G. Niemann · H. Winter · B.-R. Höhn Maschinenelemente Band 1
G. Niemann · H. Winter · B.-R. Höhn
Maschinenelemente Ba...
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G. Niemann · H. Winter · B.-R. Höhn Maschinenelemente Band 1
G. Niemann · H. Winter · B.-R. Höhn
Maschinenelemente Band 1: Konstruktion und Berechnung von Verbindungen, Lagern, Wellen 4., bearbeitete Auflage
Mit 758 Abbildungen
3
Professor Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Gustav Niemann † Professor Dr.-Ing. Dr.-Ing. h.c. Hans Winter † Professor Dr.-Ing. Bernd-Robert Höhn TU München Lehrstuhl für Maschinenelemente Boltzmannstr. 15 85748 Garching
ISBN 3-540-25125-1 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1982, 1990, 2002 und 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z.B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für Richtigkeit,Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. Einband-Entwurf: medio Technologies AG, Berlin Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH, Würzburg Herstellung: Reinhold Schöberl, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem Papier SPIN: 11399575
07/3020 – 5 4 3 2 1 0
Vorwort
Vor mehr als 50 Jahren erschien die erste Auflage des inzwischen dreibändigen Werks „Maschinenelemente“ von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Gustav Niemann. Der Band 1 sowie auch die unter dem Namen Niemann/Winter erschienenen Bände 2 und 3 sind weltweit bekannt und gelten als „Klassiker“ für das Fach Maschinenelemente. Die jetzt vorliegende 3. Auflage des Bandes 1 ist eine vollständige Überarbeitung, der Umfang ist auf über 800 Seiten angestiegen. Die Namensgebung „Niemann/Winter/Höhn“ zeigt die traditionelle Verbundenheit mit dem Lehrstuhl für Maschinenelemente der Technischen Universität München. Der Charakter des Buches wird durch den wesentlich erweiterten Inhalt nicht verändert, es ist und bleibt ein Lehrbuch für die Studenten und ein Arbeitsbuch für Konstrukteure und Entwickler. Durch wesentliche Mitarbeit von meinem Vorgänger Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Hans Winter entstand am Lehrstuhl für Maschinenelemente der TU München das vorliegende Werk. Die grundsätzliche Gliederung der ersten Auflage wurde beibehalten, das früher enthaltene Kapitel „Verbindung von Welle und Welle“ wird unter dem Kapitel „Kupplungen“ in die geplante Überarbeitung des Bandes 3 aufgenommen. Die Festigkeitsberechnung wurde völlig neu gestaltet, als Grundlage diente die 1998 erschienene 3. Auflage der FKM-Richtlinie „Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile“. Das Nennspannungskonzept hat sich im Maschinenbau bewährt und bildet auch hier die Basis für die Festigkeitsberechnung, d.h. die Einflüsse von Form und Beanspruchungsart werden in der Bauteilfestigkeit berücksichtigt. Neu hinzugekommen sind die Kapitel „Betriebsfestigkeit“ und „Bruchmechanik“. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, alle Änderungen gegenüber der 2. Auflage zu erwähnen. Alle Kapitel wurden auf den neuesten Stand der Technik gebracht, die Zahl der praktischen Beispiele und vor allem der Daten und Fakten in zahlreichen Tabellen und Diagrammen erheblich erweitert, so daß sie auch für den nachschlagenden Konstrukteur eine wertvolle Grundlage bilden. Ich danke vor allem Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Hans Winter, der in seiner Zeit als Emeritus den größten Teil seiner unermüdlichen Schaffenskraft in die Überarbeitung dieses Bandes steckte. Leider konnte er das Erscheinen dieses Bandes nicht mehr erleben. Ein weiterer Dank gilt Prof. Dr.-Ing. Joachim Voßiek, der an der Zusammenführung aller Kapitel mitgearbeitet hat und wesentlich zur Koordinierung der vielfältigen Textbausteine beigetragen hat.
VI
Vorwort
Bei allen Mitarbeitern des Lehrstuhls bedanke ich mich besonders für ihre umfangreichen Ausarbeitungen zu den einzelnen Fachkapiteln und Beispielen, für die Durchsicht und das Korrekturlesen. Gedankt sei auch allen Firmen, die in telefonischen und schriftlichen Beratungen durch ihre Fachleute und durch Bereitstellung von Unterlagen zur Aktualisierung der einzelnen Kapitel beigetragen haben. Dem Springer-Verlag gilt mein Dank für die angenehme und hilfreiche Zusammenarbeit. München, März 2001
B.-R. Höhn
Vorwort zur 4. Auflage des Bandes 1 „Maschinenelemente” Vier Jahre nach Erscheinen der 3. Auflage des Bandes 1 „Maschinenelemente“ von Niemann/Winter/Höhn haben wir uns zur Neuauflage des Bandes entschlossen. Neben den (leider) vielen kleinen Druckfehlern, die beseitigt wurden, wurden zahlreiche Gleichungen, Diagramme und Beispielrechnungen korrigiert. Dies gilt besonders für die Kapitel „Praktische Festigkeitsberechnung“, „Schraubenverbindungen“ und „Wälzpaarungen“. Damit wurde die Verlässlichkeit der Berechnungen, die der Ingenieur in der Praxis mit diesem Buch durchführt, wesentlich gesteigert. Ich danke den industriellen Benutzern und Lesern des Werkes für die zahlreichen Anregungen, die ich erhielt, sowie den Mitarbeitern und Studenten, die durch ihre Aufmerksamkeit zur Verbesserung des Bandes beigetragen haben. München, im März 2005
B.-R. Höhn
Inhaltsverzeichnis
1
Arbeitsmethoden in der Konstruktion . . . . . . . . . . .
1
1.1
Wirtschaftliche Bedeutung der Konstruktion und Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5
Elemente der Entwicklungs- und Konstruktionsarbeit Planen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wege zu neuen Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . Auswahl der Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gestalten des gewählten Konzepts . . . . . . . . . . . Gestalten der Einzelteile . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3
Konstruktionsarten
1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5 1.4.5.1 1.4.5.2 1.4.5.3
. . . . . .
4 4 7 8 10 11
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11 12 13 13 13 14 14 15 15
1.4.5.5 1.4.6 1.4.7 1.4.8
Versagensursachen – Berechnungen . . . . . . . . . . . . Berechnungen in der Konstruktion . . . . . . . . . . . . . Entwurfsrechnung, Dimensionierung . . . . . . . . . . . Nachrechnung/Festigkeitsnachweis . . . . . . . . . . . . Numerische Berechnungsverfahren . . . . . . . . . . . . Belastungen, Beanspruchungen . . . . . . . . . . . . . . . Beanspruchungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansatz der Belastung bei statisch beanspruchten Bauteilen Ansatz der Belastung bei schwingend (dynamisch) beanspruchten Bauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pauschaler Ansatz der Beanspruchung dynamisch oder statisch belasteter Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewertung der Rechenergebnisse . . . . . . . . . . . . . . Bauteilsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5
Rechnergestütztes Konstruieren
. . . . . . . . . . . . . .
23
1.6
Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
1.7
Versuche
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
1.8
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
2
Gestaltung – Formgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
2.1 2.1.1
Beanspruchungsgerechte Gestaltung . . . . . . . . . . . . Beanspruchung, Festigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27 27
1.4.5.4
. . . . . .
16 18 18 18 19 19
VIII
Inhaltsverzeichnis
2.1.2 2.1.2.1 2.1.2.2 2.1.2.3
Verformung . . . . . . . . . . . . . Lastabhängige Verformung . . . . Temperaturabhängige Verformung Stabilität . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
28 28 30 30
2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.2.5.1 2.2.5.2
Schwingungen und Geräusche: Körperschall, Luftschall Schwingungs- und geräuschanregende Betriebskräfte . Abhilfemaßnahmen – allgemein . . . . . . . . . . . . . Mindern der Körperschall-Entstehung . . . . . . . . . . Mindern der Körperschall-Übertragung/Weiterleitung . Mindern der Schallabstrahlung . . . . . . . . . . . . . . Abhilfe durch Mindern des Abstrahlgrads . . . . . . . . Abhilfe durch Kapseln von Maschinen . . . . . . . . . .
. . . . . . .
30 32 33 33 33 35 36 36
2.3 2.3.1 2.3.2
Ergonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeits- und Umweltsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . Ergonomiegerechte Handhabung . . . . . . . . . . . . . .
38 38 39
2.4 2.4.1 2.4.1.1 2.4.1.2 2.4.2 2.4.2.1 2.4.2.2 2.4.3 2.4.4 2.4.5 2.4.5.1 2.4.5.2 2.4.5.3 2.4.5.4
Fertigung und Werkstoff . . . . . . . . . . Guß-Formteile . . . . . . . . . . . . . . . Form- und Gießverfahren . . . . . . . . . Gießvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . Schmiedeformteile . . . . . . . . . . . . . Schmiedeverfahren . . . . . . . . . . . . . Gestaltungsregeln . . . . . . . . . . . . . Blechteile und Rohre . . . . . . . . . . . . Preß- und Spritzgußteile aus Kunststoffen Spanabhebend bearbeitete Teile . . . . . Arbeitsflächen . . . . . . . . . . . . . . . Bohrungen und Durchbrüche . . . . . . . Gewinde und Zentrierungen . . . . . . . Oberflächengüte und Toleranzen . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
41 42 42 43 48 48 49 49 51 52 53 53 55 55
2.5
Montagegerechte Gestaltung
. . . . . . . . . . . . . . . .
56
2.6
Inspektion, Wartung, Instandhaltung (DIN 31051) . . . .
57
2.7 2.7.1 2.7.2
Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gestaltung recyclinggerechter Produkte nach VDI 2243 . .
58 58 58
2.8
„Schöne“ Form, Design
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
2.9
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
3
Praktische Festigkeitsrechnung
. . . . . . . . . . . . . .
63
3.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
3.2 3.2.1 3.2.2
Belastung (Kräfte, Momente) . . . . . . . . . . . . . . . . Krafteinleitung und Oberflächenbelastung . . . . . . . . Prinzip von de Saint Venant . . . . . . . . . . . . . . . . .
65 66 66
3.3 3.3.1
Beanspruchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innere Kräfte und Momente . . . . . . . . . . . . . . . . .
67 67
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . .
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. . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
IX
Inhaltsverzeichnis
3.3.2
Spannungszustände im Inneren eines belasteten Bauteils (Mohrscher Spannungskreis) . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Berechnung der Nennspannungen . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.1 Normalspannung aus Längskraft . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.2 Normalspannung aus Biegemoment . . . . . . . . . . . . 3.3.3.3 Normalspannung zwischen zwei Flächen (Flächenpressung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.4 Normalspannungen im Rohr unter Überdruck . . . . . . 3.3.3.5 Normalspannung aus schiefer Biegung (mehrachsiger Biegung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.6 Normalspannung aus Biegung in stark gekrümmten Trägern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.7 Schubspannung aus Querkraft . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.8 Schubspannungen aus Torsion . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.9 Überlagerung von gleichgerichteten Spannungskomponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.10 Überlagerung von Normal- und Schubspannungskomponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Beanspruchungsgefälle – Zeitlicher Verlauf . . . . . . . . 3.3.5 Örtliche Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.5.1 Örtliche Spannungen – klassische Berechnung . . . . . . 3.3.5.2 Finite Elemente Methode (FEM) und Boundary Elemente Methode (BEM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.6 Eigenspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.7 Stabilität: Knick- und Beulspannungen . . . . . . . . . . 3.3.7.1 Knickspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.7.2 Beulspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5
Festigkeitsnachweis – allgemein . . Konzepte der Festigkeitsberechnung Sicherheit und Bauteilfestigkeit . . . Festigkeitsgrenzen . . . . . . . . . . Härtewerte . . . . . . . . . . . . . . Kerbschlagzähigkeit . . . . . . . . .
3.5
Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen statischer Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . Statische Werkstoff-Festigkeitswerte für Normabmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Statische Festigkeitskennwerte für den Werkstoff im Bauteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Statische Bauteilfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen, Einflußfaktoren . . . . . . . . . . . . . . Berechnung von (statischer) Bauteilfestigkeit und Bauteilfließgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachweis der statischen Festigkeit . . . . . . . . . . . Nachweis für die Einzelbeanspruchungen . . . . . . . Nachweis für die zusammengesetzte Beanspruchung . Mindestsicherheiten bei statischer Beanspruchung . .
3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.3.1 3.5.3.2 3.5.4 3.5.4.1 3.5.4.2 3.5.5 3.6 3.6.1
. . . . . .
. . . . . .
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. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
68 70 70 71 74 74 75 76 77 78 82 82 84 85 85 86 89 90 90 92
. . . . . .
92 92 93 94 96 97
. .
98
. . 100 . . 102 . . 106 . . 106 . . . . .
. . . . .
114 114 115 115 117
Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . 118 Dauerfestigkeit, Zeitfestigkeit – Grundlagen . . . . . . . . 119
X
Inhaltsverzeichnis
3.6.1.1
Ermittlung der dynamischen Festigkeit (Ermüdungsfestigkeit, Schwingfestigkeit) . . . . . . . . . Lebensdauer- und Schadenslinien . . . . . . . . . . . . . Dauerfestigkeitsschaubilder . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechenschritte zur Ermittlung der dynamischen Bauteil-Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoff-Wechselfestigkeitswerte für Normabmessungen Wechselfestigkeits-Kennwerte für den Werkstoff im Bauteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauteil-Wechselfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen, Einflußfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung der Bauteil-Wechselfestigkeit . . . . . . . . . Bauteil-Ausschlagfestigkeit (Amplitude der BauteilDauerfestigkeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachweis der Bauteil-Dauerfestigkeit . . . . . . . . . . . Nachweis für die Einzelbeanspruchungen . . . . . . . . . Nachweis für die zusammengesetzte Beanspruchung . . . Mindestsicherheiten bei Ermüdungsbeanspruchung . . . Sicherheit gegen Gewaltbruch bei dynamischer Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.6.1.2 3.6.1.3 3.6.1.4 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.4.1 3.6.4.2 3.6.5 3.6.6 3.6.6.1 3.6.6.2 3.6.7 3.6.8
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
122 125 125 126 136 136 140 140 141 142 142
3.7 3.7.1 3.7.2 3.7.3 3.7.4 3.7.5
Tragfähigkeit von Kunststoffbauteilen Kurzzeitige Beanspruchung . . . . . . Langzeitig ruhende Beanspruchung . Schwingbeanspruchung . . . . . . . . Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnungsbeispiel . . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
142 143 144 146 146 148
3.8 3.8.1 3.8.2 3.8.3
Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . Beanspruchungs-Zeit-Verlauf, Kollektivbildung Berechnung der Lebensdauer . . . . . . . . . . Experimentelle Betriebsfestigkeitsbestimmung
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
148 149 149 151
3.9 3.9.1
3.9.6
Bruchmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeichen, Einheiten und Umrechnungsbeziehungen zu Abschn. 3.9 – Festigkeit allgemein s. Abschn. 3.1 . . . Anwendung, Möglichkeiten der Bruchmechanik . . . Statische Festigkeit – das KIc-Konzept . . . . . . . . . Der Spannungsintensitätsfaktor KI . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzwerte, Bruchzähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . Statische Festigkeit – Fließbruchmechanik (FBM) . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dynamische Festigkeit – das DK-Konzept . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung des Rißfortschritts bei schwingender Beanspruchung – Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.10
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
3.9.2 3.9.3 3.9.3.1 3.9.3.2 3.9.3.3 3.9.4 3.9.4.1 3.9.4.2 3.9.5 3.9.5.1 3.9.5.2
. . . . . .
119 120 121
. . 151 . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
152 153 154 154 156 156 158 159 159 159 160
. . 160 . . 162
XI
Inhaltsverzeichnis
4
Leichtbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
4.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
4.2
Bedingungs-Leichtbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.2.1 4.3.2.2 4.3.2.3 4.3.3 4.3.3.1 4.3.3.2 4.3.3.3
Stoff-Leichtbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffkenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . Leichtbau mit Leichtmetallen . . . . . . . . . . . Leichtmetall-Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . Vergleich von Leichtmetallen mit Stahl, Stahlguß Anwendung von Leichtmetallen . . . . . . . . . Leichtbau mit Kunststoffen und Verbundstoffen Unverstärkte Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . Faserverstärkte Kunststoffe . . . . . . . . . . . . Verbundwerkstoffe (Sandwich-Platten) . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
168 169 170 171 173 175 175 176 176 177
4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3
Form-Leichtbau . . . . . . . . . . . . . Artnutzgrad h A . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Querschnitte . . . . . . . . . . Weitere Hinweise zur Querschnittswahl
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
177 177 178 180
4.5
Allgemeine Leichtbauregeln, Hinweise für die Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
4.6
Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
4.7
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
5
Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
5.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3
Werkstoffauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Eigenschaften sind wichtig? . . . . . . Überlegungen zu den Kosten (Kostenfaktoren) Sonderverfahren, analytische Methoden . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
188 188 189 190
5.3 5.3.1 5.3.1.1 5.3.1.2 5.3.1.3 5.3.1.4 5.3.1.5 5.3.1.6 5.3.1.7 5.3.2 5.3.2.1 5.3.2.2 5.3.2.3 5.3.2.4
Eisenwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wärmebehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . Glühen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschreckhärten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlassen und Vergüten . . . . . . . . . . . . . . Zwischenstufenvergüten . . . . . . . . . . . . . . Randschichthärten . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsatzhärten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nitrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einflußgrößen für die Stahleigenschaften . . . . Baustähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütungsstähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stähle für das Randschicht-(Flamm-, Induktionsund Laser)härten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nitrierstähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsatzstähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . . . . .
190 191 192 193 194 194 195 195 196 197 197 202 202
5.3.2.5 5.3.2.6
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
187
. . . . . 204 . . . . . 204 . . . . . 204
XII
Inhaltsverzeichnis
5.3.2.7 5.3.2.8 5.3.2.9 5.3.2.10 5.3.3 5.3.4 5.3.5 5.3.5.1 5.3.5.2
. . . . . . . .
5.3.5.3 5.3.5.4
Automatenstähle (DIN 1651) . . . . . . . . . . . . Nichtrostende Stähle . . . . . . . . . . . . . . . . . Federstähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Stähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stahlguß (GS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sinter-Eisenwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . Gußeisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gußeisen mit Lamellengraphit (GJL) = Grauguß . Gußeisen mit Kugelgraphit (GJS) = sphärolitisches Gußeisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Temperguß (GJMW, GJMB) . . . . . . . . . . . . . Sondergußeisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4 5.4.5 5.4.6
Nichteisenmetalle . . . . . . . . . . . . . Aluminium und Aluminium-Legierungen Aluminium-Sinterwerkstoffe . . . . . . . Magnesium-Legierungen . . . . . . . . . Titan-Legierungen . . . . . . . . . . . . . Kupfer und Kupfer-Legierungen . . . . . Sonstige Nichteisenmetalle . . . . . . . .
. . . . . . .
5.5 5.5.1 5.5.2
Überzüge auf Metallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Metallische Überzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Nichtmetallische Überzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
5.6 5.6.1 5.6.2 5.6.3
Kunststoffe (Polymere) . . . Kunststoffarten – Übersicht . Eigenschaften der Kunststoffe Faserverbundwerkstoffe . . .
5.7
Verbundwerkstoffe mit Rißstop-Effekt . . . . . . . . . . . 238
5.8
Elastomere (Gummi, Kautschuke)
5.9
Keramische Werkstoffe
5.10
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
6
Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
6.1
Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
6.2
Normzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.3.4.1 6.3.4.2 6.3.4.3
Toleranzen, Abweichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßtoleranzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form- und Lagetoleranzen . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeintoleranzen (Freimaßtoleranzen) . . . . . . . . Tolerierungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unabhängigkeitsprinzip („neuer“ Tolerierungsgrundsatz) Hüllprinzip („alter“ Tolerierungsgrundsatz) . . . . . . . Maximum-Material-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.4
Passungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
. . . .
. . . .
. . . .
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. . . . . . . .
204 206 206 206 212 214 216 216
. . . . 217 . . . . 218 . . . . 220
. . . .
. . . . . . .
. . . .
. . . . . . .
. . . .
. . . . . . .
. . . .
220 222 224 224 226 228 230
233 234 234 237
. . . . . . . . . . . . . 239
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
245 245 248 248 252 252 254 255
XIII
Inhaltsverzeichnis
6.4.1 6.4.2
System Einheitsbohrung (EB) . . . . . . . . . . . . . . . . 257 System Einheitswelle (EW) . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
6.5
Einfluß der Toleranzen und Passungen auf die Fertigungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
6.6
Oberflächen technischer Körper, Grobgestalt und Feingestalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines, Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . Oberflächenmaße für die Feingestalt . . . . . . . . . . . Bezugslinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kennwerte zur Beschreibung der Rauheit . . . . . . . . Oberflächenmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel für die Aussagefähigkeit der Kennwerte . . . . Angabe der Oberflächenbeschaffenheit in Zeichnungen nach DIN ISO 1302 Juni 1980 . . . . . . . . . . . . . . .
6.6.1 6.6.2 6.6.2.1 6.6.2.2 6.6.3 6.6.4 6.6.5
. . . . . . .
260 260 262 262 262 262 266
. 266
6.7
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
7
Schweißverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
7.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.2.1 7.2.2.2 7.2.3 7.2.4 7.2.5
Schmelzschweißverbindung . . . . . . . . . . . . . . Anwendung, Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zum Schmelzschweißen geeignete Bauteilwerkstoffe Zusatzwerkstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herstellung, Schweißsicherheit . . . . . . . . . . . . Stoß- und Nahtarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeichnungsangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.3
7.3.3 7.3.4 7.3.5
Tragfähigkeit und Betriebsverhalten von Schmelzschweißverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . Dimensionierung, Schweißnahtabmessungen . . . . . . . Festigkeitsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beanspruchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Festigkeitswerte für Bauteile aus Stahl . . . . . . . . . . . Festigkeitsnachweis bei Einzelbeanspruchung . . . . . . Festigkeitsnachweis bei zusammengesetzter Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Festigkeitsnachweis für Schweißnaht-Sonderfälle . . . . . Festigkeitsnachweis für Bauteile aus Aluminiumlegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprödbruchgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steifigkeit und Schwingungen von Schweißkonstruktionen Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
302 303 304 305
7.4 7.4.1 7.4.2 7.4.3 7.4.4
Punkt- und Nahtschweißverbindung . . . . . . . . . . . . Dimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Festigkeitsnachweis für die Punktschweißverbindung . . Festigkeitsnachweis für die Rollennaht-Schweißverbindung Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
309 309 311 315 316
7.3.1 7.3.2 7.3.2.1 7.3.2.2 7.3.2.3 7.3.2.4 7.3.2.5 7.3.2.6
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
273 273 274 274 276 276 289 289 292 292 293 293 294 297 300 301
XIV
Inhaltsverzeichnis
7.5
Buckelschweißverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
7.6
Preß- und Abbrenn-Stumpfschweißverbindungen
7.7
Reibschweißverbindungen
7.8 7.8.1 7.8.2 7.8.3
Schweißverbindung für Anwendungen außerhalb des Maschinenbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweißverbindungen im Stahl- und Kranbau . Schweißverbindung im Behälter- und Kesselbau Schweißverbindung im Flugzeugbau . . . . . . .
7.9
Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319
7.10
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
8
Löt-, Kleb- und kombinierte Verbindungen . . . . . . . . 325
8.1 8.1.1 8.1.2 8.1.3 8.1.3.1 8.1.3.2 8.1.3.3 8.1.4 8.1.4.1 8.1.4.2 8.1.4.3 8.1.5 8.1.5.1 8.1.5.2 8.1.6 8.1.7
Lötverbindungen . . . . . . . . . . . . . Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . Anwendung, Eigenschaften, Funktionen Herstellung, Lötverfahren . . . . . . . . Gestalt der Lötstelle . . . . . . . . . . . Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . Vorüberlegungen, Fertigungsablauf . . Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauteilwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . Zusatzwerkstoffe: Lote . . . . . . . . . . Flußmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausführung und Tragfähigkeit . . . . . Dimensionierung . . . . . . . . . . . . . Festigkeitsnachweis . . . . . . . . . . . Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
325 325 326 326 327 327 328 328 328 331 331 333 333 335 339 340
8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4 8.2.4.1 8.2.4.2 8.2.5 8.2.5.1 8.2.5.2 8.2.6
Klebverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung, Eigenschaften, Funktionen . . . . . Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauteilwerkstoff (Eigenschaften, Anforderungen) Klebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tragfähigkeit von Flächen-Klebverbindungen . . Dimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Festigkeitsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
343 343 344 345 346 346 347 348 351 352 355
8.3
Kombinierte Fügeverfahren (Punktschweiß-, Niet-, Schraub-Klebverbindungen) . . . . . . . . . . . . . . . . 358
8.4
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358
. . . . 317
. . . . . . . . . . . . . . . . . 318
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
318 318 319 319
XV
Inhaltsverzeichnis
9
Nietverbindungen sowie Durchsetzfügeund Blechform-Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . 360
9.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360
9.2 9.2.1 9.2.2
Nietverfahren und Eigenschaften der Nietverbindung . . 361 Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 Funktionen, Anwendungen und Eigenschaften . . . . . . 362
9.3 9.3.1 9.3.2
Elemente der Nietverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . 363 Nietformen und Spezialelemente . . . . . . . . . . . . . . 363 Werkstoffe für Nietverbindungen . . . . . . . . . . . . . . 363
9.4
Dimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
9.5
Besonderheiten im Flugzeugbau . . . . . . . . . . . . . . 368
9.6 9.6.1 9.6.2 9.6.3 9.6.4
Beanspruchungen und Festigkeitsnachweis . . Belastungsannahmen und wirkliche Beanspruchungen . . . . . . . . . . . . . . . . Festigkeitsnachweis für die vernieteten Bauteile Festigkeitsnachweis für die Niete . . . . . . . . Tragfähigkeitsnachweis für Blindniete . . . . .
. . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
369 371 373 376
9.7 9.7.1 9.7.2 9.7.3
Spezial-Verbindungstechniken Durchsetzfügeverbindungen . Schnappverbindungen . . . . . Blechformverbindungen . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
376 376 379 379
9.8
Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380
9.9
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384
10
Schraubenverbindungen, Gewinde . . . . . . . . . . . . . 386
10.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . . . . 369
. . . .
10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.2.1 10.2.2.2
Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionen und Eigenschaften von Befestigungsschrauben Anwendungen und Bauarten von Befestigungsschrauben Heftverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Längsbeanspruchte, nicht vorgespannte Befestigungsschrauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2.2.3 Unter Längskraft angezogene Befestigungsschrauben . . 10.2.2.4 Längsbeanspruchte, vorgespannte Befestigungsschrauben 10.2.2.5 Querbeanspruchte Befestigungsschrauben . . . . . . . . 10.2.3 Bewegungsschrauben (Schraubgetriebe) . . . . . . . . . . 10.2.4 Gewinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 10.3.1 10.3.2 10.3.3 10.3.4
Befestigungsschrauben, Muttern, Zubehör (Bauarten, Auswahlkriterien, Bestelldaten) . . . . . . . . . . . . . Schrauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muttern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterlegscheiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schraubensicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
388 388 388 388 389 389 389 390 391 391 392 392 395 396 397
XVI
Inhaltsverzeichnis
10.4 10.4.1 10.4.2 10.4.2.1 10.4.2.2 10.4.2.3 10.4.3 10.4.4 10.4.4.1 10.4.4.2 10.4.4.3 10.4.4.4 10.4.4.5 10.4.4.6
Gewinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kenngrößen von Gewinden . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebräuchliche Gewinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befestigungsgewinde im Maschinenbau . . . . . . . . . . Gewinde für Rohre und Armaturen . . . . . . . . . . . . Bewegungsgewinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sondergewinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weg- und Kraft-Übersetzung im Gewinde, Wirkungsgrad Wegübersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kraftübersetzung bei Flachgewinde . . . . . . . . . . . . Kraftübersetzung bei Spitzgewinde . . . . . . . . . . . . . Selbsthemmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hemmfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungsgrad h . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
397 398 398 398 398 401 401 402 402 402 403 404 404 405
10.5
Werkstoffe, Herstellung, Oberflächenbehandlung, Schmierung für Befestigungsschrauben . . . . . Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herstellung, Genauigkeit . . . . . . . . . . . . . . Oberflächenbehandlung . . . . . . . . . . . . . . Schmierung, Schmierstoffe . . . . . . . . . . . .
10.5.1 10.5.2 10.5.3 10.5.4 10.6 10.6.1 10.6.1.1 10.6.1.2 10.6.2 10.6.2.1 10.6.2.2 10.6.2.3 10.6.2.4
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
407 407 409 409 410
Schraubenverbindungen für Befestigungsschrauben Montage der Schraubenverbindungen . . . . . . . . Montage durch Anziehen . . . . . . . . . . . . . . . Montage durch Anspannen . . . . . . . . . . . . . . Kräfte und Verformungen – Verspannungsschaubild Vorspanungszustand nach dem Montieren . . . . . Elastische Nachgiebigkeiten . . . . . . . . . . . . . . Verspannungsschaubild für den Betriebszustand . . Nachgiebigkeit bei exzentrischer Verspannung und exzentrischer Krafteinleitung . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
410 410 412 413 414 414 415 418
. . . 425
10.7 10.7.1 10.7.2 10.7.3 10.7.4 10.7.5 10.7.5.1
Tragfähigkeit von Befestigungsschrauben . . . . . . . . . Gefahrenquellen – Abhilfemaßnahmen . . . . . . . . . . Tragfähigkeitsberechnung – Vorgehensweise . . . . . . . Beanspruchung und Festigkeit der Schraube . . . . . . . Sicherheiten gegen Festigkeit der Schraube . . . . . . . . Dimensionierung und Festigkeitsnachweis . . . . . . . . Durch Anziehen vorgespannte, statisch oder dynamisch belastete Schraubenverbindung . . . . . . . . . . . . . . . 10.7.5.2 Durch Anspannen vorgespannte, statisch oder dynamisch belastete Schraube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.7.5.3 Längsbelastete Schraubenverbindung ohne Vorspannung 10.7.5.4 Schrauben die unter Längskraft angezogen werden . . . .
425 425 427 427 430 431
10.8 10.8.1 10.8.1.1 10.8.1.2 10.8.1.3 10.8.2
438 439 440 440 441
Querbelastete Schraubenverbindungen . . . . . . . . . . Kraftübertragung durch Reibschluß, Durchsteckschrauben Durch Anziehen vorgespannte, querbelastete Schrauben Durch Anspannen vorgespannte, querbelastete Schrauben Gestaltung und Herstellung der Reibschlußverbindung . . Kraftübertragung durch Formschluß: Paßschrauben, Scherbüchsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
431 436 437 438
442
XVII
Inhaltsverzeichnis
10.8.2.1 Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 10.8.2.2 Gestaltung und Herstellung der Paßschraubenverbindung 443 10.8.3 Kraftübertragung durch Kraft- und Reibschluß . . . . . . 444 10.9
Gestaltung von Befestigungs-Schraubenverbindungen . . 444
10.10 10.10.1 10.10.2 10.10.3
Sichern von Befestigungs-Schraubenverbindungen Lockern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Losdrehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verliersicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
10.11 10.11.1 10.11.2 10.11.3 10.11.4 10.11.5
Bewegungsschrauben . . . . . . . . . . . . . Bauformen, Gewinde . . . . . . . . . . . . . . Kraft- und Wegübersetzung, Wirkungsgrad, Selbsthemmung – Hemmfaktor, Bremsfaktor Werkstoffe, Herstellung . . . . . . . . . . . . Schmierung, Schmierstoffe . . . . . . . . . . Dimensionierung und Festigkeitsnachweis .
. . . .
10.12
Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456
10.13
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459
11
Stift- und Bolzenverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . 464
11.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464
11.2 11.2.1
Stiftverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 Ausführung, Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466
11.3
Bolzenverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469
11.4 11.4.1 11.4.2
Dimensionierung und Festigkeitsnachweis für Stiftund Bolzenverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 Dimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 Festigkeitsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471
11.5
Berechnungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475
11.6
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476
12
Elastische Federn
12.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481
12.2 12.2.1 12.2.2 12.2.3 12.2.4 12.2.5 12.2.6
Kennwerte . . . . . . . . . . . Federkennlinien . . . . . . . Federrate . . . . . . . . . . . Dämpfung . . . . . . . . . . . Federungsarbeit . . . . . . . Parallel- und Reihenschaltung Nutzgrade . . . . . . . . . . .
12.3
Allgemeines (Normen, Werkstoff, Sicherheit/zulässige Beanspruchung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488
. . . .
. . . .
. . . .
448 449 449 451
. . . . . . . 451 . . . . . . . 452 . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
453 454 455 455
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478
. . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
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. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
483 483 484 484 485 485 486
XVIII
Inhaltsverzeichnis
12.3.1 12.3.2 12.3.3
DIN-Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tragfähigkeit, zulässige Beanspruchung bzw. Sicherheit – allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.3.1 Berechnung bei statischer und quasistatischer Belastung 12.3.3.2 Berechnung bei dynamischer Beanspruchung . . . . . . 12.4
. 488 . 488 . 491 492 . 492
12.4.1 12.4.1.1 12.4.1.2 12.4.2 12.4.2.1 12.4.2.2 12.4.2.3 12.4.2.4 12.4.2.5 12.4.3 12.4.3.1 12.4.3.2 12.4.3.3
Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zug- und druckbeanspruchte Federn . . . . . . . . . . . . Zugstäbe, Druckstäbe, Drahtzugfeder . . . . . . . . . . . Ringfeder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Biegebeanspruchte Federn . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerade Biegefedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gekrümmte Biegefedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewundene Biegefedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tellerfedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige biegebeanspruchte Federn . . . . . . . . . . . . Torsionsbeanspruchte Federn . . . . . . . . . . . . . . . . Drehstabfedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zylindrische Schraubenfedern . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Schraubenfedern . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.5 12.5.1 12.5.2 12.5.3
Gummifedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 Gummi als Federwerkstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 Berechnung und Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 Besonderheiten von schubbeanspruchten Gummifedern 531
12.6
Gasfedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531
12.7
Flüssigkeitsfedern
12.8
Berechnungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533
12.9
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535
13
Wälzpaarungen
13.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538
13.2
Anwendung, Funktionen, Wirkprinzipien . . . . . . . . . 539
13.3 13.3.1 13.3.2 13.3.3 13.3.4
Beanspruchung nach Hertz . . . . . . . . . . . . . Oberflächenbeanspruchung nach Hertz . . . . . . Spannungen unter der Oberfläche nach Hertz . . . Beanspruchung des technischen Wälzkontakts . . Der geschmierte Wälzkontakt nach der Theorie der Elastohydrodynamik (EHD) . . . . . . . . . . . . .
. . . .
Praktische Berechnung der Tragfähigkeit Zulässige statische Belastung . . . . . . . Zulässige dynamische Belastung . . . . . Grübchentragfähigkeit . . . . . . . . . . . Graufleckentragfähigkeit . . . . . . . . .
. . . . .
13.4 13.4.1 13.4.2 13.4.2.1 13.4.2.2
492 492 492 493 495 495 499 500 503 509 510 510 511 523
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
541 543 543 547
. . . . 550 . . . . .
. . . . .
. . . . .
554 554 554 556 562
XIX
Inhaltsverzeichnis
13.5 13.5.1 13.5.2
Sonstige Oberflächenschäden . . . . . . . . . . . . . . . . 562 Freßtragfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562 Verschleißtragfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562
13.6
Rollreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563
13.7
Berechnungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564
13.8
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565
14
Wälzlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569
14.0 14.0.1 14.0.1.1 14.0.1.2 14.0.1.3 14.0.1.4 14.0.2 14.0.2.1 14.0.2.2
Führungen – Lager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswahl der Lagerbauart: Wälzlager oder Gleitlager Lageranordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geradführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungsliste – Auswahl der Bauart . . . . . . . Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575
14.2 14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4
Aufbau der Wälzlager, Wirkprinzip . . . . . . . . . . Wälzkörper und Wälzbahnen . . . . . . . . . . . . . Käfige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Führung der Wälzkörper und Käfige . . . . . . . . . Grundbegriffe (Schmiegung, Druckwinkel, Lagerluft, Betriebsspiel, Steifigkeit) . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
14.3 14.3.1 14.3.2 14.3.3
Herstellung, Schmierung, Abdichtung Werkstoffe, Wärmebehandlung . . . . Genuigkeit, Toleranzen . . . . . . . . Schmierung . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
584 584 586 586
14.4 14.4.1 14.4.2 14.4.3
Bauarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften und Auswahl der Normal-Bauformen Sonderbauarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maße und Bezeichnungen . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
590 590 594 596
Tragfähigkeit, Dimensionierung . . . . . . . . . . . . . . Übersicht: Tragfähigkeitsgrenzen, Berechnungsmethoden Statische Tragfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einflußgrößen für die dynamische Tragfähigkeit . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konstante Lagerbelastung und -drehzahl . . . . . . . . . Veränderliche Lagerbelastung und -drehzahl . . . . . . . Tragfähigkeit bei besonderen Betriebszuständen . . . . . Berechnung der dynamischen Tragfähigkeit . . . . . . . . Nominelle Lebensdauer (nominal rating life) nach DIN ISO 281 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.4.2 Angepaßte nominelle Lebensdauer (adjusted rating life) nach DIN ISO 281 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
596 596 598 601 601 602 606 609 609
14.5 14.5.1 14.5.2 14.5.3 14.5.3.1 14.5.3.2 14.5.3.3 14.5.3.4 14.5.4 14.5.4.1
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
569 569 569 569 570 570 572 573 575 576 578 578 580
. . . 580
610 611
XX
Inhaltsverzeichnis
14.5.4.3 Modifizierte Lebensdauer (moified rating life) nach dem Prinzip DIN ISO 281 . . . . . . . . . . . . . . . 613 14.5.5 Grenzdrehzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616 14.6 14.6.1 14.6.2
Einbau, Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617 Wahl der Passung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617 Lageranordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620
14.7 14.7.1 14.7.2
Reibung, Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623 Reibungsverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623 Lagertemperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625
14.8
Kosten, Liefermöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625
14.9
Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627
14.10
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630
15
Gleitlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631
15.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632
15.2
Grundlagen hydrodynamischer und hydrostatischer Schmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Druckströmung (Hagen-Poiseuille-Strömung) . . . Schleppströmung (Couette-Strömung) . . . . . . . . Überlagerung aus Druck- und Schleppströmung . .
. . . .
635 635 637 638
15.3.1 15.3.2 15.3.3 15.3.4 15.3.5 15.3.6
Hydrodynamische Radiallager (stationär belastete, kreiszylindrische Radiallager) . . . . . . . . . . . . . . . Tragfähigkeit und Reibungszahl: Sommerfeldzahl . . . . Einflußgrößen für Sommerfeldzahl und Reibungskennzahl Kennwerte für den Betriebszustand . . . . . . . . . . . . Erwärmung und Schmierstoffbedarf . . . . . . . . . . . . Schwingungen, Stabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gestaltung der hydrodynamischen Radialgleitlager . . . .
638 639 641 646 647 650 652
15.4 15.4.1 15.4.2 15.4.3 15.4.4 15.4.5
Sonstige hydrodynamische Radiallager . . . . Gleitlager bei instationärem Betrieb . . . . . . Gleitlager mit nichtzylindrischem Schmierspalt Fettgeschmierte Gleitlager . . . . . . . . . . . . Schwimmbuchsenlager . . . . . . . . . . . . . Folienlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
653 653 655 656 657 657
15.5 15.5.1
Hydrodynamische Axiallager . . . . . . . . . . . Tragfähigkeit und Reibungszahl: Sommerfeldzahl bei kippbeweglichen Gleitschuhen . . . . . . . . Übergangsdrehzahl . . . . . . . . . . . . . . . . Reibungskennzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . Reibleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abmessungen und Anzahl der Segmente . . . . . Wärmebilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmierstoffdurchsatz . . . . . . . . . . . . . . . Bauarten und Gestaltung der hydrodynamischen Axiallager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15.2.1 15.2.2 15.2.3 15.3
15.5.2 15.5.3 15.5.4 15.5.5 15.5.6 15.5.7 15.5.8
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . .
. . . . . .
. . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . 658 . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
658 660 660 660 660 661 661
. . . . . 662
XXI
Inhaltsverzeichnis
15.6 15.6.1 15.6.1.1 15.6.1.2 15.6.2 15.6.2.1 15.6.2.2 15.6.2.3
Hydrostatische Lager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hydrostatische Radiallager . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion, Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dimensionierung, Tragfähigkeit . . . . . . . . . . . . . Hydrostatische Axiallager (Spurlager) . . . . . . . . . . Bauarten und Gestaltung der hydrostatischen Axiallager Tragfähigkeit des Einflächenlagers (Tellerlager) . . . . . Tragfähigkeit anderer Axiallager-Bauarten . . . . . . .
15.7 15.7.1 15.7.2
Werkstoffe und Herstellung der Gleitlager . . . . . . . . . 675 Wellenwerkstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 676 Lagerwerkstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677
15.8 15.8.1 15.8.2 15.8.3 15.8.4
Schmierstoff und Schmierstoffversorgung Schmierölarten . . . . . . . . . . . . . . . Schmieröl-Kenngrößen . . . . . . . . . . Schmierfett . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmierstoffversorgung . . . . . . . . . .
15.9 15.9.1 15.9.2 15.9.2.1 15.9.2.2 15.9.2.3 15.9.2.4 15.9.2.5 15.9.2.6 15.9.2.7 15.9.2.8 15.9.3 15.9.4 15.9.4.1 15.9.4.2 15.9.5 15.9.6
Sonstige Gleitlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . Poröse Sintermetall-Lager . . . . . . . . . . . . . . Kunststofflager und Verbundlager mit KunststoffLaufschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kunststoffe für kompakte Lager . . . . . . . . . . . Kunststoffe mit Zusatzstoffen . . . . . . . . . . . . Tragfähigkeit von Kunststofflagern . . . . . . . . . Gleitpaarung Welle-Lager . . . . . . . . . . . . . . Schmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbundlager mit Kunststoff-Laufschicht . . . . . Duroplastische Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . Weichgummi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Luftlager – aerostatische Lager . . . . . . . . . . . Magnetlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magnet-Luftspaltlager . . . . . . . . . . . . . . . . Magnet-Flüssigkeitslager . . . . . . . . . . . . . . Kunstkohle-Lager . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wartungsfreie Lager mit Festschmierstoffen . . .
15.10
Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697
15.11
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 700
16
Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 703
16.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 705
16.2
Reibung, Reibungszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706
16.3 16.3.1
Wirkmechanismus der Schmierung . . . . . . . . . . Hydrodynamische und elastohydrodynamische (EHD) Schmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mischschmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Festkörperschmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.3.2 16.3.3
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
664 665 665 666 671 671 . 623 . 675
. . . . .
680 681 681 682 682
. . . . 685 . . . . 685 . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
686 687 688 688 690 691 691 693 694 694 695 695 696 696 696
. . 707 . . 707 . . 708 . . 709
XXII
Inhaltsverzeichnis
16.3.4 16.3.5
Grenzschmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709 Hydrostatische Schmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 710
16.4
Schmierstoffarten
16.5 16.5.1 16.5.2 16.5.2.1 16.5.2.2 16.5.3 16.5.4 16.5.5 16.5.6
Schmieröle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klassifikation der Schmieröle . . . . . . . . . Eigenschaften der Schmieröle . . . . . . . . . Viskosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Stoffeigenschaften der Schmierstoffe Mineralöle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Synthetische Öle . . . . . . . . . . . . . . . . Biologisch leicht abbaubare Schmieröle . . . Additive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.6
Schmierfette
16.7
Festschmierstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726
16.8
Haftschmierstoffe
16.9
Metallische und nichtmetallische Überzüge . . . . . . . . 727
16.10
Gasschmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727
16.11 16.11.1 16.11.2
Schmierstoffwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727 Schmierstoffe für Maschinenelemente . . . . . . . . . . . 728 Schmierstoffwahl – allgemeine Grundsätze . . . . . . . . 728
16.12 16.12.1 16.12.2 16.12.3
Sonstiges . . . . . Schmierungsarten Einlaufverfahren . Entsorgung . . . .
16.13
Verschleiß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 730
16.14 16.14.1 16.14.2 16.14.3
Korrosion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gleichwertig abtragende – chemische – Korrosion Örtlich angreifende Korrosion . . . . . . . . . . . Allgemeine Abhilfemaßnahmen . . . . . . . . . .
16.15
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 735
17
Achsen und Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 738
17.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739
17.2
Vorgehensweise bei Entwurf und Konstruktion . . . . . . 739
17.3
Belastung (Kräfte, Momente) . . . . . . . . . . . . . . . . 740
17.4
Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 740
17.5
Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 741
17.6
Entwurfsrechnung, Dimensionierung
17.7 17.7.1
Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 Gestaltung von Achsen und Wellen allgemein . . . . . . . 744
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 710 . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
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710 710 712 712 716 718 718 720 721
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727
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729 729 730 730 732 732 733 734
. . . . . . . . . . . 741
XXIII
Inhaltsverzeichnis
17.7.2 17.7.3
Gestaltung von Wellen und umlaufenden Achsen . . . . . 745 Gestaltung von stillstehenden Achsen . . . . . . . . . . . 746
17.8 17.8.1 17.8.2
Festigkeitsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 747 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 747 Nachweis der statischen und dynamischen Festigkeit (hier Dauerfestigkeit) für Wellen . . . . . . . . . . . . . . 748
17.9 17.9.1 17.9.2
Nachweis der elastischen Verformung . . . . . . . . . . . 768 Durchbiegung und Neigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 769 Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773
17.10 17.10.1 17.10.2 17.10.3
Schwingungsverhalten Biegeschwingungen . Drehschwingungen . . Auswuchten . . . . . .
17.11
Sonderbauarten
17.12
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 777
18
Welle-Nabe-Verbindungen
18.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 780
18.2 18.2.1 18.2.2 18.2.3 18.2.3.1 18.2.3.2 18.2.3.3 18.2.3.4 18.2.3.5
. . . .
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773 774 775 776
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 776
. . . . . . . . . . . . . . . . . 778
Reibschluß-Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übertragbare Kräfte und Drehmomente . . . . . . . . . . Haftbeiwerte, Rutschsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . Zylindrischer Preßverband – allgemeines . . . . . . . . . Erzeugung des Preßverbands – Definitionen . . . . . . . Anforderungen an den Preßverband . . . . . . . . . . . . Elastischer und elastisch-plastischer Preßverband . . . . Übermaß des elastischen Preßverbands . . . . . . . . . . Berechnung des elastischen Preßverbands – allgemeine Beziehungen, Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.2.3.6 Berechnung des elastischen Preßverbands – Zustand nach dem Fügen, in Ruhe, bei Raumtemperatur . . . . . . . . . 18.2.3.7 Berechnung des elastischen Preßverbands – Zustand bei kleiner Umfangsgeschwindigkeit sowie unterschiedlicher Wärmedehnung von Welle und Nabe . . . . . . . . . . . . 18.2.3.8 Berechnung des elastischen Preßverbands – Zustand bei Temperatur- und Fliehkrafteinfluß . . . . . . . . . . . 18.2.3.9 Auswirkungen von Gestalt und Betriebsweise auf die Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.2.3.10 Abhilfemaßnahmen bei nicht ausreichender Festigkeit . . 18.2.3.11 Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.2.3.12 Fügen und Lösen von zylindrischen Preßverbänden . . . 18.2.4 Kegeliger Preßverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.2.4.1 Mechanisch verspannter kegeliger Preßverband . . . . . 18.2.4.2 Hydraulisch verspannter kegeliger Preßverband . . . . . 18.2.4.3 Kegeliger Preßverband mit Lagesicherung . . . . . . . . . 18.2.5 Spannelement-Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . 18.2.5.1 Kegelspannring-Verbindung (Ringspann) . . . . . . . . .
782 782 784 786 786 787 787 788 796 798 798 799 799 801 801 802 806 806 809 809 810 810
XXIV
Inhaltsverzeichnis
18.2.5.2 18.2.5.3 18.2.5.4 18.2.5.5 18.2.5.6 18.2.5.7
Kegel-Spannsatz-Verbindung . . . . . . Ringspann-Sternscheiben-Verbindung . Druckhülsen-Verbindung . . . . . . . . Toleranzring-Verbindung . . . . . . . . Hydraulische Hohlmantel-Spannbuchse Spannscheiben-Verbindung . . . . . . .
18.3 18.3.1 18.3.2 18.3.3 18.3.4 18.3.4.1 18.3.4.2 18.3.4.3 18.3.4.4 18.3.5 18.3.5.1 18.3.5.2
Formschlußverbindungen – allgemein . . . . . . . . . . Zentrierung – allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebszustände (Beanspruchung durch Drehmoment und Querkraft) – allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . Tragfähigkeitsberechnung – allgemein . . . . . . . . . . Unmittelbare Formschlußverbindungen . . . . . . . . . Zahnwellen-Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . Keilwellen-Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerbzahn – Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Polygon-Verbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mittelbare Formschluß-Verbindungen . . . . . . . . . . Paßfeder-Verbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Scheibenfederverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.4 18.4.1 18.4.2
Vorgespannte Formschluß-Verbindungen . . . . . . . . . 838 Längskeil-Verbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 838 Sonstige Keilverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 840
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
18.5 18.5.1 18.5.1.1 18.5.1.2 18.5.1.3 18.5.1.4 18.5.2 18.5.2.1 18.5.2.2 18.5.2.3
Geklebte Welle-Nabe-Verbindung . . . . . . . . . . Geklebte Schiebesitz-Verbindung . . . . . . . . . . . Klebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tragfähigkeit, Dimensionierung, Festigkeitsnachweis Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrumpfkleb-Welle-Nabe-Verbindung . . . . . . . Klebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tragfähigkeit, Dimensionierung, Festigkeitsnachweis der Schrumpfklebverbindung . . . . . . . . . . . . . 18.5.2.4 Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . .
813 813 813 814 814 814
. 814 . 815 . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
818 820 823 823 826 829 830 834 834 837
841 841 842 842 843 847 848 848 848
. . . 849 . . . 851
18.6
Kostenvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 852
18.7
Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 852
18.8
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 861
19
Dichtverbindungen
19.1
Zeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 865
19.2 19.3
Anforderungen/Funktionen . . . . . . . . . . . . Lösungsmöglichkeiten von Dichtungsproblemen unterschiedlicher Schwierigkeit . . . . . . . . . . Statische Dichtverbindungen . . . . . . . . . . . Stoffschlüssige statische Dichtungen . . . . . . . Kraftschlüssige statische Dichtungen . . . . . . .
19.4 19.4.1 19.4.2
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 865
. . . . . 866 . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
868 869 869 871
Inhaltsverzeichnis
19.4.2.1 19.4.2.2 19.4.3 19.4.4 19.4.5
XXV
19.5.2.1 19.5.2.2 19.5.2.3 19.5.2.4 19.5.2.5 19.5.2.6 19.5.3 19.5.3.1 19.5.3.2 19.5.3.3 19.5.4 19.5.5
Flachdichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Profildichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Membranen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Faltenbälge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung der Anpreßkraft von Flanschdichtungen nach DIN 2505 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dynamische Dichtverbindungen . . . . . . . . . . . . . . Dynamische Berührungsdichtungen für Längsbewegungen Elastomerdichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stopfbuchsen für Längs- und Drehbewegungen . . . . . . Manschettendichtungen und Lippenringe . . . . . . . . . Dynamische Berührungsdichtungen für Drehbewegungen – Wellendichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Radial-Wellendichtringe – drucklos . . . . . . . . . . . . Radial-Wellendichtringe für Abdichtung gegen Druck . . Filzringdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axial-Gleitringdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V-Ring (Wellendichtung ohne Druck) . . . . . . . . . . . Elastomer-Profildichtungen: O-Ringe . . . . . . . . . . . Berührungsfreie dynamische Dichtungen . . . . . . . . . Spaltdichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Labyrinthdichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewinde-Wellendichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Magnetflüssigkeits-Dichtungen . . . . . . . . . . . . . . . Hermetische Dichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19.6
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 895
19.5 19.5.1 19.5.1.1 19.5.1.2 19.5.1.3 19.5.2
872 873 875 875 876 878 878 878 880 881 882 882 885 886 887 889 889 890 890 892 893 894 894
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 897
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
„Ein Mann1 der konstruieren will, der schaue erst mal und denke“: Dieses Wort von G. Niemann gilt auch heute noch, im Zeitalter von EDV, CAD, usw. und gerade hier. Siehe hierzu Abschn. 1.4.7. Man sollte prüfen, ob Ergebnisse und Zwischenergebnisse plausibel, sinnvoll und so zu akzeptieren sind, ggf. sind die Annahmen und Vorgaben zu korrigieren. – Vorab ist eines wichtig: Viele Einflüsse, Bedingungen, die außerhalb und zeitlich vor und nach dem eigentlichen Konstruieren liegen, sind sorgfältig abzuklären. Dies sind die funktionalen, technischen Anforderungen, wirtschaftliche Gesichtspunkte, Anforderungen des Arbeitsschutzes und Auswirkungen auf die Umwelt. Die meisten Schäden, Mängel und Beanstandungen beruhen auf ungenügender Vorklärung dieser Anforderungen. Abbildung 1.1 zeigt einen Überblick über die Teilbereiche der Ingenieurarbeit und deren Verknüpfung. Sie erfordert ein Denken und Arbeiten in Regelkreisen, d.h. mit Rückkopplungen. Die Konstruktion hat dabei eine zentrale Aufgabe.
Abb. 1.1. Teilaufgaben der Ingenieurarbeit (grau) im Produktlebenszyklus
1
Das gilt natürlich auch für eine Frau, die konstruieren will.
2
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
1.1 Wirtschaftliche Bedeutung der Konstruktion und Folgerungen Die Konstruktion bestimmt dominierend die Selbstkosten eines Produkts (ca. 70%), trägt aber im Vergleich zu den anderen Unternehmensbereichen nur wenig zur Kostenentstehung bei (ca. 6%), Abb. 1.2. – Folgerungen: – Nicht an der Konstruktion sparen; durch kostenorientiertes Konstruieren wird weit mehr bewirkt [1.3-12]. – In die Konstruktion investieren, um durch ausreichende personelle Kapazität, bessere Hilfsmittel (z.B. CAD, Datenbanken, EDV-Programme) und bessere Methoden (Methodisches Konstruieren, Wertanalyse, rechnerunterstützte Produktentwicklung) zu optimalen, funktionsgerechten und kostengünstigen Konstruktionen zu gelangen. – Der Konstrukteur muß auch über Kenntnisse der Kostenrechnung verfügen. Funktion und Kosten eines Produkts bestimmen Umsatz und langfristige Gewinnsicherung des Unternehmens. – Der Konstrukteur entscheidet über Geometrie und Werkstoff und damit für die daraus entstehenden Kosten. – Man vermeide zu enge Toleranzen, zu große Wanddicken, teure Einkaufsteile, teure Werkstoffe und Schmierstoffe, komplizierte Montage, zu viele neue Teile. – Die Herstellkosten werden entscheidend durch das Konstruktionskonzept bestimmt, sind aber in der Entwurfsphase schwer abzuschätzen. Im Grunde hilft hier nur, mehrere Konzepte zu entwerfen und die kostenbestimmenden Elemente zu kalkulieren. Abbildung 1.3 zeigt als Beispiel
Abb. 1.2. Kostenfestlegung und Kostenverursachung in den Unternehmensbereichen (VDI 2235)
1.1 Wirtschaftliche Bedeutung der Konstruktion und Folgerungen
3
Abb. 1.3. Einfluß des Konzepts auf die Herstellkosten von Stirnradgetrieben [1.3-12]
den Einfluß des Konzepts auf die Herstellkosten von Stirnradgetrieben. Man sieht: Trotz zunehmender „Kompliziertheit“ werden mehrstufige und leistungsverzweigte Getriebe kostengünstiger als einstufige, insbesondere bei hohen Drehmomenten, d.h. großen Abmessungen, da hier die Werkstoffkosten dominieren. Bei kleineren Drehmomenten wird ein einstufiges Getriebe das kostengünstigste sein, da die Werkstoffkosten dann gegenüber den Fertigungskosten zurücktreten. Man bedenke allerdings: Mehr Bauelemente bedeuten auch ein Mehr an Fehlerquellen. – Für den Einfluß der Baugröße gilt die Faustregel: Die Herstellkosten steigen etwa mit der 3. Potenz der Abmessungen [1.3-12]. – Einfluß der Stückzahl: Einmalige Kosten (Entwicklung, Konstruktion, Maschineneinstellung u.ä.) verteilen sich auf viele Produkte; hinzu kommen Trainiereffekte (Wiederholarbeit geht leichter von der Hand), leistungsfähigere Fertigungsverfahren, Mengenrabatt bei Zukaufteilen. – Werkstoffkosten: Maßgebend sind Gewicht G und spezifische Werkstoffkosten Kv . Das Produkt G · Kv sollte ein Minimum erreichen. Bei Verwendung eines teuren aber hochfesten Werkstoffs können u.U. durch die Verringerung des Gewichts Kosten eingespart werden. – Normteile verwenden. Mit Gleichteilen, Wiederholteilen, Teilefamilien lassen sich auch durch innerbetriebliche Normung Kosten sparen, ebenso durch Zukauf von Teilen, die extern in großen Stückzahlen kostengünstig hergestellt werden können.
4
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
Man beachte: Neben den direkten Kosten für Werkstoff, Fertigung, Kontrolle, Montage und Zukaufteile gehören hierzu auch Konstruktions-,Vertriebs- und Versandkosten, die sich in den Selbstkosten niederschlagen. Hinzu kommen die Folgekosten, die die Wirtschaftlichkeit des Produkts während seiner Lebensdauer bedingen: für Energieverbrauch, Wartung, Ersatzteile und auch für die Entsorgung. Dies sind auch Kriterien für die Gestaltung, Kap. 2.
1.2 Elemente der Entwicklungs- und Konstruktionsarbeit Abbildung 1.4 zeigt im Überblick die Arbeitsschritte einer Neukonstruktion vom Entwicklungsauftrag bis zur Fertigungsfreigabe und der vorgeschalteten Planungsphase. Jede der dargestellten Entscheidungen ermöglicht ein Zurück zu einer bereits abgeschlossenen Phase. 1.2.1 Planen
In dieser Phase will man herausfinden, welche Produkte künftig gewinnbringend absetzbar sind. Dazu gehören die in Abb. 1.4 genannten Untersuchungen, ferner Informationen über: Aktivitäten der Konkurrenz, Trends; Mängel bisheriger eigener Produkte, erforderliche Qualitätsverbesserung. Es gilt, Prioritäten zu erkennen: Was ist wichtiger, z.B. Beschaffungs-, Energie- oder Unterhaltskosten; Einfachheit und Betriebssicherheit oder höchste Leistungsfähigkeit. Beispiel: Abbildung 1.5. – Ferner sind in der Planungsphase die eigenen fertigungstechnischen Möglichkeiten und Kapazitäten, der mögliche Investitionsumfang abzuklären und der Aufwand an eigenem Forschungs- und Entwicklungspotential abzuschätzen. – Ergebnis der Planungsphase ist die Erteilung eines Entwicklungsauftrags mit Terminvorstellungen. Aufbauend auf den Grundinformationen wird eine detaillierte Anforderungsliste (Pflichtenheft, Checkliste) erstellt: allgemeine Gesichtspunkte s. Abb. 1.6. Anforderungslisten zu den Besonderheiten der jeweiligen Maschinenelemente finden sich in den betreffenden Kapiteln. Die Anforderungsliste sollte so ausführlich wie möglich sein und mit dem Auftraggeber/Kunden abgesprochen und vertraglich fixiert werden (Produkthaftung). Auf dieser Basis werden Konzeptvarianten erarbeitet. Als Ergebnis liegen grobmaßstäbliche Skizzen vor; diese enthalten die für eine abschließende technisch-wirtschaftliche Bewertung und die endgültige Auswahl erforderlichen Informationen. Um die Baugröße der Konzeptvarianten realistisch einzuschätzen, benutzt man vereinfachte Entwurfs-Berechnungsverfahren, die auf Erfahrungen mit Bauteilen ähnlicher Funktion basieren,Abschn. 1.4.2. Diese Phase wird mit der zweiten Entscheidung abgeschlossen, z.B.: Auswahl oder Erarbeitung eines neuen Lösungskonzepts.
1.2 Elemente der Entwicklungs- und Konstruktionsarbeit Abb. 1.4. Phasen der Konstruktionsarbeit nach VDI 2222 Bl. 2, ergänzt
Planen Auswählen der Aufgabe (Trendstudien, Marktanalysen, Forschungsergebnisse, Kundenanfragen, Vorentwicklungen, Patentlage, Gesetze, Vorschriften, Umweltschutz)
Erste Entscheidung: Erstellung eines Entwicklungsauftrags Konzipieren Klären der Aufgabenstellung Ausarbeiten der Anforderungsliste (Lastkollektiv, Anwendungsfaktor, Sicherheit, Umwelteinflüsse, …)
Abstrahieren, Aufgliedern der Gesamtfunktion in Teilfunktionen Suchen nach Lösungsprinzipien und Bausteinen zum Erfüllen der Teilfunktionen (Orientierende Entwurfsrechnung und/oder Versuche)
Kombinieren von Lösungsprinzipien zum Erfüllen der Gesamtfunktion (Auswählen geeigneter Prinzipkombinationen)
Erarbeiten von Konzeptvarianten für die Prinzipkombinationen (Grobmaßstäbliche Skizzen oder Schemata)
Technisch-wirtschaftliches Bewerten der Konzeptvarianten Zweite Entscheidung: Auswählen des Lösungskonzepts
Entwerfen Erstellen eines maßstäblichen Entwurfs Technisch-wirtschaftliches Bewerten des Entwurfs (Festigkeitsnachweis, Ausmerzen der Schwachstellen)
Erstellen eines verbesserten Entwurfs (Auswählen der Gestaltungszonen)
Optimieren der Gestaltungszonen (Festigkeitsnachweis)
Festlegen des bereinigten Entwurfs Ausarbeiten Gestalten und Optimieren der Einzelteile Ausarbeiten der Ausführungsunterlagen (Zeichnungen, Stücklisten, Anweisungen)
Herstellen und Prüfen eines Prototyps, z. B. bei Serienfertigung Überprüfen der Kosten Fertigungsfreigabe
5
6
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
30 kN Portal-Drehkran im Seehafen Abschreibung und Verzinsung Unterhaltungskosten Energiekosten Bedienungskosten Sonstiges Summe
52,7 19,0 4,4 20,8 3,1 100
Gurtförderer
65,0 5,5 29,5 – – 100
Schneckenförderer 27,5 3,9 68,6 – – 100
Handhängebahn
12,9 5,5 81,6 – – 100
Abb. 1.5. Verteilung der Jahreskosten in % bei verschiedenartigen Fördergeräten
Hauptmerkmal
Beispiele
Geometrie
Größe, Höhe, Breite, Länge, Durchmesser, Raumbedarf, Form, Anzahl, Anordnung, Anschluß, Ausbau und Erweiterung
Kinematik
Bewegungsart, Bewegungsrichtung, Geschwindigkeit, Beschleunigung
Statik Dynamik Elastomechanik
Kraftrichtung, -größe, -häufigkeit, Gewicht, Last, Verformung, Steifigkeit, Federeigenschaften, Kräfte, Stabilität, Resonanzlage
Energie
Leistung, Wirkungsgrad, Verlust, Reibung, Ventilation, Zustand, Druck, Temperatur, Erwärmung, Kühlung, Anschlußenergie, Speicherung, Arbeitsaufnahme, Energieumformung, Materialfluß und Materialtransport
Stoff
physikalische und chemische Eigenschaften des Ein- und Ausgangsprodukts, Hilfsstoffe, vorgeschriebene Werkstoffe (Nahrungsmittelgesetz u. ä.)
Signal
Ein- und Ausgangsmeßwerte, Anzeige, Betriebs- und Überwachungsgeräte
Ergonomie
Mensch – Maschine: Handhabung (Bedienung), Formgestaltung, Übersichtlichkeit, Sitzkomfort, Beleuchtung, Arbeitssicherheit, Umweltschutz
Herstellung und Herstellungskontrolle
Einschränkungen durch Produktionsstätte: größte herstellbare Abmessung, bevorzugtes Herstellungsverfahren, mögliche Qualität und Toleranzen, vorhandene Werkzeuge Ausschlußquote, Meß- und Prüfmöglichkeit, besondere Vorschriften und Verfahren (TÜV, ASME, DIN, ISO …)
Montage und Transport
besondere Montagevorschriften, auch für Transport und Fundamentierung, Begrenzung durch Hebezeuge, Bahnprofil, Wege nach Größe und Gewicht
Gebrauch und Wartung
Geräuscharmut, Verschleißrate, Anwendung und Absatzgebiet, Einsatzort (z. B. schweflige Atmosphäre, Tropen …) Wartungsfreiheit bzw. Anzahl und Zeitbedarf der Wartung, Anstrich, Säuberung, Austausch und Reparatur, Folgen eines Schadensfalls, Maßnahmen,Sicherheiten s. Abb. 1.12
Kosten
zul. Herstellkosten, Werkzeugkosten, Amortisation, Aufwendungen
Termin
Ende der Entwicklung, Netzplan für Zwischenschritte, Lieferzeit
Diese Liste soll Assoziationen anregen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit!
Abb. 1.6. Allgemeine Gesichtspunkte zum Erstellen von Anforderungslisten [1.1-11]
1.2 Elemente der Entwicklungs- und Konstruktionsarbeit
7
1.2.2 Wege zu neuen Lösungen
Nochmal: Der Konstrukteur muß sich zunächst intensiv mit den verschiedenen Anforderungen an das Produkt beschäftigen und diese möglichst umfassend abklären; s. Erläuterungen unter 1. Wichtig sind auch Anregungen durch „fruchtbaren“ Ärger, bohrende Fragen, Diskussionen mit Kunden, Kollegen und Vorgesetzten. Ein vorzüglicher einfacher Weg zu neuen Lösungen besteht in der Kritik des Bisherigen und der Berücksichtigung neuer Randbedingungen und Wünsche. Man frage: – Was fehlt noch? Welche Wünsche sind wichtig? – Welche Mängel bleiben bestehen? Wie sieht das Ideal aus? Oder: – Wo würde diese Lösung ebenfalls vorteilhaft sein? – Mit welchen anderen Mitteln läßt sich der gleiche Zweck erreichen? – Läßt er sich mit weniger Aufwand erreichen? Oder: – Auf welchen Gebieten liegen ähnliche Aufgaben vor und welche Lösungen werden bevorzugt? Also Vergleiche ziehen und auf den Nachbargebieten und bei den Grundlagen Umschau halten! So bietet der Entwicklungsstand der Verbrennungsmotoren, der Kompressoren und der Pumpen Anregungen für den Turbomaschinenbau, der Flugzeugbau für das Kraftfahrzeug und dieses für den Kranbau und umgekehrt. Man bedenke ferner: Die erste Form einer Lösung ist ganz selten die günstigste. Man muß sie in Parallel- und Umkehrvarianten mehrfach abwandeln, um zu einem vollständigen Einblick und Durchblick zu kommen, kurz: um das „Gesetz“ zu erfassen. Erst durch eine derartige intensive Auseinandersetzung mit dem Problem gelangt man zum Kern, zu weiteren Gedanken und Kombinationen, die wiederum zu neuen Lösungen führen. Für getriebliche Aufgaben ist es wertvoll zu wissen, daß kinematische Umkehrungen, z.B. die Bewegung des Werkstücks an Stelle des Werkzeugs, nur kinematisch, aber nicht technisch gleichwertig sind, daß also gerade das Durchdenken von Umkehrungen lohnend sein kann, Abb. 1.7. Gewöhnlich sind reine Drehzapfenbewegungen (Kreisbewegungen) gegenüber geradlinigen oder kurvenförmigen Schubbewegungen vorzuziehen, ebenso durchlaufende Drehbewegungen gegenüber hin- und hergehenden. – Ferner müssen uns die für den jeweiligen Zweck in Frage kommenden Bauelemente geläufig sein. So stehen z.B. zum stufenlosen, formschlüssigen Nachstellen nur der Keil und seine Abkömmlinge nach Abb. 1.8 zu Verfügung. Zur Variationstechnik gehören auch OptimumUntersuchungen: Bei welcher Formgebung wird z.B. die größte Tragkraft, die geringste Kerbwirkung, das geringste Gewicht usw. erreicht? Die Konstruktionsmethodik versucht, den Weg zu neuen Lösungen durch heuristische Methoden zu erleichtern. Grundgedanke ist, die zur Aufgabe gestellte Gesamtfunktion zu abstrahieren, auf Teilfunktionen bis
8
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
Abb. 1.7. Variation einer Reibscheiben-Kupplung (schematisch) als Beispiel für die Variationstechnik. Variation 1: Scheiben-, Kegel-, Trommel-Kupplung, Variation 2: Vervielfachung und Kraftausgleich, Variation 3: Innen und außen mehr Scheiben, Variation 4: Zug- bzw. Druck-Anordnung
Abb. 1.8a–c. Elemente zum feinfühligen Nachstellen, a Keil, b Drehkeil (Exzenter), c Schraube (Keil um Zylinder gewickelt)
zum „physikalischen Effekt“ zurückzuführen. – Zum Auffinden von Lösungen für die Teilfunktionen und der Kombination zum Gesamtkonzept werden eine Reihe von Hilfsmitteln angeboten. Zu dieser Methodik gibt es eine umfassende Fachliteratur, s. z.B. [1.3-1], [1.3-2], [1.3-4], [1.3-11]. 1.2.3 Auswahl der Lösung
Liegen mehrere Lösungskonzepte vor, die die im Pflichtenheft genannten Bedingungen erfüllen, muß für die weitere Ausarbeitung die Variante mit
9
1.2 Elemente der Entwicklungs- und Konstruktionsarbeit
der größten konstruktiven „Stärke“, d.h. mit der größten technisch-wirtschaftlichen Wertigkeit, ausgewählt werden. Hierzu eignen sich folgende Verfahren: Wertanalyse [1.3-5], [1.3-10]: Sie ist die Analyse der Funktion eines Gesamtprodukts. Die den Einzelteilen zugehörigen Teilfunktionen werden definiert. Für die Lösungsvarianten werden die Herstellkosten ermittelt und danach eine Lösung ausgewählt. Vorteil: Das Verfahren eignet sich zum Auffinden von funktionalen und konstruktiven Verbesserungen. Nachteil: Detaillierte Unterlagen und Kostenkalkulation erforderlich; keine scharfe Trennung zwischen Bauteilen und Funktionen. Punktebewertung nach Kesselring [1.3-13]: Den entsprechend dem Pflichtenheft definierten Bewertungskriterien wird für jede Variante ein „Erfüllungsgrad“ zugeordnet, der durch eine Punktezahl beschrieben wird (z.B. z = 1…4 mit 4 = ideal). Die Gesamtpunktezahl bietet einen Vergleichsmaßstab. Weitere Bewertungen lassen sich davon ableiten: „Technischer Wert“: x = z/zi (z: erreichte Punktzahl einer Variante, zi : ideale – maximale Gesamtpunktzahl); „Gestehungswert“: y = K/Ki (K: Gestehungs- (Herstell-) Kosten der Variante; Ki : Gestehungskosten der idealen Variante); Gesamtvergleichswert: s = x/y (auch als „Stärke“ der Konstruktion bezeichnet). Beispiel s. Abb. 1.9.
Nr.
Eigenschaft
Getriebeart Zahnrad
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Wirkungsgrad Geräuscharmut Schalterleichterung Stufenlosigkeit Betriebssicherheit Lebensdauer Überlastbarkeit Frostempfindlichkeit Raumbedarf Gewicht Rückwärtsgang Freizügigkeit der Anordnung Bereich der Übersetzung Wartungsansprüche Summe
Reibrad
Elektrisch
Hydraulisch
Ideal
4 3 2 2 4 3 4 2 4 4 3 3 3 3
3 4 3 4 1 1 1 3 2 3 3 2 2 3
2 3 4 4 4 4 3 4 1 1 4 4 4 3
2 4 4 4 4 4 3 2 2 2 2 2 4 4
4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
44
35
45
43
56
Technischer Wert x = z/zi 1
0,79
0,63
0,80
0,77
1
Gestehungswert y = K/Ki 1
1,3
1,9
6,35
4,65
1
Gesamtvergleichswert (,,Stärke“) s = x/y
0,608
0,332
0,126
0,166
1
Abb. 1.9. Beispiel einer Punktbewertung für vier Übersetzungsgetriebe für Pkw nach Kesselring (die elektrische und die hydraulische Kraftübersetzung bestehen aus Generator, Motor und Regelung)
10
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
Vorteil: Maßgebende Eigenschaften werden systematisch überdacht und bewertet; mit dem Punktsystem erkennt man Schwächen der Konzepte; es zeigt, wo Verbesserungen angesetzt werden müssen. Nachteil: Alle Produkteigenschaften werden gleich stark bewertet, die Gestehungskosten werden nur geschätzt. Nutzwertanalyse (NWA) [1.3-9] und Verfahren nach VDI 2225: Beide Verfahren ähneln einander und beruhen auf der ursprünglich von Kesselring vorgeschlagenen Punktebewertung. Sie ermöglichen jedoch eine Gewichtung der Bewertungskriterien (Zielkriterien, Eigenschaftsgrößen) entsprechend der Bedeutung einer Einzeleigenschaft für den Gesamtwert. Die Eigenschaften werden ebenfalls nach Punkten bewertet (NWA: 0…10 Punkte., VDI 2225: 0…4 Punkte). In gleicher Weise wird auch die technisch-wirtschaftliche Wertigkeit, die „Stärke“ der Konstruktion, bewertet. Neben den formalisierten Verfahren können folgende allgemeine Erfahrungen bei der Auswahl der besten Lösung dienlich sein: – Der Vater einer Neukonstruktion überbewertet häufig die Bedeutung der neuen Eigenschaften seiner Konstruktion (sind sie wirklich so wichtig?). Hier ist die Beurteilung durch andere Fachleute, z.B. Kollegen und aus dem Kreis der späteren Nutzer, wertvoll. – Entscheidend für den Erfolg einer Konstruktion ist vor allem, daß ein einfacher, durchschlagender Grundgedanke einwandfrei verwirklicht wird. Sein Fehlen kann auch durch besondere konstruktive Feinheiten nicht ersetzt werden. – Der Vorteil einer Neukonstruktion muß einen gewissen Schwellwert überschreiten, um sich durchzusetzen. Eine Neukonstruktion wird eine gebräuchliche einfachere auf Dauer nur dann verdrängen, wenn ihre Vorzüge entscheidend sind. – Bei gleichartigen Konstruktionen können im Maschinenbau die Werkstoffkosten als Maßstab für die Kosten der Bauteile dienen. Hieraus ergibt sich auch der Konstruktionsgrundsatz: Geringe Materialkosten anstreben! – Achtung: Gilt nicht für kleine Abmessungen, Abschn. 1.1 und nicht bei Leichtbaukonstruktionen, Kap. 4. 1.2.4 Gestalten des gewählten Konzepts
Nach der Auswahl einer Lösungsvariante beginnt die Entwurfsphase. In ihr wird die detaillierte Gestalt festgelegt (Form, Lage, Größe der Wirkflächen, Definition der Wirkbewegungen). Hierbei sind die jeweils maßgebenden Gestaltungsregeln zu beachten (Kap. 2). Diesen lassen sich einige übergeordnete, allgemeine Grundprinzipien voranstellen [1.3-1]: – Eindeutigkeit: klare Bauteil-/Funktionszuordnung, eindeutiger Kraft-, Stoff-, Signalfluß (keine Verspannungen, keine Doppelpassungen), eindeutige Berechenbarkeit (z.B. statisch bestimmte Lagerungen). – Einfachheit: Möglichst wenig Bauteile (wenig Fehlerquellen), klare Schnittstellen, komplexe Konstruktionen in klar überschaubare Module aufteilen. Einschränkung s. Abschn. 1.1, Abb. 1.3.
1.3 Konstruktionsarten
11
– Sicherheit: Bauteilsicherheit (Bruch, Lebensdauer), Funktionssicherheit (die Funktion soll eindeutig und sicher erfüllt werden), hierzu gehört auch die Umweltsicherheit (klimatische Einflüsse auf das Produkt, Umweltbelastung durch das Produkt) sowie Arbeitssicherheit (bei Herstellung und Nutzung der Produkte). Das Ergebnis der Entwurfsphase ist eine maßstäbliche Entwurfszeichnung, die alle Informationen (Daten) zur weiteren Detaillierung in den Fertigungs- und Montagezeichnungen enthält. 1.2.5 Gestalten der Einzelteile
Detailoptimierung hinsichtlich Form und Abmessungen,Werkstoff, Oberfläche, Toleranzen, Passungen oder Verwendung von Normteilen. Hierbei zu beachtende Fragen s. Kap. 2. Man beachte: Änderungen nach Fertigungsfreigabe sind sehr aufwendig und teuer. Besonders wichtig ist daher die Zeichnungsprüfung. Hinweise hierzu: Ist jede Ecke durch Maße festgelegt? Innen und außen? Bezugskante? Die Einzelmaße zusammenzählen und mit dem Gesamtmaß vergleichen! Prüfen, ob die Maße der zu paarenden Teile an den Paarungsstellen übereinstimmen. Wurden die für die Funktion erforderlichen Toleranzrechnungen durchgeführt (s. hierzu Kap. 6)?
1.3 Konstruktionsarten Je nach Aufgabenstellung werden nicht immer alle in Abb. 1.4 genannten Phasen der Konstruktionsarbeit durchlaufen. Man unterscheidet, geordnet nach zunehmendem Arbeitsumfang (Abb. 1.10): – Konstruktion mit festem Prinzip: Arbeitsprinzip und Gestalt liegen fest, es geht im wesentlichen um die Dimensionierung der Einzelteile, d.h. man benötigt nur die Ausarbeitungsphase. Beispiel: Getriebe mit verändertem Achsabstand in einer Baureihe. – Variantenkonstruktion: Bei vorgegebenem Arbeitsprinzip (Konzept) ist die Gestalt zu verändern. Dies erfordert ein Durchlaufen der Entwurfs- und Ausarbeitungsphase. Beispiel: Umstellung eines Getriebes von Guß- auf Schweißkonstruktion. – Anpassungskonstruktion: Bei feststehender Gesamtfunktion ist in Teilbereichen das Auffinden neuer bzw. zusätzlicher Lösungsprinzipien erforderlich. Es muß ein neues Konzept entworfen werden. Hier werden Teile der Konzipierungsphase und Entwurfs- und Ausarbeitungsphase durchlaufen. Beispiel: Erhöhung der Stufenzahl eines Getriebes, Veränderung der Lage von An- und Abtrieb. – Neukonstruktion: Ausgehend von einem Entwicklungsauftrag sind alle Konstruktionsphasen zu durchlaufen, denn das grundlegende Arbeitsprinzip hat sich geändert. Beispiel: Ersetzen eines gestuften Getriebes durch ein stufenloses Getriebe.
12
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
Abb. 1.10. Zuordnung der Konstruktionsarten zu den Konstruktionsphasen (VDI 2210)
Außerdem, und im Rahmen dieser grundlegenden Konstruktionsarten unterscheidet man in der Praxis nach Abb. 1.10 häufig je nach Ziel und Auftraggeber: – Entwicklungskonstruktion: Deren Ziele sind i. allg. (Serien-)Produkte, deren Akzeptanz und Absatzchance durch Marktbeobachtungen (Marketing) ermittelt wurde. – Auftragskonstruktion: Ähnelt der Entwicklungskonstruktion, wird jedoch auf Kundenanfrage bzw. -auftrag zu i. allg. fest vorgegebenen Terminen durchgeführt. – Angebotskonstruktion: Auf Kundenanfrage oder zum Auffinden einer neuen technischen Lösung auf der Grundlage der vorhandenen Produktpalette, die in der Regel nur bis zur Sicherstellung ihrer Realisierbarkeit und zur Kostenkalkulation verfolgt wird, d.h. ohne Ausarbeitungsphase. Es werden noch keine Einzelteilzeichnungen erstellt. – Betriebsmittelkonstruktion: Im Auftrag der Fertigungsplanung Neukonstruktion oder Anpassungskonstruktion von Vorrichtungen, Werkzeugen und Sondermaschinen für die eigene Produktion, die vom Einkauf (bzw. der Materialwirtschaft) in geeigneter Qualität, kosten- oder termingerecht nicht beigestellt werden können.
1.4 Versagensursachen – Berechnungen Maschinenelemente müssen in erster Linie mechanischen Beanspruchungen standhalten. Sie dürfen weder durch Bruch noch durch unzulässige Verformung oder Instabilität (z.B. Knicken oder Beulen) versagen. Dabei ist zu beachten, daß Festigkeit und Zähigkeit von Umgebungseinflüssen
1.4 Versagensursachen – Berechnungen
13
abhängen, insbesondere von Temperatur, korrosiven Medien und Verschleißvorgängen (s. hierzu Kap. 3, 16). Chemische und/oder elektrochemische Korrosion und adhäsiv-abrasiver Verschleiß führt zur Zerstörung des Gefüges an der Oberfläche, gefährdet damit auch unmittelbar die Funktion und die Paarungseigenschaften (s. hierzu Kap. 13, 15, 18). 1.4.1 Berechnungen in der Konstruktion
Im Verlauf der Konstruktionsarbeit sind mehrfach Berechnungen durchzuführen. – Eine treffsichere Tragfähigkeitsberechnung ist nur möglich als Nachrechnung, weil die hierfür notwendigen Daten (z.B. Durchmesser, Längen, Kerbformen, Module bei Zahnrädern, Festigkeit des Werkstoffs im Bauteil, Herstellverfahren, Spiele, Ölviskositäten bei Gleitlagern) erst bekannt sind, wenn die Entwurfszeichnung vorliegt. Wenn diese Daten – was in der Praxis häufig der Fall ist – vorgegeben oder aus Erfahrung zuverlässig abgeschätzt werden können, kann hiernach unmittelbar ein Entwurf erstellt werden (z.B. bei einer Anpassungskonstruktion, Abschn. 1.3). Auf dieser Basis kann sofort die Nachrechnung/der Festigkeitsnachweis (Abschn. 1.4.3) ansetzen. – Meist sind aufgrund der Berechnungsergebnisse nur geringe Korrekturen am Entwurf erforderlich. Bei einer Entwicklungs- oder Auftragskonstruktion, d.h. wenn diese Daten nicht bekannt sind, benutzt man i. allg. eine Entwurfsrechnung mit vereinfachten Berechnungsansätzen und Erfahrungsdaten, die aus bewährten Konstruktionen abgeleitet wurden. Hiermit werden die Hauptabmessungen abgeschätzt, so daß ein Entwurf erstellt werden kann, der dann die Grundlage für die genauere Nachrechnung/den Festigkeitsnachweis bildet. 1.4.2 Entwurfsrechnung, Dimensionierung
Hierfür benutzt man i. allg. Einzelelemente des komplexen Spannungssystems auf der Basis der Nennbelastung (Abschn. 1.4.6), die wir Nennspannung nennen. Dies ist beispielsweise bei der Dimensionierung von Wellen die Torsionsspannung, da zunächst nur das Drehmoment bekannt ist. Weil Biege- und Schubspannung vernachlässigt sind, werden die zulässigen (Nenn-)Spannungen entsprechend niedrig angesetzt. Für die Dimensionierung von Schrauben benutzt man die Zugspannung als Nennspannung (vernachlässigt die Torsionsspannung). – Bei Zahnrädern benutzt man Nennelemente der Hertzschen Pressung (K-Faktor) und der Zahnfußbeanspruchung (B-Faktor) als Nennspannungen. Die zulässigen (Nenn-)Spannungen werden mit denselben einfachen Formeln von bewährten Vorbildern ähnlicher Baugröße, vergleichbaren Werkstoffs, ähnlicher Einsatzbedingungen abgeleitet. 1.4.3 Nachrechnung/Festigkeitsnachweis
Mit den Hauptabmessungen aus dem Entwurf und den maßgebenden Belastungen nach Abschn. 1.4.5 kann die rechnerische (Ist-)Sicherheit
14
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
bestimmt werden. Zeigt sich, daß diese kleiner als die geforderte MindestSicherheit (das Schadensrisiko ist zu hoch) oder unnötig hoch ist (die Bauteile sind überdimensioniert, d.h. zu teuer), muß man die Abmessungen, den Werkstoff oder die Gestaltung ändern und kann so den Entwurf schrittweise optimieren. Geeignete Rechenprogramme erleichtern diese Arbeit. Für die Festigkeitsberechnung benutzt man z.T. örtliche, z.T. NennSpannungen. – Die Berechnung mit örtlichen Spannungen, wie sie etwa im Grund von Kerben auftreten – meist als Produkt aus Nennspannung und Kerbformzahl – hat gegenüber dem Nennspannungsansatz den Vorteil, daß man sie mit gemessenen oder anderen – z.B. mit Hilfe der FiniteElemente-Methode berechneten – Spannungen überlagern kann. Diese Methode benutzt man z.B. für die Zahnradberechnung; die Festigkeitswerte, d.h. die ertragbaren örtlichen Spannungen werden an StandardReferenz-Zahnrädern ermittelt [1.3-3]. Häufig sind aber die örtlichen Spannungen einer Berechnung schwer zugänglich, z.B. bei Welle-NabeVerbindungen. – Generell bevorzugt man daher die Berechnung mit Nennspannungen, weil häufig – für wichtige Bauteile – nur die entspr. Nenn-Festigkeit (d.h. die ertragbare Nennspannung) aus experimentellen Untersuchungen bekannt ist. Sowohl der Einfluß des Werkstoffs als auch der der Geometrie, Kerbform und Kerbempfindlichkeit ist dabei im Festigkeitswert enthalten. Meist berechnet man die Nennfestigkeit mit der Kerbwirkungszahl (die die Kerbformzahl und die Stützzahl, d.h. den Einfluß der Kerbempfindlichkeit berücksichtigt). – Bei der Methode der örtlichen Spannungen wird dagegen die spannungserhöhende Wirkung der Kerben (die Formzahl) im Ansatz der auftretenden Spannung berücksichtigt. Man beachte: In den Tabellen der Werkstoffnormen werden teils Bereichswerte (von…bis), teils Mindestwerte angegeben. Normalerweise setzt man als Werkstoffestigkeit den unteren Grenzwert des Bereichs an, es sei denn, höhere Werte werden vom Zulieferer garantiert und durch Werkszeugnisse nachgewiesen. 1.4.4 Numerische Berechnungsverfahren
Für die Berechnung von mechanischen und thermischen Beanspruchungen komplizierter Bauteile gibt es numerische Verfahren, wie die FiniteElemente-Methode (FEM) und die Rand-(oder Boundary-)ElementeMethode (REM oder BEM), Abschn. 3.3.5.2. Zur Beurteilung der Tragfähigkeit und zur Abschätzung der Restlebensdauer von rißbehafteten Bauteilen eignet sich die Bruchmechanik, Abschn. 3.9. 1.4.5 Belastungen, Beanspruchungen
Zu den eingangs Kap. 1 erwähnten Anforderungen, die vorab sorgfältig abzuklären sind, gehören vor allem die vom Bauteil zu übertragenden Be-
1.4 Versagensursachen – Berechnungen
15
lastungen (Kräfte, Momente, Leistungen). Um sie funktionsgerecht in die Berechnung einzuführen, ist zunächst nach der Art der Beanspruchung und deren Auswirkung zu unterscheiden. 1.4.5.1 Beanspruchungsarten
Die Funktion eines Bauteils kann durch unterschiedliche Beanspruchung bzw. daraus resultierende Schäden gefährdet werden. 1. Statische Beanspruchung, d.h. ruhende, konstante oder zügig ansteigende Beanspruchung wie beispielsweise bei Druckbehältern, Verbindungselementen im Stahlbau oder bei Krantragwerken; infolge Fliehkraftwirkung, aber auch infolge selten auftretender Spitzen (Anfahr-, Bremskräfte). – Der Schaden zeigt sich als Gewaltbruch bzw. plastische Verformung nach einer oder wenigen Überschreitungen der BauteilBruchfestigkeit bzw. -Streckgrenze; s. hierzu Abschn. 3.4.3, 3.5. 2. Ermüdungsbeanspruchung: Dies ist beispielsweise die Schwing-(dynamische) Beanspruchung von Verbindungselementen, Achsen, Wellen, Zahnrädern; ferner Wälzbeanspruchung von drehenden Wälzlagern und Zahnrädern. – Der Schaden zeigt sich als – mit der Schwingspielzahl wachsender – Riß und einem Rest-Gewaltbruch oder schwingbruchartigen Oberflächenschäden (Grübchen, Abschn. 21.6.2 [1.3-3]). Das Bauteil bleibt schadensfrei, wenn die Beanspruchung unterhalb einer Dauerfestigkeit des Bauteils bleibt; s. hierzu Abschn. 3.4.3, 3.6. Hinweise: Die Beanspruchungen nach 1. und 2. sind Spannungen im Bauteil. Die Versagensgrenze hängt außer von Belastung, Werkstoff und Gestalt auch von Umgebungseinflüssen wie Schmierstoff, Temperatur, Korrosions- und Verschleißerscheinungen ab. Weitere Beanspruchungen hängen nur eingeschränkt oder gar nicht von der Belastung ab: 3. Verschleißbeanspruchung bedeutet kontinuierlichen Materialabtrag von der Oberfläche und führt i. allg. zur Minderung der Funktion (Ausnahme: Einlaufverschleiß). Maßgebend ist ein tribologisches Beanspruchungskollektiv, das außer von der Belastung von Relativbewegung und Zwischenstoff abhängt, Kap. 16. 4. Korrosionsbeanspruchung führt zu gleichmäßigem oder ungleichmäßigem Abtrag von den Oberflächen (beeinflußt die Bauteilfestigkeit, s.o.), mindert meist aber auch – wie Verschleiß – unmittelbar die Funktion (Ausnahme: Rost als Schutz- oder Farbschicht). 5. Temperaturbeanspruchung beeinflußt die Versagensgrenze zu 1. bis 4., kann aber auch – für sich allein betrachtet – entscheidend für die Funktion von Bauelementen sein, z.B. für die Reibungszahl (und Lebensdauer) von Kupplungsbelägen. 1.4.5.2 Ansatz der Belastung bei statisch beanspruchten Bauteilen
Wenn nicht anders vereinbart, ist für den Festigkeitsnachweis die größte bei Normalbetrieb zu übertragende Kraft bzw. das entspr. Drehmoment maßgebend.
16
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
1. Maschinen- und Apparatebau: Auch bei schwingend belasteten Bauteilen muß zusätzlich der Nachweis der statischen Festigkeit geführt werden, Abschn. 1.4.5.3. Im übrigen gelten unterschiedliche Bezugsgrößen, beispielsweise: – bei Preßverbänden die Haftkraft aus der größten zu übertragenden Betriebskraft, – bei elektromotorischen Antrieben der Kurzschlußstoß, – bei Walzwerken der Anstichstoß, – bei Schraubendruckfedern die statische Prüfkraft für die größtmögliche Zusammendrückung (d.h. für Blocklänge), – bei fliehkraftbeaufschlagten Bauteilen die maximale Drehzahl, – bei Kesseln, Behältern und Rohren der höchstzulässige Betriebsüberdruck oder der Prüfdruck. 2. Für den Festigkeitsnachweis von Blech- und Profilverbindungen (Fachwerke) benutzt man i. allg. die Regeln des Stahlbaues (DIN 18800, 18801), der Krantragwerke (DIN 15018) oder der Kranbahnen (DIN 4132). Die Lastannahmen sind hier für verschiedene Lastfälle (Lastkombinationen) definiert. Weitere Angaben zu 1. und 2. in den betr. Kapiteln. 1.4.5.3 Ansatz der Belastung bei schwingend (dynamisch) beanspruchten Bauteilen
Zu Bewertung der Belastung, d.h. der auf das Bauteil wirkenden Schwingungskräfte und -momente gibt es in der Industriepraxis und nach den technischen Regelwerken verschiedene Möglichkeiten. 1. Betriebsfestigkeit, Lastkollektiv: Messungen der im Betriebszustand in Bauteilen oder Mustern wirkenden Kräfte und Momente, u.U. auch eine Simulationsrechnung (s. z.B. [1.3-3]), sind eine besonders wirklichkeitsnahe Grundlage für die Festigkeitsberechnung.Aus den Ergebnissen kann man ein Lastkollektiv erstellen; es enthält die während der Lebensdauer des Bauteils zu erwartenden Belastungen nach Größe und Häufigkeit. In Abschn. 21.5.1 [1.3-3] wird gezeigt, wie man ein solches Lastkollektiv der entspr. Belastbarkeitslinie (Wöhlerlinie) zuordnen und man aus einem Lastkollektiv eine konstante, schädigungs-äquivalente Belastung ableiten kann: ein Drehmoment Teq bzw. eine Kraft Feq . Das Verhältnis zwischen Teq bzw. Feq und einem dynamisch wirkenden Bezugsmoment T bzw. einer dynamisch wirkenden Bezugskraft F bezeichnet man als Anwendungsfaktor KA . Definition: Ein Bauteil das mit Teq = T · KA bzw. Feq = F · KA belastet wird, hat die gleiche Lebensdauer wie das mit dem Lastkollektiv belastete Bauteil (Zeitfestigkeit) oder die gleiche Sicherheit gegen Dauerfestigkeit. 2. Tabellen für den Anwendungsfaktor, KA: Häufig stehen keine Lastkollektive zur Verfügung. Dann benutzt man KA-Werte nach Tabellen, die auf Erfahrungen in den betr. Anwendungsgebieten beruhen. Es ist wichtig zu beachten, auf welche Bezugsgröße (meist Nennmoment) sich die KA-Werte beziehen. In Abb. 1.11 sind daher zu den KA-Faktoren auch die Bezugsgrößen angegeben. KA-Werte für Industrie- und Schnellaufgetriebe s. Tafel 22.3/3 [1.3-3].
1.4 Versagensursachen – Berechnungen Arbeitsweise
Maschine (Beispiele) ≤ 3600
gleichmäßige bis geringe Stöße
Bezugswert –1
Drehzahl in min > 3600
E-Motor (z. B. Gleichstrom) gleichmäßiger Betrieb, seltenes Anfahren 2)
Generatoren für Grundlast oder Dauerbetrieb 2)
Gleichmäßig beschickte Gurtförderer
Schleifmaschine
Verpackungsmaschine
Anwendungsfaktor KA
Nennmoment 1) Verdichter für Klimaanlage 2)
1,0 bis 1,1
Vorschubantrieb für Werkzeugmaschine Lüfter
leichte bis mittlere Stöße
Scheren, Pressen, Stanzen
maximales Schnitt-, Preß-, Stanzmoment
Drehwerke, Fahrwerke
maximales Anfahrmoment
E-Motor (z. B. Drehstrom-) häufiges Anfahren 2)
Generatoren für Spitzenlast 2)
Hauptantrieb für Werkzeugmaschinen
Zahnradpumpen
Förderanlage für Stückgut
Nennmoment 1) 1,2 bis 1,5
Zentrifugal- und Radialverdichter 2) Papiermaschine
Kreiselpumpen Abraum-, Förder-, Hüttenbetriebs-Wagen
statische Achslast
Kontinuierliches Walzwerk
maximales Walzmoment
Einzylinder-Kolbenmaschine
Mehrzylinder-Kolbenpumpen (> 2)
Holzbearbeitungsmaschine
Industrieventilatoren bei häufigem Anfahren 2)
Nennmoment1) mäßige Stöße
Blockwalzwerk Hubwerk
maximales Walzmoment (Strombegrenzung) maximale Hubkraft
Spindelpresse
maximale Preßkraft
Bagger starke Stöße
1,5 bis 2
Leichte Kugelmühle
Kolbenmaschinen mit 2 oder 1 Zylinder
schwere Kugelmühle
Nennmoment 1)
Brecher (Stein, Erz) mechanische Hämmer 1)
Definition s. Abschn. 1.4.6, Allgemeine Hinweise, insbes. zu 2) s. Tafel 22.3/3 [1.3.-3].
Abb. 1.11. Anhaltswerte für Anwendungsfaktoren KA
17
2 bis 3
18
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
Hinweis: Die Vorgehensweise ist nicht immer einheitlich; s. Abschn. 1.4.5.4. 3. Zusätzlicher, statischer Festigkeitsnachweis: Auch bei Ermüdungsbeanspruchung, d.h. Berechnung mit Hilfe des äquivalenten Moments Teq (aus einem Lastkollektiv) oder mit Hilfe von Anwendungsfaktoren KA oder Betriebsfaktoren CB ist stets zusätzlich zu prüfen, ob die selten bei schwerstem ordnungsgemäßem Normalbetrieb auftretenden Belastungen zu Gewaltbruch oder plastischer Verformung führen bzw. ob hiergegen eine ausreichende Sicherheit vorhanden ist. – Für Überlastungen aus einem Katastrophenfall wird man i. allg. plastische Verformungen zulassen. Das Bauteil muß dann ersetzt oder repariert werden. 1.4.5.4 Pauschaler Ansatz der Beanspruchung dynamisch oder statisch belasteter Bauteile
Für eine Reihe von Maschinenelementen liegen keine zuverlässigen Angaben über den Zusammenhang zwischen Beanspruchungsart und Festigkeit vor. Wenn Versuche nicht möglich sind, stützt man sich beim Festigkeitsnachweis auf Nennspannungen und die jeweils angegebenen zulässigen Spannungen, die von Werkstoff und Betriebsfaktoren abhängen und grob einer Beanspruchungsart zugeordnet werden (ruhend, leichte Stöße, schwellend, wechselnd, u.ä.), z.T. auch der täglichen Betriebsdauer (bei Riemengetrieben CB [1.3.15]). Sie enthalten auch eine Sicherheit. Die Bezugsgröße (z.B. Nennspannung nach Abschn. 1.4.6, Nennspannung ¥ Betriebsfaktor, Maximalkraft, usw.) muß jeweils definiert sein. 1.4.5.5 Regelwerke
Dies sind gesetzliche Vorschriften, Normen, Richtlinien, Regeln der Klassifikationsgesellschaften, usw., sie sind stets zu beachten, möglichst bei den Lieferbedingungen zu vereinbaren. 1.4.6 Definitionen
Nenn-Kräfte, -Momente, -Leistungen sind Maximal-Werte, die bei Normalbetrieb häufig auftreten, beispielsweise: Moment aus maximaler DauerBetriebshublast von Kranhubwerken, maximaler Dauer-Preßdruck bei Extrudern, maximales Dauer-Walzmoment, nicht jedoch seltene Spitzen- oder Katastrophenwerte, s. [1.3-3]. – Hilfsweise rechnet man mit der – auf dem Motorschild angegebenen - Nennleistung,wobei man voraussetzt,daß diese dem Bedarf der Arbeitsmaschine entsprechend gewählt wurde. Der Zusatz „Nenn-“ hat im Zusammenhang mit Spannungen eine andere Bedeutung: Nennspannungen sind Spannungen, die sich für gegebene Kräfte oder Momente in definierten Querschnitten von Bauteilen (Stäben, Platten,Wänden) nach der elementaren Festigkeitslehre – d.h. ohne Berücksichtigung von Kerbwirkungen – einstellen. Berechnung s. Abschn. 3.3.3.
1.4 Versagensursachen – Berechnungen
19
1.4.7 Bewertung der Rechenergebnisse
Man beachte: Die Rechenergebnisse – auch und gerade von Rechenprogrammen – darf man nicht blind akzeptieren; sie sind kritisch zu bewerten, so ist zu fragen: – Wie sicher sind die zugrunde gelegten Annahmen (insbesondere Lastannahmen, Werkstoffestigkeiten usw.)? – Wie sicher ist der Rechenansatz, auf welchen Grundlagen basiert das Rechenprogramm? Ist das Rechenverfahren für die vorliegende Aufgabe gültig (z.B. bei Pressungsberechnung: liegen die Voraussetzungen zur Anwendung der Hertzschen Gleichungen vor)? – Erfaßt das Rechenverfahren die für die vorliegende Aufgabe maßgebenden Einflußgrößen? – Liefert die Betrachtung von Grenzfällen plausible Ergebnisse? – Stimmen die rechnerisch ermittelten Ergebnisse, Zwischenergebnisse und Tendenzen mit der allgemeinen Vorstellung überein? – Wie liegen die Rechenergebnisse im Vergleich zu denjenigen für bewährte Bauteile? – Entsprechen die Aussagen der Berechnung den an ähnlichen Teilen vorliegenden Versuchsergebnissen? Neben dem Ansatz der auf das Bauteil wirkenden Belastungen (Lastannahmen), Abschn. 1.4.5.2, 1.4.5.3, ist besonders Sorgfalt beim Ansatz der Mindestsicherheit, Abschn. 1.4.8, notwendig. Funktion und Wirtschaftlichkeit des Produkts hängen entscheidend davon ab, daß diese Einflußgrößen verantwortungsvoll im Berechnungsansatz berücksichtigt werden. Die übrigen Einflußgrößen können i. allg. durch brauchbare Berechnungsregeln berücksichtigt werden und wirken sich meist weniger stark auf das Berechnungsergebnis aus. – Mitunter sind nur die maximalen Belastungen bekannt. Wenn diese sehr häufig auftreten, rechnet man hiermit gegen Dauerfestigkeit bzw. die entspr. zulässige Beanspruchung.Wenn die maximalen Belastungen seltener auftreten, kann man höhere zulässige Beanspruchungen oder kleinere Sicherheiten zulassen, s. Tafel 22.3/10 [1.3-3]. – Für manche Anwendungen werden die Bauteile durch Prüfung mit Überlast abgenommen, z.B. bei Rohrleitungen und Kesseln mit 110…130% des zu erwartenden Betriebsdrucks. Dann ist dies die Grundlage für die Berechnung gegen eine zulässige Beanspruchung mit kleinerer Sicherheit. 1.4.8 Bauteilsicherheit
Die Sicherheit ist der Quotient aus maßgebendem Festigkeitskennwert und lastinduzierter Spannung an der kritischen Stelle des Bauteils. Er soll gewährleisten, daß die Spannung mit ausreichendem Abstand unter der maßgebenden Schadensgrenze liegt (z.B. Bruch, unzulässige Verformung, unzulässiger Verschleiß, Beanspruchung bei Undichtigkeit). Der Nachweis der Sicherheit soll in traditioneller Form geführt werden: durch Gegenüberstellung („sichern“) von Beanspruchungs- und Festig-
20
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
keitskennwert. Diese Werte entsprechen einer geringen Ausfallwahrscheinlichkeit bzw. einer hohen Überlebenswahrscheinlichkeit. – Bei Schwingbeanspruchung werden in zunehmendem Maße Sicherheiten auf statistischer Grundlage ermittelt [1.3-6]. Richtwerte für Sicherheiten werden in den betr. Kapiteln angegeben. Grundlage dieser Angaben sind Erfahrungen im Maschinenbau, s. auch Abschn. 1.4.5.5. – Im allgemeinen wird hierbei ein Bereich (von…bis …) genannt. Entscheidungshilfen s. Abb. 1.12. Welcher Wert jeweils als angemessen anzusetzen ist, hängt von den Unsicherheiten der Einflußfaktoren ab. Die wichtigsten sind: Wirkende Kräfte und Momente (Lastannahmen), Werkstoffe und Wärmebehandlung (Qualität), Fertigung (Toleranzen), Berechnungsverfahren, Folgen eines Schadensfalls für Menschen/Umwelt und Kosten (Stillstand, Ersatzteile, usw.). Je größer die Unsicherheiten oder Wirkungen dieser Einflußgrößen sind, desto größer ist die Sicherheit anzusetzen. Entsprechend ist eine kleinere Sicherheit zulässig, wenn die Einflüsse und Konsequenzen treffsicher abzuschätzen sind. Sichere Funktion ist durch eine hohe Sicherheit leicht zu erreichen. Viel schwieriger ist es, unter dem Druck der Konkurrenz, d.h. der Kosten, die für einen sicheren Betrieb gerade noch ausreichende Sicherheit zu bestimmen. Hier werden die größten Fehler gemacht. Mitunter wird empfohlen, die Sicherheit S aus einer Grundsicherheit Smin und Teilsicherheiten zu bestimmen (z.B.: S = Smin · S1 · S2 · S3 …, mit S1 für Unsicherheiten der Lastannahmen, S2 für Streuung der Werkstofffestigkeiten (Wärmebehandlung), S3 für den Bereich der möglichen Fertigungstoleranzen,…). Dies führt oft zu unrealistisch hohen Sicherheiten, da die Einzeleinflüsse nicht immer am selben Ort zu gleicher Zeit mit derselben Wirkung (nicht immer in der denkbar ungünstigsten Weise) auftreten. In [1.3-7] wird empfohlen, dies durch einen sog. Kombinationsfaktor zu kompensieren. Hinweis: Die Sicherheiten sollten keinesfalls auf mehr als eine Dezimale genau ausgewiesen werden, wie dies manche EDV-Programme liefern. Damit wird eine nicht vorhandene Aussagesicherheit vorgetäuscht. Man bedenke, daß manche Einflußfaktoren nur auf eine Dezimale genau angegeben werden, andere zwar auf 6 Dezimalen berechnet werden, deren tatsächliche Genauigkeit oft kaum über eine Dezimale hinaus vorhanden ist. Wenn keine Erfahrungen vorliegen, können die Hinweise in Abb. 1.12 als Anhalt für die Abschätzung einer „ausreichenden“ Sicherheit dienen. Sie entsprechen in manchen Punkten den Angaben in Tafel 21.8/3 [1.3-3] für Zahnradgetriebe.
1.4 Versagensursachen – Berechnungen
(A) Höhere Sicherheit nötig
(B) Geringere Sicherheit ausreichend
¨ Größerer Sicherheitsfaktor
kleinerer Sicherheitsfaktor Æ
katastrophale Wirkung im Schadensfall
keine katastrophalen Wirkungen im Schadensfall
21
zu Lastannahmen: Äußere Kräfte und Momente Berechnung mit Nennmoment ¥ Anwendungsfaktor nach Katalog (s. z. B. Tafel 21.8/3 [1.3-3])
Berechnung auf Basis eines gemessenen Lastkollektivs
Häufig auftretende Belastungen
selten auftretende Belastungen
Abnahme mit erhöhter Prüflast nicht vorgesehen; Berechnung auf Basis Betriebsbelastung
Abnahme mit definierter erhöhter(m) Prüflast (Prüfdruck) oder Lasten bei Montage. Berechnung auf dieser Basis
Angaben über Betriebs- und Einsatzbedingungen unsicher
Betriebs- und Einsatzbedingungen bekannt, z. B. durch Messungen (Lastkollektiv s.o.)
Keine Überlastsicherungen vorhanden
Zuverlässige Überlastsicherungen vorhanden (z. B. Sicherheitskupplungen), die schnell ausgewechselt werden können.
zu Werkstoffe, Wärmebehandlung, Qualität, Kontrolle spröder Werkstoff, z. B. Gußeisen mit Lamellengrafit (bei Überlast Gewaltbruch)
gut verformbare Werkstoffe, z. B. Walzstahl (bei Überlast Spannungsabbau durch Verformung)
Eigenspannungen vorhanden (wichtig bei dynamischer Beanspruchung von Walzstahl und Guß sowie von statischer Beanspruchung von Guß)
Eigenspannungen durch Wärmebehandlung abgebaut (wichtig bei dynamischer Beanspruchung)
wenn Werkstoffkennwerte, Festigkeit unsicher. Keine Eingangskontrolle
Untere Grenze der garantierten Bereiche für die Werkstoffkennwerte. Werkstoffkennwerte durch Eingangskontrolle abgesichert, zerstörungsfreie Prüfung
keine regelmäßige Inspektion und Wartung während des Betriebs
bei regelmäßiger Inspektion und Wartung
kritische Bereiche nicht oder schlecht zugänglich
kritische Bereiche gut zugänglich
keine lfd. Überwachung
wenn beginnende Schädigung durch lfd. Überwachung mit Schwingungsoder Geräuschsensoren. – Anzeige durch Warnsignale, (besonders wichtig bei Schwingbeanspruchung)
bei Korrosionsgefahr
bei sicherem Korrosionsschutz
Abb. 1.12. Gesichtspunkte für die Wahl der Sicherheit für Maschinenelemente (Richtwerte für die Sicherheiten s. betr. Kap.)
22
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
(A) Höhere Sicherheit nötig
(B) Geringere Sicherheit ausreichend
¨ Größerer Sicherheitsfaktor
kleinerer Sicherheitsfaktor Æ
katastrophale Wirkung im Schadensfall
keine katastrophalen Wirkungen im Schadensfall
zu Fertigung, Kontrolle (Qualität, Toleranzen) Grobe Fertigungstoleranzen (z. B. für Wanddicke bei Gußteilen)
Enge Fertigungstoleranzen, umfassende Kontrolle
Unbekannter Hersteller oder mangelnde Erfahrung
Hersteller mit Einrichtungen und Erfahrungen im Produktbereich
Begrenzte Prüfmöglichkeit, z. B. Einzelfertigung
Serienfertigung mit gesicherter Qualitätskontrolle und umfassender Erprobung (Prototyp, Vollast-, Überlastprüfung) zu Konstruktion, Berechnung
Überschlägige Berechnung bei Einzelkonstruktion
Berechnung mit genauer Erfassung aller Einflußgrößen – oder: Einfache Berechnung bei Variantenkonstruktion
Wenig gesicherte Berechnungsverfahren (z. B. Fressen, Verschleiß)
Gesicherte Berechnungsverfahren
Ungünstige Überlagerung von Kerbfällen
Überlagerung von Kerbfällen vermieden, so daß Einfluß von Kerben getrennt erfaßbar
zu Folgen eines Schadensfalles Ein örtlicher Schaden des Bauteils führt unmittelbar zum Ausfall der Maschine („non fail-safe“)
Bauteile mit begrenzten Schadensfolgen; ein örtlicher Schaden führt nicht zum Ausfall der Maschine („fail-safe“)
Menschen und Umwelt gefährdet
Menschen und Umwelt nicht gefährdet
Hohe Kosten durch Betriebsunterbrechung, nur ein Übertragungselement
Redundante Systeme (mehrere, parallel angeordnete Übertragungselemente). Wenn ein Element ausfällt, übernehmen die anderen zumindest die eingeschränkte Funktion
kein Teillastbetrieb möglich
Teillastbetrieb möglich bei Feststellung eines Schadens durch Inspektion/lfd. Überwachung
Abb. 1.12 (Fortsetzung)
1.5 Rechnergestütztes Konstruieren (A) Höhere Sicherheit nötig
(B) Geringere Sicherheit ausreichend
¨ Größerer Sicherheitsfaktor
kleinerer Sicherheitsfaktor Æ
katastrophale Wirkung im Schadensfall
keine katastrophalen Wirkungen im Schadensfall
23
zu sonstigen Einflüssen hoher Wert des Bauteils
geringer Wert des Bauteils
keine Ersatzteile verfügbar
Ersatzteile verfügbar
Unsichere Qualität des Personals („narrensicher“ bauen)
Erfahrenes Personal für Handhabung, Überwachung, Inspektion
Reparatur, Aus- und Einbau schwierig
Reparatur, Ein- und Ausbau einfach; Schaden begrenzbar, z. B. durch Verbesserung der Schmierung
Abb. 1.12 (Fortsetzung)
1.5 Rechnergestütztes Konstruieren Kurzbezeichnungen: CAE (Computer-Aided-Engineering) und CAD (Computer-Aided-Design). Konstruktionen, Berechnungen und Zeichnungen werden iterativ unmittelbar am Bildschirm durchgeführt.Zur Erstellung von Fertigungszeichnungen werden 2D-CAD-Systeme verwendet. Flächen- oder Volumenmodelle sind die Ergebnisse bei Anwendung von 3D-CAD-Systemen. Vorteile der CAD-Methodik: – Schneller Neuentwurf, wenn sich aus der parallel laufenden Berechnung ergibt, daß Abmessungen eines Bauteils, z.B. der Durchmesser einer Getriebewelle, geändert werden müssen. – Zeichnungsmaße lassen sich leicht maßstäblich vergrößern oder auch verkleinern. – Die Daten können weiteren Programmen im CAE-Prozeß zur Verfügung gestellt werden, z.B. zur automatischen Netzgenerierung für FEM-Berechnung. – Einzelteilzeichnungen können schnell aus der Entwurfszeichnung oder dem Flächen- bzw. Volumenmodell abgeleitet werden. – Norm- und Wiederholteile werden aus Datenbanken entnommen und als Ganzes in die Konstruktion integriert. – Der Konstrukteur wird von Routinearbeiten entlastet und gewinnt – im Prinzip – mehr Freiräume für schöpferische, kreative Arbeiten. Beispiel für Zeitersparnis s. Abb. 1.13. – Zeichnungsdaten können unmittelbar an die Arbeitsvorbereitung weitergegeben und zur NC (Numerical Control)-Programmierung der Maschineneinstellungen genutzt werden: CAM (Computer Aided Manufacturing). – Über systemneutrale Schnittstellen (STEP, IGES, VDAFS, …) können die CAD-Daten weitergegeben werden. Dadurch werden alle in Zusammenhang mit Entwicklung, Konstruktion, Produktion und Qualitätskontrolle stehenden Tätigkeiten miteinander verknüpft. Ein digitales Produktmodell verwaltet die Daten in einer zentralen Datenbank.
24
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
Abb. 1.13. Zeitersparnis in der Konstruktion durch CAD-Einsatz [1.3-8]
Probleme bei der CAD-Nutzung: – oft langwierige Einarbeitungsphase, – mit dem Umstieg von 2D-CAD auf 3D-CAD ist ein Umdenken bei der Modellierung verbunden, – alte Datenbestände können nur mit großem Aufwand übernommen werden, – Unternehmensorganisation und Informationflüsse müssen an eine zentrale Datenhaltung angepaßt werden, – unterschiedliche Programme, Daten können (z.B. von Zulieferern) oft nur mit Zusatzaufwand (und daraus folgenden Fehlern) übertragen werden, – Schnittstellen sind oft nicht vereinheitlicht, um Konstruktionsdaten etwa in ein NC-Programmsystem zu übertragen, – Bildschirmtätigkeit ist zeitlich nur begrenzt erlaubt (gesetzlich bzw. tarifvertraglich).
1.6 Modelle Modelle bieten die Möglichkeit, technische Probleme anschaulich darzustellen. Funktionsmodelle aus Pappe, Holz, Metall oder Plexiglas sind geeignet, Bewegungsvorgänge zu analysieren; an Modellen aus Gummi kann man Formänderungen studieren und hieraus Rückschlüsse auf die Spannungsverteilung ziehen. Bei zweidimensionalen Vorgängen genügen bereits einfache Flächenmodelle. Formmodelle eigenen sich, um die räumliche Aufteilung oder die räumliche Gesamtwirkung eines Bauteils zu studieren, um den Formverlauf oder Durchdringungen oder die Wirkung von Aussteifungen zu über-
1.8 Literatur
25
prüfen oder die Lage eines Schwerpunkts zu bestimmen. Sie werden aus Holz, Gips oder Metall, oder auch aus Kunststoff in einem handlichen Maßstab oder als „Attrappe“ in Naturgröße ausgeführt. Versuchsmodelle, d.h. gegenüber der Wirklichkeit verkleinerte bzw. vergrößerte Modelle, benutzt man, um die geforderten Funktionen zu überprüfen. CAD-Volumenmodelle können oft anstelle der stofflichen Modelle treten. Digitale Produktmodelle sind Informationsmodelle, die alle im jeweiligen Kontext relevanten Daten (CAD-Geometrie, Berechnungsergebnisse, administrative Daten, …) eines Produkts im Rechner abbilden können.
1.7 Versuche Labor- und Betriebs-Versuche sind oft der einzige Weg, um Fragen, die sich theoretisch nicht zufriedenstellend beantworten lassen, zu klären 2). Mit Hilfe von spannungsoptischen Untersuchungen kann man Spannungskonzentrationen, kritische Verformungen erkennen und die Dimensionierung prüfen. Messungen mit Dehnmeßstreifen können genaue Aussagen über Dehnungen und Spannungen am Modell und auch an ausgeführten Bauteilen liefern. Dauerfestigkeitsversuche („Wöhlerkurven“, Kap. 3) an Modellen oder Bauteilen aus der Serie erleichtern die Abstimmung der Bauteile auf eine bestimmte Lebensdauer. Bauteiluntersuchungen sind den Versuchen an genormten Werkstoffproben vorzuziehen, aber meist aufwendiger. Betriebsmessungen an ausgeführten Anlagen sind das beste Mittel, um zutreffende Beanspruchungs-Kennwerte zu erhalten, Schwachstellen auszumerzen und abgesicherte Informationen für die Dimensionierung von neu zu konstruierenden ähnlichen Bauteilen zu gewinnen, Abschn. 1.4.5.3.
1.8 Literatur Normen, Richtlinien 1.1-1 DIN 3990 T1…6, T41 Tragfähigkeitsberechnung von Stirnrädern. Berlin: Beuth 1987, 1990 1.1-2 DIN 4132 Kranbahnen, Stahltragwerke; Grundsätze für Berechnung, bauliche Durchbildung und Ausführung. Berlin: Beuth 1981 1.1-3 DIN 15018 Krane; T1 Grundsätze für Stahltragwerke, Berechnung, T2: Stahltragwerke, Grundsätze für die bauliche Durchbildung und Ausführung, T3: Grundsätze für Stahltragwerke, Berechnung von Fahrzeugkranen. Berlin: Beuth 1984 1.1-4 DIN 18800 Stahlbauten; T1 Bemessung und Konstruktion, T2: Stabilitätsfälle, Knicken von Stäben und Stabwerken, T3: Stabilitätsfälle, Plattenbeulen, T4: Stabilitätsfälle, Schalenbeulen. Berlin: Beuth 1990 2)
Die Theorie leitet, das Experiment sichert, die Praxis entscheidet.
26
1 Arbeitsmethoden in der Konstruktion
1.1-5 DIN 18801 Stahlhochbau; Bemessung, Konstruktion, Herstellung. Berlin: Beuth 1983 1.1-6 VDI-Richtlinie 2151, Bl. 1, 2 Betriebsfaktoren für die Auslegung von Zahnradgetrieben. Düsseldorf: VDI-Verlag 1975 1.1-7 VDI-Richtlinie 2210 (Entwurf) Datenverarbeitung in der Konstruktion; Analyse des Konstruktionsprozesses im Hinblick auf den EDV-Einsatz. Düsseldorf: VDI-Verlag 1975 1.1-8 VDI-Richtlinie 2213 Datenverarbeitung in der Konstruktion; Integrierte Herstellung von Konstruktions- und Fertigungsunterlagen. Düsseldorf: VDI-Verlag 1985 1.1-9 VDI-Richtlinie 2221 Methodik zum Entwickeln und Konstruieren technischer Systeme und Produkte. Düsseldorf: VDI-Verlag 1993 1.1-10 VDI-Richtlinie 2222 Konstruktionsmethodik. Bl. 1: Methodisches entwickeln von Lösungsprinzipien, Bl. 2: Erstellung und Anwendung von Konstruktionskatalogen. Düsseldorf: VDI Verlag 1997, 1982 1.1-11 VDI-Richtlinie 2222, Bl. 1 Konstruktionsmethodik, Konzipieren technischer Produkte. Düsseldorf: VDI Verlag 1977 1.1-12 VDI-Richtlinie 2225, Bl. 1, Bl. 2. Bl. 3 (Entwurf), Bl. 4 Technisch-Wirtschaftliches Konstruieren. Düsseldorf: VDI-Verlag 1977, 1984, 1990, 1994 1.1-13 VDI-Richtlinie 2234 Wirtschaftliche Grundlagen für den Konstrukteur. Düsseldorf: VDI-Verlag 1990 1.1-14 VDI-Richtlinie 2235 Wirtschaftliche Entscheidungen beim Konstruieren; Methoden und Hilfen. Düsseldorf: VDI-Verlag 1987 Bücher, Zeitschriften 1.3-1 Pahl G, Beitz W (1997) Konstruktionslehre; Methoden und Anwendung. 4. Aufl. Berlin: Springer 1.3-2 Rodenacker WG (1991) Methodischer Konstruieren. Konstruktionsbücher Bd. 27. 3. Aufl. Berlin: Springer 1.3-3 Niemann G,Winter H (1989) Maschinenelemente, Bd. II. 2.Aufl. Berlin: Springer 1.3-4 Roth K (1994) Konstruieren mit Konstruktionskatalogen, Bd. I: Konstruktionslehre, Bd. 2: Konstruktionskataloge. 2. Aufl. Berlin: Springer 1.3-5 VDI-Taschenbuch T35 (1975) Wertanalyse; Idee-Methode-System. Düsseldorf: VDI-Verlag 1.3-6 DUBBEL (1997) Taschenbuch für den Maschinenbau. 19.Aufl. Berlin: Springer 1.3-7 FKM Forschungsheft 183-2 (1994) Festigkeitsnachweis. Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile, Richtlinie. Vorhaben 154, Forschungskuratorium Maschinenbau, Frankfurt 1.3-8 Neipp G (1986) Die Fabrik der Zukunft. Strategien zur Einführung der rechnerintegrierten Produktion. Techn. Mitteilungen Krupp 1 1.3-9 Zangemeister Ch (1970) Nutzwertanalyse in der Systemtechnik. München: Wittemannsche Buchhandlung 1.3-10 Wertanalyse ’77 (1977) Düsseldorf: VDI-Verlag 1.3-11 Koller R (1994) Konstruktionslehre für den Maschinenbau; Grundlagen zur Neu- und Weiterentwicklung technischer Produkte mit Beispielen. 3. Aufl. Berlin: Springer 1.3-12 Ehrlenspiel K (1985) Kostengünstig Konstruieren. Konstruktionsbücher Bd. 35. Berlin: Springer 1.3-13 Kesselring F (1951) Bewertung von Konstruktionen, ein Mittel zur Steuerung von Konstruktionsarbeit. Düsseldorf: VDI-Verlag 1.3-14 Neudörfer A (1997) Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte. Berlin: Springer 1.3-15 Niemann G, Winter H (1986) Maschinenelemente, Bd. III. 2. Aufl. Berlin: Springer
2 Gestaltung – Formgebung
Die Hauptabmessungen eines Produkts sind oft vorgegeben oder man ermittelt sie mit Hilfe einer Überschlagsrechnung. Dann folgt, parallel, das Entwerfen, Gestalten und Nachrechnen, Abb. 1.4. Gestalten als Teil des Konstruktionsprozesses s. Abschn. 1.2.4. Für alle Maschinenelemente werden in den betr. Kapiteln spezielle Gestaltungsrichtlinien angegeben, daher hier nur allgemein gültige, übergeordnete Gesichtspunkte, Anforderungen und Maßnahmen. Die Regeln für das Gestalten, d.h. die Formgebung von Maschinen und Maschinenelementen ergeben sich aus der Forderung, die Funktionen mit einem Minimum an Kosten zu erfüllen, Abschn. 1.2.4.
2.1 Beanspruchungsgerechte Gestaltung Ein Produkt muß im Betrieb unterschiedlichen Beanspruchungen standhalten. Die wichtigsten: Es darf nicht brechen oder ermüden (Festigkeit), sich nicht unzulässig verformen (dies beinhaltet auch Stabilität und Schwingungsverhalten) und nicht unzulässig verschleißen oder korrodieren. 2.1.1 Beanspruchung, Festigkeit
Ein ideal beanspruchungsgerecht gestaltetes Bauteil ist ein ,,Körper gleicher Spannung“. Er weist keine Schwachstellen (z.B. Kerben) auf und keine unnötigen Materialanhäufungen, d.h. je nach Art der Beanspruchung ergibt sich also eine optimale Gestalt. Trotzdem wird man i.allg. (aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen) versuchen, unterschiedliche Anforderungen mit wenigen einfachen Bauteilen zu erfüllen. Dies führt zu einem Kompromiß bei der Gestaltung. – Geschwächte Querschnitte sowie Krafteinleitungsstellen nachrechnen. Eine anschauliche Vorstellung von der Spannungsverteilung im Bauteil vermittelt das Bild des Kraftflusses, darstellbar durch Kraftflußlinien von der Einleitungsstelle einer Kraft und/oder eines Moments bis zu der Stelle, an der die Reaktionskraft und/oder ein Raktionsmoment abgenommen wird. Die Kraftflußlinien sollen ihre Richtung möglichst wenig ändern. Jede Verdichtung oder Umlenkung (z.B. infolge einer Querschnittsänderung) bedeutet eine Erhöhung der Spannung durch eine Kerbe (Abb. 2.1). Die Spannung wächst umso stärker, je krasser die Kraft-
28
2 Gestaltung – Formgebung
Abb. 2.1. Umlenkung des Kraftflusses (dargestellt mittels Kraftflußlinien) infolge einer Umlaufkerbe
a
b
Abb. 2.2a, b. Beispiele für die Erhöhung der Gestaltfestigkeit durch geeignete Konstruktion. a Ausrundung der Innenkanten bzw. Entlastungskerben (Ringnut), b Welle mit Querloch: Entlastungskerben neben der Lochmündung, Welle verdicken, großen Übergangsradius wählen, Nachpressen der Bohrungsränder durch ebenes Druckstück
flußlinien umgelenkt werden, d.h. je größer der Umweg ist, den der Kraftfluß bewältigen muß. Da Querschnittsunstetigkeiten (z.B. Bohrungen, Nuten, Rillen, Absätze) oft unumgänglich sind, müssen sie kraftfluß- und festigkeitsgerecht gestaltet werden. Einige wichtige Gestaltungsregeln (s. z.B. Abb. 2.2): – Kerben nach Möglichkeit an gering beanspruchte Stellen legen (z.B. Sicherungsringnuten an freie Wellenenden). – Sanfte (d.h. große Übergangsradien) bzw. mehrstufige Querschnittsänderungen, Durchmessersprünge vermeiden oder klein wählen. – Kerbunempfindliche Werkstoffe verwenden, sowie den Einfluß von Wärme- und Oberflächenbehandlung auf die Festigkeit gekerbter Bauteile beachten, s. Kap. 3. – Durch geschlossenen, inneren Kraftfluß erreicht man, daß außen liegende Teile nicht belastet werden. 2.1.2 Verformung
Häufig ist nicht die Festigkeit eines Bauteils, sondern die zulässige Verformung maßgebend für die Dimensionierung. 2.1.2.1 Lastabhängige Verformung
Wellendurchbiegungen und Lagerdurchsenkungen bewirken Eingriffsstörungen bei Zahnradgetrieben oder führen zur Aufhebung des Spiels bei rotierenden Teilen (Rotor/Stator von Turbinen oder Elektromotoren),
2.1 Beanspruchungsgerechte Gestaltung
29
u.U. zum Heißlaufen der Lager infolge von Schiefstellung. Steuerwellen können bei Torsionsbeanspruchung auf unzulässige Drehwinkel verdrillt werden. Bei langen Wellen mit aufgesetzten Maschinenelementen (Kupplungen, Zahnräder) kann es aufgrund der Wellenelastizität zu unerwünschten Dreh- oder Biegeschwingungen kommen. Gegebenenfalls sind auch die aus der Querkontraktion sich ergebenden Verformungen zu berücksichtigen. Einige wichtige Gestaltungsregeln: – Bei Werkzeugmaschinen steht die Forderung nach Steifigkeit im Vordergrund; alle Bauteile dürfen sich unter der Wirkung der Gewichtsund Schnittkräfte nur so stark verformen, daß die geforderte Fertigungsgenauigkeit sicher erreicht wird. – Günstig sind zug- oder druckbeanspruchte Bauteile. – Auf Biegung beanspruchte Teile so dimensionieren, daß an keiner Stelle die zulässige Verformung (s.o.) überschritten wird, evtl. Zahl der Lagerstellen erhöhen, Abb. 2.3. – Bei torsionsbeanspruchten Bauteilen Verdrehwinkel überprüfen, unter Umständen Wellen dicker oder als Hohlwelle ausführen. – Effekt der Wärmeausdehnung berücksichtigen. Feste Körper dehnen sich bei Erwärmung nach allen Richtungen aus, Abb. 2.4. – Jedes Bauteil sollte in seiner Lage eindeutig festgelegt werden und darf nur so viele Freiheitsgrade erhalten, wie es zur ordnungsgemäßen Funktionserfüllung benötigt. Im allgemeinen bestimmt man einen Festpunkt und ordnet dann für die erwünschten Bewegungsrichtungen entsprechende Führungen an, s. Fest-/Los-Wälzlagerungen (Kap. 14). – Wenn große elastische Verformungen gefordert sind, benötigt man lange Kraftflußwege, sowie möglichst biege- oder/und torsionsbeanspruchte Bauteile, wie z.B. bei der torsionsbeanspruchten Schraubenfeder (Kap. 12) oder biege- und torsionsbeanspruchten Ausgleichbögen in Rohrleitungen. – Miteinander verbundene Bauteile sollten so gestaltet werden, daß sie sich bei Belastung in gleicher Richtung und möglichst um den glei-
Abb. 2.3
Abb. 2.4 Abb. 2.3. Kurbelwelle eines vierzylindrigen Verbrennungsmotors mit 3 Hauptlagern. Abhilfe der Gefahr von Lagerschäden durch zu große Durchbiegung: durch zwei zusätzliche Lager Abb. 2.4. Bremsscheibe eines Kfz. Zum Ausgleich der Wärmedehnungen ist die Scheibe elastisch über eine Topfkonstruktion mit dem Montageflansch verbunden
30
2 Gestaltung – Formgebung
chen Betrag verformen, so daß eine innere Verspannung der Bauteile im Betriebszustand weitgehend vermieden, durch federnde Ausgleichselemente gemindert, durch Vorkorrektur kompensiert oder durch ungehinderte Dehnmöglichkeit unschädlich aufgefangen wird: Prinzip der abgestimmten Verformung. Man beachte ferner: Unterschiedliche Verformung zweier Bauteile kann bei Schwingbeanspruchung zu Reibkorrosion an der Berührstelle führen. 2.1.2.2 Temperaturabhängige Verformung
Maßnahmen zum Ausgleich unterschiedlicher Verformungen miteinander verbundener Bauteile ergeben sich aus dem oben beschriebenen Prinzip der abgestimmten Verformung. Berechnung der Relativausdehnung infolge einer Temperaturdifferenz zwischen zwei Bauteilen s. z.B. Kap. 18 (Querpreßverband). Um eine Verspannung zu vermeiden, wird man deshalb versuchen, die Temperaturen anzugleichen (bei gleichen Wärmeausdehnungskoeffizienten a), Werkstoffe mit unterschiedlichem a zu verwenden oder den Betrag der Relativdehnung vorzukorrigieren, so daß dieser im stationären Betriebszustand aufgehoben ist. Bei Aufheiz- oder Abkühlvorgängen ergibt sich in dieser Zeitspanne oft eine Relativausdehnung, die viel größer ist als im stationären Betriebszustand. Für Bauteile gleicher Länge (l1 = l2) und Wärmeausdehnungskoeffizient (a1 = a2) eignen sich als Abhilfemaßnahmen die Angleichung der Verhältnisse „Volumen zu beheizter Oberfläche“ für beide Bauteile oder die Beeinflussung der Wärmeübergangszahlen an den beheizten Oberflächen, z.B. mit Hilfe von Schutzblenden oder unterschiedlichen Ausströmungsgeschwindigkeiten. 2.1.2.3 Stabilität
Auf Druck beanspruchte Stäbe und Platten können durch Knicken bzw. Beulen versagen, ohne daß die Druckfestigkeit des Werkstoffs überschritten wird. Die Bauteile müssen so dimensioniert werden, daß sie sich beim Entlasten in die Ausgangslage rückverformen (Kap. 3).
2.2 Schwingungen und Geräusche: Körperschall, Luftschall Definition der Grundbegriffe s. Abb. 2.5. – Bei Maschinenschwingungen handelt es sich im allgemeinen um kleine Bewegungen, die aber lästig und gefährlich werden können, insbesondere bei Resonanzerscheinungen, d.h. wenn eine Anregungsfrequenz (z.B. aus der Drehzahl einer Welle) mit einer Eigenfrequenz der Maschinenstruktur übereinstimmt. Dies führt zu einer Verstärkung der Schwingungsamplituden. Folgeerscheinungen können sein: – Schwingungen der Maschinenelemente (Lager, Wellen, Zahnräder, usw.), besonders lästig bei Abheben, d.h. Überbrückung der Spiele.
2.2 Schwingungen und Geräusche: Körperschall, Luftschall
31
– Schall: Mechanische Schwingungen in elastischen Medien im Hörbereich von ca. 16 Hz bis (16 000 Hz) 20 000 Hz. – Geräusch: Technisch erzeugter Schall, Mischung verschiedener Frequenzen. – Lärm: Schädliche, störende oder lästige Geräusche. – Körperschall: Mechanische Schwingungen in festen Körpern; Krafterregter Körperschall: Wird von Betriebskräften, die zu elastischen Verformungen und Schwingungsanregung führen, verursacht; Geschwindigkeitserregter Körperschall: entsteht an Teilen durch die Verbindung mit krafterregten, schwingenden Teilen. – Luftschall: Mechanische Schwingungen in Luft und Gasen. – Schalldruck: Wechseldruck p (t), der sich dem statischen Luftdruck überlagert, kann mit einem entsprechenden Mikrophon gemessen werden. Durch den Menschen wahrnehmbarer Schalldruck p˜ : 2 · 10 –4 bar = 2 · 10 –5 N/mm2 (Hörschwelle bei 1000 Hz) bis 2 · 102 bar = 2 · 10 N/mm2 (Schmerzgrenze). p˜ : Effektivwert innerhalb eines bestimmten Frequenzbands. – Schalldruckpegel: Relatives Leistungsmaß (um zu kleineren Zahlenwerten zu kommen) in Dezibel (dB): ˜ / p˜ 0 ) dB. Bezugswert für den Effektivwert des Schalldrucks: p˜ 0 = 2 · 10 –4 bar Lp = 10 lg ( p˜ 2 / p˜ 02) dB = 20 lg ( p (Hörschwelle); Hörbereich des Ohres bis zur Schmerzgrenze damit (bei 1000 Hz): 120 dB. – Frequenzbewertung: Das menschliche Ohr empfindet Schalldruck (und Lästigkeit) je nach der Frequenz unterschiedlich stark. Durch Bewertungskurven kann man die Empfindlichkeit des Schallpegelmessers an das natürliche Empfinden des menschlichen Gehörs angleichen, s. Abschn. 21.13.1 [2.3-4]. Für Maschinengeräusche wird ausschließlich die A-Bewertung verwendet. LpA in dB (A). (Hinweis: Die früher übliche Frequenzbewertung in phon entspricht der Lautempfindung bei Einzeltönen, jedoch nicht der Empfindung und Bewertung von Geräuschen in Werkstätten und Büros mit hohen Rauschanteilen). – A-Schalleistungspegel LwA: Wichtigste Kenngröße für die Geräuschemission einer Maschine, ein Maß für die gesamte von der Maschine abgestrahlte Schalleistung P (bezogen auf eine Bezugsleistung P0 = 10–12 W). Üblicherweise bestimmt man die Schalleistung nach dem Hüllflächenverfahren: Man definiert eine, die Maschine einhüllende, Meßfläche, z. B. nach einem Quader, auf der Meßpunkte liegen. Aus den hier gemessenen 2 + 10 lg (S/S ) 2 gebildet, der auf die Meßfläche S bezogen wird: L = L A-Schalldrücken wird ein Mittelwert L pA wA pA 0 2 in dB (A), mit S0 = 1 m Bezugsfläche. – Schallspektrum: Mit Hilfe von Frequenzanalysatoren kann man die Frequenzverteilung (Schnelle oder Schalldruck) von Schwingungen und Geräuschen messen. Je nach Art des Filters unterscheidet man nach der Breite des durchgelassenen Frequenzbereichs Oktav-, Terz-, und Schmalbandfilter. Aus dem gemessenen Spektrum kann man auf die Ursachen, Erreger und Eigenfrequenzen rückschließen. Bei rotierenden Elementen findet man neben der Drehfrequenz f0 und ganzzahligen Vielfachen n · f0 noch weitere Grundfrequenzen f 0¢ , z. B. = Drehzahl ¥ Zähnezahl (Zahneingriffsfrequenz) oder Drehzahl ¥ Zylinderzahl und die dazu gehörigen Harmonischen n · f0¢. Nahe diesen Frequenzen findet man oft im Spektrum Seitenbänder aus Schwankungen der Drehzahl bzw. der Arbeitsspiele. Diesem Frequenzspektrum lassen sich die Eigenfrequenzen der Maschinenstruktur zuordnen.
Abb. 2.5. Definition schwingungs- und schalltechnischer Begriffe
– Verformungen und Beanspruchungen angeschlossener Maschinen, Maschinenteile, Fundamente, Böden. Beispiel: Erregerfrequenzen des E-Motors entsprechen Eigenfrequenzen im Getriebe. – Mindere Arbeitsqualität von Maschinen und Geräten, z.B. Werkzeugmaschinen. – Lösen von reibschlüssigen Verbindungen durch Rüttelkräfte. – Physische und psychische Belastung des Menschen durch Schwingungen (Körperschall) selber und dem von den angeregten Oberflächen abgestrahlten Luftschall, s. Abschn. 21.13.1 [2.3-4], ferner Abb. 2.6. – Geräusche: Luftdruckschwankungen und damit Luftschall können direkt durch Vorgänge in einer Maschine erzeugt werden, Beispiel: Ansaug- und Auspuffgeräusch. – Bei den meisten Maschinen sind jedoch wechselnde Betriebskräfte die Ursache. – In einer Anlage können die in einer Maschine erregten Schwingungen unter Umständen von einer anderen, angekoppelten abgestrahlt werden.
32
2 Gestaltung – Formgebung
Grenzen lt. Arbeitsstättenverordnung bei Einwirkungszeit von 8 h: 55 dB (A) 70 dB (A) 85 dB (A)
bei überwiegend geistiger Tätigkeit bei einfacher oder überwiegend mechanischer Bürotätigkeit bei sonstigen Tätigkeiten
Besondere Auswirkungen von Frequenzen ca. 0,5 Hz ca. 3 Hz
See- und Luftkrankheit Resonanz der Eingeweide und Bauchhöhle 5 Hz Resonanz der Wirbelsäule, um 5 Hz des gesamten Körpers 4… 8 Hz Resonanz des Oberkörpers und Beckens 16 Hz Resonanz des Hand-, Arm-Systems 20 Hz Resonanz des Schädels 40 … 100 Hz Resonanz des Augapfels 40… 300 (600) Hz kritische Bereiche der Haut, bei 150 … 250 Hz höchste Empfindlichkeit der Drucksensoren; Schwingungen mit Frequenzen von ca. 16 … 16 000 Hz erfaßt der Hörbereich des Menschen. Schwingungen mit 80 Hz werden von Schuhwerk und Kleidung absorbiert, mit ca. 400 Hz bewirken stärkste Schädigung des Gehörs
Abb. 2.6. Geräuschsituationen, Grenzwerte, Empfindung und Wirkung nach [2.3-8], ergänzt
Das Qualitätsmerkmal „schwingungs- und geräuscharm“ ist aber auch ein wichtiges Verkaufsargument. 2.2.1 Schwingungs- und geräuschanregende Betriebskräfte
Wechselnde Betriebskräfte verformen die belasteten Bauteile elastisch und regen dadurch die Maschinenstruktur zu mechanischen Schwingungen = Körperschall an, der dann an die Außenflächen geleitet und von dort – somit indirekt – als Luftschall abgestrahlt wird [2.3-8]. Dazu gehören Druckwechselkräfte in Verbrennungsmotoren, hydraulischen Maschinen, Rohrleitungen, usw. sowie Massenkräfte infolge von Unwuchten bei rotierenden oder hin- und hergehenden Maschinenteilen, dynamische Kräfte wie bei Zahnrädern und Wälzlagern, Stoß- und Schlagkräfte wie beim Durchlaufen von Spiel oder beim Aufsetzen von Ventilen auf die Sitzfläche, ferner auch die Kräfte beim Bearbeiten von Werkstücken (Fräsen, Drehen, usw.; Schneiden, Stanzen; ferner Schmieden, Hämmern, Nieten, Pressen).
2.2 Schwingungen und Geräusche: Körperschall, Luftschall
33
2.2.2 Abhilfemaßnahmen – allgemein
Man unterscheidet primäre Maßnahmen (diese zielen unmittelbar auf die anregenden Kräfte an der Körperschallquelle) und sekundäre Maßnahmen (diese wirken auf die Übertragung/Weiterleitung des Körperschalls an die Außenflächen sowie gegen die Abstrahlung als Luftschall). Grundregel: Maßnahmen zur Minderung von Schwingungen und Geräuschen müssen zuerst bei der leistungsstärksten Quelle ansetzen. Weniger starke Störquellen haben meist wenig Einfluß auf den Gesamtpegel. Grundlagen und Abhilfemaßnahmen gegen Getriebegeräusche s. Kap. 21 [2.3-4]. 2.2.3 Mindern der Körperschall-Entstehung
Diesen Maßnahmen sollte man Vorrang einräumen. Bei krafterregtem Körperschall eignen sich: – Kritische Betriebsbereiche (Resonanz) vermeiden, z.B. Betriebsdrehzahl, Zahnfrequenz ändern. – Eigenfrequenzen des Maschinensystems ändern: Verstimmen durch Ändern der Massen und/oder Federsteifigkeiten (z.B. Verrippung). – Kraftamplituden klein halten durch Vermeiden oder Ausgleich von Unwuchten. – Auswuchten s. Abschn. 17.10.3. – Krafteinwirkungen zeitlich dehnen. Beispiele: Zahnräder mit Schrägverzahnung, Profilkorrektur [2.3-4], Stanzwerkzeuge mit Schrägschnitt, Hobelwerkzeuge mit Drallmessern, Schienen- und Riemenverbindungen mit schrägem Stoß. – Stoßimpulse durch möglichst kleine Massen und Geschwindigkeiten begrenzen. – Spiel zwischen bewegten Maschinenteilen so klein wie möglich wählen (aber Klemmen auf jeden Fall vermeiden). Maßnahmen bei geschwindigkeitserregtem Körperschall (betroffen sind beispielsweise Ölwannen, Schutzbleche, Verkleidungen, die an krafterregten, schwingenden Teilen befestigt sind): – An den Stellen der Krafteinleitung Zusatzmassen anbringen. – Körperschallisolierung: An Stellen der Fußpunkterregung Gummioder Federelemente zwischenschalten. 2.2.4 Mindern der Körperschall-Übertragung/Weiterleitung
Der in Maschinen erzeugte Körperschall wird vom Entstehungsort im allgemeinen überwiegend direkt durch Bauteile, weniger als Flüssigkeitsoder Luftschall zu Flächen mit günstigen Abstrahlbedingungen geleitet. Die Körperschallübertragung läßt sich durch Schwingungsdämpfung mindern. – Beispiele: – Werkstoffe mit hoher innerer Dämpfung (= Verlustfaktor) verwenden, Abb. 2.7. Strukturen aus vielen miteinander verschraubten oder
34
2 Gestaltung – Formgebung
Werkstoff
Verlustfaktor
Stahl, Aluminium
0,0001
Gußeisen
0,001 … 0,002
Beton
0,05
Polyäthylen, weich (Hochdruck); Polypropylen
0,1
Stahlblech mit aufgetragenem guten Entdröhnbelag (Dickenverhältnis mind. 1 : 2)
0,1
Verbundbleche
0,1 … 0,2
typische Konstruktionsformen
Verlustfaktor unter Berücksichtigung von Trennflächenund Einspanndämpfung
Schweißkonstruktionen aus wenigen dickwandigen Metallblechen (z. B. Schiffsrumpf)
0,001… 0,002
geschraubte oder genietete Metallkonstruktionen aus vielen dickwandigen oder wenigen dünnwandigen Teilen
0,01… 0,02
geschraubte oder genietete Metallkonstruktionen aus vielen dünnwandigen Teilen
0,03
Abb. 2.7. Anhaltswerte für Verlustfaktoren einiger Werkstoffe und typischer Konstruktionsformen, bezogen auf 20°C (VDI 3720 Bl. 1)
– – – –
vernieteten Einzelteilen; wichtig ist hierbei die Schwingungsdämpfung durch Reibung an den Grenzflächen; Konstruktionen mit vielen Kontaktflächen verwenden, die Fugendämpfung überwiegt bei metallischen Maschinen die innere Dämpfung [2.3-7]. Maschinenelemente mit Gleitreibung, z.B. Gleitlager (gegenüber Wälzlagern), Schneckengetriebe (gegenüber Stirnradgetrieben). Entdröhnungsbelag. Verbundblech, meist mit Schicht aus elastischem Kunststoff zwischen zwei Blechen. Dämpfungsmaterial in besonderen Bohrungen oder Nuten.
Zwischenschalten von elastischen Elementen zwischen steife Bauteile oder Sperrmassen bewirken eine Reduzierung der Körperschall-Weiterleitung. – Beispiele: – Elastische Verbindungen (z.B. Schläuche, Kompensatoren) zwischen Rohrleitungen. – Elastische Wellenkupplungen. – Elastische Befestigung von Radkränzen auf Radnaben. – Elastische Befestigung von Hilfsaggregaten (z.B. Pumpen) an Maschinen. – Zusatzmassen unter den Federelementen bei elastischen Lagerungen.
2.2 Schwingungen und Geräusche: Körperschall, Luftschall
35
2.2.5 Mindern der Schallabstrahlung
Für das Abstrahlverhalten plattenähnlicher Strukturen ist die sog. Grenzfrequenz fg eine wichtige Kenngröße. Bei Luft als umgebendem Medium gilt nach VDI 3720 Bl. 1: fg ≈ 6,4 · 104
0 r 92 in Hz, E·h
(2.1)*
mit E Elastizitätsmodul in N/m2; r Dichte des Werkstoffes in kg/m3; h Plattendicke in m. Anhaltswerte, abhängig von Werkstoff und Wanddicke s. Abb. 2.8. Die Lage dieser Grenzfrequenz im Schallspektrum ist ausschlaggebend für die Stärke der Luftschallabstrahlung. Liegt die maßgebende Frequenz des abgestrahlten Geräuschs f unterhalb fg , kann man die Abstrahlfähigkeit durch die Konstruktion beeinflussen. – Ein von der Stärke der Körperschallanregung unabhängiger Maßstab für die Abstrahlfähigkeit ist der Abstrahlgrad s. Wenn f deutlich kleiner fg ist, wird s < 1 und für diesen Bereich gilt näherungsweise bei Luft als umgebendem Medium: 4 U f s ≈ Konstante · 3 313 <1, (2.2)* fg S
mit U Umfang in m; S Oberfläche der abstrahlenden Platte in m2. s nimmt mit kleiner werdender Frequenz f und größer werdender Grenzfrequenz fg ab, die Abstrahlfähigkeit wird damit gemindert. Oberhalb der Grenzfrequenz, d.h. f > fg , ist s ≈ 1 = konstant. Aus diesen Zusammenhängen ergeben sich Abhilfemaßnahmen.
Abb. 2.8. Anhaltswerte für die Grenzfrequenz fg bei homogenen plattenförmigen Bauteilen für eine mittlere Luftschallgeschwindigkeit c = 340 m/s (VDI 3720 Bl. 1)
36
2 Gestaltung – Formgebung
2.2.5.1 Abhilfe durch Mindern des Abstrahlgrads
– Druckausgleich: gleicher Luftdruck vor und hinter der schwingenden Wand (akustischer Kurzschluß) durch Lochblech (möglichst mit Lochflächenanteil >30%) für Deckel, Verkleidungen, usw., die nicht gleichzeitig abdichten müssen. – Grenzfrequenz zu möglichst hohen Werten verschieben, um den günstigen Frequenzbereich mit s < 1 zu erweitern. – Wenn der Schwerpunkt der Frequenz f unterhalb fg liegt, kann man den Frequenzbereich schlechter Schallabstrahlung s < 1 durch eine schwerere Ausführung mit möglichst konstanter Biegesteifigkeit erweitern. Bei Leichtbau biegeweichere Ausführung anstreben. – Weit oberhalb der Grenzfrequenz f fg helfen nur Maßnahmen, die den Körperschall in der abstrahlenden Platte mindern, z.B. dickere Wände. Weitere Maßnahmen: – Funktionstrennung: Kraftfluß aus den Betriebskräften auf einen steifen inneren Bereich beschränken, Wände mit Schutz- und Dichtfunktion mit Gummi- oder Federelementen körperschallisoliert befestigen, Abb. 2.9. – Öffnungen für Wellen, Rohrleitungen, Fugenspalten, usw. abdichten, damit kein Luftschall austreten kann oder Schalldämpfer an den Öffnungen anordnen [2.3-1]. – Innenflächen mit schallabsorbierender Beschichtung versehen, um den Luftschallpegel im Inneren abzusenken (oft betriebsbedingt nicht möglich: Ölnebel, Wärmeabfuhr). 2.2.5.2 Abhilfe durch Kapseln von Maschinen
Primärmaßnahmen im Sinne der Minderung von Schwingungen am Entstehungsort und Sekundärmaßnahmen am Übertragungspfad und bei
Abb. 2.9. Beispiele für schalldämmende Verkleidungsbleche an schwingenden Strukturen (VDI 3720 Bl. 2)
2.2 Schwingungen und Geräusche: Körperschall, Luftschall
37
Abb. 2.10. Ausführungsformen (schematisch) für Maschinenschutzverkleidungen an einer angenommenen Maschine (Kapselung) einschließlich zugehörigem A-Schalldruckpegel (VDI 3720 Bl. 2)
der Abstrahlung reichen oft nicht aus. Dann bietet sich als wirksame Sekundärmaßnahme die Kapselung an. Abbildung 2.10 zeigt an einem Beispiel, welche Schalldruckpegelsenkung durch geeignete Kapselung erreicht werden kann. Blechkapseln ohne Auskleidung ermöglichen bereits eine beachtliche Reduzierung des Abstrahlgrads, allerdings nur, wenn sie körperisolierend angekoppelt werden.
38
2 Gestaltung – Formgebung
2.3 Ergonomie Maschinen (auch Geräte und maschinentechnische Anlagen) sollen so gestaltet werden, daß der Operator 1 sie sicher sowie einfach und leicht handhaben kann; dasselbe gilt für den Benutzer (z.B. von Haushaltsgeräten). Sie sollen den Körpermaßen und -kräften sowie der Qualifikation und physiologischen Struktur des Menschen (Fachleute, Erwachsene, Kinder, Behinderte, usw. 2 ) angepaßt werden. 2.3.1 Zur Arbeits- und Umweltsicherheit 3
Hierzu sind eine Reihe von Gesetzen, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, DIN-Normen und VDI-Richtlinien zu beachten und einzuhalten. Generell gilt folgende Drei-Stufen-Methode: 1. Vorrangig sollten Maschinen so beschaffen sein, daß bei Handhabung und Benutzung keine Gefahr für Leben, Gesundheit und Umwelt auftreten kann; beispielsweise sollten bewegliche Elemente einer Maschine unerreichbar im Maschinenkörper untergebracht werden („unmittelbare Sicherheitstechnik“). 2. Wenn das nicht möglich ist, sollten besondere Schutzmaßnahmen vorgesehen werden, um die Gefahren wirkungslos zu machen („mittelbare Sicherheitstechnik“). Zu diesen Maßnahmen gehören Sicherheitsabstände, die einzuhalten sind, damit der Operator die Gefahrstelle nicht erreichen kann. Beispiele s. Abb. 2.11. – Verkleidungen, Verdeckungen, die den Operator hindern, die Gefahrenstelle zu erreichen; Beispiele: Werkzeugmaschinen arbeiten nur bei Abdeckung des Arbeitsbereichs. Sie können auch dem Schutz vor wegfliegenden Teilen dienen: Sonderverschlüsse, Plomben gegen unbefugte Eingriffe. – Umwehrungen z.B. in Form eines Schutzzaunes mit einem Sicherheitsabstand, der die Gefahrstelle unerreichbar macht und auch gegen wegfliegende Teile schützt. 3. Wenn ein Schutz auch so sinnvoll und wirtschaftlich nicht zu erreichen ist, muß man durch Hinweisschilder bzw. leicht verständliche Gebrauchs- oder Betriebsanweisungen für eine gefahrlose Handhabung sorgen. – Gefahrstellen, die man auf eine oder andere Weise sichern muß, sind Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Stoß-, Fang-, Einzug- und Auflaufstellen insbesondere an bewegten Teilen wie Zahnrad-, Ketten- und 1
2
3
Die Bezeichnung „Operator“ wird hier statt „Bediener“ (s. DIN EN 292 T1) und ,,handhaben“ statt „bedienen“ verwendet. Mangelnde Sorgfalt der Operatoren/Benutzer berücksichtigen: So wird man etwa bei Haushaltsmaschinen die Anforderungen bezüglich Sorgfalt der Handhabung und Wartung sehr niedrig ansetzen, z.B. ohne Nachschmierung der Gleitstellen auskommen müssen (z.B. Wälzlager mit Lebensdauerfüllung, Kunststofflager). Zu unterscheiden von der Bauteilsicherheit (Sicherheitsfaktoren), die die Haltbarkeit eines Bauteils gewährleisten sollen, Kap. 1.
2.3 Ergonomie
39
Abb. 2.11. Sicherheitsabstände nach DIN 31001 T1
Riemengetrieben, Kupplungen, Schwungrädern, Wellen, Walzen, Stößel usw., aber auch an ruhenden Teilen: scharfe Ecken und Kanten, rauhe Oberflächen, können zu Verletzungen führen, sollen daher entgratet, gebördelt oder eingefaßt werden. – Arbeits- und Wartungsplätze sind tritt- und stehsicher zu gestalten (Gleithemmung, evtl. Fußleisten, Geländer); Transport: schwere Maschinen und Geräte müssen mit geeigneten Anschlageinrichtungen ausgerüstet werden. Standsicherheit: Freistehende Maschinen und Geräte müssen eine stabile Gewichtsverteilung oder Befestigungsmöglichkeiten aufweisen, so daß sie nicht – etwa durch Erschütterungen oder Winddruck – fortbewegt werden können. – Fachleute sind zuzuziehen bei Gefährdung durch elektrische Energie, Schwingungen und Geräusch, chemische Reaktionen sowie radioaktive Strahlung. 2.3.2 Ergonomiegerechte Handhabung
Die Anforderungen an die Arbeitssicherheit erfassen in vielen Fällen auch die an die Arbeitsbelastung des Menschen. Darüber hinaus lassen sich Gestaltungsregeln angeben, die zum Ziel haben, die Handhabung von Maschinen zu vereinfachen, den Operator weniger zu beanspruchen, leistungsfähiger zu machen, Fehlhandlungen durch Ermüdung vermeiden zu helfen; s. Schrifttum VDI 2242 Bl. 2. – Einfache, sinnfällige (fehlgriffsichere) und bequeme Lage, Form und Bewegung der Schaltelemente. – Entspannte Stellung des Operators ermöglichen (Rückenstütze, Polsterung), durchschnittliche Körpermaße berücksichtigen, evtl. Einstellmöglichkeit vorsehen, Abb. 2.12. – Schaltelemente im leicht erreichbaren Bereich der Hände und Füße, bzw. der Anzeigeorgane in Augenhöhe ordnen; evtl. mehrere Schaltbewegungen in einem Hebel vereinigen (Einhebelsteuerung). – Schaltplan oder Schaltanweisung an den Schaltgriffen oder in deren Nähe fest anbringen.
40
2 Gestaltung – Formgebung
Abb. 2.12. Körpermaße, Statistik nach DIN 33402 Perzentil: Einteilung einer Grundgesamtheit (Normalverteilung) in 100 Abschnitte
Für die Handhabung ergonomisch günstige Bedingungen: – Mechanische Leistungsfähigkeit des Menschen berücksichtigen: Etwa 4 kW für ca. 10s; 0,7 kW für einige Minuten; 0,2 kW für Acht-StundenSchicht. Darüber sind Leistungsverstärker erforderlich (VDI 2242 Bl. 1). – Handrad drehen: Bei größerer Drehzahl Handrad mit 0,32…0,40 m Durchmesser an horizontaler Achse anordnen mit Radachse etwa 1…1,2 m über dem Boden und Handkraft etwa 200 N; für große Umfangskraft Rad an vertikaler Achse in Höhe von 0,75…1,3 m vorsehen. – Kurbel drehen: Die Kurbelachse in etwa 1 m Höhe, den Kurbelradius mit etwa 0,4 m und die Handkraft <130 N ansetzen.
2.4 Fertigung und Werkstoff
41
– Handhebel: Waagrechte Handbewegung ist günstiger als senkrechte, Handkraft <130 N, Handweg <0,75 m; für häufige Handhabung etwa halbe Maximalwerte. – Fußhebel: Fußkraft <500 N und Fußweg<18 cm; für häufige Handhabung etwa halbe Maximalwerte. – Zug an Kette. Günstig ist senkrechte Zugrichtung, Zugkraft <500 N.
2.4 Fertigung und Werkstoff Fertigungsgerechte Gestaltung geht einher mit einer auf die Fertigung abgestimmten Wahl des Werkstoffs und der Stückzahl der zu fertigenden Produkte (bzw. umgekehrt). In vielen Fällen empfehlen sich daher Vergleichsentwürfe und Vergleichskalkulationen. Abbildung 2.13 zeigt an einem einfachen Beispiel, wie sich die Gestaltung eines Bauteils der Art der Fertigung und dem Werkstoff anpassen muß, Abb. 2.14 zeigt den Einfluß der Stückzahl auf die Stückkosten desselben Bauteils. Bei Massenfertigung, d.h. bei sehr großer Stückzahl, tritt die werkstoffund zeitsparende spanlose Fertigung (Gießen, Schmieden, Walzen, Spritzen, Drücken, Ziehen) in den Vordergrund, da sich dann die Einmalkosten der hierfür erforderlichen Formstücke (Modelle, Matrizen, Gesenke) auf eine große Werkstückzahl verteilen. Hier lohnt sich auch der erhöhte Konstruktionsaufwand für eine nahezu optimale Gestaltung und eine verfeinerte Aufteilung der Konstruktion. Unter Umständen ist dann auch eine Gestaltung tragbar, die Sondereinrichtungen (besondere Werkzeuge, Meßgeräte, Vorrichtungen und Maschinen) erfordert. Bei Einzelfertigung und bei geringer Stückzahl ist häufig eine einfachere Form zweckmäßig, um mit vorhandenen Einrichtungen und ohne Formstücke und Modelle auszukommen. Hier treten geschweißte Bauteile und/oder spangebende Formgebung aus dem Vollen (Drehen, Fräsen, Hobeln, Bohren, usw.) gegenüber gegossenen, geschmiedeten
Abb. 2.13a–d. Gestaltung eines Doppelhebels gleichwertiger Funktion unterschiedlicher Herstellung
42
2 Gestaltung – Formgebung
Abb. 2.14. Herstellkosten von Doppelhebeln nach Abb. 2.13, Einfluß der Stückzahl [2.3-7]
Bauteilen in den Vordergrund. In solchen Fällen wird man auch mehr Anpaßarbeit zugunsten einer einfacheren Fertigung zulassen. Je nach Stückzahl und vorhandenen Einrichtungen wird in der Praxis ein Kompromiß zwischen beiden Extremen zu finden sein. 2.4.1 Guß-Formteile
Gießen als kürzester Weg vom Rohstoff zum Fertigprodukt 4 erlaubt eine freizügige Gestaltung der Formteile und damit eine gute Anpassung an Erfordernisse der Funktion. Im Maschinen- und Fahrzeugbau verwendet man vor allem Gußeisen mit Lamellengraphit, zunehmend auch Gußeisen mit Kugelgraphit und Aluminium, mit abnehmender Tendenz Stahlguß und Temperguß. Gießbare Werkstoffe und deren Eigenschaften s. Kap. 5. 2.4.1.1 Form- und Gießverfahren
Zur Herstellung der Form für ein Gußstück benötigt man ein Modell, das dem fertigen Bauteil in Gestalt und Abmessungen entspricht. Es ist um das Schwindmaß (s.u.) größer und weist Bearbeitungszugaben auf. Durch 4
Daneben werden durch besondere Gießverfahren auch Halbzeuge hergestellt, die durch Umformen, Trennen und Fügen weiterbearbeitet werden: Blockguß, Strangguß, Band- und Drahtguß, Folienguß, usw. [2.3-8].
2.4 Fertigung und Werkstoff
43
Abb. 2.15. Prinzip des Gießens mit geteilter Form und Vollform
Weiterentwicklung der Gießtechnik versucht man diese und damit den Aufwand für die Fertigbearbeitung durch Drehen, Fräsen, Bohren immer weiter zu verringern. Man unterscheidet Verfahren mit verlorenen (nur einmal nutzbaren) Modellen und solche mit Dauermodellen, Abb. 2.15. Die Anwendung richtet sich nach der Stückzahl der Gußteile: Mit einem (teuren) Dauermodell können viele verlorene (nur einmal nutzbare) Formen hergestellt werden, mit einem (billigeren) verlorenen Modell nur eine verlorene (einmal nutzbare) Form. In der Serienfertigung arbeitet man auch mit Dauerformen (ohne Modell). Der metallische Werkstoff wird als Schmelze in die Form eingefüllt, meist bei Umgebungsdruck unter dem Einfluß der Schwerkraft oder unter erhöhtem Druck oder durch Zentrifugalkraft. Besonderheiten und Hinweise zur Wahl des Form- und Gießverfahrens s. Abb. 2.16 und [2.3-8]. 2.4.1.2 Gießvorgang
Beim Abkühlen der Schmelze nimmt die Dichte der Metalle zu, das Volumen nimmt ab. Dabei sind zwei Phasen zu unterscheiden: – Schrumpfen bei der Umwandlung des flüssigen Zustands in den festen. Der Erstarrungsprozess schreitet fort von außen nach innen und vom
44
2 Gestaltung – Formgebung
Gußeisen mit Lamellengraphit Temperguß (Stahlguß)
Al-Leg.
Mg-Leg.
Zn-Leg.
Messing
Sandguß Wanddicke (mm) Erreichbare Maßgenauigkeit (mm) ±
3 (5) 1
3,5 0,8
3,5 0,8
3,5 0,8
3,5 1
Kokillenguß Wanddicke (mm) Erreichbare Maßgenauigkeit (mm) ± Mindest-Stückzahl Stückgröße bis (kg)
3 0,2 – –
3 0,2 … 0,3 200 50
3 0,2 … 0,3 200 50
3 0,2 … 0,3 200 50
3 – 200 50
Druckguß Wanddicke (mm) Erreichbare Maßgenauigkeit (mm) ±
– –
0,8 … 3 0,03 … 0,1
0,8 … 3 0,02 … 0,1
0,5 . .. 3 0,02 … 0,1
1…3 0,15 … 0,3
Mindest-Stückzahl Stückgröße bis (kg)
– –
500 10
500 10
500 20
500 25
Für eingegossene Bohrung: Durchmesser D (mm) Tiefe L (durchgehend) Tiefe L (nicht durchgehend) Verjüngung in % von L
– – – –
2 3D 2D 0,4 … 0,8
2 4D 3D 0,3 … 0,4
0,5 8D 4D 0,2 … 0,4
4 3D 2D 1,0 … 2,0
Abb. 2.16. Anwendungsbereich der Gießverfahren: Abmessungen und Werkstoffe der Gußteile
dünnen zum dicken Querschnitt. Ausreichend große, evtl. mehrere, Eingußstellen (Speiser) und Nachsaugstellen (Steiger) sind erforderlich, damit genügend Material nachfließen kann. Nach dem Abkühlen werden Speiser und Steiger als „verlorene Köpfe“ abgetrennt und Gußgrate entfernt. Der noch anhaftende Formstoff wird in rotierenden Putztrommeln oder durch Putzstrahlen beseitigt. – Schwinden im festen Zustand (lineare Schwindung). Diese sog. Festschwindung ist durch ein entsprechendes Aufmaß (Schwindmaß) zu berücksichtigen. Richtwerte s. Abb. 2.17. Man sieht: die hier ebenfalls angegebenen möglichen Schwankungsbreiten sind beachtlich. Sie ergeben sich aus Schwindungsbehinderung durch Rippen, Vorsprünge, sowie Kerne und Formpartien unterschiedlicher Steifigkeit; Vorsicht ist also geboten, Erfahrung nutzen! Bei kleinen Gußstücken liegt das Schwindmaß meist innerhalb der zulässigen Freimaßtoleranzen oder kann durch Bearbeitungszugaben aufgefangen werden. Bei unzweckmäßig gestalteten großen Gußstücken besteht die Gefahr, daß behinderte Schwindung zu hohen Eigenspannungen führt und als Folge zu Verzug, Verkürzungen, evtl. Rissen. Folgende Maßnahmen sind geeignet, den aus dem Gießvorgang resultierenden Gefahren zu begegnen (Es empfiehlt sich jedoch, Entwürfe von komplizierten Gußteilen mit einem Gießereifachmann zu besprechen.):
2.4 Fertigung und Werkstoff
Gußwerkstoff
Gußeisen mit Lamellengraphit mit Kugelgraphit, ungeglüht mit Kugelgraphit, geglüht Stahlguß Manganhartstahl Temperguß (weiß) Temperguß (schwarz) Aluminium-Gußlegierungen Magnesium-Gußlegierungen Kupferguß (Elektrolyt) Guß-CuSn-Legierungen (Gußbronzen) Guß-CuSn-Zn-Legierungen (Rotguß) Guß-CuZn-Legierungen (Gußmessing) G-CuZn(Mn, Fe, Al-Legierungen) (Guß-Sondermessinge) G-CuAl(Ni, Fe, Mn-Legierungen) (Guß-Aluminium- und Guß-MehrstoffAluminiumbronzen) Zinkguß-Legierungen Weißmetall (Pb, Sn)
45
Richtwert %
Mögliche Schwankungsbreite %
1,0 1,2 0,5 2,0 2,3 1,6 0,5 1,2 1,2 1,9 1,5
0,5...1,3 0,8...2,0 0,0...0,8 1,5...2,5 2,3...2,8 1,0...2,0 0,0...1,5 0,8...1,5 1,0...1,5 1,5...2,1 0,8...2,0
1,3
0,8...1,6
1,2
0,8...1,8
2,0
1,8...2,3
2,1
1,9...2,3
1,3 0,5
1,1...1,5 0,4...0,6
Abb. 2.17. Anhaltswerte für die lineare Schwindung von Gußteilen [2.3-8]
– Gerichtete (gelenkte) Erstarrung: Die Erstarrung der Schmelze soll an der dem Speiser gegenüberliegenden Stelle beginnen und zum Speiser hin fortschreiten. Dadurch kann immer wieder Schmelze von der Eingußstelle her nachfließen, so daß Lunkerbildung vermieden wird, Abb. 2.18, Hilfsmittel: Heuverssche Kreise (Abb. 2.19). – Möglichst geringe Wanddickenunterschiede anstreben. Materialanhäufungen führen zu verzögerter Erstarrung der Schmelze, d.h. Gefahr von Lunkern, sowie behinderter Schwindung, d.h. Eigenspannungen. Man beachte: Risse und Brüche treten oft erst bei der spanabhebenden Bearbeitung auf, d.h. wenn der Eigenspannungszustand sich ändert. Sind größere Querschnittssprünge funktionell erforderlich, kann die Abkühlung an diesen Stellen durch Kühlplatten beschleunigt werden. Durch Spannungsarmglühen können Eigenspannungen nachträglich gemindert werden. – Geometrisch einfache Gestalt des Gußteils erleichtert die Herstellung der Gußform, die möglichst in zweiteiligem Kasten eingeformt werden sollte; Teilebene in Längsrichtung des Modells legen. – Durch Aushebeschrägen läßt sich das Modell und das Gußteil leichter aus der Form herausheben, Richtwerte: bis 1: 100 bei Kokillen- und Spritzguß, bis 1: 50 bei hohen Flächen, bis 1: 3 bei niedrigen Augen, usw.
46
2 Gestaltung – Formgebung
Abb. 2.18a, b. Erstarrungsverlauf in einer Platte, a gleichzeitige Erstarrung der Mittelzone B führt zu einem Mittellinienlunker, b gießtechnische Möglichkeiten zu gelenkter Erstarrung und dichtem Gefüge [2.3-3]
Abb. 2.19a, b. Beurteilung der Querschnittsgestaltung nach der Methode der Heuversschen Kreise, a ungünstig, b günstig
Man beachte: Hinterschneidungen sind grundsätzlich möglich (Kerne), verteuern und komplizieren jedoch die Gußform, d.h. sie sind nach Möglichkeit zu vermeiden. – Hohlräume so gestalten, daß sich Kerne vermeiden lassen. Notwendige Kerne sollen einfache, leicht herstellbare Form aufweisen, fest und steif sein, ausreichende Aufstands- oder Abstützfläche haben und ohne besondere Kernstützen in der Gußform fixiert werden können, Abb. 2.20.
2.4 Fertigung und Werkstoff
47
Abb. 2.20a, b. Abstützung von Kernen, a schlecht, b besser
–
–
– –
– –
–
Anhaltswerte: Kerndurchmesser/Kernlänge <1/10; Wanddicke/Kernlänge >1/50. Der Teil des Gußstücks, der beim Gießen oben liegt, hat durch Verdrängung der Luft aus der Form (sog. Entgasung) ein undichteres Gefüge als der unten liegende. Deshalb: Die Seite des Gußstücks, die funktionell ein besonders dichtes Gefüge haben soll, nach unten legen. Geneigte Flächen erleichtern die Abwanderung der Luft nach oben (zu den Steigern), Abb. 2.18b. Zu bearbeitende Flächen in parallel oder senkrecht zueinander stehende Ebenen legen; dicht nebeneinander liegende Bearbeitungsflächen zusammenfassen.Ansenkungen für Bohrungen mitgießen; beim schrägen Durchbohren von Wänden für senkrechten Bohreraufstand sorgen; s. Abb. 2.31. Versteifungsrippen dünner als die Wände ausführen (elastischer Spannungsausgleich mindert die Rißgefahr). Bereiche des Gußstücks, an die besondere Anforderungen gestellt werden, wie Dichte, porenfeie oder glatte Oberfläche oder höhere Festigkeit auf der Zeichnung vermerken. Dann können Modellmacher und Gießer entsprechende Vorkehrungen treffen. Bei Temperguß ist wegen des Durchtemperns auf eine gleichmäßige Wanddicke von etwa 3…8 mm zu achten (Abb. 2.21). Leichtmetall-Guß, z.B. Silumin (Aluminium-Silizium-Legierung), ist dünnflüssiger, weist gegenüber Gußeisen mit Lamellengraphit eine höhere Warmzähigkeit auf, eignet sich daher auch für komplizierte Teile als Kokillenguß (z.B. Leichtmetall-Motorenblöcke), auch für dünne Wände. Bei Leichtmetall-Gußteilen ist besonders auf gleiche Dicke, ausreichend verrippte, große Ausrundungshalbmesser und Trägheitsmomente der Querschnitte zu achten. Wegen der geringeren Härte und Festigkeit ist eine gleichmäßige Kraftverteilung wichtig, z.B. an Verbindungsstellen sind mehr Schrauben und größere Auflageflächen vorzusehen. Bei Großserienfertigung können auch Guß/Schweiß-Verbundkonstruktionen wirtschaftlich sein (Schweißeignung der Werkstoffe vorausgesetzt).
Abb. 2.21a, b. Gestaltung eines Tempergußbauteils, a schlecht, b besser
48
2 Gestaltung – Formgebung
2.4.2 Schmiedeformteile
Das Rohteil (Block, Stange, Halbzeug, auch Gußstück aus geeignetem Werkstoff) wird durch Umformen, d.h. Hämmern, Recken oder Stauchen zum weitgehend fertigen Werkstück 5. Schmiedeteile lassen sich lunker- und porenfrei mit dichtem homogenem Gefüge herstellen. Bei schmiedbarem Werkstoff erreicht man durch geeignete Gestaltung einen der Form folgenden Faserverlauf und damit eine höhere Festigkeit und Zähigkeit gegenüber Gußteilen. Werkstoffe: Geeignet sind alle knetbaren Eisen- und Nichteisenmetalle, besonders gut schmiedbar sind unlegierte und legierte Bau- und Werkzeugstähle. NE-Metalle eignen sich besonders für die Herstellung von Rohrelementen beliebiger Gestalt, Dosen, Kapseln usw. durch Kaltfließpressen. Nach der erreichbaren Genauigkeit unterscheidet man: Normales Gesenkschmieden mit Maßgenauigkeit IT 12…16 und Genauschmieden im geschlossenen Gesenk, meist mit Umformen im Halbwarmbereich, bei Stahl 600…900 °C. Durch die höhere Maßgenauigkeit beim Genauschmieden – IT 9…11 – ist weniger spanende Fertigbearbeitung erforderlich. 2.4.2.1 Schmiedeverfahren
Nach dem meist angewendeten Warmschmieden (Temperatur bei Stahl 850…1250 °C) bleibt keine Verfestigung zurück. – Durch Kaltschmieden können kleine Formteile bei Raumtemperatur geschmiedet werden. – Das Rohteil wird vom Halbzeug durch Abscheren, Sägen oder Abstechdrehen abgetrennt und ggf. auf Schmiedetemperatur erwärmt. Danach folgt die plastische Verformung entweder ohne oder mit einer dem Bauteil entsprechenden Form (= Gesenk). Freiformschmieden: Hämmern oder Pressen, in der Regel für Einzel- und Kleinserienfertigung von Bauteilen mit 1 kg bis 350 t Gewicht. Meist ist spanende Fertigbearbeitung erforderlich. Gesenkschmieden: Das Gesenk (aus legiertem Warmarbeitsstahl) entspricht der Gießform mit mehreren Zwischenformen. Das Verfahren eignet sich für kleine bis mittelgroße Werkstücke, ist wegen der teuren Gesenke jedoch nur für große Stückzahlen geeignet. Stauchen: ist ein Grundverfahren des Schmiedens, meist als Kaltstauchen ausgeführt z.B. zum Anstauchen von Schraubenköpfen. Pulverschmieden: Präzisionsschmieden mit einem Rohling aus gesintertem Metallpulver mit den Eigenschaften des Sintermetalls, Kap. 5. Präzisionsschmieden: (z.B. unter Schutzgas, mit genauer Temperaturführung) ermöglicht Herstellung sehr genauer, einbaufertiger Werkstücke mit komplizierter Form (z.B. einbaufertig geschmiedete Kegelräder). 5
Daneben werden durch Strangpressen Drähte, profilierte Stangen und Rohre aus Stahl-, Cu-, Al-, Mg- und Zn-Blöcken hergestellt.
2.4 Fertigung und Werkstoff
49
2.4.2.2 Gestaltungsregeln
Freiformschmieden: Möglichst einfache Formen mit gerader Begrenzung wählen (Abb. 2.13), keine runden Augen; schroffe Querschnittsübergänge, steile Abschrägungen und kegelige Flächen sowie Stauchungen, d.h. örtliche Verdickungen vermeiden; komplizierte Werkstücke unterteilen. Gesenkschmieden: Möglichst ebene Teilfuge und gleichmäßige Volumenverteilung zwischen Ober- und Untergesenk wählen; die Gratnaht ist dann leichter zu entfernen, die Belastung verteilt sich gleichmäßig auf beide Gesamtteile. Große Radien für Rundungen und Hohlkehlen erleichtern den Fließvorgang. Aushebeschrägen, je nach Verfahren 1:50 bis 1:6, vorsehen, um das Schmiedeteil leicht aus dem Gesenk lösen zu können. Richtwerte s. [2.3-6]. Komplizierte Teile, auch mit Hinterschneidungen, lassen sich erzeugen durch Hintereinanderschalten von mehreren Teilgesenken. Sollen Schmiedestücke spanabhebend weiterbearbeitet werden, Spannund Anlageflächen für die spanabhebende Endbearbeitung vorsehen. 2.4.3 Blechteile und Rohre
Mit Hilfe von ebenen und räumlichen Blechkonstruktionen lassen sich viele Formen ausführen. Durch geeignete Gestaltung erreicht man hohe Tragfähigkeit, Festigkeit und Steifigkeit, bei geringem Gewicht, hoher Oberflächengüte und Maßhaltigkeit (gegenüber Guß- und Schmiedekonstruktionen). Herstellung durch Schneiden, Ausbrennen, Lochen, Stanzen, Biegen, Abkanten, Rollen, Pressen, Ziehen und Drücken. Gestaltung: Abfall klein halten durch günstige Blechaufteilung, Abfallstücke für Kleinteile verwenden, geometrische Gesetze für lückenlos aneinander schließende Flachteile s. [2.3-2]. Größere Blechflächen durch eingepreßte Hohlrippen (sog. „Sicken“) versteifen. Sickenhalbmesser etwa 2…3 mal Blechdicke. Sicken an hochbeanspruchten Stellen nicht kreuzen lassen. Anhaltswerte für die Berechnung und Gestaltung gebogener und abgekanteter Blechteile s. Abb. 2.22, 2.23, Empfehlungen für die Gestaltung von topfartigen Tiefziehteilen s. Abb. 2.24.
Bruchdehnung A5 ≥ 20 %
r ≈ 1,25 · t
Bruchdehnung A5 ≥ 15 %
r≈ 2·t
Gestreckte Länge L = L1 + L2 – v für Biegewinkel 90° gilt: v = 1,48 · t + 0,43 · r für beliebige Biegewinkel siehe DIN 6935
Abb. 2.22. Biegeradien und gestreckte Längen von Stahlblechen
50
2 Gestaltung – Formgebung
Bruchgefahr bei zu scharfkantigem Biegen. Ausführung A nur mittels teurer Sonderwerkzeuge möglich.
Festigkeitsminderung durch zu scharfkantiges Zudrücken des gefalteten Bereichs über die ganze Fläche.
Zu große Biegehalbmesser erhöhen die Rückfederung.
Biegeschenkelbreite b1 zu klein.
Abb. 2.23. Gestaltung von gebogenen Blechteilen
Ziehkantenrundungen ra zu groß. Bodenkantenrundung rb zu klein. Niederhaltefläche ist beim Anschlag (= 1. Zug) gerade, beim Weiterschlag schräg zu gestalten. Durchmesserverhältnis D/d beachten.
Rund oder kurvenförmig verlaufende Zargen und Böden sind teurer als zylindrische Napfformen. Unterschnittene oder ausgebauchte Ziehteile bedingen hohe Werkzeugkosten (hydraulische Ziehkissen, Gummipolster usw.) Höhe h des angezogenen Stutzens zu hoch.
Abb. 2.24. Gestaltung von gezogenen Blechteilen
schräge Wände: bei Stahl: min 1 : 6 NE-Metalle: min 1 : 10
2.4 Fertigung und Werkstoff
51
Abb. 2.25a–d. Verbinden von Blechteilen durch, a Falzen, b Bördeln, c Lappen, d Schachteln
Biegehalbmesser von Rohren (Wanddicke t) bezogen auf Rohrmitte r ≥ 3 · t – notfalls 2 · t – ausführen. Eine kleine Ausrundung an der Werkzeug-Biegekante ist notwendig, sonst besteht Rißgefahr, insbesondere beim Biegen um 180°. Fügen und Verbinden von Blechteilen ist oft ohne Zusatz durch Lappen, Bördeln, Falzen, Schachteln oder Sicken möglich, Abb. 2.25; ferner durch Nieten, Schrauben, Schweißen, Löten oder Kleben (Kap. 7…10). 2.4.4 Preß- und Spitzgußteile aus Kunststoffen
Für den Maschinenbau wichtige Konstruktionswerkstoffe sind Thermoplaste, Duroplaste, Elastomere und Faserverbund-Kunststoffe, Kap. 5. Entsprechend den unterschiedlichen Eigenschaften und Verarbeitungsmethoden gelten auch unterschiedliche Gestaltungsregeln für die Bauteile. Beispiele: a) Spritzgußteile aus Thermoplasten: – Gleichmäßige Wanddicken anstreben, um innere Spannungen, Lunker und Einfallstellen zu vermeiden, Abb. 2.26. Wanddicken und Aushebeschrägen s. Abb. 2.27. – Ecken und Kanten abrunden, um Fließen der Formmasse zu erreichen. – Rund-, Trapez- und Sägengewinde sind besser geeignet als Spitzgewinde; möglichst grobe Gewinde wählen. – Hinterschneidungen und damit Einschübe und Kerne vermeiden, dies gilt auch für Innengewinde.
Abb. 2.26a, b. Gestaltung von Spritzgußteilen, a schlecht, b besser [2.3-5]
52
2 Gestaltung – Formgebung Abb. 2.27. Mindest-Wanddicke D und Mindest-Aushebeschräge S für Kunststoff-Formteile. 1: D abhängig vom Fließweg W bei Spritzgußteilen, 2: D abhängig von Preßteilhöhe H bei kasten- und kappenförmigen Preßteilen aus leicht fließenden Phenolpreßmassen, 3: S abhängig von Wandhöhe H in Preßrichtung
b) Tiefziehteile allgemein [2.3-5]: – Krasse Übergänge bei den Formteilkonturen vermeiden. – Die Kantenradien sollen kleiner sein als die zweifache Dicke der ursprünglichen Platten. – Die Radien an Stellen hoher Beanspruchung sollen mindestens das zehnfache der geforderten Mindestwanddicke des Fertigteils betragen. – Radien an Rippen und Rundungen sollen nicht kleiner sein als die geforderte Mindestwanddicke des Fertigteils. c) Bauteile aus Faserverbund-Kunststoffen: – Bei hochbelasteten Bauteilen (z.B. Hubschrauberflügel, Druckrohre) Fasern in Richtung der Normalspannungen legen. – Gleichmäßige Wanddicken anstreben, min. 1 mm, um die Form sicher auszufüllen und Fasern sicher einzubetten, max. 10 mm, um Eigenspannungen, Verzug und Risse zu vermeiden. – Rippen mit großer Ausrundung anschließen, um Fasern beanspruchungsgerecht umzulenken. – Aushebeschrägen vorsehen, um Ausformen zu erleichtern. – Biegeweiche Flächen durch Verrippen, Wölben oder Profilieren versteifen, um Auswirkungen des kleinen Elastizitätsmoduls (4000… 4500 N/mm2) auszugleichen. – Eingelegte Metallteile durch Nuten, Kerben oder Rillen gegen Verdrehen oder Herausziehen sichern, gegen Verschieben während des Pressens fixieren und mit genügend Preßmasse einfassen. 2.4.5 Spanabhebend bearbeitete Teile
Funktionsflächen müssen in der erforderlichen Genauigkeit und Oberflächengüte mit einem Minimum von Kosten bearbeitet werden. Man bevorzugt daher Bauteilformen, die kürzere Zeiten für das Aufspannen, Bearbeiten und Messen des Werkstücks ermöglichen, sowie geringe Maschinen- und Vorrichtungskosten erfordern. Hinweise hierzu bieten die nachfolgend aufgeführten Regeln.
2.4 Fertigung und Werkstoff
53
Abb. 2.29
Abb. 2.28
Abb. 2.28a–c. Lage der Arbeitsflächen, a schlecht, b und c besser, b bearbeitete Fläche in einer Höhe, c fertig bearbeitete Buchsen eingesetzt Abb. 2.29. Deckel mit angegossenen Nasen (1) zum Einspannen und Fertigbearbeiten in einer Aufspannung
2.4.5.1 Arbeitsflächen
– Ebene- oder Dreh-Flächen (parallel oder senkrecht zur Aufspannfläche) sind am einfachsten zu bearbeiten. – Vorstehende Leisten und Augen sind billiger zu bearbeiten als ganze Flächen (Abb. 2.28). – In einer Höhe liegende Arbeitsflächen (Abb. 2.28) erleichtern die Einstellung der Fräsmaschine. – In einer Aufspannung, also von einer Seite her bearbeitbare Flächen erfordern kein Umspannen, sind daher billiger und genauer in ihrer Lage zueinander herzustellen. Für die Aufnahme des Werkstücks in der Werkzeugmaschine gegebenfalls besondere Anlageflächen, Spannlöcher, Nasen (Abb. 2.29) o.ä. vorsehen. – Den Auslauf des Werkzeugs nicht behindern und die zu bearbeitenden Leisten und Augen genügend weit vorziehen und Auflage- (= zu bearbeitende) Fläche klein halten, Abb. 2.30. – Nichttangierende Abrundungen sind einfacher zu erzeugen. 2.4.5.2 Bohrungen und Durchbrüche
– Vorhandene Bohrer und Kernlochbohrer bevorzugen; hierzu gehören auch Bohrer mit nicht ganzzahligen Durchmessern. Dasselbe gilt für Reibahlen und Lehren. Einheitssysteme bevorzugen, Kap. 6. – Bei Schräglöchern Ansatzflächen senkrecht zur Bohrrichtung vorstehen lassen oder ansenken, Abb. 2.31. – Durchgehende Bohrungen sind billiger zu bohren, zu reiben und zu messen als abgesetzte oder Sacklöcher. Absätze oder Anlageflächen gegebenfalls durch Sprengringe oder eingesetzte Buchsen schaffen. – Falls Sacklöcher erforderlich, möglichst Bohrspitze zulassen und nur so tief wie notwendig tolerieren, Abb. 2.32.
54
2 Gestaltung – Formgebung
Abb. 2.30a, b. Gestaltung für optimale Bearbeitung, a ungünstig, b günstig
Abb. 2.31a–c. Gestaltung von Gußwänden mit ,,Schräglöchern“, a ungünstig, b und c besser
Abb. 2.32a–c. Ausführung von Sacklöchern, a teuer, b billiger, c am billigsten
Abb. 2.33a, b. Lage von Eindrehungen, a an Innenflächen teurer als b an Außenflächen
2.4 Fertigung und Werkstoff
55
Abb. 2.34a–c. Zentrierung einer Führungsbuchse, a durch Gewinde: falsch, b und c durch zylindrischen Sitz, c am billigsten
Abb. 2.35. Gewinde-Nachstellung durch Gewindebuchse und Paßscheibe
– Räumnadeln sind teuer; einfache symmetrische Profile bevorzugen. Durchbrüche müssen für den Durchzug beidseitig offen sein. – Eindrehungen an Bohrungen (Innenflächen) sind teurer als an Wellen (Außenflächen), jedoch Bauteilschwächung beachten! Abb. 2.33. 2.4.5.3 Gewinde und Zentrierungen
– Gewinde zentrieren nicht; Lösungen s. Abb. 2.34. – Gewinde ohne Spiel ist teuer,Axialspiel besser durch eine Nachstell-Gewindebuchse ausgleichen, Abb. 2.35. 2.4.5.4 Oberflächengüte und Toleranzen
– Die erforderliche Oberflächengüte wird von der Funktion bestimmt; Lauf- und Dichtungsflächen müssen fein bearbeitet werden (feingeschlichtet bzw. -geschliffen, poliert bzw. geläppt); ruhend belastete Flächen werden geschlichtet, oft nur geschruppt, freie Flächen möglichst unbearbeitet lassen. – Maßtoleranzen nur so eng vorschreiben, wie es die Funktion erfordert. Auf gute Meßbarkeit achten. Möglichkeiten der elastischen oder plastischen Anpassung bei Vergrößerung der zulässigen Maßtoleranz überlegen. – Anpaßarbeiten sind teuer. Trotzdem wird man sie vorsehen, wenn hierdurch enge Toleranzen oder Sondervorrichtungen vermieden werden, z.B. bei „Kettentoleranzen“, bei Kegel- und Schneckenrädern zur Einstellung des richtigen Zahntragbilds (mittels Paßscheiben oder Gewinde). – Gleitstellen: Ist hier die Werkstoffpaarung, Oberflächengüte, Passung und Schmierung einwandfrei? Bei Verschleiß für Nachstellung oder leichte Auswechslung sorgen.
56
2 Gestaltung – Formgebung
2.5 Montagegerechte Gestaltung Gefordert sind: montagegerechte Baustruktur sowie montagegerechte Gestaltung der Bauelemente und Fügestellen. Dazu sind möglichst viele gleichartige Bauteile und Baugruppen gleichartiger Funktion zu verwenden; dieses „Baukastenprinzip“ ermöglicht Vorteile einer serienmäßigen Fertigung. Das Produkt sollte in separat montierbare Baugruppen gegliedert werden, die ihrerseits parallel (gleichzeitig) montiert werden können. Möglichst wenige, einfache Montageoperationen sollten ausreichen, ihre Folge sollte sich zwangsläufig ergeben. – Aus diesen Forderungen ergeben sich eine Reihe von Maßnahmen. Diese gelten im Hinblick auf verschiedene Teiloperationen, die immer oder nur teilweise, auch unterschiedlich oft und in unterschiedlichen Reihenfolgen anfallen [2.3-8]. Werkstücke lagern und speichern: Dazu sind ausreichende Auflageflächen erforderlich. Die Konturen sollten eine platzsparende Lagerung gestatten und die Einbaulage deutlich erkennen lassen, z.B. symmetrisch für beliebigen Einbau oder eindeutig erkennbar unsymmetrisch. Werkstücke handhaben: Die Teile sollen sich deutlich unterscheiden, um Verwechslungen zu vermeiden. Einwandfreie, sichere, direkt erreichbare Griffflächen schaffen, besonders wichtig bei automatischer Montage. Erkenntnisse der Ergonomie und der Arbeitssicherheit (Abschn. 2.3) berücksichtigen. Werkstücke positionieren: Wie oben erwähnt, sind auch hierfür symmetrische Bauteile vorteilhaft; unsymmetrische Ausführung soll deutlich erkennbar sein; selbsttätiges Ausrichten der Fügeteile erzwingen oder einstellbare Verbindungen vorsehen. Werkstücke fügen: Für Fügestellen, die oft zu lösen sind, leicht lösbare Verbindungen vorsehen; entsprechend kann man für Fügestellen, die nach der Montage selten oder nicht mehr gelöst werden müssen, schwer lösbare (d.h. sehr sichere) Verbindungen wählen, s.u. Möglichst gleichzeitig positionieren und verbinden. – Um möglichst grobe Toleranzen zulassen zu können, federnde Zwischenelemente, Ausgleichstücke oder Einstellmöglichkeit vorsehen. Nacharbeit zum Anpassen vermeiden. Fügestellen sollten einfach und direkt für Montagewerkzeuge zugänglich sein und Sichtkontrolle gestatten. Fügeoperationen nicht gleichzeitig ausführen, sondern zeitlich nacheinander. Fügestellen sichern: Ungewolltes Lösen verhindern, selbstsichernde Verbindungen wählen oder form- bzw. stoffschlüssige Sicherungselemente, die leicht zu montieren sind. Kontrollieren der montierten Baugruppe: Die für die Funktion wichtigen Maße müssen sich einfach nachprüfen lassen; Kontroll-, Einstell- oderAnpaßarbeiten müssen möglich sein, ohne bereits montierte Teile auszubauen.
2.6 Inspektion, Wartung, Instandhaltung (DIN 31051)
57
2.6 Inspektion, Wartung, Instandhaltung (DIN 31 051) Alle bisher genannten Gestaltungsregeln wirken auch im Sinne einfacher, sicherer und kostengünstiger Inspektion, Wartung und Instandhaltung. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen gegen Verschleiß und Korrosion, für bauteilgerechte Montage und zum Schutz gegen Überlastung. Speziell aus der Forderung nach einfacher Instandhaltung ergeben sich eine Reihe von Regeln: – Steckbare, ohne Spezialwerkzeug lösbare Verbindungen verwenden, möglichst standardisierte Schnellverschlüsse. Ausreichend Platz für Prüfgeräteanschluß vorsehen. Bei elektrischen/elektronischen Geräten alle Metallteile erden. – Bei der Leitungs- und Kabelführung Ecken und enge Radien vermeiden. Leitungen und Kabel durch ausreichend breite Schellen oder andere Befestigungsmittel in regelmäßigen Abständen befestigen und gegen bewegliche Teile schützen. Reservekabel in Kabelbäumen vorsehen. – Ausreichend dimensionierte und gegen Wegfallen gesicherte Schaulochdeckel, Zugangsdeckel, Klappen und Türen vorsehen. Deckel und Türen sollten sich mindestens um 100°, besser um 180° schwenken lassen. Durchsichtige Deckel, Klappen und Türen erleichtern die Kontrolle. Öffnungen für Endoskope sollten mindestens 20 mm haben. – Steckverbindungen sollten unverwechselbar und von Hand ohne Werkzeug lösbar sein sowie vor Schutz und Feuchtigkeit geschützt werden. Reservestifte in Steckern vorsehen. – Betriebsstoff-Nachfüllstellen und Entsorgungsablässe sollen gut zugänglich sein; sie sind eindeutig zu kennzeichnen. Böden von Flüssigkeitsbehältern sollen zur Abschlußöffnung hin geneigt sein. Spänefallbereiche von allen empfindlichen Baugruppen und Bauelementen (Motoren, Lüfter) sicher trennen. Wichtige Filter in Öl- und sonstigen Flüssigkeitsleitungen als Doppelfilter ausführen, so daß bei Filterwechsel kein Betrieb ohne Filter möglich ist. – Entlüftung vorsehen, wo Überdruck entstehen kann, s. z. B. Abschn. 2.2.2 [2.3-4]. – Gut zugängliche und gekennzeichnete Prüfpunkte und eindeutige Betriebszustands-Kontrollgeräte sollen gut sichtbar und zugänglich, Meßinstrumente ohne Ausbau kalibrierbar sein. – Leitungen, Kabel, Abgleichelemente, Stecker, Buchsen, Klemmen usw. deutlich, sowie verschleiß- und verschmutzungssicher kennzeichnen; Maschinenteile, Baugruppen und Bauelemente nach DIN 30600 gut sichtbar kennzeichnen. – Empfindliche Geräte und Baugruppen durch leicht lösbare Abdekkungen schützen. Diese sollten so ausgeführt und angeordnet werden, daß sie bei Montage-/Demontage-Arbeiten oder Inspektionen nicht wegfallen können (z.B. Mannlochdeckel mit Scharnier).
58
2 Gestaltung – Formgebung
2.7 Recycling Bereits bei der Produktplanung ist zu entscheiden, ob es sinnvoll ist, eine lange Lebensdauer anzustreben oder ob – im Hinblick auf einen Wandel der Anforderungen oder der technischen Entwicklung – eine kürzere Nutzungszeit vorteilhaft ist. Besonders im letztgenannten Fall muß man bereits bei der Gestaltung die Anforderungen berücksichtigen, die sich im Hinblick auf eine erneute Nutzung nach der eigentlichen Nutzungsphase ergeben. Hierfür bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, geordnet nach ihrer Rangordnung/Wertigkeit. 2.7.1 Recycling-Verfahren
Wiederverwendung: Das gebrauchte Produkt wird für den gleichen Zweck wie vorher wieder verwendet, ohne Aufarbeitung (z.B. Nachfüllverpackung) oder mit Aufarbeitung (z.B. Kfz-Austauschmotor, Reparatur). Weiterverwendung: Das gebrauchte Produkt wird für einen anderen Zweck als ursprünglich verwendet, ohne Veränderung (z.B. Einkaufstüte als Müllbeutel) oder mit Umarbeitung, Reinigung o.ä. (z.B. Senfglas als Trinkbecher). Die neue Funktion muß bereits bei der Gestaltung des Primärprodukts berücksichtigt werden. Wiederverwertung: Die Bauteile aus unterschiedlichen Werkstoffen werden durch Lösen der Verbindungen voneinander getrennt. Nicht lösbare Verbindungen können durch Schreddern zerstört werden. Stahlelemente werden magnetisch oder von Hand separiert. Nichteisenmetalle werden durch eine Schwimm-Sink-Anlage getrennt bzw. durch Abschmelzen wiedergewonnen. Gläser können aus Scherben durch Umschmelzen, manche Kunststoffe durch chemisches Recycling in ihrer Ursprungsform rückgewonnen werden. Gummi läßt sich in Zementöfen verbrennen. Stanzabfälle können für kleine Stanzteile genutzt oder, ebenso wie Drehspäne und Angüsse von Gußteilen unmittelbar der Erschmelzung wieder zugeführt werden. Weiterverwertung: Auch Bauteile aus Werkstoffen, die sich für die Wiederverwertung nicht eignen, können ebenfalls mit den oben beschriebenen Methoden voneinander getrennt werden. Durch einen gesonderten Produktionsprozeß lassen sich manche Werkstoffe in ähnlicher Qualität direkt rückgewinnen oder in Werkstoffe mit anderen Eigenschaften (Sekundärwerkstoffe) umwandeln. Duroplaste und Elastomere lassen sich zermahlen, die Partikel als Zusatz zu Primärkunststoffen verwenden. 2.7.2 Gestaltung recyclinggerechter Produkte nach VDI 2243
Hierfür und damit im weiteren Sinne für die Gestaltung wirtschaftlicher Produkte ergeben sich aus den o.g. Überlegungen Regeln für den
2.7 Recycling
59
Abb. 2.36a, b. Minimierung von Produktionsrückläufen, Blechtafelausnutzung: a ungünstig, b optimal
Abb. 2.37. Verbundkonstruktion von Schmiedeteilen durch Abbrenn-Stumpfschweißen
Konstrukteur, die nicht im Widerspruch zu einer funktionsgerechten Gestaltung stehen müssen. – Man wähle möglichst Fertigungsverfahren ohne Rücklauf, wie Feingießen, Genauschmieden, Kaltfließpressen oder möglichst wenig Rücklauf, z.B. bei Verarbeitung von Blechen durch Scheren und Schneiden, Abb. 2.36, Minimierung der Zerspanvolumina z.B. durch Verbundkonstruktion, Abb. 2.37. – Möglichst wenige unterschiedliche, wiederverwertbare Werkstoffe verwenden; insbesondere Bauteile aus wertvollen Werkstoffen kennzeichnen, Abb. 2.38. – Einfache Demontage: Verbindungen der Bauteile müssen leicht lösbar und gut zugänglich sein. Sie sollen beim Demontieren unbeschädigt bleiben, möglichst auch die Verbindungselemente (diese werden notfalls durch neue ersetzt). Günstig sind Schrauben-, Schnapp-, Spann-, und leichte, elastische Preßverbindungen. Sie dürfen jedoch weder festkorrodieren, noch nach wiederholtem Lösen ihre Haltefähigkeit verlieren. Nietverbindungen sind durch Ausbohren der Niete lösbar. Bauteile mit Schweiß-, Löt- und manchen Klebverbin-
Abb. 2.38a, b. Gestaltung einer Kfz-Stoßstange (VDI 2243 Bl. 1), a Differentialkonstruktion, b Einstoff-Integralkonstruktion aus Kunststoff
60
2 Gestaltung – Formgebung
Abb. 2.39. Gestaltung demontagegerechter Fügestellen (VDI 2243 Bl. 1)
dungen werden beim Trennen zumindest an den Fügestellen beschädigt. Ausnahme: Manche Weichlot- und Klebverbindungen lassen sich durch thermische Behandlung lösen. – Beispiele für demontagegünstige Verbindungen s. Abb. 2.39. – Verschleiß auf leicht austauschbare, niederwertige Bauteile lenken oder Nachstellmöglichkeit vorsehen. Der Abnutzungsgrad soll leicht und eindeutig zu erkennen sein, z.B. durch eingearbeitete Verschleißmarken oder einfache Prüfung. – Wiederverwendbare Bauteile sollen sich einfach reinigen lassen: Zerklüftete Oberflächen, unzugängliche Innenräume, enge Sacklöcher vermeiden. Auch Kunststoffteile sollen resistent gegen Lösungsmittel sein. – Bei Bauteilen, die nachgearbeitet werden müssen, sind Materialzugaben, Spann-, Meß- und Justierhilfen vorzusehen.
2.9 Literatur
61
2.8 „Schöne“ Form, Design Auch die äußere Gestaltung eines Produkts beeinflußt – unabhängig von der technischen Qualität – seinen Verkaufswert und darüber hinaus den Ruf der erzeugenden Firma. Feste Regeln lassen sich nicht angeben, da Geschmack und Gefühl eine entscheidende Rolle spielen und weniger rationale Argumente. Einige Erfahrungsangaben: – Die Form soll der Funktion und Kraftwirkung, dem Werkstoff und der Art der Fertigung sichtbar entsprechen. Sie soll bewußt sachlich, klar und unaufdringlich sein (Stilisierung als Selbstzweck vermeiden!). – Konstruktionsteile so anordnen, daß im ganzen ein geschlossen wirkender, klar gegliederter Körper entsteht. Seine Form soll dem Stabilitätsempfinden gerecht werden. – Die gliedernde Wirkung von Teilfugen und Nuten, Versteifungsrippen und Schutzleisten deutlich machen, Zierleisten und andere funktionslose Elemente vermeiden! – Reihenelemente, wie Kühlrippen und Belüftungsschlitze, Anzeigeund Bedienteile, formgleich ausführen und in übersehbare Gruppen unterteilen (betonter Wechsel von Gruppe und Fläche!). – Ruhende und bewegte Teile, unterschiedliche Funktionsgruppen und größere Flächen durch farbiges Absetzen wirksam gliedern, kennzeichnen, hervorheben und kontrastieren. Für große Flächen sind matte, nicht reflektierende Farben zu empfehlen. Für genaues Sehen ist ein genügender Kontrast im Sehfeld erforderlich, der am besten durch Komplementärfarben erreicht wird. – Farbnormen s. DIN 4844-2, Gefahrenkennzeichnung, Sicherheitsfarben und Zeichen DIN 5381, Kennfarben für Schilder, Behälter, Leitungen, Maschinen, Geräte und Bedienteile DIN 6164.
2.9 Literatur Normen, Richtlinien 2.1-1 2.1-2
2.1-3
2.1-4 2.1-5 2.1-6
VDI 2062 Schwingungsisolierung. Bl. 1: Begriffe und Methoden. Bl. 2: Isolierelemente. Düsseldorf: VDI-Verlag 1976 VDI 2057 Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen. Bl.1: Grundlagen, Gliederung, Begriffe. Bl. 2: Bewertung. Bl. 3: Beurteilung. Düsseldorf: VDI-Verlag 1987 VDI 2242 Konstruieren energonomiegerechter Erzeugnisse. Bl. 1: Grundlagen und Vorgehen. Bl. 2: Arbeitshilfen und Literaturzugang. Düsseldorf: VDI-Verlag 1986 VDI 2243 Konstruieren recyclinggerechter technischer Produkte. Bl. 1: Grundlagen und Gestaltungsregeln. Düsseldorf: VDI-Verlag 1993 VDI 2244 Konstruieren sicherheitsgerechter Erzeugnisse. Düsseldorf: VDI-Verlag 1988 VDI 3720 Lärmarm Konstruieren. Bl. 1: Allgemeine Grundlagen. Bl. 2: Beispielsammlung. Bl. 3: Systematisches Vorgehen. Bl. 4: Rotierende Bauteile und deren Lagerung. Bl. 5: Hydrokomponenten und -systeme. Bl. 6: Mechanische Eingangsimpedanzen von Bauteilen, insbesondere von Normpro-
62
2.1-7 2.1-8 2.1-9
2.1-9A 2.1-10 2.1-11 2.1-12 2.1-13 2.1-14 2.1-15
2 Gestaltung – Formgebung filen. Bl. 7: Beurteilung von Wechselkräften bei der Schallentstehung. Bl. 9.1: Leistungsgetriebe: Düsseldorf: VDI-Verlag: 1980, 1982, 1978, 1984, Entwurf 1989, 1990 DIN 4844-2: Sicherheitskennzeichnung; Sicherheitsfarben. Berlin: Beuth 1982 DIN 5381 Kennfarben. Berlin: Beuth 1985 DIN 6164 DIN-Farbenkarte; T1: System der DIN-Farbenkarte für den 2°-Normalbeobachter, T2: Festlegungen der Farbmuster, T3: System der DIN-Farbenkarte für den 10°-Normalbeobachter, Beibl. 50: Farbmaßzahlen für Normlichtart C. Berlin: Beuth: 1980, 1981 DIN 6935 Kaltbiegen von Flacherzeugnissen aus Stahl. Berlin: Beuth 1975 DIN 30600 Graphische Symbole; Registrierung, Bezeichnung: Berlin: Beuth 1985 DIN 31051 Instandhaltung– Begriffe und Maßnahmen. Berlin: Beuth 1985 DIN 31001 T1 Sicherheitsgerechtes Gestalten technischer Erzeugnisse. Schutzeinrichtungen. Berlin: Beuth 1983 DIN 33402 Körpermaße des Menschen; Begriffe, Meßverfahren. Berlin: Beuth 1978 DIN 50320 Verschleiß; Begriffe, Systemanalyse von Verschleißvorgängen, Gliederung des Verschleißgebietes. Berlin: Beuth 1979 DIN EN 292 Sicherheit von Maschinen, Grundbegriffe, allgemeine Gestaltungsgrundsätze. T1: Grundsätzliche Terminologie. Methodik. Berlin: Beuth 1991
Bücher, Zeitschriften 2.3-1
2.3-2 2.3-3 2.3-4 2.3-5 2.3-6 2.3-7 2.3-8
Föller D (1974) Geräuscharme Maschinenteile; die Entstehung von Maschinengeräuschen und konstruktive Maßnahmen zu ihrer Vermeidung. Heft 26, Forschungskuratorium Maschinenbau e.V. Heesch H, Kienzle O (1963) Flächenschluß. System der Formen lückenlos aneinanderschließender Flachteile. Springer Christianus D, Engels A, Rohde W (1985) Stahlguß. Merkblatt 488, Beratungsstelle für Stahlverwendung. Düsseldorf Niemann G, Winter H (1989) Maschinenelemente, Bd. II. 2. Aufl. Berlin: Springer Bode Erasmus (1996) Konstruktionsatlas. 6. Aufl. Braunschweig/Wiesbaden: Vieweg & Söhne N.N., Schmiedeteile – Gestaltung, Anwendung, Beispiele. Industrieverband Deutscher Schmieden (IDS), Hagen Kollmann FG (1993) Maschinenakustik. Springer : Berlin DUBBEL (1995) Taschenbuch für den Maschinenbau. 18. Aufl. Berlin: Springer
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Mit Hilfe der Festigkeitsberechnung ermittelt man die Spannungen und Verformungen eines Bauteils und prüft, ob ein Versagen, d.h. Bruch, unzulässige plastische oder elastische Verformung oder Instabilität (Knicken oder Beulen) mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Andererseits sollen die Sicherheiten gegen diese Versagensgrenzen nicht unnötig hoch sein, um den Werkstoff sinnvoll auszunutzen und um wirtschaftliche Lösungen zu erzielen: Sichere Funktion bei minimalen Kosten. Um diese Forderungen zu erfüllen, benötigt man möglichst genaue Angaben, die in einer umfassenden Anforderungsliste (Abschn. 1.2.1) zusammengefaßt werden sollten, allgemeine Gesichtspunkte s. Abb. 1.6. Dimensionierung (Auslegungs-, Entwurfsrechnung) Wie in Abschn. 1.4.2 erläutert, geht man zweckmäßigerweise schrittweise wie folgt vor: – Ermittlung der vom Bauteil zu übertragenden äußeren Kräfte, Momente, Leistungen, Drehzahlen, usw.; sonstige Randbedingungen s. Anforderungsliste, Abb. 1.6. – Überschlägige Berechnung der Hauptabmessungen des Bauteils aus einer zulässigen Nennspannung. – Entwurf, Konstruktion, Gestaltung des Bauteils. Festigkeitsnachweis – Ermittlung der am Bauteil angreifenden äußeren Kräfte und Momente unter Berücksichtigungen der Abmessungen. – Berechnung der inneren Kräfte und Momente in den gefährdeten Bauteilquerschnitten. – Berechnung der Beanspruchungen (Spannungen) 1 in den gefährdeten Bauteilquerschnitten. – Berechnung der Bauteilfestigkeit aus Werkstofffestigkeitswerten, Bauteilabmessungen und Fertigungsdaten. – Nachweis der Sicherheit aus Festigkeit und Beanspruchung und Vergleich mit der erforderlichen Mindestsicherheit. – Je nach dem Ergebnis der Nachrechnung muß die ursprüngliche Auslegung (Abmessungen, Bauform, Werkstoff, Bearbeitung) geändert werden, um die geforderten Mindestsicherheiten zu erreichen oder Überdimensionierung (Kosten) zu vermeiden. 1
Beanspruchungen sind ohne weitere Angabe Spannungen aus inneren Kräften und Momenten. Handelt es sich z.B. um Beanspruchungen durch chemische Medien, durch Korrosion, usw., wird dies gesondert vermerkt.
64
3 Praktische Festigkeitsberechnung
3.1 Zeichen und Einheiten (für Bruchmechanik Abschn. 3.9.1) A A3 , A5 ad, m , ad, p b d, D dB E F, FL , FQ FK f fW G gb , gt h Ix, Iy It KA KAn Kd, m , Kd, p
mm2 % – mm mm mm N/mm2 N N mm – N/mm2 – mm mm4 mm4 – – –
KF, s , KF, t KNL Kp KT, m , KT, p , KT, D KV L LK l Mb Ms , Mt N n npl, s , npl, t
– – – – – mm mm mm Nm – – – –
ns , nt
–
p R, r Rs , Rt Rm Rp
N/mm2 mm – N/mm2 N/mm2
rt SB , SF , SD
– –
SBe
–
SBt , SFt SK Smin S* s, t T Wb Wt Z aki as , a t bs , bt
– – – mm2 mm Nm mm3 mm3 % – – –
bpl, s , bpl, t
–
e J
– mm –1, °C
Querschnitt, Fläche Bruchdehnung, Definition s. Abschn. 5.2.1 Konstante für den technologischen Größenfaktor Breite Durchmesser Bezugsdurchmesser Elastizitätsmodul Kraft, Längskraft, Querkraft Knickkraft Durchbiegung (Verformung) Faktor für Zug-Druck-Wechselfestigkeit Schubmodul Grenzlastfaktoren für Biegung, Torsion Höhe Flächenmomente 2. Grades für Biegung (Flächenträgheitsmoment) Flächenmoment 2. Grades für Torsion (Flächenträgheitsmoment) Anwendungsfaktor Anisotropiefaktor technologischer Größeneinflußfaktor für Zugfestigkeit Rm , Fließgrenze Rp Einflußfaktoren für die Oberflächenrauheit Korrekturfaktor für Gußeisen mit Lamellengraphit Faktor für Druckfestigkeit Temperaturfaktoren Einflußfaktor der Oberflächenverfestigung Balken-, Stablänge Knicklänge Länge Biegemoment Mittelspannungsempfindlichkeit für Biegung, Torsion Bruchschwingspielzahl Schwingspielzahl Stützzahlen (statische Beanspruchung) bei Normal-, Schubspannungen Stützzahlen (dynamische Beanspruchung) bei Normal-, Schubspannungen Flächenpressung Radius Spannungsverhältnis (su /so , tu /to) Zugfestigkeit (früher sB) Fließgrenze (Streckgrenze Re , früher sS bzw. 0,2%-Dehngrenze Rp0,2 , früher s02) Faktor für Schubfestigkeit Sicherheiten gegen (Gewalt-)Bruch, Fließen (plastische Verformung), Dauerbruch Sicherheit gegen Bruch von KunststoffBauteilen bei langzeitiger statischer Beanspruchung Sicherheit gegen Zeitstandsfestigkeit, Zeitdehngrenze Knicksicherheit Mindestsicherheit Flächenmoment 1. Grades (Statisches-Moment) Wanddicke Torsionsmoment Biegewiderstandsmoment Torsionswiderstandsmoment Brucheinschnürung, Definition s. Abschn. 5.2.1 Formziffer Formzahlen für Normal-, Schubspannung Kerbwirkungszahlen (dynamische Beanspruchung) für Normal-, Schubspannungen plastische Kerbwirkungszahlen (statische Beanspruchung) für Normal-, Schubspannungen Dehnung Spezifischer Verdrehwinkel, Temperatur
3.2 Belastungen (Kräfte, Momente) l l0 s sA sB s Be
– – N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2
sK s KB s a , sm , so , su sv s W, zd, T t j
N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 –
65
Schlankheitsgrad Grenz-Schlankheitsgrad Normalspannung Ausschlagfestigkeit Bruchfestigkeit von Kunststoff bei kurzzeitiger Beanspruchung Bruchfestigkeit von Kunststoff bei langzeitiger statischer Beanspruchung Knickspannung Beulspannung Ausschlag-, Mittel-, Ober-, Unterspannung Vergleichsspannung Warmwechselfestigkeit Schubspannung Verdrehwinkel
Indizes Zeichen
Beschreibung
Allgemeine Bemerkungen zu den Indizes bei Spannungen und Festigkeiten: – Großbuchstaben: Festigkeit, Beanspruchbarkeit – Kleinbuchstaben: Beanspruchungs(art) A Ausschlagfestigkeit a Ausschlagswert b Biegung B Bruch, Bruchgrenze oder Bezugsgröße (Probenabmessung) d Druck D Dauerbruch, Ermüdung eq äquivalent F Fließen, Fließgrenze GEH Gestaltänderungsenergiehypothese K Knicken oder gekerbt m Zugfestigkeit oder Mittelwert max Maximalwert N an Normproben ermittelter Festigkeitswert nenn Nennwert NH Normalspannungshypothese o Oberspannung p Fließgrenze, Streckgrenze pl plastisch s Schub Sch Schwellfestigkeit t Torsion T Warmfestigkeit Tt Zeitstandfestigkeit u Index für Unterspannung v Vergleichsspannung W Wechselfestigkeit x, y, z Koordinatenrichtung z Zug zd Zug/Druck s Normalspannung t Schubspannung Spannungen und Festigkeitswerte allg. s. Abb. 3.31, Werkstoff-Normwerte s. Abb. 5.1.
3.2 Belastungen (Kräfte, Momente) Aus den äußeren Kräften und Momenten ergeben sich die inneren Kräfte und Momente und mit diesen ermittelt man die Spannungen im Bauteil, Abschn. 3.3.
66
3 Praktische Festigkeitsberechnung
3.2.1 Krafteinleitung und Oberflächenbelastung
Die Kraft kann über eine feste Verbindung (z.B. Schweißverbindung, Preßverbindung) oder über eine ruhend oder gleitend beanspruchte Oberflächenpaarung (z.B. Gleitlager, Wälzlager) eingeleitet werden. Die Berechnung der Bauteilspannung an der Krafteinleitungsstelle wird in den Kapiteln über die betreffenden Maschinenelemente behandelt. 3.2.2 Prinzip von de Saint Venant
Für die Berechnung der – aus der Nennbelastung resultierenden – inneren Spannungen eines Bauteils kann man die über Flächen- oder Linienberührung eingeleiteten Kräfte im allgemeinen durch punktförmigen Kraftangriff ersetzen. Dies besagt das Prinzip von de Saint Venant: „In hinreichender Entfernung von der Krafteinleitungsstelle hängt die Beanspruchung (Spannungsverteilung) nur noch von der Resultierenden der angreifenden Kräfte und Momente ab, aber nicht mehr von der Art der Einleitung“. Als hinreichende Entfernung kann die Strecke l = (1…1,5) · b gelten, mit Querschnittsbreite b senkrecht zur Kraftrichtung, Abb. 3.1. Diese Hypothese wurde durch umfangreiche theoretische Berechnungen und meßtechnische Untersuchungen bestätigt. Liegt der für die Berechnung gewählte Querschnitt im Krafteinleitungsbereich, muß man die Spannungsverteilung genauer untersuchen, z.B. mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode (FEM), Abschn. 3.3.5.2.
Abb. 3.1. Abweichung der örtlichen Spannung von der Spannung snenn (= Nennspannung) im Inneren eines Bauteils [3.3-4]
3.3 Beanspruchungen
67
3.3 Beanspruchungen Aus den in jedem Querschnitt wirkenden inneren Kräften und Momenten und mit den Abmessungen dieser Querschnitte kann man die hier auftretenden Spannungen bestimmen. 3.3.1 Innere Kräfte und Momente
Der Körper nach Abb. 3.2 sei durch die Kraft F belastet. Der durch Schraffur hervorgehobene Querschnitt A soll untersucht werden. Man schneidet in Gedanken das stark ausgezogene Stück ab. Im Querschnitt wählt man die Hauptträgheitsachsen als x- und y-Achse und senkrecht dazu die zAchse. Die Wirkung der abgetrennten Stoffteilchen wird durch verteilte Kräfte ersetzt. Diese werden zu 6 Kraftgrößen zusammengefaßt, die das abgetrennte Stück im Gleichgewicht halten. Man führt hierzu allgemein, ohne auf die Belastung des abgeschnittenen Teils zu achten, in der Schnittfläche folgende Kraftgrößen ein:
Abb. 3.2a–e. Kraftgrößen FQx , FQy , FL und Mbx , Mby , T im Querschnitt A eines durch die Krafte F belasteten Körpers, a Schnittkräfte; b Schnittmomente; c, d, e Darstellung der Schnittmomente als Kräftepaare
68
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Im Schwerpunkt angreifende Kräfte FQx , FQy und FL in Richtung der drei Achsen nach Abb. 3.2a, des weiteren ein Kräftepaar mit dem Moment Mbx um die x-Achse nach Abb. 3.2c, ein Kräftepaar mit dem Moment Mby um die y-Achse nach Abb. 3.2d und ein Kräftepaar mit dem Moment T um die z-Achse nach Abb. 3.2e. Die Gesamtwirkung der Momente ist in Abb. 3.2b dargestellt. Ein Kräftepaar hat ein positives Moment, wenn es mit der entsprechenden Achse eine Rechtsschraube bildet. Die Kraftgrößen werden mit Hilfe der sechs Gleichgewichtsbedingungen berechnet. Die Summe der Kräfte in den drei Koordinatenrichtungen ergibt sich aus den Komponenten der Kraft F in entsprechender Achsrichtung: FQx – Fx = 0, FQy – Fy = 0, FL – Fz = 0 . Summe der Momente um die drei Achsen (lx , ly , lz sind Beträge): Mbx – Fylz + Fzly = 0, Mby + Fxlz + Fzlx = 0, T – Fxly – Fylx = 0. Die Kraftgrößen bezeichnet man wie folgt: FQx Querkraft in x-Richtung, FQy Querkraft in y-Richtung, FL Längskraft (z-Richtung),
Mbx Biegemoment um die x-Achse Mby Biegemoment um die y-Achse T Torsionsmoment um die z-Achse (= Mz)
Werden Kraftgrößen bei der Berechnung negativ, so bedeutet dies, daß deren wirkliche Richtung entgegengesetzt der eingezeichneten ist. Trotzdem sind die Kraftgrößen in der angegebenen Weise einzuführen. Die Längskraft und die beiden Biegemomente rufen in allen Punkten des Querschnitts Normalspannungen s hervor, die beiden Querkräfte und das Torsionsmoment Schubspannungen t. Für jede Kraftgröße werden die Spannungen berechnet. 3.3.2 Spannungszustände im Inneren eines belasteten Bauteils (Mohrscher Spannungskreis)
Die von außen induzierten inneren Kräfte können im Inneren eines Bauteils unterschiedliche Spannungsarten erzeugen. Beispielsweise treten bei – von außen induzierten – Zugspannungen im Inneren auch Schubspannungen auf. Die Größe der Schub- und Normalspannungen hängt von der Lage der betrachteten Schnittebene ab. Durch Drehen eines Würfelelements im Koordinatensystem x, y, z (Abb. 3.3) verändern sich die Spannungen in den Flächen. Dabei gibt es eine Stellung des Würfels, in der die Schubspannungen zu null werden. Diese Stellung entspricht Schnittebenen, die man als Hauptspannungsebenen bezeichnet, da die hier auftretenden Normalspannungen Maximal- bzw. Minimalwerte erreichen. Eine andere Stellung des Würfelelements im Koordinatensystem ergibt maximale Schubspannungen in einer Fläche. Die Kenntnis dieser Stellungen und die Berechnung der maximalen Hauptnormalspannung und der maximalen Schubspannung ist für das zu erwartende Bauteilversagen bei statischer Belastung sehr wichtig.
3.3 Beanspruchungen
69
Abb. 3.3. Dreiachsiger Spannungszustand an einem Volumenelement
Die Lage der Hauptspannungsebenen und die Hauptspannungen selbst sowie die Lage der Bruchfläche lassen sich mit Hilfe des Mohrschen Spannungskreises graphisch darstellen, Abb. 3.4 (man beachte: der Schnittwinkel im Bauteil j entspricht einem Winkel im Mohrschen Spannungskreis von 2j): a) Einachsiger Spannungszustand (linearer Fall), Abb. 3.4a = „Maschinenbaufall“. Er liegt vor, wenn nur zwei gegenüberliegende Flächen eines Würfelelements spannungsbehaftet sind (sy = sz = 0, txy = txz = tyz = 0), z.B. beim ungekerbten Zugstab. Für j = 0° ergibt sich die größte Normalspannung smax = s1 , für j = 45° ergibt sich die größte Schubspannung tmax = s1 /2. b) Zweiachsiger Spannungszustand (ebener Fall), Abb. 3.4b. Er liegt vor, wenn in einer Ebene eines Würfelelements Spannungen auftreten, d.h. es wirken die drei Spannungskomponenten sx , sy , txy = tyx , z.B. bei einer Stahlplatte (Länge, Breite konstante Dicke) mit in der Plattenebene angreifenden Zugkräften in zwei Richtungen. c) Dreiachsiger Spannungszustand (räumlicher Fall), Abb. 3.4c. Er liegt vor, wenn alle Flächen eines Würfelelements spannungsbehaftet sind, d.h. es wirken die sechs Spannungskomponeten sx , sy , sz , txy = tyx , txz = tzx , tyz = tzy , z.B. beim einachsig belasteten Zugstab mit Umlaufkerbe (Verformungsbehinderung durch die Kerbe führt zum dreiachsigen Spannungszustand).
Abb. 3.4a–c. Mohrsche Spannungskreise, a einachsiger (linearer), b zweiachsiger (ebener), c dreiachsiger (räumlicher) Spannungszustand
70
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Neben der Größe der Spannungskomponenten ist für das Bruchverhalten die Duktilität des Werkstoffs entscheidend. Duktilere (d.h. zähere) Werkstoffe sind empfindlicher gegen Schubspannungen (fließen, wenn die maximale Schubspannung die Fließgrenze überschreitet), spröde Werkstoffe sind empfindlicher gegen Normalspannungen (brechen, wenn die maximale Hauptnormalspannung die Bruchfestigkeit des Werkstoffs überschreitet). Der einachsig belastete duktile Zugstab beginnt unter j = 45° zur Zugspannung zu fließen, also in Richtung der maximalen Schubspannung (Abb. 3.4a, 2j = 90°). Ein durch Torsion auf Schub beanspruchter Stab aus sprödem Werkstoff bricht unter 45° zur Stabachse, nämlich in Richtung der maximalen Hauptnormalspannung. 3.3.3 Berechnung der Nennspannungen 2
Dies sind die Spannungen, die bei gleichmäßiger Verteilung des Kraftflusses über den betrachteten Querschnitt auftreten (Abb. 3.5) und die Schnittflächen bei Belastung eben bleiben (Ausnahme: im allgemeinen torsionsbeanspruchte offene Profile, Abschn. 3.3.3.8) und solange nur elastische Verformungen auftreten. – Verteilung der Nennspannungen über die Querschnitte s. Abb. 3.6, 3.7, 3.14 und 3.16. 3.3.3.1 Normalspannung aus Längskraft Die Längskraft Fz ruft in allen Punkten des Querschnitts A die Normalspannung F sz = 22z A
(3.1)
hervor (Abb. 3.6). Man bezeichnet Zugspannungen als positive Normalspannungen und Druckspannungen als negative. Man beachte: Bei Druckbeanspruchungen muß man unter Umständen zusätzlich auf Knicken oder Beulen nachrechnen, Abschn. 3.3.7.
Abb. 3.5a, b. Kraftfluß im Bauteil, a Zug, b Torsion
2
Der Zusatz ,,Nenn-“ hat im Zusammenhang mit Kraft, Moment, Leistung eine andere Bedeutung, Abschn. 1.4.6.
3.3 Beanspruchungen
71
Abb. 3.6. Normalspannung sz = Fz/A, erzeugt durch die im Schwerpunkt S des Querschnitts angreifende Längskraft Fz
3.3.3.2 Normalspannung aus Biegemoment Das Biegemoment um eine Hauptträgheitsachse, z.B. das Moment Mbx um die x-Achse, ruft die Biegespannung s bx hervor: Mbx sbx = 422 y, Ix
(3.2)
mit Ix Flächenträgheitsmoment für Biegung um die x-Achse. Abbildung 3.7 zeigt die Verteilung der Spannungen. Sie wächst mit y von Null bis zum größten Wert für max. y = ey, z auf der Zugseite bzw. für max. y = ey, d auf der Druckseite. Größte Zugspannung:
Mbx Mbx sbx, z max = 2221 ey, z = 2221 , Wb1 Ix
(3.3)
Größte Druckspannung:
Mbx Mbx sbx, d max = 2221 e = 2221 . Ix y, d W b2
(3.4)
Wb1 = Ix/ey,z Widerstandsmoment für die Zugseite, Wb2 = Ix /ey, d Widerstandsmoment für die Druckseite. – Entsprechende Gleichungen gelten für die Biegung um die y-Achse. Wirkt im Querschnitt nur das Biegemoment Mbx = Mb und ist ey, z = ey, d , also Wb1 = Wb2 = Wb , wie z.B. bei zylindrischen Wellen, so wird die größte Biegespannung M sbmax = 23b . Wb
(3.5)
Abb. 3.7. Verteilung der Biegespannung sbx = Mbx/Ix · y für den Querschnitt eines T-Profils
72
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Allgemein: Für x-Achse
Flächenmoment 1. Grades
Flächenmoment 2. Grades
Widerstandsmoment Wb
S* = y dA
Ix = y 2 dA
(3.6)
Wbx = Ix / ey (3.7), s. Abb. 3.7
(3.8)
Wby = Iy / ex (3.9)
A
Für y-Achse
A
S* = x dA
Iy = x 2 dA
A
Ix = Ix + A · a 2
Satz von Steiner
A
(3.10)
Mit Ix Flächenmoment 2. Grades für die x-Achse durch den Schwerpunkt S, Ix Flächenmoment 2. Grades für die parallele x-Achse, A Querschnittsfläche, a Abstand der Achsen.
Abb. 3.8. Berechnung des Flächenmoments 1. Grades S* und 2. Grades I bzw. des Widerstandsmoments Wb allgemein
a) Ermittlung von I und Wb allgemein s. Abb. 3.8, Werte für einige Profile s. Abb. 3.9. b) Flächenträgheitsmoment für zusammengesetzten Querschnitt, Abb. 3.10. Die Flächenträgheitsmomente stellen entsprechend den Integralformeln Summen dar. Sie können darum als Summe der Flächenträgheitsmomente der Teilflächen berechnet werden. Dieses gilt jedoch nicht für die Widerstandsmomente. Beispiel 1, Abb. 3.10a: Die Fläche besteht aus den Teilflächen A1 , A2 und A3 . Man bestimmt erst das Flächenträgheitsmoment der Teilfläche A1 , (wie Abb. 3.10b oben) für die x1-Achse:
p 1 4 2 p 8 Ix1 = 21 r4 – 2 pr2 5 r = 3 r4 – 5 r4 8 2 3p 8 9p
(Umkehrung des Satzes von Steiner),
für die x-Achse:
p 8 1 4 h I1 = 21 r4 – 211 r4 + 21 pr2 5 r + 3 8 9p 2 3p 2
2
(nach dem Satz von Steiner),
p p 2 I1 = 21 r4 + 21 r2 h2 + 21 r3 h . 8 8 3 Für die Fläche A3 wird I3 = I1; für die Fläche A2 wird I2 = 1/12 2rh3. Hiermit wird 1 p p 4 Ix = I1 + I2 + I3 = 2 r h3 + 21 r4 + 21 r2 h2 + 21 r3 h . 6 4 4 3 Beispiel 2, Abb. 3.10c: Die Fläche besteht aus zwei Rechtecken.
1 1 Ix = 211 2 · 63 + 2 · 6 · 22 + 211 6 · 23 + 2 · 6 · 22 cm4 = 136 cm4 12 12 = 1,36 · 106 mm4 ,
1 1 Iy = 4 2 · 63 + 4 23 · 6 cm4 = 40 cm4 = 4,0 · 105 mm4 . 12 12
3.3 Beanspruchungen
73
Abb. 3.9. Flächenmomente 2. Grades (Flächenträgheitsmomente Ix , Iy , It) und Widerstandsmomente Wbx , Wby , Wt für einige Profile
5 Wbx = 4b 3 = 0,104b 3 48
5 k32 4 2 7 b = 0,0601b 4 5 · k3 144 Wby = 9 · b 3 72 = 0,120b 3
k22 · 2 + 1 4 06 2 2·b 6 (2 + k2) = 0,0547 · b 4
74
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Abb. 3.10a–c. Flächenmomente 2. Grades Ix bei zusammengesetzten Querschnitten, a und b zu Beispiel 1, c zu Beispiel 2
3.3.3.3 Normalspannung zwischen zwei Flächen (Flächenpressung) Berühren sich zwei Flächen A unter der Druckkraft F, entsteht zwischen beiden eine Druckspannung, die man Flächenpressung p nennt. Bei gleichmäßig verteilter Flächenpressung ist F p = 21 . A
(3.11)
Ist die Fläche zur Kraftrichtung geneigt bzw. gewölbt (Abb. 3.11b, c), ist obige Gleichung so zutreffend, wenn für A die Projektion der Druckfläche in Richtung der Kraft F eingesetzt wird. Bei ungleichmäßig verteilter Flächenpressung, z.B. bei Abb. 3.11a und c, ist p = F/A die mittlere Flächenpressung. Zur Ermittlung der maximalen Flächenpressung muß noch das Verteilungsgesetz für p, z.B. der Einfluß der Schmiegung (Abb. 3.11c, s. auch Kap. 13), oder die Stützwirkung (Abb. 3.11a) bekannt sein. 3.3.3.4 Normalspannungen im Rohr unter Überdruck Bei dünnwandigen Rohren bzw. Behältern (Radius r/Wanddicke t ≥ ca. 10) berechnet man die Spannung in Umfangsrichtung st (sie ist über den Querschnitt nahezu konstant) bzw. in Axialrichtung sz bei Beanspruchung durch Innendruck pi
3.3 Beanspruchungen
75
Abb. 3.11a–c. Nenn-Flächenpressung p = F/A, a A = l · b (örtlich durch Stützwirkung; seitliches Material der Auflage wird mit verformt und stützt die direkt belasteten Bereiche ab), b A = l(b1 + b2), c A = l · d (p nur konstant bei exakter Anschmiegung)
pi · r st = 233 = 2sz , t
(3.12)
bzw. mit –pa statt pi bei Beanspruchung durch Außendruck. Bei dickwandigem Querschnitt muß die unterschiedliche Spannungsverteilung über den Querschnitt berücksichtigt werden, s. z.B. Querpreßverband (Abschn. 18.2.3) 3.3.3.5 Normalspannung aus schiefer Biegung (mehrachsiger Biegung) Wirkt Mb nicht in Richtung einer Hauptachse (Abb. 3.12), spricht man von schiefer oder auch mehrachsiger Biegung, da sich Mb nach den Regeln der Vektoraddition aus den Biegemomenten um die Hauptachsen Mbx und Mby zusammensetzt. Hierbei biegt sich der Träger auch quer zur Lastrichtung.
Abb. 3.12. Spannungsverteilung in einem Balken unter Biegebeanspruchung aus Mbx und Mby (schiefe Biegung)
76
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Nicht nur das Biegemoment wird nach den Regeln der Vektoraddition in die Biegemomente Mbx und Mby zerlegt, auch die Durchbiegung f ergibt sich aus fx und fy der beiden Hauptachsen. Hier gehen die unterschiedlichen Trägheitsmomente um die Achsen x und y ein. Für den rechteckigen Querschnitt nach Abb. 3.12 gilt: Mbx · l2 fx = 2323111 , E · Ix · 2
(3.13)
Mby · l2 fy = 2323111 . E · Iy · 2
(3.14)
Das heißt, es ergibt sich das Verhältnis fx Mbx Iy = · . 21 Mby 21 Ix fy 2131
(3.15)
Die resultierende Normalspannung sb an einem beliebigen Punkt (x, y) des Querschnitts A erhält man durch Überlagerung der Biegespannung aus Mbx und Mby unter Beachtung der Vorzeichen: Mbx Mby sb (x, y) = 2311 · y – 231 · x . Iy Ix
(3.16)
Daraus ergibt sich die Gleichung für die Lage der Nullinie (sb = 0): Ix · Mby tan a = 232311 . Iy · Mbx
(3.17)
Die Biegespannung nimmt linear mit dem Abstand zur Nullinie zu und erreicht in den Punkten 1 und 2 ihre Extrema. Bei Querschnitten mit Ecken sind also für eine Festigkeitsberechnung die Spannungen an den Außenecken zu bestimmen. In allgemeinen Fällen zieht man an den Querschnitt Tangenten parallel zur Nullinie, an den Berührpunkten erhält man die größten Spannungen. 3.3.3.6 Normalspannung aus Biegung in stark gekrümmten Trägern Während für schwach gekrümmte Träger, d.h. e/r 1 (Abb. 3.13a), die Formeln der Biegespannungen des geraden Stabs ausreichend genau sind, muß bei stark gekrümmten Trägern die unterschiedliche Länge der Außen- und Innenfasern berücksichtigt werden. Weil die Dehnung ei an der Innenseite betragsmäßig größer ist als die Dehnung ea an der Außenseite, ergibt sich eine hyperbolische Spannungsverteilung für s, wobei gegenüber der linearen Spannungsverteilung die Spannungen innen größer und außen kleiner werden. Für die im Abb. 3.13 angegebene Belastung verschiebt sich die neutrale Faser aus dem Schwerpunkt in Richtung des Krümmungsmittelpunkts des Trägers. Näheres s. [3.3-3], [3.3-10].
3.3 Beanspruchungen
77
a e/r
0,1
Kreis, Ellipse 1,05 Rechteck 1,07 gleichschenkliges – Dreieck
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,17 1,14 –
1,29 1,25 –
1,43 1,37 1,43
1,61 1,53 1,64
1,89 1,74 1,95
2,28 2,26 2,24
3,0 2,59 2,88
5,0 3,94 4,5
b Abb. 3.13a, b. Spannung an der Innen- und Außenseite bei stark gekrümmten Biegeträgern, a Spannungverteilung, b Formziffer aki für verschiedene Querschnitte
Man berechnet
s bmax = aki · sb ; sb = Mb /Wb .
(3.18), (3.19)
Die Formzahl aki = smax/sb ist von Querschnittsform und Krümmung abhängig, Abb. 3.13b. Um die Spannungsüberhöhung an der Innenseite abzumildern, kann man Querschnittsformen wählen, deren Schwerpunkt in Richtung der Innenseite verschoben ist (z.B. T-Profil). 3.3.3.7 Schubspannung aus Querkraft Der Mittelwert der Schubspannung aus Querkraft errechnet sich für Kreis- und Rechteckquerschnitte
t– = FQ /A .
(3.20)
Die Schubspannungen verteilen sich jedoch nicht gleichmäßig über den Querschnitt. Für einige wichtige Querschnitte ist die Spannungsverteilung und die maximale Schubspannung in Abb. 3.14 angegeben. Eine nicht im Schubmittelpunkt TS angreifende Querkraft führt zu einer Verdrehung des Stabs. Dies trifft i.allg. zu bei zur Kraftrichtung unsymmetrischen Querschnitten. Für die Berechnung kann man diese Querkraft durch eine gleich große Querkraft durch TS und ein zusätzliches Torsionsmoment ersetzen. Kurze Bolzen und Niete werden oft auf Abscheren berechnet, wobei man den Mittelwert t– nach (3.20) verwendet. Die wirklich auftretenden örtlichen Spannungen sind wesentlich höher infolge der ungleichmäßigen Verteilung und Anhäufung der Spannung an den Lochrändern (Abschn. 3.5.1), Abb. 3.14f. Man berücksichtigt dies im Ansatz der zulässigen Spannung.
78
3 Praktische Festigkeitsberechnung
ts 3 t¯
Abb. 3.14a–f. Verlauf der Schubspannung t erzeugt durch eine Querkraft FQy ; a Rechteckquerschnitt, b Kreisquerschnitt, c I-Querschnitt, d [-Querschnitt, e Winkelquerschnitt, f Schubspannung bei unterschiedlichem Abstand b [3.3-4] Schwerpunkt S, Schubmittelpunkt TS , Abstand xT beim [-Querschnitt ist xT = (ht /2)2 A/Ix xs
3.3.3.8 Schubspannungen aus Torsion Ein Torsionsmoment T ruft im Querschnitt Schubspannungen hervor, die Torsionsspannungen genannt werden. Ihr Verteilungsgesetz ist verwickelter als das der Normalspannungen durch ein Biegemoment. Im allgemeinen bleiben die Querschnitte nicht eben, sie verwölben sich vielmehr bei Verdrehung in Stablängsrichtung, Abb. 3.15, s.a. [3.3-1]. Bei behinderter Verwölbung (z.B. an Einspannungen) treten zusätzlich Nor-
Abb. 3.15. Beispiele von Querschnitten mit starker Verwölbung bei Torsionsbeanspruchung
3.3 Beanspruchungen
79
Abb. 3.16. a Verformungen (Verdrehwinkel j) beim Torsionsstab, b Verteilung der Torsionspannung tt beim Kreisringquerschnitt (unterbrochene Linie: für Vollquerschnitt)
malspannungen s und damit veränderte Schubspannungen und Drehwinkel auf. T Größte Schubspannung ttmax = 23 , Wt
(3.21)
T·l Verdrehwinkel j = 2231 . G · It
(3.22)
Bezeichnungen s.Abb. 3.16; G Schubmodul; Flächenträgheitsmomente für Torsion It für einige Profile s. Abb. 3.9. Geschlossene Kreis- oder Kreisringquerschnitte Diese Querschnitte nehmen eine Sonderstellung ein, denn bei ihnen nimmt die Schubspannung aus Torsion linear mit dem Abstand zum Querschnittsmittelpunkt zu, Abb. 3.16b. Aus diesem Grunde sind es auch Kreis- und Kreisringquerschnitte, die sich bei Verdrehung des Stabs nicht verwölben, sondern eben bleiben; sie verdrehen sich als starres Ganzes, die Radien bleiben gerade. – Spezifischer Verdrehwinkel (Verdrehwinkel pro Längeneinheit): J = j/l mit j nach (3.22). Rechteck-Querschnitte, Abb. 3.17 Die größte Schubspannung ttmax tritt in der Mitte der langen Seiten auf. Für h < 3b fällt die Torsionsspannung in den langen Seiten etwa parabolisch bis zu den Ecken auf den Wert Null. Für h > 3b bleibt die Torsionsspannung in den langen Seiten für die Länge h–3b etwa konstant und fällt erst dann parabolisch auf Null. In der Mitte der kurzen Seiten wird tt = c3 · ttmax und fällt etwa parabolisch bis zu den Ecken auf Null: It = c1 b3 h, Wt = c2 b2 h .
(3.23), (3.24)
Die Beiwerte c1, c2 und c3 hängen vom Verhältnis h:b ab, Abb. 3.9. Dünnwandige, offene Querschnitte, Abb. 3.18 I-, I–– undL-Querschnitte (Abb. 3.18a) sind als Streifenquerschnitte aufzufassen, die aus langen Rechtecken bestehen (Länge der Rechtecke l1 , l2 , l3 … , Breite b1 , b2 , b3 … ). Entsprechend verteilen sich auch die Spannun-
80
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Abb. 3.17. Verteilung der Torsionsspannung für zwei unterschiedliche Rechteckquerschnitte
Abb. 3.18a, b. Zur Berechnung von It , Wt und Torsionsspannung tt bei Streifenquerschnitten
gen ähnlich wie bei Rechteckquerschnitten. An den Randpunkten der Rechtecke, mit Ausnahme der Nähe der Ecken, wird T tt = 21 b . It
(3.25)
Für It und Wt gelten folgende Näherungsformeln: 1 It It ª 2 (b31 l1 + b32 l2 + …), Wt ª 2311 . 3 bmax
(3.26), (3.27)
Bei allmählich sich ändernder Streifenbreite (Abb. 3.18b) ist 1 It ª 2 b3 dl . 3
(3.28)
3.3 Beanspruchungen
81
Abb. 3.19. Zur Berechnung von It , Wt und Torsionsspannung tt bei geschlossenen Ringquerschnitten
Dünnwandige geschlossene Hohlprofile (Bredtsche Formeln) Bei dünnwandigen Profilen sind Schubspannungen über der Wanddicke annähernd konstant. Die Wanddicke s kann entlang der mittleren Umfangslinie U, die die Wanddicke halbiert, unterschiedlich groß sein. Der Schubfluß t · s ist längs des Umfangs konstant. Die von U umschlossene Fläche ist AU . Die mittlere Umfangslinie U zerfällt in die Teile U1 , U2 , …mit den Wanddicken s1 , s2 ,…, Abb. 3.19. Für It und Wt gilt: 4 · A2U It ª 001 , U1 U2 + + … 211 s s 211 1
(3.29)
2
Wt = 2 AU · s min .
(3.30)
Für konstante Wanddicke s ist s It = 4 AU2 · 21 , Wt = 2 AU · s . U
(3.31), (3.32)
Die Verdrehung berechnet sich analog zum Kreisquerschnitt nach (3.22). Bei der Verdrehung bleiben auch diese Querschnitte nicht eben (Ausnahme: Tangentenpolygone gleicher Wanddicke, Abb. 3.20, s. auch [3.3-1]).
Abb. 3.20. Wölbfreie Profile (Tangentenpolygone konstanter Wanddicke)
82
3 Praktische Festigkeitsberechnung
3.3.3.9 Überlagerung von gleichgerichteten Spannungskomponenten
– Normalspannungen aus Zug oder Druck (nach (3.1)) und Biegung (nach (3.3)) kann man direkt überlagern, solange die Maximalspannung die Elastizitätsgrenze nicht überschreitet. Im Querschnitt A, Abb. 3.2, treten z.B. gleichzeitig die Stabkraft Fz und die Biegemomente Mbx und Mby auf. Aus den Querschnittsabmessungen berechnet man A, Ix und Iy . Für einen beliebigen Querschnitt erhält man die resultierende Normalspannung Fz Mbx Mby sres = 211 + 2113 y – 21111 x . Iy A Ix
(3.33)
– Dasselbe gilt für die Überlagerung von Schubspannungen aus Querkraft (nach (3.20)) und Torsion (nach (3.21)). Am Rande des Querschnitts gehen die Spannungen immer in tangentialer Richtung. In Außenecken des Querschnitts werden sie infolgedessen gleich Null. In den Randpunkten sind die Schubspannungen bei gleicher Richtung zu addieren, bei entgegengesetzter Richtung voneinander abzuziehen. Meist überwiegen die Schubspannungen durch Torsion, Schubspannungen durch Querkräfte können meist vernachlässigt werden. 3.3.3.10 Überlagerung von Normal- und Schubspannungskomponenten – Überlagerung von Normalspannung aus Biegung und Schubspannung aus Querkraft: Die größte Normalspannung aus Biegung tritt in den Randfasern (oben und unten) auf (Abb. 3.7), die größte Schubspannung in der neutralen Faser (Abb. 3.14). Bei einem durch Querkraft belasteten Träger (mit Rechteckquerschnitt: Länge l, Höhe h) steigt die Biegespannung linear vom Kraftangriffspunkt bei z = l bis zur Einspannstelle, die Schubspannung ist konstant über die Länge (Abb. 3.21). Aus den Gleichgewichtsbedingungen am Bauteilelement und Integration über die Länge folgt: h tmax = sbmax · 4 . 4l
(3.34)
Man sieht: Die Schubspannung ist im allgemeinen klein gegenüber der Biegespannung, nur wenn h > l ist, sollte sie berücksichtigt, d.h. die Vergleichsspannung gebildet werden. Bei längeren Balken mit I-Querschnitt oder Kastenquerschnitt sind zwar die Normalspannungen aus Biegung in der Nähe der Nullinie klein oder gleich Null, infolge der Querkräfte treten hier jedoch Schubspannungen auf. Es ist darum nicht ohne weiteres zulässig, diese Stäbe nach Abb. 3.22 auszusparen. Aus dem gleichen Grund muß die Schubspannung bei der Berechnung von geklebten oder geschweißten Trägern und Bauteilen mit SandwichVersteifung berücksichtigt werden.
3.3 Beanspruchungen
83
Abb. 3.21. Verteilung von Biegespannung sb und Schubspannung ts in einem durch Querkraft FQ belasteten Träger
Abb. 3.22. Aussparung X im Steg eines I-Trägers, bei großen Querkräften nicht ohne weiteres zulässig
Überlagerung von Normalspannung aus Biegung und Schubspannung aus Torsion Dieser Fall kommt in der Praxis am häufigsten vor, z.T. zusätzlich eine Normalspannung aus Zug oder Druck. Die mehrachsigen Spannungszustände muß man auf eine einachsige Vergleichsspannung zurückführen. Diese entspricht einer Normalspannung, die das Bauteil genauso beansprucht wie der reale mehrachsige Spannungszustand, solange die einzelnen Spannungskomponenten im Bereich elastischer Verformungen liegen, s.u. Die drei wichtigsten Vergleichsspannungshypothesen sind: Die Normalspannungshypothese (NH) wird verwendet, wenn mit Versagen (statisch) durch Trennbruch längs einer Bruchebene senkrecht (normal) zur größten Hauptspannung zu rechnen ist (Hauptspannungsebenen s. Abschn. 3.2). Dies trifft zu für: – spröde Werkstoffe und tiefe Temperaturen (der Bruch tritt ohne vorherige plastische Verformung auf), – wenn die Verformungsmöglichkeit zeitlich stark eingeschränkt ist (z.B. bei schlagartiger Beanspruchung: Kerbschlagzähigkeit s. Abschn. 3.4.5). – wenn der Spannungszustand die Verformungsmöglichkeit örtlich einschränkt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn kleine Schubspannungen in Kerben auftreten. Dann verhält sich auch ein duktiler Werkstoff mit ausgeprägter Streckgrenze wie ein spröder Werkstoff.
sv, NH = 0,5 (| szd + sb | +
3
239031 (szd + sb)2 + 4t 2t )
Schubspannung aus Querkraft t s vernachlässigt.
(3.35) 3
84
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Die Normalspannungshypothese kann ferner verwendet werden bei Versagen von Bauteilen aus spröden Werkstoffen durch Schwingbeanspruchung. Die Gestaltänderungsenergiehypothese (GEH) setzt die zur Gestaltänderung (nicht Volumenänderung!) durch Gleitungen in den Gitterebenen erforderliche Arbeit beim mehrachsigen und beim einachsigen Spannungszustand gleich und leitet daraus eine Vergleichsspannung ab. Die GEH gilt für verformbare (duktile) Werkstoffe, die durch plastische Verformung versagen, aber auch bei Versagen bei Schwingbeanspruchung (Trennbruch).
23003 sv, GEH = (szd + sb)2 + 3t 2t
(3.36) 3
Die Schubspannungshypothese (SH) ist eine weitere Möglichkeit, eine Vergleichsspannung zu bilden. Sie wird verwendet bei duktilen Werkstoffen bei Versagen (statisch) durch Gleitbruch (z.B. bei Kupfer und Kupferlegierungen) bzw. Trennbruch dieser Werkstoffe bei Schwingbeanspruchung.
sv, SH = 0302 (szd + sb)2 + 44 t 2t
(3.37) 3
Für die Praxis ist die SH von untergeordneter Bedeutung, da die Vergleichsspannung für duktile Werkstoffe, berechnet mit der GEH, zahlenmäßig vergleichbare Ergebnisse liefert. Man beachte: In den Gleichungen für die Vergleichsspannung sv sind die Spannungskomponenten s und t örtliche, an einem Punkt zusammenwirkende homogene Spannungen im elastischen Bereich (also ohne Spannungsverteilung, Stützwirkung, ohne Berücksichtigung des mehrachsigen Zustands in einer Umdrehungskerbe, ohne Berücksichtigung des nichtlinear-elastischen Spannungs-Verhaltens von GJL). Um die Vergleichsspannung nach (3.35)…(3.37) für den Festigkeitsnachweis zu benutzen, muß man die einzelnen Spannungskomponenten daher so korrigieren, daß sie hinsichtlich der Ausnutzung der zugehörigen Festigkeitsgrenze vergleichbar sind, d.h. die Spannungskomponenten werden mit den zugehörigen Formzahlen as , at (Abschn. 3.3.5.1) und Stützzahlen, statisch npl (Abschn. 3.5.3.1b), dynamisch ns , nt (Abschn. 3.6.4.1b) korrigiert. (Der Korrekturfaktor für Gußeisen mit Lamellengraphit KNL sei bei dieser Betrachtung außer acht gelassen.) Außerdem muß man prüfen, wie die Werkstoffe den Begriffen „spröde“ und „duktil“ (und damit der entsprechenden Hypothese) zuzuordnen sind. – Diese Zusammenhänge sind beim Festigkeitsnachweis zu beachten, Abschn. 3.5.4, 3.6.6. 3.3.4 Beanspruchungsfälle – Zeitlicher Verlauf Die Beanspruchungen können statisch (ruhend, zügig) oder dynamisch (schwingend) auftreten (Abschn. 3.4.3). Bei dynamischer Beanspruchung 3
s. S. 83.
3.3 Beanspruchungen
85
Abb. 3.23. Standard-Beanspruchungsfälle
schwingt die Spannung zwischen der Oberspannung so und der Unterspannung su um die Mittelspannung sm = 0,5 (so + su). Der Spannungsausschlag ist sa = 0,5 (so – su). Trägt man den Spannungsverlauf über der Zeitachse auf, kann man zwischen den in Abb. 3.23 dargestellten Beanspruchungsfällen unterscheiden. Sie lassen sich einem Spannungsverhältnis Rs zuordnen: Rs = su /so .
(3.38)
Darstellung im Dauerfestigkeitsschaubild s. Abb. 3.51. 3.3.5 Örtliche Spannungen 4 Bei realen Bauteilen führt jede Abweichung von den idealisierten Grundformen (für die in Abschn. 3.3.3 berechneten Nennspannungen), wie Kerben, Absätze, Querbohrungen usw. zu Änderungen des Kraftflußverlaufs. Die Kraftflußlinien werden umgelenkt (Abb. 2.1) und in Querschnittsübergängen zusammengedrängt; d.h. örtlich treten höhere Spannungen auf. 3.3.5.1 Örtliche Spannungen – klassische Berechnung Die Spannungserhöhungen werden durch eine „Kerbformzahl“ – kurz „Formzahl“ – erfaßt. Die örtliche Spannung smax ist im Vergleich zur
4
Örtliche Spannungen lassen sich unmittelbar durch Messung – mit Hilfe von Dehnmeßketten – an Bauteilen oder mit Hilfe der Spannungsoptik an Modellen bestimmen und mit numerischen Methoden berechnen, Abschn. 3.3.5.2.
86
3 Praktische Festigkeitsberechnung
sz max = as,zd · sz nenn (3.41)
sb max = as,b · sbnenn, max (3.42)
tt max = at,t · t t nenn, max (3.43)
Abb. 3.24. Spannungserhöhung durch Kerbwirkung (r , d = konst., smax = tmax = konst., as, zd > as, b > as, t > 1)
Nennspannung snenn um den Faktor Formzahl as höher (bei Schubspannungen at):
smax = as · snenn , tmax = at · tnenn .
(3.39), (3.40)
as und at sind abhängig von der Kerbgeometrie und der Beanspruchungsart, jedoch unabhängig von Werkstoff sowie Bauteilgröße und enthalten auch keine Aussage zum Spannungsverlauf über den Querschnitt.5 Man unterscheidet folgende Formzahlen: as, zd für Zug-Druck, as, b für Biegung, at, s für Schub, at, t für Torsion. Für Zug-, Biege- und Torsionsspannungen sind die grundsätzlichen Zusammenhänge für symmetrische Stäbe in Abb. 3.24 dargestellt; bei Schubspannung aus Querkraft ist das Problem komplex (da diese senkrecht zum unbelasteten Rand Null ist, Abb. 3.14), jedoch i.allg. nicht von praktischer Bedeutung. – Örtliche Erhöhung der Flächenpressung infolge Stützwirkung s. Abb. 3.11a. Bei zug-, druck- und biegebeanspruchten Rundstäben mit Umdrehungskerbe entsteht ferner im Kerbgrund aus dem einachsigen ein mehrachsiger Spannungszustand, der bei duktilen Werkstoffen festigkeitssteigernd wirkt. 3.3.5.2 Finite Elemente Methode (FEM) und Boundary Elemente Methode (BEM) Analytische Berechnungen wie die klassische Festigkeitsberechnung in Abschn.3.3.5.1 sind meist einfach und ohne große Rechenhilfsmittel durch5
Mit den Kerbwirkungszahlen erfaßt man dagegen die Gesamtwirkung von Kerbform und Kerbempfindlichkeit.
3.3 Beanspruchungen
87
zuführen. Leider existieren Lösungen nur für einfache Geometrien und Randbedingungen. Das Verhalten von realen Bauteilen, die mitunter eine komplexe Geometrie aufweisen und an denen Randbedingungen unterschiedlichster Art (z.B. Einzelkräfte, Drücke, Gewichtskräfte, verschiedene Lagerungsarten) wirken, können damit meist nicht erfaßt werden. Für derartige Probleme werden numerische Berechnungverfahren eingesetzt, die wichtigsten sind die FEM und die BEM, in der Literatur auch als Randelemente Methode (REM) bezeichnet (s. z.B. [3.3-10], [3.3-11], [3.3-16]). Die rasante Entwicklung auf dem Gebiet der Computer-Hardware und -Software in jüngster Zeit hat dazu geführt, daß diese Rechenverfahren bei der Bauteilberechnung zunehmend eingesetzt werden. Bei fachgerechter Anwendung können zutreffende Ergebnisse erzielt,teure und aufwendige Messungen und Prüfstandsversuche teilweise ersetzt werden. Finite Elemente Methode (FEM) Die derzeit wichtigste Anwendung der FEM ist die mechanische Strukturanalyse.Als Ergebnis einer statischen Strukturanalyse erhält man die Bauteilverformungen und die Bauteilspannungen infolge von äußeren Kräften, die auf das Bauteil einwirken. In einer dynamischen Strukturanalyse kann das Schwingungsverhalten eines Bauteils ermittelt werden. Besteht ein linearer Zusammenhang zwischen äußerer Belastung und dem Verhalten des Bauteils, so ist auch die Analyse linear, ansonsten ist sie nichtlinear. Nichtlinearitäten können geometrisch-strukturell bedingt sein (z.B. Kontakt, große Verformungen) und/oder auf nichtlinearem Werkstoffverhalten beruhen (z.B. Plastizität, Rißausbreitung).
Abb. 3.25a, b. Spannungen in einem auf Zug beanspruchten, gekerbten Flachstabs, berechnet, a mit Hilfe der FEM (FZG/TU München), b mit Hilfe der BEM (IMM/TU Dresden)
88
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Neben der mechanischen Analyse von Bauteilen findet die FEM auch Anwendung in der Thermodynamik, der Elektro-/Magnetostatik, der Strömungsmechanik und der Akustik. Das Prinzip der FEM beruht darauf, daß eine Gesamtstruktur (Bauteil) in mehrere endlich große (finite) Elemente aufgeteilt wird, die über Knotenpunkte miteinander gekoppelt sind. Je nach Fragestellung verwendet man unterschiedliche Elementtypen. Beispielsweise werden für die Analyse von Strukturen aus Profilen im Stahlbau oder bei Krantragwerken Zug-Druck-Stäbe bzw. Biegebalken verwendet. Für ebene oder flächenhafte Bauteile wie z.B. dünnwandige Getriebegehäuse oder Blechteile einer Karosserie benutzt man Plattenelemente. Für die Analyse räumlich unregelmäßig geformter Strukturen, wie z.B. einen Motorblock, sind dreidimensionale-Volumenelemente erforderlich. Jedes Element simuliert quasi das Verhalten des betreffenden Bauteilbereichs. Durch die Koppelung der Elemente an ihren Knotenpunkten wird die Gesamtstruktur gebildet. Mathematisch führt dies im Falle einer linearen statischen Analyse auf ein Gleichungssystem der Form Ku=F.
(3.44)
Dabei bezeichnet K die Steifigkeitsmatrix der Struktur, u den Verschiebungsvektor und F den Vektor der äußeren Kräfte. Die Matrix K ist symmetrisch und besitzt in der Regel eine ausgeprägte Bandstruktur. Zur Lösung derartiger Gleichungssysteme werden spezielle Algorithmen eingesetzt. Die Größe des Gleichungssystems entspricht der Gesamtzahl der Knotenfreiheitsgrade. Von jedem Paar (Knotenkraft, Knotenverschiebung) ist die eine Größe bekannt und die andere unbekannt. Beispielsweise ist an einem fest eingespannten Knoten (Lager) die Verschiebung bekannt, nämlich 0, und die Knotenkraft (Lagerreaktion) unbekannt. An den übrigen Knoten sind die äußeren Kräfte bekannt und die Verschiebungen unbekannt. Die Anzahl der Gleichungen ist daher ebenso groß wie die Anzahl der Unbekannten. Löst man Gleichungssystem (3.44) nach den Unbekannten auf, so erhält man als Ergebnis die unbekannten Lagerreaktionen und die unbekannten Knotenverschiebungen. Aus den Knotenverschiebungen werden die Dehnungen errechnet, aus denen sich dann über das Stoffgesetz die Spannungen ermitteln lassen. Für die Berechnung von Bauteilen nach der FEM stehen heute ausgereifte kommerzielle Programmsysteme zur Verfügung. – Neuere Tendenzen gehen dahin, daß in CAD-Systeme FE-Werkzeuge integriert werden, mit deren Hilfe eine vollständige Analyse (Preprocessing, Solution, Postprocessing) möglich ist. Dies soll auch den Einsatz der FEM, die bisher fast ausschließlich Spezialisten vorbehalten war, in der Konstruktionsabteilung vereinfachen. Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, seien nachfolgend einige wichtige FE-Programme genannt: – NASTRAN (eines der ältesten Standardsysteme), – ABAQUS (besonders für nichtlineare Analysen geeignet), – MARC (besonders für nichtlineare Analysen geeignet, häufig mit dem Pre-, Postprocessor MENTAT verwendet), – ANSYS (Pre-, Postprocessor, Solver, vielfältige Analysemöglichkeiten),
3.3 Beanspruchungen
89
– PATRAN (Pre-, Postprocessor mit Anschlußmöglichkeiten wichtiger Solver), – I-DEAS (CAD-System mit integrierten FE-Modulen, Pre-, Postprocessor, Solver). Boundary Elemente Methode (BEM) Die BEM arbeitet ähnlich wie die FEM. Sie eignet sich für die Berechnung flächenhafter und auch räumlicher Bauteile. Im Gegensatz zur FEM wird hier allerdings nur der Randbereich einer Struktur diskretisiert. Flächenhafte Bauteile werden also mit Linienelementen beschrieben, bei Bauteilen mit einer räumlichen Ausdehnung wird die Oberfläche mit Flächenelementen belegt. Der Aufwand für die Netzerstellung und das zu lösende Gleichungssystem sind daher kleiner als bei der FEM. Auch ist es leichter, die Netzfeinheit zur Erfassung von Spannungskonzentrationen zu variieren. Nachteilig dagegen ist, daß die Matrix des zu lösenden Gleichungssystems im Gegensatz zur FEM weder symmetrisch ist, noch Bandstruktur aufweist. Die BEM besitzt also gegenüber der FEM vor allem dann Vorteile, wenn es sich bei der Analyse um kompakte Bauteile mit einem im Verhältnis zum Bauteilinneren kleinem Bauteilrand handelt. Daß die BEM weit weniger verbreitet ist als die FEM, liegt unter anderem auch daran, daß ihre systematische Entwicklung erst wesentlich später begonnen hat. In Abb. 3.25 sind die Netzeinteilungen und die Rechenergebnisse nach der FEM und der BEM für ein Beispiel gegenübergestellt. Aus Symmetriegründen ist es für beide Methoden bei entsprechender Wahl der Randbedingungen ausreichend, jeweils nur ein Viertel des Stabs zu vernetzen und zu berechnen. In der FEM wird der Stab in Scheibenelemente eingeteilt, in der BEM wird lediglich der Randbereich des Stabs mit Elementen belegt. Das Ergebnisbild der FEM-Berechnung zeigt die Spannungen in Kraftrichtung im gesamten Bauteil. Als Ergebnis der BEM-Berechnung sind die Spannungsverläufe am Rand der Kerbe, im Kerbquerschnitt und u.U. außerhalb des Kerbquerschnitts gezeigt. Für eine einheitliche Auswertung sind die Ergebnisse auf die Zugnennspannung im Kerbquerschnitt bezogen. Der Wert im Kerbgrund ist dadurch mit der Formzahl unmittelbar vergleichbar. 3.3.6 Eigenspannungen Eigenspannungen entstehen als Folge metallurgischer oder fertigungstechnischer Ursachen. Durchhärten, Kaltziehen, Schleifen, Schweißen u.a. können im oberflächennahen Bereich zu Zugeigenspannungen führen, die die Tragfähigkeit des Bauteils mindern. Dem muß man durch geeignete Prozeßführung und/oder zusätzliche Wärmebehandlung (z.B. Spannungsarmglühen) entgegenwirken. Durch Einsatzhärten, Randschichthärten, Nitrieren entstehen im oberflächennahen Bereich Druckeigenspannungen, ebenso durch Rollen, Kugelstrahlen u.ä. Über eine Querschnittsfläche gleichen sich die Eigenspannungen in ihrer Wirkung aus. Wirken beispielsweise im Randbereich eines Bauteils Druckeigenspannungen, so stehen denen im Inneren – allerdings meist geringere – Zugeigenspannungen entgegen. – Druckeigenspannungen im
90
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Abb. 3.26. Spanungsverteilung bei einer einsatzgehärteten Welle bei Biegebeanspruchung, a: Druckvorspannung am Rand infolge der Randhärtung, b: Biegespannung aus Biegemomnet Mb , c: resultierende Spannung aus a und b
Randbereich mindern die aus den Grundbelastungen (z.B. Biegung) resultierenden Zugspannungen (Abb. 3.26), insbesondere die hohen Kerbspannungen. Die Eigenspannungen erhöhen somit in diesem Fall die Tragfähigkeit. Den Verlauf der Eigenspannungen kann man zwar meßtechnisch ermitteln, die rechnerische Überlagerung mit den von außen aufgeprägten örtlichen Spannungen ist aber schwierig. Man berücksichtigt den Einfluß auf die Tragfähigkeit durch einen verfahrensabhängigen Randschichtfaktor KV bei der Berechnung, Abschn. 3.6.4.1g oder ermittelt die resultierende Festigkeit durch Versuche, z.B. bei Zahnrädern [3.3-14]. 3.3.7 Stabilität: Knick- und Beulspannungen Bei schlanken, gedrückten oder drehbeanspruchten Stäben ist noch die Knickgefahr zu berücksichtigen und bei dünnwandigen Bauteilen unter Druck-, Biege- oder Drehbelastung die Beulgefahr. In beiden Fällen handelt es sich um Stabilitätsfragen. 3.3.7.1 Knickspannung Schlanke Druckstäbe können ausknicken, d.h. seitlich ausbiegen, wenn die Druckkraft F = s · A einen bestimmten Wert erreicht. Diesen Wert bezeichnet man als Knickkraft FK = sK · A. Mit Einführung der Knicksicherheit SK ergibt sich die zulässige Druckkraft F sK · A F s F = 211K = 21151 , bzw. SK = 211K = 211K . SK F s SK
(3.45), (3.46)
Der Druckstab kann elastisch oder elastisch-plastisch ausknicken; entsprechend unterscheidet sich die Berechnung. – Nach Wahl des Stabprofils ist zunächst der Schlankheitsgrad l = LK/i zu berechnen. Hierbei ist LK die freie Knicklänge des gelenkig gehaltenen Stabs. Für andere Einspannungen ist LK nach Abb. 3.27 aus der Stablänge L zu bestimmen. Meist liegt der Knickfall 2 vor, so daß LK = L wird. i = (I/A)0,5 ist der Trägheitshalbmesser des Querschnitts A. Hierbei ist I das Flächenträgheitsmoment für diejenige Querschnittsachse, um die der Stab ausknickt. Ist die Knickmöglichkeit nach allen Seiten gleich, ist das kleinste I maßgebend.
91
3.3 Beanspruchungen Abb. 3.27. Freie Knicklänge LK bei unterschiedlicher Stabeinspannung
Für die weitere Berechnung ist zwischen den Bereichen elastischen und unelastischen (plastischen) Knickens zu unterscheiden. Der Übergang zwischen beiden Bereichen findet statt beim
23333 Grenz-Schlankheitsgrad l0 = p2 · E/sp .
(3.47)
a) Elastischer Knickbereich ( 0) Nach Euler beträgt die Knicksicherheit hierfür F p2 · E · I SKE , SK = 211K = 2542 F LK2 · F bzw.
(3.48)
s p2 · E SKE . SK = 211K = 212221 s l2 · s
(3.49)
Die Knickspannung ist hier proportional dem E-Modul und unabhängig von der Festigkeit des Werkstoffs, also für hochfesten Stahl nicht höher als für weichen Stahl. – Kennwerte s. Abb. 3.28. Als Sicherheit genügt SKE = 3…6; zusätzliche Beanspruchungen (Biegemomente, usw.) sollten durch ein größeres SK berücksichtigt werden.
1)
Werkstoff
sP [N/mm2]
E-Modul [N/mm2]
Eulerformel für l LK
S235JR E335 Federstahl Gußeisen mit Lamellengraphit Duraluminium Nadelholz
205 240 575 154
2,1 · 105 2,1 · 105 2,1 · 105 1 · 105
100 93 60 80
25 d 1) 23 d 15 d 20 d
310 – 1,14 l für S235JR bis S355J2G3 335 – 0,62 l 776 – 12 l + 0,053 l2
200 9
0,7 · 105 0,1 · 105
59 100
14,8 d 25 d
– 29,3 – 0,194 l
Tetmajer s KT [N/mm2]
Die angegebenen LK-Werte gelten für Druckstäbe mit Kreisquerschnitt (Durchmesser d).
Abb. 3.28. Gültigkeitsbereich der Euler-Formel und der Methode nach Tetmajer
92
3 Praktische Festigkeitsberechnung
b) Elastisch-plastischer Knickbereich ( < 0) Nach der Methode von Tetmajer, die auf Versuchen basiert, fordert man:
sKT SK = 222 SKE , s
(3.50)
mit sKT nach Tetmajer für verschiedene Werkstoffe nach Abb. 3.28. Für diesen Bereich ist eine geringere Sicherheit als nach a) ausreichend, etwa SKE = 1,8…4, steigend mit zunehmendem l. c) -Verfahren Für lange Druckstäbe von Fachwerken (l > 20) hat man die Berechnung sehr vereinfacht, Abschn. 9.6.2. Es ist für den Brücken- und Kranbau amtlich vorgeschrieben. Erläuterungen s. z.B. [3.3-3]. d) Knick-Drehmoment Bei Drehbelastung eines langen Stabs von der Länge L kann die Längsachse des Stabs sich zu einer Schraubenlinie verwinden, d.h. „drehknicken“, wenn das Drehmoment T einen bestimmten Wert, das Knick-Drehmoment TK erreicht. Für den kreisförmigen Stab mit der Biegefestigkeit E · I ist TK = 2p EI/L; weitere Angaben s. [3.3-3], [3.3-9]. 3.3.7.2 Beulspannung Dünnwandige Bauteile können bei Druck-, Biege oder Drehbelastung ausbeulen, d.h. örtlich ausknicken, wenn die örtliche Spannung einen von E-Modul und Abmessungen abhängigen Wert, die Beulspannung sKB , überschreitet. Die entsprechende Belastung ist die Beulbelastung FKB , bzw. das Beulmoment MKB . Hinweise zur Berechnung s. [3.3-3], [3.3-9].
3.4 Festigkeitsnachweis – allgemein Der Nachweis nach Abschn. 3.5, 3.6 basiert auf der FKM-Richtlinie [3.3-6]: Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile aus metallischen Werkstoffen. 3.4.1 Konzepte der Festigkeitsberechnung Grundlegend unterscheidet man zwischen zwei Berechnungskonzepten: dem Konzept der Nennspannung und dem der örtlichen Spannung. – Beim Nennspannungskonzept wird die auftretende Spannung nominell nach den Beziehungen in Abschn. 3.3.3 ermittelt, der Einfluß von Baugröße, Kerbform und Kerbempfindlichkeit (Stützwirkung, Kerbwirkung) wird im Ansatz der Bauteilfestigkeit berücksichtigt. – Beim Konzept der örtlichen Spannungen wird der Einfluß der Kerbform bei der Berechnung der auftretenden Spannung berücksichtigt (Abschn. 3.3.5), die Stützwirkung (Kerbempfindlichkeit) und der Einfluß der Baugröße im Ansatz der Bauteilfestigkeit. Dieses Konzept wird
3.4 Festigkeitsnachweis – allgemein
93
generell verwendet für komplizierte Bauteile ohne definierte Querschnitte, da hierfür die Formzahl nicht bekannt ist, ebenso bei der FEund BE-Methode (Abschn. 3.3.5.2). – Bevorzugtes Konzept: Das Nennspannungskonzept hat sich im Maschinenbau durchgesetzt. Im weiteren wird daher ausschließlich die Festigkeitsberechnung (Ausführungen, Formeln) nach dem Nennspannungskonzept behandelt. Da die Einflußgrößen (Baugröße, Kerbform, Kerbempfindlichkeit) beim Konzept der örtlichen Spannung denen beim Nennspannungskonzept entsprechen und diese nur anders zur Beanspruchung bzw. Bauteilfestigkeit zugeordnet werden, können die Beziehungen für das Nennspannungskonzept in das Konzept der örtlichen Spannungen überführt werden, s. z.B. [3.3-6]. – Auch die mittlere Flächenpressung nach Abschn. 3.3.3.3 ist eine Nennspannung. 3.4.2 Sicherheit und Bauteilfestigkeit Um das Versagen eines Bauteils auszuschließen, muß dessen Beanspruchung (auftretende Spannung) kleiner als die Bauteilfestigkeit (ertragbare Spannung) sein. Beide sind mit Unsicherheiten, Streuungen behaftet. Um brauchbare Aussagen zu erhalten, sollen die Festigkeitswerte einer hohen Überlebenswahrscheinlichkeit entsprechen, im allgemeinen 97,5% und die Beanspruchung „sicher“ im Sinne einer geringen Wahrscheinlichkeit sein, s. Abschn. 3.5.5. – Sicherheit: Zum Ausgleich der verbleibenden Unsicherheiten ist eine Mindestsicherheit erforderlich: Bauteil-Festigkeit (ertragbare Spannung) S = 00000000 Bauteil-Beanspruchung (auftretende Spannung) Mindestsicherheit Smin
(3.51)
Allgemeine Gesichtspunkte zum Ansatz der Mindestsicherheit und der für die Bauteilbeanspruchung maßgebenden Belastung im Betrieb s. Abschn. 1.4.5, 1.4.8. Bauteil-Festigkeit: (a) Optimal wäre, aber nur bei großen Stückzahlen praktisch möglich, die Bauteilfestigkeit experimentell direkt an Baumustern in Originalgröße zu ermitteln bzw. zu überprüfen. Man erhält damit treffsichere Angaben über die Tragfähigkeit und kann daraus die Festigkeitswerte für geometrisch ähnliche Bauteile vergleichbarer Größe, vergleichbaren Werkstoffs ableiten. (b) Als Vereinfachung und für eine breitere Anwendung geht man von der experimentell ermittelten Tragfähigkeit ähnlicher Proben gleichen Werkstoffs aus. Von den Festigkeitswerten dieser im Anwendungsspektrum liegenden Standard-Referenzbauteile kann man recht treffsicher auf die Festigkeit von Bauteilen ähnlicher Bauform extrapolieren, wenn der Größeneinfluß realistisch abgeschätzt wird. (Dies ist erprobt bei der Ermittlung der Festigkeitswerte von Zahnradwerkstoffen, die an StandardReferenzprüfrädern ermittelt werden [3.3-14].)
