden dabei allerdings feststellen, und das mag Sie beruhigen, dass Schemata allein noch nicht glücklich machen. Es ist immer auch ein spezifischer und kreativer Umgang mit diesen kostenfreien kommunikativen Kraftquellen vonnöten, um eine Markengestalt individuell damit aufzuladen.
Hamburg im Frühjahr 2011
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Inhaltsverzeichnis \Tor~ort
1. Was sind Resonanzfelder?
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Die ganz legale Rufausbeutung
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Wo Resonanzfelder liegen
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Resonanzfelder mit Zusatznutzen: Emotionen
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Exkurs: Die Massenseele im Individuum
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Authentisch oder nicht?
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2. Die verschiedenen Resonanzfeld-Typen
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Klischees: Warum Parfum nicht aus Recklinghausen kommt
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Mythen: Wie Iames Bond und ehe Guevara Marken aufladen
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Topoi: Was der Experte empfiehlt, ist das Beste
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Archetypen: Das Spielmit Menschheitserfahrungen
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Eine Typologieder Resonanzfelder
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3. Markenführung mit Resonanzfeldern
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Fallstudie Hansano: Rückenwind durch Resonanzfelder
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Resonanzfelder im Wettbewerb der Positionierungen
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Mit Resonanzfeldern auf internationalen Märkten arbeüen
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4. Resonanzfeld-Technik: Systematisch das richtige Resonanzfeld finden
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Erster Schritt: Produktleistungen herausarbeiten und Positionierung bestimmen
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Zweiter Schritt: Resonanzfelder sondieren, bewerten und auswählen
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Dritter Schritt: Resonanzfeld markenspezifisch aktivieren und ausgestalten
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Der rechtliche Rahmen der Resonanzfeld-Technik
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Zum Schluss
,209
Resonanzfeld-Glossar
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Bibliografie
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Die Autoren
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1. Was sind Resonanzfelder? Es geschah im Jahr 2000. Die deutschen Energieunternehmen Viag und Veba krönten ihre Fusion mit der Bekanntgabe eines neuen Konzernnamens - E.ON. Name und Logo waren für etwa drei Millionen Mark Honorar von den Agenturen Demuth und Wolff Olins entwickelt worden. Die Unternehmenssprecherin lobte die Label-Kreation wegen ihrer ungewöhnlichen Ausdruckskraft. Im neuen Logo kämen alle gewünschten Eigenschaften zum Ausdruck: neben Energie noch Innovation, Internet, Aufbruch, Globalität, Sympathie, hohe Auffälligkeit und Beachtung. Als neue Hausfarbe wurde "Pantone warm red" hinzuerfunden. Noch bevor die Öffentlichkeit von dieser Neuschöpfung erfuhr, schaltete das Unternehmen höchst eigenartige ganzseitige Anzeigen in über siebzig Zeitungen und Magazinen sowie Plakate auf 120.000 Plakatwänden. Sie waren komplett einfarbig im neuen warmen Rot gestaltet - ohne jeglichen Inhalt oder auch nur einen Hinweis auf den Absender oder den neuen Namen. Das Werbebudget lag Insidern zufolge im hohen zweistelligen Millionenbereich.
Garantiert resonanzfrei Die nichtssagende Kampagne fügte sich ungewollt zum neuen Namen. Denn auch er war - allen Interpretationskünsten der Firmenleitung zum Trotz nichtssagend, sozusagen bedeutungsfrei. Erst im Laufe der Jahre füllte sich die Marke E.ON mit Inhalt. Aufgrund von immer neuen und unerklärlichen Preiserhöhungen quer durch die Republik erwarb sich E.ON allerdings den zweifelhaften Ruhm eines Preistreibers bei Strom und Gas. Der unerwünschte Verlauf der öffentlichen Meinungsbildung hat seine Ursachen nicht nur in den faktischen schlechten Erfahrungen der Kunden, sondern auch in der Bedeutungsarmut des neuen Markennamens. Er war nicht von vornherein mit positiven Bedeutungen geladen, sondern vielmehr eine leere, mit dem Namen E.ON beschriftete Schublade im Gehirn der Kunden. Wo sich aber nichts ausreichend Positives im Sinne der Firma findet, da haben negative Botschaften leichtes Spiel und können den unbesetzten Raum komplett ausfüllen. Wie viel diese Geschichte zum Verständnis von Resonanzfeldern beitragen kann, wird erst im Kontrast zu einer anderen Geschichte erkennbar. Nicht weit vom Hauptsitz der E.ON-Konzernzentrale in Düsseldorfentfernt, auf dem Carlsplatz, traf man im selben Jahr auf einen kleinen Händler, der es in puncto Markenname ganz anders gemacht hatte als der Gigant von nebenan. Er verkaufte an sei-
11 K. Brandmeyer et al, Markenkraft zum Nulltarif, DOI 10.1007/978-3-8349-6735-0_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
nem Marktstand neben frischem Fleisch auch Molkereiprodukte aus Österreich, darunter eine ungewöhnlich teure Butter. Butter gibt es heute in jedem Supermarkt: als "Deutsche Markenbutter", als "Irische Butter", als "Holländische Butter" oder auch als billige Handelsware. In diesem generischen Markt platzierte der Carlsplatz-Händler sein Angebot unter dem Namen "Tiroler Almbauern Fassbutter". Im Unterschied zu E.ON arbeitet hier ein Anbieter mit dem, was wir in diesem Buch "Resonanzfelder" nennen wollen. Er lädt seine Ware allein durch den von ihm gewählten Namen mit charakteristischen positiven Vorstellungen auf. Genauer ausgedrückt sind es drei sich ergänzende Vorstellungen, die er nicht erfunden, sondern zur Profilierung seines Angebotes gefunden hat. Er wird dabei nicht an Picasso gedacht haben ("Ich erfinde nicht, ich finde ."), aber instinktsicher brachte er die Resonanzkraft von Wörtern wie "Tirol", "Almbauern" und "Fassbutter" ins Spiel. Tirol aktiviert das Resonanzfeld Alpen, Almbauer das Resonanzfeld Bauernhof, Fassbutter das Resonanzfeld traditionelle, handwerkliche Herstellung. Es handelt sich hierbei um kollektive Vorstellungen, an die konkrete allgemeine, aber auch sehr positive Wertungen geknüpft sind; beispielsweise, dass handwerklich hergestellte Lebensmittel etwas besonders Gutes seien oder Milch aus den Alpen der Flachland-Milch überlegen sei. Diese Resonanzfelder mitsamt ihren Wertungen sind auch bei Menschen anzutreffen, die noch nie in ihrem Leben in Tirol waren, nie einem Almbauern begegnet sind oder einer Bäuerin beim Buttern im Holzfass zugeschaut haben. Jedes noch so individualistische Individuum, erklärt der Soziologe Alexander Deichsel, sei bis zur Halskrause angefüllt mit derartigen massenseelischen Vorstellungen. Diese kollektiv abgelagerten Vorstellungsvorräte können, sobald sie von außen aktiviert werden, unser Denken, Fühlen und Urteilen in starkem Maße beeinflussen. Denn man kann sich gegen diese verhaltensbeeinflussenden seelischen Wirkungen kaum wehren. Wir sprechen mit Deichsel von "Resonanzfeldern". Der aus der Physik entlehnte Begriff spielt auf das bekannte Phänomen des Widerklangs an. Ein gerne erzählter Beleg dafür ist das Weinglas, das auf den Ton f gestimmt ist. Tritt in seiner Nähe ein Sänger auf und singt genau diesen Ton, dann beginnt das Glas mitzuschwingen und diesen Ton zurückzugeben. Singt er laut genug, kann sich das Mitschwingen sogar so weit verstärken, dass das Glas zerspringt (einige Sänger sollen mit dieser Nummer berühmt geworden sein). In diesem Fall ist der Ton fein Resonanzfeld, das dem stummen Glas ungehört innewohnt, aber durch die passende Anregung von außen aktiviert wird und das Verhalten des Glases sogar bis zur Ekstase verändert. Aus der
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Sicht des Sängers: Er erzeugt mit seinem Gesang Resonanz. Übertragen auf die Markentechnik: Der Sänger steht für den Anbieter, der durch ein Wort oder ein anderes Zeichen etwas zum Schwingen bringt, was in der Seele seiner Zielgruppe bereits vorhanden, aber bis dahin quasi unbemerkt geblieben ist.
Das Publikum arbeitet gratis mit Diese Art der kooperativen Kommunikation zwischen einer Marke und ihrem Publikum erfreut den Markenmanager schon deshalb, weil er sich auf solche Resonanz-Wirkungen ziemlich genau verlassen kann. Die Empfänger seiner Botschaften reagieren spontan und praktisch ohne Chance, den Resonanzvorgang durch argumentierende Vernunft ausschalten zu können. Es geschieht einfach mit ihnen. Noch größer sollte die Freude darüber sein, dass die Resonanzfelder in der Massenseele kostenfrei zur Verfügung stehen. Viele Generationen vor uns haben sie auf- und ausgebaut und uns zum Gebrauch hinterlassen. Ihre Entstehung reicht mitunter in graue Vorzeit zurück. Und auch wenn der Wandel der Zeiten sie ein wenig moduliert haben mag, sind sie doch in ihrer jeweiligen Grundform beständig. Woran wir Heutigen bei Tirol, Almbauern und Fassbutter denken, mag ein wenig anders ausschauen als die jeweiligen inneren Bilder unserer Eltern, aber die positiven Grundzüge sind die gleichen. Während die große E.ON also mit gewaltigem Kommunikationsaufwand attraktive Inhalte für ihre Marke definieren und senden muss, ohne der erwünschten Wirkung sicher sein zu können, hat der kleine Wochenmarkthändler mit nur drei Wörtern seiner Buttermarke etwas mitgegeben, was sie von den Produkten der Wettbewerber aufwertend unterscheidet. Auf die positiven und durchaus auch emotionalen Wirkungen seiner Namensgebung hat er keine Sekunde warten müssen. Und das Ganze hat ihn nicht einmal einen Euro gekostet. Markenkraft zum Nulltarif.
Resonanzfeld: Eine massenhaft verbreitete kohärente Vorstellung, die im Bewusstsein der Menschen fest verankert ist und für einen parteiischen Zweckgenutzt werden kann. Resonanzfelder enthalten Wertungen, Assoziationen, Bilder und Empfindungen, die sich durch dazu passende Stimuli aktivieren und auf eine Marke übertragen lassen.
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Die Technik, die in diesem Buch vorgestellt wird, ist also in Wirklichkeit kein Trick, keine Täuschung, sondern eine Fertigkeit, die bezeichnenderweise der antiken Rhetorik entstammt. Rhetorik ist die Lehre davon, wie ein Redner andere davon überzeugen kann, dass er mit seinen Behauptungen recht hat und dass das Publikum mit seinen Empfehlungen besser fahren werde als mit denen seiner Gegner. Ihr Aktionsfeld ist der Markt der Meinungen über Produkte, Pläne und Politiker. In diesem Kommunikationswettbewerb zu siegen, ist das einzige Ziel. Zu diesem Zweck stehen dem Rhetoriker nicht nur die aus der Sache selbst ableitbaren Argumente zur Verfügung. Er kann zu ihrer Verstärkung auch Gemeinplätze oder Alltagswahrheiten einsetzen. Damit sind allgemeine Überzeugungen oder Vorurteile gemeint, die im Publikum fraglos bestehen und umstandslos auf den konkreten Fall angewendet werden können. "Das Auto zeigte sehr früh Rostschäden", reklamiert ein Autobesitzer. Weil seine Beweise dürftig sind, unterstützt er seine Behauptung mit einem Gemeinplatz: "Das hat man davon, wenn man italienische Autos kauft." Und es wirkt. Denn das Vorurteil über die rostenden italienischen Autos sitzt tief in uns drin. "Die beste Pasta in unserer Stadt macht für mich das La Bella", schwärmt ein Partygast. Weil nicht alle sofort überzeugt sind, setzt er mit einem schönen Allgemeinplatz nach: "Es liegt ziemlich versteckt, in einer kleinen Seitenstraße. Den Eingang - drei Stufen runter - kann man leicht übersehen." Unsere Seelen reagieren unwillkürlich positiv. Denn tief in ihnen ist die Vorstellung verankert, dass das Unscheinbare, schwer zu Erreichende besser sei als das leicht und für alle Zugängliche. In unserem Alltagsleben sind wir alle - ohne uns dessen bewusst zu sein - kleine Rhetoriker. Nicht nur indem wir in unsere geschriebenen und gesprochenen Texte solche Gemeinplätze einstreuen, um unsere Aussagen glaubhaft zu machen. Wir verhalten uns selbst dann rhetorisch, wenn wir Metaphern oder Vergleiche benutzen. Denn Aristoteles wie auch Cicero haben empfohlen, allgemein verständliche Bilder zu nutzen, um das Gesagte auszuschmücken und gefälliger erscheinen zu lassen. Sie wussten schon, dass die blanke Information, die nur die Vernunft anspricht, im normalen Publikum wenig Resonanz erzeugt. Die Menschheit hat diese Lektion gelernt. Man lese nur die Bibel oder den Koran, um zu erkennen, wie sehr solche religionsstiftenden massenwirksamen Texte rhetorisch aufgemacht und von Metaphern und Bildern durchsetzt sind. Sie bringen Vorstellungen zum Schwingen und rufen Bilder auf, die in den Seelen der Empfänger auf anderen Plätzen abgelegt sind und unvermutet in einem neuen Kontext erscheinen. üb wir von einem eisenharten Manager sprechen oder einer samtweichen Stimme, von einem, der wie ein Löwe kämpft, oder einem lammfrommen Typen - überall sind unsere Texte mit Wörtern versehen,
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die in ihrem Publikum vertraute Vorstellungen und Wertungen abrufen. Diese werden automatisch mit dem verknüpft, was vorgefunden wird und lösen die intendierten Schlüsse aus. Auch hoch angesehene Marken können in dieser Weise genutzt werden . Mit dem Hinweis, dies sei der Mercedes unter den Dunstabzugshauben, werden beispielsweise einem Hausbesitzer der hohe Preis und die exzellente Qualität einer Küchenentlüftungsanlage schmackhaft gemacht.
Die ganz legale Rufausbeutung Das Gesetz verbietet es allerdings, den guten Ruf, den ein Anbieter genießt, für fremde Zwecke zu nutzen. Der Gedanke hinter dem Verbot ist einleuchtend. Im zitierten Fall würde jemand das Image, das sich eine deutsche Automarke in Jahrzehnten mit erheblichem finanziellen Aufwand aufgebaut hat, gratis nutzen, um seinem weniger oder gar unbedeutenden Angebot Glanz und einen Anschein von höchster Qualität zu verleihen. Doch nicht immer steht der gute Ruf unter derartigem Schutz. Und nicht immer sind wir uns dessen bewusst, dass wir, um eine Sache aufzuwerten, Bezeichnungen oder Redewendungen benutzen, die zusätzliche aufwertende Vorstellungen mobilisieren. Den Spargel haben wir vom Markt mitgebracht oder direkt vom Bauern, und schon schmeckt er besser als der aus dem Supermarkt. Den Wein haben wir uns bei einer Reise durch die Toskana von einem befreundeten Winzer geholt. Derartige Aufwertungsstrategien funktionieren, weil sich Bauern, Märkte und Winzer in Jahrhunderten den Ruf erworben haben, an ihre persönlich bei ihnen erscheinenden Käufer immer nur frische, gute Ware zu verkaufen. Die Supermarktmarken der Neuzeit sind noch weit entfernt davon. Aldi ausgenommen, der dank endloser Bestätigungen durch die Stiftung Warentest und wegen seiner hohen Umschlagsgeschwindigkeiten inzwischen als Einkaufsstätte besonders frischer Waren gilt. Aufwertend ist es auch gemeint, wenn eine Brauerei als Privatbrauerei bezeichnet wird, wie beispielsweise die Brauerei Veltins oder die 2002 in Russland von Oleg Tinkoff gegründete Brauerei Tinkoff.
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Abbildung 1: Obwohl sielängst zu Inbev, dem größten Brauereikonzern derWeltgehört, nennt sich die Brauerei linkoff weiterhin .Prlvatbrauarei", (Anzeige: linkoff)
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Unwillkürlich denkt der Empfänger selbst in Russland an ein Bier, das mit besonderer Sorgfalt gebraut wird und sich wohltuend von einem Konzernbier unterscheidet. Denn auch der Begriff ..privat" genießt einen guten Ruf. Er weckt spontan positive Vorstellungen, die sich seit langem in der Massenseele aufgebaut haben - ob durch Privataudienzen oder private Krankenkassen oder auch den Privatweg, der den Plebs am Betreten hochherrschaftlicher Villengrundstücke hindert. Nur vor diesem Hintergrund ist eine Düsseld.orfer "Privat-Parfümerie" zu verstehen oder der Privat-Kaffee von 'Ichibo, der in der Regel ein Preispremium von bis zu einem Euro gegenüber Supermarktmarken wie Krönung oder Melitta erzielt.
Abbildung 2: Die Spitze des Tchibo-Sortiments - derPrivat-Kaffee. (Bild: Tchibol
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Mit dem folgenden Schema in Abbildung 3, das Ihnen in diesem Buch mit gewissen Abwandlungen immer wieder begegnen wird, stellen wir vereinfacht dar, wie das Aktivieren von Resonanzfeldern funktioniert.
Abbildung 3: Es existiert in meinem Publikum, in meiner Zielgruppe einResonanzfeld "Privat",
Das Aktivieren dieser allgemeinen kollektiven Vorstellung mitsamt ihren Assoziationen und Wertungen sowie die Übertragung auf einen Einzelfall stellt das folgende Schema in Abbildung 4 vereinfacht dar.
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Abbildung 4: Aktivierung des Resonanzfeldes "Privat"für die Marke Tchibo.
Die Reihe solcher Begriffe aus der Warenwelt ließe sich unendlich fortsetzen. Es seien noch genannt "horne made" oder "Hausfrauenart" und "Familienrezept". Ihre emotionalisierende Wirkung ist unbestreitbar und ihre Nutzung durch alle kostenfrei. Denn die Rechte an solchen Begriffen wie Markt, Winzer, Privat oder horne made sind weder Einzelpersonen noch juristischen Personen zuzuordnen. Keiner kann allein über sie verfügen oder sich deren Nutzung entgelten lassen. Dass sich auf diesem Wege eine Markenvorstellung aufbaut, die das Unternehmen unter Umständen mit vielen teilen muss, ist ein unerwünschter Nebeneffekt, den man allerdings ins Kalkül ziehen muss. Denn diese Begriffe verweisen nicht nur auf kollektive Vorstellungen, sie können auch von vielen genutzt werden. Ein aktuelles Beispiel liefert die sehr erfolgreiche neue Zeitschrift "Landlust", die mit diesem Markennamen leicht durchschaubar Vorstellungen vom schönen, naturnahen und entspannenden Landleben aktiviert. Die sprunghaft steigende Auflage - aktuell 700.000 Exemplare - hat schnell andere Verlage gelockt, für alternative Angebote dasselbe Resonanzfeld anzuzapfen: "Landluft", "Mein schönes Land", "Liebes Land", "Landidee" und "Lust aufs Land". Die Liebe zum Land hat man also nicht für sich allein, weil dieses Resonanzfeld gewissermaßen Allgemeingut ist.
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Besonders schmerzlich mussten dies die Aktionäre der Swiss Air erfahren, als sie in den Konkurs und wenig später an ihrer Stelle eine Schweizer Airline unter dem Namen "Swiss" an den Start ging. Die Aktionäre des untergegangenen Unternehmens verklagten die neue Airline auf Entschädigung dafür, dass sie mit "Swiss" den alten, gut eingeführten und bestens beleumundeten Markennamen "Swiss Air" und dessen Markenwert nutze. Die wertvollste Marke der Schweiz - wie es hieß - wurde damals auf ungefähr eine halbe Milliarde Schweizer Franken geschätzt. Ein Schweizer Gericht hat die Klage seinerzeit abgewiesen mit einer verblüffenden, im Zusammenhang mit Resonanzfeldern jedoch sehr plausiblen Begründung: Die Swiss Air habe gar keinen eigenen Markenwert geschaffen, weil sie mit ihrem Markennamen lediglich den bereits vorhandenen Markenwert und den guten Ruf der Schweiz genutzt habe. Ein Fall von legaler Rufausbeutung mit Folgen. Eine vergleichbare und bis heute auch erfolgreiche Symbiose zwischen einem resonanzstarken Territorium und einer daraus abgeleiteten starken Marke findet sich in Hamburg, genauer auf St. Pauli, einem Stadtteil, mit dem vermutlich auch jeder Leser dieses Buches sofort einiges assoziiert, ob aufgrund persönlicher Kiez-Erfahrungen oder - bitte schön - wegen der vielen Erzählungen anderer. Aus diesem geschichtsträchtigen, sehr alten Resonanzfeld hat sich vor genau einhundert Jahren ein Fußballverein herausgebildet, der den Stadtteil als Markennamen nutzt - der FC St. Pauli . Die Resonanzbeziehung ist un überseh- und unüberhörbar. Der Stadtteil lädt den Verein ununterbrochen emotional auf, aber auch umgekehrt. Diese lebenswichtige Beziehung entsprechend zu gestalten und lebendig zu erhalten, ist eine der großen Aufgaben des Markenmanagements beim FC St. Pauli. Kein anderer hat diese Aufgabe so gedankenvoll, geschickt und wirtschaftlich erfolgreich gelöst wie der langjährige Vereinspräsident Corny Littmann. Bei seiner Art von Symbolmanagement dürfte es übrigens kein Zufall sein, dass er auch in St. Pauli wohnt und das Tivoli-Theater auf der Reeperbahn führt. Corny Littmann weiß, was der Verein dem Resonanzfe1d St. Pauli zu danken hat.
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Für viele sind wir das "Freudenhaus der Liga". Interview mit Comy Littmann Corny Littmann. geb. 1952. Theatermanager. Regisseur, Schauspieler und Autor. Seiner Schmidt-Mitternachtsshowwurde 1991 darAdolt-Grimms-Preis verliehen. Seit1999 zeichnet erverantwortlich für alleShowprogramms aufden Aida-Kreuzfahrtschiffen. Von 2003 bis2010 war er Präsident des Fe St. Pauli. (Foto: Schmidts Tivoli)
Frage: Ihr Verein darf sich über 17 Millionen Sympathisanten und 10 Millionen Fans in Deutschland freuen. Wie kann man diese extraordinäre Zuneigung zu einem FußbaJl-Club, der erst vor Kurzem in die erste Liga aufgsstisgsn ist, erldärsn7
Comy Litbnann: Eine hundertprozentige Erklärung gibt es für solche Kultphänomene nicht. Aber zwei Gründe möchte ich nennen: Erstens wird auf 5t. Pauli mit großer Leidenschaft gespielt und mit derselben Leidenschaft zugeschaut, mitgelitten und mltqefelert. Unabhängig vom aktuellen Rangplatz. Dazu trägt die einrangigeTribüne mit ihrer unmittelbaren Nähe zum Spielfeld genauso bei wie die ubergroße zahl an Stehplätzen. Ohne Stehplätze gibt es keine Leidenschaft. Der zweite Grund ist zweifellos die Zugehörigkeit zum Stadtteil St. Pauli, nicht nur im Namen. Frage: St Pauli ist der weJtweit bekannteste Stadtteil Deutschlands. Was tut Ihr Verein, um die Verbindung und dieses Resonanzfeld für sich zu nutzen?
Comy LIttmann: Wir stellen ganz bewusst gestalterische Beziehungen zum Hafenviertel St. Pauli her. Die Außenfassade unseres neuen Stadions ist mit roten Backsteinen verkleidet, aus denen auch die berühmten Lagerhäuser im alten Hamburger Hafen gebaut sind. Also keine ortlose Architektur wie moderne Stadien in Peking oder München. Der Platz heißt ..Millerntor~ nach dem alten Stadttor, das früher Hamburg und St. Pauli getrennt hat. Eine gewisse Distanz zu Hamburg gehort ja immer noch dazu. Deshalb haben Zigtausend Menschen unseren Aufstieg in die Bundesliga auch nicht auf dem Hamburger Rathausmarkt gefeiert, sondern auf der Reeperbahn. Und unsere Spieler haben nicht
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auf dem Rathaus-Balkon, sondern auf dem Balkon des Schmidt-Theaters gestanden. Für viele sind wir das ..Freudenhaus der Liga~ Frage: Außer durch die Backsteine - woran kann das Publikum noch erkennen, dass der Fe St. Pauli zugleich der Stadtteil ist?
Comy Littmann: In den Aufgängen unseres Stadions hängen viele großformatige Bilder vom Kiez. Gemalt hat sie der Comiczeichner Ulf Harten, dessen Stadtansichten in der Szene legendär sind. Die Menschen wissen sofort, sie befinden sich nicht in irgendeinem Stadion. Unsere Lounges heißen deshalb auch ..Separees" wie die Amüsierlogen im Rotlichtbereich und unser Vereinssaal heißt deshalb ..Ballsaal~ Viele nennen uns auch den ..Kiez-Club" und wir haben nichts dagegen. Die Biermarke im Stadion und im Vereinshaus ist Astra. Denn Astra ist St. Pauli. DerVerein repräsentiert eine alternative Kultur wie der Stadtteil selbst, und zwar für alle Bevölkerungsschichten, nicht nur für Alternative. Hier geht es um kollektives, in Gruppen erlebtesVolksvergnügen live. Man darf nicht vergessen, dass in den zwanziger, dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts Hagenbeck, Operettenhaus und mehrere Volkstheater auf der Reeperbahn zu Hause waren. Der FC St. Pauli steht auch in dieserTradition.
Abbildung 5: Bild von Ulf Harten im St Pauli-Stadion: Die Fans mit ihrer Vereins- und der Piratenflagge und die Reeperbahn, von der Davidswache bis zu Schmidts "voli, als unauflösliche Gemengelage. (Bild:Ulf Harten)
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Abbildung 6: St Pauli ist sicher derbekannteste deutsche Stadtteil. Und nichtnurderFC St Pauli nutzt diesen Stadtteil als Resonanzfeld. Auch Astra, die Hamburger Biermerke schlechthin. spieltmitden Assoziationen rund um das verruchte Hamburger Viertel. Da liegtesnurnahe. dass Astra dem FC St Pauli zum 100. Geburtstag miteinem .81. Pauli hebe hoch- grawliert.IAnzeige: Ama Bier)
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Frage: Ist Fußball Volkstheater? Comy Littmann: Erst mal ist Fußball Fußball. Und sportlicher Erfolg das Wichtigste. Aber Fußball ist auf St. Pauli auch Unterhaltung wie im Volkstheater: Für alle , die ein paar Stunden das komplizierte wirkliche Leben vergessen möchten und in ein Leben eintauchen, das man noch versteht; wo es einfache Regeln gibt, wo jeder mitreden kann, wo die Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung noch zutage liegen. Und wo man Freud und Leid unmittelbar teilen kann, und nicht wie vor dem Fernseher vereinsamt.
Frage: Ihre Spieler sind Profis und vermutlich nicht auf St. Pauli geboren. Wie bringen Sie denen rüber, dass sie zu diesem Stadtteil und dieser Szene gehören und davon leben? Comy Littmann: Zu jedem Saisonbeginn gibt es immer für die ganze Mannschaft eine Stadtführung durch den Stadtteil. Da lernen sie St. Pauli kennen wie nicht mal die Touristen. Das ist die offizielle .Kcntaktaufnahmet Der eher inoffizielle Mannschaftsabend danach taucht die neuen Spieler wie in einem Initiationsritus tief in das spezifische Milieu ein. Letztes Mal musste ein Neuer in "Susis Show Bar" mit einer Stripperin auf der Bühne strippen. Ein anderer musste singen und einer der Neulinge musste als Tunte verkleidet in der Schwulenbar "Wunderbar" hinter derTheke arbeiten. Das machen die Jungens aus freien Stücken und untereinander aus. Die Spieler wollen und sollen immer wissen: Wo bin ich, wo arbeite ich, und sie wollen und sollen sich dort auch zeigen.
Frage: Der Verein zeigt auf St. Pauli Flagge, weil er auch die Herzen der circa zwanzigtausend Bewohner braucht? Comy Littmann: Ich wohne selbst auf St. Pauli und erlebe schon beim Einkaufen, dass der Stadtteil sich mit uns identifiziert. Hier wird jede Entscheidung, die den Verein betrifft, an jeder Straßenecke von allen diskutiert. Trotzdem aktivieren wir unser ohnehin inniges Verhältnis durch weitere Maßnahmen. Dazu gehört auch, dass wir soziale Einrichtungen auf St. Pauli unterstützen. Da gehen unsere Spieler zu Autogrammstunden hin, es gibt Gratiskarten, mal eine Tombola oder auch Geld. Das "Leuchtfeuer"-Hospiz und das Obdachlosen-i.Cafe mit Herz" sind immer mit dabei. Zum hundertsten Jubiläum des Vereins hat sich der Stadtteil in die Farben Braun-Weiß eingekleidet. Und vor jedem Spiel singen Zuschauer und Spieler seit jeher aus voller Brust unser Lied "Das Herz von St. Pauli, das ist meine Heimat':
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Wörter als Resonanzfelder Es wird unseren Lesern auffallen, dass Wörter beim Aktivieren von Resonanzfeldem eine große Rolle spielen. Sie sind in der Regel das Zauberwort, das auf eine bestimmte Stelle in der Seele von Hörern oder Lesern trifft und eine geistige Schublade öffnet, deren Inhalte dem Ausgesprochenen unmittelbar zugutekommen. Man muss es nur aussprechen und schon geschieht etwas. Als ein Meister der Aufwertung durch Wörter erweist sich seit Langem das Warenhaus Strauss Innovation. Gilt es Frotteehandtücher aufzuwerten, werden sie unter der Überschrift "Collection Grand Hotel" angeboten. Kurzärmlige Herrenhemden werden als "italienische Atelierhemden" ausgelobt. Resonanzfelder wie "Grand Hotel" und "italienisches Modedesign" stünden auch Karstadt und Kaufhof zur Verfügung, um ihre Waren in ein schöneres Licht zu rücken. Ihnen fallt aber dergleichen nicht ein. Strauss Innovation hingegen hat unter der Anleitung des Seniorchefs Peter 1. Geringhoff eine regelrechte Textkultur zur Nutzung von emotional gut besetzten Resonanzfeldern etabliert. Die angestrebte Positionierung des Unternehmens als "Bezahlbarer Luxus" wird nicht nur, aber ganz wesentlich, mithilfe einer konsequent darauf ausgerichteten Wortwahl vermittelt. Bleiben wir bei Wörtern. In Österreich hat das Milchunternehmen N öm, um die Akzeptanz und den Absatz einer fettarmen Sorte zu fördern, dieselbe umbenannt in "Fastenmilch". Welch ein Entgegenkommen gegenüber den vielen Menschen, die gerne abnehmen möchten. Die Marktforscherin Helene Karmasin weiß zu berichten, dass von ihr befragte Damen gerne ihre Tortenstücke verzehren, um sofort darauf hinzuweisen, dass sie zum Ausgleich ihren Kaffee nur mit Fastenmilch trinken. Fasten statt Abmagern. Wie viel mehr Ethos, Disziplin und gesunde Askese vermittelt das Wort "Fasten". Um Ihnen diesen strategischen Gebrauch von Wörtern noch etwas n äherzubringen, bieten wir Ihnen hier eine kurze vergleichende Übersicht an. Prüfen Sie einmal bei sich selbst, welche Vorstellungen die Wörter auf der linken Seite in Ihnen wecken, verglichen mit den Bezeichnungen auf der rechten Seite:
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Auto Service Palast
Autowaschanlage
Kaiserthaler
Plätzchen
Byzantiner Königsnüsse
Haselnüsse
Steinofenpizza
Pizza
Flacon
Glasflasche
Titanschwarz
Schwarz
Familienunternehmen
Firma
Mecklenburger Landbrot
Graubrot
Quattro
Vierradantrieb
Parkhotel
Hotel
Handmade in Germany
Made in Germany
Markenmanagement bedeutet eben auch, für die eigene Sache die richtigen resonanzstarken Wörter zu finden. Denn der Name einer Sache, eines Produktes oder einer Dienstleistung ist es schließlich, der am häufigsten in der Kommunikation über eine Marke verwendet wird. Als sich die Internet-Banken formierten, haben sie sich eine Bezeichnung gegeben, die nicht unbedingt auf der Hand lag: "Direktbanken". Der Begriff lädt diese Institute ohne weiteres Zutun positiv auf. Wer wollte nicht beim Umgang mit Geld so direkt wie möglich mit seiner Bank verbunden sein, ohne störende oder zeitraubende Zwischenstufen. Diese positiv aufladende Wortwahl brachte die etablierten Finanzdienstleister in die Defensive. Eine Schweizer Privatbank betonte in einer Anzeigenkampagne, dass sie schon seit über hundert Jahren so direkt mit ihren anspruchsvollen Kunden verkehre, wie es direkter gar nicht möglich sei. Die deutschen Sparkassen fühlten sich mit ihrem Konzept der Nähe, mit ihren 1.400 Filialen und 140.000 persönlichen Beratern arg bedrängt. Die Direktbanken erwiesen sich als Magnet für ihre Kunden. Erst später durchschauten die deutschen Sparkassen den semantischen Trick ihrer neuen Wettbewerber und nennen sie nun "Distanzbanken". Denn so kann man es in der Tat auch sehen. Die Distanz ist extrem groß bei diesen Internetkontakten. Man sieht und hört nie einen Menschen, man weiß nicht, wo er residiert, selbst das Telefonieren mit ihm ist nicht möglich. Wie viel direkter geht es da bei der Sparkasse zu, deren Filiale um die Ecke liegt und deren Mitarbeiter man persönlich kennt. Im Publikum ist der Fehler wohl kaum noch zu korrigieren. Aber für das Selbstbewusstsein der Sparkassen dürfte es gut sein, die Direktbanken wenigstens begrifflich entzaubert zu haben.
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Wo Resonanzfelder liegen Resonanzfelder sind in unterschiedlichen menschlichen Erfahrungsbereichen zu orten. In ihnen können sich kollektive soziale oder auch kulturelle Erfahrungen spiegeln. Auf einen sozialen Hintergrund verweist beispielsweise eine Marke wie Volkswagen. Noch im Dritten Reich wurde der Markenname erfunden und am 28. Mai 1937 mit der Gründung einer "Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens mbH" veröffentlicht, die am 16. September 1938 in "Volkswagenwerk GmbH" umbenannt wurde. Anfang 1938 begann man im heutigen Wolfsburg mit dem Bau des Werks, in dem das von Ferdinand Porsehe konstruierte Fahrzeug hergestellt werden sollte. Schon 1945 lief der erste "Volkswagen"vom Band. Die sofortige Aufladung der Marke mit eigenen Qualitätsvorstellungen war allein durch den Markennamen garantiert. Die Deutschen hatten noch das Volksradio, den Volksempfänger im Kopf. Jetzt gab es auch das Auto für alle: zweckmäßig, robust, langlebig, mit allem, was man braucht, ohne Schnickschnack und erschwinglich. "Er läuft und läuft und läuft" hieß eine der erfolgreichsten Werbekampagnen. Am anderen Ende des sozialen Spektrums liegt ein Resonanzfeld namens "Exklusivität", das seine Wirkung ebenfalls nicht verfehlt. Was nicht überall und nicht für jeden zu haben ist, weckt noch immer Begehrlichkeit. Die Vorstellung, etwas zu besitzen, was für andere kaum erreichbar ist, hebt die Seele und die Ausgabenbereitschaft. Als die für ihre Designer-Kleidung berühmte HollywoodBoutique "Giorgio in Beverly Hills" 1981 auf die Idee kam, ein Parfüm unter ihrem Namen herauszubringen - diese Art von Sortimentserweiterung scheint bei Modeunternehmen geradezu zwanghaft zu sein -, entschied sie sich, neben dem berühmten Namen "Giorgio" ein zusätzliches Resonanzfeld für sich zu aktivieren. In national gestreuten Anzeigen teilte sie den Amerikanerinnen mit, dass es dieses neue Parfüm nur an einem einzigen Ort zu kaufen gebe: "Exclusively sold at Giorgio's, Beverly Hills." Die Schachtel war gelb-weiß-gestreift wie die Markise über dem Boutiquen-Eingang. Der Duft, obwohl von einigen als etwas zu süßlich empfunden, war dennoch sensationell erfolgreich. Erst ein Jahr nach der Einführung erwies Giorgio den Amerikanerinnen dann die Gnade, zusätzlich einen weiteren Verkaufspunkt zu beliefern: "Exclusively sold at Giorgio's and Bloomingdale, New York." Das Resonanzfeld Exklusivität lässt sich durch verschiedenste Maßnahmen für die eigene Marke aktivieren. Es kann eine total reduzierte Distribution oder ein extrem hoher Preis sein; es können aber auch minimale Stückzahlen, numme-
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rierte und mit Kaufurkunde versehene Einzelstücke oder Zugangsbeschränkungen anderer Art sein. Wie viel Selbstbewusstsein eine Marke aus einer solchen Strategie beziehen kann, verrät ein kleiner Prospekt an der Hendrick's-Gin-Flasehe. Dort heißt es mit englischem Understatement: "Einer von 1.000 Gin-Trinkern bevorzugt Hendrick's." Barkeeper bestätigen gerne, dass Hendrick's nur etwas für absolute Kenner ist. Dass Hendrick's auch der teuerste Gin ist, versteht sich vor diesem Hintergrund fast von selbst, gehört aber dazu. Andere vom Besitz einer Sache auszuschließen, um die Sache selbst aufzuwerten, ist ein eminent sozialer Vorgang. Einer der Begründer der deutschen Soziologie, Ferdinand Tönnies, schreibt in seinem Hauptwerk "Gemeinschaft und Gesellschaft", der gesellschaftliche Wert einer Sache bemesse sich allein an der Tatsache, dass sie auf der einen Seite im Ausschluss gegen andere gehabt und auf der anderen von vielen Menschen begehrt werde. Alle übrige faktische Beschaffenheit der Sache sei dagegen gleichgültig. Die Kultur ist ein anderer Erfahrungsbereich, dem wir hochwirksame Resonanzfelder verdanken. Das gilt für die Kultur im engeren Sinne wie auch für die Alltagskultur. Wenn wir von einer Ballett-Inszenierung hören, die aus Moskau zu uns kommt, geht unser Wertschätzungspegel automatisch hoch, selbst wenn es sich nicht um das Corps de Ballet des Bolschoi-Theaters handelt. Möglicherweise ist es so sogar ein zweitklassiges Ballett, das aber um die Wirkung der Herkunft "Moskau" weiß und sie deshalb im Titel führt. Wenn es einen klugen Menschen aufzuwerten gilt, lässt sein PR-Manager ihn eher vor einer Bibliothek als vor einem Computer ablichten. Denn der Anblick von Büchern löst noch am sichersten den Schluss aus, der Mann sei weise und wisse, wovon er redet. Unsere Verfassungsrichter beispielsweise werden außerhalb des Gerichts immer vor einer Bücherwand interviewt. Und keiner fragt, ob der Mensch die alle gelesen hat. Wie leicht mit einer "Bibliothek" das Resonanzfeld des Weisen aktiviert werden kann, wird vollends klar, wenn man sich eine weise Person vorstellt, die statt über eine große Bibliothek über eine große "Mediathek" verfügt. Mehr in der Alltagskultur angesiedelt sind Resonanzfelder wie Tradition. Hört man von einem Unternehmen, es verfüge über eine lange Tradition, steigt es in unserer Achtung und wir vermuten, dass seine Leistungen von hoher Qualität sind . Am einfachsten ist dieses Resonanzfeld anzuklicken durch eine entsprechende Altersangabe. "Seit 1896"steht auf dem Etikett und dem Briefbogen, "Established 1896" über dem Restauranteingang in London . Eine US-amerikanisehe Studie eines Forscherteams um Preyas Desai hat nachgewiesen, dass eine solche Altersangabe einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Anbietern darstellt,
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die keine Vergangenheit aufzuweisen haben. Wenn den Kunden keine aussagekräftigen Informationen über die Produkte oder Dienstleistungen einer Firma zur Verfügung stünden, würden sie eher die traditionsreiche als eine junge Firma wählen. insbesondere wenn sie den Kauf als sehr riskant erleben. Das bloße Gründungsdatum verfehle bei höher Risikowahrnehmung niemals seine Wirkung auf das Kundenurteil. Wie vorteilhaft Tradition auf das Gemüt einwirkt, durfte der Hamburger Unternehmer Rolf Dittmeyer indirekt erleben. als er seine Austernfarm im Wattenmeer vor Sylt etwas altertümelnd ..DittmeyeI's Austern-Compagnie" nannte und diesen Markennamen in einer alten Frakturschrift um das Symbol des AusternfLSchers kränzte. Ein Wettbewerbsaufseher warf ihm vor. mit einer derartigen ..Alterswerbung" verbotenerweise einen Anschein von in Wirklichkeit nicht vorhandener Tradition zu erwecken und dadurch den Konsumenten entsprechende unbezweifelbare Qualitäten vorzutäuschen. Rolf Dittmeyer wusste genau, was er mit seiner Wortwahl und Typografie getan hatte. Er hatte nicht mit einer wettbewerbswidrigen falschen Altersangabe geworben, sondern allein durch die traditionslastige Gestaltgebung das Resonanzfeld ..Tradition" für seine Firma aktiviert und damit im Milieu der Austern-Esser gepunktet. Er war auch geschickt genug, eine Lösung für den Rechtsstreit zu fmden. Er entzog sich dem Vorwurfder Irreführung und fügte dem Markennamen - in Frakturschrift - das tatsächliche Gründungsjahr hinzu: 1986. Geändert hat das in der Wahrnehmung durch die Kunden vermutlich nichts.
Abbildung 7: Das Wort-Bildzeichen derDittmeyerschen Austern-Farm mitderkorrekten Jahreszahl. (Bild: Clemens Dittmeyer)
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Resonanzfelder mit Zusatznutzen: Emotionen Wer heute über Marke diskutiert, wird unweigerlich der Forderung begegnen, Marken müssten emotional aufgeladen werden. Erst die emotionale Aufladung sorge für den notwendigen Abstand zu Handelsmarken oder anderen billigeren Marken, deren Produkte ansonsten den teureren sehr ähnlich seien. Dahinter steht die Beobachtung, dass über die Wertschätzung und den Kauf eines Produktes nicht nur dessen funktionale, verstandesmäßig erfassbare Vorzüge entscheiden, sondern dass auch Gefühle eine Rolle spielen. Derartige verkaufsfördernde Gefühle lassen sich erfahrungsgemäß sehr gut auch durch das Aktivieren von Resonanzfeldern erzeugen. Um gezielt auf sie zugreifen zu können, sei derartigen Emotionalisierungsstrategien ein eigenes Kapitel gewidmet. Leider sind wir durch unsere abendländische akademische Tradition eher darin geschult, mit analytisch nachvollziehbaren Prozessen umzugehen als mit dem, was sich gefühlsmäßig in einem Menschen abspielt. Deshalb bleiben Aussagen hierzu häufig ein wenig verschwommen; man kann nicht ganz genau sagen, welche Gefühle man wodurch auslösen will, mit welchen Gefühlen die Marke geladen werden soll. Nur dass Gefühle wichtig sind, das weiß man . Mancher Markenartikler unternimmt schon gar nicht mehr den Versuch, mittels Produktargument Kunden für sich zu gewinnen. Er ersetzt seine Produkt- oder Serviceleistungen in der Werbung kurzerhand durch schöne Emotionen; wie in einem TV-Spot, der eine mit zwei Jünglingen im Bett sich räkelnde Schöne zeigt, die schließlich wortlos das Liebeslager verlässt, um sich mit der Schachtel einer neuen Marken-Margarine die Wange zu kühlen. Typisch für derartige Werbedarstellungen ist ihre Sprachlosigkeit. Flächendeckend ist zu beobachten, dass in immer mehr Werbemitteln immer weniger Sprache eingesetzt wird, die die Empfänger beeindrucken oder überzeugen könnte. Werbung dieser Art wird im Fernsehen gerne von Musik untermalt. Musik, so hört man als Erklärung, verstärke die Emotionen. Damit ist der Weg dann ganz frei für eine Behauptung, der viele Auftraggeber verängstigt folgen: Eine durch Bilder und Klänge emotionalisierte Werbung würde durch Sprache zerstört, Gefühle könnten sich nur wortlos entfalten. Mit dieser Argumentation wird sogar das Aussprechen des Markennamens am Schluss eines TV-Spots unterbunden und als Hard Selling diffamiert.
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Der gefühlvoll nichtssagenden Werbung liegt möglicherweise auch ein Missverständnis zugrunde: Als die Psychologie in die Werbung kam, wollte sie Argumente emotional verpacken, nicht ersetzen. Sie wollte die Käufer emotionalisieren, nicht aber Emotionen verkaufen. Sie verstand Emotion als Kommunikationshilfsmittel, um die Seelen zu öffnen für ein Angebot. Heute jedoch mutiert Emotion immer mehr zum Kommunikationsinhalt. Im Fernsehen begegnet uns diese falsche Auffassung besonders häufig, weil Werbeagenturen meinen, TV sei ein emotionales Medium und deshalb als "Basismedium" besonders geeignet, Marken mit Emotionen aufzuladen. Das "Ergänzungsmedium" Print hingegen sei für Informationen und sprachlich vermittelte, rationale Benefits zuständig. Diese Unterscheidung von Fernsehen und gedruckten Medien ist völlig willkürlich und entspricht nicht der Realität außerhalb der Werbung. Zeitungen und Zeitschriften können erregen, beeindrucken, informieren und unterhalten; Bücher können Rat geben oder zu Tränen rühren; das Fernsehen sendet Nachrichten und erzeugt Lachsalven; selbst das Radio kann fast alles (sogar ohne Bilder). Gegen Emotionen als Kommunikationsinhalt sprechen schließlich auch die kaum widerlegbaren Argumente, dass erstens nur positive Emotionen in Betracht kommen und dass zweitens deren verbleibende Zahl aus kreatürlichen Gründen begrenzt ist. Es gibt nur wenige positive Emotionen, die sich deutlich voneinander unterscheiden: Glück, Freude, Liebe, Ausgelassenheit, Mut, Coolness, Freiheit - viel mehr ist nicht drin auf der schönen Seite unseres Gefühlshaushaltes. Die kleine Zahl reicht niemals, um Hunderte und noch mehr Marken per Werbung auseinanderzuhalten. Auf den richtigen Auslöser drücken
Nackte Information ist aber auch keine Lösung. Marken und Markenwerbung brauchen Emotionen als Wirkverstärker. Dieses Kapitel möchte etwas mehr Klarheit in die Mechanismen bringen und auch für Gefühle einen planenden, zielgerichteten Zugriff ermöglichen. Statt austauschbare Gefühle abzubilden, sollte es möglich sein, Emotionen wieder als das zu nutzen, wozu sie in der Rhetorik und anderen Beeinflussungsstrategien eigentlich gedacht sind - als notwendige Kommunikations-Hilfsmittel, wenn man es mit einem normalen, d. h. relativ unkundigen Publikum zu tun hat. Sie sollen helfen, Freude beim Wahrnehmen eines Arguments zu erzeugen, sollen es verstärken, dadurch mögliche Widerstände des Verstandes schwächen und ihm eine positive Entscheidung nahelegen. Weil mit dem Aktivieren von Resonanzfeldern häufig auch zugehörige Gefühle im Empfänger geweckt werden, wird von ihrem strategischen Gebrauch auch in diesem Zusammenhang die Rede sein.
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Um Emotionen strategisch einsetzen zu können, braucht es ein Wissen um die passenden Auslöser von bestimmten Gefühlen im Publikum. Als Einstieg in einen derartigen Gebrauch der Gefühle eignet sich besonders gut der Film "Wag the dog", eine schwarze Satire über die Manipulierbarkeit der Menschen mithilfe der Medien. Darin gibt es einen Abschnitt, in dem ein Filmregisseur namens Motss, hinreißend gespielt von Dustin Hoffmann, Bilder gestalten will, die unter Garantie bei den Amerikanern die Bereitschaft auslösen, gegen Albanien Krieg zu führen. Motss bestellt zu diesem Zweck beim Produzenten eine Szene mit einem soeben zerbombten Haus in einem Dorf, aus dem völlig verängstigt ein Mädchen rennt, das eine weiße Katze auf dem Arm hat. Gegen alle Einsprüche besteht Motss darauf, dass es ein weißes Kätzchen sein müsse und nicht ein geflecktes. Er kann und will seine Forderung nicht erklären, versichert aber, dass in den Fernsehnachrichten nur diese Szene mit genau diesem Tier so viel Mitleid und Empörung über den angeblichen Angreifer Albanien auslösen werde, dass der Präsident das Plazet für einen militärischen Gegenschlag erhielte. Und so geschieht es dann auch. Denn es existiert ein Resonanzfeld der "wehrlosen Unschuld", das in diesem Film durch ein schreckliches Bild strategisch absichtsvoll aktiviert wurde und die geplanten emotionalen Reaktionen ausgelöst hat . Dass das Publikum spontan eine große Resonanzbereitschaft zeigt, wenn man die richtigen Auslöser sendet, ist eine Erfahrungstatsache. Doch in keinem Lexikon der Welt, in keinem Kommunikations- oder Marketinglehrbuch wird der Wirkungszusammenhang zwischen einem verängstigten Mädchen mit weißer Katze und öffentlicher Kriegsbereitschaft dargestellt und analysiert. In der USamerikanischen Realität waren es seinerzeit die (gestellten) Fernsehbilder, in denen irakisehe Soldaten frühgeborene kuweitische Babys aus ihren Brutkästen raubten, die in der US-amerikanischen Öffentlichkeit das Fass zum Überlaufen brachten. Ein Meister in der Produktion strategischer Bilder und immer auf der Suche danach ist die Marke Greenpeace. Unvergessen ist das Bild eines Aktivisten auf der Bohrinsel Brant Spar, als er von Wasserkanonen beschossen wurde. Immer wieder sehen wir Bilder von Walschützern, die mit Minibooten furchtlos vor dem Bug gewaltiger Fangschiffe agieren. Unverändert suche man noch immer nach dem ultimativen Foto im Kampf gegen den Walfang, erklärte einmal ein Greenpeace-Mitglied: die Walmutter, die gerade ihr Junges gebiert, als sie von einer Harpune tödlich getroffen wird. Wir betreten das Reich der Psychologie, wenn wir von Gefühlen sprechen und dem, was Gefühle erzeugt. Im Zusammenhang mit der Resonanzfeldtechnik sind es keine künstlerischen oder politischen Absichten, die mit solchen Mit-
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teln verfolgt werden. Es handelt sich auch nicht um Manipulation wie in "Wag the Dog" geschildert. Denn eine solche liegt nur vor, wenn man dem anderen dabei zum eigenen Vorteil bewusst schadet. In der Markenführung aber geht es kaufmännische Anständigkeit vorausgesetzt - um Beeinflussung; allerdings in einer seelischen Region, die der Empfänger nicht oder zumindest sehr viel weniger unter Kontrolle hat als seine Vernunft. Unter den geschilderten Voraussetzungen muss es deutlich schwieriger erscheinen, eine Marke emotional aufzuladen, als sie mit rational überzeugenden Argumenten zu versehen . Mit der Resonanzfeldtechnik legen wir jetzt einen Ansatz vor, der dies gleichwohl möglich macht. Auch wenn unser Buch keinen Katalog aller möglichen Resonanzfelder und der mit ihnen zusammenhängenden Gefühle enthält - einen solchen wird es vermutlich niemals geben -, macht es doch vertraut mit Techniken, sie für die Zwecke der eigenen Marke zu nutzen. Dazu gehört auch, dass wir dem Leser Kenntnis von neurophysiologisch beobachtbaren Prozessen geben, die beim Aktivieren von Resonanzfeldern ablaufen. Das Neuromarketing eröffnet einen Blick auf die tieferliegenden Zusammenhänge, die wir bis hierher nur als Oberflächenstruktur beschrieben haben.
Marken borgen sich Emotionen Professor Dr. Peter Kenning ist ein ausgewiesener Kenner des Neuromarketings und zugleich bekannt für seine eher zurückhaltende Bewertung dieser neuen Disziplin. Seine Aussage, dass sich Marken mithilfe von Resonanzfeldern Gefühle "borgen" können, unterfüttert umso mehr den Gedanken dieses Kapitels, dass mit den Resonanzfeldern Stoff bereitliegt, der sich zur kostenfreien emotionalen Aufladung von Marken anbietet.
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Vertraute Strukturen beeinflussen überihre Belohnungswirkung im Gehirn die Kaufentscheidung Interview mit Professor Dr. Peter Kenning Professor Dr. Pater Kenning ist Inhaber des Lehrstuhls für Marketing an derZeppelin Universitit (ZU) in Friedrichshafen am Bodensee. Die wissenschaftlichen Schwerpunkte von Peter Kenning liegen in derNeuroökonomik. Sein Ziel
isteine naurobiologisch fundierte, deskriptive Entscheidungstheorie.IFoto: Jigal Fichtnerl
Frage: Was passiert in einem Menschen, wenn er einem Resonanzfeld in Gestalt eines WaTtes oder eines Bildes begegnst?
Peter Kenning: Im Gehirn gibt es auf emotional aufgeladene Stimuli wie bestimmte Wärter oder Bilder eine häufig spezifische neurophysiologische Reaktion. Dabei werden Netzwerke mit bestimmten zugehörigen Vorstellungen und Emotionen aktiviert, die sich aus Erfahrungen mit diesem Stimulus gebildet haben und dort abgelegt sind ...Resonanzfeider" - wie Sie es nennen - repräsentieren eine Art verkörperlichtes Wissen, das bei solchen Begegnungen blitzschnell abgerufen wird. Frage: Woher kommt dieS8s Wissen?
Peter Kenning: Nehmen wir als Beispiel den Begriff der "Krönung" im Markennamen der Marke Jacobs Krönung. Hört der potenzielle oder tatsächliche Kunde diesen Begriff, wird vermutlich eine Struktur angesprochen, die in der Kindheit - vielleicht beim Erzählen von Märchen - gebildet wurde. Möglicherweise ist diese Struktur um ein eigenes Erlebnis ergänzt worden, beispielsweise durch die erste Tasse ..Krönung" bei der eigenen Kommunion. Unser Gehirn erinnert buchstäblich diese positiven Ertahrungen, die dann später, wenn es dem Wort "Krönung" wieder begegnet, abgerufen werden und eine Reaktion im Belohnungssystem hervorrufen.
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Frage: Welche Bedeutung hat dieser Vorgang bei Kaufentscheidungen ? Peter Kenning: Grundsätzlich gilt, dass Menschen belohnende Zustände anstreben. Die belohnenden Zustände, die mit der Markenwahrnehmung einhergehen, beeinflussen die Vorgänge im präfrontalen Kortex, unserem Vorderhirn. Da dort die für die Kaufentscheidung maßgeblichen Prozesse ablaufen, ist der Belohnungswert, der mit einer Marke verbunden wird, wesentlich für das Ergebnis der Kaufentscheidung. Marken, die emotional aufgeladen sind, indem sie beispielsweise auf bestimmten Erfahrungen und Strukturen aufsetzen, haben daher einen neurophysiologisch messbaren Einfluss auf die Kaufentscheidung.
Frage: Es lohnt sich also für einen Markenmanager, mit solchen vertrauten Strukturen zu kooperieren? Peter Kenning: Ja, denn die Nutzung solcher Strukturen hat einen positiven Einfluss auf die Effizienz der Markenführung. Dafür gibt es mindestens drei Gründe: Erstens muss der Kunde bei Nutzung dieser Strukturen keine neuen Vorstellungszusammenhänge und damit verknüpften Emotionen lernen, sondern nutzt Vorhandenes. Die Marke borgt sich sozusagen die positiven Emotionen. Zweitens wegen der mit der Struktur verbundenen Belohnungswirkung, die einen positiven Einfluss auf die Bewertung des Markenangebots hat. Und drittens: Weil unser Gehirn solche belohnenden Zustände geradezu aktiv sucht. Es nimmt entsprechende Auslöser schneller wahr als alles andere; ausgenommen unmittelbare Bedrohungen wie beispielsweise eine Schlange im Zimmer.
Frage: Inwieweit kann man sich darauf verlassen, dass Resonanzfelder in Konsumenten tatsächlich Resonanz auslösen? Peter Kenning: Wir unterscheiden bei den Auslösern einer Belohnungsreaktion zwischen Primary Inducern und Secondary Inducern. Primary Inducer sind genetisch angelegte Belohnungen wie Sex, Drogen oder Süßes. Sie sind oft interkulturell ähnlich und kollektiv verlässlich. Secondary Inducer hingegen sind kulturell erlernt im weitesten Sinne, also auch durch unbewusste Wahrnehmungen. Einige von ihnen bringen es dabei durchaus zu internationaler Geltung wie beispielsweise die Marke "Made in Germany" bei Technikprodukten; andere gelten nur für das Kollektiv eines abgegrenzten Kulturraums wie beispielsweise das Landleben als Auslöser idyllischer Vorstellungen.
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Exkurs: Die Massenseele im Individuum Obwohl der Begriff "Massenseele" mit dem Makel der Unvernunft, mit mangelnder Verstandeskontrolle und Populismusverdacht behaftet ist, lässt sich die Resonanzfeld-Technik bewusst vorbehaltlos auf dieses Phänomen ein. Sie vergegenwärtigt uns, dass es in jedem Menschen neben seiner durch die persönliche Geschichte geprägten Individualseele auch so etwas wie eine Massenseele gibt. Sie kann seine Kaufentscheidungen in starkem Maße beeinflussen und Gefühle erzeugen, wo der Verstand keinen Grund sieht. Resonanzfelder sind ihrer Natur nach massenseelische und verhaltensbeeinflussende Vorstellungen im einzelnen Konsumenten. Auch wenn sich das kaufende Individuum der "fremden" Herkunft seiner Gedanken nicht bewusst ist. Mit dieser Massenseele sollte man sich allerdings gut auskennen, wenn man mit ihr kooperieren will- woher auch immer dieses Wissen stammt. Die Soziologie, die Massenpsychologie, die Geistes- und Kulturwissenschaften, aber auch der Common Sense sind vermutlich als Erste gefragt, wenn es darum geht, massenseelische Erregungspotenziale für eine Marke zu orten und für die wirtschaftlichen Zwecke einer Firma zu nutzen. Die Begriffe "Massenseele" oder auch "Kollektiv" könnten zu Missverständnissen führen. Eines der beliebtesten ist die Vorstellung, Masse seien immer die anderen, aber nicht die eigene individuelle Person. Denn wir sind als Abkömmlinge der europäischen Aufklärung darauf geeicht, den Menschen als unverwechselbares Individuum wahrzunehmen und zu achten und nicht als Element einer Masse, die gleich denkt und handelt. Außerdem haben wir in dunkelster Zeit erlebt oder davon gehört, was passiert, wenn sich Menschenmengen unter teuflischen Vorzeichen tatsächlich als Masse formieren und zu blutigen Zwecken aktiviert werden. Zum guten Bild vom selbstständigen Individuum gehört bis heute auch seine Vernünftigkeit. Die Vernunft sei eine allen Menschen gemeinsame Fähigkeit; sie brauchten sie nur konsequent anzuwenden und schon regle sich in der Familie, in der Firma, im Markt alles fast von selbst. So entstand unser Aberglaube von der Überlegenheit des Arguments über das Unvernünftige, Irrationale. Derart erklärt sich die Tatsache, dass Universitäten und Hochschulen das Nicht-Vernünftige bis heute nicht erforschen und lehren. Auf diese Weise entstand auch die normative Vorstellung, das Individuum solle sich sein Urteil von der Welt und den käuflichen Dingen selbst bilden , mittels vollständiger Information und kritischer Prüfung von Argumenten, und es solle die Gründe seines Denkens und Handeins kennen. Dieses hochgeschätzte Individuum darf keinem Vorur-
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teil folgen, denn Vorurteile sind die Urteile des Kollektivs. Und weil das Kollektiv im aufklärerischen Denkgebäude ziemlich schlechte Karten hat, ist unser Urteil über das Vorurteil auch rasch gefällt: Irrational ist es und lässt sich durch noch so gute Argumente und überzeugende Beweise nicht aus den Angeln heben; mitunter widerlegen, ja, aber nicht beseitigen. Unvorstellbar, dass im Vorurteil eine eigene Art von Vernunft herrscht, die möglicherweise sogar der Einzel-Vernunft übergeordnet ist, und dass große Gemeinschaften gerade diesen überkommenen, vererbten, mitunter schlafenden, jederzeit zu erweckenden Vorstellungen ihr langes Leben und ihre Kontinuität verdanken. Resonanzfelder mit ihrer enormen seelischen Durchschlagskraft widersprechen vielen Annahmen über den individuell urteilenden Konsumenten. Wie nachhaltig der Wunsch nach einem unabhängigen, vernünftigen Individuum den Blick für die Wirklichkeit trüben kann, bezeugt die Figur des ebenfalls im 18. Jahrhundert erfundenen Homo oeconomicus. Er ist bis heute der ModellAthlet der Wirtschaftswissenschaften. Sein selbstsüchtiges Zielsystem ist widerspruchsfrei, er informiert sich über alle relevanten Angebote, wägt Aufwand gegen Nutzen, Preis gegen Leistung, entscheidet nach den Regeln der Vernunft und weiß deshalb auch, warum er was gekauft hat. Wäre es doch so. Dann gäbe es jene merkwürdige emotionale Bindung der Menschen an Marken nicht, sondern nur die jederzeit aufkündbare Beziehung zu Produkten, und zwar die mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Wie erfrischend, dass das NobelpreisKomitee in jüngster Zeit auch Wirtschaftswissenschaftler ehrt, die wie Elinor Ostrom oder Robert Lucas schon seit Langem Zweifel säen am Homo oeconomicus und allen daraus abgeleiteten Erklärungsmodellen der Wirtschaft. Das Verhalten des einzelnen Wirtschaftssubjekts, so folgert Lucas aus seinen langjährigen Beobachtungen, sei weniger aus seiner Individualität erklärbar, sondern folge überpersonalen, nur makroskopisch erfassbaren Mustern. Ein Plädoyer für Kollektivität - und Resonanzfelder. Nach Menschenverachtung klingt das bloß für diejenigen, die sich Massen nur als unbeherrschte und unbeherrschbare Kollektive vorstellen und dabei brav ihren Le Bon oder Ortega y Gassets "Aufstand der Massen" zitieren. Ungern lassen die Anhänger des europäischen Individualismus in ihre Köpfe hinein, was große Soziologen wie Max Weber, Ferdinand Tönnies oder der Nestor der amerikanischen Sozialwissenschaften, Amitai Etzioni, als gesellschaftliche Wirklichkeit entdeckt und eindringlich beschrieben haben: Zum individuellen Selbst des
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Menschen gehörten sein soziales Selbst, sein Eingebundensein in Groß gruppen und seine Formatierung durch geistig-seelische Muster, die er selbst nicht geschaffen hat und die er doch als Teil seiner Persönlichkeit erlebt.
Authentisch oder nicht? Gerne wird diskutiert, ob der Auslöser eines Resonanzfeldes authentisch sein muss. Die Antwort des Markentechnikers lautet: Wichtiger als Authentizität ist eine Gestaltgebung, die zuverlässig an Klischees, also an die Vorstellungen und Erfahrungen anschließt, die im Konsumentengehirn mit dem jeweiligen Resonanzfeld verknüpft sind. Am folgenden Beispiel lässt sich gut darstellen, was passiert, wenn man der Authentizität den Vorrang vor dem Klischee einräumt. Eine Bank warb in Anzeigen mit ihrer Beratungskompetenz in Sachen Geldanlage. Um die Vorstellung von Kompetenz zu erzeugen, bildete sie den Chef ihres Fondsgeschäfts in einem Porträt ab. Nicht ohne Grund: Der Mann galt unter Experten als befähigter und erfolgreicher Finanzexperte. Ein authentisches Angebot also. Das jugendliche Antlitz und die bubenhafte Frisur des Fondschefs entsprachen aber nicht unbedingt dem, was sich normale Menschen unter einem "Berater" vorstellen. Dieses Resonanzfeld will durch Bilder von älteren, eher grauhaarigen, klug dreinblickenden Männern angeregt werden . Ein Test hat diese Vermutung dann bestätigt: Den befragten Personen wurden zwei Porträts vorgelegt mit Fragen zum Vertrauen und zur Kompetenz in Geldangelegenheiten. Ein Porträt zeigte das Antlitz des Fondschefs aus der Werbung, ein anderes einen älteren Herrn mit hoher Stirn und ergrautem Haar. Die Mehrheit gab dem älteren Herrn in allen Belangen die deutlich besseren Noten . Selbst und gerade jüngere Versuchspersonen wollten mit Zweidrittelmehrheit nur ihn als Berater akzeptieren. Die Ergebnisse überraschen den Markentechniker nicht. Denn die Vorstellungen darüber, wie ein guter Berater in wichtigen Lebensfragen aussieht, sind kollektiver Natur und in nahezu allen Seelen als Gestaltmerkmale abgelegt. Mit einem Bubengesicht lassen sie sich nicht aktivieren. Obwohl sich hinter seinem Gesicht die wahre Kompetenz verbirgt, während das Gesicht des älteren Herren einem Top-Manager der Elektronikindustrie gehört, von dessen Kompetenz in Sachen Geldanlage nichts bekannt ist. Das unwirksame Bild ist also authentisch, das wirksame nicht. Die Kommunikationsverantwortlichen der Bank hatten auf
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Authentizität gesetzt, der Markentechniker hätte das Bild nach der beabsichtigten Kommunikationswirkung ausgewählt. Erst dadurch, dass das Faktische einer Marke bzw. eines Markenprodukts oder einer Dienstleistung in eine passende Gestalt umgeformt und dergestalt inszeniert wird, können sich Marken die Resonanzfelder der Massenseele systematisch erschließen und zur emotionalen Aufladung nutzen.
Die Macht der Gleichnisse Schon seit Jahrtausenden vermitteln sich die Menschen in aller Welt die Wahrheiten über das Leben nicht nur durch konkrete Fälle, wie beispielsweise die Journalisten mit ihren authentischen Berichten über die große und die kleine Welt oder wie die Wissenschaftler durch ihre objektiven, faktengestützten Analysen der Wirklichkeit. Von der Kindheit bis ins hohe Alter hinein werden allgemeine Wahrheiten vor allem durch die Umformung in Geschichten vermittelt, die nicht authentisch sind - durch Gleichnisse, Märchen, Storys, Songs und andere öffentliche Erzählformen. Ihnen ist gemeinsam, dass sie das Tatsächliche, die Realität umwandeln in exemplarische Bilder und Worte. Die Menschen verstehen von Kind auf, was und wer gemeint ist, wenn vom verlorenen Schaf erzählt wird oder von Cinderella oder von Harry Potter oder wenn Xavier Naidoo von dem Weg singt, der kein leichter sein wird, sondern steinig und schwer. Die Menschen speichern in ihren Gehirnen die Handlungs- und Verhaltensmuster und Lebensregeln ab, die ihnen auf diesem Wege vermittelt worden sind. Unwillkürlich gleichen sie vieles von dem, was sie auf ihrem Lebensweg persönlich erfahren, mit diesen Mustern ab. Finden sie sie durch die Realität bestätigt, festigen sich die Muster und verknüpfen sich im Gehirn zugleich mit den dazugewonnenen individuellen Erfahrungen. Keines der Märchen aus Tausendundeiner Nacht, kein Liebeslied ist authentisch. Und dennoch erzählt jedes etwas Wahres. Wir sind es gewohnt, dass man uns das Eigentliche durch eine uneigentliche Darstellung zu Gemüte führt. Und dass für diese Darstellungen Bilder und Wörter benutzt werden, die nicht authentisch, sondern als Gleichnis gedacht sind. Der ältere Herr in dem oben beschriebenen Test wäre das passende Gleichnis zu dem gewesen, was die Bank an Beratungskompetenz und Vertrauenswürdigkeit für sich reklamieren wollte. Und niemand hätte den Vorwurf der Unwahrheit erhoben.
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Auslöser markenspezifisch ausgestalten: Lindt Statt authentisch zu sein, kommt auf den Markenmanager in unserem Zusammenhang eine ganz andere Forderung zu. Er muss die Signale, die in der Kollektivseele ein Resonanzfeld für seine Marke zum Schwingen bringen und sie aufladen sollen, markenspezifisch ausgestalten. Ein gelungenes Beispiel liefert die Marke Lindt. Lindt verwendet hochwertige, beste Kakaosorten und ist deutlich teurer als Massenmarken wie Milka oder Ritter Sport. Was zeigt Lindt in der Werbung? Den Confiseur mit der hohen weißen Konditorhaube, Maitre Chocolatier genannt. Er verziert mit Hingabe einzelne Pralines von Hand, legt liebevoll ein Glöckchen um den Goldhasen oder kreiert leidenschaftlich neue Rezepturen. Ein spezielles Rührwerk - die Conche - sorgt durch besonders langes Verrühren der Schokolade für den einzigartigen Schmelz aller Lindt-Spezialitäten. Es ist leicht zu erkennen, dass Lindt damit ein Resonanzfeld für sich aktiviert, das man "Handarbeit" nennen kann. Es ist assoziiert mit Vorstellungen von Individualität, Meisterschaft, Tradition, Echtheit und großer Sorgfalt bei der Herstellung der Ware. An dieses Resonanzfeld kommt Lindt aber nur heran, weil das Unternehmen mit Gleichnissen für Handwerklichkeit arbeitet, die dem Publikum vertraut sind . Mit einer noch so gekonnten authentischen Darstellung der heutigen Fabrikation wäre das nicht zu schaffen. Der Weg über das Gleichnis ist insofern kein Umweg, sondern sogar der direkteste Weg in die Massenseele.
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Abbildung 8: Weltweit. nichtnurin Deutschland arbeitet diese SchIllsseifigur derUndtWerbung - derMaitre Chocolatier. Das Resonanzfeld .handwerkliche Herstellung" scheint zumindest für Pralinen und Schokolade keine Grenzen zu kennen. (Foto: Lindt &. Spriingli Deutschland)
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Der Grieche aus Heimenkirchen Ein anderer Fall, an dem sowohl die Authentizitätsfrage wie auch die Pflicht zur individuellen Ausgestaltung der Resonanzauslöser sehr gut dargestellt werden können, ist die Käsemarke Patros. Das herstellende Unternehmen residiert nicht etwa in Griechenland, sondern in Heimenkirchen im Allgäu und ist Deutschlands größter Käselieferant. Das Management hatte seinerzeit beschlossen, das Segment Feta-Käse, das unter dem Einfluss griechischer Gastronomie und des Griechenland-Tourismus an Bedeutung zunahm, mit einem eigenen Markenprodukt zu besetzen. Das deutsche Publikum kannte diese Spezialität vor allem als Käsewürfel im griechischen Hirtensalat. Um eine genügend große Abnehmer-Masse dafür zu gewinnen, traf der damalige Marketingverantwortliche und heutige Vorstandsvorsitzende Ulrich Christ zwei richtungweisende Entscheidungen: Erstens wurden die Käsewürfel aus Kuhmilch und nicht aus Schafs- und Ziegenmilch hergestellt wie das griechische Original. Denn dieser spezielle, für deutsche Gaumen noch immer ungewohnte Geschmack hätte das Absatzpotenzial von vornherein beschränkt. Auch wenn die Käsewürfel wie das Original in Salzlake und Lab eingelegt wurden, waren sie also nicht authentisch. Zweitens wurde trotzdem das Resonanzfeld "Griechenland" gewählt, um die Marke schnell und zuverlässig mit attraktiven Vorstellungen, insbesondere zum Geschmack, aufzuladen. Nicht das antike Griechenland war hier gemeint mit seinen Tempeln und Amphitheatern, sondern das zeitgenössische Griechenland der Touristen. Es war die Zeit, als Udo Iürgens mit "Griechischer Wein ist so wie das Blut der Erde", Nana Mouskouri mit "Weiße Rosen aus Athen", Alexis Sorbas, der Klang der Bouzouki und griechische Gastfreundschaft die deutsche Kollektivseele mit schwärmerischen Vorstellungen über dieses Land auffüllten. Ohne Zutun der Firma Hochland stand hier ein positiv geladenes Resonanzfeld zur Nutzung für einen Pood-Anbieter bereit. Er nannte seine Marke "Patros" - für unsere Ohren nicht nur griechisch klingend, sondern tatsächlich auch das griechische Wort für "Vater". Kein Kunstname also, sondern ein authentischer Begriff mit einer guten originären Bedeutung. Damit war die semantische Schneise Richtung Griechenland geschlagen. Die Produktbezeichnung "Feta" durfte allerdings nicht verwendet werden, weil sie gemäß einer EU-Richtlinie nur authentischen Produkten zusteht, d. h. nur dem Käse aus griechischer Schafs- oder Ziegenmilch, der in Griechenland hergestellt ist. (Inzwischen verfügt die Marke Patros auch über eine Produktionsstätte in Griechenland, wo echter Feta aus Schafs- und Ziegenmilch für den deutschen Markt hergestellt wird . Damit hat
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die Marke ihr Segment komplett mit authentischen und nicht-authentischen Axtikeln besetzt, ohne dass dieser Unterschied irgendeine Unstimmigkeit im Empfinden der Kundschaft erzeugt.)
Abbildung 9: ..Mit einem herzlichen Kalimera(Guten Taglillidt Pavlos, deraus dem TVSpot bekannte Patres-Hirte, die Besucher derneuen Marken-Homepage ein, dieHeimat des Patres-Hirten zu erleben und in diePatros-KAsewelt einzutauchen." (Text aufPavlos eigener Homepage) (Foto: Hochland AG)
Als symbolische Leitfigur für das erste Produkt, die eingelegten Käsewürfel im Glas. wurde ein (nicht authentischer) griechischer Schafhirte ausgewählt und
idealtypisch dekoriert. die Landschaft um ihn herum karg gestaltet. Die Unternehmensmarke Hochland, die bei der Schwestermarke Almette gute Dienste leistet, wurde bei Patros bewusst nicht eingesetzt, weil sie mit ihren unvenneidlichen Assoziationen zu Alpen und Almen auf der Griechenlandwelle Frequenzstörungen verursacht hätte. Das neueste Produkt ..Patros Genießerwürfel", ebenfalls aus Kuhmilch, wird in einem Fernsehfilm beworben, dessen Bilder. Texte und Klang ein vollkommenes Gleichnis dessen darstellen, was Griechenland und griechische Gastfreundschaft zu bieten haben: Der bäuerliche bärtige Gastwirt Pavlos mit Lederwams und griechischem Akzent ist ein Schauspie-
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ler. In seiner Rolle lässt er den Patros nach "eigenem Rezept" in einem großen Holzbottich rühren, was nicht den tatsächlichen Hightech-Produktionsbedingungen entspricht; die mediterranen Kräuter werden auf einem Holzbrett frisch gehackt und untergemischt; die Würfel von einem großen Käsestück von Hand abgeschnitten; und im Hintergrund hören die schmausenden Gäste BouzoukiMusik. Die Gestaltungsabsicht heißt "Wirkung in der Seele" und nicht "authentische Information". Dass das Kommunikationsziel erreicht wird, hat Ende 2009 ein Vergleichstest mit 365 anderen TV-Spots bestätigt. Der Pavlos-Spot war der mit der höchsten kaufanregenden Wirkung. Für den wirtschaftlichen Erfolg und zweistellige Zuwachsraten nicht nur der Genießerwürfel, sondern des gesamten PatrosSortiments sind also zwei Ursachen erkennbar: Erstens ist für Käse dieser Art Griechenland das ideale Resonanzfeld, weil es die Heimat des Feta ist und der Grieche von nebenan und aus der Lindenstraße Feta auf der Speisekarte hat. Zweitens hat das Markenmanagement gekonnt Gestaltsignale gesetzt, die die Verbindung zu diesem Resonanzfeld konsequent so gestalten, dass die Seele des Konsumenten die Erlebnisse und Erfahrungen spontan wiederfindet, die in seinem Gehirn mit dem Wort "Griechenland" verknüpft und abgespeichert sind. Weil dieses Wiederfinden einer vertrauten Struktur als Belohnung empfunden wird, wie Kenning erklärt, geht von dort ein positives Signal an das Entscheidungsareal im Gehirn und "spricht" für den Kauf von Patros. Die sprachlichen und bildliehen Mittel, die der Hersteller Hochland für seine GenießerwürfelWerbung einsetzt, sind also nicht authentisch. Aber sie sind so gewählt und so inszeniert, dass dem Empfänger ihre Inszeniertheit verborgen bleibt. Auf diese Weise entsteht ein Eindruck von Echtheit beim Empfänger, der vom Sender beabsichtigt ist. Die Lizenz, in der Markengestaltung und in der Werbung mit nicht-authentischen Mitteln zu arbeiten, sollte auf keinen Fall missverstanden werden als Lizenz zur Lüge. Sich durch Lügen über ein Produkt oder eine Dienstleistung Vorteile im Wettbewerb zu verschaffen, ist schlicht verboten. Gesetzgebung und Rechtsprechung setzen derart unlauterem Verhalten engste Grenzen. Beispielsweise ist das Werben mit falschen Herkunftsangaben untersagt.
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Am 11. Juni 2010 berichtet die Bild-Zeitung übereine weitere Verschärfung der Deklarationen auf Lebensmittelpackungen durch das EU-Parlament: "Bei der Herkunft darf nicht mehr geschummelt werden, z. B. Aufdruck der Italienflagge auf deutscher Salamipackung."
Gerade weil der Gesetzgeber weiß, dass bestimmte Herkünfte als Resonanzfelder für bestimmte Produktgattungen gut funktionieren und beim Verbraucher ungeprüft positive Assoziationen wecken, lässt er das Werben mit der Herkunft nur unter strengen Bedingungen zu. Wesentliches Kriterium ist der Anteil der Wertschöpfung. Ein Herkunftsland oder -ort darf nur dann werblich genutzt werden, wenn über die Hälfte der Wertschöpfung dort auch stattfindet. Die Beweisführung mag im Einzelfall schwierig sein. Auch kann man durch Vorratsoder Vertriebsgesellschaften im jeweiligen "Wunschland" den eigenen Spielraum erweitern. Entscheidend ist für unseren Zusammenhang zunächst einmal, dass der Gesetzgeber mit diesen Regeln indirekt die verkaufsfördernde Wirkung von Resonanzfeldern anerkennt. Aber zwischen der vollständigen und wahren Information über eine Sache und ihrem Gegenteil, der Lüge, gibt es ohnehin noch ein Drittes. Bei den Journalisten ist es die Meinung, der Kommentar, angesiedelt zwischen unparteiischer Information und Irreführung. Es ist das weite Feld der Meinungsmache, des Populismus, des parteiischen Sprechens, das die eigene Sache ins beste Licht rückt, eventuelle Mängel oder Gegenargumente ausblendet und sie vorteilhafter erscheinen lässt als das Angebot des Wettbewerbs. Der in diesem Buch vorgestellte "Trick mit den Resonanzfeldern" gehört in dieses Feld der parteilichen Ausgestaltung des eigenen Angebots. Er ist eines der kommunikativen Mittel, die eigenen, auf Fakten gegründeten Argumente so auszuschmücken und anzureichern, dass der Empfänger sie mit guten Gefühlen annimmt.
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2. Die verschiedenen Resonanzfeld-Typen 'Im ersten Kapitel dieses Buches wurde geklärt, was Resonanzfelder sind und wie sie wirken. Im zweiten Kapitel zeigen wir, welche Typen von Resonanzfeldern es gibt und wie diese für die Markenführung genutzt werden können. Systematisch lassen sich vier Typen unterscheiden, die jeweils über spezifische Eigenschaften und Charakteristika verfügen: Klischees, Mythen, Topoi und Archetypen. Diese vier werden in diesem Kapitel anhand von Beispielen und Fallstudien veranschaulicht. Abschließend präsentieren wir eine Typologie der Resonanzfelder.
Klischees: Warum Parfum nicht aus Recklinghausen kommt Klischees über Nationalitäten, Berufe oder Geschlechter sind alles andere als neu oder modern. Trotzdem lassen sich damit immer wieder Massen mobilisieren. Beispiel Mann-Frau-Klischees: Einschlägige Bücher wie "Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken" oder der Langenscheidt-Sprachführer "Deutsch-Frau/Frau-Deutsch" werden in Deutschland millionenfach verkauft. In die Live-Auftritte des Comedians Mario Barth strömen Menschen zu Tausenden, um in Shows wie "Männer sind peinlich, Frauen manchmal auch!" oder "Männer sind primitiv, aber glücklich!" über alte Klischees in der Gestalt neuer Witze zu lachen . Der Markenmanager wird dieses Gebaren vielleicht simpel finden, doch sicherlich wünscht er seiner Marke ebensolche Massenwirksamkeit. Da liegt es nur auf der Hand, Klischees als Resonanzfelder für die Markenführung zu nutzen. Sie eignen sich gut als Resonanzfelder für die Markenführung aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften: Klischees werden allgemein verstanden. Und Klischees haben aktivierende Wirkung. Man muss über klischeehafte Witze und Anspielungen schmunzeln, ob man will oder nicht. Einfach weil man mit diesen Klischees vertraut ist und sofort Situationen vor Augen hat, in denen diese Klischees auch wirklich zutreffend waren. War nicht gerade am letzten Samstag vor dem Getränkemarkt eine Frau hoffnungslos überfordert, ihren blauen Fiat in die Parklücke zu bugsieren? Klischees sind kollektive Vorurteile und heischen folglich geradezu nach Bestätigung. Hinweise, dass diese Klischees nicht stim-
47 K. Brandmeyer et al, Markenkraft zum Nulltarif, DOI 10.1007/978-3-8349-6735-0_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
men, werden hingegen automatisch verdrängt. Dass auf dem GetränkemarktParkplatz nämlich auch ein Mann sein Auto so dumm hingestellt hat. dass damit zwei Plätze gleichzeitig besetzt waren, hat man sofort wieder vergessen. Ihre allgemeine Verbreitung und ihre verlässliche Wirkung machen Klischees zu hervorragenden Resonanzfe1dern für die Markenführung. Klischees mögen überkommen wirken, belächelt oder sogar abgelehnt werden. Aber die Konsumenten verbinden damit Vorstellungen, Bilder und Gefühle, die gleichsam nur aktiviert werden müssen. Markenführung, die Klischees als Resonanzfelder nutzt, trägt sicherlich nicht zur Gleichberechtigung der Frau oder zur Vertiefung der Völkerfreundschaft bei. In manchen Fällen verstetigt sie sogar gewisse konservative und althergebrachte Vorstellungen. Aber Markenführung mit Klischees als Resonanzfeldern erreicht die Konsumenten in der Masse. Und darum geht es dem Markenmanager.
Klischee: Eingefahrenes kollektives Denkschema überbestimmte Eigenschaften von Personengruppen wie z. B. Nationalitäten oderGeschlechter. Charakteristisch für Klischees ist, dass sie generalisieren, vereinfachen und nicht notwendigerweise mit der Realität übereinstimmen. Klischees werden durch persönliche Erfahrung odermedial am Leben erhalten und bestätigen eine im Publikum bereits vorhandene Meinung.
Sag mir, woher du kommst - Herkunft als Resonanzfeld Worüber würde sich Ihre Frau als Geschenk zum Hochzeitstag mehr freuen? Über ein Parfum aus Paris oder ein Parfum aus Recklinghausen? Über ein Parfum aus Paris. Denn Paris ist Liebe, Schönheit, Romantik und passt perfekt zu einem Parfum mit betörender Wirkung. Recklinghausen hingegen ist Ruhrgebiet, "Pott", Maloche, Kohlepfennig und alles andere als die wohlklingende Herkunft eines wohlriechenden Parfums. Mit Ländern, Regionen, Städten und deren Bewohnern werden ganz unterschiedliche Vorstellungen verbunden. Es existieren Klischees, über welche Charaktereigenschaften die verschiedenen Nationen und Volksgruppen verfügen, was sie gut und was sie schlecht können. Die Volksseele und der Volksmund sind sich einig, dass die Deutschen sehr gute Mechaniker, die Franzosen hingegen die besseren Liebhaber sind. Klischees über die Herkunft bestehen auf verschiedenen Ebenen: national ("Die Deutschen sind ordentlich"), regional ("Die Schwaben sind sparsam") und lokal ("Paris ist die
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Stadt der Liebe"). Klischees sind nicht trennscharf, denn der Schwabe ist ja auch Deutscher. Es kommt eben immer auf die Perspektive an, ob man gerade schwäbische Tugenden und Untugenden oder typisch deutsche Eigenschaften im Blick hat. Klischees über Länder, Regionen und Städte sind allgemein verbreitet und reichlich mit Assoziationen verbunden. Diese Eigenschaften machen sie als Resonanzfelder für die Markenführung interessant. Stellt ein Markenmanager die Herkunft einer Marke heraus, kann er in den meisten Fällen sicher sein, dass die Konsumenten automatisch eine Vielzahl an Bildern, Assoziationen und Gefühlen mit dem Produkt verbinden werden. Persönliche Erfahrungen oder auch nur Gehörtes werden durch einen Namen oder durch andere Gestaltungselemente, die eine Herkunft andeuten, unmittelbar wachgerufen. Auch wenn ein Markenmanager nicht bewusst mit Herkunftsklischees als Resonanzfeldern spielt, beeinflusst die Herkunft einer Marke die Konsumenten dennoch bei ihrer Kaufentscheidung. Die akademische Country-of-Origin- bzw. Brand-Origin-Forschung hat aufgezeigt, dass die Herkunft eines Produktes von den Konsumenten generell als Qualitätsindikator herangezogen wird und folglich das Kaufverhalten beeinflusst. Welche Waschmaschine hält Ihrer Meinung nach wohl länger? Eine Miele aus Deutschland oder eine Beko aus der Türkei? Diese Prädisposition der Konsumenten macht es für den Markenmanager unumgänglich, die Herkunft der Marke in der Kommunikation zu berücksichtigen. Falls die Herkunft eines Produktes aus Sicht der Konsumenten nicht sonderlich attraktiv ist, sollte man kommunikativ gegensteuern, z. B. einem Parfum aus dem Ruhrgebiet einen französisch klingenden Namen geben. Der zielgerichtete Einsatz von Herkunftssignalen - die ja nicht unbedingt authentisch sein müssen - ist daher eine gute Strategie, mit der großen Aufmerksamkeit der Konsumenten gegenüber der Herkunft eines Produktes umzugehen. Wenn die Kenntnisse der Verbraucher gering sind, wird die Herkunft der Produkte umso wichtiger. Als in den ehemals sozialistischen Staaten in Osteuropa die Marktwirtschaft eingeführt wurde und auf einmal eine Vielzahl neuer Produkte und Marken erhältlich war, schauten Russen, Polen und Tschechen erst einmal sehr genau auf das Herkunftsland. Marken wurden für sie erst später wichtig, als sie auch eine größere Kompetenz beim Konsumieren nach kapitalistischen Maßstäben entwickelt hatten. Gerade in wenig entwickelten Märkten sollten sich Markenverantwortliche mit der Herkunft ihrer Marke intensiv befassen und durch Namen, Produktgestaltung und Kommunikation eine geeignete Herkunft als Resonanzfeld aktivieren.
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"Himmel ist, wo die Briten die Polizisten sind, die Franzosen die Köche, die Deutschen die Mechaniker, die Italiener die Liebhaber, und alles von den Schweizern organisiert wird. Hölle ist, wo die Briten die Köche sind, die Franzosen die Mechaniker, die Schweizer die Liebhaber, die Deutschen die Polizisten, und alles von den Italienern organisiert wird." [Unbekannter Verfasser]
"Qualität ist, wenn Deutsche zufrieden sind" Herkunft Deutschland als Resonanzfeld bei Autos Ist es sinnvoll, die Herkunft offensiv zu propagieren? Und wenn ja, welche Herkunft ist für den Konsumenten am attraktivsten: der Ort, die Region oder das Land? Was sind dabei die zugkräftigsten Klischees, die Konsumenten zum Kauf animieren können? Wie man diese Fragen in der Praxis lösen kann, lässt sich an der Herkunft Deutschland als Resonanzfeld bei Autos zeigen. Der Automarkt lässt sich generell als Klischee-Markt bezeichnen, weil Klischees über die Herkunftsländer von Automarken hier eine dominante Rolle spielen: Amerikanische Autos gelten als Spritfresser, überdimensioniert und wuchtig, aber nicht als technisch sonderlich ausgearbeitet. Anders die Italiener, die schnittig und spritzig sind und durch ihr elegantes Design auffallen. Italienische Autos - da denkt man an einen roten Ferrari. Die Designer der Marke Alfa Romeo von Giorgio Giugiaro bis Walter da Silva haben bei vielen Autoliebhabern Kultstatus. Da nimmt der Fahrer eben auch mal etwas Rost in Kauf. Die schwedischen Autos sind noch heute bekannt für den "Schwedenstahl", aus dem sie längst nicht mehr gefertigt werden. Ein Volvo gilt auch deshalb noch immer als sicher. Überhaupt nicht sexy, aber qualitativ hervorragend sind die Iapaner, al-
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len voran Toyota. Die französischen Autos sind nach allgemeiner Meinung sehr schön, immer auf dem neuesten Entwicklungsstand und von besonderer Gestalt, sie stehen allerdings nicht für eine besonders hohe Qualität. Ein gebrauchter Citroen oder Peugeot ist daher auch nicht allzu leicht zu verkaufen . Deutsche Autos werden dagegen vor allem mit hoher Qualität verbunden. Deutsche Autos stehen für deutsche Wertarbeit, deutsche Ingenieurskunst und Technik. Die aktuelle Pannenstatistik des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) hat dieses Klischee zum wiederholten Male bestätigt: Einheimische Autos siegten in sieben von acht PKW-Klassen. Audi stellte drei Klassensieger, BMW zwei, Mercedes-Benz und VW je einen. Lediglich bei den kleinen Vans gewann mit Citroen ein Importauto. Die deutsche Qualitätsmarke im Automobilbereich schlechthin ist Mercedes. "Ein Mercedes hält mindestens 500.000 Kilometer" - so lautet ein sehr altes Gerücht. Daher hat ein Mercedes auch noch nach vielen Jahren und vielen gefahrenen Kilometern einen sagenhaften Wiederverkaufswert. In Online-Foren tauschen sich Mercedes-Fahrer heute darüber aus, was passiert, wenn ein Mercedes seine 500.000 Kilometer erreicht hat . Angeblich zählt der Tacho dann rückwärts. Die große Aufregung nach dem verpatzten Elch-Test der Mercedes A-Klasse ist nur vor dem Hintergrund des Klischees über die sagenhafte Qualität von Mercedes und deutschen Autos zu verstehen. Wenn ein Renault oder ein Citroen beim Ausweichen vor Elchen umgekippt wäre, hätte das niemanden derart interessiert oder verwundert. Nur bei einem Mercedes durfte so etwas nicht passieren.
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Klischees über die Herkunft von Autos Deutschland
~ ~ ~
Italien
~ ~ ~
Frankreich
Elegantes Design Schnelle und schnittige Autos Rosten schnell
~
Geringe Qualität Auf dem neuesten Entwicklungsstand Ungewöhnliches Design
~
Sicher und massiv
~ ~
Schweden
Exzellente Qualität Technisch innovativ Sehr langlebjg
~ "Schwedenstahl"
USA
~ ~ ~
Großbritannien
Spritfresser Bulliges Design Schlitten
Fahren links, lenken rechts Geringe Qualität ~ "English Racing Green" ~ ~
Japan
~ ~ ~
Hervorragende Qualität Geringes Sex-Appeal Autos für Vernünftige
Eine französische Herkunft ist also bei Autos nur bedingt als geeignetes Resonanzfeld anzusehen. Anders als im Konsumgüterbereich ist es jedoch für Peugeot und Citroen nicht möglich, die Herkunft zu verbergen. Jeder weiß einfach, dass diese Autos einen französischen Hintergrund haben. Die französischen Autobauer müssen diesem negativen Qualitätsimage daher offensiv begegnen. Im Jahr 2009 warb Renault in Deutschland für seinen Laguna mit dem Satz "Qualität ist, wenn Deutsche zufrieden sind". Hintergrund dieser Kampagne ist eine repräsentative Umfrage, gemäß der von allen deutschen Mittelklasse-Fahrern die Besitzer eines Renault Laguna die zufriedensten sind. Die Kommunikationsstrategie ist offenkundig: Wenn die Deutschen, die ja nach allgemeiner Meinung die qualitativ hochwertigsten Autos herstellen, mit einem Auto zufrieden sind, dann muss dieses Auto eine hohe Qualität haben. Diese Werbung ist also der
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Versuch, ein negatives Stereotyp zu entkräften, indem man für seine Zwecke das stärkste Gegenargument nutzt, das es in diesem Zusammenhang gibt. Und das ist hier eben das Klischee von der überlegenen Qualität deutscher Automobile.
QUALITAT IST, WENN DEUTSCHE ZUFRIEDEN SIND. DEUTSCHLANDS AL1TOFAHRER WÄHLEN DEN RENAULT LAGUNA AUF PLA1Z 1 IM J.D. POWER REPORT 2009.
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I-J Abbildung 10: Die QualitätsmaßstlIbe derdeutschen Autofahrer alsVerkaufsargument für einen französischen Renault- _Qualitit ist,wenn Deutsche zufrieden slnd". (Anzeige: Renault Deutschland)
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Die gleiche Strategie, also ein Klischee über eine bestimmte Herkunft als Resonanzfeld für die eigene Marke zu nutzen, hat Citroen mit einer Kampagne für den CS verfolgt. Der Spot "Überraschend deutsch" besteht aus einer Aneinanderreihung von Stereotypen über Deutschland: Bratwürste, Gartenzwerge, Busenweib im Dirndl, Hirschgeweihe an der Wand, Autobahn, ein .Berlln 108 km"-Schild in Sütterlin-Schrift, ein Reichsadler etc. Durch diese Deutschland-Szenerie fährt ein Citroen. Unterlegt sind diese ironischen Sequenzen mit dem "Ritt der Walküre" von Richard Wagner, der gemeinhin als deutschester Komponist gilt. Wenn der Citroen am Schluss des Spots vor dem Brandenburger Tor anhält, erscheint der Schriftzug "Überraschend deutsch. Der neue Citroen CS". Und danach "Aus Frankreich". Auch in diesem Fall werden grundsätzliche Zweifelan der Qualität französischer Autos mit dem Klischee über deutsche automobile Qualität ausgeräumt. Dieses Resonanzfeld wird hier allerdings weniger direkt angesprochen als beim Laguna; jedoch dürften auch die indirekten Verweise auf Deutschland ausreichen, um es im Auto-Kontext zu aktivieren. Die Herkunft einer Marke ist nicht immer genau auszumachen. Automobilkonzerne produzieren in den verschiedensten Ländern, schließen Allianzen und Kooperationen. Daimler und Renault, BMW und Peugeot - heute sind Automobilhersteller zu unterschiedlichen Kooperationen gezwungen. Und oftmals erfolgt nur noch die Endmontage eines Fahrzeugs - wenn überhaupt - im Ursprungsland der Marke. Diese Internationalisierung hat jedoch nicht zur Folge, dass Klischees über die Herkunft für die Markenführung unwichtiger werden. Ganz im Gegenteil: Herkunft ist heute wichtiger denn je. Und für die Markenführung bieten sich durch die Internationalisierung noch mehr Möglichkeiten. eine geeignete Herkunft zu finden und sie als ein Resonanzfeld zu nutzen, das dem Verkaufserfolg der Marke am zuträglichsten ist.
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Abbildung 11: ..Überraschend deutsch" - Citroen aktiviert das Resonanzfeld Deutschland zu seinen Gunsten. (Werbespot: Citroenl
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Eine Fallstudie: Sylter Salatfrische Im Oktober 2009 war es wieder soweit: Der Verlag Deutsche Standards präsentierte der Öffentlichkeit die inzwischen 16. Auflage des Kompendiums "Marken des Jahrhunderts". Das Buch stellt deutsche Markenprodukte vor, die national wie international einen ausgezeichneten Ruf genießen und den Alltag der Menschen in Deutschland prägen. Diese Auflage brachte indessen ein Novum. Neben Miele, Persil und o.b. war erstmals auch eine Insel in den elitären Kreis der Jahrhundert-Marken aufgenommen worden: Sylt. Sylt - das ist Naturverbundenheit, Gesundheit, Wellness und Genuss. Denkt man an Sylt, sieht man feine Sandstrände, urwüchsige Dünen, blühende Heide und strohgedeckte kleine Häuser vor sich. Sylt ist aber auch Luxus mit eleganten Boutiquen, edlen Juwelieren, feinen Restaurants und einer teuren Sansibar. Der einzigartige Charme der Insel hat schon die eine oder andere Marke hervorgebracht. Sylter Royal, die Jahrhundertmarke für Austern, gehört genauso dazu wie der Hartkäse "Sylter" von Milram. Ein Urlaub auf Sylt inspirierte auch Thomas Hauschild, einen Koch und Restaurantbesitzer aus Neu Wulmstorfbei Hamburg, zu einer Idee für eine neue Marke . In seinem Lokal "Zum Dorfkrug" wurde die Salatsauce des Hauses von den Gästen sehr geschätzt und gelobt. Immer wieder musste der Wirt Gästen diese Salatsauce in kleinen Flaschen nach Hause mitgeben. Der Restaurantbesitzer verfügte also über ein Produkt, das bei Kunden großen Anklang fand . Bei seinem Urlaub aufSyltfiel ihm dann auch ein passender Markenname ein: "Sylter Salatfrische". Dieses Salatdressing ist eine leichte Mayonnaise mit süß-saurem Geschmack und einer deutlichen Zwiebelnote. Ein typisch norddeutsches Rezept, das beispielsweise auch gut zu Matjes passt. Anders als die meisten Salatsaucen wird die Sylter Salatfrische kalt produziert. Man schmeckt deshalb auch, dass die Sauce frische Zwiebeln enthält - und kein Zwiebelkonzentrat. Wegen ihres besonderen und aufwändigen Herstellungsverfahrens muss die Sauce im Kühlregal bzw. Kühlschrank aufbewahrt werden. Sehr wichtig für den Markenauftritt ist auch die Verpackung: Die Sylter Salatfrische wird in einer Glasflasche verkauft, die an eine Milchflasche erinnert. Diese Flasche hat der Erfinder der Marke bewusst ausgewählt, nachdem er sich über 200 unterschiedliche Flaschen angesehen hatte. Denn eine solche Flasche aktiviert zusätzliche positive Vorstellungen : Sie erinnert an früher und vermittelt Natürlichkeit, Frische und traditionelle Herstellung. Außerdem sieht man bereits von außen, wie die Salatsauce aussieht.