94
3 Praktische Festigkeitsberechnung
(c) Generell sollten die Werkstoff-Festigkeitswerte möglichst experimentell an Proben bestimmt werden, die einem Original-Bauteil oder dem Halbzeug (einer Werkstoff-Charge) entnommen werden; sie gelten unmittelbar für die betr. Bauteilgröße und das Werkstoffgefüge (evtl. Anisotropie beachten!). (d) Meist stehen dem Konstrukteur jedoch nur die Festigkeitswerte aus den Werkstoffnormen zur Verfügung. Diese gelten für nicht gekerbte, polierte Rundproben mit Durchmesser d ª 7,5 mm; andere Versuchswerte wurden auf diesen Referenzdurchmesser umgerechnet. – Die Normwerte werden nach dem Einflußgrößenverfahren auf die Werkstoffestigkeit im Bauteil und diese auf die Festigkeit des Bauteils selbst umgerechnet. Wie man hierbei vorgeht, wird in Abschn. 3.5b für die statische und in Abschn. 3.6.1.4 für die dynamische Bauteilfestigkeit erläutert. (e) Der in Abschn. 3.5 und 3.6 dargestellte Festigkeitsnachweis gilt für Bauteile aus Walzstählen (unlegierte Baustähle, Feinkornbaustähle, Vergütungs-, Einsatz- und Nitrierstähle) sowie Eisengußwerkstoffen (GS, GJS, GJMW, GJMB, GJL). Nach dem gleichen Konzept können auch Bauteile aus Aluminiumwerkstoffen behandelt werden. Beim Festigkeitsnachweis von Kunststoffen sind einige Besonderheiten zu beachten, Abschn. 3.7. (f) In manchen Anwendungsgebieten sind für den Festigkeitsnachweis Kundenvorschriften zu beachten oder Vorschriften der Klassifikationsgesellschaften für Schiffsmaschinen oder Berechnungsvorschriften für den Kesselbau, Stahlbau, Kranbau, Stahl-Brückenbau, für Aluminiumkonstruktionen, für die Luftfahrt. – Diese Vorschriften können sinngemäß auch für den Maschinenbau genutzt bzw. vereinbart werden. 3.4.3 Festigkeitsgrenzen Art der Beanspruchung, Bauteilform und Werkstoffeigenschaft sind maßgebend für die Art des Schadens. Umgekehrt kann man aus Schadensbild, Bruchverlauf, Bruchbild und Kenndaten des Werkstoffs auf die Schadensursache schließen. Schadensarten s. Abschn. 3.5 (bei statischer Überlastung) und 3.6 (bei dynamischer Überlastung). Entsprechend den in Abschn. 3.3.4 dargestellten Belastungsfällen muß der Nachweis der statischen und der dynamischen Festigkeit getrennt geführt werden, da die ertragbaren Spannungen verschieden groß sind. Statische Festigkeit: Als klassischer statischer Fall gilt die ruhende Belastung. Zügige (d.h. langsam – evtl. wiederholt – ansteigende) Kurzzeitbelastungen werden im allgemeinen ebenfalls wie statische Belastungen behandelt. Versuche mit verschiedenen Werkstoffen haben ferner gezeigt, daß auch für kleine Schwingspielzahlen die statische Festigkeit für das Versagen des Bauteils maßgebend ist (Abschn. 3.6.1.2). Generell muß man auch bei dynamischer Beanspruchung die Sicherheit der Maximalspannung gegen die statische Festigkeitsgrenze überprüfen, Abschn. 3.6.8. – Experimentelle Ermittlung der Kennwerte der statischen Festigkeit s. Abschn. 3.5.1. – Bei normalen Umgebungstemperaturen (für Metalle von ca. –40 °C …100 °C) sind die Grenzwerte der Zugbeanspruchung die Zug-
3.4 Festigkeitsnachweis – allgemein
95
festigkeit Rm (gegen Bruch) sowie die Streckgrenze Re bzw. 0,2%-Dehngrenze Rp0,2 (gegen Verformung). Re und Rp0,2 6 bezeichnen wir zusammenfassend als Fließgrenze Rp . – Für Biege-, Schub- und Torsionsbeanspruchung gelten die entspr. Grenzwerte. – Bei höheren Temperaturen (für die meisten Eisenwerkstoffe über ca. 100°C) nimmt die statische Festigkeit mit der Temperatur stärker ab, Abb. 3.36; maßgebende Grenzwerte sind dann die Warmfestigkeit Rm, T und die Warmdehngrenze Rp, T , solange die Kristallerholungstemperatur JK nicht überschritten wird (für Eisenwerkstoffe ca. 350 °C). – Bei Betriebstemperaturen J > J K kommt der Fließvorgang bei langzeitiger Beanspruchung nicht mehr zum Stillstand (Kriechen). Maßgebende Festigkeitsgrenzen sind dann Zeitstandfestigkeit Rm,Tt und 1%-Zeitdehngrenze Rp, Tt , die mit der Belastungsdauer abnehmen und daher im allgemeinen für 10000 h oder 100000 h angegeben werden. Die dynamische Festigkeit (= Schwingfestigkeit, Ermüdungsfestigkeit) umfaßt die Bereiche der Dauer- und der Zeitfestigkeit. Experimentelle Ermittlung der Lebensdauer s. Abschn. 3.6.1.1, Abb. 3.49. Dauerfestigkeit: Für große Schwingspielzahlen rechnet man7 mit einer konstanten Dauerfestigkeit, d.h. mit der Wechselfestigkeit sW, zd bzw. der Ausschlagfestigkeit sA, zd als Grenzwerte bei Zug-Druck-Beanspruchung bzw. mit den entsprechenden Grenzwerten für Biege-, Schub- und Torsionsbeanspruchung. Zeitfestigkeit, d.h. ertragbare Belastung bei begrenzter Lebensdauer: Die Ausschlagfestigkeit ist hier höher als die Dauerfestigkeit. Der Grenzwert der dynamischen Beanspruchung hängt von der Schwingspielzahl, d.h. von der Lebensdauer ab. Bei höheren Temperaturen nimmt auch die Ermüdungsfestigkeit mit der Temperatur ab. Maßgebend ist dann die Warm-Wechselfestigkeit sW, zd, T bzw. t W, s, T bzw. die entspr. – Ausschlagfestigkeit, Abb. 3.36. Zulässige Flächenpressung. Maßgebend sind die Angaben für die betr. Maschinenelemente: Gleitlager, Achsen und Wellen, Niete, Bolzen, Stifte, Schraubenverbindungen, usw. – Allgemeines über Flächenpressung s. Abschn. 3.3.3.3. Maßgebend ist die zulässige Flächenpressung des schwächeren Teils. Anhaltswert für pzul (ohne Gleiten) 8 : für zähe Werkstoffe sF, d /1,2 bei ruhender, sF, d /2,0 bei schwellender Beanspruchung; für spröde Werkstoffe sB, d /2,0 bei ruhender, sB, d /3,0 bei schwellender Beanspruchung. Hinweis: Die an Normproben ermittelten Festigkeitswerte werden mit dem zusätzlichen Index N gekennzeichnet. Praxis im Maschinenbau: Für die meisten Anwendungen wird gefordert, daß die Bauteile gegen dynamische (Schwing-)Beanspruchung dauerfest 6
7
8
Definiton des Beginns plastischer Verformung, unterschiedlich nach der Werkstoffgruppe, Kap. 5. Bei Korrosion muß man mit abnehmender Dauerfestigkeit auch oberhalb ND rechnen [3.3-6]. Auch bei Kunststoffen, Wälzlagern und Zahnrädern rechnet man z.T. mit abnehmender Dauerfestigkeit. Sind keine Werte für sF,d und sB,d (s. Abb. 3.39) verfügbar, kann man ersatzweise die Werte für Rp und Rm verwenden (liegen auf der sicheren Seite).
96
3 Praktische Festigkeitsberechnung
ausgelegt werden. Lastkollektive stehen oft nicht zur Verfügung. Man begnügt sich dann damit, die Sicherheit gegen Dauerfestigkeit – und mit selten auftretenden Maximalbelastungen gegen statische Festigkeit – nachzuweisen. – Betriebsfeste Auslegung auf der Basis von Lastkollektiven s. Abschn. 3.8. 3.4.4 Härtewerte Bei der Härteprüfung wird der Widerstand bestimmt, den der Werkstoff dem Eindringen eines harten Prüfkörpers entgegensetzt. Man unterscheidet folgende Härte-Prüfverfahren (ausführliche Beschreibung s. VDI 2616). a) Brinellhärte HB = F/A. Sie wird bestimmt durch Einpressen einer Kugel unter der Prüflast F und durch Ausmessen des Durchmessers d des erzeugten Kugeleindrucks, dessen Oberfläche A ist. Die Prüflast ist so zu wählen, daß d zwischen 0,24… 0,6mal Kugeldurchmesser liegt. Der Zahlenwert entspricht kp/mm2. Beispiel: 440 HBW 5/250/30 bedeutet: Brinellhärte 440, ermittelt mit Hartmetallkugel mit 5 mm Durchmesser bei 2451 N Prüfkraft (Angabe im Kurzzeichen: Prüfkraft in N · 0,102) und 30 s Belastungsdauer (Angabe entfällt bei Einwirkdauer von 10…15 s). Anwendungsbereich: bis 650 HBW (Prüfkugelwerkstoff: Hartmetall) bzw. 300 HBS 9 (Prüfkugelwerkstoff: Stahlkugel); über 300 HBS wird der Härtewert durch die Verformung der Prüfkugel verfälscht. Beziehungen, Anhaltswerte: Für Stahl und C-Stahlguß geglüht (Rm = 300…1000 N/mm2) gilt etwa: Rm ª 3,6 · HBS N/mm2, für Cr-Ni-Stahl geglüht (Rm = 650…1000 N/mm2): Rm ª 3,4 · HBS N/mm2, für Gußeisen mit Lamellengraphit: Rm ª 1,0 · HBS N/mm2. b) Vickershärte HV = F/A. Sie wird bestimmt durch Einpressen einer Diamantpyramide mit 136° Flächenwinkel unter beliebiger Prüfkraft F (Makrobereich: HV 5…HV 100, Kleinlastbereich: HV 0,2…< HV 5, Mikrobereich: HV 0,01…< HV 0,2) und durch Ausmessen der Diagonalen des erzeugten Eindrucks, dessen Oberfläche A ist. Der Zahlenwert entspricht kp/mm2. Bei geringer Prüfkraft kann auch die Härte von dünnen Blechen, dünnen Schichten und sogar von Gefügeteilen ermittelt werden. Beispiel: 700 HV 30/20 bedeutet: Vickershärte 700 ermittelt mit 294 N Prüflast (Angabe im Kurzzeichen: Prüfkraft in N · 0,102) und 20 s Einwirkdauer (Angabe entfällt bei Eindringdauer von 10…15 s). c) Rockwellhärte HR. Sie wird durch Einpressen eines Diamantkegels mit 120° Kegelwinkel (Wert in HRC), bzw. einer Kugel aus gehärtetem Stahl mit d = 1,5875 mm (1/16 inch) (Wert in HRB), oder d = 3,1750 mm (1/8 inch)(Wert in HRE), ermittelt und das Ergebnis an einer Meßuhr ab9
In DIN EN 10 003 T1 wird darauf hingewiesen, daß künftig – bei Überarbeitung der o.a. Norm – nur noch Hartmetallkugeln zugelassen werden.
3.4 Festigkeitsnachweis – allgemein
97
Abb. 3.29. Beziehung zwischen Härtewerten HRC, HV, HB und Rm-Werten von C-Stahl (Beispiel: HB = 550 ist HRC = 54,5; HV = 610 ist Rm = 1980 N/mm2)
gelesen, welche die Differenz zwischen der Eindringtiefe des Eindringkörpers bei Vorlast (bei den meisten Verfahren 98 N) und bei Zusatzlast mißt. Durch die Vorlast wird auch der Einfluß der Rauheit auf die Messung gemindert. Beispiel: 60 HRC bedeutet: Rockwellhärte 60, C – Kennbuchstabe für das Härteverfahren (Eindringkörper: Diamantkegel, Prüfvorkraft: 98 N, Prüfzusatzkraft: 1373 N). Beziehungen zwischen Härtewerten und Zugfestigkeit s. Abb. 3.29. 3.4.5 Kerbschlagzähigkeit Die Kerbschlagzähigkeit ak wird im Pendelschlagwerk an einer gekerbten Probe ermittelt, die beiderseits aufliegend vom Pendelhammer durchschlagen wird. ak ist der Quotient aus verbrauchter Schlagarbeit AV und Probenquerschnitt im Kerbgrund. In ak kommt neben der statischen Festigkeit und der Kerbempfindlichkeit vor allem das plastische Verformungsvermögen zum Ausdruck, kann also zur Beurteilung der Sprödbruchgefahr dienen. Bei Stahl fällt ak erheblich mit fallender Temperatur (Abb. 3.30). Bei einer bestimmten Temperatur geht der Zäh-(Verformungs)bruch zum Mischbruch (Steilabfall der Kurve) und schließlich zum Trennbruch über (Abb. 3.30, Kurve für S235 JR). Diese Übergangstemperatur ist ein Vergleichsmaß für die Werkstoffzähigkeit; ihr kann ein bestimmter Wert der Kerbschlagarbeit zugeordnet werden. ak ist formund größenabhängig, also an die Abmessungen der Probe gebunden; diese müssen deshalb mit dem Prüfergebnis angegeben werden.
98
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Abb. 3.30a, b. Einfluß der Temperatur auf die Kerbschlagzähigkeit ak von, a Metallen, b Kunststoffen (BASF-Werkstoffblatt 4003.1.12, 1965)
3.5 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei statischer Beanspruchung Festigkeitsgrenzen und Einflüsse s. Abschn. 3.4.3, Festigkeitswerte allgemein s. Abb. 3.31. a) Schadensarten: Unter statischer (ruhender, zügiger) Belastung können Bauteile in verschiedener Weise versagen: – durch bleibende Verformung bei duktilen Werkstoffen. – Festigkeitsgrenze: Fließgrenze Rp , – durch Verformungsbruch bei duktilen Werkstoffen – nach plastischer Verformung und Brucheinschnürung – bei Überschreitung der statischen Bruchfestigkeit Rm , – durch Trennbruch (spröder Gewaltbruch) mit Bruchverlauf senkrecht zur größten Zugspannung infolge Überschreitung der statischen Bruchfestigkeit Rm bei spröden oder durch niedrige Temperatur versprödeten Werkstoffen, aber auch bei duktilen Werkstoffen infolge mehrachsiger Spannungszustände bei dehnbehinderten Bauteilen (z.B. bei Umlaufkerben). – durch verformungslosen Gleitbruch bei auf Druck beanspruchten spröden Werkstoffen. – Festigkeitsgrenze: Druckfestigkeit sB,d . – durch Kriechen des Werkstoffs. Oberhalb der Kristallerholungs-Temperatur JK (bei Stahl ca. 350…400°C) kommt die Verformung unter Belastung nicht mehr zum Stillstand. Festigkeitsgrenzen: Zeitstandfestigkeit, Zeitdehngrenze. b) Rechenschritte zur Ermittlung der statischen Bauteilfestigkeit: Um den Durchblick zu bewahren, muß man die Grundgedanken der Vorgehensweise verstanden haben, s. hierzu Abschn. 3.4.2(d). Ziel ist die Berechnung der Sicherheit nach (3.51). Man ermittelt zunächst nach
3.5 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei statischer Beanspruchung Festigkeitswerte 5)
Beanspruchung
Zug 3)
Druck 3)
ungekerbt
gekerbt
statisch (Zugspannung sz)
Zugfestigkeit Rm 0,2 %-Dehngrenze Rp0,2 1) Streckgrenze Re 1)
Zugfestigkeit sBK, z 2)
dynamisch (Zug-Ausschlagspannung sa, z)
Zug-Druck-Wechselfestigkeit sW, zd
2)
3) 4) 5)
Zug-Ausschlagfestigkeit sAK, z 2) (= f (sm,z)) 4) Druckfestigkeit sBK, d 2)
Zug-Druck-Wechselfestigkeit sW, zd
Quetschgrenze sFK, d 2)
Druck-Schwellfestigkeit sSch, d sm, d Biegefestigkeit sB, b 0,2%-Biegedehngrenze s0 ,2 ; b Biegefließgrenze sF, b
4)
Zug-Druck-Wechselfestigkeit sWK,zd
s Sch, d = 2221111 2
Druck-Ausschlagfestigkeit sAK,d 2)(= f(s m,d)) 4) Biegefestigkeit sBK, b
Biegefließgrenze sFK,b
Biege-Wechselfestigkeit sW,b
Biege-Wechselfestigkeit sWK,b
Biege-Ausschlagfestigkeit s
s Sch,b Biege-Schwellfestigkeit sSch, b sm, b 4) = 82 2
statisch Torsionsfestigkeit tB, t (Torsionsspannung tt) Torsionsfließgrenze t F,t
statisch (Schubspannung ts) dynamisch (Schub-Ausschlagspannung ta, s)
1)
Zug-Druck-Wechselfestigkeit sWK, zd
sSch,z sm,z = 222111 2
dynamisch (Druck-Ausschlagspannung sa,d )
dynamisch (Torsions-Ausschlagspannung ta,t) Schub 3)
Zug-Schwellfestigkeit sSch, z
Zugfließgrenze sFK,z 2)
Druckfestigkeit sB, d 0,2 %-Stauchgrenze s0, 2; d Quetschgrenze sF, d
dynamisch (Biege-Ausschlagspannung sa, b ) Torsion 3)
statisch (Druckspannung sd)
Biegung 3) statisch (Biegespannung sb)
99
AK, b
(=f (sm,b)) 4)
Torsionsfestigkeit tBK, t Torsionsfließgrenze tFK, t
Torsions-Wechselfestigkeit tW,t
Torsions-Wechselfestigkeit tWK,t
sSch,t Torsions-Schwellfestigkeit sSch,t sm, t 4) = 2211121 2
Torsions-Ausschlagfestigkeit tAK,t (= f(sm,t)) 4)
Schubfestigkeit tB,s
Schubfestigkeit tBK, s
Schubfließgrenze tF,s
Schubfließgrenze tFK, s
Schub-Wechselfestigkeit tW, s
Schub-Wechselfestigkeit tWK, s
sSch,s Schub-Schwellfestigkeit sSch,s sm,s 4) = 2211121 2
Schub-Ausschlagfestigkeit tAK,s (= f(sm,s)) 4)
Re , Rp0,2 werden allgemein als Rp bezeichnet bei duktilen Werkstoffen wird bei Zug und Druck i.allg. mit dem gleichen Festigkeitswert gerechnet, z.B.: ZugDruck-Wechselfestigkeit sW,zd gleichwertig verwendet werden (z.B.): Biegewechselfestigkeit bzw. Biege-Wechselfestigkeit sm – Mittelspannung entsprechend der Beanspruchung die Einheit ist jeweils N/mm2
Abb. 3.31. Beanspruchungen und zugehörige Festigkeitswerte (mit Zusatzindex N für Normprobe, ohne – entsprechend Darstellung – für Bauteile, s. auch Hinweis in Abschn. 5.1)
100
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Abschn. 1.4.5 die am Bauteil angreifenden Nenn-Kräfte und -Momente (Beispiel für eine Getriebewelle s. Abschn. 17.8.2, Beispiel 1, Abschn. A) und berechnet daraus die Einzelbeanspruchungen aus der Nennbelastung nach Abschn. 3.3.3 (für Beispiel 1 nach Abschn. B.1(a)). – Die weiteren Schritte sind: 1. Statische Werkstoff-Festigkeitskennwerte für Normabmessungen: Zugfestigkeit Rm, N und Fließgrenze Rp, N nach Normen oder anderen Regelwerken, i.allg. gültig für Temperaturen von – 40° C bei Walzstahl (– 25 °C bei Eisengußwerkstoffen) < 100 °C. – Abschn. 3.5.1. 2. Statische Festigkeitskennwerte für den Werkstoff im Bauteil Rm , Rp nach Abschn. 3.5.2 aus 1. berechnen mit: (a) Technologischem Größenfaktor Kd , (b) Anisotropiefaktor KAn (bei Beanspruchung quer zur Walzrichtung), (c) Werkstoff-Zugfestigkeit Rm und -Fließgrenze Rp , (d) Werkstoff-Druckfestigkeit B, d und -Quetschgrenze F, d , (e) Werkstoff-Schubfestigkeit B, s und -Schubfließgrenze F, s . (f) Werkstoff-Warmfestigkeit Rm, T und -Warmdehngrenze Rp, T (100°C (60 °C) < 350 °C) mit Faktoren KT, m , KT, p , (g) Werkstoff-Zeitstandfestigkeit Rm,Tt und -Zeitdehngrenze Rp, Tt (350 °C < 500 °C), (h) Werkstoff-Festigkeit bei niedrigen Temperaturen. 3. Statische Bauteilfestigkeit – BK, zd , FK, zd ; BK, b , FK, b ; BK, s , FK, s ; BK, t , FK, t – aus 2. berechnen mit: (a) Formzahlen ␣ , ␣ (zur Berücksichtigung der Spannungskonzentration), (b) plastischen Stützzahlen npl und plastischen Kerbwirkungszahlen pl, pl, , (c) Konstante KNL für nichtlinear-elastisches Verhalten von GJL. 4. Nachweis der Bauteilsicherheit bei statischer Beanspruchung (a) für Einzelbeanspruchung, (b) für zusammengesetzte Beanspruchung. 3.5.1 Statische Werkstoff-Festigkeitswerte für Normabmessungen Im Maschinenbau sind die im Zugversuch bei Raumtemperatur ermittelte Zugfestigkeit Rm,N und Fließgrenze Rp, N am wichtigsten. Die zugehörigen Größen für Druck und Schub können daraus berechnet werden. Die entsprechenden Größen für Biegung und Torsion sind keine eigentlichen Festigkeitswerte, da sie den Einfluß des Spannungsgefälles enthalten (auch die beim nichtgekerbten Bauteil vorhandene Stützwirkung), sie werden mit der Bauteilfestigkeit berechnet. Beim Zugversuch wird eine Werkstoffprobe langsam stetig gedehnt. Die dabei jeweils erforderliche Kraft F wird auf den Ausgangsquerschnitt A0 bezogen und ergibt so die Spannung s, die Dehnung e erhält man aus der gemessenen Längung der Probe bezogen auf die Ausgangslänge L0: s = F/A0 ; e = DL/L0 . Zusammengehörige Werte von s und e ergeben das Spannungs-Dehnungs-Diagramm (Abb. 3.32) mit folgenden Kennwerten:
3.5 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei statischer Beanspruchung
101
a) Streckgrenze Re (früher s ): Sie gibt den Beginn des Fließens im Zugversuch an. (Fließbeginn im Biegeversuch: Biegefließgrenze F, b ; im Druckversuch: Quetschgrenze F, d ; im Torsionsversuch: Verdrehfließgrenze t F, t .) Bei Werkstoffen mit ausgeprägter Streckgrenze (deutlicher Spannungsabfall) wird zwischen oberer ReH und unterer Streckgrenze ReL unterschieden, z.B. bei Walzstahl und Stahlguß. Bei Gußeisen mit Kugelgraphit tritt an die Stelle von Re die 0,2%-Dehngrenze Rp,0,2 . b) 0,2%-Dehngrenze Rp,0,2 ( früher 0,2): Nach Zugbelastung bis Rp,0,2 zeigt die Werkstoffprobe 0,2% bleibende Dehnung im entlasteten Zustand. Für Gußeisen mit Lamellengraphit gibt es keine 0,2%-Dehngrenze. c) Die mitunter verwendeten Begriffe Elastizitätsgrenze E (Maximalspannung für gerade noch vollständige elastische Verformung) und Proportionalitätsgrenze P (Spannung und Dehnung sind proportional, d.h. es gilt exakt das Hooksche Gesetz: = · E) existieren als Werkstoffkennwerte nicht (sind meßtechnisch nicht exakt zu erfassen). Für technische Belange verwendet man deshalb statt p die 0,01 %-Dehngrenze Rp0,01 . d) Zugfestigkeit Rm (früher B): Höchste im Versuch ermittelte Kraft Fmax bezogen auf den Ausgangsquerschnitt A0 . Die tatsächlich bei Fmax auftretende Spannung ist größer, da die Probe sich eingeschnürt hat, der Querschnitt kleiner geworden ist (gestrichelter Verlauf in Abb. 3.32). – Abschätzung der Zugfestigkeit nach der Brinellhärte s. Abschn. 3.4.4. e) Bruchdehnung A: Bleibende Verlängerung ⌬LB nach dem Bruch, bezogen auf die Ausgangslänge L0 in %. Zur Bruchdehnung muß L0/d0 angegeben werden. Gebräuchlich L0 = 5d0 , daher als ,,A5“ bezeichnet. f) Brucheinschnürung Z: Auf den Ausgangsquerschnitt A0 bezogene Querschnittsminderung an der Bruchstelle ⌬AB , Z = ⌬AB /A0 in %. Bruchdehnung und Brucheinschnürung sind ein Maß für das Verformungsverhalten des Werkstoffs. Sie sind daher bei der Wahl der Sicherheiten zu beachten. Hinweis zu a), b) und d): Festigkeitswerte, die mit der genormten Werkstoffprobe (DIN 50125) ermittelt oder darauf umgerechnet werden,
Abb. 3.32. Spannungs-Dehnungsdiagramm (qualitativ) aus Zugversuch bei 20°C mit stetig zunehmender Dehnung der Probe. Kurven: a Grauguß, b und b¢ weicher Stahl, c hochfester Stahl. A0 Probenquerschnitt vor, A bei Belastung, G Spannung bei Gewaltbruch
102
3 Praktische Festigkeitsberechnung
kennzeichnen wir mit dem zusätzlichen Index N, Abschn. 3.4.2. – Werte von Re, N , Rp0,2, N , Rm, N , A für Werkstoffe des Maschinenbaus s. Kap. 5. 3.5.2 Statische Festigkeitskennwerte für den Werkstoff im Bauteil Diese, für den Zustand des Werkstoffs im Bauteil maßgebenden, Kennwerte errechnet man – mit den in Abschn. 3.5b) genannten Rechenschritten – aus den Kennwerten für Normabmessungen (Abschn. 3.5.1) mit Hilfe von Einflußfaktoren. Dabei sind zu berücksichtigen: a) Technologischer Größeneinfluß und evtl. Einfluß von Anisotropie: Beim Ansatz der Festigkeit sind die Auswirkungen der Wärmebehandlung, insbesondere die unterschiedlichen Abkühlbedingungen am Rand und im Kern zu berücksichtigen, die zu unterschiedlichem Gefüge über den Querschnitt führen. Dies wird durch den technologischen Größenfaktor Kd, m bzw. Kd, p berücksichtigt. – Für Bauteile aus Walzstahl sind niedrigere Festigkeitswerte anzusetzen, wenn die Beanspruchung quer zur Walzrichtung wirkt. Dies wird durch den Anisotropiefaktor KAn berücksichtigt. Damit ergeben sich Zugfestigkeit und Fließgrenze für den Werkstoff im Bauteil: Rm = Kd, m · KAn · Rm, N ; Rp = Kd, p · KAn · Rp, N .
(3.52), (3.53)
Richtwerte für Kd, m ; Kd,p s. Abb. 3.33; Richtwerte für KAn s. Abb. 3.34; Zugfestigkeit Rm, N und Fließgrenze Rp, N für Normabmessungen s. Kap. 5. Außer für GJL gilt:
Querschnittsform
– deff deff,N 2)
Kd = 1, – deff,N < deff < deff,max 2), 3)
1 – 0,7686 · ad · lg (d eff /7,5 mm) 1) Kd = 0000011414 1 – 0,7686 · ad · lg(deff,N/ 7,5 mm)
deff 4)
deff 5)
d
d
2s
s
2s
s
2b · s 0 b+s
s
b
b
(3.54A)
(3.54B)
– deff deff,max 2), 3)
Kd = Kd (deff,max)
(3.54C)
Für GJL gilt: – deff 7,5 mm
Kd,m = 1,207,
(3.55A)
– deff > 7,5 mm
Kd,m = 1,207 · (deff /7,5 mm)– 0,1922
(3.55B)
Abb. 3.33. Technologische Größenfaktoren in Abhängigkeit vom gleichwertigen Durchmesser deff : Kd,m für die Zugfestigkeit, Kd,p für die Fließgrenze [3.3-6]
3.5 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei statischer Beanspruchung Abb. 3.33 (Fortsetzung)
Werkstoffgruppe
ad,m ad,p
unlegierter Baustahl (DIN EN 10 025)
40 40
0,15 0,3
Feinkornbaustahl (DIN EN 17 102)
70 40
0,2 0,3
Feinkornbaustahl (DIN EN 10 113)
100 30
0,25 0,3
Vergütungsstahl vergütet (DIN EN 10 083-1)
16 16
0,3 0,4
Vergütungsstahl, normalgeglüht (DIN EN 10 083-1, -2)
16 16
0,1 0,2
Einsatzstahl blindgehärtet (DIN 17 210)
11 11
0,5 0,5
100 100
0,2 0,25
Nitrierstahl, vergütet (DIN 17 211)
nichtrostender Stahl (DIN EN 10 088-2)
1)
deff,N,m deff,N,p in mm
–
103
–
Stahl für größere Schmiedestücke, vergütet (SEW 550) 6)
250 250
0,2 0,25
Stahl für größere Schmiedestücke, normalgeglüht (SEW 550)
250 250
0 0,15
Stahlguß (DIN 1681)
100 100
0,15 0,3
Vergütungsstahlguß, luftvergütet (DIN 17 205)
300 300
0,15 0,3
Vergütungsstahlguß, flüssigkeitsvergütet (DIN 17 205) 7)
100 100
0,3 0,3
GJS (DIN EN 1563)
60 60
0,15 0,15
GJMW, GJMB (DIN EN 1562)
15 15
0,15 0,15
GJL (DIN EN 1561)
20 –
0,25 –
mit ad = ad,m folgt: Kd = Kd,m ; mit ad = ad,p folgt: Kd = Kd,p Berechnung von Kd,m mit: deff,N = deff,N,m und deff,max = deff,max,m Berechnung von Kd,p mit: deff,N = deff,N,p und deff,max = deff,max,p 3) für Walzstahl gilt: d eff,max,m = deff,max,p = 250 mm; für alle anderen Werkstoffgruppen besteht keine Grenze. 4) für Bauteile aus vergütetem Vergütungsstahl, einsatzgehärtetem Einsatzstahl, vergütetem und nitriertem Nitrierstahl,Vergütungsstahlguß, GJS, GJMB, GJMW und GJL. 5) für Bauteile aus unlegiertem Baustahl, Feinkornbaustahl, normalgeglühtem Vergütungsstahl und allgemeinem Stahlguß 6) für 28 NiCrMoV 8 5 und 33 NiCrMo 14 5 gilt: d eff,N,m = deff,N,p = 500 mm bzw. 1000 mm bei unveränderten Werten ad,m und ad,p 7) genaue Unterscheidung der Sorten s. [3.3-6] 2)
104
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Rm in N/mm2
KAn
≤ > > >
0,9 0,86 0,83 0,8
600 600 … 900 900 … 1200 1200
Abb. 3.34. Anisotropiefaktor KAn für Walzstahl bei Beanspruchung quer zur Walzrichtung; er entfällt bei mehrachsiger Beanspruchung und Schubspannung [3.3-6]
Rm und Rp sind auch die Bezugsgrößen für die Biegung; Hinweise zu den Unterschieden in der Beanspruchung (plastische Stützwirkung) s. Abschn. 3.5.3.1b, 3.5.3.2. Der Einfluß der Anisotropie (Faktor KAn) bleibt generell unberücksichtigt bei Schubspannungen und mehrachsiger Beanspruchung. b) Werkstoff-Schubfestigkeit tB, s und ebenso die -Schubfließgrenze tF, s bestimmt man „rechnerisch“ aus der Zugfestigkeit bzw. Fließgrenze:
tB, s = rt · Rm ; tF, s = rt · Rp .
(3.56), (3.57)
Quotient rt s. Abb. 3.35, Rm und Rp nach (3.52), (3.53). c) Besonderheiten bei Eisengußwerkstoffen Bei Eisengußwerkstoffen (GS, GJS, GJMW, GJMB, GJL, nicht bei Walzstahl) ist die Werkstoff-Druckfestigkeit höher als die Zugfestigkeit; entsprechendes gilt für die Fließgrenze. Dies wird mit dem Quotienten Kp berücksichtigt:
sB, d = Kp · Rm , sF, d = Kp · Rp .
(3.58), (3.59)
Im Festigkeitsnachweis werden die Werte Kp · Rm und Kp · Rp verwendet (sB, d und sF, d treten nicht explizit in Erscheinung). Quotient Kp s. Abb. 3.35; Rm , Rp nach (3.52), (3.53).
Werkstoffgruppe Walzstahl Einsatzstahl außer Einsatzstahl
GS
GJS
GJMW, GJMB
GJL
Kp = sF, d / Rp1)
1
1
1
1,3
1,5
2,5
rt = tF, s/Rp 2), 3)
0,58 4)
0,58 4)
0,58 4)
0,65
0,75
0,85
fW = sW,zd/Rm
0,45
0,40
0,34
0,34
0,30
0,30
1) 2) 3) 4)
auch Kp = s B, d/R m auch rt = tB, s /Rm = tW, s/sW, zd ohne Anisotropiefaktor KAn nach GEH 1/kl 3; nach Experimenten 0,54…0,62
Abb. 3.35. Berechnungs-Faktoren Kp, rt und fW [3.3-6]
3.5 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei statischer Beanspruchung
105
Abb. 3.36. Temperaturfaktor KT für dynamische Beanspruchung für zwei Werkstoffgruppen; KT, m für Rm, T , KT, p für Rp, T und sinngemäß nach Erläuterung zu (3.60), (3.61); KT, D für s W, zd, T und tW, s, T nach (3.95), (3.96); ausführliche Angaben einschließlich der Berechnungsgleichungen s. [3.3-6]
Bei Eisengußwerkstoffen wirkt sich ferner die größere Häufigkeit von Werkstoffehlern (Poren, Lunker, Seigerungen) bei größeren Abmessungen nachteilig aus; dies ist bei der Berechnung kaum zu erfassen, dieser Anteil muß daher durch eine höhere Sicherheit erfaßt werden. – Der Anisotropiefaktor KAn in (3.52), (3.53) entfällt bei allen Eisengußwerkstoffen. Für GJL ist keine Fließgrenze (0,2%-Dehngrenze) festgelegt, d.h. (3.53), (3.57), (3.59) entfallen. – tB, s und tF, s (und damit Rm und Rp) sind auch Bezugsgrößen für Torsion; Hinweise zu den Unterschieden in der Beanspruchung (plastische Stützwirkung) s. Abschn. 3.5.3.1b, 3.5.3.2. d) Einfluß höherer Temperatur: Die in Abschn. 3.4.3 geschilderte Wirkung der Temperatur wird beim Festigkeitsnachweis durch die Temperaturfaktoren KT, m bzw. KT, p nach Abb. 3.36 berücksichtigt, bis zur Kristallerholungstemperatur JK (bei Eisenwerkstoffen ca. 350°C) gilt: Rm, T = KT, m · Rm ; Rp, T = KT, p · Rp .
(3.60), (3.61)
Für GJL ist keine Warmdehngrenze festgelegt, d.h. (3.60), (3.61) entfallen. Oberhalb JK rechnet man mit Rm, Tt statt Rm, T und mit Rp, Tt statt Rp, T , s. [3.3-6]. e) Einfluß niedriger Temperatur: Mit abnehmender Temperatur nimmt die Festigkeit zu, gleichzeitig wächst die Sprödbruchneigung. Man rechnet bis – 40 °C mit annähernd konstanter Bauteilfestigkeit wie für Raumtemperatur.
106
3 Praktische Festigkeitsberechnung
3.5.3 Statische Bauteilfestigkeit Aus der Werkstoff-Festigkeit im Bauteil nach Abschn. 3.5.2 rechnet man auf die Festigkeit des Bauteils selbst um, indem man zusätzlich die Einflüsse von Form und Beanspruchungsart berücksichtigt. 3.5.3.1 Grundlagen, Einflußfaktoren a) Spannungskonzentration Wie in Abschn. 3.3.5 erläutert, treten an Querschnittsänderungen (Kerben) Spannungsspitzen auf, die bei der Berechnung durch die Formzahlen as , at erfaßt werden. Bei der Berechnung nach dem Nennspannungskonzept muß man diesen Einfluß im Ansatz der Bauteilfestigkeit berücksichtigen, Abschn. 3.4.1. b) Plastische Stützwirkung und plastische Kerbwirkung Die Spannungsspitzen infolge ungleichmäßiger Spannungsverteilung über den Querschnitt werden durch plastische Verformungen abgemindert, wenn die Elastizitätsgrenze örtlich überschritten wird. Hiervon kann man bei der Berechnung Gebrauch machen, indem man – je nach Duktilität des Werkstoffs – über die elastische Verformung hinaus lokale plastische Verformungen (Teilplastifizierungen) zuläßt. Sie schaden der Funktion nicht und führen zu besserer Ausnutzung des Werkstoffvolumens, Beispiel s. Abb. 3.37. Globale plastische Verformungen über den ganzen Querschnitt sind allerdings im Maschinenbau nicht zulässig, sie würden zu bleibenden Formänderungen des Bauteils führen. Von dieser Möglichkeit der „Nachbesserung“ kann man demnach nur bei ungleichmäßiger Spannungsverteilung Gebrauch machen, d.h. bei gekerbten Bauteilen, aber auch beim ungekerbten Biege- und Torsionsstab (geometrischer Größeneinfluß).
Abb. 3.37a, b. Stützwirkung bei ungleichmäßiger Spannungsverteilung, a glatter biegebeanspruchter Rundstab, b gekerbter zugbeanspruchter Rundstab
3.5 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei statischer Beanspruchung
107
Bei der Festigkeitsberechnung berücksichtigt man diesen Effekt mit einer „plastischen“ Stützzahl npl npl = 422226 E · eertr /R p npl, grenz ,
(3.62)
mit folgenden extremen Grenzen für vollplastische Verformung (npl > 1): für Zug-Druck: für Biegung: für Schub: für Torsion:
npl, s, zd, grenz = as, zd , npl, s, b, grenz = as, b · gb , npl, t, s, grenz = at, s , npl, t, t, grenz = at, t · g t .
Ertragbare Gesamtdehnung eertr s. Abb. 3.38 – Die plastische Stützzahl fassen wir mit der Formzahl as , at zusammen. An die Stelle der Formzahl tritt damit die „plastische“ Kerbwirkungszahl bpl:
as, zd as, zd Zug-Druck: bpl, s, zd = 61111 = 09 , 1122222221 npl, s, zd E · eertr/Rp
(3.63)
Biegung:
as, b as, b bpl, s, b = 6111 = 09 , 6 npl, s, b E · 11127 eertr/Rp
(3.64)
Schub:
at, s at, s bpl, t, s = 621 = 63122221 6111122 4, npl, t, s E · eertr /R p
(3.65)
Torsion:
at, t at, t bpl, t, t = 611 = 63222 4. 611 111222 npl, t, t E · eertr /Rp
(3.66)
– as , at Formzahlen nach Abschn. 3.3.5, für einige wichtige Stabformen s. Abb. 3.39 … 3.41. – gb , g t Grenzlastfaktoren: Sie berücksichtigen die ungleichmäßige Verteilung der Nennspannungen über den Querschnitt, d.h. gb bzw. gt ist gleich dem Verhältnis von vollplastischer zu elastischer Traglast. Beispielsweise beträgt das höchste noch elastisch aufnehmbare Biegemoment beim Rechteckquerschnitt Mb1 = Rp · b · h2/6, das Tragmoment im vollplastischen Zustand Mb2 = Rp · b · h2/4, d.h. gb = Mb2/Mb1 = 1,5. Zahlenwerte für verschiedene Querschnitte s. Abb. 3.42, bei gleichmäßiger Verteilung der Nennspannung über den Querschnitt, d.h. bei Zug- und Druckspannung, ist der Grenzlastfaktor = 1, auch bei Schub. Man beachte, daß die Formzahl des auf Schub beanspruchten Stabs ungleich eins ist, beispielsweise at , s = 1,5 für den Rechteckquerschnitt und a t , s = 1,33 für den Kreisquerschnitt. Werkstoffgruppe
Walzstahl
GS
GJS
GJMW, GJMB
GJL
eertr [%] 1)
5
5
2 2)
2 2)
–
1) 2)
eertr = 5 % bedeutet: eertr = 0,05 gilt für A5 < 12,5 % bzw. A3 < 12,5 %; für A5 (A3) ≥ 12,5 % gilt eertr = 4 %
Abb. 3.38. Ertragbare Gesamtdehnung eertr [3.3-6]
Abb. 3.39a–c. Formzahlen as für Rundstäbe mit Umlaufkerben, a Zug-Druck, b Biegung, c Torsion
108 3 Praktische Festigkeitsberechnung
Abb. 3.39d–f. Kerbformzahlen as für Rundstäbe mit Absätzen, d Zug-Druck, e Biegung, f Torsion [3.3-6]
3.5 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei statischer Beanspruchung
109
110
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Abb. 3.40a–d. Formzahlen as für gekerbte Flachstäbe, a Zug-Druck, b Biegung
Achtung: Bei Verwendung der Grenzwerte für npl, grenz in (3.62) ist zu berücksichtigen, daß die statische Festigkeit duktiler Werkstoffe durch Kerben (auch Wellenabsätze, d.h. Umlaufkerben) zwar zunehmen kann (durch den entstehenden dreiachsigen Spannungszustand), daß damit jedoch eine Versprödung des Werkstoffs verbunden ist (dies wäre im Prinzip durch eine höhere Sicherheit zu berücksichtigen), Abb. 3.43.Weiterhin ist zu beachten, daß bei Ausnutzung von npl, grenz vollplastische Traglast (s.o.) als Beanspruchung vorliegt, d.h. bleibende Bauteilverformungen zugelassen werden. Im allgemeinen müßte dann der Wert für npl, grenz (speziell für Biegung und Torsion) im Rahmen eines Verformungsnachweises abgemindert werden. Um diese beiden genannten Einflüsse zu berücksichtigen, werden die Werte für npl,grenz bei Zug-Druck- und Schub-Beanspruchung durch die Werte für die Formzahlen as, zd , at, s begrenzt, s. unter (3.62). Für Biegeund Torsionsbeanspruchungen werden die Werte für npl, grenz durch die Verwendung von as, b · g b, red bzw. at, t · g t, red anstelle as, b · g b bzw. at, t · g t in
3.5 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei statischer Beanspruchung
111
Abb. 3.40c, d. Kerbformzahlen as für abgesetzte Flachstäbe, c Zug-Druck, d Biegung [3.3-6]
den Gleichungen unter (3.62) begrenzt. Für Kreisquerschnitte sind Werte für g b, red bzw. gt, red in Abb. 3.44 gegeben. Bei harter Randschicht und scharfen Kerben (z.B. as, b bzw. at, t > 3) sollten kleinere Werte für g b, red bzw. g t, red eingesetzt werden um Anrisse zu vermeiden. Diese Werte können z.B. durch Versuche bestimmt werden. Bei Hohlwellen ist die nutzbare Stützwirkung geringer. Wir setzen daher hierfür g b, red = g t, red = 1. Bei Rechteckquerschnitten sind die Beziehungen sinngemäß abzuschätzen. Bei der Berechnung von zug- oder druckbeanspruchten Bauteilen verzichten wir somit darauf, die festigkeitserhöhende Wirkung von Kerben zu berücksichtigen. Für biege- und torsionsbeanspruchte Bauteile lassen wir nur eine Teilplastifizierung zu. c) Besonderheit bei Gußeisen mit Lamellengraphit – Bei GJL ist der Zusammenhang zwischen Biegespannung und Dehnung nicht linear (Abb. 3.45a). Auf der Zugseite ist die Spannung kleiner als auf der Druckseite, was bei der Berechnung durch die Konstante KNL berücksichtigt wird, Abb. 3.45b.
112
3 Praktische Festigkeitsberechnung
– Wegen der geringen plastischen Verformbarkeit entfällt bei GJL die Stützwirkung nach Abschn. 3.5.3.1b); in (3.63)…(3.66) setzt man npl = 1. – Da für GJL keine Fließgrenze Rp existiert (Abschn. 3.5.2c), entfällt die Berechnung gegen plastische Verformung, d.h. Fließgrenze und Warmdehngrenze.
Abb. 3.41. Formzahlen für Hohlwellen [3.3-15] (Man beachte: Stützwirkung kann nicht mit den Beziehungen für Vollquerschnitte berechnet werden)
3.5 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei statischer Beanspruchung Abb. 3.42. Grenzlastfaktoren g b und g t [3.3-6]
Querschnittsform
Biegung gb
Rechteck
1,5
Kreis
1,70
1,33
Kreisring
1,27
1
113
Torsion gt
Abb. 3.43. Spannungs-Dehnungsverhalten unterschiedlich scharf gekerbter Zugproben bei gleichem kleinsten Durchmesser. – Der gleiche Effekt tritt ein bei biegeund torsionsbeanspruchten Achsen und Wellen mit Umlaufkerbe
Beanspruchungsart
Biegung g b, red
Torsion g t, red
ohne harte Randschicht
1,2
1,2
mit harter Randschicht
1,2
1,1
Abb. 3.44. Anhaltswerte für g b, red und g t, red bei Kreisquerschnitten nach DIN 743-1 zur Berechnung der plastischen Stützzahl
114
3 Praktische Festigkeitsberechnung Abb. 3.45a, b. Nichtlinear-elastisches SpannungsDehnungs-Verhalten eines Biegestabs aus GJL, a Spannungsverteilung, b Faktor der Festigkeitserhöhung bzw. -abminderung KNL [3.3-6]
a Werkstoffsorte
EN-GJL-100
EN-GJL-150
EN-GJL-200
EN-GJL-250
EN-GJL-300
EN-GJL-350
KNL,Zug
1,15
1,15
1,10
1,10
1,05
1,05
KNL,Druck
0,87
0,87
0,91
0,91
0,95
0,95
3.5.3.2 Berechnung von (statischer) Bauteilfestigkeit und Bauteilfließgrenze Mit den in Abschn. 3.5.3.1 erläuterten Einflußfaktoren ergeben sich für die Berechnung: Bruch, Zugfestigkeit Zug-Druck: sBK, zd = Rm/bpl, s, zd ,
plastische Verformung, Fließgrenze
sFK,zd = Rp/bpl, s, zd ,
(3.67), (3.68)
Biegung:
sBK, b = Rm · KNL/bpl, s, b , sFK,b = Rp · KNL/bpl, s, b , (3.69), (3.70)
Schub:
tBK, s = rt · Rm/bpl, t, s ,
tFK,s = rt · Rp/bpl, t, s ,
(3.71), (3.72)
Torsion:
tBK, t = rt · Rm/bpl, t, t ,
tFK, t = rt · Rp/bpl, t, t .
(3.73), (3.74)
Rm Zugfestigkeit, Rp Fließgrenze für den Werkstoff im Bauteil nach (3.52), (3.53); Konstante KNL s. Abb. 3.45b, ansonsten: KNL = 1. Plastische Kerbwirkungszahl bpl s. Abschn. 3.5.3.1b. – Für Achsen und Wellen aus Walzstahl s. Bemerkungen in Abschn. 3.5.3.1 und Abb. 3.44. Bei hohen und niedrigen Temperaturen (>100 °C, < – 40 °C) ist nach Abschn. 3.5.2d) und e) zu verfahren: man rechnet mit Rm, T nach (3.60) statt mit Rm und mit Rp, T nach (3.61) statt mit Rp , bei Temperaturen oberhalb JK ª 350 °C sinngemäß mit Rm, Tt und Rp, Tt . 3.5.4 Nachweis der statischen Festigkeit Der Nachweis muß getrennt für die einzelnen Beanspruchungskomponenten und für die zusammengesetzte Beanspruchung geführt werden, denn eine nicht ausreichende Einzelsicherheit kann nicht durch eine ausreichende Gesamtsicherheit kompensiert werden.
b
3.5 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei statischer Beanspruchung
115
3.5.4.1 Nachweis für die Einzelbeanspruchungen Man berechnet die Sicherheit SB gegen Überschreiten der Zugfestigkeit und SF gegen Überschreiten der Fließgrenze unter statischer Beanspruchung wie folgt: ZugsBK, zd sFK, zd SB, zdmin , SF, zd = 0 SF, zd min , Druck: SB, zd = 0 szd szd
(3,75), (3.76)
sBK, b sFK, b Biegung: SB, b = 332 SB, bmin , SF, b = 332 SF, b min , sb sb
(3.77), (3.78)
tBK, s Schub: SB, s = 331 SB, smin , ts
tFK, s SF, s = 331 SF, s min , ts
(3.79), (3.80)
tBK, t Torsion: SB, t = 331 SB, t min , tt
t t SF, t = FK, SF, t min . 34 tt
(3.81), (3.82)
Beide Mindestsicherheiten, SBmin und SFmin , müssen eingehalten werden. Bauteilbeanspruchung (Nennspannungen) szd , sb , ts und tt s. Abschn. 3.3. Bauteilfestigkeit sBK,zd , sFK,zd ; sBK,b , sFK,b ; tBK,s , tFK,s und tBK,t , tFK,t s. Abschn. 3.5.3.2. 3.5.4.2 Nachweis für die zusammengesetzte Beanspruchung
a) Physikalische Zusammenhänge Die Festigkeitskennwerte für Normalspannungen aus Zug und Biegung sind nur im elastischen Bereich gleich, nicht jedoch, wenn plastische Verformungen zugelassen werden. Wegen der in der Regel unterschiedlichen Spannungsverteilung und folglich unterschiedlichen plastischen Stützzahlen unterscheiden sie sich dann. Die Festigkeitswerte für Biegung und Torsion sind unterschiedlich (über das Verhältnis rt = tB, s /Rm hinausgehend) auch bei gleicher Spannungsverteilung wegen der unterschiedlichen Stützwirkung für Normal- und Schubspannungen. Dies muß beim Nachweis der Sicherheit bei einer zusammengesetzten Beanspruchung berücksichtigt werden. b) Vergleichs-Sicherheit Für den Festigkeitsnachweis wird – wie in Abschn. 3.3.3.10 erläutert – aus den Einzel-Beanspruchungen eine Vergleichsspannung gebildet, die der Zugfestigkeit gegenüberzustellen ist. Nach der Gestaltänderungsenergiehypothese (vgl. (3.36)) folgt bei Beachtung der unter a) erläuterten Zusammenhänge:
sv, GEH = 522 Rm
0005333330 szd sb 2 tt ts 2 + 3rt2 511 , + 521 + 511 522 s s t t BK, zd
BK, b
BK, t
BK, s
(3.83)
116
3 Praktische Festigkeitsberechnung
bzw. ausgedrückt als quasi „reziproke Sicherheit“:
sv, GEH 1 = 145 = 51112 Rm SB, GEH
511100004 1 1 2 1 2 2 1 + 3r + + t 41 S1411 S14 S S41 B, zd
B, b
B, t
B, s
(3.84)
und entsprechend nach der Normalspannungshypothese (vgl. (3.35)):
s 1 1 1 = v, NH = 0,5 3211 + 321 + 3231 Rm SB, zd SB, b SB, NH 323
32300004 1 1 2 1 1 2 + 321 + 4rt2 2111 + 6 . 3211 S S S S B, zd
B, b
B, t
B, s
(3.85)
mit Sicherheiten SB für die einzelnen Beanspruchungskomponenten nach (3.75), (3.77), (3.79), (3.81). Entsprechend lassen sich die Gleichungen für die Vergleichsspannungen nach der GEH und NH gegen die Fließgrenze darstellen (mit Rp statt Rm , sFK statt sBK , SF statt SB). c) Festigkeitsnachweis mit der ,,gemischten“ Hypothese Da sich viele Werkstoffe weder absolut „spröde“ noch absolut „duktil“ verhalten, erfaßt man das Bauteilverhalten häufig weder mit der Normalspannungshypothese noch mit der Gestaltänderungsenergiehypothese wirklichkeitsgerecht. Man benutzt daher die „gemischte“ Hypothese, die zwischen beiden Anteilen – gemäß der Duktilität der Werkstoffe – interpoliert. Die beiden Anteile werden durch die Größen q bzw. rt gesteuert, die von der Duktilität abhängen; daraus ergibt sich bezüglich Sicherheit gegen statischen Bruch, d.h. gegen Überschreiten der Zugfestigkeit: q 1–q 1 + 3231 3231 SB, NH S323111 S B, GEH Bmin
(3.86)
und bezüglich Sicherheit gegen plastische Verformung, d.h. gegen Überschreiten der Fließgrenze: q 1–q 1 + 324 323 . 323 SF, NH SF, GEH SFmin
(3.87)
Vergleich der vorhandenen Sicherheit mit der geforderten MindestSicherheit; gegen Bruch: 1 SB = 32308 SBmin , q 1–q + S3111111 S311111112
B, NH
(3.88)
B, GEH
gegen Fließen: 1 SF = 2954311 SF, min , q 1–q + S2321 S232111
mit
F, NH
(3.89)
F, GEH
1
33 – 21rt q = 217 . 33 –41
(3.90)
3.5 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei statischer Beanspruchung
117
Abb. 3.46. Interpolationsfaktor q(rt) zur Berücksichtigung der Duktilität [3.3-24]
Mit q (rt ) werden die Werkstoffe entsprechend ihrer Duktilität nach Abb. 3.46 eingestuft; s. auch Abb. 3.35. Man sieht, daß Walzstahl mit rt = 1/23 und q = 0, entsprechend (3.86), (3.87), der Gestaltänderungsenergiehypothese zugeordnet wird. Die übrigen Werkstoffe erhalten – entsprechend ihrer Duktilität – größere oder kleinere Anteile aus beiden Hypothesen. 3.5.5 Mindestsicherheiten bei statischer Beanspruchung Den in Abb. 3.47 empfohlenen Mindestsicherheiten liegen folgende Überlegungen zugrunde: a) Die „sicheren“ Festigkeitswerte der Werkstoffe, auf die sich die Sicherheiten beziehen, entsprechen einer Überlebenswahrscheinlichkeit von 97,5%. b) Die Belastungen und Beanspruchungskennwerte werden ebenfalls auf der „sicheren“ Seite festgelegt. c) Für Eisengußwerkstoffe sind im allgemeinen höhere Sicherheiten erforderlich wegen möglicher Gütefehler, mangelnder Duktilität und Eigenspannungen.
SB
SF
SBt
SFt
Walzstahl
1,8 1) (1,6 2))
1,35 1) (1,2 2))
1,35
1,0
duktile Eisengußwerkstoffe 3) (GS,GJS)
2,55 4) (2,25 5)) 1,9 4) (1,7 5))
1,94) (1,7 5))
1,25 4) (1,15 5))
1) 2) 3)
4) 5)
große Schadensfolgen geringe Schadensfolgen Erhöhung der Sicherheit um DS für alle Werkstoffe mit A5 < 12,5%: GJS: DS = 0,5–(A5/50%)0,5, GJMW, GJMB: DS = 0,5–(A3/50%)0,5, GJL: DS = 0,5 nicht geprüfte Gußstücke zerstörungsfrei geprüfte Gußstücke
Abb. 3.47. Mindest-Sicherheiten bei statischer Beanspruchung
118
3 Praktische Festigkeitsberechnung
A C
C B
C B B
A
Abb. 3.48a–c. Typische Dauerbrüche, a Biegedauerbruch an Exzenterwelle eines Brechers (d = 230 mm) am Übergang der Welle zum Exzenter, b Umlauf-Biegedauerbruch an Treibachse eines Kippräumers. Ursache: zu kleiner Hohlkehlradius, c Torsions-Dauerbruch an einer Drehstabfeder. A: Erster Anbruch an Fehlstelle oder Kerbstelle der Oberfläche, B: Zone des fortschreitenden Dauerbruchs, C: Restbruch (Gewaltbruch)
d) Bei Walzstahl als duktilem Werkstoff haben Eigenspannungen wegen ausreichenden Fließvermögens – bei statischer Beanspruchung – keine Bedeutung, ebenso wird hierbei der Inspektionsmöglichkeit keine Bedeutung beigemessen. e) Kleinere Sicherheiten sind zulässig, wenn: – die Wahrscheinlichkeit ungünstiger Lastkombinationen gering ist, – Höchstbelastungen selten auftreten, z.B. nur bei Prüfung oder Abnahme. f) Für Eisengußwerkstoffe werden bei zerstörungsfreier Werkstoffprüfung und Prüfung der Festigkeitswerte am Gußstück kleinere Sicherheiten zugelassen als ohne diese Prüfungen. Man geht davon aus, daß fehlerhafte Bauteile bei der Prüfung ausgeschieden werden. – Die allgemeinen Gesichtspunkte zum Ansatz der Sicherheit, Abschn. 1.4.8, sind zu beachten.
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung Grenzen der dynamischen Festigkeit und Einflüsse s. Abschn. 3.4.3. – Der Ermüdungsbruch geht in der Regel von der Oberfläche aus (insbesondere von Kerben, Riefen, Querschnittsänderungen). Bei dynamischen Beanspruchungen unterhalb der statischen Fließgrenze entstehen hier Risse, die in Richtung der größten Hauptnormalspannung fortschreiten. Die Ermüdungsbruchfläche ist oft an markanten „Rastlinien“ zu erkennen, die
B
A
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung
119
Rest-(Gewalt-)bruchfläche ist eher rauh und zerklüftet, Abb. 3.48. Die Ermüdungsbruchfläche ist umso größer, glatter und ebener, je langsamer der Ermüdungsbruch fortschreitet, also je kleiner die Überlastung ist. Auch bei duktilen Werkstoffen ist der Ermüdungsbruch immer ein verformungsloser Sprödbruch. – Festigkeitsgrenze ist die Ausschlagfestigkeit sA, Grenzwert der Ausschlagspannung sa , Abb. 3.23. 3.6.1 Dauerfestigkeit, Zeitfestigkeit – Grundlagen 3.6.1.1 Ermittlung der dynamischen Festigkeit (Ermüdungsfestigkeit, Schwingfestigkeit) Man unterwirft einen glatten, kreiszylinderischen Probestab einer dynamischen Beanspruchung entsprechend den Beanspruchungsfällen II, III oder allgemein nach Abb. 3.23 und bestimmt die Anzahl der Schwingspiele N bis zum Bruch, dem sogenannten Ermüdungsbruch. Der Versuch wird – zur statistischen Absicherung – wiederholt an weiteren Probestäben mit der gleichen Belastung und dasselbe auch mit anderen Belastungen, Abb. 3.49. So ermittelt man die von der Schwingspielzahl (d.h. Lebensdauer) abhängige ertragbare dynamische Festigkeit, z.B. sW, zd für Zug-Druck-Wechselbeanspruchung, s W, b für Biegewechselbeanspruchung bzw. die entsprechende Ausschlagfestigkeiten sA, zd , sA, b . Die Spannungswerte, bei denen Ermüdungsbruch auftritt, werden als Zeitfestigkeit bezeichnet.
Abb. 3.49. Wöhler-Linien für Überlebens-Wahrscheinlichkeiten von 90%, 50% und 10% bei Verwendung von 9…12 Proben je Prüfhorizont und Schadenslinie [3.3-17]. Belastung mit Biegewechselspannung. (Werkstoff: Elektrolytisch polierter und vergüteter Stahl 34 CrMo 4 mit Rm = 1000 N/mm2 und Rp0,2 = 870 N/mm2). Im schraffierten Bereich bereits eine Schädigung aber noch kein Bruch zu erwarten
120
3 Praktische Festigkeitsberechnung
3.6.1.2 Lebensdauer- und Schadenslinien Trägt man diese Zeitfestigkeitswerte – z.B. sW, b – über der Zahl der ertragenen Schwingspiele N auf (Abb. 3.49), ergibt sich eine abfallende Kurve, die bei Erreichen der Dauerfestigkeit in eine Waagerechte übergeht. Der „Knickpunkt“ (genauer ein gewisser Übergang) liegt bei einer GrenzSchwingspielzahl, die bei Stahl etwa 2 · 106 …10 · 106 beträgt (steigend mit Rm und Größe) und bei Leichtmetall etwa 107 bis über 108 reicht. Unterhalb N = 103 können die statischen Festigkeitswerte als Grenzwerte angesetzt werden. Diese Kurve wird als Lebensdauer- oder Wöhlerlinie bezeichnet (s/N-Kurve) 10. Bedingt durch Schwankungen der Werkstoffqualität und der Prüftechnik sind Zeit- und Dauerfestigkeit mit Streuungen behaftet. Die Wöhlerlinien werden daher für eine bestimmte Überlebenswahrscheinlichkeit angegeben, z.B. 50 %. Berechnung von Bauteil-Wöhlerlinien s. [3.3-22]. Für eine gekerbte Probe liegt die Dauerfestigkeit tiefer, der linke Endpunkt der Wöhlerlinie, die Bruchfestigkeit, aber etwa gleich (teilweise sogar höher), so daß deren Wöhlerlinien steiler als die der glatten Probe verläuft. Für die praktische Rechnung können die Wöhlerlinien von Abb. 3.50 zur Orientierung dienen. In Abb. 3.49 ist noch die Schadenslinie nach French eingetragen, die man wie folgt erhält: Man belastet Proben mit einer Spannung im Zeitfestigkeitsgebiet bis zu Schwingspielzahlen ni < Bruchschwingspielzahl
Abb. 3.50. Normierte Wöhlerlinien für Zug-Druck-Wechselfestigkeit von gekerbten Proben [3.3-8]. Ungekerbte Probe: bs = 1 10
Wöhlerlinien für Zahnräder s. [3.3-14].
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung
121
der Wöhlerlinie Ni und anschließend in Höhe der Dauerfestigkeit sD (z.B. für Pü = 90%). Erträgt die Probe dabei Schwingspielzahlen N > 5 · 106 (Dauerfestigkeit) ohne Bruch, so wird sie als nicht geschädigt angesehen. Bei weiteren ni (neue Proben) ergibt sich z.B. Bruch bei sD usw. – Das größte ni , bei dem kein Bruch bei sD , d.h. keine Absenkung der Dauerfestigkeit auftritt, legt einen Punkt der Schadenslinie fest. 3.6.1.3 Dauerfestigkeitsschaubilder Liegen die – nach Abschn. 3.6.1.2 ermittelten – Dauerfestigkeitswerte (für Zug-Druck, Biegung, Torsion) als ertragbare Ausschlag-Spannung (-Festigkeit sA , tA) für verschiedene Mittelspannungen sm , tm vor, kann man sie in Form von Dauerfestigkeitsschaubildern (Abb. 3.51) darstellen: Nachstehend die Grundgedanken. a) Das Smith-Diagramm, Abb. 3.51a: Hier sind auf der Ordinate die zu einer bestimmten Mittelspannung sm gehörigen Werte von so und su für
Abb. 3.51a–d. Dauerfestigkeitsschaubilder, a nach Smith, b nach Haigh, c nach Goodmann, d nach Kommers-Jasper
122
3 Praktische Festigkeitsberechnung
die jeweils gefundene Ausschlagfestigkeit sA aufgetragen. Für sm = 0 entnimmt man dem Diagramm z.B. die Wechselfestigkeit sW, für su = 0 die Schwellfestigkeit sSch (= 2sA). Mit der eingezeichneten Fließgrenze Rp und der Zugfestigkeit Rm erhält man den Bereich der statischen Festigkeitsgrenze. Anwendung: Im Maschinenbau bevorzugte Darstellungsform; am besten geeignet für die Darstellung der Überlastungsfälle, Abschn. 3.6.5. Konstruktion eines Smith-Diagramms nach neueren Erkenntnissen – unter Berücksichtigung veränderlicher Mittelspannungsempfindlichkeit – s. Abb. 3.52. b) Beim Haigh-Diagramm, Abb. 3.51b wird der zugehörige Spannungsausschlag sA als Funktion der Mittelspannung sm aufgetragen. Das Diagramm entspricht also dem halbierten Smith-Diagramm, wenn man dessen 45°-Linie in die Horizontale „dreht“. Anwendung: Allgemein im Maschinenbau, klarste Darstellungsform zum direkten Ablesen der Ausschlagfestigkeit. c) Goodman-Diagramm, Abb. 3.51c: Hier werden die Kenngrößen Unterspannung su , Oberspannung so und die daraus resultierende Hubfestigkeit sH (sH = so – su) oder die entspr. t-Werte dargestellt. Goodmann-Diagramme gibt es als Dauer- und Zeitfestigkeitsschaubilder. Anwendung: Für Federn, die nur im Zug- oder Druck-Schwellbereich belastet werden. d) Kommers-Jasper-Diagramm, Abb. 3.51d: Hier wird die Abhängigkeit der einzelnen Festigkeitswerte (Dauerfestigkeit, statische Festigkeit) von der Belastungsart (Spannungsverhältnis Rs = su/so) im Zugbereich dargestellt.Anwendung: Festigkeitsnachweis von Schweißverbindungen (teilweise in älteren Berechnungsvorschriften). Hinweise: Da sehr viel Aufwand für Werkstoffprüfungen erforderlich ist, um vollständige Dauerfestigkeitsschaubilder in der oben beschriebenen Weise zu erstellen, wird man die Diagramme i.allg. mit einem Näherungsverfahren konstruieren, s.unten (für das Smith-Diagramm wird dies in Abb. 3.52 dargestellt). 3.6.1.4 Rechenschritte zur Ermittlung der dynamischen Bauteil-Sicherheit Im folgenden wird die – im Maschinenbau übliche – Vorgehensweise (das Konzept nach Abschn. 3.4.2.(d)) beschrieben. Die Grundgedanken müssen klar sein, ehe man mit der Berechnung beginnt. – Ziel ist die Berechnung der Sicherheit nach (3.51). Wie beim statischen Festigkeitsnachweis, Abschn. 3.5b, ermittelt man zunächst nach Abschn. 1.4.5 die am Bauteil angreifenden Nenn-Kräfte und -Momente sowie die Einzelbeanspruchungen aus Nennbelastung wie für die statische Festigkeit nach Abschn. 3.5b nach Abschn. 3.3.3. Die maßgebenden dynamischen Beanspruchungen werden nach Abschn. 1.4.5.3(2) im allgemeinen mit den äquivalenten Kräften und Momenten bestimmt: Feq = Fnenn · Anwendungsfaktor KA ; Meq = Mnenn · KA ; Teq = Tnenn · KA . (Beispiel für eine Getriebewelle s. Abschn. 17.8.2, Beispiel 1 nach Abschn. C1(b). – Die weiteren Schritte sind: 1. (Dynamische) Werkstoff-Wechselfestigkeits-Kennwerte W, zd, N und W, s, N für Normabmessungen aus der Zugfestigkeit Rm, N berechnen.
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung
123
Abb. 3.52. Darstellung der Konstruktion eines Smith-Diagramms für Zug-DruckA … E ); A – Festigkeitswerte der Beanspruchung für das gekerbte Bauteil (Schritte Normprobe: Rm,N , Rp , N , sW, zd , N , (Konstruktion des Smith-Diagramms der NormB – Bestimmung der Festigkeit im Bauteil, probe möglich, s. unterbrochene Linie); Rm , Rp , sW , Berücksichtigung folgender Einflüsse: Baugröße, Anisotropie, TemperaC – Bestimmung der Bauteilfestigkeit, s tur; BK, z , sFK , z , sWK, z , Berücksichtigung folgender Einflüsse: Kerbwirkung, Mehrachsigkeit (Umlaufkerbe, Rauheit, BesonD – Bestimmung der Ausschlagfestigderheiten bei GJL), Randschichtverfestigung; keiten sAKI,II , sAKII,III , sAKIII,IV , Berücksichtigung folgender Einflüsse: Mittelspannungsempfindlichkeiten der Bereiche I…IV
124
3 Praktische Festigkeitsberechnung
2. (Dynamische) Wechselfestigkeits-Kennwerte für den Werkstoff im Bauteil W,zd und W, s aus 1. berechnen mit: a) Technologischem Größenfaktor Kd , b) Anisotropiefaktor KAn (bei Beanspruchung quer zur Walzrichtung), c) Warmwechselfestigkeit s W, zd, T, W, s, T ( > 100°C (60°C)) mit Faktor KT, D . d) Wechselfestigkeit für den Werkstoff im Bauteil W, zd, W,s . 3. (Dynamische) Bauteil-Wechselfestigkeit – WK, zd , WK, b ; WK, s , WK, t – aus 2. berechnen mit: a) Formzahlen ␣s , ␣t (zur Berücksichtigung der Spannungskonzentration), b) dynamische Stützzahlen ns , nt und (elastische) Kerbwirkungszahlen s , t , c) Faktoren KFs , KFt für Oberflächenrauheit, d) Faktor KV für Randschichtverfestigung, e) Konstante KNL für nichtlinear-elastisches Verhalten von GJL, f) Bauteil-Wechselfestigkeiten WK, zd , WK, b ; WK, s , WK, t . 4. (Dynamische) Bauteil-Ausschlagfestigkeit AK, zd , AK, b ; AK, s , AK, t bei gegebener Mittelspannung berechnen aus 3. für: a) Mittelspannungsempfindlichkeit, b) Überlastungsfälle, c) Bauteil-Ausschlagfestigkeiten AK, zd , AK, b ; AK,s , AK, t . 5. Nachweis der Bauteil-Sicherheit bei Dauerbeanspruchung a) für die Einzelbeanspruchung, b) für die zusammengesetzte Beanspruchungen. 6. Nachweis der statischen Bauteil-Sicherheit aus der Maximalspannung 3.6.2 Werkstoff-Wechselfestigkeitswerte für Normabmessungen Experimentell werden meist die Werkstoff-Wechselfestigkeitswerte für Biegung und Torsion ermittelt. Wegen der Stützwirkung infolge des Spannungsgefälles sind sie jedoch keine „echten“ Werkstoff-Festigkeitskennwerte. Sie werden daher mit der Stützzahl der ungekerbten Probe (Abschn. 3.6.4.1) auf die Werkstoff-Wechselfestigkeit für Zug-Druck sW,zd bzw. Schub tW,s zurückgerechnet. Diese – bzw. die Verhältniszahlen fw (in (3.91)) – bilden die Grundlage der Berechnung11. Da im Einzelfall experimentell belegte Daten meist nicht zur Verfügung stehen, kann man die Werkstoff-Wechselfestigkeit für Normabmessungen mit den in Grundlagenversuchen ermittelten Verhältniszahlen aus der in den Werkstofftabellen angegebenen Zugfestigkeit bestimmen:
sW, zd, N = fW · Rm, N ,
11
(3.91)
Die in manchen Tabellen enthaltenen Werkstoff-Wechselfestigkeitskennwerte für Biegung und Torsion gelten nur für den Durchmesser der Werkstoffprobe (z.B. 7,5 mm) und enthalten hierfür den Einfluß des Spannungsgefälles. Sie eignen sich nicht unmittelbar für die Berechnung der Bauteilabmessungen.
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung
125
und daraus die Schub-Wechselfestigkeit
tW, s, N = rt · sW, zd, N .
(3.92)
Quotienten fw und rt s. Abb. 3.35. Im Dauerfestigkeitsschaubild Abb. 3.52 ist sW, zd, N an der Abszisse bei sm = 0 gleich der Ausschlagfestigkeit sA, zd, N . 3.6.3 Wechselfestigkeits-Kennwerte für den Werkstoff im Bauteil Diese – für den Zustand des Werkstoffs im Bauteil maßgebenden – Kennwerte errechnet man entsprechend der Vorgehensweise bei der Berechnung der statischen Festigkeit (Abschn. 3.5.2) aus den Kennwerten für Normabmessungen von Abschn. 3.6.2. a) Technologischer Größeneinfluß und Einfluß von Anisotropie: – Da die Werkstoff-Wechselfestigkeit aus der Zugfestigkeit abgeleitet werden kann, (3.91), (3.92), wird für die Ermüdungsfestigkeit derselbe Größenfaktor Kd, m wie für die (statische) Zugfestigkeit angesetzt. Man rechnet damit auf der sicheren Seite [3.3-6]. Das heißt, Richtwerte für Kd = Kd, m können nach Abschn. 3.5.2a) bestimmt werden. – Bei Bauteilen aus Walzstahl sind niedrigere Festigkeitswerte anzusetzen, wenn die Beanspruchung quer zur Walzrichtung wirkt, dies wird – wie bei der Berechnung der statischen Festigkeit – durch den Anisotropiefaktor KAn berücksichtigt, s. hierzu auch Abschn. 3.5.2c). Damit ergibt sich:
sW,zd = Kd · KAn · sW, zd, N ,
(3.93)
tW,s = Kd · tW, s, N = Kd · rt · sW, zd, N .
(3.94)
sW, zd, N , tW, s, N Wechselfestigkeits-Kennwerte für Normabmessungen nach (3.91), (3.92); Kd technologischer Größenfaktor Kd = Kd, m s. Abb. 3.33; KAn Anisotropiefaktor s. Abb. 3.34. b) Einfluß höherer Temperatur: Die Schwingfestigkeit (Warmwechselfestigkeit) sinkt mit steigender Temperatur weniger stark als die Zugfestigkeit, da kein Kriechen stattfindet. Bei Walzstahl außer Feinkornbaustählen sinkt die Wechselfestigkeit oberhalb etwa 100°C und bei Feinkornbaustählen, GJS, GJMW, GJMB und GJL oberhalb 60°C, wie in Abb. 3.36 dargestellt. Dieser Einfluß wird im Festigkeitsnachweis durch den Temperaturfaktor KT, D berücksichtigt.
sW, zd, T = KT, D · sW, zd , tW, s, T = KT, D · tW, s .
(3.95), (3.96)
Richtwerte für den Temperaturfaktor KT, D s. Abb. 3.36. Bei höheren Temperaturen rechnet man mit sW, zd, T statt sW, zd und mit tW,s, T statt tW,s . 3.6.4 Bauteil-Wechselfestigkeit Aus der Wechselfestigkeit des Werkstoffs im Bauteil rechnet man auf die Wechselfestigkeit des Bauteils selbst um, indem man zusätzlich die Einflüsse von Bauteil-Größe, -Form und Beanspruchungsart berücksichtigt.
126
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Hierfür gelten im Prinzip die gleichen Überlegungen wie bei der Berechnung der statischen Bauteilfestigkeit, Abschn. 3.5.3.1. 3.6.4.1 Grundlagen, Einflußfaktoren a) Die Spannungskonzentration infolge von Querschnittsänderungen (Kerben) wird bei der Berechnung durch die Formzahlen as , at (Abschn. 3.3.5) berücksichtigt. b) Elastische Stützwirkung: Die Wirkung der Spannungsspitzen wird durch elastische Stützwirkung der geringer belasteten Nachbarbereiche abgemildert. Diese hängt ab von der Spannungsverteilung über dem Querschnitt, d.h. außer von der Bauteilform (Kerben, s.o.) auch von der geometrischen Größe und der Beanspruchungsart (vgl. Spannungsverläufe bei Biegung gegenüber Zug-Druck und Torsion gegenüber Schub); Beispiele s. Abb. 3.53. – Maßgebend für die Stützwirkung ist der Spannungsgradient und die Kerbempfindlichkeit des Werkstoffs; sie wirkt bei großem Spannungsgradienten stärker als bei kleinem. – Bestimmung der Stützzahlen ns und nt s. Abb. 3.57. c) Die Wechselfestigkeiten des nicht gekerbten Bauteils für Biegung sW,b und Torsion tW, t kann man demnach aus den Werten für Zug-Druck und Schub mit Hilfe der Stützzahlen für das nicht gekerbte Bauteil bestimmen:
sW, b = sW, zd · ns (d), tW, t = tW, s · nt (d) .
(3.97), (3.98)
Hierin sind sW, zd und tW, s Wechselfestigkeitskennwerte nach (3.93), (3.94) und ns (d), nt (d) Stützzahlen des nichtgekerbten Bauteils mit dem bezogenen Spannungsgefälle nach Abb. 3.57 (Fußnote 3). d) Die „elastische“ Kerbwirkungszahl bs , bt erfaßt die Wirkung von a) Spannungskonzentration (Formzahlen as , at ) und b) elastischer Stützwirkung (Stützzahlen ns , nt), d.h. auch Größe, Kerbform, Beanspruchungsart und Kerbempfindlichkeit des Werkstoffs. bs und bt sollten vorzugsweise experimentell bestimmt werden. Man kann sie hierbei ableiten aus bs (dB), bt (dB) der gekerbten Probe (mit Durchmesser dB) der gleichen Werkstoffsorte (ohne Randschichtverfestigung), sofern diese bekannt ist. Zahlenwert für verschiedene Bauteile s. Abb. 3.54, 3.55, 3.56. – Die Kerbwirkungszahl ist – im Gegensatz zur Formzahl – abhängig von
Abb. 3.53a, b. Unterschiedlicher Spannungsgradient bei gleicher, a maximaler Biegenennspannung, b maximaler Zugspannung
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung
127
Abb. 3.54a–g. Kerbwirkungszahlen bs (dB), bt (dB) für, a abgesetzte Rundstäbe bei Biegebeanspruchung, b abgesetzte Rundstäbe bei Biege- oder Torsionsbeanspruchung
128
3 Praktische Festigkeitsberechnung Abb. 3.54 (Fortsetzung) c Rundstab mit Spitzkerbe bei Zug-Druck-, Biege- oder Torsionsbeanspruchung, d Rundstab mit Querbohrung bei Zug-Druck-, Biege- oder Torsionsbeanspruchung, e Wellen mit Paßfedernut bei Biege- oder Torsionsbeanspruchung
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung
129
Abb. 3.54 (Fortsetzung) f Keilwellen, Kerbzahnwellen und Zahnwellen bei Torsions- oder Biegebeanspruchung, g Wellen mit aufgepreßter Nabe bei Biegebeanspruchung [3.3-6]
130
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Nr.
Wellenquerschnitt
Wellenwerkstoff
b t,t (dB = D)
1
8 ¥ 32 ¥ 36 ¥ 6
34Cr4 1)
2,0
2
6 ¥ 28 ¥ 34 ¥ 7
S235 E295 C35, 36CrNiMo4
1,9 2,0 2,1 3,1
3
8 ¥ 32 ¥ 38 ¥ 6
34Cr4 1)
2,3
4
10 ¥ 32 ¥ 40 ¥ 5
34Cr4 1)
2,8
5
A4 ¥ 32 ¥ 38 ¥ 10
34Cr4 1)
2,3
6
6 ¥ 29 ¥ 35 ¥ 8,8 Landmaschinenprofil
E335 C45, 34Cr 1) 51CrV4 20MoCr5 2) 20MnCr5, 20MnCrS5 2)
1,9 2,1 2,6 3,2 1,8 1,8
7
30 ¥ 34
E295 C35
1,5 1,5
8
35 ¥ 31 Evolventenflanken
20MnCr5 2) 20MnCrS5 2)
1,4
dB = D = 34… 40 mm (Außendurchmesser: unterstrichene Werte). 1) Werte bestimmt für 37MnSi5, Zuordnung nach der Festigkeit für Vergütungsstähle vergütet. 2) Einsatzstähle einsatzgehärtet.
Abb. 3.55. Kerbwirkungszahlen bt,t (dB) für spezielle Keil- und Zahnwellenprofile bei Torsion [3.3-6]
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung
Nr.
Wellen- und Nabenform
2
3
b s ,b (dB); Rm in N/mm2 1)
Passung
1
2)
131
400
500
600
700
800
900
1000
1100
1200
H7/n6
2,1
2,3
2,5
2,6
2,8
2,9
3,0
3,1
3,2
H8/u8
1,8
2,0
2,2
2,3
2,5
2,6
2,7
2,8
2,9
H7/n6
1,6
1,8
1,9
2,1
2,3
2,4
2,6
2,6
2,6
Bezugsdurchmesser dB = 40 mm. Torsion: bt,t (dB) = 0,65 · bs,b (dB). Für Passungen mit festerem Sitz gelten dieselben Kerbwirkungszahlen. 1)
Zwischen Durchmesser d = 7,5 mm ( bs,b · 0,95) bzw. d = 150 mm ( bs,b · 1,05) und db = 40 mm linear interpolieren.
2) Bei
größerem Durchmesserverhältnis d1/d beeinflußt der Preßsitz die Kerbwirkung nur wenig, die Kerbwirkung für den Wellenabsatz ist dann relevant.
Abb. 3.56. Kerbwirkungszahlen bs ,b (dB) und bt,t (dB) für verschiedene Welle-Nabe-Verbindungen bei Biegung oder Torsion nach [3.3-6] und DIN 743-2
132
3 Praktische Festigkeitsberechnung
der Größe. Mit den Stützziffern für Probenabmessungen ns (rB) bzw. nt (rB) und für Bauteilabmessungen (ns (r) bzw. nt (r)) rechnet man sie wie folgt von der „kleineren“ Probe auf das „große“ Bauteil um: ns (rB) , Zug-Druck: bs , zd = bs , zd (dB) 4222 ns (r)
(3.99)
Biegung:
ns (rB) bs , b = bs , b (dB) 4222721 , ns (r) · ns (d)
(3.100)
Schub:
nt (rB) bt, s = bt, s (dB) 4222 , nt (r)
(3.101)
Torsion:
nt(rB) bt, t = bt,t (dB) 4222451 . nt (r) · nt (d)
(3.102)
Stützzahlen ns (rB), nt (rB) der „kleinen“ Probe mit Durchmesser dB und Kerbradius rB ; ns (r), nt (r) des „großen“ Bauteils mit Durchmesser d und Kerbradius r (r/d = rB /dB) s. Abb. 3.57. d B und d sind bei nicht kreisförmigen Querschnitten die gleichwertigen Durchmesser nach Abb. 3.33. Wenn experimentell bestimmte Kerbwirkungszahlen nicht bekannt sind, kann man sie – zunächst ohne den Einfluß der Oberflächenrauheit – aus Formzahlen und Stützzahlen berechnen:
as , zd as , b Zugdruck: bs ,zd = 3221 , Biegung: bs , b = 41444111 , (3.106), (3.107) ns (r) · ns (d) ns (r) Schub:
at, s bt, s = 44 , nt (r)
at, t Torsion: bt, t = 42222224 . (3.108), (3.109) nt (r) · nt (d)
Formzahlen as , at s. Abb. 3.39 … 3.41, Stützzahlen ns , nt s. Abb. 3.57; die Stützzahlen sind stets 1, d.h. die Kerbwirkungszahlen bs , bt sind stets ≤ as , at . e) Die Oberflächenrauheit wird als zusätzliche, in der Formkerbe wirkende, Rauheitskerbe mit Kerbwirkungszahl angesehen und dieser bei der Berechnung der Kerbwirkungszahl additiv zugeordnet zu einer GesamtKerbwirkungszahl in der allgemeinen Form 1 bs (t), = bs (t) + 334 – 1, KF, s (t)
(3.110)
mit den jeweiligen Größen bei Zug-Druck-, Biege-, Schub- oder Torsionsbeanspruchung. Rauheitsfaktoren KF, s , KF, t s. Abb. 3.58. Dieser Ansatz gilt aber nur, wenn die Kerbwirkungszahl aus Formzahl und Stützzahl errechnet wurde. Benutzt man dagegen experimentell an Proben ermittelte Kerbwirkungszahlen bs , bt , so ist zu beachten, daß der Einfluß der Rauheit der Probe bereits in der Kerbwirkungszahl dieser Kerbe mit R z(B) enthalten
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung
133
– Für Gs 0,1 mm– 1 gilt: – – ns1) = 1 + Gs3) · mm · 10
Rm aG – 0,5 + 514442 bG · N/mm2
(3.103)
– für 0,1 mm– 1 < Gs 1 mm– 1 gilt: 6 3G3–36· 6 mm · 10 3)
ns1) = 1 +
s
Rm – aG + 5861111 bG · N/mm2
(3.104)
– für Gs > 1 mm– 1 gilt:
ns1)
=1+
4
3)
– 3 6 6 5 2222 –6 Gs · mm ·10
Rm aG + 60111311 bG · N/mm2
(3.105)
Werkstoff- nichtrostender anderer gruppe Walzstahl Walzstahl
GS
GJS
GJMW, GJMB
GJL
aG bG
0,25 2000
0,05 3200
– 0,05 3200
– 0,05 3200
0,40 2400
Bauteilform 2)
0,50 2700
– Gs (r) 3),4),5)
– Gt (r) 3),6)
2 · (1 + j) 3 r
1 3 r
2,3 · (1 + j) 3111 r
1,15 313 r
2 · (1 + j) r2
–
2,3 · (1 + j) 3111 r
–
2,3 3111 r
1) 2) 3)
4) 5) 6)
–
Zur Berechnung von nt ist Rm durch rt · Rm (Abb. 3.35) zu ersetzen Für Rundstäbe gelten die Gleichungen näherungsweise auch bei Längsbohrung Stützzahlen des nichtgekerbten Bauteils ns (d) und nt (d) sind mit dem bezogenen Span– – nungsgefälle Gs = Gt = 2/d zu berechnen j = 1/(4j5 t/r + 2) für d/D (b/B) > 0,67; ansonsten gilt: j = 0 (r > 0) – Gs (r) gilt für Zug-Druck und Biegung; der Unterschied wird mit ns (d) berücksichtigt – Gt (r) gilt für Schub und Torsion; der Unterschied wird mit nt (d) berücksichtigt
– Abb. 3.57. Berechnung des bezogenen Spannungsgefälles G und der Stützzahlen ns , nt [3.3-6]
134
3 Praktische Festigkeitsberechnung
KF,s = 1 – aF, s · lg (Rz /mm) · lg (2 Rm /Rm, N, min) KF, t = 1 – rt (1 – K F, s)
(3.111) (3.112)
Werkstoffgruppe
Walzstahl
GS
GJS
GJMW, GJMB
GJL
aF,s
0,22
0,20
0,16
0,12
0,06
Rm, N, min in N/mm2
400
400
400
350
100
Abb. 3.58a–c. Rauheitsfaktoren KF, s , KF, t , a Walzstahl, b Eisengußwerkstoffe mit Gußhaut, c Berechnungsgleichungen und -faktoren [3.3-6]
ist. Diese Größe muß daher auf die Verhältnisse mit Rauheit Rz am Bauteil umgerechnet werden; für den Rauheitsfaktor gilt somit dann KF, s (Rz) , Zug-Druck, Biegung: KF, s = 721223 KF, s (R z(B)) Schub, Torsion:
KF, t (R z) , KF, t = 7225 KF, t (R z(B))
(3.113) (3.114)
mit KF, s , KF, t für die betreffenden Rz-Werte nach Abb. 3.58. Für polierte Bauteile gilt KF, s = KF, t = 1. f) Überlagerung von zwei Kerben: Für die rechnerische Berücksichtigung dieses überlagerten Kerbfalls (Kerbwirkungszahlen bs 1 und bs 2) kann man die Kerbwirkungszahl wie folgt abschätzen [3.3.6]:
bs 1,2 = bs 1 + bs 2 – 1
(3.115)
c
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung
135
g) Einfluß der Randschichtverfestigung: Durch die Druckvorspannung in der Randschicht wird die Dauerfestigkeit des Bauteils gesteigert. Je größer das Bauteil, desto geringer ist der positive Einfluß der Randschichtverfestigung, mit zunehmender Kerbschärfe wächst der Einfluß. Dies wird in der Berechnung vereinfachend durch den Randschichtfaktor KV berücksichtigt. Anhaltswerte s. Abb. 3.59. Ohne Randschichtverfestigung gilt KV = 1. Verfahren
Probe
d in mm
KV 1, 3)
ungekerbt
8 … 25 25 … 40
1,25 … 1,15 1,15 … 1,1
gekerbt 2)
8 … 25 25 … 40
2,5 … 1,5 2,0 … 1,2
ungekerbt
8 … 25 25 … 40
2,1 … 1,2 1,5 … 1,1
gekerbt 2)
8 … 25 25 … 40
2,5 … 1,5 2,0 … 1,2
ungekerbt
8 … 25 25 … 40
1,9 … 1,1 1,4 … 1,0
gekerbt 2)
8 … 25 25 … 40
2,25 … 1,4 1,8 … 1,1
ungekerbt
7 … 25 25 … 40
1,4 … 1,2 1,25 … 1,1
gekerbt 2)
7 … 25 25 … 40
2,2 … 1,5 1,8 … 1,3
ungekerbt
7 … 25 25 … 40
1,3 … 1,1 1,2 … 1,1
gekerbt 2)
7 … 25 25 … 40
2,5 … 1,4 1,5 … 1,1
ungekerbt
7 … 25 25 … 40
1,6 … 1,2 1,4 … 1,1
gekerbt 2)
7 … 25 25 … 40
2,0 … 1,4 1,8 … 1,2
Chemisch-thermische Verfahren
Nitrieren Nitrierhärtetiefe 0,1 mm … 0,4 mm Oberflächenhärte 700 … 1000 HV10
Einsatzhärten Einsatzhärtetiefe 0,2 mm … 0,8 mm Oberflächenhärte 670 … 750 HV10
Karbonitrierhärten Härtetiefe 0,2 mm … 0,4 mm Oberflächenhärte mindestens 670 HV10
Mechanische Verfahren
Rollen
Kugelstrahlen
Thermische Verfahren Induktivhärten Flammenhärten Einhärtetiefe 0,9 mm … 1,5 mm Oberflächenhärte 51 HRC … 64 HRC
1)
2) 3)
Für ungekerbte Wellen ist bei Zug/Druck K V = 1. Erfolgt die Berechnung mit experimentell bestimmten Kerbwirkungszahlen, gültig für den verfestigten Zustand, ist der K V-Wert ebenfalls = 1 zu setzen. Mit zunehmender Kerbschärfe überwiegt dieser Einfluß den des Durchmessers. Anhaltswerte für größere Durchmesser siehe DIN 743-2.
Abb. 3.59. Randschichtfaktor KV [3.3-6]
136
3 Praktische Festigkeitsberechnung
h) Besonderheit bei Gußeisen mit Lamellengraphit Das nichtlinear-elastische Spannungs-Dehnungs-Verhalten von GJL bei Biegung wird, wie bei statischer Beanspruchung, durch die Konstante KNL berücksichtigt,Abschn. 3.5.3.1c,Abb. 3.45b. Für andere Werkstoffgruppen gilt KNL = 1. 3.6.4.2 Berechnung der Bauteil-Wechselfestigkeit Mit den in Abschn. 3.6.4.1 erläuterten Einflußfaktoren ergibt sich für die Berechnung des gekerbten Bauteils gegen Dauerbruch:
b
Zug-Druck: sWK, zd = sW, zd · KV
s, zd
1 + 33 – 1 , KF, s
b
Biegung:
sWK,b = sW, zd · KV · KNL
Schub:
tWK, s = tW, s · KV
Torsion:
tWK, t = tW,s · KV
s, b
(3.117)
1 + 3111 – 1 , KF, s
b
t, s
1 +5–1 , KF, t
b
t, t
1 +5–1 , KF, t
(3.118)
(3.119)
(3.120)
mit sw, zd nach (3.93), tW, s nach (3.94); KV nach Abb. 3.59; KNL nach Abb. 3.45b; bs, zd , bs, b , bt, s , bt, t nach (3.99)…(3.102) oder (3.106)…(3.109) KF, s , KF, t nach Abb. 3.58. Durch Korrosion wird die Ermüdungsfestigkeit unter Umständen drastisch gemindert. Dies kann durch einen Faktor KKor in der Berechnung abgeschätzt werden. Anhaltswerte s. [3.3-6]. In diesem Fall setzt man KKor anstelle von K F, s und KF, t . Bei höherer Temperatur entspr. Abschn. 3.6.3b rechnet man mit sW, zd, T nach (3.95) statt sW, zd und mit tW, s, T nach (3.96) statt tW, s . 3.6.5 Bauteil-Ausschlagfestigkeit (Amplitude der Bauteil-Dauerfestigkeit) Wie aus dem Dauerfestigkeitschaubild in Abb. 3.52 hervorgeht, nimmt die Ausschlagfestigkeit der Probe sA und des Bauteils sAK mit zunehmender Mittelspannung sm ab. Das Ausmaß dieser Minderung wird durch die Mittelspannungsempfindlichkeit ausgedrückt. a) Mittelspannungsempfindlichkeit (Neigung der Obergrenze des SmithDiagramms gegenüber der 45°-Linie): für den Bereich II in Abb. 3.52 des Smith-Diagramms gilt:
s WK – sAK Ms = 3111155 , sm
(3.121)
d.h. die Auschlagfestigkeit (Amplitude der Bauteil-Dauerfestigkeit) bei gegebener Mittelspannung beträgt in diesem Bereich:
sAK = sWK – Ms · sm .
(3.122)
137
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung
sA (Rs = – 1) – sA (Rs = 0) Ms = 00005 sm (Rs = 0)
(3.116)
Abb. 3.60. Mittelspannungsempfindlichkeit metallischer Werkstoffe für Spannungsverhältnisse Rs = –1…0 [3.3-18]
Abbildung 3.60 zeigt experimentelle Ergebnisse zur Mittelspannungsempfindlichkeit [3.3-18]. Man sieht, daß diese etwa gleich groß ist für glatte Werkstoffproben und gekerbte Bauteile. Eine Ausnahme bilden z.B schlußvergüte Schrauben mit bs = 4…10, bei denen die Ausschlagfestigkeit praktisch unabhängig von der Mittelspannung ist (Abb. 10.39), d.h. Ms = 0; dasselbe kann man vereinfachend für die Schweißverbindung annehmen. – Für die im Maschinenbau üblichen Bauteilformen lassen sich aus Abb. 3.60 Richtwerte nach Abb. 3.61 ableiten. Nach neueren Erkenntnissen [3.3-6] ist die Mittelspannungsempfindlichkeit Ms nicht konstant, wie dies für die vereinfachte Darstellung in Abb. 3.51 angenommen wurde, sondern hängt vom Spannungsverhältnis
Werkstoff
Mittelspannungsempfindlichkeit
Ms
Walzstahl GS GJS GJMW, GJMB GJL (für Rm < 300 N/mm2)
Ms = 3,5 · 10– 4 · Rm/(N/mm2) – 0,1 Ms = 3,5 · 10– 4 · Rm/(N/mm2) + 0,05 Ms = 3,5 · 10– 4 · Rm/(N/mm2) + 0,08 Ms = 3,5 · 10– 4 · Rm/(N/mm2) + 0,13 Ms = 0,5
(3.123) (3.124) (3.125) (3.126) (3.127)
Abb. 3.61. Mittelspannungsempfindlichkeit im Bereich II des Smith-Diagramms Abb. 3.52
138
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Bereich im SmithDiagramm Abb. 3.52
Beanspruchung
Spannungsverhältnis Zug-Druck
Mittelspannungsempfindlichkeit Zug-Druck
I
Druck-Schwell-
Rs > 1
Ms = 0
II
Wechsel – allg.
– Rs 0
1 · Ms
sm = 0
Wechsel-
Rs = – 1
1 · Ms
su = 0, sm = sA
Schwell-
Rs = 0
1 · Ms
III
niedrige Zugschwellallg.
0 < Rs 0,5
Ms /3
IV
hohe Zugschwellallg.
Rs > 0,5
Ms = 0
Abb. 3.62. Mittelspannungsempfindlichkeit im Bereich der Spannungsverhältnisse
Rs (Abschn. 3.3.4, (3.38), Abb. 3.23) und damit von der Mittelspannung sm ab. Ausgehend von den Angaben in Abb. 3.61, 3.62 kann man Ms und Rs den Bereichen des Smith-Diagramms (Abb. 3.52) zuordnen. Für Schubspannungen gilt Mt = rt · Ms ,
(3.128)
tAK = tWK – Mt · tm ,
(3.129)
für Mt gilt dieselbe Zuordnung zu Rt (= tu /to) wie von Ms zu Rs , wobei der Bereich I entfällt. Mit diesen Vorgaben und der in Abschn. 3.6.4 beschriebenen Vorgehensweise kann man das genauere Smith-Diagramm konstruieren, Abb. 3.52. b) Überlastungsfälle: Beim Dauerfestigkeitsnachweis ist zunächst zu klären, welche Ausschlagfestigkeit sAK (ertragbare Amplitude der BauteilDauerfestigkeit) der auftretenden Ausschlagspannung sa (vorhandene Amplitude) zuzuordnen ist; d.h. welcher Beanspruchungszustand sich bei einer möglichen Überlastung im Betrieb (nicht bei Havarie) einstellt. Dieser Zustand darf – mit entsprechendem Sicherheitsabstand – nicht überschritten werden. Die Zusammenhänge lassen sich anschaulich am besten anhand der Smith-Diagramme in Abb. 3.63 erläutern. Überlastungsfall F1, Abb. 3.63a: Hierbei bleibt die Mittelspannung sm bei größer werdender Schwingungsamplitude (d.h. bei Überlastung) konstant. Die Ausschlagfestigkeit kann im Smith-Diagramm oberhalb der Mittelspannung bzw. der Ausschlagspannung abgelesen werden. Dieser Fall liegt beispielsweise vor bei einer Fahrzeugachse oder einer Fahrzeugfeder mit konstanter Mittellast. Überlastungsfall F2, Abb. 3.63b: Hierbei ändern sich im Fall der Überlastung im Betrieb alle Spannnungen proportional, d.h. das Spannungsverhältnis Rs = su /so bleibt konstant. Dies trifft auch zu für schwellend belastete Bauteile, d.h. Rs = 0. Beispiel: Beanspruchung von Getriebewellen.
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung
139
Abb. 3.63a–c. Dauerfestigkeitsschaubilder nach Smith für, a Überlastungsfall F1 (sm = konst.), b Überlastungsfall F2 (su /s0 = konst.), c Überlastungsfall F3 (su = konst.)
Überlastungsfall F3, Abb. 3.63c: Hierbei bleibt im Falle der Überlastung die Unterspannung su konstant. Dies trifft zu für die meisten mit Vorspannung eingebauten Federn. (Überlastungsfall F4: Bei Überlastung bleibt hier die Maximalspannung konstant, ein Fall der im Maschinenbau selten vorkommt.) Die richtige Wahl des Überlastungsfalls ist vor allem bei großer Mittelspannungsempfindlichkeit und großer erforderlichen Sicherheit wichtig, wie z.B. bei GJL, Abb. 3.61. – Falls die wirklichen Überlastungszustände nicht bekannt sind, rechnet man bei positiver Mittelspannung nach Überlastungsfall F2 und liegt damit auf der sicheren Seite, bei negativer Mittelspannung nach Überlastungsfall F3, s. [3.3-6]. Nach dieser in Abb. 3.63 grafisch dargestellten Methode kann man aus dem Smith-Diagramm die Ausschlagfestigkeiten sAK entnehmen, bzw. mit Hilfe der Geometriebeziehungen berechnen, Abb. 3.64. Im allgemeinen reicht es aus, mit der für den Bereich II (Abb. 3.52) gültigen Mittelspannungsempfindlichkeit für alle Bereiche zu rechnen. Dann ergeben sich die
140
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Überlastungsfall
Ausschlagfestigkeit
F1
sAK, zd (b) = sWK, zd (b) – Ms · sm, zd (b)
(3.130)
(sm = konst.)
tAK, s(t) = tWK,s(t) – Mt · tm, s (t)
(3.131)
F2
s WK, zd(b) sAK, zd (b) = 92205 sm, zd(b) 1 + Ms 9111 sa, zd(b)
R
s
su = 4 = konst. so
tWK, s (t) tAK,s(t) = 056 t m, s (t) 1 + Mt 82 t
(3.132)
(3.133)
a, s(t)
Abb. 3.64. Formelübersicht zur Bestimmung der Ausschlagfestigkeit für die Überlastungsfälle F1, F2. Man beachte: die Gleichungen gelten bei Verwendung einer konstanten Mittelspannungsempfindlichkeit des Bereichs II, Abb. 3.52; s. hierzu Abschn. 3.6.5
Ausschlagfestigkeiten mit den in Abb. 3.64 für F1 und F2 angegebenen Gleichungen. Für Federn (meist Überlastungsfall F3) stehen GoodmanDiagramme für die zulässigen Spannungen zur Verfügung. Häufig ist zur Kennzeichnung der möglichen Überlastungszustände nur ein Anwendungsfaktor KA bekannt; für die Überlastungsfälle F1, 2 und 3 setzt man dann sm = sm, nenn (d.h. läßt KA hierbei unberücksichtigt). 3.6.6 Nachweis der Bauteil-Dauerfestigkeit Wie bei der statischen Festigkeit (Abschn. 3.5.4) muß der Nachweis getrennt für die einzelnen Beanspruchungskomponenten und die zusammengesetzte Beanspruchung geführt werden. 3.6.6.1 Nachweis für die Einzelbeanspruchungen Nach den Grundgedanken in Abschn. 3.4.2 berechnet man die Sicherheit SD gegen Dauerbruch:
s AK, zd Zug-Druck: SD, zd = 3111111 SD, zd min , sa, zd
(3.134)
Biegung:
sAK,b SD, b = 311111 SD, b min , sa, b
(3.135)
Schub:
tAK, s S D, s = 31111 SD, s min , ta, s
(3.136)
Torsion:
tAK, t SD, t = 3112 SD, t min . ta, t
(3.137)
3.6 Festigkeit von Bauteilen aus metallischen Werkstoffen bei dynamischer Beanspruchung
141
Wie oben beschrieben, bildet die Bauteilwechselfestigkeit sWK bzw. tWK nach (3.117)…(3.120), in Abb. 3.51a, 3.52 und 3.63 anschaulich dargestellt, die Grundlage für die Ermittlung der Ausschlagfestigkeiten sAK bzw. tAK . 3.6.6.2 Nachweis für die zusammengesetzte Beanspruchung a) Physikalische Zusammenhänge bei der Zusammensetzung von Einzel-Spannungskomponenten zu einer Vergleichsspannung s. Abschn. 3.5.4.2 a). b) Zur Frage einer Vergleichs-Mittelspannung Die Mittelspannung einer Beanspruchungskomponente beeinflußt auch die ertragbare Spannungsamplitude der anderen Beanspruchungskomponenten. Man müßte daher aus den Einzel-Mittelspannungen eine Vergleichs-Mittelspannung bilden. Dabei wären vereinfachend die Normalspannungen, d.h. Mittelspannungen aus Zug-Druck und Biegung unmittelbar zu addieren, obwohl die ertragbaren Spannungen unterschiedlich sind; ebenso wäre mit den Mittelspannungen aus Schub und Torsion zu verfahren. Sowohl nach der Gestaltänderungsenergiehypothese als auch der Normalspannungshypothese wird die Aufweitung des Smith-Diagramms bei negativen Mittelspannungen nicht genutzt [3.3-6]. Wegen dieser Ungenauigkeiten verzichten wir auf den Ansatz einer Vergleichsmittelspannung und rechnen mit den Einzel-Spannungsamplituden sAK und tAK in Abhängigkeit von den jeweiligen Einzel-Mittelspannungen sm und tm wie für den Nachweis bei Einzelbeanspruchung, Abschn. 3.6.6.1. c) Vergleichs-Sicherheit Wie bei der statischen Festigkeit (Abschn. 3.5.4.2) muß auch beim Nachweis der Ermüdungsfestigkeit jede einzelne Spannungskomponente zu der zugehörigen Festigkeit ins Verhältnis gesetzt werden, wenn man die Vergleichs-Sicherheit bildet. Dies gilt hier für die Ausschlagspannungen. Somit folgt nach der Gestaltänderungsenergiehypothese: 4 13 1110 528 8 21 2 2 1 sa, v, GEH 1 0 1 0 122214 2 1 + 3r , = = + + t 311 31111 311 s S S3111 S S S31111111 02 D, GEH
AK, v
D, zd
D, b
D, s
(3.138)
D, t
bzw. der Normalspannungshypothese:
1 sa,v, NH 1 1 = 91 = 0,5 31111 + 3111 + 3111111 SD, zd SD, b SD,NH sAK, v
311111100004 1 1 2 1 1 2 2 + 4r . + + t 51 51 S31111 S3111 S S D, zd
D,b
D, s
D, t
(3.139) d) Festigkeitsnachweis mit der ,,gemischten“ Hypothese Nach den gleichen Überlegungen wie bei der statischen Festigkeit, Abschn. 3.5.4.2c, bildet man die Vergleichs-Sicherheit nach der „gemischten“ Festigkeitshypothese: q 1–q 1 + 311111111 3111111 31111111 SD, NH SD, GEH SDmin
(3.140)
142
3 Praktische Festigkeitsberechnung
bzw. dargestellt als Vergleich der vorhandenen Sicherheit mit der geforderten Mindestsicherheit gegen Dauerbruch:
S31111111 + S311111111 S
SD = 1
q
D, NH
1–q
D, GEH
Dmin
,
(3.141)
mit q(rt ) nach (3.90) und rt nach Abb. 3.35. 3.6.7 Mindestsicherheiten bei Ermüdungsbeanspruchung Den empfohlenen Mindestsicherheiten in Abb. 3.65 liegen die gleichen Überlegungen zugrunde wie beim statischen Festigkeitsnachweis; die Hinweise in Abschn. 3.5.5 gelten auch hier. Bei der Ermüdungsfestigkeit ist die Inspektionsmöglichkeit ein wichtiges Kriterium. Bei regelmäßigen Inspektionen im Sinne der Schadensfrüherkennung sind daher kleinere Sicherheitsfaktoren zulässig.
SD (große Schadensfolgen) SD (geringe Schadensfolgen) Walzstahl
1,5 1) (1,35 2) )
1,3 1) (1,2 2) )
duktile Eisengußwerkstoffe 3) (GS, GJS)
2,1 1), 4) (1,9 2), 5) ) 1,9 1), 5) (1,7 2), 5) )
1,8 1) ,4) (1,7 2), 4) ) 1,65 1), 5) (1,5 2), 5) )
1) 2) 3)
4) 5)
nicht regelmäßige Inspektion regelmäßige Inspektion Erhöhung der Sicherheit um DS für alle Werkstoffe mit A5 < 12,5%: GJS: DS = 0,5–(A5/50%)0,5, GJMW, GJMB: DS = 0,5–(A3/50%)0,5, GJL: DS = 0,5 nicht geprüfte Gußstücke zerstörungsfrei geprüfte Gußstücke
Abb. 3.65. Mindest-Sicherheiten für dynamische Beanspruchung [3.3-6]
3.6.8 Sicherheit gegen Gewaltbruch bei dynamischer Beanspruchung Auch hierbei ist stets zu prüfen, ob für die Maximalspannung smax eine ausreichende Sicherheit gegen Bruch und plastische Verformung vorhanden ist, Abschn. 3.5.4.
3.7 Tragfähigkeit von Kunststoffbauteilen Die Spannungen im Bauteil können nach den Regeln der Festigkeitsrechnung, Abschn. 3.3.5.1, ermittelt werden. Beim Ansatz der zulässigen Spannung sind jedoch eine Reihe von Besonderheiten zu beachten.
3.7 Tragfähigkeit von Kunststoffbauteilen
143
Die Festigkeitswerte werden i.allg. an naturfarbenen, spritzfrischen, ungekerbten Probestäben bei Raumtemperatur (23°C) aus kurzzeitiger Zugbeanspruchung bzw. (dynamischer) Zugschwellbeanspruchung bestimmt. Die zulässige Festigkeit des Bauteils wird hieraus mit Abminderungsfaktoren ermittelt. Die Wirkung von Kerben auf die Festigkeit kann durch die Kerbwirkungszahlen (bpl , bs , bt) ausgedrückt werden (Abschn. 3.5.3.1, 3.6.4.1). – bpl für statische und bs bzw. bt für dynamische Beanspruchung müssen für den betr. Kunststoff bei Betriebsbedingungen (Temperatur, Feuchtigkeit, Belastungsdauer, Schwingfrequenz) ermittelt werden, s. z.B. [3.2-2]. Bei statischer Beanspruchung kann bpl < 1 werden (zähe Kunststoffe), aber auch gleich der Kerbformzahl as , at (bei spröden Kunststoffen). Bei dynamischer Beanspruchung kann bs , bt entsprechend zwischen Werten wenig >1 und as , at liegen. Wenn zuverlässige Versuchsergebnisse nicht zur Verfügung stehen, empfiehlt es sich, für die Berechnung sprödes Verhalten anzunehmen, d.h. von einer Minderung der statischen und der dynamischen Festigkeit mit den Formzahlen as , at auszugehen. Dies erscheint aus verschiedenen Gründen zweckmäßig: – Viele Kunststoffe verspröden mit der Alterung, kristallisieren nachträglich, werden z.T. spannungsrißempfindlich, – der Einfluß der Anisotropie und der Umgebungsmedien (Luftfeuchtigkeit, Temperatur) ist oft unsicher, – die Verarbeitung des Bauteils entspricht oft nicht der des Probestabs, die Schwindung ist nicht genau konstant, ebenso der prozentuale Anteil der Fasern, – die Schwingfrequenz entspricht evtl. nicht der bei der Beanspruchung des Probestabs. Diese Unsicherheiten rechtfertigen vereinfachte Annahmen für die Berechnung – Anhaltswerte für die Formzahlen as , at s. Abschn. 3.3.5.1. Weitere Abweichungen des Bauteils vom idealen Werkstoffverhalten, wie Anisotropie, Bindenähte, Feuchtigkeit Farbzusätze und Herstellbedingungen werden bei der Berechnung durch die Abminderungsfaktoren A berücksichtigt. Anhaltswerte s.Abb. 3.66. Das durch die komplizierte Bauteilgeometrie veränderte Fließverhalten wird durch die Formzahl mit erfaßt. Durch eine Bindenaht wird die statische Festigkeit und die Festigkeit bei dynamischer Belastung drastisch gemindert. Daher sollte bei der Gestaltung und Erzeugung des Bauteils darauf geachtet werden, daß der Bindenahteinfluß nicht wirksam wird. Die Anzahl und Lage der Angüsse, Spritzdruck und -geschwindigkeit und die Temperaturen von Kunststoff und Gußform sind entsprechend zu wählen. 3.7.1 Kurzzeitige Beanspruchung Bei langsam, unter Umständen wiederholt, ansteigender Belastung ist die Bruchfestigkeit s B 12 die maßgebende Festigkeitsgrenze; wir führen den Festigkeitsnachweis daher sinngemäß nach Abschn. 3.5.4. 12
Nach DIN 53455 bei Kunststoffen auch als Bruchspannung bezeichnet.
144
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Kunststofftyp 1)
Anisotropie
Bindenaht
stat. + dyn. Belastung
statische Belastung
Schwellbelastung
PA66 unverstärkt
1,0
1,0
PA66-GF verstärkt (15 % – 30 % % – 50%)
1,2 –1,5 – 2,0
PBT unverstärkt PBT-GF verstärkt (15 % – 30 % – 50 %) 1) 2)
Feuchtigkeit
Farbzusätze
nicht bekannt 2)
2,1
1,0 – 1,5 2)
2,0
nicht bekannt 2)
1,6
1,25 –1,7 2)
1,0
1,0
1,6
1,0
1,1 – 1,4 2)
1,2 – 1,3 – 2,0
2,0 –2,3 – 2,8
4
1,0
1,25 – 1,5 2)
Achtung: Bezeichnung für Kunststoffe s. Kap. 5. beim Hersteller erfragen.
Abb. 3.66. Abminderungsfaktoren A für den Einfluß von Anisotropie, Bindenaht, Feuchtigkeit und Farbzusätzen für die Bruchfestigkeit verschiedener Kunststoffe, herausgelesen aus [3.3-28]
Sicherheit gegen Überschreiten der Bruchspannung sB:
sB SB, zd = 3111144411 SBmin . szd · A · as, zd
(3.142)
Nenn-Zug- bzw. Druckspannung szd , bei Biegespannung sb , usw. nach Abschn. 3.3.3 aus maximaler Belastungskraft oder maximalem Moment. Bruchspannung sB von Kunststoffen s. Abb. 5.39, Temperatureinfluß nach Abb. 5.4.1; bei Biegebeanspruchung (SB, b statt SB, zd , sb statt szd) kann man – wenn keine Versuchsergebnisse vorliegen – 1,2 sB statt sB; bei Schub (SB, s statt SB, zd , ts statt szd) und bei Torsion (SB,t statt SB, zd , tt statt szd) 0,58sB statt sB ansetzen. Bei kombinierter Beanspruchung durch Biegung und Torsion rechnet man mit der Vergleichsspannung nach der GEH (3.3.6). Mindestsicherheiten SBmin = 2,5; s. hierzu und zum Ansatz der äußeren Kräfte (Anwendungsfaktor KA) Hinweise in Abschn 3.7.4. Abminderungsfaktoren A s. Abb. 3.66. Formzahlen as, zd (sinngemäß as, b , at, s , at, t) s. Abschn. 3.3.5.1. 3.7.2 Langzeitig ruhende Beanspruchung Je nach Art des Kunststoffs treten bei Überschreiten einer kritischen Dehnung erste Schäden auf, die bei fortdauernder Belastung zum Bruch führen, bei amorphen Thermoplasten (z.B. PMMA 13) Fließzonen, bei teil-
13
Achtung: Bezeichnung für Kunststoffe s. Kap. 5.
3.7 Tragfähigkeit von Kunststoffbauteilen
145
Abb. 3.67a–d. Bruchspannung und isochrone Spannungs-Dehnungs-Diagramme für naturfarbige Kunststoffe, a Durethan A 30 (PA66 unverstärkt), b Durethan AKV 30 (PA66 + 30% GF), c Pocan B 1501 (PBT unverstärkt), d Pocan B 3235 (PBT + 30% GF) aus [3.3-28]
kristallinen Thermoplasten (z.B. POM) Mikrorisse; bei faserverstärkten Gießharzen (z.B. GFK-Laminaten) brechen kohäsive und adhäsive Bindungen auf, was ebenfalls zu Rissen führt. Zur Beurteilung des Langzeitverhaltens eignen sich isochrone Spannungs-Dehnungs-Diagramme, die den Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung – abhängig von der Belastungsdauer – beschreiben. Die Kennwerte werden im allgemeinen bei definierten Temperaturen mit Zugstäben in Zeitstandversuchen ermittelt. Als Grenzwert wird die zulässige Spannung sBe angesetzt, die nach Erfahrungswerten [3.3-28] bei Langzeitbelastung nicht zum Bruch führt. In Abb. 3.67 sind diese Bemessungsgrenzen eingetragen. Man führt den Festigkeitsnachweis sinngemäß nach Abschn. 3.5.4:
146
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Sicherheit gegen Überschreiten der zulässigen Spannung sBe :
sBe SBe, zd = 31111021 SB e min . szd · A · as,zd
(3.143)
Langzeitfestigkeit sBe nach Spannungs-Dehnungs-Diagrammen, die vom Kunststoffhersteller anzufordern sind. Beispiele s. Abb. 3.67. Für Biegung, Schub und Torsion sowie für as und at kann man entspr. den Hinweisen zu (3.142) verfahren; Mindestsicherheit SBe min = 2; s. auch Abschn. 3.7.4. Man beachte: Die Langzeitfestigkeit sBe sollte erfahrungsgemäß auch für kurze Belastungsdauer nicht überschritten werden. 3.7.3 Schwingbeanspruchung Die Schwingfestigkeit wird im allgemeinen nach DIN 50100 an Probestäben bei sinusförmiger Zugschwellbelastung mit 7 Hz Schwingfrequenz ermittelt. Die Ergebnisse lassen sich in Form von Wöhlerlinien darstellen. Dabei hat sich gezeigt, daß die Schwingfestigkeit oberhalb 107 Schwingspielen bei vielen Kunststoffen nicht mehr stark abfällt, Beispiel s. Abb. 3.68. Man kann daher praktisch mit einer Dauerfestigkeit rechnen. Beim Festigkeitsnachweis ist sinngemäß nach Abschn. 3.6.6 zu verfahren: Sicherheit gegen Ermüdungsbruch bei Schwingbeanspruchung (bei Biegung, Schub, Torsion mit den entspr. zugehörigen Kenngrößen):
sA, zd SD, zd = 003 SDmin . sa, zd · A · as, zd
(3.144)
Zug-Druck-Dauerausschlagfestigkeit sA, zd für zwei Kunststoffe s. Abb. 3.69. Die Biege-Ausschlagfestigkeit sA, b ist für die meisten Kunststoffe größer als sA, zd . Falls Versuchsergebnisse fehlen, kann man mit sA, b = 1,5 sA, zd rechnen, bei Torsion mit tA, t = 0,58 sA, zd , bei kombinierter Biegung und Torsion mit der Vergleichsspannung nach der GEH (3.36). NennAusschlagspannung sa , ta s. Abschn. 3.3.3. Mindestsicherheit SD min = 3,0; s. hierzu und zum Ansatz der äußeren Kräfte (Anwendungsfaktor KA) Hinweise in Abschn. 1.4.5.3. Einfluß von Temperatur und Feuchtigkeit auf die Schwingfestigkeit s. Abb. 3.68 und 3.70. – Man beachte: Auch bei Schwingbeanspruchung darf die Maximalspannung den Grenzwert sBe nach Abschn. 3.7.2 nicht überschreiten. Die wiederholte Beanspruchung führt – zunehmend mit der Schwingfrequenz – zu Erwärmung und damit zu einem Absinken des E-Moduls. Unter Umständen wird die Kurzzeit-Warmfestigkeit (Abschn. 3.4.3) erreicht, ehe der Ermüdungsbruch eintritt. 3.7.4 Hinweise Bei der Vielzahl der Kunststoffe und der Herstellverfahren (Spritzen, Pressen usw.) sind zuverlässige Aussagen über die Festigkeit nur möglich, wenn die Kennwerte in Versuchen ermittelt werden, die den Betriebsbedingungen entsprechen. Die Kunststoffhersteller verfügen über umfangreiche Dokumentation, z.B. [3.3-28], [3.3-29]. – Die Angaben in Abschn.
3.7 Tragfähigkeit von Kunststoffbauteilen
Abb. 3.68. Wöhlerlinien aus ZugSchwell-Versuchen nach DIN 50100 für einen Polyamid PA66 + 30% GF bei Schwingfrequenz 7 Hz im Temperaturbereich 23°C bis +120°C [3.3-30]60
Abb. 3.69. Ausschlagfestigkeit bei Zug-Schwell-Beanspruchung von zwei Kunststoffen für 23°C Raumtemperatur [3.3-30]
Abb. 3.70. Ausschlagfestigkeit bei Zug-Schwell-Beanspruchung für einen Polyamid PA66 für 23°C Raumtemperatur im trockenen und im feuchten Zustand [3.3-30]
147
148
3 Praktische Festigkeitsberechnung Abb. 3.71. Schnapphaken aus PBT + 30% GF – Abmessungen in mm: l = 25; b = 8; h = 1,5; f = 1; r = 0,10; H = 5
3.7 können zur überschlägigen Abschätzung der Tragfähigkeit dienen.Allgemeine Gesichtspunkte zum Ansatz der Sicherheitsfaktoren s. Abschn. 1.4.8, der äußeren Kräfte, Anwendungsfaktor s. Abschn. 1.4.5.3. Berechnung der Tragfähigkeit bei stoßartiger Beanspruchung s. [3.3.32], [3.3-29]. Kunststoffbauteile sind oft durch Knicken oder Beulen gefährdet; Berechnung s. Abschn. 3.3.7.1 bzw. Abschn. 3.3.7.2. 3.7.5 Berechnungsbeispiel Schnapphaken, der an einem Kunststoffbauteil zu Befestigungszwecken angebracht ist, Abb. 3.71. Gegeben: Abmessungen nach Abb. 3.71; Werkstoff: glasfaserverstärkter PBT – 30% GF, naturfarbig, E = 7000 N/mm2, Bruchspannung nach Abb. 3.67d: sB = 150 N/mm2; mit einem Anguß ohne Bindenaht gegossen; normale Luftfeuchtigkeit; optimale Herstellbedingungen; kurzzeitige Belastung. – Geforderte Durchbiegung = Hakenhöhe f. Ermittelt, berechnet: Nach Abschn. 3.7.1 Biegespannung sB, b = 1,2 · sB = 180 N/mm2. Bei der Berechnung werden nur die Einflüsse von Anisotropie und Formzahl berücksichtigt (Kerbwirkung durch Umlenkung der Fließlinien bei Spritzgußfüllung des Schnapphakens). Formzahl as, b = 2,0 (Rundkerbe) geschätzt nach Abb. 3.40d. Abminderungsfaktor nach Abb. 3.66: A = 1,3. Belastung einer eingespannten Biegefeder nach (12.34) F = f · E · b · h3/ (4 · l3 ) = 3,0 N; maximale Biegespannung nach (3.5) s b max = Mb /Wb = F · l · 6/(b · h2) = 25,2 N/mm2; Sicherheit gegen Gewaltbruch nach (3.142) SB, b = sB, b /(sb max · A · as, zd) = (180 N/mm2)/(21,7 N/mm2 · 1,3 · 2,0) = 2,8; nach Angaben unter (3.142) SB min = 2,5; Schnapphaken ist ausreichend dimensioniert.
3.8 Betriebsfestigkeit Die Betriebsbedingungen sind in der Praxis häufig durch regellose Belastungsverläufe gekennzeichnet. Diese weisen statistisch verteilte Schwingamplituden auf bei konstanter oder veränderlicher Mittelspannung. Die in Einstufenversuchen ermittelten Bauteilfestigkeiten können dann nur eingeschränkt für die Bauteildimensionierung verwendet werden. Der Nachweis der Tragfähigkeit muß (für eine gute Werkstoffausnutzung) in diesem Fall durch eine Betriebsfestigkeitsrechnung erbracht werden. Hierfür müssen bekannt sein:
3.8 Betriebsfestigkeit
149
– die durch die äußere Belastung verursachten Beanspruchungs-ZeitVerläufe (Lastkollektive), – Werkstoffkennwerte, die die dynamische Beanspruchbarkeit des Werkstoffs beschreiben (Werkstoff-Wöhlerlinie), – Einflüsse, die die dynamische Beanspruchbarkeit des Werkstoffs beeinflussen, wie Kerbwirkung, Bauteilgröße, Oberflächenbeschaffenheit, Betriebstemperatur usw. (Werkstoff-Wöhlerlinie Æ Bauteil-Wöhlerlinie). Während beim klassischen Dauerfestigkeitsnachweis ein eindimensionaler Beanspruchungswert einem Festigkeitswert gegenübergestellt wird, vergleicht man bei der Betriebsfestigkeitsberechnung eine zweidimensionale Beanspruchungsfunktion mit einem Lebensdauerschaubild (Wöhlerlinie). 3.8.1 Beanspruchungs-Zeit-Verlauf, Kollektivbildung Typische Beanspruchungs-Zeit-Verläufe s. Abb. 3.72. Für eine Betriebsfestigkeitsrechnung müssen die realen unregelmäßigen Belastungsabläufe auf eine Folge von Schwingspielen bestimmter Größe und Häufigkeit zurückgeführt und durch Mittelwertbildung in einzelne Laststufen aufgeteilt werden, Abb. 3.73. Dies wird mit Hilfe verschiedener Zählverfahren realisiert, s. z.B. [3.3-20]. 3.8.2 Berechnung der Lebensdauer Für das betrachtete Bauteil ist zunächst die Bauteil-Wöhlerlinie für die vorliegende Mittelspannung zu ermitteln. Dazu bestimmt man die Bauteil-Dauerfestigkeit nach Abschn. 3.6.6 und die statische Festigkeit nach Abschn. 3.5.3. Den Übergang von der statischen zur Zeitfestigkeit und von der Zeit- zur Dauerfestigkeit kann man nach Abschn. 3.6.1.2 abschätzen. S. hierzu auch Berechnung der Wöhlerlinie nach [3.3-12].
Abb. 3.72. Beispiele von Last-Zeit-Funktionen [3.3-19]
150
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Die Verbindung zwischen Lastkollektiv und Wöhlerlinie für eine Lebensdauerermittlung wird durch eine Schadensakkumulationshypothese (SAH) hergestellt, z.B. nach Palmgren-Miner, Corten-Dolan oder Haibach (s. z.B. [3.3-19], [3.3-20], [3.3-21]). Bei diesen linearen Schadensakkumulationshypothesen wird jedem Schwingspiel ein konstanter „Lebensdauerverbrauch“ zugeordnet. Ein einfaches und häufig angewandtes Verfahren ist die PalmgrenMiner-Regel. Hier werden die Beanspruchungen unterhalb der Dauerfestigkeit als nicht schädigend angesehen und deshalb bei der Lebensdauerberechnung nicht berücksichtigt. Man rechnet mit einem Ermüdungsbruch, wenn die Summe aller Teilschädigungen – die Schadenssumme – S = 1 ist: m n m h n n n S = 311 + 312 + 313 + ··· = ∑ 31i = Z · ∑ 31i = 1 N1 N2 N3 i = 1 Ni i = 1 Ni
(3.145)
mit m Anzahl der Stufen (oberhalb der Dauerfestigkeit), hi Stufenhäufigkeit (Anzahl der Schwingspiele in einer Laststufe), Ni Bruchschwingspielzahl auf diesem Lastniveau, hi /Ni Schadenssumme je Stufe und Teilfolge, Z Anzahl der Teilfolgen (Z mal wird die Schwingspielzahl des Kollektivs – in Abb. 3.73 etwa 105,5 – innerhalb der Gesamtlebensdauer des Bauteils durchlaufen). Für das Beispiel in Abb. 3.73 ergäbe sich folgende Lebensdauer N: Z · (0,0002 + 0,0013 + 0,0127 + 0,056 + 0,1 + 0,0812) = S = 1 Z = 1/0,251 = 3,98 Lebensdauer N = Z · 7,78 · 10 5,5 ≈ 3,1 · 10 6 Schwingspiele Die Schadenssumme kann erheblich von 1 abweichen (S ≥ 1); vorsichtshalber fordert man für die Dimensionierung oft S = 0,3. Bei anderen Schadensakkumulations-Hypothesen werden die Beanspruchungen auch unterhalb der Dauerfestigkeit als schädigend in der Lebensdauerberechnung berücksichtigt. So geht Haibach [3.3-20] von Bruchlastspielzahlen aus, die sich aus der gestrichelten Geraden in Abb. 3.73 ergeben. Dieser sog. Haibach-Ast verläuft mit halber Steigung zwischen
Abb. 3.73. Lastkollektiv aus 8-Stufen-Versuch, Ermittlung der Schadenssumme nach Palmgren-Miner [3.3-3], ergänzt
3.9 Bruchmechanik
151
verlängerter Zeitfestigkeitsgerade und Dauerfestigkeitsniveau (beginnend am Knickpunkt der Wöhlerlinie), nach Corten-Dolan wird der Zeitfestigkeitsast über die Dauerfestigkeit hinaus geradlinig verlängert. Anwendung für Wälzlager s.Abschn. 14.5.3.3, Zahnradgetriebe s. [3.3-14]. 3.8.3 Experimentelle Betriebsfestigkeitsbestimmung Bei der experimentellen Lebensdauervorhersage kann man zwischen „Betriebslast-Nachfahrversuchen“ und „Betriebs-Festigkeitsversuchen“ unterscheiden. a) Im Nachfahrversuch ist die Spannungs-Zeit-Funktion des realen Bauteils und des Prüfteils identisch. Ergebnisse solcher Nachfahrversuche sind – im Rahmen einer statistischen Streuung – weitgehend identisch mit der Lebensdauer des realen Bauteils. Der Nachfahrversuch ist jedoch sehr aufwendig und wird daher nur bei Großserien angewandt. b) Beim Betriebsfestigkeitsversuch wird die im Betrieb gemessene Spannungs-Zeit-Funktion statistisch ausgewertet, um ein Spannungskollektiv zu erhalten. Dieses Spannungskollektiv wird anschließend wie folgt „überarbeitet“: – Schwingspiele mit geringer Amplitude werden weggelassen (Amplituden < 50% der Dauerfestigkeit), ansonsten ergibt sich eine zu lange Versuchsdauer, – einzelne, selten auftretende Lastspitzen werden gesondert berücksichtigt (Bauteilverfestigung!). Aus dem dann modifizierten Kollektiv wird für den Versuchsablauf eine synthetische Spannungs-Zeit-Funktion erzeugt, die einer weitgehenden Nachahmung der tatsächlichen Spannungs-Zeit-Funktion entspricht und mit der das reale Bauteil im Versuch beaufschlagt wird. – Bei Blockprogrammversuchen werden die statistisch schwankenden Beanspruchungen durch mehrere Einstufenbeanspruchungen ersetzt. Um eine praxisähnliche Durchmischung zu realisieren, werden die Versuche in mehrere Teilfolgen untergliedert, die dann nacheinander ablaufen.Vergleiche zwischen im Betriebsfestigkeits- und Blockprogrammversuch ermittelten Ergebnissen weisen häufig für die Betriebsfestigkeitsversuche eine geringere Bauteil-Lebensdauer aus [3.3-3].
3.9 Bruchmechanik Den makroskopischen Spannungszustand kann man bei der konventionellen Festigkeitsberechnung (Kap. 3) mit Hilfe der Formzahlen oder direkt mit der FEM oder BEM (Abschn. 3.3.5.2) berechnen. Der Werkstoff wird dabei als homogenes Kontinuum angesehen. Die Bruchmechanik gestattet dagegen – im Fall von Rissen oder rißartigen Fehlstellen – die Spannung im Bereich der Rißspitze zu berechnen. – Bei Werkstoffen und Zuständen mit vermindertem Verformungsvermögen kann man damit die Gefahr spröder bzw. verformungsarmer
152
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Abb. 3.74. Grundfälle der Rißausbreitung nach [3.3-9]
(statischer) Gewalt- und (dynamischer) Ermüdungsbrüche abschätzen. Hierfür eignet sich die Linear-Elastische-Bruch-Mechanik (LEBM). – Sprödbruchgefahr besteht bei statischer und dynamischer Beanspruchung rißbehafteter Bauteile insbesondere – bei mehrachsigen Spannungszuständen (z.B. dicken, scharf gekerbten Werkstücken, Abschn. 3.2.2; – bei spröden Werkstoffen hoher Festigkeit; – bei hoher Schwingfrequenz; – bei tiefen Temperaturen). – Bauteile aus Werkstoffen niedriger Festigkeit können unter statischer Beanspruchung bei normalen Betriebsbedingungen nur durch plastische Verformung im Bereich des Risses versagen, im Grenzfall durch plastische Trennung des Restquerschnitts. – Zur Beschreibung des physikalischen Geschehens, das zum (duktilen) Zähbruch führt, eignet sich die FließBruch-Mechanik (FBM). – Nach der Art der Rißöffnung und -ausbreitung sind 3 Grundfälle zu unterscheiden, Abb. 3.74. Für die technische Praxis ist der Modus I am wichtigsten. Hierauf beschränken wir uns im folgenden. 3.9.1 Zeichen, Einheiten und Umrechnungsbeziehungen zu Abschn. 3.9 – Festigkeit allgemein s. Abschn. 3.1
a A aeff aT C Flimit KI KIc
mm mm2 mm mm – N MPa m1/2 MPa m1/2
KIscc
MPa m1/2
DK DKc DKI
MPa m1/2 MPa m1/2 MPa m1/2
Rißhalblänge, halbe Rißlänge Restquerschnitt effektiver Wert der Rißhalblänge Maß der Rißlängentoleranz Vorfaktor der Forman-Gleichung plastische Grenzkraft Spannungsintensitätsfaktor, Rißöffnungsmodus I Bruchzähigkeit (kritischer Spannungsintensitätsfaktor, Rißöffnungsmodus I) Spannungsintensitätsfaktor für Spannungskorrosion (stress corrosion cracking) zyklischer Spannungsintensitätsfaktor zyklischer kritischer Spannungsintensitätsfaktor zyklischer Spannungsintensitätsfaktor, Rißöffnungsmodus I
3.9 Bruchmechanik
DK0
MPa m1/2
m q Rm Rp rPl SF s Y sI sF n
– – N/mm2 N/mm2 mm – mm – N/mm2 N/mm2 –
153
Schwellenwert der zyklischen Spannungsintensität Exponent der Forman-Gleichung Querbehinderungsparameter Zugfestigkeit Fließgrenze Plastizitätsradius Sicherheit Bauteildicke Geometriefaktor Nennspannung am Rißort, Rißöffnungsmodus I Fließspannung Querkontraktionszahl
Umrechnungsbeziehungen für Spannungsintensitäten und Spannungen [3.3-40] ksi in0,5
kp/mm1,5
N/mm1,5
MPa m0,5
1 ksi in0,5
1
3,54
34,8
1,10
1 kp/mm1,5
0,282
1
9,81
0,310
1 N/mm1,5
0,0288
0,102
1
0,0316
1 MPa m0,5
0,910
3,22
31,6
1
1 MPa m0,5 = 1 kN/cm1,5 , 1 MPa m0,5 = 1 MN/m1,5. ksi
kp/mm2
N/mm2
1 ksi
1
0,703
6,90
1 kp/mm2
1,42
1
9,81
1 N/mm2
0,145
0,102
1
1 MPa = 1 MN/m2, 1 MPa = 1 N/mm2.
3.9.2 Anwendung, Möglichkeiten der Bruchmechanik
Die Bruchmechanik ist ein geeignetes Hilfsmittel für: – Auswahl eines geeigneten Werkstoffs bei gegebenem Reinheitsgrad (Schlacken, Lunker, Einschlüsse), – Berechnung der kritischen Rißlänge, die bei gegebenem Werkstoff und gegebener statischer Belastung zum Gewaltbruch führt, oder umgekehrt Berechnung der Gewalt-Bruchkraft bei bekannter (gemessener) Rißlänge (und -Kontur). – Berechnung der Lebensdauer (Schwingspielzahl) bis zum Ermüdungsbruch bei bekanntem Werkstoff, bekannter Schwingbeanspruchung und unterkritischer Rißlänge (Zeitfestigkeit) bzw. Berechnung einer
154
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Rißlänge, bei der ein Riß unter Schwingbeanspruchung nicht weiter fortschreitet (Dauerfestigkeit). – Die Bruchmechanik kann die konventionelle Festigkeitsberechnung ergänzen, jedoch nicht ersetzen. 3.9.3 Statische Festigkeit – das K Ic -Konzept 3.9.3.1 Der Spannungsintensitätsfaktor KI KI eignet sich zur Beurteilung der Beanspruchung an der Rißspitze (Index I für Rißöffnungsmodus I). Er ist mit den Annahmen der LEBM, d.h. für Zustände, bei denen Sprödbruchgefahr besteht, für den Außenriß wie folgt definiert: K I = Y · s I · 61 p·a.
(3.146)
Hierin bedeuten: a halbe Rißlänge (Abb. 3.75 … 3.77), sI Nennspannung am Rißort: gleichförmige Zug- oder Biegezugspannung. (Bei Berechnung mit Finiten Elementen (FEM) oder Boundary Elementen (BEM) Auswertung über das J-Integral-Kriterium [3.3-38], [3.3-39], [3.3-40]). Y Geometriefaktor für die Einflüsse von Bauteilgeometrie, Rißkonfiguration und Beanspruchungsart. Werte für einige Fälle mit durchgehenden Rissen s. Abb. 3.75. – Wichtiger sind die in der Praxis häufig vorkommen-
Abb. 3.75. Geometriefaktoren Y für einen durchgehenden Mittelriß bei rein elastischem Verhalten [3.3-38]
3.9 Bruchmechanik
155
den Fälle mit halbelliptischen Oberflächenrissen und elliptischen Innenrissen, wobei ferner nach [3.3-45] und [3.3-46] eine Plastifizierung an der Rißspitze berücksichtigt wird. Dadurch ist Y vom Spannungsverhältnis sI/Rp abhängig, Abschn. 3.9.3.2. Geometriefaktoren Y hierfür s. Abb. 3.76 (Außenriß) und 3.77 (Innenriß). Für den Innenriß gilt: K I = 0,91 · Y · s I 61 p·a.
(3.146A)
Abb. 3.76. Geometriefaktor Y für halbelliptischen Oberflächenriß [3.3-39]; Y = (1,21/Q)0,5 mit Q nach [3.3-38]; in A: sI = Zugspannung, in B und C: sI = Tangential-Zugspannung aus Schrumpf und/oder Fliehkraft, in D: sI = Biegezugspannung
Abb. 3.77. Berechnung des Spannungsintensitätsfaktors für den elliptischen Innenriß am Beispiel einer Welle; in E: sI = Tangential-Zugspannung aus Schrumpf und/oder Fliehkraft, in F: sI = Biegezugspannung
156
3 Praktische Festigkeitsberechnung
3.9.3.2 Anwendungsbereich Y-Faktoren wie in Abb. 3.75 gelten für rein elastische Verformungen im Bereich der Rißspitze. Diese Annahme ist zulässig bei kleinen Beanspruchungen: etwa für sI < 0,4 · Rp . Plastifizierung: An der Rißspitze ist in Wirklichkeit immer mit gewissen plastischen Verformungen zu rechnen. Man kann dies nach Irwin [3.3-45] bei der Berechnung berücksichtigen, indem man die halbe Rißlänge a in (3.146) durch einen „effektiven“ Wert ersetzt: aeff = a + rpl ,
(3.147)
mit Plastizitätsradius rpl (Abb. 3.74). Ein Maß für die Größe der plastischen Zone ist das Verhältnis rpl/a und rpl/s. Die LEBM gilt jedoch nur, wenn rpl im Vergleich zur Rißhalblänge a und zur Bauteildicke s klein ist. Diese Forderung ist in der Regel nur erfüllt, wenn ein überwiegend ebener Dehnungszustand (EDZ) vorliegt, d.h. Gefährdung durch Trennbruch wegen Querbehinderung des plastischen Fließens. Hieraus ergibt sich: 1. Bedingung: rpl a. – Für den EDZ (dicke Bauteile, Wellen, starke Dehnbehinderung) gilt
rpl (1 – 2n)2 s I 2 = · 1111 ª < 0,025 . 1111 a 04 2 Rp
(3.148)
bei einer Sicherheit Rp/sI ª 2. Für die Bedingungen der EDZ ist die Fließzone (Fläche) nur etwa 1/100 so groß wie beim ebenen Spannungszustand (ESZ); vgl. Abschn. 3.9.4.1 und (3.152). – Oberhalb einer plastischen Zone von rpl/a ª 0,025 sind die Methoden der Fließbruchmechanik, Abschn. 3.9.4 anzuwenden. 2. Bedingung: Zur Beurteilung der Dehnbehinderung (Einfluß von Wanddicke und Werkstoff) eignet sich der Querbehinderungsparameter q: s s q = 111131142 ª 1111311 > 2,5 , 2prpl (KI/Rp)
(3.149)
d.h. wenn q > 2,5 ist, liegt ein ebener Dehnungszustand (EDZ) vor. Beide Bedingungen – für die Anwendung der LEBM und die Zuordnung des Spannungszustandes EDZ müssen eingehalten werden um die Sprödbruchgefahr mit Hilfe des KIc-Konzepts zu beurteilen. 3.9.3.3 Grenzwerte, Bruchzähigkeit Der verformungsarme Gewaltbruch wird beim ebenen Dehnungszustand ausgelöst, wenn die statische Spannung oder die Oberspannung bei Schwingbeanspruchung an der Rißspitze eine Größe erreicht, die dem kritischen Spannungsintensitätsfaktor KIc (=Bruchzähigkeit) entspricht, d.h. wenn KI = KIc .
(3.150)
3.9 Bruchmechanik
157
KIc kann nach verschiedenen Prüfverfahren experimentell an genormten Proben ermittelt werden. Werte für verschiedene Werkstoffe s. Abb. 3.78, 3.81; s. hierzu Hinweis in Abschn. 3.9.6. – KIc sinkt deutlich mit abnehmender Umgebungstemperatur (Beispiele s. Abb. 3.79) sowie bei Einwirkung aggressiver Medien (Säurelösungen, Meerwasser, u.ä.) und zwar
Stahl
Rp [N/mm2]
KIc [MPa m1/2]
34CrMo4 40CrMo4 51CrMo4
450 480 960
66 60 111
39CrMoV13 9
1500 2180
66 48
30CrNiMo8
1060 1410
108 87
34CrNiMo6 26NiCrMoV8 5 28NiCrMoV8 5 38NiCrMoV7 3
1280 … 1550 570 750 1200 … 1600
40 … 83 97 84 66 … 133
2
50CrV4 51CrMoV4
1465 1470
62 93
3
AISI 4340
860 1515
99 60
4
20MnCr5
Kern Rm ª 1000 Rand HRC ª 60
80 22
5
30CrMoV9
Kern Rm ª 1000 Verbindungsschicht HRC ª 22
130 9 … 16
1
Werkstoff
Dichte r [kg/dm3]
Zugfestigkeit [N/mm2]
E-Modul [N/mm2]
KIc [N/mm3/2 = 10–3/2 · MPa m1/2]
6
Aluminium 2024
2,77
436
74 000
36
7
Graphitfaser/ Epoxid
1,49
476
56 000
33
8
Borfaser/ Epoxid
1,99
422
80 000
37
9
E-Glasfaser/ Epoxid
1,77
380
19 000
32
Abb. 3.78. Bruchzähigkeit von Stählen nach [3.3-38], ergänzt. 1 Vergütungsstähle; 2 Feder- und Kettenstähle; 3 Vergütungsstahl AISI 4340, Zusammensetzung in %: (0,38–0,43) C; (0,60–0,80) Mn; 0,040 P; 0,040 S; (0,20–0,35) Si; (1,65–2,00) Ni; (0,70–0,90) Cr; (0,20–0,30) Mo; 4 Einsatzstahl; 5 Nitrierstahl; 6 Aluminium 2024; 7 Graphitfaser/Epoxid; 8 Borfaser/Epoxid; 9 E-Glasfaser/Epoxid
158
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Abb. 3.79. Bruchzähigkeit KIc und berechnete kritische Rißlängen von Stählen für Turbinen- und Generatorwellen; Einfluß der Temperatur [3.3-42]
sowohl bei statischer – verstärkt aber bei dynamischer Beanspruchung: Spannungsrißkorrosion scc (stress corrosion cracking), s. Abschn. 3.9.5.2 e. Aus (3.146) und (3.150) läßt sich die Rißhalblänge aT ableiten, bei der eine zulässige Nennspannung Rp/SF bzw. eine Sicherheit SF unterschritten wird. Für SF = 2 ergibt sich
4 1 K 2 aT = 111 11112 11111Ic . p Y Rp
(3.151)
aT wird als Maß der Rißlängentoleranz des Werkstoffs angesehen. Je größer aT ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, gefährliche Risse mit a ª aT bei Routineinspektionen des Bauteils zu entdecken (z.B. im Bereich einiger mm). Weist die Berechnung mit (3.151) kleine aT-Werte aus, so sind Inspektionen mit aufwendigeren technischen Mitteln vorzusehen. – Zerstörungsfreie Prüfverfahren für den Nachweis von Rissen s. [3.3-38]. 3.9.4 Statische Festigkeit – Fließbruchmechanik (FBM) Bei vielen Maschinenbau-Werkstoffen ist Sprödbruch unter statischer Beanspruchung nur bei extremen Bedingungen zu erwarten, z.B. bei sehr niedrigen Temperaturen, sehr hohen Schwingfrequenzen, starker Fließbehinderung. Bei üblichen Betriebstemperaturen sind insbesondere dünne Bauteile gegen duktiles Versagen, d.h. nach den Methoden der FBM (auch plastisches Grenzkraftkonzept genannt) auszulegen.
3.9 Bruchmechanik
159
3.9.4.1 Anwendungsbereich Der Plastizitätsradius rpl ist relativ groß (vgl. Abschn. 3.9.3.2) im Vergleich zu den Abmessungen des Rißquerschnitts. Daraus folgt, daß ein überwiegend ebener Spannungszustand (ESZ) vorliegt. 1. Bedingung: Für den ESZ (dünne Bauteile, Bleche) gilt
1 s 2 rpl = 111 1111I > 0,13 . 1111 a 2 Rp
(3.152)
Zur Größe der Fließgrenze s. Hinweis in Abschn. 3.9.3.2 unter (3.148). Für Werte von rpl/a zwischen 0,025 nach (3.148) und 0,13 nach (3.152) stellt sich ein Zustand zwischen EDZ und ESZ ein (Mischbruch). 2. Bedingung: Für die Anwendung der ESZ ergibt sich aus der Grenze für den Querbehinderungsparameter nach (3.149): q < 0,1 .
(3.153)
Dann liegt ein ESZ vor. 3.9.4.2 Grenzwerte Näherungsweise kann man die plastische Grenzkraft nach einem einfachen Ansatz abschätzen [3.3-43], [3.3-44]: FLimit = sF · A ,
(3.154)
mit A = Restquerschnitt; die Fließspannung sF berücksichtigt die Fließgrenze (Definition s. Abschn. 3.1), die Mehrachsigkeit und die Verfestigung. Näherung nach Experimenten:
sF = m · (Rp + Rm) ,
(3.155)
mit m = 0,5…0,4. Diese einfache Methode ist nicht unbedingt zuverlässig: man muß daher eine angemessene Sicherheit vorsehen. Eine höhere Genauigkeit bieten aufwendigere Methoden, beispielsweise das CTOD- oder das JIntegral-Konzept [3.3-38], [3.3-39], [3.3-40]. 3.9.5 Dynamische Festigkeit – das DK-Konzept Schwingbeanspruchung kann bekanntlich zu Werkstoffermüdung führen. Abb. 3.80 zeigt die Phasen der Rißbildung und des Rißwachstums, die dabei bis zum Bruch durchlaufen werden. Das physikalische Geschehen wird durch die Ermüdungsbruchmechanik beschrieben. In Abb. 3.80 ist die Rißwachstumsrate da/dN dargestellt, abhängig vom zyklischen Spannungsintensitätsfaktor DK; Definition s. (3.156) und (3.157). Man erkennt hieraus:
160
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Abb. 3.80. Rißbildung bei schwingender Beanspruchung, Rißgeschwindigkeit, abhängig vom zyklischen Spannungsintensitätsfaktor [3.3-38], [3.3-3]
In Phase 0 – d.h. unterhalb eines Schwellenwertes – breitet sich ein Riß nicht mehr aus. – Bruchmechanische Dauerfestigkeit. In Phase 1 beginnt das Rißwachstum mit niedriger Zuwachsrate (da/dN < 10–5 mm/Schwingspiel). – Zeitfestigkeit, nahe Dauerfestigkeit. Phase 2 ist der Bereich stabilen, vorkritischen Rißwachstums mittlerer Zuwachsrate (da/dN = 10–5 …10–3 mm/Schwingspiel). – Mittlere, für die Lebensdauer maßgebliche Zeitfestigkeit. In Phase 3 beschleunigt sich der Rißfortschritt; (da/dN >10–3 mm/ Schwingspiel), er wird instabil, bis der verbliebene Restquerschnitt plötzlich durch Gewaltbruch aufgerissen wird. 3.9.5.1 Anwendungsbereich Bei Schwingbeanspruchung sind i.allg. die Voraussetzungen für die Anwendung der LEBM (Sprödbruch) gegeben, so z.B. auch bei Baustählen geringerer Festigkeit. 3.9.5.2 Berechnung des Rißfortschritts bei schwingender Beanspruchung – Grenzwerte Bei – zwischen Unterspannung su und Oberspannung so – schwingender Beanspruchung (Nennspannung am Rißort) schwankt der Spannungsintensitätsfaktor entspr. (3.146) zwischen KIo (mit sI = so) und KIu (mit sI = su). Die Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors – der zyklische Spannungsintensitätsfaktor – beträgt für su > 0: DKI = Y · Ds · 8 p·a,
(3.156)
mit Ds = so – su . – Da ein auf Druck beanspruchter Riß keine Spannungsintensität verursacht, bleiben Druckanteile einer Schwingbeanspruchung unberücksichtigt, d.h. für su 0 gilt: DKI = Y · so · 8 p·a.
(3.157)
3.9 Bruchmechanik
161
Je nach Größe und Konfiguration des Risses, Werkstoff und Art der Beanspruchung wird das physikalische Geschehen in den o.a. Phasen durch unterschiedliche Kennwerte beschrieben. Wichtig ist vorab die Phase 0, in der ein Riß toleriert werden kann, ferner die Phase 2, die maßgebend für die Lebensdauer zeitfester Bauteile ist. a) Phase 0 (Dauerfestigkeit): Ein Riß breitet sich nicht weiter aus, wenn DKI DK0 .
(3.158)
Der zyklische Schwellwert DK0 ist ein Werkstoffkennwert; er kann – wie KIc – experimentell bestimmt werden. Werte für verschiedene Werkstoffe s. Abb. 3.81; s. hierzu Hinweis in Abschn. 3.9.6. b) Phase 1 wird bei der Berechnung der Lebensdauer nicht berücksichtigt, s. Abb. 3.80. c) Phase 2 (Zeitfestigkeit, DKI DK0). Die Zunahme der Rißlänge „da“ je Schwingspiel „dN“ kann z.B. mit der Forman-Gleichung [3.3-38] abgeschätzt werden: da (DKI)m (in mm je Schwingspiel) = C 2111 211111111111 dN (1 – Rs ) .
(3.159)
R p 0,2 [N/mm2]
Rs
DK0 [MPa m1/2]
m
C ·10– 10 [m/L]
1 St 38b-2 (S235) SM50 (S355) St 460 (S460) St 600 HT80 (StE 690)
280 370 485 655 725
0,1 0,04 0,1 0,1 0,04
5,5 5,0 5,9 4,2 4,8
3,8 3,5 3,8 2,7 3,0
3,4 18 4,8 95 59
2 26CrNiMo4 28NiCrMoV7 4 26NiCrMo8 5 23CrNiMo7 4 7 28CrMoNiV4 9
366 730 715 660 630
7,6 … 11,9 6,0 … 7,3 5,9 … 6,3 6,5 … 7,4 6,6 … 7,3
3,71 3,21 3,20 3,78 3,33
3,21 23,6 26,8 6,5 17,2
Stahl
L: Schwingspiel
Stahl
3 X40CrMoV5.1 Warmarbeitsstahl H13 100Cr6 Wälzlagerstahl
HV-Härte
KIc [MPa m1/2]
DK0 [MPa m1/2]
672 369
35 75
4,5 6,3
781 … 690
12,8 … 13,5
<6
Abb. 3.81. Bruchmechanische Kennwerte nach [3.3-38], 1 zyklische Spannungsintensität DK0 , Konstante m und C von Baustählen; 2 für zyklische Beanspruchung von Vergütungsstählen; 3 für statische KIc und zyklische DK0 Beanspruchung von Sonderstählen
162
3 Praktische Festigkeitsberechnung
Konstanten C und m für einige Werkstoffe s. Abb. 3.81; Spannungsverhältnis Rs = su /so . – Für eine überschlägige Bewertung des Rißausbreitungsverhaltens eignet sich nach [3.3-40] auch folgender Ansatz:
da DK (in mm je Schwingspiel) = 109 111111I 2111 dN E
3, 4
,
(3.160)
mit DKI in MPa m1/2, E-Modul in MPa, für Rs = 0. d) Phase 3. Mit fortdauernder Schwingbeanspruchung, d.h. kontinuierlich akkumulierten Da-Werten, nähert sich der Schwingbruch dem statischen Bruchvorgang an. Wenn die der Oberspannung (Nennspannung am Rißort) entsprechende Spannungsintensität KIo den statischen Grenzwert KIc erreicht, tritt der (Rest-) Gewaltbruch ein. e) Rißwachstum bei Spannungsrißkorrosion. Durch Einwirkung aggressiver Medien (Säurelösungen, Meerwasser, u.ä.) entstehen Risse, in den Bereichen 1 und 2 in erster Linie bedingt durch elektrochemische Vorgänge, im Bereich 3 überwiegend durch die Zugspannung. Das unterkritische Rißwachstum setzt ein nach Überschreiten eines vom Werkstoff und besonders stark von der Umgebung abhängigen Grenzwert KI scc . KI scc ist meist wesentlich kleiner (etwa 1/2 bis 1/8) als KIc , d.h. beispielsweise Rostnarben infolge Seewassereinwirkung mindern die Schwingfestigkeit drastisch. – Auswirkung bei statischer Beanspruchung s. Abschn. 3.9.3.3. 3.9.6 Hinweise
Die Treffsicherheit der Berechnung hängt entscheidend davon ab, daß die Nennspannung im Fehlerbereich richtig erfaßt wird. Kritische Spannungsintensität (Bruchzähigkeit) KIc und zyklische Spannungsintensität DK0 sollten möglichst an Proben aus dem Werkstoff des Bauteils bestimmt werden, da die jeweilige statische Festigkeit und das Gefüge einen starken Einfluß haben. Berechnung des Rißwachstums bei regelloser Beanspruchung (Betriebsfestigkeit), niederzyklischer Beanspruchung (N < 103), thermischer Langzeitbeanspruchung, Wasserstoffversprödung sowie Abschätzung der wahrscheinlichen Fehlerverteilung s. [3.3-38]. Schlag- oder stoßartig wirkende Beanspruchungen, d.h. hohe Dehngeschwindigkeiten an der Rißspitze, wie sie z.B. bei Schiffs- und Fahrzeugkollisionen auftreten, können zu einer drastischen Absenkung der Bruchzähigkeit führen [3.3-38]. Der Aufwand für die zerstörungsfreie Bestimmung der Fehlergröße muß sich nach den Risiken bei Versagen des Bauteils, dessen Wert sowie den Kosten für Reparatur, Ersatzteilbeschaffung und Anlagenstillstand richten [3.3-38].
3.10 Literatur
163
3.10 Literatur Normen, Richtlinien 3.1-1 DIN 743 (Entwurf) Tragfähigkeit von Wellen und Achsen. T1: Einführung, Grundlagen, T2: Formzahlen und Kerbwirkungszahlen, T3: WerkstoffFestigkeitswerte, T4: Anwendungsbeispiele. Berlin: Beuth 1998 3.1-2 DIN EN 10003 T1 Metallische Werkstoffe, Härteprüfung nach Brinell; Prüfverfahren. Berlin: Beuth 1992 3.1-3 ISO 6336 T2, T3 Tragfähigkeitsrechnung von gerad- und schrägverzahnten Stirnrädern 3.1-4 VDI/VDE 2616 Bl. 1 Härteprüfung an metallischen Werkstoffen. Düsseldorf: VDI-Verlag 1994 Dissertationen 3.2-1 Hahn M (1995) Festigkeitsberechnung und Lebensdauerabschätzung für metallische Bauteile unter mehrachsig schwingender Beanspruchung. Diss. TU Berlin 3.2-2 Mayer Wolfgang (1974) Wirkung von Kerben und Orientierungen auf das Festigkeitsverhalten eines amorphen SAN-Copolymeren insbesondere bei schwingender Beanspruchung, Diss. Universität Stuttgart 3.2-3 Kirstein CE (1976) Festigkeitsverhalten von Rohren aus PVC-hart. Dissertation Universität Stuttgart Bücher, Zeitschriften 3.3-1 Neuber H (1985) Kerbspannungslehre. Berlin: Springer 3.3-2 Schlecht B (1997) Vergleichende Untersuchungen zur dauerfesten Auslegung von Getriebewellen. Konstruktion 49: 33–38 3.3-3 DUBBEL (1995) Taschenbuch für den Maschinenbau. 18.Aufl. Berlin: Springer 3.3-4 Müller H-W (1987) Kompendium Maschinenelemente. 7. Aufl. Darmstadt: Selbstverlag 3.3-5 Niemann G, Winter H (1986) Maschinenelemente, Bd. III. 2. Aufl. Berlin: Springer 3.3-6 FKM-Richtlinie (1998) Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile. 3. Aufl., Forschungskuratorium Maschinenbau, Frankfurt 3.3-7 Mertens H, Hahn M (1993) Vergleichsspannungshypothese zur Schwingfestigkeit bei zweiachsiger Beanspruchung ohne und mit Phasenverschiebung. Konstruktion 45: 196–202 3.3-8 Wellinger K, Dietmann H (1969) Festigkeitsberechnung. 3. Aufl. Stuttgart: Kröner 3.3.-9 Hütte (1996) Die Grundlagen der Ingenieurwissenschaften. 30. Aufl. Berlin: Springer 3.3-10 Mayr M, Thalhofer U (1993) Numerische Lösungsverfahren in der Praxis: FEM-BEM-FDM. München: Hanser 3.3-11 Lorenz P, Poterasu V, Mihalache N (1995) Methode der Finiten Elemente und Randelemente. Braunschweig: Vieweg 3.3-12 Kochendörfer A, Schürenkämper A (1961) Spannungszustand und Ausbildung der Fließzonen in gekerbten Zug- und Biegeproben und ihr Einfluß auf das Festigkeits- und Formänderungsverhalten der Werkstoffe.Archiv für das Eisenhüttenwesen, 32. Heft 10: 689–699
164
3 Praktische Festigkeitsberechnung
3.3-13 Kochendörfer A, Schürenkämper A (1961) Spannungszustand und Mehrachsigkeitszahlen in gekerbten Tzg- und Biegeproben bei elastischer Beanspruchung. Archiv für das Eisenhüttenwesen, 32. Heft 10: 681–687 3.3-14 Niemann G, Winter, H (1989) Maschinenelemente, Bd. II. 2. Aufl. Berlin: Springer 3.3-15 Mayr M (1999) Technische Mechanik. 2. Aufl. München: Hanser 3.3-16 Fröhlich P (1995) FEM-Leitfaden – Einführung und praktischer Einsatz von Finite-Elemente-Programmen. Berlin: Springer 3.3-17 Dauerfestigkeit von Stahl. Merkblatt 457 der Beratungsstelle für Stahlverwendung, Düsseldorf 3.3-18 Schütz W (1967) Über eine Beziehung zwischen der Lebensdauer bei konstanter und bei veränderlicher Beanspruchungsamplitude und ihre Anwendbarkeit auf die Bemessung von Flugzeugbauteilen. Z.f. Flugwissenschaften 15. 11: 407–419 3.3-19 Schütz W (1983) Lebensdauervorhersage schwingend beanspruchter Bauteile. Der Maschinenschaden 56. 6: 221–224 3.3-20 Buxbaum O (1992) Betriebsfestigkeit – Sichere und wirtschaftliche Bemessung schwingbruchgefährdeter Bauteile. 2. Aufl. Düsseldorf: Verlag Stahleisen 3.3-21 Haibach E (1992) Betriebsfeste Bauteile. Konstruktionsbücher Bd. 13. Berlin: Springer 3.3-22 Haibach E (1989) Betriebsfestigkeit – Verfahren und Daten zur Bauteilberechnung. Düsseldorf: VDI-Verlag 3.3-23 Weyer-Eschenbach A, Beitz W (1993) Dauerschwingfestigkeit von Wellen mit Sicherungsringverbindungen für Werkstoff-, Nachbehandlungs- und Fertigungsvarianten. Konstruktion 45: 263–268 3.3-24 FKM-Forschungsheft 183-1 (1994) Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile,Abschlußbericht. Forschungskuratorium Maschinenbau, Frankfurt 3.3-25 FKM-Forschungsheft 183-2 (1994) Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile, Richtlinie. Forschungskuratorium Maschinenbau, Frankfurt 3.3-26 Delpy U et al. (1989) Schnappverbindungen aus Kunststoff, Ehingen: Expert Verlag 3.3-27 Bayer Leverkusen: Werkstoffdaten nach Kunststoff-Datenbank CAMPUS 3.3-28 Bayer Leverkusen (1998) Programm RALPH, Richtlinien und Belastungsgrenzen für die Konstruktion von Kunststoffbauteilen. Leverkusen 3.3-29 Oberbach K, Rupprecht L (1987) Kunststoffkennwerte für Datenbank und Konstruktion. Kunststoffe 77. 8: 783–790 3.3-30 Oberbach K (1980) Kunststoffkennwerte für Konstrukteure. Carl Hanser Verlag, München 3.3-31 Oberbach K (1987) Schwingfestigkeit von Thermoplasten – ein Bemessungskennwert? Kunststoffe 77. 4: 409–414 3.3-32 Oberbach K (1982) Zur Aussagekraft von Stoßversuchen an Probekörpern für das Zähigkeitsverhalten von Plastformteilen. Plaste und Kautschuk. 3: 178–182 3.3-33 Schreyer G (1972) Konstruieren mit Kunststoffen, Teil 1 und 2. Carl Hanser Verlag, München 3.3-34 Menges G, Taprogge R (1974) Kunststoff-Konstruktionen; Rechenbeispiele. Düsseldorf, VDI-Verlag 3.3-35 Puck A (1969) Festigkeitsberechnung an Glasfaser/Kunststoff-Laminaten bei zusammengesetzter Beanspruchung: Bruchhypothesen und schichtweise Bruchanalyse. Z Kunststoffe 11
3.10 Literatur
165
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4 Leichtbau
Leichtbaukonstruktionen sind meist erheblich aufwendiger hinsichtlich Entwicklung, Herstellung und Erprobung. Trotzdem bietet Leichtbau wirtschaftliche Vorteile, wenn nämlich die Gewichtsminderung anderweitige Einsparungen oder funktionelle Verbesserungen zur Folge hat. Einige Beispiele: – andere Bauteile werden entlastet und können entsprechend leichter gehalten werden (z.B. Pleuel bei schnellaufenden Verbrennungsmotoren, Fundamente), – höhere Drehzahlen und somit höhere Leistungen sind möglich und damit eine Reduzierung des Leistungsgewichts, – bei gleichem Gesamtgewicht ist eine höhere Nutzlast möglich (z.B. in der Fahrzeug- und Fördertechnik, Abschn. 4.6), – geringere, laufende Betriebskosten führen zu Energieersparnis und geringeren Unterhaltskosten bei Fahrzeugen, Abschn. 4.6, – Transportkosten werden kleiner (z.B. bei Baumaschinen), – erleichterte Handhabung z.B. durch leichtere Werkzeuge oder Vorrichtungen, – manche Anwendungen (z.B. Luft- und Raumfahrt) sind überhaupt erst durch Leichtbau möglich. Das Gewicht G (= Masse m) eines Bauteils wird durch seine Abmessungen und die Dichte des Werkstoffs bestimmt. Generell gilt als Kennwert: G=r·L·A.
(4.1)
Hierin bedeuten: A Querschnittsfläche, eine Funktion von Belastung F, Sicherheit S, Werkstoffgrenzwert sgrenz (z.B. szul), Formzahl as , Kerbempfindlichkeit (Stützzahl n), Schlankheitsgrad l und Artnutzgrad hA; L Länge des Bauteils. Das Eigengewicht des Bauteils soll minimiert werden, ohne die Funktion und die Betriebssicherheit zu beeinträchtigen. Dazu bieten sich drei Methoden an: Bedingungs-Leichtbau durch Modifizieren der Aufgabenstellung, durch Reduzierung und Begrenzung der inneren und äußeren Kräfte sowie Maßnahmen, die kleine Sicherheiten ermöglichen (Abb. 1.13). Dies wird durch die Einflußgrößen L, A (Gestaltung), S in (4.1) berücksichtigt. Stoff-Leichtbau durch Einsatz von Werkstoffen kleinerer Dichte und höherer Festigkeit bzw. geringerer Verformung, in (4.1) ausgedrückt durch die Faktoren r, sgrenz , n, l .
4.1 Zeichen und Einheiten
167
Kriterium für Änderung
BedingungsLeichtbau
Stoff-Leichtbau
FormLeichtbau
Maßnahme
Drehmomentbegrenzung T = 0,4 · Tmax
Verwendung von Vergütungsstahl Leichtmetall Rm = 240 % r = 55 %
Hohlprofil da/di = 1,25
Bauteilgewicht
55 %
55 %
55 %
55 %
Kosten
55 %
120 %
160 %
130 %
Abb. 4.1. Gewichtsreduzierung einer Torsionswelle durch unterschiedliche Leichtbaumaßnahmen. Ausgangssituation = 100%: Vollwelle aus Baustahl; maximales Drehmoment: 3-faches Nennmoment. Die Bauteilgewichte beziehen sich auf eine idealisierte Welle ohne Berücksichtigung von Anschlüssen – z.B. Flansche – und Festigkeitsminderung durch z.B. Kerbwirkung. Bei den Kosten wurden nur die reinen Werkstoffkosten betrachtet. Zum Vergleich der Herstellkosten müssen noch die u.U. abweichenden Fertigungskosten sowie für den Fall der Drehmomentbegrenzung die anteiligen Kosten für diese Maßnahme berücksichtigt werden.
Form-Leichtbau durch optimalen Kraftfluß, beanspruchungsgerechte Querschnitte. Dies wird in (4.1) erfaßt durch die Einflußgrößen A, L (Gestaltung), as , l, hA . Abbildung 4.1 zeigt an einem Beispiel, welche Gewichtsreduzierungen mit diesen Methoden erreichbar sind.
4.1 Zeichen und Einheiten CQ , CF , CS , CT G Gv g H ki , k w , ks KV LD LR LV S V W Wb ,Wt a as j r
kg – m/s2 mm – – km km dm3/N – mm3 Nm mm3 K –1 – rad kg/dm3
Werkstoffkenngrößen Gewicht (= Masse m) Vergleichswert für Eigengewicht (Eigenmasse) Erdbeschleunigung Querschnittshöhe Profilwerte Vergleichswert für Werkstoffkosten spezifische Steifigkeit (Dehnlänge) spezifische Festigkeit (Reißlänge) spezifisches Volumen Sicherheit Volumen Arbeit, Stoßarbeit Widerstandsmoment für Biegung, für Torsion Wärmeausdehnungskoeffizient Formzahl Drehwinkel Dichte
Spannungen und Festigkeiten allgemein sowie sonstige nicht angegebene Zeichen und Einheiten s. Kap. 3.
168
4 Leichtbau
4.2 Bedingungs-Leichtbau Entsprechend der o.a. Definition wird die ursprüngliche Aufgabenstellung modifiziert. Dies kann mit folgenden Maßnahmen erreicht werden: Begrenzung der äußeren Belastung von der Antriebsseite (z.B. gegenüber dem Kippmoment eines Drehstrommotors) oder von der Abtriebsseite (z.B. durch Blockierungen in einem Walzwerk) durch: – Überlastsicherungen, wie Rutschkupplungen, Sicherheitskupplungen mit Brechelementen, Überdruckventile in Hydraulikanlagen, elektrische Abschaltvorrichtungen, – elastische Zwischenglieder zur Minderung der Stoßwirkung, wie Federn, Gummipuffer (Kap. 12), elastische Kupplungen. Reduzierung innerer (Schwingungs-)Kräfte durch Dämpfungselemente (Kap. 12), Änderung der Steifigkeits-Masse-Verhältnisse (Resonanzen aus dem Betriebsbereich verschieben), Auswuchten (Kap. 17). Verteilung der Belastung auf mehrere parallel geschaltete Bauteile (Abb. 4.2). Milderung der Anforderungen durch Reduzierung unnötig großer Sicherheiten durch: – genauere Berechnungsverfahren (Abschn. 1.4.6), – Messung von Beanspruchungskollektiven im Betrieb als Grundlage für eine Betriebsfestigkeits-Berechnung, Abschn. 3.8.
Abb. 4.2. Größenvergleich zwischen Stirnradgetrieben bei gleichem übertragbarem Moment und gleicher Übersetzung [4.3-3]; 1 und 2 ohne Leistungsverzweigung; 3, 4 und 5 mit Leistungsverzweigung
4.3 Stoff-Leichtbau Gemäß der o.a. Definition erreicht man Stoff-Leichtbau durch: – Verwendung von Werkstoffen höherer Festigkeit, geringerer Verformung oder höherer Verschleißfestigkeit (z.B. Stahl 42CrMo4 statt Stahl C35, Stahlguß statt Gußeisen mit Lamellengraphit); man beachte: höhere statische Festigkeit bedeutet nicht unbedingt höhere Schwingfestigkeit (Kerbempfindlichkeit). – Verwendung von Werkstoffen geringerer Dichte, z.B. Leichtmetall oder Kunststoff statt Stahl.
4.3 Stoff-Leichtbau
169
4.3.1 Werkstoffkenngrößen
Zur Beurteilung des Werkstoffeinflusses allein bezogen auf das Gewicht eignen sich: – das spezifische Volumen, kennzeichnend für das reale Volumen: 1 LV = 1114 g·r
[dm3/N] ,
(4.2)
– die spezifische Festigkeit (Reißlänge), wenn die Festigkeit maßgebend ist:
s LR = 1114 r·g
[km] ,
(4.3)
– die spezifische Steifigkeit (Dehnlänge), wenn die Verformung maßgebend ist: E LD = 1114 r·g
[km] .
(4.4)
Je größer das spezifische Volumen ist, desto größer ist auch das je kg Gewicht G eingenommene Volumen. Die Reißlänge LR ist die Länge, bei der ein Werkstoff (Stab) mit konstanter Querschnittsfläche unter seinem Eigengewicht als Zugkraft reißt. Sie ist somit ein Maß für die Werkstoffausnutzung bei reiner Zugbeanspruchung. Die Dehnlänge LD ist ein Maß für elastische Verformbarkeiten bei reiner Zugbeanspruchung. Zahlenwerte für einige Werkstoffe und Werkstoffkosten s. Abb. 4.3. Für einen Vergleich von Bauteilen aus unterschiedlichen Werkstoffen eignen sich besser Kenngrößen, die auch die Werkstoffausnutzung, d.h. die Beanspruchungsart gleichermaßen berücksichtigen, – die Gewichtskennzahl CQ. Diese hängt für einen gegebenen Querschnitt des Bauteils von der Art der Beanspruchung und dem maßgebenden Grenzwert ab (Festigkeit, Verformung, Knicksicherheit). Übersicht s. Abb. 4.4, Ableitungen s. Abb. 4.5. Für einen Vergleich gilt: Das Bauteil wird am leichtesten, d.h. der Werkstoff ist für eine gegebene Beanspruchung und einen gegebenen maßgeblichen Grenzwert optimal, wenn der entsprechende Gewichtskennwert C Q am kleinsten ist. – CF = (r/szul)1/2 für Fliehkraftbeanspruchung (z.B. umlaufende Scheiben): Je kleiner CF , desto größer ist die zulässige Umfangsgeschwindigkeit. – CS = (r/E)1/2 für Schwingbeanspruchung: Je kleiner CS , desto größer ist die Eigenfrequenz. – CT = E · a/s zul für Beanspruchung durch Temperaturunterschiede: Je kleiner CT , desto größer ist der zulässige Temperaturunterschied.
170 Nr.
4 Leichtbau
Werkstoff
r
E
Rm
LV
LR
LD
kg 221113 dm
N 211111112 mm
N 82 mm
dm 3 8 N
km
km
Vergleichswerte für Preis pro 009 kg dm 3
1 2 3
A. Profilstäbe aus Metall Stahl S235 Stahl E295 Si-Mn-Federstahl
7.85 7,85 7,85
210000 210000 210000
360 490 1 300
0,0130 0,0130 0,0130
4,7 6,4 16,5
2727,0 2727,0 2727,0
1,00 1,10 1,67
1,00 1,10 1,67
4 5 6 7 8
Rein-Al, hart Al-Cu-Mg-Pb Al-Mg 5 Mg-Al-Werkstoff Titan 99,7
2,7 2,85 2,64 1,80 4,50
71000 73000 72000 43000 105000
140 370 250 280 350
0,0377 0,0358 0,0386 0,0566 0,0226
5,18 13,2 9,7 15,9 7,9
2680,6 2611,0 2780,1 2435,2 2378,5
1,6 2,90 3,90 3,00 31,70
0,55 1,05 1,31 0,69 18,2
9 10 11 12
B. Einfache Gußstücke aus EN-GJL-200 GS 45 Al-Guß-Leg. Mg-Guß-Leg.
7,20 7,85 2,65 1,80
100000 215000 70000 42000
200 450 220 240
0,0141 0,0130 0,0385 0,0566
2,8 5,7 8,5 13,6
1414,8 2791,9 2692,7 2378,5
2,00 4,00 2,80 3,10
1,83 4,00 0,95 0,71
13 14 15 16
C. Platten aus Kunststoff und Holz PVC hart bis 55 °C Polystyrol bis 60 °C Polyamid bis 90 °C Polyesterharz bis 70 °C
1,38 1,05 1,14 1,10
3000 3200 1700 3200
55 75 60 50
0,0739 0,0971 0,0894 0,0927
4,0 7,0 5,26 4,2
221,6 310,7 152,0 296,5
3,33 4,33 11,7 4,83
0,59 0,58 1,67 0,67
1,60
13000
150
0,0637
9,37
828,2
8,33
1,70
1,90
27000
340
0,0536
18,0
1448,6
2,0
33000
630
0,0510
24,4
1682,0
9,16
2,12
1,35 0,72
7000 12000
60 130
0,0755 0,1416
4,5 18,0
528,6 1698,9
4,30 0,10
0,74 0,01
17 18 19 20 21
Polyesterharz bis 70 °C mit Glasfaser (GFK): Matten-verstärkt (bis 50 °) Gewebe-verstärkt (bis 65 °) Roving-verstärkt (bis 70 °) Hartgewebe 2082.5 Holz (Buche)
Abb. 4.3. Werkstoffkennwerte und Relativpreise
4.3.2 Leichtbau mit Leichtmetallen
Leichtbau mit Leichtmetallen lohnt sich besonders für ungleichmäßig beanspruchte Bauteile (Artnutzgrad h A < 1, Abschn. 4.4.1), und für Bauteile, die neben ausreichender Festigkeit noch Dichtfunktionen übernehmen müssen, z.B. Getriebegehäuse; ferner für Teile, deren Gewichtsverminderung eine weitere Gewichtsverminderung anderer Teile (Unterbauten) nach sich zieht oder wenn dadurch eine entsprechend größere Nutzlast möglich wird (Fahrzeug, Flugzeug). In anderen Fällen können die geringeren Bearbeitungskosten (z.B. bei Gehäusen von Zahnradpumpen) die geringeren Unterhaltskosten (besse-
14,2
3,44
4.3 Stoff-Leichtbau
Art der Beanspruchung
belastet durch
Zug (Druck)
F
Druck (Knickung)
Biegung-Stab
3)
maßgeblicher Grenzwert
Gewichtskennzahl CQ
szul
CQ = r/szul
1)
fzul
CQ = r/E
2)
W
szul
CQ = r · E/s 2zul
F
SK
CQ = r/E1/2
szul
2/3 CQ = r/szul
fzul
CQ = r/E1/2
szul
CQ = r · E/s 2zul
szul
1/2 CQ = r/szul
fzul
CQ = r/E1/3
szul
CQ = r · E/s 2zul
tzul
2/3 CQ = r/tzul
jzul
CQ = r/E1/2
t zul
CQ = r · E/t2zul
Mb
W
Biegung-Platte 4)
Mb
W
Torsion
171
T
W
Ⳏ 1/Reißlänge, s. (4.3) Ⳏ 1/Dehnlänge, s. (4.4) 3) Querschnittsverhältnis Höhe zu Breite vorgegeben 4) Breite b und Länge L vorgegeben, Dicke t variabel 1) 2)
Abb. 4.4. Gewichtskennzahlen für verschiedene Belastungsfälle und Grenzwerte bei geometrisch ähnlichen Querschnitten
rer Korrosionsschutz) oder die geringeren Betriebskosten (geringerer Energieverbrauch) den höheren Werkstoffpreis aufwiegen. 4.3.2.1 Leichtmetall-Werkstoffe
Eigenschaften der Leichtmetalle s. Abschn. 4.3.2.3. Folgende Besonderheiten sind zu beachten: – Aluminium bzw. Aluminiumlegierungen sind in Form von Platten, Rohren, Strangpreßprofilen in den unterschiedlichsten Formen (s. z.B. Abb. 4.6), sowie als Aluminiumguß verfügbar. – Titan bzw. Titanlegierungen eignen sich für hochfeste Bauteile, z.B. Wellen oder Schrauben, werden allerdings wegen der sehr hohen Kosten fast nur in der Luft- und Raumfahrt verwendet.
172
4 Leichtbau
– Die gut vergießbaren Magnesiumlegierungen werden hauptsächlich für komplizierte Gehäuse eingesetzt. – Superleichtlegierungen: Lithiumhaltige Aluminium- und Magnesiumlegierungen sind Zukunftswerkstoffe, wirtschaftlich vorerst für die Luft- und Raumfahrt.
Festigkeit – Zugstab (vorgegeben: Länge l): A = F/R m ; G = r · l · A fi G / F ~ r/R m
= CQ
– Biegung – Stab (vorgegeben: Kreisquerschnitt, Länge l): d3 ~ Mb / R m; G ~ r · d2 fi G / M b2/3 ~ r/ R m2/3
= CQ
– Biegung – Platte (vorgegeben: Länge l, Breite b): f2 ~ M b / R m ; G ~ r · t fi G /M b1/2 ~ r/ R m1/2
= CQ
– Torsionsstab (vorgegeben: Kreisquerschnitt, Länge l): d3 ~ T/t t B ; G ~ r · d 2 fi G / T 2/3 ~ r/ t t B 2/3
= CQ
Steifigkeit – Zugstab (vorgegeben: Dehnsteifigkeit EA): G = r · l · A fi G / (EA) ~ r/ E
= CQ
– Biegung – Stab (vorgegeben: Kreisquerschnitt, Biegesteifigkeit El ~ Ed 4 ): = CQ 1) G = r · l · A ~ r · d 2 fi G / (El) 1/2 ~ r/ E 1/2 – Biegung – Platte (vorgegeben: Biegesteifigkeit El ~ Et3 ): G = r · l · A ~ r · t fi G / (El) ~ r/ E 1/3 1) 2)
= CQ 2)
gilt auch für Stabknicken bei Druckbeanspruchung gilt auch für Plattenbeulen bei Druckbeanspruchung
Abb. 4.5. Ableitungen zur Ermittlung der Gewichtskennzahl CQ nach [4.3-2] mit szul = Rm (Grenzwert)
Abb. 4.6. Klemmschellen, hergestellt aus einem Aluminium-Strangpreßprofil
4.3 Stoff-Leichtbau
173
4.3.2.2 Vergleich von Leichtmetallen mit Stahl, Stahlguß
Einfluß der Werkstoffeigenschaften auf das Gewicht s. Abschn. 4.3.1, Vergleich der Kosten s. Abb. 4.3. Vergleich der Werkstoffe nach Gewichtskennzahl C Q und Relativkosten (Vergleichswert KV) s. Abb. 4.7. – Allgemein gelten folgende Zusammenhänge: Gewicht, Bewertung nach der Werkstoff-Gewichtskennzahl C Q , Abb. 4.7, hinsichtlich Festigkeit: – Bauteile aus Leichtmetall-Legierungen sind leichter als solche aus Baustahl, – Bauteile aus hochfesten Leichtmetall-Legierungen sind auch leichter als solche aus hochfesten Stählen (Ausnahme: Federstahldraht), – Leichtmetall-Gußteile sind leichter als solche aus Gußeisen mit Lamellengraphit (GJL) oder Stahlguß (GS), Verformung, Bewertung nach der spezifischen Steifigkeit (Dehnlänge LD ) mit (4.4): – Bei Beanspruchung auf Zug sind Leichtmetalle und Stahlwerkstoffe gleichwertig (die Dehnlängen von Stahl, Aluminium, Magnesium und Titan sind nahezu gleich). Bei Gußwerkstoffen sind die Unterschiede gering, wobei Bauteile aus Gußeisen mit Lamellengraphit am schwersten bauen. – Bei Beanspruchung auf Biegung und Torsion sind Bauteile aus Leichtmetall bzw. Leichtmetallguß leichter als solche aus Stahl bzw. Gußeisen mit Lamellengraphit. Volumen, Bewertung nach dem spezifischen Volumen L V mit (4.2): – Bei gleicher Tragfähigkeit erfordern Leichtmetalle (mit Ausnahme hochfester Titanlegierungen) größere Volumina als Stahl, GS und GJL (Ausnahme: EN-GJL-200). – Bei gleicher Verformung erfordern Leichtmetalle bzw. Leichtmetallguß größere Volumina als Stahl und GS. Kosten, Bewertung nach dem Vergleichswert KV : KV ist eine Kenngröße für die Relativkosten, bezogen auf Kosten des Bauteils aus S235. Nach Abb. 4.7 führt der Einsatz von Leichtmetallen bei allen Beanspruchungsarten zu höheren Werkstoffkosten als der Einsatz von Stahlwerkstoffen. Aber: Ein Werkstoffvergleich durch Kennwerte ist nur für geometrisch ähnliche Querschnitte gültig (Abschn. 4.3.1, 4.4.1), so daß Bauteile aus Leichtmetallguß oft kostengünstiger sind als aus GJL oder GS (Beispiel: Druckgußteile erfordern geringeren Werkstoffbedarf und weniger Bearbeitung durch genauere Gußform). Sonstige Eigenschaften der Leichtmetalle im Vergleich zu Stahl: – Der niedrige E-Modul (Mg-Legierungen ca. 1/5, Al-Legierungen ca. 1/3, Titan ca. 1/2 von Stahl) führt bei gleicher Belastung und Bauteilabmessung zu 5-, 3-, 2-facher elastischer Verformung. Man benötigt daher große Trägheitsmomente (Rohr- und Kastenquerschnitte), wenn kleine Verformungen einzuhalten sind.
174
4 Leichtbau
– Leichtmetalle haben eine geringere Härte und Verschleißfestigkeit (Al-, Mg-Legierungen), eine größere Wärmeausdehnung, höhere Wärmeleitfähigkeit und größere spezifische Wärmekapazität (Al, Mg). Dies ist vor allem zu beachten bei Verbundkonstruktionen Leichtmetall/Stahl. – Leichtmetalle haben z.T. eine niedrigere (Al, Mg), z.T. eine höhere (Ti) Schmelztemperatur, einen niedrigeren spezifischen elektrischen Widerstand (Al, Mg), sie sind korrosionsbeständig (erfordern keine be-
Zugstab
Biegestab
Knick-, Biege-, Drehstab
Alle Stabe
Belastet durch Grenzwert GV ~ CQ=
F Festigkeit Rm r/Rm
Mb Festigkeit Rm r/Rm2/3
F, Mb, T; Verformung SK = 1; f = 1; j = 1 r/E1/2
Stoßarbeit W = F · f/2 Rm r · E/R 2m
Nr. Werkstoff
Gewicht GV
Kosten KV
Gewicht GV
Kosten KV
Gewicht GV
Kosten KV
Gewicht GV
Kosten KV
1 Stahl S235 2 Stahl E295 3 Si-Mn-Federstahl
1,0 0,735 0,277
1,0 0,808 0,462
1,0 0,814 0,425
1,0 0,808 0,710
1,0 1,0 1,0
1,0 1,1 1,67
1,0 0,540 0,077
1,0 0,594 0,128
4 5 6 7 8
Rein-Al, hart Al-Cu-Mg-Pb Al-Mg 5 Mg-Al-Werkstoff Titan 99,8
0,880 0,353 0,484 0,295 0,590
1,42 1,02 1,89 0,88 18,69
0,646 0,356 0,429 0,271 0,584
1,03 1,03 1,67 0,813 18,52
0,591 0,616 0,574 0,507 0,811
0,946 1,78 2,24 1,52 25,70
0,768 0,119 0,239 0,077 0,303
1,23 0,346 0,932 0,233 9,61
EN-GJL-200 GS 45 Al-Guß-Leg. Mg-Guß-Leg.
1,65 0,80 0,552 0,344
3,30 3,20 1,55 1,07
1,36 0,861 0,469 0,30
2,71 3,45 1,31 0,931
1,33 0,988 0,585 0,513
2,66 3,95 1,64 1,59
1,41 0,655 0,301 0,103
2,83 2,62 0,844 0,320
13 PVC hart 1,15 bis 55 °C 14 Polystyrol 0,642 bis 60 °C 15 Polyamid 0,871 bis 90 °C 16 Polyesterharz 1,0 bis 70 °C Polyesterharz bis 70 °C mit Glasfaser (GFK): 17 Matten-verstärkt 0,489 (bis 50 °C) 18 Gewebe-verstärkt 0,256 (bis 65 °C) 19 Roving-verstärkt 0,146 (bis 70 °C) 20 Hartgewebe 1,03 2082.5 21 Holz (Buche) 0,254
3,83
0,615
2,05
1,47
4,90
0,107
0,358
2,78
0,381
1,65
1,08
4,69
0,047
0,201
10,19
0,480
5,61
1,61
18,88
0,042
0,495
4,87
0,522
2,52
1,13
5,48
0,111
0,535
4,07
0,365
3,04
0,819
6,82
0,727
0,605
3,64
0,251
3,57
0,675
9,58
0,035
0,495
1,33
0,175
1,61
0,643
5,89
0,0131
0,120
4,44
0,569
2,44
0,942
4,05
0,206
0,887
0,025
0,181
0,018
0,384
0,038
0,040
0,004
9 10 11 12
Abb. 4.7. Stabförmige Träger aus unterschiedlichen Werkstoffen; Vergleich von Gewicht (Vergleichswert GV) und Kosten (Vergleichswert KV) bei jeweils gleicher Belastung und Länge
4.3 Stoff-Leichtbau
175
sonderen Schutzmaßnahmen) und unmagnetisch; zu beachten ist der Abfall der Festigkeit bei höheren Temperaturen (ab ca. 100 °C). – Bauteile aus Leichtmetall lassen sich im allgemeinen schlecht schweißen, jedoch leichter spanend bearbeiten, d.h. die Werkzeugstandzeiten sind größer (z.B. für Al- und Mg-Legierungen), auch schwierige Profile lassen sich einfach durch Strangpressen erzeugen (Abb. 4.6), so daß meist nur eine sehr geringe Nacharbeit notwendig ist; durch Druckguß sind komplizierte und auch dünnwandige Gußteile herstellbar. 4.3.2.3 Anwendung von Leichtmetallen
Im Maschinenbau rechnet sich die Gewichtsverminderung gegenüber dem höheren Preis bei schnell bewegten Maschinenteilen (z.B. Kolben und Schubstangen) sowie bei Gehäusen, Verschalungen und Haushaltsgeräten. Die Luft- und Raumfahrt ist das klassische Anwendungsgebiet der Leichtbautechnik. Leichtmetalle werden hier auch für hochbeanspruchte Bauteile, wie Rümpfe, Tragflächen, Leitwerke oder Fahrgestelle eingesetzt. Ein kg Gewichtsersparnis ergibt einen Gewinn an Frachtkosten bis ca. 1000,– DM. Die Entwicklung geht hier in Richtung faserverstärkter Kunststoffe, s. Abschn. 4.3.3.2. Im Kraftfahrzeugbau ist das Hauptziel, durch niedriges Eigengewicht die Energiekosten zu reduzieren, d.h. Kraftstoff einzusparen. Häufigste Leichtmetallanwendungen sind: Motorblöcke, Kolben, Pleuel, Zylinderköpfe, Gehäuse für Nebenaggregate, Getriebegehäuse, meist aus Aluminiumlegierungen, für Sportwagen und im Motorsport zunehmend auch aus noch leichterem Magnesium, Fahrwerksteile wie Achslenker an Sportwagen oder Felgen, Motorradrahmen (hierbei werden zusätzlich die ungefederten Massen reduziert). Verbundkonstruktionen aus Stahlgerüst und Aluminiumblech sind oft optimal bezüglich Funktion und Kosten: Gefahr der Spannungskorrosion beachten, Abschn. 16.14.2.2. Im Transportwesen und in der Fördertechnik ist das Hauptziel, den Anteil der Nutzlast am Gesamtgewicht zu erhöhen. Häufigste Anwendungen: Aufbauten und Fahrwerke von Lastkraftwagen, Eisenbahnwaggons, Seilbahnen, ferner Förderkübel und Transportbehälter. Beispiele s. Abschn. 4.6. 4.3.3 Leichtbau mit Kunststoffen und Verbundstoffen
Diese Werkstoffe werden für unbelastete Verkleidungen eingesetzt, aber auch für hoch beanspruchte Bauteile, wie Wellen, Schwungräder oder Pleuel für Verbrennungsmotoren. Im Vergleich zu Metallen sind beim Einsatz von Kunststoffen eine Reihe besonderer Eigenschaften zu beachten, Abschn. 5.6.2. Vergleich der bezogenen Werkstoffeigenschaften und Kosten s. Abb. 4.3. Vergleich der Werkstoffe nach Gewichtskennzahl C Q und Relativkosten (Vergleichswert KV) s. Abb. 4.7.
176
4 Leichtbau
4.3.3.1 Unverstärkte Kunststoffe
Dies sind Thermo- und Duroplaste (Kap. 5). Sie sind im Vergleich zu Leichtmetallen leichter, billiger, geräusch- und schwingungsisolierend, wärmeisolierend aber weniger fest und weniger steif. Weitere Hinweise s. Kap. 2. – Typische Anwendungen s. Abb. 5.39. 4.3.3.2 Faserverstärkte Kunststoffe 1
Aufbau, Eigenschaften und Anwendungen s. Abschn. 5.6.2. Vergleich der Kennwerte mit denen von Stahl s.Abb. 5.47.Auch verglichen mit Leichtmetallen sind faserverstärkte Kunststoffe leichter, die Werkstoffeigenschaften (Festigkeit, Steifigkeit) sind konstruierbar durch Wahl von Grund- und Faserwerkstoffen, sowie Faserrichtung und -lage. Übersicht über Anwendungen s. Abb. 5.48. Besonderheiten: – Die Luft- und Raumfahrt ist wegen der sehr hohen Kosten das Hauptanwendungsgebiet hochfester Faserverbundwerkstoffe. Diese lösen die bislang verwendeten Leichtmetalle in zunehmendem Maße ab (z.B. für Flugzeugzellen, Tragflächen, Leitwerksteile, Treibstofftanks). Die höheren Herstellkosten werden durch den Gewinn an Transportkapazität mehr als ausgeglichen, Abschn. 4.3.2.3. – Kraftfahrzeugbau: Für Karosserien und Aufbauten setzt man vorwiegend glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) ein; für Pleuel von Verbrennungsmotoren kohlenstoffaserverstärkte Kunststoffe (CFK), die oszillierenden Massenkräfte werden deutlich reduziert, die Gewichtseinsparung beträgt ca. 60%; mit Antriebswellen aus GFK erreicht man eine größere Steifigkeit und ermöglicht so eine größere Baulänge bei gleicher Eigenfrequenz – ein Stützlager kann entfallen; bei der Hinterachse benötigt man durch Kombination von Radführung und Federung weniger Einzelteile; Felgen für Motorräder werden aus CFK gefertigt, um die zu beschleunigenden Massen zu mindern. – Roboter: die große Steifigkeit und das geringe Gewicht der Roboterarme aus GFK ermöglichen genaues und schnelles Positionieren, – Werkzeugmaschinenspindeln aus CFK zeichnen sich aus durch eine niedrige zu beschleunigende Masse und hohe Steifigkeit, – dasselbe gilt für rotierende Teile im Maschinenbau, z.B. Lüfterräder, Riemenscheiben und Wellenkupplungen, – auch für Drehgestelle von Hochgeschwindigkeitszügen ist das geringe Gewicht ein wichtiger Faktor, – dies gilt ebenfalls für Bootskörper, Behälter und Container; wichtig ist hierbei auch die hohe Steifigkeit.
1
Neuere Entwicklungen zielen auf faserverstärkte Metalle, z.B. bor- oder kohlenstoffaserverstärktes Aluminium, kohlenstoffaserverstärkter Nickel.
4.4 Form-Leichtbau
177
Abb. 4.8. Sandwich-Plattenbauweise (Elemente von Honeycomb)
4.3.3.3 Verbundwerkstoffe (Sandwich-Platten)
Neben der Versteifung durch Verrippung von Scheiben, Platten und Schalen gewinnt der homogene Verbund an Bedeutung. Die Bauelemente bestehen meist aus oberer und unterer Deckschicht aus Stahl, Leichtmetall oder faserverstärktem Kunststoff, die im wesentlichen die Kräfte aufnehmen und einer verklebten Füllung dazwischen (Abb. 4.8). Für die Füllung eignen sich leichte Naturstoffe (z.B. Kork oder Balsaholz), geschäumte Kunststoffe (z.B. Moltopren) sowie waben-, tubus-, steg- oder wellblechförmiger Zellenkörper aus Stahl oder Leichtmetall. Sandwichplatten zeichnen sich durch gleichmäßige Spannungsverteilung in den Deckschichten aus sowie durch große Formbeständigkeit und geringes Raumgewicht. Hauptanwendungsgebiete sind tragende Wände und Verkleidungen in Flugzeugen, auch Tragflächen und Rotorblätter.
4.4 Form-Leichtbau Durch Wahl geeigneter Querschnitte erreicht man eine gleichmäßige Werkstoffausnutzung. Der Werkstoff wird aus Zonen geringer in Zonen größerer Spannungen verlegt. Man versucht so, Spannungsspitzen abzubauen und die Sicherheit (z.B. Bruch-, Knick- oder Beulsicherheit oder die verlangte Lebensdauer) in allen Zonen des Bauteils möglichst gleich zu machen. 4.4.1 Artnutzgrad A
Die Form des Bauteils wäre optimal, wenn die Spannung im gesamten Volumen möglichst gleich groß ist. h A ist ein Maß für die Ausnutzung des Werkstoffs im Bauteil; h A soll möglichst groß sein, vgl. Abschn. 12.2.6. Beispiel: Der in Abb. 3.21 dargestellte Freiträger hat in allen Schnittstellen eine andere Biegespannung. Das bedeutet, daß in allen Querschnitten, in denen die Biegespannung kleiner ist als in der Einspannstelle, die Festigkeit des Werkstoffs nicht voll ausgenutzt wird (h A = 1/9).
178
4 Leichtbau Abmessungen
Spannung
Artnutzgrad
Gewicht
h (x) = h0 = konst. b (x) = b0 = konst.
s (x) ≠ konst.
1 29
100 %
h (x) = h0 b (x) = b0 (1 – x/l)
s (x) = konst.
1 23
50 %
s (x) = konst.
1 23
66 %
s (x) ª konst. (Näherungslösung zu Träger 3 – einfache Herstellung)
1 ª2 3
75 %
03 – x/l) h (x) = h0 k(1 b (x) = b0
h (x) = h0 (1 – x/(2 l )) b (x) = b0
Abb. 4.9. Freiträger mit über der Länge veränderlichem Querschnitt
Um den Werkstoff besser auszunutzen, muß das Widerstandsmoment Wbx dem Biegemoment Mbx angepaßt werden. Abbildung 4.9 zeigt eine hierfür geeignete Gestaltung des Freiträgers. Man sieht, der Artnutzgrad läßt sich auf h A = 1/3 verbessern. Wie groß letztendlich der Werkstoffbedarf ist, hängt darüberhinaus von der Form des Querschnitts ab. 4.4.2 Wahl der Querschnitte
Während für das Bauteilgewicht die Querschnittsfläche maßgeblich ist, sind für die Bestimmung der auftretenden Beanspruchungen die Widerstandsmomente (Wb , Wt für die Spannungen) bzw. Flächenträgheitsmomente (Ib , It für die Verformungen) die bestimmenden Kenngrößen. Für den Leichtbau sind demzufolge Profile mit hohen Widerstandsmomenten bzw. hohen Flächenträgheitsmomenten, die dabei nur eine geringe Querschnittsfläche aufweisen, günstig. Für quantitative Vergleiche verschiedener Querschnittsformen eignen sich die Profilwerte: – kwb , kwt , wenn das Widerstandsmoment gegen Biegung, Torsion die maßgebliche Querschnittskenngröße ist,
4.4 Form-Leichtbau
179
– ksb , k st wenn ein Bauteil stoßartig – d.h. durch die Stoßarbeit W – auf Biegung, Torsion beansprucht wird. Profilwerte für unterschiedliche Beanspruchung von Stäben und Platten s. Abb. 4.10. Beispiel: Biegeträger, Träger 1: Rundstab, Durchmesser D; Träger 2: Rechteckprofil, Breite B/Höhe H = konst = 1/2. Querschnittsflächen: A1 = p D 2/4; A2 = B · H = B/H · H 2; Widerstandsmomente gegen Biegung: Wb1 = p D 3/32 , Wb2 = B · H 2/6 = 1/6 · B/H · H 3. Der dimensionslose Profilwert kwb ist unabhängig von den Trägerabmessungen und für geometrisch ähnliche Profile gleich. Er verknüpft die Gleichungen für A und Wb . kwb1 = A13/2/Wb1 = 4 · kl p = konst. = 7,09; kwb2 = A23/2/Wb2 = 6 · k7 B/H = konst = 4,24. Für ein gegebenes Biegemoment und eine zulässige Belastungsgrenze szul ergibt sich das erforderliche Widerstandsmoment aus Wberf = Mb/szul . Die erforderliche Querschnittsfläche A und somit das Gewicht Q ist proportional dem Profilwert k wb2/3, Q1 /Q2 = (7,09/4,24)2/3 = 1,409. Für diesen Belastungsfall ist folglich das Gewicht für den Träger mit dem Querschnitt 1 ca. 40% höher als für den Träger mit dem Querschnitt 2.
Art der Beanspruchung
belastet durch
Zug (Druck)
F
maßgeblicher Grenzwert
Profilwert
szul
„1“ (Querschnittsform ohne Einfluß)
fzul W
szul
Druck (Knickung)
F
SK
kib = A 2 / I b
szul
kwb = A 3/2 / W b
Biegung – Stab
Mb fzul
kib = A2 / I b
szul
ksb = A · Ib / W b2
szul
kwb = A 3/2 / W b
fzul
kib = A 2 / I b
szul
ksb = A · I b / W b2
t zul
kwt = A 3/2 / Wt
jzul
kit = A 2 / I t
t zul
kst = A · I t / W t2
W
Biegung – Platte
Mb
W
Torsion
T
W
Abb. 4.10. Profilwerte für verschiedene Bauteile und Beanspruchungen
180
ProfilNr.
4 Leichtbau
Abmessungen
Profilwerte kwb
kib 0,75
ksb
kwt
kit
kst
3,00
12,52
50,08
3,13
3,00
4,81
7,09
3,26
3,00
12,52
50,08
3,13
1
H : B = 16 : 1
1,50
2
H:B=1:1
6,0
3
H : B = 1 : 16
24,0
4
H : B : S = 10 : 4 : 1
1,56
1,25
1,95
9,16
36,64
2,29
5
Voll
7,09
12,57
4,00
3,54
6,28
2,00
6
Da : Di = 5 : 4
2,59
2,76
2,44
1,30
1,38
1,22
12,0 192
Abb. 4.11. Profilwerte für verschiedene Querschnitte
Entsprechend den Beziehungen A = kwb2/3 · Wb2/3 bei Biegung, A = k wt2/3 · Wt2/3 bei Torsion,A = k0 kib · Ib bei Druck (Knickung) bzw. für die Stoßarbeit A = ksb · Wb2/Ib bei Biegung, A = kst · Wt2/It bei Torsion nimmt der erforderliche Bauteilquerschnitt und damit die Bauteilmasse mit kleiner werdenden Profilwerten ab. Bei Zug-(Druck-)Beanspruchung hat die Querschnittsform natürlich keinen Einfluß. Für Leichtbaukonstruktionen sollten deshalb Profile (Querschnitte) mit möglichst kleinen Profilwerten verwendet werden, Abb. 4.11. 4.4.3 Weitere Hinweise zur Querschnittswahl
Bei Zug- und Druckbeanspruchung ist entsprechend der Beziehung s = F/A die Querschnittsform für die Spannung gleichgültig. Zu beachten ist jedoch ihr Einfluß auf mehr oder weniger günstigen Kraftanschluß (Kerbwirkung an der Übergangsstelle), auf Rostansatz (Wasserfang) und evtl. Strömungswiderstand (Windangriff). Bei Druckstäben (Knickbeanspruchung) ist neben einem großen EModul (Werkstoffeinfluß s.Abb. 4.7) ein möglichst kleiner Profilwert kib anzustreben. Günstig sind z.B. dünnwandige Rohrquerschnitte, wobei die Beulgefahr die geringste Wanddicke bestimmt. Bei Biegebelastung ist anzustreben: – ein kleiner Profilwert kwb , wenn die zulässige Spannung szul die Belastung begrenzt,
4.4 Form-Leichtbau
181
– ein kleiner Profilwert kib , wenn die zulässige Verformung fzul die Belastung begrenzt, – ein kleiner Profilwert ksb , bei gegebener Stoßarbeit W. Beispiele für Leichtbau-Biegeträger s. Abb. 4.12. Bei Biegebelastung durch eine Einzelkraft F sollte man den Trägerquerschnitt (Widerstandsmoment) möglichst dem örtlichen Biegemoment anpassen, Abb. 4.9. Bei einseitiger Biegebelastung sind Querschnitte mit verstärkter Zugseite meist günstiger, da häufig (z.B. bei GJL) die Druckfestigkeit größer als die Zugfestigkeit ist (Abb. 4.13).
Abb. 4.12a–f. Leichtbau-Biegeträger. Träger a, b für lange Träger mit geringen Querkräften, Träger c, d, e sind außerdem drehfest; die biegesteife Hohlwand f besteht aus einem glatten und einem ,,gekraterten“ Blech
Belastungsart: Querschnitt des Trägers
Abmessungen
Gewicht
H:B:S
[%]
Zugspannung Druckspannung s z (≈ 1/Wbz) s d (≈ 1/Wbd ) [%] [%]
80 : 20 : 5
100
100
100
80 : 35 : 5
100
116
69
80 : 35 : 5
100
69
116
Abb. 4.13. Beanpruchung von Trägern mit unterschiedlichem Querschnitt
182
4 Leichtbau
Belastungsart: Querschnitt des Trägers
Gewicht [%]
Ertragbares Ertragbare Biegemoment [%] Stoßarbeit [%]
a
100
100
100
b
100
172
30
c
100
196
61
Abb. 4.14. Einfluß von Rippen auf Biege- und Stoßbelastung
Bei gerippten Querschnitten sind hohe Rippen günstig, wenn große Biegefestigkeit und Steifigkeit, aber geringe Stoßaufnahme verlangt werden, und niedrige Rippen, wenn auch die Stoßaufnahme groß sein soll (Abb. 4.14); Kerbwirkung der Rippen beachten! Große Ausrundungen vorsehen! Bei Torsionsbelastung sind anzustreben: – ein kleiner Profilwert kwt , wenn die zulässige Spannung tzul die Belastung begrenzt, – ein kleiner Profilwert kit , wenn die zulässige Verdrehung (Drehwinkel jzul) die Belastung begrenzt. Günstig sind geschlossene Kreisringquerschnitte oder sonstige Hohlprofile, ungünstig sind offene Hohlprofile (z.B. geschlitzte Hohlprofile, Uund I-Profile, Abb. 4.15).
Abb. 4.15. Profile gleicher Verdrehfestigkeit: für gleiches Wt benötigte Querschnittsflächen in %
4.4 Form-Leichtbau
183
Abb. 4.16. Geschlossene Querschnitte durch Aufsetzen offener Profile auf ebene Wände [4.3-7]
Bei gleichzeitiger Biege- und Torsionsbelastung sind geschlossene Hohlprofile am günstigsten, da hierfür sowohl kwb als auch kwt bzw. kib und kit klein sind. Bei ebenen Wänden oder Platten können durch Aufsetzen von offenen Profilen geschlossene Querschnitte erzeugt werden, wodurch die Belastbarkeit erhöht wird (Abb. 4.16). Bei einem Rohr unter Innendruck ist die Tangentialspannung in der Rohrwand um so ungleichmäßiger, je dicker das Rohr ist (Kap. 3). Mehrere dünnwandige Rohre ineinandergeschrumpft sind also günstiger als ein dickes. Eine weitere Abhilfe ergibt die Erzeugung von Druckvorspannungen an der Innenfaser (z.B. durch vorhergehende plastische Verformung des Rohres unter äußerem Überdruck). Bei Stoßbelastung (Stoßarbeit W) ist die Beanspruchung am kleinsten, wenn die Stoßkraft F = 2 · W/f am kleinsten, also der Dehnweg f am größten ist. Bei gegebenem Volumen und begrenzter Spannung wird f am größten, wenn das ganze Volumen gleichhoch beansprucht wird, d.h. alle Stellen gleichmäßig an der Dehnung teilnehmen. Ist ein Querschnitt geschwächt, ist es besser, diese Schwächung durch alle Querschnitte durchlaufen zu lassen, d.h. Steifigkeitssprünge zu vermeiden oder zu mildern, Abschn. 4.4.2, Abb. 4.17.
Abb. 4.17a–d. Träger mit veränderlicher Steifigkeit [4.3-8], a Anrißgefahr am Übergang vom geschlossenen zum offenen Profil durch große Kerbwirkung bei Biege- und Torsionsbelastung, b allmählicher Übergang der Widerstandsmomente; Schweißnaht allerdings in der Zone hoher Biegebeanspruchung, c zu kurzer Übergang vom geschlossenen zum offenen Profil, d günstige Gestaltung der Übergangszone, Schweißnaht unterhalb der Zone hoher Biegebeanspruchung
184
4 Leichtbau
4.5 Allgemeine Leichtbauregeln, Hinweise für die Konstruktion Aufgelöste Bauweise aus dünnwandigen Blechen, Profilstäben, Gußoder Schmiedeteilen zu Fachwerken, Schalen und Hohlträgern zusammenfügen, mit Verbindung durch Nieten, Schweißen, Kleben oder Schrauben, Abb. 4.18. Die Kräfte möglichst verteilt überleiten, also z.B. viele Niete oder Schrauben verwenden, für Schrauben große Unterlegscheiben! Beim Schalenbau die Knick- und Beulgefahr durch Stützung der tragenden Haut vermindern. Größere Steifigkeit, d.h. kleinere Verformung wird bei gleicher Bauteilgestaltung durch größeren E-Modul erreicht, z.B. durch Stahl statt Gußeisen mit Lamellengraphit oder Leichtmetall. Bei Biege-, Dreh- oder Knickbelastung kann der kleinere E-Modul der Leichtmetalle durch größere Flächenträgheitsmomente ausgeglichen werden (Abb. 4.19). Bei Gußteilen die Wanddicke klein halten, Steifigkeit durch Wulste und Rippen erreichen.
Abb. 4.18. Biege- und schubfeste Verbindung zwischen Strangpreßprofilen durch Ausgießen des an der Fügestelle gebildeten Hohlraums mit Kunststoff [4.3-9]
Abb. 4.19. Durch Formgebung veränderte Biegewiderstandsmomente Wb1… Wb3 bei gleicher Querschnittsfläche A (VDI 2012)
4.5 Allgemeine Leichtbauregeln, Hinweise für die Konstruktion
185
Abb. 4.20. Aussteifung von Flächen (VDI 2212)
Bauteile mit Schwingbeanspruchung möglichst gewölbt ausführen. Nicht gewölbte Wände durch Aussteifungen formsteif machen (Abb. 4.20). Aussteifungen möglichst diagonal oder räumlich wirkend ausführen, also in Kraftrichtung legen. Schweißnähte zur Schwingungsdämpfung gegebenenfalls mit Scheuerstellen ausführen (Abb. 4.21). Steifigkeitsunterschiede, besonders an den Querschnittsübergängen möglichst mildern. Sanfte Übergänge, besonders zwischen steifen und elastischen Stellen sind bei Stahl noch wichtiger als bei Gußeisen (Abb. 4.17). – Besonders gefährdet sind diesbezüglich Krafteinleitungsstellen. Man muß sie ggf. verstärken oder unterteilen (Abb. 4.22). Vorspannung kann als Schutz gegen Überlastung dienen, wenn hierdurch die maximale Stoßarbeit gemindert werden kann. Beispiele hierfür s. Kap. 3.
Abb. 4.21a, b. Schwingungsdämpfung durch Scheuerwirkung (Kienzle-Effekt) bei Schweißkonstruktionen [4.3-10]. a Träger aus -Profilen, die unter Vorspannung bei F mit Nähten bei N verschweißt wurden: b geschweißtes Drehbankett mit Vorspannung bei F und Nähten bei N ⬱⬲
Abb. 4.22a, b. Krafteinleitung bei Verbundbauweise durch verstärkte Profile aus unterschiedlichen Werkstoffen, a Holz, b Kunststoff (VDI 2012)
186
4 Leichtbau
4.6 Beispiele Beispiel 1: Selbstgreifer für Kohle (Pittsburg Coal Co.) nach [4.3-4]: In Stahl: Eigengewicht 95 kN für Inhalt 60 kN zusammen 155 kN; in AlLegierung: Eigengewicht 65 kN für Inhalt 90 kN zusammen 155 kN. Die Leichtmetall-Ausführung des Greifers ermöglicht also 50% mehr Umschlagsleistung bei gleichen Umschlagskosten. Der erheblich höhere Beschaffungspreis des Leichtmetallgreifers macht dagegen nur wenige Prozent der Gesamtanlage aus. Ausführung: Wände aus Al-Blech, Kanten mit Manganstahl-Winkeln übernietet, Zähne aus CrV-Stahl. Ähnlich gute Erfahrungen hat man mit Leichtmetall-Kübeln von Löffelbaggern gemacht. Beispiel 2: Seilbahn Kabine (Mucrone-Seilbahn): In Stahl: Gewichtskraft 10000 N für 16 Personen = 625 N/Person; in Al-Legierung: Gewicht 7000 N für 23 Personen = 304 N/Person. Die neue Kabine in Al-Legierung ergab die Möglichkeit, 110 statt 60 Personen/h zu befördern und so die Umbaukosten in Höhe von 5% des Anlagekapitals der Seilbahn in 1,5 Saison zu tilgen. Beispiel 3: Personenkraftwagen: Verbrauchssenkung durch Leichtbau: 2,2 l/100 km Mehrpreis durch Leichtbau: 1379 DM, Amortisation nach ca. 40000…55 000 km. Beispiel 4: Luftfahrt: Rentabilitätsgewinn durch Leichtbau der Flugzeugzelle – Eine Gewichtsersparnis von 10% durch Verbundfaser-Leichtbau der Flugzeugzelle ergibt eine um 20% höhere Zuladung.
4.7 Literatur Normen, Richtlinien 4.1-1 VDI Richtlinie 2012, Gestalten von Werkstücken aus GFK. Düsseldorf: VDIVerlag 1969 Bücher, Zeitschriften 4.3-1 Wiedemann J (1996) Leichtbau 1: Elemente. 2. Aufl., Berlin: Springer 4.3-2 Wiedemann J (1996) Leichtbau 2: Konstruktion. 2. Aufl. Berlin: Springer 4.3-3 Ehrlenspiel K (1985) Kostengünstig Konstruieren. Konstruktionsbücher. Bd. 35. Berlin: Springer 4.3-4 Ernst H (1961) Betriebssichere Krananlagen mit geringem Eigengewicht durch zweckmäßige bauliche Gestaltung. Stahl und Eisen 81: 1665-1672 4.3-5 Bongers B (1981) Mechanisch hochbeanspruchte Bauteile aus Verbundstoffen. VDI-Berichte Nr. 410: 83– 91 4.3-6 Hertel H (1960) Leichtbau; Bauelemente, Bemessungen und Konstruktion von Flugzeugen und anderen Leichtbauwerken. Berlin: Springer 4.3-7 Knauer B, Wende A (1988) Konstruktionstechnik und Leichtbau. Berlin: Akademie-Verlag 4.3-8 Hintzen H, Laufenberg H (1989) Konstruieren und Gestalten. 3. Aufl.: Braunschweig, Wiesbaden: Vieweg 4.3-9 Koewius A (1986) Konstruieren mit Aluminium-Strangpreßprofilen. VDI-Z. 128 10: 70– 76 4.3-10 Munser F (1958) Die Anwendung des Stahlleichtbaus bei Werkzeugmaschinen. Mitt. Forschungsges. Blechverarbeitung 7– 8
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Sichere Funktion sowie Herstell-(z.T. auch Betriebs)-Kosten von Maschinen hängen in hohem Maße von der Wahl des Werkstoffs und dessen Wärmebehandlung ab. Mitunter ergibt sich die optimale Lösung durch eine zusätzliche Oberflächenbehandlung der Maschinenteile (Überzüge, Beschichtungen). Stahl ist mit fast 70% des gesamten Werkstoffverbrauchs der wichtigste Werkstoff im Maschinenbau. Hauptgründe sind: hohe Festigkeit, hohe Steifigkeit (E-Modul), günstiger Preis, gute Verfügbarkeit und Wiederverwertbarkeit; seine Eigenschaften sind umfassend untersucht und dokumentiert. Gußeisen deckt ca. 15% des Verbrauchs ab, eignet sich besonders für komplizierte Werkstücke. Nichteisenmetalle (NE-Metalle) machen mehr als 10% aus. Sie sind meist leichter als Stahl. Insbesondere ihre Legierungen sind i.allg. korrosionsbeständig und leicht plastisch verformbar. Sonstige Eigenschaften im Vergleich zu Stahl s. Abschn. 4.3.2.2. Kunststoffe und sonstige Werkstoffe haben einen Anteil von ca. 5%. Sie sind wesentlich leichter als Stahl, ihre Festigkeit ist geringer, der Elastizitätsmodul niedriger. Sie eignen sich für komplizierte Formen (z.B. Spritzguß), können elektrisch isolieren und sind gut bearbeitbar. Durch Faserverstärkung erzielt man besondere Eigenschaften. Keramische Werkstoffe machen nur einen kleinen Anteil aus, sind aber wegen hoher Warmhärte, Druck- und Verschleißfestigkeit wichtig für den Motoren- und Werkzeugbau.
5.1 Zeichen und Einheiten Al As Be Bz C Ce Co Cr Cu E-Cu
Aluminium Arsen Beryllium Bronze Kohlenstoff Cer Kobalt Chrom Kupfer Elektrolytkupfer
Fe GJL GJS GS GJMW, GJMB Mg Mn Mo
Eisen Gußeisen mit Lamellengraphit Gußeisen mit Kugelgraphit Stahlguß Temperguß Magnesium Mangan Molybdän
188 Ms Nb Ni P Pb S Sb
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Messing Niob Nickel Phosphor Blei Schwefel Antimon
Si Sn Ti V W Zn Zr
Silicium Zinn Titan Vanadium Wolfram Zink Zirkonium
Werkstoffbezeichnungen der Kunststoffe s. Abb. 5.39 bzw. Abschn. 5.6.3 (faserverstärkte Kunststoffe). Proben-Werkstoffwerte allg. s. Abb. 5.1, Bauteilwerte s. Abb. 3.32.
5.2 Werkstoffauswahl Funktionssicherheit und Kosten der Bauteile hängen – außer von Belastung, Dimensionierung, Gestaltung (z.B. Kerben, Baugröße), Sicherheit, usw. – entscheidend vom Werkstoff ab. Es ist daher vorrangig Aufgabe des Konstrukteurs, den Werkstoff auszuwählen. Dabei stützt man sich zweckmäßigerweise zunächst auf die Erfahrungen mit den betreffenden Maschinenelementen. Angaben hierzu finden sich in den jeweiligen Kapiteln dieses Buches. – Erst wenn diese Erfahrungen nicht ausreichen, also wenn neue Erkenntnisse, Anforderungen, Engpässe, Preisverhältnisse oder neue Werkstoffe zu berücksichtigen sind, muß man weitergehende Überlegungen anstellen (Abschn. 5.2.3). 5.2.1 Welche Eigenschaften sind wichtig?
Statische Festigkeit s.Abschn. 3.4.3 und 3.5.1: Für zähelastische Werkstoffe (z.B. Walzstahl) ist die Streckgrenze R e oder die 0,2%-Dehngrenze R p0,2 (beide verallgemeinert als Fließgrenze R p bezeichnet) maßgebend, für spröde Werkstoffe die Zugfestigkeit Rm , für Druck, Biegung und Torsion die entsprechenden Grenzwerte. Dynamische Festigkeit (Schwingfestigkeit), Dauerfestigkeit sD, Ausschlagfestigkeit sA, usw. s. Abschn. 3.4.3, 3.6.1 und 3.6.2. Wichtig ist hier der Randschichteinfluß (Oberflächenhärtung). Zähigkeit (Verformbarkeit) wird charakterisiert durch die Bruchdehnung A, die Brucheinschnürung Z, Abschn. 3.5.1 sowie die Kerbschlagzähigkeit aK , Abschn. 3.4.5. Warmfestigkeit kennzeichnet das Verhalten bei hohen Temperaturen: Grenzwert für Verformung: Zeitdehngrenze Rp0,2/t/T , (z.B. Spannung, die bei J = 300°C, t = 10000 h zu einer plastischen Verformung von 0,2% führt – Rp0,2/10 000/300); Grenzwert für Bruch: Zeitstandfestigkeit Rm/t/T s. Abschn. 3.4.3. Steifigkeit, (elastische Verformung): Der Einfluß des Werkstoffs auf die Steifigkeit eines Bauteils ist gekennzeichnet durch den E-Modul, G-Modul. Wichtig ist hierbei, daß z.B. die verminderte Steifigkeit bei geringerem
5.2 Werkstoffauswahl Abb. 5.1. Wichtige Werkstoffkennwerte, ermittelt an Standardproben (s. auch Abschn. 5.2.1)
1)
Zugfestigkeit
Rm,N
Streckgrenze
Re,N 1)
0,2 %-Dehngrenze
Rp0,2,N 1)
Zeitstandfestigkeit
Rm/t/T,N
Zeitdehngrenze
Rp0,2/t/T,N
Bruchdehnung
A
Brucheinschnürung
Z
Kerbschlagzähigkeit
aK
189
verallgemeinert als Fließgrenze Rp bezeichnet.
E-Modul – vgl. E-Modul von Al zu Stahl – durch entsprechende konstruktive Gestaltung – Flächenträgheitsmoment – kompensiert werden kann. Verschleißfestigkeit, insbesondere gegen Gleit- und Wälzbeanspruchung. Korrosionsfestigkeit: Wichtig sind hierbei Randschicht (Oberflächenhärte, Beschichtung), Bearbeitung (Rauheit), Schmierung. Wichtige Werkstoffkennwerte s. Abb. 5.1. Man beachte: – Die Werkstoffkennwerte, Zugfestigkeit Rm , Fließgrenze Rp , Dauerfestigkeit sD , Bruchdehnung A5 , Kerbschlagzähigkeit aK , wie sie in den DINTabellen angegeben sind, werden mit genormten Prüfverfahren an genormten Proben ermittelt. Die Tragfähigkeit der Bauteile kann nicht allein hieraus abgeleitet werden, sondern hängt auch von Bauteilgröße, -form und Beanspruchung ab (Kap. 3). Manche Kennwerte (z.B. A5 , aK) dienen nur zur vergleichenden Beurteilung der Werkstoffe, werden jedoch nicht für die Dimensionierung der Bauteile benutzt. – Mitunter genügt es, die kritischen Stellen eines Bauteils durch entsprechende Bearbeitung zu verfestigen oder zu härten oder gefährdete Teilbereiche durch Überzüge gegen Verschleiß oder Korrosion zu schützen. – Kombinationswerkstoffe sind eine Möglichkeit, Teileigenschaften eines Werkstoffs zu verbessern. Beispiel: Faserverbundwerkstoffe; durch die gerichteten Fasern erzielt man eine hohe Zugfestigkeit in einer Belastungsrichtung (Abschn. 5.6.3, 5.7). Die Belastungsrichtung muß nicht gleich der Richtung sein, in der die Möglichkeit für die maximale Beanspruchung, die durch die entsprechenden Faserverläufe gegeben wird, vorliegt. 5.2.2 Überlegungen zu den Kosten (Kostenfaktoren)
Neben den reinen Beschaffungskosten für die Rohteile sind eine Reihe anderer – vom Werkstoff abhängiger – Kostenfaktoren zu beachten. Verarbeitbarkeit: Zerspanbarkeit, Verformbarkeit. Ist Recycling des Werkstoffs möglich?
190
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Entsorgung: Zu erwartende Kosten, beispielsweise beachtlich bei Schwermetallen wie Cadmium. Stückzahl: Einzel- oder Serienfertigung, beeinflußt die Wahl des Herstellverfahrens und des dafür geeigneten Werkstoffs. Disponierbarkeit: Ab Lager abrufbar? Lagerhaltung sinnvoll? Lieferzeit berücksichtigen. Fertigungseinrichtungen und -kapazitäten verfügbar oder Verlagerung möglich? Man beachte: – Durch geeignete Herstellung (z.B. Gießen) kann man mitunter kostengünstige Werkstoffe verwenden. – Durch kraftflußgünstige Gestaltung (z.B. sanfte Querschnittsübergänge) kann man die Tragfähigkeit u.U. stärker erhöhen als durch Wahl eines höherwertigen und ggf. teuereren Werkstoffs. – Schädliche Nebenwirkungen beachten; Beispiel: Durch Verzinken kann man Bauteile gegen Korrosion schützen, Recycling wird jedoch verteuert, denn der Zinküberzug muß durch Verdampfen beseitigt werden. – Relativkosten einiger Werkstoffe des Maschinenbaus s. z.B. Abb. 5.10, 5.11, 5.13, 5.14. Den für verschiedene Methoden der Wärmebehandlung erforderlichen Aufwand (Ofenzeit) kann man nach Abschn. 21.9.1 [5.3-1] abschätzen. – Sortenvielfalt im Betrieb kann leicht zu Verwechslungen führen, lohnt oft auch nicht (kleine Liefermengen). Wenige Werkstoffe der höchsten erforderlichen Qualität bzw. Anforderungen (z.B. Festigkeit, Schweißbarkeit, usw.) sind u.U. wirtschaftlicher. 5.2.3 Sondererfahrungen, analytische Methoden
Immer wenn man von der bisherigen Praxis abweicht, sollte man Fachleute für Werkstoffe, Wärmebehandlung und Fertigung hinzuziehen und die Erfahrungen der Zulieferer einfordern. Wenn Unsicherheiten verbleiben, empfiehlt es sich, Versuche möglichst bei Betriebsbedingungen, evtl. gemeinsam mit dem Anwender, durchzuführen. Um die Auswahl des Werkstoffs zu erleichtern, wurden verschiedene analytische Methoden entwickelt. Mit ihrer Hilfe lassen sich die Eigenschaften (Funktion und Kosten) gewichten. Bewährt haben sich die Methode zur Berechnung des MWC-Werts (Mean Weighted Characteristics) [5.3-5] und die Methode des kostenbezogenen Gebrauchswertfaktors [5.3-6].
5.3 Eisenwerkstoffe Hierzu gehören Stähle und Gußeisenwerkstoffe. Stähle eignen sich für die Warm- oder Kaltumformung (Schmieden, Walzen, Tiefziehen); auch Stahlguß und Sinterstahl rechnet man zu den Stählen (hier Formgebung durch Urformen, d.h. Gießen bzw. Sintern). – Gußeisenwerkstoffe werden durch Urformen (Gießen) verarbeitet.
5.3 Eisenwerkstoffe
191
Abb. 5.2a, b. Zeit-Temperatur-Umwandlungs-(ZTU)-Schaubilder für C45E [5.3-4]. a kontinuierliches ZTU. Es entsteht mit Abkühlkurve 1: 10% Ferrit, 85% Perlit, 3% Zwischenstufe (Bainit), 2% Martensit, Härte: 318 HV; mit Abkühlkurve 2: 30% Ferrit, 70% Perlit, Härte: 228 HV), b isothermes ZTU. Es entsteht mit Abkühlkurve 1: 100% Perlit, Härte: 22 HRC; mit Abkühlkurve 2: 100% Zwischenstufe (Bainit), Härte 37 HRC)
5.3.1 Wärmebehandlung
Durch gezielte – zeitabhängige – Temperaturänderungen kann man geeignete Gefüge erzeugen, s. z.B. Abb. 5.2. Zu diesem Zweck werden die Bauteile z.T. auch zusätzlich thermochemisch und thermomechanisch (im Wechsel zwischen plastischen Verformungen, Abkühlen und Erwärmen) behandelt. Dadurch kann man die mechanischen und die Verarbeitungseigenschaften der Werkstoffe in weiten Grenzen beeinflussen. Man unterscheidet nach Abb. 5.3, 5.4:
192
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung Abb. 5.3. Zustandsschaubild Eisen-Kohlenstoff; Temperaturbereiche für die Wärmebehandlung von Stahl bei unterschiedlichem C-Gehalt
Abb. 5.4a–l. Härte- und Wärmebehandlungen des Stahls, Temperaturverlauf und Zeitbedarf
5.3.1.1 Glühen Erwärmen auf Glühtemperatur mit nachfolgender Abkühlung; um Veränderungen des Korngefüges oder der Eigenspannungen zu vermeiden nicht zu schnell.Verzundern und Entkohlen der Oberfläche kann z.B. durch Schutzgasatmosphäre im Ofen vermieden werden. – Linien im Zustandsschaubild Eisen-Kohlenstoff s.Abb. 5.3: GS, SK, SE, PK, GSK.
5.3 Eisenwerkstoffe
193
Normalglühen (Abb. 5.4 a): Normalerweise bei 20…40 °C über der Linie GS, bei Stählen mit mehr als 0,8% C über SK, wenn jedoch ein Carbidnetz aufgelöst werden soll, bei 20…40 °C über SE. Dabei erhält der Stahl wieder sein normales feines Gefüge. Anwendungen: Um Texturen zu beseitigen, z.B. aus Gießprozessen, bei Schweißnähten, aus Walz- und Schmiedeprozessen, wenn gleichmäßiges, feinkörnigeres Gefüge sowohl für die weitere Wärmebehandlung als auch für die mechanischen Werkstoffeigenschaften gewünscht wird. Weichglühen (Abb. 5.4b): Normalerweise wenig unterhalb der Linie PK, bei Stählen mit mehr als 0,8% C weichglühen durch mehrmaliges Überschreiten von SK (Pendelglühen). Bei genügend langen Haltezeiten wird der im Perlit lamellar ausgeschiedene Zementit in eine kugelige Form überführt. Anwendungen: Vor allem um die Verformbarkeit zu verbessern; ferner kann man damit zufällige Aufhärtungserscheinungen beseitigen, wie sie bei Werkzeugstählen bzw. in Vergütungs- oder Zwischenstufengefügen vorkommen. Grobkornglühen (Abb. 5.3) bei Temperaturen weit oberhalb der Linie GS. Das so entstandene grobe Gefüge wandelt sich bei langsamer Abkühlung in grobkörniges Ferrit-Perlit-Gefüge um. Anwendungen: Die Zerspanbarkeit weicher Stähle (C < 0,4%) wird deutlich verbessert, man erhält kurze Scherspäne. Rekristallisationsglühen (Abb. 5.3) bei 500…650 °C wird nach einer Kaltumformung angewendet. Man erzielt damit mechanische Eigenschaften, wie sie vor der Verformung vorlagen. Im Wechsel mit einem solchen Glühprozeß kann man ein Bauteil also beliebig oft umformen. Anwendungen: Bei kaltgewalzten Blechen und Bändern, kaltgezogenen Draht- und Tiefziehteilen. Spannungsarmglühen (Abb. 5.4c) bei 400…650 °C bei vergüteten Stählen unterhalb der Anlaßtemperatur und langsam Abkühlen (meist im Ofen) bewirkt Abbau innerer Spannungen ohne Festigkeitseinbußen. Anwendungen: Verminderung von Eigenspannungen des Werkstücks (die sich den Lastspannungen überlagern) infolge ungleichmäßiger Abkühlung (auch nach einem Normalglühen), Schmieden bei zu niedriger Temperatur, Kaltrichten sowie Kaltverformung aber auch durch Schweißen und Zerspanungsvorgänge. Diffusionsglühen: Langzeitiges Glühen (ca. 50 h) bei sehr hohen Temperaturen (1100…1300 °C) und nachfolgender beliebiger Abkühlung; beseitigt Seigerungszonen und Zeilenstruktur bei Walz- und Schmiedeblöcken und hoch legiertem Stahlguß und ist geeignet, Sulfideinlagerungen geschwefelter Automatenstähle zu verteilen. Das dabei entstehende Grobkorn muß u.U. durch Normalglühen verfeinert werden.
5.3.1.2 Abschreckhärten (Abb. 5.4d) Der Stahl wird etwa 20 … 50 °C über der GSK-Linie erwärmt (bei überhitzungsempfindlichen Stählen muß die Temperatur auf ± 5°C genau eingehalten werden!) und in diesem Zustand in Wasser-, Öl-, Salz- oder Luftbad abgeschreckt, d.h. schnell abgekühlt. Dadurch entsteht das sehr harte und feinadrige Martensitgefüge; mit der Abkühlgeschwindigkeit nehmen aber auch Härteverzug und Eigenspannungen zu. Diese Eigenspannungen entstehen durch Volumenvergrößerung um ca. 1% als Folge der Martensitbildung und als Schrumpfspannungen, weil der martensitische Randbereich des Werkstückes schneller abkühlt als der Kern; insbesondere an scharfen Kanten kann es dadurch zu Härterissen kommen. Die – für die Martensitbildung mindestens erforderliche – ,,kritische“ Abkühlgeschwindigkeit kann durch Legierungselemente vermindert werden. Daher sind bei
194
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Abb. 5.5. Einfluß der Anlaßtemperatur auf die Festigkeit und Zähigkeit von 42CrMo4, Rm Zugfestigkeit, Rp Fließgrenze, A5 Bruchdehnung, Z Brucheinschnürung (Abschn. 5.2.1) [3.3-2]
legierten Stählen größere Querschnitte durchhärtbar bzw. mildere Abschreckmittel verwendbar, z.B. Luft statt Öl oder Öl statt Wasser. Anwendungen: Z.B. Schneiden, Wälzlager, elastische Federn.
5.3.1.3 Anlassen und Vergüten (Abb. 5.4e, f) Das durch Abschreckhärten (Abb. 5.4d) entstandene Gefüge ist sehr spröde. Anlassen, d.h. Erwärmen auf eine Temperatur unterhalb der Linie PSK und Halten mit nachfolgendem Abkühlen schafft Abhilfe: Anlassen auf 100…200 °C mindert die Härtespannungen ohne nennenswerte Härteeinbuße. Anlassen auf 300 °C (bei Vergütungsstählen etwa 550…650 °C) bewirkt höhere Zähigkeit, allerdings nehmen Festigkeit und Härte ab (Abb. 5.5). Diesen Prozeß – Härten und Anlassen – nennt man Vergüten. Dies ist die normale Wärmebehandlung aller Vergütungsstähle (Abb. 5.4f). Als Besonderheit zeigen vor allem mit Mo, V, W legierte Stähle beim Anlassen auf 450…600 °C – neben der besseren Zähigkeit – auch eine deutliche Härte- und Festigkeitssteigerung. Anwendungen: Dies nutzt man bei entsprechend legierten Werkzeugstählen und warmfeste Stählen.
5.3.1.4 Zwischenstufenvergüten (Abb. 5.4h) Die auf die Härtetemperatur erwärmten Teile werden direkt in ein Warmbad (Salzoder Metallschmelze) gebracht und dort solange belassen, bis in Zwischenstufengefüge umgewandelt ist. Ein weiteres Anlassen entfällt. Abbildung 5.2b zeigt am Beispiel des Stahls C45E Beginn und Ende der Umwandlung nach rascher Abkühlung des Austenits auf eine bestimmte Temperatur bei anschließendem isothermem Halten. Anwendungen: Für Stahl fester Härtbarkeit bzw. für hochwertige Kleinteile, z.B. Federn, Drähte, Kleinmaschinenteile, auch kleine Gesenkschmiedeteile aus der Schmiedewärme heraus und kleine GJL-Zylinderbüchsen, Turbinenschaufeln, verwickelte und teure Werkzeuge aus Schnellarbeitsstahl. Herstellung von bainitischem Gußeisen (z.B. EN-GJS-1000-5).
5.3 Eisenwerkstoffe
195
5.3.1.5 Randschichthärten Für viele Werkstücke, für die eine harte und verschleißfeste Oberfläche bei zähem Kern benötigt wird, ist eine auf die Randschicht beschränkte Härtung ausreichend, Abb. 5.4, 5.6. Man unterscheidet: Flammhärten: Die Werkstückoberfläche wird mittels einer Gas-Sauerstoff-Flamme über Austenitisierungstemperatur erwärmt und anschließend mit Wasserbrause abgeschreckt, bevor die Temperatur im Werkstückinneren auf Härtetemperatur angestiegen ist. Dadurch tritt nur im austenitisierten Randbereich eine martensitische Härtung auf. Anwendungen: Wie bei Induktionshärten, jedoch mit größerer Einhärtetiefe. Induktionshärten: Das Bauteil wird in seiner Randschicht mittels einer Hochfrequenzspule durch induzierte Ströme erhitzt und nach Erreichen der Austenitisierungstemperatur mit einer Wasserbrause oder in einem Bad abgeschreckt. Mit zunehmender Frequenz wird die Tiefe der erwärmten Randschicht geringer (Skin-Effekt), so daß Einhärtetiefen von nur wenigen Zehntel-Millimetern zu erreichen sind. Anwendungen: Zahnräder, Gleitflächen, Wellen, Lagerzapfen, Bolzen, usw. aus Vergütungsstählen mit 0,35…0,55% C. Laseroberflächenhärten: Kurzzeithärteverfahren mit kontinuierlich strahlendem CO2-Laser mit Selbstabschreckung durch Umgebungsluft. Anwendungen: Insbesondere für dünne Randschichten und gezielte Härtung bestimmter Funktionsflächen; Stähle wie beim Induktionshärten und Werkzeugstähle. Ähnlich dem Einsatzhärten wird nach dem Randschichthärten angelassen.
5.3.1.6 Einsatzhärten (Abb. 5.4k) Durch Aufkohlen wird die Randschicht des Werkstücks aus C-armem Stahl (0,1…0,25% C) durch Glühen bei 850…950 °C (oberhalb der GOS-Linie) in kohlenstoffabgebenden Mitteln mit Kohlenstoff angereichert: nach Art des Aufkoh-
Abb. 5.6. Härteverlauf in der Randschicht eines Stahlbolzens je nach Härteverfahren (Eht550 = Einsatzhärtungstiefe für 550 HV)
196
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
lungsmittels unterscheidet man Pulver-, Gas-, Salzbad- oder Pastenaufkohlung. Der C-Gehalt der Randschicht soll nach dem Aufkohlen nicht höher als 0,8…0,9% sein. Damit erhält man eine Randschicht, die härtbar, aber nicht zu spröde ist und einen zähen Kernwerkstoff. Teilbereiche, die nicht gehärtet werden sollen, kann man durch Pasten o.ä. abdecken oder verkupfern und so gegen Aufkohlen schützen; oder man beseitigt die aufgekohlte Schicht vor dem Härten durch spanende Bearbeitung. Man unterscheidet: Härten aus dem Einsatz (Direkthärten): Aufgrund der einmaligen – auf den C-Gehalt des Randes abgestimmten – Härtetemperatur (Aufkohlungstemperatur) ist das Kerngefüge nicht optimal (daher bevorzugt man Feinkornstähle), der Verzug ist relativ gering. Anwendungen: Kostengünstiges Verfahren für Massenteile untergeordneter Funktion, Stähle mit geringer Neigung zum Kornwachstum (Feinkornstähle), auch für Automatenstähle, Tiefziehbleche und Stahlguß. Einfachhärten: Das Werkstück wird nach dem Aufkohlen und Abkühlen auf die – dem C-Gehalt des Rands abgestimmte – Härtetemperatur erwärmt. Das Kerngefüge ist nicht optimal, durch das zweimalige Erwärmen und Abkühlen vergrößert sich der Verzug. Mit höher legierten Stählen erreicht man ausgewogene Festigkeit und Zähigkeit. Doppelhärten: Folge von zwei Prozessen; zunächst Kernhärten mit einer auf den CGehalt des Kerns abgestimmten Härtetemperatur (ergibt optimales Kerngefüge), danach Randhärten (ergibt optimales Randgefüge, s. Einfachhärten). Anwendungen: Aufwendiges Verfahren für Bauteile hoher (Kern-)Festigkeit und Zähigkeit, sowie verschleißfester Oberflächen, z.B. Hochleistungszahnräder. Wegen der Gefahr des höheren Verzugs ist Abschrecken im Warmbad zweckmäßig, evtl. Nacharbeit durch Schleifen erforderlich. Carbonitrieren eignet sich für leicht legierte Vergütungsstähle mit C-Gehalten von 0,25…0,35%. Die Randschicht wird beim Erwärmen auf 800…830°C gleichzeitig mit Kohlenstoff und Stickstoff angereichert und dann abgeschreckt. Wegen dünner Härteschicht (max. 0,6 mm) ist hohe Kernhärte erforderlich. Anwendungen: Bauteile mit verschleißfester Oberfläche bei relativ geringem Verzug, z.B. PKW-Zahnräder. Man beachte: Nach dem Härten müssen die Werkstücke mindestens 1 h angelassen werden (Entspannen), für unlegierte Stähle bei 150 …180 °C, für legierte bei 170 …210 °C. Damit werden Eigenspannungen und damit die Rißgefahr gemindert.
5.3.1.7 Nitrieren (Abb. 5.4 l) Durch Stickstoffanreicherung in der Randschicht wird eine hochharte verschleißfeste, aber dünne Randschicht (meist < 0,7 mm) erzeugt, ohne daß abgeschreckt wird. Auch durch das Anlassen wird die Härte kaum gemindert. Gegenüber der Einsatzhärtung ist eine höhere Oberflächenhärte und Verschleißfestigkeit erreichbar, die Korrosionsbeständigkeit ist besser, der Härteverzug wegen der niedrigen Temperaturen und der langsamen Abkühlung wesentlich geringer, so daß Nacharbeit oft nicht erforderlich ist.
5.3 Eisenwerkstoffe
197
Man unterscheidet: Gasnitrieren (im Ammoniakgasstrom bei 500…550 °C) erfordert Nitrierzeiten bis 100 h (auch mehr), Bild 21.9/2 [5.3-1], Legierungselemente wie Cr, Mo, Al, Ti und V führen zu besonders harten, aber auch spröden Randschichten. Plasmanitrieren bei 450 …550 °C, Ionisierung des Stickstoffs durch Glimmentladung in einer Vakuumkammer ermöglicht kürzere Nitrierzeiten. Aufwendiges Verfahren für kleine Bauteile. Erfordert sorgfältige Erprobung. Salzbadnitrieren (Cyansalzbäder) bei 520 …580 °C bewirkt auch eine Aufkohlung der Randschicht bei ebenfalls kurzer Prozedur; ein Verfahren, das wegen der geringen Verzüge bei hoher Oberflächenhärte für Meßwerkzeuge angewendet wird. Nitrocarburieren bei 570…590 °C ist ein sehr verzugsarmes Kurzzeit – Bad- oder Gasnitrieren. Dabei entsteht an der Oberfläche eine harte, aber relativ zähe, stoßund verschleißfeste Schicht von 15…60 µm Dicke. Geeignete Werkstoffe und weitere Anwendungen s. Abschn. 5.3.2.6.
5.3.2 Stahl
Als Stahl wird Eisenwerkstoff mit maximal 2% C bezeichnet. Jeder Stahl ist heute Flußstahl (im Gegensatz zu Puddel- oder Schweißstahl), wird also im flüssigem Zustand aus Roheisen (3…5% C, < 1% Si, 1…6% Mn, < 0,1% P, < 0,04% S) gewonnen; durch Oxydation wird der Anteil unerwünschter Beimengungen verkleinert: Bessemer-, Thomas-, Siemens-Martin-, Elektrostahl- oder Sauerstoffblas-Verfahren [5.3-2]. – Die wichtigsten Kennwerte sind für eine Auswahl von Stählen in den nachfolgenden Abbildungen zusammengestellt. Weitere Informationen sind den betreffenden DINBlättern zu entnehmen. – Bezeichnung der Stähle s. Abb. 5.7. 5.3.2.1 Einflußgrößen für die Stahleigenschaften
Durch verschiedene thermische, thermochemische und mechanische Prozesse kann man ein Gefüge mit gewünschter mechanischer Werkstoffeigenschaft und/oder Verarbeitbarkeit (Zerspanbarkeit, Verformbarkeit) erzeugen. Korngröße: Die Fließgrenze ist etwa umgekehrt proportional dem Korndurchmesser. Feinkornbaustähle weisen ferner höhere Zähigkeit, geringere Sprödbruchneigung auf. – Grobkörniges Gefüge erleichtert die spanende Bearbeitung weicher Stähle. Feines Korn erreicht man durch geeignete Legierungszusätze (z.B. Al), Wärmebehandlung (z.B. Anlassen nach dem Härten), Warmumformung und spezielle Gießverfahren. Durch Kaltverformung erzielt man bei vielen Stählen eine höhere Fließgrenze und Bruchfestigkeit bei abnehmender Bruchdehnung (Kaltverfestigung). Legierungszusätze haben den stärksten Einfluß auf die mechanischen Eigenschaften, auf das Ergebnis der Wärmebehandlung (Härtbarkeit, Durchvergütbarkeit) und die Verarbeitbarkeit.
Art
chemischer Zusammensetzung
unlegierte Stähle mit einem mittleren Mangangehalt > 1%, unlegierte Automatenstähle sowie legierte Stähle (außer Schnellarbeitsstähle) mit Gehalten der einzelnen Legierungselemente unter 5 Gewichtsprozent
unlegierte Stähle (ausgenommen Automatenstähle) mit einem mittleren Mangangehalt < 1 %
Verwendung und Stahlgruppe mechanischen oder physikalischen Eigenschaften der Stähle
Benennung nach
G
1
Mindestzugfestigkeit in N/mm2 Mindeststreckgrenze in N/mm2 (T) 2) C D X H
Y R H
D
T
C
charakteristische Streckgrenze in N/mm2
B
Hundertfache des Mittelwerts des für den Kohlenstoffgehalt vorgeschriebenen Bereichs
Hundertfache des Mittelwerts des für den Kohlenstoffgehalt vorgeschriebenen Bereichs
Nennstreckgrenze in N/mm2 3)
Mindeststreckgrenzwert in N/mm2 für die kleinste Erzeugnisdicke
31)
S P L E
2
chemische Symbole der für den Stahl kennzeichnenden Legierungselemente geordnet nach abnehmenden Gehalten der Elemente. Bei gleichen Gehalten sind die chem. Symbole in alphabetischer Reihenfolge anzugeben.
Mittelwert des vorgeschriebenen Härtebereichs in HR 30 Tm
zwei weitere Kennbuchstaben oder Zahlen
(Mindestzugfestigkeit in N/mm2) 2)
4
Zahlen durch Bindestriche voneinander getrennt in der Reihenfolge der Legierungselemente. Multipliziert mit den in der Elemente-Tabelle 5) aufgeführen Faktoren ergeben sie die mittleren Gehalte.4)
5
198 5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
HS
X
Zahlen, durch Bindestriche getrennt, die in folgender Reihenfolge die Gehalte der Elemente Wolfram (W), Molybdän (Mo), Vanadin (V), Kobalt (Co) angeben.4)
Hundertfache des Mittelwerts des für den Kohlenstoffgehalt vorgeschriebenen Bereichs
5)
Element Cr, Co, Mn, Ni, Si, W Al, Be, Cu, Mo, Nb, Pb, Ta, Ti, V, Zr Ce, N, P, S B
chemische Symbole der für den Stahl kennzeichnenden Legierungselemente geordnet nach abnehmenden Gehalten. Bei gleichen Gehalten sind die chem. Symbole in alphabetischer Reihenfolge anzugeben.
Faktor 4 10 100 1000
Zahlen durch Bindestriche voneinander getrennt in der Reihenfolge der Legierungselemente. Geben mittleren Gehalt des jeweiligen Legierungselementes an.4)
Abb. 5.7. Zusatzangaben zur Werkstoffbezeichnung
Spalte 3: C für kaltgewalzte Flacherzeugnisse; D für zur unmittelbaren Kaltumformung bestimmte warmgewalzte Flacherzeugnisse; X für Flacherzeugnisse, deren Walzart (kalt oder warm) nicht vorgegeben ist; H für einfach reduzierte Erzeugnisse.
Spalte 2: S = Stähle für den allgemeinen Stahlbau; P = Stähle für den Druckbehälterbau; L = Stähle für den Rohrleitungsbau; E = Maschinenbaustähle B = Betonstähle; Y = Spannstähle; R = Stähle für oder in Form von Schienen; H = Kaltgewalzte Flacherzeugnisse in höherfesten Ziehgüten; D = Flacherzeugnisse aus weichen Stählen zum Kaltumformen; T = Feinst- und Weißblech und -band sowie spezialverchromtes Blech und Band (Verpackungsblech und -band); C = Symbol für Kohlenstoff; X = Symbol für hochlegierte Stähle (s. Spalte „Art“); HS = Symbol für Schnellarbeitsstähle.
Spalte 1: G für Gußstücke
2)
Anzugeben sind beschriebene Zahlenwerte ohne Einheiten, bzw. Buchstabensymbole Falls nur Zugfestigkeit festgelegt ist, wird Kennbuchstabe T gefolgt von der Mindestzugfestigkeit angegeben 3) bei doppelt reduzierten Erzeugnissen 4) auf jeweils nächste ganze Zahl gerundet
1)
Schnellarbeitsstähle
legierte Stähle (außer Schnellarbeitsstähle), wenn mindestens für ein Legierungselement der Gehalt ≥ 5 Gewichtsprozent beträgt
5.3 Eisenwerkstoffe
199
200
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Abb. 5.8. Einfluß des C-Gehalts auf Brinellhärte HB von Stahl geglüht bis gehärtet, Zugfestigkeit Rm , Fließgrenze Rp und Bruchdehnung A [5.3-10]
Kohlenstoff (C) zählt nicht zu den eigentlichen Legierungselementen, ist jedoch für die Stahleigenschaften von ausschlaggebender Bedeutung. Mit steigendem Kohlenstoffgehalt nehmen Härte, Zugfestigkeit, Fließgrenze (Abb. 5.8) zu, aber auch die Kerbempfindlichkeit; Bruchdehnung, Kerbschlagzähigkeit, Brucheinschnürung, Schmied-, Schweiß- und Zerspanbarkeit sowie elektrische- und Wärmeleitfähigkeit nehmen ab. Die mit größerem C-Gehalt (größerer Härte) verbundene Sprödigkeit kann durch geeignete Legierungszusätze und Wärmebehandlung verbessert werden. Aluminium (Al) gilt als stärkstes Desoxidations- und Denitrierungsmittel (entfernt Stickstoff aus der Schmelze). In geringen Mengen bewirkt Al eine Kornverfeinerung. Gemeinsam mit Cr bildet Al in Stickstoffatmosphäre, d.h. beim Nitrierhärten, an der Oberfläche harte Sondernitride. Gemeinsam mit Cr und Si erzielt man hohe Zunder- und Feuerbeständigkeit. Höhere Al-Zusätze verstärken die Grobkornbildung und führen zur Sprödigkeit des Stahls. Blei (Pb) bewirkt bei suspensionsartiger Verteilung kurze Späne und saubere Schnittflächen beim Zerspanen (Automatenstähle). Bor (B) verbessert bereits bei Mengenanteilen in tausendstel Prozent die Durchvergütbarkeit, ermöglicht damit eine höhere Kernfestigkeit einsatzgehärteter Bauteile. Chrom (Cr) erhöht die Festigkeit (ca. 80…100 N/mm2 je 1% Cr) und mindert die Dehnung nur geringfügig, verbessert Warmfestigkeit, Zunderbeständigkeit und Durchhärtbarkeit. Die Verbindungen von Cr mit C sind sehr hart. Daher wichtig für Werkzeug- und Wälzlagerstähle.Ab Cr > 12% sind die Stähle rostbeständig,Abschn. 3.5.2.9. Kobalt (Co) löst sich in der Grundmasse des Stahls und erhöht so Festigkeit, Härte, Verschleißfestigkeit und Schneidhaltigkeit; mindert ferner das Kornwachstum bei höheren Temperaturen und verbessert somit die Warmfestigkeit. Wichtiges Legierungselement für Schnellarbeitsstähle, Warmarbeitsstähle, warmfeste und hochwarmfeste Werkstoffe.
5.3 Eisenwerkstoffe
201
Kupfer (Cu) erhöht die Festigkeit des Stahls, mindert jedoch die Bruchdehnung. Bei niedrigen Gehalten (0,2…0,5%) verbessert es den Rostwiderstand unter atmosphärischem Einfluß. Mangan (Mn) erhöht die Festigkeit, mindert jedoch die Bruchdehnung nur geringfügig und verbessert die Schmied- und Schweißbarkeit. In Verbindung mit Kohlenstoff bewirkt Mn eine Verbesserung des Verschleißwiderstands. Bei Einsatzstählen führt Mn zu größerer Einsatzhärtungstiefe (aber auch zu Restaustenitanteil beim Härten) und verbessert die Durchvergütbarkeit. Molybdän (Mo) bildet mit C Karbide. Dies führt zu höherer Zugfestigkeit, Streckgrenze, Warm- und Zeitstandsfestigkeit sowie besserer Schneidhaltigkeit und Verschleißfestigkeit. Mo ist daher wichtig für Schnell- und Warmarbeitsstähle, austenitische Stähle, Einsatz- und Vergütungsstähle sowie warmfeste Stähle. Beim Einsatzhärten wirkt Mo einer Überkohlung entgegen und verbessert die Randhärtbarkeit. Nickel (Ni) steigert die Festigkeit bei nur geringer Einbuße an Zähigkeit, bewirkt größere Einsatzhärtungstiefe und Durchhärtung, verfeinert das Austenitkorn und verbessert die Kerbschlagzähigkeit insbesondere bei tiefen Temperaturen. Schwefel (S) macht den Stahl spröde und rotbrüchig. In Automatenstählen wird S bis zu 0,3% zugesetzt, um die Zerspanbarkeit durch kurzbrechende Späne zu verbessern. Silizium (Si) erhöht die Zunderbeständigkeit sowie Zugfestigkeit und Streckgrenze und mindert die Zähigkeit nur geringfügig. Titan (Ti), Tantal (Ta) und Niob (Nb) sind starke Karbidbildner. Man verwendet sie für austenitische Stähle, weil sie interkristalliner Korrosion an den Korngrenzen entgegenwirken. Vanadium (V) bildet Sonderkarbide, erhöht Zugfestigkeit und Streckgrenze, verbessert die Warmfestigkeit, macht den Stahl weniger überhitzungsempfindlich und verbessert die Schneidhaltigkeit, wichtig für Schnellarbeitsstähle. Wolfram (W) bildet Karbide, steigert Festigkeit, Härte und Schneidhaltigkeit und erzeugt hohe Warmhärte; wichtig für Schnell- und Warmarbeitsstähle.
Man beachte: der E-Modul hängt nur wenig von den Legierungszusätzen ab, jedoch deutlich von der Temperatur, Abb. 5.9.
Abb. 5.9. Einfluß der Temperatur auf den Elastizitätsmodul von Aluminium und Stahl [3.3-3]
202
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
5.3.2.2 Baustähle
Man unterscheidet nach Legierung, Wärmebehandlung, Eigenschaften und Anwendung folgende Gruppen: Allgemeine Baustähle nach DIN EN 10025 (Abb. 5.10) sind – auch im Maschinenbau oft verwendete – unlegierte und niedrig legierte Stähle mit 0,15…0,5% C, bis 0,07% P, bis 0,05% S und bis 0,007% N, wenn keine besondere Wärmebehandlung erforderlich ist. Sie werden als Halbzeug gut durchgeschmiedet (Blöcke, Platinen, Knüppel) oder gut durchgewalzt (Rund-, Quadrat-, Sechskant- und Flachquerschnitt) geliefert. Je geringer ihr C-Gehalt ist, desto leichter zerspanbar, zäher mit geringerer Festigkeit und weniger kerbempfindlich sind sie und umgekehrt. Baustähle für bestimmte Erzeugnisformen: Weiche, unlegierte Baustähle für warm- und kaltgewalztes Band und Blech nach DIN 1614, 1624, DIN EN 10130, geeignet für unmittelbare Kaltverformung, Oberflächenveredlung und geschweißte Rohre ohne Festigkeitsvorschriften. Wetterfeste Baustähle nach SEW 087 [5.1-50]: WT St 37-2, WT St 37-3, WT ST 52-3. Durch Zugabe von 0,65% Cr, 0,4% Cu, 0,4% N und erhöhten Phosphorgehalt erzielt man hierbei festhaftende Rostschichten, die das Fortschreiten des Rostes verhindern. Feinkornbaustähle sind niedrig legierte, hochfeste, schweißbare Stähle mit C-Gehalten 0,22%. Eine hohe Fließgrenze Rp erreicht man durch Normalglühen; zur Verringerung der Korngröße werden Al, Mn, Nb, Ni, Cu und/oder V zulegiert. – Beispiele nach DIN EN 10113-1: S355N mit ReH = 355 N/mm2, S460M mit ReH = 460 N/mm2. Anwendungen: Schweißverbindungen, Kap. 7. Wasservergütete Baustähle enthalten kleine Mengen von CrMo; CrMoZr oder NiCrMoB mit C-Anteilen 2%, P 0,025% und S 2%. Sie wurden entwickelt, um eine noch höhere statische Festigkeit bei ausreichender Zähigkeit zu erreichen; Bleche lassen sich rißfrei biegen und pressen. Beispiele nach DIN EN 10137-2: StE 690 V mit ReH = 690 N/mm2, StE 960 V mit ReH = 960 N/mm2. – Anwendungen: Fahrzeug-, Kran- und Brückenbau. – Hinweise s. [5.3-13], [5.3-14]. 5.3.2.3 Vergütungsstähle
Dies sind Stähle, die sich wegen ihrer Zusammensetzung – insbesondere wegen ihres definierten Kohlenstoffgehalts – für die Wärmebehandlung eignen; s. hierzu Abschn. 5.3.1.3. Man unterscheidet unlegierte Qualitätsstähle und unlegierte oder legierte Edelstähle, die gegenüber Qualitätsstählen verschärften Anforderungen genügen müssen, und zwar: – – – – –
Mindestwerte der Kerbschlagzähigkeit, Grenzwerte der Härtbarkeit (erreichbare Zugfestigkeit), Grenzwerte für oxidische Einschlüsse, niedrige Grenzwerte für Schwefel (normal 0,035%), gleichmäßiges Ansprechen auf die Wärmebehandlung.
1.0035
1.0037 1.0036 1.0038 1.0116
1.0044 1.0144
1.0570
1.0050
1.0060
1.0070
S185
S235JR S235JRG1 S235JRG2 S235J2G3
S275JR S275J2G3
S355J2G3
E295
E335
E360
St 70-2
St 60-2
St 50-2
St 52-3 N
St 44-2 St 44-3 N
St 37-2 USt 37-2 RSt 37-2 St 37-3 N
St 33
Alte Bezeichnung (DIN 17100)
Abb. 5.10. Baustähle nach DIN EN 10025
Werkstoffnummer
Werkstoffkennzeichen
0,5
0,4
0,3
0,23
0,24 0,21
0,25 0,25 0,19 0,19
–
max.
C-Gehalt [%]
690
590
490
510
430
360
310
MindestZugfestigkeit Rm,N [N /mm 2]
360
335
295
355
275
235
185
MindestStreckgrenze Re,N [N /mm 2]
330
280
240
270
215
180
160
BiegeWechselfestigkeit σW, b,N [N /mm 2]
11
16
20
22
22
26
18
längs
10
14
18
20
20
24
16
quer
Bruchdehnung A5 [%]
1,30
1,25
1,20
1,30
1,15
1,1
1,0
Kostenfaktor KV
für hoch beanspruchte, ungehärtete Teile, Nocken, härtund vergütbar (ungezielt)
für hoch beanspruchte Teile, Paßfedern, Paßstifte, härt- und vergütbar (ungezielt)
für höher beanspruchte Wellen, gut zerspanbar, wenig härtbar
Stahlbaukonstruktionen, gut schweißbar
Preß- und Gesenkstücke, schweißbar
üblicher Schmiedestahl im Maschinenbau, Bleche für Behälter, gut schweißbar
für Teile ohne besondere Anforderungen
Anwendungen
5.3 Eisenwerkstoffe
203
204
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Werkstoffkennwerte von Vergütungsstählen und Anwendungsbeispiele s. Abb. 5.11. – Zu beachten ist, daß man bei größeren Bauteilquerschnitten höhere Legierungsanteile benötigt, um – trotz der langsameren Abkühlgeschwindigkeit im Kern – hohe Härte und Festigkeit bei ausreichender Zähigkeit zu erreichen. Für verschiedene Anwendungen verwendet man anstelle der Vergütungsstähle die kostengünstigeren AFP (mikrolegierten) Stähle, Abschn. 5.3.2.10. 5.3.2.4 Stähle für das Randschicht-(Flamm-, Induktions- und Laser-)härten
Dies sind Vergütungsstähle ähnlich denen nach Abb. 5.11. Um eine harte, verschleißfeste Oberfläche und einen zähen Kern gezielt zu erreichen, sind die Grenzen für den Kohlenstoffgehalt eingeengt (0,35…0,55% C) und der zulässige Phosphorgehalt niedriger angesetzt worden. – Wärmebehandlung und Anwendungen s. Abschn. 5.3.1.5. 5.3.2.5 Nitrierstähle
Dies sind Vergütungsstähle, die sich wegen der Anteile an Nitridbildnern Al, V und auch Cr besonders für das Nitrieren eignen. Nitrierverfahren s. Abschn. 5.3.1.7. Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.12. Besonderheiten der Anwendung für Zahnräder s. Kap. 21 [5.3-1]. 5.3.2.6 Einsatzstähle
Geforderte Eigenschaften und Härteverfahren sowie deren Anwendung s. Abschn. 5.3.1.6. Stähle mit Mo-Cr-Zusätzen eignen sich für die Direkthärtung. Zusätze von Mn, Cr, Mo, Ni ermöglichen hohe Kernfestigkeit bei größeren Querschnitten und verbessern die Randhärtbarkeit. Einsatzstähle werden – wie Vergütungsstähle – als Qualitäts- und Edelstähle erschmolzen. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.13. 5.3.2.7 Automatenstähle (DIN 1651)
Dies sind Stähle, die besonders gut zerspanbar sind, daher hohe Schnittgeschwindigkeiten gestatten, trotzdem erzielt man dabei glatte Oberflächen ohne Schlichten. Die günstigen Zerspanungseigenschaften werden hauptsächlich durch einen erhöhten Schwefelgehalt (0,15…0,30%) und z.T. durch Bleizusatz (0,15…0,30%) erreicht. Automatenstähle sind quasi absichtlich verunreinigte Stähle, was geringere Zähigkeit und höhere Rißempfindlichkeit mit sich bringt. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.14.
630 700 800 850
800
800 900 900 950 1000 900 1000 1100 1100 1100 1200 1250 1100
C35R C35E
C45R C45E
C55R C55E
C60R C60E
28 Mn 6
38 Cr 2 46 Cr 2 34 Cr 4 37 Cr 4 41 Cr 4
25 CrMo 4 34 CrMo 4 42 CrMo 4 50 CrMo 4
36 CrNMo 4 34 CrNiMo 6 30 CrNiMo 8
51 CrV 4
900
900 1000 1050
700 800 900 900
550 650 700 750 800
590
580
550
490
430
340
Mindest-Streckgrenze Re,N [N/mm2]
Abb. 5.11. Vergütungsstähle nach DIN EN 10083
500
Mindest-Zugfestigkeit Rm,N [N/mm2]
C22R C22E
Werkstoffkurzzeichen
560
530 580 600
440 490 530 570
390 450 490 490 490
390
410
390
370
320
270
BiegeWechselfestigkeit s W, b,N [N/mm2]
9
10 9 9
12 11 10 9
14 12 12 11 11
13
11
12
14
17
20
Bruchdehnung A5 [%]
1,33
1,53 1,53 1,8
1,33
1,25
1,18
1,0 1,14
1,0 1,14
1,0 1,14
1,0 1,14
1,0 1,14
Kostenfaktor KV
hochbeanspruchte Teile besonders hoher Festigkeit
höher durchvergütbar als Cr-Mo-Stahl
hochbeanspruchte Teile hoher Zähigkeit, wie z. B. Zahnräder. Bis – 50 °C einsetzbar
höher durchvergütbar als Mn-Stähle
höhere Kernfestigkeit als C45
Wellen, Achsen, Naben, Bolzen Spindeln, Kipphebel
Anwendungen
5.3 Eisenwerkstoffe
205
206
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Werkstoffkurzzeichen
31CrMo12 31CrMoV9 15CrMoV5 9 34CrAlMo5 34CrAlNi7
Werkstoffnummer
1.8515 1.8519 1.8521 1.8507 1.8550
Mechanische Eigenschaften nach dem Vergüten für d 100 mm MindestZugfestigkeit Rm,N [N/mm 2]
Mindest- 0,2% Dehngrenze Rp 0,2,N [N/mm 2]
Bruchdehnung A [%]
1000 1000 900 800 850
800 800 750 600 650
11 11 10 14 12
Randschichthärte nach Nitrieren oder Nitrocarburieren HV1 ≈
Anwendungen
800 800 800 950 950
Zahnräder, Kolben, Schieber für Hydraulik, Ventilspindeln
Abb. 5.12. Nitrierstähle nach DIN 17211
5.3.2.8 Nichtrostende Stähle
Diese Stähle haben einen Cr-Gehalt 12%. Durch Zulegieren von Ni werden Festigkeit und Säurebeständigkeit verbessert. Höchste Rostbeständigkeit bieten spezielle Ni-Legierungen, wie ,,Monel“-Metall (NiCu30Fe) mit 63% Ni; es ist bis 500 °C gegen Dampf, Säuren und Alkalien beständig und zudem gut warm- und kaltverformbar. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.15. – Weitere Normen über Stähle für den Maschinenbau: SEW 400 [5.1-50], DIN 17445; Stahlguß: DIN 1694, SEW 410 [5.1-50]. 5.3.2.9 Federstähle
Für Drahtfedern verwendet man patentiert gezogene Federdrähte mit hoher Elastizitätsgrenze. Höchste Dauerfestigkeit erzielt man durch Verwendung von gezogenen und schlußvergüteten Federdrähten. Jedoch ist bei ihnen die stärkere Setzneigung (plastische Verformung) zu beachten. Für dünne Blattfedern wird auch unlegierter Stahl, für dickere legierter Stahl verwendet. Für alle Federstähle ist der E-Modul (und Gleitmodul) fast gleich, während die Elastizitätsgrenze (Setzneigung) und die Dauerfestigkeit von der Stahlzusammensetzung, Wärmebehandlung und Oberfläche (Risse und Randentkohlung) abhängen. Nach der Formgebung kann zur Verminderung der Setzneigung auf etwa 250 °C angelassen werden. Die Dauerfestigkeit kann durch Abschleifen oder Verdichten (Drücken) der Oberfläche erhöht werden. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.16. 5.3.2.10 Sonstige Stähle
AFP-(mikro-)legierte Stähle, auch schmiedeperlitische oder ferritischperlitische Stähle genannt, sind Schmiedestähle mit niedrigem Kohlenstoffgehalt, mikrolegiert mit V, Ti oder/und Niob; Schwefelzusatz für bessere Zerspanbarkeit. Gegenüber den Vergütungsstählen entfällt das Här-
1.0401
1.1121
1.1141
1.7016
1.7131
1.5919
1.6587
1.7323
C15
Ck10
Ck15
17Cr3
16MnCr5
15CrNi6
17CrNiMo6
20MoCrS4
Abb. 5.13. Einsatzstähle nach DIN EN 10084
1100
1150
1000
900
1050
750
650
750
785
835
685
635
510
440
390
440
390
1.0301
C10
650
Werkstoff- Mindest-Zugfestigkeit Mindest-Streckgrenze Re,N [N/mm2] nummer Rm,N [N/mm2]
Werkstoffkurzzeichen
500
520
450
430
475
300
260
300
260
BiegeWechselfestigkeit s W, b,N [N/mm2]
7
7
8
9
10
12
13
12
13
–
–
213
203
183
140
131
140
131
Bruchdehnung Maximale Härte A5 [%] HBmax im geglühten Zustand
1,40
1,50
1,50
1,27
1,24
1,14
1,14
1,0
1,0
Kostenfaktor KV
Direkthärtung möglich
Bei mittleren und hohen Einsatzhärtetiefen; Wellen, Zahnräder
Für große Abmessungen mit höchster Kernfestigkeit, z. B. große Zahnräder, Tellerräder
Für Teile mit hoher Kernfestigkeit bei günstiger Zähigkeit, z. B. Zahnräder
Für Teile kleinerer Abmessungen, die besonders hohen Verschleißwiderstand erfordern
Für Kleinteile im Büromaschinenund Gerätebau, mit geringer Kernfestigkeit und vorrangiger Beanspruchung auf Verschleiß, wie z. B. Hebel, Zapfen, Mitnehmer, Gelenke, Bolzen, Buchsen, Dorne, Stanzteile, Stifte
Anwendungen
5.3 Eisenwerkstoffe
207
1.0737
1.0710
1.0722
1.0756
1.0757
1.0758
9SMnPb36
15S10
10SPb20
35SPb20
45SPb20
60SPb20
10 16
10 16
10 16
10 16
10 16
10 16
10 16
16 269 40 261
16 229 40 223
16 197 40 192
16 159 40 149
16 176 40 166
16 174 40 163
16 170 40 159
670…880 540 660…870 430
590…760 470 590…760 375
490…660 400 490…660 315
360…530 390 360…530 355
410…600 400 400…560 360
390…580 430 380…550 390
6 7
7 8
8 9
7 8
7 8
7 8
Bruchdehnung A5 [%]
780…1030 6 740…930 7
690…930 640…830
590…830 540…740
490…740 460…710
500…780 450…720
540…780 490…740
510…760 460…710
[N/mm2]
Zugfestigkeit
Kaltgezogen und unbehandelt
380…570 410 380…570 375
Abb. 5.14. Automatenstähle nach DIN 1651
1.0718
9SMnPb28
Warmgeformt oder geschält und unbehandelt
Ausführung und Wärmebehandlungszustand
Brinell- Zugfestig- Mindesthärte keit StreckHB grenze über bis max. [N/mm2] [N/mm2]
Werkstoff- WerkDicke kurzzeichen stoffin mm nummer
850 850
750 750
680 680
550 550
580 580
550 550
550 550
MaximalZugfestigkeit [N/mm2]
Kaltgezogen und spannungsarmgeglüht
570 490
480 410
420 365
– –
– –
– –
– –
MindestStreckgrenze [N/mm2]
830…980 780…930
700…840 660…800
620…760 580…730
– –
– –
– –
– –
[N/mm2]
Zugfestigkeit
8 10
11 13
14 16
– –
–
– –
– –
Mindestbruchdehnung A5 [%]
Geschält und vergütet oder kaltgezogen und vergütet
1,3
1,2
1,2
–
1,15
KV
Kostenfaktor
Teile, bei denen die Anforderungen in Querrichtung nicht so hoch sind, wie bei den Kohlenstoffstählen
für Massendrehteile, die einsatzgehärtet werden sollen, besonders für dünnwandige Teile
Massendrehteile, die über den gesamten Querschnitt bearbeitet werden sollen, geeignet für dünnwandige Teile und geringe Kaltumformung, z. B. Zündkerzen
Anwendungen
208 5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
5.3 Eisenwerkstoffe Werkstoffkurzzeichen
Werkstoff- Mechanische Eigenschaften nummer MindestMindestZugfestigkeit 0,2 % – Rm,N Dehngrenze [N/mm 2] Rp0,2,N [N/mm 2]
209
Anwendungen Bruchdehnung A5 [%]
X10Cr13 X20Cr13
1.4006 1.4021
600 650
450 450
18 18
Dampfturbinen, Pumpen, Haushaltsgeräte, beständig geg. Dampf, Wasser, org. Säuren
X46Cr13
1.4034
650
–
–
Messer, Feder, Formen
X6Cr17
1.4016
450
270
20
nicht härt- und vergütbar
X6CrTi17
1.4510
450
270
20
auch an Schweißstellen korrosionsbeständig
X10CrNiS18 9 X5CrNiMo17 12 2 X6CrNiMoNb17 12 2
1.4305 1.4401 1.4580
490 500 490
195 205 215
50 45 40
härtbar (V2A-Stahl), schwer zerspanbar, unmagnetisch, säurebeständig
NiCr15Fe
590
–
–
(> 72 % Ni, 15,5 % Cr) beständig gegen starke Säuren
NiCr15FeMo
830
–
–
(> 59 % Ni, 15,5 % Cr, 7 % Mo) unmagnetisch, für medizinische Instrumente
NiCu30Fe
640
340
–
(> 63 % Ni, 31 % Cu) für Turbinenschaufeln
NiCu30Al
980
840
–
(> 63 % Ni, 30,5 % Cu) chemische Behälter
Abb. 5.15. Nichtrostende Stähle nach DIN 17440
ten und Anlassen, ebenso das durch den Härteverzug bedingte Richten und Spannungsarmglühen (Kostenvorteil). Das Gefüge ist feinkörnig bei hoher Festigkeit und Zähigkeit. AFP-Stähle eignen sich zum Einsatzhärten, Ionitrieren und Carbonitrieren, nicht jedoch zum Induktionshärten (niedriger C-Gehalt). Werkstoffe s. Abb. 5.17 – Anwendungen: Pleuel, Mitnehmer, Kurbelwellen, Achsschenkel, hochfeste Schrauben. Warmfeste und hochwarmfeste Stähle (Legierungen) zeichnen sich durch hohe Zeitdehngrenzen und Zeitstandfestigkeiten bei hohen Temperaturen aus: warmfeste, unlegierte Stähle bis 400 °C; niedrig legierte bis 540 °C, hochwarmfeste, hochlegierte bis 800 °C. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.18, warmfeste und hochwarmfeste Schrauben und Muttern s. Kap 10. – Schadensfälle durch interkristallinen Bruch haben zur Entwicklung extrem reiner, warmfester Stähle geführt. Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.18a. Hitzebeständige Stähle sind zunderbeständige Stähle; sie werden im Temperaturbereich über 550 °C eingesetzt, bilden bei hohen Temperaturen dichte, gut haftende Oberflächenschichten aus Oxiden der Legierungsele-
DIN 17223 T1, T2
DIN 17223 T1, T2
DIN 17223 T1, T2
DIN 17223 T1, T2
DIN 17223 T1, T2
1.5023 1.7108 1.7176 1.7701
1.0535
1.0904
1.1203
1.1274 1.7103 1.8159
1.4310
B
C
D
FD
VD
38Si7 60SiCr7 55Cr3 51CrMoV4
C55
55Si7
Ck55
Ck101 67SiCr5 50CrV4
X12CrNi17 7
Für 2 mm.
DIN 17223 T1, T2
A
1700 … 1950
1500 … 2100 1500 … 2200 1400 … 2000
1150… 1650
1300 … 1800
1150 … 1650
1180 … 1370 1320 … 1570 1370 … 1620 1370… 1670
1670 … 1770
1720 … 1890
1980 … 2200
1980 … 2200
1760 … 1970
1520 … 1750
Zugfestigkeit 1) Rm,N [N/mm 2]
Festigkeitswerte
Abb. 5.16. Federstähle nach DIN 17221…17225
1)
Werkstoffnummer bzw. DIN
Werkstoffkurzzeichen
–
5 4 5
7
6
6
6 6 6 6
50
45
40
40
40
40
Bruchdehnung A5 [%]
kaltgezogen
Edelstahl kaltgewalztes Band
kaltgewalzter Qualitätsbandstahl
warmgeformter Edelstahl
gezogener und ölschlußvergüteter Federstahl
0,4–1 % C
unlegiert mit
patentiert gezogen
Federstahldraht
Art
rostbeständig, weitere chem. beständige Sorten s. DIN 17224
höchstbeanspruchte Blattfedern
dünnere Bänder hochbeanspruchte Blattfedern
Kraftwagen-Blattfedern
unlegierter Stahl für dünnere Bänder
für hoch beanspruchte Blatt-Schraubenfedern, Drehstabfedern, Druckfedern (Pkw)
bis 10 mm ; Ventilfederdraht für schwierig zu wickelnde Federn
bis 17 mm ; Federn, die im Zeitfestigkeitsgebiet arbeiten
bis 20 mm ; auch für schwingende Beanspruchung
bis 20 mm ; für statisch hochbeanspruchte Druck-, Zug-, Schenkel- u. Formfedern
bis 20 mm ; für mittlere ruhende und geringe schwingende Beanspruchung
bis 10 mm ; für selten schwingende u. geringe ruhende Beanspruchung
Anwendungen
210 5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
5.3 Eisenwerkstoffe
Werkstoff nummer
Werkstoff- C wert
Si
Mn
S
V
Sonstige 0,2 %Dehngrenze
[%]
[%]
[%]
[%]
[%]
Zugfestigkeit
Amin
Zmin
[%]
[%]
1,30–1,60 0,03–0,05 0,08–0,13 P 0,7– 1,0 0,03–0,065 0,08–0,13 P
500 450
800–950 750–900
14 8
30 20
0,35–0,4 0,50–0,80 1,20–1,50 0,03–0,065 0,08–0,13 P 0,42–0,47 0,50–0,80 1,30–1,60 0,02–0,035 0,10–0,15 P
550 600
820–1000 12 950–1100 10
25 20
[%]
1.5232 1.1199
27MnSiVS6 49MnVS3
0,25–0,30 0,5 – 0,8 0,44–0,5 ≤ 0,5
1.5231 1.5233
38MnSiVS5 44MnSiVS6
Rm,N
BruchBrucheindehnung schnürung
[N/mm2] [N/mm2]
Rp0,2,N
Werkstoffkurzzeichen
211
Abb. 5.17. Einige AFP-Stähle (ausscheidungshärtbare ferritisch-perlitische Stähle)
Werkstoffkurzzeichen
Mechanische Eigenschaften MindestZugfestigkeit Rm,N [N/mm 2]
a
b
Mindest-0,2%Dehngrenze Rp0 , 2,N [N/mm 2]
Bruchdehnung A5 [%]
X10CrAl7 X10CrAl13
440 490
245 295
20 15
X10CrAl24 X10CrSi6
490 540
295 390
X10CrSi13
540
X20CrNiSi25 4 X15CrNiSi25 20
Anwendungen (beständig in Luft bis °C) Zeitdehngrenze Rm / 10 3,N [N/mm 2] 800 ° C :
1 4
(800) (950)
10 18
4 1
(1200) (900)
345
15
4
(950)
590 590
390 295
25 40
3 20
(1100) (1200)
A286 Incoloy 800
1000 610
690 305
25 45
723 °C : 145 72
S816 NiCr20TiAl
970 1180
485 735
35 16
815 °C : 145 800 °C : 118
NiCo20Cr15MoAlTi HastelloyX (NiMo16Cr16Ti)
1180 790
785 360
16 43
230 871 °C : 34
Bauteile für die chemische Industrie, wie z. B. Dampfkessel oder Feuerungen
unmagnetisch
Sonderlegierungen für Walz- und Schmiedewerkstoffe
Abb. 5.18. a Warmfeste und hochwarmfeste Stähle, b hitzebeständige Stähle
mente Cr, Si und Al, z.T auch Ni. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.18b. Kaltzähe Stähle: Mit abnehmender Temperatur nehmen Fließgrenze und Zugfestigkeit zu, die Zähigkeit (Bruchdehnung, -einschnürung) nimmt ab. Die Sprödbruchgefahr unter der Wirkung von Kerben und Eigenspannungen wächst. – Die Kaltzähigkeit wird gesteigert durch Ni-Zusätze von 1,5…5%. Bei niedriglegierten Stählen erreicht man bis –100 °C noch eine Mindest-Kerbschlagarbeit von 27 J, bei hochlegierten Stählen noch bei – 200 °C. – Wichtig ist, daß diese Stähle gut schweißbar sind. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.19.
212
1)
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Stahltyp
Werkstoffkurzzeichen
Werkstoff- MindestMindest-Streckgrenze Bruchnummer Zugfestigkeit Re,N [N / mm 2] dehnung R m,N [N /mm 2] A5 [%]
Anwendungen
Ni-legiert
11MnNi5 3 12Ni14 X8Ni9 (HT640)
1.6212 1.5637 1.5662
420 490 640
285 355 490
24 22 18
Druckbehälterbau
austenitischer
X5CrNi18 10
1.4301
500
1951)
45
CrNi-Stahl
X6CrNiTi18 10 X6CrNiNb18 10
1.4541 1.4550
500 510
2001) 2051)
40 40
korrosionsbeständig, schweißbar; chem. Industrie, Medizintechnik
0,2%-Dehngrenze Rp0,2 [N/mm2].
Abb. 5.19. Kaltzähe Stähle nach DIN 17280, DIN 17440
Alterungsbeständige Stähle (DIN 17135): Diese Stähle behalten hohe Zähigkeit bis zu Temperaturen von – 40 °C und eine garantierte Fließgrenze bis zu + 400 °C. Martensitaushärtende Stähle: Dies sind nichtrostende Stähle auf der Basis X5CrNiCuNb 15 5 oder X7CrNiMoAl 15 7, die bei guter Korrosionsbeständigkeit mechanisch hoch belastet werden können. 5.3.3 Stahlguß (GS)
GS eignet sich für gegossene Teile hoher Festigkeit und Zähigkeit; ist schmied-, schweiß- und einsatzhärtbar, aber schwierig zu gießen (man beachte: 2…3% Schwindmaß, Gefahr der Lunkerbildung, Gußeigenspannungen, Warmrissigkeit) und daher teurer als GJL. Die Oberfläche der Gußteile ist rauher, die Gleiteigenschaften sind schlechter als die von GJL, Stahlbleche lassen sich in GS eingießen. Das zunächst grobstrahlige Gefüge wird meist durch Normalgühen oder Vergüten verfeinert. Man erhält so einen Gefügeaufbau wie beim Schmiedestahl; die Festigkeitseigenschaften sind nahezu richtungsunabhängig. Die kleinste erreichbare Wanddicke beträgt 3…4 mm. Stahlguß für allgemeine Verwendungszwecke (DIN 1681) ist der meist verwendete Stahlguß für hochbeanspruchte Bauteile. Er wird normalerweise normalgeglüht, ist jedoch im übrigen für die Wärmebehandlung nicht geeignet. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.20 (unlegiert), 5.21 (legiert). Warmfester Stahlguß s. Abb. 5.22. Verschleißfester Stahlguß eignet sich für entsprechend beanspruchte Bauteile von Zerkleinerungsanlagen, Bau- und Fördermaschinen sowie Werkzeuge für die Holz- und Kunststoffverarbeitung; hauptsächlich verwendet man Manganhartstahlguß (1,2…1,5% C, 10...17% Mn), gehärteten Stahlguß (ca. 0,6% C, 2…3% Cr) und martensitisch-carbidischen Stahlguß (1…2% C, 12…25% Cr) für Werkzeuge zur Warmformgebung (Walzen, Ziehen, mit Zusatz von W, evtl. V).
5.3 Eisenwerkstoffe Werkstoffkurzzeichen
Werkstoffnummer
MindestZugfestigkeit Rm,N [N/mm2]
MindestBruchdehnung E-Modul Streckgrenze A5 Re,N [N/mm2] [%] [N/mm2]
GS-38
1.0420
380
200
25
≈ 215000
GS-45
1.0446
450
230
22
≈ 215000
GS-52 GS-60
1.0552 1.0558
520 600
260 300
18 15
≈ 215000 ≈ 215000
213
Anwendungen
Naben, Buchsen, Deckel, Lagerkörper, Einschweißnaben Lagerböcke, Lagerringe, Hohlwellen, Seilrollen Bremsscheiben, Druckzylinder Laufrollen, Hämmer, Kettenräder, für Oberflächenhärtung geeignet
Abb. 5.20. Unlegierter Stahlguß für allgemeine Verwendungszwecke nach DIN 1681
Werkstoffkurzzeichen
Werkstoff- Wärmebehandnummer lungszustand
Wanddicke
[mm] GS-16 Mn 5
1.1131
normalgeglüht (N)
MindestMindest- BruchZugfestigkeit Streckdehnung grenze Rm,N Re,N A5 [N/mm2] [N/mm2] [%]
50 > 50 … 100
430 430
260 230
25 25
Einschweißgußstücke Schiffbau
50 > 50 … 100
500 500
300 280
22 22
> 100 … 160 > 160
480 450
260 240
20
Schienenfahrzeugbau, Zugbügel, automatische Kupplungen (hohe Festigkeit bei hoher Kerbschlagzähigkeit
GS-20 Mn 5
1.1120
normalgeglüht (N)
GS-20 Mn 5
1.1120
vergütet (V)
50 > 50 … 100 > 100 … 160
500 500 500
360 300 280
24 24 22
GS-8 Mn 7 1.5015 GS-8 MnMo 7 4 1.5450
vergütet (V) vergütet (V)
60 300
500 500
350 350
22 22
GS-13 MnNi6 4
vergütet (V I) vergütet (V II)
500 200
460 480
300 340
22 20
1.6221
Anwendungen
Abb. 5.21. Niedrig legierter Stahlguß für allgemeine Verwendungszwecke nach DIN 1681
Werkstoffkurzzeichen
Werkstoff- MindestMindest-0,2%-Dehngrenze Rp0,2,N bei einer Temperatur von nummer Zugfestigkeit 20 °C 200 °C 300 °C 350 °C 400 °C 450 °C 500 °C 550 °C Rm,N [N/mm2] [N/mm2]
GS-C 25
1.0619
440
245
175
145
135
130
125
–
–
22
GS-22 Mo 4 GS-17 CrMo 5 5
1.5419 1.7357
440 490
245 315
190 255
165 230
155 215
150 205
145 190
135 180
– 160
22 20
GS-18 CrMo 9 10 GS-17 CrMoV 5 11
1.7379 1.7706
590 590
400 440
355 385
345 365
330 350
315 335
305 320
280 300
240 260
18 15
G-X 8 CrNi 12 1.4107 G-X 22 CrMoV 12 1 1.4931
540 740
355 540
275 450
265 430
260 410
255 390
– 370
– 340
– 290
18 15
Abb. 5.22. Warmfester Stahlguß nach DIN 17245
Bruchdehnung A5 bei Raumtemperatur [%]
214
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
5.3.4 Sinter-Eisenwerkstoffe
Eisen- oder Stahlpulver wird in Preßformen je nach Preßdruck unterschiedlich stark verdichtet und anschließend auf 1100…1300°C erwärmt und gesintert, die Pulverteilchen verbinden sich dabei. – Einfluß des Preßdrucks auf die Festigkeit s. Abb. 5.23. Man beachte: Beim Sintern verringert sich das Volumen des Werkstücks (Schwinden); dies läßt sich durch Zusatz von Kupfer weitgehend kompensieren. Das Werkstück behält eine gewisse Porosität, ist also öl- und gasdurchlässig. Wegen der teuren Preßwerkzeuge kommen Sinterbauteile nur für große Serien in Betracht. Ferner ist zu bedenken: Im Vergleich zum Gießen ist das Formfüllungsvermögen schlechter. Deswegen und um eine gleichmäßige Verdichtung zu erreichen ist die Baugröße begrenzt (<10 kg). Aus dem gleichen Grund ist eine einfache Gestaltung wichtig. Man unterscheidet drei Gruppen von Sinter-Eisenwerkstoffen: – Sintereisen mit geringem Kohlenstoffgehalt ist kostengünstig und eignet sich bei geringen Anforderungen. – Sinterstahl mit Kohlenstoff und Legierungselementen kann wie Stahl wärmebehandelt und damit die mechanischen Eigenschaften gezielt eingestellt werden. Durch die Sinterschmiedetechnik (warm Nachverdichten des gesinterten Werkstücks) lassen sich genaue Formteile hoher Festigkeit erzeugen. – Tränklegierungen. Hierbei werden die Poren durch niedrig schmelzendes Metall (z.B. Kupfer, Messing oder Mangan) aufgefüllt. Damit erhält man öl- und gasdichte Bauteile hoher Festigkeit und Zähigkeit. Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.24. Eisenverbundwerkstoffe enthalten freien Kohlenstoff; die eingelagerten Graphitteilchen (bis zu 20 Gew.%) wirken reibungsmindernd. – Anwendungen: Bremsbeläge, Kupplungen, Gleitlager, Kontaktstücke [5.3-2].
Abb. 5.23. Zugfestigkeit von Sintereisen bei Anwendung des Einfach- I und Doppelpreßverfahrens II [5.3-10]. a Sintertemperatur 1100 °C, Schwammeisenpulver + 7% Cu, b Sintertemperatur 1200 °C, Schwammelektrolyt-Eisenpulver + 7% Cu
0,4
0,4
F30
F31
0,25 1,9 0,55 –
0,15
–
Cr
andere
Rest < 0,2
Rest < 0,2
Rest < 0,2
Fe
600 720 700 950 770 1150
geschmiedet vergütet 2) geschmiedet vergütet 2) geschmiedet vergütet 2)
[N/mm 2]
Zugfestigkeit Rm,N
Abb. 5.24. Sinter-Eisenwerkstoffe nach DIN 30910 T6 (E-Modul: 2 · 105 N/mm2)
2) Austenitisiert
–
Mo
0,35 0,3 0,3
0,35 –
Ni
Zustand
570 1000
470 800
380 600
[N/mm 2]
Streckgrenze Rp0,1,N
Repräsentative Beispiele
14 9
15 11
17 14
[%]
Bruchdehnung A
N = 2 · 10 6, Kerbformzahl as = 1 (s. DIN 30912 T6). bei 900 °C, 60 Minuten; abgeschreckt in Öl; angelassen bei 600 °C, 60 Minuten, Schutzgas.
0,4
F00
Mn
1) Schwingspielzahl:
C
Chemische Zusammensetzung (Massenanteil in %)
Sint-
Werkstoffkurzzeichen
250 380
200 320
180 260
HB
Härte
300 350
270 320
200 250
BiegeWechselfestigkeit σW,b,N 1) [N/mm 2]
Gleitlager (auch aus Sinterbronze), Filter, fertiggepreßte Massenteile im Kfz-, Apparate-, Büro- und Nähmaschinenbau
Anwendungen
5.3 Eisenwerkstoffe
215
216
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
5.3.5 Gußeisen
Gußeisen wird aus Roheisen, Stahlschrott, Ferrolegierungen und Koks erschmolzen. Bei schneller Abkühlung ist der Kohlenstoff carbidisch an Eisen gebunden, es entsteht das harte und spröde ,,weiße Gußeisen“. Mit abnehmender Abkühlgeschwindigkeit wird der Kohlenstoff in zunehmendem Maße elementar als Graphit ausgeschieden. Das Bruchbild erscheint dunkel, weshalb hierbei von ,,grauem Gußeisen“ gesprochen wird. Neben der Abkühlgeschwindigkeit beeinflussen der C-, Si- und Mn-Gehalt die Graphitausscheidung, Abb. 5.25. Bei niedrig legiertem Gußeisen bildet man das Kurzzeichen für den Werkstoff aus der Abkürzung für die Art des Gußeisenwerkstoffs und der Zugfestigkeit Rm . Beispiel: EN-GJL-200 bedeutet Gußeisen mit Lamellengraphit mit Rm = 200 N/mm2. 5.3.5.1 Gußeisen mit Lamellengraphit (GJL) = Grauguß
Dies ist die am häufigsten verwendete Art des Gußeisens. GJL ist billig, leicht vergießbar (geringes Schwindmaß, geringe Lunkerneigung) und gut zerspanbar (bei HB < 250). Der als Graphit vorliegende Kohlenstoffanteil ist weitgehend lamellar angeordnet; die Graphitlamellen beteiligen sich aufgrund ihrer geringen mechanischen Festigkeit nicht an der Kraftübertragung, sondern wirken wie Hohlräume. Diese vermindern den tragenden Querschnitt und rufen an den Rändern Spannungskonzentrationen hervor. GJL ist daher spröde (geringe Bruchdehnung), die statische Festigkeit reduziert. Dagegen besitzt er günstige Gleit- insbesondere Notlaufeigenschaften, ist daher besonders geeignet für Werkzeugmaschinenführungen, Gleitlagerbuchsen, Zylinderköpfe von Kolbenmaschinen. Die Druckfestigkeit ist hoch (etwa 3…5 · Rm), ebenso die innere Dämpfung; infolge der inneren Kerben (Graphitlamellen) ist GJL bei dynamischer Beanspruchung unempfindlich gegen äußere Kerben. Die Gestaltfestigkeit gekerbter Bauteile aus GJL liegt infolgedessen nicht wesentlich unter der von Bauteilen aus Stahl. Die Warmzugfestigkeit von GJL fällt
Abb. 5.25. Strukturdiagramm des Gußeisens nach Maurer mit der Angabe von Festigkeitsbereichen nach Coyle [3.3-2]
5.3 Eisenwerkstoffe
217
Abb. 5.26. Zugfestigkeit und Brinellhärte von Bauteilen aus Gußeisen mit Lamellengraphit. Man entnimmt z.B. für ein Gußstück mit etwa 30 mm Wanddicke aus GG20 (ⳎGJL-200) eine Zugfestigkeit Rm von 230 N/mm2, für 155 mm Wandstärke dagegen etwa 190 N/mm2
erst oberhalb 400 °C (die Druckfestigkeit oberhalb 200 °C) ab. Der E-Modul ist wesentlich niedriger als der von Stahl und nimmt mit zunehmender Belastung ab. Wegen des engen Zusammenhangs zwischen Festigkeit und Abkühlgeschwindigkeit ist bei kleinen Wanddicken mit höherer Festigkeit als bei großen zu rechnen, Abb. 5.26. – Anwendungen, Werkstoffkennwerte s. Abb. 5.27. Die Eigenschaften von GJL können durch Wärmebehandlung (z.B. Härten, Vergüten), Gießverfahren und Legierungszusätze auf bestimmte Anforderungen abgestimmt werden; man erreicht so höhere mechanische und Verschleiß-Festigkeit, Korrosions-, Hitze- und Zunder- sowie SäureBeständigkeit. Durch Schleuderguß ergibt sich ein dichteres Gefüge, durch Kokillenguß hohe Maßgenauigkeit. Durch Legierungszusätze läßt sich auch die Vergießbarkeit verbessern. 5.3.5.2 Gußeisen mit Kugelgraphit (GJS) = sphärolitisches Gußeisen
GJS hat kugelförmige (globulare) Graphiteinlagerungen, was durch den Zusatz von geringen Mengen Mg bzw. Ce ereicht wird. Dies führt zu einer deutlichen Erhöhung von Festigkeit und Zähigkeit gegenüber GJL; auch der Korrosions- und Verschleißwiderstand ist größer. GJS liegt mit seinen Eigenschaften zwischen GJL und Stahl. Es kann in vielen Fällen Stahlguß ersetzen, ist mit Ni-Fe-Elektroden schweißbar, kann vergütet und randschichtgehärtet werden (Flamm- und Induktionshärtung). Es hat einen höheren E-Modul aber eine geringere innere Dämpfung als GJL. Die Biegewechselfestigkeit von gekerbten Bauteilen aus GJS übertrifft teilweise diejenige von Stahlteilen, wird daher z.B. für Kurbelwellen verwendet. Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.28. – Man beachte: Ab EN-GJS-500 wird die spanende Bearbeitung zunehmend schwieriger.
218
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Werkstoffkurzzeichen (bisher nach DIN 1694)
Werkstoffnummer
MindestZugfestigkeit Rm,N [N / mm 2 ]
Brinellhärte E-Modul [N/mm 2 ] Biegefestigkeit Anwendungen HB 30 σB,b,N [N / mm 2 ]
EN-GJL-100 (GG 10)
EN-JL 1010
100
… 180
40 000 … 70 000
–
ohne Gütevorschrift für gering beanspruchte Bauteile, wie z. B. Gehäuse, Grundplatten, Ständer
EN-GJL-150 (GG 15)
EN-JL 1020
150
125 … 205
78 000 … 103 000
250
für höher beanspruchte dünnwandige Stücke
EN-GJL-200 (GG 20)
EN-JL 1030
200
150 … 230
88 000 … 113 000
290
für Gehäuse, Gleitbahnen, Kolben, üblicher Maschinenbau
EN-GJL-250 (GG 25)
EN-JL 1040
250
180 … 250
103 000 … 118 000
340
für wärmebeständige (bis 420 °C), gleitreibende und festere Teile
EN-GJL-300 (GG 30)
EN-JL 1050
300
200 … 275
108 000 … 137 000
390
für hohe Beanspruchungen, dünnwandige Stücke
EN-GJL-350 (GG 35)
EN-JL 1060
350
220 … 290
123 000 … 143 000
490
Hartguß
–
300 … 450
300 … 450
155 000 … 190 000
400
Abb. 5.27. Gußeisen mit Lamellengraphit nach DIN EN 1561
Bainitisches GJS: Durch isotherme Umwandlung nach der Abkühlung von der Austenitisierungs-Temperatur (850 …950 °C) auf die gewünschte Umwandlungstemperatur ergibt sich ein Gefüge aus Bainit und Restaustenit: Bainitisches Gußeisen mit Kugelgraphit. Es bietet eine gute Kombination aus Festigkeit, insbesondere Dauerfestigkeit, Zähigkeit und Verschleißfestigkeit, eignet sich für Wanddicken bis zu 150 mm. Wichtig: durch Wärmebehandlung läßt sich die Zerspanbarkeit wesentlich verbessern sowie hohe Schwingfestigkeit und Schlagfestigkeit erzielen, es eignet sich somit für komplizierte Gußteile. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.29. 5.3.5.3 Temperguß (GJMW, GJMB)
Der Werkstoff wird zunächst als ,,weißes Gußeisen“ (Abschn. 5.3.5) vergossen, eignet sich somit für komplizierte Gußteile. Durch ,,Tempern“ (Glühen nach dem Gießen) zerfällt das Eisenkarbid, der Kohlenstoff fällt in Nestern als Temperkohle (Graphit) aus. Man erzielt dadurch – ähnlich wie bei GJS – eine höhere Festigkeit und Zähigkeit gegenüber Gußeisen
für verschleißfeste Teile (sehr schwer bearbeitbar!)
EN - JS - 1030
EN - JS - 1050
EN - JS - 1060
EN - JS - 1070
EN - JS - 1080
EN - GJS - 400 - 15 (GGG-40)
EN - GJS - 500 - 7 (GGG - 50)
EN - GJS - 600 - 3 (GGG - 60)
EN - GJS - 700 - 2 (GGG - 70)
EN - GJS - 800 - 2 (GGG - 80)
800
700
600
500
400
MindestZugfestigkeit Rm,N [N /mm 2]
EN - JS 1100
EN - JS 1110
EN - JS 1120
EN - JS 1130
EN - GJS - 800 - 8
EN - GJS - 1000 - 5
EN - GJS - 1200 -2
EN - GJS - 1400 - 1
1400
1200
1000
800
Mindest-Zugfestigkeit Rm,N [N / mm 2]
480
420
370
320
250
182
280
248
224
200
Biege-Wechselfestigkeit σW,b,N [N /mm 2]
1100
850
700
500
Mindest-0,2 %-Dehngrenze Rp 0,2,N [N /mm 2]
Mindest0,2 %-Dehngrenze Rp 0,2,N [N /mm 2]
1
2
5
8
Mindest-Bruchdehnung A 5 [%]
–
230 … 320
210 … 270
170 … 240
140 … 190
Brinellhärte HB
Abb. 5.29. Bainitisches Gußeisen mit Kugelgraphit (Gefüge: Bainit + Restaustenit) nach DIN EN 1564
Werkstoffnummer
Werkstoffkurzzeichen
Abb. 5.28. Gußeisen mit Kugelgraphit nach DIN EN 1563
Werkstoffnummer
Werkstoffkurzzeichen (bisher nach DIN 1693)
2
2
3
7
15
176 000
176 000
174 000
169 000
169 000
[N /mm 2]
E-Modul
380 … 480
340 … 440
300 … 360
260 … 320
Brinellhärte HB
MindestBruchdehnung A5 [%]
Nockenwellen, Zahnräder, Getriebewellen
Anwendungen
Schneckenräder, Zahnräder, Kurbel- und Nockenwellen, Pumpen- und Getriebegehäuse
Anwendungen
5.3 Eisenwerkstoffe
219
220
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
mit Lamellengraphit. Durch Glühen in entkohlender Atmospäre entsteht weißer Temperguß (GJMW), durch Glühen in neutraler Atmosphäre perlitischer Temperguß oder schwarzer Temperguß (GJMB). Temperguß ist relativ zäh, schlagfest, etwas verformbar und leicht bearbeitbar, liegt in seinen Eigenschaften damit zwischen Grauguß und Stahlguß, ist jedoch weniger verschleißfest als GJL. Oberhalb 400 °C nimmt Rm ab. Durch besondere Verfahren läßt sich auch Temperguß mit korrosionsbeständiger, oxydationsbeständiger oder verschleißfester Oberfläche erzeugen. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.30. Teile aus handelsüblichem weißen Temperguß (GJMW) besitzen ferritische Rand- und perlitische Kernzonen. Sie sollen eine gleichmäßige Wanddicke aufweisen (3…20 mm). GJMW ist bei kleineren Querschnitten schweißbar, sofern S- und Si-Gehalt niedrig sind. Durch Vergüten kann man die Festigkeit erheblich steigern. Schwarzer Temperguß (GJMB) mit durchgehend ferritischem Gefüge ist auch für Teile mit größeren und ungleichen Wanddicken (3…40 mm) geeignet, ist jedoch nicht schweiß-, löt- oder schmiedbar, ist ferner ungeeignet für hohe Temperaturen. GJMB kann wie GJMW vergütet werden und eignet sich ebenfalls für Oberflächenhärtung wie z.B. Induktions- und Flammhärtung. Perlitischer Temperguß entsteht durch schnelles Abkühlen nach dem Glühen; so ergibt sich ein Gefüge mit höherem Perlitanteil und infolgedessen besserer Zähigkeit und Verschleißfestigkeit als GJMB. 5.3.5.4 Sondergußeisen
Durch besondere Legierungszusätze und spezielle Wärmebehandlung erzielt man Gußeisen für spezielle Anwendungen: Hartguß ist die Bezeichnung für das unter Abschn. 5.3.5 erwähnte ,,weiße Gußeisen“. Es ist schwer zu vergießen, hart, spröde, sehr schlagempfindlich, aber sehr verschleißfest und nur durch Schleifen zu bearbeiten. – Anwendungen: Walzen, Nockenwellen, Tiefziehwerkzeuge, u.ä. Austenitisches Gußeisen (austenitisch durch hohe Ni- und Cr-Anteile) mit Lamellengraphit oder Kugelgraphit ist amagnetisch, korrosions- und hitzebeständig. – Anwendungen: Pumpenteile, Ofenteile. Siliziumsonderguß mit bis zu 18% Si-Zusatz ist besonders säurebeständig. Aluminiumsonderguß mit ca. 7% Al-Zusatz ist besonders zunderbeständig. Chromsonderguß mit bis zu 35% Cr-Zusatz, zusätzlich evtl. Ni, Cu und Al ist zunder- und säurebeständig.
5.4. Nichteisenmetalle Werkstoffkennwerte (Dichte r, E-Modul, Festigkeit Rm , Reißlänge LR , spezifisches Volumen LD,Vergleichspreise), vergleichende Übersicht s.Abb. 4.3.
EN - JM 1020
EN - JM 1030
EN - JM 1040
EN - JM 1130
EN -JM 1140
EN - JM 1160
EN - JM 1180
EN - JM 1190
EN - GJMW- 360 - 12 (GTW- 538 - 12)
EN - GJMW- 400 - 5 (GTW- 40 - 05)
EN - GJMW- 450 - 7 (GTW-45 - 07)
EN - GJMB - 350 - 10 (GTS - 35 - 10)
EN - GJMB - 450 - 6 (GTS - 45 - 06)
EN - GJMB - 550 - 4 (GTS - 55 - 04)
EN - GJMB - 650 - 2 (GTS - 65 -02)
EN - GJMB - 700 -2 (GTS - 70 -02)
Abb. 5.30. Temperguß nach DIN EN 1562
350
EN - JM 1010
EN- GJMW- 350 - 4 (GTW- 35 - 04)
700
650
550
450
350
450
400
360
Mindest-Zugfestigkeit Rm,N [N / mm 2]
Werkstoffkurzzeichen Werkstoffnummer (bisher nach DIN 1692)
530
430
340
270
200
260
220
190
–
Mindest-0,2%Dehngrenze Rp 0,2,N [N /mm 2]
24 0… 290
210 … 260
180 … 230
150 … 200
150
220
220
200
230
Brinellhärte HB max.
2
2
4
6
10
7
5
12
4
Mindest-Bruchdehnung A 3,4 [%]
≈ 170 000
160 000 … 170 000
[N / mm 2]
E-Modul
Für dickwandige Bauteile und Bauteile mit Kombination aus guter Verschleißfestigkeit und Zähigkeit, z. B. Zahnräder, Kolben, Triebwerksteile
Teile mit ungleichen Wandstärken, wie z. B. Getriebegehäuse, Haushaltsmaschinen und dünnwandige Kleineisenteile (z. B. Schlüssel, Fittings, Muffen, Schraubzwingen)
Anwendungen
5.4 Nichteisenmetalle
221
222
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
5.4.1 Aluminium und Aluminium-Legierungen
Die geringe Dichte von r = 2,7…2,85 kg/dm3 (≈ 1/3 von Stahl) und hohe Festigkeit mancher Al-Legierungen sind günstige Eigenschaften für den Leichtbau, Abschn. 4.3.2.3. In manchen Fällen ist ihr hohes elektrisches (62% von W-Cu) und Wärme-Leitvermögen (60% von E-Cu) von Vorteil, mitunter die Korrosionsbeständigkeit (infolge einer natürlichen Oxidhaut) oder die gute Zerspan- und Verformbarkeit (Walzen, Ziehen, Pressen, Kaltumformen). – Bei Berührung von Aluminium mit anderen Metallen (insbesondere Kupfer) besteht die Gefahr von Spannungskorrosion; Isolierung vorsehen. Einfluß von Legierungszusätzen: Fe macht Al hart und spröde, Pb blasig, aber besser zerspanbar, Cu erhöht die Härte, Mg die Festigkeit und Zerspanbarkeit, Sb und Ti die Beständigkeit gegen Seewasser, Mn die mechanische Festigkeit und Korrosionsfestigkeit. Besonders hervorzuheben ist die ,,Aushärtbarkeit“ (Verfestigung) durch Zusatz von Cu-Si, Cu-Mg-Si, Cu-Mg-Ni oder Mg-Si. Rein Aluminium (DIN 1712) wird vor allem gewalzt, gepreßt oder gezogen in Form von Vollstangen, Rohren, Blechen (DIN 1788), Bändern, Drähten, Schienen (für elektrische Leitungen) und Folien (für Verpackungen, Kondensatoren und Wärmeisolation) geliefert. Sonstige Anwendungen: Behälter, Geräte, Apparate der chemischen Industrie, Elektrotechnik, Bauwesen, u.ä. Aluminium-Knetlegierungen entstehen durch Zulegieren von Cu, Mg, Mn, Zn und Ni; sie können gewalzt, gezogen, gepreßt, geschmiedet und geschweißt werden. – Die wichtige Al-Knetlegierung Al-Cu-Mg (Duraluminium) ist hochfest, gut zerspanbar, elektrisch leitfähig, aber wenig korrosionsfest. – Al-Mg-Legierungen sind hochfest und besonders korrosionsbeständig auch gegen Seewasser und Alkalien. – Al-Mg-Mn-Legierungen sind ebenfalls seewasserbeständig, warmfest und tiefziehfähig bei etwas geringerer Festigkeit. – Al-Mn-Legierungen sind besonders korrosionsfest. Sicheren Korrosionsschutz erreicht man durch Warmwalzen mit Deckschichten aus Reinaluminium oder Al-Mg, Al-Mg-Si-Legierungen (plattieren). – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.31, 5.32. Aluminium-Gußlegierungen eignen sich für Sandguß, Kokillenguß und Schleuderguß, insbesondere für komplizierte Leichtbauteile wie Gehäuse, Armaturen, usw. Vorrang bei der Auswahl haben die Gießeigenschaften: Formfüllungsvermögen, Schwindmaß (besonders wichtig bei Kokillenguß), danach Festigkeit, Korrosionsbeständigkeit und Zerspanbarkeit. Wichtige Al-Gußlegierungen und ihre Eigenschaften: – Si-haltige Legierungen (z.B. Silumin) für hohe Festigkeit und Zähigkeit. – G-Al-Si-Mg-Legierungen (z.B. Silumin Gamma) mit besonders geringer Lunkerneigung.
3.1325.10 3.1325.51 3.1355.10 3.1355.51
3.3317.32
3.2315.51 3.2315.72
3.3316.28 3.3535.26
3.3527.07 3.3527.26
3.0515.24
AlCuMg1 AlCuMg1 AlCuMg2 AlCuMg2
Al99,85Mg1
AlMgSi1 AlMgSi1
AlMg1,5 AlMg3
AlMg2Mn0,8 AlMg2Mn0,8
AlMn1
F12
F20 F24
F20 F24
F21 F32
F18
W F40 W F44
Zustand
120
200 240
200 240
205 315
90
120 190
175 190
110 255
160
≤ 140 265 ≤ 140 290
≤ 215 395 ≤ 220 440 180
Mindest0,2% Dehngrenze Rp 0,2,N [N/mm 2]
MindestZugfestigkeit Rm,N [N/mm 2]
Mechanische Eigenschaften
Abb. 5.31. Aluminium-Knetlegierungen nach DIN 1745
Werkstoffnummer
Werkstoffkurzzeichen
7
10 5
4 5
14 10
4
13 13 13 13
Bruchdehnung A5 [%]
40
60 73
60 73
65 95
55
50 100 55 110
Brinellhärte HB 2,5/62,5
Architektur, z.B. Bedachungen Geräte der chemischen und der Lebensmittelindustrie
für tiefe Temperaturen geeignet, z.B. Methantanker
Nahrungsmittelindustrie (einschließlich Geräte) Schiffbau, Fahrzeugbau
Elektrotechnik, Fahrzeugaufbauten, Metallwaren (z. B. Baubeschläge, Geschirr, Reflektoren)
nicht aushärtbar, sehr gut kaltverformbar, schweißbar; seewasserbeständig
Profile für den Flugzeugbau, für Verbindungselemente wie Niete und Schrauben, Formenbau
Anwendungen
5.4 Nichteisenmetalle
223
224
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Abb. 5.32. Biegewechselfestigkeit einiger Al- und Mg-Legierungen [5.3-10]
– Al-Mg-Legierungen sind besonders korrosionsbeständig (auch gegen Seewasser), mit 5…7% Mg Legierungsanteil besonders warmfest (wichtig z.B. für Zylinderköpfe), jedoch schlecht vergießbar. – Ungenormte Sonderlegierungen mit niedriger Wärmeausdehnung, hoher Warmhärte und guten Gleiteigenschaften wurden für besondere Anwendungen entwickelt, z.B für Kolben von Verbrennungsmotoren (GKAlSi12CuNi). Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.33. 5.4.2 Aluminium-Sinterwerkstoffe
Herstellung von Sinterwerkstoffen s. Abschn. 5.3.4. – Reinaluminium mit 6…15% Oxidanteil ist das Ausgangsmaterial für einen Sinterwerkstoff beachtlicher Warmfestigkeit, Zugfestigkeit und Bruchdehnung, warm und kalt umformbar und schweißbar, eine für die Kerntechnik wichtige Legierung. – Pulver aus Al-Legierungen mit Cu, Mg ergibt ein Sintermetall mit hoher Zugfestigkeit. – Werkstoffwerte und Anwendungen s. Abb. 5.34. 5.4.3 Magnesium-Legierungen
Im Maschinenbau werden nur die Legierungen des Mg verwendet (kein Reinmagnesium). Sie eignen sich für Gußstücke und werden als Knetlegierungen verarbeitet (Umformen durch Strang- oder Warmpressen, Schmieden, Walzen oder Ziehen). Gegenüber den Al-Legierungen ist die Dichte noch geringer (r = 1,8 kg/dm3), so daß Gußstücke aus Mg-Legierungen noch leichter werden. Die Zugfestigkeit ist allerdings deutlich geringer; die Schwingfestigkeit erreicht fast die Werte der Al-Legierungen, allerdings ist die Kerbempfindlichkeit höher; wichtig sind daher bei Schwingbeanspruchung riefenfreie Oberflächen und kraftflußgerechte Gestaltung. Auch der E-Modul ist kleiner als bei Al-Legierungen (43000 N/mm2). Dies macht sie unempfindlicher gegen Schlag und Stoßbeanspruchung
3.2582.05
3.2583.01
3.2381.01 3.2381.61
3.2163.01
3.3541.01
3.2151.01
GD-AlSi12
G-AlSi12(Cu)
G-AlSi10Mg G-AlSi10Mg wa
G-AlSi9Cu3
G-AlMg3
G-AlSi6Cu4
160
140
160
160 220
150
220
150 170
100
70
100
80 180
80
140
70 80
Rp 0,2,N [N/mm2]
50
60
50
50 70
50
60
50 70
σ W, b,N [N/mm2]
1
3
1
2 1
1
1
5 6
A5 [%]
Abb. 5.33. Al-Gußlegierungen nach DIN 1725 Bl. 2
3.2581.01 3.2581.02
Rm,N [N/mm2]
Werkstoff- Mindest- Mindest- BiegeBruchnummer Zugfestig- 0,2%wechsel- dehkeit Dehnfestignung grenze keit
G-AlSi12 GK-AlSi12
Werkstoffkurzzeichen
65
50
65
50 80
50
60
45 50
HB 5/250
Brinellhärte
sehr gut
ausreichend
ausgezeichnet
ausgezeichnet
ausgezeichnet
sehr gut
ausgezeichnet
Gießbarkeit
nicht angewandt
nicht angewandt
dekorative anodische Oxidation
gut
ausgezeichnet
gut
gut
nicht angewandt
ausgezeichnet
nicht angewandt
nicht angewandt
ausnicht reichend angewandt
gut
ausreichend
mechanische Polierbarkeit
Oberflächenbehandlung
bedingt
ausgezeichnet
bedingt
sehr gut
ausreichend
gut
sehr gut
Witterungseinflüsse
nicht angewandt
ausgezeichnet
nicht angewandt
gut
nicht angewandt
ausreichend
gut
Meerwasser
Korrosionsbeständigkeit gegen
sehr gut
ausgezeichnet
ausgezeichnet
bedingt
ausgezeichnet
Schweißbarkeit
sehr gut
gut
ausge- ausreizeichnet chend
sehr gut
sehr gut
gut
gut
gut
Spanbarkeit
nicht chemisch beanspruchte Gußstücke aller Art für mittlere bis höhere Beanspruchung; sehr gut formfüllig
Hervorragende Korrosionsbeständigkeit, besonders gegen Meerwasser sowie schwach alkalische Medien, für Guß stücke mit dekorativer Oberfläche
vielseitig angewandte Legierung, auch für verwickelte, dünnwandige Gußstücke, warmfest
Ähnlich wie G/GK-AlSi12, jedoch mit hoher Festigkeit nach Wärmebehandlung
wie vorstehend, mit Einschränkung hinsichtlich der Korrosionsbeständigkeit und Zähigkeit
für verwickelte, dünnwandige, druckdichte und schwingungsfeste Gußstücke bei sehr guter Korrosionsbeständigkeit
Anwendungen
5.4 Nichteisenmetalle
225
226
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Werkstoffkurzzeichen
Chemische Zusammensetzung (Gehalt in %)
Gründichte
Mechanische Eigenschaften
Anwendungen
(Al+) Cu
Mg
Si
Mn
Cr
Schmierstoff
[%]
[kg/dm3]
HRC
Rp0,2,N [N/mm2]
Rm,N [N/mm2]
601 AB-T4
0,25
1,0
0,6
–
–
1,5
85 95
2,29 2,55
80–85 85–90
96 103
141 152
5 5
201 AB-T4
4,4
0,5
0,8
–
–
1,5
85 95
2,36 2,64
70–75 80–85
179 214
210 262
3 5
202 Ab-T4 MD-22-T1
4,0 2,0
– 1,0
– 0,3
– –
– –
1,5 1,5
90 90
2,50 2,45
70 83
148 110
237 155
8 16
MD-22-T6 MD-24-T6
2,0 4,4
1,0 0,5
0,3 0,9
– 0,4
– –
1,5 1,5
90 90
2,45 2,50
74 72
200 193
262 241
3 3
MD-69-T6 MD-76-T6
0,25 1,6
1,0 2,5
0,6 –
– –
0,1 0,2
1,5 1,5
90 90
2,42 2,52
71 80
193 276
207 310
2 2
Abb. 5.34. AL-Sinterwerkstoffe (kaltgeformte Teile); 19% Formänderung; die Spalte Gründichte zeigt die %-Verdichtung, d.h. Raumfüllung und die erzielte absolute Dichte
und besonders geräuschdämpfend (z.B. bei Getriebegehäusen). Maßnahmen zum Ausgleich des geringen Steifigkeit s. Abschn. 4.3.2. – Man beachte: die Entzündungstemperatur liegt bei ca. 400 °C, so daß Mg-Staub und Mg-Späne feuergefährlich sind. Mg-Legierungen sind besonders leicht zerspanbar (beispielsweise kostet ein fertig bearbeitetes Gußgehäuse für kleine Zahnradpumpen nicht mehr als ein GJL-Gehäuse, obwohl das Roh-Gußstück etwa doppelt so teuer ist). Die Wärmeleitfähigkeit beträgt etwa 44%, die elektrische Leitfähigkeit etwa 38% der von Cu. Bauteile aus Mg-Legierungen müssen gegen Korrosion durch Feuchtigkeit und Witterungseinflüsse geschützt werden; besonders kritisch sind Seewasser und Schwitzwasser. Als Korrosionsschutz eignen sich Beizmittel (z.B. Bichromatbeizen) in Form von Spritzmitteln oder Bädern oder porenfreie Lackierung. Bei Berührung mit anderen Metallen besteht Gefahr der Spannungskorrosion (s. auch Abschn. 9.3.2); Abhilfe z.B. durch Isolierlack, Stahlschrauben müssen verzinkt oder kadmiert werden. Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.35. Vergleichende Übersicht s. Abb. 4.3. 5.4.4 Titan-Legierungen
Je nach Legierungsanteilen reicht die Festigkeit bis in den Bereich der Vergütungsstähle, mit Zusätzen von Al, Mo, V, und Sn erzielt man auch eine beachtliche Warm- und Schwingfestigkeit; Temperaturgrenze 500 °C. Der E-Modul beträgt 106200 N/mm2, d.h. etwa 1/2 von Stahl, die Dichte r = 4,53 kg/dm3, d.h. 55 …60% der von Stahl. Wärmedehnung (a = 8,5 · 10–6/K bis 100 °C) und Wärmeleitung sind gering. – Ti-Legierungen sind korrosionsbeständig auch gegen Seewasser, allerdings sehr teuer (25-fach von Al und Mg).
A5 [%] Pleuelstangen, Kolben, Getriebeteile
3.5200.08
3.5312.08
3.5612.08 3.5812.66
MgMn2F20
MgAl3ZnF24
MgAl6ZnF27 MgAl8ZnF31
3.5812.43
3.5812.02
3.5912.01 3.5912.43
G-MgAl8Zn1 ho
GK-MgAl8Zn1
G-MgAl9Zn1 G-MgAl9Zn1 ho
3.5662.01 3.5662.43 3.5662.05
Sandguß
G-MgTh3Zn2Zr1
Sandguß Sandguß Druckguß
Sandguß Sandguß
Kokillenguß
Sandguß
Sandguß
Sandguß
180 190 190
160 240
160
240
160
270 310
240
200
MindestZugfestigkeit Rm,N [N/mm2]
warmbehandelt 190
warmbehandelt 200
Gußzustand homogenisiert Gußzustand
Gußzustand homogenisiert
Gußzustand
homogenisiert
Gußzustand
Abb. 5.35. Mg-Legierungen nach DIN 1729, DIN 9715
3.5105.91
Zustand
Knetlegierun- gepreßt oder gen (Stangen gezogen, bis 5000 mm2 nachgerichtet Querschnitt)
Art
G-MgZn4Se1Zr1 3.5101.91
Guß-Sonderlegierungen:
G-MgAl6 G-MgAl6 ho GD-MgAl6
Guß-Legierungen für besondere Verwendung:
3.5812.01
G-MgAl8Zn1
Guß-Legierungen für allgemeine Verwendung:
Werkstoffnummer
Werkstoffkurzzeichen
90
140
80 90 120
90 110
90
90
90
195 215
155
145
Mindest0,2% Dehngrenze Rp 0,2,N [N/mm2]
5...12
3...8
8...12 8...15 4...8
2. . . 5 6. . . 12
2. . . 6
8. . . 12
2. . . 6
. . . 10 . . . 10
. . . 10
. . . 1,5
Bruchdehnung A [%]
50
60
50 50 55
50 55
50
50
50
55 60
45
40
für höhere Festigkeitsanforderungen, einsetzbar bis 250 °C, WIG-schweißbar
für druckdichte Gußstücke, WIG-schweißbar
Legierung mit hoher Dehnung und Schlagzähig keit, z.B. für Autofelgen und Teile, die noch kalt umgeformt werden sollen.
Homogenisiert und warmausgehärtet für Gußstücke mit hoher Gestaltfestigkeit und Quetschgrenze (Druckfestigkeit). Gute Gleiteigenschaften. Schweißbar. Für Druckguß allgemein verwendete Magnesiumlegierung, auch für schwierig gestaltete Druckgußstücke mit geringen Wanddicken und sehr guten Festigkeitseigenschaften ohne Wärmebehandlung.
Homogenisiert: Hochwertiger Gußwerkstoff für schlag- und schwingungsbeanspruchte Teile. Gute Gleiteigenschaften, schweißbar.
Gußzustand: Für stoßbeanspruchte Stücke
nur beschränkt schweißbar sehr hohe Festigkeit
schweißbar und verformbar für Bauteile mittlerer mech. Beanspruchung, gute chem. Beständigkeit
korrosionsbeständig, gut schweißbar und verformbar, z. B. für Blechprofile, Kraftstoffbehälter
Brinell- Anwendungen, Bemerkungen härte HB ≈
5.4 Nichteisenmetalle
227
228
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Einfluß von Legierungszusätzen: Mn verbessert die Korrosionsbeständigkeit, Zn die Verformbarkeit,Al die Festigkeit. Ce wirkt kornverfeinernd und verbesssert die Warmfestigkeit. Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.36. 5.4.5 Kupfer und Kupfer-Legierungen
Hervorzuheben ist die hohe elektrische und Wärme-Leitfähigkeit; Cu und Cu-Legierungen sind gut plastisch verformbar, korrosionsbeständig gegen Luftfeuchtigkeit, Heißwasser und manche Säuren. Reinkupfer hat eine niedrige Festigkeit, die allerdings durch Kaltverformen erheblich gesteigert werden kann und bei tiefen Temperaturen nicht wesentlich absinkt. Mit geringen Legierungszusätzen kann man eine höhere Zugfestigkeit und Warmhärte erreichen. Der E-Modul beträgt ca. 123000 N/mm2, die Dichte r = 8,9 kg/dm2. Messing. Dies sind Cu-Zn-Legierungen mit bis zu 45% Zn; Legierungen mit weniger als 33% Zn bezeichnet man auch als Tombak (Rotmessing); zur besseren Zerspanbarkeit setzt man bis zu 3% Pb zu. Messing ist gut kaltverformbar und korrosionsbeständig, jedoch schlecht gießbar, kann aber – mit Al-Zusatz – für Feingußteile (Armaturen, Beschläge) verwendet werden. – Die bedeutendere Gruppe der Knetlegierungen ist besser warmumformbar. Gegenüber anderen hochlegierten Cu-Legierungen zeichnet sich Messing durch bessere elektrische und thermische Leitfähigkeit aus. Sondermessing unterscheidet sich von Messing durch zusätzliche Legierungsanteile (Ni, Al, Mn, Zn, Si). Gegenüber Messing erreicht man je nach Anteilen höhere Festigkeit, Härte, Feinkörnigkeit und Korrosions- oder Zunderbeständigkeit, Warm- oder Verschleißfestigkeit sowie Seewasserbeständigkeit. Pb verbessert die Zerspanbarkeit, Fe die Gleiteigenschaften. Guß-Messing und Guß-Sondermessing sind besonders korrosionsbeständig und weisen eine beachtliche Zähigkeit auf. Gegenüber den Knet-Legierungen sind Festigkeit und Härte etwas geringer. Bronzen sind definiert als Cu-Legierungen mit mindestens 60% Cu, wobei Zn nicht der Hauptlegierungszusatz sein darf. Man unterscheidet: Zinnbronzen (Sn-Legierung) verbinden hohe Härte und Zähigkeit, weisen hervorragende Gleit- und Verschleißeigenschaften auf und sind korrosionsbeständig. Sie werden überwiegend durch Gießen verarbeitet. Aluminiumbronzen (Cu-Al-Legierung) werden als Knet- oder Guß-Legierung verarbeitet, sie sind besonders warmfest, zunder- und korrosionsbeständig. Mit Ni-Zusatz werden hohe Festigkeitswerte erreicht. Al-Bronzen wirken schwingungsdämpfend. Bleibronzen (Cu-Pb-Legierung) enthalten als Hauptlegierungszusatz bis zu 36% Pb, ferner Zusätze von Sn, Ni und Zn. Die in rundlicher Form eingelagerten Bleianteile bewirken gute Schmier- und Notlaufeigenschaften;
3.7025.1 3.7065.1
3.7225.1 3.7255.1 3.7105.1
3.7145.7 3.7175.1
3.7165.1
3.7185.7
Ti1 Ti4
Ti1Pd Ti3Pd TiNi0,8Mo0,3
TiAl6Sn2Zr4Mo2Si TiAl6V6Sn2
TiAl6V4
TiAl4Mo4Sn2
Stangen aus hochlegiertem Titan mit 6 mm < ≤ 25 mm
Stangen aus hochlegiertem Titan mit 6 mm < ≤ 80 mm
Stangen aus hochlegiertem Titan mit 6 mm < ≤ 100 mm
Stangen aus niedriglegierten Titan mit 6 mm < ≤ 100 mm
Stangen aus Titan mit 6 mm < ≤ 100 mm
Art
1100
900
920 1000
290 460 480
290 540
MindestZugfestigkeit Rm,N [N/mm2]
Abb. 5.36. Ti und Ti-Legierungen nach DIN 17862, DIN 17865, DIN 17869
Werkstoffnummer
Werkstoffkurzzeichen
960
830
860 930
180 320 345
180 390
Mindest0,2% Dehngrenze Rp0,2,N [N/mm2]
9
10
8 8
30 18 18
30 16
9
10
8 7
25 16 16
25 15
–
310
– 320
120 170 170
120 200
≈
längs
quer
Brinellhärte HB
Bruchdehnung A5 [%]
Schiff-, Fahrzeug-, Flugzeubau, Raumfahrttechnik, Druckbehälter, Wärmetauscher, Schrauben, Niete
Hochbeanspruchte Teile bei niedrigem Gewicht.
Anwendungen
5.4 Nichteisenmetalle
229
230
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
wegen der niedrigen Festigkeit benutzt man z.T. Stahlstützschalen, die mit Cu-Pb ausgegossen werden, die dünnen Laufschichten sind besonders stoß- und schlagfest. – Durch Zusatz von Zinn kann man die Festigkeit so weit erhöhen, daß die Legierung z.B. für komplette Lagerbuchsen geeignet ist. Sonderbronzen wurden entwickelt, um spezielle Anforderungen zu erfüllen: – Nickelbronzen (Cu-Ni-Legierung) mit bis zu 44% Ni sind besonders warmfest, kavitations-, erosions- und korrosionsfest, auch gegen Seewasser. – Manganbronzen (Cu-Mn-Legierung) weisen einen hohen elektrischen Widerstand auf. – Berilliumbronzen (Cu-Be-Legierung) mit bis zu 2% Be können zu hochfesten, elektrisch leitendem Werkstoff für Federn verarbeitet werden. Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.37. 5.4.6 Sonstige Nichteisenmetalle
Zink und Zink-Legierungen bilden in Luftatmosphäre festhaftende Oxidschichten, die fortschreitende Korrosion weitgehend unterbinden. – Reines Zink (Feinzink) wird im wesentlichen nur als Blech verwendet. – ZnLegierungen mit Al-, Cu- und Pb-Zusätzen – als billigere Austauschstoffe für Messing, Rotguß und Bronze – werden für Druckgußteile verwendet. Die Teile lassen sich maßgenau herstellen, sind jedoch empfindlicher gegen Korrosion als reines Zink. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.38. Reines Blei (Weichblei) läßt sich gut verformen, schweißen, löten, gießen und behält auch bei Kälte seine Zähigkeit. – Anwendungen: Wegen seiner Korrosionsbeständigkeit (auch gegen Schwefelsäure) wird es in der chemischen Industrie verwendet, ferner als wirksamer Schutz gegen radioaktive und Röntgenstrahlung. – Pb-Legierungen: Durch Zugabe von Sb und Sn werden Härte und Festigkeit erhöht. – Anwendungen: Rohre, Lagerschalen. Für kleine, sehr maßgenaue Druckgußteile verwendet man PbLegierungen mit hohem Sb- und Sn-Gehalten. Zinn und Zinn-Legierungen: Reines Zinn wird für Metallüberzüge verwendet, Abschn. 5.5.1 – Sn-Legierungen mit Pb, Sb und Cu eignen sich für Druckgußteile besonders hoher Maßgenauigkeit.
5.5 Überzüge auf Metallen Mitunter sind metallische oder nichtmetallische Überzüge wirtschaftlich und ausreichend, um die Bauteile gegen Korrosion zu schützen sowie das Gleit- und Verschleißverhalten zu verbessern oder auch nur das Erscheinungsbild zu verschönern.
Rotguß
Aluminiumbronze
Guß-Zinn-BleiBronze
1705
17 665, 17 672
1716
HB 2,5/62,5.
Guß-Zinnbronze
1705
GZ-CuPb10Sn
CuAl19Mn2F59
GC-CuSn7ZnPb
G-CuSn12
2.1176.03
2.0960.98
2.1090.04
2.1052.0
2.1030.30
2.0590.01
G-CuZn40Fe
CuSn8F54
2.0290.01
2.0540.27
2.0401.30
2.0280,26
2.0060.30
2.0076.10 2.0070.10
Werkstoffnummer
G-CuZn33Pb
CuZn33F36
E-Cu57F30
Abb. 5.37. Cu und Cu-Legierungen
1)
Kupfer-Zinn-Legierung
Sondermessing
17 670, 17 662
Kupfer-ZinkLegierung mit Blei
17 671
Guß-Messing und Gußsondermessing
CuZn35Ni2F49
Kupfer-ZinkKnetlegierung
17 670
1709
CuZn39Pb3F50
Sauerstoffhaltiges Kupfer
40 500
SW-CuF22 Se-CuF20
Sauerstofffreies Kupfer, desoxidiert
17 670
Bezeichnung
Art
DIN
–
10...50
–
–
0,1 . . . 5
–
–
3 . . . 12
... 5
0,2 . . . 5
> 1 ... 5
0,2 . . . 5 > 1 ... 5
Dicke [mm]
220
590
270
260
540
300
180
490
500
360
300
220 200
Mindest-Zugfestigkeit Rm,N [N/mm2]
min. 110
min. 250
min. 120
min. 140
min. 470
min. 130
min. 70
min. 290
min. 370
min. 200
min. 250
max. 140 max. 120
Mindest0,2% Dehngrenze Rp 0,2,N [N/mm2]
8
15
16
12
25
15
12
18
10
31
8
42 45
Bruchdehnung A5 [%]
70
150
70
80
–
75
Gleitlager mit hohen Flächendrücken, Verbundlager in Verbrennungsmotoren (pmax = 100 N/mm2)
Zahn- und Schneckenräder, Ventilsitze
Achslagerschalen, Gleitlager, Kolbenbolzen-Buchsen, Friktionsringe, Gleit- und Stell-Leisten
Kuppelsteine, Spindelmuttern, Schnecken und Schraubenräder
Gleitelemente, besonders für dünnwandige Gleitlagerbuchsen und Gleitleisten, Holländermesser
Armaturengehäuse für hohe Gasund Wasserdrücke, Bauteile in der Tieftemperaturtechnik
Gehäuse für Gas- und Wasserarmaturen, Konstruktions- und Beschlagteile für Maschinenbau, Elektrotechnik, Feinmechanik, Optik usw.
Apparatebau, Schiffbau 45
130 1)
Drahtgeflecht, Kühlerbänder, Rohrniete, Metall- und Holzschrauben, Druckwalzen, Kühlerbänder, Reißverschlüsse, Blattfedern, Hohlwaren, Kugelschreiberminen
Bleche und Bänder für Elektrotechnik
Bleche und Bänder
Uhrenmessing für Räder und Platinen
85 1)
45 1)
Anwendungen
–
–
–
Brinellhärte HB10
5.5 Überzüge auf Metallen
231
232
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Werkstoffkurzzeichen
Werkstoff- MindestMindestnummer Zugfestigkeit 0,2% Rm,N [N/mm2] Dehngrenze Rp 0,2,N [N/mm2 ]
MindestBruchdehnung A5 in %
Mindest- Anwendungen Brinellhärte HB
GD-ZnAl4Cu1 GD-ZnAl4
2.2141.05 2.2140.05
280 250
220 200
2 3
85 70
Druckgußstücke aller Art bei höchsten Anforderungen an Maßhaltigkeit
G-ZnAl4Cu3 GK-ZnAl4Cu3
2.2143.01 2.2143.02
220 240
170 200
0,5 1
90 100
Gußstücke aller Art sowie Lager, Schneckenräder und ähnliche Teile (auch Schleuderguß)
G-ZnAl6Cu1 GK-ZnAl6Cu1
2.2161.01 2.2161.02
180 220
150 170
1 1,5
80 80
für gießtechnisch schwierige Stücke
Abb. 5.38. Zinkbronzen nach DIN 1743 T2
5.5.1 Metallische Überzüge
PVD (Physical Vapor Deposition): Schichten werden durch Aufdampfen, Sputtern o.ä. aufgebracht; CVD (Chemical Vapor Deposition): Schichten werden durch chemische Reaktionen in der Gasphase erzeugt. Anwendungen: Werkzeuge für spanende und umformende Fertigung, höchstbelastete Turbinenschaufeln. Galvanische Überzüge werden durch Elektrolyse in geeigneten Bädern (Säuren oder wässrigen Lösungen) von Metallsalzen erzeugt. So werden Teile verzinnt, verkupfert, verzinkt, cadmiert, vernickelt oder verchromt. Anwendungen: Automobilkarosserie (Verzinken in Pulver = Sheradisieren). Chromieren in Gasatmosphäre oder Schmelze ermöglicht Chromgehalte bis 35% in der Randschicht, die damit korrosions- und zunderbeständig ist. Anwendungen: Kostengünstige Alternative für teuren korrosionsbeständigen Stahl. Schmelztauchüberzüge: Die durch Beizen o.ä. vorbehandelten Bauteile werden in flüssige Metallschmelzen getaucht (Feuerverzinnen, Feuerverzinken, Feuerverbleien, Feueraluminieren). Anwendungen: Verzinntes ,,Weißblech“, Konserverdosen sowie Geräte der Nahrungsmittelindustrie. Aluminieren (Glühen der Bauteile in Al- oder Fe/Al-Pulver) ergibt – je nach Verfahren – harte, spröde, oder weniger spröde, verformbare zunderbeständige Überzüge für Bauteile aus St, Cu, Ms sowie Nickellegierungen z.B. für Gasturbinenschaufeln. Sie verleihen dem Bauteil gute Korrosions- und Zunderbeständigkeit. Metall-Spritzüberzüge lassen sich mit der Spritzpistole aufbringen: Flammspritzen-, Lichtbogen-, Thermospray- und Plasmaverfahren. – Anwendungen als Korrosions- und Verschleißschutz, auch zur Reparatur von Verschleißstellen.
5.6 Kunststoffe (Polymere)
233
Walzplattieren: Die aufgewalzte Schicht verschweißt mit dem unlegierten oder schwachlegierten Stahlblech. – Anwendungen: Höher beanspruchte Behälter und Apparate (Druckbehälter). 5.5.2 Nichtmetallische Überzüge
Überzüge aus Glas, Graphit, Kunststoff, usw. sind häufig eine wirtschaftliche Lösung, wenn hohe Festigkeit (der metallischen Bauteile) und korrosionsbeständige Oberfläche gefordert werden. – Gängige Verfahren: Oxidieren von Stahlteilen durch Eintauchen in heißes Öl (Schwarzbrennen) oder in oxidierende Beizen (Brünieren). – Anwendungen: Kostengünstiger, nicht sehr verschleißfester Korrosionsschutz. Silicieren: Durch Aufdampfen wird eine spröde, zunderbeständige Schicht mit bis zu 20 % Si-Gehalt erzeugt.– Anwendungen: Schutz von Bauteilen aus kohlenstoffarmem Stahl. Borieren in Pulver, Gas oder Salzbädern hoher Temperatur ergibt harte, verschleißfeste Randschichten. – Anwendungen: Schmiedewerkzeuge; Werkzeuge aus Baustahl anstelle von teuren Kaltarbeits- und Schnellarbeitsstählen. Phosphatieren und Chromatieren von Stahl- und Aluminiumteilen durch Eintauchen in heiße Phosphatsäure- oder Phosphat-Lösungen. – Die Wirkung der bis zu 15 mm dicken Schutzschichten wird durch Einölen verbessert. – Anwendungen: Verschleißschutz gleitender Teile (z.B. Zahnräder, Zylinderlaufbuchsen), Manganphosphate auch als Schutz gegen Fressen, ferner als Haftgrund für Lackierungen. Emaillieren ist besonders geeignet als Schutz von Stahl- und Graugußteilen gegen Korrosion durch organische Säuren. Man beachte allerdings: die Deckschichten sind schlag- und thermoschockempfindlich. Bei der Anwendung muß man die unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten von Emaille und Stahl berücksichtigen. Diese Nachteile haben zur Entwicklung der Glaskeramik geführt. – Anwendungen: Chemische Apparate, Transportschnecken, bei Temperaturen bis 230 °C. Organische Beschichtungen können einen wirtschaftlichen Korrosionsschutz bieten. – Je nach Art des aggressiven Mediums eignen sich Überzüge durch Anstreichen, Schichten aus Kunststoffolien, Gummieren, Wirbelsintern, Tauchen in Plastisole.
5.6 Kunststoffe (Polymere) Kunststoffe sind organische Stoffe, die i.allg. synthetisch hergestellt werden. Vielfältige Herstellmöglichkeiten gestatten es, Teile unterschiedlichster Funktion zu erzeugen: Federelemente, Gleitelemente geringer Reibung, Strukturschäume, sowie schlag-, stoß- und abriebfeste, schall- und schwingungsdämpfende, elektrisch isolierende, korrosionsbeständige Elemente.Viele Kunststoffe bieten die Möglichkeit freier Farbauswahl. Bei
234
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
großen Stückzahlen lassen sich auch komplizierte Formteile kostengünstig – z.B. durch Spritzgießen – herstellen. – Werkstoffkennwerte, vergleichende Übersicht s. Abb. 4.3. 5.6.1 Kunststoffarten – Übersicht
Thermoplaste (z.B. Polyamid) – wichtigster Kunststoff mit 75% des Gesamtverbrauchs – sind linear vernetzt. Sie werden mit zunehmender Temperatur dehnbarer, plastisch oder flüssig. Beim Abkühlen gehen sie in den festen Zustand zurück und können durch Wiedererwärmen erneut formbar gemacht werden. Duroplaste sind vollständig und engmaschig vernetzt. Sie werden beim Erwärmen nicht plastisch, sondern bleiben hartelastisch bis zur Zerstörungstemperatur, können nach Formgebung nur noch spanend bearbeitet werden. Elastomere sind weitmaschig vernetzte elastische Kunststoffe, deren Festigkeit und Elastizität in weiten Grenzen eingestellt werden kann (Hartgummi – Weichgummi). Kunststoffschäume werden auf der Basis von Termoplasten, Duroplasten und Elastomeren hergestellt. Ihre Eigenschaften hängen auch ab von Rohgewicht und Zellstruktur des erstarrten Schaums. Harte Schaumkunststoffe mit kompakter Außenhaut eignen sich als Stützkerne steifer Leichtbauelemente (Sandwichbauweise s. Kap. 4). 5.6.2 Eigenschaften der Kunststoffe
Von Metallen unterscheiden sich Kunststoffe wie folgt: – Dichte, E-Modul und Festigkeit sind wesentlich niedriger als bei Stahl (Abb. 5.39). Die geringe Dichte (ca. 1/7 von Stahl) begünstigt die Anwendung im Leichtbau. Häufig ist für die Funktion die zulässige Verformung und nicht die zulässige Spannung maßgebend. – Die Reißlängen von Baustahl E355 und Polyamid sind etwa gleich, d.h. die Beanspruchung durch Massen-, Gewichts- und Zentrifugalkräfte ist bei Bauteilen aus beiden Werkstoffen gleich groß. – E-Modul und Festigkeit sind sehr stark temperaturabhängig (Abb. 5.40, 5.41). – Die meisten Kunststoffe – besonders Thermoplaste – zeigen bereits bei Raumtemperatur unter mechanischer Belastung Kriech- und Relaxationserscheinungen (zeitabhängige Verformungen), in verstärktem Maße mit zunehmender Temperatur. Dieser Einfluß wird durch Alterungserscheinungen, Strahlung, Chemikalieneinwirkung und Bewitterung verstärkt. Der Einsatzbereich ist ferner durch eine bestimmte Temperatur begrenzt, bei der die Festigkeit drastisch abfällt. – Für die Schwingfestigkeit gibt es daher in der Regel keine eindeutige Dauerfestigkeit (Abb. 5.43). Annahmen für die Berechnung s. Abschn. 3.7.3.
0,93 1,25 1,00 1,25 1,26 1,27...1,36 1,25 1,85 1,2...1,39
Butylkautschuk (IIR) Chlorbutadienkautschuk (CR)
Nitrilkautschuk (NBR) Urethankautschuk (PUR)
Weich-Urethankautschuk (PUR)
Chlorepoxypropankautschuk (CO)
Sulfochloriertes Polyethylen (CSM)
Fluorkautschuk (FCM) Weich-PVC sehr weich bis halbhart (PVC-P)
Bei Kunststoffen Bruchfestigkeit sB,N (Abschn. 3.7.1).
0,93 0,94
Cis 1,4 Polyisopren (IR) Styrol-Butadienkautschuk (SBR)
1,5 . . . 1,9
Epoxidharze (EP) 0,93
1,5 . . . 2,0
Ungesättigte Polyesterharze (UP)
Naturkautschuk (NR)
1,5 . . . 2,0
Harnstoff-Formaldehyd-Harze (UF) und Melamin-FormaldehydHarze (MF)
1,14
Polyamid 6 (PA6) 1,4 . . . 1,9
1,425 1,42
Polyoxymethylen (POM) Polyimide (PI)
Phenol-Formaldehyd-Harze (PF)
1,38 . . . 1,40 2,1 . . . 2,3
Polyvinylchlorid hart (PVC) Polytetrafluorethylen (PTFE)
4,505
Ti-Leg. Ti2Pd
1,08 1,06
1,8
Mg-Leg. MgMn2F20
Styrol-Acrylnitril (SAN) Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS)
2,77
Al-Leg. AlCuMg2F44
0,918 . . . 0,960 0,907
7,25
EN-GJL-150
Polyethylen (PE) (isotaktisches) Polypropylen (PP)
7,85
E355
Dichte [kg/dm3]
2 9...27,5
18
5
30
6 20
5 11
1 5
22
60 . . . 200
20 . . . 200
15 . . . 50
15 . . . 40
43
50 . . . 70 180
40 . . . 60 15 . . . 35
78 35 . . . 56
10 . . . 30 21 . . . 37
390
200
440
150
590–770
Zugfestigkeit Rm,N 1) [N/mm2]
7 . . . 40 20 . . . 55
–
–
–
–
–
50 . . . 80
27 . . . 44
90 . . . 110
70 . . . 110 14 . . . 20
140 55...85
–
–
–
–
–
Biegefestigkeit B,b,N [N/mm2]
12
5000 . . . 20 000
3000 . . . 19 000
5000 . . . 9000
6000 . . . 10 000
1500 . . . 3200
2800 3600
1900 . . . 2700 200 . . . 600
3600 1800
260 . . . 600 150 . . . 500
110 000
45 000
72 000
100 000
210 000
E-Modul [N/mm2]
Abb. 5.39. Kennwerte von Kunststoffen; Vergleich mit metallischen Werkstoffen
1)
Elastomere (Gummi)
Duroplaste
Thermoplaste
Metalle
Werkstoff
190 40...100
120
120
80
110 100
120 110
60 80
70
130
140
80 (UF) 130 (MF)
130
100
95 250
65 . . . 90 280
85 85 . . . 100
90 . . . 100 100 . . . 110
300 (?)
300
450
800
1000
Max. Gebrauchstemperatur [°C]
20 . . . 60
20...100
20 . . . 60
10 . . . 50
70 . . . 110
45 50 . . . 60
70 . . . 80 100
60 . . . 80 80 . . . 110
200 . . . 220 160
8,7
26,0
22,8
–
11,5
Längenausdehnungskoeffizient ␣ [10– 6 1/K]
Dichtungen aller Art bei hohen Temperaturen Knochenschrauben, resorbierbar, SicherheitsTrachealtubus zur Nakrose
Auskleidungen von Tanks und Wasserbecken
Seelen von Kraftstoff- und Ölschläuchen Dichtungsbänder, Kitte für Fugen, Laufbahnbeläge
Dichtungen in Bremssystemen Außenhülle von Kraftstoffleitungen
Membranen, Scheibenwischerblätter Bereifungen, Dichtungen für Hydrauliköl
Maschinenlagerungen, Gummi-MetallFederelemente
Elektroinstallationsteile, Behälter, Haushaltsgeräte
UF: Sanitäre Artikel und Haushaltsgeräte
Preßmassen (Griffe, Zahnräder), Bindemittel (für Spanplatten, Schleifscheiben)
Zahnräder, Beschläge, Pumpen
Gleitelemente, Nockenscheiben, Getrieberäder Thermisch beanspruchte ungeschmierte Gleitelemente, Zahnräder, elektr. Isolierungen
Rohre, Armaturen, Behälter Isolierungen, Beschichtungen, Gleitkörper
Abdeckungen, Schaugläser Gehäuse für elektr. Geräte, Karosserieteile
Flaschen, Kraftstofftanks, Haushaltsbehälter Ventilatoren, Batteriegehäuse, Verpackungen
Wärmetauscher, Schrauben
Blechprofile, Kraftstoffbehälter
Profile für Flugzeugbau, Niete, Schrauben
s. Abb. 5.27
s. Abb. 5.10
Anwendungen
5.6 Kunststoffe (Polymere)
235
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Abb. 5.41. Einfluß der Temperatur auf die Zugfestigkeit von Kunststoffen: 1 PE-niedriger Dichte, 2 PEhoher Dichte, 3 SAN, 4 ABS, 5 PVC-hart (Werkstoffbezeichnungen s. Abb. 5.39)
– – – +
쎻 쎻 – 쎻 +
쎻 쎻 쎻 +
+
쎻 쎻
쎻 – +
+ + + 쎻 +
– + – – +
– – – – – +
+ + + + + – 쎻 + – – 쎻 + 쎻 – – +
HalogenAlkane
+ + + + 쎻 + +
Äther
쎻 + + + + 쎻 + +
쎻 + + + + – + – – –
– +
Fette, Öle
+ + – –
+ + + + + 쎻 + + 쎻 + + + 쎻 +
Mineralöl
– – – 쎻
쎻 – – – + + 쎻 –
TreibstoffGemisch
+
+ + + + + + + – 쎻 + + + + +
Benzin
+
Treibstoff und Öle
Benzol
Ketone
–
Ester
+ – – – – + + – + 쎻 + + + + +
Alkohole
+ 쎻 쎻 + + + + – + + + + + + + +
Laugen Lösemittel
schwach
Epoxidharze Harnstoffharz-Preßstoffe Melaminharz-Preßstoffe Phenol-Preßharz Phenolharz(-Schicht-) Preßstoffe Polyethylen, niedere Dichte Polyethylen, hohe Dichte Polyamide Polycarbonat Polyester-Harze Polymethylmethacrylat desgl., Cop., mit Acrylnitril Polypropylen Polyvinylchlorid hart dsgl. mit ca. 40% Weichmacher Polytetrafluorethylen
Flußsäure
Kunststoff
stark im allg. oxydierend
Säuren
schwach im allg.
Beständig gegen
Halogene (trocken)
Abb. 5.40. Einfluß der Temperatur auf den E-Modul von Thermoplasten bei zügiger, kurzzeitiger Zugbeanspruchung (Werkstoffbezeichnungen s. Abb. 5.39) [5.3-16]
stark
236
+ + + + + – 쎻 + 쎻
+ + + + + + + + + + +
+ + + + + – + + + – + 쎻
– +
+ + + + + 쎻 + + + + + + + 쎻 +
+ + + + + + + + + + + + + 쎻 +
– +
– – +
+
Die Beständigkeitswerte sind durchweg durch Lagerung von Probekörpern in den einzelnen Chemikalien ermittelt. Zusätze, Verarbeitungsverfahren, gleichzeitige Beanspruchung im Gebrauch können das hier angezeigte Verhalten erheblich beeinflussen. + beständig, 쎻 bedingt beständig, – unbeständig.
Abb. 5.42. Chemische Beständigkeit von Kunststoffen. Richtwerte für Dauergebrauch bei 20 °C
5.6 Kunststoffe (Polymere)
1)
237
Werkstoffe
Relative 1) Relative 1) spezifische spezifische Zugfestigkeit Steifigkeit
Relative 1) spezifische Dauerfestigkeit
Relative Kosten pro Einheit Zugfestigkeit
Relative Kosten pro Einheit Steifigkeit
Relative Kosten pro Einheit Ermüdungsfestigkeit
Graphitfasern/ Epoxid-Verbund
4
5
15
17,5
14
4,67
Glasfasern/ Epoxid-Verbund
4
0,85
4
1,75
8,4
1,87
Stahl Rm = 1240 N/mm2
1
1
1
1
1
1
Bezogen auf die Werkstoffdichte.
Abb. 5.43. Relative Werkstoff- und Kosten-Kennwerte von Faserverbundwerkstoffen im Vergleich mit Stahl
– Die Feuchtigkeit beeinflußt, wenn auch nur in geringem Maße, die mechanischen Eigenschaften. Die Bauteile quellen ferner bis zu einigen Vol% auf. – Die lineare Wärmedehnung ist 2,5…5mal so groß wie bei Stahl. Dies ist bei der Festlegung der Abmaße zu berücksichtigen. – Die Wärmeleitfähigkeit beträgt nur etwa 1/100 der von Stahl. Kunststoffe werden daher als Wärmeisolatoren eingesetzt.Wärme muß durch andere Maßnahmen abgeführt werden. – Chemische Beständigkeit s. Abb. 5.42. 5.6.3 Faserverbundwerkstoffe
Durch eingelagerte Stoffe kann man manche Eigenschaften gezielt verbessern,z.B.die Schwingungs- und Geräuschdämpfung,die Warmformbeständigkeit, die Schwindung (durch Füllstoffe) oder die mechanischen Eigenschaften (durch Verstärkungsstoffe). Sehr dünne Fäden aus flüssigem Glas, Kohle- oder Aramidfasern werden zu Rovings (zu Strängen zusammengefaßte Fäden), Geweben, Matten, Bändern, Schnüren, Schläuchen und Wirkwaren verarbeitet und kraftfluß- und momentenflußgerecht in die Kunststoffmatrix eingebettet. Die Faser bestimmen Zugfestigkeit, E-Modul und Querkontraktion des Verbunds in Faser-Längsrichtung. Senkrecht dazu dominieren die Eigenschaften der Matrix. Nachteilig ist die Neigung zur Rißbildung in der Matrix weit unterhalb der Zugfestigkeit der Fasern und bei Langzeitbelastung sowie die Kriechneigung des MatrixWerkstoffs. – Einem verbreiteten Einsatz im Maschinenbau stehen heute noch die hohen Kosten gegenüber, Abb. 5.43. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.44. Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) sind die preisgünstigste, überwiegend benutzte Variante der Faserverbundwerkstoffe. Kohlefaserverstärkte Kunststoffe (CFK). Im Vergleich zu glasfaserverstärkten Kunststoffen erhält man hiermit deutlich höhere E-Module, niedrigeres spezifisches Gewicht, niedrigere Wärmeausdehnungskoeffizienten sowie höhere elektrische und thermische Leitfähigkeit. – Man
238
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Faserverbundwerkstoff
GFK
Unidirektional ± 45°-Gewebe
CFK
Elastizitätsmodul E [kN/mm2]
Schubmodul G [kN/mm2]
0°
0°
45°
90° 4,3 4,3
45°
90°
Dichte [kg/dm3]
Längenausdehnungskoeffizient ␣ [10– 6 · 1/K] 0° 45° 90°
Anwendungen
1,98 1,77
– –
– –
Teile für Luftfahrt, wie z.B. Verkleidungen, Einrichtungen, Flügel, Leitwerk; Automobilindustrie z. B. Blattfedern, Pleuel, Wellen
43,4 27,6
– 13,6
11,5 27,6
4,3 4,3
– 12,4
Uni Gewebe
133 71,3
– 16,5
9,3 71,3
4,6 4,6
– 34,4
4,6 4,6
1,52 1,52
0,23 2,6
– 2,6
CFK-HM (HM-Hochmodul
Uni Gewebe
225,5 116
– 7,5 16,2 116,7
4,3 4,3
– 57,4
4,3 4,3
1,57 1,57
0,73 1,0
– 1,0
42,6 1,0
CFK-UHM
Uni Gewebe
298,4 151,3
– 3,7 11,8 151,3
3,07 3,07
– 75,0
3,07 3,07
1,57 1,57
– 1,2 – 0,5
– – 0,5
40,0 – 0,5
AFK (Kevlar)
Uni Gewebe
83,6 44,7
– 12,5
3,6 3,6
– 21,4
3,6 3,6
1,35 1,35
– 2,0 2,7
– 2,7
58,6 2,7
5,2 44,7
– –
0,29 2,6
Verdichterkolben, Werkzeugspindeln, Lagerschalen Teile für Raumfahrt, Pleuel
Dichtungen, Höhen und Querruder (Segelflugzeug) Brems- und Kupplungsbeläge
Abb. 5.44. Mechanische und thermische Eigenschaften von Faserverbundwerkstoffe und Aluminium
beachte: der E-Modul erreicht den Wert von Stahl, allerdings ist die geringe Bruchdehnung für viele Konstruktionen problematisch. Aramidfaserverstärkte Kunststoffe (AFK). Die zur Verstärkung benutzten hochfesten Aramidfasern sind zäh, die Bauteile daher schwer zerspanbar. Für die Matrix verwendet man EP-Harze und Thermoplaste. Gegenüber Kohlefasern besitzt die Aramidfaser eine höhere Elastizität.
5.7 Verbundwerkstoffe mit Rißstop-Effekt Dies ist eine neue Klasse von Leichtbau-Werkstoffen, die für hoch beanspruchte Flugzeugteile entwickelt wurden. Schichten von dünnen Blechen aus Aluminium-Legierungen werden mittels Epoxidharz-Klebstoffen mit Gewebeschichten aus Kohle- oder Aramid-Fasern verklebt; nach dem Aushärten werden sie vorgespannt, so daß ein System mit günstigen Eigenspannungen entsteht. Beispiel s. Abb. 5.45. Gegenüber Bauteilen aus Aluminiumlegierungen erreicht man eine Gewichtsersparnis von 20…30%.
Abb. 5.45. Metall-Gewebe-Verbund mit Rißstop-Effekt. Gewebe: Aramid- und Glasfasern (parallel und gekreuzt), Klebstoff: Epoxidharz [5.3-12]
5.9 Keramische Werkstoffe
239
Bedingt durch die hochfesten Fasern ergibt sich eine hohe statische und dynamische Festigkeit. Schwingbruchanrisse in der Metallschicht werden durch das Gewebe überbrückt, der Rißfortschritt wird gebremst. Korrosion wird an der ersten Gewebe-Kleb-Schicht gestoppt; dadurch kann man längere Inspektionsintervalle zulassen. Infolge des hohen Schmelzpunktes der Fasern ergibt sich ferner ein besserer Feuerschutz [5.3-12].
5.8 Elastomere (Gummi, Kautschuke) Grundstoffe sind natürlicher und synthetischer Kautschuk und Zusätze verschiedener Art. Diese werden durch Vulkanisation (meist mit Schwefel oder schwefelhaltigen Stoffen) bei Temperaturen über 140°C unter Preßdruck vernetzt. Der Kautschuk bestimmt die mechanischen Eigenschaften und die chemische Widerstandsfähigkeit. Durch die Zusatzwerkstoffe, wie z.B. Weichmacher, Alterungsschutzmittel, Füll- und Farbstoffe lassen sich die Eigenschaften gezielt einstellen. – Werkstoffkennwerte und Anwendungen s. Abb. 5.39.
5.9 Keramische Werkstoffe Für technische Anwendungen wurden oxid- und nichtoxid-keramische Werkstoffe entwickelt. Beide sind elektrisch nicht leitend. Sie sind beständig gegen Oxidation und Korrosion gegenüber vielen agressiven Medien, auch bei hohen Temperaturen. Sie sind besonders verschleißfest. Nachteilig ist die geringe Stoßfestigkeit, die hohe Kaltsprödigkeit. Die Verarbeitung ist aufwendig.
Eigenschaften/Oxid
Al2O3
BeO
ZrO2
(%-Gehalt Grundwerkstoff)
(95–98)
(99)
(90)
E-Modul [kN/mm2]
300–380
370
150–200
Biegefestigkeit bei Raumtemperatur [N/mm2]
290–400
230
50–500 1)
Längenausdehnungskoeffizient a [10– 6 1/K]
≈8
≈9
6–11 1)
Wärmeleitfähigkeit [W/(mK)]
20–30
240
3
Brinellhärte HB
1900–2300
–
–
1)
abhängig von Art und Menge der Stabilisierung.
Abb. 5.46. Eigenschaften oxidkeramischer Werkstoffe
240
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
Eigenschaften/Werkstoff B4C
BN
SiB6
SiC
Si3N4
AlN
Kristallstruktur
rhombisch
hexagonal
kubisch
rhombisch
kub/hex.
hexagonal
hexagonal
Beständig in oxidischer Atmosphäre bis [°C]
800
800
1400
1400
1600
1600
800
Dichte [g/cm3]
2.51
2.27
3.48
2.43
3.21
3.21
3.26
Wärmeausdehnungskoeffizient (20–1400 °C) [10– 6 1/K]
6.5
0.5/10
–
6
5
3
6
Wärmeleitfähigkeit bei 20 °C [W/mK]
29
15/29
–
9
100
17
29
Mikrohärte Knoop [100 g]
2800
< 500
4700
2300
2400
2200
1200
Biegefestigkeit bei 20 °C [N/mm2]
400
60/120
–
300
800
1000
300
Biegefestigkeit bei 1400 °C [N/mm2]
200
10/20
–
–
600
500
150
Druckfestigkeit [N/mm2]
3000
240/320
–
–
3000
3000
2000
E-Modul [kN/mm2]
460
40 – 90
280
420
360
350
Abb. 5.47. Eigenschaften heißgepreßter nichtoxidkeramischer Werkstoffe [5.3-11]
Typische Anwendungen der Oxidkeramik sind Drahtziehdüsen, Kaltform- und Schneidwerkzeuge. Nichtoxidkeramik eignet sich – wegen der hohen Festigkeit bei hohen Temperaturen – für Brennerelemente, Schweißdüsen, Gasturbinenteile, u.ä. . – Mechanische und thermische Eigenschaften s. Abb. 5.46, 5.47 bzw. [5.3-3], [5.3-8], [5.3-9].
5.10 Literatur Normen, Richtlinien 5.1-1 DIN 1614 (1986) Warmgewalztes Band und Blech; Techn. Lieferbedingungen; Weiche unlegierte Stähle zum Kaltwalzen. Berlin, Beuth 5.1-2 DIN 1624 (1987) Flacherzeugnisse aus Stahl; Kaltgewalztes Band in Walzbreiten bis 650 mm aus weichen unlegierten Stählen; Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-3 DIN 1651 (1988) Automatenstähle; Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-4 DIN 1681 (1985) Stahlguß für allgemeine Verwendungszwecke; Technische Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-5 DIN 1694 (1991) Austenitisches Gußeisen. Berlin, Beuth 5.1-6 DIN 1705 (1981) Kupfer-Zinn- und Kupfer-Zinn-Zink-Gußlegierungen; (Guß-Zinnbronze und Rotguß); Gußstücke. Berlin, Beuth 5.1-7 DIN 1709 (1981) Kupfer-Zinn-Gußlegierungen (Guß-Messing und Guß-Sondermessing). Berlin, Beuth
5.10 Literatur
241
5.1-8 DIN 1712 (1976) Aluminium; T1: Masseln. T3: Halbzeug. Berlin, Beuth 5.1-9 DIN 1714 (1981) Kupfer-Aluminium-Gußlegierungen; (Guß-Aluminiumbronze) Gußstücke; Beiblatt 1: Anhaltswerte über mechanische und physikalische Eigenschaften. Berlin, Beuth 5.1-10 DIN 1716 (1981) Kupfer-Blei-Zinn-Gußlegierungen: (Guß-Zinn-Blei-Bronze) Gußstücke; Beiblatt 1: Anhaltswerte über mechanische und physikalische Eigenschaften. Berlin, Beuth 5.1-11 DIN 1725 (1986) Aluminiumlegierungen; T1: Knetlegierungen. T2: Gußlegierungen. Berlin, Beuth 5.1-12 DIN 1729 (1982/1973) Magnesiumlegierungen; T1: Knetlegierungen, Bl. 2: Gußlegierungen; Sandguß, Kokillenguß, Druckguß. Berlin, Beuth 5.1-13 DIN 1743 (1978/1987) Feinzinkgußlegierungen; T1: Blockmetalle. T2: Gußstücke aus Druck-, Sand- und Kokillenguß. Berlin, Beuth 5.1-14 DIN 1745 (1983) Bänder und Bleche aus Aluminium und Aluminium-Knetlegierungen mit Dicken über 0,35 mm; T1: Eigenschaften. Berlin, Beuth 5.1-15 DIN 1788 (1983) Bänder und Bleche aus Aluminium-Knetlegierungen mit Dicken von 0,021...0,35 mm; Eigenschaften. Berlin, Beuth 5.1-16 DIN 9715 (1982) Halbzeug aus Magnesium-Knetlegierungen; Eigenschaften. Berlin, Beuth 5.1-17 DIN 17210 (1986) Einsatzstähle; Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-18 DIN 17211 (1987) Nitrierstähle; Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-19 DIN 17221 (1979) Warmgewalzte Stähle für vergütbare Federn; Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-20 DIN 17222 (1979) Kaltgewalzte Stahlbänder für Federn; Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-21 DIN 17223 (1984/1990) Runder Federstahldraht; T1: Patentiert-gezogener Federdraht aus unlegierten Stählen, Techn. Lieferbedingungen. T2: Ölschlußvergüteter Federstahldraht aus unlegierten und legierten Stählen, Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-22 DIN 17224 (1982) Federdraht und Federband aus nichtrostenden Stählen; Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-23 DIN 17225 (1955) Warmfeste Stähle für Federn; Güteeigenschaften. Berlin, Beuth 5.1-24 DIN 17245 (1987) Warmfester ferritischer Stahlguß; Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-25 DIN 17280 (1985) Kaltzähe Stähle; Techn. Lieferbedingungen für Blech, Band, Breitflachstahl, Formstahl, Stabstahl und Schmiedestücke. Berlin, Beuth 5.1-26 DIN 17440 (1985) Nichtrostende Stähle; Techn. Lieferbedingungen für Blech, Warmband, Walzdraht, gezogenen Draht, Stabstahl, Schmiedestücke und Halbzeug. Berlin, Beuth 5.1-27 DIN 17445 (1984) Nichtrostender Stahlguß; Technische Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-28 DIN 17460 (1992) Hochwarmfeste austenitische Stähle; Technische Lieferbedingungen für Blech, kalt- und warmgewalztes Band, Stäbe und Schmiedestücke. Berlin, Beuth 5.1-29 DIN 17662 (1983) Kupfer-Knetlegierungen, Kupfer-Zinn-Legierungen; (Zinnbronze), Zusammensetzung. Berlin, Beuth 5.1-30 DIN 17665 (1983) Kupfer-Knetlegierungen, Kupfer-Aluminiumlegierungen; (Aluminiumbronze), Zusammensetzung. Berlin, Beuth 5.1-31 DIN 17670 (1983/1969) Bänder und Bleche aus Kupfer und KupferKnetlegierungen; T1: Eigenschaften. Bl. 2: Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-32 DIN 17671 (1983/1969) Rohre aus Kupfer und Kupfer-Knetlegierungen; T1: Eigenschaften. Bl. 2: Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth
242
5 Werkstoffe, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung
5.1-33 DIN 17672 (1983/1974) Stangen aus Kupfer und Kupfer-Knetlegierungen; T1: Eigenschaften. Bl. 2: Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-34 DIN 17862 (1993) Stangen aus Titan und Titanlegierungen; Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-35 DIN 17865 (1990) Gußstücke aus Titan und Titanlegierungen; Feinguß Kompaktguß. Berlin, Beuth 5.1-36 DIN 17869 (1992) Werkstoffeigenschaften von Titan und Titanlegierungen; Zusätzliche Angaben. Berlin, Beuth 5.1-37 DIN 30910 (1990) Sintermetalle; Werkstoff-Leistungsblätter (WLB). Berlin, Beuth 5.1-38 DIN 40500 T1 (1980) Kupfer für die Elektrotechnik; Bleche und Bänder aus Kupfer und silberlegiertem Kupfer. Berlin, Beuth 5.1-39 DIN 50190 T1 (1978) Härtetiefe wärmebehandelter Teile; Ermittlung der Einsatzhärtungstiefe. Berlin, Beuth 5.1-40 DIN EN 1561 (1997) Gußeisen mit Lamellengraphit. Berlin, Beuth 5.1-41 DIN EN 1562 (1997) Temperguß. Berlin, Beuth 5.1-42 DIN EN 1563 (1997) Gußeisen mit Kugelgraphit. Berlin, Beuth 5.1-43 DIN EN 1564 (1997) Bainitisches Gußeisen. Berlin, Beuth 5.1-44 DIN EN 10113 (1993) Warmgewalzte Erzeugnisse aus schweißgeeigneten Feinkornbaustählen; T1: Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-45 DIN EN 10025 (1994) Warmgewalzte Erzeugnisse aus unlegierten Baustählen; Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-46 DIN EN 10027 (1992) Bezeichnungssysteme für Stähle; T1: Kurznahmen, Hauptsymbole. T2: Nummernsystem. Berlin, Beuth 5.1-47 DIN EN 10130 (1991) Kaltgewalzte Flacherzeugnisse aus weichen Stählen zum Kaltanformen; Techn. Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 5.1-48 DIN EN 10137-2 (1995) Blech und Breitflachstahl aus Bauteilen mit höherer Streckgrenze im vergüteten oder im ausscheidungsgehärteten Zustand – Lieferbedingungen für vergütete Stähle. Berlin, Beuth 5.1-49 DIN EN 10083 (1991) Vergütungsstähle; T1: Techn. Lieferbedingungen für Edelstähle. T2: Techn. Lieferbedingungen für unlegierte Qualitätsstähle. Berlin, Beuth 5.1-50 (1992) Taschenbuch der Stahl-Eisen-Werkstoffblätter. Verein Deutscher Eisenhüttenleute. 7. Aufl. Verlag Stahleisen, Düsseldorf SEW 0-83 (12/1984) Schweißgeeignete Feinkornbaustähle, thermomechanisch umgeformt. Technische Lieferbedingungen für Formstahl, Band und Breitflachstahl SEW 087 (6/1981) Wetterfeste Baustähle; Hinweise aus Lieferung, Verarbeitung und Anwendung SEW 101 (10/1988) Ausscheidungsgehärtete ferritisch-perlitische Stähle mit Vanadium-Zusatz für eine geregelte Abkühlung von der Warmforgebungstemperatur SEW 400 (2/1991) Nichtrostende Walz- und Schmiedestähle SEW 410 (5/1988) Nichtrostender Stahlguß; Techn. Lieferbedingungen Bücher, Zeitschriften 5.3-1 Niemann G, Winter H (1989) Maschinenelemente, Bd. II. 2. Aufl. Berlin, Springer 5.3-2 Dubbel (1998) Taschenbuch für den Maschinenbau. 19. Aufl. Berlin, Springer 5.3-3 Tietz H-D (1994) Technische Keramik – Aufbau, Eigenschaften Herstellung, Bearbeitung, Prüfung. VDI-Verlag, Düsseldorf 5.3-4 Stahlkatalog: Saarstahl GmbH
5.10 Literatur
243
5.3-5 Spies H-J (1977) Beitrag zu den Grundlagen und der Methodik der Werkstoffauswahl. IFL-Mitteilungen 16: 107–113 5.3-6 Schott G (1975) Kostenbezogener Gebrauchswertfaktor als Grundlage für eine technisch und ökonomisch begründete Werkstoffauswahl. Maschinenbautechnik 24: 482–486 5.3-7 Schäning K (1992) Internationaler Vergleich von Standard-Werkstoffen. 4. Aufl. Berlin-Köln: Beuth 5.3-8 Fischer K-F (1992) Konstruktionskeramik – Berechnungsmethoden, Festigkeit, Lebensdauer, Zuverlässigkeit. Leipzig: Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie 5.3-9 Munz D, Fett D (1989) Mechanisches Verhalten keramischer Werkstoffe. Berlin, Springer 5.3-10 Lüpfert H (1966) Metallische Werkstoffe. Prien: C.F. Winter 5.3-11 Handbuch der Keramik Gruppe II, Schmidt-Verlag 5.3-12 Schijve J. Development of Fiber-Metal Laminates (ARALL and GLARE), New Fatigue Resistant Materials. In. – Proceedings of the Fifth International Conference on Fatique and Fatigue Thresholds, 3–7 May 1993, Montreal, Quebec, Canada, Vol. I, 3–20 5.3-13 Degenkolb J (1988) Stahlsorten und Ihre Eigenschaften. In: Stähle für den Stahlbau, Eigenschaften,Verarbeitung und Anwendung. Berichtsband, Hrsg.: Verein deutscher Eisenhüttenleute (VDEh). Stahleisen, Düsseldorf: 26–50 5.3-14 Schatt W. Werkstoffe des Maschinen- Anlagen- und Apparatebaus. 5. Aufl. Heidelberg: Hüthig 5.3-15 Zouhar G (1997) Moderne Werkstoffe – einführende Betrachtungen.Wissenschaftliche Zeitschrift der TU Dresden 46: 1, 1–10 5.3-16 Erhard G (1995) Konstruieren mit Kunststoffen. München: Hanser
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
6.1 Normen Durch einheitliche Abmessungen, Größenabstufungen, Qualitätsvorschriften usw. kann man die Typenzahl von Erzeugnissen verringern und damit die Lagerhaltung, Ersatzteilbeschaffung und Handhabung erheblich erleichtern, ferner aber auch die Herstellung verbilligen, die erforderliche Qualität sichern, die Sicherheit und Kontrolle im technischen Verkehr erhöhen und Doppelarbeit vermeiden. Normen sind auch für die Schnittstellen von Maschinen und Geräten (z.B. Antriebsmotor – Arbeitsmaschine, elektrische Anschlüsse) erforderlich. Im Maschinenbau benutzt man Normen in größerem Ausmaß. Dazu gehören die DIN (Deutsches Institut für Normung) – Normen, die meist auch die internationalen Empfehlungen der ISO (International Organization for Standardization) berücksichtigen bzw. übernommene Europäische Normen (EN) des CEN (Comité Européen de Normalisation) darstellen, und die – teilweise als Vorgänger der DIN-Normen zu bewertenden – Richtlinien von Berufsgruppen, z.B. des VDI (Verein Deutscher Ingenieure) oder des VDE (Verein Deutscher Elektrotechniker) u.ä. Innerhalb des gesamten Normenwerkes kann man unterscheiden zwischen: – – – – –
Grund- bzw. Konstruktionsnormen Maßnormen Gütenormen Berechnungsnormen Liefernormen
– – – – –
Prüfnormen Sicherheitsnormen Stoffnormen Planungsnormen Baumusternormen, usw.
Die für verschiedene Maschinenelemente gültigen Normen werden in den betreffenden Kapiteln behandelt, hier nur die allgemein übergeordneten Normen.
6.2 Normzahlen Sie dienen zur günstigen Größenstufung der Typen, Durchmesser, Drehzahlen, Tragkräfte, Leistungen, usw. Man verwendet hierfür die gerundeten Werte dezimalgeometrischer Reihen. Abbildung 6.1 zeigt die meist verwendeten Hauptwerte.
245
6.3 Toleranzen, Abweichungen
Reihe Sprung R5
d5 10 ≈ 1,6
5
R 10
10 5
R 20
20 5
R 40
40 5
R5
Normzahlen 1
1,6
d10 ≈ 1,25 1 d10 ≈ 1,12 1
1,25 1,12
2,5
1,6
1,25
1,4
2
1,6
1,8
2,5
2
2,24
2,5 2,8
d10 ≈ 1,06 1 1,06 1,12 1,18 1,25 1,32 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 2 2,12 2,24 2,36 2,5 2,65 2,8 3 d5 10 ≈ 1,6
5
R 10
10 5
R 20
20 5
R 40
40 5
4
d10 ≈ 1,25 3,15 d10 ≈ 1,12 3,15
6,3
4 3,55
4
5 4,5
5
6,3 5,6
d10 ≈ 1,06 3,15 3,35 3,55 3,75 4 4,25 4,5 4,75 5 5,3 5,6 6
6,3
8 7,1
6,3 6,7 7,1 7,5
8
9
8
8,5 9 9,5
Abb. 6.1. Normzahlreihen. Hauptwerte der Grundreihen nach DIN 323
Weitere Normzahlen gewinnt man durch Multiplikation mit 10, 100 oder 1000 usw. Im Maschinenbau bevorzugt man die Reihen R10 und R20.
6.3 Toleranzen, Abweichungen Um wirtschaftlich zu fertigen, muß man Abweichungen von der Idealgestalt, d.h. Herstelltoleranzen, zulassen. Eine Abweichung ist die Differenz zwischen dem Istmaß und dem Nennmaß. Man unterscheidet Maß-, Form-, Lage- und Oberflächenabweichungen (Abb. 6.2). Eine Toleranz ist die Differenz zwischen dem zugelassenen Größtund Kleinstwert einer meßbaren Eigenschaft. Sie sollten nicht enger als – von der Funktion her – nötig vorgeschrieben werden. – Man beachte: Solange die Abweichung innerhalb der Toleranz liegt, besteht kein Herstellfehler. 6.3.1 Maßtoleranzen
Erläuterung der Grundbegriffe s. Abb. 6.3. Maßabweichungen sind ein Element der Grobgestalt, Abschn. 6.6.1. – Die Maßtoleranz wird zum Nennmaß gesetzt, entweder direkt durch Eintragung der Grenzabmaße oder indirekt durch ein ISO-Toleranzkurzzeichen.
Abb. 6.2. Gestaltabweichungen am Beispiel einer Bohrung [6.3-2]
246
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen Abb. 6.3. Maße, Abmaße und Toleranzen von Bauteilen
Beispiele: 25
+ 0,15 – Höchstmaß – (Toleranzfeldbreite 0,25 mm) – 0,10 – Mindestmaß
Grenzmaßeintragung
– (Toleranzfeldbreite 0,05 mm) ➝ Grenzmaßeintragung
25 – 0,05
35 f 7 (kleiner Buchstabe bei Außenflächen) – ISO-Kurzzeichen 55 H8 (großer Buchstabe bei Innenflächen) – ISO-Kurzzeichen. Nach dem ISO-System kennzeichnet man die Lage des Toleranzfeldes zur Nullinie (d.h. zum Nennmaß) durch einen oder zwei Buchstaben, und zwar bei Wellen (Außenmaße) durch Kleinbuchstaben, bei Bohrungen (Innenmaße) durch Großbuchstaben, Prinzip s. Abb. 6.4; Zahlenwerte liefern die in DIN ISO 286 T1 angegebenen Formeln. Die nachgestellte Zahl
Abb. 6.4. Toleranzfelder des ISO-Systems nach DIN ISO 286 T1
6.3 Toleranzen, Abweichungen
247
kennzeichnet die Breite des Toleranzfeldes, den Grundtoleranzgrad, d.h. die Feinheit der Toleranz. In DIN ISO 286 T1 sind 20 Grundtoleranzgrade (früher Qualitäten) festgelegt: 01…18. Üblicherweise benutzt man die Grundtoleranzgrade 01…4 für Meßwerkzeuge, 5…11 für Geräte und Maschinen. Die Breite des Toleranzfeldes ist ein Vielfaches des Toleranzfaktors (früher Toleranzeinheit) i: 3
i = 0,45 · kl D + 0,001 · D ,
(6.1)
mit i in µm, Referenzdurchmesser eines Durchmesserbereichs D in mm! (Bestimmung von D s. Beispiel 6.1). (Ab D > 500 mm statt i Toleranzfeldfaktor I = 0,004 · D + 2,1). Abbildung 6.5 zeigt die hieraus abgeleiteten Grundtoleranzen der Grundtoleranzgrade 1...18, Formeln für die Grundtoleranzen s. Abb. 6.6. Beispiel 6.1 (nach Abb. 6.5): ISO-Toleranzreihe IT, Grundtoleranzgrad 6, Nennmaßbereich über D1 =30 mm bis D2 =50 mm, Referenzdurchmesser D=(D1 · D2)0,5 = 38,73 mm, i = 0,45 · D1/3 +0,001 · D=1,56 µm, Toleranzfeldbreite T=10 · i = 15,6 µm16 µm, gerundeter Wert in Abb. 6.5 enthalten, s. auch Abb. 6.7.
Nennmaß in mm
Grundtoleranzgrade IT1
IT2
IT3
IT4
IT5
IT6
IT7
IT8
über bis
IT9
IT10 IT11 IT12 IT13 IT14 IT15 IT16 IT17 IT18
Grundtoleranzen µm
–
mm
3 0,8
1,2
2
3
4
6
10
14
25
40
60 0,1
3
6 1
1,5
2,5
4
5
8
12
18
30
48
75 0,12 0,18 0,3
6
10 1
1,5
2,5
4
6
9
15
22
36
56
90 0,15 0,22 0,36 0,58 0,9
10
18 1,2
2
3
5
8
11
18
27
43
70
110 0,18 0,27 0,43 0,7
18
30 1,5
2,5
4
6
9
13
21
33
52
84
30
50 1,5
2,5
4
7
11
161) 25
39
62
100 160 0,25 0,39 0,62 1
50
80 2
3
5
8
13
19
30
46
74
120 190 0,3
80
120 2,5
4
6
10
15
22
35
54
87
120
180 3,5
5
8
12
18
25
40
63
180
250 4,5
7
10
14
20
29
46
250
315 6
8
12
16
23
32
315
400 7
9
13
18
25
400
500 8
10
15
20
27
1)
0,14 0,25 0,4
0,6
1
0,48 0,75 1,2
1,4 1,8
1,5
2,2
1,1
1,8
2,7
130 0,21 0,33 0,52 0,84 1,3
2,1
3,3
1,6
2,5
3,9
0,46 0,74 1,2
1,9
3
4,6
140 220 0,35 0,54 0,87 1,4
2,2
3,5
5,4
100
160 250 0,4
2,5
4
6,3
72
115
185 290 0,46 0,72 1,15 1,85 2,9
4,6
7,2
52
81
130
210 320 0,52 0,81 1,3
2,1
3,2
5,2
8,1
36
57
89
140
230 360 0,57 0,89 1,4
2,3
3,6
5,7
8,9
40
63
97
155
250 400 0,63 0,97 1,55 2,5
4
6,3
9,7
s. Abschn. 6.3.1, Beispiel 6.1.
Abb. 6.5. Zahlenwerte der Grundtoleranzen IT nach DIN ISO 286 T1
0,63 1
1,6
248
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
Nennmaß in mm
Grundtoleranzgrade IT1
IT2
IT3
IT4
über
bis
–
500
–
–
3150
2I
2,7 I 3,7 I 5 I
500
IT5
IT6
IT7
IT8
IT9
IT10
IT11 IT12
IT13
IT14 IT15
IT16
IT17
IT18
Formeln für Grundtoleranzen (Ergebnisse in µm) –
–
7i
10 i
16 i
25 i
40 i
64 i
100 i 160 i 250 i 400 i 640 i 1000 i 1600 i 2500 i
7I
10 I
16 I
25 I
40 I
64 I
100 I 160 I 250 I 400 I 640 I 1000I 1600I 2500I
Abb. 6.6. Bestimmung der Grundtoleranzen bei den Grundtoleranzgraden IT1… IT18 mit i nach (6.1)
Eine begrenzte, allgemein gültige Auswahl wird in DIN 7157 empfohlen, Abb. 6.7. Der Konstrukteur muß versuchen, sich auf die empfohlenen ISO-Toleranzfelder zu beschränken, damit man mit möglichst wenig Werkzeugen und Lehren auskommt. Man beachte: Maßtoleranzen allein können weder ein Werkstück ausreichend beschreiben, noch seine geometrische Funktionsfähigkeit sicherstellen, Abb. 6.2. 6.3.2 Form- und Lagetoleranzen
Formabweichungen sind ein Element der Grobgestalt, nicht jedoch die Lageabweichungen (Abschn. 6.6.1). Formtoleranzen begrenzen die zulässigen Abweichungen eines Elements von seiner geometrisch idealen Form. Abgrenzung zwischen Formabweichungen (Grobgestalt) und Feingestalt (Welligkeit, Rauheit) s.Abschn. 6.5.1. – In Abb. 6.8 sind die tolerierten Eigenschaften und ihre Symbole dargestellt. Die wichtigsten Eigenschaften zur Beschreibung der geometrischen Form sind Geradheit, Ebenheit und Rundheit. Besonders bei Führungsflächen werden hohe Anforderungen an die Ebenheit gestellt; Lagerzapfen müssen mit einer kleinen Maßtoleranz gefertigt werden; ebenso müssen sie jedoch annähernd frei von Rundheitsabweichungen und zylindrisch (weder ballig noch kegelig) sein. Bei Kugeln und Rollen der Wälzlager sind die Formtoleranzen von entscheidender Bedeutung für ihre Funktion. Lagetoleranzen begrenzen die zulässigen Abweichungen von der idealen Lage zweier oder mehrerer Elemente zueinander, von denen eines – und zwar das für die Funktion entscheidende – als Bezug festgelegt wird. Es wird zwischen Toleranzangaben zur Festlegung der Richtung, der Lage sowie Rund- und Planlauf unterschieden, Abb. 6.9. 6.3.3 Allgemeintoleranzen (Freimaßtoleranzen)
Zur Vereinfachung von Zeichnungen wurden in DIN 7168 Allgemeintoleranzen für Längen- und Winkelmaße sowie für Form und Lage festgelegt. Jedes Maß, das keine Toleranzangabe trägt, ist innerhalb dieser Werkstatttoleranzen zu fertigen. Diese müssen so groß sein, daß sie möglichst ohne
6.3 Toleranzen, Abweichungen
249
Abb. 6.7. ISO-Toleranzfelder und -Abmaße nach DIN 7157 (Abmaße in µm), schraffiertes Feld nach Beispiel 6.1: Toleranzfeldbreite T = 16 µm
250
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
Abb. 6.8. Symbolik und Beispiele zur Beschreibung von Formtoleranzen nach DIN ISO 1101
Schwierigkeiten eingehalten werden bzw. sich von selbst ergeben und mit den allgemein in der Werkstatt gebräuchlichen Meßmitteln (Meßschieber, Meßschraube, Tiefenmaß usw.) genügend genau nachgeprüft werden können. Die Arbeitsvorbereitung hat damit einen Anhalt, für welche Maße besondere Arbeitslehren und Vorrichtungen erforderlich sind. Wenn kleinere Toleranzen notwendig oder größere Toleranzen zulässig sind, müssen sie einzeln angegeben werden. Wenn man nach dem Unabhängigkeitsprinzip (Abschn. 6.3.4.1) arbeitet, müssen Allgemeintoleranzen für Form und Lage angegeben werden, beim Hüllprinzip (Abschn. 6.3.4.2) nur für die Lage. Der Begriff ,,werkstattübliche Genauigkeit“ impliziert, daß die genormten Allgemeintoleranzen nur für bestimmte Fertigungsverfahren gültig sind. Man muß also stets die richtige Norm auf der Zeichnung angeben, Abb. 6.10. Allgemeintoleranzen für spanende Verfahren s. auch
6.3 Toleranzen, Abweichungen Abb. 6.9. Symbolik und Beispiele zur Beschreibung von Lagetoleranzen nach DIN ISO 1101
251
252
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
Norm (Jahr)
Fertigungsverfahren
Tolerierungsgrundsatz1)
Bezeichnungsbeispiel
Lücken (fehlende Form- und Lagetoleranzen) Anmerkungen
DIN ISO 2768 T1 u. T2 (1991)
spanende Verfahren
U 2)
ISO 2768-mK Tolerierung ISO 8015
H
ISO 2768-mK-E
Keine Lücken. Nur indirekt eingeschränkt sind Koaxialität über Rundlauf, Position über Maßtoleranz, Neigung über Winkeltoleranz. Nicht nötig sind Zylinderform, Linienund Flächenprofilform, Gesamtlauf.
U 2)
DIN 7168-m-S Tolerierung ISO 8015
H
DIN 7168-mB
DIN 7168 (1991)
Keine Lücken, wie oben. Durch DIN ISO 2768 ersetzt; bleibt für Altzeichnungen gültig. Nicht mehr für Neukonstruktionen anwenden!
DIN 1680 bis 1688 (1980/1986)
Metallguß
H (verschärft)
DIN 1683-GTB 18-BZ 4
Symmetrie und Koaxialität nur über „geometrisch idealen Körper“ eingeschränkt (Neufassung ISO 8062 in Vorbereitung ohne Form- und Lagetoleranzen).
DIN 16901 (1982)
Spritzguß
– 2)
DIN 16901-140
Alle Form- und Lagetoleranzen fehlen.
DIN 7526 (1969)
Schmieden
H
DIN 7526 (+ Tabelle)
Symmetrie und Koaxialität fehlen (nur teilweise durch „Versatz“ erfaßt). Rechtwinklig und Neigung nur durch Maßtoleranzen beschränkt (nicht eindeutig!). Geradheit und Ebenheit gelten unabhängig.
DIN 6930 T2 (1989)
Stanzen
– 2)
DIN 6930-m
Ebenheit und Rundheit fehlen. Geradheit gilt nur für Streifen und Profile. Symmetrie und Koaxialität gelten nur für Formelemente in einer Ebene.
DIN 2310 T3 (1987)
Brennschneiden
U (immer)
DIN 2310-IIB
Alle Form- und Lagetoleranzen fehlen, außer (Recht-)Winkligkeit in Schnittrichtung. Schnittkante muß trotz U innerhalb Maßtoleranz liegen.
DIN 8570 T1 u. T3 (1987)
Schweißkonstruktionen
U (immer)
DIN 8570-BF
Symmetrie, Koaxialität und Rundheit fehlen.
1) 2)
U Unabhängigkeitsprinzip; H Hüllprinzip (Abschn. 6.3.4). Wenn U gelten soll, „ISO 8015“ angeben.
Abb. 6.10. Allgemeintoleranz-Normen für verschiedene Fertigungsverfahren [6.3-2]
Abschn. 6.3.3. – Angaben für Allgemeintoleranzen für Form und Lage nach DIN ISO 2768 T1, T2, s. Abb. 6.11…6.14. 6.3.4 Tolerierungsgrundsätze 6.3.4.1 Unabhängigkeitsprinzip (,,neuer“ Tolerierungsgrundsatz)
Dieses Prinzip ist international genormt und wird sich wohl durchsetzen. Jede Toleranz muß für sich eingehalten werden; die Toleranzen für Form und Lage gelten unabhängig von den Istmaßen des Werkstücks. Nur wenn die Hüllbedingung (Abschn. 6.3.4.2) erforderlich ist (z.B. für eine Passung), wird sie in der Zeichnung durch das Zeichen 쎻 E hinter dem tolerierten Maß angegeben, Beispiel s. Abb. 6.15.
253
6.3 Toleranzen, Abweichungen Allgemeintoleranzen für Geradheit und Ebenheit in mm Toleranzklasse
Nennmaßbereich mm
bis 10
über 10 bis 30
über 30 bis 100
über 100 bis 300
über 300 bis 1000
über 1000 bis 3000
H
0,02
0,05
0,1
0,2
0,3
0,4
K
0,05
0,1
0,2
0,4
0,6
0,8
L
0,1
0,2
0,4
0,8
1,2
1,6
Allgemeintoleranzen für Symmetrie in mm Toleranzklasse
Nennmaßbereich mm
bis 100
über 100 bis 300
H
über 300 bis 1000
über 1000 bis 3000
0,5
K
0,6
L
0,6
1
0,8
1
1,5
2
Abb. 6.11. Allgemeintoleranzen für Geradheit, Ebenheit und Symmetrie in mm nach DIN ISO 2768 T2
Toleranzklasse
Grenzabmaße in mm für Nennmaßbereich in mm
0,5 bis 3
über 3 bis 6
über 6 bis 30
über 30 bis 120
über 120 bis 400
über 400 bis 1000
über 1000 bis 2000
über 2000 bis 4000
f (fein)
± 0,05 ± 0,05 ± 0,1
± 0,15 ± 0,2
± 0,3
± 0,5
–
m (mittel)
± 0,1
± 0,1
± 0,2
± 0,3
± 0,5
± 0,8
± 1,2
±2
c (grob)
± 0,15 ± 0,2
± 0,5
± 0,8
± 1,2
±2
±3
±4
v (sehr grob)
–
±1
± 1,5
± 2,5
±4
±6
±8
± 0,5
Abb. 6.12. Allgemeintoleranzen: Grenzabmaße für Längenmaße nach DIN ISO 2768
254
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
Toleranzklasse
Grenzabmaße in Winkeleinheiten für Nennmaßbereiche des kürzeren Schenkels in mm bis 10
über 10 bis 50
über 50 bis 120
über 120 bis 400
über 400
± 1°
± 30´
± 20´
± 10´
± 5´
c (grob)
± 1° 30´
± 1°
± 30´
± 15´
± 10´
v (sehr grob)
± 3°
± 2°
± 1°
± 30´
± 20´
f (fein) m (mittel)
Abb. 6.13. Allgemeintoleranzen: Grenzabmaße für Winkelmaße nach DIN ISO 2768 T1
Toleranzklasse
Grenzmaße in mm für Nennmaßbereich in mm 0,5 bis 3
über 3 bis 6
über 6
± 0,2
± 0,5
±1
± 0,4
±1
±2
f (fein) m (mittel) c (grob) v (sehr grob)
Abb. 6.14. Allgemeintoleranzen: Grenzabmaße für Rundungshalbmesser und Fasenhöhen (Schrägungen) nach DIN 7168 T1
Abb. 6.15. Begrenzung der Formabweichungen eines Kreiszylinders durch die Hüllbedingung [6.3-2]
6.3.4.2 Hüllprinzip (,,alter“ Tolerierungsgrundsatz)
Mitunter ist es nicht zulässig, für jede Toleranz (Maß-, Form-, Lage-) den Toleranzraum vollständig auszunutzen. Soll beispielsweise eine Welle mit einer Bohrung zusammengefügt und ein gewisses Spiel sichergestellt werden, so muß die Wellenfläche (als Ganzes) nach außen und die Bohrungsfläche (als Ganzes) nach innen begrenzt werden (Hüllbedingung). Die Hülle hat die geometrisch ideale Gestalt des Bauteilelements und sein ,,Maximum-Material-Maß“ MMS [6.3-10], bei der Welle ist es das Höchstmaß, bei der Bohrung das Mindestmaß (Abb. 6.16); es entspricht der Gutseite. Das Bauteilelement darf seine Hülle nicht durchbrechen. Die EinzelFormtoleranzen für die Geradheit der Achse und die Rundheit der einzel-
6.4 Passungen
Formelement
Beispiel
Gestalt der Hülle
Kreiszylinder (Welle)
Kreiszylinder mit Höchstmaß („Lehr-Hülse“)
Kreiszylinder (Bohrung)
Kreiszylinder mit Mindestmaß („Lehr-Dorn“)
Parallelebenen (außen)
2 Parallelebenen mit Höchstmaß (,„Lehr-Hülse“)
Parallelebenen (innen)
2 Parallelebenen mit Mindestmaß („Lehr-Schieber“)
255
Hülle für das Beispiel
Abb. 6.16. Bedeutung der ,,Hülle“ bei den einzelnen Formelementen (MMS – Maximum-Material-Maß) [6.3-2]
Abb. 6.17. Vom Hüllprinzip nicht eingeschränkte Lageabweichungen für Koaxialität [6.3-2]
nen Querschnitte müssen daher eingeschränkt werden. Dabei gilt, daß die Formabweichungen nie größer sein dürfen als die Maßtoleranz. Lageabweichungen werden dagegen von der Hülle nicht eingeschränkt, Abb. 6.17. Wenn eine deutsche Zeichnung keine Angaben enthält, gilt generell das Hüllprinzip, d.h. auch dann, wenn etwa eine Welle keine Paßfunktion hat; von der Funktion her ist dies dann eine unnötige Einschränkung.Von den Lagetoleranzen werden lediglich die Werte für Symmetrie, Rund- und Planlauf festgelegt. 6.3.4.3 Maximum-Material-Prinzip
Sowohl beim Unabhängigkeitsprinzip als auch beim Hüllprinzip müssen die in der Zeichnung angegebenen Toleranzwerte eingehalten werden. Häufig soll durch die Tolerierung aber nur eine erforderliche Paßfähigkeit (Funktion) zweier Bauteile sichergestellt werden. Dies kann durch Angabe des Zeichens 쎻 M im Toleranzrahmen auf der Zeichnung vereinbart werden. Dann gilt die Maximum-Material-Bedingung (MMB) und es wird zugelassen, eine eingetragene Toleranz um den Betrag der Differenz zwischen Paarungsmaß und Maximum-Material-Maß zu überschreiten, Abb. 6.18.
256
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
Abb. 6.18a–c. Nach dem Hüllprinzip tolerierter Bolzen, a Zeichnungsangaben für Maß- und Geradheitstoleranz, b Einschränkung der oberen Maßtoleranz durch vollständige Ausnutzung der Geradheitstoleranz bei fehlender Angabe von 쎻 M (Maximum-Material-Maß), c zulässige Überschreitung der Geradheitstoleranz bei einer z.B. vorhandenen Ist-Maßtoleranz bei Angabe von 쎻 M (Maximum-Material-Maß)
Abb. 6.19. Paßtoleranzfelder für Spiel-, Übergangs- und Preßpassungen
6.4 Passungen Unter Passung versteht man nach DIN ISO 286 T1 die Differenz zwischen den Maßen zweier zu fügender Formelemente (z.B. Bohrung und Welle). Eine positive Passung wird als Spiel (z.B. Lagerspiel bei Welle und Bohrung) bezeichnet, eine negative Passung (z.B. Preßsitz bei Welle und Nabe) als Übermaß. Dazwischen liegt die Übergangspassung, s. hierzu Abb. 6.19. Die Mindestpassung ist die Differenz aus dem Mindestmaß der Innenpaßfläche und dem Höchstmaß der Außenpaßfläche. Die Höchstpassung ist die Differenz aus dem Höchstmaß der Innenpaßfläche und dem Mindestmaß der Außenpaßfläche. Das Intervall zwischen Höchstpassung und Mindestpassung heißt Paßtoleranzfeld: Beim Spieltoleranzfeld ist die Größtpassung positiv und die Mindestpassung mindestens Null. Beim Übergangstoleranzfeld ist die Mindestpassung negativ und die Höchstpassung positiv. Beim Übermaßtoleranzfeld ist die Mindestpassung negativ und die Höchstpassung höchstens Null. Es gibt grundsätzlich zwei ISO-Paßsysteme: Einheitsbohrung und Einheitswelle.
6.4 Passungen
257
Abb. 6.20a, b. Beziehungen zwischen den Toleranzfeldern, a Passungen beim System Einheitsbohrung b Passungen beim System Einheitswelle. Lage der Toleranzfelder s. Abb. 6.4
6.4.1 System Einheitsbohrung (EB)
Hierbei sind die ISO-Grundabmaße aller Bohrungen gleich Null, Abb. 6.20a. Um beim Fügen von Stück und Gegenstück verschiedene Paarungen erzielen zu können, variiert man die Lage der Wellen-Toleranzfelder. Auf diese Weise lassen sich unterschiedliche Passungen mit Spiel-, Übergangs- und Übermaßtoleranzfeldern erzielen. Das Paßsystem Einheitsbohrung wird vorwiegend für kleine Stückzahlen, insbesondere bei abgesetzten Wellen verwendet. Für die Herstellung von Bohrungen sind meist spezielle Werkzeuge (Bohrer, Reibahlen) erforderlich, Außenkonturen können dagegen mit universell verwendbaren Drehmeißeln mit den geforderten Toleranzen gefertigt werden. 6.4.2 System Einheitswelle (EW)
Hier liegen die Verhältnisse sinngemäß umgekehrt, Abb. 6.20b. Das Paßsystem Einheitswelle ist besonders für die Verwendung gezogener Halbzeuge, z. B Wellen und Bolzen (d. h. für große Stückzahlen) geeignet. Zur Erleichterung der Auswahl einer für bestimmte Paarungen geeigneten Passung sind in Abb. 6.21 einige Beispiele zusammengestellt. Es empfiehlt sich grundsätzlich, im Interesse der Wirtschaftlichkeit aus der großen Anzahl von möglichen Passungen möglichst wenige auszuwählen (evtl. durch Werksnorm festlegen) und somit die Zahl der Werkzeuge, Spannzeuge und Meßzeuge auf ein Mindestmaß zu beschränken. Eine stärkere Einengung wird erreicht, indem man die nach DIN 7157 empfohlenen Vorzugspassungen verwendet, Abb. 6.22.
258
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
Passung bei Einheitsbohrung H 7 – z 8, z 9 H8–x8 H8–u8 H7–s6 H7–r6 H7–n6
Feinpassung
Nabensitz
H7–m6
H7–k6
H7–j6
H7–h6
H7–g6
Lagersitz
H7–f7
Schlichtpassung
Übergangssitze: Gegen Drehmoment zusätzlich sichern! 3. Festsitz: Mit Preß- oder Wärmedifferenz 2) fügbar. Für Anker auf Motorwellen u. Zahnkränze auf Rädern; aufgezogene Bunde auf Wellen; Lagerbüchsen in Lagern und Naben. 4. Treibsitz: Nur schwer mit Handhammer, jedoch mit Wärmedifferenz 2) fügbar. Für einmalig, aufgebrachte Riemenscheiben, Kupplungen u. Zahnräder auf Maschinen-und Elektromotor-Wellen, Wälzlagerringe mit Umfangslast. 5. Haftsitz: Mit Handhammer oder Wärmedifferenz 2) fügbar. Für Riemenscheiben, Kupplungen u. Zahnräder wie oben (d = 8...50 mm); Schwungräder mit Tangentkeil; feste Handräder u. Handhebel, Kurbeln, Turbinenlaufräder. 6. Schiebesitz: Wie Nr. 5 fügbar. Für leichter auszubauende Riemenscheiben, Zahnräder, Handräder, Lagerbüchsen (auch Steckverbindungen). Spielsitze: Welle-Nabe-Verbindung gegen Drehmoment zusätzlich sichern! 7. Gleitsitz: Geschmiert, bei kleinem b/d (ca. 0,1) von Hand noch eben verschiebbar, bei größerem b/d wie Nr. 5! Für Wechselräder, Stellringe, lose Buchsen für Kolbenbolzen, Wälzlager-Außenringe u. Innenringe bei Punktlast, Zentrierflansche f. Kupplungen und Rohrleitungen, Steckverbindungen. 8. Enger Laufsitz: Ohne merkliches Spiel verschiebbar! Für Schubzahnräder und Schubkupplungen.
Z 8, Z 9 – h 6 X 7, X 8 – h 6 U 6,U 7 – h 6 S7–h6 R7–h6 N7–h6 M7–h6
K7–h6
J7–h6
H7–h6
G7–h6 F8–h6
H8–h9
12. Gleitsitz: Für kraftlos verschiebbare Paßteile! Stellringe für Transmissionen; einteilig feste Riemenscheiben; Handkurbel, Zahnräder, Kupplungen usw., die über Wellen geschoben werden.
H8–h9
H8–e8
13. Laufsitz: Merkliches Spiel! Hauptlager f. Kurbelwellen, Schubstangenlager, Kreuzkopf in Gleitbahn; Kolbenstangenführung, Schieberstangen, Wellen in dreifacher Lagerung; Kolben u. Kolbenschieber in Zylindern; Lager für Kreisel- u. Zahnradpumpen; verschiebbare Kupplungsmuffen. 14. Weiter Laufsitz: Sehr reichliches Spiel! Lager f. lange Wellen von Kranen; Leerlaufscheiben; Lager f. landwirtschaftliche Maschinen; Zentrierungen von Zylindern, Stopfbuchsenteile.
F8–h9
H8–f7
Grobpassung
Nabensitz Lagersitz Nabensitz Lagersitz 2)
Preßsitze: Zur Übertragung großer Umfangs- oder Längskräfte durch Reibschluß. Nur mit Presse oder Wärmedifferenz fügbar 2): 1. Fester Preßsitz für große Flächenpressung: Naben von Zahn-, Lauf- und Schwungrädern; Wellenflansche (u 8 für größere, x 8 für kleinere Durchmesser).1) 2. Mittlerer Preßsitz für mittl. Flächenpressung: Kupplungsnaben; Bronze-Kränze auf GJL-Naben; Lagerbuchsen in Gehäusen, Rädern u. Schubstangen (r 6 für größere, s 6 für kleinere Durchmesser).
9. Laufsitz: Merkliches Spiel! Hauptlager an Werkzeugmaschinen, Kurbelwellen; sämtliche Lagerungen an Regulatoren; Gleitmuffen auf Wellen, Führungssteine. 10. Leichter Laufsitz: Reichliches Spiel! Für mehrfach gelagerte Wellen in Werkzeugmaschinen, Wellen in Pumpen, Gebläsen. 11. Weiter Laufsitz: Sehr reichliches Spiel! Gleitlagerbüchsen, Landw. Maschinen.
H7–d9
1)
Passung bei Einheitswelle
H8–d9
E8–h6 D9–h6
D 10 – h 9
H 11 – h 11 H 11 – h 9
15. Grobsitz 1: Wie Nr. 7 für zusammensteckbare Teile bei grober Toleranz! Teile von landwirtschaftlichen Maschinen, die auf Wellen verstiftet, festgeschraubt oder festgeklemmt werden; Distanzbuchsen; Scharnierbolzen für Feuertüren.
H 11 – h 11 H 11 – h 9
H 11 – d 11
16. Grobsitz 2: Für sicheres Bewegungsspiel von Teilen mit grober Toleranz! Abnehmbare Hebel, Hebelbolzen; Lager für Rollen u. Führungen. 17. Grobsitz 3: Für großes Bewegungsspiel von Teilen mit großer Toleranz! Gabelbolzen an Bremsgestängen von Kraftfahrzeugen; Drehzapfen, Schnappstifte. 18. Grobsitz 4: Für sehr großes Bewegungsspiel von Teilen mit grober Toleranz! Feder- und Bremsgehänge; Bremswellenlager, Kuppelbolzen für Lokomotiven.
D 11 – h 11
H 11 – c 11 H 11 – b 11 H 11 – a 11
C 11 – h 11 B 11 – h 11 A 11 – h 11
bis Nennmaß 24 mm: H8/x8, über 24 mm Nennmaß: H8/u8. Wärmedifferenz durch Unterkühlen der Welle oder Erwärmen der Nabe, s. Abschn. 18.2.3.
Abb. 6.21. Beispiele für die Paarung von ISO-Toleranzen, um bestimmte ,,Sitze“ zu erreichen. Links: bei Einheitsbohrung; rechts: bei Einheitswelle
6.4 Passungen
259
Abb. 6.22. Vorzugspassungen; Spiele und Übermaße empfohlener Paßtoleranzen (Werte in µm) nach DIN 7157 T1; + Zeichen = Spiel, – Zeichen =Übermaß
260
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
Abb. 6.23. Vergleich der Herstellungskosten (Beispiel). Der Kostenvergleich ist nicht nur für Wellen und Bohrungen, sondern z.B. etwa auch für Längen-, Breiten- und Höhen-, Innen- und Außenmaße einsetzbar
6.5 Einfluß der Toleranzen und Passungen auf die Fertigungskosten Die Fertigungskosten werden durch die Wahl der Toleranzen und Passungen stark beeinflußt, Abb. 6.23. Auch das Fertigungsverfahren kann dadurch vorbestimmt sein. Im Interesse von Fertigungsaufwand und -kosten muß daher für den Konstrukteur gelten: Man wähle in jedem einzelnen Falle den ISO-Grundtoleranzgrad so groß, daß bei Anwendung der nächsthöheren das Teil nicht mehr brauchbar wäre (,,So fein wie nötig, so grob wie möglich“).
6.6 Oberflächen technischer Körper, Grobgestalt und Feingestalt 6.6.1 Allgemeines, Grundbegriffe
Je nach dem Grad der funktionellen Anforderung, die an technische, vorwiegend spanend gefertigte Oberflächen gestellt wird, müssen Zeichnungsvorschriften und Prüfungen dieser Oberflächen folgende Gestaltabweichungen berücksichtigen (DIN 6760). Maßabweichungen, Abschn. 6.3.1 (DIN ISO 286 T1) Formabweichungen, Abschn. 6.3.2 (DIN 7167, DIN ISO 1101) Verhältnis Tiefe/Breite 1 :1000 (Richtwert) (DIN ISO 286 T2)
i e e y Grobgestalt u e t
6.6 Oberflächen technischer Körper, Grobgestalt und Feingestalt
Welligkeit (DIN 4774) Verhältnis Wellentiefe/Wellenhöhe 1:100…1:1000 (Richtwert) Rauheit (DIN 4768) Verhältnis Tiefe/Breite 1:5 bis 1:150 (Richtwert)
i u e y u e t
261
Feingestalt (DIN ISO 286 T2)
Eine mit technischen Mitteln erzeugte Oberfläche weicht natürlich in der Regel von der in der Zeichnung vorgeschriebenen Soll-Oberfläche ab. Als Ist-Oberfläche wird die meßtechnisch erfaßbare Oberfläche bezeichnet. Sie ist das angenäherte Abbild der wirklichen Oberfläche und hängt vom Meßverfahren ab. Abbildung 6.24 zeigt im Auszug die Einteilung der Gestaltabweichungen nach DIN 4760.
Gestaltabweichung (als Profilschnitt überhöht dargestellt)
Beispiele für die Art der Abweichung
Beispiele für die Entstehungsursache
Unebenheit Unrundheit
Fehler in den Führungen der Werkzeugmaschine, Durchbiegung der Maschine oder des Werkstücks, falsche Einspannung des Werkstücks, Härteverzug, Verschleiß.
Wellen
Außermittige Einspannung oder Formfehler eines Fräsers, Schwingungen der Werkzeugmaschine oder des Werkzeugs.
Rillen
Form der Werkzeugschneide, Vorschub oder Zustellung des Werkzeugs.
Riefen Schuppen Kuppen
Vorgang der Spanbildung (Reißspan, Scherspan, Aufbauschneide), Werkstoffverformung beim Sandstrahlen, Knospenbildung bei galvanischer Behandlung.
Grobgestalt
Feingestalt
Überlagerung der Gestaltabweichungen 1. bis 4. Ordnung
Abb. 6.24. Beispiele für Gestaltabweichungen nach DIN 4760
262
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
Abb. 6.25a, b. Bezugslinien nach DIN 4762 (l Bezugslänge), a ,,Mittellinie“ (Regressionslinie), b ,,arithmetische Mittellinie“ des Profils
6.6.2 Oberflächenmaße für die Feingestalt 6.6.2.1 Bezugslinie
Um geeignete Maße zur Charakterisierung der Oberflächen-Feingestalt festzulegen, muß man ein Bezugsprofil (eine Bezugslinie) definieren. In DIN 4762 hat man hierfür zwei Bezugslinien gewählt: – Die ,,Mittellinie“ (Kurzbezeichnung): Regressionslinie durch das Profil, d.h. die Summe der Quadrate der Profilabweichungen von dieser Linie werden ein Minimum (Abb. 6.25a). – Die ,,arithmetische“ Linie des Profils (centre line): Hierbei ist die Summe der Flächen auf beiden Seiten gleich groß (Abb. 6.25b). Sie dient bei graphischer Auswertung eines Profils als Annäherung an die Regressionslinie. 6.6.2.2 Kennwerte zur Beschreibung der Rauheit
Senkrechtmaße geben Aufschluß über die Höhe des Rauheitsprofils, Waagerechtmaße über die Form des Rauheitsprofils. In DIN 4762 sind Richtlinien für die Kennzeichnung der Rauheit festgelegt. Abbildung 6.26 zeigt eine Auswahl relevanter Rauheits-Meßgrößen mit ihrer Definition. Der Möglichkeit digital verarbeitender Meßgeräte wird damit Rechnung getragen. Zwischen den einzelnen Oberflächenmaßen gibt es keine allgemein gültige Umrechnungsbeziehung. So gilt die in Abb. 6.27 angegebene Zuordnung des arithmetischen Mittenrauhwertes Ra zur gemittelten Rauhtiefe Rz nur näherungsweise für spanend hergestellte Oberflächen. 6.6.3 Oberflächenmessung
Die Oberflächenrauheit kann man mit verschiedenartigen Meßgeräten messen. Man unterscheidet berührungslose Verfahren (mittels Mikro-
6.6 Oberflächen technischer Körper, Grobgestalt und Feingestalt Zeichen
Benennung
Norm
Definition/Bewertung
Ra
Arithmetischer Mittenrauhwert
DIN 4768 DIN 4762 ISO 4287/1
1 x=l Ra = 2 ∫ | y (x) | dx l x=0 Arithmetisches Mittel der absoluten Werte der Profilabweichungen yi innerhalb der Bezugsstrecke I. Vergleich von Oberflächen gleichen Charakters möglich.
Rmax
Maximale Einzelrauhtiefe
Rz (Rz DIN)
Gemittelte Rauhtiefe
Ry
Maximale Profilhöhe
Größte der auf der Gesamtmeßstrecke lm vorkommenden Einzelrauhtiefen Zi. Wert wird durch Ausreißer bestimmt. DIN 4768 1 Rz = 2 (Z1 + Z2 + Z3 + Z4 + Z5 ) 5 DIN 4762 ISO 4287/1
Arithemtisches Mittel aus den Einzelrauhtiefen Z i fünf aneinandergrenzender, gleichlanger Einzelmeßstrecken l m . Wert wird weniger durch einzelne Ausreißer bestimmt. Abstand zwischen der Linie der Profilkuppen (obere Berührlinie) und der Linie der Profiltäler (untere Berührlinie) innerhalb der Bezugsstrecke I. Wert wird durch Ausreißer bestimmt.
yp
Profilkuppenhöhe
ypm
Gemittelte Profilkuppenhöhe
Rz (RzISO)
Zehnpunktehöhe (der Profilunregelmäßigkeiten)
DIN 4762 ISO 4287/1
Quadratischer Mittenrauhwert
DIN 4762 ISO 4287/1
Pt
Profiltiefe
DIN 4771
Abstand zwischen zwei parallelen bzw. äquidistanten Begrenzungslinien, die das meßtechnisch erfaßte Oberflächenprofil innerhalb der Bezugsstrecke li kleinstmöglich einschließen. Wert wird durch Ausreißer bestimmt
Wt
Wellentiefe
DIN 4774
Abstand zwischen den durch den höchsten und den tiefsten Punkt eines Welligkeitsprofils innerhalb der Welligkeitsmeßstrecke lmw gelegten Parallelen bzw. Äquidistanten zur Mittellinie.
Rq
DIN 4762 ISO 4287/1
Abstand zwischen dem höchsten Punkt der Profilkuppen und der Mittellinie m. 1 ypm = 2 ( yp1 + yp2 + … + yp5 ) 5 Arithmetisches Mittel der in fünf aneinandergrenzenden, gleichlangen Einzelmeßstrekken le ermittelten Profilkuppenhöhen ypl . Rz =
5 ⎞ 1⎛ 5 ⎜ ∑ y pi + ∑ y vi ⎟ 5 ⎝ i =1 ⎠ i =1
Mittelwert der Absolutwerte der Höhen der fünf höchsten Profilkuppen und der Absolutwerte der Tiefen der fünf tiefsten Profiltäler Innerhalb der Bezugsstrecke I. R z I S0 ≥ R z DIN . 002 l
Rq =
d 12l ∫ y (x) dx 2
0
(Rq ~ 1,25 Ra; Rq Ⳏ σ) Quadratischer Mittelwert der Profilabweichungen yi innerhalb der Bezugsstrecke I. Kennwert mit größerer statistischer Sicherheit als Rq .
Abb. 6.26. Begriffe und Definitionen in der Oberflächenmeßtechnik
Auswertung
263
264
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
Zeichen
Benennung
Norm
Sk
Schiefe des Profils
DIN 4762
Definition/Bewertung Sk =
Auswertung
1 1 n ⋅ ∑ ( y i − y )3 3 Rq n i = 1
Maß für die Asymetrie der Ordinatenverteilung. Beschreibung der Profilform möglich. Negativer Sk-Wert kennzeichnet plateauförmige (gut tragende) Oberfläche. Abbott-Kurve (Profiltraganteilkurve)
DIN 4776
l Mr = 3 · 100 in % ln Materialverteilung (Materialanteil Mr) mit zunehmender Schnittlinientiefe. Gute Beschreibung der Profilform möglich.
AKF
Autokorrelationsfunktion
1 l Ryy (λ) = 2 ∫ y (x) · y (x + λ) dx l 0 normiert : ryy (λ ) =
R yy (λ )
σ2 Arithmetischer Mittelwert der Produkte aus den Ordinatenwerten y (x) und y (x + λ) als Funktion der Abszissenverschiebung λ. Beschreibung des Profilverlaufs möglich, Ermittlung periodischer und deterministischer Profilanteile.
Abb. 6.26 (Fortsetzung)
skop) und berührende Verfahren (s. z.B. [6.3-3], [6.3-4], [6.1-16]. – Das am weitesten verbreitete Oberflächenmeßgerät ist das elektrische Tastschnittgerät. Dieses tastet die technische Oberfläche mit einer Tastspitze ab; die Gestaltabweichungen der Oberfläche, über die die Tastspitze geführt wird, werden in analoge elektrische Größen umgewandelt. Das elektrische Signal wird verstärkt, einem Rechenprogramm zugeführt und angezeigt oder als Profilogramm der Oberfläche aufgezeichnet. Diese Tastschnittgeräte zeigen auch verschiedene Rauheitsmaße (Abb. 6.26) direkt an.Um die Kennwerte vergleichen zu können, müssen die wesentlichen Meßbedingungen, wie Länge der Meßstrecke, Wellenfilter (zur Trennung von Welligkeiten und Rauheiten), vorgegeben werden, denn das aufgezeichnete Rauheitsprofil wird von der Filtercharakteristik beeinflußt. Die Tasterkonstruktion der verwendeten Meßgeräte muß dem Bezugssystem entsprechen. Für die Beurteilung von Rauheitsprofilen hinsichtlich der Funktion der Oberfläche wird auf Grund der guten integralen Beschreibung der Profilform (Integration der Amplitudendichteverteilung) die Materialanteilkurve (Abbott-Kurve), bzw. aus ihr entwickelte Kennwerte (s. z.B.VDI/VDE 2601), zur Auswertung herangezogen. Abbildung 6.28 veranschaulicht im Vergleich zum Rauheitsprofil die Bedeutung der aus der Abbott-Kurve abgeleiteten Kennwerte und zeigt die Beziehung zwischen Materialanteil im Rauheitsprofil und Schnittlinienlage; die Abbott-Kurve kann durch Geraden in drei Bereiche untergliedert werden, die für das Funktionsverhalten der Oberfläche von unterschiedlicher Bedeutung sind. Die Kenngrößen RPK und RVK werden als Höhen der Dreiecksflächen A1 und A2 berechnet. A1 eignet sich zur Beurteilung des Einlaufverhaltens an
6.6 Oberflächen technischer Körper, Grobgestalt und Feingestalt
265
Abb. 6.27. Umrechnung zwischen gemittelter Rauhtiefe Rz und arithmetischem Mittenrauhwert Ra für spanend gefertigte Oberflächen (Berücksichtigung eines Streubereichs und einer ausreichenden Sicherheit) nach DIN 4768 T1. – Für mittlere Verhältnisse Rz ª (4 … 6 … 8) Ra
Abb. 6.28. Ableitung der Rauheitskenngrößen. Profilspitzenbereich mit reduzierter Spitzenhöhe RPK , Profilkernbereich mit Kernrauhtiefe RK und Profiltiefenbereich mit reduzierter Riefentiefe RVK aus der Abbott-Kurve nach DIN 4776; A1 entspricht den werkstoff-gefüllten Profilspitzen, A2 den werkstoffreien Riefen
266
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
den Profilspitzen, A2 zur Beurteilung der Schmiermittelaufnahme in den Profilriefen. Die Kernrauhtiefe RK ist die Tiefe des Rauheitsprofils unter Ausschluß herausragender Spitzen und tiefer Riefen. 6.6.4 Beispiel für die Aussagefähigkeit der Kennwerte
Abbildung 6.29 veranschaulicht die Aussagefähigkeit der Abbott-Kurve und der davon abgeleiteten Kennwerte. Man erkennt daraus den unterschiedlichen Profilcharakter zweier Oberflächen bei annähernd gleicher gemittelter Rauhtiefe Rz ; kurze Profilausschnitte sind rechts in Abb. 6.29 zum direkten Vergleich eingezeichnet. Die gehonte Oberfläche weist als geschmierte Gleit- oder Wälzfläche wesentlich günstigere Funktionseigenschaften auf als die geschliffene. Sie hat gegenüber der geschliffenen Oberfläche – bei etwas größerem Rz-Wert – eine sehr kleine Kernrauhtiefe RK , wodurch der plateauartige Charakter des Profils zum Ausdruck kommt. In dem kleinen Wert für RPK = 0,13 µm zeigt sich die gezielte Abnahme der Profilspitzen durch das Honverfahren im Sinne der Vorwegnahme des Einlaufprozesses. Diese Eigenschaft hat sich für die Funktion als Gleit- oder Wälzfläche als wichtig erwiesen. – Die geschliffene Oberfläche hat dagegen – bei etwas kleinerem Rz-Wert – eine deutlich größere Kernrauhtiefe mit RK = 1,33 µm und mit RPK = 0,44 µm einen deutlich größeren Profilspitzenbereich. Kennzeichnend für die gehonte Oberfläche ist auch die große reduzierte Riefentiefe mit RVK 2 µm gegenüber dem halb so großen Wert bei der geschliffenen Oberfläche. Diese Eigenschaft des gehonten Profils wird z.B. bei Zylinderlaufflächen von Verbrennungsmotoren als ,,Schmiermittelaufnahmevolumen“ gefordert. 6.6.5 Angabe der Oberflächenbeschaffenheit in Zeichnungen nach DIN ISO 1302 Juni 1980
Die Abb. 6.30, 6.31 zeigen, wie eine geforderte Oberflächenbeschaffenheit und Herstellung in Zeichnungen kenntlich gemacht werden, Zeichnungsbeispiel s. Abb. 6.32. In welcher Weise die Oberflächenrauheit durch das Fertigungsverfahren bestimmt wird, ist aus Abb. 6.33 zu entnehmen. Die Angabe von Rz oder Ra reicht allerdings mitunter nicht aus, um die Eigenschaft von Oberflächen ausreichend genau zu beschreiben (z.B. bei Gleit- und Wälzpaarungen). Dann muß man die Kennwerte der AbbottKurve angeben.
6.6 Oberflächen technischer Körper, Grobgestalt und Feingestalt
267
Abb. 6.29. Vergleich des Profilcharakters zweier Oberflächen mit vergleichbarer gemittelter Rauhtiefe Rz nach DIN 4776 Bbl.1 (Abbott-Kurve allg. s. Abb. 6.28)
Symbol
Bedeutung Grundsymbol. Es darf nur allein benutzt werden, wenn seine Bedeutung durch eine zusätzliche Wortangabe erläutert wird. Kennzeichnung für eine materialabtrennend bearbeitete Oberfläche ohne nähere Angaben. Eine Oberfläche, bei der eine materialabtrennende Bearbeitung nicht zugelassen ist. Dieses Symbol darf auch in Zeichnungen angewendet werden, die für einen bestimmten Arbeitsvorgang angefertigt werden, um deutlich zu machen, daß eine Oberfläche in dem Zustand des vorhergehenden Arbeitsganges zu belassen ist – unabhängig davon, ob dieser Zustand durch materialabtrennende Bearbeitung oder auf andere Weise er reicht wurde.
a
Lage der Oberflächenangaben am Symbol a = Mittenrauhwert Ra in µm b = Fertigungsverfahren, Behandlung oder Überzug, sonstige Wortangaben c = Bezugsstrecke d = Rillenrichtung (s. Abb. 6.31) f = andere Rauheitsmeßgrößen (z. B. Rz , Rp , Rmax)
Abb. 6.30a, b. Oberflächensymbole nach DIN ISO 1302, a allgemein ohne Angaben, b Angaben am Symbol
b
268
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
Symbol
Bedeutung Parallel zur Projektionsebene, in der das Symbol angewendet wird.
Senkrecht zur Projektionsebene der Ansicht, in der das Symbol angewendet wird.
Gekreuzt in 2 schrägen Richtungen zur Projektionsebene, in der Ansicht, in der das Symbol angewendet wird. Annähernd zentrisch zum Mittelpunkt der Oberfläche, zu der das Symbol gehört.
Abb. 6.31. Beispiele zur Angabe der Rillenrichtung nach DIN ISO 1302 (s. auch Abb. 6.30b)
Abb. 6.32. Beispiel für Bemaßung und Oberflächenangaben einer Buchse nach [6.3-1]
6.6 Oberflächen technischer Körper, Grobgestalt und Feingestalt
269
Abb. 6.33. Fertigungsverfahren und erreichbarer Mittelrauhwert R a nach DIN 4766. (Der von links nach rechts keilförmig ansteigende Balken deutet an, daß in diesem Bereich besondere Maßnahmen für das Erreichen der angegebenen Rauheitswerte erforderlich sind. Der von links nach rechts keilförmig abfallende Balken deutet an, daß in diesem Bereich Rauheitswerte zu erwarten sind, die bei besonders grober Fertigung auftreten). Umrechnung auf Rz für spanend gefertigte Oberflächen s. Abb. 6.27
270
6 Allgemeines über Normen, Toleranzen, Passungen und Oberflächen
6.7 Literatur Normen, Richtlinien 6.1-1 DIN 323 T2 (1974) Normzahlen und Normreihen; Einführung. Berlin: Beuth 6.1-2 DIN 4760 (1982) Gestaltabweichungen; Begriffe, Ordnungssystem. Berlin, Beuth 6.1-3 DIN 4761 (1978) Oberflächencharakter; Geometrische Oberflächentextur; Merkmale, Begriffe, Kurzzeichen. Berlin, Beuth 6.1-4 DIN 4762 (1989) Oberflächenrauheit, Begriffe, Oberflächen und ihre Kenngrößen. Berlin, Beuth 6.1-5 DIN 4766 (1981) Herstellverfahren der Rauheit von Oberflächen; T1, Erreichbare gemittelte Rauhtiefe Rz nach DIN 4768 T1. T2, Erreichbare gemittelte Rauhtiefe Rz nach DIN 4768 T1 Berlin, Beuth 6.1.-6 DIN 4768 (1990) Ermittlung der Rauheitskenngrößen Ra , Rz , Rmax mit elektrischen Tastschnittgeräten; Begriffe, Meßbedingungen. Berlin, Beuth 6.1-7 DIN 4768 T1 Bbl.1 (1978) Ermittlung der Rauheitsmeßgrößen Ra , Rz , Rmax mit elektrischen Tastschnittgeräten; Umrechnung der Meßgröße Ra in Rz und umgekehrt. Berlin, Beuth 6.1-8 DIN 4771 (1977) Messung der Profiltiefe von Oberflächen. Berlin, Beuth 6.1-9 DIN 4774 (1981) Messung der Wellentiefe mit elektrischen Tastschnittgeräten. Berlin, Beuth 6.1-10 DIN 7154 T1 (1966) ISO-Passungen für Einheitsbohrung; T1: Toleranzfelder, Abmaße in µm. T2: Paßtoleranzen, Spiele und Übermaße in µm. Berlin, Beuth 6.1-11 DIN 7157 (1966) Passungsauswahl; Toleranzfelder, Abmaße Paßtoleranzen. Berlin, Beuth 6.1-12 DIN 7168 (1991) Allgemeintoleranzen; Längen- und Winkelmaße, Form und Lage; nicht für Neukonstruktionen. Berlin, Beuth 6.1-13 DIN ISO 286: ISO-System für Grenzmaße und Passungen; Grundlagen für Toleranzen. T1 (1990) Abmaße und Passungen. T2: Tabellen der Grundtoleranzgrade und Grenzabmaße für Bohrungen und Wellen. Berlin, Beuth 6.1-14 DIN ISO (1985) Technische Zeichnungen; Form- und Lagetolerierung; Form-, Richtungs-, Ort- und Lauftoleranzen; Allgemeines, Definitionen, Symbole, Zeichnungseintragungen. Berlin, Beuth 6.1-15 DIN ISO 1302 (1985) Technische Zeichnungen; Angaben der Oberflächenbeschaffenheit in Zeichnungen. Berlin, Beuth 6.1-16 DIN ISO 2768 (1991) Allgemeintoleranzen; T1: Toleranzen für Längen- und Winkelmaße ohne einzelne Toleranzeintragung. T2: Toleranzen für Form und Lage ohne einzelne Toleranzeintragung. Berlin, Beuth 6.1-17 VDI/VDE-Richtlinie (1991) Anforderungen an die Oberflächengestalt zur Sicherung der Funktionstauglichkeit spanend hergestellter Flächen; Zusammenstellung der Kenngrößen. Düsseldorf, VDI Verlag 6.1-18 VDI/VDE-Richtlinie (1983) Rauheitsmessung mit elektrischen Tastschnittgeräten. Düsseldorf, VDI-Verlag Bücher, Zeitschriften 6.3-1 Hoischen H (1998) Technisches Zeichnen; Grundlagen, Normen, Beispiele, Darstellende Geometrie. 27. Aufl. Berlin, Cornelsen 6.3-2 Jorden W (1991) Der Tolerierungsgrundsatz – eine unbekannte Größe mit schwerwiegenden Folgen. Konstruktion 43:170–176 6.3-3 Höfler H, Juckenack D (1985) Moderne optische Verfahren zur Charakterisierung von technischen Oberflächen. Konstruktion 37:229–234 6.3-4 Leonhardt K, Rippert K-H, Tiziani H-J (1987) Optische Mikroprofilometrie und Rauheitsmessung. Techn. Messen 54, 6:243–252
7 Schweißverbindung
Beim Verbindungsschweißen wird der Werkstoff an der Verbindungsstelle zwischen zwei Bauelementen aufgeschmolzen oder aufgeweicht und verbindet diese unmittelbar oder mit Hilfe eines Zusatzwerkstoffs. Nach dem Abkühlen und Verfestigen entsteht eine Verbindungsstelle, die die Festigkeitseigenschaften der Bauteilwerkstoffe erreichen kann (im Gegensatz zu den meisten Löt- und Klebverbindungen). – Ferner: Schweißen ist oft die einzige Möglichkeit, die Funktion von Bauteilen bei Rissen und Brüchen schnell wiederherzustellen. Zum Verbindungsschweißen von Metallen gibt es grundsätzlich folgende Möglichkeiten: Schmelzschweißen: Die Stoßstelle wird hierbei über Schmelztemperatur erwärmt, meist auch ein artgleicher Zusatzwerkstoff eingeschmolzen. Beim Erkalten entsteht eine Schweißnaht mit Gußgefüge. – Dies ist das im Maschinenbau meist verwendete Verfahren (Abschn. 7.2). Preßschweißen: Die Stoßstellen werden bis auf oder knapp unter Schmelztemperatur erwärmt und dann zusammengepreßt oder erst zusammengepreßt und dann erwärmt. An der Verbindungsstelle tritt bei manchen Verfahren Schmelzfluß auf, meist jedoch große plastische Verformung. Nach dem Erkalten entsteht i.allg. ein feinkörniges Gefüge. – Zu dieser Gruppe gehören Punkt- und Nahtschweißen (Abschn. 7.4), Buckelschweißen (Abschn. 7.5), Preß- und Abbrenn-Stumpfschweißen (Abschn. 7.6) und Reibschweißen (Abschn. 7.7). Kaltpreßschweißen: Die oxidfreien Oberflächen werden bei Raumtemperatur mit hohem Druck aufeinandergepreßt. An der Stoßstelle entstehen starke plastische Verformungen und entsprechend kaltverformtes Gefüge. Anwendung vor allem in der Elektrotechnik (Bimetallkontakte, Kabelschuhe, Supraleiter, Verbindung von Kupfer- und Aluminiumdrähten), s. auch [7.3-2], [7.3-6], [7.3-8]. Diffusionsschweißen: Durch Erwärmen der Stoßstelle im Vakuum oder in Schutzgas unter geringem Druck entsteht eine Verbindungsstelle ohne plastische Verformung. Anwendung vor allem in der Raumfahrt- und Reaktortechnik, weiterhin zur Befestigung von Hartmetallschneiden auf Stahlschäften, Bronzebuchsen in Gußeisenrädern [7.3-2]. Verfahren für spezielle Anwendungen sind Reib-, Induktions-, Elektronenstrahl-, Laserstrahl-Schweißen [7.3-3]. Thermoplastische Kunststoffe werden ab einer bestimmten Temperatur plastisch. Man verwendet hierbei daher durchweg Preßschweiß- und
272
7 Schweißverbindung
spezielle Kunststoffschweißverfahren [7.3-3]. – Glas verhält sich ähnlich wie thermoplastischer Kunststoff. Durch Auftragschweißen kann man verschlissene Bereiche wiederherstellen oder eine verschleißfeste Werkstoffschicht (Panzern) oder eine korrosionsbeständige Werkstoffschicht aufbringen. Für Schweißverbindungen im Stahlbau, für Kräne, Eisenbahnbrücken, Kessel, Flugzeuge existieren z.T. umfassende Normen und Vorschriften für Festigkeitsnachweis, Werkstoffe und Gestaltung. Die Angaben können auch für den Maschinenbau als Anhalt dienen. – Zusammenfassende Darstellung s. [7.3-1], [7.3-4]. Es gibt weit über 200 Schweißverfahren. Die wichtigsten für den Maschinenbau, ihr Arbeitsprinzip und ihre Anwendung sind in den Abb. 7.1, 7.2 zusammengestellt.
7.1 Zeichen und Einheiten Aw
mm2
AwS , AwK Awp a, amin b dL e F FB FwB fb Ibw , Itw
mm2 mm2 mm mm mm mm N N N – mm4
l m n pw Rp
mm – – N/mm2 N/mm2
Sw,F , Sw,D
–
S* t, tmin v1 v2 v3 Wbw , Wtw
mm3 – – – – mm3
ϑv σ⊥ , σ||
°C N/mm2
Schweißnahtfläche, in Schweißnahtlängsrichtung Schweißnahtfläche, der Stumpf- bzw. Kehlnaht Schweißpunktfläche Schweißnahtdicke, minimale Bauteil- bzw. Schweißnahtbreite Schweißpunktdurchmesser Schweißpunktabstand Kraft Zugbruchkraft des Bauteils Scherbruchkraft aller Schweißlinsen Größenfaktor Flächenmoment 2. Grades der Schweißnaht für Biegung, Torsion Schweißnahtlänge Schnittzahl der Verbindungen Anzahl der Schweißpunkte pro Reihe Flächenpressung (Leibungsdruck) Fließgrenze (Streckgrenze Re bzw. 0,2%Dehngrenze Rp0,2) Sicherheit der Schweißverbindung gegen Fließen (plastische Verformung), Dauerbruch Flächenmoment 1. Grades Bauteildicke, minimale Nahtformbeiwert (dynamisch) Nahtgütebeiwert Beiwert für die zulässige Spannung (statisch) Widerstandsmomente der Schweißnaht für Biegung, Torsion Vorwärmtemperatur Schweißnahtnormalspannungen, senkrecht zur bzw. in Schweißnaht-Längsrichtung (σ ,,quer“, σ ,,längs“)
7.2 Schmelzschweißverbindung
σw , τw
N/mm2
τ⊥ , τ||
N/mm2
273
Normal- bzw. Schubspannung (allgemein) in der Schweißnaht Schweißnahtschubspannungen, senkrecht zur, bzw. in Schweißnaht-Längsrichtung (τ ,,quer“, τ ,,längs“)
Auftretende Spannungen und Festigkeitswerte allgemein s. Abb. 3.31.
7.2 Schmelzschweißverbindung 7.2.1 Anwendung, Eigenschaften
Im Maschinenbau ist die Schmelzschweißverbindung – wegen der nachstehend genannten Vorteile – die meist angewendete, nicht lösbare Verbindung. Dasselbe gilt für den Stahl-, Kessel- und Behälterbau, wo die früher dominierende Nietverbindung weitgehend verdrängt wurde. Vorteile – Leichtbau: Gewichtsersparnis im Stahlbau gegenüber Nietverbindungen 15...20%: Wegfall von Überlappungen, Laschen, Nietköpfen; gegenüber Gußteilen bis 50%, da geringere Wanddicken möglich. – Feste und dichte Verbindung für Kessel und Behälter (ohne Überlappungen oder Laschen). – Weiter Anwendungsbereich: Großmaschinen, Schiffbau, Gehäuse, Verbundkonstruktionen durch Verbindung von Blechen mit Profilen, Stahlguß- und Schmiedeteilen. – Kostengünstig, kürzere Lieferzeit und geringeres Terminrisiko bei Herstellung von Einzelteilen und Kleinserien gegenüber Guß (Modellanfertigung, Lunkergefahr) und Schmiedestücken (Gesenke). – Modularer Aufbau von Großkonstruktionen: Herstellung von Teilelementen durch Schweißen in der Werkstatt – Fügen auf der Baustelle durch Montageschweißen, Verschrauben oder Nieten. Nachteile – Nur zur Verbindung artgleicher Werkstoffe geeignet (vgl. Niet-, Löt-, Klebverbindung, Kap. 8, 9). – Festigkeitsminderung durch Eigenspannungen, Versprödung (Gegenmaßnahme: Spannungsarmglühen des geschweißten Bauteils), durch Gefügeänderungen (metallische Kerbe) und evtl. Einbrandkerben; bei Leichtmetallen wird die Kaltverfestigung der Bleche durch Aufschmelzen aufgehoben (vgl. Niet-, Klebverbindung, Kap. 8, 9). – Verzug des Bauteils durch Eigenspannungen (Gegenmaßnahme: geeigneter Schweißfolgeplan). – Nahtgüte schwer kontrollierbar (Befähigungsnachweis der Schweißer und Betriebe, Überwachung durch geprüfte Schweißaufsichtspersonen, wenn nötig Röntgenprüfung).
274
7 Schweißverbindung
7.2.2 Werkstoffe 7.2.2.1 Zum Schmelzschweißen geeignete Bauteilwerkstoffe
Die Schweißeignung1 hängt ab von der Erschmelzungsart, der Vergießungsart (an Seigerungszonen unberuhigt vergossener Stähle nicht schweißen!), von der Alterung (d.h. Abnahme der Zähigkeit durch Lagern nach Kaltverformung, Sprödbruchgefahr). Am wichtigsten ist – abhängig vom Schweißverfahren – die chemische Zusammensetzung der Werkstoffe: – (Unlegierte) allgemeine Baustähle. Diese besitzen durchweg eine ausreichende Schweißeignung, wenn der C-Gehalt ≤ 0,25% beträgt. Damit wird die Maximalhärte in der Wärmeeinflußzone (WEZ) der Schweißverbindung von 350 HV nicht überstiegen und Kaltrißbildung vermieden. Übersicht s. Abb. 7.3. – Unlegierte Einsatzstähle eignen sich wegen ihres niedrigen Kohlenstoffgehalts zum Schweißen vor dem Aufkohlen. – Legierte Stähle. Zur Bewertung der Schweißeignung niedrig legierter Stähle (Einsatzstähle, Vergütungsstähle) wird das Kohlenstoff-Äquivalent Cäqu verwendet: C äqu = %C +
%Mn % Cr % Ni % Mo % Cu % P . + + + + + 6 5 15 4 13 2
(7.1)
Ausreichende Schweißeignung liegt bei Cäqu < 0,4% vor, bei Cäqu = 0,4 ... 0,8% wird die Schweißeignung eingeschränkt bzw. erfordert zusätzliche Maßnahmen (z.B. Vorwärmen der Verbindungszone auf ϑv = 150 ... 400 °C). – Auch Bauteile aus legiertem Einsatzstahl werden vor dem Aufkohlen geschweißt, Bauteile aus Vergütungsstahl nach dem Schweißen vergütet. – Bei hochlegierten Stählen (Gehalt an Legierungselementen > 5%) bestimmt die chemische Zusammensetzung die Schweißeignung (der Cäqu-Wert kann nicht für eine Bewertung herangezogen werden); allgemeingültige Aussagen zur Schweißeignung dieser Stähle sind deshalb nicht möglich; dasselbe gilt für korrosionsbeständige Stähle. Hinweise s. [7.3-5]. – Feinkornbaustähle. Feinkorngefüge entsteht i.allg. durch zusätzliche Zugabe von Aluminium (auch Ti, Nb, Zn, V). Diese Stähle sind gut schweißbar (Al erhöht die Umwandlungsfreundlichkeit des Werkstoffs, damit vermindert sich beim Schweißen die Neigung zur Aufhärtung in der Übergangszone Schweißnaht/Werkstück).
1
Im Zweifelsfall eine Schweißprobe machen! Häufig genügt die einfache Aufschweiß-Biegeprobe, bei der eine Schweißraupe auf ein Probestück (5 x 40 x 150 mm) aufgeschweißt und das Probestück über einen Dorn (Durchmesser d = 2 x Blechdicke) um 180° gebogen wird, um zu sehen, ob es spröde bricht.
7.2 Schmelzschweißverbindung
275
– Stahlguß. Hierfür gelten dieselben Regeln wie für die entspr. unlegierten und legierten Stähle. Gut schweißbar sind GS-38 und GS-45; die Sorten GS-52, GS-60 und GS-70 müssen zum Schweißen vorgewärmt werden. – Gußeisen. Gußeisen mit Kugelgraphit (GJS) kann mit Sonderelektroden bei zusätzlichen Maßnahmen (Vorwärmung, Wärmenachbehandlung) geschweißt werden. – Gußeisen mit Lamellengraphit ist schwierig zu schweißen, Reparaturschweißen von EN-GJL-150 ... EN-GJL-350 mit Spezialelektroden ist jedoch möglich. – Temperguß. Weißer Temperguß (GJMW) ist bei dünnwandigen Teilen gut schweißbar. Für schwarzen Temperguß (GJMB) gelten die gleichen Einschränkungen wie für Gußeisen mit Lamellengraphit. Leichtmetalle – Aluminium und Aluminiumlegierungen sowie Magnesiumlegierungen sind weniger gut schweißbar; sie gehen beim Erwärmen plötzlich in den flüssigen Zustand über und oxidieren dabei schnell; mit zunehmendem Gehalt an Legierungsbestandteilen nimmt die Schweißeignung ab. Ferner ist zu bedenken: Bei gleichem Grundwerkstoff erhalten Aluminiumlegierungen durch unterschiedliche – in Abb. 7.22 mit F gekennzeichnete – Nachbehandlung (pressen, walzen, aushärten, usw.) unterschiedliche Festigkeit bzw. Härte und – mit entgegengesetzter Tendenz – Verformbarkeit. Allgemeine Gesetzmäßigkeiten s. Abschn. 7.3.3 (Stahl). Beim Schweißen wird die Gefügestruktur aufgeschmolzen; beiderseits der Schweißnähte bilden sich breite Wärmeeinflußzonen (WEZ) aus, mit Abfall der Fließgrenze Rp . – Kupfer und Kupferlegierungen und Messing in sauerstoffarmen Sorten sind gut schweißbar, sofern sie frei von Beimengungen sind; ungünstig ist ein hoher Zinkgehalt. Schwermetalle – Nickel und Nickellegierungen sind gut schweißbar, wenn sie wie Kupfer frei von Beimengungen sind; die hohe Gasaufnahme (Sauerstoff, Wasserstoff) und die Neigung zur Grobkörnigkeit erfordert aber zusätzliche Maßnahmen beim Schweißvorgang bzw. spezielle Zusatzwerkstoffe. Kunststoffe, Glas. Die Thermoplaste sind gut schweißbar, vor allem Polyvinylchlorid (PVC), Polymethylmethacrylat (PMMA) und Polyäthylen (PE), weniger gut schweißbar Polyamid (PA) Polytetrafluorethylen (PTFE) und Polystyrol (PS). Zum Schweißen werden spezielle Kunststoffschweißverfahren (Abb. 7.2) angewendet. – Glas bzw. technische Gläser (meist Borsilicatgläser mit SiO2-Gehalten von 80%) sind grundsätzlich schweißgeeignet. Wichtig ist jedoch die Werkstoffzusammensetzung und die damit verbundenen Eigenschaften, wie Viskosität im plastischen Zustand (maßgebend für die Schweißtemperatur), Oberflächenspannung, Wärmedehnung und Verformungsfähigkeit. – Glas ist bei Raumtemperatur ein ideal spröder Werkstoff; deshalb muß der Nahtbereich zur Vermeidung von Spannungsspitzen gleichmäßig erwärmt werden.
276
7 Schweißverbindung
7.2.2.2 Zusatzwerkstoff
Der beim Schweißen eingeschmolzene Zusatzwerkstoff ist dem Bauteilwerkstoff meist artgleich (bzw. artähnlich), dadurch erreicht man für beide eine vergleichbare mechanische Festigkeit und entsprechendes Korrosionsverhalten. Spezielle Zusatzwerkstoffe sind erforderlich bei eingeschränkter Schweißeignung des Bauteilwerkstoffs oder Sprödbruchgefahr der Schweißverbindung. Hinweise s. [7.3-1], [7.3-5]. Die Auswahl des Zusatzwerkstoffs und Art der Zuführung richtet sich ferner nach Verfahren und Schweißposition (Abschn. 7.2.3). Man verwendet: – zum Gas- und WIG-Schweißen blanke Schweißstäbe, je nach Bauteilwerkstoff unlegiert oder legiert, DIN 8554, – zum MIG-, MAG- und UP-Schweißen endlos auf Spulen gewickelte blanke Draht-, Band- und Profilelektroden, DIN 8557, – zum Lichtbogenschweißen von unlegierten und niedrig legierten Stählen (außer von Mo- und CrMo-Stählen), z.B. S235 und S275, eignen sich ebenfalls blanke Drahtelektroden und Schweißdrähte (DIN 8559, nur mit Gleichstrom zu verwenden); dies gilt auch für nichtrostende, hitzebeständige (DIN 8556) und warmfeste Stähle (DIN 8575) – alles allerdings nur bei normalen Anforderungen an die Nahtgüte (Bewertungsgruppen CS, DS sowie CK, Abschn. 7.2.3, Abb. 7.7). Bei höheren Anforderungen (Bewertungsgruppe AS, BS sowie AK, BK) wählt man Fülldrahtelektroden; der nichtmetallische Kern hat weitere Vorteile: er stabilisiert den Lichtbogen, bildet eine schützende Schlacke und erleichtert das Fließen des Zusatzwerkstoffs. Ähnlich wirken umhüllende Stabelektroden. Die nichtmetallischen Umhüllungen wählt man nach den Anforderungen an die Nahtgüte und Schweißposition, Abschn. 7.2.3. 7.2.3 Herstellung, Schweißsicherheit
Übersicht über die Verfahren s. Abb. 7.1 (Metalle), 7.2 (thermoplastische Kunststoffe). Folgende Einflüsse sind wichtig für eine sichere und kostengünstige Schweißverbindung: Wärmequellen: Zum Erzeugen der Schmelztemperatur benutzt man die Gasflamme (Gasschweißen), den elektrischen Lichtbogen (Lichtbogenschweißen), die Joulesche Wärme (in Wärmeenergie umgewandelte elektrische Arbeit) in der flüssigen Schlacke (Elektro-Schlacke-Schweißen), Induktionswärme (Induktionsschweißen), die Joulsche Wärme im Werkstück (Widerstandsschweißen), gebündelte Lichtenergie (Lichtstrahlschweißen), exotherme chemische Reaktion (aluminothermisches Schweißen), flüssige Wärmeträger (Gießschweißen), Ofenwärme (Feuerschweißen). Mechanisierung: Im Maschinen- und Anlagenbau dominiert das Lichtbogenschweißen als Handschweißverfahren; auch beim Gasschweißen wird die Gasflamme durchweg von Hand geführt. – Bei Kleinserien und einfa-
7.2 Schmelzschweißverbindung Verfahren
Funktionsprinzip
1) Gasschmelzschweißen (G-/3) Aufheizen von Schweißfuge und Zusatzwerkstoff durch Gasflamme 1 Werkstück 2 Schweißbrenner 3 Zusatzwerkstoff
2) Offenes Lichtbogenschweißen a) Lichtbogenhandschweißen (E-/111) Aufheizen der Schweißfuge durch Lichtbogen zwischen Elektrode (schmilzt gleichzeitig als Zusatzwerkstoff ab) und Werkstück
1 Werkstück 2 Metallelektrode 3 Lichtbogen
277
Hauptanwendung – besonders für Stumpf- und Eckstöße; vorwiegend bei Dünnblechen und Rohren aus Stahl, Kupfer und Aluminium – ohne Zusatzwerkstoff: Bleche aus Stahl mit t = 0,5 . . . 4 mm und Aluminium t = 0,5 . . . 1 mm – mit Zusatzwerkstoff: Bleche aus Stahl mit t = 4 . . . 15 mm und Aluminium t = 1 . . . 15 mm – in allen Schweißnahtpositionen: t ≤ 3 mm Nachlinks-, t > 3 mm Nachrechtsschweißung – z. B. Schweißarbeiten bei Heizungsinstallation (gute Zugänglichkeit an beengten Stellen) – bei allen Stoß- und Nahtarten – für fast alle Eisen- und Nichteisenmetalle (bei entsprechenden Elektroden, Fugenvor- und Nahtnachbehandlung) – Bleche mit t = 1 . . . 100 mm bei Nahtdicken a = 3 . . . 10 mm – in allen Schweißpositionen – störend bei Nahtlängen > 250 mm ist der Elektrodenwechsel
b) Metallichtbogenschweißen mit Fülldrahtlektrode Wie unter a); Elektrode wird von Rolle zugeführt; enthält innen vorwiegend mineralische Bestandteile zur Desoxidation der Schmelze
– Vorwiegend für einlagige Kehlnahtschweißungen unlegierter C-Stähle und für Verschleißschicht-Hartauftragungen
3) Verdecktes Lichtbogenschweißen a) Unter-Pulver-Schweißen (UP-/12) Aufheizen der Schweißfuge durch Lichtbogen zwischen Werkstück und abschmelzender Elektrode; Schweißstelle unter Schicht aus besonderem Schweißpulver
– bei Stumpf- und Kehlnähten hauptsächlich in waagrechter Schweißposition – Bleche mit t = (1)2 . . . 10 mm bei Nahtdicken a = 3 . . . 10 mm; wegen der großen Abschmelzleistung vorwiegend bei dicken Blechen und langen Nähten – hohe Röntgengenauigkeit – z. B. im Behälter-, Stahl-, Schiff-, Fahrzeug- und Maschinenbau – Energiequelle: überwiegend Wechselstrom
b) Unter-Pulver Band-Schweißen (UPB-/12) wie unter a); Elektrode wird bandförmig zugeführt
1 Werkstück 2 Elektrode 3 Pulverzuführung 4 Pulver 5 Schmelzbadsicherung (aus Kupfer)
– für großflächige Auftragung vorwiegend korrosionshemmender Schichten (Schweißplattieren)
Abb. 7.1. Übersicht über die wichtigsten Schweißverfahren für Metalle nach [3.3-12], ergänzt
278
7 Schweißverbindung
Verfahren c) Unter-Schienen-Schweißen (US)(Einlegeschweißen) Aufheizen der Schweißfuge durch Lichtbogen zwischen Fuge und der darin liegenden, abschmelzenden Elektrode; Abdeckung vermindert Luftzutritt (Oxidation)
d) Schweißen mit magnetisch bewegtem Lichtbogen (MBL-) Aufheizen der Schweißfuge durch Lichtbogen zwischen Werkstück und Elektrode (umschließt Werkstück); Lichtbogenführung durch Magnet
4) Schutzgasschweißen (MSG-) a) (Wolfram-)Plasmaschweißen (WP-/15, 151, 152) Aufheizen der Schweißfuge durch Plasma-Lichtbogen zwischen Werkstück und Wolframelektrode; Abdeckung der Schweißstelle durch Schutzgas – Plasma-Strahl-Schweißen: nicht übertragener Lichtbogen, pulverförmig zugeführter Zusatzwerkstoff; – Plasma-Lichtbogen-Schweißen: übertragener Lichtbogen zwischen Werkstück und Wolframelektrode, vorwiegend pulverförmig zugeführter Zusatzwerkstoff, stärkeres An-(Auf)-Schmelzen des Werkstücks als beim PlasmaStrahl-Schweißen b) Wolfram-Inertgas-Schweißen (WIG-/141, 142) Aufheizen der Schweißfuge durch Lichtbogen zwischen Werkstück und Wolframelektrode; Schutzgas (meist Argon, selten Helium) verhindert Luftzutritt
Abb. 7.1 (Fortsetzung)
Funktionsprinzip
Hauptanwendung – für lange, gerade Stumpf- und Kehlnähte – waagrechte Schweißposition – Energiequelle: Gleich- und Wechselstrom
1 Werkstück 2 Elektrode 3 Kupferschienen 4 Abdichtung (Papier) – für Rohre und Hohlprofile – t < 2 mm, d < 300 mm
1 Werkstück 2 Hilfselektrode 3 Magnetspule 4 umlaufender Lichtbogen
1 Werkstück 2 Plasma-Lichtbogen 3 Wolframelektrode 4 Zuführung Plasmagas 5 Zuführung Fokussiergas 6 Zuführung Schutzgas 7 Zusatzwerkstoff
1 Werkstück 2 Wolframelektrode 3 Schutzgas 4 Zusatzwerkstoff
– Vorwiegend zum Verbindungsschweißen hochlegierter Stähle (Ni, Ti, Zr, Cu) für Bleche mit t = 1...10 mm, a = 2...8 mm (Plasma-StrahlSchweißen) – Auftragen (Schweißplattieren) von Legierungen mit schwer schmelzbaren Bestandteilen (Karbiden) bei geringer Aufschmelzung des Trägerwerkstoffs (Plasma-Strahl-Schweißen) bzw. korrosions- und verschleißhemmender Schichten sowie hochtemperaturbeständiger Werkstoffe auf Grundwerkstoffe geringerer Beständigkeit (Plasma-Lichtbogen-Schweißen)
– bei allen Stoß- und Nahtarten und in allen Schweißpositionen – für alle metallischen Werkstoffe, vorwiegend korrosions- und zunderbeständige Cr-Ni-Stähle, Aluminium und dessen Legierungen, Kupfer und dessen Legierungen – spritzfreie, sehr glatte Nahtoberfläche – hohe Schweißgeschwindigkeit – Mikro-WIG-Anlagen für Blechdicken bis t = 0,025 mm – z. B. im Flugzeugzellen-, Apparateund Kernreaktorbau
7.2 Schmelzschweißverbindung Verfahren c) Metall-Inertgas-Schweißen (MIG-/131) Aufheizen der Schweißfuge durch Lichtbogen zwischen Werkstück und abschmelzender Metallelektrode, inertes Schutzgas (siehe b)) verhindert Luftzutritt
Funktionsprinzip
1 Werkstück 2 abschmelzende Metallelektrode 3 Schutzgas
279
Hauptanwendung – bei fast allen Stoß- und Nahtarten in allen Schweißpositionen – für alle legierten (vorwiegend bei austenitischen) Stählen, Aluminium sowie Kupfer und dessen Legierungen – t ≥ 0,7 mm – z. B. im Apparate-, Behälter-, Schiffund Flugzeugbau
d) Metall-Aktivgas-Schweißen (MAG-/135) wie unter c); kein inertes Gas als Schutz, sondern CO2 (MAGC-) oder Gasgemisch aus Argon, CO2 und Sauerstoff (MAGM-)
– überwiegend für beruhigte, unlegierte und niedriglegierte Stähle aller Dickenbereiche (t ≥ 0,7 mm) – Verbindungs- und Auftragsschweißen (Schweißplattieren)
5) Strahlschweißen a) Laserstrahlschweißen (751) Aufheizen der Schweißfuge durch fokussierte Laserstrahlung; erzeugt in einem Festkörper-(Nol-Yag-Laser) oder Gas-(CO2)-Laser
– Bleche mit t = 0,5 . . . 20 mm – kein Vakuum wie bei Elektronenstrahlschweißen (EB-) – Metalldampf beeinträchtigt Laserstrahl – Problem bei Werkstücken mit hohem Oberflächenreflexionsgrad (Al, Cu), da negative Auswirkung auf thermischen Wirkungsgrad – Schweißen hinter durchsichtigen Wänden möglich
1 Werkstück 2 Fokussierung 3 Laser
b) Elektronenstrahl-Schweißen (EB-/76) Aufheizen der Schweißfuge durch magnetisch fokussierten Elektronenstrahl im Hochvakuum
1 Werkstück 2 Kathode (Elektronenquelle) 3 Anode 4 magnet. Fokussierung 5 Hochvakuum
6) Widerstandsschmelzschweißen a) Elektro-Schlacke-Schweißen (RES-/72) Aufschmelzen des Werkstücks bzw. Abschmelzen des Zusatzwerkstoffs durch schmelzflüssige Schlacke; Einformung und Führung durch wassergekühlte Gleitschuhe auf beiden Seiten
Abb. 7.1 (Fortsetzung)
1 Werkstück 2 Schmelzbad 3 Zusatzwerkstoff 4 Gleitschuh
– vorwiegend für schweißempfindliche Werkstoffe, KFZ-Industrie und Sonderaufgaben – für Bleche und Drähte mit t = d = 0,1 . . . 20 mm – verzugsfrei, keine Nacharbeitung – Verbindung unterschiedlicher Werkstoffe möglich – Stumpfnähte bis 200 mm (Stahl) bzw. 320 mm (Aluminium) – z.B. Fertigung von Brennelementen, Leitschaufeln im Turbinenbau, Fahrwerks- und tragende Teile aus Ti- und Al-Legierungen im Flugzeugbau, Motor/Getriebeteile und Achsen im Automobilbau – für Stumpfstöße in senkrecht steigender Schweißposition – für unlegierte und niedrig legierte Stähle – Werkstücke mit t = 8 . . . 1000 mm – Auftragsschweißen (Schweißplattieren) in senkrechter und waagrechter Schweißposition
280
7 Schweißverbindung
Verfahren
Funktionsprinzip
b) Elektrisches WiderstandsschmelzSchweißen Aufheizen der Schweißfuge durch unmittelbare Widerstandserwärmung zwischen zwei Kohleelektroden
Hauptanwendung – für dünne Bleche vorwiegend aus NE-Metallen
1 Werkstück 2 Kohleelektrode 7) Widerstandspreßschweißen (R-) konduktive (unmittelbare) Stromzuführung a) Punktschweißen (RP-/21) Aufheizen der Schweißfuge durch unmittelbare Widerstandserwärmung zwischen dem Werkstück, das durch Elektroden zusammengepreßt wird
1 Werkstück 2 Kupferelektroden 3 Spannelektrode F Anpreßkraft
b) Buckelschweißen (RB-/23) wie unter a); jedoch großflächige Elektroden sowie vorgefertigte Buckel
– zum Verbinden von Blechen aus unlegiertem Stahl, Leichtmetallen und anderen NE-Metallen; t = 2 (6 . . . 30 mm) bei Stahl und t = 2 (3 . . . 8 mm) bei Leichtmetallen, wobei für Werte im Maximalbereich sehr hohe elektrische Leistungen notwendig sind – sämtliche Schweißpositionen – oft anstelle von Nieten – auch Verbindung von 3 Blechen möglich, allerdings sehr hohe elektrische Leistung notwendig – Feinpunktschweißen bis zu Blechdicken von t = 0,005 ... 0,5 mm möglich – Befestigen von Beschlägen, Muttern usw. an Flächen – t = 0,8 . . . 10 mm – z. B. Drahtgeflecht bei Einkaufswagen, Baustahlmatten
1 Werkstück 2 Kupferelektrode 3 vorgefertigte Buckel F Anpreßkraft c) Bolzenschweißen (RBO-/782) Aufheizen der Schweißfuge durch unmittelbare Widerstandserwärmung zwischen Werkstück und in Elektrode eingespanntem Bolzen, bei gleichzeitigem Zusammenpressen
– genormte Verfahren für Gewindebolzen von M3 bis M24 (vorwiegend im Stahlbau), Zylinderstifte mit Durchmessern von 3 . . . 16 mm – auch für kleine Blechdicken bis t = 0,5 mm
1 Werkstück 2 Bolzen 3 Elektrode F Anpreßkraft
Abb. 7.1 (Fortsetzung)
7.2 Schmelzschweißverbindung Verfahren
Funktionsprinzip
Hauptanwendung
d) Rollennahtschweißen (RR-/22) wie unter a); jedoch rollenförmige Elektroden
F
F
1 Werkstück 2 Rollenelektrode 3 stabförmige Gegenelektrode F Anpreßkraft
e) Preßstumpfschweißen (RPS-/25) Aufheizen der Schweißfuge durch Widerstandserwärmung zwischen den als Elektroden geschalteten und von Spannbacken zusammengepreßten Werkstücken
f) Abbrennstumpfschweißen (RA-/24) Aufheizen der Schweißfuge durch Lichtbogen und Funkenentladung zwischen den als Elektroden geschalteten Werkstücken, die nach dem Aufheizen (Abbrennen) schlagartig von Spannbacken zusammengepreßt werden
8) Reibschweißen Aufheizen der Schweißfuge durch Reibungswärme infolge schneller Relativbewegungen der aneinandergepreßten Werkstücke, nach Aufheizen Abschalten der Relativbewegungen, danach erfolgt das Verschweißen
a vor dem Schweißen b nachher 1 Werkstück 2 Spannbacken (Kupfer) F Anpreßkraft
a vor dem Schweißen b nachher 1 Werkstück 2 Spannbacken (Kupfer) 3 Lichtbogen (zu Beginn) F Anpreßkraft
– vorwiegend zum Verbinden von Blechen aus unlegiertem Stahl mit t = 2 · 3 mm bzw. t = 2 · 2 mm bei Leichtmetall – Stahlbleche bis t = 10 mm Gesamtdicke (4 · 2,5 mm) – Zink-, Kupfer-, Messingbleche, austenitische Chromnickelstähle, Aluminium (NE-Bleche) bis 2 · 1,5 mm – besonders schmale und verzugsarme Nähte bei zusätzlichen Drahtzwischenelektroden aus Kupfer – keine engen Toleranzen nötig – z. B. große Blechtafeln für Waggonund Wohnwagenbau, Kraftstofftanks, Dosen und Fässer (Dichtigkeit) – Stumpfstöße von Stab- und einfachen Profilformen aus unlegierten Stählen bis ca. 500 mm2 Querschnitt – für Aluminium und Kupfer wegen Oxidationsneigung nur bedingt anwendbar – z. B. Stumpfstöße an Sägebändern, Kettenglieder bis 12 mm Durchmesser, Verlängerung von Drähten in der Drahtzieherei – vorwiegend für Stumpfstöße von Profilformen mit Querschnitten bis zu A ≤ 50 000 mm2 für Stahl – wirtschaftlich verschweißbare Querschnittsflächen für Aluminium: A ≤ 12 000 mm2, Nickel: A ≤ 10 000 mm2, Kupfer: A ≤ 1500 mm2 – z. B. Eisenbahnschienen, Schiffskettenglieder, Fensterrahmen, Autofelgen – Vorwiegend zum Verbinden rotationssymmetrischer Rohre mit D ≤ 900 mm und t ≤ 6 mm, sowie Vollquerschnitte mit D = 6 . . . 250 mm
1 rotierendes Werkstück 2 ruhendes Werkstück 3 schaltbare Arretierung des ruhenden Werkstücks F Anpreßkraft
9) Induktives Preßschweißen Aufheizen der Schweißfuge durch induzierte Wirbelströme im Werkstück, mittels Hochfrequenzinduktor
– für Stumpf- und Längsnähte an Rohren und anderen Hohlprofilen mit Durchmesser D = 10 . . . 1000 mm und Wanddicken t = 0,5 . . . 15 mm 1 Werkstück 2 Spule (Induktor) 3 Erwärmungszone 4 Kontaktfläche F Anpreßkraft
Abb. 7.1 (Fortsetzung)
281
282
7 Schweißverbindung
Verfahren
Funktionsprinzip
Hauptanwendung
((Abb. 2.1))
– für Platten mit Dicke t = 1,5 . . . 20 mm mit Zusatzwerkstoff, für thermoplastische Kunststoffe mit Dicke t < 2 mm ohne Zusatzwerkstoff
1) Heißluftschweißen Aufheizen der Schweißfuge durch heiße Luft
1 Werkstück 2 Heißluftdüse 3 Zusatzwerkstoff (Schweißstab) F Vorschub 2) Heizelementschweißen a) Stumpfschweißen Aufheizen der Schweißfuge durch heiße Platte zwischen den Werkstücken
– für Platten mit Dicke t ≥ 2 mm, Rohre und Rundstäbe mit Durchmesser D < 50 mm ((Abb. 2.2a)) a Anwärmen b Fügen (Verschweißen) 1 Werkstück 2 Heizelement (Platte) F Anpreßkraft
b) Abkant- oder SchwenkbiegeSchweißen Heizelement erzeugt zum Abkanten erforderliche Schweißfuge und heizt diese gleichzeitig auf
– für Platten mit Dicke t = 2 . . . 10 mm
((Abb. 2.2b)) a Kerben und Anwärmen b Abkanten und Verschweißen 1 Werkstück 2 Heiz- und Kerbelement F Kerbkraft
c) Heißdrahtschweißen Heizelement ist als Widerstandsdraht in eines der Werkstücke eingearbeitet
((Abb. 2.2c))
– für Platten mit Dicke t = 1,5 mm Rohr-Muffen-Verbindung mit Durchmesser D ≤ 140 mm
1, 2 Werkstücke 3 Muffe 4 eingearbeiteter Heizdraht
d) Wärmeimpuls- oder WärmekontaktSchweißen Aufheizen der Schweißfuge durch Heizelement mit impulsförmiger oder ununterbrochener Energiezufuhr
((Abb. 2.2 d))
– für Platten und Folien mit Dicke t = 0,01...0,2 mm bei einseitigem Im puls, t = 0,1...0,4 mm bei zweiseitigem Impuls
1 Werkstück 2 Trennfolie (z. B. PTFE) 3 impulsförmig oder dauerbeheiztes Element F Anpreßkraft
Abb. 7.2. Übersicht über die wichtigsten Schweißverfahren für Thermoplaste nach [3.3-12], ergänzt
7.2 Schmelzschweißverbindung Verfahren
Funktionsprinzip
3) Reibschweißen Verfahren s. Abb. 7.1 Nr. 8)
s. Abb. 7.1 Nr. 8)
4) Extrusionsschweißen Aufheizen der Schweißfuge durch plastifizierten Zusatzwerkstoff aus dem Extruder, mit oder ohne zusätzlichem Aufheizen der Schweißfuge durch Wärmekontakt
((Abb. 2.4))
283
Hauptanwendung – für Kunststoff-Rohre mit D ≤ 500 mm, – Rundprofile mit D ≤ 200 mm, Profile mit ∆D ≤ 40 mm, unrunde Profile, prismatische Körper (z. B. Sechskant) mit größtem Durchmesser D’ ≤ 180 mm (der Schweißfugenfläche) – für Folien und Platten mit Dicke t = 0,2...3 mm ohne und t = 1 . . . 3 mm mit Nahtvorbereitung und ohne Wärmekontakt; t = 1 . . . 4 mm ohne und t = 2 . . . 50 mm mit Nahtvorbereitung und mit Wärmekontakt
1 Werkstück 2 Anpreßrollen 3 Extruderdüse 5) Lichtstrahlschweißen Aufheizen der Schweißfuge durch fokussierte Infrarotstrahlung und Zusammenpressen der Werkstücke
– für Folien und Platten mit Dicke t = 0,05...20 mm ((Abb. 2.5))
1 Werkstück 2 Infrarotlampe 3 Reflektor 4 Fokus (Schweißzone) F Anpreßkraft
Abb. 7.2 (Fortsetzung)
chen Nähten lohnen sich u.U. Vorrichtungen, mit denen der Zusatzwerkstoff kontinuierlich von Spulen (Drahtelektrode) zugeführt wird: teilmechanische Verfahren. Bei geraden oder ringförmigen Nähten kann der Schweißkopf oder das Werkstück durch eine Vorschubeinrichtung gesteuert werden: vollmechanische Verfahren. – Für Großserien benötigt man Spann- und Haltevorrichtungen; der Schweißvorgang läuft automatisch ab, z.T. mittels rechnergesteuerter Roboter: automatisches Schweißen. Die Schweißposition, Abb. 7.4, ist mitentscheidend für die Wahl des Schweißverfahrens, Abb. 7.1, und der Elektroden, s. Abschn. 7.2.2.2. Die Schwierigkeit wächst in der Reihenfolge w – h – f – s – q – ü. Bauteildicke: Bei dünnen Blechen (bis etwa s = 12 mm) stellt sich nach dem Schweißen ein überwiegend zweiachsiger Eigenspannungszustand ein. Mit zunehmender Blechdicke wächst die Spannung in Dickenrichtung; dies bedeutet zunehmende Sprödbruchgefahr. Je nach Schweißverfahren nimmt mit zunehmender Blechdicke auch die Gefahr der Aufhärtung neben der Schweißnaht zu. Deshalb hierfür möglichst zähe Stähle wählen (z.B. Baustähle der Gütegruppen J2G3, J2G4, K2G3, K2G4, Abb. 7.3).
284
7 Schweißverbindung
Werkstoffgruppe
Werkstoffe
Legierungstyp
S235 S275 S355
C C C C C C C C, Mn C, Mn
225 225 225 225 265 265 265 345 345
Feinkorn Baustähle
S355 BE St E 355 TM TO S 36 S460
Mn, Nb Mn, V Mn, Ni, Nb Ni, V, Cu, Ni, V
355 355 355 460
EN 10 113-3 SEW 083 Ölgesellschaften EN 10 113-3
Wetterfeste Baustähle
WT St 37 WT St 52
Cu, Cr Cu, Cr, V
235 355
SEW 087 DASt-Ri 007
Wasservergütete Baustähle
St E 500 V St E 690 V St E 890 V St E 960 V
Ni, Mo Cr, Mo/Cr, Mo, Zr/Ni, Cr, Mo, B Ni, Cr, Mo, V Ni, Cr, Mo, V
500 690 890 960
DIN EN 10 137-2
Allgemeine Baustähle 1)
1)
Mindestfließgrenze Rp (30 mm)
Zum Schweißen geeignet in den Gütegruppen JR, JO, J2G3, J2G4, K2G3, K2G4.
Abb. 7.3. Schweißeignung und Festigkeitswerte gebräuchlicher Baustähle und Feinkornbaustähle [7.3-20], ergänzt (Normen s. Kap. 5)
Abb. 7.4. Schweißpositionen (w – Wannenlage, h – horizontal, f – fallend, s – steigend, q – quer, ü – überkopf)
Schrumpfung der Schweißnähte: Durch die punktartige und leistungsdichte Wärmequelle entstehen beim Schweißvorgang Dehnungen; beim Abkühlen schrumpft der Nahtbereich. Die Folge sind Eigenspannungen, deren Ausmaß von der Temperaturverteilung in der Schweißverbindung und der Steifigkeit der Konstruktion abhängt, Abb. 7.5. – Längsschrumpfungen werden in erster Linie durch die Gesamtsteifigkeit der Konstruktion beeinflußt. In Abhängigkeit vom Verhältnis Gesamtquerschnitt/Schweißnahtquerschnitt entstehen Werkstück-Kürzungen (0,1 ... 0,3 mm/m [7.3-5]), -Krümmungen, -Verwerfungen, -Beulungen. – Querschrumpfungen (Parallelschrumpfungen) entstehen hauptsächlich (85 ... 90%) unmittelbar neben der Schmelzlinie (der Rest geht auf Schwinden des Schweißgutes zurück). Sie sind abhängig von Nahtquerschnitt (vor allem vom Verhältnis Nahtdicke/Werkstückdicke), -form, -länge, Schweißverfahren, -technologie [7.3-5].
Spezifikation
DIN EN 10 025
7.2 Schmelzschweißverbindung
285
Abb. 7.5. Schweißnahtschrumpfung [7.3-5], a Längsschrumpfung, b Querschrumpfung, c Dickenschrumpfung, d Winkelschrumpfung α
– Winkelschrumpfungen entstehen zusammen mit Querschrumpfungen. Sie sind abhängig von der Unsymmetrie des Nahtaufbaus und dem damit verbundenen Temperaturfeld (außermittige Schrumpfkräfte nach dem Erkalten). Bei Kehlnähten ist entscheidend: Verhältnis Nahtdicke/Werkstückdicke; bei Stumpfnähten: Nahtöffnungswinkel, Nahtdicke, Lagenzahl (Schweißnaht in mehreren Lagen erzeugen!). Mitunter werden Versuchsschweißungen zur Ermittlung der Vorbiegemaße oder Voranstellwinkel durchgeführt. Schweißfolge: Eine fachgerechte Schweißfolge führt zu geringeren Eigenspannungen und Verformungen. Sie wird im Arbeitsplan festgelegt; Abb. 7.6 zeigt ein Beispiel. Besondere Maßnahmen: Beim Schweißen in kaltverformten Zonen bzw. Nachbarbereichen empfiehlt sich ein Normalglühen der Fügeteile vor dem Schweißen. Nach dem Schweißen genügt, zum Abbau der Schweißeigenspannungen, meist ein Spannungsarmglühen. Wenn die Beanspruchungen dies erfordern, kann aber auch Normalglühen erforderlich sein, Abschn. 5.3.1.1. Bei großen Konstruktionen, die nicht im Ofen spannungsarm geglüht werden können, hat sich das Flamm-Entspannen bewährt. Bei diesem Verfahren wird am fertigen Bauteil durch – beidseitig der Schweißnaht geführte – Brenner die Umgebung der Naht auf etwa 200 °C erwärmt. Den Brennern folgt eine Wasserbrause, die das Material wieder abkühlt. Die vorübergehende örtliche Erwärmung hat Wärmespannungen zur Folge, die sich den Eigenspannungen der Naht überlagern. Hierbei wird die Streckgrenze in der Naht überschritten. Durch das Fließen des Werkstoffs werden die Eigenspannungen der Schweißnaht – und zwar hauptsächlich die Längsspannungen – abgebaut. Die zusätzlichen Wärmespannungen werden durch das Abkühlen wieder beseitigt. – Diese Wärmebehandlungen sind ein beachtlicher Kostenfaktor. Man sollte sie nur bei hoher Anforderung an die Schweißkonstruktion vorschreiben.
Abb. 7.6. Schweißfolge (Schritte 1... 6 nacheinander) an zusammengesetzten Blechfeldern [7.3-4]
286
7 Schweißverbindung
Abb. 7.7. Einfluß der Schweißnahtnachbehandlung auf die Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen aus STE 690 [7.3-20]
Durch Vorrichtungen zum Halten und Wenden der Schweißstücke, ferner durch Führungen und Vorschubeinrichtungen kann man die Schweißarbeit oft sehr erleichtern, Vorbearbeitungen einsparen und die Schweißgüte bessern. Durch nachträgliches Glätten (Schleifen oder Abhobeln in Kraftrichtung) und Hämmern der Naht kann außerdem die Kerbwirkung verringert und die Dauerfestigkeit (Abschn. 7.3.2) erheblich erhöht werden, Abb. 7.7. Durch Richten kann man die durch Schweißen entstandenen Bauteilverformungen wieder ausgleichen. Häufig werden dazu die Bauteile erwärmt, Beispiel: Flammenrichten; hier wird das Bauteil lokal (z.B. punkt-, strich-, keilförmig) erwärmt, bei der Abkühlung dieser Werkstückbereiche entstehen infolge ihrer Stauchung Zugspannungen, die als Richtkräfte zum Rückverformen ausgenutzt werden. Eine andere Möglichkeit ist das Richten mit Hammer oder Presse, d.h. durch plastische Verformung im kalten Zustand. Schweißnahtgüte. Zur Beurteilung der Nahtgüte sind in DIN 8563 Bewertungsgruppen für Stumpf- und Kehlnähte festgelegt (für andere Nähte kann man sinngemäß verfahren): Für Stumpfnähte – nach fallender Nahtgüte: AS, BS, CS, DS; für Kehlnähte – entsprechend: AK, BK, CK. Hierfür sind die jeweils geforderten Merkmale für den äußeren und den inneren Befund der Schweißnaht – d.h. das Ergebnis – festgelegt, Abb. 7.8. Die für die jeweilige Nahtgüte erforderlichen Maßnahmen und Voraussetzungen müssen von Konstruktion und Betrieb geschaffen werden. Dazu gehören: – schweißgerechte Gestaltung der Konstruktion, – Schweißeignung des Werkstoffs, – fachgerechte Vorbereitung,
7.2 Schmelzschweißverbindung
Lfd. Nr. 1
2
3
Merkmale
Werkstückdicke BS
CS
DS
0,5–3,6
∆a1 ≤ 1 + 0,10 b1
∆a1 ≤ 1 + 0,15 b1
∆a1 ≤ 1 + 0,20 b1
∆a1 ≤ 1 + 0,25 b1
> 3,6
∆a1 ≤ 1 + 0,05 b1
∆a1 ≤ 1 + 0,10 b1
∆a1 ≤ 1 + 0,15 b1
∆a1 ≤ 1 + 0,25 b1
0,5–3,6
–
∆a2 ≤ 0,1 + 0,07 t
∆a2 ≤ 0,2 + 0,05 t
∆a2 ≤ 0,3 + 0,07 t
> 3,6
–
∆a2 ≤ 0,2 + 0,02 t ≤ 0,5
∆a2 ≤ 0,2 + 0,04 t ≤ 1,0
∆a2 ≤ 0,4 + 0,06 t ≤ 1,5
0,5–3,6
e ≤ 0,2 + 0,1 t
e ≤ 0,25 + 0,1 t
e ≤ 0,3 + 0,1 t
e ≤ 0,45 + 0,1 t
> 3,6
e = 0,10 t/e ≤ 2
e = 0,15 t/e ≤ 3
e = 0,20 t/e ≤ 5
e = 0,25 t/e ≤ 5
0,5–3,6
e ≤ 0,2 + 0,1 t
e ≤ 0,25 + 0,1 t
e ≤ 0,30 + 0,1 t
e ≤ 0,45 + 0,1 t
> 3,6
e ≤ 0,10 t/e ≤ 2
e ≤ 0,10 t/e ≤ 2
e ≤ 0,15 t/e ≤ 3
e ≤ 0,25 t/e ≤ 4
> 3,6
e ≤ 0,5 t/e ≤ 2
e ≤ 0,5 t/e ≤ 2
e ≤ 0,5 t/e ≤ 3
e ≤ 0,5 t/e ≤ 4
0,5–3,6
–
–
e ≤ 0,2 + 0,05 t
e ≤ 0,2 + 0,10 t
> 3,6
–
e ≤ 0,5
e ≤ 1,0
zulässig
> 0,5
–
–
geringe Vertiefung zulässig
geringe Vertiefung zulässig
0,5–3,6
∆a3 ≤ 1 + 0,10 b2
∆a3 ≤ 1 + 0,15 b2
∆a3 ≤ 1 + 0,20 b2
∆a3 ≤ 1 + 0,25 b2
> 3,6
∆a3 ≤ 1 + 0,1 b2
∆a3 ≤ 1 + 0,3 b2
∆a3 ≤ 1 + 0,6 b2
∆a3 ≤ 1 + 1,2 b2
0,5–3,6
–
geringe flache bzw. örtlich zulässig
> 3,6
–
durchgehend flache zulässig bzw. örtl. tiefere zulässig
Decklagenunterwölbung ∆a2
b) einseitig geschweißte Nähte
c) einseitig geschweißte Rohrrundnähte an dünnwandigen Rohren
4
5
6
7
Bewertungsgruppe AS
Nahtüberhöhung ∆a1
Kantenversatz e a) beidseitig geschweißte Nähte
287
Einbrand- und Randkerben
Offene Endkrater
Wurzelüberhöhung ∆a3
Wurzelkerbe
Abb. 7.8a, b. Nahtgütebeurteilung nach DIN 8563 T3. a Äußere Befunde geschweißter Stumpfnähte und deren Bewertungsbeschreibung
a
288 Lfd. Nr.
1
2
3
4
5
7 Schweißverbindung
Merkmale
Werkstückdicke
Bewertungsgruppe AK
BK
CK
0,5–3,6
b-a ≤ 1 + 0,20 a
b-a ≤ 1 + 0,25 a
falls gering zulässig
> 3,6
b-a ≤ 1 + 0,10 a ≤3
b-a ≤ 1 + 0,15 a ≤4
b-a ≤ 1 + 0,20 a ≤5
0,5 – 3,6
–
a-b = 0,3 + 0,05 a
falls gering zulässig
> 3,6
–
a-b = 0,3 + 0,05 a ≤1
a-b = 0,3 + 0,05 a ≤2
0,5 – 3,6
0 ≤ ∆z ≤ 0,5 + 0,15 a
0 ≤ ∆z ≤ 1 + 0,15 a
falls gering zulässig
> 3,6
0 ≤ ∆z ≤ 0,5 + 0,15 a
0 ≤ ∆z ≤ 1 + 0,15 a
0 ≤ ∆z ≤ 2 + 0,20 a
0,5–3,6
–
begrenzt zulässig
> 3,6
–
bedingt zulässig, falls flachdurchgehend bzw. kurz und nicht scharf
0,5–3,6
b ≤ 0,2 + 0,10 a
b ≤ 0,3 + 0,20 a
falls gering zulässig
> 3,6
b ≤ 0,3 + 0,10 a ≤1
b ≤ 0,4 + 0,20 a ≤2
b ≤ 0,50 + 0,30 a ≤3
Nahtüberhöhung [a = Nennmaß]
Nahtunterschreitung [a = Nennmaß]
Ungleichschenkligkeit ∆z [a = Istmaß, ∆z = z2 – z1]
Einbrandkerbe/ Randkerbe
Erfassung der Wurzel
b Abb. 7.8b Äußere Befunde geschweißter Kehlnähte und deren Bewertungsbeschreibung
– Auswahl des Schweißverfahrens nach Werkstoff, Werkstückdicke, – auf Werkstoff und Schweißposition abgestimmte, geprüfte und zugelassene Zusatzwerkstoffe, – Qualifikation der Schweißer und deren Überwachung, – Nachweis einwandfreier Ausführung der Schweißarbeiten (technologisch ausgereiftes Verfahren, Durchstrahlung). Der Konstrukteur wählt die erforderliche Bewertungsgruppe in Abstimmung mit der Fertigung und dem Auftraggeber je nach Belastung (sta-
7.2 Schmelzschweißverbindung
289
tisch, dynamisch), Sicherheitsanforderungen, Umwelteinflüssen (Korrosionsgefahr, Temperatur). Unnötig hohe Anforderungen gefährden die Wirtschaftlichkeit. 7.2.4 Stoß- und Nahtarten
Die verschiedenen Ausführungsformen lassen sich meist auf die Stumpfoder Kehlnaht zurückführen. Übersicht s. Abb. 7.9, 7.10 (eingeteilt nach der Stoßform, d.h. nach der Lage der Fügeteile zueinander). Der Stumpfstoß wird verwendet für durchlaufende Bleche und Träger. Die Stumpfnaht ist statisch und besonders dynamisch höher belastbar als die Kehlnaht (Kraftumlenkung), meist aber teurer (aufwendigere Schweißvorbereitung). Ein Gegenschweißen der Nahtwurzel (als Kappnaht nach der Herstellung der eigentlichen Naht, als Wurzelnaht vorher geschweißt) erhöht die dynamische Festigkeit in der Regel erheblich, ebenso ein Glätten der Naht, Abschn. 7.2.3. – Hinweise zur Wahl der Nahtart s. Abb. 7.9. Beim herkömmlichen Schmelzschweißen verschweißt man Bleche bis 3 mm Dicke ohne Kantenabschrägung, bis 20 mm Dicke mit V-Naht (Bleche vorher abgeschrägt, Nahtwinkel ª 60°), bis 40 mm Dicke mit X-Naht, darüber mit kelchartiger V- bzw. X-Naht (als U-Naht bzw. Doppel-U-Naht bezeichnet). Der T-Stoß wird meist mit (der kostengünstigeren) Flachnaht ausgeführt; Vergleich mit Stumpfstoß s.o. Bei dynamischer Beanspruchung ist die Hohlkehlnaht (guter Übergang) der Flach- und diese der Wölbnaht überlegen; die einseitige Kehlnaht ist nur gering belastbar (Abb. 7.17). Bei den meisten Schweißverfahren entsteht ein Spalt (Dicke c,Abb. 7.9, Nr. 3) zwischen den Fügeteilen; beim (teil)automatischen einlagigen UPoder MAG-Schweißen entsteht dagegen in der Regel ein tiefer Wurzeleinbrand ohne Spalt. Zum Ansatz der rechnerischen Nahtdicke s. Abb. 7.9. Eckstöße sind wegen der Kraftumlenkung besonders ungünstig, also möglichst zu vermeiden (Abb. 7.17), mitunter allerdings notwendig, z.B. bei Rohrverbindungen [7.3-4]. Den Laschenstoß findet man als Anschluß von Laschen und Profilen an Knotenbleche. Wie bei allen Überlappungsstößen ist die Spannung entlang der Flankennaht ungleichmäßig verteilt. Deshalb wird die Nahtlänge begrenzt, Abb. 7.13b, man schließt Laschen und Profile an Blech besser mit Stumpf- und Kehlnähten an, Abb. 7.20. 7.2.5 Zeichnungsangaben
Vereinfachte Darstellung der Naht (i.allg. ausreichend für die Konstruktionszeichnung): Im Querschnitt wird sie voll gezeichnet, in der Längsansicht ohne Schraffur und mit dem betreffenden Schweißzeichen nach DIN EN 22553 versehen, Abb. 7.10. Vollständige Bezeichnung der Naht durch die Arbeitsvorbereitung mit allen Informationen für die Fertigung nach DIN EN 22553.
290
7 Schweißverbindung Nahtart
1
Bild
rechn. Nahtdicke a bzw. -länge l
Stumpfnaht a = t1 wenn t1 ≤ t2
2
D(oppel)-HV-Naht (K-Naht) a = t1
3
D(oppel)-HY-Naht (K-Stegnaht)
a = t1 ≤ t1/5
c
4
Kehlnaht
≤ 3 mm
Nahtdicke a ist gemessene Höhe des einschreibbaren gleichschenkligen Dreiecks
einseitige Kehlnaht: amax = 0,7 · t1 beidseitige Kehlnaht: amax = 0,5 · t1
für Aluminium: a ≤ 0,7 · t1
jeweils tmax – 0,5 mm amin = amin = 3 mm 5
Kehlnaht versenkt
6
7
Dreiblechnaht
Kraftübertragung von
t1 ≥ 10 mm a = t1
t2 nach t3
a = t2 für t2 < t3
t1 nach t2 und t3
a=c
Stumpfnaht
Stirnkehlnaht
l = b, falls kraterfreie Ausbildung sonst l = b – 2a
Abb. 7.9. Nahtform und Ansatz von rechnerischer Nahtdicke und -länge nach [7.3-1]
7.2 Schmelzschweißverbindung
291
Abb. 7.10. Sinnbilder, vereinfachte Darstellung und Zusatzzeichen für Schmelzschweißen nach DIN EN 22553
292
7 Schweißverbindung
7.3 Tragfähigkeit und Betriebsverhalten von Schmelzschweißverbindungen Die Hauptabmessungen des Bauteils (Blechdicke, Wanddicke, Durchmesser usw.) ergeben sich aus dessen Belastung und zulässiger Spannung. Die mit dem Auftraggeber vereinbarten oder vom Gesetzgeber vorgeschriebenen (z.B. DIN 15018, DIN 18800, DV 952 [7.1-26]) Sicherheiten sind dabei zu berücksichtigen. Nach diesen Abmessungen, dem Werkstoff und der Lage der Stoßstellen werden die Schweißnähte und das Schweißverfahren gewählt und dann der Festigkeitsnachweis (Nachrechnung) geführt. Mitunter muß auch die Steifigkeit und das Schwingungsverhalten nachgeprüft werden. Gegebenenfalls muß man die vorläufig gewählten Abmessungen korrigieren. 7.3.1 Dimensionierung, Schweißnahtabmessungen
Rechnerische Schweißnahtdicke a. Bei Stumpfnähten ist die Nahtdicke a gleich der Blechdicke des dünneren Blechs tmin. Bei Kehlnähten ist a die Höhe des einschreibbaren, rechtwinkligen, gleichschenkligen Dreiecks; für die Berechnung denkt man sich a in die Anschlußebene geklappt, Abb. 7.11b. Rechnerische Schweißnahtlänge l. Bei kraterfreien Stumpf- und Kehlnähten ist l die Gesamtlänge der Naht. Andernfalls macht man für die Breite der Krater einen Abzug, Abb. 7.9, Nr. 7. Bei durchlaufenden Kehlnähten um einen Querschnitt herum ist die Schweißnahtlänge l gleich dem Umfang der theoretischen SchweißnahtWurzellinie = p · da in Abb. 7.12. Die rechnerischen Schweißnahtflächen (AwS für Stumpfnähte, AwK für Kehlnähte) und Widerstandsmomente (Wbw für Biegung, Wtw für Torsion)
Abb. 7.11a, b. Nahtspannungen, Schweißnahtdicke (Annahmen für die Berechnung), a Stumpfnaht, b Kehlnaht
7.3 Tragfähigkeit und Betriebsverhalten von Schmelzschweißverbindungen
293
Abb. 7.12a, b. Schweißnaht-Anschluß eines Rohrs, a Schweißnaht-Anordnung, b in die Wurzelebene geklappter Schweißnahtquerschnitt für die Berechnung der Widerstandsmomente in (7.7), (7.8)
ergeben sich aus den Werten für a und l, bzw. der Anordnung der Schweißnähte, d.h. dem Schweißnahtbild (für Wbw und Wtw s. Hinweis unter (7.7)). 7.3.2 Festigkeitsnachweis
Hierfür ersetzt man das wirkliche Schweißnahtbild durch das in Abschn. 7.3.1 beschriebene vereinfachte Modell. Die so definierten Schnittflächen werden als maßgebend für die Kraftübertragung angesehen. Aus der Beanspruchung in der Schweißnaht und dessen Festigkeit errechnet man die Sicherheiten Sw,F , Sw,D . 7.3.2.1 Beanspruchungen
Mit den maßgebenden Kräften und den Schweißnahtflächen bzw. dem rechnerischen Schweißnahtbild berechnet man nach den Regeln der Festigkeitslehre (Kap. 3) die maßgebenden Nennspannungen in der Naht. Die Kerbwirkung aus Kraftumlenkung, Einbrandkerben, metallurgischen Kerben, ebenso wie die Kraftumlenkung in Überlappungsnähten, Mehrachsigkeit und Eigenspannungen werden im Ansatz der experimentell ermittelten ,,Festigkeit“ berücksichtigt. Statische Beanspruchung mit den Bezeichnungen in Abb. 7.11: – Normalbeanspruchungen (Zug oder Druck): – senkrecht zur Längsschnittfläche: F2 sw, zd = s^ = 04 , ∑ (a · 1)
(7.2)
– senkrecht zur Querschnittsfläche (ohne praktische Bedeutung) F1 sw, zd = s || = 7 , Awq
(7.3)
294
7 Schweißverbindung
Schubbeanspruchung: – senkrecht zur Naht FQ 2 FQ tw, s = t ^ = 62 = 05 , Aw ∑ (a · 1)
(7.4)
– parallel zur Naht FQ FQ 1 tw, s = t || = 61 = 05 , Aw ∑ (a · 1)
(7.5)
– Schubbeanspruchung der Längsnaht des durch eine Querkraft FQ belasteten Biegeträgers: (wird berechnet mit Flächenmoment 1. Grades S*, s. Abschn. 7.9, Beispiel 2): FQ · S* . tw, s = t || = 02 IS a
(7.6)
– Biegebeanspruchung: σ w, b = σ ⊥ =
Mb Mb = ⋅y . Wbw I bw
(7.7)
Maßgebende Länge der Kehlnaht s.Abschn. 7.3.1. Für die Berechnung von Wbw (Wtw) bzw. Ibw (Itw) wird deshalb die Schweißnaht in die Wurzelebene geklappt, Abb. 7.12. – Torsionsbeanspruchung: T T tw, t = t || = 7 = 6 · y . Wtw Itw
(7.8)
Berechnung von Wtw , Itw s. unter (7.7). Näherung (Bredtsche Formel, s. (3.32)) für eine geschlossene rundum laufende Naht: T tw, t = 04 . 2 · AU · a
(7.9)
Bei dynamischer Beanspruchung gelten ebenfalls (7.2) ... (7.9) mit Ausschlagkraft Fa (FQa) zur Berechnung der entsprechenden Ausschlagspannungen σw,a,zd , σw,a,b , τw,a,s , τw,a,t . 7.3.2.2 Festigkeitswerte für Bauteile aus Stahl
Bei statischer Beanspruchung und fachgerecht gewähltem Zusatzwerkstoff und Schweißnahtquerschnitt versagt die Schweißverbindung am Übergang von Schweißnaht und Grundwerkstoff oder außerhalb der Schweißnaht, Abb. 7.13. Als maßgebende Festigkeit wird daher die Fließgrenze Rp des Bauteilwerkstoffs zugrunde gelegt:
295
7.3 Tragfähigkeit und Betriebsverhalten von Schmelzschweißverbindungen
Abb. 7.13a, b. Bruchbilder bei statischer und dynamischer Zugbelastung [7.3-1]. a Stumpfnaht, b Überlappstoß mit Flankenkehlnaht
Zug-Druck: σw,F,zd = σ⊥ Biegung:
σw,F,b = σ⊥
Schub:
τw,F,s = τ⊥ , τ||
Torsion
τw,F,t = τ||
(7.10) = v2 · v3 · Kd,p · Rp,N .
(7.11) (7.12) (7.13)
Festigkeitswerte Rp,N s. Kap. 5, Nahtgütebeiwert v2 s. Abb. 7.14, Beanspruchungsbeiwert v3 (Umrechnung der Werte für die Zugprobe auf andere Beanspruchungen) s. Abb. 7.15, Größenfaktor Kd,p s. Abb. 3.33. Bei dynamischer Beanspruchung (insbesondere im Bereich der Dauerfestigkeit) tritt der Bruch infolge der äußeren und inneren Kerben am Nahtübergang ein (Abb. 7.13). Die dadurch verursachten Spannungsspitzen können sich – im Gegensatz zur statischen Beanspruchung – nicht durch örtliches Fließen abbauen (Kap. 3). Einbrandkerben, nicht ver-
v2
Bewertungsgruppe Stahl nach DIN 8563 T3
Anforderung an Ausführung und Kontrolle
0,5
–
–
0,8
CS, CK
Sichtprüfung
0,9
BS, BK
Normalgüte stichprobenweise durchstrahlt (wenig Poren- und Schlackeneinschlüsse zulässig)
1,0
AS, AK
Sondergüte ganz durchstrahlt (frei von Rissen, Binde- und Wurzelfehlern und Einschlüssen, alle beteiligten Schweißer gleichmäßig erfaßt, mind. Nahtgüte „blau“ nach IIW-Katalog)
Abb. 7.14. Nahtgütebeiwert v2 für statische und dynamische Festigkeit
296
7 Schweißverbindung
Nahtform
Art der Beanspruchung Stahl
Al-Legierungen
1,0
1,0
Druck
1,0
1,0
Biegung
1,0
1,0
Schub, Torsion
0,8
0,65
jede Beanspruchung
0,8
0,65
Stumpfnähte Zug
Kehlnähte
v3
Abb. 7.15. Beanspruchungsbeiwert v3 für statische Festigkeit
schweißte Wurzeln, wirken sich stark auf die dynamische Festigkeit aus, ebenso wie schroffe Kraftumlenkungen oder ungünstige Schweißnahtanordnung. Als maßgebende Dauerfestigkeit geht man von der Ausschlagfestigkeit σA der glatten, auf Zug beanspruchten Probe aus S 235 aus. Für S 355 und andere höherfeste Stähle wird derselbe Wert angesetzt. Abb. 7.16 beleuchtet diese Vorgehensweise anhand der vereinfachten Smith-Diagramme für S 235 und S 355. Man sieht, daß die höhere Ausschlagfestigkeit σA von S 355 der glatten, polierten Werkstoffprobe auf-
Abb. 7.16a,b. Smith-Diagramme für Bauteilwerkstoff und Schweißverbindung (Beispiel: v1 = 0,6; v2 = 0,8) für a S235, b S355 1) 1)
Hierbei wird die höhere Kerbempfindlichkeit von S355 gegenüber S235 berücksichtigt, s. auch Abschn. 7.3.2.2.
7.3 Tragfähigkeit und Betriebsverhalten von Schmelzschweißverbindungen
297
grund der höheren Kerbempfindlichkeit von S 355 zu gleichen Festigkeitswerten σA für S 235 und S 355 für die geschweißten Proben führt. – Ausschlagfestigkeit für das geschweißte Bauteil: Zug-Druck: σw,A,zd = σA⊥ Biegung:
σw,A,b = σA⊥
Schub:
τw,A,s = τA⊥ , τA||
Torsion:
τw,A,t = τA||
(7.14) = v1 · v2 · Kd,m · σA,zd,N .
(7.15) (7.16) (7.17)
Nahtformbeiwert v1 s. Abb. 7.17, Nahtgütebeiwert v2 s. Abb. 7.14, Größenfaktor Kd,m s. Abb. 3.33. Prinzip der Ausschlagfestigkeit σA, τA allg. s. Kap. 3. Da jedoch die Ausschlagfestigkeit von S 235 für die dynamisch beanspruchte Schweißverbindung relevant ist (s.o), kann diese aus dem zugehörigen Smith-Diagramm, Abb. 7.18, abgelesen werden. Man beachte: Beim Ablesen der Ausschlagfestigkeit aus Abb. 7.18 ist der jeweilige Überlastungsfall zu berücksichtigen, Kap. 3. Weiterhin ist zu überprüfen, ob eine durch Rp bedingte, begrenzte Ausschlagfestigkeit σA, zd, N der ungekerbten Normprobe auch für das geschweißte (gekerbte) Bauteil noch relevant ist, s. hierzu Abschn. 7.9 (Beispiel 1). Bei auf Zeitfestigkeit ausgelegten Schweißverbindungen läßt sich die Festigkeit mit Abb. 7.19 bestimmen (Prinzip Wöhlerlinie s. Kap. 3). 7.3.2.3 Festigkeitsnachweis bei Einzelbeanspruchung
Bei statischer Beanspruchung berechnet man die Sicherheit Sw,F mit den Beanspruchungen nach (7.2) ... (7.9) bzw. den Bauteilfestigkeiten nach (7.10) ... (7.13) wie folgt: σ w, F, zd
Zug-Druck:
S w , F, zd =
Biegung:
S w , F, b =
Schub:
τw, F, s Sw, F, s = 1114 , τw, s
(7.20)
Torsion:
τw, F, t Sw, F, t = 1114 . τw, t
(7.21)
σ w, zd σ w, F, b σ w, b
,
,
(7.18)
(7.19)
Sicherheit gegen Fließen für gut verformbare Stähle Sw,Fmin = (1,2) ... 1,5 ... 2,0 (Mittelwert 1,7). Für hochfeste, weniger gut als S 355 verformbare Stähle sind (etwa um 1,1 ... 1,2fach) höhere Sicherheiten zu fordern. – Gesichtspunkte für die Wahl der Mindestsicherheit s. Abschn. 1.4.8.
298
7 Schweißverbindung Bezeichnung
Stumpfstöße
v1
t·l
t·l
t·l
0,5
0,7
0,9
0,5
σ^ 2), 4)
0,7
0,8
0,9
0,8
τ || 3), 6)
0,42
0,56
0,72
0,56
HV-Naht mit Steg
HV-Naht ohne Steg
K-Naht mit Steg
K-Naht ohne Steg
σ^
Geringere Kraftumlenkung als bei Kehlnähten, damit geringere Kerbwirkung (stumpfnahtähnlich). a·l
a·l
s·l
s·l
σ^ 1), 5)
0,4
0,6
0,5
0,7
σ^ 2, 4)
0,6
0,7
0,68
0,8
τ || 3), 6
0,32
0,48
0,4
0,56
Bezeichnung
einseitige Wölbnaht
Flachnaht
beidseitige Hohlnaht
Nahtfläche
Hohlnaht
σ^
2a · l
0,28
0,3
0,33
0,38
0,42
0,5
σ^ 2), 4)
0,5
0,54
0,6
0,54
0,6
0,7
τ || 3), 6)
0,28
0,3
0,33
Flachnaht
DoppelFlachnaht
0,38 V-Naht
0,42 V-Naht mit Kehlnaht
0,5
v1
a·l
2a · l
a·l
a·l
s·l
σ^ 1),5)
0,22
0,3
0,3
0,45
0,5
σ^ 2), 4)
0,44
0,6
0,5
0,7
0,8
τ || 3), 6)
0,22
0,3
0,3
0,45
0,5
Zug-Druck. Biegung. Schub. 4) Die Beiwerte v sind bei Beanspruchung der Schweißnaht auf Biegung 1 (Abb. b) im allgemeinen günstiger als bei Beanspruchung auf ZugDruck, da bei Biegung die maßgebenden Spannungen in den außen liegenden Nahtfasern infolge Stützwirkung gemindert werden.
Werte gelten für durchgehende Nähte; abgesetzte Nähte wegen Endkratern schlechter. Für umlaufend geschlossene Nähte jeweils Mittelwerte aus einund beidseitiger Kehlnaht verwenden; bei Kreisquerschnitten wegen Nahtkrümmung d > 5a anstreben. Laschenstöße: Bei Flankennähten Werte für einseitige Kehlnaht verwenden; Stirnkehlnähte vermeiden.
Stumpfnaht wurzelverschweißt
Nahtbild
Nahtfläche
3)
Flachnaht
a·l 1), 5)
Bezeichnung
2)
Wölbnaht
Nahtbild
v1
Hinweise
Werte gelten jeweils auch für gleichartig angeführte Dreiblech-T-Stöße, die überwiegend horizontal in den stumpf aufeinanderstoßenden Blechen beansprucht werden
Nahtbild
v1
1)
Bördelnaht
t·l
Nahtfläche
Eckstöße
V-Naht spanend bearbeitet
1), 5)
Bezeichnung
T-Stöße (Kehlnähte)
X-Naht bzw. V-Naht mit Kopflage
Nahtbild
Nahtfläche
T-Stöße (HV- und K-Nähte)
V-Naht
Gegenüber den jeweils vergleichbaren Kehl- und Stumpfnähten größere Kraftumlenkung und damit Kerbwirkung. Nach Möglichkeit Herauslegen der Naht aus der Ecke durch Biegeumformen eines Bleches oder Reduzierung der Nahtbeanspruchung durch Einschweißen von Rippen. Randabstand g ≥ 2 a
Wird jedoch eine Schweißnaht derart gebogen (Abb. b, Biegung um x-Ach se), daß sich eine Biegespannungsverteilung in Längsrichtung der Naht ergibt, so ist die oben geschilderte Stützwirkung der inneren Nahtfasern geringer. In solchen Fällen sind bei der Ermittlung der zulässigen Schweißnahtspannung die Beiwerte v1 für Zug-Druck zu verwenden. 5) Werte können auch überschlägig für σ verwendet werden. || 6) Werte können auch überschlägig für τ verwendet werden. ^
Abb. 7.17. Nahtformbeiwerte v1 für dynamische Festigkeit
7.3 Tragfähigkeit und Betriebsverhalten von Schmelzschweißverbindungen
299
Abb. 7.18. Diagramm zur Bestimmung der Dauerfestigkeit von S235 für Normprobe und Bauteil mit den Faktoren v1 und v2 (Kd,m = 1, Abb. 3.33); zusätzlich dargestellt: Dauerfestigkeitschaubild für das geschweißte Bauteil nach Beispiel 2, Abschn. 7.9: v1 = 0,42; v2 = 0,9; v3 = 0,8; Kd,p = 1 (deff < 40 mm, Abb. 3.33)
300
7 Schweißverbindung
Abb. 7.19. Referenz-Wöhlerlinien für Stahl-Schweißverbindungen, Überlebenswahrscheinlichkeiten: 1: Pü = 10%, 2: Pü = 50%, 3: Pü = 90%, [7.3-1]
Bei dynamischer Beanspruchung berechnet man die Sicherheit Sw,D mit den Beanspruchungen nach (7.2) ... (7.9) bzw. den Bauteil-Ausschlagfestigkeiten nach (7.14) ... (7.17): Zug-Druck:
S w , D, zd =
Biegung:
S w , D, b =
Schub:
S w , D, s =
Torsion:
S w , D, t =
σ w, A, zd σ w, a, zd σ w, A, b σ w, a, b
τ w, A, s τ w, a, s τ w, A, t τ w, a, t
,
,
(7.22) (7.23)
,
(7.24)
.
(7.25)
Sicherheit gegen Dauerbruch Sw, Dmin = (1,5) ... 2,0 ... 3,0 (Mittelwert 2,5), s. auch [7.3-1]. – Gesichtspunkte für die Wahl der Mindestsicherheit s. Abschn. 1.4.8. 7.3.2.4 Festigkeitsnachweis bei zusammengesetzter Beanspruchung
Dies betrifft den Zustand, bei dem gleichzeitig unterschiedliche Spannungen auf die Schweißverbindung einwirken. Ausführliche Darstellung der Zusammenhänge s. Kap. 3. Mit den Einzelsicherheiten nach Abschn. 7.4.2.3 ergibt sich für die ,,reziproke Sicherheit“ bei statischer Beanspruchung:
7.3 Tragfähigkeit und Betriebsverhalten von Schmelzschweißverbindungen 2
1 S w, F
=
301
2
⎛ 1 1 ⎞ ⎛ 1 1 ⎞ +⎜ + + ⎟ , ⎟ ⎜S ⎝ w , F, zd S w , F, b ⎠ ⎝ S w , F, s S w , F, t ⎠
(7.26)
bzw. bei dynamischer Beanspruchung: 2
1 S w, D
=
2
⎛ 1 1 ⎞ ⎛ 1 1 ⎞ + + + ⎟ . ⎟ ⎜ ⎜S ⎝ w , D, zd S w , D, b ⎠ ⎝ S w , D, s S w , D, t ⎠
(7.27)
Da bei statischer und dynamischer Beanspruchung die entsprechenden Einflüsse aus unterschiedlicher Beanspruchung, Nahtform, usw. für das geschweißte Bauteil durch den Beanspruchungsbeiwert v3 bzw. den Nahtformbeiwert v1 berücksichtigt werden, wird von den in Kap. 3 behandelten bekannten Festigkeitshypothesen abgewichen (s. hierzu z.B. Abschn. 3.6.6.2c). 7.3.2.5 Festigkeitsnachweis für Schweißnaht-Sonderfälle
Ist ein Bauteil durch Stumpf- und Kehlnähte angeschlossen wie z.B. nach Abb. 7.20, dürfen die auf Schub beanspruchten Kehlnähte nicht voll berücksichtigt werden. Erfahrungswert nach [7.3-7]: Schweißnahtfläche Aw = AwS + c1 AwK ,
(7.28)
mit AwS Schweißnahtfläche der Stumpfnaht, AwK der Kehlnaht; Faktor c1 = 0,5 für AwK/AwS ≤ 1; c1 = 0,3 für AwK/AwS > 1. Hiermit berechnet man die Stumpfnaht und läßt die Kehlnaht unberücksichtigt. Schlecht zugängliche Schweißnähte (z.B. Kehlnähte mit Kehlwinkel < 60°) werden (außer bei Sondervorschriften) als nichttragend angesehen. Bei der Berechnung der Schubspannungen aus Querkraft werden nur die in Kraftrichtung liegenden Schweißnähte berücksichtigt (DIN 18 800), Abb. 7.21.
Abb. 7.20. Bauteil mit Stumpf- und Kehlnaht [7.3-1]
302
7 Schweißverbindung
Abb. 7.21. Trägeranschluß: für die Biegespannung werden nur die Schweißnähte an den Gurten, für die Schubspannungen nur die Schweißnähte am Steg (Höhe h) berücksichtigt
7.3.2.6 Festigkeitsnachweis für Bauteile aus Aluminiumlegierungen
Anhaltswerte für die statische und die dynamische Festigkeit lassen sich aus der Drucksachen-Verordnung der Deutschen Bahn für geschweißte Fahrzeuge, Maschinen und Geräte ableiten (DV 952). Festigkeitsnachweis wie bei Stahl nach Abschn. 7.3.2.1 … 7.3.2.4. – Statische Sicherheit gegen Fließen nach (7.18) … (7.21) bzw. (7.26) mit den Festigkeitswerten nach (7.10) … (7.13). Der Nahtgütebeiwert v2 kann auch für Aluminiumlegierungen nach Abb. 7.14 gewählt werden. Beanspruchungsbeiwert v3 s. Abb. 7.15. Größenfaktor Kd, p s. Abb. 3.33. Fließgrenze der Wärmeeinflußzone Rp WEZ nach Abb. 7.22. Mindestsicherheit entsprechend DV952: Sw, Fmin = 1,5; s. auch Hinweise in Abschn. 1.4.8.
Legierung nach DIN 1725 T1
Zustand
Rp 0, 2 des Grundwerkstoffs mit Walzhaut
Rechnerische Rp WEZ (50 mm)-Werte der Wärmeeinflußzone WEZ
AlMg3 AlMgMn
F 25
180
100
AlMg3 AlMgMn
F 23, F 18
140 82
78
AlMg4,5Mn
F 30 F 28
210 130
126
AlMgSi1
F 32 F 28 F 21
255 200 101
125 125 97
AlZn4,5Mg1
F 36 F 32
270 220
210
Festigkeitswerte des Grundwerkstoffs für Bleche, Rohre und Profile s. Kap. 5.
Abb. 7.22. Statische Festigkeit von Schweißverbindungen aus Aluminiumlegierungen nach DIN 1745, 1746, 1748
7.3 Tragfähigkeit und Betriebsverhalten von Schmelzschweißverbindungen
303
Abb. 7.23. Referenz-Wöhlerlinie für ALMg5, Überlebenswahrscheinlichkeiten: 1: Pü = 10%, 2: Pü = 50%, 3: Pü = 90% [7.3-15]
– Dynamische Sicherheit gegen Dauerbruch nach (7.22) … (7.25) bzw. (7.27) mit den Festigkeitswerten nach (7.14) … (7.17). Nahtformbeiwert v1 s. Abb. 7.17, Nahtgütebeiwert v2 näherungsweise nach Abb. 7.14, Größenfaktor Kd, m s. Abb. 3.33. Die in Abschn. 7.2.2.1 beschriebenen – beim Schweißen entstehenden – Wärmeeinflußzonen (WEZ) bewirken eine Minderung der dynamischen Festigkeit um so stärker, je höher die durch die Nachbehandlung des Bauteils (pressen, walzen, aushärten usw.) erzeugte Festigkeit war. – Die (dynamische) Dauerfestigkeit, d.h. die Ausschlagfestigkeit σA der Schweißverbindungen hochfester Aluminiumlegierungen ist – infolge höherer Kerbempfindlichkeit – praktisch gleich der von Schweißnähten für Aluminiumlegierungen niedriger Festigkeit. Anhaltswerte für Aluminiumlegierungen σA,zd,N = 34 N/mm2, Mindestsicherheit Sw,Dmin = 1,5. – Die Zeitfestigkeit kann man in gleicher Weise wie für Stahlschweißung, d.h. mittels einer Referenz-Wöhlerlinie abgeschätzt werden, Abb. 7.23. 7.3.3 Sprödbruchgefahr
Schweißkonstruktionen neigen unter bestimmten Bedingungen zum Sprödbruch. Er ist gefährlich, da er plötzlich, ohne Vorwarnung, d.h. Verformung einzelner Bauelemente auftritt. Die Hauptursachen für Sprödbrüche sind nachstehend aufgelistet, s. auch Abb. 7.24. Daraus ergeben sich auch die Abhilfemaßnahmen: – Mehrachsiger Spannungszustand entsteht durch dicke Bauteile, starke Schweißnahtüberhöhungen, Steifigkeitssprünge, Kerben; – Werkstoffehler wie Seigerungen, Aufhärtungen, nichtmetallische Einschlüsse;
304
7 Schweißverbindung Abb. 7.24. Einflüsse auf die Sprödbruchneigung von Bauteilen aus Aluminiumlegierungen [7.3-4]
– Werkstoffe geringer Bruchdehnung und Kerbschlagzähigkeit, auch bedingt durch Alterung und dynamische Vorbelastung; – niedrige Temperaturen und hohe (schlagartige) Belastungsgeschwindigkeiten. Oft sind nebensächliche Bauteile gefährdet und leiten den Sprödbruch ein; dies gilt auch für Bauteile, die bei tiefen Temperaturen dynamisch beansprucht werden. Abhilfe bieten oft geeignete Zusatzwerkstoffe und austenitische Stähle. – Nachweis eines Sprödbruchs s. [7.3-4]. 7.3.4 Steifigkeit und Schwingungen von Schweißkonstruktionen
Für die Dimensionierung eines Bauteils/einer Struktur ist oft nicht die Festigkeit maßgebend, sondern die statische oder die dynamische Steifigkeit; die Festigkeit des Werkstoffs kann dann nicht ausgenutzt werden. Steifigkeit und Schwingungsverhalten homogener Körper s. Kap. 3. Geschweißte Bauteile verhalten sich – bedingt durch Änderung der wirksamen Schweißquerschnitte – häufig anders [7.3-4]. Maßnahmen zur Erhöhung der statischen Steifigkeit: – Querschnitte möglichst vollständig anschließen, keine unterbrochenen Nähte; – Schweißnähte nicht in die Nähe hochbeanspruchter Zonen legen. Maßnahmen zur Erzielung hoher dynamischer Steifigkeit und Schwingungsdämpfung stehen oft im Gegensatz zur Forderung nach hoher statischer Steifigkeit und dynamischer Festigkeit. Stärkere Dämpfung erzielt man in erster Linie durch ,,Scheuerwirkung“, d.h. Reibungsdämpfung. Beispiele: – An biegebeanspruchten Proben mit V-Stumpfnaht wurde eine um ca. 10% größere Dämpfung im Vergleich zu ungeschweißten Proben gemessen [7.3-9];
7.3 Tragfähigkeit und Betriebsverhalten von Schmelzschweißverbindungen
305
– Starke Dämpfung weisen Kehlnähte auf, bei denen eine unverschweißte, dichte, vorgespannte Fuge entsteht; – Schweißnähte sollten möglichst in der Zone größter relativer Bewegung liegen, d.h. im Bereich maximaler Beanspruchung; – Die Schweißnaht soll eine Schwachstelle bezüglich der statischen Steifigkeit bilden, damit Scheuerwirkung begünstigt wird. – Unterbrochene Nähte sind günstiger als durchlaufende. Generell muß man jedoch stabiles Verformungsverhalten der Konstruktion sicherstellen. Bei knick-, kipp- und beulgefährdeten Bauteilen können sich Verformungen und vor allem Schweiß-Druckeigenspannungen ungünstig auswirken. Die Tragfähigkeit kann sich durch Plastifizierung der unter Druckeigenspannungen stehenden Bereiche erheblich vermindern. Eine Besserung läßt sich durch Spannungsarmglühen erreichen. Dieser Einfluß darf bei der Dimensionierung von Knickstäben keinesfalls vernachlässigt werden [7.3-4]. 7.3.5 Gestaltung
Leitlinien für schweißgerechte Gestaltung anhand von Beispielen s. Abb. 7.25. Nachfolgend Richtlinien für funktionsgerechte, kostengünstige Gestaltung: – Geringe Nahtmenge anstreben, da die Schweißkosten fast proportional hiermit anwachsen; aber bei dynamisch belasteten Kehl- und Stumpfnähten kleinste Nahtlänge l ≥ 10a (amin s. Abb. 7.9). Die Schweißkonstruktion möglichst aus größeren Teilstücken aufbauen; dünne, lange Nähte bevorzugen, da sie mit geringerer Nahtmenge (a2 · l) die gleiche tragende Nahtfläche (a · l) ergeben. Umlaufende Nähte an Drehkörpern werden gefühlsmäßig meist viel zu dick ausgeführt (daher Festigkeit nachrechnen). – Unterbrochene Nähte nur für vorwiegend statisch beanspruchte Konstruktionen wählen (Kerbwirkung der Endkrater bei dynamischer Beanspruchung!). – Als Bauelement bevorzugt man Flach- und Profil-Stähle, abgekantete und gebogene Bleche oder mit dem Brenner ausgeschnittene Stücke. Komplizierte Teile abtrennen und für sich schweißen oder als Guß-, Schmiede-, Preß- oder Ziehteile einschweißen. Abfallstücke gering halten oder weiter verwerten. – Vorbearbeitungen, wie gedrehte Absätze für die bequemere Zuordnung der Teile beim Schweißen, sind nur bei Einzelfertigung vorteilhaft; sonst sind geeignete Vorrichtungen kostengünstiger. – Schrumpfspannungen und Kerbwirkungen auch durch konstruktive Maßnahmen verringern: Dehnmöglichkeiten schaffen, durch Herauslegen der Nähte aus den Zonen erhöhter Spannung (Abb. 7.25o, q, w); durch dünnere Nahtlagen (s.o.); ferner Quernähte und Querrippen möglichst vermeiden; an den Kreuzungsstellen die Quernähte unterbrechen (Abb. 7.25m); Querrippen nur mit dünnen Kehlnähten (3 mm dick) anschließen.
306
7 Schweißverbindung
Schlechter!
Besser!
Beachte Vorarbeiten, wie Absätze und Abschrägungen, möglichst einsparen!
a Puffergehäuse
Abfallstücke vermeiden! Dem Konstruktionsbüro zur Verwertung melden!
b Seiltrommel
An Schnitten, an Nahtmenge und an Rippen sparen! Doppelnähte nur bei größeren Kräften.
c Kastenstoß
Naht nicht in Paßflächen legen! Innere Naht nur bei schweren Kästen. Maße des Flachstahls (Flansch) als Rohmaß angeben. Bearbeitungszugabe 2 mm (4 mm) bei Kastenlänge bis 1 m (über 1 m).
d Zahnrad
Größere Bunde und Flansche billiger geschweißt als geschmiedet oder aus dem Vollen gedreht. (Schweißbarkeit der beteiligten Werkstoffe beachten).
e Wellenflansch
f
g
An Brennschnitten, an Schweißnahtmengen und an Vorbearbeitung sparen! Von Profilstahl, Rundbiegen und Abkanten Gebrauch machen.
h i
Abb. 7.25. Gestaltungsbeispiele für Schmelzschweißverbindungen
7.3 Tragfähigkeit und Betriebsverhalten von Schmelzschweißverbindungen Schlechter!
Besser!
307
Beachte
Zahnrad
Kranz nahtlos gewalzt. Rippen nur bei Schrägverzahnung. Geschweißte Zahnräder s. auch Band II.
Bremsscheibe
Rippen nicht ausschneiden, sondern hierfür Flachstahl nehmen! Der Kranz soll über die Rippen vorstehen!
k
l Nahthäufung (Schrumpfspannungen) vermeiden, also Quernähte unterbrechen. m Behälter
Längsnähte versetzen.
n Behälter
Naht gerissen bei
Nähte in Behälterkanten besonders gefährdet, also verlegen.
o Anrißgefahr verringern durch richtige Nahtanordnung.
p
q
Bei dynamisch beanspruchten Stumpfstößen schroffen Wechsel der Blechdicke vermeiden. Günstiger Kraftfluß durch allmählichen Übergang Nahtwurzel nicht in Zugzone legen
r
Abb. 7.25 (Fortsetzung)
308
7 Schweißverbindung
Schlechter!
Besser!
Beachte Nahtwurzel nicht in Zugzone legen! Vorbearbeitung sparen.
s Rohrleitung
t Dichtungsnaht innen! u Ausbeulen infolge Nahtschrumpfung vermeiden v Bei großen Geschwindigkeiten u. Beanspruchungen Rohransatz ausrunden u. Naht aus Kante herauslegen. w Trägeranschluß besonders bei hoher Beanspruchung gut abrunden! Endpunkte bohren, Ausschnitte ausbrennen, warm aufbiegen, dann Füllstücke einschweißen.
x
Abb. 7.25 (Fortsetzung)
– Gestaltung dynamisch beanspruchter Stöße von unterschiedlich dicken Blechen s. Abb. 7.25q. – Starre, biege- und drehsteife Schweißkonstruktionen hoher Festigkeit können mit geringer Wanddicke durch geschlossene Kasten- oder RohrQuerschnitte, durch ,,Zellenbau“ erzielt werden, s. hierzu Kap. 4. – Bei Blech- und Kastenträgern wegen der Ausbiege- und Rostgefahr durchlaufende Nähte bevorzugen und zwar 4 ... 10 mm dick bei Kraftnähten (3 mm bei Heftnähten). Deshalb sind auch die offenen Enden von Kastenträgern möglichst zuzuschweißen. – Bei Biegeträgern die Schweißstellen möglichst in die Nähe der Auflager legen, um sie vom Biegemoment zu entlasten. – Bei Druckstäben kann für die Schweißnaht 1/10 der Druckkraft angenommen werden, wenn der Stab die Kraft unmittelbar durch gute Auf-
7.4 Punkt- und Nahtschweißverbindung
309
lage übertragen kann (sog. Kontaktstoß; aber: Nahtdicke amin, Abb. 7.9, beachten!). – Bei zugbeanspruchten Querschnitten sind die schwer abschätzbaren zusätzlichen Schrumpfspannungen zu beachten, wenn diese sich nicht voll ausgleichen können (Spannungsarmglühen oder Dehnmöglichkeit vorsehen!). – Schweißen in oder in der Nähe kaltverformter Zonen – wegen Eigenspannungen – vermeiden bzw. entsprechende Fügeteile vor dem Schweißen normalglühen.
7.4 Punkt- und Nahtschweißverbindung Dies sind Preßschweißverfahren. Das normale Widerstands-Punktschweißen eignet sich für Kraft- und Heftverbindungen, insbesondere zum Fügen von Dünnblechen und entspr. Formelementen aus (schweißbaren) unlegierten und legierten Stählen sowie NE-Metallen, Abschn. 7.2.2. Funktion, Arbeitsprinzip, Anwendung und zu verarbeitende Blechdicken s. Abb. 7.1. 7.4.1 Dimensionierung
Abmessungen und Anzahl der Schweißpunkte bzw. -nähte können so gewählt werden, daß die statische Festigkeit der Verbindungsstelle ebenso hoch ist wie die der verschweißten Bauteile. Die dynamische (Dauer-) Festigkeit ist gering, Abschn. 7.4.2. Ausbildung des Blechstoßes; Anzahl der Punktreihen, Nahtreihen: Abb. 7.26, 7.27 zeigen, daß bei einem einreihigen Überlappungsstoß sehr hohe Kopfzugbeanspruchungen auftreten. Daher sollten mindestens 2, höchstens 5 Reihen hintereinander angeordnet werden (vgl. Nietverbindungen, Kap. 9). Der Doppellaschenstoß ist diesbezüglich besonders günstig, wird wegen des großen Aufwands jedoch vermieden.
Abb. 7.26a–c. Punktschweiß-Stoßarten im unverformten bzw. unter Zugkraft F verformten Zustand, a einreihige, einschnittige Verbindung, b zweireihige, einschnittige Verbindung, c zweireihige, zweischnittige Laschenverbindung
310
7 Schweißverbindung
Abb. 7.27. Anteil der Kopfzugbeanspruchung bei ein- und zweireihigen Punktschweißverbindungen [7.3-4]
Die Abmessungen des Schweißpunktes/der Rollennaht hängen – außer von der Blechdicke – von den Schweißdaten, wie Stromstärke, Schweißzeit, Anpreßkraft, Oberflächenzustand usw. ab. – Für die Berechnung kann man folgende Richtwerte benutzen, Punktdurchmesser: 8 mm ≥ d = 25 mm ⋅ t min ,
(7.29)
Rollennahtbreite: 6 mm ≥ b = 14 mm ⋅ t min ,
(7.30)
mit tmin Dicke des dünnsten der zu verbindenden Bleche. Durch Messung an zerstörten Schweißproben ist zu prüfen, ob diese Maße mindestens erreicht werden. Auch wenn der Schweißpunktdurchmesser d bzw. die Schweißnahtbreite b größer ist, setzt man für die Berechnung die nach (7.29) oder (7.30) berechneten Werte an. Anzahl der Schweißpunkte, (Rollen-)Schweißnähte Wenn die von den (auf Abscheren beanspruchten) Schweißpunkten statisch übertragbare Kraft FwB = n · m · Awp · τwB (Awp = π/4 · d2, τwB = 0,65 · Rm) gleich der vom Blechquerschnitt übertragbaren Kraft FB = A · Rm = l · tmin · Rm sein soll, gilt für Anzahl der Schweißpunkte: n≈
1 , m ⋅ 13 mm
(7.31)
mit m Schnittzahl. Nach den gleichen Überlegungen reichen bis Blechdicken tmin = 25 mm zwei (Rollen-)Schweißnähte für ein- und zweischnittige Verbindungen. Punktabstände, Rollennahtabstände Anhaltswerte s. Abb. 7.28. Wichtig ist, daß e1 und e2 ausreichend gewählt werden, damit die Bleche nicht an den Rändern ausreißen.
7.4 Punkt- und Nahtschweißverbindung
a) einreihig einschnittig
b) zweireihig einschnittig
c) zweireihig versetzt einschnittig
311
d) zweireihig zweischnittig
Blechdicke t [mm]
Punktdurchmesser dp [mm]
Randabstand v: 1,25 dp
0,5
2,5...6,0
Punktabstand e; einreihig: ≈ 3,5 dp
1,0
4,0...9,0
zweireihig: ≈ 5 dp
1,5
5,0...10,0
2,0
6,0...11,0
2,5
6,5...12,0
Punktreihenabstand f: > e
3,0
7,0...13,0
Versatz g: e/2
Überlappung b; einreihig: 2v = 2,5 dp zweireihig: f + 2v
Abb. 7.28. Maße für Schweißpunktanordnung für Stahlbleche bis 3 mm Dicke bei statischer Beanspruchung [7.1-30]. Nach DIN 18 801, Stahlhochbau: d ≤ 5 t
7.4.2 Festigkeitsnachweis für die Punktschweißverbindung
Für die Festigkeitsrechnung wird der Schweißpunkt gedanklich durch einen Nietschaft mit dem Durchmesser des Schweißpunkts ersetzt, Abb. 7.29. Damit berechnet man die Nennbeanspruchung wie bei Nietverbindungen. Vereinfachend wird angenommen, daß sich die Gesamtkraft gleichmäßig auf die Schweißpunkte verteilt.
Abb. 7.29a, b. Modell für die Berechnung der Scher- und Leibungsbeanspruchung von Punktschweißverbindungen, a einschnittige Verbindung, b zweischnittige Verbindung
312
7 Schweißverbindung
Statische Beanspruchung, – Schubspannung in der Schweißlinse: τ w, s =
F , n ⋅ m ⋅ A wp
(7.32)
mit n Anzahl der Schweißpunkte; m Schnittzahl Awp ≈ 20 mm · tmin aus d2 ≥ 50 mm2 nach (7.29), F Betriebskraft. – Leibungsdruck (Flächenpressung) pw =
F , n ⋅ d ⋅ t min
(7.33)
mit d nach (7.29). – Spannung im Blechquerschnitt: σz =
F . t⋅b
(7.34)
Kerbspannung, Stützwirkung und Einfluß der Eigenspannung werden durch die Abminderungsfaktoren V und W im Ansatz der zulässigen Spannungen berücksichtigt, die vorzugsweise in Versuchen ermittelt werden sollten. Hilfsweise kann man die nachfolgenden Angaben verwenden: Dynamische Beanspruchung: Hierfür gelten dieselben Beziehungen, mit F = Ausschlagkraft Fa . Statische Sicherheit gegen Fließen – Sicherheit gegen Abscheren des Schweißpunkts mit τw,F,s = 0,65 Rp : S w, F =
0, 65 ⋅ R p ⋅ V ⋅ W τ w, s
≥ S w , F min .
(7.35)
– Sicherheit gegen Leibungsdruck (Flächenpressung) mit pwgrenz , einschnittige Verbindung mit pwgrenz = 1,8 Rp : S w, F =
1, 8 ⋅ R p ⋅ V ⋅ W pw
≥ S w , F min ,
(7.36)
zweischnittige Verbindung mit pwgrenz = 2,5 Rp : S w, F =
2, 5 ⋅ R p ⋅ V ⋅ W pw
≥ S w , F min .
(7.37)
– Sicherheit gegen Fließen im Blechquerschnitt: S w, F =
Rp σz
≥ S w, F min .
(7.38)
7.4 Punkt- und Nahtschweißverbindung
Herstellung, Kontrollen – nach Einstellversuchen, Parameterüberwachung und Stichproben während der Fertigung – Synchronsteuerung nach Einstellversuchen, Stichproben während der Fertigung – Synchronsteuerung nach Einstellversuchen 1)
313
V
Für Sicherheitsklasse 1)
1,00
A, B, C
0,75
A, B, C
0,50
B, C
Sicherheitsklasse s. Abb. 7.32.
Abb. 7.30. Schweißfaktor V für Punktschweißverbindungen [7.1-30]
Verfahren
W
zweiseitiges Schweißen mit stationärer Maschine zweiseitiges Schweißen mit Hängezange Doppelpunktschweißen mit gegeneinandergeschalteten Transformatoren Drei- oder Vierblechverbindungen, je nach Betriebsbedingungen
1,0 0,9 0,9 ≤ 0,8
Abb. 7.31. Verfahrensfaktor W für Punktschweißverbindungen [7.1-30]
1)
Sicherheitsklasse
Definition
Sicherheit Sw, F 1)
A
Verbindungen, bei deren Versagen Menschenleben gefährdet werden können
1,8
B
Verbindungen, deren Versagen das Erzeugnis für den vorgesehenen Zweck unbrauchbar macht oder einen Sachverlust zur Folge haben kann
1,5
C
Verbindungen, deren Versagen die Brauchbarkeit des Erzeugnisses für den vorgesehenen Zweck nur wenig beeinträchtigt
1,2
Für weniger verformungsfähige Werkstoffe ist Sw, F zu vergrößern.
Abb. 7.32. Sicherheitsklassen mit Mindestsicherheiten bei Punktschweißverbindungen für Stähle nach DIN 1623 T1 [7.1-30]
Der Schweißfaktor V berücksichtigt den Einfluß der Herstellbedingungen und des Kontrollaufwands, Abb. 7.30, der Verfahrensfaktor W den Einfluß der Schweißgeräte und der Schnittzahl, Abb. 7.31. Die Zahlenwerte gelten für zweiseitiges Schweißen mit stationärer Maschine und Verbindung von zwei Blechen. Bei anderen Bedingungen, für andere Fälle s. [7.3-11]. Mindestsicherheiten s. Abb. 7.32.
314
7 Schweißverbindung
Abb. 7.33a, b. Zugschwellkraft FSch = 2 · FA, a Einfluß der Dicke von Stahlblechen bei unterschiedlichen Linsendurchmessern dL [7.3-1], b Einfluß von Punktzahl und Blechdicke von Ein- und Dreipunktproben aus den Werkstoffen AlMg0,4Si1,2 und AlMg5 nach [7.1-2]
Dynamische Sicherheit gegen Dauerbruch Die Dauerfestigkeit von Punkt-Schweißverbindungen ist – infolge der starken Kerbwirkung – gering. Die Wöhlerlinien der Scherbeanspruchung in der Schweißlinse fallen im Zeitfestigkeitsgebiet wesentlich steiler ab als die des Grundwerkstoffs. Beispiel s. Abb. 7.33. Ausschlagfestigkeit der Schweißlinse bei Blechen St 12.03 und St 14.04 (DIN 1623) nach den Abb. 7.33, für 5% Schadenswahrscheinlichkeit: für e/dL ≤ 4 : τw,A ª 31 N/mm2 ; für e/dL = 6 : τw,A = 23 N/mm2. (7.39) Wegen der höheren Kerbempfindlichkeit höherfester Stähle kann man auch hierfür mit diesen Werten rechnen. Schwellfestigkeit des Blechquerschnitts s. Abb. 7.34. Für Schweißlinsen bei Aluminiumlegierungen AlMg 0,4 Si 1,2 und AlMg 5: τw,A ª 5,5 N/mm2.
(7.40)
Auch hier gilt, daß man für höherfeste Aluminiumlegierungen den gleichen Wert ansetzen kann.
7.4 Punkt- und Nahtschweißverbindung
315
Abb. 7.34. Wöhlerlinie der Schwellfestigkeit σSch = 2 · σA (bezogen auf den Blechquerschnitt) für Bleche St 12.03 und St 14.04 (einschnittige Punktschweißprobe mit t = 1 mm, dL = 5 mm, Pü = 95%); Einfluß von Punktabstand e/Linsendurchmesser dL [7.3-1]
Sicherheit: S w, D =
τ w,A ⋅ V ⋅ W τw
≥ S w , D min .
(7.41)
Schweißfaktor V und Verfahrensfaktor W wie bei statischer Beanspruchung (Abb. 7.30, 7.31). Mindestsicherheit s. Abb. 7.32. Die Dauerfestigkeit des ungeschwächten Blechs ist wesentlich größer als die der Schweißpunkte, muß daher i. allg. nicht nachgeprüft werden. – Ebenso kann der Nachweis gegen Leibungsdruck entfallen. Zeitfestigkeit Ähnlich wie bei Schmelzschweißverbindungen kann man aus der statischen und der Dauerfestigkeit über die Wöhlerlinie auf die Zeitfestigkeit schließen, Abschn. 7.3.2.2. 7.4.3 Festigkeitsnachweis für die Rollennaht-Schweißverbindung
Man kann hierbei nach denselben Ansätzen wie bei Punktschweißverbindungen vorgehen, wobei als Schweißnahtfläche Aw = n · l · b, mit b nach (7.30), anzusetzen ist.
316
7 Schweißverbindung
Abb. 7.35a, b. Gestaltung von Punktschweißverbindungen. a schlecht zugänglich, b gut zugänglich und Schweißnaht im Bereich der neutralen Faser
7.4.4 Gestaltung
– Punkt- und Randabstände,Anzahl der Nahtreihen, Blechdicken,Anzahl der zu verbindenden Bleche s. Abschn. 7.4.2 und Abb. 7.27. – Zugbeanspruchte Anschlüsse vermeiden (Festigkeit gegenüber Scherzug nur etwa ein Drittel). – Zweischnittige Verbindungen (Doppellaschenstoß) sind sehr aufwendig (Kosten) und unsicher bei Blechdickendifferenzen (Toleranzen). – Bei biegebeanspruchten Teilen Schweißnähte in den zugbeanspruchten Bauteilbereich legen (geringere Kopfzugbeanspruchung!). – Bei kastenförmigen Bauteilen Schweißnähte nach außen und wenn möglich in den Bereich der neutralen Faser legen, Abb. 7.35.
7.5 Buckelschweißverbindung Die Buckel werden in das Blech eingedrückt, auch angeschmiedet oder angegossen.Wenn das dünnere Blech durch Umformung gestaltet wird, kann man die Buckel im gleichen Arbeitsgang erzeugen.Anderenfalls erhält das dickere der beiden Teile die Buckel. Alle Buckel einer Stoßstelle müssen gleichzeitig niedergedrückt und verschweißt werden. Buckelformen und -Verbindungen s. Abb. 7.36. Mit Ring- und Langbuckeln kann man besonders steife Verbindungen erzeugen. Buckelschweißpunktdurchmesser (≈ Ringnahtbreite): d ª k00 11 mm · tmin .
(7.42)
Punkt- und Randabstände sowie Tragfähigkeitsberechnungen wählt man wie bei Punktschweißverbindungen.
7.6 Preß- und Abbrenn-Stumpfschweißverbindungen
317
Abb. 7.36a, b. Buckelschweißverbindungen, a Buckelformen, b Buckel-Schweißverfahren nach DIN 1910
7.6 Preß- und Abbrenn-Stumpfschweißverbindungen Arbeitsprinzip und Anwendungen s. Einleitung zu Kap. 7 und Abb. 7.1, 7.37. Zum Preßstumpfschweißen eignen sich alle schweißbaren Stähle, zum Abbrennstumpfschweißen alle unlegierten Stähle mit C < 0,2%; legierte Stähle und bei höherem C-Gehalt ist eine Wärmenachbehandlung erforderlich. Die Beanspruchung berechnet man wie für das ungeschweißte Bauteil (Kap. 3). Maßgebend ist der kleinste Querschnitt neben der Naht. Anhaltswerte für die Nahtfestigkeit s. Abb. 7.38. Erforderliche Sicherheit wie bei Schmelzschweißverbindungen, Abschn. 7.3.2.
Abb. 7.37a–c. Abbrenn-Stumpfschweißverbindungen [7.3-4]. a Hebel, b Kurbelwelle, c Verbindung Hohlwelle-Flansch
318
7 Schweißverbindung
Beanspruchungsart
Schweißverfahren
Schweißgrat belassen
Schweißgrat bearbeitet
statisch: Rp bzw τF
Preßstumpf- oder Abbrennstumpf-
90 . . . 100 %
90 . . . 100 %
Reib-
≥ 100 %
≥ 100 %
Preßstumpf-
60 . . . 80 %
60 . . . 80 %
Abbrennstumpf-
60 . . . 80 %
80 . . . 90 %
Reib-
ca. 70 %
≥ 100 %
dynamisch: σA bzw. τA
Abb. 7.38. Richtwerte für die Festigkeit von fehlerfreien Preßstumpf-, Abbrennstumpf- und Reibschweiß-Verbindungen relativ zu den Festigkeitswerten des Grundwerkstoffs [7.3-4], [7.3-10]
7.7 Reibschweißverbindungen Arbeitsprinzip und Anwendung s. Einleitung zu Kap. 7 und Abb. 7.1. Das Verfahren gewinnt – insbesondere in der Serienfertigung – für hochbeanspruchte Bauteile an Bedeutung. Der Schweißquerschnitt muß rotationssymmetrisch oder ähnlich sein (z.B. auch Sechskant). Ein Bauteil rotiert beim Schweißen um seine Symmetrieachse. An die – zur Symmetrieachse senkrechten – Fügeflächen werden keine besonderen Anforderungen gestellt und können durch Sägen, Drehen oder Fräsen hergestellt werden; auch Reibschweißverbindungen mit geschmiedeten oder gewalzten Flächen sind möglich. In der Verbindungszone entsteht ein ausgeprägtes Feinkorngefüge. Zum Reibschweißen eignen sich alle schweißbaren Stähle (Abschn. 7.2.2.1), auch untereinander. Die statische und dynamische Festigkeit von fachgerecht hergestellten und geprüften Reibschweißverbindungen kann die Festigkeit des Bauteilwerkstoffs erreichen; Abb. 7.38.
7.8 Schweißverbindung für Anwendungen außerhalb des Maschinenbaus 7.8.1 Schweißverbindungen im Stahl- und Kranbau
Bemessung und Konstruktion von Stahlbauteilen für vorwiegend ruhende Beanspruchung s. DIN 18 800 T1. Ergänzend: DIN 18 801 (Stahlhochbau), DIN 18 809 (Stählerne Straßenbrücken), DIN 4132 (Kranbau). Einige Besonderheiten, Regeln und Empfehlungen – Zugelassene Werkstoffe sind: S235JRG2, S235J2G3 (im Kranbau alle Gütegruppen) und S355J2G3; andere Stähle nur, wenn die mechanischen
7.9 Beispiele
– – – – –
319
Eigenschaften und die Schweißeignung nachgewiesen und bauaufsichtlich bestätigt wurde. Bei höherfesten Feinkornstählen sind Auflagen nach DASt-Richtlinie [7.1-31] zu beachten. In den zulässigen Spannungen sind die Sicherheiten enthalten. Dicke der zu verbindenden tragenden Teile bei Lichtbogenschweißen mindestens 2 mm (DIN 18 800), bei Leichtbau 1,5 mm. Auf Zug oder Biegezug beanspruchte Stumpfstöße möglichst vermeiden. Bei Bauwerken im Freien sind unterbrochene Nähte wegen Korrosionsgefahr nicht erlaubt. Schweißnähte in Seigerungszonen sind nicht zulässig (z.B. in Hohlkehlen von Walzprofilen; Abschn. 7.3.3: Sprödbruchgefahr).
7.8.2 Schweißverbindung im Behälter- und Kesselbau
Berechnung der Druckbehälter s. AD Merkblätter [7.1-25], der Dampfkessel s. TRD-Blätter [7.1-27]. Einige Regeln und Empfehlungen – Schweißnähte müssen absolut dicht sein. – Die Wandungen und die gewölbten Böden müssen gegen elastisches Beulen nachgerechnet werden. – Bei stark wechselndem Betriebsdruck müssen die Behälter auf Betriebsfestigkeit nachgerechnet werden. 7.8.3 Schweißverbindung im Flugzeugbau
Schmelzschweißen wird im Flugzeugbau in Form von Sonderverfahren mit entspr. Kontrollaufwand angewendet (s. z.B. Abb. 7.1 Nr. 5). Insbesondere die dynamische Festigkeit der Leichtmetalle wird durch das Aufschmelzen zu stark gemindert, Abschn. 7.3.2.
7.9 Beispiele Beispiel 1: Lagerbock, belastet durch Kraft Feq (Abb. 7.39) Gegeben: Feq = F · KA = 10 kN (schwellend), Schweißnahtdicke a = 6 mm, Schweißnahtlänge l = 80 mm (keine Endkrater), h = 50 mm, α = 30°, t = 15 mm, v2 = 0,9 (Normalgüte), Bauteilwerkstoff: S 235 (Rm = 360 N/mm2).
Abb. 7.39. Geschweißter Lagerbock, belastet durch die Kraft F
320
7 Schweißverbindung
Gesucht: Sicherheit gegen Dauerbruch Sw,D . Berechnet: Einzelbeanspruchungen: Aus Schnittgrößen für den Anschlußquerschnitt, FN = Feq · sin α = 10 kN · sin 30° = 5 kN, FQ = Feq · cos α = 10 kN · cos 30° = 8,66 kN, Mb = FQ · h = 8,66 kN · 50 mm = 433 Nm und Schweißnahtquerschnitt Aw = 2 · a · l = 2 · 6 · 80 mm2 = 960 mm2 bzw. Schweißnahtwiderstandsmoment Wbw = 2 · a · l2/6 = 2 · 6 · 802/6 = 12800 mm3 ergeben sich die Einzelbeanspruchungen: σw,a,zd = σw,zd/2 = FN/(2 · Aw) = 5 kN/(2 · 960 mm2) = 2,6 N/mm2 nach (7.2); τw,a,s = τw,s/2 = FQ/(2 · Aw) = 8,66 kN/(2 · 960 mm2) = 4,5 N/mm2 nach (7.5); σw,a,b = σw,b/2 = Mb/Wb = 433 · 103 Nmm/12 800 mm3 = 16,9 N/mm2 nach (7.7). Einzelfestigkeiten (Überlastungsfall F2, Kap.3): σw,A,zd = v1 · v2 · Kd,m · σA,zd,N = 0,42 · 0,9 · 1 · 157,89 N/mm2 = 59,68 N/mm2 nach (7.14), mit v1 = 0,42 (Abb. 7.17), Kd,m = 1 (Abb. 7.18, mit deff = t, Abb. 3.33) und σA,zd,N = σW,zd,N/(1 + Mσ[(1 + Rσ)/(1 – Rσ)]) = 162 N/mm2/1,026 = 157,89 N/mm2 nach (3.100), (mit Wechselfestigkeit σW,zd,N nach Abb. 7.18 und Mσ = 0,00035 · 360–0,1 = 0,026 nach Abschn. 3.6.7; Rσ = σu/σo = 0); τw,A,s = v1 · v2 · Kd,m · σA,zd,N = 0,42 · 0,9 · 1 · 157,89 N/mm2 = 59,68 N/mm2 nach (7.16), mit v1 = 0,42 (Abb. 7.17); Kd,m , σA,zd,N s.o.; σw,A,b = v1 · v2 · Kd,m · σA,zd,N = 0,42 · 0,9 · 1 · 157,89 N/mm2 = 59,68 N/mm2 nach (7.15), mit v1 = 0,42 (Abb. 7.17), Kd,m , σA,zd,N s.o.; bzw. vereinfachte – beispielhaft dargestellte – Möglichkeit zur Bestimmung der Einzelfestigkeit mit Smith-Diagramm nach Abb. 7.18 (beachte: Ausschlagfestigkeit σA,zd,N wird u.U. durch den statischen Festigkeitswert Rp begrenzt, s. Linie - - -, dieser Effekt entfällt hier aber für das geschweißte Bauteil). Einzelsicherheiten: Sw,D,zd = σw,A,zd/σw,a,zd = 59,68/2,6 = 22,95 nach (7.22), Sw,D,s = σw,A,s/τw,a,s = 59,68/4,5 = 13,26 nach (7.24), Sw,D,b = σw,A,b/σw,a,b = 59,68/16,9 = 3,53 nach (7.23). Sicherheit für zusammengesetzte Beanspruchung: Sw,D = 1/[(1/Sw,D,zd + 1/Sw,D,b)2 + (1/Sw,D,s)2)]0,5 = 2,98 nach (7.27) Beispiel 2: T-Träger, belastet durch Querkraft FQ (Abb. 7.40) Gegeben: FQ = 50 kN (statisch), Schweißnahtdicke a = 4 mm; Träger: Nahtgütebeiwert v2 = 0,8 (Sichtprüfung), h = 60 mm, t = 12 mm, e = 12 mm, b = 60 mm, Bauteilwerkstoff: S 235.
Abb. 7.40. Geschweißter T-Träger, belastet durch die Querkraft FQ
7.9 Beispiele
321
Abb. 7.41. Auf einer Welle aufgeschweißter Hebel [7.3-1], belastet durch die Kraft F
Gesucht: Sicherheit der Schweißnaht gegen bleibende Verformung Sw,F Berechnet: Beanspruchung: τw,s = FQ · S*/(I · 2a) = 50 · 103 · 12 960/(691 200 · 2 · 4) N/mm2 = 117,2 Nmm2 nach (7.6), mit S* = t · b · (e + t/2) = 12 · 60 · (12 + 12/2) mm3 12 960 mm3, s. Abb. 3.9; I = b · t3/12 + (t/2 + e)2 · b · t + t · h3/12 + (h/2 – e)2 · h · t = 60 · 123/12 + (12/2 + 12)2 · 60 · 12 + 12 · 603/12 + (60/2 – 12)2 · 60 · 12 mm4 = 691 200 mm4 s. Abb. 3.9, 3.10. Festigkeit: τw,F,s = v2 · v3 · Kd,p · Rp,N = 0,8 · 0,8 · 1 · 235 N/mm2 = 150,4 N/mm2 nach (7.12), mit v3 = 0,8 (Abb. 7.15), Kd,p = 1 (Abb. 7.18, mit deff = t, Abb. 3.33). Einzelsicherheit: Sw,F,s = τw,F,s/τw,s = 150,5/117,2 = 1,28 nach (7.20). Beispiel 3: Hebel, belastet durch die Kraft F (Abb. 7.41) Gegeben: F = 6 kN (wechselnd), Schweißnahtdicke a = 5 mm, l = 320 mm, d = 60 mm, v2 = 0,9 (Normalgüte), Bauteilwerkstoff: S 235. Gesucht: Sicherheit gegen Dauerbruch Sw,D. Berechnet: Beanspruchung: τw,a,t = T/Wt = F/2 · l/Wt = 0,5 · 6 · 103 · 320/26 280,6 N/mm2 = 36,52 N/mm2 nach (7.8), mit Wt = π/16 [(d + a)4 – (d – a)4]/(d + a) = π/16 [(60 + 5)4 – (60 – 5)4]/(60 + 5) mm3 = 26 280,6 mm3, s. Abb. 7.12. Festigkeit: τw, A, t = v1 · v2 · Kd, m · σA, zd, N = 0,9 · 0,42 · 1 · 162 N/mm2 = 61,24 N/mm2 nach (7.17), mit v1 = 0,42 (Abb. 7.17), Kd, m = 1 (Abb. 7.18), σA, zd, N = σzd W,N = 162 N/mm2. Einzelsicherheit: Sw,D = τw,A,t/τw,a,t = 61,24/36,52 = 1,68 nach (7.25).
322
7 Schweißverbindung
7.10 Literatur Normen, Richtlinien, Vorschriften 7.1-1 DIN 1626 (1984) Geschweiße Kreisförmige Rohre aus unlegierten Stählen für besonders hohe Anforderungen; Technische Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 7.1-2 DIN 1629 (1984) Nahtlose kreisförmige Rohre aus unlegierten Stählen für besondere Anforderungen; Technische Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 7.1-3 DIN 1681 (1985) Stahlguß für allgemeine Verwendungszwecke; Technische Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 7.1-4 DIN 1910 (1983/1977/1977/1991/1986/1981/1979/1989) Schweißen; T1: Begriffe, Einteilung der Schweißverfahren, T2: Schweißen von Metallen,Verfahren, T3: Schweißen von Kunststoffen, Verfahren, T4: Schutzgasschweißen, Verfahren, T5: Schweißen von Metallen, Widerstandsschweißen, Verfahren, T10: Mechanisierte Lichtbogenschmelzschweißverfahren, Benennungen, T11: Werkstoffbedingte Begriffe für Metallschweißen, T12: Fertigungsbedingte Begriffe für Schmelzschweißen von Metallen. Berlin, Beuth 7.1-5 DIN 1912 (1976/1077) Zeichnerische Darstellung, Schweißen, Löten; T1: Begriffe und Benennungen für Schweißstöße, -fugen, -nähte, T2: Arbeitspositionen, Nahtneigungswinkel, Nahtdrehwinkel. Berlin, Beuth 7.1-6 DIN 1913 T1(Entwurf) (1991) Stabelektroden für das Verbindungsschweißen von Stahl, unlegiert und niedriglegiert; Einteilung, Bezeichnung, Technische Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 7.1-7 DIN 4132 (1981) Kranbahnen, Stahltragwerke; Grundsätze für Berechnung, bauliche Durchbildung und Ausführung. Berlin, Beuth 7.1-8 DIN 8551 (1976) Schweißnahtvorbereitung; T1: Fugenformen an Stahl, Gasschweißen, Lichtbogenhandschweißen und Schutzgasschweißen, T4: Fugenformen an Stahl, Unter-Pulver-Schweißen. Berlin, Beuth 7.1-9 DIN 8554 (1986) Schweißstäbe für das Gasschweißen, unlegiert und niedriglegiert; T1: Bezeichnung, Technische Lieferbedingungen, T3: Prüfung auf Eignung und Fertigungsbedingung. Berlin, Beuth 7.1-10 DIN 8556 T1(Entwurf) (1992) Einteilung von umhüllten Stabelektroden zum Lichtbogenschweißen nichtrostender und hitzebeständiger Stähle. Berlin, Beuth 7.1-11 DIN 8557 T1(Entwurf) (1992) Einteilung von Drahtelektroden und DrahtPulver-Kombinationen zum Unterpulverschweißen von unlegierten Stählen und Feinkornstählen. Berlin, Beuth 7.1-12 DIN 8559 T1(Entwurf) (1990/1991/1991) Schweißzusätze für das Schutzgasschweißen; Drahtelektroden und Schweißgut zum Metall-Schutzgasschweißen von Kohlenstoff-, Kohlenstoff-Mangan- und mikrolegierten Stählen; Einteilung, Bezeichnung, T100(Entwurf): Einteilung von Stäben, Drähten und Schweißgut zum Wolfram-Schutzgasschweißen von unlegierten und mikrolegierten Stählen, T101(Entwurf): Einteilung von Fülldrahtelektroden zum Lichtbogenschweißen mit und ohne Schutzgas von unlegierten und mikrolegierten Stählen. Berlin, Beuth 7.1-13 DIN 8563 T105(Entwurf) (1992) Sicherung der Güte von Schweißarbeiten; Anforderungen und Anerkennung von Schweißverfahren für metallische Werkstoffe, Anerkennung durch Einsatz zugelassener Schweißzusätze für das Lichtbogenschweißen. Berlin, Beuth 7.1-14 DIN 8575 T1(Entwurf) (1992) Einteilung von umhüllten Stabelektroden zum Lichtbogenschweißen warmfester Stähle. Berlin, Beuth
7.10 Literatur
323
7.1-15 DIN 15018 (1984) Krane; T1: Grundsätze für Stahltragwerke, Berechnung, T2: Stahltragwerke, Grundsätze für die bauliche Durchbildung und Ausführung, T3: Grundsätze für Stahltragwerke, Berechnung von Fahrzeugkranen. Berlin, Beuth 7.1-16 DIN 17175 (1979) Nahtlose Rohre aus warmfesten Stählen; Technische Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 7.1-17 DIN 17245 (1987) Warmfester ferritischer Stahlguß; Technische Lieferbedingungen. Berlin, Beuth 7.1-18 DIN 17440 (1985) Nichtrostende Stähle; Technische Lieferbedingungen für Blech, Warmband, Walzdraht, gezogenen Draht, Stabstahl, Schmiedestücke und Halbzeug. Berlin, Beuth 7.1-19 DIN 18800 (1990) Stahlbauten; T1: Bemessung und Konstruktion, T2: Stabilitätsfälle, Knicken von Stäben und Stabwerken, T3: Stabilitätsfälle, Plattenbeulen, T4: Stabilitätsfälle, Schalenbeulen. Berlin, Beuth 7.1-20 DIN 18801 (1983) Stahlhochbau; Bemessung Konstruktion, Herstellung. Berlin, Beuth 7.1-21 DIN 18809 (1987) Stählerne Straßen- und Wegbrücken; Bemessung, Konstruktion, Herstellung. Berlin, Beuth 7.1-22 DIN ISO 4063 (Entwurf) (1996) Schweißen und verwandte Prozesse; Liste der Prozesse und Ordnungsnummern. Berlin, Beuth 7.1-23 DIN EN 10028 (1993/1993/1993/1994/1994/1994/1996) Flacherzeugnisse aus Druckbehälterstählen; T1: Allgemeine Anforderungen, T2: Unlegierte und legierte warmfeste Stähle, T3: Schweißgeeignete Feinkornbaustähle; normalgeglüht, T4: Nickellegierte kaltzähe Stähle, T5 (Entwurf): Schweißgeeignete Feinkornbaustähle; thermomechanisch gewalzt, T6 (Entwurf): Schweißgeeignete Feinkornbaustähle; vergütet, T7 (Entwurf): Nichtrostende Stähle. Berlin, Beuth 7.1-24 DIN EN 22553 (1994) Schweiß- und Löhtnähte – Symbolische Darstellung in Zeichnungen. Berlin, Beuth 7.1-25 AD-Merkblätter: Vereinigung der Technischen Überwachungsvereine e.V. (Hrsg.) Essen. Reihe B-Berechnung, HP-Herstellung und Prüfung, W-Werktoffe 7.1-26 Vorschrift DV 952 der Deutschen Bundesbahn (1977) Schweißen metallischer Werkstoffe in Privatwerken 7.1-27 Technische Regeln Druckblätter TRD 100: Werkstoffe, 200: Herstellung, 300: Berechnung, 500: Verfahren und Prüfrichtlinien. Hauptverband der gewerbl. Berufsgenossenschaften. Sankt Augustin 7.1-28 Eurocode Nr. 3 (1984) Gemeinsame einheitliche Regeln für Stahlbauten, EUR 8849 7.1-29 DVS-Merkblätter 1603 (1977) Widerstandspunktschweißen von Stählen im Schienenfahrzeugbau. Deutscher Verlag für Schweißtechnik, Düsseldorf 7.3-30 DVS-Merkblatt 2902 T3 (1977) Widerstandspunktschweißen von Stählen bis 3 mm Einzeldicke; Konstruktion und Berechnung. Düsseldorf, DVS-Verlag 7.1-31 DASt-Richtlinie 011 (1974) Anwendung der hochfesten schweißgeeigneten Feinkornbaustähle StE47 und StE 70 für Stahlbauten mit vorwiegend ruhender Belastung. Köln, Stahlbau-Verlag
Dissertationen 7.2-1 Leuchen B (1984) Beitrag zum Tragverhalten von Aluminium- und Aluminium/Stahl-Widerstandspunktschweißverbindungen bei verschiedenartiger Beanspruchung. Diss. RWTH Aachen
324
7 Schweißverbindung
Bücher, Zeitschriften 7.3-1 Ruge J (1988) Handbuch der Schweißtechnik, Bd. VI: Berechnung von Schweißkonstruktionen. Berlin, Springer 7.3-2 Ruge J (1993) Handbuch der Schweißtechnik, Bd. II: Verfahren und Fertigung. Berlin, Springer 7.3-3 Ruge J (1985) Handbuch der Schweißtechnik, Bd. III: Konstruktive Gestaltung der Bauteile. Berlin, Springer 7.3-4 Neumann A (1990) Schweißtechnisches Handbuch für Konstrukteure, Teil 1: Grundlagen, Tragfähigkeit, Gestaltung. Düsseldorf, DSV-Verlag 7.3-5 Schulze G, Krafka H, Neumann P (1992) Schweißtechnik (Werkstoffe-Konstruieren-Prüfen). Düsseldorf, VDI-Verlag 7.3-6 Krist T (1990) Schweißen, Schneiden, Löten, Kleben. Darmstadt, TechnikTabellen-Verlag Fikentscher & Co. 7.3-7 Schlottmann D (1983) Konstruktionslehre, Grundlagen. Berlin, Springer 7.3-8 Ruge J, Böhme K (1972) Stand der Entwicklung und Anwendung des Kaltpreßschweißens. Werkstofftechn. 3: 286–291 7.3-9 Effect of Welding on Dynamic Characteristics of Structures. (1994) JSME International Journal, Series C, 37 2 7.3-10 Veit HJ, Scheermann H (1963) Schweißgerechtes Konstruieren. Düsseldorf, DSV-Verlag 7.3-11 Ruge J (1991) Handbuch der Schweißtechnik, Bd. I: Werkstoffe. Berlin, Springer 7.3-12 Krause W (1989) Konstruktionselemente der Feinmechanik. Berlin, VEBVerlag Technik 7.3-13 Neumann A (1986) Schweißtechnisches Handbuch für Konstrukteure, Teil 3: Maschinen- und Fahrzeugbau. Düsseldorf, DSV-Verlag 7.3-14 Neumann A, Hobbacher A (1986) Schweißtechnisches Handbuch für Konstrukteure, Teil 4: Geschweißte Aluminiumkonstruktionen. Düsseldorf, DSVVerlag 7.3-15 Haibach E, Atzorn B (1975) Ein statistisches Verfahren für das erneute Auswerten von Ergebnissen aus Schwingfestigkeitsuntersuchungen und für das Ableiten von Bemessungsunterlagen, angewandt auf Schweißverbindungen aus AlMg5. Aluminium 51: 267–272 7.3-16 Radaj D (1985) Gestaltung und Berechnung von Schweißkonstruktionen. Düsseldorf, DSV-Verlag 7.3-17 Radaj D (1985) Festigkeitsnachweise, Teil I: Grundverfahren. Düsseldorf, DSV-Verlag 7.3-18 Radaj D (1984) Kerbwirkungen von Schweißstößen hinsichtlich Ermüdung. Konstruktion 36 8: 285–292 7.3-19 Dorn L, Jüch A, Rippl P (1979) Untersuchungen zum statischen und dynamischen Tragverhalten von Widerstandspunktschweißverbindungen unter Anwendung eines Kurzzeitschwingprüfverfahrens. Schw. u. Schn. 31: 20–23 7.3-20 Degenkolbe J (1988) Stahlsorten und ihre Eigenschaften. Berichtsband (Stahl & Eisen): Stähle für den Stahlbau, Eigenschaften, Verarbeitung und Anwendung. Düsseldorf
8 Löt-, Kleb- und kombinierte Verbindungen
8.1 Lötverbindungen Löten ist ein thermisches Verfahren zum Verbinden von metallischen 1 Bauteilen. Im Gegensatz zum Schweißen geschieht dies mit Hilfe eines Zusatzmetalls (Lot) unterhalb der Schmelztemperatur der Bauteile. Die Lötverbindung zählt man zu den nichtlösbaren Stoffschlußverbindungen.2 Die Betriebstemperatur muß deutlich unter der Schmelztemperatur des Lots liegen (Einfluß der Temperatur auf die Festigkeit s. Abschn. 8.1.5.2). 8.1.1 Zeichen und Einheiten
b Fa lü Rp
mm N mm N/mm2
Rm,Lot SB , SD
N/mm2 –
t vL bs L sL,B,z
mm – – N/mm2
sL,B/t,z
N/mm2
sL,A,z , sL,W,z N/mm2 tL,B,z
N/mm2
tL,B/t,z
N/mm2
1 2
Bauteilbreite Ausschlagkraft Überlappungslänge Fließgrenze (Streckgrenze Re bzw. 0,2%-Dehngrenze Rp0,2) Zugfestigkeit des Lotwerkstoffs Sicherheiten gegen (Gewalt)-Bruch bzw. Dauerbruch Bauteildicke Lötnahtfaktor Kerbwirkungszahl der Lötverbindung Bruchfestigkeit zugbeanspruchter Lötverbindungen Zeitstand-Bruchfestigkeit zugbeanspruchter Lötverbindungen Ausschlagfestigkeit bzw. Wechselfestigkeit zugbeanspruchter Lötverbindungen Bruchfestigkeit zugscherbeanspruchter Lötverbindungen Zeitstand-Bruchfestigkeit zugscherbeanspruchter Lötverbindungen
In Sonderfällen auch nichtmetallischen, Abschn. 8.1.4.1. Lösbar nur durch Erwärmen des Bauteils auf Schmelztemperatur des Lots.