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Die Sylter Salatfrische ist zuerst bei den Verantwortlichen des Einzelhandels und dann bei den Kunden sehr gut und sehr schnell angekommen. Im Jahr 2004 gelangte die Salatsauce erstmals in einem Hamburger Edeka-Markt in den Verkauf. In den nächsten Jahren wurden immer mehr Handelsketten von der Marke überzeugt. Bewusst verzichtet man fast völlig auf klassische Werbung und setzt stattdessen vor allem aufVerkostungen am Point ofSale. In den Folgejahren gelang es der Sylter Salatfrische, den Großen der Dressing-Industrie wie Livio, Kühne oder Develey immer größere Marktanteile abzujagen. In den Jahren 2009 und 2010 wurde die Marke von der Lebensmittelzeitung und der GfK dann auch als "TopMarke des Jahres" in der Kategorie "Flüssige Salatsauce" ausgezeichnet. Von 2008 auf 2009 stieg der Marktanteil des Sylter Dressings um acht Prozent - einen derartigen Sprung schaffte keine andere der ausgezeichneten Top-Marken. In Internet-Kochforen wie www.chefkoch.dewerden inzwischen Tipps ausgetauscht, wie man dieses Dressing für verschiedene Rezepte verwenden kann. Die Breitenwirksamkeit dieser Marke lässt sich zu weiten Teilen auf die konsequente Instrumentalisierung des Resonanzfeldes "Sylt" zurückführen. Durch den Markennamen und typische Syltbilder werden Vorstellungen von Nordsee, frischem Wind, Dünen und blauem Himmel aktiviert und mit dem Dressing verbunden. Diese Vorstellungen unterfüttern bestens die "norddeutsche Rezeptur" und die "Frische", die im Unterschied zu den lange haltbaren Wettbewerber-Produkten nach ständiger Kühlung verlangt. Nicht nur das Produkt an sich, sondern die gesamte Produktpräsentation spielt gekonnt mit dem Resonanzfeld Sylt. Sylt ist darüber hinaus gemeinhin bekannt als ein exklusiver Urlaubs ort mit gehobenem Ambiente für anspruchsvolle Gäste. Auch dieses Sylt-Klischee nutzt der Hersteller für seine Marke aus, nämlich um sie im Premiumsegment höherpreisig zu positionieren. So wie Sylt ein exklusiver Urlaubsort ist, so ist die Sylter Salatfrische ein exklusives Dressing. Die Sylter Salatfrische wird nicht in Sylt, sondern in Neu Wulmstorf bei Hamburg produziert. Gleichwohl hat die Insel Sylt eine reale Bedeutung für die Marke. Auf Sylt finden Verkostungsaktionen statt, um Touristen mit dem Dressing vertraut zu machen. Kite-Surf-Veranstaltungen und Polo-Turniere auf Sylt werden von der Sylter Salatfrische gesponsert. Und seit 2009 gibt es auf der Friedrichstraße, der Haupt-Flaniermeile Westerlands, eine Salatbar, in der die Kunden die Sylter Salatfrische zu den verschiedensten Salaten verzehren können. All diese Maßnahmen wollen dazu beitragen, die Sylter Salatfrische als "echtes" Sylter Produkt erlebbar zu machen.
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An diesem Beispiel zeigt sich auch die rechtliche Dimension der Nutzung von Herkünften als Resonanzfelder. Sie ist nämlich nicht ganz und gar beliebig möglich. Nach europäischem Recht können die Herkunftsangaben von Lebensmitteln, die eine lange Tradition aufweisen und einen engen Bezug zur Herstellungsregion haben, geschützt werden. So muss beispielsweise .Bayertsches Bier" wirklich in Bayern und der Altenburger Ziegenkäse in Altenburg hergestellt werden . Dieses Thema birgt Konfliktpotenzial, da es immer eine Frage der Auslegung sein wird, wie viel Wertschöpfung in einer Region oder an einem Ort erzielt werden muss, damit ein Produkt deren Bezeichnung tragen darf, und wo überhaupt die Grenzen einer Region liegen. Da es vor der Sylter Salatfrische überhaupt keine Sylter Salatdressing-Tradition gegeben hat und dort also kein schützenswertes Warenzeichen entstanden ist, kann der Zusatz "Sylter" für die Salatsauce prinzipiell problemlos verwendet werden. Die Sylter Salatfrische schützt sich vor juristischen Angriffen bezüglich der Herkunft zusätzlich durch den gut lesbaren Zusatz "Hergestellt in Neu Wulmstorf" auf dem Etikett und der Salatbar auf Sylt. Womit der Vorwurf der Irreführung von vornherein abgewehrt ist. Das Beispiel der Sylter Salatfrische weist noch auf einen zweiten rechtlichen Aspekt hin, den man bei der Nutzung von Herkünften als Resonanzfeld beachten muss: Herkünfte kann man nicht einfach individuell für sein Produkt schützen. Nachahmer-Produkte wie das Dressing "Sylter Art" bei Aldi oder die Salatsauce "Sylter Genuss" von Livio können sich daher an den Erfolg der Sylter Salatfrische hängen, indem auch sie Sylt im Markennamen nennen.
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Abbildung 12: Die Sylter Salatfrische aktiviert das Resonanzfeld Sylt (Foto: Zum Dorfkrug)
Hinter dem Erfolg der Sylter Salatfrische steckt auch ein bedeutender Konsumententrend der Gegenwart, der für einen an Resonanzfeldern interessierten Markenmanager aufschlussreich ist: die wachsende Liebe zum Regionalen. Das Schlagwort der heutigen Zeit lautet Globalisierung. was von immer mehr Menschen als Bedrohung und kaum noch als Chance gesehen wird. Die Verlagerung von Arbeitsplätzen nach China, undurchsichtige globale Finanztransaktionen und Produkte anonymer Herkunft mit gesundheitlichem Geflihrdungspotenzial sind für viele Konsumenten heute Ausdruck und Ergebnis der Globalisierung. In einer Gegenbewegung gewinnt für die Menschen die Region. aus der etwas kommt, seine Heimat an Bedeutung: Man möchte wissen. woher? Je globaler und undurchsichtiger die Herkunft von Waren wird, desto mehr gewinnt die Regionalität von Produkten an Wert. Insbesondere bei Lebensmitteln besteht ein großer Wunsch nach regionaler Herkunft. Die Sylter Salatfrische bedient dieses Bedürfnis der Konsumenten nach Vertrautheit und regionaler Herkunft. Sie ist deshalb auch in der Region Norddeutschland besonders erfolgreich. Weil dort die Vorstellungen über und Assoziationen mit Sylt naturgemäß am stärksten ausgeprägt sind, arbeitet dieses Resonanzfeld hier auch am besten.
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Markenname Sylte r Salatfrische
Verpacku ng: Glasflasche äh nelt Milchflasche Dünen-Meer-Panorama
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No rdd eutsch es Rezept: leichte Mayonnai se, Zwiebelno te. süß sa uer
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Emp fän ge r überträgt di ese vo rstellu nge rt auf die Marke NSyh er Salatfrisc he "
Abbildung 13: Mittels diverser Gestaltmerkmale aktiviert dieSylter Salatfrische das Resonanzfeld Sylt Der Konsument Oberträgt vorhandene Assoziationen und Vorurteile über SyltaufProdukt und Marke.
Was kann man aus dieser Fallstudie lernen? Zunächst einmal: Der Erfolg der Sylter Salatfrische basiert auf einem guten und neuartigen Produkt. Der strategische und stimmige Einsatz des Resonanzfeldes Sylt sorgt dann dafür. dass sich bei den Kunden spontan reichhaltige. positive Assoziationen einstellen. die auf die Marke übertragen werden. Dieser Transfer funktioniert auch deshalb so gut. weil Sylt für ein Salatdressing dieser Art ein geeignetes Resonanzfeld darstellt: Was gemeinhin über Sylt gedacht wird. passt sehr gut dazu. Diese Fallstudie zeigt auch, dass der Aufbau einer neuen Marke mithilfe der Resonanzfe1d-Technik nicht zwangsläufIg mit einem großen Kommunikationsbudget einhergehen muss. Ein Resonanzfeld lässt sich schon durch den richtigen Namen und eine passende grafische und verbale Gestaltung der Produktverpackung aktivieren. Das ist praktisch kostenneutral, denn irgendwie muss die Verpackung sowieso gestaltet werden und irgendeinen Namen muss das Produkt ja auch bekommen.
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"Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken"Klischees über Männer und Frauen Wie viele Worte benötigt eine Frau, um einen DVD-Rekorder zu kaufen? 144 Worte. Und ein Mann? 1 Wort. Frauen reden viel, Männer wenig. Mario Barth, der Meister der Mann-Frau-Klischees, inszeniert dieses und weitere Klischees über Männer und Frauen in einer Kampagne für Media-Markt und darf mit starker Resonanz rechnen. Denn man kennt die Klischees alle: Männer schauen Fußball, Frauen wollen geheiratet werden. Frauen verstehen nichts von Technik, Männer wissen beim Einkaufen genau, was sie wollen. Und gerade weil man die Klischees kennt, sind diese Werbespots unglaublich witzig. Die Werbekampagne von Media-Markt macht vor, wie man Klischees über Männer und Frauen erfolgreich als Resonanzfeld nutzt: Gängige Klischees aufgreifen und überzeichnet darstellen, die Verhaltensweisen von Männern und Frauen kontrastieren und das Ganze mit einer Prise Humor würzen. Geschlechter-Klischees sind für den Markenmanager ein ausgesprochen spannendes und ergiebiges Resonanzfeld. Aller Gleichberechtigung zum Trotz halten sich nämlich die Unterschiede in den Vorlieben der Geschlechter hartnäckig. Eine Umfrage von TNS Infratest im Jahr 2010 hat ermittelt, dass 70 Prozent der deutschen Männer, aber nur 30 Prozent der deutschen Frauen an Fußball interessiert sind. Ein Werbespot, der Männer beim Fußballschauen zeigt, löst daher bei männlichen wie weiblichen Zuschauern ein vertrautes Gefühl aus, weil jeder diese Szene kennt. Bezüglich der Interaktion von Frau und Mann werden manche althergebrachte Klischees ebenfalls durch Untersuchungen bestätigt. Diverse sozialwissenschaftliche Studien haben ergeben, dass Frauen nach wie vor auf der Suche sind nach Männern mit einem höheren beruflichen und gesellschaftlichen Status als sie selbst. Männer hingegen ehelichen statistisch gesehen auch heute noch mit Vorliebe eine jüngere Frau. Eine Anzeige, auf der ein Herr mit graumelierte Haaren, mit Anzug und Krawatte eine deutlich jüngere Frau im Arm hält, bildet also die Beziehungspräferenzen von Frauen wie Männern gleichermaßen ab.
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Abbildung 14: Mit Klischees iiber Männer und Frauen spricht Mario Barth in einer Kampagne für Media Marktdie Massen an. (Werbespot: Media-Markt)
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Eine Studie der Axel Springer-Marktforschung zum Thema Weiblichkeit aus dem Jahr 2010 zeigt, inwieweit die verschiedenen Geschlechter-Klischees aus Frauensicht Gültigkeit haben. Frauen sehen sich demnach als das schöne, starke und einfühlsame Geschlecht. Ihre typisch weiblichen Eigenschaften wie emotionale Intelligenz, die Fähigkeit zum Multi-Tasking, Belastbarkeit und Flexibilität geben ihnen in gewisser Weise sogar das Gefühl von Überlegenheit gegenüber dem männlichen Geschlecht. Die bedingungslose Aufopferung für Mann und Familie ist hingegen zu einem unattraktiven Auslaufmodell geworden. Diese Studie macht deutlich, dass es auch heute noch genügend Geschlechter-Klischees gibt, die so weit verbreitet und zuverlässig sind, dass sie sich als Resonanzfelder für die Markenführung und -kommunikation eignen. Man sollte allerdings den aktuellen Stand kennen, um bei der Aktivierung einen abgestandenen, altmodischen Eindruck zu vermeiden. Klischees über Männer und Frauen sind also nach wie vor aktuell. Der Erfolg von Mario Barth, "Sex and the City" und anderen Unterhaltungsangeboten, die auf Mann-Frau-Klischees beruhen bzw. mit ihnen spielen, belegt überdies die Massenwirksamkeit dieser Klischees. Klischees über Männer und Frauen aktivieren und berühren Männer wie Frauen. Und genau diese Wirkungen wünscht sich jeder Markenmanager ja auch für seine Marke. Gerade bei Produkten, die diesem Resonanzfeld von vornherein nahestehen, lassen sich Mann-Frau-Klischees für die Markenführung nutzen. Manche Produktkategorien befriedigen Bedürfnisse, die als typisch weiblich oder männlich empfunden werden. So bedient dekorative Kosmetik den weiblichen Wunsch nach Schönheit - sei es durch Lippenstift von Lancöme oder billiger mit Mascara von Manhattan. Auch Haushaltsreiniger, Waschmittel und Fleckenspray sind noch immer "weibliche" Produkte: Der Inbegriff für Wäschewaschen ist für viele Deutsche bis heute die Artel-Klementine. Baumärkte hingegen ermöglichen es Männern, richtige Männerrollen einzunehmen fern aller feminisierenden Einflüsse: "Perfekt aussehen muss nur, wer sonst nichts kann", sagt der Baumarkt Hornbach in seiner Werbung und meint damit, dass Männer kräftig und patent sein müssen, aber nicht schön. Schließlich bieten bestimmte Produktkategorien stärker als andere die Möglichkeit, sich selbst als Frau oder Mann zu inszenieren. Die besten Freunde der Frauen sind Diamanten - so Marilyn Monroe -, die der Männer hingegen Autos mit vielen PS oder teure Uhren. In all diesen Fällen sind Geschlechter-Klischees ein wirkungsvolles Resonanzfeld, um mit der Energie dieser massenseelischen Vorstellungen über Männer und Frauen die Marke aufzuladen.
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Geschlechter-Klischees 2010 aus Frauensicht
..Trifftvoll und ganz zu! trifft zu" (in %) Dasaktuelle populärwissenschaftliche Credo Die Gehirne von Frauen arbeiten anders. ZurFrau wird man nicht geboren, sondern gemacht. Frauen und Männer unterscheiden sich im Grunde gar nicht.
84% 39 % 24%
Moderne Geschlechter-Klischees Frauen sind einfühlsamer als Männer. Frauen können mehrgleichzeitig tun als Männer. Frauen haben ein besseres Körperbewusstsein. Frauen sind sprachlich begabter als Männer. Frauen können nicht so gut rechnen wie Männer.
88 % 87 % 75 % 66 %
27 %
Traditionelle Geschlechter-Klischees Frauen sind liebevoller als Männer. Frauen haben eine engere Beziehung zu Kindern. Frauen sind nicht so aggressiv. Frauen sind nicht sotechnikbegabt wie Männer. Frauen sind nicht so karriereorientiert wie Männer.
75 % 72% 70 % 46% 44%
Weiblichkeits-Aphorismen Frauen wollen Konflikte lösen, Männer eheraussitzen. Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine erfolgreiche Frau. Die Klugheit der Frau besteht darin, ihre Klugheit nicht zu zeigen. Frauen wollen Liebe, Männerwollen Sex.
46% 46% 46% 44%
Quelle: Bild der Frau/Axel Springer Media Impact: Weiblichkeit. Gefühlt. Gelebt. Gemacht. Hamburg 2010
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Perfekt aussehen muss nur,
wer sonst nichts kann.
Abbildung 15: .Männer müssen nicht schön sein ...• (Anzeige: Hornbachl
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Abbildung 16: •... Frauen schon- (Anzeige: tencömel
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Klischees ist es generell eigen, dass man über sie lacht. Weil sie einfach so wahr sind. Dies gilt nicht nur für Mann-Frau-Klischees, sondern auch für Klischees über Nationalitäten und Berufe. So werden die Schweizer und ihr Dialekt immer wieder Opfer von Spott. Und über Beamte oder Zahnärzte wird ebenfalls gerne geschmunzelt. Dieser parodistische Umgang mit Klischees bedeutet nicht, dass man ihre Bedeutung gering schätzen sollte. Ganz im Gegenteil: Dass Klischees so oft in nicht ernsthafter Art und Weise gespielt werden, ist Beweisfür ihre Bedeutung, Kraft und Massivität. Gerade im Falle der Mann-Frau-Klischees sind die Erfahrungen so zahlreich und verschiedenartig, dass man über bestimmte Eigenschaften des anderen Geschlechts manchmal einfach nur lachen möchte. Die Gefahr von Missverständnissen, die mit ironischen Erzählweisen immer verbunden ist, erweist sich im Falle der Geschlechter-Klischees als verhältnismäßig gering. Klischees über die Geschlechter werden daher in der Markenkommunikation ausgesprochen häufig in komischer und ironischer Art und Weise als Resonanzfeld genutzt. Die Media-Markt-Kampagne mit Mario Barth ist ein Beispiel dafür, ebenso die Hornbach-Anzeige mit dem fülligen ungepflegten Mann. Bei den Uhren von IWC geht man noch weiter, indem mit Klischees über Männer und Frauen in fast schon sexistischer Art und Weise gespielt wird. Dabei fallen Sprüche wie "Fast so kompliziert wie eine Frau. Aber pünktlich.", "Gibt Kratzer. Aber an Ihrem Porsche," oder "Bringt den Hormonhaushalt durcheinander. Den weiblichen.". Mit Sprüchen wie diesen wird das Resonanzfeld "Männlichkeit" aktiviert, die damit aufgerufenen Vorstellungen auf die Marke IWC übertragen und deren Positionierung als reine Männermarke unter den Uhren gefestigt. Zwar schmunzelt man über eine solche massive Inszenierung der Geschlechter-Klischees, doch wirksam sind diese Anzeigen dennoch.
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Sie kann das Haus haben. Den Wagen. Den Hund. Aber niemals meine-_IWC. . __. _._--_---_ ... _ -_ . -.........-" ----. _---_--.._-IWC
---_.--- - --._ - --- - ---Abbildung 17: IWC-Uhren werden alsmännlich inszeniert (Anzeige: IWCI
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Eine Werbe-Kampagne für Veltins mit Rudi Assauer und dessen früherer Partnerin Simone Thomalla zeigt ebenfalls, wie eine Marke mit einer ironischen Inszenierung von Geschlechter-Klischees resonanzstark aufgeladen werden kann. In einem TV-Spot schickt er sie beim Fernsehen zum Bierholen, sie trinkt das letzte Veltins am Kühlschrank, kommt zurück und sagt: ..Keins mehr da." In einem anderen Spot präsentiert sie sich mit Kerzen und Dessous im Schlafzimmer: .Ich habe eine überraschung für Dich!" Er findet ein Veitins im Kühlschrank und ruft ins Schlafzimmer: ..Hab' ich schon gefunden!" In dieser Manier werden Klischees über Macho-Männer und Tussi-Frauen konsequent für die Veltins-Kommunikation funktionalisiert und dabei stets auch wieder ironisch gebrochen.
Abbildung 18: Geschlechter-Klischees in humorvoller Inszenierung: Macho-Assauer und Tussi-1homalla imVeltins-Spot (Werbespot Veltins)
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Klischees wirken! Herkunfts-Klischees genauso wie Klischees über Männer und Frauen berühren die Konsumenten, weil sie an eine Vielzahl von bestehenden Vorstellungen und Assoziationen anknüpfen. An den Beispielen in diesem Kapitel ist auch ersichtlich, dass diese althergebrachten Klischees durchaus auf zeitgemäße Art und Weise umgesetzt werden können. Ihre Inszenierung sollte immer positive Assoziationen hervorrufen, ohne dabei empfindlichen Stellen allzu nahe zu kommen. Bei Klischees können Humor und Ironie empfehlenswerte Stilelemente sein. Die Instrumentalisierung von Klischees als Resonanzfelder sollte deshalb nicht zu Sexismus oder nationalem Chauvinismus in der Produktgestaltung und -kommunikation führen, sondern immer ein sinnhaftes und gefälliges Spiel mit allseits bekannten und vertrauten Vorstellungen darstellen.
Mythen: Wie James Bond und ehe Guevara Marken aufladen Denken Sie an Napoleon, stellen Sie ihn sich vor. Wahrscheinlich sehen Sie einen untersetzten Mann mittleren Alters in dunkelblauer Offiziersuniform vor sich. Die Hand ins Revers gesteckt. Auf dem Kopf den allseits bekannten Napoleonhut mit den zwei Spitzen. Passen würde auch noch eine rote Schärpe um den Körper. Vermutlich sehen Sie ihn im Gespräch mit Offizieren, zu Pferd oder auf einem Schiff nach St. Helena blickend. Unser aller Bild von Napoleon ist fast gleich, weil Napoleon zum Mythos geworden ist. Wegen der (trotz aller Niederlagen) positiven massenseelischen Erinnerungen haben ihn unzählige Marken als Resonanzfeld für sich eingespannt und wirken lassen - vom Champagne Napoleon über Cognac Napoleon bis hin zum hochwertigen Barbecue-Grill Napoleon. Unter Mythen verstehen wir allseits bekannte Geschichten über Ereignisse, Personen oder Gegenstände. Sie beruhen auf kollektiven Erinnerungen, die durch persönliche Erzählungen und verschiedene Darstellungen in Medien und Filmen aktiviert und am Leben erhalten werden. Künstler wie Picasso oder Mozart, aber auch große Pop-Stars können zu Mythen stilisiert werden . Man denke nur an Marilyn Monroe oder Elvis Presley. Einzelne Groß ereignisse wie die Fußball-Weltmeisterschaft von 1954 können - zumindest im Land der Siegermannschaft - ebenfalls den Charakter eines Mythos annehmen. Wer kennt es nicht - "Das Wunder von Bern"! Auch Gegenstände eignen sich dazu, mythologisiert zu werden. Man denke an den berühmten einhundertzehnkarätigen Di-
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amanten Koh-i-Noor, dessen geheimnisvolle Geschichte von der britischen Königskrone bis ins alte Indien zurückreicht; oder an den Gral, um den sich Artus und seine Ritter versammelten und nach dem manche angeblich heute noch suchen. Man spricht gerne davon, dass solche mythischen Personen, Geschichten, Objekte oder Ereignisse "Kultstatus" genießen. Und Personen, die zum Mythos geworden sind, werden gerne als "Ikonen" bezeichnet. Mythen zeichnen sich dadurch aus, dass sie über sehr lange Zeiträume in ihrem Kern absolut beständig sind, aber immer wieder auch Möglichkeiten zur Variation bieten. So wie bei Napoleon: So viele Vorstellungen über ihn auch existieren, im Kern sind sie doch bei allen gleich. Und auch die medialen Darstellungen dieser Person greifen alle den gemeinsamen Kern auf. Diese besondere Eigenschaft - der beständige Kern mit unzähligen Variationsmöglichkeiten - macht Mythen zu attraktiven Resonanzfeldern für eine Marke. Spielt man mit einem Mythos für eine Marke, so kann man sich sicher sein, dass er bei den Konsumenten bestimmte Assoziationen hervorruft. Gleichzeitig bieten sich genügend eigene Ausgestaltungsmöglichkeiten, um einen vertrauten Mythos spezifisch und neu zu interpretieren und so für die eigene Marke zu aktivieren.
Mythos: Eine allseits bekannte Geschichte über Ereignisse, Personen oder Dinge, die seit Langem weitererzählt wird. Die Erzählung besteht aus einem unveränderlichen Kern an Aussagen, der jedoch viele Möglichkeiten der Variation bietet.
ehe Guevara - Mythos der Revolution Ein Mythos, der unglaubliche Massenwirksamkeit besitzt und immer wieder in der Markenkommunikation als Resonanzfe1d aufgegriffen wurde, ist der Mythos Che Guevara. Von Che Guevara-Zigaretten bis zu Che Guevara-Humidore gibt es nahezu alles. Noch öfter als zur Markierung von Marken wird der Che Guevara-Mythos in Kommunikationskampagnen als Resonanzfeld verwendet. Che Guevara war eine Symbolfigur der kommunistischen Revolution in Kuba. Als ein Mann, der gegen die vermeintlich Stärkeren rebellierte und sich für Freiheit und Gerechtigkeit aufopferte, ist er zum Mythos geworden. Dieser Mythos ist Gegenstand von zahlreichen Filmen, Geschichten, Kunstwerken und Erzählungen. Wann immer auf Che Guevara Bezug genommen wird, ist der Mythos der Revolution, des Freiheitskampfes und des Widerstandes präsent. In Kuba
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wird er bis heute als Volksheld gefeiert. In aller Welt ist Che Guevara eine PopIkone der Linken und der Jugend. Das Time Magazine zählt ihn zu den einhundert einflussreichsten Menschen des 20. Jahrhunderts. Im Vorstellungskern dieses Mythos findet sich ein Porträt Che Guevaras, auf dem er ein Barett mit rotem Stern trägt. Die Fotografie ..Der heroische Guerilla-Kämpfer" (.GuerrIllero Heroico") von Alberto Korda gilt als die weltweit bekannteste Aufnahme einer Person. Das Bild stellt im Grunde das ..Key Vfsual" des Mythos Che Guevara dar. Sobald man es sieht, weiß man. dass es um den Mythos Che Guevara geht. Und das sogar dann. wenn das vertraute Bild ver-
fremdet wird.
Abbildung 19: Das Bild, mitdem ehe Guevara zum Mythos geworden ist ..Der heroische Buerilla-Kämpfar" (..Buerrillerc Hemlco"). Der Fotograf, Alberto Korda, verlangte Zeitseines Labans keine NulzungsgebOhren für dieVerwendung dieses Bildes. Als überzeugter Kommunist und Anhänger Che äueveree wollteer dieVerbreitung der Ideen Ches befördem, indem erdieses Bild jedem zugänglich machte.IFoto: Alberto Kordal
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Abbildung 20: Alsmitdem populären Porträt ehe Guevaras für den Wodka ..Bloody Smirnoff" geworben wurde, klagte derFotograf dagegen und erhielt 50.000 US-Dollar Schadensersatz, dieerfiir Kinder in Kuba spendete. Es war das einzige Mal, dass derFotograf gegen dieVerwendung seines berühmten Porträts einschritt.IAnzeige: Smirnoffl
Am BeispielChe Guevara lässt sich sehr gut erklären. warum Mythen so hervorragende Resonanzfelder für Marken darstellen. ~
Erstens: DieserMythos ond die ihm zogehörigen Geschichten sind allgemein bekannt und verbreitet. Man kann davon ausgehen, dass jeder mit Che Guevara gewisse Vorstellungenverbindet Aktiviert man also den Mythos ehe Guevara als Resonanzfeld für die eigene Marke, kann man sicher sein, dass bei den Konsumenten die geplanten Assoziationen und Bilder hervorgerufen werden. Und das weltweit,denn Che Guevara ist ein Mythos mit
globaler Reichweite. ... Zweitens: Der Mythos verfügt über einen unveränderlichen Kern an Aussagen und Bildern.Bei ehe Guevarastellt das allseits bekannte Porträt das Schlüsselbild zu diesem Mythos dar. Es genügt also das Bildehe Guevaras, um. im Publikum spontan Vorstellungen von Revolution und Freiheitskampfauszulösen. Um sicherzustellen, dass sich dieses fast übermächtige Bildin der Wahrnehmoognichtverselbstständigt, sondern der eigenen Marke zogote kommt muss es allerdings aof den ersten Blick erkeonbar mit derMarke, dem Markenzeichen oder anderen markentypischenGestaltungselementen verknüpft werden.
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Drittens: Der Mythos bietet eine Vielfalt an Variationsmöglichkeiten und wird so niemals langweilig. Die Liste der Kunstwerke, Drucksachen und Häuserwände, die mit dem Mythos Che Guevara spielen, ist lang. Doch durch die permanenten Wandlungen in der konkreten Ausgestaltung verliert dieser Mythos nicht an Kraft, er wird vielmehr dadurch aktuell gehalten. Dies gilt auch für die Markenkommunikation, in welcher dieser Mythos immer wieder aufgegriffen worden ist - für die verschiedensten Produktgattungen und in den verschiedensten Variationen.
Der Autovermieter Europcar macht vor, wie man die Assoziationen und Vorstellungen rund um diesen Mythos für seine Marke nutzen kann. Im Rahmen einer Kampagne wurden Kleintransporter von Europcar mit dem Konterfei Che Guevaras und dem Spruch "Auch Du kannst Großes bewegen" versehen. Die Botschaft ist klar: Mit Kleintransportern von Europcar ist auch der "kleine" Normalmensch in der Lage, Umzüge oder andere große Transporte selbstständig durchzuführen. Che Guevara hat es vorgelebt, dass menschlicher Wille und menschliche Anstrengungen möglich machen, was vorher unmöglich schien. Das Bild von Che Guevara, der appellierende Aufruf und die roten Buchstaben traditionell ist die Farbe Rot mit kommunistisch-linken Ideen und Idealen verbunden - sind bei dieser Kampagne die Elemente, die den Mythos wachrufen. Wie häufig bei der Inszenierung des Mythos Che Guevara schwingen auch in dieser Kampagne eine Prise Humor und Ironie mit. Auch der zur Renault-Gruppe gehörende, rumänische Automobilhersteller Dacia setzte im Jahr 2008 in einem Werbespot für seinen Kombi auf den Mythos Che Guevara. Fidel Castro kommt auf einer lateinamerikanischen Hacienda an und trifft auf diverse altersmüde linke Revolutionäre. Gandhi, Lenin und Rosa Luxemburg spielen lieber Kicker, Computer oder schauen Talkshows. Auf der Veranda jedoch sitzen Marx und Che Guevara. Letzterer ist ganz in seinem Element: "Mal wieder Zeit für eine Revolution." Die Revolution für das Volk kommt denn auch im Abbinder - als neuer, von den Massen umringter DaciaKombi für gerade einmal 8.400 Euro.
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Abbildung 21: Der Mythos ehe Guevsra im Dienste des Autovennieters Europcar..Auch Du kannst Großes bewegen", (Foto: Europcar)
Che Guevara hat sich im Gegensatz zu den anderen linken Anführern den revolutionären Geist erhalten. Anders als Lenin und die anderen verkörpert er weiterhin die Revolution und den tapferen Kampf für die sozial Benachteiligten. Indem Dada den Mythos ehe Guevara als Resonanzfeld spielen lässt, wird der revolutionäre Charakter seines Angebots deutlich: ein wirkliches Volks-Auto zu einem Preis, den sich auch der Ärmste leisten kann. Im Grunde wird hier die Verwirklichung eines kommunistischen Traums inszeniert, für den sich alle linken Revolutionäre eingesetzt haben - allen voran Che Guevara. Der Mythos Che Guevara passt also exzellent zum Angebot von Dada. Mit der Nutzung dieses Mythos als Resonanzfeld erreicht Dada, dass die gewünschte Aussage von den Fernsehzuschauern sofort verstanden wird und sich die Vorstellungen und Assoziationen rund um ehe Guevara auf die Marke übertragen. ehe Guevara, das ist Wohlstand für alle, Gleichheit und Freiheit.
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DER ERSTE KOMBI, DEN SICH JEDER LEISTEN KANN.
Abbildung 22: Mit diesem Kombi zu einem wahrhaft revolutionären Preis gibtdie rumii· nische Marke Dacia dem Volk. was ehe Guevara ihm versprach. (Werbespot: Renault)
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Cowboy und Indianer Marlboro und Cowboy - beide gehören heute untrennbar zusammen. Der Cowboy, der ein männlich-unabhängiges Leben in der Natur führt, ist mit der Marke Marlboro für alle Zeit verbunden. Das war nicht immer so. Marlboro wurde ursprünglich als Frauenzigarette positioniert und auf den Markt gebracht. Mit dem Slogan "Mild As May" ("Mild wie der Mai") sollten gerade die weiblichen Raucher angesprochen werden. Der Erfolg blieb jedoch jahrzehntelang hinter den Erwartungen zurück. Nachdem Marlboro während des Zweiten Weltkriegs kurzzeitig vom Markt genommen wurde, kam der Relaunch: Mit einem kräftigeren Geschmack und Filter, mit der damals neuen Hartbox-Verpackung und der kommunikativen Verbindung zum Western und zu den Cowboys ging Marlboro ab 1954 auf Erfolgskurs. Mit dem Cowboy wurde Marlboro zur meistverkauften Zigarettenmarke der Welt. Auf der Liste der wertvollsten Marken der Welt steht Marlboro ganz weit oben. Der Erfolg von Marlboro liegt in der großen Strahlkraft des Mythos Cowboy begründet. Dieser Mythos erzählt von Freiheit, Ungebundenheit, Abenteuer, rauer Natur und Männern, die noch echte Kerle sind . Dass all diese Assoziationen gemeinhin auch mit Marlboro verbunden werden, ist das Ergebnis jahrzehntelanger konsequenter Markenführung mit dem Cowboy als Resonanzfeld. Immer wenn für Marlboro geworben wurde, war auch die Figur des Cowboys zu sehen. Der große Werbemann Leo Burnett war es, der den Cowboy für Marlboro entdeckt und ihn im Unternehmen Philipp Morris gegen andere Werbefiguren wie Bergsteiger oder Schiffskapitäne durchgesetzt hat. Er hatte intuitiv erfasst, dass die in Richtung "Full Flavour" veränderte Positionierung der Marlboro mittels des Cowboys als "Testimonial" am besten und außerordentlich resonanzstark zu vermitteln sei. Man sollte sich im Zusammenhang mit der Resonanzfeld-Technik auch vergegenwärtigen, dass sich Philipp Morris dieses weltweite Resonanzfeld damals unentgeltlich aneignen durfte. Der Cowboy löst besonders starke Assoziationen aus, weil er einen Typus verkörpert, der keiner Zeitlichkeit und keiner regionalen Zuordnung unterliegt. Er ist ein Held, der sich auf die Freiheit mit allen damit verbundenen Gefahren einlässt. Der Held geht mutig den anderen voraus, die ängstlich oder besorgt im Bestehenden verharren. Eine solche Gestalt wirkt auf Männer wie Frauen sehr attraktiv, was Marlboro nicht nur zur größten Männer-, sondern auch zur größten Frauenzigarette der Welt hat aufsteigen lassen.
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Relativ neu ist, dass auch der natürliche Gegner des Cowboys einer Zigarettenmarke zum Erfolg verholfen hat: der Indianer. Die Marke heißt American Spirit. Ihre Packung ziert ein Indianer-Häuptling, der genüsslich eine Friedenspfeife raucht. Der Erfinder der Marke, ein ehemaliger Reemtsma-Marketingmanager, wollte seinerzeit eine Zigarette ohne Zusatzstoffe wie Weichmacher und Abbrennbeschleuniger, hergestellt nur aus exzellenten, unterschiedlich aromatischen Tabaksorten auf den Markt bringen. Als Symbol dafür wählte er den Indianer, der in besonderer Weise für die Einheit mit der Natur steht und mit seinen Warnungen vor ihrer Zerstörung weltweit Resonanz erzeugt. Der Indianer passt sehr gut zur Positionierung und den Produkteigenschaften von American Spirit, weil die Marke als ein Gegenentwurf zu den durch Chemie konditionierten Zigaretten der großen Anbieter gedacht ist. Dass die Tabakspfeife dabei geholfen hat, den Indianer für ein anderes Tabakerzeugnis einzuspannen und zu diesem Resonanzfeld eine spontane Verbindung herzustellen, darf als gesichert gelten. Die Nachfrage nach der Zigarette mit dem Indianer jedenfalls war groß. So groß, dass die R. J. Reynolds Tobacco Company die Marke American Spirit samt Indianer inzwischen für viel Geld gekauft hat. Marlboro und American Spirit nutzen Mythen als Resonanzfelder für die Markenführung. In beiden Fällen passt das Resonanzfeld jeweils sehr gut zum Produkt. Im Falle von Marlboro brachte der Cowboy einer Marke, die nicht vom Fleck kam, neuen nachhaltigen Schwung. American Spirit hingegen nutzte von Anfang an die assoziative Kraft des Indianers für die eigene Marke. An unterschiedlichen Punkten der Markenentwicklung und auf unterschiedlichen Handlungsebenen - sei es Werbung mit dem Cowboy oder sei es Verpackungsgestaltung mit dem Indianer - kann der Griff nach einem geeigneten Mythos unbezahlbare Energien für die Marke erzeugen.
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Abbildung 23: Marlboro-CowboV und American Spirit-Indianer- diebeiden Gegenspieler dienen jeweils alsResonanzfeld für eine Zigarettenmarke. (Anzeige: Marlboro; PackshotJ
,Mein Name ist Bond. James Bond' Iames Bond ist ein Mythos. den Filme geboren haben. Auch wenn diesen Filmen
die Romane des britischenSchriftstellers Ian Flenuning als Vorlage gedienthaben. Der Mythos Iames Bond steht für eine unverwundbare Überlegenheit. die ihm immer einen Ausweg selbst aus den verzwicktesten Situationen ermöglicht. Außerdem ist sein Mythos auch der des zynischen Weiberhelden und Machos. der die attraktivsten Frauen in Bond-Girls und Sexobje1cte verwandelt. Dem Mythos ist es überhaupt nicht abträglich. dass Iames Bond in seinen Filmen von verschiedenen Darstellern gespielt wird. Auch dass lamee Bond nicht altert. obwohl sich die Welt im Hintergrund verändert, stört nicht. Der Mythos Iames Bond besteht losgelöst von einem konkreten Darsteller und realer Zeit. Dieser Mythos wird durch aktuelle geopolitische Konflikte. neue Bond-Darsteller und die neuesten Autos lediglich immer wieder aktualisiert: Den maskulinen Agenten, der die Welt vor einem allmächtig scheinenden Weltfeind rettet. kann und
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muss es einfach zu jeder Zeit geben. Diese Eigenschaften - allgemeine Bekanntheit, Zeitlosigkeit und überregionale Gültigkeit - machen auch diesen Mythos als Resonanzfeld für die Markenführung interessant. Dass Iames Bond zu einem Mythos werden konnte, hängt mit einem konstanten Kern von Elementen zusammen, die durch alle Filme hindurch gespielt werden. Mithilfe dieser Elemente kann der Mythos auch in der Markenkommunikation als Resonanzfeld aktiviert werden: Der Eingangstrailer mit dem Pistolenlauf und der allseits bekannten Musik. Der Martini - "geschüttelt, nicht gerührt". Der ewige und ewig erfolglose Flirt der Sekretärin Moneypenny mit Bond. Die schnellen Autos und die technischen Gadgets von Q. Die Bond-Girls. Die Stunts und Verfolgungsjagden. Die größenwahnsinnigen, irren Schurken, die die Welt in den Untergang stürzen wollen. Und natürlich das machohafte Auftreten des zugleich galanten und perfekt gekleideten [ames Bond. Wie der Mythos [ames Bond strategisch und zielgerichtet als Resonanzfeld angezapft werden kann, machte Coke Zero im Jahr 2008 in über 40 Ländern anlässlich des 22. Bond-Films "Ein Quantum Trost" vor. Eingeführt im Jahr 2004, gilt Coke Zero als der größte Produktlaunch des Coca-Cola-Konzerns während des letzten Vierteljahrhunderts: eine Cola ohne Zucker oder Kalorien für junge Männer. Zwar hatte es schon zuvor Cola Light bzw. Diet Coke gegeben, doch galten sie unter Männern als reine Frauengetränke. Wenn man nun einem neuen Produkt ein maskulines Image verpassen möchte, was bietet sich da mehr an als das Resonanzfeld "James Bond"? Das dachten sich die Werber und das Marketing von Coca-Cola offensichtlich auch. Entstanden ist ein Werbespot, der in bildlicher und musikalischer Gestaltung auch als Vorspann eines [arnes BondFilms dienen könnte und auf viele Facetten des Iames Bond-Mythos anspielt: Verfolgungsjagden mit schnellen schicken Autos, eine leblose Mondlandschaft, nackte Frauenkörper und -beine, Faustkämpfe von Männern im Anzug. Schließlich erhält der Held eine Coke Zero von einem kurvigen Bond-Girl gereicht. Begleitend zu diesem Spot wurde Coke Zero in dieser Zeit im Iames Bond-Design und unter der Bezeichnung "Coke Zero Zero Seven" verkauft.
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Abbildung 24: Der Mythos James Bond verschafftCoke Zeroein hartes, maskulines Image. (Anzeige: Coca-Cola)
Das Resonanzfeld .James Bond" wird hier also facettenreich angespielt. um in der Masseder Konsumentendie Vorstellung von CokeZero als männlichem Getränk zu erzeugen. Mithilfe dieser Kampagne wird das Image von Iames Bond auf Coke Zero übertragen: eine Cola ohne Zucker. aber nicht für figurbewusste Mädchen. sondern für harte Iungs.Da es für diesesProdukt über das Image hinaus kein schlüssiges Verkaufsargumentgibt. stellen sich der Einsatz des Mythos Iames Bond als Resonanzfeld und die übertragung der mit diesem Mythos verbundenen Assoziationen auf das Produkt als ein durch und durch strategischer und gelungenerSchachzugdar. Wenn Tarzan die Stimme versagt
Den Fall hat es tatsächllch gegeben- in der Werbung für Wiek Blau. Die Firma Procter & Gamble (P&G) wollte Anfang der achtziger fahre den ohnehin schon guten Absatz für ihren Hustenbonbon noch einmal kräftig steigern. Basis einer entsprechenden Kommunikationsstrategie war das in der bisherigen Kampagne bereits erprobte dramaturgische Muster .Problem dramatisieren - Lösung durch das Produkt vorführen".Für eine noch wirksamere Umsetzung griff die damalige Werbeagentur auf den berühmtesten Schrei der Kulturgeschichte
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zurück, den Schrei des Tarzan im Urwald, und verfremdete ihn zugleich: Wegen Heiserkeit versagt Tarzan anfangs die Stimme. Das durchaus überschaubare Inventar des Mythos Tarzan wurde konsequent für die TV-Werbung verwertet, um dieses Resonanzfeld für den Hustenbonbon zum Schwingen zu bringen: der weiße Mann im Urwalddickicht mit nacktem Oberkörper und Lendenschurz. Der berühmte Schrei (nach Einnahme von Wick Blau wieder voll da), die Liane, an der sich Tarzan durch den Urwald schwingt, und die Affen und Elefanten. Mit diesen wenigen Elementen, die bis heute massenseelisch bestens abgespeichert sind, erreichte die Wick Blau-Werbung eine deutliche Steigerung des Absatzes und steigerte ihn weit über den nur langsam wachsenden Gesamtmarkt hinaus. Die Vorteile dieser mythischen Figur für die Aufladung von Wick waren offenkundig. Dazu gehörte nicht nur der enorme Aufmerksamkeitswert eines stimmgestörten Tarzan, sondern auch die Kongruenz in puncto Positionierung als "extrem wirksames starkes Mittel" wie auch bezüglich der "natürlichen Wirkstoffe". Die Bedeutung des Resonanzfeldes "Tarzan" für das wirtschaftliche Ergebnis dieser Marke wurde vom P&G-Management schnell erkannt. Deshalb wurde der halbnackte Tarzan an der Liane zum Schlüsselbild auch späterer Kampagnen. Selbst wenn Soldaten oder Indianer in den Spots auftraten, erschien immer wieder Tarzan als der eigentliche Promoter des Produkts. Der Ursprung des Mythos Tarzan ist gut zu datieren. Er wurde vor gut zweihundert Jahren von Edgar Rice Burroughs mit seinem ersten Roman "Tarzan bei den Affen" geschaffen und in über zwanzig Fortsetzungen kultiviert. Früh schon hat sich auch der Stummfilm dieser Figur angenommen. Heute feiert er in erneuerter Gestalt als Held des gleichnamigen Disney-Musicals mit Songs von Phil Collins Triumphe in den USA wie auch in Europa. Im Zusammenhang mit der Marke Wick Blau liefert er ein Musterbeispiel dafür, wie ein internationaler Markenartikler einen Mythos honorarfrei, strategisch gezielt und in der Umsetzung hoch professionell für seine ökonomischen Zwecke instrumentalisieren kann.
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Abbildung 25: Auch ein Musical leistet einen Beitrag dazu. dass derTarzan-Mythos immer wiederneu erzlhttwird und dadurch imBewusstsein auch jüngerer Generationen lebendig bleibt (Bild: Stage Entartainmant Hamburg)
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Topoi: Was der Experte empfiehlt. ist das Beste VorGerichttritt ein Experte in GestalteinesGutachters für Bauschäden auf.um die Anklagepunk.te des Staatsanwalts zu untermauern. Im ..Morgenmagazin" der öffentlich-rechtlichen Sender begegnet uns der Experte für Finanzen oder
Mietrecht. der Expertefür Umweltschutz oder der Expertefür die gesundheitlichen Wirkungenvon Gemüse. Er erklärt den Zuschauern. was richtig und was falsch ist. Den Moderatoren bleibt die Aufgabe. das jeweilige Problemanzusprechen und den Experten als solchen einzuführen - unser Finanzmarktexperte Professor Wolfgang Gerke, die vertraute Gestalt mit der Fliege und dem Schnau-
zer. In der Werbung kennen wir den Experten als den Zahnarzt Dr, IamesBest. der seiner Zahnbürste mit dem Tomatentest zum Welterfolg verholfen hat. In Alpecin-TV-Spots tritt er als Dr. AdolfKlenk und Laborchef auf um die Haarwurzelwirkung seines Coffein-Wirkstoffs am Computer zu demonstrieren. Anstelle einer dem Laienpublikum unverständlichen Argumentation wird. ein Experte präsentiert, der in zwei Sätzen (fast) alles erklärt.
Abbildung 26: Der Experte Dr. rar. nat Adolf Klenk: .In derTat- Coffain trägt dazu bai, dass sich die Wachstumsphasen derHaarwurzeln wiedarverlingem: Viele Fernsehzuschauer meinen. ersei nureine Werbefigur. Nein, esgibtihnwirklich. Er ist Entwicklungs- und Laborchef bei Dr. Wolffin Bielefeld, dem Hersteller von Alpecin und Plantur39.(Foto: Dr. KurtWolff)
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Der Experte verdankt seine überzeugende Wirkung der kollektiven Meinung, dass das, was Experten empfehlen, das Beste für uns sei. So hat ihn bereits Aristote1es beschrieben und als resonanzstarken Unterstützer des eigenen Standpunktes dargestellt. Mit einem Begriff aus der antiken Rhetorik lässt sich der Experte als ein "Topos" bezeichnen.
Topos: Topoi sind Gemeinplätze (Common Places), die seit ewigen Zeiten herangezogen werden, um eine Argumentation gedanklich oderauch emotional zu unterstützen. Sie kommen nicht ausder Sache selbst, die der Redner durchbringen will, sondern entstammen dem großen Schatz volkstümlicher Denk- und Gefühlsmuster. Nach diesen Mustern ziehtder Empfänger die gewünschten Schlüsse selbst.
Das hohe Ansehen, das Experten nicht nur in unserem Kulturkreis genießen, ist sicher nicht vom Himmel gefallen. Jahrtausendelang haben sie bewiesen, so viel mehr als andere von einer speziellen Sache zu verstehen, dass man ihnen das längst ungefragt zugesteht. Wir Heutigen müssen diese Geschichte nicht mehr nachvollziehen, um zu dieser Meinung zu gelangen. Wir übernehmen den Topos unbewusst im Zuge unserer Sozialisierung und Kultivierung und freuen uns darüber, wie einfach es sein kann, das komplizierte Leben richtig zu verstehen. Damit man mit einem Topos Erfolg hat und die eigene Argumentation durch ihn überzeugender wirkt, muss er also von der Massenseele verinnerlicht sein. Er muss eine allgemein anerkannte Lebenswirklichkeit beschreiben, eine Alltagswahrheit, im besten Sinne einen Common Place (Das griechische Wort Topos bedeutet "Ort, Platz"). Weil er allen plausibel erscheint, kann er als allgemein anerkannte Prämisse dienen, aufdie ich meine spezifische Argumentation gründe und von der aus ich mein spezifisches Kommunikationszie1 ansteuere. Ich benutze mithin etwas, das als bewiesen gilt, um damit etwas noch nicht Bewiesenes zu beweisen. Ganz im Sinne der Resonanzfeld-Technik: Eine kollektiv vorhandene allgemeine Vorstellung wird genutzt, um eine entsprechende Schlussfolgerung zugunsten eines parteiischen Angebots auszulösen. Für den Markentechniker stellen Topoi Resonanzfelder dar wie Klischees, Mythen und Archetypen. Er kann auch sie kostenfrei nutzen und darauf zählen, dass sie im Publikum etwas zum Schwingen bringen. Seine Arbeit ist hier ebenfalls nicht nur das Finden eines passenden Topos, sondern darüber hinaus seine
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markenspezifische Ausgestaltung und Benennung. Denn nur dann wird ein potenzieller Kunde seine kollektiven Vorstellungen und Wertungen zuverlässig auf die jeweilige Marke übertragen. Bei der Schokoladenmarke Lindt sind es die in Kapitel 1 bereits zitierten Chocolatiers, die zusätzlich zu dem Resonanzfeld "handwerkliche Zubereitung" noch den Experten-Topos für ihre Marke instrumentalisieren. Sie sind Könner und Kenner, ausgewiesen durch ihren Titel "Maitres", ihre Berufskleidung und ihre fachmännisch erscheinenden Handlungen. Ihrem Fachverstand und ihrem Sinn für das Echte und Wahre verdankt die Marke viel. Bei der Waschmittelmarke Ariel war es in den Jahrzehnten größter kommerzieller Erfolge die Figur der Klementine, die den Experten verkörperte. Eingeführt wurde sie als Waschmaschinentechniker. Deshalb war sie nicht gerade hübsch, trug eine Männerkappe und hatte in ihrem weißen Handwerker-Overall einen Schraubenschlüssel parat. Sie verstand mehr von Waschmaschinenwäsche als alle anderen. Deshalb durfte sie sogar im Angesicht der Familie eine Hausfrau und deren "oberflächlich reine" Wäsche kritisieren und mittels bewiesener "Reinweichkraft" die bessere Lösung propagieren. Ähnlich hat es jahrelang und mit großem wirtschaftlichen Erfolg der Waschmaschinentechniker von Calgon praktiziert, wenn er einer verstörten Hausfrau die verkalkten Heizstäbe und die vorbeugende Wirkung von Calgon vor Augen führte. Die Figur des Experten versetzt die Seele in Schwingung, ob man will oder nicht. Und seine Argumente erscheinen von vornherein plausibler als die des Laien, seines ewig unterlegenen Gegenspielers.