326
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
tL,A,z JA
N/mm2 Ausschlagfestigkeit zugscherbeanspruchter Lötverbindungen °C Arbeitstemperatur
Beanspruchungen und Festigkeitswerte allg. s. Abb. 3.31. 8.1.2 Anwendung, Eigenschaften, Funktionen
Lötverbindungen sind kraftübertragende, dichte Verbindungen: im Maschinen-, Fahrzeug- und Apparatebau, z.B. für tragende Stahlrohr-Konstruktionen, Rohrleitungen, Behälter, Werkzeuge (Hartmetallplatten), in der Elektrotechnik stromleitende Verbindungen. Vorteile – Verbinden von Bauteilen – gegenüber Schweißen – aus unterschiedlichen Metallen, – Verbinden von unterschiedlich dicken oder zwei dünnen Bauteilen (gegenüber Schweißen keine Gefahr des Durchbrennens), – Gegenüber Schweißen werkstoffschonend (Gefüge, Verzug) und energiesparend; gleiches Lot eignet sich für verschiedene Werkstoffe, – Gute elektrische- und Wärme-Leitfähigkeit, – Großflächige Verbindung möglich, – Geeignet für die Serienfertigung kleiner Teile (Größe der Vorrichtungen und Öfen beachten), – Die Lötstelle muß nicht zugänglich sein, – Sichere Verarbeitung auf der Baustelle; keine Aushärtezeit erforderlich. Nachteile – Warmfestigkeit und Zeitstandfestigkeit sind beschränkt (Abschn. 8.1.5), – Lote enthalten z.T. teure Edelmetalle (Kosten), – Geringe Festigkeit der Weichlotverbindung (Abhilfe s. Abschn. 8.1.6), – Für hohe Festigkeit sind Hartlötverbindung und Überlappungsstöße erforderlich, – Kalte, d.h. elektrisch schlecht leitende Lötstellen sind schwer zu ermitteln 3, – Gefahr elektrolytischer Korrosion: Lot und Bauteil-Werkstoff dürfen in der elektrochemischen Spannungsreihe (Abschn. 16.14.2.2) nicht zu weit auseinander liegen, – Gegenüber Schweißen aufwendige Vorbereitung der Fügeflächen erforderlich. 8.1.3 Herstellung, Lötverfahren
Man unterscheidet (DIN 8505) die Lötverfahren nach der Gestalt der Lötstelle, der Löttemperatur und der Wärmequelle. 3
Elektrisch leitende Lötstellen sollten nicht mechanisch beansprucht werden.
8.1 Lötverbindungen
327
8.1.3.1 Gestalt der Lötstelle
Spaltlöten ist das im Maschinenbau überwiegend angewendete Verfahren, selten ausgeführt als Stumpfstoß, meist als Überlappungsstoß. Wichtig ist dabei ein enger, parallelwandiger Spalt; infolge Kapillarwirkung wird nämlich nur dann das flüssige Lot quasi eingesogen. Die Lötfläche muß mindestens auf Arbeitstemperatur (niedrigste Oberflächentemperatur des Bauteils an der Lötstelle) gebracht werden, die zwischen dem unteren und oberen Schmelzpunkt des Lots liegt, d.h. zwischen Solidus- (Lot vollständig erstarrt) und Liquiduspunkt (Lot vollständig schmelzflüssig). Schrumpflöten wird angewendet bei Welle-Nabe-Verbindungen; die Preßpassung wird dabei mit Längsriefen bei kleinem Übermaß ausgeführt. Fugenlöten (Schweißlöten) wird – wie beim Schweißen – als Stumpfstoß ausgeführt (Abschn. 8.1.5). In die Fuge wird geschmolzenes Lot eingeleitet. Wegen der geringen Festigkeit des Lots und wegen des hohen Lotverbrauchs wird das Verfahren im Maschinenbau kaum angewendet. Es eignet sich zur Herstellung einer dichten Verbindung in schwieriger Arbeitsposition (Beispiel: Korrosionsbeständige Verbindung verzinkter Rohre im Abwasserbereich). Das Bauteil muß nur auf Bindetemperatur erwärmt werden. Auftraglöten, d.h. Beschichten von Oberflächen s. Abschn. 5.3.2.1. 8.1.3.2 Temperatur
Je nach den Anforderungen an die Lötverbindung wendet man (energiesparende) niedrigere oder höhere Löttemperaturen an und verwendet darauf abgestimmte Lote. Weichlöten (Schmelzpunkt des Lots unter 450 °C) – ausgeführt als Spaltlötung – genügt bei geringer Beanspruchung und niedriger Betriebstemperatur. Häufige Forderungen im Maschinenbau sind Abdichten (auch bei Punktschweiß- oder Nietverbindungen) oder elektrische Leitfähigkeit. Bei geeigneter Wahl der Lote und Flußmittel (DIN 8511) bestehen kaum Einschränkungen bezüglich der Verbindung unterschiedlicher Metalle. – Hauptanwendungsgebiete sind elektrische Anschlüsse, Weißblechbehälter, Konservendosen, Kleinmaschinenteile, Rohrverbindungen für Kaltund Warmwasser. Hartlöten (Schmelzpunkt des Lots über 450 °C bis 900 °C) wird als Spaltoder Fugenlötung ausgeführt, eignet sich auch für höhere Beanspruchungen und Betriebstemperaturen, ist daher im Maschinenbau das meist angewandte Lötverfahren. – Anwendungsgebiete: Welle-Nabe-Verbindungen, Flanschverbindungen, Rohrrahmen für Fahr- und Motorräder. Hartgelötete Teile können einsatzgehärtet werden, wenn die Löttemperatur oberhalb der Einsatztemperatur liegt. Aus dem gleichen Grund sind Betriebstemperaturen bis 300 °C zulässig. Hochtemperaturlöten (Schmelzpunkt des Lots > 900 °C) ist für bestimmte warmfeste Werkstoffe (Nickelbasis-Legierungen mit Ti- und Al-Zusätzen)
328
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
oft das einzig mögliche Fügeverfahren [8.2-1]. – Anwendungsgebiete sind Wabenkonstruktionen aus diesem Werkstoff für den Flugzeugbau oder Steuerstabführungseinsätze von Kernreaktoren, u.ä. In vielen Fällen erreicht man die Festigkeit der Bauteilwerkstoffe. Es wird flußmittelfrei in Vakuum oder Schutzgasatmosphäre gelötet. Wegen Erwärmung des ganzen Bauteils und kontrollierter Ofenabkühlung (aufwendig!) treten wesentlich geringere Eigenspannungsprobleme als beim Schweißen auf. 8.1.3.3 Vorüberlegungen, Fertigungsablauf
Bei der Herstellung der Lötverbindung geht man in folgenden Schritten vor: – Wahl des Lötverfahrens nach Beanspruchung (erforderliche Löttemperatur, Abschn. 8.1.3.2), Betriebstemperatur, Gestalt der Lötstelle, Abschn. 8.1.3.1 und Abb. 8.1. – Danach und abhängig von den Bauteil-Werkstoffen wählt man den LotWerkstoff: Abschn. 8.1.4.2. – Vorbehandlung: Das Lot haftet an der Oberfläche (Adhäsion) und diffundiert i.allg. auch mit mehreren Komponenten in den Bauteil-Werkstoff – und umgekehrt. Die Fügeflächen müssen deshalb bei Beginn und während des Fließvorgangs metallisch rein sein. Dazu werden sie mechanisch gereinigt, Fett notfalls mit Lösungsmitteln entfernt. – Restliche Oxid- und Passivschichten werden durch Flußmittel (Abschn. 8.1.4.3) beseitigt, die auch während des Lötvorgangs wirken. Erst dann kann das Lot die Lötfläche vollständig benetzen. – Dieselbe Wirkung erreicht man – ohne Flußmittel – durch Schutzgas (z.B. beim Ofenlöten), das reduzierend wirkt oder durch Löten im Vakuum, wobei die Oxidschichten unter Einwirkung der Wärme zerfallen. – Einbringen des Lots, wobei die zu verbindenden Teile in Fügeposition gebracht werden: Abschn. 8.1.6. – Erwärmen der Lötfuge bzw. der gesamten Baugruppe auf Arbeitstemperatur. Das eingelegte Lot wird flüssig und verbindet sich mit den Fügeflächen. – Erschütterungsfreies Abkühlen. – Reinigen der Umgebung der Lötstelle von Flußmittelresten. 8.1.4 Werkstoffe 8.1.4.1 Bauteilwerkstoffe
Metalle lassen sich dann durch Löten miteinander verbinden, wenn es gelingt, die Oxid- und Passivschichten von der Lötfläche zu entfernen. Bei unlegiertem Stahl, GJL, Cu, Ms, Zn und Edelmetallen ist dies einfach, schwieriger bei rost- und säurebeständigem Stahl, noch schwieriger bei dem oxidfreudigen Aluminium und Magnesium sowie deren Legierungen. Hier sind agressive Hartlötflußmittel erforderlich.
8.1 Lötverbindungen
329
Verfahren
Funktionsprinzip
Hauptanwendung
1) Kolbenlöten (WL-KO) Aufheizen der Werkstückfuge und des Lots durch manuell oder maschinell bewegten Lötkolben aus Kupfer, elektrisch oder gasbeheizt, unter Verwendung eines Flußmittels
nur Weichlöten
– für Verbindungen kleiner, dünnwandiger Bauteile (da beschränkte Wärmeeinbringung): Drähte mit d = 0,2 . . . 2 mm, Bleche mit t = 0,2 . . . 2 mm – vorwiegend in Elektronik/Elektrotechnik (manuell, maschinell), Klempnerei (manuell), Emballagenherstellung (maschinell)
1 Werkstück 2 Lot 3 Heizpatrone 4 Lötspitze 2) Flammlöten (WL-/HL-FL) Aufheizen der Werkstückfuge und des Lots durch Lötlampe oder Schweißbrenner (manuell/maschinell bewegt) unter Verwendung eines Flußmittels (kein unmittelbarer Kontakt zur Flamme, sonst Schädigung)
Weich- und Hartlöten
– manuell für Werkstücke mit t ≤ 10 mm in Klempnerei, Installations-, Rohrleitungsund Fahrzeugbau – maschinell für Werkstücke mit t = 1 . . . 5 mm; z. B. Durchlauferhitzer, Wärmetauscher, Armaturen, Fahrradrahmen, Stahlmöbel – relativ bestes Verfahren für Gußeisen mit Lamellengraphit (GJL)
1 Werkstück 2 Lot 3 Düse 4 Sauerstoff- u. Brenngasanschlüsse 3) Bad-, Tauch-, Anschwemm- oder Schwallöten (WL-/HL-LO) Aufheizen der Werkstückfuge in fixierter Lage durch Eintauchen in bzw. Heranführen von flüssigem Lot; nicht zu lötende Bereiche vorbehandelt mit Pasten oder Lösungen (Lotbindung unerwünscht)
Weich- und Hartlöten
4) Ofenlöten (WL-/HL-OF) Aufheizen der Werkstückfuge in fixierter Lage im evakuierten (-OV) oder von Schutzgas durchspülten (-OR/-OL) Raum (Stufen-, Durchlauf-, Muffelöfen), elektrisch oder gasbeheizt (-GA); vorab mit Lot und Flußmittel versehen
vorwiegend Hartlöten (auch Hochtemperaturlöten HTL)
1 Werkstück 2 flüssiges Lot
1 Werkstück 2 Lötzone 3 Kühlzone 4 Transporteinrichtung 5 Schutzgaseingang 6 Schutzgasausgang
Abb. 8.1. Die wichtigsten Lötverfahren, nach [8.3-6], ergänzt
– vorwiegend in der Massenfertigung und gleichzeitigem Löten mehrerer Stellen – bei Weichloten für Teile mit m ≤ 1 kg: JA = 50 . . . 100 °C (je nach Lot); z. B. Leiterplatten (Elektronik), Verzinnen von Kabelenden oder Bauelementen – bei Hartloten für kleine Teile: JA = 1000 . . . 1100 °C; z. B. Installations-, Rohrleitungsbau, Wärmetauscher – große Teile vorgewärmt, da sonst Wärmeentzug von Lötbad zu hoch – vorwiegend zur Serien- und Massenfertigung von kleinen und mittelgroßen Teilen sowie gleichzeitigem Löten mehrerer Stellen – unter Schutzgas: Bleche mit Dicke t = 1 . . . 10 mm; z. B. Geräte-, Fahrzeugbau – unter Vakuum: Teile und Bleche mit Dicke t = 0,5 . . . 10 mm; z. B. Raumfahrt-, Gerätetechnik
330
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
Verfahren
Funktionsprinzip
Hauptanwendung
5) Elektrisches Widerstandslöten (WL-/ HL-WD) Aufheizen der Werkstückfuge und des Lots durch stromdurchflossenen elektrischen Übergangswiderstand zwischen Elektrode (Kohle, Wolfram, Molybdän, Kupfer) und Werkstück; vorab mit Lot und Flußmittel versehen
Weich- und Hartlöten
– vorwiegend zur Serien- und Massenfertigung für großflächige Verbindungen mit Flächen A = 50...4000 mm2 und Dicken t = 2 . . . 20 mm – Weichlöten z. B. in Elektronik – Hartlöten z. B. an Werkzeugen
1 Werkstück 2 eingelegtes Lot 3 Elektrode 6) Induktionslöten (WL-/HL-IL) Aufheizen der Werkstückfuge und des Lots durch Wirbel-/Wechselströme, induziert von hochfrequenten Wechselstromspulen (Induktor); vorab mit Lot und Flußmittel versehen
Weich- und Hartlöten (auch Hochtemperaturlöten HTL)
– vorwiegend zur Serien- und Massenfertigung von rotationssymmetrischen Teilen einfacherer Gestalt – bei Mittelfrequenz (bis ca. 10 kHz) Dicken von t = 4 . . . 15 mm – bei Hochfrequenz (bis ca. 5 Mhz) Dicken von t = 0,1 . . . 3 mm – z. B. Fahrzeug-, Gerätebau, Elektrotechnik
1 Werkstück 2 eingelegtes Lot 3 Induktorschleife 7) Laser- oder Elektronenstrahl-Löten (HL-LA/-EB) Aufheizen der Werkstückfuge und des Lots durch konzentrierte Energieabsorption (minimale Wärmeeinbringflächen); Vakuum- oder Schutzgas- (bei Laserstrahl) Atmosphäre notwendig
Hartlöten (vorwiegend Hochtemperaturlöten HTL)
– vorwiegend für Präzisionsarbeiten, da geringste thermische Belastung der Lötstellenumgebung – bei höchstschmelzenden Sondermetallloten (z. B. Nickelbasislote)
1 Werkstück 2 Fokussierung 3 Laser 4 eingelegtes Lot 8) Eutektisches Löten (Diffusionslöten) als Lot fungiert eine eutektische Legierung, die bei JA = 0,7 . . . 0,8 · JSolidus durch Diffusion der Werkstoffe der aufeinander gedrückten Bauteile ineinander entsteht
Abb. 8.1 (Fortsetzung)
– für Verbindungen der Elektronik (Bauelemente) und Kühlanlagenbau
1, 2 Werkstücke 3 Folie 4 entstandene, eutektische Legierung (Lot)
8.1 Lötverbindungen
331
Einige Besonderheiten – Für Gußeisen mit Lamellengraphit GJL eignet sich Flammlöten (Abb. 8.1, Nr. 2), nicht jedoch die anderen Verfahren. – Vergüteter Stahl läßt sich weichlöten, i.allg. aber nicht hartlöten, denn die hohen Löttemperaturen können die Festigkeit mindern. – Kaltverfestigte und ausgehärtete Aluminiumlegierungen verlieren beim Hartlöten ihre erhöhte Festigkeit. – Sonderwerkstoffe der Luft- und Raumfahrt, wie Nimonic, Inconel werden im Vakuum bei 10– 3 ...10– 5 N/m2 hochtemperaturgelötet. Die Lötstelle muß besonders sorgfältig gereinigt, gebeizt, evtl. vernickelt werden. – Mit Spezial(Titan-haltigen)-Loten können auch Fügeteile aus Graphit, Diamant, Glas ohne vorherige Metallisierung der Fügeflächen gelötet werden. 8.1.4.2 Zusatzwerkstoffe: Lote
Wesentlich für eine sichere Lötverbindung ist die Wahl des für den Bauteilwerkstoff geeigneten Lots, auch kann nicht jedes Lot mit allen Lötverfahren verarbeitet werden. Hinweise s. Abb. 8.2. Einige Besonderheiten – Für Bauteile aus un- oder niedrig legiertem Stahl und Kupfer haben Hartlote mit 40 ... 44% Silberanteil bei niedriger Außentemperatur besondere Bedeutung wegen ihrer hohen Zug- und Scherfestigkeit. – Auch hochlegierter Stahl läßt sich mit Silberloten hartlöten. Es besteht jedoch die Gefahr von Karbidausscheidungen und damit erhöhte Korrosionsgefahr. – Hartmetallplättchen lassen sich auf Stahlunterlage auflöten. Die Lote müssen dabei neben ausreichender Festigkeit gute Verformbarkeit aufweisen und unterschiedliche Wärmedehnung der Bauteile ausgleichen. – Lote mit hohem Cadmium-Anteil dürfen nicht mit Lebensmitteln in Kontakt kommen. 8.1.4.3 Flußmittel
Das Flußmittel wird als Paste, Pulver oder wäßrige Lösung vor dem Aufheizen auf das kalte Bauteil aufgetragen; die Pasten und Pulver schmelzen bei etwa 50 K unter Lotschmelztemperatur und bilden dabei (ebenso wie die wäßrigen Lösungen) einen gleichmäßigen Überzug. Je nach Bauteilwerkstoff, Lot und Lötverfahren eignen sich Flußmittel aus Borax, anderen Borverbindungen, Chloride, Fluoride, Silikate, Phosphate. Viele wirken korrodierend; Reste müssen deshalb nach dem Lötprozeß beseitigt werden. Gefährdete Bereiche kann man durch Auftragen von Kreide, Ton oder Eisenoxid gegen Korrosion schützen.
L-Ni5
8513
Cu 19,5, In 5, Ti 3, Rest Ag
Cu 27,5, Ti2, Rest Ag
Cr 19, Si 10, Rest Ni
Al2O3 bzw. ZrO2 auf Stahl
Al2O3 auf NiCo2823
Nickel, Cobalt und deren Legierungen, unlegierte bis hochlegierte Stähle
Aluminium, Aluminiumlegierungen
Aktivlötung keramischer Bauteile Kondensatoren, Thyristoren
Spaltlöten; Leichtbau (Honigwabenkonstruktion), Flugtriebwerk (Statorschaufeln); korrosionsbeständige, hochfeste Rohre in Wärmetauschern
Fugen- bzw. Überlapplötung von Al-Werkstoffen, Reparatur und Fertigung von Einzel- und Massenteilen
Hartmetall-Schneidplatten auf Drehstahl
Spaltlöten; für spannungsempfindliche Werkstücke
Spaltlöten; kleine Teile in Optik, Feinmechanik
Spalt- und Fugenlöten für hohe Festigkeitsanforderung
Spalt- und Fugenlöten ohne hohe Festigkeitsanforderung
am wenigsten korrosionsanfälliges Al-Weichlot (Al-Kabeladern); zum Löten mit Weichlötflußmitteln (DIN 8511)
Kupferrohrinstallation (Kaltwasser), Elektroindustrie, Dichtungsfunktion
Anwendungen Hinweise
580
530
470
470
Zugfestigkeit Rm, Lot des Lots [N/mm2]
950
840
1135
600
690
840
610
780
900
900
280
215
Arbeitstemperatur J A [°C]
Weichlot kriecht bei langandauernder Belastung; bei kurzzeitigen Belastungen sind höhere Werte erreichbar (tL, B, z ≈ sL, B, z ≈ 30 N/mm2). Lötungen von NiCr20TiAl: Festigkeitsunterschiede durch unterschiedliche Wärmebehandlung. 100 % Rm des Bauteil-Werkstoffs bei S185, S235, E295, E360, Cu; 80 % bei Mg 58, Mg 63; bei Paarung S235/Mg 63 100 % Rm von Mg 63 [8.3-3]. Etwa Rm des Bauteil-Werkstoffs.
L-Ag19,5Cu5In3Ti
L-Ag27,5Cu2Ti
Keramiklote
Nickelbasislot
Si 12, Rest Al
schwer benetzbare Werkstoffe
Hartmetalle, Stahl, Wolfram, Molybdän, Tantal
Stähle, Temperguß, Nickel und Nickellegierungen Kupfer; Schmelztemperatur > 900 °C
Aluminium
Stahl und Kupferlegierung
Verwendung Bauteil-Werkstoff
100 . . . 150
200 . . . 300
100
250 . . . 300
150 . . . 300
170 . . . 300
150 . . . 280
160 . . . 240
ca. 70 4)
ca. 70 4)
250 . . . 1100 2)
110 . . . 180
410 . . . 640 3)
300 . . . 400
210 . . . 320
200 . . . 300
21)
2 . . . 31)
150 . . . 220
21)
Zugfestigkeit s L, B, z der Verbindung [N/mm2]
2 . . . 31)
Zugscherfestigkeit t L, B, z der Verbindung [N/mm2]
Abb. 8.2. Eignung der Lotwerkstoffe und statische Festigkeit von Spaltlötverbindungen bei Langzeitbelastung und Raumtemperatur
4)
3)
2)
1)
L-AlSi12
Ag 49, Cu 16, Mn 7, Ni 4.5, Rest Zn
L-Ag49
Hochtemperaturlot
Aluminiumbasislot
Ag 27, Cu 38, Mn9, Ni6, Rest Zn
Ag 40, Cd 20, Cu 19, Rest Zn
L-Ag27
L-Ag40Cd
Ag 25, Cu 41, Rest Zn
Cu 60, Sn 1, Rest Zn
L-CuZn39Sn
L-Ag25
Cu 60, Zn 40
Cd 75 . . . 83, Zn 17 . . . 25
Sn 50, Pb 50
Zusammensetzung [Gewichts %]
L-CuZn40
Silberhaltige Lote
Kupferbasislote
8513
1707
Cadmiumlot L-CdZn20 (Sonderweichlot)
Hartlote
DIN EN 29 453
DIN
Zinn-Bleilot L-Sn50Pb
Weichlote
Lot-Werkstoff
DIN-Bezeichnung
332 8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
8.1 Lötverbindungen
333
Abb. 8.3. Zeitstand-Zugscherfestigkeit von Weichlötverbindungen; Einfluß des Lots (Bauteil-Werkstoff: Kupfer, Prüftemperatur: 20 °C, Probe nach DIN 8525 T2) [8.3-2]
8.1.5 Ausführung und Tragfähigkeit
Weichlötverbindungen werden wegen ihrer niedrigen Festigkeit fast nur als Überlappungsstöße (Scherbeanspruchung) ausgeführt. Man beachte: Die Zeitstand-Zugscherfestigkeit nimmt mit der Dauer der Belastung und mit steigender Temperatur ab, Abb. 8.3, 8.4. Weichlötverbindungen allein eignen sich auch nicht bei Schwingbeanspruchung. Durch Schweißpunkte oder Niete kann man die Lötfläche von Kräften entlasten (besonders wichtig bei Schälbeanspruchung, Abb. 8.11k). Hart- und Hochtemperatur-Lötverbindungen werden ebenfalls überwiegend als Überlappungsstöße ausgeführt, wegen der erheblich höheren Festigkeit aber auch als Fugenlötung (Abschn. 8.1.3.1), die statisch – und auch dynamisch – auf Zug und Biegung beansprucht werden können. Biegebeanspruchung sollte man allerdings – durch geeignete Gestaltung – vermeiden. – Einfluß von Belastungsdauer, Lotwerkstoff und Temperatur auf die Zeitstand-Zugscherfestigkeit von Hartlötverbindungen s. Abb. 8.5. 8.1.5.1 Dimensionierung
Stumpf- und T-Stöße, die als Spalt- oder Fugen-Lötverbindung hergestellt werden, sind durch die Bauteilquerschnitte festgelegt. Durch den Festigkeitsnachweis prüft man, ob die Fügestelle (meist die Schwachstelle des Bauteils) ausreichende Sicherheit aufweist. Überlappungsstoß – Zugscherbeanspruchung 4: Die Überlappungslänge kann bei kraftübertragenden Verbindungen so gewählt werden, daß die 4
Bei einem auf Zug beanspruchten Überlappungsstoß entstehen in der Fügeschicht Scherbeanspruchungen. Daher wird hierfür die Bezeichnung „Zugscherbeanspruchung“ gewählt und zwar für Löt und Klebverbindungen (nach DIN 8525 T2 „Scherbeanspruchung“). Die dabei auftretende Biegespannung wird i.allg. vernachlässigt.
334
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
Abb. 8.4. Zeitstand-Zugscherfestigkeit von Weichlötverbindungen, Einfluß der Temperatur (einschnittige Überlappungslötung: Bleche 50 ¥ 8 ¥ 0,8, Überlappungslänge: bis ca. 3 mm, Bauteil-Werkstoff: Ms58, Lot: L-SnAg5) [8.3-1]
Abb. 8.5a, b. Zeitstand-Zugfestigkeit von Hartlotverbindungen bei unterschiedlicher Prüftemperatur [8.3-4], a für Lot,Verbindung, Grundwerkstoff, b Bauteil-Werkstoff: Chrom- und Chromnickel-Stahl, verschiedene Lote/Prüftemperaturen
8.1 Lötverbindungen
Weichlötverbindungen: Hartlötverbindungen: Hochtemperaturlötverbindung:1) 1)
335
lü /t = 6 . . . 8 . . . (12) (bis 12 bei einseitigem Laschenstoß) lü /t = 3 .. . 6 lü /t = (2) . . . 4
Mit manchen Nickelbasis-Loten erreicht man die Festigkeitswerte von Stahl.
Abb. 8.6. Richtwerte für das Überlappungsverhältnis von Lötverbindungen (t Dicke des dünneren Bauteils); für unterschiedliche Blechdicken geeignete Lötverfahren s. Abb. 8.1.
Tragfähigkeit von Bauteil und Lötfuge etwa gleich ist; ferner sind löttechnische Fertigungsbedingungen zu beachten. Da die Spannungsverteilung in der Lötfuge – wie bei allen Überlappungsstößen – auch von der Überlappungslänge lü abhängt (allgemeines hierzu s. Abschn. 8.2.5.1), muß man lü/t vorläufig wählen und hierfür den Festigkeitsnachweis führen. Anhaltswerte s. Abb. 8.6. Kleinere Werte – in der jeweiligen Gruppe – für Bolzen- und RohrSteckverbindungen, Bauteile geringerer Festigkeit, Lote höherer Festigkeit, optimale Lötfugenausbildung und Vorbereitung (Spaltdicke, Rauheit, evtl. Oberflächenbehandlung, Wärmebehandlung), erfahrener Hersteller; größere Werte bei einseitigem Laschenstoß (zusätzliche Biegebeanspruchung) und entgegengesetzten Tendenzen. Überlappungsstoß – Scherbeanspruchung in Richtung der Überlappungsbreite, z.B. auf Torsion beanspruchte Rohrverbindungen: Als Anhalt können die Hinweise für Überlappungsstoß – Zugscherbeanspruchung verwendet werden. 8.1.5.2 Festigkeitsnachweis
Man rechnet mit Nennspannungen in der Fügenaht, vernachlässigt also die Kerbwirkung und bei Überlappungsstößen die ungleichmäßige Spannungsverteilung über die Überlappungslänge und muß i.allg. auf die an Standardproben ermittelten Festigkeitswerte zurückgreifen. Die von den Laborbedingungen abweichenden Praxisbedingungen werden durch Abminderungsfaktoren berücksichtigt. Berechnung der Beanspruchungen und Sicherheiten bei statischer und dynamischer Belastung s. Abb. 8.7. Belastungsannahmen: Bei statischer Beanspruchung setzt man für die Kraft F und das Drehmoment T die höchsten vorkommenden Werte an, bei dynamischer Belastung Feq = KA · F bzw. Teq = KA · T, ggf. mit CB statt KA ; bei Zahnrädern rechnet man mit KA · Kv . – Erläuterungen zum Anwendungsfaktor KA bzw. Betriebsfaktor CB s. Abschn. 1.4.5.2, zum Dynamikfaktor Kv s. Abschn. 21.5.7 [8.3-9]. Abminderungsfaktoren: Die oben erwähnten abweichenden Praxisbedingungen können durch den Lötnahtfaktor vL berücksichtigt werden. Wenn keine Versuchsergebnisse verfügbar sind, kann man als erste Näherung vL = 1 setzen; d.h. man geht zunächst davon aus, daß beim Anwendungsfall gleiche Fertigungs- und Betriebsbedingungen wie beim Laborversuch
336
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
Beanspruchung
Festigkeitsnachweis
Stumpfstoß
statisch: F σz = A
(8.1); (8.1)
σ a, z
F = a A
SB =
(8.2) dynamisch:
SD = (1)
A=t·b
(8.3)
(2)
A=t·b
(8.4)
A=
(3)
π (da2 − di2 ) (8.5) 4
Überlappungsstoß (Flächenverbindung)
v L ⋅ σ L, B, z
σz
8.6); ((8.6);
τ a, s
(8.7)
vL:
Abschn. 8.1.5.2
s L, B, z:
Abb. 8.2, 8.8; Abschn. 8.1.5.2 b
s L, A, z:
Abb. 8.9; Abschn. 8.1.5.2 b
A = lü · b
(8.8)
(5)
A = 2lü · b
(8.9)
(6)
l ⋅b A= ü cos α
(8.15)
SB min , SD min: Abschn. 8.1.5.2 b
dynamisch: SD =
(4)
≥ sD min
σ a, z
SB = F = a A
(8.14)
v L ⋅ σ L, A , z
statisch: F τs = A
≥ sB min
v L ⋅ τ L, B, z
τs v L ⋅ τ L, A , z
τ a, s
vL:
Abschn. 8.1.5.2
t L, B, z:
Abb. 8.2
tL, A, z:
Abb. 8.10
≥ sB min
(8.16)
≥ sD min
(8.17)
SB min , SD min: Abschn. 8.1.5.2 b (8.10)
Überlappungsstoß (Rohrverbindung)
τs =
F A
statisch:
(8.6); (8.6);
τ a, s =
Fa A
SB =
(8.7)
v L ⋅ τ L, B, z
τs
≥ sB min
(8.18)
dynamisch: (7)
A = p · da · lü
(8.11)
SD =
v L ⋅ τ L, A , z
τ a, s
v L: Abschn. 8.1.5.2 t L, B, z: Abb. 8.2 t L, A, z: Abb. 8.10 SB min , SD min: Abschn. 8.1.5.2c
Abb. 8.7. Festigkeitsnachweis für Lötverbindungen
≥ sD min
(8.19)
8.1 Lötverbindungen Beanspruchung
Festigkeitsnachweis
Überlappungsstoß (Welle-Nabe-Verbindung)
statisch:
2T tt = 0 da · A
(8.12)
SB =
2 Ta ta, t = 0 (8.13) da · A dynamisch:
SD =
A = p · da · lü
(8)
(8.11)
v L ⋅ tτL,L.B, B,tt
τt v L ⋅ tτL,L.A,A,t t
τ a, t
337
≥ SB min
(8.20)
≥ SD min
(8.21)
vL: Abschn. 8.1.5.2 t L, B, t ≈ tL,B,z: Abb. 8.2 t L, A, t ≈ tL,A,z: Abb. 8.10 SB min , SD min: Abschn. 8.1.5.2d
Abb. 8.7 (Fortsetzung)
mit der Standardprobe vorliegen. Ergibt dann der mit den Gleichungen nach Abb. 8.7 durchgeführte Festigkeitsnachweis eine ausreichende Sicherheit, sollte das Ergebnis durch Versuche überprüft werden; ggf. ist die Gestaltung der Verbindung zu überdenken. Die Erfahrungen von Fachfirmen sind zu nutzen, s. z.B. [8.3-7]. Für manche Anwendungen stehen Versuchsergebnisse über die Abminderung der Dauerfestigkeit des Bauteils durch die Lötverbindung, d.h. die Kerbwirkungszahl bs L , zur Verfügung, Abschn. 8.1.5.2b. a Stumpf- und T-Stoß als Fugenlötverbindung (Schweißlöten) Für die Berechnung gelten die Regeln der Schweißverbindung, Kap. 7. Maßgebend ist die – im Vergleich zum Bauteil meist kleinere – Festigkeit des Lotwerkstoffs Rm,Lot . Anhaltswerte s. Abb. 8.2 und 8.8. b Stumpf- und T-Stoß als zugbeanspruchte Spaltlötverbindung Mit den Gleichungen in Abb. 8.7 wird die Sicherheit in der Fügeschicht nachgerechnet. Statische Beanspruchung Die Zugfestigkeit der Spaltlötverbindung sL,B,z ist bei hoher Festigkeit der Bauteile teilweise höher als die des Lots selbst, s. z.B. Abb 8.8 und kann die Festigkeit der Bauteile erreichen, so daß der Bruch u.U. außerhalb der Naht eintritt. – Erforderliche Sicherheit 5: SBmin = 2,0 …3,0; normal 2,0; SB min = 4 für Druckbehälter nach [8.1-1]. Dynamische Beanspruchung Maßgebend ist die Ausschlagfestigkeit der Verbindung sL,A,z bzw. sL,A,b . Abb. 8.9 zeigt einige Wöhlerlinien. Die Zug-Wechselfestigkeit sL,W, z 5
Kriterien für den Ansatz größerer oder kleinerer Sicherheiten s. Abschn. 1.4.7. Hier sind ferner je nach Möglichkeit von den Labor-Versuchen abweichende Praxisbedingungen zu berücksichtigen.
338
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
Hartlot
L-Ag20Cd (Lot-Zugfestigkeit Rm, Lot: 450 N/mm2)
L-Ag40Cd (Lot-Zugfestigkeit Rm, Lot: 470 N/mm2)
Grundwerkstoff
S185
S235
E335
S185
S235
E295
E335
Mittelwert der Zugfestigkeit sL,B,z bzw. Rm [N/mm2]
374
371
437
393
410
536
642
N
N
N
W
W
N
N
N: Bruch in der Lötstelle; W: Bruch im Bauteil-Werkstoff.
Abb. 8.8. Zugfestigkeit von Spaltlötverbindungen bei Langzeitbelastung und Raumtemperatur für unterschiedliche Grundwerkstoffe und Lote [8.3-3] (Probenzahl: 5, Lotspalt: 0,1 mm, Zugfestigkeiten: S185: 380 ... 390 N/mm2, S235: 370 ... 400 N/mm2, E295: 525 ... 573 N/mm2, E335: 573 ... 672 N/mm2)
Abb. 8.9. Biege-Wechselfestigkeit von Proben aus S235 gelötet mit L-Ag40Cd [8.3-5]
ist ª Biegewechselfestigkeit sL, W, b = entsprechende Ausschlagfestigkeit sL, A, b . Weitere Versuchswerte nach [8.2-2]: Für stumpfgelötete zylindrische und prismatische Körper sowie Rohre aus St 42 mit Lot L-Ag40Cd ergab sich bei Wechselbeanspruchung: sL,W, z = 140 . . . 180 N/mm2, Ⳏ 50 . . . 75 % der Dauerfestigkeit des nichtgelöteten Prüfkörpers aus Stahl, d. h. bs L = 1,35 . . . 2,0. – Erforderliche Sicherheit 5: SD min = 2,5 . . . 3,5. c Überlappungsstoß: Zugscherbeanspruchte Spaltlötverbindung Mit den Gleichungen in Abb. 8.7 prüft man, ob die Sicherheit für die nach Abschn. 8.1.5.1 gewählte Ausführung ausreicht und zwar für die Bauteile und die Verbindungsschicht. 5
s. S. 337.
8.1 Lötverbindungen
339
Statische Beanspruchung: – Anhaltswerte für die Zugscherfestigkeit tL,B,z s. Abb. 8.2. Zugfestigkeit bei langandauernder statischer Belastung (Zeitstandfestigkeit) mit Einfluß der Temperatur s. Abb. 8.5. – Erforderliche Sicherheit SBmin = 1,5 ... 2,5 5. Dynamische Beanspruchung: – Anhaltswerte für die Ausschlagfestigkeit der Verbindung tL,A,z für ein Beispiel s. Abb. 8.10a. – Erforderliche Sicherheit SD = 2,0 ... 3.0 5, für gelötete Behälter SDmin = 4 [8A.1-1]. Festigkeit der Bauteile neben der Verbindungsstelle: Nachweis nach Kap. 3 bzw. Kap. 17. Hinweis: Weist die Nachrechnung keine ausreichende Sicherheit aus, muß man andere Lösungen überlegen. Es ist jedoch nicht sinnvoll, die Überlappungslänge lü wesentlich über die o.a. Richtwerte hinaus zu verlängern. Wegen der erwähnten ungleichmäßigen Spannungsverteilung in Überlappungsstößen (Abb. 8.19) gewinnt man nur wenig an Tragfähigkeit bei vergleichsweise hohen zusätzlichen Kosten. d Überlappungsstoß: Scherbeanspruchte Spaltlötverbindung Als Näherung kann hierbei (z.B. bei einer auf Torsion beanspruchten Rohrverbindung) der Festigkeitsnachweis wie nach c) mit den gleichen Grenzwerten geführt werden. Beispiele für Welle-Nabe-Verbindungen s. Abb. 8.10b. 8.1.6 Gestaltung
Beispiele s. Abb. 8.11. Man beachte: – Ausführung als Überlappungs-, Stumpf-, T- oder Schrägstoß s. Abschn. 8.1.5. Schälbeanspruchung ist zu vermeiden, Abhilfe s. z.B. Abb. 8.11k. – Parallelen Lötspalt vorsehen (Querschnittsvergrößerung in Fließrichtung des Lots beeinträchtigt die Kapillarwirkung). – Spaltdicke 0,08 ... 0,2 mm bei Löttemperatur. Man beachte: Bei großen Werkstücken und/oder unterschiedlichen Werkstoffen können Wärmedehnungen die Spaltdicke erheblich beeinflussen. – Geschliffene und polierte Oberflächen sind schwer benetzbar, ggf. also aufzurauhen, günstig ist Rz = 10 ... 25 mm, möglich Rz ≥ 1,6 mm; Bearbeitungsriefen tiefer als 20 mm in Fließrichtung des Lots sind günstig. – Preßsitze (Welle-Nabe-Verbindung) erfordern (Rändel-)Riefen 0,2 ... 0,3 mm tief in Längs-, d.h. Lot-Fließrichtung. – Bei Ofenlötung möglichst gleiche Wanddicken vorsehen, damit sich beide Teile gleich erwärmen. Bei unterschiedlichen Werkstoffen unterschiedliche Wärmedehnung beachten! – Lot soll zu sichtbarer Stelle fließen: Kontrolle! – Abb. 8.11b. – Weichlötverbindungen bei dynamischen Beanspruchungen entlasten (z.B. durch Sicken, Falze, Bördel, Niete, Schweißpunkte). 5
s. S. 337.
340
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
Probenform
Werkstoff
Bauteildauerfestigkeit
a
E335
Bruch bei lü = 20/10/3 mm jeweils im Bauteil: sA, z = 76 N/mm2 (sm = 253 N/mm2) fi tL, A, z > 20 N/mm2 (tL, m, z = 67,5 N/mm2) sA,z = 84 N/mm2 (sm = 236 N/mm2) fi tL, A, z > 22,4 N/mm2 (tL, m, z = 63 N/mm2)
b
E295
Gestaltfestigkeit der Welle (Bruch in der Welle):
bs L = 1,43 – Beanspruchung: wechselnd
c
E295
Gestaltfestigkeit der Welle (Bruch in der Welle):
bs L = 1,38 – Beanspruchung: wechselnd
Abb. 8.10a–c. Ausschlagfestigkeit einiger Hartlötverbindungen, a Zug-DruckDauerfestigkeit eines Überlappungsstoßes [8.2-3], b, c Torsions-Dauerfestigkeit (Kerbwirkungszahl) von zwei Welle-Nabe-Verbindungen [8.2-2]
– Umformspannungen in Tiefziehteilen können während des Lötens zu unerwünschter Veränderung des Lötspalts führen (evtl. vorher spannungsarmglühen oder Lage fixieren, Teile verspannen). 8.1.7 Beispiel
Lötverbindung für Kupferrohre einer Trinkwasserleitung. – Gegeben: Kupferrohr weich (F22): SF-Cu, Werkstoffnummer 2.0090, Rm = 200 N/mm2, Rp0,2 = 140 N/mm2 bei 20 °C. – Außendurchmesser da = 15 mm, Innendurchmesser di = 13 mm, Wanddicke t = 1 mm. – Wassertemperatur 20 °C, Wasserdruck (Betriebsdruck) p = 50 bar (5 N/mm2). – Mindestsicherheit SBmin = 1,8.
8.1 Lötverbindungen ungünstig
günstig
a
Nur bei Hartlöten sinnvoll, auch als Fugenlötung
341
Beachte Überlappung lü/t nach Abschn. 8.1.5.1 wählen. Größere Werte erhöhen die Tragfähigkeit nicht proportional, sind aber proportional teurer
Größere scherbeanspruchte Fläche durch Muffe
b
Lotmittelfluß und Flußmittelabfluß sicherstellen; Luftpolster verhindert vollständige Füllung der Fuge. Lot kann zu sichtbarer Stelle fließen
c
Kurze Lotfließwege vorsehen
d
Hohlräume verhindern Kapillarwirkung
e
Luft drückt Bolzen heraus
f
Durch Wärme ausgedehnter Bolzen steht nach Lötung über
g
Ring rutscht durch Wärmedehnung, Lagesicherung z. B. durch Absatz
h
Große Lotmengen und Schwindungslunker vermeiden
Abb. 8.11. Gestaltung von Lötverbindungen
342
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
ungünstig
günstig
Beachte
i
Lage des Lots und Richtung des Wärmestroms berücksichtigen (Temperatur soll größer sein als Lottemperatur)
k
Schälbeanspruchung vermeiden, z. B. durch Schweißpunkt, Niet oder Schraube
Abb. 8.11 (Fortsetzung)
– Gesucht: Festigkeitsnachweis der Lötverbindung. – Gewählt: Weichlöten (schnell, ausreichende Festigkeit, niedrige Betriebstemperatur, niedrige Arbeitstemperatur JA), Flammlöten (auf der Baustelle, JA = 230 °C); Lot S-Sn97Cu3 nach DIN EN 29 453; LangzeitZugscherfestigkeit tL,B,z = 3 N/mm2, kurzzeitig tL,B,zmax = 30 N/mm2. Wegen Trinkwasser kein bleihaltiges Lot. Fittinge nach DIN 2856, Mindesteinstecktiefe (Überlappungslänge) lü = 12 mm, Lötnahtfaktor vL = 1. – Berechnet: zu a) Festigkeitsnachweis für die Lötverbindung: Axialkraft F = p · p · da2/4 mit (8.5); Zugscherspannnung ts = F/(p · da · lü) = p · da /(4 · lü) = 0,3125 · p = 0,3125 · 5 N/mm2 = 1,56 N/mm2 mit (8.6); Sicherheit SB,L = vL · tL,B,z/ts = 1 · 3/1,56 = 1,92 > SB,Lmin . zu b) Festigkeitsnachweis für das Kupferrohr: Tangentialspannung bei Betriebsdruck st = p · da /(2 · t) = 5 · 15/(2 · 1) N/mm2 = 37,5 N/mm2; Sicherheit SB,R = Rp0,2/st = 140/37,5 = 3,7 > SB,Rmin (SB,Rmin = 1,1 gegenüber Prüfdruck pprüf = 1,3 p). Maximaler Betriebsdruck (für st = Rp0,2) pmax = Rp0,2 · 2 · t/da = 140 · 2 · 1/15 = 18,7 N/mm2; Zugscherspannung der Lötverbindung bei pmax : t s max = p max · d a /(4 · l ü ) = 0,3125 · p max = 9,38 N/mm 2 < t L, B, z max (30 N/mm2). Bei kurzfristiger Überlastung mit ca. 19 N/mm2 versagt das Kupferrohr und nicht die Lötverbindung. – Sonstiges, Arbeitsablauf: Ablängen, Kalibrieren, Entgraten, Reinigen mit Reinigungsflies, Flußmittel aufbringen, Löten, Flußmittelreste beseitigen.
8.2 Klebverbindungen
343
8.2 Klebverbindungen Kleben ist ein Verfahren zum Verbinden von Bauteilen aus gleichen und unterschiedlichen Werkstoffen. Dazu verwendet man Klebstoffe aus Kunstharz oder Kunstkautschuk, die in flüssigem oder pastösem Zustand oder als Folien auf die Klebflächen aufgetragen werden. Nach dem Abbinden bilden sie dünne, feste (z.T. auch dicke, weiche) Schichten. Dies geschieht mit oder auch ohne Anpressung bei Raumtemperatur (kaltaushärtend) oder bei Erwärmung auf ca. 50 ... 220 °C (warmaushärtend). Auch bei kaltaushärtenden Systemen besteht häufig die Möglichkeit, die Aushärtung durch höhere Temperaturen zu beschleunigen. Die Bindekräfte entstehen durch Flächenhaftung (mechanische und chemische Adhäsion) zwischen Kleber und Bauteilwerkstoff sowie durch innere Festigkeit (Kohäsion der ausgehärteten Klebschicht). Die Klebverbindung ist eine nicht lösbare Stoffschlußverbindung 6. Wegen der relativ niedrigen Festigkeit der Klebschicht werden die Verbindungen meist als Überlappungsstöße ausgeführt. 8.2.1 Zeichen und Einheiten
b Fa lü Rp
mm N mm N/mm2
SB , SD t vD vF vK vM sK,B,z tK,B,z
– mm – – – – N/mm2 N/mm2
tK,B/t,z
N/mm2
Bauteilbreite Ausschlagkraft Überlappungslänge Fließgrenze (Streckgrenze Re bzw. 0,2%-Dehngrenze Rp0,2) Sicherheiten gegen (Gewalt)-Bruch bzw. Dauerbruch Bauteildicke Kleb-Dynamikfaktor Flächenfaktor Klebschichtfaktor Werkstoffaktor Bruchfestigkeit zugbeanspruchter Klebverbindungen Bruchfestigkeit zugscherbeanspruchter Klebverbindungen Zeitstand-Bruchfestigkeit zugscherbeanspruchter Klebverbindungen
Beanspruchungen und Festigkeitswerte allg. s. Abb. 3.31.
6
Durch hohe Temperaturen, bei Welle-Nabe-Verbindungen durch Preßöl oder – in Grenzen – durch Behandlung mit Lösungsmitteln in Tauchbädern, lassen sich insbesondere thermoplastische Klebschichten entfestigen und mit geringer Kraft trennen, mit höherem Aufwand auch duromere Klebschichten (Schichten, die sich bei hohen Temperaturen nicht plastisch verformen). Bei der Demontage wird der Stoffschluß zerstört/aufgebrochen, für die erneute Montage muß eine NeuKlebung hergestellt werden.
344
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
8.2.2 Anwendung, Eigenschaften, Funktionen
Klebverbindungen haben sich im Flugzeugbau – auch für tragende Verbindungen – bewährt und finden zunehmend Eingang in den Maschinenund Apparatebau: – Zur Kraftübertragung bei gefügten Fahrzeugrahmen, Brems- und Kupplungsbelägen, Blechkonstruktionen, Gummi-Metall-Federelementen, Rohrleitungen, Glas-Metall-Verbindungen. Hier sprechen wir von (Überlappungs-)Flächenverbindungen, zu unterscheiden von WelleNabe-Verbindungen (Abschn. 18.5). – Fixierklebung, d.h. Verbindungen ohne Kraftübertragung, z.B. Abdeckungen, Verklebungen. – Dichtungsklebung, wobei die Kraft durch andere Elemente übertragen wird; z.B. zum Abdichten von Bördelfugen, Punktschweißverbindungen, Gewinden. – Sichern von Schraubenverbindungen, Abschn. 10.10.2. – Leitklebungen, in der Elektrotechnik als elektrisch leitende Kontakte, z.B. zum Verbinden von oberflächenmontierbaren Bauteilen mit der Leiterplatte (ohne Anschlußdrähte). Vorteile – Verbinden von Bauteilen aus Metall sowie – gegenüber Schweißen und Löten – auch Metall/Kunststoff, Kunststoff/Kunststoff, Metall/Keramik und andere Paarungen (Holz, Papier, Beton). – Verbinden sehr dünner Bauteile (Fügeteile), z.B. Folien, die sich auch großflächig auf Bleche aufkleben lassen (wichtig hierbei die geringe Wärmebeanspruchung). – Gegenüber Schweißen und Löten wärmeschonend (keine Gefügebeeinflussung; wichtig für ausgehärtete Aluminiumlegierungen und Oberflächenbehandlung, z.B. verchromten Stahl oder eluxiertes Aluminium). – Leichtbau z.B. durch Wabenkonstruktion, wobei die Klebflächen nicht von außen zugänglich sein müssen (Kap. 2). – Die Klebschicht kann elektrisch isolieren; gegenüber Lötverbindung besteht keine Gefahr elektrolytischer Korrosion. – Eine Klebschicht wirkt – wegen des kleinen E-Moduls – schwingungsdämpfend. (Ob sie bei unterschiedlicher Wärmedehnung der Fügeteile ausgleichend wirkt, hängt von der Bruchdehnung ab; bei anaeroben Klebern ist sie kleiner als 1%, so daß – bei gleichem Werkstoff – ab DJ = 60 °C Bruchgefahr besteht.) – Hohe Knicksteifigkeit geklebter Strukturen (Kap. 3). Nachteile – Gegenüber Schweißen und Löten ist z.T. eine relativ lange Fertigungsdauer, d.h. Dauer bis zum Erreichen der Funktionsfestigkeit des Klebers erforderlich. – Die Fügeflächen müssen sorgfältig vorbereitet und alle Fertigungsparameter (Temperatur, Druck, Dauer bis zum Aushärten) sorgfältig eingehalten werden, insbesondere bei hohen Festigkeitsanforderungen, zumal eine zerstörungsfreie Qualitätskontrolle kaum möglich ist.
8.2 Klebverbindungen
345
– Die gegenüber Schweiß- und Lötverbindungen geringe Festigkeit der Klebschicht muß durch zweckmäßige Gestaltung – insbesondere ausreichende Überlappung – ausgeglichen werden. – Alterungseinflüsse durch Feuchtigkeit, Gase, UV-Licht, usw. sowie Reaktion zwischen Klebstoff und Bauteilwerkstoff können die Haftungskräfte mindern oder den Klebstoff schädigen. – Reparatur von Schäden an Klebungen erfordert aufwendige Maßnahmen (wie bei der Herstellung). – Manche zur Vorbehandlung eingesetzte Stoffe und deren Reaktionsprodukte sind toxisch und können die Umwelt belasten. Bei der Herstellung sind geeignete Schutzmaßnahmen vorzusehen. 8.2.3 Herstellung
Die Arbeitsräume müssen in Abhängigkeit vom Klebstoff und Aushärtemechanismus sehr unterschiedliche Anforderungen erfüllen. Wichtig für die Qualität der Klebung ist die Vorbereitung und Vorbehandlung der Fügeflächen. Der Aufwand sollte sich danach orientieren, welche Festigkeit erforderlich ist. Die wesentlichen Arbeitsschritte sind: – Mechanische Reinigung durch Schleifen oder Bürsten. – Anpassen der Fügeflächen: Dünne Klebschichten erfordern paßgenaue Klebfugen. Dickere Klebschichten gleichen Unebenheiten eher aus, weisen jedoch eine geringere Festigkeit auf. – Entfetten mittels organischer Lösungsmittel oder alkalischer bzw. wässriger Reinigungsbäder. – Oberflächenbehandlung: Aufrauhen zur Vergrößerung der wirksamen Oberfläche durch Strahlen, günstig sind Rauheiten von etwa Rz = 10 ... 40 mm (vgl. Abschn. 18.6.1, 18.6.2). – Beizen (d.h. Anwendung nichtoxidierender Säuren) bewirkt chemisches Reinigen oder Tauchen in oxydierende Lösungen bewirkt Oxidation der Oberfläche. – Bei besonders hoch beanspruchten Klebungen eignet sich eine elektrochemische Vorbehandlung (Corona/Plasma). – Bei Bauteilen aus Stahl kombiniert man mitunter Kleben mit Punktschweißen, Nieten oder Schrauben (Abschn. 8.3). Dann ist keine Oberflächenvorbehandlung erforderlich. Übersicht über die je nach den Anforderungen notwendige Oberflächenbehandlung s. Abb. 8.12. – Im Maschinen-, Apparate- und Fahrzeugbau begnügt man sich meist mit Strahlen als letztem Schritt der Vorbehandlung. – Vorbereitung der Klebstoffe (Viskosität lösungsmittelhaltiger Klebstoffe einstellen bzw. Homogenisieren füllstoffhaltiger Klebstoffe,Aufheizen bei Schmelzklebstoffen, u.ä.). – Mischen der Klebstoffe (Zugabe von Füllstoffen und/oder Lösungsmitteln bzw. Härtern bzw. Kleberkomponenten). – Auftragen der Klebstoffe durch Spritzen, Tauchen, Tropfen, Gießen, Siebdruck, Schmelzen oder Auflegen von Folien, usw., möglichst unmittelbar nach der Oberflächenvorbehandlung; andernfalls ist eine Oberflächennachbehandlung erforderlich [8.3-11]. Sehr niederviskose Klebstoffe können nach dem Fügevorgang aufgebracht werden (Kapillarwirkung). – Ausreichendes Ablüften der Klebflächen vor dem Fügeprozess ist wichtig, da sonst Lösungsmittelblasen in der Klebschicht entstehen, die die Festigkeit mindern. Hinweis: dies gilt nicht für anaerobe Klebstoffe, Abschn. 8.2.4.2.
346
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
Werkstoff
Niedrige Beanspruchung 1)
Aluminiumlegierungen
Kupfer, Messing
Mittlere Beanspruchung 2)
Hohe Beanspruchung 3)
Beiz-Entfetten, Schleifen, Bürsten
Strahlen, Beizen
keine Weiterbehandlung
Strahlen
Magnesium
Strahlen, Beizen Schmirgeln, Schleifen
Gußeisen
Gußhaut entfernen
Strahlen
Stahl (auch rostfreier)
Strahlen keine Weiterbehandlung
Stahl, verzinkt Stahl, brüniert Titan Zink 1)
2) 3)
keine Weiterbehandlung sehr gründlich entfetten keine Weiterbehandlung
Bürsten mit Stahlbürste
Strahlen Beizen
keine Weiterbehandlung oder schwaches Aufrauhen
Zulässige Zugscherspannung tz zul = vK · vM · vF · tK, B, z/SK, b ≤ 5,0 N/mm2; geschlossene Räume, kein Kontakt mit Wasser (Feinmechanik, Elektrotechnik, Modellbau). tz zul ≤ 10,0 N/mm2; gemäßigtes Klima, Öle, Treibstoffe (Maschinen-, Fahrzeugbau). tz zul > 10,0 N/mm2; sämtliche Klimaten, direkter Kontakt mit wäßrigen Lösungen, Ölen, Treibstoffen (Fahrzeug-, Flugzeug-, Schiff-, Behälterbau).
Abb. 8.12. Wahl der Oberflächenvorbehandlung der Fügeteile für Klebverbindungen (VDI 2229)
– Klebflächen fügen, gegen Verschieben sichern, vorgeschriebenen Druck ausüben (Gewichte, Schraubzwingen, Klammern, Zangen, Pressen, o.ä.). – Abbinden der Klebstoffe nach unterschiedlichen Mechanismen je nach Art der Klebstoffe durch Ablüften von Wasser, Lösungsmitteln, Erstarren (Schmelzklebstoffe), Reaktion unter Luftabschluß (anaerobe Klebstoffe), Reaktion durch Wärmezufuhr, UV-Licht, Vermischen von zwei und mehr Komponenten usw. Abbindedauer s. Abschn. 8.2.4.2. – Die Spaltdicke sollte (produktspezifisch) ca. 0,1 mm für hohe Festigkeit, ca. 0,5 mm für kostengünstige Fertigung und reduzierte Festigkeit, ... 3 mm in Sonderfällen – z.B. zum Abdichten – betragen (Abb. 8.22). Bei Rohrklebungen muß man durch Anfasen der Bauteile von 15 ... 30° sicherstellen, daß der Klebstoff beim Fügen nicht aus der Klebfuge hinausgeschoben wird; möglichst das dünnere Rohr mit Drehbewegung ein- oder aufschieben.
8.2.4 Werkstoffe 8.2.4.1 Bauteilwerkstoffe (Eigenschaften, Anforderungen)
Die Festigkeit der Klebverbindung hängt auch vom Bauteil-Werkstoff ab, Abschn. 8.2.5.2. Bei der Wahl der Klebstoffe und Fügeverfahren sind deren Besonderheiten zu beachten:
8.2 Klebverbindungen
347
– Stähle erfordern meist keine Oberflächenvorbehandlung, Abb. 8.12. – Zink und verzinkte Stähle dürfen nur mit Kalthärtern verklebt werden, da Zink eine niedrige Rekristallisationstemperatur besitzt. – Aluminiumlegierungen und Titan bilden beim Lagern relativ feste Oxidschichten, die mechanisch oder chemisch abgetragen werden müssen; danach muß sofort der Kleber aufgetragen werden. – Bei Klebverbindungen von Werkstoffen unterschiedlicher Wärmeausdehnungskoeffizienten (z.B. Stahl und Aluminium) ist die Klebschicht beim Abkühlen und Erwärmen starken inneren Spannungen ausgesetzt. Man sollte deshalb hierfür Klebstoffe wählen, die elastisch-plastische Klebschichten bilden oder kombinierten Kraft- und Stoffschluß (z.B. Methacrylat, Abb. 8.22). Dies ist besonders wichtig bei Rohrverbindungen. – Die Festigkeit der meisten Kunststoffe ist etwa so hoch wie die der Klebstoffe. Der E-Modul der Kunststoffe ist niedrig; daher sind Klebstoffe günstig, die verformungsfähige Klebschichten bilden (z.B. Kautschukpolymerisate oder Polyurethane). Manche unpolaren Kunststoffe, insbesondere Polyolefine, Polytetrafluoräthylen erfordern eine aufwendige Vorbereitung der Bauteile. Dies gilt auch, wenn weichmacherhaltige Kunststoffe verwendet werden sollen [8.3-11]. Problematik der Oberflächenspannung des Kunststoffs s. [8.3-10]. – Faserverstärkte Kunststoffe erfordern eine besonders schonende Oberflächenbehandlung. Mechanische Behandlung durch Schleifen, Bürsten und Strahlen kann die obersten Fasern schädigen; Reinigen und Entfetten sind unbedenklich. – Glas-Metall-Verbindungen sollten so gestaltet werden, daß im Glas möglichst nur Druckspannungen auftreten. Als Klebstoff haben sich warmhärtende Epoxidharz-Klebfilme und Acrylate bewährt. – Gummi-Metall-Verbindungen bieten die Möglichkeit, Bauteile großer Nachgiebigkeit und Festigkeit zu erzeugen (z.B. Kfz-Reifen, FederDämpfungselemente (Kap. 12), Keilriemen, usw.). Durch geeignete Oberflächenvorbehandlung (Sandstrahlen, Beizen), Einstellen der Gummimischung und geeignete Klebstoffe (z.B. selbstvulkanisierende Kleblösungen) erzielt man Klebschichten guter Flexibilität, hoher Haftfestigkeit und Beständigkeit gegen Umwelteinflüsse. 8.2.4.2 Klebstoffe
Im Maschinen-, Apparatebau und Leichtbau haben sich – wegen der höheren Festigkeit der Klebverbindung – synthetische Klebstoffe gegenüber natürlichen Klebstoffen durchgesetzt. Man unterscheidet nach der Abbindetemperatur: – Kaltaushärtende Klebsysteme, die bei Raumtemperatur (mind. 18 °C) und erhöhter Temperatur abbinden. Bei niedrigen Temperaturen sind lange Abbindedauern (evtl. Tage) erforderlich; man benötigt entsprechende Lagerflächen, Durchlauffertigung wird erschwert. Andererseits sind keine Sondereinrichtungen erforderlich; die Klebung eignet sich daher für die Einzelfertigung. – Warmaushärtende Klebsysteme binden bei Temperaturen von 50 ... 220 °C ab, und zwar z.T. in wenigen Minuten. Man benötigt für diesen Prozeß Trockenöfen, Heizplatten, Sondervorrichtungen, die sich bei Serienfertigung lohnen. Durchweg erzielt man so höhere Verbindungsfestigkeiten als mit Kaltklebern.
348
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
Chemisch abbindende (Reaktions-)Klebstoffe ändern beim Abbinden in der
–
–
–
–
Klebfuge ihren Molekularzustand. Es entstehen duromere Kunststoffschichten, die auch beim Erwärmen nicht wieder aufweichen; man unterscheidet nach der Art der Verarbeitung: Einkomponenten-Klebstoffe, die einfach zu verarbeiten sind, denn sie enthalten alle erforderlichen Bestandteile, können somit im Anlieferungszustand aufgetragen werden. Man beachte: Manche dieser Klebstoffe sondern beim Abbinden Wasser ab, das durch Druck aus der Klebfuge herausgepreßt werden muß, andere (z. B. solche auf Epoxydharzbasis) sondern keinerlei Reaktionsstoffe ab, können also ohne Anpreßdruck abbinden. Einkomponentenkleber gibt es auch als Folien, die auf Klebfugen aufgeschmolzen werden. Anaerobe Klebstoffe, die nur unter Luftabschluß abbinden, z.B. in Form von Mikrokapseln, die auf Schraubengewinde aufgetragen werden und beim Anziehen platzen, die Klebstoffe können dann aushärten: Stoffschlüssige Schraubensicherung, Abschn. 10.10.2. Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet sind die WelleNabe-Verbindungen, Abschn. 18.5. Zweikomponenten-Klebstoffe sind aufwendiger in der Verarbeitung, denn die darin enthaltenen Bindemittel (Polyester, Epoxidharze oder Polyurethane) müssen mit einer zweiten Komponente, dem Härter, gemischt werden. Nach dem Mischen – während der sog. Topfzeit – geliert die Mischung und wird dann – möglichst bald nach der Oberflächenbehandlung – aufgetragen. Diese Kleber erfordern bei Raumtemperatur eine Abbindedauer bis zu 24 h, bei höheren Temperaturen (bis 150 °C) wenige Minuten. Sonderklebstoffe wurden für spezielle Anwendungen entwickelt, z.B. Klebstoffe mit extrem kurzen Abbindezeiten (z.B. Monoacrylester, Diacrylester).
Physikalisch abbindende Klebstoffe bilden nach dem Abbinden gut verformbare, thermoplastische Klebschichten mittlerer Zugfestigkeit. Sie neigen unter Belastung zum Kriechen. Da ihr Molekularzustand beim Abkühlen nicht verändert wird, schmelzen sie bei höheren Temperaturen wieder auf; so kann man die Verbindung auch wieder lösen. Zu dieser Gruppe gehören: – Kontaktklebstoffe, die auf beide Fügeflächen aufgetragen werden; nach Ablüften der Lösungsmittel müssen die Fügeteile stark aufeinander gepreßt werden. Man erreicht sofort eine hohe Festigkeit. – Plastisole, lösungsmittelfreie Klebstoffe, die in teigigem Zustand aufgetragen werden und bei 140 ... 200 °C abbinden. Sie können Öl aufnehmen, so daß sich eine aufwendige Reinigung der Fügeflächen erübrigt. Sie sind somit besonders für die Serienfertigung geeignet. – Heißschmelz-Klebstoffe, die bei Bauteiltemperaturen über 80 °C bis 190 °C aufgetragen werden und schmelzen. Nach dem Fügen und darauf einsetzenden Abkühlen binden sie sofort ab.
Einige Klebstoffe mit Angaben zur Herstellung und Anwendung s. Abb. 8.22. 8.2.5 Tragfähigkeit von Flächen-Klebverbindungen 7
Einfluß des Bauteilwerkstoffs auf die Tragfähigkeit der Klebverbindung s. Abschn. 8.2.4.1. Eine genauere Betrachtung zeigt, daß diese mit wachsender Festigkeit des Bauteil-Werkstoffs zunimmt, Beispiel s.Abb. 8.13.Wich7
Welle-Nabe Klebverbindungen s. Abschn. 18.5.
8.2 Klebverbindungen
349
Abb. 8.13. Zugscherfestigkeit von Leichtmetall-Klebverbindungen, Einfluß der Bauteilfestigkeit [8.3-13]; zum Vergleich Stahl-Klebverbindung nach Abb. 8.18
Abb. 8.14. Zeitstandfestigkeit von einschnittig überlappten Klebverbindungen bei Raumtemperatur mit unterschiedlichen Epoxidharz-Klebstoffen [8.3-11]
tige Einflußfaktoren für die Festigkeit sind ferner die Art der Verbindung (Abschn. 8.2.5.1), die Herstellung (Abschn. 8.2.3) die Bauteilgröße, denn große Flächen sind nicht so eben wie kleine und sind schwerer gleichmäßig zu beschichten. Auswirkung der Betriebsbedingungen (Langzeitbelastung, Umwelteinflüsse, wie Feuchtigkeit, Temperatur, usw.) auf die statische Festigkeit s. Abb. 8.14, 8.15, 8.16. – Insbesondere bei Kaltklebern wirken sich auch Feuchtigkeit und Lösungsmittel nachteilig auf die Klebschicht aus. Auch die dynamische Festigkeit der Klebverbindung hängt von diesen Einflußfaktoren ab. Wöhlerlinien für einige Klebverbindungen zeigen Abb. 8.17, 8.18. – Nach diesen und anderen Untersuchungen beträgt die Ausschlagfestigkeit von geklebten Flächenverbindungen bei Schwellbean-
350
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen Abb. 8.15. Festigkeitsabfall einer Aluminium Epoxidharz-Klebverbindung bei unterschiedlicher Temperatur und Feuchtigkeit [8.3-11]
Abb. 8.16. Einfluß der Temperatur auf die Kurzzeit-Zugscherfestigkeit von Überlappungsklebungen (VDI 2229)
Abb. 8.17. Ausschlagfestigkeit bei Schwellbeanspruchung einer einschnittig überlappten Klebverbindung [8.3-11]
8.2 Klebverbindungen
351
Abb. 8.18. Einfluß von Klebschichten unterschiedlichen Verformungsverhaltens auf die Ausschlagfestigkeit bei Zug-Schwellbeanspruchung (1- hohes, 2- mittleres, 3- geringes Verformungsvermögen) [8.3-11]
spruchung ca. 7% der statischen Zugscherfestigkeit. Berechnung s. Abschn. 8.2.5.2. 8.2.5.1 Dimensionierung
Hier gelten sinngemäß die Überlegungen wie bei Lötverbindungen, Abschn. 8.1.5.1, wobei die – im Vergleich zum Bauteil – meist wesentlich kleinere Festigkeit der Klebschicht zu beachten ist. Stumpf- und T-Stoß eignen sich nur für Bauteile geringer Festigkeit als Fixierklebung. Sie sind wegen der vergleichsweise niedrigen Klebschichtfestigkeit zu vermeiden. Überlappungsstoß – Zugscherbeanspruchung: Die Problematik der Spannungsverteilung in Überlappungsstößen ist von Nietverbindungen her bekannt. Abbildung 8.19 zeigt, daß die Spannungsspitzen an den Enden der Überlappung im Vergleich zur Mittelspannung umso größer werden, je länger die Überlappung ist. (Man muß daher 1ü/t vorläufig wählen und damit den Festigkeitsnachweis führen.) Angaben in Abb. 8.20 können bei Paarung gleicher Werkstoffe als Anhalt dienen. Gesichtspunkte zur Wahl der Überlappungslänge s. auch Abschn. 8.1.5.1 (Lötverbindung). Überlappungsverhältnisse oberhalb der oberen Grenzwerte sind i.allg. unwirtschaftlich. – Kleinere Werte wählt man – in der jeweiligen Gruppe – für Bolzen- und Rohr-Steckverbindungen, geschäftete Verbindungen, Doppellaschenverbindungen, optimale Oberflächenvorbehandlung und -vorbereitung (Abschn. 8.2.3), hohe Klebstoffestigkeit, dünnere Klebschicht, kleinere Blechdicken t, kleinere Bauteilfestigkeit und dynamische Beanspruchung. Für Klebverbindungen von Bauteilen unterschiedlicher Werkstoffe orientiert man sich an dem Teil mit dem kleineren Wert von Rp . Überlappungsstoß – Scherbeanspruchung (in Richtung der Blechkanten): Als Anhalt können die Angaben für Überlappungsstoß – Zugscherbean-
352
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
Abb. 8.19. Beanspruchung einer Überlappungs-Klebverbindung bei unterschiedlicher Überlappungslänge [8.3-15]
Stahl Al-Legierung Nichtverstärkte Kunststoffe Faserverstärkte Kunststoffe
lü /t = 7,5 … 5 lü /t = 5 … 10 lü /t = 2 … 4 lü /t = 5 … 10
Abb. 8.20. Richtwerte für das Überlappungsverhältnis von geklebten Flächenverbindungen (t – Dicke des dünneren Bauteils)
spruchung verwendet werden. Siehe auch entsprechende Hinweise in Abschn. 8.1.5.1 (Lötverbindung). 8.2.5.2 Festigkeitsnachweis
Die Situation ist ähnlich wie bei Lötverbindungen (Abschn. 8.1.5.2): Man rechnet mit Nennspannungen und muß i.allg. auf die an Standardproben ermittelten Festigkeitswerte zurückgreifen, die durch Abminderungsfaktoren an die Praxisbedingungen angepaßt werden. – Man geht i.allg. wie folgt vor: – Berechnung der Beanspruchungen und Sicherheiten bei statisch und dynamisch belasteten Überlappungsstößen s. Abb. 8.21. – Belastungsannahmen wie bei Lötverbindungen, Abschn. 8.1.5.2. – Anhaltswerte für die statische Zugscherfestigkeit tK,B,z einiger wichtiger Klebstoffe, ermittelt mit der genormten Probe aus Stahl, s. Abb. 8.22. Dort wird für diese Klebstoffe auch der Einfluß der Klebspaltdicke und der Betriebstemperatur nach Firmenangaben dargestellt. Die Zeitstandfestigkeit (vgl. Abb. 8.14) liegt für diese Klebstoffe
353
8.2 Klebverbindungen
Beanspruchung
Festigkeitsnachweis
Überlappungsstoß (Flächenverbindung)
statisch:
F τs = A
τ a, s
8.6); ((8.6);
F = a A
vK · vM · vF · tK, B, z SB = 01056 ≤ SB min ts
(8.22)
(8.7)
Breite b
dynamisch: vK · vM · vF · tK, A, z SD = 01056 ≤ SD min ta, s
(8.23)
tK, B, z = tK, B, d , s. Abb. 8.22 A = lü · b (8.8) tK, A, z = vD · tK, B, z
(1)
vF: (2)
A = 2lü · b (8.9)
A=
(3)
vK: vD: vM:
(8.24)
Abb. 8.23 Abschn. 8.2.5.2 Abschn. 8.2.5.2 Abschn. 8.2.5.2 Abb. 8.24 Abschn. 8.2.5.2
lü ⋅ b cos α (8.10)
Abb. 8.21. Festigkeitkeitsnachweis für Klebverbindungen
1
3
4
5
6
ProduktChemische bezeichnung Basis
Statische Zugscherfestigkeit (DIN 53 283, DIN 54 451) [N/mm2]
Aushärtung
Auftragung
Optimaler Maximaler Spalt in mm (% Festigkeit von Spalte 3)
DELO
modifiziertes Epoxidharz
19
Raumtemperatur
2-komponentig, gemischt
0,05 . . . 0,3
modifiziertes Epoxidharz
21
2-komponentig, gemischt
0,05 . . . 0,3
modifiziertes Epoxidharz
29
130 . . . 180 °C, 1-kom40 . . . 10 min ponentig auf ein Fügeteil
0,05 . . . 0,3
Raumtemperatur
0,05 . . . 0,2
DP 03-rapid DELO DP 1895 DELO MP 1196
2
MAFLEX
16
26
57
21 Methacrylat
8191
Raumtemperatur
22
Aktivator auf Teil 1, Klebstoff auf Teil 2
7
8
1,0 (45 %) 1,0 (45 %) 0,5 (45 %)
0,6 (30 %)
Anwendungen
spannungsausgleichende hochfeste Verklebungen Metalle/Kunststoffe hochfeste Strukturverklebungen Metalle/Kunststoffe hochfeste, starre Struktur-Verklebungen alle Materialien, vorzugsweise Metalle spannungsausgleichende, hochfeste Verklebungen Metalle/Kunststoffe
Abb. 8.22. Statische Festigkeit von geklebten Flächen-Überlappungsstößen bei Raumtemperatur in Luft oder Öl nach Angaben der Fa. DELO Industrieklebstoffe GmbH & Co.Kg, Landsberg
354
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
nicht drastisch unter der Kurzzeitfestigkeit; die Differenz wird durch die Sicherheit mit abgedeckt. Abminderungsfaktoren – Zur Berücksichtigung der Herstellqualität (einschließlich Fertigungstoleranzen, Montageunsicherheiten) wird der Klebschichtfaktor vK eingeführt, der – wie auch der Lötnahtfaktor vL – durch Versuche bestimmt werden muß. Andernfalls setzt man für die erste Näherung – mit der gleichen Begründung wie bei der Lötverbindung, Abschn. 8.1.5.2 – vK = 1. – Die Festigkeitswerte gelten für das kleinste Überlappungsverhältnis 1ü/t nach Abb. 8.20 und die hierfür angegebenen Bedingungen bei versetzter Einfachüberlappung wie bei der DIN-Probe (d.h. ohne Biegespannungsanteil), für die geschäftete Verbindung und für Doppelüberlappung. Für die normale Einfachüberlappung (mit Biegespannungsanteil) sind 15% niedrigere Werte anzusetzen. – Um die ungünstigere Spannungsverteilung über die Überlappungslänge zu berücksichtigen (Abb. 8.19), wird für größere Überlappungen der Flächenfaktor vF eingeführt, der auch die Fertigungsunsicherheiten von größeren Klebflächen berücksichtigen soll. Anhaltswerte s. Abb. 8.23. – Der Kleb-Dynamikfaktor vD berücksichtigt die Minderung der dynamischen Festigkeit tK,A,z gegenüber der statischen Festigkeit tK,B,z der Klebverbindung; Versuchsergebnisse s. Abschn. 8.2.5 und Abb. 8.22. – Entsprechend den o.a. Versuchen kann man vD = 0,1 für Wechselbeanspruchung ansetzen und vD = 0,07 für Schwell-(Ausschlag-)Beanspruchung.
Abb. 8.23. Abminderungsfaktoren: Flächenfaktor vF für Überlappungsstöße, Bezugsprobe nach DIN 53281 T2, Breite b = 25 mm, Überlappungslänge lü = 12 mm, Blechdicke t = 1,6 mm, Stahl
8.2 Klebverbindungen
355
vM – – – – – – –
Stahl nichtrostender Stahl Aluminiumlegierungen Kupfer und galvanisch behandelte Fügeteile Fügeteile aus Gußeisen mit Lamellengraphit Kunststoff-Fügeteile bei höheren Temperaturen; aus Abb. 8.16, 18.55 und 18.57 erkennt man, daß die Klebstoffe ganz unterschiedlichem Temperatureinfluß unterliegen können. – Nach Erfahrung, Firmenangaben – in Wasser über 50 °C auf ca. 50 %, bei Raumtemperatur wurden teilweise 10 . . . 20 % höhere Festigkeitswerte erreicht. – Nach Erfahrung, Firmenangaben
1 0,8 0,7 0,5 0,4 0,2 . . . 0,3 ≤1 1
Abb. 8.24. Abminderung der Festigkeit durch den Einfluß von Fügeteilwerkstoff, Temperatur und Umgebungsmedien, Werkstoffaktor vM [18.3-16]
– Der Einfluß des Bauteil-Werkstoffs und der Umgebung kann durch den Werkstoffaktor vM nach Abb. 8.24 berücksichtigt werden. Anwendungsgrenzen s. Abb. 8.22. Mindest-Sicherheit: Bei statischer Beanspruchung: SBmin = 1,5 ... 2; bei dynamischer Beanspruchung: SDmin = 2 ... 3. – Erläuterungen s. Abschn. 1.4.5.2 bzw. Abschn. 8.1.5.2. Man beachte: Ergibt diese Überschlagsrechnung, daß eine Klebverbindung möglich erscheint, sollte die Ausführung mit dem Klebstoff-Hersteller besprochen und die Dimensionierung nach dessen Erfahrungen und möglichst durch Versuche überprüft werden.Wenn nötig, muß man ein anderes Konzept in Betracht ziehen. Bei nicht ausreichender Sicherheit und statischer Beanspruchung kann man eine längere Überlappung wählen. Wie Abb. 8.23 zeigt, muß dann jedoch die Scherfestigkeit – entsprechend dem Flächenfaktor vF – kleiner angesetzt werden; man sieht jedoch, daß sich noch ein Tragfähigkeitsgewinn ergibt. – Bei dynamischer Beanspruchung nimmt die Zugscherfestigkeit nach Versuchen von [8.3-12] dagegen etwa proportional der Überlappungslänge ab, so daß eine längere Überlappung rechnerisch kaum einen Tragfähigkeitsgewinn ergibt, wohl aber bessere Führung und mehr Schutz gegen Alterung. Man wählt daher bei Schwingbeanspruchung lü/t nach Abb. 8.20. Erläuterung s. auch Abschn. 18.5.1.3. 8.2.6 Gestaltung (Abb. 8.25)
– Verbindungen für hohe Tragfähigkeit als Überlappungsstoß ausführen (Zugscherbeanspruchung). Stumpfstöße vermeiden; nur als Fixierklebung für Kunststoffe geringer Festigkeit (entsprechen etwa Reaktionsklebstoffen tB = 20 ... 50 N/mm2). – Schälbeanspruchung vermeiden, evtl. durch Kombination mit Schweißpunkt o.ä. wie auch Abb. 8.26.
356
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
ungünstig
günstig
Beachte
a Keine Schwächung des Werkstoffquerschnittes Stumpf-Stoß, als I- oder V-Naht, nur als Fixierklebung
geschäftete Verbindung
einfache Überlappung, wenn möglich zugeschärft
Großflächige Verbindungsformen vorsehen Auf Biegesteifigkeit und symmetrische Krafteinleitung achten
abgesetzte Überlappung, teuer
abgesetzte Doppellaschenverbindung, teuer
doppelt gelaschte Verbindung
1) gleichmäßige Zugscherspannungs-Verteilung zugeschärfte Doppellaschenverbindung
b Rohrverbindung
Hinweis s. Abb. 8.11a
c
Schälbeanspruchung vermeiden
d Winkelanschluß (Schälbeanspruchung)
Hinweis s. Abb. 8.11k
Abb. 8.25. Gestaltung von Klebverbindungen: Flächen-Überlappungsstöße
8.2 Klebverbindungen ungünstig
günstig
e
357
Beachte Klebstoff erfüllt auch Dichtfunktion
Abb. 8.25 (Fortsetzung)
Abb. 8.26. Ausschlagfestigkeit bei Schwellbeanspruchung von Punktschweiß- (PS) und Punktschweiß-Klebverbindungen (PSK), (VDI 2229)
– Feuchtigkeits- oder Korrosionseinflüsse ggf. durch Schutzlackierung unterbinden. – Hinweise zur Wahl der Überlappungslänge beachten, Abschn. 8.2.5.1. – Verhältnis Schubmodul Klebstoff/Elastizitätsmodul Bauteil für Überlappungsstöße möglichst klein wählen, um Spannungsspitzen zu reduzieren. Üblich bei Metallklebung ≈ 0,01 (weiche Klebschicht, hochfeste Fügeteile), ª 0,25 (harte, spröde Klebschicht, Fügeteile mittlerer Festigkeit). – Glas-Metallverbindungen: Hinweise in Abschn. 8.2.4.2 beachten. – Verbindungsstelle durchlaufend und möglichst biegesteif ausführen.
358
8 Löt-. Kleb- und kombinierte Verbindungen
8.3 Kombinierte Fügeverfahren (Punktschweiß-, Niet-, Schraub-Klebverbindungen) Durch Kombinieren der Klebverbindung mit Punktschweißen, Nieten, Schrauben, Falzen, kann man die Vorteile der beteiligten Verbindungsarten nutzen. Punktschweiß- oder Niet-Kleben wird im Fahrzeug-, Geräte- und Flugzeugbau angewendet. Man erreicht so neben einer höheren Festigkeit (Abb. 8.26) eine bessere Abdichtung gegen Flüssigkeiten und Gase und vermeidet Schälbeanspruchungen. Der Fertigungsablauf ist einfacher, da Fixiervorrichtungen (beim Kleben) entfallen. Schraubkleben bietet im Prinzip dieselben Vorteile. Besonders im Bauwesen hat sich diese Kombination bewährt, da eine optimale Klebstoffverarbeitung vor Ort schwer zu verwirklichen ist. Falzkleben wird im Fahrzeugbau angewendet. Der Klebstoff übernimmt hier hauptsächlich Dichtfunktionen, wobei Spalte bis zu 5 mm überbrückt werden können, Abb. 8.25e. Sowohl die statische, als auch die dynamische Zugscherfestigkeit der kombinierten Verbindungen ist höher als die der geklebten, der punktgeschweißten, genieteten oder geschraubten Verbindung allein, Abb. 8.26. Berechnung der Tragfähigkeit – Kombination Kleben mit Punktschweißen, Paßnieten (i.allg. kaltgeschlagen) oder Paßschrauben: Bei einem Klebstoff mit hohem Schubmodul überträgt die Klebschicht einen höheren Anteil der zu übertragenden Zugkraft als bei einem Klebstoff mit niedrigem Schubmodul. Daher legt man sicherheitshalber für die Berechnung allein die Punktschweiß-Schraub- oder Nietverbindung zugrunde. – Kombination Kleben mit abgeschrumpften Nieten (i.allg. warm geschlagen) oder Durchsteckschrauben (Reibschluß): Man verwendet hier Klebstoffe mit hohem Schubmodul; die Niet- oder Schraubenschäfte sollen nicht zur Anlage kommen. Die Klebschicht muß daher die gesamte Zugkraft übertragen und ist maßgebend für die Tragfähigkeit. Niete und Schrauben dienen zur Lagesicherung.
8.4 Literatur Normen, Richtlinien
8.1-1 AD Merkblatt B0 (1986) Köln, Heymanns 8.1-2 DIN 8505 (1979, 1983) Löten, T1: Allgemeines, Begriffe, T2: Einteilung der Verfahren, Begriffe, T3: Einteilung der Verfahren nach Energieträgern, Verfahrensbeschreibungen. Berlin, Beuth 8.1-3 DIN 8513 Hartlote, T1: Kupferbasislote, T2: Silberhaltige Lote mit weniger als 20 Gew.-% Silber, T3: Silberhaltige Lote mit mindestens 20 Gew.-% Silber, T4: Aluminiumbasislote, T5: Nickelbasislote zum Hochtemperaturlöten. 8.1-4 DIN 8525 (1977, 1986) Prüfung von Hartlötverbindungen; Spaltlötverbindungen, T1: Zugversuch, T2: Scherversuch, T3: Hochtemperaturgelötete Spaltverbindungen, Zugversuch. Berlin, Beuth
8.4 Literatur
359
8.1-5 DIN EN 29453 (1993) Weichlote; Chemische Zusammensetzung und Lieferformen. Berlin, Beuth 8.1-6 DIN 53281 (1979) Prüfung von Metallklebstoffen und Metallklebungen; Proben, T1: Klebflächenvorbehandlung, T2: Herstellung, T3: Kenndaten des Klebvorgangs. Berlin, Beuth 8.1-7 DIN 53283 (1979) Prüfung von Metallklebstoffen und Metallklebungen; Bestimmung der Klebfestigkeit von einschnittig überlappten Klebungen (Zugscherversuch). Berlin, Beuth 8.1-8 DIN 54451: Prüfung von Metallklebstoffen und Metallklebungen; ZugscherVersuch zur Ermittlung des Schubspannungs-Gleitung-Diagramms eines Klebstoffs in einer Klebung. 8.1-9 VDI 2229 (1979) Metallkleben; Hinweise für Konstruktion und Fertigung. Düsseldorf, VDI-Verlag Dissertationen 8.2-1 Lange H (1971) Anwendung des Hochtemperaturlötens im Vakuum zum stoffschlüssigen Verbinden warmfester Legierungen. Diss. TU Hannover 8.2-2 Contag D (1962) Festigkeitsminderung von Wellen unter dem Einfluß von Welle-Nabe-Verbindungen durch Löten, Nut und Paßfeder, Kerbverzahnung und Keilprofile bei wechselnder Drehung. Diss. TU Berlin 8.2-3 Martlinghaus J (1966) Die Tragfähigkeit von hartgelöteten Verbindungen bei statischer und dynamischer Beanspruchung. Diss. TU Berlin Bücher, Zeitschriften, Firmenschriften 8.3-1 Haug K-Th (1965) Untersuchungen über die Zeitstandfestigkeit von Weichlötverbindungen – Beitrag zur Bestimmung der Warmfestigkeit von Weichloten. Schweißen u. Schneiden 17: 200–206 8.3-2 Zürn H, Nesse T (1966) Beitrag zum Zeitstandsverhalten mit Lötverbindungen aus Zinn-Weichloten bei Raumtemperatur. Schweißen und Schneiden 18: 2–10 8.3-3 Degussa Schriftenreihe: ,,Technik die verbindet“, Nr. 14 8.3-4 Degussa Schriftenreihe: ,,Technik die verbindet“, Nr. 17 8.3-5 Degussa Schriftenreihe: ,,Technik die verbindet“, Nr. 30 8.3-6 Krause W (1989) Konstruktionselemente der Feinmechanik. Berlin,VEB Verlag Technik 8.3-7 Degussa Schriftenreihe: ,,Technik die verbindet“. 8.3-8 Dubbel (1995) Taschenbuch für den Maschinenbau. 18. Aufl. Berlin, Springer 8.3-9 Niemann G, Winter H (1989) Maschinenelemente, Bd. II. 2. Aufl. Berlin, Springer 8.3-10 Loctite Worldwide Design Handbuch (1996/97) 8.3-11 Habenicht G (1997) Kleben; Grundlagen, Technologie,Anwendungen. 3.Aufl. Berlin, Springer 8.3-12 Hofschneider M (1985) Schrumpfkleben; Kleben und Schrumpfkleben von Metallverbindungen. FVA-Heft Nr. 204 8.3-13 Dubbel (1995) Taschenbuch für den Maschinenbau. 18. Aufl. Berlin, Springer 8.3-14 Neeb Th, Emrich St, Brockmann W(1997) Wie wirksam sind mechanische Vorbehandlungen von Metallen. Z. Kleben & Dichten 41, H.12: 18-23 8.3-15 Steinhilper W, Röper R (1993) Maschinen- und Konstruktionselemente, Bd. 2. Berlin, Springer
9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfügeund Blechform-Verbindungen
Die Nietverbindung ist eine der ältesten und mit einfachen Mitteln herstellbare Verbindung von Blechen und Profilen, sie ist lösbar durch Abschlagen der Nietköpfe oder Ausbohren der Niete.
9.1 Zeichen und Einheiten A
mm2
Ared b d dN e, e1 , e2 , e3 F F1
mm2 mm mm mm mm N N
F2 Fa Fz l lN n Rp
N N N mm mm – N/mm2
t, t1 , t2 v z zkrit l m sl sN szul , tzul w
mm – – – – – N/mm2 N/mm2 N/mm2 –
ungeschwächter Querschnitt von Blechen und Profilen reduzierter Querschnitt Bauteilbreite Nietlochdurchmesser Nietdurchmesser Loch- und Randabstände der Niete Kraft Reibkraft in der Berührfläche der zu verbindenden Teile Scherkraft Ausschlagkraft Zugkraft Niet Nietschaftüberstand Nietschaftlänge Schnittzahl je Niet Fließgrenze (Streckgrenze Re bzw. 0,2%-Dehngrenze Rp0,2) Blechdicken Schwächungsverhältnis Zahl der Niete Nietzahl im kritischen Querschnitt Schlankheitsgrad Reibungszahl Lochleibungsdruck Vorspannung im Niet zulässige Spannungen Knickzahl
Festigkeitswerte und Beanspruchungen allg. s. Abb. 3.31.
9.2 Nietverfahren und Eigenschaften der Nietverbindung
361
9.2 Nietverfahren und Eigenschaften der Nietverbindung 9.2.1 Herstellung
Die zu verbindenden Teile werden gemeinsam gebohrt, dünnere Bleche gestanzt. Gestanzte Löcher werden nachgebohrt oder gerieben, um eventuelle Haarrisse zu beseitigen. Die Lochränder werden angesenkt, um einen scharfen Übergang zwischen Nietschaft und -kopf zu vermeiden,Vorschriften für den Stahlbau s. DIN 18 800. Bei Vollnieten (Abb. 9.1) wird der überstehende Nietschaft mit dem Kopfmacher (Preßlufthammer oder Nietmaschine) axial gestaucht und zum Schließkopf geformt. Der Nietschaft legt sich an die Lochwandungen an. Die Nietstelle muß von beiden Seiten zugänglich sein. – Blindniete, die nur von einer Seite zugänglich sein müssen, und andere Bauformen s. Abschn. 9.3.1. Warmnieten: Stahlniete ab 10 mm Durchmesser werden auf Hellrotglut (ca. 1000 °C) erwärmt. Beim Erkalten schrumpft der Nietschaft (hebt sich auch von der Lochwandung ab), wird dabei bis zur Streckgrenze angespannt und preßt so die zu verbindenden Bauteile aufeinander: Reibschlußverbindung. Kaltnieten: Stahlniete mit d < 10 mm sowie Messing-, Kupfer- und Leichtmetall-Niete werden kalt verformt. Da die Schrumpfspannung und somit
Abb. 9.1. Herstellung und Bemaßung einer Nietverbindung
362
9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfüge- und Blechform-Verbindungen
die Anpressung der Bauteile weitgehend entfällt, handelt es sich praktisch um Formschlußverbindung. 9.2.2 Funktionen, Anwendungen und Eigenschaften
Man verwendet Nietverbindungen für folgende Funktionen und Anwendungen: – Kraftübertragung: Im Stahlbau, Kranbau, Luft- und Raumfahrt, Fahrzeugbau (Leichtmetalle). – Heftverbindung (ohne definierte Kräfte): Für Verkleidungen z.B. im Fahrzeug- und Flugzeugbau. – Dichte Verbindungen 1: Für Behälter, Lüftungskanäle, ohne inneren Überdruck [9.3-6]. Kraftübertragende und dichte Nietverbindungen (z.B. für Druckkessel) haben (außer im Leichtmetallbau) an Bedeutung verloren, da der Arbeitsaufwand hoch ist und die u.a. Nachteile entscheidend sind. Sie wurden weitgehend durch Schweißverbindungen (Kap. 7) ersetzt. Vorteile der Nietverbindungen: – Das Werkstoffgefüge, die Werkstoffestigkeit bleibt erhalten (vgl. Schweißen, Kap. 7). Dies ist besonders wichtig im Leichtmetall- und Flugzeugbau, Warmnieten ist jedoch hier nicht zulässig! – Unterschiedlich dicke Bleche, Bleche mit Trägern (Beplankung) lassen sich leicht verbinden (vgl. Schweißverbindungen, Kap. 7). – Verbindung unterschiedlicher Werkstoffe (Mischkonstruktionen), z. B. Reibbelag auf Stahllamelle (leichter trennbar als Klebverbindung), Stahlprofil mit Leichtmetallbeplankung (vgl. Schweißverbindung, Kap. 7). – Lösbar ohne Zerstören der Bauteile (nur Niet muß zerstört werden). – Gegenüber Kleben keine Kriechgefahr. – Durch Anschlagen der Niete (Klang) kann man prüfen, ob der Niet noch unter Spannung steht oder ob er sich gelockert hat. – Genietete Rahmen bewirken Reibungsdämpfung in den Berührflächen, dämpfen also die Schwingungs- und Geräuschweiterleitung (z.B. LKW-Rahmen). Nachteile der Nietverbindungen: – Schwächung der Anschlüsse durch Nietbohrungen. – Das Bauteil wird durch Niete schwerer, auch durch die notwendigen Überlappungen bzw. Laschen. – Dichtwirkung unsicher 1. – Bei unterschiedlichen Bauteilwerkstoffen Gefahr der Spannungskorrosion (vgl. Abschn. 9.3.2).
1
Im Flugzeugbau werden Tanks und Zellen meist genietet und durch Dichtungsmassen abgedichtet.
9.4 Dimensionierung, Gestaltung
363
9.3 Elemente der Nietverbindung 9.3.1 Nietformen und Spezialelemente
Zusammenstellung wichtiger Bauarten, deren Anwendung und Eigenschaften s. Abb. 9.2. Für die Verbindung von Bauteilen aus elastischen und spröden Werkstoffen verwendet man Rohrniete und Sonderformen, die sich mit niedrigeren Stauch- oder Bördelkräften schließen lassen, für Hohlkörper oder andere Teile, die nicht von beiden Seiten zugänglich sind, Blindniete. Im Stahl- und Leichtmetallbau werden bei überwiegend statischer Beanspruchung auch Schließringbolzen eingesetzt. Die Verbindung entsteht (mit hoher Vorspannung), indem mittels Setzwerkzeug gleichzeitig auf den Schließringbolzen eine Zugbeanspruchung, auf den Schließring eine Druckbeanspruchung ausgeübt wird. Die zu verbindenden Teile werden zusammengedrückt, anschließend wird der Schließring unterhalb der Sollbruchstelle eingestaucht. Im Flugzeugbau verwendet man eine Vielzahl von Sonderbauformen, Abschn. 9.5. – Spezial-Verbindungstechniken s. Abschn. 9.7. 9.3.2 Werkstoffe für Nietverbindungen
Der Nietwerkstoff muß auf den Bauteilwerkstoff abgestimmt sein (möglichst gleichartiger Werkstoff, gleiche Wärmedehnungen, elektrochemische Korrosion, Spannungskorrosion beachten!). Bei unterschiedlichen Werkstoffen kleine Potentialdifferenz anstreben (Abb. 16.23). Weitere Gegenmaßnahmen s. Abschn. 16.14. Im Stahlbau verwendet man überwiegend Niete nach DIN 18800 aus USt 36 (Bauteil S235) oder RSt 38 (Bauteil S355), im Maschinenbau – für Stahl/Stahl-Verbindungen – auch höherfeste Niete (z.B. S355), Abb. 9.11. Im Leichtmetallbau übliche Zuordnung Nietwerkstoff-Bauteilwerkstoff s. Abb. 9.14, in Ausnahmefällen verwendet man auch Stahlniete oder Schließringbolzen (Gefahr der Spannungskorrosion s.o.). Nietwerkstoffe im Flugzeugbau s. Abschn. 9.5.
9.4 Dimensionierung, Gestaltung Zur Vorgehensweise bei Dimensionierung und Festigkeitsnachweis s. auch Abschn. 1.4.2. – Blechquerschnitt, Anzahl der Nietreihen: Um den Tragfähigkeitsverlust durch die Nietlöcher zu berücksichtigen, schätzt man das Schwächungsverhältnis v=
A red A
(9.1)
364
9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfüge- und Blechform-Verbindungen
Abb. 9.2a–r. Nietformen nach DIN (Auswahl), Sonderniete und Schließringbolzen
9.4 Dimensionierung, Gestaltung
365
ab, mit v ≈ 0,70 ... 0,85 für Zugstäbe, v = 1 bei Druckstäben. Ared nach (9.15). Daraus ergibt sich entsprechend (9.14), (9.15) für die Nachrechnung der erforderliche Querschnitt des dünneren Blechs: A=
F ; A = b⋅t . v ⋅ σ zd zul
(9.2), (9.3)
Zulässige Spannung im Blech s. Abb. 9.10 … 9.12. Danach wählt man das geeignete Blech oder Profil. Bei einschnittiger Verbindung (Abb. 9.1) entstehen Schälbeanspruchungen infolge zusätzlicher Biegung in den Blechen, man strebt daher mehrreihige und/oder zweischnittige Verbindungen an, Abb. 9.3. Die Blechquerschnitte in der ersten und letzten Nietreihe sind am höchsten beansprucht. Deshalb dürfen je Verbindung maximal 6 (bei wechselnder Belastung nur 5) Nietreihen in Kraftrichtung hintereinander angeordnet werden, mindestens aber je Verbindung 2; Flugzeugbau s. Abschn. 9.5. – Den Nietdurchmesser wählt man nach Erfahrung wie folgt: a im Stahlbau für Stahlniete mit dN und t in mm: d N ≈ 50 ⋅ t − 2 mm,
(9.4)
t, Dicke des dickeren Blechs. b im Leichtmetallbau für Niete nach Abb. 9.13 mit dN und t des dickeren Blechs in mm: dN ≈ 2 · t + 2 mm bis 3,2 · t (einschnittig) ,
(9.5)
dN ≈ t + 2 mm bis 1,6 · t (zweischnittig) .
(9.6)
Im Flugzeugbau sind die Durchmesser in den einschlägigen Normen, z.B. LN 9118 festgelegt. – Lochdurchmesser d in mm bei Nietdurchmesser dN in mm Stahlbau: d ≈ dN + 1 mm , Leichtmetallbau: d ≈ dN + 0,1 mm, für dN ≤ 11 mm , d ≈ dN + 0,2 mm, für dN > 11 mm .
Abb. 9.3. Zweischnittige, zweireihige Nietverbindung. Die ,,Kraftbänder“ für das rechte Blech machen deutlich: Der Querschnitt I-I wird stärker beansprucht als II-II
366
9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfüge- und Blechform-Verbindungen
Stahlbau DIN 18 800
1) 2) 3) 4) 5) 6)
Kranbau DIN 15 018
Leichtmetallbau DIN 4113 T1
min
max 1)
min
max 1)
min
max
Lochabstand: e,e3
2,2 d 2),3) 2,4 d 3),4)
Druck Zug 6d 10 d 12 t 20 t
3d
6 d 5) 12 t
3d
15 t
Randabstand in Kraftrichtung: e1
1,2 d 6)
3d 6t
2d
4d 8t
2d
10 t
Randabstand senkrecht zur Kraftrichtung: e2
1,2 d 6) 3d 6t
1,5 d
4d 8t
1,5 d
10 t
Kleinerer Wert ist maßgebend. In Kraftrichtung. Bei gestanzten Löchern 3,0. Senkrecht zur Kraftrichtung. Abweichungen nach Art und Wichtigkeit der Verbindung möglich. Bei gestanzten Löchern 1,5 d.
Abb. 9.4. Loch- und Randabstände für Nietkonstruktionen. t Dicke des dünnsten der zu verbindenden Bleche
Nietschaftlänge lN in mm für Stahlniete lN = ∑t + l ,
(9.7)
mit l ≈ 1,4 ... 1,6 · dN (Halbrundniet), l ≈ 0,6 ... 1,0 · dN (Senkniet); lN , t, l, dN s. Abb. 9.1. Für große Klemmlängen ∑t wählt man einen größeren Wert, um das größere Lochvolumen auszufüllen. Die Klemmlänge ist jedoch wegen der Gefahr des Ausknickens des Nietschaftes begrenzt (DIN 4113):
∑t < 5⋅d
(9.8)
– Rand- und Lochabstände: In den DIN-Normen sind nach Erfahrung Vorschriften hierfür angegeben, Abb. 9.4. – Bei Al-Legierungen sind i.allg. dreireihige Nietverbindungen üblich, bei Titanlegierungen zweireihige. Bei den meist vorhandenen dynamischen Belastungen sind mehr Nietreihen zunehmend von Nachteil (s. Erläuterungen zu Abb. 9.3). – Zahl der Niete: Für die Entwurfsrechnung nimmt man vereinfachend an, daß sich die zu übertragende Kraft auf alle Niete gleichmäßig verteilt. Mit den gewählten Nietabmessungen kann man so entspr. (9.19) und (9.20) die erforderliche Anzahl der Niete bestimmen:
9.4 Dimensionierung, Gestaltung
367
Abb. 9.5. Knotenpunkte einer Fachwerkkonstruktion. SN Schwerpunkt des Nietbildes im Gurt
z≥
F , d ⋅ t ⋅ σ l zul
(9.9)
mit Blechdicke t entspr. Hinweis zu (9.19), zulässige Lochleibung slzul nach (9.22) und szzul je nach Anwendung aus Abb. 9.10, 9.11, 9.12, z≥
F
π ⋅ d /4 ⋅ n ⋅ τ s zul 2
,
(9.10)
mit Schnittzahl n (z.B. in Abb. 9.3: n = 2), zulässige Scherspannung nach (9.23) tszul = 1,0 · szzul und szzul des Bauteils je nach Anwendung aus Abb. 9.10, 9.11, 9.12. – Grenzwerte s. unter (9.2), (9.3). – Biegemomente vermeiden: Nach Möglichkeit sollen sich bei Fachwerken die Schwerlinien der Stäbe mit den Symmetrielinien (Verbindungslinien der Knotenpunkte) decken. Sie sollten sich im Schwerpunkt des Nietbildes schneiden (Abb. 9.5). Kann dies nicht erreicht werden, sind die entstehenden Biegemomente in der Rechnung zu berücksichtigen; vgl. Beispielrechnung Abschn. 9.8. – Zugbeanspruchung der Niete möglichst vermeiden: S. Abb. 9.6. Ausnahmen und zulässige Spannungen hierfür s. Abschn. 9.6.3.
Abb. 9.6. Auf Zug beanspruchte Niete (möglichst vermeiden)
368
9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfüge- und Blechform-Verbindungen
9.5 Besonderheiten im Flugzeugbau Die hierfür entwickelten Lösungen können auch für Sonderfälle des Leichtmetallbaus herangezogen werden, ebenso für hochbelastete Strukturen, kraftübertragende, z.T. auch für dichte Nietverbindungen. Nietarten: Hinweise s. Abb. 9.2. Man verwendet viele Sonderbauarten, z.B. Schließringbolzen, Paßniete (schraubbare oder plastisch verformbare Schließringe). Für höchste Ansprüche werden Spezialniete mit zylindrischem (,,HILOK“) bzw. konischem Schaft (,,TAPERLOK“) und geschraubtem Schließring verwendet [7.3-12] und für Maschinennietung Nietstifte (zwei Schließköpfe). Der Grund ist, daß die verwendeten Werkstoffe nicht ohne Beschädigung der Bleche stauchbar sind. Paßniete mit konischem Bolzen erzeugen Druckspannungen im Bauteil (Reduktion der Spannungsspitzen; spielfrei, aber sehr teuer). Nietwerkstoffe: Man verwendet vielfach – vor allem für hochbelastete Strukturen – Al/Cu-(ausgehärtete)Legierungen (z.B. AlCuMg1). Sie werden vor dem Verarbeiten lösungsgeglüht und abgeschreckt und sind dann innerhalb von ca. 2 h zu verarbeiten; erst danach setzt die Aushärtung (d.h. Festigkeitssteigerung) ein. Bei Festigkeitsprüfungen muß dann zuerst das Blech versagen.Verwendet werden noch Titanniete, für warmfeste Verbindungen (im Triebwerksbereich, im Fall von Reibungswärme bei Überschallflugzeugen) z.B. Monel (CuNi30Fe, bis 230 °C) und legierter Stahl (bis 750 °C). – Siehe Abb. 9.13. Reparaturnietung ist im Flugzeugbau üblich: Ausbohren des defekten Niets, evtl. Nachbearbeitung der Bohrung, Einsetzen eines Reparaturniets mit Übermaß. Glatte Außenhaut: Wegen geringeren Luftwiderstands werden die Querverbindungen i. allg. einschnittig als innenseitige Laschennietung ausgeführt; sonstige Beispiele s. Abb. 9.7.
Abb. 9.7a, b. Nietverbindungen im Flugzeugbau [9.3-7]. a Längsstoß beim Airbus A300 (Titanniete, zweireihig), b typische Abdichtung von Tankdichtnieten
9.6 Beanspruchung und Festigkeitsnachweis
369
9.6 Beanspruchung und Festigkeitsnachweis 9.6.1 Belastungsannahmen und wirkliche Beanspruchungen
a Belastungsannahmen Weil in den Anwendungsgebieten unterschiedliche Beanspruchungen dominieren, geht man auch für die Berechnung von unterschiedlichen Voraussetzungen aus: Im Stahlbau und Kranbau rechnet man vorwiegend mit ruhenden Belastungen. Hierfür werden zwei Lastfälle definiert. – Lastfall H erfaßt: ständige Last + Verkehrslast + freie Massenkräfte von Maschinen; in den zulässigen Spannungen berücksichtigte Sicherheit 1,7 (wenn kein Knicken möglich 1,5) gegen Streckgrenze. – Lastfall HZ erfaßt: Hauptlasten + Zusatzlasten (Windlast, Bremskräfte, Wärmewirkung, Seitenkraft); in den zulässigen Spannungen berücksichtigte Sicherheit 1,5 (ohne Knicken 1,33) gegen Streckgrenze. Man führt die Berechnung für beide Lastfälle durch; maßgebend ist der größere der hiernach ermittelten Querschnitte. Zusätzliche dynamische Belastungen werden im Stahlbau durch einen Eigenlastbeiwert erfaßt, im Kranbau durch einen Hublastbeiwert. Im Maschinenbau berücksichtigt man die in Abb. 9.9 dargestellten Beanspruchungen. Ruhende (statische) Beanspruchung wird dem Lastfall H des Stahlbaus und Leichtmetallbaus zugeordnet. Bei dynamischer Beanspruchung wird mit der Ausschlagkraft Fa (bei Wechselbeanspruchung: Fa = F, bei Schwellbeanspruchung: Fa = F/2) gegen die zulässigen Ausschlagspannungen gerechnet, Abb. 9.11. Im Leichtmetallbau (DIN 4113) unterscheidet man bei vorwiegend ruhender Belastung zwei Lastfälle, H und HZ, wie im Stahlbau; bei dynamischer Belastung verfährt man, wie für den Maschinenbau beschrieben. Zulässige Beanspruchungen s. Abb. 9.12. b Wirkliche Beanspruchung von Bauteil und Niet; Annahmen Die Kerbwirkung der Bohrungen sowie die unvermeidbaren Umlenkungen des Kraftflusses sowie Verformungen unter Belastung und Fertigungsabweichungen führen zu ungleichmäßiger Spannungsverteilung und verursachen Spannungsspitzen in Bauteil und Niet, die insbesondere die dynamische Festigkeit stark mindern. Hinzu kommt, daß sich die gesamte zu übertragende Kraft nicht gleichmäßig auf die hintereinander angeordneten Nietreihen (Blechquerschnitte) aufteilt, Abschn. 9.4 unter (9.2), (9.3). Ferner ist zu bedenken (dies zeigt das in Abb. 9.8 dargestellte Ergebnis eines Zugversuchs): Insbesondere bei Warmnietung wird die Kraft zunächst durch Reibschluß übertragen; bei höherer Belastung wird der Reibschluß durchbrochen und ein Teil der Kraft wird durch Scherbeanspruchung im Niet übertragen. Außerdem wirkt auf den Niet auch ein Biegemoment Mb = F · t. Die resultierende rechnerische Biegespannung wird durch Reibungseinfluß gemildert.
370
9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfüge- und Blechform-Verbindungen
Abb. 9.8. Zugversuch an einer einreihigen Doppellaschen-Nietverbindung. Bei a Überschreitung der Gleitgrenze und Beginn der Scherbeanspruchung, bei b Abscheren
Abb. 9.9. Beanspruchungen an einer Nietverbindung
Diese Einflüsse sind im Berechnungsansatz kaum realistisch zu erfassen, Abb. 9.9. Man rechnet daher mit vereinfachten ,,Nennspannungen“, d.h. mit gleichmäßiger Spannungsverteilung in den Querschnitten bzw. Bohrungen. Die oben beschriebenen Einflüsse sowie Sicherheiten sind dabei in den zulässigen Spannungen enthalten; d.h. die Ergebnisse von Festigkeitsversuchen und Erfahrungen mit verschiedenen Nietbildern wurden nach ertragenen Nennspannungen ausgewertet.Wichtig ist dabei, daß die geforderten Randbedingungen (minimale Randabstände, maxi-
9.6 Beanspruchung und Festigkeitsnachweis
371
male Anzahl der Nietreihen usw.), die auch den Versuchen zugrunde lagen, eingehalten werden. c Nennspannungen des Niets Für die Berechnung kann man von folgenden Modellvorstellungen ausgehen: 1. Durch Reibung übertragene Kraft pro Niet:
π ⋅ d2 (9.11) ⋅µ . 4 2. Durch Scherbeanspruchung im Nietschaft übertragene Kraft pro Niet: F1 = FN ⋅ µ = σ N ⋅
F2 = τ s ⋅
π ⋅ d2 . 4
(9.12)
3. Gesamtkraft
π ⋅ d2 (σ N ⋅ µ + τ s ) . (9.13) 4 Bei Warmnietung überwiegt der Reibungsanteil, bei Kaltnietung der Scheranteil. Für die praktische Rechnung werden beide zusammengefaßt. F = F1 + F2 =
4. Unter der Wirkung der Kraft F2 baut sich zwischen Nietschaft und Lochwandung eine Flächenpressung auf, genannt Lochleibung, die zum Aufweiten der Bohrung und Hochquetschen der Lochränder führen kann. Dadurch kann bei Kaltnieten eine Zugkraft Fz im Niet auftreten, die einen zusätzlichen Reibungsanteil bewirkt. 9.6.2 Festigkeitsnachweis für die vernieteten Bauteile
Für die mit dem Entwurf gewählten oder die vorgegebenen Abmessungen sind die hierfür maßgebenden Beanspruchungen nachzuweisen (Nachrechnung), – Abschn. a … c auftretende Spannungen, Abschn. d zulässige Spannungen. – Belastungsannahmen s. Abschn. 9.5.1a. a) Zug-Druck-Spannung im kritischen Bauteilquerschnitt, Nr. 8 (Abb. 9.9) – Zugstäbe und kurze Druckstäbe (Schlankheitsgrad l ≤ 20):
σ zd =
F ≤ σ zdzul . A red
(9.14)
Bei Zugstäben wird der Bauteilquerschnitt durch die Nietlöcher geschwächt (Abb. 9.9): A red = A − z krit ⋅ d ⋅ t .
(9.15)
A ist der kritische Querschnitt (z.B. I-I in Abb. 9.3 und Nr. 8 in Abb. 9.9); zkrit die Anzahl der Niete in diesen Querschnitten. – Bei Druckstäben nimmt man den Nietschaft als mittragend an, d.h. A red = A .
(9.16)
372
9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfüge- und Blechform-Verbindungen
– Lange Druckstäbe (l > 20): Man rechnet wegen der Gefahr des Ausknickens nach dem w-Verfahren mit einer erhöhten Kraft F · w
σd =
F ⋅ω ≤ σ d zul , Α
(9.17)
mit A Bauteilquerschnitt wie unter (9.16). – Die Knickzahl w hängt von Werkstoff und Schlankheitsgrad l ab, s. Abschn. 9.8 (Beispiel 3), Zahlenwerte s. Abb. 9.23. Weitere Hinweise s. Abschn. 3.3.7.1. b) Scherspannung im Blechquerschnitt hinter dem Niet, Nr. 7 (Abb. 9.9)
τs =
F ≤ τ s zul , (2 ⋅ z krit ⋅ (e1 − d / 2) ⋅ t)
(9.18)
mit Maßen nach Abb. 9.1; sicherheitshalber rechnet man dabei mit einem Restquerschnitt e1 – d/2. Die Nachrechnung kann entfallen, wenn die Mindestabstände nach Abb. 9.4 eingehalten werden; dann besteht keine Gefahr, daß die Löcher ausreißen. c) Die Lochleibung am Bauteil, Nr. 5 in Abb. 9.9, muß bei Bauteilen aus Stahl i. allg. nicht geprüft werden, da hier die Lochleibung am Niet maßgebend ist. Anders bei Leichtmetallbauteilen; hier rechnet man nach (9.19) auch die Lochleibung im Bauteil nach. d) Zulässige Spannungen für das Bauteil Für den Stahlbau und Kranbau s. Abb. 9.10, für den Maschinenbau s. Abb. 9.11, für den Leichtmetallbau s. Abb. 9.12. Anhaltswerte für den Flugzeugbau s. ebenfalls Abb. 9.12; üblicherweise arbeitet man hier jedoch mit zulässigen Zug- und Scherbruchkräften, die für verschiedene Verbindungsformen in DIN-Normen, z.B. LN 29730ff. angegeben sind.
Bauteilwerkstoff
Lastfall Zulässige Spannung [N/mm2] Zugeordneter Nietwerkstoff 1) 2) 3)
sd zul 3) sz zul τs zul
Stahlbau (DIN 18 800)1)
Kranbau (DIN 15 018)
S235 JR
S355 J2G3
S235 JR
S355 J2G3
H
HZ
H
HZ
H
H
HZ
140 160 92
160 180 104
210 240 139
240 270 156
– – 140 160 84 2) 96 2)
210 126 2)
240 144 2)
USt 36
S275 JR
USt 36
S275 JR
HZ
Ausgabe März 1981. Für einschnittige Verbindungen, für zweischnittige (mehrschnittige) gilt: ts zul = 0,8 · sz zul . Bei Druck und Biegedruck, wenn Stabilitätsnachweis erforderlich.
Abb. 9.10. Bauteil- und Nietwerkstoffe, zulässige Bauteilspannungen für vorwiegend ruhende Belastung im Stahl- und Kranbau. Lastfälle H und HZ s. Abschn. 9.6.1
373
9.6 Beanspruchung und Festigkeitsnachweis Bauteilwerkstoff
S235
Beanspruchung
stat.
Zulässige Spannung [N/mm2]
sz zul sa, z zul
160
sd zul sa, d zul
140
ts zul ta, s zul
92
S355 dyn.
stat.
höherfeste Stähle dyn.
stat.
dyn.
120
Rp 1,5
120
105
Rp 1,8
105
69
Rp 2,6
69
240 80 210 70 138 46
Abb. 9.11. Zulässige Bauteilspannungen im Maschinenbau für statische und dynamische Belastungen
9.6.3 Festigkeitsnachweis für die Niete2
Für die Nachrechnung des Entwurfs geht man i.allg. auch hierbei davon aus, daß sich die zu übertragende Kraft gleichmäßig auf alle Niete verteilt. Ausnahme: Biegebeanspruchte Verbindung und exzentrischer Kraftangriff, Abschn. 9.8 Bsp. 2. – Belastungsannahmen s. Abschn. 9.6.1a. a) Lochleibung am Nietschaft, Nr. 5 (Abb. 9.9)
σl =
F ≤ σ l zul . d ⋅ t ⋅ z krit
(9.19)
Maßgebende Blechdicke t nach Abb. 9.1, 9.3: t = min (t1 oder t2) t = min (t oder t1 + t2)
einschnittige Verbindung, zweischnittige Verbindung.
Man beachte: Bei Senknietverbindungen wird nur der zylindrische Teil des Niets berücksichtigt (DIN 18800). b) Scherspannung im Nietschaft, Nr. 2 (Abb. 9.9)
τs =
F
π ⋅ d /4 ⋅ z ⋅ n 2
≤ τ s zul ,
(9.20)
mit n Schnittzahl (z.B. in Abb. 9.3: n = 2). c) Zugspannung im Nietschaft aus äußeren Kräften, Abb. 9.6 und Nr. 3 (Abb. 9.9) (durch geeignete Gestaltung möglichst vermeiden)
σz = 2
Fz
π ⋅ d 2 /4 ⋅ z
≤ σ z zul .
Vorgehensweise bei Blindnieten s. Abschn. 9.6.4.
(9.21)
180 110 270
HZ 145 90 210
H 165 100 240
HZ
warmausgehärtet
F32 (< 10) F30 (10 . . . 100) F31 (< 20) F31 (< 20)
AlMgSi1
115 70 160
H
F28 (< 20) – F28 (alle) F28 (< 10)
130 80 180
HZ 70 45 115
H
warmgewalzt
F27 (2 . . . 30) W28 (< 50) – –
AlMg4,5Mn
80 50 130
HZ 90 55 140
HZ 45 30 80
H
gepreßt
– – F18 (≥ 3) F18 (alle)
AlMg3
50 35 90
HZ
warmgewalzt
W19 (< 25) F19 (25 … 50) W18 (< 10) –
AlMg2Mn0,8
190 . . . 215 114 . . . 128 150
kaltausgehärtet
F44 – – –
AlCuMg2
Flugzeugbau
Abb. 9.12. Zulässige Bauteilspannungen in N/mm2 im Leichtmetallbau bei vorwiegend ruhender Belastung [9.3-2] (F ausgehärtet, G rückgeglüht, W weich; Klammerwerte: Durchmesser oder Wanddickenbereich in mm, Zahlenangaben hinter F bzw. W: Mindestzugfestigkeit Rm in kp/mm2). Lastfälle H und HZ s. Abschn. 9.6.1
2)
80 50 125
H
gepreßt
– – F27 (≥ 3,5) F27 (alle)
Leichtmetallbau (Werkstoffe nach DIN 4113)
Ausschlagspannung bei dynamischer Beanspruchung: schwellend-Werte ¥ 0,4; wechselnd-Werte ¥ 0,6. Ausschlagspannung bei dynamischer Beanspruchung: schwellend-Werte ¥ 0,35; wechselnd-Werte ¥ 0,6. 3) Nur für d-d ≤ 0,3 mm. N
1)
160 95 240
sz zul ts zul 1) , 2) s l zul 1) , 2) , 3)
F35 (< 15) F34 (15 . . . 60) F35 (< 20) F35 (3. . . 30)
H
Herstellung
Bleche Bleche Rohre Profil
AlZn4,5Mg1
Lastfall
Werkstoff zustand
Bauteilwerkst.
374 9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfüge- und Blechform-Verbindungen
375
9.6 Beanspruchung und Festigkeitsnachweis
d) Zulässige Spannungen für die Niete Im Stahlbau – zulässige Lochleibung für die in Abb. 9.10 angegebenen Nietwerkstoffe und zulässigen Spannungen des zugeordneten Bauteilwerkstoffs:
slzul = 2,0 · szzul ,
(9.22)
mit szzul nach Abb. 9.10. – zulässige Scherspannung für die in Abb. 9.10 angegebenen zugeordneten Bauteilwerkstoffe:
τ s zul = 1, 0 ⋅ σ z zul ,
(9.23)
mit szzul nach Abb. 9.10. Wenn das Bauteil auf Knickung nachgerechnet werden muß, ist sdzul statt szzul zu verwenden, Abschn. 9.6.2a, Abb. 9.10. Im Maschinenbau: – zulässige Lochleibung für Stähle und Gußwerkstoffe ebenfalls nach (9.22); bei dynamischer Belastung rechnet man zusätzlich mit sa,zzul , Abb. 9.11; s. Abschn. 9.6.2. – zulässige Scherspannung im Nietschaft für Stähle und Gußwerkstoffe: Je nach Beanspruchung rechnet man mit ts zul oder ta, s zul nach Abb. 9.11, s. Abschn. 9.6.2. Im Leichtmetallbau: – die zulässige Lochleibung am Nietschaft slzul (statisch bzw. dynamisch) kann = slzul des Bauteils (Abb. 9.12) gesetzt werden, wenn die Nietwerkstoffe nach Abb. 9.13 verwendet werden.
Bauteilwerkst. Leichtmetallbau
Flugzeugbau
Werkstoffe nach DIN 4113
1) 2) 3)
Stahl 2)
AlMg2 1)
Ti
F31 (< 13) gezogen
entspr. Fest.klasse 4.6 d-dN < 0,3 mm
kaltausgehärtet
–
HZ
H
HZ
H
HZ
65
75
75
85
140
160
73
120
42
39
45
45
51
84
96
44
–
49
27
52
52
59
98
112
51
–
Nietwerkstoff
AlMgSi1
AlMg5
Werkstoffzustand 3), max. Durchmesser
F20 (< 12) F21 (< 80) kaltausgehärtet
F25 (< 10) kaltausg. u. gezogen
W27 (< 15) weich
Lastfall
H
HZ
H
HZ
H
tszul
50
55
60
70
ta, szul (wechselnd)
30
33
36
ta, szul (schwellend)
35
38
42
Verarbeitung nur nach Glühbehandlung. Nur in Ausnahmefällen verwendet. Die Festigkeit von Leichtmetallhalbzeugen hängt stark von der Vorbehandlung ab.
Abb. 9.13. Zulässige Spannungen für Niete im Leichtmetallbau in N/mm2 (Klammerwerte: Durchmesser oder Wanddickenbereich in mm) [9.3-2], [9.3-7]. Lastfälle H und HZ s. Abschn. 9.6.1
376
9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfüge- und Blechform-Verbindungen
Nenndurchm. [mm] 2,4
3,0
Typ
K
K
K
S
SL
K
S
SL
K
S
SL
K
S
SL
0,4
0,8
0,8
–
–
1,3
–
–
2,0
–
–
3,2
–
–
–
–
0,9
1,1
2,0
1,4
1,6
2,6
2,1
2,3
3,5
3,8
4,1
5,8
1,45
–
–
2,2
–
–
3,1
–
–
4,2
5,8 bis 11
Werk- AlMg3 stoff AlMg3,5 der Niet- AlMg5 hülse Stahl
0,66 1,2
3,2
4,0
4,8
K: Kopfbruchniet (Nietdorn außerhalb der Hülse, nicht mittragend). S: Schaftbruchniet (Nietdornkopf in Hülse eingerollt, nicht mittragend). SL: Langschaftbruchniet (wie S, Nietdorn verbleibt im Niet, mittragend).
Abb. 9.14. Anhaltswerte für statische Scherbruchkräfte von Blindnieten in kN [9.3-1], [9.3-5]
– zulässige Scherspannung s. Abb. 9.13; tszul bei überwiegend ruhender, ta,szul bei dynamischer Beanspruchung. Zugbeanspruchung im Niet (Abb. 9.6) ist nur in Ausnahmefällen und nur statisch zulässig, Anhaltswerte für Nietwerkstoff USt36 sz < 30 N/mm2. Hierfür sind in DIN-Blättern Bruchlasten angegeben (z.B. Senknietverbindungen für den Flugzeugbau LN 29 730ff.). 9.6.4 Tragfähigkeitsnachweis für Blindniete
Die Hersteller geben hierfür Scherbruchkräfte pro Niet an, die von Bauart des Niets, Werkstoff und vernieteter Blechdicke abhängen. Anhaltswerte s. Abb. 9.14.
9.7 Spezial-Verbindungstechniken 9.7.1 Durchsetzfügeverbindungen
Beim Durchsetzfügen werden überlappt angeordnete Bauteile ohne Wärmeeinwirkung unmittelbar durch örtliche plastische Werkstoffumformungen verbunden (quasi-formschlüssig). Man unterscheidet Verfahren mit einem Durchsetz-/Schneid-Stauchvorgang (einstufige und mehrstufige Fügeverfahren mit bzw. ohne geteilter Matrize) und Verfahren mit einem Durchsetz-/Einsenk-Stauchvorgang 3 (einstufiges Fügeverfahren mit bzw. ohne geteilter Matritze), Abb. 9.15.
3
Nach DIN 8593 T5 wird das Durchsetzfügen als Schneid-Stauchvorgang bezeichnet, der Einsenk-Stauchvorgang wird gegenwärtig noch nicht in der DIN erfaßt.
6,4
9.7 Spezial-Verbindungstechniken
377
Abb. 9.15a–c. Durchsetzfügeverfahren [9.3-9], [9.3-4]. a Durchsetz-/SchneidStauchvorgang, zweistufiges Verfahren (1: einschneiden, durchsetzen; 2: breiten), b Durchsetz-/Einsenk-Stauchvorgang, einstufiges Verfahren, c Durchsetz-/EinsenkStauchvorgang, einstufiges Stanzniet-Verfahren
– Eigenschaften: Durchsetzfügeverbindungen haben folgende Vorteile: Thermische Einwirkungen wie z.B. beim Punktschweißen entfallen, Oberflächenbeschichtungen wie z.B. Zinkschichten als Korrosionsschutz bleiben erhalten, es tritt kein Wärmeverzug auf; Bauteile können ohne Zusatzstoffe (z.B. Klebstoffe) unmittelbar verbunden werden; Bleche unterschiedlicher Dicke und Werkstoffe sind fügbar; Zwischenlagen, wie Folien, Dichtpapiere und Filze lassen sich mit Blechen verbinden; hohe dynamische Festigkeit im Vergleich zum Punktschweißen realisierbar (Abb. 9.16). – Nachteilig ist die – gegenüber der Punktschweißverbindung – geringe statische Festigkeit (bei Doppelpunkt-Anordnung vergleichbar mit Einpunkt-Punktschweißverbindung [9.3-9]). – Zuverlässige Berechnungsansätze für eine Bauteilauslegung fehlen bisher fast vollständig. – Anwendungen: Überwiegend in Bereichen, wo blechförmige Bauteile kostengünstig verbunden werden sollen, z.B. Fahrzeug-, Haushaltgeräteund Sondermaschinenbau als Kraft-, Heft- und Dichtverbindung bei geringen Anforderungen an Festigkeit und Sicherheit. Werkstoffe und Blechdicken: Verwendet werden überwiegend Bleche aus Stahl (auch beschichtete und lackierte) und Aluminium, üblich sind Blechdicken von 0,25 ... 6 mm.
378
9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfüge- und Blechform-Verbindungen
Abb. 9.16 a, b. Wöhlerlinien aus einschnittigen Einzelpunkt-Scherzugversuchen. a Schweißpunkt, b Durchsetzfügepunkt [9.3-9]
Gestaltung, Tragfähigkeit: Wegen der großen Anzahl herstellerspezifischer Systeme müssen in bezug auf die Gestaltung (Lochabstand, Randabstand) Herstellerangaben herangezogen werden (z.B. [7.3-9], [7.3-10]). Die übertragbaren Kräfte hängen – außer vom Verfahren – von BlechWerkstoff und -Dicke ab. Anhaltswerte für die Tragfähigkeit s. Abb. 9.17. Erprobung bei Betriebsbedingungen ist zu empfehlen.
Punkt ∆ Fügbare (mm) Gesamtblechdicke (mm)
Blechdicke (mm)
Materialdefinition
Scherzug- Kopfzugkraft kraft (N) (N)
stempelseitig matrizenseitig stempelseitig matrizenseitig 5
1–2
0,55
0,55
5 5 6 6 6 8 8 8 10 10
1–2 1–2 1–3 1–3 1–3 1,5–6 1,5–6 1,5–6 2,5–6 2,5–6
0,60 0,80 0,50 0,80 0,80 1,00 1,50 1,50 1,25 2,50
0,60 0,80 0,50 0,80 1,00 1,00 1,50 1,50 1,25 2,50
10
2,5–6
3,00
3,00
St 1203 lackiert 30 µm S235 AlMg3W19 St 1203 S235 AlMg3W19 St 1203 St 1203 AlMg3W19 St 1203 St 1203 verzinkt AlMn5F20
St 1203 lackiert 30 µm S235 AlMg3W19 St 1203 S235 AlMg3W19 St 1203 St 1203 AlMg3W19 St 1203 St 1203 verzinkt AlMn5F20
1144
650
1230 850 1000 1800 1100 2800 3700 1820 4000 4500
800 700 650 1404 728 2600 3000 1350 3100 4000
2500
2100
Abb. 9.17. Von Durchsetzfüge-Verbindungen je Punkt übertragbare Kräfte (Verfahren s. Abb. 9.15b) [9.3-9]
9.7 Spezial-Verbindungstechniken
379
9.7.2 Schnappverbindungen
Schnappverbindungen (Abb. 9.18) können fest oder beweglich (gelenkig), lösbar oder unlösbar, form- oder kraftschlüssig oder aber formschlüssig (sperrend) in einer oder mehreren Richtungen sein. Im allgemeinen besteht mindestens ein Verbindungspartner aus Kunststoff. Schnappverbindungen eignen sich für die Übertragung kleiner Kräfte oder/und als Sicherungselemente. Montage/Demontage sind einfach, sie eignen sich deshalb sehr gut für vollautomatische Montageverfahren; die Elemente können als Stanz- und Kunststoffspritzgußteil rationell in großen Stückzahlen hergestellt werden. Anwendungen von Schnappverbindungen s. Abb. 9.19, Berechnung s. z.B. [9.3-8]. 9.7.3 Blechformverbindungen
Dies sind formschlüssige Verbindungen oder Anbindungen von Blechen gleicher und unterschiedlicher Metalle, die allein durch plastische Verfor-
Abb. 9.18 a–d. Schnappverbindungen [9.3-8], a feste Verbindung, b bewegliche Verbindung, c und d lösbare Verbindungen
Abb. 9.19a–c. Anwendungsbeispiele von Schnappverbindungen [9.3-8] a Radbefestigung an einem Bürostuhl (1 Radführung, 2 Tragarm, 3 Sprengring, 4 Abdeckkappe), b Tür-Schnappverschluß (1 Wand, 2 Tür, 3 Schnappschloß), c einstellbare Schlauchklemme (1 Schlauch, 2 Rohr, 3 Klemme, 4 verstellbare Schnappverbindung)
380
9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfüge- und Blechform-Verbindungen
mung der Stoßstellen erzeugt werden; man benötigt hierfür duktile Werkstoffe, die große Verformungen zulassen, wie Tiefzieh-Stahl, Messing, Kupfer, Aluminium und Aluminiumknetlegierungen. Übersicht über die wichtigsten Verfahren s. Abb. 9.20. Anwendungen in der Feinmechanik s. [9.3-2].
9.8 Beispiele Beispiel 1: Stahlbau-Nietung, Stoß eines Flachstahls (Abb. 9.3).
Gegeben: Größte Stabkraft F = 520000 N (Zug); Werkstoff S235; Lastfall HZ; Dimensionierung (Abschn. 9.4): Blech: A = F/(v · szzul) = 520 000 N/(0,75 · 180) N/mm2 = 3852 mm2 nach (9.2), mit v = 0,75 (gewählt nach Hinweis zu (9.1)) und szzul = 180 N/mm2 nach Abb. 9.10, Lastfall HZ. Danach A = b · t = 280 · 14 mm2 = 3920 mm2 nach (9.3) gewählt, zusätzlich t1 = t2 = t/2 = 7 mm. – Nach (9.4) Nietdurchmesser dN = 24,45 mm, d.h. dN = 24 mm gewählt, entsprechend Lochdurchmesser d = 25 mm. – Folgende Mindestmaße wurden eingehalten (Abb. 9.4): e = 55 mm, e1 = 30 mm, e2 = 30 mm, e3 = 60 mm. – Erforderliche Nietzahl nach (9.9) mit slzul = 2 szzul = 360 N/mm2 nach (9.22): z = F/(d · t · slzul) = 520000/(25 · 14 · 360) = 4,1. – Erforderliche Nietzahl nach (9.10) mit ts zul = szzul = 180 N/mm2 nach (9.23), Nietwerkstoff USt 36: z = 4 F/(p · d2 · n · tszul) = 4 · 520000/ (p · 252 · 2 · 180) = 3,0. – Man rundet 4,1 auf Nietzahl z = 5 auf. Festigkeitsnachweis (Abschn. 9.6): Bauteile (Abschn. 9.6.2), Blech, gefährdeter Querschnitt I-I: Zugspannung sz = F/Ared = 520000 N/3220 mm2 = 161,5 N/mm2 ≤ 180 N/mm2 nach (9.14), mit Ared = b · t – zkrit · d · t = 280 · 14 – 2 · 25 · 14 mm2 = 3220 mm2 nach (9.15) und szzul = 180 N/mm2 nach Abb. 9.10, Lastfall HZ. – Berechnung gegen Lochleibung kann entfallen, Abschn. 9.6.2c; Berechnung der Scherspannung ts kann aufgrund der Bauteilabmessungen (nach Abb. 9.4) entfallen, Abschn. 9.6.2b. Lasche, gefährdeter Querschnitt II-II: Zugspannung sz = F/Ared = 520000 N/3430 mm2 = 151,6 N/mm2 ≤ 180 N/mm2 nach (9.14), mit Ared = 2(b · t – zkrit · d · t) = 2(280 · 8 – 3 · 25 · 7) mm2 = 3430 mm2 nach (9.15) und szzul = 180 N/mm2 nach Abb. 9.10, Lastfall HZ. – Berechnung gegen Lochleibung kann entfallen, Abschn. 9.6.3c; Berechnung der Scherspannung ts kann aufgrund der Bauteilabmessungen (nach Abb. 9.4) entfallen, Abschn. 9.6.3.b. Niet (Abschn. 9.6.3) Die Festigkeitsnachweise gegen Lochleibung nach (9.19) bzw. gegen Scherspannung nach (9.20) können entfallen, da die Nietzahl z größer an-
9.8 Beispiele Verfahren
Prinzip
Bördelverbindung Formschlüssige, starre, unlösbare Verbindung. Ohne Zwischenelemente (z. B. Gummi, Klebstoff) nicht flüssigkeits- oder gasdicht.
381
Anwendung Fahrzeugbau, Maschinenbau, Verbindung rohrförmiger Bauteile
Bördelrollen a 1. Rolle: Vorbördeln; b 2. Rolle: Fertigbördeln
Sickenverbindung
Verbindung zylindrischer Bauteile (mindestens eines rohrförmig)
Formschlüssige, starre, unmittelbare und unlösbare Verbindung zwischen zwei zylindrischen Bauteilen (mindestens eines rohrförmig). Ohne Zwischenelemente (z. B. Gummi, Klebstoff) nicht flüssigkeits- oder gasdicht.
Sickenverbindungen mit eingelegter Sicke a Verbindung Rohr-Vollzylinder b Verbindung Rohr-aufgebohrte Platte c Verbindung Rohr-Rohr 1,2 Verbindungspartner 3 Gegenhalter Lappverbindung Formschlüssige, starre, bedingt lösbare Verbindung. Lappen des einen Verbindungspartners wird nach dem Fügen in Aussparung/ Durchbruch des anderen um 90° oder 180° (je nach Stoßform) umgelegt.
Gerätetechnik, Fernmeldetechnik, überall dort, wo das Blech zu dünn ist um anders verbunden zu werden
Lappverbindung a im T-Stoß (Lappen um 90° umgelegt) b im Überlappstoß (Lappen um 180° umgelegt)
Schränkverbindung Formschlüssige, starre, bedingt lösbare Verbindung. Lappen des einen Verbindungspartners wird nach dem Fügen in Aussparung/ Durchbruch des anderen um Lappenachse verdreht.
s. Lappverbindung
Schränkverbindung a normaler Lappen, verschränkt b unterschnittener breiter Lappen, verschränkt c einseitig unterschnittener breiter Lappen, verschränkt
Abb. 9.20. Blechform-Verbindungen [9.3-3]
382
9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfüge- und Blechform-Verbindungen
Verfahren
Prinzip
Anwendung
Falzverbindung Formschlüssige, starre, unlösbare Verbindung zweier blechförmiger Bauteile, durch Ineinanderfügen der um 180° umgelegten (gefalzten) Streifen und anschließendem Zusammendrücken des Falzes und Kröpfen eines Verbindungspartners. Ohne Zwischenelemente (z.B. Gummi, Klebstoff) nicht flüssigkeitsoder gasdicht.
Blechdosen, Massenfertigung
Einfache Falznaht a Fügen der vorgefalzten Blechkanten; b Pressen und Kröpfen; c mittelbare Falznaht 1, 2 Verbindungspartner, 3 Falzleiste
Doppelfalznaht a doppelter Stehfalz; b Schiebefalz 1, 2 Verbindungspartner
Einrollverbindung Formschlüssige, starre, unmittelbare und unlösbare Verbindung zwischen Stäben und Blechteilen, die in einfacher Lage um die Stäbe herumgewickelt sind
Scharniere, Versteifung von Blechkanten
Einrollverbindung
Abb. 9.20 (Fortsetzung)
gesetzt wurde (= 5) als notwendig (= 4,2 gegen Lochleibung; = 3,2 gegen Scherspannung), s.o. Beispiel 2: Stahlbau-Nietung, Momentanschluß nach Abb. 9.21, Lastfall HZ.
Gegeben: Für Gesamtträger: ITr = 12,4 · 108 mm4, Biegemoment MTr = 200000 Nm, Querkraft FQ = 90000 N; für Stegblech: Werkstoff S235, t = 10 mm, h = 940 mm, I = t · h3/12 = 6,9 · 108 mm4. Das anteilige Biegemoment des Stegblechs ist Mb = MTr · I/ITr = 111290 Nm. Gewählt: Zweireihige Doppellaschennietung mit 14 Nieten je Seite. Festigkeitsnachweis Berechnet: 111290 · 0,66 Mb · u1 = 54200 N ; Fb = 0008 2 2 2 = 0007 z1 · u 1 + z2 · u 2 + z3 · u 3 2(0,662 + 0,442 + 0,222) Fq = FQ /z = 90000/14 = 6429 N ;
Fb2 + Fq2 = 54580 N . Fr = d02
Notwendiges d nach (9.20), mit tszul = 104 N/mm2 nach Abb. 9.10 (Nietwerkstoff USt 36):
9.8 Beispiele
383
Abb. 9.21. Steganschluß eines Blechträgers
Gewählt: d = 14 mm, Nietdurchmesser dN = 13 mm. Kontrolle:
d=
62 06 4·F 4 · 54580 = =18,3 mm ; π0 06 06 ·n·τ π · 2 · 104 r
szul
σl =
Fr 54580 2 = = 390 N / mm 2 < σ l zul = 360 N / mm . d ⋅ t 14 ⋅ 10
slzul = 2 szzul = 360 N/mm2 nach (9.19) und Abb. 9.10. Neu berechnet: d nach slzul :
d=
Fr 54580 = = 15,16 mm . σ l zul ⋅ t 360 ⋅ 10
Neu gewählt d = 19 mm, Nietdurchmesser dN = 18 mm. Beispiel 3: Leichtmetallbau-Nietung, Anschluß eines Druckstabs, Doppellaschennietung nach Abb. 9.22, Lastfall H.
Gegeben: Druckkraft im Stab FD = 9000 N, Knicklänge lK = 1700 mm, Quadrat-Hohlprofil (AlMgSi1) mit a = 50 mm, I = Imin = 20,4 · 104 mm4, Fläche A = 556 mm2, t1 = 3,5 mm, t2 = 3 mm. I/A = 88,75. Berechnet: Bauteil auf Knickung: Schlankheitsgrad λ = lK/ Nach Abb. 9.23 ist Knickzahl w = 4,17 (interpoliert).
Abb. 9.22. Anschluß eines Druckstabs. Hohlprofil mit a = 50 mm, Werkstoff: AlCuMg1, Wanddicke t2 = 3 mm, Laschendicke t1 = 3,5 mm
384
9 Nietverbindungen sowie Durchsetzfüge- und Blechform-Verbindungen
Schlankheitsgrad λ 20 30 40 50 60 70 80 90 100 120 140 160 180 200 220 240 250
Werkstoff S235 JR
S355 J2G3
AlCuMg1
AlCuMg2F44
1,04 1,06 1,14 1,21 1,30 1,41 1,55 1,71 1,90 2,43 3,31 4,32 5,47 6,75 8,17 9,73 10,55
1,06 1,11 1,19 1,28 1,41 1,58 1,79 2,05 2,53 3,65 4,96 6,48 8,21 10,13 12,26 14,59 15,83
1,03 1,18 1,39 1,66 1,99 2,57 3,36 4,26 5,25 7,57 10,30 13,45 17,03 21,02 25,43 30,27 32,84
1,06 1,25 1,51 1,84 2,36 3,22 4,20 5,32 6,57 9,46 12,87 16,81 21,28 26,27 31,78 37,83 41,04
Abb. 9.23. Knickzahl w für verschiedene Schlankheitsgrade λ
ω ⋅ FD 4,17 ⋅ 9000 = = 67, 5 N / mm 2 < σ d zul = 145 N / mm 2 ; A 556 sdzul nach Abb. 9.12. Damit ist σ d =
Nietverbindung: Gewählt: Leichtmetallniete aus AlMgSi1 mit dN = 7 mm, z = 4. Berechnet:
τs =
σl =
FD
π ⋅d ⋅z ⋅n 4 2
=
9000
π ⋅ 72 ⋅ 4 ⋅1 4
= 58, 46 < τ s zul = 60 N/mm2 ;
FD 9000 = = 107,1 N / mm 2 < σ l zul = 210 N / mm 2 . dN ⋅ t ⋅ z 7 ⋅ 3 ⋅ 4
sl zul (Bauteilfestigkeit ist maßgebend) nach Abb. 9.12, tzul nach Abb. 9.13.
9.9 Literatur Normen, Richtlinien 9.1-1 9.1-2 9.1-3 9.1-4 9.1-5
DIN 124 (1993) Halbrundniete; Nenndurchmesser 10 bis 36 mm. Berlin, Beuth DIN 302 (1993) Senkniete; Nenndurchmesser 10 bis 36 mm. Berlin, Beuth DIN 660 (1993) Halbrundniete; Nenndurchmesser 1 bis 8 mm. Berlin, Beuth DIN 661 (1993) Senkniete; Nenndurchmesser 1 bis 8 mm. Berlin, Beuth DIN 662 (1993) Linsenniete; Nenndurchmesser 1,6 bis 6 mm. Berlin, Beuth
9.9 Literatur
385
9.1-6 DIN 674 (1993) Flachrundniete; Nenndurchmesser 1,4 bis 6 mm. Berlin, Beuth 9.1-7 DIN 4113 (1980/1993) Aluminiumkonstruktionen unter vorwiegend ruhender Belastung; T1: Berechnung und bauliche Durchbildung, T2(Entwurf): Berechnung, bauliche Durchbildung und Herstellung geschweißter Aluminiumkonstruktionen. Berlin, Beuth 9.1-8 DIN 7331 (1993) Hohlniete, zweiteilig. Berlin, Beuth 9.1-9 DIN 7338 (1993) Niete für Brems- und Kupplungsbeläge. Berlin, Beuth 9.1-10 DIN 7339 (1993) Hohlniete, einteilig, aus Band gezogen. Berlin, Beuth 9.1-11 DIN 7340 (1993) Rohrniete, aus Rohr gefertigt. Berlin, Beuth 9.1-12 DIN 7341 (1977) Nietstifte. Berlin, Beuth 9.1-13 DIN 8593 T5 (1985) Fertigungsverfahren Fügen; Fügen durch Umformen, Einordnung, Unterteilung, Begriffe. Berlin, Beuth 9.1-14 DIN 15018 (1984) Krane; T1: Grundsätze für Stahltragwerke, Berechnung, T2: Stahltragwerke, Grundsätze für die bauliche Durchbildung und Ausführung. Berlin, Beuth 9.1-15 DIN 18800 (1990) Stahlbauten; T1: Bemessung und Konstruktion, T2: Stabilitätsfälle, Knicken von Stäben und Stabwerken, T3: Stabilitätsfälle, Plattenbeulen, T4: Stabilitätsfälle, Schalenbeulen. Berlin, Beuth 9.1-16 LN 9118 T2 (1968) Nietlöcher; Senkungen und Durchzugswarzung. Berlin, Beuth 9.1-17 LN 29730 (1989) Nietrechnungswerte bei stat. Beanspruchung für Universalnietverbindungen; T1: einschnittig, Nietwerkstoffe 3.1124 u. 3.1324; T2: zweischnittig, Nietwerkstoffe 3.1124 u. 1324; T3: einschnittig, Nietwerkstoff 3.3354; T4: zweischnittig, Nietwerkstoff 3.3354; T5: einschnittig, Nietwerkstoff 2.4360; T6: zweischnittig, Nietwerkstoff 2.4360. Berlin, Beuth 9.1-18 LN 29731 (1989) Nietrechnungswerte bei stat. Beanspruchung für Senknietverbindungen; T1: einschnittig, Nietwerkstoffe 3.1124 u. 3.1324; T2: zweischnittig, Nietwerkstoffe 3.1124 u. 3.1324; T5: einschnittig, Nietwerkstoff 2.4360; T6: einschnittig, gewarzt, Nietwerkstoff 2.4360; T51: einschnittig, gewarzt, Nietwerkstoffe 3.1124 u. 3.1324; T52: zweischnittig, gewarzt, Nietwerkstoffe 3.1124 u. 3.1324. Berlin, Beuth Bücher, Zeitschriften 9.3-1 Firmenschrift Fa. Honsel, Frondenberg/Ruhr 9.3-2 Aluminiummerkblatt (Aluminium-Zentrale Düsseldorf) 9.3-3 Krause W (1989) Konstruktionselemente der Feinmechanik. Berlin,VEB Verlag Technik 9.3-4 Firmenschrift Fa. Audi, Ingolstadt 9.3-5 Firmenschrift Fa. Titgemeier, Osnabrück 9.3-6 Aluminium-Taschenbuch (1988) 14. Auflage (Aluminium-Zentrale Düsseldorf). Düsseldorf, Aluminium-Verlag 9.3-7 Grundlagen der Luftfahrzeugtechnik in Theorie und Praxis. TÜV Reinland, Bd. I 9.3-8 Bauer C-D (1991) Handbuch der Verbindungstechnik. München: Hanser 9.3-9 Firmenschrift Fa. TOX Pressotechnik, Weingarten 9.3-10 Firmenschrift EJOT Verbindungstechnik, Bad Laasphe
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Nach den Hauptfunktionen unterscheidet man Befestigungsschrauben und Bewegungsschrauben (Schraubgetriebe). Hauptfunktionen des Gewindes sind: – Kraftübersetzung, d.h. große Axialkräfte durch kleine Umfangskräfte erzeugen (selten umgekehrt), Beispiel: Wagenheber oder/und – Wegübersetzung, d.h. kleine Axialwege durch große Umfangswege erzeugen (selten umgekehrt), Beispiel: Mikrometerschraube.
10.1 Zeichen und Einheiten Aers AN AP
mm3 mm3 mm3
AS A3 DA Di , Da , dw , da
mm3 mm3 mm mm
d dm d2 d3 dS E, EP , ES FA FK FKR FM FPA Fp 0,2 FQ FU FS FSA
mm mm mm mm mm N/mm2 N N N N N N N N N N
FV FZ
N N
Ersatzquerschnitt Nennquerschnitt Berührfläche zwischen Bauteil und Schraube/Mutter Spannungsquerschnitt Kernquerschnitt Ersatzdurchmesser Durchmesser der Schraubenkopf- bzw. Mutternauflage Nenndurchmesser mittlerer Durchmesser Flankendurchmesser Kerndurchmesser Spannungsdurchmesser E-Modul, – von Platte und Schraube Betriebskraft Klemmkraft Restklemmkraft Montagevorspannkraft Plattenentlastungskraft Zugkraft, führt zur Beanspruchung Rp0,2 Querkraft Umfangskraft Schraubenkraft Schraubenzusatzkraft (Schraubendifferenzkraft) Vorspannkraft Vorspannkraftverlust durch Setzen
10.1 Zeichen und Einheiten
f fSA , fPA
mm mm
fZ k l, l1 , l2 , l3 , lG , lM , lSK lK m n P Ph Rp
mm – mm mm mm – mm mm N/mm2
r SD SH SF St TA TB TG TK TL t Wt WA , WH z a aA d, dP , dS
– – – – – Nm Nm Nmm Nmm Nmm mm mm3 Nmm – ° – mm/N
d1 , d2 , d3 , dGM , dSK
mm/N
J
–
h m, mG , mK , mTr , m0
– –
mB f r, r¢ sA sl sM, sSA
– – ° N/mm2 N/mm2 N/mm2
sM ttM j
N/mm2 N/mm2 °
387
Verformung Verlängerung von Schraube und Platte (Entlastung) Setzbetrag Anzahl der Trennfugen Längen der Schrauben-Einzelelemente Klemmlänge Mutternhöhe Klemmlängenfaktor Teilung Steigung Fließgrenze (Streckgrenze Re bzw. 0,2 %Dehngrenze Rp0,2) Hemmfaktor Sicherheit gegen Dauerfestigkeit Sicherheit gegen Durchrutschen Sicherheit gegen Fließen Sicherheit gegen Abscheren Anzieh-, Antriebsdrehmoment Lagerreibmoment Gewindemoment Reibmoment an Kopf-, Mutternauflage Lösemoment kleinste Bauteildicke Widerstandsmoment abgegebene, zugeführte Energie Anzahl der Schrauben Flankenwinkel Anziehfaktor Nachgiebigkeit, – von Platte und Schraube Schrauben-Einzelelement-Nachgiebigkeiten Drehwinkel beim Anziehen einer Schraube Wirkungsgrad Reibungszahl, – allgemein, – im Gewinde, an Schraubenkopf und Mutternauflage, in der Trennfuge, der Ruhe Lagerreibungszahl Kraftverhältnis Reibungswinkel Ausschlagfestigkeit Lochleibung Zugspannungen, resultierend infolge FM, FSA Zugspannung infolge Montage Torsionsspannung infolge Montage Steigungswinkel
Beanspruchungen und Festigkeitswerte allg. s. Abb. 3.31
388
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
10.2 Übersicht 10.2.1 Funktionen und Eigenschaften von Befestigungsschrauben
– Bauteile – auch unterschiedlicher Werkstoffe – lassen sich durch Schrauben fest, aber lösbar, miteinander verbinden (z.B. Flansche von Rohren oder Wellen), bei geeigneten Werkstoffen und entsprechender Gestaltung für alle Temperaturbereiche. – Zum Montieren und Demontieren von Befestigungsschrauben benötigt man keine Sondereinrichtungen (nur geeignete Anzieh- und Lösewerkzeuge). – Schrauben, Muttern, Zubehör sowie Gewinde sind weitgehend genormt. Sonderausführungen sind meist nicht erforderlich. – Bei dynamischer Beanspruchung sind Schrauben wegen krasser Querschnittsübergänge/Kerben dauerbruchgefährdet. Günstige Gestaltung, Abhilfemaßnahmen s. Abschn. 10.7.1. – Bei dynamischer Beanspruchung (z.B. Rütteln), auch infolge Wärmedehnung, besteht die Gefahr, daß die Vorspannung abgebaut wird (Setzen) und daß sich Schraubenverbindungen selbsttätig lösen. Zweckmäßige Gestaltung s. Abschn. 10.9, Sichern s. Abschn. 10.10. – Das erforderliche Anziehdrehmoment steigt mit d 3. Dünne Schrauben (unter M6) werden leicht „abgewürgt“, dicke (über M16) lassen sich von Hand kaum noch ausreichend anziehen, Abschn. 10.6.1. Von Hand lassen sich Schrauben M8 auf 120% Rp anziehen, M16 auf 80% Rp , M24 auf 60% Rp . Bei Mehrschraubenverbindungen müssen alle Schrauben gleichmäßig vorgespannt werden; insbesondere Leichtmetall-Bauteile werden sonst verspannt und verziehen sich. – Sonstige Gefahrenquellen und Abhilfemaßnahmen s. Abschn. 10.7.1. – Kosten: Schraubenverbindungen sind teurer als die (nicht lösbaren) Niet- und Schweißverbindungen. 10.2.2 Anwendungen und Bauarten von Befestigungsschrauben 10.2.2.1 Heftverbindungen
Schrauben dienen hier zum Verschließen von Gehäusen, Gefäßen, Behältern ohne Innendruck, s. z.B. Abb. 10.1. Sie sind keinen definierten Beanspruchungen ausgesetzt, müssen also so bemessen werden, daß sie zufälligen Beanspruchungen (unkontrolliertem Anziehen von Hand, Fehlbedienungen o.ä.) standhalten und einfach zu montieren sind (ein-
Abb. 10.1. Ölverschlußschraube
10.2 Übersicht
389
Abb. 10.2a, b. Längsbeanspruchte Schrauben a Lasthaken [10.3-6], 1 Haken, 2 Lasthakenmutter, 3 Innenvierkant mit formschlüssiger Sicherung gegen 2, 4 Axialkugellager, b Spannschloß
heitliche Schlüsselweiten). Sicherungen gegen selbsttätiges Losdrehen, Verliersicherungen, sind häufig angebracht, s. Abschn. 10.10. 10.2.2.2 Längsbeanspruchte, nicht vorgespannte Befestigungsschrauben
Bei Einschraubverbindungen, z.B. für Lasthaken (Abb. 10.2a), überträgt das Gewinde erst nach dem Einschrauben die von außen eingeleiteten, statischen oder dynamischen Axialkräfte. 10.2.2.3 Unter Längskraft angezogene Befestigungsschrauben
Durch das Anziehen (z.B. beim Spannschloß, Abb. 10.2b) wird eine Betriebskraft erzeugt, die danach u.U. von Zusatzkräften überlagert wird. 10.2.2.4 Längsbeanspruchte, vorgespannte Befestigungsschrauben
Die Schrauben, z.B. in Flanschverbindungen von Rohrleitungen werden beim Montieren bis auf eine Vorspannkraft angezogen oder angespannt. Sie müssen bei allen danach aufgebrachten Betriebszuständen eine ausreichende Dichtkraft erzeugen und statischen sowie dynamischen Längskräften (z.B. infolge Druckschwankungen) standhalten, Abb. 10.3.
390
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Abb. 10.3a–f. Flanschverbindungen, mit a Durchsteckschraube, b Stiftschraube, c Kopfschraube, d Durchsteck-Dehnschraube und Distanzstück, e DoppelmutterDehnschraube, f Innensechskantschraube. Bei festen, glatten Flanschoberflächen auch bei a, b, c keine mitverspannten Sicherungen
10.2.2.5 Querbeanspruchte Befestigungsschrauben
Diese werden benötigt für Bauteilverbindungen, z.B. für Wellenflansche, die ein statisches oder dynamisches Drehmoment der Welle übertragen müssen, Abb. 10.4. Hierfür kommen infrage: – Reibschlußverbindung: Die Flansche werden durch die (längsbelasteten) Durchsteckschrauben (Abb. 10.4b) aufeinander gepreßt, so daß die Querkraft allein durch Reibung übertragen wird. (Um Durchrutschen bei Stoßbelastungen zu vermeiden, werden mitunter zusätzlich Paßstifte eingesetzt).
Abb. 10.4a–d. Querbeanspruchte Flanschverbindungen. a mit Paßschraube, b mit Durchsteckschraube, c mit Durchsteckschraube und Scherbüchse, d mit Durchsteckschraube und Spannhülse. Bei a, c, d Zentrierung durch die Schrauben oder Hülsen
10.2 Übersicht
391
– Formschlußverbindung: Die Querkraft wird durch Scherbeanspruchung und Lochleibung (= Flächenpressung) der genau in die Flanschlöcher „passenden“ Paßschrauben oder Büchsen übertragen. – Im Stahlbau verwendet man auch kombinierte Reibschluß-Formschluß-Verbindungen (GVP). 10.2.3 Bewegungsschrauben (Schraubgetriebe)
Sie wandeln Umfangskräfte (oder Drehbewegungen) in Längskräfte (oder Längsbewegungen) um (Kraftgetriebe, Funktion: Kraftübersetzung; Stellgetriebe, Funktion: Wegübersetzung), z.T. auch umgekehrt. Die Schrauben werden Spindeln genannt. Wichtige Anwendungsgebiete: Druckspindeln in Pressen und Walzwerken, Leitspindeln in Drehmaschinen, Ventilspindeln (Abb. 10.5), Hubspindeln für Hebebühnen, Hebeböcke, Vorschubspindeln in Schleifmaschinen zum genauen Anfahren/Einstellen von Positionen, Meßschrauben. 10.2.4 Gewinde
Je nach Verwendungszweck werden unterschiedliche Anforderungen an die Gewinde gestellt (Selbsthemmung, Wirkungsgrad, Übersetzung): – Gewinde von Befestigungsschrauben oder Verschlußschrauben (und manchen Bewegungsschrauben, wie z.B. für Pressen) sollen kleine Umfangskräfte in große Axialkräfte wandeln (Kraftübersetzung). Sie müssen selbsthemmend sein, d.h. eine Axialkraft soll keine Los-Drehbewegung auslösen, der Wirkungsgrad soll also klein sein. Verschlußschrauben müssen in der Auflagefläche abdichten (Abb. 10.1), denn: Gewinde allein dichten nicht. – Manche Bewegungs-Kraftschrauben sollen selbsthemmend sein, (z.B. Wagenheber, Schraubstock), andere nicht selbsthemmend (z.B. Pressen, Hubwerke, Drillbohrer).
Abb. 10.5. Ventil [10.3-6], a Ventilspindel mit Handrad und Ventilteller, b Mutter im Ventilgehäuse
392
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Abb. 10.6. Differentialgewinde 1 und 2 mit kleinem Steigungsunterschied, angewendet zum Befestigen und Lösen eines Fräsers
– Gewinde für Bewegungs-, Meß- oder Stell-Schrauben sollen selbsthemmend sein. Große Drehwege sollen kleine Längswege bewirken (Wegübersetzung s. Abschn. 10.4.4). Anwendungen: Gewichtseinstellung von Waagen, Nachstellen von Spiel und Verschleiß (z.B. Kettenspanner). – Zur Erzielung sehr kleiner Längswege oder großer Anpreßkräfte mit grobem Gewinde eignen sich Differentialgewinde, Beispiel s. Abb. 10.6. – Die meisten Gewinde zentrieren nicht; falls nötig, muß man also anderweitige (z.B. zylindrische) Führungen vorsehen.
10.3 Befestigungsschrauben, Muttern, Zubehör (Bauarten, Auswahlkriterien, Bestelldaten) Zu einer Befestigungsschrauben-Verbindung gehören: – Schrauben (auch Schraubenbolzen, Gewindestifte, Gewindespindeln) mit Außengewinde, – Muttern mit entsprechendem Innengewinde, – Unterlegscheiben (nicht immer), – Sicherungen (nicht immer), – Werkzeuge zum Anziehen und Lösen der Verbindung s. Abschn. 10.6.1. Bauformen für die Handhabung ohne Werkzeug s. Abschn. 10.3.2. 10.3.1 Schrauben
Eine Auswahl wichtiger Bauarten mit DIN-Blatt Nummer, Ausführung nach Qualität, Größe, Werkstoff und Bestellangaben zeigt Abb. 10.7, Anwendungen s. Abschn. 10.3. Weitere Bauarten s. [10.3-11]. – Nachfolgende Zeichen a bis v beziehen sich auf Abb. 10.7. Kopfschrauben: – Sechskantkopf im Maschinenbau vorherrschend a ... f, v, ermöglicht großes Anzieh- und Lösemoment, leichtes Umsetzen des Schraubenschlüssels, erfordert aber großen Raumbedarf für Schraubenschlüssel. Für Stahlkonstruktionen gibt es Sechskantschrauben mit besonders großen Schlüsselweiten (DIN 6914, für Paßschrauben: DIN 7999). – Ausführung als Durchsteckschraube (mit Mutter) c, für Durchgangslöcher in beiden Flanschen; kostengünstige Lösung, Lochdurchmesser s. Abb. 10.49.
10.3 Befestigungsschrauben, Muttern, Zubehör (Bauarten, Auswahlkriterien, Bestelldaten)
Abb. 10.7a–v. Auswahl genormter Schrauben
393
394
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
– Bei Ausführung mit Einschraubende (ohne Mutter), z.B. a, b, kein Platz für Mutter und Sechskantschlüssel am Unterflansch erforderlich, aber teurer (Gewindeschneiden im Unterflansch). Länge der Einschraubenden s. Stiftschrauben, Abb. 10.45. – Ausführung als Paßschraube: Formschlußverbindung z.B. für querbeanspruchte Schraubenverbindungen, Abb. 10.4a, Abschn. 10.2.2.5. – Ausführung als Dehnschraube mit langem Schaft und kleinem SchaftDurchmesser (Abb. 10.3d). Man erzielt damit hohe Sicherheit gegen Dauerbruch (Abschn. 10.7) und selbsttätiges Lösen (Abschn. 10.10). – Zylinderkopf (mit Innensechskant oder Innentorx [10.3–14]). Hierbei ist Ausführung mit versenktem Kopf möglich (wichtig bei umlaufenden Maschinenteilen); kein Platz für Schraubenschlüssel erforderlich, damit auch reduzierte Flanschbreite (Abb. 10.3f). – Schlitzschraube, evtl. mit versenktem Kopf, z.B. j (für glatte Außenhaut). Überwiegend für Heftverbindungen bei geringem Platzbedarf für Schraubendreher. Kreuzschlitzschraube ermöglicht bessere zentrische Führung des Schraubendrehers (wichtig bei Anziehen mit Elektroanziehwerkzeug). – Sonderkopfformen, z.B. Vierkantkopf für kleinen Platzbedarf und kleine Anziehkräfte, aber exakte Führung in Drehrichtung (z.B. für Absperrhähne), z.B. Dreikantkopf für Schlagwetter- und explosionsgeschützte Geräte (nur mit Spezialschlüssel zu lösen), z.B. Torxkopf [10.3–14] für maximales Anzugsmoment bei kleinem Kopfdurchmesser und geringer Platzbedarf für Werkzeuge bei gegebenem Schraubendurchmesser. – Schneidschrauben. Das Gewinde hat Spannuten und erzeugt das Gewinde im Bauteil (aus Weichmetall oder dünnem Stahlblech) beim Einschrauben; geeignet für Heftverbindungen. Stiftschrauben m, hauptsächlich zum Verbinden von Gehäuseflanschen, insbesondere bei großen Abmessungen und Einzelfertigung (z.B. für Turbinengehäuse). Eigenschaften s. Kopfschraube mit Sechskantkopf, jedoch Auswechseln der Mutter bei Beschädigung möglich. Ein Mitdrehen der Schraube beim Lösen der Mutter wird durch Einschraubende mit Übergangspassung oder Festziehen eines Endzapfens gegen den Bohrungsgrund verhindert. Die Stiftschraube verbleibt beim Öffnen des Gehäuses im Unterflansch. Länge der Einschraubenden entsprechend der Festigkeit des Flanschwerkstoffs s. Abb. 10.45. Ausführung als Durchsteckschraube, Paßschraube, auch als Dehnschraube möglich, wie bei der Kopfschraube. Schraubenbolzen n dienen zum Verbinden von Bauteilen mit Hilfe beiderseits aufgeschraubter Muttern und haben demgemäß gleich lange Gewinde an beiden Enden. Maße der hierfür erforderlichen Durchgangslöcher s. Kopfschraube/Durchsteckschraube. Nachstehend wird auch der Schraubenschaft mit dem Gewindeteil als Schraubenbolzen bezeichnet. Gewindestifte o, p weisen durchgehendes Gewinde auf. Zum Anziehen dient beispielsweise ein Schlitz oder ein Innensechskant. Man benutzt sie hauptsächlich zur Lagesicherung, z.B. von Rädern oder Stellringen auf Wellen.
10.3 Befestigungsschrauben, Muttern, Zubehör (Bauarten, Auswahlkriterien, Bestelldaten)
395
Schraubenenden: Ihre Ausführung hängt vom Herstellverfahren ab oder dient bestimmten Funktionen, z.B. Suchspitze zum automatischen Montieren; Vierkant, z.B. bei Schraubenbolzen (s.o.). 10.3.2 Muttern
Zeichen a bis q beziehen sich auf Abb. 10.8. – Im Maschinenbau überwiegt die Sechskantmutter a, b. Mutterhöhe m: früher war m = 0,8 × Gewindedurchmesser d üblich (DIN 934). Im Hinblick auf höhere Anziehmomente sind in DIN 970, 971 größere Mutternhöhen, m = 0,84 ... 1,03 × d vorgesehen, bei begrenzter Bauhöhe und kleinen Axialkräften sind aber auch niedrige Muttern nach DIN 431, 439, 936 verfügbar. – Bei Mangel an Platz für den umgreifenden Sechskantschlüssel eignet sich die Schlitzmutter q. Die Hutmutter e bietet einen gewissen Verletzungsschutz, in Verbindung mit Dichtscheiben eignet sie sich auch zum Abdichten von Schraubenbohrungen. Die sehr schmal bauende Nutmutter (mit Sicherungsblech, Kap. 14) wird oft zur axialen Fixierung
Abb. 10.8a–q. Auswahl genormter Muttern
396
10 Schraubenverbindungen, Gewinde Abb. 10.9. Einsatzbüchse (Kerb Konus GmbH)
Abb. 10.10. Gewindeeinsatz (Heli-Coil, Böllhoff & Co), bei 1 Bruchkerbe (zum Abbrechen nach dem Eindrehen)
von Wälzlagern verwendet. Für Anziehen von Hand eignen sich Rändelmuttern o, Flügelmuttern i, sonstige Bauformen, z.T. mit Sicherungselementen. – Für Blechkonstruktionen eignen sich Schweißmuttern l, m mit stirnseitigen Warzen (DIN 928, 929), für Dünnblechkonstruktionen auch punktschweißbare Blechmuttern n oder steckbare Blechmuttern p. – Mit Einsatzbüchsen (Abb. 10.9) lassen sich Werkstücke aus Leichtmetall, Kunststoffen oder Holz dauerhaft verschrauben. Sie schneiden sich mit den scharfen Kanten der Schlitze (oder Querbohrungen) selbst ihr Gewinde in die vorgebohrten Löcher. Sie werden für häufig zu lösende Schrauben verwendet und eignen sich auch zur Reparatur ausgerissener Gewindelöcher. Ähnlich wirken Heli-Coil Einsätze (Abb. 10.10). Eine Schraubenfeder aus Stahl- oder Bronzedraht mit Rhombusquerschnitt wird in ein mit Spezial-Gewindebohrern gefertigtes größeres Gewinde eingedreht, wodurch sich im Inneren dann ein normales metrisches Gewinde hoher Festigkeit ergibt. 10.3.3 Unterlegscheiben
Man beachte: Bei ebener, glatter, fester Unterlage sollte man normalerweise keine Unterlegscheiben verwenden, sondern nur: – bei weiten, z.B. gegossenen Durchgangslöchern und Langlöchern, – bei unbearbeiteten, rauhen (gegossenen, geschmiedeten) Oberflächen oder geringer Bauteilfestigkeit. Beim Anziehen und Lösen gleitet die Schraubenkopfunterseite auf der glatten Unterlegscheibe, die Bauteiloberfläche wird dabei nicht verletzt. – Bei U- und I-Trägern benutzt man viereckige Unterlegscheiben zum Ausgleich der 8%- bzw. 14%-igen Flanschneigung (Abb. 10.58). Um zu vermeiden, daß die Unterlegscheiben sich beim Anziehen verformen, sollte man dicke, gehärtete Scheiben verwenden: für Sechskantschrauben nach DIN 125, für Zylinderschrauben nach DIN 126, für Sechskantschrauben mit großen Schlüsselweiten nach DIN 6916, keinesfalls weiche Unterlegscheiben zum Ausgleich von Unebenheiten.
10.4 Gewinde
397
10.3.4 Schraubensicherungen
Alle Maßnahmen, die geeignet sind, ein ungewolltes Lösen der Schraubenverbindung zu verhindern, auch der Einsatz von zusätzlichen Sicherungselementen, sind im Zusammenhang mit der Gestaltung der Schraubenverbindung zu sehen, Abschn. 10.10.
10.4 Gewinde Die Grundform des Gewindes ist die Schraubenlinie. Sie entsteht durch Aufwickeln einer Keilfläche mit dem Steigungswinkel j auf einen Zylinder mit dem Radius dm /2, Abb. 10.11.
Abb. 10.11a–c. Schraubenlinie und ihre Abwicklung mit Steigung Ph und Steigungswinkel j, a allgemein, b für eingängiges Gewinde, c für mehrgängiges Gewinde (3-gängig; bei gleicher Teilung P, d.h. gleich feines Gewinde, größeres Ph)
398
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
10.4.1 Kenngrößen von Gewinden
Steigung (früher Ganghöhe) Ph: bei einer vollen Schraubendrehung wird die Mutter um Ph in Axialrichtung verschoben. Teilung P: achsparalleler Abstand zweier aufeinander folgender Flanken. Bei eingängigem Gewinde ist P = Ph. Steigungswinkel der Schraubenlinie j auf dem Durchmesser dm (d.h. Steigungswinkel der aufgewickelten Keilfläche: tan j = Ph/(p dm). Gangzahl: Eingängiges, mehrgängiges Gewinde; Prinzip und Eigenschaften werden in Abb. 10.11 erläutert. 10.4.2 Gebräuchliche Gewinde
Beim Gewinde tritt an die Stelle eines Punkts der Schraubenlinie (Abb. 10.11) ein Profil (Dreieck, Trapez, Rechteck, Halbrund), Abb. 10.12. 10.4.2.1 Befestigungsgewinde im Maschinenbau
Zeichen a bis e beziehen sich auf Abb. 10.12. Funktionen der Befestigungsschraube s. Abschn. 10.2.1. Da Selbsthemmung erforderlich ist, bevorzugt man eingängiges Gewinde. Üblich ist metrisches ISO-Gewinde a. Der Bolzengewindegrund ist gegenüber dem früheren metrischen Gewinde stärker ausgerundet, um die Kerbwirkung zu mindern. – Regelgewinde ist für Befestigungsschrauben üblich, es ist tragfähiger als Feingewinde. Jedem Durchmesser ist eine bestimmte Steigung zugeordnet. Daher genügt die Bezeichnung: M mit nachgesetztem Nenndurchmeser d (= Außendurchmesser) in mm (z.B. M10). – Feingewinde hat eine kleinere Gewindetiefe und Steigung. Für Wellen, kurze Einschraublängen, dünnwandige Rohre und Stellschrauben ist das Regelgewinde oft zu grob und das Feingewinde besser geeignet. Gegenüber Regelgewinden wird beim Feingewinde, unabhängig vom Durchmesser, eine (kleinere) Steigung vorgeschrieben, abgestuft nach 2 bzw. 3 Feinheitsgraden, Abb. 10.42. Bezeichnung daher: M mit nachgesetztem Nenndurchmesser d × Steigung Ph (z.B. M10 × 1). 10.4.2.2 Gewinde für Rohre und Armaturen
Rohre mit dazugehörigen Armaturen müssen meist druckdicht miteinander verbunden werden. Dazu verwendet man: – Metrisches Feingewinde nach DIN 158, und zwar kegeliges Außengewinde (Kegel 1:16) und zylindrisches Innengewinde. Ab 26 mm Nenndurchmesser wird empfohlen, in das Gewinde ein Dichtmittel einzubringen. Bezeichnung: z.B. M 30 × 2 keg. DIN 158.
Beispiel: Rd 30 × 1/8″ mit d = 30 mm und Ph = 1/8″ = 3,175 mm
Beispiel: R –12 ″ mit d = D = 20,955 mm und Ph = 1,814 mm z: Gangzahl je inch (Zoll)
Durchmesserreihen s. Abb. 10.49 Bezeichnungsbeispiele: Metr. ISO-Gewinde: M20; Metr. ISO-Feingewinde, Steigung 1,5 mm: M20 × 1,5
Form
5 H 8 17 = 0,61343 Ph = H 24 H = 0,14434 Ph = 6 = d = Nenn-Ø = d2 = d – 0,64953 Ph = d – 2 H1 = d – 1,22687 Ph p = d32 4 p d2 + d3 2 = 4 2
= 0,86603 Ph
A, B Maße s. DIN ISO 228 T1
s. DIN 13 T4
Passungen für Muttern
fein, mittel, grob
Toleranzklassen
H 4 = h3 = 0,5 · Ph 6, 7, 8 h3 z = 0,25 Ph = s. DIN 405 2 D4 = d + 2 ac = d + 0,1 Ph D1 = D4 – 2 H4 = D4 – Ph= d – 0,9 Ph d3 = d – 2 h3 = d – Ph d2 = D2 = d – 2 z = d – 0,5 Ph ac = Spiel = 0,05 Ph R1 = 0,23851 Ph R2 = 0,25597 Ph R3 = 0,22105 Ph
H h r
25,4 z = 0,960491 Ph = 0,640327 Ph = 0,137329 Ph
Ph =
AS
A3
D D2 D1 d3
R
h3
H 1 = 0,54127 Ph =
H
Maße
Abb. 10.12a–e. Gewindeprofile. a Metrisches ISO-Gewinde (DIN 13), b Whitworth-Rohrgewinde (DIN 259, 2999), c Rundgewinde (DIN 405, 168), d Metrisches ISO-Trapezgewinde (DIN 103) und e Sägengewinde (DIN 513 ... 515)
c
Rundgewinde
b
Whitworth-Rohrgewinde
a
Metrisches ISO-Gewinde und Metrisches ISO-Feingewinde
Profil
10.4 Gewinde
399
Abb. 10.12 (Fortsetzung)
e
Sägengewinde
d
Trapezgewinde
Profil
Beispiel: S 80 ¥ 16 mit d = 80 mm und Ph = 16 mm
Beispiel: Tr 50 ¥ 8 mit d = 50 mm und Ph = 8 mm
Form
H1 h3 a ac w e R D1 d3 d2 D2
D4 d3 d2 ac R1 R2
z
D1 H1 H4 h3
mittel, grob s. DIN 103 T2
Toleranzklassen
= 0,75 Ph mittel, grob = H 1 + ac = 0,86777 Ph s. DIN 513 T3 = 0,1 · Ph (Axialspiel) = 0,11777 Ph = 0,26384 Ph = 0,26384 Ph – 0,1 · Ph = w – a = 0,12427 Ph = d – 2 H1 = d – 1,5 · Ph = d – 2 h3 = d – 0,75 Ph = d – 0,75 Ph + 3,1758 · a
= d – 2 H1 = d – Ph = 0,5 Ph = H 1 + ac = 0,5 Ph + ac = H 1 + ac = 0,5 Ph + ac H = 0,25 Ph = 1 2 = d + 2 ac = d – 2 h3 = D2 = d – 2 z = d – 0,5 Ph = Spiel = max. 0,5 ac = max. ac
Maße
400 10 Schraubenverbindungen, Gewinde
10.4 Gewinde
401
– Leitungsrohre mit Zollabmessungen haben meist Whitworth-Rohrgewinde nach DIN 2999, 3858 mit ebenfalls kegeligem Außen- und zylindrischem Innengewinde. Falls erforderlich, kann in das Gewinde ein geeignetes Dichtmittel eingebracht werden. Man beachte das vom metrischen Gewinde abweichende Profil sowie die abweichende Bezeichnung: R mit nachgesetztem Innendurchmesser (in Zoll) des Normrohres (z.B. nach DIN 2440), auf dessen Außendurchmesser das Gewinde geschnitten wird. – Whitworth-Rohrgewinde b nach DIN 259, T1 ... T3 mit einem zylindrischen Außen- und Innengewinde mit dem gleichen Profil wie nach DIN 2999 ist nicht selbstdichtend und nimmt lediglich axiale Kräfte auf. Bezeichnung analog dem Rohrgewinde nach DIN 2999. 10.4.2.3 Bewegungsgewinde
Funktionen der Bewegungsschraube s. Abschn. 10.2.4. Günstig sind Gewinde mit kleinen Flankenwinkeln. Genormt sind: – Trapezgewinde d wird überwiegend für Kraft- und Wegübersetzung verwendet, es hat Kopf- und Grundspiel sowie Flankenspiel. Es darf daher nicht durch Querkräfte belastet werden. Ggf. sind Rundzentrierungen außerhalb des Gewindes vorzusehen. – Sägengewinde e für einseitig (auf die flachere Gewindeflanke) wirkende Druckkräfte, z.B. für Hubbewegungen (besserer Wirkungsgrad, geringere Flächenpressung); Zentrierung am Außendurchmesser H8/e8. – Flachgewinde werden trotz der günstigen Reibungsverhältnisse kaum verwendet, sind daher auch nicht genormt. Sie sind schwierig herstellbar, mit Fräsen überhaupt nicht (kein Freiwinkel!). – Wälzschraubgewinde s. Abschn. 10.4.3. Für genaues Positionieren eignet sich eingängiges Gewinde (selbsthemmend), für schnelle Vorschübe und Wandeln von Längs- in Drehbewegung mehrgängiges Gewinde (nicht selbsthemmend, hoher Wirkungsgrad!). 10.4.3 Sondergewinde
Nachstehend eine Auswahl aus der Vielfalt der Sondergewinde für spezielle Anwendungen: – Rundgewinde c für Verbindungen, die oft gelöst werden müssen, z.B. Armaturenanschlüsse und Waggon-Kupplungen. Es ist unempfindlich gegen Schmutz und Witterungseinflüsse. – Gewinde für Blechschrauben nach DIN 7970, 7975. – Gewinde für Holzschrauben nach DIN 7998. – Elektrogewinde (Edison-Gewinde) für Sicherungs- und GlühbirnenFassungen. – Gewinde für Wälzschraubgewinde haben die geringsten Reibungsverluste (Wälzreibung statt Gleitreibung). Sie sind nicht genormt. Das Gewindeprofil, in dem die Wälzkörper laufen, hat Halbkreis- oder Spitz-
402
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Abb. 10.13. Kugelgewindespindel [10.3-6]. 1 erste Kugelmutter, 2 zweite Kugelmutter, 3 Kugelumlenkung zur Rückführung an den Gewindeanfang, 4 VorbelastungsEinstellscheibe, 5 Kugelgewindespindel
bogenform. Beispiel s. Abb. 10.13 (Anwendung z.B. für Werkzeugmaschinenführungen). 10.4.4 Weg- und Kraft-Übersetzung im Gewinde, Wirkungsgrad
Die Bewegungs- und Kraftübertragung durch Gewinde läßt sich anhand von Abb. 10.11 beschreiben. 10.4.4.1 Wegübersetzung
Aus der Definition der Steigung Ph folgt nach Abb. 10.11: Wegübersetzung =
Umfangsweg p ◊ d m 1 = = . Axialweg Ph tan j
(10.1)
Für eine feinfühlige, stufenlose Axialverschiebung benötigt man beispielsweise ein Gewinde mit großer Wegübersetzung, d.h. kleiner Steigung Ph , z.B. eingängiges Feingewinde (extra fein), Abb. 10.42. Andere Lösungen und Anwendungen s. Abschn. 10.2.4. 10.4.4.2 Kraftübersetzung bei Flachgewinde
Für diesen einfachsten Fall ist der Flankenwinkel a = 0. Man betrachtet die Kräfte, die an einem Mutternelement, einem Klötzchen (anstelle der Mutter), am mittleren Gewindedurchmesser d2 , angreifen, Abb. 10.14. Ohne Reibung: Hierfür gilt nach Abb. 10.14a: FU = Fs · tan j , d.h. Kraftübersetzung FS/FU = 1/tan j = Wegübersetzung, s. (10.1).
(10.2)
10.4 Gewinde
Bewegung
a
b
c
d
Heben + Senken
Heben
Senken
Ruhe
Zustand Antriebskraft
keine Selbsthemmung FU oder FS
Wirkungsgrad h = 1
FU h= =
FS FS ◊ Ph WH = WA FU ◊ p ◊ d2 tan j tan (j + r )
(10.8)
403
Selbsthemmung – FU (Lösekraft)
WA FU · p · d2 h = 4 = 05 WH FS · Ph tan (j – r) = 05 tan j
(10.9)
Ruhe (= Haftreibungszahl).
Abb. 10.14. Kräfte an der Mutter einer Schraube mit Flachgewinde (FS Längskraft, Ph Steigung, FU Umfangskraft, Umfangsweg p · d2 , WH Hubarbeit, WA Dreharbeit; bei Spitzgewinde r¢ statt r ; m = tan r Gleit-Reibungszahl; m0 = tan r0 Ruhe (= Haft)-Reibungszahl)
Berücksichtigt man die Reibung mit der Reibungszahl m = tan r, so wird erst Bewegung eintreten, wenn die Resultierende Fres um den Reibungswinkel r zur Normalen geneigt ist. – Mit Reibung und Aufwärtsbewegung des Mutternelements, d.h. Lastheben, Drehbewegung der Mutter (FU treibt); nach Abb. 10.14 b gilt hierfür: FU = FS · tan (j + r) .
(10.3)
– Mit Reibung und Abwärtsbewegung, d.h. Lastsenken oder Drillbohrer, d.h. FS treibt; nach Abb. 10.14c gilt: FU = FS · tan (j – r) .
(10.4)
10.4.4.3 Kraftübersetzung bei Spitzgewinde
Hier ist zu beachten, daß für die Reibungskraft die senkrecht zur Gewindeflanke wirkende Kraft FN maßgebend ist, d.h. nach Abb. 10.15 gilt: FS Reibungskraft = FN · m ≈ 05 · m ≈ FS · m¢ , cos (a/2)
(10.5)
mit m¢ ≈ m /cos (a/2) als scheinbare Reibungszahl oder analog tan r¢ ≈ tan r /cos (a/2).
404
10 Schraubenverbindungen, Gewinde Abb. 10.15. Normalkraft am Mutternelement mit Spitzgewinde (aus FS berechnet)
Für das metrische ISO-Gewinde ist a = 60°, somit m¢ ≈ 1,16 · m. Das Spitzgewinde ergibt also bei gleicher Längskraft eine größere Reibungskraft als ein Flachgewinde; auch aus diesem Grund wird es stets für Befestigungsschrauben verwendet. Entsprechend ist für Bewegungsgewinde ein Flachgewinde bzw. ein kleiner Flankenwinkel günstiger. Einschränkungen s. Abschn. 10.4.2.3. Damit gilt allgemein – mit den Erläuterungen zu Abb. 10.14 FU = FS · tan (j ± r¢ ) ,
(10.6)
mit Plus-Zeichen für Aufwärtsbewegung (FU treibt), Minus-Zeichen für Abwärtsbewegung (FS treibt). Gewinde-Anziehmoment TG A , -Lösemoment TGL : TG A,L = FU · d2/2 = FS · tan (j ± r¢ ) · d2/2 .
(10.7)
Reibungszahlen mG für Schraubengewinde s. Abb. 10.16. 10.4.4.4 Selbsthemmung
Wenn der Reibungswinkel r – bei treibender Axialkraft – größer als der Steigungswinkel j ist, wird nach (10.4) FU < 0, ebenso nach (10.7) TG,L < 0. Auch eine noch so große Längskraft kann also kein (Los-)Drehmoment erzeugen. Wie Abb. 10.14 zeigt, kehrt FU beim Übergang von einem – im Vergleich zu j – kleinem r (Fall c) zu einem relativ großem r (Fall d mit r0 ) seine Richtung um. Um eine (Los-)Drehbewegung einzuleiten, um z.B. eine Schraubenverbindung zu lösen, ist also eine Losdreh-Umfangskraft bzw. ein Los-Drehmoment erforderlich: Man spricht von Selbsthemmung. Bei metrischem Gewinde mit j ≈ 2,5° liegt also Selbsthemmung vor, solange die Reibungszahl ist m¢ = tan r¢ ≥ 0,04, ein Wert, der fast immer gegeben ist. Solange Befestigungsschrauben also vorgespannt sind (FS > 0), können sie sich auch bei Erschütterungen nicht lösen. – Man beachte: Selbsthemmung gilt für den Zustand der Ruhe, d.h. hier wirkt die Reibungszahl der Ruhe (= Haft-Reibungszahl) m0 = tan r0 . 10.4.4.5 Hemmfaktor
Für Bewegungsgewinde wird – zur Beurteilung der Selbsthemmfähigkeit – nach VDI 2158 ein Hemmfaktor r (Verhältnis Reibungskraft/treibender Kraft) verwendet. Bezogen auf die Umfangsrichtung gilt für das Gewinde:
405
10.4 Gewinde
r = tan r0/tan j. Bei Spindelantrieben sind weitere Reibungskräfte (insbesondere Lagerreibungskräfte) zu berücksichtigen, Abschn. 10.11.3. Selbsthemmung liegt demnach vor bei r ≥ 1. 10.4.4.6 Wirkungsgrad h
h ist das Verhältnis von abgegebener zu aufgewendeter Arbeit. Einer Umdrehung entspricht ein Axialvorschub (Längsweg) von einer Steigung Ph . Wenn Umfangskraft (Drehmoment) in Längskraft umgesetzt wird (Anziehen), gelten (10.1) ... (10.6), (10.8) und (10.9) in Abb. 10.14. Einen hohen Wirkungsgrad – erwünscht bei Bewegungsschrauben – erhält man demnach durch: großen Steigungswinkel j (z.B. mehrgängige
µK
Auflagefläche
Schraubenkopf
Werkstoff
Stahl
Oberfläche
Fertigung
blank
geschliffen
Schmierung
gepreßt trocken geölt
gedreht
galvanisch verzinkt (Zn6) geschliffen
galvanisch cadmiert (Cd6) gepreßt
MoS2
geölt
MoS2
geölt
trocken geölt
trocken geölt
0,16 – 0,22
0,10 – 0,18
–
0,08 – 0,16
–
0,10
– 0,18
0,08 – 0,16
0,08 – 0,14
0,16 – 0,20
0,10 – 0,18
–
–
–
–
0,12 – 0,20
0,12 – 0,14
0,08 – 0,16
–
–
0,16 – 0,22
–
0,10 – 0,18
–
0,12 – 0,18
0,10 – 0,18
0,08 – 0,12
0,10 – 0,18
0,08 – 0,12
0,10 –
0,16
–
0,10 – 0,16
–
trocken
spanend bearbeitet geschliffen
blank
schwarz oder phosphatiert
Fertigung
spanend bearbeitet
AlM
GJL/GJMB
galvanisch cadmiert
galvanisch verzinkt
Werkstoff
Gegenlage
Stahl
Auflagefläche
Oberfläche
–
0.10 – 0,18
0,08 – 0,16
–
0,10 – 0,18
–
–
–
0,10 – 0,18
–
0,14 – 0,20
–
0,10 – 0,18
–
0,14 – 0,22
0,10 – 0,18
0,10 – 0,16
0,08 – 0,16
–
–
–
–
–
–
–
0,08
– 0,20
Abb. 10.16a, b. Reibungszahlen a an Schraubenkopf- und Mutternauflage mK
406 µG
10 Schraubenverbindungen, Gewinde Gewinde
Außengewinde (Schraube)
Werkstoff
Stahl schwarzvergütet oder phosphatiert
Schmierung
trocken
Gewindefertigung
Gewindefertigung
geschliffen
Oberfläche galvanisch galvanisch blank cadmiert verzinkt blank blank
Werkstoff Stahl GJL/GJM AlMg
Innengewinde (Mutter)
Gewinde
Oberfläche
gewalzt
galvanisch verzinkt (Zn6)
geschnitten
galvanisch cadmiert (Cd6)
Klebstoff
geschnitten oder gewalzt
trocken geölt
MoS2
geölt
trocken geölt
0,12 – 0,18
0,10 – 0,16
0,08 – 0,12
0,10 – 0,16
–
0,10 – 0,18
–
0,08 – 0,14
0,16 – 0,25
0,10 – 0,16
–
–
–
0,12 – 0,20
0,10 – 0,18
–
–
0,14 – 0,25
0,12
0,12
–
–
–
–
– 0,16
0,14
0,08 0,14
trocken geölt
trocken
–
–
0,10 – 0,18
–
0,10 – 0,18
–
0,10 – 0,18
–
0,08 – 0,16
–
–
0,08 – 0,20
–
–
–
–
–
–
–
Abb. 10.16a,b. Reibungszahlen b im Gewinde mG für Befestigungsschrauben nach VDI 2230 [10.1-86]
Abb. 10.17. Gewindewirkungsgrad der Schraube beim Heben und Senken mG = 0,08 [10.3-22], (10.8), (10.9) s. Abb. 10.14
10.5 Werkstoffe, Herstellung, Oberflächenbehandlung, Schmierung für Befestigungsschrauben
407
Gewinde), kleine Reibungszahl (z.B. entsprechende Oberfläche, Schmierung, Wälzspindel), Flachgewinde (r¢ = r). Einen niedrigen Wirkungsgrad – erwünscht bei Befestigungsschrauben – erhält man durch entgegengesetzte Maßnahmen. Selbsthemmung bedeutet nach der o.g. Definition, daß der Wirkungsgrad h = 0 ist (nicht < 0, da keine Drehbewegung stattfindet). Daraus folgt allerdings als unerwünschte Nebenwirkung, daß dann h ≤ 0,5 sein muß. Abbildung 10.17 zeigt, daß h bei einem Steigungswinkel von j = 45° – (r¢/2) ein Maximum erreicht.
10.5 Werkstoffe, Herstellung, Oberflächenbehandlung, Schmierung für Befestigungsschrauben 10.5.1 Werkstoffe (s. auch Kap. 5)
Werkstoffe für normale Befestigungsschrauben: Hierfür sowie für die zugehörigen Muttern und das Zubehör wird überwiegend Stahl mit mittlerer bis hoher Festigkeit verwendet. Wichtig sind dabei hohe Zähigkeit (um Sprödbruch zu vermeiden) und gute Kaltverformbarkeit. Diese Stähle für normale Anwendungen, also ohne besondere Anforderungen an Warmfestigkeit (über + 300°C) und Kaltzähigkeit (unter – 50°C), werden nach DIN ISO 808 in genormte Festigkeitsklassen eingestuft und entsprechend gekennzeichnet. Festigkeitsklassen für Befestigungsschrauben: Übersicht s. Abb. 10.18. Das Kennzeichen besteht aus zwei Zahlen, z.B. 10.9. Die erste Zahl bedeutet: 1/100 der Mindest-Zugfestigkeit des Werkstoffs: Rm/100. Die zweite Zahl bedeutet: 10-faches Verhältnis von Mindest-Fließgrenze Rp zu Zugfestigkeit Rm, d.h. 10 · (Rp/Rm). Beispiel: Rm = 1000 N/mm2, Re = 900 N/mm2 für Festigkeitsklasse 10.9. Festigkeitsklassen für Muttern: Als Kennzeichen wird hier 1/100 der Mindest-Zugfestigkeit Rm des Werkstoffs der zugehörigen Schraube angegeben. Beispiel: Die Verbindung Schraube 8.8 – Mutter 8 darf bis zur Streckgrenze des Schraubenwerkstoffs belastet werden. Bei Beanspruchung über die Streckgrenze hinaus, sollte man Muttern höherer Festigkeitsklassen als die der zugeordneten Schraube verwenden. Werkstoffe für besondere Anforderungen: Die Vorschriften nach DIN ISO 898, Abb. 10.18, gelten nicht für Stiftschrauben, Schraubenbolzen und Gewindestifte. Werkstoffe für hohe und niedrige Temperaturen s. Abb. 10.19. – Für höchstfeste Schrauben verwendet man Stähle mit Rp0,2 bis 1500 N/mm2, für Schrauben im Leichtbau Titanlegierungen mit Rp0,2 von 830 ...1100 N/mm2. S. Kap. 4 und 5. Für Sonderanwendungen sind auch Schrauben und Muttern aus Messing und Thermoplasten (z.B. Polyamid, Polyoxymethylen) geeignet. Dabei steht weniger die Kraftübertragung im Vordergrund als Funktionen wie Leitfähigkeit, Isolation, Verbinden von Leichtmetall- oder Holzelementen, Korrosionsbeständigkeit, Schwingungsdämpfung. – Teilweise
408
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Festigkeitsklasse der Schraube
3.6
4.6
4.8
5.6
5.8
6.8
8.8
10.9
12.9
≤ M16 > M16 Mindest-Zugfestigkeit Rm in N/mm2
330
400
420
500
520
600
800
830
1040
1220
Mindest-Streckgrenze Re in N/mm2
190
240
320
300
400
480
–
–
–
–
Mindest-0,2 %Dehngrenze Rp 0,2 in N/mm2
–
–
–
–
–
–
640
660
940
1100
12
12
9
8
Bruchdehnung A5 in % Werkstoffe für Schrauben (Beispiele)
25
22
14
S185 9S2
Festigkeit der Mutter
S235 9S20
4
510
Werkstoffe für Muttern (Beispiele)
S235 9S20
2) 3)
10
C35 E295 35S20 5
Prüfspannung 1) szL in N/mm2
1)
20
2)
520 . . . 630 3)
C35 E295
8
C35 E295 10S20 6
600...720 3)
C35 E295
C35, C45, 34Cr4 8
800...920 3)
C35, C45, 35S20
41Cr4 34CrMo4
42CrMo4 30CrNiMo8
10
12
1040...1060 3)
1140 ... 1170 3)
C45
Die Prüfspannung szL entspricht der größtmöglichen Zugfestigkeit einer Schraube, mit der die Mutter gepaart werden kann, wenn die Belastbarkeit der Verbindung bis zur Bruchlast der Schraube gewährleistet sein soll, d. h. bei Paarung einer noch festeren Schraube reißt dann die Mutter aus. für M 16 . . . M 39. abhängig vom Schraubendurchmesser.
Abb. 10.18. Festigkeitsklassen (DIN ISO 898). Werkstoffe für Befestigungsschrauben und Muttern
≤ 300 °C:
Werkstoffe nach Abb. 10.18
≤ 400 °C: ≤ 500 °C:
24CrMo5 40CrMoV4 7
warmfeste Werkstoffe
≤ 600 °C: ≤ 700 °C:
X22CrMoV12 1 NiCr20TiAl
hochwarmfeste Werkstoffe
≥ – 50 °C:
Werkstoffe nach Abb. 10.18
≥ – 70 °C: ≥ – 140 °C: ≥ – 250 °C:
26CrMo4 12Ni19 X12CrNi18 9
kaltzähe Werkstoffe
Abb. 10.19. Schrauben- und Mutternwerkstoffe für hohe und tiefe Temperaturen
10.5 Werkstoffe, Herstellung, Oberflächenbehandlung, Schmierung für Befestigungsschrauben
409
lassen sich diese Eigenschaften bereits durch geeignete (billigere) Oberflächenbehandlung erreichen. 10.5.2 Herstellung, Genauigkeit
Spanende Verfahren werden für drei Bereiche angewendet: Schrauben niedriger Festigkeitsklassen 3.6 ... 6.8 (Abb. 10.18) aus Automatenstahl (Kap. 5) lassen sich auch bei großen Stückzahlen durch Drehen und Fräsen wirtschaftlich herstellen. Schrauben der höheren Festigkeitsklassen 6.8 ... 12.9 werden nach dem Gewindeschneiden vergütet (schlußvergütet) oder zusätzlich gewalzt (schlußgewalzt). Für Gewindespindeln großer Abmessungen verwendet man oft Vergütungsstahl entspr. Abschn. 10.11.3 (Bewegungsschrauben). Sie werden meist in kleiner Stückzahl benötigt. Drehen und Fräsen, evtl. Gewindeschleifen, sind dabei wirtschaftliche und genaue Herstellverfahren. Spanlose Herstellung der Schraubenbolzen eignet sich generell, wenn große Schraubenköpfe angestaucht werden müssen und bei Werkstoffen hoher Festigkeit. – Warmumformung eignet sich für große Abmessungen (etwa > M24), – Kaltumformung bei Abmessungen bis etwa M24 und in der Großserienfertigung von Normschrauben der Festigkeitsklassen 6.8 ... 12.9. Das Gewinde wird nach dem Vergüten nochmals gerollt. Dadurch werden Streckgrenze und Dauerfestigkeit erhöht, die Bruchdehnung allerdings gemindert. Nachwalzen und Rollen des Gewindes zur Festigkeitssteigerung s. Abb. 10.55. Genauigkeit: Metrisches ISO-Gewinde wird in drei Toleranzklassen hergestellt: f (fein) für hohe Genauigkeitsanforderungen, Passung (Muttern/ Schraubengewinde): 5H/4h; m (mittel) für übliche Anforderungen im Maschinenbau, Passung: 6H/6g; g (grob) bei Anwendungen ohne Genauigkeitsanforderungen. Toleranzklasse m wird in der Bestellangabe nicht angeführt. Genauigkeit von Durchgangslöchern für Paßschrauben s. Abschn. 10.3.1. 10.5.3 Oberflächenbehandlung
Sie dient bei Schraubenverbindungen insbesondere dem Korrosionsschutz, daneben der Verbesserung der Gleiteigenschaften und dem Verschleißschutz (bei Bewegungsschrauben) sowie zur farblichen Gestaltung. Meist angewendete Verfahren: – Ölflächenfilm. Bereits durch Anlassen in Ölemulsion entsteht eine ölkohlehaltige Oberflächenschicht, die im allgemeinen ausreichenden Korrosionsschutz für Lagerung und Transport bietet.
410
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
– Phosphatieren. Die hierbei erzeugte feinkristalline, poröse, ölhaltige, schwarze Phosphatschicht bietet einen gewissen Korrosionsschutz, mindert Reibungszahl und Freßgefahr und widersteht auch einem öfteren Lösen der Verbindung. – Galvanisieren gestattet die Aufbringung auch dickerer (3 ... 20 mm) Schichten z.B. aus Zink, die dauerhafteren Korrosionsschutz bewirken sowie ein übermäßiges Anwachsen von Zunderschichten (Klemmgefahr!) verhindern. Für dekorative Zwecke verwendet man auch Beschichtungen mit Kupfer, Messing, Nickel, o. ä. – Feuerverzinken. Die hierbei verfügbaren Schichten von 50 ...100 mm gewährleisten einen besonders sicheren Korrosionsschutz. Besonderheiten der Oberflächenbehandlung metallischer Bauteile s. Kap. 5 sowie DIN 267. 10.5.4 Schmierung, Schmierstoffe
Durch geeignete Schmierstoffe kann man Festfressen,Verzundern bei hohen Temperaturen und Korrosion im Gewinde verhindern, die Reibungszahlen verringern und ihre Streuung einengen. Einfache, billige Schmieröle und Fette sind hierfür nur mit Einschränkungen geeignet. Deshalb verwendet man zunehmend Pasten, die Festschmierstoffe wie Graphit, Molybdändisulfid oder Metallpigmente enthalten sowie Trockenschmierstoffe wie Gleitlacke, die Montage und Demontage erleichern, druck-, hitze- und kältebeständig sind sowie gegen viele chemische Reaktionen schützen, Kap. 16.
10.6 Schraubenverbindungen für Befestigungsschrauben Die durch Schrauben miteinander verbundenen Bauteile und die hierfür verwendeten Befestigungsschrauben beeinflussen sich gegenseitig. 10.6.1 Montage der Schraubenverbindungen
Die Beanspruchung der Schrauben hängt auch davon ab, wie die Verbindung montiert, d.h. wie die Schraubenvorspannung erzeugt wird. Anziehen. Bei diesem – meist angewendeten Verfahren – nutzt man die Kraftübersetzung des Gewindes, wobei ein Drehmoment in eine Längskraft – die Montagevorspannkraft FM – umgewandelt wird. Streuungen in der Reibungszahl, der Kraftaufbringung, der Kraftkontrolle führen dazu, daß die Montagevorspannkraft zwischen FMmin und FMmax – u.U. erheblich – streuen kann. Dies wird durch den Anziehfaktor berücksichtigt:
aA = FMmax/FMmin .
(10.11)
10.6 Schraubenverbindungen für Befestigungsschrauben Anziehfaktor aA
Streuung der Vorspannkräfte
411
Anziehverfahren
aA – 1 ∆FM ± [%] = ± aA + 1 FM
11)
5 . . . 12 (Streuung der Streckgrenze für überelastischen Bereich)
Streckgrenzengesteuertes Anziehen (motorisch, manuell) Drehwinkelgesteuertes Anziehen (motorisch, manuell) Anspannen (hydraulisch, thermisch)
1,31) (1,2...1,6) 2)
9 . . . 23
Hydraulisches Anziehen
1,4 (1,4 . . . 1,6) 3)
16 . . . 23
Drehmomentgesteuertes Anziehen (Drehmomentschlüssel, Präzisionsdrehschrauber)
1,6
16 . . . 23
Drehmomentgesteuertes Anziehen (Längenmessung)
2,2 (1,7 . . . 2,5) 3)
26 . . . 43
Drehmomentgesteuertes Anziehen (Drehschrauber; für geschätzte Reibungszahlen und Einstellen des Schraubers mit Nachziehmoment)
3,2 (2,5 . . . 4) 3)
43 . . . 60
Impulsgesteuertes Anziehen (Schlagschrauber; Einstellen des Schraubers mit Nachziehmoment)
1) 2) 3)
Empfohlener Richtwert (Mittelwert, der für das Montieren vorgegeben wird). mgl. Bereich; Verwendung der niedrigeren Werte für lange Schrauben (lK /d ≥ 5), höhere Werte für kurze Schrauben (lK/d ≤ 2). mgl. Bereich; niedrigere Werte für große Zahl von Kontrollversuchen.
Abb. 10.20. Anhaltswerte für den Anziehfaktor aA nach VDI 2230 [10.1-85] bzw. [10.3-4]
Anhaltswerte für verschiedene Anziehverfahren s.Abb. 10.20. Hier ist auch der Mittelwert aA angegeben, der für das Montieren vorgegeben wird. – Für den Festigkeitsnachweis rechnet man mit FM = FM max , für den Ansatz der durch Reibschluß übertragbaren Querkraft mit FM min . Beim Anspannen wird die Montagevorspannkraft FM direkt axial aufgebracht, der Einfluß der Reibung entfällt, s. Abschn. 10.6.1.2.
412
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
10.6.1.1 Montage durch Anziehen
Anzieh- und Lösemoment. Beim Anziehen und Lösen einer Schraube mit dem Drehmoment TG A, L ist neben der Reibung im Gewinde, nach (10.7) auch die Reibung in der Kopf- bzw. Mutternauflage zu überwinden: TK = FS · mK · Dkm/2 = FS · mK · (dw + da)/4 ,
(10.12)
mit Maßen nach Abb. 10.43. Daraus ergibt sich das Gesamt-Anziehmoment für eine Schraubenkraft FS = Montage-Vorspannkraft FM bei Abschluß des Montagevorgangs: TA = TG A + TK = FM · [d2/2 · tan (j + r¢ ) + mK (dw + da)/4] .
(10.13)
Das Gesamt-Lösemoment einer Schraubenverbindung ergibt sich mit FS = FV , d.h. mit der nach dem Setzen noch vorhandenen Vorspannkraft (maximal = FM): TL = TG L + TK = FV [d2/2 · tan (j – r¢ )+ mK (dw +da)/4] .
(10.14)
Durch Veränderungen in den Kontaktflächen nach dem Montieren können die Reibungszahlen m¢ = tan r¢ und mK sehr groß werden und somit auch das Lösemoment TL. Für genormte Schrauben mit einem Flankenwinkel a = 60°, tan j nach (10.1) ergibt sich das Anziehmoment vereinfacht zu: TA = FM · (0,16 · Ph + 0,58 · mG · d2 + mK · (dw + da)/4) .
(10.15)
Die Reibungszahl mK an Kopf- bzw. Mutternauflage kann gleich mG im Gewinde gesetzt werden, s. Abb. 10.16. Anziehverfahren (zugehörige Anziehfaktoren a A s. Abb. 10.20). Handmontage ist bei Heftverbindungen üblich und hinreichend. Wichtig ist hierbei die Erfahrung des Monteurs, s.Abschn. 10.2.1. Hebelverlängerungen verfälschen das Gefühl und sind daher möglichst zu vermeiden. Drehmomentengesteuertes Anziehen: Das zum richtigen Anziehen erforderliche Drehmoment wird mit handbetätigtem oder motorbetriebenem Werkzeug erzeugt und gemessen oder als Grenzwert eingestellt. Bei handbetätigten Drehmomentschlüsseln bewirkt das Drehmoment eine Verdreh- oder Biegeverformung eines Stabs, die mittels eines Zeigers auf einer Skala abzulesen ist. Motorbetriebene Drehschrauber mit Elektro- oder Druckluftantrieb werden, da sie vorzugsweise in der Serienfertigung eingesetzt sind, auf Grenz-Anziehmomente eingestellt. Anziehen mit Verlängerungsmessung: Als Maß zur Bestimmung der Vorspannkraft wird die elastische Verlängerung der Schraube gemessen. Prinzipiell ist dies die exakteste, allerdings auch aufwendigste Methode. Sie wird daher nur selten angewendet. Winkelanzieher: Hierbei wird die Verbindung (mit ca. 15% des Anzugsmoments) so weit vorgespannt, bis alle Trennflächen satt anliegen. Erst von da an zählt der Nachziehwinkel auf den Montagewert. Die Schrauben werden bis in den überelastischen Bereich angezogen: Winkelfehler wirken sich dann wegen des nahezu horizontalen Verlaufs der Verformungskennlinie nur wenig auf die Montage-Vorspannkraft aus. Die Streckgrenze wird dabei zwar überschritten, die Dauerhaltbarkeit jedoch nicht gemindert.
10.6 Schraubenverbindungen für Befestigungsschrauben
413
Abb. 10.21a–c. Kospa-Prinzip. Erläuterung s. Text. a und b Ausführungsformen, c Anzugsmoment über Drehwinkel [10.3-17]
Streckgrenzengesteuertes Anziehen: Mit einer elektronischen Meßeinrichtung werden beim Anziehen Drehmoment und Drehwinkel fortlaufend gemessen. Der Antrieb wird automatisch abgeschaltet, wenn die Streckgrenze überschritten und die Neigung der Verformungskennlinie unter einen vorher eingestellten Wert absinkt. Unregelmäßigkeiten zu Beginn des Anziehvorgangs, die auf elastische und plastische Verformungen bis zur satten Auflage der Teile zurückzuführen sind, überbrückt das System, indem es die Messung erst aufnimmt, nachdem ein vorgegebenes Fügemoment überschritten wurde. Die Reibungszahl hat praktisch keinen Einfluß. Bis zur Streckgrenze angezogene Schraubenverbindungen sind durch einen Abbau der Spannungsspitzen an den Kerbstellen bei dynamischen Belastungen wesentlich haltbarer als solche, die nur im elastischen Bereich angezogen werden. Zusätzliche axiale Betriebsbelastungen führen zwar zunächst zu weiteren geringen bleibenden Längungen fSpl innerhalb der Schraube und mindern damit die Klemmkräfte, die jedoch trotzdem höher sind als die bei drehmomentgesteuertem Anziehen. Anziehen mit Schlagschraubern: Ein Schlagwerk mit Elektro- oder Druckluftantrieb erzeugt Drehimpulse. Diese lassen sich aber kaum einem Anzugsmoment zuordnen. Für hochbeanspruchte Verbindungen ist das Verfahren daher nicht zu empfehlen. Montage nach dem Kospa-Prinzip (Abb. 10.21). Bis zum Erreichen der geforderten Vorspannung tritt Reibung nur an der inneren Kreis-Ringfläche auf. Bei weiterer Verformung kommt die äußere Ringfläche in Kontakt, der Verdrehwiderstand steigt damit deutlich spürbar sprunghaft an.
10.6.1.2 Montage durch Anspannen
Für Schrauben größerer Abmessungen ist die Montage durch Anziehen nicht geeignet, weil das Anziehmoment zu groß bzw. die damit erreichte Vorspannung zu unsicher ist. Gleiches gilt, wenn überdies für eine größere Anzahl von Schrauben die exakt gleiche Vorspannung erzeugt werden muß. In solchen Fällen arbeitet man mit Anspannen. Die vormontierten Schrauben werden – wie nachstehend beschrieben – auf die MontageVorspanndehnung verlängert und die Verlängerung gemessen; die Schraubenschäfte werden somit nicht auf Torsion beansprucht. Vorab zieht man die Muttern nur mit einem kleinen Fügemoment an.
414
10 Schraubenverbindungen, Gewinde Abb. 10.22. Hydraulikmutter zum hydraulischen Anspannen. 1 Druckölzufuhr, 2 Kolben, 3 Druckzylinder, 4 Anspannmutter
Montage durch Wärmedehnung: Die Schraubenbolzen werden von innen erwärmt, die verspannten Teile bleiben kalt. Die Muttern werden nachgeführt; beim Abkühlen stellt sich dann der Vorspannungszustand ein. Hydraulisches Anspannen (Abb. 10.22): Hiermit kann man große Vorspannkräfte mit großer Genauigkeit – bis nahe an die Streckgrenze des Schraubenwerkstoffs – aufbringen. Bei einer Mehr-Schraubenverbindung lassen sich so alle Schrauben gleichzeitig mit gleichem Druck beaufschlagen, d.h. mit gleicher Kraft anspannen. Allerdings müssen die Schrauben über die Vorspannkraft hinaus belastet werden, da die verspannten Teile zurückfedern, wenn der Druck abgelassen und somit die Montagevorspannkraft gemindert wird. Evtl. kann man „nachspannen“ und so auch Setzbeträge ausgleichen. Festhalten beim Anziehen s. Abschn. 10.9, Abb. 10.57.
10.6.2 Kräfte und Verformungen – Verspannungsschaubild
Die Zusammenhänge zwischen Kraft und Längung der Schraube einerseits sowie Kraft und Zusammendrückung der verspannten Bauteile andererseits kann man anschaulich im Verspannungsschaubild darstellen. 10.6.2.1 Vorspannungszustand nach dem Montieren
Abbildung 10.23 zeigt: Zieht man Schrauben bis zur Montage-Vorspannkraft FM an, so längen sie sich um fSM. Die verschraubten Bauteile (Platten, Flansche) werden gleichzeitig um fPM zusammengedrückt. Dies läßt sich anschaulich in diesem Kraft-Dehnungs-Diagramm darstellen, einmal für die Schrauben und einmal für die zusammengedrückten Platten. Im elastischen Bereich ist die Kraft-Dehnungs-Kennlinie eine Gerade. Beim Überschreiten der Streckgrenze tritt plastische Verformung ein, die Kurve biegt ab (Abb. 10.33). Die verspannten Platten sind meist steifer (weniger nachgiebig) als die Schraube, die Kennlinie verläuft daher steiler. In beiden Kennlinien trägt man in Höhe der Montage-Vorspannkraft FM den Punkt P ein und schiebt nun beide Kennlinien zusammen,
10.6 Schraubenverbindungen für Befestigungsschrauben
415
Abb. 10.23a–d. Entstehung des Verspannungsschaubilds. a Kraft-Dehnungs-Kennlinie der Schrauben, b Kraft-Dehnungskennlinie der Bauteile (Platten), c Verspannungsschaubild der Verbindung unter Vorspannkraft FM , d Abbau der Montagevorspannkraft FMmin auf die Vorspannkraft FV durch Setzen (der vollständige Setzbetrag wird i.allg. erst bei Aufbringung der Betriebskraft erreicht)
bis die Punkte P zusammenfallen (Abb. 10.23c) und zwar infolge der möglichen Streuungen, s. (10.11), zwischen Pmin und Pmax . 10.6.2.2 Elastische Nachgiebigkeiten
Um das Verspannungsschaubild maßstäblich zeichnen zu können, benötigt man die Schrauben- und Platten-Nachgiebigkeiten. Nach dem Hookeschen Gesetz (Kap. 3) beträgt die Längenänderung f im Bereich elastischer Verformungen: f=
F◊l E◊A
(10.16)
und damit die elastische Nachgiebigkeit:
d = f/F = l/(E · A) .
(10.17)
d beschreibt somit die Steilheit der Kennlinien in Abb. 10.23 im elastischen Bereich. Nachgiebigkeit der Schraubenverbindung Die Schraube setzt sich aus verschiedenen Einzelelementen zusammen. Für die Berechnung kann man sie durch zylindrische Körper unterschiedlicher Längen li und Querschnitte Ai ersetzen, Abb. 10.24. Elastische Längung eines solchen Einzelelements unter der Kraft F bei E-Modul des Schraubenwerkstoffs ES: fi = li · F/(ES · Ai) .
(10.18)
Elastische Nachgiebigkeit eines zylindrischen Einzelelements:
di = fi/F = li/(ES · Ai) .
(10.19)
416
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Abb. 10.24. Schraubenelemente für die Berechnung der elastischen Nachgiebigkeit
Bei der Schraube sind die zylindrischen Elemente hintereinandergeschaltet, die gesamte elastische Nachgiebigkeit dS beträgt somit:
dS = dSK + d1 + d2 + d3 + dGM .
(10.20)
Hierin bedeutet (mit den Maßen nach Abb. 10.24): dSK elastische Nachgiebigkeit des Kopfes. Erfahrungsgemäß gilt für genormte Sechskant- und Innensechskantschrauben etwa
dSK = 0,4 · d/(ES · AN) ,
(10.21)
mit AN = p · d2/4 = Nennquerschnitt der Schraube. Eine größere oder geringere Kopfnachgiebigkeit als bei Normschrauben kann man durch einen entsprechend angepaßten Faktor (≈ 0,4) berücksichtigen. d1, d2 sind elastische Nachgiebigkeiten der zylindrischen Schaftelemente
d1,2 = l1,2/(ES · A1, 2),
(10.22)
mit Schaftlängen l1 , l2 nach Abb. 10.24 und den entsprechenden Schaftquerschnitten A1, A2 . dGM berücksichtigt die Nachgiebigkeit des eingeschraubten Schraubengewindekerns dG und der Mutter dM (axiale Relativbewegung zwischen Schraube und Mutter infolge elastischer Biege- und Druckverformung der Schrauben- und Mutterngewindegänge):
dGM = dG + dM .
(10.23)
Für den Gewindeanteil und genormte Muttern nach DIN 934 wurden folgende empirische Gleichungen ermittelt:
dG = lG/(ES · A3) = 0,5 · d/(ES · A3) ,
(10.24)
dM = lM/(ES · AN) = 0,4 · d/(ES · AN) ,
(10.25)
d3 Nachgiebigkeit des nicht eingeschraubten Gewindeteils mit Kernquerschnitt A3 : d3 = l3/(ES · A3) .
(10.26)
Nachgiebigkeit zentrisch verspannter Platten Die elastische Nachgiebigkeit dp der vorgespannten Platten ist schwierig zu bestimmen, weil die Druckverteilung im Klemmbereich zwischen
417
10.6 Schraubenverbindungen für Befestigungsschrauben
a
DA < dW
p Aers = 3 (DA2 – d 2h) 4
b
dW ≤ DA ≤ dW + lK
p p Aers = 3 (dw2 – d 2h ) + 3 dw (DA – dw) 4 8
c
dW + lK < DA
p p Aers = 3 (dw2 – d 2h ) + 3 dw · lK 4 8
02 l ·d + 1 – 1
03 D 3
K
2
W
2 A
+ 1 – 1
07 (l + d ) 3
07 l K · dW K
W
2
2
Abb. 10.25a–c. Ersatzdruckzylinder zur Berechnung der elastischen Nachgiebigkeit verspannter Hülsen und Platten
Schraubenkopf und Trennfuge radial nach außen abklingt. Nach [10.312] wird dieser Bereich näherungsweise durch einen Doppelkegel erfaßt, der sich unter Schraubenkopf und Mutter mit einer Neigung tan g ausbreitet (Abb. 10.25). Für die Berechnung der Nachgiebigkeit wird hieraus ein Ersatz-Hohlzylinder mit Querschnitt Aers gebildet. Nur im Fall, daß dünne Hülsen mit Außendurchmesser kleiner als der Kopfauflagedurchmesser dw verspannt werden, kann man mit gleichmäßiger Druckverteilung über dem Hülsenquerschnitt rechnen. Ausge-
418
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
hend von diesen Annahmen, unterscheidet man daher für die Berechnung der Nachgiebigkeit nach [10.3-6] drei Fälle, die in Abb. 10.25 dargestellt sind. Damit ergibt sich die Nachgiebigkeit der Platten mit Aers nach Abb. 10.25:
dp = lK/(Aers · Ep) .
(10.27)
Nachgiebigkeit verspannter dünner Bleche Die oben dargestellten Zusammenhänge gelten nur für satt aufeinanderliegende Teile und nicht für dünne Bleche größerer Anzahl, die nicht völlig eben sind. In diesen Fällen wird die Bauteil-Nachgiebigkeit dp größer und muß experimentell bestimmt werden. 10.6.2.3 Verspannungsschaubild für den Betriebszustand
Wird in die vorgespannte Schraubenverbindung eine Betriebskraft FA (z.B. Massenkraft bei Pleuelverschraubungen, Abb. 10.26, oder Druckkraft in einer Rohrleitung) eingeleitet, so werden Schrauben und verspannte Platten zusätzlich statisch oder dynamisch beansprucht. Gleichzeitig und insbesondere in der ersten Zeit nach Betriebsbeginn führen Setzerscheinungen dazu, daß die Montagevorspannkraft gemindert wird. Auswirkung von Setzerscheinungen Setzen entspricht einem Kriechvorgang im Werkstoff (Relaxation). Als Folge ergibt sich eine Verlängerung der Schraube und eine Verkürzung der verspannten Teile. Schwingbeanspruchungen und höhere Temperaturen (auch bei Stahl) verstärken die Kriecherscheinungen, bei Kupferund lackierten Oberflächen bereits bei Raumtemperatur. Der Setzbetrag fZ (nach dem Anziehen) ist sowohl von der Anzahl der Trennfugen als auch von der Größe der Rauhigkeit der Fugenflächen abhängig. Für massive Verbindungen mit Schrauben nach DIN 931, 933 kann man nach VDI 2230 etwa die Setzbeträge nach Abb. 10.27 ansetzen. Dabei wird vorausgesetzt, daß Grenzwerte der Flächenpressung nicht überschritten werden, Abschn. 10.7.3. Hinweise für die Gestaltung im Hinblick auf Setzerscheinungen s. Abschn. 10.10.
Abb. 10.26. Pleuelverschraubung (Längenangaben s. Beispiel Abschn. 10.12)
419
10.6 Schraubenverbindungen für Befestigungsschrauben
Gemittelte Rauhtiefe Rz nach DIN 4768
Belastung
Richtwerte für Setzbeträge in µm
< 10 µm
Zug/Druck Schub
3
10 µm bis < 40 µm
Zug/Druck Schub
3
40 µm bis < 160 µm
Zug/Druck Schub
3
im Gewinde
je Kopf oder Mutternauflage
je innere Trennfuge
2,5
1,5
3
3 3
3
2 4,5
4 3
2
3,5 3
6,5
3,5
Abb. 10.27. Richtwerte für Setzbeträge bei Schrauben, Muttern und kompakten verspannten Teilen aus Stahl nach VDI 2230 [10.1-86]. – Bei Aluminiumwerkstoffen etwa doppelte Werte
Ein wirksamer Setzbetrag fZ vermindert die Montagevorspannkraft FM um den Betrag FZ und folgt aus den Beziehungen zwischen ähnlichen Dreiecken, Abb. 10.23d. Die verbleibende Vorspannkraft FV = FMmin – FZ muß mindestens gleich der erforderlichen Vorspannkraft sein, damit eine Restklemmkraft FKR im Betrieb gesichert ist (s.u.). Führt man die Nachgiebigkeiten dS = fSM/FM und dP = fPM/FM nach (10.17) ein und das Kraftverhältnis F nach (10.35), so ergibt sich der Vorspannkraftverlust FZ : FZ = fZ/(dS + dP) = fZ/dS · (1 – F) = fZ · F/dP .
(10.28)
Angriff einer Zugkraft zentrisch unter Kopf und Mutter Das ist der einfachste Fall (Abb. 10.28). Er eignet sich gut zur Ableitung der grundlegenden Beziehungen zwischen Kräften und Verformungen. Unter der Wirkung einer äußeren Zugkraft FA wird die Schraube um den Betrag fSA gedehnt, die verspannten Teile (Platten) gegenüber
Abb. 10.28a, b. Zentrisch verspannte Platten a im Montageund b Betriebszustand
420
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Abb. 10.29a, b. Verspannungsschaubild für den Betriebszustand einer Schraubenverbindung nach dem Setzen für a Zugbeanspruchung, b Druckbeanspruchung
dem Montagezustand um den gleichen Betrag, d.h. fPA = fSA , entspannt (Abb. 10.29a). – Kräfte Unter der Wirkung der Betriebskraft FA steigt die Schraubenkraft zunächst auf FS max . FS max ist um FSA größer als die Montagevorspannkraft FM max . Dieser Zustand ist maßgebend für die maximale statische Beanspruchung. Infolge der Setzerscheinungen sinkt FM auf die (Betriebs-) Vorspannkraft FV ab und FS max auf FS . Die Klemmkraft in der Flanschfläche der verspannten Teile vermindert sich gleichzeitig um den Betrag FPA , so daß im Betriebszustand nur noch die Restklemmkraft FKR verbleibt. Damit gilt für den elastischen Bereich: Zunahme der Schraubenkraft
FSA = fSA/dS ,
(10.29)
Abnahme der Klemmkraft
FPA = fPA/dP ,
(10.30)
mit fSA = fPA . Da die Klemmkraft in den verspannten Platten bei Einleitung einer äußeren Zugkraft FA abnimmt, steigt die Schraubenkraft gleichzeitig nur um die Differenzkraft FSA = FA – FPA. Im Betriebszustand wirkt demnach in der Trennfuge nur die Restklemmkraft: FKR = FS – FA = FS – (FSA + FPA) = FV – FPA .
(10.31)
Es herrscht somit im Betriebszustand das Kräftegleichgewicht FS = FA + FKR .
(10.32)
– Verformungen Im Montagezustand beträgt die Gesamtverformung von Schraube und verspannten Platten (Abb. 10.23): fMges = fSM + fPM
(10.33)
und nach dem Abklingen der Setzerscheinungen: fVges = fSV + fPV ,
(10.34)
10.6 Schraubenverbindungen für Befestigungsschrauben
421
mit den Maximal- bis Minimalwerten. Die Gesamtverformung bleibt also immer konstant, solange die Restklemmkraft FKR größer als null ist, d.h. solange die Trennfugen unter der Wirkung von FA nicht vollständig entlastet werden und auseinanderklaffen. Den Anteil FSA der Kraft FA, um den die Schraube im Betrieb zusätzlich beansprucht wird, kann man durch das Kraftverhältnis F ausdrücken:
F = FSA/FA .
(10.35)
Daraus folgt mit den o.g. Beziehungen zwischen FSA , fSA und dS , FPA , fPA (= fSA) und dP für den Fall der Krafteinleitung in die Schraubenkopf- und Mutternauflage: Kraftverhältnis F = dP/(dS + dP) ,
(10.36)
Schraubenzusatzkraft FSA = F · FA ,
(10.37)
Plattenentlastungskraft FPA = (1 – F) FA .
(10.38)
Die Klemmkraft wird null (Abheben), wenn FPA = FV und somit (1 – F) · FA = FV ist. Also ist die Betriebskraft, die zum Abheben führt: FAab = 1/(1 – F) · FV .
(10.39)
In den bisherigen Betrachtungen wurde angenommen, daß die Kraft direkt unter Kopf- bzw. Mutternauflage eingeleitet wird. In der Praxis greift die Kraft jedoch zwischen Kopf- bzw. Mutterauflagefläche und der Trennfuge der verspannten Teile an. Angriff einer Zugkraft zentrisch innerhalb der verspannten Platten Das Prinzip ist in Abb. 10.30 dargestellt. Die von außen eingeleitete Kraft FA bewirkt, daß nur noch die zwischen den Krafteinleitungsebenen 2-2 und 3-3 liegenden Teile durch FA entlastet werden (sich dehnen). Die übrigen Teile werden zusätzlich durch FSA belastet (zusammengedrückt), sie sind also – bezüglich der Verformung – der Schraube zuzuordnen. Für die Berechnung nimmt man an, daß der Abstand zwischen den Kraftangriffsebenen 2-2 und 3-3 nur noch n · lK beträgt (mit Klemmlängenfaktor n < 1). Entsprechend ergibt sich eine Nachgiebigkeit dP und – ausgehend von (10.36) – ein Kraftverhältnis n · F, das in (10.36) ... (10.39)
Abb. 10.30. Krafteinleitung in die Schraubenverbindung an den Stellen 2 – 2 und 3 – 3, Beispiel: n ≈ 0,5 (Verspannungsschaubild s. Abb. 10.31)
422
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Abb. 10.31. Richtwerte für Klemmlängenfaktor n und Auswirkung auf das Verspannungsschaubild einer Schraubenverbindung nach VDI 2230 (Normal: n ≈ 0,3 ... 0,7; Mittelwert n = 0,5; im Zweifelsfall den größeren Wert wählen)
10.6 Schraubenverbindungen für Befestigungsschrauben
423
anstelle von F einzuführen ist. Damit erhält man die Schraubenzusatzkraft FSA = n · F · FA
(10.40)
und die Kraft, mit der die Platten entlastet werden FPA = (1 – n · F) · FA .
(10.41)
Zum Ansatz des Klemmlängenfaktors n s. Abb. 10.31, Hinweise zur Berechnung von n s. [10.3-13], VDI 2230 (Entwurf 1998). Angriff einer Druckkraft zentrisch unter Kopf und Mutter Für diesen Betriebszustand gelten dieselben Gleichungen wie für Zugkraftbeanspruchung, jedoch mit negativem Vorzeichen für FSA und FPA. Das bedeutet, die verspannten Teile werden bei Einleitung der Druckkraft zusätzlich zusammengedrückt, die Zugkraft der Schraube gemindert. Abbildung 10.29b zeigt das Verspannungsschaubild. Die Restklemmkraft entspricht der Maximalkraft FS (vgl. (10.31)). Angriff einer Schwingkraft innerhalb der verspannten Platten Abbildung 10.32 zeigt die drei wichtigsten Beanspruchungsfälle und den Verlauf der äußeren Schwingkräfte FA und der Schraubenzusatzkraft (Differenzkraft) FSA in der Schraube. Die für die Dauerhaltbarkeit maßgebende Ausschlagkraft beträgt nach Abb. 10.32c: FSAa = n · F (FAo – FAu)/2 ,
(10.42)
bei der am häufigsten vorkommenden Schwellbeanspruchung, d.h. wenn FAu = 0 ist: FSAa = n · F · FA/2 = FSA/2 ,
(10.43)
Plattenentlastungs-Differenzkraft nach (10.41) mit FA = oberer Betriebskraft FAo . Dazugehörige Schrauben-Mittelkraft nach Abklingen des Setzvorganges: FSm = FV + n · F · (FAo – FAu)/2 = FM max – FZ – FSAa .
(10.44)
Ein Vergleich der Abb. 10.32a und b zeigt, daß bei kleinerem fSV /fPV , d.h. bei wenig elastischen (dicken) Schrauben bzw. bei sehr elastischen Flanschen (oder Dichtungen) FSA größer ausfällt. Von der entsprechenden Ausschlagkraft FSAa hängt aber die Dauerbruchgefahr ab. Ein großes Verhältnis fSV /fPV ist daher ein guter Schutz gegen Dauerbruch und ergibt eine kleinere Schraubenkraft FS max . Belastung im plastischen Bereich Wird die Schraube durch eine Betriebskraft FA bis über die Streckgrenze beansprucht, d.h. plastisch verformt (Abb. 10.33) und danach entlastet, entspricht dies im Verspannungsschaubild einer Entspannung entlang der Geraden KB. Danach verbleibt somit eine plastische Verformung fSpl . Die verbleibende Vorspannkraft hat sich dabei gegenüber dem Montagezustand um FZpl verringert. Bei der plastischen Verformung der verspannten Teile durch eine Druckkraft FA ergeben sich analoge Verhältnisse.
424
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Abb. 10.32a–d. Verspannungsschaubilder bei dynamischer Beanspruchung einer Schraubenverbindung. Verlauf der Ausschlagkraft in der Schraube a, b FSA schwellend, c FSA dynamisch – nicht auf null abschwingend, d FSA Zug-Druck wechselnd. Die schraffierten Felder kennzeichnen den zeitlichen Verlauf der äußeren, auf die Schraubenverbindung wirkenden Schwingkräfte
Abb. 10.33. Verspannungsschaubild bei Beanspruchung einer Schraube in den plastischen Bereich
10.7 Tragfähigkeit von Befestigungsschrauben
425
Abb. 10.34. Schraubenverbindung mit exzentrischer Verspannung und Krafteinleitung
10.6.2.4 Nachgiebigkeit bei exzentrischer Verspannung und exzentrischer Krafteinleitung
Bisher wurde von der Annahme ausgegangen, daß die Schraubenachse S-S und die Resultierende der äußeren Kraft FA mit der Schwerachse der verspannten Platten 0-0 zusammenfallen (nach Abb. 10.34: s = 0 und a = 0). Ist dies nicht der Fall, so ist die Pressung (und die Verformung) in der Trennfläche nicht mehr gleichmäßig verteilt, die Trennfuge kann u.U. aufklaffen, der Schraubenbolzen wird zusätzlich auf Biegung beansprucht. Ansätze zur Berechnung einer so gestalteten und belasteten Schraubenverbindung s. VDI 2230, [10.3-6]. Die Berechnung ist mit großen Unsicherheiten behaftet. Es empfiehlt sich daher, die Schraubenverbindungen so zu gestalten, daß s und a klein werden, die Zusatzbeanspruchungen ebenfalls klein sind und Klaffen vermieden wird, s. hierzu Abschn. 10.9 (Gestaltung).
10.7 Tragfähigkeit von Befestigungsschrauben Schäden und Funktionsstörungen von Schraubenverbindungen können durch Mängel in der Dimensionierung (Berechnung), Gestaltung, Fertigung, Werkstoffwahl oder/und Montage verursacht werden. 10.7.1 Gefahrenquellen – Abhilfemaßnahmen
– Der größte Unsicherheitsfaktor für Dimensionierung und Berechnung liegt in der Abschätzung der wirklich auftretenden Kräfte. Auch die Nachgiebigkeit der verspannten Bauteile, insbesondere die Lage der Krafteinleitungsebene (Abb. 10.31, Klemmlängenfaktor n) sind meist schwer zu bestimmen. – Dies ist bei der Gestaltung und beim Ansatz der zulässigen Spannung bzw. der Sicherheit zu berücksichtigen. – Aufklaffen der verspannten Bauteile infolge zu kleiner Vorspannung, evtl. bedingt durch Setzerscheinungen. – Gegenmaßnahmen s. Abschn. 10.6.2.3. – Einseitiges Klaffen und Biegebeanspruchung bei exzentrischer Krafteinleitung s. Abschn. 10.6.2.4, Abhilfe s. Abschn. 10.9.
426
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Abb. 10.35a–c. Kraftaufteilung auf die Gewindegänge [10.3-17], a bei normaler Druckmutter, übergreifend, b bei ringförmig eingedrehter Mutter und c bei Zugmutter
– Auch einseitige Auflage des Schraubenkopfes führt zu schwer abschätzbaren Biegebeanspruchungen der Schraube. – Abhilfe: planparallele Bearbeitung, kugelige Unterlegscheiben, hochfeste, biegeweiche Schrauben. – Die tatsächlich erzeugte Montage-Vorspannung ist oft unsicher, Anziehverfahren und zu erwartende Streuungen s. Abschn. 10.6.1. Ansatz für Festigkeitsberechnung und Klemmkraft s. Abschn. 10.7.2. – Verlust der Vorspannung durch Wärmedehnung oder plastische Verformung der Schraube und der verspannten Teile (Setzen) entspr. Abschn. 10.6.2.3, Abhilfe s. Abschn. 10.10.1. – Zusätzliche Stoßarbeit bei Wechsel der Kraftrichtung z.B. durch Lagerspiel bei Pleuelschrauben. – Dehnschrauben mit Zugmutter (Abb. 10.35) verwenden, Erläuterungen s. Abschn. 10.9. – Selbsttätiges Lösen bei Erschütterungen. – Gegenmaßnahmen s. Abschn. 10.9. – Chemische oder elektrolytische Korrosion, insbesondere in den Trennfugen, Festfressen beim Anziehen. – Abhilfe durch geeignete Werkstoffe, Oberflächenbehandlung und Schmierung s. Abschn. 10.5. – Brüche bei dynamisch beanspruchten Schrauben. Bruchstellen 1 und 2 nach Abb. 10.36 lassen sich durch besseres Ausrunden „entschärfen“. Bruchstelle 3 ist am stärksten gefährdet, weil hier neben der starken Kerbwirkung der größte Anteil der Gesamt-Schraubenkraft übertragen wird. Dies gilt für die normale Druckmutter. – Abhilfe
Abb. 10.36. Bruchstellen bei dynamisch beanspruchten Schrauben, nach MPA Darmstadt; bei 1:15% aller Brüche; bei 2:20%; bei 3:65%
10.7 Tragfähigkeit von Befestigungsschrauben
427
s. Abb. 10.35 und Abschn. 10.9. – Maßnahmen zur Minderung der Ausschlagspannung s. Abschn. 10.6.2.3. 10.7.2 Tragfähigkeitsberechnung – Vorgehensweise
Für die Berechnung der verschiedenen Schraubenverbindungen gelten eine Reihe von gleichen Grundgedanken und Voraussetzungen: – Es wird mit Nennspannungen gerechnet. Schrauben sind – insbesondere im Gewindebereich – stark gekerbte Bauteile (Formzahl as = 4 ... 10, s. Abschn. 3.3.5.1). Die Auswirkung der Kerben und auch der ungleichmäßigen Lastverteilung auf die Gewindegänge (Abb. 10.35) berücksichtigt man im Ansatz der Bauteilfestigkeit, die durch Versuche mit eingeschraubten Gewinden ermittelt wird. Bei der Tragfähigkeitsberechnung der Schraubenverbindungen sind zu berücksichtigen: – Wirkungsart: Schraube (Schraubenbolzen) mit Gewinde, Schraubenkopf, Mutter; – Zeitlichem Verlauf der Beanspruchung: statisch, schwingend; – Beanspruchung aus Längskraft, Querkraft, Torsionsmoment (Zugspannung, Flächenpressung, Scherspannung); – erforderliche Klemmkraft; – Betriebszustand: Nach dem Anziehen bzw. Anspannen (Abschn. 10.6.1.2), nach dem Setzen, unter Betriebsbelastung. 10.7.3 Beanspruchung und Festigkeit der Schraube
Außer bei Paßschrauben wird der Schraubenbolzen im Gewinde und in zylindrischen Bereichen statisch oder dynamisch auf Zug beansprucht, wenn die Schraube durch Anziehen vorgespannt wird auch statisch auf Torsion. Durch Anspannen vorgespannte Schrauben werden nur auf Zug beansprucht. Die statische Festigkeit ist maßgebend bei zeitlich konstanter Belastung und bei selten (< 104 mal während der Lebensdauer) auftretenden Sonderbelastungen, wie z.B. infolge Bedienungsfehlern, Kurzschluß, sonstigen Schadensereignissen. Bei der Berechnung der statischen Tragfähigkeit muß die Stützwirkung der Gewindegänge und eine Kaltverfestigung berücksichtigt werden (Abb. 10.37). Man legt deshalb für die Festigkeitsberechnung einen sog. „Spannungsquerschnitt“ AS zugrunde, der größer ist als der Kernquerschnitt A3. AS entspricht dem Querschnitt eines glatten Stabs etwa gleicher Zugfestigkeit, Abb. 10.38. Bei Taillenschrauben wird mit dem kleinsten Schaftdurchmesser anstelle von AS gerechnet. Schwingfestigkeit: Die Dauerfestigkeit beträgt nur 10 ... 25% der Dauerfestigkeit der glatten, polierten Probe mit dem Kernquerschnitt A3 (s. z.B. Abb. 10.37). Für die Berechnung der dynamischen Schwingfestigkeit legen wir A3 zugrunde, da die plastische Stützwirkung entfällt. Dauerfestigkeit (Ausschlagfestigkeit) für Schrauben der Festigkeitsklas-
428
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Abb. 10.37. Dauerfestigkeit einer Schraube mit Mutter und der glatten Probe aus Schraubenwerkstoff
Abb. 10.38. Spannungsquerschnitt AS
sen 6.9 ... 12.9 s. Abb. 10.39, 10.40. Die Ausschlagfestigkeit sA = sA, SV schlußvergüteter Gewinde ist nach Abb. 10.39 unabhängig von der Mittelspannung. Der Faktor 0,75 der Berechnungsgleichung in Abb. 10.40 bedeutet, daß sA bis zu 25% um die Meßwerte streuen kann. Die Ausschlagfestigkeit sA = sA, SG schlußgewalzter Gewinde wird – infolge geringerer plastischer Verformungen – mit wachsender Mittelspannung bzw. Vorspannung kleiner. Dies wird in der Berechnungsgleichung der Abb. 10.40 durch den Faktor (2-Fv/Fp0,2) ≈ (2-Fvmax /(As · Rp0,2) berücksichtigt. Abbildung 10.41 zeigt Versuchsergebnisse. Hiernach liegen die Dauerfestigkeitswerte nach VDI 2230 [10.1-85] bis ca. 50 mm Durchmesser auf der sicheren Seite, darüber ist mit niedrigeren Werten zu rechnen. Unvergütete Schrauben der Festigkeitsklassen unter 8.8 werden i.allg. als Heftschrauben verwendet. Ihre Ausschlagfestigkeit sA ist wegen der dominierenden Kerbwirkung des Gewindes bei hoher Zähigkeit (s. Bruchdehnung, Abb. 10.18) kaum geringer als sA, SV schlußvergüteter Schrau-
10.7 Tragfähigkeit von Befestigungsschrauben
429
Abb. 10.39. Dauerfestigkeit schlußvergüteter Schrauben
0,2 - 0,8 Rp0,2
gültig für: 0,2 Fp 0,2 < FV < 0,8 Fp0,2
Abb. 10.40. Dauerfestigkeit von schlußgerollten Schrauben, FVmax nach (10.54)
ben. Wegen der geringen statischen Festigkeit sind allerdings nur kleinere Vorspannkräfte möglich, bzw. größere Querschnitte nötig. Generell bestehen auch zwischen der Dauerfestigkeit niedriglegierter und hochlegierter nichtrostender Stähle bei ausreichender Zähigkeit wenig Unterschiede [10.3-15]. Das gilt weitgehend auch für Kupferlegierungen [10.3-9], [10.3-16]. Titanlegierungen weisen durchweg eine niedrigere Dauerhaltbarkeit auf [10.3-5].
430
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Abb. 10.41. Ausschlagfestigkeit von schlußgerollten Schrauben für unterschiedliche Gewindedurchmesser [10.3-21]
10.7.4 Sicherheiten gegen Festigkeit der Schraube
Die Sicherheit gegen statische Festigkeit (Fließgrenze) kann i. allg. wegen der oben erwähnten Stützwirkung und Kaltverfestigung niedriger als gegen Dauerfestigkeit angesetzt werden. Örtliche Spannungsspitzen können durch Fließen abgebaut werden. Überschreitung der Dauerfestigkeit führt dagegen zu verformungslosen Dauerbrüchen, statische Überschreitung der Bruchfestigkeit zu Gewaltbruch. Nach VDI 2230 ist bei elastischem Anziehen bis zur Montage-Vorspannkraft FM eine Sicherheit gegen Fließgrenze von SF = 1 ausreichend, bei fließgrenz- und fließgrenzüberschreitendem Anziehen wäre hiernach eine Überschreitung der Fließgrenze um 20% zulässig (SF ≈ 0,83). Voraussetzung dafür ist, daß die wirkenden Kräfte sicher bekannt sind (Abschn. 10.7.1) und daß alle Einflußfaktoren für die Montagevorspannkraft realistisch und eher vorsichtig abgeschätzt wurden. – Normalerweise fordert man unter diesen Voraussetzungen: – Sicherheit gegen Fließgrenze Rp : SFmin = 1,1 ... 1,5 bei streckgrenzengesteuertem Anziehen auch SFmin < 1, s. Abschn. 10.6.1.1. – Sicherheit gegen Bruchfestigkeit Rm und Ausschlagfestigkeit sA : SBmin = SDmin = 1,3 ... 2. Bei unsicheren Angaben über Belastung (insbesondere die oben erwähnten Sonderbelastungen), Steifigkeit der Verbindung und Werkstofffestigkeit sind u.U. wesentlich höhere Sicherheiten erforderlich – Kriterien für den Ansatz der Mindestsicherheit s.a. Abschn. 1.4.8.
10.7 Tragfähigkeit von Befestigungsschrauben
431
10.7.5 Dimensionierung und Festigkeitsnachweis
Für den Festigkeitsnachweis müssen die Hauptabmessungen von Schraube, Gewinde und Bauteil bekannt sein. Andernfalls schätzt man zunächst den erforderlichen Schraubenquerschnitt aufgrund einer Überschlagsrechnung (Dimensionierung) ab. Das Ergebnis ist durch die – genauere – Nachrechnung der gewählten Schraube zu überprüfen und ggf. durch Wahl einer anderen zu korrigieren. – Der Festigkeitsnachweis schließt die Kontrolle der Klemmkraft ein, die in jedem Betriebszustand gesichert sein muß. 10.7.5.1 Durch Anziehen vorgespannte, statisch oder dynamisch belastete Schraube (z.B. Flanschschraube, Zylinderdeckelschraube)
Zusammenwirken von Montage-Vorspannung FM , Betriebskraft FA und Setzerscheinungen s. Abschn. 10.6.2. (A) Gegeben Abmessungen der verspannten Bauteile, erforderliche Mindest-Klemmkraft FKR min , äußere (axiale) Betriebskraft FA bzw. zwischen FAo und FAu schwingende Betriebskraft und Anziehverfahren. (B) Dimensionierung Die nachfolgend dargestellten Beziehungen werden nur für die Dimensionierung – nicht für den Festigkeitsnachweis – benötigt. – Zugspannung bei ruhender Vorspannkraft FM
sz M =
FM . AS
(10.45)
Spannungsquerschnitt AS nach Abb. 10.38 (bei Schraube mit Dehnschaft oder Taillenschraube der – kleinere – Schaftdurchmesser dT (Abb. 10.3d). – Torsionsspannung bei Abschluß des Anziehvorgangs (vor Eintreten der Setzvorgänge):
tt M =
TG FM ◊ d 2 ◊ tan (j + r ¢) d = = s z M ◊ 2 ◊ tan (j + r ¢) 2 , 3 Wt dS 2 ◊ p ◊ d S /16
(10.46)
mit Gewindemoment TG nach (10.7) für die Montagevorspannkraft FM nach Abschn. 10.7.3 (TG tritt wie auch FM immer statisch auf), dS Durchmesser des Spannungsquerschnitts AS, Abschn. 10.7.3. – Vergleichsspannung: Nach der Gestaltänderungsenergiehypothese (Abschn. 3.5.4.2) ergibt sich beim Zustand nach dem Anziehen auf die Mon-
432
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
tage-Vorspannung eine aus Zug und Torsion zusammengesetzte Vergleichsspannung:
svM = k00 s 2zM + 3 t 2tM ,
(10.47)
mit sz M nach (10.45) und t t M nach (10.46):
svM = sz M
d 00003 1 + 3 2 tan (j + r¢ ) 4 = s d 2
S
2
zM
FM ·Y=5 · Y. A
(10.48)
Für metrisches Regelgewinde nach DIN/ISO gilt etwa: j = 2 ... 3°, d2/dS = 1,065 . . . 1,039; für mittlere Verhältnisse und Reibungszahl m¢ = tan r¢ = 0,15 ergibt sich damit etwa: Y = 1,23; für andere Gewinde und Reibungszahlen mit entspr. Y-Wert; s. a. Abschn. 10.11.5. – Vorläufiger Ansatz für die maximale Schraubenkraft: FSmax ≈ aA FKRmin + FA ,
(10.49)
Anziehfaktor aA s. Abb. 10.20. Entsprechend (10.48) mit Y = 1,23 läßt sich der erforderliche Spannungsquerschnitt schätzen: AS =
1, 23 FS max
s z zul
=
1, 23 FS max R p / SF
,
(10.50)
mit Mindestsicherheit SFmin nach Abschn. 10.7.4, Rp für genormte Schraubenstähle s. Abb. 10.18. – Hierzu entnimmt man aus Abb. 10.42 das zugehörige (im Hinblick auf die ungünstige Annahme für die Beanspruchung), nächst größere Normgewinde. (C) Nachrechnen gegen statische Festigkeit (Fließgrenze Rp /Festigkeit Rm) Mit den gegebenen Daten, den Daten des gewählten Werkstoffs und des gewählten Gewindes berechnet man die Sicherheit. Dabei geht man zweckmäßigerweise nach folgenden Rechenschritten vor: (1) Nachgiebigkeit der Schraube dS , nach (10.20) (2) Nachgiebigkeit der verspannten Platten dP , nach (10.27) (3) Kraftverhältnis F, nach (10.36) (4) Krafteinleitungsebene, Faktor n nach Abb. 10.31 (5) Schrauben-Differenzkraft FSA , nach (10.40) (6) Bauteil-Differenzkraft FPA , nach (10.41) (7) Setzkraft FZ , nach (10.28) (8) Mindesterforderliche Betriebs-Vorspannkraft FVmin = FKR min +FPA (10.51) (9) Mindest-Montage-Vorspannkraft FMmin =FVmin + FZ (10.52) (10) Maximale Montage-Vorspannkraft FMmax = aA · FMmin = aA [FKRmin + FPA + FZ] (10.53) „Hauptdimensionierungsformel“ nach VDI 2230, mit aA nach Abb. 10.20 (11) Maximale Betriebs-Vorspannkraft FVmax = FMmax – FZ (10.54) (12) Maximale Schraubenkraft FSmax = FMmax + FSA , (10.55)
10.7 Tragfähigkeit von Befestigungsschrauben
Nenndurchmesserd
Regelgewinde
in mm
Steigung Ph
Feingewinde (fein)
Feingewinde (extra fein)
in mm
Kernquerschnitt A3 in mm2
Spannungsquerschnitt AS in mm2
Steigung KernPh querschnitt A3 in mm in mm2
Spannungsquerschnitt AS in mm2
8 10 12 16 20 24 30 36 42 48 56 64
1,25 1,5 1,75 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 5,5 6
32,84 52,30 76,25 144,1 225,2 324,3 519 759,3 1045 1377 1905 2520
36,6 58,0 84,3 157 245 353 561 817 1121 1473 2030 2676
1 1,25 1,25 1,5 1,5 2 2 3 3 3 4 4
39,2 61,2 92,1 167 272 384 621 865 1206 1604 2144 2851
Nenndurchmesser d
Feingewinde (fein 1) Steigung Ph
in mm 72 80 90 100 110 125 140
36,03 56,29 86,03 157,5 259,0 364,6 596,0 820,4 1153 1543 2050 2743
Feingewinde (fein 2)
Steigung Ph in mm
Kernquerschnitt A3 in mm2
Spannungsquerschnitt AS in mm2
1 1 1 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 2 2
91,15 171,4 276,8 385,7 622,8 916,5 1267 1674 2252 2975
96,1 178 285 401 642 940 1294 1705 2301 3031
Feingewinde (extra fein)
in mm
Kernquerschnitt A3 in mm2
Spannungsquerschnitt AS in mm2
Steigung KernPh querschnitt A3 in mm in mm2
Spannungsquerschnitt AS in mm2
6 6 6 6 6 6 6
3287 4144 5364 6740 8273 10869 13818
3463 4344 5590 7000 8560 11200 14200
4 4 4 4 4 4 4
3658 4566 5840 7280 8870 11500 14600
3536 4429 5687 7102 8674 11327 14334
433
Steigung Ph in mm
Kernquerschnitt A3 in mm2
Spannungsquerschnitt AS in mm2
2 2 2 2 2 2 2
3799 4723 6020 7473 9084 11795 14859
3862 4794 6100 7560 9180 11900 15000
Abb. 10.42. Metrisches ISO-Gewinde, Regel- und Feingewinde-Auswahlreihen (nach DIN 13 T12, T28)
(13) Statische Sicherheit für zusammengesetzte Beanspruchung aus Zug und Torsion (Vergleichssicherheit): As · Rp SF = 0000008 ≥ SFmin 0000005 2 kF Smax + 3 [FMmax · 2 tan (j + r¢ ) d2/dS] 2
(10.56)
mit As Spannungsquerschnitt (nach Abb. 10.38) für das gewählte Normgewinde. Sicherheit gegen Bruchfestigkeit mit R m statt R p ; R p (R e bzw. Rp0,2) und Rm s. Abb. 10.18, Sicherheiten SFmin , SBmin s. Abschn. 10.7.4. Wird eine kleinere Sicherheit als berechnet für ausreichend angesehen bzw. eine höhere Sicherheit als berechnet gefordert, so wählt man eine dünnere bzw. dickere Schraube (bzw. Schraube anderer Festigkeit) und wiederholt die Nachrechnung. (D) Nachrechnen gegen Schwingfestigkeit (Dauerfestigkeit sA) Rechenschritte (1) bis (4) zur Bestimmung von F und n wie in Abschn. (C). (20) Schrauben-Ausschlagkraft FSAa ,
nach (10.42)
(21) Schrauben-Ausschlagspannung sSa mit A3 statt AS für das gewählte Normgewinde,
nach (10.45)
434
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
(22) Sicherheit gegen Dauerbruch SD =
sA ≥S . s S a D min
(10.57)
sA üblicher Schraubenwerkstoffe und Herstellung s. Abschn. 10.7.3, zu Mindest-Sicherheiten SDmin s. Abschn. 10.7.4. Vorgehensweise für den Fall, daß die berechnete Sicherheit SD von der geforderten abweicht, s. Abschn. (C) nach Rechenschritt (13). Anmerkung zum Ansatz der Dauerhaltbarkeit sA Bei einer genaueren Betrachtungsweise ist zwischen den Überlastfällen nach Abschn. 3.6.5b zu unterscheiden.
(E) Nachrechnen der Flächenpressung unter Kopf und Mutter Maßgebend ist die Flächenpressung p aus der maximalen Schraubenkraft vor Eintreten der Setzvorgänge. p muß kleiner als eine vom Werkstoff abhängige Grenzflächenpressung pG sein, um plastisches Fließen und damit einen Abbau der Vorspannung zu vermeiden F Smax p=9 ≤ pG . Ap
(10.58)
FS max maximale Schraubenkraft nach (10.55), Ap Berührfläche zwischen Schraubenkopf/Mutter und Bauteil (Loch Anfasung und Ausrundung beachten: Abb. 10.43); pG für einige Maschinenbauwerkstoffe s. Abb. 10.44. Falls diese Werte überschritten werden, können dicke Unterlegscheiben ausreichender Festigkeit Abhilfe schaffen (Abschn. 10.3.3). – Dann Faktor n für veränderte Klemmlänge und Anzahl der Teilfugen Abschn. (C) Rechenschritt (4) und folgende überprüfen. (F) Nachrechnen der Flächenpressung im Gewinde Hierfür gilt im Prinzip (10.58), wobei – entspr. (10.77) – für Ap die Projektion der beanspruchten Gewindefläche einzusetzen ist. – Bei Schrauben-Muttern Kombinationen mit festgelegten Prüfkräften nach DIN-ISO 898 braucht die Flächenpressung bei zügiger Belastung nicht nachgerechnet zu werden, wenn Einschraubtiefe bzw. Mutternhöhe nach Abb. 10.45 gesichert ist.
Abb. 10.43a–c. Geometrie der Kopfauflageflächen nach VDI 2230 [10.1-85]
10.7 Tragfähigkeit von Befestigungsschrauben Werkstoff
1)
Mindest-Zugfestigkeit Rm in N/mm2
435
Grenzflächenpressung1) pG in N/mm2
S235
360
260
E295
490
420
C45
700
700
42CrMo4
1100
850
30CrNiMo8
1250
750
EN-GJL-150
150
600
EN-GJL-250
250
800
EN-GJL-350
350
900
EN-GJL-400
400
1100
AlZnMgCu0,5
450
370
Beim motorischen Anziehen können die Werte der Grenzflächenpressung bis zu 25 % kleiner sein.
Abb. 10.44. Grenzflächenpressung pG für gedrückte Teile verschiedener Werkstoffe (Richtwerte, Auszug aus VDI 2230 [10.1-85])
Schraubenfestigkeitsklasse Gewindefeinheit d/Ph
8.8 <9
AlCuMg 1 F40 EN-GJL-250 S235, Ck15 E295, C35 C45V
1,1 1,0 1,0 0,9 0,8
8.8 9 d d d d d
10.9 <9 1,4 d 1,25 d 1,25 d 1,0 d 0,9 d
10.9 9 – 1,4 1,4 1,2 1,0
d d d d
Abb. 10.45. Empfohlene Mindest-Einschraubtiefen für Sacklochgewinde bzw. Mindest-Mutternhöhe m (VDI 2230 [10.1-85]), [10.3-3]
(G) Nachrechnen der Scherbeanspruchung im Schraubenkopf, erforderliche Kopfhöhe Die Scherspannung in der Mantelfläche nach Abb. 10.46a aus der maximalen Schraubenkraft darf die Scherfestigkeit t B, s ≈ 0,6 Rm nicht überschreiten. Berechnung s. VDI 2230, [10.3-14]. Die Kopfhöhe der Sechskantschrauben nach DIN 931, 932 und die Restbodendicke der Innensechskantschrauben nach DIN 912 ist ausreichend groß, so daß bei zügiger Überbeanspruchung der Bruch im Schraubenbolzen oder im Schaft auftritt, bevor die Festigkeitsgrenze im Schraubenkopf erreicht wird. In diesen Fällen ist also eine Nachrechnung nicht erforderlich.
436
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Abb. 10.46a, b. Bruchverlauf beim Abscheren (Mantelfläche), a im Schraubenkopf [10.3-18], b im Gewinde
(H) Nachrechnen der Scherbeanspruchung im Mutterngewinde Eine Bedingung für die Mindesthöhe der Mutter folgt daraus, daß die Scherfläche im Gewindegrund (Abb. 10.46b) ausreicht, um der Scherbeanspruchung aus der maximalen Schraubenkraft zu widerstehen, t B,s s. oben. – Bei genormten Muttern mit m ≥ 0,8 d und Schlüsselweite S ≥ 1,45 d ist eine Nachrechnung nicht erforderlich, wenn für Schrauben und Muttern dieselbe Festigkeitsklasse gewählt wird („Muttern mit voller Belastbarkeit“). – Bei Verwendung von Muttern mit m = 0,5 d ... < 0,8 d kann die Festigkeit der Schraube nicht ausgenutzt werden („Muttern mit eingeschränkter Belastbarkeit“), ebenso nicht bei „Muttern ohne festgelegte Belastbarkeit“. Kennzeichnung der Festigkeitsklassen s. Abschn. 10.5.1. (J) Nachrechnen der Klemmkraft FKRmin muß größer sein als die vorgegebene Klemmkraft. Daraus ergibt sich mit (10.51) und (10.52) die Mindest-Montagevorspannkraft FMmin = FKRmin + FZ + FPA .
(10.59)
(K) Vorgaben für das Montieren Gesamt-Anziehmoment TA nach (10.13) mit FMmax ; FMmax nach Abschn. (C), Rechenschritt (10). 10.7.5.2 Durch Anspannen vorgespannte, statisch oder dynamisch belastete Schraube (z.B. Flanschschraube, Zylinderdeckelschraube)
Wie in Abschn. 10.6.1.2 erläutert, wird der Schraubenbolzen bis zum Erreichen der Montagevorspannkraft statisch nur auf Zug beansprucht. Die Betriebskraft FA und die Setzkraft FZ wirken in gleicher Weise wie bei Schraubenverbindungen, die durch Anziehen montiert wurden. (A) Gegebene Daten wie in Abschn. 10.7.5.1, Montieren durch Anspannen statt Anziehen.
10.7 Tragfähigkeit von Befestigungsschrauben
437
(B) Dimensionierung Die maximale Schraubenkraft FSmax wird nach (10.49) mit aA = 1 ermittelt. – Da reine Zugbeanspruchung vorliegt, ergibt sich der Spannungsquerschnitt nach (10.45), Abb. 10.38 wie folgt: AS =
FS max
s z zul
=
FS max R p /SF
.
(10.60)
Erläuterungen hierzu wie zu (10.50). – Wegen der für das Anspannen zutreffenden Annahmen für die Beanspruchung (reiner Zug) wählt man aus Abb. 10.42 das zugehörige nächst größere Gewinde. (C) Nachrechnen gegen statische Festigkeit (Fließgrenze Rp , Festigkeit Rm ) Mit den gegebenen Daten und Abmessungen des gewählten Gewindes rechnet man weiter: (30) nach den Rechenschritten (1) bis (9) in Abschn. 10.7.5.1 (C) und danach wie folgt: (31) Maximale Montage-Vorspannkraft FMmax nach (10.53) mit aA = 1. (32) nach Rechenschritt (11): FVmax , (12): FSmax (33) Statische Sicherheit: SF =
AS ◊ Rp FS max
≥ SF min ,
(10.61)
bzw. SB mit Rm statt Rp und SB min statt SF min , Erläuterungen hierzu und zu Mindest-Sicherheiten wie zu (10.56). (D) Nachrechnen gegen Schwingfestigkeit, (E) der Flächenpressung unter Schraubenkopf und Mutter, (F) der Flächenpressung im Gewinde, (G) der Scherbeanspruchung im Schraubenkopf, (H) der Scherbeanspruchung im Mutterngewinde wie in Abschn. 10.7.5.1. (J) Nachrechnen der Klemmkraft wie in Abschn. 10.7.5.1 (J) (K) Vorgaben für das Montieren durch Anspannen Montage-Anspannkraft FMmax nach (10.53) mit aA = 1. 10.7.5.3 Längsbelastete Schraube ohne Vorspannung (z.B. Lasthakengewinde, Abb. 10.2a)
Der Schraubenbolzen wird praktisch ohne Vorspannung eingeschraubt und formschlüssig gegen Losdrehen gesichert. Nach dem Einschrauben wird er statisch oder dynamisch auf Zug, das Gewinde auf Flächenpressung und Abstreifen beansprucht. Setzerscheinungen im Gewinde führen zwar zu Verschiebungen fZ , haben aber keinen Einfluß auf die Beanspruchung.
438
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
10.7.5.4 Schrauben die unter Längskraft angezogen werden (z.B. Spannschloß, Abb. 10.2b)
Der Schraubenbolzen wird durch Anziehen vorgespannt und dabei statisch auf Zug und Torsion beansprucht. Die statisch oder dynamisch wirkende Betriebskraft führt zu Zug-Zusatz oder Minder-Beanspruchungen. Setzerscheinungen haben i.allg. wenig Einfluß auf die Beanspruchung, Abschn. 10.7.5.1. (A) Vorgegeben ist die Mindest-Montage-Vorspannkraft FMmin , die maximale Betriebskraft FA = FMmax + FSA . Bei statischer Belastung ist FSA = konst., bei schwingender Belastung FSA = FAo , Ausschlagkraft (FS o + FSu)/2. (B) Dimensionierung Erforderlicher Spannungsquerschnitt AS nach (10.50) mit FSmax = maximaler Längskraft FA ≥ FMmax nach (10.49) FMmax = aA · FMmin , aA nach Abb. 10.20. – Erläuterungen hierzu und Wahl des Gewindes wie zu (10.50). Sinngemäß wählt man bei FA > FMmax (ungünstige Annahme für die Berechnung) das nächst kleinere Normgewinde, bei FA = FMmax (zutreffende Annahme) das nächst größere Normgewinde. (C) Nachrechnen gegen statische Festigkeit (Fließgrenze Rp , Festigkeit Rm) Mit den Abmessungen des gewählten Gewindes und der maximalen Montage-Vorspannkraft FMmax rechnet man weiter mit den Rechenschritten (13) ... (15) nach Abschn. 10.7.5.1. (70) Statische Sicherheit nach (10.56) Erläuterungen hierzu und zu Sicherheiten wie zu (10.56). (D) Nachrechnen gegen (dynamische) Dauerfestigkeit nach Abschnitt 10.7.5.1 (D) (E) Nachrechnungen auf Abstreifen des Gewindes und Flächenpressung im Gewinde nach Abschn. 10.7.4.1 können aber entfallen, wenn die Mindesteinschraubtiefe nach Abb. 10.45 eingehalten wird. (F) Vorgabe für das Montieren nach Abschn. 10.7.5.1 (H) mit vorgegebenem FMmin .
10.8 Querbelastete Schraubenverbindungen Zur Übertragung von Kräften quer zur Schraubenachse gibt es verschiedene Konzepte, die in Abb. 10.4 dargestellt sind. Die Schrauben werden – auch bei dynamischen Querkräften – statisch beansprucht. Man beachte: Flanschkupplungen von Wellen werden u.U. zusätzlich auf Wechselbiegung beansprucht, die sich in einer überlagerten Zug-Schwellbeanspruchung der Schrauben äußert!
10.8 Querbelastete Schraubenverbindungen
439
10.8.1 Kraftübertragung durch Reibschluß, Durchsteckschrauben
Die Bauteile werden hierbei durch vorgespannte Schrauben mit der Klemmkraft FKR aufeinandergepreßt. In jeder Reibfläche kann dadurch eine Reibungskraft (= Querkraft) FQ = FKR · m Tr übertragen werden (mTr Reibungszahl). Die Schraubenbolzen haben Spiel am Schaft. Die erforderliche Mindest-Klemmkraft (= Mindest-Vorspannkraft) ist: SFQ · SHmin SFKRmin = SFVmin = 09 . mTr · k
(10.62)
Mindest-Rutschsicherheit SHmin s. Abb. 10.47, mTr s. Abb. 10.48, k Anzahl der Trennfugen (meist = 1). Die Klemmkraft kann durch Anziehen oder Anspannen erzeugt werden. Entsprechend gilt für die Berechnung die Vorgehensweise nach Abschn. 10.7.5.1 (Anziehen) oder 10.7.5.2 (Anspannen).
Anwendung
SHmin
Bemerkung
Maschinenbau
1,3 1,5 ≥ 2,5
bei bei bei mit
Stahlbau (nach DIN 18 800)
1,25 1,1
ruhender Belastung schwingender Belastung großen Wellenkupplungen (Schrauben > M56) überlagerter Wechselbiegung
für gleitfeste (GV) Verbindungen: für Lastfall H für Lastfall HZ
Abb. 10.47. Mindest-Rutsch(Haft)-Sicherheiten SHmin für querbelastete Reibschlußverbindungen mit Durchsteckschraube (Lastfälle H, HZ s. Abschn. 9.6.1)
Anwendung
Tr
Bemerkungen
Maschinenbau
0,08 . . . 0,012
Stahl gehärtet/Stahl gehärtet – geschliffen (Rz = 4 . . . 8 µm) – trocken Stahl ungehärtet/Stahl ungehärtet – gefräst, gedreht (Rz = 25 . . . 40 µm) – trocken Stahl ungehärtet/GJL oder Bronze – gefräst, gedreht – trocken GJL/GJL oder Bronze – gefräst, gedreht –
0,15 . . . 0,20 0,18 . . . 0,25 0,22 . . . 0,30 trocken Stahlbau (nach DIN 18 800)
0,5
Stahl oder GS ungehärtet/Stahl oder GS ungehärtet – gefräst, kiesgestrahlt oder flammgestrahlt oder sandgestrahlt oder gleitfester Anstrich – trocken
Abb. 10.48. Haft-Reibungszahlen mTr in der Trennfuge zwischen den Bauteilen
440
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
10.8.1.1 Durch Anziehen vorgespannte, querbelastete Schrauben
Der Schraubenbolzen wird bis zum Erreichen der Montage-Vorspannkraft FMmax = FSmax statisch auf Zug und Torsion beansprucht. Im Betrieb führen Setzerscheinungen zu einem Abbau von FM um die Setzkraft FZ auf die Betriebs-Vorspannkraft FV ≥ FKRmin . (A) Vorgegeben sind Abmessungen und Werkstoff der verspannten Bauteile und die erforderliche Mindest-Klemmkraft SFKRmin nach (10.62). (B) Dimensionierung Ein erster Anhalt für den Schraubendurchmesser dS bzw. -querschnitt AS ergibt sich aus der Bauteildicke nach Abschn. 10.9. Für eine erste Überschlagsrechnung und mit der Annahme, daß sich die Gesamtquerkraft gleichmäßig auf alle Schrauben verteilt, errechnet sich die Anzahl der erforderlichen Schrauben nach (10.50) aus: 1,23 SFSmax 1,23 · aA SFKRmin z = 09 ≈ . AS · Rp /SF AS · Rp /SF 008
(10.63)
Dabei wird die Setzkraft zunächst vernachlässigt. aA Anziehfaktor nach (10.11) s. Abb. 10.20. Sicherheit SF ≥ SFmin , Anhaltswerte s. Abschn. 10.7.4, allgemeines s. Abschn. 1.4.8. Mit dem nächstgrößeren, ganzzahligen Wert von z, den Loch- und Schraubenabmessungen, überprüft man Loch- und Rand-Abstände sowie Platz für Schraubendreher nach Abschn. 10.9 und wählt die passende Normschraube. (C) Nachrechnen gegen statische Festigkeit (Fließgrenze Rp , Festigkeit Rm) Mit den vorgegebenen Daten (s.o.) und den Abmessungen des gewählten Gewindes berechnet man die Sicherheit entspr. Abschn. 10.7.5.1 (C): Rechenschritte: (1) Æ dS ; (2) Æ dp ; (3) Æ F ; (4) Æ n; (7) Æ FZ ; (9) Æ FMmin ; (10) Æ FMmax = aA · FMmin = FSmax ; Æ; (13) und Erläuterungen Æ SF , SB ; nach Abschn. 10.7.5.1 (E) Æ p. – Über Abstreifen des Gewindes, Flächenpressung im Gewinde, Scherbeanspruchung im Schraubenkopf, Überprüfung Klemmkraft s. Abschn. 10.7.5.1 (F), (G), (H), (J). (D) Nachrechnen der Rutschsicherheit SH mit Anzahl und Abmessungen der gewählten Schrauben nach (10.62) (H) Vorgaben für das Montieren siehe Abschn. 10.7.5.1 (K) 10.8.1.2 Durch Anspannen vorgespannte, querbelastete Schrauben
Der Schraubenbolzen wird bis zum Erreichen der Montage-Vorspannkraft FM statisch auf Zug beansprucht. FM wird durch die Setzkraft FZ auf die Betriebs-Vorspannkraft FV abgemindert (s. Abschn. 10.8.1.1). (A) Vorgegebene Daten wie in Abschn. 10.8.1.1
10.8 Querbelastete Schraubenverbindungen
441
(B) Dimensionierung Abschätzung von Abmessungen und Anzahl der Schrauben entsprechend Abschn. 10.8.1.1. Da beim Anspannen die Torsion entfällt, setzt man näherungsweise mit (10.61): SFSmax SFKRmin z = 07 ≈ . AS · Rp /SF AS · Rp /SF 06
(10.64)
Entsprechend den Überlegungen zu (10.61) sind z und AS anzupassen und eine genormte Schraube zu wählen. Weiter ist wie unter (10.63) zu verfahren. (C) Nachrechnen gegen statische Festigkeit (Fließgrenze Rp , Festigkeit Rm) Mit den vorgegebenen Daten und den Abmessungen des gewählten Gewindes berechnet man die Sicherheit SF bzw. SB mit den Rechenschritten (30) bis (33) nach Abschn. 10.7.5.2 (C) und (10.61) und Erläuterungen hierzu. Sonstiges s. Abschn. 10.8.1.1. (D) Nachrechnen der Rutschsicherheit SH mit Anzahl und Abmessungen der gewählten Schrauben nach (10.62) (H) Vorgaben für das Montieren s. Abschn. 10.7.5.2 10.8.1.3 Gestaltung und Herstellung der Reibschlußverbindung
Lochdurchmesser (Abb. 10.49) und Lochteilung können relativ grob toleriert, Flansch und Gegenflansch getrennt gefertigt werden, so daß Austauschbarkeit ohne Nacharbeit möglich ist. Die Schrauben müssen gleichmäßig und so hoch angezogen bzw. angespannt, die Flanschflächen planparallel bearbeitet werden, daß der Reibschluß auch bei den höchsten
Gewinde
Abb. 10.49. Maße für Durchgangslöcher nach DIN EN 20273
M M M M M M M M M M M M M 1)
3 4 5 6 8 10 12 14 16 20 24 30 36
Ø Durchgangsloch nach DIN EN 20 273 fein
mittel1)
grob
3,2 4,3 5,3 6,4 8,4 10,5 13 15 17 21 25 31 37
3,4 4,5 5,5 6,6 9 11 13,5 15,5 17,5 22 26 33 39
3,6 4,8 5,8 7 10 12 14,5 16,5 18,5 24 28 35 42
Vorzugsreihe.
442
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Querkräften nicht durchbrochen wird. Diese Gefahr besteht insbesondere bei schwellenden und wechselnden Querkräften. Gleitbewegungen in der Trennfuge führen zu Passungsrost, Scher- und Biegebeanspruchung der Schraubenbolzen. Wegen der groben Toleranzen von Lochdurchmesser und Lochteilung (z.B. bei Flanschverbindungen) besteht die Gefahr, daß beim Durchrutschen ein Schraubenbolzen nach dem anderen zur Anlage kommt, verformt und evtl. zerstört wird. In kritischen Fällen und zur Lagesicherung werden daher zusätzliche Paßstifte angeordnet. Die Reibfläche soll durch den Schraubenkreis in zwei etwa gleich große Ringbereiche aufgeteilt werden. Die blanken Flächen werden mit Korrosionsschutzmittel behandelt. Maßnahmen zur Erhöhung der Reibungszahl in der Trennfuge, z.B. mittels Oberflächenbehandlung (Abb. 10.48) oder Korund- oder Siliziumkarbid-Paste bedürfen einer konsequenten Überwachung bei der Vorbereitung und Montage. Man muß sicherstellen, daß die Reibschicht auch nach wiederholter Demontage und Montage noch voll funktionsfähig ist. Falls zusätzlich zum Reibschluß die Kraftübertragung durch Formschluß (Scherbeanspruchung und Lochleibung, s. Abschn. 10.8.2) genutzt werden soll, wird das Lochspiel eingeengt (< 0,3 mm), die Bauteile werden gemeinsam verbohrt und Paßschrauben eingesetzt. Hiervon macht man im Stahlbau gebrauch: Gleitfeste Verbindungen mit hochfesten Schrauben (GVP-Verbindungen), DIN 18800. 10.8.2 Kraftübertragung durch Formschluß: Paßschrauben, Scherbüchsen
Die Schraubenschäfte bzw. Scherbüchsen werden hierbei wie eine Niete auf Abscheren und Lochleibung beansprucht (Kap. 9). Der durch die – nicht definierte – Vorspannung erzeugte Reibschluß wird bei der Berechnung nicht berücksichtigt.Ausnahme s. GVP-Verbindungen im Stahlbau, Abschn. 10.8.1.3, 10.8.3. 10.8.2.1 Berechnung
(A) Vorgegeben sind die Abmessungen der verschraubten Bauteile und die zu übertragende Gesamt-Querkraft SFQ . (B) Dimensionierung Ansatz für Schraubenschaft-Durchmesser und Querschnitte A sowie Kontrolle der Rand- und Lochabstände sowie Platz für Schraubendreher nach der Bauteildicke, s. Abschn. 10.9. Die Anzahl der Schrauben wird aus der zulässigen Scherspannung abgeschätzt: z ≈ SFQ · SF,s min (A · k · t F,s ) .
(10.65)
k Anzahl der Trennfugen (meist = 1); SF,s min , t F,s s. unter (10.67). Zu dem nächst größeren ganzzahligen Wert von z wählt man die passende Normschraube bzw. Scherbüchse s. im übrigen Hinweise zu (10.63).
10.8 Querbelastete Schraubenverbindungen Anwendung
SF,s min SL min
Bemerkungen
Maschinenbau
1,0 1,2 1,5
bei ruhender Belastung bei schwellender Belastung bei wechselnder Belastung
1,0 1,2 1,5
} Lastfall H für Schraubenstahl 5.6 (A = 20 %) Lastfall HZ} Lastfall H für Schraubenstahl 10.9 (A = 10%) Lastfall HZ}
Stahlbau 1,0 (nach DIN 18 800) 1) 0,9
Lastfall H für Schraubenstahl 4.6 (AS = 25 %) Lastfall HZ
0,9 0,8
S
1,9 1,7 Stahlbau (nach DIN 18 800) 1) 1)
443
S
0,9 0,8
Lastfall H für Bauteile aus S235 und S355 Lastfall HZ
}
mit Paßschrauben DIN 7968, ohne Vorspannung, Lochspiel ≤ 0,3 mm: SLP.
Abb. 10.50. Mindest-Sicherheiten gegen Abscheren SF,s min und Grenz-Lochleibung SL min querbelasteter Paßschrauben und Scherbüchsen in Formschlußverbindungen (Lastfälle H, HZ s. Abschn. 9.6.1)
(C) Nachrechnen auf Abscheren und Lochleibung Mit den vorgegebenen Daten und den Abmessungen der gewählten Schraube bzw. Scherbüchse ergibt sich die Sicherheit gegen Abscheren:
t F,s · z · k · A ≥ SF,s min , SF,s = 001 SFQ
(10.66)
Scherfestigkeit t F,s = 0,6 Rp für zähe Werkstoffe mit Rp des Flansch-, Schrauben- oder Scherbüchsenwerkstoffs, wobei der kleinere maßgebend ist; SF,s min s. Abb. 10.50. Sicherheit gegen Lochleibung:
s L lim · d · s · z ≥ S L min , SL = 004 SFQ
(10.67)
mit d Schraubenschaft-Durchmesser, s Dicke des dünneren Blechs (Flansches), sL lim ≈ 2 · tF,s = 1,2 Rp , Rp wie unter (10.66), SLmin s. Abb. 10.50. Bei nicht ausreichenden Sicherheiten SFs oder SL ist die Nachrechnung mit geänderten Abmessungen zu wiederholen, vgl. Abschn. 10.7.5.1 (C). 10.8.2.2 Gestaltung und Herstellung der Paßschraubenverbindung
Übliche Ausführungen s. Abb. 10.4. Sämtliche Schraubenschäfte oder Scherbuchsen einer Bauteilverbindung müssen an den Lochwandungen anliegen. Die Bohrungen müssen daher eng toleriert werden (H7/j6); die Lochteilungen in beiden zu verbindenden Bauteilen müssen genau übereinstimmen. Deshalb werden oft beide Teile zwar getrennt, jedoch mit Hilfe der gleichen Schablone gebohrt und die Bohrungen nach dem Fügen gemeinsam gerieben (mit Reibahle). Die Fügeposition/Lage-
444
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
zuordnung wird gekennzeichnet. Bearbeitung der Flanschflächen s. Abschn. 10.8.1.3. Hinweis: Spannhülsen nach Abb. 10.4 können infolge ihrer größeren Querfederung zwar gröbere Lochtoleranzen ausgleichen, bei dynamischen Querkräften besteht jedoch die Gefahr, daß die Bauteile gegeneinander gleiten, was zu Passungsrost in den Trennfugen und Losdrehen der Schrauben führen kann. – Lochabstände, Randabstände, Dicke der Flansche s. Abschn. 10.8.1.3. 10.8.3 Kraftübertragung durch Kraft- und Reibschluß
Im Stahlbau verwendet man Paßschrauben, die zusätzlich planmäßig nach DIN 18800 und DASt Richtlinie 010 vorgespannt werden (GVP-Verbindungen). Hierfür berechnet man die zulässige Querkraft wie folgt: FQzul = 0,5 FSLP + FGV .
(10.68)
FSLP ist die zulässige durch Formschluß/Scherbeanspruchung übertragene Querkraft nach (10.66) und FGV die zulässige durch Reibschluß übertragbare Querkraft SFQ nach (10.62).
10.9 Gestaltung von Befestigungs-Schraubenverbindungen – Große Anzahl (dünner) Schrauben wählen, damit sich die Druckkegel überlappen, Abb. 10.56, s. auch Abb. 10.25. Anhaltswerte: Schraubendurchmesser für 5 ... 20 mm dicke Bleche/Flansche d ≈ 1,6 ¥ Dicke des dickeren Blechs/Flanschs; Schraubenabstand ca. 3 ¥ d. Schrauben und Muttern müssen allerdings für Schraubenschlüssel bei Montage und Reparatur gut zugänglich sein; Platzbedarf für Außen- und Innensechskantschrauben beachten, Abb. 10.3. Für ein Lochbild möglichst gleich dicke Schrauben verwenden! – Die Resultierende der äußeren Kraft FA sollte möglichst mit der Schraubenachse und diese mit der Schwerlinie der verspannten Teile zusammenfallen. Maßnahmen s. Abb. 10.51, 10.52. – Die Auflageflächen für Schraubenkopf und Mutter sollen eben und senkrecht zur Schraubenachse ausgeführt und eine sichere Abstützung des eingeleiteten Moments ermöglichen (Abstand f nach Abb. 10.54). Weiche Zwischenlagen, Flachdichtungen vermeiden; besser O-Ringe, die sich so verformen, daß die ebenen metallischen Flächen aufliegen. – Kleine Bauteilnachgiebigkeit dp und große Schraubennachgiebigkeit ds (Dehnschrauben, Dehnhülsen) sind günstig, Erläuterung s. Abschn. 10.6.2.3, Empfehlungen s. Abb. 10.53. Kraftangriffspunkt durch geeignete Gestaltung in die Nähe der Teilfuge legen; dies führt zu quasi steiferem Flansch (kleines dp) und elastischerer Schraube (großes ds). Beispiel s. Abb. 10.3, 10.26. – Aus diesem Grund sind dünnere, hochfeste, d.h. dehnfähige Schrauben von Vorteil; sie gestatten einen großen Dehnweg bis zur Streckgrenze,
10.9 Gestaltung von Befestigungs-Schraubenverbindungen
445
Abb. 10.51. Richtlinien für die Gestaltung von Zylinderverbindungen [10.3-6]
Abb. 10.52. Richtlinien für die Gestaltung von Mehrschraubenverbindungen [10.3-6]
446
10 Schraubenverbindungen, Gewinde Abb. 10.53. Empfehlung für die Gestaltung einer Schraubenverbindung [10.3-10]
können also Setzbeträge eher ausgleichen. Gleichzeitig erreicht man damit kleinere Flanschabmessungen, spart also Gewicht. Zylinderschrauben sind in dieser Hinsicht besonders günstig. Man beachte auch den Platzbedarf für die Montagewerkzeuge. – Gestaltung zur Minderung der Kerbwirkung s. Abb. 10.54. Einfluß von Werkstoff und Herstellung auf die Festigkeit s. Abb. 10.55. – Die übliche Sechskant-Druckmutter ist sehr ungünstig, da die Gewindegänge der Mutter hierbei auf Druck-, die entsprechenden Gewindegänge des Bolzens auf Zug beansprucht werden. Die daraus resultierenden Differenzen in der Gewindeteilung führen zu Überlastung der ersten und Entlastung der hinteren Gewindegänge. Abhilfe durch ringförmig eingedrehte Nut oder Zugmutter, (hierbei werden die ersten Gewindegänge in Bolzen und Mutter auf Zug beansprucht), s. Abb. 10.35. Eine gewisse Entlastung der ersten Gewindegänge ergibt sich auch, wenn das Mutterngewinde schwach konisch ausgeführt wird, so daß beim Anziehen zunächst die hinteren und später erst die vorderen (gefährdeten) Gewindegänge zum Tragen kommen.
Abb. 10.54. Einfluß der Gestaltung von Gewindeausläufen auf die Ausschlagfestigkeit sA am Übergang Gewinde/Schaft [10.3-19]
10.9 Gestaltung von Befestigungs-Schraubenverbindungen
447
Herstellung
geschnitten und vergütet, gerollt und vergütet
vergütet und dann gerollt
vergütet, geschliffen und im Kern nachgedrückt
Festigkeitsklasse
5.6
8.8
10.9 12.9
8.8
10.9 12.9
10.9
12.9
A
30 . . . 40
50
60
90
100
140
170
Abb. 10.55. Anhaltswerte für die Ausschlagfestigkeit sA in N/mm2 für zugbelastete Schrauben (M 10 ... M 16) mit normaler Druckmutter aus Stahl für Vorspannungen bis etwa 0,7 · Rp0,2; sA erhöht sich für Zugmutter um 20%; übergreifende Mutter um 5% und ringförmig eingedrehte Mutter um 10%. Für Schrauben < M 8 kann sA um ≈ 10 N/mm2 erhöht werden, für Schrauben > M 18 wird sA um ca. 10 N/mm2 kleiner
Abb. 10.56. Ausbildung der Druckkegel in verspannten Platten nach [10.3-2]
Abb. 10.57. Ausführungen der Schrauben zum Festhalten beim Anziehen [10.3-7]
– Höchste Tragfähigkeit erzielt man durch Anspannen von hochfesten Schrauben, d.h. indem man die beim Anziehen entstehenden Torsionsbeanspruchungen vermeidet. Dies kann auch durch Festhalten der Schraube beim Anziehen erreicht werden. Hier wird das über eine Mutter eingeleitete Torsionsmoment nicht in den Schraubenschaft geleitet und dieser nicht verdreht, Abb. 10.57. Beschreibung weiterer Verfahren s. Abschn. 10.6.1, 10.6.2.
448
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
Abb. 10.58a, b. Schraubenverbindungen im Stahlbau. a U-Träger, b I-Träger
Abb. 10.59. Lastverteilung im Gewinde für Durchgangs- und Sacklöcher [10.3-47]
– Möglichst keine Sicherungsbleche, Unterlegscheiben und Federringe verwenden, s. Abschn. 10.3.3 und 10.10. Mitverspannte Elemente bringen zusätzliche Trennfugen mit sich, die Verbindung wird u.U. durch Spaltkorrosion gefährdet. – Ausnahmen s. Abschn. 10.3.3 sowie im Stahlbau: Hier wählt man eine (evtl. zwei) Unterlegscheiben, damit das Gewinde nicht in das Bauteil hineinragt. Zum Ausgleich von Schrägen an Walzprofilen sind schräge Unterlegscheiben erforderlich,Abb. 10.58. – Durchgangslöcher bevorzugen, sie sind einfacher herstellbar (Spanfluß nicht behindert), die Verbindung tragfähiger (Abschn. 10.7.2, Abb. 10.59), jedoch Sacklöcher vorziehen, wenn die Abdichtung zum Innenraum von Gehäusen wichtig ist. – Beanspruchung des Gewindes bei Durchgangs- und Sacklöchern s. Abb. 10.59. – Wiederholtes Ein- und Ausschrauben bei Guß- und Leichtmetallflansch ist ungünstig.
10.10 Sichern von Befestigungs-Schraubenverbindungen Eine Schraubenverbindung sollte möglichst so gestaltet und montiert werden, daß bei allen Betriebszuständen eine ausreichende Vorspannung vorhanden ist. Dann braucht man keine zusätzlichen Schraubensicherungen, die Schraubenverbindung kann sich nicht selbsttätig lösen. – Vorspannungsabfall kann im wesentlichen auf zwei mögliche Ursachen zurückgeführt werden: Lockern und Losdrehen.
10.10 Sichern von Befestigungs-Schraubenverbindungen
449
10.10.1 Lockern
Lockern heißt Verlust der Vorspannung ohne Losdrehen der Schraube oder Mutter. Ursache hierfür sind die in Abschn. 10.6.2 beschriebenen Setzvorgänge, die u.U. zur vollständigen Entlastung der verspannten Teile führen können. Dann beginnen diese unter Wirkung der äußeren Schwingkräfte aufeinanderzuschlagen, was zum Dauerbruch führen oder Losdrehen (s. unten) einleiten kann. Hieraus ergeben sich folgende Maßnahmen gegen die Gefahr des Lockerns, d.h. zur Aufrechterhaltung der Vorspannung: – Hohe Bauteilsteifigkeit und niedrige Schraubensteifigkeit, ebene und feste Auflageflächen nach Abschn. 10.9. – Wahl eines Anziehverfahrens mit Anziehfaktor aA nahe 1 (insbesondere „Anspannen“ und „streckgrenzengesteuertes Anziehen“), weil so die Streuungen gemindert und eine hohe Vorspannung sicher erreicht wird. Anziehen nach dem Kospa-Prinzip s. Abb. 10.21. – Kleine Flächenpressung unter dem Schraubenkopf oder hohe Festigkeit, notfalls harte Unterlegscheiben, Abschn. 10.3.3. – Bei kurzen, niedrig belasteten Schrauben der Festigkeitsklasse ≤ 6.8, federnde Unterlegscheiben (Tellerfedern). Die Federkraft muß allerdings bei höchster Belastung, d.h. Längung der Schraube, noch vorhanden sein. 10.10.2 Losdrehen
Selbsttätiges Losdrehen führt ebenfalls zum Abbau der Vorspannung und zu den oben beschriebenen Folgen. Das Lösemoment nach (10.14) läßt sich für eine nach dem Setzen verbliebene Vorspannung FV näherungsweise wie folgt abschätzen (man beachte: für diese Überlegungen muß man von der minimalen Vorspannkraft ausgehen):
d d dw + da TL ≈ FV min · 42 · tan j – FV min 42 · tan r¢ + 01 · mK . 2 2 4 inneres Lösemoment
Haltemoment im Gewinde
(10.69)
Haltemoment in der Auflagefläche
Bei Befestigungsschrauben unter statischer Beanspruchung ist stets r¢ > j und damit bereits das Haltemoment im Gewinde größer als das innere Lösemoment (das Reibmoment unter dem Schraubenkopf verstärkt das Haltemoment); solange eine Vorspannkraft FV wirkt, ist kein Losdrehen möglich; s. „Selbsthemmung“ Abschn. 10.4.4.4. Dynamische Beanspruchung – insbesondere senkrecht zur Schraubenachse – kann zu Relativbewegungen in den Trennfugen und damit – insbesondere bei hoher Schwingfrequenz – zu einem drastischen Abbau der Reibungszahl führen. Dadurch kann das Haltemoment kleiner als das innere Lösemoment werden, und die Losdrehbewegung setzt ein. Beson-
450
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
ders gefährdet sind Verbindungen von dünnen verspannten Platten mit kurzen Schrauben, deren Vorspannkraft durch normales Setzen u.U. schnell abgebaut wird. Auch extrem hohe axiale Schwingkräfte können bei Spitzgewinde zu kleinen axialen Gleitbewegungen („Atmen“ des Gewindes) und damit zu einem weitgehenden Abbau des Reibschlusses im Gewinde führen. Hieraus ergeben sich folgende Maßnahmen gegen selbsttätiges Losdrehen: – Die Schraubenverbindung so dimensionieren und montieren, daß keine Relativbewegungen in den Teilfugen auftreten, deshalb hohe Vorspannung in allen Betriebszuständen; hierfür geeigente Maßnahmen wie gegen Lockern, Abschn. 10.10.1. – Sicherungselemente, die sich in den verspannten Teilen verhaken können, d.h. nur bei weicherem Werkstoff (z.B. S235); bei härteren Werkstoffen sind sie nutzlos [10.3-8]. – Stoffschlüssige Sicherungen: Kleber, die in unterschiedlicher Form auf das Gewinde aufgebracht werden, härten nach dem Einschrauben aus und verhindern Losdrehbewegungen (mikroverkapselte Kleber gestatten eine lagerfähige Vorbeschichtung der Schrauben). Man beachte die begrenzte Wirkung bei hohen Temperaturen und Probleme beim Demontieren. Schrauben und Muttern können meist nicht wieder verwendet werden. – Bei großen Abmessungen verschweißt man mitunter Schraubenköpfe oder Muttern mit dem Bauteil; s. auch Abb. 10.8n. – Formschlüssige Sicherungen nach Abb. 10.60 können ein gewisses Losdrehen (mit Abbau der Vorspannung) nicht verhindern und danach
Abb. 10.60a–n. Schraubensicherungen. Formschlüssige Sicherungen: a Kronenmutter mit Quersplint, b Sicherungsblech, c Sicherungsblech mit Innennase, d Drahtsicherung; Kraftschlüssige Sicherungen: e Federring, f Federscheibe, g Zahnscheibe, h Fächerscheibe (außen- bzw. innengezahnt) i Kegelauflage (erhöhte Reibung), k selbstsichernde Mutter, l Kontermutter, m Sicherungsmutter, n Kunststoffsicherungsring („Dubo-Sicherung“)
10.11 Bewegungsschrauben
451
Abb. 10.61. Losdrehverhalten einer Schraubenverbindung [10.3-20] mit a Federring DIN 127 B, b Fächerscheibe DIN 6798 A, c Zahnscheibe DIN 6797, d Schraubenkopf mit Sperrzähnen, e mikroverkapseltem Klebstoff
nur ein begrenztes Losdrehmoment aufnehmen. Sie eignen sich daher nur für Fertigkeitsklassen ≤ 6.8. – Reibschlüssige Sicherungen, z.B. sog. „selbstsichernde“ Muttern, erhöhen das Haltemoment und wirken somit einem selbsttätigen Losdrehen entgegen, s. Abb. 10.60k. – Zur – z.T. sehr begrenzten – Wirkung einiger Schraubensicherungen s. Abb. 10.61. 10.10.3 Verliersicherungen
Einige der oben beschriebenen Sicherungselemente können dem Losdrehen und dem Vorspannungsabbau nur begrenzt entgegenwirken, sie verhindern aber, daß die Verbindung nach Verlust der Vorspannung auseinanderfällt.
10.11 Bewegungsschrauben Funktionen und Anwendungsgebiete s. Abschn. 10.2.3. Wichtig sind folgende Eigenschaften des Gewindes: – Geringer Verschleiß (beeinflußt Lebensdauer, Umkehrspiel, Stellgenauigkeit): geeignete Gewinde, Werkstoffe, Herstellung, Schmierung, Abdichtung, Flächenpressung, – Hoher Wirkungsgrad bei Kraftgetrieben: gleiche Maßnahmen wie zu Verschleiß, – Selbsthemmung bei Stellgetrieben (geeignetes Gewinde), – Hohe Fertigungsgenauigkeit bei Meß- und Einstellfunktionen.
452
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
10.11.1 Bauformen, Gewinde
– Bauformen nach Abb. 10.5: die Mutter steht still und die angetriebene Spindel führt unter Drehung die Längsbewegung aus. Das Gewinde der „Mutter“ wird entweder unmittelbar in das Gehäuse geschnitten (Werkstoffpaarung!) oder in Buchsen aus geeignetem Werkstoff, die mit dem Gehäuse dreh- und axialfest verbunden sind. – Durch Abdeckungen und Dichtungen sorgt man für konstante Schmierbedingungen und schützt gegen Verschmutzung (Wirkungsgrad, Verschleiß!). – Umkehrung zu Abb. 10.5: Die angetriebene Mutter ist axial abgestützt, die an der Drehung gehinderte Spindel führt die Längsbewegung aus. – Bauform nach Abb. 10.62: Die drehende, axial abgestützte Spindel treibt die Mutter (Stempel) an, die bei der Axialbewegung gegen Drehen gesichert werden muß.
Abb. 10.62. Spindelpresse mit hydraulischer Überlastsicherung (Müller, Weingarten)
10.11 Bewegungsschrauben
453
10.11.2 Kraft- und Wegübersetzung, Wirkungsgrad, Selbsthemmung – Hemmfaktor, Bremsfaktor
Für das Gewinde gelten die Beziehungen nach Abschn. 10.4.3. Da sich der drehende Teil (Spindel oder Mutter) aber in einem Axiallager abstützt, muß zusätzlich ein Lagerreibmoment TB überwunden werden, um eine Hub- oder Senkbewegung unter Axialkraft (= Hubkraft) FH einzuleiten TB = FH · mB · dB/2,
(10.70)
mB Lagerreibungszahl, dB mittlerer Durchmesser des Axiallagers. Das Gesamt-Antriebsmoment beträgt damit TA = TG + TB
(10.71)
= Hubmoment mit TG = Gewinde-Anziehdrehmoment. Wenn TA positiv ist, muß ein Antriebs-Drehmoment aufgebracht werden, auch um eine Senkbewegung einzuleiten. Mit den Beziehungen nach Abschn. 10.4.4.6 gilt dann für den Wirkungsgrad beim Heben h:
h=
tan j WH FH ◊ Ph , = = WA FU ◊ p ◊ d 2 + FH ◊ mB ◊ p ◊ dB tan (j + r ¢) + mB ◊ dB /d 2
(10.72)
mit WH vom Antrieb abgegebene an der Spindel wirkende Energie; WA dem Antrieb von der Mutter zugeführte Energie; Gewinde-Reibungszahlen m, m0 bzw. -Reibungswinkel r¢, r0 und Lager-Reibungszhlen mB , mB0 s. Abb. 10.63.
Werkstoff der Mutter
1)
Schmierung
Gewinde-Reibungszahlen der Ruhe G01)
der Bewegung G
Bronze, Rotguß
Fett
0,24 (0,35)
0,12 (0,15)
Bronze, Rotguß
Fett/Öl – 50/50
0,19
0,08
Polyamid PA6
Fett
0,19 (0,23)
0,07 (0,10)
Durch Schwingungen kann m 0 drastisch absinken, so daß Selbsthemmung u. U. nicht mehr gewährleistet ist. Reibungswinkel r¢ aus m¢ = tan r¢ = mG, G 0 /cos (a /2)
Abb. 10.63. Mittlere Reibungszahlen für Bewegungsgewinde bei geschliffenen Spindeln aus Stahl (Ra = 0,4 mm) im eingelaufenen Zustand (Klammer-Werte bei Betriebsbeginn und nach Verschleiß). Dieselben Reibungszahlen können näherungsweise für Axial-Gleitlager angesetzt werden. Reibungszahlen von Axial-Wälzlagern m BG = 0,0015 ... 0,004, für Anlaufreibung etwa doppelte Werte
454
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
– Der Hemmfaktor ist nach Abschn. 10.4.4.5 mit Berücksichtigung der Lagerreibung:
tan r¢ d 1 r = 00 + mB0 4B tan r¢0 + 0 . d2 tan j tan j
(10.73)
Antriebe für Vorschubspindeln, Hebe- oder Verschiebe-Bühnen usw., dürfen sich aus der Ruhe nicht in Bewegung setzen, d.h. sie müssen unter der Wirkung der Ruhereibung (Reibungszahlen m 0¢ = tan r 0¢ und m B0) selbsthemmend sein bzw. einen Hemmfaktor r > 1 aufweisen. Andererseits dürfen sie bei Abschalten oder Ausfall des Antriebs, aus der Bewegung heraus, nicht schlagartig blockieren, d.h. sie sollen unter der Wirkung der Gleitreibung nicht selbsthemmend, jedoch selbstbremsend sein, d.h. die Gleitreibung muß allmählich in Ruhereibung übergehen. Dabei soll der Nachlaufweg möglichst kurz sein. Im allgemeinen ist dann eine zusätzliche Bremse erforderlich. Selbstbremsung tritt ein, wenn die von der Mutter (pro Umdrehung) übertragene Reibungsenergie WA größer ist als die (pro Umdrehung) von der Spindel zugeführte Energie WH . – Mit dem Bremsfaktor b beurteilt man nach VDI 2158 die Selbstbremsfähigkeit: b =1+
WA , WH
(10.74)
mit WA = 2 p · TA ; TA von der Mutter abgegebenes Drehmoment; WH = Ph · FH , mit FH an der Spindel wirkende Axialkraft. Mit (10.72) ergibt sich tan (j – r¢ ) mB · dB b = 1 – 09 + 06 . tan j · d2 tan j
(10.75)
Gleitreibungszahl des Gewindes m¢G = tan r¢, Lager-Reibungszahl mB . Für mittlere Verhältnisse sollte der Bremsfaktor etwa zwischen 1,5 bei kleinen Senkgeschwindigkeiten (0,02 m/s) und etwa 2,5 bei größeren Senkgeschwindigkeiten (0,1 m/s) liegen. Man beachte also: Selbsthemmung (in Ruhe) muß nicht zwangsläufig Selbstbremsung (aus der Bewegung) einschließen. Siehe hierzu Beispiel 3 (Abschn. 10.12). Zur Dimensionierung sicherer und wirtschaftlicher Spindel-Antriebe s. VDI 2158. Hier findet man auch Angaben zur Berechnung des Auslaufwegs bei Selbstbremsbetrieb und des Bremsfaktors aus dem gemessenen Auslaufweg oder der Auslaufzeit sowie eine Darstellung des Geschehens bei Blockier- und Rattererscheinungen. 10.11.3 Werkstoffe, Herstellung
Für die Spindeln verwendet man meist E295, E355, Vergütungsstahl 800 ... 1200 HV 30 und Einsatzstahl gehärtet (z.B. für Wälzschraubgetriebe), das Gewinde wird i.allg. geschliffen, Rauheit Ra = 0,3 ... 0,5 mm.
10.11 Bewegungsschrauben
455
Werkstoff für die Muttern: Bronze, Rotguß, Grauguß, Kunststoff (z.B. Gußpolyamid PAG); bei Mangelschmierung oder Trockenlauf: Sintermetall mit Graphit oder Molybdändisulfit imprägniert; Stahl nur bei Aussetzbetrieb, dann EP-Schmierstoff erforderlich (Freßgefahr), das Mutterngewinde wird meist gefräst oder geschnitten, Rauheit Ra = 1 ... 5 mm. Werkstoffdaten s. Kap 5. 10.11.4 Schmierung, Schmierstoffe
Im allgemeinen wählt man Fettschmierung, z.B. Lithiumseifenfett mit 3% Festschmierstoffanteil, auch Fett-Mineralöl-Mischung (niedrigere Reibungszahl, aber schwerer abzudichten), s. auch Abschn. 10.5.4. 10.11.5 Dimensionierung und Festigkeitsnachweis
Wenn die Abmessungen nicht vorgegeben sind, kann man sie wie folgt nach einem Näherungsverfahren schätzen. Mit den hiernach gewählten Werten wird der Festigkeitsnachweis geführt, Abschn. 10.7.5. (A) Vorgegeben ist die axiale Zug- oder Druckkraft FA, ferner ist zu beachten, daß das Lagerreibmoment über die Spindel geleitet wird. Die Spindel wird demgemäß mit Zug oder Druck sowie auf Torsion durch das Gewindemoment und das Lagerreibmoment beansprucht. Bei einer Hubspindel treten die höchsten Beanspruchungen beim Hubvorgang auf. Hierbei summieren sich die Beanspruchungsanteile. (B) Dimensionierung Den erforderlichen Kernquerschnitt schätzt man entsprechend (10.51), (10.58), (10.60) mit Rp (bei Einsatzstahl des Kernwerkstoffs) wie folgt: Y FA A3 = 9 . Rp /SF
(10.76)
Um das zusätzliche Lagerreibmoment zu berücksichtigen, setzt man hier Y (gegenüber (10.48)) höher an: Y ≈ 1,35 bei Abstützung durch Wälzlager, Y ≈ 1,45 bei Abstützung durch Gleitlager; Sicherheit nach Erfahrung SF ≈ 3 bei schwellender, ≈ 5 bei wechselnder Beanspruchung. Hierzu entnimmt man aus Abb. 10.42 das zugehörige (nächst größere) Normgewinde. (C) Nachrechnen gegen statische Festigkeit (Fließgrenze Rp , Festigkeit Rm ) Mit den vorgegebenen Daten, dem gewählten Werkstoff und den Abmessungen des gewählten Gewindes berechnet man die Sicherheit nach folgenden Rechenschritten: (1) Zug-, Druckspannung szd (statt szM) nach (10.45) mit maxialer Betriebskraft FA (statt FM), Spannungsquerschnitt As nach Abb. 10.42. (2) Torsionsspannung tt = TA/Wts mit TA nach (10.71), Wts Widerstandsmoment des Spannungsquerschnitts AS . (3) Vergleichsspannung sv nach (10.47) mit szd und tt , Sicherheit SF = Rp/sv , Mindestsicherheiten s. unter (B).
456
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
pzul in N/mm2
Bemerkungen
5 . . . 15
für Bronze- oder Rotgußmuttern (z. B. CuPb22Sn)
3 ... 8
für Graugußmuttern
2 ... 5
für Kunststoffmuttern (z. B. PA6)
Abb. 10.64. Zulässige Flächenpressungen für Bewegungsschrauben bei Gewindespindeln aus Stahl (obere Werte für aussetzenden Betrieb, sorgfältige Schmierung; gehärtetes geschliffenes Spindel-Gewinde; untere Werte bei Dauerbetrieb, Mangelschmierung, geschnittenes oder gefrästes Gewinde)
(D) Nachrechnen auf Knicksicherheit ist bei druckbeanspruchten Spindeln erforderlich, wenn der Schlankheitsgrad der Spindel l > 50 ist, Kap. 9. E) Nachrechnen der Flächenpressung im Gewinde Die Gleitbeanspruchung führt zu Verschleiß der Gewindeflanken. Im Hinblick auf ausreichende Lebensdauer und evtl. Begrenzung des Flankenspiels darf die Flächenpressung p nicht zu hoch sein. Verschleißgefährdet ist in erster Linie das weichere Gewinde der Mutter FA FA · Ph p=9 = ≤ pzul . p · d 2 · H1 · m AG · i 904
(10.77)
AG Projektionsfläche eines Gewindegangs in Achsrichtung = p · d2 · H1 , i Anzahl der tragenden Gewindegänge = m/Ph . Ph , d2 s. Abb. 10.11; H1 , d2 s. Abb. 10.12; p zul s. Abb. 10.64.
10.12 Beispiele Beispiel 1: Gegeben: Schraube (Abb. 10.53) mit Klemmlänge lK = 50 mm und Blattüberstand ü = 25 mm, ruhende Betriebskraft je Schraube FA = 20000 N, Stahlflansche, Geforderte Klemmkraft je Schraube FKmin = 100 N, Sicherheit gegen Fließen SF = 1,1. Gesucht: Schraubengröße (Schraubenfestigkeitsklasse 8.8, d.h., nach Abb. 10.18: Rp0,2 = 640 N/mm2, Regelgewinde). Berechnet: Vordimensionierung: Maximale Schraubenkraft FSmax = 20140N (10.49), mit Anziehfaktor aA = 1,4 (Abb. 10.20), drehmomentgesteuertes Anziehen mit einem Drehmomentenschlüssel. Mit (10.50) läßt sich der Spannungsquerschnitt AS = 42,6 mm2 abschätzen. Also Gewinde M10 mit AS = 58 mm2 (Abb. 10.42). Nachgiebigkeit des Schraubenkopfes dSK = 0,4 · d/(ES · AN) = 0,4 · 10/(210000 · 78,54) mm/N = 2,4 · 10–7 mm/N (10.21). Nachgiebigkeit des Schaftes d1 = l1/(ES · A1) = 17,0 · 10–7 mm/N (10.22), mit A1 = AN und l1 = 28 mm (gewählt nach DIN EN 24016). Nachgiebig-
10.12 Beispiele
457
keit des nicht eingeschraubten Gewindeteils d3 = l3/(ES · A3) = 20,0 · 10–7 mm/N (10.26), mit Kernquerschnitt A3 = 52,3 mm2 (Abb. 10.42) und l3 = lK-l1 = 22 mm. Nachgiebigkeit des eingeschraubten Schraubengewindekerns dGM = 0,5 · d/(ES · A3) + 0,4 · d/(ES · AN) = 7,0 · 10–7 mm/N (10.23), (10.24), (10.25). Damit erhält man die Nachgiebigkeit der Schraube dS = dSK + d1 + d3 + dGM = 46,4 · 10 –7 mm/N (10.20). Nachgiebigkeit der verspannten Platten dP = lK/(AErs · EP) = 4,35 · 10–7 mm/N (10.27). Hierfür ist nach Abb. 10.25, Fall b, Aers = 546,8 mm2 mit Kopfauflagedurchmesser dw = 17 mm nach DIN EN 24016, Bohrungsdurchmesser dh = 11 mm nach Abb. 10.49 sowie Durchmesser DA = 2 · ü = 50 mm. Es ergibt sich unter Berücksichtigung der Krafteinleitungsebene nach Abb. 10.31 (Annahme, daß Krafteinleitung nahe des Schraubenkopfes) das Kraftverhältnis F = (dP/(dS + dP)) = 8,57 · 10–2 (10.36). Damit beträgt die Schraubenzusatzkraft FSA = n · F · FA = 1204 N (10.40) und die Plattenentlastungskraft FPA = (1 – n · F) · FA = 18796 N (10.41) unter Berücksichtigung des Klemmlängenfaktors n nach Abb. 10.31. Der durch Setzerscheinungen auftretende Vorspannkraftverlust beträgt FZ = 2167 N (10.28), mit einem Setzbetrag fZ = 11 mm (Abb. 10.27) bei einer angenommenen Rauhtiefe RZ = 20 mm. Mit (10.53) läßt sich die Maximale-Montage-Verspannkraft zu FMmax = 29488 N berechnen. Man erhält die statische Sicherheit zu SF = 1,25 (10.56) > SFmin = 1,1, mit r¢ = 8,53° (m¢ = 0,15), j = 3,03°, mit Ph = 1,5 (Abb. 10.11), d2 = 9,026 mm (Abb. 10.12), dS = 8,59 mm (Abb. 10.38). Beispiel 2: Gegeben: Nachrechnung einer Pleuelschraube (Abb. 10.26) mit geschnittenem und schlußvergütetem Gewinde, die als Taillenschraube (Abb. 10.24) ausgebildet ist, dynamische Betriebskraft FA = 15000 N, Schraube M10, Festigkeitsklasse 10.9. Geforderte Mindestklemmkraft FKmin = 500 N. Geforderte statische Sicherheit SF = 1,1, geforderte dynamische Sicherheit SD = 1,5, Rp0,2 = 940 N/mm2 (Abb. 10.18). Abmessungen: lK = 70 mm, l11 = l12 = 10 mm, l2 = 40 mm, d11 = 8 mm, d12 = 7,3 mm. Berechnet: Analog zu Beispiel 1 ergibt sich die Nachgiebigkeit der Schraube dS = dSK + d11 + d12 + d2 + dGM = (2,4 + 9,5 + 6,1 + 45,5 + 7,0) · 10–7 mm/N = 70,4 · 10–7 mm/N (10.20), die Nachgiebigkeit der verspannten Platten dP = lK/(AErs · EP) = 70/(346,4 · 210000) · 10–7 mm/N = 9,6 · 10–7 mm/N, (10.27) und Abb. 10.25 (Fall b, DA = 25 mm, geschätzt) und das Kraftverhältnis F = (dP/(dS + dP)) = 12,0 · 10–2 (Krafteinleitung geschätzt etwa Mitte Flansch, vgl. Abb. 10.31). Man erhält die Schraubenzusatzkraft FSA = n · F · FA = 900 N (10.40) und die Plattenentlastungskraft FPA = (1 – n · F) · FA = 14100 N (10.41). Es errechnet sich der durch Setzerscheinungen auftretende Vorspannkraftverlust FZ = 1375 N (10.28), mit einem Setzbetrag fZ = 11 mm (Abb. 10.27, Rauhtiefe RZ = 20 µm). Daraus ergibt sich die statische Sicherheit zu SF = 1,29 (10.56), mit aA = 1,4 (Drehmomentgesteuertes Anziehen mit Drehmomentenschlüssel), Spannungsquerschnitt nach Abschn. 10.7.3, A12 = p · d122/4 = 41,85 mm2. Zur Ermittlung der Dauerschwingfestigkeit errechnet man die Schrauben-Ausschlagspannung für Schwellbeanspruchung sSa = FSAa/ A3 = n · F · FA/(2 · A3) = 8,6 N/mm–2 (10.43), mit Kernquerschnitt A3 = 52,3 mm (Abb. 10.42). Die Ausschlagfestigkeit beträgt sA = 0,75 · (180/d + 52) = 52,5 N/mm2 (Abb. 10.39). Es ergibt sich die Dauerbruchsicherheit
458
10 Schraubenverbindungen, Gewinde Abb. 10.65. Beispiel 3: Hauptdaten des Hubspindelantriebs mit Schneckengetriebe (Flender, Bocholt)
SD = sA/sSa = 6,1 (10.57) > SDmin . Das erforderliche Gesamt-Anziehmoment für die Schraubenverbindung liegt bei TA = FM · (0,16 · Ph + 0,58 · mG · d2 + mK (dw + da)/4) = 43,7 Nm (10.15), mit mG = mK = 0,14 nach Abb. 10.16 (GG/St, spanend bearbeitet, geölt), Kopfdurchmesser dw = 17 mm nach DIN EN 24016 und Durchmesser da (Abb. 10.43) gleich Bohrungsdurchmesser dh = 11 mm (Abb. 10.49), Montagevorspannkraft FM = aA · (FKmin + FPA + FZ) = 22365 N (10.52), (10.53), (10.54). Beispiel 3: Hubspindel für Höhenverstellung der Anoden eines Elektroschmelzofens [10.3-24]. Gegeben: Hauptdaten des Hubspindelantriebs s. Abb. 10.65. Die Hubspindel ist mit dem Anodengestell fest verbunden. Ein zweiter Hubspindelantrieb dreht gegensinnig, so daß die auf das Anodengestell wirkenden Drehmomente sich aufheben; die Hubspindel wird dadurch an der Drehbewegung gehindert und führt eine reine Axialbewegung aus.1 1
Bei einem einzelnen Hubspindelantrieb muß die Hubspindel durch eine Axialführung an der Drehbewegung gehindert werden. In der Axialführung tritt eine dem Abstützmoment proportionale Reibungskraft auf, die der Axialbewegung der Hubspindel entgegengesetzt wirkt. – Dies ist bei der Berechnung des Bremsfaktors zu berücksichtigen.
10.13 Literatur
459
Angenommen: Gewinde-Haftreibungszahl m G0 = 0,1; – Gleitreibungszahl m G = 0,05; Lager-Haftreibungszahl mBO = 0,003; – Gleitreibungszahl mB = 0,0015. Gesucht: 2 1. Wirkungsgrad für Heben h ; 2. Hemmfaktor r; 3. Bremsfaktor b. Betriebszustand des Hubspindelantriebs; Prüfung, ob der Antrieb selbsthemmend und selbstbremsend ist. Berechnet: 1. Wirkungsgrad für Heben nach (10.72): h = tan j/[tan(j + r¢ ) + mB · dB/d2], mit tan r¢ = m¢G = mG/cos (a/2) = mG/cos 15° = 0,0518; r¢ = 2,9632°; j = 3,554°; tan (j + r¢ ) = 0,1124; mB · dB/d2 = 0,0015 · 135/ 82 = 0,00247; h = 0,532. 2. Hemmfaktor r nach (10.73) mit tan r¢0 = m¢G 0 = mG0 /cos (a/2) = 0,10353; tan j = 0,06211; mBO dB/d2 = 0,004939; r = 1,75. – D.h. der Hubspindelantrieb ist selbsthemmend. – Zustand in Ruhe. 3. Bremsfaktor b nach (10.75): tan (j – r¢ ) = tan (3,554° – 2,963°) = tan 0,5908° = 0,010312; tan (j – r¢ )/tan j = 0,16605, mB · dB/d2 = 0,0015 · 135/82 = 0,00247; mB · dB/(d2 · tan j) = 0,03957; b = 1 – 0,16605 + 0,03957 = 0,87. D.h. der Hubspindelantrieb ist nicht selbstbremsend. – Die Spindel bleibt nach Abschalten des Antriebs in Bewegung. Zum Stillsetzen ist eine Bremse erforderlich.
10.13 Literatur Normen, Richtlinien 10.1-1 DIN 13 T1 ...T12, T13, T14, T15, T19, T20 ...T27, T28 T50, T51, T52 (1986/1983/1982/1988/1986/1983/1975/1986/1988/1990) Metrisches ISOGewinde. Beuth, Berlin 10.1-2 DIN 93 (1974) Scheiben mit Lappen (Sicherungsbleche mit Lappen). Beuth, Berlin 10.1-3 DIN 94 (1983) Splinte. Beuth, Berlin 10.1-4 DIN 103 T1...T4, T5...T8 (1977/1972) Metrisches ISO-Trapezgewinde.: Beuth, Berlin 10.1-5 DIN 137 (Entwurf) (1993) Federscheiben, gewölbt oder gewellt. Beuth, Berlin 10.1-6 DIN 158 (1986) Metrisches Kegeliges Außengewinde mit zugehörigem zylindrischen Innengewinde; Nennmaße, Grenzabmaße; Grenzmaße. Beuth, Berlin 10.1-7 DIN 168 T1 (1979) Rundgewinde, vorzugsweise für Glasbehältnisse; Gewindemaße. Beuth, Berlin 10.1-8 DIN 267 T2 (1984) Mechanische Verbindungselemente; Technische Lieferbedingungen, Ausführung und Maßgenauigkeit. Beuth, Berlin 10.1-9 DIN 315 (1983) Flügelmuttern. Beuth, Berlin 10.1-10 DIN 405 (1975) Rundgewinde: T1: Gewindeprofile, Nennmaße, Gewindereihen. Beuth, Berlin
2
Für das vorgeschaltete Schneckengetriebe sind die gleichen Überlegungen zu Selbsthemmung und Selbstbremsung anzustellen. Vorgehensweise s. VDI 2158. Für das vorliegende Beispiel ergibt sich damit unverändert Selbsthemmung und keine Selbstbremsung, jedoch mit verändertem Betrag [10.3-24].
460
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
10.1-11 DIN 427 (1986) Schaftschrauben mit Schlitz und Kegelkuppe. Beuth, Berlin 10.1-12 DIN 431 (1982/1992) Rohrmuttern mit Rohrgewinde nach DIN ISO 228 T1. Beuth, Berlin 10.1-13 DIN 462 (1973) Werkzeugmaschinen; Sicherungsbleche mit Innennase, für Nutmuttern Nach DIN 1804. Beuth, Berlin 10.1-14 DIN 464 (1986) Rändelschrauben, hohe Form. Beuth, Berlin 10.1-15 DIN 466 (1986) Rändelmuttern, hohe Form. Beuth, Berlin 10.1-16 DIN 513 (1985) Metrisches Sägegewinde; T1: Gewindeprofile, T2: Gewindereihen, T3: Abmaße und Toleranzen. Beuth, Berlin 10.1-17 DIN 548 (1986) Kreuzlochmuttern. Beuth, Berlin 10.1-18 DIN 557 (1993) Vierkantmuttern; Produktklasse C. Beuth, Berlin 10.1-19 DIN 561 (1985) Sechskantschrauben mit Zapfen und kleinem Sechskant. Beuth, Berlin 10.1-20 DIN 564 (1985) Sechskantschrauben mit Ansatzspitze und kleinem Sechskant. Beuth, Berlin 10.1-21 DIN 609 (1993) Sechskant-Paßschrauben mit langem Gewindezapfen. Beuth, Berlin 10.1-22 DIN 610 (1993) Sechskant-Paßschrauben mit kurzem Gewindezapfen. Beuth, Berlin 10.1-23 DIN 909 (1992) Verschlußschrauben mit Außensechskant; kegeliges Gewinde. Beuth, Berlin 10.1-24 DIN 910 (1992) Verschlußschrauben mit Bund und Außensechskant; schwere Ausführung, zylindrisches Gewinde. Beuth, Berlin 10.1-25 DIN 912 (1983) Zylinderschrauben mit Innensechskant; ISO 4762 modifiziert. Beuth, Berlin 10.1-25 DIN 913 (1980) Gewindestifte mit Innensechskant und Kegelstumpf; ISO 4026 modifiziert. Beuth, Berlin 10.1-26 DIN 928 (1983) Vierkant-Schweißmuttern. Beuth, Berlin 10.1-27 DIN 929 (1987) Sechskant-Schweißmuttern. Beuth, Berlin 10.1-27 DIN 931 T2: Sechskantschrauben mit Schaft; Gewinde M42 bis M160 × Produktklasse B. 10.1-28 DIN 935 (1987) Kronenmuttern; T1: Metrisches Regel- und Feingewinde, Produktklassen A und B, T3: Metrische Regelgewinde, Produktklasse C. Beuth, Berlin 10.1-29 DIN 936 (1985) Flache Sechskantmuttern; Gewinde M8 bis M52 und M8 × 1 bis M52 × 3; Produktklassen A und B. Beuth, Berlin 10.1-30 DIN 938 (1972) Stiftschrauben; Einschraubenden ≈ 1d. Beuth, Berlin 10.1-31 DIN 939 (1972) Stiftschrauben; Einschraubenden ≈ 1,25d. Beuth, Berlin 10.1-32 DIN 940 (1972) Stiftschrauben; Einschraubenden ≈ 2,5d. Beuth, Berlin 10.1-33 DIN 949: Stiftschrauben mit metrischem Festsitzgewinde MFS; T1: Einschraublänge ≈ 2d, T2: Einschraublänge ≈ 2,5d 10.1-34 DIN 985 (1987) Sechskantmuttern mit Klemmteil, mit nichtmetallischem Einsatz, niedrige Form. Beuth, Berlin 10.1-35 DIN 1587 (1987) Sechskant-Hutmuttern; hohe Form. Beuth, Berlin 10.1-36 DIN 1804 (1971) Nutmuttern; Metrisches ISO-Feingewinde. Beuth, Berlin 10.1-37 DIN 1816 (1971) Kreuzlochmuttern; Metrisches ISO-Feingewinde. Beuth, Berlin 10.1-38 DIN 2440: T1 (1989) Lehrengriffe für Lehrenkörper mit Kegelzapfen 1:50 bis 40 mm Nenndurchmesser, T2: Lehrengriffe für Lehrenkörper über 40 mm Nenndurchmesser; Griffe, Zylinderschrauben, Klemmstücke, T3: Lehrengriffe für Lehrenkörper für die Feinwerktechnik. Beuth, Berlin 10.1-39 DIN 2509 (1986) Schraubenbolzen. Beuth, Berlin
10.13 Literatur
461
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462
10 Schraubenverbindungen, Gewinde
10.1-69 DIN EN 24018 (1992) Sechskantschrauben mit Gewinde bis Kopf; Produktklasse C. Beuth, Berlin 10.1-70 DIN EN 24032 (1992) Sechskantmuttern Typ 1; Produktklassen A und B. Beuth, Berlin 10.1-71 DIN EN 24034 (1992) Sechskantmuttern; Produktklasse C. Beuth, Berlin 10.1-72 DIN EN 24035 (1992) Sechskantmuttern, niedrige Form (mit Phase); Produktklassen A und B. Beuth, Berlin 10.1-73 DIN EN 24036 (1992) Niedrige Sechskantmuttern ohne Fase; Produktklasse B. Beuth, Berlin 10.1-74 DIN EN 28673 (1992) Sechskantmuttern Typ 1, mit metrischem Feingewinde; Produktklassen A und B. Beuth, Berlin 10.1-75 DIN EN 28675 (1992) Niedrige Sechskantmuttern mit metrischem Feingewinde; Produktklassen A und B. Beuth, Berlin 10.1-76 DIN EN 28676 (1992) Sechskantschrauben mit Gewinde bis Kopf; Metrisches Feingewinde; Produktklassen A und B. Beuth, Berlin 10.1-77 DIN EN 28765 (1992) Sechskantschrauben mit Schaft; Metrisches Feingewinde; Produktklassen A und B. Beuth, Berlin 10.1-78 DIN EN 24766 (1992) Gewindestifte mit Schlitz und Kegelkuppe. Beuth, Berlin 10.1-79 DIN ISO 898 (1991/1993) Mechanische Eigenschaften von Verbindungselementen; T2 (Entwurf): Muttern mit festgelegten Prüfkräften, Regelgewinde, T6 (Entwurf): Muttern mit festgelegten Prüfkräften, Feingewinde. Beuth, Berlin 10.1-80 DIN ISO 1891 (1979) Mechanische Verbindungselemente; Schrauben, Muttern und Zubehör, Benennungen. Beuth, Berlin 10.1-81 DIN ISO 228 T1 (1993) Rohrgewinde für nicht im Gewinde dichtende Verbindungen; Bezeichnung, Maße und Toleranzen. Beuth, Berlin 10.1-82 DIN ISO 1207 (1992) Zylinderschrauben mit Schlitz, Produktklasse A. Beuth, Berlin 10.1-83 DASt-Richtlinie 010 (1975) Anwendung hochfester Schrauben im Stahlbau. Beuth, Berlin 10.1-84 VDI-Richtlinie 2158 (1991) Selbsthemmende und selbstbremsende Getriebe. VDI-Verlag, Düsseldorf 10.1-85 VDI-Richtlinie 2230 Bl. 1 (1986) Systematische Berechnung hochbeanspruchter Schraubenverbindungen; Zylindrische Einschraubenverbindungen. VDI-Verlag, Düsseldorf 10.1-86 VDI-Richtlinie 2230 Bl. 1 (Entwurf 1998. – Titel wie 10.1-85)
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11 Stift- und Bolzenverbindungen
Dies ist die einfachste und älteste Form der Verbindung von Bauteilen. – Definition: Stifte – verschiedener Bauformen – dienen zur festen Verbindung oder Zuordnung von Bauteilen; Bolzen sind ebenfalls Verbindungselemente, lassen aber Schwenkbewegungen eines Bauteils zu, z.B. in einem Gelenk.
11.1 Zeichen und Einheiten As , Ap b Cd Ck Ckp D DN d F, Fs , Fp h l Mb p, pb , pd , pzul T t Wb Wt
mm2 mm – –
Flächen für Spannungsberechnung Breite Minderungsfaktor für dynamische Beanspruchung Minderungsfaktor für Biege- und Schubspannung bei Vollstiften – Minderungsfaktor für Flächenpressung bei Kerbstiften mm Wellendurchmesser mm Nabendurchmesser mm Nenndurchmesser von Bolzen bzw. Stift N Betriebskräfte, allgemein Scherkraft, Querkraft für Flächenpressung mm Hebelarm mm Länge Nmm Biegemoment N/mm2 Flächenpressung allgemein, resultierend aus Mb /Fp , zulässige Nmm Drehmoment mm Wanddicke mm3 Biege-Widerstandsmoment mm3 Torsions-Widerstandsmoment
Beanspruchungen und Festigkeitswerte allg. s. Abb. 3.31.
11.2 Stiftverbindungen Hauptfunktionen sind: – Kraftübertragung durch formschlüssige Verbindung, z. B. von Wellen oder Achsen mit Naben, Hebeln, Stellringen, als Steckstifte zur Einleitung von Feder- oder Seilkräften, Abb. 11.1,
11.2 Stiftverbindungen
465
– Lagesicherung (Paßstifte) von zwei Bauteilen zueinander, z. B. Getriebe-Oberkasten zu Unterkasten, Lagerbock zu Fundament, Verlier- und Verschiebesicherung, – Verdrehsicherung durch Splinte (z. B. bei Schraubenverbindungen), Querstifte, – Überlastsicherung, z. B. als Brechbolzen (eigentlich ,,Stifte“) in verschraubten Kupplungsflanschen, Abb. 11.2, Längs- und Querstifte als Formschlußsicherung, Abb. 11.3, – Heftverbindung von Bauelementen ohne definierte Kraftübertragung, z. B. von Schildern, Scharnieren u.ä., auf metallischen Gestellen, Gerüsten u.ä., Abb. 11.4.
Abb. 11.1a–c. Stiftverbindungen. a Kegelstift, b Zylinderstift, c Kerbstift
Abb. 11.2. Flanschverbindung mit Brechbolzen
Abb. 11.3. Querstift für Formschlußsicherung eines Zahnkranzes
Abb. 11.4. Kerbrundnägel zur Befestigung eines Schilds
466
11 Stift- und Bolzenverbindungen
11.2.1 Ausführung, Anwendung
Die Stifte werden mit Übermaß in Bohrungen eingeschlagen; ihre Festigkeit soll höher sein als die der Bauteile, damit sich beim Einschlagen am Stift keine Wulst bildet und Fressen beim Einschlagen und Lösen vermieden wird. – Übliche Werkstoffe s. Abb. 11.17. Übliche Passungen s. Abb. 11.10. – Zylinderstifte, Abb. 11.5, sind besonders geeignet als Paßstift m6, in ein Bauteil mit Bohrung H7 (Preßpassung) eingeschlagen, im anderen Bauteil mit Bohrung E8 (als Bolzen mit Gleitpassung) gefügt. Zur Übertragung von Querkräften genügen Zylinderstifte h8 (Bohrung H8). Die Bohrlöcher für Stifte m6 und h8 müssen auf Paßmaß gerieben werden; teuer! Zylinderstifte h11 verwendet man als Nietstifte (Abschn. 9.1) oder für einfache Gelenke mit Spiel (Bohrung D11), also eigentlich ,,Bolzen“. Sitzlänge der Zylinderstifte ca. 4 ... 5 · d; längere Stifte erfordern zu große Kräfte beim Eintreiben, so daß die Stiftenden u.U. dabei verformt werden. – Kegelstifte, Abb. 11.6, sind geeignet als Paßstift und zur Übertragung von Querkräften. Beliebig oft füg- und lösbar; wegen kurzen axialen
Abb. 11.5a–d. Genormte Zylinderstifte. a mit Linsenkuppe, b mit Kegelkuppe, c mit glatten Enden, d gehärtet
Abb. 11.6a–c. Genormte Kegelstifte. a für Durchgangslöcher, b mit Innengewinde, c mit Gewindezapfen
11.2 Stiftverbindungen
467
Abb. 11.7a, b. Genormte querelastische Stifte. a Spannstift, b Spiralspannstift
Lösewegs besteht dabei keine Freßgefahr; teures Element; die Durchmessertoleranz der Bohrung ist zwar unwichtig, teurer jedoch das Aufreiben der kegeligen Bohrung (enge Formtoleranz!). Für Sacklöcher eignen sich Kegelstifte b und c, die mit Zugschrauben oder Abdrückmuttern gelöst werden können. – Geschlitzte Spannstifte (Schlitzbreite ª Wanddicke) und Spiral-Spannstifte, Abb. 11.7, – beide aus Federstahl – gleichen infolge ihrer Querelastizität grobe Lochtoleranzen aus; daher genügen normal gebohrte Löcher, Toleranz H12. Man benutzt sie als Paßstifte, bei geringer Zentriergenauigkeit als Sicherungselement und zur Übertragung von Querkräften. Beim Spannstift ist die Querelastizität von der Lastrichtung abhängig. Unter der Wirkung von Querkräften besteht – gegenüber Zylinder- und Kegelstiften – also eher die Gefahr von Relativbewegung (Gleiten) der verstifteten Bauteile. Sichere, aufwendige Lösung s. Abb. 11.8. Je nach Ausführung sind die übertragbaren Querkräfte größer oder kleiner als bei Vollstiften (100%): – Leichte Spannhülse nach DIN EN ISO 13337 ca. 62 %, – Schwere Spannhülse nach DIN ISO 1481 ca. 112 %, – Schwere Vorspannhülse (Verbundspannhülse, 2 ineinander gesteckte Spannhülsen nach DIN ISO 1481) ca. 155 %, – Leichte Spiralspannstifte ca. 130 %. – Kerbstifte, Kerbnägel, Abb. 11.9, weisen 3 um 120° versetzte Wulstkerben auf, die sich beim Einschlagen elastisch-plastisch verformen. Festsitz wird daher ohne enge Lochtoleranz erreicht, so daß sauberes
Abb. 11.8. Spannhülse als Scherbuchse einer querbelasteten Schraubenverbindung
468
11 Stift- und Bolzenverbindungen
Abb. 11.9a–n. Kerbstifte und Kerbnägel mit Anwendungsbeispielen. a, b Kegelkerbstifte, c Paßkerbstift, d Steckkerbstift, e Zylinderkerbstift, f Paßkerbstift mit Hals, g, h Steckkerbstifte mit Hals, i Knebelkerbstift, i, j Knebelkerbstifte mit Hälsen, k, l Doppelkerbstifte, m, n Kerbnägel. S 6 ... S 12 sind Ausführungen der Kerb-Konus-GmbH, Schnaittenbach
Bohren genügt: bis 3 mm Durchmesser – H9, über 3 mm – H11, Abb. 11.10. Selbst nach 50-maligem Demontieren beträgt die Vorspannkraft noch 50%. Die Zentriergenauigkeit (wichtig für Paßstifte) ist allerdings geringer als bei Zylinder- und Kegelstiften. Für niedrig belastete Heftverbindungen gibt es Kerbstifte und -nägel aus Kunststoff. – Vergleich der Eigenschaften s. Abb. 11.11.
469
11.3 Bolzenverbindungen
Abb. 11.10. Einfluß des Lochdurchmessers auf Durchdrückkraft F verschiedener Stifte mit Nenndurchmesser 6 mm und 40 mm Lochlänge. ZS = Zylinderstift, Sp = Spannhülse, KS = Kerbstift. Übliche Passungen
Abb. 11.11. Eignung von Stiftverbindungen. Zeichen: gelhaft, ungünstig
• sehr gut, erfüllt ...
man-
11.3 Bolzenverbindungen Hauptfunktionen sind: – Übertragung von Querkräften in Gelenken, d.h. unter Preßsitz in einem Bauteil und Gleitsitz (Spielpassung) im anderen. – Übertragung von Querkräften und Führung zweier Bauteile zueinander unter Schwenkbewegung, z. B. in einem Gelenk. Ausführung, Anwendung: Gemäß diesen Funktionen muß der Bolzen in einem Bauteil (beim Gelenk meist in der Gabel) axial- und drehfest gelagert werden, möglichst durch geeignete Gestaltung des Bolzens selber: axial durch Bund (teuer!) oder Absatz, gegen Verdrehen durch abge-
470
11 Stift- und Bolzenverbindungen
frästen Bund oder Preßsitz. Billiger sind Bolzen ohne Kopf, die durch Splinte, Sicherungsringe o.ä. gesichert werden müssen. Beispiel s. Abb. 11.12. Genormte Bolzen s. Abb. 11.13. Beispiel einer Sonderausführung s. Abb. 11.14.
Abb. 11.12a, b. Beispiele für Bolzensicherungen. a Bauteil und zwei Verschiebesicherungen, b Bauteil und zwei Verliersicherungen
Abb. 11.13a–d. Genormte Bolzen. a ohne Kopf, b ohne Kopf mit Splintlöchern, c mit kleinem Kopf, d mit großem Kopf und Splintloch
Abb. 11.14. Kolbenbolzen eines Mopedmotors (FAG)
11.4 Dimensionierung und Festigkeitsnachweis für Stift- und Bolzenverbindungen
471
11.4 Dimensionierung und Festigkeitsnachweis für Stiftund Bolzenverbindungen Die tatsächlich auftretenden örtlichen Beanspruchungen sind nur schwer zu bestimmen. Durch das Einschlagen/Einpressen unter Übermaß werden Stifte und Bauteile vorgespannt. Diesen Vorspannungen überlagern sich die durch äußere Kräfte aufgeprägten Spannungen. Für die betreffenden Bauteile, z. B. die Gabel eines Gelenks, ergibt sich aus dem Festsitz eine Sprengkraft, die bei der Bemessung zu beachten ist. Die Gleitbewegung bei der Bolzenverbindung erfordert einen Spielsitz mit entsprechend niedrigerer zulässiger Flächenpressung. – Bei Vollstiften und Bolzen rechnet man i.allg. mit den aus den äußeren Kräften erzeugten Nennspannungen, die man mit Erfahrungswerten für die zulässigen Spannungen vergleicht. Die vernachlässigten Vorspannungen und örtlichen Kerbspannungen werden somit beim Ansatz der zulässigen Spannungen berücksichtigt. – Für Spannstifte und Spiralspannstifte wurden die Scherkräfte experimentell ermittelt. Es ist also nachzuweisen, daß die auftretenden Querkräfte kleiner als die zulässigen Scherkräfte nach den betreffenden DIN-Normen sind. Die Flächenpressungen sind ebenso wie bei Vollstiften zu überprüfen, da die zulässigen Werte durch die Bauteilwerkstoffe bedingt sind. 11.4.1 Dimensionierung
Die erforderlichen Stift- und Bolzenabmessungen lassen sich aus den Gleichungen für die Beanspruchungen in Abb. 11.15 und 11.16 und den zulässigen Beanspruchungen bzw. Scherkräften nach Abb. 11.17 bzw. 11.18 bestimmen. Hiernach wählt man die nächst größere genormte Ausführung. 11.4.2 Festigkeitsnachweis
Für die vorgegebenen oder nach Abschnitt 11.4.1 geschätzten Abmessungen der Verbindung bestimmt man die Beanspruchungen nach Abb. 11.15 bzw. 11.16. und vergleicht sie mit den zulässigen Werten. Ggf. sind die Abmessungen zu ändern (eine andere Normgröße zu wählen) und der Festigkeitsnachweis zu wiederholen. – Zulässige Spannungen/Flächenpressungen für Vollstifte, Kerbstifte und Bolzen: Biegespannung:
sbzul = sbzul,r · Cd · Ck ,
(11.1)
Schubspannung:
tszul = tszul,r · Cd · Ck ,
(11.2)
Flächenpressung:
pzul = pzul,r · Cd · Ckp .
(11.3)
As =
F π 2 d ; τ s = s ≤ τ s zul 4 As
pmax
Nabe:
Anteil aus der Kraft F:
fi
Scherkraft, Schubspannung: Flächenpressung, Anteil aus dem Biegemoment:
Biegemoment, Biegespannung:
Flächenpressung, Welle und Nabe:
Scherkraft, Schubspannung:
As =
F π 2 d ; τ s = s ≤ τ s zul As 4
π ⋅ d3 32
pb =
F ⋅ (h + t / 2) ⋅ 6 d⋅ t F pd = d⋅ t F ⋅ (4 + 6 h / t ) pmax = p b + p d = ≤ p zul d⋅ t
Fs = F;
Mb ; Wb
Wb =
F d⋅l ; τ s = s ≤ τ s zul 2 As 4⋅T ≤ p zul l⋅d⋅D
As =
Mb = F ⋅ h; σ b =
pmax =
Fs = T / D;
Nachrechnung des Stifts auf Schubspannung ts erübrigt sich, wenn 2 t s zul > pzul ist.
pmax =
6T ≤ p zul d D2 T = ≤ p zul t d (D + t)
Fs = T / D;
Flächenpressung, Welle:
Scherkraft, Schubspannung:
Abb. 11.15. Tragfähigkeitsberechnung von Stiftverbindungen; zulässige Beanspruchungen s. Abb. 11.17
3. Steckstift unter Biegekraft Anhaltswert: t/d = 4 . . . 5
2. Längsstift unter Drehmoment Anhaltswerte: d/D = 0,13 . . . 0,2 Stiftlänge: l = 1 . . . 1,5 ¥ D
Annahme: Feste Einspannung des Stifts als Paßstift (Toleranzen s. Abschnitt. 11.2.2); deshalb Berechnung auf Abscheren
1. Querstift unter Drehmoment Anhaltswerte: q = d/D = 0,2 . . . 0,3 DN/D ≈ 2 für Stahl und GS-Nabe; ≈ 2,5 für GJL-Nabe
472 11 Stift- und Bolzenverbindungen
Stange
Spielpassung
Spielpassung
Preßpassung
Gabel
Spielpassung
Preßpassung
Spielpassung
Passung
idealisierter Biegemomentenverlauf, gefährdeter Querschnitt I-I
σb =
Wb
Mb max
≤ σ b zul
F⋅ t 4
F⋅b 12
F (t + b) 4
Biegespannung
Mb max =
Mb max =
Mb max =
Biegemoment
π d3 32
Wb =
τs =
Fs ≤ τ s zul As
Schubspannung
F 2 π 2 As = d 4 Fs =
Scherkraft
Beanspruchung
p=
Ap
Fp
≤ p zul
Flächenpressung
Stange: Ap = d · b
Fp = F Gabel: Ap = 2 d · t
Flächenpressung
Abb. 11.16. Beanspruchung von querbelasteten Bolzenverbindungen (zweischnittig). Anhaltswerte: b/d = 1,5 … 1,7; b/t = 2 … 3,5, DN /d ≈ 2,5 für Stahl und GS; ≈ 3,5 für GJL-Nabe; s. Abb. 11.17
1. Querbelastete Bolzenverbindung (zweischnittig)
11.4 Dimensionierung und Festigkeitsnachweis für Stift- und Bolzenverbindungen
473
474
11 Stift- und Bolzenverbindungen
Hierin bedeuten: sbzul,r , tszul,r , pzul,r zulässige Spannungen/Flächenpressungen, Referenzwerte, ebenso Faktoren Cd , Ck und Ckp s. Abb. 11.17. – Zulässige Scherkräfte für Spannstifte und Spiralspannstifte s. Abb. 11.18. Zulässige Flächenpressung s. (11.3) und Abb. 11.17; man beachte: für Gleitsitze in Gelenken sind nur relativ niedrige Flächenpressungen zulässig!
p zul, r1)
Bauteilwerkstoff GJL GS
S235
E295
E335
E360
70
91
126
140
154
84
Stift- oder Bolzenwerkstoff mit Rm = 400 490 590 690 z. B. 9520 E295 E335 E360
sb zul, r1)
77
112
133
147
ts zul, r1)
56
70
84
98
Geschmierte Gleitsitze (Gelenke), Bolzen/Stifte aus Stahl Bauteilwerkstoff GJL GS Bronze Stahl 2) pzul
5
8
10
15
1) Für Vollstifte
bei ruhender Last und Größtwert eines Lastkollektivs: Dynamikfaktor Cd = 1; für Wechsellast: Cd = 0,5; für Schwellast: Cd = 0,7. Minderungsfaktoren für Vollstifte, Biegung und Schub; Flächenpressung bei Kerbstiften: Ck = 0,7; Ckp = 0,8. Werte von p zul bei Verwendung von Lagerbuchsen s. Kap. 15. 2) Werkstoffpaarung Stahl gehärtet/Stahl gehärtet. Abb. 11.17. Werkstoffe und zulässige Beanspruchungen in N/mm2 für Stiftverbindungen mit Vollstiften und Bolzenverbindungen, Beanspruchungen s.Abb. 11.15, 11.16
Nenndurchm. in mm
3
4
5
6
8
10
12
16
20
30
40
50
Spannstift, leicht DIN 7346
3,5
8
10,4
18
24
40
48
98
158
302
634
1000
Spannstifte, geschlitzt DIN EN 28 752
6,3
11,2
17,5
26,0
42,8
70,2
104
171
281
631
1068
1685
Spiralspannstifte, Regelausführung DIN EN 28 750
5,5
9,6
15
22
39
62
89
155
250
–
–
–
Spiralspannstifte, schwere Ausführung DIN EN 28 748
7,6
13,5
20
30
53
84
120
210
340
–
–
–
Abb. 11.18. Zulässige Scherkräfte in kN für zweischnittige Spannstift-Verbindungen nach den angeführten Normen
11.5 Berechnungsbeispiele
475
11.5 Berechnungsbeispiele Beispiel 1: Querstift unter Drehmoment: Angenommen wird feste Einspannung des Stifts als Paßstift, so daß der Stift auf Abscheren berechnet wird. Flächenpressung p in Welle nimmt zum Rand hin zu, Annäherung durch eingezeichnete lineare Verteilung (Abb. 11.15). Gegeben: Welle S235, D = 30 mm; Nabe aus GJL mit DN = 75 mm; Stift aus E295 mit d = 8 mm, d/D = 0,27; Drehmoment T = 50 Nm schwellend. Berechnet (nach Abb. 11.15(1.)): – Stift: Schubspannung ts = 4 T/(Dpd2) = 33,16 N/mm2 < tszul = 49 N/mm2 (für E295 nach (11.2) und Abb. 11.17, Cd = 0,7). Welle: Flächenpressung pmax = 6T/(dD2) = 41,67 N/mm2 < pzul = 63,7 N/mm2 (für S235 nach (11.3) und Abb. 11.17, Cd = 0,7). Nabe: Flächenpressung pmax = T/(td(D + t)) = 5,29 N/mm2 < pzul = 49 N/mm2 (für GJL nach (11.3) und Abb. 11.17, Cd = 0,7). Beispiel 2: Längsstift unter Drehmoment Gegeben: Welle, Nabe und T wie Beispiel 1, Stift d = 4 mm, l = 40 mm. Berechnet (nach Abb. 11.15(2.): – Stift: Flächenpressung pmax = 4 T/(ld D) = 41,67 N/mm2 < pzul = 49 N/mm2 (für GJL nach (11.3) und Abb. 11.17, Cd = 0,7) < 2tszul (Nachrechnung aus Schubspannung ts entfällt). Beispiel 3: Steckstift unter Biegekraft Gegeben: Kerbstift aus E295, d = 13 mm, h = 12 mm; Platte aus GS mit t = 18 mm, Kraft F = 1000 N schwellend. Berechnet (nach Abb. 11.15(3.): – Stift: sb = 32 Fh/(pd3) = 55,6 N/mm2 < s bzul = 62,7 N/mm2 (für E295 nach (11.1) und Abb. 11.17, Cd = 0,7, Ck = 0,8). Flächenpressung pmax = F(4 + 6 h/t)/(dt) = 34,2 N/mm2 < pzul = 41,2 N/mm2 (für GJL nach (11.3) und Abb. 11.17, Cd = 0,7, Ckp = 0,7). Beispiel 4: Querbolzen in Zugstange Gegeben: Bolzen aus E360, d = 20 mm, Stange und Gabel aus E295, Lagerbuchse Bronze, t = 12 mm, b = 32 mm, Zugkraft F = 5200 N schwellend, Gabel/Bolzen: Preßpassung, Stange/Bolzen: Spielpassung. Berechnet (nach Abb. 11.16): Schubspannung τs = F/(2pd2/4) = 8,28 N/mm2 << τszul = 68,6 N/mm2 (für E360 nach (11.2) und Abb. 11.17, Cd = 0,7). Biegespannung sb = 32 Fb/(12pd3) = 17,7 N/mm2 < sbzul = 102,9 N/mm2 (für E360 nach (11.1) und Abb. 11.17, Cd = 0,7). Flächenpressung Stange: p = F/(db) = 8,1 N/mm2 < pzul = 10 N/mm2 (für Paarung Stahl/Bronze nach Abb. 11.17). Flächenpressung Gabel: p = F/(2 dt) = 10,8 N/mm2 < pzul = 88,2 N/mm2 (für E295 nach (11.3) und Abb. 11.17, Cd = 0,7).
476
11 Stift- und Bolzenverbindungen
11.6 Literatur Normen, Richtlinien 11.1-1 11.1-2 11.1-3 11.1-4 11.1-5 11.1-6 11.1-7 11.1-8 11.1-9 11.1-10 11.1-11 11.1-12 11.1-13 11.1-14 11.1-15 11.1-16 11.1-17 11.1-18 11.1-19 11.1-20 11.1-21 11.1-22 11.1-23 11.1-24 11.1-25 11.1-26 11.1-27 11.1-28 11.1-29 11.1-30 11.1-31 11.1-32
DIN 258 (1977) Kegelstifte mit Gewindezapfen und konstanten Kegellängen. Beuth, Berlin DIN 471 (1981) Sicherungsringe (Halteringe) für Wellen; Regelausführung und schwere Ausführung. Beuth, Berlin DIN 1445 (1977) Bolzen mit großem Kopf; Ausführung mg. Beuth, Berlin DIN 1469 (1978) Paßkerbstifte mit Hals. Beuth, Berlin DIN 6799 (1981) Sicherungsscheiben (Haltescheiben) für Wellen. Beuth, Berlin DIN 11024 (1973) Federstecker. Beuth, Berlin DIN EN 22339 (1992) Kegelstifte, ungehärtet. Beuth, Berlin DIN EN 22340 (1992) Bolzen ohne Kopf. Beuth, Berlin DIN EN 22341 (1992) Bolzen mit Kopf. Beuth, Berlin DIN EN 28736 (1992) Kegelstifte mit Innengewinde, ungehärtet. Beuth, Berlin DIN EN 28737 (1992) Kegelstifte mit Gewindezapfen, ungehärtet. Beuth, Berlin DIN EN 28738 (1992) Scheiben für Bolzen. Beuth, Berlin DIN EN ISO 1234 (1998) Splinte. Beuth, Berlin DIN EN ISO 2338(1998) Zylinderstifte aus ungehärtetem Stahl und austenitischem nichtrostendem Stahl. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8733 (1998) Zylinderstifte mit Innengewinde aus ungehärtetem Stahl und austenitischem nichtrostendem Stahl. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8734 (1998) Zylinderstifte mit Innengewinde aus gehärtetem Stahl und martensitischem nichtrostendem Stahl. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8735 (1998) Zylinderstifte mit Innengewinde aus gehärtetem Stahl und martensitischem nichtrostendem Stahl. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8739 (1998) Zylinderkerbstifte mit Einführende. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8740 (1998) Zylinderkerbstifte mit Fase. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8741 (1998) Steckkerbstifte. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8742 (1998) Knebelkerbstifte mit kurzen Kerben. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8743 (1998) Knebelkerbstifte mit langen Kerben. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8744 (1998) Kegelkerbstifte. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8745 (1998) Paßkerbstifte. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8746 (1998) Halbrundkerbnägel. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8747 (1998) Senkkerbnägel. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8748 (1998) Spiralspannstifte – Schwere Ausführung. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8750 (1998) Spiralspannstifte – Regelausführung. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8751 (1998) Spiralspannstifte – Leichte Ausführung. Beuth, Berlin DIN EN ISO 8752 (1998) Spannstifte(-hülsen) – Geschlitzt, schwere Ausführung. Beuth, Berlin DIN EN ISO 13337 (1998) Spannstifte(-hülsen) – Geschlitzt, leichte Ausführung. Beuth, Berlin DIN EN 1481 (1990) Flachkopf – Blechschrauben mit Schlitz. Beuth, Berlin
11.6 Literatur
477
Dissertation 11.2-1
von der Heide W (1969) Untersuchungen an Kerbstiften und Kerbstiftverbindungen, TU Hannover
Bücher, Veröffentlichungen, Zeitschriften 11.3-1 11.3-2
11.3-3 11.3-4
11.3-5 11.3-6 11.3-7
Lochleibungsspannungen bei Bolzen und Runddübeln (1944) Z. VDI 86: 207 Mintrop H (1957) Untersuchungen über die Passungsgenauigkeit von Kerbstiftverbindungen bei Verwendung von Kerbstiften mit 3 mm Durchmesser, Konstruktion 9: 13–18 Schmitz H (1960) Theoretische und experimentelle Untersuchungen an Stift-Verbindungen. Konstruktion 12, 5B: 83–85 Firmenschriften der Fa. W. Hedtmann KG, Hagel-Kabel (Spannhülsen); Fa. Kerb-Konus Ges., Dr. C. Eibes & Co. Schnaittenbach/Opf., (Kerbstifte); Fa. W. Prym, Stolberg/Rhld. (Spiralstifte); Fa. C. Vogelsang GmbH, Hohenlimburg i.W. (Spannhülsen) Kollmann FG (1984) Welle-Nabe-Verbindungen, Springer Berlin Willms V (1982) Auslegung von Bolzenverbindungen mit minimalem Bolzengewicht, Konstruktion 34: 63–70 Pahl G, Heinrich J (1987) Berechnung von Sicherungsringverbindungen – Formzahlen, Dauerfestigkeit, Ringverhalten, Konstruktion 39: 1–6
12 Elastische Federn
Federn sind Elemente, die sich unter Belastung gezielt verformen und bei Entlastung wieder zurückverformen. Diese Funktion erreicht man durch geeignete Gestaltung oder/und Werkstoffwahl 1. Entsprechend benennt man die Federn meist nach ihrer Gestalt und unterscheidet z.T. nach ihrer Beanspruchung. Beispiele: Tellerfeder, Abb. 12.24; Drehstabfeder, Abb. 12.32. Andererseits verwendet man die Bezeichnungen nach dem Werkstoff, z.B. Metallfeder, Gummifeder. Diese allgemeine Einteilung wird in den Abschn. 12.4 ... 12.7 benutzt. Für die Berechnung ist die Art der Beanspruchung maßgebend; deshalb werden die Federarten im Abschn. 12.4 nach ihrer vorwiegenden Beanspruchung (zugbeansprucht, biegebeansprucht und torsionsbeansprucht) geordnet. Hauptfunktionen der Federn sind: – Kräfte elastisch leiten: Kleine Kräfte/Kraftänderungen bewirken große Verformungen, d.h. Wege und umgekehrt. – Potentielle Energie speichern, d.h. beim Verformen gespeicherte Energie nach Bedarf wieder abgeben. – Kinetische Energie wandeln (dadurch Rückstoßkräfte mindern). In Abb. 12.1 sind Anwendungen beschrieben, bei denen diese Funktionen genutzt werden. Federarten: Man benutzt als Grundelemente (Wirkkörper) einfach herstellbare Formen: Flachstab, Zylinder, Ring, Platte, Scheibe. Hieraus und mit geeignetem Werkstoff lassen sich die in Abb. 12.2 dargestellten Federarten bilden. Je nach Anforderungen des Anwendungsgebiets kann man damit große oder kleine Federwege realisieren und sie den Einbaubedingungen anpassen. Eigenschaften, Auswahl (Abb. 12.2): Im Maschinenbau werden vorwiegend Schraubenfedern aus Stahldraht verwendet, die billig herstellbar, einfach zu bemessen und einzubauen sind. Sie können sowohl Zugkräfte als auch Druckkräfte übertragen. Bei anderer Einspannung (d.h. als Schenkelfeder) können sie Drehbewegungen ausführen und schließlich auch als Kupplung dienen (Schraubenband-Wellenkupplung).
1
Hier werden nur mechanische, hydraulische und pneumatische Federn behandelt. Analog kann man den Zusammenhang zwischen magnetischen/elektromagnetischen Feldkräften und Weg (Lage) nutzen [7.3–6].
12 Elastische Federn
479
Kräfte elastisch leiten
potentielle Energie speichern
kinetische Energie wandeln
Spannfedern sollen eine Vorspannung aufrechterhalten, um z. B Wärmedehnungen auszugleichen (z. B. Ringspannscheiben zur Schraubensicherung). Sie gestatten auch, eine definierte Kraft (z. B. in Rutschkupplungen) einzustellen oder eine Anpreßkraft bei Verschleiß (z. B. bei Kontaktfingern oder Dichtungen) aufrechtzuerhalten.
Rückholfedern sollen bewegliche Maschinenteile in ihre Ausgangslage zurückführen (z. B. Rückstellfedern in hydraulischen Ventilen).
Stoßisolierung: Stoßenergie auf längeren Wegen, d. h. mit geringeren Kräften aufnehmen (z. B. Fahrzeugfedern, Pufferfedern). Dabei kann auch Stoßenergie in Reibungsarbeit, d. h. Wärme umgewandelt werden.
Kraftverteilung: z. B. auf mehrere Räder eines Fahrzeugs oder über eine Fläche (z. B. Matratze).
Energiespeicher: Anwendungen: Uhrfeder, Spielzeugfedermotor, usw.
Schwingungsisolierung (aktiv oder passiv) durch Verlagern der Eigenfrequenz. Schwingelemente verlagern den Betrieb in den Resonanzbereich (d. h. Verstärken der Schwingamplituden). Anwendungen: Schwingsiebe, Wuchtförderer, usw.
Kraftmessung: Jedem Federweg ist eine definierte Kraft zugeordnet. Regelung von Fluidströmen (Rückschlagventil – Fluidstrom nur gegen Federkraft möglich); Regelung von Fluiddrücken (Druckminderventil – Vordruck wird über Federkraft auf gewünschten Druck reduziert).
Abb. 12.1. Hauptfunktionen der Federn und Anwendungen
Im übrigen ist für die Wahl der Federart wesentlich, welche besonderen Gesichtspunkte jeweils im Vordergrund stehen. Hierzu einige Hinweise: – Geringes Gewicht und geringes Volumen bei gegebener Federungsarbeit ermöglichen Gummifedern, hochwertige Ringfedern aus Stahl, Tellerfedern, auf Zug beanspruchter dünner Stahldraht, faserverstärkte Kunststoffedern. – Niedrige Bauhöhe ermöglichen Blattfedern, Ringfedern und Drehstabfedern (Fahrzeugbau!). – Schmalflächige Anordnung ermöglichen ebene Spiralfedern (z.B. bei Uhren) und Tellerfedern.
Beanspruchungsart
Zylinderfeder
Zugstab Keine Bedeutung in der Praxis
ohne *
ohne *
Gummielement
Gummiplatte
Schub mit *
Abb. 12.2. Wirkkörper und Beanspruchungen mechanischer Federn
Ringfeder Dm = 18 . . . 400 mm F = 5 . . . 1800 kN f = 0,4 . . . 7,6 mm pro Element
Stahldraht, Gummiseil, Gummiplatte
Zug/Druck mit *
* Reibung bzw. Dämpfung
Wirkkörper
gerade
gewunden
Platte, Ring, Scheibe
Blattfeder
Biegung mit *
wechselsinnig Tellerfeder: Da = 8 . . . 250 mm F = 0,1 . . . 400 kN
gleichsinnig
Schenkelfeder
Spiralfeder
Biegestab Fast alle Abmessungen möglich
ohne *
Torsionsstab
ohne *
Gummielement
Schraubenfeder d = 0,1 . . . 50 mm Kraft und Federweg in fast jedem gewünschten Bereich
Torsionsstab mit Reibscheibe
Torsion mit *
480 12 Elastische Federn
12.1 Zeichen, Einheiten
481
– Große Federwege im Vergleich zur Baulänge ermöglichen Gummifedern, dünndrähtige Schraubenfedern mit großem Windungsdurchmesser, Gasfedern und dünne Tellerfedern sowie im Vergleich zur Bauhöhe die Biegestabfedern. – Zusätzliche Reibungsarbeit ermöglichen in erheblichem Maße Ringfedern, in geringerem Maße geschichtete Blatt- und Tellerfedern, Litzenschraubenfedern und Gummifedern. Sie sind also zur Stoßaufnahme bzw. zur Schwingungsdämpfung besonders geeignet. – Als Trag-, Fahrzeug- und Fundamentfedern benutzt man insbesondere Gummifedern. – Kraftrichtungsumkehr bei gleicher Federkennlinie ermöglichen Biegestabfedern, Drehstabfedern, Schraubenfedern sowie schub- und torsionsbeanspruchte Gummifedern. – Der Federweg ist bei den meisten Federn proportional der Federkraft (gerade Kennlinie). Sonderkennlinien (abweichend von der Geraden) zeigen Kegelfedern, Tellerfedern und Gummifedern. Außerdem kann die Kennlinie durch Änderung der Kraftrichtung zur Federachse oder des wirksamen Hebelarms (Wälzfeder) oder der wirksamen Federlänge in Abhängigkeit vom Federweg beeinflußt werden. – Für besonders leichte und besonders weiche Federungen verwendet man Gummifedern oder Kunststoffedern (faserverstärkt). – Kompressionsfedern – Luftfedern (eingeschlossene Luft) und Flüssigkeitsfedern – verwendet man vorwiegend im Fahrzeugbau. Sie eignen sich auch zur Höhenverstellung. – Besonderen Anforderungen hinsichtlich gleichbleibender Elastizität genügen berylliumlegierte Federn (z.B. für Uhren), hinsichtlich magnetischen Verhaltens, Hitze und Korrosion besondere Stahllegierungen bzw. Sonderbronzen und Schutzüberzüge. – Gummi-Federelemente werden einbaufertig in großen Serien hergestellt. In den Herstellerkatalogen findet man hierfür Steifigkeits- und Festigkeitsangaben. – Bei Auswahl, Gestaltung und Anordnung der Federelemente sollte man auf die Erfahrung der Hersteller zurückgreifen.
12.1 Zeichen und Einheiten A B, b Da, da
mm2 mm mm
Dm Di, di d dma, dmi E F Fc Fn F0,75
mm mm mm mm N/mm2 N N N N
Fläche Querschnittsbreite äußerer Windungsdurchmesser, Außendurchmesser mittlerer Windungsdurchmesser Dm = 1/2(Da + Di) innerer Windungsdurchmesser, Innendurchmesser Draht- oder Stabdurchmesser mittlerer Durchmesser innen, außen Elastizitätsmodul Federkraft Federkraft bei Blocklänge Lc Federkraft für Mindest-Federlänge Ln Federkraft bei Federweg s = 0,75h0
482 fe fF G k kd k¢ L Lc Ln L0 l0 Mb N n nt Q q R, Rt RMR r, r0 s, sK T t V v vx W, Wt WD Wpot Wges w gmax d emax hA hQ hV n sH , tH , tkH sh , th , tkh sm , tm , tkm s b max r
12 Elastische Federn
Hz Hz N/mm2 –
Eigenfrequenz Kraftfrequenz Schubmodul Spannungsbeiwert für zylindrische Schraubenfedern – Dynamikfaktor für Gummifedern – Formfaktor mm Federlänge mm Blocklänge mm Mindest-Federlänge mm Länge der unbelasteten Feder mm Bauhöhe des unbelasteten Einzeltellers N/mm2 Biegemoment – Schwingspielzahl – Anzahl der wirksamen (federnden) Windungen – Gesamtwindungszahl N Gewichtskraft = Masse · g – Spannungsbeiwert für Schraubendrehfedern N/mm Federrate Nmm/Grad Federmomentrate mm Federradius, im ungespannten Zustand mm Federweg, kritischer Federweg bei Knickung (Knickfederweg) Nm Drehmoment mm Querschnittshöhe, Dicke mm3 Volumen – Beiwert für Federanordnung m/s Geschwindigkeit Nmm Federungsarbeit Nmm Maß für die während eines Lastspiels in Wärme umgewandelte Energie Nmm Maß für die in der Umkehrlage der Feder gespeicherte Energie Nmm gesamte Federungsarbeit bei dynamischer Beanspruchung mit Dämpfung – Wickelverhältnis, w = D/d – Maximalwert der Dehnung in Querrichtung – Dämpfungswert – Maximalwert der Dehnung in Längsrichtung – Artnutzgrad mm Gewichtsnutzgrad N/mm2 Volumennutzgrad – Querdehnzahl N/mm2 Hubfestigkeit N/mm2
Hubspannung
N/mm2
Mittelspannung
N/mm2 kg/mm3
Maximalwert der Biegespannung Dichte
12.2 Kennwerte
sO , tO , N/mm2 sU , tU tt , tt zul , N/mm2 tt max , tt m , j ° y –
483
Ober-, Unterspannung Schubspannung, zulässige –, maximale –, mittlere – Verdrehwinkel Dämpfungsfaktor
12.2 Kennwerte 12.2.1 Federkennlinien
Trägt man über dem Federweg s die Belastungskraft (Federkraft) F bzw. über dem Verdrehwinkel j das Drehmoment T auf, so erhält man die Federkennlinie (Abb. 12.3). Je steiler die Kennlinie, desto ,,härter“ ist die Feder. Gerade Kennlinien haben beispielsweise Schraubenfedern, Drehstabfedern, Kennlinie A in Abb. 12.3. Für bestimmte Anwendungsfälle, z.B. Fahrzeugtragfedern, wird ein progressiver Verlauf nach Kennlinie B gewünscht, um das Eigenschwingverhalten des vollen und leeren Fahrzeugs in etwa gleich zu halten. – Pneumatische und hydropneumatische Federn besitzen eine progressive Kennlinie. Bei Schraubenfedern kann sie durch inkonstante Steigung der Schraubenwindungen näherungsweise erreicht werden (beim Einfedern legen sich die Windungen nach und nach aufeinander). Dasselbe durch Reihenschaltung mehrerer Federn (ab einem bestimmten Weg werden weitere Federn ,,zugeschaltet“), Abb. 12.16 d. Gilt es z.B. Stöße aufzufangen, d.h. Energie zu wandeln, so ist eine degressive Kennlinie (Kennlinie C) erwünscht, da bei gleichem Energieaufnahmevermögen die auftretende Maximalkraft geringer ist. Federn mit degressiver Kennlinie eignen sich auch für Reibkupplungen und Bremsen, um den Verschleiß auszugleichen und die Anpreßkraft nur wenig absinken zu lassen. Derartige Kennlinien erreicht man beispielsweise mit Tellerfedern und hydraulischen Dämpfern.
Federrate R = dF/ds [N/mm] für Linearfedern Federrate R t = dT/dj [Nmm/rad] für Drehfedern
Abb. 12.3. Federkennlinien. Federungsarbeit W für Kennlinie C schraffiert.
(12.1) (12.2)
484
12 Elastische Federn
12.2.2 Federrate
Die Federrate R (früher Federsteifigkeit) ist die Steigung der Federkennlinie im Federdiagramm, Abb. 12.3. Bei linearer Kennlinie ist R konstant. Bei Federn ohne innere Reibung (praktisch alle metallischen Federn) ist die Federrate unabhängig von der Belastungsgeschwindigkeit. Gummi und andere hochpolymere Werkstoffe haben aber eine große innere Reibung, die von Verformungsgeschwindigkeit und Temperatur abhängt. Die E- und G-Moduln steigen mit der Verformungsgeschwindigkeit an, die Folge sind größere Federraten. Man unterscheidet deshalb die statische und die dynamische Federrate Rstat und Rdyn , die im Versuch ermittelt werden müssen. 12.2.3 Dämpfung
Bei äußerer oder innerer Reibung verläuft die Kennlinie prinzipiell wie in Abb. 12.4 dargestellt. Beim Entlasten der Feder wird weniger Federungsarbeit abgegeben als beim Belasten aufgenommen wurde. Die Differenz wird in Wärme umgewandelt. Im Feder-Diagramm zeigt sich der Energieverlust (Hysterese) als von der Kennlinie umschlossene Fläche. Zur Kennzeichnung der Dämpfungseigenschaften einer Feder vergleicht man den Energieverlust WD mit der Federungsarbeit Wpot einer verlustlosen Feder (Abb. 12.4). – Dämpfungsfaktor y:
ψ=
WD . Wpot
(12.3)
Bei Schwingungs- und Dämpfungsvorgängen rechnet man mit dem Dämpfungswert d (Abb. 12.4): Wges – W¢ d = 06 . Wges + W¢
Abb. 12.4. Federkennlinie bei äußerer oder innerer Reibung (= Dämpfung)
(12.4)
485
12.2 Kennwerte
Beispiele: Bei Schwingungs- und Stoßdämpfung (Puffer) ist – um den Rückstoß zu mindern – ein großer Dämpfungswert der Federn erwünscht, bei Fahrzeugreifen soll er möglichst klein sein, um die Erwärmung gering zu halten. 12.2.4 Federungsarbeit
Mit den Definitionen in Abb. 12.3 gilt: j
s
W = Ú F ds bzw . Wt = Ú T dj . 0
(12.5), (12.6)
0
W – auch Arbeitsaufnahme oder Arbeitsvermögen genannt – entspricht der Fläche unter der Federkennlinie. Für Federn mit gerader Kennlinie ist: W=F ⋅
s s2 F2 =R ⋅ = in Nmm , 2 2 2R
(12.7)
Wt = T ⋅
T2 ϕ ϕ2 = Rt ⋅ = 2 2 2 Rt
(12.8)
in Nmm ⋅ rad ,
mit Federrate R = F/s bzw. Rt = T/j, s. (12.1) und (12.2) in Abb. 12.3. 12.2.5 Parallel- und Reihenschaltung
Federn können parallel oder hintereinander (in Reihe) geschaltet werden. Auch eine Kombination ist möglich, Abb. 12.5. Parallelschaltung: Hierbei werden Federn derart miteinander gekoppelt, daß sich die angreifende Kraft F anteilsmäßig auf die einzelnen Federn verteilt. Hierfür gilt F = R1 · s + R2 · s = Â Ri · s ,
(12.9)
die resultierende Federrate ist somit Rges = R1 + R2 .
Abb. 12.5a, b. Zusammenwirken mehrerer Federn; a Parallelschaltung, b Reihenschaltung
(12.10)
486
12 Elastische Federn
Reihenschaltung: Hier werden Federn derart miteinander gekoppelt, daß die äußere Kraft in voller Größe an allen Federn angreift. Hierfür gilt s ges = s1 + s 2 =
F F + , R1 R 2
(12.11)
die resultierende Federsteifigkeit ergibt sich aus 1 1 1 = + , R ges R1 R 2
(12.12)
mit Federraten R1 der Feder 1, R2 der Feder 2. 12.2.6 Nutzgrade
Dies sind Kennwerte, die sich zur Bewertung und Auswahl von Federn eignen. a) Artnutzgrad hA kennzeichnet die Güte der Feder bezüglich der aufnehmbaren Federungsarbeit W. hA ist definiert als Verhältnis von W, (12.5), (12.6), zum Idealwert einer elastischen Feder (ohne Dämpfung) mit gleich großer Spannung im gesamten federnden Volumen (Zugfeder, Druckfeder) Wpot,opt 2 :
hA =
W◊ 2 ◊ E V◊ s
2 max
;
hA =
Wt ◊ 2 ◊ G 2 V ◊ t max
.
(12.13), (12.14)
hA ist abhängig von der Spannungsverteilung, also von Gestalt und Belastungsart der Feder. Im oben erwähnten Idealfall einer dämpfungsfreien Zugfeder ist hA = 1. Bei zusätzlicher Arbeitsaufnahme durch innere oder äußere Reibung kann hA auch größer als 1 werden (Ringfeder, Abb. 12.10). 2
Bei gleichmäßig über Querschnitt A und Länge L, d.h. Volumen V verteilter Zugoder Druckspannung ist f max
Wpot, opt =
Ú
F ds = Fmax ◊ s max /2 =
0
mit e max =
1 ◊ A ◊ L ◊ s max ◊ e max , 2
s max , E
ergibt sich
Wpot, opt =
2 V ⋅ σ max , 2⋅E
bei gleichmäßig verteilter Schubspannung
1 ⋅ A ⋅ L ⋅ τ max ⋅ γ max , 2 2 V ⋅ τ max . = 2⋅G
Wpot, opt = Wpot, opt
mit γ max =
tt max
G
,
0,9
1,62
0,334
0,111
0,5
0,626
Umsponnenes Gummikabel auf Zug
Stahl – Ringfeder
Stahl – Dreieckbiegefeder oder geschichtete Blattfeder
Stahl – Rechteckbiegefeder oder einfache Blattfeder
Stahl – Drehstabfeder oder Schraubenfeder mit Kreisquerschnitt
Stahl – Drehstabfeder mit Rohrquerschnitt
Abb. 12.6. Nutzgrade einiger Federn
1,0
Artnutzgrad h A [–] W = hA · V · s 2/(2E) Wt = hA · V · t 2/(2G)
Nutzgrade
Dünner Stahldraht auf Zug
Federart
2,42
1,93
0,264
0,795
4,90
3,74
5,36
Volumennutzgrad h V [N/mm2] W = hV · V
31,1
24,8
3,45
10,2
62,8
370
68,7
Gewichtsnutzgrad h Q [103 mm] W = hQ · Q
1150 N/mm2 2,1 · 105 N/mm2 7,8 kg/dm3 14°; r¢ = 8°
wie vorher; di/d = 0,5
t = 800 N/mm2 G = 83 000 N/mm2 r = 7,8 kg/dm3
s = 1000 N/mm2 E = 2,1 · 105 N/mm2 r = 7,8 kg/dm3
s = 1000 N/mm2 E = 2,1 · 105 N/mm2 r = 7,8 kg/dm3
s= E= r= a=
s = 8,3 N/mm2 A = 1,3 cm2; f = L r = 1 kg/dm3
s = 1500 N/mm2 E = 2,1 · 105 N/mm2 r = 7,8 kg/dm3
Zur Berechnung benutzte Werte
12.2 Kennwerte
487
488
12 Elastische Federn
Der Einfluß von s und E bzw. t und G auf die erreichbare Federarbeit wird durch hA nicht erfaßt. Volumennutzgrad hV kennzeichnet das zur Aufnahme der Federungsarbeit erforderliche Volumen und ist damit ein geeigneter Maßstab für die Auswahl von Federn zur optimalen Nutzung des Bauraumes:
ηV =
2 W ηA ⋅ σ max = . 2E V
(12.15)
Gewichtsnutzgrad hQ kennzeichnet das zur Aufnahme der Federungsarbeit erforderliche Gewicht und ist damit ein geeigneter Maßstab zur Beurteilung des Kriteriums Leichtbau:
hQ =
2 W hA ◊ s max = . Q 2◊r ◊E
(12.16)
Nutzgrade hA, hV, hQ einiger Federarten s. Abb. 12.6.
12.3 Allgemeines (Normen, Werkstoff, Sicherheit/zulässige Beanspruchung) 12.3.1 DIN-Normen
In einem umfangreichen Normenwerk sind Regeln für Gestaltung, Berechnung, Werkstoffe, Herstellung, Bestellangaben festgelegt. Diese Regeln sind zu beachten. Übersicht s. Abb. 12.7. 12.3.2 Werkstoffe
Aus (12.13), (12.14) erkennt man, daß die aufnehmbare Federarbeit proportional s 2 bzw. t2 ist und umgekehrt proportional dem E-Modul bzw. G-Modul. Metallfedern (mit hohen E-Moduln) werden meist aus hochfesten Federstählen mittleren bis hohen Kohlenstoffgehalts hergestellt, Kap. 5. Bei statisch oder quasistatisch (< 104 Schwingspiele während der gesamten Lebensdauer) beanspruchten Stahlfedern ist eine hohe Streckgrenze wichtig. Man erreicht dies durch Wärmebehandlung mit niedriger Anlaßtemperatur (250 ... 350 °C), hohem Ausziehgrad und – bei Federn mit ungleichmäßiger Spannungsverteilung – einmaligem Überlasten über die Fließgrenze hinaus (Vorsetzen) und zwar nur in Richtung der späteren Betriebsbeanspruchung und nur dann, wenn keine Wechselbeanspruchung zu erwarten ist. Durch diese Maßnahmen werden auch ungünstige Eigenspannungen abgebaut und die Federn maßstabilisiert. Für Sonderzwecke benutzt man Beryllium und Phosphorbronze. Sonderwerkstoffe s. z.B. [12.3-1].
12.3 Allgemeines (Normen, Werkstoff, Sicherheit/zulässige Beanspruchung) Beanspruchung
Federgestalt (DIN ISO 2162) Belastungsart
Gestaltung Lasteinleitung (Toleranzen)
Halbzeugnormen Werkstoffnormen
Berechnung (ruhende oder schwingende Belastung)
Ringe mit konischer Wirkfläche, abwechselnd zug- u. druckbeansprucht
(Werknormen, Ringfeder GmbH, Krefeld)
Berechnung s. Abb. 12.10
Einzelblattfeder, querkraftbelastet (Rechteck-, Dreieckund Trapezform)
bei dynamisch hochbeanspruchten Federn nach Abb. 12.5
DIN 1544 (Kaltbänder) DIN 17221 (warmgewalzt) DIN 17222 (kaltgewalzt)
Berechnung s. Abb. 12.11
geschichtete Blattfedern, querkraftbelastet
DIN 1573 (Beilagen, Keile) DIN 1570 (warmgewalzt, DIN 2094 (Straßenfahrzeuge) gerippt) DIN 4621 (Klammern) DIN 4620 (warmgewalzt) DIN 5542 (Enden) DIN 5543 (Aufhängung) DIN 5544 (Schienenfahrzeuge) DIN 11747 (Landmaschinen)
DIN 5544 (Federdiagramme) Berechnung s. Abschn. 12.4.2.1 d
zylindrische Schraubendrehfeder (Schenkelfeder)
DIN 2088 (Konstruktions-Hinweise, Einspannbedingungen)
DIN 17223 Bl. 1, 2 DIN 17224 (nichtrostend) DIN 2076, DIN 2077
DIN 2088 (Gleichungen Beispiele, Leitertafeln, zulässige Spannungen Berechnung s. Abb. 12.21
Spiralfeder, drehmomentbelastet
DIN 8255 T 1 (Rollen) DIN 8287 (f. Uhren)
DIN 17222 (kaltgewalzt) DIN 1544 (Kaltbänder) (DIN 43801 T 1)
DIN 43801 T 1 Berechnung s. Abb. 12.22
Tellerfedern, druckkraftbelastet (Einzelfedern, Federpakete, Federsäulen)
DIN 2093 (Ausführung, Spiel) (DIN 6796 Spannscheiben)
Drehstabfeder, mit rundem Querschnitt, drehmomentbelastet
DIN 2091 (Drehstabköpfe) DIN 5481 (Kerbverzahnung)
DIN 17221 DIN 2077
DIN 2091 (Gleichungen, Ersatzlängen, Vorsetzen, Zeit- und Dauerfestigkeitsschaubild, Relaxation) Berechnung s. Abb. 12.32
zylindrische Schraubenzugfeder mit rundem Querschnitt
DIN 2097 (Ösen) DIN 2099 Bl. 2 (Bestellvordruck)
DIN 17223 Bl. 1, 2 DIN 17224 (nichtrostend) DIN 17225 (warmfest) DIN 17221 (warmgeformt) DIN 2076, DIN 2077
DIN 2089 Bl. 2 (Gleichungen, Beiwert Beispiele, Leitertafeln) Berechnung s. Abb. 12.38
zylindrische Schraubendruckfeder mit rundem Querschnitt
DIN 2099 Bl. 1 (Bestellvordruck) DIN 2098 Bl. 1, 2
DIN 2095, DIN 2096 DIN 2098 Bl. 1
DIN 2098 T 1 (Gleichungen, Kennwerte, Knickung, Querfederung, Relaxation, Zeit- und Dauerfestigkeitsschaubild) Berechnung s. Abb. 12.38
zylindrische Schraubendruckfeder mit rechteckigem Querschnitt
DIN 2090 (f. Prüfmaschinen auch aus dem Vollen geschnitten
DIN 2090 (Gleichungen, Beiwerte: hoch- und flachkantgewickelt), s. Abschnitt 12.4.3.4
kegelige Schraubendruckfedern
(Rund- oder Rechteck Querschnitt)
s. Abschn. 12.4.3.4
Zug-, Ringfeder, Druckbean- druckkraftbelastet spruchung
Biegebeanspruchung
Torsionbeanspruchung
489
DIN 2092 (Gleichungen, Kennlinien, Kombinationen, Beispiele, Schrifttum) Berechnung s. Abb. 12.26
Abb. 12.7. DIN-Normen für Gestaltung und Berechnung von Stahlfedern nach [12.3-3]
490
12 Elastische Federn
Abb. 12.8. Relaxation RF und Relaxationsgeschwindigkeit vR nach DIN 2089
Wenn eine bestimmte Federkraft genau einzuhalten ist (und nur dann), muß man beachten, daß diese bei konstanter Einspannlänge – abhängig von Spannung, Temperatur und Beanspruchungsdauer – geringfügig reduziert wird: Relaxation, Kriechen 3. Abbildung 12.8 zeigt ein typisches Relaxationsbild; Gegenmaßnahmen sind: Hochlegierte Stähle, höchstmögliche Anlaßtemperatur (und damit Abbau der Eigenspannungen), Warmsetzen (die Federn werden unter Belastung erwärmt); dadurch wird das erste Stadium der Relaxation aufgehoben. Eine hohe Dauerfestigkeit dynamisch belasteter Federn erreicht man durch hochfeste Stähle, höherer Anlaßtemperaturen (350 ... 500°C) und eine kerbfreie Oberfläche.Wichtig ist ferner, daß bei Montage und Betrieb keine Risse oder Scheuerstellen entstehen. Bei galvanisch geschützten Oberflächen besteht die Gefahr, daß die Dauerfestigkeit durch Wasserstoffversprödung gemindert wird. Durch nachträgliches Erwärmen auf 190 ... 230°C für eine Dauer von 0,5 ... 3 h kann man die Wasserstoffkonzentration reduzieren. Auch Korrosionsmarken sind Oberflächenkerben und mindern die Dauerfestigkeit. Gegenmaßnahmen: Verwendung nichtrostender Federstähle bzw. Sonderstähle in Abhängigkeit vom angreifenden Medium [7.3-6]; Ölen, Lackieren, galvanisch Beschichten der Federn. Gummifedern (mit niedriger Werkstoffestigkeit) lassen sich bis zu mehreren 100% dehnen bei geringem Formänderungsrest (2 ... 5%), weisen starke, temperaturabhängige Dämpfung auf (5 ... 30%), isolieren gut gegen elektrischen Strom- und Wärmedurchgang. Allerdings wird dadurch die aus der inneren Reibung resultierende Reibungswärme auch schlecht abgeleitet (im Inneren können hohe Temperaturen entstehen). Der Einsatz ist günstigstenfalls auf Temperaturen zwischen – 60 ... 120°C beschränkt. Die starke Neigung zum Kriechen ist zu beachten. Weitere Angaben s. Abschn. 12.5. Gasfedern. Im Gegensatz zu Metall und Gummi ist Gas (meist verwendet man Luft) kompressibel. Die Federwirkung ergibt sich aus dem Zusam3
Relaxation: Kraftverlust bei konstanten Werten für Einspannlänge bzw. Drehwinkel; Kriechen: Vergrößerung der Einspannlänge bzw. des Drehwinkels bei konstanten Werten für Kraft bzw. Drehmoment.
12.3 Allgemeines (Normen, Werkstoff, Sicherheit/zulässige Beanspruchung)
491
menhang von Druck-(= Kraft-)änderung und Volumen-(= Weg-)änderung. Flüssigkeitsfedern, z.B. Ölfedern. Hierbei wird die Volumenänderung von Öl und die Aufweitung des Gehäuses unter Druck zur Federung genutzt. Aufgrund der geringen Kompressibilität von Öl benötigt man hohe Drücke, um nennenswerte Federwege zu erzielen. Kombinierte (hintereinandergeschaltete) Gas-Öl-Federn. Die Gasfeder übernimmt dabei die Federung, die Ölfeder durch entsprechende innere Gestaltung die Dämpfung. Über die Ölmenge regelt man die Lage des Kolbens. Hauptanwendungsgebiet ist die Federung und Niveauregelung von Fahrzeugaufbauten. Kunststoffedern. Sie bestehen aus einem Grundkörper (i.allg. Polyesteroder Epoxidharz), der durch Fasern (aus Glas, Aramid oder Kohlenstoff) verstärkt ist. Der Kunststoff-Grundkörper bringt Eigenschaften von Gummifedern ein (geringes Gewicht, starke Dämpfung, empfindlich gegen Umgebungseinflüsse), die Fasern Eigenschaften von Metallen (hohe Festigkeit und Steifigkeit). Durch unterschiedliche Volumenanteile kann man die Eigenschaften variieren. – Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Krafteinleitung, beispielsweise wählt man bei Blattfedern Stahl- oder Leichtmetallösen, die die Fasern umschlingen und Führungsbolzen aufnehmen. – Bei der Berechnung kann man wie bei Metallfedern vorgehen, muß jedoch i.allg. die Festigkeitswerte in Bauteilversuchen bestimmen [7.3-8], [7.3-12]. Glas- und Keramikfedern werden in der Meßtechnik (Kraft-, Wegmessung) verwendet, wo es auf hohe Konstanz bestimmter physikalischer Kennwerte (z.B. thermischer Ausdehnungskoeffizient) ankommt. Ausführungsformen sind stabförmige Biege- bzw. Torsionsfedern, Schraubenfedern und Tellerfedern [7.3-6]. 12.3.3 Tragfähigkeit, zulässige Spannung bzw. Sicherheit – allgemein
Nach allgemeiner Praxis – so auch nach den einschlägigen DIN-Normen – berechnet man Federn mit Nennspannungen. Grundgedanke und Voraussetzung s. Abschn. 1.4.2. Dementsprechend hängen die zulässigen Spannungen nicht nur von Werkstoff, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung, usw. ab, sondern auch von der Federart. Sie werden daher nachstehend bei den Angaben zur Dimensionierung und zum Festigkeitsnachweis der jeweiligen Federart angeführt. Für den Ansatz der Sicherheit (Verhältnis von Festigkeit zu auftretender Spannung) gelten im übrigen die in Abschn. 1.4.8 dargelegten Gesichtspunkte. Im Vergleich zu anderen Bauteilen arbeitet man jedoch bei Federn mit relativ geringen Sicherheiten, läßt i.allg. etwa 70 ... 85% der maßgeblichen Festigkeit zu, um ausreichende Federung – bei entsprechend geringerer Lebensdauer – zu erreichen. Die zur Berechnung der Federarten angegebenen zulässigen Spannungen gelten unter der Voraussetzung, daß die Belastungen realistisch angesetzt werden.
492
12 Elastische Federn
12.3.3.1 Berechnung bei statischer und quasistatischer 4 Belastung
Die zulässige Spannung szul , tzul muß unterhalb der Fließgrenze Rp liegen; sie wird jedoch bei Federn üblicherweise mit entsprechend höherem Sicherheitsabstand im Verhältnis zur Zugfestigkeit Rm angesetzt. 12.3.3.2 Berechnung bei dynamischer Beanspruchung
Auch hierfür muß die maximale Beanspruchung so = su + sh bzw. = sm + sa ≤ szul, statisch sein (z.B. obere waagerechte Grenze des GoodmanDiagramms, Abb. 12.27, 12.39). Vereinfachter Nachweis der Schwingfestigkeit. Für eine Reihe von Federarten sind neben Angaben über die zulässige statische Beanspruchung lediglich Erfahrungsangaben über die zulässige dynamische Beanspruchung in % der statischen Werte oder eine Ausschlagfestigkeit sA bekannt, ohne daß bezüglich des Überlastungsfalls (Kap. 3) unterschieden wird. Erweiterter Nachweis der Schwingfestigkeit. Für manche Federarten stehen Dauerfestigkeits-Schaubilder zur Verfügung, so daß ein genauerer Festigkeitsnachweis nach den Regeln der Festigkeitslehre, Kap. 3, möglich ist. Im allgemeinen liegt bei Federn der Überlastungsfall F3 (konstante Unterspannung) vor, so bei Federn, die statisch vorgespannt und durch zusätzliche Schwingungs- und Stoßkräfte belastet werden, wie z.B. bei Pressen. – Seltener ist der Überlastungsfall F1, beispielsweise bei Fahrzeugfedern, die statisch durch das Fahrzeuggewicht belastet sind und denen sich infolge der Fahrdynamik Schwingungsausschläge überlagern. In der Literatur, so z.B. auch in DIN 2093 (Tellerfedern), DIN 2089 (Schraubendruckfedern), werden für die Dauerfestigkeitsberechnung Goodman-Diagramme (Kap. 3) verwendet und zwar speziell für den Überlastungsfall F3. Der Festigkeitsnachweis für den Überlastungsfall F1 läßt sich anschaulicher im Smith-Diagramm darstellen, s. Kap. 3, man kann aber auch hierfür die vorhandenen Goodman-Diagramme benutzen. Rechengang s. Abschn. 12.8 (Beispiel 6).
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern 12.4.1 Zug- und druckbeanspruchte Federn 12.4.1.1 Zugstäbe, Druckstäbe, Drahtzugfeder
Ausführung – als Stäbe mit großer Federrate – z.B. für hochfrequente Prüfmaschinen und Schwingungserreger mit gerader Federkennlinie. – 4
Definition s. Abschn. 3.4.3.
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
493
F £ s zul A
(12.17)
Federweg s =
L ◊s L ◊F = E E◊A
(12.18)
Federrate R =
dF ds
(12.19)
Beanspruchung s =
Federungsarbeit
W=
F◊s A ◊ L ◊ s2 = hA 2 2◊E
(12.20)
Artnutzgrad hA = 1 zulässige statische Spannung zulässige Ausschlagspannung:
Zugfeder: Druckfeder:
sz zul ≈ 0,75 · Rm sd zul ≈ 0,85 · Rm sa zul ≈ 0,7 · sA, zd sW = 0,4 Rm sSch, z = 0,32 Rm sSch, d = 0,4 Rm
Abb. 12.9. Berechnung von Zugstab-, Druckstab-, Draht-Zugfedern; zulässige Spannungen für Vergütungsstahl
Bei Ausführung als Draht-Zugfeder benötigt man eine große Baulänge, um nennenswerte Federwege zu erzielen. Berechnung s. Abb. 12.9. Zur Einspannstelle – mit großem Durchmesser – sanften Übergang vorsehen. 12.4.1.2 Ringfeder
Innen- und Außenringe (Abb. 12.10a) berühren sich in Kegelflächen. Die Axialkraft F schiebt die Ringe unter Reibung ineinander. Dabei werden die Außenringe gedehnt (tangentiale Zugspannung im Ringquerschnitt) und die Innenringe gedrückt (tangentiale Druckspannung). Bei maximaler Axialkraft sollen sich die Innenringe an den Stirnflächen berühren (Überlastschutz). Um eine stabile Lage der Ringe zu erreichen, müssen Ringfedern mit mindestens 5 ... 10% des Federwegs vorgespannt werden. Bei L0 > 1,5 di sollte man eine Innen- oder Außenführung der Federsäule vorsehen, um Ausknicken zu vermeiden. Die Federkennlinie ist eine Gerade mit starker Dämpfung, Abb. 12.10b. Eine kleinere Federrate – bei stärkerer Dämpfung – erreicht man, wenn ein oder mehrere Innenringe geschlitzt werden (bis zum Schließen arbeiten diese Ringe als – weichere – Biegefedern). – Artnutzgrad s. Abschn. 12.2.6. Dimensionierung und Berechnung s. Abb. 12.10, Besonderheiten s. [12.3-3], [7.3-6]. Anwendung: Eisenbahnpuffer, Pressen (Überlastschutz).
494
12 Elastische Federn Federkraft beim Entlasten1): FØ = F≠
tan (a – r ) tan (a + r )
(12.21)
mit Federkraft beim Belasten: F≠ =
2 p ◊ b ◊ s ◊ E ◊ tan2 a n (da /(s a ) + di /(si ))
(12.22)
Beim Belasten gespeicherte Federungsarbeit (einschließlich Reibungsarbeit) bei n Kegelpaarungen: W ≠ = F≠ ◊
s A ◊ l ◊ s2 = ◊ hA 2 2E
(12.23)
Artnutzgrad hA bei gleichmäßig verteilter Spannung: hA =
tan (a + r ) tan a
(12.24)
Beim Entlasten abgegebene Federungsarbeit 1) : WØ = W≠
tan (a – r ) tan (a + r )
(12.25)
In Wärme umgewandelte Reibungsarbeit: WD = W≠ - WØ
(12.26)
Federung bei n Kegelpaarungen: dma · sz + dmi · sd s = n · 0002 2 · E · tan a
(12.27)
Zugspannung im Außenring: F≠ sz = 0002 ≤ sz zul A a · p · tan (a + r )
(12.28)
Druckspannung im Innenring: sd = y ◊ sz =
F≠ £ s d zul A i ◊ p ◊ tan (a + r )
Aus der Gleichgewichtsbedingung folgt: s z ◊ A a = s d ◊ Ai Flächenpressung in der Reibfläche: s ◊ Aa p= z £ p zul l ◊ dm Ringdicke: s a = si ◊ y = dm ◊ p zul /(2 s z zul )
(12.29)
(12.30) (12.31)
(12.32)
sd A a s a Zeichen: Index a für Außen, i für Innen; z für Zug, d für Druck; y = 4 = 5 = 4 sz A i s i Anhaltswerte für feinbearbeitete Ringe aus gehärtetem Edelstahl, beim Fügen geschmiert: Neigungswinkel a ≈ 12°, Reibungswinkel r = arc tan m 2) ≈ 0,7° d. h. Reibungszahl m ≈ 0,12; bei unbearbeiten, im Gesenk geschlagenen Ringen, beim Fügen geschmiert: a ≈ 14°, r ≈ 9°, d. h. m ≈ 0,16. E = 2,1 · 105 N/mm2; bei seltener Höchstbeanspruchung sz zul (sd zul) = 1000 N/mm2 (1200 N/mm2), bei Dauer-Schwellbeanspruchung sA, z zul = 0,35 · sz zul, p zul = 0,1 · sz zul ; y ≈ 1,2 s. (12.29), Anzahl der Kegelpaarungen n = 4 . . . 10, Ringbreite b = (5 . . . 9) s/n; Ai/Aa ≈ 0,8; da/b ≈ 5 . . . 6. 1) Damit
die Feder bei Entlastung in die Ausgangslage zurückfedert, muß Selbsthemmung vermieden werden, d.h. tan a > m 2) Beziehungen zwischen Reibungswinkel r und Reibungszahl m s. Abschn. 10.4.4.2 Abb. 12.10 a, b. Dimensionierung und Berechnung von Ringfedern; a Abmessungen, b Federkennlinie
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
495
12.4.2 Biegebeanspruchte Federn 12.4.2.1 Gerade Biegefedern
Bei jedem auf Biegung beanspruchten Körper ist die Spannung über den Querschnitt nicht konstant, so daß hA von daher bereits kleiner als 1 sein muß. Die Berechnung der Biegefedern läßt sich für sämtliche Bauformen auf die einseitig eingespannte Biegestabfeder zurückführen. a) Einseitige Biegestabfeder mit konstantem Rechteckquerschnitt Zur Spannungsverteilung über den Querschnitt und Nutzgrad hA s. Abb. 12.6. Bei dieser Blattfeder ist die Biegespannung auch längs der Feder ungleich groß; hA wird auch deshalb nochmals kleiner (hA = 1/9). Die Federkennlinie kann als Gerade – d.h. R = konst. – angenommen werden, wenn der Federweg s klein ist gegenüber der Federlänge L. Man vernachlässigt die Hebelarmverkürzung durch das Einfedern (bei s/L < 0,2 ist der Fehler < 4%). Die Federn sind praktisch dämpfungsfrei. Grundformen, Gestaltung s.Abb. 12.11. Um die Kerbwirkung an der dickeren Einspannstelle zu mindern, sollten die Querschnittsübergänge gut ausgerundet werden und Beilagen aus Papier, Kunststoff, Messing, Kupfer eingefügt bzw. die Feder im Einspannbereich verkupfert oder verzinkt werden (Gefahr von Reibkorrosion). Dimensionierung und Berechnung s. Abb. 12.11, Festigkeitswerte und zulässige Spannungen s. Abb. 12.12. Anwendungen: Wegen der schlechten Werkstoffausnutzung nur für kleine Kräfte, z.B. als – dämpfungsfreie – Rastfeder, Kontaktfeder in Schaltern, Andrückfeder für Klinken. b) Einseitige Biegestabfedern mit abnehmendem Querschnitt Durch den – von der Einspannung bis zum Kraftangriff – abnehmenden Querschnitt sind die Spannungen längs des Biegestabs nicht mehr so unterschiedlich. Der Werkstoff wird besser ausgenutzt, hA ist günstiger. Übliche Bauformen (Darstellung und Berechnung s. Abb. 12.11): – Dreieckfeder mit konstanter Dicke. Die Spannung ist längst der Feder konstant, die Biegelinie wird zum Kreisbogen, hA = 1/3, d.h. man benötigt nur 1/3 des Volumens der Rechteckfeder. Wird als reine Dreiecksfeder in der Praxis kaum verwendet. Mögliche Gestaltung s. Abb. 12.13a. – Trapezfeder mit konstanter Dicke. Durch den Grad der Verjüngung kann man die Federrate variieren. – Parabelfeder. Infolge der parabelförmig abnehmenden Dicke erreicht man – bei konstanter Breite – konstante Spannung längs der Feder und damit ebenfalls hA = 1/3. Gestaltung s. Abb. 12.13b. Rechteck-Parallelfeder: einseitige Biegestabfeder mit konstantem Rechteckquerschnitt; aufgrund der zwei Einzelfedern ist sie aber ,,härter“ (höhere Federrate).
496
12 Elastische Federn
Rechteckfeder
Parabelfeder
Rechteck-Parallelfeder
max. Biegespannung
6◊F◊L £ s b zul B ◊ t2
(12.34)
s 2
(12.35)
s=
Federungsarbeit
W=F ◊
Erdneigung
tan a =
Nutzgrad
hA =
max. Biegespannung
s b max =
Federweg
s=
Federungsarbeit
W=F ◊
Nutzgrad
hA =
max. Biegespannung
2 ◊ s b max = 2 ◊
Federweg
s=
6 ◊ F ◊ L2 E ◊ B ◊ t3
(12.36)
1 9 6◊F◊L £ s b zul B ◊ h02
(12.37)
8 ◊ F ◊ L3 B ◊ h03 ◊ E
(12.38)
s 2
(12.39)
1 3 F◊L £ s b zul B ◊ t2 ◊ 2
(12.40)
F ◊ L3 B ◊ t3 ◊ E
(12.41)
Wges = F · s
(12.42)
1 9
Nutzgrad
ηA =
max. Biegespannung
s b max =
Federweg
4 ⋅ F ⋅ L3 s =ψ ⋅ B0 ⋅ t 3 ⋅ E
Federungsarbeit
W =ψ ⋅ F ⋅
6◊F◊L £ s b zul B0 ◊ t 2
s 2
BL =β B0
Trapezfeder Nutzgrad
(12.33)
4 ◊ F ◊ L3 B ◊ t3 ◊ E
Federweg
Federungsarbeit
Dreieckfeder
s b max =
ηA =
2 ψ ⋅ 9 1+ β
(12.43) (12.44) (12.45) (12.46) (12.47)
b
Y
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
1,500 1,390 1,315 1,250 1,202 1,160 1,121 1,085 1,054 1,025 1,00
Abb. 12.11. Grundformen und Berechnung von Blattfedern, zulässige Spannungen s. Abb. 12.12. – Wenn Breite B und Dicke t der Feder klein ist gegenüber der Länge L, kann die Schubspannung vernachlässigt werden. Ist die Breite sehr groß gegenüber der Dicke t der Feder, so muß in den Berechnungsgleichungen E ersetzt werden durch E/(1-n) – maßgebend bei eingespannter Platte
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern zulässige Spannung
statisch sb zul ≤ 0,68 Rm dynamisch sa zul ≤ 0,75 sA
Festigkeit von Blattfederstahl, gehärtet
Rm = 1200 . . . 1850 Rp = 1050 . . . 1550 E = 2,1 · 105
Legierter Blattfederstahl, gehärtet, mit Rm ≥ 1400 und sm = 500
sa, b zul = 120 ... 200 mit Walzhaut sa, b zul = 300 ... 330 kugelgestrahlt sa, b zul = 400 ... 450 geschliffen oberflächengedrückt noch höher
Fahrzeug – Blattfedern, s auf statische Belastung bezogen
sb zul ≤ 400 . . . 500 für Vorderfedern sb zul ≤ 550 . . . 650 für Hinterfedern sb zul ≤ 700 für Schienenfahrzeuge
497
Abb. 12.12. Zulässige Spannungen, Erfahrungswerte für Blattfedern aus Federstahl nach DIN 17221, DIN 17222 in N/mm2
Abb. 12.13a, b. Feingestaltung dynamisch beanspruchter Blattfedern [12.3-3]; a Dreieckfeder 1 (mit auf 2 ◊ B0 verbreiterter Einspannbreite), 2 Spannfläche mit Anschlag, 3 Deckscheibe, 4 Schrauben (lackgesichert), b Dickenverlauf bei einer Brüninghaus-Parabelfeder
c) Doppelseitige Biegestabfeder Die doppelseitigen Biegestabfedern können als doppelte einseitige Biegestabfedern aufgefaßt und mit den hierfür angegebenen Gleichungen berechnet werden (Abb. 12.11). Maße und Kräfte werden dabei entsprechend Abb. 12.14 angesetzt (Einspannung in der Mitte gedacht). d) Geschichte Blattfeder Man kann sich die geschichtete Blattfeder aus einer doppelseitigen Trapezfeder entstanden denken, Abb. 12.15. Die Federkennlinie ist eine Gerade mit Dämpfung, die Federrate R = konst; durch ,,Zuschalten“ bzw. ,,Abschalten“ von Zusatzfedern läßt sich eine quasi progressive Kennlinie erreichen (Beispiel s.Abb. 12.16; bei niedriger
498
12 Elastische Federn
Abb. 12.14. Doppelseitige Biegestabfeder (schematisch)
Abb. 12.15a, b. Geschichtete Blattfeder, Prinzip; a Ausgangsform: Doppel-Trapezfeder, b Streifen aus a übereinandergeschichtet
Abb. 12.16a – d. Zweistufige geschichtete Blattfeder (Reihenschaltung) für Güterwagen [12.3-3]. a Ansicht; b Draufsicht; c Querschnitt in Mitte – 1 Federblatt, 2 Hauptfederblatt (Zugseite kugelgestrahlt), 3 Zusatzfeder, 4 Federbund, 5 Zwischenlage (verzinkt), 6 Nasenkeil, 7 Treibkeil; d Federkennlinie
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
499
Belastung trägt nur die Hauptfeder, nach einem bestimmten Federweg auch die Zusatzfeder). Bauformen: Elliptisch vorverformte Blattfedern mit Rechteckquerschnitt und Längsrippen s. DIN 11747, vorverformte Trapez- und Parabelfedern s. DIN 2094. Berechnung: Näherungsweise kann man die Federblätter als nebeneinanderliegend (mit derselben neutralen Faser) betrachten, Abb. 12.15. Damit kann man die Gleichungen nach Abb. 12.11 für die Rechteck- und Trapezfeder anwenden und wie bei der doppelseitigen Biegefeder verfahren. – Zulässige Spannungen, Erfahrungswerte, überschlägig kann man ansetzen: bei statischer Beanspruchung sbzul = 0,65 Rm , bei dynamischer Beanspruchung sa,bzul = 0,25 Rm . Anwendungen: Tragfedern für Kfz und Schienenfahrzeuge. 12.4.2.2 Gekrümmte Biegefedern
Ellipsenfedern, Abb. 12.17. Dies sind Biegefedern, normalerweise mit Rechteckquerschnitt. Wenn sich die Enden frei bewegen können, kann man für s/L < 0,15 ansetzen: F ⋅ L3 Federweg s = , (12.48) 4⋅E⋅B⋅t 1,5 · F · L Biegebeanspruchung sbmax = 05 ≤ sbzul . (12.49) B·t Berechnung der Ausschlagspannung sa, b mit F = Fa nach (12.49), zulässige Spannungen wie bei Blattfedern nach Abb. 12.12. Formfedern, Abb. 12.18, 12.19. Ausführungen als Flachform- und Drahtformfeder, z.B. für Anwendung im Feingerätebau [7.3-5]. Berechnung,
Abb. 12.17. Ellipsenfeder
Abb. 12.18. Flachformfedern (Beispiele) [12.3-6]
500
12 Elastische Federn Abb. 12.19. Drahtformfedern (Beispiele) [12.3-6]
Wahl der Abmessungen und Herstellerangaben s. [7.3-13], [7.3-2]. Zur Gestaltung: Krümmungsradius r ≥ (1,2 ... 1,4) ◊ Drahtdicke d (bzw. Blechdicke t), um extreme Spannungsspitzen in der Krümmung zu vermeiden. 12.4.2.3 Gewundene Biegefedern
a) Zylindrische Schraubendrehfedern (Schenkelfedern) nach DIN 2088: Das belastende Biegemoment F ◊ r ist längs der Feder (Abb. 12.20) nahezu konstant, ebenso die Biegespannung. Die Spannungsverteilung über dem Querschnitt ist nicht symmetrisch, sondern die Randspannung an der Innenseite der Feder und der Abbiegungen etwas größer als außen (Kap. 3, gekrümmte Träger). Entsprechend ergibt sich ein Artnutzgrad hA etwas kleiner als der nominelle Wert, Abb. 12.21. – Die Federkennlinie ist linear, d.h. die Federrate R = konst. Gestaltung: Die Feder soll möglichst nur in Wickelrichtung belastet werden. Andernfalls ist die zusätzliche Biegespannung zu berücksichtigen. Die Schenkelenden sollen fest eingespannt oder die Feder auf einem Dorn geführt werden (Dorndurchmesser d ≈ 0,8 ... 0,9 ◊ Federinnendurchmesser Di, für Spiel zwischen Feder und Hülse). Dabei ist die Reibung zu beachten. Berechnung s. Abb. 12.21a, b. – Die o.a. Spannungserhöhung auf der Innenseite wird durch den Spannungsbeiwert q in (12.56) berücksichtigt.; q s. Abb. 12.21 c. Zulässige Spannungen, Erfahrungswerte: Statisch: s b zul =0,7 ◊ Rm . Für dynamisch beanspruchte Federn wird Federdraht C nach DIN 17223 bevorzugt, mit Rm = 2270 N/mm2 für d = 1 mm und zulässiger Ausschlags-
Abb. 12.20a, b. Schraubendrehfedern; a beidseitig eingespannt, b auf Dorn und einseitig fest eingespannt
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern Federmoment:
T=F · r
501 (12.50)
Maßgebend bei Belastung in Wickelrichtung: maximale Biegespannung: Drehwinkel:
α=
σ b max =
32 ⋅ T ≤ σ b zul π ⋅ d3
64 ⋅ Dm ⋅ T ⋅ n E ⋅ d4
bei tangentialem Schenkel:
(12.52)
β = 1, 7 ⋅
2 F ⋅ (4 ⋅ r 2 − Dm ) E ⋅ d4
3 bei abgebogenem Schenkel: β = 0, 85 ⋅ F ⋅ (2 ⋅ r − D4m )
E⋅R⋅d
Federungsarbeit:
W=
(12.51)
T ◊a ◊p 2 ◊ 180
(12.53) (12.54) (12.55)
Maßgebend bei Belastung entgegen der Wickelrichtung: korrigierte Biegespannung auf der Innenseite der Krümmung:
sq = q · s
(12.56)
nomineller Artnutzgrat für Kreisquerschnitt:
ηA =
1 4
für Rechteckquer- η = 1 A schnitt: 3
real wegen der ungleichen Spannungsverteilung etwas kleiner, Abschn. 12.4.2.3a
Zulässige Spannungen s. Abschn. 12.4.2.3 a (Hinweis: Winkel a, b im Bogenmaß)
Abb. 12.21a – c. Berechnung der Schraubendrehfedern nach DIN 2088; a tangentialer Schenkel, b abgebogener Schenkel, c Spannungsbeiwert q
502
12 Elastische Federn maximale Biegespannung:
Drehwinkel:
σ b max =
6⋅T ≤ σ b zul B ⋅ t2
24 ⋅ T ⋅ π ⋅ n ⎡ n ⎤ ⋅ ⎢ra − ⋅ (t + a)⎥ 2 B ⋅ t3 ⋅ E ⎣ ⎦ 24 ⋅ T ⋅ π ⋅ n ≈ ⋅ (ra + ri ) ⋅ π ⋅ n B ⋅ t3 ⋅ E
α≈
Artnutzgrad
hA ª
(12.57)
(12.58) (12.59)
1 3
Zulässige Spannungen s. Abschn. 12.4.2.3 b.
Abb. 12.22. Berechnung der Spiralfedern
pannung s a,bzul ≈ sA,b – 0,125 su mit s A, b ≈ 345 N/mm2. Weitere Werte s. DIN 2088. Anwendungen: Zum Rückführen oder Andrücken von Hebeln, Deckeln, Türen, usw., z.B. in Scharnieren, (,,Mausefallenfeder“). b) Spiralfedern, Abb. 12.22, werden i.allg. mit Rechteckquerschnitt und beidseitig fest eingespannten Federenden ausgeführt. Ist das äußere Federende gelenkig befestigt, wird der Werkstoff schlechter ausgenutzt (hA sinkt erheblich!). Berechnung s. Abb. 12.22; die Gleichungen gelten nur solange die Windungen nicht aufeinander liegen. Legen sich die Windungen beim Spannen der Feder aufeinander, so wird die Feder ,,härter“. – Berechnung hierfür s. [7.3-6]. Die durch die Krümmung vorhandene Spannungserhöhung auf der Innenseite kann vernachlässigt werden, da der Krümmungsradius, bezogen auf die Banddicke, ausreichend groß ist. Zulässige Spannungen wie bei zylindrischen Schraubendrehfedern, Abschn. 12.4.3b. Anwendungen: Als Triebfeder für Uhren und Rückstellfeder in Meßgeräten, s. DIN 8287. c) Rollfedern werden hergestellt, indem das Federband hoher Elastizität (vergütet und auch texturgewalzt bzw. kaltgewalzt und nichtrostend) durch eine spezielle Verformungsvorbehandlung die Form einer gewickelten Spirale erhält. Bauformen: Federantriebe gewährleisten ein nahezu konstantes Drehmoment pro Umdrehung (Änderung 0,3 ... 1% je Umdrehung). Man unterscheidet zwei Bauformen, die eine mit gleich-, die andere mit entgegengesetzter Richtung der Bandkrümmung, Abb. 12.23. Berechnung s. [7.3-6]. Anwendungen: Triebfedern für Filmkamera- und Kabeltrommelantriebe, Spielzeuge.
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
503
Abb. 12.23a, b. Rollfedern; a Rollfeder A-Motor, b Rollfeder B-Motor
12.4.2.4 Tellerfedern
a) Ungeschlitzte Tellerfeder. Diese meist verwendete Bauart ist eine kegelförmige Ringscheibe, auf die die Kraft F als Stülpkraft wirkt, Abb. 12.26. Kennlinien: Die Federkennlinie eines einzelnen Tellers läßt sich durch Wahl von Federhöhe h0 und Federdicke t beeinflussen; es sind gerade ansteigende, teils waagerechte oder sogar abfallende Kennlinien möglich, Abb. 12.24a. So haben Tellerfedern mit Federhöhe h0 /Federdicke t < 0,6 nahezu gerade, mit h0/t > 0,6 ... 2 nichtlineare, teils degressive Kennlinien. Die unterschiedlichsten Kennlinien lassen sich realisieren, indem man gleich große Tellerfedern zu Federpaketen (gleichsinnig) oder zu Federsäulen (gegensinnig) schichtet. Beispiel s. Abb. 12.24b. – Man sieht: Durch gleichsinniges Schichten von Federtellern erhält man neben der erhöhten Federsteifigkeit auch Dämpfung infolge Reibung zwischen den Tellern. Dadurch wird 3 ... 6% der Federungsarbeit in Wärme umgesetzt. – Durch wechselseitiges Schichten unterschiedlich dicker Teller oder Pakete unterschiedlicher Anzahl gleicher Teller sind auch progressive Kennlinien möglich. Bauarten: Man unterscheidet nach Abb. 12.25 entsprechend unterschiedlicher Ausführung: – 3 Gruppen: Gruppe 1: Kaltgeformte (gestanzte) Teller mit t ≤ 1,1 mm. Gruppe 2: Kaltgeformte, am Innen- und Außenrand spanabhebend bearbeitete Teller mit abgerundeten Kanten und t =1 ... 6 mm. Gruppe 3: Kaltgeformte, allseitig spanabhebend bearbeitete Teller mit Auflageflächen, gerundeten Kanten und einer auf t¢ = 0,94 t reduzierten Tellerdicke zur Erzielung der gleichen Federkennlinie wie Gruppe 2, t = 6 ... 14 mm.
504
12 Elastische Federn
Abb. 12.24a, b. Federkennlinien; a von Einzeltellern mit unterschiedlichem h0/t nach DIN 2092, b im linearen Bereich durch unterschiedliche Schichtung gleicher Teller (1 Einzelteller, 2 Federsäule aus Einzeltellern, 3 Federpaket, 4 Federsäule aus Federpaketen)
– 3 Reihen: Nach gewünschter Steifigkeit kann man aus 3 Reihen (A – steif, B – mittel, C – weich) auswählen, s. DIN 2093. – Hauptabmessungen: Da/Di ≈ 2; für Reihe A: Da/t ≈ 18, h0/t ≈ 0,4; – für Reihe B: Da/t ≈ 28, h0/t ≈ 0,75; – für Reihe C: Da/t ≈ 40, h0/t ≈ 1,3. Dimensionierung, Vorauswahl: Man wählt – unter Beachtung des Einbauraums – möglichst eine genormte Tellerfeder nach Abb. 12.25 für die statische oder quasistatische (N < 104) Belastung mit F0,75 ≥ Federkraft F; F0,75 ist die zulässige Federkraft nach DIN 2093. – Nicht genormte Tellerfedern dimensioniert man mit Hilfe einer Näherungsformel für Federn mit h0/t ≤ 0,4 (entspr. Reihe A) nach (12.61) und den Beziehungen in Abb. 12.26. – Festigkeitsnachweis: Bei genormten Tellerfedern ist für s ≤ 0,75 h0 kein Festigkeitsnachweis erforderlich; man prüft, ob für die gewählte Feder F < F0,75 ist. – Nachweis: Wenn s > 0,75 h0 , verfährt man wie bei nicht genormten Tellerfedern.
1,6
1,0
0,8
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
D Da 1) [mm]
4,2 5,2 6,2 7,2 8,2 9,2 10,2 11,2 12,2 14,2 16,3 18,3 20,4 22,4 25,4 28,5 31 36 41 46 51 57 64 72 82 92 102 112 127
Di (H12) [mm]
Durchmesservergrößerung. Durchmesserverkleinerung s. Abschn. 12.4.2.4.
8 10 12,5 14 16 18 20 22,5 25 28 31,5 35,5 40 45 50 56 63 71 80 90 100 112 125 140 160 180 200 225 250
Da (h12) [mm]
Reihe
1,6
1,0
0,8
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
D Di 2) [mm]
0,4 0,5 0,7 0,8 0,9 1 1,1 1,25 1,5 1,5 1,75 2 2,25 2,5 3 3 3,5 4 5 5 6 6 8 (7,5) 8 (7,5) 10 (9,4) 10 (9,4) 12 (11,25) 12 (11,25) 14 (13,1)
0,2 0,25 0,3 0,3 0,35 0,4 0,45 0,5 0,55 0,65 0,7 0,8 0,9 1 1,1 1,3 1,4 1,6 1,7 2 2,2 2,5 2,6 3,2 3,5 4 4,2 5 5,6
t bzw. (t¢) h0 [mm] [mm] L0 = t + h0
A
210 329 673 813 1 000 1 250 1 530 1 950 2 910 2 850 3 900 5 190 6 540 7 720 12 000 11 400 15 000 20 500 33 700 31 400 48 000 43 800 85 900 85 300 139 000 125 000 183 000 171 000 249 000
F0,75 [N]
Abb. 12.25. Abmessungen und Kennwerte genormter Tellerfedern nach DIN 2093
2)
1)
3
2
1
Gruppe
0,3 0,4 0,5 0,5 0,6 0,7 0,8 0,8 0,9 1 1,25 1,25 1,5 1,75 2 2 2,5 2,5 3 3,5 3,5 4 5 5 6 6 8 (7,5) 8 (7,5) 10 (9,4)
0,25 0,3 0,35 0,4 0,45 0,5 0,55 0,65 0,7 0,8 0,9 1 1,15 1,3 1,4 1,6 1,75 2 2,3 2,5 2,8 3,2 3,5 4 4,5 5,1 5,6 6,5 7
t bzw. (t¢) h0 [mm] [mm] L0 = t + h0
B
119 213 291 270 412 572 745 710 868 1 110 1 920 1 700 2 620 3 660 4 760 4 440 7 180 6 730 10 500 14 200 13 100 17 800 30 000 27 900 41 100 37 500 76 400 70 800 119 000
F0,75 [N]
0,2 0,25 0,35 0,35 0,4 0,45 0,5 0,6 0,7 0,8 0,8 0,9 1 1,25 1,25 1,5 1,8 2 2,25 2,5 2,7 3 3,5 3,8 4,3 4,8 5,5 6,5 (6,2) 7 (6,7)
0,25 0,3 0,45 0,45 0,5 0,6 0,65 0,8 0,9 1 1,05 1,15 1,3 1,6 1,6 1,95 2,35 2,6 2,95 3,2 3,5 3,9 4,5 4,9 5,6 6,2 7 7,1 7,8
t bzw. (t¢) h0 [mm] [mm] L0 = t + h0
C
39 58 152 123 155 214 254 425 601 801 687 831 1 020 1 890 1 550 2 620 4 240 5 140 6 610 7 680 8 610 10 500 15 400 17 200 21 800 26 400 36 100 44 600 50 500
F0,75 [N]
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
505
506
12 Elastische Federn Federkraft (Ermittlung des Federwegs s mit F/Fc und Abb. 12.24 a mgl.)
4E K 24 t4 s h0 s 2 F = 02 0 2 K 4 41 – 2 2 2 (1 – n ) K1 Da t t t
+ 1
41t – 5 2t h0
s
(12.60)
Bei statischer Belastung und Krafteinleitung über die Kreislinien I und III (Abb. 12.24 a) und h0 /t ≤ 0,4 (Reihe A), für gehärteten Edelstahl mit 4E/(1–n2) ≈ 905,5 kN/mm2: F ≈ 1,312 (kN/mm2) · t3 · s/D2a · 103
(12.61)
Federrate: R ≈ 1,312 (kN/mm2) · t3/D2a · 103
(12.62)
Spannungen: Druckspannung bei I absolut größte Spannung, maßgeben für statische Beanspruchung: ⎤ ⎛ h0 4E K 4 t2 s ⎡ s ⎞ − ⎢−K 2 K 4 ⎜ (12.63) ⎟ − K 3 ⎥ ≤ σ zul 2 2 t⎠ (1 − ν ) K1 Da2 t ⎢⎣ ⎝ t ⎥⎦ Zugspannung bei II und III größte Zugspannungen, maßgeben für dynamische Beanspruchung:
σI =
4E K 4 t2 s s || = 02 0 2 (1 – n 2) K1 D2a t
+K ≤s – K K 41t – 5 2t
4E K 4 t2 s 1 s ||| = 02 0 2 3 (1 – n 2) K1 D2a t d σ IV =
h0
2
4
– K
4
s
3
(12.64)
zul
h0 s (2 K 3 – K 2) 41 – 5 + K 3 ≤ s zul (12.65) t 2t
⎤ ⎛ h0 4E K 4 t2 s 1 ⎡ s ⎞ − ⎢K 4 (K 2 − 2 K 3 ) ⎜ ⎟ + K 3 ⎥ ≤ σ zul 2 2 t⎠ (1 − ν ) K1 Da2 t δ ⎣⎢ ⎝ t ⎥⎦
(12.66)
Positive Spannungen sind Zugspannungen, negative Druckspannungen W=
⎡ ⎤ t s2 s⎞ 2E ⎛ K 24 ⎢K 24 ⎜ h0 − ⎟ + t 2 ⎥ 2 ⎝ ⎠ 2 (1 − ν ) K1 Da2 ⎣ ⎦
(12.67)
Zulässige Spannungen s. Abschn. 12.4.2.4 a Beiwerte K1, K2, K3 zur Tellerfederberechnung mit δ =
Abb. 12.26. Berechnung von Tellerfedern nach DIN 2092 und [7.3-1], ergänzt
Nicht genormte Tellerfedern: Mit den vorläufig gewählten Abmessungen berechnet man die maßgebende Spannung an der Stelle I nach (12.63) in Abb. 12.26 und vergleicht sie mit den – auch allgemein gültigen – zulässigen Spannungen: für s ≤ 0,75 h0 : s zul ≤ 2000 ... 2400 N/mm2 ; für 0,75 h0 < s < h0 : szul ≤ 2600 ... 3000 N/mm2 gültig für Werkstoffe nach DIN 17221, 17222. Zulässige Spannungen für dynamische Beanspruchung (Überlastungsfall F3, konstante Unterspannung su) zwischen den Federweggrenzen s0 und su : Maßgebend ist die größere der Zugspannungen s II oder s III nach (12.64), (12.65) in Abb. 12.26; für diese Stelle wird die Hubspannung sh berechnet. Die Hubfestigkeit sH für Dauerfestigkeit (N ≥ 2 · 10 6) bzw. Zeit-
Da Di
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
507
2
K4 = −
C1 ⎛C ⎞ + ⎜ 1 ⎟ + C 2 für Tellerfedern mit Auflagefläche ⎝ 2⎠ 2
K4 = 1 für Tellerfedern ohne Auflagefläche 2
⎛ t′ ⎞ ⎜ ⎟ ⎝ t⎠ C1 = ⎛ 1 l0 t ′ 3 ⎞ ⎛ 5 l0 t ′ 3 ⎞ − + ⎟ ⎜ − + ⎟ ⎜ ⎝4 t t 4⎠ ⎝ 8 t t 8⎠
C2 =
2 ⎤ C1 ⎡ 5 ⎛ l0 ⎞ − 1 + 1⎥ ⎢ ⎜ ⎟ 3 ⎝ ⎠ t 32 ⎛ t′ ⎞ ⎢⎣ ⎦⎥ ⎜ ⎟ ⎝ t⎠
Außerdem sind für Tellerfedern mit Auflagefläche folgende Größen zu verwenden: t¢/t = 1 h0¢ = l0 – t¢ statt h0
Abb. 12.26 (Fortsetzung)
festigkeit s H (N = 10 4 ... 2 ◊ 10 6) bestimmt man üblicherweise mit den Goodmann-Diagrammen nach Abb. 12.27. Man vergleicht s H mit der vorhandenen Hubspannung sh: sH ≥ sh . – Rechengang für den Festigkeitsnachweis bei Überlastungsfall F1 (konstante Mittelspannung sm) s. Abschn. 12.8 (Beispiel 6, dargestellt für eine Schraubendruckfeder). – Gestaltung, Vorspannung: – Die maximale Verformung soll s = 0,75 h0 nicht überschreiten, sonst ,,rollt“ die Tellerfeder auf ihrer Unterlage ab, d.h. der Hebelarm wird kürzer und die tatsächliche Kennlinie wesentlich steiler.
508
12 Elastische Federn
Abb. 12.27a, b. Goodman-Diagramme für Dauer- und Zeitfestigkeit von nicht kugelgestrahlten Tellerfedern (Festigkeitswerte nach DIN 2093); a t < 1,25 mm, b 1,25 mm < t < 6 mm
Beim Einbau der Tellerfedern ist die Durchmesserveränderung (Vergrößerung außen bzw. Verkleinerung innen) im beanspruchten Zustand zu berücksichtigen und Spiel DDa zur Führungshülse bzw. zum Führungsbolzen DDi vorzusehen. Anhaltswerte s. Abb. 12.25. Führungsbolzen und Auflagen sollten oberflächengehärtet und geschliffen werden. Bei dynamischer Belastung werden die Federn mit su = (0,15 ... 0,2) ◊ h0 vorgespannt, um Setzbeträge auszugleichen und evtl. Anrisse an der Stelle I zu verhindern. b) Die geschlitzte Tellerfeder weist eine sehr flache Federkennlinie auf; Anwendung z.B. in Fahrzeugkupplungen; ausgeführt als innengeschlitzte bzw. außengeschlitzte Tellerfedern. – Berechnung sinngemäß nach Abb. 12.28 mit szul nach Abschn. 12.4.2.4a. c) Bei Tellerfedern mit Trapezquerschnitt (von innen nach außen zunehmende Blechdicke) ist eine gleichmäßigere Spannungsverteilung gegenüber üblichen Tellerfedern nach DIN 2093 möglich, jedoch ist die Stützwirkung der weniger beanspruchten Querschnittszonen geringer, die Setzneigung steigt. Die Federkennlinie ist auch bei s > 0,75 ◊ h0 annähernd linear, d.h. die Federrate R ≈ konst. Die Bauform läßt nur eine wechselseitige Schichtung zu. Berechnung s. [7.3-6].
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
509
Federkraft: F=
F′ h¢0 h0
(12.68)
F′ =
⎡⎛ h0¢ s ⎞ ⎛ h0¢ s⎞ ⎤ 4 E t3 s − ⎟ ⎜ − ⎟ + 1⎥ 2 2 ⎢⎜ ⎝ ⎠ t ⎝ t 2 t ⎠ ⎦⎥ (1 − ν ) K1 Da ⎢⎣ t
(12.69)
Zugspannung bei III maßgebend für dynamische Beanspruchung: σ III = 4 E h0¢ t + (1 − ν 2 ) K1 Da3
Di¢ (2 K 3 − K 2 ) h0¢ + K 3 < σ zul 2t
(12.70)
Abmessungen: – innengeschlitzt: h0 D a − Di b = = h¢0 Da − D¢i a
(12.71)
– außengeschlitzt: h0 D a − Di b = = h¢0 Da¢ − Di a
(12.72)
Zulässige Spannungen s. Abschn. 12.4.2.4 a.
Abb. 12.28. Berechnung geschlitzter Tellerfedern. Werte für K1 ... K3 s. Abb. 12.26
12.4.2.5 Sonstige biegebeanspruchte Federn
Federscheiben: Ausführungen s. Abb. 12.29. Sie werden vorwiegend für Spielausgleich und Erzeugung eines Vorspannungszustands eingesetzt. – Berechnung s. [7.3-15].
Abb. 12.29a – c. Federscheiben [7.3-6]; a einfach gewölbte Federscheibe, b Wellfederscheibe (axiale Wellfeder), c Fingerfederscheibe für Lager
510
12 Elastische Federn Abb. 12.30. Sternfeder
Abb. 12.31 a, b. Wirkprinzipien von Membranfedern [7.3-6]; a kegelig gewölbt, b konzentrisch profiliert
Sternfedern bieten innen und außen eine ringförmige Abstützung; sie werden vorwiegend zum Spielausgleich (z.B. in Wälzlagerungen) eingesetzt, Abb. 12.30. Membranfedern: Dünne, elastische Platten, die an ihrem gesamten Rand gestellfest gelagert sind, Schema Abb. 12.31, meist kreisförmige profilierte und durchbrochene Membrane mit kreisförmigem steifem Zentrum (verwendet als Führungselemente in Kraft- und Druck-Meßgeräten). Berechnung s. [7.3-6]. 12.4.3 Torsionsbeanspruchte Federn 12.4.3.1 Drehstabfedern
Üblich sind Drehstäbe mit Kreisquerschnitt (DIN 2091), Abb. 12.32. Drehmoment T und maximale Torsionsspannung t sind längs des Stabs
maximale Schubspannung: τ t max =
16 T ≤ τ t zul π d3
Verdrehwinkel: (12.73)
16 T 2
L W = 014 Gp d
(12.75)
1 2
Zulässige Spannungen s. Abschn. 12.4.3.1
Abb. 12.32. Berechnung von Drehstabfedern
(12.74)
Federrate:
Federungsarbeit:
Artnutzgrad: hA =
32 T L j = 014 p Gd
R=
π d4 G 32 L
(12.76)
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
511
konstant, wenn reines Drehmoment eingeleitet wird (ohne Biegung). Da t nicht konstant über dem Querschnitt ist, folgt ein Artnutzgrad hA ≈ 0,5 (Abschn. 12.2.6). Die Oberflächen sind einfach und sicher gegen Korrosion zu schützen. Bei geeigneter Einspannung arbeiten sie verschleiß- und reibungsfrei. – Die Federkennlinie ist eine Gerade, d.h. die Federrate Rt = konst. – Aus mehreren Rund- oder Flachstäben gebündelte Drehstabfedern haben bei gleicher Länge eine kleinere Federrate Rt als Vollstabfedern, bauen daher bei gleichem Federweg kürzer. Allerdings treten Relativbewegungen zwischen den Einzel-Flachstäben auf. Dies bedeutet Dämpfung und gleichzeitig Verschleiß; Korrosionsschutz ist nur begrenzt möglich. – Berechnung s. Abb. 12.32. – Zulässige Spannungen: Statisch: tt zul = 700 N/mm2 für nicht vorgesetzte Stäbe, tt zul =1020N/mm2 für vorgesetzte Stäbe (bei Verwendung von Werkstoffen nach DIN 17221 mit einer Vergütungsfestigkeit 1600 N/mm2 < Rm < 1800 N/mm2); Dynamisch: die Dauerschwellfestigkeit beträgt für vorgesetzte Stäbe für N = 2 ◊ 106: bei d = 20 mm: tt zul = 740 N/mm2, bei d = 60 mm: tt zul = 550 N/mm2, die Zeitschwellfestigkeit für N = 2 ◊ 105: für d = 20 mm: tt zul = 900 N/mm2, für d = 60 mm: tt zul = 680 N/mm2. Weitere Werte für Dauer- und Zeitfestigkeit in Abhängigkeit von der Mittelspannung s. DIN 2091. – Gestaltung, Herstellung: Besonders gefährdet sind die Einspannstellen, die deshalb meist dicker als die Drehstäbe ausgeführt werden, Abb. 12.32. Durch sanften Querschnittsübergang, Schleifen, Oberflächendrücken oder Kugelstrahlen läßt sich die Dauerfestigkeit bis 12% steigern. Durch Vorsetzen, d.h. Überlasten mit plastischer Verformung, erreicht man eine Steigerung der Dauerfestigkeit bis zu 55%. – Anwendung wegen der niedrigen Bauhöhe und großen Baulänge z.B. in Kraftfahrzeugen zur Radaufhängung und -federung und im Drehmomentschlüssel zum Anziehen von Schrauben. – Drehstäbe mit Rechteckquerschnitt (in Form von Torsionsbändern) werden selten verwendet. 12.4.3.2 Zylindrische Schraubenfedern
Diese Feder ist eine in Form einer Schraubenlinie gewundene Drehstabfeder, die durch eine Druck- oder Zugkraft F in der Federachse belastet wird. Herstellung: Schraubenfedern mit Drahtdurchmesser d bis 17 mm können kalt gewickelt werden (DIN 2055), ab d = 17 mm (z.T. bereits ab d = 10 mm) werden sie warm gewickelt und dann wärmebehandelt. Der Draht wird im gewalzten oder gezogenen Zustand verwendet (insbesondere für dynamische Beanspruchung), danach gedreht, geschält oder geschliffen. Fertigungstoleranzen s. DIN 2095, 2096. Hier werden für kalt-
512
12 Elastische Federn
geformte Federn 3 Gütegrade unterschieden (ohne Angaben gilt Gütegrad 2), für warmgeformte Federn gibt es nur einen Gütegrad. Die Federn werden meist kugelgestrahlt, die dynamische Festigkeit kann dadurch wesentlich gesteigert werden. a) Schraubendruckfedern – Besonderheiten der Herstellung Um die Relaxation zu mindern (näheres s. DIN 2089 T1), werden die Federn i.allg. – als letzter Fertigungsgang – auf Blocklänge Lc zusammengedrückt und wieder entspannt (Vorsetzen). Dadurch werden günstige Eigenspannungen wesentlich gesteigert. Die Länge sollte durch Setzen um mindestens 10% reduziert werden, um volle Wirkung zu erzielen. – Gestaltung Wickelverhältnis w = Dm/d möglichst zwischen 5 ... 9. Kleinere Werte (< 3) erfordern spezielle Fertigungseinrichtungen, größere (≥ 15) sind nur schwer stabil zu halten, der Federdraht kann sich leicht verwickeln (tangling). Federenden (Abb. 12.33): Meist werden an jedem Federende 3/4 Windungen angelegt (beigedrückt) und plangeschliffen (über 270 ... 330°), bei geringeren Anforderungen unbearbeitet gelassen; bei dickeren Drähten benötigt man allerdings angepaßte Federteller. Für die zentrische Kraftwirkung ist es günstig, wenn die Federenden um 180° versetzt liegen, d.h. die Gesamtwindungszahl mit 1/2 endet. Man beachte: Planschleifen von Federn mit dünnen Drähten ist schwierig. Steigungsrichtung: In der Regel werden die Federn rechtsgewickelt. Ineinander geschachtelte Federn müssen entgegengesetzt gewickelt werden, die Außenfeder i.allg. rechtsgewickelt. Wenn die Feder durch einen Gewindebolzen geführt wird, müssen Federn und Gewinde entgegengesetzte Steigungsrichtung aufweisen. Hauptabmessungen: Schraubenfedern lassen sich in weiten Grenzen an den verfügbaren Bauraum anpassen. Abbildung 12.34 zeigt ein Beispiel. Zu beachten ist aber, daß bei Vorgabe bestimmter Größen (z.B. zwei Federkräfte und zugehöriger Federweg), andere Größen nicht exakt eingehalten werden, sondern vom Hersteller angepaßt werden, s. z.B. DIN 2095. – Der Außendurchmesser wird vorgeschrieben, wenn die Federenden in einer Bohrung geführt werden, der Innendurchmesser, wenn die Feder auf
Abb. 12.33a,b. Ausführung zylindrischer Schraubenfedern; a Enden angeschmiedet und plangeschliffen, b Enden angelegt und unbearbeitet
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
513
Abb. 12.34. Gestaltungsmöglichkeiten von Schraubendruckfedern gleicher Federkennlinie, Anpassung an den jeweiligen Einbauraum
einen Dorn aufgeschoben wird. Wenn die Feder eng geführt wird, ist zu beachten, daß der Windungsdurchmesser zunimmt, wenn die Feder zusammengedrückt wird, und zwar um etwa:
DDa = 0,1
m 2 - 0, 8 ◊ m ◊ d - 0, 2 d 2 , Dm
(12.77)
mit m für Federn mit angelegten, planbearbeiteten Federenden: m=
L0 − d , n
(12.78)
für Federn mit unbearbeiteten Federnenden m=
L 0 − 2, 5 d . n
(12.79)
514
12 Elastische Federn
Abb. 12.35. Beanspruchung – Kräfte und Momente – der zylindrischen Schraubenfeder
– Berechnung und Dimensionierung Beanspruchung – allgemein: Durch die Kraft F und den Hebelarm Dm/2 wirkt auf einen Drahtquerschnitt – rechtwinklig zur Schraubenlinie (Steigungswinkel) – ein Torsionsmoment T, ein Biegemoment Mb , eine Querkraft FQ und eine Druckkraft FD, Abb. 12.35. Gegenüber der Beanspruchung aus dem Torsionsmoment treten die übrigen Spannungen (bei kleinem Steigungswinkel und kleinem Verhältnis d/Dm) zurück, da cos b ≈ 1 und sin b ≈ 0 ist. Man rechnet daher nur mit der Spannung aus dem Torsionsmoment F ◊ Dm/2. Es ist jedoch zu beachten, daß die Spannung auf der Innenensite des Drahtquerschnitts infolge der Krümmung größer ist, als außen, s. Abb. 12.36 und Abschn. 12.4.2.3. Dies kann bei der Berechnung durch den Spannungsbeiwert k berücksichtigt werden.
Abb. 12.36 a, b. Spannung in einer Schraubenfeder; a Spannungsverteilung im Stabquerschnitt, b Spannungsbeiwert k für Kreisquerschnitte nach DIN 2089; Näherungsgleichung: (12.84) in Abb. 12.38
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
515
Druckeigenspannungen in der Randschicht, erzeugt durch das Setzen beim Herstellprozeß, führen bei statischer Beanspruchung zu einer gleichmäßigeren Spannungsverteilung; hierbei wird mit k = 1 gerechnet. – Bei dynamischer Beanspruchung, d.h. unter elastischen Bedingungen, setzt an der Innenseite der Dauerbruch ein. Deshalb wird hierbei der Beiwert k > 1 nach Abb. 12.36b berücksichtigt. – Dimensionierung, Vorauswahl: Beim ersten Entwurf geht man von der (oben definierten, vereinfachten) Nenn-Schubspannung aus. Hierfür und für Variationsrechnungen eignet sich das Geradliniendiagramm, Abb. 12.37. Abhängig von Federkraft F und zulässiger Schubspannung t kann man hieraus für ein gewünschtes Wickelverhältnis w = Dm/d Werte von D und d ablesen, ebenso den Federweg je Windung s/n. Bei Stahlfedern geht man zweckmäßigerweise zunächst von einer zulässigen statischen Schubspannung tzul = 500 N/mm2 aus; Leitertafeln s. DIN 2089. – Festigkeitsnachweis Mit den vorläufig gewählten Abmessungen berechnet man die Spannungen nach den Gleichungen in Abb. 12.38, vergleicht sie mit den zulässigen Spannungen und korrigiert ggf. den ersten Entwurf. Die zulässige Schubspannung kaltgeformter Federn für statische und quasistatische (N ≤ 104) Beanspruchung bei Blocklänge kann i.allg.
Abb. 12.37. Geradliniendiagramm zur Vorauswahl von Schraubenfedern [12.3-3]. Beispiel: d = 1 mm, D = 20 mm, t = 500 N/mm2: F = 10 N, s/n = 8 mm
516
12 Elastische Federn
a Druckfeder
Nenn – Schubspannung: 8 F Dm τ nenn = π d3
(12.82)
Schubspannung mit Drahtkrümmungseinfluß:
tk = k · tnenn ≤ tk zul
(12.83)
Spannungsbeiwert k=
w + 0, 5 w − 0, 75
mit
w=
Dm d
(12.84), (12.85)
statisch: k = 1 dynamisch: k nach Abb. 12.36 b Federweg (ohne Vorspannung): s=
3 8 Dm n F 1) G d4
(12.86)
Federweg (mit Vorspannung): b Zugfeder
8 D 3m n (F 1) + F1) s = 007 G d4 Federrate: G d4 R= 3 n 8 Dm
(12.87)
(12.88)
Federungsarbeit ohne Vorspannung: 1 1) F s 2 bei vorgespannten Federn: W=
1 (F1 + F 1)) (s − s1) 2 Länge der unbelasteten Schraubenzugfeder: W=
L0 = (n + 1) d + 2 LH
(12.89)
(12.90)
(12.91)
Abmessungen Schraubendruckfeder Blocklänge Lc: LC ≤ n+ · dmax
(12.92),
Federenden angelegt, geschliffen, kaltgeformt LC ≤ (nt + 1,5) dmax
(12.93)
Federenden angelegt, unbearbeitet, kaltgeformt LC ≤ (nt – 0,3) dmax
(12.94)
Federenden angelegt, planbearbeitet, warmgeformt LC ≤ (nt + 1,1) dmax
(12.95)
Federenden unbearbeitet, warmgeformt – mit dmax ≈ d (genaue Werte s. DIN 2076) Gesamtzahl der Windungen: nt = n + 2 kaltgeformt nt = n + 1,5 warmgeformt
(12.96) (12.97)
Kleinste zul. Federlänge: Ln ≥ Lc + Sa
(12.98)
Summe der Windungs-Mindestabstände Sa: Sa ≥ (0,0015 w2 + 0,1) d · n, kaltgeformt Sa ≥ 0,02 (w + 1) d · n, warmgeformt 1) Bei
(12.99) (12.100)
Zugfedern mit innerer Vorspannung ist zur Berechnung von Federweg s und Federrate R (R = DF/Ds) anstelle von F der Wert (F-F0), zur Berechnung der Federungsarbeit W der Wert (F + F0) einzusetzen
Abb. 12.38. Berechnung zylindrischer Schraubenfedern nach DIN 2089
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
517
tc zul = 0,58 Rm angesetzt werden. Mindest-Zugfestigkeit Rm von Federstählen s. Kap. 5. Die zulässige Nennschubspannung bei statischer oder quasistatischer Beanspruchung wird durch die entsprechend dem Anwendungsfall vertretbare Relaxation begrenzt. Zulässige Schubspannung kaltgeformter Federn für dynamische Beanspruchung (Überlastungsfall F3, konstante Unterspannung tu): Die zusätzlich aufgebrachte Spannung tk nach Abb. 12.38 entspricht der Hubspannung tkh . Die Hubfestigkeit tkH für Dauerfestigkeit (N ≥ 107) bzw. Zeitfestigkeit bestimmt man mit den Goodman-Diagrammen nach DIN 2089 T1; Beispiele s. Abb. 12.39. – Rechengang für den Festigkeitsnachweis für Überlastungsfall F1 (konstante Mittelspannung tkm) s. Abschn. 12.8 (Beispiel 6). Zulässige Schubspannungen warmgeformter Federn tc zul für statische und quasistatische Belastung s. Abb. 12.40. Hinweise zu Relaxation s. kaltgeformte Federn. – Zulässige Schubspannung für dynamische Beanspruchung wie bei kaltgeformten Federn, Goodman-Diagramme s. Abb. 12.39. – Stabilität, Stoßbeanspruchung, Schwingungen Knickgefahr. Druckfedern können bei einem kritischen Federweg sk ausknicken, Abb. 12.41. Nicht knicksichere Federn können zwar durch Hülse oder Dorn geführt werden; dabei treten aber Reibungsverluste auf, insbesondere bei großem Schlankheitsgrad. Schwingungen, Resonanz. Bei schnellen Belastungsänderungen (wie z.B. bei Ventilfedern) können Resonanzen auftreten, wenn die Frequenz der dynamischen Kraft gleich der Eigenfrequenz der Feder ist oder einem ganzzahligen Vielfachen. Infolgedessen können wesentlich höhere Spannungen auftreten, als sich aus der statischen Belastung ergibt. Man rechnet sicher, wenn die Eigenfrequenz fe mindestens 13 mal [12.3-14] so groß ist wie die Kraftfrequenz fF. Für Druckfedern mit geführten Federenden ohne Dämpfung gilt: fe =
1 d ◊ 2 p n D2m
G [s –1 ] , 2r
(12.101)
[s −1 ] ,
(12.102)
für Stahlfedern: fe = 11, 31
d n⋅
D2m
mit d in mm, Dm in mm, r in kg/dm3, G in N/mm2, n Anzahl der federnden Windungen. Wenn die Bedingung fe > 12 fF nicht einzuhalten ist, kann man Dämpfung verwenden (meist mittels Reibung an den Windungen). Ferner eignen sich dann Federn mit veränderlichem Windungsabstand. Stoßbeanspruchung. Wenn eine Feder zusammengedrückt, d.h. mit einer entsprechenden Beanspruchung beaufschlagt und dann plötzlich entlastet wird, bewegt sich das Federende mit der maximalen Geschwindigkeit: g v x = 10,1 ◊ t in m / s , (12.103) 2r G
518
12 Elastische Federn
Abb. 12.39a – d. Dauer- bzw. Zeitfestigkeiten für Schraubendruckfedern aus patentiert gezogenem Federstahldraht,kugelgestrahlt; a,b kaltgeformt,Klasse C und D nach DIN 17223 T1, in b eingetragene Ausschlagfestigkeit tkA s. Abschn. 12.8, Beispiel 6)
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
Abb. 12.39c, d. Warmgeformt, Edelstahl nach DIN 17221
519
520
12 Elastische Federn
Abb. 12.40. Zulässige Schubspannung tczul für warmgeformte Druckfedern bei statischer oder quasistatischer Belastung nach DIN 2089 T1
Abb. 12.41 a, b. Knicksicherheit axial beanspruchter Schraubendruckfedern nach DIN 2089; a Lagerungsarten und zugehöriger Lagerungsbeiwert v, b Bestimmung der Knicksicherheit
Bei Stahlfedern: vx =
τ 35, 5
in m / s ,
(12.104)
mit g in m/s2, r in kg/dm3, G in N/mm2, t in N/mm2. Entsprechend gilt: Wenn eine Feder mit einer Geschwindigkeit vx beaufschlagt wird, so ergibt sich daraus die Stoßbeanspruchung t. Bei sehr
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
521
hohen Stoßgeschwindigkeiten treten also momentane Beanspruchungen auf, die höher sind, als sich aus der statischen Betrachtungsweise ergibt. Bestellung, Beschaffung: Um alle erforderlichen Daten für Auswahl und Herstellung zu berücksichtigen, benutzt man zweckmäßigerweise die Vordrucke nach DIN 2099 T1. b) Schraubenzugfedern – Besonderheiten der Herstellung: Bei kaltgewickelten Federn erzeugt man eine innere Vorspannung (to ≤ 0,1 Rm), so daß die federnden Windungen ohne Belastung aufeinander liegen. – Übliche Werte s. Abb. 12.42. Niedrig belastete Federn kleiner Federsteifigkeit sollen mitunter nur eine kleine oder keine Vorspannung haben. Dies kann man durch Spannungsarmglühen oder Wickeln mit kleinerem Windungsabstand erreichen. – Die – weniger oft verwendeten – warmgewickelten Zugfedern haben keine innere Vorspannung und werden z.T. mit einem Abstand zwischen den Windungen erzeugt. Zugfedern werden meist keiner Setzbehandlung unterzogen. Sie können – wegen der anliegenden Windungen – nicht kugelgestrahlt werden. – Anwendung Die Beanspruchung wird naturgemäß nicht durch ein Zusammendrücken ,,auf Block“ begrenzt wie bei Druckfedern. Aus diesem Grund läßt man für Zugfedern nur kleinere Spannungen zu als bei Druckfedern. Auch ist zu beachten, daß ein Federbruch im Gegensatz zu Druckfedern zu einer vollständigen Unterbrechung des Kraftflusses führt. – Gestaltung Federenden zur Einleitung der Zugkraft s. Abb. 12.43. Für kleine Federkräfte genügen angebogene Ösen und Hakenösen, für kleinere und mitt-
Abb. 12.42. Durch innere Vorspannung hervorgerufene Torsionsbeanspruchung [12.3-4]
522
12 Elastische Federn
Abb. 12.43a – g. Federenden zylindrischer Schraubenzugfedern; a ganze deutsche Öse, b doppelte deutsche Öse, seitlich hochgestellt, c Hakenöse, d Haken eingerollt, e Gewindebolzen eingerollt, f Lasche eingeschraubt, g eingeschraubte Gewindestopfen; weitere Ausführungen s. DIN 2097
lere Kräfte wählt man eingerollte Federenden mit beweglicher Öse (Abb. 12.43d) oder Gewindebolzen (Abb. 12.43e). Ebenso zuverlässig sind eingeschraubte Laschen (Abb. 12.43f). Für besonders große Zugkräfte und auch für zug- und druckbelastete Schraubenfedern eignen sich eingeschraubte Gewindestopfen (Abb. 12.43g). Wenn dynamisch beanspruchte Zugfedern nicht zu vermeiden sind, sollten nach Möglichkeit gerollte oder eingeschraubte Endstücken verwendet werden. Wenn angebogene Haken oder Ösen notwendig sind, muß der Krümmungsradius am Übergang möglichst groß sein (DIN 2089). Die Haken und Ösen müssen frei von Beschädigungen und Bearbeitungsmarken sein; andernfalls wird die Tragfähigkeit stark reduziert. – Übliche Drahtabmessungen d ≤ 35 mm. Wickelverhältnis, Steigungsrichtung: s. Druckfedern, Abschn. 12.4.3.2a. – Tragfähigkeit Beanspruchung, Vorentwurf und Dimensionierung, Festigkeitsnachweis wird allgemein wie bei Druckfedern gehandhabt, Abschn. 12.4.3.2a. Zulässige Spannung, Festigkeit: Anhaltswerte für die zulässige Schubspannung tzul für statische und quasistatische Belastung kaltgeformter Zugfedern tzul = 0,45 ◊ Rm . Mindest-Zugfestigkeit Rm von Federstählen s. Kap. 5. – Für warmgeformte Zugfedern soll tzul = 600 N/mm2 für die höchste zulässige Federkraft Fn nicht überschritten werden. Dynamische Beanspruchung sollte möglichst vermieden werden, da die Schwingfestigkeit in starkem Maße durch die Form der Ösen und Endstücke beeinflußt wird, was rechnerisch schwer zu erfassen ist. Weitere Hinweise zu dynamisch beanspruchten Zugfedern s. DIN 2089 T2.
12.4 Auswahl, Dimensionierung, Gestaltung und Tragfähigkeit von Metallfedern
523
12.4.3.3 Sonstige Schraubenfedern Zylindrische Schraubendruckfedern mit Rechteckquerschnitt, Abb. 12.44. Sie werden verwendet, wenn Runddrahtfedern aufgrund der Einbauverhältnisse nicht eingesetzt werden können (bei vorgegebenem Wickeldurchmesser und vergleichbarer Blocklänge kann eine größere Materialmenge untergebracht werden). Die flachgewickelte Feder hat gegenüber der hochkantgewickelten die härtere Federung. Kegeldruckfedern werden meist mit Kreisquerschnitt hergestellt, Abb. 12.45a. Sie werden verwendet, wenn eine progressive Kennlinie erwünscht ist (bei größeren Federwegen nimmt durch Anlegen der Windungen, beginnend beim größten Windungsdurchmesser, die Anzahl der federnden Windungen ab). – Kegeldruckfedern aus Federband (Abb. 12.45b) werden seltener verwendet; sie besitzen ebenfalls eine progressive Kennlinie und werden wegen der hohen Eigendämpfung als Pufferfedern (eng gewickelt) verwendet. Rechteckige Schraubendruckfedern, Abb. 12.46 werden verwendet, wenn prismatische Bauteile in engen Führungen bewegt werden sollen.
Abb. 12.44. Zylindrische Schraubendruckfeder mit Rechteckquerschnitt
Abb. 12.45a, b. Kegeldruckfedern; a mit Kreisquerschnitt, b mit Rechteckquerschnitt aus Federband
Abb. 12.46. Rechteckige Schraubendruckfedern aus Runddraht
524
12 Elastische Federn
Berechnung der o.g. Federn und weitere Sonderbauformen wie Schraubendruckfedern mit veränderlichem Drahtdurchmesser und veränderlicher Windungssteigung s. [7.3-6].
12.5 Gummifedern Werkstoff Gummi s. Kap. 5, Überblick, Eigenschaften s. Abschn. 12.3.2. Man benutzt Gummi-Federelemente zur elastischen Verbindung in Ausgleichskupplungen und Gelenken, zur Schwingungsisolierung, zur Dämpfung von Schwingungen, Stößen und Geräuschen von Maschinen, Beispiele s. Abb. 12.47. 12.5.1 Gummi als Federwerkstoff
Die elastischen Elemente bestehen aus natürlichem oder synthetischem Kautschuk sowie anderen molekularen Werkstoffen (Hochpolymere). Gummi kann durch Vulkanisation zug-, druck- und schubfest mit Metallelementen verbunden werden und haftet auch bei entsprechender Anpressung sicher an Metallflächen. Mit solchen Federelementen kann man in einfacher Weise weiche oder härtere Federung, gleichzeitige Federung nach allen Seiten und vor allem eine Kombination von Federung und Dämpfung realisieren. Sie lassen sich optimal an einen gegebenen Bauraum anpassen. Man beachte jedoch: Gummi neigt bei andauernder Belastung zum Kriechen, und außerdem bei schwingender Belastung zum Setzen (während der ersten 0,5 ◊ 106 Schwingspiele). Hinzu kommt Gefährdung durch innere Reibungswärme. Kriech- und Setzerscheinungen sind stark temperaturabhängig (bei 80 °C beginnen auch hochelastische Gummimischungen bereits erheblich zu kriechen). Je nach Belastung sind 8 ... 20% der elastischen Verformung für Kriechen und Setzen zu berücksichtigen.
Abb. 12.47a – d. Gummifeder-Anwendungen; a Maschinenfuß mit konischer Ringgummifeder, b GummiQuaderelement, c gummigefedertes Rad von Schienenfahrzeugen, d drehelastische Kupplung mit Gummifedern (Elco-Kupplung) [12.3-12]
525
Nitril-ButadienKautschuk
Polyester-UrethaneKautschuk
Methyl-Vinyl-SilikonKautschuk
PolyacrylatKautschuk (PA)
Fluor-Kautschuk
MVQ
ACM
FPM
20 . . . 90
50 . . . 65
40 . . . 100
100 . . . 350 100 ... 300
Temperatureinsatzbereich in °C
– 50 . . . 100
– 55 . . . 90
– 40 . . . 120
– 50 . . . 130
– 40 . . . 100
– 20 . . . 120
– 40 . . . 100
– 60 . . . 200
– 20 . . . 150
– 20 . . . 200
Beständigkeit gegen Kohlenwasserstoffe
gering
gering
gering
mittelmäßig
mittelmäßig
gut bis mittel mäßig
gut
gut
sehr gut
hervorragend
Kriechfestigkeit
sehr gut
hervorragend
mittel
gut
gut
mittel
sehr gut
gut
gut
gut
gut
Dämpfung
gut
mittelmäßig
sehr gut
gut
gut
sehr gut
sehr gut
gut
gut
sehr gut
stark temperaturabhängig
Haftfestigkeit an Metall
gut
hervorragend
mittelmäßig
mittelmäßig
gut
mittelmäßig
sehr gut
sehr gut
mittel
mittel
gut
brennbar
gut säurebeständig
hervorragend ozonbeständig
wasserempfindlich bei 40°C
flammwidrig
brennbar (hell herstellbar)
silikonölbeständig
85
125
120
400
800
350
1000
250
270
170
– 25 . . . 80
40 . . . 80
55 . . . 90
Viton
100 . . . 800 100 . . . 800 400 . . . 800 150 . . . 500 100 . . . 800 200 . . . 250 100 . . . 700 300 . . . 700 100 . . . 400
gut säurebeständig
65 . . . 95
Silopren
Vulkollan
Hypalon
Neoprene
Reißdehnung (DIN 53 504)
100
40 . . . 85
Cyanacryl
Chlorsulphonyl-Polyethylen-Kautschuk
AUEU
Perbunan
ChloroprenKautschuk
NBR
30 . . . 100
Preisindex
40 . . . 85
CSM
Shore-A-Härte, shA (DIN 53 505)
spezielle Eigenschaften
20 . . . 100
CR
EPDM
Butyl
Eigenschaften
Ethylen-PropylenDien-Kautschuk
Butyl-Kautschuk (Brom-, Chlor-) BIIR CHR
Buna AP
Naturkautschuk (Polyisopren) NR
Gummi
SBR
Buna
Elastomere mit Kurzzeichen nach DIN ISO 1629 und HandelsnamenBeispiel
Styrol-ButadienKautschuk
12.5 Gummifedern
65 . . . 90
Abb. 12.48. Für Gummifedern verwendete Elastomere [12.3-3]
Zur Kennzeichnung von Gummiqualitäten benutzt man in der Praxis die Shorehärte (A) – kurz sh A – nach DIN 53505. Geeignete Gummisorten s. Abb. 12.48. 12.5.2 Berechnung und Gestaltung
Alle Gleichungen für die praktische Berechnung beruhen auf den Hookeschen Beziehungen (Kap. 3) s = e ◊ E, t = g ◊ G. – Schubmodul, Elastizitätsmodul Der Schubmodul G ist – wie er bei zügiger Beanspruchung gemessen und in Werkstofftabellen angegeben wird – eine werkstoffspezifische Größe. Abbildung 12.49 zeigt die mittlere Abhängigkeit von der Shore-Härte.
526
12 Elastische Federn
Abb. 12.49. Schubmodul G und Dynamikfaktor kd von Gummi (Naturkautschuk) [12.3-3]
Abb. 12.50. E-Modul von Gummi abhängig vom Formfaktor k¢ und der Shore-Härte [12.3-7]. Formfaktor k¢ ist Verhältnis von krafteinleitender zur freien Oberfläche; k¢ = (p ◊ d2/4)/(p ◊ d ◊ L) = d/(4 ◊ L)
Die theoretische Beziehung E = 2(1 + n)G (Kap. 3), mit n = 0,5 für Gummi, d.h. E = 3G, ist für die meisten Gummifedern nicht brauchbar, da die Querdehnung durch die anvulkanisierten oder angepreßten Metallelemente behindert wird. Den Einfluß auf den rechnerischen E-Modul berücksichtigt man durch den Formfaktor k¢, Abb. 12.50. k¢ kann durch eine mehr oder weniger enge Unterteilung mittels Zwischenplatten oder durch sonstige äußere Begrenzungen beeinflußt werden. Näherungsgleichung für k¢ s. Abb. 12.50. Allseitig umschlossener Gummi (k¢ = ∞) ergibt praktisch keine Federwirkung, da Gummi sein Volumen unter Druck kaum ändert (Anwendung in der Fertigungstechnik: Tiefziehen von Blechen in Gummikissen). Bei Schwingbeanspruchung mit hoher Verformungsgeschwindigkeit sind E- und G-Moduln u.U. wesentlich höher als bei statischer Beanspruchung. Man berücksichtigt dies durch den Dynamikfaktor kd , der von der Shore-Härte abhängt. Man beachte auch: Neue Gummifedern sind i.allg. härter (d.h. E- und G-Modul sind größer) als bereits dynamisch belastete. Damit gilt näherungsweise: Erechn = k¢ · kd · E ,
(12.105)
Grechn = kd · G,
(12.106)
mit kd nach Abb. 12.49, k¢ nach Abb. 12.50, E- und G-Modul nach Abb. 12.49, 12.50. – Federkennlinie, Federrate, Dämpfung Der Gummiklotz in Abb. 12.51 kann auf Zug, Druck oder Schub beansprucht werden, wobei sich – schon bei rein statischer Beanspruchung – unterschiedliche Kennlinien ergeben: entsprechend der Belastungsart, der Dehnbehinderung durch die Metallflächen (s. oben: rechnerischer Schub- und Elastizitätsmodul) sowie entsprechend der Zu- oder Abnah-
12.5 Gummifedern
527
Abb. 12.51. Kennlinie für einen Gummiklotz (Schwingmetall), Gummisorte mittelhart (DVM 63), G = 0,8 N/mm2, bei unterschiedlicher Belastung
me der Querschnitte beim Be- oder Entlasten auch progressiv oder degressiv. Beim Entlasten verlaufen die Kennlinien infolge der inneren Reibung niedriger, Abb. 12.4. Werden in den Gummiklotz dünne Metallplatten einvulkanisiert oder eingepreßt, wird die Querdehnung des Gummis noch stärker behindert, der rechnerische E- bzw. G-Modul wird entsprechend dem größeren Formfaktor k¢, Abb. 12.50, größer. Die Metallplatten bewirken ferner, daß die innere Reibungswärme besser abgeleitet werden kann (besonders wichtig bei dynamisch druckbeanspruchten Elementen). Die Federkennlinien werden oft bis in den nichtlinearen Bereich genutzt. Das heißt ein linearer Zusammenhang zwischen Belastung und Verformung (Hookesches Gesetz) besteht dann nur näherungsweise, auch nur bei statischer oder quasistatischer Belastung und nur innerhalb bestimmter Verformungsgrenzen. – Beanspruchung, Verformung, Federungsarbeit Berechnung und Anwendungsgrenzen s. Abb. 12.52. Zulässige Beanspruchungen und Verformungen für marktübliche Ausführungen sind in den Herstellerkatalogen angegeben. Sie sind unmittelbar am jeweiligen Produkt meßtechnisch ermittelt; hierauf sollte man sich möglichst stützen. – Anhaltswerte s. Abb. 12.53. – Gestaltung – allgemein Nach [7.3-7] unterscheidet man folgende Grundformen: Ungebundene, d.h. frei geformte Gummifedern (z.B. Gummiblöcke zur Schwingungsisolierung von Maschinengestellen, Gummischnüre). Gefügte Gummifedern; der Gummikörper ist fest in ein Metallgehäuse eingepreßt (z.B. Silentbuchsen, Abb. 12.54). Durch ausreichende Pressung ist sicherzustellen, daß die Spannungen gleichmäßig vom Gummielement übertragen werden. Gebundene Gummifedern; der Gummikörper wird zwischen Metallflächen – Röhren oder Ringen – einvulkanisiert. Die Haftfestigkeit ist bei
(12.108)
s (tan γ ≈ γ ) t
γi =
τi G
F £ t zul p Da L
12 T ≤ τ zul π (Da3 − Di3 )
(12.117)
(12.116)
(12.115)
(12.114)
(12.113)
(12.120)
(12.119) 2T t a = 02 ; p D 2a L ⎛ 1 T 1 ⎞ + π ⋅ L ⋅ G ⎜⎝ Di2 D2A ⎟⎠
2T ; (12.118) π Di2 L
Winkel: ϕ =
Beanspruchung: τ i =
Artnutzgrad: h = 1
t 2 p (D 3a – D3i) ta Federungsarbeit: W = 0053 12 G Da
24 T t a p G (Da4 – Di3 Da )
Beanspruchung: τ i = τ a ≈ Winkel: j ª
ta =
F ln (Da / Di ) 2p LG
(12.111)
Federweg: s =
Winkel:
F ≤ τ zul ; π Di L
(12.112)
(12.110)
t2bhL Federungsarbeit: W = 04 2G Artnutzgrad: hA = 1 für t << 1
(12.109)
Ft Federweg: s = L g = 0 bGL
Winkel: tan γ =
(12.107)
F Beanspruchung: t ≈ 6 ≤ tzul bL
Berechnung
Abb. 12.52. Berechnung von Gummifedern im Bereich der Linearität
Hülsenfeder unter Drehschub d
Scheibenfeder unter Drehschub c
Beanspruchung: τ i =
Schubspannungsverteilung
Scheibenfeder unter Parallelschub a
Hülsenfeder unter Axialschub b
Federform, Belastung
Federart
D a – Di 2
• Bis 40% Verdrehung (Linearität)
• Bis 25 % Verdrehung bis g ≈ 20° (Konstante Federrate)
bzw. bis g ≈ 20° (Konstante Federrate)
• Bis 25 % Verschiebung von
• Bei I und III treten zusätzlich Zug-, bei II und IV zusätzlich Druckspannungen auf.
• bis g ≈ 20° (etwa konstante Federrate) bzw. bis s ≈ 0,35 t
Gültigkeitsbereich/Bemerkungen
528 12 Elastische Federn
(12.124)
1 σ 2 π d2 L 0 8 k′ E
W=
bh 2 L 0 (b + h)
(12.128)
(12.127)
(12.126)
(12.131)
2◊T £ t zul (12.130) p Da2 L a
D 2T ln a Di π L i Di2 G
Artnutzgrad: hA = 1
Winkel: ϕ =
ta =
s 2 b h L0 Federungsarbeit: W = 05 2 E k¢
Formfaktor: k ′ =
F L0 Federweg: s = 04 b h E k¢
Beanspruchung: σ =
Artnutzgrad: hA = 1
Federungsarbeit:
(12.125)
(12.123)
d 4 L0
F ≤ σ zul bh
(12.122)
4F F = ≤ σ zul (12.121) A π d2
4 F L0 k ′ E π d2
Formfaktor: k ′ =
Federweg: s =
Beanspruchung: σ =
Berechnung
Bean2◊T £ t zul ; (12.129) spruchung: t i = p Di2 L i
Federform, Belastung
Abb. 12.52 (Fortsetzung)
Hülsenfeder unter Drehschub mit Konstant Schubspannung g
Eckige Gummifeder unter Druck f
Zylindrische Gummifeder unter Druck e
Federart
• Bis 40 % Verdrehung (Linearität)
• Bis 20 % Zusammendrückung (s/L0 ≈ 0,2) • Formfaktor k′ s. Abb. 12.50
• Bis 20 % Zusammendrückung (s/L0 ≈ 0,2), Bei Dauerbelastung s/L0 < 0,1, sonst Kriechen. • Formfaktor k′ s. Abb. 12.50
Gültigkeitsbereich/Bemerkungen
12.5 Gummifedern
529
530
12 Elastische Federn
Shore- Dichte Härte in sh(A) t/m3
30 40 50 40 70
0,99 1,04 1,1 1,18 1,27
E-Modul Est bei Druck in N/mm2
G-Modul Gst in N/mm2
k ¢ = 1/4
k¢=1
1,1 1,6 2,2 3,3 5,2
4,5 6,5 9,0 13,0 20,0
0,3 0,4 0,55 0,8 1,3
Dynamik- Zulässige statische VerFaktor formung in % bei ständiger kd statischer Belastung
1,1 1,2 1,3 1,6 2,3
Druck
Schub, Zug
50 . . . 75 45 . . . 70 40 . . . 60 30 . . . 45 20 . . . 30
10 . . . 15
Zulässige Spannung in N/mm2 bei ständiger statischer Belastung Druck k ¢ = 1/4 sd zul
Abb. 12.53. Anhaltswerte für zulässige Beanspruchung und Verformung von Gummielementen; zulässige Wechselbeanspruchung: 0,3 ... 0,5 der zulässigen statischen Beanspruchung [12.3-3]
Abb. 12.54. Silentbuchsen (Gummi zwischen Rohrstücken einvulkanisiert) bei unterschiedlicher Belastung F1 ... F4. Zulässige Verformungen je nach Ausführung: a = ± 15°... ± 30°; b = ± 1°... ± 7°, radialer Federweg 0,5 ...1,5 mm, axialer Federweg 0,5 · (L2–L1), (Fa. Boge & Sohn GmbH, Eitdorf)
allen üblichen Metallen höher als die Festigkeit des Gummis selber; sie muß daher nicht nachgerechnet werden. Schaumgummi- bzw. Moosgummifedern für großflächige Abstützung (z.B. Gummipolster). – Auswahlempfehlung Wegen der durch die Beanspruchungsart bedingten unterschiedlichen Kennlinien bieten sich folgende Lösungen an: Für große Kräfte bei großer Steifigkeit (hoher Federrate) in Kraftrichtung: Druckbeanspruchte Gummifedern. Für mittlere Belastungen bei großen Federwegen bzw. Drehwinkeln, z.B. wenn niedrige Eigenschwingungszahlen erreicht werden sollen (Schwingungsisolierung): Schubbeanspruchte Gummifedern. Zur Schwingungs- und Geräuschisolierung sehr kleiner Massen: Zugbeanspruchte Gummifedern (Schnüre, Ringe, Laschen; Beispiel: Aufhängung vom Auspuffanlagen im Kfz). Achtung: Oberflächenrisse führen zum Dauerbruch, d.h. Unterbrechung der Abstützung.
0,18 0,25 0,36 0,5 0,8
Druck k¢= 1 sd zul
Schub, Zug ts zul , sz zul
0,7 1,0 1,4 2,0 3.2
0,2 0,28 0,33 0,36 0.38
12.6 Gasfedern
531
12.5.3 Besonderheiten von schubbeanspruchten Gummifedern
Um größere zusätzliche Zugspannungen an den schubbeanspruchten Metallflächen zu vermeiden, sollte das Verhältnis Dicke/Länge des Gummikörpers t/L < 0,25 sein. Man kann diese Spannungen abbauen, indem man den Gummikörpern eine Druckvorspannung überlagert, Beispiel s. Abb. 12.47b. Bei rotationssymmetrischen Elementen treten derartige Spannungserhöhungen an den Metallflächen nicht auf; sie können deshalb stärker verformt werden. Durch geeignete Gestaltung kann man erreichen, daß die Schubbeanspruchung über das Gummivolumen gleichmäßig verteilt ist, s. z.B. Abb. 12.47d.
12.6 Gasfedern Gas – meist Luft – läßt sich durch einen Kolben (Abb. 12.55) zusammendrücken und ist damit das federnde Medium; Arbeitsdruck ca. 10 bar.
Federkraft:
F = A p0
– 1
5V – 1 = A p 0 h – s V0
n
L0
n
(12.132)
0
0
5 p0 s = L0 1 – n 5 p
Federweg:
V
p0 V0 Federungsarbeit: W = – ∫ p dV = 9 n –1 V 0
p V0 mit 5 = 5 V p0
(12.133)
5 p
–1 p n–– p0 V0 n –1 =8 n –1 0
0 L L0 – s 0
1–n
–1
n
und Polytropexponent n:
• hochfrequente, dynamische Belastung (z. B. Fahrzeugfederung): n = 1,4 • Belastung mit niedrigen Frequenzen: n = 1,0 R1 T2 für isobaren Zustand (p und F konstant) gilt: 5 = 5 R2 T1
Abb. 12.55. Berechnung von Gasfedern
(12.134)
532
12 Elastische Federn
Die Federkennlinie ist flach (weiche Feder) und stark progressiv, steuerbar durch veränderliche wirksame Kolbenfläche. Anwendungen: Wegen ihrer Kennlinie eignen sich Gasfedern für Fahrzeuge; man benutzt sie auch zum Öffnen und Schließen von Türen,Verstellen von Sitzen und Geräten. Nachteilig ist der große Raumbedarf, ggf. mit Einrichtung zur Gasversorgung. Berechnung s. Abb. 12.55 und [7.3-9].
12.7 Flüssigkeitsfedern Als Flüssigkeiten werden überwiegend Hydrauliköle verwendet. Wichtig sind Kompressibilität, Schmierfähigkeit und Temperaturabhängigkeit. Meist genügen Mineralöle, für höhere Anforderungen eignen sich die teuren Siliconöle. – Wegen insgesamt geringer Kompressibilität sind hohe Arbeitsdrücke (etwa 1000 bar) erforderlich, in Verbindung mit Gasfedern ca. 100 bar. Wichtig sind daher leistungsfähige Dichtungen. Anwendungen: Wegen der großen Federkräfte und dem geringen Bauvolumen verwendet man Ölfedern z.B. in Pressen und Stanzen zur Aufnahme von Stößen, in Verbindung mit Gasfedern in Fahrzeugen. Berechnung s. Abb. 12.56 und [7.3-10], [7.3-11].
Federkraft:
F = A (p – p0)
Federrate:
F A2 R= = s κV
Federweg:
s=
(12.135) (12.136)
V0 − V κ V = (p − p 0 ) (12.137) A A
Federungsarbeit: W = F s = κ V (p − p 0 )2 2 2
(12.138)
1 dV V dp
(12.139)
Kompressibilitätskoeffizient: κ = −
Anhaltswerte für k: Wasser: 5 · 10– 5 bar – 1 Hydrauliköl: 6 · 10– 5 bar – 1
Abb. 12.56. Berechnung von Ölfedern
12.8 Berechnungsbeispiele
533
12.8 Berechnungsbeispiele Beispiel 1: Zugstabfeder, runder Querschnitt (Abb. 12.9) Gegeben: Werkstoff 50CrV4 mit Rm ≈ 1400 N/mm2 A = 10 mm2 L = 250 mm; Zugkraft (statisch) F = 5000 N. Gesucht: Festigkeitsnachweis, Federweg s, Federrate R, Federungsarbeit W. Berechnet (nach Abb. 12.9): Zugspannung s = F/A = 500 N/mm2 nach (12.17) < sz zul ≈ 0,75 ◊ Rm = 1050 N/mm2 nach Abb. 12.9; Federweg s = LF/(EA) = 0,60 mm nach (12.18); Federrate R = F/s = 8400 N/mm nach (12.19); Federungsarbeit W = Fs/2 = 1,49 J nach (12.20). Beispiel 2: Drehfeder, ein tangentialer Schenkel (Index I), ein abgebogener Schenkel (Index II), statisch belastet (Abb. 2.21) Gegeben: Dm = 10 mm, n = 20, FI = 4 N, Anlageradien der Schenkel I und II: rI = 75 mm, rII = 30 mm. Gesucht: Drahtdurchmesser d, Gesamtwinkel jges , maximale Biegespannung smax . Berechnet (nach Abb. 12.21): T = FI ◊ rI = 0,3 Nm nach (12.50), zunächst mit smax = sb zul ≈ 1500 N/mm2 (Abschn. 12.4.2.3a), d = (32T/(p ◊ sb zul))1/3 = 1,27 mm nach (12.51), gewählt: d = 1,3 mm; a = (64 ◊ DmTn)/(Ed4) = 6,4 nach (12.52); bI = 1,7 ◊ FI ◊ (4rI2-Dm2)/(Ed4) = 0,3 nach (12.53); bII = 0,85 ◊ FII ◊ (2rII-Dm)3/(ErIId4) = 0,1 nach (12.54); jges = a + bI + bII = 6,8° ≈ 7; smax = 32T/(pd3) = 1391 N/mm2 nach (12.51) < sb zul = 0,7 ◊ Rm = 1589 N/mm2 bei Verwendung von Federstahl Sorte C mit Rm = 2270 N/mm2 (Abschn. 12.4.2.3a). Beispiel 3: Dynamisch belastete Tellerfeder DIN 2093-A45 (Abb. 12.26, 12.25) Gegeben: Da = 45 mm, Di = 22,4 mm, h0 = 1 mm, t = 2,5 mm; belastet mit Fo = 6000 N und Fu = 3000 N. Gesucht: Federweg so , dynamischer Festigkeitsnachweis für N = 105 Schwingspiele. Berechnet (nach Abb. 12.26): d = Da/Di = 2,0, K1 = 0,69, K2 = 1,22, K3 = 1,38, K4 = 1; für voll durchgedrückte Feder mit Federweg sC = h0 : Fc = 4E/(1 - u2) ◊ t4h0/(K1Da2t) = 10322 N nach (12.60); bei Annahme linearer Kennlinie Fc/Fo = sc/so , nach Abb. 12.24b: so = sc ◊ Fo/Fc = sc ◊ 0,58 = h0 ◊ 0,58 = 0,58 mm; da so ≤ 0,75 ◊ h0 , entfällt Nachrechnung von sI; su = sc ◊ Fu/Fc = 0,29 mm. Mit so und su folgt Zugspannungen bei II: sIIo = 990 N/mm2 und sIIu = 461 N/mm2 nach (12.64) bzw. Zugspannungen bei III nach (12.65): sIIIo = 451 N/mm2 und sIIIu = 408 N/mm2; so zul ≈ 1150 N/mm2 für su = 408 N/mm2 nach (12.65); d.h. kritische Stelle bei II. Festigkeitsnachweis: Hubspannung shII = sIIo-sIIu = 529 N/mm2 ≤ Hubfestigkeit sH = sozul – sIIu = 709 N/mm2 mit so zul = 1170 N/mm2 nach Abb. 12.27b, d.h. Festigkeitsnachweis erfüllt. Beispiel 4: Drehstabfeder (vergütet, geschliffen und vorgesetzt) mit dynamischer Belastung (schwellend), (Abb. 12.32)
534
12 Elastische Federn
Gegeben: d = 20 mm, L = 1000 mm. Gesucht: Zulässiges Drehmoment Tzul und zugehörige Werte für Verdrehwinkel j und Federungsarbeit W. Berechnet (nach Abb. 12.32): Tzul = ttzulpd3/16 = 1162 Nm nach (12.73) mit ttzul = 740 N/mm2 (dauerfest) nach Abschn. 12.4.3.1 (ttzul,dyn < ttzul,stat); j = 32TL/(pGd4) = 0,942 rad = 54,0° nach (12.74) mit G = 78500 N/mm2; W = 16T2L/(Gpd4) = 547,5 J. Beispiel 5: Schraubendruckfeder (kaltgeformt, aus patentiertgezogenem Federstahldraht der Klasse C nach DIN 17223, kugelgestrahlt), dynamisch belastet (Abb. 12.38) Gegeben (Abb. 12.38a): F1 = 300 N, F2 = 650 N, s = sh = 22 mm, Da ≤ 38 mm. Gesucht: Drahtdurchmesser d, mittlerer Windungsdurchmesser Dm und Anzahl der erforderlichen Windungen bei dauerfester Auslegung. Berechnet: Vorauswahl einer Feder mit Abb. 12.37 (s. auch Abschn. 12.4.3.2a) mit ttzul = 500 N/mm2, Gesamtkraft F = F1 + F2 = 950 N (gedachte Linie in Abb. 12.37 liegt zwischen 630 N und 1250 N), gewählt: Dm = 32 mm (in Anlehnung an Vorgabe Da ≤ 38 mm), damit ergibt sich mit Abb. 12.37: d = 5 mm. Nachrechnung der Spannungen: tku = (8kDmF1)/(pd3) = 239 N/mm2 nach (12.82), mit k = 1,221 nach (12.84), w = 6,4 nach (12.85), tko = tku ◊ F2/F1 = 517 N/mm2, tkh = tko-tku = 279 N/mm2; für tku = 239 N/mm2, d = 5 folgt: tko zul = 640 N/mm2 nach Abb. 12.39b; Sicherheit gegen Dauerbruch (N = 107): SD = tkH/tkh = 401/279 = 1,44 mit Hubfestigkeit tkH = tkozul – tku = 401 N/mm2; Federrate R = (F2-F1)/sh = 15,9 N/mm nach Abb. 12.3; Anzahl der federnden Windungen n = (Gd4)/(8Dm3R) = 11,8 nach (12.88), gewählt: n = 12; (Soll die Federrate genau eingehalten werden, ist Dm auf Dm = 31,8 mm zu ändern, die Spannungen werden dadurch geringfügig verkleinert). Beispiel 6: Schraubendruckfeder, ausgewählt nach Beispiel 5 (Abb. 12.38) Gegeben: statische Vorbelastung F1 = 500 N, dynamische Ausschlag-Zusatzbelastung Fa = 200 N; Dm = 32 mm, d = 5 mm nach Beispiel 5. Gesucht: Festigkeitsnachweis für dauerfeste Auslegung, d.h. näherungsweise N = 107 Schwingspiele. Berechnet (s. auch Kap. 3): Mittelspannung: tkm = (8kDmF1)/(pd3) = 398,1 N/mm2 nach (12.82), mit k = 1,221 nach (12.84), w = 6,4 nach (12.85), Ausschlagspannung tka = (8kDmFw)/(pd3) = 159,2 N/mm2 nach (12.82). Es liegt der Überlastungsfall F1 vor (konstante Mittelspannung tm) vor, Festigkeitsnachweis anschaulich am besten mit dem Smith-Diagramm, s. hierzu Abschn. 3.6 (bzw. Abb. 3...). Wenn ein Goodman-Diagramm für die betr. Federart vorliegt und die Beanspruchung im Schwellbereich (tku > 0) liegt, kann die Ausschlagfestigkeit auch hiermit bestimmt werden: Bestimmung der Ausschlagfestigkeit bei der berechneten Mittelspannung tkm = 398,1 N/mm2.
12.9 Literatur
535
1. Graphische Näherung 5: Mittelspannungsgerade M – M für Beispiel 6 in Abb. 12.39b eingetragen: 1.1 Koordinate für Punkt 1: Unterspannung tku,1 = 0, Oberspannung tkO,1 = 465 N/mm2, 1.2 daraus Mittelspannung 1: tkm, 1 = 0,5 (tko,1 + tku,1) = 232,5 N/mm2; 1.3 Koordinate für Punkt 2: z.B. Unterspannung tku,2 = 400 N/mm2, Oberspannung tko,2 = 755 N/mm2, 1.4 daraus Mittelspannung 2: tkm,2 = 0,5 (tko,2 + tku,2) = 577,5 N/mm2. 1.5 Gerade durch Punkte 1 und 2 = Mittelspannungsgerade M – M. 1.6 Berechnete Mittelspannung an der Ordinate auftragen: tkm =398,1 N/mm2, Punkt 3. 1.7 Schnittpunkt der Parallelen zur Abszisse durch Punkt 3 mit der Mittelspannungsgeraden: Betriebspunkt 4. 1.8 Hier Ausschlagfestigkeit (nach oben und unten) ablesen: tkA ≈ 200 N/mm2; 1.9 Ausschlagspannung eintragen 2. Rechnerische Näherung 5): Mittelspannungsempfindlichkeit Mt bestimmen (s. auch Kap. 3): 2.1 Ausschlagfestigkeit bei Unterspannung tku,1 = 0: tkA,1 = tko,1-tkm,1 = (465–232,5) N/mm2 = 232,5 N/mm2, 2.2 Ausschlagfestigkeit bei Unterspannung tku,2 = 400 N/mm2: tkA,2 = tko,2 -tkm,2 = (755–577,5) N/mm2 = 177,5 N/mm2, 2.3 Mittelspannungsempfindlichkeit Mt = (tkA,1-tkA,2)/(tkm,2-tkm,1) = (232,5 N/mm2–177,5 N/mm2)/(577,5 N/mm2–232,5 N/mm2) = 0,159. 2.4 Ausschlagfestigkeit bei Betriebspunkt 4, d.h. Mittelspannung tkm = 398,1 N/mm2: tkA = tkA1 – Mt (tkm – tkm1) = 232,5 N/mm2 – 0,159(398,1– 232,5) N/mm2 = 206,8 N/mm2. 3. Ergebnis: tkA = 200 N/mm2 (graphische Näherung, s. 1) bzw. tkA = 206,8 N/mm2 (rechnerische Näherung, s. 2) ≥ tka = 159,2 N/mm2, d.h. Dauerfestigkeitsnachweis erfüllt.
12.9 Literatur Normen, Richtlinien 12.1-1 12.1-2 12.1-3
5
DIN 1544 (1975) Flachzeug aus Stahl; Kaltgewalztes Band aus Stahl, Maße, zulässige Maß- und Formabweichungen. Beuth, Berlin DIN 1570 (1979) Warmgwalzter, gerippter Federstahl; Maße, Gewichte, zulässige Abweichungen, statische Werte. Beuth, Berlin DIN 2076 (1984) Runder Federdraht; Maße, Gewichte, zulässige Abweichungen. Beuth, Berlin
Mit der Einführung der Mittelspannungsgeraden M – M in Abb. 12.39b wird für den in Abb. 12.39 dargestellten Fall ein angenähertes Smith-Diagramm erzeugt. Wegen der Mittelspannungsempfindlichkeit Mt verläuft M – M nicht exakt unter 45° zur Abszisse. Da Mt klein ist, genügt i.allg. die Näherung.
536
12 Elastische Federn
12.1-4
DIN 2077 (1979) Federstahl, rund, warmgewalzt; Maße, zulässige Maß- und Formabweichungen. Beuth, Berlin DIN 2088 (1992) Zylindrische Schraubenfedern aus aus runden Drähten und Stäben; Kaltgeformte Drehfedern (Schenkelfedern), Berechnung und Konstruktion. Beuth, Berlin DIN 2089 (1984/1992) Zylindrische Schraubenfedern aus runden Drähten und Stäben; T1: Berechnung und Konstruktion, T2 (Entwurf): Zugfedern; Berechnung und Konstruktion. Beuth, Berlin DIN 2090 (1971) zylindrische Schraubendruckfedern aus Flachstahl; Berechnung. Beuth, Berlin DIN 2091 (1981) Drehstabfedern mit rundem Querschnitt; Berechnung und Konstruktion. Beuth, Berlin DIN 2092 (1992) Tellerfedern; Berechnung. Beuth, Berlin DIN 2093 (1992) Tellerfedern; Maße, Qualitätsanforderungen. Beuth, Berlin DIN 2094 (1981) Blattfedern für Straßenfahrzeuge; Anforderungen. Beuth, Berlin DIN 2095 (1973) Zylindrische Schraubenfedern aus runden Drähten; Gütevorschriften für kaltgeformte Druckfedern. Beuth, Berlin DIN 2098 (1968/1970) Zylindrische Schraubenfedern aus runden Drähten; T1: Baugrößen für kaltgeformte Druckfedern ab 0,5 mm Drahtdurchmesser, T2: Baugrößen für kaltgeformte Druckfedern unter 0,5 mm Drahtdurchmesser. Beuth, Berlin DIN 2099 (1973) Zylindrische Schraubenfedern aus runden Drähten und Stäben; T1: Angaben für Druckfedern, Vordruck, T2: Angaben für Zugfedern, Vordruck. Beuth, Berlin DIN 4620 (1992) Federstahl, warmgewalzt, mit gerundeten Schmalseiten für Blattfedern; Maße Grenzabmaße, Gewichte, statische Werte. Beuth, Berlin DIN 5544 (1991) Parabelfedern für Schienenfahrzeuge; T1(Entwurf): Hauptmaße,Ausführung,Anforderungen, Prüfung, T2(Entwurf): Einzelteile. Beuth, Berlin DIN 8287 (1983) Triebfedern; Begriffe, Anforderungen, Prüfung. Beuth, Berlin DIN 11747 (1992) Landmachinen und Traktoren; Blattfedern für Transportanhänger; Maße. Beuth, Berlin DIN 17221 (1988) Warmgewalzte Stähle für vergütbare Federn; Technische Lieferbedingungen. Beuth, Berlin DIN 17222 (1979) Kaltgewalzte Stahlbänder für Federn; Technische Lieferbedingungen. Beuth, Berlin DIN 17223 (1984/1990) Runder Federstahldraht; T1: Patentiertgezogener Federdraht aus unlegierten Stählen; Technische Lieferbedingungen, T2: Ölschlußvergüteter Federderstahldraht aus unlegierten und legierten Stählen; Technische Lieferbedingungen. Beuth, Berlin DIN 17224 (1982) Federdraht und Federband aus nichtrostenden Stählen; Technische Lieferbedingungen. Beuth, Berlin DIN 43801 T1 (1976) Spiralfedern; Maße. Beuth, Berlin DIN 53505: Prüfung von Kautschuk, Elastomeren und Kunststoffen; Härteprüfung nach Shore A und Shore D
12.1-5
12.1-6
12.1-7 12.1-8 12.1-9 12.1-10 12.1-11 12.1-12 12.1-13
12.1-14
12.1-15
12.1-16
12.1-17 12.1-18 12.1-19 12.1-20 12.1-21
12.1-22 12.1-23 12.1-24
Bücher, Zeitschriften 12.3-1 12.3-2
Meissner M, Schorch H-J (1997) Metallfedern; Grundlagen, Werkstoffe, Berechnung und Gestaltung. Springer, Berlin Kaiser B (1983) Dauerfestigkeitsuntersuchungen an biegebeanspruchten Flachfedern. Draht 34, 10: 500
12.9 Literatur 12.3-3 12.3-4 12.3-5 12.3-6 12.3-7 12.3-8 12.3-9 12.3-10 12.3-11 12.3-12 12.3-13 12.3-14
537
Dubbel (1995) Taschenbuch für den Maschinenbau. 18. Aufl. Springer, Berlin Shighley JE, Mischke ChR.: Standard handbook of machine design. McGraw-Hill Book Company Krause W (1989) Konstruktionselemente der Feinmechanik. VEB Verlag Technik, Berlin Meissner M, Wanke K (1993) Handbuch Federn; Berechnung und Gestaltung im Maschinen und Gerätebau. 2.Aufl.Verlag Technik, Berlin/München Göbel EF (1969) Gummifedern, Berechnung und Gestaltung. 3. Aufl. Springer, Berlin Alicke G, Schriever H (1978) Kraftfahrzeugfedern aus zelligem PUR-Elastomer. Automobil-Techn. Zeitschrift 80, 2: 63–66 Behles F (1961) Zur Berechnung von Luftfedern.Automobiltechnische Zeitschrift 63, 9: 311–314 Bittel K (1960) Zur Dimensionierung von Ölfedern. Automobiltechnische Zeitschrift 62, 7: 183–191 Bittel K (1967) Kombination der Flüssigkeitsfeder mit einer Korrekturfeder. Automobiltechnische Zeitschrift 69, 4: 109–111 Pinnekamp W, Jörn R (1964) Neue Drehfederelemente aus Gummi für elastische Kupplungen. MTZ 25: 130–135 Geisel A (1971) Berechnung, Gestaltung und Herstellung von Formfedern aus Draht und Band. Draht 22, 6: 376–381 Kurasz G (1976) Fatigue failure in springs. Mach. Design, Cleveland/Ohio 48, 11: 106–110
13 Wälzpaarungen
Man spricht von einer Wälzbewegung, wenn die gekrümmten Oberflächen zweier Körper aufeinander rollen und gleiten. Genau genommen kommt reines Rollen bei technischen Anwendungen kaum vor.Auch wenn die Tangentialbewegung zwischen den beiden Wälzkörpern verhindert wird (Abb. 13.1b), finden im Bereich der verformungsbedingten Abplattung Mikro-Gleitbewegungen statt.
13.1 Zeichen und Einheiten a, b, bH ax c1 , c2 cSL cSP D1 , D2 D3 , D4 DI
mm – J/(kgK) (N/mm2)1/2 (N/mm2)2/3 mm mm mm
DII
mm
E1 , E2 E¢ FN FG FW f, f1 , f2 G H h hmin K k k0 leff NL50
N/mm2 N/mm2 N N N mm – – µm µm N/mm2 – N/mm2 mm –
PV PVR pH
W W N/mm2
große, kleine Halbachse der Druckfläche Größenfaktor spez. Wärmekapazität der Wälzkörper 1, 2 Schmiegungskonstante für Linienberührung Schmiegungskonstante für Punktberührung Durchmesser der Wälzkörper in der Hauptebene I Durchmesser der Wälzkörper in der Hauptebene II Ersatzdurchmesser in der Hauptebene I (kleinerer der beiden Ersatzdurchmesser) Ersatzdurchmesser in der Hauptebene II (größerer der beiden Ersatzdurchmesser) E-Modul der Wälzkörper 1, 2 Ersatz-E-Modul der Wälzpaarung Normalkraft Kraft durch Eigengewicht Rollwiderstandskraft allgemein, der Wälzkörper 1, 2 Hebelarm bei Rollreibung Elastizitätskennwert bezogene Schmierfilmdicke veränderliche Schmierfilmdicke kleinste Schmierfilmdicke im EHD-Kontakt Stribecksche Wälzpressung Wöhlerlinienexponent spezifische Belastung tragende Breite bei Linienberührung Schwingspielzahl bei 50 % Schadenswahrscheinlichkeit Verlustleistung Reibleistung Hertzsche Pressung
13.2 Anwendung, Funktionen, Wirkprinzipien
pm R RI, RII Rz Ra s TR t U vg vm
N/mm2 mm mm µm µm % Nm mm – m/s m/s
v0 v1, v2 vS W
m/s m/s m/s –
a aT d d1, d2
mm2/N 1/K mm –
db
mm
h , h40
mPas
l l1, l2 m, mm n1 , n2 n40
– W/mK – – mm2/s
r, r1 , r2 sv sy , sz t Joil JM Jfla
kg/m3 N/mm2 N/mm2 N/mm2 °C °C K
j
–
539
mittlere Pressung Ersatzkrümmungsradius = R1 · R2 /(R1 + R2 ) Ersatzkrümmungsradien = DI/2, DII/2 gemittelte Rauhtiefe, s. Abschn. 6.4.2 Mittenrauhwert, s. Abschn. 6.4.2 Schlupf Reibmoment Abstand von der Wälzkörperoberfläche Geschwindigkeitskennwert Gleitanteil der Umfangsgeschwindigkeit mittlere Umfangsgeschwindigkeit =(v1 + v2)/2 = vS /2 Anteil der Umfangsgeschwindigkeit durch Rollen Umfangsgeschwindigkeit der Wälzkörper 1, 2 Summengeschwindigkeit = v1 + v2 Lastkennwert Viskositäts-Druckkoeffizient Wärmeausdehnungskoeffizient Annäherung beider Wälzkörper Beiwerte zur Berechnung der Hertzschen Pressung bei Punktberührung bleibende Verformung nach statischer Beanspruchung dynamische Viskosität allgemein, bei 40°C Schmierstofftemperatur spezifische Schmierfilmdicke Wärmeleitfähigkeit der Wälzkörper 1, 2 Reibungszahl allgemein, mittlere Querkontraktionszahl (Poissonsche Konstante) kinematische Viskosität bei 40°C Schmierstofftemperatur = h/r Schmierstoffdichte Vergleichsspannung Normalspannung in Richtung y, z Schubspannung Öleinspritztemperatur Massentemperatur Temperaturerhöhung im Wälzkontakt, Blitztemperatur Schmiegungsbeiwert
13.2 Anwendung, Funktionen, Wirkprinzipien Abbildung 13.1 zeigt die wichtigsten Wälzpaarungen. Man unterscheidet: Art der Berührung, z.B. Punktberührung bei Kugel gegen Ebene oder Linienberührung bei Rolle gegen Ebene.
540
13 Wälzpaarungen
Abb. 13.1a–k. Wälzpaarungen. a Laufrad auf Schiene, b Wälzbogen zur Lagerung des Werkstückträgers bei einer Kegelrad-Hobelmaschine, c Wälzhebel zur Übertragung von Winkelbewegungen oder Längsbewegungen mit stetig veränderlicher Übersetzung, d Schneidenlager einer Waage, e Linearführung mit Kugeln oder Rollen (z.B. Werkstücktisch), f Wälzlager mit Kugeln oder Rollen, g Spitzenlager mit Abstützung durch 3 Kugeln (z.B. Reitstockspitze), h Nocken und Rolle mit Stößel, i Zahnradpaarung, k Reibradpaarung
Art der Bewegung. Meist überwiegen die Rollanteile, z.B. reines Rollen (abgesehen von den o.g. Mikro-Gleitbewegungen) beim Laufrad ohne Antrieb (Abb. 13.1a), (geringer) Kriechschlupf bei Reibrädern (Abb. 13.1k), (größerer) Gleitschlupf bei Zahnradpaarungen (Abb. 13.1i), Bohrbewegung wie bei einer nur um ihre eigene Achse drehende Kugel oder abgerundeten Spitze oder im Grenzfall ohne Bewegung. Ferner kann die Bewegung hin- und hergehend oder umlaufend sein. Art der Belastung, entweder nur normal zur Berührungsebene wie beim Wälzlager oder auch noch tangential wie beim angetriebenen Laufrad oder beim Reibgetriebe; ferner, ob die Belastung ruhend, schwingend oder stoßhaft auftreten. Lagensicherung und Führung der Wälzkörper, entweder nur kraftschlüssig oder formschlüssig durch Käfige und Rillen oder Borde oder durch verspannende Wälzbänder (Abb. 13.1b). Entsprechend unterschiedlich sind ihre zulässigen Belastungen und die Reibungsverluste. Die Verlustleistung aus Rollreibung ist jedoch in allen Fällen gering gegenüber den Gleitreibungsverlusten. Der Drehbewegung eines Körpers (Wirkkörpers) mit Winkelgeschwindigkeit w 1, d.h. Umfangsgeschwindigkeit v1 = w 1 · D1/2, ist oft eine Translationsbewegung mit Geschwindigkeit v2 überlagert (z.B. bei
13.3 Beanspruchung nach Hertz
541
Abb. 13.2. Zum Wirkprinzip der Wälzbewegung beim Kontakt Zylinder gegen Ebene mit Geschwindigkeit-Translationsanteil v2 und – Rotationsanteil v1
Rad/Schiene), Abb. 13.2. Die Verhältnisse bei zwei Wälzzylindern zeigt Abb. 16.3. Bei parallelen Drehachsen gilt für die Gleitgeschwindigkeit vg = ∆v = v1 – v2 .
(13.1)
Man bezeichnet als Schlupf (Definition nach VDI 2155 mit v1 Umfangsgeschwindigkeit des treibenden, v2 des getriebenen Wälzkörpers): s=
( v1 – v 2 ) ◊ 100 %. v1
(13.2)
Man beachte die abweichende Definition bei Zahnradgetrieben (Abschn. 21.1.7 [13.3-50]) und die abweichende Bezeichnungen in den Hertzschen Gleichungen, Abschn. 13.3.1 und Abb. 13.1f. Großer Schlupf bewirkt hohe Verlustleistung und geringere Tragfähigkeit, s. Abschn. 13.4.2.1b und Kap. 28 [13.3-51]. Bei manchen Anwendungen sind die Drehachsen nicht parallel (Schräglauf) oder der Wälzbewegung ist in Umfangsrichtung eine Bohrbewegung überlagert. Dies bedeutet erhöhten Schlupf. Eine weitere wichtige Kenngröße ist die Summengeschwindigkeit vS = v1 + v2 .
(13.3)
Bei geschmierten Kontakten ist vS maßgebend für die Schmierdruckbildung, s. Kap. 16 sowie z.B. Abschn. 21.1.7 [13.3 – 50]. In der Praxis werden meist einfach herstellbare Wirkflächen verwendet, wie Ebenen, Zylinder, evolventische Oberflächen (Linienberührung) oder Kugeln, Kegel, Hohlkugel (Punktberührung). Je genauer die Oberfläche hergestellt ist und je geringer die Belastung, desto eher ist geometrisch reines Rollen erreichbar.
13.3 Beanspruchung nach Hertz Bei Belastung der Wälzpaarung senkrecht zur Berührebene werden die Wälzkörper abgeplattet, bei Linienberührung – abgesehen von Endeffekten – rechteckig (Abb. 13.3), bei Punktberührung elliptisch, Abb. 13.4 (im Sonderfall kreisförmig). Größe und Pressung (= Normalbeanspruchung) der Druckflächen können mit Hilfe der Hertzschen Gleichungen berech-
542
13 Wälzpaarungen
Abb. 13.3a–c. Wälzpaarung bei Linienberührung (Prinzipdarstellung). a Abplattung zwischen den Wälzkörpern, b Beanspruchung, Hertzsche Druckverteilung, c Vergleich von Hertzscher Pressung pH, mittlerer Pressung pm und Stribeck-Pressung K. Berechnungsgleichungen s. Abb. 13.5
Abb. 13.4a–c. Wälzpaarung bei Punktberührung (Prinzipdarstellung). a in zwei Ebenen beliebig gekrümmte Oberflächen, b Beanspruchung, Hertzsche Druckverteilung, c Paarung Kugel/Ebene (Draufsicht). Berechnungsgleichungen s. Abb. 13.5
net werden. Sie gelten – genau genommen – nur unter folgenden Voraussetzungen: – ideal homogene Werkstoffe, – keine Eigenspannungen, – rein elastische Verformung, d.h. Abmessungen der Druckfläche klein gegenüber den Wälzkörperabmessungen,
13.3 Beanspruchung nach Hertz
543
– ideal geometrische Oberflächen ohne Rauheits- und Formabweichungen, – unendlich breite Wälzkörper – bei Linienberührung, – keine tangentiale Beanspruchung der Druckfläche (Scherspannungen), – ungeschmierter trockener Kontakt. Grundlegende Untersuchungen (z.B. [13.3-6], [13.3-7]) zeigen jedoch, daß die Hertzsche Abplattungstheorie sich als Modellgesetz über diese Grenzen hinaus eignet, Abschn. 13.3.3. Abweichende Verhältnisse kann man zumeist beim Ansatz der zulässigen Spannung berücksichtigen, die durch Versuche am Bauteil (z.B. Zahnrad, Wälzlager) zu bestimmen sind. Da hierbei unterschiedliche Voraussetzungen vorliegen, dürfen die an einem Bauteil (z.B. Wälzlager) ermittelten Festigkeitswerte nicht auf andere Bauteile (z.B. Zahnräder) übertragen werden. Man beachte also: Die Hertzsche Theorie ist ein sehr grobes Modell, das nur relative Aussagen gestattet. 13.3.1 Oberflächenbeanspruchung nach Hertz
Die wichtigsten Berechnungsgrundlagen einschließlich häufig vorkommender Sonderfälle s. Abb. 13.5 (mit Abb. 13.6, 13.7). Man beachte: Für die Berechnung wird bei Linienberührung aus den Durchmessern D1 und D2 der Ersatzdurchmesser DI eines äquivalenten Wälzkörpers bestimmt. Dieser weist bei Anpressung an eine Ebene dieselbe Hertzsche Pressung und Pressungsverteilung auf, wie bei Anpressung der beiden Zylinder mit den Durchmessern D1 und D2 gegeneinander. Entsprechend bestimmt man bei Punktberührung aus D1 , D2 , D3 , D4 zwei Ersatzdurchmesser DI, DII. Dies sind die Krümmungsdurchmesser in den – senkrecht aufeinander stehenden – Hauptkrümmungsebenen I, II. Ein so definierter äquivalenter Wälzkörper weist wiederum bei Anpressung gegen eine Ebene dieselbe Hertzsche Pressung und Pressungsverteilung auf, wie bei Anpressung der beiden Wälzkörper mit den Durchmessern D1 , D2 und D3 , D4 . Man bildet außerdem aus den Elastizitätsmodulen der beiden Wälzkörper E1 und E2 – nach dem Gesetz zweier hintereinander geschalteter Federn – einen Ersatz-Elastizitätsmodul E¢, s. (13.32)! Bei konkaver Krümmung liegt der Krümmungsmittelpunkt außerhalb des betreffenden Wälzkörpers und ist negativ einzusetzen. Bei den Hertzschen Gleichungen kennzeichnet – anders als bei den Bewegungsgleichungen (Abschn. 13.2) – der Index 1 (bzw. 3) und I den kleineren, 2 (bzw. 4) und II den größeren Wälzkörper. 13.3.2 Spannungen unter der Oberfläche nach Hertz
Abbildung 13.8 zeigt den Verlauf der Hauptspannungen unter der Oberfläche bei Linienberührung eines Wälzkörpers: Normalspannung sz senkrecht zur Oberfläche, Normalspannung sy tangential zur Oberfläche, Hauptschubspannung tH (Maximum bei z = 0,78 · bH unter 45° zu Oberfläche geneigt). Die Wechselschubspannung tyz wechselt unterhalb des
544
13 Wälzpaarungen
Bezeichnung
Linienberührung
Spezifische Belastung 1)
k0 = FN /(D1 · leff)
Punktberührung k0 = FN /D21 (13.4)
Ersatzdurchmesser in Hauptebene I
DI = D1 · D2 /(D1 + D2)
Ersatzdurchmesser in Hauptebene II
–
Schmiegungsbeiwert 2), 3)
j = DI/D1
(13.5) DI = D1 · D2 /(D1 + D2)
(13.6)
(13.7) DII = D3 · D4 /(D3 + D4) (13.8)
j = DI2 /(D21 · y2) (13.9)
Stribecksche Wälzpressung 2), 3)
K = FN /(DI · leff)
(13.10) K = FN /(D I
/y)2
(13.11) pm = FN /(p · a · b)
Mittlere Pressung bei Annahme konstanter Druckverteilung über der Druckfläche
pm = FN /(2 · b · leff)
Hertzsche Pressung 4)
4 pH = 3 · pm = k K · E¢ /p p
(13.15)
Sonderfall: Zylinder/Ebene 5), 6) pH = 271 · K N/mm2 mit K nach (13.11)
(13.17)
(13.13)
(13.14) 1 pH = 1,5 · pm = 3 · 3k 6 · K · E¢ 2 p
(13.16)
Sonderfälle: Kugel/Ebene 5), 7) bzw. Kugel/Kugel 5), 8) pH = 2176 3k K N/mm2 mit K = k0 nach (13.5)
(13.18)
a = 0,691 · k FN /(pH · d1)
Große Halbachse der Druckfläche 3)
–
Halbe Druckbreite 2), 3), 4)
b = 2 · DI · pH/E¢
(13.19) (13.20) 5), 6)
Sonderfall: Zylinder/Ebene b = 2,349 · 10–3 · D1 · K mm
Annäherung der beiden Wälzkörper nach [13.2-1] in mm2), 3), 4), 5)
(13.12)
(13.22)
0, 398 ◊ FN0,925 d= 104 ◊ l0eff,85
b = a · d1
(13.21)
Sonderfälle: Kugel/Ebene bzw. Kugel/Kugel 5), 8) b = 0,691 · k FN /pH
d= 1, 55 d 2 d= 1,648
3
5), 7)
Ê 1 1 ˆ FN2 Á + ˜ Ë DII DII II ¯ 2 2 ◊ E¢
(13.24) Wälzkörperkonstante für statische Beanspruchung 2), 4)
c SL =
D1 ◊ E¢ DII ◊ p
Sonderfall: Zylinder/Ebene 5), 6) cSL = 271 (N/mm2)1/2 = konst.
(13.26)
(13.28)
(13.23)
(13.25) D1 2 1 3 cSP = 3 6 · y2 · E¢2 · 3 p DI
k
$ %
Sonderfall: Kugel/Ebene 5), 7) cSP = 2176 (N/mm2) 2/3 Sonderfall: Kugel/Kugel 5), 8) cSP = 2176 3k (D1 / DI) 2
(13.27)
(13.29) (13.30)
1)
D1 ist der kleinere der beiden Wälzkörper DI ist der kleinere der Ersatzdurchmesser 3) Beiwerte y, d , d s. Abb. 13.6, 13.7 1 2 4) E¢ nach (13.32) 5) Paarung Stahl/Stahl, mit E = E = 2,1 · 105 N/mm2 und n = n = 0,3 1 2 1 2 6) D = D , D = ∞ 1 I 2 7) D = D , D = D = ∞ I II 2 4 8) D = D , D = D , D = D I II 1 3 2 4 2)
Abb. 13.5. Gleichungen zur Berechnung der Hertzschen Pressung nach den Gleichungen für Linien- bzw. Punktberührung.
13.3 Beanspruchung nach Hertz
545
Abb. 13.6. Verlauf der Beiwerte nach Abb. 13.7 für die Berechnung der Hertzschen Pressung bei Punktberührung
DI/DII
1,0
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
y d1 d2
1,0 1,0 1,0
0,9491 0,9322 0,9994
0,8963 0,8618 0,9972
0,8411 0,7885 0,9930
0,7830 0,7117 0,9857
0,7212 0,6306 0,9741
0,6545 0,5441 0,9557
0,5805 0,4504 0,9261
0,4947 0,3460 0,8757
DI/DII
0,15
0,10
0,08
0,06
0,04
0,02
0,01
0,008
y d1 d2
0,4442 0,2876 0,8357
0,3843 0,2223 0,7761
0,3558 0,1932 0,7426
0,3231 0,1615 0,6994
0,2831 0,1259 0,6397
0,2279 0,0828 0,5439
0,1850 0,0550 0,4581
0,1732 0,0483 0,4329
DI/DII
0,006
0,004
0,002
0,001
0,0005
0,0001
0,00009
0
y d1 d2
0,1593 0,0408 0,4020
0,1421 0,0322 0,3618
0,1191 0,0214 0,3011
0,1017 0,0141 0,2495
0,0835 0,0096 0,2053
0,0414 0,0048 0,1289
0,0392 0,0046 0,1251
0 0 0
Abb. 13.7. Beiwerte y, d 1 , d 2 zur Berechnung der Hertzschen Pressung bei Punktberührung
Abb. 13.8. Spannungen nach Hertz unter der Oberfläche, bezogen auf die Hertzsche Pressung bei Linienberührung pH
546
13 Wälzpaarungen
Bezeichnung
Linienberührung
Punktberührung
max. Hauptschubspannung
tH max = 0,304 · pH
tH max = 0,310 · pH
Abstand von der Oberfläche
z = 0,78 · bH
z = 0,47 · bH
max. Wechselschubspannung
ty z max = ± 0,25 · pH
ty z max = ± 0,215 · pH
Abstand von der Oberfläche
z = 0,5 · bH
z = 0,35 · bH
Abb. 13.9. Größe und Ort der maximalen Hauptschubspannungen und Wechselschubspannung (s. auch Abb. 13.8)
Hertzschen Kontaktes ihre Richtung (Maximum bei z = 0,5 · bH). Man sieht: Die größte Schubspannung und auch die größte Wechselschubspannung tritt im Innern unterhalb der Druckfläche auf. Berechnung s. Abb. 13.9. In [13.3-1] werden Fließlinien beschrieben, die vom sHmax-Punkt bogenförmig zur Oberfläche verlaufen. Dies schien eine gute Begründung für die grübchenartigen Ausbröckelungen zu bieten, wie sie an überlasteten Wälzflächen bei dauernd wiederholter Überrollung auftreten. – Heute weiß man jedoch, daß die Anrisse, die zu Grübchen führen, entweder von Störstellen an der Oberfläche (z.B. Schleifriefen) oder nahe der Oberfläche (z.B. sulfidische oder oxidische Einschlüsse) ausgehen, Abschn. 13.3.3. Wichtig ist: Alle Spannungen (nach Hertz) unter der Oberfläche sind proportional pH . Daher genügt es meist, pH bzw. K zur Beurteilung der Beanspruchung zu benutzen. Aus den an gleicher Stelle wirkenden Hauptspannungen kann man – mit Hilfe der Festigkeitshypothesen – Vergleichsspannungen (Kap. 3) berechnen. Abb. 13.10 zeigt Ergebnisse.
Abb. 13.10. Vergleichsspannung, bezogen auf die Hertzsche Pressung [13.3-45]
13.3 Beanspruchung nach Hertz
547
Abb. 13.11a, b. Druckeigenspannungen sE infolge Wälzbeanspruchung: a bei vergüteten Zahnrädern (Modul 4 mm) als Funktion der Hertzschen Pressung nach [13.2-13], b Rillenkugellager-Innenringe (DI= 8 mm, DII= 200 mm) aus 100 Cr 6, ca. 750 HV, Verlauf der Druckeigenspannung in die Tiefe
13.3.3 Beanspruchung des technischen Wälzkontakts
Die in der Einleitung zu Abschn. 13.3 genannten Voraussetzungen für die Gültigkeit der Hertzschen Gleichungen treffen i.allg. für den technischen Wälzkontakt nicht zu. Insbesondere folgende Einflüsse wirken sich auf den Beanspruchungszustand aus: Eigenspannungen Einem Wälzkörper können durch Bearbeitung des Bauteils, Oberflächenhärten oder äußere Belastung Eigenspannungen, meist Druckspannungen, eingeprägt werden. Nach verschiedenen Arbeiten [13.2-13], [13.3-47] lassen sich Höhe und Tiefenwirkung abschätzen. Abbildung 13.11 zeigt zwei Beispiele. Größe und Verlauf der Eigenspannungen verändern sich mit der Anzahl der Schwingspiele. Auch deswegen ist es schwierig, ihren Einfluß auf die – an der Oberfläche oder in der Tiefe auftretenden – Spannungen unmittelbar zu berücksichtigen. Ihr Einfluß ist in den – aus Laufversuchen ermittelten – Festigkeitswerten enthalten. Oberflächenspannungen infolge Oberflächenrauheit und Tangentialkräften (Mikro-Hertzsche Pressungen) Riefen, Rauheiten der technischen Oberflächen oder Vorschädigungen führen zu mangelnder Abstützung durch den Gegenkörper. Bei überlagerter Tangentialbeanspruchung treten im Grund der (Rauheits-)Kerben Mikro-Hertzsche Spannungen auf, Abb. 13.12. Diese Spannungen sind größer als die Maximalwerte nach den üblichen Spannungshypothesen und bei negativem Schlupf wesentlich größer als bei positivem Schlupf [13.2-13], [13.2-14]. Die Größtwerte treten hiernach in einer Tiefe von z/bH = 0,05 ... 0,1 auf (gegenüber 0,78 nach Hertz). S. hierzu auch Abschn. 21.6.2 [13.3-50].
548
13 Wälzpaarungen
Abb. 13.12. Einfluß von Reibungszahl m und Oberflächenkerben auf die Vergleichsspannung nahe der Oberfläche [13.3-45]
Da Kerbform- und -tiefe sowie die Tangentialkräfte schwer abzuschätzen sind, rechnet man in der Praxis mit pH nach Hertz und berücksichtigt den Einfluß von Rauheit und Tangentialkräften (Reibung) durch Abminderungsfaktoren (Abschn. 21.6.2). Einfluß von Einschlüssen auf den Spannungsverlauf Neben Oberflächenkerben können von Verunreinigungen des Werkstoffgefüges, z.B. durch sulfidische – MnS- oder oxidische – Al2O3-Einschlüsse in der Randschicht, Risse ausgehen [13.2-11], [13.2-13], [13.3-45]. Dies gilt insbesondere dann, wenn ausreichende Schmierung und geringe Oberflächenrauheiten (z.B. bei Wälzlagern) vorliegen. Die von den Einschlüssen verursachten Spannungen führen mitunter zu Gefügeänderungen, die im Schliffbild weiß erscheinen (White Etching Areas), wegen ihres Erscheinungsbildes auch Butterflies (Schmetterlinge) genannt. Sowohl bei Einschlüssen, die härter oder weicher als die ungestörte Werkstoffumgebung sind, treten höhere Beanspruchungen als nach Hertz auf (innere Kerbwirkung), sofern der Einschluß in der Randzone liegt (Abb. 13.13). Bei formgenauen Wälzpaarungen mit glatten, polierten Oberflächen
Abb. 13.13. Einfluß des E-Moduls von Einschlüssen auf die Vergleichsspannung nach [13.2-11]. sv, GEH = 0,55 pH bei E2 /E1 = 1 (ungestörte Oberfläche)
13.3 Beanspruchung nach Hertz
549
Abb. 13.14. Vergleichsspannungen nach der Gestaltänderungsenergiehypothese sv, GEH an Rollen unterschiedlicher Größe und Hertzscher Pressung pH bei reinem Rollen, v = 7 m/s nach [13.2-13]
strebt man daher einen hohen Reinheitsgrad des Werkstoffs an, um eine hohe Wälzfestigkeit zu erreichen. Einfluß der Wälzkörpergröße Abbildung 13.14 zeigt die Lage des Spannungsmaximums in Abhängigkeit vom Ersatzdurchmesser dreier Wälzpaarungen. sv, GEH ist proportional pH . Man sieht: Das Spannungsmaximum verschiebt sich bei konstantem pH mit größerem Ersatzdurchmesser DI in tiefere Randschichtbereiche. Der Spannungsgradient nimmt mit zunehmendem DI ab. Bei Punktberührung liegen entsprechende Verhältnisse vor. Die mit zunehmender Baugröße abnehmende Stützwirkung des Werkstoffs wird beim Ansatz des maßgebenden Festigkeitswerts berücksichtigt (Abschn. 13.4.2.1e), s. auch Kap. 3. Einfluß der Temperatur Die im tangential belasteten Wälzkontakt auftretende Reibungsenergie wird in Wärme umgesetzt. Im stationären Zustand (Wälzkörper mit Massentemperatur JM , bei der der Körper wärmespannungsfrei ist) ergibt sich dabei der in Abb. 13.15 eingetragene Temperaturverlauf an den Ober-
Abb. 13.15. Prinzipieller Verlauf der Kontakttemperatur JS in einer Wälzpaarung
550
13 Wälzpaarungen
flächen JS und die Blitztemperatur Jfla als Maximalwert bei Linienberührung nach [13.3-4] (Einheiten s. Abschn. 13.1):
J fla =
ÊF ˆ 0, 62 ◊ m m ◊ Á N ˜ Ë l eff ¯
0,75
ÊE E¢l ˆ ◊Á ˜ ËR¯
0,25
◊ v1 – v 2
l1 ◊ r1 ◊ v1 ◊ c1 + l2 ◊ r 2 ◊ v 2 ◊ c 2
,
(13.31)*
mit mm mittlere Reibungszahl – Beispiel aus Scheibenversuchen s. Abb. 13.27 –; E¢ Ersatz-Elastizitätsmodul: 1 1 = E¢ 2
Ê 1 – n12 1 – n 22 ˆ ◊Á + , E 2 ˜¯ Ë E1
(13.32)
für Paarung Stahl/Stahl (mit E1,2 = 2,1 = 105 N/mm2 und n1,2 = 0,3) E¢ = 2,31 · 105 N/mm2; Ersatz-Krümmungsradius R = R1 · R2 /(R1 + R2 ); l1,2 Wärmeleitfähigkeit, für Stahl l = 35 W/(mK); r1,2 Dichte, für Stahl r = 7850 kg/m3; c1,2 spezifische Wärmekapazität, für Stahl c = 465 J/(kgK). Hieraus ergibt sich die maximale Wärmedruckspannung in Umfangsrichtung:
sWxmax = – aT · (1 + n) · E¢ · Jfla ,
(13.33)*
mit aT Wärmeausdehnungskoeffizient, für Stahl aT = 1,1 · 10– 5 K–1; n Querkontraktionszahl, für Stahl n = 0,3; E¢ nach (13.32). Für Stahl-Wälzkörper ist damit
sWxmax = – 3,23 · Jfla N/mm2.
(13.34)*
(13.33), (13.34) gelten für den Grenzfall, daß keine Verformungsmöglichkeit in Umfangsrichtung besteht. In Wirklichkeit ist sWxmax daher – nach diesen Überlegungen – etwas kleiner. Diese Angaben gelten für Linienberührung. Zu Punktberührung siehe [13.3-49], [13.2-23], [3.3-3]. Neuere meßtechnische Untersuchungen [13.2-9] ergaben deutlich höhere Temperaturen als nach (13.31). Einige der Annahmen, die (13.31) zugrunde liegen, z.B. gleiche Kontakttemperaturen für beide Oberflächen (Modell trockener Kontakt nach [13.3-4]), haben sich dabei nicht bestätigt. Die Berechnung mit (13.31) eignet sich jedoch für Relativbetrachtungen. 13.3.4 Der geschmierte Wälzkontakt nach der Theorie der Elastohydrodynamik (EHD)
Bei Anwesenheit eines Schmierstoffs verhalten sich Wälzpaarungen anders als nach den Hertzschen Gleichungen zu erwarten ist und anders als bei niedrig belasteten Paarungen (z.B. bei Gleitlagern). Druckverteilung, Schmierspaltdicke und -verlauf lassen sich mit Hilfe der Elastohydrodynamik (EHD) berechnen [13.3-28], [13.3-29], [13.2-6], [13.2-8], [13.2-21]. Messungen haben gezeigt, daß die Berechnungsansätze – mit den nachstehend genannten Voraussetzungen – die Wirklichkeit recht gut beschreiben. Dabei hängt die Viskosität des Schmierstoffs außer von der Temperatur auch vom Druck im Einlaufbereich des Schmierspalts ab. Bei
13.3 Beanspruchung nach Hertz
551
hohem Druck kann sie sehr hohe Werte annehmen. Die Zusammenhänge sind allerdings nicht umfassend erforscht. Trotzdem eignet sich die EHD zur Berechnung der Beanspruchung des Wälzkontaktes und der Schmierfilmdicke. – Verformung und Druckverlauf s. Abb. 13.16. Zur Beschreibung des EHD-Kontaktes werden i.allg. folgende dimensionslosen EHD-Parameter verwendet: – Elastizitätskennwert G = a · E¢,
(13.35)
mit a Viskositäts-Druckkoeffizient, (Dynamische Viskosität h (p, J) = h0 · eap). Die Berechnung mit a bei 2000 bar führt zu Ergebnissen, die mit
Abb. 13.16a, b. Schmierspalt- und Druckverlauf im EHD-Kontakt bei dem Ersatzmodell Zylinder gegen Ebene. a Prinzip (Einschnürung bei B–C, da hier praktisch keine Belastung, d.h.Verformung), b Gemessene Druckverteilung nach [13.2-9]. Getriebeöl mit JOil = 40°C; Stahlscheiben R1 = R2 = 40 mm, b = 10 mm; vS = 8 m/s, s = 0; Einfluß der Belastung 1: pH = 800 N/mm2; 2: pH = 1000 N/mm2; 3: pH = 1200 N/mm2; 4: pH = 1400 N/mm2
552
13 Wälzpaarungen
Schmierstoff
FVA 3
FVA 4
Viskositätsgruppe nach ISO (ISO VG)
100
460
Viskositätsindex VI
95
95
kin. Viskosität n 40 °C 100 °C
mm2/s mm2/s
100 11
500 31
Dichte r bei 15 °C
kg/m3
880
903
LP 3600
32
31,8 6,2
956
Abb. 13.17. Viskositäts-Druckkoefizient a und wichtige Schmierstoffdaten einiger Schmierstoffe bei 2000 bar Schmierdruck
Messungen gut übereinstimmen, Zahlenwerte für einige Schmierstoffe s. Abb. 13.17; E¢ s. (13.32). – Geschwindigkeitskennwert U=
h0 ◊ v m , E¢ ◊ R
(13.36)
mit h0 dynamische Viskosität bei Umgebungsdruck und Massentemperatur JM, (JM bei Zahnrädern nach Abschn. 21.7.1), vm mittlere Umfangsgeschwindigkeit = vS/2 = (v1 + v2)/2, Ersatzkrümmungsradius R = R1 · R2/ (R1 + R2), E¢ nach (13.32). – Lastkennwert W=
Ll eff
FN =2 ◊ p ◊ E¢ ◊ R
2
Êp ˆ ◊Á H˜ . Ë E¢ ¯
(13.37)
– bezogene Schmierfilmdicke allgemein H=
h . R
(13.38)
13.3 Beanspruchung nach Hertz
553
Damit ergeben sich (bei reinem Rollen und kleinem Schlupf): Schmierspaltdicke im Parallelspalt nach [13.3-43] H0 =
h0 = 1, 95 ◊ (G ◊ U)8 /11 ◊ W –1 /11 , R
(13.39)
Näherungsgleichung für die kleinste bezogene Schmierspaltdicke nach [13.3-44] H min D =
h min = 2, 65 ◊ G 0,54 ◊ U 0,7 ◊ W –0,13 ª 0, 8 ◊ H 0 , R
(13.40)
bzw. für Punktberührung nach [13.3-52]
4·U hmin = 2,419 · RI · 8 p
0,68
p·G · 8 2
0,49
2 · FN · 08 p · R I 2 · E¢
– 0,073
(13.41)
.
RII · 1 – exp –0,67 · 6 RI
0,66
Hmin /U 0,5
Wenn mit den o.g. Kennwerten die Voraussetzungen für EHD erfüllt sind (Abb. 13.18), kann man für die praktische Anwendung mit (13.39), (13.40) oder (13.41) die Schmierfilmdicke abschätzen. Bei hochbelasteten geschmierten Wälzpaarungen sollte die auf die Oberflächenrauheit bezogene (spezifische) Schmierfilmdicke (Absch. 16.3.2) möglichst l > 1 sein. Unter etwa l = 0,7 sind Schmierstoffzusätze
W/U 0,5
Abb. 13.18. Einteilung des Schmierzustands von Wälzpaarungen nach Moses (s. [13.2-10]) (ohne Berücksichtigung der Temperatur). Grenze des EHD-Bereichs s. a. [13.2-7]
554
13 Wälzpaarungen
erforderlich, die mit den metallischen Oberflächen reagieren und Schutzschichten bilden; s. Abschn. 21.6, 21.8.1, 22.3.7 [13.3-50].
13.4 Praktische Berechnung der Tragfähigkeit Bei statischer Belastung wird die Tragfähigkeit durch andere Schadenskriterien begrenzt als bei dynamischer Belastung. 13.4.1 Zulässige statische Belastung
Unter statischer Belastung versteht man die Belastung ruhender oder langsam bewegter, auch langsam pendelnder Wälzkörper (Beispiel: Brückenlager, Waagenschneide). Als Grenzkriterium gilt meist die Beanspruchung, bei der eine bestimmte bleibende Verformung d b (Summe der Verformung beider Wälzkörper) auftritt. In den meisten Fällen wird d b/DW = 0,01% zugelassen (vgl. Definition der 0,2% Dehngrenze: bleibende Verformung 0,2%). Aber auch größere bleibende Verformungen oder anders definierte Grenzwerte werden mitunter zugelassen. Versuchs- und Erfahrungswerte s. Abb. 13.19, 13.20, 13.21. Für die Belastung von glasharten Waagenschneiden und Pfannen werden je mm tragender Länge von 2 N bis 2000 N angegeben, s. Abb. 13.23. In Wirklichkeit ist die zulässige Belastung auch hier eine Frage der Wälzpressung, also der Ausrundung von Schneide und Pfanne, wobei eine Überlastung eine plastische Verformung und somit eine selbsttätige Anpassung der Ausrundung zur Folge haben wird. Übliche Ausführungen und Erfahrungswerte s. Abb. 13.22, 13.23. 13.4.2 Zulässige dynamische Belastung
Dies ist die ertragbare Belastung unter wiederholter umlaufender oder hin- und hergehender Wälzbewegung. Bei trocken laufenden Wälzpaa-
Grenzmerkmal
Kugel/Kugel DI= DII K k0
Kugel/Ebene k0 = K
Bleibende Verformung 0,02 %
3
12
4
Proportionalitätsgrenze
5
20
20
1. Kreisriß am Umfang der Druckfläche
100
400
350
Bruchlast
520
2080
800
Abb. 13.19. Mittlere Grenzwerte der spezifischen Belastung k0 und der Stribeckschen Pressung K in N/mm2 nach Bruchlastversuchen an gehärteten Wälzlagerkugeln aus Stahl nach [13.3-6]
13.4 Praktische Berechnung der Tragfähigkeit
555
Abb. 13.20a, b. Grenzwert der Hertzschen Pressung für statische Belastung bei unterschiedlichen Grenzverformungen d b für a Linien-, b Punktberührung; Stahl-StahlWälzpaarung. Schmiegungskonstante cSL , cSP s. (13.26), (13.27), für Sonderfälle (13.28), (13.29), (13.30) in Abb. 13.5 [13.3-13]
Angabe nach
Anwendung
Wälzkörperdurchmesser Werkstoff k 0 zul
[13.2-3]
Kugel/Ebene Axialkugellager Rolle/Ebene
D2 = ∞ D4 = – 1,08 D1 D2 = ∞
Wälzlagerfirmen
Kugel/Ebene Axialkugellager Rolle/Ebene
D2 = ∞ D4 = – 1,08 D1 D2 = ∞
DIN 622 Bl. 2
Rillenkugellager (Innenring) Pendellkugellager (Außenring) Zylinderrollenlager (Innenring) Axialkugellager Axialrollenlager
D2 ≈ 5 D1 D4 = – 1,06 D1 D2 = D4 ≈ 7D1
[13.3-8]
gehärteter Stahl
18 40 80 14 58 100 62 17
D2 = 6 D1
110
D4 = – 1,08 D1 D2 = ∞
50 100
[13.3-12]
Brückenauflager (Kugel/Ebene)
D2 = ∞
–
Kranlaufrad Rolle/Ebene
D2 = ∞
10
GJL GS C35E
Abb. 13.21. Erfahrungswerte für k0 zul in N/mm2 bei statischer Belastung
6–8 10–24 12–20
556
13 Wälzpaarungen Abb. 13.22. Winkel und Ausrundungen an Schneiden und Pfannen
Verwendung
Belastung
Schneide
FN/leff [N/mm]
a
bis 2
45°
mittlere Waagen
100
schwere Waagen Festigkeitsprüfmaschinen
Feinwaagen
Pfanne
a¢
Stribecksche Pressung
D1 [mm]
b
D2 [mm]
75°
0,03
120°
0,15
50
60°
80°
0,2
140°
0,5
150
1000
90°
90°
1,5
140°
3,0
330
2000
90°
110°
2,35
160°
4,0
350
Abb. 13.23. Anhaltswerte für Maße und Belastungen von glasharten Schneiden und Pfannen nach Abb. 13.22
rungen können nach gewissen Laufzeiten Oberflächenteile abblättern (schälen) oder kontinuierlich verschleißen. Kontinuierlicher Verschleißabtrag kann auch bei langsamen Wälzbewegungen geschmierter Wälzkörper die maßgebliche Schadensgrenze sein. Sobald sich ein tragender Schmierfilm ausbilden kann, wird die Tragfähigkeit durch die Gefahr von Grübchen, Graufleckigkeit oder Fressen begrenzt.Versuchs- und Erfahrungswerte zulässiger Pressungen s. Abb. 13.24. 13.4.2.1 Grübchentragfähigkeit
Die muschelförmigen grübchenartigen Ausbrüche sind Ermüdungsschäden. Sie sind etwa 1,5 ... 2 mal so tief wie der Abstand der maximalen Hauptschubspannung von der Oberfläche; die Grübchenspitze zeigt immer in Gleitrichtung. Je höher die Wälzpressung, desto tiefer sind sie und desto eher treten sie auf. Daher kann man in Laufversuchen die ertragbare Wälzpressung in Abhängigkeit von der Lebensdauer, d.h. von der An-
K [N/mm2]
13.4 Praktische Berechnung der Tragfähigkeit
Daten der Wälzpaarung
Nr.
D1 = 42 mm, D2 = 90 mm, n40 = 85 mm2/s, leff = 5 mm
1 2 3 4 5 6 7 8
Werkstoff
S275JR E360 Si-Mn-Stahl, R m = 850 – 900 N/mm2 Cr-Mo-Stahl, R m = 1100-1200 N/mm2 Nitrierstahl Wälzlagerstahl Aluminium-Bronze Aluminium
Brinellhärte [HB] 140 230 255 347 555 651 200 152
557
Literatur
[13.3-19] [13.2-4]
Alle gegen gehärteten Wälzlagerstahl D1 = 42 mm, D2 = 42 mm, FVA 3, leff = 15 mm
9 10
42 CrMo 4 16 MnCr 5 E
290 65 HRC
[13.2-11]
beide Wälzkörper gleicher Werkstoff
Abb. 13.24. Wöhlerlinien der Grübchentragfähigkeit bei Linienberührung nach Versuchen mit zylindrischen Rollen ohne Schlupf nach [13.3-19], [13.2-4], [13.2-11] für 50 % Schadenswahrscheinlichkeit
zahl der Überrollungen bis zur Grübchenbildung (pitting) ermitteln (s. hierzu auch Abschn. 21.6 [13.3-50]. Abb. 13.24, 13.25 zeigen einige so gewonnene Wöhlerlinien der Grübchentragfähigkeit. Den unteren Grenzwert, bei dem keine Grübchenschäden mehr erzielt werden (Abknicken der Kurven in die Waagerechte), kann man als Dauer-Wälzfestigkeit (= Grübchen-Dauerfestigkeit) bezeichnen. Je nach Oberflächenbeschaffenheit und Schmierungszustand muß man aber auch in diesem Bereich mit einem Abfall der Grübchentragfähigkeit rechnen (ISO 6336 T2).
558
13 Wälzpaarungen
Abb. 13.25. Wöhlerlinien der Grübchentragfähigkeit von Rollen bei Linienberührung für 50 % Schadenswahrscheinlichkeit (DI= 21 mm, leff = 15 mm): Einfluß des Schlupfes nach [13.3-17]. Die Hertzschen Pressungen wurden aus den Abmessungen der Krümmungsradien der Wälzkörper vor Versuchsbeginn ermittelt; die Dauerfestigkeit wurde bei ca. 33 · 106 Überrollungen erreicht
Die in diesen Versuchen ermittelten Lebensdauerwerte streuen sehr stark. Ursache hierfür sind die regellos verteilten Schwachstellen an der Oberfläche (z.B. Schleifriefen, Poren) und unter der Oberfläche (z.B. nichtmetallische Einschlüsse). Man muß den Ergebnissen (Anzahl der Überollungen bis zum Schaden bzw. den Dauerfestigkeitswerten) daher eine bestimmte Schadenswahrscheinlichkeit zuordnen. Die Streuung der Ergebnisse läßt sich recht gut mit der ,,Weibull“-Verteilung beschreiben, s. [13.3-48], [13.3-50]. a) Grübchentragfähigkeit bei reinem Rollen: Abb. 13.24 zeigt hierzu einige Versuchsergebnisse. Hiernach kann man für Wälzkörper aus Stahl und die dort angegebenen Versuchsbedingungen ansetzen: Linienberührung pHD ≈ 3 · HB oder KD ≈ 1,25 · (HB/100)2. (13.42), (13.43) Versuche mit Kugelprüfkörpern aus gehärtetem Wälzlagerstahl (HB = 710) ergaben Dauerfestigkeitswerte für Punktberührung pHD ≈ 5,25 · HB oder KD ≈ 14,05 · (HB/1000)3. (13.44), (13.45) Neuere Versuchsergebnisse auch für reines Rollen (Schlupf s = 0) sind in Abb. 13.25, 13.26 enthalten (vgl. Einschränkungen in der Einleitung zu Kap. 13). Weitere Erfahrungswerte s. Abb. 13.27. Die höhere Tragfähigkeit bei Punktberührung kann man mit der besseren Stützwirkung des Werkstoffs erklären. Sie kann bei Punktberührung im gesamten Umfeld der Berührellipse wirksam werden. Ferner ist der Spannungsgradient am Rand der Berührfläche größer als bei Linienberührung (zu Stützwirkung s. auch Kap. 3).
13.4 Praktische Berechnung der Tragfähigkeit
559
Abb. 13.26. Einfluß von Schlupf, Werkstoff und Wärmebehandlung auf die Grübchendauerfestigkeit von bombierten Rollen bei Punktberührung (DI= 21 mm, DII= 200 mm) nach [13.2-12]
Quelle
Berührart
Anwendungsgebiet
Grenzkriterien
Werkstoff
Größe DI /DII [mm]
PHzul [N/mm2]
[13.3-19]
L
Rollen s = 0%
mittlere Dauerfestigkeit
Stahl/Stahl
30 / –
3 HB
[13.3-50]
L
Zahnflanken
dauerfest bei 1 % Schadenswahrscheinlichkeit
Baustahl Vergütungsstahl Einsatzstahl
im Wälzpunkt 16 / –
370 . . . 460 530 . . . 630 1500
[13.3-53]
P
Laufrad/ Schiene, s = 0%
ca. 1 Mio km Laufleistung ohne Nachbearbeitung der Räder
C-Stahl 800/900 N/mm2
1000 / 2000 500/1000
800 1000
P
Laufrad/Schiene bei Kranen
GS45/E295 GS70/E360
100 . . . 600
500 600
P
Reibradgetriebe s = 1 ... 5%
Stahl/Stahl gehärtet
bis zu 30 / 30
L
Reibradgetriebe s = 1 ... 5%
E360/Stahl gehärtet EN-GJL-250 / E360
–
P
Zahnflanken Schraubräder
dauerfest bei 1 % Schadenswahrscheinlichkeit
Stahl/Stahl, boriert Vergütungsstahl / B2 GJL / GJL
Zahnflanken Schneckenräder
dauerfest bei 1% Schadenswahrscheinlichkeit
Stahl gehärtet EN-GJL-250 GZCuSn12Ni
[13.3-51]
[13.3-50]
[13.3-50]
L
–
–
Abb. 13.27. Erfahrungswerte für die zulässige Hertzsche Pressung pH bei dynamischer Belastung
2000 . . . 3000
650 450 1700 1000 750 350 520
560
13 Wälzpaarungen
b) Grübchentragfähigkeit bei Schlupf: Die ertragbare Hertzsche Pressung ist bei positivem Schlupf um mindestens 30% höher als bei negativem Schlupf [13.2-12]. Zur Abschätzung der Lebensdauer für 50% Schadenswahrscheinlichkeit von Rollen aus Wälzlagerstahl 100 Cr 6 bei Schlupf zwischen – 3% < s < 25% und Schmierbedingungen entsprechend Abb. 13.25 wird in [13.2-12] angegeben: NL50 = 2,74 · 104 · (1,7 · 1011)k · pH–3k ,
(13.46)
mit Wöhlerlinienexponent k (Schlupf s in %): s . k = 6,6 – 0,5 ·
(13.47)
c) Werkstoff: Versuchsergebnisse mit Rollen aus unterschiedlichen Werkstoffen bei veränderlichem Schlupf bei Linienberührung s. Abb. 13.25. Auch bei Punktberührung nimmt die Wälzfestigkeit bei allen untersuchten Werkstoffen mit steigendem negativen Schlupf ab, s. Abb. 13.26. Detaillierte Untersuchungen im hohen Zeitfestigkeitsgebiet s. [13.2-12]. Auch hier zeigt sich, daß die Tragfähigkeit bei Punktberührung höher ist als bei Linienberührung. d) Schmierfilm, Reibungszahl, Rauheit: Laufversuche mit geschmierten Kontakten (z.B. [13.2-20], [13.2-8]) haben gezeigt, daß die Tragfähigkeit mit zunehmender Umfangsgeschwindigkeit zunimmt. Ursachen hierfür sind günstigere Schmierdruckbildung (hmin s. (13.40), (13.41)) und sinkende Reibungszahlen sowie abnehmende Kontaktlaufzeit. Aus einer großen Anzahl von Versuchen mit zylindrischen Scheiben aus Vergütungsstahl bei 2 ... 30% Schlupf [13.2-8] läßt sich folgende Beziehung zwischen den Lebensdauern bei Betriebsbedingungen A und B ableiten: –7
–3
–2
1, 2
2, 2
NLA Ê pHA ˆ–7 Ê m A ˆ–3 Ê J flaA ˆ–2 Ê v 2 A ˆ1, 2 Ê lA ˆ2, 2 =Á ·◊ ·◊ Á ˜ , ˜ ·◊ Á ˜ ·◊ NLB Ë pHB ¯ Ë mB ¯ ÁË J flaB ˜¯ ÁË v 2B ˜¯ Ë lB ¯
(13.48)
mit v2 als Geschwindigkeit der langsamen Scheibe, an der die Grübchen auftreten. – (13.48) gilt für den Bereich der Mischreibung, d.h. für lA bzw. lB < 1 (Abschn. 13.3.4). Für den Bereich der Flüssigkeitsreibung, d.h. lA bzw. lB > 1 ist lA bzw. lB = 1 zu setzen. Bedenkt man, daß die Blitztemperatur Jfla proportional der Reibungszahl m angesetzt werden kann, (13.31), so wird der starke Einfluß der Reibungszahl auf die Lebensdauer deutlich (Exponent ≈ – 5!). Abb. 13.28 zeigt den Einfluß der Rauheit auf die Reibungszahl. Man erkennt, daß die Reibungszahl auch von der Rauheitsstruktur abhängt. Günstig ist eine plateauförmige Struktur, wie man sie etwa durch Polieren, Honen oder Einlaufen geschliffener Oberflächen erhält. Abb. 13.29 zeigt, wie sich nach derselben Untersuchung Rauheit (enthalten in der spezifischen Filmdicke l) und Rauheitsstruktur auf die Lebensdauer auswirken. Man erkennt deutlich die Vorteile einer plateauförmigen Rauheitsstruktur, besonders bei kleinen l-Werten.
13.4 Praktische Berechnung der Tragfähigkeit
561
Abb. 13.28. Einfluß der Rauheit auf die mittlere Reibungszahl bei Wälzpaarungen [13.2-7]. Werkstoff des harten Wälzpartners: 100Cr6, Werkstoff des weichen Wälzpartners 42CrMo4V, Schmierstoff FVA 4 (Öldaten s.Abb. 13.17), Hertzsche Pressung pH = 1300 N/mm2, Summengeschwindigkeit vS = 8 m/s, Schlupf s = 10%, Massentemperatur JM = 84°C, Schmierfilmdicke hmin = 0,8 µm
Abb. 13.29. Einfluß der Rauheitsstruktur auf die mittlere Lebensdauer L50 bis zur Grübchenbildung bei gleicher Herstell-Rauhtiefe nach dem Schleifen bzw. gleicher spezifischer Filmdicke l für: 1 plateauförmige, 2 normalverteilte Struktur [13.2-7]
Abb. 13.30. Einfluß der Bauteilgröße auf die Grübchen-Dauerfestigkeit bei Linienberührung [13.2-11]
e) Baugröße: Die Ursachen für die mit der Baugröße abnehmende Festigkeit werden in Abschn. 13.3.3 erläutert. Aus den dort beschriebenen Gründen nimmt auch die Grübchentragfähigkeit mit zunehmendem Wälzkörperdurchmesser ab. Anhaltswerte für einen Größenfaktor zeigt Abb. 13.30.
562
13 Wälzpaarungen
13.4.2.2 Graufleckentragfähigkeit
Die geschädigte Oberfläche erscheint hier – makroskopisch betrachtet – als graue Fläche, mikroskopisch betrachtet besteht sie aus einer Vielzahl von Poren. Diese entstehen – ähnlich wie Grübchen – aus Rissen, die von Unebenheiten der Oberfläche, z.B. an Schleifriefen, ausgehen (daher englisch ,,micropitting“). Die Poren sind 10 ... 50 µm tief. Mitunter kommt die Graufleckenentwicklung – nach Abbau der Unebenheiten – zum Stillstand und wirkt somit quasi als Einlaufverschleiß. Bei ungünstigen Bedingungen führt die fortschreitende Porenbildung zu verschleißartigen Auskolkungen. Von den Poren können auch Anrisse ausgehen, die zu regulären Grübchen führen. Gefährdet sind insbesondere Werkstoffe mit HV > 400 und Paarungen bei Betriebszuständen mit Schmierparametern l < 0,7 ... 1 nach Abschn. 16.3.2 mit (13.42), (13.43). In den gefährdeten Bereichen kann man die Schadensgrenze durch geeignete Additive beachtlich anheben. Nachweis durch geeignete Tests, s. z.B. [13.2-15], [13.2-22].
13.5 Sonstige Oberflächenschäden 13.5.1 Freßtragfähigkeit
Freßschäden treten nur bei Schlupf auf. Sie äußern sich als Aufrauhungen der Oberflächen, denen oft eine Riefenbildung vorausgeht. Ursache ist offensichtlich ein Zusammenbrechen der Schutzschichten (Schmierfilm, chemische und physikalische Reaktionsschichten), so daß die metallisch reinen Oberflächen miteinander verschweißen. Infolge der Relativbewegung werden diese Schichten dann sofort wieder getrennt. Als maßgebendes Grenzkriterium kann man die Temperatur im Wälzkontakt ansehen (Abschn. 13.3.3). Fressen ist also kein Ermüdungsschaden, der Schaden tritt meist nach relativ kurzer Betriebszeit auf, sobald nämlich eine für die Schmierstoff-/Werkstoffpaarung maßgebende kritische Freßtemperatur erreicht ist. Die Freßtragfähigkeit kann insbesondere durch geeignete Additive erhöht werden; Einfluß der Kontaktzeit s. [13.2-18]. Diese Tragfähigkeitsgrenze ist insbesondere bei Zahnradgetrieben zu beachten, s. Kap. 21, 22 [13.3-50]. Versuche mit Scheiben s. [13.2-19]. 13.5.2 Verschleißtragfähigkeit
Verschleiß äußert sich zunächst als kontinuierlicher Abtrag von Rauheitsspitzen oder deren plastische Verformung.Wenn er danach zum Stillstand kommt, spricht man von Einlaufverschleiß, der sich sowohl auf die Reibungszahl als auch auf Grübchen- und Freßtragfähigkeit günstig auswirkt; s. z.B. Abb. 13.27, 13.28. Fortschreitender Verschleiß, der insbesondere durch ungünstige Schmierbedingungen und Verunreinigungen des Schmierstoffs begünstigt wird, führt zu Formabweichungen (Zahnräder) oder Abtrag der Reibschicht (Reibradgetriebe).
13.6 Rollreibung
563
Bei geschmierten Wälzkontakten ist die rechnerische Schmierfilmdicke nach (13.40) neben der Werkstoffpaarung (nicht jedoch die Rauheit) ein wichtiges Kriterium für die erreichbare Lebensdauer (bei Zahnrädern ist der Bereich hmin > 0,1 µm unkritisch. – Praktische Berechung für Zahnrad-, Schnecken- und Reibradgetriebe s. Kap. 21, 25, 28.
13.6 Rollreibung Diese Betrachtungsweise gilt für den Wälzkontakt ohne Schlupf, wie er bei ungeschmierten Paarungen wie Rad/Schiene, Brückenlager o.ä. vorkommt (vgl. Einschränkungen in der Einleitung zu Kap. 13). Bei Reibkraftübertragung (Kap. 28 [13.3-51]) überwiegt die Reibung aus Schlupf gegenüber dem – auch hierbei vorhandenen – Rollreibungsanteil. Rollreibung wird durch die elastische Verformung (Abplattung) der Wälzkörper verursacht. Das Rollreibmoment läßt sich mit den in Abb. 13.31 angegebenen Größen für Linienberührung erklären: Rollwiderstand: FW = TR · 2/D1
(13.49)
mit TR , Moment der Rollreibung bei Rolle auf einer Laufbahn: TR = f · FN
(13.50)
bei Rolle zwischen zwei Laufbahnen: TR = (FN + FG) · f1 + FN · f2
(13.51)
mit f, (f1, f2) ,,Hebelarm der Rollreibung“, FN äußere Belastung FG Gewichtskraft der Rolle. Übrige Bezeichnungen s. Abb. 13.31. Anhaltswerte für den Hebelarm f: – Allgemein für Wälzpaarungen aus Stahl, Stahlguß und Gußeisen mit Lamellengraphit: f = 0,5 mm, – Wälzlager, gehärteter, geschliffener Stahl: f = 0,005 ... 0,01 mm, – Rad/Schiene: f in mm ≈ 0,013 · D1 mit D1 in mm, – Brückenlager, Hartstahl: f = 0,015 mm.
Abb. 13.31. Berechnung der Rollreibung
564
13 Wälzpaarungen
Weitere Angaben für geschmierte und ungeschmierte Werkstoffpaarungen s. Kap. 28 [13.3-51]. Zusätzliche Gleitreibung: Bei Berührung der Wälzkörper außerhalb der Wälzlinie, z.B. bei Spurkranzreibung der Laufräder, bei Bord-, Stirn- und Käfigreibung der Wälzlager, bei zusätzlicher Gleitreibung von Dichtungen und Lagerzapfen ist ein zusätzliches Reibmoment zu überwinden, das häufig erheblich größer ist als das Rollreibmoment.
13.7 Berechnungsbeispiele Beispiel 1: Kranlaufrad aus Stahlguß (Abb. 13.1a). D1 = 800 mm, tragende Schienenbreite leff = 65 mm, Hebel für Rollreibung (GS) f = 0,5 mm, E = 2,1 · 105 N/mm2. Mit pHzul = 500 N/mm2 nach Abb. 13.27 und K = pH2 · 2,86/E = 3,4 N/mm2 wird die maximal zulässige Normalkraft FN = K · D1 · leff = 177,0 kN bestimmt. Daraus folgt ein Roll-Reibmoment TR = f · FN = 88,5 Nm, oder der Roll-Widerstand FW = 2 · TR/D1 = 221,3 N. Hierzu kommt der Gleitreibungswiderstand FZ der Laufradlagerung, der ein Vielfaches des Rollwiderstands beträgt, z.B. FZ = FN · m · d/D1 = 1770 N, wenn der Zapfendurchmesser d = 80 mm und die Gleitreibungszahl des Zapfens m = 0,1 beträgt. Beispiel 2: Nocken und Nockenrolle (Abb. 13.1 h) aus gehärtetem Stahl, HB = 600, D1 = 5 mm, D2 = 20 mm, leff = 10 mm. Nach (13.43) für Dauerbetrieb mit K = 1,25 · (HB/100)2 = 45 N/mm2 und DI= D1 · D2/(D1 + D2) = 4 mm wird die größte zulässige Stößelbelastung FN = K · DI · leff = 1800 N. Beispiel 3: Zahnradpaarung Stahl/Stahl (Abb. 13.1 i), vm = 5 m/s, R = 10 mm. Mit dem Druck-Viskositätskoeffizienten a = 1,6 · 10–8 m2/N und der dynamischen Viskosität η0 = 10 mPas für das eingesetzte Öl sowie dem reduzierten E-Modul E¢ = 2,31 · 105 N/mm2 ergibt sich der Elastizitätskennwert G = a · E¢ = 3692 nach (13.35), der Geschwindigkeitskennwert U = h0 · vm/(E¢ · R) = 2,17 · 10–11 nach (13.36) und mit pH = 1000 N/mm2 der Lastkennwert W = 2p · (pH/E¢)2 = 1,18 · 10– 4 nach (13.37). Daraus folgt für die Dicke des Parallelspalts (Abb. 13.16) h0 = 1,95 · R · (G · U)8/11 · W–1/11 = 0,31 µm nach (13.39), für die minimale Schmierfilmdicke hmin = 2,65 · R · G0,54 · U0,7 · W–0,13 = 0,25 µm nach (13.40) (zum Vergleich: nach klassischer Rechnung ohne Berücksichtigung der EHD würde sich eine Schmierfilmdicke von h0 = 4,9 · R · U/W = 0,009 µm ergeben). Mit N1 = Hmin/ U = 5,3 und N2 = W/ U = 25,3 läßt sich nach Abb. 13.18 die Richtigkeit der EHD-Bedingungen bestätigen.
13.8 Literatur
565
13.8 Literatur Normen 13.1-1
DIN 1921 (1964) Schneiden, Achsen und Pfannen für Handels- und Präzisionswaagen, Normprofile. Beuth, Berlin
Dissertationen 13.2-1
13.2-2
13.2-3 13.2-4 13.2-5
13.2-6 13.2-7 13.2-8
13.2-9 13.2-10 13.2-11 13.2-12 13.2-13 13.2-14
13.2-15
13.2-16
13.2-17
13.2-18
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566
13 Wälzpaarungen
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13.3-4
13.3-5 13.3-6
13.3-7 13.3-8
13.3-9 13.3-10 13.3-11 13.3-12 13.3-13
13.3-14 13.3-15 13.3-16 13.3-17 13.3-18 13.3-19
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13.8 Literatur
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568
13 Wälzpaarungen
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14 Wälzlager
14.0 Führungen – Lager Mit Hilfe von Führungen kann man ein Bauteil relativ zu einem anderen zwangfrei bewegen. Am wichtigsten sind Drehführungen (= Lager) und Linearführungen (meist Geradführungen). Ein Sonderfall sind Schwenkbewegungen; hierfür eignen sich Gelenke. In allen Fällen müssen die Führungen auch Kräfte übertragen. 14.0.1 Lager 14.0.1.1 Bauarten
Man unterscheidet die Lager nach dem Wirkprinzip: – Wälzlager (Kap. 14): Die zwei Laufflächen von Bauteilen sind durch Wälzkörper voneinander getrennt, die auf beiden Flächen abwälzen. Die Lagerreibung (z.B. Rollreibung zwischen Wälzkörper und Lagerring, Reibung zwischen Wälzkörper und Käfig, Mikrogleiten durch OberflächenAbplattung) wird durch geeignete Schmierstoffe (Öl, Fett) gemindert. – Gleitlager (Kap. 15): Zwei eng geschmiegte Flächen gleiten aufeinander; die Reibung wird durch geeignete Oberflächengüte (geschliffen) und geeignete Werkstoffpaarung (z.B. Stahl/Bronze, Sintermetalle, Kunststoffe) und/oder durch einen Schmierfilm (Öl, Fett, Luft) vermindert. Man unterscheidet nach der Hauptbelastungsrichtung: – Radiallager übertragen radiale Kräfte zwischen zueinander umlaufenden Bauteilen (z.B. Stützrolle), auch Trag- oder Querlager genannt. – Axiallager übertragen axiale Kräfte zwischen zueinander umlaufenden Bauteilen (z.B. Kupplungsdrucklager), auch Längs- oder Spurlager genannt. 14.0.1.2 Anforderungen
Vor der Entscheidung für eine Lagerbauart empfiehlt es sich, eine Anforderungsliste zu erstellen. Diese Liste bildet auch die Grundlage für die Dimensionierung und die Konstruktion.
570
14 Wälzlager
a) Folgende allgemeine Einflüsse, die in Abschn. 1.2.1 diskutiert werden, sind zunächst abzuklären: – Belastung (Lagerkräfte): Welche Art der Belastung (Umfangs- oder Punktlast) tritt auf? Wechselt die Kraft die Richtung? – Drehzahl, Relativbewegung; – Schwingungen und Geräusche (Anforderungen); – Lebensdauer, Lebensdauer bei eingeschränkter Funktion; – Betriebssicherheit, Schadensfolgen. b) Speziell für Lagerungen sind folgende weitere Fragen abzuklären: – Einbauraum: Ist er festgelegt oder variabel? Welche Möglichkeiten stehen zum Abstützen zur Verfügung? Sind Sonderbauformem sinnvoll? Ist ein Zugang für Wartung und Reparatur erforderlich? – Wellenanordnung: Horizontal oder vertikal? Welche Lagerart und Abdichtung ist geeignet, wie ist die Schmierung sicherzustellen? Ist Längenoder Winkelausgleich notwendig? – Umweltbedingungen: Wirken im Stillstand (auch Transport) Erschütterungen auf die Lager? Ist mit starker Verschmutzung zu rechnen? Wo muß abgedichtet werden? Fließt elektrischer Strom durch die Lager? Wie hoch ist die Außentemperatur? – Erwärmung: Welche Lagerreibung ist zulässig? Muß Wärmeentwicklung und Wärmeabfuhr berücksichtigt werden? – Schmierung: Welche Art der Schmierung ist möglich oder notwendig (Lebensdauerschmierung, Tauchschmierung, Einspritzschmierung (Ölpumpe vorhanden?) oder Ölnebelschmierung)? – Wartung: Soll wartungsfreier Betrieb gewährleistet sein? Müssen die Lagertemperaturen überwacht werden (Kosten und Sicherheit)? – Montage: Wie sollen die Lager festgelegt werden? Sind Montagehilfen nötig (Ölpreßverband, Spezialwerkzeuge)? Sind die Lager bei Wartung oder Austausch zugänglich? Sind konstruktiv Möglichkeiten zur Einstellung, Montage und Demontage vorzusehen? 14.0.1.3 Auswahl der Lagerbauart: Wälzlager oder Gleitlager
Übersicht über die wichtigsten Eigenschaften, Hinweise zur Auswahl s. Abb. 14.0.1. 14.0.1.4 Lageranordnung
Bei der Lagerung eines Bauteils in einem anderen, z.B. einer drehenden Welle im Gehäuse, muß überlegt werden, wie die radialen und axialen Lastanteile auf die Lager aufgeteilt werden. Verschiedene prinzipielle Anordnungsformen s. Abb. 14.0.2. Fest-Los-Lagerung: Eine Lagerstelle (evtl. Axial- und Radiallager separat) übernimmt die axiale Führung in beiden Richtungen (Festlager), das Loslager ist axial frei (Wärmedehnung oder Herstellabweichung führen nicht zur Verspannung).