Das Beste - aus Liebe zur Familie Die Familie ist vermutlich der älteste und zugleich haltbarste soziale Verbund der Welt - Mutter, Vater, Kind oder auch in der modernen Patchwork-Version Frau, Mann, Kind. Kein Wunder, dass die Familie eine in unser aller Bewusstsein hinterlegte Größe ist. Im Guten wie im Schlechten. Die Freude über den männlichen Nachfolger und das Entsetzen über den frühen Tod der Mutter; das Geschwisterpaar, das zusammenhält, und das einsame Waisenkind - Facetten einer unendlich facettenreichen Institution. Die Familie stellt ein wunderbares Resonanzfeld dar, denn die Menschenseele scheint ihr apriori zugeneigt. Sie zweifelt deshalb auch nicht an der bereits von Aristoteles genannten Prämisse, dass alles, was aus Liebe zur Familie geschieht, gut ist. "Ich weiß noch ganz genau, wie ich meinen ersten Bonbon von meinem Großvater bekam. Es war Werther's Echte und ich war vier. Heute bin ich der Großvater. Was kann ich da Besseres tun, als meinem Enkel auch einen dieser köst-
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liehen Bonbonszu schenken." So ähnlich lautete der Text in einem Fernsehspot für Werther's Echte. Eine gelungene und wirksame Aktivierung des Resonanzfeldes ..Liebezur Familie". Der Zuschauer fühlt unwillkürlich mit, was in dem alten Mann vorgeht und wohl auch in dem Enkel.
Abbildung 27: Werthsr'sEchte heißen heuteWsrther's Original. (Bild: StorckDeutschl.ndAGI
Empathie statt Argument. Wer kann an der Qualität. am Geschmack der Bonbons noch zweifeln, wenn er diesen TV-Spot sieht und hört. Denn beide Rollen waren auch noch bestens besetzt - der gütige Großpapa im Lehnstuhl und der liebendeEnkelsohn an seinerSeite. DiesesMuster kann übrigensauch als Happy End einer zunächst ganz schlimm verlaufendenGeschichtedienen. Man denke nur an das Jahr für Jahr im Fernsehen wiederholteMärchen vom Kleinen Lord, dessen hartherziger Großvater am Ende weich wird. die verstoßene und zerrissenekleine Familie unter dem Tannenbaum um sich vereint - und adelt.
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Die Unbestechlichen So lange es in der Welt ungerechtfertigte Vorteilnahrne, Nepotismus, Filz und Korruption gibt, so lange existiert auch die Vorstellung und Sehnsucht, Einzelne könnten all diesen Versuchungen widerstehen sowie einzig der Wahrheit verpflichtet sein und dem, was für die Allgemeinheit gut ist. Sie sind die Unbestechlichen, deren Wort mehr gilt als das aller Parteigänger. Ein durchgängiges Merkmal dieses Topos ist die Bedürfnislosigkeit des Unbestechlichen. Er lebt, ohne sein Herz an irdische Güter zu hängen oder seinen Besitz zu mehren. Eine frühe Dokumentation dieses Konzepts ist der Philosoph Diogenes, der antwortete "Geh mir aus der Sonne", als Alexander der Große ihn fragte, ob er ihm einen Wunsch erfüllen könne. Sokrates erklärte den Zöllnern an der Grenze: "Alles, was ich besitze, trage ich mit mir." Auch [esus Christus realisierte und nutzte dieses Resonanzfeld für sich, sich bewusst von den Besitzenden und den Besitztümern des Diesseits abgrenzend. Dass nur die Unbestechlichen die Wahrheit herausfinden und verkünden, dieses Denkmuster gab auch der erfolgreichen Filmserie "The Untouchables" den deutschen Titel. Sie wurden als Helden gegen die Korruption der Prohibitionszeit stilisiert. Nicht zufällig wurde auch die Watergate-Aufklärungsarbeit der beiden Journalisten Carl Bernstein und Bob Woodward unter dem Titel "Die Unbestechlichen" verfilmt. Denn auch der (gute) Journalist aktiviert dieses Resonanzfeld. Er recherchiert ohne Ansehen der Person, überparteilich, er lässt sich vor keine Karre spannen und wird zusätzlich durch das Redaktionsgesetz davor geschützt, die Wahrheit wegen wirtschaftlicher Interessen seines Arbeitgebers zu unterschlagen. Deshalb gilt den Menschen eine redaktionelle Aussage noch immer mehr als beispielsweise die Werbung im seIben Medium auf derselben Seite. Und wegen dieser "Gutgläubigkeit" wiederum darflaut Mediengesetz beides auch nicht vermischt werden . Der Gesetzgeber kennt die Wirkung des Topos "Unbestechlich" sehr genau und will alle Mediennutzer vor einem Missbrauch dieses gut funktionierenden Beeinflussungsmittels schützen. Redaktionell gestaltete Werbung, das sogenannte Advertorial, geht hart an die gesetzliche Grenze heran, indem es zumindest stilistisch vorgibt, eine redaktionelle Äußerung zu sein. Der Zweck ist eindeutig: Der Anschein von Redaktion bürgt für die unbestechliche Wahrheit einer in Wirklichkeit werbenden, also noch nicht bewiesenen Aussage.
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Abbildung 28: Mit dieser redaktionell gestalteten Anzeige wurde das Coffein-Shampoo von Alpeein am Samstag, den 16. April2005 erstmals beworben. Am Tag nach Erscheinen derAnzeige in derBild-Zeitung erhöhte sich derbisdahin mäßige Umsatz um ein Vialfaches, wie dieAbsatzentwicklung bei dm zeigt (Anzeige: Dr. Kurt Wolff)
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Abbildung 29: DM-Abverkauf 2005-Alpecin Coffein-Shampoo (Quelle: DM Intranet)
Die unbestechlichen Warentester Vertrauen ist das wohl wichtigste Gefühl, das Menschen einer Marke entgegenbringen können. Es ersetzt langwierige Prüfungen und kritische Auseinandersetzungen mit dem Angebot und schafft eine Beziehung. die über jeden Verstandeszweifel erhaben scheint. Ein solches Verhältnis zu seinen Abnehmern aufzubauen. bedarf normalerweise einer ganzen Generation und vieler wiederholt guter Erfahrungen bei sich selbst wie auch im sozialen Umfeld. Eine Marke, der es hingegen ungewöhnlich schnell gelungen ist, das Vertrauen der Konsumenten zu gewinnen, ist die Stiftung Warentest. Schon bald nach ihrer Gründung im Jahre 1964 war in der Öffentlichkeit klar. dass man ihren Urteilen über Markenartikel und Handelsmarken vertrauen kann. Der erste und wichtigste Grund dafür ist die Tatsache, dass die Gründer konsequent das Resonanzfeld der Unbestechlichkeit für sich genutzt und mobilisiert haben.•Nur der Unbestechliche sagt die ganze und die reine Wahrheit." Diesem Topos haben die Berliner Warentester eine kohärente widerspruchsfreie und zugleich markenspezifische Gestalt verliehen. Die Gesellschaftsform ist die der gemeinnützigen Stiftung. Vom Staat mit genügend Kapital ausgestattet. kann sieunbeeinflusst von wirtschaftlichen Interessen und Lobbyisten ihrer ..hoheitlichen" Aufgabe nachgehen, die Konsumenten darüber zu informieren, wie gut oder schlecht Produkte und Dienstleistungen kom-
merzieller Anbieter sind. Dieöffentlich deklariertewirtschaftliche Unabhängig-
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keit ist ein starker Auslöser für das Resonanzfe1d ..Unbestechlichkeit". Um ihn noch stärker wirken zu lassen. hat man bei der Geburt der Testzeitschrift auch entschieden, dass sie niemals Werbung aufnimmt. Eine eindeutige Spekulation auf dieVolksmeinung. dass Werbeeinnahmen die Redaktion, d. h. in diesem Falle die Urteile der Tester. beeinflussen könnten. Im Unterschied zu normalen Presseorganen wirkt bei der Stiftung Warentest auch der wissenschaftliche Habitus aller Darstellungen auf das Gemüt der Leser. Unbestechlich wirken die standardisierten. neutralen Vergleiche auf der Grundlage naturwissenschaftlicherVerfahren. Als Wirkverstärker sitzenim Vorstandauch nur Akademiker.
Stiftung Warentest
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IlIIl .1IIIIIIU "",. ... ,,, (( Abbildung 30: Das Juliheft 2010 derStiftung Warentest Passend zur Grillsaison: Gewinnerund Verlierer bei Bratwürsten. (Titelseite Stifumg Warentest7/2010)
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Der Erfolg der StiftungWarenrest in der Öffentlichkeit ist überwältigend. Dazu hat sie nicht nur selbst beigetragen, sondern ebenso die Tatsache, dass sich seit LangemMarkenartikel mit ihren Testurteilenschmücken. Der erste Nutznießer allerdings war Aldi Bereits in den siebziger Jahren wies er in seinen Anzeigen
daraufhin. dass seinWaschmittel Tandil von der Stiftung Warentest gleich gut wie Persil bewertet worden sei. Später gingen auch Markenartik1er dazu über. ihre Produkte mit dem Testsiegelzu schmücken und dies auch in der Werbung auszuloben. Head & Shoulders von Procter & Gamble beispielsweise gründet
seineVormachtstellung im deutschen Antischuppenshampoo-Markt zweifellos auf die wiederholt errungene Auszeichnung als ,.Testsieger". Nach Jahren des Totschweigens durch dieIndustrie haben dieser Aktder Unterwerfung unter die Berliner Testurteile und die Anerkennung ihrer Testmethoden durch die Betroffenen den Institutionen-Charakter der Stiftung Warentest nur weiter gefestigt. Hinzu kam. dass schließlich auch die Redaktionen der Massenmedien die Ergebnisse der Stiftung Warentest in ihr Repertoire aufgenommen haben und regelmäßig als Erzältlstoff weiterreichen. Häufig läuft der öffentliche Diskurs darüber nach dem Muster, gemäß unbestechlicher, objektiver Prüfung sei das billigste Produkt das Beste. Damit wird der Marke Stiftung Warentest die letzte Weihe als Aufklärer und Verbraucherschützer und schließlich der Status der Unangreifbarkeit verliehen.
Stiftung
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Warentest
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Rechtsform Stiftung Keine Werbung im Test-lieft
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Naturwissenschaftler im Vorstand Neutrale vergleiche
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Wissenschaftliche Stilistik weiterverabeitung durch andere Redaktionen
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Abbildung 31: Die Stiftung Warentest nutzt das Resonanzfeld . Die Unbestechlichen".
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Der Gründer Wer sich in seinem Tun auf einen Gründer berufen kann, ist aus Sicht des Publikums im Vorteil. Denn dieses Resonanzfeld ist gefüllt mit beachtlichen Assoziationen: "Vater" ist eine davon, gerne auch verstärkend "Gründervater" genannt (beispielsweise des Grundgesetzes). Eine andere Assoziation sind die "Grund"sätze vom selben Wortstamm. Sie stehen für Kontinuität und Unbeirrbarkeit. Gründer verkörpern den "Grund"-gedanken eines Unternehmens in einzigartiger Weise. Sie geben ihren Mitarbeitern ebenso zuverlässig Orientierung wie ihren Kunden. Dazu müssen sie nicht einmal mehr leben. Es genügt, sie zu beschwören. Wie bei der Whiskey-Marke [ack Daniel's. Jasper "Jack" Newton Daniel hat seine Destillerie 1866 in Lynchburg, USA gegründet. Mit einundsechzig Jahren ist er 1911 gestorben. Aber sein Vermächtnis lebt weiter. Die Fernsehwerbung beschwört, dass Mitarbeiter den [ack Daniel's auch heute noch so herstellen und ihm noch immer so viel Zeit zur Reifelassen, wie es der Gründer damals vorgegeben hat. Nur so könne der typische Geschmack dieses Whiskeys entstehen . Differenzierung und emotionale Aufladung zugleich. Zurzeit hat sich auch ein bedeutendes Handelsunternehmen auf seinen Gründer besonnen und dessen Geschichte hervorgeholt. Die Douglas AG stellt eine Eigenmarke unter dem Namen des Markenschöpfers in ihr Sortiment und wird damit zum Wettbewerber ihrer Markenartikel-Lieferanten: J. S. Douglas Söhne. So der Name seiner 1821 in Hamburg gegründeten und von den Söhnen erfolgreich und international weitergeführten Seifenmanufaktur. Das Douglas-Marketing bringt das Resonanzfeld "Gründer" für seine Zwecke zum Schwingen, indem es von der Wortbildmarke über die Schrifttype, die Artikel selbst und die Gründungsgeschichte alles konsequent nostalgisch gestaltet. Mithilfe des Gründer-Topos setzt sich die neue Marke des Hauses gestalterisch und preislich erkennbar ab von den üblichen Eigenmarken des Handels. Selbst der Zeitpunkt der Markteinführung ist strategisch gewählt und leistet einen Schwingungsbeitrag. Denn 2010 jährte sich zum einhundertsten Male die Eröffnung der ersten Douglas- Parfümerie in Hamburg.
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Abbildung 32: Ausschnitt aus dem Sortiment, das seitdem 10. Mai 2010 exklusiv bei Douglas erhlliltlich ist.IFoto: Douglas AG)
Abbildung 33: Bereits 1821 wurde dieinternational sehr erfolgreiche Seifenfabrik in Hamburg gegrÜndet. Ob sich derBründer aufdiesem Foto verewigt hat, ist nichtgesichert.(Foto: Douglas AG)
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Einer ganz und gar gegenwärtigen Gründerfigur begegnen wir in Steve Jobs, meist der "Apple-Gründer" genannt; obgleich es noch zwei andere gab - damals. Er ist Gründer und Verkünder der Mac-Botschaften, Ideengeber, Lenker, Besessener. Ohne ihn ist alles nichts. Als er aus der Firma gedrängt wurde, lief es schief, bis man ihn wieder zurückholte. Steve Jobs der Wiedererstandene. Seine Geschichte fängt wie die vieler Gründer in einer Garage an. Garage macht sich immer gut, wenn es um Gründer geht. Denn Gründer verfügen über verrückte Ideen und unbändige Energien, nicht über Geld. Der Hamburger Manfred Bogdahn, ein Hidden Champion des 21. Jahrhunderts und Weltmarktführer, hat seine ersten Flexi-Hundeleinen in einer Garage zusammengebaut. Bill Gore setzte die Erfindung seines Bruders Bob, die semipermeable Kunststoffmembran, zuerst in seiner Garage um. Als Gore-Tex wurde sie später weltberühmt. Das Resonanzfeld "Gründer" bringt Apple mit Markenzutaten zum Brummen, die einer ausgeklügelten und rituell wiederholten Dramaturgie entsprechen: Steve Jobs, der für nur einen US-Dollar Jahresgehalt arbeitet, tritt bescheiden und einfach gekleidet auf die Bühne. Turnschuhe, schwarzer Rollkragenpullover. Will sagen, er ist sich treu geblieben. Steve Jobs verzichtet bei seinen weltweit übertragenen Präsentationen auf jegliche Dekoration. Er hat nur sein Produkt, sein Geschöpf. Fast nebenbei holt er es hervor. Dafür will er geliebt werden, nicht für Firlefanz. Womit lädt die Gründerfigur die Marke Apple auf? Mit dem Gefühl, dass hinter ihr jemand steht , der für das beste Produkt der Welt sein Leben und seine Gesundheit gibt. Ein ziemlich hoher Preis. Nulltarif trifft hier nur insoweit zu, als Apple für diese Aufladung kein bares Geld bezahlen musste.
Die Sehnsucht des Gladiators - das Landleben Der Feldherr Maximus in Ridley Scotts Historienfilm "Der Gladiator", gespielt von Russell Crowe, war auf den Schlachtfeldern der Römer an vorderster Front erfolgreich. Seine Truppen kämpften mit großer Brutalität jeden Gegner nieder. Die Kastelle und Zelte seiner Soldaten waren sein Zuhause. Doch seine seelische Heimat blieb das Landgut mit dem einsamen kleinen Bauernhaus inmitten weiter Felder, bewohnt von seiner Frau und seinem Kind, die ihm in seinen Träumen barfuß und einfach gewandet auf dem schmalen Feldweg entgegenlaufen. Die sonnengewärmte Szene bildet den krassen Gegensatz zum Schlachten- und Gladiatorenleben wie auch zur römischen Zivilisation. Sie symbolisiert eine durch die europäische Antike bis in die Gegenwart genährte Vorstellung, wonach das Landleben idyllisch, rein und sorgenfrei sei. In zwei Jahrtausenden hat sich daran nichts geändert, eher hat die Bedeutung angesichts von Industri-
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alisierung und Hochtechnologie noch zugenommen. Die Massenseele schwärmt wie die romantisierenden Bestseller einer Rosamunde Pileher vom einfachen Leben auf dem Lande, vom paradiesischen Einklang mit der Natur, von den Eiern frisch aus dem Gehege, vom Aufstehen mit den Hühnern, von glücklichen Spielen in Wiesen und Wäldern, von der Unverdorbenheit des selbst gezogenen Salats und der Obstbäume. Wie dieser Topos auf Kaufentscheider wirkt und wie weit er die Realität zu verdrängen vermag, bezeugt eine Episode auf einem norddeutschen Bauernhof. Eine Städterin kaufte dort hausgemachten Käse - "Milch nur von unseren Kühen" - und erklärte nach dem Bezahlen: "Der schmeckt auch viel besser als der Gekaufte." Der kaum hinterfragte, nahezu unzerstörbare Gemeinplatz, dass es sich auf dem Lande besser lebt als in der Stadt, erklärt nicht nur den im ersten Teil bereits zitierten Erfolg von Zeitschriften a la Landlust, er steckt auch hinter unserer Liebe zu bepflanzten Balkonen, Gärten und Gartenarbeit, und selbst die fast psychotische Wirkung von "Bio" ist vor diesem Hintergrund leichter zu verstehen. Die Zeitschrift Stern hat dem Topos vom Landleben im Juli 2010 einen langen, wunderschön bebilderten Beitrag gewidmet. Der Text enthält das gesamte verklärende Vokabular, das man in diesem Zusammenhang erwarten darf. Eine Kostprobe: "Leben im Grünen. Unter raschelndem Laub, in frischer Brise, mit Blumen und Tieren. Eine tiefe Sehnsucht vieler Menschen, denen die Städte unwirtlich vorkommen ... Ihr Häuschen mit knarzenden Holzböden, steilen Treppen, niedrigen Fachwerkdecken und der eisenpfannenbestückten Küche ist ein Landlebentraum." Wen wundert es, dass Lebensmittelhersteller diesen Topos nutzen, um ihre Marken zu positionieren und gewaltig aufzuladen. Ein besonders gelungenes Beispiel dafür ist die Marke Landliebe.
Vom Lande kommt nur Gutes Fallstudie: Landliebe Vom Vorstand der Südmilch AG erhielt Horst Zebisch im Herbst 1978 den Auftrag, sich über eine Marke Gedanken zu machen, die zu den etablierten Großen der Branche Nestle, Danone, Lünebest und Chambourcy künftig in Konkurrenz treten könne. Es sollte keine Produkt-, sondern eine Dachmarke für ein breites Sortiment qualitativ hochwertiger frischer Milchprodukte werden. Es galt, das Image eines Herstellers von bloß preiswerten, "haltbaren" Milchprodukten außerhalb des Kühlregals zu beseitigen. Die auf dem Markt für Milchfrischprodukte angebotenen Erzeugnisse - weit über 100 "Marken" aller Qualitäten und Preisklassen und alle jeweils unbedeutend in ihrer Marktposition - unterschie-
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den sich kaum. Markenkonzepte wie Du darfst von Unilever oder die KneippLinie von Chambourcy und genussvolle Dessert-Produkte wie Dany mit Sahne von Danone lagen im Trend. Die Einstellung der Verbraucher zu Ernährung und Umwelt begann sich in dieser Zeit zu verändern. Damals noch kleine Gruppen von Verbrauchern wurden kritischer, forderten qualitativ bessere Produkte im Sinne natürlicher Produkte ohne "chemische" Zusätze, wollten umweltfreundlichere Produkte und Verpackungen. In dieser wachsenden Kundengruppe sollte die neue Frischmilch-Marke starke Resonanz auslösen. Als Horst Zebisch, damals Produktgruppenleiter, gerade anfing darüber nachzudenken, spielte ihm jemand von außen die Idee zu, die neue Marke "Naturliebhaber" zu nennen. Es war die Zeit der ersten Bio-Läden und der frühen Grünen, der sterbenden Wälder und vergifteten Fische. Der Namensbestandteil "Natur" jedoch war den Lebensmittelherstellern von einem sensibilisierten Gesetzgeber inzwischen verboten worden; der "Naturliebhaber" wies dem jungen Marketingmanager gleichwohl die Richtung: "Wahrscheinlich hat dabei auch eine Rolle gespielt, dass ich damals selbst auf dem Lande gewohnt habe. Wir hatten zwei kleine Kinder und wollten sie gesund ernähren." Den Anstoß zur Landliebe-Konzeption gab die Vorstellung, Milch solle und könne wieder so schmecken "wie früher", wie direkt vom Bauernhof. Die Milch als "Mutter des Ganzen" musste von hervorragender Qualität sein und den Kunden Sicherheit geben. Kein Problem. Denn die Südmilch belieferte schon lange in Deutschland stationierte US-Streitkräfte mit einer hochwertigen Milch. Die gesundheits- und hygienebewussten US-Amerikaner verlangten eine Keimzahl von maximal 100.000 pro Milliliter, während 500.000 in Deutschland üblich waren. Diese sogenannte S-Klasse-Milch konnte die Südmilch Ende der siebziger Jahre von gerade einmal 153 Bauernhöfen beziehen. Deren Zahl hat sich inzwischen zwar vervielfacht, die Keimzahl aber liegt noch immer bei Einhunderttausend. Die Produkte für die neu zu schaffende Marke sollten ausschließlich aus dieser Milch hergestellt und frei von Bindemitteln, Konservierungs- und Farbstoffen sein. Dem überzeugten Landmenschen Zebisch waren die Freude der Menschen am Landleben und ihre Sehnsucht nach Ursprünglichkeit kein Geheimnis. Er wusste aus eigenem Erleben, dass seine Nachbarn glücklich waren über die Milch direkt von ihrem Bauern, weil sie besser sei, besser schmecke und man den Rahm obendrauf noch sehen könne. Daraus leitete er die ersten drei Hauptaussagen für seine Produkte ab: "Schmeckt so rahmig-frisch wie damals, ist naturbelassen im Fettgehalt und von ausgewählten Bauernhöfen." Die Produkte zeichnen sich bis heute aus durch strengere Produktkontrolle, hohe Produktqualität. Na-
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türlichkeit der Roh- und Zusatzstoffe sowie Minimierung der technischen Verarbeitung, was möglichst schonende Herstellung bedeutet. Die Produkte wurden so bezeichnet, dass sie in diesen Vorstellungsraum passen und gleichzeitig Abstand hielten von denen der Wettbewerber: "Frische Landmilch", "naturrnilder Joghurt", "Joghurt mit Gravensteiner Äpfeln" - und nicht mit irgendeiner namenlosen Art. Noch war der richtige Markenname nicht gefunden. Aber die passende Verpackung war bereits in Arbeit. Horst Zebisch drehte auf der eigenen Werkbank seine Holzmodelle für die Joghurt-Gläschen in Milchkannenform und für die hochkant stehende 250 Gramm-Butterrolle, die es sonst nirgends gab. Die Milch musste zum Leidwesen des Markenschöpfers damals noch in Kunststoffverpackungen abgefüllt werden. Der Lebensmittelhandel lehnte Glas und den damit verbundenen Aufwand strikt ab. Die Namensfindung war kein Namensagentur-Projekt. Es war auch kein langer Abend, an dem dann der richtige Name gefunden wurde . Es waren genau dreißig Minuten mit sechs ausgewählten begabten Personen, die ihn nach der bekannten Kreativ-Methode 635 suchten. Am Ende gab es acht Favoriten, zwei waren in der endgültigen Auswahl: Heimatliebe und Landliebe. Noch am selben Abend bat Zebisch den Firmenjuristen, beide als Wortmarken anzumelden. Beide kamen durch, in einem Verbrauchertest aber erwies sich "Landliebe" als die emotionalere Marke. Um das Resonanzfeld "Was vom Land kommt, ist das Beste" ordentlich zum Schwingen zu bringen, entschloss sich der bekennende Kalligraf, für die Marke nur Handschrift zu verwenden; eine Schrift wie die der Bäuerin, wenn sie Aufkleber für ihre selbst gemachte Marmelade beschriftet. Auch der ovale Rahmen sollte daran erinnern. Und auf den Packungen und in den Anzeigen sollte es auch keine Fotos geben, sondern nur quasi handkolorierte Illustrationen, mit einem beige-braunen Grundton wie von alters her. Schrift und Bild sollten gestalthaft Abstand halten zu den Industriekonkurrenten. Die Milchkanne, das Butterfass, die Bäuerin mit der Rührschüssel vor dem Bauch wurden Schlüsselbilder der Marke in der Kommunikation. Und die tickende Uhr in der Bauernküche vermittelt die Vorstellung von Ruhe und Sorgfalt bei der Herstellung. Im Oktober 1979 hatte Horst Zebisch sein Konzept fertiggestellt, den Bauplan und die Ausführungsbestimmungen für eine Marke, der er viele Entfaltungsmöglichkeiten mit auf den Weg geben wollte. Von der Milch über alle erdenklichen Molkereiprodukte, Nudeln, Brot, Marmelade und Eis bis hin zu einem
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Spiel rund um den Bauernhof mit Holzfiguren. NurzwölfMonate später wurde Landliebe im Testmarkt Süddeutschland erfolgreich eingeführt. Der nationale Durchbruch gelang1987 mit der Einführung der Glasflasche.
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Abbildung 34: Zebischs erste eigene Handskizzen fiir die Joghurt-Gläschen. (Bild: Horst Zebischl
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Abbildung 35: Mit diesem Handzettel wurde Landliebe bei Coop (die es damals noch gab) eingefllhrtlllustrationen, Typografie und Vokabular sind konsequent darauf ausgerichtet, diesentimentale Vorstellung aufzurufen, vom Lande komme das Gute und Reine. (Bild: FrieslandCampina)
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Abbildung 36: Die Landliebe-Gläschen waren vielen zum Wegwerfen zu schade. Deshalb erfand Zebisch die. Landliebe-Korken". Mit ihnen verwandelten sichdieGIAschan in Behälter für Gewurze, Büroklammem oder Betthupferle. Auch derVorwurf der Basscurcenserscbwandunq konnte so abgeblockt werden. (Bild: FrieslandCampinaJ
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Die Händler hatten mittlerweile ihren Widerstand gegen dieses Mehrweggebinde aufgegeben. Grüne und der BUND rühmten die Maßnahme sogar als wegweisend für den Umweltschutz; was der Marke zwar einen zusätzlichen Schub gab, aber auch ein wenig ablenkte von der Idee "Gutes vom Lande" und die Nebenwirkung erzeugte, dass gerade dieser Hersteller von Grünen und Foodwatehern bis heute kritisch beäugt wird. Die mit dem Glas gewährleistete Produktsicherheit hatte einen neuen Stellenwert bekommen. Ein Jahr zuvor war der Atomreaktor in Tschernobyl explodiert. Die radioaktiven Wolken erreichten auch Deutschland und ängstigten vor allem die Mütter, die nun nach unbedingter Produktsicherheit verlangten. Die Werbung für die frische Landliebe-Landmilch in der Glasflasche musste nach einer Woche eingestellt werden, weil die Molkerei nicht mehr liefern konnte. Die Nachfrage war überwältigend. Landliebe ist heute die angesehenste Milchmarke in Deutschland. Preislich steht sie ganz oben. Für Campina, den heutigen Eigentümer der Marke, ist sie ein wirtschaftlicher Glücksfall. Auch für dieses Buch. Horst Zebisch, ab diesem Jahr im Ruhestand, verfolgt die Geschicke "seiner" Marke noch immer sehr aufmerksam. Sie sei der Grundlinie treu geblieben. Dass es im Landliebe-loghurt nicht mehr nur heimische Früchte gibt, sondern auch exotische Früchte wie Banane und Pfirsich-Maracuja, dem hätte er seinerzeit wohl nicht zugestimmt. "Für mich ist Landliebe da, wo ich wohne." Aber in diesem Punkt dachte er zu seiner Zeit vielleicht ein wenig zu streng. Was unterscheidet Topoi, von denen in diesem Kapitel einige wenige vorgestellt werden konnten, von den Klischees, Mythen und Archetypen? Die Antwort: Sie sind im Unterschied zu diesen von vornherein als rhetorische Werkzeuge gedacht und als solche in der Redekunst theoretisch und praktisch bearbeitet worden. Sie müssen also nicht wie ein Mythos oder ein Klischee zum Resonanzfeld umfunktioniert werden, sie sind per se Resonanzfelder im Sinne einer unmittelbar einsetzbaren Technik.
Archetypen: Das Spiel mit Menschheitserfahrungen Der Psychoanalytiker C. G. Jung machte im Rahmen seiner Forschungen eine interessante und folgenreiche Beobachtung. Er erkannte, dass in den religiösen Erzählungen, Märchen und Geschichten der verschiedensten Kulturkreise bestimmte Bilder und Vorstellungen wie z. B. die Mutter, der Held oder der Baum
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des Lebens immer wieder auftauchen. Die konkrete Ausgestaltung dieser Vorstellungen unterschied sich zwar. doch der Kern war immer der gleiche. Diese
kollektiven Vorstellungen mit universeller Verbreitung nannte er Archetypen bzw. archetypische Vorstellungen. Woher kommen diese archetypischen Vorstellungen? Die Antwort C. G. Jungs ist durchaus plausibel: Bestimmte Erfahrungen gehören elementar zum Leben eines jeden Menschen, und bestimmte Probleme beschäftigen die Menschen zu allen Zeiten und überall. Zu diesen kollektiven Menschheitserfahrungen gehören Partnerschaft. Erfolg bzw. Misserfolg und Tod, das Verhältnis zur Natur oder auch die Frage nach dem Sinn des Lebens. Archetypen sind das Ergebnis dieser kollektiven Menschheitserfahrungen. Sie sind universelle Bildungen der menschlichen Seele. Archetypische Vorstellungen stellen hervorragende Resonanzfelder für die Markenführung dar. Denn sie vermögen es, alle Menschen in allen Gesellschaften und zu allen Zeiten zu ergreifen und zu aktivieren. Archetypen sind unglaublich massenwirksam - im Grunde kann sich ihrer Wirkung niemand entziehen. Archetypische Vorstellungen sind auch nicht an eine Kultur gebunden; sie sind universell und global verständlich. C. G. Jung 11875-1961) war Bin SchweizBr Mediziner und Psychotherapeut. Er gilt neben Sigmund Freud alsVordenker bei der Erforschung dermenschlichen Seele. Mit seinen umfangreichen Arbeiten zu Archetypen, zur Persönlichkeitsstruktur und zu psychologischen Typen hater dieSchule deranalytischen Psychologie begrOndet.ln seinen Studian hat ervielfach dieGrenzen von Medizin und Psychologie überschritten und sichmit Religion, Literatur und Kunst beschlliftigt. Mit seinem Werk hat C. G. Jung neben derPsychotherapie und Psychologie daher auch dieTheologie, Literaturund Kunstwissenschaft beeinflusst. Mit seinem Konzept derArchetypen liefert er dem Marketing bemerkenswerte Vorlagen.IBild: Mauritius)
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Archetyp: Kollektive Vorstellung überbestimmte Figuren, BilderoderSituationen, die im Unterbewusstsein eines jeden Menschen verankert ist. Archetypen sind Ergebnis von Menschheitserfahrungen (z. B. Kind-Sein, Tod); sie werden von allen Menschen in allen Gesellschaften und zu allen Zeiten geteilt. Bekannte Archetypen sind z. B. die Mutter, der Held oderder Baum des Lebens.
Der "Mutter-Archetyp" als Resonanzfeld Ein bedeutsamer und facettenreicher Archetyp ist nach C. G. Jung der "MutterArchetyp". Für jeden Menschen ist die eigene Mutter die erste wichtige Bezugsperson mit Prägekraft für das gesamte Leben. Neben der Rundumversorgung mit Essen, Trinken und Sauberkeit sorgt sie während der ersten Zeit auch für das emotionale Wohlergehen des Kindes. Jenseits der individuellen Beziehung zu dieser einen konkreten Person haben alle Menschen gewisse Vorstellungen vom "Mütterlichen" - also von den Eigenschaften und Verhaltensweisen, die man gemeinhin mit Müttern verbindet. Dazu gehören Eigenschaften wie Fürsorglichkeit, Güte und eine intuitive Weisheit. Obwohl traditionelle Familienbilder und Rollenvorstellungen in westlichen Gesellschaften mehr und mehr an Bedeutung verlieren, ist der Stellenwert der Mutter nach wie vor sehr hoch. Dies zeigt schon die große Bedeutung des "Muttertags". Jedes Jahr am zweiten Sonntag im Mai wird den Müttern besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht. Dieser Tag hat für bestimmte Branchen enorme wirtschaftliche Bedeutung: So erzielt der Blumenhandel in Deutschland an diesem Tag den höchsten Umsatz im Jahr und damit mehr als z. B. am "Valentinstag". Die Wertschätzung gegenüber Müttern ist gerade bei heutigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehr stark ausgeprägt. Die letzte Shell Jugendstudie wie auch eine Studie der Universität Siegen haben unlängst festgestellt, dass die eigene Mutter für junge Frauen und in etwas geringerem Maße auch für junge Männer ein großes Vorbild darstellt. Und diese Wertschätzung des Mütterlichen beschränkt sich nicht nur auf die leibliche Mutter. Im Jahr 2009 fragte die Hamburger Stiftung für Zukunftsfragen Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 29 Jahren nach ihren Vorbildern. Die Mehrheit nannte Mutter Teresa; ihr sprach man aufgrund ihrer Eigenschaften, Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale mehr als allen anderen großen Persönlichkeiten Vorbildcharakter zu. Auch wenn die Ordensfrau
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und Friedensnobelpreisträgerin aus Kalkutta niemals eigene Kinder hatte, so verkörpert sie in einer Art religiöser Überhöhung das mütterliche Prinzip wie kaum eine andere. Mutterfiguren sind also immens massenwirksam und äußerst positiv besetzt. Dieser Archetyp ist folglich geradezu prädestiniert, um als Resonanzfeld für Marken verwendet zu werden. Bei Produkten aus dem Bereich Babynahrung und Babypflege liegt es von vornherein nahe, mit dem Resonanzfeld "Mutter" zu arbeiten. Sind es doch aller Vätermonate zum Trotz nach wie vor überwiegend die Mütter, die sich der Versorgung des Nachwuchses in der ersten Zeit annehmen. In der Werbung für Alete, Bübchen & Co. sieht man daher aus gutem Grund fast immer eine junge Mama mit einem lachenden Säugling kuscheln . Auch für Marken rund um die Themen Ernährung und Haushalt ist dieses Resonanzfeld geeignet. Für die Markenführung mit Archetypen als Resonanzfeldern gilt generell: Archetypen aktivieren alle Menschen, sie müssen in der Markenkommunikation jedoch stets aktuell und kulturell-spezifisch ausgestaltet werden. Wie also sollten Mütter in der Markenkommunikation inszeniert werden? Eine Studie der Axel Springer-Marktforschung zum Thema Weiblichkeit aus dem Jahr 2010 zeigt, welche Mütter-Inszenierungen heute bei Frauen gut ankommen und welche nicht. Unattraktiv sind Darstellungen von biederen Hausmütterchen, gestressten Karrierefrau-Müttern und extrem eitlen Edel-Müttern. Beliebt sind hingegen Darstellungen von Müttern, die sich innig mit ihrem Kind beschäftigen, und Bilder, bei denen sich neben der Mutter auch der Vater in die Familie einbringt. Dieses Resonanzfeld veraltet also nicht, es muss allerdings immer in sozial und kulturell attraktiver Manier angespielt werden.
Fallstudie "Mutterland": Nutzung des Mutter-Archetyps als Resonanzfeld Dass das Resonanzfeld "Mutter" auch jenseits von Babybrei und Küchenreiniger erfolgreich genutzt werden kann, macht der Hamburger Delikatessenladen Mutterland vor. Er bietet seinen Kunden traditionelle Lebensmittel aus heimischer Erzeugung. Neben fertigen Mahlzeiten aus dem Kühlregal gibt es bei Mutterland Marmeladen, Tees, Süßigkeiten, Weine und andere Delikatessen. Mutterland ist ein Paradebeispiel dafür, wie die schnelle und erfolgreiche Etablierung einer neuen Marke mit dem überlegten und gekonnten Einsatz von Resonanzfeldern gelingen kann.
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Das im Jahr 2007 eröffnete Mutterland-Stammhaus befindet sich in bürgerlicher Kulisse im denkmalgeschützten Bieberhaus von 1909, direkt in der Hamburger Innenstadt zwischen Hauptbahnhof und dem Stadtteil St. Georg. Für das Mutterland-Stammhaus wurden drei Ladeneinheiten zusammengelegt. Das Resonanzfeld "Mutter" stellt hier die Grundlage des Marken-Gesamtkonzepts dar. Es hat die Kundschaft überzeugt. Bereits im ersten Jahr erwirtschaftete Mutterland Gewinn (Für die Nutzung des Resonanzfeldes "Mutter" waren keine Kosten angefallen!). Hamburger wie Touristen besuchen Mutterland sehr gerne. Bereits 2009 wurde ein zweiter Mutterland-Laden in Hamburg eröffnet, im Jahr 2010 ein dritter. Auch die Fachwelt ist von Mutterland hellauf begeistert. Die deutsche Tages- und Wochenpresse widmete sich diesem Delikatessen-Geschäft bis heute in über 70 Artikeln. Prompt folgte auch die begehrte Auszeichnung als "Store of the Year" im Jahr 2009. Der Erfolg dieses Laden-Konzepts beruht auf einer absichtsvollen und konsequenten Nutzung des Mutter-Archetyps. Dies wird schon beim ersten Blick auf die Philosophie des Ladens deutlich: "Dabei verstehen wir Mutterland als eine Hommage an liebevolle Mütter und an Deutschland." Bei Mutterland steht "Mutter" also für die warmen Erinnerungen an die eigene Mutter, an die Kindheit und an früher. Denn hat es früher nicht einfach besser geschmeckt als heute? Das Resonanzfeld "Mutter" aktiviert bei Mutterland auch Geborgenheit und Umsorgtwerden, wie man es in der Kindheit erlebt hat. Der Kunde soll bei Mutterland das Gefühl haben, heimzukommen und wie früher am Küchentisch bei Mutti zu essen. Mutterland stellt sich mit allen gestalterischen Mitteln gegen das Convenience-Food aus Massenproduktion auf. Bei Mutterland gibt es zwar auch fertige Gerichte, teilweise sogar zum Aufwärmen. Doch sind die Rote-Bete-Suppe und der Griesbrei aus dem Mutterland-Kühlregal nach haushaltsüblichen Rezepten gekocht und nur wenige Tage haltbar. Und in Weckgläsern "eingemacht" wecken sie die Vermutung, sie seien von Muttern vorgekocht worden. Die Empfindung, man könne bei Mutterland althergebracht-vertraute Produkte "wie bei Muttern" erwerben, wird primär durch die Gestaltung der Produkte wie auch des Ladens ausgelöst. Die weiß geflieste Theke erinnert an den Milchladen früherer Zeiten. Die Produkte werden in Regalen aus dunklen Holzkisten präsentiert. Die hölzernen Tische und Stühle des Mutterland-Cafes sind einfach gehalten. Im Mutterland-Logo kann man ein "M", ein stilisiertes Herz und eine Brezel erkennen. Die Etiketten der Marillen- und Hollerblüten-Marmelade sind selbstverständlich von Hand beschrieben - Mutti hat ja früher die Gläser mit eingekochter Marmelade auch selbst beschriftet. Die Wortwahl rund um
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die Marke ist durch und durch am Resonanzfeld "Mutter" orientiert. So heißt das belegte Brot nicht "Snack", sondern "Pausenbrot"; das erste Mutterland-Geschäft heißt "Stammhaus" und der Kassenbon verspielt-ironisch "Milchmädchenrechnung". Der Mutterland-Inhaber instrumentalisiert nicht nur den Mutter-Archetypen, sondern interessanterweise daneben auch "Vaterland" als Resonanzfeld. Bei Mutterland steht Vaterland für Heimat und Herkunft. Und auch für den Wunsch, die natürlichen Ressourcen der Region, aus der man stammt, zu bewahren. Aktiviert wird das Resonanzfeld "Vaterland" vor allem durch die erkennbare Bevorzugung regionaler Erzeugnisse. Die Produkte von Mutterland werden fast ausschließlich in der eigenen Küche bzw. von kleinen Herstellern aus dem Hamburger Raum produziert, Die Rezepte und Produktbezeichnungen zeigen ebenfalls Lokalkolorit: Es gibt bei Mutterland "Vanillepudding" statt französischer Creme Brulee, "Körner-Brot" statt italienischer Ciabatta und "Frikadellen" statt schwedischer Köttbullar. Das alles hat natürlich seinen Preis, den aber viele Kunden offensichtlich zu zahlen bereit sind. Letztendlich passen auch die hohen Preise zum Resonanzfeld "Mutter" im Sinne von "so wie früher". Denn früher gaben die Deutschen einen weitaus größeren Teil ihres Einkommens für Lebensmittel aus als heute. Die industrielle Massenfertigung machte sie dann billiger. Mutterland räumt der Ernährung also wieder den hohen Stellenwert ein, den sie früher einmal hatte. Wer gründet ein solches Geschäft? Eine Hausfrau um die 50, deren Kinder aus dem Haus sind und die nach einer neuen Aufgabe sucht? Ganz und gar nicht: Der Gründer ist [an Schawe, ein junger Hamburger Unternehmer, der zuvor schon eine In-Bar in Hamburg gegründet und das Design- und Marketing-Handwerk als Assistent vom Design-Papst Peter Schmid persönlich gelernt hatte. Das vielgestaltige und vielschichtige Spiel mit Archetypen bei Mutterland dürfte also das Ergebnis einer durchdachten Strategie sein. Sein Vorgehen zeigt übrigens auch, dass man sich nicht unbedingt auf ein Resonanzfeld beschränken muss, sondern dass wie hier Resonanzfelder sinnig miteinander kombiniert werden können.
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Abbildung 37: Mutterland nutzt kostenfrei .Mutter" als Resonanzfeld.
Abbildung 38: Ladenraum von Mutterland (Foto: Mutterland)
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Abbildung 39: Ladenraum von Mutterland (Foto: Mutterland)
,Er muss mich wie eine Prinzessin behandeln' Eine wahre Geschichte: Im Handarbeitsunterricht einer vierten Klasse werden Handspielpuppen gebastelt, um danach gemeinsam ein Puppenspiel aufzuführen. Jedes Kind kann für sich entscheiden. welche Gestalt als Vorlage für die eigene Puppe dienen soll. Trotzdem stellen die Mädchen aus der Klasse alle eine Prinzessinnenpuppe her. Die Lehrerin, die in ihrer Lehrerinnenlaufbahn nie etwas anderes erlebte. hat deshalb längst ein Puppenspiel. auf Lager, in dem 15 Prinzessinnen vorkommen - und 14 umkommen. Wir treffen hier auf eines der schönsten Resonanzfelder überhaupt. Denn jedes kleine Mädchen träumt offensichtlich davon, einmal eine Prinzessin zu sein. Selbst ältere Mädchen: "Er muss mich wie eine Prinzessin behandeln", fordert 01ga (18) aus Ohlsdorf in ihrer Parlnerschaftsanzeige in der Hamburger BildZeitung. Die Prinzessin übt auf kleine und große Mädchen größte Anziehungskraft aus. Die Berichterstattung über die europäischen Königshäuser in Frauenzeitschriften, wie z, B. Bild der Frau, zeugt von der immensen Strahlkraft der
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Prinzessin in der modernen Gesellschaft. Die Unsterblichkeit der Lady Di liegt darin begründet, dass sie diesen Prinzessinnen-Traum so wunderbar in Szene gesetzt hat: die kleine Kindergärtnerin, die wie Aschenputtel von einem Prinzen entdeckt und zur Prinzessin gemacht wurde. Die Prinzessin verfügt über zeitlose Massenwirksamkeit, weil sie auf einem Archetyp beruht. Sie spricht Wünsche, Träume und Bedürfnisse an , die - bei Mädchen und Frauen - allgemein verbreitet sind. Auch wenn viele emanzipierte Mädchen und Frauen das nicht zugeben wollen, unbewusst fühlen sie sich trotzdem angesprochen und identifizieren sich mit dieser Figur. Weil dieser Archetyp so stark ist, kommt in vielen Märchen eine Prinzessin vor: Aschenputtel, Schneewittchen, Dornröschen - immer ist es eine Prinzessin, die eine tragende Rolle spielt. Heute bringen zahlreiche Filme Prinzessinnen-Geschichten in moderner Gestalt auf die Leinwand: "Pretty Woman", "Breakfast at Tiffany's" und viele mehr. Selbst bei "Sex and the City" kommt Carrie schlussendlich mit ihrem Prinzen "Mr. Big"zusammen. Markenführung mit der "Prinzessin" als Resonanzfeld verspricht großen wirtschaftlichen Erfolg. Das beweist die Geschichte der Prinzessin Lillifee. Die Prinzessin Lillifee ist die namensgebende Gestalt einer Kinderbuchreihe des Coppenrath-Verlags in Münster, die im Jahr 2004 auf den Markt gebracht wurde. Seitdem wurden zwei Millionen Bücher mit der Prinzessin Lillifee verkauft. Auch die mehr als 300 Merchandising-Artikel rund um die Prinzessin Lillifee von der Haarspange über den Schulranzen bis hin zum Haarshampoo und selbst ein Lillifee-Musical finden begeisterten Anklang. Laut einer Studie der GfK kennen in Deutschland 97 Prozent der Eltern mit mindestens einer Tochter zwischen drei und zehn die Prinzessin Lillifee und 96 Prozent der Eltern geben an, dass ihre Tochter Lillifee gut oder hervorragend findet. Die Lillifee aktiviert den Prinzessin-Archetyp par excellence: Sie trägt ein Krönchen, Rüschenkleider, Schleier und Schleifen. Rosa ist ihre Farbe. Sie lebt in einem Blütenschloss. Und sie tut Dinge, die in der Wirklichkeit gar nicht möglich sind. Sie küsst morgens die Blumen wach und zündet abends die Sterne an. Die Prinzessin Lillifee ist ein Kleinmädchen-Traum und eine kommerzielle Erfolgsgeschichte zugleich. Dass die Lillifee eine so überragende Akzeptanz findet, ist auch darin begründet, dass sie neben der Prinzessin noch ein zweites Resonanzfeld anspricht: "die gute Fee". Denn die Lilli-i.Fee" ist nicht nur mit dem Krönchen, sondern auch noch mit einem Feenstab ausgestattet. Und das feenhafte Zaubern lernt sie in einer Zauberschule. Das Beispiel unterstreicht einmal mehr
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die universelle Gültigkeit von Archetypen: Die Lillifee-Bücher sind inzwischen in 29 Sprachen übersetzt worden. Auch die kleinen Mädchen in Großbritannien und Russland lieben diese Figur.
Abbildung 40: Mit allen Attributsn ausgsstattst, um dis Rssonanzfsldsr ..Prinzessin" und . aute Fss"zu aktivisrsn. (Bild: Coppsnrath Vsrlagl
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Mirchen. Geschichten und Filme als Resonanzfelder Märchenund Legenden. aber auch moderne Geschichten und Filmegreifen gerne archetypische Vorstellungen auf,um ihren Publikumserfolg abzusichern. Geschichten. die auf archetypischen Vorstellungen beruhen. versprechen den Mensehen Erleichterung oder Erlösung durch rational nicht fassbare Wendungen. Sieht die Singlefrau am Ende eines Hollywood-Films, dass Er Sie heiratet, so gibt ihr das bekanntlich Hoffnung, auch sie selbstwerde bald ihren Traumprin-
zen finden oder der Traumprinz sie. Das HappyEnd. wenn der Prinz dank seiner Herzensgüte unter der zunächst unscheinbaren Gestalt seine Prinzessin entdeckt, rührt und berührt Frauen ohnehin und zumindest auch die Softies unter
den Männern. Wenn ein Film oder ein Bucheine große Publikums-Resonanz erzielt, kann man mit hober Wahrscheinlichkeit davon ausgehen. dass die Macher archetypische Resonanzfelder ins Spiel gebracht und sie durch vertraute Gestaltelemente und Inszenierungen für die Massenseele aktiviert haben.
Gegen die Wirkung von Märchen können wir uns einfach nicht wehren. Interviaw mit Profassor Dr.Andrea Gröppel-Klein
Professor Dr. Andrea üröppel-Klelntnhebenn des lehrstuhlstOr Betriebswinschaftslehre, insbesondere Marketing, und Direktorin des Institutsfür Konsum- und Verhaltensforschung an derUniversität desSaarlandes (ehemaliger Direktor: Professor Dr. Werner Kroeber· Riel). Sie ist spezialisiert auf dieGebiete Konsumentenverhalten und Point-of-SaleForschung, (Foto: Andrea Groppel·Klein)
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Frage: Wie sind Sie darauf gekommen, sich mit der Wirkung von Märchen in der Werbung zu beschäftigen? Andrea Gröppel-Klein: In meinen Vorlesungen über Konsumentenverhalten gehe ich immer auch auf den Archetypen-Ansatz von C. G. Jung ein, der auch zur Analyse von Märchen verwendet wird. In vielen Märchen leben Frauen im Elend oder werden von ihren Stiefmüttern missachtet. Diese Frauen fühlen sich zu Männern hingezogen, die stark sind, sie erretten und ihnen eine glückliche Zukunft versprechen. Die Frage ist, ob jede Frau ihren Prinzen sucht - so wie Aschenputtel bzw. Cinderella oder Dornröschen. Bei einer dieser Vorlesungen kam mir die Frage in den Sinn, ob meine jungen Studentinnen auf einen Prinzen warten bzw. nach wie vor von Cinderella-Geschichten fasziniert sind. Gerade die jungen Frauen sind heute sehr ehrgeizig und sie schneiden in den Klausuren oft besser ab als ihre männlichen Kommilitonen. Brauchen solche erfolgreichen Frauen denn wirklich noch einen Prinzen zum Glücklichsein? Das hat mich auf die Idee gebracht, die Wirkung von Märchenmotiven und Märchenfiguren und die dahinterstehenden archetypischen Vorstellungen in Werbespots zu erforschen.
Frage: Warten Frauen auf den Prinzen? Was hat Ihre Forschung ergeben? Andrea Gröppel·Klein: Die Cinderella-Story hat auf alle Frauen eine anziehendeWirkung - unabhängig von der jeweiligen Persönlichkeit. Gegen die Wirkung von Märchen können wir uns einfach nicht wehren. Selbst dann nicht, wenn wir intelligent genug sind, um die enthaltenen Muster zu durchschauen. Klar ist aber: Viele Frauen würden niemals zugeben, dass sie sich im Cinderella-Märchen wiederfinden. Deshalb haben wir in unserer Studie mit Elektroden gemessen, welche Aktivierung Werbespots und Filme mit Märchen haben.
Vorgegangen sind wir dabei wie folgt: Wir haben Studentinnen mehrere Werbespots hintereinander gezeigt und dabei jeweils die elektrodermale Reaktion gemessen, die willentlich nicht kontrollierbar ist. Je größer die gemessene Reaktion ist, desto größer ist auch die Erregung bzw. Aktivierung derTestperson aufgrund des Werbespots. Einer der Spots warb für die Marke Prinzenrolle und basierte auf dem Dornröschen-Märchen. Von allen sechs Spots war die elektrodermale Reaktion beim Dornröschen-Spot am größten. Er hatte also bei den Studentinnen die größte aktivierende Wirkung. Aktivierende Wirkung bedeutet hier auch Annäherung hin zur Marke - also das, was ich mit Werbung ja erreichen möchte. Um auszuschließen, dass die große Reaktion auf den Prinzenrolle-Spot und nicht auf den Markennamen oder die Produktkategorie zurückzuführen ist, haben wir eine zweite Studie durchgeführt. Dabei sahen die verkabelten Testpersonen zwei Prinzenrolle-Werbespots, einmal den Dornröschen-Spot, einmal
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einen ohne Märchen-Handlung. Zudem sahen sie einen weiteren "Keks-Werbefilm': der eine couragierte Frau zeigte. Die aktivierende Wirkung des Märchen-Spots war wiederum signifikant höher. Es zeigt sich also: Märchen sind attraktiv - auch in der Werbung, führen zu Annäherungsverhalten und positiven Einschätzungen.
Frage: Auch die ehrgeizige, abgeklärte Karrierefrau wird also beim Prinzen in der Werbung schwach? Andrea GrÖppel·Klein: Ja, das stimmt. Wir haben die Studentinnen zu ihren
Einstellungen bezüglich Karriere, Familie und Mann-Frau-Stereotypen befragt. Auch Selbstbewusstsein und Romantik-Empfinden haben wir abgefragt. Und ganz egal, welche Persönlichkeit und Wertvorstellungen die Frauen hatten: Alle wurden durch eine Cinderella-Story aktiviert. Wenn Sie so wollen: Auch die ehrgeizige BWI.:Studentin träumt vielleicht insgeheim auch vom Märchenprinzen.
Frage: Wir haben bislang nur über Frauen gesprochen. Wirkt Märchen -Werbung denn auch bei Männern? Andrea GrÖppel·Klein: Wir haben auch die Wirkung von Märchen-Werbung auf
Männer untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass Studenten genauso wie ihre weiblichen Kommilitoninnen sehr positiv auf Märchen reagieren. So wie die Frau ihren Beschützer sucht, so möchte der Mann eben auch der Held sein. Der Mann muss jedoch in der Geschichte eine Rolle spielen, sonst wirkt die Geschichte nicht. Ein Werbespot mit einem Märchenmotiv ohne Männerrolle bietet Männern nämlich keine Möglichkeit zur Identifikation.
Frage: Welche Vorteile hat es, Werbung mit Märchenmotiven und Märchenfiguren zu verbinden? Andrea Gröppel·Klein: Zum einen sind Märchen allgemein bekannt. Insbeson-
dere die Märchen der Gebrüder Grimm. Von Kindheit an wachsen wir mit Märchen auf. Werbespots, die auf Märchen basieren, werden also schnell und intuitiv verstanden. Außerdem sind Handlung und Figuren von Märchen sehr eng mit positiven Empfindungen verbunden. Im Märchen gehen Wünsche noch in Erfüllung. Diese positive Symbolik aus den Märchen kann Werbung nutzen und auf die Marke übertragen. Schließlich polarisieren Märchen sehr stark zwischen Gut und Böse. Sie machen es uns leicht, Sympathie für positive Figuren zu entwickeln und uns mit ihnen zu identifizieren. In einem Werbespot mit Märchenelementen profitiert dann auch die Marke davon.
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Ein weiterer interessanter Aspekt ist, wenn es um international präsente Marken geht: Da Märchen auf archetypischen Vorstellungen beruhen, ist Werbung mit Märchenmotiven weltweit wirksam. Natürlich muss man das Aussehen der gezeigten Figuren und auch die Situation an die Kultur anpassen. Aber die Handlung eines solchen Werbespots ist relativ problemlos übertragbar. Auch eine Japanerin fühlt sich nämlich von der Cinderella-Story angesprochen.
Frage: Wenn man ein Märchen für einen Werbespot nutzen möchte. Worauf muss man dann achten 7 Andrea Gröppel-Klein: Wichtig ist, ein Gefühl von Gerechtigkeit zu vermitteln. Das Gute siegt, das Böse wird besiegt. Ein Happy End ist also wichtig oder zumindest die Hoffnung, dass sich alles zum Guten wenden wird. Werbung mit Märchen muss erreichen, dass die Zuschauer Sympathie und Empathie empfinden. Dass ihnen also die gezeigten Figuren sympathisch sind und dass sie sich mit ihnen identifizieren können. Dabei kann man Märchen-Werbespots durchaus auch humorvoll gestalten.
Frage: Was würden Sie auf Grundlage Ihrer Forschung einem Markenmanager empfehlen 7 Andrea Gröppel-Klein: Marken müssen Geschichten erzählen, die die Menschen berühren. Dabei hat bereits die ureigene Geschichte mancher Marken Märchencharakter. Wenn man sich Microsoft ansieht: Bill Gates hat sein Studium abgebrochen und dann in einer Garage den Grundstein einer phänomenalen Erfolgsgeschichte gelegt. Microsoft und Bill Gates - das ist eine wunderschöne Geschichte, ein bisschen wie bei Hans im Glück. Anderen IT-Marken wie z. B. Cisco Systems fehlt dieses Geschichtenhafte hingegen. Auch Apple hat eine sehr gut erzählbare Geschichte. Nämlich der Kleine, der sich gegen den Großen behauptet. David gegen Goliath also. Die Geschichten von Microsoft und Apple beinhalten wiederum archetypische Vorstellungen. In solchen Geschichten und Märchen finden sich die Konsumenten wieder, damit identifizieren sich die Konsumenten. Und das ist für die Marke natürlich ausgesprochen gut.
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Abbildung 41: Im Prinzanrolla-Warbaspotweckt derPrinz Dornröschen nichtmit einem Kuss. sondern miteinem Prinzen rolle-Keks auf. (Werbespot Griesson -de Beukelaer GmbH & Co. KG)
Eine Typologie der Resonanzfeider Bei Klischees, Mythen. Topoi und Archetypen handelt es sich um vier verschiedene Typen von Resonanzfeldern. Gemein ist ihnen, dass sie Marken durch ihre inhaltliche und emotionale Ladung zügig und kostenfrei zu kommerziellen Erfolgen verhelfen können. Sie unterscheiden sichjedoch durch spezifische Eigenschaften. Die meisten Mythen sind nur in bestimmten Ländern und Kulturkreisen gültig. Taras Schewtschenko ist ein Mythos mit enormer Massenwirksamkeit in der Ukraine, in Deutschland kennt man diese Figur nicht. Archetypen hin-
gegen sind universell gültig und globalwirksam. Der Archetyp Jugend - insbe-
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sondere in Verbindung mit seinem Gegenstück Alter - existiert in den Köpfen aller Menschen. Der Slogan "Pepsi. The Choice of a New Generation" und die zugehörige Kampagne setzen diesen Archetyp gezielt ein, um die "alte" Marke Coca-Cola zu diskreditieren. Topoi ist es eigen, dass sie per se schon argumentativen Charakter haben. Sie tragen das rhetorische, überredende Moment bereits in sich. Der Topos Reine Natur ist also immer etwas Gutes und Erstrebenswertes und muss nicht erst rhetorisch gedreht werden. Klischees über die Herkunft eines Produktes zeichnen sich dadurch aus, dass sie immer mitschwingen, ganz egal ob die Herkunft bewusst inszeniert wird oder nicht. Für eine deutsche Konsumentin macht es immer einen Unterschied, ob ein Lippenstift aus Frankreich oder aus Kolumbien kommt. Klischees, Mythen, Topoi und Archetypen zeigen also verschiedene Eigenschaften, die es im Falle ihrer Nutzung für die Markenführung zu beachten gilt. Die verschiedenen Arten von Resonanzfeldern greifen manchmal auch ineinander. Beispiel:Klementine von Ariel, mit der dieses Procter & Gamble-Waschmittel den Aufstieg an die Spitze des Waschmittelmarktes geschafft hat. Klementine erscheint, wie im Abschnitt über die Topoi erwähnt, als Experte für Waschmaschinen und Waschmittel. Wie sie in ihren Fernsehspots ohne jede Erklärung urplötzlich und unerklärt inmitten der verzweifelten Mitspieler auftaucht, aktiviert sie zugleich einen Archetyp, den man als "unerwartete Rettung", als Deus ex machina beschrieben findet. Klementine - der Experte, den der Himmel schickt. Zweites Beispiel Cowboy. Eine Figur aus dem Wilden Westen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die durch Drehbuchautoren, Regisseure und Schauspieler wie [ohn Wayne zum Mythos geworden ist. Zugleich steht hinter dem Cowboy auch der Archetyp des Helden, der den anderen vorangeht, der sich auf die Freiheit einlässt und sich den Gefahren stellt. Der Marlboro-Cowboy, das Schlüsselbild der größten Zigarettenmarke der Welt, aktiviert also Mythos und Archetyp zugleich. Dieses Beispiel ist kein Einzelfall; hinter manchem Mythos tritt zusätzlich ein Archetyp oder auch ein Topos als Verstärker auf. Allem Anschein nach vermögen solche Resonanzfeld-Kombinationen eine Marke mit besonders viel Energie auszustatten, was sie für die Markenführung zusätzlich reizvoll macht.
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Eine Typologie der Resonanzfelder Charakteristische Eigenschaften Klischees
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Mythen
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Topoi
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Archetypen
~ ~ ~
Beispiele
Vorurteile gegenüber Eigenschaften von Personengruppen wie Nationalitäten und Geschlechtern Stimmen nicht unbedingt mit der Realität überein International sind Klischees überdie Herkunftsnation immer präsent
Frankreich ist das land der liebe; Bayern ist unverfälschte Natur; Männer sind die besseren Techniker; Frauen gehen den Sachen auf den Grund
Enthalten kollektiven Erzählstoff übereine Person, einEreignis oder einen Gegenstand Bieten zahlreiche Möglichkeiten zurgestalterischen Variation Haben häufig kulturell begrenzten Wirkungsradius
Che Guevara; James Bond; litanic; Das Wunder von Bern; Cowboy; Otto von Bismarck
Bestehen aus Denkfiguren, Situationen und Zuständen Gemeinplätze zurargumentativen oder emotionalen Unterstützung einerPosition Sind perse schon rhetorische Mittel
Was der Experte empfiehlt, ist das Bessere;Vom Lande kommt das Gute
Spiegeln elementare Erfahrungen und Bedürfnisse der Menschen Sind universell gültig Haben globale Reichweite
Mutter; Prinzessin; Held; Jugend
Welcher Resonanzfeldtyp für den Markenmanager der interessanteste und für seinen Fall am besten geeignete ist, darüber lässt sich keine pauschale Aussage treffen. Was für die eine Marke ein hervorragendes Resonanzfeld darstellt, mag sich für eine andere Marke als ganz und gar unpassend erweisen. Der Entscheidung für ein Resonanzfeld sollte daher immer eine eingehende Untersuchung der spezifischen Situation des Unternehmens, der zu verkaufenden Leistungen, der Produktgattung und des Wettbewerbsumfeldes sowie eine Festlegung des Kommunikationsziels oder der Positionierung vorausgehen. Markenführung mithilfe von Resonanzfeldern funktioniert also weder nach einer Blaupause, noch ist sie intuitives Hexenwerk. Vielmehr steht dahinter eine Markenmanagement-Technik, die Resonanzfelder systematisch findet, bewertet und für die operative Markenführung nutzbar macht.
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3. Markenführung mit Resonanzfeldern Welche Typen von Resonanzfeldern es gibt, war Gegenstand des vorigen Kapitels. In diesem Kapitel zeigen wir, wie Markenmanager den schier unerschöpflichen Vorrat an Mythen, Klischees, Topoi und Archetypen für ihre Marke einspannen können. Wie sich eine kleine Milchmarke mithilfe von Resonanzfeldern gegen Werbegiganten behaupten kann, wird zuerst dargestellt. Es folgt ein Abschnitt über die generellen Möglichkeiten, sich mit Resonanzfeldern erfolgreich zu positionieren. Schließlich zeigen wir, wie man mit Resonanzfeldern auf internationalen Märkten arbeiten kann.
Fallstudie Hansano: Rückenwind durch Resonanzfelder Wie kann sich eine kleine Milchmarke gegen Werbegiganten behaupten und sogar wachsen? Schlüssel für den Markterfolg war in diesem Fall die gezielte Nutzung von Resonanzfeldern im Publikum. Diese Fallstudie zeichnet nach, wie Hansano seine sogenannte "Resonanz-Strategie" entwickelt hat. Und wie alle im Unternehmen, vom Milchbauern bis zum Marketing, täglich an ihrer Realisierung mitwirken. Wenn wir morgens unsere Frühstücksflocken mit Milch genießen, denken wir glücklicherweise - nicht im Traum daran, wie hart und dynamisch der Milchmarkt ist. Wer sich im Geschäft mit der Milch und ihren weiteren Erzeugnissen behaupten will, muss an allen Fronten aktiv sein: den zunehmenden Kostendruck in den Griffbekommen, die vielfältigen und oft widerstreitenden Belange von Erzeugern und Genossenschaften unter einen Hut bringen und nicht zuletzt den Verbraucher umwerben. Beim Kampf um die Gunst der Kunden haben Werbemarken wie Müller, Bauer, Zott, Bärenmarke, Landliebe kommunikativ die Nase vorn, mit Bären und Milchkanne, mit dem kleinen Hunger, mit der schönen Werbewelt. Im Unterschied dazu ist Marketing nicht gerade die Domäne der typischen deutschen Molkerei. Kein Wunder, denn deren Unternehmenspolitik ist historisch geprägt vom Versorgungsaspekt. Bereits vor achtzig Jahren wurde im Reichsnährstand
119 K. Brandmeyer et al, Markenkraft zum Nulltarif, DOI 10.1007/978-3-8349-6735-0_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
festgelegt, dass Milch vor Ort gesammelt, verarbeitet und vertrieben werden soll. Marketing und Markenpolitik, wie wir sie von überregionalen Marken kennen, standen nicht im Fokus der regionalen Molkerei. Bei Hansano sollte das 2004 anders werden. Mit dieser Marke war die Hansa Milch seit fast vierzig Jahren im Markt. Etwa 300 Mitarbeiter sind bei dem Unternehmen beschäftigt, das heute in der mecklenburgischen Gemeinde Upahl ansässig ist. Erzielt werden dort ca. 300 Millionen Euro Gesamtumsatz. Nachdem sich das im Jahr 1900 in Lübeck gegründete Unternehmen als Hansa Milch AG organisatorisch neu formiert hatte, waren die Weichen gestellt, um neben zahlreichen betrieblichen Optimierungen eine tragfähige Markenstrategie für Hansano zu entwickeln.
Markenanalyse soll Stärken ermitteln "Uns war von Anfang an klar, dass wir Hansano nicht als schrille Werbemarke neu erfinden wollten", erinnert sich Roland Frölich, der langjährige Geschäftsführer von Hansano, auch mit Rücksicht auf seine Organisation. Die Hansa Milch AG gehört nämlich ihren Milchlieferanten, etwa 1.000 Bauern in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und dem nördlichen Brandenburg. Nachhaltiges Wirtschaften und entsprechende Bodenhaftung sind deren Philosophie. Daher sollte eine Markenanalyse zunächst ermitteln, welche Stärken die Marke Hansano denn in den vierzig Jahren ihres Bestehens aufgebaut hat, um im nächsten Schritt zu zeigen, wie man daraus mehr machen kann. Hiermit wurde die Brandmeyer Markenberatung in Hamburg beauftragt. Input-Workshops mit Verantwortlichen aus den Bereichen Marketing, Vertrieb und Produktion wurden durchgeführt. Mit Interviews, Betriebsbesichtigungen, Zweitauswertung von Marktforschungsdaten und vielem mehr nahm sie die Marke unter die Lupe. Was fanden die Experten bei ihrer Recherche? Eine ganze Generation Norddeutscher war mit Hansano Milch, Buttermilch, Quark, Butter, Joghurt, Sahne in den typischen blauen Verpackungen groß geworden. Die Produkte waren beliebt, jedoch weder besonders different noch innovativ - typisch für landläufige Molkereiprodukte. Die Marke Hansano und ihr prägnantes Zeichen erfreuten sich hoher Bekanntheit, ebenso wie die Sympathiefigur "Hansi". Kein Wunder, hatte Hansano doch stets, soweit es die Mittel einer Molkerei erlaubten, die Werbetrommel gerührt. Heute löst der Werbesong "Alles von Hansano ist gut" vielleicht Schmunzeln aus, doch: "Es bleibt ein Verdienst der damaligen Werbeagentur, dass sie Hansa-
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no einen professionellen Kommunikationsauftritt gegeben hat, auch wenn das mit einer Genossenschaft als Auftraggeber nicht immer leicht war", so erklärt Roland Frölich die Zeit vor 2004. Die Hansano-Werbung drehte sich häufig um "Frische", beispielsweise mit dem Slogan "Frischer ist das". Eine naheliegende Aussage, jedoch bringt sie im Frischeregal des Supermarkts kaum Differenzierung. Fazit: Bekannter Name, gute Produkte, gute Packung - aber wenig Profil, verglichen mit Wettbewerbern wie Weihenstephan oder Landliebe.
Generalstrategie: Resonanz Wo sollte die Profilierung der Marke Hansano ansetzen? Bekanntheit und Beliebtheit waren hoch, die einzelnen Elemente wie Produkt, Logo etc, stark. Was bei Hansano noch fehlte, so die Markenexperten, war eine differenzierende, die Beteiligten integrierende und publikumsrelevante Leitidee. "Frische" allein konnte es nicht sein. Die Brandmeyer-Empfehlung lautete: Resonanzfelder nutzen! Die Markenberater waren auf drei sehr starke Resonanzfelder gestoßen, die Hansano zur Verfügung stehen: erstens "Norddeutschland", zweitens der "Bauernhof", drittens die "Kindheit". Diese Resonanzfelder sind stimmig in der Marke Hansano angelegt und wirken anziehend auf das Publikum. Das Resonanzfeld "Norddeutschland" sorgt für Differenz, denn es steht überregionalen Marken per se nicht zur Verfügung und von regionalen Anbietern hat Hansano keine nennenswerte Konkurrenz zu erwarten. Das Resonanzfeld "Bauernhof" spricht das Urbild der Nahrungsmittelherstellung an und ist faktisch der Ursprung der Hansano Milch. Dem Resonanzfeld "Kindheit" kommt eine wichtige Rolle zu, weil einerseits die eigenen Kindheitserfahrungen mitschwingen und andererseits Kinder als Milchtrinker die Kunden von morgen sind. Die Liebe der Menschen zu ihrer "norddeutschen Heimat" und das Vertrauen, welches das Urbild "Bauernhof" auslöst, sowie die Gefühle und Assoziationen rund um "Kindheit" sollten Hansano die nötige Resonanz-Energie mitgeben und für Profliierung sorgen. "Je besser Hansano seine Resonanzfe1der aktiviert, desto stärker wird die Marke" lautete die markentechnische Leitlinie. Soll bedeuten: Je stärker Produkte, Packungen, Rezepturen, Namen, Texte, Werbung, Events usw. die Resonanzfelder "Norddeutschland", "Bauernhof" oder "Kindheit" beim Publikum "zum Schwingen bringen", desto besser.
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Was fördert Resonanz und wo gibt es Dissonanz? Mit diesem Blick durchforsteten die Markenexperten die Welt von Hansano und fanden viele Beispiele, wo bereits Resonanzfelder aktiviert werden: die norddeutsche Bildwelt in der Hansano-Kommunikation (z. B. flacher grüner Horizont, schwarz-weiße Kuh), der norddeutsche Dialekt in der werblichen Sprache oder in der Namensgebung ("Boddermelk"). Besonders schöne Resonanz-Beispiele waren die Hansano-Events wie der "Tag des offenen Hofes", die dank Kooperation mit dem Norddeutschen Rundfunk hohen Publikumszuspruch erfuhren. Und auch das Engagement der Bauern für den Urlaub auf dem norddeutschen Hansano-Bauernhof aktiviert die Resonanzfelder. Mit ihrem Maßstab konnten die Markenexperten auch zeigen, was Dissonanzen auslöst: Beispielsweise stört ein französischer Produktname wie "Hansano Gourmet-Schlagsahne" das Resonanzfeld "Norddeutschland", dies gilt auch für Trendprodukte wie ACE-Milchdrinks (sie wurden mittlerweile eingestellt). Und selbstverständlich stören Website-Fotos von den gigantischen Stahltanks der industriellen Milchverarbeitung das Resonanzfeld "Bauernhof".
Resonanz instrumentieren Das Unternehmen erkannte, dass mithilfe der drei Resonanzfelder sowohl die spezifischen Stärken von Hansano zu aktivieren wie auch damit ein Korridor für die Arbeit an der Marke vorgezeichnet waren. Im nächsten Schritt galt es, diese Prinzipien in die Tagesarbeit zu überführen. Für jedes Resonanzfeld wurden Leitlinien zur Umsetzung und Kontrolle bestimmt. Diese können aus Geheimhaltungsgründen nicht komplett wiedergegeben werden; hier seien deshalb nur Beispiele für Markenregeln zum Resonanzfeld "Norddeutschland" zitiert: "Die Herkunft der Hansano-Milch und der Produkte aus Norddeutschland wird als Vorteil für den norddeutschen Kunden dargestellt" und "Hansano-Produkte werden ausschließlich aus norddeutscher Milch hergestellt". Bis ins konkrete Detail wurde die richtige Ausgestaltung des Resonanzfeldes "Bauernhof" geregelt, beispielsweise mit dem "Leitfaden für den Umgang mit Besuchergruppen auf Hansario-Bauernhöfen", der vorgibt: "Wenn möglich, sollen die Kinder das Euter einer besonders ruhigen Kuh anfassen." Die Erkenntnisse der Analyse wurden zum Ausgangspunkt der weiteren Markenarbeit. Minutiös wurde jede Möglichkeit gesucht, die Resonanzfelder "Norddeutschland", "Bauernhof" und "Kindheit" zu aktivieren. Dies bedeutete: Bestehendes verbessern, Dissonanzen tilgen, neue Resonanzmöglichkeiten ent-
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wickeln. Ein entsprechendes Kommunikationsprogramm wurde aufgesetzt. Von nun an sollten alle Fakten, Argumente (beispielsweise kurze Wege von der Kuh ins Kühlregal. Hansano kennt jede Kuh mit Namen etc.) und alles Bildmaterial auf die Resonanzfelder ausgerichtet werden.
Es begann im Unternehmen selbst Die Mitarbeiter als Markenbotschafter - das bleibt für viele Unternehmen ein holder Wunsch. Im Gegensatz dazu hat Hansano die Markenstrategie mit vielen Aktivitäten ins Unternehmen getragen, nicht nur durch Vortragsveranstaltungen der Markenverantwortlichen. Beispielsweise wurde im Rahmen des Programms "Verwenden-Empfehlen-Bewerben" ein "Hansano Handbuch mit Informationen zu Marke und Produkten" im Westentaschenformat erstellt. Jeder Mitarbeiter kann dieses Büchlein bei sich tragen und erhält darin neben Produktfakten auch resonanzrelevante Informationen: "Hansano Milch ist keine anonyme Rohstoffmenge ... sondern Milch vom Bauernhof um die Ecke ..." Die Meierei in Upahl ließ kaum eine Möglichkeit aus, um alle Beteiligten für die neue Resonanzstrategie zu gewinnen - selbst bei den Bezirksversammlungen, die zumeist im Dorfkrug abgehalten werden, kam das Thema auf den Tisch. Auch wenn die "Resonanz-Therapie" (O-Ton) etwas ungewöhnlich anmutete, fanden sich die Milchbauern darin sofort wieder. "Das ist der Vorteil: Das Konzept ist leicht zu verstehen und macht auch Mut, sich einzubringen. Jetzt weiß jeder Bauer, welchen Wert seine Präsenz in Norddeutschland hat und welche Rolle beispielsweise Hofbesichtigungen spielen." Viele der 1.000 Gesellschafterfamilien und ihre Mitarbeiter fühlen sich deshalb für ihre Marke auch im nächstgelegenen Supermarkt verantwortlich, selbst wenn auf dem Papier andere für den Vertrieb zuständig sind. Als wäre es ihr Hofladen, spricht eine Bäuerin schon mal den verblüfften Marktleiter an, falls ein Hansano-Produkt nicht gelistet ist, oder rückt engagiert "ihre" Ware im Regal zurecht.
Sag es auf deinen Produkten Schritt für Schritt ging Hansano sein Resonanz-Programm an. Auf den ca. 40 Produkten des Sortiments wurde prominent der neue Slogan "von hier aus Norddeutschland" angebracht. Die Texte auf den Packungen, also täglich millionenfach und viel beachtete Werbung, wurden neu gefasst, sie thematisierten fortan die Herkunft aus Norddeutschland und die Vorteile, die sich für den Verbraucher daraus ergeben. Flott wird erklärt, dass Hansano besser schmeckt und die Umwelt schont, weil die Milch "nicht durch die Gegend gekarrt wird", Auch der
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Anzeigenwerbung wurde die entsprechende Begründung mitgegeben, "... kurze Wege erhalten Geschmack und Qualität", zudem wurde jedes Detail auf "norddeutsch" getrimmt: norddeutsche Apfeltorten, norddeutsche Rezepte, eine flache Landschaft mit endlosen Weiden, der leicht bewölkte Himmel, das reetgedeckte Fachwerkhaus mit gekreuzten Pferdeköpfen am Giebel.
Gestalte das allgemeine Resonanzfeld markenspezifisch aus Wer Resonanzfelder erfolgreich nutzen will, sollte allgemeine Klischees immer spezifisch ausgestalten . Denn andernfalls würden sie in der Austauschbarkeit enden . Ein Meer von schwach profilierten Nahrungsmittelmarken gibt von dieser fehlenden Differenzierungsleistung Zeugnis. Rustikale Schriften, austauschbare Bilder vom Landleben, textliche Gemeinplätze wie "das Beste vom Land". Sie alle schaffen es nicht, mit ureigenen Ideen ihre Resonanzfelder für sich zu mobilisieren. "Unser Vorteil ist ja, dass wir tatsächlich eine authentische Milchmarke sind", erklärt Hansano-Geschäftsführer Frölich und formuliert damit die Leitdifferenz, die die Marke von anderen abgrenzen sollte: Hansano kommt nicht aus einer fernen Werbewelt, sondern von hier - das erkennt man bei der Fahrt übers Land an den "gebrandeten" Hansano-Höfen: Am Tor und selbst auf den Weiden brachten die pfiffigen Milchbauern große Hansano-Schilder an. Hier vor den Toren der Stadt wird die Milch gemacht.
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Abbildung 42: Bauern haben ihren Hof und ihre Weiden mitHansano-Schildem markiert. Die Verbraucher sollen sehen, wo ihre Milch herkommllBild: Hansanol
Hansano zeigt echte Hansano-Höfe. Statt in traditioneller Tracht sieht man die Hansano-Bäuerin in der Werbung schon mal mit Jeans und praktischer Kurzhaarfrisur und die Kinder tragen bunte T-Shirts. Statt einen einzigen Alibi-Bauernhof vorzuschieben, bietet Hansano viele Möglichkeiten, die Herkunft der Milch persönlich zu erleben. Die Hofbesichtigungen sind ausdrücklich ..keine Hansano-Werbeveranstaltungen", auch werden die Bauernhöfe nicht ..runderneuert", bevor der Besuch aus der Stadt kommt. Auch bei den Produkten geht Hansano seinen eigenen Weg: Statt Sensorik-Panels zu konsultieren, lassen die Hansano-Bauern beispielsweise ihre eigenen Kinder über den Geschmack der Schokomil.ch entscheiden (und erklären das auch in Anzeigen). Heraus kommt eine Schokomil.ch,die auch mit weniger Zucker prima schmeckt.
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Statt Profi-Castings durchzuführen, springen für Werbefotos Hansano-Bauern oder Kinder ein. So wurden Claas und Henning Markenbotschafter auf der neuen Website. Für den professionellen Schliff sorgt natürlich die Marketingabteilung, aber der Inhalt und die Akteure selbst sind authentisch. Diese Fallstudie ist indes kein Plädoyer für Authentizität an sich; viele Marken nutzen Resonanzfelder erfolgreich und sind bei der Ausgestaltung gerade nicht authentisch (z, B. Bärenmarke mit einer Fantasiefigur). Für Hansano hingegen ist es der richtige Weg, die Marke so auszugestalten . Die norddeutsche Herkunft der Milch, den Bauernhof und seine Menschen und Tiere können alle "unplugged" erleben. Der direkte Kontakt der Marke mit ihrem Publikum ist daher Dreh- und Angelpunkt: Wenn eine Hansano-Bauernfamilie am Samstag ein Kälbchen mit vor einen Supermarkt nimmt und zur Frischmilchverkostung einlädt, ist das nicht nur ein Beitrag zur Verkaufsförderung. Es ist vielmehr eine gezielte Maßnahme, bei der die Verbraucher in Norddeutschland lernen : Meine Milch kommt von hier von einer Kuh, mit Hansano kann ich in Kontakt treten: beim Milch-Seminar (beispielsweise durchgeführt von den Bauernfamilien Letsch, Biß und Scheel), bei einer Hofbesichtigung, bei Ferien auf dem Hansano-Hof, auf Verbrauchermessen und landwirtschaftlichen Veranstaltungen. Diese Kommunikation kommt mit weniger Werbegeld aus. Doch sie fordert viel Engagement vom Unternehmen und kann nur funktionieren, weil sich Molkereimitarbeiter und Bauern für die Sache einsetzen. Das aber zeigt Wirkung beim Verbraucher: Wer mit den echten Menschen hinter der Marke ins Gespräch kommt, für den verwandelt sich das Supermarktprodukt in der TetraTüte. Es verwandelt sich in etwas, das "von hier für hier" ist, etwas, das sich der Austauschbarkeit und auch dem Preisargument entzieht. Und ein Kind, das eine Hansano-Kuh gemolken hat, wird darauf achten, dass Mutti fortan die richtige Marke kauft.
Den Kunden von morgen und seine Eltern ansprechen Um das Resonanzfeld "Kindheit" für sich zu aktivieren, lässt Hansano keine Gelegenheit aus. Was hat die Marke davon? Natürlich sind Kinder und ihre Familien wichtige Milchkunden und sorgen für Absatz, doch es handelt sich um weit mehr. Kinder verwandeln Erwachsene in Eltern, die sich um ihren Nachwuchs sorgen. Themen wie Gesundheit und Nachhaltigkeit kommen in den Blick. An Nahrungsmittel werden höhere Anforderungen gestellt - gut für Hansano. Kinder erinnern uns an unsere eigene Kindheit, an Wiesen, Bauernhöfe, glückliche Kühe. Diese tiefen Erinnerungen lösen starke Emotionen aus; sie wecken Sehn-
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süchte nach dem Leben auf dem Land, nach seinen Produkten - gut für Hansano. Kindern muss man erklären. wo die Milch herkommt - gut für Hansario. Dafür unterstützt die Marke Programme wie "MUch macht stark" und bietet Regionalzeitungen beispielsweise Inhalte für Kinderseiten. Und im HansanoHeftehen ..Wo kommt die Milch her" lernt Hansi, dass Bauer Knut die Kühe melkt und die Milch nur wenige Kilometer von der Molkerei bis zum Supermarkt transportiert wird. Kinder wollen leckere Sachen, Eltern wollen gesunde Produkte für die Kleinen. Wieder mal gut für Hansanc, wenn die Eltern erfahren, dass die Kleinen mit Hansano besser versorgt sind als mit süßen Softdrinks. Beispielsweise mit der Schulmikh oder mit Hansano Schokomilch, die mit echtem Kakaopulver gemacht wird ohne Stabilisatoren und Emulgatoren. Kinder sorgen dafür, dass die Familie vor die Tür kommt und, wie in diesem Zusammenhang schon öfter erwähnt, den Weg zu einem Hansano-Bauernhof findet. Und dort bedeutet Kindheit eben auch Entdecken und Verzaubert-Sein, und mit den Kindern werden die Eltern in den Bann gezogen. Gut für Hansano.
Abbildung 43: Eine Kinderfibel erklärt den Kleinsn, wo dis guts Hansano Milch herkommt, (Bild: Hansano)
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Produkte richtig im Resonanzfeld positionieren Hansano arbeitet stets daran, sein klassisches Molkereisortiment mit nenen Produkten zum einen attraktiver für den Verbraucher, zum anderen noch markenspezifischer zu gestalten. Ein besonderer Treffer war 2007 die Konditorsahne. Sie bietet einen höheren Fettgehalt als andere und weist damit eine überlegene Standfestigkeit auf. Das Produkt traf die Bedürfnisse der Kunden; eine freche Ein:führungswerbung mit der Headline "schneller steit länger steif" trug das Ihre zum Erfolg bei. Seitdem geht es mit der wertschöpfungsstarken Konditorsahne bergauf (siehe Tabelle). Erfreullch sind auch die Spill-over-Effekte auf die übrigen Sahne-Produkte des Hansano-Sortiments.
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norddeutschem Hintergrund präsentiert (Bauernhof. Weide. norddeutsche Erdbeertorte),für die Produktaussagewurde jedoch kein "norddeutscher"Name gefunden. der sofort erklärt, worum es geht. Dem entgegenschließt man spontan von ..Konditor" auf professionellen Einsatz und besondere Warenqualität. ..W iI versuchen immer. die Resonanzfelder anzusprechen. aber Verständlichkeit ging in diesem Fallvor", erklärt Roland Prölicb. Sein Paradebeispiel für ein rundum resonanzfokussiertes Produkt ist die 2008 eingeführte Hansano Landmilch. Sie war die Antwort darauf. dass die länger haltbare ESL-Milch (.extended shelf life") sich im Regal der Händler immer breiter machte, Verbraucher, die Wert auf den frischen Milchgeschmack legten, mussten immer länger nach Frischmilch suchen. Für sie kam die Hansano Land.milch mit dem natürlichen Fettgehalt vun 3.9 Prozent geraderichtig. Verpackungund Werbungbringen Hansanos Resonanzfel.der zum Klingen: Milch aus "Norddeutschland", der "Bauernhof". die "Kindheit", Das Ganze wird mit einer nostalgischen Note in der Werbung abgeschmeckt: "Es gibt sie noch ..." Bei Hansano ist die Welt eben noch in Ordnung. Die Verkaufskurve belegt, dass dieses Frischmilch-Revival ebenso in die Kasse wie auf die Marke Hansano eingezahlt hat. Hier wird zudem deutlich, dass Hansanos Resonanzfeldstrategie weit über ein herkömmliches "Regional-Konzepthinausreicht,
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Abbildung 46: Weil immer mehr hochertlitzte Milchin die Regale kommt. fordern Verbraucher und Presse: Rettet die Frischmilchl Hansano ergreift die Chance zurProfilierung und antwortet mitpurer Landmilch. (Anzeige: Hensenel
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Im Jahr 2010 treibt Hansano die Idee eines authentischen Produkts "von hier aus Norddeutschland" noch weiter und bietet erstmals eine sogenannte Weidemilch an. Der Clou: Die Milch kommt von Kühen, die ausschließlich in einer heimischen Grünland-Region grasen. Das wirkt sich positiv auf die Milchqualität aus und differenziert deutlich, ohne dass daraus ein Nischenprodukt wird. Die Kunden sollen vielmehr von den Konzernmarken mit bundesweiter Distribution abgeworben werden. Um die Herkunft der Milch noch konkreter zu machen, hat sich das Unternehmen etwas Besonderes ausgedacht: Der Inhalt jeder einzelnen Weidemilch-Kartonflasche kann zu seinem Ursprung zurückverfolgt werden. Aus welcher der acht Grünland-Regionen die Weidemilch stammt, erfahren Kunden auf der Hansano Website. Wenn sie den Frische-Code der Kartonflasche eingeben, sehen sie, woher ihre Milch stammt. Hier erhalten Besucher zudem Tipps und Karten für Radwanderungen im Grünland. Herkunft und Hinkunft werden wieder einmal verknüpft, um Kunden und Marke miteinander zu verbinden.
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Abbildung 48: Keck meldet sich Hansano mitseiner neuartigen Weidemilch in der Regionalpresse. Die Marke spielt dieHerkunft ihrerMilch"von hieraus Norddeutschland"voll aus. (Anzeige: Hansanol
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Fazit nach sechs Jahren Resonanz Für den Erfolg der .Resoaanzstrategje" lassen sich drei Belege anführen. Erstens ist es mit Ihrer Hilfe gelungen, trotz Werbegiganten im Kühlregal Hansano als Markenprodukt weiter zu profilieren und einen entsprechenden Mehrwert zu erwirtschaften. Nicht ohne Stolz gibt Geschäftsführer Roland Prölich an, dass Hansano selbst in diesen schwierigen Zeiten seinen Milchbauern drei Jahre in Folge einen Cent pro Litermehr Milchgeld zahlen kann. als im regionalen Um-
feld SODst gezahltwerden. Zweitens wurde eine Strategie gefunden, die praktisch selbsterklärend ist und spontan im Unternehmen, bei den Mitarbeitern, aber auch bei Presse, Politik und Handel verstanden wird. Die eigenen Stärken - Herkunft aus Nord.deutsch-
land, Bauernhof, Kindheit - zu nutzen. ist nachhaltig und gibt allen Akteuren die Möglichkeit, sich für die Marke und letztlich den eigenen Erfolg einzubringen.Diesist auch die Voraussetzung für den dritten Punkt: Die ..Resonanzstrategie" verzeichnet einen hohen kommunikativen Wirkungsgrad. was insbesondere für ein kleineres Unternehmenwichtig ist, das auf den Return on InvestjedeseinzelnenEuro achten muss.
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Werbung: Bekanntheit VS. Aufwendungen
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Abbildung 50: Werbebekanntheit versus Aufwendungsn in einem Markt Jedar Punkt in derAbbildung stellteinen Werbetreibenden dar. Je höher aufderY-Achse. desto höher dieBekanntheit seiner Werbung, jeweiterlinks aufderX-Achse. desto weniger gibterdafür aus. Die beiden mit einem roten Stern gekennzeichneten Werbetreibenden geben gleich vielfOr Werbung aus, doch dieEffizienz ihrerWerbung unterscheidetsich signifikant Weitoben und weit links findetsich Hansano mitseiner effizienten Kommunikation. (Qualle: Norbart Dube: Botschaftsn, Bilder und Budgsts, in: Hesaarch
& Basults, 3/2lJ10. 5.321 Resultat: Trotz kleiner Budgets erfreut sich Hansano hoher Werbebekanntheit, die ja Voraussetzung für Werbewirkung ist. Dies veranschaulicht die Grafik des
Marktforschungsuntemehmens TNS in Abbildung 50: Trotz sehr hoher Aufwendungen gelingt es vielen Werbetreibenden nicht, eine hohe Werbebekanntheit zu erzielen (Punkte rechts unten). Effiziente wie Hansano fmdet man links oben: weniger Aufwendungen, aber mehr Werbeerinnerung. Norbert Dube von TNS Infratest erläutert es so: ..Gute Kampagnen erreichen ihre Ziele mit höherer Effizienz. sie brauchen weniger Geld. sie brauchen weniger Kontakte ... Immer wieder zeigt sich: Bel ähnlicher Ausgangslage für die gestellte kommunikatlve Aufgabe finden wir höchst unterschiedliche Lösungen mit höchst unterschiedlicher Effizienz." Für Hansano war die ..Resonanzstrategie" die richtige Lösung - nicht nur in der Werbung. Das Engagement aller Mitarbeiter und ihre Kreativi-
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tät konnten so gebündelt werden. Entsprechende Resonanz kam vom Publikum zurück. Man darf gespannt sein, wohin die norddeutsche Marke mit der Resonanz im Rücken noch hinsegelt.
Die Autoren danken Hansano-Geschäftsführer Roland Prölich und seinem Team für die Unterstützungbei dieser Pallstudie.
Resonanzfelder im Wettbewerb der Positionierungen Die Fallstudie Hansano hat den Kerngedanken dieses Buches dargestellt: Im Publikum bereits verankerte positive Vorstellungen, Meinungen und Emotionen auf die eigene Marke zu übertragen, ist eine wirtschaftlich effiziente Strategie. In diesem Kapitel zeigen wir, wie sich Marken mittels unterschiedlicher Resonanzfelder im Wettbewerb gegeneinander positionieren können. Die Urväter des Positionierungs-Gedankens, Al Ries und [ack Trout, haben es in ihrem Klassiker "Positioning. The Battle For Your Mind" auf den Punkt gebracht: "The only reality that counts is what's already in the prospect's mind," Die einzige Wirklichkeit, die zählt, ist jene, die bereits in den Köpfen derAdressaten vorhanden ist! Randvoll ist das Bewusstsein unseres Zielpublikums. Täglich muss es die Komplexität der einströmenden Informationen reduzieren auf ein Maß, das es lebens- und handlungsfähig macht. Als handelndes Subjekt muss der Mensch die Dinge vereinfachen, versimpeln, in Rangordnungen bringen. So wurde in den sechziger Jahren, als sich die Überflussgesellschaft etablierte, klar, dass zusätzlich zum Wettbewerb der Produktleistungen ein KommunikationsWettbewerb um die Gehirne der Käufer entbrannt ist. Für die Markenwerbung brach eine neue Ära an . Man erkannte, dass eine Idee nicht allein im Raum steht, sondern sich stets gegen Wettbewerber, gegen andere Ideen, durchsetzen muss. Die Kunst liegt darin, bestehendes Wissen, Überzeugungen, Urteilsverfahren, die beim Empfänger bereits vorhanden sind, zu erkennen und zu nutzen. Fortan ist es ein Kampf um Positionen, der ausgefochten wird. Und Resonanzfelder gehören zu den Mitteln, in diesem Kampf zu siegen. Coca-Cola aktiviert für sich das Resonanzfeld "Das Echte" mit Slogans wie .Jt's the real thing", "Make it real" und "Coke is it", Pepsi dagegen blieb lange Zeit der billige Nachahmer und warb mit niedrigeren Preisen pro Liter. Bis Pepsi das Resonanzfeld "Jugend" aktivierte: Im Jahr 1963 startete Pepsi die erfolgreiche
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"Generation"-Kampagne. "Wer ist die Pepsi Generation?", fragt der Sprecher im TV-Spot. Antwort: "Jeder mit einem jungen, lebendigen Blick für die Welt. Aktive, lebendige Leute sind es, die Pepsi mögen." Der Nachzügler wendet sich gegen das Althergebrachte (Coca-Cola) und spielt seine Karte : Jugend, Zukunftsoffenheit, Sportlichkeit. Der schwelende Generationenkonflikt und die aufkommende Jugendkultur sorgten für Rückenwind. Das Unternehmen blieb seiner positionierenden Resonanz-Idee lange treu. 1984 beschwor Pepsi mit der "Choice of a New Generation"-Kampagne erneut das Resonanzfeld "Jugend" und zettelte damit den sogenannten Cola-Krieg an. Diesmal sollte Musik die Idee tragen. Michael [ackson sang einen "New Generation"-Text auf die Musik seines Welthits Billy [ean, Auch Madonna und Lionel Richie wurden verpflichtet. Das Junge, Unkonventionelle gegen das Traditionelle. Der Kampf um die beste Position in der Seele der Cola-Kunden hält bis heute an. Kein Wunder, dass das Thema "Positionierung" im Marketing immer Konjunktur hat und auch so manche Blüten treibt. Deshalb ist es sinnvoll, Werbe-Urgestein Vilim Vasata zu lauschen, der die eigentliche Wucht der Positioning-Idee auf den Punkt bringt. Vasata fragt den imaginären Klienten: ".. . was kaufst du dir zuerst? Marktanteil, Image, Kampagne, Strategie? Ich sag dir, was du kaufst. Mit allem, was du hast. Die Position. Und, was sie baut, verkauft, betreibt, entwickelt und mit Wert auffüllt, das, was den Punch ausmacht, die eine, deine Position, die Führ-Linie, das Sesam-öffne-dich, den Ariadne-Faden deiner Gefolgschaft, die Parole mit dem Wachstums-Gen, die eine Mission, nach innen und außen, die Machete, die die breiten Schneisen schlägt , die Formel deiner Eigenart, die Imprägnierung, die den Wettbewerb abweist, dein .da weiß man, was man hat', der große Schlüssel, ja, verehrter Freund, das ist das erste, was du kaufst." (Quelle: Vilim Vasata: Radical Brand - Marke Radikal. Überleben in der Sintflut, München 2000, S. 72) Für uns bedeutet das: Wer seiner eigenen Marke eine Schneise schlagen, wer sie ausgestalten und bis zum Gehirn des Kunden durchbringen will, sollte eine "Antenne" für konkurrierende Resonanzfelder in Märkten entwickeln. Sie verraten viel über die aktuelle Position und die Chancen. Teils sind die Resonanzfelder ganz offensichtlich wie im Nahrungsmittelbereich: Frau Antje aktiviert das Resonanzfeld "Käse aus Holland" und [acques aktiviert "Käse aus Frankreich". Subtiler, aber nicht weniger resonanzstark, geht es in einem ganz anderen, dem Bettenmarkt zu.
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Kampf um den Schläfer - Resonanzfelder im Bettenmarkt Wer die "Resonanz-Brille" aufsetzt, sieht, wie hier Marken um die Gunst des Publikums buhlen. Der Traditionshersteller Treca sagt es offen: "Schlafen wie Gott in Frankreich" und greift zu den Insignien des gehobenen französischen Lebensstils. Ein Bett, auf dem sich jeder diesen Protagonisten aller Genießer gut vorstellen kann. Damit es auch jeder kapiert, gibt Treca de Paris gleich noch den Eiffelturm dazu. Resonanzfeld "Frankreich"! Ein ganz anderes Resonanzfeld spricht Tempur an: Die "Schwerelosigkeit". Schwerelos schlafen dank einem Schaumstoff aus der Weltraumforschung. Im Hintergrund hebt die Raumfähre ab. Für jene, die mehr über den Wunderschaum wissen wollen, hält Tempur die passende Story parat: Die Matratze sei ursprünglich von der NASA für das US-Raumfahrtprogramm entwickelt worden, um die Andruckkräfte aufzunehmen, die während des Starts auf die Astronauten einwirken. Wer auch noch selbst erlebt, wie er in den Schaumstoff einsinkt und der Körper-i.Eindruck" sich nach der Druckbelastung langsam wieder zurückbildet, wird das Weltraumversprechen nur allzu gerne glauben. Dank finanzstarker Investoren präsentiert sich Traditionshersteller Hästens in immer mehr Top-Lagen dieser Welt - mit sehr teuren Betten, die bis zu 60.000 Euro kosten. Neben Argumenten wie "nur beste natürliche Materialien", "traditionelle Handwerkskunst" verfängt eines besonders, weil es das Resonanzfeld "König" aktiviert: Hästens ist der Bettenlieferant des schwedischen Königs. Das sagt alles. Natürlich sind Betten für Könige nicht nur mordsteuer, sondern eben auch von höchster Noblesse und Qualität. Wichtig ist auch, dass es sich um einen Schwedenkönig handelt, schwingen hier doch Assoziationen vom auf Qualität bedachten Skandinavier mit, dem daran gelegen ist, die Nacht zum Schlafen zu nutzen, statt sie zum Tage zu machen. Hästens zeigt seine Betten stets in herrschaftlichen Gemächern und gestaltet somit das Resonanzfeld stimmig aus. Eine willkommene Gelegenheit zu einem ausdrucksstarken Sondermodell ergab sich durch die Trauung der Kronprinzessin Victoria von Schweden am 19. Juni 2010. So kündigte Hästens stolz an: "Bei der Entwicklung von Hästens Royal haben wir bei der Farbwahl auf die klassischen Schweden- und Königsfarben Wert gelegt: Blau, Weiß und Gold. In diesem Zeichen wird auch die Vermählung von Kronprinzessin Victoria stehen. Deshalb ist Hästens Royal in Blau-kariert und in einfarbig Marin erhältlich. Die Bettfüße bestehen in einer Sonderanfertigung aus Eiche mit einem Abschluss aus gebürstetem Messing. Jede Ecke des Bettes ziert eine formschöne, abnehmbare Krone aus gebürstetem Messing. Name und Festigkeitsgrad des Bettes sind liebevoll eingestickt."