14.0 Führungen – Lager Wälzlager (WL)
571
Gleitlager (GL) Ausbildung eines hydrodynamischen Schmierfilms
ungünstig (weite Schmiegung, hohe Pressung)
günstig (enge Schmiegung, niedrige Pressung)
Lebensdauer/Schadensgrenze Grübchenbildung (Oberflächenermüdung), Verschleiß
An- und Auslauf-, evtl. Betriebsverschleiß 2)
– weitgehend genormt, austauschbar 1) – geringer Wartungsaufwand (z.T. wartungsfrei) – geringe Anlaufreibung (mwL ≈ 0,002 . . . 0,01) – geringe Wärmeentwicklung – kein Ruckgleiten (stick-slip) – i. allg. kein Einlaufen nötig – geringer Schmierstoffverbrauch – geringe Lagerbreite – Beratung durch Spezialfirmen (Software, Verantwortung) 1) – in der Regel kein Einfluß des Wellenwerkstoffs
– unempfindlich gegen Stöße und Erschütterungen – geräusch- und schwingungsdämfend (Schmierfilm) – geteilte Lager möglich (z. B. für Kurbelwelle) 3) – besonders kostengünstig bei großen Durchmessern (z. B. Turbinenwellen) und sehr kleinen Durchmessern (z. B. Kunststofflager für Haushaltsmaschinen) – kleiner Außendurchmesser – sehr hohe Drehzahlen möglich (z. B. Turbinen) – bei vollem Schmierfilm geringe Reibung, lange Lebensdauer 4) – hohe Steifigkeit – Gefahr des Ruckgleitens (stick-slip)
1)
z. T. auch für Gleitlager erreichbar, nicht bei hydro- und aerostatischen Lagern, 3) als Sonderausführung auch bei Wälzlagern möglich, 4) insbesondere bei hydro- und aerostatischen Lagern erreichbar. 2)
Abb. 14.0.1. Eigenschaften von Wälzlagern und Gleitlagern
Abb.14.0.2a–d. Möglichkeiten der Lageranordnung, a, b Fest-Los-Lagerung, c Stützlagerung (angestellte Lagerung), d Stützlagerung (schwimmende Lagerung)
572
14 Wälzlager
Stützlagerung: Die Axiallast wird von zwei Lagerstellen in jeweils einer Richtung aufgenommen. Man unterscheidet bei der Stützlagerung: – angestellte Lagerung: Lager, die jeweils Axialkraft in eine Richtung aufnehmen können, werden paarweise angeordnet.Abhängig von den Einbauverhältnissen können die Lager gegeneinander axial vorgespannt werden (mechanisch bei Wälzlagern, hydraulisch oder pneumatisch bei Gleitlagern). Dies ergibt eine steife Führung und Spielfreiheit. – schwimmende Lagerung: Auf eine definierte axiale Führung wird verzichtet, wenn sich das Bauteil (z.B. Seilrolle, Pfeilverzahnung) selber einstellt oder wenn eine einfache Konstruktion möglich ist (evtl. Führungsspiel vorsehen, 0,3 ... 2 mm). Konstruktionsbeispiele für Wälzlagerungen s. Abschn. 14.6.2, für Gleitlagerungen s. Abb. 15.19, 15.36. 14.0.2 Geradführungen
Am weitesten verbreitet sind Gleitführungen und Wälzführungen; für besondere Anwendungen in der Gerätetechnik verwendet man auch Federführungen. Funktionsprinzipien s. Abb. 14.0.3 – Dimensionierung und Konstruktion von Führungen werden in der Literatur über Werkzeugmaschinen, Meß- und Feingeräte behandelt, s. z.B. [14.0.3-1] ... [14.0.3-4]. – Daher beschränken wir uns hier auf eine Übersicht. Wälzführungen werden nach unterschiedlichen Wirkprinzipien ausgeführt: Bei Wälzkörperführungen wird das zu führende Teil direkt auf Kugeln, Rollen oder Nadeln gelagert. Die in Käfigen geführten Wälzkörper bewegen sich um den halben Führungsweg dieses Teils, das daher entsprechend länger ausgeführt werden muß. Diesen Nachteil vermeidet man durch eine geschlossene Kugelbahn, durch die die Wälzkörper zurückge-
Abb. 14.0.3a–e. Funktionsprinzipien von Geradführungen [14.0.3-4], a GleitPrismenführung (Schwalbenschwanzführung, Gleitführung), b Kugelwälzführung (Wälzkörperführung), c Gleit-Zylinderführung, d Zylindrische Rollenführung, (Gleitführung), e Federführung
14.0 Führungen – Lager
573
Abb. 14.0.4. Wälzführung mit Kugelrücklauf [14.0.3-4] 1 geschlitztes Außenteil, 2 Kugeln im Rücklauf, 3 Führungskäfig, 4 Schlitz
führt wird; Beispiel s. Abb. 14.0.4. Dieses Wirkprinzip ist besonders für lange Verfahrwege geeignet. Bei Rollenführungen, Abb. 14.0.3.d, wird das zu führende Teil auf Rollen gelagert, die örtlich fest drehbar im Gestell gelagert sind. Eigenschaften sind hohe Tragfähigkeit sowie besonders exakte und reibungsarme Führung, bei größerem Bedarf an Bauhöhe. Gleitführungen erfordern einen geringeren Konstruktions- und Fertigungsaufwand, benötigen weniger Bauraum. Sie werden meist mit hydrodynamischer Schmierung (häufig mit Intervallschmieranlagen, Abschn. 15.8.4) ausgeführt. Um die Anlaufreibung und die Gefahr des Ruckgleitens (stick-slip) zu mindern, verwendet man als Werkstoffpaarung StahlKunststoff (z.B. gefülltes Epoxidharz); Gleitschichten aus PTFE (Teflon) mit Bronzepulver haben sich als besonders reibungsarm erwiesen. In gleichem Sinne wirken Querriefen in einer Gleitfläche. Für hohe Anforderungen an die Positioniergenauigkeit (keine Anfahrreibung, verschleißfrei) eignet sich die apparativ aufwendige hydrostatische Schmierung; für kleinere Belastungen aerostatische Schmierung, die keine Dichtungen und keine Schmierstoffrückführung benötigt, jedoch größere Abmessungen, hohe Fertigungsgenauigkeit (Schmierspaltdicke ca. 10 mm); als Folge ergeben sind schlechte Notlaufeigenschaften. 14.0.2.1 Anforderungsliste – Auswahl der Bauart
Die Anforderungen an die Lagerbauart in Abschn. 14.0.1.2 gelten sinngemäß auch für Geradführungen, ebenso die meisten Angaben zu Auswahl und Eigenschaften in Abschn. 14.0.1.3. Reibungszahlen verschiedener Geradführungen s. Abb. 14.0.5, Kostenvergleich s. Abb. 14.0.6. Die Fertigungs- und Meßgenauigkeit der Maschinen und Geräte mit Geradführungen hängt in hohem Maße von der Genauigkeit und Steifigkeit aller beteiligten Elemente ab. Wichtig sind: – Große Führungslänge (für kleine Neigungsfehler), – spielarme (evtl. -freie) Führung und Antriebskette (evtl. Verspannen durch Zusatzelemente),
574
1)
14 Wälzlager
Hartmetallfräser.
Abb. 14.0.5. Reibungszahlen verschiedener Geradführungen [14.0.3-1]. 1 ... 6 Gleitführungen, 7 Wälzführung, 8 hydrostatische Führung
Abb. 14.0.6. Herstellkosten von Geradführungen – Tendenzen [14.0.3-1]. 1 Hydrostatik, eine Pumpe pro Tasche, GJL/GJL, Fräsen/Fräsen; 2 Gleitführung, GJL/GJL, Schleifen/Schleifen; 3 Wälzführung, Rollenumlaufschuhe/gehärtete Stahlleisten
– steife Unterstützung der Führungsbahnen, -schienen und -leisten in Richtung der Funktionskräfte: Querschnitte mit großem Trägheitsmoment, z.B. Rechteck, L- T- Doppel-T-Träger, hohe Steifigkeit der gesamten Antriebskette, – besonders genau und einfach sind zylindrische Führungen herzustellen.
14.1 Zeichen und Einheiten
575
14.0.2.2 Anwendungen
Hauptanwendungsgebiete sind: – Werkzeugmaschinen für die exakte Geradführung von Schlitten, Stößeln, usw. für Schnitt- und Vorschubbewegungen, wobei z.T. große Kräfte aufzunehmen sind. – Literatur: [14.0.3-1] – dort weitere Literatur, [14.0.3-2]. – Geräte zur Führung von Koordinaten-Meßtischen, Feinmeßgeräten, Mikroskope, Fernrohre, usw., mit besonders hohen Anforderungen an die Positioniergenauigkeit, meist bei kleinen Belastungen. – Literatur: [14.0.3-4].
14.1 Zeichen und Einheiten a a1 , a2 , a3 , a23
mm –
axyz
–
C, Ca C0 , Ca0 D, d Dw dm e F FaH
N N mm mm mm mm N N
FB FN Fa , Fr f0
N N N –
fa , fr fS f S* ft i L L10 Lh10 Lna leff n, ng , nm P, Pa P0 , Pa0 Pu
mm – – – – – – h h mm min–1 N N N
Axialluft Faktoren für die erweiterte Lebensdauerberechnung Lebensdauerfaktor zur Bestimmung der modifizierten Lebensdauer dynamische Tragzahl von Radial-, Axiallagern statische Tragzahl von Radial-, Axiallagern Außen-, Bohrungsdurchmesser Wälzkörperdurchmesser mittlerer Lagerdurchmesser ((D + d)/2) Radialluft Nennbelastung des Lagers hydrodynamische Grenzbelastung von Zylinderrollenlagern Bordkraft Normalkraft Axial-, Radialkraft Faktor zur Berechnung der statischen Tragzahl C0 axialer, radialer Federweg statische Kennzahl Belastungskennzahl (fS* = C0/P*0 ) Temperaturfaktor Anzahl der Rollkörperreihen Lebensdauer nominelle Lebensdauer in Umdrehungen nominelle Lebensdauer in Stunden modifizierte Lebensdauer tragende Breite der Wälzkörper Drehzahl, Grenzdrehzahl, mittlere Drehzahl dynamisch äquivalente Lagerbelastung statisch äquivalente Lagerbelastung Belastungsgrenze, bis zu der keine Ermüdung im Lager auftritt
576
14 Wälzlager
pH , pH zul qi rj , ra Sa , Sr TR X, Y Xa , Ya X0 , Y0 Xa0 , Ya0 z
N/mm2 – mm N/mm Nm – – – –
Hertzsche Pressung, zulässige – Zeitanteil für Lagerbelastung Pi (Drehzahl ni) Krümmungsradien der Laufflächen axiale, radiale Steifigkeit Reibmoment Radial-, Axialfaktor (dynamisch) für Radiallager Radial-, Axialfaktor (dynamisch) für Axiallager Radial-, Axialfaktor (statisch) für Radiallager Radial-, Axialfaktor (statisch) für Axiallager Anzahl der Rollkörper pro Reihe
a, a0 db hc m, m0 k k– k–J , k–A n, n1 wB J
° mm – – – – – mm2/s s–1 °C
Betriebsdruckwinkel, Nenndruckwinkel plastische Verformung Verschmutzungsbeiwert Roll-, Haftreibungszahl Viskositätsverhältnis Schmiegung Schmiegung am Innenring, am Außenring kinematische Ölviskosität, Bezugsviskosität Winkelgeschwindigkeit der Bohrbewegung Betriebstemperatur
14.2 Aufbau der Wälzlager, Wirkprinzip Ein vollständiges Wälzlager, Abb. 14.1, besteht aus zwei Wälzbahnkörpern und den dazwischen angeordneten Wälzkörpern. Als Wälzbahnkörper (= Laufringe) dienen i.allg. je ein Wellen- und ein Gehäusering. Mitunter benutzt man auch (um Bauraum zu sparen) Welle oder/und Gehäusebohrung direkt als Wälzbahn. Die Wälzkörper wälzen zwischen Innen- und Außenring, die sich relativ zueinander drehen. Sie werden durch einen Käfig in definiertem Abstand – Rollen auch achsparallel – zueinander geführt (Ausnahme: Vollkugelige und vollrollige Lager ohne Käfig, s. z.B. Abschn. 14.2.2, 14.4.1). Die Reibung wird durch einen Schmierstoff (Fett
Abb. 14.1a, b. Aufbau und Funktionsprinzip von Wälzlagern, a Radiallager (hier Rillenkugellager), b Axiallager (hier Axial-Rillenkugellager)
14.2 Aufbau der Wälzlager, Wirkprinzip
577
Abb. 14.2 a–d. Wälzlager mit integrierten Dichtungen [14.3-2], a Deckscheibe, b Dichtscheibe, c Radialwellendichtring, d Schleuderscheibe mit Blecharmierung (außen) und Dichtscheibe
Abb. 14.3a, b. Führung der Wälzkörper, a Spielführung, b Spannführung (eingezeichnet sind die Momentanachsen der Bewegung); Druckwinkel a s. Abschn. 14.2.4 b; Abb. 14.9
oder Öl) gemindert. Oft sind auch Dichtungselemente im Lager integriert (Abb. 14.2); s. auch Abschn. 14.3.3. Die Wälzkörper werden z.T. durch die Laufrille selbst geführt, z.T. durch den Käfig oder – durch ,,Spielführung“ parallel zur Wellenachse – zwischen den seitlichen Borden (Abb. 14.3a.), bei Kegelrollen durch ,,Spannführung“ (Abb. 14.3b), Abschn. 14.2.3. Reine Rollbewegung ist im Wälzlager nur möglich, wenn sich die Berührlinien bzw. -tangenten (Momentanachsen) der Wälzkörper und Rollbahnen in einem Punkt (Kegelrollenlager,Abb. 14.3b) bzw. im Unendlichen (Zylinderrollenlager, Abb. 14.3a) schneiden. Ist dies nicht der Fall, wird der Rollbewegung eine Bohrbewegung senkrecht zur Berührebene überlagert, Abb. 14.4. Hierbei entsteht ein Gleitreibungsanteil in der Abplattungsfläche. Bei einigen Wälzlagerbauarten lassen sich Innen- und Außenring getrennt montieren, Abschn. 14.4.
Abb. 14.4. Abwälzverhältnisse im Schrägkugellager, w Winkelgeschwindigkeit der Wälzbewegung, w B Winkelgeschwindigkeit der Bohrbewegung
578
14 Wälzlager Abb. 14.5a–f. Wälzkörper, a Kugel, b Zylinder, c Nadel, d Kegelrolle, e symmetrische Tonnenrolle, f asymmetrische Tonnenrolle
14.2.1 Wälzkörper und Wälzbahnen
Aus der Geometrie der Wälzkörper, Abb. 14.5, ergibt sich die Geometrie für die Innen- und Außenringe: Zylinder beim Zylinderrollenlager, Torusausschnitt beim Kugellager und Pendellagerinnenring, Kegel beim Kegelrollenlager, Kugelausschnitt beim Pendellageraußenring. 14.2.2 Käfige
Mit Hilfe von Käfigen lassen sich folgende Funktionen erfüllen: – Die Wälzkörper werden gleichmäßig über den Umfang verteilt, – Berührung der Wälzkörper wird verhindert (andernfalls ungünstige Schmierbedingungen!), – die Wälzkörper lassen sich mit einem der Laufringe zu einer Einheit verbinden (erleichtert den Einbau, hilft Beschädigungen zu vermeiden), – Rollen werden primär durch die Lagerborde, auch – aber nicht so eng – durch den Käfig achsparallel geführt, Nadeln allein durch den Käfig. Käfigbauarten s. Abb. 14.6; Eigenschaften und Anwendungsgebiete s. Abb. 14.7. Vollrollige Lager haben keinen Käfig, Abschn. 14.4.1. In Sonderfällen, insbesondere bei großen Lagern, werden mitunter noch durchbohrte Rollen verwendet, die in einem Käfig drehbar gelagert sind; stattdessen werden aber zunehmend Lager mit außengeführtem Massivkäfig gewählt.
Abb. 14.6a–d. Käfigbauarten für Rillenkugellager, a geklammerter Käfig, b genieteter bzw. geschweißter Käfig, c Massivkäfig, d offener Spritzgußkäfig
Drehzahlgrenze des Lagers kann erhöht werden (genauer Rundlauf)
Führung i. allg. durch einen der Ringe, Drehzahlgrenze des Lagers kann dadurch erhöht werden (genauer Rundlauf)
Drehzahlgrenze des Lagers
Spanend bearbeiteter Massivkäfig – Messing – Stahl – Leichtmetall – Sintermetall
Spanend bearbeiteter Massivkäfig – Phenolharz
Spritzgußkäfig – Kunststoff (i. allg. glasfaserverstärkter PA66)
PA66. GF 120 °C im Dauerbetrieb, 150 °C für mehrere Stunden, Spitzen bis 180 °C. Modifizierte Polyamide bis 300 °C
Maximal 110 °C im Dauerbetrieb
Keine Einschränkung der Betriebstemperatur des Lagers (normal 300 °C)
Keine Einschränkungen der Betriebstemperatur des Lagers (normal 300 °C)
Temperatur
Niedrige Reibungszahl; unempfindlich gegen Mangelschmierung
Kleine Reibungszahl; ölbenetzter Käfig: optimale Lagerschmierung
Kleinste Reibungszahl Metall/Metall; bietet ausreichend Raum für Schmierstoff
Berührung Metall/Metall, daher Schmierung erforderlich
Schmierung
Geringe Schwingbruchgefahr – geringes Gewicht – hohe Elastizität
Gutes Verhalten bei ringgeführten Käfig; geringe Trägheit; Gute Gleichgewichtseinstellung
Ausgezeichnete Beständigkeit, insbesondere bei ringgeführtem Käfig; Käfigführung bleibt auch bei dynamischer Unwucht erhalten
Begrenzt durch: – mechanische Festigkeit – Montageart – eventuelle Unwucht
Vibrationsbeständigkeit
Abb. 14.7. Eigenschaften und Anwendung von Käfigen verschiedener Bauart
Drehzahlgrenze des Lagers
Gestanzter Blechkäfig – Stahl – Messing
Drehzahlgrenze
Hervorragendes Verhalten – geringes Gewicht – hohe Elastizität
Ausgezeichnetes Verhalten durch: – geringe Trägheit – hoche mechanische Festigkeit
Hohe mechanische Festigkeit, jedoch mangelnde Flexibilität; große Trägheit
Bruchgefahr
starke Beschleunigungen (positiv und negativ)
Unempfindlich gegen Verkippen; hohe Elastizität
Verwendung nicht empfehlenswert
Verwendung nicht empfehlenswert
Bruchgefahr, empfindlich gegen Verkippen
Fluchtungsfehler
Austausch gegen Blechkäfig in zahlreichen Lagerarten; mehr Wälzkörper am Umfang unempfindlich gegen Feuchtigkeit, kostengünstig
teuer; für mittelgroße Lager; Verwendung i. allg. nur bei Hochgenauigkeitslagern bzw. Lagern mit hohen Drehzahlen
teuer; für mittelgroße und große Lager; in feuchter Umgebung anfällig für elektrolytische Reaktionen
billig; geklammert für kleine Lager, große Stückzahlen; genietet oder geschweißt bei dickeren Blechen (für mittlere Stückzahlen)
Bemerkungen, Anwendung
14.2 Aufbau der Wälzlager, Wirkprinzip
579
580
14 Wälzlager
Käfigwerkstoffe s. Abb. 14.7. Käfige aus Kunststoff haben wegen vieler Vorzüge an Bedeutung gewonnen, insbesondere Thermoplaste, die durch Spritzgießen verarbeitet werden können. Durch Füllstoffe (z.B. Glasfasern) wird die Festigkeit und Maßstabilität erhöht. – Hartgewebekäfige haben sich insbesondere für Lager schnellaufender Werkzeugmaschinenspindeln bewährt. Käfige (insbesondere Blechkäfige) werden häufig oberflächenbehandelt (in Sonderfällen mit Silber, Gold oder Titan-Nitrit beschichtet), um Gleit- oder Korrosionseigenschaften zu verbessern. 14.2.3 Führung der Wälzkörper und Käfige
Blechkäfige werden durch die Wälzkörper oder Borde geführt, die Kugeln allein durch die Wälzbahnen. Massivkäfige werden oft innen (d.h. auf dem Lagerinnenring) geführt, wenn der Ausdehnungskoeffizient des Käfigwerkstoffs größer als der von Stahl ist (z.B. Leichtmetall), außengeführt bei hohen Fliehkräften (z.B. bei Planetengetrieben), bei mittleren Verhältnissen wälzkörpergeführt. –Bei der Wahl des Führungsspiels sind die Betriebsbedingungen zu beachten. Rollen und Nadeln müssen achsparallel geführt werden. Bei Nadeln übernimmt diese Funktion allein der Käfig. Bei den (kürzeren) Rollen reicht die Käfigführung allein hierfür nicht aus; sie müssen zusätzlich seitlich an den Borden geführt werden, damit sie sich nicht schräg stellen (verschränken); bei symmetrischen (zylindrischen) Rollen wird beiderseits ein enges Spiel vorgesehen: Spielführung. Unsymmetrische (z.B. kegelige) Rollen werden gegen einen Führungsbord gedrückt: Spannführung. Die Kraftkomponente FB, resultierend aus den unterschiedlichen Kegelöffnungswinkeln von Innen- und Außenring, drückt die Rolle gegen den Bord, Abb. 14.3b. Man beachte: Schränkung der Rollen – infolge Fertigungsabweichungen und elastischen Verformungen – führt zu Abweichungen von der Linienberührung und bewirkt axiales Schieben, d.h. zusätzliche Reibung, Verschleiß und Erwärmung sowie erhöhte örtliche Belastung. 14.2.4 Grundbegriffe (Schmiegung, Druckwinkel, Lagerluft, Betriebsspiel, Steifigkeit)
a) Schmiegung Bei gekrümmtem Laufbahn- und Rollkörperprofil sind die zugehörigen Radien rJ, rA größer als der entsprechende Radius des Rollkörpers DW/2 (Abb. 14.8). Daraus ergibt sich die Schmiegung k–: rJ,A – Dw /2 für Kugellager k–J, A = 08 , Dw /2 rJ,A für Tonnen- und Pendelrollenlager k–J,A = 6 – 1 , rT – für Zylinderrollenlager k J,A = 0 .
(14.1)
14.2 Aufbau der Wälzlager, Wirkprinzip
581
Abb. 14.8a, b. Krümmungsradien im Axialschnitt, a Rillenkugellager, b Tonnenlager
Eine enge Schmiegung (k– Æ 0) steht für hohe Tragfähigkeit, eine weite Schmiegung für geringe Reibungsverluste und geringe Empfindlichkeit gegen Kippen. Für übliche Rillenkugellager ist k– ≈ 0,02 ... 0,05. b) Druckwinkel a a ist der Winkel zwischen der Radialebene und der Wirkungslinie der Wälzkörperbelastung, Abb. 14.9. Er ist maßgebend für den Zusammenhang zwischen Radial- und Axialkraft. Bei Kegelrollenlagern wird der Druckwinkel durch den bordlosen Außenring bestimmt, Abb. 14.3b. Bei Kugellagern ist zwischen Nenndruckwinkel des unbelasteteten Lagers a0 und Betriebsdruckwinkel des belasteten Lagers a zu unterscheiden. a ändert sich mit zunehmender Belastung wegen elastischer Verformungen von Wälzkörpern und Laufflächen. Er hängt von der axialen Belastung des Lagers und dem Leerlaufspiel ab, s. z.B. Abb. 14.10. Für Kegelrollenlager gilt a = a0. Bei angestellter Lagerung (Abschn. 14.0.1.2) ergeben sich aus Druckwinkel und äußerer Belastung Fr und Ka die axialen Reaktionskräfte Fa ,
Abb. 14.9. Nenndruckwinkel a0 eines Schrägkugellagers
Abb. 14.10. Betriebsdruckwinkel a eines axial belasteten Rillenkugellagers mit normalem Radialspiel Gr [14.3-1]
582
14 Wälzlager
Abb. 14.11. Nenndruckwinkel a0 und axiale Reaktionskräfte bei Kegelrollenlagern; a Abstand des rechnerischen Kraftangriffspunktes 0 von der Anlage; Ka äußere Axialkraft
Abb. 14.11, Berechnung s. Abschn. 14.5.3.2c. Die Spitze 0 des Druckkegels ist der rechnerische Angriffspunkt für die äußere Lagerkraft (Maß a ist in den Katalogen angegeben). Größere Druckwinkel eines Lagers führen zu einer höheren axialen Tragfähigkeit. c) Lagerluft und Betriebsspiel Die Lagerluft ist das Maß, um das sich die Lagerlaufringe ohne relevante Last in radialer (Radialluft Gr) bzw. axialer Richtung (Axialluft Ga) zueinander verschieben lassen (Abb. 14.12). Sie wird im nicht eingebauten Zustand bestimmt. Um unterschiedliche Betriebsverhältnisse zu berücksich-
Abb. 14.12a, b. Radialluft Gr und Axialluft Ga , a Rillenkugellager, b Kegelrollenlager
14.2 Aufbau der Wälzlager, Wirkprinzip
583
Anwendung, Eigenschaften
Außenring wärmer als Innenring, geringes Betriebsspiel, hohe Führungsgenauigkeit, hohe Tragfähigkeit
normale Temperatur, übliche Passung (Abb. 14.51)
Innenring wärmer als Außenring, Preßpassung an beiden Ringen, geringe Reibung, Vermeidung von Zwangskräften bei statisch überbestimmter Lagerung
Nachsetzzeichen
C1
C2
C0 (CN)
C3
vermindert
normal
erhöht
Lagerluft
C4
C5
Abb. 14.13. Empfehlungen zur Auswahl der Lagerluft
tigen, werden Lager in verschiedenen Radialluftgruppen gefertigt; diese werden durch ein Nachsetzzeichen (C + Zahl) gekennzeichnet, Abb. 14.27. Hinweise zur Auswahl der Lagerluft s. Abb. 14.13. Bei kegeliger Bohrung kann man die Radialluft durch axiales Verschieben des Innenrings einstellen. Schräglager (z.B. Kegelrollenlager) lassen sich durch Anstellen des Innen- oder Außenrings auf die gewünschte Lagerluft oder durch Tellerfedern spielfrei einstellen. Wichtig ist hierbei ein genauer Planlauf der Anstell-Muttern und Scheiben. Durch Preßpassung auf der Welle bzw. im Gehäuse sowie durch unterschiedliche Temperaturen von Innen- und Außenring im Betrieb verringert sich die Lagerluft und wird zum Betriebsspiel (im Mittel um 50 ... 70% des wirksamen Passungsübermaßes des Ringes, der mit Preßpassung eingebaut wird). Um Reibungsverluste und Lagerbelastung durch Vorspannung klein zu halten, ist bei Radiallagern ein radiales Betriebsspiel von ca. 0 ... 5 µm anzustreben. Ein zu großes Gr verursacht ungenaue Wellenführung sowie eine ungünstige Lastverteilung auf die Wälzkörper. Spielfreiheit ist bei hoher Anforderung an die Führungsgenauigkeit, z.B. bei Werkzeugmaschinen, anzustreben, setzt aber bekannte und gleichbleibende Betriebsverhältnisse (Temperatur, Maximaldrehzahl) voraus. Für eine genaue Bestimmung des Betriebsspiels bieten die Wälzlagerhersteller geeignete Rechenprogramme an. d) Steifigkeit Die Steifigkeit ist ein Maß für die elastische Verformung durch die Belastung. Sie ist wie folgt definiert: Fr , fr
(14.2)
Fa . fa
(14.3)
Radiale Steifigkeit S r = Axiale Steifigkeit S a =
Hierbei ist Fr die radiale, Fa die axiale Kraft, welche den elastischen Federweg fr (fa) der Welle in radialer (axialer) Richtung bewirkt. Kennlinien für radiale und axiale Federung von verschiedenen Lagern gleicher Baugröße (Bohrungsdurchmesser) s. Abb. 14.14.
584
14 Wälzlager
Abb. 14.14a, b. Federweg einiger Wälzlager mit 50 mm Bohrung [14.3-1], a radial fr , b axial fa
Die Steifigkeit ist wichtig für die Führungsgenauigkeit,Verformung der Lagerstelle, Lastverteilung auf die Wälzkörper und das Schwingungsverhalten. Berechnung der Steifigkeit s. [14.3-1], [14.3-2].
14.3 Herstellung, Schmierung, Abdichtung 14.3.1 Werkstoffe, Wärmebehandlung
Im Kontakt der Wälzpaarung ist im Mittel mit Hertzschen Pressungen zwischen 1000 ... 2000 N/mm2 zu rechnen, in Sonderfällen bis zu 4000 N/mm2. Hohe Wälzfestigkeit ist daher das entscheidende Kriterium für die Werkstoffauswahl. Daneben entscheiden die Wälzlagerhersteller nach Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit, Verfügbarkeit und Verarbeitbarkeit. Generell gilt, daß der Reinheitsgrad des Werkstoffs für die Wälzfestigkeit von entscheidender Bedeutung ist. Durch Maßnahmen wie VakuumErschmelzung und -Entgasung konnten Verunreinigungen durch oxidische und sulfidische Einschlüsse drastisch reduziert werden. Folgende Werkstoffe haben sich durchgesetzt. Durchhärtende Stähle, wie der ,,Wälzlagerstahl“ 100 Cr 6 bis 100 CrMnMo8 mit einer Härte von 58 ... 62 HRC werden für Wälzkörper überwiegend verwendet, für höhere Warmfestigkeit M50 (mit hohen Cr- und MoAnteilen) für dünne gestanzte Laufscheiben auch Ck67 und Ck75. Einsatzstähle (z.B. 16 MnCr 5) bevorzugt man bei starker Stoßbeanspruchung oder wenn Relativbewegungen zwischen Welle und Laufring nicht
14.3 Herstellung, Schmierung, Abdichtung
585
zu vermeiden sind, wie etwa bei Walzwerken. Manche Hersteller verwenden Einsatzstahl aufgrund von Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten als Standardstahl. Vergütungsstähle (z.B. 42 CrMo 4) werden oft für Lagerringe verwendet, wenn diese zusätzlich Bauteilfunktionen übernehmen müssen (Beispiel: Fahrzeugradlager mit integriertem Flansch), auch große Schwenklagerringe; nur die Laufbahnen und Dichtungsflächen werden flamm- oder induktivgehärtet. Die Oberflächenhärte liegt u.U. unter 58 HRC; dies ist bei der Tragfähigkeitsberechnung zu berücksichtigen. Werkstoffe für Sonderanwendungen: Korrosionsbeständige Stähle des Typs X45Cr13 mit geringerer Oberflächenhärte haben sich bei niedrig beanspruchten Lagern bewährt, u.U. auch nicht härtbarer rostfreier Stahl und Kunststoff. Für hochbeanspruchte Lager der Luftfahrt und Lebensmittelindustrie wurden hochaufgestickte martensitische HNS-Stähle (Typ X 30 CrMoN 15 und AMS 5898) entwickelt. – Mitunter genügt eine Oberflächenbehandlung, Abschn. 5.5.1, 5.5.2. Für hohe Temperaturen, wie z. B. in Flugtriebwerken, werden warmfeste Werkstoffe ähnlich den Wälzlagerstählen (z. B. 80 MoCrV 42 16) verwendet, ferner der oben erwähnte HNS-Stahl, für höchste Temperaturen (bis 600 °C) gegossene oder gesinterte Hartlegierungen (Stellite). Für Sonderfälle verwendet man auch Wälzkörper aus Keramik, wenn neben hoher Temperaturbeständigkeit elektrische Isolierung wichtig ist; hierfür werden auch Lager mit keramikbeschichteten Laufringen verwendet. Maßstabilität: Bei Standardlagern mit normaler Wärmebehandlung sind Gefügeänderungen und damit verbundene Maßänderungen nicht zu erwarten, wenn eine Betriebstemperatur (Abschn. 14.7.2) von 120°C nicht überschritten wird. Für höhere Temperaturen ist eine spezielle Anlaßbehandlung erforderlich, damit die Lager maßstabil bleiben,Abb. 14.15. Man beachte: Die damit verbundene Härteminderung muß bei der Tragfähigkeitsberechnung berücksichtigt werden, Abschn. 14.5. Werkstoffe für Käfige s.Abschn. 14.2.2,Angabe der Käfig-Werkstoffe im Wälzlager-Kurzzeichen s. Abb. 14.27.
Nachsetzzeichen für maßstabilisierte Lager ohne (entspricht SN) S0 S1 Stabilisierungsgrade S2 S3
maximale Betriebstemperatur 120°C 150°C 200°C 250°C 300°C
Abb. 14.15. Maximale Betriebstemperaturen maßstabilisierter Lager (Nachsetzzeichen s. Abb. 14.27)
586
14 Wälzlager
14.3.2 Genauigkeit, Toleranzen
Zur Kennzeichnung der Laufgenauigkeit unterscheidet man Wälzlager unterschiedlicher Toleranzklassen; Kennzeichen: P + Zahl. Für normale Anforderungen des Maschinenbaus genügt i.allg. die Normaltoleranz P0 (PN); für Werkzeugmaschinen, Meßgeräte usw., von denen besonders hohe Maßgenauigkeit oder Laufruhe gefordert wird, sind die genormten Toleranzklassen P6, P5, P4 und für höchste Ansprüche P2 vorgesehen. Darüber hinaus gibt es für extreme Anforderungen nicht genormte Speziallager der Toleranzklassen SP (Spezial-Präzision), UP (Ultra-Präzision) und HG (Hoch-Genau). – Die Kennzeichen werden als Nachsetzzeichen in das Wälzlager-Kurzzeichen aufgenommen, Abb. 14.27. Man beachte insbesondere bei Einsatz hochgenauer Wälzlager, daß Rundheit, Oberflächengüte und Lage der radialen, insbesondere der axialen Sitzflächen von Welle und Gehäuse der Qualität der Lager entsprechen müssen und unter Belastung ihre Formgenauigkeit behalten, also steif ausgebildet sind. 14.3.3 Schmierung
Allgemeines s. Kap. 16; ergänzend hierzu nur die Besonderheiten bei Wälzlagern. Funktion des Schmierstoffs. Hauptfunktion ist die Bildung eines tragfähigen Schmierfilms im Wälzkontakt, s. auch Kap. 13. Abbildung 14.16 zeigt unterschiedliche Betriebszustände: a) Der Schmierfilm trennt Laufring und Wälzkörper; es herrschen EHD1Bedingungen. Bis zur Hertzschen Pressung von 2000 N/mm2 treten i.allg. keine Schäden an den Kontaktflächen auf. Dauerfestigkeit ist möglich. b) Es herrscht Mischreibung infolge kleiner Schmierfilmdicke, bedingt durch hohe Belastung, niedrige Schmierstoffviskosität, Formabweichungen. Als Folge treten größere tangentiale Reibungskräfte in den Kontaktflächen auf. Die Folgen sind Verschleiß, begrenzte Lebensdauer.
Abb. 14.16a–c. Betriebszustände im Wälzlager [14.3-2]; 1 – Wälzkörper, 2 – Lagerring; a elastohydrodynamische (EHD) Bedingungen, b Mischreibung, c Fremdkörper zwischen den Wälzelementen
1
EHD: Elastohydrodynamik s. Kap. 13.
14.3 Herstellung, Schmierung, Abdichtung
587
c) Fremdkörper gelangen zwischen die Kontaktflächen und führen zu adhäsivem oder abrasivem Verschleiß oder Eindrückungen mit der Folge von Grübchenschäden. Um den Betriebszustand a) zu erreichen, muß der Schmierstoff (Öl oder Fett) eine ausreichende Viskosität aufweisen. Man beachte jedoch: Hohe Viskosität führt auch zu höheren Walk- und Reibungsverlusten und damit höheren Temperaturen.Wenn EHD-Bedingungen nicht zu erreichen sind, werden EP-Additive (Kap. 16) dem Schmierstoff zugefügt. Je nach Einsatzbedingungen muß der Schmierstoff weitere Funktionen erfüllen: – Korrosionsschutz (bei Betrieb in korrosiven Medien), – Abdichtung (z.B. durch Fettkragen in Labyrinthdichtungen), – Wärmeabführung (bei Ölschmierung), – Abtransport von Verunreinigungen (bei Ölumlaufschmierung mit anschließendem Filtern). Auswahl von Schmierstoffen und Schmierverfahren: Hinweise s. Abb. 14.17, ausführliche Hinweise s. [14.3-1]. Schmierstoffversorgung. In der Regel sind sehr geringe Schmierstoffmengen ausreichend, zur Wärmeabfuhr sind größere Öldurchflußmengen erforderlich. Beispiele für fett- bzw. ölgeschmierte Lager s. Abb. 14.18, 14.19. Man beachte: Bei Schräglagern wird das Öl vom kleineren zum größeren Durchmesser gepumpt. Es muß hier ablaufen können.Vor Staustellen, z.B. auch vor Wellendichtringen, ist eine Druckentlastung vorzusehen. Seitlich des Lagers soll ausreichend Raum für Schmierstoff vorhanden sein. Bei Ölsumpfschmierung soll der Ölspiegel etwa bis zur Mitte des untersten Wälzkörpers reichen, ein höherer Ölstand führt zu erhöhter Erwärmung. – Bei Fettschmierung soll der freie Raum nur bis 2/3 mit Fett gefüllt werden (sonst sind die Walkverluste im Lager zu groß). Die Lebensdauer eines Wälzlagers hängt in hohem Maße davon ab, ob es gelingt, feste Verunreinigungen vom Wälzkontakt fernzuhalten. Im allgemeinen wählt man zu diesem Zweck eine separat neben dem Lager angeordnete Dichtung; Empfehlungen s. Kap. 19. Viele kleine, mittelgroße und Sonder-Großlager werden jedoch mit integrierten Dichtungselementen ausgeführt. Die Lager sind auf diese Weise betriebssicher mit Fett geschmiert, auch unabhängig von einer ölhaltigen Umgebung. Abbildung 14.2 zeigt verschiedene Lösungen, als einfachste die Abdichtung mit Deckscheiben aus profiliertem Blech für nicht winkelbewegliche Lager (Abb. 14.2a), Dichtscheiben (Abb. 14.2b) aus einer Stützscheibe aus Blech mit (ausgleichfähiger) aufvulkanisierter Gummi- oder Kunsstoffscheibe, die auf dem Innenring gleitet.Weitere Ausführungen s.Abb. 14.2c und Abb. 14.2d sowie für höhere thermische und chemische Anforderungen s. [14.3-1]. Angaben für die Abdichtung im Wälzlagerkurzzeichen s. Abb. 14.27.
– Zuführbohrungen (z. B. Schmiernippel), evtl. – Fettmengenregler – Auffangraum für Altfett – Füllung: 2/3 des Freiraums – Zuführung durch Rohre oder Bohrungen – Auffangraum für Altfett
– Nachschmierung
– Sprühschmierung
1)
– Eintauchen in Ölbad (Mitte unterer Wälzkörper) oder Spritzöl – mittlere Menge – Gehäuse mit ausreichendem Ölvolumen
– Versorgung durch Pumpe – Ablaufbohrungen – große Menge – evtl. Förderwirkung der Lager berücksichtigen
– Ölsumpfschmierung z. T. for-life
– Ölumlaufschmierung z. T. for-life
Drehzahlkennwert n · dm [min–1 · mm].
Öl (größere Menge)
– einmalige Fettfüllung – geringe Menge – ggf. Dichtung
– for-life
Fett
– MoS2 u. Graphit (als Pulver, Paste, Gleitlack) – selten Weichmetallfilme (Kupfer, Gold) u. PTFE – Sonderfall: ,,selbstschmierende“ Käfige (Käfig mit eingelagerten Schmierstoff)
– for-life – Nachschmierung
Festschmierstoff
Merkmale
Verfahren
Schmierstoff
– sehr gute Wärmeabfuhr – Filterung möglich (ca. 25 mm) – aufwendig – max. Drehzahlkennwert 1) ≈ 1 · 106
– Fett austauschbar – Menge vorzugeben – Aufwendigere Konstruktionen – max. Drehzahlkennwert 1) ≈ 1 · 106 – Schmierfristen s. [14.2-1] – niedrige Reibung und günstiges Geräuschverhalten mit Sonderfetten . – Gemeinsame Schmierung mit anderen Maschinenelementen (z. B. Zahnräder) – gute Wärmeabfuhr – hohe Drehzahlen – Planschverluste – max. Drehzahlkennwert 1) ≈ 0,5 · 106
– einfache Konstruktionen – wartungsfrei – Dichtwirkung (Fett) – Temperatur begrenzt (ca. 100 °C) – max. Drehzahl Kennwert 1) ≈ 0,5 · 106
– temperaturstabil – nicht fließend – hohe Reibung – teuer – max. DrehzahlKennwert 1) ≈ 1500
Eigenschaften
alle Lagerbauformen
– alle Lagerbauarten, außer AxialPendelrollenlager (abhängig von Drehgeschwindigkeit und Fettart, s. [14.2-1])
– im Vakuum – bei extrem hohen Betriebstemperaturen – Kerntechnik (hohe radioaktive Bestrahlung) – Lebensmittelindustrie – vorwiegend Rillenkugellager
Anwendung
588 14 Wälzlager
– Ölnebelanlage (Mikroskopische Öltröpfchen mit Preßluft)
– Öl-Luft-Anlage (Makroskopische Öltröpfchen mit Preßluft)
– Ölnebelschmierung
– Öl-LuftSchmierung
Drehzahlkennwert n · dm [min–1 · mm].
– Spritzöl – Tropföler – minimale Menge
– Öltropfschmierung, – Ölimpulsschmierung
– Ölzulauf durch gerichtete Düsen – Versorgung durch Pumpe – mittlere Menge
Abb. 14.17. Schmierstoffe und Schmierverfahren für Wälzlager
1)
Öl (Minimalmenge)
– Oleinspritzschmierung
– wie Ölnebelschmierung, aber – weniger Geruchsbelästigung
– geringe Reibung – sichere Schmierung – hohe Drehzahlen – teuer, aufwendig – Geruch – max. Drehzahlkennwert1) ≈ 1 · 106 (abhängig von Lagerbauform, Ölviskosität, Konstruktion)
– geringe Reibung – schlechte Wärmeabfuhr – max. Drehzahl Kennwert 1) ≈ 1,5 · 106 (abhängig von Lagerbauform, Ölviskosität, Konstruktion)
– wie Ölumlaufschmierung, aber: – max. Drehzahlkennwert 1) ≈ 4 · 106 alle Lagerbauformen
14.3 Herstellung, Schmierung, Abdichtung
589
590
14 Wälzlager
Abb. 14.18. Wälzlager mit Fettschmierung ([14.3-1], nach mehrmaliger Nachschmierung muß das alte Fett aus der Kammer – links unten – entfernt werden)
Abb. 14.19. Pendelrollenlager mit Öl-Tauchschmierung
14.4 Bauarten Zur Bezeichnung der Bauarten s. Abschn. 14.0.1.1. Zu den Radiallagern rechnet man Wälzlager mit einem Druckwinkel a0 < 45°, zu den Axiallagern Lager mit a0 > 45°, Abschn. 14.2.4. 14.4.1 Eigenschaften und Auswahl der Normal-Bauformen
Für reine Radialbelastung sind alle Radiallager geeignet, für reine Axialbelastung alle Axiallager und alle Radial-Kugellager, für kombinierte Belastung vorwiegend Rillenkugellager, Schrägkugellager, Kegelrollenlager, Pendelrollenlager und Axial-Pendelrollenlager sowie in begrenztem Maße Zylinderrollenlager, Pendelkugellager und Tonnenlager. Besondere Merkmale und Eigenschaften der Normal-Bauformen: Radial-Kugellager (Abb. 14.20) – Rillenkugellager (ein- und zweireihig) eignen sich als Fest- und Loslager (Abschn. 14.6.2), beim Loslager ist der Ring mit Punktlast (Abschn. 14.6.1) auf der Welle verschieblich, wird daher mit Spielpassung eingebaut. Sie sind preisgünstig, reibungsarm und in vielen Sonderbauformen (mit Dichtscheiben, mit Sprengringnut im Außenring zur axialen Festlegung, usw.) erhältlich. Sie sind je nach Lagerluft bis 15¢ winkelig einstellbar und für hohe Drehzahlen geeignet. – Das zweireihige Rillenkugellager kann Kippkräfte aufnehmen, eignet sich daher, wenn kurze Wellen in nur einem Lager gelagert werden. – Vierpunktlager haben Laufbahnen, deren Krümmungsradien gegeneinander versetzt sind. Dadurch berühren die Kugeln die Laufringe bei Radialbelastung in vier Punkten. Der Innenring (mitunter der Außenring) ist geteilt, so daß eine größere Anzahl von Kugeln eingefüllt werden kann. Sie eignen sich für wechseln-
14.4 Bauarten
591
Abb. 14.20a–f. Radial-Kugellager. a Rillenkugellager (einreihig), b Rillenkugellager (zweireihig), c Vierpunktlager, d Schrägkugellager (einreihig), e Schrägkugellager (zweireihig), f Pendelkugellager
–
–
–
–
de, reine oder überwiegende Axialkraft, jedoch nicht zur Aufnahme reiner Radialkräfte (nicht als Loslager), da hierbei starke Bohrreibung auftritt. Sie werden oft in Getrieben parallel zu Rollenlagern verwendet, wo Axialkräfte auftreten und wo eine enge axiale Führung und kleine Lagerbreite gefordert wird. Einreihige Schrägkugellager werden mit Druckwinkeln von a0 = 15 ... 40° ausgeführt. Wie Kegelrollenlager werden sie paarweise angeordnet und beim Einbau axial gegeneinander angestellt. Sie sind besonders geeignet zur Aufnahme größerer Axialkräfte; Radialkräfte können sie nur übertragen, wenn sie zugleich axial belastet sind. Bei nur zeitweise wirkender Axialkraft oder relativ großen Radialkräften müssen zwei Schrägkugellager spiegelbildlich angeordnet werden. Weitere Besonderheiten s. [14.3-1].Anwendung: Lagerung von Werkzeugmaschinenspindeln und Seilrollen. – Schrägkugellager sind selbsthaltend, d.h. nicht teilbar. Zweireihige Schrägkugellager stellen ein bereits gegeneinander angestelltes Schrägkugellagerpaar dar. Sie können hohe Radial- und Axialkräfte aufnehmen sowie als Fest- und Loslager verwendet werden, sind aber aufgrund der großen Stützbreite (Abstand der Druckkegelspitzen) wesentlich kippsteifer (hohe Führungsgenauigkeit, geringe Winkeleinstellbarkeit). Größere Lager dieser Bauart haben auf einer Seite eine Füllnut; sie müssen so eingebaut werden, daß diese Seite keine Axialkräfte aufnehmen muß. Spindellager sind hochgenaue Schrägkugellager mit kleinem Druckwinkel (a0 = 15 ... 25°), geringer Reibung und hoher Führungsgenauigkeit, besonders geeignet für Werkzeugmaschinenspindeln. Noch höhere Drehzahlen sind möglich bei Sonderausführungen mit kleineren Stahlkugeln oder Keramikkugeln, d.h. reduzierten Fliehkräften [14.3-1]. Pendelkugellager (mit kugelig ausgebildeter Laufbahn des Außenrings) sind unempfindlich gegen größere Wellendurchbiegung und Fluchtfehler (Winkeleinstellbarkeit je nach Bauform 1,5 ... 3°). Hauptanwendungsgebiete sind Land-, Förder- und Holzbearbeitungsmaschinen, Ventilatoren.
Radial-Rollenlager (Abb. 14.21) Alle hierfür verwendeten Rollen und Nadeln sind nicht rein zylindrisch. Um Spannungsspitzen an den Kanten zu vermeiden, weisen sie ein Profil mit leichter logarithmischer Verjüngung an den Rollenenden auf. Damit erreicht man bei Belastung eine etwa konstante Pressung über der Breite. – Das stirnseitige Profil der Rollen und die Bunde von Innen- und Außenring sind so ausgebildet, daß bei Schiefstellung bis 4¢ und normaler Belastung keine hohen Kantenpressungen auftreten und daß sich auch dann ein hydrodynamischer Schmierfilm ausbilden kann.
592
14 Wälzlager
Abb. 14.21a–i. Radial-Rollenlager. a Zylinderrollenlager unterschiedlicher Bauform (einreihig), b Zylinderrollenlager (zweireihig), c Zylinderrollenlager (vierreihig), d Nadellager, e Nadelhülse, f Nadelkranz, g Pendelrollenlager (einreihig), h Pendelrollenlager (zweireihig), i Kegelrollenlager
– Einreihige Zylinderrollenlager sind zur Aufnahme hoher Radialkräfte und in begrenztem Umfang je nach Ausführung auch für Axialkräfte und hohe Drehzahlen geeignet. Die Ausführungen NU und N ermöglichen eine Längenausdehnung im Lager und werden als Loslager eingesetzt (Auswahl nach Montierbarkeit). Die Bauform NUP und NJ + Winkelring HJ (u.U. aus Montagegründen vorzuziehen) lassen eine gewisse axiale Belastung in beiden, Bauform NJ in einer Richtung, zu (Reibung wegen Gleiten der Wälzkörper an den Borden beachten). – Mehrreihige Zylinderrollenlager haben gleiche Eigenschaften wie die entsprechenden einreihigen, jedoch ist die Tragzahl höher und die Winkeleinstellbarkeit aufgrund der größeren Breite geringer. – Vollrollige Zylinderrollenlager haben keinen Käfig, die Wälzkörper führen sich selber und werden an den Borden geführt; sie zeichnen sich durch besonders hohe Tragzahlen aus, nachteilig ist das hohe Reibmoment und – zunehmend mit der Drehzahl – Verschleiß im Kontakt Rolle/Rolle. – Nadellager gleichen in ihrer Funktion den Zylinderrollenlagern, sie sind breiter und benötigen einen besonders kleinen radialen Einbauraum bei hoher radialer Tragfähigkeit. Die dünnen langen Wälzkörper können nur durch einen Käfig achsparallel und ebenfalls durch den Käfig oder durch Borde der Lagerringe seitlich geführt werden. Die Reibungsverluste dieser Lager sind vergleichsweise hoch (Abschn.14.7.1).Nadellager sind teilbar; sie können nur als Loslager verwendet werden. – Nadelhülsen sind Nadellager, deren Außenring aus einem dünnen Blechmantel besteht, der spanlos hergestellt wird. Die erforderliche radiale Steifigkeit wird erst durch den Einbau in ein Gehäuse mit entsprechender Passung erreicht (Vorteil: noch geringerer radialer Platzbedarf). Die Welle muß die Eigenschaften des Innenringes haben.
14.4 Bauarten
593
– Rollenhülsen sind wie Nadelhülsen aufgebaut. Bezogen auf das Bauvolumen haben sie die höchste Tragfähigkeit aller Rollenlager. Gehäuse und Welle müssen die Eigenschaften von Außen- und Innenring haben. – Tonnenlager werden wie Pendelkugellager eingesetzt, wenn große Winkeleinstellbarkeit gefordert ist. Sie sind teuer in der Herstellung und haben eine geringe axiale Tragfähigkeit. – Pendelrollenlager besitzen eine höhere axiale Tragfähigkeit als Tonnenrollenlager, sie sind mit kegeliger Innenbohrung lieferbar (Montage mit Spannhülse s. Abb. 14.52). Von dieser Bauart gibt es ab Durchmesser d = 55 mm auch geteilte Ausführungen, um die Reparaturzeiten (Austauschzeit) bei langen Wellen zu reduzieren. – Kegelrollenlager werden in der Regel paarweise gegeneinander eingebaut und besitzen eine hohe radiale und axiale Tragfähigkeit. Wegen der kegeligen Form schneiden sich die Momentanachsen von Laufflächen und Wälzkörpern in einem Punkt. Reibungsverluste entstehen daher hauptsächlich durch die Bordkraft FB (Abb. 14.3b). Die Folge ist eine niedrige Drehzahlgrenze. Diese Stelle muß stets gut mit Schmierstoff versorgt sein. Der Käfig hält Innenring und Rollenkranz zusammen, der Außenring kann abgezogen werden.
Axial-Kugel- und -Rollenlager (Abb. 14.22) – Axial-Rillenkugellager können nur rein axiale Kräfte aufnehmen, in einer (einseitig wirkenden) oder in zwei (zweiseitig wirkenden) Richtungen. Fluchtungsfehler können durch Lager mit kugeliger Auflagefläche eines Lagerrings ausgeglichen werden. – Axial-Zylinderrollenlager dienen zur Aufnahme hoher axialer Kräfte bei niedrigen Drehzahlen. Da sich die Momentanachsen nicht in einem Punkt schneiden, treten mit wachsender Drehzahl höhere Reibungsverluste (Bohrreibung) auf. – Axial-Kegelrollenlager ähneln Axial-Zylinderrollenlager; da sich die Momentanachsen schneiden, ist die Reibung jedoch geringer, weil in der Berührfläche kein Zwangsschlupf auftritt. – Axial-Pendelrollenlager eignen sich zur Aufnahme hoher Axialkräfte und können Fluchtungsfehler winkelig ausgleichen. Sie sind, wie alle Pendellager, vergleichsweise teuer.
Abb. 14.22a–h. Axiallager. a Axial-Rillenkugellager (einreihig), b Axial-Rillenkugellager (zweireihig), c Axial-Zylinderrollenlager, d Axial-Kegelrollenlager, e Axial-Pendelrollenlager, f AxialSchrägkugellager (einreihig), g Axial-Schrägkugellager (zweireihig), h Schwenklager
594
14 Wälzlager
Abb. 14.23. Auswahlhilfe für umlaufende Wälzlager
– Axial-Schrägkugellager übertragen die Kräfte unter einem Druckwinkel (meist 60°) von einer Laufbahn auf die andere. Die einreihigen bzw. zweireihigen Lager werden i.allg. im Werkzeugmaschinenbau eingesetzt (Lager höherer Genauigkeit), der paarweise Einbau (X- bzw. O-Anodnung,Abschn. 14.6.2) einreihiger Lager ermöglicht durch definierte Vorspannung eine hohe axiale Steifigkeit und genaue Führung. – Schwenklager können Axial-, Radialkräfte und Kippmomente aufnehmen. Sie werden als Kugel- und Rollenlager mit bis zu mehreren Metern Durchmesser ausgeführt. Anwendung i.allg. im Schwermaschinenbau bei begrenztem Bauraum und hohen Belastungen, wie z.B. zur Abstützung von Bagger und Kran-Aufbauten [14.3-1].
Auswahlhilfe für Radial- und Axiallager (Normalbauformen) s. Abb. 14.23 14.4.2 Sonderbauarten
In zunehmendem Maß kommen Sonderbauarten zum Einsatz, die mehrere Funktionen erfüllen. Beispiele s. Abb. 14.24. – Die Lager sind kostengünstig bei Großserien und auch bei Einzelfertigung von Großbauteilen;
14.4 Bauarten
595
Abb. 14.24a–d. Sonderbauformen. a Radlager eines Pkw [14.3-2], b Spannrolle für PKW-Riementrieb [14.3-1], c Planetenradeinheit [14.3-1], d Nadel-Schrägkugellager [14.3-4]
sie gestatten raumsparende, kompakte, beanspruchungsspezifische Gestaltung. Umlaufende Sonderwälzlager für Großbauteile, Abb. 14.25: – Kugel- und Rollendrehverbindungen (Abb. 14.25a, b) bestehen aus Rollbahnkörpern, die unmittelbar von den betreffenden Maschinenteilen geführt werden. Anwendungen bei Drehkränen, Baggern, LKW-Anhängern, Drehtürmen (z.B. von Windkraftwerken); Außendurchmesser etwa 800 ... 4500 mm. – Drahtkugellager (Abb. 14.25c) sind Vierpunktlager, d.h. jede Kugelreihe weist 4 Rollbahnen auf. Diese bestehen aus Stahldrähten hoher Festigkeit (Härte HB ≈ 400 ... 680), die in entsprechende Führungen aus Stahl, Leichtmetall oder auch Kunststoff eingelegt und unter hoher Belastung eingewalzt sind. Man erreicht eine hohe Laufgenauigkeit und relativ hohe Drehzahlen. Anwendung in Werkzeugmaschinen, Drehsockeln für Antennen und Peilgeräten. Außendurchmesser etwa 800 ... 4500 mm bei einteiligen Führungsringen. Linearführungen: Übersicht s. Abschn. 14.0.2.1.
Abb. 14.25a–c. Drehverbindungen. a Kugeldrehverbindung mit Innenverzahnung (nach Rothe Erde), b Rollendrehverbindung mit Innenverzahnung (FAG), c Drahtkugellager nach Conti [14.3-5]
596
14 Wälzlager
14.4.3 Maße und Bezeichnungen
Die äußeren Abmessungen der Wälzlager sind in DIN 616 festgelegt (die Innenkonstruktion ist herstellerspezifisch). Hiernach werden die Radiallager in mehreren ,,Durchmesserreihen“ hergestellt. Jedem genormten Bohrungsdurchmesser sind mehrere genormte Außendurchmesser zugeordnet. Innerhalb der Durchmesserreihen gibt es wiederum Lager unterschiedlicher Breite, Abb. 14.26. Jedes Wälzlager kann durch ein Kurzzeichen eindeutig beschrieben werden, Abb. 14.27.
14.5 Tragfähigkeit, Dimensionierung Durch die zwischen Wälzkörper und Laufbahn übertragene Druckkraft bildet sich an der belasteten Kontaktstelle eine Abplattung, über der sich eine ungleichmäßige Pressung verteilt, die auch vom Schmierzustand im Kontakt abhängt. Grundlagen der Elastohydrodynamik s. Kap. 13. 14.5.1 Übersicht: Tragfähigkeitsgrenzen, Berechnungsmethoden
Wälzlager unterliegen statischer oder (dynamischer) Ermüdungs- oder einer kombinierten Beanspruchung. Für die Tragfähigkeitsberechnung gelten die in Abschn. 1.4.5.1 ... 1.4.5.3 beschriebenen Grundgedanken und Gesetzmäßigkeiten. – Als statische Belastung bezeichnet man folgende Betriebszustände: Stillstehendes oder langsam schwenkendes Lager, seltene hohe Stöße bei dynamischer Betriebsbelastung; ferner Betrieb bei kleinen Drehzahlen (n < 10 min–1). Die statische Tragfähigkeit wird begrenzt durch zulässige plastische Verformungen, deren Überschreitung zu unzulässigen Schwingungen, Geräuschen, Reibungsverlusten führen würden oder Verlust der Führungsgenauigkeit. – Beispiele für statisch beanspruchte Wälzlager sind: Schiffsruder, Waage, Brückenauflager. Die Berechnung der statischen Tragfähigkeit ist in DIN ISO 76 genormt und wird einheitlich angewandt. – Dynamische Belastung, d.h. auf Materialermüdung beanspruchte, umlaufende Lager sind der Normalfall im Maschinenbau. Die ,,Gebrauchsdauer“ eines Wälzlager, d.h. die Lebensdauer bis zum Ausfall wird begrenzt durch Ermüdung der Laufringe und Wälzkörper (Grübchen) sowie Verschleiß oder Korrosion. Sie kann um so treffsicherer berechnet werden, je genauer die Betriebsverhältnisse bekannt sind und je umfassender sie im Berechnungsansatz berücksichtigt werden. – Man unterscheidet drei Berechnungsmethoden, die sich nach Aufwand und Treffsicherheit unterscheiden. (1) Nominelle Lebensdauer (nominal rating life) nach DIN ISO 281. Für diese einfachste Berechnungsmethode benötigt man nur die für jede La-
14.5 Tragfähigkeit, Dimensionierung
597
Abb. 14.26. Wälzlager-Maßreihen
Beispiel: Zylinderrollenlager Bauform NU der Maßreihe 23 (Breitenreihe 2, Durchmesserreihe 3); Lagerbohrung 45 mm (09 ¥ 5 = 45); verstärkte Ausführung (E) mit Messing-Massivkäfig am Außenring geführt (MA) und Lagerluft C3. NU 23 allg.:
Vorsetzzeichen
Lagerreihe
09 Bohrungskennzeichen
E.MA.C3 Nachsetzzeichen
Auswahl einiger Nachsetzzeichen für: Außenmaße und äußere Form:
Abdichtung:
K – Lager mit kegeliger Bohrung (Kegel 1 : 12) N – Lager mit Ringnut im Außenring NR – Lager mit Ringnut u. Sprengring
ZR, 2ZR – Lager mit einer bzw. zwei Deckscheiben RSR, 2RSR – Lager mit einer bzw. zwei Dichtscheiben
Käfigwerkstoffe:
J Y M F L T,TV
– – – – – –
Käfig aus Stahlblech Käfig aus Messingblech Massivkäfig aus Messing Massivkäfig aus Stahl Massivkäfig aus Leichtmetall Massivkäfig aus Kunststoff mit Gewebeeinlage oder aus glasfaserverstärktem Polyamid
Maß- u. Laufgenauigkeit: P0 (PN) P6 P5 P4 P2
– – – – –
Normaltoleranzklasse (wird nicht angegeben) genauer als P0 genauer als P6 genauer als P5 genauer als P4
Lagerluft: Abb. 14.13 Genauigkeit und Lagerluft: Beispiel: P63 = P6 + C3 (s.o.) maßstabilisierte Lager: Abb. 14.15 Abb. 14.27. Aufbau der Wälzlager-Kurzzeichen
598
14 Wälzlager
gerart und Größe bekannte Tragzahl C (für ,,normale“ Ausfallwahrscheinlichkeit von 10%) sowie Belastung und Drehzahl. – Weitere Einflüsse auf die Lebensdauer, wie Schmierstoff, Schmierfilmdicke, Verunreinigungen sind für ,,normale“ Anforderungen in der Tragzahl enthalten. Das Verfahren eignet sich also für die erste, überschlägige Berechnung und wenn die Betriebsbedingungen im Erfahrungsbereich liegen, aber nicht genauer spezifiziert sind. (2) Angepaßte nominelle Lebensdauer (adjusted rating life) nach DIN ISO 281. Diese erweiterte Berechnungsmethode gestattet auch den Einfluß einer anderen Ausfallwahrscheinlichkeit (Abschn. 14.5.3.1), der Werkstoffqualität sowie der Lagerschmierung zu berücksichtigen. – Die Grenzwerte basieren auf der Annahme einer ,,normalen“ Sauberkeit, wie bei der Berechnungsmethode nach (1). (3) Modifizierte Lebensdauer (modified rating life). In DIN ISO 281 ist das Prinzip für ein neues Verfahren festgelegt; es basiert auf einer Ermüdungsgrenzbelastung Pu (Hertzsche Pressung ca. 1500 N/mm2 für normale Wälzlagerstähle). Man geht davon aus, daß die Wälzkörper dann (bei günstigen Schmierbedingungen) durch einen Schmierfilm getrennt sind und keine Ermüdungsschäden auftreten. Über die Einflüsse in der Methode nach (2) hinaus kann der Einfluß der Verunreinigungen quantitativ berücksichtigt werden. Hinweise: a) Wie in Abschn. 1.4.5.3(4) erläutert, ist stets zu prüfen, ob zusätzlich zur Lebensdauerberechnung nach Methode (1), (2) und (3) ein statischer Festigkeitsnachweis für im Lastkollektiv enthaltene Belastungsspitzen erforderlich ist. b) In Abschn. 14.5.4 wird die dynamische Tragfähigkeit nach Methode (1) bis (3) behandelt, z.T. – um sie handhabbar zu machen – in vereinfachter Form. Damit kann der Konstrukteur die Wälzlager dimensionieren. – Wenn ausreichende Betriebserfahrungen mit vergleichbaren Lagerungen fehlen und in kritischen Fällen sollte er den so konzipierten Entwurf zweckmäßigerweise der technischen Beratung des Wälzlagerherstellers zur Prüfung vorlegen. Hier stehen die ausführlichen Berechnungsmethoden in Form von Rechenprogrammen zur Verfügung. c) Neuere Ansätze basieren auf der Berechnung der lagerinternen Hertzschen Pressungen der Laufbahnen und Wälzkörper einerseits und der Lebensdauer auf der Basis der inneren Lastkollektive aus der Gesamtheit der Hertzschen Pressungen nach den Regeln der Betriebsfestigkeitslehre andererseits [14.3-11]. 14.5.2 Statische Tragfähigkeit
a) Grundlagen Für die meisten statisch belasteten Lager wird eine plastische Verformung im höchst belasteten Wälzkontakt von d b ≈ 0,01% des Wälzkörperdurchmessers Dw als zulässig angesehen. Eine solche Verformung erfüllt i.allg. die oben genannten Bedingungen. – Dem Grenzwert d b entspricht eine zulässige Hertzsche Pressung pHzul , die in erster Linie von der Lagergeo-
14.5 Tragfähigkeit, Dimensionierung
599
metrie (Punkt- oder Linienberührung, Schmiegung) abhängig ist. Hertzsche Pressung s. Abschn. 13.3. Nach [14.3-1] kann man ansetzen: Pendel- und Schulterkugellager: pHzul = 4600 N/mm2, Kugellager: pHzul = 4200 N/mm2, Rollenlager: pHzul = 4000 N/mm2. Hieraus ergibt sich die statische Tragzahl C0 eines Lagers, d.h. die Belastung, bei der die maximale Hertzsche Pressung pH gleich der zulässigen Pressung pHzul ist. Diese Tragzahl hängt auch vom Betriebsspiel und der davon beeinflußten Lastverteilung auf die Wälzkörper ab. Für Lager mit normalem Spiel und einem Verhältnis Wälzkörperdurchmesser zu mittlerem Laufbahndurchmesser von Dw/dm ≈ 0,2 kann man ansetzen: – für Kugellager: C0 = 14 · i · z · D2w cos a0 ,
(14.4)*
– für Rollenlager: C0 = 35 · i · z · Dw · leff · cos a0 .
(14.5)*
Zahlenwerte sind in den Katalogen der Wälzlagerhersteller angegeben. Für Radiallager, die zusätzlich axial belastet sind, definiert man eine statisch-äquivalente Belastung. Dies ist diejenige rein radiale Belastung, die die gleiche Hertzsche Pressung in der höchstbelasteten Berührstelle zwischen Wälzkörper und Laufbahn ergibt, wie die tatsächliche Belastungs-Kombination. Für Radiallager gilt: P0 = X0 · Fr + Y0 · Fa .
(14.6)
Radialfaktor X0 und Axialfaktor Y0 s. Abb. 14.28. Für Axiallager, die zusätzlich radial belastet sind, definiert man sinngemäß eine statisch äquivalente Belastung, die einer rein axialen, zentrisch wirkenden Belastung gleichwertig ist. – Für Axiallager mit 45° < a0 < 90° und Fr < 0,44 · Fa · cot a0 gilt: P0a = Fa + 2,3 Fr · tan a0 .
(14.7)
b) Dimensionierung Das Verhältnis von statischer Tragzahl C0 und statisch äquivalenter Belastung P0 wird als statische Kennzahl fs bezeichnet und entspricht einer Sicherheit gegen die oben spezifizierte örtliche plastische Verformung: C fs = 40 P0 Anhaltswerte für fs s. Abb. 14.29.
(14.8)
600
14 Wälzlager einreihig 1)
Lagerbauart
zweireihig
X0
Y0
X0
Y0
0,6
0,5
0,6
0,5
a 0 = 20°
0,5
0,42
1
0,84
a 0 = 25°
0,5
0,38
1
0,76
a 0 = 30°
0,5
0,33
1
0,66
a 0 = 35°
0,5
0,29
1
0,58
a 0 = 40°
0,5
0,26
1
0,52
Radial-Pendelkugellager
0,5
0,22 cot a 0
1
0,44 cot a 0
Radial-Pendelrollenlager
0,5
0,22 cot a 0
1
0,44 cot a 0
Radial-Kegelrollenlager
0,5
0,22 cot a 0
1
0,44 cot a 0
Radial-Rillenkugellager 1)
Radial-Schrägkugellager 2)
1) Es
muß stets P0 ≥ Fr sein. 2) Für gleichgroße einreihige Schrägkugellager in X- und O-Anordnung sind die Werte für zweireihige Lager einzusetzen, für Lager in Tandem-Anordnung (nicht angestellt) dagegen die Werte für einreihige Lager. Abb. 14.28. Radialfaktor X0 und Axialfaktor Y0 für statisch beanspruchte Radiallager
Betriebsweise
Umlaufende Lager
Nicht umlaufende Lager
Anforderungen an die Laufruhe gering normal Kugellager
Anwendung
hoch
Rollenlager
Kugellager
Rollenlager
Kugellager
Rollenlager
Kugellager
Rollenlager
ruhig erschütterungsfrei 0,5 normal 0,5
1 1
1 1
1,5 1,5
2 2
3 3,5
0,4 0,5
0,8 1
Lenkkopflager bei Motorrädern, Waagen
stark stoßbelastet 1)
2,5
1,5
3
2
4
1
2
Axiallager von Stoßdämpfern
1,5
Für Axial-Pendelrollenlager sollte f s 4 sein. 1) Bei
Stoßbelastungen nicht näher bekannter Größe sind mindestens die angegebenen Werte in die Formel einzusetzen. Wenn sich die Stoßbelastungen genauer bestimmen lassen, können diese Anhaltswerte auch unterschritten werden. Für fs = 2 ergibt sich eine plastische Verformung von d b/Dw ª 0,003%.
Abb. 14.29. Anhaltswerte für die statische Tragsicherheit fs [14.3-8]
14.5 Tragfähigkeit, Dimensionierung
601
14.5.3 Einflußgrößen für die dynamische Tragfähigkeit 14.5.3.1 Grundlagen
An oder unter den Laufflächen können nach einer bestimmten Betriebsdauer, d.h. Anzahl von Schwingspielen, Ermüdungserscheinungen entstehen, die meist von Schwachstellen oder Inhomogenitäten des Werkstoffs oder von Eindrückungen überrollter Feststoffpartikel ausgehen. Da es sich hierbei um zufällig auftretende Schwachstellen handelt, kann man die Zahl der ertragbaren Schwingspiele nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angeben. Die bei einer bestimmten Belastung schadfrei ertragene Umdrehungszahl (Lebensdauer) wird für eine Anzahl von gleichartigen Lagern im Versuch ermittelt und statistisch ausgewertet [14.3-2]. Bei der klassischen Berechnungsmethode (DIN ISO 281) wird davon ausgegangen, daß jede Überrollung – auch bei kleinerer Belastung – zur Ermüdung beiträgt (Palmgren-Miner-Regel, Abschn. 21.5.1 [14.3-3]). Inzwischen hat man festgestellt, daß unter günstigen Bedingungen auch eine Dauerfestigkeit existiert, Kap. 3. Dies kann durch einen erweiterten Berechnungsansatz berücksichtigt werden. Abbildung 14.30a zeigt als Beispiel, welche Laufdauer 30 gleiche Lager bei gleicher Belastung und Drehzahl bis zum Lagerausfall erreichen. In Abb. 14.30b sind dieselben Ergebnisse in Form einer Ausfallwahrscheinlichkeit in einem Weibull-Netz dargestellt. Hieraus kann man für jede Schwingspielzahl die Ausfallwahrscheinlichkeit (= Schadenswahrscheinlichkeit, Abschn. 21.8.1 [14.3-3]) des Lagers ablesen. – Eine nominelle Lebensdauer L10 wurde als Grundlage für die Tragfähigkeitsberechnung festgelegt; dies ist die Anzahl Umdrehungen, die 90%
Abb. 14.30a, b. Lebensdauer-Versuchsergebnisse von 30 Rillenkugellagern 6309 [14.3-1]. a Streuung, b Darstellung im Weibull-Netz
602
14 Wälzlager
Abb. 14.31. Wöhlerlinie für 10% Ausfallwahrscheinlichkeit
einer genügend großen Menge nominell gleicher Lager erreichen oder überschreiten, bevor die ersten Anzeichen einer Werkstoffermüdung auftreten. Mit anderen Worten: Ein solches Lager hat eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 10%; mit 90% Wahrscheinlichkeit ist die Lebensdauer größer als L10 . Abbildung 14.31 zeigt, wie sich hieraus eine Wöhlerlinie (Kap. 3) ableiten läßt, s. auch Abschn. 14.5.4.1. – Die Gebrauchsdauer eines Wälzlagers kann die nominelle Lebensdauer beträchtlich übersteigen, wenn man erste kleine Grübchen bei geringer Beeinträchtigung von Laufruhe und Reibungsarmut toleriert. Voraussetzung sind ausreichende Schmierung und Sauberkeit sowie eine im Versuch nachgewiesene Lebensdauer >> L10 . – Die dynamische Tragzahl C für Radiallager (bzw. Ca für Axiallager) ist ein Maß für die dynamische Tragfähigkeit: die radiale (bzw. axiale), zentrisch wirkende Belastung unveränderlicher Größe und Richtung, bei der eine große Menge offensichtlich gleicher Lager eine nominelle Lebensdauer L10 erreicht oder überschreitet bevor Anzeichen einer Werkstoffermüdung auftreten. Die dynamische Tragzahl ist abhängig von Wälzkörperdurchmesser und -länge (Rollenlager), Druckwinkel, Schmiegungsverhältnissen und Zahl der Wälzkörper. Aus zahlreichen Versuchen konnten empirische Gleichungen zur Berechnung der dynamischen Tragzahl abgeleitet werden. Zahlenwerte sind in den Katalogen der Wälzlagerhersteller angegeben. Beispiele für entsprechende Kennlinien s. Abb. 14.32. 14.5.3.2 Konstante Lagerbelastung und -drehzahl
Auch dynamisch belastete Radiallager werden häufig zusätzlich axial belastet, dynamisch belastete Axiallager zusätzlich radial. Andere Lagerbauarten sind stets gleichzeitig radial und axial belastet. a) Radial- und Axiallager Entsprechend der Definition der statischen Tragfähigkeit, Abschn. 14.5.1, 14.5.2, benutzt man für die Berechnung der dynamischen Tragfähigkeit
14.5 Tragfähigkeit, Dimensionierung
603
Abb. 14.32. Dynamische Tragzahl C verschiedener Wälzlager
eine dynamisch äquivalente Belastung P für Radiallager (Pa für Axiallager). Dies ist diejenige rein radiale (axiale, zentrisch wirkende) Belastung konstanter Größe und Richtung, welche für das Lager die gleiche Lebensdauer ergibt, wie die tatsächliche Belastungs-Kombination: – für Radiallager: P = X · Fr + Y · Fa ,
(14.9)
– für Axiallager mit a < 90°: Pa = Xa · Fr + Ya · Fa .
(14.10)
Die Werte X, Xa,Y,Ya sind abhängig vom Verhältnis Axialkraft/Radialkraft, Bauart und Lagerspiel. Sie wurden experimentell ermittelt. Faktoren für gebräuchliche Radiallager s. Abb. 14.33. Werte für andere Verhältnisse s. Wälzlagerkataloge (z.B. [14.3-4], [14.3-7], [14.3-8]). Bei allen Radiallagern – außer Zylinderrollen- und Nadellagern – hat ein geringer Axiallastanteil eine Minderung der Wälzkörperbeanspruchung zur Folge, da hierdurch mehr Wälzkörper an der Aufnahme der Radiallast beteiligt sind. Erst oberhalb eines bestimmten Betrags e = Fa/Fr führt eine höhere Axialkraft auch zu einer höheren Wälzkörperbeanspruchung. Durch die Berechnung wird dieser Verlauf angenähert, Abb. 14.34. b) Vierpunktlager, Schrägkugellager, Kegelrollenlager Bei Vierpunktlagern und Schrägkugellagern muß stets eine Axialkraft Fa ≥ 1,22 Fr · tana wirken, um eine Radialkraft Fr aufnehmen zu können, für Kegelrollenlager gilt Fa ≥ 1,26 Fr · tan a. Andernfalls tragen weniger als die Hälfte aller Wälzkörper und die dynamische Belastung steigt wieder an. c) Angestellte Lager Bei einreihigen Schrägkugellagern und Kegelrollenlagern ist ferner zu beachten, daß bei radialer Belastung wegen der Neigung der Laufbahnen
604
14 Wälzlager
Relative Axiallast f0 2) · Fa 03 bei c0 Lagerart
e
Fa 5>e Fr
Fa 5 e Fr X
Y
X
Y
Rillenkugellager normale Lagerluft, C 0)
0,3 0,5 0,9 1,6 3,0 6,0
0,22 0,24 0,28 0,32 0,36 0,43
1 1 1 1 1 1
0 0 0 0 0 0
0,56 0,56 0,56 0,56 0,56 0,56
2,0 1,8 1,6 1,4 1,2 1
Schrägkugellager a0 = 5°
0,3 0,5 0,9 1,6 3,0 6,0
0,26 0,29 0,33 0,38 0,43 0,50
1 1 1 1 1 1
0 0 0 0 0 0
0,56 0,56 0,56 0,56 0,56 0,56
2,0 1,8 1,6 1,4 1,2 1,0
Schrägkugellager 1)
a0 = 20° a0 = 25° a0 = 30° a0 = 35° a0 = 40° a0 = 45°
0,57 0,68 0,80 0,95 1,14 1,34
1 (1) 1 (1) 1 (1) 1 (1) 1 (1) 1 (1)
0 (1,09) 0 (0,92) 0 (0,78) 0 (0,66) 0 (0,55) 0 (0,47)
0,43 (0,7) 0,41 (0,67) 0,39 (0,63) 0,37 (0,6) 0,35 (0,57) 0,33 (0,54)
1 (1,63) 0,87 (1,41) 0,76 (1,24) 0,66 (1,07) 0,57 (0,93) 0,50 (0,81)
Pendelkugellager 1)
1,5 · tan a0
1
0,42 · cot a0
0,65
0,65 · cot a0
Schulterkugellager
0,20
1
0
0,50
2,5
Pendelrollenlager 1)
1,5 · tan a0
1
0,45 · cot a0
0,67
0,67 · cot a0
Kegelrollenlager
1,5 · tan a0
1
0
0,40
0,4 · cot a0
1) zweireihige
Lager (Klammerwerte gelten ebenfalls für zweireihige Lager). 14, Rollenlager: f0 ª 35, Pendel- und Schulterkugellager: f0 ª 2,5. Genauere Angaben s. z.B. [14.3-1].
2) Anhaltswerte für f ; Rillen- und Schrägkugellager: f ª 0 0
Abb. 14.33. Radialfaktor X und Axialfaktor Y für dynamisch beanspruchte Radiallager [14.3-1], [14.3-7] (ohne Bemerkung: einreihige Lager)
(a π 0) eine in Achsrichtung wirkende Reaktionskraft (Abb. 14.11) entsteht, die von einem zweiten Lager aufgenommen werden muß. Die Größe der axialen Reaktionskräfte FaA und FaB und die Geometrie beider Lager führen zu einer inneren Axialbelastung, die zusammen mit der äußeren Axialkraft Ka bei der Berechnung der äquivalenten Belastung berücksichtigt werden muß, Abb. 14.35. d) Axial belastete Radial-Rollenlager Die axiale Tragfähigkeit ist am höchsten – wie in Abschn. 14.4.1 erläutert – wenn Wälzkörper und Bord durch einen hydrodynamischen Schmierfilm getrennt sind. Diese Bedingungen hängen von der Gestalt der Kon-
14.5 Tragfähigkeit, Dimensionierung
605
Abb. 14.34a–c. Beanspruchung der Wälzkörper. a reine Radialbelastung Fr , b überlagerte (kleine) Axialkraft Fa , d.h. für Fa/Fr < e; c Dynamisch äquivalente Belastung von einreihigen Schrägkugellagern mit a 0 7 40° [14.3-1]
Fall Belastungsverhältnisse
äußere Axialkraft
resultierende Axialkraft Fa Lager A Lager B
1
FrA/YA ≤ FrB/YB
Ka ≥ 0
Fa = Ka + 0,5 FrB/YB
Fa = 0,5 FrB/YB
2
FrA/YA > FrB/YB
Ka > 0,5 · (FrA/YA – FrB/YB)
Fa = Ka + 0,5 FrB/YB
Fa = 0,5 FrB/YB
3
FrA/YA > FrB/YB
Ka ≤ 0,5 · (FrA/YA – FrB/YB)
Fa = 0,5 FrA/YA
Fa = 0,5 FrA/YA – Ka
Abb. 14.35. Berechnung der resultierenden Axialkräfte FaA und FaB bei angestellter Lagerung. Das Lager, das die äußere Axialkraft Ka aufnimmt wird mit A, das Gegenlager mit B bezeichnet
taktfläche, der Axialkraft, der Geschwindigkeit und der Betriebsviskosität des Schmierstoffs ab (s. auch Kap. 15). In [14.3-1] wird hierfür eine Gebrauchsformel für die hydrodynamische Grenzbelastung angegeben: FaH =
f b ◊ d m ◊ n ◊ n ◊ (D2 – d 2 ) , 7
(14.11)*
mit n kinematische Viskosität bei Betriebstemperatur, fb = 0,0048 für Lager mit Käfig, fb = 0,0061 für vollrollige Lager.
606
14 Wälzlager Fa/Fr ≤ A 哭 P = Fr 0,4 ≥ Fa/Fr > A 哭 P = B · Fr + E · FA
Faktoren A, B, E: Maßreihen
A
B
E
19, 10, 2, 3, 4
0,11
0,93
0,69
22, 23, 29
0,17
0,93
0,45
30
0,23
0,93
0,33
50
0,08
0,96
0,5
Abb. 14.36. Berechnung der dynamisch äquivalenten Lagerbelastung P axial belasteter Radial-Rollenlager [14.3-1]
Wird die hydrodynamische Grenzbelastung überschritten, tritt Mischreibung auf, die zu Freßerscheinungen oder abrasivem Verschleiß führen kann. Die Grenzbelastung ergibt sich im übrigen aus der geforderten Lebensdauer und durch das zulässige Belastungsverhältnis Fa/Fr ≤ 0,4. Die dynamisch äquivalente Belastung P und damit die Lebensdauer wird bei axial belasteten Radial-Rollenlagern ähnlich wie bei Kugellagern bestimmt, Abb. 14.36; die Faktoren zur Bewertung der Radial- und Axialkraftanteile wurden experimentell bestimmt. 14.5.3.3 Veränderliche Lagerbelastung und -drehzahl
Wie in Abschn. 1.4.5.1 erläutert, wird man bei der Berechnung unterschiedlich verfahren, je nachdem wie genau die Betriebsverhältnisse – hier die Lagerbelastungen und Drehzahl – bekannt sind. a) Ein Lastkollektiv nach Abb. 14.37 steht zur Verfügung: Für diesen Fall berechnet man eine äquivalente, konstante Lagerkraft P bei einer mittleren Drehzahl, die rechnerisch die gleiche Lebensdauer ergibt wie das tatsächlich auftretende Lastkollektiv; s. a. Abschn. 1.4.5.2(1) und [14.3-3]. PP== 3 P13 ◊
n1 q1 n q ◊ + P3 ◊ 2 ◊ 2 + . . . , n m 100 2 n m 100
(14.12)
mit Bezeichnungen nach Abb. 14.37 und mittlerer Drehzahl: n m = n1 ◊
q1 q + n2 ◊ 2 + . . . . 100 100
(14.13)
Nach den Erläuterungen zu (14.17) gilt der Exponent 3 in (14.12) für Kugellager, näherungsweise setzt man hier für Rollenlager ebenfalls 3.
14.5 Tragfähigkeit, Dimensionierung
Abb. 14.37. Lastkollektiv mit Zeitanteilen unterschiedlicher Belastung und Drehzahl [14.3-7]
607
Abb. 14.38. Lastkollektiv mit veränderlicher Belastung und konstanter Drehzahl [14.3-7]
b) Bei einem Lastkollektiv nach Abb. 14.38 und konstanter Drehzahl ergibt sich entsprechend: P=
Pmin + 2Pmax . 3
(14.14)
c) Lastkollektiv mit periodisch veränderlicher Belastung. Setzt sich die Lagerbelastung wie in Abb. 14.39 aus einer stillstehenden Kraft P1 (z.B. dem Gewicht eines Rotors) und einer umlaufenden Kraft P2 (z.B. einer Unwucht) zusammen, so ergibt sich für P1 > P2 näherungsweise [14.3-1]: P = P1 · [1 + 0,5 (P2/P1)2] .
(14.15)
d) Wenn kein Lastkollektiv zur Verfügung steht, berechnet man die äquivalente konstante Lagerkraft wie folgt: P = Feq = FN · KA .
Abb. 14.39. Überlagerung von stillstehender, nach Größe und Richtung konstanter Belastung P1 und umlaufender konstanter Belastung P2 [14.3-8]
(14.16)
608
14 Wälzlager
Anwendung
KA
Bezugswert
Bemerkung
PKW, Bus, Motorrad
1,3
Kombiwagen, Zugmaschine, LKW
1,5
statische Achszapfenbelastung, mittlere Geschwindigkeit
KA ¥ Faktor m für Bodenhaftung Lenkbare Räder m = 0,6 nicht lenkbare Räder m = 0,35
LKW geländegängig, Ackerschlepper
1,5 . . . 1,7
Kfz-Getriebe
– s. [14.3-3]
Kfz-Radlager
schmutzgeschützt
Schienenfahrzeuge – Radlager Abraumwagen, Förderwagen, Hüttenbetriebswagen
1,2 . . . 1,4
Hüttenbetriebswagen
1,2 . . . 1,5
Lok
1,3 . . . 1,8
Statische Achslast, Höchstgeschwindigkeit
abhängig von Betriebsart, Gleisoberbau
Baumaschinen Planierraupen, Lader, Bagger
1,1 . . . 1,3
mittleres Moment des hydrostatischen Antriebs, mittlere Drehzahl Fliehkraft ¥ KA
Vibrationsgeräte Elektromotoren stationäre Maschinen
1,5 . . . 2
Fahrmotoren
1,5 . . . 2,5
Nenndrehzahl
Rotorgewicht ¥ KA, bei Ritzelantrieb Beanspruchungskollektiv
Abb. 14.40. Anwendungsfaktoren für Wälzlager nach Katalogangaben der Wälzlagerhersteller (weitere Angaben s. deren Kataloge)
P (Zeichen nach ISO) entspricht der äquivalenten Kraft Feq nach Abschn. 1.4.5.3, mit Anwendungsfaktoren KA aus Tabellen, wie in Abschn. 1.4.5.3 (2) erläutert. Dort sind Anwendungsfaktoren KA für Zahnradgetriebe angegeben, die man näherungsweise auch für die Lagerberechnung benutzen kann. Bei Zahnradgetrieben wirken ferner anteilig die inneren dynamischen Zusatzkräfte auf die Lager. Anstelle von P nach (14.12) … (14.16) berechnet man vereinfacht die Lebensdauer mit P · KA · Kv; Dynamikfaktor Kv s. Abschn. 21.5.7 [14.3-3]. Für andere Anwendungsgebiete sind in Abb. 14.40 Erfahrungswerte nach Angaben der Wälzlagerhersteller und die Bezugswerte (Nennkraft, -moment und -drehzahl) zusammengestellt.
14.5 Tragfähigkeit, Dimensionierung
609
14.5.3.4 Tragfähigkeit bei besonderen Betriebszuständen
a) Hohe Betriebstemperatur: Bei höheren Temperaturen nimmt die dynamische Tragfähigkeit ab. Man berücksichtigt dies bei der Berechnung durch den Temperaturfaktor ft , mit dem die Tragzahl C multipliziert wird, Abb. 14.41 2. – Für Temperaturen über 125°C verwendet man u.U. spezielle warmfeste Wälzlager; diese werden einer besonderen Wärmebehandlung unterzogen (maßstabilisiert). Dabei ist stets zu prüfen, ob Schmierstoff, Dichtungen und Käfige den Anforderungen entsprechen. b) Mindestbelastung: Bei niedriger Belastung – z.B. im Probelauf mit reduzierter Belastung – kann Schlupf auftreten, der zu Verschleiß und Grauflecken (micro pitting) führen kann. Als Richtwerte für P/C werden empfohlen: für Kugellager 0,01, für Rollenlager 0,02, für vollrollige Lager 0,04; s. hierzu die Angaben in den Tabellen der Wälzlagerkataloge. – Kritische Zustände sind insbesondere bei hohen Beschleunigungen und Drehzahlen oberhalb 75% der in den Lagertabellen angegebenen Bezugsdrehzahlen zu erwarten; s. Abschn. 14.5.5. c) Überdimensionierung: Größere Lager als nach Berechnung erforderlich haben keinesfalls eine höhere Sicherheit. Solche Lager sind durch Schlupf gefährdet mit den in Abschn. b) beschriebenen Folgeschäden. d) Unbelastete Lager: In Werkshallen (als Ersatzmaschinen) oder in Transport-Fahrzeugen gelagerte Maschinen können Fundamentschwingungen ausgesetzt sein. Die Schwingungskräfte in den (stillstehenden) Lagern können – infolge Mikrobewegungen – zu Verschleiß in den unbelasteten, federnden Kontaktflächen der Laufbahnen und Wälzkörpern führen. Ggf. muß man die Lager durch Abstützungen entlasten.
Betriebstemperatur
≤ 100 °C ≤ 150 °C 200 °C 250 °C
Temperaturfaktor f t 100 Cr 6
M50
1,00 0,75 0,50 –
1,00 0,85 0,75 0,60
Abb. 14.41. Temperaturfaktor ft , abgeschätzt nach neueren Untersuchungen [14.3-10]
14.5.4 Berechnung der dynamischen Tragfähigkeit
Grundgedanken, Bewertung und Anwendungsbereich der Berechnungsmethoden s. Abschn. 14.5.1.
2
ft muß wesentlich niedriger angesetzt werden, als bisher üblich.
610
14 Wälzlager
14.5.4.1 Nominelle Lebensdauer (nominal rating life) nach DIN ISO 281
Besonderheiten und Möglichkeiten dieser Berechnungsmethode s. Abschn. 14.5.1(1). Grundlage der Berechnung ist die nominelle Lebensdauer L10 nach Abschn. 14.5.3.1. Nach Versuchen ist: L10 = L = (C/P)a [106 Umdrehungen] ,
(14.17)
mit dynamischer Tragzahl C nach Abschn. 14.5.3.1, dynamisch äquivalente Belastung P nach Abschn. 14.5.3.2, a Steigung der Wöhlerlinie in Abb. 14.31. Für mittlere Betriebsbedingungen gilt: a = 3 für Kugellager und a = 10/3 für Rollenlager. So erreicht man z.B. bei der halben Belastung (Tragsicherheit C/P = 2) eine achtfache (Kugellager) bzw. 10-fache Lebensdauer (Rollenlager); bzw. in Stunden: L h 10 =
L10 ◊ 106 [h]. n ◊ 60
(14.18)*
Falls eigene Erfahrungen fehlen, können Erfahrungswerte für die erforderliche nominelle Lebensdauer aus Abb. 14.42 entnommen werden.
Abb. 14.42. Erfahrungswerte für die nominelle Lebensdauer von Wälzlagern [14.3-4]
611
14.5 Tragfähigkeit, Dimensionierung
14.5.4.2 Angepaßte nominelle Lebensdauer (adjusted rating life) nach DIN ISO 281
Besonderheiten und Möglichkeiten dieser Berechnungsmethode s. Abschn. 14.5.1(2). Wenn die dort genannten Einflüsse genauer bekannt sind, kann man diese wirklichkeitsnähere Lebensdauer bestimmen. a) Für konstante Betriebsbedingungen: Lna = a1 · a23 · L10 ,
(14.19)
mit nomineller Lebensdauer L10 nach (14.17). Der Wert für den Index n gibt die für die Berechnung zugrunde gelegte Ausfallwahrscheinlichkeit an. – Der Faktor a1 berücksichtigt die geforderte Ausfallwahrscheinlichkeit: s. Abb. 14.43 für Anwendungen, bei denen 10% zu groß ist, Abschn. 14.5.3.1. Beispiele: Lebensgefahr bei Ausfall, schwierige Ersatzbeschaffung, hohe Kosten bzw. Folgekosten bei Ausfall. – Der Faktor a23 berücksichtigt die Einflüsse der Werkstoffeigenschaften und Schmierbedingungen: Wegen der Wechselwirkung von Werkstoff und Schmierbedingungen werden beide Einflüsse mit einem gemeinsamen Faktor erfaßt. Der in a23 enthaltene Anteil a2 berücksichtigt die Eigenschaften von Werkstoff und Wärmebehandlung. Besonders reine, z.B. vakuumentgaste Stähle erhöhen die Lebensdauer, dann ist a2 > 1. Für handelsübliche Wälzlager wird heute ausreichend hochwertiger Stahl verwendet, so daß hierfür a2 = 1 angesetzt werden kann. Der Anteil a3 berücksichtigt die Betriebsbedingungen, vor allem den Schmierungszustand im Wälzkontakt, d.h. ob und mit welchem Anteil hier ein trennender Schmierfilm vorliegt. a3 gilt unter der Voraussetzung normaler Sauberkeit des Schmierstoffs und wirksamer Abdichtung. Das Kurzverfahren zur Bestimmung von a23 berücksichtigt die wichtigsten Einflüsse. Zweckmäßigerweise geht man schrittweise wie folgt vor: 1. Aus der Nennviskosität des gewählten oder vorgegebenen Schmierstoffs (bei Fett des Grundöls) und der Betriebstemperatur wird mit Abb. 14.44a die kinematische Betriebsviskosität n bestimmt. – Empfehlungen zur Schmierstoffwahl s. Abschn. 14.3.3. 2. Die bei Betriebstemperatur für ausreichende Schmierfilmbildung erforderliche kinematische Bezugsviskosität n1 im Schmierspalt hängt ab von Lagerart, -größe, -belastung und -drehzahl. Sie kann näherungsweise (für die Haupteinflußfaktoren Größe und Drehzahl) aus Abb. 14.44b entnommen werden.
Ausfallwahr10 scheinlichkeit [%]
5
4
3
2
1
Ermüdungslaufzeit
L10
L5
L4
L3
L2
L1
Faktor a1
1
0,62
0,53
0,44
0,33
0,21
Abb. 14.43. Faktor a1 für die Ausfallwahrscheinlichkeit [14.3-7]
612
14 Wälzlager
Abb. 14.44. a Betriebsviskosität n (aus Viskositäts-Temperatur-Verhalten von Mineralölen), b Bezugsviskosität n1 [14.3-7]
3. Damit ergibt sich das Viskositätsverhältnis k :
k = n/n1 .
(14.20)
k ist ein Maß für die hydrodynamische Schmierfilmdicke. Hiernach kann man grob drei Betriebszustände unterscheiden: k < 0,4 Grenzschichtreibung (wegen Festkörperberührung dominiert der Verschleiß, Additive haben hier einen starken Einfluß), 0,4 < k < 4 Mischreibung (hier liegt teilweise metallische Berührung vor, Additive haben einen anteiligen Einfluß), k > 4 die Oberflächen sind hier vollständig durch den Schmierfilm getrennt (Schmierfilmdicke h > 2 · Oberflächenrauheit Ra , Additive haben keinen Einfluß). 4. Der Faktor a23 kann aus Abb. 14.45 abgelesen werden. Die ausgezogene Linie gilt für Schmierung mit Mineralöl oder Mineralöl mit ,,unschädlichen“ Zusätzen, die die Lebensdauer nicht mindern. Durch geeignete EP-Zusätze können höhere Werte für a23 (im Rasterfeld) erreicht werden, die obere Grenze bei optimalen EP-Zusätzen, wenn deren Wirksamkeit nachgewiesen wurde. 5. Damit erhält man die nominelle Lebensdauer nach (14.19). b) Für veränderliche Betriebsbedingungen: Wenn sich die Einflußgrößen für die Lebensdauer ändern (z.B. Belastung, Drehzahl, Temperatur, Schmierstoff, Sauberkeit), so bestimmt man für jede Wirkungsdauer q in % mit den betreffenden Bedingungen die anteili-
14.5 Tragfähigkeit, Dimensionierung
613
Abb. 14.45. Faktor a23 für Einfluß von Werkstoff und Schmierungsbedingungen [14.3-8]
ge modifizierte Lebensdauer (Lhna,1 , Lhna,2 , ...) und errechnet wie folgt die Gesamtlebensdauer: L hna =
100 . q1 q + 2 ... L hna,1 L hna, 2
(14.21)
c) Grenzen der angepaßten nominellen Lebensdauerberechnung nach DIN ISO 281. Das Verfahren basiert auf der Werkstoffermüdung als Ausfallursache. Es ist nur aussagefähig, wenn die Gebrauchsdauer nicht durch Verschleiß oder Versagen des Schmierstoffs bedingt ist. – Die Bestimmung der Einflußfaktoren ist nicht genormt, Angaben der Hersteller sind zu beachten. 14.5.4.3 Modifizierte Lebensdauer (modified rating life) nach dem Prinzip von ISO 281
Grundgedanken dieser neuen Berechnungsmethode s. Abschn. 14.5.1(3). Nur wenn die dort genannten Einflüsse bekannt sind, kann man diese modifizierte Lebensdauer bestimmen: a
ÊCˆ L naa = a1 ◊ a x y z ◊ Á ˜ , ËP¯
(14.22 )
mit C, P und a nach Hinweis zu (14.17), Faktor a1 nach Abschn. 14.5.4.2. Der Lebensdauerfaktor (life modification factor) axyz berücksichtigt die Einflüsse von Schmierung, Verunreinigungen, Härte-Eigenspannungen, Montage sowie der Ermüdungsfestigkeit des Werkstoffs, die in Form der Ermüdungsbelastung Pu in die Berechnung eingeht.
614
14 Wälzlager
Betriebszustand Anforderungen, Voraussetzungen Größte Sauberkeit
A) Vom Hersteller gefettete Lager, abgedichtet gegen Staub und Dicht- oder Deckscheiben B) Fettschmierung durch den Anwender bei gleicher Qualität der Sauberkeit von Lager und Gehäuse, sowie Abdichtung während der Betriebszeit wie bei A C) Ölumlaufschmierung bei gleicher Qualität der Sauberkeit von Lager und Ölumlaufsystem wie bei A; Ölreinheit und Filter entspr. den Anforderungen für V = 0,3 nach Abb. 14.47
Erhöhte Sauberkeit
D) Fettschmierung wie nach B bei qualifizierter fachgerechter Montage durch den Anwender E) Ölumlaufschmierung bei guter Qualität von Lager und Ölumlaufsystem F) Ölreinheit und Filter entspr. den Anforderungen für V = 0,5 nach Abb. 14.47
Normale Sauberkeit
G) Gute, auf die Umgebung abgestimmte Abdichtung, auch vom Anwender gefettete mit getrennten und normalem Aufwand montierten Dicht- oder Deckscheiben H) Öltauch- oder Ölspritzschmierung aus dem Ölsumpf im Gehäuse, saubere, fachgerechte Montage, Kontrolle der empfohlenen Ölwechselfristen; Anforderungen für V = 1 nach Abb. 14.47
Mäßige Verunreinigungen
K) Fettgeschmierte Lager ohne Dicht- oder Deckscheiben L) Öltauch- oder Ölspritzschmierung; unsichere Kontrolle der Ölwechselfristen M) Kontrollierte Ölreinheit entspr. den Anforderungen für V = 2 nach Abb. 14.47
Starke Verunreinigungen
N) Nicht- oder schlecht gereinigte Gehäuse (Formsand, Schweißpartikel), Abrieb aus Bearbeitungsprozessen und verschleißenden Bauelementen O) Unzureichende Abdichtung nach außen, Fremdpartikel gelangen in die Lager P) Wasser (auch Kühlwasser) oder Kondenswasser verursacht Stillstandskorrosion oder mindert die Schmierstoffqualität Q) Geschätzte Ölreinheit entspr. den Anforderungen für V = 3 nach Abb. 14.47
hc
V
0,9
0,3
0,7
0,5
0,4
1
0,15
2
0
3
Abb. 14.46. Richtwerte für den Verschmutzungsbeiwert hc, zugeordnete Schmutzkenngröße V [14.3-8], [14.3-1]
Das Kurzverfahren zur Bestimmung von axyz berücksichtigt die wichtigsten Einflüsse. Zweckmäßigerweise ermittelt man die entspr. Einflußfaktoren nacheinander wie folgt: 1. Kinematische Viskosität n des Schmierstoffs bei Betriebstemperatur wie nach Abschn. 14.5.4.2(2), 2. Kinematische Viskosität n1 für ausreichende Schmierfilmbildung nach Abschn. 14.5.4.2(1), 3. Viskositätsverhältnis k nach (14.20), Abschn. 14.5.4.2(3), 4. Die Ermüdungsgrenzbelastung Pu kann für Standardstahl aus Tabellen der Wälzlagerkataloge entnommen werden, s. z.B. [14.3-7]. Das Belastungsverhältnis Pu/P bewertet die Ausnutzung der Tragfähigkeit eines Lagers, ist also eine Sicherheit gegenüber der Dauerfestigkeit. 5. Der Verschmutzbeiwert hc hängt – außer von Größe,Verteilung und Art (hart, weich) der Verunreinigungen – auch von der Lagergröße und -bauart (Kontaktfläche) und Schmierfilmdicke ab. Näherungsweise kann man hc nach den Anforderungen und Voraussetzungen für den Betriebszustand nach Abb. 14.46 auswählen. Die Zustände N ... Q ,,starke Verunreinigungen“ sollten vermieden, d.h. Schmierung, Abdichtung, Filterung verbessert werden. Bei extremen Verunreinigungen dominiert im übrigen meist der Verschleiß; die Lebensdauer liegt dann noch weit unter dem errechneten Wert. Um den jeweiligen Betriebszustand zu sichern, d.h. als Voraussetzung für den jeweiligen Verschmutzungsbeiwert hc , müssen Ölreinheit und Filterqualität entsprechenden Anforderungen genügen, die durch die Schmutzkenngröße V erfaßt werden, Abb. 14.46. Orientierungswerte s. Abb. 14.47.
14.5 Tragfähigkeit, Dimensionierung
V = 0,3 höchste Sauberkeit V = 0,5 erhöhte Sauberkeit
(D – d)/2 [mm]
≤ 12,5
> 12,5 . . . 20
> 20 . . . 35
> 35
V 1)
V = 1 normale Sauberkeit V = 2 mäßige Verunreinigungen Punktberührung erforderl. erforderl. Ölreinheits- FilterrückKlasse halterate nach nach ISO 4406 ISO 4572
Linienberührung erforderl. erforderl. ÖlreinheitsFilterrückKlasse halterate nach nach ISO 4406 ISO 4572 12/9 13/10 15/12 16/13 17/14
b 3 ≥ 200 b3 ≥ 75 b 6 ≥ 75 b12 ≥ 75 b 25 ≥ 75
13/10 14/11 16/13 17/14 19/15
b 3 ≥ 75 b6 ≥ 75 b 12 ≥ 75 b25 ≥ 75 b 25 ≥ 75
14/11 15/12 17/14 18/15 20/16
b 6 ≥ 75 b6 ≥ 75 b 12 ≥ 75 b25 ≥ 75 b 25 ≥ 75
14/11 15/12 18/14 19/16 21/17
b 6 ≥ 75 b12 ≥ 75 b 25 ≥ 75 b25 ≥ 75 b 25 ≥ 75
11/8 12/9 14/11 15/12 16/13
b 3 ≥ 200 b3 ≥ 200 b 6 ≥ 75 b6 ≥ 75 b 12 ≥ 75
10
0,3 0,5 1 2 3
12/9 13/10 15/12 16/13 18/14
b 3 ≥ 200 b3 ≥ 75 b 6 ≥ 75 b12 ≥ 75 b 25 ≥ 75
15
0,3 0,5 1 2 3
13/10 14/11 16/13 17/14 19/25
b 3 ≥ 75 b6 ≥ 75 b 12 ≥ 75 b25 ≥ 75 b 25 ≥ 75
25
0,3 0,5 1 2 3
14/11 15/12 17/14 18/15 20/16
b 6 ≥ 75 b6 ≥ 75 b 12 ≥ 75 b25 ≥ 75 b 25 ≥ 75
40
1) 2)
V = 3 starke Verunreinigungen
max. Größe 2) überrollter Partikel [µm]
0,3 0,5 1 2 3
30 100
45 150
75 250
120 250
615
max. Größe 2) überrollter Partikel [µm] 20 60 150 25 75 250 40 120 350 75 200 350
Die genannten Schmutzkenngrößen V treffen zu, wenn im hochbelasteten Laufbahnbereich keine größeren Partikel – als unter 2) angegeben – mit einer Härte > 50 HRC überrollt werden.
Abb.14.47. Voraussetzungen (Ölreinheit, Filter) für die Schmutzkenngröße V [14.3-1]
Sauberkeit erfordert also besondere Aufwendungen, ist aber Voraussetzung für eine große Lebensdauer; dies kommt durch einen großen Verschmutzungsbeiwert hc zum Ausdruck. Auf dieser Basis und für die genannten Voraussetzungen kann axyz für die wichtigsten Lagerarten z.B. aus [14.3-8] entnommen werden (Beispiel für Radial-Kugellager s.Abb. 14.48). Diese Diagramme gelten für Schmierstoffe ohne EP-Zusätze. Den Einfluß von EP-Zusätzen auf die Tragfähigkeit kann man – wenn deren positive Wirkung in Wälzlagern nachgewiesen wurde – bei der Tragfähigkeitsberechnung anhand des Viskositätsverhältnisses k nach (14.20) wie folgt berücksichtigen: – Betriebsbereich 0,5 < k < 1: axyz wird mit dem Faktor (4 – 3k) multipliziert, was zu einer größeren rechnerischen Lebensdauer führt. Wird
616
14 Wälzlager
Abb. 14.48. Diagramme zur Bestimmung des Lebensdauerfaktors axyz für RadialKugellager [14.3-8]; für k > 4 ist die Kurve k = 4 zu verwenden; für hc · (Pu/P) gegen Null geht axyz für alle k-Werte gegen 0,1; Angaben für Radial-Rollenlager, Axial-Kugellager und Axial-Rollenlager s. [14.3-8]
das Produkt axyz (4 – 3k) größer als axyz für k = 1, ist axyz für k = 1 anzusetzen. – Betriebsbereich k < 0,5: Infolge des dünneren Schmierfilms dominiert zunehmend die Wirkung der Verunreinigungen. Der Einfluß der EPZusätze sollte daher bei der Berechnung unberücksichtigt bleiben. – Betriebsbereich k > 1: Hier liegt bereits ein relativ tragfähiger elastohydrodynamsicher Schmierfilm vor. Der Einfluß von EP-Zusätzen sollte bei der Berechnung unberücksichtigt bleiben. Hinweis: Mit Hilfe von (14.22) kann man den Einfluß der Verschmutzung abschätzen, um dann über Einsatz und Art von Dichtungen und Filtern zu entscheiden. 14.5.5 Grenzdrehzahlen
Die maximal zulässige Drehzahl hängt außer von der Lagerbauart von den Betriebs- und Einbaubedingungen ab (Betriebsspiel, Schmierung, Wärmeabfuhr, Belastung). Anhaltswerte sind den Herstellerkatalogen zu entnehmen. Beispiele s. Abb. 14.49. Man sieht: bei Fettschmierung ist ng ca. 10 ... 20% kleiner als bei Ölschmierung.
14.6 Einbau, Gestaltung
617
Abb. 14.49a, b. Grenzdrehzahlen ng einiger Bauarten. a Einfluß der Schmierung, b Einfluß der Baugröße
Durch folgende Maßnahmen kann die Drehzahlgrenze um bis zu ca. 50% gesteigert werden: – Ölumlauf-, Ölnebelschmierung (sichere Schmierung der Wälzkontakte, Wärmeabführung, Vermeidung von Planschverlusten), – Verwendung von Massiv-Käfigen (Kunststoff oder Messing zur Dämpfung von Schwingungen, erhöhte Festigkeit des Käfigs), – Käfigführung auf den Borden (Verminderung von Massenkräften), – hohe Lagergenauigkeit (Verminderung der Schwingungsanregung), – erhöhte Lagerluft bei hoher Drehzahl des Innenrings (Fliehkraftaufweitung möglich).
14.6 Einbau, Gestaltung 14.6.1 Wahl der Passung
Maßgebend ist, wie die Belastung auf den einzelnen Ring wirkt. Man unterscheidet Punkt- und Umfangslast. Umfangslast liegt vor, wenn der Lagerring relativ zur Lastrichtung umläuft, bei Punktlast steht dieser relativ zur Lastrichtung still (Abb. 14.50). Der Ring mit Umfangslast muß festen Sitz haben, da sonst durch Wandern des Rings Passungsrost entsteht, Regel: Innenring mit 70 ... 100°C warm aufsetzen. Der Ring mit Punktlast kann zur Erleichterung der Montage oder zum Längenausgleich (z.B. bei Rillenkugellager als Loslager) losen Sitz erhal-
618
14 Wälzlager
Belastungsfall Umfangslast am Innenring, Punktlast am Außenring
Schema
Bewegungsverhältnisse
Passung
Belastung und Gehäuse stillstehend, Innenring umlaufend (z. B. Getriebewelle)
Innenring feste Passung notwendig, Außenring lose Passung zulässig
Belastung und Gehäuse umlaufend, Innenring stillstehend (z.B. Waschmaschinentrommel) Punktlast am Innenring, Umfangslast am Außenring
Belastung und Welle stillstehend, Außenring umlaufend (z. B. Radlager)
Innenring lose Passung zulässig, Außenring feste Passung notwendig
Belastung und Welle umlaufend, Außenring stillstehend (z. B. Unwucht)
Abb. 14.50. Belastungsverhältnisse von Radiallagern
ten. Empfehlungen zur Wahl der Passung s. Abb. 14.51. Bei Reversierbetrieb (Änderung der Lastrichtung) wird auch für den Ring mit Punktlast ein fester Sitz empfohlen. Befestigung, Einstellung der Lagerringe s. Abb. 14.52, 14.53. Die Höhe der Wellenschulter – Anhaltswert: ≥ 1,8 · r (Radius r s. Abb. 14.4), genauere Angaben s. [14.3-1] – soll eine ausreichende Anlagefläche bieten und auch genügend Seitenfläche zum Angreifen eines Abziehwerkzeugs frei lassen. Andernfalls sind Abziehnuten bzw. Abdrückgewinde in der Wellenschulter anzubringen.Welcher Lagerring festgelegt wird, hängt von der Funktion der Lageranordnung ab (Fest-, Los- oder angestellte Lagerung), Abschn. 14.6.2. Zu beachten ist, daß Festlegungen ausschließlich mit Sicherungsring (Abb. 14.52c, 14.53b) nie spielfrei sein können, weil alle Teile mit Längentoleranzen behaftet sind. Man beachte: Beim Aufbringen oder Abziehen der Wälzlager oder Wälzlager-Teile dürfen die Ein- und Ausbaukräfte nicht über die Wälzkörper geleitet werden (Gefahr bleibender Wälzkörpereindrücke!).
14.6 Einbau, Gestaltung
619
Belastungsfall
Lagerform
Passung für P/C < 0,08 für P/C > 0,2 und d < 40 und d > 500 mm
Umfangslast am Innenring
Kugellager Rollenlager und Nadellager
j6 j6
Punktlast am Innenring
Kugellager, Rollenlager und Nadellager
Umfangslast am Außenring Punktlast für Außenring
n6 p6 g6, h6
K7
Loslager mit leicht verschiebbarem Außenring
P7
H7
Abb. 14.51. Anhaltswerte zur Wahl der Passung bei Radiallagern. Für hohe Anforderung an Laufgenauigkeit und Laufruhe eine Toleranz feiner.
Abb. 14.52a–f. Befestigung der Innenringe auf der Welle. a Mutter und Sicherungsscheibe, b Endscheibe, c Wellensicherungsring, d Wellenschulter (in Richtung der wirkenden Axialkraft), e Spannhülse, f mit Abziehhülse
Abb. 14.53a–c. Befestigung der Außenringe im Gehäuse. a zwei Deckel, b Sicherungsring (geteiltes Gehäuse), c Sicherungsring (ungeteiltes Gehäuse)
620
14 Wälzlager
Einstellen der Vorspannung bei angestellter Lagerung vgl.Abschn. 14.2.4c. Bei Anstellung durch den Innenring (O-Anordnung) wählt man ein Wellenabmaß j6, bei Anstellung durch den Außenring (X-Anordnung) ein Bohrungsabmaß M7; Beispiel s.Abb. 14.57. Bei den üblichen Abmaßen der Lagerringe ergibt sich dann jeweils ein Schiebesitz. 14.6.2 Lageranordnung
Möglichkeiten s. Abb. 14.0.2. Hinweise zur Wahl s. Abb. 14.54, Anwendungsbeispiele s. Abb. 14.55 ... 14.58. Fest-Los Lagerung ist für die meisten einfachen Anwendungen zweckmäßig. Sie zeichnet sich durch einfache Montage und Betriebssicherheit aus, kein axiales Verspannen. Hierfür muß ein Betriebsspiel, das sich aus dem Axialspiel des Festlagers ergibt, in Kauf genommen werden; dies beeinträchtigt Führungsungenauigkeit und Schwingungsverhalten. Als Festlager eignen sich Rillenkugellager (auch zweireihig, eingeschränkt auch Vierpunktlager), Pendelkugel- und Pendelrollenlager, Zylinderrollenlager, soweit sie zur Übertragung von Axialkräften geeignet sind, aber auch Kegelrollen- oder Schrägkugellagerpaare.
Lagerungsart
Merkmale
Vorteile
Nachteile
Anwendungsbeispiele
Fest-LosLagerung
axiale Führung durch Fest-Lager, Loslager axial frei
freie Längenanpassung (Wärme, Herstelltoleranz), einfache Montage, billig
axiales Spiel, geringe Steifigkeit, Schwingungen
allgemeine Anwendungen
angestellte Lagerung in O-Anordnung
Anstellung über Innenringe, weiter rechnerischer Lagerabstand
steif, spielfrei, geringe Vorspannungsverluste bei Wärmedehnung
Reibung durch Vorspannung, exakte Montage erforderlich
fliegende Lagerungen
angestellte Lagerung in X-Anordnung
Anstellung über Außenringe, kleiner rechnerischer Lagerabstand
steif, spielfrei
Reibung durch Vorspannung, exakte Montage erforderlich, Vorspannungsverlust bei Wärmedehnung
Schneckenräder, Stirnräder
schwimmende Lagerung (axial frei)
axiales Führungsspiel (1 . . . 2 mm)
axial einstellbar (keine Zwangskräfte)
keine Axialkräfte übertragbar, nicht sehr steif, Schwingungen
Seilrolle, Pfeilverzahnung
schwimmende Lagerung (axial geführt)
axiales Einbauspiel (0,3 . . . 0,8 mm)
einfache Konstruktion und Montage
Wandern der Welle bei Wechsel der Axialkraftrichtung, nicht steif
Haushaltsgeräte, Elektromotoren
Abb. 14.54. Hinweise zur Wahl der Lageranordnung
14.6 Einbau, Gestaltung
621
Abb. 14.55. Fest-Los-Lagerungen einer Kegelritzelwelle [14.3-6]
Abb. 14.56. Fest-Los-Lagerung einer Kreissägewelle [14.3-6]
Als Loslager kommen Zylinderrollenlager (Bauform NU oder N, je nach Montageanforderung) in Betracht, auch Nadellager mit axialer Verschieblichkeit im Lager; Innen- und Außenringe müssen hierbei formschlüssig gesichert werden. Beispiele s.Abb. 14.55, 14.56. – Auch die oben genannten Festlagerbauarten kann man als Loslager einsetzen (bei Einbau mit verschieblichem Außenring). Angestellte Lagerungen in O-Anordnung (Abb. 14.57) eignen sich wegen des großen rechnerischen Lagerabstands für fliegende Lagerungen (Radiallast außerhalb der Lagerung) und zur Abstützung großer Kippmomente, z.B. infolge von Schrägverzahnungen. Sie zeichnen sich durch Spielfreiheit und bei bestimmtem Lagerabstand Unempfindlichkeit gegen Wärmedifferenz zwischen Welle und Gehäuse aus [14.3-1]. Die Anstellung erfolgt durch Zusammenschieben der Innenringe, üblicherweise durch eine Wellenmutter. Die Vorspannung kann durch eine angepaßte Hülse zwischen den Innenringen mechanisch begrenzt werden (die Mutter kann
622
14 Wälzlager
Abb. 14.57. Angestellte Lagerungen eines Kfz-Hinterachsantriebs, O- und X-Anordnung [14.3-6]
dann fest angezogen werden); wichtig sind dabei planlaufende Axialflächen. Geeignete Bauarten: Kegelrollen-, Schrägkugel-, Spindellager, sowie bei sehr hohen Axialkräften auch Axial-Pendelrollenlager. Angestellte Lagerungen in X-Anordnung (Abb. 14.35) haben einen kurzen rechnerischen Lagerabstand und eignen sich darum für steife Lagerungen bei hoher Radiallast zwischen den Lagern (geringere Wellendurchbiegung wegen geringerer Stützweite). Sie sind empfindlicher gegen Verspannung infolge Temperaturschwankungen. Die Vorspannung wird durch Zusammenschieben der Außenringe eingestellt, z.B. durch Gehäusedeckel mit Paßscheibe. Die Lager entsprechen denen für die O-Anordnung.Wenn ein Gehäuse geteilt wird, sind keine Deckel für die Einstellung erforderlich. Schwimmende Lagerung. Hier ergibt sich ein funktionsbedingtes Führungsspiel, Abb. 14.58, wenn im Betrieb keine Axialkraft auftritt, sondern nur die axiale Einstellung begrenzt wird; dies ermöglicht freie axiale Beweglichkeit der Welle. Bei auftretender Axialkraft wird diese stets von den Lagern in je einer Richtung aufgenommen.
14.7 Reibung, Temperatur
623
Abb. 14.58. Schwimmende Lagerung einer Seilrolle (mit axialem Führungsspiel 2 · s)
14.7 Reibung, Temperatur 14.7.1 Reibungsverluste
Verschiedene Ursachen tragen zu den Gesamtreibungsverlusten bei. Die Rollreibung zwischen Wälzkörper und Laufbahn entsteht durch eine Gleitbewegung in der gekrümmten Berührfläche, durch unterschiedliche Wälzradien innerhalb der Abplattungsfläche, Abb. 14.59. Hinzu kommt Bohrreibung, s. Abschn. 14.2 und Abb. 14.4. Ein weiterer Anteil folgt aus der Werkstoffhysterese. Minderung der Rollreibung durch Lagerbauart mit weiter Schmiegung, geeignete Viskosität, ausreichendes Betriebsspiel. Gleitreibung tritt an den Führungsflächen des Käfigs, bei vollrolligen Lagern zwischen den Wälzkörpern auf; bei Rollenlagern kommt die Reibung an den Führungsflächen hinzu. Minderung der Gleitreibung durch
Abb. 14.59. Durch Krümmung der Druckfläche hervorgerufene Gleitgeschwindigkeit [14.3-1]
624
14 Wälzlager
Lagerbauart
Reibungszahl m
Rillenkugellager Pendelkugellager Schrägkugellager, einreihig Schrägkugellager, zweireihig Vierpunktlager Zylinderrollenlager Zylinderrollenlager, vollrollig Nadellager Pendelrollenlager Kegelrollenlager Axial-Rillenkugellager Axial-Pendelrollenlager Axial-Zylinderrollenlager Axial-Nadellager
0,0015 0,0013 0,0020 0,0024 0,0024 0,0013 0,0020 0,0025 0,0020 0,0018 0,0015 0,0020 0,0040 0,0050
Abb. 14.60. Reibungszahl m verschiedener Wälzlager bei P/C ≈ 0,1 [14.3-1]
Abb. 14.61. Qualitativer Verlauf von Reibmoment TR und Reibungszahl m eines Wälzlagers
Schmierstoff mit kleiner Reibungszahl, ausreichende Viskosität, ausreichendes Betriebsspiel. Schmierstoffreibung setzt sich aus innerer Reibung des Schmierstoffs in der Berührzone und der Plansch- oder Walkarbeit zusammen. Maßnahmen zur Minderung der Schmierstoffreibung durch kleine (nicht mehr als notwendige) Schmierstoffmenge, kleinstmögliche Viskosität, geeignetes Schmierverfahren. Ventilationsverluste bei hochtourigen Lagern, kleinstmögliche Abmessungen wählen. Wälz-Verluste durch Verunreinigungen (Staub,Abrieb): geeignete Abdichtung und Filter wählen. Näherungsverfahren zur Bestimmung des Reibungsmoments: TR = m · F · d/2 ,
(14.23)
2 2 Resultierende Lagerkraft F = Fr + Fa ,
(14.24)
d Lagerbohrungsdurchmesser, Anhaltswerte für die Reibungszahl m s. Abb. 14.60, Einfluß der Belastung (qualitativ) s. Abb. 14.61.
14.8 Kosten, Liefermöglichkeit
Lagerung
Messerwelle einer Hobelmaschine Tischbohrmaschine Horizontalbohrwerk Kreissägewelle Blockbrammengerüst Drehmaschinenspindel Karusselldrehbank Doppelwellenkreissäge Spindel einer Holzfräse Kalanderwalze einer Papiermaschine Stützwalzenlagerung von Warmbandstraßen
Betriebstemperatur [°C]
40 40 40 40 45 50 50 40 50 55
625
Lagerung
Betriebstemperatur [°C]
Flächenschleifmaschine Backenbrecher Radsatzlagerung Lok oder Reisezugwagen Hammermühle Walzenlagerung Drahtstraße Vibrationsmotor Verseilmaschine Schwingsieb Schlägermühle Schiffspropeller-Drucklager Vibrationswalze
55 60 60 60 65 70 70 80 80 80 90
55
Abb. 14.62. Betriebstemperaturen von Lagern bei 20°C Umgebungstemperatur [14.3-1]
14.7.2 Lagertemperatur
Die Betriebstemperatur hängt einerseits von der im Lager erzeugten Reibung, der Dichtungsreibung und der in das Lager eingeleiteten Wärme (Fremderwärmung) ab, andererseits von der Wärmeabführung an die Umbauteile. Sie steigt nach dem Anlauf bis auf eine Beharrungstemperatur an, sobald sich ein Gleichgewicht zwischen Wärmeerzeugung und -abfuhr eingestellt hat. Erfahrungswerte s. Abb. 14.62. – In vielen Fällen – insbesondere bei mittleren Drehzahlen und Belastungen – spielt die Fremderwärmung keine Rolle. Bei Fremderwärmung ist die Betriebstemperatur meist wesentlich höher und maßgebend für die Lagertemperatur. Erfahrungswerte für einige wichtige Anwendungen s. Abb. 14.63. Die Lagertemperatur ist wichtig für die Wahl der Lagerbauart (maßstabilisierte Lager, Käfigwerkstoffe, Lagerluft), Dichtungen und Schmierung. – Eine genaue Berechnung der Lagertemperatur ist schwierig, weil insbesondere die Wärmestromdichte und -ableitung i.allg. nicht ausreichend genau bekannt sind. Zuverlässige Angaben sind nur aus Versuchen unter Betriebsbedingungen zu gewinnen, s. hierzu [14.3-1].
14.8 Kosten, Liefermöglichkeit Abbildung 14.64, 14.65 vermitteln einen Eindruck von den Kosten der Wälzlager verschiedener Bauart. Einfache Bauarten (Rillenkugellager, Zylinderrollenlager) können i.allg. vom Vorratslager bezogen werden.
626
14 Wälzlager
Lagerung
Fremderwärmung
Elektr. Fahrmotor
Elektr. Erwärmung vom Anker, Kühlung des Gehäuses durch Fahrtwind
Trockenzylinder von Papiermaschinen
Heizdampf von 140 . . . 150 °C durch den Lagerzapfen
Heißgasventilatoren
Wärmeleitung von dem mit Heißgas beaufschlagten Flügelrad durch die Welle zum Lager
90
Wasserpumpe im KfzMotor
Wärme von Kühlwasser und Motor
120
Turbokompressoren
Ableitung der Kompressionswärme durch die Welle
120
Kurbelwellen von VerbrennungsKraftmaschinen
Ableitung der Verbrennungswärme durch die Kurbelwelle; gekühltes Gehäuse
120
Kalander für plastische Massen
Zufuhr 200 . . . 240 °C warmer Heizflüssigkeit durch den Lagerzapfen
180
Wärmestrahlung und -leitung vom Brennraum
200 . . . 300
Radlager von Brennofenwagen
Betriebstemperatur des Lagers [°C] 80 . . . 90
120 . . . 130
Abb. 14.63. Betriebstemperaturen von fremderwärmten Lagern [14.3-1]
Lager
Tragzahl C [KN]
relativer Preis
Rillenkugellager 6207
25,5
1
Schrägkugellager 7207 B.TVP
27
2,0
Tonnenlager 20207 T
40,5
7,9
Zylinderrollenlager NU 207 E. TVP2
50
2,8
Kegelrollenlager 30207 A
54
1,8
Abb. 14.64. Stückkosten von Lagern gleicher äußerer Abmessungen (d = 35 mm, D = 72 mm, b = 17 mm; FAG – 1995)
14.9 Beispiele
627
Lager
Abmessungen d/D/b [mm]
Tragzahl C [KN]
relativer Preis
Rillenkugellager 6212
60/110/22
52
1
Schrägkugellager 7308 B.TVP
40/90/23
50
1,3
Tonnenlager 20209 T
45/85/19
52
3,3
Zylinderrollenlager NU 207 E. TVP 2
35/72/17
50
1
Kegelrollenlager 33205
25/52/22
49
0,6
Abb. 14.65. Stückkosten von Lagern annähernd gleicher dynamischer Tragzahl (FAG – 1998)
14.9 Beispiele Beispiel 1 (nach [14.3-8]): Gegeben: konstante Radialkraft Fr = 8000 N, Drehzahl n = 5000 min–1, Ölbetriebsviskosität n = 20 mm2/s, Erlebenswahrscheinlichkeit: 90%, Ölumlaufschmierung bei größter Sauberkeit, verwendetes Lager: Rillenkugellager 6309 mit: dynamische Tragzahl C = 52700 N, Ermüdungs-Belastungsgrenze Pu = 1340 N, Lageraußendurchmesser D = 100 mm, Abb. 14.66. Gesucht: Nominelle, angepaßte nominelle und modifizierte Lebensdauer L10 , Lna (= L10a), Ln aa (= L10aa). Berechnet: (1) Nominelle Lebensdauer (nominal rating life) nach Abschn. 14.5.4.1 L10 = (C/P)3 = (52 700/8000)3 = 286 [106 Umdrehungen] nach (14.17), mit P = Fr = 8000 N nach (14.9). (2) Angepaßte nominelle Lebensdauer (adjusted rating life) nach Abschn. 14.5.4.2 L10a = a1 · a23 · L10 = 1 · 2 · 286 [106 Umdrehungen] = 572 [106 Umdrehungen] nach (14.19), mit a1 = 1 nach Abb. 14.43 und a23 = 2 nach Abb. 14.45 (mit: dm = (d + D)/2 = (45 + 100) mm/2 = 72,5 mm, n1 = 7 mm2/s nach Abb. 14.44b, k = n/n1 = 20/7 = 2,9). (3) Modifizierte Lebensdauer (modified rating life) nach Abschn. 14.5.4.3 L10aa = a1 · axyz · (C/P)3 = 1 · 14 · 286 [106 Umdrehungen] = 4004 [106 Umdrehungen] nach (14.22), mit a1 = 1 nach Abb. 14.43 und axyz = 14 nach Abb. 14.48 (mit: Pu/P = 1340/8000 = 0,17, hc = 0,9 nach Abb. 14.46, k = 2,9, s.o.). Kommentar: Für die Betriebsdauer in Stunden ergibt sich nach (14.18): Lh10 = 953 Betriebsstunden, Lh10a = 1907 Betriebsstunden, Lh10aa = 13342 Betriebsstunden bzw. für den Vergleich der Lebensdauern: L10 : Lna : Lnaa = 1 : 2 : 14. – D.h. wenn die Voraussetzungen für die Methode (3) ge-
628
14 Wälzlager
Hauptabmessungen
Tragzahlen dyn. stat.
Bezugsdrehzahlen Schmierung Fett Öl
C0
Ermüdungsgrenzbelastung Pu
d
B
C
mm mm
mm
N
N
N
min – 1
min – 1
kg
35
47 55 62 62 72 80 100
7 10 9 14 17 21 25
4750 9560 12 400 15 900 25 500 33 200 55 300
3200 6200 8150 10 200 15 300 19 000 31 000
166 290 375 440 655 815 1290
13 000 11 000 10 000 10 000 9000 8500 7000
16 000 14 000 13 000 13 000 11 000 10 000 8500
40
52 62 68 68 80 90 110
7 12 9 15 18 23 27
4940 13 800 13 300 16 800 30 700 41 000 63 700
3450 9300 9150 11 600 19 000 24 000 36 500
186 425 440 490 800 1020 1530
11 000 10 000 9500 9500 8500 7500 6700
45
58 68 75 75 85 100 120
7 12 10 16 19 25 29
6060 14 000 15 600 20 800 33 200 52 700 76 100
4300 9800 10 800 14 600 21 600 31 500 45 000
228 465 520 640 915 1340 1900
50
65 72 80 80 90 110 130
7 12 10 16 20 27 31
6240 14 600 16 300 21 600 35 100 61 800 87 100
4750 10 400 11 400 16 000 23 200 38 000 52 000
250 500 560 710 980 1600 2200
D
Gewicht
Kurzzeichen
Abmessungen
d1 ≈
D1 ≈
r1, 2 min
–
mm
mm
mm
0,030 0,080 0,11 0,16 0,29 0,46 0,95
61 807 61 907 16 007 6007 6207 6307 6407
38,7 41,6 44 43,7 46,9 49,5 57,4
43,5 48,6 53,3 53,6 60,6 66,1 80,6
0,3 0,6 0,3 1 1,1 1,5 1,5
14 000 13 000 12 000 12 000 10 000 9000 8000
0,034 0,12 0,13 0,19 0,37 0,63 1,25
61 808 61 908 16 008 6008 6208 6308 6408
43,7 47 49,4 49,2 52,6 56,1 62,8
48,7 55,2 57 59,1 67,9 74,7 88
0,3 0,6 0,3 1 1,1 1,5 2
9500 9000 9000 9000 7500 6700 6000
12 000 11 000 11 000 11 000 9000 8000 7000
0,040 0,14 0,17 0,25 0,41 0,83 1,55
61 809 61 909 16 009 6009 6209 6309 6409
48,7 52,3 55 54,7 57,6 62,1 68,9
54,5 60,8 65,4 65,6 72,9 83,7 96,9
0,3 0,6 0,6 1 1,1 1,5 2
9000 8500 8500 8500 7000 6300 5300
11 000 10 000 10 000 10 000 8500 7500 6300
0,052 0,14 0,18 0,26 0,46 1,05 1,90
61 810 61 910 16 010 6010 6210 6310 6410
54,7 56,8 60 59,7 62,5 68,7 75,4
60,5 65,3 70,4 70,6 78,1 92,1 106
0,3 0,6 0,6 1 1,1 2 2,1
Abb. 14.66. Datenblatt für Rillenkugellager [14.3-8]
14.9 Beispiele
629
schaffen werden (Schmierung, Abdichtung, Filter, ...) ist eine wesentlich höhere Lebensdauer erreichbar, als sich nach den vereinfachten Methoden (1) und (2) ergibt. Beispiel 2: Gegeben: Radialkräfte der Lager: Fr = FrA = FrB =2000 N, Axialkraft: Ka =4000 N, Drehzahl n = 5000 min–1, Lager der Durchmesserreihe 2 mit d = 50 mm, D = 90 mm, Betriebstemperatur J = 60°C, anzustrebende Lebensdauer: 1000 h. Die Betriebsbedingungen liegen im Erfahrungsbereich; Ausfallwahrscheinlichkeit, Werkstoffqualität, Schmierung, Abdichtung sind nicht näher spezifiziert. – Es genügt daher die Berechnung der nominellen Lebensdauer nach Abschn. 14.5.4.1. Es kommen Lager in Betracht, die Radial- und große Axialkräfte aufnehmen können sowie für hohe Drehzahlen geeignet sind. Nach Abb. 14.23 sind für die möglichen Lageranordnungen folgende Bauformen geeignet: 1. Fest-Los-Lagerung: Rillenkugellager 6210, Schrägkugellager zweireihig 3210B 2. Angestellte Lagerung: Schrägkugellager 7210B, (z.B. O-Anordnung) Berechnet: Zu Lageranordnung 1, 6210 [14.3-7]: C = 36500 N, C0 = 24000 N, f0 = 14,3 (Herstellerangaben), Festlager: f0 · Fa/C0 = 14,3 · 4000 N/24 000 N = 2,38 Æ e = 0,34 nach Abb. 14.33, Fa /Fr = 4000 N/2000 N = 2 > e. Daraus folgen nach Abb. 14.33: X = 0,56; Y = 1,29, dynamisch äquivalente Belastung P = X · Fr + Y · Fa = 0,56 · 2000 N + 1,29 · 4000 N = 6280 N nach (14.9), nominelle Lebensdauer L10 = (C/P)3 = 196 in 106 Umdrehungen nach (14.17), bzw. Lh = L10 · 106/ (n · 60) = 196 · 106/(5000 · 60) = 653 h nach (14.18), d.h. die angestrebte Lebensdauer wird nicht erfüllt. Nachrechnung für das Lager 3210B [14.3-7] als Festlager: C = 51 000 N, a0 = 25° (Herstellerangabe), e = 0,68 nach Abb. 14.33, Fa/Fr = 2 > e. Daraus folgen nach Abb. 14.33: X = 0,67; Y = 1,41. P = X · Fr + Y · Fa = 0,67 · 2000 N + 1,41 · 4000 N = 6980 N nach (14.9), L10 = (C/P)3 = (51 000 N/6980 N)3 = 390 in 106 Umdrehungen nach (14.17) bzw. Lh = L10 · 106/(n · 60) = 390 · 106/(5000 · 60) = 1300 h nach (14.18). Loslager: 6210: P = Fr = 2000 N nach (14.9), Lh = (C/P)3 · 106/(n · 60) = (36500 N/2000 N)3 · 106/(5000 · 60) = 20 261 h nach (14.18). Zu Lageranordnung 2, 7210B: C = 37500 N, a0 = 40° (Herstellerangabe), e = 1,14 nach Abb. 14.33, Y = 0,57 für Fa/Fr > e nach Abb. 14.33. Nach Berechnungsschema in Abb. 14.35 liegt Belastungsverhältnis 1 vor: FrA/YA = FrB/YB , FaB = 0,5 · FrB/YB = 1750 N, FaA = FaB + Ka = 1750 N + 4000 N = 5750 N, FaB/FrB = 1750 N/2000 N = 0,88 < e. Daraus folgen XB = 1; YB = 0 nach Abb. 14.33. FaA/FrA = 5750 N/2000 N = 2,88 > e. Daraus folgen XA = 0,35; YA = 0,57 nach Abb. 14.33. PA = XA · FrA + YA · FaA = 0,35 · 2000 N + 0,57 · 5750 N = 3980 N. PB = FrB = 2000 N, L10A = (C/PA)3 = (37500 N/3980 N)3 = 836 in 106 Umdrehungen nach (14.17), LhA = L10A · 106/(n · 60) = 836 · 106/(5000 · 60) =
630
14 Wälzlager
2787 h nach (14.18), L10B = (C/PB)3 = (37500 N/2000 N)3 = 6592 in 106 Umdrehungen nach (14.17), LhB = L10 B · 106/(n · 60) = 6592 · 106/(5000 · 60) = 21973 h nach (14.18). Die axial unbelasteten Lager sind bezüglich der gef. Lebensdauer stark überdimensioniert, so daß überprüft werden muß, ob nicht Lager mit einem geringeren Bohrungsdurchmesser verwendet werden können.
14.10 Literatur Normen, Richtlinien 14.1-1 14.1-2 14.1-3 14.1-4 14.1-5
DIN 616 Entwurf (1993) Wälzlager; Maßpläne. Beuth, Berlin DIN ISO 281 (1993) Wälzlager; Dynamische Tragzahlen und nominelle Lebensdauer. Beuth, Berlin DIN ISO 76 (1987) Wälzlager; Statische Tragzahlen. Beuth, Berlin ISO 4406 (1987) Fluidtechnik, Hydraulik; Fluide; Methode zur Kodierung des Verschmutzungsgrades durch Feststoffpartikel. Beuth, Berlin ISO 4572 (1981) Fluidtechnik, Hydraulik; Filter; Bewertung der Filtrationsleistung im Mehrfachdurchlaufverfahren. Beuth, Berlin
Bücher, Zeitschriften 14.0.3-1 DUBBEL (1997) Taschenbuch für den Maschinenbau. 19. Aufl., Springer, Berlin Heidelberg New York 14.0.3-2 Weck M (1990) Werkzeugmaschinen, Bd. 2; Konstruktion und Berechnung. VDI-Verlag, Düsseldorf 14.0.3-3 Rinker U (1980) Werkzeugmaschinenführungen, Ziele künftiger Entwicklungen. VDI-Z. 130 14.0.3-4 Krause W (1989) Konstruktionselemente der Feinmechanik. VEB Verlag Technik, Berlin 14.3-1 Brändlein, Eschmann, Hasbargen, Weigand (1995) Die Wälzlagerpraxis; Handbuch für die Berechnung und Gestaltung von Lagern. 3. Aufl., Vereinigte Fachverlage, Mainz 14.3-2 Wälzlager; auf den Wegen des technischen Fortschritts. (1986) FAG, Schweinfurt, 2. Aufl., Oldenbourg, München 14.3-3 Niemann G, Winter H (1989) Maschinenelemente Bd. II. 2. Aufl., Springer, Berlin Heidelberg New York 14.3-4 Wälzlagergerkatalog Fa. INA (305) 14.3-5 Conti G (1963) Die Wälzlager; Bd. I und II. Hanser, München 14.3-6 Anwendungsbeispiele für Wälzlager, Fa. FAG (WL00200/4DA) 14.3-7 Wälzlagerkatalog, Fa. FAG (WL41520/2DB) 14.3-8 Wälzlager-Hauptkatalog, SKF (4000/IV T) 14.3-9 Timken Europa GmbH: Kegelrollenlager-Handbuch (1994) 14.3-10 Böhmer HJ, Lösche Th, Ebert FJ, Streit E (FAG) (1998) The Influence of Heat Generation in the Contact Zone on Bearing Fatique Behaviour. International Tribology Conference & Exposition, ASME/STLE, Toronto 14.3-11 Seifried A (1999) Eine neue Methode zur Berechnung von Rollenlagern über lagerinterne Kontakt-Beanspruchungen. Dissertation Universität Stuttgart 14.3-12 Dahlke H (Hrsg: Koyo) (1994) Handbuch Wälzlagertechnik, Bauarten – Gestaltung – Betrieb. Vieweg, Braunschweig/Wiesbaden
15 Gleitlager
Lager allgemein s. Abschn. 14.0; dort werden auch Funktionen, Anforderungen, Grundbegriffe behandelt, ferner ein Vergleich von Wälz- und Gleitlagern. – Der vergleichsweise hohen Reibleistung und damit Erwärmung in Gleitlagern kann man durch folgende Maßnahmen begegnen: – Ein Schmierfilm, der die Wirkflächen trennt, bestehend aus Öl, Wasser, Gas oder Festschmierstoff. – Die meisten Gleitlager im Maschinenbau werden mit Mineralöl geschmiert. Den Schmierfilm kann das Lager entweder selbst – hydrodynamisch – im Lagerspalt erzeugen oder er wird – hydrostatisch – extern durch Drucköl-(bzw. Druckluft-)Pumpen erzeugt und aufrechterhalten. Die Betriebszustände eines geschmierten Gleitlagers lassen sich in dem nach Stribeck [15.3-21] benannten Diagramm darstellen, Abb 15.1; ausführliche Darstellung der Reibungszustände s. Abb. 16.5. Man beachte: Diese Betriebszustände können sich in gleicher Weise bei einem hydrodynamisch und hydrostatisch geschmierten Gleitlager einstellen, je nachdem ob weniger oder mehr Flüssigkeit zwischen die Gleitflächen gepreßt wird. Beim hydrostatischen Lager ist jedoch bereits ab Geschwindigkeit Null ein trennender Schmierfilm möglich, der Ast der Stribeckkurve für Grenz- und Mischreibung fehlt (Abb. 15.1), s. auch Abb.
Abb. 15.1a, b. Stribeck-Kurven [15.3-21] für a Reibungszustände allgemein, b unterschiedliche Beanspruchungen
632
15 Gleitlager
14.0.5 für Gleitführungen. Die Reibungsverluste sind entspr. gering, die Lager laufen verschleißfrei. – Bei konstant langsamen Gleit- und Schwenkbewegungen, d.h. bei Dauerbetrieb im Gebiet der Grenz- und Mischreibung und wenn sich der Aufwand einer hydrostatischen Druckerzeugung nicht lohnt, muß man Mangelschmierung mit Festkörperberührung und Verschleiß in Kauf nehmen. Dies gilt i.allg. für die Gerätetechnik mit häufigen Starts und Stops, oszillierenden und Schaltbewegungen. Durch eine geeignete Werkstoffpaarung Welle/Lager, eventuell mit InitialSchmierung oder mittels Festschmierstoff (Trockenlager) oder öl- bzw. fettgetränkte Sinterlager, kann man die Reibungszahlen mindern. Die Wärme wird dann nur über die Welle und Lagerschale abgeführt. – Trennen der Wirkflächen durch Magnetkraft (Luftspaltlager) oder durch eine magnetische Flüssigkeit (Magnetflüssigkeitslager). Diese Lager arbeiten verschleißfrei, infolge Luft- oder Flüssigkeitsreibung und magnetischer Dämpfung jedoch ebenfalls nicht verlustfrei, Abschn. 15.9.4. – Vorbemerkungen Eine wichtige Einflußgröße für die Tragfähigkeit von Gleitlagern ist die Summengeschwindigkeit U, sie ist maßgebend für den Aufbau eines hydrodynamischen Schmierfilms. Nur wenn ein Gleitpartner (Lager oder Welle) stillsteht, ist dies auch die Gleitgeschwindigkeit, Abb. 16.3. Bei Festkörperreibung ist dagegen die Gleitgeschwindigkeit die maßgebende Einflußgröße. Maßgebend für die Betriebssicherheit von Gleitlagern sind folgende Kriterien: Verschleißsicherheit: Für hydrodynamische und hydrostatische Gleitlager erreicht man verschleißfreien Betrieb, wenn ein ausreichend dicker Schmierfilm Festkörperberührung verhindert: Bedingung hlim > hmin,tr . Temperatursicherheit: Im Hinblick auf die Lebensdauer des Schmierstoffs und die Festigkeit des Lagerwerkstoffs darf ein Grenzwert nicht überschritten werden: J < Jlim . Festigkeitsgrenze des Lagerwerkstoffs: Als Kennwert benutzt man in der Praxis die mittlere Flächenpressung p– und fordert: p– ≤ p–zul .
15.1 Zeichen und Einheiten A B BH b C Cwe c c D
m2 m m m m m J/(Kg ◊ K) N/m m
Wärmeabgebende Oberfläche (Lagergehäuse) Lager-Nennbreite Gehäusebreite Breite allgemein Lager-Nennspiel (C = D – d) Keiltiefe spezifische Wärmekapazität Steifigkeit Lager-Nenndurchmesser
15.1 Zeichen und Einheiten
DH DK DL d e etr F F* Fp Ft FR h hlim hmin hmin, tr hp h0 K* k k2 L l, lc /B, lax /B Mm n ntr P* Pf Pp Pth,amb Pth, L Ptot P*tot p p1 , p2 pen p– Q Q* Qd Qd* Qp Qp* RzL RzW Re So Soax Sotr
m m m m m m N – N N N m m
633
Gehäusedurchmesser Kugeldurchmesser Lagergleitflächendurchmesser Nenn-Wellendurchmesser Exzentrizität Übergangs-Exzentrizität Lagerkraft (Nennbelastung) Tragkraftkennzahl Druckkraft Scherkraft Reibungskraft Schmierfilmdicke kleinste im Betrieb zulässige Schmierfilmdicke m minimale Schmierfilmdicke im Betrieb m minimale Übergangs-Schmierfilmdicke m Taschen- bzw. Nuttiefe m Schmierfilmdicke – Tragzahl W/(m2 ◊ K) Wärmedurchgangskoeffizient – Reibungskennzahl m Nennlänge m Länge, allgemein; bezogene Taschenabstände – Massenanteil des Verdickers im Fett s–1 Drehzahl s–1 Übergangs-Drehzahl – Leistungsverhältnis Pf /Pp W Reibleistung W Pumpenleistung W Wärmestrom an die Umgebung W Wärmestrom im Schmierstoff W Gesamtverlustleistung – Gesamtleistungskennzahl N/mm2 örtliche Flächenpressung N/mm2 örtliche Schmierdrücke N/mm2 Schmierstoff-Zuführdruck (Pumpendruck) N/mm2 spezifischer mittlerer Lagerdruck (Flächenpressung) m3/s Schmierstoffdurchsatz (Volumenstrom) – Schmierstoffdurchsatz-Kennzahl m3/s Schmierstoffdurchsatz infolge hydrodynamischer Druckentwicklung (Seitenfluß) – Eigendruck-Kennzahl m3/s Schmierstoffdurchsatz infolge Zuführdrucks – Zuführdruck-Kennzahl µm gemittelte Rauhtiefe der Lagergleitfläche µm gemittelte Rauhtiefe der Wellengleitfläche – Reynoldszahl – Sommerfeldzahl – axiale Sommerfeldzahl – Übergangs-Sommerfeldzahl
634
15 Gleitlager
s U Ug UW VL v
m m/s m/s m/s mm3 m/s
Z
–
a b e etr h hp hs J Jamb JB J L , JW Jeff Jen Jex Jlim l lL, lW m x n pf r t ts y yeff ymax , ymin , ym
K–1 ° – – Pa ◊ s – Pa · s °C °C °C °C °C °C °C °C W/(mK) W/(mK) – – m2/s – kg/m3 N/m2 N/m2 – – –
F j1 W
– – °
w wtr
s–1 s–1
Wanddicke Summengeschwindigkeit (s. auch Abb. 15.2) Gleitgeschwindigkeit (s. auch Hinweis zu v) Umfangsgeschwindigkeit der Welle Schmierstoffvolumen – ◊ v: Geschwindigkeit allgemein (in Kennwert p v = Ug) Anzahl der Gleitflächen (Segmente) bzw. Taschen pro Lager Wärmeausdehnungskoeffizient Verlagerungswinkel relative Exzentrizität relative Übergangs-Exzentrizität dynamische Viskosität (Pas = Ns/m2 = 10–3 cP) Pumpenwirkungsgrad Viskosität des Fetts Temperatur Umgebungstemperatur Betriebstemperatur Lager-, Wellentemperatur effektive Schmierstofftemperatur Schmierstofftemperatur am Lager-Eintritt Schmierstofftemperatur am Lager-Austritt höchstzulässige Lagertemperatur Wärmeleitfähigkeit Wärmeleitfähigkeit für Lager und Welle Reibungszahl Drosselverhältnis kinematische Viskosität (n = h/r) bezogener Reibungsdruck Dichte (für Öl im Mittel = 900 kg/m3) Schubspannung Fließgrenze des Schmierstoffs relatives Lagerspiel (y = C/D) effektives relatives Lagerspiel relatives Lagerspiel; maximales, minimales, mittleres Ausnutzungsgrad Durchsatzfaktor Lagergleitflächen-(Segment-)Umschließungswinkel Winkelgeschwindigkeit Übergangs-Winkelgeschwindigkeit
15.2 Grundlagen hydrodynamischer und hydrostatischer Schmierung
635
15.2 Grundlagen hydrodynamischer und hydrostatischer Schmierung Zur Übertragung der Kräfte durch den Schmierfilm ist ein Druck im Schmierspalt erforderlich. Dieser Druck führt zu einer Strömung der Flüssigkeit, der Druckströmung. Bei Relativbewegung zwischen den Gleitflächen überlagert sich eine weitere Strömung, die Schleppströmung. 15.2.1 Druckströmung (Hagen-Poiseuille-Strömung)
Um ein Fluid durch einen Spalt zu pressen, ist eine Druckdifferenz zur Beschleunigung der Flüssigkeit und zur Überwindung deren innerer Reibung erforderlich. Bei sehr engen, langen Spalten (wie sie bei Gleitlagern auftreten) überwiegt der Einfluß der Reibung, die Beschleunigungskräfte kann man vernachlässigen. Im Spalt halten sich die Druckkraft und der innere Reibungswiderstand das Gleichgewicht, Abb. 15.2: Druckkraft Fp = (p1 – p2) ◊ b ◊ 2y = Dp ◊ b ◊ 2y,
(15.1)
Scherkraft Ft = 2 ◊ l ◊ b ◊ t ,
(15.2)
mit Newtonscher Schubspannung dv 1 t=h·5 . dy
Abb. 15.2. Spaltströmung viskoser Flüssigkeiten [15.3-8]
1
Gilt für Newtonsche Flüssigkeiten, Abschn. 16.5.2.1.
(15.3)
636
15 Gleitlager
Abb. 15.3a, b. Druckströmung zwischen zwei Rechteckplatten, a Geschwindigkeitsverteilung, b Druckverteilung
Mit Fp = –Ft ergibt sich aus der Geschwindigkeitsverteilung im Spalt für dv /dy = 0 und y = 0, Höchstgeschwindigkeit im Schmierfilm: v max =
Dp ◊ h 2 , 8 ◊h ◊ l
(15.4)
Volumenstrom: h /2
Q =2
b ◊ h3
Ú b ◊ y ◊ dy = Dp ◊ 12 ◊ h ◊ l .
(15.5)
y =0
Die gleiche Druckströmung ergibt sich in einem Spalt, wenn man die beiden Wirkflächen mit der Geschwindigkeit vy aufeinander zubewegt und einen Volumenstrom Q in x-Richtung herausquetscht. Für die rechteckige Platte in Abb. 15.3 gilt somit: Q = vy ◊ b ◊ l .
(15.6)
Die Kraft F erzeugt den dargestellten Druckverlauf über der Breite mit dem mittleren Druck: p=
2 F . pmax = 3 l◊b
(15.7)
Setzt man die Volumenströme nach Gleichung (15.5) und (15.6) gleich, ergibt sich: p– · h 3 vy = 0 . (15.8) h · l2 Der maximale Druck pmax tritt in der Mitte der Platte (bei 1/2) auf, wo v(x) = 0 ist. Die Flüssigkeit wird von dieser Stelle aus symmetrisch nach
15.2 Grundlagen hydrodynamischer und hydrostatischer Schmierung
637
Abb. 15.4a–d. Geschwindigkeitsund Druckverteilung im Keilspalt, a Geschwindigkeitsverteilung infolge Schleppstömung, b infolge Druckströmung, c resultierende Geschwindigkeitsverteilung aus a und b, d Druckverteilung
beiden Seiten herausgedrückt. Man spricht hier vom Polstereffekt (Quetschströmung senkrecht zur Kraftrichtung). Ist die Platte schräg zur Wand (Winkel a) angeordnet, wird das Druckprofil unsymmetrisch, das Druckmaximum ist zum engeren Spalt verschoben. Druckmaximum und resultierende Druckkraft befinden sich nicht mehr in der gleichen Ebene. Der herausgequetschte Volumenstrom an der Seite mit der größeren Spaltdicke ist größer als der auf der gegenüberliegenden Seite. Am Druckmaximum ist weiterhin v(x) = 0, Abb. 15.4b, d. Der oben beschriebene Effekt der Verdrängungsströmung wird ausgenutzt bei Lagern mit zeitlich variierender Last (instationäre Lager, Abschn. 15.4.1). Der Druck zwischen den zwei Platten kann auch erzeugt werden durch Zuführen eines Volumenstroms Q mit dem Druck pen , der von einer externen Pumpe erzeugt wird: Hydrostatische Lager s. Abschn. 15.6. 15.2.2 Schleppströmung (Couette-Strömung)
Wenn zwei parallele Platten bei flüssigkeitsgefülltem Spalt parallel zueinander verschoben werden, nehmen die Flüssigkeitsmoleküle an den Wirk-
638
15 Gleitlager
Abb. 15.5. Schleppströmung zwischen zwei Rechteckplatten
flächen deren Geschwindigkeit an. Es entsteht eine laminare drucklose Schleppströmung, Abb. 15.5 und Abb. 15.4a. Bei linearem Geschwindigkeitsprofil 1) ergibt sich die geförderte Flüssigkeitsmenge: Q=b ◊
v max ◊ h . 2
(15.9)
15.2.3 Überlagerung aus Druck- und Schleppströmung
Der Druckverlauf im realen Spalt eines Gleitlagers entspricht dem der Druckströmung, Abb. 15.3. Der Geschwindigkeitsverlauf ergibt sich durch Addition der Anteile aus Druckströmung und Schleppströmung. Dies ist das Wirkprinzip hydrodynamischer Gleitlager, Abb. 15.4c.
15.3 Hydrodynamische Radiallager (stationär belastete, kreiszylindrische Radiallager) Abbildung 15.6 zeigt die Schmierdruckverteilung, die sich bei Rotation der Welle einstellt (s. auch Abb. 15.4d). Abbildung 15.6 enthält alle für die Berechnung maßgeblichen Größen – auf der Basis der Grundlagen aus Abschn. 15.2 – jetzt aber mit den für Gleitlager üblichen Bezeichnungen. Am wichtigsten sind Gleitlager mit laminarer Strömung im Lagerspalt. Ob dieser Zustand vorliegt, wird mit der Reynoldszahl überprüft:
r · UW · C/2 Re = 00 ≤ Recr , mit Recr = 41,3 · h
33y1 .
(15.10)
Ist Re größer als der Grenzwert Recr , tritt turbulente Strömung im Schmierspalt auf; die hier vorgestellte Berechnungsmethode gilt dann nicht mehr. Verlustleistung und Tragkraft steigen deutlich an, die Stabilitätsgrenze fällt ab; s. hierzu Abschn. 15.4.1.
15.3 Hydrodynamische Radiallager (stationär belastete, kreiszylindrische Radiallager)
639
Abb. 15.6a–c. Schmierdruckverteilung im Radiallager bei unterschiedlicher Lagerbreite B, mit und ohne Längsnut N, a Druckverteilung über den Umfang, b über die Breite, c Geschwindigkeitsverteilung in Mitte Lagerbreite
15.3.1 Tragfähigkeit und Reibungszahl: Sommerfeldzahl
a) Ideelles, (nahezu) unbelastetes Radiallager Hierfür hat Petroff [15.3-11] die Beziehung zwischen Reibungszahl und (sehr geringer) Belastung bei hydrodynamischer Schmierung abgeleitet. Die Welle läuft dabei (nahezu) konzentrisch, es liegt drucklose, laminare Schleppströmung vor; der seitliche Abfluß wird vernachlässigt, Abb. 15.5. Für die Reibkraft FR (= Scherkraft Ft) gilt somit (15.2) mit l = p ◊ D und Newtonscher Schubspannung nach (15.3) und dv/dy = U/y = konst. Mit der Reibkraft FR = F ◊ m gilt dann:
m=
FR B ◊ D U = ◊p ◊h ◊ . F F h
(15.11)
Kennwerte: dynamische Viskosität bei Betriebstemperatur h, Summengeschwindigkeit U = D ◊ w /2 = p ◊ D ◊ n,
(15.12)
Schmierfilmdicke h = C/2 = (D–d)/2,
(15.13)
Relatives Lagerspiel y = C/D,
(15.14)
F mittlere Flächenpressung nach (15.7) p = . B◊D
(15.15)
Hiermit definiert man die Reibungskennzahl für das vollumschlossene Lager:
m h·w p =p0 4 – 2 =4. y p · y So
(15.16)
640
15 Gleitlager
Die Sommerfeldzahl So wird als Kennwert für die hydrodynamische Tragfähigkeit eingeführt: So =
p ◊ y2 . h◊w
(15.17)
Für das halbumschlossene Lager gilt sinngemäß:
m p = . y 2 So
(15.18)
Entsprechend den Voraussetzungen gelten (15.15), (15.17) nur für extrem gering belastete oder sehr schnellaufende Wellen, d.h. für So << 1. b) Reales, belastetes Radiallager Infolge der Druckströmung (Abschn. 15.2.1) wird die Welle zur Seite gedrückt und angehoben bis zum Gleichgewicht zwischen äußerer Belastung und Schmierdruck, die Welle läuft exzentrisch, Abb. 15.6a. Der Wellenmittelpunkt bewegt sich mit zunehmender Schmierfilmdicke nahezu auf einem Halbkreis,Abb. 15.7. Hierfür gelten (15.15) und (15.17) so nicht, vielmehr muß der Einfluß der relativen Exzentrizität e und des Verlagerungswinkels b (Abb. 15.6) berücksichtigt werden, ferner der relativen Lagerbreite B/D (Seitenabfluß). Hierfür ergibt sich die Reibungskennzahl m/y nach [15.3-8]:
m y
=
p So 1 – e
2
+
e 2
sin b ,
(15.19)
mit relativer Exzentrizität e und Verlagerungswinkel b nach Abschn. 15.3.3.
Abb. 15.7. Verlagerungswinkel b für ein vollumschlossenes Radiallager (Umschließungswinkel W = 360°) nach DIN 31652 T2
15.3 Hydrodynamische Radiallager (stationär belastete, kreiszylindrische Radiallager)
641
Problemlos ist der Betriebsbereich des realen, belasteten Lagers für 0,8 < So < 8. Zustand und Gefahren bei So < 0,8, d.h. für kleines Lagerspiel, zähes Öl, kleine Belastung, hohe Drehzahl: Die Welle wird weit aus der Ruhelage verdrängt, die Wellenmitte nähert sich der Lagermitte, die Exzentrizität wird kleiner; kleine Zusatzkräfte können die Welle aus der Gleichgewichtslage bringen, mit der Gefahr von Schwingungen, Instabilität (Abschn. 15.3.5); das Öl wird stark auf Scherung beansprucht, was u.U. zu unzulässiger Erwärmung führt. Zustand und Gefahren bei So > 8, großes Lagerspiel, dünnes Öl, große Belastung, niedrige Drehzahl: Die Welle läuft nahe der Ruhelage, d.h. bei großer Exzentrizität, der Schmierfilm ist dünn, d.h. es besteht Gefahr der Mischreibung mit Verschleiß. 15.3.2 Einflußgrößen für Sommerfeldzahl und Reibungskennzahl
a) Die mittlere Flächenpressung p– nach (15.15) muß getrennt überprüft werden; sie muß kleiner als der für den Lagerwerkstoff zulässigen Wert sein: p– ≤ p–zul . Erfahrungswerte für p–zul s.Abb. 15.8.Wenn die spezifische Lagerbelastung beim Anfahren p– > 2,5 ... 3 N/mm2 ist, muß ggf. eine hydrostatische Anhebung (Abschn. 15.6) vorgesehen werden, andernfalls kann unzulässiger Verschleiß an den Gleitflächen auftreten (DIN 31652 T3). b) Das Breitenverhältnis B/D sollte zwischen 0,4 und 1 gewählt werden, bei einstellbaren Endlagern eher 0,5 < B/D ≤ 1, bei Mittenlagern B/D ≤ 0,5, Abb. 15.9. Bei Turbomaschinen mit MGF-Lagern (Abschn. 15.4.2) wird B/D = 0,8, im Motorenbau B/D ≤ 1,25 ausgeführt. Bei B/D < 0,4 beeinträchtigt starker seitlicher Ölfluß den Schmierdruckaufbau. Bei B/D > 1 besteht erhöhte Gefahr des Kantentragens infolge Schrägstellung und/oder elastischer Durchbiegung.
1)
Lagerwerkstoff-Gruppe
– in N/mm2 (MPa) 1) p zul
Pb- und Sn-Legierungen
5 (15)
Cu Pb-Legierungen
7 (20)
Cu Sn-Legierungen
7 (25)
Al Sn-Legierungen
7 (18)
Al Zn-Legierungen
7 (20)
Klammerwerte sind in Einzelfällen nachgewiesen worden und können unter bestimmten Betriebbedingungen, z.B. sehr kleine Gleitgeschwindigkeiten, zugelassen werden.
Abb. 15.8. Erfahrungswerte für zulässige Radiallager-Belastungen p zul (DIN 31652 T3), auch Anhaltswerte für Axialsegment- und Kippsegmentlager (15.44)
642
15 Gleitlager
Abb. 15.9a, b. Lagergestaltung (VDI 2204 Bl.1), a falsch, b richtig (anpassungsfähige Kontur)
Abb. 15.10. Sommerfeldzahl So in Abhängigkeit der relativen Exzentrizität e = 2e/(D – d) mit Exzentrizität e nach Abb. 15.6 und relativen Lagerbreite B/D für ein vollumschlossenes Radiallager (Umschließungswinkel W = 360°) nach DIN 31652 T2
15.3 Hydrodynamische Radiallager (stationär belastete, kreiszylindrische Radiallager)
643
Wie Abb. 15.10 zeigt, hängt auch die relative Exzentrizität vom Verhältnis B/D ab, mit ähnlichen Folgen wie bei einer zu kleinen oder zu großen Sommerfeldzahl (Abschn. 15.3.1). c) Das relative Lagerspiel y ist außer für die Tragfähigkeit (s. (15.17)) auch für die Führungsgenauigkeit wichtig; Definition nach (15.13), (15.14):
y=
D–d C . = D D
(15.20)
Entsprechend den Toleranzen von Lagerbohrung D und Wellendurchmesser d ergibt sich ein Lagerspiel im Einbauzustand bei Umgebungstemperatur (Jamb = 20°C) zwischen ymax bei D = Dmax und d = dmin sowie ymin bei D = Dmin und d = dmax. Bei der Dimensionierung geht man vom mittleren relativen Lagerspiel aus:
ym = 0,5 (ymax + ymin) .
(15.21)
Zur Vorauswahl kann man folgende – in der Praxis bewährte – Beziehung verwenden:
y m = 0 , 6 ... 1, 0 ◊ 10 3
4
U,
(15.22)*
mit der Summengeschwindigkeit U in m/s. Hinweise zur Wahl kleinerer oder größerer ym-Werte (Faktor 0,6 ...1,0) s. Abb. 15.11; üblicher Bereich ym = 0,5 ... 3,0 ‰. Mit dem hiernach geschätzten Wert für ym kann man nach Abb. 15.12 die Passung wählen. Mit den Grundtoleranzen nach Abb. 6.5 bestimmt
Betriebsbedingungen
Unterer -Bereich für
Oberer -Bereich für
Lagerwerkstoff
weich, geringer E-Modul, Weißmetall
hart, hoher E-Modul, Bronzen
Flächenlast
relativ hoch
relativ niedrig
Lagerbreite
B/D 0,8
B/D 0,8
Auflagerung
selbsteinstellend
starr
Lastübertragung
umlaufend (Umfangslast für Lagerschale)
ruhend (Punktlast für Lagerschale)
Bearbeitung
sehr gut
gut
Härteunterschied zwischen Zapfen und Lagerwerkstoff
100 H B
100 H B
Abb. 15.11. Hinweise für die Vorauswahl des mittleren relativen Lagerspiels ym [15.3-3]
644
15 Gleitlager
Abb. 15.12. Passungen für Gleitlager (in Anlehnung an DIN 31698)
man die Abmaße der Bohrung Dmin = D (Prinzip ,,Einheitsbohrung“) und Dmax und daraus Dm; mit dem gewählten ym ergibt sich der mittlere Wellendurchmesser dm = Dm – ym ◊ D und mit der Grundtoleranz entsprechend dem IT-Wert der Welle dmax und dmin sowie ymin und ymax . – Bei größeren Stückzahlen geht man oft vom Istmaß der (teureren) Welle – mit den Fertigungstoleranzen – aus (quasi ,,Einheitswelle“ und wählt hiernach die Lagerschale mit den entspr. Abmaßen). Der Betriebszustand muß für beide Grenzwerte überprüft werden. Dabei sollte ymax/ymin < 1,5 sein; andernfalls können sich sehr unterschiedliche Betriebszustände einstellen (in die Sommerfeldzahl, (15.17), geht y quadratisch ein!). Im Betrieb ändert sich das relative Lagerspiel bei unterschiedlichen Temperaturen von Welle und Lager (JW, JL) und/oder unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten (aL, aW) um:
Dy = aL (JL – 20 °C) – aW (JW – 20°C) .
(15.23)
Damit ergibt sich für das effektive relative Lagerspiel:
yeff = y + Dy .
(15.24)
Die yeff-Werte, mit y = ym für das mittlere Lagerspiel bzw. y = ymax für das maximale (am wichtigsten), y = ymin für das kleinste Lagerspiel, sind maßgebend für den Tragfähigkeitsnachweis (bei Lagern mit freier Ausdehnungsmöglichkeit und geringer Erwärmung – DJ < 20 K – ist das Einbauspiel ≈ Betriebsspiel). Weitere Empfehlungen zur Wahl des Lagerspiels Für Werkzeugmaschinen-Lager mit hochgenauer Wellenführung y = 0,05‰ ... 0,25‰ und Rt ≤ 1 mm; für Preßstoff-Lager wegen Quellgefahr y ≈ 5‰ .
15.3 Hydrodynamische Radiallager (stationär belastete, kreiszylindrische Radiallager)
645
Allgemein sollten folgende Minimalwerte nicht unterschritten werden: Für Kunststofflager ymin ≈ 3‰; Graugußlager ≈ 1‰; Sintermetallager ≈ 1,5‰; Leichtmetallager ≈ 1,3‰; Bleibronzelager ≈ 1‰. Bei dünnen Lagerschalen, die mit Preßsitz in das Gehäuse eingefügt werden, wird das Einbauspiel gegenüber dem Herstellspiel (aus Abmaßen vor dem Einbau) u.U. erheblich vermindert; maßgebend ist der Einbauzustand. d) Dynamische Viskosität. Wenn der Schmierstoff durch die Betriebsbedingungen oder durch den Anwendungsbereich vorgegeben ist (Abschn. 15.8), muß das Gleitlager für die entsprechende Viskosität h dimensioniert werden. Andernfalls wird der Schmierstoff und damit die Viskosität nach den Betriebsbedingungen des Lagers allein gewählt. Anhaltswerte für die Wahl der ISO-Viskositätsklasse, d.h. der kinematischen Viskosität bei 40°C in Anlehnung an [15.3-10]: 4 F · (Sh · hmin, tr)2 h = 008 , w · D 4 · K*
(15.25)
mit Sh Sicherheit gegen Mischreibung nach [15.3-10] = 1,25 … 1,5; hmin,tr Übergangsschmierspaltdicke nach (15.26), K* Tragzahl nach Abb. 15.13. Hohe dynamische Viskosität bedeutet niedrige Reynoldszahl, (15.10), und damit großer Bereich (sicherer) laminarer Strömung, große Schmierfilmdicke (hohe Tragfähigkeit), kleinere Übergangsdrehzahl, jedoch hohe Reibleistung (starke Erwärmung), kleiner Schmierstoffdurchsatz (hohe Pumpenleistung erforderlich). – Bei hohen Drehzahlen ist daher eine niedrigere Viskosität erforderlich und ausreichend. Weitere Hinweise zur Wahl des Schmierstoffs s. Abschn. 15.8. Man beachte: Alle Daten und Empfehlungen in Abschn. 15.3.1, 15.3.2 sind nur allgemeine Richtwerte. Maßgebend ist letzlich, daß im Betriebszustand ein ausreichend dicker Schmierfilm vorhanden ist; s. Abschn. 15.3.3.
Abb. 15.13. Tragzahl K* nach [15.3-10]
646
15 Gleitlager
15.3.3 Kennwerte für den Betriebszustand
a) Minimale Schmierfilmdicke beim Übergang in die Mischreibung: Verschleißfreien Betrieb erreicht man, wenn die Funktionsflächen durch einen Schmierfilm getrennt sind, der dicker als die Summe aus Rauheit und Formabweichung (insbesondere Welligkeit) ist, d.h. eine minimale Übergangs-Schmierfilmdicke hmin,tr muß gewährleistet sein: hmin,tr = 1,5 RzW + 0,5 RzL + Lager-Formabweichung + Wellen-Formabweichung
(15.26)
Hierbei ist berücksichtigt, daß die Rauheit der härteren Welle, die die Umfangskraft aufnimmt, den stärksten Einfluß hat, während die Rauheit der weicheren Lagerbohrung, die die ruhende Kraft aufnimmt, durch Einlaufen stärker abgebaut wird. Abbildung 15.14 enthält Richtwerte für hmin,tr , wobei für die Welle eine gemittelte Rauhtiefe von RzW = 4 mm, geringe Formabweichungen der Gleitflächen, sorgfältige Montage und ausreichende Filterung vorausgesetzt werden. b) Minimale Schmierfilmdicke im Betrieb: Im Betriebszustand stellt sich die Schmierfilmdicke an der engsten Stelle über den Umfang auf hmin ein: hmin = 0,5 ◊ D ◊ yeff (1– e) ,
(15.27)
mit yeff nach (15.24), e nach (15.29). c) Die kleinste, im Betrieb zulässige, minimale Schmierfilmdicke hlim muß mit ausreichendem Sicherheitsabstand oberhalb der minimalen Übergangs-Schmierfilmdicke liegen. Als Richtwert kann man ansetzen: hlim = 1,25 ◊ hmin,tr .
(15.28)
Grenzbedingung: Um einen sicheren Betriebszustand zu erreichen, muß hmin größer als die kleinste, im Betrieb zulässige, minimale SchmierfilmWellendurchmesser d in m über bis
Summengeschwindigkeit U in m/s –
1
3
10
30
1
3
10
30
–
24
63
3
4
5
7
10
63
160
4
5
7
9
12
160
400
6
7
9
11
14
400
1000
8
9
11
13
16
1000
2500
10
12
14
16
18
Abb. 15.14. Erfahrungswerte für die kleinstzulässige Schmierfilmdicke hmin,tr in mm (DIN 31652 T3)
15.3 Hydrodynamische Radiallager (stationär belastete, kreiszylindrische Radiallager)
647
dicke sein: hmin ≥ hlim . Dies muß für das kleinste und das größte Lagerspiel (entspr. yeff,min und yeff,max) nachgewiesen werden. d) Exzentrizität. Die Lage der belasteten Welle im Betrieb ist gekennzeichnet durch die Exzentrizität e und den Verlagerungswinkel b. Im Betrieb stellt sich folgende relative Exzentrizität ein: 2 · hmin e C/2 – hmin e = 6 = 06 = 1 – 02 . C/2 C/2 C
(15.29)
Beziehung zwischen e und der Sommerfeldzahl So s. Abb. 15.10, Beziehung zwischen Verlagerungswinkel b, relativer Exzentrizität e und Breitenverhältnis B/D s. Abb. 15.7. e) Die Übergangs-Drehzahl ntr , -Winkelgeschwindigkeit wtr grenzt den Bereich der Mischreibung von dem der reinen Flüssigkeitsreibung ab; aus (15.16) folgt:
wtr =
p ◊ y2 . h ◊ Sotr
(15.30)
Die Übergangs-Sommerfeldzahl Sotr ergibt sich aus der relativen Übergangs-Exzentrizität etr und dem Breitenverhältnis B/D nach Abb. 15.10, mit hmin = hmin,tr nach (15.26) und e = etr nach (15.27). 15.3.4 Erwärmung und Schmierstoffbedarf
a) Die Reibleistung ist im hydrodynamischen Betriebszustand die durch reine Flüssigkeitsreibung erzeugte Verlustleistung: Pf = m ◊ F ◊ U =
m ◊ y ◊ F ◊ U. y
(15.31)
b) Der Schmierstoffdurchsatz Q besteht aus 3 Komponenten (DIN 31652): 1. Seitlicher Ablauf infolge der hydrodynamischen Druckentwicklung; entsprechender Schmierstoffdurchsatz: Qd = D3 ◊ y ◊ w ◊ Q*d ,
(15.32)
mit Eigendruck-Kennzahl Q*d =
1 4
ÈÊ B ˆ ÍÁ ˜ – 0, 223 ÍË D ¯ Î
3 ÊBˆ ˘ Á ˜ ˙ ◊ e. ËD¯ ˙ ˚
(15.33)
2. Seitlicher Ablauf infolge Schmierstoff-Zuführdruck pen : Qp =
D3 ◊ y3 ◊ pen * ◊ Qp , h
(15.34)
mit Zuführdruck-Kennzahl Qp* nach Abb. 15.15. 3. Der Schmierstoffdurchsatz in Umfangsrichtung ist i.allg. klein gegenüber Qd und Qp und kann dann vernachlässigt werden.
648
15 Gleitlager
Abb. 15.15a, b. Zuführdruck-Kennzahl Qp* zur Berechnung des Schmierstoffdurchsatzes (DIN 31652 T2) bei, a Schmierstoffzufuhr durch Schmierloch, b Schmierstoffzufuhr durch Ringnut
c) Wärmebilanz: Die gesamte im Lager erzeugte Reibleistung Pf muß abgeführt werden durch 1. Konvektion und Strahlung vom Lagergehäuse, z.T. von der Welle, 2. durch das Schmieröl, wenn es aus dem Lagergehäuse abgeführt, gekühlt und wieder zugeführt wird. Bei drucklos geschmierten Lagern (z.B. Ringschmierung) muß die gesamte Wärmemenge nach 1. abgeführt werden. Druckgeschmierte Lager (Umlaufschmierung) werden nach 1. und 2. gekühlt, aus Sicherheitsgründen aber nur nach 2. berechnet. zu 1.: Wärmeabgabe durch Konvektion und Strahlung Wärmestrom an die Umgebung: Pth,amb =k ◊ A ◊ (JB – Jamb) ,
(15.35)
k: Wärmedurchgangskoeffizient ohne Zwangsströmung k = 15 ... 20 W/(m2K), bei Anblasen mit Windgeschwindigkeit wamb k = 7 + 12 wamb (VDI 2204). Die wärmeabgebende Oberfläche des Lagergehäuses kann näherungsweise wie folgt angesetzt werden (DIN 31652 T1): – bei zylindrischen Gehäusen: A=
p DH2 – D2 + p DH BH , 2
(
)
(15.36)
– bei Stehlagern: A = p ◊ H (BH + H/2),
(15.37)
mit D Wellendurchmesser, DH Gehäusedurchmesser, BH Gehäusebreite in Achsrichtung, H Stehlagergesamthöhe; – bei Lagern im Maschinenverbund: A = (15 ... 20) ◊ D ◊ B, mit 15 bei knapper, 20 bei reichlicher Dimensionierung.
(15.38)
15.3 Hydrodynamische Radiallager (stationär belastete, kreiszylindrische Radiallager)
649
zu 2. Wärmeabgabe durch den Schmierstoff Pth,L = r ◊ c ◊ Q (Jex – Jen) ,
(15.39)
r ◊ c: Volumenspezifische Wärme, für Mineralöle r ◊ c = 1,8 ◊ 106 J/(m3K), Temperaturdifferenz Austritt-Eintritt Jex – Jen = 10 K bis maximal 20 K. d) Ermittlung der Betriebstemperatur Das Reibungs- und Betriebsverhalten von Radialgleitlagern ist über die temperaturabhängigen Größen Viskosität und Lagerspiel an die Betriebstemperatur JB bzw. Lageraustritts-(= Kühlereintritts-)temperatur Jex gebunden. JB und Jex stellen sich jedoch in Abhängigkeit der Kühltemperatur ein, können daher nur iterativ bestimmt werden. Berechnungsvorgang für konvektionsgekühlte Lager: Annahme einer Betriebstemperatur JB , Startwert JB,0 = Jamb + 1/2 (Jlim – Jamb), Jlim s. Abb. 15.16. Aufstellen der Wärmebilanz und Berechnung der Betriebstemperatur JB,1 , resultierend aus der vorhandenen Reibleistung Pf nach (15.31). Bei einer Temperaturdifferenz der angenommenen Lagertemperatur JB,0 zur errechneten Lagertemperatur JB,1 wird der iterative Rechengang fortgesetzt. Die neu angenommene Lagertemperatur JB,0 neu ergibt sich aus:
JB,0 neu = 1/2 (JB,0 + JB,1) .
(15.40)
Berechnungsvorgang für umlaufgeschmierte Lager: Annahme einer Kühlereintrittstemperatur Jex , Startwert Jex,0 = Jen + 20 K (Kühleraustrittstemperatur Jen ist aus Auslegung bekannt). Die Lagertemperatur ergibt sich aus JB = 1/2 (Jex + Jen). Aufstellen der Wärmebilanz und Berechnung der Kühleraustrittstemperatur Jex,1 , resultierend aus der vorhandenen Reibleistung Pf nach (15.31). Bei einer Temperaturdifferenz der angenommenen Kühleraustrittstemperatur Jex, 0 zur errechneten Kühleraustrittstemperatur Jex,1 wird der iterative Rechengang fortgesetzt. Die neu angenommene Kühleraustrittstemperatur Jex,0 neu ergibt sich aus:
Jex,0 neu = 1/2 (Jex,0 + Jex,1) .
(15.41)
Wird die geforderte Temperaturdifferenz zwischen JB,0 und JB,1 bzw. Jex,0 und Jex,1 erreicht (übliche Werte liegen bei DJ ≈ 2 K), wird die Iteration beendet, der Beharrungszustand mit Wärmegleichgewicht liegt vor. Der
Art der Lagerschmierung
Druckschmierung (Umlaufschmierung) drucklose Schmierung (Eigenschmierung)
lim in °C Verhältnis von Gesamtschmierstoffvolumen zu Schmierstoffvolumen je Minute (Schmierstoffdurchsatz) bis 5
über 5
100 (115)
110 (125) 90 (110)
Abb. 15.16. Erfahrungswerte für maximal zulässige Lagertemperaturen Jlim nach DIN 31652 T2
650
15 Gleitlager
Abb. 15.17. Tragfähigkeitsnachweis für hydrodynamische Radialgleitlager
Berechnungsvorgang im Rahmen des Tragfähigkeitsnachweises ist aus Abb. 15.17 zu ersehen. 15.3.5 Schwingungen, Stabilität
Die praktisch immer vorhandenen Unwuchten regen den elastischen Rotor zu Biegeschwingungen an (Wellenschwingungen, biegekritische Drehzahlen s. Abschn. 17.10). Speziell bei schnellaufenden Gleitlagern überlagern sich den meist geringen statischen Belastungen (z.B. Eigengewicht) Unwuchtschwingungen, verbunden mit hohen dynamischen Zusatzbelastungen. Die Schwingungs- und Stabilitätsverhältnisse beim Gleitlager werden dabei zusätzlich durch den hydrodynamischen Schmierfilm bestimmt.
15.3 Hydrodynamische Radiallager (stationär belastete, kreiszylindrische Radiallager)
651
Abb. 15.18. a Schwingungsamplitude A eines einfachen Rotors, abhängig von der Wellendrehzahl n (VDI 2204 Bl.2), b Resonanzlage n1, n2 und c Stabilitätsgrenze nlim von Radiallagern [15.3-24]
Abbildung 15.18a zeigt: Durch die Elastizität des Schmierfilms verlagert sich die Eigendrehfrequenz der starren Welle ncr , die kritische Eigendrehfrequenz wird herabgesetzt (n1 , n2 ). Durch die anisotropen Steifigkeitsverhältnisse des Schmierfilms in Richtung der statischen Belastung bzw. in Querrichtung besitzt der Rotor zwei Eigendrehfrequenzen n1 und n2 . Da Rotorverlagerungen i.allg. im überkritischen Bereich (Betriebs-
652
15 Gleitlager
drehzahl n > n1 , n2 ) betrieben werden, ist meist die höhere kritische Drehzahl n2 von Interesse. Damit verbunden – durch die Dämpfungswirkung des Schmierfilms – sind abnehmende Resonanzamplituden gegenüber der starren Rotorlagerung. Wegen der besonderen Federungseigenschaften des Schmierfilms können ferner oberhalb einer Stabilitätsgrenze (Drehzahl nlim ) selbsterregte Schwingungen auftreten. Die Wellenauslenkung läuft dabei mit der halben Drehfrequenz um (man spricht von Halbfrequenzwirbeln). Der Schmierfilm bricht schnell zusammen. Die Stabilitätsgrenze liegt bei kreiszylindrischen Lagern beim 1,5- bis 2-fachen der kritischen Drehzahl bei starr gelagertem Rotor, bei Mehrgleitflächenlagern noch wesentlich höher, Abb. 15.18c. Die Herabsetzung der Resonanz-Drehfrequenzen gegenüber der starren Lagerung in Abhängigkeit der relativen Lagersteifigkeit m– zeigt Abb. 15.18b. Angaben zur Berechnung s. auch [15.1-1], [15.1-28], [15.3-8]. 15.3.6 Gestaltung der hydrodynamischen Radiallager
Die Lager sind häufig in die Gehäuse integriert, s. z.B. Abschn. 22.2.5 [15.3-20]. Als unabhängige Bauelemente gibt es Stehlager, Flanschlager und Augenlager, die auch als Normlager erhältlich sind (Abb. 15.19). Erlaubt die Montage den Einsatz ungeteilter Lager, verwendet man i.allg. Massivbuchsen, die in die Bohrungen der Lagergehäuse eingepreßt
Abb. 15.19a–c. Ausführungsformen von Radialgleitlagern, a Augenlager Form A (DIN 504), b Flanschlager Form A (DIN 502), c Stehlager (DIN 505)
15.4 Sonstige hydrodynamische Radiallager
653
Abb. 15.20a–c. Gleitlagerbuchsen, Massivbuchsen, a ohne, b mit Bund (DIN 1850), c gerollte Einspannbuchsen (mit Schlitz), (DIN 1494, 1498, 1499)
(evtl. eingeklebt) werden. Massivbuchsen sind formstabil und kostengünstig; sie können als Normteile bezogen werden, Abb. 15.20. Sollen auch geringe Axialkräfte aufgenommen werden, verwendet man Buchsen mit Bund, Abb. 15.20b, bei stillstehenden Achsen oft Einspannbuchsen nach DIN 1499, Abb. 15.20c. Wenn die Welle radial eingelegt werden muß, sind geteilte Lagerschalen erforderlich. Sie sind teuer, weniger formstabil, müssen daher in der Gehäusebohrung steif abgestützt werden. Hohe Festigkeit und guten Gleiteigenschaften bieten Verbundlager, Abschn. 15.7.2.
15.4 Sonstige hydrodynamische Radiallager Dieser Abschnitt umfaßt Betriebszustände und Sonderbauarten außerhalb des Betriebsbereichs der in Abschn. 15.3 behandelten stationär belasteten kreiszylindrischen Lager. 15.4.1 Gleitlager bei instationärem Betrieb
Ändert sich die auf das Lager aufgebrachte Kraft nach Betrag und/oder Richtung, so spricht man von instationärer Belastung. Der überwiegende Einsatzbereich von instationär belasteten Gleitlagern ist die Pleuellagerung von Kolbenmaschinen. Ein Beispiel zeigt Abb. 15.21a. Für Kolbenmaschinen liegen EDV-Programme vor, die die komplizierte Berechnung erst ermöglichen. Die Grundlagen für einen Lösungsansatz werden nachfolgend beschrieben. Die instationär wirkende Kraft F wird durch zwei Kräfte FD und Fv aufgenommen (Abb. 15.21b). FD wird durch den Druckberg pD erzeugt, der aus der Drehbewegung des Zapfens gegen das Lager oder umgekehrt resultiert. – FD ist der hydrodynamische Traganteil identisch der Lagerbelastung bei stationären Bedingungen. Fv ist der Traganteil aus Verdrängungsströmung. In Abb. 15.21b erzeugt eine Bewegung des Zapfens entgegen der Kraftrichtung von Fv eine Strömung des Schmierstoffs aus dem Schmierspalt. Je nach Bewegungsge-
654
15 Gleitlager
d
Abb. 15.21. a Pleulager-Belastungsdiagramm schalenfest, b Traganteile und Druckberge, c,d Zapfenbahnen im Pleuellager eines 4-Takt Verbrennungsmotors. c relativ zur Last, d relativ zum Lager
15.4 Sonstige hydrodynamische Radiallager
655
schwindigkeit baut sich ein mehr oder weniger hoher Druckberg pv auf. – Der Traganteil Fv steht nur kurzzeitig zur Verfügung, da der Abstand hlim von Zapfen und Lagerschale eingehalten werden muß. – Die Richtung von Fv ergibt sich aus der Bewegungsrichtung des Zapfens relativ zur Lagerschale. Zur Berechnung geht man von einer Anfangsbedingung aus und bestimmt mit Kraft und Kraftrichtung die Traganteile mit der Verlagerungsbahn. In der Regel sind die Belastungsabläufe zyklisch, so daß sich die Anfangsbedingung so lange variieren läßt, bis geschlossene Bahnkurven entstehen. Diese Bahnkurven werden im sog. Spielkreis aufgetragen, im Mittelpunkt ist e = 0 am Rand e = 1. 15.4.2 Gleitlager mit nichtzylindrischem Schmierspalt
Dies sind Lager mit mehreren Gleitflächen (Mehrgleitflächen-Lager), abgekürzt: MGF-Lager. Die Welle wird hierbei auch im unbelasteten Zustand (auch eine vertikale Welle) durch mehrere keilförmige Spalte zentrisch geführt; dadurch bilden sich stabilisierende Blinddrücke, die gleichzeitig schwingungsdämpfend wirken, Abb. 15.22. Das Öl wird an den Stoßstellen der Teilschalen zugeführt. – Wegen der kleineren tragenden Flächen haben MGF-Lager allerdings eine geringere Tragfähigkeit als kreiszylindrische Lager und weisen höhere Reibungsverluste auf. Die wichtigsten Bauarten sind: – Das Zitronenspiel-Lager (Abb. 15.23a) ist besonders einfach herstellbar. Von einem mittig geteilten kreiszylindrischen Lager werden die Stoßflächen abgearbeitet. Die danach verschraubten Lagerschalen bilden Keilspalte für beide Drehrichtungen. – Lager mit seitlich versetzten kreiszylindrischen Lagerschalen, Abb. 15.23b, bilden ebenfalls zwei Keilspalte sind einfach herstellbar, eignen sich jedoch nur für eine Drehrichtung (ein falscher Versatz führt zur Zerstörung des Lagers!).
Abb. 15.22. Druckflächen und resultierende Belastung von MehrgleitflächenLagern [15.3-8]
656
15 Gleitlager
Abb. 15.23a–g. Bauformen von Mehrflächenlagern [15.3-8], a Zitronenspiellager, b Lager mit seitlich versetzten kreiszylindrischen Lagerschalen, c Dreikeillager, d Dreikeil-Taschenlager, e Dreikeillager für eine Drehrichtung, f Vierkeillager, g Fünfkeillager
– Die Drei- und Vierkeillager nach Abb. 15.23c, f eignen sich für beide Drehrichtungen bei guter Führungsgenauigkeit. Drei-, Vier- und Fünfkeillager, Abb. 15.23 d, e, g, MGF-Taschenlager mit schmalen keilförmigen Schmiertaschen bei ansonsten zylindrischer Bohrung sind besonders führungsgenau und relativ tragfähig, eignen sich allerdings auch nur für eine Drehrichtung. Sie sind jedoch tragfähiger als MGF-Lager mit symmetrischen Teilschalen, Abb. 15.23 c, f. Für die Berechnung von Tragfähigkeit, Reibungsverlusten, Federsteife und Dämpfung unterteilt man das Lager in mehrere Teillager; s. [15.3-8] und dort angegebene Spezialliteratur. 15.4.3 Fettgeschmierte Gleitlager
Für die Berechnung gelten im Prinzip die Regeln ölgeschmierter Gleitlager, so auch für den Übergang in die Mischreibung, Abschn. 15.3.3, 15.3.4 mit folgenden Besonderheiten: – Wärmeabfuhr nur durch Konvektion und Strahlung, nicht durch den Schmierstoff, – Berechnung der Betriebsviskosität aus einer modifizierten Viskosität hmod nach (15.77) in Abschn. 15.8.3. Am Ende eines Schmierintervalls stellt sich oft Mangelschmierung ein. Hierfür gelten die Beziehungen wie für ölgeschmierte Lager ohne Seitenabfluß, s. [15.1-1]. Wegen der größeren Erwärmung wird das Lagerspiel größer ausgeführt (ca. y = 2‰ für größere Durchmesser bis 6‰ für kleinere Durchmesser).
15.4 Sonstige hydrodynamische Radiallager
657
Abb. 15.24. Schwimmbuchsenlager [15.3-8]
Das Fett wird aus Fettaschen oder Nuten in der Gleitfläche nur dann in den Schmierspalt transportiert, wenn hier die Fließgrenze des Fetts überschritten wird. Daraus ergibt sich ein Anhaltswert für die wirksame Taschen- und Nuttiefe: hp = 5 ◊ hs ◊ U/ts ,
(15.42)
mit hs Viskosität des Fetts, ts Fließgrenze des Fetts (jeweils abhängig vom Einfluß des Verdickers). Abschätzung des Fettbedarfs und des Nachschmierintervalls s. Abschn. 15.8.3. 15.4.4 Schwimmbuchsenlager
Wie Abb. 15.24 zeigt, schwimmt eine axial geführte Buchse frei zwischen Welle und äußerem Lager. Ihre Drehzahl stellt sich auf einen mittleren Wert ein; dadurch ergibt sich eine kleinere Relativgeschwindigkeit im ,,inneren“ und im ,,äußeren“ Lager als ohne Schwimmring. Die Verlustleistung ist dadurch kleiner, ebenso die Reynoldszahl, so daß turbulente Strömung vermieden werden kann (s. (15.10)), das Schwingungs- und Stabilitätsverhalten ist günstiger. Hauptanwendungsgebiete sind Lagerungen von leichten schnellaufenden Rotoren (Flächenpressung p < 1 bar, n > 100000 min–1), d.h. sehr kleinen Sommerfeldzahlen, (z.B. Abgasturbolader), ferner Antriebe mit Gegenlauf von Lager und Welle (bei gleich großer und entgegengesetzter Drehzahl könnte sich kein Schmierfilm aufbauen). – Bei schnellaufenden Planetengetrieben verwendet man Schwimmbuchsenlager zum Lastausgleich zwischen den Planeten; s. [15.2-1], [15.2-2], [15.3-8]. 15.4.5 Folienlager
Abbildung 15.25 zeigt das Prinzip. Entweder steht das flexible Band bei rotierender Welle still oder umgekehrt. Anwendungsgebiete sind Papierund Textilmaschinen sowie Ton- und Magnetbandgeräte. Tragfähigkeit und Reibungsverhalten s. [15.3-8], [15.2-25].
658
15 Gleitlager
Abb. 15.25a, b. Folienlager [15.3-8], a stehendes Band, rotierende Welle, b ablaufendes Band, nahezu stehende Welle
15.5 Hydrodynamische Axiallager Druckaufbau und Tragfähigkeit gehorchen den gleichen physikalischen Gesetzen wie beim Radiallager, Abb. 15.1 ... 15.6. Der Keilspalt, der sich beim zylindrischen Radiallager automatisch einstellt, wird beim Axiallager (außer beim Spurplattenlager, Abb. 15.28) entweder durch die Herstellung fest vorgegeben (Abb. 15.29 ... 15.32) oder wird durch bewegliche Abstützung erreicht (Abb. 15.33). 15.5.1 Tragfähigkeit und Reibungszahl: Sommerfeldzahl bei kippbeweglichen Gleitschuhen
Auch bei Axiallagern ist der Keilspalt das tragende Element. Abbildung 15.26 zeigt, daß die Druckverteilung p über die Länge des Gleitschuhs abhängig vom Keilspaltverhältnis hmin/Cwe ist. Man sieht: die maximale Tragfähigkeit des Gleitschuhs wird bei hmin/Cwe = 0,8 erreicht. Der Kraftangriffspunkt liegt für hmin/Cwe bei a = 0,42 L von der ablaufenden Kante entfernt (s. Darstellung in Abb. 15.26a). Das heißt: Ein 0,42 L von der ablaufenden Kante beweglich gelagerter Gleitschuh nimmt immer die optimale Position ein (bei einer Bewegungsrichtung). Bei festen Keilflächen ändert sich dagegen die Tragfähigkeit mit der Änderung des Betriebszustands, d.h. mit veränderlichem hmin . Die Tragfähigkeit des gesamten Axiallagers ergibt sich durch Multiplizieren mit der Anzahl der Segmente am mittleren Durchmesser D, Abb. 15.27. Im Prinzip gelten dieselben Berechnungsgleichungen wie bei Radiallagern. An die Stelle der Sommerfeldzahl So für Radiallager, Abschn. 15.3.1, tritt die axiale Sommerfeldzahl Soax (auch als Belastungskennzahl bezeichnet): Soax =
p h 2min , hUB
(15.43)
mit der mittleren Flächenpressung bei Z Gleitflächen, p=
F ≤ p–zul Z◊L◊B
(15.44)
15.5 Hydrodynamische Axiallager
659
Abb. 15.26a, b. Belastungs- und Reibungskennzahlen für hydrodynamische Axiallager für unterschiedliche Breitenverhältnisse L/B [15.3-3], a ohne Rastfläche, b mit optimaler Rastfläche, (Lwe /L = 0,8), Lwe , Cew s. Abb. 15.32
Abb. 15.27. Maße und Geschwindigkeiten des hydrodynamischen Axialsegmentlagers
660
15 Gleitlager
und Summengeschwindigkeit U am mittleren Durchmesser D (Abb. 15.27).Anhaltswerte für p–zul von Segment- und Kippsegmentlagern s.Abb. 15.8. Soax kann abhängig von der Lagergeometrie (hmin/Cwe , L/B) nach Abb. 15.26 bestimmt werden. Kleinste Schmierfilmdicke im Betrieb hlim nach (15.28); Empfehlung für hmin, tr für Axialsegmentlager nach DIN 31653 T3: hmin,tr = DR z/3000,
(15.45)
nach DIN 31654 T3 für Axialkippsegmentlager: hmin,tr = D Rz/12000,
(15.46)
Rz gemittelte Rauhtiefe der Spurplatte; Richtwert 4 mm. 15.5.2 Übergangsdrehzahl
Aus (15.30) und (15.43) ergibt sich die Übergangsdrehzahl n tr =
y2 ◊ U ◊ B 2 2 ◊ p ◊ h min, tr
.
(15.47)
15.5.3 Reibungskennzahl
Sie kann nach der Beziehung in Abb. 15.26 bestimmt werden: k2 = m
p◊B , h◊U
(15.48)
mit mittlerer Umfangsgeschwindigkeit U nach Abb. 15.27. Für optimal ausgelegte Lager (hmin/Cwe = 0,8) kann man k2 = 3 setzen. 15.5.4 Reibleistung
Aus der allgemein gültigen Beziehung für die Verlustleistung (15.31) folgt für Axiallager: 0 h·U 06 3 (15.49) Pf = F · U · k 2 9 – · B = k2 h U Z F L . p
15.5.5 Abmessungen und Anzahl der Segmente
Abbildung 15.26 zeigt, daß das Maximum der Sommerfeldzahl Soax bei L/B ≈ 1 liegt. Als brauchbaren Bereich kann man 0,7 ≤ L/B ≤ 1,5 ansehen.
15.5 Hydrodynamische Axiallager
661
Damit ergibt sich die Anzahl der Segmente: Z=
p ◊D ◊ f, L
(15.50)
mit Ausnutzungsgrad f = 0,8, der einen Platzbedarf von 20% des Umfangs für die radialen Schmiernuten berücksichtigt, Abb. 15.27. Bei Summengeschwindigkeiten U > 25 m/s und damit verbundenen absinkenden Spaltviskositäten sollte f < 0,8 gewählt werden [15.3-16]. Durchmesser Di und Da s. Abb. 15.27. Üblich sind Z = 4, 5, 6, 8, 10 oder 12 Segmente, wobei meist Di durch den Wellendurchmesser vorgegeben ist; zulässige Pressung s. Hinweise zu (15.44). Wirkt die Betriebskraft auch im Stillstand (z.B. die Gewichtskraft), ist neben dem Keilspalt ein paralleler Teil erforderlich (Rastfläche), auf dem sich die Kraft abstützt. In der Praxis bewährte optimale Abmessungen s. Abb. 15.26b. Hier sind auch die dafür gültigen Sommerfeldzahlen Soax und Reibungskennzahlen k2 dargestellt. Die Keilneigung (entspr. relativem Lagerspiel y) sollte mit y = Cwed/L (bzw. Cwed/Lwe) = 1/200 ... 1/400 gewählt werden, abhängig von der Genauigkeit der Herstellung. Bestimmung der Keiltiefe Cwe = h1 – hmin s. Abb. 15.26. Anhaltswerte für y können mit (15.22) wie für Radiallager angesetzt werden. – Bei Kippsegmentlagern stellt sich die Keilneigung selbstständig ein, herunter bis zu 10% von ym nach (15.22). 15.5.6 Wärmebilanz
Es gelten die gleichen Beziehungen wie bei Radiallagern, Abschn. 15.3.4, wobei die wärmeabgebende Oberfläche (sofern nicht durch die Konstruktion vorgegeben) wie folgt abgeschätzt werden kann: Zylindrische Gehäuse: A=
p 2 D + p DH B H , 2 H
(15.51)
mit DH Gehäuseaußendurchmesser, BH Gehäusebreite in Achsrichtung. Lager im Maschinenverbund: A = (15 ... 20) B ◊ L ◊ Z,
(15.52)
mit 15 bei knapper, 20 bei reichlicher Dimensionierung. Reicht die Wärmeabführung durch Konvektion allein nicht aus, muß der Schmierstoffdurchsatz erhöht werden. 15.5.7 Schmierstoffdurchsatz
Wie bei Radiallagern (Abschn. 15.3.4) besteht der Schmierstoffdurchsatz im wesentlichen aus 2 Komponenten. – Der zur Gewährleistung der Flüs-
662
15 Gleitlager
sigkeitsreibung (hmin > hmin, tr) erforderliche Schmierstoffdurchsatz infolge Eigendruckentwicklung berechnet sich aus: Qd = B ◊ hmin ◊ U ◊ Z ◊ j1 ,
(15.53)
mit Durchsatzfaktor j1 ≈ 0,7, der Schmierstoffdurchsatz infolge Schmierstoffzufuhr (s. Abschn. 15.3.4): Qp =
k h U3 F L Z Pf = 2 r ◊ c ◊ (J ex – J en ) r c (J ex – J en )
(15.54)
mit Pf nach (15.49). 15.5.8 Bauarten und Gestaltung der hydrodynamischen Axiallager
Je nach Anwendung und Betriebsbedingungen wurden unterschiedlich leistungsfähige und dementsprechend unterschiedlich aufwendige Bauarten entwickelt. – Die einfachste, älteste Bauart besteht aus einer feststehenden, mit Gleitlagermetall beschichteten Spurplatte, auf der sich die Welle mit ihrem ebenen Spurkranz abstützt. Der Schmierstoff wird einer zentrisch eingedrehten, tellerförmigen Schmiernut zugeführt (Abb. 15.28). Das kugelige Spurlinsenlager wird bei der Montage so eingestellt, daß die Lagerflächen planparallel sind. Wegen des fehlenden Schmierkeils ist der Anwendungsbereich dieser Lager begrenzt: mittlere Summengeschwindigkeit: U = 5 ... 10 m/s; mittlere Flächenpressung: zul = 0,1 ... 1 N/mm2. p – Für die Übertragung kleiner Axialkräfte und zur axialen Führung verwendet man ebene Anlaufbunde, häufig in Kombination mit Radiallagern, Abb. 15.29. Zur Schmierung und Kühlung reicht meist das aus dem Radiallager axial ausströmende Öl, das den Gleitflächen durch radial verlaufende Nuten zugeführt wird. Bei größeren Reibleistungen sollte dem Bundlager gesondert frisches, kühles Öl zugeführt werden.
Abb. 15.28. Hydrodynamische Axiallager mit Spurlinsenlagerung der feststehenden Spurplatte [15.3-8]
15.5 Hydrodynamische Axiallager
Abb. 15.29. Hydrodynamisches Bundlager mit radialen Schmierstoffrillen [15.3-8]
663
Abb. 15.30. Hydrodynamischer Lagerring mit eingearbeiteten Keilflächen [15.3-8]
Abb. 15.31. Hydrodynamisches SpiralrillenAxiallager (VDI 2204 Bl. 1)
– Statt der teuren Bundlager verwendet man oft gesondert Lagerringe, die fest im Gehäuse sitzen. Die einem Wellenbund zugekehrte Gleitfläche weist ebenfalls radial nach außen verlaufenden Nuten auf (s. oben). – Übliche Flächenpressung pzul = 1 ... 2,5 N/mm2; die größeren Werte erfordern in Umfangsrichtung eingearbeitete Keilflächen (Abb. 15.30). – Ebene Spurkränze mit Spiralrillen eignen sich für kleine Axialkräfte bei niedrig viskosem Schmiermittel (auch Luft), Abb. 15.31. Hinweise zu Anwendung und Besonderheiten s. VDI 2201 Bl. 1. – Für höhere Axialkräfte, d.h. Flächenpressungen von p= 2 ... 7(20) N/mm2 benötigt man Lagerbauarten mit keilförmigem Schmierspalt. Am einfachsten sind geschlossene Lagerringe mit festen, eingearbeiteten Keil-, (aber auch) Stufenspalten, Abb. 15.32. Nachteilig ist, daß die
Abb. 15.32a–c. Gestaltung hydrodynamischer Axiallager mit eingearbeiteten Keilspalten, a für eine Drehrichtung, b für beide Drehrichtungen, c mit Stufenspalt
664
15 Gleitlager
Abb. 15.33a, b. Kippsegmentlager, a für eine Drehrichtung, b für beide Drehrichtungen
konstante Keilneigung nur für einen einzigen Betriebszustand optimal ist. Ferner ist eine aufwendige, präzise Herstellung erforderlich, um ein genaues Keilprofil und gleichmäßiges Tragen aller Keilflächen zu erreichen. – Für hohe Flächenpressungen, bei unterschiedlichen Betriebszuständen, auch häufiges Anfahren und Auslaufen unter Belastung sind Axiallager mit kippbeweglichen Gleitschuhen besonders geeignet,Abb. 15.33. Die optimale Keilneigung kann sich hierbei selbsttätig einstellen. Beim Anfahren und Auslauf erzeugter Verschleiß verändert die Spaltgeometrie nicht.
15.6 Hydrostatische Lager Der durch eine Pumpe außerhalb des Lagers erzeugte Schmierdruck ist unabhängig von der Relativdrehzahl, Abb. 15.34. Wesentliche Eigenschaften s. Einführung zu Kap. 15. – Besondere Vorteile sind: – hohe, wählbare Steifigkeit und Dämpfung, geringe Anlaufreibung (gegenüber hydrodynamischen Gleitlagern), – hohe Laufruhe, – hohe radiale bzw. axiale Führungsgenauigkeit (bis auf 0,1 mm).
Abb. 15.34. Ölversorgung hydrostatischer Lager. Ausführung mit einer Pumpe, separaten Drosseln für jede Schmiermitteltasche (pen – Pumpendruck, pi – Taschendruck) [15.3-8]
15.6 Hydrostatische Lager
665
Nachteile sind: – großer Bauaufwand (externe Pumpen), – geringere Steifigkeit als Wälzlager, – hoher Aufwand für Notfälle; bei Ausfall der Pumpe sind u.U. erhebliche Schäden zu erwarten. Übliche Pumpendrücke pen bei ölgeschmierten Lagern: mit Zahnradpumpen ca. 5 N/mm2, mit Kolbenpumpen ca. 20 N/mm2. Hauptanwendungsgebiete sind: Axiallager von Wasserturbinen, Turboverdichtern, Gebläsen, Radiallager von Werkzeugmaschinenspindeln (dadurch erreicht man hohe Maß- und Fertigungsgenauigkeit und Oberflächengüte der zu bearbeitenden Werkstücke), sowie Lagerungen in Meß- und Prüfgeräten – für Dreh-, Reversier- und Oszillationsbewegungen. – Wellen in Schwermaschinen können – wegen der hohen Lagerbelastungen und niedrigen Relativgeschwindigkeiten meist nur hydrostatisch gelagert werden (entsprechend große Wälzlager sind sehr teuer). – Bei schnellaufenden, hydrodynamisch gelagerten Dampfturbinenwellen benutzt man z.T. hydrostatische An- und Auslaufhilfen (hydrostatische Anhebung), um die starke Reibung während des An- und Auslaufs – d.h. beim Durchfahren des Grenz- und Mischreibungsgebiets – zu mindern. Bei Betriebsdrehzahl wird die Druckölpumpe i.allg. abgestellt. 15.6.1 Hydrostatische Radiallager 15.6.1.1 Funktion, Gestaltung
In die Lagerschale sind Schmiertaschen eingearbeitet, denen das Schmiermittel von der Pumpe mit Zuführdruck pen zugeführt wird. Der Druck in den Schmiertaschen muß sich so einstellen, daß zwischen den Druckkräften und der äußeren Lagerkraft Gleichgewicht herrscht; dazu muß die Schmierstoffzuführung zu den Schmiertaschen konstant und unabhängig von der Lagerbelastung sein. Zur Erzeugung des Drucks werden folgende Konzepte angewendet: – Jede Schmiertasche wird von einer gesonderten Pumpe versorgt und erhält eine konstante Schmierstoffmenge, unabhängig von der Lagerbelastung. – Bei der weniger aufwendigen Lösung werden alle Schmiertaschen von einer einzigen Pumpe versorgt, Abb. 15.35. Die Schmiertaschen sind so dimensioniert, daß der Flüssigkeitsstrom gezielt gedrosselt wird. Wird eine Tasche durch die Lagerkraft belastet, so wird der Spalt kleiner! Ihr Ölabströmwiderstand steigt und damit auch der Taschendruck, weil die Differenz zwischen Förderdruck und Taschendruck an der Vordrossel mit sinkender Ölmenge abnimmt. Jetzt kann die Tasche mehr Last tragen. Für eine stabile Lagerung sind Regelelemente vor jeder Tasche erforderlich, die den Zufluß begrenzen. Hierfür sind drei Ausführungen üblich:
666
15 Gleitlager Abb. 15.35. Druckverteilung bei einem durch die Radialkraft F belasteten bzw. unbelasteten (gestrichelt) hydrodynamischen Radialgleitlager [15.3-8]
– Kapillarrohre (einfach, zuverlässig, wegen Verschmutzungsgefahr d > 0,6 mm), – Scharfkantige Blenden (einfach, zuverlässig, wegen Verschmutzungsgefahr d > 0,5 mm), – Ventile mit Durchflußkontrolle (teuer, konstanter Durchfluß, störanfälliger, unempfindlich gegen Verschmutzung). Um den Schmiermitteldurchsatz und damit die Kühlung zu erleichtern, können zwischen den Schmiertaschen axiale Abflußnuten angeordnet werden; dies ist insbesondere bei breiten Lagern (B/D > 1) erforderlich. Die Tragfähigkeit wird dadurch allerdings gemindert. Beispiel einer hydrostatischen Lagerung s. Abb. 15.36. 15.6.1.2 Dimensionierung, Tragfähigkeit
Die Berechnung der hydrostatischen Radiallager ist komplizierter als die der hydrostatischen Axiallager, weil die Schmierspaltdicke – wegen der Verlagerung der Welle – nicht konstant ist. Zweckmäßigerweise benutzt man für die Auslegung ein vereinfachtes Verfahren, das auf den Grundgleichungen für Druck- und Schleppströ-
Abb. 15.36. Hydrostatisch gelagerte Schleifspindel (SKF). Beachte: Radiallager auf Antriebsseite ohne Innenring. Vorwiderstände in den Lagern integriert, gemeinsame Ölzuführung
15.6 Hydrostatische Lager
667
Abb. 15.37. Lagergeometrie eines hydrostatischen Radialgleitlagers (DIN 31655 T1)
mung (Abschn. 15.2) basiert [15.3-6]. Man geht dabei von Annahmen für Abmessungen und Einflußfaktoren aus, die im sicheren Erfahrungsbereich liegen. Für den empfohlenen Bereich der Exzentrizität ist es recht genau. Wenn die Abmesssungen hiernach vorläufig gewählt sind, kann man die Annahmen entsprechend dem Anwendungsfall modifizieren, die Lagerfunktionen optimieren. – Das Ergebnis kann dann mit Hilfe eines genauen Verfahrens, z.B. nach DIN 31655,VDI 2204 noch überprüft werden. (1) Annahmen für den ersten Entwurf – vereinfachtes Verfahren [15.3-6]. Folgende optimierte Eingangsgrößen haben sich bewährt, Abb. 15.37. – Der Lagerbohrungs-Durchmesser ist häufig durch die Welle vorgegeben. Andernfalls kann man einen brauchbaren Wert nach [15.3-7] vorläufig ansetzen: D = 1,7 F,
(15.55)*
mit D in mm und F in N, die Nachrechnung zeigt dann, ob dieser Wert evtl. zu modifizieren ist. – Lagerabmessungen für ein Breiten-Durchmesser-Verhältnisses B/D = 1: Hierfür ergibt sich eine geringe Gesamtleistungskennzahl P*tot , Abb. 15.38 (Bei sehr hohen Drehzahlen und geringer Belastung sind Verhältnisse B/D = 0,3 ...1 vorteilhaft. Größere Werte für kleinere Drehzahlen). – Taschenzahl Z = 4: Bei – häufig verwendeten – breiten Lagern (B/D ≈ 1) führen größere Taschenzahlen zwar zu höherer Tragfähigkeit und geringerem Leistungsbedarf; die Vorteile sind aber gering (Abb. 15.38), so daß sich die höheren Fertigungskosten i.allg. nicht rechtfertigen. Bei hohen Anforderungen an die Steifigkeit (z.B. für Präzisions-Werkzeugmaschinenspindeln) wird oft Z = 6 gewählt. – Drosselverhältnis (Verhältnis der Strömungswiderstände in Kapillare und Tasche) x = 1: Bei Verwendung von Kapillaren mit linearer Kennlinie ergibt sich eine optimale Steifigkeit. – Relative Exzentrizität e = 0,4: Anhaltswert aus dem Werkzeugmaschinenbau, wo nur kleine Verlagerungen erwünscht sind; die optimale Geometrie hängt nur wenig von e ab. – Leistungsverhältnis P* = 2 für B/D = 1, günstig für geringe Verlustleistung, nach DIN 31655 T1: Die minimalen Werte für P*tot liegen im Bereich von ca. 1 ... 3, abhängig vom Verhältnis B/D, Abb. 15.38.
668
15 Gleitlager
Abb. 15.38. Gesamtleistungskennzahl hydrostatischer Radiallager P*tot für optimierte Lagergeometrien [15.3-6]
Abb. 15.39a, b. Gesamtleistungskennzahl hydrostatischer Radiallager P*tot für optimierte Lagergeometrien; B/D = 1, e = 0,4, Z = 4, x = 1, P* = 2, a = 0, hp = 40 ◊ CR nach DIN 31655 T2, a ohne Taschenreibung, b mit Taschenreibung
15.6 Hydrostatische Lager
669
– Kraftrichtung relativ zur Tasche (Winkel a). Wenn die Kraft senkrecht auf die Tasche gerichtet ist: a = 0. – Faktor hp /C = 40: Für die Berechnung der Taschenreibung wird laminare Strömung in den Taschen vorausgesetzt. Aus Erfahrung muß dafür der Wert hp/C = 20 ... 100 betragen. – Bezogene Taschenabstände lc /B und lax /B nach Abb. 15.37 für eine minimale Gesamtleistungskennzahl, s. (15.57), d.h. geringste Lager-Reibleistung können für optimierte Lagergeometrien mit Abb. 15.39 bestimmt werden. – Üblicher Flächendruck in der Lagertasche p = 0,2 ... 0,3 ◊ pen , mit Pumpendruck pen nach Einleitung zu Abschn. 15.6. (2) Berechnung, Optimierung Die Kenndaten eines Radialgleitlagers werden so optimiert, daß die gesamte Verlustleistung Ptot (Summe aus Pumpen- und Lager-Reibleistung) minimiert 2 wird: Ptot = Pp + Pf = F ◊ w ◊ C ◊ P*tot , mit, – Gesamtleistungskennzahl * = Ptot
Q * (1 + P*) , 4 (B / D) F * p f
(15.56)
(15.57)
– Tragkraftkennzahl (= p bezogen auf pen) F* =
F , B ◊ D ◊ pen
(15.58)
– bezogener Reibungsdruck (= F* bezogen auf So nach (15.17)) mit y = 2C/D
pf =
h◊w , pen ◊ y2
(15.59)
– Leistungsverhältnis (= Verhältnis Reibleistung zu Pumpenleistung) P* =
Pf , Pp
(15.60)
– Schmierstoffdurchsatz-Kennzahl Pp · h Q·h Q* = 02 . 2 3 = 02 p en · C p2en · C3
(15.61)
Die gegenseitige Beeinflussung der Werte für Pumpendruck pen, Ölviskosität h sowie Durchmesser D lassen sich aus (15.58) und (15.59) bestimmen: D2 pen = F
1 , (entspr. (15.58)), (B / D) F *
p2en F ◊ w 1 . = 2 ◊ 4 (B / D) F * p f h C 2
nicht so bei sehr kleinen Drehzahlen, s. Abschn. (3).
(15.62)
(15.63)
670
15 Gleitlager
Abb. 15.40. Temperaturerhöhung DJ* für optimierte Lagergeometrien [15.3-6]
Weiterhin muß nachgewiesen werden, daß der Öldurchsatz für die Kühlung ausreichend ist, abhängig vom Temperaturanstieg DJ * im Betrieb. Vernachlässigt man den Unterschied zwischen Drossel- und Lagertemperatur, ergibt sich (s. auch Abb. 15.40):
DJ J *=
(1 + P*) (1 + P*) Ptot F = pen = . 2 Q◊c◊r c◊r r ◊ c ◊ D (B / D) F *
(15.64)
Die Berechnung wird sehr einfach, wenn man auf die bewährten (optimierten) Eingangsgrößen in (1) zurückgreift. Steifigkeit: Nach [15.3-7] läßt sich die Lagersteifigkeit c überschlägig abschätzen x ◊ 2 F (B – 1ax ) , (15.65) c= 1 B ◊ h min mit x1 = 0,64 (0,86) für 4 (6) Taschen, zu wählende Schmierfilmdicke hmin ≈ (50 ... 10) ◊ Rz s. Abb. 15.14 und 15.47. Häufig wird für die Konstruktion eine minimale Steifigkeit cmin verlangt. Dann folgt für des maximale relative Lagerspiel: F Cmax = 02 . (15.66) cmin · ε (3) Optimierung bei sehr kleinen Drehzahlen n ≈ 0 Hierfür läßt sich die gesamte Verlustleistung Ptot , (15.56) ... (15.61) nicht minimieren, da P*tot = 1 ... 3 meist zu unrealistischen Viskositäten führt [15.3.6] (die Frage, wann ist eine Drehzahl ,,klein“, wird durch die sich aus dem oben beschriebenen Berechnungsverfahren ergebende unrealistische Viskosität beantwortet). Hier ist es zweckmäßig, nur die Pumpenleistung zu minimieren: C3 C3 F 2 Q* · 08 , PP = Q · pen = Q* · 4 · p2en = 9 4 h h D (B/D)2 F*2 mit Q* nach (15.61), F* nach (15.58).
(15.67)
15.6 Hydrostatische Lager
671
Abb. 15.41. Bezogene Pumpenleistung Pp* für unterschiedliche bezogene Stegbreiten lc /B bei der Optimierung für langsam drehende Wellen; e = 0,5, Z = 4, B/D = 1 [15.3-6]
Die optimale Lagergeometrie erhält man durch Minimierung von Pp*, d.h. h und D sollten so groß wie möglich gewählt werden [15.3-6]: Q* PP h D4 PP = 90 = , C3 F 2 (B/D)2 F*2 03
(15.68)
Pp* für e = 0,5, Z = 4, B/D = 1 für verschiedene Lagergeometrien s. Abb. 15.41. Weitere Hinweise zur Berechnung von Lagern für kleine Umfangsgeschwindigkeiten s. [5.3-13], [5.3-18]. 15.6.2 Hydrostatische Axiallager (Spurlager) 15.6.2.1 Bauarten und Gestaltung der hydrostatischen Axiallager
Je nach Anwendung und Betriebsbedingungen wurden unterschiedlich leistungsfähige und dementsprechend aufwendige Bauarten entwickelt. Einflächen-Axiallager: Tellerlager, Abb. 15.42, sind am weitesten verbreitet, einfach gestaltet und herstellbar, können jedoch nur am Wellenende angeordnet werden. Der Schmierstoff fließt durch den ebenen Schmierspalt radial nach außen ab. Einflächen-Ringnutlager s. Abb. 15.43. An die Stelle der ebenen Spurplatte tritt eine ebene Ringfläche; die Welle kann hierbei durch das Lager hindurchgeführt werden.
672
15 Gleitlager
Abb. 15.42. Einflächen-Axiallager: Tellerlager [15.3-8]
Abb. 15.43. Einflächen-Axiallager: Ringnutlager [15.3-8]
Einflächen-Axiallager nach Abb. 15.42, 15.43 sind kippempfindlich. Bei exzentrischer Belastung stellt sich der Spurkranz der Welle schräg zur feststehenden Spurplatte. Der Schmierspalt wird dadurch auf der einen Seite größer, so daß der Druck hier zusammenbrechen kann, gegenüber verkleinert sich dabei der Schmierspalt bis zur Festkörperreibung. Auch kugelige Spurlinsen, Abb. 15.28, eignen sich nur zum stationären Einstellen, nicht zum Ausgleich von Schwingbewegungen unter Belastung. Bei Mehrflächengleitlagern läßt sich demgegenüber ein stabiles Gleichgewicht erreichen. Am Umfang sind mehrere Schmiertaschen gleichmäßig verteilt angeordnet, die entweder unabhängig voneinander mit Schmierstoff oder von einer gemeinsamen Pumpe mit Regelelementen vor jeder Tasche versorgt werden. Hierfür gelten die gleichen Überlegungen wie für die hydrostatischen Radiallager, Abschn. 15.6.1.
15.6 Hydrostatische Lager
673
Abb. 15.44. Konisches Spurlager [15.3-8]
Abb. 15.45. Kugelspurlager [15.3-8]
Konische Spurlager und Kugelspurlager, Abb. 15.44, 15.45, sind Führungslager für kleine Belastungen und Drehzahlen. 15.6.2.2 Tragfähigkeit des Einflächenlagers (Tellerlager, Abb. 15.42)
Bei den niedrigen Drehzahlen, für die diese Lager meist eingesetzt werden, kann der Einfluß der Relativgeschwindigkeit zwischen den Lagerflächen vernachlässigt werden. Die Berechnung stützt sich daher im wesentlichen auf die Druckströmung (Abschn. 15.2.1). Der unter einem Druck pen von der Schmierstofftasche zugeführte Schmierstoff bildet eine Schmierstoffschicht mit der Dicke h0. Aus der Bedingung, daß durch jeden Ringquerschnitt die gleiche Schmierstoffmenge fließen muß, und aus der Randbedingung, daß das Öl außen (r = ra) ohne Überdruck abfließen kann (p = pa = 0) und daß innen p = pi ist, folgt für den Druck im Spalt p auf beliebigem Radius r (15.69) in Abb. 15.46. Aus der Bedingung für Gleichgewicht zwischen äußerer Lagerkraft F einerseits und Druckkraft in Nische und Ringfläche andererseits folgt (15.70). Hieraus ergibt sich der erforderliche Schmiertaschendruck pen nach (15.71) mit Volumenstrom Q nach (15.72). Aus (15.34) läßt sich der Volumenstrom Q nach (15.72) ableiten. Daraus folgt die erforderliche Pumpenleistung Pp nach (15.73), mit Wirkungsgrad
674
15 Gleitlager Tellerlager
Ringnutlager
Druck über dem Lagerradius r
Erforderlicher Druck in der Schmiertasche
p = pen
ra r r In a ri In
(15.69)
ra
F = p en (p ◊ r i2) + Ú p 2 p r dr = ri
p en =
6h Q
p h03
Volumenstrom Q=
Pumpenleistung Pp = p en
Reibungsleistung der Lager
ln
p p en ra2 – r i2 ra 2 ln ri
ra ri
(
(15.72)
)
r ln a Q 2 F 2 h03 ri = ◊ hp 3p h 2 ra – r i2
(
Pf =
(15.71)
Fh03 3 h ra2 – r i2
(15.70)
)
2
◊
1 hp
(15.73)
p hw 2 4 (r – r i4 ) 2 h0 a
(15.74)
Ptot c◊r ◊Q
(15.75)
F ◊ h02 h ◊ w ◊ ra4
(15.76)
DJ =
Ähnlichkeitsziffer Ss*0 =
Abb. 15.46. Berechnungsgleichungen für hydrostatische Axiallager (Spurlager)
von Pumpe einschließlich Zuleitungen hp = 0,5 ... 0,95, je nach Art der Pumpe und Länge der Zuleitungen, Schmierfilmdicke nach (15.28) mit Hinweisen, sowie (15.45), (15.46). Aus dem linearen Verlauf der Tangentialgeschwindigkeit von innen nach außen ergibt sich die Reibleistung des Lagers Pf nach (15.74). Optimale Verhältnisse, d.h. die kleinste Gesamt-Verlustleistung Ptot = Pp + Pf erhält man für ri = 0,5 ra. Hierbei sind Pumpenleistung und Reibleistung gleich groß, wobei Ptot = 1,25 ◊ F ◊ h0 ◊ w wird.
15.7 Werkstoffe und Herstellung der Gleitlager
675
Vernachlässigt man den über die Lageroberfläche abgeführten Wärmestrom, nimmt also an, daß die Wärme aus der Gesamt-Verlustleistung durch den Schmierstoff abgeführt wird, ergibt sich die Temperaturerhöhung DJ aus (15.75), mit c spezifische Wärme des Schmierstoffs und r Dichte des Schmierstoffs nach Kap. 16, Schmierstoff-Volumenstrom Q nach (15.72). Auslegung: Aus der Bedingung, daß die Gesamt-Verlustleistung Ptot = Pp + Pf ein Minimum sein soll, folgt, daß die Schmierfilmdicke möglichst klein sein und eine Ähnlichkeitsziffer So* einen Maximalwert (ca. 2,4) nicht überschreiten soll, (15.76). F und w sind i.allg. vorgegeben; zu wählen sind die Schmierstoffzähigkeit h (Abschn. 15.3.2) und die Schmierfilmdicke h0 (Abschn. 15.3.3). Hieraus ergibt sich ra und ri = 0,5 ra. Wegen des hohen Wirkungsgrads der Pumpen sind die Lagerverluste gering und wesentlich kleiner als bei hydrodynamischen Lagern; diese wirken zwar auch als Pumpe, jedoch mit schlechtem Wirkungsgrad. Man beachte: Die ruhende Spurplatte wird i.allg. aus GJL oder Stahl hergestellt und kugelig einstellbar ausgeführt, Abb. 15.28. Radiale Schmiernuten erleichtern beim Anlauf den Aufbau des Schmierfilms; sie dürfen nicht bis zum äußeren Rand reichen! – Bei hohen Relativgeschwindigkeiten nimmt die Reibleistung deutlich zu, denn Pf ~ U2. 15.6.2.3 Tragfähigkeit anderer Axiallager-Bauarten
Einflächen-Ringnutlager (Abb. 15.46). Hierfür gelten die Gesichtspunkte für Tellerlager sinngemäß, Abschn. 15.6.2.2. Berechnung s. Abb. 15.46. Wegen der geringen Breite b der Ringflächen kann man mit linearem Druckabfall rechnen; Berechnung s. [15.3-8]. – Die Ähnlichkeitsziffer So* hat hier kein Maximum; sie nimmt mit abnehmendem ra zu (Abb. 15.46), wird allerdings durch den Wellendurchmesser eingeengt. Man muß prüfen, was die Konstruktion zuläßt. Tragfähigkeit der Mehrflächengleitlager, Einflächen-Ringnutlager, Abb. 15.43 sowie der konischen Spurlager, Abb. 15.44 und Kugelspurlager, Abb. 15.45 s. [15.3-8].
15.7 Werkstoffe und Herstellung der Gleitlager Die Bewährung einer Gleitpaarung hängt außer von einem tragfähigen Schmierfilm auch von der Stoffpaarung der Gleitflächen ab. Werkstoffe und Schmierstoffe müssen dem Verwendungszweck angepaßt und aufeinander abgestimmt sein. Die Lagerwerkstoffe (Gleitflächen, die relativ zur Last ruhen) sollen folgende Eigenschaften aufweisen (Definition s. DIN 50282): a) gut glättbar (Anpassung), b) gut benetzungsfähig,
676
15 Gleitlager
c) gut aufeinander einlaufend (Einlauf, Schmiegsamkeit), d) einbettungsfähig für Schmutzpartikel, e) gutes Notlaufverhalten (Verschleißwiderstand, Freßunempfindlichkeit), f) geringe Wärmedehnung und Aufquellung, g) ausreichende statische und dynamische Festigkeit, Wärme- und Korrosionsfestigkeit, h) gut wärmeleitend, i) als Plattierungsstoff gut bindungsfähig mit der Unterlage. Die Eigenschaften a) ... e) sind für das Gebiet der Trocken- und Mischreibung wichtig, d.h. bei hydrodynamischen Lagern auch für An- und Auslauf. – Da Gleitlager Verschleißteile sind, sollen sich Lagerschalen und Buchsen leicht auswechseln lassen. 15.7.1 Wellenwerkstoff
Die Gleitfläche, die sich relativ zur Last bewegt (i.allg. die Welle bzw. der Spurkranz), soll glatt und ca. 3 ... 5 mal so hart sein wie der Lagerwerkstoff und damit verschleißfest. Günstig sind Einsatzstähle (58 ... 62 HRC), aber auch flamm- oder induktionsgehärtete Stähle (50 ... 55 HRC) und nitrierte Stähle (> 60 HRC), wenn die Festigkeit ausreicht auch graphitiertes Gußeisen. – Weniger geeignet ist austenitischer Stahl. Für hoch-, insbesondere stoßbelastete Gleitpaarungen wählt man Werkstoffpaarungen hoher Festigkeit (z.B. Stahl gehärtet/Bleibronze); den schlechteren Einlauf nimmt man in Kauf und gleicht ihn durch genauere Bearbeitung aus. Generell ist eine geringe Rauheit und hohe Formgenauigkeit der Welle bzw. des Spurkranzes günstig, Anhaltswerte s. Abb. 15.47. Gut geeignet ist Feinschleifen, nicht jedoch Läppen, Superfinish u.ä., weil hierdurch die Formgenauigkeit und Benetzungsfähigkeit leidet.
Abb. 15.47. Anhaltswerte für günstige Herstellrauheiten (VDI 2204 Bl.1)
677
15.7 Werkstoffe und Herstellung der Gleitlager
15.7.2 Lagerwerkstoff
Es gibt keinen idealen Lagerwerkstoff; einige Kriterien stehen im Gegensatz zueinander. Beispielsweise haben einlauffähige, einbettungsfähige Werkstoffe gute Notlaufeigenschaften und Wärmeleitfähigkeit, jedoch eine niedrige Festigkeit. Um die Tragfähigkeit weicher Lagerwerkstoffe zu erhöhen, kann man sie in dünnen Schichten auf Stützschalen aus höherfestem Werkstoff auftragen, Abb. 15.50. Wegen der großen Vielfalt von Werkstoffen, die sich als Lagerwerkstoff eignen, sollte man nach Möglichkeit den Rat von Lager-Herstellern und Werkstofflieferanten einholen. Abbildung 15.48 und die nachstehenden Informationen können als erster Anhalt für die Auswahl nach den oben genannten Kriterien dienen. Metallische Lagerwerkstoffe Allgemeine Werkstoffdaten s. Kap. 5. Überblick und Kennwerte s. [15.1-1]; s. auch DIN ISO 4381 ... 4383. Gängige Sorten s. Abb. 14.49. – Blei-Lagermetalle (früher Weißmetall) eignen sich i.allg. gut für Gleitgeschwindigkeiten im hydrodynamischen Bereich; sie weisen gute Einlauf- und Notlaufeigenschaften auf, sind leicht vergießbar; man verwendet sie als dünne Auflage von 0,1 ... 2 mm Dicke auf GJL- und Stahl-Schalen. – Zinn-Lagermetalle (früher Weißmetall) haben die gleichen Einlaufund Notlaufeigenschaften wie Blei-Lagermetalle, eignen sich für den gleichen Gleitgeschwindigkeitsbereich, sind empfindlicher gegen Kantenpressung aber geeignet bei Schlagbeanspruchung. – Kupfer-Legierungen (Zinnbronzen und Aluminiumbronzen) sind geeignet für hohe Beanspruchung; sind sehr verschleißfest, Einlauf- und Not-
Werkstoffe
Blei- und ZinnLagermetalle („Weißmetalle“)
Kupferlegierungen (Bronzen)
Eigenschaften
BleiBasis
ZinnBasis
BleiBasis
ZinnBasis
AluBasis
Gleiteigenschaften
1
2
3
3
Einbettfähigkeit
1
2
3
Notlaufeigenschaft
1
2
Belastbarkeit Wärmeleitung/ Wärmedehnung Korrosionsfestigkeit
4 4
Mangel- oder Trockenschmierung
AluLegierung
Poröse Sinterlager
Kunststoffe
Kunstkohle
3
2 ... 3
3 ... 4
4
4
3
3
2 ... 3
3
4
5
2
3
2
2
1
1
1
3 4
2 3
2 3
2 3
2 2
3 4
4 5
5 5
5
3
4
3
2
2
2 ... 5 je nach Aufbau
3
2
2
3
4
5
4
3
1
1
1
Abb. 15.48. Eigenschaften der Gleitlagerwerkstoffe (1 sehr gut, 2 gut, 3 ausreichend, 4 mäßig, 5 mangelhaft)
bei 100 °C ca. 60 . . . 70 % der Werte für 20 °C.
Gleitlager in Elektromaschinen, Getrieben, Walzwerken
24,7
240 . . . 420
< 70
15,3 7,7
PbSb14Sn9CuAs 2.3392
– mittlere Schlagbeanspr. geringe Empf. gegen Kantenpressen – Einsatz im Mischreibungsgebiet
Gleitlager in Turbinen, Verdichtern, Elektromaschinen
28 . . . 31
22,7
183 . . . 400
< 90
20,3 10,2
SnSb12Cu6Pb 2.3790
– mittlere Belastung – Empf. gegen Biegewechselbeanspr. + Kantenpressung – hohe Verschleißwiderst.
Gerollte Buchsen, hochbeanspruchte Walzweckslager, Gleitscheiben
23,9
233 . . . 360
< 90
15,7 7,8
SnSb8Cu4 2.3791
bei gehärteten Wellen, bei Kombination von hoher Belastung, hoher Geschwindigkeit Schlag- u. Stoßbeanspruchung
71
18
840
300
150 50
CuSn10P 2.1830
– gute Einbettfähigkeit – mittlere Belastung – mittlere Schlagbeanspruchung bei niedr. Frequenz – hohe Zähigkeit
Abb. 15.49. Metallische Werkstoffe für hydrodynamische Gleitlager nach VDI 2204 Bl.1
1)
Gerollte Buchsen, Nockenwellenbuchsen, Getriebebuchsen
16 . . . 18
Wärmeleitfähigkeit l [W/(mK)]
Anwendung
25
240 . . . 350
< 70
LängenausdehnungsKoeffizient a1 [10–6/K]
Schmelztermperatur J [°C]
zul. Dauertemperatur Jlim [°C]
13 6,5
PbSb15SnAs 2.3390
Werkstoff-Kurzzeichen Werkstoff-Nr.
zul. Flächenpressung bei 20 °C 1) pstat [N/mm2] pdyn [N/mm2]
– bei geringer Belastung und niedriger Gleitgeschwindigkeit – gute Korrosionsbeständigkeit
Eigenschaften, Betriebsbedingungen
–
18
–
–
200 100
CuPb20Sn10 2.1821
– gute Korosionsbeständigkeit Gerollte Buchsen, Gleitscheiben, Kolbenbolzenbuchsen
Gleitlager im Schiffbau, bei gehärteten Wellen
71
16
1030
350
200 66,7
CuAl9Fe4Ni4 2.1833
– schlechte Einbettfähigkeit
678 15 Gleitlager
15.7 Werkstoffe und Herstellung der Gleitlager
679
laufeigenschaften sind allerdings weniger gut. Verbesserte Notlaufeigenschaften weisen Zinn-Blei-Bronzen bzw. Blei-Bronzen auf, bei nur geringfügig schlechterer Bruch- und Verschleißfestigkeit. – Gußeisen mit Lamellengraphit (DIN 1691) ist kostengünstig wegen seiner Härte (bis 180 HB), aber weniger bettungsfähig, empfindlich gegen Kantenpressung, greift bei unzureichender Schmierung und ungeeignetem Gefüge die Welle an, falls sie nicht gehärtet und geschliffen ist; die Notlaufeigenschaften sind schlecht. Erwünscht ist ein Gefüge mit perlitischer Grundstruktur und fein verteiltem Graphit. Die Lagerschale muß im Gehäuse formschlüssig verankert sein, um das Reibmoment abzustützen. Da GJL nicht gelötet werden kann, werden Lagerschale und Lagergehäuse am besten aus einem Stück gefertigt. – Anwendung z.B. für Landmaschinen und Gleitbahnen. – Lager aus Sintereisen und Sintermetalle s. Abschn. 15.9.1; nichtmetallische Lagerwerkstoffe, Kunststoffe s. Abschn. 15.9.2. Lagerwerkstoffe für besondere Anwendungen: – Edelsteine (Saphir, Rubin) und Korund werden z.B. für Spitzenlager in Uhren, in Geräten der Feinmechanik und der chemischen Industrie verwendet [15.3-10]. – Feinkeramische Stoffe und emallierte Stahllager werden für Geräte in der chemischen Industrie, z.B. Säurepumpen und Rührwerke eingesetzt. – Hartmetalle für Spitzenlagerungen (Hartmetall-Kegelspitze gegen Hartmetallager mit Kegelbohrung) haben sich bei schnellaufenden Schleifspindeln u.ä. bewährt, die Paarung gestattet hohe Drücke und Temperaturen, ohne zu fressen. – Kunstkohle eignet sich für hohe Temperaturen (bis 400°C), ist chemisch beständig und für Trockenlauf geeignet. Die Reibungszahl ist niedrig. Kennwert (p ◊ v)zul für Hartkohle bei Trockenlauf 0,1 N/mm2 ◊ m/s, für bleiimprägnierte Kunstkohle bei Schmierung bis 8 N/mm2 ◊ m/s. Als Schmierstoff eignet sich Wasser, nicht jedoch Öl oder Fett. Die Lager sind empfindlich gegen Kantenpressung und Stoßbelastung. Lagerspiel 1 ... 3‰. – Anwendung: Heiz- und Trockengeräte,Waschanlagen, Pumpen usw., wenn mit dem Fördermedium geschmiert wird. Kohlelager werden wegen der geringen Festigkeit meist in Stahlbuchsen eingepreßt oder geschrumpft, der kleine Längenausdehnungskoeffizient ist zu beachten (a = 2 ... 4 ◊ 10–6/K). Mehrstofflager, Verbundwerkstoffe Die Lagerschalen bestehen aus mehreren Schichten. Auf die feste Stützschale (bzw. Halbschale) wird die Laufschicht aufgebracht: durch Eingießen, Einschleudern, Einspritzen, Aufplattieren oder auch Aufsintern, Abb. 15.50. Damit kann man die in der Einleitung zu Abschn. 15.7.2 erwähnten, gegensätzlichen Anforderungen besser erfüllen. Weitere Gesichtspunkte sind wirtschaftliche Herstellung sowie einfache Montierund Reparierbarkeit. Lagerschalen und Buchsen werden oft einfach mit Preßsitz in die Gehäuse eingebracht. Dies ist nur bei hoher Festigkeit der Stützschale (meist Stahl) möglich. Dieser Gesichtspunkt ist insbesondere bei Metall-Kunststoff-Verbundlagern (z.B. mit Polyamid-Laufschicht) wichtig. Bei diesen Lagern wird die weiche, nur 5 ... 40 mm dicke Gleitschicht galvanisch aufgebracht. Je dünner die Gleitschicht, desto fester,
680
15 Gleitlager
Abb. 15.50a–c. Auf Stützschale aufgebrachte Laufschicht, a eingegossen bzw. eingeschleudert, b eingelötet, c aufgewalzt (aufplattiert)
aber auch weniger verformbar (weniger bettungsfähig für die Welle) ist diese Schicht. Lagerschalen mit Stützschale aus Stahl und Laufschicht aus Lg PbSn10 gibt es in genormter Ausführung ungeteilt (DIN 7473) und geteilt (DIN 7474). Am weitesten verbreitet sind Dreischichtlager mit Stahlrücken, aufgegossener Bleibronzeschicht, galvanisch aufgebrachtem 1 ... 2 mm dickem Nickeldamm (damit Zinn aus der Laufschicht nicht in die Bleibronze eindiffundieren kann) und ebenfalls galvanisch aufgebrachter bettungsfähiger Weißmetall-Gleitschicht. – Hauptanwendungsgebiete sind Getriebe und Kolbenmaschinen.
15.8 Schmierstoff und Schmierstoffversorgung Schmierstoff ist ein Gleitlagerbaustoff. Schmierstoffarten, -eigenschaften, -prüfung und allgemeine Hinweise zur Auswahl s. Abb. 15.51. – Häufig ist der Schmierstoff durch die Betriebsbedingungen der Maschine oder der gesamten Anlage vorgegeben. Beispiele: Zahnradgetriebe aus der Funktion der Reibungsminderung im Zahneingriff und Abführung der Verlustleistung, s. [15.3-20]; Unterwasserpumpe mit Schmierung durch das Umgebungsmedium Wasser; Walzwerk mit Zentralschmiereinrichtung. Bei Gefahr der Verschmutzung durch den Schmierstoff (z.B. bei der Verarbeitung von Lebensmitteln) bevorzugt man als Schmierstoff Festschmierstoff oder Luft und Gas; für Kolbenmaschinen Schmieröle N und D nach DIN 51501 und 51504 mit Zähigkeit n ≈ 30 ... 70 mm2/s; für Wandler Hydrauliköle HL und HLP nach DIN 51524, 51519.
U in m/s
Schmierstoff
. . . 0,7
Festschmierstoff
0,4 . . . 2
Schmierfett
0,5 . . . 10
Motoren- oder Maschinenöl
10 . . . 30
Turbinen- oder Spindelöl
> 30
Spindelöl, Wasser, Öl-Wasser-Emulsion, Luft
Abb. 15.51. Eignung der Schmierstoffart, Einfluß der Geschwindigkeit
15.8 Schmierstoff und Schmierstoffversorgung
681
– Im übrigen werden Schmierstoff und Schmierstoffversorgung nach den Betriebsbedingungen des Lagers gewählt. 15.8.1 Schmierölarten
Mineralöle werden i.allg. für Gleitlagerungen bevorzugt. Sie sind preiswerter als synthetische Öle, ihre Eigenschaften können durch die Auswahl der Basisöle bzw. durch das Herstellverfahren gezielt beeinflußt werden. Synthetische Öle sind teuer, sie werden für Gleitlager nur verwendet, wenn besondere thermische Stabilität und Verträglichkeit mit anderen Werkstoffen gefordert wird oder bei extremen Temperaturen (z.B. für Pumpen im Bergbau, Hydraulik). Für die Schmierung von Uhren, Meßgeräten, usw., auch für Kunststofflager, hat sich Silikonöl bewährt. Wichtig ist vor allem, die andere (meist geringere), von Mineralölen abweichende Viskositäts-Temperatur-Abhängigkeit, zu beachten. Einige Syntheseöle haben eine andere Dichte als Mineralöle, was sich bei der Umrechnung von der – meist angegebenen – kinematischen auf die dynamische Viskosität auswirkt. – Beim Vergleich von Synthese- und Mineralölen ist die dynamische Viskosität bei Betriebstemperatur maßgebend. Weitere Eigenschaften Bei der Wahl des Schmierstoffs sind weitere Anforderungen zu beachten, die sich aus dem Kontakt mit Metallen, Lager- und Dichtungswerkstoffen, Wasser, usw. ergeben; s.Abschn. 15.7.2 und Kap. 16. Um unerwünschte Reaktionen zu vermeiden, sind evtl. Zusatzstoffe erforderlich. – Die Schmierstoffeigenschaften lassen sich in weiten Grenzen durch chemische Additive verändern und den Betriebsbedingungen anpassen, Kap. 16. 15.8.2 Schmieröl-Kenngrößen
Für Dimensionierung und Betriebsverhalten sind folgende Kenngrößen wichtig: – Die dynamische Viskosität ist die wichtigste Einflußgröße für hydrodynamische Tragfähigkeit, Abschn. 15.3.2 – Große Dichte r bedeutet große Reynoldszahl, (15.10), und damit kleineren Bereich laminarer Strömung, jedoch bessere Wärmeabfuhr durch den Schmierstoff. – hohe spezifische Wärmekapazität c bedeutet guten Wärmeübergang; damit ist ein kleinerer Kühlmitteldurchsatz erforderlich. Hinweis: Die raumspezifische Wärmekapazität c ◊ r erfaßt beide Einflüsse, Abschn. 15.3.4, s. (15.39). – zulässige effektive Schmierstofftemperatur = Lagertemperatur J lim: Bei Kompressoren und Brennkraftmaschinen ist ein ausreichender Sicherheitsabstand gegen Flammpunkt erforderlich. Anhaltswerte für Jlim s. Abb. 15.16. – Tiefst-Umgebungstemperatur beachten (Stockpunkt s. Kap. 16).
682
15 Gleitlager
Abb. 15.52. Diskontinuierliche Fett-Verlustschmierung mit Staufferbuchse nach DIN 3411
15.8.3 Schmierfett
Fettschmierung ist einfach und billig. Besonders geeignet sind Schmierfette der NLGI-Klassen 2 und 3 (Kap. 16). Das aus dem Schmierspalt austretende Fett bildet einen Wulst, der zuverlässig gegen Staub abdichtet. Von hier aus tropft das Fett ab und ist nicht mehr brauchbar; Fettschmierung ist immer Verlustschmierung. Aus wirtschaftlichen Gründen wird deshalb diskontinuierlich geschmiert, s. z.B. Abb. 15.52. Schmierfette sind keine Newtonschen Flüssigkeiten (Abschn. 15.2.1). Trotzdem kann man die Gesetze der Hydrodynamik anwenden, wenn man eine modifizierte Viskosität einführt. Diese Viskosität ergibt sich aus der des Grundöls und der Wirkung des Verdickers.Vernachlässigt man die Unterschiede zwischen den verschiedenen Verdickern, so erhält man eine grobe Näherungsgleichung [15.1-1]:
hmod = h (1 + 2,5 Mm + 14 M 2m ) ,
(15.77)
mit h Viskosität des Grundöls, Mm Massenanteil des Verdickers im Fett, Anhaltswerte s. Kap. 16. Nach Prüfstandsversuchen kann der Fettbedarf wie folgt abgeschätzt werden [15.1-1]: Ê 2 h min ˆ Á1 – ˜◊B◊U◊C C ¯ Ë Qª . 8000
(15.78)*
Das bei jeder Nachschmierung zugeführte Fettvolumen sollte nicht mehr als ca. 10% des Schmierspaltvolumens betragen, damit nicht während der Schmierstoffzufuhr sofort frisches Fett austritt, somit: VL = 0,1 ◊ p ◊ D ◊ B ◊ C/2,
(15.79)
Nachschmierintervall: t1 = VL/Q.
(15.80)
15.8.4 Schmierstoffversorgung
Während der gesamten Lebensdauer muß Schmierstoff in ausreichender Menge im Schmierspalt vorhanden sein. Bei seltenen Dreh- oder
15.8 Schmierstoff und Schmierstoffversorgung
683
Abb. 15.53a–c. Kontinuierliche Verlustschmierung mit, a selbsttätige Fettschmierbuchse (Epple & Co, Stuttgart), b Dochtöler, c Tropföler
Schwenkbewegungen genügt oft eine einmalige Schmierstoffversorgung, z.B. bei Sinterlagern durch das in den Poren gespeicherte Öl (Abschn. 15.9.1). – Schmierstoff muß ausgewechselt werden, wenn er seine Schmierfähigkeit verloren hat, und zwar infolge hoher Temperaturen oder bei Verschmutzung; Verlust durch Undichtigkeiten muß ausgeglichen werden. – Bei geringen Anforderungen oder Verlusten genügt Nachschmierung in Zeitintervallen, z.B. durch Handöler, Handschmierpressen oder Staufferbuchsen (Abb. 15.52). – Für einfache Maschinenlager mit Mischreibung bei geringer thermischer Beanspruchung und geringem Schmierstoffbedarf genügen oft Schmiereinrichtungen, die Schmierstoff in kleinen Mengen kontinuierlich zuführen (Verlustschmierung). Beispiele s. Abb. 15.53. Einzel-Umlaufschmierung. Für höher belastete Lager mit Flüssigkeitsreibung benötigt man einen größeren Schmierölvorrat. Dadurch läßt sich die Temperatur vermindern (evtl. durch Zusatzkühlung), Verunreinigungen können sich absetzen; so ist eine höhere Lebensdauer ist zu erreichen. a) Filzkissenschmierung (Abb. 15.54a) eignet sich für Lager ohne Unterschale, z.B. Achslager, wo das Fahrzeuggewicht nur in einer Richtung – nach unten – auf das Lager wirkt. b) Losringschmierung (Abb. 15.54b): Der Ring wirkt wie eine Pumpe, die von der Welle automatisch an- und abgeschaltet wird. Anwendung ab ca. 2 m/s Umfangsgeschwindigkeit (darunter ist Ölfördermenge zu klein) bis ca. 15 m/s, nur bei waagerechter Welle. Die Funktion wird bei häufiger Drehrichtungsumkehr beeinträchtigt. c) Festringschmierung (Abb. 15.54c) eignet sich bis ca. 5 m/s Umfangsgeschwindigkeit; ab 3 m/s besteht Gefahr der Schaumbildung, daher sollte ab hier eine geringere Eintauchtiefe gewählt werden; läuft der Ring im einem
684
15 Gleitlager
Abb. 15.54a–c. Einzel-Umlaufschmierung, a Filzkissenschmierung (1 – Welle, 2 – Filzkissen mit Saugfransen, 3 – Ölvorrat), b Losringschmierung, c Festringschmierung, A Abstreifer, FR Festring (Fa. Renk AG)
geschlossenen Ringkanal, sind 10 m/s möglich. Der Ring kann auch so gestaltet werden, daß er Öl in Axialrichtung abschleudert, so daß – evtl. über eine Auffangtasche – entfernte Schmierstellen versorgt werden können. – Der Festring kann auch zur axialen Führung benutzt werden. Nachteilig ist, daß auch die untere Lagerhälfte geteilt werden muß, so daß die Schmierdruckverteilung in zwei Bereiche unterteilt wird. d) Schleuderringschmierung: Eine neben dem Lager angeordnete, ausreichende große Scheibe fördert das Schmieröl durch Fliehkraft nach außen, von wo es durch Kanäle und Bohrungen dem Lager zugeführt wird. – Eine Sonderbauart besteht darin, daß der Ring als Taumelscheibe ausgebildet ist, die bei der Rotation einen axialen Förderdruck erzeugt. Zentralschmierung. Hier werden mehrere Lager von einer Schmiereinrichtung versorgt, wobei verschiedene Ausführungen gebräuchlich sind. e) Öl-Verlustschmierung wird verwendet, um eine bis zu mehreren hundert Schmierstellen mit jeweils geringem Schmierstoffbedarf zu versorgen. Man benötigt dazu im einfachsten Fall einen Vorratsbehälter, eine Pumpe und Stellventile, die die Zufuhr zu den Schmierstellen dosieren. Eine andere Lösung besteht darin, daß jede Schmierstelle von einer gesonderten Pumpe versorgt wird. Der Bedienungsaufwand für die Versorgung vieler Schmierstellen wird dadurch reduziert, insbesondere, wenn Schmierstellen schwer zugänglich sind. – Die Nachteile dieses Schmiersystems besteht darin, daß das Schmieröl nicht gekühlt werden kann und verloren geht. f) Ölnebelschmierung: Der Ölnebel wird dadurch erzeugt, daß ein Luftstrom mit niedriger Geschwindigkeit und niedrigem Druck durch den Vorratsbehälter geführt und durch Rohre an die Schmierstellen herangeführt wird. Durch Düsen und Ventile wird das Gemisch auf eine Geschwindigkeit von ca. 50 m/s gebracht. Beim Auftreffen vereinigen sich Öltropfen zu einem Ölstrom, der der Schmierstelle zugeleitet wird. – Ölnebelschmierung hat gegenüber anderen Verlust-Schmiersystemen den Vorteil geringen Ölverbrauchs und besserer Kühlung durch den Luftstrom.
15.9 Sonstige Gleitlager
685
g) Öl-Umlaufschmierung ist das sicherste und leistungsfähigste Schmiersystem. Das Öl wird von einer Pumpe aus einem Vorratsbehälter in einen Hochbehälter gefördert, von wo es den Lagern unter natürlichem Gefälle zuläuft oder es wird von der Pumpe über Rohrleitungen den Lagern direkt zugeführt. Das austretende Öl wird dem Vorratsbehälter wieder zugeleitet. Dieser Kreislauf bietet folgende Möglichkeiten: – Kühlung des bei Lagerdurchlauf aufgeheizten Öls, – Heizung zum Anfahren bei niedrigen Temperaturen, – Filtern des Öls, um Lager und Pumpe vor Abrieb und Verunreinigungen zu schützen, – Kontroll- und Warnsysteme für Ölstand, Druck und Durchflußmenge sowie Verschleiß, – Separieren von Wasser, – Probenentnahme und Analyse. Mit diesem – allerdings sehr aufwendigen – Schmiersystem erreicht man ein hohes Maß an Betriebssicherheit, insbesondere bezüglich Qualität, Menge und Temperatur des Schmieröls.
15.9 Sonstige Gleitlager 15.9.1 Poröse Sintermetall-Lager
Die Sintereisen- und Sinterbronze- (mit besseren Notlaufeigenschaften) Lagerbuchsen aus Cu, Sn, Zn (evtl. mit Graphit oder Bleizusatz) weisen einen zusammenhängenden Porenraum von 15 ... 35% des Gesamtvolumens auf. Sie werden mit alterungsbeständigem Schmieröl getränkt. Man erreicht so einen wartungsfreien Betrieb von ca. 3000 ... 4000 h, bei einer zusätzlichen Schmierstoffreserve bis zu 25000 h. Bereits im Stillstand tritt Schmieröl aus dem Porenraum aus, das die Anlaufreibung mindert. Während des Laufs wird Schmieröl in den belasteten Keilspalt transportiert, Abb. 15.55. Durch den hier entstehenden Druck wird allerdings Schmieröl wieder in die Poren gedrückt, so daß sich i.allg. ein Mischreibungszustand einstellt. Anhaltswerte für die Tragfähigkeit s. Abb. 15.56. Reibungskennzahl m /y s. Abb. 15.57. Weitere Eigenschaften s. Abb. 15.48.
Abb. 15.55. Ölkreislauf in einem Sinterlager während des Betriebs [3.3-7]
686
15 Gleitlager
Abb. 15.56. Zulässige Pressung von Sinterlagern [3.3-7]
Abb. 15.57. Reibungskennzahl m/y von Sinterlagern [15.2-3]
Anwendung bei geringer Geschwindigkeit, für Nahrungsmittel- und Haushaltsmaschinen, Seilrollen, Förderbänder, Laufräder, – nicht jedoch bei stoßhaftem Betrieb. Hinweise zur Dimensionierung: Wegen des dünnen Ölfilms wird die Welle i.allg. gehärtet, feingeschliffen oder poliert, Rauheit je nach Gleitgeschwindigkeit und Belastung, Abb. 15.47. Relatives Lagerspiel y = C/D = 0,5 ◊ 10–3 für günstiges Geräuschverhalten bei jedoch höheren Reibungsverlusten und Verschmutzungsgefahr bis 1,5 ◊ 10–3 (sicherer Bereich). 15.9.2 Kunststofflager und Verbundlager mit Kunststoff-Laufschicht
Bezeichnungen und Eigenschaften der Kunststoffe s. Kap. 5. – Überwiegend werden für Gleitlager thermoplastische Kunststoffe verwendet. Sie sind besonders geeignet bei Trockenlauf, Mangelschmierung und häufigem Durchfahren des Mischreibungsgebiets; bei einer Metallwelle als Gleitpartner besteht keine Freßgefahr, Paarung mit anderen Kunststoffen ist möglich, Paarung mit gleichem Kunststoff jedoch zu vermeiden (Gefahr von stick-slip-Verhalten und Verschweißen). – Die Notlaufeigenschaften sind entsprechend gut; Übersicht s. Abb. 15.48 Schmierung und Kühlung durch Öl, aber auch durch Umgebungsmedien (Wasser, Laugen, Säuren, usw.) möglich, ebenso Schmierung durch Fett, nach den gleichen Kriterien wie bei metallischen Lagern. – Allerdings nehmen die meisten Kunststoffe Feuchtigkeit auf und quellen. Gegenüber Metallen ist ferner die geringere Wärmeleitfähigkeit und die größere Wärmedehnung zu beachten. Dies ist bei der Wahl des Lagerspiels zu berücksichtigen. Kunststofflager sind unempfindlich gegen Verunreinigungen (Staub und Fremdkörper werden eingebettet), korrosionsbeständig (insbesondere bei Trockenlauf muß auch die Welle korrosionsbeständig sein); die verwendeten Kunststoffe sind physiologisch unbedenklich (d.h. für den Einsatz in der Nahrungsmittel- und der Pharmaindustrie geeignet), durch-
15.9 Sonstige Gleitlager
687
Abb. 15.58. Dynamischer Elastizitätsmodul in Abhängigkeit von der Temperatur, Probekörper-Feuchte < 0,2% (VDI 2541)
weg beständig gegen Chemikalien (sicherheitshalber sollten hierzu allerdings Angaben der Hersteller eingeholt werden), schwingungs- und stoßdämpfend sowie elektrisch isolierend. Die mechanischen Eigenschaften hängen stark von der Temperatur ab. – Im Gegensatz zu Metallen sinkt die Wärmeformbeständigkeit bereits im Bereich von +40°C ... + 100°C deutlich ab; E-Modul s. Abb. 15.58. Bei längerem Betrieb mit Temperaturen J > 100°C werden die in Abb. 15.58 angegebenen Kunststoffe unzulässig thermisch geschädigt. 15.9.2.1 Kunststoffe für kompakte Lager
Polyamid (PA): Neben den o.a. Eigenschaften ist Polyamid besonders stoß- und verschleißfest, beständig gegen Kraftstoffe, Öle und Fette sowie die meisten Lösungsmittel, aber empfindlich gegen Mineralsäuren; nimmt auch viel Feuchtigkeit auf; die hohe Reibungszahl bei Trockenlauf ist zu beachten. – Anwendung: Bremsgestänge- und Federaugenbüchsen, Landmaschinenlager. Polyoxymethylen (POM) ähnelt Polyamid, ist jedoch härter und damit höher druckbelastbar, die Reibungszahl kleiner, aber stoßempfindlicher und weniger verschleißfest. POM nimmt nur sehr wenig Feuchtigkeit auf.
688
15 Gleitlager
Einfluß von Säuren und Laugen s. [15.1-3]. – Anwendung: Lager für die Feinwerktechnik, Elektromechanik und Haushaltsgeräte. Polyimid ähnelt ebenfalls Polyamid, ist jedoch härter und verschleißfester, höher belastbar, eignet sich für sehr niedrige Temperaturen; die Reibungszahl ist relativ hoch. Zum Einfluß von Säuren und Laugen s. [15.1-3]. – Anwendung: Lager im Tunnelofen, Luft- und Raumfahrt. 15.9.2.2 Kunststoffe mit Zusatzstoffen
Mit den Zusätzen kann man bestimmte Eigenschaften gezielt verändern: Festigkeit, Reibungszahl, Verschleißverhalten, Chemikalien-Beständigkeit, Maßgenauigkeit und Maßhaltigkeit. – Systematische Übersicht s. [15.1-3]; Beispiele für Polyamid (PA) mit Zusatzstoffen: PA mit Glasfasern hat insbesondere bei extrem niedrigen Gleitgeschwindigkeiten eine höhere Tragfähigkeit (p ◊ v) als Polyamid, wenn die Rauheit der Stahlwelle Rz = 0,5 ... 1 mm beträgt und deren Härte HRC > 50 ist. PA 12 mit 40 ... 50% Graphitgehalt hat eine bessere Wärme-Leitfähigkeit und deshalb – bei kleineren Gleitgeschwindigkeiten – eine wesentlich höhere Tragfähigkeit als PA 12 ohne Zusatz. PA 66 mit MoS2: Der MoS2-Zusatz mindert die Reibungsverluste und damit die Temperatur und bewirkt so eine Erhöhung der Tragfähigkeit. PA (insbesondere PA 66) mit Polyethylen (PE) weist eine wesentlich geringere Gleitreibungszahl als ohne PE-Zusatz auf, ist kaum stick-slip anfällig und insbesondere für Betrieb unter Wasser besser geeignet als PA ohne PE-Zusatz. Die Tragfähigkeit (p ◊ v) ist insbesondere bei dynamischer Beanspruchung sehr hoch. 15.9.2.3 Tragfähigkeit von Kunststofflagern
Für den Betrieb bei Flüssigkeitsreibung (n > ntr) gelten die Beziehungen für hydrodynamisch geschmierte Gleitlager, Abschn. 15.4, 15.5. – Bei extrem kleinen Gleitgeschwindigkeiten (v Æ 0) ist die Druckfestigkeit des Kunststoffs entscheidend für die Tragfähigkeit. Als Kennwert benutzt man die mittlere Flächenpressung p. Anhaltswerte s. Abb. 15.59. – Bei höheren Gleitgeschwindigkeiten (v > 0,1 ... 0,5 m/s) und Trockenlauf oder Mangelschmierung, einmalig bei Betriebsbeginn, oder Intervallschmierung) benutzt man den p ◊ v-Wert als Kennwert für die Beanspruchung. Anhaltswerte s. Abb. 15.60. – Maßgebend ist stets, daß die Gleitflächentemperatur einen zulässigen Wert nicht überschreitet. – Die an der Gleitfläche erzeugte Wärmemenge wird radial von der Lagerbuchse an das Gehäuse und axial über die Welle abgeführt, d.h. die Wärmebilanz besagt: Pf = DJL AL lL/s + DJW AW lW/B,
(15.81)
15.9 Sonstige Gleitlager
689
– [N/mm2] mittlerer Lagerdruck p zul
Werkstoff PA 6
14
PA 6 G
16
PA 66
15
PA 610 PA 11 PA 12
12
GF-PA (PA mit Glasfasern)
24
PA 12 + 40 . . . 50 Gew.% Graphit
30
Abb. 15.59. Zulässige Pressungen pzul für Kunststofflager bei 20°C, 3 mm Wanddicke, bei Gleitgeschwindigkeiten < 0,5 m/s
Werkstoff
Wanddicke 3 mm
1 mm
Trockenlauf
Fettschmierung
Trockenlauf
Fett schmierung
PA 6
0,04
0,2
0,07
0,35
PA 66
0,05
0,2
0,09
0,35
PA 11 PA 12
0,03
0,2
0,06
0,35
Abb. 15.60. pv-Anhaltswerte (N/mm2 ◊ m/s) für PA bei Temperaturen bis 30°C für v = 0,1 ... 1,5 m/s (VDI 2541)
mit
DJL = KL (JL – Jamb),
(15.82)
DJW = KW (JW – Jamb),
(15.83)
KL ≈ 0,5, KW ≈ 0,02 sind Korrekturfaktoren, die das unterschiedliche Temperaturgefälle in Lager (Index L) und Welle (Index W) berücksichtigen. – Daraus folgt die Betriebstemperatur an der Gleitfläche J in °C
J=
Pf + J amb , (0, 5 A L lL / s + 0, 02 A w l w / B)
(15.84)
mit Jamb Umgebungstemperatur in °C, Reibleistung Pf = m ◊ F ◊ v = m ◊ F ◊ w ◊ d/2 = m ◊ F ◊ p ◊ d ◊ n in Nmm/s = W; Buchsenwandfläche AL = d ◊ p ◊ b in m2; Wellenquerschnitt AW = p ◊ d2/4 in m2; s Wanddicke und b Breite der La-
690
15 Gleitlager
gerbuchse in m; lW Wärmeleitfähigkeit des Wellenwerkstoffs in W/(m ◊ K) (für Stahl lW = 48 W/(m ◊ K); lL Wärmeleitfähigkeit des Buchsenwerkstoffs in W/(m ◊ K), für Kunststoffe s. Abb. 15.63. 15.9.2.4 Gleitpaarung Welle-Lager
Günstige Gleitbedingungen ergeben sich bei Metallwellen mit einer Oberflächenhärte > 50 HRC, Anhaltswerte für die Rauheit s. Abb. 15.47, wenn nicht anders in Abschn. 15.9.2.2 spezifiziert. Eine Paarung mit einer Kunststoffwelle ist prinzipiell möglich, die Reibungszahl ist kleiner als bei der Paarung mit Stahl; trotzdem sollte man gleiche Werkstoffe wegen der Gefahr von stick-slip-Verhalten und Verschweißen nicht paaren. Unter ungünstigen Betriebsbedingungen, d.h. unter Berücksichtigung von Wärmedehnung, Quellen durch Feuchtigkeitsaufnahme muß ein Mindestlagerspiel vorhanden sein. Legt man die dadurch bedingten Maßänderungen für europäische Klimaverhältnisse und normale Betriebsbedingungen zugrunde, ergibt sich das dann erforderliche Grundlagerspiel nach Abb. 15.61. Wenn die Lagerbuchse eingepreßt wird, muß der Bohrungsdurchmesser vor dem Einpressen um 50% des Einpreßübermaßes nach Abb. 15.62 größer ausgeführt werden (DIN 1850 Bl. 6). Dies entfällt bei eingeschobenen, schwimmenden, geschlitzten, eingeklebten oder formschlüssig gehaltenen Lagerbuchsen. Bei dauernd wirkenden Betriebstemperaturen oberhalb 60 °C sollte man nicht durch Einpressen montieren, da der Preßsitz dann nicht ausreichend sicher ist. Bei ungünstigeren als europäischen Klimaverhältnissen ist der Einfluß feuchtebedingter Quellung und Wärmedehnung infolge abweichender Betriebstemperatur entsprechend den anderen Kennwerten zu berücksichtigen, ebenso die Wärmedehnung der Welle und der Lagergehäuse.
Abb. 15.61. Spiel von Lagerbuchsen aus thermoplastischen Kunststoffen (VDI 2541)
15.9 Sonstige Gleitlager
691
Abb. 15.62. Einpreßübermaß von Lagerbuchsen aus thermoplastischen Kunststoffen (VDI 2541)
15.9.2.5 Schmierung
Kunststofflager können zwar – und müssen mitunter z.B. unter Raumfahrtbedingungen – trocken (evtl. mit Festschmierstoff) laufen, jedoch kann durch Fettschmierung der Gleitverschleiß erheblich gemindert und die Tragfähigkeit erhöht werden; auch kann die Metallwelle so gegen Korrosion besser geschützt werden. Bereits eine einmalige Schmierung bei der Montage ermöglicht sicheren Betrieb bis zu 1000 h, bei einem Fettdepot noch länger. – Durch Schmierung mit Wasser wird die Tragfähigkeit – gegenüber Trockenlauf – durchweg erhöht, die Wärmeabführung verbessert, der Gleitverschleiß bei manchen Kunststoffen dagegen erhöht (z.B. PA 6, PA 66, POM). – Sonstiges über Schmierfett s. Abschn. 15.8.3. Durch Behandlung mit Gleitlacken läßt sich i.allg. nur der Einlaufvorgang verbessern. 15.9.2.6 Verbundlager mit Kunststoff-Laufschicht
Man nutzt hierbei die Eigenschaften der Kunststoffe, jedoch bieten die teureren Verbundlager mit einer dünnen Laufschicht gegenüber reinen Kunststofflagern eine Reihe von Vorteilen: – – – –
höhere Tragfähigkeit (kein Fließen), bessere Wärmeableitung, kaum Quellen durch Wasseraufnahme, kleinere Lagerspiele (praktisch keine Spielverengung durch Wärmedehnung und Quellen), – Festsitz in der Aufnahmebohrung unabhängig von Temperatur und Schmierstoff. Werkstoffe: In VDI 2543 werden 7 Laufschichtwerkstoffe unterschieden. Meist wird – wegen seiner niedrigen Reibungszahl – PTFE verwendet. Übersicht über Schichtaufbau, Zusätze, Stützschale, Lieferformen, Wanddicke und Eigenschaften s. Abb. 15.63.
Einsatztemperatur: – 200 °C . . . + 180 °C, kurzzeitig höher. Schmierung: Trockenlauf, Initialschmierung, Sparschmierung, Hydrodynamische Schmierung; Wärmeleitfähigkeit: lL = 0,8 W/(m · K), Nr. 5 und 6 ohne Rücken
Einsatztemperatur: – 40 °C . . . 130 °C, Dauerbetrieb bis 100 °C. Schmierung: Initialschmierung, Sparschmierung, Hydrodynamische Schmierung; Wärmeleitfähigkeit lL = 2 . . . 10 W/(m · K); (je nach Schichtdicke)
Keine Wasseraufnahme. Vernachlässigbar wegen der geringen Gleitschichtdicke. Gemittelte Rauchtiefe des Gleitpartners bei Trockenlauf (Nr. 3 bei Initialschmierung): Rz = 2 mm. Gute Kantenpressungs-Verträglichkeit.
Rücken aus Kohlenstoffstahl, rostfreiem Stahl oder NE-Metallen mit aufgeklebtem PTFE-Mischgewebe (aus Glasfaser, Bronze, Baumwolle), Füllung Phenolharze; Gleitschicht 0,4 mm bzw. 0,6 mm
Stahlrücken mit aufgeklebtem PTFE-Mischgewebe (aus Polyester), Füllung Phenolharz; Gleitschicht 0,4 mm bzw. 0,6 mm
Leicht formbares Gewebe aus nichtrostendem Stahl eingelagert in PTFE-Folie mit Zusätzen (s. 4); Nennwanddicke 0,5 mm
Leicht formbares nachgesintertes Zinnbronzegewebe eingelagert in PTFE-Folie mit Zusätzen (Graphit, Glasfaser, Zinnbronzegewebe, MoS2); Nennwanddicke 0,5 mm
Stahlrücken mit porös aufgesinterter Zinnbronze, beschichtet mit Thermoplasten; Nennwanddicken s. DIN 1494
Einsatztemperatur: – 200 °C . . . + 280 °C, Dauerbetrieb bis 260 °C. Schmierung: Trockenlauf, Sparschmierung, Hydrodynamische Schmierung Wärmeleitfähigkeit lL = 50 W/(m · K)
Einsatztempertur: – 200 °C . . . + 280 °C, Dauerbetrieb bis 260 °C. Schmierung: Trockenlauf, Sparschmierung, Hydrodynamische Schmierung; Wärmeleitfähigkeit: lL = 40 W/(m · K)
Eigenschaften
Abb. 15.63. Eigenschaften von Verbundlagern mit Kunststoff-Laufschicht nach VDI 2543
4)
3)
2)
1)
2), 3), 4)
7
2), 3), 4)
6
1), 3), 4)
5
1), 3), 4)
4
2), 3), 4)
3
1), 3)
2
Bronzerücken mit porös aufgesinterter Zinnbronze-Schicht; Füllung und Deckschicht aus PTFE und Zusätzen (Pb, MoS2, Graphit); Nennwanddicken s. DIN 1494
Stahlrücken mit porös aufgesinterter Zinnbronze-Schicht; Füllung und Deckschicht aus PTFE und Zusätzen (Pb, MoS2, Graphit); Nennwanddicken s. DIN 1494
1
1), 3)
Werkstoff
Nr.
692 15 Gleitlager
15.9 Sonstige Gleitlager
693
Abb. 15.64. Zulässige Pressung pzul der Werkstoffe in Abb. 15.63 nach VDI 2543 1 – Werkstoffe 1 und 2 (trocken), Verschleißrate 1 mm/h, zulässige Verschleißtiefe ≈ 70 mm 2 – Werkstoff 3 (trocken),Verschleißrate 1 mm/h, zulässige Verschleißtiefe ≈ 200 mm 3 – wie 2, aber Initialschmierung 4 – Werkstoffe 4 und 5 (trocken), Verschleißrate 1 mm/h, zulässige Verschleißtiefe ≈ 300 mm 5 – Werkstoffe 6 und 7 (trocken), Verschleißrate 0,3 mm/h, zulässige Verschleißtiefe ≈ 250 mm (Werkstoff 6), ≈ 300 mm (Werkstoff 7)
Tragfähigkeit: Zulässige Pressung für die Werkstoffe in Abb. 15.63 s. Abb. 15.64. Diesen Werten liegt eine Verschleißrate von 1 bzw. 3 mm/h und Verschleißtiefe zugrunde, die ausgenutzt werden kann, wenn die Vergrößerung des Lagerspiels nicht anderweitig begrenzt ist. Aus den jeweils auftretenden p ◊ v-Werten und zulässigen (p ◊ v)zulWerten nach Abb. 15.64 und der Beziehung für Verschleißrate nach Abb. 15.65 kann man die zu erwartende Lebensdauer abschätzen (Beispiel: Werkstoff 4 und 5, Abb. 15.65, v = 0,1 m/s, p = 5 N/mm2, demnach p ◊ v = 0,5 N/mm2 ◊ m/s, (p ◊ v)zul ≈ 1 N/mm2 ◊ m/s, d.h. pv/(p ◊ v)zul = 0,5; nach Abb. 15.65: DV/Dt ≈ 0,2 mm/h; zul. Verscheißtiefe nach Abb. 15.64 ca. 300 mm; Lebensdauer = 300 mm/(0,2 mm/h) = 1500 h). 15.9.2.7 Duroplastische Kunststoffe
Im allgemeinen verwendet man Phenol- oder Epoxidharz-Preßstoffe; pulverförmige Granulate werden mit Festschmierstoffen (Molybdändisulfid, Graphit, u.ä.) vermischt, z.T. mit Fasern verstärkt und meist zu Massivlagern verpreßt. Ihre Eigenschaften sind denen der Polyamide ähnlich, ihre Festigkeit ist jedoch wesentlich höher, bei unverstärktem Phenolharz aber auch die Reibungszahl; die Wärmeleitfähigkeit ist besser. Sie werden vor
694
15 Gleitlager
Abb. 15.65. Tendenzen der Verschleißraten der Werkstoffe 1 ... 7 (s. Abb. 15.63) nach VDI 2543, ergänzt
allem für wassergeschmierte Lager von Schiffswellen, Bagger- und Pumpenwellen verwendet. – Zulässige Pressung bei Kriechgeschwindigkeit: pzul = 1 N/mm2 bei schlechter Wärmeabfuhr, pzul = 2 N/mm2 bei guter Wärmeabfuhr; bei Gleitgeschwindigkeiten bis 2 m/s: (p ◊ v)zul ≤ 0,14 N/mm2 ◊ m/s; als Verbundlager mit Stahl-Stützschale bei reichlicher Wasserkühlung pzul = 25 N/mm2 bei v = 1 m/s; Lagerspiel ≈ 0,0045 d bei B/D = 1. 15.9.2.8 Weichgummi
Weichgummi mit 7... 20 mm Wanddicke, einvulkanisiert und geschliffener Bohrung hat sich bewährt bei Lagern in Flüssigkeiten, z.B. für Schiffswellen, Wasserturbinen und Pumpen. Harte Verunreinigungen können sich leicht einbetten. Betriebsbereich: pzul ≈ 0,5 N/mm2, Ug = 0,5 ... 25 m/s. 15.9.3 Luftlager – aerostatische Lager 3
Diese Lager arbeiten nach dem gleichen Prinzip wie hydrostatische Lager. Die Viskosität des Schmierstoffs Luft ist um den Faktor 103 ... 104 kleiner als von Schmierölen (hLuft = 2 ◊ 10–5 Pas bei 50 °C, 1 bar); daher ist die Tragfähigkeit und auch der Reibungswiderstand gering. Die Viskosität ist nur wenig abhängig von der Temperatur. Dadurch sind sehr kleine Schmierspaltdicken (ca. 10 mm) möglich, s.u. Die Lager laufen verschleißfrei. Die 3
Aerodynamische Lager sind erst ab einer (wegen der kleinen Vikosität) sehr hohen Übergangsdrehzahl betriebssicher, eignen sich daher nur für Dauerbetrieb oder benötigen eine aerostatische Anlaufhilfe, s. Einleitung zu Abschn. 15.6 (hydrostatische Anhebung).
15.9 Sonstige Gleitlager
695
Gefahr der Verschmutzung der Umgebung durch den Schmierstoff entfällt. – Die Lager werden meist mit 3 ... 6 bar (entspr. dem Druck der Hausnetze) betrieben; auch Hochdrucklager mit 100 bar wurden ausgeführt, mit entsprechender Steifigkeit. – Ein Schmiermittelrücklauf entfällt. – Voraussetzung ist eine sichere Versorgung mit Druckluft und zuverlässige Luftreinigung; hierfür eignen sich handelsübliche Feinfilter. Anwendungen: Lagerung von schnellaufenden (40000 min–1) Schleifspindeln mit Rotor-Luftspalt von 10 mm und Rundlaufabweichung < 0,2 mm. Lagerung von Schleifspindeln für die Bearbeitung von optischen Oberflächen mit Rauheiten Ra < 0,05 mm. Für die Tragfähigkeitsberechnung gelten die Regeln der hydrostatischen Lager. Ausreichend genau sind Näherungsgleichungen [15.3-24], [15.3-10]. – Gestaltung s. [15.3-10]. 15.9.4 Magnetlager
Durch einen Magnetkreis wird Magnetkraft erzeugt, die den Rotor von der Lagerbohrung abhebt und in der Schwebe hält (Luftspaltlager) oder eine magnetische Flüssigkeit im Lagerspalt festhält, die ihrerseits die Rotorwelle führt (Magnetflüssigkeitslager). 15.9.4.1 Magnet-Luftspaltlager
Die Bauart mit Dauermagneten benötigt keine Stromversorgung, arbeitet wartungs- und störungsfrei. Die Dauermagnete sind axial oder radial magnetisiert, Abb. 15.66. Zwischen den auf Abstoßung reagierenden Magneten stellt sich ein – von der Belastungskraft abhängiger – Luftspalt ein. – Als Reibungskräfte wirken die Luftreibung und die magnetische Dämpfung. Für die Anwendung eignen sich vor allem leichtbelastete Lager bei niedrigen Drehzahlen von Meß- und Zählgeräten ohne hohe Ansprüche an die Führungsgenauigkeit. Elektromagnete mit externer Stromversorgung haben den großen Vorteil, den Luftspalt durch Steuerung und Regelung der Stromstärke – über eingebaute Stellungsmeßgeber – auch bei veränderlichen Belastungen und Drehzahlen konstant zu halten und damit eine Führungsgenauigkeit bis auf 0,05 mm zu sichern.