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Der Professor mit Lesebrille und Arzt-Look bringt für den Lattenrost-Erfinder Lattoflex wiederum ein anderes Resonanzfeld zum Schwingen: den "Experten für unsere Gesundheit". Denn Professor Dr. Erich Schmitt, Vorstandsvorsitzender von "Forum Gesunder Rücken - besser leben e. V.", erklärt, worauf es beim gesunden Schlafen ankommt: Eben nicht zuerst auf die Matratze, wie Treca oder Tempur suggerieren wollen, sondern auf die richtige Unterfederung der Matratze, weil nur sie das Gewicht und die Bewegungen des Schlafenden richtig ausstützen kann. Der sachlich-medizinische Markenauftritt unterstreicht die Ausführungen von Professor Schmitt. Zu dieser Semantik passt sehr gut, dass Lattoflex die Technologie seiner Unterfederung als "Rückgrat für Ihr Bett" auslobt. Wir sehen, dass Resonanzfelder für die Positionierung von Marken im Wettbewerb einiges leisten können. Sie helfen dem zahlenden Kunden insbesondere in unübersichtlichen Märkten bei der Orientierung. Aber auch Händler richten sich danach; viele entscheiden sich beispielsweise für Treca und Lattoflex als Eckpfeiler ihres Sortiments, weil sie damit zwei Kundentypen bedienen wollen: einerseits den Kunden, der Luxus sucht, und andererseits den, der mit Lattoflex seinen Schlaf wiederfinden will. Die vier Unternehmen haben mit Resonanzfe1dern und deren individueller Ausgestaltung hohe Differenz aufgebaut. Weil sie mit starken Bildern die Emotionen und Schlussfolgerungen des Kunden leiten. Aber auch, weil produktnahe Fakten und Argumente stimmig in das jeweilige Resonanzfe1d eingefügt sind : Das Geheimnis der Doppelmatratze bei Treca, Hästens argumentiert für Schlafkomfort mit Rosshaar und Handarbeit, Tempur mit We1traumschaum, Lattoflex mit glasfaserverstärkten Hightech-Federn und Microstimulation. Differenz durch Resonanzfelder. Eine einfache Abbildung des Nutzens für Wirbelsäule und guten Schlaf führt in die Austauschbarkeit. Dies zeigt die unten stehende Abbildung 52 mit Darstellungen verschiedenster Bettenhersteller. Daraus schließt der Kunde: Solange mein Rücken gerade liegt, ist es doch egal, worauf ich mich bette. Derartige generische Werbung ist ein unfreiwilliges Geschenk an den Bettendiscounter. Aus dieser Erkenntnis hat der Innovator Lattoflex seine Lehre gezogen und stellt dieses Bild nicht mehr in den Vordergrund.
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Schlafel wie Gott in Frankr 11
"Ein Rückgrat für Ihr Bett" Lattenrestace Gegendenneuen Trend zur Punktfederunghat er wenig Chancen.
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Abbildung 51: Vier Marken, vier Positionierungen, viar Resonanzfelder im Bettenmarkt Traca (Schlafsn wie Gott in Frankreich), Tampur (Schwerelosigkeit), Lattoflex (der Gesundheitsexpertel. Hästens (das Bett des Schwedenkönigsi. (Anzeigen der jeweiligen Marke)
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Abbildung 52: Vorsicht vorgleichmachenden Bildern. Die Darstellung des generischen Nutzens, hier: "Hauptsache, dieWirbelslule liegtgerade·, fllhn. in dieAustauschbarkeit Der Betrachter schließt daraus, dass er sich nichtzwingend für ein überlegenes Bettentscheiden muss, denn er bekommt den Grundnutzen anscheinend bei jedem Anbister.(Bilder aus Vsrkaufsmatsrialien von Röwa, Hiislsr, Schramm, Swissflsx, Hästene, Tampur; Metzler, Lattoflsx)
Eloquente Helferlein - Resonanzfelder bei Haushaltsreinigem Zwei Antagonisten aus diesem Markt werden nachfolgend vorgestellt: erstens die Marke Frosch von Erdal. Sie nutzt offensichtlich das Resonanzfeld ..Natur". Sympathielräger ist ein niedlicher handgemalter Frosch. oft wte auf der Darstellung in Abbildung 53 mit Wasserfarben koloriert. Wer kennt sie nicht, die Frosch-Produkte mit ihren naturbasierten Wirkstoffen. Die Reinigungsstoffe sollen schonend sein, die Tenside sind pflanzlichen Ursprungs mit hoher biolo-
gischer AbbaubarkeiL Für die Frosch-Produkte werden Verpackungen mit recyeelten oder recycelbaren Stoffen verwendet. Das mit der Ökowelle erstarkte Umweltbewusstsein sorgte dafür, dass der Mainzer Mittelständler Werner &: Mertz seit 1986 viel Freude an seinem Frosch hat. Zum langfristigen Erfolg gehört aber auch, dass sich das Unternehmen substanziell hinter die Markenidee stellt: mit
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zertifizierten umweltgerechten Produktionsstandorten, geschlossenen Wasserkreisläufen und Wiederaufbereitungsanlagen sowie durch Kooperationen mit Naturschutzorganisationen. Und wenn der Grundstein zu einem neuen Gebäude gelegt wird, spricht [oschka Fischer. Hier ist alles geeignet, das Resonanzfeld in der Massenseele zum Schwingen zu bringen. "Sag ja zur Natur, sag ja zum Frosch." Nun die Gegenposition. Der Brutal- Reiniger, bei dem es knallt: Cillit BANG. Für alle, die bei sanften Mitteln argwöhnen, dass es nicht richtig sauber wird . Das uralte Reiniger-Versprechen "Ich mache für dich sauber, ich erspare dir Mühsal und bin daher mein Geld wert" bringt Cillit BANG in eine neue schrille und doch glaubhafte Gestalt. Nicht nur das Wort BANG ist der Comicsprache entlehnt, auch die giftige Optik und die Typografie. Die Marke adressiert damit auf eigene Weise das Resonanzfeld "Wundermittel". Die frappierende Ähnlichkeit des weiblichen Hulk mit der Cillit BANG-Flasche mag Zufall sein - Berechnung ist jedoch, was der Betrachter des Produkts schließen soll: Kräftiger als Cillit BANG geht es nicht. Der Schöpfer von Cillit BANG, die Chemie-Firma Reckitt Beckinser, hat mit dem pinkfarbenen Vanish-Oxy bereits gegen die weichgespülten Werbeaussagen vieler etablierter Waschmittelhersteller gepunktet. Seit 2005 hat das Unternehmen Cillit BANG eine resonanzstarke Position zugewiesen. Cillit BANG und Frosch sind Paradebeispiele für die zahlreichen Marken, die im Markt der Haushaltsreiniger Resonanzfelder nutzen wollen. Das bloße Adressieren eines Resonanzfeldes ist jedoch kein Patentrezept. Entsprechend lassen sich große Unterschiede in der Umsetzung beobachten, z, B.: ~
wiegut Produktleistung und Resonanzfeld verbunden werden Beispiel: Meister Proper aktiviert erfolgreich den Zauber vom "Geist aus der Flasche". Ein passendes Resonanzfeld, weil es hilft, unmittelbar die Produktleistung zu dramatisieren: "Meister Proper putzt so sauber, dass man sich drin spiegeln kann."
~
wie zukunftsfähigein Resonanzfeld bei derZielgruppe ist Beispiel: In den siebziger Jahren konnte Henkel im Reinigungsmittelmarkt verlorenen Boden zurückgewinnen, der Henkel durch Angriffe des US-Konzerns Procter & Gamble verloren gegangen war. Mit der neu geschaffenen Marke Der General aktivierte der Hersteller das Resonanzfeld "Militärische Zucht und Ordnung" und führte eine Hausfrau vor, die sich mit dem Öffnen der General-Flasche in einen Offizier in Uniform mit Schulterstücken und Orden verwandelt und sodann zu Marschmusik tanzend dem Schmutz
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zu Leibe rückt. Seine Marktanteile verdankte Der General nicht nur seiner Reinigungskraft, sondern vor allem dem Zeitgeist, nämlich einer polarisierenden Positionierung gegen die Achtundsechziger mit ihrer laxen Haltung gegenüber Ordnung und Sauberkeit. Der Zeitgeist hat inzwischen diese Polarität eingeebnet und ihr die Wirkung genommen. Deshalb wurde die Verwandlung der Hausfrau in ein militärisches Subjekt später nicht mehr verwendet. Nur die Marschmusik ist geblieben . ~
wie originell das Resonanzfeld ausgestaltet wird Beispiel: Henkel will mit Terra und Verantwortung für unsere Erde das Resonanzfeld "Natur" für eine Reiniger-Serie mobilisieren. über Kreativität lässt sich streiten - die Idee, einen Reiniger "Frosch" zu nennen, erscheint jedoch origineller und sympathischer.
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.,... ......'
" ... ....... '<... I(
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Abbildung 53: ZWei, diesichdiametral gegenllberstehen: der sanfte Frosch mitdem Resonanzfeld .Natur"' und das knallige Cillit BANG mitdem Resonanzfeld ..Wundermittel". Beide nehmen imWettbewerb eine originäre Position ein. Die Ähnlichkeit derCillit BANG-Rasche mit Comicwesen, dieOber Wunderkräfte verfügen, ist nichtzu übersehen. (Quellen: Motivaus derFrosch Werbung, Titelseite eines Marvel Comics, Packshots)
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Funkt's? - Re50nanzfelder im Energiemarkt In Deutschland sind wir mit dem sprichwörtlichen Strom aus der Steckdose aufgewachsen. Wer hätte gedacht, dass eines Tages eine Balz um Stromkunden einsetzt? Abgesehen vom Preis - wie differenzieren sich die Wettbewerber, wo doch nichts generischer ist als Strom? Zwei, die Resonanzfelder nutzen, sollen näher betrachtet werden. Da ist zum einen Greenpeace Energy, Deutschlands zweitgrößter Ökostromanbieter. Wie zu erwarten, spannt unser grüner Held das Resonanzfeld "Reine Natur" für sich ein. Nicht nur, dass ein echter Hase Werbecharts hochhält mit Headlines wie "Die Natur würde wechseln, wenn sie könnte". Greenpeace verspricht auch ein geschlossenes Konzept von der Erzeugung über den Handel bis zur Versorgung der Endkunden. Das soll einerseits saubere Energie liefern und andererseits helfen, die Dominanz der Großkonzerne auszuhebeln. Ein Gegenspieler aktiviert ein ganz anderes Resonanzfeld, nämlich "Hamburg". Stimmig ausgestaltet mit Tarifen wie "Tor zur Welt" (dem Motto der Hansestadt) tritt die Marke "Hamburg Energie" an - nach eigener Auskunft "hanseatisch sauber und mit dem spitzen Stift kalkuliert". Das Unternehmen signalisiert Heimatverbundenheit und installiert seinem Energie-Partner, dem Hamburger Fußballklub FC St. Pauli, eine Photovoltaikanlage auf das Dach seines Millerntor-Stadions. Heimatliebe mit hervorragender CO2-Bilanz. Das 2009 gegründete Unternehmen "Hamburg Energie" ist möglicherweise eine marktorientierte Wiedergeburt des alten städtischen Energieversorgers. "Ökostrom" oder "Strom aus der Heimat"? Wie zu erkennen gibt es selbst in dieser Branche Anbieter, die sich mithilfe von Resonanzfeldern im Wettbewerb positionieren. Solche profilierte Kommunikation ist eine gute Chance für die Kleinen, weil Marketing für Konzernstrom dagegen oftmals austauschbar und arbiträr erscheint: Wer kennt sie nicht, die beliebigen "Energie für morgen"-Kinderbilder oder das Brot und Spiele-Sponsoring nach dem Gießkannenprinzip. Kein Wunder, wenn es selbst dem Branchenblatt W&V mal zu viel wird: "Der Energiekonzern Vattenfall ist rekordverdächtig, was Negativ-Schlagzeilen wegen Pannen in Atomkraftwerken betrifft. Aber was hat Vattenfall mit Leichtathletik zu tun? Nichts - außer, dass der schwedische Konzern die Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Berlin sponsert ... Ob die Anzeige mit dem bügelnden Speerwerfer witzig ist, darüber lässt sich streiten. Sie bietet ein bemühtes Wortspiel, ,sorgt für Spannung'. Doch das Motiv trägt keine Image-fördernde Botschaft. Trotz der Inhaltsleere schaltet Vattenfall die Anzeige massiv in Publikumszeitschriften. So verbrennt man sinnlos Geld." (www.wuv.de, 12.8.2009, "Kreation des Tages") Die
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kleinen Anbieterversuchen - so schwierig das auf diesem Feld auch sein mag -. Werbeenergie aus Resonanzfeldern statt aus gefüllten Werbekassen zu holen. Man darf gespanntsein. welchen Teil vom Kuchen sieerstreiten.
DIE NATUR WÜRDE WECHSELN, WENN SIE KÖNNTE . DER MENSCH KANN: MIT EHRLICHEM STROM .
---
~~'g~~~
(~ lRIf ~
... weil Hamburg auch das Tor zur Um-Welt ..,in muss.
Abbildung 54: Grllner Ökostrom oder Strom aus derHeimat Hamburg? Pfiffig aufgemachte Resonanzfelder versus Inhaltsleere beim Energiekonzem Vattenfall. (Anzeige derjeweiligen Marke)
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Resonanzfelder im Wettbewerb ~
Welche Resonanzfelder setzen IhreWettbewerber ein?
~
Wie positionieren Sie sich dagegen?
~
Nutzt Ihre Marke bereits ein Resonanzfeld?
~
Welche geeigneten Resonanzfelder sind noch frei?
Positionierungen gezielt ausgestalten - Resonanzfelder helfen Die Kommunikation einer Marke auf allen Kanälen derart zu führen, dass ein profilierter Auftritt dabei herauskommt, ist eine anspruchsvolle Aufgabe - Resonanzfelder können den Kommunikationsverantwortlichen im Unternehmen Orientierung bieten und die Arbeit erleichtern. Werfen wir einen Blick auf Modemarken, die das Resonanzfeld "Herkunft" nutzen: So aktiviert DKNY offensichtlich die positiven Vorurteile gegenüber der Heimatstadt der Gründerin Donna Karan, New York: die Metropole, die Skyline, das urbane Leben. Mit diesem Resonanzfeld erleichtert sich das Unternehmen die Planung der Werbesujets in hohem Maße - wenn beispielsweise die Agentur für eine neue Kampagne gebrieft wird, ist der Rahmen für die Kreativen durch "New York" bereits gesteckt. Man kann sich sofort auf Fragen der Ausgestaltung dieses abgesteckten Felds konzentrieren ("Wie rufen wir auf markenspezifische Weise New York im Publikum wach?"). Und wenn die Gestaltungsvorschläge der Agentur auf dem Tisch liegen, genügt die Frage: Wird unser Resonanzfeld dadurch zuverlässig aktiviert? Auch die Themensetzung und Kampagnenplanung werden einfacher, weil man das Rad nicht immer neu erfinden muss: Man kann seine Position besetzen und festigen, indem man Saison für Saison mit immer neuen Sujets in die gleiche Kerbe haut: Kampagne mit New York im Winter, dann New York im Frühjahr. Tommy Hilfiger orientiert an seinem Resonanzfeld "USA" nicht nur die Werbung, sondern sogar das Produktdesign. Obwohl Designern alle Farben der Welt zur Verfügung stehen, fokussiert er den Farbkanon seiner Kollektion in hohem Maße auf Rot, Weiß, Blau - und aktiviert mit den Farben des Sternenbanners zielsicher das Resonanzfeld "USA" bei seiner weltweiten Kundschaft. Diese Eng-
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führung hebt Hilfiger seit vielen Jahren erkennbar aus der Masse der CasualMode heraus. In immer neuen Variationen zelebrieren seine Modedesigner den All-American-Style Blau, Weiß, Rot, Freiheit, Surfen, Easy Rider, Stars & Stripes. Ein geeignetes Resonanzfeld, beispielsweise "Großbritannien", kann als positionierendes Programm für die komplette Kommunikation einer Marke eingesetzt werden . Burberry, Modebotschafter der Briten, hält mit dem Banner nicht hinter dem Berg. Und wenn der Union [ack mal nicht ins Bild kommt, strotzt die Kommunikation vor Upperclassfamilien, der Themse, Trenchcoats, Britpop. Die Kollektionen heißen Burberry London, Burberry Brit. Das Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren deutlicher als zuvor auf seine Herkunft besonnen und entsprechende Kommunikationsmaßnahmen abgeleitet; beispielsweise trat Burberry wieder groß bei der Londoner Fashion Week auf. Resultat: Wer Burberry kauft, der legt für das Prestige ein saftiges Sümmchen hin und erhält dafür dank der Inszenierung der britischen Herkunft das Gefühl, an einer Klassengesellschaft ganz oben teilzuhaben. Diese Beispiele aus der Modewelt illustrieren: Resonanzfelder helfen sehr bei der Planung, Beauftragung und Beurteilung der eigenen Kommunikation. Sie geben den Korridor vor, um Inspiration und Kreativität zielgerichtet zu entfalten.
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Abbildung 55: Tommy Hilfiger, DonnaKaranNewYork, Burberry of London: Modemarken nutzen die Kraft des Resonanzfelds ..Herkuntr'. (Anzeige derjeweiligen Marke)
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Checkliste: Die Marke mittels ihres Resonanzfeldes ausgestalten Wer ein Resonanzfeld nutzt, solltejedes Element seiner Marke daraufhin abklopfen, in welcher Gestaltung es die gewünschten Wirkungen im Publikum aktivieren kann: ~
Die Positionierung ("Schlafen wie schwerelos" oder"Schlafen wie Gott in Frankreich")
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Die Namen und Bezeichnungen (Markenname "Frosch" oderSortimentsbezeichnung "Burberry Brit")
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Die Farben (bspw. Grün
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Die Landesfarben (bspw. Tommy Hilfigers Rot-Weiß-Blau = USA)
~
Die Werbesujets (bspw. Schauplatz NewYork, Paris)
~
Personen und Figuren (bspw. Lattoflex-Schlafexperte Professor Dr. Erich Schmitt, Werbefigur Meister Proper)
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Hoheitszeichen, Symbole (bspw. Burberry Wappen, Hästens Wappen "Hoflieferant")
=grüner Strom von Greenpeace)
Mit Resonanzfeldern auf internationalen Märkten arbeiten Fast jedes Unternehmen ab einer gewissen Größe wird sich schon einmal mit den Herausforderungen und Chancen globalisierter Absatzmärkte auseinandergesetzt haben. Auch das Markenmanagement sieht sich oftmals in der Pflicht, international zu agieren. Wie aber stellt sich diese Aufgabe dar, wenn man dabei mit Resonanzfeldern arbeiten will? Auf den folgenden Seiten wird verdeutlicht, welche besonderen Anforderungen sich dabei jenseits des Heimatmarktes ergeben. Beispielhaft steht dafür eines der größten Absatzpotenziale speziell für deutsche Konsumgüter: Russland. Aufgrund der völlig anderen Geschichte und wirtschaftlichen Entwicklung dieses Landes sowie der großen kulturellen Distanz zu Deutschland lassen sich die
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Möglichkeiten und Herausforderungen eines internationalen Markenmanagements mit Resonanzfeldern hier besonders gut demonstrieren. Aus diesem Fall lassen sich verallgemeinernde Empfehlungen zum Arbeiten mit Resonanzfeldern in internationalen Kontexten ableiten.
Für jeden Markt das richtige Resonanzfeid Möchte man mit Resonanzfeldern international arbeiten, muss man auf die spezifische Situation im jeweiligen Zielmarkt eingehen. Mit welchen Assoziationen sind die Resonanzfelder, die ich für die Marke daheim heranziehe, im Zielmarkt verbunden? Stehen bestimmte Resonanzfelder in Konflikt mit kulturellen und sozialen Erfahrungen der Menschen dort? Oder verfügen sie umgekehrt über kollektive Erfahrungen, aufgrund derer sich bestimmte Resonanzfelder für eine Marke geradezu anbieten? All das gilt es zu berücksichtigen, will man einen fremden Markt mittels der Resonanzfeld-Technik erobern. Ein Blick nach Russland veranschaulicht diese Aufgabe. Der Sozialismus hatte dort eine Markenwüste hinterlassen. Außer einigen prominenten Marken noch aus vorsowjetischer Zeit und ein paar sowjetischen Sorten- und Gattungsbezeichnungen, die von den Konsumenten wie Marken gehandelt wurden, gab es Anfang der neunziger Jahre keine Marken. Besetzt war also so gut wie kein Resonanzfeld . Man konnte Marken wie am Reißbrett erschaffen. Bei einer Nation wie Russland, die durch und durch von Nationalstolz und Geschichtsbewusstsein geprägt ist, boten sich historische Personen und Ereignisse, die zu Mythen geworden waren, als Resonanzfelder an. Da der sowjetische Teil der Vergangenheit von den Konsumenten zuerst mit miserabler Produktqualität verbunden wurde, waren die Mythen des Sozialismus als Resonanzfelder erst einmal ungeeignet. Erfolg versprechender war es, glorreiche Ereignisse und Personen aus der weiter zurückliegenden Geschichte als Resonanzfelder zu instrumentalisieren. So entstanden sehr schnell Marken wie Peter I-Zigaretten, benannt nach dem großen Zaren, der Russland modernisiert hatte, Stepan Rasin-Bier, benannt nach dem Kosakenhelden aus dem 17. Jahrhundert, und Newskoje-Bier nach Alexander Newski, der Russland im 13.Jahrhundert gegen den Deutschen Orden verteidigt hatte. Während der letzten zwanzig Jahre hat sich langsam auch die kollektive Bewertung der sozialistischen Vergangenheit zum Positiven gewendet. Mythische Gestalten aus sowjetischer Zeit wie Iuri Gagarin, der erste Mensch im Weltall und Heldengestalt, oder sogar Lenin werden inzwischen ebenfalls erfolgreich als Resonanzfelder für die Markenkommunikation genutzt.
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Abbildung 56: Stepan Rasin - eine russische Biermarke, die in den neunziger Jahren erfunden wurde. Stepan Rasin, mythische Heldengestalt aus dem 17. Jahrhundert, dient alsNamensgeber und verschafft der Marke einen resonanzstarken Auftritt. (Bild: Etikett einer Stepan Rasin-Flasche)
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Abbildung 57:Juri Gagarin, darerste Mensch imWeltall. ist in Russland noch heute fur Alt und Jung ein Mythos. Ein großer russischer Mobilfunkbetreiber wirbt mitdieser Figur für einen neuen Handytarif. (Foto derAnzeige in Moskau: Luise Atthannsl
Dass zum Mythos hochstilisierte historische Personen und Ereignisse als Resonanzfelder für ökonomische Projekte instrumentalisiert werden, ist typisch für die Staaten des ehemaligen Ostblocks. Beispiel. Polen und ..Ian III Sobieski": Den Nationalhel.den, der die Osmanen zurückschlug und dann Königvon Polen wurde, hat der britische Zigaretten-Konzern American Tobacco als Resonanzfeld ausgewählt, um nach der Wende in Polen Fuß zu fassen. Die Neuschöpfung erreichte aus dem Stand einen Marktanteil von zehn Prozent. Man kann generell sagen. dass in Ländern, die großen gesellschaftlichen Veränderungen ausgesetzt sind und sich faktisch neu flnden müssen, Gestalten und Ereignisse aus der Geschichte mit Mythos-Qualitäten sich geradezu anbieten, als Resonanzfelder genutzt zu werden. Denn sie stellen einen als gesichert empfundenen kollektiven Besitzstand dar, nach dem sich Menschen in Zeiten des Verfalls der bishe-
rigen Ordnung sehnen.
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Die Übertragung von Resonanzfeldern aus anderen Kulturkreisen stellt sich deutlich schwieriger dar. Resonanzfelder, die in Deutschland positive Assoziationen hervorrufen und großen ökonomischen Erfolg einspielen, können aufgrund der spezifischen Erfahrungen der dortigen Konsumenten erfolglos bleiben. Beispiel "Cowboy" in Russland: Das Leben in der Stadt, insbesondere in Moskau und Sankt Petersburg, ist für Russen seit ehedem ein Privileg. Der Zuzug in die Städte wird bis heute durch bürokratische Hemmnisse erschwert. Cowboys sind aus Sicht der Russen Bauern, die Kühe hüten. Cowboys stehen in Russland nicht wie im Westen und im Western für Freiheit, Abenteurerturn und Abkehr von zivilisatorischen Zwängen, sondern vielmehr für Menschen, die es nicht in die Stadt geschafft haben, für schlechte Lebensbedingungen, harte körperliche Arbeit und ein ganz geringes Sozialprestige. Der "Cowboy", der Marlboro in der ganzen Welt zum Erfolg verholfen hat, ist also in Russland kein gutes Resonanzfeld. Dass Marlboro seit den neunziger Jahren dennoch eine dominierende Rolle auf dem russischen Tabakmarkt spielt, liegt am hohen Symbolwert von Marlboro als der Zigarette aus dem kapitalistischen Westen. Über die darin begründete Anziehungskraft verfügte diese Marke bereits zu sowjetischen Zeiten. BeispielResonanzfeld "Reine Natur": Eine hohe Produktqualität und die Einhaltung hygienischer Vorschriften unterstellen deutsche Verbraucher eigentlich jedem Produkt. Von Zeit zu Zeit erschüttern zwar Lebensmittelskandale - Stichwort Gammelfleisch und Analogkäse - die Republik. Aber trotzdem sind wir es gewohnt und vertrauen blind darauf, Produkte von einwandfreier Qualität zu bekommen. Ganz anders in Russland. Wie oft mussten die Verbraucher unter dem Sowjetregime die Erfahrung machen, dass sie mangelhafte Lebensmittel gekauft hatten. Aus dieser Zeit resultiert eine weit verbreitete Angst vor Keimen und Schadstoffen. Das Versprechen von hoher und hygienisch einwandfreier Produktqualität aufgrund modernster Produktionsanlagen ist hier also wirklich etwas wert, wie der Fall einer gescheiterten Fernsehwerbung zeigt: Unmittelbar nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wollte eine Westbrauerei für eine von ihr übernommene Biermarke im ehemaligen Ostblock mit einem TV-Spot werben, der einer westlichen Sehnsucht und Positionierungsidee von Ursprünglichkeit und Naturverbundenheit entsprang. Die Gerste wurde darin noch mit der Sense gemäht, das geerntete Getreide mit dem Pferdefuhrwerk heimgeschafft und das Bier in Holzfässern abgefüllt. Ein wirklich schöner Film. Er fiel aber im Land der Kolchosen und einer rückständigen Agrarwirtschaft komplett durch . Die Ost-Konsumenten wollten nun, da der Westen für sie greifbar war, Stahltanks und moderne Produktionsmethoden für Bier sehen, nicht ihre eigene, als rück-
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ständig erlebte Wirtschaftsvergangenheit. Das Resonanzfeld "Reine Natur" war in der kreativen Übersetzung als ein technikfreies Soziotop zu dieser Zeit absolut unattraktiv. Resonanzfelder rufen bei Menschen aus verschiedenen Ländern also unterschiedliche Assoziationen hervor. Wie sich die jeweiligen kollektiven Erfahrungen zwischen Ländern unterscheiden, so unterscheiden sich auch die von Resonanzfeldern wachgerufenen Bilder und Vorstellungen. Pauschal ist festzuhalten: Je unterschiedlicher die Geschichte und je größer die kulturelle Distanz von zwei Ländern ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sich Resonanzfelder problemlos übertragen lassen. Gerade wenn ein Zielmarkt sich nach Entwicklungsstand und Kultur stark vom heimatlichen Markt unterscheidet, sollte man bei der Übertragung von Resonanzfeldern aus dem Heimatmarkt vorsichtig operieren. Oftmals ist es besser, mit neuen Resonanzfeldern anzutreten. In Märkten, die markentechnisch einen niedrigen Entwicklungsstand aufweisen, kann es klug sein, zunächst auf konkret fassbare Resonanzfelder wie etwa zum Mythos gewordene Figuren und Ereignisse der nationalen Geschichte zurückzugreifen und sie sich für die eigene Marke anzueignen.
Herkunft erzeugt international immer Resonanz Ein Resonanzfeld spielt eigentlich jede Marke an, wenn sie die Grenzen ihres Heimatlandes überschreitet: ihre "Herkunft". Ganz egal, ob der Markenmanager darüber hinaus weitere Resonanzfelder für die Markenführung einsetzen möchte oder nicht, mit den Assoziationen zur Herkunft seiner Marke sollte er sich in jedem Fall befassen. Je nach der spezifischen Konstellation aus Produktgattung, Heimat der Marke und Zielmarkt muss entschieden werden, wie mit der Herkunft der Marke kommunikativ am geschicktesten umzugehen sei. Prinzipiell bieten sich dem Markenverantwortlichen drei Möglichkeiten: die Herkunft zeigen, die Herkunft verbergen oder eine andere Herkunft simulieren. Welche Rolle die "Herkunft" als Resonanzgeber für Marken spielt, lässt sich wiederum bestens am Beispiel Russland zeigen. Denn da der sowjetische Markt faktisch markenlos war, hatten dort die Herkünfte von Produkten die Rolle von Marken übernommen. "Finnische Schuhe" und "französisches Parfum" umgaben allein aufgrund ihrer Herkunft eine Aura von Qualität und Prestige. Auch polnische Kosmetik, Kleinelektronik aus der DDR oder Oberbekleidung aus Weißrussland galten den Verbrauchern in der markenlosen Sowjetunion als etwas Besonderes. Da sie nicht auf eine Marke im westlichen Sinne zurückgreifen konnten, schenkten die Verbraucher dem Herkunftsland eines Produktes
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höchste Beachtung. Dieser prüfende Blick auf die Produktherkunft hielt sich auch nach Einführung der Marktwirtschaft, die sich den Konsumenten vor allem als Markenwirtschaft darstellte. Zunächst war jedes Produkt aus dem Westen allein schon aufgrund seiner westlichen Herkunft attraktiv. Mit den Jahren jedoch änderte und sensibilisierte sich die Einstellung der russischen Verbraucher gegenüber verschiedenen Herkünften. Diese Dominanz der Herkunft in der Verbraucherwahrnehmung macht es für russische wie ausländische Marken unumgänglich, das Thema Herkunft strategisch anzugehen. Russische Firmen verbargen anfangs ihre Herkunft konsequent, um ihre Produkte nicht als minderwertig erscheinen zu lassen. Der erste russische Markenproduzent von Säften nannte nicht nur seine Firma WimmBill-Dann, sondern auch seine Saftmarke J-7 ("Seven Juices"). Als eine russische Herkunft bei Lebensmitteln wieder mit positiven Assoziationen verknüpft und populär wurde, versuchten ausländische Markenhersteller die Gunst der russischen Verbraucher auch dadurch zu gewinnen, dass sie sich als russisch ausgaben. Das prominenteste Beispiel liefert die Schweizer Firma Nestle. Ihr damaliger CEO für Russland, Hans Güldenberg, hatte erkannt, dass sich der Wind bezüglich der Bewertung ausländischer und inländischer Erzeugnisse gedreht hatte. Seinen Plan, in Russland eine große Schokoladenmarke aufzubauen, realisierte er deshalb nicht unter einem Markenzeichen aus dem Nestle-Portfolio, sondern unter dem neu geschaffenen Namen "Rossija Schtschedraja Duscha" ("Russland Großherzige Seele"). Um das Resonanzfeld "russische Herkunft" bei russischen Konsumenten störungsfrei zum Schwingen zu bringen, verzichtete er auch darauf, das Nestle-Markenzeichen, das Vögelchen im Nest, wie überall sonst auf der Welt auch auf dieser Verpackung abzubilden. Die dunkle Schokolade ist heute Marktführer und eine der "Superbrands" Russlands. Russische Lebensmittelhersteller wiederum tarnten ihre Herkunft jetzt nicht mehr, sondern gaben ihren Marken bewusst muttersprachliche Bezeichnungen wie "Ljubimy Sad" ("Mein Lieblingsgarten"). Das neue Selbstbewusstsein der russischen Markenartikler gipfelte dann in Kampagnen wie "Der Gegenschlag" für die russische Zigarette Java, bei der fliegende Java-Schachteln New York angreifen, die Herkunft der Marlboro.
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Abbildung 58: Russland istwiederwer in derWelt Die Werbekampagne _Der Gegenschlag- bringt einwiedarerwachtes WertgefOhl für russische Herkunft zum Ausdruck. (Foto derAnzeige in Moskau: Luise A1thannsl
Russland ist sicherlich ein extremes Beispiel. was die Bedeutung der ..Herkunft" als Resonanzfeld betrifft. Aber in Märkten und Ländern, in denen die Markentechnik nicht so entwickelt ist wie in den westlichen Industrieländern, spielt die Herkunft einer Marke für die Konsumenten generell eine große Rolle. Die ..Herkunft" wird als Resonanzfe1din der Massensee1e gerade dann und quasi automatisch aktiv. wenn einer Marke keine weiteren Resonanzfelder mitgegeben werden.
Gibt es global wirt<same Resonanzfelder1 Resonanzfelder mit globaler Reichweite sind für das internationale Markenmanagement ungemein attraktiv. Denn global wirksame Resonanzfelder gestatten es dem Management, Marken international mit einer standardisierten Kommunikationsstrategie zu führen, was bekanntlich Vorteile bezüglich Kosten und
Koordinationsaufwand verspricht. Doch gibtes solche global wirksamen Resonanzfelder überhaupt?
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Zunächst einmal kann man feststellen, dass die verschiedenen Arten von Resonanzfeldern für eine internationale Nutzung unterschiedlich gut geeignet sind. Ein großer Teil der Mythen sind Resonanzfe1der mit einem begrenzten Radius. Alexander Newski ist ein Volksheld in Russland, [an III Sobieski in Polen ebenso. Aber wie viele Deutsche haben diese Namen je gehört? Von sich selbst und seinem kulturellen Wissen sollte der Markenmanager niemals ausgehen, wenn es um die Bewertung der Wirksamkeit von Resonanzfeldern geht. Wer ist Bismarck, würde nämlich die überwiegende Mehrheit der Russen fragen. Nur sehr wenige Mythen sind wirklich global und mit annähernd gleichen Wertungen präsent. ehe Guevara ist ein Beispiel für diese Problematik. Che Guevara löst bei einem Argentinier, einem Deutschen und einem Russen zwar viele ähnliche, aber auch sehr unterschiedliche Assoziationen aus. Zu verschieden sind die kollektiven Erfahrungen der Menschen in diesen Ländern, als dass Che Guevara, ein Mythos der linken Revolution, allerorts mit identischen Bildern und Vorstellungen verbunden sein könnte. Die Differenzen werden nicht immer eine Rolle spielen, aber der Markenmanager sollte sich ihrer dennoch bewusst sein. Klischees haben in größerem Maße als Mythen übernationale Reichweite. Bestimmte Herkunft-Produkt-Kombinationen sind weltweit attraktiv und sexy, deutsche Autos beispielsweise oder französisches Parfum. Klischees über Männer und Frauen gibt es ebenfalls überall auf der Welt. Dahinter steht letztlich auch die Biologie des Menschen. Die Vorstellungen über Geschlechter und Geschlechterverhältnisse werden allerdings stark von den religiösen, kulturellen und sozialen Bedingungen eines jeden Landes beeinflusst. Klischees über Männer und Frauen sind daher zwar global wirksame Resonanzfelder, sie rufen jedoch durchaus unterschiedliche Empfindungen wach. Mario Barth käme mit seiner Performance im Iran ins Gefängnis. Klischees haben also oftmals die Qualität von globalen Resonanzfeldern, doch können sie im Einzelfall leicht zu Fettnäpfchen werden. Über die Reichweite von Topoi lässt sich ein pauschales Urteil nicht fällen. Es kommt immer darauf an, inwieweit ein Topos im kollektiven Bewusstsein eines Landes verankert ist. Je mehr kultureller Austausch zwischen zwei Ländern im Laufe der Geschichte stattgefunden hat und noch stattfindet, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Topos in diesen beiden Ländern wirksam ist. Das abendländische Europa stellt beispielsweise einen solchen Kulturraum dar, in dem die gleichen Topoi seit der Antike verbreitet sind. In Gebieten mit ganz an-
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deren Traditionen wie Asien, Afrika oder auch Südamerika muss man bei Resonanzfeldern dieses Typs immer überprüfen, ob sie dort auch wirklich funktionieren. Resonanzfelder, die auf archetypischen Vorstellungen beruhen, verfügen sozusagen per definitionem über eine globale Reichweite. Denn Archetypen sind gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie im kollektiven Unbewussten eines jeden Menschen vorhanden sind, unabhängig von seinen individuellen oder gesellschaftlichen Erfahrungen. So löst das Resonanzfeld "Mutter" nicht nur bei den Menschen in Deutschland reichhaltige positive Vorstellungen und Bilder aus, sondern ebenso bei den Menschen in Taiwan, Brasilien und Lettland. Die Marketing-Professorin Andrea Gröppel-Klein weist darauf hin, dass Werbung auf Basis archetypischer Vorstellungen weltweit wirksam sei. Notwendig sei allerdings, das Aussehen der Figuren und ihre konkrete Situation, das heißt die Mittel zur Aktivierung eines Archetyps, an die jeweilige Kultur anzupassen (siehe hierzu das Interview in Kapitel 2). Ein internationaler oder gar globaler Einsatz von Archetypen als Resonanzfelder kann deshalb zwar zu einer standardisierten Kommunikationsidee führen, verträgt aber nicht in jedem Fall auch eine standardisierte kreative Umsetzung.
Checkliste: Mit Resonanzfeldern auf internationalen Märkten arbeiten ~
Wie gehe ich mit dem Resonanzfeld Herkunft um?
~
Wie weit ist ein Resonanzfeld wirksam? Ist es global wirksam odernational bzw. lokal beschränkt?
~
Ist ein Resonanzfeld imZielmarkt genauso starkwie im Heimatmarkt?
~
Ruft ein Resonanzfeld imZielmarkt vergleichbare Assoziationen wie im Heimatmarkt hervor? Oder ruft es andere Assoziationen hervor?
~ Gibt esfür ein Resonanzfeld im Heimatmarkt eventuell einÄquivalent im
Zielmarkt? ~
Welche Resonanzfelder werden imZielmarkt bereits durch Wettbewerbsprodukte besetzt?
~
Kollidiert ein Resonanzfeld eventuell mit sozialen, ökonomischen, historischen oderstrukturellen Restriktionen imZielmarkt?
~
Welche Vorgaben gibt esfür eine internationale ResonanzfeldKommunikation bezüglich der Grundidee einerseits und der gestalterischen Umsetzung andererseits?
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4. Resonanzfeld-Technik: Systematisch das richtige Resonanzfeld finden Der Leser hat bislang erfahren, was Resonanzfelder sind und wie sie funktionieren. Auch eine Systematisierung wurde vorgenommen, nämlich die Unterscheidung in die vier Resonanzfeld-Typen Klischees, Mythen, Topoi und Archetypen. In Kapitel 3 wurde gezeigt, wie Markenmanager den schier unerschöpflichen Vorrat an Resonanzfeldern für ihre Marke einspannen können. Kapitel 4 beschäftigt sich nun damit, wie man das passende Resonanzfeld für seine Marke aufspürt und wie man eine Marke mithilfe von Resonanzfeldern systematisch stärken und zu einem "Publikumserfolg" machen kann: Wie funktioniert die Arbeit mit Resonanzfeldern in der Praxis? Wie kann der geneigte Leser - sofern ihn die Ausführungen bis zu diesem Punkt überzeugt haben - mit seinem eigenen Unternehmen oder der von ihm verantworteten Marke von Resonanzfeldern profitieren? Woher weiß er, welches Resonanzfeld für seine Marke das richtige ist und wie man es anzapfen kann? Es geht also darum, eine Resonanzfeld-Technik zu entwickeln. Bislang sind Marken nämlich in den meisten Fällen durch Intuition oder sogar Zufall zu einem Resonanzfeld gekommen und nicht durch Bedacht und Kalkül. Hansano oder Landliebe sind seltene Beispiele dafür, wie Marken stringent und systematisch mit einer Resonanzfeld-Technik entwickelt worden sind. Das Wissen um Resonanzfelder und ihre systematische, wirtschaftliche Nutzung war bislang gering. Dies zu ändern ist unser Anliegen. Drei Schritte führen zur erfolgreichen Anwendung der Resonanzfeld-Technik: 1. Produktleistungen herausarbeiten und Positionierung bestimmen
2. Resonanzfelder sondieren, bewerten und auswählen 3. Resonanzfeld markenspezifisch aktivieren und ausgestalten Die drei Arbeitsschritte werden im Folgenden ausgeführt.
Resonanzfeld-Technik: Die Fähigkeit, ein im kollektiven Bewusstsein verfügbares Verweispotenzial zu orten und durch eine individuelle Gestaltgebung für den eigenen, im Publikum noch nicht durchgesetzten Standpunkt zu mobilisieren.
159 K. Brandmeyer et al, Markenkraft zum Nulltarif, DOI 10.1007/978-3-8349-6735-0_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Erster Schritt: Produktleistungen herausarbeiten und Positionierung bestimmen Resonanzfelder ersetzen Produktleistungen nicht, sondern helfen, diese besser zu verkaufen. Sie sind erstklassige Wirkverstärker. Nicht mehr und nicht weniger. Im Mittelpunkt steht immer die Leistung des Unternehmens, die es zu verkaufen gilt. Bemühen wir noch einmal das Beispiel Landliebe, um dies zu verdeutlichen. Am Anfang stand der Wille des Unternehmens, eine PremiumRange von Milchprodukten auf den Markt zu bringen, die oberhalb der angestammten Marke Südmilch positioniert werden sollte. Dazu zählte auch, dass die Qualität der verwendeten Rohstoffe und ihre Verarbeitung höchsten Ansprüchen genügen sollten. Dies war Vorgabe und Strategie des Unternehmens. Erst danach und auf dieser Basis entstand die markentechnische Strategie, das Resonanzfeld "Vom Lande kommt nur Gutes" zu nutzen, um diese Produkte im anvisierten Premium-Segment verkaufen zu können. Theoretisch kann der Prozess auch mit der Wahl eines Resonanzfeldes beginnen. So könnte ein Unternehmen auf die Idee kommen, ein starkes Resonanzfeld wie den "Indianer" (siehe Abschnitt über Mythen) für den Verkauf von Produkten im LEH zu nutzen. Dann bestünde der zweite Schritt in der Selektion von Produktfeldern und der Definition spezifischer, zum Resonanzfeld passender Produkteigenschaften. Hier wäre also zunächst die Frage: Welche Produkte passen zum Resonanzfeld "Indianer"? Fertigsuppen oder Pizza kämen offenkundig nicht infrage, wohl aber beispielsweise (Wild-)Reis, Trockenfleisch oder vielleicht Tee. Anschließend würde sich die Frage stellen, wie ein Tee beschaffen sein müsste, bei dem das Resonanzfeld "Indianer" funktioniert. Das wäre dann eher ein Kräutertee als ein schwarzer Tee englischer oder ostfriesischer Machart. Am besten mit Heilkräutern nach indianischen Rezepturen. Das würde wahrscheinlich sogar funktionieren. Aber an diesem fiktiven Beispiel wird deutlich, dass es in der Praxis meist ganz anders läuft. Denn welches Unternehmen (abgesehen von Händlern mit ihren Handelsmarken) kann schon so unterschiedliche Produkte wie Wildreis, Trockenfleisch oder Tee produzieren (lassen) und verkaufen? In aller Regel verhält es sich umgekehrt: Ein Unternehmen bewegt sich in seinem angestammten Segment, in dem es zu Hause ist und zugleich kompetent. Es ist in der Lage, bestimmte Qualitäten und Produkteigenschaften zu realisieren,
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und ist in der einen oder anderen Hinsicht besser oder zumindest anders als seine Wettbewerber. Diese Qualitäten gilt es, durch die Wahl des richtigen Resonanzfeldes zu transportieren und zu vermitteln. Es geht also darum, und zwar ganz im Sinne der klassischen Rhetorik, der Sache selbst innewohnende Leistungen besser und überzeugender zu vermitteln. Daher muss zunächst herausgearbeitet werden, welches die der Sache selbst innewohnenden Leistungen sind. Egal, ob es sich um bereits existierende oder um noch zu entwickelnde Leistungen handelt. In jedem Fall muss das Unternehmen zunächst zwei Fragen beantworten: 1. Was macht mein Produkt/meine Marke besonders attraktiv?
2. Wie soll das Produkt/die Marke positioniert werden? Die erste Frage bezieht sich auf die Suche nach den spezifischen, vom Wettbewerb differenzierenden Leistungen. Denn die Ursachen für den Erfolg am Markt sind letztlich immer in dem begründet, was das Unternehmen macht. Aber wie findet man innerhalb eines breiten Spektrums an Leistungen und Eigenschaften diejenigen, die für den Erfolg der Marke ursächlich sein könnten? Welche Produkteigenschaften sind konstitutiv für den guten Ruf der Marke? Folgende markentechnische Prinzipien und Suchraster helfen beim Identifizieren dieser Eigenschaften: ~
~ ~
Gibt es Alleinstellungsmerkmale, also Facetten, die die Wettbewerber in dieser Form nicht zu bieten haben? Differenzierendes kann in den unterschiedlichsten Bereichen zu finden sein: Produkteigenschaften, Nutzen, Herstellung, Herkunft, Historie, Gestaltung, Service oder auch die Distribution sind nur einige Dimensionen. Das differenzierende Moment muss nicht zwingend den Grundnutzen betreffen oder von höchster Relevanz sein. Was gilt als markentypisch, was wird über die Jahre hin immer wieder reproduziert und zieht sich durch die Geschichte der Marke? Welche Argumente funktionieren in Verkauf und Vertrieb besonders gut?
Mithilfe dieses Rasters sollte das Produkt bzw. die Marke durchgearbeitet und seziert werden. Ganz wichtig ist dabei: Verfallen Sie nicht in die übliche Auflistung von Stärken und Schwächen. Schwächen sind in diesem Zusammenhang vollkommen uninteressant und lenken nur von der Sache ab. Gesucht wird nach Stärken, nach spezifischen Eigenschaften und Leistungen, mit denen man im Wettbewerb punkten kann (mit Schwächen kann man im Wettbewerb bekanntlich nicht punkten).
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Auf Basis der Stärken-Analyse stellt sich nun die zweite Frage: die nach der angestrebten Positionierung der Marke. Das bedeutet vor allem: Welche Vorstellungen über die Marke sollen im Publikum aufgebaut werden? Was sollen die (potenziellen) Kunden über die Marke denken? In welcher Wertposition soll die Marke aufgestellt und verkauft werden? An welche Zielgruppe soll sich die Markewenden? Diese Fragen können und müssen unternehmensstrategisch klar beantwortet werden. Denn die Antworten darauf geben bei der Suche nach dem richtigen Resonanzfeld die Richtung vor: Das richtige Resonanzfeld nimmt Produktleistungen auf und ruft im Publikum die gewünschten positionierenden positiven Vorstellungen wach. Es ist der "Booster", mit dem die verborgenen Leistungen eines Anbieters in die Köpfe der Menschen gebracht werden. Zwei Beispiele sollen diesen ersten Schritt erfolgreicher Resonanzfeldtechnik illustrieren. Diese Beispiele zeigen zugleich, dass Resonanzfelder sowohl für die Aktivierung eingeführter Marken als auch für die Entwicklung neuer Marken bzw. Sortimentslinien eingesetzt werden können.