Abb. 15.66. Aufbau eines Permanentmagnet-Lagers [15.3-8]
696
15 Gleitlager
Anwendungen: Lager für große schnellaufende Maschinen, z.B. Gas- und Dampfturbinen, Turboverdichter, Lüfter und Kompressoren bei großem Temperatureinsatzbereich (– 200 °C ≤ J ≤ + 450 °C). – Lager für Maschinen mit besonderen Betriebsbedingungen (z.B. Hochvakuumpumpen, Pumpen und Zentrifugen für sterile, korrosive, radioaktive Umgebung). Funktionell sind sie Wälz-, Flüssigkeits- und Luftlagern überlegen. Ihr Leistungsbedarf ist gering, der Bauaufwand allerdings erheblich. Literatur: [15.3-8], [15.3-10]. 15.9.4.2 Magnet-Flüssigkeitslager
Die als Schmierstoff dienenden Magnetflüssigkeiten sind Suspensionen von sehr feinen magnetischen Teilchen (ca. 0,01 mm Durchmesser) in einer Trägerflüssigkeit ausreichender Viskosität (z.B. Kohlenwasserstoff, Ester) mit verschiedenen Zusatzstoffen, die ein Zusammenballen der Teilchen verhindern. Durch einen Magnetkreis, bestehend aus Dauer- oder extern versorgte Elektromagneten, wird ein Magnetfeld erzeugt, das die Flüssigkeit im Schmierspalt festhält, eine durchgehende Schmierschicht und einen statischen Überdruck erzeugt. – Derartige Lager arbeiten betriebssicher und schwingungsarm, der Schmierstoff wird durch das Magnetfeld festgehalten und kann nicht auslaufen. – Wegen der mit wachsender Induktion zunehmenden Viskosität sind die Reibungsverluste allerdings um den Faktor 3 ... 4 größer als bei hydrodynamisch geschmierten Lagern, [15.3-10], [15.3-14], [15.3-15]. 15.9.5 Kunstkohle-Lager
Kunstkohle, ein poröser keramischer Werkstoff aus Graphit, imprägniert mit Phenolharz oder Gleitmetall, eignet sich für Betriebstemperaturen bis zu 400 °C, wird daher für Lager von Heiz- und Trocknungsgeräten verwendet, wegen ihrer chemischen Beständigkeit auch für Färberei- und Waschmaschinen sowie Galvanikanlagen und Unterwasserpumpen. Zulässiges p ◊ v = 0,1 N/mm2 ◊ m/s bei Trockenlauf, bis 8 N/mm2 ◊ m/s bei Schmierung durch Wasser (Öl oder Fett sind ungeeignet). Literatur s. [3.3-7]. 15.9.6 Wartungsfreie Lager mit Festschmierstoffen
Von Spezialfirmen wurden einbaufertige Lager mit imprägnierten Festschmierstoffen entwickelt. Sie werden angewendet, wenn sich wegen der Betriebsart (Start-Stop-Betrieb, oszillierende oder Schaltbewegungen) oder wegen niedriger Relativgeschwindigkeit und hohen Drücken kein hydrodynamischer Schmierfilm bildet, oder wo Öl und Fett wegen hoher Temperaturen oder Verschmutzungsgefahr als Schmiermittel ungeeignet sind. Auf eine Stahl- oder Bronzeunterlage wird zunächst ein poröser oder mit Aufnahmekammern versehener Grundwerkstoff aufgebracht, der den
15.10 Beispiele
697
Festschmierstoff (Blei, Graphit, Molybdänsulfit, u.ä. oder und auch mit PTFE) aufnimmt. Eigenschaften und Tragfähigkeit: Übliche Ausführungen ertragen Temperaturen bis 120 °C, hierbei ist auch Öl- und Fettschmierung zusätzlich möglich, Sonderausführungen bis 700 °C, Relativgeschwindigkeit U = 0,005 ... 2 m/s, Reibungszahl m = 0,07 ... 0,15, abnehmend mit wachsender Belastung, Flächenpressung pzul = 0,7 ... 50 N/mm2, zunehmend mit wachsender Geschwindigkeit. Kennwert p ◊ v = 0,2 ... 3 N/mm2 ◊ m/s, abnehmend mit wachsender Pressung, abnehmend mit wachsender Geschwindigkeit.
15.10 Beispiele Beispiel 1: Hydrodynamische Radialgleitlager Lager eines Getriebes für 6000 kW mit Eigendruckschmierung. Kühlung durch Konvektion. Lagerpaarung Stahl/Weißmetall gegeben: D = 0,3 m; F = 95000 N; n = 5 1/s; B/D = 0,8; aL = 18 ◊ 10–6 1/K; aW =16 ◊ 10–6 1/K; A=1,2 m2; k = 20 W/(m2K); Jamb = 40°C; r Öl ª 900 kg/m3. Rechengang: U = p ◊ n ◊ D = 4,7 m/s (nach (15.12)); hmin,tr = 9 ◊ 10–6 m (nach Abb.15.14); pzul = 5 ◊ 10–6 N/m2 (nach Abb. 15.8); Jlim = 90 °C (nach Abb. 15.16); ym = 0,6 ◊ 10–3 ◊ (U)1/4 = 9 ◊ 10–4 (nach (15.22) und Abb. 15.11 unterer Bereich wegen Weißmetall); Cm = Dm ◊ ym = 2,7 ◊ 10–4 m; nach Abb. 15.12 mit ym = 0,9 ‰ und D = 300 mm folgt Bohrung mit Abmaße H7 und Welle mit Qualität IT6; IT6(300 mm) = 32 ◊ 10–6 m = 32 mm; Dmax = 0,300052 m; Dmin = 0,3 m; Dm = 0,300026 m; dm = Dm–ym · D = 0,299756 m; dmax = dm + IT6/2 = 0,299756 m + 16 ◊ 10–6 m = 0,299772 m; dmin = dm–IT6/2 = 0,299756 m–16 ◊ 10–6 m = 0,29974 m; ymax = (Dmax–dmin)/D = 1,04 ◊ 10–3; ymin = (Dmin–dmax)/D = 7,6 ◊ 10–4; ymax/ymin = 1,37 < 1,5 damit gültig (ausführliche Hinweise zur Wahl der Passung bzw. des relativen Lagerspiels ym s. unter (15.22)); p– = F/(B ◊ D) = 1,3 ◊ 106 N/m2 (nach (15.15)) < p–zul; Ölwahl: h = 4 ◊ F · S2h ◊ h2min,tr /(w ◊ D4 ◊ K*) = 0,0048 Ns/m2 (nach (15.25)) mit K* = 0,05 aus Abb. 15.13 mit 2 ◊ hmin/C = 2 ◊ 1,25 ◊ hmin,tr/C = 0,083; Sh = 1,5 und w = 2πn = 31,4 s–1); Wahl eines Mineralöls, bekannt sind: Öl mit h (40 °C) = 0,0048 Ns/m2; h (100 °C) = 0,0016 Ns/m2 (Viskositätsberechnung für das Öl für die entsprechenden Betriebstemperaturen erfolgt mit (16.6)); Gleitlager berechnen sowohl für ymax als auch für ymin: Rechengang ymax: angenommene Lagertemp. für 1. Iteration: JB,0 = Jamb + 1/2 (Jlim – Jamb) = 65 °C; h (65 °C) = 0,0028 Ns/m2; Dy = aL ◊ (JL – 20 °C) – aW ◊ (JW – 20 °C) = 9 ◊ 10–5 (nach (15.23)); yeff = ymax + Dy = 1,13 ◊ 10–3 (nach (15.24)); Re = r ◊ U ◊ yeff ◊ D/(2 ◊ h) = 256,5 < ReCr = 41,3 ◊ (1/yeff)1/2 = 1229 (nach (15.10)) Berechnung möglich; So = p ◊ y2eff/(h ◊ w) = 18,9 (nach (15.17)); e = 0,95 (nach Abb. 15.10); b = 20° (nach Abb. 15.7); m/y = p/(So ◊ (1– e 2 )1/2 ) + 0,5 ◊ e ◊ sin b = 0,69 (nach (15.19)); Pf = m/y ◊ yeff ◊ F ◊ U = 348,1 W (nach (15.31));
698
15 Gleitlager
Reibleistung muß gleich sein der abgeführten Leistung Pth,amb = Pf damit JB,1 = Pth,amb/(k ◊ A) + Jamb = 54,5°C (nach (15.35)); JB,0neu = (JB,1 + JB,0)/ 2 = 59,7°C (nach (15.40)); Iteration
JB,0 [°C]
h (JB,0) [Ns/m2]
yeff
So
2 3
59,7 57,7
0,0031 0,0032
1,12 · 10 –3 16,75 1,115 · 10 –3 16,1
e
b [°]
m/y
Pf [W]
JB,1 [°C]
0,95 0,95
20 20
0,76 0,79
380,1 393,2
55,8 56,4
Iterationsabbruch nach drei Iterationsschritten (JB,1 – JB,0 < 2 K). Lagertemperatur ist kleiner als die zulässige Lagertemperatur. Überprüfung der Schmierfilmdicke: hmin = 0,5 ◊ D ◊ yeff ◊ (1–e) = 0,84 ◊ 10–5 m (nach (15.27)) > 1,25 ◊ hmin,tr nicht erfüllt fi unzulässig; die Sommerfeldzahl (So4 = 15,3) ist zu hoch und der Schmierfilm zu klein. Neue Berechnung mit einem zäheren Mineralöl. Neue Ölwahl, bekannt sind: h (40 °C) = 0,038 Ns/m2; h (100 °C) = 0,0057 Ns/m2; Berechnung Betriebsviskositäten mit (16.6). Gleitlager berechnen sowohl für ymax als auch für ymin: Rechengang ymax: Iteration
JB,0 [°C]
h (JB,0) [Ns/m2]
yeff
So
e
b [°]
m/y
Pf [W]
JB,1 [°C]
1 2 3
65 70,1 71,9
0,014 0,0123 0,0117
1,13 · 10 –3 1,14 · 10 –3 1,14 · 10 –3
3,78 4,37 4,59
0,82 0,85 0,85
34 32 32
1,68 1,59 1,52
847,6 809,3 773,7
75,3 73,7 72,2
Iterationsabbruch nach drei Iterationsschritten (JB,1 – JB,0 < 2 K). Lagertemperatur ist kleiner als die zulässige Lagertemperatur. Überprüfung der Schmierfilmdicke: hmin = 0,5 ◊ D ◊ yeff ◊ (1–e) = 2,5 ◊ 10–5 m (nach (15.27)) > 1,25 ◊ hmin,tr erfüllt fi zulässig; Gleitlager ausreichend dimensioniert. Rechengang ymin: Iteration
JB,0 [°C]
h (JB,0) [Ns/m2]
yeff
So
e
b [°]
m/y
Pf [W]
JB,1 [°C]
1 2
65 72,5
0,014 0,011
8,5 · 10 –4 8,5 · 10 –4
2,1 2,8
0,72 0,78
42 37
2,40 2,03
910,9 779,5
80,0 72,5
Iterationsabbruch nach zwei Iterationsschritten (JB,1 – JB,0 < 2 K). Lagertemperatur ist kleiner als die zulässige Lagertemperatur. Überprüfung der Schmierfilmdicke: hmin = 0,5 ◊ D ◊ yeff ◊ (1–e) = 2,8 ◊ 10–5 m (nach (15.27)) > 1,25 ◊ hmin,tr erfüllt (nach (15.28)) fi zulässig; Gleitlager ausreichend dimensioniert.
15.10 Beispiele
699
Beispiel 2: Hydrodynamische Axiallager Segmentspurlager einer Wasserturbine; Kippsegmente; Lagerpaarung Stahl/Weißmetall gegeben: Da = 1,6 m; Di = 0,9 m; F = 3,2 ◊ 106 N; n = 3,13 1/s; B/D = 0,5; r ◊ c = 1,8 ◊ 10 6 J/(m3K); Jamb = 40 °C; A = 16 m2; k = 20 W/(m2K); Z = 12; F = 0,8; Rz = 4 ◊ 10–6 m; h (40 °C) = 0,061 Ns/m2; h (80 °C) = 0,013 Ns/m2; r ª 900 kg/m3; Berechnung Betriebsviskositäten mit (16.6); pzul = 3,9 ◊ 106 N/m2; Jlim = 90 °C; hmin/Cwe = 0,8; Rechengang: D = (Da + Di)/2 = 1,25 m; B = (Da–Di)/2 = 0,35 m; L = p ◊ D ◊ F/Z = 0,262 m (nach (15.50)); U = p ◊ n ◊ D = 12,3 m/s; p = F/(z ◊ L ◊ B) = 2,9 ◊ 106 N/m2 (nach (15,44)) < pzul ; angenommene Lagertemp. für 1. Iteration: JB,0 = Jamb + 1/2 (Jlim – Jamb) = 65 °C; h(65°C) = 0,021 Ns/m2; mit k2 = 3: Pf = k2 ◊ (h ◊ U3 ◊ Z ◊ F ◊ L)1/2 = 59485 W (nach (15.49)); Reibleistung muß gleich sein der abgeführten Leistung Pth,amb = Pf damit JB,1 = Pth,amb/(k ◊ A) + Jamb = 226°C nach (15.35); JB,0neu = (JB,1 + JB,0)/2 = 145,5°C; Iteration
JB,0 [°C]
h (JB,0) [Ns/m2]
Pf [W]
JB,1 [°C]
2 3 4
145,5 129 126
0,0032 0,0042 0,0044
23220 26602 27228
112 123 125
Temperatur größer Jlim fi Kühlung durch Konvektion nicht ausreichend; Kühlung durch Schmierstoff mit Kühleraustrittstemperatur Jen = 55°C; Annahme Jex,0 = Jen + 20K = 75°C; h (65°C) = 0,021 Ns/m2; Soax = 0,065 (nach Abb. 15.26 mit L/B = 0,75) hmin = (Soax ◊ B ◊ U ◊ h/p)1/2 = 4,5 ◊ 10–5 m; hmin,tr = (D ◊ Rz/12 000)1/2 = 2 ◊ 10–5 m (nach (15.46)); Qd = B ◊ hmin ◊ U ◊ Z ◊ j1 = 1,62 ◊ 10–3 m3/s (nach (15.53)); mit k2 = 3: Pf = k2 ◊ (h ◊ U3 ◊ Z ◊ F ◊ L)1/2 = 59485 W (nach (15.49)); Reibleistung muß gleich sein der abgeführten Leistung Pth,L = Pf damit Jex,1 = Pth,L/(r ◊ c ◊ Q) + Jen = 75,3°C (nach (15.39)) fi Iterationabbruch. Beispiel 3: Hydrostatische Radiallager Gegeben: D = 0,12 m; F = 20000 N; n = 16,6 1/s; B/D = 1; pen = 4,7 ◊ 106 Pa; cmin = 500 N/µm; x = 1; e = 0,4; Z = 4; hp/C = 40; P* = 2; lax/B = 0,15; hB = 0,0833 Ns/m2; r ◊ c = 1,8 ◊ 106 J/(m3K); Rechengang: lax/B = 0,15 fi optimal ausgelegte Lager s. Abb. 15.39b mit P*tot = 6,6 bei lc/B = 0,25; Cmax = F/(cmin ◊ e) = 100 ◊ 10–6 m (nach (15.66)); F* = F/(B ◊ D ◊ pen) = 0,2955; y = 2C/D = 1,66 ◊ 10–3; pf = h ◊ w/(pen ◊ y2) = 0,67 (nach (15.59)); Q* = P*tot ◊ 4 ◊ (B/D) ◊ F* ◊ pf /(1 + P*) = 1,74 (nach (15.61); Q = pen ◊ C3 ◊ Q*/h = 9,8 ◊ 10–5 m3/s (nach (15.67)); DJ = F ◊ (1 + P*)/(r ◊ c ◊ D2 ◊ (B/D) ◊ F*) = 7,8 K (nach (15.64)) fi zulässiger Bereich; Ptot = F ◊ w ◊ C ◊ P*tot = 1377 W (nach (15.56)); Pp = Ptot/(1 + P*) = 459 W; Pf = 918 W.
700
15 Gleitlager
Beispiel 4: Hydrostatische Axiallager Gegeben: Da = 0,4 m; F = 500000 N; n = 12,5 1/s; ri/ra = 0,5; c = 1630 J/(kgK); r = 860 kg/m3; hp = 0,8; h = 0,032 Ns/m2; Rechengang (nach Abb. 15.46): w = 2 ◊ p ◊ n = 78,54 1/s; bei optimaler Auslegung So*max = 2,4 (s. Abschn. 15.6.2.2) mit ri/ra = 0,5 damit h0 = (So*max ◊ h ◊ w ◊ r4a/F)1/2 = 1,4 ◊ 10–4 m (nach (15.76)); pen = 2 ◊ F ◊ ln(ra/ri)/(p ◊ (ra2–r2i )) = 7,35 ◊ 106 N/m2 (nach (15.70)); Q = F ◊ h03/(3 ◊ h ◊ (ra2–r2i )) = 4,76 ◊ 10–4 m3/s (nach (15.72); Pp = pen ◊ Q/hp = 4373 W (nach (15.73)); Pf = p ◊ h ◊ w2 ◊ (ra4–ri4)/(2 ◊ h0) = 3322 W (nach (15.74)); DJ = (Pp + Pf)/(c ◊ r ◊ Q) = 11,5 K (nach (15.75)) fi zulässiger Bereich.
15.11 Literatur Normen, Richtlinien 15.1-1 VDI-Richtlinie 2201 (1975/1980) Gestaltung von Lagerungen; Bl. 1: Einführung in die Wirkungsweise der Gleitlager, Bl. 2: Konstruktionshinweise. VDI-Verlag, Düsseldorf 15.1-2 VDI-Richtlinie 2204 (1992) Auslegung von Gleitlagerungen; Bl. 1: Grundlagen, Bl. 2: Berechnung, Bl. 3: Kennzahlen und Beispiele für Radiallager, Bl. 4: Kennzahlen und Beispiele für Axiallager. VDI-Verlag, Düsseldorf 15.1-3 VDI-Richtlinie 2541 (1975) Gleitlager aus thermoplastischen Kunststoffen. VDI-Verlag, Düsseldorf 15.1-4 VDI-Richtlinie 2543 (1977) Verbundlager mit Kunststoff-Laufschicht. VDIVerlag, Düsseldorf 15.1-5 DIN 118 T1: Antriebselemente; Steh-Gleitlager für allgemeinen Maschinenbau, Hauptmaße 15.1-6 DIN 502 (1973) Antriebselemente; Flanschlager, Befestigung mit 2 Schrauben. Beuth, Berlin 15.1-7 DIN 503 (1973) Antriebselemente; Flanschlager, Befestigung mit 4 Schrauben. Beuth, Berlin 15.1-8 DIN 504 (1973) Antriebselemente; Augenlager. Beuth, Berlin 15.1-9 DIN 505 (1973) Antriebselemente; Deckellager, Lagerschalen, Lagerbefestigung mit 2 Schrauben. Beuth, Berlin 15.1-10 DIN 1494 (1983) Gleitlager; Gerollte Buchsen für Gleitlager; T1: Maße, T2: Prüfungsangaben für Außen- und Innendurchmesser in Zeichnungen, T3: Schmierlöcher, Schmiernuten, Schmiertaschen, T4: Werkstoffe. Beuth, Berlin 15.1-11 DIN 1498 (1965) Einspannbuchsen für Lagerungen. Beuth, Berlin 15.1-12 DIN 1499 (1965) Aufspannbuchsen für Lagerungen. Beuth, Berlin 15.1-13 DIN 1850: Gleitlager; T1 (Entwurf): Buchsen aus Kupferlegierungen, T2: Buchsen mit Schmierlöchern, Schmiernuten und Schmiertaschen, T3: Buchsen aus Sintermetall, T4 (Entwurf): Buchsen aus Kunstkohle, T5 (Entwurf): Buchsen aus Duroplasten, T6 (Entwurf): Buchsen aus Thermoplasten 15.1-14 DIN 7473 (1983) Gleitlager; Dickwandige Verbundgleitlager mit zylindrischer Bohrung, ungeteilt. Beuth, Berlin 15.1-15 DIN 7474 (1983) Gleitlager; Dickwandige Verbundgleitlager mit zylindrischer Bohrung, geteilt. Beuth, Berlin 15.1-16 DIN 31651 (1991) Gleitlager; T1: Formelzeichen, Systematik, T2: Formelzeichen, Anwendung. Beuth, Berlin
15.11 Literatur
701
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15 Gleitlager
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16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
Die Hauptfunktion der Schmierstoffe besteht i.allg. darin, Schäden an belasteten Oberflächen, die sich relativ zueinander bewegen, zu vermeiden; direkte Berührung der Bauteile soll möglichst verhindert, zumindest ihr Anteil gemindert werden. Bei vollhydrodynamischer Schmierung laufen derartige Paarungen verschleißfrei, sofern störende Fremdkörper vom Schmierspalt ferngehalten werden. Bei den meisten Anwendungen (z.B. Gleitlager, Wälzlager, Zahnräder) will man die Reibung durch geeignete Schmierung verringern, bei anderen Anwendungen (z.B. Reibradgetrieben, Bremsen) verstärken. Erklärung der häufigsten Fachbegriffe und Kurzzeichen s. Abb. 16.1. Absorbieren:
Aufsaugen, z.B. Öl im Seifengitter, Abschn. 16.6
Adsorbieren:
An der Oberfläche anlagern, Abschn. 16.5.6
Additive:
Zusätze zum Grundöl, Abschn. 16.5.6
Alterung
eines Schmierstoffs, Abschn. 16.5.5.3
ATF:
Automatic Transmission Fluid (Schmierstoff für Automatikgetriebe, Wandler, Schaltgetriebe)
AW-Additiv:
Anti-Wear Additiv (Verschleißschutz-Zusatz)
Demulgieren:
Abscheiden von Wasser aus Schmierstoff, Abschn. 16.5.2
Detergentien:
Wirkstoffe, die Ablagerungen ablösen, Abschn. 16.5.5
Dispersantien:
Wirkstoffe, die Feststoffe in Schwebe halten, Schlammbildung verhindern, Abschn. 16.5.5
Dilatantes Fluid:
Nicht-Newtonsche Flüssigkeit, deren Viskosität mit dem Schergefälle zunimmt, Abb. 16.8
EHD:
Elastohydrodynamik
EP-Additiv:
Extreme-Pressure Additiv, Abschn. 16.5.5
Ester:
Verbindung von Alkohol und organischer Säure
Friction Modifier:
Wirkstoff, der die Reibungszahl verändert, Abschn. 16.5.5
HD-Zusätze:
Heavy-Duty Zusätze, Abschn. 16.5.5
Abb. 16.1. Schmierung, Schmierstoffe: Definitionen und Bezeichnungen
704
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
ISO:
International Standards Organisation
Kondensation:
Verflüssigung flüchtiger Schmierstoffkomponenten
Konus-Penetration: Maß für die Schmierfett-Konsistenz, Abschn. 16.6 Metalldeaktivatoren: Additiv zum Schutz des Metalls gegen Korrosion, Abschn. 16.5.5, Abb. 16.18 Newtonsches Fluid: Flüssigkeit, deren Zähigkeit unabhängig vom Schergefälle ist Nicht-Newtonsches Flüssigkeit, deren Zähigkeit mit zunehmendem SchergeFluid: fälle zunimmt (dilatant) oder abnimmt (strukturviskos), Abschn. 16.5.2.1 Neutralisationszahl: Maß für den Anteil der durch Oxidation entstandenen sauren oder basischen Produkte; s.Alterungsbeständigkeit, Abschn. 16.5.4.2 NLGI-Klasse:
National Lubricating Grease Institute, Maß für Konsistenz eines Schmierfettes, Abb. 16.20
Polyglykole:
Synthetische Schmierstoffe mit meist niedrigen Reibungszahlen
Polymerisation:
Verbindung kürzerer Kohlenwasserstoffe zu längeren Ketten, beeinflußt die Schmierstoffalterung, Abschn. 16.5.4.2
SAE:
Society of Automotive Engineers (US Vereinigung der Automobil Ingenieure)
Stick-Slip:
Diskontinuierliche Relativbewegung mit abwechselndem Gleiten und Haften
Strukturviskoses Fluid:
Nicht-Newtonsche Flüssigkeit, deren Zähigkeit mit dem Schergefälle sinkt
TAN:
Total Acid Number; kennzeichnet Anteil an sauren Bestandteilen
TBN:
Total Base Number; kennzeichnet Anteil an basischen Bestandteilen
Traction Fluid:
Schmierstoff mit hoher Reibungszahl
Tropfpunkt:
Temperatur, bei der Schmierfett abtropft, Abschn. 16.6 (DIN 51801 T2)
VG:
Viscosity Grade; Viskositätsklasse
VI:
Viskositätsindex, Maß für VT-Verhalten, Abschn. 16.5.4.1
VT-Verhalten:
Viskositäts-Temperatur-Abhängigkeit eines Schmierstoffs
Abb. 16.1 (Fortsetzung)
16.1 Zeichen und Einheiten
705
Weitere Funktionen der Schmierstoffe sind: – Wärme abführen: Die durch Reibung in der Berührfläche entstehende Wärme kann sonst zu örtlicher Überhitzung und damit zu Schädigung von Bauteilen und des Schmierstoffs selber führen. – Abdichten: Durch Schmierstoff, insbesondere Fett, in Dichtspalten kann Flüssigkeiten, Gasen, Fremdkörpern und Schmutz der Zutritt zu Lagerungen und anderen Schutzbereichen verwehrt werden, Kap. 19. – Korrosionsschutz: Geeignete Schmierstoffe und geeignete Additive können Korrosion verhindern. – Schmutz- und Verschleißteilchen dispergieren (s. Dispersantien). – In hydraulischen Maschinen, Kupplungen,Wandlern und Bremsen wird Öl zur Leistungsübertragung benutzt, in hydraulischen Steuerungen zur Übertragung von Informationen; dabei dient das Öl immer auch als Schmierstoff und Korrosionsschutz. – Außerdem werden Öle für andere Funktionen verwendet, z.B. zur Isolierung in Transformatoren, Hochspannungsschaltern, usw., zur Wärmeübertragung, als Kühlschmierstoffe bei der Metallbearbeitung, u.a.m.
16.1 Zeichen und Einheiten c d E FN FR hmin l m
J/(kgK) m N/mm2 N N µm m –
p Q Ra S v vg vS
Spezifische Wärmekapazität Durchmesser Elastizitätsmodul Normalkraft Reibungskraft minimale Schmierfilmdicke im EHD-Kontakt Länge Richtungskonstante der Viskositäts-TemperaturAbhängigkeit N/m2 (bar) Druck l/s Volumenstrom des Öls µm arithmetischer Mittenrauhwert s–1 Schergefälle m/s Geschwindigkeit m/s Gleitgeschwindigkeit m/s Summengeschwindigkeit (vS = v1 + v2)
a
m2/N
J h h0
°C (K) mPas mPas
hp l l m n
mPas – W/(mK) – mm2/s
Druckkoeffizient der Viskositäts-DruckAbhängigkeit Temperatur Dynamische Viskosität dynamische Viskosität bei atmosphärischem Druck dynamische Viskosität bei Überdruck p spezifische Schmierfilmdicke Wärmeleitfähigkeit Reibungszahl Kinematische Viskosität (früher in Centi-Stoke: 1 cSt = 1 mm2/s = 10–6 m2/s)
706
n r t
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
– kg/m3 N/mm2
Querkontraktionszahl Dichte Schubspannung
16.2 Reibung, Reibungszahl In der Kontaktfläche einer Gleit- oder Wälzpaarung wirkt eine Reibungskraft, die der Relativbewegung beider Körper entgegen gerichtet ist. Zur Beschreibung der Reibungsverhältnisse benutzt man das Coulombsche Gesetz, nach dem die Reibungskraft FR der Anpreß-Normalkraft FN und einer Reibungszahl µ proportional ist: µ = FR/FN .
(16.1)
µ hängt ab von der Reibungsart (Art der Relativbewegung), dem Reibungszustand (Flüssigreibung, Mischreibung, Festkörperreibung), der Relativgeschwindigkeit, dem Schmierstoff, sowie von der Oberflächenbeschaffenheit und Werkstoffpaarung. Die Reibungsarten sind in Abb. 16.2 dargestellt.Abbildung 16.3 zeigt die bei einer Wälzpaarung möglichen Bewegungsverhältnisse. Für den Geltungsbereich der Hydrodynamik, d.h. bei reiner Flüssigkeitsreibung und Newtonschen Flüssigkeiten (Abschn. 16.5.2.1), ergibt sich die Reibungskraft allein aus der inneren Reibung der Flüssigkeit; man kann die Reibungszahl hierfür rechnerisch bestimmen, wenn man den Einfluß der örtlichen Temperatur auf die Viskosität berücksichtigt. Dies trifft für viele Gleitlager zu, Kap. 15. Für Nicht-Newtonsche Flüssigkeiten stehen praktisch anwendbare theoretische Rechenmodelle nicht zur Verfügung. Dasselbe gilt für die
Abb. 16.2a–c. Reibungsarten, a Gleitreibung; b Rollreibung; c Bohrreibung
Abb. 16.3a–c. Mögliche Bewegungsverhältnisse einer Wälzpaarung, a reines Rollen, b reines Gleiten, c Wälzen = Rollen + Gleiten
16.3 Wirkmechanismus der Schmierung
707
Reibungsart
Reibungszustand / Schmierung / Paarung
Reibungszahl
Gleitreibung
Festkörperreibung (Metall) Grenzreibung Mischreibung Flüssigkeitsreibung Gasreibung
0,3 . . . 1 0,1 . . . 0,2 0,01 . . . 0,1 0,001 . . . 0,01 0,0001
Rollreibung
Fettschmierung trocken
0,001 . . . 0,005 < 0,005
Wälzpaarung
trocken (Reibräder, Stahl/Stahl) trocken (Reibräder, Gummi/Stahl) Mischreibung (Zahnräder, geschmiert) Mischreibung (Reibräder, Traction Fluids)
0,22 . . . 0,28 0,4 . . . 0,6 0,02 . . . 0,08 0,06 . . . 0,12
Abb. 16.4. Reibungszahlen bei verschiedenen Anwendungen nach [16.3-1], [16.3-5], [16.3-7]
Reibungszahlen hochbelasteter, elastohydrodynamischer Kontakte, die auch weitgehend Nicht-Newtonsches Verhalten aufweisen. Die Reibungszahl muß hierfür unter praxisnahen Bedingungen experimentell ermittelt werden. Überblick s. Abb. 16.4.
16.3 Wirkmechanismus der Schmierung Maßgebend für die Bildung eines Schmierfilms sind örtliche Viskosität des Schmierstoffs, Pressung (Belastung) und Summengeschwindigkeit. Der an der Oberfläche haftende Schmierstoff wird in die sich verengende Kontaktstelle hineingezogen. Abbildung 16.3 zeigt dies am Beispiel des kontraformen Kontaktes. Im Fall a (b) fördern beide Oberflächen (eine Oberfläche) in den Kontakt; es kann sich ein Schmierfilm bilden. Im Fall c bildet sich ein Schmierfilm, abhängig von Größe und Richtung der Geschwindigkeiten v1 und v2. Ist v1 = –v2 fördert die Oberfläche 2 ebensoviel Schmierstoff aus dem Kontakt heraus, wie von der Oberfläche 1 hineingefördert wird; es kann sich kein Schmierfilm bilden. Diese Feststellungen gelten auch für den konformen Kontakt, z.B. für Gleitlager; man beachte: nur bei stillstehender Lagerschale und rotierender Welle (oder umgekehrt) ist die Summengeschwindigkeit gleich der Gleitgeschwindigkeit! Die verschiedenen Schmierungszustände, die sich im Kontakt der realen, rauhen Oberflächen einstellen können, sind in Abb. 16.5 dargestellt, und werden nachstehend erläutert, die zugehörigen Reibungszahlen zeigt Abb. 16.4. 16.3.1 Hydrodynamische und elastohydrodynamische (EHD) Schmierung
Bei diesen optimalen Schmierungszuständen sind beide Wälzkörper vollständig durch einen Schmierfilm getrennt. – Man spricht von hydrodyna-
708
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion kein Schmierstoff; Rad/Schiene, manche Reibradgetriebe
Randschichten natürlich durch Oxidation, künstlich durch Adsorption (physikalisch) oder/und chemische Reaktion (z. B. Phosphorverbindungen) bei ca. l < 0,25 Teilweise Flüssigkeitsfilm bei ca. l = 0,25 . . . 4
Elastohydrodynamik, Hydrodynamik; vollständige Filmtrennung bei ca. l > 4 für praktische Anwendungen, z. B. Wälzlager, wird l > 2 empfohlen, s. Abschn. 14.5.4.2
Abb. 16.5. Schmierungszustände nach [16.3-11], ergänzt; l s. (16.2)
mischer Schmierung, wenn der Schmierdruck so klein und auch die Zunahme der Viskosität mit dem Druck so gering ist, daß die Verformungen der Wälzkörper bei der Berechnung vernachlässigt werden können; dies ist meist der Fall bei konformen Kontakten, beispielsweise bei Gleitlagern. Bei kontraformen Kontakten, beispielsweise Zahnrädern, Nocken und Stößelpaarungen, treten meist wesentlich höhere örtliche Pressungen auf, die Kontaktbereiche verformen sich. Auch unter diesen Bedingungen kann sich ein trennender Schmierfilm bilden; man spricht von elastohydrodynamischer Schmierung. Die Verformung der Kontaktflächen und Zunahme der Viskosität mit dem Druck müssen dann bei der Berechnung berücksichtigt werden. Filmdicke bei hydrodynamischer Schmierung, Druckverteilung usw. s. Kap. 15, Filmdicke bei elastohydrodynamischer Schmierung s. Kap. 13, abgeleitete Berechnung der Schmierfilmdicke hC für Zahnräder s. [16.3-7]. 16.3.2 Mischschmierung
Mit zunehmender Belastung und abnehmender Summengeschwindigkeit sowie abnehmender Schmierstoffviskosität wird der Schmierfilm dünner. Wenn sich dann die Rauheitsspitzen oder Welligkeiten der beiden Oberflächen berühren, wird ein Teil der Normalkraft durch Festkörperkontakt und der andere Teil durch den restlichen Schmierfilm übertragen. Als
16.3 Wirkmechanismus der Schmierung
709
Kennwert hat man eine spezifische (auf die Oberflächenrauheit bezogene) Schmierfilmdicke definiert:
l=
h min , Ra
(16.2)
mit der Schmierfilmdicke hmin und der gemittelten Rauheit Ra = (Ra1 + Ra2)/2. – Grenzwerte zur Abschätzung des Schadensrisikos s. Abschn. 21.7.1 [16.3-7]. Zuordnung der l-Werte zu den Schmierungszuständen s. Abb. 16.5. 16.3.3 Festkörperschmierung
Wenn metallisch reine Kontaktflächen – ohne Schmierstoff – unter Belastung aufeinander wälzen, besteht die Tendenz, daß beide momentan örtlich aneinander haften, verschleißen und infolge der Relativbewegung fressen 1 (Kap. 13). Normalerweise sind Oberflächen allerdings nicht metallisch rein, sondern bilden Schutzschichten, insbesondere aus eigenen Oxiden. Diese Schichten wirken wie Festschmierstoffe, sie mindern die Reibung und damit die Freßgefahr bereits beachtlich. Festschmierstoffe für trocken laufende Wälzpaarungen s. Abschn. 16.7. Eine ähnliche Wirkung ergibt sich durch Oberflächenbehandlung oder -beschichtung, z.B. durch Phosphatieren oder Verkupfern. Damit verleiht man der Paarung auch gewisse Notlaufeigenschaften bei Ausfall des Schmiersystems. – Es verbleibt bei Festkörperschmierung aber generell der Mangel, daß die Reibungswärme nicht durch den Schmierstoff abgeführt werden kann. 16.3.4 Grenzschmierung
Dies ist ein Sonderfall der Festkörperschmierung; ein Schmierfilm ist zwar nicht mehr vorhanden, die Oberflächen der Wälzkörper sind jedoch mit adsorbierten Schmierstoffmolekülen bedeckt. Viele Schmierstoffe enthalten polare Komponenten, die sich an den Oberflächen physikalisch anlagern und eine Schutzschicht bilden,Abschn. 16.5.6. – Durch Zugabe bestimmter Legierungskomponenten (z.B. AWoder EP-Additive) zum Mineralöl kann eine noch wesentlich tragfähigere Schutzschicht erzeugt werden; diese entsteht durch chemische Reaktion bei hohen Temperaturen und Drücken. Diese Mechanismen wirken auch an den Festkörperanteilen im Mischreibungsgebiet, d.h. bis in den Bereich kleiner l-Werte (Abschn. 16.3.2) hinein. Bei Grenzschmierung bestimmen die Schutzschichten – und nicht die Viskosität des Schmierstoffs – die Funktion der Schmierung, nur diese schützen die Kontaktflächen vor direkter metallischer Berührung. Insgesamt ist festzustellen, daß sich die gesamte Schmierwirkung bei Grenz- und Mischschmierung erst aus wechselseitigen Reaktionen zwi1
Physikalisches Geschehen beim Fressen s. Abschn. 21.6.6 [16.3-7].
710
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
schen Schmierstoff und Metalloberfläche ergibt, wobei diese stark von der Reaktionsfähigkeit der Oberfläche und somit auch von den Betriebsbedingungen abhängt. 16.3.5 Hydrostatische Schmierung
Hierbei wird der Schmierdruck zur Trennung der Gleitelemente durch eine Pumpe außerhalb des Kontakts erzeugt. Ein Schmierfilm kann daher auch im Ruhezustand erzeugt werden (geringe Anlaufreibung). Hauptanwendungsgebiete sind hydrostatische Lager und hochbelastete Gleitbahnen, Kap. 15.
16.4 Schmierstoffarten Im Maschinenbau verwendet man überwiegend Schmierstoffe (Öle und Fette) auf der Basis von Mineralölen, die aus Erdöl gewonnen werden. In jüngerer Zeit werden zunehmend auch synthetische Schmierstoffe, biologisch leicht abbaubare Schmierstoffe, Trockenschmierstoffe (Festschmierstoffe) und Haftschmierstoffe eingesetzt 2. Entsprechend der Entwicklung im Maschinenbau haben sich neben den einfachen Schmierölen (z.B. Maschinenöl) oder einfachen Schmierfetten (z.B. Staufferfett, d.h. seifenverdicktes Mineralöl) eine Reihe von besonders legierten Schmierstoffen durchgesetzt: Chemische Zusätze (Additive) verleihen dem Mineral-Grundöl spezifische Eigenschaften. Man kann hierin eine Parallele zur Entwicklung der legierten metallischen Werkstoffe sehen.
16.5 Schmieröle Schmieröle werden stets – gegenüber Schmierfetten und Festschmierstoffen – bevorzugt, sofern nicht deren besondere Eigenschaften ausschlaggebend sind. Bei ausreichender Zufuhr von Schmieröl kann für viele Betriebsbedingungen auf Dauer ein tragender Schmierfilm erzeugt und dies außerdem zur Abfuhr der Reibungswärme genutzt werden. 16.5.1 Klassifikation der Schmieröle
Man bezeichnet die Schmieröle nach verschiedenen Merkmalen: – nach dem Anwendungsgebiet: Maschinenschmieröle, Spindelöle, Zylinderöle, Turbinenöle, Motorenöle, Industriegetriebeöle, Kfz-Getriebeöle, ATF-Fluide, Kompresso2
Für 1996 geschätzter anteiliger Verbrauch: Mineralöle 95 ... 97%; Synthetische Öle 2 ... 4%; biologisch leicht abbaubare Schmierstoffe 0,5 ... 1%; Fette 1 ... 2 %; Trocken- und Haftschmierstoffe < 1%.
16.5 Schmieröle
711
Abb. 16.6. ViskositätsKlassifikationen nach ISO und DIN
renöle, Umlauföle, Hydrauliköle, Isolieröle, Wärmeträgeröle, Prozeßöle (Verfahrensöle), Metallbearbeitungsöle/Kühlschmierstoffe, Korrosionsschutzmittel und Textil- und Textilmaschinenöle. – nach der Herstellung (Mineralöle): Destillate: aus Rohöl durch Destillation gewonnene Öle; Raffinate: chemisch und physikalisch gereinigte bzw. weiterbehandelte Destillate, sie werden heutzutage vorwiegend verwendet; Rückstandsöle: bleiben bei der Destillation zurück. – nach der kinematischen Viskosität (Abschn. 16.5.2.1): Schmieröle für allgemeine Anwendungen in der Industrie werden nach ISO 3448 und DIN 51519 in Viskositätsgruppen (VG) eingeteilt (Abb. 16.6). Der Zahlenwert gibt die Mittelpunktviskosität bei 40°C an. Die Toleranz beträgt ± 10 %; beispielsweise kann für ISO VG 100 die Viskosität bei 40°C 90 ... 110 mm2/s betragen. Kraftfahrzeug-Motoren- und -Getriebe-Schmieröle werden nach DIN 51511 und DIN 51512 in SAE-Klassen eingeteilt. Der Zahlenwert 0 bis 50 (für Kfz-Motoren-Schmieröle) bzw. 70 bis 250 (für Kfz-GetriebeSchmieröle) ist jeweils ein Kennzeichen (jedoch nicht proportional) der Viskosität. Der Zusatzbuchstabe W kennzeichnet die Eignung für tiefe Temperaturen (W für Winter). Mehrbereichsöle überdecken mehrere Viskositätsklassen, weisen somit besseres Viskositäts-Temperatur-Ver-
712
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
Abb. 16.7. SAE-Viskositätsklassen von Schmierölen für Kraftfahrzeuggetriebe nach DIN 51 512
halten auf und eignen sich daher für Sommer- und Winter-Betrieb. Beispielsweise hat ein Getriebeöl mit der Bezeichnung SAE 75W-90 bei niedrigen Temperaturen die Eigenschaften von SAE 75W und bei hohen Temperaturen von SAE 90, Abb. 16.7. – nach der Wirkung chemischer Zusätze: Man unterscheidet HD (heavy duty)-Öle mit Zusätzen für den Motorenbetrieb. EP (extreme pressure)-Öle mit Zusätzen zur Erhöhung des Druckaufnahmevermögens usw. (Abschn. 16.5.6). 16.5.2 Eigenschaften der Schmieröle 16.5.2.1 Viskosität
Die Viskosität ist ein Maß für die innere Reibung des Schmierstoffs. Sie ist wichtig für den Aufbau eines Schmierfilms im Gebiet der Flüssigkeitsund Mischreibung und ein Maß für den Förderwiderstand in Schmierstoffleitungen. – Dynamische (oder absolute) Viskosität h Newtonsche Flüssigkeiten: Die Definition der dynamischen Viskosität geht auf I. Newton (1687) zurück. Sie gilt für eine stationäre, laminare Parallelströmung. Wenn die dynamische Viskosität h nur von Druck und Temperatur – nicht aber vom Schergefälle S – abhängig ist, bildet sich nach (16.3) ein lineares Geschwindigkeitsgefälle aus, Abb. 16.8. Derartige Substanzen nennt man Newtonsche Flüssigkeiten (z.B. Wasser, Alkohol). Hierzu gehören auch manche Schmieröle (insbesondere unlegierte Mineralöle).
16.5 Schmieröle
713
Abb. 16.8. Lineare Geschwindigkeitsverteilung der Spaltströmung; (16.3): Newtonsches Reibungsgesetz für die laminare Strömung
Als Einheit der dynamischen Viskosität benutzt man in der Praxis meist die Milli-Pascalsekunde: 1 mPas = 10–3 Ns/m2 = 10–2 P (Poise) = 1 cP (Centi-Poise, früher verwendet). Newtonsches Reibungsgesetz s. Abb. 16.8. Nicht-Newtonsche Flüssigkeiten: Es gibt verschiedene Schmierstoffe mit anderem Fließverhalten. Die Viskosität ist hier eine Funktion des Schergefälles im Schmierspalt (Abb. 16.9). Praktische Bedeutung haben nur strukturviskose Schmieröle, deren Viskosität mit wachsendem Schergefälle abnimmt.Auch Newtonsche Mineralöle können durch Zusatz bestimmter Additive (Polymere) strukturviskos werden oder wirken bei tiefen Temperaturen strukturviskos. Auch viele synthetische Öle verhalten sich strukturviskos. – Vor allem bei höchsten Drücken – wie sie im EHDKontakt vorherrschen – scheinen Schmierstoffe zu strukturviskosem Verhalten überzugehen [16.3-3]. Schmieröle mit dilatantem Verhalten sind bisher nicht bekannt. Die Reibungszahl wird nicht primär von der Viskosität des Grundöls oder der Additivierung bestimmt, sondern in erster Linie vom molekularen Aufbau des Schmierstoffs, dessen chemischer Struktur, der Form und Beweglichkeit der Moleküle und den intermolekularen Wechselwirkungen. Zum Beispiel bedingt ein Öl mit sperrigen unbeweglichen und weitverzweigten Molekülen oft eine hohe Reibungszahl.Weiter wichtig hierfür sind auch die Betriebsbedingungen, Werkstoff, Oberflächenart und -zustand. – Kinematische Viskosität n Im Handel wird international vorwiegend die kinematische Viskosität angegeben, da sie einfacher zu messen ist. Aus ihr läßt sich die dynamische Viskosität h mit der Dichte r wie folgt berechnen:
h=n ◊ r .
Abb. 16.9. Viskosität als Funktion des Schergefälles bei Newtonschen und Nicht-Newtonschen Flüssigkeiten
(16.5)
714
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
Abb. 16.10. Kinematische Viskosität der ISO-Klassen im Ubbelohde-Walther-Diagramm für den Viskositätsindex VI = 100 nach DIN 51563
– Viskositäts-Temperatur-Verhalten (DIN 51 563) Die kinematische Viskosität eines Schmierstoffs ändert sich exponentiell mit der Temperatur. Im lglg (n )-lg (J )-Diagramm läßt sich der Zusammenhang mit hinreichender Genauigkeit durch eine Gerade darstellen, so daß man das VT-Verhalten (früher T für Temperatur verwendet) eines Schmieröls durch zwei bei verschiedenen Temperaturen gemessene Viskositäten bestimmen kann. – Grafische Darstellung und Berechnung nach [16.1-8] s. Abb. 16.10. Die Neigung der Geraden (Richtungskonstante m) ist ein Maß für die Temperaturabhängigkeit. Ein Öl mit flacher VT-Geraden ist temperaturunempfindlicher als eines mit steilem Verlauf. Nach DIN 51563 errechnet sich die Richtungskonstante m aus zwei Wertepaaren (n1 , J 1) und (n2 , J 2) zu: lg lg (n1 + 0,8) – lg lg (n2 + 0,8) m = 000001 lg J2 – lg J1
(16.6)
mit n in mm2/s und J in K. Üblicher Bereich für m: 2,7 ≤ m ≤ 4,1. Um zu zeigen, wie stark die Viskosität von der Temperatur abhängt, ist in Abb. 16.11 die kinematische Viskosität in Abhängigkeit der Temperatur im linearen Maßstab aufgetragen. Man erkennt hier deutlich, daß die Temperaturabhängigkeit mit zunehmender Temperatur sinkt. Das Viskositäts-Temperatur-Verhalten wird in der Praxis häufig mit dem Viskositätsindex (VI) nach DIN ISO 2909 beschrieben. Er beschreibt die Neigung der Viskositäts-Temperatur-Geraden im Vergleich zu einem Bezugsöl. Das Viskositäts-Temperatur-Verhalten ist dabei um so günstiger
16.5 Schmieröle
715
Abb. 16.11. Viskosität in Abhängigkeit der Temperatur im linearen Maßstab
(flache VT-Gerade in Abb. 16.10), je höher der VI ist. Übliche paraffinbasische Mineralöle weisen einen VI von 90 ... 100 auf, synthetische Schmierstoffe von 200 und darüber [16.3-1]. Für schmiertechnische Berechnungen ist der VI ohne Bedeutung. – Viskositäts-Druck-Verhalten Mit steigendem Druck wird die Viskosität von Mineral- und Syntheseölen größer. Allerdings nimmt der Einfluß des Drucks mit zunehmender Temperatur ab; Beispiele s. Abb. 16.12. Als grobe Regel gilt für Mineralöle, daß die Zähigkeit um so stärker mit dem Druck zunimmt, je steiler die VTKurve ist. Druckviskosität:
hp = h0 ea p ,
(16.7)
mit h 0 Viskosität bei 1 bar, Druckviskositätskoeffizienten a s. Abb. 16.12. a ist für ein Öl charakteristisch und wird hauptsächlich von der Zusammensetzung (Gehalt an Paraffin-, Naphthen-Kohlenwasserstoffen und Aromaten) sowie den physikalischen Eigenschaften des Grundöls, weniger von den chemischen Zusätzen beeinflußt.
Öltyp
a25 ∞C ◊ 108 [m2/N]
Paraffinbasische Mineralöle Naphthenbasische Mineralöle Aromatische Solvent-Extrakte Polyolefine Esteröle (Diester, verzweigt) Polyätheröle (aliph.) Siliconöle (aliph. Subst.) Siliconöle (arom. Subst.) Chlorparaffine (je nach Halogenierungsgrad)
1,5–2,4 2,5–3,5 4,0–8 1,3–2,0 1,5–2,0 1,1–1,7 1,2–1,4 2,0–2,7 0,7–5
h2000 bar bei 25 ∞C h0
h2000 bar bei 80 ∞C h0
15–100 150–800 1000–200 000 10–50 20–50 9–30 9–16 300 5–20 000
10–30 40–70 100–1000 8–20 12–20 7–13 7–9 – –
Abb. 16.12. Druckviskositätskoeffizient a und Beispiele für die druckinduzierte Viskositätserhöhung für verschiedene Schmierstoffe [16.3-1]
716
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
16.5.2.2 Sonstige Stoffeigenschaften der Schmierstoffe
– Die Wärmeleitfähigkeit l ist eine wichtige Einflußgröße für die Wärmeabfuhr von Härteölen oder Wärmeübertragungsölen. Für ein übliches Mineralöl gilt l = 0,13 W/(mK) bei 20°C, s. [16.3-1]. – Die spezifische Wärmekapazität c ist maßgebend für die Wärmeaufnahmefähigkeit eines Öles. Berechnung und grafische Darstellung s. Abb. 16.13. – Die Dichte r ist abhängig von Temperatur und Druck. Bei Atmosphärendruck nimmt sie mit der Temperatur ab, das Volumen nimmt zu, s. Abb. 16.14. Sie wird aus zolltechnischen Gründen für 15°C angegeben und nach DIN 51757 auf andere Temperaturen umgerechnet. – r steigt mit dem Druck um ca. 3 % pro 1000 bar, s. [16.3-6]. Die Temperatur steigt um ca. 1 K pro 100 bar adiabater Druckerhöhung.
Abb. 16.13. Einfluß von Temperatur und Dichte auf die spezifische Wärmekapazität flüssiger Schmierstoffe [15.3-8]
Abb. 16.14. Volumenänderung eines Mineralöls mit der Temperatur
16.5 Schmieröle
717
Die Dichte wird für die Umrechnung der kinematischen in die dynamische Viskosität benötigt. Die Volumenzunahme ist bei der Dimensionierung von Ölbehältern zu berücksichtigen. – Der Stockpunkt (Pourpoint) nach DIN 51597 ist die Temperatur, bei der ein Öl so steif wird, daß es unter Einwirkung der Schwerkraft nicht mehr fließt, was z.B. zu Startschwierigkeiten führen kann. Dann muß u.U. vorgeheizt werden. – Der Flammpunkt nach DIN ISO 2592 kennzeichnet die Entflammbarkeit der sich beim Erwärmen eines Öls bildenden Dämpfe bei offener Flamme. – Der Brennpunkt liegt 30 ... 40°C über dem Flammpunkt und kennzeichnet diejenige Temperatur, bei der das Öldampf-Luftgemisch nach der Zündung weiterbrennt (wichtig für Kompressoren und Brennkraftmaschinen). – Für das Brandverhalten ist die Temperatur der Selbstentzündung maßgeblich. Ebenso wichtig ist der „Brandverlauf“. So brennt z.B. Mineralöl nach der Entzündung weiter, während dagegen ein Phosphorsäureester wieder erlischt. – Die Reinheit eines Schmierstoffs ist wichtig für die Qualität des Schmierfilms. So können Fremdstoffe, wie Verbrennungsprodukte oder Abriebpartikel, z.B. von Kupplungen, trotz theoretisch ausreichend dicken hydrodynamischen Schmierfilms zu Festkörperkontakt und damit zu unzulässigem Verschleiß führen. Feste Fremdstoffe können ferner Ölbohrungen und Filter verstopfen. Anhaltswerte für zulässige Verschmutzung: < 300 mg/l bei rauhem Betrieb (Walzwerke, Stahlwerke); < 50 mg/l bei Turbomaschinen. – Filter s. Abschn. 21.10.4 [16.3-7]. – Wasser und freie Säuren im Schmieröl beschleunigen Ölalterung und Korrosion der Werkstoffe. Prüfung nach DIN ISO 3733, DIN 51777. Bestimmung des Gehalts an Wasser, freien Säuren, Asche, fremden Stoffen und Alkalianteilen s. DIN 51807, 51803, 51813; s. auch Demulgator, Detergentien, Abb. 16.1. – Die Alterungsbeständigkeit (Oxidation, Polymerisation, Kondensation) kennzeichnet die Abnahme der Schmierfähigkeit und damit Lebensdauer und bestimmt so die Ölwechselintervalle. Als Beurteilungskriterien dienen der Anstieg der Neutralisationszahl (NZ) gegenüber dem Frischöl (DIN 51558) und die Verseifungszahl (DIN 51559), ferner wird die Alterungsbeständigkeit nach DIN 51554 für Isolieröle und nach DIN 51587 für Dampfturbinenöle geprüft. Andere Prüfmethoden sind der ASTM-Turbine Oil Oxydation Stability Test und der BBC-Test, s. [16.3-1], [16.3-2]. Anhaltswerte für die Lebensdauer verschiedener Schmierstoffe s. Abb. 16.15. – Elektrochemische Korrosion: Der Schmierstoff wirkt hierbei als ionenleitende Flüssigkeit von Metallen, Abschn. 16.14.1. Additive Korrosionsinhibitoren und Metalldeaktivatoren s. Abschn. 16.5.6, Abb. 16.16. Einfluß von Werkstoff und Oberflächenbehandlung s. Kap. 5. – Schaumverhalten: Luft in Getriebe-, Hydraulik- und Wandlerölen mindert deren Schmierwirkung und Übertragungsleistung. Besonders ungünstig wirkt sich Oberflächenschaum aus. Additive Schauminhibitoren mindern die Schaumbildung, Abb. 16.16. – Verträglichkeit mit Dichtungsmaterialien: Manche Dichtelemente aus Kunststoff werden von Additiven und synthetischen Ölen chemisch angegriffen (DIN 53 538); s. auch Kap. 19.
718
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
Abb. 16.15. Ungefähre Lebensdauer von mineralölbasischen und synthetischen Schmierstoffen; Einfluß der Schmierstoff-Dauertemperatur
16.5.3 Mineralöle
Mineralöle werden aus natürlich vorkommendem Erdöl gewonnen durch Destillation (Einstellung der Viskosität und des Flammpunkts), Raffination (Verbesserung des Alterungs- und VT-Verhaltens), Entasphaltierung, Entparaffinierung (Verbesserung der Kälteeigenschaften), s. hierzu z.B. [16.3-1]. Durch Mischen verschiedener Grundöle und Zusätze von Additiven werden die Gebrauchseigenschaften des Öls in gewünschter Weise beeinflußt. 16.5.4 Synthetische Öle
Wenn auch Mineralöle bei weitem dominieren, ist es durch die Entwicklung synthetischer Schmierstoffe möglich geworden, auch extreme Anforderungen gezielt zu erfüllen. Gegenüber Mineralölen sind folgende Vorteile möglich: – günstigeres Viskositäts-Temperatur-Verhalten: wesentlich geringere Abhängigkeit der Viskosität von der Temperatur, – geringere Änderung der Viskosität unter dem Einfluß elektrischer Felder, – Temperatur-Einsatzbereich: –40 ... + 150°C, extrem bis 300°C (z.B. für Gasturbinen), – bessere Alterungsstabilität: 3 ... 5 mal längere Lebensdauer, dadurch z.B. Lebensdauerschmierung in Fahrzeuggetrieben und IndustrieSchneckengetrieben möglich,
16.5 Schmieröle
Produktguppe
Synthetische Kohlenwasserstoffe (Polyalphaolefine)
Preisrelation zu Mineralöl ca. 2 ... 5
Besonderheiten im Vergleich zu Mineralöl
Einsatzbeispiele
Eigentlich kein synthetischer Schmierstoff; entsteht durch katalytisches Cracken und Polymerisation von Mineralölen; gutes VT-Verhalten
Motorenölkomponente, Getriebeschmierung bei hoher thermischer Beanspruchung, Kompressoren
Carbonsäureester
4 . . . 10
Hohe Viskosität, tiefe Stockpunkte, geringe Verdampfungsverluste, gutes Mischreibungsverhalten, mineralöllöslich, Verträglichkeit bei Metallen und Elastomeren zu beachten, Wärmeleitzahl ca. 15 % höher als von Mineralölen, mäßige hydrolytische und oxidative Stabilität (letztere aber durch Oxidationsinhibitoren zu bessern)
Flugzeug-Gasturbinen, Motorenölkomponente, Grundöl für Tief- und Hochtemperaturfette
Phosphorsäureester
5 ... 8
Schwer entflammbar, gutes Mischreibungsverhalten, geringe Flüchtigkeit, schlechte hydrolytische Stabilität, Materialverträglichkeitsprobleme
Hydraulikflüssigkeit, EP-Wirkstoff, Verdichter
Sehr hohe Viskosität und niedrige Stockpunkte, thermisch hoch belastbar, hydrolytisch wenig stabil (bildet vor allem dabei feste Ausscheidungen), mit Carbonsäureestern und Polyglykolen mischbar
Hydrauliköle für weitere Temperaturbereiche, Wärmeübertragungsöle
5 . . . 10
Hohe Viskosität, niedrige Stockpunkte, gutes Mischreibungsverhalten, niedrige Reibungszahlen, Wasserlöslichkeit variierbar, geringere Rückstandsbildung bei oxidativer und thermischer Überlastung, mäßige hydrolytische Stabilität, frei von Katalysatorgiften, gummiverträglich, ungiftig
Schneckengetriebe, Verdichter, Lager, wasserlösliche Typen als Komponente für schwer entflammbare Hydraulikflüssigkeit
30 . . . 100
Extrem hohe Viskosität, tiefe Stockpunkte, hohe hydrolytische und oxidative Stabilität, geringe Flüchtigkeit, schlechtes Mischreibungsverhalten bei Stahl/Stahl, nur geringe Additive-Löslichkeit, elastisches Verhalten bei hochviskosen Siliconölen, ungiftig
Grundöle für Wälzlager-Sonderfette, Instrumente, Regler- und Dämpföle, Elektromotoren, Wärmeübertragung
Halogenkohlenstoffe (Polytrifluorchloräthylen)
400 . . . 600
Unbrennbar, thermisch und oxidativ stabil, aber toxische Zersetzungsprodukte ab etwa 250 °C, weitgehend chemikalienbeständig, sehr schlechter Viskositätsindex, hoher Verschleißschutz, sehr hohe Flüchtigkeit
Sauerstoffkompressoren, Raketentriebwerke, Chemiepumpenlager
Polyphenyläther
200 . . . 500
Extreme thermische Belastbarkeit, oxidations- und strahlenbeständig, sehr niedrige Verdampfungsverluste, niedrige Viskosität, hohe Stockpunkte, Materialverträglichkeitsprobleme beachten
Höchsttemperaturschmierstellen bis etwa 400 °C, Kernkraftwerke
Kieselsäureester (Silicatester)
Polyalkyläther (Polyglykole)
Siliconöle
20 . . . 30
719
Abb. 16.16. Eigenschaften und Einsatz der wichtigsten synthetischen Schmierstoffe nach [16.3-12], ergänzt
– angepaßtes Reibungsverhalten: Gegenüber der Reibungszahl µM von Mineralölen z.B. 0,7 ◊ µM zur Verlustleistungsminderung, 2 ◊ µM für Reibradgetriebe, – geringere Entflammbarkeit: doppelte Zündtemperatur möglich (wichtig z.B. für Gasturbinen, Kompressoren). Dem stehen Nachteile mancher synthetischer Schmierstoffe gegenüber: – Einschränkungen hinsichtlich universeller Anwendbarkeit (Hochzüchten besonderer Eigenschaften zu Lasten anderer), – in stärkerem Maße hygroskopisch (ziehen Wasser an), – mangelndes Luftabscheidevermögen (Verschäumungsgefahr),
720 – – – –
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
geringe oder keine Mischbarkeit mit Mineralölen, in stärkerem Maße toxisch (giftig), Gefahr chemischer Reaktion mit Dichtungen, Lacken, Buntmetallen, höherer Preis.
Überblick über die wichtigsten Gruppen synthetischer Schmieröle und deren Eigenschaften s. Abb. 16.16. 16.5.5 Biologisch leicht abbaubare Schmieröle
Besonders bei Verlustschmierung (z.B. bei Kettensägeölen) und bei Hydraulikaggregaten im Feldeinsatz werden die umweltverträglichen Schmieröle zunehmend eingesetzt. Diese Eigenschaft setzt eine leichte und schnelle Abbaubarkeit, eine niedrige Wassergefährdungsklasse sowie eine geringe Umwelttoxizität voraus. Trotzdem unterliegen auch sie der Altölverordnung und müssen dementsprechend fachgerecht entsorgt werden. Übersicht s. Abb. 16.17. Die biologische Abbaubarkeit kann durch den CEC-Test L33-T-82 oder durch die OECD-Vorschriften 301C und 302B geprüft werden. Gesetzliche Regeln/Definitionen fehlen bis heute (1997). – Native Öle (wie Rapsöl (natürliche Ester)) eignen sich nicht für hohe Temperaturen (>70°C) und werden z.B. in der Feinwerktechnik verwendet. Bei Überhitzungen (auch nur lokale) in Getrieben treten erhebliche Verdickungen und harzige Ausscheidungen auf, die die Funktion deutlich beeinträchtigen können. Zusätzliche Nachteile sind die geringe thermische und Alterungs-Stabilität. – Synthetische Esteröle gibt es in großer Typenvielfalt. Meist sind sie für höhere Dauertemperaturen geeignet und werden oft als Hydrauliköle in land- und forstwirtschaftlichen Maschinen eingesetzt. – Polyglykole weisen gutes VT- und Tieftemperatur-Verhalten auf und werden als biologisch leicht abbaubare Öle im Wasserbau verwendet. Sie
Was sind biologisch leicht abbaubare Schmierstoffe? Grundsubstanzen sind im CEC Test L33-T-82 innerhalb von 21 Tagen zu mindestens 70 % abbaubar, Zusätze sind bis maximal 5 % Anteil mindestens potentiell abbaubar, Inhaltsstoffe und Abbauprodukte sind ökotoxikologisch unbedenklich, Inhaltsstoffe sind in Wassergefährdungsklasse WGK 0 oder 1 einzuordnen. Welche sind auf dem Markt erhältlich? native Öle und synthetische Ester auf nativer Basis, vollsynthetische Ester und Polyglykole. Wo werden sie eingesetzt? meist auf Forderungen von Behörden und Kommunen: in Fahrzeugen und Geräten in Wasserschutzgebieten und im Wasserbau, in Fahrzeugen der Land- und Forstwirtschaft, in offen laufenden Getrieben mit Verlustschmierung (Bagger, Mühlen).
Abb. 16.17. Biologisch leicht abbaubare Schmierstoffe; Definition, Anwendungen
16.5 Schmieröle
721
haben den Nachteil, daß sie wasserlöslich und schwerer als Wasser sind, so daß Leckagen oft lange Zeit nicht bemerkt werden. Außderdem dringen sie sehr schnell in den Boden ein und sind daher bei größeren Verlustmengen kaum mehr zu entsorgen. 16.5.6 Additive
Dies sind Zusätze, die Mineralölen – für bestimmte Anwendungsfälle auch Syntheseölen – beigemischt werden, um erwünschte Eigenschaften zu erzielen. Additive bieten damit die Möglichkeit, den Einsatzbereich von Mineralölen zu erweitern. Die Anwendung der teuren, rein synthetischen Schmierstoffe ist so häufig zu umgehen; insbesondere Alterungsstabilität und Kälteverhalten sind durch Additivierung konventioneller Öle preiswerter zu erreichen als mit Syntheseölen. Man unterscheidet: – Additive, die Oberflächenschichten bilden, die als Schmierfilm wirken. Damit wird die Reibung gemindert und die Tragfähigkeit von GleitWälz-Paarungen verbessert. Dabei gibt es verschiedene Wirkmechanismen: Durch Adsorption, d.h. physikalische Anlagerung einer Schicht aus Zusätzen, bestehend aus einem oder mehreren Molekülen, entsteht quasi ein Schmierfilm. Biologisch leicht abbaubare Öle (Abschn. 16.5.5) und tierische Fette erzeugen ebenfalls tragfähige adsorbierte Schichten und werden daher mitunter Mineralölen beigemischt. Sehr tragfähige Schmierfilme erzielt man durch milde chemische Reaktion (Chemisorption) von Fettsäuren. Sie werden als Zusätze zu Motoren- und Getriebeölen verwendet. Besonders tragfähige Schutzschichten bilden sich mit EP-Additiven, d.h. Legierungselementen, die mit den metallischen Oberflächen chemisch reagieren und phospor- und schwefelhaltige Schichten bilden. Hauptanwendungsgebiete sind hochbelastete Wälzpaarungen wie z.B. Zahnräder, insbesondere Hypoid-Radpaare und Tiefziehpressen. Alle diese Additive haben Nachteile: Additivierte Schmierstoffe oxidieren schneller als normale Mineralöle, neigen dazu, korrosive Säuren sowie unlösliche Gummi- und Lackrückstände zu bilden (Erscheinungen, denen man wiederum durch andere Additive begegnen kann). – Sie sind daher – und auch wegen der höheren Kosten – nur einzusetzen, wenn die Betriebsbedingungen dies erfordern. – Additive, die die Eigenschaften des Schmierstoffs selbst verändern, wie Schaumverhalten, Korrosionsverhalten, Schlammbildung, Stockpunkt, usw. Hierzu gehören die HD-Additive für die Motorenöle, die Ablagerungen an den Oberflächen und Schlammbildung im Motor entgegenwirken, ferner Friction Modifier, d.h. Schmierstoffkomponenten, die sich physikalisch an der Werkstoffoberfläche anlagern und deren Haftreibung mindern. Übersicht über die wichtigsten Additiv-Typen und deren Einsatzgebiete s. Abb. 16.18. – Man beachte: Bestimmte Eigenschaften, wie z.B. Wärmeleitfähigkeit, Flüchtigkeit oder Kompressibilität lassen sich durch Ad-
722
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
Wirkstoff
Chemische Verbindung
Verwendungszweck Einsatzgebiet
Wirkmechanismus
Hochdruckzusätze (EP-Additive)
Geschwefelte Fette und Olefine
Verhütung von Mikroverschweißungen zwischen Metalloberflächen bei hohen Drücken und Temperaturen, Verschleißminderung bei Getriebeölen
Durch chem. Reaktion mit Metalloberflächen entstehen neue Schutzschichten mit niedrigerer Scherfestigkeit als das Grundmetall. Ständiges Abscheren und Neubilden
Reibwertminderer (Friction Modifier)
Fettsäuren gefettete Amine Festschmierstoffe
Verringerung der Reibung zwischen Metalloberflächen Motoren- oder Getriebeöl
Hochpolare Moleküle werden auf Metalloberflächen adsorbiert und trennen die Oberflächen, Festschmierstoffe bilden reibungssenkenden Oberflächenfilm
Verschleißschutzwirkstoffe (Anti-Wear)
Zinkdialkyldithiophosphate Trikresylphosphate
Herabsetzung übermäßigen Verschleißes zwischen Metalloberflächen
Durch Reaktion mit Metalloberflächen entstehen Schichten, die plastisch deformiert werden und das Tragbild verbessern
ViskositätsindexVerbesserer
Polyisobutylene Polymethacrylate Polyacrylate Hydrogenierte Styrol-Butadien-Copolymere Olefin-Copolymere
Herabsetzung der Abhängigkeit der Viskosität von der Temperatur, Motoren- oder Getriebeöl
Polymermoleküle sind im schlechteren Lösungsmittel (kaltes Öl) stark verknäuelt und nehmen in gutem Lösungsmittel (warmes Öl) durch Entknäuelung ein größeres Volumen ein. Dadurch ergibt sich eine relative Eindikkung des Öls
Stockpunkt-Erniedrigerer Pourpoint-Erniedrigerer
Paraffin alkylierte Naphthalene und Phenole Polymethacrylate
Herabsetzung des Pourpoints des Öls
Verhinderung der Agglomeration der Paraffinkristalle durch Umhüllung
Detergent-Wirkstoffe
Normale oder basische Kalzium-, Barium- oder Magnesium-Sulfonate, -Phenate oder -Phosphonate
Verringerung oder Verhütung von Ablagerungen in Motoren bei hohen Betriebstemperaturen insbesondere in der Ringzone der Kolben
Steuerung der Entstehung von Lack und Schlamm durch Reaktion mit den Oxidationsprodukten, wobei öllösliche oder im Öl suspendierte Produkte entstehen
Dispersant-Wirkstoffe
Polymere, wie stickstoffhaltige Polymethacrylate, Alkylsuccinimide sowie Succinatester, hochmolekulargewichtige Amine und Amide
Verhinderung oder Verzögerung der Entstehung von Ablagerungen und Schlamm bei niedrigen Betriebstemperaturen
Dispersants besitzen ausgeprägte Affinität zu Verunreinigungen und umhüllen diese mit öllöslichen Molekülen, welche die Agglomeration und Ablagerung des Schlamms im Motor unterbinden
Oxidationsinhibitoren
Gehinderte Phenole Amine Organische Sulfide Zinkdithiophosphate
Bildung von harz-, lack-, schlamm-, säureund polymerartigen Verbindungen minimieren
Beendigung der Oxidationskettenreaktion durch Verringerung der organischen Peroxide. Herabsetzung der Säurebildung durch verringerte Sauerstoffaufnahme durch das Öl. Verhinderung katalytischer Reaktionen
Korrosionsinhibitoren
Zinkdithiophosphate geschwefelte Terpene phosphorierte, geschwefelte Terpene geschwefelte Olefine
Schutz von Lager- und anderen Metalloberflächen gegen Korrosion
Wirkung als Antikatalysatoren. Filmbildung auf Metalloberflächen als Schutz gegen Angriff durch Säuren und Peroxide
Rostinhibitoren
Aminphosphate Natrium-, Kalzium- und Magnesiumsulfonate Alkyl-Succinsäuren Fettsäuren
Schutz von eisenhaltigen Metallflächen gegen Rost
Polare Moleküle werden bevorzugt auf Metalloberflächen adsorbiert und dienen als Barriere gegen Wasser. Neutralisation von Säuren
Metalldeaktivatoren
Triarylphosphite Schwefelverbindungen Diamine Dimerkaptan-ThiadizolDerivate
Unterbindung des katalytischen Einflusses auf Oxidation und Korrosion
Auf Metallflächen wird ein Schutzfilm adsorbiert, der den Kontakt zwischen dem Grundmetall und den korrosiven Substanzen unterbindet
Schauminhibitoren
Silikonpolymere Tributylphosphat
Verhinderung der Entstehung stabilen Schaums Getriebeöl Wandleröl
Durch Angriff auf den jede Luftblase umgebenden Ölfilm Verringerung der Grenzflächenspannung. Verschlechterung des Luftabscheidevermögens
Abb. 16.18. Additive/Schmierstoffzusätze, Arten, Anwendungszweck und Wirkmechanismus nach [16.3-8]
16.6 Schmierfette
723
Wirkstoff
Chemische Verbindung
Verwendungszweck Einsatzgebiet
Wirkmechanismus
Haftverbesserer
Seifen, Polyisobutylene und Polyacrylat-Polymere
Erhöhung des Haftvermögens des Öls
Erhöhung der Viskosität. Wirkstoffe sind zäh und klebrig
Emulgatoren
Natriumsalze der Sulfonsäure und andere organische Säuren Gefettete Aminsalze
Emulgierung von Öl in Wasser
Durch Adsorption des Emulgators in der Öl/Wasser-Grenzfläche Herabsetzung der Grenzflächenspannung. Dadurch Dispergierung einer Flüssigkeit in einer anderen
Demulgatoren
anionische Sulfonsäureverbindungen (Dinonylnaphthalinsulfonat)
Demulgieren von Wasser
Ausbildung einer Grenzschicht zwischen Wasser und Öl aus grenzflächenaktiven Stoffen
Bakterizide
Phenole Chlorverbindungen Formaldehyd-Derivate
Erhöhung der Emulsionsgebrauchsdauer Unterdrückung unangenehmer Gerüche
Verhütung oder Verzögerung des Wachstums von Mikroorganismen
Farbstoffe
Fluoreszenz-Zusätze
Erzielung auffallender Farben
–
Geruchsverbesserer
Nitrobenzol Parfüm
Verringerung der Geruchsbelästigung
–
Abb. 16.18 (Fortsetzung)
ditive kaum beeinflussen. Sie werden durch Mischung unterschiedlicher Grundöltypen eingestellt. Bedingt durch Forderungen des Umweltschutzes geht die Entwicklung dahin, zunehmend biologisch abbaubare Additive (z.B. auf Esterbasis) zu verwenden, und damit chlor- und bleihaltige Additive und Schwermetalladditive zu ersetzen.
16.6 Schmierfette Schmierfett besteht aus Öl (Mineral-, Synthese- oder biologisch abbaubares Öl), das durch Eindicker (meist Seifen, aber auch anorganische Eindicker) eine plastische Konsistenz erhält. Es besteht in der Regel zu 75 ... 95% aus Grundöl, 4 ... 20% aus Seife und 0 ... 5% aus Additiven. Das Öl wird quasi in Waben des Eindickers gespeichert. – Die Art des Eindickers ist maßgebend für die Beständigkeit gegenüber Wasser und die zulässige Temperatur. Für die Schmiereigenschaften sind Typ und Viskosität des Grundöls mit Additiven maßgebend. Zu den Schmierstoffen mit Fettcharakter rechnet man auch reine unverseifte Mineralölfette wie Vaseline. – Hauptfunktionen, Anwendung der Schmierfette: Sie sollen im Betrieb unter Belastung Öl langsam und in ausreichender Menge abscheiden, um Reibung und Verschleiß für die unten genannten Anwendungen zu mindern; überwiegend bei niedrigen Geschwindigkeiten, da Reibungswärme gegenüber Ölschmierung durch den Schmierstoff kaum abgeleitet wird. Temperaturbereich von –70°C bis ca. + 350°C.
724
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
Sie sollen die Schutzbereiche (z.B. Lager) gegen Eindringen von Wasser und Schmutz schützen, aber auch in der Lage sein, geringe Mengen Schmutz zu binden ohne die Funktion deutlich zu stören. Sie sollen gegen Korrosion schützen. – Klassifikation der Schmierfette nach verschiedenen Merkmalen: Nach dem Anwendungsgebiet: Kraftfahrzeug-, Eisenbahn-, Stahlwerks-, Nahrungsmittelindustrie-, Luftfahrt-Schmierfette; oder: Wälz-, Gleit-, Radlager-, Gelenk-, Getriebe-Schmierfette, usw. Nach der Zusammensetzung entsprechend dem Eindicker Seifen- und Nichtseifenfette, die Seifenfette nach der Metallbasis (am wichtigsten sind Calcium- und Lithium-Seifen, weniger gebräuchlich Aluminium, Barium- und Natriumseifen); die Metallbasis ist besonders wichtig für die Eigenschaften des Fetts; oder nach dem Grundöl: Mineral- oder Synthese-Schmierfette; oder nach der Additivierung: Normal- oder EPSchmierfette (Additive s. Abschn. 16.5.6). Nach dem Temperaturbereich (insgesamt von ca. – 70 bis + 350°C) unterscheidet man: Tief-, Normal- und Hochtemperatur-Schmierfette. – Einfache Seifen-Schmierfette wurden für je eine Eigenschaft entwickelt. Gemischtbasische Seifenschmierfette sind eine Mischung mehrerer einfacher Seifen-Schmierfette (z.B. Lithium/Calcium), deren Eigenschaften sich aus dem Mischungsverhältnis ergeben. – Komplex-SeifenSchmierfette sind höherwertige Schmierfette, die nach besonderen Verfahren hergestellt werden; sie eignen sich für schwierige Anforderungen, insbesondere höhere Temperaturen, Scherstabilität und Wasserbeständigkeit. – Eigenschaften Übersicht über die Gebrauchseigenschaften s. Abb. 16.19. Die Konsistenz (Verformbarkeit) ist ein klassisches Kriterium für das Verhalten des Schmierfetts. Als Kennwert benutzt man die Penetration (= Eindringung) nach DIN 51804/1: Mit dem Penetrometer wird die Eindringtiefe eines Konus in eine Schmierfettoberfläche in 1/10 mm gemessen. Man unterscheidet dabei zwischen Ruh- und Walkpenetration. Die Ruhpenetration wird am ungebrauchten Schmierfett gemessen, die Walkpenetration am gebrauchten Fett, das einer Scherbeanspruchung im genormten Fettkneter unterworfen wurde. Entsprechend werden die Schmierfette in Konsistenzklassen eingeteilt, Abb. 16.20. Je höher die Penetrationszahl, desto weicher ist das Fett. Darüber hinaus ist die Konsistenz wenig aussagefähig. Das Fließverhalten der Schmierfette wird – wie das der Öle – durch die Viskosität bestimmt. Man definiert eine scheinbare Viskosität, die auch den Einfluß des Eindickers berücksichtigt. Sie hängt ab von Temperatur, Schergefälle, Scherzeit und mechanischer Vorbehandlung. Schmierfette zeigen daher Nicht-Newtonsches Verhalten. Mit Zunahme von Temperatur und Schergefälle, d.h. je weicher das Schmierfett wird, nähert sich die Viskosität der des Grundöls. Schmierfette der Kon-
725
16.6 Schmierfette Eigenschaft
Synthetische Fette
Gelfette
Komplexfette
Gemischt vers. Fett
Metallseifenfett
Fettart
Tropfpunkt (°C)
Kälteverhalten
Einsatztemperatur (°C) untere obere
Wasserbeständdigkeit
DauerEPwalkVerhalbeständ. ten
Korr. Preis schutzverhalten (Li = 1)
Geeignet für
gut
– 35
+ 50 (+ 60)
sehr beständig
gut
gut
schlecht
Sehr bedingt
bedingt
gut
gut
gut
Wälzlag. Gleitlg.
Kalziumfett (Ca)
80–100
Natriumfett (Na)
130–200
mäßig
– 30
+ 120
unbeständig
mäßig
mäßig
gut
Lithiumfett (Li)
170–220
gut
– 40
+ 130 (+ 140)
beständig
sehr gut
gering
sehr schlecht
1
sehr gut
Aluminiumfett
∆ 120
gut
– 35
+ 100
quellen
mäßig
mäßig
sehr gut
3
sehr gut gut
Li/Pb-Fett
∆ 90
schl.
(0)
(+ 75)
(beständ.)
schlecht sehr gut
gut
1,5
gut
gut
Ca/Pb-Fett
∆ 90
schl.
(0)
(+ 75)
(beständ.)
schlecht sehr gut
gut
1,5
gut
gut
Kalziumkomplexfett
> 240
mäßig
+ 120 (+ 130)
sehr beständig
mäßig
gut
0,9–1,2
Aluminiumkomplexfett
> 230
+ 160 (+ 185)
sehr beständig
gut
sehr gut
3–4
Kieselgelfett
–
+ 130 (+ 150)
Bentonitfett
–
+ 150 (+ 160)
beständig
befried./ gering gut
3
Silikonfett
–
(gut)
++ 320
beständig
befried./ schlecht mäßig
30–50
Esterfette
–
(sehr gut)
– 70
+ 150 (+ 180)
10–20
Abb. 16.19. Gebrauchseigenschaften der Schmierfett-Typen nach [16.3-11]
NLGl-Klasse (DIN 51 818)
Walkpenetration in 0,1 mm
Allgemeine KonsistenzBeurteilung
Anwendungsgebiete
000 00 0 1 2 3 4 5 6
445 bis 475 400 bis 430 355 bis 385 310 bis 340 265 bis 295 220 bis 250 175 bis 205 130 bis 160 85 bis 115
fließend schwach fließfähig halbflüssig sehr weich weich mittelfest fest sehr fest hart
}
}}
}
Getriebefette Wälzlagerfette Wasserpumpenfette Blockfette
Abb. 16.20. Schmierfett-Konsistenzklassen (NLGI-Klassen) und Anwendungsgebiete nach [16.3-10], ergänzt
726
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
sistenzklasse 000 sind Fließfette, die dem Grundöl sehr ähnlich sind und somit nahezu Newtonsche Flüssigkeiten. Tropfpunkt ist die Temperatur, bei der Schmierfett abtropft, d.h. flüssig wird; sie wird von der Art des Eindickers bestimmt; die Betriebstemperatur muß unterhalb des Tropfpunktes liegen (Ausnahme: Fließfette).
16.7 Festschmierstoffe Die wichtigsten Festschmierstoffe sind Graphit, Molybdändisulfid (MoS2) auf Schichtgitterbasis 3 und Polytetrafluorethylen, die als Pulver zugesetzt bzw. in Form von Gleitlacken oder Pasten aufgetragen werden. – Eigenschaften Schichtgitterverbindungen; Graphit: Zum Haften und zur Minderung der Scherfestigkeit ist Wasser – im Graphitgitter gelöst – notwendig, daher für Anwendung im Vakuum ungeeignet; Molybdändisulfid (MoS2) weist gute Haftfähigkeit und niedrige Reibungszahlen nur ohne Einwirkung von Wasser auf, ist daher für Anwendung im Vakuum besonders geeignet. Polymere (Thermoplaste), insbesondere Polytetrafluorethylen (PTFE; z.B. Teflon) hat bei kleinen Gleitgeschwindigkeiten eine niedrige Reibungszahl und ist geeignet bei Temperaturen von –250 ... + 250°C. Feststoffgeführte Gleitführungen weisen keine Stick-Slip-Neigung auf. – Anwendungsgebiete Schmierung von Gleit- und Wälzpaarungen in Werkzeugmaschinen, von Zahnrädern, in der Vakuumtechnik, von Wälzpaarungen in der Lebensmittelverarbeitung, in Flugzeugen, Raketen, Satelliten und Kernreaktoren, zum Schutz gegen Korrosion durch Säuren, aggressive Gase, flüssigen Sauerstoff, Treibstoffe und Lösungsmittel. Dabei eignen sich Festschmierstoffe insbesondere bei oszillierenden Bewegungen der Gleit-Wälzelemente, hoher Pressung und Relativgeschwindigkeit bis ca. 1 m/s, d.h. auch bei Ölschmierung mit sehr kleinem hydrodynamischen Traganteil. – Weitere Anwendungsgebiete sind Schmierung elektrisch leitender Kontakte, feinmechanischer Geräte für geringe Anlaufreibung oder wenn Verschmutzung durch Öl oder Fett vermieden werden muß oder wenn nicht nachgeschmiert werden kann. Weiterhin werden sie eingesetzt: Zum Vorbehandeln von geschmierten Wälzflächen als Einlaufhilfe, um die Reibung zu mindern und bei hohen Pressungen freßsicheren Betrieb zu gewährleisten.
3
Die Atomebenen in der Schmierstoffschicht können wie Lamellen bei Scherbeanspruchung abgleiten und bewirken dabei ein Einebnen der Oberfläche.
16.11 Schmierstoffwahl
727
Als Zusatz zu Fetten und Ölen, auch für Notlaufeigenschaften, sowie bei Temperaturen von –240°C bis über 900°C, bei Grenzschmierung, Mischreibung. Stets ist zu beachten, daß Reibungswärme durch Festschmierstoffe nicht abgeführt werden kann.
16.8 Haftschmierstoffe Fette können für den Einsatz bei besonderen Anwendungen als Haftschmierstoffe ausgebildet sein. Diese besitzen eine außerordentliche Adhäsion auf der Oberfläche, nachdem sie auf die Schmierstelle aufgebracht wurden. Das hat den Vorteil, daß die Schmierstoffe auch dann auf den Reibungsflächen verbleiben, wenn sie starken Fliehkräften ausgesetzt werden. Sie werden mit dem Pinsel aufgetragen oder aufgesprüht und bieten einen guten Verschleißschutz. Man verwendet meist bitumenfreie Schmierstoffe; bitumenhaltige Haftschmierstoffe werden wegen ihrer karzerogenen Wirkung kaum noch eingesetzt. Typische Einsatzbeispiele sind offen laufende Zahnradpaarungen, Ketten, Drahtseile, Gleitführungen.
16.9 Metallische und nichtmetallische Überzüge Durch Oberflächenbehandlung kann man Schutzschichten gezielt erzeugen. Brünieren, Phosphatieren, metallische Überzüge (besonders Schichten aus Silber und Kupfer eignen sich wegen ihrer Affinität zu Stahl als Verschleißschutz und Einlaufhilfe) s. Kap. 5. Anwendung: Zur Vorbehandlung und Einlaufhilfe bei ölgeschmierten Wälzpaarungen, z.B. Zahnrädern, und als Trockenschmierung in der Feinwerktechnik. Man beachte: Manche Additive greifen die metallischen Überzüge an, z.B. schwefelhaltige Additive Kupfer.
16.10 Gasschmierung Gase verändern sich – im Gegensatz zu flüssigen Schmierstoffen – in extrem weiten Temperaturbereichen weder chemisch noch im Aggregatzustand; sie eignen sich zur Schmierung bei niedrigen (13 K) bis zu hohen (800°C) Temperaturen. Hauptanwendungsgebiet ist die Schmierung von Gleitlagern bei geringer Belastung und hohen Drehzahlen, Kap. 15.
16.11 Schmierstoffwahl Der Schmierstoff muß als Baustoff ebenso behandelt werden, wie Stahl, Leichtmetall, usw., d.h. er muß bereits mit dem Entwurf konzipiert und
728
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
damit auch für den Betrieb vorgeschrieben werden. Manche Großbetriebe verfügen jedoch über Zentral-Schmieranlagen, von denen aus alle Schmierstellen versorgt werden. Wenn der Betreiber darauf besteht, eine neu zu liefernde Maschine hier anzuschließen, so muß dies vorher vereinbart und bereits bei der Dimensionierung der Lager, Zahnräder, Dichtungen, usw. berücksichtigt werden: Ziel ist eine schmierungsgerechte Konstruktion. Keinesfalls darf man aber dem Betreiber die Wahl des Schmierstoffs ohne Auflagen überlassen. Zweckmäßigerweise trifft der Konstrukteur selbst die Vorauswahl und legt die wesentlichen Eigenschaften fest, die der Schmierstoff erfüllen soll. Er ist gut beraten, dann einen Fachmann des technischen Dienstes der Schmierstoffindustrie hinzuzuziehen. Es zeigt sich dann, ob eventuell eine Erprobung in einem Versuchsmuster notwendig ist. Auch die Frage der Verfügbarkeit ist zu prüfen. Bei Auslieferung der Maschine erhält der Betreiber eine Schmierstoffvorschrift, in der alle Eigenschaften, Einsatzbedingungen, Kontrollen, Wechselfristen, usw. spezifiziert sind. Zur Absicherung im Rahmen der Produkthaftung sollte eine Liste der zugelassenen Schmierstoffe beigefügt werden. 16.11.1 Schmierstoffe für Maschinenelemente
Für alle Maschinenelemente mit Gleit- oder Wälz-Paarungen sind in den betreffenden Kapiteln Empfehlungen für die Wahl des Schmierstoffs und der Schmierstoffversorgung enthalten. Dabei sind die Hinweise und Empfehlungen in Kap. 16 zu beachten. 16.11.2 Schmierstoffwahl – allgemeine Grundsätze
Die wichtigsten Faktoren für die Wahl des Schmierstoffs sind Geschwindigkeit und Belastung. – Die folgenden Empfehlungen berücksichtigen allgemeine Tendenzen, die jedoch in Wechselwirkung zueinander stehen. – Pressung: Je höher, desto größer soll die Schmierstoff-Viskosität sein (steigende ISO VG Klasse): Bei (sehr) hohen Pressungen und geringen Gleitgeschwindigkeiten eignen sich Schmierfette und Vorbehandlung durch Festschmierstoffe, bei (sehr) großen Pressungen und hohen Gleitgeschwindigkeiten EPadditivierte Öle und Vorbehandlung durch Festschmierstoffe. – Wälz- oder Gleitgeschwindigkeit: je höher, desto geringer soll die Schmierstoffzähigkeit sein, ohne jedoch einen Mindestwert der Schmierfilmdicke zu unterschreiten (Reibleistung und Wirkungsgrad); bei (sehr) kleinen Geschwindigkeiten sind Fette, Haftschmierstoffe, Festschmierstoffe geeignet. – Temperatur: maßgebend ist, daß die Viskosität bei Betriebstemperatur ausreichend hoch ist; für sehr hohe Temperaturen gibt es besondere synthetische Schmierstoffe; Flammpunkt beachten. Für großen Temperaturbereich ist ein großer Viskositätsindex erwünscht, evtl. sind synthetische
16.12 Sonstiges
729
Schmierstoffe erforderlich; bei tiefer Temperatur Stockpunkt beachten (Tag-/Nachtbetrieb). – Schmierungszustand: bei Flüssigkeitsreibung (Hydrodynamik) genügen gering legierte Öle; bei Mischreibung legierte Öle, bei Mischreibung und hohen Pressungen benötigt man oft EP-Öle. – Wirkungsgrad, Reibungszahl: die Viskosität ist möglichst so zu wählen, daß Flüssigkeitsreibung vorherrscht, erhöhte Planschverluste infolge höherer Viskosität beachten; hoher Wirkungsgrad, niedrige Reibungszahlen sind durch bestimmte synthetische Öle zu erreichen; wenn hohe Reibungszahlen erwünscht sind, eignen sich sog. Traction Fluids. Alterungsbeständigkeit: höhere Temperaturen führen zu kürzeren Ölwechselintervallen, höhere Lebensdauer ist erreichbar mit synthetischen Schmierstoffen. – Weitere Funktionen, die von Fall zu Fall zu berücksichtigen sind: Korrosionsverhalten s. Abschn. 16.14, Schaumneigung, Luft im Öl s. Abschn. 16.5.2.2, Verträglichkeit mit Dichtungen, Lacken, Buntmetallen s. Abschn. 16.5.2.2, Einlaufeigenschaften, Einlauföle s. Abschn. 16.9, 16.12.2, Notlaufschmierung s. Abschn. 16.3.3, 21.10.2.7 [16.3-7], Verunreinigungen, Wasser im Öl s. Abschn. 16.5.2.2.
16.12 Sonstiges 16.12.1 Schmierungsarten
Der Schmierstoff muß unter Beachtung seiner Eigenschaften wie Zähigkeit, Haftneigung usw. dem Reibkontakt zugeführt werden, um zu schmieren und zu kühlen. Übersicht über die Schmierungsarten s.Abb. 16.21. Die
Abb. 16.21. Schmierungsarten
730
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
für geschmierte Maschinenelemente geeigneten Verfahren werden in den betr. Kapiteln behandelt. 16.12.2 Einlaufverfahren
Gleit- oder Wälzflächen können nicht immer mit der erforderlichen Formgenauigkeit und Oberflächenrauheit hergestellt werden. In diesen Fällen kann man durch gezieltes Einlaufen in der Betriebseinbaulage größere Traganteile erreichen, Verschleißneigung und Freßgefahr mindern. Dazu wurden spezielle, additivierte Einlauföle entwickelt. Beim Einlaufen soll die Paarung im Bereich der Grenz- oder Mischschmierung betrieben werden (hohe Pressung, niedrige Geschwindigkeit, dünner Schmierfilm). Die durch physikalische oder chemische Reaktion der Additive mit dem Metall erzeugte Schutzschicht wird dabei laufend an den höchstbelasteten Stellen abgeschert, die damit entlastet werden. Die Schutzschicht wird immer wieder aufgebaut, d.h. Additiv und Sauerstoff verbraucht. Danach genügt eine wesentlich schwächere Additivwirkung. – Sehr positiv wirkt ein Einlaufprozess mit allmählich gesteigerter Belastung. Ein Einlaufeffekt kann auch dadurch erzielt werden, daß man Festschmierstoffe (Graphit oder MoS2) mit dem Schmieröl an die Schmierstellen heranbringt, die damit auch gewisse Notlaufeigenschaften erhalten. – Oder: Festschmierstoffe werden in Form von Pasten oder Gleitlacken auf die trockenen Flächen aufgetragen. Wichtig ist, daß die Schutzschicht nicht durch das Schmieröl abgespült wird. Bewährt haben sich nicht-fetthaltige Pasten und Gleitlacke; Fette werden abgewaschen. Als Einlaufhilfe eignen sich ferner chemische Oberflächenschichten, z.B. erzeugt durch Phosphatieren oder metallische Überzüge, insbesondere aus Kupfer (nicht bei schwefelhaltigen Additiven!), Abschn. 16.9. 16.12.3 Entsorgung
Nach Gebrauch fallen ca. 60% des eingesetzten Öls als Altöl an, das an Entsorgungsfirmen abzuliefern ist. Mineralöle und synthetische Öle unterliegen der Altölverordnung nach dem Abfallbeseitigungsgesetz. Biologisch leicht abbaubare Schmierstoffe werden im Falle ungewollten Austretens kleiner Mengen relativ schnell abgebaut, als Gebrauchtöl muß es aber gesondert entsorgt werden. Hinweise s. [16.3-2].
16.13 Verschleiß Verschleiß ist der kontinuierliche Materialabtrag von den Oberflächen durch mechanische Ursachen. Verschleiß beeinflußt die Funktion vieler Maschinenelemente positiv als abklingender Einlaufverschleiß (Abschn. 16.12.2) und negativ als fortschreitender Verschleiß.Verschleiß als Grenze
16.13 Verschleiß
731
der Tragfähigkeit wird in den jeweiligen Kapiteln für die betreffenden Maschinenelemente behandelt. Nachstehend allgemein gültige Gesichtspunkte, Ursachen und Abhilfemaßnahmen. – Vorab empfiehlt sich eine individuelle Systemanalyse des jeweiligen Problems nach DIN 50320. – Allgemeine Maßnahmen: Beanspruchung (z.B. Flächenpressung) mindern, Schwingungen vermeiden oder dämpfen, schnelle Gleitbewegungen vermeiden (Beispiel: berührungslose Labyrinthdichtung statt Gleitdichtung), Kinematik verbessern: Wälzen statt Gleiten, Federgelenk statt Bolzengelenk. – Adhäsion: Unter ungünstigen Betriebsbedingungen bilden sich Grenzflächen-Haftverbindungen, die durch die Relativbewegung der Reibpartner gewaltsam getrennt werden. Man spricht von Kaltverschweißungen oder Fressen. – Gegenmaßnahmen: Schmierung verbessern (z.B. dickerer Schmierfilm durch höhere Viskosität bzw. höhere Summengeschwindigkeit 4, Verwendung von Additiven), Reibungszahl mindern (synthetische Schmierstoffe; glatte, einlauffähige Oberflächen), Paarung Metall/Metall vermeiden (stattdessen Kunststoff/Metall, Keramik/Metall, Kunststoff/ Kunststoff, Keramik/Keramik, Kunststoff/Keramik). Bei metallischen Paarungen keine kubisch flächenzentrierten, sondern kubisch raumzentrierte oder hexagonale Metalle wählen, Werkstoffe mit heterogenem Gefüge sind solchen mit homogenem Gefüge vorzuziehen (ansonsten sollten homogene Werkstoffe hohe Härte bei ausreichender Duktilität aufweisen). – Geeignete Oberflächenbehandlung begünstigt ein Einlaufen/Glätten (z.B. Phosphatieren, Verkupfern, Versilbern). – Bei Aluminium und Magnesium kann man durch elektrisches Oxidieren verschleißfeste Schutzschichten erzeugen. – Abrasion: Materialabtrag durch ritzende Beanspruchung. Man spricht von Mikrospanen, Mikropflügen, Mikrobrechen; abgetragenes Material wird nicht auf den Gegenkörper übertragen. – Gegenmaßnahmen: Die Härte des beanspruchten Werkstoffs soll mindestens um den Faktor 1,3 größer sein als die des angreifenden Gegenkörpers, harte Oberflächenschicht (Oberflächenhärtung, Nitrierhärtung, CVD/PVD-Beschichtung) s. Kap. 5, harte Phasen (z.B. Carbide in zäher Matrix) bzw. zähen Werkstoff verwenden (wenn der angreifende Gegenkörper härter ist). – Tribochemische Reaktion: Bei tribologischer Beanspruchung unter gleichzeitiger chemischer Reaktion zwischen Grund- und Gegenkörper, Zwischenstoff oder Umgebungsmedium entstehen Reaktionsprodukte, die sich vom Grundwerkstoff ablösen. – Gegenmaßnahmen: Metalle ersetzen durch Kunststoffe und keramische Werkstoffe (notfalls Edelmetalle); Zwischenstoffe und Umgebungsmedium ohne oxidierende Bestandteile; formschlüssige statt reibschlüssige Verbindungen; Hydrodynamische Schmierung/Reibung statt Mischreibung; Mischreibung statt Festkörperreibung; Relativbewegung, insbesondere Wechselgleiten vermeiden, Kraftfluß verbessern, Flächenpressung und Reibungszahl mindern, ein Teil phosphatieren, MoS2-Ölpaste. 4
s. Abb. 15.2.
732
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
– Korrosionsverschleiß: Durch Kombination von Korrosion und Schwingbeanspruchung (Mikro-Gleitbewegung) werden die schützenden Oxidschichten im Kontaktbereich abgelöst, die jetzt freiliegende Oberfläche ist besonders reaktionsfähig gegenüber Luftsauerstoff und oxidiert daher schnell, es entsteht sog. Reibkorrosion oder Passungsrost. – Gegenmaßnahmen s. Abschn. 18.2.3.11. Die Verschleißmechanismen können einzeln auftreten, sich bei Änderung der Beanspruchung oder Änderung des tribologischen Systems abwechseln oder sich auch gleichzeitig überlagern. Eine Voraussage über das Verschleißverhalten ist daher oft sehr schwierig.
16.14 Korrosion Manche Maschinen und Geräte sind während ihres Einsatzes schädigenden Umwelteinflüssen ausgesetzt. Dabei sind viele der für die Hauptfunktionen geeigneten Werkstoffe durch Korrosion gefährdet. Diese beruht auf Phasengrenzflächenreaktionen zwischen Metalloberflächen und festen, flüssigen oder gasförmigen Korrosionsmedien. Grundsätzlich ist i.allg. Abhilfe durch korrosionsfeste Werkstoffe möglich. Dies ist jedoch aufwendig. Man wird daher zunächst versuchen, Korrosionserscheinungen durch gestalterische und Schutzmaßnahmen entgegen zu wirken. Dabei ist nach Art der Korrosionsursachen und -erscheinungen zu unterscheiden. – Übersicht s. Abb. 16.22. 16.14.1 Gleichmäßig abtragende – chemische – Korrosion
Sie beruht auf Reaktion von Metallen mit Nichtleitern, trockenen Gasen, z.B. Sauerstoff aus der Luft, aus Säuren oder Alkalien, auch organischen Stoffen. Die Reaktion wird gefördert durch hohe Temperaturen, z.B. beim Glühen oder Kochen. Erscheinungsformen sind Rosten und Verzundern. Der Abtrag beträgt bei Stahl etwa 0,1 mm/Jahr in normaler Atmosphäre. – Abhilfe: Geeignete Werkstoffe, Überzüge (z.B. Verzinken, Phosphatieren) s. Kap. 5; Wanddickenzuschlag vorsehen; günstig sind kleine, glatte Oberflächen; Kanten abrunden, oder brechen. Nach Montage nicht mehr erreichbare Flächen vorab mit höherwertigem Korrosionsschutz versehen. Generell Feuchtigkeitssammelstellen vermeiden, z.B. durch schräge Wände, Durchbrüche (Aussteifungsbleche und Rippen im Eckbereich aussparen), offene Profile, Hohlräume durch Bohrungen entlüften. Gegen Temperaturschwankungen gut isolieren, Wärme- bzw. Kältebrücken vermeiden. – Gewünschte, gezielt gesteuerte gleichmäßige Korrosion als Schutzschicht usw. s. Kap. 5.
16.14 Korrosion
733
Abb. 16.22. Erscheinungsformen chemischer und elektrochemischer Korrosion [16.3-5], ergänzt
16.14.2 Örtlich angreifende Korrosion
Sie tritt – wie nachstehend beschrieben – mit unterschiedlichstem Erscheinungsbild auf und ist besonders gefährlich, weil sie beachtliche Kerbwirkung zur Folge hat und oft nicht erkannt wird. Man unterscheidet: – Chemische Spaltkorrosion: insbesondere Rost in Rissen, Riefen, Überlappungen; besonders gefährdet sind Punktschweiß-, Niet- und Schraubverbindungen. – Daraus ergeben sich die Gegenmaßnahmen: glatte, spaltfreie Oberflächen, insbesondere an Querschnittsübergängen, vorhandene Spalte abdichten oder so weit ausführen, daß sie glatt durchströmt werden können. Schweißnähte ohne Wurzelspalt ausführen; durchlaufende (nicht unterbrochene) Stumpf- und Kehlnähte wählen – möglichst einteilige Trägerprofile. – Spannungsriß- und Schwingungsrißkorrosion sind beides Formen der chemischen Spaltkorrosion. Spannungsrisse entstehen durch statische Zugspannung, auch Eigenspannungen in der Oberflächenschicht, Schwingungsrisse durch mechanische oder thermische Schwingbeanspruchung. – Gegenmaßnahmen: Kerben und spröde, kerb- und rißempfindliche Werkstoffe vermeiden; Zugspannungen in der Oberflächenschicht reduzieren, Druckvorspannungen erzeugen, z.B. durch Kugelstrahlen, Präge-
734
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
Kalium Natrium Magnesium Aluminium Mangan Zink
– 3,2 – 2,8 – 1,55 – 1,28 – 1,08 – 0,76
Eisen Kadmium Kobalt Nickel Blei Zinn
– 0,43 – 0,40 – 0,29 – 0,22 – 0,12 – 0,1
Wasserstoff Kupfer Silber Quecksilber Gold Platin
+0 + 0,34 + 0,8 + 0,86 + 1,5 + 1,8
Abb. 16.23. Standard-Elektrodenpotentiale in Volt von Metallen in wäßriger Lösung gegen Wasserstoffelektrode: Elektrochemische Spannungsreihe
polieren, Einsatzhärten: Zug-Eigenspannungen durch Spannungsarmglühen abbauen. – Kontaktkorrosion (= elektrochemische Korrosion): entsteht durch Reaktionsvorgänge des Schmierstoffs als ionenleitendem Medium (auch Schwitzwasser, Seewasser, u.ä.). Metalle unterschiedlichen Elektrodenpotentials bilden hierbei ein Lokalelement, wobei das unedlere, d.h. in der Spannungsreihe weiter unten liegende (z.B. Eisen gegenüber Kupfer) angegriffen wird, Abb. 16.23. Besonders gefährdet sind daher die Berührstellen von Metallen unterschiedlichen Potentials, wenn Feuchtigkeit hinzutritt. Falls möglich, sind Metalle mit geringem Potentialunterschied zu verwenden. An der Stoßstelle von Stahl und Leichtmetall kann man die Stahlseite verzinken oder phosphatieren, die Aluminiumseite eloxieren oder lackieren, die Magnesiumseite bichromatisieren oder mit einer isolierenden Zwischenlage aus Kunststoff versehen. Notfalls kann man die Korrosion auf sog. Opferelektroden aus noch unedlerem Metall lenken. – Reibkorrosion (Passungsrost) s. Abschn. 18.2.3.11 (Korrosionsverschleiß). 16.14.3 Allgemeine Abhilfemaßnahmen
Grundsätzlich sollten im Konstruktionsstadium die Umwelteinflüsse bereits berücksichtigt, d.h. geeignete Werkstoffe und Werkstoffpaarungen gewählt werden. Nachträgliche Schutzmaßnahmen sind teuer und oft problematisch. Es sollte angestrebt werden, daß alle von Korrosion befallenen Bauteile die gleiche Lebensdauer erreichen. Notfalls muß man die Bauteile so gestalten, daß korrosionsgefährdete Bereiche oder Elemente überwacht und ausgewechselt werden können [16.3-5]. – Allgemein geeignete Maßnahmen, um die Korrosion zu mindern: – Korrosive Medien fernhalten bzw. die Konzentration der aggressiven Anteile (s.oben) mindern. – Durch Auftrag von geeigneten Schichten wird ein nach Erfordernis gestufter Korrosionsschutz erreicht (Überzüge aus Fetten, Lacken, Gummi, durch Brünieren, Phosphatieren, Tauch- oder Spritzüberzüge aus Zinn, Zink, Blei oder Aluminium, Emailüberzüge, im Hochvakuum abgeschiedene, metallische oder nichtmetallische Schichten, Kap. 5).
16.15 Literatur
735
– Elektrisches Oxidieren von Aluminium (Eloxalverfahren) ergibt eine Schutzschicht, die korrosions-, haft- und verschleißfest, außerdem elektrisch isolierend und gut rückstrahlend, gut färb- und tränkbar und sehr hart ist. Das entsprechende Verfahren für Magnesium (Elomag) kann neben dem Chromatbeizen angewendet werden. – Eindiffundieren von Al in Stahl (Alumentieren, Kalorisieren, Alitieren), um Stahl gegen Hitze, Sauerstoff und Schwefel beständig zu machen; ferner von Chrom in Stahl (Inchromieren), um ihn rost- und zunderbeständig zu machen. – Chromatbeizen, meist mit anschließendem Lackieren ist als Korrosionsschutz besonders für Magnesium-Legierungen, ferner für Aluminium und Zinklegierungen von großer Bedeutung. – Plattieren für besonders hohe Korrosionsbeanspruchungen. Hierbei wird das Überzugmetall zusammen mit dem Grundmetall ausgewalzt, z.B. werden Stahlbleche oder Stahlrohre mit Al, Cu, Ni, Ms, Tombak oder Chromnickelstahl plattiert. Al-Bleche mit Cu (Cupal) und Al-CuMg-legierte Bleche mit korrosionsbeständigem Al. – Emailüberzüge für Blechwannen, Kannen, Töpfe u.dgl. sind chemisch sehr beständig (nicht gegen Alkali und Flußsäure), aber weniger schlagfest (spröde).
16.15 Literatur Normen, Richtlinien 16.1-1
DIN 51365 (1988) Prüfung von Schmierstoffen; Bestimmung der Gesamtverschmutzung von gebrauchten Motorenschmierölen; Zentrifugenverfahren. Beuth, Berlin 16.1-2 DIN 51511 (1985) Schmierstoffe; SAE-Viskositätsklassen für MotorenSchmieröle. Beuth, Berlin 16.1-3 DIN 51512 (1988) Schmierstoffe; SAE-Viskositätsklassen für Schmieröle für Kraftfahrzeuggetriebe. Beuth, Berlin 16.1-4 DIN 51519 (1976) Schmierstoffe; ISO-Viskositätsklassifikation für flüssige Industrie-Schmierstoffe. Beuth, Berlin 16.1-5 DIN 51554 (1978) Prüfung von Mineralölen; Prüfung der Alterungsbeständigkeit nach Baader; T1: Zweck, Probenahme, Alterung, T2: Prüfung bei 110°C, T3: Prüfung bei 95°C. Beuth, Berlin 16.1-6 DIN 51558 (1979/1990/1983) Prüfung von Mineralölen; Bestimmung der Neutralisationszahl; T1: Farbindikator-Titration, T2: Farbindikator-Titration; Isolieröle, T3: Farbindikator-Titration; Kältemaschinenöle. Beuth, Berlin 16.1-7 DIN 51559 (1978/1990) Prüfung von Mineralölen; Bestimmung der Verseifungszahl; T1: Verseifungszahlen über 2; Farbindikator-Titration, T2: Farbindikator-Titration; Isolieröle. Beuth, Berlin 16.1-8 DIN 51563 (1976) Prüfung von Mineralölen und verwandten Stoffen; Bestimmung des Viskositäts-Temperatur-Verhaltens, Richtungskonstante m 16.1-9 DIN 51587 (1974) Prüfung von Schmierstoffen; Bestimmung des Alterungsverhaltens von wirkstoffhaltigen Dampfturbinen und Hydraulikölen. Beuth, Berlin 16.1-10 DIN 51 597 (1972) Prüfung von Schmierstoffen und flüssigen Brennstoffen. Bestimmung des Cloudpoints und des Pourpoints. Beuth, Berlin
736
16 Schmierung, Schmierstoffe, Reibung, Verschleiß, Korrosion
16.1-11 DIN 51757 (1994) Prüfung von Mineralölen und verwandten Stoffen; Bestimmung der Dichte. Beuth, Berlin 16.1-12 DIN 51777 (1983/1974) Prüfung von Mineralöl-Kohlenwasserstoffen und Lösungsmitteln; Bestimmung des Wassergehaltes nach Karl Fischer; T1: Direktes Verfahren, T2: Indirektes Verfahren. Beuth, Berlin 16.1-13 DIN 51796 (1976) Prüfung von flüssigen Mineralöl-Kohlenwasserstoffen; Bestimmung des Gehalts an Mercaptanschwefel 16.1-14 DIN 51801 T2 (1980) Bestimmung des Tropfpunktes; Ubbelohde-Verfahren für bituminöse Bindemittel. Beuth, Berlin 16.1-15 DIN 51803 (1982) Prüfung von Schmierstoffen; Bestimmung der Asche von Schmierfetten. Beuth, Berlin 16.1-16 DIN 51804 T2 (1978) Prüfung von Schmierstoffen; Bestimmung der Konuspenetration von Schmierfetten mit Viertelkonus. Beuth, Berlin 16.1-17 DIN 51807: Prüfung von Schmierstoffen; Prüfung des Verhaltens von Schmierfetten gegenüber Wasser; T1: Statische Prüfung, T2: Dynamische Prüfung 16.1-18 DIN 51813 (1989) Prüfung von Schmierstoffen; Bestimmung des Gehaltes an Festen Stoffen in Schmierfetten; Teilchengröße über 25 µm. Beuth, Berlin 16.1-19 DIN 51818 (1981) Schmierstoffe; Konsistenz-Einteilung für Schmierfette; NLGI-Klassen. Beuth, Berlin 16.1-20 DIN 53538 (1992/1992/1988/1988/1993/1995) Standard-Referenz-Elastomere; T1: Acrylnitril-Butadien-Vulkanisat (NBR), peroxidvernetzt, zur Charakterisierung flüssiger Betriebsmittel hinsichtlich ihres Verhaltens gegen NBR, T3: Acrylnitril-Butadien-Vulkanisat (NBR), schwefelarm, vernetzt, zur Charakterisierung flüssiger Betriebsmittel hinsichtlich ihres Verhaltens gegen NBR, T4: Siliconkautschuk-Heißvulkanisat (MVQ), peroxidisch vernetzt, zur Charakterisierung flüssiger Betriebsmittel hinsichtlich ihres Verhaltens gegen MVQ, T5: Ethylen-Propylen-Terpolymer (EPDM), peroxidisch vernetzt, zur Charakterisierung flüssiger Betriebsmittel hinsichtlich ihres Verhaltens gegen EPDM, T6: Vulkanisat aus hydriertem Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (HNBR), peroxidisch vernetzt, zur Charakterisierung flüssiger Betriebsmittel hinsichtlich ihres Verhaltens gegen HNBR, T7: Vulkanisat aus Acrylatkautschuk (ACM) zur Charakterisierung flüssiger Betriebsmittel hinsichtlich ihres Verhaltens gegen ACM. Beuth, Berlin 16.1-21 DIN ISO 2592 (1981) Mineralölerzeugnisse; Bestimmung des Flamm- und Brennpunktes im offenen Tiegel nach Chleveland. Beuth, Berlin 16.1-22 DIN ISO 3733 (1980) Mineralölerzeugnisse und bituminöse Bindemittel; Bestimmung des Wassergehaltes; Destillationsverfahren. Beuth, Berlin 16.1-23 ISO 3448 (1992) Industrial liquid lubricants; ISO viscosity classification. Beuth, Berlin Bücher, Zeitschriften 16.3-1 16.3-2 16.3-3 16.3-4 16.3-5 16.3-6 16.3-7
Klamann D (1982) Schmierstoffe und verwandte Produkte; Herstellung, Eigenschaften, Anwendung. Verlag Chemie, Weinheim Möller UJ, Boor U (1987) Schmierstoffe im Betrieb. VDI-Verlag, Düsseldorf Schückher F (1974) Adhäsion von Metallen. Metall 28: 481 ff. Niemann G, Winter H (1986) Maschinenelemente, Bd. III. 2. Aufl., Springer, Berlin Heidelberg New York Dubbel (1995) Taschenbuch für den Maschinenbau. 18. Aufl., Springer, Berlin Heidelberg New York Bosch E (1984) Schmierstoffprüfung in der Mineralölindustrie. Köhler Verlag Niemann G, Winter H (1989) Maschinenelemente, Bd. II. 2. Aufl., Springer, Berlin Heidelberg New York
16.15 Literatur 16.3-8 16.3-9 16.3-10 16.3-11 16.3-12 16.3-13 16.3-14
16.3-15 16.3-16
737
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17 Achsen und Wellen
Achsen dienen zur Lagerung von Laufrädern, Seiltrommeln, Seil- und Kettenrollen u.ä. Sie übertragen kein Drehmoment. Stillstehende Achsen (Abb. 17.1a, 17.4) werden statisch bis schwellend auf Biegung beansprucht, umlaufende Achsen (Abb. 17.1b) wechselnd auf Biegung. Wellen laufen stets um. Sie dienen zur Übertragung eines Drehmoments z.B. in Motoren, Turbinen, Getrieben (Abb. 17.9). Dieses kann axial durch Kupplungen ein- oder abgeleitet werden oder durch drehfest verbundene Zahnräder, Riemenscheiben, Kettenräder, o.ä. Manche Wellen werden daher allein auf Torsion, andere auf Torsion und Biegung beansprucht. – Sie werden als Voll- oder Hohlwellen, glatt durchgehend oder abgesetzt ausgeführt. Dem Querschnitt nach unterscheidet man Rundwellen und Profilwellen (z.B. mit Vielnut- oder Keilprofil, Kap. 18). Sonderbauarten sind z.B. Kurbelwellen, Gelenkwellen und biegsame Wellen.
Abb. 17.1a, b. Bauarten von Achsen [17.3-4], a stillstehende Achse (Seilrolle), b umlaufende Achse (für Brennofenwagen)
17.2 Vorgehensweise bei Entwurf und Konstruktion
739
17.1 Zeichen und Einheiten d, di E F f fG G Ib , It Im L, l Mb Mv m n ne nK nKt R, Rt Rp
mm N/mm2 N mm m N/mm2 mm4 kgm2 mm Nm Nm kg min–1 min–1 s–1 min–1 Nm N/mm2
r T Wb , Wt a b, bL j w
mm Nm mm3 rad rad rad s–1
Äußerer, innerer Wellendurchmesser Elastizitätsmodul Kraft Durchbiegung Durchbiegung durch die Gewichtskraft FG Schubmodul Flächenträgheitsmoment für Biegung, Torsion Massenträgheitsmoment Längen Biegemoment Vergleichsmoment Masse Drehzahl Eigenresonanz-Drehzahl kritische Drehzahl bei Biegeschwingungen kritische Drehzahl bei Drehschwingungen Biege-, Dreh-Federrate (Federsteifigkeit) Fließgrenze (Streckgrenze Re bzw. 0,2%-Dehngrenze Rp0,2) Radius Torsionsmoment Biege-, Torsionswiderstandsmoment Neigungswinkel der Tangente an die Biegelinie Neigungswinkel, des Lagers Verdrehwinkel Winkelgeschwindigkeit
Auftretende Spannungen und Festigkeitswerte allg. s. Abb. 3.31.
17.2 Vorgehensweise bei Entwurf und Konstruktion Zunächst ist zu klären, welche Funktionen die Achse bzw. Welle erfüllen soll und welche Randbedingungen zu beachten sind. Allgemeine Gesichtspunkte s. Abb. 1.6, Anforderungsliste mit Besonderheiten von Achsen und Wellen s. Abb. 17.2. – Weitere Schritte sind: – Innere Quer- und Axialkräfte sowie Biege- und Torsionsmomente und deren Verlauf über die Länge der Achse/Welle ermitteln, – Werkstoffwahl (Verfügbarkeit, Kosten, Herstellung, Gewicht), – Überschlägige Bestimmung (erster Entwurf) des Achsen-/Wellendurchmessers mit vereinfachter Festigkeitsberechnung (Dimensionierung), – Gestaltung (Funktion, Gewicht, Montage, Fertigung): Lager- und Nabensitze, Dichtflächen, Anschluß an An- und Abtrieb festlegen, – Festigkeitsnachweis: Sicherheit gegen Gewaltbruch, Dauerbruch berechnen, evtl. Korrektur des ersten Entwurfs,
740
17 Achsen und Wellen
• Nennbelastung; Betriebsverhalten der angeschlossenen Maschinen (Lastkollektiv, Anwendungsfaktor s. Abschn. 21.5.1 [17.3-3], • Zulässige Verformung, Schiefstellung (Biegung, Torsion), Wärmedehnung, • Art der Welle-Nabe-Verbindung, • Anschluß an andere Wellen (Einleitung des Drehmoments, Kupplungen, gemeinsames Fundament? Ausrichtung), • Lagerung (Einspannung), Dichtungen, • Weitere Gesichtspunkte s. Sicherheiten (Abschn. 1.4.8) und Abschn. 3.5.6, 3.6.10.
Abb. 17.2. Anforderungsliste. Besonderheiten, Vorgaben für die Dimensionierung von Achsen und Wellen
– Nachweis der Verformung: Durchbiegung, Neigung und Verdrehung, evtl. Korrektur des Entwurfs, – Bei schnellaufenden Achsen und Wellen (n > 1500 min–1) Überprüfung des Schwingungsverhaltens: Kritische Drehzahl. Vorgaben für das Auswuchten und evtl. Korrektur des Entwurfs.
17.3 Belastung (Kräfte, Momente) Äußere Kräfte und Momente Vorgegeben sind i.allg. die Nennwerte (Kap. 1) der zu übertragenden Leistungen oder Drehmomente oder/und die angreifenden Kräfte bzw. man kann sie aus den Vorgaben bestimmen. Mit den Gleichgewichtsbedingungen errechnet man hieraus die Lagerkräfte (Nennkräfte), zweckmäßigerweise in der Vertikal- und Horizontalebene. – Beispiel einer Getriebewelle s. Abschn. 17.8.2. Innere Kräfte und Momente Wie in Abschn. 3.3.1 beschrieben, bestimmt man mit den äußeren Kräften und Momenten sowie den Hauptabmessungen (Länge, Kraftangriffspunkte) die inneren Querkräfte (die Axialkräfte kann man i.allg. vernachlässigen, Abschn. 17.8.1) sowie Biege- und Torsionsmomente in jedem interessierenden Querschnitt und damit deren Verlauf über die Länge der Achse/Welle; s. Abschn. 17.8.2, Beispiel 1, Abb. 17.9. Nach Abschn. 3.2.2 genügt es i.allg., die Kräfte für die Berechnung punktförmig angreifend anzunehmen statt zumindest teilweise flächenhaft in Lagern oder Nabensitzen bzw. eingespannt.
17.4 Werkstoffe Für Durchmesser bis 150 mm verwendet man oft Baustähle, z.B. S235, S275, E295 oder E335, für höhere, insbesondere dynamische Beanspruchungen oder wenn Teilbereiche (Gleitlagersitze, Laufflächen für Dichtungen) gehärtet werden, Vergütungsstähle, z.B. C35, C45, 42CrMo4; im Getriebebau, wenn Rad und Welle aus einem Stück gefertigt werden Ein-
17.6 Entwurfsrechnung, Dimensionierung
741
satzstahl, z.B. 16MnCr5, 20MnCr5, 17CrNiMo6 [17.3-3]. – Festigkeitswerte s. Kap. 5. Man beachte: Unlegierte Stähle höherer Festigkeit sind relativ spröde, d.h. kerbempfindlicher, man muß dabei besonders auf kerbgünstige Gestaltung (Abschn. 17.7.1) und Herstellung (Abschn. 17.5) achten. Hohe Festigkeit und Zähigkeit erreicht man mit legierten Stählen, Kap. 5. Bisher wurden Werkstoffe als spröde eingestuft, wenn sie eine Bruchdehnung (Kap. 5) von weniger als 5% (Werkstoffprobe A5) aufweisen. Aus der Bruchmechanik,Abschn. 3.9, weiß man,Werkstoffe mit hohen KIc/sP-Werten neigen zu zähem Verformungsbruch, solche mit kleinem KIc/sP zu Sprödbruch.
17.5 Herstellung Achsen und Wellen bis ca. 10 mm Durchmesser können kaltgewalzt oder gezogen oder kaltgezogen und geschliffen, evtl. poliert (für einfache Anwendungen mit Toleranzen h11 ... h6) bezogen und oft ohne weitere Bearbeitung verwendet werden. Durchmesser bis 150 mm werden i.allg. warm gewalzt und bearbeitet, um die entkohlte Zone zu beseitigen. – Dicke Achsen und Wellen mit Absätzen werden generell formgeschmiedet, wenn der kleinere Durchmesser kleiner ist als 60% des benachbarten größeren Durchmessers (beim Abdrehen größerer Beträge würden Durchmesserbereiche geringerer Festigkeit angeschnitten werden). Nach dem Schmieden wird geglüht, um Eigenspannungen abzubauen und das Gefüge zu homogenisieren. Nach dem Richten muß aus dem gleichen Grund nochmals geglüht werden. Man beachte: Nur Funktionsflächen (Nabensitze, Dichtflächen Lagersitze) sollten eng toleriert und fein bearbeitet werden. Für die übrigen Bereiche genügt grobe Tolerierung und Bearbeitung. – Die Kerbwirkung an Querschnittsübergängen kann durch Rollen und Kugelstrahlen gemindert werden (Abschn. 3.3.6). – Laufflächen für Dichtflächen werden häufig induktiv gehärtet und sollten einstich-geschliffen werden (Schleifriefen bei Vorschubschliff begünstigen Schmieröltransport!). – Gleitlagerstellen werden ebenfalls häufig gehärtet und geschliffen (die Welle ist das teurere Element, Verschleiß ist eher in der Lagerschale zu akzeptieren).
17.6 Entwurfsrechnung, Dimensionierung Eine zutreffende Festigkeitsberechnung ist nur möglich als Nachrechnung (Abschn. 1.4.1). Für den Entwurf schätzt man die Abmessungen mit Hilfe einer Überschlagsrechnung ab, wobei man von der bekannten Hauptbeanspruchung ausgeht (für Wellen: vom Torsionsmoment). Die zulässige Torsions-Nennspannung wird so niedrig angesetzt, daß die vernachlässigte Biegespannung mit berücksichtigt ist, ebenso Spannungserhöhungen durch Stoßkräfte (äußere Kräfte), Kerben, Querschnittsübergänge, usw. (innere Kraftwirkungen). – Beim Enturf der – biegebeanspruchten – Achsen geht man sinngemäß von der Nenn-Biegespannung aus.
742
17 Achsen und Wellen
Bauart
Durchmesser
Ruhende Achsen
aus
zulässige Spannung
sb =
Mb £ s b zul Wb
Wb =
p 3 d 32
d = 2,17
3
sb zul = 901 ) . . . 1502) N/mm2 für Achsen aus E295
Mb s b zul
oder sb zul = sW / (2 . . . 1,2) 1), 2) Sicherheit
sb zul = 45 . . . 100 N/mm2 3) für Achsen aus E295
Umlaufende Achsen
oder sb zul = sw/(4 . . . 1,8) 3) Sicherheit Wellen
aus
tt =
T 5) £t Wr t zul
Wt =
Reine Torsion: Für abgesetzte Wellen aus E295: tt zul = 30 . . . 60 N/mm2 3)
p 3 d 16
d = 1, 72
T 3
5)
t t zul
oder (mit Umrechnung von t aus s, Abschn. 3.6.2) tt zul = sw/(6 . . . 3) Sicherheit
aus
sb =
Mv £s Wb b zul
p 3 d 32 4), 5), 6) Mv = 1, 2 ... 2, 5 ◊ T 4 ) Wb =
d = 2,17
3
Mv s b zul
Torsion und Biegung: Für abgesetzte Wellen aus E295: sb zul = 45 . . . 100 N/mm2 3) oder sb zul = sW/(5 . . . 3) 3) Sicherheit
1)
Für Laufradachsen, schwerer Betrieb [17.3-2]. Für Rollen und Trommelachsen, leichter Betrieb [17.3-2]. 1),2) Für große Abmessungen (d > 180 mm) kleinere Festigkeitswerte. 3) Kleinere Festigkeitswerte bzw. höhere Sicherheiten für schweren Betrieb, größere Durchmesser, ungünstige Gestaltung (z. B. kleine Ausrundungen, Sicherungsring unter ca. 30 % . . . 50 %); größere Festigkeitswerte bzw. kleinere Sicherheiten für leichten Betrieb, kleinere Durchmesser (30 . . . 40 mm), günstige Gestaltung. 4) Kleinere Werte bei kompakter Bauweise, größere Werte bei großen Lagerabständen. 5) Für T einzusetzen: Ausschlagmoment T (Torsion dynamisch) bzw. 0,7 · T (Torsion statisch). A 0 6) M = 05 Mb2 + 0,4 · T,2 wenn Abmessungen bekannt; Wellenwerkstoff: Walzstahl, Torsion: statisch bzw. schwellend, Biegung: wechV selnd. 2)
Abb. 17.3. Überschlägige Dimensionierung von Achsen und Wellen mit Voll-Kreisquerschnitt
17.6 Entwurfsrechnung, Dimensionierung
743
Abb. 17.4. Laufrollen für Unterflanschkatzen [17.3-4]
Zusammenstellung der Näherungsgleichungen und Anhaltswerte für die zulässigen Nennspannungen s. Abb. 17.3. Stillstehende Achsen: Da der statischen Grundlast meist Schwing- und Stoßbelastungen überlagert sind, wird für die Dimensionierung Schwellbeanspruchung angenommen und die zulässige Biegespannung – entspr. Kap. 3 – abhängig von der Wechselfestigkeit abgeleitet. Kurze, am Gestell befestigte Achsen (= Bolzen),Abb. 17.4, sind meist gering beansprucht; ihre Abmessungen ergeben sich daher i.allg. aus den Maßen der Lager. Umlaufende Achsen: Auch hier sind – entspr. dem Einsatzfall – beim Ansatz der zulässigen Biege-Wechselbeanspruchung überlagerte Schwingund Stoßbelastungen zu berücksichtigen. Wellen: Bei der Dimensionierung ist zu unterscheiden zwischen Wellen, die allein auf Torsion beansprucht werden und solchen, die zusätzlich Biegespannungen übertragen. Entsprechend ist die zulässige Torsions-Nennspannung unterschiedlich anzusetzen.
744
17 Achsen und Wellen
17.7 Gestaltung Je nach Einsatzfall stehen hierbei verschiedene – auch widersprüchliche – Gesichtspunkte im Vordergrund, vor allem: Montierbarkeit, Tragfähigkeit, zulässige Verformung und/oder Schwingungsverhalten. – Anforderungen an Dichtflächen, Naben- und Lagersitze s. auch Abschn. 17.4, 17.5. 17.7.1 Gestaltung von Achsen und Wellen allgemein
Montierbarkeit: Achsen und Wellen müssen Räder, Scheiben, Ringe aufnehmen, die i.allg. axial montierbar und demontierbar sein müssen, axial fixiert (Preßsitz, Anlageschultern, Wellenmuttern, Sicherungsringe), evtl. axial über Kupplungen angeschlossen. Daraus ergibt sich die Grundform mit – zu den Wellenenden hin – durchmessergestuften Abschnitten. Tragfähigkeit: Für dynamisch beanspruchte Achsen und Wellen sind gestalterische Maßnahmen zur Erhöhung der Dauerfestigkeit wichtiger als eine höhere Werkstoffestigkeit.Weil hochfeste Werkstoffe i.allg. kerbempfindlicher sind (Abschn. 17.4), erfordern sie besonders sorgfältige Gestaltung der Absätze, Querschnittsübergänge, usw.; andernfalls lohnen sich teure hochfeste Werkstoffe nicht. – Gestaltung und Tragfähigkeit der Lager für umlaufende Achsen und Wellen s. Kap. 14, 15. Die Auflager (Lagerzapfen) für stillstehende Achsen sind auf Flächenpressung nachzurechnen. Steifigkeit bzw. zulässige Verformung ist häufig das entscheidende Kriterium für die Gestaltung. Meist kann man im Maschinenbau nur kleine Durchbiegungen, Neigungen und Verdrehungen der Achsen und Wellen zulassen, muß die Wellen also biege- und drehsteif ausbilden. Anforderungen in verschiedenen Anwendungsgebieten s. Abschn. 17.9. Jedoch: Bei nachgiebiger Lagerung oder nicht sorgfältig ausgerichteten Lagern – z.B. in Stahlkonstruktionen – müssen die Wellen oder Achsen so nachgiebig (dünn), bzw. die Lagerabstände so groß sein, daß die Beanspruchungen infolge Verformung gering sind. Man beachte: Achsen und Wellen aus hochfestem Stahl sind nicht steifer als solche aus einfachem Baustahl – der E-Modul ist gleich! Die höhere Festigkeit kann daher nicht ausgenutzt werden, wenn die Verformung unter Belastung begrenzt ist. Sonstiges: Dreifach gelagerte Wellen sind zu vermeiden, mitunter jedoch nötig, wenn die Durchbiegung bei großen Lagerabständen (z.B. bei Fahrwerkswellen) oder eines überkragenden Wellenendes zu groß würde (z.B. infolge der Schnittkraft bei Werkzeugmaschinen oder fliegend gelagerten Zahnrädern). – Um innere Zwangskräfte zu vermeiden, müssen die Gehäuse jedoch sehr steif sein und die drei Lager genau fluchten. Der Wellenabschnitt zwischen beiden Lagern im Bereich des Kraftangriffs muß möglichst steif sein. Berechnung dreifach gelagerter Wellen s. z.B. [17.3-1].
17.7 Gestaltung
745
Anforderungen an Sitzflächen für Naben, Wälzlager, Abstützungen im Gehäuse, Laufflächen für Gleitlager und Dichtungen s. Abschn. 17.4. 17.7.2 Gestaltung von Wellen und umlaufenden Achsen
Vollwelle oder Hohlwelle? Die Vollwelle ist die übliche Ausführung. Die Hohlwelle, die teurer ist, wird demgegenüber wegen des geringeren Gewichts aber im Leichtbau (z.B. für Flugzeugtriebwerke) verwendet (bei di = 0,7 d wiegt sie nur 50%, weist aber 76% des Widerstandsmoments der Vollwelle auf) oder wegen anderer Funktionen (zur Durchleitung von Schmieröl, Stromkabeln, Torsionsstäben u.ä.). Man beachte: Die größere Nachgiebigkeit erfordert größere Übermaße für Preßsitze; Paßfedern lassen sich i.allg. nicht mehr unterbringen; dünnwandige Hohlwellen können bei Torsions- oder axialer Druckbeanspruchung leichter ausknicken. Durch Ausbohren lassen sich Fehlstellen im Kern der Wellen beseitigen; allerdings ist zu prüfen, ob dadurch Fehlstellen nur angeschnitten werden, so daß u.U. gefährliche Oberflächenanrisse entstehen, Abschn. 3.9. – weitere Hinweise: – Im Bereich aufgesetzter Naben wird die Welle/Achse oft um 15 ... 30% dicker ausgeführt, um die Kerbwirkung auszugleichen, Abschn. 18.2.3.10, Abb. 18.18b. – An Wellenschultern muß der Ausrundungsradius kleiner als der Radius des hier anliegenden Wälzlagerrings sein. Abbildung 17.5a zeigt, durch welche Maßnahmen man dem begegnen kann; wichtig für hochbelastete Wellenbereiche. – Entlastungskerben bieten Abhilfe, wenn sich kleine Ausrundungsradien nicht vermeiden lassen (Abb. 17.5b). – Ringnuten für Sicherungsringe und Gewinde mindern die Dauerfestigkeit um ca. 30 ... 50%, sind deshalb im Bereich hoher Spannungen zu vermeiden; mit Hilfe von Distanzbuchsen kann man sie in Bereiche geringerer Beanspruchungen verlagern. – Querbohrungen mindern die Dauerfestigkeit erheblich. Wenn man sie nicht vermeiden kann, sind die Austritte sorgfältig auszurunden oder abzuschrägen. – Paßfedernuten müssen im Grund abgerundet sein (nach DIN 6885 z.B. r = 0,5 mm bei Wellendurchmesser d ≥ 65 mm, r = 0,8 mm bei
Abb. 17.5a, b. Abschwächung der Kerbwirkung durch, a Distanzhülse für Lageranlage für größeren Übergangsradius am Wellenabsatz, b Entlastungskerbe
746
17 Achsen und Wellen
Abb. 17.6a–d. Genormte Wellenenden, a zylindrisches Wellenende nach DIN 748 ohne Wellenbund, b wie a aber mit Wellenbund, c kegeliges Wellenende mit Außengewinde nach DIN 1448, d kegeliges Wellenende mit Innengewinde nach DIN 1449
d > 130 mm). Für hochbeanspruchte Wellen sind Vielnutprofile oder Zahnwellenprofile vorzuziehen. S. hierzu Kap. 18. – Genormt Wellenenden s. Abb. 17.6. – Bei fliegender Lagerung sollte das Verhältnis von Länge zu Durchmesser des überkragenden Wellenendes möglichst klein sein (< 1,5 ... 2). 17.7.3 Gestaltung von stillstehenden Achsen
– Stillstehende Achsen sind am tragfähigsten und besonders kostengünstig, wenn sie ohne Absätze ausgeführt werden. Schmiernuten und Schmierbohrungen sind in die neutrale Faser zu legen und gut auszurunden, Abb. 17.7.
Abb. 17.7. Trommelachse mit Schmierbohrungen in der neutralen Faser [17.3-2]
17.8 Festigkeitsnachweis
747
Abb. 17.8a, b. Achshalter, a Funktion, b doppelte Anordnung
– Weil stillstehende Achsen statisch oder schwellend auf Biegung beansprucht werden, bauen sie leichter als umlaufende, wechselnd auf Biegung beanspruchte Achsen. – Stillstehende Achsen müssen im Gehäuse gegen Verdrehen gesichert werden, z.B. durch Achshalter, Abb. 17.8, bei Durchmessern über etwa 100 mm i.allg. doppelt angeordnet.
17.8 Festigkeitsnachweis Hier wird nur die praktische Vorgehensweise für Achsen und Wellen aus Walzstahl beschrieben. Die physikalischen Zusammenhänge und die Besonderheiten anderer Werkstoffe werden im Kap. 3 behandelt und sind sinngemäß auf Achsen und Wellen zu übertragen. 17.8.1 Vorbemerkungen
Sowohl die Sicherheit gegen statische als auch gegen dynamische Festigkeit muß nachgewiesen werden, für Achsen und Wellen üblicherweise wie folgt: – mit der maximalen Spannung (Oberspannung, Spannungsspitzen aus Schwingbeanspruchung) gegen die Fließgrenze1, d.h. gegen bleibende Verformung und gegen die statische Festigkeit, d.h. gegen Anriß oder Gewaltbruch; – mit der Ausschlagspannung gegen die Dauer-Ausschlagfestigkeit, ggf. Wechselfestigkeit (d.h. gegen Ermüdungsbruch); Achsen und Wellen werden i.allg. auf Dauerfestigkeit2 ausgelegt. Die Festigkeit ist an den kritischen Stellen nachzurechnen, d.h. dort, wo hohe Biege- und/oder Torsionsspannungen auftreten.
1
2
Bei oberflächengehärteten Wellen gegen die Fließgrenze des Kernwerkstoffs unter der Härteschicht. Bei einer Drehzahl von 1000 min–1 hat eine Welle nach 100 h Betriebszeit bereits 6 ◊ 106 Schwingspiele ertragen, läuft damit bereits im Dauerfestigkeitsbereich.
748
17 Achsen und Wellen
Schubspannungen infolge Querkraft sind nur in der Nähe der Auflager von (relativer) Bedeutung, wo die Biegespannungen klein sind, Abschn. 3.3.3.10. – Auch kurze Zapfen sind bezüglich Schubspannung infolge Querkraft meist überdimensioniert. Sie werden i.allg. nach anderen Kriterien dimensioniert (z.B. bei Laufrollen nach Flächenpressung). Zug- und Druckspannungen können i.allg. unberücksichtigt bleiben (selbst bei Propellerwellen großer Schiffe ist die Druckspannung < 7 ... 10 N/mm2). Auch die Knickung ist hier ohne Bedeutung, weil die Wellen in relativ kurzem Abstand gelagert werden. Maßgebende Beanspruchungen s. Abschn. 17.6. Die Auflager (Lagerzapfen) stillstehender Achsen sind auf Flächenpressung nachzuprüfen, Abschn. 3.3.3. 17.8.2 Nachweis der statischen und dynamischen Festigkeit (hier Dauerfestigkeit) für Wellen
Anhand von Beispiel 1 wird der allgemeine Fall einer auf Torsion und Biegung beanspruchten Welle behandelt. Davon lassen sich die übrigen, einfacheren Fälle ableiten. Beispiel 1: Festigkeitsnachweis für eine Getriebewelle (Abb. 17.9). Gegeben: Nenn-Drehmoment 3 Tnenn = 600 Nm; Geradverzahnung mit Eingriffswinkel aw = 20°; r1 = 200 mm; r2 = 60 mm; a = 80 mm; b = 110 mm; c = 190 mm; l = 300 mm; d = 50 mm; D = 110 mm (WellenrohlingDurchmesser: 120 mm geschmiedet und spanend bearbeitet); r = 1 mm, Dauerbetrieb; Betriebstemperatur = 30°C. Torsion dynamisch; Biegung wechselnd; zusätzlich zu berücksichtigen sind: Anwendungsfaktor KA = 1,5, Maximal-Drehmoment Tmax = 1200 Nm; Werkstoff: C35E (Chargenauswahl), normalgeglüht Rauheit: Rz = 6,3 µm; geringe Schadensfolgen, regelmäßige Inspektion. Gesucht: Nachweis der statischen und dynamischen Festigkeit (Dauerfestigkeit) für den Querschnitt A–A Berechnet: A Nenn-Kräfte, -Momente (a) Zahnkraftkomponenten nach Abschn. 20.5.6 [17.3-3] Umfangskraft Radialkraft Umfangskraft Radialkraft
Fwt,1 = T/r1 = 6 ◊ 105/200 N = 3000 N nach (20/12) Fwr,1 = tan(aw) ◊ Fwt,1 = 1092 N Fwt,2 = T/r2 = 6 ◊ 105/60 N = 10000 N nach (20/12) Fwr,2 = tan(aw) ◊ Fwt,2 = 3640 N
(b) Lagerreaktionen nach Abschn. 20.5.6, Tafel 20/9 [17.3-3], mit folgenden Größen, Berechnung von FAx1 , FAy1, FBx1 , FBy1: x = + 1, n = + 1, j = 90°, Berechnung von FAx2 , FAy2 , FBx2 , FBy2 : x = + 1, n = – 1, j = 0° 3
Definition s. Kap. 1
17.8 Festigkeitsnachweis
749
Abb. 17.9. Auf Biegung und Torsion belastete Getriebewelle, Abmessungen, Kräfte und Momente
FAx ges = FAx1 + FAx 2 = FAy ges = FAy 1 + FAy 2 = FBx ges = FBx1 + FBx 2 = FBy ges = FBy 1 + FBy 2 =
Fwt,1 ◊ (1 – a) + Fwr, 2 ◊ (1 – c) 1 Fwr,1 ◊ (1 – a) + Fwt, 2 ◊ (1 – c) 1
Fwt,1 ◊ a + Fwr, 2 ◊ c 1 Fwr,1 ◊ a + Fwt, 2 ◊ c 1
= 3534, 7 N = 4467, 7 N
= 3105, 4 N = 6624, 5 N
750
17 Achsen und Wellen
Biegemomente im Querschnitt A-A M bx = Fwr,1 ◊ ( b – a)– FAy ges ◊ b = – 458, 7 Nm M by = –Fwt,1 ◊ ( b – a) + FAx ges ◊ b = 298, 8 Nm M b = M2bx + M2by = 548 Nm B Nachweis der statischen Sicherheit B.1 Bauteilbeanspruchungen (a) Einzelbeanspruchungen aus Nennbelastung – Biegung bzw. Torsion
sb = sb = tt = tt =
Mb ; Wb
Wb =
p 3 d 32
548 ◊ 103 Nmm ◊ 32
p ◊ (50 mm)
Tt ; Wt
Wt =
3
= 44, 65 N/mm 2
p 3 d 16
600 ◊ 103 Nmm ◊ 16
p ◊ (50 mm)
3
= 24, 45 N/mm 2
(Schubspannung aus Querkraft ts wird vernachlässigt, da d < b, s. auch (3.34)) (b) Maßgebende Bauteilbeanspruchung nach Abschn. 1.4.5.2 Größte bei Normalbetrieb wirkende Kräfte und Momente aus Maximal-Drehmoment Tmax = 1200 Nm: Zahnkraftkomponenten Fwt(wr) = Fwt(wr)nenn ◊ Tmax/Tnenn , Einzelbeanspruchungen sbmax = sb nenn ◊ Tmax/Tnenn = 89,31 N/mm2, tt max = tt nenn ◊ Tmax/Tnenn = 48,9 N/mm2. B.2 Statische Bauteilfestigkeit (Rechenschritte (1) ... (4), Abschn. 3.5b) (1) Statische Werkstoff-Festigkeitskennwerte für Normabmessungen für C35E (vgl. Abb. 5.11), Rm,N = 630 N/mm2, Rp,N = 370 N/mm2 (Chargenauswahl). (2) Statische Festigkeitswerte für den Werkstoff im Bauteil Rm, Rp , Abschn. 3.5.2. (a) Technologische Größenfaktoren – Technologischer Größenfaktor Kd,p Kd, p =
1 – 0, 7686 a d , p lg (d eff / 7, 5 mm) 1 – 0, 7686 a d , p lg (d eff , N, p / 7, 5 mm)
= 0, 858
nach (3.54B), Abb. 3.33, mit ad,p = 0,2, deff = 120 mm, deff,N,p = 16 mm,
17.8 Festigkeitsnachweis
751
– Technologischer Größenfaktor Kd,m Kd, m =
1 – 0, 7686 a d , m lg (d eff / 7, 5 mm) 1 – 0, 7686 a d , m lg (d eff , N, m / 7, 5 mm)
= 0, 931
nach (3.54B), Abb. 3.33, mit ad,m = 0,1, deff = 120 mm, deff, N, m = 16 mm. (b) Anisotropiefaktor KAn = 1 (Abb. 3.34, mehrachsiger Spannungszustand). (c) Werkstoff-Zugfestigkeit Rm und -Fließgrenze Rp – Werkstoff – Fließgrenze Rp = Kd,p ◊ KAn ◊ Rp,N = 317,5 N/mm2 nach (3.53), mit Kd,p = 0,858 (s.o.),Anisotropiefaktor KAn = 1 (s.o.), Rp,N = 370 N/mm2 (s. B.2(1)), – Werkstoff-Zugfestigkeit Rm= Kd,m ◊ KAn ◊ Rm,N = 586,5 N/mm2 nach (3.52), mit Kd,m = 0,931 (s.o.), Anisotropiefaktor KAn = 1 (s.o.), Rm,N = 630 N/mm2 (s. B.2(1)). (d) Werkstoff-Druckfestigkeit sB,d und -Druckfließgrenze sF,d – entfallen (e) Werkstoff-Schubfestigkeit tB,s und -Fließgrenze tF,s – Werkstoff-Schubfließgrenze
tF,s = rt ◊ Rp = 184,1 N/mm2 nach (3.57), mit rt = 0,58 nach Abb. 3.35, Rp = 317,5 N/mm2 (s.o.), – Werkstoff-Schubfestigkeit
tB,s = rt ◊ R m = 340,2 N/mm2 nach (3.56), mit rt = 0,58 nach Abb. 3.35, Rm = 586,5 N/mm2 (s.o.). (f) Werkstoff-Warmfestigkeit Rm,T und -Warmdehngrenze Rp,T – entfallen (g) Werkstoff-Zeitstandfestigkeit Rm,Tt und -Zeitdehngrenze Rp,Tt – entfallen (h) Werkstoff-Festigkeit bei niedrigen Temperaturen – entfällt (3) Statische Bauteilfestigkeit sBK,b , sFK,b , tBK,t , tFK,t (a) Kerbformzahlen as , at – für Biegung nach Abb. 3.39e
as , b = 1 +
1 2
3
Êrˆ d r rÊ rˆ 0, 62 +11, 6 Á1 + 2 ˜ + 0, 2 Á ˜ t dË d¯ Ët¯ D
= 2, 92
752
17 Achsen und Wellen
– für Torsion nach Abb. 3.39f 1
at , t = 1 +
2
2
= 2, 03
Êrˆ d r rÊ rˆ 3, 4 + 38 Á1 + 2 ˜ + 1, 0 Á ˜ t dË d¯ Ët¯ D (b) plastische Stützzahlen npl n pl = E ◊ e ertr / R p = 5, 75 nach (3.62), mit eertr = 0,05 nach Abb. 3.38, Rp = 317,5 N/mm2 (s. B.2(2,c)). Da bleibende Verformungen nicht zugelassen werden sollen, wird nicht npl, grenz (s. unter (3.62)) voll ausgenutzt, sondern die Werte gb,red , gt,red nach Abb. 3.44 angesetzt. Daraus folgt: Biegung: npl = npl,grenz = as,b · gb, red = 3,50, mit as,b = 2,92 (s.o.) Torsion: npl = npl,grenz = at, t · gt, red = 2,44, mit at, t = 2,03 (s.o.) (c) plastische Kerbwirkungszahlen bpl, s , bpl, t – für Biegung
bpl, s , b =
as , b n pl
= 0,83
nach (3.64), mit as,b = 2,92 (s.o.) und npl = 3,50 (s.o.), – für Torsion
bpl, t , t =
at , t n pl
= 0,83
nach (3.66), mit as,b = 2,03 (s.o.) und npl = 2,44 (s.o.). (d) Konstante KNL = 1 (Faktor ausschließlich für GJL). (e) Statische Bauteilfestigkeit sBK,b , sFK,b , tBK,t , tFK,t – Bauteil – Biegefließgrenze
sFK,b = Rp ◊ KNL/bpl,s,b = 381 N/mm2 nach (3.70), mit KNL = 1 (s.o.), Rp = 317,5 N/mm2 (s. B.2(2,c)), bpl, s,b = 0,83 (s.o). – Bauteil – Torsionsfließgrenze
tFK,t = rt ◊ Rp/bpl, t,t = 221 N/mm2 nach (3.74), mit rt = 0,58 nach Abb. 3.35, Rp = 317,5 N/mm2 (s. B.2(2,c), bpl, t,t = 0,83 (s.o.). – Bauteil – Biegefestigkeit
sBK,b = Rm ◊ KNL/bpl, s,b = 704 N/mm2 nach (3.69), mit KNL/= 1 (s.o.), Rm = 586,5 N/mm2 (s. B.2(2,c)), bpl, s,b = 0,83 (s.o.).
17.8 Festigkeitsnachweis
753
– Bauteil – Torsionsfestigkeit
tBK,t = rt ◊ Rm/bpl, t ,t = 410 N/mm2 nach (3.73), mit rt = 0,58 nach Abb. 3.35, Rm = 586,5 N/mm2 (s. B.2(2,c)), bpl, t ,t = 0,83 (s.o.). (4) Nachweis der Bauteilsicherheit bei statischer Beanspruchung (a) für Einzelbeanspruchungen – gegen Fließen sFK,b SF,b = 0 = 4,3 sbmax nach (3.78), mit sFK,b = 381 N/mm2 (s. B.2(3,c)), sbmax = 89,3 N/mm2 (s. B.1(b)), tFK,t SF,t = 8 = 4,5 ttmax nach (3.82), mit tFK,t = 221 N/mm2 (s.o.), ttmax = 48,9 N/mm2 (s. B.1(b)). – gegen Bruch S B, b =
s BK, b s bmax
= 7,9
nach (3.77), mit sBK,b = 704 N/mm2 (s. B.2(3,c)), sbmax = 89,3 N/mm2 (s. B.1(b)). S B, t =
t BK, t t t max
= 8,4
nach (3.81), mit tBK,t = 408 N/mm2 (s. B.2(3,c)), ttmax = 48,9 N/mm2 (s. B.1(b)). (b) für zusammengesetzte Beanspruchung, Walzstahl ist ein duktiler Werkstoff, die Vergleichsspannung wird nach der Gestaltänderungsenergiehypothese berechnet (Abschn. 3.5.4.2). – gegen Fließen 1 = 0 SF,GEH
0002 1 2 1 2 2 + 3 rt 6 = 0,322 S6 SF,t F,b
SF,GEH =3,1 nach (3.84), mit SF,b = 4,3 und SF,t = 4,5 (s.o.). Da rt =
1
ist, Abb. 3.35, gilt mit q = 0 nach (3.90) und (3.89)
3 SF = SF,GEH = 3,1
754
17 Achsen und Wellen
– gegen Bruch 1 = 0 SB,GEH
0002 1 2 1 2 2 + 3 r t 6 = 0,175 6 SB,b SB,t
SB,GEH = 5,7 nach (3.84), mit SF,b = 7,9 und SF,t = 8,3 (s.o.). 1
ist, Abb. 3.35, gilt mit q = 0 nach (3.90) und (3.89) 3 SB = SB,GEH = 5,7 Da rt =
Die statische Beanspruchung ist zulässig, da die vorhandenen Sicherheiten größer sind als die Mindestsicherheiten nach Abb. 3.47: SFmin = 1,2; SBmin = 1,6. C Nachweis der dynamischen Sicherheit (Dauerbruch) C.1 Bauteilbeanspruchungen (Ausschlagspannungen) (a) Einzelbeanspruchung aus Nennbelastung, s. B.1(a). (b) Maßgebende dynamische Bauteilbeanspruchung nach Abschn. 1.4.5.3 (2); Ermittlung der dynamisch wirkenden Kraft- und Momentenanteile mit Hilfe des Anwendungsfaktors KA: Drehmoment Teq = (KA–1) ◊ Tnenn , Zahnkräfte Feq = KA ◊ Fwt(wr)nenn = KA ◊ Fwt(wr)nenn , Biegemoment Mbeq = KA ◊ Mb , daraus Ermittlung der Einzelbeanspruchungen: – für Biegung bzw. Torsion
s a, b = s a, b =
Mb p ◊ K a ; Wb = d 3 Wb 32 548 ◊ 103 Nmm ◊ 32 ◊ 1, 5
p ◊ (50 mm)
t a, t = (K A – 1) t a, t =
Tt ; Wt
3
Wt =
p 3 d 16
0, 5 ◊ 600 ◊ 103 Nmm ◊ 16
p ◊ (50 mm)3
= 67, 0 N/mm 2
= 12, 2 N/mm 2
(Schub-Ausschlagspannung aus Querkraft ta,s wird vernachlässigt, da d < b, s. auch (3.34)). C.2 Dynamische Bauteilfestigkeit (Rechenschritte (1) ... (6), Abschn. 3.6.1.4) (1) Werkstoff-Wechselfestigkeitskennwerte sW,zd,N und tW,s, N für Normabmessungen. Bekannt ist nur die Biegewechselfestigkeit sW,b,N = 300 N/mm2
17.8 Festigkeitsnachweis
755
(Chargenauswahl), deshalb muß im ersten Schritt sW,zd,N bestimmt werden. – Zug-Druck-Werkstoff-Wechselfestigkeit 300 N/mm 2 = = 272, 7 N/mm 2 s W, zd, N = n s (d) 1,1
s W, b, N
nach (3.97) mit s mm)0,5 · 10 ns = 1 + (G
= 1,1
Rm – aG + 00 bG · N/mm2
nach (3.104), Abb. 3.57, mit G s (d) = 2/d = 2/7,5 mm = 0,267 mm– 1 nach Abschn. 3.6.4.1c, aG = 0,5 und bG = 2700 nach Abb. 3.57, Rm = 586,5 N/mm2 (s. B.2(2,c)). – Schub-Werkstoff-Wechselfestigkeit
tW,s,N = rt ◊ sW,zd,N = 0,58 ◊ 272,7 N/mm2 = 158,2 N/mm2 nach (3.92), mit rt = 0,58 nach Abb. 3.35, sW, zd,N = 272,7 N/mm2 (s.o). (2) Wechselfestigkeits-Kennwerte für den Werkstoff im Bauteil sW, zd und tW,s (a) Technologischer Größenfaktor Kd = Kd,m = 0,931 (s. B.2(2,a)) (b) Anisotropiefaktor KAn = 1 (s. B.2(2, b)) (c) Warmwechselfestigkeit sW,zd,T , tW,s,T – entfallen (d) Wechselfestigkeiten für den Werkstoff im Bauteil sW, zd , tW,s – Zug-Druck-Wechselfestigkeit:
sW,zd = Kd ◊ KAn ◊ sW,zd,N = 253,9 N/mm2 nach (3.93), mit Kd = 0,931 (s.o.), Anisotropiefaktor KAn = 1 (s.o.), sW,zd,N = 272,7 N/mm2 (s. C.2(1)). – Schub-Wechselfestigkeit
tW,s = Kd ◊ rt ◊ sW, zd,N = 147,3 N/mm2 nach (3.94), mit Kd = 0,931 (s.o.), rt = 0,58 nach Abb. 3.35, sW,zd,N = 272,7 N/mm2 (s. C.2(1)). (3) Bauteil-Wechselfestigkeiten sWK,b , tWK,t (a) Formzahlen as,b = 2,92, at,t = 2,03 (s. unter B.2(3,a)) (b) Dynamische Stützzahlen ns , nt und (elastische) Kerbwirkungszahlen bs , bt – Bezogenes Spannungsgefälle und Stützzahlen des gekerbten Bauteils Gs (r) =
2, 3 2, 3 ◊ (1 + j ) = (1 + 0) = 2, 3 mm -1 1 mm r
n s (r) = 1 + (Gs ◊ mm)0,25 ◊ 10
Rm – aG + 00 bG · N/mm2
= 1,236
756
17 Achsen und Wellen
nach (3.105),Abb. 3.57, mit Rm = 586,5 N/mm2 (s. B.2(2,c)), aG = 0,5 und bG = 2700 nach Abb. 3.57. Gt (r) =
1,15 = 1,15 mm –1 r –
– a n t (r) = 1 + (Gt ◊ mm)0,25 ◊ 10
G
= 1,245
Rm · rt + 00 bG · N/mm2
nach (3.105),Abb. 3.57, mit Rm = 586,5 N/mm2 (s. B.2(2,c)), aG = 0,5 und bG = 2700 nach Abb. 3.57, rt = 0,58 nach Abb. 3.35. – Bezogenes Spannungsgefälle und Stützzahlen des ungekerbten Bauteils ns = 1 + G s · mm · 10
= 1,024
Rm – aG – 0,5 + 00 bG · N/mm2
nach (3.103), Abb. 3.57, mit G s (d)= 2/d = 2/50 mm = 0,04 mm– 1 nach Abschn. 3.6.4.1c, aG = 0,5 und bG = 2700 nach Abb. 3.57, Rm = 586,5 N/mm2 (s. B.2(2,c)), t · mm) · 10 nr = 1 + (G
Rm · rt – aG – 0,5 + 00 bG · N/mm2
= 1,03
nach (3.103), Abb. 3.57, mit G t (d) = 2/d = 2/50 mm = 0,04 mm– 1 nach Abschn. 3.6.4.1c; aG = 0,5 und bG = 2700 nach 3.57, Rm = 586,5 N/mm2 (s. B.2(2,c)), rt = 0,58 nach Abb. 3.35. – Kerbwirkungszahlen – für Biegung
bs , b =
as , b n s (r) ◊ n s (d)
= 2, 31
nach (3.107), mit as,b = 2,92 (s. unter 2c), ns (r) = 1,236 (s.o.), ns (d) = 1,024 (s.o.), – für Torsion at , t bt , t = =1, 58 n t (r) ◊ n t (d) nach (3.109), mit at,t = 2,03 (s. unter 2c), nt (r) = 1,245 (s.o.), nt (d) = 1,03 (s.o.). (c) Faktoren KF, s , KF, t für Oberflächenrauheit – für Biegung
Rm Rz KF, s = 1 – aF, s · lg 6 · lg 2 · 04 = 0,918 µm Rm,N, min nach (3.111), Abb. 3.58, mit aF, s = 0,22, Rm,N,min = 400 N/mm2, Rz = 6,3 µm, Rm = 586,5 N/mm2 (s. B.2(2,c)),
17.8 Festigkeitsnachweis
757
– für Torsion
Rm Rz KF, t = 1 – rt · aF, s · lg 6 · lg 2 · 04 = 0,952 µm Rm,N, min nach (3.112), Abb. 3.58, mit aF, s = 0,22, Rm,N,min = 400 N/mm2, Rz = 6,3 µm, Rm = 586,5 N/mm2 (s. B.2(2,c)), rt = 0,58 nach Abb. 3.35. (d) Faktor für Randschichtverfestigung KV = 1 nach Abb. 3.59. (e) Konstante KNL = 1 (Faktor ausschließlich für GJL) (f) Bauteil-Wechselfestigkeiten sWK,zd , tWK, t – Biege-Wechselfestigkeit:
Ê ˆ 1 – 1 ˜ = 105, 8 N/mm 2 sWK,b = sW,zd · KV · KNL / Á bs , b + KF, s ¯ Ë nach (3.118), mit KV = 1 (s.o.) KNL = 1 (s.o.), sW,zd = 253,9 N/mm2 (s. C.2(2,d)), bs,b = 2,31 (s.o.), KF, s = 0,918 (s.o.). – Torsions-Wechselfestigkeit
Ê ˆ 1 tWK,t = tW,s · KV Á bt , t + – 1 ˜ = 90, 3 N/mm 2 KF, t ¯ Ë nach (3.120), mit KV = 1 (s.o.), tW,s = 147,3 N/mm2 (s. C.2(2,d)), bt,t = 1,58 (s.o.), KF, t = 0,952. (4) Bauteil-Ausschlagfestigkeiten sAK,b , tAK,t (a) Mittelspannungsempfindlichkeit (Vorläufige Annahme: Ausschlagfestigkeit liegt im Bereich II, Abb. 3.52) Ms = 3,5 ◊ 10– 4 ◊ Rm/(N/mm2) – 0,1 = 0,1053 nach (3.123), Abb. 3.61, mit Rm = 586,5 N/mm2 (s. B.2(2,c)), Mt = rt ◊ Ms = 0,0611 nach (3.128), mit rt = 0,58 nach Abb. 3.35, Ms = 0,1053 (s.o.). (b) Überlastungsfall F2 (Abschn. 3.6.5b)) (c) Bauteil-Ausschlagfestigkeiten sAK,b , tAK,t – Biege-Ausschlagfestigkeit s WK, b s AK, b = = 105, 8 N/mm 2 sm 1 + Ms ◊ s a, b nach (3.132), Abb. 3.64, mit sWK,b = 105,8 N/mm2 (s. C.2(3,e)), sm = 0. – Torsions-Ausschlagfestigkeit t WK, t = 80, 4 N/mm 2 tAK, t = tm 1 + Mt ◊ t a, t
758
17 Achsen und Wellen
nach (3.133), mit tWK,t = 90,3 N/mm2 (s. C.2(3,e)), ta,t = 12,2 N/mm2 (s. unter 3a), tm = Tt/Wt = 24,5 N/mm2, Mt = 0,0611 (s.o.). Mit Rs = su/so = – sWK/sWK = – 1 bzw. Rt = tu/to = (tm – tAK)/(tm + tAK) = – 0,53 wurde die Annahme bestätigt, daß die Nachrechnung für den Bereich II (Abb. 3.52) mit 1 ◊ Ms (Abb. 3.62) erfolgen muß. (5) Nachweis der Bauteil-Sicherheit (Dauerbruch) (a) für Einzelbeanspruchungen SD, b =
s AK, b s a, b
= 1,6
nach (3.135), mit sAK,b = 105,8 N/mm2 (s. C.2(4,c)), sa,b = 67 N/mm2 (s. C.1(b)), SD, t =
t AK, t
= 6, 5
t a, t
nach (3.137), mit tAK,t = 80,4 N/mm2 (s. C.2(4,c)), ta,t = 12,2 N/mm2 (s. C.1(b)). (b) für zusammengesetzte Beanspruchung Walzstahl ist ein duktiler Werkstoff, die Vergleichsspannung wird nach der Gestaltänderungsenergiehypothese berechnet (Abschn. 3.5.4.2). 1 = 0 SD,GEH
00 052 1 2 1 + 3 rt2 6 = 0,644 6 SD,b SD,t
SD,GEH = 1,5 nach (3.138), mit SD,b = 1,6 und SD,t = 6,5 (s.o.). Da rt =
1
ist, Abb. 3.35, gilt mit q = 0 nach (3.90) und (3.141):
3
SD = SD, GEH = 1,5 Die dynamische Beanspruchung ist zulässig, da die vorhandene Sicherheit größer ist als die Mindestsicherheit nach Abb. 3.65: SDmin = 1,2. Beispiel 2: Festigkeitsnachweis für eine umlaufende Achse (Abb. 17.10). Gegeben: Nenn-Belastung F = 25 kN; a = 50 mm; d = 60 mm; D = 65 mm (Rohling D = 70 mm, spanend bearbeitet); r = 2,5 mm, Dauerbetrieb; Betriebstemperatur = – 20 ... + 60°C; Biegung wechselnd; zusätzlich zu berücksichtigen sind: Anwendungsfaktor KA = 1,2, Maximal-Belastung Fmax = 50 kN; Werkstoff: E295; Rauheit: Rz = 6,3 µm; große Schadensfolgen, regelmäßige Inspektion. Gesucht: Nachweis der statischen und dynamischen Festigkeit (Dauerfestigkeit) für den Querschnitt 1-1.
17.8 Festigkeitsnachweis
759
Abb. 17.10. Beispiel für eine umlaufende Radachse
Berechnet: A Nenn-Moment Nenn-Moment: Mb = F ◊ a = 1,25 ◊ 106 Nmm B Nachweis der statischen Sicherheit B.1 Bauteilbeanspruchungen (a) Einzelbeanspruchungen aus Nennbelastung
sb = sb =
Mb p ; Wb = d 3 Wb 32
1, 25 ◊ 106 Nmm ◊ 32
p ◊ (60 mm)
3
= 58, 9 N/mm 2
4 F 4 · 2,5 · 104 N ts = 3 3 = 0002 = 11,8 N/mm2 3 A 3 · p/4 · (60 mm) Der Festigkeitsnachweis erfolgt nur für Biegebeanspruchung, da sb ≈ 5 ◊ ts und beide Werte nicht überlagert wirken (für Ort mit größter Nennspannung sb gilt: ts = 0; bzw. umgekehrt). (b) Maßgebende Bauteilbeanspruchung nach Abschn. 1.4.5.2 Größtes bei Normalbetrieb wirkendes Biegemoment aus Maximal-Kraft Mbmax = Mbnenn ◊ Fmax/Fnenn = 2,5 ◊ 106 Nmm bzw. daraus resultierende Maximal-Biegespannung sbmax = sbnenn ◊ Fmax/Fnenn = 117,9 N/mm2. B.2 Statische Bauteilfestigkeit (Rechenschritte (1) ... (4), Abschn. 3.5b) (1) Statische Werkstoff-Festigkeitskennwerte für Normabmessungen für E295, Rm,N = 490 N/mm2, Rp,N = 295 N/mm2 nach Abb. 5.10. (2) Statische Festigkeitswerte für den Werkstoff im Bauteil, Abschn. 3.5.2.
760
17 Achsen und Wellen
(a) Technologischer Größenfaktor – Technologischer Größenfaktor Kd,p Kd, p =
1 – 0, 7686 a d , p lg (d eff / 7, 5 mm) 1 – 0, 7686 a d , p lg (d eff , N, p / 7, 5 mm)
= 0, 932
nach (3.54B), Abb. 3.33, mit ad,p = 0,3, deff = d = 70 mm, deff,N,p = 40 mm, – Technonlogischer Größenfaktor Kd,m Kd, m =
1 – 0, 7686 a d , m lg (d eff / 7, 5 mm) 1 – 0, 7686 a d , m lg (d eff , N, m / 7, 5 mm)
= 0, 969
nach (3.54B), Abb. 3.33, mit ad,m = 0,15, deff = d = 70 mm, deff,N,N = 40 mm. (b) Anisotropiefaktor KAn = 1. (c) Werkstoff-Zugfestigkeit Rm und -Fließgrenze Rp – Werkstoff – Fließgrenze Rp = Kd,p ◊ KAn ◊ Rp, N = 274,9 N/mm2 nach (3.53), mit Kd,p = 0,932 (s.o.), Anisotropiefaktor KAn = 1 (s.o.), Rp,N = 295 N/mm2 (s. B.2(1)), – Werkstoff-Zugfestigkeit Rm = Kd,m ◊ KAn ◊ Rm,N = 474,8 N/mm2 nach (3.52), mit Kd,m = 0,969 (s. o.), Anisotropiefaktor KAn = 1 (s.o.), Rm,N = 490 N/mm2 (s. B.2(1)). (3) Statische Bauteilfestigkeit sBK,b , sFK,b (a) Kerbformzahl as – nach Abb. 3.39e 1
as , b = 1 +
2
3
= 2 , 46
Êrˆ d r rÊ rˆ 0, 62 +11, 6 Á 1 + 2 ˜ + 0, 2 Á ˜ t dË d¯ Ët¯ D (b) plastische Stützzahl npl n pl = E ◊ e ertr / R p = 6,18 nach (3.62), mit eertr = 0,05 nach Abb. 3.38, Rp = 274,9 N/mm2 (s. B.2(2,c)), E = 2,1 · 105 N/mm2. Da bleibende Verformungen nicht zugelassen werden sollen, wird npl,grenz (s. unter (3.62)) nicht voll ausgenutzt, sondern die Werte nach Abb. 3.44 angesetzt. Daraus folgt: npl = npl,grenz = as,b · gb, red = 2,95, mit as,b = 2,46 (s.o.).
17.8 Festigkeitsnachweis
761
(c) plastische Kerbwirkungszahl bpl, s
bpl,s , b =
as , b
= 0,833
n pl
nach (3.64), mit as,b = 2,46 (s.o.) und npl = 2,95 (s.o.). (d) Konstante KNL = 1 (Faktor ausschließlich für GJL). (e) Statische Bauteilfestigkeit sBK,b , sFK,b – Biegefließgrenze
sFK,b = Rp ◊ KNL/bpl, s,b = 330 N/mm2 nach (3.70), mit KNL = 1 (s.o.), Rp = 274,9 N/mm2 (s. B.2(2,c)), bpl, s,b = 0,833 (s.o.). – Bauteil – Biegefestigkeit
sBK,b = Rm ◊ KNL/bpl, s, b = 570 N/mm2 nach (3.69), mit KNL = 1 (s.o.), Rm = 474,8 N/mm2 (s. B.2(2,c)), bpl, s,b = 0,833 (s.o.). (4) Nachweis der Bauteilsicherheit bei statischer Beanspruchung (a) für Einzelbeanspruchungen – gegen Fließen SF, b =
s FK, b s b max
=2,8
nach (3.78), mit sFK,b = 330 N/mm2 (s. B.2(3,c)), sbmax = 117,9 N/mm2 (s. B.1(b)), – gegen Bruch S B, b =
s BK, b s bmax
= 4,8
nach (3.77), mit sBK,b = 570 N/mm2 (s. B.2(3,c)), sbmax = 117,9 N/mm2 (s. B.1(b)). Die statische Beanspruchung ist zulässig, da die vorhandenen Sicherheiten größer sind als die Mindestsicherheiten nach Abb. 3.47: SFmin = 1,35, SBmin = 1,8. C Nachweis der dynamischen Sicherheit (Dauerbruch) C.1 Bauteilbeanspruchungen (Ausschlagspannungen) (a) Einzelbeanspruchung aus Nennbelastung, s. B.1(a). (b) Maßgebende dynamische Bauteilbeanspruchung nach Abschn. 1.4.5.3 (2); Ermittlung des dynamisch wirkenden Biegemoments mit Hilfe des Anwendungsfaktors KA: Mb eq = KA ◊ Mb , daraus Ermittlung der Biegeausschlagspannung: sa,b = Mb ◊ KA/Wb = 70,7 N/mm2.
762
17 Achsen und Wellen
C.2 Dynamische Bauteilfestigkeit (Rechenschritte (1) ... (6), Abschn. 3.6.1.4) (1) Werkstoff-Wechselfestigkeitkennwerte sW,zd,N und tW, s,N für Normabmessungen. Bekannt ist nur die Biegewechselfestigkeit sW,b,N = 240 N/mm2 (Abb. 5.10), deshalb muß im ersten Schritt sW, zd, N bestimmt werden. – Zug-Druck-Werkstoff-Wechselfestigkeit
s W, zd, N =
s W, b, N n s (d)
=
240 N/mm 2 = 216, 4 N/mm 2 1,109
nach (3.97) mit n s = 1 + (Gs mm)0,5 ◊ 10
Rm – aG + 00 bG · N/mm2
= 1,109
nach (3.104),Abb. 3.57, mit G s (d)= 2/d = 2/7,5 mm = 0,267 mm– 1 nach Abschn. 3.6.4.1c, aG = 0,5 und bG = 2700 nach Abb. 3.57, Rm = 474,8 N/mm2 (s. B.2(2,c)). (2) Wechselfestigkeits-Kennwerte für den Werkstoff im Bauteil sW, zd und tW,s (a) Technologischer Größenfaktor Kd = Kd,m = 0,969 (s. B.2(2,a)) (b) Anisotropiefaktor KAn = 1 (s. B.2(2,b)) (c) Warmwechselfestigkeit sW,zd,T – entfällt (d) Wechselfestigkeiten für den Werkstoff im Bauteil sW,zd – Zug-Druck-Wechselfestigkeit:
sW,zd = Kd ◊ KAn ◊ sW,zd,N = 209,7 N/mm2 nach (3.93), mit Kd,m = 0,969 (s.o.),Anisotropiefaktor KAn = 1 (s.o.), sW, zd, N = 216,4 N/mm2 (s. C.2(1)). (3) Bauteil-Wechselfestigkeiten sWK,zd (a) Formzahlen as,b = 2,46 (s. unter B.2(3,a)) (b) Dynamische Stützzahl ns und (elastische) Kerbwirkungszahl bs – Bezogenes Spannungsgefälle und Stützzahlen des gekerbten Bauteils Gs (r) =
2, 3 2, 3 ◊ (1 + j ) = (1 + 0,167) = 1, 073 mm –1 r 2, 5 mm
n s (r) = 1 + (Gs ◊ mm)0,25 ◊ 10
= 1,215
Rm – aG + 00 bG · N/mm2
nach (3.105),Abb. 3.57, mit Rm = 474,8 N/mm2 (s. B.2(2,c)), aG = 0,5 und bG = 2700 nach Abb. 3.57. – Bezogenes Spannungsgefälle und Stützzahlen des ungekerbten Bauteils – a s mm ◊ 10 ns = 1 + G
G
= 1,022
Rm – 0,5 + 00 bG · N/mm2
17.8 Festigkeitsnachweis
763
nach (3.103), Abb. 3.57, mit G s (d)= 2/d = 2/60 mm = 0,033 mm– 1 nach Abschn. 3.6.4.1c, aG = 0,5 und bG = 2700 nach Abb. 3.57, Rm = 474,8 N/mm2 (s. B.2(2,c)). – Kerbwirkungszahl as , b bs , b = =1, 98 n s (r) ◊ n s (d) nach (3.107), mit as,b = 2,46 (s. unter 2c), ns (r) = 1,215 (s.o.), ns (d) = 1,024 (s.o.). (c) Faktor KF, s für Oberflächenrauheit – für Biegung
Rm Rz KF, s = 1 – aF, s · lg 6 · lg 2 · 04 = 0,934 µm Rm,N, min nach (3.111), Abb. 3.58, mit aF, s = 0,22, Rm,N,min = 400 N/mm2, Rz = 6,3 µm, Rm = 474,8 N/mm2 (s. B.2(2,c)). (d) Faktor für Randschichtverfestigung KV = 1 nach Abb. 3.59. (f) Bauteil-Wechselfestigkeit sWK,b – Biege-Wechselfestigkeit:
Ê ˆ 1 sWK,b = sW,zd · KV · KNL Á bs , b + – 1 ˜ = 102, 2 N/mm 2 KF, s ¯ Ë nach (3.118), mit KV = 1 (s.o.) KNL = 1 (s.o.), sW,zd = 209,7 N/mm2 (s. C.2(2,d)), bs,b = 1,98 (s.o.), KF, s = 0,934 (s.o.). (4) Bauteil-Ausschlagfestigkeiten sAK,b = sWK,b (sm = 0) (5) Nachweis der Bauteil-Sicherheit (Dauerbruch) (a) für Einzelbeanspruchungen SD, b =
s AK, b s a, b
= 1, 4
nach (3.135), mit sAK,b = sWK,b = 102,2 N/mm2 (s. C.2(3,f)), sa,b = 70,7 N/mm2 (s. C.1(b)), Die dynamische Beanspruchung ist zulässig, da die vorhandene Sicherheit größer ist als die Mindestsicherheit nach Abb. 3.65: SDmin = 1,35. Beispiel 3: Festigkeitsnachweis für eine stillstehende Achse (Abb. 17.11). Gegeben: Nenn-Belastung (statische Grundlast) F = 12 kN; a = 50 mm; b = 36 mm; d = 30 mm; Dauerbetrieb; Betriebstemperatur = –20 ... + 60°C; Biegung entsprechend Abschn. 17.6 schwellend angenommen; zusätzlich zu berücksichtigen sind: Anwendungsfaktor KA = 1,2; Maximal-Belastung Fmax = 22 kN; Werkstoff: E295 mit Rm,N = 490 N/mm2, Rp,N = 295 N/mm2 nach Abb. 5.10; Rauheit: Rz = 6,3 µm; große Schadensfolgen, keine regelmäßige Inspektion.
764
17 Achsen und Wellen Abb. 17.11. Beispiel für eine stillstehende Radachse
Gesucht: Nachweis der statischen und dynamischen Festigkeit (Dauerfestigkeit) für den Querschnitt 1-1 und der Flächenpressung in den Auflagern. Berechnet: A Nenn-Moment Nenn-Moment: Mb = F/2 ◊ a/2 = 1,5 ◊ 105 Nmm B Nachweis der statischen Sicherheit B.1 Bauteilbeanspruchungen (a) Einzelbeanspruchungen aus Nennbelastung
sb =
sb =
Mb ; Wb
Wb =
p 3 d 32
1, 5 ◊ 105 Nmm ◊ 32
p ◊ (30 mm)
3
= 56, 6 N/mm 2
4 F 4 · 1,2 · 104 N ts = 3 7 = 00052 = 11,3 N/mm2 3 2 · A 3 · 2 · p/4 · (30 mm) Der Festigkeitsnachweis erfolgt nur für Biegebeanspruchung, da sb ≈ 5 ◊ ts und beide Werte nicht überlagert wirken (für Ort mit größter Nennspannung sb gilt: ts = 0; bzw. umgekehrt). (b) Maßgebende Bauteilbeanspruchung nach Abschn. 1.4.5.2 Größtes bei Normalbetrieb wirkendes Biegemoment aus Maximal-Kraft Mbmax = Mbnenn ◊ Fmax/Fnenn = 2,75 ◊ 105 Nmm bzw. daraus resultierende Maximal-Biegespannung sbmax = sbnenn ◊ Fmax/Fnenn = 103,7 N/mm2.
17.8 Festigkeitsnachweis
765
B.2 Statische Bauteilfestigkeit (Rechenschritte (1) ... (4), Abschn. 3.5b) (1) Statische Werkstoff-Festigkeitskennwerte für Normabmessungen für E295, Rm,N = 490 N/mm2, Rp,N = 295 N/mm2 nach Abb. 5.10. (2) Statische Festigkeitswerte für den Werkstoff im Bauteil, Abschn. 3.5.2. (a) Technologischer Größenfaktor Kd,p = Kd,m = 1, nach (3.54A), Abb. 3.33, deff = d = 30 mm, deff,N,p = deff,N,m = 40 mm. (b) Anisotropiefaktor KAn = 1. (c) Werkstoff-Zugfestigkeit Rm und -Fließgrenze Rp – Werkstoff – Fließgrenze Rp = Kd,p ◊ KAn ◊ Rp,N = 295 N/mm2 nach (3.53), mit Kd,p = 1 (s.o.), Anisotropiefaktor KAn = 1 (s.o.), Rp,N = 295 N/mm2 (s. B.2(1)), – Werkstoff-Zugfestigkeit Rm = Kd,m ◊ KAn ◊ Rm,N = 490 N/mm2 nach (3.52), mit Kd, m = 1 (s.o.), Anisotropiefaktor KAn = 1 (s.o.), Rm, N = 490 N/mm2 (s. B.2(1)). (3) Statische Bauteilfestigkeiten sBK,b , sFK,b (a) Kerbformzahl as = 1 (ungekerbt) (b) plastische Stützzahl npl n pl = E ◊ e ertr / R p = 5,97 nach (3.62), mit eertr = 0,05 nach Abb. 3.38, Rp = 295 N/mm2 (s. B.2(2,c)). Da bleibende Verformungen nicht zugelassen werden sollen, wird nicht npl, grenz (s. unter (3.62)) voll ausgenutzt, sondern die Werte nach Abb. 3.44 angesetzt. Daraus folgt: npl = npl,grenz = as,b · gb,red = 1,2 mit as,b = 1 (s.o.). (c) plastische Kerbwirkungszahl bpl,s, b .
bpl,s , b =
as , b n pl
= 0,833
nach (3.64), mit as, b = 1 (s.o.) und npl = 1,2 (s.o.). (d) Konstante KNL = 1 (Faktor ausschließlich für GJL) (e) Statische Bauteilfestigkeit sBK,b , sFK,b – Bauteil – Biegefließgrenze
sFK,b = Rp ◊ KNL/bpl, s,b = 354 N/mm2 nach (3.70), mit KNL = 1 (s.o.), Rp = 295 N/mm2 (s. B.2(2,c)), bpl,s,b = 0,833 (s.o.).
766
17 Achsen und Wellen
– Bauteil – Biegefestigkeit
sBK,b = Rm ◊ KNL/bpl, s,b = 588 N/mm2 nach (3.69), mit KNL = 1 (s.o.), Rm = 490 N/mm2 (s. B.2(2,c)), bpl, s,b = 0,833 (s.o.). (4) Nachweis der Bauteilsicherheit bei statischer Beanspruchung (a) für Einzelbeanspruchungen – gegen Fließen SF, b =
s FK, b s b max
= 3,4
nach (3.78), mit sFK,b = 354 N/mm2 (s. B.2(3,c)), sbmax = 103,7 N/mm2 (s. B.1(b)), – gegen Bruch s BK, b S B, b = = 5,7 s b max nach (3.77), mit sBK,b = 588 N/mm2 (s. B.2(3,c)), sbmax = 103,7 N/mm2 (s. B.1(b)). Die statische Beanspruchung ist zulässig, da die vorhandenen Sicherheiten größer sind als die Mindestsicherheiten nach Abb. 3.47: SFmin = 1,35, SBmin = 1,8. C Nachweis der dynamischen Sicherheit (Dauerbruch) C.1 Bauteilbeanspruchungen (Ausschlagspannungen) (a) Einzelbeanspruchung aus Nennbelastung, s. B.1(a). (b) Maßgebende dynamische Bauteilbeanspruchung nach Abschn. 1.5.4.3 (2); Ermittlung des dynamisch wirkenden Biegemoments mit Hilfe des Anwendungsfaktors KA: Mbeq = KA ◊ Mb , daraus Ermittlung der Biegeausschlagspannung: sa,b = Mb ◊ KA/(2 ◊ Wb) = 33,95 N/mm2. C.2 Dynamische Bauteilfestigkeit (Rechenschritte (1) ... (6), Abschn. 3.6.1.4) (1) Werkstoff-Wechselfestigkeitkennwerte sW,zd, N und tW, s, N für Normabmessungen. Bekannt ist nur die Biegewechselfestigkeit sW, b, N = 240 N/mm2 (Abb. 5.10), deshalb muß im ersten Schritt sW,zd,N bestimmt werden. – Zug-Druck-Werkstoff-Wechselfestigkeit
s W, zd, N =
s W, b, N n s (d)
=
240 N/mm 2 = 216, 4 N/mm 2 1,109
nach (3.97) mit s mm)0,5 ◊ 10 ns = 1 + (G
= 1,109
Rm – aG + 00 bG · N/mm2
nach (3.104), Abb. 3.57, mit G s (d)= 2/d = 2/7,5 mm = 0,267 mm– 1 nach Abschn. 3.6.4.1 c, aG = 0,5 und bG = 2700 nach Abb. 3.57, Rm = 490 N/mm2 (s. B.2(2, c)).
17.8 Festigkeitsnachweis
767
(2) Wechselfestigkeits-Kennwerte für den Werkstoff im Bauteil sW, zd und tW,s (a) Technologischer Größenfaktor Kd = Kd,m = 1 (s. B.2(2,a)) (b) Anisotropiefaktor KAn = 1 (s. B.2(2,b)) (c) Warmwechselfestigkeit sW,zd,T – entfällt (d) Wechselfestigkeiten für den Werkstoff im Bauteil sW,zd – Zug-Druck-Wechselfestigkeit:
sW,zd = Kd ◊ KAn ◊ sW,zd,N = 216,4 N/mm2 nach (3.93), mit Kd,m = 1 (s.o.), Anisotropiefaktor KAn = 1 (s.o.), sW, zd, N = 216,4 N/mm2 (s. C.2(1)). (3) Bauteil-Wechselfestigkeiten sWK,zd (a) Formzahlen as,b = 2,46 (s. unter B.2(3, a)) (b) Dynamische Stützzahl ns und (elastische) Kerbwirkungszahl bs – Bezogenes Spannungsgefälle und Stützzahlen des ungekerbten Bauteils – a nG (d) = 1 + G s (d) mm ◊ 10
G
= 1,044
Rm – 0,5 + 00 bG · N/mm2
nach (3.103), Abb. 3.57, mit G s (d)= 2/d = 2/30 mm = 0,067 mm– 1 nach Abschn. 3.6.4.1 c, aG = 0,5 und bG = 2700 nach Abb. 3.57, Rm = 490 N/mm2 (s. B.2(2, c)). – Kerbwirkungszahl
bs , b =
as , b n s (r) ◊ n s (d)
= 0, 96
nach (3.107), mit as,b = 1 (s. unter 2c), ns (r) = 1,0 (ungekerbt), ns (d) = 1,044 (s.o.). (c) Faktor KF, s für Oberflächenrauheit – für Biegung
Rm Rz KF, s = 1 – aF, s · lg 6 · lg 2 · 04 = 0,932 µm Rm,N, min nach (3.111), Abb. 3.58, mit aF, s = 0,22, Rm,N,min = 400 N/mm2, Rz = 6,3 µm, Rm = 490 N/mm2 (s. B.2(2,c)). (d) Faktor für Randschichtverfestigung KV = 1 nach Abb. 3.59. (e) Bauteil-Wechselfestigkeit sWK,b – Biege-Wechselfestigkeit:
Ê ˆ 1 – 1 ˜ = 209, 5 N/mm 2 sWK,b = sW,zd · KV · KNL Á bs , b + KF, s ¯ Ë nach (3.118), mit KV = 1 (s.o.) KNL = 1 (s.o.), sW,zd = 216,4 N/mm2 (s. C.2(2, d)), bs,b = 0,96 (s.o.), KF, s = 0,932 (s.o.).
768
17 Achsen und Wellen
(4) Bauteil-Ausschlagfestigkeiten sAK,b (a) Mittelspannungsempfindlichkeit (Ausschlagfestigkeit liegt im Bereich II, schwellende Beanspruchung, Abb. 3.52) Ms = 3,5 ◊ 10– 4 ◊ Rm/(N/mm2) – 0,1 = 0,0715 nach (3.123), Abb. 3.61, mit Rm = 490 N/mm2 (s. B.2(2,c)). (b) Überlastungsfall F1 (Abschn. 3.6.5b)) (c) Bauteil-Ausschlagfestigkeit sAK,b – Biege-Ausschlagfestigkeit
sWK,b sAK,b = 02 = 195,5 N/mm2 1 + Ms nach (3.132), Abb. 3.64, mit sWK,b = 209,5 N/mm2 (s. C.2(3,e)), Ms = 0,0715 N/mm2 (s.o.), (sm,b = sa,b). (5) Nachweis der Bauteil-Sicherheit (Dauerbruch) (a) für Einzelbeanspruchungen SD, b =
s AK, b s a, b
= 5, 7
nach (3.135), mit sAK,b = 195,5 N/mm2 (s. C.2(4,c)), sa,b = 33,95 N/mm2 (s. C.1(b)). Die dynamische Beanspruchung ist zulässig, da die vorhandene Sicherheit größer ist als die Mindestsicherheit nach Abb. 3.65: SDmin = 1,35. D Nachweis der Flächenpressung in den Auflagern Flächenpressung (nach Abschn. 3.3.3.3) 2, 2 ◊ 104 N Fmax Fmax p= = = = 9, 9 N/mm 2 . 2 ◊ A 2 ◊ d ◊ b 2 ◊ 30 mm ◊ 37 mm Für Werkstoffpaarung Stahl/Bronze: pzul = 10,0 N/mm2 nach Abb. 11.17; die vorhandene Flächenpressung ist zulässig.
17.9 Nachweis der elastischen Verformung Grenzwerte für die elastische Verformung ergeben sich aus folgenden Anforderungen, die häufig maßgebend sind für die Dimensionierung der Welle: Führungsgenauigkeit: Beispielsweise muß die Durchbiegung aus Eigengewicht des Rotors bei Elektromotoren (Abschn. 17.7.1) und Turbinen begrenzt werden, um Berührung mit dem Stator sicher zu vermeiden; die Neigung einer Getriebewelle beeinflußt die Lastverteilung über die Zahnbreite; Werkzeugmaschinen-Wellen (genannt ,,Spindeln“) dürfen unter
17.9 Nachweis der elastischen Verformung
769
der Wirkung einer Schnittkraft nur wenig ausweichen; Steuerwellen dürfen sich nur geringförmig verdrehen, um Steuerbewegungen genau zu übertragen; die Verdrillung von Kran-Fahrwerkswellen muß begrenzt werden, um Gleichlauf der Laufräder zu erreichen. Anforderungen der Lager: Die Neigung der Wellen im Gleitlager kann zu überhöhter Kantenpressung führen; hohe Steifigkeit begünstigt die Ausbildung eines stabilen Schmierfilms. Manche Wälzlager sind empfindlich gegen Schiefstellung der Wälzkörper, insbesondere Zylinderrollenlager. Steifigkeit, Schwingungsverhalten: Werkzeugspindeln müssen auch deswegen steif ausgebildet werden, um Ratterschwingungen zu vermeiden; ferner: hohe Steifigkeit bedeutet hohe Eigenfrequenz (Abschn. 17.10), d.h. bei biege- bzw. drehsteifen Wellen liegt die Resonanzdrehzahl hoch, z.B. weit oberhalb des Betriebsbereichs. – Bei schnellaufenden Turbinenwellen muß die Steifigkeit so gewählt werden, daß die Betriebsdrehzahl nicht (auch nicht in der Nähe) von Resonanzdrehzahlen liegt. 17.9.1 Durchbiegung und Neigung
Man schneidet die Welle zunächst – gedanklich – an der Stelle, wo man die Durchbiegung bestimmen will, in zwei Hälften, die – jede für sich – als eingespannte Träger behandelt werden. Für jeden Abschnitt des linken Trägers (in Abb. 17.12) beträgt die Durchbiegung (Neigung) gegenüber dem vorhergehenden Wellenabschnitt: 3 2 – l 3x FA l12 – l 2x FA l12 ; bx = fx = ◊ · . I bx I bx 3E 2E
(17.1), (17.2)
Summiert man die Durchbiegungen (Neigungen) zwischen der Einspannstelle und dem Kraftangriff FA , so ergibt sich die Verschiebung des Auflagers A: fA =
3 3 3 3 3 ˆ – l11 – l12 FA Ê l11 l12 l13 , + + 3 E ÁË I b11 I b12 I b13 ˜¯
(17.3)
2 2 2 2 2 ˆ FA Ê l11 l12 – l11 l13 – l12 . + + I b12 I b13 ˜¯ 2 E ÁË I b1
(17.4)
bA =
Für die Vollwelle aus Stahl (Ib = p ◊ d4/64; E = 2,1 ◊ 105 N/mm2) ergibt sich: Ê l3 l3 – l3 l3 – l3 ˆ fA = 3,23 · 10–5 mm2/N · FA Á 11 + 12 11 + 13 12 ˜ , 4 4 4 d12 d13 Ë d11 ¯
(17.5)
Ê l2 l2 – l2 l2 – l2 ˆ bA = 4,85 · 10–5 mm2/N · FA Á 114 + 12 4 11 + 13 4 12 ˜ . d12 d13 ¯ Ë d11
(17.6)
In gleicher Weise ist für den rechten Träger vorzugehen, bestimmt werden so fB und bB .
770
17 Achsen und Wellen
Abb. 17.12a–c. Zur Berechnung der Verformung einer Welle, a belastete Welle, b Durchbiegung f, Neigungswinkel b, c Biegelinien-Tangentenwinkel a bei gleicher Höhe der Lager A und B
Damit ergibt sich unter der Kraft F nach Abb. 17.12: – Durchbiegung in Richtung der Kraft: fB – fA f = fA + 0 l/l13
(17.7)
– Neigungswinkel der Tangente an die Biegelinie: f A – fB , l Neigungswinkel des Zapfens in Lager A:
a=
(17.8)
bLA = bA – a ,
(17.9)
Neigungswinkel des Zapfens in Lager B:
bLB = bB + a .
(17.10)
Diese Vorgehensweise läßt sich sinngemäß auf beliebig abgestufte Achsen/Wellen übertragen, s. Beispiel 4.
17.9 Nachweis der elastischen Verformung
Belastungsfall
Durchbiegung fA , Neigungswinkel A
x x F I12 I13 – I12 fA = K1 · 3 5 + 03 + bA · l0 E I12 I13 y F l 12 l y13 – l y12 bA = K2 · 3 5 + 03 E I12 I13
1)
2)
x x x x x F l11 – l x0 l12 – l11 l13 – l12 fA = K1 · 3 02 + 03 + 03 – bA · l0 E I11 I12 I13
y
y y y F l y11 – l 0 l12 – l 11 l y13 – l 12 bA = K2 · 3 02 + 03 + 03 E I11 I12 I13
1), 2)
771
1)
2)
Bei Belastung durch eine Radialkraft F = Fr (Fa = 0) gilt: K1 = 1–3 , K2 = 1–2 , x = 3, y = 2; bei Belastung durch eine Axialkraft F = Fa (Fr = 0) gilt: K1 = –r3 , K2 = –r2 , K2 = r, x = 2, y = 1.
Abb. 17.13. Achsen- und Wellenverformungen an der Lagerstelle A
Wellen ohne Führungsfunktionen, Landmaschinen: fzul/l = 0,5 · 10–3 Wellen im allgemeinen Maschinenbau: fzul/l = 0,3 · 10–3 Wellen in Werkzeugmaschinen: fzul/l = 0,2 · 10–3 Wellen von Elektromotoren: fzul < (0,2 . . . 0,3) · Luftspalt Wellen von Drehstrommotoren kleiner bis mittlerer Leistung: fzul = 0,3 . . . 0,5 mm Wellen von Fahrantrieben für Laufkrane, Portale, Ladebrücken: Abstand zwischen d (d in mm) Lagern (in mm) = (300 . . . 400) ·
Abb. 17.14. Anhaltswerte für zulässige Durchbiegungen fzul/l (mit l = Abstand zwischen den Lagern)
Bei mehreren äußeren Kräften sind die Durchbiegungen und Neigungen für jede Kraft separat zu ermitteln und zum Schluß vorzeichengerecht aufzusummieren. Berechnungsgleichungen für verschiedene Kraftangriffe s. Abb. 17.13. Anhaltswerte für zulässige Durchbiegung und zulässige Biegewinkel s. Abb. 17.14, 17.15. Beispiel 4: Verformung einer Getriebewelle (Abb. 17.12) Gegeben: d11 = 35 mm; d12 = 40 mm; d21 = 35 mm; d22 = 40 mm; d13 = d23 = 50 mm; l11 = 20 mm; l12 = 100 mm; l13 = 130 mm; l21 = 20 mm; l22 = 60 mm; l23 = 90 mm; l = l12 + l23 = 220 mm; Maximalbelastung Fmax = 3,0 kN; Werkstoff C35E; Lagerung: Gleitlager mit festen Lagerschalen, Anwendungsgebiet: allg. Maschinenbau.
772
17 Achsen und Wellen
Wälzlager (Rollenlager): bL = 3 · 10–4 Wälzlager (Rillenkugellager): bL = 0,6 . . . 3 · 10–3 Gleitlager mit festen Lagerschalen: bL = 3 · 10–4 Gleitlager mit einstellbaren Lagerschalen: bL = 1 · 10–3 Zahnradgetriebe: schnellaufende Leistungsgetriebe: bL = 1 · 10–4 Fördertechnikgetriebe [17.3-2] (Modul m ≤ 5 oder Zahnbreite 6 ≤ 50 mm, DIN-Qualität ≤ 7) : bL = 4 · 10–4 (Modul m > 5 oder Zahnbreite 6 > 50 mm, DIN-Qualität > 7) : bL = 1,5 · 10–3
Abb. 17.15. Anhaltswerte für zulässige Neigungs(Biege)winkel bL (tan bL ≈ bL)
Gesucht: Vertikale Verschiebung des Kraftangriffspunktes f und Neigungswinkel der Zapfen in den Lagern bLA und bLB für Maximalbelastung (vernachlässigt wird der Einfluß des Zahnradgewichts auf die Wellenverformung im Bereich 3 (d13, d23)). Berechnet: Hinweis: Es wird mit F und den entsprechenden Lagerreaktionen FA und FB gerechnet (die räumliche Lage dieser Kräfte ist aus den Vektordarstellungen in Abb. 17.12a ersichtlich (häufig ist es vorteilhaft – z.B. bei mehreren, beliebig angeordneten äußeren Kräften – die Kräfte in zwei Ebenen zu zerlegen und anschließend zu überlagern, s. etwa Beispiel 1 in Abschn. 17.8.2. – Man geht schrittweise wie folgt vor: (1) Lagerkräfte nach Abschn. 20.5.6, Tafel 20/9 [17.3-3]. l 23 = 1227, 3 N , l . FB = F – FA =1772, 7 N .
FA = F
(2) Trägheitsmomente nach Abb. 3.9. I=
p d4 , 64
I11 = I21 = 73662 mm4; I12 = I22 = 125664 mm4; I13 = I23 = 306796 mm4. (3) Verschiebung der Auflager A und B nach (17.3) fA =
3 3 3 3 3 ˆ – l11 – l12 FA Ê l11 l12 l13 + + = 23, 2 ◊ 10–3 mm , 3 E ÁË I11 I12 I13 ˜¯
fB =
FB Ê l 321 l 322 – l 321 l 323 – l 322 ˆ + + = 9, 67 ◊ 10–3 mm . 3 E ÁË I 21 I 22 I 23 ˜¯
(4) Durchbiegung der Welle unter der Kraft F nach (17.7) fF = f A +
fB – f A = 15, 2 ◊ 10–3 mm . 1 /113
17.10 Schwingungsverhalten
773
(5) Neigungswinkel der Lagerzapfen nach (17.4)
2 2 FA l211 l12 – l211 l13 – l212 bA = 6 4 + 01 + 01 = 0,30 · 10–3 , I12 I13 2 E I11 2 – l2 2 – l2 FB l221 l22 l23 21 22 bB = 6 4 + 01 + 01 = 0,19 · 10–3 . I22 I23 2 E I21
(6) Neigungswinkel der Tangente an die Biegelinie nach (17.8)
a=
f A – fB = 0, 0615 ◊ 10–3 . l
(7) Neigungswinkel der Zapfen in den Lagern nach (17.9) und (12.10)
bLA = bA – a = 0,238 ◊ 10–3 , bLB = bB – a = 0,251 ◊ 10–3 . Die Verformungen sind zulässig, da sie kleiner sind als die Anhaltswerte nach Abb. 17.14: bzul = 3 ◊ 104 bzw. Abb. 17.13: fzul = 0,3 ◊ 103 ◊ l = 66 ◊ 10– 3. 17.9.2 Torsion
Mit den Beziehungen in Abb. 3.15 ergibt sich der Drehwinkel j für den zylindrischen Drehstab gegenüber dem vorhergehenden Wellenabschnitt. Bei einer abgesetzten Welle summieren sich die Drehwinkel der Teilabschnitte; damit gilt:
j=
ˆ T Ê 11 12 + +◊◊◊ ˜ , Á G Ë I t1 I t 2 ¯
(17.11)
bzw. mit It = p ◊ d4/32
j=
ˆ T ◊ 32 Ê 11 12 + 4 +◊◊◊ ˜ . Á 4 G ◊ p Ë d1 d 2 ¯
(17.12)
Mit Schiebe- oder Übergangssitz aufgesetzte Naben haben keinen Einfluß auf die Drehsteifigkeit der Welle.
17.10 Schwingungsverhalten Je nach Anwendungsgebiet wird ein mehr oder minder schwingungs(und geräusch-)armer Lauf gefordert. Insbesondere bei schnellaufenden Wellen und Achsen kann dieses Kriterium maßgebend sein für die Dimensionierung; der Gesichtspunkt der Festigkeit ist dann u.U. nicht mehr maßgebend. Kennwerte: Eigenfrequenz: Umlaufende Achsen reagieren biegeelastisch; Wellen biege- und drehelastisch. Mit der Masse der aufgesetzten Scheiben, Räder
774
17 Achsen und Wellen
usw. bilden sie ein schwingungsfähiges System. Umlaufende Achsen und Wellen führen infolgedessen (gedämpfte) Biegeschwingungen mit ihrer Eigenfrequenz aus, wenn sie durch Querkräfte angestoßen werden,Wellen schwingen ferner mit ihrer Dreh-Eigenfrequenz, wenn sie durch Drehmomentstöße ausgelenkt werden. Erregerfrequenz Biegeschwingungen: Der Schwerpunkt der umlaufenden Massen fällt infolge unvermeidlicher Fertigungsabweichungen nicht exakt in die Biegelinie. Diese sogenannte Unwucht bewirkt radiale Fliehkraftimpulse mit der Drehfrequenz, die entsprechend Biegeschwingungen anregen. Drehschwingungen: Von der Kraftmaschine und/oder Arbeitsmaschine (insbesondere Kolbenmaschinen) können periodisch wirkende Drehmomentimpulse in die Welle einleiten, die Drehschwingungen anregen. Auch bei elektrischen Maschinen können – durch Klemmenkurzschluß und Fehlsynchronisierung – große Erregerdrehmomente ausgelöst werden. Resonanz: Kommt die Erregerfrequenz in die Nähe der Eigenfrequenz, können die Schwingamplituden gefährlich anwachsen. Die Welle läuft dann unruhig, die Bruchgefahr wächst, die hohen Schwingungskräfte werden auf Lager, Gehäuse und Fundamente übertragen. – Um diesen Zustand zu vermeiden, muß man die Achse/Welle biege- bzw. torsionssteif ausbilden (die ,,kritische Drehzahl“ verschiebt sich dadurch zu höheren Werten). Bei den meisten Anwendungen im Maschinenbau kann man so erreichen, daß die Betriebsdrehzahl im ,,unterkritischen“ Bereich liegt. – Wenn die Betriebsdrehzahl höher als die kritische Drehzahl (,,überkritisch“) ist, muß der Resonanzbereich schnell durchfahren werden. – Falls ein Betrieb im (,,kritischen“, d.h.) Resonanzbereich nicht zu vermeiden ist, muß man sehr genau auswuchten (Abschn. 17.10.3) und für starke Lagerdämpfung (z.B. durch Kippsegmentlager, Kap. 15) sorgen. S. Abschn. 15.3.5, 15.4.2. 17.10.1 Biegeschwingungen
Für den Extremfall einer frei aufliegenden masselosen Welle mit einer einzigen Masse gilt für die kritische Drehzahl: nK =
K 2p
R K = m 2p
g , fG
(17.13)
mit K = 1 (für frei aufliegend), R Biege-Federrate der Welle = FG/fG, FG Gewichtskraft der Masse = m ◊ g, fG Durchbiegung der Welle durch die Gewichtskraft FG der aufgesetzten Masse (unter dem Massen-Schwerpunkt). Für beiderseitig eingespannte Wellen gilt (17.13) mit K = 1,3, für einseitig fliegende Wellen K = 0,9. Die Resonanzdrehzahl einer Welle mit mehreren Massen kann man nach der Näherungsformel von Dunkerly abschätzen: 1 1 1 +6 +…. 4 2 ≈6 2 nK nK 1 nK2 2
(17.14)
Bei dieser Näherung bleiben die versteifende Wirkung der Naben sowie die Einflüsse von Dämpfung und Kreiselkräften der Scheiben unberück-
17.10 Schwingungsverhalten
775
sichtigt. Wegen dieser Unsicherheiten sollte der Betriebsbereich n/nkrit = 0,85 ... 1,25 vermieden werden. Man beachte: – Die Durchbiegung der Welle durch statische Kräfte (z.B. Riemenzug) hat keinen Einfluß auf die biegekritische Drehzahl. – Die Einbaulage der Welle hat keinen Einfluß auf die biegekritische Drehzahl. – Die Wellen der Einzelaggregate einer Anlage sind i.allg. durch gelenkige oder elastische Kupplungen miteinander verbunden. Die Biegeschwingungen können dann für jede Welle einzeln berechnet werden. 17.10.2 Drehschwingungen
In vielen Fällen kann man das Drehschwingungsverhalten einer Welle mit aufgesetzten Massen auf den in Abb. 17.16 dargestellten Fall zurückführen. Hierfür ist die kritische Drehzahl nKt =
30 R t , , p Im
(17.15)*
Rt Dreh-Federrate der Welle in Nm , Im Massenträgheitsmoment in kgm2, nKt in min– 1. Die Eigenresonanz-Drehzahl ne ist gleich der kritischen Drehzahl (Resonanz!) nKt , wenn je Umdrehung ein Drehmomentimpuls eingeleitet wird, bei x Impulsen je Umdrehung ist nKt = ne/x. Für die Berechnung einer Welle mit zwei Massen gilt: Im =
I m1 ◊ I m 2 I m1 + I m 2
.
(17.16)
Wegen der Unsicherheiten der Berechnung sollte der Abstand zwischen der Haupterregenden (meist = Drehfrequenz) und der Grundeigenfrequenz mindestens 20% betragen. Man beachte: – Der Wellenstrang einer Maschinenanlage, bestehend aus mehreren – durch starre oder drehelastische Kupplungen verbundenen – Wellen, bildet ein Schwingungssystem, das häufig auf ein lineares mechanisches Ersatzsystem mit zwei Drehmassen, einem Wellenstrang und einer Kupplung (Drehfeder und Drehdämpfung) zurückgeführt werden kann. Berechnung s. z.B. [17.3-1].
Abb. 17.16. Einfachstes DrehschwingungsSystem
776
17 Achsen und Wellen
– Getriebewellen: Wenn Drehmoment von einer Welle auf eine zweite Welle mit der Übersetzung i übertragen wird, muß das Torsionssystem auf ein äquivalentes Ein-Wellen-System reduziert werden, um seine Eigenfrequenz zu ermitteln. Berechnung s. z. B. [17.3-1]. 17.10.3 Auswuchten
Achsen und Wellen mit Drehzahlen über etwa 1500 min– 1 müssen ausgewuchtet werden, um die eingangs Abschn. 17.10 (Resonanz) erwähnten schädlichen Auswirkungen von Unwuchten zu vermeiden. Möglichkeiten sind: Feste Auswuchtgewichte (z. B. für Autofelgen, Plastillin für kleine EMotoren), in Umfangsrichtung verschiebbare Wuchtsteine (z.B. an Gelenkwellen), Material durch Bohren oder Fräsen abtragen. Für die Auswuchtgüte wurden aufgrund von Versuchen und Erfahrungen in VDI 2060 Grenzwerte – ,,Restexzentrizitäten“ – festgelegt (es gibt 10 Gütegruppen Q 0,4 ... Q 1600). Hiermit erreicht man für die betreffende Anwendung ein zufriedenstellendes Schwingungsverhalten. Man unterscheidet statisches Auswuchten – für langsam laufende scheibenförmige Rotoren – und dynamisches Auswuchten – bei längeren Rotationskörpern (l/d > 1), bei hohen Drehzahlen auch bei l/d = 1:8. Angaben zum Auswuchten in Konstruktionszeichnungen sind: Lage der Auswuchtebene, Art des Massenausgleichs, zulässige Restunwucht.
17.11 Sonderbauarten – Gelenkwellen und Gelenke s. [17.3-5].– – Biegsame Wellen (Abb. 17.17) bestehen aus schraubenförmig gewundenen Stahldrähten, die in mehreren Lagen mit entgegengesetzter Schlag-
Abb. 17.17a, b. Biegsamen Wellen, a Darstellung (ohne Schutzschlauch und Anschlußmuffen), b Leistungsdiagramm (Für jeden Durchmesser ist das maximal zulässige Drehmoment eingetragen. Übertragbare Leistung nach Herstellerangaben)
17.12 Literatur
777
richtung übereinander gewickelt sind. Die Welle läuft in einem Schutzschlauch und ist mit der Anschlußwelle i.allg. über eine aufgelötete Muffe verbunden. Das Drehmoment sollte i.allg. entgegen dem Windungssinn der äußeren Drahtlage wirken, andernfalls mindert sie die Tragfähigkeit auf ca. 70%. Die Normalausführung ist für Rechtslauf geeignet. Anwendung: Zur Übertragung überwiegend kleiner Drehmomente bzw. Leistungen z.B. bei Elektrowerkzeugen, Meßgeräten. Bemessung: Die Drehmoment übertragenden Drahtlagen werden auf Zug beansprucht, sobald sie auf der unteren Drahtlage fest aufliegen, bei gebogener Lage der Welle zusätzlich noch durch Wechsel-Biegung und -Torsion. Die übertragbare Leistung, das zulässige Drehmoment und die höchste Drehzahl sowie der kleinste Krümmungsradius sind nach Herstellerangaben festzulegen. Anhaltswerte s. Abb. 17.17b.
17.12 Literatur Normen, Richtlinien 17.1-1 DIN 743 (1999) Tragfähigkeit von Wellen und Achsen; T1: Einführung, Berechnung, T2: Formzahlen und Kerbwirkungszahlen, T3: Werkstoff-Festigkeitswerte, T4: Anwendungsbeispiele. Beuth, Berlin 17.1-2 DIN 748 (1970) Zylindrische Wellenenden; T1: Abmessungen, Nenndrehmomente. Beuth, Berlin 17.1-3 DIN 1448 T1 (1970) Kegelige Wellenenden mit Außengewinde; Abmessungen. Beuth, Berlin 17.1-4 DIN 1449 (1970) Kegelige Wellenenden mit Innengewinde; Abmessungen. Beuth, Berlin 17.1-5 DIN 75031 (1995) Nutzkraftwagen und Anhängefahrzeuge – RangierWarneinrichtungen – Anforderungen und Prüfung. Beuth, Berlin 17.1.6 VDI-Richtlinie 2060 Bücher, Zeitschriften, Firmenschriften 17.3-1 Holzmann G, Meyer H, Schumpich G (1991/90) Technische Mechanik; Teil 2: Kinematik/Kinetik, Teil 3: Festigkeitslehre. 7. Aufl., Teubner, Stuttgart 17.3-2 Ernst H (1973) Die Hebezeuge – Bemessungsgrundlagen, Bauteile,Antriebe. 8. Aufl. Vieweg, Braunschweig 17.3-3 Niemann G, Winter H (1989) Maschinenelemente, Bd. II. 2. Aufl., Springer, Berlin Heidelberg New York 17.3-4 FAG-Firmenschrift Nr. WL 00200/4 DA: Die Gestaltung von Wälzlagerungen 17.3-5 Schmelz F, Graf v. Scherr-Thoss H-C, Aucktor E (1988) Gelenke und Gelenkwellen. Konstruktionsbücher Bd. 36, Springer, Berlin Heidelberg New York
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Welle-Nabe-Verbindungen (WNV) übertragen Drehmoment und Drehbewegung von der Welle auf die Nabe (z.B. für Rotoren von Turbinen, Laufräder von Pumpen und Verdichtern, Zahnräder, Riemenscheiben) oder umgekehrt von der Nabe auf die Welle (Hauptfunktion); sie übertragen aber auch Querkräfte und Biegemomente (z.B. bei Zahnrädern und Riemenscheiben). Sie verhindern Relativbewegungen zwischen Welle und Nabe in Umfangsrichtung; wenn sie axial fest verbunden sind, können sie auch Axialkräfte übertragen. – Nach der Art der Kraftübertragung unterscheidet man Reibschluß-, Formschluß-, vorgespannte Formschluß- (d.h. Kombination von Reib- und Formschluß-), sowie Stoffschluß-Verbindungen (Schweißverbindung s. Kap. 7, Löt- und Klebverbindung s. Kap. 8). Bei manchen Verbindungen wird das Drehmoment direkt übertragen, z.B. beim Klemmsitz, Abb. 18.3a, b, zylindrischen Preßsitz, Abb. 18.3d; diese werden unmittelbare Verbindungen genannt; werden Zwischenglieder verwendet, z.B. konische Spannsätze oder Paßfedern, Abb. 18.3g, Abb. 27d, spricht man von mittelbaren Verbindungen: – Hinweise zur Auswahl einer geeigneten WNV s. Abb. 18.1. – Hauptabmessungen der Nabe: Die Widerstandsmomente der Naben sind i.allg. größer als die der Welle; dann genügt es – sowohl für reib- als
Geeignet für
Reibschluß
Formschluß
Kleinere Drehmomente
Klemmsitz, Hohlkeil, Toleranzring
Querstift, Scheibenfeder
Geklebter Schiebesitz, Lötverbindung
einseitige Drehmomente wechselseitige Drehmomente
Preßsitz, Klemmsitz, Hohlkeil, Toleranzring
Querstift, Paßfeder Paßfeder (mit Einschränkung)
Schrumpf-Klebsitz
große wechselseitige oder stoßhafte Drehmomente z.B. Schwungradbefestigung
Querpreßsitz (Schrumpfsitz, Druckölverbindung)
kurze Naben bei großem Drehmoment
Schrumpfsitze mit Carborundpulver
verschiebbare Nabe und Welle
Vorgespannter Formschluß
Vielkeil- u. Polygon-Profil mit Preßsitz, Tangentenkeil
Vielkeil-, Kerbzahn- und Polygon-Profil
Gleitfeder, Vielnutprofil
Abb. 18.1. Hinweise zur Auswahl von Welle-Nabe-Verbindungen
Stoffschluß
Schweißverbindung
Schweißverbindung (direkte Verbindung der Radscheiben mit der Welle), Schrumpf-Klebsitz
18.1 Zeichen und Einheiten Geeignet für
Reibschluß
Formschluß
leicht lösbare Nabe
Klemmsitz, Kegelsitz, Paßfeder, Vielkeil-, KerbKegelbüchse, Drucköl- zahn- und Polygon-Profil verband, RingfederSpannelement, Schrumpfscheiben
nachträglich auf glatte Welle aufzubringende Nabe
Hohlkeil, Klemmsitz, Kegelbüchse, Ringfederspannelement
in Drehrichtung verstellbare Nabe
Hohlkeil, Klemmsitz Kerbzahnprofil Kegelsitz, Kegelbüchse, Schrumpfscheiben
dünnwandige Nabe
Schrumpfscheiben
Kerbzahnprofil
779
Vorgespannter Formschluß
Stoffschluß
Nasenkeil, Gewinde mit Längsanlage der Nabe an Wellenabsatz und kegeliges Gewinde für eine Drehrichtung
Geklebter Schiebe- und Schrumpfsitz (Erwärmung)
Gewinde mit Längsanlage der Nabe am Wellensitz bei einseitigem Drehmoment
Geklebter Schiebeund Schrumpfsitz
Abb. 18.1 (Fortsetzung)
LF ª x · 3g0 T/100; ungeschwächte Nabe: s ª y 3g0 T/100;
1)
geschwächte Nabe: s′ ª y′ 3g0 T/100; jeweils LF in mm, T in Nmm
Verbindung
1) 2)
GJL-Nabe
Stahl- oder GS-Nabe
x
y
y¢
x
y
y¢
Preßsitz, Kegelsitz, Polygon-Festsitz, Schrumpf-Klebsitz
4,2 . . . 5,3
2,1 . . . 3,0
–
2,1 . . . 3,5
1,8 . . . 2,6
–
Klemmsitz, Polygon-Schiebesitz Kleb-Schiebesitz
5,3 . . . 7,0
1,8 . . . 2,1
–
3,5 . . . 4,6
1,4 . . . 1,8
–
Keil, Paßfeder
5,3 . . . 7,0
–
1,5 . . . 1,8
3,5 . . . 4,6
–
1,1 . . . 1,5
Keilwelle, leichte Reihe, DIN/ISO 14 2)
3,4 . . . 4,2
–
1,3 . . . 1,6
2,1 . . . 3,0
–
1,1 . . . 1,5
Keilwelle, mittlere Reihe, DIN/ISO 14
2,1 . . . 3,0
–
1,2 . . . 1,5
1,3 . . . 2,1
–
1,0 . . . 1,4
Keilwelle, schwere Reihe, DIN/ISO 14
1,4 . . . 2,1
–
1,1 . . . 1,4
0,8 . . . 1,3
–
0,9 . . . 1,3
Für tt = 15 N/mm2 in der Welle ist LF/DF ª 0,3 ◊ x und s/DF ª 0,3 ◊ y. Nabendurchmesser: de/da ≥ 1,4 (allgemeiner Maschinenbau), ≥ 1,2 (Leichtbau), jedoch Rest-Nabendicke (Radius) (re – rf ) ≥ 1,5 · (rf – ra ), Abb. 18.34 c
Abb. 18.2. Anhaltswerte für Nabenlänge LF und Nabendicke s von Welle-Nabe-Verbindungen (WNV) bei Stahlwelle (S275) in Abhängigkeit vom Drehmoment T (Nmm). Für Keilwellen ist LF die tragende Nutenlänge bei einseitigem T. Bei wechselseitigem T und seitlichen Kippkräften ist LF größer zu wählen. Obere Werte für statische, untere Werte für dynamische Dreh- und Biegemomente – Weitere Hinweise s. Abschn. über die betr. WNV.
780
18 Welle-Nabe-Verbindungen
auch formschlüssige Verbindungen – den Festigkeitsnachweis für die Welle zu führen 1, Kap. 17. Anhaltswerte für die Nabendicke und -breite s. Abb. 18.2 und Hinweise bei den einzelnen WNV. Bei seitlichen Kippkräften sind generell größere Nabenbreiten (etwa b/DF > 1) zu wählen.
18.1 Zeichen und Einheiten A b, B C d, D DAa , DIa DF , DFm DAi , DIi EA , EI ES, EI es, ei Fa , Fa max Fe Fa0 Fll Flu FN FR Fr Fru Frl FS Fu FV G h hF hw kjb kl KA Kv LF l ltr |P| |PB | |Pist |
1
mm2 mm – mm mm mm mm N/mm2 µm µm N N N N N N N N N N N N N mm mm mm mm – – – – mm mm mm µm µm µm
Fläche Breite Kegelverhältnis (C = (DIa – dIa)/2, Abb. 18.20) Durchmesser Außendurchmesser des Außenteils, Innenteils Fugendurchmesser, mittlerer Innendurchmesser des Außenteils, Innenteils Elastizitätsmodul des Außenteils, Innenteils oberes, unteres Abmaß der Bohrung oberes, unteres Abmaß der Welle Axialkraft, maximale Eintreibekraft Axialkraft für spielfreie Spannverbindung Lösekraft in Längsrichtung Lösekraft in Umfangsrichtung Normalkraft Reibungskraft Radialkraft Rutschkraft in Umfangsrichtung Rutschkraft in Längsrichtung Sprengkraft Umfangskraft Vorspannkraft Glättung durch Fügen tragende Höhe Mitnehmer-Biegehebelarm tragende Mitnehmerhöhe Anteilfaktor Verteilungsfaktor Anwendungsfaktor Dynamikfaktor (Zahnradgetriebe) Fugenlänge Mitnehmerlänge tragende Länge des Mitnehmers Übermaß Übermaß im Betrieb vorhandenes Übermaß (Ist-Übermaß)
Dies gilt dann nicht, wenn der Außendurchmesser nur geringförmig größer als der Wellendurchmesser ist [18-3-1].
18.1 Zeichen und Einheiten
|PÜF | |Pw | |Po | |Prot | |Pu | |PJ | pF , pFm pa , pi po , pu pgrenz QA , QI Rp ReA , ReI Rp0,2A , Rp0,2I rw SB , SF SBmin , SFmin Sr , Srmin sF T, Tmax Tn , T0 Wt z
µm µm µm µm µm µm N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 – N/mm2 N/mm2 N/mm2 mm –
a aA , aI
° K–1
aw JA , JI , JB , JR nll , nlu nrl , nru n nA , n I xA , xI xw r sG sV tt j
– mm Nm Nmm mm3 –
781
Fügeübermaß wirksames Übermaß größtes Übermaß Übermaßänderung durch Fliehkrafteinfluß kleinstes Übermaß Übermaß durch Temperatureinfluß Fugendruck, mittlerer Außendruck, Innendruck oberer, unterer Wert des Drucks Grenzwert des ertragbaren Fugendrucks Durchmesserverhältnis des Außenteils, Innenteils Fließgrenze (s. Abschn. 3.1) untere Streckgrenze des Außenteils, Innenteils 0,2% Dehngrenze des Außenteils, Innenteils Wälzkreisradius Sicherheit gegen Gewaltbruch, Fließen (plastische Verformung); Mindestwerte Sicherheit gegen Rutschen, Mindestwert Mitnehmer-Fußdicke Drehmoment, maximales Drehmoment bei Drehzahl n, im Stillstand Torsionswiderstandsmoment Anzahl der Mitnehmer
Kegelwinkel Wärmeausdehnungskoeffizient (= thermischer Längenausdehungskoeffizient) des Außenteils, Innenteils ° Wälzeingriffswinkel °C Temperatur des Außenteils, Innenteils; im Betriebszustand; bei Raumtemperatur – Haftbeiwert beim Lösen in Längsrichtung, Umfangsrichtung – Haftbeiwert beim Rutschen in Längsrichtung, Umfangsrichtung – Querdehnzahl, Haftbeiwert – allgemein – Querdehnzahl des Außenteils, Innenteils – bezogenes Übermaß des Außenteil, Innenteils – bezogenes wirksames Übermaß kg/mm3 Dichte N/mm2 Festigkeit (Grenzfestigkeit) N/mm2 Vergleichsspannung N/mm2 Torsionsschubspannung – Traganteil
782
18 Welle-Nabe-Verbindungen
18.2 Reibschluß-Verbindungen Damit allein durch Reibung eine Umfangs- oder Längskraft von der Welle auf die Nabe übertragen werden kann, muß zwischen beiden eine Normal-(= Anpreß)Kraft wirken (Coulombsches Gesetz: Reibungskraft FR = Anpreßkraft FN ¥ Haftbeiwert n). Die Anpreßkraft kann in unterschiedlicher Weise erzeugt werden. Einige Welle-Nabe-Verbindungen mit unmittelbarer und mittelbarer Reibkraftübertragung zeigt Abb. 18.3. 18.2.1 Übertragbare Kräfte und Drehmomente
Die an der Kontaktstelle Welle/Nabe zu übertragende Reibungskraft FR muß mit der geforderten Sicherheit Sr unter der Rutschkraft Fru bleiben; generell gilt Sr ≥ Sr min: FR = FN ◊ n =
Fru . Sr
(18.1)
Abb. 18.3a–m. Verschiedene Reibschlußverbindungen, a Klemmsitz mit geschlitzter Nabe, b Klemmsitz mit geteilter Nabe, c Klemmsitz mit Hohlkeil, d Preßsitz, e Kegelsitz mit Kegelbuchse, f Kegelsitz, g Ringfeder-Spannelement, h Ringspann-Sternscheiben, i Toleranzring, k Spannscheiben (Fa. Stüwe), l Druckhülse (Bauart Spieth) m Hydraulische Hohlmantel-Spannbuchse. – Zu den Reibschlußverbindungen gehört auch die Hohlkeilverbindung, Abb. 18.4c
18.2 Reibschluß-Verbindungen
783
Abb. 18.4 a–c. Pressungsverteilung beim, a Preßverband, b Klemmverband (satte Anlage), c Keilverband (Hohlkeil)
Haftbeiwert n und Reibungszahl m s. Abschn. 18.2.2, FR kann als Umfangskraft Fu (zur Drehmomentübertragung) oder als Axialkraft Fa auftreten. Sr min s. Abschn. 18.2.2. Die Anpreßkraft kann in unterschiedlicher Weise erzeugt werden. In allen Fällen wirkt in der Fügefläche ein Fugendruck (= Flächenpressung) pF , dessen Größe vom Herstell- und Betriebszustand abhängt. a) Erzeugung der Anpreßkraft durch einen Preßverband, Abb. 18.4a Man geht hier davon aus, daß in der Fügefläche ein über Umfang und Breite gleichmäßig verteilter Fugendruck pF = FN/A wirkt; bei zylindrischem Sitz ist die Mantelfläche A = p · DF · LF . Daraus folgt für das übertragbare Drehmoment: T=
p p ◊ DF2 ◊ L F ◊ n ru ◊ F . 2 Sr
(18.2)
Für die übertragbare Axialkraft: Fa = p ◊ DF ◊ L F ◊ n rl ◊
pF . Sr
(18.3)
Zur Bestimmung von Löse-Drehmoment und -Axialkraft (d.h. beim Durchbrechen des Reibschlusses) sind die entspr. Haftbeiwerte nlu und nll einzusetzen, Abschn. 18.2.2. Mit dem Ansatz von T = tt · Wt und Wt = p · DF3/16 für die Vollwelle ergibt sich das für die sichere Übertragung des Drehmoments erforderliche Breiten-/Durchmesser-Verhältnis nach [18.3-1] (Annahmen: Ebener Spannungszustand; beim Durchrutschen in der Fügefläche nimmt jedes Flächenelement die gleiche Schubspannung auf, d.h. Fugendruck konstant über der Nabenbreite): LF t t ◊ Sr = . DF 8 ◊ n ru ◊ pF Erzeugung von Quer- und Längspreßverbände s. Abschn. 18.2.3.1.
(18.4)
784
18 Welle-Nabe-Verbindungen
b) Erzeugung der Anpreßkraft durch einen Klemmverband, Abb. 18.4b Die Anpreßkraft wird hierbei durch vorgespannte Schrauben erzeugt. Die Nabe ist geschlitzt oder geteilt. Die Anpreßkraft wirkt gleichmäßig über die Breite und flächig, jedoch nicht gleichmäßig über den Umfang verteilt. Die erforderliche satte Anlage erreicht man mit einer leichten Preßpassung, z.B. H8/m ... n 7. Mit Projektionsfläche A = DF · LF ergeben sich: pF T = F · DF · nru /Sr = DF2 · LF · nru · 4 , (18.5) Sr pF Fa = 2 F · nr l /Sr = 2 DF · LF · nr l · 4 . (18.6) Sr Das übertragbare Drehmoment bzw. die übertragbare Axialkraft sind somit bei gleicher Gesamt-Vorspannkraft FN um den Faktor p/2 kleiner als beim Preßverband. c) Erzeugung der Anpreßkraft durch einen Keilverband, Abb. 18.4c Die Anpreßkraft wird durch axiales Eintreiben des Keils erzeugt. Mit der Anpreßfläche am Keil A = b · LF ergeben sich: pF T = FN · DF · nru /Sr = DF · LF · b · nru · 4 , (18.7) Sr pF Fa = 2 FN · nr l /Sr = 2 · LF · b · nr l · 4 . (18.8) Sr Ähnlich liegen die Verhältnisse bei einem Klemmverband mit weitem Spiel (FN = FS). Bei gleicher Gesamt-Vorspannkraft FN und einer Keilbreite von b ≈ 0,25 DF sind das übertragbare Drehmoment bzw. die übertragbare Axialkraft etwa um dem Faktor 6 kleiner als beim Preßverband, s. auch Abschn. 18.4.1. 18.2.2 Haftbeiwerte, Rutschsicherheit
Bei Reibschlußverbindungen rechnet man nicht mit Reibungszahlen m (= Verhältnis von gemessener Lösekraft zu gemessener Normalkraft), sondern mit Haftbeiwerten n (= Verhältnis von gemessener Lösekraft zur errechneten Normalkraft) in der Fuge. Die Haftbeiwerte hängen ab von der Erzeugung des Verbands, sind beispielsweise verschieden groß bei Längsund Querpreßverbänden; sie hängen ferner ab von Werkstoffpaarung, Rauheit, Schmierungszustand und Beanspruchung der Fügeflächen. Anhaltswerte s. Abb. 18.5. Die Haftbeiwerte können verschieden groß sein in Längs- und Umfangsrichtung sowie bei schwingender und ruhender Beanspruchung [18.3-3]. Die in Abb. 18.5 angegebenen Werte liegen auf der sicheren Seite. Sehr große Haftbeiwerte erzielt man durch kleine Ra-Werte (z.B. durch Läppen) oder durch elektrogalvanische Einlagerung von Hartstoffpartikeln. Übliche Streuungen liegen im Bereich von 30%. Als weitere Anhaltswerte gelten ganz allgemein für Preßverbände: trocken n = 0,15 und geschmiert n = 0,12. Bedingung: Die Rutschsicherheit muß gleich oder größer sein als ein Mindestwert: Sr ≥ Sr min .
18.2 Reibschluß-Verbindungen Naben-Werkstoffe
Haftbeiwerte trocken
a
785
geschmiert
nll
nrl
nll
nrl
E335, GS-60
0,11
0,08
0,08
0,07
S 235 IR G2, EN-GJS-600-3
0,10
0,09
0,07
0,06
EN-GJL-250
0,12
0,11
0,06
0,05
G-AlSi12(Cu)
0,07
0,06
0,05
0,04
G-CuPb10Sn
0,07
0,06
–
–
TiAl6V4
–
–
0,05
–
Werkstoffpaarung, Schmierung, Fügung
Haftbeiwerte rl , ru
Stahl-Stahl-Paarungen Druckölverbände normal gefügt mit Mineralöl
0,12
Druckölverbände mit entfetteten Preßflächen mit Glyzerin gefügt
0,18
Schrumpfverband normal nach Erwärmung des Außenteils bis zu 300 °C im Elektroofen
0,14
Schrumpfverband mit entfetteten Preßflächen nach Erwärmung im Elektroofen bis zu 300 °C
0,20
Stahl-Gußeisen-Paarungen
b
Druckölverbände normal gefügt mit Mineralöl
0,10
Druckölverbände mit entfetteten Preßflächen
0,16
Stahl-MgAl-Paarung, trocken
0,10 . . . 0,15
Stahl-CuZn-Paarung, trocken
0,17 . . . 0,25
Abb. 18.5 a, b. Haftbeiwerte für Stahlwellen nach DIN 7190, a Längspreßverbände bei zügiger Beanspruchung, b Querpreßverbände in Längs- und Umfangsrichtung beim Rutschen
786
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Folgende Rutschsicherheiten Sr min reichen i.allg. aus: 1) Bei axialem Kraftfluß (z.B. Kupplungsnaben), konstantem Drehmoment, sicherer Reibungszahl: Sr min = 1,3 ... 1,5. 2) Bei Lastkollektiv Berechnung mit dem Maximalmoment: Sr min = 2,0 ... 2,5. 3) Bei auf die Welle aufgeschrumpften Zahnrädern (örtlicher Kraftangriff am Umfang): Sr min = 2,5 ... 3,5 gegen Maximalmoment. 4) Für aufgeschrumpfte Zahnradbandagen (örtlicher Kraftangriff bei umlaufender Welle, Gefahr des Mikrowanderns, s. [18.3-2]): Sr min = 5 ... 50, hohe Sicherheiten insbesondere bei dünnen Bandagen, d.h., wenn der Fußkreisdurchmesser der Verzahnung im Vergleich zum Fugendurchmesser klein ist (etwa < 1,2). 5) Bei Wechselbiegung sind ca. 2-fache Werte für Sr min erforderlich [18.3-3]. Hinweise: Bei Werten ,,von bis“ gelten die oberen Werte für unsichere Angaben über Belastung, Betriebstemperatur, Haftbeiwert, Werkstoff, Fertigungsqualität, kurze Naben (kleines LF/DF), kleine Übermaße (ca. < 10 µm) (Meßunsicherheit!) und erhebliche Folgen eines Schadenfalls (s. auch Kap. 1). Kleinere Werte genügen für Rutschen in Umfangsrichtung, wenn Rutschen in Axialrichtung durch ein Wellenbund o.ä. verhindert wird. – Man sollte die Rutschsicherheiten nicht zu knapp ansetzen, denn ein Schaden infolge Durchrutschens bedeutet, daß die Haftflächen fressen und der Verband nicht mehr lösbar ist. 18.2.3 Zylindrischer Preßverband – allgemeines
Der für die Kraftübertragung erforderliche Fugendruck pF in den Reibflächen wird durch Verformung von Welle und Nabe erzeugt. Der Außendurchmesser der Welle (= ,,Innenteil“) wird zu diesem Zweck größer als der Bohrungsdurchmesser der Nabe (= ,,Außenteil“) ausgeführt. Daraus resultiert ein Übermaß nach dem Fügen (Abb. 18.6). Durch Fliehkraft und temperaturbedingte Dehnungen kann sich im Betriebszustand ein anderes Gesamtübermaß einstellen. 18.2.3.1 Erzeugung des Preßverbands – Definitionen
Nach dem Herstellverfahren unterscheidet man Quer- und Längspreßverbände. Querpreßverbände lassen sich erzeugen durch Erwärmen des Außenteils (nach dem Abkühlen auf Raumtemperatur entsteht ein Schrumpfverband), Unterkühlen des Innenteils (nach dem Erwärmen auf Raumtemperatur entsteht ein Dehnverband), eine Kombination beider Verfahren (es entsteht ein Dehn-Schrumpf-Verband); ferner gibt es den Druckölverband und den Gefügeverband. S. Abschn. 18.2.3.12. Zur Erzeugung eines Längspreßverbands wird das zylindrische Innenteil bei Raumtemperatur in die Bohrung des Außenteils axial eingepreßt (auch kegelige Verbindungen – ohne Drucköl – sind als Längspreßverbindungen zu behandeln, Abschn. 18.2.4).
18.2 Reibschluß-Verbindungen
787
Abb. 18.6 a, b. Zylindrischer Preßverband, a vor dem Fügen b nach dem Fügen
18.2.3.2 Anforderungen an den Preßverband
Der Preßverband muß so dimensioniert werden, daß folgende Anforderungen eingehalten werden: – Sicherheit gegen Rutschen Sr ≥ Sr min: Hierfür ist im Betriebszustand ein ausreichender Fugendruck und ein ausreichender Haftbeiwert erforderlich. Die hierbei vorhandene Sicherheit Sr ergibt sich aus dem zu übertragenden Drehmoment, (18.2), oder der zu übertragenden Axialkraft, (18.3). – Die Beanspruchungen in Welle und Nabe, die aus dem Übermaß resultieren, dürfen in keinem Fertigungs- und Betriebszustand die zulässigen Beanspruchungen überschreiten, d.h. man fordert eine ausreichende Sicherheit gegen unzulässige Verformung SF ≥ SFmin bzw. Bruch SB ≥ SBmin . Vgl. Abschn. 18.2.3.3a) und 18.2.3.5c). – Gefahr der Reibkorrosion (Passungsrost) ist insbesondere bei dynamischer Beanspruchung zu beachten; gefährdet ist die Seite des Preßverbands, an der das Drehmoment in die Nabe eingeleitet wird; vgl. Abschn. 18.2.3.9d). – Bei örtlichem Kraftangriff am Umfang einer dünnen Nabe (Bandage) unter umlaufender Welle, wie bei Zahnrädern, besteht Gefahr des Mikrowanderns; vgl. [18.2-3], Abschn. 22.2.3d). – Der Preßverband muß fügbar sein. Erreichbare und zulässige Temperaturen s. Abschn. 18.2.3.12a), bei Längspreßverbänden nötige Fügekräfte s. Abschn. 18.2.3.12d); für manche Anwendungen muß er lösbar sein, s. Abschn. 18.2.3.11e). 18.2.3.3 Elastischer und elastisch-plastischer Preßverband
In einem Preßverband sind die Spannungen über die Wanddicken von Nabe und Hohlwelle ungleichmäßig verteilt (nicht bei der Vollwelle!). Es ist daher – bei duktilen Werkstoffen – zulässig, die Streckgrenze in einem Teilbereich zu überschreiten, ohne die Funktionssicherheit des Preßverbands zu beeinträchtigen. Man unterscheidet folglich (Abb. 18.7): a) Elastische Auslegung: Alle Spannungen bleiben unterhalb der Fließgrenze Rp. Bei spröden Werkstoffen, z.B. GJL, ist ein ausreichender
788
18 Welle-Nabe-Verbindungen
a
b
c
Abb. 18.7 a–c. Spannungen in einem zylindrischen Preßverband, a rein elastische Beanspruchung, b elastisch-plastische Beanspruchung, c Spannungen an einem Ringelement
Sicherheitsabstand gegen die Zugfestigkeit Rm erforderlich; hierbei ist nur elastische Beanspruchung möglich, ebenso bei Vollwellen. b) Elastisch-plastische Auslegung: Hiermit läßt sich die Festigkeit von Naben und Hohlwellen aus duktilen Werkstoffen besser ausnutzen; üblicherweise läßt man Teilplastifizierung bis zu 30 % des Volumens zu. Dabei ist zu prüfen, ob die Teile wegen der erforderlichen größeren Übermaße noch sicher gefügt werden können. Ferner ist zu bedenken: wenn eine oder beide Oberflächen plastisch verformt werden, fällt der Haftbeiwert stark ab [18.3-1]; elastisch-plastische Preßverbände lassen sich ferner nicht zerstörungsfrei lösen (Schrumpftemperaturen, Fügekräfte). – Kontrolle, welcher Fall vorliegt, nach Abschn. 18.2.3.5d). Hinweis: Wegen der o.a. Einschränkungen werden Preßverbände i.allg. auf rein elastische Beanspruchung ausgelegt. Berechnung elastisch-plastischer Preßverbände s. [18.3-1]. 18.2.3.4 Übermaß des elastischen Preßverbands
Zusammenstellung der Einzel-Übermaße s. Abb. 18.8. a) Allgemeine Beziehungen. Für die Berechnung werden Hohlwelle und Nabe als dickwandige Rohre gleicher axialer Länge aufgefaßt, die unter Außen- bzw. Innendruck stehen; die Welle kann auch als Vollwelle ausgeführt sein. Die Kantenpressung (z.B. bei längerer Welle als Nabe) wird zunächst vernachlässigt. – Für die Beziehungen zwischen Spannungen und Dehnungen soll das Hookesche Gesetz gelten und zwar wird der ebene Spannungszustand zugrunde gelegt. – Zunächst wird angenommen, daß in den Fügeflächen der gefügten Teile (Welle und Nabe) Fugendrücke (= Radialspannungen) – entsprechend dem Übermaß – wirken und in den gefügten Teilen selbst nur die daraus resultierenden Tangentialspannungen.
18.2 Reibschluß-Verbindungen Übermaß
Fugendruck
Definition, Zustand
| P | = | Pist |
pFist
nach dem Fügen, bei Drehzahl Null, Raumtemperatur vor Glättung G
| Pu | = | ei – ES |
pFu
Mindestübermaß Mindestfugendruck
| Po | = | es – EI |
pFo
| Pw |
pFw
Zustand nach dem Fügen, bei Drehzahl Null Raumtemperatur nach Glättung G
| Pwu | = | Pu | – G
pFwu
Mindestübermaß Mindestfugendruck
| Pwo | = | Po | – G
pFwo
| PB |
pFB
789
das untere } für Abmaß, vor Glättung G Höchstübermaß für das obere Höchstfugendruck } Abmaß, vor Glättung G
das untere } für Abmaß nach Glättung G Höchstübermaß für das obere Höchstfugendruck } Abmaß nach Glättung Betriebszustand: Enthält Einflüsse von Glättung, Fliehkraft, Temperatur
| PJ |
Übermaß aus Wärmedehnung
| Prot |
Übermaß aus Fliehkraftwirkung
}
| PBu |
pFBu
Mindestübermaß im Betriebszustand für das Mindestfugendruck untere Abmaß, maßgebend für Rutschsicherheit, d. h. übertragbare Umfangskraft; die Fliehkraft mindert i. allg. die Rutschsicherheit, die Wärmedehnung kann sie mindern oder erhöhen
| PBo |
pFBo
Höchstübermaß im Betriebszustand für das Höchstfugendruck obere Abmaß, maßgebend für die Beanspruchung von Welle und Nabe. Die Fliehkraft erhöht die Spannungen in der Nabe, mindert i. allg. die Spannungen in der Welle; Einfluß der Wärmedehnung wie bei PBu .
}
Abb. 18.8. Bezeichnung der Übermaße (durchmesserbezogen) und Fügedrücke eines Preßverbands bei unterschiedlichen Fertigungs- und Betriebszuständen
Die Radialverschiebung (Aufweitung oder Einschnürung) läßt sich nach [18.3-4] allein aus der Tangentialdehnung berechnen: (18.9) e = (s – n s )/ E . t
t
r
Danach ergibt sich die Aufweitung des Außenteils am Innendurchmesser DAi unter Innendruck pi (Maße nach Abb. 18.6):
DDAi =
ˆ Ê 1 + Q 2A pi ◊ DAi ◊ Á +n A ˜ , 2 EA ¯ Ë 1 – QA
(18.10 A)
mit Durchmesserverhältnis QA = DAi/DAa. – Einschnürung des Innenteils am Außendurchmesser DIa unter Außendruck pa:
1 + Q I2 pa ∆DIa = – 4 · DIa · 02 – νI , EI 1 – Q I2
(18.10 B)
790
18 Welle-Nabe-Verbindungen
mit Durchmesserverhältnis QI = DIi/DIa. – Im gefügten Zustand ist DAi = DIa = Fugendurchmesser DF und der Druck pi = pa = Fugendruck pF . – Das Übermaß (Summe von Aufweitung des Außenteils und Einschnürung des Innenteils am Fugendurchmesser) für die Paarung Nabe/Hohlwelle ergibt sich aus: È 1 Ê 1 + Q2 ˆ˘ ˆ 1 Ê 1 + QI2 A + | P | = DDAi + DDIa = pF ◊ DF Í Á + n – n A I ˜˙ , (18.11) ˜ E Á 2 2 ¯˙˚ ¯ I Ë 1 – QI ÍÎ E A Ë 1 – Q A bzw. das auf den Fugendurchmesser bezogene Übermaß aus:
x=
|P| . DF
Für die Paarung Nabe/Vollwelle mit EA = EI = E und nA = nI gilt: p 2 , | P | = DF ◊ F E 1 – Q 2A
(18.12)
(18.13)
bzw. das auf den Fugendurchmesser bezogene Übermaß:
x=
pF 2 , E 1 – Q 2A
(18.14)
mit Übermaß |P| und Fugendruck pF je nach Herstell- und Betriebszustand; Übersicht s. Abb. 18.8. b) Übermaß nach dem Fügen,in Ruhe bei Raumtemperatur Für die ausgeführten Istmaße DAi und DIa ist – für diesen Zustand – in (18.11) ... (18.14) |P| das Ist-Übermaß |Pist | und pF der dabei auftretende Ist-Fugedruck pF ist . Die Glättung der Oberflächen in der Preßfuge ist dabei noch nicht berücksichtigt. Für vorgegebene Passungen (vor dem Fügen) mit den oberen Abmaßen es (Welle) und ES (Nabe) sowie den unteren Abmaßen ei und EI ist |P| = Höchstübermaß |Po | = |es – EI| mit der zugehörigen Fugenpressung pFo und |P| = Mindestübermaß |Pu| = |ei – ES| mit der zugehörigen Fugenpressung pFu . Allerdings ist zu berücksichten, daß beim Fügen die Rauheitsspitzen plastisch eingeebnet werden; das Fertigungsübermaß |P| = |DAi – DIa| wird dadurch auf das wirksame Übermaß |Pw | reduziert, allgemein: | Pw| = | P | – G .
(18.15A)
Für das Höchstübermaß | Pwo | = | Po | – G = | es – EI| – G ,
(18.15B)
für das Mindestübermaß | Pwu | = | Pu | – G = | ei – ES | – G .
(18.15C)
Entsprechend |Pw| stellt sich die Fugenpressung pFw zwischen pF wo und pF wu ein. Sofern keine Meßwerte zur Verfügung stehen, setzt man für die Glättung G nach DIN 7190 als Erfahrungswert an: G = 0, 8 (R z Ai + R zIa ) .
(18.16)
Alle Maße in Abschn. a) und b) beziehen sich auf die betr. Durchmesser.
18.2 Reibschluß-Verbindungen
791
c) Übermaß aus Fliehkraftwirkung Bei rotierenden Preßverbänden wird das Übermaß durch die unterschiedlichen Aufweitungen von Innen- und Außenteil infolge Fliehkraft verändert, i.allg. gemindert, und zwar – ebenfalls durchmesserbezogen – um den Betrag: | Prot| = | ProtAi| ± | ProtIa| .
(18.17)
Für eine ringförmige Scheibe konstanter Dicke gilt nach [18.3-5]: – Aufweitung der Außenteilbohrung (Naben-Innendurchmesser): 2 È Ê D ˆ2 Ê DF ˆ ˘ Aa ˙ | ProtAi | = r Aw DF Í2 c1 Á + (c1 – c 2 ) Á ˜ / EA , Í Ë 2 ˜¯ Ë 2 ¯ ˙ Î ˚ mit c1, c2 nach (18.20), (18.21). 2
(18.18)
– Aufweitung des Innenteil(= Hohlwelle)-Außendurchmessers: 2 È Ê D ˆ2 Ê DF ˆ ˘ Ii Í ˙ | ProtIa | = rI ◊ w DF 2 c1 Á + (c1 – c 2 ) Á ˜ / EI , Í Ë 2 ˜¯ Ë 2 ¯ ˙ Î ˚ mit c1 = (3 + n)/8, c2= (1 + 3n)/8, 2
(18.19)
(18.20); (18.21)
mit n = nA für Außenteil, n = nI für Innenteil: – Aufweitung des Innenteil(= Vollwellen)-Durchmessers: 3
ÊD ˆ | ProtIa | = rI ◊ w Á F ˜ (1 –n I )/(2EI) , Ë 2 ¯ 2
(18.22)
Aufweitung des Außenteil(= Naben)-Außendurchmessers:
/E ,
DAa DF 2 | ProtAa | = rA · ω 2 DAa 2c1 5 + (c1 – c2) 6 2 2
2
A
(18.23)
– Aufweitung des Innenteil(= Hohlwelle)-Innendurchmessers:
/E .
DIi DF 2 | ProtIi | = rI · ω 2 DIi 2c1 5 + (c1 – c2) 51 2 2
2
I
(18.24)
Werkstoff-Kennwerte: Dichte r, Elastizitätsmodul E, Querdehnzahl n s. Kap. 5. Einfluß der Fliehkraft auf Rutschsicherheit und Beanspruchung s. Abschn. 18.2.3.8c). d) Ein Übermaß ergibt sich bei unterschiedlicher Wärmedehnung von Welle und Nabe (Außen- und Innenteil): Dieser Zustand stellt sich ein bei einer Temperaturdifferenz zwischen beiden und/oder bei unterschiedlichen Wellen- und Naben-Werkstoffen: | PJ | = | PJ A | – | PJ I | = DF | aA DJ A – aI DJ I |
(18.25)
= durchmesserbezogenes Übermaß mit DJA = JA,B – JR und DJI = JI,B – JR; der Wärmeausdehnungskoeffizient a hängt ab von Werkstoff und Temperatur, Anhaltswerte s. Abb. 18.9,
792
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Abb. 18.9. Wärmeausdehnungskoeffizient (= thermischer Längenausdehnungskoeffizient) nach [18.3-40]
bei gleichem Werkstoff von Welle und Nabe: | PJ | = DF ◊ a | J A – J I | .
(18.26)
e) Übermaß im Betriebszustand – Das hierbei verbleibende Übermaß |PB| setzt sich demnach zusammen aus: Fügeübermaß |Pw | = |P| – G und den Übermaßänderungen aus Temperatur bzw. Temperaturdifferenz |PJ | und Fliehkraft |Prot |: | PB | = | Pw | ± | PJ | ± | Prot | ,
(18.27)
das Höchstübermaß |PB | = |PBo | mit |Pw | = |Pwo | nach (18.15B), das Mindestübermaß |PB | = |PBu | mit |Pw | = |Pwu | nach (18.15C). Zum Fliehkraftanteil: Haupteinflußgrößen sind die Umfangsgeschwindigkeit in der Preßfuge und das Durchmesserverhältnis QA = DF/DAa. Der Anteil |Prot | in (18.27) kann bei Stahlwelle/Stahlnabe und QA ≥ 0,5 vernachlässigt werden, wenn vF < 30 m/s (bei QA ≥ 0,2, wenn vF < 12 m/s; bei GJL-Nabe mit QA ≥ 0,2, wenn vF < 8 m/s). |Prot | macht dann nur ca. 0,1‰ aus. – Den Temperaturanteil kann man bei Raumtemperatur i.allg. vernachlässigen. – Abheben des Außenteils vom Innenteil: Dieser Zustand tritt ein, wenn die Übermaßänderung aus Fliehkraft so groß wird, daß das Übermaß im Betriebszustand (und damit auch der Fugendruck) zu Null werden. Bei der Berechnung muß man vom Mindestübermaß ausgehen, d.h. nach (18.27):
| PBu | = | Pwu | ± | PJ | ± | Prot | = 0 .
18.2 Reibschluß-Verbindungen
793
Mit den unten angeführten Gleichungsanteilen A und B ergibt sich hieraus die Abhebe-Winkelgeschwindigkeit 002
wab =
|P | ± |P | g002 , (A – B) ϑ
wu
(18.28A)
mit A aus (18.18):
,
r A · DF DAa 2 DF A = 02 2c1 6 + (c1 – c2) 5 EA 2 2
2
und B aus (18.19)
,
r I · DF DIi 2 DF B = 02 2c1 5 + (c1 – c2) 5 EI 2 2
2
bzw. für Vollwelle
r I DF 3 B = 4 5 (1 – nI)/2 . EI 2 Für EA = EI = E; dA = dI = d und Vollwelle (DIi = 0): 000005
wab =
|P | ± |P | E 2 g002 · 3 · 002 . D r c (D – D ) ϑ
wu
F
1
2 Aa
2 Ii
(18.28B)
f) Bestimmung der geeigneten Passung Entsprechend der Fertigungstoleranz liegt |PB | zwischen den Grenzwerten |PBu | und |PBo |. Das Mindestübermaß |PBu | muß so groß sein, daß die geforderte Rutschsicherheit gewährleistet ist. – Der Festigkeitsnachweis ist für den Betriebszustand mit dem Höchstübermaß |PBo | zu führen. Die Passungen sind entsprechend – unter Berücksichtigung aller Einflußgrößen in (18.27) – zu wählen: Für das Höchstübertmaß |PB | = |PBo | mit |Pwo | nach (18.15B), für das Mindestübermaß |PB | = |PBu | mit |Pwu | nach (18.15C). Weg A: Aus dem zu übertragenden Drehmoment wird mit (18.2), (18.3) der für ausreichende Rutschsicherheit erforderliche Fugendruck pF ermittelt, daraus mit (18.11), (18.13) das erforderliche Übermaß |P| (für die Mindestpassung); bei vorgewähltem Toleranzfeld der Nabe (s. Weg B) ergibt sich daraus das Höchstübermaß der Welle (und entspr. Weg B deren Fertigungstoleranz). Damit kann die Beanspruchung nachgerechnet und die erforderliche Fügetemperatur bestimmt werden. Weg B: Einfacher ist es, zunächst – wie bei Weg A – das Toleranzfeld für die Nabenbohrung entspr. DIN 7190 zu wählen: Bis 500 mm Durchmesser H7, über 500 mm H8, für die Welle – eine Qualität feiner, die Toleranzklassen IT6 bzw. IT7 – nach Erfahrung z.B. u6 zu H7 der Nabe; entspr. Toleranzfeldern nach Abb. 18.10. Hierfür errechnet man Rutschsicherheit und Festigkeit nach Abschn. 18.2.3.5 ... 8; s. auch Beispiel 1, Abschn. 18.7. Falls die geforderten Werte nicht erreicht werden, korrigiert man die erste Annahme, wählt also beispielsweise x6 statt u6. Hinweise: Von diesen Empfehlungen kann man – im Hinblick auf Tragfähigkeits- und Temperaturgrenzen – abweichen und für die Nabe Toleranzen H5 ... H8 bzw. für die Welle Toleranzklassen IT5 ... IT8 wählen.
Nennmaßbereich in mm
über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis
10 14 14 18 18 24 24 30 30 40 40 50 50 65 65 80 80 100 100 120 120 140 140 160 160 180 180 200 200 225 225 250
+ 25 0
+ 29 0
+ 20 0
+ 19 0
+ 13 0
+ 18 0
+ 16 0
+ 11 0
+ 22 0
+ 13 0
+9 0
+ 15 0
+ 11 0
6
+8 0
5
+ 46 0
+ 40 0
+ 35 0
+ 30 0
+ 25 0
+ 21 0
+ 18 0
H 7
+ 72 0
+ 63 0
+ 54 0
+ 46 0
+ 39 0
+ 33 0
+ 27 0
8
+ 115 0
+ 100 0
+ 87 0
+ 74 0
+ 62 0
+ 52 0
+ 43 0
9
Ausgewählte Toleranzfelder für Welle-Nabe-Preßverband
20
18
15
13
11
9
8
5
29
25
22
19
16
13
11
6
46
40
35
30
25
21
18
IT 7
72
63
54
46
39
33
27
8
115
100
87
74
62
52
43
9
+ 68 + 43 + 83 + 53 + 89 + 59 + 106 + 71 + 114 + 79 + 132 + 92 + 140 + 100 + 148 + 108 + 168 + 122 + 176 + 130 + 186 + 140
+ 71 + 41 + 73 + 43 + 86 + 51 + 89 + 54 + 103 + 63 + 105 + 65 + 108 + 68 + 123 + 77 + 126 + 80 + 130 + 84
+ 56 + 35
+ 46 + 28
s 7
+ 59 + 34
+ 49 + 28
+ 41 + 23
r 7
+ 62 + 41 + 73 + 48 + 79 + 54 + 96 + 66 + 105 + 75 + 126 + 91 + 139 + 104 + 162 + 122 + 174 + 134 + 186 + 146 + 212 + 166 + 226 + 180 + 242 + 196
t 7
+ 62 + 41 + 69 + 48 + 85 + 60 + 95 + 70 + 117 + 87 + 132 + 102 + 159 + 124 + 179 + 144 + 210 + 170 + 230 + 190 + 250 + 210 + 282 + 236 + 304 + 258 + 330 + 284
+ 51 + 33
u 7
+ 47 + 39 + 56 + 47 + 64 + 55 + 79 + 68 + 92 + 81 + 115 + 102 + 133 + 120 + 161 + 146 + 187 + 172 + 220 + 202 + 246 + 228 + 270 + 252 + 304 + 284 + 330 + 310 + 360 + 340
v 5
+ 50 + 39 + 60 + 47 + 68 + 55 + 84 + 68 + 97 + 81 + 121 + 102 + 139 + 120 + 168 + 146 + 194 + 172 + 227 + 202 + 253 + 228 + 277 + 252 + 313 + 284 + 339 + 310 + 369 + 340
v 6
+ 57 + 39 + 68 + 47 + 76 + 55 + 93 + 68 + 106 + 81 + 132 + 102 + 150 + 120 + 181 + 146 + 207 + 172 + 242 + 202 + 268 + 228 + 292 + 252 + 330 + 284 + 356 + 310 + 386 + 340
v 7
x 7 + 58 + 40 + 63 + 45 + 75 + 54 + 85 + 64 + 105 + 80 + 122 + 97 + 152 + 122 + 176 + 146 + 213 + 178 + 245 + 210 + 288 + 248 + 320 + 280 + 84 + 63 + 96 + 75 + 119 + 94 + 139 + 114 + 174 + 144 + 204 + 174 + 249 + 214 + 289 + 254 + 340 + 300 + 380 + 340 + 420 + 380 + 471 + 425 + 516 + 470 + 566 + 520
y 7
z 7 + 68 + 50 + 78 + 60 + 94 + 73 + 109 + 88 + 137 + 112 + 161 + 136 + 202 + 172
za 7 + 82 + 64 + 95 + 77 + 119 + 98 + 139 + 118 + 173 + 148
794 18 Welle-Nabe-Verbindungen
Nennmaßbereich in mm
250 280 280 315 315 355 355 400 400 450 450 500 500 560 560 630 630 710 710 800 800 900 900 1000 1000 1120 1120 1250 1250 1400 1400 1600 1000 1800 1800 2000
+ 32 0
+ 36 0
+ 40 0
+ 44 0
+ 50 0
+ 56 0
+ 66 0
+ 78 0
+ 92 0
+ 23 0
+ 25 0
+ 27 0
+ 28 0
+ 32 0
+ 36 0
+ 42 0
+ 50 0
+ 60 0
+ 150 0
+ 125 0
+ 105 0
+ 90 0
+ 80 0
+ 70 0
+ 63 0
+ 57 0
+ 52 0
+ 230 0
+ 195 0
+ 165 0
+ 140 0
+ 125 0
+ 110 0
+ 97 0
+ 89 0
+ 81 0
+ 370 0
+ 310 0
+ 260 0
+ 230 0
+ 200 0
+ 175 0
+ 155 0
+ 140 0
+ 130 0
60
50
42
36
32
28
27
25
23
92
78
66
56
50
44
40
36
32
150
125
105
90
80
70
63
57
52
230
195
165
140
125
110
97
89
81
370
310
260
230
200
175
155
140
130
+ 146 + 94 + 150 + 98 + 165 +108 + 171 + 114 + 189 + 126 + 195 + 132 + 220 + 150 + 225 + 155 + 255 + 175 + 265 + 185 + 300 + 210 + 310 + 220 + 355 + 250 + 365 + 260 + 425 + 300 + 455 + 330 + 520 + 370 + 550 + 400
+ 210 + 158 + 222 + 170 + 247 + 190 + 265 + 208 + 295 + 232 + 315 + 252 + 350 + 280 + 380 + 310 + 420 + 340 + 460 + 380 + 520 + 430 + 560 + 470 + 625 + 520 + 685 + 580 + 765 + 640 + 845 + 720 + 970 + 820 + 1070 + 920
+ 270 + 218 + 292 + 240 + 325 + 268 + 351 + 294 + 393 + 330 + 423 + 360 + 470 + 400 + 520 + 450 + 580 + 500 + 640 + 560 + 710 + 620 + 770 + 680 + 885 + 780 + 945 + 840 + 1085 + 960 + 1175 + 1050 + 1350 + 1200 + 1500 + 1350
+ 367 + 315 + 402 + 350 + 447 + 390 + 492 + 435 + 553 + 490 + 603 + 540 + 670 + 600 + 730 + 660 + 820 + 740 + 920 + 840 + 1030 + 940 + 1140 + 1050 + 1255 + 1150 + 1405 + 1300 + 1575 + 1450 + 1725 + 1600 + 2000 + 1850 + 2150 + 2000
Abb. 18.10. Ausgewählte Toleranzfelder es/ei und ES/EI für Preßverbände, schraffiert: Vorzugsbereiche
über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis über bis
+ 408 + 385 + 448 + 425 + 500 + 475 + 555 + 530 + 622 + 595 + 687 + 660
+ 417 + 385 + 457 + 425 + 511 + 475 + 566 + 530 + 635 + 595 + 700 + 660
+ 437 + 385 + 477 + 425 + 532 + 475 + 587 + 530 + 658 + 595 + 723 + 660
+ 632 + 580 + 702 + 650 + 787 + 730 + 877 + 820 + 983 + 920 + 1063 + 1000
18.2 Reibschluß-Verbindungen
795
796
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Man beachte: Wenn auf den Preßverband Welle/Nabe zusätzlich eine Bandage aufgeschrumpft wird, ändert sich auch das Übermaß Nabe/Welle. Übermaße zum Fügen und Lösen des Preßverbands s.Abschn. 18.2.3.12. Falls wichtig für die Funktion, ist die Aufweitung der Nabe (Außendurchmesser) mit (18.27) zu prüfen. 18.2.3.5 Berechnung des elastischen Preßverbands – allgemeine Beziehungen, Nachweis
Folgende Grenzkriterien sind bei der Beurteilung der Betriebssicherheit von Preßverbänden zu beachten. Welche bei den jeweiligen Herstell- und Betriebszuständen zu berücksichtigen sind – und welche nicht –, wird in den nachfolgenden Abschnitten diskutiert. a) Rutschsicherheit. Berechnung der vorhandenen Rutschsicherheit Sr nach Abschn. 18.2.1a, mit dem Fugendruck pF je nach Herstell- und Betriebszustand nach (18.11) bzw. (18.13) und Übermaß |P| = |Pist | = |Pwu | nach (18.15C) zur Berücksichtigung der Glättung oder = |PB | nach (18.27) zur Berücksichtigung von Fliehkraft und Temperatur. Mindest-Rutschsicherheit s. Abschn. 18.2.2. b) Beanspruchung. Die an einem Element der Nabe oder Welle angreifenden Kräfte führen bei Annahme eines ebenen Spannungszustands (s. hierzu auch [18.3-1]) über die Kräftegleichung in radialer Richtung (Abb. 18.7) – (sr + dsr) (r + dr) df ◊ z – sr ◊ r ◊ df ◊ z – 2st ◊ dr ◊ z ◊ sin df/2 = 0, mit sin df/2 ≈ df/2 und dsr ◊ dr ≈ 0 – zur Differentialgleichung: sr ◊ dr + dsr ◊ r – st ◊ dr = 0. Deren Lösung ergibt den Zusammenhang zwischen Fugendruck und den Normalspannungen sr und st , die Hauptspannungen darstellen. – Mit den Bezeichnungen QA = DF /DAa und QI = DIi /DF erhält man die in Abb. 18.11 zusammengefaßten Gleichungen für sr und st . Der Spannungsverlauf über den Querschnitt des Preßverbands ist allgemein in Abb. 18.7 und für Beispiel 1 in Abschn. 18.7 dargestellt. Die größten Beanspruchungen treten am Innendurchmesser des Außenteils und am Innendurchmesser des Innenteils (Hohlwelle) auf. Diese sind daher maßgebend für die Tragfähigkeit. – Man berechnet zunächst die Radial- und Tangentialspannungen aus dem Fugendruck mit den Gleichungen in Abb. 18.11 für den jeweiligen Fertigungs- und Betriebszustand. – Man beachte: Bei der Vollwelle sind Radial- und Tangentialspannung gleich groß und konstant über den Wellenquerschnitt. Bereits bei sehr kleiner Bohrung wird die Tangentialspannung doppelt so groß wie bei der Vollwelle. – Dann bildet man die Vergleichsspannung aus den Tangential- und Radialspannungen – für duktile Werkstoffe 2 nach der Gestaltänderungsenergiehypothese (GEH) 3, für spröde Werkstoffe 2 nach der Normalspannungshypothese (NH) 2 (größte Normalspannung), s. Abb. 18.112. 2
3
Richtwerte für ausreichende Duktilität: Bruchdehnung A ≥ 10%, Brucheinschnürung Z ≥ 30%; für spröde Werkstoffe: A < 10%, Z < 30%. Die Schubspannung in der Fuge aus dem übertragenen Drehmoment kann vernachlässigt werden, wenn diese radial zu- oder abgeführt wird. Die Preßverbindung wird somit auch bei dynamischem Drehmoment praktisch statisch beansprucht.
18.2 Reibschluß-Verbindungen Gestaltänderungsenergiehypothese (GEH) Vergleichsspannung:
2 1
2 2
s v = s + s – s1 ◊ s 2
797
Normalspannungshypothese (NH)
s v = s1
Einzelspannungen: s1 = Tangentialspannung s t ; s2 = Radialspannung sr
innen (i)
Außenteil (A)
Innenteil (I)
Radialspannung-Druck sr Ai = – pF Tangentialspannung-Zug
– Hohlwelle – Radialspannung sr Ii = 0 Tangentialspannung-Druck
s t Ai = pF
außen (a)
1+ Q 2A E + | Prot Ai | ◊ A 1 – Q 2A DF
Radialspannung sr Aa = 0 Tangentialspannung-Zug
1 + Q A2 EA – 1 + | Prot Aa | · 6 stAa = pF 04 DAa 1 – Q A2 Q
2 E s tli = – pF · 022 + | Prot Ii | 41I 1 – QI DIi – Hohlwelle – Radialspannung-Druck sr Ia = – pF Tangentialspannung-Druck 2
σ tIa = – pF
E 1 + QII2 E + | Prot Ia | II 1 – QII22 DF
– Vollwelle – Radialspannung-Druck sr I = – pF Tangentialspannung-Druck
σ tIa = – pF + | Prot Ia |
E II DF
Der Fugendruck pF ist stets positiv einzusetzen; pF für unterschiedliche Fertigungs- und Betriebszustände (auch Fliehkraft) s. Abb. 18.7a .
Abb. 18.11. Berechnung der Radialspannungen sr, Tangentialspannungen st und Vergleichsspannungen sv aus Schrumpf-, Temperatur- und Fliehkraftbeanspruchung
c) Festigkeit, Sicherheit: Als Festigkeitsgrenze duktiler Werkstoffe 2 gilt die Fließgrenze Rp , als Festigkeitsgrenze spröder Werkstoffe 2 die Zugfestigkeit Rm . – Sicherheiten gegen plastische Verformung SF und gegen Bruch SB : SF =
Rp
sv
≥ SF min und SB =
Rm ≥ SB min . sv
(18.29)
Anhaltswerte für die Mindestsicherheiten: SFmin = 1,1 ... 1,5; SBmin = 2 ... 3. Hinweise wie zu Rutschsicherheiten s. Abschn. 18.2.2 (sinngemäß). Allgemeine Gesichtspunkte s. Abschn. 1.4.8. d) Kontrolle zu Abschn. 18.2.3.3b): Der Preßverband liegt im elastischen Bereich, wenn für die Bohrungen von Außen- und Innenteil oder für die 2
s. S. 796.
798
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Vollwelle sv ≤ Rp. Dabei wird die Beanspruchung mit dem Höchst-Fugendruck pFBo für das Höchstübermaß |P| = |PBo | nach (18.27) berechnet, |Po | nach Abschn. 18.2.3.4f), für diese Kontrolle also ohne Fliehkraft- und Temperaturanteil. 18.2.3.6 Berechnung des elastischen Preßverbands – Zustand nach dem Fügen, in Ruhe, bei Raumtemperatur
a) Rutschsicherheit: Der Nachweis entfällt, da kein Drehmoment übertragen wird. b) Festigkeitsnachweis: Für die Beanspruchung ist das Höchstübermaß nach dem Fügen aus (18.15B) maßgebend. Daraus ergibt sich der Höchstfugendruck pFow aus (18.11) bzw. (18.13) mit |P| = |Pwo | und pF = pFwo . |PB | nach (18.27) wird zu |Pwo |. (Die Anteile aus Temperatur und Fliehkraft entfallen.) – Hiermit berechnet man die Spannungen sr , st und sv nach Abb. 18.11. Ansatz der Festigkeit und Sicherheit s. Abschn. 18.2.3.5c.) 18.2.3.7 Berechnung des elastischen Preßverbands – Zustand bei kleiner Umfangsgeschwindigkeit 4) sowie unterschiedlicher Wärmedehnung von Welle und Nabe
Gegenüber dem Zustand nach Abschn. 18.2.3.6 ändert sich das Übermaß infolge Temperaturdifferenz zwischen Außen- und Innenteil oder/und unterschiedlicher Wärmeausdehnungskoeffizienten um |PJ | nach Abschn. 18.2.3.4d). a) Rutschsicherheit: Berechnung der vorhandenen Rutschsicherheit Sr nach Abschn. 18.2.1a) mit pF für das Mindestübermaß |PB | im Betriebszustand: pF = pFBu aus (18.11) bzw. (18.13), nach (18.27) |PB | = |PBu| = |Pu | – G ± |PJ |, der Fliehkraftanteil wird vernachlässigt, Mindest-Rutschsicherheit s. Abschn. 18.2.2. b) Festigkeitsnachweis: Maßgebend für die Beanspruchung ist das Höchstübermaß nach (18.27) mit |P| = |PBo | = |Po | – G ± |PJ |. Hiermit erhält man aus (18.11) bzw. (18.13) den bei diesem Zustand vorhandenen Höchstfugendruck pFBo und nach Abb. 18.11 die Spannungen sr , st und sv . Ansatz der Festigkeit und Sicherheit s. Abschn. 18.2.3.5c). c) Unter dem Einfluß der Temperatur ändern sich die Verhältnisse im Preßverband mit Welle und Nabe aus gleichem Werkstoff wie folgt: Wenn sich die Nabe stärker erwärmt als die Welle, d.h. bei DJA > DJI in (18.25), wird das Gesamtübermaß |P| kleiner, und damit auch die Fugenpressung sowie die Tangential- und Radialspannungen, ebenso die Rutschsicherheit. – Und umgekehrt. – Dasselbe gilt für einen insgesamt erwärmten Preßverband, wenn der Nabenwerkstoff einen höheren Wärmeausdehnungskoeffizienten als der Wellenwerkstoff aufweist, d.h. bei aA > aI , z.B. bei einem Preßverband aus Aluminiumnabe und Stahlwelle.
4
Drehzahlgrenzen s. Abschn. 18.2.3.4e.
18.2 Reibschluß-Verbindungen
799
18.2.3.8 Berechnung des elastischen Preßverbands – Zustand bei Temperatur- und Fliehkrafteinfluß
a) Rutschsicherheit: Berechnung wie nach Abschn. 18.2.3.7a), jedoch mit |P| = |PBu | – G ± |PJ | ± |Prot |, d.h. mit Fliehkraftanteil Prot nach Abschn. 18.2.3.4c). b) Festigkeitsnachweis: Berechnung des für die Beanspruchung maßgebenden Höchstübermaßes nach (18.27) mit Berücksichtigung des Fliehkraftanteils: |P| = |PBo | = |Po | – G ± |PJ | ± |Prot |. Hiermit wird nach (18.11) bzw. (18.13) der Höchstfugendruck pFBo bestimmt und damit die Spannungen sr , st und sv nach Abb. 18.11. Festigkeit und Sicherheit s. Abschn. 18.2.3.5c). c) Unter dem Einfluß von Temperatur und Fliehkraft ändern sich die Verhältnisse im Preßverband wie folgt: – Temperatur s. Abschn. 18.2.3.7c). – Fliehkraft: Die (Zug-) Tangentialspannungen des Außenteils am Innen(= Füge-) und Außendurchmesser werden mit wachsender Drehzahl größer: In der Gleichung für stAi in Abb. 18.11 wächst der Anteil |Prot Ai| · EA/DF stärker mit der Drehzahl als der Anteil mit dem abnehmenden Fugendruck pF sinkt. – Die (Druck-) Tangentialspannungen des Innenteils am Außen-(= Füge-) Durchmesser werden i.allg. (absolut) kleiner: In der Gleichung für stIa wächst der Anteil |ProtIa | · E I /DF weniger stark als die Minderung von pF im ersten Anteil dieser Gleichung bewirkt. – Die (Druck-) Radialspannungen/Fugendrücke des Außen- und Innenteils am Fügedurchmesser werden kleiner. Bei hohen Drehzahlen kann das Übermaß in der Fuge – und damit die Fugenpressung – zu Null werden, der Preßsitz löst sich; Abhebe-Winkelgeschwindigkeit s. Abschn. 18.2.3.4 e). – Die (Druck-)Tangentialspannung des Innenteils (Hohlwelle) am Innendurchmesser werden (absolut) kleiner. – Kritisch – und daher maßgebend für den Festigkeitsnachweis – ist i.allg. die Beanspruchung des Außenteils am Innendurchmesser. – Die Rutschsicherheit nimmt mit wachsender Drehzahl ab und wird bei Abhebedrehzahl zu Null (Abschn. 18.2.3.4 e); die Beanspruchung der Nabe nimmt dabei nur wenig zu. Eine einwandfrei gefertigte Nabe ist daher i.allg. nicht bruchgefährdet. d) Berechnungsbeispiel s. Abschn. 18.7, Beispiel 1. 18.2.3.9 Auswirkungen von Gestalt und Betriebsweise auf die Beanspruchung
Bei vielen Ausführungen und infolge der Belastung des Preßverbands durch Drehmomente, Biegemomente, Längs- und Querkräfte ist die Fugenpressung nicht gleichmäßig über den Sitz verteilt, wie dies für die Berechnung angenommen wird. Trotz theoretisch ausreichender Dimensionierung kann u.U. in Teilbereichen in der Fügefläche Schlupf auftreten.
800
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Abb. 18.12. Verteilung des Fugendrucks pF über der Nabenbreite bei Nabe auf glatter Welle
Abb. 18.13 a, b. Welle-Nabe-Verbindung, a Drehmoment-,,Rückleitung“, b Drehmoment-,,Durchleitung“
a) Kantenpressung: Bei einem Preßsitz nach Abb. 18.12 treten am Austritt der Welle aus der Nabe infolge Stützwirkung höhere Fugenpressungen und Tangentialspannungen auf. b) Wird das Drehmoment (oder die Axialkraft) von einer Seite in den Preßverband eingeleitet, so ergibt sich infolge der unterschiedlichen Drehsteifigkeit (oder Axialsteifigkeit) von Welle und Nabe eine ungleichmäßige Verteilung der Pressung über die Nabenlänge mit Höchstwerten an der Seite der Einleitung. Sehr breite Naben sind daher nicht sinnvoll. Richtwerte s. Abschn. 18.2.3.11 und Abb. 18.2. c) Querkräfte und Biegemomente führen infolge unterschiedlicher Biegesteifigkeit von Welle und Nabe zu höheren Kantenpressungen (s.o.). Dies kann sich speziell bei Umlaufbiegung nachteilig auswirken. Die Effekte nach a), b) und c) führen zu höheren örtlichen Spannungen und mindern somit insbesondere die dynamische Festigkeit; man kann sie wesentlich durch kraftflußgerechte Gestaltung abmindern, Abb. 18.13. d) Reibkorrosion. Die unter b) beschriebene Erscheinung bewirkt, daß der Hauptteil des Drehmoments am Anfang der Preßfuge bei hoher Schubspannung übertragen wird. Wird hier die Haftspannung trt = nru · pF überschritten, rutscht der Verband an dieser Stelle. Dies ist insbesondere bei Wechselbeanspruchung schädlich. In dem betr. Bereich kann Reibkorrosion auftreten; die dynamische Festigkeit der Welle wird u.U. erheblich gemindert, Kap. 17. In [18.3-1] wird das Drehmoment nach [18.3-6] auch bei dauernder Schwingbeanspruchung durch rein elastische Verformung, d.h. ohne Schlupf übertragen, wenn das zu übertragende Moment T kleiner als ein Grenzmoment TE ist. Für den Fall ,,Vollwelle, scheibenförmige Nabe mit LF /DF > 0,25, E1 = E2“ wird dies erreicht, wenn: T · Sr TE ≤ 0008 . 08 d 8/(1 – Q A2) · 2 · LF /DF
(18.30)
T ◊ Sr ist das Rutschmoment. Daraus ergeben sich Abhilfemaßnahmen gegen Reibkorrosion: pF, nru , DF , Sru erhöhen; hohe örtliche Fugenpressung
18.2 Reibschluß-Verbindungen
801
(Kantenpressung) wirkt sich also hinsichtlich Reibkorrosionsgefahr günstig aus 5; Einfluß von Werkstoff und Gestaltung s. a. Abschn. 18.2.3.11. – Auch Umlaufbiegung kann zu Reibkorrosion führen. Hier gelten sinngemäß dieselben Gegenmaßnahmen. e) Abgesetzte, versteifte Naben. Der Einfachheit halber betrachtet man die Nabe als zusammengesetzt aus getrennten Scheiben unterschiedlichen Durchmessers. Man nimmt zweckmäßigerweise eine übliche Preßpassung an, z.B. H7/u6, und berechnet hiermit für jede Scheibe das übertragbare Drehmoment bzw. die übertragbare Haftkraft. Die Summe der Einzelanteile muß dem geforderten Drehmoment bzw. der geforderten Haftkraft entsprechen. Andernfalls ist eine andere Preßpassung zu wählen. Rippen führen zu einer Versteifung und damit anteiliger Erhöhung der Fugenpressung der darunter liegenden Scheiben. Das Ausmaß der Versteifung kann man nach der Dicke und Anzahl der Scheiben abschätzen. 18.2.3.10 Abhilfemaßnahmen bei nicht ausreichender Festigkeit [18.3-1]
a) Bei unzulässiger Beanspruchung des Außenteils: – Nabenbreite vergrößern; dadurch kleinere Werte für pF . – Durchmesserverhältnis QA verkleinern, i.allg. durch Vergrößern des Außendurchmessers DAa . – Bei Hohlwellen Innendurchmesser DIi , d.h. QI verkleinern (für vorgegebenen Fugendruck sind dann kleinere Übermaße erforderlich). b) Bei unzulässiger Beanspruchung des Innenteils: – Verkleinern des Durchmesserverhältnisses QI, d.h. bei Hohlwellen den Innendurchmesser DIi verkleinern oder Fugendurchmesser DF vergrößern. Dadurch kleineres Übermaß |P| erforderlich. – Durchmesserverhältnis QA verkleinern, i.allg. durch Vergrößern des Außendurchmessers DAa (d.h. kleineres maximales Übermaß erforderlich). – Für die Welle Werkstoff höherer statischer Festigkeit wählen. Oberflächenhärten oder -drücken (man beachte allerdings die höhere Kerbempflindlichkeit hochfester Stähle, Kap. 3). 18.2.3.11 Gestaltung
– Paßfedern in der Preßfuge sind für hochbelastete Preßverbände nicht zulässig; der Spannungszustand würde extrem gestört. – Um axial genau fügen zu können, sollte man eine Lagebegrenzung (z.B. Wellenbund) vorsehen; die Nabe schrumpft allerdings beim Abkühlen zu Mitte Nabenbreite hin ab. Wenn dies nicht zulässig ist, muß man sie durch Nachpressen wieder an den Bund andrücken. – Hohe Tragfähigkeit erreicht man bei gegebenem Wellendurchmesser mit der Paarung Vollwelle/dickwandige Nabe (QA ≤ 0,5). 5
Bei Maßnahmen, hohe örtliche Spannungen infolge entspr. Fugenpressung nach a), b), c) zu mindern, ist also die Gefährdung durch Reibkorrosion zu beachten.
802
18 Welle-Nabe-Verbindungen Abb. 18.14. Preßverband mit Entlüftungsbohrung (nach DIN 7190)
Abb. 18.15 a–c. Gestaltung eines Preßverbands mit, a Überhang, b Überstand bei größerem Fugendurchmesser, c Überstand bei gleichem Fugendurchmesser
– Das maximal übertragbare Drehmoment – bei gegebenem Außendurchmesser – ergibt sich bei QA = 1,4. – Bei Preßverbänden in Sacklöchern muß man eine Entlüftung vorsehen, Abb. 18.14. – Empfehlungen für das Breiten-/Durchmesser-Verhältnis nach [18.3-5]: Wechseltorsion: LF/DF = 0,5 ... 1,0, Torsion und Biegung, statisch: LF/DF = 1,0 ... 1,5, Wechselbiegung: LF/DF = 1,5 ... 2,0. – Bei Wechsel- oder Umlaufbiegung sowie Wechseltorsion und kurzer Fügelänge LF/DF kann die Welle aus der Nabe herauswandern. – Abhilfemaßnahmen gegen Reibkorrosion, insbesondere bei schwingend beanspruchten Preßverbänden: Fugenpressung an Nabenkanten erhöhen z.B. durch Überhang (Stützwirkung) nach Abb. 18.15a. Günstig ist ein größerer Fügedurchmesser mit DF/DW ≈ 1,1 und r/(DF- DW) ≈ 2, Abb. 18.15b. Falls DF = DW sein muß, empfiehlt sich die Lösung nach Abb. 18.15c. Drehmoment in Nabe ,,durchleiten“ nicht ,,rückleiten“, Abb. 18.13b. Nabe ggf. aus Werkstoff mit niedrigerem E-Modul als Welle ausführen (Nabe torsionsweich gestalten), nicht umgekehrt. – Gestaltung von Längspreßsitzen s. auch Abschn. 18.2.3.12d). 18.2.3.12 Fügen und Lösen von zylindrischen Preßverbänden
Je nach Anforderungen und Fertigungseinrichtungen stehen eine Reihe von Verfahren zur Verfügung. a) Thermisches Fügen von Querpreßsitzen: Ein ausreichendes Fügespiel PsJ ist erforderlich, damit die Teile nicht vorzeitig (während des Fügevor-
18.2 Reibschluß-Verbindungen
803
ganges) haften. Bei Einzelfertigung und ohne besondere Vorrichtungen genügt nach DIN 7190: PsJ = 0, 001 DF .
(18.31)
Das erforderliche Fügeübermaß ergibt sich damit aus: | PÜF | = | Po | + | PsJ | ,
(18.32)
mit Höchstübermaß Po . – Bei vorgegebener Raumtemperatur JR und Fügetemperatur JI des Innenteils beträgt die Fügetemperatur des Außenteils nach DIN 7190:
aJ I | PÜF | JA erf = JR + 04 + 61 (J I –JR) . aJ A · DF aJ A
(18.33)
Das Fügeübermaß kann durch Erwärmen der Nabe oder Unterkühlen der Welle erzeugt werden, bei großen Übermaßen auch durch Kombination beider Maßnahmen. – Erwärmen der Nabe (bei Welle auf Raumtemperatur) ist die überwiegend angewendete Methode. Zulässige Temperaturen s. Abb. 18.16a. Unterkühlen der Welle (Dehnsitz) wird vorzugsweise bei sehr hohen Außentemperaturen und dann angewendet, wenn zu hohe Temperaturen für das Außenteil erforderlich wären, ferner bei fertigbearbeiteten Serienteilen (Naben). Fertigungstechnisch erreichbare Temperaturen s. Abb. 18.16b und c. Welle und Nabe können sich beim Erwärmen und Abkühlen verziehen; daher ist u.U. nach dem Schrumpfen eine Endbearbeitung erforderlich. b) Fügen mittels Öldruck (Ölpreßverband): In die Fuge wird durch die Nabe oder Welle Drucköl gepumpt (Abb. 18.17). Wenn der Öldruck pöl gleich der Fugenpressung pF ist, kann die Nabe axial verschoben werden. Die Aufweitung entspricht dem gewünschten Übermaß. Nach dem Fügen wird das Drucköl wieder abgelassen. Das Verfahren eignet sich insbesondere zum Fügen von kegeligen (Abschn. 18.2.4.2) und zum Lösen von zylindrischen Druckverbänden, zum Fügen von zylindrischen Druckverbänden dagegen nur mit Sondervorrichtungen [18.3-1]. c) Fügen durch nachträgliche Änderung der Eigenspannung: Grundlagen und Anwendungen s. Gefügeschrumpfen [18.3-9].
a
Werkstoff des Außenteiles (Nabe)
Fügetemperatur °C maximal
Baustahl niedriger Festigkeit, Stahlguß, Gußeisen mit Kugelgraphit
350
Stahl oder Stahlguß vergütet
300
Stahl randschichtgehärtet
250
Stahl einsatzgehärtet oder hochvergüteter Baustahl
200
Abb. 18.16a–c. Fügetemperaturen für Preßverbände nach DIN 7190; a maximal zulässige Fügetemperaturen
804
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Medium zum Erwärmen
Temperatur in °C maximal
Elektro-Heizkern
50
Elektro-Heizplatte
100
Wälzlager bei geringer Vorspannung
Ölbad
400
große Naben, sehr gleichmäßige Erwärmung
Heißluftofen
400 (z. T. 650)
große Naben, Oxidschicht auf Fügeflächen
Elektroofen
700
ölbenetzte Fügeflächen, variabel, gut steuerbar, durch Schutzgas Oxidschicht vermeidbar
Ringbrenner
700
sperrige Naben, schwierig handhabbar, Gefahr der Überhitzung
Medium zum Unterkühlen
Temperatur in °C minimal
Anwendung, Beispiele, Besonderheiten
b
Trockeneis, Kohlensäureschnee
c
Anwendung, Beispiele, Besonderheiten
– 78
kleine Naben, Hülsen
Langsames Abkühlen, Gefahr der Vereisung erfordert Gegenmaßnahmen
Flüssige Luft, (Sauerstoff)
– 150
Gefahr der Frostschädigung, Explosionsgefahr
Flüssiger Stickstoff
– 196
Gefahr der Frostschädigung, gute Entlüftung erforderlich
Abb. 18.16. b Methoden und erreichbare Temperaturen zum Erwärmen des Außenteils (Nabe), c Methoden und erreichbare Temperaturen zum Unterkühlen des Innenteils (Welle)
Abb. 18.17a–c. Druckölpreßverbände (SKF) a zylindrischer Schrumpfverband, b konischer Verband, c Verband mit kegeliger Zwischenbuchse
18.2 Reibschluß-Verbindungen
805
Abb. 18.18. Gestaltung von Längspreßverbänden nach DIN 7190
Abb. 18.19. Kraftverlauf beim Fügen (Einpressen) und Lösen (Auspressen) eines Längspreßverbands [18.3-6]
d) Fügen von Längspreßsitzen: Nabe und (Übermaß-)Welle werden bei Raumtemperatur axial ineinander gepreßt. Die Einpreßkraft beträgt: Fe = p ◊ DF ◊ l ◊ n ll ◊ pmax .
(18.34)
Wichtig ist eine kegelige Fügefase an Welle oder Nabe (und zwar am härteren Teil), Abb. 18.18. Abb. 18.19 zeigt den Kraftverlauf beim Ein- und Auspressen. Die volle Haftkraft wird erst ca. 24 h nach dem Fügen erreicht (sofort nach dem Pressen nur 70 %). Um die Schabewirkung der Wellenstirnkante und Fressen zu vermeiden, sind die Fügeflächen einzuölen, obwohl sich dadurch etwas niedrigere Haftbeiwerte (Abb. 18.5) ergeben. Der Anwendungsbereich (Fügedurchmesser) ist begrenzt durch die erforderliche Fügekraft bzw. die hierfür benötigten maschinellen Einrichtungen. e) Lösen von Preßverbänden: Querpreßverbände lassen sich lösen, indem die Nabe so schnell, z.B. mit Hilfe von Ringbrennern, erwärmt wird, daß die Welle sich nicht im gleichen Maße dehnt und herausgezogen werden kann. Wie in Abschn. 18.2.3.12b) erwähnt, läßt sich ein zylindrischer Preßverband mit Hilfe des Druckölverfahrens sicher lösen, Abb. 18.17. Die Ringnuten werden durch getrennte Ölkanäle gespeist. Damit sich die Nabe beim Abziehen nicht auf der letzten Ringfläche ,,festbeißt“, muß sie schnell – unter Ausnutzung des anhaftenden Ölfilms – über diese Fläche
806
18 Welle-Nabe-Verbindungen
hinweggezogen werden. – Man beachte, daß zum Lösen ein zusätzliches Übermaß – etwa entspr. (18.30) – erzeugt werden muß, das u.U. zu plastischen Verformungen von Welle und Nabe führt. Die Teile lassen sich dann nicht direkt wieder fügen. Zur Frage der Lösbarkeit des elastisch-plastischen Preßverbandes s. Abschn. 18.2.3.3. 18.2.4 Kegeliger Preßverband
Dies ist eine unmittelbare, reibschlüssige Verbindung. Sie eignet sich besonders für die Übertragung großer Kräfte und Momente, die Preßkraft ist nachstell- und dosierbar, die Verbindung ist selbstzentrierend, gut lösbar und wiederverwendbar. – Nachteilig sind die höheren Fertigungskosten; bei großen Wechsel-Drehmomenten kann Mikroschlupf auftreten mit Gefahr von Reibkorrosion. Je nachdem, welche Kriterien im Vordergrund stehen, eigenen sich folgende Ausführungen. 18.2.4.1 Mechanisch verspannter kegeliger Preßverband
Die Einpreßkraft Fa erzeugt durch die Keilwirkung des Kegels die Anpreßkraft FN (Abb. 18.20). Fa wird meist durch eine Gewindemutter oder Schraube aufgebracht, bei Werkzeugschäften mit kleinem Kegelwinkel a durch den axialen Arbeitsdruck allein. a) Abmessungen, Anwendung: Nach DIN 254 wird die Neigung des Kegels durch das Kegelverhältnis C = (DIa – dIa)/L = 2 tan (a/2) bestimmt. Damit der Kegelsitz selbsthemmend ist, gilt die Bedingung tan (a/2) ≤ n (Abschn. 10.4.4.4). Dies ist für die Paarung Stahl/Stahl gegeben bei C ≤ 1:5. – Entsprechend gelten als Richtwerte nach DIN 406 und DIN 254: Für leicht lösbare Verbindungen: C = 1 : 5 d.h. a = 11° 25¢ 16¢¢, für schwer lösbare Verbindungen C = 1 : 10, d.h. a = 5° 43¢ 29¢¢. Je kleiner das Kegelverhältnis, d.h. auch je kleiner der Kegelwinkel, desto größer ist die Anpreßkraft bei gegebener Einpreßkraft. b) Tragfähigkeit: An den kegeligen Preßverband werden dieselben Anforderungen wie an den zylindrischen Preßverband gestellt, Abschn. 18.2.3.2. – Das gegenüber der Rutschgrenze übertragbare Drehmoment beträgt entsprechend (18.1), (18.2) mit Fugendruck pF = FN/A, Mantelfläche bei kegeligem Sitz A = p · DFm · LF/cos(a/2) T=
p p 2 ◊ DFm ◊ L F /cos (a / 2) ◊ n ru ◊ F . 2 Sr
(18.35)
c) Montage des kegeligen Preßverbands: Die zum Erzeugen eines Fugendrucks pF erforderliche Axialkraft Fa ergibt sich aus der Gleichgewichtsbedingung nach Abb. 18.20: (18.36) Fa – FN sin (a/2) – nrl FN cos(a/2) = 0 .
18.2 Reibschluß-Verbindungen
807
Abb. 18.20. Kräfte an einem Kegelpreßverband
Aus der Beziehung zwischen Anpreßkraft FN und Flächenpressung pF (s.o.) folgt die Einpreßkraft: Fa = pF · p · DFm · LF (tan (a/2) + nrl ) .
(18.37)
Für die Lösekraft – vor Belastung durch das Drehmoment – gilt (18.37) mit negativem nrl . – Aus pF nach (18.35) ergibt sich das für die Übertragung des Drehmoments T mit Rutschsicherheit Sr nach dem Fügen vorhandene Übermaß |P| nach (18.11) bzw. (18.13). Hiernach werden die Passungsmaße nach den gleichen Überlegungen wie bei zylindrischen Preßverbänden festgelegt. – Axial festgelegte Nabe: Nach der Fertigstellung beider Teile wird die Nabe axial – bis zur kraftfreien Anlage – auf die Welle aufgeschoben. Von dieser Position aus rechnet sich der – zur Erzeugung des Preßsitzes mit der Flächenpressung pF erforderliche – axiale Verschiebeweg (Aufpreßweg), wobei die Glättung G entspr. Abschn. 18.2.3.4b), (18.16) zu berücksichtigen ist: e=
|P |+G . 2 ◊ tan (a / 2)
(18.38)
Dieser – relative, also auf die Ausgangsposition bezogene – Aufpreßweg muß meßtechnisch kontrolliert oder durch einen Anschlag mit angepaßtem Zwischenring vorgegeben werden,Abb. 18.21. Toleranzbetrachtungen sind bei dieser Vorgehensweise nicht erforderlich. Einen sicheren Nachweis des erreichten Übermaßes erzielt man durch Messen der Aufweitung des Naben-Außendurchmessers. – Berechnung s. Abschn. 18.7, Beispiel 2. – Axial freie Nabe (Abb. 18.22): Bei der ersten Belastung des axial vorgespannten Kegel-Preßverbands durch ein Drehmoment kommt es zu einem zusätzlichen, spiralartigen Aufschieben der Nabe. Die Spannmutter oder Schraube des Kegelsitzes sollte daher nach der ersten Belastung durch ein Drehmoment nachgezogen und formschlüssig gegen Losdrehen gesichert werden. Um den Verlust an Vorspannung zu mindern, empfiehlt es sich, eine Dehnschraube einzusetzen (Kap. 10). – Festigkeitsnachweis. Bei Wellen und Naben aus gleichem Werkstoff und rein elastischer Beanspruchung kann man für die Berechnung der Sicherheit gegen plastische Verformung (Fließgrenze) bzw. Bruchfestigkeit überschlägig einen zylindrischen Preßverband mit mittlerem Fugendurchmesser DFm und axialer Fügelänge LF zugrunde legen. Der Festigkeitsnachweis kann mit dem Fugendruck pF aus (18.35) geführt werden, sofern der Aufpreßweg mit üblicher Meßgenauigkeit eingehalten wird.
808
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Abb. 18.21 a, b. Kegelpreßverband mit definiertem Aufpreßweg, a Nabenkörper bei kraftfreier Anlage, b Nabenkörper im aufgepreßten Zustand; Berechnung s. Abschn. 18.7, Beispiel 2
Abb. 18.22a, b. Kegelpreßverband bei erstmaliger Drehmomentübertragung, a zusätzlicher Aufschubweg De1 bei Belastung von T = 0 auf Tmax , b auftretende Kräfte [18.3-5]
c) Hinweise zu Funktion und Gestaltung von kegeligen Preßverbänden: – Bei hochbelasteten Kegelpreßverbänden sind zusätzliche Paßfedern nicht zulässig, s. Abschn. 18.2.3.11, 18.2.4.3. – Trotz Selbsthemmung muß der Kegelsitz bei größeren Drehmomenten axial gesichert werden; er würde sich sonst bei Überschreiten der Rutschgrenze schlagartig öffnen. Die Reibungskraft Fu = FN · mru , geht dann gegen Null, damit auch FR2 ; die Hauptabtriebskomponente FN · sin (a/2) schiebt dann die Nabe vom Kegelsitz der Welle, Abb. 18.20. – Wegen der Unsicherheiten des Schrauben-Anzugsmoments (Kap. 10) kann hieraus nicht zuverlässig auf die Axialkraft geschlossen werden; vielmehr muß der Aufschub-Weg vorgegeben und bei der Montage eingestellt bzw. kontrolliert werden, wie oben beschrieben.
18.2 Reibschluß-Verbindungen
809
– Damit der Kegelsitz möglichst gleichmäßig trägt, sollte sich der Verband beim Fügen zuerst am großen Kegeldurchmesser berühren. Damit sich diese ,,obere Anlage“ einstellt, muß die Kegelwinkeltoleranz nach DIN 7178 für den Außenkegel positiv und für den Innenkegel negativ gewählt werden [18.3-1]. – Wegen der Durchmessertoleranzen ist die axiale Lage der Nabe mit Unsicherheiten behaftet; diese kann bei manchen Kupplungen zu Schwierigkeiten führen. 18.2.4.2 Hydraulisch verspannter kegeliger Preßverband
Arbeitsschritte zum Fügen und Lösen dieses sog. Druckölpreßverbandes s. Abschn. 18.2.3.12b). Diese Verbände lassen sich einfach und wiederholt lösen. Sie eignen sich insbesondere für die Übertragung großer Drehmomente, Längs- und Querkräfte, z.B. für Walzen, Turbomotoren, Seilscheibenkränze, große Wälzlager. – Dem gegenüber steht der für Herstellung und Montage erforderliche höhere Aufwand: Öl wird mit Druck bis zu 3000 bar zwischen die schwach kegeligen Fügeflächen des Verbands gepreßt, die so durch einen dünnen Ölfilm voneinander getrennt werden (Abb. 18.20). Nach dem Ablassen des Öls steigt der Haftbeiwert wieder auf den ursprünglichen Wert; rein elastische Beanspruchung ist Voraussetzung. Empfehlung für das Kegelverhältnis C nach [18.3-42]: Bei überwiegender Beanspruchung durch Drehmoment 1:30, bei großer Biegebeanspruchung 1: 50, bei langen Verbänden 1 : 80. – Bei kegeligen Zwischenhülsen kann eine Fügefläche zylindrisch ausgeführt und somit der Verband leichter axial eingestellt werden. – Beim Lösen ist zu beachten: Ein kegeliger Druckölverband löst sich schlagartig, das axial abschießende Teil muß durch einen Anschlag abgefangen werden. – Rutschsicherheit und Festigkeitsnachweis wie beim mechanisch verspannten Preßverband s. Abschn. 18.2.4.1b). 18.2.4.3 Kegeliger Preßverband mit Lagesicherung
In DIN 1448 sind Wellenenden mit Kegelverhältnis C = 1 : 10 genormt, bis 220 mm Durchmesser mit einer zur Achse parallelen Paßfedernut, bei größeren Abmessungen mit einer zur Kegelmantellinie parallelen Paßfedernut; kegelige Wellenenden mit Scheibenfeder s. DIN 6888. – Es handelt sich um eine mechanisch vorgespannte Formschlußverbindung mit guter Zentrierung. Weitere Eigenschaften s. Abschn. 18.2.4.1, 18.4. Wegen des in Abschn. 18.2.4.1c) beschriebenen, spiralachsigen Aufschiebens der Nabe unter Drehmoment-Belastung muß die Paßfeder fast die gesamte Umfangskraft aufnehmen. Deswegen und weil die axiale Vorspannkraft nur ungenau zu bemessen ist, sollte der Verband wie eine reine Paßfederverbindung berechnet werden, Abschn. 18.3.5.1.
810
18 Welle-Nabe-Verbindungen
18.2.5 Spannelement-Verbindungen
Dies sind Verbindungen mit mittelbarer Kraftübertragung durch zusätzliche Spannelemente, die zwischen Welle und Nabenbohrung 6 angeordnet sind; sie weisen also mindestens zwei Fügeflächen auf. Welle und Nabenbohrung sind zylindrisch und werden nicht durch Nuten oder Kerben geschwächt. Die Spannelemente können größere Durchmessertoleranzen ausgleichen; sie gestatten stufenlose axiale und winkelige Einstellung, lassen sich einfach montieren, demontieren und wiederverwenden. Spannelemente-Verbindungen sind spielfrei, eignen sich daher auch für die Übertragung stoßhafter und wechselnder Drehmomente, z.B. für die Befestigung von Kupplungs- und Riemenscheiben, Trommeln, Zahnrädern u.ä., manche auch für Werkzeugspanndorne. Man beachte: Die meisten Spannelemente zentrieren nicht; sie benötigen somit eine gesonderte Zentrierung von Welle und Nabe. Drehzahlgrenzen sind zu beachten, ebenso die Kosten für die zusätzlichen Bauelemente. Diese können durchweg als Fertigprodukte bezogen werden. Die Hersteller liefern auch Angaben zur Dimensionierung und zum Einbau. 18.2.5.1 Kegelspannring-Verbindung (Ringspann)
Jeder Spannsatz besteht aus zwei Ringen, wie sie für Ringfedern verwendet werden, Abb. 18.23, 18.24. Über die gemeinsame konische Wirkfläche leiten sie das Drehmoment von der zylindrischen Wirkfläche der Welle an die der Nabe weiter. Die Ringe werden mit Spiel in der Fuge zwischen Welle und Nabe montiert, axial ineinander geschoben und verspannt. a) Übertragbares Drehmoment: Eine relativ kleine axiale Verschiebekraft Fa0 reicht aus, um zunächst das Spiel zu überwinden, Richtwerte: Fa0 = 277000 ◊ l ◊ | P0 |
D–d , D+d
(18.39)
Abb. 18.23. Kräfte an Kegelspannringen [18.3-1] 6
Ausnahmen: Direkte Verbindung zwischen Welle und Nabe durch Spannscheiben, Abschn. 18.2.5.7.
18.2 Reibschluß-Verbindungen
811
Abb. 18.24a, b. Zwei unterschiedliche Einbaufälle für Kegel-Spannringe [18.3-5], a Verspannung über die Welle, Anschlag zwischen Welle und Nabe, b Verspannung über die Nabe, ohne Anschlag zwischen Welle und Nabe
mit allen Maßen in mm und Fa0 in N; für |P0 | ist das größte Spiel (entweder Außenring/Nabe oder Innenring/Welle) einzusetzen; l axiale Ringlänge. Bei geschlitzen Ringen ist Fa0 ≈ 0. Eine weitere Erhöhung der Axialkraft um Fa1 bewirkt eine radiale Anpreßkraft. Insgesamt ist somit folgende Vorspannkraft: Fv = Fa 0 + Fa1 .
(18.40)
Mit den Beziehungen für die Kraftübertragung durch Keilwirkung (Kap. 10) ergibt sich die radiale Vorspannkraft Fa1 Fr = 000 , α tan (–2 + r) + tan r
(18.41)
das vom ersten Spannsatz übertragbare Drehmoment beträgt somit: d d Fa1 ·µ·3 T = Fr · µ · 3 = 0001 α 2 2 tan (–2 + r) + tan r
(18.42)
Am inneren Ring angreifende Axialkraft: tan (α–2 + r) – tan r Fa2 = 0001 · Fa1 = q · Fa1 < Fa1 . tan (α–2 + r) + tan r
(18.43)
Bei mehreren – nach Abb. 18.24a – hintereinander eingebauten Ringpaaren wirken also auf die – im Kraftfluß nachgeordneten – Ringpaare kleinere Axialkräfte, als in das erste Ringpaar eingeleitet werden. Ein Teil der in das erste Ringpaar eingeleiteten Axialkraft wird durch die Reibung an Welle und Nabe aufgezehrt. Entsprechend kleiner sind auch die durch die nachgeordneten Ringe, übertragbaren Drehmomente. Der größte Abbau der Axialkraft von einem Spannringpaar zum nächsten ergibt sich für den Einbaufall ,,Anschlag zwischen Welle und Nabe“ mit Verspannung über die Welle, Abb. 18.24a. Für n hintereinander geschaltete Spannringsätze ergibt sich dafür eine Gesamt-Axialkraft Fan = Fa1 (1 + q + q 2 ... + q n ) = Fa1
q n –1 . q –1
(18.44)
812
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Anzahl der hinereinander geschalteten Ringpaare n Faktor
qn – 1 q–1
1
2
3
4
1
0,5
0,25
0,125
Abb. 18.25. Berechnungsfaktor für Abbau der Axialkräfte von n hintereinander geschalteten Spannringsätzen
Da das übertragbare Drehmoment proportional der übertragenen Axialkraft ist, gilt auch Tn = T1 ◊
q n –1 . q –1
(18.45)
Für handelsübliche Spannsätze und Ölschmierung mit tan α–2 = 0,3 und m = tan r = 0,12 ist der Abminderungsfaktor q = 0,56. Faktor (qn – 1)/(q – 1) s. Abb. 18.25. Man sieht, daß der Zuwachs an übertragbarem Drehmoment immer geringer wird, je mehr Spannsätze hintereinander geschaltet werden. Für die Anordnungen nach Abb. 18.24b ist der Abfall der übertragenen Axialkraft geringer als nach (18.44), (18.45); man rechnet hierfür mit diesen Gleichungen also auf der sicheren Seite. b) Festigkeitsnachweis: Aus der radialen Anpreßkraft Fr und den RingMantelflächen ergibt sich die Fugenpressung pF . Für die weitere Berechnung gelten somit die Beziehungen für zylindrische Preßverbände, Abschn. 18.2.3. Für Vollwellen aus Vergütungsstahl kann überschlägig pFzul = 100 N/mm2 angesetzt werden. c) Empfehlungen zur Dimensionierung und Einbau nach Herstellerangaben. d) Gestaltung, Toleranzen: – Wegen der mit der Satzzahl abnehmenden Spannkraft ist es unwirtschaftlich, mehr als 4 gleichsinnig wirkende Spannsätze hintereinander zu schalten. – Die Spannsätze zentrieren nicht, daher ist eine ausreichend lange Zentrierung zwischen Welle und Nabe vorzusehen. – Bei längeren Naben ordnet man ein Ringpaar an jedem Nabenende an, mit einem Distanzrohr zwischen beiden. – Oberflächengüte von Nabenbohrung und Welle: Rz ≤ 6 µm. – Empfohlene Passungen: Wellendurchmesser ≤ 38 mm: Welle h6, Bohrung H7; Wellendurchmesser > 38 mm: Welle h7, Bohrung H8. – Bei größeren Durchmessern sind mehrere Spannschrauben (in Welle oder Nabe) erforderlich, die über Kreuz angezogen werden müssen, damit die Ringe nicht verkippen. – Der Druckflansch darf keinesfalls die Nabe (bei Abb. 18.24a), keinesfalls die Welle (bei Abb. 18.24b) berühren, der Spalt zwischen beiden muß über den Umfang gleich weit sein.
18.2 Reibschluß-Verbindungen
813
Abb. 18.26. Kegel-SpannsatzVerbindung [18.3-43]
– Vor der Montage müssen sämtliche Kontaktflächen sorgfältig gereinigt und eingeölt werden. – Überdehnung durch plastische Verformung der Ringe ist zu vermeiden. – Man beachte die Folgen einer Aufweitung der Nabe oberhalb der Ringe, z.B.Verringerung des Flankenspiels und Tragbildfehler einer Verzahnung. 18.2.5.2 Kegel-Spannsatz-Verbindung, Abb. 18.26
Ein Spannsatz bildet ein Fertig-Einbauteil. Die Innen- und Außenringe werden mit Hilfe der Spannschrauben und der doppelkonischen Druckringe radial an Welle und Nabe gedrückt.Welle und Nabe benötigen also keine Gewindebohrungen für die Spannschrauben. Anwendung für den Schwermaschinenbau bei großen stoßhaften und Wechsel-Momenten. – Direkte Zentrierung zwischen Welle und Nabe erforderlich. Oberflächengüte Rz ≤ 10 µm. Aufweitung beachten, s. Abschn. 18.2.5.1d). Herstellerangaben s. z.B. [18.3-41], [18.3-35], [18.3-36], [18.3-37]. 18.2.5.3 Ringspann-Sternscheiben-Verbindung, Abb. 18.3h
Kegelige geschlitzte Ringe aus gehärtetem Federstahl (Kap. 5), werden durch axial wirkende Kräfte verspannt; dadurch vergrößert sich der Außendurchmesser und verkleinert sich der Innendurchmesser; infolge einer 5 ... 10-fachen Kraftübersetzung von Axial-/zu Radialkraft läßt sich der Scheibensatz von Hand spannen und leicht lösen. Herstellerangaben s. z.B. [18.3-40]. 18.2.5.4 Druckhülsen-Verbindung, Abb. 18.3l
Aufbau ähnlich einem Faltenbalg (Spieth), der sich im unbelasteten Zustand zwischen Welle (Toleranzfeld h7) und Nabenbohrung (H7) schieben läßt, unter Axialkraft kommt eine rotationssymmetrische Dehnung und Anpressung an Welle und Nabe zustande. – Die Druckhülse zentriert genau, läßt sich von Hand spannen und lösen, die Nabenbohrungen sind einfach zylindrisch. – Anwendung z. B. als Spanndorn zur Werkstückbearbeitung. Herstellerangaben s. z.B. [18.3-38].
814
18 Welle-Nabe-Verbindungen
18.2.5.5 Toleranzring-Verbindung, Abb. 18.3i
Die Toleranzringe sollen gröbere Toleranzen ausgleichen, sie sind im mittleren Bereich gewellt, an beiden Stirnseiten zylindrisch. Sie werden i.allg. in einer Nut der Nabe oder der Welle seitlich geführt. Die Verbindung eignet sich zum Ausgleich von Wärmedehnungen für die Übertragung kleiner Drehmomente und Axialkräfte; Querkräfte führen zu Exzentrizitäten, daher benötigt man i.allg. eine getrennte Zentrierung. Herstellerangaben s. z.B. [18.3-39]. 18.2.5.6 Hydraulische Hohlmantel-Spannbuchse, Abb. 18.3m
Durch Spannschrauben wird das zwischen zwei Hülsen befindliche Medium (meist Silikongel) mit Druck beaufschlagt und die Hülsen so gegen die Welle bzw. Nabe gepreßt. Bei Naben-Toleranzfeld H7 überbrückt die Spannbuchse Wellentoleranzen h8 ... k6. – Als Sicherheitskupplung geeignet. Wegen des Druckmediums ist der Einsatz auf Temperaturen unter 70°C beschränkt. Herstellerangaben s. z.B. [18.3-32], [18.3-33]. 18.2.5.7 Spannscheiben-Verbindung
Wie Abb. 18.3k zeigt, wird das Passungsspiel zwischen Nabe und Welle durch Verspannen der beiden Außenscheiben und Verformungen des Spannringes überbrückt; daher sind enge Fertigungstoleranzen erforderlich. Das schwere Verbindungselement (auch ,,Schrumpfscheibenverbindung“ genannt) eignet sich insbesondere für Wellendurchmesser d = 20 ... 400 mm. Herstellerangaben s. z.B. [18.3-34], [18.3-36].
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein Hierbei werden Drehmoment und evtl. Querkraft durch Mitnehmer übertragen, auf deren Wirkflächen Normalkräfte aus Umfangskräften angreifen. Die Mitnehmer werden entweder durch Profilierung von Welle und Nabe erzeugt (unmittelbare Formschlußverbindung, z.B. Keilwelle, Abb. 18.27g) oder als zusätzliche Elemente ausgeführt: mittelbare Formschlußverbindung, z.B. Paßfeder, Abb. 18.27d. Reine Formschlußverbindungen werden mit kleinem Flanken- und Durchmesserspiel ausgeführt; sie lassen sich daher leicht fügen und ausbauen, können allerdings keine Axialkräfte übertragen. Bei entsprechender Passung läßt sich die Nabe – auch unter Drehmoment – axial auf der Welle verschieben. Wegen des Flankenspiels eignen sie sich insbesondere für konstante Kraftrichtung. – Bei wechselnder Kraftrichtung sind sie nur bedingt brauchbar. Das Rutschen zwischen Welle und Nabe kann zum Ausschlagen der Flanken und Passungsrost führen; die ertragbare Flankenpressung sinkt u.U. erheblich, DIN 6892. Besser geeignet sind hierfür vorgespannte Formschlußverbindungen, Abschn. 18.4 und Preßverbindungen, Abschn. 18.2.3, 18.2.4.
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein
815
Abb. 18.27a–i. Einige Formschlußverbindungen, a Längsstift, b Querstift, c Scheibenfeder, d Paßfeder, e Gleitfeder, f Zahnwelle g Keilwelle, h Kerbzahnwelle, i Polygonwelle
Spielbehaftete Welle-Nabe-Verbindungen, wie Paßfeder-, Vielnut- und Keilwellen-Verbindungen können durch Kleben spielfrei gemacht werden. Die Spalte werden dabei mit Klebstoff gefüllt; es entsteht eine Kombination von Form- und Stoffschluß. Die kraftübertragenden Flanken werden entlastet, das Ausschlagen der Verbindung bei Drehschwingungen und Umkehr der Belastungsrichtung wird verhindert, ebenso Korrosion im Fügespalt (durch Reibung, Luftsauerstoff oder Feuchtigkeit). Oft kann man auf eine formschlüssige Sicherung gegen axiales Verschieben (Bund, Sicherungsring, u.ä.) verzichten. – Zum Aufwand und zur Frage der Lösbarkeit von Klebverbindungen s. Abschn. 8.2. Fragen der Zentrierung, Betriebszustände (d.h. Einfluß von Querkräften) und Tragfähigkeit werden – für alle Formschlußverbindungen – vorab gemeinsam behandelt, da für alle im Prinzip die gleichen Gesichtspunkte gelten (außer für den Querstift, Kap. 11). Bei Ausführung mit Übergangssitz werden alle Formschlußverbindungen zu vorgespannten Formschlußverbindungen; daher werden Passungen und Toleranzen ebenfalls vorab gemeinsam behandelt. 18.3.1 Zentrierung – allgemein
Um unzulässige Unwuchten zu vermeiden und um – bei Profilwellen-Verbindungen – eine gleichmäßige Verteilung der Umfangskraft auf alle Mitnehmer/Zähne zu erreichen, müssen Welle und Nabe konzentrisch laufen. Man erreicht dies durch Flanken- oder Durchmesserzentrierung,Abb. 18.28. – Bei Flankenzentrierung dienen die Mitnehmerflanken zur Kraftübertragung und zur Zentrierung. Die Kopfkreise von Welle/Nabe sind von den Fußkreisen von Nabe/Welle durch das Kopfspiel getrennt (Überbestimmung verhindern!). Man erreicht so die gleichmäßigste Verteilung der Gesamtumfangskraft auf die Mitnehmer. Flankenzentrierung ist besonders geeignet für die Übertragung von wechselnden und stoßhaften Drehmomenten – ohne größere Querkräfte; diese können nämlich zu Mittenverlagerungen (Exzentrizitäten) und damit zu Gleitbewegungen führen (Verschleißgefahr!).
816
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Abb. 18.28a–c. Zentriermöglichkeiten für Keilwellen-Verbindungen mit, a Flankenzentrierung (DIN 5472), b Innenzentrierung (DIN/ISO 14) sowie c Paßfederverbindung. – Toleranzen für nicht axial verschiebliche ungehärtete Naben
Kerbzahn- und Zahnwellen-Verbindungen mit 37,5° und 45° Eingriffswinkel werden ausschließlich mit Flankenzentrierung ausgeführt; Keilwellen- und Zahnwellen-Verbindungen mit 30° Eingriffswinkel können für bestimmte Betriebszuständen mit Flankenzentrierung ausgeführt werden. – Bei Durchmesserzentrierung dienen zylindrische Bereiche von Welle und Nabe zur Zentrierung. Die Mitnehmer/Zähne übertragen ausschließlich die Umfangskräfte. Sie müssen Flankenspiel aufweisen, um eine Überbestimmung der Zentrierung zu vermeiden. Durchmesserzentrierung wird bevorzugt, wenn neben Drehmomenten größere Querkräfte auch infolge Eigengewicht und Gehäuseverformungen zu übertragen sind und genauer Rundlauf durch genauen, meist geschliffenen, zylindrischen Sitz wichtig ist (wie z.B. bei Werkzeugmaschinen und Kfz-Schaltgetrieben). Bei kurzen Profilwellen (etwa b/d = 0,3 ... 0,5) bevorzugt man Innenzentrierung, wobei sich Nabenkopfkreis und Wellenfußkreis zentrieren; bei größeren Breiten ist Rundzentrierung durch zwei zylindrische Sitze beiderseits des profilierten Teils besser geeignet. – Außenzentrierung (zwischen Nabenfußkreis und Wellenkopfkreis) ist nicht üblich, da das Schleifen des Naben-Fußkreiszylinders schwierig ist. Keilwellen- und Zahnwellen mit 30° Eingriffswinkel werden z.B. bei weitem Lossitz der Verzahnung mit Durchmesserzentrierung ausgeführt. Paßfeder-Verbindungen sind stets durchmesserzentriert. – Hinweis: Bei Rundzentrierungen beiderseits der Verzahnung müssen diese Zentrierstellen als erstes fertigbearbeitet werden. Beim nachfolgenden Verzahnen ist die Welle nach den Zentrierstellen auszurichten (Arbeitsvorbereitung). – Toleranzen und Passungen: Für die Durchmesserpassungen (bei Innen- oder Außenzentrierung oder zylindrische Zentrierbunde) gelten die Regeln nach Kap. 6. – Die Lage und Breite der Toleranzfelder für die Mit-
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein
817
nehmer (bzw. Zahn- bzw. Lückenprofile) werden wie bei Rundpassungen gekennzeichnet. Großbuchstaben kennzeichnen die Lückenweite (in der Nabe), Kleinbuchstaben die Mitnehmer-/Zahn-Dicke (an der Welle). Meist wählt man das System ,,Einheitsbohrung“ d.h. Toleranzlage H für die Naben-Lückenweite; die Passung, d.h. das Mindest-Flankenspiel bzw. Übermaß ergibt sich damit aus dem Toleranzfeld der Mitnehmer-/ZahnDicke. – S. Abb. 18.28. Man unterscheidet einen weiten und einen engen Gleitsitz: Der weite Gleitsitz eignet sich für Naben, die unter (Drehmoment- oder Querkraft-) Belastung verschiebbar sind. Zur Zentrierung ist eine engere Rundpassung erforderlich. Das Durchmesserspiel ist so eng zu wählen, daß das kleinste Flankenspiel in keiner Lage aufgehoben wird (z.B. wenn das Durchmesserspiel durch Querkräfte verändert wird), denn dann besteht Freßgefahr. Der enge Gleitsitz gestattet zwangfreies Montieren bei Raumtemperatur. Bei Übergangssitzen stellt sich wegen der Verzahnungsabweichungen kein Zustand mit Flankenspiel ein. Sie müssen daher mit erwärmter Nabe oder unterkühlter Welle gefügt werden (Temperaturdifferenz 100 ... 180 K). Prüfen und Lehren: Das Gesamtprofil der Nabe (bzw. der Welle) – einschließlich aller Teilungs-, Profil-, Flankenrichtungs- und sonstiger Abweichungen – muß innerhalb zweier Grenzprofile liegen, deren Abstand und Lage durch die o.a. Toleranzen und Passungen gegeben ist. Nach dem Taylorschen Prinzip 7 muß die Gutseite mit einer vollverzahnten Gutlehre, Abb. 18.29, geprüft werden. D.h. man prüft, ob das Istprofil innerhalb des oberen Grenzprofils der Welle bzw. außerhalb des unteren Grenzprofils der Nabe liegt, Abb. 18.30. Wenn keine Gutlehren vorhanden sind (z.B. bei großen Durchmessern), kann man ersatzweise die unteren Abmaße durch Einzelmessung prüfen, ebenso die Bestimmungsgrößen der Ausschußseite. Für die Prüfung des Innendurchmessers der Nabe und des Außendurchmessers der Welle gelten die Regeln der Rundpassungen. Bei den heute erreichbaren Genauigkeiten kann man i.allg. den Prototyp einer Serie (das Gegenstück von Nabe und Welle) als Gutlehre benut-
Abb. 18.29a, b. Vollverzahnte Lehren für Zahnwellen, a Gutlehrring, b Gutlehrdorn; DIN 5480 Bl. 15 7
Taylorsches Prinzip: Die Gutlehre soll Maß und Form des gesamten Werkstücks prüfen (Austauschbarkeit), die Ausschußlehre jedes Maß einzeln.
818
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Abb. 18.30. Zahnwellenverbindung mit Grenz- und Istprofil; DIN 5480 Bl. 15
zen, mit dem Vorteil, das volle Tragen über die Breite zu erfassen, die Lehren sind i.allg. kürzer. Nach dem Taylorschen Prinzip müssen die Bestimmungsgrößen auf der Ausschußseite einzeln geprüft werden. Dabei sollen die entspr. unteren Zahndickenabmaße der Welle an keiner Stelle unterschritten werden, ebenso die oberen Lückenweitenabmaße der Nabe nicht überschritten werden. 18.3.2 Betriebszustände (Beanspruchung durch Drehmoment und Querkraft) – allgemein
Nach DIN 5466 unterscheidet man 3 Betriebszustände flankenzentrierter Verbindungen: I: Überwiegende oder reine Querkraftbelastung, Flankenwechsel der Belastung bei Umlauf, große Relativbewegungen (Verschleißgefahr!). II: Überwiegende Drehmomentbelastung, geringe Relativbewegungen. III: Überwiegende oder reine Drehmomentbelastung, keine Relativbelastungen (Verschleißgefahr nur bei Axialverschiebung). Bei durchmesserzentrierten Verbindungen, d.h. generell für Paßfederverbindungen, sollte möglichst die gesamte Querkraft über die Durchmesserzentrierung übertragen werden. Dann gilt auch hierfür der Betriebszustand III. Die meisten Ausführungen beschränken sich – so auch bei der Tragfähigkeitsberechnung – auf den für die Praxis wichtigsten Betriebszustand III. Bei Flankenzentrierung ist also vorab zu prüfen, ob die Querkraft FQ so klein gegenüber dem Drehmoment ist, daß sie nicht in der Lage ist, den Flankenkontakt aus dem Drehmoment aufzuheben und gegen die Reibkräfte eine Relativverschiebung zwischen Wellen- und Nabenflanken und somit eine Mittenverlagerung (Exzentrizität) zu erzwingen. – Davon kann man ausgehen, wenn bei vorsichtiger Abschätzung von Reibungszahl und Geometrieeinflüssen in Anlehnung an DIN 5466 gilt mit rm in mm nach Abb. 18.31: FQ ≤ T/(10 · rm).
(18.46)
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein
819
l – Nabenlänge (= ltr, tragende Mitnehmerlänge) rw = 0,5 · m · z · cos α da1 + | da2 | rm = 08 4 rw cos αw = 5 rm
a
da1 – | da2 | hw = 08 2 da1 , da2 , z, α s. Abb. 18.36
l – Nabenlänge (= ltr, tragende Mitnehmerlänge) rm =
rw d + d3 = 1 cos a w 4
d3 – d1 2 d1 , d3 , z, s. Abb. 18.42
hw = b
l – Nabenlänge (= ltr, tragende Mitnehmerlänge) rm =
rw d + d2 = 1 cos a w 4
d2 – d1 2 d1 , d2 , z, s. Abb. 18.39
hw = c
I = ltr (tragende Mitnehmerlänge) rw = d/2 cos a w hw = (h – t1) Anzahl Paßfedern : 1: z = 1 2 : z = 0,75 · 2 d
d1 , h, t1 , ltr
s. Abb. 18.45
Abb. 18.31a–d. Einflußgrößen zur Berechnung der Tragfähigkeit, a Zahnwelle, b Kerbzahnwelle, c Keilwelle, d Paßfeder
820
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Andernfalls ist mit Betriebszustand I oder II zu rechnen, s. DIN 5466 T1, T2. 18.3.3 Tragfähigkeitsberechnung – allgemein
Folgende Schäden können die Funktion der Verbindung aufheben oder gefährden: a) Bruch der Welle durch Torsions-, Biege- und/oder Querkraftbeanspruchung. Wegen der Querschnittsübergänge und Kerben ist die Welle oft das schwächste Element der Verbindung. – Berechnung s. Kap. 17. b) Bruch, Aufreißen der Nabe. – Im allgemeinen begnügt man sich damit, eine ausreichende Nabenwanddicke vorzuschreiben. Anhaltswerte s. Abb. 18.2. Bei höheren Umfangsgeschwindigkeiten vF in der Fuge sollten Beanspruchung der Nabe und Aufweitung des Sitzes durch Fliehkraft nachgeprüft werden; Anhaltswerte s. Abschn. 18.2.3.4 e). c) Bruch oder Abscheren der Mitnehmer/Zähne ist i.allg. kein maßgebendes Grenzkriterium, wenn die zulässige Flankenpressung eingehalten wird. – In Sonderfällen kann man die Berechnung von Laufverzahnungen nach [18.3-2] anwenden mit folgenden Vereinfachungen: Biegehebelarm hF = 0,7 · m, Zahnfußdicke sf = 2,7 · m, Lastverteilung über Umfang und Länge mit den Faktoren kjb und kl . d) Die Flankenpressung ist ein wichtiges Beurteilungskriterium für die Beanspruchung der Mitnehmer/Zahnflanken auf Verformung. Die hier beschriebene Berechnung basiert auf DIN 5466 (Zahn- und Keilwellen) und DIN 6892 (Paßfedern)8. – Auftretende Flankenpressung bei Betriebszustand III: T cos a w ◊ k j b ◊ k1 . (18.47) rw ◊ z l ◊ h w Bei Dauerbeanspruchung durch ein Lastkollektiv ist T das äquivalente Drehmoment Teq = KA ◊ Tnenn mit Anwendungsfaktor KA nach Abschn. 1.4.5.3, bei Zahnradgetrieben nach DIN 3990 T1, Anhang A. Hierfür wird p = peq . Für Paßfedern setzt man cos aw = 1 und rw = d/2. Bei seltenen Beanspruchungen durch Lastspitzen (infolge von Anfahrstößen, Kurzschluß- oder Notbremsmomenten, schlagartigen Blockierungen u.ä.) ist zusätzlich der Festigkeitsnachweis für das Maximalmoment zu führen, d.h. mit T = Tmax . Dann ist p = pmax . rw , z, aw , l, hw s. Abb. 18.31. Infolge der Fertigungsabweichungen verteilt sich die Flankenpressung nicht gleichmäßig auf alle Mitnehmer/Zähne (d.h. über den Umfang) und auch nicht gleichmäßig über die Breite. Dies wird durch kjb und kl berücksichtigt. Der Anteilfaktor kjb hängt ab von der Genauigkeit der Verbindung und dem Flankenverschleiß (bei Gleitbewegung). Anhaltswerte s. Abb. 18.32. p=
8
Die Bezeichnungen werden ähnlich – aber nicht gleich – denen in diesen Normen gewählt, damit der Zusammenhang erkennbar ist, aber andererseits die Berechnung nicht identisch ist.
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein
821
Paßfedern
Zahnwellenverbindung mit Evolventenflanken 1)
Anzahl 1
2
Toleranzfelder nach DIN 5480 2) H5/IT4 H7/IT7 H8/IT8
H9/IT9
H11/IT11 Größtwert
kjb für Teq
1
1,3
1,1
1,3
1,5
2
4
kjb für Tmax
1
1,1
1
1,1
1,3
1,7
3
Formschlußverbindung
z/2
1) 2)
Sinngemäß auch für Keilwellen- und Kerbzahn-Verbindungen. Lage der Toleranzfelder (Passungsbuchstabe) der Welle nach Art des Sitzes s. Abb. 18.42.
Abb. 18.32. Anteilfaktor für Formschlußverbindungen nach Einlaufanpassung
Der Verteilungsfaktor kl berücksichtigt die Lastverteilung über die tragende Länge der Mitnehmer/Zähne infolge Verdrillung von Welle und Nabe durch das Drehmoment. Der Betrag der Verdrillung hängt ab von den Drehsteifigkeiten, d.h. von Werkstoff (E-Modul), Hauptabmessungen von Welle und Nabe, Steifigkeit der Mitnehmer/Zähne, vor allem aber von der Momentenflußrichtung: Je nach Lastein- und -ableitung kann die Verdrillung von Welle und Nabe ausgleichend oder verstärkend wirken (Abschn. 18.3.5.1). – Anhaltswerte für kl s. Abb. 18.33, bei abgesetzter Nabe mit Abb. 18.47. Für andere Verhältnisse ltr/d kann man zwischen den entspr. Werten in Abb. 18.33 interpolieren. In Abb. 18.33 ist D der Ersatzdurchmesser einer abgesetzten Nabe gleicher Verdrehsteifigkeit D2 D = 00081 , 0005 4 D2 c c 4 1–4 +4 5 D1 ltr ltr
g
Maße s. Abb. 18.47.
Abb. 18.33. Längenfaktor kl nach DIN 6892; Lastein- bzw. ableitung ,,vorn“, ,,mitte“, ,,hinten“ (s. Abb. 18.47)
(18.48)
822
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Bauteil
Werkstoff
fS
Paßfeder
Baustahl, Vergütungsstahl
1,0
Welle
Baustahl, Vergütungsstahl, einsatzgehärteter Stahl, GJS, GS
1,2
GJL
1,0
Baustahl, Vergütungsstahl, einsatzgehärteter Stahl, GJS, GS
1,5
GJL
2,0
Nabe
Abb. 18.34. Stützfaktor fS nach DIN 6892
– Ertragbare Grenzpressung. Hierfür ist die kleinste Festigkeit – Rp oder Rm – von Welle oder Nabe bzw. Paßfeder maßgebend. – Für Dauerbeanspruchung mit Teq für duktile Werkstoffe setzt man: pgrenzD = fs ◊ R p .
(18.49)
Bei oberflächengehärteten Zahnwellen-, Keilwellen- und Kerbverzahnungen ist Rp = 1,15 ◊ Rp des Kernwerkstoffs einzusetzen. Für spröde Werkstoffe setzt man: pgrenzD = fs ◊ R m .
(18.50)
Der Stützfaktor fS berücksichtigt die Stützwirkung bei Druckbeanspruchung gegenüber den Festigkeitswerten aus Zugversuchen. Anhaltswerte s. Abb. 18.34. Wechselbeanspruchung formschlüssiger Verbindungen mit Spielpassung (so generell bei Paßfedern) kann die ertragbare Grenzpressung drastisch mindern, s. DIN 6892. – Bei Berechnung mit Spitzenmoment Tmax setzt man: pgrenz,max = fL ◊ pgrenzD ,
(18.51)
mit dem Lastspitzenfaktor fL nach Abb. 18.35, der berücksichtigt, daß bei weniger oft auftretenden Lastspitzen höhere Pressungen zulässig sind (Zeitfestigkeit). – Festigkeitsnachweis: Die Flankenpressung muß mit ausreichender Sicherheit SF unter einem Grenzwert pgrenzD bleiben: SFD =
pgrenzD peq
≥ SF min und SFS = £
pgrenz,max pmax
≥ SF min . £
(18.52)
Mindestsicherheit für duktile Werkstoffe: SFmin = 1,0 ... 1,3. – Es hat sich gezeigt, daß die Fließgrenze an den Kontaktflächen in örtlich begrenztem Umfang überschritten werden darf, ohne die Funktion der Form-
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein
823
Abb. 18.35. Lastspitzenfaktor fL nach DIN 6892
schlußverbindung zu beeinträchtigen; die Lastverteilung über Umfang und Breite wird vielmehr verbessert. Für spröde Werkstoffe, wo diese ausgleichende Wirkung fehlt, setzt man daher: SFmin = 1,3 ... 2,0. Allgemeine Gesichtspunkte s. Abschn. 1.4.8. Hinweis: Bei einer Übermaßpassung wird ein Teil des Drehmoments durch Reibschluß übertragen. Nach DIN 6892 kann dies bei der Tragfähigkeitsberechnung berücksichtigt werden, s.d. e) Verschleiß ist oft das maßgebende Kriterium für die Lebensdauer, wenn Wellen- und Nabenflanken sich relativ zueinander bewegen. d.h. aufeinander gleiten. Dies kann durch Querkräfte verursacht werden oder funktionsbedingt sein, z.B. durch axiale Schiebebewegungen. Eine abgesicherte, praktikable Berechnungsmethode steht nicht zur Verfügung. Ansätze s. [18.3-12]. – Im allgemeinen hilft man sich, indem man bei Verbindungen für Schiebebewegungen unter Last kleinere Flankenpressungen zuläßt. Wichtig ist, daß die Reibung durch Schmierung, evtl. Oberflächenbehandlung gemindert wird. Die Oberfläche der Welle bzw. der Mitnehmer soll härter als die der Nabe sein, um Stufenverschleiß an Welle bzw. Mitnehmer zu vermeiden. 18.3.4 Unmittelbare Formschlußverbindungen
Dies sind Welle-Nabe-Verbindungen mit direkter Kraftübertragung ohne Zwischenelemente, wie etwa Paßfedern o.ä. s. Abschn. 18.3.5. 18.3.4.1 Zahnwellen-Verbindungen
Die Zahnflanken sind Evolventenflächen, Abb. 18.27f, d.h. das Bezugsprofil (s. [18.3-2]) ist geradflankig. Hiermit erzeugtes Profil und Bezeichnungen nach DIN 5480 s. Abb. 18.36.
824
18 Welle-Nabe-Verbindungen
d=z◊m |da2 | = dB – 2 m da1 = dB – 0,2 m
m = 0,8 mm z dB
m = 1,25 mm dB z
m = 2 mm dB z
m = 3 mm dB z
m = 5 mm dB z
m = 8 mm dB z
6 7 8 9 10 12 14 15 16 17 18 20 22 25 28 30 32
17 18 20 22 25 28 30 32 35 37 38 40 42 45 47 48 50
35 37 38 40 42 45 47 48 50 55 60 65 70 75 80
55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 105 110 120 130 140 150
85 90 95 100 105 110 120 130 140 150 160 170 180 190 200 210 220 240 250 260 280
160 170 180 190 200 210 220 240 250 260 280 300 320 340 360 380 400 420 440 450 460 480 500
6 7 8 10 11 13 16 17 18 20 21 23 26 30 34 36 38
12 13 14 16 18 21 22 24 26 28 29 30 32 34 36 37 38
16 17 18 18 20 21 22 22 24 26 28 31 34 36 38
17 18 20 22 24 25 27 28 30 32 34 35 38 42 45 48
Bezeichnungsbeispiel: Bezugsdurchmesser dB = 120 mm, Modul m = 3 mm, Eingriffswinkel a = 30°, Zähnezahl z = 38, Flankenpassung: 9H/8f Zahnnabe: DIN 5480 – N120 ¥3 ¥ 3 0 ¥ 3 8 ¥ 9H Zahnwelle: DIN 5480 – W120 ¥3 ¥ 3 0 ¥ 3 8 ¥ 8f
Abb. 18.36. Zahnnaben- und Zahnwellenprofile mit Evolventenflanken, Nennmaße nach DIN 5480, Schiebesitz
Für die Verzahnungsgeometrie gelten die Bezeichnungen nach Kap. 21 [18.3-2]. Vorteil der Zahnwellen-Evolventenverzahnung: Je Modul benötigt man nur ein Wälzwerkzeug, z.B. einen Wälzfräser zur Erzeugung von Wellenverzahnungen beliebiger Zähnezahl bzw. Durchmesser; Zahndicken – Abmaße zur Erzeugung von Flankenspiel oder Übermaß werden durch Zustellen oder Abrücken des Wälzwerkzeugs, d.h. entspr. Profilverschiebung, bei korrektem Zahnprofil erzeugt. – Herstellung der Wellenverzahnung meist nach einem Wälzverfahren (Wälzfräsen, Wälzstoßen, Kaltwalzen), der Nabenverzahnung durch Formstoßen, Wälzstoßen, bei großen Stückzahlen durch Räumen.
16 16 18 18 20 21 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 46 48 50 54
18 20 21 22 24 25 26 28 30 31 34 36 38 41 44 46 48 51 54 55 56 58 61
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein 5
825
Modul m [mm]
0,8
1,25
2
3
8
Bezugsdurchmesser dB [mm] (s. Abb. 18.36)
6 . . . 32
17 . . . 50
35 . . . 80
55 . . . 150 85 . . . 280 160 . . . 500
Abb. 18.37. Modul-Vorzugsreihe für (Evolventen-)Zahnwellen nach DIN 5480
– Ausführung, Anwendung als leicht lösbare, axial verschiebliche aber auch als feste Verbindung (vorgespannte Formschlußverbindung) möglich. Zahnwellen-Verbindungen eignen sich zur Übertragung von großen, stoßhaften Drehmomenten (bei Festsitz auch für Wechselbeanspruchung). Größere Querkräfte sollten durch Rundzentrierungen aufgenommen werden, Abschn. 18.3.2. Die Verzahnungsbreite ist bei größeren Durchmessern hinsichtlich der Fertigungsgenauigkeit begrenzt (Wälzfräserverschleiß führt zu konischer Verzahnung). Die Abmessungen nach DIN 5480 sind auf die genormten Wälzlager-Bohrungsdurchmesser abgestimmt. – Die Norm enthält Profile mit Eingriffswinkeln a = 30°; 37,5° und 45°. Große Eingriffswinkel sind günstig für die Herstellung durch Kaltwalzen und die Zentrierung, wirken aber in Richtung einer stärkeren radialen Aufweitung der Nabe und Sprengwirkung, werden deshalb selten angewendet. Zur Beschränkung der Anzahl der Werkzeuge wird empfohlen, die Moduln nach einer Vorzugsreihe in DIN 5480 zu wählen, Abb. 18.37. – Tragfähigkeit, Schadensgrenzen, Dimensionierung von Welle und Nabe, Flankenpressung, Verschleiß s. Abschn. 18.3.3. – Zentrierung, Toleranzen und Passungen s. Abschn. 18.3.1. – In Anlehnung an das Toleranzsystem für Laufverzahnungen nach DIN 3961 wurde für Zahnwellen-Verbindungen in DIN 5480 ein Toleranzsystem genormt. Es bezieht sich auf die Paarung von Naben-Lückenweite und Wellenzahndicke, deren Abmessungen durch Nennmaß und Zahndicken – und Lückenweiten-Abmaße festgelegt werden. – Empfehlungen in Anlehnung an DIN 5480 Teil 14 für die allgemeine Anwendung s. Abb.18.38. Statt der Zahndicke bzw. Lückenweite ist in DIN 5481 ein ,,Anlagedurchmesser“ toleriert, d.h. der Durchmesser an dem die zylindrischen Meßdrähte anliegen (Maß über/zwischen Rollen, Abschn. 21.4.3 [18.3-2]). Hierfür werden die zulässigen Abweichungen angegeben. In dem Maß über/zwischen Meßdrähten sind die zulässigen Teilungs-, Zahndickenund Flankenlinien-Abweichungen enthalten. Bei der Welle kann zwischen den Abmaßreihen ,,grob“ und ,,fein“ gewählt werden.Abmaße ,,grob“ gelten, wenn die Kraft nur in einer Richtung wirkt. Die Kopfkreisdurchmesser werden für ausreichendes Kopfspiel grob toleriert: mit H11 für die Nabe, a11 für die Welle. Die so tolerierte Verbindung bildet einen Fügesitz, läßt sich zwangfrei fügen, eignet sich aber nicht zum Verschieben unter Belastung. Die Einzelabweichungen, insbesondere Teilung, Profil- und Flankenlinien, (d.h. Achsparallelität) müssen der betr. Toleranzreihe entsprechen. Als Anhalt hierfür können die zulässigen Abweichungen der entsprechenden Verzahnungsqualität nach DIN 3962 dienen (Profilabweichungen ent-
826
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Reihe 1:
Für Teile mit geringerer Genauigkeit oder auch mit größerem Härteverzug:
9H/9c 9H/8k . . . n 9H/8 p . . . s
Weiter Spielsitz; längsverschieblich ohne Belastung, mit Rundzentrierung Übergangssitz; nicht längsverschieblich, Fügen mit Erwärmen der Nabe oder Unterkühlen der Welle1) Festsitz; Verschieblichkeit, Fügen wie vorher.4)
Reihe 2:
Für Teile größerer Genauigkeit (ohne Schleifen, aber mit höherem Fertigungsaufwand erreichbar)
7H/6 g . . . j 7H/6 d 7H/7 m 8H/8 r. . . n 7H/7p . . . n
Enger Spielsitz; längsverschieblich ohne Belastung (zum Montieren ohne Erwärmen) 4) Enger Spielsitz; verschieblich unter Belastung 2) Übergangssitz. . . . 1) Festsitz . . . 3) Festsitz . . . 3)
Sonderreihe: Für hochgenaue Teile, nur mit besonderem Fertigungsaufwand erreichbar, i. a. geschliffen) 6H/6g 6H/6e 6H/6j 6H/6n . . . k
Enger Spielsitz; längsverschieblich – ohne Belastung, zum Montieren ohne Erwärmen.4) Enger Spielsitz; verschieblich unter Belastung 4) Übergangssitz; Verschieblichkeit und Fügen wie 9H/9p 1) Festsitz; Verschieblichkeit und Fügen wie 9H/9p 3)
1)
mit oder ohne Rundzentrierung. mit Rundzentrierung. 3) Fügetemperatur prüfen, evtl. Welle unterkühlen. 4) mit enger Rundzentrierung. Allgemein: Das Durchmesserspiel muß bei Rundzentrierung kleiner sein als das Normal-Flankenspiel der Verzahnung (einschließlich Verzahnungsabweichungen). 2)
Abb. 18.38. Passungen für Zahnwellenverbindungen (nach DIN 5480 T14)
spr. der kleineren Zahnhöhe geringer). – Nach [18.3-1] kann man davon ausgehen, daß sich die Teilungsgenauigkeit durch plastisches Anpassen um eine bis zwei Qualitäten verbessern kann. – Prüfen und Lehren s. Abschn. 18.3.1. Für die Einzelmessung (der unteren Abmaße bei fehlender Gutlehre) und der Bestimmungsgrößen auf der Ausschußseite eignen sich das Prüfmaß über/zwischen Rollen und die Zahnweite, s.o. und Abschn. 21.3.3 [18.3-1]. Die Ausschußseite wird mit einer Rachenlehre geprüft, die wenige Zähne und verkürzte Flanken aufweist (und sich nicht voll einführen läßt). 18.3.4.2 Keilwellen-Verbindungen
Die Mitnehmer weisen keine Keilneigung auf; die Bezeichnung ,,Keil“ hat sich aber – auch über die DIN Normen – eingeführt. Das Drehmoment wird über mehrere (4 ... 20) gerade, parallele Seitenflächen übertragen, Abb. 18.27g. Maßtabelle für Keilwellen im allgemeinen Maschinenbau und für Werkzeugmaschinen s. Abb. 18.39. – Zur Herstellung bei Einzelfertigung benutzt man i.allg. Scheibenfräser oder Form-Hobelstähle, bei Serienfertigung wird die Wellenverzahnung meist durch Wälzfräsen, die Nabenverzahnung durch Wälzstoßen oder Räumen erzeugt. Man beachte, die Wälzfräser sind nur für ein einziges Bauteil (Durchmesser, Mitnehmer-Profil, Anzahl und Passung) zu verwenden. Jede Abweichung von der Soll-Zustellung führt zu Profilabwei-
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein
d1 mm
11 13 16 18 21 23 26 28 32 36 42 46 52 56 62 72 82 92 102 112
Leichte Reihe DIN ISO 14 Anzahl der Keile d2 z mm – – – – – 6 6 6 8 8 8 8 8 8 8 10 10 10 10 10
– – – – – 26 30 32 36 40 46 50 58 62 68 78 88 98 108 120
b mm
Mittlere Reihe DIN ISO 14 Anzahl der Keile d2 z mm
– – – – – 6 6 7 6 7 8 9 10 10 12 12 12 14 16 18
6 6 6 6 6 6 6 6 8 8 8 8 8 8 8 10 10 10 10 10
14 16 20 22 25 28 32 34 38 42 48 54 60 65 72 82 92 102 112 125
b mm
Schwere Reihe DIN ISO 14 Anzahl der Keile d2 z mm
b mm
3 3,5 4 5 5 6 6 7 6 7 8 9 10 10 12 12 12 14 16 18
– – 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 16 16 16 16 20 20 20 20
– – 2,5 3 3 4 4 4 5 5 6 7 5 5 6 7 6 7 8 9
– – 20 23 26 29 32 35 40 45 52 56 60 65 72 82 92 102 115 125
827
Anzahl der Keile z = 6, Innendurchmesser d1 = 26 mm, Bezeichnungsbeispiel: (Passung f7), Außendurchmesser d2 = 30 mm, Keilwelle DIN ISO 14 – 6 ¥ 26 f7 ¥ 30 Für Werkzeugmaschinen DIN 5472 (6 Keile)
DIN 5471 (4 Keile) d1 mm
d2 mm
b mm
d1 mm
d2 mm
b mm
11 13 16 18 21 24 28 32 36 42 46 52 58 62 68
15 17 20 22 25 28 32 38 42 48 52 60 65 70 78
3 4 6 6 8 8 10 10 12 12 14 14 16 16 16
21 23 26 28 32 36 42 46 52 58 62 68 72 78 82 88 92 98 105 115 130
25 28 32 34 38 42 48 52 60 65 70 78 82 90 95 100 105 110 120 130 145
5 6 6 7 8 8 10 12 14 14 16 16 16 16 16 16 20 20 20 20 24
Abb. 18.39. Nennmaße von Keilwellen [18.3-14]
828
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Abb. 18.40 a, b. Keilwelle, mit Scheiben- oder Wälzfräser hergestellt a Profilformen, b Ausführung mit und ohne seitliche Anlage
chungen; die Wälzwerkzeuge sind leicht antiballig, erzeugen daher leicht höhenballige Mitnehmerprofile, die gewisse Ungenauigkeiten in der Zustellung ausgleichen. Bei feineren Qualitäten, insbesondere zur Korrektur von Härteverzug, ist Nacharbeit durch Formschleifen erforderlich. – Ausführung, Anwendung überwiegend als leicht lösbare, axial verschiebliche Verbindung. Ausführungen s. Abb. 18.40: Standard ist Form D für gefräste und E für geschliffene Keile (mit Schleifzugabe); dabei wird die ganze Höhe der Mitnehmerflanken voll für die Anlage mit der Nabenflanke genutzt (kein Verlust an tragender Höhe infolge Fußausrundung, wie bei Formen A und B). Formfräser Form A und B sind kostengünstiger, weisen höhere Standzeit auf und genügen oft bei geringeren Beanspruchungen; sie eignen sich für flankenzentrierte Keilwellen, die am Innenund Außendurchmesser Spiel haben. Naben, die nicht verschieblich sein sollen, müssen gegen Längsverschiebung durch einen Wellenabsatz, Abb. 18.40b, andere Naben oder Sicherungsringe gesichert werden. – Tragfähigkeit: Schadensgrenzen, Dimensionierung und Festigkeitsnachweis von Welle und Nabe s. Abschn. 18.3.3. – Zentrierung, Toleranzen und Passungen s. Abschn. 18.3.1. Maßtoleranzen nach DIN ISO 14 für Keilwellen-Verbindungen mit Innenzentrierung (zur Übertragung von Querkräften und für genauen Rundlauf) leichte und mittlere Bauteile, sind in Abb. 18.41 wiedergegeben. Hinzugefügt wurden Maßtoleranzen nach DIN 5464 für die schwere Baureihe, nach DIN 5471, 5472 für Werkzeugmaschinen, ferner Anhaltswerte für Flankenzentrierung (für große Stoß- und Wechselmomente) und Außenzentrierung. – Für große genutzte Längen sind u.U. zusätzlich Toleranzen für Flankenlinienabweichungen festzulegen, Abschn. 18.3.1.
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein
Toleranzen für die Nabe
Toleranzen für die Welle
Nach dem Räumen nicht wärmebehandelt
Nach dem Räumen wärmebehandelt
b 2)
d2
d1
b 2)
d2
d1
H9
H10
H7
H11
H10
H7
(H13)
(H7)
d2
d1
d10
a11
Gleitsitz
> f7 <
f7 3) (g6) > a11 <
a11
g7
Übergangssitz
h7 (j6) > a11<
Festsitz
f9
+ (h 9) + + D9 + > H7 <
1)
2) 3)
(H6) 1)
Einbauart
b 2)
+ (h 9) + (a11)
(D9)
829
h10 a11 + (h 9) + (a11) > m6 <
für Werkzeugmaschinen bei hohen Genauigkeitsanforderungen und kurzen Nabenlängen. Toleranz für die Symmetrie: IT 7. für Werkzeugmaschinen bei großen Nabenlängen.
Abb. 18.41. Toleranzen für Nabe und Welle (mit Maßen b, d2 , d1 nach Abb. 18.39) nach DIN ISO 14 für Keilwellen-Verbindungen mit Innenzentrierung; ergänzt nach DIN 5471, 5472 für Werkzeugmaschinen (Zeichen: (...)), nach Erfahrung für Außenzentrierung (Zeichen: > ... <), Flankenzentrierung (Zeichen: + ... +)
– Prüfen und Lehren s. Abschn. 18.3.1. – Man prüft die Gutseite mit vollprofiliertem Gutlehrdorn bzw. Gutlehrring. Die Ausschußseite wird durch Einzelmessung mit Sektorausschußlehren für jedes einzelne Bestimmungsstück geprüft, z.B. der Außendurchmesser der Welle mit Rachenlehre oder glattem Lehrring, die Mitnehmerbreite mit Rachenlehre, die Nutbreite der Nabe mit Flachlehre. 18.3.4.3 Kerbzahn – Verbindungen
Die Flanken der etwa dreieckförmigen prismatischen Mitnehmer (Abb. 18.27h) weisen nach DIN 5481 folgende Profile auf (Abb. 18.42): Für Nenndurchmesser bis 60 mm: Gerade oder Evolventen; der Flankenwinkel beträgt 60°. Bei größeren Durchmessern sind die Mitnehmerprofile Evolventen, erzeugt von Wälzwerkzeugen für Bezugsprofil mit 55° Flankenwinkel; die Nabenlücken sind immer geradflankig (i.allg. erzeugt durch Formstoßen oder Räumen). Damit werden Kopf- und Fußträger sicher vermieden. – Anwendung, Ausführung als Steckverbindung (z.B. für die Einspannung von Drehstabfedern), ferner mit Sonderprofil für Zapfwellen nach DIN 9611, meist Flankenzentrierung, daher in erster Linie zur Übertragung von Drehmomenten geeignet (Belastungsfall III, Abschn. 18.3.2); bei hohen Anforderung an die Rundlaufgenauigkeit Durchmesserzentrierung vor und hinter der Verzahnung (Verzahnung zur Rundzentrierung ,,laufend“). – Durch die kleine Zahnhöhe wird die Nabe wenig geschwächt, die
830
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Nenndurchmesser (d1 ¥ d3)
d1
d3
d5
[mm]
[mm]
[mm]
Zähnezahl i
7¥8 8 ¥ 10 10 ¥ 12 12 ¥ 14 15 ¥ 17 17 ¥ 20 21 ¥ 24 26 ¥ 30 30 ¥ 34 36 ¥ 40 40 ¥ 44 45 ¥ 50 50 ¥ 55 55 ¥ 60
6,9 8,1 10,1 12 14,9 17,3 20,8 26,5 30,5 36 40 45 50 55
8,1 10,1 12 14,2 17,2 20 23,9 30 34 39,9 44 50 54,9 60
7,5 9 11 13 16 18,5 22 28 32 38 42 47,5 52,5 57,5
28 28 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 42
Bezeichnungsbeispiel: Nenndurchmesser d1 = 10 mm Nenndurchmesser d3 = 12 mm Kerbverzahnung DIN 5481 – 10 ¥ 12
Abb. 18.42. Kerbzahn-Profil, Nennmaße in mm nach DIN 5481 Bl. 1
feine Teilung gestattet eine sehr genaue Einstellung in Umfangsrichtung (z.B. um einen Hebel auf eine bestimmte Lage einzustellen). Nachteilig ist die radiale Kraftkomponente, die dünne Naben aufweiten kann. – Tragfähigkeit, Dimensionierung von Welle und Nabe s. Abschn. 18.3.3. 18.3.4.4 Polygon-Verbindung
– Diese Unrundprofile (Abb. 18.27j) sind i.allg. aus Dreikant- und Vierkantprofilen entstanden; Übersicht s. Abb. 18.43. Hauptsächlich werden die genormten Profile P3G (DIN 32711) und P4C (DIN 32712) verwendet. Wellen und Naben mit dem einfach meßbaren 3G-Gleichdickprofil lassen sich – im Einstechverfahren – drehen und schleifen, ebenfalls die Wellen mit P4C-Profil; diese werden daher auch für gehärtete Sitze verwendet; Naben mit P4C-Profil müssen geräumt werden. Hinweise zu den übrigen Polygonprofilen s. [18.3-15], [18.3-44], [18.3-45]. Sitze mit G- und C-Profil können – über die Breite – zylindrisch ausgeführt werden, Sitze mit G-Profil auch konisch (Kegelwinkel ≤ 18°). Bei
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein
831
Abb. 18.43. a Polygonwellen-Profile, b Beanspruchung des P3G-Profils
Sonderausführungen mit geschlitzter Welle erzielt man – auch bei Ausführung als zylindrischer Spielsitz – eine radiale Verspannung (leichtere Montage und Demontage!). – Eigenschaften, Anwendungen: Alle Profile sind selbstzentrierend. Die Winkellage läßt sich auf 10 Winkelminuten genau einhalten. Die Kerbwirkung ist gering (s.u.). Bei Spielpassungen ist zu beachten, daß sich unter Drehmoment ein Verdrehspiel einstellt, das insbesondere beim G-Profil zum Verklemmen führen kann. Mit den unten genannten Toleranzen ist eine Austauschbarkeit möglich. – Die für das Unrundschleifen entwickelten Sondermaschinen standen bisher nur bei wenigen Firmen zur Verfügung. Heute gibt es die vielseitig einsetzbaren CNC-Rundschleifmaschinen, die eine wirtschaftliche Fertigung gestatten. Das P4C-Profil eignet sich für zylindrischen Fest- und Schiebesitz (entprechende Preß- bzw. Spielpassungen s.u.) auch zum Verschieben unter Drehmoment. Anwendungen mit Festsitz sind beispielsweise Kunststoffzahnräder für den Apparatebau, die Feinwerktechnik, Textilmaschinen; mit Schiebesitz für Kupplungen und Zahnräder in Getrieben (d.h. zum Verschieben unter Drehmoment), auch als öldichte Axialführungen oder Verdrehsicherungen. Das P3G-Profil wird als Schiebesitz bei Rotoren ausgeführt, die bei häufiger Montage und Demontage leicht auswechselbar sein sollen, z.B. bei Turbinenlaufrädern (jedoch nicht zum Verschieben unter Drehmoment).
832
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Als Festsitz z.B. bei Kurbelwellen, Schaltnocken, Exzenterpressen z.B. bei Verdichterlaufrädern (bis 70000 min–1) ausgeführt. – Abmessungen, Toleranzen: Generell hat die Verbindung den Vorteil kurzer Baulänge, da kein Werkzeugauslauf erforderlich ist. Bei Festsitz mit Schulteranlage ist ein Fügelängen-/Durchmesserverhältnis L/d < 1 möglich; bei Schiebesitz sollte L/d > 1,5 sein. Maße s. Abb. 18.44. Für verschiebliche Verbindungen mit Profil P4C eignet sich die Passung H11/e9 für einen leicht montierbaren Schiebesitz bei konstantem Drehmoment; H7/g6 eignet sich für einen engen Schiebesitz bei wechselndem Drehmoment, sollte jedoch erprobt und nach Erfahrung festgelegt werden; besser geeignet ist hierfür ein Festsitz H7/k6. – Dimensionierung, Festigkeitsnachweis Bei dynamischer Beanspruchung tritt der Schaden i.allg. durch Reibschwingbruch ein; durch eine Preßpassung kann die Tragfähigkeit um bis zu 50 % gesteigert werden [18.3-12]. Analytische Berechnungen s. [18.313], Auslegung mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode s. [18.2-4], [18.312]. – Zur Problematik der Reibkorrosion s. Abschn. 16.14. Nachstehend Hinweise zu einer überschlägigen Dimensionierung. Beanspruchung der Welle: Festigkeitsberechnung s. Kap. 17. Durch die abgerundete und konvexe Kontur ist die Kerbwirkung gering; nach [18.330], [18.3-15] ist die Torsions-Wechselfestigkeit ca. 35 % höher als die einer 6-Keil-Welle (Abschn. 3.6.4.1).Vorhandene Wellenabsätze sind gesondert zu bewerten. Beanspruchung der Nabe: Wegen des kleineren ,,Keilwinkels“ g (Abb. 18.43b wird die Nabe auf Sprengwirkung beansprucht und über den Umfang radial ungleichmäßig verformt. Bis QA = Di /Da = 0,55 ist die Vergleichsspannung etwa konstant, die Abweichung der Außenkontur von der Kreisform gering [18.3-12]. – Kleinste Nabenwanddicke nach DIN 32711, 32712. Profil P3G: s=y
T , Rm ◊ L
(18.53)
mit y = 1,44 für da ≤ 35 mm, y = 1,2 für da > 35 mm. – Profil P4C ebenso nach (18.53) mit y = 0,7. Die Flankenpressung ist bei ausreichender Wellen- und Nabendicke maßgebend für die Tragfähigkeit. Sie kann näherungsweise wie folgt berechnet werden: Mittlere Flächenpressung pm = Umfangskraft Fu/Projektionsfläche der Flanken senkrecht zu Fu = ltr ◊ n ◊ 2e1 (beim P3G-Profil), Fu = ltr ◊ n ◊ 2er (beim P4C-Profil) mit n Anzahl der tragenden Flächen (3 beim Profil P3G, 4 beim Profil P4C). Hieraus wurden die in DIN 32711, 32712 angegebenen Gebrauchsformeln abgeleitet, die die Pressungsverteilung berücksichtigen: P3G-Profil pª
pgrenz T £ , l tr ◊ d1 (0, 75 ◊ p ◊ e1 + 0, 05 ◊ d1 ) SF min
(18.54)
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein Polygonprofil P3G DIN 32 711
Polygonprofil P4C DIN 32 712
dr = d2 + 2 e; r = d1 [mm]
d2 [mm]
d3 [mm]
e1 [mm]
d1 [mm]
d2 + 16 e 2
d2 [mm]
er [mm]
e [mm]
14 16 18
14,88 17 19,12
13,12 15 16,88
0,44 0,5 0,56
14 16 18
11 13 15
0,75 0,75 0,75
1,6 2,0 2,0
20 22 25
21,26 23,4 26,6
18,74 20,6 23,4
0,63 0,7 0,8
20 22 25
17 18 21
0,75 1,0 1,0
3,0 3,0 5,0
28 30 32
29,8 32 34,24
26,2 28 29,76
0,9 1 1,12
28 30 32
24 25 27
1,0 1,25 1,25
5,0 5,0 5,0
35 40 45
37,5 42,8 48,2
32,5 37,2 41,8
1,25 1,4 1,6
35 40 45
30 35 40
1,25 1,25 1,25
5,0 6,0 6,0
50 55 60
53,6 59 64,5
46,4 51 55,5
1,8 2 2,25
50 55 60
43 48 53
1,75 1,75 1,75
6,0 6,0 6,0
65 70 75
69,9 75,6 81,3
60,1 64,4 68,7
2,45 2,8 3,15
65 70 75
58 60 65
1,75 2,5 2,5
6,0 6,0 6,0
80 85 90
86,7 92,1 98
73,3 77,9 82
3,35 3,55 4
80 85 90
70 75 80
2,5 2,5 2,5
8,0 8,0 8,0
95 100
103,5 109
86,5 91
4,25 4,5
95 100
85 90
2,5 2,5
8,0 8,0
Bezeichnungsbeispiel: Durchmesser d1 = 40 mm, Passung: H7/g6, A-Welle, B-Nabe; Welle: Profil DIN 32 711-AP3G 40g6 Nabe: Profil DIN 32 711-BP3G 40H7
Abb. 18.44. Polygonwellen und Polygonnaben; Profil P3G nach DIN 32711, Profil P4C nach 32712
833
834
18 Welle-Nabe-Verbindungen
P4C-Profil T pgrenz p ≈ 00001 ≤ . SF min ltr ◊ (π · dr · er + 0,05 · d12 ) 0
(18.55)
Grenzwert der Flächenpressung pgrenz , Mindestsicherheit SFmin s. Abschn. 18.3.3. – Gestaltung: Nabenaußendurchmesser: Durchmesserverhältnis nach (18.10B) QA = DAi /DAa ; hier QA ≈ d1/DA ≤ 0,5,Abb. 18.44; Nabenlänge s.o. (Abmessungen, Toleranzen). Bei Festsitz Übermaßpassung wählen, Passung s.o. (Abmessungen, Toleranzen). Schmierung des Sitzes erhöht die Torsionsausschlagfestigkeit um 10 ... 20 %. Zum Lösen mittels Öldruck (Abschn. 18.2.3.12e) Ölzuführung im Spitzenbereich des Polygons vorsehen. 18.3.5 Mittelbare Formschluß-Verbindungen
Dies sind Welle-Nabe-Verbindungen mit Kraftübertragung durch Zwischenelemente. 18.3.5.1 Paßfeder-Verbindung
Dies ist die am meisten verwendete Welle-Nabe-Verbindung, Abb. 18.27d, e; sie ist einfach herstellbar, bei einseitig wirkendem, stoßfreien Drehmoment oft ausreichend tragfähig. Die Umfangskraft wird nur durch die Seitenflächen der Paßfeder übertragen. Welle und Nabe werden nicht exzentrisch verspannt, wie beim Längskeil, Abschn. 18.4.1. Die Paßfedernuten (gleichmäßig tief mit rechteckigem Querschnitt) werden mit Finger- oder Scheibenfräser erzeugt. Die Nuten in der Nabe werden gestoßen oder geräumt. – Die Paßfeder wird auch zur Lagesicherung bei Preß- und Klemmverbindungen benutzt, stört allerdings den Reibschluß erheblich, Abschn. 18.2.3.11, 18.2.4.3. – Bauarten s. Abb. 18.45. In DIN 6885 Bl. 1,2,3 werden unterschieden: Für den allgemeinen Maschinenbau: Blatt 1 hohe Form, mit der Möglichkeit, die Nabennuttiefe ohne Rückenspiel auszuführen, wenn – in Ausnahmefällen – die Paßfeder Radialspiel ausgleichen soll. – Für Werkzeugmaschinen: Blatt 2 hohe Form mit Hauptabmessungen ähnlich Blatt 1, jedoch stets mit Rückenspiel, um radiales Verspannen zu vermeiden. – Für den allgemeinen Maschinenbau: Blatt 3 niedrige Form mit – gegenüber Blatt 1 – geringeren Nuttiefen, d.h. geringerer Schwächung von Welle und Nabe, aber geringerer Tragfähigkeit der Paßfeder. Für längsverschiebliche Naben eignet sich die sog. Gleitfeder, s. unten Gestaltung.
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein
b¥h [mm]
2¥2 3¥3 4¥4 5¥5 6¥6 8¥7 10 ¥ 8 12 ¥ 8 14 ¥ 9 16 ¥ 10 18 ¥ 11 20 ¥ 12 22 ¥ 14 25 ¥ 14 28 ¥ 16 32 ¥ 18 36 ¥ 20 40 ¥ 22 45 ¥ 25 50 ¥ 28 56 ¥ 32 63 ¥ 32 70 ¥ 36 80 ¥ 40 90 ¥ 45 100 ¥ 50
für Wellendurchmesser d [mm] über bis
6 8 10 12 17 22 30 38 44 50 58 65 75 85 95 110 130 150 170 200 230 260 290 330 380 440
8 10 12 17 22 30 38 44 50 58 65 75 85 95 110 130 150 170 200 230 260 290 330 380 440 500
Hohe Form (Bl. 1) t1 [mm]
1,2 + 0,1 1,8 + 0,1 2,5 + 0,1 3,0 + 0,1 3,5 + 0,1 4,0 + 0,2 5,0 + 0,2 5,0 + 0,2 5,5 + 0,2 6,0 + 0,2 7,0 + 0,2 7,5 + 0,2 9,0 + 0,2 9,0 + 0,2 10,0 + 0,2 11,0 + 0,2 12,0 + 0,3 13,0 + 0,3 15,0 + 0,3 17,0 + 0,3 20,0 + 0,3 20,0 + 0,3 22,0 + 0,3 25,0 + 0,3 28,0 + 0,3 31,0 + 0,3
Hohe Form für Werkzeugmaschinen (Bl. 2)
t2 [mm] mit mit Rückenspiel Übermaß 1,0 + 0,1 1,4 + 0,1 1,8 + 0,1 2,3 + 0,1 2,8 + 0,1 3,3 + 0,2 3,3 + 0,2 3,3 + 0,2 3,8 + 0,2 4,3 + 0,2 4,4 + 0,2 4,9 + 0,2 5,4 + 0,2 5,4 + 0,2 6,4 + 0,2 7,4 + 0,2 8,4 + 0,3 9,4 + 0,3 10,4 + 0,3 11,4 + 0,3 12,4 + 0,3 12,4 + 0,3 14,4 + 0,3 15,4 + 0,3 17,4 + 0,3 19,5 + 0,3
0,5 + 0,1 0,9 + 0,1 1,2 + 0,1 1,7 + 0,1 2,2 + 0,1 2,4 + 0,2 2,4 + 0,2 2,4 + 0,2 2,9 + 0,2 3,4 + 0,2 3,4 + 0,2 3,9 + 0,2 4,4 + 0,2 4,4 + 0,2 5,4 + 0,2 6,4 + 0,2 7,1 + 0,3 8,1 + 0,3 9,1 + 0,3 10,1 + 0,3 11,1 + 0,3 11,1 + 0,3 13,1 + 0,3 14,1 + 0,3 16,1 + 0,3 18,1 + 0,3
t1 [mm]
t2 [mm]
3 + 0,1 3,8 + 0,1 4,4 + 0,1 5,4 + 0,2 6 + 0,2 6 + 0,2 6,5 + 0,2 7,5 + 0,2 8 + 0,2 8 + 0,2 10 + 0,2 10 + 0,2 11 + 0,2 13 + 0,2 13,7 + 0,3 14 + 0,3
1,1 + 0,1 1,3 + 0,1 1,7 + 0,1 1,7 + 0,2 2,1 + 0,2 2,1 + 0,2 2,6 + 0,2 2,6 + 0,2 3,1 + 0,2 4,1 + 0,2 4,1 + 0,2 4,1 + 0,2 5,1 + 0,2 5,2 + 0,2 6,5 + 0,3 8,3 + 0,3
Abdrückund Halteschraube DIN 84
M 3¥ 8 M 3 ¥ 10 M 4 ¥ 10 M 5 ¥ 10 M 5 ¥ 10 M 6 ¥ 12 M 6 ¥ 12 M 6 ¥ 15 M 8 ¥ 15 M10 ¥ 18 M10 ¥ 20 M12 ¥ 22 M12 ¥ 25 M12 ¥ 28 M12 ¥ 30 M12 ¥ 35 M12 ¥ 35 M16 ¥ 40 M16 ¥ 45 M20 ¥ 50 M20 ¥ 55
Niedrige Form (Bl. 3) 5¥3 6¥4 8¥5 10 ¥ 6 12 ¥ 6 14 ¥ 6 16 ¥ 7 18 ¥ 7 20 ¥ 8 22 ¥ 9 25 ¥ 9 28 ¥ 10 32 ¥ 11 36 ¥ 12
12 17 22 30 38 44 50 58 65 75 85 95 110 130
17 22 30 38 44 50 58 65 75 85 95 110 130 150
1,9 + 0,1 2,5 + 0,1 3,1 + 0,2 3,7 + 0,2 3,9 + 0,2 4 + 0,2 4,7 + 0,2 4,8 + 0,2 5,4 + 0,2 6 + 0,2 6,2 + 0,2 6,9 + 0,2 7,6 + 0,2 8,3 + 0,2
Abb. 18.45. Paßfedern, Nennmaße nach DIN 6885
1,2 + 0,1 1,6 + 0,1 2 + 0,1 2,4 + 0,1 2,2 + 0,1 2,1 + 0,1 2,4 + 0,1 2,3 + 0,1 2,7 + 0,1 3,1 + 0,2 2,9 + 0,2 3,2 + 0,2 3,5 + 0,2 3,8 + 0,2
0,8 + 0,1 1,1 + 0,1 1,4 + 0,1 1,8 + 0,1 1,6 + 0,1 1,4 + 0,1 1,7 + 0,1 1,6 + 0,1 2 + 0,1 2,4 + 0,1 2,2 + 0,1 2,4 + 0,1 2,7 + 0,1 3 + 0,1
835
M 3¥ 8 M 3 ¥ 10 M 4 ¥ 10 M 5 ¥ 10 M 5 ¥ 10 M 6 ¥ 12 M 6 ¥ 12 M 6 ¥ 15 M 8 ¥ 15 M10 ¥ 18 M10 ¥ 20 M12 ¥ 22
836
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Paßfederbreite h9, -höhe h9 oder h11
Nutbreite
Durchmesser
Eigenschaften
Welle
Nabe
Welle
Nabe
Fester Übergangssitz
P9
P9
k6
H7
robust, für mäßige Wechselmomente und seltene Demontage
Leichter Übergangssitz
P9
P9
j6
H7
für leichte Wechselmomete, Nabe noch gut abziehbar
knapper Spielsitz
N9
JS9
h7
H8
Für statische Momente, Nabe leicht montierbar
Gleitsitz, Spielpassung
H8
D10
g6
H7
Für statische Momente, exzentrisch, Nabe leicht verschieblich
Abb. 18.46. Passungen von Paßfeder-Verbindungen für gefräste Nuten (für geräumte Nuten eine ISO-Qualität feiner) in Anlehnung an DIN 6865, DIN 6880, [18.3-1]
– Werkstoffe: Nach DIN 6880 Keilstahl 2C45, ein spanlos kalt umgeformter Stahl hoher Zähigkeit, nach Vereinbarung auch andere Qualitäts- oder Edelstähle. – Toleranzen und Passungen s.Abschn. 18.3.1. Zu Durchmessertoleranzen s. Kap. 6. – Empfehlungen für unterschiedliche Anforderungen s. Abb. 18.46. Bei höher beanspruchter Verbindung wird ein fester Sitz empfohlen, um Verkippen der Paßfeder zu vermeiden. – Tragfähigkeit, Dimensionierung von Welle, Nabe und Paßfeder s. Abschn. 18.3.3 mit Länge l = l tr . Gestaltung Bei einer tragenden Länge ltr > 1,3 DF ist die Pressungsverteilung über ltr sehr ungleichmäßig, s. Längenfaktor kl , Abschn. 18.3.3 und Abb. 18.33. Größere Nabenlänge entspr. Abb. 18.2 sind u.U. sinnvoll wegen besserer Führung. – Bei Umlaufbiegung Nabenbreite größer als die Paßfederlänge wählen. Im Hinblick auf eine Vergleichmäßigung der Pressung ist es günstig, das Drehmoment nabenseitig ,,hinten“ gemäß Abb. 18.47 in einer Entfernung a/ltr > 0,8 in die Verbindung einzuleiten; günstig ist eine Lasteinund Ableitung bei möglichst großem Abstand a. Bei Anlage der Nabe an einem Wellenabsatz Nutende in die dickere Welle legen. Wegen der ungleichmäßigen Aufteilung über den Umfang sind – bei duktilen Wellen- oder Nabenwerkstoffen – mehr als zwei Paßfedern nicht sinnvoll, bei spröden Werkstoffen (z.B. GJL) nur eine Paßfeder. Gleitfedern sind in der Wellennut mit Senkschrauben festzulegen, um Reibkorrosion (Passungsrost) zu vermeiden; die Oberflächen von Welle und Paßfeder sollen härter sein als die der verschieblichen Nabe (s. auch Abschn. 18.3.4.1). Nicht verschiebliche Naben müssen auch bei festem Sitz gegen axiales Verschieben gesichert werden, entspr. Abschn. 18.3.4.2 (Ausführung, Anwendung) und Abb. 18.40.
18.3 Formschlußverbindungen – allgemein
837
Abb. 18.47. Unterschiedliche Lastein- bzw. -ableitung bei Paßfederverbindungen nach DIN 6892
Bei Beanspruchung durch Wechselmomente ist generell eine Übermaßpassung vorzuziehen (fester Übergangssitz, Abb. 18.46) oder vorgespannte Formschlußverbindung, sowie eine größere Sicherheit zu wählen (Abschn. 18.3.3d). Bei Umlaufbiegung wirkt sich Nitrocarburieren der Welle günstig auf die Tragfähigkeit aus. Um scharfe Kerben im Nutgrund zu vermeiden, sollen die Fräswerkzeuge keine scharfkantigen Fasen aufweisen (Kerbwirkung). Bei Drehzahlen über 1500 min–1 müssen die Wellen ausgewuchtet werden (DIN ISO 8821). Dabei soll i. allg. eine halbe Paßfeder in die Wellennut eingelegt werden, die die Nut über Tiefe und Länge voll ausfüllt. Alternativ können Welle und Nabe vor dem Stoßen, Räumen der Nuten ausgewuchtet werden. Weitere Hinweise zur Gestaltung s. DIN 6892. 18.3.5.2 Scheibenfederverbindung
Die Wellennut wird (kostengünstig) durch einen eintauchenden Scheibenfräser erzeugt. Dadurch wird die Welle relativ stark geschwächt; die Scheibenfederlänge ist dadurch fest vorgegeben, die Tragfähigkeit begrenzt. Die Scheibenfeder (Abb. 18.27c) ist auch als Keil zu verwenden (Abschn. 18.4.2a), eigenet sich jedoch nicht als Gleitfeder. Hauptanwendungsgebiet ist der Werkzeugmaschinenbau. Tragfähigkeitsberechnung und Gestaltung sinngemäß wie bei Paßfedern, Abschn. 18.3.5.1. Maßgebend ist i.allg. die Flankenpressung zwischen Scheibenfeder und Nut der Nabe, s. Abschn. 18.3.3d). – Genormte Abmessungen s. Abb. 18.48. Die Ausführung ,,hoch“ führt zu einer größeren Länge l.
838
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Wellendurchmesser d1 [mm]
b [mm] flach
h [mm] hoch
flach
d2 [mm] hoch
flach
t1 [mm] hoch
t2 [mm]
> 3 ... 4
1
1,4
1,4
4
4
1,0
1,0
0,6
> 4 ... 6
1,5
2,6
2,6
7
7
2,0
2,0
0,8
> 6 ... 8
2
2,6
3,7
7
10
1,8
2,9
1,0
> 8 . . . 10
3
3,7
5,0
10
13
2,5
3,8
1,4
> 10 . . . 12
4
5,0
6,5
13
16
3,5
5,0
1,7
> 12 . . . 17
5
6,5
7,5
16
19
4,5
5,5
2,2
> 17 . . . 22
6
7,5
9,0
19
22
5,1
6,6
2,6
> 22 . . . 30
8
9,0
11,0
22
28
6,2
8,2
3,0
> 30 . . . 38
10
11,0
13,0
28
32
7,8
9,8
3,4
Bezeichnungsbeispiel: Breite 6 = 4 mm Höhe h = 5 mm Scheibenfeder DIN 6888 – 4 ¥ 5
Abb. 18.48. Scheibenfedern, Nennmaße nach DIN 6888
18.4 Vorgespannte Formschluß-Verbindungen Um Formschluß-Verbindungen (Abb. 18.49) z.B. für wechselnde Kraftrichtung spielfrei zu machen, müssen Welle und Nabe miteinander verspannt werden. Man erreicht dies durch Keilwirkung im Bereich der Selbsthemmung (Keilneigung i.allg. 1 : 100) oder durch überlagerten Preßsitz. Die Umfangskraft wird dann zu unterschiedlichen Anteilen durch Form- und Reibschluß übertragen. – Vorgespannte FormschlußVerbindungen können somit auch Axialkräfte ohne formschlüssige Verschiebesicherungen übertragen. 18.4.1 Längskeil-Verbindung
Ausführungen s. Abb. 18.49. – Einlegekeile, Abb. 18.49c, werden verwendet, wenn das Nabenbauteil axial aufgeschoben wird, Treibkeile, Abb. 18.49f, wenn der Keil bei axial fixiertem Nabenbauteil eingeschoben
18.4 Vorgespannte Formschluß-Verbindungen
839
Abb. 18.49a–g. Vorgespannte Formschlußverbindung a Rundkeil (Stirnkeil), b Scheibenkeil, c Einlegekeil, d Hohlkeil, e Flachkeil, f Treibkeil ohne bzw. mit Nase (bei 2 Stück um 120° versetzt), g Tangentenkeile (f–f = Lage der Teilfuge, wenn die Nabe geteilt ist)
wird. Dieser kann auch als Nasenkeil ausgeführt werden, der axial herausgezogen werden kann. In beiden letztgenannten Fällen muß ein ausreichender Bauraum für das Verschiebewerkzeug (Presse, Hammer) zur Verfügung stehen. – Tragfähigkeit: Durch Reibschluß übertragbares Drehmoment s. (18.7), übertragbare Axialkraft s. (18.8). Die Normalkraft FN (≈ radiale Anpreßkraft) ergibt sich aus den Beziehungen am Keil, bei kleinem Neigungswinkel (s. hierzu Abschn. 18.2.1c)): FN ≈ Fe /(tan a +2 nru ) .
(18.56)
Haftbeiwert nru s. Abb. 18.5b, Neigungswinkel der genormten Längskeile a ≈ tan a = 0,01. Die hiernach erforderliche axiale Einpreßkraft Fe ist schwer zu dosieren und zu messen. Nach allgemeiner Praxis genügt eine Keillänge von ca. 1,5 ◊ Wellendurchmesser, um eine ausreichende Anpreßkraft bei üblicher Pressung zu erzeugen. Wegen der verbleibenden Unsicherheiten muß man aber damit rechnen, daß die Verbindung bei Stoßbelastung rutscht und der Keil sich seitlich an die Nutwand anlegt. – Sicherheitshalber berechnet man daher die Tragfähigkeit von Einlege- und Treibkeilen wie bei Paßfedern, d.h. wie Formschlußverbindungen9. – Für die Passung zwischen Welle und Nabe empfiehlt sich bei höheren Anforderungen ein Übergangssitz (z.B. H7/k6) um die Unwucht durch die einseitige, radiale Verformung einzugrenzen; sonstige Passungen für Gleitsitz- und Spielsitzanwendungen s. Abb. 18.46, Keilbreite h9. Die Aufweitung am Außendurchmesser aus dieser Verformung ist zu beachten. – Die Anwendung ist auf Drehzahlen bis zu ca. 1500 min–1 begrenzt. Bei größeren Drehmomenten kann man einen um 120° versetzten, zweiten Keil anordnen und erreicht so eine Art Dreipunkt-Auflage. – Längskeil9
Anteilige Erfassung von Reib- und Formschluß s. DIN 6892.
840
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Welle
Nuten (Nasen)-Keile
Nasenhöhe
Flachkeile
Wellenabflachg.
Hohlkeile
d
b
h
t1
t2
h2
b
h
t1
b
h
t2
10 . . . 12 12 . . . 17 17 . . . 22 22 . . . 30 30 . . . 38 38 . . . 44 44 . . . 50 50 . . . 58 58 . . . 65 65 . . . 75 75 . . . 85 85 . . . 95 95 . . . 110 110 . . . 130 130 . . . 150 150 . . . 170 170 . . . 200
4 5 6 8 10 12 14 16 18 20 22 25 28 32 36 40 45
4 5 6 7 8 8 9 10 11 12 14 14 16 18 20 22 25
2,5 3,0 3,5 4,0 5,0 5,0 5,5 6,0 7,0 7,5 9,0 9,0 10,0 11,0 12,0 13,0 15,0
1,2 1,7 2,1 2,4 2,4 2,4 2,9 3,4 3,4 3,9 4,4 4,4 5,4 6,4 7,1 8,1 9,1
7 8 10 11 12 12 14 16 18 20 22 22 25 28 32 36 40
8 10 12 14 16 18 20 22 25 28 32 36 40 45
5 6 6 6 7 7 8 9 9 10 11 12 14 16
1,3 1,8 1,8 1,4 1,9 1,9 1,9 1,8 1,9 2,4 2,3 2,8 4,0 4,7
8 10 12 14 16 18 20 22 25 28 32 36
3,5 4 4 4,5 5 5 6 7 7 7,5 8,5 9
3,2 3,7 3,7 4,0 4,5 4,5 5,5 6,5 6,4 6,9 7,9 8,4 9,1 10,4
Bezeichnungsbeispiel: Breite b = 12 mm Höhe h = 6 mm Länge l = 70 mm Flachkeil DIN 6883 – 12 ¥ 6 ¥ 70
Abb. 18.50. Keilverbindungen nach DIN-Normen (Maße in mm)
Verbindungen lassen sich leicht nachspannen, sind lösbar und wiederverwendbar. – Norm-Abmessungen s. Abb. 18.50. – Werkstoff: Üblicherweise Keilstahl 2C45, Abschn. 18.3.5.1. 18.4.2 Sonstige Keilverbindungen
a) Scheibenkeil-Verbindung, Abb. 18.49b Das Element Scheibenkeil ist mit der Scheibenfeder, Abschn. 18.3.5.2, identisch; er stellt sich selbst auf die Nut in der Nabe vorgegebene Neigung ein, sie ist daher die billigste Keilverbindung mit der geringsten erforderlichen Nacharbeit. Sie wird insbesondere in Werkzeugmaschinen bei begrenzter Nabenbreite und – wegen der geschwächten Welle – bei geringen Drehmomenten verwendet. – Tragfähigkeitsberechnung, Passungen und Toleranzen wie bei Längskeilen, Abschn. 18.4.1. – Abmessungen s. Abb.
18.5 Geklebte Welle-Nabe-Verbindung
841
18.48. Neigungswinkel a in der Nabennut wie bei Längskeilverbindungen, Abschn. 18.4.1. b) Flachkeil-Verbindung, Abb. 18.49e Der Flachkeil selber ist mit dem Einlegekeil, Abb. 18.49c, identisch. Die Welle ist einfach zu bearbeiten; durch die Abflachung wird sie kaum geschwächt. Das übertragbare Drehmoment ist durch den geringen Formschluß nur etwas größer als beim Hohlkeil. – Tragfähigkeitsberechnung als Preßsitz nach (18.7), (18.8); wegen der undefinierten Eintreibkraft aber unsicher, daher nicht geeignet für schweren Betrieb. – Toleranzen und Passungen wie bei Längskeilen, Abschn. 18.4.1. – Abmessungen s. Abb. 18.50. c) Hohlkeil-Verbindung, Abb.18.49d Dies ist eine Reibschlußverbindung. Die Welle wird nicht für einen Formschluß genutzt, die Nabe kann beliebig in Umfangsrichtung eingestellt werden. Tragfähigkeitsberechnung nach (18.7), (18.8), aber unsicher wie beim Flachkeil. – Abmessungen s. Abb. 18.50. d) Tangentkeile, Abb. 18.49g Einzige Keilverbindung, bei der Nabe und Welle auch in Umfangsrichtung verspannt werden, so daß stoßhafte Drehmomente in beiden Drehrichtungen unter Vorspannung spielfrei übertragen werden können (Anwendungsbeispiele: Schwungrad, Walzwerkskupplung). – Tragfähigkeitsberechnung: Wegen Unsicherheiten über die Größe der Eintreibkraft nimmt man reinen Formschluß an und rechnet wie bei Paßfedern nach Abschn. 18.3.5.1 mit z = 1 in (18.47). Man beachte: Ein Keilpaar muß in einer Richtung das gesamte Drehmoment übertragen, während das andere entlastet wird. – Toleranzen: Durch die einseitige Verspannung der Nabe gegen die Welle entsteht eine Unwucht; um sie zu begrenzen, wählt man eine Übergangspassung Nabe/Welle, z.B. H7/k6. Wegen der Restunwucht ist die Anwendung i.allg. auf Drehzahlen unter 1500 min–1 begrenzt.
18.5 Geklebte Welle-Nabe-Verbindung Allgemeines über Herstellung Funktion sowie Lösen dieser Stoffschlußverbindung s. Abschn. 8.2. – Wir unterscheiden die geklebte Schiebesitzverbindung (Abschn. 18.5.1) und die geklebte Preßsitzverbindung (Schrumpfkleben) (Abschn. 18.5.2). 18.5.1 Geklebte Schiebesitz-Verbindung
Hierbei ist der Bohrungsdurchmesser der Nabe bei gleicher Temperatur größer als der Wellendurchmesser. Welle oder/und Nabe werden mit Klebstoff bestrichen und können ohne Erwärmung zwangfrei gefügt werden. – Hauptanwendungsgebiet sind niedrig belastete, kleine Bauteile mit gröberer Passung (vgl. Abschn. 18.5.1.2, 18.5.2.2) bei geringeren Anforderungen an die Zentriergenauigkeit. Die Klebschicht isoliert gegen Eindringen von Sauerstoff, Feuchtigkeit und Schmierstoff in den Fügespalt.
842
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Passungsrost und Kontaktkorrsion werden damit weitgehend verhindert. Wird die Nabe vor dem Fügen erwärmt, so entsteht ein ,,unechter“ Schrumpfsitz mit vorgespannter Klebschicht höherer Festigkeit. – Vergleich mit der Schrumpf-Klebverbindung s. Abschn. 18.5.2. Schiebesitz-Kleben eignet sich weniger gut zum Befestigen dünner Zahnrad-Bandagen; die nominelle Scherfestigkeit sinkt bis auf 10 % der statischen Scherfestigkeit. (Gute Erfahrungen hat man hierbei mit Schrumpfkleben gemacht, Abschn. 18.5.2.) 18.5.1.1 Klebstoffe
Übersicht s. Abschn. 8.2.4.2. Für Welle-Nabe-Verbindungen verwendet man vorzugsweise (teure) anaerobe Klebstoffe hoher Scherfestigkeit. Für Betrieb bei Raumtemperatur genügen Klebstoffe geringer Warmfestigkeit, die Verbindung läßt sich dann – zur Reparatur – durch Wärmezufuhr leichter lösen. Andererseits gibt es warmfeste Klebstoffe, die bis 250°C kaum einen Festigkeitsabfall aufweisen, Abb. 18.51. 18.5.1.2 Herstellung
Vorbereitung und Vorbehandlung der Fügeflächen, Abbindebedingungen s. Abschn. 8.2.3. – Die Spaltdicke sollte (produktionsspezifisch) betragen: 0,03 ... 0,1 mm für hohe Festigkeit, bis 0,5 mm für kostengünstige Fertigung, zum Ausgleich von Unebenheiten bei reduzierter Festigkeit, vgl. Abb. 18.54. Welle und Nabenbohrung werden geschliffen oder feingedreht
Abb. 18.51. Statische Torsionsfestigkeit tK,B,t von geklebten Welle-Nabe-Verbindungen bei Verwendung von unterschiedlichen anaeroben Klebstoffen; Einfluß der Betriebstemperatur JP [18.3-18]
18.5 Geklebte Welle-Nabe-Verbindung
843
(Rz = 15 ... 25 µm), wobei manche Klebstoffe bei feingeschliffenen Fügeflächen eine höhere Torsions-Scherfestigkeit aufweisen, andere bei feingedrehten. Für eine hohe Druck- oder Zugscherfestigkeit, d.h. Kraftrichtung senkrecht zu den Drehriefen hat sich eine Rauhtiefe von Rz = 25... 30 µm als optimal erwiesen, als gleichermaßen günstig für eine hohe Scherfestigkeit bei Beanspruchung in tangentialer und axialer Richtung das Kugel- und Sandstrahlen, s. auch [8.3-11]. 18.5.1.3 Tragfähigkeit, Dimensionierung, Festigkeitsnachweis
Hier wirken im Prinzip die gleichen Einflüsse wie für Flächen-Klebverbindungen, Abschn. 8.2.5.2. Wie dort gezeigt, rechnet man mit Nennspannungen und muß i.allg. auf die an Standardproben ermittelten Festigkeitswerte zurückgreifen; diese werden durch Abminderungsfaktoren an die Praxisbedingungen angepaßt. Abmessungen der Probe für Druckscherversuche nach DIN 54452 s. Abb. 18.52. – Gleichungen zur Berechnung der Beanspruchungen bei Übertragung von Längskräften und Drehmomenten, Sicherheiten bei statischer und dynamischer Belastung s. Abb. 18.53. – Anhaltswerte der statischen Druckscherfestigkeit der genormten Probe einiger wichtiger Klebstoffe tKB,d s. Abb. 18.54. Näherungsweise kann die Zugscherfestigkeit tK,B,z gleich der Torsionsscherfestigkeit tK,B,t gleich der Druckscherfestigkeit tK,B,d nach DIN 54452 gesetzt werden. – Hinweis zur Zeitstandfestigkeit s. Abschn. 8.2.5.2. – Die Restscherfestigkeit (nach Zerstörung der Klebschicht) beträgt häufig noch ca. 50 % der Ausgangsscherfestigkeit. – Abminderungsfaktoren: Klebschichtfaktor vK – zur Berücksichtigung der Herstellqualität – s. Abschn. 8.2.5.2. Werkstoffaktor vM – zur Berücksichtigung von Werkstoff und Umgebungseinflüssen – s. Abb. 8.24. Flächenfaktor vF : Wie bei allen Welle-Nabe-Verbindungen verteilt sich die Zugscherspannung nicht gleichmäßig über die Nabenbreite; an der
Abb. 18.52. Geklebte WelleNabe-Verbindungen, Probenformen A und B [18.3-21]
844
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Beanspruchung
Festigkeitsnachweis statisch vK · vM · vF · τ K, B, z SB = 008 ≥ SB min τs
(18.62)
dynamisch
ts = t a, s =
Fax A Fax, a A
A = π · DIa · Iü
(18.57)
vK · vM · vF · τ K, A, z SD = 008 ≥ SD min τ a, s
(18.63)
(18.58)
τ K, B, z = τ K, B, d (18.59)
s. Abb. 18.57
τ K, A, z = vD · τ K, B, d vK
s. Abschn. 8.2.5.2
vM
s. Abb. 8.24
vF
s. Abb. 18.56
vD
s. Abschn. 18.5.3.1
(18.64)
Berücksichtigung der Umlaufbiegung bei der Schrumpfklebverbindung s. Abschn. 18.5.2.3 und Abb. 18.64. statisch vK · vM · vF · τ K, B, t SB = 009 ≥ SB min τt
2T τt = 0 DIa · A 2T τ a, t = 0 DIa · A A s. oben
(18.60)
dynamisch vK · vM · vF · τ K, A, t SD = 008 ≥ SD min τ a, t
(18.61)
τ K, B, t ª τ K, B, d
(18.59)
s. Abschn. 18.5.3.1; Abb. 18.59
τ K, A, t ª τ K, A, z ; nach (18.64) vK , vM , vF (vD) s. oben
Abb. 18.53. Festigkeitsnachweis für geklebte Welle-Nabe-Verbindungen bei Raumtemperatur in Luft oder Öl
Seite der Krafteinleitung treten die höchsten Spannungen auf. Mit zunehmendem b/dF-Wert nimmt die mittlere Scherfestigkeit daher ab, Abb. 18.55. Allerdings werden die Spannungsspitzen – bei statischer Beanspruchung – durch plastische Verformung abgemindert; das übertragbare Drehmoment steigt dadurch, je nach Steifigkeit der Klebschicht, etwa bis zu einem Wert von b/dF = 1,8 ... 2 noch an. Weiter ist zu beachten, daß eine gleichmäßige Festigkeit der Klebschicht immer schwerer zu erreichen ist, je größer die Fügefläche wird. – Anhaltswerte für den Abminderungsfaktor zur Berücksichtigung des b/dF-Verhältnisses und der Fügefläche – Flächenfaktor vF – s. Abb. 18.56. Richtwerte für die Überlappungslänge von Bolzen-Verbindungen s.Abschn. 8.2.5.1.
(18.65)
(18.66)
18.5 Geklebte Welle-Nabe-Verbindung 1
2
Produkt
statische Fügeart Scherfestigkeit tK,B,d DIN 54 452 in N/mm2
optimales maximales Fügespiel F F-Übermaß Ü D–d in mm (% Festigkeit von Spalte 2)
Loctite 660
16 . . . 26 (optim.)
grober Schiebesitz
F: 0,07 . . . 0,12 F: 0,25 (100 %) (200 %)
Reparaturen; Einkleben von Lagern in ausgeschlagene Sitze
Loctite 620
20 . . . 35 (optim.)
mittlerer Schiebesitz
F: 0,05 . . . 0,10 F: 0,20 (100 %) (100 %)
Temperaturen bis 230 °C thixotrop (daher geeignet für große Durchmesser, kein Ablaufen des Klebers)
Loctite 648
16 . . . 30 (optim.)
enger Schiebesitz
F: 0,04 . . . 0,08 F: 0,25 (100 %) (70 %)
Hochfeste Verbindung, mittlere bis gute Koaxialität
Loctite 603
16 . . . 25 (optim.)
sehr enger Schiebesitz
30 (sicher)
Längspreßsitz (Übergangspassung)
F: 0,03 . . . 0,05 F: 0,25 (100 %) (50 %) – Ü: ≤ 0,02 % ◊ D + 10 . . . 20 µm – (100 %)
Verbindungen mit höchsten Anforderungen an Koaxialität, z. B. zum Einkleben von Lagern; keine Vorreinigung mit Reiniger erforderlich
15 . . . 28 (opt.)
sehr enger Schiebesitz
33 . . . 40 (sicher)
Querpreßsitz (Schrumpfkleben)
F: 0,03 . . . 0,05 F: 0,25 (100 %) (50 %) – Ü: ≤ 0,02 % ◊ D + 10 . . . 20 µm – (100%)
Hochfeste Verbindung, z. B. Zahnrad auf Welle; Fügetemperatur max. 200 °C
20 . . . 35 (optim.)
mittlerer Schiebesitz
40 . . . 50 (sicher)
Querpreßsitz (Schrumpfkleber)
F: 0,05 . . . 0,15 F: 0,25 (100 %) (50 %) – Ü: (0,02 ... 0,07) ◊ D +10 ... 20 µm 1) – (100 %)
auch für Verbindungen mit gröberen Toleranzen Verbindungen höchster Festigkeit; Fügetemperatur > 160 °C
Loctite 640
Loctite 638
3
4
5
845
6
Anwendungen
Abb. 18.54. Statische Festigkeit von geklebten Welle-Nabe-Verbindungen nach Angaben der Fa. Loctite Deutschland GmbH, München
Abb. 18.55. Statische Festigkeit von geklebten Welle-Nabe-Verbindungen; Einfluß der Nabenbreite. A Torsionsbeanspruchung durch Drehmoment T, B Druckbeanspruchung durch Axialkraft F [18.2-1]
846
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Abb. 18.56. Flächenfaktor vF für geklebte Welle-Nabe-Verbindungen – Bezugsprobe Stahl/Stahl (103 mm Bezugsfläche) nach DIN 54 452
Bei Schwingbeanspruchung wird die Klebschicht nicht plastifiziert; oberhalb b/dF = 0,8 ... 1 ergibt sich kaum noch ein Zuwachs an Tragfähigkeit. Man rechnet daher bei Schwingbeanspruchung mit b/dF ≤ 1. Kleb-Dynamikfaktor vD: Erläuterungen s. Abschn. 8.5.2.2. Bei WelleNabe-Verbindungen kann man die Ausschlagfestigkeit für Wechselbeanspruchung (Rs = –1)10 mit ca. 30 % der statischen Druckscherfestigkeit ansetzen, d.h. vD = 0,3; bei Schwellbeanspruchung (Rs = 0) mit ca. 20 %, d.h. vD = 0,2. Zum Ansatz der zu übertragenden statischen Kraft F bzw. Ausschlagkraft Fa s. Abschn. 8.2.5.2. – Mindestsicherheit und Vorgehensweise bei der Bewertung der Berechnungsergebnisse s. Abschn. 8.2.5.2: ,,Man beachte“. – Hinweise: Für den ersten Entwurf kann man von den o.a. Daten ausgehen. Die Festigkeitswerte unterscheiden sich allerdings erheblich, je nach Gestaltung, Fertigungsablauf, Einsatzbedingungen und Klebstofftyp. Im Einzelfall muß man deshalb den technischen Dienst der Hersteller befragen oder die Scherfestigkeit im Versuch ermitteln. Über die Tragfähigkeit des geklebten Schiebesitzes bei Umlauf-Biegebeanspruchung liegen kaum Erfahrungen vor; hier ist Vorsicht geboten. – Zum Einfluß der Umgebungsmedien s. Hinweise in Abschn. 8.2.5.
10
Spannungsverhältnis Rs = su /so s. Abschn. 3.3.
18.5 Geklebte Welle-Nabe-Verbindung
847
18.5.1.4 Gestaltung
Kraftflußgerechte Gestaltung, wie bei anderen Welle-Nabe-Verbindungen, s. Abschn. 18.2.3.11. Nach [18.2-1] wurden mit verjüngten Naben (Probenform C) mit dem geklebten Schiebesitz höhere Torsionsfestigkeiten als mit zylindrischen Naben (Probenform A) erzielt, umgekehrt beim Schrumpfklebsitz, s. Abb. 18.57. Die ,,optimierte“ Probenform B (Abb. 18.52) war nur geringfügig tragfähiger als Probenform A. Trotz der ungleichmäßigen Verteilung der Zugscherspannung über die Nabenbreite (Abschn. 18.5.1.3) sollte die Nabenbreite relativ groß gewählt werden – bis ca. b/dF = 1,6; die Nabe wird besser geführt und der Einfluß der Alterung gemindert. – S. hierzu auch Hinweise zur Wahl der Überlappungslänge in Abschn. 18.5.1.3 und 8.2.5.1. Um das Fügen zu erleichtern, sollte man an der Nabenbohrung eine 15°-Fase vorsehen und die Stirnkanten an Welle und Nabe brechen oder abrunden. Die Position der Nabe zur Welle sollte gekennzeichnet werden, um Rutschvorgänge zu erkennen. Klebschicht an Drehmomenteinleitungsstelle entlasten, Kerbwirkung abbauen; s. Abb. 18.58.
Abb. 18.57. Tragfähigkeit unterschiedlich gestalteter Welle-Nabe-Verbindungen in geklebter [18.2-1] und schrumpfgeklebter Ausführung
Abb. 18.58. Optimierte Gestalt einer geklebten Welle-Nabe-Verbindung [18.3-46]
848
18 Welle-Nabe-Verbindungen
18.5.2 Schrumpfkleb-Welle-Nabe-Verbindung
Die Kombination der Fügeverfahren ,,Schrumpfen“ (reibschlüssig) und Kleben (stoffschlüssig) bietet eine Reihe von Vorteilen, gegenüber dem Preßsitz (Abschn. 18.2.3): Bei gleichgroßen übertragbaren Kräften sind 70 ... 90 % kleinere Flächenpressungen und entsprechende Übermaße erforderlich (0,2 ... 0,5 ‰). Daraus resultieren kleinere Beanspruchungen in Welle und Nabe und eine geringere Aufweitung der Nabe. Daher ist die Verbindung – durch Erwärmen der Nabe – auch leichter lösbar als der reine Preßsitz. – Gegenüber der geklebten Schiebesitz-Verbindung (Abschn. 18.5.1) ist eine um 20 ... 50 % höhere statische und 100 % höhere dynamische Torsionsfestigkeit erreichbar, auch können Kräfte aus Umlaufbiegung übertragen werden. Ursache hierfür ist die zusätzliche Reibungskomponente der Kontaktstellen und der hydrostatische Druck in dem durch die Flächenpressung komprimierten Klebstoff. Die Isolierwirkung der Klebschicht ist auch hier weitgehend vorhanden. – Gegenüber den formschlüssigen Verbindungen (z.B. mit Paßfedern) sowie der reinen Klebverbindung ergibt sich ein zentrischer, unwuchtarmer Sitz wie beim Preßsitz. Schrumpfkleben eignet sich insbesondere für große Abmessungen, z.B. für den Schwermaschinenbau [18.3-24], ist klebtechnisch sicher ab ca. 70 mm Wellendurchmesser. Für kleine Durchmesser wird daher (neben dem geklebten Längspreßsitz, s.u.) i.allg. ein geklebter Schiebesitz (Abschn. 18.5.1) oder ein reiner Preßsitz bevorzugt. – S. Abschn. 18.5.2.2. Nachteilig gegenüber dem Preßsitz ist der Aufwand, der mit dem Klebverfahren verbunden und entscheidend ist für die Betriebssicherheit; man beachte die Anwendungsgrenze aus der Drehzahl, da hohe Fliehkräfte das geringe Übermaß aufheben können. 18.5.2.1 Klebstoffe
Übersicht s. Abschn. 8.2.4.2, Hinweise zur Auswahl s. Abschn. 18.5.1.1. Für den Betriebszustand mit höheren Temperaturen sollte man verformungsfähige Klebstoffe wählen. 18.5.2.2 Herstellung
Bearbeitung, Vorbehandlung der Fügeflächen, Abbindebedingungen s. Abschn. 8.2.3. Übliche Mindest-Übermaße nach Abb. 18.54: 0,2 ... 0.7 ‰; hinzu kommt eine Fertigungstoleranz von ca. 10 ... 20 µm. Im Fertigzustand beträgt die Klebschichtdicke ca. 2 ... 5 µm, partiell besteht metallischer Kontakt. Teile mit geschliffenen Oberflächen, Rz ≈ 4 µm (bis 8 µm) lassen sich leichter fügen als feingedrehte. Im Gegensatz zur reinen Klebverbindung ergibt Kugelstrahlen bei der Schrumpf-Klebverbindung keine höhere Festigkeit; der stärkere Metall-Metall-Kontakt führt hier zu Passungsrost in der Fügezone, insbesondere bei Umlaufbiegung [18.3-20]. – Längspreßsitze (Abschn. 18.2.3), d.h. Fügen mit Axialkraft bei Raumtemperatur eignen sich – wegen der begrenzten Fügekräfte – insbesonde-
18.5 Geklebte Welle-Nabe-Verbindung
849
re für kleine Fügeteilabmessungen (ca. dF ≤ 30 mm); sie haben den Vorteil, sofort nach dem Fügen handhabbar zu sein. Beide Fügeflächen sollen mit Klebstoff benetzt werden, um Abstreifen beim Fügen zu vermeiden. Eine hohe Fügegeschwindigkeit (ca. 50 mm/s) ist erforderlich, damit der Klebstoff nicht zu früh aushärtet. Besonders genaues Übermaß und damit genau bemessene Tragfähigkeit erreicht man durch einen – allerdings teuren – kegeligen Sitz (meist Kegel 1 : 50). Die Nabe kann – mit einer weggesteuerten Presse – genau um den Betrag aufgeschoben werden, der sich aus dem geforderten Übermaß ergibt; allerdings sind enge Maßtoleranzen erforderlich, wenn eine bestimmte axiale Position erreicht werden soll. Die Nabe muß nicht – wie beim reinen Kegelpreßsitz – durch eine Mutter gegen axiales Abschieben gesichert werden. Bei Ausführung mit Ölpreßnuten (Abschn. 18.2.3.11) läßt sich die Verbindung besonders leicht lösen. – Querpreßsitze (Abschn. 18.2.3) eignen sich für die Übertragung großer Drehmomente, auch bei großen Abmessungen und unterschiedlichen Werkstoffen von Welle und Nabe. Das Fügespiel von ca. 1 ‰ des Fügedurchmessers wird durch Erwärmen der Nabe auf 120 ... 220°C erzeugt. Der Klebstoff wird nur auf die Welle aufgetragen (beim Auftragen auf die Nabenbohrung würde der Werkstoff zu schnell aushärten). Die Welle wird mit schraubenförmiger Bewegung in die Nabe eingeschoben und der Verbund ca. 24 h bei Raumtemperatur gelagert. – Bei kleinen Wellendurchmessern sind hohe Fügetemperaturen erforderlich, um das benötigte Übermaß und Fügespiel zu erzeugen. Bei großen Durchmessern reichen hierfür geringere Temperaturen aus, hohe Temperaturen wären auch schädlich, da die große Nabe nur langsam abkühlt, der Klebstoff schlecht anpolymerisiert. 18.5.2.3 Tragfähigkeit, Dimensionierung, Festigkeitsnachweis der Schrumpfklebverbindung
Hier wirken im Prinzip dieselben Einflüsse wie bei Flächen-Klebverbindungen,Abschn. 8.2.5. Bei der Berechnung geht man wie bei der geklebten Schiebesitzverbindung vor, Abschn. 18.5.1.3: Berechnung der Beanspruchungen und Sicherheiten bei Übertragung von Längskräften und Drehmomenten bei statischer und dynamischer Belastung s. Abb. 18.53, hier mit den statischen Festigkeitswerten für Sitze mit Übermaß nach Abb. 18.54. – Die statische Druckscherfestigkeit (und damit auch die Zug- und die Torsionsscherfestigkeit) schrumpfgeklebter Verbindungen kann beim Längspreßsitz bis 20 %, beim Querpreßsitz bis 50 % über den Werten für den geklebten Schiebesitz liegen, sichere Werte s.Abb. 18.57. – Die dort für den Querpreßsitz angegebenen Festigkeitswerte gelten für Nabenwanddicken von QA ≈ 0,5 und hohe Fügetemperaturen (JF ≥ 160°C), bei Nabenbreiten b/dF ≤ 1. Allerdings ist zu beachten, daß man nicht in den Bereich der Anlaßtemperatur gerät, die für einsatzgehärtete Teile bei 180°C liegen kann. – Bei dünnwandigen Naben und kleineren Fügetemperaturen ergibt sich eine kleinere Torsionsscherfestigkeit, bei QA ≈ 0,65 und JF ≈ 120°C ist mit einer Minderung von ca. 30 % zu rechnen.
850
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Abb. 18.59. Normiertes Schwingfestigkeitsschaubild für Umlaufbiegung und statische Torsion einer schrumpfgeklebten WNV nach [18.3-27]: Zahlenwerte für Wellenwerkstoff 30CrNiMo6V oder 42CrMo4V, Nabenwerkstoff S355, Klebstoff DELO ML 118 oder Loctite 638. – Zahlenwerte in (Klammern) für Beispiel 6. – W-Welle: Dauerfestigkeit (N = 107) bei Beanspruchung durch Umlaufbiegung der Verbindung und wechselnde Torsion: Wellenversagen
– Abminderungsfaktoren Zum Ansatz des Klebschichtfaktors vK, des Werkstoffaktors vM, zur Wahl der Nabenbreite (Verhältnis b/dF) und zum Ansatz des Flächenfaktors vF s. Abschn. 18.5.1.3. Kleb-Dynamikfaktor: Ausschlagfestigkeit bei Torsions-Wechselbeanspruchung tK,A,t = 0,6 ◊ tK,B,z (d.h. vD = 0,6), bei Schwellbeanspruchung tK,A,t = 0,4 tK,B,z (d h. vD = 0,4), mit Begrenzung durch die Bruchgrenze der (glatten) Welle bei tK,A,t = 20 N/mm2 bei 34CrNiMo6V, tK,A,t = 18 N/mm2 bei 42CrMo4V und 2C45 s. Abb. 18.59 [18.3-26]. Mit höheren Fügetemperaturen lassen sich höhere Torsions-Schwingfestigkeiten erzielen; Anlaßtemperatur beachten, s. oben. – Nach einmaligem Durchbrechen der Klebverbindung ist noch eine Schwing-Restfestigkeit von 50 ... 70 % vorhanden. Bei dünnen Bandagen mit Schwell-Umlaufkraft (z.B. bei Zahnrädern) kann die Torsions-Schwingfestigkeit auf 10 ... 20 % der statischen Festigkeit absinken. Mit einer Bandagendicke von ca. 6 ◊ Modul wurden gute Ergebnisse erzielt [18.3-24]. – Die Kombination von Torsion und Umlaufbiegung kommt in der Praxis häufig vor, z.B. bei Welle-Nabe-Verbindungen in Zahnrad-, Reibrad- und Riemengetrieben, Elektromotoren. – Für den Festigkeitsnachweis kann man dabei – abweichend von der Berechnung mit dem Faktor vD – von der Torsionsscherbeanspruchung, d.h. von den Beziehungen in Abb. 18.59 aus-
18.5 Geklebte Welle-Nabe-Verbindung
851
gehen. Die ertragbare Torsionspannung sinkt mit zunehmender Umlaufbiegespannung; die Ergebnisse von Versuchen [18.3-27] lassen sich in der Form von Haig-Diagrammen darstellen. Da es sich um Spannungen unterschiedlicher Natur handelt, wollen wir sie jedoch nicht zu Vergleichsspannungen verknüpfen, sondern mit ihrer Hilfe die Minderung der Torsionsscherfestigkeit durch die überlagerte Umlaufbiegespannung abschätzen. – Statische Torsion und (dynamische) Umlaufbiegung: Abb. 18.59 zeigt ein normiertes Dauerfestigkeitsschaubild nach Versuchen aus [18.3-27]. Man beachte, daß die Tragfähigkeit einer schrumpfgeklebten Verbindung bei großer Umlaufbiegespannung durch Dauerbruch der Welle infolge Reibungsermüdung (Passungsrost) begrenzt ist. – Abbildung 18.59 gilt für koaxial eingeleitete Drehmomente, kann bei ausreichend dicken Naben (s. oben) näherungsweise auch bei tangentialem Kraftangriff (Zahnräder) benutzt werden. – Schwingende Torsion und Umlaufbiegung. Hierbei spielt die Reibungsermüdung eine entscheidende Rolle; der Dauerbruchanriß der Welle liegt innerhalb des Sitzes. – Ansatz der zu übertragenden Kräfte und Momente sowie Sicherheitsfaktoren s. Abschn. 8.2.5.2. 18.5.2.4 Gestaltung
– Die Hinweise auf den Einfluß der Umgebungsmedien in der Einleitung zu Abschn. 8.2.5 sind zu beachten. – Für die meisten Untersuchungen, aus denen Festigkeitswerte abgeleitet wurden, hat man zylindrische Naben mit QA = dF/dA = 0,5 ... 0,6 verwendet. Jedoch lassen sich auch mit dünneren Naben die erforderlichen, relativ kleinen Flächenpressungen erzeugen. – Im Gegensatz zur reinen Klebverbindung wurde für die verjüngten ,,torsionsoptimierte“ Nabe (Abb. 18.57) eine um mehr als 50 % verminderte Schwingfestigkeit festgestellt; Ursache ist vermutlich die geringere hydrostatische Druckspannung am verjüngten Ende der Nabe. – Ausbildung der Stirnkanten zum Fügen wie beim geklebten Spielsitz, Abschn. 18.5.1.4. – Höhere Betriebstemperaturen können sich auf die Festigkeit von schrumpfgekleben Welle-Nabe-Verbindungen auf unterschiedliche Weise auswirken: Wenn der Wärmedehnungskoeffizient der Welle aW größer ist als der der Nabe aN , baut sich in der Klebschicht bei Erwärmung ein größeres Übermaß, d.h. eine höhere Flächenpressung auf, die die Scherfestigkeit i.allg. nicht mindert. Umgekehrt (d.h. bei aN > aW) führt die Erwärmung zum Abbau des Übermaßes bis zum Versagen der Verbindung [18.3-22]. Entsprechend sollte man für die Welle den Werkstoff mit dem größeren Wärmedehnungskoeffizienten wählen. – Daher wirkt sich auch eine Temperaturerhöhung schädlich aus, wenn die Wärme über die Nabe zugeführt wird; so zeigte ein hochwarmfester Klebstoff, der in einer Klebverbindung bis 250°C keinen Festigkeitsabfall aufweist, in einer Schrumpfklebverbindung ein Absinken der statischen Festigkeit bei Erwärmung der Nabe auf 60°C.
852
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Abb. 18.60. Relativkosten verschiedener Welle-Nabe-Verbindungen [18.3-25]
18.6 Kostenvergleich Bezogen auf die am weitesten verbreitete Paßfederverbindung zeigt sich, daß besonders bei hohen Drehmomenten andere Welle-Nabe-Verbindungen u.U. erheblich kostengünstiger sind. Gerade für kleinere Stückzahlen spielt aber auch eine Rolle, welche Fertigungseinrichtungen, welches Know-how verfügbar sind. Abbildung 18.60 zeigt Ergebnisse einer vergleichenden Untersuchung.
18.7 Beispiele Beispiel 1: Preßverband einer Kupplung mit Fliehkraftbeanspruchung Gegeben: Vollwelle, Durchmesser DIa = Fügedurchmesser DF = 40 mm. Außendurchmesser der scheibenförmigen Nabe DAa = 80 mm; Naben(= Fugen-)breite LF = 50 mm. Maximales Drehmoment Tmax = 80 Nm, Drehzahl n = 20000 min–1 (w = 2094 s–1, vF = 41,9 m/s).Werkstoff von Welle und Nabe: 2C45 (nach EN 10083-1, 1991), Re min = 370 N/mm2, E-Modul EA = EI = 2,12 ◊ 105 N/mm2 (DIN 7190:(2,00 ... 2,35) ◊ 105 N/mm2; SEW 550: 2,12 ◊ 105 N/mm2), Querdehnzahl nA = nI = nStahl = 0,3; Dichte rA = rI = rStahl = 7,85 kg/dm3 = 7,85 ◊ 10– 9 Ns2mm– 4. Thermischer Längenausdehnungskoeffizient (Abb. 18.9) der Welle (Unterkühlen, für – 80°C) aI = 10,5 ◊ 10– 6 K–1, der Nabe (Erwärmen für 100 ... 300°C) aA = 12,5 ◊ 10– 6 K–1, für Raumtemperatur (20 ... 60°C) aR = 11,5 ◊ 10– 6 K–1. Rauheit Rz
18.7 Beispiele
853
Abb. 18.61a, b. Beispiel 1. Preßverbindung einer Kupplung; Tangential- und Radialspannungen in Welle und Nabe, Zustand 햳 und 햺: vF = 6 m/s (Fliehkraft vernachlässigbar), Zustand 햶 und 햷: vF = 62,8 m/s (In Beispiel 1 vF = 41,9 m/s) (Fliehkraft berücksichtigt); a Vollwelle, b Hohlwelle mit DIi = 10 mm
854
18 Welle-Nabe-Verbindungen
(N5)11 von Welle Rz Ia und Nabe Rz Ai : 4 µm. Die Nabe wird im Betrieb max. DJ = 20 K wärmer als die Welle (JA = JI + DJ), Betriebstemperatur der Welle JI = 40°C, Raumtemperatur JR = 20°C. Mindest-Rutschsicherheit Sru min = 2,5; Mindest-Sicherheit gegen Fließen (Streckgrenze Re min bzw. Dehngrenze Rp 0,2 min) SFmin = 1,1. Gesucht: a) Rutschsicherheit, b) Abhebe-Drehzahl/-Geschwindigkeit, c) Festigkeitsnachweis (Sicherheit gegen Fließen), d) Fügetemperatur, e) Sicherheit gegen Passungsrost, f) Sicherheit gegen Mikrowandern. Gewählt: Passung 40H6/40u6; H6: ES = + 16 µm/ EI = ± 0 µm, u6: es = + 76 µm/ ei = + 60 µm. Haftbeiwert gegen Rutschen (Abb. 18.5b) nru = 0,14. Fügetemperatur der Welle (Stickstoff) JI = –80°C, der Nabe (Ölbad, Abb. 18.19) JA max = 300°C. Berechnet: zu a) Rutschsicherheit für die gewählte Passung Rutschsicherheit Sr = Tr/Tmax , wobei das Drehmoment an der Rutschgrenze Tr nach (18.2): Tr = pFBu ◊ p ◊ DF2 ◊ LF ◊ nru/2 = 694 Nm, mit dem Fugendruck für das kleinste Übermaß im Betriebszustand pFBu nach (18.13): pFBu = EStahl ◊ |PBu | ◊ (1-QA2)/(2DF) = 39,45 N/mm2, wobei: Durchmesserverhältnis QA nach (18.10A): QA = DAi/DAa = 0,5; kleinstes Übermaß im Betriebszustand |PBu |, (18.27): |PBu | = |Pwu | – |PJ | – |Prot | = 19,85 µm; Mindestübermaß nach Glättung (nach dem Fügen) nach (18.15c): |Pwu | = |Pu | – G = 37,6 µm, mit Mindestübermaß vor Glättung (nach dem Fügen): |Pu | = |ei-ES| = 44 µm für die Passung H6/u6 und Glättung G nach (18.16): G = 0,8 (Rz Ai + Rz Ia) = 6,4 µm. Übermaß aus Wärmedehnung nach (18.26): |PJ | = DF ◊ aR ◊ |JA – JI | = 9,2 µm; Übermaß aus Fliehkraft, (18.17): |Prot | = |Prot Ai | – |Prot Ia | = 8,55 µm, wobei für die Außenteilbohrung nach (18.18) gilt: |Prot Ai | = rA ◊ w2 ◊ DF ◊ [2 ◊ c1 ◊ (DAa/2)2 + (c1 – c2) ◊ (DF/2)2]/EA = 9,00 µm, mit c1 nach (18.20): c1 = (3 + nA)/8 = 0,4125 und c2 nach (18.21): c2 = (1 + 3 nA)/8 = 0,2375; Innenteil-Außendurchmesser (Vollwelle) nach (18.22): |Prot Ia | = rI ◊ w2 ◊ (DF/2)3 ◊ (1 – nI)/(2 ◊ EI) = 0,45 µm. Damit berechnet sich die Rutschsicherheit zu Sru = Tr/Tmax = 8,7 > Sru min. Schlußfolgerung: 40H6/40u6 ist eine geeignete Passung für ausreichende Rutschsicherheit. zu b) Abhebe-Drehzahl/-Geschwindigkeit Nach (18.28A) beträgt die Abhebewinkelgeschwindigkeit wab : 00 |Pwu | – |PJ | wab = 00 = 3,811 · 10 3 s –1 (A – B)
g
11
Nach [18.3-31] für Durchmesser 18 ... 80 mm, Genauigkeitsgrad 5: Rz = 4 µm.
18.7 Beispiele
855
mit: |Pwu | = 37,6 µm; |PJ | = 9,2 µm; A = 2,0588 ◊ 10– 6 µm ◊ s2; B = 0,1037 ◊ 10– 6 µm ◊ s2, mit A, B s. unter (18.28A). Damit ergibt sich die Abhebe-Drehzahl nab zu nab = 30 ◊ wab/p = 36395 min–1 bei einer Abhebe-Umfangsgeschwindigkeit vFab von vF ab = DF ◊ wab /2 = 76,2 m/s. Daraus folgt: Der Betrieb erfolgt im sicheren Bereich: n << nab. Das gleiche Ergebnis erhält man mit (18.28B). zu c) Festigkeitsnachweis (Sicherheit gegen Fließen) Festigkeitsnachweis: SF = Rp0,2 /sV ≥ SF min , wobei Rp0,2 = Re min =370 N/mm2. Für die Berechnung der Vergleichsspannung sV liegen die Formeln gemäß Abb. 18.11 zugrunde. Die Vergleichsspannung für Walzstahl beträgt nach der GEH (vgl. 3.4.5.2c): s = c005 s2 + s2 – s s . v
t
r
t
r
c1) Für Außenteil-innen: Tangentialspannung-Zug (Abb. 18.11): EA 1 + Q A2 st =stAi = pF Bo · 012 + |Prot Ai | · 5 = 219,4 N/mm2 . DF 1 – QA mit Fugendruck pFB0 nach (18.13): pF B0 = 103,0 N/mm2, wobei nach (18.27) das größte Übermaß im Betriebszustand |PBo | = |Pwo | – |PJ | – |Prot | = 51,85 µm, mit |Pwo | nach (18.15b): |Pwo | = |Po | – G = |es-EI| – G, wobei |Po | = 76 µm. Radialspannung-Druck: sr = sr Ai = – pF B0 = – 103,0 N/mm2. Damit ergibt sich eine Vergleichsspannung von svAi = 285,2 N/mm2 und eine Sicherheit von SF Ai = Rp0,2/svAi = 1,30 > SS min . c2) Für Innenteil-außen: Tangentialspannung-Druck (Vollwelle, Abb. 18.11): EI st =stIa = – pF Bo + |Prot Ia | · 5 = – 100,6 N/mm2 . DF Radialspannung-Druck (Vollwelle): sr = srIa = – pFB0 = – 103,0 N/mm2. Damit ergibt sich eine Vergleichsspannung von sv Ia = 101,8 N/mm2 und eine Sicherheit von SF Ia = Rp 0,2 /sv Ia = 3,63 > SF min . Die Kontrolle gemäß den Abschnitten 18.2.3.3 und 18.2.3.5d) ergibt: Der Preßverband wird rein elastisch beansprucht. Die Tangential- und Radialspannungsverläufe sind differenziert nach Voll- und Hohlwelle in Abb. 18.61a dargestellt. zu d) Fügetemperatur (18.2.3.12) Die Fügetemperatur des Außenteils JAF berechnet sich nach (18.33) zu:
aI |PÜF | JAF = JR + 02 + 5 (JI – JR)= 168°C . a A · DF a A mit dem erforderlichen Fügeübermaß PÜF nach (18.32): PÜF = |Po | + |Ps q | = 116 µm, wobei das Fügespiel Ps J nach (18.31) Ps J = 0,001 ◊ DF beträgt.
856
18 Welle-Nabe-Verbindungen
zu e) Erforderliche Sicherheit gegen Passungsrost Nach (18.30) beträgt die erforderliche Sicherheit SE gegen Passungsrost 8/(1 – Q 2 ) · 2 · L /D = 8,16 < S = 8,7 S = T/T = c07 E
E
A
F
F
r
und ist damit ausreichend. zu f) Sicherheit gegen Mikrowandern Nachweis kann entfallen, siehe Abschnitt 18.2.3.2 (Preßverband einer Kupplung mit dicker Nabe, QA = 0,5). Beispiel 2: Mechanisch verspannter kegeliger Preßverband eines Zahnrads für ein Industriegetriebe, Abb. 18.21 Gegeben: Vollwelle mit Kegelsitzdurchmesser DF,Ia = 50h6 (0/–0,016), Zahnrad mit Fußkreisdurchmesser d f = 94 mm, kegelige Bohrung DFAi = 50 H6 (+ 0,016/0). Gemeinsame Fügesitzlänge (ohne Fase und Überstand: LFg = 40 mm. Kegelneigung C = 1 : 50. Ritzel und Welle einsatzgehärtet, Sitz geschliffen, RzA = RzI = 4,8 µm, Ra = 0,8 µm. Werkstoffe 16MnCr5, E-Modul = 2,1 ◊ 105 N/mm2, Maximalwert Tmax = 500 Nm. Angenommen: Fugendruck über Umfang und Breite konstant; wegen der tatsächlich, am Umfang örtlich angreifenden Zahnkraft, Rutschsicherheit Sr min = 5. Reibungszahlen in Umfangs- und Längsrichtung nru = nrl = 0,12, mittlerer Fugendurchmesser DFm ª 50 mm. Gesucht: a) Einpreßkraft, b) Lösekraft, c) Einpreßweg. Berechnet: zu a), aus (18.35). pFmin = 2 Tmax · Sr /[p ◊ D2Fm · nru · LFg / cos (a/2)] = 132,6 N/mm2, mit tan (a/2) = C/2 = (1:50)/2 = 0,01. – a) Nach (18.37) und Text Einpreßkraft Fa = pFmin · p · DFm · Lfg [tan (a/2) + nrl] = 108334 N. – b) Lösekraft F l = pFmin · p · DFm · Lfg [tan (a/2) – nrl] = 91667 N. – c) Einpreßweg nach (18.38, 18.13, 18.16) emin = (|Pw| + G)/2 tan (a/2) = 4,8 mm mit wirksamem Übermaß nach (18.13) Pw = DF (pFmin/E) · 2/(1 – QA2) = 0,088 mm. (QA = DF /df = 50/94 = 0,5319; Glättung G = 0,8 (RzA + RzI) = 7,68 µm; – Um gegen Anschlag pressen zu können muß die Distanzbüchse auf das Zwischenraummaß emin = 4,8+ 0,2 gekürzt werden. – Man beachte: Zulässiger Planschlag gegen Taumeln fplan etwa 2 Qualitäten feiner als die zulässige Flankenlinien-Winkelabweichung fHb , d.h. entspr. Q 4 somit bei Durchmesser d : fplan (d/b) · fHb (Q 4) = (80/40) · 0,005 = 0,008 mm. Beispiel 3: Paßfeder für einen Motorzapfen, Abb. 18.31d Gegeben: Verbindung mit Paßfeder nach DIN 6885 – A 12 × 8 ¥ 50, Form A; Werkstoff C45 (R p,N = 490 N/mm2); Länge l1 = 50 mm; Breite b = 12 mm; Höhe h = 8 mm, t1 = 5 mm; Wellendurchmesser d = 42 mm; Naben-Außendurchmesser DAa = 80 mm; Nennmoment Tnenn = 200 Nm, Maximalmoment Tmax = 1000 Nm für 103 Lastwechsel; mittige Krafteinleitung; Betriebszustand III nach Abschn. 18.3.2. Angenommen: Anwendungsfaktor nach Abschn. 1.45.2 für verschiedene Anwendungen KA = 2,0. Gesucht: Sicherheit gegen Flankenpressung, Passungen. Berechnet: Nach (18.47) peq = KA · Tnenn · cos aw · kjb · kl/(rw · z · ltr · hw): peq = 134,1 N/mm2 mit ltr = l – b = 38 mm nach Abb. 18.45, hw ≈ h/2 =
18.7 Beispiele
857
4 mm, nach Abb. 18.31 d), rw = d/2 = 21 mm, cos aw = 1 (rw , cos aw s. unter (18.47)), kjb = 1 nach Abb. 18.32, kl = 1,07 nach Abb. 18.33 mit ltr /d = 0,9 und D (=DAa)/d = 1,9. Grenzpressung pgrenz,D = fs · Rp = 490 N/mm2 nach (18.49) mit fs = 1,0 nach Abb. 18.34. pmax = peq · Tmax/(Tnenn · KA) = 335,2 N/mm2. Grenzpressung pgrenz,max = fL ◊ pgrenz, D = 1,5 ◊ 490 N/mm2 = 735 N/mm2 nach (18.51) mit fL = 1,5 nach Abb. 18.35. Sicherheiten nach (18.52): Gegen Dauerbeanspruchung SFD = pgrenz, D/ peq = 490/134,1 = 3,6; gegen Maximalbeanspruchung SFS = pgrenz,max/pmax = 735/335,2 = 2,2; d.h. die Paßfederverbindung ist ausreichend dimensioniert. Passung für festen Übergangssitz nach Abb. 18.46: Durchmesser-Welle/Nabe k6/H7, Nutbreite P9, Paßfederbreite h9. Beispiel 4: Keilwelle für einen Hubwerksantrieb Gegeben: Keilwellenverbindung mit Keilwelle DIN ISO 14; Werkstoff C45 (R p, N = 490 N/mm2); Zähnezahl z = 8; Keilbreite b = 6, Durchmesser d1 = 32 mm; Durchmesser d2 = 38 mm; Nabenaußendurchmesser DAa = 45 mm; Länge l = 40 mm; Drehmoment Tmax = 2400 Nm bei Anzahl der Lastwechsel > 107; Anwendungsfaktor KA = 1; kein Wechsel der Kraftrichtung; mittige Lasteinleitung; Betriebszustand III nach Abschn. 18.3.2. Gewählt: Toleranzfeld H7/IT7. Gesucht: Sicherheit gegen Flankenpressung. Berechnet: Flankenpressung pmax = Tmax · cosaw · kjb · kl/(rw · z · l · hw) = 183,8 N/mm2 nach (18.47), mit aw = arc sin(b · 4/[2 · (d1 + d2)] = 9,87°, rw = (d1 + d2) · cos aw /4 = 17,2 mm, hw = (d2 – d1)/2 = 3 mm nach Abb. 18.31c), kjb = 1,1 nach Abb. 18.32; kl = 1,17 nach Abb. 18.33, mit ltr /d1 = 1,25 und D (=DAa )/d = 1,4. Grenzpressung pgrenz,max = fL · fs · Rp = 490 N/mm2 nach (18.51) mit fL = 1,0 nach Abb. 18.35, fs = 1,0 nach Abb. 18.34. Sicherheit nach (18.52) SFS = pgrenz,max/pmax = 490/183,8 = 2,6; d.h. die Keilwellenverbindung ist ausreichend dimensioniert. Beispiel 5: Geklebte Schiebesitzverbindung eines Kettenrads mit einer Welle (Loctite) Gegeben: Hauptabmessungen nach Abb. 18.62: Breite bF = 16 mm, Durchmesser dF = 60 mm,Werkstoff für Welle und Kettenrad: rostfreier Stahl (Rp = 250 N/mm2). – Maximal-Drehmoment Tmax = 440 Nm, Dauer-Betriebsmoment (statisch) Tm = 220 Nm, überlagert durch Schwingmoment Ta = ± 90 Nm. – Raumtemperatur. Betriebszustand III nach Abschn. 18.3.2, Überlastungsfall F2 nach Abschn. 3.6.5; Darstellung im Smith-Diagramm s. Abb. 3.63b. Gewählt: Klebstoff nach Abb. 18.54: Loctite 648 (statische Proben-Scherfestigkeit tK,B,t = 27/mm2); Abminderungsfaktoren nach Abschn. 18.5.1.3, statisch: Werkstoffaktor vM = 0,8; Klebschichtfaktor vK = 0,7 (für nicht optimierte Herstellbedingungen); für dynamische Beanspruchung Kleb-Dynamikfaktor vD(Schw) = 0,2 (Schwellfestigkeit), vD(W) = 0,3 (Wechselfestigkeit); Fügespiel nach Abb. 18.54: F = 0,04 mm ... 0,08 mm, gewählte Passung: H7 (+ 30/0), f6 (– 49/– 30).
858
18 Welle-Nabe-Verbindungen Abb. 18.62. Zu Beispiel 5. Klebverbindungen für ein Kettenrad 5/8 ¥ 3/8 DIN 8187; z = 21; p = 15,875 mm; Rollendurchmesser 10,16 mm
– Berechnet: Flächenfaktor vF = 1,0 nach Abb. 18.56 mit bF/dF = 16/60 = 0,27; Klebfläche nach Abb. 18.56 (18.59) A = p · dF · bF = p · 60 · 16 = 3016 mm2. Rechenschritte in Abb. 18.63 gekennzeichnet mit 햲 ... 햳 ... . Festigkeit: nach Abb. 18.53; Statische Bauteil-Scherfestigkeit tK, stat = vK · vM · vF · tK,B,t = 0,7 · 0,8 · 1,0 ◊ 27 = 15,1 N/mm2. Ausschlag (= Wechsel)festigkeit tK,A,(W) = vD(W) · tK, stat N/mm2 = 0,3 · 15,1 = 4,5 N/mm2. Ausschlagfestigkeit bei Schwellbeanspruchung tK,A(Schw) = vD(Schw) · tK,stat = 0,2 · 15,1 N/mm2 = 3,0 N/mm2. Damit kann man das Smith-Diagramm nach Abschn. 3.6.1.3, Abb. 3.51a) abschätzen, s. Abb. 18.63. Die Ausschlag-Scherfestigkeit der Klebfuge läßt sich für den Überlastungsfall F2 nach Abschn. 3.6.3, Abschn. 3.63 aus dem Smith-Diagramm, Abb. 18.63 ablesen: tFA = 2,4 N/mm2 oder nach Abschn. 3.6.3 berechnen. Beanspruchungen: Maximale Scherspannung in der zylindrischen Klebfuge tFmax = 2 · Tmax /(dF ◊ A) = 2 · 440 Nm/(60 mm · 3016 mm2) = 4,9 N/mm2; mittlere (statische) Scherspannung tFm = 2 · 220 Nm/ (60 mm · 3016 mm2) = 2,5 N/mm2; Scher-Ausschlagspannung tFa = 2 · 90 Nm/(60 mm · 3016 mm2) = 1,0 N/mm2. Sicherheiten: Sicherheit (statisch) gegen Maximalmoment: SB = tK, stat/ tF max = 15,1/4,9 = 3,1; gegen Schwingmoment (dynamisch): SD = 2,4/1,0 = 2,4. – Nach Abschn. 8.2.5.2 ist SB > SBmin und SD > SDmin , d.h. die Klebverbindung ist bei Ausführung entspr. den Annahmen betriebssicher. Beispiel 6: Kegelige Schrumpf-Klebverbindung eines Stirnrads (schrägverzahnt) mit der Zwischenwelle eines Fahrwerksgetriebes (Dematic). Gegeben: Hauptabmessungen nach Abb. 18.64, Breite bF = 10 mm, mittlerer Durchmesser dF = 14 mm; Werkstoff für Welle und Nabe: 17CrNiMo6 einsatzgehärtet. – Dauer-Betriebsdrehmoment TD = Tnenn · KA · Kv = 32,5 Nm (entspr. einer Zahnfußdauerfestigkeit SD = 1,4, (Wechsellastfaktor 0,7). – Beanspruchung des Schrumpfsitzes auf Umlaufbiegung und Torsion.
18.7 Beispiele
859
Abb. 18.63. Zu Beispiel 5. Smith-Diagramm für die geklebte Schiebesitzverbindung nach Abb. 18.62; Klebstoff Loctite 648 nach Abb. 18.54. 햲 ... 햳 ... Rechenschritte
Gewählt: Klebstoff nach Abb. 18.54, Loctite 638. Für die Berechnung werden die Festigkeitswerte der in Abb. 18.59 angegebene Werkstoff-Klebstoffkombination angenommen, vgl. auch Abb. 18.54. Abminderungsfaktoren nach Abschn. 18.5.1.3: Werkstoffaktor vM = 1,0; Klebschichtfaktor vK = 1 (für erprobte, kontrollierte Serienfertigung). Die in Abb. 18.59 angegebene Dauer- und Zeitscherfestigkeit berücksichtigt den Einfluß der Umlaufbiegung. – Übermaß nach Abb. 18.54 (für kleine Durchmesser) Ü = 0,007 · dF + 0,02 = 0,007 · 14 + 0,02 ≈ 0,01 + 0,02 = 0,03 mm. Für ausreichende Klebschichtdicke (2 ... 5 µm) wäre ein Verschiebung von s = 0,03 · 50 (Kegel) = 1,5 mm ausreichend. Um – bezüglich Formabweichungen von 16 µm (= ˆ 2 ¥ IT 5) – vollen Kontakt über die Mantelfläche sicherzustellen, wählt man s = (2,5 ... 3) mm. Berechnet: Flächenfaktor vF = 1 nach Abb. 18.56 mit bF/dF =10/14 = 0,71; Klebfläche nach Abb. 18.53 (18.59) A = p · dF · bF = p · 14 · 10 mm2 = 440 mm2.
860
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Abb. 18.64. Zu Beispiel 6. Hauptdaten der Zwischenwelle mit kegeliger Schrumpfklebverbindung eines Stirnrades (Mannesmann Dematic, Wetter)
Festigkeit. Scherspannung in der Klebfuge und Biegespannung in der Welle wachsen proportional mit dem übertragenen Drehmoment. Auf der Geraden in Abb. 18.59 durch (sa,b,W = tm = 0) und (sa,b,W = 100 N/mm2, tm = 10,7 N/mm2) liegt somit die Dauer-Scherfestigkeit tK,D = vK · vM · vF · tD max ≈ 16 N/mm2. Kräfte und Beanspruchungen: Kräfte in der Klebfuge aus dem DauerBetriebsdrehmoment: Nach Abb. 18.53 (18.60) Umfangskraft Fu = 2 TD/dF = 2 · 32500/14 N = 4643 N, Axialkraft aus der Schrägverzahnung Fax = 630 N; Kraft in der Klebfuge zur Übertragung des Betriebs2 2 drehmoments TD: FF = Fu + Fax = 4686 N entspr. mittlere Scherspannung in der Klebfuge tm = FF/A = 4686/440 N/mm2 = 10,7 N/mm2. – Aus Fu und Fax berechnete Biegespannung in der Welle an der Nabenkante (s. Abb. 18.64) sb,a,W ≈ 100 N/mm2. Sicherheiten. Sicherheit gegen Klebschichtversagen SD = tD max/tm = 16/10,7 = 1,5; Bei N = 104 Schwingspielen Sicherheit (gegen Zeitfestigkeit) SN = 23,5/10,7 = 2,2; d.h. maximal (ohne Sicherheit) bei N = 104 übertragbares Drehmoment TN ≈ 70 Nm. – Höhere Drehmomente sind – bei optimierten Fertigungsbedingungen – nach Versuchen möglich.
18.8 Literatur
861
18.8 Literatur Normen, Richtlinien 18.1-1 18.1-2
18.1-3 18.1-4
18.1-5 18.1-6 18.1-7
18.1-8
18.1-9
18.1-10 18.1-11 18.1-12 18.1-13
18.1-14 18.1-15 18.1-16 18.1-17 18.1-18 18.1-19
DIN 1448 T1 (1970) Kegelige Wellenenden mit Außengewinde; Abmessungen. Beuth, Berlin DIN 3962 (1978) Toleranzen für Stirnradverzahnungen; T1: Toleranzen für Abweichungen einzelner Bestimmungsgrößen, T2: Toleranzen für Flankenlinienabweichungen, T3: Toleranzen für Teilungs-Spannenabweichungen. Beuth, Berlin DIN 3992 (1964) Profilverschiebung bei Stirnrädern mit Außenverzahnung. Beuth, Berlin DIN 5466 (Entwurf) (1997) Tragfähigkeitsberechnung von Zahn- und Keilwellenverbindungen; T1: Grundlagen; T2: Zahnwellen-Verbindungen nach DIN 5480. Beuth, Berlin DIN 5471 (1974) Werkzeugmaschinen; Keilwellen- und Keilnabenprofile mit 4 Keilen, Innenzentrierung, Maße. Beuth, Berlin DIN 5472 (1980) Werkzeugmaschinen; Keilwellen- und Keilnabenprofile mit 6 Keilen, Innenzentrierung, Maße. Beuth, Berlin DIN 5480 (1995) Zahnwellenverbindungen mit Evolventenflanken. T1: Grundbegriffe; T2 ... 13: Eingriffswinkel 30°; Nennmaße, Meßgrößen, Modul 0,5 ... 10. Beuth, Berlin DIN 5481 (1956/1965/1955) Kerbzahnnaben- und Kerbzahnwellenprofile (Kerbverzahnungen); T2: Lehrung der Kerbzahnnaben, Lehrenmaße; T3: Gutlehrung der Kerbzahnwellen, Lehrenmaße; T4: Ausschußlehrung der Kerbzahnwellen, Lehrenmaße. Beuth, Berlin DIN 6885 (1968/1967/1956) Paßfedern, Nuten; Mitnehmerverbindungen ohne Anzug; Bl. 1: hohe Form; Bl. 2: hohe Form für Werkzeugmaschinen, Abmessungen und Anwendungen; Bl. 3: niedrige Form; Abmessungen und Anwendungen. Beuth, Berlin DIN 6888 (1956) Scheibenfedern; Mitnehmerverbindungen ohne Anzug; Abmessungen und Anwendungen. Beuth, Berlin DIN 6892 (1997) Paßfedern; Berechnung und Gestaltung. Beuth, Berlin DIN 7190 (1988, zurückgezogen 1998) Preßverbände; Berechnungsgrundlagen und Gestaltungsregeln. Beuth, Berlin DIN 7178 (1974/1973/1986/1986/1986) Kegeltoleranz- und Kegelpaßsysteme für Kegel von Verjüngung C = 1 : 3 bei 1 : 500 und Längen von 6 bis 630 mm; T1: Kegeltoleranzsystem, Bbl. 1: Verfahren zum Prüfen von Innenund Außenkegeln, T2: Kegelpaßsystem, T3: Auswirkung der Abweichung auf dem Kegel auf die Kegelpassung, T4: Axiale Verschiebemaße. Beuth, Berlin DIN 6880 (1975) Blanker Keilstahl; Maße, zulässige Abweichungen, Gewichte. Beuth, Berlin DIN 9611 (1994) Landwirtschaftliche Traktoren; Heckzapfwelle. Beuth, Berlin DIN 32711 (1979) Polygonprofile P3G; Antriebselemente. Beuth, Berlin DIN 32712 (1979) Polygonprofile P4C; Antriebselemente. Beuth, Berlin DIN ISO 14 (1986) Keilwellen-Verbindungen mit geraden Flanken und Innenzentrierung; Maße, Toleranzen, Prüfung. Beuth, Berlin DIN ISO 8821 (1991) Mechanische Schwingungen; Vereinbarung über die Paßfeder-Art beim Auswuchten von Wellen und Verbundteilen. Beuth, Berlin
862
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Dissertationen 18.2-1
Muschard WD (1983) Festigkeitsverhalten und Gestaltung schrumpfgeklebter Welle-Nabe-Verbindungen. Diss., Paderborn 18.2-3 Leyh H (1963) Drehmomentübertragungen mit geklebten Wellen-NabenVerbindungen. Diss. TH Stuttgart 18.2-3 Berg M (1989) Zum Festigkeitsverhalten schrumpfgeklebter Welle-NabeVerbindungen unter Torsionsbelastung. Diss. TU München 18.2-4 Mechnik RP (1988) Festigkeitsberechnung von genormten und optimierten Polygon-Welle-Nabe-Verbindungen unter reiner Torsion. Diss. TH Darmstadt 18.2-5 Reinholz R (1994) Experimentelle Bestimmung der Festigkeitswerte für die P3G-Welle-Nabe-Verbindung. Diss. TU Berlin 18.2-6 Mayr R (1993) Formschlüssige Welle-Nabe-Verbindungen mit innenschleifbarer Kontur. Diss. TU Graz 18.2-7 Leidich E (1983) Beanspruchung von Preßverbindungen im elastischen Bereich und Auslegung gegen Dauerbruch. Diss. TH Darmstadt 18.2-8 Grunau A (1987) Mechanisches Verhalten klebgeschrumpfter und geklebter Wellen-Naben-Verbindungen. Diss. Universität-Gesamthochschule Paderborn 18.2-9 Schuht U (1992) Untersuchungen zum mechanischen Verhalten klebgeschrumpfter Welle-Nabe-Verbindungen, insbesondere bei Umlaufbiegeund überlagerter statischer Torsionsbeanspruchung. Diss. Universität-Gesamthochschule Paderborn 18.2-10 Bär C (1995) Längspreß-Kleb-Verbindungen unter statischer und wechselnder Torsion – Einfluß ausgewählter Fertigungsbedingungen. Diss. TU Dresden Bücher, Zeitschriften 18.3-1
Kollmann FG (1984) Welle-Nabe-Verbindungen; Konstruktionsbücher Bd. 32. Springer, Berlin 18.3-2 Niemann G, Winter H (1989) Maschinenelemente, Bd. II. 2. Aufl. Springer, Berlin 18.3-3 Galle G (1981) Tragfähigkeit von Querpreßverbänden. Schriftenreihe Konstruktionstechnik, TU Berlin 18.3-4 Szabo I (1977) Höhere Technische Mechanik, 5. Aufl. Springer, Berlin 18.3-5 Müller HW (1987) Kompendium Maschinenelemente. 7. Aufl. Selbstverlag, Darmstadt 18.3-6 Müller HW (1962) Drehmoment-Übertragung in Preßverbindungen. Konstruktion 14: 47–57; 112–115. 18.3-7 Hild G (1995) Untersuchungen zum Temperatureinfluß auf die Torsionsschwellfestigkeit klebgeschrumpfter Welle-Nabe-Verbindungen. Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Ber. Nr. ABF 43.3. Düsseldorf 18.3-8 Shigley JE, Mischke ChR (1986) Standard Handbook of Machine Design. McGraw-Hill Book Company 18.3-9 Peiter A (1958) Gefügeschrumpfen – ein neues Schrumpfverfahren. Werkstattechnik und Maschinenbau 48: 265–270 18.3-10 SEB 600 620 (1986) Maschinentechnik. Klebeverbindungen. Berechnungsgrundlagen und technische Anforderungen. 1. Vorlage, Stahleisen, Düsseldorf 18.3-11 Schwiager M, Schuch F (1985) Experimetal investigations on bonded cylindrical joints. IAVD Congress on Vehicle Design and Components. Int. J. of Vehicle: B.10.1–B.10.18
18.8 Literatur
863
18.3-12 Göttlicher Ch (1994) Entwicklung einer verbesserten Festigkeitsberechnung für P3G-Polygon-Welle-Nabe-Verbindungen bei Torsions und kombinierter Biege- und Torsionsbeanspruchung. Fortschr.-Ber.VDI Reihe 18 Nt. 166. VDI-Verlag, Düsseldorf 18.3-13 Musyl R (1962) Die Polygon-Verbindung und ihre Nabenberechnung. Konstruktion 14, 6 : 213–218 18.3-14 Firmenschrift Fa. Fette: Verzahnungswerkzeuge 18.3-15 Geiger H (1981) Wellen-Naben-Verbindungen mit Polygonprofilen. Schweizer Maschinenmarkt 50:24–28 18.3-16 Schwingfestigkeitsverhalten schrumpfgeklebter Welle-Nabe-Verbindungen unter kombinierter Umlaufbiege- und Torsionsbelastung. Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit (LBF), Darmstadt, Bericht Nr. 6163/6199 (1991), unveröffentlicht 18.3-17 Tersch H (1993) Schwingfestigkeit schrumpfgeklebter Welle-Nabe-Verbindungen unter Torsions- und Umlaufbiegebelastung. Konstruktion 45, 9: 271–274 18.3-18 Hofschneider M (1985) Kleben und Schrumpfkleben von Metallverbindungen, Literaturrecherche und -auswertung. FVA-Forschungsvorhaben 86/II, Heft 204, Frankfurt 18.3-19 Hofschneider M (1987) Zahnfußfestigkeit bei Schrumpfverbänden. FVAForschungsvorhaben 86/I, Heft 248, Frankfurt 18.3-20 Hahn O, Schuht U (1991) Untersuchung des Festigkeitsverhaltens klebgeschrumpfter Wellen-Naben-Verbindungen bei Beanspruchung durch Umlaufbiegung und überlagerte statische Torsion. Projekt 170, Studiengesellschaft Stahlanwendung e.V., Düsseldorf 18.3-21 Berg M, Huth H (1991) Schwingfestigkeitsverhalten schrumpfgeklebter Welle-Nabe-Verbindungen unter kombinierter Umlaufbiege- und Torsionsbelastung. Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit Darmstadt,VBFEh Bericht-Nr. ABF 43, AiF-Bericht Nr. 7250, Düsseldorf 18.3-22 Hild G (1995) Untersuchungen zum Temperatureinfluß auf die Torsionsschwellfestigkeit klebgeschrumpfter Welle-Nabe-Verbindungen. Laboratorium für Werkstoff- und Fügetechnik, Univ.-GH Paderborn, VBFEh Bericht-Nr. ABF 43.3, Düsseldorf 18.3-23 Kirchberger P (1998) Gestaltungshinweise für geklebte Welle-Nabe-Verbindungen mit unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten. Antriebstechnik 37, 2: 44 18.3-24 Ostler J, Einsatz schrumpfgeklebter Welle-Nabe-Verbindungen in der Hüttenindustrie 18.3-25 Kittsteiner H-J (1990) Die Auswahl und Gestaltung von kostengünstigen Welle-Nabe-Verbindungen, Hanser, München 18.3-26 Hahn O, Kürlemann J (1994) Berechnung klebgeschrumpfter Welle-NabeVerbindungen mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode. Konstruktion 46: 371–375 18.3-27 Tersch H (1996) Grundlagen für die Dimensionierung von schrumpfgeklebten Welle-Nabe-Verbindungen. Frauenhofer Institut für Betriebsfestigkeit (LBF), Bericht Nr. FB-208 18.3-28 Kollman F (1963) Schrumpfsitze mit rotierenden Scheiben. Konstruktion 15, H.5: 184–189 18.3-29 Noppen G, Sigalla I (1985) Technische Oberflächen, DIN- Beuth-Kommentare, 2. Aufl., Beuth, Berlin
864
18 Welle-Nabe-Verbindungen
Firmenschriften 18.3-30 N.N.: Polygon-Verbindungen. Technischer Bericht, Firmendruckschrift FORTUNA-Werke Machinenfabrik, Stuttgart-Bad Cannstadt, ohne Jahresangabe 18.3-31 Loctite Worldwide Design Handbuch 1996/97; Loctite Deutschland GmbH, München. – Der Loctite 1990 18.3-32 Voigt G, Welle-Nabe-Verbindung nach hydraulischem Prinzip. Aufsatz: Fa. LENZE Südtechnik 18.3-33 Fa. LENZE Südtechnik: ETP Welle-Nabe-Verbindungen 18.3-34 Fa. TAS Schäfer: Außenspannende Welle-Nabe-Verbindungen 18.3-35 Fa. TAS Schäfer: Innenspannende Welle-Nabe-Verbindungen 18.3-36 Fa. BIKON: Welle-Nabe-Verbindungen 18.3-37 Fa. MANGELSDORF: Antriebkomponenten 96/97 18.3-38 Fa. SPIETH: SPIETH Druckhülsen (SN 01.02, SN 01.05.) 18.3-39 Fa. STAR: Toleranzringe 18.3-40 Fa. RINGSPANN: Stern- und Spannscheiben (Heft Nr. 30) 18.3-41 Fa. RINGSPANN: Konus-Spannelemente (Heft Nr. 31) 18.3-42 SKF Kugellagerfabriken (1977) Druckölverband, Schweinfurt 18.3-43 Firmenschrift Fa. Ringfeder: Welle-Nabe-Verbindungen 18.3-44 Firmenschriften der Fa. SULZER FRIOTHHERM AG (Winterthur/ Schweiz) 18.3-45 Firmenschriften der Fa. POLYGONA Präzisionsmeßtechnik AG (Jona/ Schweiz) 18.3-46 Romanos G. Beanspruchungsgerechte Gestaltung geklebter Welle-NabeVerbindungen. Bericht: Loctite, Research, Development & Engineering Group München
19 Dichtverbindungen
Dichtungen haben die Aufgabe, Räume mit unterschiedlichen Stoffen oder Betriebszuständen (Druck, Temperatur) voneinander zu trennen, Verluste von Flüssigkeiten, z.B. Schmierstoffen, zu verhindern sowie empfindliche Bereiche gegen Eindringen von Fremdstoffen zu schützen. Die Betriebssicherheit und Wirtschaftlichkeit von Maschinen und Anlagen hängt entscheidend von der Zuverlässigkeit dieser Dichtungen ab. Ein Versagen kann Menschenleben gefährden sowie erhebliche Reparatur- und Folgekosten nach sich ziehen 1. Das Funktionselement ,,Dichtverbindung“ umfaßt neben dem eigentlichen Dichtelement auch die Bauelemente, die gegeneinander abgedichtet werden sollen, ferner die Anpreßelemente. Außerdem muß bei der Auswahl und Dimensionierung der Dichtverbindung der Betriebsstoff selbst einbezogen werden, der am Austreten oder Eindringen gehindert werden soll. Schadensanalysen haben gezeigt, daß nur 10% der Schäden auf einem Versagen der Dichtelemente, jedoch 90% auf einem Versagen der Verbindung beruhen [19.3-8]; Montagefehler spielen hierbei eine besondere Rolle. Wegen der ganz verschiedenen Anforderungen, die an Dichtverbindungen in den Anwendungen des Maschinen- und Apparatebaues gestellt werden, gibt es keine einheitlichen physikalischen Grundlagen, kein einheitliches Lösungsprinzip. – Es ist daher zweckmäßig, zunächst eine Liste der für die betreffende Anwendung erforderlichen Funktionen aufzustellen und damit die Zahl der Lösungsvarianten einzuengen.
19.1 Zeichen und Einheiten A A1 b d d1 d2 dD dm
1
m2 m2 mm mm mm mm mm mm
Gleitfläche druckbelastete Fläche mittlere Berührbreite Durchmesser Wellendurchmesser Außendurchmesser mittlerer Durchmesser der Dichtung mittlerer Gleitflächendurchmesser
Der Absturz der Challenger-Rakete 1986 war zurückzuführen auf das Versagen eines riskanten Dichtsystems.
866 e FDV Fr h KDV k k0 kB l n P p pL pm Dp Q Ra Rz ε h l lL µ
19 Dichtverbindungen
m Exzentrizität N Dichtungskraft N Radialkraft m Spaltdicke = Radiendifferenz N/mm2 Formänderungswiderstand – Flächenverhältnis mm Dichtungskennwert für die Vorverformung mm Dichtungskennwert für Betriebsverhalten m Spaltlänge min–1 Wellendrehzahl W Verlustleistung N/m2 Druck 1 bar = 105 N/m2 = 0,1 MPa N/mm spezifische Radialkraft N/mm2 = 1 MPa mittlere Flächenpressung N/m2 Druckdifferenz m3/s Volumenstrom µm arithmetischer Mittenrauhwert µm gemittelte Rauhtiefe – relative Exzentrizität von Welle zu Bohrung N ◊ s/m2 dynamische Viskosität des Betriebsstoffs mg/(sm) spezifische Leckagerate – Schmierungskennwert – Reibungszahl
Werkstoffbezeichnungen: Bz Bronze Cr-Ni Chrom-Nickel FKM Fluor-Kautschuk GJL Gußeisen mit Lamellengraphit It Gummi-Asbest Ms Messing NBR Acrylnitril-Butadien-Kautschuk PA Polyamid PTFE Polytetrafluorethylen (Teflon) SiC-Si Keramik St Stahl
19.2 Anforderungen/Funktionen Zunächst ist sorgfältig zu prüfen, welche Funktionen die Dichtverbindung erfüllen soll und welche Randbedingungen zu beachten sind. – Schutzfunktion: Schutzdichtungen sollen funktionsverschiedene Räume gegeneinander abdichten, zwischen denen keine oder nur eine kleine Druckdifferenz besteht (z.B. bedingt durch einen Ölstand oberhalb Wellenunterkante). Beispielsweise soll die Schutzdichtung ein Lager gegen den Verlust von Schmierstoff schützen, und/oder die Umgebung gegen Verschmutzen durch das austretende Öl; oder aber die Dichtung soll das Lager gegen
19.2 Anforderungen/Funktionen
867
Eindringen von Fremdstoffen (Staub, Abrieb, Feuchtluft, Spritz- oder Kühlwasser) schützen (bei Ölnebelschmierung dürfen Lager nicht vollständig abgedichtet sein; hier empfiehlt sich daher eine berührungsfreie Dichtung). Entsprechend sind Schutzdichtungen Einweg- oder Zweiwegdichtungen (gegen Ein- oder/und Austritt). – Gegen Überdruck abdichten. Druckdichtungen sollen Räume unterschiedlichen Drucks, sowie evtl. unterschiedlicher Stoffe und Temperatur gegeneinander abdichten. Hierzu ist ein Anpreßdruck zwischen den Dichtflächen erforderlich, der größer als der Innendruck ist; dieses Grundgesetz gilt sowohl für statische als auch dynamische Dichtungen. – Statisch abdichten zwischen Elementen ohne Relativbewegung (z.B. zwischen den Flanschen zweier Rohrleitungen) oder dynamisch abdichten bei Relativbewegung (z.B. zwischen rotierender Welle oder längsbeweglicher Schubstange und stillstehendem Gehäuse). – Dichtheit; dazu ist zu klären: Wie gefährlich sind Undichtheiten? Können die zu schützenden Maschinenteile oder die Dichtelemente selbst durch aus- oder eintretende Stoffe, z.B. durch Korrosion oder Erosion, beschädigt werden? Besteht Gefahr für Menschen oder Umwelt, z.B. durch giftige Betriebsstoffe? Vollkommene Dichtheit ist oft nicht erforderlich und würde einen unnötigen Aufwand erfordern, z.B. wenn geringe Leckverluste nicht stören und Undichtheiten leicht zu beheben sind. Mitunter sind sie auch erwünscht; so sollen Stopfbuchspackungen auf eine Mindestleckrate eingestellt werden, gleichmäßig ,,tropfen“, da andernfalls eine zu große Pressung erforderlich wäre, mit der Folge hoher Reibungsverluste und unzureichender Schmierwirkung. Dies gilt im Prinzip auch für viele dynamische Dichtungen. Bei Gas- und Dampfturbinen sind Leckagen unbedenklich, so lange der Wirkungsgrad nicht deutlich beeinträchtigt wird. Dagegen sind Leckagen von Pumpen und Verdichtern in der chemischen Industrie oft nicht zulässig. – Nach [19.3-3] beträgt die zulässige Undichtheit (Leckstrom pro Zeiteinheit und Einheit der Dichtungslänge) für ,,Normaldichtungen“ für Gas ca. 10 ... 100 µg/(s · m), für Flüssigkeiten ca. 0,1 ... 1 mg/(s · m), bei hohen Anforderungen (Hochvakuum-Reaktor-Technik): 10–3 ... 10–5 µg/(s · m). – Vollkommene Dichtheit erreicht man durch stoffschlüssige (statische) bzw. hermetische (dynamische) Dichtungen. – Betriebsstoff und dessen Zustand (Temperatur und Druck), gegen den abgedichtet werden soll (Gas, Flüssigkeit, Schmutz, Staub). – Ist er giftig, aggressiv für Maschinenteile und Dichtungswerkstoff? Welchen Einfluß hat der Dichtungswerkstoff auf den Betriebsstoff? – Lösbarkeit. Möglichst sollte man unlösbare (kostengünstige) Dichtverbindungen wählen. – Wenn die Verbindung selten gelöst werden muß, z.B. bei Verlegung von Rohrleitungen, sind beschränkt lösbare Verbindungen i. allg. ausreichend (dabei muß ein Teil der Verbindung zerstört werden). Für lösbare Verbindungen sollten wiederverwendbare, vorwiegend elastische Dichtelemente eingesetzt werden, es sollte möglichst keine Nacharbeit an den Sitzen erforderlich sein.
868
19 Dichtverbindungen
– Reibungsverluste, Verschleiß an Dichtelementen sind mitunter ein entscheidendes Auswahlkriterium; Schmierung, Kühlung sind in Betracht zu ziehen, evtl. berührungsfreie Dichtungen zu wählen. – Man beachte: Dichtungen können keine Führungsfunktion (Zentrierung) übernehmen. – Definitionen: Eine ,,unlösbare“ Verbindung kann nur durch Zerstören von Teilen der Bauelemente aufgetrennt und nicht durch einfache Nacharbeit wieder brauchbar gemacht werden. Eine ,,bedingt lösbare“ Verbindung kann durch Ersatz von Dichtelementen und/oder einfache Nacharbeit der Verbindungsstelle wieder funktionsfähig gemacht werden. Eine ,,lösbare“ Verbindung kann mit einfachen Mitteln gelöst und ggf. nach Einfügen neuer Dichtelemente ohne Nacharbeit wieder hergestellt werden.
19.3 Lösungsmöglichkeiten von Dichtungsproblemen unterschiedlicher Schwierigkeit Wegen der erwähnten Vielfalt der Anforderungen und Lösungsmöglichkeiten wird dem Konstrukteur nachstehend eine – entsprechend der jeweiligen Situation unterschiedliche – Vorgehensweise empfohlen. – Einfache Dichtungen, insbesondere Schutzdichtungen, kann der Konstrukteur mit den hier angebotenen Informationen selber auswählen und dimensionieren. Die benötigten Dichtelemente werden meist von Spezialfirmen bezogen (z.B. Flachdichtungen, O-Ringe, Radialdichtringe). Geeignete Typen, Größen, Werkstoffe, usw. wählt man i.allg. nach Herstellerkatalogen aus und schreibt die Einbaubedingungen, Bauraum, Bearbeitung, usw. der Dichtflächen vor. – Für komplizierte Dichtprobleme (hohe Drücke, Temperaturen, Drehzahlen, besondere Betriebsstoffe und Anforderungen an die Dichtheit) werden nachstehend Hinweise zur Auswahl und Gestaltung geeigneter Dichtsysteme geboten sowie Hinweise auf Spezialliteratur. Dies gilt beispielsweise für Gleitringdichtungen und Hydraulikdichtungen. Auf der Basis der hiernach erarbeiteten Vorstellungen sollten dann Empfehlungen der Dichtungshersteller eingeholt werden. – Zu Dichtungsproblemen in speziellen Anwendungsgebieten (Gas- und Dampfturbinen, Verdichtern, Pneumatik) und bei extremen Anforderungen (extreme Temperaturen, Drücke, aggressive Medien, ... .) beschränken wir uns auf eine Darstellung der Lösungsmöglichkeiten und Besonderheiten und verweisen auf die Spezialliteratur. – In kritischen Fällen, insbesondere bei Neuentwicklungen, können oft auch die Dichtungshersteller nur Vorschläge für Versuchsmuster bieten, die unter Betriebsbedingungen erprobt werden müssen. – Dichtungen in Verbindung mit bestimmten Maschinenelementen werden in den betr. Kapiteln behandelt: Wälzlager s. Kap. 14, Zahnradgetriebe s. Kap. 22 [19.3-5].
19.4 Statische Dichtverbindungen
869
19.4 Statische Dichtverbindungen Hierzu gehören neben Flansch-, Teilfugen- und Zylinderkopfdichtungen auch Faltenbälge und Membranen, die zwar rotierende und hin- und hergehende Maschinenteile schützen bzw. abdichten sollen, selber aber keine Relativbewegung zu den Maschinenteilen ausführen. Übersicht s. Abb. 19.1., [19.3-8]. 19.4.1 Stoffschlüssige statische Dichtungen
Dies sind Druckdichtungen entspr. Abschn. 19.2, mit denen vollständige Dichtheit erzeugt werden kann. Alle Verbindungen sind ,,bedingt“ lösbar, allerdings z.T. nur durch Zerstören des Stoffschlusses. – Kunststoffe eignen sich zum Abdichten von Rohrflanschen, Deckeln, u.ä. Die viskosen Dichtmassen können aufvulkanisiert oder aufgegossen werden. Zum Fügen genügt ein geringer Anpreßdruck, um Rauheiten und Formabweichungen der Dichtflächen auszufüllen. Wesentlich für die Dichtwirkung ist eine saubere, fett- und ölfreie Oberfläche. – Es stehen Dichtstoffe zur Verfügung, die gegen viele Flüssigkeiten und Gase beständig sowie ungiftig und unbrennbar sind. – Die Verbindungen sind ,,beschränkt lösbar“, allerdings müssen die Dichtflächen nach der Demontage gründlich vom alten Dichtstoff gesäubert werden. – Dünnflüssige Kunststofflacke haben sich zum Abdichten der Teilflächen von Gehäusen bewährt; sie werden mit Dosierwerkzeugen aufgetragen und füllen nur die Rauheitstäler aus, verursachen also keine Maßänderungen. Die Fügeteile werden unmittelbar nach Auftrag gefügt (Naßverbau). – Dickere, ausgleichfähige Schichten (z.B. für Flanschverbindungen) erzielt man durch Trockenverbau. Der aufgetragene Dichtstoff vernetzt, die Verbindung wird als Verbund montiert. – Dichte Schweißverbindung ist ein bewährtes Verfahren für die Verbindung von Rohren und Armaturen in Hochdruckleitungen, auch bei hohen Temperaturen und Temperaturänderungen. Die ursprünglichen Dichtflächen dienen nur zum Durchleiten der Druckkraft; die Abdichtung übernimmt die Schweißnaht. Abbildung 19.2 zeigt eine Reihe von Ausführungen. Vorzuziehen sind Dichtungen mit außenliegenden, einwandfrei herstellbaren Schweißnähten wie nach Abb. 19.2a, c, e; innen liegende Nähte, 19.2b, d sind im Betrieb nicht mehr zu kontrollieren. Die dargestellten Verbindungen sind wiederholt lösbar; man trennt dazu die außenliegende Schweißnaht, die auch daher gut zugänglich sein muß. – Ausführung s. Kap. 7. Die Schweißnaht hat nur eine Dichtfunktion; die Verbindungskräfte werden durch die Flanschschrauben übertragen. Andere Betriebszustände sind nicht zulässig. – Dichte Lötverbindung eignet sich für Betrieb bei niedrigen Temperaturen. Sie ist bedingt lösbar durch Aufschmelzen des Lotes. – Ausführung s. Kap. 8.
Gase (Luft), Dämpfe, flüssige Medien (Öl, Wasser) und Fette
+ 500 °C
nein
Rz = 50 – 100 µm
niedriger Formänderungswiderstand bedingt geringe Anpreßkräfte; grobbearbeitete Dichtflächen ergeben auf Grund örtlich stark gepreßter Zonen bessere Abdichtung als feinbearbeitete Flächen; mit It-Dichtungen ist auch Abdichtung gegen Säuren und andere chemisch aggressive Medien möglich
Flanschverbindungen im Rohrleitungs- u. Apparatebau
Temperaturen
Wiederverwendbarkeit nach einmaligem Lösen
Bearbeitung der zu dichtenden Oberfläche
Anmerkungen
Anwendungsbeispiele
Abb. 19.1. Übersicht über gebräuchliche statische Dichtungen
bei Deckeln, die ledigZylinderkopfabdichtung lich Dichtfunktion haben von Verbrennungsmotoren
erhöhte Festigkeit und Haltbarkeit gegenüber Weichstoffdichtungen; höhere Druck- und Temperaturbeständigkeit
Rz = 12,5 – 50 µm
Abdichtung der Ölablaßschraube
hoher Formänderungswiderstand Æ hohe Anpreßkräfte
Rz = 3,2 – 25 µm
sehr unterschiedlich, je nach Legierung
Al, Cu, Weicheisen, Ms
Abzudichtende Betriebsstoffe
Al, Cu, Ms, weicher Stahl in Verbindung mit It, Gummi, PTFE
It (Gummi-Asbest), Gummi, Teflon
leicht profilierte MetallFlachdichtung
Hartdichtung
Werkstoff
blechummantelte oder blechverstärkte Flachdichtung
Mehrstoffdichtung (= Metall-Weichstoffdichtung)
It – oder Gummidichtung
Weichstoffdichtung
Flachdichtungen
Beispiel
Bezeichnung
Gehäuseteilfugen von Getrieben
Gehäuseteilfugen von Getrieben (Lacke); Dichten von Schraubengewinden (Lacke); Gehäusedeckel von Zahnradpumpen (Kitte)
gute Dichtwirkung bei konstruktiv einfacher Gestaltung der Dichtverbindung; kostengünstig, da Fertigung und Lagerhaltung verschieden geformter Dichtungen entfällt. Dichtfugen, bei denen Montage bzw. Demontage nur selten vorkommt; Kitte und Lacke eignen sich am besten für dichtanliegende und verwindungssteife Flansche; Bei weniger stabilen Bauteilen, die durch Verformung kleine Spalte aufweisen (z. B. Blechdeckel), ist Leckage möglich.
Rz = 8 – 40 µm
Rz 4 µm Schleifsitzdichtungen kommen selten zur Anwendung, da eine vollständige Dichtheit nicht garantiert werden kann. Vorteile: oftmaliges und leichtes Lösen der Verbindung möglich; geringer Montageaufwand, keine Verunreinigung des Betriebsmittels durch Dichtungsteile Nachteile: sehr sorgfältige Bearbeitung der Dichtflächen notwendig
nein
– 50 °C bis + 300 °C
flüssige oder pastöse lösungsmittelfreie Kunststoffe
Kitte und Lacke
ja
das abzudichtende Teil selber
aufgeschliffene Paßflächen dienen als Dichtflächen
Schleifsitzdichtung
Gehäusedeckel Im Getriebebau
die genormten O-Ringe (DIN 3770) sind ein einfaches, preisgünstiges und weit verbreitetes Dichtelement; geeignet für hohe Drucke bis 500 bar; verschiedene Einbauvarianten möglich
RZ ≤ 25 µm
ja, falls zulässige elastische Verformung nicht überschritten
– 10 °C bis + 150 °C
Elastomere vorwiegend auf NitrilButadien-KautschukBasis
O-Ring oder Runddichtring DIN 3770
Profildichtung
870 19 Dichtverbindungen
19.4 Statische Dichtverbindungen
871
Abb. 19.2a–e. Schweißnahtdichtungen [19.3-3], a Geschlitzte Membrandichtung, b Membrandichtung mit Hohllippen, c Ringdichtung (Hülsring), d Balgdichtung (BASF), e Schweißringdichtung mit eindeutiger Beanspruchung (ähnlich Hülsring) für Austenit-Ferrit-Verbindung (Kein überhöhter Druck (p* > p) möglich; k Druckausgleichkanal; günstig beanspruchte, wenig kerbempfindliche Schweißnaht am Rohrquerschnitt)
19.4.2 Kraftschlüssige statische Dichtungen
Dies sind lösbare Berührungsdichtungen, Druckdichtungen nach Abschn. 19.2. Zum Abdichten ist eine sog. Dichtpressung erforderlich, die durch äußere Kräfte, Schraubenkräfte oder aber durch den Betriebsdruck selbst erzeugt werden muß. – Abdichten ohne Dichtelemente: Um Dichtheit zu erreichen, werden die metallischen Dichtflächen geschliffen (nach Abb. 19.1: „Schleifsitzdichtung“); sie müssen hohe Formgenauigkeit und geringe Rauhigkeit aufweisen und sich dadurch exakt anpassen lassen. Ferner sind hohe Flächenpressungen erforderlich,um verbliebene Unebenheiten durch plastische Verformung auszugleichen. Dazu sind viele Schrauben mit engen Abständen vorzusehen; günstig sind kleine Dichtflächen (Dichtleisten), insbesondere, wenn sie ballig ausgeführt werden (Linienberührung vor dem Verspannen). Anwendungsgebiete sind Flanschverbindungen von Rohrleitungen bei hohen Drücken und Temperaturen (Dichtelemente würden geschädigt!) und Gehäuse-Teilfugen (exakte Zuordnung der Gehäuseteile, z.B. durch Paßstifte). – Zulässige Flächenpressungen: Anhaltswerte für Ventilsitze aus GJL: 8 N/mm2, Bz: 25 N/mm2, nichtrostender Stahl: 50 N/mm2. – Walzverbindung, Beispiel s. Abb. 19.3. Das Rohr wird in die Flanschbohrung eingewalzt, es entsteht ein Querpreßsitz. Durch Rillen in der
Abb. 19.3. Walzverbindung [19.3-3]
872
19 Dichtverbindungen
Bohrung erzielt man auch bei höheren Temperaturen einen festen Sitz. Vollständige Abdichtung erreicht man allerdings nur durch eine zusätzliche Schweißnaht. Dies ist eine nicht lösbare Verbindung, angewendet im Apparatebau bei Drücken bis 100 bar und niedrigen Temperaturen. 19.4.2.1 Flachdichtungen
Dies sind die meist verwendeten statischen Dichtungen (Druckdichtungen nach Abschn. 19.2) im Maschinen-, Apparate- und Motorenbau. Sie werden benutzt zur Abdichtung ebener Flächen von Flanschen oder Deckeln. Hinweise für die Wahl des Dichtungswerkstoffs s. [19.1-1], [19.1-5]. Man unterscheidet: – Abdichten im Haupt- oder Nebenschluß: Abbildung 19.4 zeigt Konzept und Funktion beider Einbauarten. Bei der Ausführung mit Hauptschluß hat das Dichtelement zwei Funktionen zu erfüllen: ,,Rohrkräfte übertragen“ und ,,Flansche abdichten“. Die Anpreßkraft kann den Erfordernissen der Dichtheit angepaßt werden (evtl. kann man nachspannen). Die Flanschdicken müssen nicht eng toleriert werden. Bei der Ausführung mit Nebenschluß hat das Dichtelement lediglich die Abdichtfunktion zu erfüllen, die von den Rohrkräften nicht beeinflußt wird. Wichtig ist dabei, daß die Dicken der Flachdichtung und des zugeordneten Flanschrings nach dem maximalen Druck im Rohr ausgelegt und eng toleriert werden. Man erreicht damit – und für manche Anwendungen ist das wichtig –, daß das Maß über die Flanschdicken – praktisch unabhängig von den Anpreßkräften – eindeutig festliegt. – Weichstoffdichtungen: Heute weitgehend aus Gummi oder thermoplastischen Kunststoffen, z.T. in Mischung mit anderen Werkstoffen. Bei der Anwendung sind zu beachten: Temperaturgrenze, unterschiedliche An-
Abb. 19.4a, b. Abdichten im Haupt- und Nebenschluß [19.3-2], a Hauptschluß, b Nebenschluß
19.4 Statische Dichtverbindungen
873
außen offen (einteilig)
Weichstoff weicht nach außen aus
innen offen (einteilig)
Weichstoff weicht nach innen aus
außen offen (zweiteilig)
für breite Flansche, große Anpreßkräfte, dehnfähig
innen offen (zweiteilig) außen offen (dreitelig)
sehr dehnfähig
mit ovalem Querschnitt und offenem Stoß
für kleinere Anpreßkräfte und Ausgleich von Schiefstellungen
mit ovalem Querschnitt und überlapptem Stoß
Abb. 19.5. Metallummantelte Weichstoffringe [19.3-3]
passungsfähigkeit (u.U. hoher Anpreßdruck erforderlich), Kriechen (Nachziehmöglichkeit vorsehen!). Die steiferen und damit weniger anpassungsfähigen sog. It-Dichtungen (Gummi-Asbest-Flachdichtungen), die sich für Temperaturen bis 500°C und Pressungen bis 300 bar eignen, erfordern eine Oberflächenqualität der Dichtflächen entspr. den Werten der genormten Flansche. – Mehrstoffdichtungen sind ganz oder teilweise metallummantelte Weichstoffdichtungen. Sie weisen dadurch eine höhere Festigkeit auf, sind chemisch beständig und gasdicht. – Besonders bewährt haben sich Dichtelemente mit hartem, formsteifem Kern und weicher, plastisch verformbarer Oberflächenschicht, die sich Unebenheiten der Dichtflächen anpassen. Ausführungsbeispiele s. Abb. 19.5. – Hartstoffdichtungen (aus Blei, Aluminium, Kupfer; je nach Art des Betriebsstoffs) sind geeignet für hohe Temperaturen und Drücke; sie werden wegen der erforderlichen hohen Dichtkräfte selten als Flachdichtungen ausgeführt; besser geeignet sind Profilringe. 19.4.2.2 Profildichtungen
Dies sind Scheiben oder Ringe, die unbelastet nicht über die ganze Breite, z.T. mit Linienberührung tragen. Unter Dichtpressung verbreitert sich der Kontakt, aus der Linien- wird eine Flächenberührung. Für die Erzeugung der erforderlichen Flächenpressung benötigt man kleinere Anpreßkräfte, Formungenauigkeiten der Dichtflächen werden eher ausgeglichen als bei Flachdichtungen.
874
19 Dichtverbindungen
Abb. 19.6a–f. Statische O-Ring-Dichtungen; Gestaltung und Einbaubeispiele; (Zeichen: d1 Innendurchmesser, d2 Ringdicke, B Nutbreite, T Nuttiefe, p Druckrichtung) [19.3-6], a Unverformt, vor dem Einbau, b Wirkungsweise, c Abdichtung von stillstehenden Bolzen, d Deckelabdichtung in Hydraulikzylindern, e Flansch- und Deckelabdichtung, f Deckelabdichtung mit O-Ring-Einbau in Dreiecksnut
a) Elastomer-Profildichtungen: O-Ringe Von besonderer Bedeutung für den Maschinen- und Apparatebau sind diese kostengünstigen, genormten Profildichtungen mit Kreisquerschnitt: Rundschnurringe, in geschlossener Form, mit eingeengten Toleranzen als O-Ringe 2 bezeichnet, Abb. 19.6, Abb. 19.11. Sie werden häufig automatisch montiert. – Man benutzt sie zur Abdichtung von Flanschen, Deckeln, Bolzen, Schraubverbindungen usw. bei Drücken bis zu 1000 bar. Die Dichtwirkung des O-Rings beruht auf axialer oder radialer Verformung seines Querschnitts im eingebauten Zustand; der Einbauraum wird entsprechend bemessen. Die daraus resultierende Reaktionskraft ergibt die für die Abdichtung erforderliche Anpreßkraft; sie wird durch axiale Anpressung, bedingt durch den Druck p des Betriebsstoffs zusätzlich unterstützt, Abb. 19.6b, es handelt sich hier um eine ,,selbsthelfende Lösung“. – O-Ringe werden bevorzugt in Rechtecknuten (maßgenaue Herstellung leichter sicherzustellen), aber auch in Dreiecksräume (s.u.) eingebaut. Je nach Anwendungsfall wird der Querschnitt des O-Rings dabei radial oder axial verformt. Zur Abdichtung von Bolzen und Deckeln mit Zentrieransatz werden ORinge wie in Abb. 19.6c dargestellt eingebaut und dabei radial verformt. – Bei Deckelabdichtungen in Hydraulikzylindern bevorzugt man einen Einbau gemäß Abb. 19.6d, damit sich der Spalt beim elastischen Aufweiten der Rohre unter Druckbelastung auf der druckabgewandten Seite nicht 2
Scherz von US-Bohrinselbesatzungen: „O-rings and engineers are the downfall of the oil rigs“.
19.4 Statische Dichtverbindungen
875
vergrößert. – Bei Flansch- und Deckelabdichtungen wird der Querschnitt des O-Rings axial verformt,Abb. 19.6e; für die radiale Anlage beim Einbau ist die Druckrichtung zu beachten. Aufnahmeräume mit Dreiecksform, Abb. 19.6f, werden teilweise bei verschraubten Flanschen und Deckeln angewendet. Die Herstellung ist zwar einfach, die Dichtfunktion erfordert jedoch enge Maßtoleranzen. Daher sind Rechtecknuten vorzuziehen [19.3-6]. – Ganz wichtig ist eine sorgfältige Montage, um Beschädigungen der O-Ringe zu vermeiden; s. Einführkonus 15° Abb. 19.6d, f. Beispiele aus dem Getriebebau s. Abschn. 22.2.7 [19.3-5]. b) Hartstoff-Profildichtungen Sie eignen sich zur Abdichtung von Flanschen und Deckeln bei höchsten Drücken und Temperaturen: Dichtringe aus Blei, Kupfer, Aluminium oder auch Stahl (je nach Betriebsbedingungen). Konzentrische Dichtringe werden – meist durch Schrauben – in die gegenüberliegenden Flanschflächen eingepreßt (lösbare Verbindung für Höchstdruckturbinen, Dampftemperaturen bis 650°C). Beispiele s. Abb. 19.9, Metalldichtungen. 19.4.3 Membranen
Membranen sind Druckdichtungen entspr. Abschn. 19.2. Senkrecht zu ihrer Ebene verformbare Platten aus Gummi oder weichem Kunststoff ermöglichen vollkommene Dichtheiten zur Trennung unterschiedlicher Betriebsstoffe: Metall-Membranen eignen sich für hohe Druckdifferenzen, jedoch nur für kleine Hübe. Elastomer-Membranen sind weicher und nachgiebiger; für kleine Hübe werden sie als Flachmembranen ausgeführt, für große Hübe als Well-, Topf- oder Rollmembrane, Abb. 19.7. Anwendungen sind Druckschalter, kurzhubige Pumpen, Stell-, Regel- und Anzeigegeräte,Armaturen, Druckausgleichsgefäße u.ä., s.auch Abschn. 19.5.5. 19.4.4 Faltenbälge
Faltenbälge sind stark verformbare Schutzhüllen (Schutzdichtungen nach Abschn. 19.2), wirken wie hintereinandergeschaltete Membranen für axi-
Abb. 19.7a–c. Membrandichtungen [19.3-2], schematischer Einbau: a Flachmembran, b Topf- und gewellte Membran, c Rollmembran
876
19 Dichtverbindungen Abb. 19.8. Ventil mit Spindelabdichtung durch Metallfaltenbalg (nach: MetallschlauchFabrik, Pforzheim)
albewegliche Schubstangen und (beugefähige) Gelenke zum Schutz gegen Schmutz, Spritzwasser und gegen Austritt von Schmierstoff. – Metall-Faltenbälge (Wellrohre, Beispiel: Abb. 19.8) können korrosionsfest für hohe Temperaturen ausgelegt werden, in Standardausführung bis ca. 1 MPa Außendruck, in Sonderausführung bis 70 MPa, z.B. zum Ausgleich von Längsdehnungen in Rohrleitungen. – PTFE-Kunststoff-Faltenbälge zeichnen sich durch besondere chemische Beständigkeit aus, eignen sich normal für Außendrücke bis 0,1 MPa bei maximal 200°C, als Sonderausführung bis 0,5 MPa, s.auch Abschn. 19.5.5. 19.4.5 Berechnung der Anpreßkraft von Flanschdichtungen nach DIN 2505
Die Größe der zum Vorverformen erforderlichen Dichtungskraft FDV richtet sich nach Form,Abmessungen und Werkstoff der Dichtung sowie nach der Beschaffenheit der Auflageflächen. Sie ist unabhängig vom Innendruck p und kann wie folgt angesetzt werden: FDV = p ◊ dD ◊ k0 ◊ KDV ,
(19.1)
mit dD mittlerer Dichtungsdurchmesser; der Dichtungskennwert k0 kann aufgefaßt werden als die in die Berechnung einzusetzende Wirkbreite der Dichtung. Anhaltswerte, die aus Versuchen und unter Berücksichtigung praktischer Erfahrungen ermittelt wurden, zeigt Abb. 19.9. Die k0-Werte sind hier nur für Metalldichtungen aufgeführt; für Weichstoffdichtungen und Metallweichstoffdichtungen ist das Produkt k0 ◊ KDV maßgebend. KDV ist der Formänderungswiderstand des Dichtungswerkstoffs bei Raumtemperatur. Anhaltswerte für KDV metallischer Werkstoffe s. Abb. 19.10.
Dichtungsart
Weichstoffdichtungen
Dichtungsform
19.4 Statische Dichtverbindungen 1) Dichtungskennwerte Vorverformen2) Betriebszustand k0 k0 · KDV kB mm N/mm mm
Benennung
Werkstoff
Flachdichtungen nach DIN 2690 bis DIN 2692
Gummi
–
Teflon It
2 bD
0,5 bD
–
25 bD
1,1 bD
–
3)
200 MetallWeichstoffdichtungen
–
50 bD
1,3 bD
Welldichtring
Al
–
30 bD
0,6 bD
Cu, Ms
–
35 bD
0,7 bD
weicher Stahl –
45 bD
1 bD
Al
–
50 bD
1,4 bD
Cu, Ms
–
60 bD
1,6 bD
weicher Stahl –
70 bD
1,8 bD
Metall-Flachdichtung nach DIN 2694
–
bD
–
bD + 5
MetallSpießkantdichtung
–
1
–
5
MetallOvalprofildichtung
–
2
–
6
Metall-Runddichtung
–
1,5
–
6
Ring-JointDichtung
–
2
–
6
Linsen– dichtung nach DIN 2696
2
–
6
Kammprofil– dichtung nach DIN 2697
0,5 Z
–
9 + 0,2 ◊ Z
MembranStahl dichtung nach DIN 2695
0
–
0
PreßsitzDichtring
1)
bD · (0,5 + 5/d0 bD · hD )
Spiral-Asbest- unlegierter dichtung Stahl
Blechummantelte Dichtung
Metalldichtungen
bD hD
Stahl
Sie gelten für bearbeitete, ebene und unbeschädigte Dichtflächen. aufgeführt. 3) Gasdichte Qualität vorausgesetzt.
Abb. 19.9. Dichtungskennwerte nach DIN 2505
877
2)
Sofern KDV nicht angegeben werden kann, ist hier das Produkt k0 · KDV
878
19 Dichtverbindungen
Dichtungs-Werkstoff
KDV [N/mm2]
Aluminium (weich)
100
Kupfer
200
Weicheisen
350
Stahl St 35
400
Legierter Stahl 13 CrMo 4 4
500
Austenitischer Stahl
500
Abb. 19.10. Formänderungswiderstand KDV metallischer Werkstoffe bei Raumtemperatur nach DIN 2505
19.5 Dynamische Dichtverbindungen Wegen der Relativbewegung zwischen den bewegten Dichtflächen sind Leckkanäle, die durch plastische Verformung dieser Flächen geschlossen werden könnten, nicht zu vermeiden. Eine Ausnahme – mit begrenzter Anwendung – bilden die Membrandichtungen, die vollständige Dichtheit ermöglichen, Abschn. 19.5.5. Es verbleiben folgende Lösungsmöglichkeiten: – Berührungsfreie Dichtung mit definiertem, engem Dichtspalt; die Dichtwirkung beruht auf dessen Drosselwiderstand; – berührungsfreie Dichtung mit hydrodynamischem Schmierfilm; die Dichtflächen sind durch einen kaum definierbaren Spalt getrennt, der mit Flüssigkeit gefüllt ist; – Berührungsdichtung: Die Dichtflächen werden gegeneinander gedrückt; es verbleibt ein enger, aber undefinierter Spalt. 19.5.1 Dynamische Berührungsdichtungen für Längsbewegungen
Häufig sind den Längsbewegungen Drehbewegungen überlagert; dies ist bei der Auswahl zu beachten. 19.5.1.1 Elastomerdichtungen
Die elastischen Dichtelemente werden für den drucklosen Zustand mit einer Voranpressung eingebaut, z.T. verstärkt durch zusätzliche Federn. Durch den Betriebsdruck wird die Dichtkraft verstärkt. – Ausführungsformen und Anwendungsgebiete s. Abb. 19.11. In der Hydraulik werden für Elastomer-Stangendichtungen fast nur die stumpflippigen, kompakten Nutringe verwendet. – Hinweise: In der Flug-
19.5 Dynamische Dichtverbindungen Systembild/Einbaubeispiel
Bezeichnung
Verwendung und Hinweise
O-Ring
Kolben und Stangen in der Hydraulik und Pneumatik; geringe Anforderungen an Druckbelastung und Dichtheit, nur bei gleichzeitiger Drehbewegung
Nutring a Normalform b mit Stützring (außen dichtend) c mit Gewebearmierung und Stützring (innen dichtend) d Einbaubeispiel
Sehr weit verbreitet in der Hydraulik zur Kolben- und Stangenabdichtung bis 2 m/s Gleitgeschwindigkeit bei mittleren bis hohen Drücken (bis 400 bar bei Ausführung c); axiales Spiel bei Einbau bis zu 0,3 mm
Formdichtungen a X-Ring b I-Ring c K-Ring d Z-Ring
Pneumatikdichtungen, die gegen Maßtoleranzen der Dichtung und des Einbauraums wenig empfindlich sind
879
d
Abb. 19.11. Elastomer-Formdichtungen für Längsbewegungen [19.3-1], [19.3-2]
zeughydraulik benutzt man – wegen des günstigen Reibungsverhaltens – für Stangendichtungen auch die teuren, diffizileren PTFE-Elemente [19.3-1]. – O-Ringe und andere Elastomerdichtringe mit symmetrischem Querschnitt sind als Stangendichtungen bei alleiniger Längsbewegung in hydraulischen Geräten nicht geeignet [19.3-1], wohl aber bei gleichzeitiger Drehbewegung. Bei Hydraulikzylindern wirkt die Flüssigkeit als Schmierstoff für die Dichtungen. Bei Pneumatikzylindern muß der Schmierstoff gesondert und möglichst nur auf die Dichtflächen aufgebracht werden; wichtig ist dabei, daß die Druckluft dadurch nicht verschmutzt wird. Auch für die Pneumatik-Abdichtungen haben sich O-Ringe bei reiner Längsbewegung nicht bewährt (Reibung, Verdrillen), wohl aber die – ebenfalls klein bauenden – X-Ringe, die ein Schmierstoffdepot aufnehmen können, sowie die radial besonders dehnfähigen I-, K- und Z-Ringe, Abb. 19.11.
880
19 Dichtverbindungen
Manschettendichtungen und Lippenringe (Abschn. 19.5.1.3) sind ebenfalls Elastomerdichtungen. 19.5.1.2 Stopfbuchsen für Längs- und Drehbewegungen 3
Dies sind einfache, leicht zu wartende und billige Berührungsdichtungen. Als Dichtelemente dienen Packungsringe, meist mit quadratischem Querschnitt, die in die Packungskammer des Gehäuses eingelegt werden. Die Dichtpressung und die notwendige Nachstellbewegung infolge von Setzen und thermischer Dehnung der Packung wird durch axiales Anziehen der Stopfbuchsenbrille erzeugt. Durch eine mit Tellerfedern vorgespannte Stopfbuchse (Abb. 19.12a) wird die Dichtung wartungsfrei. In vielen Fällen wird ein sog. Laternenring (Abb. 19.12b) zwischengeschaltet, um entweder Leckmengen abzusaugen oder Sperrflüssigkeit zum Dichten und Schmieren einzuspeisen, die dann aus dem Eintrittsspalt ausströmt. – Je nach der Funktion verwendet man Packungen aus unterschiedlichen Werkstoffen: Weichstoffpackungen bestehen vorwiegend aus organischen Fasern, d.h. Baumwolle, Jute, Hanf usw.; bei höheren Temperaturen werden Garne aus PTFE und aromatischen Polyamiden (bis 300°C, als Ersatz für Asbest) bzw. aus expandiertem Reingraphit gepreßte Ringe (bis ca. 500°C) ver-
Abb. 19.12 a–c. Reibungsarme kurze Stopfbuchspackungen für Kreiselpumpen, a federvorgespannte Stopfbuchse mit zwei Packungsringen [19.3-1], b ,,Ein-Ring-Packung“ mit separater Leckageabführung [19.3-1], c verschiedene Geflechtpackungen 3
Stopfbuchsen zur Abdichtung von rotierenden Wellen werden zunehmend durch andere Dichtungen mit geringeren Leckverlusten, höherer Betriebssicherheit und Lebensdauer ersetzt, bei Wasserarmaturen durch O-Ringe, bei Kreiselpumpen durch Gleitringdichtungen.
19.5 Dynamische Dichtverbindungen
881
wendet [19.3-1]. Beispiele s. Abb. 19.12c. – Die Packungen sind normalerweise mit Talg, Mineralfetten oder Öl usw. getränkt, um Reibung und Verschleiß zu mindern, sie vor chemischem Angriff zu schützen und die Dichtwirkung durch Verschließen der Hohlräume zu verbessern. Weichstoffpackungen eignen sich zum Abdichten von Armaturen, für Flüssigkeiten, Gase und Dämpfe bei hohen Temperaturen und Drücken bei kleinen Geschwindigkeiten. Feststoffpackungen: Man verwendet Ringe oder Ringhälften aus plastisch verformbaren Werkstoffen (Weißmetall, Bronze, Grauguß), in zunehmendem Maße auch aus Kunstkohle, Kunststoffen, insbes. PTFE und Sinterstoffen. Wichtig ist eine ausreichende Vorspannung und Schmierung durch die Packung selbst, den Betriebsstoff oder Zusatzschmierung. – Vorteile sind hohe Verschleißfestigkeit bei verminderter Querdehnung und damit seitlicher Beweglichkeit und Lebensdauer sowie konstante Reibung; diese Stopfbuchsen sind bei geeigneter Schmierung wartungsfrei, bei ausreichender Vorspannung selbsttätig nachstellend. Anwendungen: Pressen, Pumpen, Dampf- und Gasturbinen, bei Betriebszuständen mit hohen Temperaturen, Gleitgeschwindigkeiten (bis 50 m/s) und Drücken (bis 50 bar). – Metall-Hohlringe mit Schmierstoff (meist Grafit) oder Weichstoffüllung werden plastisch verformt und bilden eine steife Lagerung. Metall-Weichstoff-Packungen: Der Weichstoffkörper wird hierbei durch Metall- (meist Blei- oder Bronze-) Drähte oder -Lamellen verstärkt; dies ergibt Eigenschaften, die zwischen denen der Weich- und der Metallpackungen liegen. 19.5.1.3 Manschettendichtungen und Lippenringe
Dies sind selbsthelfende Dichtungen, d.h. der Betriebsdruck bestimmt im wesentlichen die Dichtkraft, die Vorspannkraft ist gering, Abb. 19.13. Sie eignen sich zum Abdichten von Stangen, Kolben (Längsbewegung), Achsen, Wellen (Drehbewegung) bei hohem Druck des Betriebsmittels. Bauarten: Hutmanschetten, Abb. 19.13a zum Abdichten gegen Drücke bis 40 bar; Topfmanschetten (Grundform der Radial-Wellendichtringe), Abb. 19.13b zum Abdichten von Kolben und Wellen bei langsamen Drehbewegungen. Beide Bauarten spielen – wegen unzureichender Abstreif- und Rückförderwirkung – nur noch eine untergeordnete Rolle. – Zum Abdichten von Kolben und Stangen (d.h. bei Längsbewegung) von Hydraulik- und Pneumatik-Zylindern werden zunehmend Nutringe aus Elastomeren und PTFE unterschiedlicher Bauart (Abb. 19.11) eingesetzt. Lippenringe (Abb. 19.13c) werden meist in Form von MehrfachPackungssätzen eingebaut, hauptsächlich im Schwermaschinenbau, für Pressen, u.ä. Unter axialem Druck verstärkt sich die Anpressung der Dichtkanten, die dadurch gegen Drücke bis ca. 500 bar abdichten können.
882
19 Dichtverbindungen
Abb. 19.13 a–c. Manschettendichtungen und Lippenringe [19.3-3], a Hutmanschetten, b Topfmanschette für eine Druckrichtung, in Kolben eingebaut, c Kompletter Lippenringsatz
19.5.2 Dynamische Berührungsdichtungen für Drehbewegungen – Wellendichtungen
Nach den Anforderungen sind entspr.Abschn. 19.2 Schutzdichtungen und Druckdichtungen zu unterscheiden. 19.5.2.1 Radial-Wellendichtringe – drucklos
Dies ist das meist verwendete Dichtelement für Schutzdichtungen, bei geeignetem Werkstoff einsetzbar bis zu beachtlichen Umfangsgeschwindigkeiten. – Bauformen: Aufbau und Wirkungsweise zeigt im Prinzip Abb. 19.14a. Die gebräuchlichsten Ausführungen sind in DIN 3760 genormt. Überwiegend verwendet man die Bauformen A und AS mit Metallstützglied und Elastomermantel am Außendurchmesser wegen des sicheren ,,Gummisitzes“ in der Bohrung, Abb. 19.14b, c. Form AS weist gegenüber A eine zusätzliche Schutzlippe gegen Eindringen von Schmutz auf. Eine Fettfüllung zwischen Dicht- und Schutzlippe kann Verschleiß und Korrosion mindern. – Werkstoffe: Übliche Werkstoffe nach [19.3-6]: NBR (Acrylnitril-ButadienKautschuk) und FKM (Fluor-Kautschuk). Eignung entsprechend der Um-
19.5 Dynamische Dichtverbindungen
883
Abb. 19.14. a Grundelemente des Radial-Wellendichtrings der Bauform B (stirnseitiger Winkel a = 40°... 50°, bodenseitiger Winkel b = 20°... 30°), b, c weitere Bauformen [19.3-1]
Abb. 19.15. Zulässige Umfangsgeschwindigkeiten für Radialwellendichtringe aus verschiedenen Werkstoffen bei Abdichtung gegen Motorenöl SAE 20 [19.3-6]; – zulässige Umfangsgeschwindigkeiten bei Fettabdichtung; FKM: Fluor-Kautschuk, NBR: Acrylnitril-Butadien-Kautschuk
fangsgeschwindigkeit s. Abb. 19.15. Ferner verwendet man je nach Betriebsbedingungen PTFE (Polytetrafluorethylen) und PA (Polyamid). – Funktionen: Durch Haft- und Kriechwirkung des abzudichtenden Mediums baut sich unter der Dichtlippe ein hydrodynamisch wirkender Schmierfilm auf. Man beachte: Trockenlauf führt zu schnellem Verschleißabtrag und ist keinesfalls zulässig. Durch spezielle Gestaltung der Dichtkante entsteht eine ,,Mikropumpwirkung“, die die abzudichtende
884
19 Dichtverbindungen
Flüssigkeit aus dem Dichtspalt zurückfördert [19.3-1]. Die Schutzlippe hält Staub, Wasser usw. von der Dichtstelle ab. – Die dünnwandige Membran nimmt die Belastung durch den Innendruck auf und leitet sie zur Verstärkung der Dichtwirkung auf die Lippe. Primär wird der radiale Dichtdruck durch das elastische Anpressen der Dichtlippe sowie durch die Kraft der eingelegten Wurmfeder erzeugt. – Beanspruchung und Reibung: Bei korrekt dimensionierten, geschmierten Radial-Wellendichtringen stellen sich an den Dichtlippen etwa folgende Betriebszustände ein: Spezifische Radialkraft pL = Fr/(p ◊ d) = 0,1 ... 0,15 N/mm im Neuzustand, nach dem Einlauf 0,03 ... 0,05 N/mm; pL erzeugt bei einer Berührbreite b eine mittlere Flächenpressung an der Dichtkante im Neuzustand pm ≈ 1 N/mm2, nach dem Einlauf pm ≈ 0,25 N/mm2. – Für praktische Betriebsbedingungen kann man mit Reibungszahlen µ = 0,3 ... 0,5 die Reib- d.h.Verlustleistung geeigneter Radial-Wellendichtringe wie folgt abschätzen [19.3-1]: P[Watt] =lL ◊ d2 ◊ n/1000 ,
(19.2)
lL Schmierungskennwert = 0,5 ... 1: Bei Anspritztemperatur von 100°C, dickflüssigem Öl (z.B. SAE 50), im Neuzustand etwa lL = 1; bei gealtertem Dichtring, dünnflüssigem Öl (z.B. SAE 10) etwa lL = 0,5. Bei niedrigeren Öltemperaturen ergeben sich eher höhere Werte. Der Abdichtdurchmesser d ist in (19.2) in cm und die Wellendrehzahl n in min–1 einzusetzen. – Praktisches Beispiel s. Abb. 19.16.
Abb. 19.16. Verlustleistung eines Radialwellendichtrings bei Schmierung mit Motorenöl SAE 20 bei 100°C [19.3-6]
19.5 Dynamische Dichtverbindungen
885
Abb. 19.17. Einbaurichtlinien nach DIN 3760 und DIN 3761 [19.3-2]
– Einbaurichtlinien s. Abb. 19.17. Bei Montage muß die axiale Lage des Radialwellendichtrings durch einen Absatz im Gehäuse oder durch eine Montagehilfe sichergestellt werden. Im Bereich der Laufstelle soll die Welle je nach Betriebsverhältnissen (z. B. Gleitgeschwindigkeit) eine Härte von 45 . . . 60 HRC aufweisen, ggf. eine Einsatzhärtungstiefe von mindestens 0,3 mm. Im allgemeinen sollte die Laufstelle orientierungsfrei, d. h. drallfrei (durch Einstechschleifen) geschliffen werden, bei konstanter Drehrichtung mit Drall (Vorschubschleifen) zur Rückförderung des Betriebsmittels. Bei größeren Flüssigkeitsmengen oder Rundlaufabweichungen der Welle bewirken sog. ,,Drallippen“ eine bessere Dichtwirkung [19.3-1]. In der Zeichnung wird der Wellendichtring symbolhaft, Abb. 14.55, angegeben. Bezeichnung nach Norm für einen Wellendichtring Form A, Wellendurchmesser d1 = 25 mm, Außendurchmesser d2 = 40 mm, Breite b = 7 mm, Elastomerteil aus Nitril-Butadien-Kautschuk (NBR): WDR A 25 ¥ 40 ¥ 7 DIN 3760 – NBR . Bei diesen Ringen sind bereits bei leichtem Überdruck nur reduzierte Gleitgeschwindigkeiten zulässig, z.B. bei 0,5 bar max. 2,8 m/s, bei 0,2 bar max. 5,6 m/s. 19.5.2.2 Radial-Wellendichtringe für Abdichtung gegen Druck
Für Druckbeanspruchung wurden besondere Bauformen entwickelt, die folgenden Anforderungen Rechnung tragen: – Radial beweglich, um Schwingbewegungen der Welle folgen zu können, – schmale Berührfläche, um Wärmestau zu vermeiden,
886
19 Dichtverbindungen Abb. 19.18. Druckbelastbare Elastomer-Lippendichtung [19.3-1]
– gute Schmierung und Kühlung der Gleitdichtflächen, um Reibung und Verschleiß zu mindern, – Druckentlastung, um der erhöhten Dichtflächenpressung entgegenzuwirken, – Reibmomentabstützung, um zu verhindern, daß die Ringe im Gehäuse rotieren. Eine diesen Anforderungen entsprechende Elastomer-Dichtung zeigt Abb. 19.18; kennzeichnend ist eine wesentlich verkleinerte, vom Druck beaufschlagte Wirkfläche und eine kleinere radiale Anpreßkraft: bei Ausführung mit Feder (Abb. 19.18) ist pL = 0,3 N/mm, bei Ausführung ohne Feder pL = 0,1 N/mm. Für höhere Drücke und Gleitgeschwindigkeiten eignen sich Dichtungen aus PTFE; sie zeichnen sich durch höhere Festigkeit und bessere Schmiereigenschaften aus. 19.5.2.3 Filzringdichtung
Filzringe nach DIN 5419 sind einfache, billige Dichtelemente (Abb. 19.19); sie werden mit Öl bzw. Fett getränkt und z.B. für die Abdichtung von fettgeschmierten Wälzlagern bei Umfangsgeschwindigkeiten bis zu 4 m/s und Temperaturen bis ca. 100°C verwendet. Sie sind jedoch nicht geeignet zum Abdichten gegen Spritzwasser; Schmutz kann sich einbetten und wirkt dann als Schmirgel; mit zunehmender Betriebsdauer verliert der Ring seine Elastizität und Dichtfähigkeit. – In Wälzlager integrierte Dichtungen s. Abschn. 14.3.2, Abb. 14.4.
Abb. 19.19a–c. Filzringdichtungen [19.3-4], a einfachste Ausführung (schwierige Montage), b und c axial montierbar
19.5 Dynamische Dichtverbindungen
887
19.5.2.4 Axial-Gleitringdichtung
Ein mit der Welle rotierender Gleitring wird mit seiner Stirnfläche axial gegen eine feststehende Gegenfläche gedrückt oder umgekehrt (Abb. 19.20). Die axiale Dichtkraft wird durch federnde Elemente aufgebracht. Der axial bewegliche Gleitring wird gegenüber der Welle meist mit einem O-Ring oder auch einem Faltenbalg oder einer Membran abgedichtet. Gleit- und Gegenring werden durch eine Verdrehsicherung gegen Welle bzw. Gehäuse abgestützt. Im Dichtspalt baut sich ein hydrostatischer Druck auf, der sich dem Speisedruck des Betriebsstoffs automatisch anpaßt; im Betrieb überlagert sich diesem Zustand – einem hydrodynamischen Lager entsprechend – eine Schleppströmung. – Vorteile der Axial-Gleitringdichtung sind: kleine Reibungsverluste durch kurzen engen Dichtspalt, geringe Leckverluste, konstruktiv einfache Anpassung an den Betriebsdruck (Selbstverstärkung, Selbstentlastung), wartungsfrei durch selbsttätiges Nachstellen bei Verschleiß, hohe Betriebssicherheit. Insbesondere bei hohen Drücken, Temperaturen und Drehzahlen wählt man daher in zunehmendem Maße Axial-Gleitringdichtungen anstelle von Stopfbuchs-, Lippen- und Labyrinth-Dichtungen. Jedoch ist zu beachten: Die Axial-Gleitringdichtung ist ein komplexes, teures Bauelement, bestehend aus vielen Funktionselementen (Gleitring, Gegenring, Federn, Verdrehsicherungen, Nebendichtung). Die Dichtung
Abb. 19.20a, b. Gleitringdichtungen [19.3-1], a rotierender Gleitring und stationärer Gegenring, b rotierender Gegenring und stationärer Gleitring
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19 Dichtverbindungen
muß daher sorgfältig konzipiert, gefertigt und montiert werden. Wichtig ist, daß die Gleitflächen von Gleit- und Gegenring genau senkrecht zueinander ausgerichtet sind, um Kantentragen zu vermeiden (zuverlässige Qualitätssicherung). – Werkstoffe: Eine Gleitfläche soll verschleißfähig, d.h. anpassungsfähig sein (Notlaufeigenschaften! Kantenpressung abbauen!), die Gegen-Gleitfläche verschleißfest; beide Gleitflächen sollten mikroskopisch kleine Schmiertaschen aufweisen. Mindestens ein Gleitring sollte gut wärmeleitfähig sein, beide unempfindlich gegen Wärmeschock (bei plötzlichem Abkühlen sonst Rißgefahr!). Dementsprechend wird meist für einen Gleitring imprägnierter Kohlegrafit, der verschleißfeste Gegenring aus Metall (z.B. nicht rostender Nickelstahl) oder – in zunehmendem Umfang – chemisch beständiger Siliziumkarbid (SiC) gewählt. Die Dichtflächen werden bisher auf 0,5 ... 1 µm plangeläppt (beim Einlauf stellt sich eine Welligkeit von 2 ... 5 µm ein), die Rauhheit soll Ra = 0,15 ... 0,3 µm betragen, die Kanten sind sorgfältig abzurunden. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, daß wenige µm tiefe ,,Einförder-“ und ,,Rückförder-“Strukturen die Schmierung und die Dichtwirkung deutlich verbessern, wobei die Federanpressung von bisher 0,2 N/mm2 auf 2 N/mm2 erhöht wurde (mit dem Vorteil der gesicherten Nachstellung) [19.3-7]. – Raumbedarf: Gestalt und Bauraum von Gleitring-Dichtungen werden in DIN 24 960 – entsprechend den Abmessungen von Stopfbuchsen für Kreiselpumpen – vorgegeben. – Neuere Entwicklungen zielen auf eine Gestaltung, die den Besonderheiten der Axial-Gleitringdichtungen besser angepaßt ist [19.3-1], [19.3-2]. – Ringanordnung: Der axial bewegliche Gleitring wird i.allg. im Gehäuse, der feste Gegenring auf der Welle angeordnet, insbesondere bei hohen Drehzahlen oder hochviskosen Medien; umgekehrt wählt man eine umlaufende Dichtung, wenn die bessere Wärmeableitung wichtig ist. Entlastete Gleitringdichtungen: Um Reibung und Verschleiß zu begrenzen, versucht man bei höherem Betriebsdruck die Anpreßkraft zu vermindern (wobei ein gewisser Kleinstwert durch die Feder stets gesichert sein muß). Diese Anpassung erreicht man dadurch, daß die druckbelastete Fläche A1 kleiner oder größer als die Gleitfläche A ausgeführt wird. Als Kennwert zur Beurteilung der Entlastung eignet sich das Flächenverhältnis k = A1/A. Ab Dp = 7 ... 10 bar abzudichtender Druckdifferenz wählt man i.allg. eine Entlastung, d.h. k < 1. Darunter genügt meist die billigere, nicht entlastete Dichtung. Umgekehrt kann – z.B. zum Abdichten hochviskoser Medien – ein Flächenverhältnis k > 1 (meist 1 ... 2) sinnvoll sein. – Reibungszahl: Überschlägig kann man bei entlasteten Gleitringdichtungen (k < 1) und niederviskosen Flüssigkeiten mit µ = 0,03 ... 0,08 rechnen, bei nicht entlasteten Dichtungen (k ≥ 1) mit etwa 0,05 ... 0,15. Wegen der u.U. erheblichen Reibleistungen kommt der Wärmeabführung besondere Bedeutung zu. Trockenlaufende Gleitringdichtungen verschleißen ohne erhebliche Störungen nur bei geringer Reibleistungsdichte. Bei entsprechender
19.5 Dynamische Dichtverbindungen
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Abb. 19.21. V-Ring für kleine Umfangsgeschwindigkeit [19.3-2]
Dimensionierung und geeigneten Werkstoffen können sie jedoch nach Ausfall der Schmierung als Notdichtung auch für mehr als 100 h Laufzeit dienen. – Anwendungen finden sich in allen Bereichen der Technik: Große Stückzahlen in Kfz-Kühlwasserpumpen und Haushaltsgeräten, in Prozeßpumpen aller Art, Werkzeugmaschinen, Kompressoren, Getrieben, Mischern, usw. 19.5.2.5 V-Ring (Wellendichtung ohne Druck)
Dies ist eine einfache, häufig verwendete rotierende Schutzdichtung mit sehr geringer axialer Dichtkraft (Abb. 19.21). Der V-Ring – durch Aufdehnung fest sitzend – schleudert von außen kommende Schmutzpartikel ab; auch in den Dichtspalt eintretende Flüssigkeit wird durch Fliehkraft zurückgefördert. Da die Dichtlippe mit geringer Pressung anliegt, ist die Anfahrreibung kleiner als bei Radial-Wellendichtringen, insbesondere bei Ölschmierung; die Rauheit der Dichtfläche ist auf Rz < 5 µm zu begrenzen. Wichtig für die Dichtwirkung ist, daß der V-Ring nicht axial auf der Welle verrutschen kann; wenn möglich, sollte er deshalb durch einen Wellenbund oder eine Scheibe axial abgestützt werden. Man beachte ferner: Die Anpreßkraft läßt mit zunehmener Betriebsdauer nach! – Bei Umfangsgeschwindigkeiten > 12 m/s muß der V-Ring gekammert, d.h. in einer metallischen Buchse abgestützt werden, damit er nicht von der Welle abhebt. Um die Lippe des Dichtrings gegen Einwirkung von außen zu schützen, wurden Bauformen mit einer Metallfassung entwickelt [19.3-1]. – Hauptanwendungsgebiete sind Wälzlager bis zu Temperaturen von 100°C. 19.5.2.6 Elastomer-Profildichtungen: O-Ringe
Außer zur statischen Abdichtung (Abschn. 19.4.2.2.a) werden O-Ringe in dynamischen Dichtsystemen oft als Nebendichtungen verwendet, Abb. 19.20, mitunter aber auch zur Abdichtung langsam bewegter Maschinenteile (< 0,5 m/s). Auch hier gelten die in Abschn. 19.4.2.2a beschriebenen Besonderheiten und Konstruktionsregeln, darüber hinaus gilt: Der O-Ring wird in eine Ringnut des (stillstehenden!) Gehäuses eingelegt und dabei gestaucht. Damit der Ring auf der Welle – und nicht im Gehäuse – gleitet, soll sein Innendurchmesser vor dem Einbau ca. 5 % größer als der Wellendurchmesser sein. Bei hin- und hergehenden Bewe-
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19 Dichtverbindungen
gungen neigt der O-Ring zum Abrollen; deshalb ist hierfür eine Formdichtung wie der X-Ring (Abb. 19.11) besser geeignet. 19.5.3 Berührungsfreie dynamische Dichtungen
Diese Dichtungen arbeiten reibungsfrei (abgesehen von den Strömungsverlusten im Spalt) und verschleißfrei, sie sind jedoch nicht vollständig dicht, da die Dichtfunktion auf einer Strömung im Spalt basiert. Bereitet bei (schleifenden) Berührungsdichtungen – vor allem bei hohen Geschwindigkeiten – die Abführung der Reibungswärme mitunter Probleme, so ist bei den ohne Drehzahlgrenzen einsetzbaren berührungsfreien Dichtungen keine Kühlung und auch keine Schmierung nötig. Durch Kapillar- oder Adhäsionskräfte wird in der Regel eine Sperrschicht aus Öl oder Fett aufgebaut. Berührungslose Dichtungen werden auch als reine drucklose Schutzdichtungen verwendet, d.h. zum Abschirmen gegen Schmutz und Spritzwasser, beispielsweise zur Abdichtung von Wälzlagern. 19.5.3.1 Spaltdichtungen
– Druckbeaufschlagte Spaltdichtungen: Durch einen möglichst langen und engen Spalt wird dem abzudichtenden Betriebsstoff das Entweichen erschwert. Eine Übersicht über verschiedene Bauformen zeigt Abb. 19.22. Aus der Kontinuitätsgleichung für inkompressible, laminare Strömung ergibt sich der Volumenstrom (= Leckmenge) mit Berücksichtigung der relativen Exzentrizität ε = e/h: Q = Dp ◊
dm ◊ p ◊ h3 ◊ (1 +1, 5 ◊ e 2 ) , 12 ◊ h ◊ l
(19.3)
mit Dp abzudichtende Druckdifferenz; h dynamische Viskosität des Betriebsstoffs (z.B. Schmieröl). Die Leckmenge nimmt also mit der 3. Potenz der Spaltdicke zu (praktisch ausgeführt h ≈ 10 ... 20 µm), aber nur umgekehrt proportional der Spaltlänge l. Man sieht auch: der Einfluß der Exzentrizität e ist erheblich.
Abb. 19.22a–c. Spaltdichtungen [19.3-4], a glatter Spalt, b Spalt mit fettgefüllten Parallelrillen, c Spalt mit schraubenförmigen Rillen (bewirkt Förderwirkung in eine Richtung)
19.5 Dynamische Dichtverbindungen
891
Abb. 19.23. Drosselspaltdichtungen mit nachgeschalteter Berührungsdichtung [19.3-1]
Hierbei sind Verluste an Spaltein- und -austritt nicht berücksichtigt. Die tatsächliche Leckmenge weicht deshalb auch dann von den hiernach abgeschätzten Werten ab, wenn der Spalt koaxial ist; bei rotierender Welle beeinflußt außerdem die Schleppströmung in Umfangsrichtung die Leckmenge. Turbulente Strömungen kommen bei Spaltströmungen kaum vor, stellen sich aber ein bei Labyrinthdichtungen mit großen Spaltdicken. Kompressible Strömungen von Gas oder Dampf kann man so lange als inkompressibel behandeln, wie Dp = 1,1 ... 1,3 bar ist, d.h. auch dann die Leckmenge mit Hilfe von (19.3) abschätzen. – Bei größeren Druckunterschieden muß der austretende Massenstrom wie bei der kompressiblen Rohrströmung bestimmt werden. Häufig wird der Spaltdichtung eine Berührungsdichtung nachgeschaltet, die die Leckmenge zurückhält. – Statt einer langen Buchse wählt man meist mehrere hintereinander geschaltete Dichtkörper, Schwimmringe genannt, die sich unabhängig voneinander einstellen können, Abb. 19.23. Die Spaltdichtung kann auch mit einem radial durchströmten Stirnflächenspalt ausgeführt werden. Sie unterscheidet sich von der Axial-Gleitringdichtung, Abschn. 19.5.2.4, nur durch einen wesentlich dickeren (10 ... 20 µm gegenüber < 1 µm) Spalt, um Berührung der Spaltwände sicher auszuschließen. Anwendung für Hochdruck-Kolbenpumpen, Gasverdichter, Kreiselpumpen, Turbomaschinen, Flugtriebwerke. – Druckfreie Spaltdichtungen: dienen meist als Schutzdichtungen gegen Eindringen von Schmutz und Spritzwasser in Lagerstellen oder gegen Austritt von Schmierstoff; durch Fettpolster im Spalt kann die Dichtwirkung verbessert werden. Um den Schutz gegen Ölaustritt zu verbessern, empfiehlt es sich, der Dichtung einen Schleuderring vorzuschalten, s. Abb. 19.24.
892
19 Dichtverbindungen
Abb. 19.24a–c. Spritzringdichtungen [19.3-4], a Sprengring mit Schleuderkante, b Schleuderkante, c Welleneindrehung
19.5.3.2 Labyrinthdichtungen
Die konsequente Weiterentwicklung der Spaltdichtung führt zur Labyrinthdichtung. Hier ist der Weg, den das abzudichtende Medium zu überwinden hat, verlängert und verwinkelt. – Druckbeaufschlagte (Drossel 4)-Labyrinthdichtungen: Dies ist die klassische Wellendichtung von Gas- und Dampfturbinen. Das Medium strömt dabei aus einem Raum höheren Drucks durch eine Anzahl von Drosselstellen in einen Raum geringeren Drucks. Zu beachten sind die erheblichen thermischen Verformungen; zum anderen weisen die abzudichtenden Betriebsstoffe keine Schmierwirkung auf. Daraus folgt, daß die Wellen nur berührungslos, mit dicken Spalten abgedichtet werden können. Ausführungsformen, Abb. 19.25: Das offene Labyrinth (Durchblicklabyrinth) ist einfach im Aufbau, gut montierbar, gestattet ein ungeteiltes Gehäuse, und eignet sich auch zur Abdichtung axial bewegter Stangen und Wellen. Wegen der fehlenden Umlenkung entsteht aber weniger Turbulenz, die Dichtwirkung ist gemindert. – Das verzahnte Labyrinth ist die klassische Dichtung mit guter Dichtwirkung, erfordert jedoch für die Montage ein geteiltes Gehäuse. – Bürstendichtung: Raumsparende Wellen-Abdichtung heißer Gase in Gasturbinen und Flugtriebwerken. Die 1 mm breite Bürste besteht aus
Abb. 19.25a–c. Drossel-Labyrinthdichtungen [19.3-1], a offenes Labyrinth, b verzahntes Labyrinth, c Bürstendichtung
4
Drosseln heißt: Strömungsverluste durch enge Spalte vergrößern.
19.5 Dynamische Dichtverbindungen
893
Abb. 19.26. Günstige Gestaltung des Eingangsbereichs einer FanglabyrinthDichtung [19.3-1]
0,05 ... 0,07 mm dicken Borsten aus einer Cr-Ni-Legierung. Anwendung bei Gastemperaturen bis 460°C und Gleitgeschwindigkeiten bis 300 m/s. – Dichtfähigkeit – Vergleich (ungefähres Verhältnis der Leckmengen): Spaltdichtung: Bürstendichtung: verzahntes Labyrinth: offenes Labyrinth = 1 : 4 : 8 : 12. – Drucklose Labyrinthdichtungen. Diese reibungsarmen, verschleißfreien sog. Fanglabyrinthe eignen sich als Schutzdichtungen gegen angespritzte oder schwallartig wirkende – auch verschmutzte – Flüssigkeit für höchste Umfangsgeschwindigkeiten. Sie müssen bei allen Betriebszuständen tropffrei dicht sein. Wichtiges Anwendungsgebiet sind die schnellaufenden Spindeln von Werkzeugmaschinen. Eine Fanglabyrinth-Dichtung soll folgende Funktionen erfüllen: Der Eingangsbereich, Abb. 19.26, sollte möglichst gegen direkt anspritzende Flüssigkeitsstrahlen geschützt werden, z.B. durch eine vorgeschaltete Schleuderscheibe, die einen Teil der auftreffenden Flüssigkeit abschleudert. Günstig ist zusätzlich eine den Spalteingang umgebende Fangrinne. Der eindringende Flüssigkeitsstrom wird durch einen 0,1 ... 0,2 mm dicken Ringspalt gedrosselt und in dem zugeordneten, ca. 0,3 mm dicken Stirnflächenspalt durch Fliehkraft teilweise rückgefördert. – In der nachfolgend angeordneten Fangkammer sorgt ein Spritzring (Stauscheibe) dafür, daß möglichst wenig Flüssigkeit zum Eintrittsspalt zurückgelangt. Über eine kegelige Kammerwand wird die abgespritzte Flüssigkeit der Fangrinne zugeleitet und läuft von dort über den Rücklaufkanal in den Flüssigkeitssumpf zurück. Beispiel s. Abb. 19.27. Bei starker Bespritzung kann man eine oder mehrere weitere Fangkammern vorsehen. Eine zusätzliche Maßnahme, Spritzflüssigkeit am Eindringen in den Ringspalt zu hindern, bietet sog. ,,Sperrluft“, die – von der Fangkammer zugeführt – aus dem Eintrittsspalt ausströmt. 19.5.3.3 Gewinde-Wellendichtungen
Die Dichtwirkung von glatten Spalten läßt sich durch ein Gewinde in der rotierenden Welle oder der stillstehenden Bohrung verbessern, wenn Drehrichtung und Gewindesteigung so abgestimmt sind, daß die umge-
894
19 Dichtverbindungen Abb. 19.27. Gestaltung und Elemente der Fangkammer einer FanglabyrinthDichtung [19.3-1]
lenkte Schleppströmung als Rückförderung gleich groß und dem von der abzudichtenden Druckdifferenz erzeugten Leckstrom entgegengerichtet ist. Übliche Ausführung: Spaltdicken h = 20 ... 50 µm, mehrgängiges Flachgewinde mit i ◊ L/D > 3 mit i Gangzahl, L Gewindelänge, D Durchmesser; Steigungswinkel j = 10 ... 15 ... 20!; Gewindetiefe t = (2 ... 2,5 ... 3) ◊ h. Die Reibleistung ist bei optimalem Gewinde etwa 30% kleiner als bei einem glatten Spalt der Dicke h. Anwendungen: Ölpumpen, langsamlaufende Zahnradpumpen für Viskoseförderung, Verdichter nur bei sehr hohen Drehzahlen bei sehr kleinem Gasdruck (mit ,,Sperrflüssigkeit“). 19.5.4 Magnetflüssigkeits-Dichtungen
Eine Magnetflüssigkeit, bestehend aus einer Trägerflüssigkeit und magnetisierbaren, oberflächenbeschichteten Partikeln, wird wie ein flüssiger Dichtring von einem Magnetfeld im Dichtspalt gehalten. Damit lassen sich gasgefüllte Räume bei geringem Überdruck quasi hermetisch gegen Atmosphäre abdichten. Schwieriger ist die Abdichtung gegen Flüssigkeiten, da diese mit der Magnetflüssigkeit reagieren; deshalb muß man beide durch eine Vorabdichtung (Gewinde- oder Spaltdichtung) trennen. 19.5.5 Hermetische Dichtungen
Leckage toxischer, radioaktiver und umweltgefährdender Flüssigkeiten oder Gase muß i.allg. gänzlich vermieden werden. Für eine derartige vollständige Abdichtung eignen sich folgende Systeme:
19.6 Literatur
895
– Einsatz von Sperrflüssigkeiten, die in kritischen Fällen Leckage auffangen und rückfördern oder ableiten und aufbereiten (vgl. Abschn. 19.5.1, 19.5.2). Der hierfür erforderliche Aufwand ist erheblich. – Magnetflüssigkeitsdichtungen für kleine Druckdifferenzen und in erster Linie für Gase, s. Abschn. 19.5.4. – Membranen wie nach Abschn. 19.4.3 eignen sich auch als dynamische Dichtungen, bei kleinen Hubgeschwindigkeiten. – Faltenbälge wie nach Abschn. 19.4.4 eignen sich auch als dynamische Dichtungen bis zu hohen Hubgeschwindigkeiten (s. z.B. [19.3-6]).
19.6 Literatur Normen, Richtlinien 19.1-1 DIN 2505 (1990) Berechnung von Flanschverbindungen. T1 (Entw.): Berechnung. T2 (Entw.): Dichtungskennwerte. Beuth, Berlin 19.1-2 DIN 3760 (1972) Radial-Wellendichtringe. Beuth, Berlin 19.1-3 DIN 3761 (1984) Radial-Wellendichtringe für Kraftfahrzeuge. Beuth, Berlin 19.1-4 DIN 3771-1 (1993) Fluidtechnik; O-Ringe; Maße. Beuth, Berlin 19.1-5 DIN 5419 (1959) Filzringe, Filzstreifen, Ringnuten für Wälzlagergehäuse. Beuth, Berlin 19.1-6 DIN 24960 (1990) Gleitringdichtungen; Wellendichtungsraum; Hauptmaße, Bezeichnungen und Werkstoffschlüssel. Beuth, Berlin 19.1-7 AD-Merkblatt (1986) B7-Schrauben. Beuth, Berlin Bücher, Zeitschriften, Firmenschriften 19.3-1 Müller HK (1990) Abdichtung bewegter Maschinenteile. Medienverlag Ursula Müller, Waiblingen 19.3-2 Schmid E, u. a. (1981) Handbuch der Dichtungstechnik. Expert Verlag, Grafenau 19.3-3 Trutnovsky K (1975) Berührungsdichtungen an ruhenden und bewegten Maschinenteilen. Springer, Berlin Heidelberg New York 19.3-4 Trutnovsky K (1977) Schutzdichtungen. Eine Einführung für Konstrukteure und Anwender. VDI-Verlag, Düsseldorf 19.3-5 Niemann G, Winter H (1989) Maschinenelemente, Bd. II. 2. Aufl., Springer, Berlin Heidelberg New York 19.3-6 Freudenberg-Simrit: Standard Katalog. 3. Aufl., Nr.: 419137-793D 19.3-7 Schefzik CR, Müller HK, Haas W (1998) Gleitringdichtungen mit erhöhter Federanpressung. ANT 37: 76–79 19.3-8 Schuller R, Trossien HJ, Gartner I (1998) Randbedingungen zum Einsatz statischer Dichtungen. KON 50, H.9: 23
Sachverzeichnis
Achsen 738 – Auswuchten 776 – Dimensionierung 741, 742 – umlaufende 738 – – Festigkeitsnachweis 758 – – Gestaltung 745 – stillstehende 738 – – Festigkeitsnachweis 763 – – Gestaltung 746 – Schwingungsverhalten 773 – Werkstoffe 740 Anforderungsliste 6 Anwendungsfaktor 16,17 – Wälzlager 608 – allgemein 16, 17 Anziehfaktor 411 Beanspruchungen 67, 99 – zeitlicher Verlauf 84 Beanspruchungsarten – Ermüdungsbeanspruchung 15, 16 – statische Beanspruchung 15 Belastungen 65 Biegefedern 495 – gekrümmte 499 – gerade 495 – gewundene 500 – – Rollfedern 502 – – Schraubendrehfedern (Schenkelfedern) 500 – – Spiralfedern 502 Bleche und Rohre 49 – Herstellung 49 – Gestaltung 49 Bolzenverbindungen 469 – Ausführung, Anwendung 469 – Dimensionierung 471 – Festigkeitsnachweis 471, 473 – Hauptfunktionen 469 – zulässige Beanspruchungen 474
Boundary Elemente Methode (BEM) 86, 89 Bruchmechanik 151 – Anwendung 153 – statische Festigkeit – das K Ic -Konzept 154 – statische Festigkeit – Fließbruchmechanik 158 – dynamische Festigkeit – das DK-Konzept 159 Buckelschweißverbindung 316
– – Schweißverbindung, dichte 870 Dichtverbindungen – Anforderungen 866 – dynamische 878 – – Elastomerdichtungen 878 – – Manschettendichtungen 881 – – Stopfbuchsen 880 Dimensionierung 6,63 Drehstabfedern 510
Dehnlänge 169 Dichtungen – Berührungsdichtungen, dynamisch 882 – – Axial-Gleitringdichtung 887 – – Filzringdichtung 886 – – O-Ringe 889 – – Radial-Wellendichtringe 882, 885 – – V-Ring 889 – berührungsfrei, dynamisch 890 – – Spaltdichtungen 890 – – Labyrinthdichtungen 892 – – Gewinde-Wellendichtungen 893 – Faltenbälge 875 – hermetische Dichtungen 894 – kraftschlüssige, statische 871 – – Flachdichtungen 870, 872 – – Profildichtungen 870, 873 – Magnetflüssigkeits-Dichtungen 894 – Membranen 875 – stoffschlüssige, statische 869 – – dünnflüssige Kunststofflacke 870 – – Kunststoffe 870 – – Lötverbindung, dichte 870
Elastohydrodynamik (EHD) 550 – Elastizitätskennwert 551 – Geschwindigkeitskennwert 552 – Lastkennwert 552 – Schmierspalt- und Druckverlauf 551 Ergonomie 38 – Arbeits- und Umweltsicherheit 38 – Ergonomiegerechte Handhabung 39 Federn 478 – DIN-Normen (Übersicht) 489 – Eigenschaften, Auswahl 478 – Hauptfunktionen 478, 479 – Kennwerte 483 – – Dämpfung 484 – – Federkennlinien 483 – – Federrate 484 – – Federungsarbeit 485 – – Nutzgrade 486, 487 – – Relaxation 490 – Parallelschaltung 485 – Reihenschaltung 485 – Werkstoffe 488 – – Flüssigkeitsfedern 491, 532 – – Gasfedern 490, 531 – – Glasfedern 491
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Sachverzeichnis
Federn, Werkstoffe – – Gummifedern 490, 524 – – Keramikfedern 491 – – Kunststoffedern 491 – – Metallfedern 488 Federn-Tragfähigkeit, Gummifedern 525 – Berechnung (Übersicht) 528 – zulässige Beanspruchungen 530 Federn-Tragfähigkeit, Metallfedern 491 – biegebeanspruchte Federn 495 – – gerade Biegefedern 495, 497 – – gekrümmte Biegefedern 499, 500, 502 – – gewundene Biegefedern 500 – – Tellerfedern 503, 506, 508 – – sonstige biegebeanspruchte Federn 509 – torsionsbeanspruchte Federn 510 – – Drehstabfedern 510 – – Schraubendruckfedern 514, 516 – – Schraubenzugfedern 521 – – sonstige Schraubenfedern 523 – zug- und druckbeanspruchte Federn 492 – – Zug-, Druckstäbe, Drahtzugfedern 492 – – Ringfedern 493 Fertigung 41 – Einzelfertigung 41 – Massenfertigung 41 Festigkeit – Betriebsfestigkeit 148 – dynamische 95 – Dauerfestigkeit 93 – – Dauerfestigkeitsschaubilder 121 – Festigkeitswerte (Übersicht) 99 – statische 94 – Zeitfestigkeit 95 Festigkeitsberechnung – Berechnungsfaktoren – – Anisotropiefaktor 102, 104, 125 – – Formzahl 107, 110, 112 – – Kerbwirkungszahl 126, 132
– – plastische Kerbwirkungszahl 107 – – „plastische“ Stützzahl (statisch) 107 – – Randschichtfaktor 135 – – Rauheitsfaktor 134 – – Stützzahl (dynamisch) 126, 133 – – technologischer Größenfaktor 102, 125 – – Temperaturfaktor 105, 125 – dynamische Festigkeit 95, 118 – – für das Bauteil 125, 136 – – für den Werkstoff im Bauteil 125 – – für Normabmessungen 124 – statische Festigkeit 94 – – Bauteilfestigkeit 98 – – Bauteilwerkstoff 102 – – Normabmessungen 100 – – Rechenschritte 98 – Konzepte 92 – – Nennspannungskonzept 92 – – Konzept der örtlichen Spannungen 92 Festigkeitsnachweis – allgemein 63, 92 – statischer 114 – Dauerfestigkeitsnachweis 140 Finite Elemente Methode (FEM) 86, 87 Flächenmomente 72, 73 Formzahlen (Werte) 108, 110, 112, 113 Fügeverfahren – Blechformverbindungen 379, 381 – Durchsetzfügeverfahren 376 – Nietverbindung 360 – Kleben 343 – kombinierte – – Falzkleben 358 – – Niet-Kleben 358 – – Punktschweiß-Kleben 358 – – Schraubkleben 358 – Löten 325 – Schnappverbindungen 379 – Schweißen 271 Geradführungen 572 – Gleitführungen 573 – Wälzführungen 572 Gestaltung 27 – beanspruchungsgerechte 27
– montagegerechte 56 Gewinde 391, 397, 452 – Abmessungen 433 – Bauarten – – Befestigungsgewinde 398 – – Bewegungsgewinde 401 – – Sondergewinde 401 – Einsatzbüchse 396 – Einschraubtiefen 435 – Gewindeeinsatz 396 – Kenngrößen 398 – Weg-/Kraftübersetzung 402, 453 – Wirkungsgrad 402, 405, 406, 453 Gleitgeschwindigkeit 541 Gleitlager – Grundlagen, Kenngrößen – – Betriebstemperatur 649 – – Druckströmung 635 – – relatives Lagerspiel 643 – – Reibleistung 647, 660 – – Reibungskennzahl 660 – – Schleppströmung 637 – – Schmierstoffdurchsatz 647, 661 – – Übergangsdrehzahl 660 – – Wärmebilanz 648 – hydrodynamische Axiallager 658 – – Bauarten, Gestaltung 662 – – Hauptanwendungsgebiete 665 – – Tragfähigkeit, Reibungszahl 658 – hydrodynamische Radiallager 638 – – fettgeschmierte 656 – – Gestaltung 652 – – instationäre 653 – – Mehrgleitflächen-Lager 655 – – Schmierstoffdurchsatz 647 – – Schwimmbuchsenlager 657 – – Schwingungen, Stabilität 650 – – Tragfähigkeit, Reibungszahl 639 – – zulässige Belastungen 641 – – zulässige Schmierfilmdicke 646 – hydrostatische Radiallager 665 – – Dimensionierung 666 – – Funktion, Gestaltung 665
Sachverzeichnis – – Tragfähigkeit 666 – hydrostatische Axiallager 671 – – Berechnungsgleichungen 674 – – Bauarten, Gestaltung 671 – – Tragfähigkeit 673, 675 – Kunstkohle-Lager 696 – Kunststofflager, Verbundlager 685, 691 – – Gleitpaarung 690 – – Kunststoffe 687, 688 – – Schmierung 691 – – Tragfähigkeit 688 – Luftlager (aerostatische) 694 – Magnetlager 695 – Magnet-Flüssigkeitslager 696 – Poröse Sintermetall-Lager 685 – Schmierung, Schmierstoffversorgung 680 – – Schmierfett 682 – – Schmierölarten 681 – – Schmieröl-Kenngrößen 681 – – Schmierstoffversorgung 682 – wartungsfreie Lager mit Festschmierstoffen 696 – Werkstoffe 675 – – Wellenwerkstoff 676 – – Lagerwerkstoff 677 Gummifedern 524 Guß-Formteile 42 – Form- und Gießverfahren 42 – Gießvorgang 43 – – Gestaltung 45 – – Anwendungsbereich 44 – – Schrumpfen 43 – – Schwinden 44 – – Schwindung, Anhaltswerte 45 Härtewerte 96 Hemmfaktor 404, 453 Inspektion, Instandhaltung 57 Kerbschlagzähigkeit 97 Kerbwirkung 126 Kerbwirkungszahlen (Werte) 127, 130, 131, 132 Klebverbindungen 343 – Anwendung 344 – Gestaltung 355 – Herstellung 345 – Tragfähigkeit 348
– – Dimensionierung 351 – – Festigkeitsnachweis 352 – – Sicherheiten 355 – Werkstoffe 346 – – Bauteilwerkstoffe 346 – – Klebstoffe 347 Kohlenstoff-Äquivalent 274 Konstruktionsarten 11 – Angebotskonstruktion 12 – Anpassungskonstruktion 11 – Auftragskonstruktion 12 – Betriebsmittelkonstruktion 12 – Entwicklungskonstruktion 12 – Konstruktion mit festem Prinzip 11 – Neukonstruktion 11 – Variantenkonstruktion 11 Konstruktionselemente 4 – Auswahl der Lösung 8 – – Wertanalyse 9 – – Punktbewertung nach Kesselring 9 – – Nutzwertanalyse 10 – Gestalten der Einzelteile 11 – Planen 4 – Wege zu neuen Lösungen 7 Korrosion 732 – Abhilfemaßnahmen 734 – chemische 732 – – Erscheinungsformen 733 – örtlich angreifende 733 Lastkollektiv – Wälzlager 606, 607 Legierungszusätze 197 Leichtbau 166 – Bedingungs-Leichtbau 166, 168 – Form-Leichtbau 166, 177 – – Artnutzgrad h A 177 – – Querschnittswahl 178, 180 – Konstruktionhinweise 184 – Stoff-Leichtbau 166, 168 – – Leichtmetall-Werkstoffe 171 – – Kunststoffe 176, 177 – – Verbundwerkstoffe 176, 177 – – Werkstoffkenngrößen 169 Lötverbindungen 325 – Anwendung 326 – Gestaltung 339, 341 – Lötverfahren – – Hartlöten 327 – – Hochtemperaturlöten 327
– – – – – – – – –
899
– Übersicht 329 – Weichlöten 327 Tragfähigkeit 333 – Dimensionierung 333 – Festigkeitsnachweis 335 – Sicherheiten 337, 338, 339 Werkstoffe 328 – Bauteilwerkstoffe 328 – Lote 331
Mittelspannungsempfindlichkeit 136, 137, 138 Modelle 24 – CAD-Volumenmodelle 25 – Formmodelle 24 – Funktionsmodelle 24 – Versuchsmodelle 24 Mohrscher Spannungskreis 68 Muttern 395 – Bauformen 395 – Werkstoffe 407, 408 Nadelhülsen 592 Nadellager 592 Nietformen 363, 364 Nietverbindung – Anwendungen 362 – Besonderheiten im Flugzeugbau 368 – Beanspruchung – – Belastungsannahmen 369 – – zulässige 374, 375 – Festigkeitsnachweis – – für vernietete Bauteile 371 – – für Niete 373 – Gestaltung – – Anzahl Nietreihen 363 – – Blechquerschnitt 363 – – Lochdurchmesser 365 – – Rand-, Lochabstände 366 – – Zahl der Niete 366 – Herstellung 361 – – Warmnieten 361 – – Kaltnieten 361 – Werkstoffe 363 Normen 244 Normzahlen 244 Oberflächen (Gestalt) 260 – Oberflächenmaße (Feingestalt) 262 – Oberflächenmessung 262 – Rauheits-Kennwerte 263 – Zeichnungsangaben 266
900
Sachverzeichnis
Passungen 256 – Beispiele 258 – Einheitsbohrung 257 – Einheitswelle 257 – Vorzugspassungen 259 Pendelkugellager 591 Pendelrollenlager 593 Preß- und Spritzgußteile aus Kunststoffen 51 Preß-Stumpfschweißverbindung 317 Punktschweißverbindung – Dimensionierung 309 – Festigkeitsnachweis 311 – – dynamische Beanspruchung 312 – – statische Beanspruchung 312 – – Sicherheit 312, 314 Rechnergestütztes Konstruieren 23 Recycling 58 – Recycling-Verfahren 58 – Gestaltung recyclinggerechter Produkte 58 Reibschweißverbindungen 318 Reibung 706 – Reibungsarten 706 Reibungszahlen 706 – verschiedener Anwendungen 707 Reibungszahlen 405, 406 Reißlänge 169 Restklemmkraft (Klemmkraft) 419, 420, 436 Rillenkugellager 590, 593 Ringfeder 493 Rollenhülsen 593 Rollennaht-Schweißverbindung – Festigkeitsnachweis 315 – Gestaltung 316 Rollfedern 502 Rollreibung 563 Schadenslinie 119, 120 Schlankheitsgrad 90 Schließringbolzen 364 Schlupf 541 Schmiedeformteile 48 – Gestaltungsregeln 45 – Schmiedeverfahren 48 Schmierspaltdicke 553
Schmierstoffe – Additive 721, 722 – Auswahl 727 – – allgemeine Grundsätze 728 – – für Maschinenelemente 727 – biologisch leicht abbaubare Schmieröle 720 – Entsorgung 730 – Fachbegriffe 703 – Festschmierstoffe 726 – – Anwendungsgebiete 726 – – Eigenschaften 726 – Funktionen 705 – Haftschmierstoffe 727 – Schmierfette 723 – – Eigenschaften 724 – – Hauptfunktionen 723 – – Klassifikation 724 – – Konsistenzklassen 725 – Schmieröle 710 – – Eigenschaften 712 – – Klassifikation 710 – – Mineralöle 718 – – synthetische Öle 718, 719 Schmierung – Einlaufverfahren 730 – Fachbegriffe 703 – Gasschmierung 727 – Wirkmechanismen – – elastohydrodynamische (EHD) 707 – – Festkörperschmierung 709 – – Grenzschmierung 709 – – hydrodynamische 707 – – hydrostatische 710 – – Mischschmierung 708 Schmierungsarten 729 Schmierungszustände 708 Schrägkugellager 591 Schrauben 392 – Bauformen Befestigungsschrauben 392, 393 – Bauformen Bewegungsschrauben 452 – Herstellung 409 – Oberflächenbehandlung 409 – Werkstoffe Befestigungsschrauben 407, 408 – Werkstoffe Bewegungsschrauben 454 Schraubendrehfedern (Schenkelfedern) 500 Schraubendruckfedern 512
Schraubensicherungen – allgemein 397 – form-, kraftschlüssige 450 Schraubenverbindung – Anwendungen, Eigenschaften – – Befestigungsschrauben 388 – – Bewegungsschrauben 391, 451 – Berechnungskenngrößen – – elastische Nachgiebigkeiten 415, 416 – – Klemmlängenfaktor 421, 422 – – Kraftverhältnis 421 – – Setzbeträge 418, 419 – Dauerfestigkeit 427 – – Ausschlagfestigkeit 447 – – schlußgerollter Schrauben 429 – – schlußvergüteter Schrauben 429 – formschlüssige 442 – Gestaltung 444 – Montage – – Anziehen 410, 412 – – Anspannen 411, 413 – querbelastete Schraubenverbindungen 438 – – Haft-Reibungszahlen 439 – – Rutsch-Sicherheiten 439 – Reibungszahlen 405, 406 – Schmierung, Schmierstoffe 410, 455 – Schraubenkräfte – – Betriebskraft 420 – – Montage-Vorspannkraft 414, 415 – – Plattenentlastungskraft 421 – – Restklemmkraft (Klemmkraft) 419, 420, 436 – – Schraubenzusatzkraft 421 – – Schwingkraft 423, 424 – – Vorspannkraft 419 – – Vorspannkraftverlust 419 – Sichern, Befestigungsschrauben 448 – – Lockern 449 – – Losdrehen 449 – Tragfähigkeit, Befestigungsschrauben 425 – – Dimensionierung 431 – – Beanspruchung, Festigkeit der Schraube 427 – – Festigkeitsnachweis 432
Sachverzeichnis – – Flächenpressung im Gewinde 434 – – Scherbeanspruchung im Schraubenkopf 435 – – Scherbeanspruchung im Gewinde 436 – – Sicherheiten gegen Festigkeit der Schraube 430 – – Vorgehensweise 427 – Tragfähigkeit von Bewegungsschrauben – – Dimensionierung 455 – – Festigkeitsnachweis 455 – – Flächenpressung im Gewinde 456 – – Knicksicherheit 456 – – Sicherheiten 455 – – zulässige Flächenpressungen 465 Schraubenzugfedern 521 Schweißkonstruktionen – Gestaltung 305 – Sprödbruchgefahr 303 – Steifigkeit 304 Schweißverbindung – Anwendungen – – im Behälter- und Kesselbau 319 – – im Flugzeugbau 319 – – im Maschinenbau 273 – – im Stahl- und Kranbau 318 – Nahtarten 289 – Schweißnahtgüte 286 – Schweißposition 283 – Tragfähigkeit, Schmelzschweißverbindungen (Stahl) – – Beanspruchungen 293 – – Beanspruchungsbeiwert 296 – – dynamische Beanspruchung 295 – – Festigkeitsnachweis 293, 294, 297, 300, 301 – – Nahtformbeiwert 297 – – Nahtgütebeiwert 295 – – Schweißnahtabmessungen 292 – – Sicherheiten 297, 300 – – statischer Beanspruchung 294 – Werkstoffe – – allgemein 274 – – gebräuchliche schweißgeeignete 274, 284
– – Zusatzwerkstoffe 276 – Zeichnungsangaben 289, 291 Schweißverfahren – allgemein 271 – für Metalle 277 – für Thermoplaste 282 Schwingungen (Geräusche) 30 – Begriffs-Definitionen 31 – Geräuschsituationen 32 – Abhilfemaßnahmen 33, 35, 36 Selbsthemmung 404, 453 Setzen 418 Sicherheit 19,93 – Ermüdungsbeanspruchung 142 – gemischte Hypothese 116, 141 – statische Beanspruchung 117 – Vergleichssicherheit 115, 141 Sommerfeldzahl 640, 658 – Einflußgrößen 641 Spanabhebend bearbeitete Teile 52 – Arbeitsflächen 53 – Bohrungen und Durchbrüche 53 – Gewinde und Zentrierungen 55 – Oberflächengüte und Toleranzen 55 Spannungen – Beulspannungen 92 – Eigenspannungen 89 – Knickspannungen 90 – Nennspannungen 70 – örtliche 85 Spannungs-Dehnungs-Diagramm 101 Spannungsquerschnitt 428 Spindellager 591 Spiralfedern 502 Stick-Slip 704 Stifte – Kegelstifte 466 – Spannstifte 467 – Zylinderstifte 466 Stiftverbindungen 464 – Ausführung, Anwendung 466, 468 – Dimensionierung 471, 472 – Eignung 469 – Festigkeitsnachweis 471 – Hauptfunktionen 464 – zulässige Beanspruchungen 474
901
– zulässige Scherkräfte 474 Stribeck-Kurve 631 Stützwirkung – plastische (statische) 106 – dynamische 126 Summengeschwindigkeit 541 Tellerfedern 503 – geschlitzte 508 – mit Trapezquerschnitt 508 – ungeschlitzte 503 Toleranzen 245 – Allgemeintoleranzen 248 – Form- und Lagetoleranzen 248, 253, 254 – Grundtoleranzen, -toleranzgrade 245 – Maßtoleranzen 245 – Toleranzfelder (ISO) 249 Tolerierungsgrundsätze – Unabhängigkeitsprinzip 252 – Hüllprinzip 254 – Maximum-Material-Prinzip 255 Tonnenlager 593 Tragfähigkeit – Festigkeitsgrenze 632 – Temperatursicherheit 632 – Verschleißsicherheit 632 Tragfähigkeit, Schmelzschweißverbindungen (Stahl) – Beanspruchungen 293 – Beanspruchungsbeiwert 296 – dynamische Beanspruchung 295 – Festigkeitsnachweis 293, 294, 297, 300, 301 – Nahtformbeiwert 297 – Nahtgütebeiwert 295 – Schweißnahtabmessungen 292 – Sicherheiten 297, 300 – statischer Beanspruchung 294 Überlastungsfälle 138 Überzüge auf Metallen 230 – metallische 232 – nichtmetallische 233 Unterlegscheiben 396 Verformungen 28 – lastabhängige 28 – temperaturabhängige 30 – Stabilität 30
902
Sachverzeichnis
Vergleichsspannungshypothesen 83 Verschleiß 730 – Abrasion 731 – Adhäsion 731 – Korrosionsverschleiß 732 – tribochemische Reaktion 732 Verspannungsschaubild 414 – Betriebszustand 418, 420, 424 – Entstehung 415 Verwölbung 78 Vierpunktlager 590 Wälzkontakt-Beanspruchung – technischer Wälzkontakt – – Eigenspannungen 547 – – Einfluß von Einschlüssen 548 – – Einfluß der Wälzkörpergröße 549 – – Einfluß der Temperatur 549 – – Oberflächenspannungen 547 – nach Hertz – – Gleichungen (Übersicht) 544 – – Oberflächenbeanspruchung 543 – – Spannungen unter der Oberfläche 543, 545 – – Voraussetzungen der Gleichungen 542 Wälzlager 569 – Anforderungen 570 – Aufbau 576 – – Auswahl 573, 594 – Bauarten 590 – – Radial-Kugellager 590 – – Radial-Rollenlager 591 – – Axial-Kugel- und -Rollenlager 593 – – Sonderbauarten 594 – Betriebszustände 586 – Bezeichnung 596 – Gebrauchsdauer 602 – Grenzdrehzahlen 616 – Grundbegriffe 580 – – Schmiegung 580 – – Druckwinkel 581 – – Lagerluft und Betriebsspiel 582 – – Steifigkeit 583 – Kegelrollenlager 593 – Lebensdauer
– – Erfahrungswerte 610 – – nominelle Lebensdauer 601, 610 – – angepaßte nominelle Lebensdauer 611 – – modifizierte Lebensdauer 613 – Reibung 623 – Reibungszahl 624 – Schmierstoffauswahl 587, 588 – Schmierung 586 – Schmierverfahren 587, 588 – Temperatur 625 – Tragfähigkeit 597 – – statische Tragfähigkeit 598 – – dynamische Tragfähigkeit 601, 609 – Werkstoffe 584 Wälzlagerungen 570 – Anforderungen 570 – Fest-Los-Lagerung 570 – Passungen 620 – Stützlagerung 570 – – angestellte Lagerung 572, 621, 622 – – schwimmende Lagerung 572, 622 – Wahl der Lagerung 620 Wälzpaarungen 538 – Anwendung, Funktion, Wirkprinzip 539 – Bewegungsverhältnisse 706 – Linienberührung 539, 542 – Punktberührung 539, 542 Wälzpaarungs-Tragfähigkeit – Berechnung – – zulässige dynamische Belastung 554 – – zulässige statische Belastung 554 – Grübchentragfähigkeit 562 – Freßtragfähigkeit 562 – Verschleißtragfähigkeit 562 Wärmebehandlung 191 – Abschreckhärten 193 – Anlassen und Vergüten 194 – Einsatzhärten 196 – Glühen 192 – Nitrieren 196 – Randschichthärten 195 – Zwischenstufenvergüten 194 Welle-Nabe-Verbindung – Auswahl 778 – Formschlußverbindungen 814
– – – –
– – – –
Betriebszustände 818 Passungen 816 Prüfen 817 Tragfähigkeitsberechnung 820 – – Zentrierung 815 – geklebte Schiebesitz-Verbindung 841 – – Gestaltung 847 – – Herstellung 842 – – Klebstoffe 842 – – Tragfähigkeit 843 – Keilwellenverbindung 826 – – Ausführung 828 – – Passungen 828 – – Tragfähigkeit 828 – – Zentrierung 828 – Kerbzahn-Verbindung 829 – Paßfeder-Verbindung 834 – – Bauarten 834 – – Gestaltung 836 – – Passungen 836 – – Tragfähigkeit 836 – – Werkstoffe 836 – Polygon-Verbindung 830 – – Anwendungen 831 – – Dimensionierung 832 – – Gestaltung 834 – – Festigkeitsnachweis 832 – Reibschluß-Verbindungen 782 – – Bauformen 782 – – Haftbeiwerte 784, 785 – – Kräfte 782 – – Momente 784 – Scheibenfederverbindung 837 – Schrumpfkleb-Verbindung 848 – – Gestaltung 851 – – Herstellung 848 – – Klebstoffe 848 – – Tragfähigkeit 849 – Spannelemente-Verbindungen 810, 813, 814 – kegeliger Preßverband 806 – – Abmessungen 806 – – Festigkeitsnachweis 807 – – Gestaltung 808 – – Montage 806 – – Tragfähigkeit 806 – Vorgespannte Formschlußverbindung 838 – Zahnwellenverbindung 823 – – Herstellung 824 – – Passung 825
Sachverzeichnis – – – –
– Prüfen 826 – Tragfähigkeit 825 – Zentrierung 825 zylindrischer Preßverband 786 – – Anforderungen 787 – – Erzeugung 786 – – Fügen (Lösen) 802, 805 – – Fügetemperaturen 803 – – Gestaltung 801 – – Übermaße 788, 789 – – Berechnung 796, 798, 799 Wellen 738 – Auswuchten 776 – Belastung 740 – biegsame 776 – Dimensionierung 741, 742 – Festigkeitsnachweis 747, 748 – Gestaltung 744 – Herstellung 741 – Verformungsnachweis 768 – Schwingungsverhalten 773 – – Biegeschwingungen 774 – – Drehschwingungen 775 – Werkstoffe 740 Werkstoffauswahl 188
Werkstoffe – Aluminium, Aluminiumlegierungen 222, 223, 225 – Aluminiumsinterwerkstoffe 223, 226 – Elastomere 239 – Gußeisen 216 – – Gußeisen mit Kugelgraphit 217, 219 – – Gußeisen mit Lamellengraphit 216, 218 – – Sondergußeisen 220 – – Temperguß 218, 221 – keramische 239 – Kunststoffe 233 – – Kunststoffarten 234 – – Eigenschaften 234 – – Faserverbundwerkstoffe 237 – Kupfer und Kupfer-Legierungen 228, 231 – Magnesium-Legierungen 224, 227 – Sinter-Eisenwerkstoffe 214, 215 – Stahl 197 – – APF-legierter 206, 211
– – – – –
903
– – – – –
Automatenstahl 204, 208 Baustahl 202, 203 Einsatzstahl 204, 207 Federstahl 206 für Randschichthärten 204 – – hitzebeständiger 209, 211 – – kaltzäher 211, 212 – – nichtrostender 206, 209 – – Nitrierstahl 206, 210 – – Vergütungsstahl 202, 205 – – warmfester, hochwarmfester 209, 211 – Stahlguß 212, 213 – Titan-Legierungen 226, 229 – Verbundwerkstoffe mit Rißstop-Effekt 238 – Zink und Zinklegierungen 230, 232 Werkstoffeigenschaften 188 Wickelverhältnis 523 Wöhler-Linie 119 Zeit-TemperaturUmwandlungs(ZTU)- Schaubild 191 Zylinderrollenlager 592, 593
Druck- und Bindearbeiten: Stürtz GmbH, Würzburg