Kytta: Ein Indianer kennt keinen Schmerz Betrachten wir zunächst einen Fall, bei dem eine Marke durch das eben bereits angesprochene Resonanzfeld "Indianer" erfolgreich aktiviert und zu neuen Umsatzrekorden geführt werden konnte. Unter der Marke Kytta, die zum Darmstädter Pharma-Unternehmen Merck gehört, wird seit Jahrzehnten unter anderem eine Salbe gegen Muskel- und Gelenkschmerzen angeboten. Die KyttaSalbe stagnierte über Jahre im Umsatz und war mit nur vier Prozent Bekanntheit relativ schwach verankert. Erschwerend kam hinzu, dass es mit der Marke Voltaren von Novartis einen deutlich bekannteren Wettbewerber mit hohem Kommunikationsbudget gibt. In dieser schwierigen - gerade für viele mittelständische Marken typischen - Situation ging es darum, mit begrenzten Kommunikationsmitteln differenzierende Produkteigenschaften herauszustellen und publikumswirksam zu vermitteln. Schritt 1 bestand daher auch in diesem Fall darin, die differenzierenden Produktleistungen herauszuarbeiten und die Positionierung der Marke zu bestimmen. Die Bestandsaufnahme ergab dabei vor allem: Im Gegensatz zum Hauptwettbewerber Voltaren, der mit Diclofenac einen verbreiteten chemischen Wirkstoffverwendet, nutzt Kytta-Salbe die Heilkraft einer Pflanzenwurzel- die
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Wurzel des Beinwell. Damit verfügt Kytta-Salbe über ein echtes Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb. Die daraus resultierende Positionierung lautet: Die pflanzliche Schmerzsalbe. Nun ist Kytta allerdings nicht die einzige pflanzliche Salbe zur Behandlung von Prellungen, Zerrungen, Verstauchungen und Ähnlichem (insbesondere werden zahlreiche Produkte auf Basis von Arnika angeboten). "pflanzlich" allein ist als Kommunikationsinhalt daher nicht spezifisch genug. Was gibt es also noch über die Beinwell-Wurzel zu sagen? Sie gehört bei der Behandlung von Muskel- und Gelenkbeschwerden zu den ältesten Arzneipflanzen der Kulturgeschichte. Die starke Heilkraft schätzten auch schon die Mediziner des Mittelalters wie z. B. der berühmte Paracelsus. Besser noch: Eine nahe Verwandte des heimischen Beinwell wird auch von den Ureinwohnern Nordamerikas als Heilpflanze genutzt. An genau dieser Stelle sahen das Kytta-Management und seine Agentur den Anknüpfungspunkt für die Kommunikation: Bei Muskel- und Gelenkschmerzen hilft die Natur mit der starken Heilkraft der Beinwell-Wurzel. Ihr vertrauen seit Generationen auch die Indianerstämme Nordamerikas. Über Indianer besteht hierzulande eine klischeehafte Vorstellung, die Kytta sich zunutze macht: "Ein Indianer kennt keinen Schmerz." Wohl jeder hat diesen Satz von seinen Eltern zu hören bekommen, wenn er sich als Kind verletzt hat . Ob das nun tröstlich war oder nicht. Wir haben ihn uns gemerkt. Die Kommunikation wurde komplett umgestellt. Warb Kytta zuvor mit generischen Motiven - aktiven Menschen aus der Zielgruppe, die sich dank Kytta wieder schmerzfrei bewegen können -, fungiert heute ein Indianer als zentrales Werbernotiv. Ein Indianer, wie er der stereotypen Vorstellung der Westeuropäer entspricht - Rothaut, schwarze Haare, Federschmuck, nackter muskulöser Oberkörper, ledernes Beinkleid und natürlich Mokassins. Alles andere als authentisch, aber überaus resonanzstark. Der Indianer als Wirkverstärker der Kytta-Kommunikation. Mit einem Klischee aus Kindheitstagen war ein geeignetes Resonanzfeld gefunden. Und ein sehr erfolgreiches dazu, wie sich schnell herausstellen sollte. Die Umsätze kletterten steil nach oben, die Bekanntheit der Marke stieg an - und die Agentur wurde für so viel Effizienz mit einem silbernen "GWA Effie" ausgezeichnet.
163
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Abbildung 59: Kytta-Werbung früher: .Aus derNatur"- aber ohne Resonanzfeld und mitgeringer Resonanz.IAnzeige: Advision)
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III'VIERCK Abbildung 60: Kytta-Werbung heute: Mit dem Resonanzfeld .Ein Indianer kennt keinen Schmerz" zu Umsatzplus und .Effie",(Anzeige: Advisionl
164
Fini's Feinstes: Resonanzfeld-Technik vom Feinsten Das zweite Beispiel zeigt, wie eine neue Marke mittels der Resonanzfeld-Technik erschaffen werden kann: die österreichische Mehlmarke Fini 's Feinstes. Auch hier wird deutlich, dass Produktleistungen und Positionierung vor der Auswahl und Ausgestaltung des Resonanzfeldes stehen. Zunächst aber werfen wir einen Blick zurück in das Österreich der frühen neunziger Jahre. Wer dort Kuchen backen will, kauft irgendein Mehl irgendeines regionalen Anbieters. Es gibt keine österreichweit erhältliche Mehlmarke. überwiegend Kleinmühlen produzieren Mehl als Gattungsprodukt; Mehl ist zu dieser Zeit in Österreich das, was Marketingleute gern als .Jow-Interest" schmähen. Was schon im Wort "Grundnahrungsmittel" mitschwingt, wird auch im Erscheinungsbild der meisten damaligen Angebote überdeutlich: Austauschbar, kühl, technisch, unmarkiert sind die Mehle. In dieser Situation beschließt die Vonwiller-Mühle 1992, die erste nationale Mehlmarke aufzubauen und zu vertreiben. Am Anfang stand eine besondere Produktleistung, nämlich besonders gutes Mehl mit neuartigen Qualitäten. Für Pini's Feinstes wird nur hochwertiges, österreichisches Qualitätsgetreide verwendet, das besonders strengen Auswahlkriterien unterliegt. Das Getreide wird schonend vermahlen und laufend unabhängigen internen und externen Qualitätskontrollen unterzogen. Die Positionierung war damit auch klar vorgegeben: oberhalb des Wettbewerbs, in einer eigenen, neuen (Preis-)Klasse. Aufgabe des Marketings war es nun, den Konsumenten diese besonderen Produktqualitäten zu vermitteln und damit die angestrebte, gehobene Positionierung in den Köpfen zu verankern. Erklärende Texte zur Herkunft und Verarbeitung des verwendeten Getreides allein reichen dazu nicht aus. Um die Seelen der Konsumenten für derartige Produktinformationen zu öffnen, haben die Macher auf ein starkes Resonanzfeld gesetzt: die Figur der Kuchen backenden "Großmutter". Mit der Fini wurde eine Kunstfigur geschaffen, die dem Klischee der Großmutter entspricht. Eine "erfahrene alte Hausfrau", die auf den Verpackungen zu sehen ist und die laut Marktforschung Gefühle wie Gemütlichkeit, Sympathie und Fürsorge hervorruft und insbesondere den Eindruck von Back-Kompetenz vermittelt. Ergebnis: Mit Fini 's Feinstes gelang es, Österreichs erste Mehlmarke aufzubauen; eine, die es im ganzen Land gibt; eine, die mehr ist als nüchterne Grundversorgung. Fini's Feinstes hat in den letzten zwanzig Jahren den österreichischen Mehlmarkt umgekrempelt und bietet unter demselben Namen heute auch Back-
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mischungen sowie Weizengrieß und Polenta an. Wegen des durchschlagenden Erfolgs hat sich auch die Vonwiller-Mühle inzwischen in ..Pini's Feinstes-Mühle" umbenannt.
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Abbildung 61: Fini's Feinstes: Mit dem Resonanzfeld "Großmutter" zurersten Mehlmarke Östllrrllichs. (Foto: Fini's Felnstas)
Zweiter Schritt: Resonanzfeider sondieren, bewerten und auswählen Nachdem wir einige Beispiele betrachtet haben. ergibt sich die Frage: Wie finden Sie aus dem fast unerschöpflichen Reservoir an Resonanzfe1dern jenes heraus, das Ihre Marke mit den ihr eigenen spezifischen Produkteigenschaften und -leistungen am besten und möglichst resonanzstark vermitteln kann?
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Resonanzfelder sondieren und sammeln: Brainstorming Der erste Schritt dazu ist das klassische Brainstorming, also das Sammeln aller erdenklichen Resonanzfelder. Zunächst noch offen und nur schwach strukturiert. Doch ganz alleine lassen wir Sie dabei nicht. Denn es gibt Fragen und Suchfelder, die beim Aufspüren möglicher Resonanzfelder helfen und somit den Fahrplan für unternehmensinterne Workshops bilden können: ~ ~
~ ~
~
Gibt es Herkünfte, die in meinem Produktfeld als besonders gut und kompe tent gelten? Können Klischees genutzt werden (wie z. B. Mann-Frau-Klischees im technischen Segment)? Gibt es berühmte Persönlichkeiten, die in dem Produktbereich besondere Geltung besitzen (z. B. der Erfinder einer Sache)? Existieren in dem Kulturraum des Absatzgebietes Topoi oder Mythen, die genau jene positiven Vorstellungen wachrufen, mit denen meine Marke aufgeladen werden soll? Können Archetypen genutzt werden, die meinen Produktnutzen verkörpern?
Ergänzend zum Brainstorming auf Expertenebene im Unternehmen kann es sinnvoll sein, qualitative Explorationen in den Zielgruppen durchzuführen. Mithilfe von Fokusgruppen (insbesondere in B-to-C-Märkten) oder qualitativen Einzelinterviews (insbesondere in B-to-B-Märkten) können auf diese Weise Einblicke in die Vorstellungswelten der Zielgruppen gewonnen werden. Dazu müssen Gesprächs- bzw. Moderationsleitfäden entwickelt werden, die sich inhaltlich weitgehend an den Suchfeldern der Expertenworkshops orientieren. Mithilfe von internem Brainstorming sowie qualitativen Zielgruppen-Explorationen werden Sie schließlich eine Liste potenzieller Resonanzfelder erstellen können . Jetzt gilt es, die Spreu vom Weizen zu trennen und die aussichtsreichsten Resonanzfelder unter den Kandidaten zu identifizieren. Vor einer empirischen Bewertung verschiedener Resonanzfelder steht dabei die strategische Stringenz als entscheidendes Kriterium. Es sei nochmals betont: Bei der Suche nach dem richtigen Resonanzfeld geben zwei Ebenen die Richtung vor: die spezifischen Leistungen meiner Marke und die positionierenden Vorstellungen, die im Publikum aufgebaut werden sollen. Das richtige Resonanzfeld nimmt Produktleistungen auf und ruft im Publikum die gewünschten positiven Vorstellungen wach. Zuerst gilt es daher, sachlogisch zu prüfen, welche Resonanzfelder am besten zu meinen Produktleistungen und zu meiner angestrebten Positionierung passen .
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Eine Bewertung kann auch mithilfe folgender Fragen erfolgen: Welche Resonanzfelder sind besonders affin zu den zuvor herausgearbeiteten spezifischen Produktleistungen? ~ Welche Resonanzfelder beinhalten jene positiven Vorstellungen, mit denen die Marke aufgeladen werden soll? ~ Welche Resonanzfelder vermitteln eine Klasse und Wertposition, die für die Marke angestrebt ist? Nach dieser kritischen Auslese bleiben von der zunächst umfangreichen Sammlung von Resonanzfeldern erfahrungsgemäß nur wenige ernsthafte, strategisch passende Kandidaten übrig. Denn auf Basis von Expertenurteilen kann in der Regel fundiert beurteilt werden, welche Resonanzfelder sachlogisch richtig und passend sind. ~
Jedoch: Die inhaltliche Ausprägung und die Stärke von Resonanzfeldern exakt zu beurteilen, ist ohne eine empirische, quantitative Basis nicht möglich .
Resonanzfelder bewerten: Mit Empirie zur Gewissheit Bevor ein Unternehmen auf ein bestimmtes Resonanzfeld setzt und den Markenauftritt daran ausrichtet, sollte es sich seiner Sache - sprich : des Resonanzfeldes - ganz sicher sein. An dieser Stelle kommen erneut die Methoden der empirischen Sozialforschung ins Spiel. Denn mit einem geeigneten empirischen Instrumentarium kann Gewissheit hinsichtlich der Inhalte und Stärke von Resonanzfeldern geschaffen werden. Mit diesem Instrumentarium können die folgenden, entscheidenden Fragen auf einem empirischen Fundament beantwortet werden: Welche Vorstellungen werden mit dem Resonanzfeld verbunden? ~ Ist das Resonanzfeld durchweg positiv besetzt oder schwingt auch Negatives mit? ~ Wie stark und "massenhaft" ist das Resonanzfeld verankert? ~ Funktioniert das Resonanzfeld in der angestrebten Zielgruppe (z. B. in einer bestimmten Altersgruppe oder bei einem Geschlecht)? Im Folgenden wird ein Weg aufgezeigt, wie man Resonanzfelder mit relativ geringem Aufwand erfassen, messen und visuell darstellen kann. Der Schlüssel zur Analyse von Resonanzfeldern ist die Abfrage von Assoziationen zum jeweiligen Gegenstand. Mit der einfachen Frage "Was fällt Ihnen zu ... ein?" erhält man Zugang zu den Bedeutungen und Inhalten, die Menschen mit einem bestimmten ~
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Begriff (= Resonanzfeld) verbinden. Die Erfassung und Inhaltsanalyse (Content Analysis) von Assoziationen ist in den Sozialwissenschaften eine bewährte Technik, um sogenannte "semantische Felder" (= Gruppen von Wörtern, die von den Befragten als zusammengehörig verstanden werden) zu analysieren. Die Analyse von Assoziationen bietet auch in unserem Zusammenhang große Vorteile: 1. Die Abfrage erfolgt absolut offen, also im besten Sinne qualitativ. Der Befragte kann äußern, was auch immer ihm in den Sinn kommt - Positives wie Negatives. Es gibt keinerlei Antwortvorgaben, die die Ergebnisse in eine bestimmte Richtung lenken könnten. 2. Die offen abgefragten Assoziationen können durch die Einordnung in Kategorien relativ problemlos quantifiziert werden. Dadurch können Häufigkeitsanalysen und auch komplexere statistische Verfahren angewendet werden. Man erhält also nicht nur Hinweise über die Inhalte von Resonanzfeldern, sondern auch solche über deren Stärke und Verankerung. 3. Die Erhebung von Assoziationen kann schnell und kostengünstig erfolgen. Mit Omnibus-Systemen, wie sie die großen Marktforschungsinstitute anbieten, können Sie schnell und kostengünstig Assoziationen zu beliebigen Begriffen abfragen lassen (bevorzugt mit telefonischen oder persönlichen Interviews). Und dies in großen Fallzahlen von 1.000 oder 2.000 Befragten, die auch Analysen in Teilgruppen mit hoher statistischer Güte ermöglichen. Wie Assoziationen erfasst, aufbereitet und analysiert werden können, wird im Folgendem an einem Beispiel illustriert. Am Beispiel des Resonanzfeldes "Hamburg", Im Abschnitt über Klischees wurde bereits gezeigt, dass Herkünfte starke Resonanzfelder sein können. Dabei kann es sich um Länder handeln ("Made in Germany"), um eine Insel wie Sylt (siehe das Beispiel der Sylter Salatfrische) oder auch um Städte. Um solche Städte, mit denen kollektiv bestimmte positive Vorstellungen verbunden werden. So sind beispielsweise Paris, New York oder auch München Städte, die positiv besetzt sind und von zahlreichen Unternehmen als Resonanzfelder genutzt werden. Die Herkunft "Hamburg" wird hingegen bislang nur wenig eingesetzt. Eines der seltenen Beispiele ist der Stromanbieter "Hamburg Energie", der sich als lokaler Energieversorger in der Hansestadt profilieren möchte (siehe auch Kapitel 3). Dabei gehört Hamburg nicht nur zu den bekanntesten Städten Deutschlands,
169
sondern liegt auch in der Beliebtheit weit vorne. Möglicherweise liegt hier also ein Resonanzfeld brach, welches für Unternehmen fruchtbar gemacht werden könnte. Grund genug, sich einmal näher mit dem Resonanzfeld "Hamburg" zu beschäftigen. Wie sind wir dabei vorgegangen? Zunächst zur Datenerhebung: Im Rahmen einer telefonischen Befragung im Auftrag der Hamburg Marketing GmbH wurden 800 Privatpersonen aus Deutschland gefragt: "Was fällt Ihnen spontan zu Hamburg ein?" Diese Frage wurde offen und komplett ohne Antwortvorgaben gestellt. Alle Antworten wurden per Audio-Recording als Soundfile aufgezeichnet und später im Wortlaut transkribiert. Für die anschließende Analyse lagen die Äußerungen der Befragten also im exakten Wortlaut vor. Der nächste Schritt liegt in der Aufbereitung der Daten. Datenaufbereitung bedeutet in diesem Zusammenhang vor allem: Die transkribierten, im Wortlaut vorliegenden Assoziationen müssen in sinnvolle Kategorien eingeordnet werden. Denn erst durch ein geeignetes Kategorienschema wird eine quantitative, statistische Analyse möglich. Kategorien beinhalten in diesem Zusammenhang Oberbegriffe, die die konkreten Nennungen der Befragten in trennscharfe begriffliche Dimensionen unterteilen. Bei der Kategorienbildung kommt es entscheidend darauf an, einerseits so nah wie möglich an den ursprünglichen Wortnennungen zu bleiben, andererseits aber begriffliche "Schubladen" zu finden, in die Assoziationen ähnlichen Inhalts eingeordnet werden können. Diese Schubladen sollten möglichst trennscharf sein (also wenige Überschneidungen enthalten), sie sollten eindeutig sein (d. h. unterschiedliche Personen sollten die Assoziationen in dieselben Kategorien einordnen) und sie sollten vollständig sein (es sollten also alle Nennungen eingeordnet werden können) . Abbildung 62 verdeutlicht das Prinzip der Kategorienbildung. Beispielsweise werden unterschiedliche Wortnennungen, die ihrem Bedeutungsgehalt nach alle den Hamburger Hafen betreffen, in eine Kategorie einsortiert. Assoziationen, die sich allesamt auf die berühmte Hamburger Reeperbahn beziehen, werden in eine Schublade mit der Aufschrift "Reeperbahn" einsortiert usw.
170
Assoziation zu Hamburg im Wortlaut
Kategorie ("Schublade")
" Der schöne Hafen" " Das ist eine Hafen stadt"
"Der große Hafen mit den vielen Schiffen"
" ... " Die sündige Meile Reeperbahn " "Auf de r Reeperbahn nachts um halb ein s" " Die bunte Reeperbahn"
.
" ...
Abbildung 62: Datenaufbereitung: Die Assoziationen werden in Kategorien eingeordnet
Mit der Entwicklung einesvollständigen Kategorienschemas ist der Wegfür die Datenanalyse bereitet. Als Erstes soll dabei die Frage beantwortet werden, was wie häuflg mit dem Resonanzfeld ..Hamburg" assoziiert wird.. Diese Frage ist mit
einer simplenFrequenzanalyse zu beantworten, also der Auszählung der in den Kategorien klassifizierten Assoziationen. Sie zeigtuns. durch welche Vorstellungen das Resonanzfeld .Hemburg" primär geprägtwird. und offenbartauch,welche Facetten der Stadt den Menschen spontan seltener in den Sinn kommen. Betrachten wir zunächst die Gesamtheit der 800 befragten Privatpersonen. die einen repräsentativen Schnitt der deutschen Bevölkerung ab 18 Jahren darstellen. Dabei schauen wir uns nur die 20 Assoziations-Kategorien mit den meisten
Nennungenan.
171
50%
Hamburger Hafen Reeperbahn 29% Aister l---~2~ 0~ %-
19%
Fischmarkt Musicals
17%
Michel
17% 12% 10% 10%
Schöne Stadt Großstadt HSV 1St. Pauli-Fussball Eibe
8%
Einkaufs-Stadt
8%
Schöne Architektur
7%
Viel Wasser
7%
St. Pauli
6%
Viel Kultur
5%
Elbtunnel Große Schiffe Nordsee Freie Hansestadt Speicherstadt
Abbildung 63: Die Assoziationen zu Hamburg in Prozentwerten (Privatpersonen ab 18 Jahren).
Wie ist dieses Bild zu interpretieren? Die erste Erkenntnis lautet: Harnburg ist für die Bevölkerung Deutschlands reich an Bedeutung. Es ist nicht einfach der Name einer Stadt; vielmehr wird er mit vielfältigen Vorstellungen verbunden. Diese Vorstellungen sind zudem fast durchweg positiv (einzig in der Kategorie ..Elbtunnel", die mit fünf Prozent jedoch relativ schwach ist, verbergen sich explizit negative Nennungen wie ..lange Staus vor dem Elbtunnel"). Das Wort ..Hamburg" löst also kollektiv positive Vorstellungen aus und ist damit im besten Sinne ein starkes Resonanzfeld. Die zweite Erkenntnis lautet: Mit dem Hamburger Hafen und der Reeperbahn gibt es zwei Vorstellungen, die das Resonanzfeld ..Hamburg" inhaltlich stark prägen. Jedem zweiten Befragten kommt bei Hamburg der Hafen in den Sinn. Immerhin fast jeder Dritte nennt die weltberühmte Reeperbahn. Weitere bedeutende
172
Facetten des Resonanzfeldes sind die Alster, der Fischmarkt, die Musicals (Hamburg gilt als Deutschlands Musicalhauptstadt) und die im Volksmund "Michel" genannte evangelische Hauptkirche Sankt Michaelis in der Nähe des Hafens. Die relativ hohe Fallzahl von n =800 Befragten erlaubt es, die Hamburg-Assoziationen in soziodemografischen Teilgruppen zu betrachten. Hier zeigt sich beispielsweise, dass sich die Bedeutungsinhalte Hamburgs in den verschiedenen Altersklassen nur wenig unterscheiden. So sind Hafen und Reeperbahn auch in der Zielgruppe der bis 29-Jährigen die häufigsten Assoziationen, während die Alster und der Michel hier an Gewicht verlieren. Auch bei den beiden Geschlechtern ist das Bild relativ ähnlich. Lediglich die Reeperbahn wird von Männern deutlich häufiger mit Hamburg assoziiert, als dies bei den Frauen der Fall ist. Dies sind Hinweise dafür, dass das Resonanzfeld "Hamburg" in sehr verschiedenen Zielgruppen ähnlich gut funktionieren kann. Zur abschließenden Beurteilung und Einschätzung des Resonanzfeldes ist jedoch noch die Frage zu beantworten, ob es bei den Assoziationen zu Hamburg bestimmte kognitive Muster gibt. Gibt es Assoziationen, die typischerweise zusammen genannt werden, in den Köpfen der Menschen also miteinander zusammenhängen. Diese Frage zu beantworten, ist die Aufgabe von Kontingenzanalysen. Damit kommen wir zum nächsten Schritt der Datenanalyse. an deren Ende eine "kognitive Landkarte" des Resonanzfeldes Hamburg stehen wird .
Methodischer Exkurs Der folgende Abschnitt ist zum Verständnis des Gedankens nicht zwingend notwendig. Er richtet sich an Leser mit ausgeprägtem, empirisch-methodischen Interesse. Für alle anderen geht es weiter nach Abbildung 65. Der erste Schritt der Kontingenzanalyse besteht im Aufbau einer Überschneidungsmatrix (Kontingenzmatrix). Sie zeigt die Häufigkeiten der Übereinstimmungen bzw. Nicht-Übereinstimmungen der Assoziationen über alle Befragten hinweg.
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Hafen Reeperbahn l Aister Fisch markt
Hafen
Reeperbahn
Aister
Fis chmarkt
396 131 85 84
131 232 43 60
85 43 160 25
83 60 25 153
Die Kontingenztabelle zeigt in absoluten Zahlen. welche Assoziationen gemeinsam genannt wurden. Zur Lesart der Kontingenztabelle: Von insgesamt 800 befragten Personen haben 396 den Hamburger Hafen genannt. 232 Personen assoziierten die Reeperbahn. Von diesen 232 Personen haben wiederum 131 Personen - also mehr als die Hälfte - auch den Hamburger Hafen genannt. Hier ist schon mit dem bloßen Auge ein starker Zusammenhang erkennbar: Reeperbahn und Hamburger Hafen werden häufig gemeinsam genannt. Nur wenigen Befragten fällt dagegen sowohl der Hafen als auch das Kulturangebot Hamburgs ein - dieser kognitive Zusammenhang ist also schwach (nicht in der obigen Tabelle dargestellt). Wer bei Hamburg an Kultur denkt, dem kommt dann typischerweise eher die schöneArchitektur der Stadt in den Sinn. Bereits an dieserStelle, beim Lesen einer überschneidungsmatrix, gewinnt man einen Eindruck davon, welche Hamburg-Assoziationen in den Köpfen der Bevölkerung eng beieinanderliegen. Allerdings hat eine solcheOberschneidungsmatrix den Nachteil, dass sie "sperrig" ist und mit absoluten Zahlen arbeitet (nicht z. B. mit Prozentwerten). Vergleiche zwischen den verschiedenen Assoziationen mit ihren sehr unterschiedlichen Häufigkeiten sind daher schwierig und unübersichtlich. Abhilfe kann geschaffen werden. indem die Oberschneidungsmatrix in eine Korrelationsmatrix überführt wird, die dann auch die Grundlage für eineleichtlesbarevisuelle Darstellungbildet. Ein Korrelations-Koeffizient sollnun mit einer einheitlichen "Wäluung- zeigen, wie stark der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Assoziationen ist. Dafür wird der sehr einfach funktionierende Jaccard-Koeffizient gewählt. Er wird hier am Beispiel der überschneidung von "Hamburger Hafen" und "Reeperbahn" berechnet:
174
Personen , die sowoh l "Hafen" als auch "Reeperbahn" assoziierten
Korrelation =
Häufigkeit der Assoz iation "Hafen" + Häufigkeit der Assoz iation "Reeperbahn"
=
131 396 + 232
=0,208
Je höher der Wert der Korrelation, desto stärker ist der Zusammenhang der Msoziationen. Ein geeignetes Statistik-Programm übernimmt nun die Aufgabe, den Zusammenhang zwischen sämtlichen Assoziationen nach diesem Schema zu berechnen. Ergebnis ist eine Korre1ationsmatrix. in der das Maß des Zusammenhangs zwischen allen Assoziationen mit einer einheitlichen Maßzahl ausgewiesen wird. Nachfolgend ist ein Ausschnitt dieser Korrelationsmatrix dar-
gestellt: Hafen Hafen Reeperbahn
I
Reeperbahn
Aister
Fischmarkt
1 0,208
1
Aister
0,135
0,109
1
Fischmarkt
0 ,132
0,153
0 ,079
1
Die Korrelationsmatrix zeigt den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Assoziationen zu Hamburg: Je höher der Wert. desto näher beieinander liegen die Begriffe in der Vorstellung der Menschen. Nun hat sich der im Marketing Tätige längst dann gewöhnt, anstelle solch nüchterner Tabellen ansprechende Grafiken präsentiert zu bekommen. Nichts einfacher als das. Es gibt bewährte statistische Verfahren. mit denen derartige Korrelationstabellen in leicht interpretierbare grafische Mappings überführt werden können. Die gebräuchlichsten Verfahren sind die Korrespondenzanalyse sowie die Multidimensionale Skalierung (auch Ähnlichkeitsstrukturanalyse. abgekürzt: MDS). Mithilfe einer MDS können die Assozlationen des Resonanzfeldes ..Hamburg" räumlich so angeordnet werden, dass die Abstände zwischen den verschiedenen Assoziationen im Raum den erhobenen Un-/Ähnlichkeiten entsprechen. Je weiter die Assoziationen in der nachfolgenden Abbildung 64 voneinander entfernt sind, desto seltener wurden sie von einer Person gemeinsam
175
genannt. Je näher sie beieinander sind. desto häufiger wurden die Begriffe gemeinsam assozüert. In Klammern steht, wie viel Prozent der Befragten den jeweiligen Begriff assoziiert haben.
Große Speicherstadt Schiffe
(5, ,,)
(52''')
Viel Wasser (7%)
•
Großstadt Viel Kultur (10% ) Schöne (5%) - Architektur Elbtunnel EIbe (7i''')Schöne Stadt (5%) (8%) • (12%) HSV I SI. PauliHamburger . Hafen EInkaufsstadt. Fußball SI. Pauli (10%) Michel (50%) _Musicals (8%) (6%)(17%) (17% ) . _ Alster FIschmarkt - _ (20";' I ' -_ _ Freie Hansestadt (190M -Reeperbahn 0 (4: 0) (29%) Nordsee (5%)
•
•
•
•
Abbildung 64: Das Resonanzfeld Hamburg alskognitive Landkarte (MDS-Darstellung).
Mithilfe der Multidimensionalen Skalienmg wurde die Korrelationsmatrix in einen anschaulichen zweidimensionalen Raum übersetzt. in dem das Resonanzfeld .Hamburg" in Gestalt einer kognitiven Landkarte dargestellt ist. Je böher die Korrelation zwischen zwei Begriffen, desto enger stehen sie beieinander. So findet man auch die zuvor schon angesprochene relativ hohe Überschneidung zwischen den Assoziationen ..Hamburger Hafen" und ..Reeperbahn" als geringen räumlichen Abstand dargestellt. Nun sieht man aber auch, dass weitere Assoziationen wie der ..Michel" und der ..Fischmarkt" in unmittelbarer Nähe zum Hafen angesiedelt sind. Das bedeutet, dass diese Gegebenheiten nicht nur geografisch eng beieinander liegen. sondern vor allem auch in den Vorstellungswelten der Menschen. Hafen, Reeperbahn, Fischmarkt und Michel bilden ein zusammenhängendes Geflecht an Vorstellungen. das durch den Begriff ..Hamburg" aktiviert wird. Die Häufigkeit der Nennungen (siehe Prozentwer-
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te in Klammern) zeigt zudem, dass dieses Cluster an Assoziationen das höchste Gewicht hat, das Resonanzfeld "Hamburg" also inhaltlich dominiert. Für die markentechnische Nutzung des Resonanzfeldes "Hamburg" ist dies von größter Bedeutung, weil es deutlich macht, welche Vorstellungszusammenhänge zuvorderst wachgerufen werden. Damit bekommen wir zugleich wichtige Hinweise dahingehend, in welchen Produktfeldern und Positionierungen die Herkunft Hamburg besonders gut funktionieren würde. Dies wären beileibe nicht nur Fischkonserven oder Hamburger Labskaus, sondern z. B. auch Kaffee, Tee oder Gewürze, die über den Hafen gehandelt, hier gelagert und zum Teil auch verarbeitet werden. Eigentlich erstaunlich, dass dieses Resonanzfeld im ConsumerMarkt fast ungenutzt brachliegt und allenfalls von regionalen Marken genutzt wird, während im B-to-B-Sektor Unternehmen wie die zur Oetker-Gruppe gehörende Reederei Hamburg Süd seit Langem wesentlich offensiver mit der Herkunft Hamburg arbeiten. Aber zurück zur kognitiven Landkarte. Denn sie liefert noch weitere wichtige Aufschlüsse über das Resonanzfeld Hamburg und seine Nutzbarkeit. Während Assoziationen wie "EIbe", "Freie Hansestadt" oder "Elbtunnel" innerhalb des Raumes vereinzelt für sich liegen und zudem niedrige Häufigkeiten aufweisen (damit also geringe Bedeutung haben), sind zwei weitere assoziative Cluster erkennbar: Zum einen ist in der Nähe von Hafen und Reeperbahn auch die Assoziation "Musicals" lokalisiert. Musicals, die Vergnügungsmeile Reeperbahn mit ihren zahlreichen Theatern und Kabaretts sowie der Hafen mit dem hier stattfindenden Erfolgsmusical "König der Löwen" bilden also ein zweites Vorstellungsgeflecht, das quantitativ allerdings etwas geringere Bedeutung hat. Auch diese Assoziationen zu Hamburg können von Unternehmen mit affinen Produkten rund um die Themenfelder Musik und Unterhaltung genutzt werden. Im Eventbereich zeigt das beispielsweisedas erfolgreiche "Reeperbahn-Festival", bei dem seit 2006 jedes Jahr im September über 100 Bands an drei Tagen in Musikclubs rund um die Reeperbahn spielen. Das dritte Cluster besteht aus den Assoziationen "Alster", "Einkaufsstadt", "Schöne Stadt", "Schöne Architektur" und "viel Kultur". Mit dem Blick der Resonanzfeld-Technik sehr bedeutsam: Hamburg wird also nicht nur mit Vorstellungen eher rustikaler Gegebenheiten wie Hafen oder Reeperbahn verbunden, sondern auch mit der mondänen Alster, der Schönheit der Stadt und ihrer Architektur, mit Shopping und Kultur. Positive Resonanz kann Hamburg also auch für Marken erzeugen, die im Premium-Segment positioniert werden sollen.
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In der nachfolgenden Darstellung in Abbildung 6S sehen wir diese drei Assoziations-Cluster noch einmal in der bereits eingeführten, vereinfachten Resonanzfeld-Darstellungsweise .
Musicals: 17% Reeperbahn: 29% Hafen : 50% Reeperbahn: 29% Fischmarkt: 19% Michel: 17%
Alster : 20% Schöne Stadt: 12% Schöne Architektur: 7% Einkaufen: 8% Kultur: 5%
Resonan zfeld
"Hamburg"
Abbildung 65: Das Resonanzfeld ..Hamburg" mitseinen dreiwichtigsten AssoziationsClustern.
Am Beispiel Hamburg ist illustriert worden, wie mit der Methode der Assoziations-Analyse sowohl die Qualitäten (d. h. die Inhalte) als auch die Quantitäten (also Stärke und Ausprägungen) eines Resonanzfeldes empirisch gemessen und schließlich visuell abgebildet werden können. Im Zweifelsfall sollte eine solche Analyse der Umsetzung vorangehen und Klarheit schaffen - die Wahl eines Resonanzfeldes also bestätigen oder auch verwerfen.
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Dritter Schritt: Resonanzfeld markenspezifisch aktivieren und ausgestalten Hat sich ein Unternehmen schließlich für die Nutzung eines Resonanzfeldes entschieden, folgt der dritte Schritt: die markenspezifische Aktivierung. Resonanzfelder sind ihrem Wesen nach allgemein und stereotyp. Gerade darin liegt ihre Stärke und Durchsetzungskraft begründet. Das oberste Gebot der Markenführung aber lautet : Sei einzigartig, sei different, unterscheide dich vom Wettbewerb! Wie geht das beides zusammen? Dieser scheinbare Widerspruch kann und muss dadurch aufgehoben werden, dass das allgemeine Resonanzfeld vom Unternehmen auf markenspezifische und möglichst unverwechselbare Weise aktiviert wird. Es gilt also, den Markenauftritt so zu gestalten, dass einerseits zwar Klischees oder Archetypen - also kollektive Vorstellungen - bedient werden, dies aber andererseits auf eine einzigartige und im Wettbewerb unterscheidbare Weise geschieht. Dass dies möglich ist und sogar verschiedene Marken innerhalb eines Marktes dasselbe Resonanzfeld nutzen können, zeigt ein Blick auf den Biermarkt. Wie einschlägige Marktforschung zeigt, sind die Reinheit und Natürlichkeit eines Bieres für den Konsumenten hierzulande besonders wichtig. Historisch ist dies durch das fast 500 Jahre alte deutsche Reinheitsgebot begründet, nachdem in ein Bier nur Hopfen, Malz und Wasser gehören. Vor diesem Hintergrund versuchen verschiedene Hersteller, dem Konsumenten zu vermitteln, dass ihre Produkte in besonderem Maße "natürlich" sind, was sich als besonders anspruchsvolle Aufgabe darstellt, weil dank Reinheitsgebot alle Biere, selbst die billigen, rein und natürlich sind. Um die erwünschte Vorstellung zu erzielen, nutzen mehrere Biermarken ein sehr kraftvolles Resonanzfeld - den Topos "Reine Natur". Darunter zu verstehen ist damit die idealisierte, in urbanen Gesellschaften tief verankerte Vorstellung von der reinen, unberührten Natur fern von Stadt und Zivilisation. Die tiefe Sehnsucht nach einem Leben im Einklang mit der Natur. Mit diesem Topos arbeiten fünf Biermarken in unserem Einzugsbereich gleichzeitig: Krombacher, [ever und Erdinger, wie auch die beiden österreichischen Marken Gösser und Edelweiß. Jede auf ihre ganz spezifische und einzigartige Weise. Richten wir zunächst den Blick auf die Marke Krombacher:
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Wenn man Menschen bittet, sich reine Natur vorzustellen. ist der stille, unberührte und von Wäldern umgebene See das wohl häufigste Bild. In vielen Ländern übrigens auch das beliebteste, wie die internationale Studie ..The Most Wanted - The Most Unwanted Painting" gezeigt hat. Mitte der neunziger Jahre haben die beiden russisch-stämmigen US-Künstler und Kunstwissenschaftler Vitaly Komar und Alex Melamid mittels umfangreicher Befragungen für mehrere Länder ermittelt, was auf dem beliebtesten und auch dem unbeliebtesten Bild abgebildet sein müsste, und anschließend für jedes Land die entsprechen-
den Bilder gemalt. Ein Ergebnis sehen Sie in Abbildung 66. Das beliebteste Bild der Amerikaner - übrigens wie auch der Russen, der Deutschen und vieler anderer Nationen - entspricht dem Urbild reiner Natur: ein ruhiger See, umrahmt von Wald, grünen Wiesen und einer sanften Berglandschaft.
Abbildung 66: Das Idealbild reiner Natur (Bild: Vitalv Komar and AlexMelamid. America's MostWanted Painting, 1994; http://awp.diaart.org/kmJusalmosthtml)
Wenn wir dieses Idealbild reiner Natur vor Augen haben und eine Anzeige der Marke Krombacher daneben stellen, lässt sich eine verblüffende Ähnlichkeit feststellen. Wir sehen: einen stillen, unberührten und von Wäldern umgebenen See. Davor eine Flasche und ein frisch gezapftes Krombacher.
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,,",,,,,,,_ i:< "\_ ,,, Abbildung 67: Krombacher-Anzeige: Ganz nah am Idealbild reiner Natur und doch merkenspezifisch. (Anzeige: Krombacher)
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Mit diesem (Ur-)Bild reiner Natur wurde Krombacher zum unangefochtenen Marktführer in Deutschland. Seit 1990 zeigt die Marke in TV- und Print-Werbung in immer wieder leicht variierter Form den von Wäldern und sanften Hügeln umgebenen See. Damit ist Krombacher in idealer Weise das gelungen, was für die Nutzung eines Resonanzfeldes entscheidend ist: Die Marke gestaltet ihren Auftritt so, dass die stereotype Vorstellung reiner Natur in perfekter Weise bedient wird. Zugleich ist der Auftritt aber markentypisch - z. B. durch die Auswahl dieses speziellen Sees, durch den charakteristischen Fotostil, durch die Typografie von Markenname und Claim ("Eine Perle der Natur") und im TV zudem durch die akustischen Elemente Musik und Sprecher-Stimme. Zudem suggeriert die Darstellung, dass das Bier aus dem "Felsquellwasser" gebraut wird, das den See speist. Die Verbindung ist damit mehr als nur gestalthaft symbolisch, sie besteht anscheinend auch faktisch. Dass der Markenauftritt von Krombacher nicht nur einem verbreiteten Ideal entspricht, sondern zudem hochgradig markenspezifisch ist, belegt eine aktuelle Untersuchung der Brandmeyer Markenberatung ("Kommunikationsmuster 2009"). Im Zuge einer deutschlandweiten repräsentativen Befragung wurde 1.000 Befragten eine Krombacher-Anzeige vorgelegt, auf der weder Markenname noch Produktabbildungen zu sehen waren (siehe Abbildung 68). Anstelle einer Headline standen die Worte "Welche Marke?" in der charakteristischen Krembacher-Typografie. Eine Anzeige mit diesem Foto wurde zuvor auch nicht in der Werbung verwendet, konnte also nicht direkt wiedererkannt werden. Dennoch haben 77,6 Prozent der befragten Personen die Anzeige korrekt der Marke Krombacher zugeordnet.
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Abbildung 68: 77/J Prozent derBefragten ordnen dieAnzeige korrekt Krombacher zu - obwohl weder Produkte noch Markennamen zu sehen sind. (Bild: Kommunikationsmuster 2009)
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Der große Erfolg von Krombacher hängt maßgeblich damit zusammen, dass die Macher eine Motivwelt gewählt und ausgestaltet haben, die der wohl stärksten und beliebtesten Vorstellung reiner Natur entspricht. Obwohl Krombacher, so wie die meisten deutschen Biermarken, seine reale Herkunft im Namen trägt (gebraut wird das Bier in Krombach, einem Stadtteil des westfälischen Kreuztal), ist die Marke in der überregionalen Wahrnehmung doch nur schwach verortet und entstammt eher einem idealen als einem realen Ort: dem von Bäumen gesäumten Bergsee mit reinstem Wasser - der sich irgendwo in Deutschland befinden könnte. Dies unterscheidet Krombacher beispielsweise von [ever, einer Biermarke, die ebenfalls das Resonanzfeld "Reine Natur" nutzt, dabei aber ihre konkrete Herkunft nach vorne bringt: das raue Friesland an der Nordseeküste. Friesland ist im Vergleich zum stereotypen Bergsee von Krombacher zwar spezifischer, erzielt aber nicht dieselbe kollektive Resonanz. Hinzu kommt, dass die Anbindung an das Produkt bei [ever nicht so direkt erfolgen kann. Schließlich möchte man sich nicht vorstellen, dass Iever aus dem Wasser der Nordsee gebraut wird. Wir sehen bereits an diesen beiden Marken - Jever und Krombacher -, dass ein und dasselbe Resonanzfeld "Reine Natur" ganz unterschiedlich und markenspezifisch aktiviert werden kann. Dies zeigt auch das dritte Beispiel: So wie die Nordsee in Deutschland, steht die Steiermark in Österreich für reine Natur. Der Marke Gösser, einem der beliebtesten Biere des Landes, ist sie Herkunft und Motivwelt. Gösser aktiviert die Vorstellung von reiner Natur landesspezifisch, indem sie in der Werbung immer die Natur der Steiermark zeigt und sich in deren idyllischer grüner Bergwelt verortet. Anders als Krombacher zeigt Gösser dabei keinen stillen See, sondern immer einen Gebirgsbach - und bildet damit bei identischem Resonanzfeld dennoch eine differente Gestalt aus.
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Abbildung 69: Resonanzfeld .Reine Natur· bei Jever: Friesland. {Foto derJever-Anzei-
ge: Peter Pirckl
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Abbildung 70: uReine Natur" bei Gösser: die Steiermark. (Anzeige: Gösserl
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Die vierte Biermarke: Auch Erdinger Weißbier nutzt das Resonanzfeld ..Reine Natur" - übrigens neben zwei weiteren Resonanzfeldern, nämlich Klischees über ..Bayern" und den Topos von der ..Privatbrauerei" (..Da kümmert sich der Inhaber noch persönlich um sein Bier,"), Und auch hier ist die gestalterische Realisierung spezifisch und different zu den drei zuvor betrachteten Wettbewerbern. Denn Erdingers Motivwelt entstammt seiner tatsächlichen Herkunft: den bayeriechen Alpen.
Abbildung 71: .Rsine Natur" hai Erdinger: Die baverisehen Alpsn. (Anzsige: Erdinger)
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Die fünfte Marke ist die österreichische Weißbiennarke Edelweiß, ein unmittelbarer Wettbewerber von Erdinger. Erst im Jahre 1985 hat die Brauunion in Österreich diese Marke erschaffen. Sie spekuliert mit wachsendem Erfolg darauf. dass die seltenste Blume der Alpen als eigener. markenspezifischer Schwingungsgeber für das Resonanzfeld ..Reine Natur" funktioniert. Das Edelweiß ist umwoben von vielen Erzählungen, die mit Gefahr. Mut und Liebe zu tun haben. Seiner Angebeteten in den Bergen ein Edelweiß zu pflücken, gilt in Österreich noch immer als ultimativer Uebesbeweis. Damit ist gestalthaft und emotional auch die nötige Differenz zu einer bis nach Österreich vorgedrungenen Bayerischen Weißbiermarke wie Erdinger hergestellt. Der Markenname hatte frei herumgelegen. man musste ihn nur pflücken. Gekostet hat diese enorme Gefühlsladung nichts. Und die Wortmarke ist so stark, dass sie zunächst sogar auf die Abbildung der gleichnamigen Blume verzichten konnte. Heute ist Edelweiß nicht nur mengenmäßig Marktführer in Österreich. es ist zugleich das teuerste Weißbier des Landes.
Abbildung 72: Edalwaiß - Östarraichs Waffa gagan Erdingar.lnzwischan ist aufdem Etikatt auch Bin Edalwaiß zu erkennen, (Bild: Brau Union Österreich AG)
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An den Beispielen wird deutlich: Das Resonanzfel.d ist in den fünf gezeigten Fällen immer die ..Reine Natur", Die Instrumentierung ist jedoch jeweils spezifisch und unverwechselbar. Damit gelingt es. die Kraft dieses Resonanzfeldes für die eigene Marke zu nutzen und trotzdem different und eigenständig gegenüber Wettbewerbern aufzutreten.
. u nberübner See"
. Baynsche Alpen "
. Die reine Natur-
, Grüne Steierm ark'
. Das
Edelweiß '
€delwelss Abbildung 73: Biermarken: Ein Resonanzfeld -fünf Biermarken und ihrespezifischen Motivwalten. (Anzaigen derjaweiligen Marken)
Verweilen wir gedanklich noch für einen Moment bei den Alpen. der Herkunft des Brdtnger Weißbiers und des Edelweiß. Nicht nur diese beiden, sondern auch viele weitere Marken setzen auf die heile Bergwelt der Alpen als Herkunft ihrer Produkte. Denken Sie nur einmal an Alpia-Schokclade, die die Herkunft sogar im Namen trägt. an den Alpenfrischkäse Almette im Holzfässchen. an Bären-
markeoder auchan dieMillra Schokolade mit der Alpenmilch. Alldiese Marken zeigen in ihrer Kommunikation Bildweiten aus den Alpen - die sich zumindest
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für den nicht-alpinen Flachlandbewohner zum Verwechseln ähneln. Wie kann man sich hier differenzieren? Wie kann man die Klischeewelt der Alpen nutzen, ohne selber zum Klischee zu werden? Milka hat es vorgemacht: indem man den Alpen einen eigenen, markentypischen Anstrich verleiht. Milka taucht die Alpen in die Farbe Lila - was seit 1901 die Farbe der Marke ist. Mit der berühmten Lila Kuh ist die Marke 1973 sogar noch einen Schritt weiter gegangen. Werfen wir einen Blick auf die Geschichte der Marke, wie sie auf der Internet-Seite von Milka erzählt wird. ResonanzfeldTechnik pur: "Aber warum ausgerechnet eine Kuh? Die Kuh verkörpert so gut wie kein anderes Tier die Heimat und Besonderheit der Marke Milka: die Alpenwelt und die Alpenmilch. Und wie wurde die Kuh lila? Inspiriert von dem Motto ,Mache das Fremde vertraut, verfremde das Vertraute' färbte Milka nicht nur die Verpackung, sondern auch den Werbeträger - die Kuh -lila ein, um auf die Schokolade aufmerksam zu machen. Nachdem in der ersten Printwerbekampagne noch viele andere Gegenstände wie Tannenbäume und Ballons lila waren, wurde später nur die Lila Kuh übernommen. Sie passt gut zur Marke und verkörpert Emotionen wie Sanftheit und Zärtlichkeit. ,In den Alpen ist die Luft reiner, das Wasser klarer und das Gras grüner. Deshalb geben die Kühe bessere Milch. Bessere Milch gibt bessere, zartere Schokolade.' Diese Aussage ist der Wegbereiter für die Lila Kuh in den Alpen und seitdem prägt sie die Werbung für Milka." (Quelle: www.milka.de)
Mit dem "Lila-Trick" gelingt es Milka, ein allgemeines Resonanzfeld und eine fast generische Bilderwelt aus aufragenden Bergen und sanften Almwiesen zu nutzen und dennoch einen hochgradig spezifischen und wiedererkennbaren Markenauftritt zu realisieren. Erneut liefert die Kommunikationsmuster-Studie der Brandmeyer Markenberatung den Beweis: Wir legten den Probanden eine Anzeige vor, in der sogar die Lila Kuh fehlt - eines der prominentesten Key Visuals der deutschen Werbung. Trotzdem erkannten 66,3 Prozent der Betrachter spontan Milka (siehe Abbildung 74). Auch wenn Milka sogar ohne die Lila Kuh funktioniert: Key Visuals oder markenspezifische Figuren schaffen exzellente Möglichkeiten, um sich allgemeine, häufig genutzte Motive auf eine charakteristische Weise anzueignen (mit einer Lila Kuh in der Anzeige hätte die korrekte Markenzuordnung wahrscheinlich über 90 Prozent betragen).
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Abbildung 74: Eine Milka taucht das Resonanzfeld in Ula: 66.3 Prozent richtige Markenzuordnung sogar ohne die Lila Kuh.IBild: Kommunikationsmuster 2003. Brandmeyer Markenberanmg)
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Dies zeigt auch ein weiterer Markenklassiker, der die Herkunft Alpen mittels einer WerbefIgur in eine charakteristische Markenwelt verwandelt: die Bärenmarke. Durch den berühmten Bären aus dem Wappen der Stadt Bern, der die Marke seit 1951 verkörpert und der in der Werbung frische AlpenmUch in die Bären-
marke-Milchkanne gießt, wird die Weltder Alpenzur Bärenmarken-Welt. Strukturell den gleichen Vorgang demonstriert aoch die Alpenfrischkäse-Marke Almette. Sie erreicht ihr Kommunikationsziel. nicht durch eine Werbefigur, sondern durch ihre Verpackung, das (imitierte) Holzf'asschen mit dem Griff; durch eine Verpackung also. die einerseits hochgradig differenziert (weil keiner der vielen Frischkäse-Wettbewerber sie benutzt) und zum anderen durch die Anmutung einer ursprünglichen almbäuerlichen Arbeitswelt viele positive Assoziationen wachruft.
..Heile Bergwelt der Alp en ..Di e reine Na tu r"
M
~
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Abbildung 75: Drei Marken und dreiWege, diegenerische Bergwelt derAlpen in Markenwelten zu verwandeln. (Anzeigen derjeweiligen Marke)
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Diese Beispiele illustrieren einen wesentlichen Gedanken der ResonanzfeldTechnik: Es gilt, den Markenauftritt so zu gestalten, dass z. B. Klischees oder Archetypen genutzt - also kollektive Vorstellungen bedient werden - dies aber zugleich auf eine einzigartige und differenzierende Weise geschieht. Gerade dann, wenn dem Kommunikations-Budget enge Grenzen gesteckt sind (und wo ist das heute nicht der Fall?), ist das "Anzapfen" von Resonanzfeldern eine exzellente Strategie. Dies belegen die zahlreichen Beispiele, die wir in diesem Buch betrachtet haben. Egal, welche Typen von Resonanzfeldern die Marken nutzen - ob Klischees, Mythen, Topoi oder Archetypen - , stets profitieren sie kostenfrei von kollektiven Vorstellungen, die tief in den Köpfen der Menschen verankert sind .
Drei Schritte zur erfolgreichen Resonanzfeld-Technik 1.Produktleistungen herausarbeiten und Positionierung bestimmen .. Marke analysieren: Herausarbeiten, welche konkreten (Produkt-) Leistungen die Marke besonders machen .. Positionierung bestimmen: Definieren, welche Vorstellungen überdie Marke in derZielgruppe aufgebaut werden sollen
2. Resonanzfelder sondieren, bewerten und auswählen .. Brainstorming/Kreativ-Workshop: Innerhalb dervier Typen von Resonanzfeldern alle erdenklichen Kandidaten sammeln .. Optional: Qualitative Forschung zur Exploration möglicher Resonanzfelder aus Zielgruppensicht .. Bewertung der Resonanzfelder auf Basis von Kriterien und Expertenurteilen zurVorauswahl von Erfolg versprechenden Resonanzfeldern .. Qualitative und quantitative Überprüfung: Analyse des besten Resonanzfeldes mittels Assoziationsanalyse .. ImZweifelsfall: Markenjuristische Prüfung der Anwendungsmöglichkeit
3. Resonanzfeld markenspezifisch aktivieren und ausgestalten .. Das allgemeine Resonanzfeld durch eine kreative Idee und ihre im Wettbewerb differenzierende Umsetzung für die eigene Markeaktivieren .. Den Markenauftritt - den Markennamen und alles, was kommuniziertresonanzstark und konsistent ausgestalten
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Der rechtliche Rahmen der Resonanzfeld-Technik Was der Umsetzung im Zwdfelsfal1 vorangehen musa, ist die juristische Prüfung eint:s ResonanzfeIdes. Wann darf ein Unternehmen z. B. mit einer Herkunft werben? Darf ich eine Herrenhut-Markc Napoleon oder Michael Jacbon nennen? Eine erste Orientierung und Grundsätzliches zur Nutzung von Resonanzfeldern aus juristischerSicht vermittelt das folgende Interview mit dem re-
nommierten Markenrechts-Experten Professor Dr. Paul Lange. Interview mit Profa••or Dr. PIIull.llnge Professor Dr. Paul Lange ist Honorarprofessor und Seniorpartner von Siebelte, Lange. Wilbsrt,. Düsseldorf, alnar dsrfiihnmdsn Spezialkanzleien aufdem Gebiet des nationlien und intamationllen Mlrken- und Kennzsichenrechts. Schwerpunkte seiner TltigkBit Barlltung in mlrkenrechtlichen Fragsn, internationale AbsicherunIl desGoodwills von Unternehmen, strategische Optimierung du Mlrkenaufbitts von Untamshman. Autor du Standardwerkss zum deutschen und euro pli ischen KlInnzaichanrBcht .Marksn- und Kennzsichsnrscht-; Hsrlusgsbsrund Mitautor dssWsrba _Internstionalss Hsndbuch dss MsrltBn- und KsnnZBichsnrschta-.
Frage: Kann man den Gestaftungsspielraum für die Nutzung von Resonanzfef. dem fiJr 9frre Marke aus generalIen Oberfegungen herleiten?
Paul Lange: Lassen Sie mich zunächllt darauf hinweisen, dass ich bei der Verwendung dssWortes Merks den juristischen Begriffsinhelt zugrunde lege. Mel'ken sind hiernach nur Zeichen zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen. Es handelt sich um Reglster-, Benutzungs- oder um notorisch bekennte Marken. Im Marketing wird der Begriff der Marke demgegenCiber häufig weiter verstanden im Sinne beliebiger Identifizierungsmitlel.
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Nun zu Ihrer Frage: Ja, der Gestaltungsspielraum für die Entwicklung von Marken ergibt sich im Grunde aus wenigen Zentralgedanken. Zunächst ist die Beobachtung wichtig, dass Marken Monopolrechte sind. Sodann ist die Erkenntnis wichtig, dass eine Einräumung von Monopolrechten nur gerechtfertigt sein kann, solange damit wichtige Ziele von allgemeinem Interesse erreicht werden. Das Allgemeininteresse, dem Marken dienen sollen, ist die Erreichung des unverfälschten Wettbewerbs im gemeinsamen Markt. Aus diesem Ziel bezieht die Marke ihre Legitimation und in der Erreichung dieses Zieles findet sie ihre Begrenzung. Frage: In welchem Umfange dient die Marke dem unverfälschten Wettbewerb? Paul Lange: Die Marke erfüllt einige wichtige Funktionen für den unverfälschten Wettbewerb. An erster Stelle ist hier die Herkunftsfunktion zu nennen. Marken sollen nämlich die Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb ermöglichen. Aufbauend hierauf lassen sich weitere für den Markt wesentliche Funktionen ableiten. So soll die Marke den Berechtigten zunächst vor Verwechslungsgefahren schützen. Deshalb soll sie garantieren, dass die gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen unter der Kontrolle eines Unternehmens hergestellt oder erbracht worden sind. Überdies soll sie die in die Produkte gesteckten Investitionen absichern, das Image des Markeninhabers schützen und zumTrägerwirksamer Marketingbotschaften werden, also werben und kommunizieren. Marken, die solche Funktionen nicht erfüllen können, werden nicht geschützt.
Frage: Können Sie die hieraus resultierenden Grenzen für den Gestaltungsspielraum definieren? Paul Lange: Ja, diese Grenzen werden zunächst im Markengesetz durch die sogenannten absoluten Schutzhindernisse definiert. Neben einem generellen Ausschluss bestimmter Formmarken von Markenschutz lassen sich vor allem keine Bezeichnungen schützen, denen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Ohne Unterscheidungskraft sind namentlich solche Zeichen, die ausschließlich Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen beschreiben. Als nicht unterscheidungskräftig gelten auch solche Zeichen, die für den Verkehr freigehalten werden müssen, weil sie, wenn auch nur mit einer möglichen Bedeutung, zur Beschreibung von Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können, und solche, die im allgemeinen Sprachgebrauch üblich geworden sind. Nur dann, wenn der Verkehr gelernt hat, in derartigen Zeichen gleichwohl Marken zu sehen, sind diese schutzfähig. Das setzt aber eine gewisse Verkehrsgeltung voraus. Der generelle Ausschluss bestimmter Formmarken vom Markenschutz lässt sich auch durch eine solche Bekanntheit nicht überwinden.
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Frage: Gibt es daneben weitere markenrechtliche Grenzen für die Gestaltung von Marken? Paul Lange: Ja, denn dem unverfälschten Wettbewerb können auch solche Zeichen als Marke nicht dienen, die täuschungsgeeignet sind , teilweise mit öffentlichen Zeichen übereinstimmen, Assoziationen mit einer geschützten geografischen Ursprungsbezeichnung oder Angabe wecken oder mit einer vorbehaltenen Lebensmittelspezialitätenbezeichnung oder einer notorisch bekannten Marke übereinstimmen.
Frage: Gibt es außer der Frage, ob ein bestimmtes Zeichen als Marke geschützt werden kann, weitere rechtliche Gesichtspunkte, die für den Erfolg von .Reeorumzmsrken" zu beachten sind? Paul Lange: Ja, es macht aus meiner Sicht wenig Sinn, Zeichen anzustreben, deren Benutzung aus tatsächlichen Gründen später leicht verboten werden kann. Vor allem geht es um das Wettbewerbsrecht. Dieses enthält aufgrund neuerVorgaben aus Europa nunmehr einen verstärkten Schutz derVerbraucher vor Irreführung.
Stets unzulässig ist die Werbung für eine Ware oder Dienstleistung, die der Ware oder Dienstleistung eines Mitbewerbers ähnlich ist, wenn dies in der Absicht geschieht, über die betriebliche Herkunft der beworbenen Ware oder Dienstleistung zu täuschen (§ 3Abs. i. V. m. Anhang, Nr. 13 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb)). Die Benutzung eines Zeichens ist als geschäftliche Handlung nach § 5 Abs. 1 UWG weiter irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält. Das Gesetz nennt in diesem Zusammenhang Beispielfälle, von denen der praxisrelevanteste die Täuschung über wesentliche Merkmale der fraglichen Waren oder Dienstleistungen ist. Merkmale sind dabei insbesondere die Verfügbarkeit, die Art, die Ausführung, die Vorteile, die Risiken, die Zusammensetzung, das Zubehör, das Verfahren oder der Zeitpunkt der Herstellung, die Lieferung oder die Erbringung, die Zwecktauglichkeit, die Verwendungsmöglichkeit, die Menge, die Beschaffenheit, der Kundendienst und das Beschwerdeverfahren, die geografische oder die betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder Ergebnisse oder wesentliche Bestandteile von Tests derWaren oder Dienstleistungen. Eine geschäftliche Handlung ist nach § 5 Abs. 2 UWG weiter irreführend, wenn sie im Zusammenhang mit derVermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft.
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Bevor wir auf diese Gesichtspunkte eingehen, sei betont, dass - abseits von den stets unzulässigen Irreführungstatbeständen - nicht jede Irreführung verboten ist. Die Irreführung muss den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Unter den Begriff der geschäftlichen Entscheidung fällt allerdings nicht nur die Entscheidung, ein Produkt oder eine Dienstleistung zu kaufen. Geschäftliche Entscheidung ist auch die Entscheidung, dieses nicht zu tun. In zeitlicher Hinsicht werden daher Entscheidungen im Kaufzeitpunkt erfasst, ferner solche vor und nach einem Kauf. Zu den Entscheidungen vor einem Kauf zählen etwa die Entscheidungen zum Aufsuchen des Verkaufslokals, dieses zu betreten, sich die fraglichen Waren anzusehen, zeigen zu lassen, oder beim Online-Verkauf, den Web-Buchungsservice aufzurufen. Entscheidungen nach einem Kauf beziehen sich regelmäßig auf die Ausübung der vertraglichen Rechte. Der Händler soll sicherstellen, dass auch nach dem Verkauf die gleichen Maßstäbe an die Lauterkeit der Geschäftspraxis angelegt werden wie vor dem Kauf.
Frage: Behindern diese wettbewerbsrechtlichen Verbotstatbestände die Eintragung einer Marke?
Paul Lange: Eigentlich nicht. Das Markenrecht beschäftigt sich mit der Erlangung von Warenkennzeichnungsmonopolen zugunsten bestimmter Unternehmen, also mit der Schaffung von Besitzständen. Das Wettbewerbsrecht enthält Verhaltensregeln für einen lauteren Markt. Auch ein zulässigerweise erlangtes Kennzeichenmonopol darf nicht unfair im Wettbewerb eingesetzt werden. Das Wettbewerbsrecht ist darüber hinaus auch anwendbar, wenn keine Markenrechte erlangt wurden. Frage: Gibt es neben dem Wettbewerbsrecht und der Frage der Erlangung eines Markenschutzes noch weitere rechtliche Gesichtspunkte zur Beurteilung von Resonanzzeichen7
Paul Lange: Ja, denn einige dieser Zeichen können auch von Hause aus im Interesse der Allgemeinheit oder zugunsten Dritter geschützt sein, etwa als geografische Herkunftsangabe oder Name. Auch hier macht es grundsätzlich keinen Sinn, eine "Resonanzmarke" einzuführen, wenn ihre Benutzung später aus solchen Gesichtspunkten untersagt werden könnte. Frage: Wo sehen Sie grundsätzliche Probleme beim Nutzen von Resonanzfeldern?
Paul Lange: Probleme können beim Nutzen von Resonanzfeldern entstehen, wenn sie konkrete Aussagen über Waren oder Dienstleistungen enthalten, die für die Kaufentscheidung von Bedeutung sind, aber der Wahrheit nicht ent-
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sprechen. Auch die mögliche Verletzung von Drittrechten ist relevant. Schließlich muss sich der Nutzer selbst auch die Frage beantworten, ob er an der Resonanzbezeichnung überhaupt ein Monopolrecht erwerben kann und möchte oder nicht.
Frage: Lassen Sie uns nun die Einzelheiten diskutieren. Unter welchen Umständen darf ein Hersteller ein Land oder einen Ort als aufwertende Herkunft signalisieren, auch wenn er seinen Hauptsitz nicht dort hat und dort das Produkt auch nicht hergestellt wird? Paul Lange: Derartige Botschaften sind, allgemein gesagt, nur zulässig, wenn sie nicht die Gefahr auslösen, den Verkehr durch Unrichtigkeit in relevanter Weise zu täuschen, und sie nicht aus anderen Gesichtspunkten verboten werden können. Der Gestaltungsspielraum ergibt sich dabei im Einzelnen aus einer Vielzahl von komplizierten Regelungen, die hier nur grob skizziert werden können.
Von der Eintragung als Marke ausgeschlossen sind Zeichen , die geeignet sind, das Publikum über die geografische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen. Hierfür muss die Bezeichnung allerdings als unrichtige geografische Angabe und nicht als Fantasiebezeichnung aufgefasst werden. Keine Angabe über die geografische Herkunft liegt vor, wenn die geografische Bezeichnung unbekannt ist, einen nur allgemeinen Sinngehalt (z. B. Sparta, Grönland) aufweist oder regelwidrig verwendet wird (Berlinwasser) und daher als Fantasiebezeichnung einzustufen ist. Keine geografische Bezeichnung liegt auch vor, wenn sie nicht mehr existiert (Rügenwalde), scheingeografischer Art ist (Fürstenthaier) oder für andere Zwecke als die Benutzung für Waren oder Dienstleistungen verwendet wird. Damit der Bezeichnung der Schutz als Marke versagt werden kann, wegen ihrer Eignung, über die geografische Herkunft der Produkte oder Dienstleistungen zu täuschen, muss sie inhaltlich unrichtig sein. Die gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen dürfen also nicht aus dem fraglichen Ort stammen. Weiter muss die geografische Herkunftsangabe für den Kaufentschluss von Bedeutung sein, was bereits der Fall ist, wenn der Verkehr mit dem geografischen Ort eine allgemeine Wertschätzung verbindet, die geeignet ist, das Interesse des Verbrauchers an dem Produkt positiv zu beeinflussen. Eine besondere Gütevorstellung muss die Bezeichnung dagegen nicht vermitteln. Die Benutzung einer geografischen Herkunftsangabe als Resonanzfeld ist auch anhand des Wettbewerbsrechts zu beurteilen. Auf Sonderregelungen soll in diesem Zusammenhang nicht weiter eingegangen werden, etwa auf § 11 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 1 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, wonach die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln nicht geeignet sein darf, den Käufer
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über Ursprung und Herkunft irrezuführen. Wettbewerbsrechtsrechtlich kann die Benutzung einer geografischen Bezeichnung im Einzelfall verboten sein, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung enthält. Hierzu können unwahre Aussagen über die Art oder die geografische Herkunft der Waren zählen. Der Schutz der Verbraucher vor einer Manipulation durch unrichtige geografische Herkunftsangaben wurde durch die EU-Regelungen zum Verbraucherschutz deutlich verstärkt. Denn das freie Verhalten des Verbrauchers im Zusammenhang mit einer Kaufmöglichkeit soll nicht unrichtig beeinflusst werden. Es soll vermieden werden, dass irreführende Angaben den Verbraucher tatsächlich oder voraussichtlich zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Insofern reicht es, wenn derVerkehr sich aufgrund der unrichtigen Angabe mit dem Produkt beschäftigt und dieses ansonsten nicht getan hätte. Ob dieses im Einzelfall vorliegt, bedarf der sorgfältigen Prüfung anhand aller Umstände. Einzelne dieser Gesichtspunkte seien im Folgenden genannt: Dem wettbewerbsrechtlichen Benutzungsverbot können selbst solche Marken unterliegen, die eingetragen wurden, weil sie nicht als geografische Herkunftsangaben gelten, etwa weil die fragliche Lokalität nicht mehr existiert. So kann die Verwendung der nicht mehr existierenden Herkunftsangabe Rügenwaide (heute Darlowo) in RügenwalderTeewurst wettbewerbsrechtlich irreführend sein, wenn ein beachtlicher Teil des Verkehrs aus dieser Angabe auf einen bestimmten Herstellerkreis schließt und der Nutzer der Bezeichnung nicht zu diesem Herstellerkreis zählt. Alle Produzenten aus Rügenwalde waren seinerzeit zwangsumgesiedelt worden und produzieren seither an verschiedenen Orten. Auch kann die Benutzung geografischer Bezeichnungen, etwa in Firmenbezeichnungen, wegen einer wettbewerbsrechtlich relevanten Verbrauchertäuschung verboten sein. Es besteht grundsätzlich kein schutzwürdiges Interesse, eine unrichtige geografische Herkunftsangabe in Firmen- oder Markennamen zu verwenden. Ob eine geografische Herkunftsangabe auf eine Produktionsstätte hinweist, ist sorgfältig zu untersuchen und nicht ohne Weiteres selbstverständlich. So kann eine Erkennbarkeit als Produktionsstätte schon wegen der Eigenheiten der geografischen Herkunftsangabe oder der Besonderheit der Ware ausscheiden. Bei Verwendung der kubanischen Ortsangabe Havanna für Rasierklingen etwa entwickelt derVerkehr nicht die Vorstellung, dass diese aus der kubanischen Hauptstadt stammen. Er hat nämlich keinen Anhalt dafür, dass an dem fraglichen Ort überhaupt eine bedeutende Industrie für die fraglichen Waren besteht. Ebenso fasst der Verkehr eine Bezeichnung als Fantasiebezeichnung und nicht als Herkunftshinweis auf, wenn er aufgrund der Art derWaren auf die örtliche Herkunft keinen Wert legt und nur von einer eher gleichmäßigen Beschaffenheit nach
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Art von Markenartikeln ausgeht. Dieses war bei aus Konzentraten hergestellten Frucht-Getränken der Fall, Capri-Sonne. Auch ob der geografischen Herkunftsangabe eine Qualitätsaussage in Bezug auf die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zu entnehmen ist, muss für den Einzelfall beurteilt werden und ist nicht ohne Weiteres selbstverständlich. Zu Qualitätsaussagen, die bei Verwendung der geografischen Angabe mitschwingen können, gilt auch heute vielleicht noch eine Beobachtung des BGH aus dem Jahre 1963: Der Durchschnittsverbraucher, der für einen mäßigen Durchschnittspreis eine mit hochtrabender Bezeichnung versehene Ware kauft (HolIywood Duft Schaumbad), schließt im Allgemeinen aus der Bezeichnung noch nicht auf gehobene Qualität. Auch soweit es sich dabei um Ortsnamen handelt, kann ein solcher Schluss - allerdings nur mit Vorsicht - gezogen werden. Dem Verbraucher begegnen in derWerbung nämlich häufig Bezeichnungen von Waren mit Ortsnamen, die für ihn an sich nur allgemein die Vorstellung von Luxus oder Exklusivität erwecken (Eton, Derby, Ascot, Balmoral, Arosa, Monaco, St. Tropez, Savoy, Lido, Sorrento, Capri, Zermatt, Chamonix, Riviera, Lugano usw.); dabei hängt es aber von der Warenart, von der Bedeutung des genannten Ortes im Rahmen des infrage kommenden Geschäftszweigs, vom Preis der Ware und von sonstigen Umständen ab, ob der Verbraucher einer solchen symbolischen Verwendung eine konkretere Bedeutung beimisst. Erst bei Hinzutreten solcher besonderer Umstände können im Allgemeinen derartige Bezeichnungen als unrichtige Angaben im Sinne des UWG angesehen werden. Unabhängig von den vorstehenden Fragestellungen, also der Frage der Eintragungsfähigkeit der geografischen Herkunftsangabe als Marke und einem möglichen wettbewerbsrechtlichen Benutzungsverbot, ist der Gesichtspunkt der Drittrechte beachtlich. Im Einzelfall können geografische Herkunftsangaben nämlich als solche geschützt sein. Aus den hierfür bestehenden Schutznormen kann unter Umständen eine Benutzung verboten werden. Besondere Vorsicht ist in diesem Zusammenhang zunächst in Bezug auf gemeinschaftsrechtlich geschützte Herkunftsangaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel bzw. Wein oder Spirituosen geboten. Sie sind umfassend vor Verwechslungen, Anspielungen und Irreführungen geschützt, somit vor Verwendungen, die sich in unzulässiger Weise den Ruf der vorschriftskonformen Erzeugnisse zunutze machen. Bei vergleichbaren Produkten (Blauschimmelkäse) löste etwa Cambozola eine verbotene gedankliche Verbindung zu Gorgonzola aus, obwohl der wahre Ursprung auf der Verpackung angegeben war; das Gleiche wurde für Bergozola angenommen. In Bezug auf Spreewälder Gurken würden Bezeichnungen wie "Köstlichkeiten aus dem Spreewald" "Spreewaldhof ': "Spreewald" verbotene Abwandlungen darstellen können.
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Ein Sonderschutz von geografischen Herkunftsbezeichnungen kann sich auch aus bilateralen Herkunftsabkommen ergeben, etwa dem deutsch-kubanischen Herkunftsabkommen. Hier ist die Frage der Zu lässigkeit von Ortsbezeichnungen allein davon abhängig, ob die angegebenen Waren an dem fraglichen Ort hergestellt, verarbeitet, geerntet oder gewonnen werden, insbesondere bei Erzeugnissen, deren Beschaffenheit oder Bewertung gerade von dem Ort der Herstellung oder der Herkunft abhängt. Nicht relevant ist, ob die Ortsangabe vom Verkehr als Gattungsbezeichnung verstanden wird. Herkunftsangaben, die besondere Oualitätsmerkmale oder Eigenschaften bezeichnen (qualifizierte Herkunftsangaben), und Herkunftsangaben mit besonderem Ruf dürfen nach einer im Markengesetz verankerten Regelung auch unabhängig von ihrer Schutzfähigkeit als Marke nicht für Produkte verwendet werden, die diese Eigenschaften nicht aufweisen bzw. die den besonderen Ruf unlauter ausnutzen oder beeinträchtigen. Verboten wurde daher der Begriff Champagne etwa für EDV-Geräte oder Mineralwasser (Ein Champagner unter den Mineralwässern). Selbst einfache geografische Herkunftsangaben sind grundsätzlich gegen Irreführung geschützt. Ihre Verwendung kann täuschungsgeeignet sein, wenn der Käufer diese Angabe in seine Überlegungen einbezieht, sich derWare zuzuwenden. Das geschieht, wenn die unrichtige geografische Angabe bei ungezwungener Auffassung die Kauflust des Publikums irgendwie im allgemeinen Sinne der Wertschätzung beeinflusst. Eine darüber hinausgehende besondere Bedeutung der fraglichen Tatsache, etwa eine Oualitätserwartung, ist hierfür nicht erforderlich. Dabei schützt das MarkenG einfache geografische Herkunftsangaben, mit denen derVerkehr weder eine besondere Oualitätserwartung verknüpft und die keinen besonderen Ruf haben, bereits gegen eine Täuschung von zehn bis 15 Prozent der Verkehrskreise über die geografische Herkunft der Produktionsstätte. Die geografische Herkunftsangabe kann dabei nicht nur durch Produktbezeichnungen, sondern auch auf andere Weise verletzt werden, etwa im Rahmen von Werbeaussagen, wie in einem Werbeslogan, oder durch Registrierung und Benutzung von Domains. Es ist zwar grundsätzlich möglich, der Angabe durch aufklärende Zusätze über den wirklichen Produktionsort neben der unrichtigen geografischen Herkunftsangabe im Einzelfall die Bedeutung einer Herkunftsangabe zu nehmen und damit eineTäuschungsgefahr auszuschließen. Das gilt aufgrund des schwächeren Assoziationsgehalts dieser Bezeichnungen namentlich bei mittelbaren geografischen Herkunftsangaben, wie Landesflaggen, Landesfarben, Landschaftsbildern, bekannten Baudenkmälern, regionstypischen Aufmachungen, fremdsprachigen Warenkennzeichnungen, historischen Namen (Hans StichdenBuben), ausländischen Namen (Wodka Woronoffl, Ausstattungen (Bocksbeuteltlasche),
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Firmenbezeichnungen (t.=Oreal de Paris). So reichten die Angabe "Deutsches Erzeugnis" und die deutsche Firmenbezeichnung "Destilleria Stock GmbH" mit deutscher Sitzangabe und einem Hinweis auf das Herstellungsrecht für Deutschland als entlokalisierende Zusätze zu der Herkunftsangabe Plym-Gin aus, um etwaigen Irrtümern vorzubeugen. Bei völlig eindeutigen geografischen Angaben (Elsässer Nudeln) kommt eine solche Entlokalisierung regelmäßig jedoch nur selten in Betracht. Der im Interesse der Allgemeinheit gewährte Schutz einfacher geografischer Herkunftsangaben wird grundsätzlich nicht dadurch aufgehoben, dass für einen Betrieb diese Bezeichnung als Herkunftshinweis kraft Benutzung (Marke oder Unternehmenskennzeichen) geschützt ist. Nur ausnahmsweise kann das Verbot einer unrichtigen geografischen Herkunftsangabe unbillig werden, wenn sie sich mehr zu einem wertvollen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen entwickelt hat und weniger einen Hinweis auf die geografische Herkunft eines Erzeugnisses darstellt. Besondere Vorsicht ist auch bei der Verwendung von geografischen Bezeichnungen geboten, die gleichzeitig einen Namen einer Gebietskörperschaft darstellen. Auch eine Gebietskörperschaft hat Namensrechte und kann sich gegen eine Individuierung wehren. Verwendet daher ein Dritter, der kein Recht zur Namensführung hat, den Namen einer Gebietskörperschaft (Solingen) ohne weitere Zusätze als Second-Level-Domain zusammen mit der Top-Level -Domain "info': liegt darin eine unberechtigte Namensanmaßung (www.solingen.info). Eine Internetadresse www.Schaumburg-Lippe.de. auf der landeskundliche, touristische, historische und ähnliche Inhalte verbreitet werden, hat als geografische Angabe allerdings keinen Namenscharakter und verletzt daher nicht die Namensrechte des "Erbprinz zu Schaumburg-Lippe" bzw. " Fürst zu Schaumburq-Lippe"
Frage: Woran ist die Nutzung von bekannten Gegebenheiten/Sehenswürdigkeiten geknüpft fAlster, Reeperbahn, Big Ben, Golden Gate Bridge
o.Ä.)? Paul Lange: Auch hier gelten die oben dargestellten Grundsätze entsprechend. Zunächst ist der Aussagegehalt dieser Bezeichnungen für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zu ermitteln. Sodann ist die Frage der Schutzfähigkeit als Marke zu prüfen und von der Frage einer wettbewerbswidrigen Benutzung zu unterscheiden.
Der Begriff Alsterwasser etwa war als Marke fürWhisky nicht schutzfähig. Denn er war geeignet, den Verkehr über die Beschaffenheit derart gekennzeichneter Waren zu täuschen. Als "Alsterwasser" wird in weiten Teilen Deutschlands ein Biermischgetränk bezeichnet, das aus Bier und Limonade besteht. Demgegen-
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über war Berlinwasser schutzfähig für die Dienstleistungen des Betriebs von Anlagen zur Versorgung mit Wasser sowie Brunnen; für die Erzeugung, Förderung und Behandlung vonTrinkwasser; für Abwasserreinigung, Abwasserbeseitigung und Abwasserentsorgung. Zur Debatte stand hier allerdings keine Täuschungseigenschaft, sondern nur die Frage, ob der Begriff die fraglichen Waren beschreiben konnte und daher freihaltebedürftig war. Das wurde verneint, weil der geografische Hinweis auf .Berlln" die spezifische Herkunft und Eigenschaft dieser Dienstleistungen nicht erkennen ließ und sich die Übung herausgebildet hatte, Unternehmenskennzeichen zu bilden, die sich aus einem geografischen Begriff und einem weiteren Begriff zusammensetzen, ohne dabei eine Festlegung auf den Sitz des entsprechenden Versorgungsunternehmens zu treffen. Bezug genommen wurde in diesem Zusammenhang aufWasserversorger wie "Ruhr Wasser International Water Management': "hessenwasser" oder "Dortmunder Energie und Wasser" und auf Energieversorger wie "SaarEnergie': "Lippe Energie': "RuhrEnergie': "Ruhrgas': "Bayernstrom" oder "Badengas': OKTOBERFEST-BIER wurde, weil keine Schutzhindernisse erkannt wurden, als Marke eingetragen für Bier, Mineralwasser, alkoholische Getränke, Musikdarbietungen und für die Planung und Organisation von Partys und Empfängen. Aus der Marke konnte nach einer Entscheidung des Harmonisierungsamtes in Alicante sodann mit Erfolg vorgegangen werden gegen eine Marke "Oktobierfest': Unabhängig von diesen markenrechtlichen Fragestellungen wäre wettbewerbsrechtlich relevant, ob Bezeichnungen wie Alster, Big Ben, Golden Gate Bridge unrichtige Aussagen über wesentliche Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beinhalten und hierdurch der Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst wird, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Naturgemäß hängt dieses von den Umständen des Einzelfalles ab.
Frage: Warum darf man nicht einmal den Eindruck erwecken, den Hersteller gebe es schon sehr lange?
Paul Lange: Das Verbot folgt zunächst aus dem Markengesetz. Danach ist eine Bezeichnung als Marke schutzunfähig, wenn sie geeignet ist, über die Art oder die Beschaffenheit der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu täuschen. Hierzu zählen auch Altersangaben, wenn diese etwas über die Waren oder Dienstleistungen aussagen. Täuschungen in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen können sich aber auch aus unrichtigen Angaben über die Person des Anmelders ergeben, etwa wenn unrichtige Alters-, Traditions- oder Beschaffenheitsangaben hiermit verbunden sind, die bestimmte Qualitätshinweise enthalten. So gehört zu den über die Güte und Qualität der Waren täuschenden Angaben etwa auch ein den Tatsachen nicht entsprechender Hinweis auf das
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Gründungsjahr des Unternehmens, aus dem die Waren (vermeintlich) stammen, weillangjährigerTradition und Erfahrung eine besondere Wertschätzung entgegengebracht wird (Vincenz Richter ANNO 1523). Um unter das Schutzhindernis zu fallen, muss das Zeichen in seiner eingetragenen Form inhaltlich unwahre Angaben tätigen über die Waren oder Dienstleistungen, für die es nach dem Warenverzeichnis bestimmt ist . Der unwahre Zeicheninhalt kann sich direkt aus der Marke, aber auch aus Umständen außerhalb der Marke ergeben. Eine bereits erfolgte Täuschung muss für die Täuschungseignung nicht festgestellt werden. Allerdings muss die Täuschungseignung für das Kaufverhalten relevant sein. Das Hindernis für die Eintragung als Marke greift aber nicht ein, wenn im Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen sowie den Schutzrechtsinhaber mindestens eine Benutzungsform denkbar ist, in der die Marke ohneTäuschung verwendet werden könnte. Auch wettbewerbsrechtlich sind unrichtige Altersangaben über die fraglichen Waren oder Dienstleistungen beachtlich, wenn sie die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers im oben genannten Sinne beeinflussen können. Es ist nicht ausgeschlossen, dass unrichtige Altersangaben im Einzelfall auch traditionsreichen Symbolen oder alten Schriften entnommen werden können. Vergleichbares gilt im Übrigen für Titel. Auch sie können unrichtige Oualitätsaussagen enthalten.
Frage: Darf man auf einem Milchprodukt eine Milchkanne als Symbol benutzen, obwohl weder der Bauer noch die verarbeitenden Betriebe damit arbeiten?
Paul Lange: Auch diese Fragen beurteilen sich aufgrund aller Umstände des konkreten Einzelfalls. Grundsätzlich ist es nach Wettbewerbsrecht irreführend, mit handwerklichen Bezeichnungen für fabrikmäßig oder industriell gefertigte Erzeugnisse zu werben. Dass ein sachkundiger Leser die Unwahrheit schon dem Preis entnimmt, schließt eine solche Irreführung nicht aus. Auch hieraus etwa entnommene unrichtige Hinweise auf die vollständige Naturbelassenheit eines Produktes können irreführend sein. So wurde die Bezeichnung naturreiner Traubensaft verboten für einen industriell hergestellten pasteurisierten Fruchtsaft, dessen Trübstoffe im Wege der Absorption gebunden und durch Filtern entfernt worden sind. Nur in seltenen Ausnahmefällen können für die Kaufentscheidung relevante, unwahre Aussagen über die Art derWare hingenommen werden. In einem Fall hat der BGH eine solche Ausnahme aus der Unverhältnismäßigkeit des ansonsten ausgesprochenen Verbotes abgeleitet. Dafür gelten jedoch strenge Maßstäbe. So wurde für die unrichtigen Bezeichnungen Kloster Pilsner und Klos-
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terbrauerei eine relevante Irreführung deshalb verneint, weil diese seit über 150 Jahren für Bier unbeanstandet benutzt worden waren und sich der Absatz des Bieres im Wesentlichen auf das lokale und regionale Verbreitungsgebiet bezog, in dem der Besitzstand wegen mangelnder Beanstandung entstanden war. Demgegenüber trat zurück, dass derVerbraucher mit den Begriffen Kloster Pilsner und Klosterbrauerei die für seine Kaufentscheidung nicht unbedeutsame Vorstellung verbindet, das Bier stamme aus einer zu einem Kloster gehörigen Brauerei oder es bestehe jedenfalls ein unmittelbarer Bezug zu einer klösterlichen Brautradition. Die fraglichen Bezeichnungen wiesen nur insofern einen Bezug zu einem Kloster auf, als die ursprünglich errichtete Braustätte neben der ehemaligen Klosterkirche eines aufgegebenen Klosterarreals errichtet wurde.
Frage: Unter welchen Umständen dürfen Unternehmen historische Persönlichkeiten wie Mozart, Bismarck oder Napoleon für sich nutzen (z. B. indem sie ein Produkt so nennen)?
Paul Lange: Die Nutzung kann zunächst durch Anmeldung solcher Namen als Marke geschehen. Insofern wird bedeutsam, dass Namen als Marke schutzfähig sind. Das gilt auch für die ehemaligen Namen von Verstorbenen. Entsprechend ist etwa Napoleon für Schaumweine als Marke eingetragen. Die markenrechtlichen Fallstricke können sich im Einzelfall jedoch aus anderen Gründen ergeben. So hat der Europäische Gerichtshof die Verweigerung des Schutzes für den Namen Mozart als Marke für feine Backwaren, Konditorwaren, Schokoladewaren und Zuckerwaren bestätigt, weil Mozart für die beanspruchten Waren beschreibend war. Für die deutschsprachigen Verbraucher stellte der Begriff Mozart einen Hinweis auf das Rezept dar, nach dem die beanspruchten Waren hergestellt werden. Diese Schlussfolgerung beruht auf dem durch Wörterbücher belegten Umstand, dass für ein mit Schokolade überzogenes Konfekt der deutsche Gattungsbegriff "Mozartkugel" existiert. Der Begriff Mozart ist für Backwaren wegen seines beschreibenden Charakters daher frei. Schwierigkeiten können sich auch aus einem eingeschränkten Schutzumfang derartiger Namensmarken ergeben. So konnte aus der Automarke "Picassa" nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs trotz einer festgestellten, optischen und klanglichen Ähnlichkeit nicht gegen eine jüngere Automarke "Picaro" vorgegangen werden. Der Gerichtshof akzeptierte das Argument, dass die Bekanntheit des Namens Picasso zur Unterscheidung von Picaro führte und es deshalb auf die festgestellten klanglichen und bild lichen Ähnlichkeiten nicht mehr ankam, sogenannte Neutralisierungslehre. Wettbewerbsrechtlich gesehen darf mit der Verwendung von Namen historischer Persönlichkeiten insbesondere keine relevante Täuschung des Verkehrs
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über die fraglichen Waren oder Dienstleistungen verbunden sein . Dieses bedarf naturgemäß einer umfassenden Beurteilung im Einzelfall. Schließlich ist sicherzustellen, dass Dritte keine Rechte der Verstorbenen mehr gegen die Verwendung ihres ehemaligen Namens geltend machen können. Grundsätzlich gilt hierzu, dass das fortwirkende Lebensbild eines Verstorbenen nur gegen grobe ehrverletzende Beeinträchtigungen bzw. Entstellungen geschützt ist. Bei diesem Schutz handelt es sich um einen Schutz gegen Entstellung und Herabsetzung (defarnation), etwa durch unwahre Aussagen im Zusammenhang mit dem Verstorbenen. Solche Aussagen können die Glaubwürdigkeit des Verstorbenen und damit sein Ansehen als Funktionsträger oder Person im Kern treffen. Die Dauer der ideellen Bestandteile des postmortalen Persönlichkeitsschutzes lässt sich nicht generell festlegen. Sie hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei wird es neben der Intensität der Beeinträchtigung vor allem auf die Bekanntheit und Bedeutung des durch das Schaffen geprägten Persönlichkeitsbildes ankommen. Das Schutzbedürfnis schwindet in dem Maße, in dem die Erinnerung an den Verstorbenen verblasst und im Laufe der Zeit auch das Interesse an der Nichtverfälschung des Lebensbildes abnimmt. Eine zeitliche Begrenzung folgt auch daraus, dass die Persönlichkeitsrechte eines Verstorbenen nicht von jedermann, sondern nur von dem Kreis der überlebenden Wahrnehmungsberechtigten geltend gemacht werden können. Nach Ablauf der Schutzdauer fehlt es an einem Rechtsschutzinteresse des Wahrnehmungsberechtigten für die Verfolgung der Persönlichkeitsrechtsverletzung. Der Schutz der vermögenswerten Bestandteile des postmortalen Persönlichkeitsrechts bekannter Persönlichkeiten (Marlene Dietrichl ist in entsprechender Anwendung der Schutzfrist für das postmortale Recht am eigenen Bild (§ 22 Satz 3 Kunst-Urhebergesetzl auf zehn Jahre nach dem Tode begrenzt. Diese Begrenzung der Schutzdauer beruht daher nicht nur auf dem Gedanken, dass das Schutzbedürfnis nach dem Tod mit zunehmendem Zeitablauf abnimmt. Bei lange verstorbenen Persönlichkeiten bestehen Probleme aus den Rechten des Verstorbenen regelmäßig nicht. Frage: Unter welchen Umständen dürfen Figuren aus Mythen, Sagen oder Romanen genutzt werden (z. B. Sigfried, Odysseus oderWinnetou)?
Paul Lange: Auch für die Zu lässigkeit der Namen von Figuren aus Mythen, Sagen oder Romanen kommt es auf den konkreten Aussagegehalt dieser Bezeichnungen für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen an. Auch hier ist sodann die Frage der Schutzfähigkeit als Marke von der Frage einer wettbewerbsrechtlichen Irreführung im Einzelfall zu unterscheiden.
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Die Erlangung eines Markenschutzes ohne vorherige Verkehrsgeltung kann nicht realisierbar sein, wenn die Figur die fraglichen Waren oder Dienstleistungen beschreibt. So hat der BGH die Unterscheidungskraft des Werktitels Winnetou als Marke und damit seine Schutzfähigkeit für die Dienstleistungen der Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern und Zeitschriften verneint, weil die Bezeichnung zum Synonym für die Figur eines rechtschaffenen Indianerhäuptlings geworden ist und daher wie eine Inhaltsangabe beschreibend wirkt. Unter welchen Umständen die mit den fraglichen Figuren verbundenen Vorstellungen im Einzelfall unzutreffend sind und ob dieses die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers beeinflussen kann, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab und kann hier daher nicht generell kommentiert werden.
Frage: Gelten beim Vertrieb ins Ausland ähnliche Regeln?
Paul Lange: Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass auch im Ausland ähnliche Regeln gelten. Das materielle Recht der Registermarken, die nach europäischen Verordnungen geschützten geografischen Herkunftsangaben, Weinund Spirituosenbezeichnungen und der Verbraucherschutz vor Irreführung geIten einheitlich in der Europäischen Union. Verschiebungen können trotz des einheitlichen Rechtsrahmens jedoch aus unterschiedlichen Verkehrsauffassungen in den einzelnen Ländern entstehen. Die deutschen Ergebnisse zum Verständnis der Bezeichnungen lassen sich daher nicht ohne Weiteres auf andere Länder übertragen.
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Zum Schluss Dieses Buch hat nur ein einziges Thema - die Resonanzfelder. Diese Konzentration erschien uns nötig, weil die Resonanzfeld-Technik neu ist und ausgearbeitet werden musste, um sie als eigene Disziplin in der Markentechnik zu verankern. Wenn Sie beim Lesen Freude daran gefunden haben, freuen wir uns . Wenn Sie daraus Schlüsse für Ihre praktische Markenarbeit ziehen, freuen wir uns noch mehr. In aller Bescheidenheit möchten wir jedoch darauf hinweisen, dass Resonanzfeld-Technik nicht die einzige Möglichkeit ist, Marken mit Bedeutung aufzuladen. Es ist auch nicht immer die richtige. Allerdings geht ein besonderer Reiz von ihr aus, weil sie es möglich macht, gewaltige seelische Ressourcen kostenfrei zu nutzen. Es geht durchaus auch anders. Große weltweit bekannte Marken wie adidas, Persil, Gore-Tex, 3M, Nivea, jüngere Marken wie Geox und Google oder auch kleinere Marken wie moll Kinderschreibtische, Lattoflex und Uhu verdanken ihre Ladung anderen Gegebenheiten. Den Genannten ist beispielsweise gemeinsam, dass die Markenschöpfer zugleich Erfinder waren. Die Anfangsenergie ihrer Marken ist vor allem der Innovation zu verdanken. Neues, Unerhörtes, Wunderbares brachten sie zustande. "Unglaublich" staunte die Menschheit und zeigte sich von den Erfindungen zugleich seelisch überwältigt. Häufig kommen Marken auch unter den Familiennamen ihrer Erfinder zur Welt - ebenfalls resonanzfrei und erst im Laufe der Zeit berühmt werdend. Man denke nur an die Torte eines Küchenjungen namens Franz Sacher im Wien des Kanzlers Metternich, an Dr. Oetkers Backpulver, an einen Sportwagen namens Porsche oder ein Weltunternehmen wie Würth aus Künzelsau. Und immer ist selbstverständlich die Möglichkeit im Spiel, Marken durch eindrucksvolle Werbung mit Bedeutung aufzuladen. Sony liefert dafür ein Beispiel ebenso wie Coca-Cola oder das wiederauferstandene Alpeein mit seiner Doping-Story. Und wie im wirklichen Leben kann sich alles, was hier zum besseren Verständnis getrennt voneinander aufgeführt ist, vermischen. Starke Resonanzfelder, eine Welt verbessernde Erfindung und gute Werbung können eine sinnvolle Allianz eingehen und unterschiedliche werthaltige Beiträge zur Stärkung ein und derselben Marke leisten. Mit diesen ganz undogmatischen Gedanken möchten sich die Autoren von Ihnen für heute verabschieden.
209 K. Brandmeyer et al, Markenkraft zum Nulltarif, DOI 10.1007/978-3-8349-6735-0, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Resonanzfeld-Glossar
Archetyp: Kollektive Vorstellung über bestimmte Figuren, Bilder oder Situationen, die im Unterbewusstsein eines jeden Menschen verankert ist. Archetypen sind Ergebnis von Menschheitserfahrungen (z, B. Kind-Sein, Tod) und werden von allen Menschen in allen Gesellschaften und zu allen Zeiten geteilt. Bekannte Archetypen sind z, B. die Mutter, der Held oder der Baum des Lebens. Die Lehre von den Archetypen geht auf den Psychoanalytiker C. G. Jung zurück. Klischee: Eingefahrenes, kollektives Denkschema über bestimmte Eigenschaften von Personengruppen wie z. B. Nationalitäten oder Geschlechter. Charakteristisch für Klischees ist, dass sie generalisieren, vereinfachen und nicht notwendigerweise mit der Realität übereinstimmen. Klischees werden durch persönliche Erfahrung oder medial am Leben erhalten und bestätigen eine im Publikum bereits vorhandene Meinung. Markenkraft: Ausprägung der Durchsetzungsfähigkeit einer Marke im Markt. Die Markenkraft basiert auf positiven Vorurteilen und Vorstellungen, die das Markenmanagement über die Zeit in der Kundschaft erzeugt hat.
Markentechnik: Systematische, strategische Beeinflussung der kollektiven Vorstellungen über ein Produkt. Ziele sind die Steigerung der Attraktivität des Produkts, die Ausweitung der Kundschaft, die Erhöhung der Kauffrequenz und die Steigerung der Zahlungsbereitschaft. Ihr Grundprinzip ist der Zusammenhang zwischen diesen Wirkungen im Publikum und den managebaren Ursachen aufseiten des Unternehmens. Mythos: Eine allseits bekannte Geschichte über Ereignisse, Personen oder Dinge, die seit Langem weitererzählt wird. Die Erzählung besteht aus einem unveränderlichen Kern an Aussagen, der jedoch viele Möglichkeiten der Variation bietet. Positives Vorurteil: Eine wenig reflektierte positive Meinung, die entscheidungs- und handlungsleitend ist. Positive Vorurteile sind das Ergebnis persönlicher und/oder kollektiver Erfahrungen. Charakteristisch für positive Vorurteile ist, dass sie sich fast von selbst verbreiten, äußerst beständig und nur schwer zu widerlegen sind .
211 K. Brandmeyer et al, Markenkraft zum Nulltarif, DOI 10.1007/978-3-8349-6735-0, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Resonanzfeld: Eine massenhaft verbreitete kohärente Vorstellung, die im Bewusstsein der Menschen fest verankert ist und für einen parteiischen Zweck genutzt werden kann. Resonanzfelder enthalten Wertungen, Assoziationen, Bilder und Empfindungen, die sich durch dazu passende Stimuli aktivieren und auf eine Marke übertragen lassen. Vier Typen von Resonanzfeldern kann man unterscheiden: Klischees, Mythen, Topoi und Archetypen. Resonanzfeld-Technik: Die Fähigkeit, ein im kollektiven Bewusstsein verfügbares Verweispotenzial zu orten und durch eine individuelle Gestaltgebung für den eigenen, im Publikum noch nicht durchgesetzten Standpunkt zu mobilisieren.
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Stereotyp: sieheKlischee. Topos: Topoi sind Gemeinplätze (Common Places), die seit ewigen Zeiten herangezogen werden, um eine Argumentation gedanklich oder auch emotional zu unterstützen. Sie kommen nicht aus der Sache selbst, die der Redner durchbringen will, sondern entstammen dem großen Schatz volkstümlicher Denk- und Gefühlsmuster. Nach diesen Mustern zieht der Empfänger die gewünschten Schlüsse selbst.
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Die Autoren Dr. phiL KIaua Brandmeyer (Jg. 1939) hat Literaturwissenschaft und antike Rhetorik studiert. Seit 1982 arbeitet er
als selbstständiger Markentechniker. Zuvor war er Geschäftsführer bei BHDO und Publids. Er gilt heute als Autorität in Sachen Markenführung. Kunden profitieren von seinen Ide-
en und Beratungserfahrungen quer durch alle Branchen. Er ist ein gefragter Redner und Interviewpartner zu Marken- und Kommunikationsthemen. Brandmeyer hat zahlreiche Bü-
cher zum Thema Marke veröffentlicht und bezieht in den Medien regelmäßig kritisch Stellung. Er war Gastprofessor an Universitäten in Berlin, Innsbruck und Wien und Honorarprofessor der UMC Potsdam.
Der Dipl.-Soziologe Peter Pircl< (Jg. 1969) hat an der Universität Harohurg Soziologie und Markentechnik studiert. Er ist Mitbegründer und Gesell-
schafter der Brandmeyer Markenberatung. Sein Arheitsscbwerpunkt ist die Analyse von Marken und Resonanzfeldem. Peter Pirck hat empirische Methoden entwickelt, mit denen sich die spezifischen Erfolgsfaktoren von Marken ermitteln lassen. In den fast fünfzehnJahren seinermarkentechn.ischen Beratungstätigkeit hat er die Erfolgsmuster von Marken unterschiedlichs-
ter Branchen und Größe analysiert und Strategien entwickelt, mit denen Marken ihre Talente maximal ausschöpfen können.
216 K. Brandmeyer et al, Markenkraft zum Nulltarif, DOI 10.1007/978-3-8349-6735-0, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Andreas Pogoda (Jg. 1966) hat Germanistik, Soziologie und Markentechnik studiert. Er ist Mitbegründer und
Gesellschafter der Brandmeyer Mar:kenberatung. Er hat als Berater und Gestalter in Werbeagenturen gearbeitet; bis 2003 war er Projektleiter am Institut für Markentechnik in Genf. In den Projekten der Brandmeyer Markenberatung hilft Pogoda Unternehmen, ihre ureigenen Stärken (wieder) zu finden und diese in kommunikative Programme umzusetzen. Der ge-
fragte Referent und Keynote-Speaker ist Mitgliedim Wissenschaftlichen Beirat im FME Forum. Die Fachöffentlichkeit kennt ihn durch seinelangjährigen Studien zum Kommunikationsmuster.
Dr. phlL Lnl.. Althann, (Jg. 1980)hat Kultur- und Wirtschaftswissenschaften sowie Slawistik in Passau, Moskau und Leipzig studiert und ist heute bei der Brandmeyer Markenberatung tätig. Die Autorin zahlreicher Facharti-
kel kann bei ihrer Arbeit auf mehrjährige Erfahrung in der Konsum- und Markenforschung im In- und Ausland zurückgreifen. Für ihr 2009 erschienenes Buch ,.McLenin. Die Konsumrevolution in Russland" hat Luise Althanns zwei Jahre in Moskau verbracht und dortvor Ort über die Entwicklung
der Konsumgesellschaft und des Markenwesens geforscht.
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